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Full text of "Insel Almanach 1909-1912"

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Uber dieses Buch 


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ERHOLUNG REICHET MUDEN JEDE NACHT GENUG. 


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Erhard 


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2. Sonntag n. Ep. 
Prisca 

Ferdinand 
Fabian, Seb. 
Agnes 

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Emerentiana 


3. Sonntag n. Ep. 


Pauli Bekehrung 
Polycarp 

Joh. Chrysost, 
Karl 

Samuel 
Adelgunde 


Neujahr 
Abel, Seth 


Heil. ҙ Könige Ф 


Lucian 


1. Sonntag n. Ep. 


Hyginus 
Arcadius 
Gottfried 
Felix 
Maurus 
Marcellus 


2. Sonntag n. Ep. 


Petri Stuhlf. 


Emerentiana 


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Polycarpus 


Joh. Chrysost. 


Karl der Große 
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Renate 
Euphrosine 
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Juliana 
Constantia 
Concordia 
Susanna 
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Casimir 
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Aschermittwoch 
Victorin 

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Mar. Lichtm. 
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Benignus 


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Gabinus 
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Quinquages. 
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Aschermittwoch 
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Casimir 
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Casimir 
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Eulogius 
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Sixtus 

Cölestin 
Gründonnerstag 
Charfreitag 
Ezechiel 


Osterfest 
Ostermontag 
Justinus 
Tiburtius 
Olympiades 
Carisius 
Rudolph 


Quasimodog. 
Hermogenes 
Sulpitius 
Adolph 
Lothar 
Georg 

Albert 


Misericord. Dom. 
Raimarus 
Anastasius 
Therese 

Sibylla 


Hugo 
Frz. v. Paula 
Richard 


Palmarum 

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Cölestinus 
Hermann 
Gründonnerstag 
Charfreitag 
Ezechiel 


Osterfest 
Ostermontag 
Hermenegild 
Raimund 
Anastasia 
Drogo 
Anicetus 


Weißer Sonntag 
Werner 

Victor 

Anselm 

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Georg 

Adalbert 


Misericord. Dom. 


Cletus 
Anastasius 
Vitalis 
Petrus M. 
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Dienstag 
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Jubilate 
Kreuz-Erfindung 
Florian 

Gotthard 
Dietrich 
Gottfried 


Stanislaus 


Cantate 
Gordianus 
Mamertus 
Pankratius 
Servatius 
Christian 
Sophia 
Rogate 
Jobst 
Liborius 
Potentiana 
Himmelfahrt 
Prudens 
Helena 


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Esther 
Urban 
Eduard 
Beda 
Wilhelm 
Maximilian 


Pfingsten 
Pfingstmontag 


Phil. Jacobus 


Jubilate 
Kreuz-Erfindung 
Monika 

Pius V. 

Joh. v. d. Pf. 
Stanislaus 
Michael Ersch. 


Cantate 
Antoninus 
Mamertus 
Pankratius 
Servatius 
Bonifatius 
Sophia 


Rogate 
Ubaldus 
Venantius 
Petr. Cölestin 
Himmelfahrt 
Felix 

Julia 


Philipp Neri 
Beda 
Wilhelm 
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Pfingsten 
Pfingstmontag 


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Donnerstag Rahel, Lea Stephan 
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Donnerstag Bruno Gorgonius 
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Montag Christlieb Maternus 
Dienstag Kreuz-Erh. Kreuz-Erh. 
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Donnerstag Euphemia Corn. u. Cypr. 
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Coloman 
Cordula 
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Martin, B. 
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Martin, P. 
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DEZEMBER 


Arnold 
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Barbara 


2. Advent 
Nicolaus 
Antonia 
Mar. Empf. 
Joachim 
Judith 
Waldemar 


3. Advent 
Lucia 
Israel 
Quatember 
Ananias 
Lazarus 
Christoph 


4. Advent 
Ammon 
Thomas 
Beate 
Ignatius 
Adam, Eva 


Stephanus 
Joh. Evang 
Unsch. Kindl. 
Jonathan 
David 
Sylvester 


Eligius 
Bibiana 
Franz Xaver 
Barbara 


2. Advent 
Nicolaus 
Ambrosius 
Mar. Empf. 
Leocadia 
Melchiades 


Damasus 


3. Advent 
Lucia 
Nicasius 
Quatember 
Adelheid 
Lazarus 
Mariä Erw. 


Stephanus 
Job. Evang. 
Unsch. Kindl. 
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DAS WIRD IMMER EINER EINMAL 
WIEDER AUFFRISCHEN UND LESEN. 


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JEMALS IST TREFFLICH GEWESEN, 


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ZWEI SPRÜCHE DES LAO-TSE/ ÜBERTRA- 
GEN VON ALEXANDER ULAR 


DER SECHSTE SPRUCH 


IE lebende Kraft des Werdens ist unvergänglich, 
Sie ist die unfaßbare Mutter. 

Die unfaßbare Mutter ist Wurzel des All, 

Stätig webend bedarf sie nicht des Antriebs. 


DER ZWANZIGSTE SPRUCH 
Verstand ist Vernichtung des Lebens. 


Gegensatz im Entschluß — wie nichtig; 
Gegensatz im Tun — wie mächtig! 
Handeln wie allewelt! ... Verstandesgeborene Pflicht! 


Nein! Sündlicher Irrsinn! 

Allewelt wird leicht fortgeschwemmt von oberflächlicher 
Freude: ein Feiertag, eine Frühlingsnacht.... 

Ich hingegen, tief ankernd am Grund des Gefühlsstroms, 
bin heiter und still in der Freude gleichwie das Kind. 

Ich lebe und webe... fort und fort... 

Allewelt wünscht das Allzu; 

Ich hingegen ersehne das Nichts, 

Ich bin linkisch im Leben, entrate des Zwecksinns! ... 

Allewelt weiß; 

Ich hingegen hab wirre Gedanken! . . 

Allewelt hat Gemeinschaftstrieb; 

Ich hingegen liebe Einsame Hóhe; 

Ich walle wie Ше Море, ruhelos wankend ... 

Allewelt hat Erfahrung; 

Ich hingegen bin einfältig, ein Tor! . . 

Ich bin anders als allewelt: 

Doch Ich bin Ich! 


16 


FRÜHE HOCHDEUTSCHE GEDICHTE/ ÜBER- 
TRAGEN VON KARL WOLFSKEHL 


DAS WESSOBRUNNER GEBET 


CH hörte die Sterblichen staunen am meisten 
Daß Erde nicht war noch oben Himmel 
Noch irgend ein Baum noch Berg nicht war 
Noch die Sonne nicht schien 
Noch der Mond nicht leuchtete noch das berühmte Meer. 
Da dort nirgends nichts war an Enden und Wenden 
Da war doch der eine allmächtige Gott.... 


DER LORSCHER BIENENSEGEN 


Christ die Immen sind haußen fliegt Tierchen her zu mir. 
Frohen Friedens in GottesHut sollt ihr heimkommen gut. 
Sitze sitze Biene da dir gebot es Sankt Maria. 
Huschverlaub nicht habe du zu Holze nicht fleuch du 
Daß du mir nicht entrinnest dich mir nicht entwindest. 
Sitz immer stille wirke Gottes Willen. 


DIE MARIASEQUENZ AUS MURI 


Ave du lichter Meeres-Stern 

Du Licht der Christenheit Maria aller Mägde Lucerne! 
Freue dich Gottes Zelle 

Verschlossene Kapelle 

Da Du den gebarest 

Der Dich und all die Welt erschuf. 

Nun sieh welch reiner Kelch о Magd du warest. 


Send in meine Sinne 
Du Himmelskóniginne 


17 


Wahrer Rede Linde 
Daß ich an Vater und an Sohn 


Und an den heiligen Geist den Glauben finde. 


Immer Magd unverwandelt, 

Mutter unmißhandelt, 

Fraue Du hast gesühnt was Eva zerstörte 
Die Gott nicht hörte. 

Hilf mir Frau Du hehre, 

Tröst uns Arme um die Ehre 

Daß Gott als seiner Mutter Dein gedachte 
Und Gabriel Botschaft brachte. 


Wie Du erst von Dir kamest 
Da Du ihn vernahmest! 
Wie Du voll reiner Scham 
Erschrakest ob der Märe 
Eine Maid ohne Mann 
Könnt ein Kind gebären! 
Frau Du bist das Wunder 
Mutter und Magd jetzunder: 
Der die Hölle bricht 

Der lag in Deinem Leibe, 
Du aber wurdest nicht 
Jetzunder nicht zum Weibe. 


Allein Du bist der Seligkeiten Pforte 
Wahrlich Du schwanger von dem WORTE: 
Dir kam ein Kind 

Fraue durch Dein Ohr 

Des Christen Juden und die Heiden sind 
Und dessen Gnade nie zu Ende führt. 


18 


——— ————HÁ 5 AA, SUA, TEE, eee ee 


Du aller Mägde Rubin 
Das Kind zu seiner Mutter Dich erkiirt. 


Wie ist Deine Tugend ungemeine 
Wahrlich Du trugest Du Reine 

Das lebendige Brot. 

Das war Gott Er der 

Selbst seine Lippen Deinen Briisten bot 
Und Deine Brüst' in seine Hände lief. 
O weh Kóniginne 

Was Gott ап Gnaden Dir erwies! 


Laß mich genießen wenn ich je Dich nenne 

Daß ich Maria, Frau, das glaub und stets erkenne 
Keiner der Frommen 

Vergessen dürfe Du seiest als Mitleid-Mutter kommen. 
Laß mich genießen, was Du Dir erzieltest 

Als Du den Sohn hier in der Welt mit Deinen Händen 
Wohl Dir des Kindes! [hieltest . . . 
Hilf mir um ihn, wirst Frau, ich weiß, ihn freundlich finden. 


Deiner Bitte tut sich Dein lieber Sohn nimmer entziehen 
Bitt ihn darum, mir werde wahre Reue verliehen. 


Und daf er um den grimmen Tod den er litt um die 
Ansehn woll menschliche Not. [Menschenwelt 
Und daß er um der Namen Drei 

Seiner christeigenen Hände Werk 

Gnädig in den Sünden sei. 

Hilf mir, Fraue, wann die Seele von mir weiche 
Komm ihr zu Troste 

Denn sieh ich glaube daß Du bist 

Mutter und Magd zugleich. 


19 


DIE GESCHICHTE VOM KALIFEN OMAR BIN 
AL-KHATTAB UND DEM JUNGEN BADAWI 


END Tages saß der Kalif Omar bin al-Khattab, um- 


geben von den besten und weisesten seiner Rat- 
geber, und sprach Recht unter dem Volke und richtete 
über seine Untertanen, als ein schöner und sauber ge- 
kleideter Jüngling zu ihm kam; an den hatten zwei sehr 
stattliche Jünglinge Hand gelegt, die ihn am Kragen 
bis vor den Kalifen schleppten. Da blickte der Beherr- 
scher der Gläubigen, Omar, ihn wie sie an und befahl 
ihnen, ihn los zu lassen; dann rief er ihn dicht zu sich 
und fragte die beiden: ‚Welches ist eure Klage wider 
ihn? Versetzten sie: ,O Fürst der wahren Gläubigen, 
wir sind zwei Brüder von einer Mutter, und wir sind 
bekannt als Jünger der Wahrheit. Wir hatten einen 
Vater, einen sehr alten Mann von guter Einsicht; der 
war geehrt unter den Stämmen, frei von gemeinem Sinn 
und berühmt ob seiner ehrwürdigen Erscheinung; er 
zog uns zärtlich auf in unserer Kindheit und über- 
schüttete uns mit Gaben, als wir erwachsen waren. 
Nun ging er heute in seinen Garten hinaus, um sich 
unter seinen Bäumen zu erfrischen und die reifen Früchte 
zu pflücken; da aber erschlug ihn dieser Jüngling schmäh- 
lich, indem er vom rechten Wege abwich; deshalb ver- 
langen wir von dir Vergeltung für sein Verbrechen, 
und wir rufen dich an nach dem Gebote Allahs, dein 
Urteil über ihn zu fällen.‘ Und Omar warf einen furcht- 
baren Blick auf den angeklagten Jüngling und sprach 
zu ihm: ‚Wahrlich, du hörest die Klage, die diese beiden 
Jünglinge vorbringen; was hast du zur Antwort anzu- 
führen?‘ Er aber war opferen Herzens und kühner 


20 


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Rede, denn er hatte das Gewand der Kleinmut und 
den Mantel der Feigheit abgelegt; und er lächelte und 
sprach mit den beredtesten und gewandtesten Worten; 
und nachdem er dem Kalifen den üblichen förmlichen 
Gruß geboten hatte, fuhr er fort: ‚Bei Allah, o Be- 
herrscher der Gläubigen, ich habe wirklich ihrer Klage 
mein Ohr geliehen, und sie haben dir in dem, was sie 
sagten, die Wahrheit gesagt, insofern sie nämlich den Vor- 
gang schilderten; der Beschluß Allahs aber ist eine unab- 
wendbare Bestimmung. Nun will ich dir gleich meinen 
Fall zwischen die Hände legen, und es steht bei dir, 
Befehle zu erteilen. Wisse also, o Fürst der Gläubigen, 
ich bin ein Araber aus reinem Blut, von den edelsten 
einer, die da leben unter dem Himmel. Ich wuchs auf 
in den Wohnungen der Wüste und der Hügel, bis böse 
Zeiten meinen Stamm heimsuchten. Da kam ich mit 
den Meinen und mit allem, was ich an Habe besitze, 
zu den Säumen dieser Stadt; und als ich einen der 
Pfade dahinzog, die zu ihren Gärten und Obstgeländen 
führen, mit meinen Kamelinnen, die ich hoch achte und 
als höchst wertvoll betrachte (und in ihrer Mitte schritt 
auch ein Hengst aus edlem Blut, herrlich von Wuchs 
und gut, ein kräftiger Erzeuger junger Brut, von dem die 
Weibchen reichlich gebären, und der unter ihnen einher- 
ging, wie wenn sie seine Königskrone wären), da brach 
eine der Stuten aus, und sie lief zu dem Garten des 
Vaters dieser Jünglinge, wo sich die Bäume über der 
Mauer zeigten, und sie streckte die Lippen aus und 
begann von den Zweigen zu fressen, die sich nieder- 
neigten. Schnell lief ich herbei, um sie zu verjagen, 
doch siehe, da erschien in einer Bresche der Mauer ein 
Mann, alt und grau von vielen Tagen; seine Augen 


21 


sprühten wie vom Wahnsinn des Zorns geschlagen, und 
er hielt in der Hand einen Stein, groß und schwer, und 
er schwankte hin und her, und er wog den Schwung, 
wie ein Löwe, bereit zum Sprung. Und er warf den 
Stein, der meinen Hengst traf und ihn tötete, denn er 
hatte eine gefährliche Stelle getroffen. Als nun ich den 
Hengst tot neben mir niedersinken sah, da war mir, als 
würden in meinem Herzen Kohlen des Zornes entflammt; 
und ich griff eben denselben Stein auf, und da ich ihn 
schleuderte wider den alten Mann, so war er die Ur- 
sache für all diesen Unheilsbann: so kehrte sein eigenes 
Unrecht zu ihm zurück im Flug, und er wurde erschlagen 
mit dem, womit er selber erschlug. Als der Stein ihn 
traf, da schrie er auf in einem lauten Schrei, und er 
brüllte auf mit furchtbarem Gebrüll, worauf ich von 
hinnen eilte; diese beiden Jünglinge aber stürzten mir 
nach und legten Hand an mich und führten mich vor 
dich.‘ Sprach Omar (Allah der allmächtige nehme ihn 
auf: ‚Du hast gestanden, was du begangen hast, und 
zu einem Freispruch liegt keinerlei Möglichkeit vor; denn 
dringend ist das Gesetz der Vergeltung, und sie schrien 
um Gnade, doch die Zeit des Entrinnens war dahin.‘ 
Versetzte der Jüngling: ‚Ich höre und ich gehorche 
dem Urteil des Imams, und ich willige in alles, was 
das Gesetz des Islam erfordert; aber ich habe einen 
jüngeren Bruder, dessen alter Vater vor seinem Hintritt 
ihm Reichtum verlieh in Hülle und Gold in Fülle, und 
er vertraute vor Allah mir seine Wohlfahrt an, indem 
er sprach: Ich gebe dir dies für deinen Bruder in deine 
Hand; bewahre es für ihn mit all deiner Kraft. Und ich 
nahm das Geld und vergrub es, und niemand weiß 
davon außer mir. Wenn du mich nun zu sofortigem 


22 


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Tode verurteilst, so ist das Geld verloren, und du bist 
die Ursache, daß es verloren geht; also wird das Kind 
dich auf das, was ihm gehört, verklagen an dem Tage, 
da der Schöpfer richten wird zwischen seinen Geschöpfen. 
Wenn du mir aber drei Tage Frist gewährst, so will 
ich einen Vormund ernennen, der sorgen wird für die 
Habe des Knaben, und dann will ich wiederkehren, um 
meine Schuld einzulösen. Und ich habe einen, der wird 
als Pfand hierbleiben für die Erfüllung meines Ver- 
sprechens.‘ Da neigte der Beherrscher der Gläubigen 
eine Weile das Haupt zu Boden, hob es wieder, blickte 
im Kreise auf alle, die zugegen waren, und sprach: ‚Wer 
will als Pfand bei mir bleiben für seine Rückkehr?‘ Und 
der Jüngling blickte allen ins Gesicht, die ihn umstanden, 
zeigte unter ihnen allen auf Abu Zarr!) und sprach: 
‚Dieser wird für mich bürgen und mein Pfand sein.‘ Sprach 
Omar (Allah nehme ihn auf!): ,O Abu Zarr, hörst du solche 
Worte und willst du mir Geisel sein für die Rückkehr 
dieses Jünglings?‘ Versetzte der: ‚Ja, o Beherrscher der 
Gläubigen, drei Tage lang will ich für ihn Geisel sein.‘ 
Da nahm der Kalif seine Bürgschaft an und lief den 
Jüngling gehen. Als nun die festgesetzte Zeit verstrichen 
und die Gnadenfrist fast oder ganz zu Ende war und 
der Jüngling doch noch nicht kam, da nahm der Kalif 
Platz in seinem Rat, und die Gefährten umgaben ihn, 
wie die Sterne den Mond umgeben, und auch Abu Zarr 
und die Kläger waren zugegen. Sprachen die Rächer: 
,Wo ist der Angeklagte, o Abu Zarr, und wie soll er 
zurückkehren, nachdem er einmal entflohen ist? Aber 
wir werden uns nicht vom Platze rühren, bis du ihn 


1) Einer der ‚Gefährten‘, die den Apostel noch in Person ge- 
kannt hatten. 


23 


uns bringst, auf daß wir Blutrache an ihm nehmen 
können.‘ Versetzte Abu Zarr: ‚Bei der Wahrheit des 
allweisen Königs, wenn die drei Tage der Gnadenfrist 
verstreichen und der Jüngling nicht zurückkehrt, so will 
ich meine Bürgschaft erfüllen und dem Imam meinen 
Leib überliefern.‘ Und Omar (Allah nehme ihn auf!) 
fügte hinzu: ‚Bei dem Herrn, wenn der Jüngling nicht 
erscheint, so will ich wahrlich an Abu Zarr erfüllen, 
was das Gesetz des Islam vorschreibt!‘ Da rannen die 
Augen aller, die zugegen waren, von Iränen über; und 
die da zusahen, stöhnten laut, und groß war der Tumult. 
Und die Ältesten der Gefährten drängten die Kläger, 
das Blutgeld anzunehmen und sich den Dank des Volkes 
zu verdienen, aber beide weigerten sich und wollten 
nichts als die Rache. Während nun das Volk hin und 
her brauste wie Wogen und laut klagte um Abu Zarr, 
siehe, da kam der junge Badawi herbei; und indem er 
vor den Imam trat, grüßte er ihn in aller Höflichkeit 
(und sein Gesicht perlte vom Schweiß und war wie die 
Mondsichel glänzend weiß) und sprach: ‚Ich habe den 
Knaben den Brüdern seiner Mutter anvertraut, und ich 
habe sie bekannt gemacht mit allem, was sich auf seine 
Angelegenheit bezieht, und ich habe sie hineingezogen 
in das Geheimnis des Geldes; dann habe ich der Mittags- 
hitze getrotzt, um als frei geborener Mann mein Wort 
zu halten.‘ Und das Volk staunte, als es die Treue 
sah, mit der er sein Wort hielt, so daß er sich festen 
Herzens dem Tode darbot. Und einer sprach zu ihm: 
‚Wie edel bist du, o Jüngling, und wie treu dem ge- 
gebenen Ehrenwort und deiner Pflicht!‘ Versetzte er: 
‚Seid ihr nicht überzeugt, daß niemand dem Tode ent- 
gehen kann, wenn er sich einstellt? Und ich habe mein 


24 


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Wort gehalten, damit man nicht sagen soll: die Treue 
ist unter den Menschen verschwunden.‘ Sprach Abu 
Zarr: ‚Bei Allah, о Beherrscher der Gläubigen, ich gab 
mich zur Geisel her fiir diesen Jiingling, ohne da8 ich 
wußte, zu welchem Stamme er gehörte, noch hatte ich 
ihn vor jenem Tage je gesehen; doch als er sich von 
allen abwandte, die zugegen waren, und mich auswählte, 
indem er sprach: Dieser soll für mich bürgen und mein 
Pfand sein; da schien mir, es sei nicht recht, es ihm zu 
verweigern, und die Großmut verbot, seinen Wunsch 
zu enttäuschen, damit man nicht in der Welt zu sagen 
vermöchte: Das Wohlwollen ist entschwunden unter den 
Menschen.‘ Sprachen die beiden Jünglinge: ‚O Beherrscher 
der Gläubigen, wir vergeben diesem Jüngling das Blut 
unseres Vaters, denn er hat Trostlosigkeit verwandelt in 
Fröhlichkeit; auf daß es nicht heiße: Die Menschlichkeit 
erstarb unter den Menschen!‘ Da freute der Kalif sich 
des Freispruchs für den Jüngling; und er freute sich auch 
seiner Treue und Wahrhaftigkeit; und er pries die Groß- 
mut Abu Zarrs, die er hoch über die all seiner Gefährten 
erhob, und er lobte den Entschluß der beiden Jünglinge um 
seiner Menschlichkeit willen, und er pries sie und dankte 
ihnen und wandte auf sie den Spruch des Dichters an: 

Wer Güte den Menschen schenkt, dem wird vergolten; 

Nie verloren die Güte ist zwischen Gott und den Menschen. 
Und er bot ihnen an, das Wergeld für ihren Vater aus 
dem Schatz zu bezahlen, sie aber lehnten es ab, indem 
sie sprachen: ‚Wir vergaben ihm nur um Allahs, des 
Gütigen, Erhabenen willen; und wer also gesonnen ist, 
der läßt seiner guten Tat nicht Tadel oder Unheil folgen.‘ 


Aus э Tausendundeine Nacht«, 
übertragen von Felix Paul Greve. 


25 


CERVANTESGLOSSE/ VON FELIX POPPEN- 


BERG 
Und Liebe webt drein rührende Geschichten; 
Verstand der Menschen, Sitten, Tracht, Gebärden; 
Es gaukelt Phantasie in farb’ger Glorie... 
A. W. Schlegel, Sonett auf Cervantes. 


OLL farbiger Fülle ist des Lebens Überfluß in den No- 
vellen des Cervantes ausgeschüttet. Shakespearisch 
weit ist der Umkreis der Existenz gezogen, und unter 
groß gespanntem Bogen spielen im Auf- und Untergang 
Weisheit und Narrentum, Grandezza und Humore. Die 
sieben Todsünden und die Kardinaltugenden stehen em- 
blematisch als ein Chor um des Theaters Rund, und 
vor ihnen tanzen schillernd die irrenden, durch den 
Lebenstraum taumelnden Menschenkinder. Die Schick- 
salsfrage: ‚Wer deutet mir die buntverworrene Welt?‘ 
wird hier nicht mit pathetisch-pythischer Gebärde ange- 
rührt, sondern ein Fabulieren voll Anmut, ein Ballspiel, 
Freude am Wechsel der sich suchenden und fliehenden 
Kugeln, Überraschungslust und Neugier eines phantasie- 
vollen Webemeisters treibt ihr ergötzliches Wesen mit 
schlängelnd verschlungenen Figuren und Mustern. Und 
diese ornamentale Chiffreschrift, die äußerlich bewegte, 
verwickelte Handlung erzählt, ist dabei doch voll Deu- 
tung. »Novellas ejemplares« nennen sich die Erzählungen : 
im Spiegelbilde enthüllt sich, was von außen und 
innen uns bedroht, die Gefahr des eingebildeten Glücks 
und die Möglichkeit scheinbaren Ungliicks, und die 
primitive und doch tiefe Wahrheit, daß immer alles ganz 
anders kommt. 
Die Augen eines Wissenden, der die Bitterkeit mit 
dem Lächeln, betrachtend und darstellend, überwunden, 


26 


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GIOVANNI DI BOCCACCIO 


DAS LEBEN 
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ERSCHIENEN ІМ INSELVERLAG 
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blicken aus dem Buche uns ап. Ein Kriegsmann schrieb 
es, länder- und seebefahren, kundig des seltsamen Lebens 
auf den »Meerhäusern«, teilhaftig an Haupt- und Staats- 
aktionen, an Historia und Viktoria, Soldat unter den 
glorreichen Fahnen des erlauchten Don Juan d’Austria, 
Kriegsgefangener und Sklave der Ungläubigen in Algier, 
ein Dichter zwischen den Schlachten und im Elend 
der Verbannung, kein Günstling der Fortuna, vielmehr 
ein altes Kind der Sorge, das dann invalide, einarmig 
im kleinen Schreiberamt in der strahlenden Stadt Sevilla 
unterkroch. Der alte Seefahrer, immer novarum rerum 
cupidus, registriert jetzt auf dem Papier die spanisch- 
indische Armada. Doch die scharfen Augen über der 
Adlernase und dem silbernen, vormals goldenen Knebel- 
bart sind nicht im Ruhestand; spähend, treffsicher bleiben 
sie die Augen des Schützen und des Fechters und holen 
sich auf Plätzen und Straßen die bunte Beute: 

Verstand der Menschen, Sitten, Tracht, Gebärden. 

Wie der Lizentiat Vidriera, der weise Narr, der sokra- 
tisch glossierend umhergeht, und wie Berganza, der 
scharfsinnige Spürhund menschlicher Schwächen, der 
viele Berufe erprobt und jetzt nachts mit der Laterne 
den Almosenmönchen vom Auferstehungshospital leuchtet, 
so nimmt sich ihr Vater Cervantes die Menschen- 
kinder, den ganzen Tiergarten Gottes aufs Korn. Und 
was in den karikaturistischen Ständerevuen des sechzehnten 
Jahrhunderts, den Narrenschneiden, Narrenschiffen und 
Narrenbeschwörungen, schematisch gebucht ist, das be- 
gegnet hier in leibhaftig strotzender Gegenwart. 

Die Bühne wird zum Theatrum mundi, es wandelt 
wechselnd vorbei die große Welt des spanischen Zere- 
moniells; das bunte Treiben der Gasse mit Tänzen, den 


28 


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Sarabanden aus » Was Ihr wollt«, während die Kavaliere 
am Fenstergitter lehnen — eine Dekoration zum Barbier 
von Sevilla —, den Serenaden und degenblitzenden 
Handeln beim Fackelschein an den Straßenecken Sala- 
mancas; das Marktgewimmel von Sankt Salvator mit 
Trödelkram und Fischen und Früchten; die Rast der 
Maultiertreiber unterm Vordach vor der Schenke. 

»Spanische Edelleute und katholische Christen« im 
Federhut mit der Brillantagraffe und der güldenen Hals- 
kette, oder krachend von ostindischer Seide im steifen 
Halskragen, schreiten stolz-gemessen über die Szene; 
die Geste ihres Edelmuts und ihrer Höfischheit ist ein 
emblematisches Ornament, und das Schnörkelwerk ihrer 
Rede spreizt sich in so feierlich-pompösem Kurialstil, 
wie die bauschige Architektur ihrer Tracht. 

Zwei Blumen sind das Zierat dieser Emblematik: für 
die Männer die Ritterehre, für die Mädchen die Jung- 
frauenschaft. Kluge und tórichte Jungfrauen ziehn vor- 
über. Die klugen wissen ihr Blümelein zu hüten, und 
den galanten Arabesken der Ritter antworten sie mit 
Porzias weiser Anmut. Die tórichten werden vom Moment 
überrumpelt, sie verlieren das hóchste Kleinod, und sie 
geben dem Dichter dankbare Gelegenheit zu verwickelter 
Führung der Handlung, und zur Belohnung läuft die 
Geschichte in einem »Ende gut, alles gute aus. 

Aber lebendiger als mit den Grandenbildern àla Velasquez 
ist die Szene mit Typen und Genres à la Murillo. Die 
saubere Zunft der Beutelschneider, Gauner, Bettler, Tage- 
diebe, Straßenlungerer versammelt sich mit den Nymphen 
vom Liebesorden zu einer strotzenden Kirmes. 

Die Ungerechtigkeit der Güterverteilung wird ‘mit 
Gentilezza ausgeglichen, und in Schónheit wird gestohlen. 


29 


Die Spitzbuben-Granden sprechen miteinander nicht 
minder prunkvoll als die Ritter, und die Ehre gilt auch 
hier. Doppelginger und alte Bekannte von der Welt- 
biihne — Kosmopoliten der Dichtung — tauchen auf. 
Der geniale Taschenwender Autolykus, der die Arbeit 
mit Humoren wiirzt, erscheint vom Shakespeare-Theater 
in spanischer Tracht, und Fahnrich Pistol, hier Knollkopf 
genannt, der »Weltenfresser«, der »Schrecken zahmer 
Tauben«, rasselt mit rostigem Schwert, rollt die Augen 
und die dröhnende Heldenrede. Und in schönem Kranz 
stellen sich zu den Galanen, welche prügeln, wenn sie 
lieben, die holden Schwestern Dortchen Lakenreißers ein. 
Es ist in diesen Gaunerschilderungen die Freude am 
Grotesken und Phantastischen einer besondern Zwischen- 
welt rege, am Nachtstück, dessen Unheimlichkeit vom 
Humor durchblitzt wird, am Monströsen und an den 
Grimassen des Lebens. In gleichzeitiger Literatur und 
Kunst findet sich viel Verwandtes, man braucht nur an 
die simplizianischen Gäuche, die Landstörzer und Land- 
störzerinnen, an die armen Schwartenhälse mit dem 
Bettelsack und dem Ranzen zu denken, an die Gaukler 
mit Gebresten und die fratzenhaften Krüppel, wie sie in 
schaurig-witzigen Verrenkungen und mit dem schrillen 
Humor wüster verstörter Kriegszeiten Hieronymus Bosch 
gemalt und Callot in Kupfer gestochen. Die Zigeuner, 
эШе Agyptere, das abenteuernde Volk, geheimnisum- 
wittert, spielen dabei immer eine Hauptrolle. Auch Cer- 
vantes beschreibt ihr schweifendes Wesen, ihre Verfassung 
und Bräuche, und in einem Dithyrambus wird das Glück 
der Freiheit gepriesen, Herr zu sein über die Erde. 
Wenn man ап Callots Phantasiestiicke denkt, so 
kommen auch des späteren Goya Caprizzios in die Er- 


30 


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, innerung. Seine Infernalien haben Vorbilder in diesen 
Novellen. Wie die Hexe sich nackt salbt, ein Knochen- 
skelett mit schwarzer, haariger, runzliger Haut gleich ge- 
gerbtem Schafleder überzogen, die ihr wie ein Beutel 
über die Schenkel herunterhängt, mit schwärzlichen 
Zähnen und krummer Nase und Zitzen gleich dürren, 
zusammengeschrumpften Ochsenblasen, und wie der 
Hund Berganza die Harpye mit den Zähnen bei der 
langen Schleppe ihres Bauches« packt, das ist gleich 
jenen ресһ- und schwefelqualmenden Späßen Goyas. 

In dem speculum mundi des Cervantes fehlen neben 
den andern Fakultäten natürlich nicht die Brüder vom 
Parnaß. Sie werden mit besonderer Liebe beschrieben. 
Die Sudelköche der verschiedenen poetischen Suppen 
laufen Spießruten. Der Sonettenhindler wird konterfeit, 
der Lippen und Nägel zerkaut, indes ein Poem entsteht, 
seines Wollkimmers oder Tuchkratzers würdig«. Die 
Geschwätzigen und Eitlen werden zitiert, die Genossen 
der Dichterlinge aus dem Misanthrop, die die Lippen 
spitzen, die Augenbrauen hochziehn, die Taschen voll 
Papiere auskramen und mit weicher, honigsüßer Stimme 
ihr Gereimtes vortragen und ungebeten noch einmal 
von vorn anfangen. 

Den gezierten Pastoralen wird zum derben Gegensatz 
ein Rüpelspiel gestellt, in dem die Schäfer nicht sanft- 
selig flöten, sondern kreischen und grunzen und, statt 
zierlich zu tändeln, sich die Flöhe absuchen nnd die 
groben Schuhe flicken. | 

Dann kommt der lächerlich traurige Krieg der Theater- 
dichter mit den Schauspielern, dem Direktor und der 
»schándlichen Bestie Publikum« auf die Bretter. Und 
der Kehrreim bei allem ist die Misere: ‚Item — wie es 


4I 


in den »Freiheiten, Befehlen und Verordnungen Apollo 
für die spanischen Dichter« heißt — wenn ein Dichte 
sagt, er sei arm, so soll man’s ihm alsbald aufs Wo 
glauben, ohne allen weiteren Schwur‘, denn reich sin 
die Dichter nur an den Hyperbeln, die sie ihren Fraue 
geben, an dem »Gold der Haare, dem Smaragd de 
Augen, dem Elfenbein der Zähne, den Korallen de 
Lippen«. Und doch, so klingt ein bittrer Spaß tiefsinni 
aus, es ist dem Dichter besser, daß er, statt Micenel 
scharwenzelnd heimzusuchen, sich »gänzlich dem Strom) 
seines Schicksals überlasse« ... t 
Und Liebe шері drein rührende Geschichten ... t 
Dem Zeitgeschmack folgen Ше Cervantes-Novellen іп” 
der bewegten Handlungsfülle des Inhalts, — gleich 
Shakespeares Lustspielen. Es regiert die Lust an der 
kuriösen Begebenheit, der spannenden Verwicklung, den 
Schicksalshindernissen, der Ariadneführung durch die 
verschlungenen Lebenswege zum Ausgang, an dem ein 
Traualtar steht. In diesem Handlungsinventar sind die 
beliebten Motive: geraubte und entführte Kinder und 
ihre Wiederkehr, Erkennung durch Amulette und Mutter- 
miler. Ein Typus dieser Operagattung ist die Preziosa- 
Novelle. Der unfreiwilligen Erniedrigung durch das 
Schicksal steht gegenüber die freiwillige Dienstbarkeit 
edler Jünglinge, die Wasserträger oder Zigeuner wer- 
den aus Liebe zu einem Mädchen scheinbar geringen 
Standes, bis sich nach gemessener Zeit das Geheimnis 
der edlen Geburt enthüllt und die Erniedrigten erhöht 
werden. Auch sonst gibts Lebensmaskeraden: Mädchen 
ziehen im Ritterwams verkleidet durch das Land, pilgernde 
Törinnen, ihren Verführer ausfindig zu machen. Hier 
ist das Motiv der törichten Jungfrauen, die im schwachen 


32 


„Augenblick, im Schlaf oder in der Ohnmacht überwältigt 

wurden. Und im Kuriösen der Fabel ist bei diesem 
; Motiv auch ein Psychologisches wirksam. In Schmach 
m Scham und Haß spricht bei den Vergewaltigten 

„sine Instinktstimme voll Urgefühl doch für den Mann, 

-, der sie zum Weib erweckt. Kleists Marquise von O., 
SR ° Otto Ludwigs Maria, haben später solche Stoffe aus dem 

„„Begebnismäßigen heraus ganz in die seelische Sphäre 
E “gerückt. 

Ge Die Liebeskurven und -spiralen werden auch von 

Schelmerei und List umrankt. Wie noch auf jeder 

Komödienbühne sieht man eifersüchtige Alte von den 
ir к Jungen geprellt; Ше »Luchsaugen der Verfihrer sind 

„schärfer als die Argusaugen der Wächter«, im Widerspiel 

` gibts auch betrogene Betrüger, Tausch enttäuscht, cosi 
| ‚fan tutte. Und im Liebeskampf gilt wie im Krieg immer 
E ‘noch am hóchsten die »unbesiegliche Waffe des großen 
Philipp, die Dublone mit den zwei Gesichtern«. 

Das Gewebe seiner Abenteuer bunter und exotischer 
„Zu färben, benutzte Cervantes die eignen Erlebnisse des 
"Schiff bruchs im Sturm, der Piraten- und Korsarenüber- 
= fille, der Entführungen ins Türkenland, der Gefangen- 

„schaft bei den Ungläubigen mit wunderbarer Befreiung. 
е Über weiten Prospekten läßt der Vielgewanderte seinen 
"Vorhang aufgehn, am Horizont breiten sich die latei- 
„nischen Segel der Malteser- und Sizilianer-Geschwader; 

* Tripolis und Tunis steigen auf mit Frauen in brennen- 
2 den Seidengewändern, und Visionen Italiens in einem 
i „Aroma, das uns merkwürdig an das Eindrucks- und 
` Vorstellungsmedium Heinses erinnert: Genua im Wein- 
“ duft, mit Häusern, die »in die Felsen gefaßt sind wie 
: Diamanten in Golde, Mailand, die »Stätte des Vulkan«, 


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33 


und Rom in »Größe und Wildheit der Marmortriimmer, 
der halben und ganzen Standbilder, zerbrochenen Bögen 
und eingeworfenen Türme, Säulengänge und Amphi- 
theater, Brücken, die einander anzuschauen scheinen, 


und Straßen, die schon durch ihre Namen Via Appia, 


Via Flaminina, Via Julia allein Ansehn gewinnen über 
alle andern Städte der Welt«. 

An der Handlungsverwicklung der Novelle läßt sich 
übrigens jenseits der naiven Spannung ein artistischer 
Geschmack finden. Die Figuration, die Regie dieses 
Theaters, die Eleganz der Reigenverschlingungen, der 


Tanzarabesken, in denen sich hier die Personen der ` 


Handlung auf ihrem Lebenspodium bewegen, — das alles 
hat großen Stilreiz, und gar nicht wird auf eine grobe 
Sensation des Ausgangs spekuliert; der glückliche Schluß 
läßt sich meist ahnen, die Intrigue ist nur die komman- 
dierende, regulierende Musik zu den Tanzschritten, zum 
Trennen und Einigen der Paare. Die Zeichnung der Um- 
wege zu diesem Ziel voll rhythmischer Biegungen ist die 
Hauptsache. Eine Art poetischer Gartenkunst. 
Cervantes spaßt einmal über die »Polypengeschichten 
mit den wuchernden Schwänzen«. Seine eignen Novellen 
aber sind in Architektur und Gliederung sehr komponierte 
Gebilde, voll überlegter Symmetrie in der Einstellung 
der Partner. Und wollte man die Trennungs- und Ver- 
einigungskurven graphisch aufzeichnen, so ergäbe sich 
ein harmonisches Ornament wie zu einem Teppichgewebe. 
Um die Linien der Erzählung schlingt sich das üppige 
Blütengezweig einer Sprache voll Einfall, Witz, voll 
Gaukelspiel und klingender Magie. Der »lässige Luxus 
der Shakespeare-Reden«, wie Hofmannsthal sagt, lebt sich 
hier in lebendiger Fülle aus. Im Turnier der Dialoge 


34 


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stoßen scharfgeschliffene Antithesen aufeinander; Dialektik 
kurbettiert in allen Gängen der hohen Schule; Schelme 
stechen Biedermänner mit spitzigen Witzen tot; falstaffisch 
wälzt sich plätscherndes Behagen im breiten Bett bom- 
bastischer Satzperiode. 
Die ungeschlachten Grobianismen poltern im Holz- 
hackertakt, und derbe Späße gibts, wie bei der Amme Julias: 
Aber hüte dich, zu stürzen, 
Und nach hinten zu vor allem, 


Denn solch Fallen ist gefährlich 
Für die angesehnen Damen. 


Barock, voll künstlichen Zierats, ziseliert wie eine 
Toledaner Klinge, ist die Sprache der großen Herren, 
und im leidenschaftlichsten Affekt schwankt die Haltung 
ihrer Rede auch nicht um Haaresbreite in ihrem pom- 
pösen Gang. 

Gern sind die Bilder im Zeitgeschmack mythologisch- 
emblematisch umrahmt. Nicht starr ist dieser Schmuck, 
sondern lebendig gefühlt. Das typische Motiv eines 
allegorischen Stiches z. B., die Amorette mit den Waffen 
des Mars, wird liebenswürdig lebendig gemacht durch 
einen Wirklichkeitsvorgang. Zu dem Ritter, der in der 
reichen, mit Gravierungen geschmückten, vergoldeten 
Mailänder Rüstung, Mars gleich, unter den Hofdamen 
der Königin Elisabeth steht, trippelt ein »Fräulein von 
zartem Alter«, faßt kindlich nach seinem Degen, spiegelt 
sich im Panzer und sagt dann glückstrahlend: ‚Jetzt kann 
ich mir vorstellen, wie wunderschön. der Krieg sein muß.‘ 

So ist der Sprachstil der Zeit hier durch blühende 
Triebkraft belebt, und gleichermaßen schwebt auch um die 
ornamental-geometrische Technik der Handlungsgewebe 
eine erlebnisvolle Lyrik. Man fühlt bei diesen holden 


35 


Illusionen glücklichen Heimfindens nach Langen und 


Bangen etwas von jenem Vorstellungszauber der »Ge- ` 

richtsbarkeit der Zeite, wie ihn am reinsten mit mildem ` 

Sonnenuntergangslicht das » Wintermárchen« ausstrahlt. | 
Der Cervanteswelt fehlen zum Ganzen auch diese 


leuchtenden Scheine nicht: 
Es gaukelt Phantasie in farb’ger Glorie. 


ÄLTESTE RÜBEZAHL-GESCHICHTEN/ NACH ` 


JOHANNES PRATORIUS (1662—65) 
RUBEZAHL VEXIRET EINEN JUNCKERN 


M Jahre 1532 hat einer von Adel, ein rechter Tyrann ` 


und Wüterich, einem seiner Unterthanen oder Bauren 
aufferlegt, er solle ihm eine überaus große Eiche ausm 
Walde mit seinen Pferden und Wagen heimführen, mit 
hefftiger Bedrohung höchster Straffe und Ungnade, da er 
solches nicht thun, und solchem Befehl nicht nachkommen 
werde. Der Bauer sahe, daß es ihm unmöglich war, 
seines Junckern Befehl zu verrichten, ist mit Seufftzen 
und großer Klag in den Wald gangen. Da kömmt zu 
ihm der Rübezahl in eines Menschen Gestalt, und fragt, 
was die Ursache sey solches seines Hertze-Leids und 
Kümmernüß. Demselbigen erzehlet der Bauer den ganzen 
Handel nach einander. Der Rübezahl spricht, er soll 
guts Muths und unbekümmert seyn, und nur wiederum 
heim zu hause gehen, denn er wohl die Eiche seinem 
Junckern oder Lehn-Herrn balde und ohne Verzug in 
seinen Hoff führen wolte. Als nun der Bauer kaum recht 
heimkommen wahr, nimmt der Rübezahl die große un- 
geheuer schwere Eiche, sammt ihren dicken und starcken 


36 


. Esten, und wirfft sie dem Edelmann für seinen Hoff, und 
vermacht und versperret ihm beydes mit dem Stamme und 
großen ungeheuren Esten dermaßen das Thor, daß er weder 
. aus noch ein hat kommen können, und dieweil die Eiche 
. härter als Stahl worden war, also, daß sie auff keinerley 
Weise und Wege, auch mit gantzer Gewalt nicht kónte 
zerhauen oder zerschlagen werden, hat der Edelmann 
aus unvermeidlicher Noth im Hoffe müssen durch die 
Mauren brechen, und ein Thor nicht ohne große Be- 
schwerung und Unkosten machen und zurichten lassen. 


RÜBEZAHL ÜBERWINDET EINEN UNTERIRRDI- 
SCHEN KONIG 

Man will ingemein wenig davon halten, daß es auch 
unter der Erden solle Leute geben, welche ebenmifig 
ihre Regimentsarten haben: Doch überzeuget folgende 
Geschichte die Zweiffelmütigen, und will die Sage mit 
der Erfahrung bekräfftigen. Nemlich, es soll vormaln 
ein Handwercks-Bursch über das Gebürge gewandert 
seyn, da es unter wegens sich begeben, daß der Rübe- 
zahl in einer bekandten Gestalt zu ihm gekommen, oder 
auff einem großen Ochsen oder Brümmer zu ihm ge- 
ritten; davon er balde herunter gestiegen, und sie mit 
einander unversehens bey ein unerhórtes tieffes Erden- 
loch zu stehen gekommen; welches der Rübezahl vor- 
her aufigegraben gehabt. Hierbey hat er den Reise-Ge- 
sellen mit sampt den Ochsen stille stehen heißen; sagende: 
Halt mir hie meinen Brümmer, und weiche nicht von 
dannen: Denn ich habe allhier unter der Erde mit einem 
grausamen Erden-Kónige zuthun, welcher mir eines Theils 
von meiner Refier unlängsten hat wollen einnehmen; 
dafür ich ihn jetzt, oder er mich, lohnen will. Unter- 


37 


dessen bleib du allhier behalten; und wenn du ver- 


merckest, daß eine Ganß herauß fleuget, so ist die Sache | 


bald gut, und habe ich gewonnen Spiel: Wirstu aber 


inne werden, daß eine Eule auß dem Abgrund hervor . 
kompt, so nimp reif аш, und гене mit dem Ochsen ` 
immer vor dich weg, so weit als du kanst, denn ich werde | 
alsdann das Feld verlohren haben: Und hierauf hatte - 


der Gesell dem Rübezahl die Hand geben müssen, wel- 


cher darnach in den greulichen Abgrund gesprungen . 
ist; Darauf er mit Verwunderung ein schröckliches Ge- . 


schrey gehóret von Trommeln und Trompeten, also, 
daf dem guten Kerl die Haare zu Berge gestanden; wie 
er denn auch hiebey neben seines Lebens nicht sicher 
gewesen, in dem der Ochse so tyrannisch aufigesehen, 
gebrüllet, mit den Hórnern in die Erde gestutzt, und 
mit den Pfoten in das außgegrabene Erdreich dermaßen 
gescharret, daß er schier innerhalb zwo Stunden die 
gantze Grube erfüllet, und wann es noch hette länger 
sollen währen, alle Erde zu ihrem vorigen Ort gebracht 
hette. Doch war es endlich geschehen, daß die Ganß 
hervorgefladdert gekommen, und darauff der Blutrünstige 
Rübezahl erfolget; sprechende: Nun ist die Sache rich- 
tig, und habe ich meinen Widersacher in tausend Stücken 
zerhauen. Du aber, weil du mir so lange auffgewartet, 
und meinen Klepper gehalten; so nimb das eine Ochsen- 
Horn zu dir, und in deme hatte er seinem Brümmer 
das eine Horn aufi dem Kopffe gezogen, und dem Hand- 
wercks-Gesellen gegeben, welcher damit in Eyle weg 
lauffen muste. Aber mercke, daß solches Horn sich eine 
Stunde oder etliche zutragen der Mühe noch wol ver- 
lohnet gehabt; weil der Bursche befunden, daf es hin 
und wieder mit Golde außgeleget, und ein köstlich 


38 


" Trinck-Geschirr gewesen, welches vielleicht die alten 
: Teutschen gebrauchet, und der Rübezahl von sie geerbet 
: gehabt. Solches Hörner-Gefäß soll hernach auff eine vor- 
. nehme Kunst-Kammer gekommen seyn, da dem Gesellen 
funftzig Reichsthaler darvor gegeben worden. Und also 
hat sich dieses Horntragen noch wol bezahlet gemacht, 
und der Ochsen-Dienst sich der Mühe ziemlich verlohnet. 


RÜBEZAHL WIRD ZU GEVATTER GEBETHEN 


Ein zweiffelter Schópffs, der umb alles das seinige kom- 
men war, und in der Bierkanne abgebrannt were, wenn 
er seine Magens-Gluth nicht stets gedámpffet, und ohn 
unterlaß mit Bier geleschet hette. Solcher verzweiffelter 
Kerl bekehrete sich dermaleins; und wüntschete, daß 
ihm der liebe Gott doch auffs neue etwas bescheren 
möchte; so wolte er gemacher thun, eingezogener und 
rathsamer leben. Ja er bath Tag und Nacht, daß er doch 
ein Kindgen möchte kriegen, alldieweil er gehöret, daß 
damit zugleich Segen erlanget würde: Denn, spricht man, 
bescheret Gott ein Häsigen, so bescheret er auch ein 
Gräsigen. Und in dem kömpt seine Frau in die Wochen; 
drauf er ausgehet, in willens, die drey ersten Leuthe, so 
ihm begegnen würden, zu Gevattern zu bitten. Und 
unter solchen Vorhaben, kömt ihm auch der unerkandte 
Rübezahl vor; den er als einen Reisefertigen anredet, 
und einen mündlichen Gevatterbrieff zustellet. Drauff 
solcher sich bedancket, und entschuldiget, daß er zwar 
selber nicht stehen könte; doch damit seine Gegenwart 
nit gäntzlich außenbliebe; so wolte er ihme hiermit ein 
Denckmahl übergeben haben; löset drauff seine Knie- 
oder Hosen-band ab; zur künfftigen Windelschnur. Weiter 
schenckete er ihme auch sein Schurtzfell, darein er das 


39 


Kind wickeln solte lassen. Mit dieser Verehrung schlan- | 


derte der Vater nach Hause und bringet seinem Weib | 


und Kinde mit was er bekommen. Indem er aber die 
Windel aufschläget; da war sie umb und umb vol lauter 
Böhmische Groschen gesticket gewesen: die Schnur aber 
hatte nach der Reihe anderthalb hundert Ducaten an 
sich gehabt. Das last mir ein Bathen-Geschencke seyn, 


| 
| 


damit man ein Baur-Kindel-Bier außrichten kan, und noch : 


etliche Pfennige übrig behalten. 


RÜBEZAHL WIRD EIN HOLTZ-HACKER 

Einsmahls soll eben dieses Betrügniß zu einem Bürger 
in Hirschberg, der einen Tagelöhner bedürfftig gewesen, 
angekommen seyn, hat seine Dienste zum Holtzhacken 
praesentiret, und vor die Bemühung nicht mehr als nur 
eine Ниске Holtz gefordert. Dieses alles heißet der Hauß- 
wirth gut, gehet den Vorschlag ein, und zeiget ihm etliche 
viel Fuder, darbey gedenckende: er wolle ihm noch etliche 
Mitgehülffen zugesellen. Aber hierzu spricht der Rübe- 
zahl, nein: Es ist unnóthig, ich will es alles selber wol 
alleine bezwingen. Darauff redet ihn der Herr noch ferner 
an, fragende: Wo er denn die Axt habe? Sintemahl ег 
keine bey dem bedungenen Knechte vermerckte. Darauff 
antwortete der Rübezahl: Ich will bald eine kriegen. 
Und erwischte hiemit sein linckes Bein, zog solches mit 
dem Fufle aus den Lenden heraus, und hieb, wie er toll 
und rasend were, wieder drauff erfolgende Verhinderung 
alles Holtz in einer Viertelstunde gar kurtz und in kleine 
Scheite; Dazu sich sein außgerissener Fuß viel tausend- 
mal hurtiger, als die schárffste Axt erzeigete. Immittelst 
aber rieff der Haußwirth immer was er rufen konte 
(weil er flugs Unraths vermerckte), daß der abentheuer- 


40 


liche Hacker einhalten solte, und sich auß dem Hoffe 
packen. Der Rübezahl aber sagte immer nein: Ich will 
nicht auß der Stelle weichen, ehe ich mein Holtz klein 
gemacht habe, und mein Lohn davon trage. Und unter 
solchem Gezancke ward der Rübezahl gleich fertig, steckte 
sein Bein wider hinein (indem er vorher nur auff dem 
einen nach Storchsmanier gestanden) und sackete alles 
geschlagene Holtz über einen Hauffen auf seinen Buckel, 
(es waren aber bey vier Klaffter) und spatzierete für allen 
Henger, zur selb beliebten Belohnung hiemit davon, ließ 
den Wirth schreyen und wehklagen so viel er immer 
wolte. Worumb aber? ist denn dieser Geist so unbillich 
und schadhafftig? Nein, sondern Gott verhengte ihm die 
Ungerechtigkeit bißweilen an den boßhafftigen Menschen 
zu straffen. Nemlich, der gedachte Wirth hatte das vorige 
Holtz auß der ferne durch etliche Bauren zu sich fahren 
lassen, umb ein gewisses Lohn, welches aber der mein- 
eidische Mensch, leider! den bedienten und den darauff 
wartenden Bauren nicht gehalten hat, in dem er sie nur 
mit der Nase herumb geführet, und das Maul geschmieret 
hat. Ferner soll man auch drauff gehöret haben, daß 
dieser Rübezahl sein entführetes Holtz den abgewiesenen 
Bauren eintzeln vors Hauß geworffen habe, es ihnen ver- 
ehret, und etlichen die Sache dabey nebenst der Rache 
erzehlet haben. 


RÜBEZAHL ZAUBERT ETLICHEN KÜH- UND 
OCHSEN-KÖPFFE AN 

Es soll sich auch auf eine Zeit begeben haben, daß 
Rübezahl sich in eine verlassene Herberge gemachet, 
und sich wie ein statlicher Wirt erzeiget; Indem es sich 
begeben, daß unterschiedliche vornehme Leute vorbey 


41 


gereiset, und sich über Nacht allda haben gastiren lassen. 
Zwar anfänglich, wie Ше Gäste angekommen, ist wenig 
köstliches zu sehen gewesen: Aber in kurtzer Zeit waren 
die Tische gedecket, und lagen auff Bäncken herumb 
etliche lehre Fasse, und große Klötzer, darinnen stacken 
Hanen, wie sie sonsten in den Fassen zu seyn pflegen. 
Noch ferner hat der Rübezahl das eine Fenster in den 
Saal, hübsch wie ein Schranck, vermacht; Den that 
er auff, und nahm immer eine Schüssel nach der andern 
von Essen heraus, und satzte sie auf den Tisch: Ein 
Theil war kalt; ein Theil noch ein wenig warm: und 
als er diß vorgetragen hatte, meinten die Gäste, es wäre 
nun alles geschehen. Da gehet er abermahls hin, und 
bringet noch mehr Gerichte. Da fingen sie erst an, sich 
zu verwundern, wo das herrliche Essen herkommen 
möchte, und wie er so viel drinnen beherbergen könte. 
Aber sie schwiegen doch stille, und hätten gerne ge- 
truncken; fragten: Ob nicht was zu trincken vorhanden 
wäre. Der unerkante Rübezahl nahm einen Stab, schlug 
an die Wand: Da kam ein schöner Jüngling heraus, gantz 
wohl wie ein Teutscher gekleidet und gezieret; der hatte 
zweene güldene Becher in seiner Hand, darauff stunden 
des Turckischen Keysers Nahmen und Wapen: gieng 
hin zu dem einen leeren Fasse, und zapffte einen guten 
Spanischen Wein heraus, satzte den auff den Tisch, und 
ließ sie den versuchen. Bald schlug Rübezahl auff eine 
andere Seite der Wand: da kam herfür eine hüpsche 
Jungfrau, hatte einen gantzen Korb voller schöner kunst- 
reicher, güldener und silberner Trinck-Geschirr, darunter 
vieler Fürsten Nahmen und Wapen waren: und sonder- 
lich des Königs in Franckreich und Spanien und anderer 
fürnehmen Praelaten, daß sie gnug dran zu sehen hatten. 


42 


ae ee, ee, а — ) 


Diese Dahme gieng hin zu dem diirren Klotz und Stock, 
zapffte einen guten und köstlichen Reinischen Wein her- 
aus, und gab ihn den Gästen. Oben über dem Tische 
gieng ein höltzern Rohr: Wenn einer ein wenig Wasser 
haben wolt; so hielt er sein Geschirr an das Rohr, da 
lieff das Wasser hinein, so lange ЫЙ er ап das Rohr 
klopffet: Doch wuste niemand, wo das Wasser hinein 
käme; Denn es hieng oben an einem Zwirns-Faden. Über 
das lagen auch noch andere Fasse darbey; aus welchen 
allen Spanische, Ungarische und andere Weine gelassen 
wurden; dergleichen von den Gästen vor diesen nie- 
mahlen gekostet worden. Nach diesen brachte der Rübe- 
zahl noch mehr Speise von seltzamen Vögeln und wunder- 
lichen Fischen; deren in Schlesien nicht gefunden. Und 
als die Gäste nun fröhlich waren, kamen unterschiedliche 
andere Geister, in Spielleuten Gestalt, mit einer lustigen 
Zunftt; hatten alte Fiedeln, und schrapten drauff etliche 
Liedlein; Bald nahmen sie andere Instrumenta, und er- 
zeigten sich frólich; Ja, sie waren so lustig und fró- 
lich; daß die mercklichen und kurtzweiligen Stücklein 
nicht kónnen alle erzehlet werden. Wie sie nun das 
Mahl gehalten hatten, da grieff Rübezahl wieder in seinen 
Schranck; und brachte herfür allerley seltzame Früchte, 
so in Spanien, Franckreich, Niederland, Arabia, India 
und Griechen-Land wachsen, von herrlicher, frischer 
Würtze und andern schönen Gewächsen, so man mit 
Lust und Liebligkeit essen und genießen kan: welche 
zum Theil den Gästen bekant, zum Theil aber unbe- 
kant gewesen. Auch waren dabey allerley Blumen, und 
wohl-riechende schöne Kräuter, daß sich hoch zu ver- 
wundern. Und als sie eine gute Weile frólich gewesen 
waren; fáhet einer an unter ihnen und spricht zu Rübe- 


43 


zahlen: Herr Wirth! ich bitte freundlich, ihr wollet uns 
doch auch ein hübsch kurtzweilig Bössigen sehen lassen. 
Der Rübezahl antwortet und saget: Es wäre gnug auff 
dießmahl: Er (der Gast) hätte neben andern Herrn genug 
gesehen; welches sie sämmtlich bekanten, und sagten: 
daß der Kurtzweil ein großer Überfluß gewesen. Aber 
er hielt weiter an, und wolte nicht nachlassen: bat 
nur noch umb eins zum Schlafftrunk. Da sprach Rübe- 
zahl: es solte geschehen. Bald hernach in einem Huy 
bekömmt derselbe einen Ochsen-Kopff, mit großen Hör- 
nern: recht wie ein solch Tier: die andern Herren fangen 
an seiner zu lachen, und zu spotten; Diß verdreust ihn, 
und wil sich verantworten mit Schelten: fähet also greu- 
lich an zu brüllen und zu brummen wie ein rechter 
natürlicher Ochse; Bald wolte er einen Becher ins Maul 
nehmen und trincken; da kont er sich auch nicht darzu 
schicken: die Lappen am Maule waren ihm zu groß; 
Da brachte Rübezahls sein Knecht Wein in einem 
Fasse; da that er einen guten Suff; Also hatten die 
Herren ihre Phantasey mit dem Ochsen, und gonneten 
ihme diesen Schalcks-Possen gar wohl. Unterdessen 
kömmt das Geschrey an dieses Gastes Ehefrau; indeme 
sie auch nebenst andern Gefärten bey Rübezahl einkehrte, 
und ihrem Manne nachreisete: Die erfähret; daß ihr 
Ehe-Mann einen Ochsen-Kopff habe; Sie gehet geschwinde 
hinein, und findet es also; Da machte sie sich mit losen 
Worten an den Rübezahl, fluchte ihm sehr; Warumb 
er ihren Mann also verschimpffet hatte? Rübezahl gab 
der Frauen gute Worte, hieß sie stille schweigen; Also 
thäten auch die andern; aber es war umbsonst. Da zau- 
berte der Rübezahl der Frauen einen Kühe-Kopff auff 
mit feinen Hórnern; Da ward das Gelächter noch größer, 


44 


Me Ws летін ae Ч Sieste, — ne 


und wolte die Frau viel Windes machen, hub an zu 
plarren, deßgleichen auch der Ochse: Da hätte man lustige 
Geberden gesehen, wie sie sich stelleten, und wie ihnen 
die Kappen so lustig anstunden. Über solches Wesen 
schlieffen endlich die Gäste mit einander ein, und schnarch- 
ten die ganze Nacht durch! Wie sie aber endlich frühe 
gegen den andern Tag erwachten, siehe, da lagen sie 
in einer Wüsteneyen: und nahmen die Begebnüsse des 
vorigen Tages nicht anders auff als einen Traum. Doch 
besonnen sich etliche, daß dieser Posse vielleicht ihnen 
von Rübezahl wiederfähre. 


NAPOLEONS BESUCH IN WEIMAR UND JENA 
IM HERBST DES JAHRES 1808 


Ve gerade hundert Jahren, vom 27. September bis 
V 14. Oktober 1808, fand in Erfurt jene berühmte 
Fürstenversammlung statt, Ше die beiden mächtigsten 
Monarchen, Napoleon und Alexander von Rußland, aber 
auch die beiden geistigen Großmächte ihrer Zeit, Goethe 
und Napoleon, zusammenführte. Im Verlauf dieser Ta- 
gung veranstaltete Carl August, Napoleon für dieSchonung 
seiner Souveränität widerwillig verpflichtet und Alexander 
verwandtschaftlich verbunden, zu Ehren der Fürsten glän- 
zende Festlichkeiten in Weimar und Jena, die dem durch 
Kriegsnöte schwer geschädigten Land von neuem große 
Opfer auferlegt haben müssen. Der Weimarer Verleger 
Carl Friedrich Bertuch, der es in bewundernswertem Maße 
verstand, auch aus schweren Zeiten Nutzen zu ziehn, 
gab im Jahre 1809 ein »Prachtwerk« — wie Goethe es 
nannte — in Folio heraus, das den Titel führte: »Be- 
schreibung der Feierlichkeiten, welche bei Anwesenheit 


45 


von Ihro Majestäten der Kaiser Alexander und Napoleon 
und mehrerer gekrönten Häupter in Weimar und Jena 
am 6ten und 7ten Oktober 1808 von Sr. Durchlaucht dem 
Herzoge Carl August von Sachsen-Weimar veranstaltet 
worden. Nebst einem Überblicke ihrer merkwürdigen 
Zusammenkunft in Erfurt.« Der Text des Werkes ist 
deutsch und französisch. Den Lesern des Almanachs wird 
ein nur wenig gekürzter Wiederabdruck dieses Berichtes 
gewiß interessant und willkommen sein. Von den fünf 
zum Teil kolorierten Kupfern, die Bertuchs Buch schmük- 
ken, geben wir die drei wichtigsten in starker Verkleine- 
rung wieder, die aber doch Napoleons Gestalt noch deut- 
lich erkennen läßt. Die beiden ersten dieser Kupfer 
sind von C. A. Schwerdgeburth gezeichnet und gestochen, 
der später als der letzte Porträtist Goethes bekannt ge- 
worden ist, aber auch um mancher andern Arbeiten willen 
verdient, nicht vergessen zu werden. Der Bericht in dem 
Bertuchschen Buche lautet: 

»Se. Durchlaucht hatten die hohen Häupter zuvörderst 
zu einer grossen Hirsch-Jagd auf den 6. October einge- 
laden, welche I. I. М.М. die Kaiser und Könige anzu- 
nehmen geruhten. In dem Walde des nahe bei Weimar 
gelegenen Ettersberges, im Reviere des Wildmeisters Koch, 
war Alles zu diesem Haupt-Jagen vorbereitet. Acht Tage 
lang brachte man unter Direction des Ober-Forstmeisters 
von Fritsch mit Einstellung des Jagens zu, wozu täglich 
mehrere hundert Jagdbauern erforderlich waren. 

Іп: einiger Entfernung von dem Jagdschlosse zu Etters- 
burg zwischen dem grossen und kleinen Ettersberg war 
auf einem freien Platze, von wo man die schönste Aus- 
sicht in die Ebene von Thüringen gegen den Unstrut-Fluss 
hin geniesst, der Schiess-Schirm errichtet, aus welchem 


46 


die hohen Herrschaften das Wild schossen. Dieser Schiess- 
Schirm war als eine offene Zelthalle behandelt und be- 
stand daher bloss aus einem Parterre mit einem Zelt- 
dach, durch Säulen von natürlichen Baumschäften, 
welche oben als Palmbäume durch Zweige und rothe 
Früchte verziert waren, getragen. Das ganze Gebäude 
war bei einer Länge von 223 Fuss 51 Fuss breit und 
enthielt 10000 Quadrat-Fuss im Flächenraum. Die Giebel- 
wände waren durchaus zu, die langen Seiten aber ganz 
offen und jede mit zehn 22 Fuss hohen Säulen verziert, 
so wie Alles mit Guirlanden von Blumen und Früchten 
geschmückt war und dadurch ein ungemein heiteres, 
festliches Ansehen gewann. 

Der innere Raum zerfiel in drei Haupt-Abtheilungen, 
in den Saal der Kaiser und in zwei Marschalls-Säle. Der 
Saal der Kaiser von 75 Fuss Länge und 51 Fuss Tiefe 
lag in der Mitte und war drei Stufen höher, als die zu 
beiden Seiten angränzenden Marschalls-Sále. Der übrige 
Raum war zu zwei gleichen Theilen auf die Flügel 
vertheilt, und enthielt die Küche, Kellerei, Räume für 
die Bedienten und Gewehre. — Um den Schiess-Schirm 
war in gehöriger Entfernung durch hohe Tücher ein 
Lauf gestellt, der durch vorgezogene Rolltücher von der 
Wildkammer getrennt war, und das Ganze als Contra-Jagen 
eingerichtet. Ausserhalb des Laufs hatte man für Zuschauer 
mehrere sichere Balkons errichtet, welche aber für die 
Menge der Fremden nicht zureichten. Schon vom frühen 
Morgen des 6. Octobers an sammelten sich hier mehrere 
tausend Zuschauer; der schönste Herbsttag begünstigte 
dieses Leben im Freien, und das Ganze glich einem fröh- 
lichen Volksfeste, für dessen Bedürfnisse mehrere Reihen 
von Buden mit Speisen und Getränken aller Art sorgten. 


47 


Um то Uhr des Morgens ritten vom Jagdschirm aus 
Se. Durchl. der Herzog von Sachsen-Weimar, gefolgt 
von der Herzogl. Jägerei, den kaiserlichen und kónig- 
lichen Majestäten entgegen. Ihro Maj. die Kaiser ver- 
liefen gegen Mittag Erfurt und wurden von Sr. Durchl. 
dem Herzoge von Sachsen-Weimar ап der Grinze, so- 
wie von der übrigen Begleitung im Dorfe Stedten emp- 
fangen und von da unmittelbar vor den Jagdschirm ge- 
führt, wo Allerhóchst Sie um 1 Uhr anlangten, be- 
grüsst von einer lebhaften Jagdmusik, und dem Vivat- 
rufen der zahlreichen Volksmenge. Vor den Kaisern 
waren die Kónige von Baiern, Sachsen und Würtemberg, 
so wie der Fürst Primas, bereits eingetroffen. Ausser 
mehreren teutschen Fürsten waren auch der Fürst von 
Neufchatel (Berthier) und die franzósischen Marschille, 
der Herzog von Dalmatien (Soult) und Herzog von 
Montebello (Lannes) gegenwärtig. Eine glänzende Suite 
von Generalen und Cavaliers begleitete die Monarchen. 

Die Kaiser und Kónige nahmen im Schiess-Schirme, 
wo ein Dejeuner à la fourchette servirt war, die mitt- 
lere Abtheilung des Pavillon ein. Die Jagd nahm auf 
ein gegebenes Zeichen ihren Anfang; das Rolltuch wurde 
aufgeknebelt, das Wild vorgejagt, und Trompeten und 
Pauken auf der Musik-Tribüne am Eingange verkündigten 
die jagdbaren Hirsche. Se. Maj. der Kaiser Napoleon 
hatte sechs seiner Jagd-Pagen, einen Porte-armes und 
vier Piqueurs bei sich. Der getreue Leib-Mameluck Rustan 
und der Porte-armes besorgten das Laden seiner Gewehre. 

Die Kaiser und Könige schossen sehr häufig, und er- 
legten bis vier Uhr, wo die Jagd endigte: 47 Hirsche, 
5 Rehböcke, 3 Hasen und ı Fuchs. 

Von Zeit zu Zeit wurden während der Jagd Pausen 


48 


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gemacht, wo, nach teutschem Jagd-Gebrauch, mehrere, 
als wilde Männer maskirte, mit Eichenlaub bekränzte 
und umgürtete Forstknechte hervorsprangen und das 
geschossene Wild vor denSchiessstand der Kaiser streckten. 

Kein Unfall hatte die Freude des Tages gestört; um 
vier Uhr endigte dieses ächt-teutsche Jägerfest, und die 
Kaiser, Könige und Fürsten verliessen den Ettersberg 
und fuhren herab nach Weimar. So wie Sie sich gegen 
5 Uhr der Stadt näherten, wurde mit allen Glocken ge- 
läutet. Der Magistrat begrüsste ehrfurchtsvoll die Kommen- 
den am Jacobsthore, und die ganze Bürgerschaft hatte 
sich mit ihren Gilde-Fahnen auf den Strassen in Reihen 
bis zum Schlosse gestellt, wo das Herzogliche Militär 
en haye aufmarschirt war. So hielten die beiden er- 
habenen Kaiser in einem offenen Jagd-Wagen, wo Sie 
von Jedermann genau gesehen werden konnten, ihren 
Einzug in Weimar. 

Den Weg nahm man über den Carls-Platz durch die 
Esplanade nach dem Schlosse, wo Ihre Majestäten von 
I. I. D. D. dem Herzoge, der Frau Herzogin, dem Erb- 
prinzen, der Prinzessin Caroline, dem versammelten Hof- 
staate, und vielen fremden Cavalieren unten an der 
Haupttreppe empfangen und in die Zimmer der Frau 
Herzogin geführt wurden, welche für Se. Maj. den Kaiser 
Napoleon bestimmt waren. Se. Maj. der Kaiser Alexander 
bezog die Zimmer neben dem grossen Saale, wo er 
schon früher logirt hatte. 

Den Kaisern folgten von der Jagd die Kónige von 
Baiern, Sachsen und Wiirtemberg, so wie der Fürst 
Primas, nach Weimar, welche im fürstlichen Palais und 
in einigen angesehenen Privat-Häusern logierten, und 
deren jeder als Ehren-Wache einen Officier und 20 Mann 


49 


der Herzoglichen Füseliers erhielt. Alle Wachen des 
Schlosses waren gleichfalls vom Herzoglichen Militär 
besetzt. 

Um 6 Uhr, nachdem sich die Könige mit ihren Suiten 
im Schlosse bei den Kaisern versammelt hatten, war 
Diner. Die kaiserliche Tafel bestand aus 16 Couverts. 
An ihr speisten, ausser den beiden Kaisern, die Königin 
von Westfalen, die Könige von Baiern, Würtemberg 
und Sachsen, die Herzogin und Prinzessin Caroline von 
Sachsen-Weimar, der Fürst Primas, Prinz Wilhelm von 
Preussen, die Fürsten von Neufchatel und Benevent, der 
Herzog von Oldenburg, der Erbprinz von Mecklenburg- 
Schwerin, der Herzog und Erbprinz von Sachsen-Weimar. 
— Überhaupt speisten am 6. October im Schlosse zu 
Weimar 550 Personen. 

Um 7 Uhr fuhren die Kaiser und Кӛпіре, nebst den 
iibrigen Herrschaften, in das Hof-Theater. Das Schloss, 
seine Umgebungen und die Stadt waren geschmackvoll 
erleuchtet. Vor dem Schlosse strahlte in hellen Flammen 
ein sechzig Fuß hoher Obelisk. Ein milder schöner 
Herbstabend erhöhte den Reiz dieses Schauspiels. 

Im Theater nahmen, wie in Erfurt, die Kaiser und 
Könige ihren Platz im Parterre. Zunächst dem Orchester 
war eine erhöhete Abtheilung für die Majestäten. Ein 
türkischer Teppich bedeckte den Fussboden, auf dem 
zwei reich verzierte Thron-Sessel für die Kaiser, und 
Stühle zu beiden Seiten für die Könige, den Fürsten 
Primas, den Prinzen Wilhelm von Preussen und Gross- 
fürsten Constantin standen. Das übrige Parterre nahmen 
die Fürsten und die Suite ein. In der Herzoglichen 
Loge sass in der Mitte die Königin von Westphalen 
neben der Herzogin von Sachsen-Weimar; rechts die 


90 


| 
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| 


E 


Herzogin von Sachsen-Meiningen, die Fiirstin von 
Thurn und Taxis, und die Herzogin Alexander von 
Würtemberg. Links die Prinzessin Caroline von Weimar 
und dahinter die Damen des Hofes. Der Balkon und 
die Logen des ersten Ranges waren mit Damen in den 
glänzendsten Anzügen besetzt. 

Se. Maj. der Kaiser Napoleon hatte das französische 
Theater von Erfurt hierher kommen lassen, und diese 
vortrefflichen Künstler gaben La mort de César von 
Voltaire mit vollendeter Kunst. Der berühmte Talma 
entfaltete in der Rolle des Brutus sein grosses tragisches 
Talent und erfüllte die Zuschauer mit gerechter Be- 
wunderung. 

Es verdient wohl in den Annalen des teutschen 
Theaters aufgezeichnet zu werden, dass auf derselben 
Bühne, wo die Meisterwerke von Göthe und Schiller 
zuerst gegeben wurden, jetzt auch die ersten tragischen 
Künstler Frankreichs auftraten, und uns in hoher Voll- 
kommenheit die in engern Schranken sich bewegende 
französische Tragödie darstellten. 

Nach dem geendigten Trauerspiele fuhren die Kaiser, 
in einem Wagen zusammensitzend, durch die erleuchteten 
Strassen der Stadt nach dem Schlosse zurück, wo der 
Bal seinen Anfang nahm. Se. Maj. der Kaiser von 
Russland eröffnete ihn mit I. М. der Königin von West- 
phalen durch eine Polonaise. Sowohl der Kaiser als 
der Gross-Fürst Constantin tanzten zu verschiedenen 
Malen, und Jedermann bewunderte auch hier die Anmuth 
des schönen Monarchen. Se. Maj. der Kaiser Napoleon 
unterhielt sich sehr lebhaft mit vielen der Anwesenden. 
Dieses Glück wurde auch den grossen Dichtern Göthe 
und Wieland zu Theil. Mit beiden sprach der Held des 


51 


Jahrhunderts sehr lange, und zu wiederholten Malen mit 
letzterem, und discutirte mit freier Genialitat und tiefem 
Scharfblicke wichtige Gegenstände der alten und neuern 
Geschichte und Literatur, die sein umfassender Geist 
unter neuen grossen Gesichtpunkten darstellte. Mit sicht- 
barem Wohlwollen zeichnete der erhabene Monarch diese 
Coryphäen der teutschen Literatur aus, und gab hierdurch 
den schmeichelhaftesten Beweis, dass ihm die Nation, 
deren Protector er ist, werth sey, und er ihr eigentliches 
National-Band, ihre Literatur und Sprache, achte und 
würdige. — Ehe der Kaiser Napoleon sich um ein Uhr 
in seine Zimmer zurückzog, sprach er zuletzt noch mit 
grosser Lebhaftigkeit den Geheimen Rath von Göthe. 

So schloss der in den Annalen von Weimar ewig 
denkwürdige 6. October, an dem wir das Glück hatten, 
zwei Kaiser, eine Königin, drei Könige, so viele Fürsten, 
Staatsmänner und Generale in unsern Mauern zu sehen. 
Mannichfaltige Feste umfasste dieser einzige Tag; die 
herrlichste Witterung begünstigte sie, und kein unange- 
nehmer Vorfall störte den reinen Genuss derselben. 

Da Se. Maj. der Kaiser Napoleon gewünscht hatte, 
den 7. October mit Sr. Maj. dem Kaiser Alexander das 
Schlachtfeld bei Jena, welches 4 Stunden von Weimar 
liegt, zu besichtigen, so hatte Se. Durchl. der Herzog 
von Sachsen-Weimar durch den Major und Commen- 
danten von Hendrich in Jena alle erforderlichen Anstalten 
zum Empfange der hohen Herrschaften machen lassen, 
welche auch zur allgemeinen Zufriedenheit ausgeführt 
worden waren. 

Am 7. October Morgens 9 Uhr verliessen die beiden 
Kaiser in dem geschmackvollen, bereits erwähnten, offenen 
Jagd-Wagen das Schloss von Weimar und wurden von 


92 


Abenden conte 


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den pA Nae XANDRE. 


weimarischen Husaren nach Jena escortirt. Ihnen folgten 
Ше Könige von Baiern und Sachsen, der Gross-Fürst 
Constantin, der Herzog und Erbprinz von Sachsen- Weimar, 
der Erbprinz von Oldenburg, die Marschälle Berthier, 
Soult, Lannes, so wie die übrige Suite. 

Ohne Jena zu berühren, fuhr man sogleich über 
Vierzehnheiligen nach den Höhen des Landgrafenberges, 
nahe bei Jena, auf dessen höchstem Punkte, dem Na- 
poleons-Berge (sonst der Windknollen genannt), der Kaiser 
von Frankreich am 14. October 1806 die Schlacht com- 
mandirte. Auf diesem für die Zeitgeschichte so merk- 
würdigen Punkte war unter der Direction des Professors 
Sturm von Jena jetzt ein schöner dorischer Tempel zu 
dieser Feierlichkeit erbaut worden, dessen Fronte nach 
Westen, oder nach Weimar hin, stand. 

Des Morgens nach ro Uhr kamen die Herrschaften 
über das Schlachtfeld gegen den Tempel auf der Höhe 
des Napoleons-Berges zu gefahren und geritten. Im 
ersten Wagen saß der König von Sachsen mit dem 
Grafen von Marcolini; im zweiten der König von Baiern 
mit dem Minister von Mongelas; nun war ein beträcht- 
licher Zwischenraum, dann kamen Herzogl. Weimar. 
Cavaliere zu Pferde, welchen des Herzogs von Weimar 
Durchl. gleichfalls zu Pferde in Jagd-Uniform folgte. 
Dann erschien der prächtige Jagdwagen mit den beiden 
Kaisern, Napoleon rechts und Alexander links sitzend. 
Die Kaiser grüssten sehr freundlich die zahllose Menge 
der Zuschauer, welche an diesem schönen Herbsttage 
sich hier versammelt hatten. An der Stelle, wo der 
Weg nach dem Tempel von der Apoldaer Landstrasse 
abgeht, war die Jenaische Bürgerschaft mit ihrem Präfect 
versammelt und rief unter Trompeten- und Pauken- 


53 


schall den vorbeifahrenden Kaisern ihr: Es leben die 
Kaiser! zu. 

Die Kaiser und Кӛпіре stiegen bei dem Tempel aus, 
wo Sie auf dem davor liegenden freien Platze die Gegend 
geraume Zeit betrachteten. Se. Durchl. der Herzog von 
Weimar legte Sr. Maj. dem Kaiser Napoleon den gezeich- 
neten Plan der ganzen Gegend, von geschickten Ingenieurs 
neuerlich aufgenommen, vor. Auf diesem Plane zeigte 
der Kaiser von Frankreich dem Kaiser von Russland die 
ersten Punkte des Angriffes bei der Schlacht von Jena. 

Nach einiger Zeit begaben sich die hohen Herrschaften 
von der Anhöhe des Napoleons-Berges herunter auf das 
etwas tiefer liegende Plateau, auf welchem Se. Maj. der 
Kaiser Napoleon, umgeben von seinen Garden, in der 
Nacht vor der Schlacht bivouacquirt hatte. Hier waren 
mehrere Zelte aufgeschlagen, wo dejeunirt wurde. In 
dem einen war die Tafel für die höchsten Herrschaften 
bereitet, welche Hof-Cavaliere und Pagen besorgten; die 
Tafel für die Kaiserlichen und Königlichen Umgebungen 
wurde im Freien aufgestellt und von Herzoglichen Hof- 
Officanten servirt. Vor den Zelten brannte ein grosses 
Bivouacq-Feuer, welches dem Ganzen das Ansehen eines 
Lager-Platzes gab. 

Als die erhabenen Kaiser hier das Dejeuner einnahmen, 
erhielten auch die beiden Deputationen von der Univer- 
sität Jena Audienz. Die Majestäten nahmen beide De- 
putationen sehr gnädig auf und unterhielten sich lange 
mit ihnen. Se. Maj. der Kaiser Napoleon erkundigte sich 
auf das genaueste nach dem Verluste, den die Stadt Jena 
in dem letzten Kriege erlitten habe, und mit kaiserlicher 
Freigebigkeit heilte er die Wunden durch mannichfaltige 
Schenkungen. 


54 


Nach aufgehobener Tafel setzten sich die simmtlichen 
höchsten und hohen Herrschaften zu Pferde und іп 
Wagen, und begaben sich, von dem Herzoge von Weimar 
geführt, auf das vordere Plateau des Landgrafenberges, 
um die Stadt Jena und die nächsten Umgebungen zu über- 
schauen, welche dem Kaiser von Russland noch unbe- 
kannt waren. Von da ritten die Monarchen wieder über 
den Napoleons-Berg zurück nach Cospoda und besahen 
die verschiedenen Punkte des Schlachtfeldes. Jetzt be- 
gaben sich die höchsten und hohen Herrschaften, entfernt 
von diesem Kampfplatze, in die Gegend von Apolda, 
wo abermals eine grosse Jagd gehalten wurde, nach deren 
Beendigung die Kaiser Nachmittags 3 Uhr wieder in Wei- 
mar eintrafen, vor dem Erfurter Thore die Pferde wech- 
selten, und die Rückfahrt nach Erfurt sogleich weiter 
fortsetzten. — — 

Am 12. October verlieh Se. Maj. der Kaiser Napoleon 
den grossen teutschen Dichtern, dem Geheimen Rath von 
Góthe und Hofrath Wieland, als achtenden Beweis ihrer 
grossen Talente den Orden der Ehren-Legion, und der 
Minister Staats-Secretair Maret händigte darüber dem 
Weimarischen Envoyé, Geheimen Regierungs-Rath von 
Müller, zwei in den schmeichelhaftesten Ausdrücken ver- 
fasste Schreiben für die beiden ernannten Ritter ein.« 

Soweit der Bericht über die Weimarer Feste. Wir lassen 
die Einleitung des Buches hier zum Schlusse folgen: 
» Die neuere Geschichte wird in ihren Annalen die merk- 
würdige Zusammenkunft der machtigsten Monarchen des 
Continents, der Kaiser von Russland und von Frank- 
reich, welche zu Erfurt vom 27. September bis zum 
14. October 1808 statt fand, unvergänglich aufzeichnen. 
Beseelt von dem Wunsche eines allgemeinen Friedens 


55 


naherten sich einander dort die Kaiser Napoleon und 
Alexander, und in den Handen dieser machtigen Herrscher 
wurde von neuem das Schicksal des Siiden und Norden 
gewogen. Noch verhiillt zwar der undurchdringliche 
Schleier der Staatsklugheit die Resultate dieser wichtigen 
politischen Zusammenkunft, doch die thatenreichen Er- 
eignisse der nahen Zukunft werden nach und nach auch 
diese Mysterien enthüllen.« Die »thatenreichen Ereig- 
nisse«, die der Entrevue nach wenigen Jahren folgten, 
waren der Feldzug Napoleons nach Russland, der Brand 
von Moskau und der Übergang über die Beresina. 


AUS GOETHES TAGEBÜCHERN 


1775 Juni 15, auf dem Züricher See. 
Ohne Wein kann’s uns auf Erden 
Nimmer wie dreihundert werden, 
Ohne Wein und ohne Weiber 
Hol’ der Teufel unsre Leiber. 


Ich saug an meiner Nabelschnut 
Nun Nahrung aus der Welt. 
Und herrlich rings ist die Natur, 
Die mich am Busen hält. 

Die Welle wieget unsern Kahn 
Im Rudertakt hinauf, 

Und Berge, Wolken angethan, 
Entgegnen unserm Lauf. 


Aug mein Aug was sinkst du nieder, 
Goldne Träume, kommt ihr wieder; 
Weg du Traum, so Gold du bist, 
Hier auch Lieb und Leben ist. 


56 


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Auf der Welle blinken 
Tausend schwebende Sterne, 
Liebe Nebel trinken 

Rings die thiirmende Ferne; 
Morgenwind umflügelt 

Die beschattete Bucht, 

Und im See bespiegelt 

Sich die reifende Frucht. 


Auf den Bergen über Richterswyl. 
Wenn ich liebe Lili dich nicht liebte, 
Welche Wonne gäb’ mir dieser Blick 
Und doch, wenn ich Lili dich nicht liebte, 
Wär’, was war’ mein Glück. 


1775 Oktober 30, auf der Reise von Frankfurt nach Heidelberg; 
Ebersstadt. 


Bittet, daß eure Flucht nicht geschehe im Winter, noch 
am Sabbath: ließ mir mein Vater zur Abschiedswarnung 
auf die Zukunft noch aus dem Bette sagen! — Dießmal, 
rief ich aus, ist nun ohne mein Bitten Montag Morgens 
Sechse, und was das Übrige betrifft, so fragt das liebe 
unsichtbare Ding, das mich leitet und schult, nicht, ob 
und wann ich mag. Ich packte für Norden, und ziehe 
nach Süden; ich sagte zu, und komme nicht, ich sagte 
ab und komme! Frisch also, die Thorschließer klimpern 
vom Burgemeister weg, und eh es tagt und mein Nach- 
bar Schuhflicker seine Werkstätte und Laden öffnet: fort. 
Adieu Mutter! — Am Kornmarkt machte der Spenglers- 
junge rasselnd seinen Laden zurechte, begrüßte die Nach- 
barsmagd in dem dämmrigen Regen. Es war so was 
Ahndungsvolles auf den künftigen Tag in dem Gruß. 
Ach, dacht ich, wer doch — Nein, sagt’ ich, es war 


57 


auch eine Zeit — Wer Gedächtniß hat, sollte niemand 
beneiden. — — Lili, Adieu, Lili, zum zweitenmal! Das 
erstemal schied ich noch hoffnungsvoll, unsere Schick- 
sale zu verbinden! Es hat sich entschieden — wir müssen 
einzeln unsre Rollen ausspielen. Mir ist in dem Augen- 
blick weder bange für dich, noch für mich, so verworren 
es aussieht! — Adieu — Und du! wie soll ich dich 
nennen, dich, die ich wie eine Frühlingsblume am Herzen 
trage! Holde Blume sollst du heißen! — Wie nehm 
ich Abschied von dir? — Getrost! denn noch ist es 
Zeit! — Noch die höchste Zeit — Einige Tage später! 
— und schon — О lebe wohl — Bin ich denn nur 
in der Welt, mich in ewiger unschuldiger Schuld zu 
winden — — — — — — Und Merck, wenn du wüßtest, 
daß ich hier der alten Burg nahe sitze, und dich vor- 
beifahre, der so oft das Ziel meiner Wandrung war. Die 
geliebte Wüste, Riedesels Garten, den Tannenwald, und 
das Exerzirhaus — Nein, Bruder, du sollst ап meinen 
Verworrenheiten nicht theilnehmen, die durch Theil- 
nehmung noch verworrner werden. 

Hier láge denn der Grundstein meines Tagbuchs! und 

das Weitere steht bei dem lieben Ding, das den Plan 

zu meiner Reise gemacht hat. 


1776 November 7, Gartenhàuschen. 

Mit den Bienen beschäftigt und sie zur Winterruh ge- 
bracht ... Was ist der Mensch, daß du sein gedenkst, 
und das Menschenkind, daß du dich sein annimmst. 
Abends Bau-Grillen im Garten und Feldzug gegen die 
Jahrszeit. 


1777 September 5, Wilhelmsthal. 
Am dicken Backen gepflegt, das Buch Hiob gelesen. 


58 


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1777 October 8, Wartburg. 

Stund inwärts gewendet wieder auf. Die Ankunft des 
Statthalters schloß mich auf einige Augenblicke auf, 
Grimms Eintritt wieder zu. Ich fühlte so inniglich, daß 
(alles andre bei Seite) ich dem Manne nichts zu sagen 
hatte, der von Petersburg nach Paris geht. Nach Tafel 
Statthalter und Grimm wieder nach Gotha. Knebel toll. 
Ich las wenig im АроПопіпв. Zu Molcks, wo Picknick 
war. Mein Zahn, der sich wieder meldt, hindert mich 
am Tanzen, die Kluft zwischen mir und denen Menschen 
allen fiel mir so graß in die Augen, da kein Vehiculum 
da war. Ich mußte fort, denn ich war ihnen auch sicht- 
lich zur Last. In’s Herzogs Zimmer! konnt’s nicht dauern, 
sah den Mond über dem Schlosse und herauf. Hier 
nun zum letztenmal, auf der reinen ruhigen Höhe, im 
Rauschen des Herbst-Winds. Unten hatt’ ich heute ein 
Heimweh nach Weimar, nach meinem Garten, das sich 
hier schon wieder verliert. — Gern kehr’ ich doch zu- 
rück in mein enges Nest, nun bald in Sturm gewickelt, 
in Schnee verweht. Und will’s Gott in Ruhe vor den 
Menschen, mit denen ich doch nichts zu theilen habe. 
Hier hab’ ich weit weniger gelitten, als ich gedacht habe, 
bin aber in viel Entfremdung bestimmt, wo ich doch 
noch Band glaubte. 9 wird mir immer näher und näher, 
und Regen und rauher Wind rückt die Schafe zusammen. 
— — Керіегеп!! 


1777 November 14, Gartenhäuschen. 

Heiliges Schicksal, du hast mir mein Haus gebaut und 
ausstaffirt über mein Bitten, ich war vergnügt in meiner 
Armuth unter meinem halbfaulen Dache, ich bat dich, 
mir's zu lassen, aber du hast mir Dach und Beschrinkt- 


59 


heit vom Haupte gezogen wie eine Nachtmütze. Laf} 
mich nun auch frisch und zusammengenommen der 


E 
Reinheit genießen. Amen. Ja und Amen winkt der erste}: à 
Sonnenblick d. 14. Nov. 4) 
Acht іп der Haushaltung keinen Ritz zu eng, eine Маш |: 
geht durch. 9 
1779 Januar 13, Gartenhäuschen. X 
Die Kriegs-Commission übernommen. Erste Session. Fest = 


Geschäfte diese Tage her. Mich drin gebadet, und gute |^: 
Hoffnung, in Gewißheit des Ausharrens. Der Druck дег |: E: 


ist, spielt sie freier und genießt des Lebens. Elender|*- 
ist nichts als der behagliche Mensch ohne Arbeit, das): 
schónste der Gaben wird ihm ekel. Schwierigkeit, irdische = ©” 
Maschinen in Gang zu setzen, auch zu erhalten. Lehr- “- e d 
buch und Geschichte sind gleich lächerlich dem Handeln- ~ 

den. Aber auch kein stolzer Gebet als um Weisheit, x; 
denn diese haben die Götter ein für allemal den Menschen |^ *: 
versagt. Klugheit theilen sie aus, dem Stier nach seinen ^ € 
Hórnern und der Katze nach ihren Klauen, sie haben |" 
alle Geschöpfe bewaffnet. — Daß ich nur die Hälfte Wein Г 
trinke, ist mir sehr nützlich, seit ich den Kaffee gelassen, | 
die heilsamste Diät. 


1779 August 7, Gartenhäuschen. os 
Zu Hause aufgeräumt, meine Papiere durchgesehen und |25 
alle alten Schalen verbrannt. Andre Zeiten, andre Sorgen. 
Stiller Rückblick aufs Leben, auf die Verworrenheit, 
Betriebsamkeit, Wifbegierde der Jugend, wie sie überall 
herumschweift, um etwas Befriedigendes zu finden. Wie 
ich besonders in Geheimnissen, dunklen imaginativen 


60 


miz Verhältnissen eine Wollust gefunden habe. Wie ich 
jomtcalles Wissenschaftliche nur halb angegriffen und bald 
nktiewieder habe fahren lassen, wie eine Art von demüthiger 
Selbstgefälligkeit durch alles geht, was ich damals schrieb. 
‚ in:Wie kurzsinnig in menschlichen und göttlichen Dingen 
ich mich umgedreht habe. Wie des Thuns, auch des 
zweckmäßigen Denkens und Dichtens so wenig, wie 
_ in zeitverderbender Empfindung und Schatten-Leiden- 
SO" Schaft gar viel Tage уепһап, wie wenig mir davon zu 
i Nutz kommen, und da die Hälfte nun des Lebens vor- 
Weber ist, wie nun kein Weg zurückgelegt, sondern viel- 
` mehr ich nur dastehe, wie einer, der sich aus dem 
p Wasser rettet, und den die Sonne anfängt wohlthätig 
"abzutrocknen. Die Zeit, daß ich im Treiben der Welt 
t bin seit 75 October, getrau' ich noch nicht zu über- 
L 5 sehen. Gott helfe weiter, und gebe Lichter, daß wir 
‘uns nicht selbst so viel im Wege stehn. Lasse uns von 
ші „Morgen zum Abend das Gehórige thun und gebe uns 
D. „klare Begriffe von den Folgen der Dinge. Daß man 
i nicht sei wie Menschen, die den ganzen Tag über Kopf- 
" weh klagen und gegen Kopfweh brauchen und alle Abend 
` zu viel Wein zu sich nehmen. Möge die Idee des 
“Reinen, die sich bis auf den Bissen erstreckt, den ich 
s in Mund nehme, immer lichter in mir werden. 


1780 April [zwischen 15 und 22) Gartenhäuschen. 
, Litte Prometheisch. 


d 1780 August 28, Gartenháuschen. 
i; Früh im Stern spazierend überlegt, wo und an welchen 
а Ecken es mir noch fehlt. Was ich dief Jahr nicht ge- 


iv than. Nicht zu Stande gebracht. Über gewisse Dinge 
; mich so klar als móglich gemacht. 


61 


1797 Mai 25, Jena. 
Das Gesetz macht den Menschen, 
Nicht der Mensch das Gesetz. 


Die große Nothwendigkeit erhebt, 
Die kleine erniedrigt den Menschen. 


1806 Juli 5, Karlsbad. 

Wie Fürst Putiattin versicherte: wenn er Gott wäre und 
er hätte voraussehen können, daß ein Stück wie Schillers 
‚Räuber‘ sollte geschrieben werden, so würde er die Welt 
nicht erschaffen haben. 


1807 September 10, auf der Fahrt von Schleiz nach Jena. 
.. Augustens und Riemers Späße mit der Bildung von 
lauter collectiven Substantivwörtern mit der Vorschlags- 
sylbe ge, als Geöchs, Gekälb, Gebäuch, Gehühn, etc.... 
Nachmittags in Kahla. August schlug die Fliegen im 
Wagen todt; mehrere aber waren nur angetódtet. 


1808 Mai 15, auf der Fahrt von Schleiz nach Hof. 
Unterweges de quorundam amicorum nostrorum perversa 
libidine. De rebus aestheticis et poeticis. De Vossii et 
Schlegeliorum meritis et praejudiciis. De Fausti dramatis 
parte secunda et quae in ea continebuntur. 


1816 Juni 6. 

Gut geschlafen und viel besser. Nahes Ende meiner Frau. 
Letzter fürchterlicher Kampf ihrer Natur. Sie verschied 
gegen Mittag, Leere und Todtenstille in und aufler mir. 
Ankunft und festlicher Einzug der Prinzessin Ida und 
Bernhards. Hofrath Meyer. Riemer. Abends brillante 
Illumination der Stadt. Meine Frau um Zwölf Nachts 
in's Leichenhaus. Ich den ganzen Tag im Bett. 


62 


1816 September 2, Tennstedt. 

Gänse-Klugheit! von Garben, dem Erndtewagen entfallen, 
die Ährenspitzen abzubrechen und hinzuwerfen (da ich 
vermuthete, sie würden sie gleich speisen). Da der Wagen 
weg gefahren war, schnabelirten sie die Ähren und ver- 
trieben benachbarte Gänse von dem Platz. 


1827 April 2. 
Ich schloß mich ein und suchte manches bisher Stockende 
in Bewegung zu bringen .. 


1828 August 18, Dornburg. 

Vor Sonnenaufgang aufgestanden. Vollkommene Klarheit 
des Thales. Der Ausdruck des Dichters: heilige Frühe 
ward empfunden. 


1830 Mai 2. 

Ein Elsasser zeigte das Modell einer Dampfmaschine 
vor; ein sehr complicirtes und schwer zu begreifendes 
Maschinenwerk. 


1831 Februar ro. 

Büchner stellte mir den jungen Straube vor, welcher als 
Koch in meine Dienste trat. Das Allgemeine durchge- 
sprochen. Das Weitere vorbehalten. Vulpius entließ die 
Köchin mit billiger Entschädigung. Von dieser Last be- 
freit konnt’ ich an bedeutende Arbeiten gehen; ich kann 
hoffen, die Epoche werde fruchtbringend sein. 


1831 Februar 21. 

Spazieren gefahren mit den Knaben, welche beide mit 
dem lustigsten Wetteifer ihre theatralischen Tendenzen, 
Theilnahme, Unternehmungen und Plane auf das Leb- 
hafteste vortrugen, als wahrhafte Poeten sich darstellend, 


63 


indem, wenn der Andere sich mit Enthusiasmus erging, 
der Eine sich in's Gähnen verlor, und wenn dieser an 
die Reihe kam, der Andere pfiff. 


1831 Mai 31. 
. war Alma einige Stunden bei mir, betrug sich sehr 
artig auf dem Wege einer sittlich-socialen Cultur. 


1831 August 27, Ilmenau. 
Früh halb 5 Uhr aufgestanden. Mit den Kindern gefrüh- 
stückt. Sodann Rentamtmann Mahr. Friedrich ging mit 
den Kindern durch die Gebirge auf den Gickelhahn. Ich 
fuhr mit Herrn Mahr auch dahin. Die alte Inschrift 
ward recognoscirt: 

Über allen Gipfeln ist Ruh pp. 

Den 7. September 1783. — 

Das Gabelbacher Haus besehen. Die Chaussée mit Be- 
wunderung bis zum Auerhahn befahren. Um 2 Uhr 
waren wir zurück. ...las іп Herzogs altdeutscher Litte- 
ratur und v. Knebels Übersetzung des Lucrez, neue Aus- 
gabe. Seltsamer Contrast. 


1831 September 20. 

MittagWölfchen; dessen Geburtstagdiner. Auch Dr. Ecker- 
mann. Ich war mit meinen tieferen Naturbetrachtungen 
beschaftigt und konnte nur freundlich sein. 


1832 Marz 16 (letzte Eintragung). 
Den ganzen Tag wegen Unwohlseins im Bette zugebracht. 


Aus: »Aus Goethes Tagebüchern«, 
herausgegeben von Hans Gerhard Graf. 


64 


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CARL LEHMANNS BUCHBINDERARBEITEN / 
VON GOETHE 


ENN typographisch allgemach die Biicher sich stei- 

gern, darf wohl auch der Buchbinder ehrenvoll 
als Kiinstler hervortreten. Und wie auf der Kupferplatte 
sich der Drucker nennt, wenn er aus der Masse der 
Handwerker sich auszuzeichnen den Mut hat, so finden 
wir neuerdings den Buchbinder, sich entweder bescheiden 
inwendig auf kleiner Etikette, oder zuversichtlicher außen 
am unteren Rande des Rückens mit goldenen Buchstaben 
anmeldend. Daher zeigt sich denn an dem Saum des 
Prachtbandes unsers Faust der Name Simier, relieur du 
Roi, in Goldschrift gar zierlich aufgedruckt. 

Von obgenanntem, sorgfältig und geschmackvoll arbei- 
tenden Landsmann haben wir mehreres zur Hand, was 
mit englischen und französischen Einbänden gar wohl 
wetteifern könnte, und wir finden den inwendig bei- 
gefügten Namen um so schicklicher, als der Arbeiter da- 
durch sich selbst das Zeugnis giebt, er habe nicht allein 
schon längst Gutes geleistet, sondern auch künftig dürfe 
man seiner Firma das beste Zutrauen gönnen. 


In Kunst und Alterthum, 1829. 


VIER GEDICHTE/ VON MARIANNE VON 
WILLEMER 
CH um deine feuchten Schwingen, 
West, wie sehr ich dich beneide; 


Denn du kannst ihm Kunde bringen, 
Was ich durch die Trennung leide! 


65 


Die Bewegung deiner Flügel 

Weckt im Busen stilles Sehnen; 
Blumen, Augen, Wald und Hiigel 
Stehn bei deinem Hauch in Tränen. 


Doch dein mildes sanftes Wehen 
Kühlt die wunden Augenlider; 

Ach für Leid müßt ich vergehen, 
Hofft ich nicht, wir sehn uns wieder. 


Geh denn hin zu meinem Lieben, 
Spreche sanft zu seinem Herzen; 

Doch vermeid, ihn zu betrüben, 

Und verschweig ihm meine Schmerzen. 


Sag ihm nur, doch sags bescheiden, 
Seine Liebe sei mein Leben: l 
Freudiges Gefühl von beiden 
Wird mir seine Nähe geben. 


AS bedeutet die Bewegung? 

Bringt der Ostwind frohe Kunde? 
Seiner Schwingen frische Regung 
Kühlt des Herzens tiefe Wunde. 


Kosend spielt er mit dem Staube, 
Jagt ihn auf in leichten Wölkchen, 
Treibt zur sichern Rebenlaube 

Der Insekten frohes Völkchen. 


Die beiden ersten dieser Gedichte nahm Goethe bekanntlich, mit 
geringer Anderung, in den »West-östlichen Diwan« auf. Das dritte 
schrieb Marianne 1814 in Goethes Stammbuch; es spielt im Refrain 
auf den von Goethe gern gebrauchten Ausdruck »Breit wie lange 
an. Das vierte Gedicht endlich, Verse seligster Erinnerung, sandte 
Marianne dem Freunde zum 28. August 1824. 


66 


-ө, ------ rM MÀ mn ымны, ОРЕГАНО У алы» — де 


Lindert sanft der Sonne Glühen, 
Kühlt auch mir die heißen Wangen, 
Küßt die Reben noch im Fliehen, 
Die auf Feld und Hügel prangen. 


Und mich soll sein leises Flüstern 
Von dem Freunde lieblich grüßen; 
Eh noch diese Hügel düstern, 
Sitz ich still zu seinen Füßen! 


Und Du magst nun weiter ziehen! 
Diene Frohen und Betrübten | 
Dort, wo hohe Mauern glühen, 
Finde ich den Vielgeliebten. 


Ach, die wahre Herzenskunde, 
Liebeshauch, erfrischtes Leben 
Wird mir nur aus seinem Munde, 
Kann mir nur sein Athem geben, 


IN GOETHES STAMMBUCH 


Zu den Kleinen zähl ich mich, 

»Liebe Kleine« nennst Du mich, 
Willst Du immer mich so heißen, 
Werd ich stets mich glücklich preisen, 
Bleibe gern mein Leben lang 

Lang wie breit und breit wie lang. 


Als den Größten nennt man Dich, 

Als den Besten ehrt man Dich, 

Sieht man Dich, muß man Dich lieben. 
Wärst Du nur bei uns geblieben! 


67 


Ohne Dich scheint uns Ше Zeit 
Breit wie lang und lang wie breit. 


In’s Gedächtnis prägt ich Dich, 

In dem Herze trag ich Dich. 

Nur möcht ich von Gnadengaben 
Dich noch gern im Stammbuch haben, 
War's auch nur der kurze Sang: 

Lang wie breit und breit wie lang. 


Doch in Demut schweige ich, 
Des Gedichts erbarme Dich! 

Geh, o Herr, nicht ins Gerichte 
Mit dem armseligen Wichte! 

Find es aus Barmherzigkeit 

Breit wie lang und lang wie breit. 


ZU HEIDELBERG 


Euch grüß ich, weite lichtumflossne Räume, 
Dich alten reichbekränzten Fürstenbau. 
Euch grüß ich, hohe dicht umlaubte Bäume 
Und über euch des Himmels tiefes Blau. 


Wohin den Blick das Auge forschend wendet 
In diesem blütenreichen Wunderraum, 

Wird mir ein leiser Liebesgruß gesendet; 

О freud- und leidvoll schöner Lebenstraum! 


Auf der Terrasse hochgewölbtem Bogen 

War eine Zeit sein Kommen und sein Gehn; 
Die Chiffer, von der lieben Hand gezogen, 
Ich fand sie nicht, sie ist nicht mehr zu sehn. 


68 


Silhouette aus Mariannes Jugendzeit. 


Doch jenes Baums Blatt, der aus fernem Osten 
Dem westöstlichen Garten anvertraut, 

Gibt mir geheimer Deutung Sinn zu kosten, 
Ein Selam, der die Liebenden erbaut. 


Durch jenen Bogen trat der kalte Norden 
Bedrohlich unserm friedlichen Geschick; 
Die rauhe Nähe kriegerischer Horden 
Betrog uns um den flücht'gen Augenblick. 


Dem kühlen Brunnen, wo die klare Quelle 
Um grünbekränzte Marmorstufen rauscht, 
Entquillt nicht leiser, rascher, Well' auf Welle, 


Als Blick um Blick und Wort um Wort sich tauscht. 


O schließt euch nun, ihr müden Augenlider! 
Im Dàmmerlicht der fernen schónen Zeit 
Umtónen mich des Freundes hohe Lieder; 
Zur Gegenwart wird die Vergangenheit. 


Aus Sonnenstrahlen webt ihr Abendlüfte 

Ein goldnes Netz um diesen Zauberort. 

Berauscht mich, nehmt mich hin, ihr Blumendüftel 
Gebannt in euren Kreis, wer móchte fort? 


Schlieft euch um mich, ihr unsichtbaren Schranken; 
Im Zauberkreis, der magisch mich umgibt, 

Versenkt euch willig, Sinne und Gedanken; 

Hier war ich glücklich, liebend und geliebt! 


70 


—— ---- --. —_———— — RR EE .....-- 


— — —À 


HEINRICH VON KLEIST; VON WILHELM 
HERZOG 


Das schnellste Tier, das euch trägt zur Vollkommenheit, 
ist Leiden. Meister Eckehart. 

Ein glückliches Leben ist unmöglich: das Höchste, was der 
Mensch erlangen kann, ist ein heroischer Lebenslauf. Einen 
solchen führt der, welcher in irgendeiner Art und Angelegen- 
heit für das allen irgendwie zugute Kommende mit über- 
großen Schwierigkeiten kämpft und am Ende siegt, dabei aber 
schlecht oder gar nicht belohnt wird. Schopenhauer. 


DS Leben Heinrich von Kleists ist die Tragödie des 
großen idealistischen Menschen, in dem es gärt und 
tobt, und der mit aller Macht bestrebt ist, die Dissonanzen, 
die sich aus dem Gegensatz seiner Innenwelt zur Außen- 
welt ergeben, zu einer Harmonie zu gestalten, der mit 
dem Leben ringt und in diesem Kampf zugrunde geht, 
weil seine rücksichtslos-ehrliche Natur mit den Forde- 
rungen des Tages keine Kompromisse zu schließen vermag. 

Man hat Kleist eine problematische, oft auch eine 
patheiogische Natur genannt. Das erstere, weil er so 
ganz und gar auf sein Gefühl bestand, im Leben keine 
praktischen Ziele verfolgte und sich dem allgemeinen 
Getriebe der Menschen -nicht anpassen konnte; patho- 
logisch nannte man ihn, weil er Gestalten, wie Penthesilea, 
das Käthchen, den Prinzen von Homburg geschaffen 
hatte, die vom Normalen allerdings ganz erheblich ab- 
weichen. Was vermögen diese gemeinplätzlichen Be- 
zeichnungen zur Charakteristik eines Dichters beizutragen? 
Denn: ist schon jeder über den Durchschnitt hinaus- 
ragende Mensch eine problematische Natur, oft sich und 
andern durch die Kompliziertheit seiner Seele ein Rätsel, 
um wieviel mehr ein Künstler von der Beschaffenheit 


7І 


Kleists. Und nun gar: das Pathologische. О iiber diese 
Asthetiker! Als ob es die Aufgabe des Dichters wire, 
das Normale, das Gewöhnliche, das Durchschnittliche, 
das Gesunde darzustellen! Verlangen wir nicht vom 
Drama, daß es Individualitäten, Menschen eigener, be- 
sonderer Art enthalte? Nur die Kotzebue und ihre 
Nachfolger des 19. Jahrhunderts brachten das Triviale, 
den Bourgeois mit all seinen kleinen, banalen, ungefähr- 
lichen Gewohnheiten auf die Bühne. Und worin besteht 
vor allem das Tragische, wenn nicht im Kranken, — im 
Unheilbaren? Ist nicht jeder Künstler eben als Künstler 
in diesem Sinne pathologisch? Wodurch unterscheidet 
er sich vom normalen Menschen, wenn nicht durch 
seine ungewöhnlich starke Empfänglichkeit für alle Ein- 
drücke, durch seine abnorme Reaktionsfähigkeit, durch 
seine aufs höchste gesteigerte sinnliche und seelische 
Reizsamkeit? 

Ja, man könnte sagen, der Dichter ist um so größer, 
je feiner, differenzierter er das Abnorme, das Ungewöhn- 
liche, das Übersinnliche darzustellen weiß. Nehmen wir 
die größten Beispiele: Shakespeare und Goethe. Ist 
Hamlet, ist Lear, ist Tasso nicht eine pathologische Natur? 
Sie leiden alle, sie leiden am- Leben, das sie umgibt, 
durch die Ungewöhnlichkeit, durch die Einzigkeit ihres 
Wesens. 

Das leuchtendste Beispiel für das Martyrium des Genies 
bildet Kleist. Die außerordentliche Sensibilität seiner Seele 
ließ ihn in die Einsamkeit flüchten. Er mochte die Men- 
schen nicht, er war eine zu gerade, zu gefühlswahre Natur, 
um in der Welt des Scheins, der konventionellen Lüge, 
des Sichimmerzurechtfindens zufrieden leben zu können. 
Es war ihm nicht möglich, sich den Gewohnheiten der 


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Welt, deren Interessen und Ziele ег verachtete, anzu- 
passen; er hatte nicht im geringsten Grade das, was man 
Lebensklugheit nennt. Goethe und Schiller haben mehr 
praktische Lebensweisheit gehabt, sie kannten die Ge- 
pflogenheiten und Neigungen der Gesellschaft und wußten 
sich mit ihnen auseinanderzusetzen, sie verstanden mit 
den Menschen umzugehen. Kleist hat sie infolge des be- 
ständigen Wechsels seiner Gemütsstimmungen schlechter 
oder besser gesehen als sie sind. 

Er, der preußische Junker, verwirft »den ganzen Bettel 
von Adel und Stand«, er verachtet die Dogmen und 
Vorurteile der guten Gesellschaft, ihre Beschränktheit in 
der Religion, der Kunst, der Politik. 

Alles Konventionelle ist ihm verhaßt. Sein Ziel ist 
der Mensch Rousseaus. Er, dem jede Erfahrung, jede 
Erkenntnis zum Erlebnis wird, dem die Kantische Philo- 
sophie nicht wie den meisten »reine Wissenschaft« bleibt, 
den sie niederwirft, — er haßt aus tiefster Seele den all- 
gemein anerkannten Dualismus zwischen Erkennen und 
Leben, Denken und Handeln. — — — 

Er will das, was er als wahr erkannt hat, in die Tat, 
in das praktische Leben umsetzen und weicht in diesem 
Bestreben vor keiner Konsequenz zurück. Das Erreichen 
eines bestimmten Lebenszwecks, das Brotstudium, wie 
es von seinen Angehörigen natürlich gewünscht wurde, 
das Streben nach Wahrheit, weil sie, auf irgendeine 
Weise angewendet, — materiellen Nutzen bringen kann, 
all das schien ihm verächtlich, mußte einer Natur wie 
der seinigen verächtlich erscheinen, weil eben nicht die 
Erlangung irgendwelcher Güter sein Ziel war, ihm viel- 
mehr als höchster Sinn des Daseins die Vervollkomm- 
nung seines Selbst vorschwebte. 


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Und das ist das Zeichen des Künstlers, des großen 
lebenempfangenden und lebenschaffenden Menschen, der 
keine Zwecke, keine Ziele kennt, als nur das eine, das 
in ihm lebt, ihn lockt und treibt in die Niederungen, 
in die Abgründe, wie auf die Höhen und Gipfel des 
menschlichen Lebens. Und von ihm, von des Lebens 
gewaltiger Größe und farbenfroher Mannigfaltigkeit ein 
Bild zu geben, wie er es sieht, das ist sein Streben, seine 
unruhige Sehnsucht, sein dämonischer Trieb. 

Man erkennt bald, daß aus der Disharmonie, in die 
der Künstler gerät, durch die Gegensätzlichkeit seiner 
Interessen und Meinungen zu denen der Welt, daß aus 
der Disproportion des Talents mit dem Leben — wie 
es der alte Goethe einmal genannt hat — für den Künstler 
die qualvollsten Schmerzen entspringen müssen. Und 
wo fand dieser immer schaffende, immer gärende Geist _ 
Beruhigung seiner Ängste, Linderung seiner Schmerzen? ' 
Fand er eine Seele, die die stürmischen Wellen seines 
Innern glättete, zu der er flüchten konnte in Augen- 
blicken der höchsten Qual und Bedrängnis? Schiller 
fand seinen Körner; Goethe flüchtete zu Charlotte von 
Stein: »und in deinen Engelsarmen ruhte die zerstörte 
Brust sich wieder auf«. Kleist, der seines leicht verletz- 
baren Organismus wegen einen Menschen am nötigsten 
gehabt hätte, blieb einsam. — — — 

Ewig ungenügsam, ewig unzufrieden mit sich selbst, 
in fürchterlicher Qual, bei überreizter Spannung der 
Kräfte, von einer fieberhaften Unruhe verzehrt, immer 
nach dem Höchsten strebend — und es doch nie er- 
reichend — so jagte er seinem Ideale nach. Und was 
war ihm dieses Ideal? Ein Werk zu schaffen, ganz im 
Einklang mit seinem Leben, ganz aus sich heraus geboren, 


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- mit allen Eigentümlichkeiten, allen Fasern, allen Flecken, 
. mit allen Schwächen, mit allem Häßlichen und mit der 
. Schönheit und Reinheit seines Wesens, ganz subjektiv 
- und doch ein Gebilde von allgemeiner Gültigkeit, dessen 
. psychischer Reichtum, dessen strenge Architektur die 
. umfassendste Objektivität wiederspiegeln müßte. »Denn«, 
. so ruft ег den Epigonen zu, »die Aufgabe, Himmel und 
. Erde, ist ja nicht, ein anderer, sondern Ihr selbst zu 
sein, und Euch selbst, Euer Eigenstes und Innerstes, 
. durch Umri8 und Farben zur Anschauung zu bringen.« 
; Und in unablässigem Ringen mit der Form schuf er 
. Werke, die — mit gewaltiger künstlerischer Kraft ge- 
. zeugt — sein Eigenstes und Innerstes zur Anschauung 
. bringen. Wie sich uns Rousseau in seinen »Confessions« 
in hüllenloser Nacktheit zeigt, wie er alle Fehler, alle 
. Lügen, alle Laster seines Lebens wahrheitswütig bekennt 
: und uns dadurch ein gewaltiges » menschliches Dokument, 
. ‚hinterließ, so offenbart sich uns auch Ше im Leben so 
, Zurückhaltende, so verschlossene Seele seines Jüngers in 
. allen Werken, die er schuf. Jedes Werk ist ein Selbst- 
. portrat, eine Beichte seines Schópfers. Und wir erkennen 
. durch die Objektivation hindurch die geheimsten, dunkel- 
. Sten Pfade seines Ichs, seine ungeheure Sehnsucht nach 
. der großen, alles heiligenden Liebe und sein wildes un- 
gestümes Streben nach dem Ideal. 

. Als Kleist nach langem Zaudern sich einmal dazu ver: 
. Stand, Wieland einige Bruchstücke aus dem »Guiscard« 
‚ vorzudeklamieren, hat der feine Psychologe und gründ- 
. liche Kenner der Weltliteratur das von bewunderungs- 
, würdigem Scharfblick zeugende Wort gesprochen: »Von 
, diesem Augenblick an war es bei mir entschieden, Kleist 
sei dazu geboren, die große Lücke in unserer drama- 


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tischen Literatur auszufüllen, die selbst von Schiller und 
Goethe noch nicht ausgefüllt worden jete Die Tiefe 
dieses Wortes vermégen wir heute erst — nach 100 Jahren 
— wirklich zu erkennen. Goethe war, wie er selbst von 
sich sagte, seiner ganzen Natur nach nicht zum Drama- 
tiker bestimmt, noch weniger seines konzilianten Wesens 
wegen zum Tragiker. Und die Schillersche Kunst ist 
der Kleists in jeder Linie so entgegengesetzt, daß man 
sie nicht vergleichen, oder gar abschätzen, sondern nur 
nebeneinander stellen kann. 

Kleist vermeidet mit Absicht alles Rhetorische, er ver- 
meidet die sentenzenreichen Monologe, ег bat »die 
schöne Linie«. Und wenn gerade die besten Schiller- 
schen Dramen auf einer großen idealen Weltanschauung 
basieren, wenn sein Pathos den Freiheitsideen, dem freien, 
unabhängigen Geist entspringt, und das Gedanklich- 


Große ihn zu gestalten reizt, so geht Kleist im äußersten 


Gegensatz zu Schiller von der Anschauung aus, nicht 
vom Geist, vom sinnlichen Anschauen im Gegensatz 
zum intellektuellen. Kleist war nie ein großer Intellekt, 
seine Werke enthalten nichts Geistreiches. Sein ganzes 
Denken ist auf das Gefühl gestellt. All sein Dichten 
ist Naturtrieb, Intuition. Das kaltbewußte Schaffen ist 
ihm fremd; er dichtet immer mit Inbrunst, im Affekt, 
in Ekstase. 

Und eben dem Reichtum seiner Gefühlswelt entsprießen 
die seltsamen Blumen seiner Poesie, entspringt der Zauber, 
das Träumerische, das Visionäre, das Dämonische, das 
Mystische seiner Kunst. Er will nicht nur das Heitere, 
Leuchtende, das Tageshelle des Lebens schildern, er will 
auch die Nachtseiten der Natur, alles Dunkle, Finstere, 
Geheimnisvolle der menschlichen Seele durchleuchten, 


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er will die Übergänge vom Bewußten zum UnbewuBten, 
vom Traum zur Wirklichkeit, das Helldunkel, die Dimme- 
rungszustände der Psyche festlmlten, wiedergeben. 
Seine Menschen sind Fleisch von seinem Fleisch und 
Blut von seinem Blut. Seine germanische, männlich- 
herbe Art erkennen wir am deutlichsten in seinen Ritter- 
gestalten, die uns oft an Dürersche Holzschnitte erinnern, 
so kräftig, so bodenständig, so scharf umrissen, — so 
deutsch sind sie. Wie sein Leben keine Kompromisse 
kennt, so ist auch das Leben seiner Helden frei von 
allem Halben, Zaghaften. Es sind große, heißblütige, 
triebhafte Naturen, die voller Leidenschaft das Leben 
lieben und hassen, die sich ihrem Gefühl ganz und rück- 
haltlos hingeben, die mit ungeheurer Konsequenz den 
Weg zu Ende gehen, den ihnen ihr Gefühl gewiesen 
hat. Sie haben den unbeugsamen Charakter, die rück- 
sichtslose Einseitigkeit, die revolutionäre Leidenschaft ihres 
Schópfers. In ihrer Heldengröße erinnern sie uns an 
Shakespeares gewaltige Heroen, und doch liegt bei Kleist 
die Größe seiner Menschen weniger im Typisch-Hero- 
ischen, nie im Repräsentativen, immer im Menschlich- 
Gewaltigen, im Individuellen. Es sind nicht Helden 
schlechthin, Athleten ohne Seele, es sind trotz allem 
Heldentum, trotz aller Größe — Menschen, die mensch- 
lich lieben und hassen, deren Gefühlsleben durch ihr 
Heldentum nicht gestört wird, das es vielmehr befruchtet 
und erhöht. Es sind Menschen, die gleich ihrem Schöpfer 
nie gelernt haben, ihr Leben nach bestimmten Gesichts- 
punkten zu gestalten; ihre triebhafte, rückhaltlos-ehrliche 
Natur läßt sie keine Rücksichten, keine Fesseln aner- 
kennen, für sie haben die Gebote der Religion, des 
Staats, der Elternliebe keine Geltung, sofern diese ihrem 


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Gefühl entgegengesetzt sind. Nur aus ihrem Ich heraus 


entsteht ihr notwendiges Handeln. Das Ich ist absolut. 


So finden wir in allen seinen Dramen und Erzählungen 
— am schärfsten im »Kohlhaas« herausgearbeitet — 
diesen Kampf des Gefühls gegen den Verstand, den 
Kampf des einfachen, primitiven, idealen Rechtsgefühls 
gegen die kalte Auslegung der konventionellen Gesetze, 
Und das ist es, was seinen Genius aufs stärkste reizte: 
den Kampf, den Konflikt, das Problem des Einzel- 
menschen, das Problem der Liebe, der Einsamkeit, der 
Macht, das Problem des Staats in seinen mannigfachen 
Differenzierungen und Nuancen, in der kompliziertesten 
Form in der menschlichen Seele lebendig werden zu 
lassen. Er durchdrang seine Menschen mit dem Persöm 
lichsten, Innerlichsten seines eigenen Lebens. Er wurde 


der Schöpfer des individualistischen Dramas, indem er ` 


es wagte, das Besondere, das ganz und gar Individuelle, | 


ja das Extreme und Perverse zu schildern, das Leben 
des Einzelmenschen in all seiner widerspruchsvollen 
Kompliziertheit als Urgrund, als Urstoff durch seine 
Kunst zu gestalten, die intimsten Seelenvorgänge mit 
einem bis dahin unerhörten psychologischen Realismus 
zu analysieren. Wir sehen heute: Sein Werk bedeutet 
den Anfangspunkt der Entwickelungslinie, die über 
Hebbel, den Dichter des »Gyges«, zu Ibsen führt. 
Was ihn von allen Dichtern seiner Zeit, besonders 
von den Romantikern, aufs schärfste unterscheidet, worin 
er selbst den Dichter des »Wilhelm Meister« übertrifft, 
das ist seine ungeheure Sachlichkeit, die großartige Un- 
sentimentalität, mit der er die grauenvollsten Szenen, 
das wildeste Toben entfesselter Leidenschaft schildert. 
Und er kümmert sich hierbei nicht im geringsten um 


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irgendwelche Forderungen der Ethik, des Anstands, um 
Rücksichten auf das »leicht verletzliche Geschlecht«. 
Allen Prinzessinnen der Sittlichkeit und des guten Tons 
ruft er gleich Goethe das ästhetische Bekenntnis des 
Künstlers, des Sinnenmenschen zu: »Erlaubt ist, was 
gefällt«. 

Man hat von Shakespeares Kunst gesagt, daß in ihr 
der Sinn des Wahren über den des Schönen herrsche. 
Kleist mißachtet das Schöne, sofern es nicht mit dem 
Wahren zusammenfällt, identisch ist. Und daß die Leiden- 
schaften seiner Helden so tief auf uns zu wirken ver- 
mögen, daß sie uns mit fortreißen, liegt weniger an der 
Glut, an dem Feuer, an dem Pathos ihrer Worte, als 
vielmehr an der Gewalt des Wahren, des Gefühlsechten. 
Weil jedes Wort ein Gefühl, ein heiß empfundenes Ge- 
fühl in sich birgt, weil der Ausdruck, die Färbung des 
Wortes dem jeweiligen Empfinden ganz und gar ent- 
spricht, ihm äquivalent ist, deshalb sind selbst seine 
pathetischen Stellen phrasenlos. 

Sein Dialog, der jeder klassischen Kunst Hohn spricht, 
ist abrupt, sprunghaft, wild. Nur selten wird er durch 
lange, bilderreiche Reden unterbrochen. Sein revolu- 
tionäres Temperament, das sich gegen alles Bestehende, 
gegen alle Dogmen und Vorurteile der Gesellschaft auf- 
lehnt, das die Schranken des Konventionellen in seinem 
Leben wie in seiner Kunst niederzureißen sucht, strömt 
in wundervoll wilden Worten, in bacchisch rasenden 
Versen seine Glut, seine gewaltige Leidenschaft aus. Und 
dieses Temperament wird gemeistert durch ein an 
Shakespeare und den Griechen gebildetes Stilgefühl, durch 
ein außerordentlich entwickeltes ästhetisches Empfinden 
für die Form, für die Architektur der Linien. Sein 


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Streben nach einem großen, synthetischen Stil wird unter- 
stützt durch die Intuition, durch die Naivität seines 
Schaffens. Seine Welt drängt sich uns, wie es Goethe 
einmal vom »Zerbrochenen Krug« sagte, »mit gewaltiger 
Gegenwart auf«; er sieht seine Menschen mit dem scharf- 
äugigen Blick des Plastikers: kein Zug, keine Bewegung, 


keine Geste entgeht ihm. Und durch diese oft ver ` 


blüffende Art der Charakteristik, durch diese sinnfällige 
Anschaulichkeit sehen wir alle seine Gestalten leibhaftig 
vor uns. Wir sehen die kleinen Hände der Amazonen- 
königin, und wir bemerken den spöttischen Zug um den 
Mund des Odysseus. — — — 

Er malt seine Szenen breit-realistisch, behaglich, anek- 
dotenhaft hin wie ein Niederländer und auch mit dem 
derben Humor und dem drastischen Naturalismus eines 
Jan Steen, und hat zugleich die pointillistische Andeu- 


tungskunst eines modernen Impressionisten. In äußerstem ^ 


Gegensatz zu der Genremalerei des »Zerbrochenen 
Kruges« steht der ideale, individuelle, erhabene Stil der 
»Penthesilea«. Hier glühen und leuchten die Farben der 
leidenschaftlichsten Sinnlichkeit. Und doch gibt er im 
Dialog die feinsten Abtönungen, die zartesten Nuancen 
des Gefühlslebens seiner Helden in prägnanten Linien 
wieder. 

Reicher noch als seine malerischen Ausdrucksmittel 
sind seine musikalischen. Er hat selbst einmal von sich 
gesagt, daß er seit frühester Jugend an alles allgemeine, 
was er über die Dichtkunst gedacht, auf Töne bezogen 
habe, im Gegensatz zu einem großen Dichter (Goethe) 
— mit dem er sich übrigens auf keine Weise zu ver- 
gleichen wage —, der alle seine Gedanken über die 
Kunst, die er übt, auf Farben bezogen hat. Und er 


80 


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fügt hinzu: Ich glaube, daß im Generalbaß Ше wichtigsten 
Aufschlüsse über die Dichtkunst enthalten sind. Und 
in der Tat: seine Werke bestätigen dies allgemein aus- 
gesprochene Wort durch die Art seiner Stimmführung, 
durch den Reichtum seiner Melodien, vor allem aber 
durch die Ausdrucksfähigkeit seiner Sprache. Schopen- 
hauer sagt: »Die Unerschöpflichkeit möglicher Melodien 
entspricht der Unerschöpflichkeit der Natur an Ver- 
schiedenheit der Individuen, Physiognomien und Lebens- 
läufen.e Und die Sprache Kleists, die immer dem Ge- 
fühl, der Leidenschaft entspringt, nie der Vernunft, dem 
begrifflichen Denken, ist sinnlich, ist — Musik. Wer 
nur je einige Verse aus der »Penthesilea« oder dem 
»Guiscard« gehört hat und für das Sinnliche, das Musika- 
lische der Sprache empfänglich ist, der muß die unge- 
heure Macht dieses Rhythmus gefühlt haben. Diese 
Sprache, die oft so trocken, so kühl, so knapp, so knorrig 
und so spröde sein kann, durchzittern Töne der reiz- 
vollsten Märchenwelt, sie ist zart und weich und schmieg- 
sam wie die knospende Mädchenseele, die sich in ihr 
erschließt; diese Sprache, die das Gräßlichste in angst- 
vollem Schauder zu schildern vermag, singt und jauchzt 
und ist voll dionysischer Lust, wenn es gilt, das Rosen- 
fest, das Fest der Liebe, zu feiern. Und in diesem 
Rhythmus, dessen heißer Atem uns umweht, der so zart 
und schmiegsam, wie spröde und energisch sein kann, 
in diesem so wechselreichen Tonfall der Sprache, in 
diesem Auf und Ab der Gefühlsskala liegt der ganze 
Inhalt seiner Psyche. Der Rhythmus ist die Versinn- 
lichung seiner Seele. Und so vermag er denn auch 
das Heldenhafte, das gewaltige Ringen mit dem Ideal, 
die hehre Sehnsucht nach alles beseligender Liebesfreude 


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in Tönen wicderzugeben, Ше uns oft ап Beethovensche 
Rhythmen erinnern. Eine Seele offenbart sich in ihrer 
Einzigkeit, ein Mensch wirft Hülle um Hülle von sich, 
und Töne klingen an unser Ohr, die das Leid, das Ur- 
Leid, das Sehnen der Menschheit, die gewaltige Tragik 
des Menschen und zugleich die Überwindung des Leids, 
die Lust, die tiefe verlangende Lust nach Freuden und 
Leben, die Harmonie, — die Erlösung künden. 

Und so entsteht aus dem Geiste der Musik in der 
Seele des am Leben qualvoll leidenden Künstlers, des 
am tiefsten leidenden Menschen, der die Gegensätze 
seines Ichs am schmerzhaftesten empfindet, und der des- 
halb danach strebt, diese Gegensätze zu überwinden, so 
entsteht in der dionysisch erregten Seele des Künstlers 
— die Harmonie, die Geburt der Tragödie. Dieser Prozeß 
ist das dramatische Urphänomen. 

Auf keinen Künstler paßt Nietzsches klares Wort besser 
als auf Kleist: »Im Grunde ist das ästhetische Phänomen 
einfach, man habe nur die Fähigkeit, fortwährend ein 
lebendiges Spiel zu sehen und immerfort von Geister- 
scharen umringt zu leben, so ist man Dichter; man fühle 
nur den Trieb, sich selbst zu verwandeln und aus andern 
Leibern und Seelen herauszureden, so istman Dramatiker.« 
Jede Linie, die Nietzsche mit diesen Worten zum Bilde 
des idealen Dichters zeichnet, finden wir im Wesen 
Kleists wieder. Es ist die ewige Metamorphose, die un- 
begrenzte Verwandlungsmöglichkeit seiner Psyche, durch 
die er seinen Gestalten so viel Leben, so viel Selbständig- 
keit mitzuteilen vermag. 

»Ich dichte nur, weil ich es nicht lassen kann«, so 
einfach, so primitiv hat er einmal die Notwendigkeit 
seines Schaffens ausgedrückt. Ja, er fühlt die Tortur 


82 


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des Schaffenmiissens; und das ist die Wollust, die Be- 
gierde des dionysischen Künstlers, es ist »das fort- 
währende Schaffen eines Unbefriedigten, eines Uber- 
reichen, Unendlich-Gespannten und -Gedrängten, eines 
Gottes, der die Qual des Seins nur durch beständiges 
Verwandeln und Wechseln überwindet«, es ist der Zeu- 
gungsdrang des Genies. 

Aber wenn es ihm gelang, sein Innerstes, seine Leiden 
und Qualen wie seine tiefe Sehnsucht nach Leben, nach 
Liebe, nach Ruhm durch seine tiefgründige Psychologie, 
durch seine gewaltige Sprachkunst, durch seine plastische 
Phantasie zur lebendigsten Anschauung zu bringen, so 
vermochte er nicht, sich im Leben selbst im Gleich- 
gewicht zu halten. Er zerschellte an der Gestaltung 
seines Lebens. 

Die Welt, die Zeit, in der er lebte, war seinem Ich, 
seinem ganzen Denken und Fühlen in allem so entgegen- 
gesetzt, daß er bei der Sensibilität seiner Natur sich mit 
Notwendigkeit immer unglücklich fühlen mußte. — — — 

Aus der Einleitung zur neuen Kleist - Ausgabe. 


AUS DEM BRIEFWECHSEL ZWISCHEN 
CLEMENSBRENTANO UND SOPHIE MEREAU 


S ist Heinz Amelung gelungen, eines der wichtigsten 
Dokumente zur Kenntnis der deutschen Romantik, 
den Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie 
Mereau, aus den Fesseln strenger Sekretierung zu be- 
freien. Die Besitzerin der Handschriften, die Königliche 
Bibliothek zu Berlin, hat ihm die Genehmigung zur 
Publikation erteilt. Ein köstlicher Schatz ist damit ge- 
hoben worden. 


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Man hat oft den lebhaften Wunsch geäußert, es möchte 
der ganze Briefwechsel endlich veröffentlicht werden, 
nachdem bisher nur einzelne, meist aus dem Zusammen- 
hang gerissene Sätze daraus mitgeteilt worden waren, 
denn schon das wenige, das dadurch bekannt wurde, 
ließ die Fülle von Schönheit ahnen, die noch verborgen 
lag. Jetzt ist er nun in glänzender Klarheit ans Licht 
getreten und hat alle Erwartungen in überreichem Mabe 
erfüllt. Einige Proben aus dem Briefwechsel teilen wir 
auf den folgenden Blättern mit. 


Jena, November 1799. 
An Clemens. 

Es ist ein sonderbares Gefühl, sich auf dem Papier 
jemand nähern zu wollen, und ich habe Ihre Entfernung 
nie mehr gefühlt als jezt da ich Ihnen schreiben will. 
Ich haße alle Briefe an vertraute Wesen, ob ich sie 
gleich um keinen Preis mißen möchte. — Ein Brief ist’ 
mir immer wie ein Roman, — und ich mag lieber zu 
wenig als zu viel sagen. Das Papier ist ein so unge- 
treuer Bote, daß es den Blick, den Ton vergißt, und oft 
sogar einen falschen Sinn überbringt, — und doch ist 
selbst der Kampf mit Irrungen beßer als die fürchter- 
liche Oede, die kein Ton durchhallt. 

Ich habe jezt Wochenlang einer freien, poetischen 
Stimmung genoßen; mancher Reim ist aus meiner Feder | 
gefloßen, und manchen glücklichen Nachmittag habe ich 
in meiner Einsamkeit verlebt, bis bei dem kalten Hauch 
der Nothwendigkeit alle die süßen Blumen meines Herzens | 
erstarrt sind. — Ich kämpfe im Leben einen sonderbaren 
Kampf. Eine unwiederstehliche Neigung drängt mich, 
mich ganz der Phantasie hinzugeben, das gestaltlose | 


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Dasein mit der Dichtung Farben zu umspielen und unbe- 
kümmert um das Nöthige nur dem Schönen zu leben. 
Aber ach! Der Nachen meines Schicksals schwimmt auf 
keiner spiegelhellen Fläche, wo ich, unbekümmert, mit 
Mondschein und Sternen spielend, das Ruder hinlegen 
könnte, indeß ein schmeichelndes Lüftchen den Nachen 


leicht durch die kriuselnden Wellen treibt — durch ` 


Klippen und Wirbel, von Stürmen erschüttert schift er 
umher, und ich muß das Ruder ergreifen oder untergehn. 

Habe ich es Ihnen nicht gesagt als Sie noch bei mir 
waren, daß ich Ihnen nur wenig schreiben dürfte, wenn 


— 


ich nicht klagen oder schwärmen wollte? — beides will ` 


ich nicht, und ich muß mich daher hüten, die Saite zu 


berühren, wo alles in mir Klang, Stimme, schmerzhafter 


Gesang wird — und doch ertönnt sie so leicht! — 

Der Freund ist kranck. Ach! wie unglücklich ist ег! 
— ein ganzes Leben ohne Liebe, und eine öde, ver- 
engte Brust! und alles fremd um ihn, nur Pflicht und 
Menschlichkeit, wenn er es fühlen kann — und er fühlt 
es — was muß er leiden! — 

Ihre Briefe sind mir sehr lieb — am liebsten der lezte. 
Der Erste enthält einiges, was mir in einer andern Stim- 
mung hätte weh thun können; so zwang es mir ein 
Lächeln ab. Der zweite spricht freundlich wahr und 
ruhig zu mir, er ist herzlich, wo jener nur witzig ist. 
— Ihre Schwester ist mir durch Ihre Briefe näher und 
lieber geworden. Wie freue ich mich, daß Sie beide 
sich finden! was können Sie sich sein bei Ihrer großen 
Verschiedenheit! 

Ein schöner Morgen! mir ist ganz heiter zu Muth. 
Ueberall leichtes Gewölck, das mit dem Licht-Glanz 
kämpft. — Und er siegt! — möchte mein Leben sein 


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. wie dies Bild! romantisches Gewölck das in voller Klar- 
heit ао Шері! — 
Sei stolz und bescheiden. 
Lebe der Liebe und liebe das Leben. 
l Sophie Mereau. 


Weimar, den 27. Mai 1803. 
An Sophie. 
Am Sophientag. 
Süßer Mai, du Quell des Lebens 
Bist so süßer Blumen voll 
Liebe sucht auch nicht vergebens 
Wem sie Kränze widmen soll. 


Süßer Mai, mit Blumen Glocken 
Läutest du das Fest mir ein 

Ich bekränze ihre Locken, 

Will ein frommer Gast auch sein. 


Süßer Mai, zum Liebesmahle 
Trägst du Blumen Kelche ein 
Blüthen Säulen stehn im Saale 
Drüber wölbt sich Sonnenschein. 


Süßer Mai, in deinen Kelchen 
Küßen fromme Biene sich 
Aber unter allen welchen 
Hast du eingefüllt für mich! 


Süßer Mail du bringest nieder 

Blume, Blüthe, Sonnenschein, 

Daß ich wiße, wem die Lieder, 

Wem das Herz, das Leben weihn. 
Clemens. 


87 


Marburg den 8ten 7 ге 1803 
an meinem 25 jahrigten Geburtstag. 
An Sophie. 

Es ist heute wieder so ein Tag fiir Dich, Du lieb Herz, 
hier im Thal gewesen, er hat Dich überall gesucht, auch 
bei mir hat er Dich gesucht, und ich habe es ihm be- 
trübt gesagt, daß Du nicht hier seist »du mußt es ja 
wohl wißen, hat er mir erwiedert, du liebst sie wohl 
sehr, und hast oft mit mir von ihr geredet.« Ja, mein 
lieber Tag, und du hättest wohl gleich heute frühe bei 
mir erfahren können, daß sie nicht da ist, und so wäre 
deine Mühe gespahrt gewesen. »Ich war wohl heute 
frühe da, aber du schliefst noch, und sprachst im Traume, 
als wenn sie da sei, und redetest so freundlich mit ihr, 
daß ich wohl dachte, der dritte wäre hier zu viel, und 
besonders ich, der oft den Verliebten ihre Seeligkeit zer- 
reißt, aber ich eilte dafür durch Wald und Feld, und 
weckte alle Pflanzen und Bäume mit ihrem süßen Nahmen, 
und flüsterte allen Blumen ins Ohr, daß sie da sei, und 
so war es, daß alles heute so freundlich war auf Erden 
und am Himmel ach mein lieber ich habe mir viel Mühe 
gegeben, und es ist recht schade, daß sie nicht da war, 
und du bist so traurig liebender, waß fehlt dir, kann ich 
dich trósten.« Es schmerzt mich, wenn ich sehe die 
rothen glühenden Himmelswolken über den schwarzen 
Wäldern hinschweben, es schmerzt mich, wenn ich sehe, 
wie du mich verläßt, und dies Thal, ach du hast es so 
gut gemeint, hast alle die Farben, alle die Freude ge- 
bracht für Sie, und Sie war nicht da. Ist es nicht als 
komme der Frühling zur Erde und schmücke sie, und 
finde den Menschen nicht mehr, und schmücke sein 
Grab nur, ist es nicht, als wäre ich zu ihrer Wohnung 


88 


gegangen, mit Hofnung und Liebe im Herzen, und hätte 
sie nicht gefunden, ach, so ist dir gewiß, es ist dir wie 
mir ist, so lebe dann wohl, und nehme mit dir die 
Wünsche, die Sehnsucht, die Liebe nach ihr, und lege 
sie ihr alle ans Herz, und suche sie an andern Orten, 
wo sie wohnt, und sage ihr, daß ich sie innig, ruhig, 
ewig liebe. Ich aber will mich der Nacht ergeben, wenn 
sich die Erde einhüllt, und alles zurückkehrt in sich 
selbst, da will auch ich sie suchen in mir, wo sie glänzt 
und leuchtet wie der Mond und die Sterne. O ihr Träume 
seid mir günstig, und laßet euer fantastisches Spiel, lernet 
die Kunst und die Liebe, webt mir ein einfaches Bild 
und freut euch meiner Geliebten, schwehres ist nichts 
in ihr, ihr braucht kein tiefes Ergründen, ihr braucht 
nicht zu sinnen, zu rechnen, um sie zu bilden, ich will 
euch sagen, wie ihr euch vorbereiten mögt mich glük- 
lich, und zum Träumer zu machen, jezt, ehe die Blumen 
die Thüren verschließen, eilet noch hin in die Glocke, 
den Kelch, den Stern, und die Krone, trinket wo es 
euch schmeckt, und stoßt die einschlummernden Gäste 
den Käfer und Schmetterling leise an, und spinnt mit 
. diesen halbtrunknen zarten Gesellen schöne Gespräche 
an, die Alten besonders, denn sie sind gesprächig, und 
erzählen treue Geschichten, mit den jungen mögt ihr 
lachen, und Lieder singen, dann wenn das Herz euch 
pocht freudig und ehrlich, dann steht schon am Himmel 
der Mond und die Sterne, und es schließt schon die 
Blume das Fenster, eilt dann fröhlich und entzückt durch 
die Blätter der ernsten Eichen und muntern Birken, und 
dencket ernst und betend an Mond und Sterne, träumt 
was von Universum, oder grüst ihn wie die Fakel eines 
Liebenden, oder die Lampen einer Hochzeitserleuchtung, 


89 


dann dringt eilend zu mir durch die Luft, daß euch die 
Locken rückwärts fliehen, und der Leib anschmiegt um 
die Seele, die durchblickt, so kommt zu meinen Lager, 
und seht mich weinend und sinnend, und wie das Herz 
pocht, und die Lippe bebt, spielen Gedanken in meinen 
Locken, schon sinket die Wimper mir, um die Stirne 
schlingt euch an, fest verschlingt die Hände, und dreht 
euch bald leise bald rascher um sie, denn sie ist ihr 
Tempel, und in mir wird sie dann helle, und ich sehe 
sie, wie sie ist, ohne Unglück, ohne Zeit, ohne That, 
wie sie ist in sich, in mir, in der Liebe, und nicht in 
der Welt. Gut Nacht, ich sehe nicht mehr, gut Nacht 
liebe Sophie, ich will träumen von Dir. — 


9. September. 

Nun ist es wieder Morgen und wieder so schön als 
gestern, rings um mich die Gärten, sie glänzen alle, 
der schöne Garten an meiner Wohnung den Berg hinan, 
alles ist lokend und einladend und ich kann doch 
nicht von der Stelle, ich bin so glüklich in der Natur, 
wenn ich bei Dir bin, und ohne Dich ist mir Alles tod, 
bedencke nun, wie ich die lange Zeit, die ich ohne Dich 
lebte traurig war, die kleine Zeit mit Arnim abgerechnet, 
und auch damals warst Du es immer, denn bei jedem 
Schritt am Rhein, der eine neue Gegend zeigte, sagte 
ich, wenn die Mereau hier mit mir Allein gieng, so 
würde sie vielleicht gütiger gegen mich sein, auf allen 
Schlößern wünschte ich mit Dir zu wohnen, ja im Um- 
riß der Berge suchte ich Dein Bild. O liebe Sophie, 
ich habe Dich immer geliebt, immer gesucht, ich bin 
Dir nie ungetreu gewesen, und wo ich einem andern 
Wesen folgte, so waren es ja nur einzelne Züge von Dir, 


90 


ee go -n лана ә. ii EEN 


die ich wieder zu finden glaubte, aber ich bin ja nirgends 
wieder gliklich gewesen, spriche ich hier nicht die 
Wahrheit — wie könnte mir dann meine Liebe zu Dir 
so ernsthaft, und wie ein Schicksal geworden sein, wire 
Alles dieses nicht wahr, wie hätten wir uns dann jezt 
so wunderbar, und unauflöslich vereinigen können. Ach 
ich will ja Alles um Dich verlaßen, faße Dich nur zusam- 
men, und liebe mich ohne Zerstreuung, wende Deine 
Augen nie von mir ab, und gewähre mir ein roman- 
tischeres Dasein. Wunderbar ist es, daß ich nun doch alle 
Beweiße Deiner Liebe habe, daß ich sogar versichert sein 
soll, Du werdest bald bei mir sein, und doch, wenn ich 
Dich den ganzen Tag nicht sehe, Dich nicht berühre, 
so werde ich traurig, und glaubemanchmahlganzeStunden, 
es wäre nicht wahr, ich liebe ein Traumbild, Du seist gar 
nicht auf der Welt, und für mich werde Gott Dich nicht 
erschaffen. Deinen Brief von Dresden habe ich nur ein- 
mahl gelesen, und ich darf ihn nicht wieder lesen, er 
würde mich traurig machen, es ist mir eigentlich so 
etwas unerhörtes, geliebt zu werden, daß ich immer er- 
schrecke, es schriftlich in Händen zu haben, und wenn 
ich es lese, so werde ich leicht grausam und fordre Liebe, 
wie auf einen Schein. So aber ist mir Alles wie ein 
Traum, wie eine Geschichte, die ich irgendwo gelesen 
habe, und an die ich immer denken muß. Du kannst 
nicht glauben, wie melancholisch mir zu Muthe ist, 
Nichts betrübt mich, Nichts erfreut mich, ich finde mich 
in der drükendsten Einsamkeit, wenn ich gleich mancherlei 
gute und auch einige vortrefliche Leute sehe, aber ich 
sehne mich die Welt zu verlaßen, und das must Du 
mir hervor bringen, ich sehne mich mit einem Liebe- 
vollen romantischen Weib, einen poetischen Bund zu 


91 


schlieBen, und mitten іп dem wirklichen prosaischen 
Leben, eine freie poetische fantastische Lebensart anzu- 
fangen, ganz in der Stille, so daß die Neugierde uns 
nicht stört, möchte ich mich von allen Verhältnißen, 
allen Gewohnheiten trennen, möchte ich in der Stille 
zu zweit seelig, glücklich, das heist verrückt werden. 
Unser Leben wäre dann, wie in den wunderbaren Pflanzen- 
wäldern unter dem Waßer, die sich oben bescheiden in 
einer grünen Rinde über der Fläche enden. Oft denke 
ich mit großer Betrübniß daran, ja ich möchte sagen es 
ist, waß mich so niederdrückt, so muthlos macht, daß 
ich nichts erfinden, nichts ausführen mag, kein andres 
Gefühl, als die Empfindung in einer leeren, langweiligen 
Zeit, sich selbst parforce in Gedichte auflößen zu müßen, 
um den Undankbaren Laien ihre Feiertage zu decoriren, 
die es einem nicht einmahl Danck wißen, und darum 
sehne ich mich so sehr nach Dir, um mit Dir den 
Glauben an alles gewöhnliche prosaische Abzuschwören, 
und ohne Rüksicht auf Kritick, auf Forderung der Zeit 
zu dichten, waß mir einfällt, Du wirst dann so gütig 
sein, mir das Zeug unter Deinem Nahmen drucken zu 
laßen, denn sobald ich glücklich bin durch Dich, so 
habe ich keine Begierde mehr, einen Nahmen zu haben, 
und waß Dein ist, soll mein sein. Ich, das heist Ich, 
wie ich eine Person in der Welt bin, befinde mich sehr 
übel, man begehrt allerlei von mir, man sagt mir, um 
sich selbst durch Reden die Zeit zu vertreiben, ich sei 
geistvoll, wizzig, ich hätte Talent, ich sollte doch schreiben, 
und man denckt gar nicht dran, daß ich dadurch in 
die größte Angst gerathe, ich weiß gar nicht mehr, waß 
ich thun soll, seitdem mich die Leute so in Eid und 
Pflicht der Talente genommen, ach Sophie glaube Du 


92 


allein um Gotteswillen so Etwas nicht, glaube nur, daß 
ich ein einziges Talent in mir fühle, das, Dich unend- 
lich zu lieben, alles um Dich zu verlaßen, ganz nur an 
Dich zu glauben, und in Dir das Leben wieder zu finden. 
Es kömmt mir so traurig vor, daß ich um zu dichten, 
mit meinen Gedanken immer wie ein Bettler durch 
poetische Lande der Fantasie wandern soll, ewig alles 
schöner finden muß, waß ich doch nie finde, ewig suchen 
und dann eingebildete Helden finden laßen soll, waß ich 
vermiße, ich wünsche oft ein Tischler zu sein, ein 
Schuster, der sieht doch seinen Stoff grünen, und leben, 
aber so soll ich immer nach Wolken haschen, und wenn 
ich dann den Leuten eine vorzeige, behaubten sie, es 
sei doch nicht wahr. Nun glaube ich aber kann man 
sehr leicht in der Liebe, da Alles doch nur aus zweien 
besteht, die Eins sind, ein Leben hervorbringen, in 
welchem nur Poesie das Element ist, oder vielmehr in 
dem das Element Poetisch ist, und das ist es eigentlich, 
was ich mit Dir vorhabe, wozu Du alle mögliche An- 
lage hast, und waß Dir dann schon ganz wird gelungen 
sein, wenn Du mich allein liebst, und auf alle Seiten 
Deines Lebens nichts als die Natur und mich einwirken 
läßt. Ein solches Leben erfordert einen heiligen Glauben 
an irgend etwas Ewiges, was eben darum nur eine poe- 
tische oder religieuse Realität haben darf, denn alles Histo- 
rische ist vergänglich, und nur Materie, es muß Etwas 
sich in uns entzünden, das dem Aufgeklärten Pöpel 
Wahnsinn, oder Fanatismus scheint, wir müßen dem 
Frommen den Eindruck eines religieusen Geheimnißes 
geben, dem Einfältigen wie ein Wohnhauß der Gespen- 
ster, dem irrenden Ritter ein verzaubertes Schloß er- 
scheinen, jeder tiefsinnige muß uns mit Ehrfurcht be- 


93 


trachten, und alle Kinder, alle Engel müßen uns lieben, 
fest in einander verschlungen bilden wir den Kern unsrer 
ganzen Weltanschauung, und werden nur deswegen von 
der uns umgebenden Welt nicht entwurzelt, weil sie 
glaubt wir seien ein schöner seltner Fruchtbaum ihres 
Gartens, in dem wir uns im innern, in dem Geheimniß 
unsrer Liebe, so durchdringen, daß unsre Oberfläche, 
Blätter, Blüthe und Frucht die Menschen entzücken. 
Denn es giebt eine Ansicht, welche die Seeligkeit des 
Lebens, und seinen Gipfel im Innern findet, und nach 
We alle äußerliche Erscheinung nur der Überfluß 

der sich gegenseitig umtauscht, das aber, waß der 
See Mensch selbst besizt und seiner Geliebten mit- 
theilt, sind die Früchte seiner innern unsichtbaren Welt, 
ist sein Heiligstes und der eigentliche Quell seines Lebens. 
Nicht alle Menschen haben einen solchen innern Schazz, 
denn ihn haben, heist ihn kennen, ihn ehren, ihn bilden 
und mehren. Wenn ich an die Verzweiflenden Minuten 
unsres Umgangs denke, so finde ich jezt, daß sie gegen- 
seitig daraus entstanden, daß ich bei Dir diesen innern 
Reichthum vermißte, und häufig fühlte, wie Du Vieles 
Unsichtbare, daß ich Dir mit Liebe hingab, und also 
sichtbar macht, nicht sahst, oder nicht hoch genug hieltest, 
und daß Du von Deiner Seite meinen fürchterlichen 
Unmuth über Deine Unkenntniß für ein böses feindliches 
Prinzip in mir hieltest. Aber dieser Schazz war dennoch 
allerdings in Dir, denn seine äußerlichen Erscheinungen 
die milde Schönheit, Anmuth, Sanftheit, Güte sind so 
himmlisch über Dich verbreitet, nur warst Du niein Dich 
selbst eigentlich zurückgekehrt, Du hattest Dich der Welt 
ergeben, und hieltest von Deinem inneren Reichthum 
nichts wißend, Deine äußerlichen Zierrathen wie Karten 


94 


ES n, A, пл ——Á — o i od = 


und Wiirfel in der Hand, und spieltest mit der Welt, der 
Du doch nie etwas abgewinnen konntest, Du warst ein 
artiges Weib, aber kein vortrefliches Weib, und mustest es 
doch eigenlich sein. Daß ich Recht habe, kann Dir leicht 
daraus begreiflich werden, daß Dir auf Erden noch Nichts 
gelungen ist, keine Liebe, keine Freundschaft, keine Mütter- 
lichkeit, keine Kunst, keine Andacht. Alles dieses ist 
Dir kein Vorwurf, wer wollte Dir Dein Unglück vor- 
werfen, jezt in dem Augenblick, da Du anfangen willst, 
glüklich zu sein, o liebe Sophie halte Wort, verlaße Dich, 
mich nicht wieder, richte mich nicht zu Grund, halte 
Dein Versprechen, liebe mich denn ich fühle für uns 
beide nur Rettung in Einander. Ich fühle deutlich in 
mir, wie ich Vielen Dingen und Menschen, vielen Hof- 
nungen und Wünschen gänzlich abgestorben bin, seit 
ich von Dir geliebt werde, ich fühle die innigste Be- 
gierde, mein ganzes Leben in einen Punckt zu treiben, 
mich nicht mehr auszubreiten, und wie ein Eremit Dich 
in wunderbare romantische Wildniß hin zu ziehen. Ich 
bin ein Christ geworden, und will nur einem Gott dienen, 
Dich nur will ich lieben, beten, dichten, Dich nur will 
ich verlangen, umfangen, erlangen. О Du lieber guter 
Sophus ließ diese Worte nicht ohne einige Rührung, 
nicht ohne einige Begierde der Erwiederung, nicht ohne 
stillen Dank, ohne Freude über mich, der sich nur in 
Liebe opfern kann und weiter nichts. Ich bin sehr be- 
trübt, daß ich keine Briefe mehr von Dir erhalten habe, 
wenn Du wüstest, wie ich unendlich einsam hier sizze, 
so gar keine Ruhe, keinen Trost ohne Dich habe, Du 
wendetest manche Stunde, die Du mit gleichgültigen 
Menschen, mit Menschen, die, liebten sie Dich auch, 
Dich doch nie so lieben könnten, wie ich, verplauderst, 


95 


dazu an, mich mit freundlichen Worten zu erquicken, 
ach die Zeit ist ja so ewig lang biß zum Wiedersehen, 
wieder küßen, wieder leben! Betine hat mir nur ein- 
mahl und wenig geschrieben, seit ich hier bin, auch 
das macht mich betrübt, о liebe Sophie, sei treu, sei 
ein Engel, und gieb mir alles Gliick, das ich nicht habe, 
ich weiß es ja, wenn ich die manigfaltigkeit der Freude, 


Ruhe und Lust, die Du schon über mich in unter ` 


brochnem Fortgang егробеп hast, zusammenstelle, so 
kann ich ja wohl wißen, daß Du den ganzen Himmel 
unter dem Herzen trágst. Liebes seeliges Weib, gedenke 
meiner, verlaße mich nicht. Morgen schicke ich Dir 
diesen Brief, morgen erhalte ich vielleicht einen Brief 
von Dir, o wenn Du mich recht liebtest, so mustest Du 
ja gleichsam mit mir Deine Briefe erwarten, sieh, wenn 
ich Dir schreibe, so sehe ich, wie Du jede Zeile mit 
Deinen lieben Augen liest, ja ich sehe gar nicht, waß 
‚ich schreibe, ich sehe nur Deine Augen. Ich mögte 
auch gar nicht aufhóren Dir zu schreiben, aber es wird 
mir manchmahl so ängstlich, wie bei Dir, wenn ich immer 
redete und fragte, und Dich immer ansah, Du aber sahst 
in einen Winkel und gabst mir keine Antwort. Ach 
liebe Sophie, hast Du meinen lezten Brief dann recht 
verstanden, wirst Du dann mein Weib sein, das heist 
vor der Welt? Es ist ja nur der Nachrede wegen, es 
ist die ganze Welt voll Pópel, und man mag sich drüber 
hinaussezzen, wie man will, man ist doch beschimpft, 
wenn man geschimpft ist; ich versichere Dich, ich will 
nur deswegen Dich heuraten um recht unehlich mit Dir 
leben zu kónnen, um recht ordentlich unordentlich zu 
sein, wenn Du wüstest, wie mein jeziges Dasein so vag, 
unbestimmt, verlohren, ist, wenn Du wüstest, wie ich 


96 


іп jeder Minute mich den verzweifelsten Gedanken Preis 
geben kann, weil ich nichts Heiliges, nichts menschliches 
habe, waß mich hält, Du würdest selbst die Forderung 
der Ehe an mich machen, es ist wahrhaftig mein inniger 
wohlbedachter Ernst, ich beschwöhre Dich bei Allem, be- 
festige mich in Deinen Armen öffentlich, und glaube 
nicht, daß ich nach der Ehe verlange, um die Ehe zu 
brechen, nein ich verlange nach Ruhe, nach Sicherheit, 
und öffentlicher Achtung, um in solcher Ungestörtheit 
meine Freiheit, meine Pläne zu einem schönen unge- 
bundnen reichen, poetischen Leben außer den Augen 
der Welt wie Misterien zu beginnen. Wie einsam, wie 
traurig bring ich jezt die Abende zu, sonst lag ich um 
diese Stunde in Deinen Armen, jezt sizze ich hier und 
schreibe, es ist zehn Uhr, da war es in Weimar noch 
gar früh, und oft war es gar früh, wenn Du mich bis 
zur Thüre begleitetest. — — — 


SONE DE BALZAC/ VON HUGO VON 
HOFMANNSTHAL 


AN kennt diesen großen Autor nicht, wenn man 

von ihm nur dies oder jenes kennt. Es gibt nicht 
den einzelnen Band, der die Essenz seines dichterischen 
Daseins enthielte, wie »Faust« oder die »Gedichte« die 
Essenz von Goethes Dasein in sich fassen. Balzac- will 
im breiten gelesen sein, und es bedarf keiner Kunst, 
ihn zu lesen. Es ist die selbstverständlichste Lektüre 
für Weltleute, das Wort in seinem weitesten Sinn ge- 
nommen, vom Advokatenschreiber oder Kaufmannslehr- 
ling bis hinauf zum großen Herrn. Eher bedürfte es 


97 


fiir Weltleute (ich rede von Mannern aller Stinde, von 
Politikern, Soldaten, von Geschäftsreisenden, von vor- 
nehmen und einfachen Frauen, von Geistlichen, von allen 
Menschen, die keine Literaten und keine Schöngeister 
sind, und von allen denen, die nicht aus Bildungsbedürfnis, 
sondern zur Belustigung ihrer Einbildungskraft lesen) von 
Fall zu Fall einer kleinen Anspannung, eines gewissen 
Übergangs, um Goethe zu lesen. Es ist mehr als wahr- 
scheinlich, daß sich ihnen Goethe in den beschwerten und 
den verworrenen Momenten ihrer Existenz versagt; Balzac 
wird sich immer mit ihnen einlassen. Nicht im litera- 
rischen Sinn meine ich dies: denn bei Goethe wird der 
erste Vers, den sie aufschlagen, immer etwas Wunder- 
volles sein, ein Geisterklang, ein Zauberspruch, und bei 
Balzac werden sie leicht auf drei oder vier langweilige, 
ermüdende Seiten stoßen, nicht bloß im Anfang einer 
Geschichte, sondern möglicherweise wo immer sie auf- 
schlagen. Aber schon indem sie diese gleichgültigen und 
eher mühsamen Seiten mechanisch durchfliegen, wird 
etwas auf sie zu wirken beginnen, dem sich der wirk- 
liche Leser, der lebendige menschliche Leser, niemals 
entzieht: eine große, namenlos substantielle Phantasie, 
die größte, substantiellste schöpferische Phantasie, die seit 
Shakespeare da war. Wo immer sie aufschlagen, bei einer 
Abschweifung über Wechselrecht und die Praktiken der 
Wucherer, bei einem Exkurs über legitimistische oder 
liberale Gesellschaft, bei der Schilderung eines Küchen- 
interieurs, einer ehelichen Szene, eines Gesichtes oder 
einer Spelunke werden sie Welt fühlen, Substanz, die 
gleiche Substanz, aus der das Um und Auf ihres Lebens 
gebildet ist. Sie werden unmittelbar aus ihrem Leben 
in diese Bücher hinüberkönnen, ganz unvermittelt, aus 


98 


ihren Sorgen und Widerwärtigkeiten heraus, ihren Lieb- 
lingsgeschichten und Geldaffiren, ihren trivialen Ange- 
legenheiten und Ambitionen. Ich bin dem Finanzier 
begegnet, der übergangslos nach seinen Sitzungen und 
Konferenzen zu seinem Balzac griff, in welchem er die 
letzten Notierungen der Börse als Lesezeichen liegen 
hatte, und der Weltdame, die in »les illusions perdues« 
oder »la vieille fille« die einzig mögliche Lektüre fand, 
um zu sich selbst zurückzufinden, abends, nachdem 
man unter Menschen war oder Menschen bei sich ge- 
sehen hat, die einzige Lektüre, die stark und rein genug 
ist, um die Phantasie von dem jähen und so zerrütten- 
den Fieber der Eitelkeit zu heilen, und alles Gesell- 
schaftliche auf sein Menschliches zu reduzieren. Diese 
Funktion, mitten in das Leben des Menschen hineinzu- 
greifen, das Gleiche mit dem Gleichen zu heilen, die 
Wirklichkeit mit einer erhöhten dämonischen Wirk- 
lichkeit zu besiegen — ich frage mich, welcher unter 
den großen Autoren, mit denen unser geistiges Leben 
rechnet, hierin mit Balzac rivalisieren könnte — es wäre 
denn Shakespeare. Aber Shakespeare so zu lesen, wie 
andere Generationen die Alten gelesen haben, ich meine, 
ihn so zu lesen, daß man das Ganze des Lebens aus ihm 
herausliest, ihn vom Standpunkt des Lebens zu lesen und 
die wahrsten Bedürfnisse seiner Wißbegierde an ihm zu 
befriedigen, ist nicht jedermanns Sache. Es ist nicht jeder- 
manns Sache, seine Einbildungskraft so anzuspannen, daß 
sie die Distanz von drei Jahrhunderten überfliegt, alle Ver- 
hüllungen einer prachtvollen, aber wildfremden Epoche 
durchdringt und dahinter nur das ewig wahre Aufund Ab 
des menschlichen Tuns und Leidens wahrnimmt. Es ist 
nicht jedermanns Sache, ohne die Hilfe des Schauspielers, 


99 


ohne eine ganz bestimmte Begabung der nachschaffenden 
Einbildungskraft, die genialste Verkürzung und Zusammen- 
drängung, die jemals realisiert wurde, wieder in eine 
solche Breite des Weltbildes auszulösen, daß er in ihr 
sich selber und die vielfach verschlungenen Fäden des 
Daseins wiederfindet, deren Durchkreuzung seine Wirk- 
lichkeit bedeutet. | 

Goethe ist in gewissem Sinne leichter zu lesen, und 
wer liest ihn nicht? Obwohl er eine seiner tiefen und 
subtilen Einsichten aussprach, als er sagte, seine Schriften 
seien nicht geschaffen, populär zu werden, und ihr wahrer 
Gehalt werde immer nur einzelnen aufgehen, die ähn- 
liches in sich durchgemacht hätten, so scheinen dieser 
Einzelnen heute so viele zu sein, daß die Wahrheit seines 
Wortes beinahe wieder aufgehoben ist. Aber wer sich 
eines seiner Werke aufs neue aneignen, wer »Hermann 
und Dorothea«, den »Wilhelm Meister«, die »Wahl- 
verwandtschaften« "genießen will, muß sich mit schon 
gereinigten Sinnen dem Buche nähern. Er muß viel von 
sich, von der Atmosphäre seines Lebens draußen lassen. 
Er muß die Großstadt vergessen. Er muß zehntausend 
Fäden seines augenblicklichen Fühlens, Denkens und 
Wollens durchschneiden. Er muß sich auf seinen »ver- 
klärten Leib« besinnen, ich meine: auf sein Ewiges, sein 
Rein-Menschliches, sein Unbedingtes. Er muß der ewigen 
Sterne gedenken und sich durch sie heiligen. Dann 
freilich ist es beinahe gleichgültig, welches von Goethes 
Werken er aufschlägt: überall umfängt ihn die gleiche 
gesteigerte und verklärte Wirklichkeit. Ihn umgibt in 
Wahrheit eine Welt, ein Geist, der eine Welt ist. Die 
Deutungen und die Gestalten, eine Idee oder die Be- 
schreibung einer Naturerscheinung, ein Vers oder Mignon 


100 


oder Ottilie, alles ist die gleiche göttliche, strahlende 
Materie. Hinter jeder Zeile fühlt er den Bezug auf ein 
Ganzes, auf eine erhabene Ordnung. Die ungeheure 
Ruhe eines ungeheuren Reichtums legt sich beinahe be- 
drückend auf seine Seele, um diese Seele dann grenzenlos 
beglückend emporzuheben. — Aber dieser Arm, der zu 
den Sternen heben kann, umschlingt nicht jeden. Auch 
der lebendige Goethe gab sich nur wenigen und diesen 
nicht zu jeder Stunde. Wer mit unruhiger Hand da- 
nach greift, dem verschließt sich ein Gebilde wie die 
» Wahlverwandtschaften«, wie eine Muschel sich zuklappt. 
Solchen erscheint Goethe kühl, fremd, sonderbar. Er 
imponiert mehr, als er einnimmt. Sie verschieben es, 
ihn zu lesen — auf ruhigere Tage, oder auf eine Reise. 
Oder er macht, daß sie sich nach ihrer Jugend sehnen, 
nach einer höheren Empfänglichkeit. Er scheint ihnen 
künstlich, er, der die Natur selbst war, und kalt, er, dessen 
Liebesblick noch das starre Urgestein mit Wärme durch- 
drang. Sie suchen nach einer Vorbereitung, ihn zu ge- 
nießen. Sie ‘greifen nach einem Erklärer oder nach den 
wunderbaren Briefen und Gesprächen, in denen er sich 
selbst kommentiert, und erst auf diesem Umweg kommen 
sie wieder zu seinen Werken zurück. Nichts ist un- 
denkbarer als ein Leser, der zu den Werken Balzacs auf 
einem indirekten Wege käme. Die wenigsten seiner zahl- 
losen Leser wissen irgend etwas von seinem Leben. Die 
Literaten kennen über ihn einige kleine Anekdoten, die 
niemanden interessieren würden, wenn sie sich nicht auf 
den Autor der »Comédie humaine« bezögen, und den 
Briefwechsel mit einer Person, welcher fast nichts ent- 
hält als Bulletins über seine unaufhörliche, gigantische, 
mit nichts in der literarischen Welt zu vergleichende 


IOI 


Arbeitsleistung. Es ist der stärkste Beweis für Ше un- 
geheure Kraft seiner Werke, daß wir diese endlosen 
Bulletins mit einer ähnlichen Gespanntheit zu lesen ver- 
mögen wie einen Feldzugsbericht Napoleons, in dem es 
sich um Austerlitz, Jena und Wagram handelt. Seine 
Leser kennen seine Werke und nicht ihn. Sie sagen 
»Peau de chagrin« underinnern sich eineswachen Traumes, 
eines abenteuerlichen Erlebnisses, nicht der Leistung eines 
Dichters; sie denken an den alten Goriot und seine 
Töchter und besinnen sich nicht, wie der Verfasser heißt. 
Sie sind einmal in diese Welt hineingeraten, und neunzig 
auf hundert von ihnen werden immer wieder zu ihr zu- 
rückkehren, nach fünf, nach zehn, nach zwanzig Jahren. 
Walter Scott, den einmal die reifen Menschen mit Ent- 
zücken lasen, ist die Lektüre der Knaben geworden. Balzac 
wird immer (oder sehr lange, denn wer darf von »immer« 
sprechen) die Lektüre aller Lebensstufen bleiben, und der 
Männer ebensowohl wie der Frauen. Die Kriegsgeschichten 
und Abenteuer, die »Chouanss, »l'Auberge rouge«, »el Ver- 
dugo«, sind für die Phantasie eines Sechzehnjáhrigen die 
Ablósung der Indianergeschichten und des Kapitin Cook; 
die Erlebnisse der Rubempré und Rastignac sind die 
Lektüre des jungen Mannes; »le Lys dans la vallée«, 
»Savarus«, »Modeste Mignon« der jungen Frau; Manner 
und Frauen, die um vierzig sind, die Reifen und noch 
nicht Verarmten, werden an das Reifste sich halten: an 
» Cousine Bette«, das grandiose Buch, das ich nicht finster 
nennen kann, obwohl es fast nur Häßliches, Trauriges 
und Schreckliches enthält, da es von Feuer, Leben und 
Weisheit glüht, — an »la vieille filles, das eine über 
jedes Lob erhabene Plastik der Gestalten mit der profun- 
desten Lebensweisheit vereinigt und dabei klein, rund, 


IO2 


behaglich, heiter ist, іп jedem Betracht ein unvergleich- 
liches Buch, ein Buch, das stark genug wäre, für sich 
allein den Ruhm seines Autors durch die Generationen 
zu tragen. Ich habe einen alten Herrn die »contes drólati- 
ques« preisen hören und habe einen andern alten Herrn 
mit Rührung von der Geschichte des Cesar Birotteau 
sprechen hören, diesem stetigen Aufstieg eines braven 
Mannes, von Jahr zu Jahr, von Bilanz zu Bilanz, von 
Ehre zu Ehre. Und wenn es Menschen gegeben hat, die 
aus dem » Wilhelm Meister: die »Bekenntnisse der schönen 
Seele« herausschnitten und das übrige verbrannten, so 
hat es sicher auch den Menschen gegeben, der aus der 
» Comédie humaine« »Seraphitus-Seraphitas herausschnitt 
und sich daraus ein Erbauungsbuch machte, und viel- 
leicht war ein solcher jener Unbekannte, der in Wien 
in einem Konzertsaal auf Balzac zudrángte, um die Hand 
zu küssen, die »Seraphita« geschrieben hatte. 

Jeder findet hier so viel vom großen Ganzen des Lebens, 
als ihm homogen ist. Je reichlicher genährt eine Er- 
fahrung, je stirker eine Einbildungskraft ist, desto mehr 
werden sie sich mit diesen Büchern einlassen. Hier 
braucht keiner etwas von sich draußen zu lassen. Alle 
seine Emotionen, ungereinigt wie sie sind, kommen hier 
ins Spiel. Hier findet er seine eigene innere und äußere 
Welt, nur gedrángter, seltsamer, von innen heraus durch- 
leuchtet. Hier sind die Mächte, die ihn bestimmen, und 
die Hemmungen, unter denen er erlahmt. Hier sind 
die seelischen Krankheiten, die Begierden, die halb sinn- 
losen Aspirationen, die verzehrenden Eitelkeiten; hier sind 
alle Dàmonen, die in uns wühlen. Hier ist vor allem 
die grofle Stadt, die wir gewohnt sind, oder die Provinz, 
in ihrem bestimmten Verhältnis zur großen Stadt. Hier 


103 


ist das Geld, Ше ungeheure Gewalt des Geldes, die 
Philosophie des Geldes, in Gestalten umgesetzt, der Mythos 
des Geldes. Hier sind die sozialen Schichtungen, die 
politischen Gruppierungen, die mehr oder weniger noch 
die unseren sind, hier ist das Fieber des Emporkommens, 
das Fieber des Gelderwerbs, die Faszination der Arbeit, 
die einsamen Mysterien des Kiinstlers, des Erfinders, alles, 
bis herab zu den Erbärmlichkeiten des kleinbürgerlichen 
Lebens, zur kleinen Geldmisere, zum mühsam und oft 
geputzten Handschuh, zum Dienstbotenklatsch. 

Die äußere Wahrheit dieser Dinge ist so groß, daß sie 
sozusagen getrennt von ihrem Objekt sich zu erhalten 
und wie eine Atmosphäre zu wandern vermochte; das 
Paris von Louis Philipp ist weggeschwunden, aber ge- 
wisse Konstellationen, der Salon in der Provinz, in dem 
Rubempré seine ersten Schritte in die Welt tut, oder 
der Salon der Madame de Bargeton in Paris, sind heute 
von einer verbliiffenden Wahrheit fiir Osterreich, dessen 
sozialer und politischer Zustand vielleicht dem des Juli- 
königtums sehr ähnlich ist; und gewisse Züge aus dem 
Leben von Rastignac und de Marsay sind vielleicht heute 
für England wahrer als für Frankreich. Aber der Firnis 
dieser für uns greifbaren, aufregenden »Wahrheit«, — 
diese ganze erste große Glorie des »Modernen« um dieses 
Werk wird vergehen: jedoch die innere Wahrheit dieser 
aus der Phantasie hervorgeschleuderten Welt (die sich 
nur einen Augenblick lang in tausend nebensächlichen 
Punkten mit der ephemeren Wirklichkeit berührte) ist 
heute stärker und lebendiger als je. Diese Welt, die 
kompletteste und vielgliedrigste Halluzination, die je da 
war, ist wie geladen mit Wahrheit. Ihre Körperhaftigkeit 
löst sich dem nachdenklichen Blick in ein Nebeneinander 


104 


von unzähligen Kraftzentren auf, von Monaden, deren 
Wesen die intensivste, substantiellste Wahrheit ist. -Im 
Auf und Ab dieser Lebensläufe, dieser Liebesgeschichten, 
Geld- und Machtintrigen, ländlichen und kleinstädtischen 
Begebenheiten, Anekdoten, Monographien einer Leiden- 
schaft, einer seelischen Krankheit oder einer sozialen 
Institution, im Gewirr von beinahe dreitausend mensch- 
lichen Existenzen, wird ungefähr alles berührt, was in 
unserem bis zur Verworrenheit komplizierten Kultur- 
leben überhaupt einen Platz einnimmt. Und fast alles, 
was über diese Myriaden von Dingen, Beziehungen, 
Phänomenen gesagt ist, strotzt von Wahrheit. Ich weiß 
nicht, ob man es schon unternommen hat (aber man 
könnte es jeden Tag unternehmen), ein Lexikon zu- 
sammenzustellen, dessen ganzer Inhalt aus Balzac ge- 
schöpft wäre. Es würde fast alle materiellen und alle 
geistigen Realitäten unseres Daseins erhalten. Es würden 
darin Küchenrezepte ebensowenig fehlen wie chemische 
Theorien; die Details über das Geld- und Warengeschäft, 
die präzisesten, brauchbarsten Details würden Spalten 
füllen; man würde über Handel und Verkehr vieles er- 
fahren, was veraltet, und mehreres, was ewig wahr und 
höchst sachgemäß ist, und daneben wären unter beliebige 
Schlagworte die kühnsten Ahnungen und Antizipationen 
von naturwissenschaftlichen Feststellungen späterer Jahr- 
zehnte aufzunehmen; die Artikel, die unter dem Schlag- 
wort »Ehe« oder »Gesellschaft« oder »Politik« zusammen- 
zufassen wären, wären jeder ein Buch für sich und jeder 
ein Buch, das unter den Publikationen der Weltweisheit 
des neunzehnten Jahrhunderts seinesgleichen nicht hätte. 
Das Buch, welches den Artikel »Liebe« enthielte und 
in einem kühn gespannten Bogen von den unheimlichsten, 


105 


undurchsichtigsten Mysterien (»une passion dans le désert«) 
durch ein strotzendes Chaos aller Menschlichkeiten zur 
seelenhaftesten Engelsliebe sich hinüberschwánge, würde 
das eine berühmte Buch gleichen Namens, das wir be- 
sitzen und das von der Hand eines Meisters ist, durch 
die Größe seiner Konzeption, durch den Umfang seiner 
Skala in den Schatten stellen. Aber schliefllich existiert 
dieses Lexikon. Es ist in eine Welt von Gestalten, in 
ein Labyrinth von Begebenheiten versponnen, und man 
blättert darin, indem man dem Faden einer prachtvoll 
erfundenen Erzählung folgt. Der Weltmann wird in 
diesen Bänden die ganze Reihe der so scheinhaften und 
doch so wirklichen Situationen umgewandelt sehen, aus 
denen das Soziale besteht. Die tausend Nuancen, wie 
Männer und Frauen einen anderen gut und schlecht be- 
handeln können; die unmerklichen Übergänge; die un- 


erbittlichen Abstufungen, die ganze Skala des wahrhaft ' 


Vornehmen, zum Halbvornehmen, zum Gemeinen: dies 
alles abgewandelt und in der wundervollsten Weise vom 
Menschlichen, vom Leidenschaftlichen durchbrochen und 
für Augenblicke auf sein Nichts reduziert. Der Mensch 
des Erwerbs (und wer hat nicht zu erwerben oder zu 
erhalten oder zu entbehren?) hat seine ganze Welt da: 
alles in allem. Den großen Börsenmann, den verdie- 
nenden Arzt, den hungernden und den triumphierenden 
Erfinder, den großen und kleinen Faiseur, den empor- 
kommenden Geschäftsmann, den Heereslieferanten, den 
Geschäfte vermittelnden Notar, den Wucherer, den Stroh- 
mann, den Pfandleiher, und von jedem nicht einen, 
sondern fünf, zehn Typen, und was für Typen! und 
mit allen ihren Handwerksgriffen, ihren Geheimnissen, 
ihrer letzten Wahrheit. Die Maler halten unter sich 


106 


die Legende aufrecht, daß von Delacroix herrühren 
müsse, was im »chef d'oeuvre inconnu« an letzten Intimi- 
täten über die Modellierung durch das Licht und den 
Schatten gesagt ist; diese Wahrheiten sind ihnen zu sub- 
stantiell, als daß jemand sie gefunden haben dürfte, der 
nicht Maler, und ein großer Maler gewesen wäre. Der 
Denker, dem man »Louis Lambert« in die Hand ge- 
geben hat, als die Monographie über einen Denker, mag 
den biographischen Teil schwach finden und an der 
Realität der Figur zweifeln: aber sobald er zu dem in 
Briefen und Notizen übermittelten Gedankenmaterial 
kommt, so wird die Konsistenz dieser Gedanken, die sub- 
stantielle Kraft dieses Denkers so überzeugend, daß jeder 
Zweifel an der Figur weggeblasen ist. Dies sind Ge- 
danken eines Wesens, dies Hirn hat funktioniert — man 
mag im übrigen Ше Gedanken, diese Philosophie eines 
spiritualistischen Träumers ablehnen oder nicht. Und 
der verheiratete Mann, dem in einer nachdenklichen 
Stunde die »Physiologie der Ehe« іп die Hand fällt, wird 
in diesem sonderbaren und vielleicht durch einen ge- 
wissen halbfrivolen Ton unter den Werken Balzacs ein 
wenig deklassierten Buch auf einige Seiten stoßen, deren 
Wahrheiten so zart als tief und beherzigenswert sind, 
wahrhafte Wahrheiten, Wahrheiten, die sich, wenn man 
sie in sich aufnimmt, gewissermaßen ausdehnen und 
mit einer sanften, strahlenden Kraft im Innern fortwirken. 
Allen diesen Wahrheiten haftet nichts Esoterisches an. 
Sie sind in einem weltlichen, manchmal in einem fast 
leichtfertigen Ton vorgetragen. Verflochten unter Be- 
gebenheiten und Schilderungen, bilden sie die geistigsten 
Elemente im Körper einer Erzählung, eines Romans. 
Sie sind uns entgegengebracht, wie das Leben selbst 


107 


uns seinen Gehalt entgegenbringt: іп Begegnungen, іп 
Katastrophen, in den Entfaltungen der Leidenschaften, 
in plötzlichen Aussichten und Einsichten, blitzhaft sich 
auftuenden Durchschlägen durch den dichten Wald der 
Erscheinungen. Hier ist zugleich die leidenschaftlichste 
und vollständigste Malerei des Lebens und eine höchst 
überraschende, scharfsinnige Philosophie, die bereit ist, 
jedes noch so niedrig scheinende Phänomen des Lebens 
zu ihrem Ausgangspunkt zu machen. So ist durch das 
ganze große Werk, dessen Weltbild ebenso finster ist, 
als das Shakespeares, und dabei um so viel wuchtender, 
trüber, schwerer durch seine eigene Masse, dennoch 
eine geistige Lebendigkeit ergossen, ja eine geistige Heiter- 
keit, ein tiefes Behagen: wie wäre es anders zu nennen, 
was uns, wenn einer dieser Bände uns in die Hand gerät, 
immer wieder nach vorwärts, nach rückwärts blättern 
macht, nicht lesen, sondern blättern, worin eine sub- 
tilere, erinnerungsvolle Liebe liegt, — und was uns die 
bloße Aufzählung der Titel, dieser hundert Bücher oder 
das Register der Figuren, die in ihnen auftreten, ge- 
legentlich zu einer Art von summarischer Lektüre macht, 
deren Genuß komplex und heftig ist, wie der eines ge- 
liebten Gedichtes? — — — 


Hier ist eine Welt, wimmelnd von Gestalten. Es ist 
keine darunter, so gewaltig empfangen, so vollständig 
in sich selber, daß sie, gelöst von ihrem Hintergrunde, 
für sich allein zu bestehen vermöchte, in der unvergäng- 
lichen Vollständigkeit ihrer Geste, wie Don Quixote, 
wie der König Lear, wie Odysseus. Die Materie ist 
brüchiger, die Vision ist nicht von so strahlender Klar- 
heit, daß Gestalten aus ihr hervorgehen könnten, so 


108 


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modelliert іш reinsten, starksten Licht, wie der Homeri- 
sche Achilles, wie Nausikaa, oder im zartesten Halb- 
licht, wie Mignon und Ottilie. Alles hängt zusammen, 
alles bedingt sich. Es ist ihm so unméglich, das einzelne 
herauszulósen, wie aus einem Gemälde von Rembrandt 
oder von Delacroix. Hier wie dort liegt das Großartige 
in einem stupenden Reichtum der Tonwerte, der ab und 
auf, infinitis modis, wie Ше Natur selber, eine lücken- 
lose Skala ergibt. Jene Gestalten dort scheinen gelöste 

schreitende Götter: wie sie entstanden sein mögen, ist - 
undurchdringliches Geheimnis; diese hier sind einzelne 
Noten einer titanischen Symphonie. Ihre Entstehung 
scheint uns begreiflicher, wir glauben in unserem Blut 
die Elemente zu tragen, aus denen ihre finsteren Herzen 
gebildet sind, und mit der Luft der großen Städte sie 
einzusaugen. Aber auch hier waltet ein Letztes, Höheres. 
Wie die Skala von Finsternis zur Helligkeit auf einem 
Rembrandt nur darin dem irdischen Licht und der irdischen 
Finsternis gleicht, daß sie lückenlos, überzeugend, absolut 
richtig ist: aber darüber hinaus ein Namenloses in ihr 
wirksam ist, das Walten einer großen Seele, .die in jenen 
Visionen selber sich einem höchsten Wesen hingibt, so 
vibriert hier in den Myriaden kleiner Züge, mit denen 
eine wimmelnde Welt hingemalt ist, ein kaum zu nennen- 
des Letztes: die Plastik dieser Welt geht bis zum Über- 
schweren, ihre Finsternis bis zum Nihilismus, die Welt- 
lichkeit in der Behandlung bis zum Zynischen: aber die 
Farben, mit denen dies gemalt ist, sind rein. Mit nicht 
reinerem Pinsel ist ein Engelschor des Fra Angelico ge- 
malt als die Figuren in »Cousine Bette«. Diesen Farben, 
den eigentlichen Grundelementen des Seelischen, haftet 
nichts Trübes an, nichts Kränkelndes, nichts Blasphemi- 


109 


sches, nichts Niedriges. Sie sind unverweslich, von 
keinem bösen Hauch zu kränken. Eine absolute Freudig- 
keit vibriert in ihnen, die unberührt ist von der Finster- 
nis des Themas, wie die göttliche Freudigkeit der Töne 
in einer Beethovenschen Symphonie in keinem Moment 
von der Furchtbarkeit des musikalischen Ausdruckes ver- 
stört werden kann. 


DAS RISORGIMENTO/ VON RICARDA HUCH 


865 Lebende zieht Sehnsucht zu den Toten; hinweg 
von den Zahllosen, die uns umdrängen, die uns die 
warme Hand entgegenstrecken, in deren Augen wir lesen 
können, gehen wir einsamere Wege und beschwören 
die Gewesenen, die uns nicht Rede stehen. Wie Helden 
auf einer nächtlichen, vom Sturm umrauschten Bühne 
sehen wir sie mit flatternden Gewändern, mit starken 
Gebärden die Geschichte ihres Lebens spielen und werden 
nicht müde, den tragischen und süßen Worten zu lauschen, 
die aus tiefer Vergangenheit abgerissen zu uns auftönen. 
Auch wenn wir Entsetzen und Abscheu empfinden, ver- 
läßt uns ein ehrfürchtiger Schauer vor den geistigen 
Wesen nicht ganz, die sich jenseits unserer Sinnlichkeit 
vollendet haben. Wie Halbgötter und Dämonen um- 
geben sie uns, von uns angerufen als Lehrer, als Be- 
schützer, als Bürgen, unsere Kämpfe mit uns kämpfend, 
ihr goldenes Blut, das nie versiegende, immer von neuem 
vergießend. 

Lebendiges Fleisch und Blut erregt unsere Sinne zu 
sehr in Leidenschaft, Ekel, Widerspruch; auch ist es 
uns zu nahe, so daß wir es im Ganzen nicht über- 
blicken können, während wir das Einzelne zu groß, zu 


IIO 


deutlich sehen. Die Namen der Toten, um die her 
noch jene Kraft glänzt, die sie lebend ausstrahlten, sind 
wie flammende Siegel auf Geheimnissen und reizen uns 
übermächtig, sie zu durchdringen. Sie sind die Stern- 
bilder, die den Himmel bedecken, Hieroglyphen, durch 
deren einzelne Leuchtpunkte wir silberne Linien ziehen, 
um sie zu schönen Gestalten zu verbinden. Es ist eine 
Glorie für ein Land, wenn sich viele dieser unsterb- 
lichen Zeichen darüber wölben. 

Das italienische Risorgimento ist eine Fundgrube an 
tatenreichen Menschen und auffallenden Begebenheiten, 
wie für die meisten Völker ihre Wanderungen und Er- 
oberungskriege in entlegener Vorzeit, wie etwa für 
Nordamerika die Geschichte der ersten Ansiedelungen 
und der Verdrängung der Indianer. Der lange Kampf 
in der bunt zusammengesetzten Halbinsel des Apennin 
hatte Entwickelungsabschnitte, die untereinander vom 
verschiedensten Charakter waren. Als die Idee des freien 
und unabhängigen Italien ein gewisses Alter und eine 
gewisse Kraft erlangt hatte, ergriff sie die Menge durch 
allgemeine Triebe: Auflehnung gegen die durch die 
ersten Empörungen veranlaßten Vergewaltigungen, Rache, 
Begeisterung, Unternehmungslust, oder durch die Ein- 
sicht, daß dies die Wege der Zukunft seien, ja es ist 
etwas Selbstverständliches, daß schließlich auch Durch- 
schnittsmenschen von einer Idee mitgerissen wurden, 
die, im Kampfe erstarkend, das Übergewicht erlangt hatte. 

Etwas anderes ist es, wenn eine Idee noch neu ist, 
erst unbestimmte Umrisse hat, Gefahr damit verbunden 
ist, ihr anzuhängen, aber unsicherer Ruhm, ja wenn 
sogar der zu erreichende Zweck nur undeutlich vor- 
schwebt. Es scheint, daß der kräftige und gesunde, der 


III 


harmonische Mensch іт allgemeinen konservativ ist; ег 
verwendet seine Kraft darauf, mit den nächstliegenden 
Aufgaben fertig zu werden, unter schwereren Umständen. 
sich doppelt anstrengend, zu erschütternden Verände- 
rungen erst bereit, wenn ein Druck unerträglich wird 
und den Kern des Lebens angreift, und auch dann mehr 
auf Wiederherstellung des Gewesenen erpicht als auf 
Neuerungen. Überhaupt beherrscht das Gesetz der Träg- 
heit die Menschen so sehr, daß das Leben zum größten 
Teile maschinenmäßig abläuft; neue Ansichten schon 
sind selten, vollends werden Handlungen, die das her- 
kömmliche Geleise verlassen und Ausgangspunkte für. 
Folgeketten werden, nur durch außergewöhnliche Um- 
stinde und Kräfte hervorgebracht. Die eigentlichen: 
Neuerer sind meistens nicht gerade sympathische: 
Menschen: sie lieben es, sich hervorzutun, aufzufallen, . 
das Naheliegende, Erforderliche gelingt ihnen nicht: 
wenigstens nicht so, daß sie sich darin auszeichnen: 
könnten, oder sie haben gar nichts zu tun, wissen sich : 
nicht zu bescháftigen und tasten planlos nach diesem: 
und jenem. Der innerste Grund ist wohl, daß sie un: 
gleichmäßig begabt sind: unproduktive Menschen finden ` 
in sich selbst nie Befriedigung und halten sich an 
das Аш еге, dem sie mit überlegener Kritik, ungeduldig, - 
aber ohne Tüchtigkeit gegenüberstehen. Dabei sind sie : 
oft reich begabt, und ihre Persönlichkeit ist reizend und 
blendend, vielleicht um so mehr, als ihre Kräfte sich nach : 
außen wenden, anstatt innen zu bilden. 

Beschaftigt man sich mit den Männern, die in der: 
Lombardei zuerst als Bekämpfer der österreichischen . 
Herrschaft und Vorkämpfer der Größe Italiens hervor- : 
traten, so entdeckt man in vielen von ihnen etwas vom \ 


II2 


Normalen Abweichendes, Krankhaftes, da, wo man lauter 
. Heroismus zu finden glaubte, Schwächen und Mängel. 
 Indessen wären die ersten Opfer des Risorgimento un- 
genügend charakterisiert, wenn man sie schlechtweg als 
Neuerer auffaßte; denn es handelte sich hier um große 
. Dinge, in deren Natur es lag, die Mitspielenden mehr, 
als sie es vielleicht von vornherein beabsichtigten und 
- ahnten, zu Kämpfern und Duldern zuletzt des Lorbeers 
wert zu machen, weil andere Kränze in ihrem Namen 
nicht verliehen werden kónnen. Was für Geschichten 
уоп Wagnis, Verrat und Gefahr, Flucht durch bewaffnete 
. Häscher, über drohende Gebirge und empörte Flüsse; 
von Kerker, Todesangst und erhabenem Sterben; von 
. Verbannung und Not, Liebesabenteuern, Glückswechsel, 
. Untergang in Verzweiflung oder Aufschwung zu neuen 
. Kämpfen! Es ist nicht möglich, sie ohne wechselndes 
. Herzklopfen und Aufatmen zu lesen. Wenn die folgen- 
- den Geschlechter die Väter, die das Gedächtnis solcher 
. Taten und Leiden zurückließen, schlechtweg als Helden 
. feierten, so kann das nicht wundernehmen. Aber der 
Най der gegnerischen, zuletzt besiegten Partei säumte 
. nicht die Fehler derer, die der Feind auf den Schild 
hob, ans Licht zu ziehen, und wo jene Vaterlandsliebe, 
` Opfermut, Prophetenblick sahen, sprachen diese von 
: Unglauben, Zerstórungswut und hohler Grofimannssucht. 
. Das Künstliche dieser übertriebenen Figuren erkennend, 
. Sehnen wir uns nach der Wirklichkeit. Es genügt uns 
nicht, die gespenstischen Schauspieler in nächtliche Nebel 
 eingehüllt vor uns ihr Glück und Unglück abhandeln 
. zu sehen, wir móchten sie greifen, ansehen, irgendwie 
. in ihrem Innersten lesen; aber wo wir es wagen, uns 
.zu náhern, zerrinnt der edle Umriß nach Geisterart, 


113 


und ein kühler Hauch weht uns an, der uns frösteln 
macht. Wir sehen uns geängstigt um und zweifeln, 
ob etwas hier war außer uns, oder ob wir die ganze 
Zeit allein waren in gestaltloser Einsamkeit, die wir selbst 
mit erträumten Gesichten belebten. 

Wir haben viele Bilder von Napoleon oder von Goethe; 
aber gleicht eins dem andern? An welches sollen wir 
uns halten? Entspricht nicht jedes der treuen Auf- 
fassung eines Künstlers, auf den der große Mann eben 
so wirkte? Und wenn es überhaupt nicht zwei Menschen 
gibt, die einen andern ganz gleich auffassen, sollte sich 
dann je feststellen lassen, wie einer war? Ja, läßt sich 
eine Persönlichkeit überhaupt fest umschreiben? Wir 
haben unsere Väter und Mütter und andere Vorfahren 
täglich gesehn, ihr Wesen und Walten um uns erlebt, 
und wir haben ihren Schatten, nachdem sie gestorben 


- EE ig Á  -лым-- 2 


— HÀ 


waren, ebenso klar oder noch klarer erscheinen sehen ` 


als ihr Fleisch und Blut; aber wir finden vielleicht alte 
Briefe von ihrer Hand oder Zeugnisse ihrer Zeitgenossen, 
durch die wir mit Zügen und Taten bekannt werden, 
die sie uns entfremden, so daß wir das Bild, an das 
wir bisher glaubten, betrügerisch schelten und durch 
ein anderes ersetzen müssen. So waren die Geister, zu 
denen wir aufblickten wie zu unantastbaren Sternen, 
nur Geschópfe unserer Einbildungskraft, von uns ver- 
ehrt, weil wir sie nach unserem Bedürfen ausstatteten? 
Vielleicht kommen wir dazu, weil wir von Minute zu 
Minute lebend uns selbst ausgeben, uns selbst zu ver- 
leugnen, wahnend, daß keine Form unser sei, als eine 
solche, die sich jeden Augenblick entstelle und vergehe, 
daß es also mit den Wellen der Zeit. verflieBende Seelen 
gebe, kein Ich, das alle die zerrinnenden Teile eines 


II4 


Lebens zusammenfasse und aus der Vergangenheit immer 
sich selbst gleich in die Zukunft blicke. 

Indessen diese trostlosen Zweifel widerlegt ein Gefühl, 
das wir von uns selbst haben, wie auch von denen, die 
uns nahestehen, und vor allem von denen, die wir lieben. 
Wie die Gesichtszüge des Alten durch ein kaum zu 
bezeichnendes Etwas, das Siegel der Persönlichkeit, die 
des Kindes bestätigen, so ist auch die Eigenart des 
geistigen Wesens weder durch die Jahre, noch durch 
Erlebnisse irgend welcher Art ganz zu vertilgen. Dem 
Grundgefühl, das wir von einem Freunde haben, ordnen 
wir, ohne zu schwanken, alles unter, was andere, ja was 
wir selbst gegen ihn vorbringen könnten, überzeugt, 
daß alle Bruchstücke seines Lebens in den einen Grund- 
riß eines Wesens sich müssen. einfügen lassen, den wir 
im Herzen haben. Schließen wir nun auch, daß ein 
jeder eine bestimmte, kenntliche Wesensform haben 
müsse, so ist freilich damit nicht gesagt, daß diese sich 
immer enthüllen lasse, wenn es sich um Längstverstorbene 
handelt. Zwar auch sie hatten Freunde, die sie liebten 
und in denen sie sich spiegelten, und selbst Anklage 
und Verleumdung derer, die sie haßten, muß uns die 
verblichene Gestalt erleuchten helfen. Vorausgesetzt aber 
auch den günstigsten Fall, daß Aufzeichnungen anderer 
und hauptsächlich der fraglichen Personen selbst von 
ihnen zeugen, so bleibt das Wesentliche, das mehr noch 
in Stimme und Tonfall und Mienenspiel, als in den 
gesprochenen Worten liegt, dennoch im Dunkel. Wir 
wissen, daß Columbus Amerika entdeckte und welches 
Maß von Genie und Willenskraft dadurch vorausgesetzt 
wird; doch haben wir nicht so viel Gefühl von seinem 
Wesen wie irgend ein Schiffsjunge aus der Mannschaft, 


115 


die ihn tiber Meer begleitete. Man ist darauf angewiesen, 
das letzte, was den einen einzig macht, zu ahnen mehr 
noch aus dem Duft, der über seinem Tun und den 
von ihm gebliebenen Worten schwebt, als aus seinem 
Tun selbst zu berechnen. 

Man möchte vielleicht sagen, es komme nicht darauf 
an, zu wissen, was für Menschen Nero und Columbus 
und andere gewesen seien, da nur wichtig sei, daß der 
Klang eines Namens einen Genius zu Schöpfungen ver- 
locke, die, an sich wahr und groß, Bilder der Verehrung 
werden könnten. Ein Geschöpf des Geistes, an das 
Bedeutendes sich anknüpfen lasse, das Schönheit und 
Größe besitzt, sei ebenso wirklich und wertvoll wie ein 
Lebendiges, ja, sei vollendeter und dauernder. Der 
Mensch erschöpfe sich im Grunde in seinen Taten, 
überhaupt in seinem Leben; nach diesem bleibe nichts 
von ihm übrig, als sein Name und daran geknüpfte 
Berichte; wenn man ihn wiederholen wolle, müsse man 
ihn neu schaffen. | 

Wenn dem so wäre, trotzdem kann nur der ernst- 
liche Wunsch, ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild 
zu entwerfen, ein gutes Bild hervorbringen. Glauben 
müssen wir, irgendwo unter den Sternen irrten die 
Schatten der Verstorbenen, und wenn eine Gestalt er- 
scheine, in der sie sich erkennten, vereinigten sie sich 
mit ihr in wunderbarer Weise, so daß sie nun wahrhaft 
beseelt und belebt sei. So ist die Darstellung von Ge- 
wesenen eine Geisterbeschwörung. Zuweilen merken 
die Zuschauer, daß nur eine geschickte Spiegelung, irgend 
ein gefälliges, vielleicht erstaunliches Kunststück ihnen 
vorgespielt wird, zuweilen steigt der Geruch leibhaftigen 
Lebens zu ihren Sinnen auf. Dann ist die Formel des 


116 


Suchenden іп den Hades gedrungen und hat eine der 
flatternden Erscheinungen berührt und verdichtet: das 
Auge verdunkelt sich und blickt uns an, die Luft neigt 
sich der gelösten Stimme entgegen. Geschieht das nicht, 
so möge wenigstens in der Formel etwas Lehrreiches 
sein, das andern dienen kann, eine wirksamere zu finden. 


AUS ELIZABETH BROWNINGS SONETTEN 
NACH DEM PORTUGIESISCHEN/ ÜBER- 
TRAGEN VON RAINER MARIA RILKE 


DAS FÜNFTE SONETT 
CH heb mein schweres Herz so feierlich, 
wie einst Elektra ihre Urne trug, 
und, dir ins Auge schauend, hin vor dich 
stürz ich die Asche aus dem Aschenkrug. 


Das da war Schmerz in mir: der Haufen: schau, 
wie düster drin die Funken glühn, vom Grau 
verhalten. Und du tätest, glaub ich, gut 
verächtlich auszutreten ihre Glut, 


bis alles dunkel ist. Denn wenn du so 
an meiner Seite wartest, bis den Staub 
ein Wind aufwehte, ... dieses Lorbeerlaub 


auf deinem Haupt, Geliebter, schützt nicht, wo 
es Feuer regnet, deine Haare. Eh 
sie dir versengen: tritt zurück. Nein: gehl 


DAS SIEBZEHNTE SONETT 
Du hast, mein Dichter, alle Macht zu rühren 
an Gottes äußersten und letzten Kreis 


117 


und aus des Weltalls breitem Brausen leis 
ein Lied zu lösen und es hinzuführen 


durch klare Stille. Deine Heil-Kunst weiß 
ein Gegengift zu finden, dessen Kraft 
selbst Aufgegebene noch rätselhaft 

zu retten scheint. Gott gab dir das Geheiß 


dieses zu tun, sowie er mir befahl 
zu tun nach deinem Wort. Was soll ich sein: 
Vergangnes oder Kommendes, daß dein 


Gesang es grüße oder es beweine? 
Ein Schatten, der dich mahnt an Palmenhaine? 
Ein Grab, dabei du ruhst? — Du hast die Wahl. 


DAS EINUNDZWANZIGSTE SONETT 


Sag immer wieder und noch einmal sag, 

daß du mich liebst. Obwohl dies Wort vielleicht, 
so wiederholt, dem Lied des Kuckucks gleicht, 
wie du's empfandest:. über Tal und Hag 


und Feld und Abhang, beinah allgemein 
und überall, mit jedem Frühling tönend. 
Geliebter, da im Dunkel redet höhnend 
ein Zweifelgeist mich an; ich möchte schrein: 


„sag wieder, daß du liebst!“ Wer ist denn bang, 
daß zu viel Sterne werden: Ihrem Gang 
sind Himmel da. Und wenn sich Blumen mehren, 


erweitert sich das Jahr. Laß wiederkehren 
den Kehrreim deiner Liebe. Doch entzieh 
mir ihre Stille nicht. Bewahrst du sie? 


118 


ZWEI BRIEFE FRIEDRICH: NIETZSCHES AN 
MUTTER UND SCHWESTER 


. Nice, den 20. Marz 1888. 
Meine liebe Mutter, ` ` 

Du hast mir mit Deiner Sendung und dem sie be- 
gleitenden Briefe eine große Freude gemacht: beinahe 
als ob Du mir ein Geschenk gemacht hättest. Ich war 
gerade etwas knapp daran mit Finanzen; und vielleicht 
habe ich schon geschrieben, daß diesen Winter mein 
Leben im Hotel sich vertheuert hat. Trotzdem sind auch 
jetzt noch die Bedingungen, unter denen ich hier lebe, 
bedeutend unter den durchschnittlichen, die Jedermann: 
hier im Hause zu zahlen hat; und andrerseits habe ich 
auch diesen Winter etwas, das ich sonst nicht .hatte, 
ein Zimmer, das mir gefällt, hoch, mit einem ausgezeich- 
neten Lichte für meine Augen, neu hergerichtet, mit 
großem schweren Tisch, chaise longue, Bücherschrank 
und mit dunklen rothbraunen Tapeten, die ich selbst 
ausgewählt habe. Es scheint mir immer noch, daß ich 
an Nizza festzuhalten habe: sein klimatischer Einfluß ist ` 
so wohlthätig wie kein anderer auf mich. Ich kann 
hier gerade noch einmal so viel Gebrauch von meinen 
Augen machen als anderswo. Der Kopf ist unter diesem 
Himmel freier geworden, von Jahr zu Jahr; die unheim- 
lichen Folgen jahrlangen Siechthums in der Nähe und 
Erwartung des Todes traten hier milder auf. Ich will 
nicht vergessen, daß auch meine Verdauung hier besser 
ist als sonstwo; vor allem aber, mein Geist fühlt sich 
hier aufgeweckter und trägt im Allgemeinen seine Bürde 
leichter — ich meine die Bürde eines Lebenslooses, zu 
dem ein Philosoph einmal verurtheilt ist. Ich gehe 


119 


Vormittags eine Stunde, Nachmittags drei Stunden durch- 
schnittlich spazieren in scharfem Schritte — Tag für Tag 
den gleichen Weg; er ist schön genug dazu. Nach 
dem Abendessen sitze ich noch bis 8 Uhr im Salon, 
unter fast lauter Engländern und Engländerinnen bei 
einer Lampe mit Lampenschirm an meinem Tische. 
Ich stehe halb sieben auf und mache mir meinen Thee 
selbst; dazu einige Zwiebacke. Um 12 Uhr das Früh- 
stück; um 6 Uhr die Hauptmahlzeit. Kein Wein, kein 
Bier, keine Spirituosen, kein Kaflee; größte Gleichmäßig- 
keit in der Lebens- und Ernährungsweise. Seit vorigen 
Sommer habe ich mich an Wassertrinken gewöhnt: ein 
gutes Zeichen, ein Fortschritt. Übrigens war ich gerade 
jetzt drei Tage krank: doch ist heute alles wieder in 
Ordnung. Für Ende März denke ich Nizza zu ver- 
lassen: der Lichtglanz ist mir bereits zu stark, auch die 
Luft schon zu weich, zu frühlingsmäßig. Es ist mög- 
lich, daß ich noch Besuch bekomme: nämlich Seydlitz, 
der auf seiner Rückreise von Aegypten »mit Weib, 
Mutter, Hund und Diener« bei mir eintreffen will. Auch 
der alte Freund Gersdorff schrieb wieder gute Dinge: 
er hatte gerade seinen Monat Dienst in Berlin hinter 
sich (— ег ist Kammerherr der alten Kaiserin). Aber 
das Schönste war ein langer Brief vom Lama: acht Seiten 
voll lauter herzlicher und sehr gescheiter Dinge. Noch 
in Asuncion geschrieben; aber voll guten Muths (»gewiß, 
ich habe ein Lebensloos, zu dem ich passe, das ist eine 
schöne Sache« —) doch drückt sie Besorgniss aus, daß 
es die nächste Zeit zu viel zu thun giebt: weil eine 
Unmasse neuer Colonisten angemeldet sind, und viel- 
leicht noch nicht. genug dazu vorbereitet ist. — Ich 
vergaß zu erzählen, daß ein alter Schulkamerad (mein 


120 


bo ku n 


шегеге det Lieutenan eest, in Pflege 
nissen vom rothen Kreuz ist: sch gehe zuweilen n 
Sehr orddeutsch® Aun sphäre; rau von Münchow: 
Fr), von Diehfurth us Meine Tischnachb rin ist 
zuch diesen Winter WI er die Baronin Plancknet, eine 
geb. Seckendort à und ais solche mit allen сескепбогі5 
qm Hofe und 10 der Armee in allernäc stem erkehr 
(г. В. mit dem Grafen Ceckendort , d wie P kannt 
der neuen Kaiserin die „rechte Hand« ist!) Auch 
st sie mit dem Geheimrath von Bergmann ће be 
freundet UP selbst IN seiner Kur: 50 Заб ich über die 
Dinge San Remo sehr gut U errichtet WaT ch habe 
sogar platter, die der Корр п paar age чої seiner 
Abreise 865 prieben hat, in de nden gehab ee 
So viel, ine Yieb Mutter с uma Dich iP 
Dankbarkeit 
Dein altes Geschopt 
Nizza, 31 März 1888 
Meine geliebte Schwestet › 
jesmal muß IC meinem armen Lë а eine recht 
freundlichen und seblichen Brief schreiben, hdem 
ich © das letzte, eigentlic yorletzte A so 215 er: 
schreckt habe; 2 es steht wirklich diesen inter 
с mit mif, «enn DU es aus del Nähe sahest, 
wurdes u mi 46 einen solch sch zlichen 
Schrei, es jener Brief wa verzeihen. 1 yerliere 
ich nter ganz aus der Gewalt; ich bi beinahe 
die Beute der düsterste Enrschließung®” ‚de ich 
etwa an der alle? abe jahrauS, jahrein zu viel 
Schlimme® unte cken müssen pd sene mich 
arts H ckend, gebens ach 2 ch nut Einem 
121 


guten Erlebnis um. Das hat eine ganz und gar lächer- 
liche und erbärmliche Verwundbarkeit schließlich her- 
vorgebracht, dank der beinahe Alles, was von Außen an 
mich herankommt, mich krank macht und das Kleinste 
zum Unthier heranwächst. Eine unerträgliche Spannung 
liegt auf mir, Tag und Nacht hervorgebracht durch die 
Aufgabe, die mir gestellt ist, und die absolute Ungunst 
aller sonstigen Verhältnisse zur Lösung einer solchen Auf- 
gabe: hier steckt jedenfalls die Hauptnoth. Das Gefühl, 
allein zu sein, der Mangel an Liebe, die allgemeine Un- 
dankbarkeit und selbst Schnódigkeit gegen mich. (. . .) 
Aber ich will nicht in dieser Tonart fortfahren. Die Gegen- 
rechnung ist, daß Dein Bruder ein tapferes Thier ist, daß 
er Erstaunliches auch wieder in dem letzten Jahre durch- 
gesetzt hat: aber warum muß jede meiner Thaten hinter- 
her zur Niederlage werden? Warum fehlt mir jeder Zu- 
spruch, jede tiefe Theilnahme, jede herzliche Verehrung? — 

Meine Gesundheit hat sich unter der Gunst eines 
außerordentlich schönen Winters, guter Nahrung und 
starken Spazierengehens ziemlich aufrecht erhalten. Nichts 
ist krank, nur die liebe Seele. Auch will ich nicht 
verschweigen, daß der Winter an geistigem Gewinn für 
meine Hauptsache sehr reich gewesen ist: also auch der 
Geist ist nicht krank, nichts ist krank, nur die liebe Seele. — 

Ich fürchte mich geradezu vor dem Frühling, der ist 
immer meine schwache Zeit. Anderseits weiß ich keine 
Stelle mehr, wo ich Menschen hätte, die mir jetzt nütze 
waren. Rede mir nicht von »Freunden«! Sie werden 
allesammt, ohne Ausnahme, von Jahr zu Jahr immer 
mehr zu einem Gänsefuß- "Begriff 

Ich möchte Dich um einen kleinen Dienst bitten. 
Schreib ein paar Worte an meinen Leipziger Verleger, 


122 


| 


i 


| 


Я ko 


mit dem ich beinahe am Ende bin, Herrn E. W. Fritzsch, 
(Leipzig, Königsstraße 6). Sage ungefähr, daß ich Dir 
beunruhigt geschrieben habe, daß ich nichts von den 


:: Werlagsangelegenheiten höre. Sodann gieb ihm An- 
г weisung, wie er Dir die neuaufgelegten Werke schicken 
z soll; schreib ihm Alles ganz genau und deutlich, er 
scheint sehr. ungeschickt zu sein. Wenn Dir so viel 


an den Vorreden liegt, könntest Du Dich auch an Euren 
erfahrenen Buchhändler wenden, wenigstens gehen sie 
dann nicht verloren wie bei dem... . Fritzsch. Ich will 
Dir ja gewiß nicht meine Bücher verbieten, ich möchte 


;. Dir nur nicht das Herz damit schwer machen, da meine 
: Schriften feindlich gegen das Christenthum sind und 
. besagtes Christenthum sehr vortheilhaft zur Begründung 
. von Colonien scheint. Siehe Nordamerika und die Puri- 
. tamer. Aber vielleicht ist meine Vorsicht übertrieben? 


Die zweite Hälfte Deines Briefes hat mich sehr über- 
rascht: Du sagst das Beste, was mir bisher über meine 
»neuen Ideen« gesagt worden ist, und Du schreibst es 
in Deiner eigenen Weise, als etwas von Dir Erlebtes, 
nicht als etwas dem Studium meiner Bücher Nach- 
empfundenes. Wie stark fühle ich bei Allem, was Du sagst 
und thust, daß wir derselben Rasse angehören: Du ver- 
stehst mehr von mir als die andern, weil Du dieselbe 
Herkunft im Leibe hast. Das paßt sehr gut zu meiner 
» Philosophie«. 

Du darfst aber nicht über meine Briefe weinen, mein 
altes gutes Lama, Du weißt doch, wie schnell meine 
Stimmungen wechseln. Ich dachte schon, daß Dich 
mein Decemberbrief mitten aus dem Winter meines 
Mißvergnügens betrüben würde — dafür habe ich Dir 
auch vor einigen Wochen desto heiterer geschrieben, 


123 


heiterer auch als heute. Denke mein liebes Lama, іп 
Liebe an Deinen 
Bruder. 
Nachschrift! 
Laß den Brief an Fritzsch, oder erwähne nur Deine 
Wünsche. Unsre Mutter hat schon vor einigen Wochen 
an ihn geschrieben, es hat sich aber noch nichts gebessert. 


RILKE 
VOR-OSTERN IN NEAPEL 


ORGEN wird in diesen tiefgekerbten 
Gassen, die sich durch getürmtes Wohnen 
unten dunkel nach dem Hafen drängen, 
hell das Gold der Prozessionen rollen; 
statt der Fetzen werden die ererbten 
Bettbezüge, welche wehen wollen, . 
von den immer höheren Balkonen | 
(wie in Fließendem gespiegelt) hängen. 


| 
| 
DREI GEDICHTE/ VON RAINER MARIA 
| 
| 


Aber heute hämmert an den Klopfern 

jeden Augenblick ein voll Bepackter, 

und sie schleppen immer neue Käufe; 

dennoch stehen strotzend noch die Stände. 

An der Ecke zeigt ein aufgehackter 

Ochse seine frischen Innenwände, | 
und in Fáhnchen enden alle Laufe. 

Und ein Vorrat wie von tausend Opfern 


drängt auf Bänken, hängt sich rings um Pflöcke, 
Zwängt sich, wólbt sich, wälzt sich aus dem Dámmer 


I24 


aller Türen, und vor dem Gegähne 

der Melonen strecken sich die Brote. 
Voller Gier und Handlung. ist das Tote; 
doch viel stiller sind die jungen Hähne 
und die abgehängten Ziegenböcke 

und am allerleisesten die Lämmer, 


die die Knaben um die Schultern nehmen 
und die willig von den Schritten nicken; 
während in der Mauer der verglasten 
spanischen Madonna die Agraffe 

und das Silber in den Diademen 

von dem Lichter-Vorgefühl beglänzter 
schimmert. Aber drüber in dem Fenster 
zeigt sich blickverschwenderisch ein Affe 
und führt rasch in einer angemaßten 
Haltung Gesten aus, die sich nicht schicken. 


DIE GREISIN 


Weiße Freundinnen, mitten im Heute, 
lachen und horchen und planen für morgen; 
abseits erwägen gelassene Leute 

langsam ihre besonderen Sorgen, 


das Warum und das Wann und das Wie, 
und man hört sie sagen: Ich glaube —; 
aber in ihrer Spitzenhaube 

ist sie sicher, als wüßte sie, 


daß sie sich irren, diese und alle. 
Und das Kinn, im Niederfalle, 
lehnt sich an die weiße Koralle, 
die den Shawl zur Stirne stimmt. 


125 


Einmal aber, bei einem Gelache, 

holt sie aus springenden Lidern zwei wache 

Blicke und zeigt diese harte Sache, 

wie man aus einem geheimen Fache 
schöne ererbte Steine nimmt. 


DIE FLAMINGOS | 
In Spiegelbildern wie von Fragonard | 
ist doch von ihrem Weiß und ihrer Röte | 
nicht mehr gegeben als dir einer böte, 
wenn er von seiner Freundin sagt: sie war 


noch sanft von Schlaf. Denn steigen sie ins Grüne 
und stehn, auf rosa Stielen leicht gedreht, | 
beisammen, blühend, wie in einem Beet, | 
verführen sie verführender als Phryne 


sich selber; bis sie ihres Auges Bleiche 
hinhalsend bergen in der eignen Weiche, 
in welcher Schwarz und Fruchtrot sich versteckt. 


Auf einmal kreischt ein Neid durch die Voliere; 
sie aber haben sich erstaunt gestreckt 
und schreiten einzeln ins Imaginäre. 


ZWEI GEDICHTE/ VON ALFRED WALTER 
HEYMEL 


DIE DIRNEN VOR DEM BILDHAUER 


IR wollen vielen Marmor vor Dich legen 
Und nackend warten, ob aus unsern Scharen 
Du Eine willst, um Dich zu offenbaren, 
Und wollen vor Dir ruhn und uns bewegen. 


126 


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| 


Nimm Glieder-Liebesspiel und zärtlich Regen; 
Die Wellenmäntel aus den langen Haaren, 
Sie waren schön, da sie vergänglich waren, 
Du aber bannst sie mit den Meisselschlägen. 


Wir blühen schnell dahin in wilden Tänzen 
Und Augenblicken, die wie Feuer brennen, 
Und sind wie Vögel, die der Wind vertreibt. 


Doch die Du wähltest, wollen wir bekränzen 
Und wollen unter uns sie Göttin nennen, 
Denn selig ist sie, da sie lange bleibt. 


HEIMKEHR AUS DEM SÜDEN 


Wir ließen Rosen hinter uns und Wärme 

Und fanden kahl den heimatlichen Garten; 

Ganz kleine Blättchen erst und Knöspchen starrten 
In zager Dürftigkeit; und Vogelschwärme 


Umflatterten mit unzufriednem Lärme 

Das kalte Nest in leerer Äste Scharten; 

Und Du gestehst mir, daß Dein Herz im Warten 
Sich um verlorne Mittagsfreuden härme. 


Doch will die Sonne nur ein wenig flammen, 
Dann bricht das Grün aus den erwärmten Zweigen, 
Und plötzlich stehn geschmückt die bunten Bäume. 


Eng wird der Park. Die Hecke wächst zusammen 
Und wird dem Nachbar keinen Einblick zeigen; 
Dir hürdet sie die Ruhe Deiner Träume. 


127 


BRIEF EINES DEUTSCHEN MALERS AUS 


ITALIEN/ VON STEFAN ZWEIG 


IES Blatt, das ich far Euch zum Briefe falte, 

Ich wollt, es wär ein Bild und brächte Euch 
In unser Haus, wo noch der unwirsch kalte 
Frostwind die Türen stürmt, die Sonne bleich 
Und zaghaft um den Reif der Fenster flittert, 


Nur einen Traum des Lichts, das warm und weich 


Im Haar mir wühlt, um meine Hände zittert 
Und nun schon innen, wie ins Blut gesprüht, 
Des Herzens Hammerschlag mit Funken füllt. 


Dies Blatt, ich trug es sonnenüberglüht 

In einen Park. Der breitgezweigte Baum, 

Der sich darüberbog, vermochte kaum 

Den Ungestüm des vielen Lichts zu mildern, 
Das, überflutend aus der Äste Wehr, 

Als wollte es den dunklen Grund entzünden, 
Noch weißer sprühte als das weiße Blatt. 

Und dieses Funkeln lockte mich von mehr; 
Von tausend in mir aufgesparten Bildern 

Wollt ich, der bislang nur von Farben träumte 
Und nun erst Ahnung ihrer Vielfalt hat, 

Wollt ich Euch Lieben, oh, im Nordland Blinden, 
Mit raschem Stift die eine Landschaft schildern, 
Die rings den Blick mit heißem Gold umsäumt. 


Doch unberührt und zag ließ ich das Blatt. 


Denn wie, wie wagt ich all dies schon zu malen? 
Wo faßt ich an? Wie fände ich mir Farben, 
Die nicht der Umwelt feurig Leuchten schwächen? 


128 


Wie bände ich Ше schweren goldnen Garben 

Des wie mit Sensen hingemähten Lichts, 

Wie den Kristall der blanken Himmelsflächen, 

Den Glanz der Wasser, die sie treulich strahlen, 
Wie hier die Blüten, deren wieder jede 

Der steilen Sonne unnahbaren Blick 

Von Blatt zu Blatt in neue Farben brechen, 

Dies stet verwirrte Spiel? Nein, nichts, oh, nichts 
Vermöchte diese Fülle auszusprechen, 

Die, feind dem Bilde, kaum sich leiht der Rede, 


Denn was sind Worte, sind sie nicht Musik! 


Doch dieses Eine, diesen Augenblick, 

Von Schreck und Lust dies selig sich Umschließen, 
Da mir im ersten Schau’n schon alles ward, 

Was jetzt die Sinne schwärmerisch genießen, 

Dies laßt noch einmal mich zurückbeschwóren! 


Es war der dritte Morgen unsrer Fahrt, 

Wir klommen aufwärts über- die vereisten 
Paßhöhen, wo nur mehr verzwergte Föhren 
Dem Schnee verflochten ihr umwittert Haar. 
Kalt sprang der Wind uns an. Es war, 

Als ob mit einem Mal die Welt ergreiste 

Und selbst der Himmel sich in Rauch verlöre. 
Des Lebens Stimme, Blick und Atem schienen 
Wie eingesargt in ein gespenstisch Grab, 

Nur in uns schrie die Angst: Hinab! Hinabl 
Da — als der Niederstieg der Serpentinen 
Sich plötzlich kühn durch einen Felsen stieß — 
Da — und es war, als ob mit einem Male 


129 


Die Nebelhand von unsern Lidern ließ — | 
Da lag in Ahrengold ein endlos Tal, 

Rotrosenbüsche winkten aus den Tiefen 

Wie Fahnen her, die schwanken Rebgelände 
Klommen empor und legten ihre Hände 

Begütigend auf den zu schroffen Hang, 

Daß er sich williger zum Tale mulde. 

Und alle Wege, alle Wasser liefen 

So wild hinab, daß laut der Felsen klang. 

Und ich, ich Toller, stürzte, stürmte, sprang 

Mit all den Bächen, die voll Ungedulden 

Der Felsen hochgetürmte Brust entriegeln 

Und dann in Seen, lächelnd und verklärt | 
Den erst nur perlenblassen Himmel spiegeln, 

Der — wie ein Wasser, zart getönt am Strande | 
Der Farbe Dunkel aus den Tiefen nährt — 
Sich blaubrokaten aufspannt ob dem Lande. 
Ach, wie ich froh ward, wie so unbeschwert! 

Die schroffsten Ketten sah ich Bilder werden, | 
Schneesteig’ und Schründe, die wir talwärts kamen, | 
Im Fernenblau nur mehr als Schattenriss 

Den ewigen Frühling dieses Tals umrahmen. | 
Ich sah beglückt — manchmal auch ungewif, 

Ob dies nicht Traum sei — wie sich all die Wiesen 
Bestickten mit vieltausend bunten Dolden, 

Sah Früchte schwer und reif das Laub durchgolden, 
Oh, all die Bäume, und dann über diesen 

Den Himmel mit den weißen Wolkenherden. 

Ich sah das Meer, fernfunkelnd und türkisen, 


Fühlte die Luft, die warm und ausgegoren 
Das Blut berauschte wie ein starker Wein, 
Bis sich die Sinne schwindlig süß verloren, 


130 


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nun lieg ich Е" 
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aus der war wie Pflanze, ee 
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Sieg Wes ER pn ihnen, 
u eimend reifend, 2 enstanden, 
geen BI t mit all den 2 st genießen. 
reins m e ht mit gleicher u tie Weg, 
che Lic ch der Ben dort die Wucht 
ichts Se S wühlt, nic : 
еп, 
ег sic o bröckelnden ven SS 
EE Stift, die Api n Händen 
I зу Ge SE meinen 22! 
In alle Adern ie 4 pires M dig 
üben bun 
Und da 8 dort isle daß 2. als Frauen, 
е 4 ist, doch fühl ichs Kette. 
nd — Fre ES іһге ipa Bo 
RES is Farben nur auf ergrund. 
Е ausgespannten ізді 


; ihr Feuer 

Farben — oh, m reist 
Und ier. t aufgesprengten ie ungeheuer 
Durch die 22. 22: 
Wie 2. mit sich ow келіні Gemäuer, 
Die ganze iß hier, funkeln idet. 

ß hier, umklei et, 

Das pralle Wei Grün, der es brütet, 
Und da des xg das überm Sande C ce 
Das grelle 5 St jener einsamen t zerschneidet, 
Das Schwarz Riß des Himmels Sam 
Die wie ein 


131 


Dies Violett, Orange, dies Rot, wie Purpur prächtig — 
All das bohrt in mich, von der Feueresse 

Des mitleidlosen Lichtes blank geschmiedet, 

All das wirft Wellen, wird im Blute trachtig, 

Quillt auf, ein Qualm, noch nicht zur Form gestaltet, 
Drängt so, wie aus der österlichen Erde 

Der Blumen Glanz und Blust, noch eingefaltet, 
Emporpocht zur erhellten Oberfläche. 

Und schon, ich fühl es, wird diese Begierde, 
Flackernd und bunt in Farben auszubrechen, 
Lebendiger in mir als die trunkne Schwäche, 

Die sich bezaubert in den Dingen spiegelt, 

Statt sie emporzureißen in ein Bild. 

Und bald, bald wird das Drängen übermächtig. — 
Oh, all das aussprühn, was mich jetzt erfüllt, 

Wie wunderbar die Hoffnung mich beflügelt! 

Denn dann erst, wenn all diese süßen Qualen, 
Dies kaum von Schmerz zu scheidende Begehren 
Auffunkelnd bis in meine Finger quillt, 

Wenn all die Farben, meiner Brust entsiegelt, 
Nicht jener Welt mehr, sondern mir entstrahlen — 


mo La niit: ee . alae — 


4 
{ 


Dann erst — dann will ich endlich wieder malen. 


ZU DEM BUCHE »PARIS«/ VON KARL 
SCHEFFLER 


UF Reisen kann der Tätigste nicht umhin, sich einer | 
gewissen Empfindsamkeit hinzugeben. Man läßt die 

regelmäßige Berufsarbeit hinter sich, das heißt: die Welt | 
gefestigter Erfahrungen, worin man heimisch ist, sieht 


| 
EMPFINDSAMES REISEN/ ALS EINLEITUNG | 
| 
| 


| 
132 | 
| 


: sich zur Untätigkeit verurteilt und kommt mit manchen 
neuen Erscheinungen in Berührung, die in ihren Ursachen 
und Wirkungen nicht gleich zu übersehen sind. Es weicht 
die sichere Gelassenheit, die den Arbeitenden charakter. 
isiert; eine erwartungsvolle Belebtheit stellt sich ein, die auf 
die Phantasie wirkt. An Stelle des nüchternen Werktags- 
: interesses, das zuerst nach Nutzen oder Schaden, nach der 
Brauchbarkeit einer Sache fragt, das, um derSelbsterhaltung 
willen, zweckvoll begehrt oder ablehnt, tritt auf Reisen eine 
selbstlosere Teilnahme, ein Interesse ohne materiell zweck- 
volle Absicht. Aus den Arbeitsstuben des Berufs tritt der 
Geist ins Freie und nimmt mit eindrucksfrohen Sinnen 
Ganzheiten wahr; das Denken wird zum Empfinden, und 
dieses führt zur Empfindsamkeit, weil sich die Fülle neuer 
Gesichte von der Erfahrung, vom Verstand nicht bewäl- 
tigen läßt, sondern nur vom synthetisch tastenden Gefühl, 
und weil dieses sich unmerklich an sich selbst berauscht. 
Diese Empfindsamkeit wird freilich stets der Gefahr aus- 
gesetzt sein, in schwächliche Empfindelei umzuschlagen. 
Vor allem dort, wo die Welt der Erfahrung im Indi- 
viduum beschränkt ist und in keinem Verhältnis zum 
Ganzen des Lebens steht. Darum unterliegt die Frau 
auf Reisen so leicht der sentimentalen Stimmung. Die 
Enge ihres Gesichtskreises daheim macht sie zum Opfer 
des Schwelgens in nebulöser Empfindsamkeit. Kommt 
gar der Drang noch hinzu, als »schöne Seele« zu gelten, 
so ist der Affektation Tür und Tor geöffnet. Da nun 
die Unfruchtbarkeit einer solchen schwächlich oder gar 
falsch empfindenden Anschauung klar zutage liegt, ist in 
unsrer tätigen und nicht sehr subtil unterscheidenden 
Zeit das Wort Empfindsamkeit arg in Verruf gekommen. 
Man denkt dabei bestenfalls an die Zeit Tiecks, Brentanos 


133 


und Jean Pauls, Ше іп gewissen Teilen sehr feminin 
empfand und eine gefährliche Verachtung der nützlichen 
Erfahrung zur Schau trug. Und es wird die allgemeine 
- Abneigung um so erklärlicher, als das Gefühl fast immer 
wortlos ist oder über ein unklares Stammeln nicht hin- 
auskommt, während die sachliche Einsicht immer gut 
und treffend zu sprechen weiß. Gefühle können klar 
und für alle überzeugend nur vom Dichter ausgedrückt 
werden. Wenn der Reisende nun aber auch als ein 
poetisch Angeregter betrachtet werden darf, so ist er doch 
bei weitem noch nicht Dichter, nur weil er poetisch 
empfindet. Es ist in der Tat wenig erbaulich, wenn 
man auf Reisen ringsumher nichtssagende Aufrufe der 
Empfindsamkeit hört; und aufs höchste erfreulich ist es, 
kenntnisreiche Männer unterwegs von den wirtschaft- 
lichen Hilfsquellen des Landes etwa, durch das man fährt, 
reden zu hören, von den Gesteinsbildungen der Berge, 
die man passiert, oder von der Geschichte dessen, was 
man draußen sieht. Gottfried Keller erscheint männlicher 
als seine Umgebung in der Anekdote, die von ihm be- 
richtet, er habe in einem Gasthause mürrisch die Unter- 
haltung mit berühmten Fachgenossen über Literatur ab- 
gelehnt und mit dem Wirt eine geplante Schleusenanlage 
interessiert und eingehend besprochen. Und noch charak- 
tervoller ist das Bild, wie Goethe bei der Belagerung von 
Verdun im Jahre 1792 mit dem Fürsten Reuß hinter 
Weinbergsmauern auf und ab wandelt und mit diesem 
während eines gewaltsamen Bombardements über die 
Lichtphänomene der Granaten, Brandraketen und Feuers- 
brünste im Sinne seiner Farbenlehre spricht, wie bei ihm, 
trotz so reichen Anlasses zur Empfindsamkeit, »die Pro- 
duktion ihren Gang ging, ohne sich durch Kanonen- 


134 


MEE AE — 


we ell ee RN 


| 


kugeln und Feuerballen іш mindesten stören zu lassen«. 
Aber es gehört ein Universalismus der Bildung, das heißt: 
ein Reichtum an geistig gewordener Erfahrung dazu, wie 
Goethe ihn sein eigen nannte, um in solchen Situationen 
sogar tätig im Sinne einer umfassenden Berufsidee zu 
bleiben. Wer das Weltwissen Goethes hätte, bedürfte 
nur selten der Empfindsamkeit. Denn es ist immer die 
Summe der Erfahrung, wovon es abhängt, auf welchem 
Punkte die Empfindsamkeit einsetzt. Auf irgend einem 
Punkte aber muß sie einsetzen, weil es keinen Menschen 
gibt, dem das ganze Leben offen daliegt, und weil das 
empfindsame Gefühl notwendig dort immer einspringen 
muß, wo der Begriff versagt. Des ist Goethe selbst wieder 
ein klassischer Zeuge. Er schrieb — im vierundfünfzigsten 
Lebensjahre! — von einer Reise in die Schweiz an Schiller 
folgende sehr bemerkenswerten Sätze: 

»Ich habe, indem ich meinen ruhigen und kalten Weg 
des Beobachtens, ja des bloßen Sehens ging, sehr bald 
bemerkt, daß die Rechenschaft, die ich mir von gewissen 
Gegenständen gab, eine Art von Sentimentalität hatte, die 
mir dergestalt auffiel, daß ich dem Grunde nachzudenken 
sogleich gereizt wurde, und ich habe folgendes gefunden: 
das, was ich im allgemeinen sehe und erfahre, schließt 
sich recht gut an alles übrige an, was mir sonst bekannt 
ist, und ist mir nicht unangenehm, weil es in der ganzen 
Masse meiner Kenntnisse mitzählt und das Kapital ver- 
mehren hilft. Dagegen wüßte ich noch nichts, was mir 
auf der ganzen Reise nur irgend eine Art von Empfin- 
dung gegeben hätte, sondern ich bin heute so ruhig 
und unbewegt, als ich es jemals bei den gewöhnlichsten 
Umständen und Vorfällen gewesen. Woher denn also 
diese scheinbare Sentimentalität, die mir um so auffallen- 


135 


der ist, weil ich seit langer Zeit in meinem Wesen gar 
keine Spur, außer der poetischen Stimmung, empfunden 
habe. Sollte nicht also hier selbst poetische Stimmung 
sein, bei einem Gegenstande, der nicht ganz poetisch 
ist, wodurch ein gewisser Mittelzustand hervorgebracht 
wird?« 

Wie alles, was ein bedeutender Mensch erlebt, ist auch 
diese Selbstbeobachtung gültig für alle. Den »ruhigen 
und kalten Weg des Beobachtens« geht jeder, soweit 
seine Erfahrung reicht. Der Industrielle wird nicht emp- 
findsam, wenn ег an Eisenwerken und Fabriken, der 
Landmann nicht, wenn er an Feldern vorüberfährt; aber 
es gibt Dinge, die sich jeder Erfahrung entziehen, die 
objektiv nicht zu bewältigen sind, und hätte der Reisende 


— 


einen noch so tiefen Blick in die Werkstatt des Lebens : 


und der Natur getan. Dazu gehört alles, was nicht 
exakt beweisbar oder analysierbar ist, alles Unbestimmte, 
Fließende und Vielfältige. Es schließen, zum Beispiel, 
Betrachtungen der besondern Lebensart eines Volkes, der 
charakteristischen Kulturformen einer sozial determinierten 
Bevölkerung oder der zeitlich getrennten und räumlich 
vereinigten Architekturgebilde eines Landes die Erfahrung 
und die objektiv gerichtete Erkenntnis keineswegs aus: 
zu erschöpfen sind solche Ganzheiten aber nur durch 
das synthetisch nachtastende Gefühl. Wo dieses aber zu 
wirken beginnt, stellt sich auch jene »poetische Stim- 
mung« ein, wovon Goethe schreibt. 

Diese Stimmung ist nun aber das Anzeichen einer 
latenten Produktivität. Denn in der lebendigen poetischen 
Empfindsamkeit liegen zahlreiche Keime zukünftiger oder 
doch möglicher Erfahrungen und Kenntnisse beschlossen; 
jedes Gefühlserlebnis ist ein Symptom des Wachsens über 


136 


b a o u 


— LL (nn tegen, engm. EG, 


Lei 


- 


- 


die bisherige Erfahrungswelt hinaus. Und darum eben 
verursacht es jenes oft gewaltsame geistige Vergnügen, 
das wir auf Reisen an uns und andern wahrnehmen und 
das so leicht als Extravaganz erscheint. Es ist ein typischer, 
oft peinlicher Kontrast zwischen den begeistert schwär- 
menden Dampferpassagieren und der gelassen ihrer Arbeit 
nachgehenden Schiffsmannschaft; den Jünglingen, die 
singend das Tal durchziehen, sehen die Landleute mit 
kalter, etwas spöttischer Verwunderung nach. Das tätige 
Streben des Arbeiters versteht nicht die entfesselte Lust 
der Empfindsamkeit; und das zum Ganzen drängende 
Gefühl bemitleidet dagegen den sich sachlich begrenzen- 
den Werktagssinn. ` 

»Ich habe«, fährt Goethe in seinem Briefe fort, »die 
Gegenstände, die einen solchen (sentimentalen) Effekt her- 
vorbringen, genau betrachtet und zu meiner Verwunder- 
ung bemerkt, daß sie eigentlich symbolisch sind, das 
heißt, wie ich kaum zu sagen brauche, es sind eminente 
Fälle, die, in einer charakteristischen Mannigfaltigkeit, 
als Repräsentanten von vielen andern dastehn, eine ge- 
wisse Totalität in sich schließen, eine gewisse Reihe 
fordern, Ähnliches und Fremdes in meinem Geist auf- 
regen und so von außen wie von innen an eine gewisse 
Einheit und Allheit Anspruch machen. Sie sind also, 
was ein glückliches Sujet dem Dichter ist, glückliche 
Gegenstände für den Menschen, und weil man, indem 
man sie mit sich selbst rekapituliert, ihnen keine poetische 
Form geben kann, so muß man ihnen doch eine ideale 
geben, eine menschliche im höhern Sinn, das man 
auch mit einem so sehr mißbrauchten Ausdruck senti- 
mental nannte, und Sie werden also wohl nicht lachen, 
sondern nur lächeln, wenn ich Ihnen hiermit zu meiner 


137 


eignen Verwunderung darlege, daß ich, wenn ich von 
meinen Reisen etwas für Freunde oder fürs Publikum 
-~ aufzeichnen soll, wahrscheinlich noch in Gefahr komme, 
empfindsame Reisen zu schreiben. Doch ich würde, 
wie Sie mich wohl kennen, kein Wort, auch das ver- 
rufenste, nicht fürchten, wenn die Behandlung mich 
rechtfertigen, ja, wenn ich so glücklich sein könnte, einem 
verrufenen Namen seine Würde wieder zu geben.« 
Hier ist es deutlich ausgesprochen, was die Empfind- 
samkeit erregt, was aber auch allein von ihr aufgefaßt 
werden kann: das Symbolische. Unwillkürlich ruft man 
gleich aber auch aus: was ist in diesem Sinne wohl 
nicht symbolisch! Gerade in unsrer Zeit, die alles neu 
begreifen möchte und darum viel empfinden muß — 
wenn sie es auch verheimlicht! —, steht jede charakter- 
istische Erscheinung fast als Repräsentant für viele ähn- 
liche Erscheinungen, erscheint fast jeder sozial determi- 
nierte Zustand typisch, fast jede Lebensäußerung sym- 
bolisch. Vor allem dem Reisenden. Wieviel Symbolisches 
ist ihm nicht schon im Bahnhof, іт Treiben der Groß- 
stadt, in der Stimmung der Industriegegend! Jeder Beruf, 
jeder Mensch fast tritt ihm als Symbol entgegen. Der 
im Felde Mähende, der dem im Ort Ansässigen. der 
Bauer Friedrich Wohlgemuth aus der Kirchgasse ist, wird 
dem Reisenden gleich zur Gestalt des »Schnitters«, das 
heißt: zum Gattungsbegriff. Besonders wird auch die 
Eisenbahn zum wichtigen Vermittler des Symbolischen. 
Poetische Stimmung schafft sie schon durch die Ge 
schwindigkeit, womit sie verschiedenartige Eindrücke 
aufeinander folgen läßt, das Heterogenste in der Zeit 
und im Raum näher zusammenrückend. Man fährt in 
fliegender Eile durch Stadt, Dorf und Gelände, vorbei 


138 


| 


an Flüssen und Bergen, sieht anschaulich, wie sich In- 
dustriegebiet und Ackerwirtschaft scheiden, eilt in wenigen 
Stunden durch mehrere Provinzen, die sich geographisch 
und historisch voneinander unterscheiden, Marsch- und 
Geestland steigen langsam zur Berggegend empor, man 
durchfährt einen Tunnel und es ist eine Wasserscheide 
überschritten, man folgt uralten Völkerstraßen und sieht 
ehrwürdige Bauwerke wie Leichensteine der Geschichte 
voriiberziehn: die Papierbegriffe der Geographie werden 
lebendig. Die Teile des Lebens werden einem aufge- 
drängt, und man braucht nur ein geistiges Band darum 
zu schlingen, um poetische Stimmungen zu erzeugen, 
die mit dem Symbolischen spielen. 

So wird Empfindsamkeit unvermeidlich. Unwillkür- 
lich wird jeder, der nicht kalt oder roh ist, ein wenig 
zum Dichter und Philosophen. Aber er wird es um so 
besser, je größer das Fundament der objektiven Erfahr- 
ung ist. Beide Geistesformen zehren voneinander und 
bedingen sich wechselseitig. Der nüchterne Zwecksinn 
braucht Perspektiven, wie sie nur phantasiefrohe Emp- 
findsamkeit öffnen kann; und diese entartet im Senti- 
mentalen und wird zur lügeseligen Empfindelei, wenn 
sie nicht von glücklicher Erfahrung, oder doch von der 
Lust daran erzogen wird. Die rechte Harmonie geben 
aber erst beide Geistesformen zusammen. 

Wenn der tätige Mensch feierabends nach der Zeitung, 
zum Buch greift, getrieben von dem Drang, dem nütz- 
lichen Einerlei des Berufslebens eine freiere und weitere 
Geistestätigkeit entgegenzusetzen und den Willen zum 
Besondern durch Empfindungen über das Ganze zu balan- 
zieren, so ist auch das eine Art von Reisen. Auch in diesem 
Fall ist die empfindsame Muße so notwendig wie die 


139 


Berufsarbeit. Ja, іт höhern Sinne gibt es überhaupt 
nicht Arbeit und Muße, denn es ist ein Standpunkt 
denkbar, von dem aus die Feierabendempfindungen 
schöpferisch und die Tagestätigkeit als ein geistiges Ruhen 
erscheinen, von wo auch die empfindsame Untätigkeit 
des Reisenden als ein nützlich fortwirkendes Tun sich 
darstellt. 


AUS DEM BUCHE NEAPEL, / VON RUDOLF 
ALEXANDER SCHRODER 


I 


ERGE rosenfarbener Gluten 

Uberhaucht ein leichtes Grau; 
Und es dunkeln sanft die Fluten 
Aus dem Tag- in’s Abend-Blau. 


Wolke nur in höchster Ferne 
Zeigt noch sonnig einen Strahl, 
Tritt ein Heer erwachter Sterne 
Zögernd in den Himmelssaal. 


II 
Kähne sah ich, wie sie zogen 
Auf der Flut im Abendschein, 
Segel, die ein Wind gebogen, 
Trieben in den Hafen ein. 


Und wie in die Dämmerungen 
Sonne hinterm Berg entflohn, 
Rings ist wunderlich erklungen 
Ein verwirrter Glockenton. 


140 


Ш 


Glocken, nun Ше Sonne geht, 
Tönen Glocken holder Klänge, 
Ist, als wenn zum Abend spät 
Noch ein Gruß der Liebe dränge. 


Und wie über blauer Flut 
Töne wellengleich verschwimmen, 
Wie des Tages sanft Verglimmen, 
Fühle ich: So ist es gut. 


IV 
Auf dem Haupte, stolz gehalten 
Trugst den Krug du, den gefüllten, 
Während deines Kleides Falten 
Mit dem Wind der Straße spielten. 


Wie wir uns vorüberschritten 
Durch der Menge Lärm und Flut, 
Blicke, die uns schnell entglitten, 
Sagten sich: Wir sind uns gut. 


V 


Nacht. Doch nicht ein dumpfes Düstern 
Hilt hier Land und Meer gefangen, 
Nein, ein Funkeln, Liebes-lüstern 

Ist nun heimlich aufgegangen. 


Mondlich himmelher entzündet, 
Silbernackig glänzt die Welle, 

Und vom Lande her verbündet 
Licht und Lichter zarter Helle. 


141 


Und auf Liebes-Wegen schreitet 
Mancher zärtlich nun entglommen; 
Und was täglich sich bestreitet, 
Möchte zu einander kommen. 


ҮІ 
Hättet ihr den Fels gesehen, 
Golden, im Geleucht der Sonnen; 
Und wie oben Wolken gehen, 
Unten Flut auf Flut zerronnen. 


Blau mit aufgehellten Hügeln 
Drängte sich das Meer herauf; 
Wußte doch der Stein zu zügeln 
Überschäumend wilden Lauf. 


Und in silbernem Erschrecken 
Sprudelnd löste sich der Drang: 
Wollten andre sich erkecken, 
Ob’s der Nächsten nicht gelang. 


Doch ins reine Blau erhoben 
Ruhig stand der Fels im Glanz; 
Und vom höchsten Gipfel oben 
Grüßten Zinnen-Turm und Kranz. 


Bleibt er doch, lebendig tragend 
Und des festen Landes Kind, 

Wie Ihr auch geschäftig nagend, 
Hin und wider rauscht und rinnt! 


Viele Tage noch zu schauen, 
Sei dem .Ältesten vergönnt, 
Und der Nächte tiefes Grauen 
Und gestirntes Firmament.. 


142 


ҮП 
Uber Kliiften, jah zerrissen, 
Auf der Felder héchsten Fernen 
Blühen tausendfach Narzissen, 
Die den feuchten Grund besternen. 


Des Gebirges schroffe Launen 
Zerren Blicke hin und her: 
Doch gebreitet, zum Erstaunen, 


Fern am Rande liegt das Meer. 


ҮШ 
Steigen wir den Berg hernieder 
Durch versiegter Fluten Bette 
Nach der акеп Trümmerstitte 
Ewig sehnsuchtsvollen Ruhms: 


Mauern, Zweigicht, hin und Sede 
Mildern mir den Dunst der Helle: 
Und schon stehn wir an der Schwelle 
Des БЕА HERES 


| Ix 
Stunden, ach, die wir geliebt, 
Gehn wie ein Hauch vorüber, 
Tage, wo wir uns betriibt, 
Lasten länger, lasten trüber. 


Doch erlöschen soll uns nicht, 
Dieser Zeiten hold Verklären, 

Soll noch spät ein Himmels-Licht —. 
Unsrer fernen Nacht gewähren. 


143 


DREI GEDICHTE/ VON ОТТО FREIHERRN 
VON TAUBE 


TOSCANISCHE LANDSCHAFT 


ND andere Higel waren steinern, grau, 
Cypressen ragten schwarz auf ihren Gipfeln: 
Sie standen in das wolkenlose Blau 
Mit schön gebildeten und strengen Wipfeln. 


Und in die klaren Lüfte mischte sich 
Des Abends Duft der fernen Gartenblüte, 
Indeß ın tiefem Leuchten feierlich 

Ein jeder steiler dunkler Wipfel glühte. 


NACHT 


Es fielen schwere Tropfen über Nacht 

Und klopften auf die immergrünen Blätter. 
— O dumpfer Laut, davon ich aufgewacht! 
О feuchtes taumelvolles Frühlingswetter! 


Ein Balsam wars, der draußen niederfloß, 
Und Heilung ward er armen Erdenrissen, 
Ich wußte halb im Traume: nun erschloß 
Sich auch die allerfrühste der Narzissen. 


Ich bin so dürr, wie das erstorbne Feld! 

Ach, daß auch mir Erquickung niederrausche, 

Wie draußen Tropfen schwer auf Tropfen fällt 
Im Tone, dem ich durstigen Herzens lauschel 


NICHT ÜBER ALLEN MEEREN WIRST DU FAHREN 


Nicht über allen Meeren wirst du fahren: 
Und seiens helle Meere von so glatten, 


144 


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um, eee нш. SËNN, ee 7 


So blanken Flichen, wie sie keinen klaren 
Gewässern gleichen, die du je befahren, 

Und seiens Meere, deren Flut den matten 
Weichgrauen Seiden mit den glauchen Schatten 
Vergleichbar ist, du wirst sie nicht befahren. 


Auch gibt es Meere, deren grüne Tiefen 

Gleich einem Längstvertrauten dich bestricken 

Und dir mit innigen Geschwisterblicken 

Gedanken wecken mögen, die da schliefen, 

Und Meere, die von goldenem Glanz durchschossen, 
Der sich zur Stunde, da die Glocken riefen, 

Als wie ein Honigstrom darein ergossen, 

Und Meere, die von weißer Milch durchflossen, 
Und Purpurmeere, dunkles Veilchenschimmern, 
Und Meere mit perlmutterfarbenem Glimmern. 


Und Meere gibt es gierender Gefahren 

Mit Angst und Ahnung unter jachen Wellen, 
Mit Stürmen, die um ihre Klippen gellen, 

An denen Planken, Mast und Kiel zerschellen, 
Und die doch manch ein Siegender befahren, — 
Trotz ihrer Schlünde, die da offen gähnen, 

Der Todesrosse mit den weißen Mähnen: 

Das sind die Meere gierender Gefahren! 


Nicht über allen Meeren wirst du fahren! 
Wo sind die Meere mit den grünen Tiefen, 
Die Meere, die, wenn Abendglocken riefen, 
Wie Milch und Honig waren, wo die hellen 
Wie Seide, wo die schwarzen Todeswellen, 
Die Meere aller Wonnen und Gefahren? 
Nicht über allen Meeren wirst du fahren! 


145 


DREI KLEINE LIEDER/ VON PAULVERLAINE 
UBERTRAGEN VON ERNST HARDT 


146 


ER weiße Mond 

Leuchtet im Holz, 
Wo er gewohnt, 
Flüsternd zerschmolz 


Des Laubdachs Ruh: 
Geliebteste Du! 


Auf Silberseide 

Malet der Teich 

Das Bild der Weide . . 
Ein Wind schluchzt weich 
Im schwarzen Baum: 


Nun suchet den Traum! 


Trostreiche Milde 
Sinkt nah und fern 
Vom blauen Gefilde, 
Das still der Stern 
Rosig erhellt . . 


Oh Feier der Welt. 


O dumpfen Reigen 
Die Herbstgeigen 
Stöhnen, 

Daß sie im Herzen 

Wie stumpfe Schmerzen 
Dröhnen. 


s — ie EE sii "— 


Gewiirgt vom entsetzten 
Gewissen beim letzten 
Schlage 
Denk ich an meine 
Jugend und weine 
Und klage! 


Ich segle blind 
Mit bösem Wind — 
Der hat 
Sein Spiel; feldaus, feldein 
Treibt er mich hin wie ein 
Totes Blatt. 


ER Himmel ist am Dache dort 
So blau, so lind! 
Ein Wipfel dicht am Dache dort 
Schaukelt im Wind. 


Die Glocke in dem Himmel dort 
So traulich klingt, 

Ein Vogel in dem Baume dort 
Wehklagend singt. 


Mein Gott, mein Gott, die Welt liegt da 
Schlicht — still und glatt, 

Das liebe leise Raunen da 

Kommt aus der Stadt. 


Was hast Du getan — oh Du dal 

Weinst nun voll Pein! 

Sage, wie hast Du verbracht — oh Du dal 
Die Jugend Dein? 


(147 


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SO 


WAS EINMAL DA WAR, ) 


GOTT SEGNE KUPFER, DRUCK UND JEDES 
GOETHE AN ZELTER 


ANDERE VERVIELFALTIGENDE MITTEL 


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IM JAHRE 1908 SIND NEU ERSCHIENEN: |. 


ÄLTESTE DEUTSCHE DICHTUNGEN. Übersetzt und heraus! 


gegeben von Karl Wolfskehl und Friedrich v. d. Leyen. Etwa 
geheftet M. 5.—, іп Pappband M. 6.—, in Pergament M. 10.4: 


Pal 


BALZAC, HONORE DE: PHYSIOLOGIE DER EHE. Eklektisch.- 


philosophische Betrachtungen über Glück und Unglück in der . 


Ehe. Vollständige deutsche Übertragung von H. Conradt. Zweit | 


Auflage. Titel. und Einbandzeichnung von Eric Gill. Geheftet ` 


M. 4.50, in Leinen M. 5.50, in Leder M. 7.50. Vorzugsausgabes. 


100 numerierte Exemplare auf Büttenpapier, in Maroquin M. 15.~ = 


HONORE DE BALZACS MENSCHLICHE KOMÖDIE. Deutsche i 


Ausgabe der Romane und Erzählungen Balzacs in vierzehn Bänden) 


bearbeitet von Gisela Etzel, Felix Paul Greve, Ernst Hardt, Hedwig -: 
Lachmann, Heinrich Mann, René Schickele; mit einer Einleitung von : 
Hugo von Hofmannsthal und einer Wiedergabe von Rodins Balzac : 


г 
^ 


Statue in Heliogravüre. Titel. und Einband-Zeichnungen von Егіс : 
Gill. Geheftet је M. 4.— , in Leinen je M. 5.—, in Leder je M. 7.—, : 


Vorzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare auf Insel-Büttenpapier, 


іп echt Maroquin je М. 15.-- p 
` 


Die Bände erscheinen in Zwischenräumen von 6—8 Wochen. Bis ` 


Ende 1908 werden fünf Bände vorliegen. 


Die Bände der Gesamtausgabe werden unter besonderen Titeln auch ` 


einzeln abgegeben. Bis Ende 1908 erscheinen: 


BALZAC, HONORE ‚DE: EIN JUNGGESELLENHEIM (LA RAJ ` 
BOUILLEUSE). Übertragen von Felix Paul Greve. Geheftet| . 


M. 4.50, in Leinen M. 5.50, in Leder M. 7.50 


BALZAC, HONORE DE: ERZÄHLUNGEN AUS DER NAPO]: 
LEONISCHEN SPHARE (Oberst Chabert; Eine Leidenschaft inj ` 


der Wüste; Abschied; El Verdugo; Eine dunkle Begebenheit),- 


Übertragen von Felix Paul Greve. Geheftet M. 4.50, іп Leinen! | 


M. 5.50, in Leder M. 7.50 


BALZAC, HONORE DE: EUGENIE GRANDET; DER EHE| 
VERTRAG. Übertragen von Gisela Etzel. Geheftet M. 4.50, inf- 


Leinen M. 5.50, in Leder M. 7.50 


150 


BALZAC, HONORE DE: DIE LILIE IM TAL; DIE VERLASSENE 
FRAU. Ubertragen von René Schickele. Geheftet M. 4.50, in Leinen 
M. 5.50, in Leder M. 7.50 


DIE BERGPREDIGT JESU CHRISTI in der Lutherschen Uber- 
setzung. Geschrieben im alten Unzialduktus von Graily Hewitt, 
von Platten in rot und schwarz gedruckt. 300 Exemplare: 25 auf 
Pergament mit handvergoldetem Initial, in Leder М. 75.— (ver- 
griffen), 275 auf van Geldern-Bütten, іп Pergament М. 22.— 


BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DAS LEBEN DANTES, Über- 
tragen von Otto Freiherrn von Taube. Titel und Initiale gezeichnet 
von F. H. Ehmcke. 800 numerierte Exemplare. In Halbleder 
M. 9.—, in Leder М. 16.— 


CLEMENS ВКЕМТАМО5 BRIEFWECHSEL MIT SOPHIE 
MEREAU. Nach den Handschriften zum ersten Mal heraus- 
gegeben von Heinz Amelung. Mit zwei Bildnissen in Lichtdruck. 
Geheftet M. 6.—, in Leinen M. 8.—. Vorzugsausgabe: 100 nume- 
rierte Exemplare auf Bütten, in Leder M. 18.— 


BROWNING, ELIZABETH: SONETTE NACH DEM PORTU- 
GIESISCHEN. In deutscher Umdichtung von Rainer Maria Rilke. 
Geheftet M. 3.—, іп Halbpergament M. 4.— 


CERVANTES, MIGUEL DE: DER SCHARFSINNIGE RITTER 
DON QUIXOTE VON DER MANCHA. Vollständige deutsche 
Taschenausgabe in drei Bänden, unter Benutzung der anonymen 
Ausgabe von 1837 besorgt von Konrad Thorer, eingeleitet von 
Felix Poppenberg. Titel- und Einbandzeichnung von Carl Czeschka. 
Geheftet М. 10.—, in Leinen М. 14.—, in Leder М. 18-—. Vor- 
zugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Inselbütten, in Maro- 
quin M. 40.— 


ELISABETH CHARLOTTE, HERZOGIN VON ORLEANS 
(LISELOTTE): BRIEFE. Auswahl in zwei Вапдеп, heraus- 
gegeben durch Hans F. Helmolt. Mit zwei Bildnissen in Helio- 
gravüre. Zweite Auflage. Geheftet M. 12.—, in Halbleder M. 16.— 


ERNST, PAUL: CANOSSA. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. 
Geheftet M. 3.—, in Pappband M. 3.50 


Let 


DAS BUCH ESTHER іп der Lutherschen Ubersetzung. Mit figar- 
lichem Doppeltitel und Initialen von F. W. Kleukens, Druck in 
schwarz und gold. 300 Exemplare: 25 auf Japan, in Kalbleder 
M. 50.— (vergriffen); 275 auf van Geldern-Bütten, in Leder mit 
Seidenvorsatz M. 24.— 

Gedruckt auf der Privatpresse Sr. K. H. des Großherzogs von Hessen. 


GOETHES BRIEFWECHSEL MIT MARIANNE V. WILLEMER. 
Herausgegeben von Philipp Stein. Mit einer Silhouette und zwei 
Zeichnungen in Lichtdruck. Titel- und Einbandzeichnung von 
Heinrich Vogeler. Geheftet M. 4.—, іп Leinen M. 5.—, in Leder 
M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Batten, 
in Pergament M. 12.— 


GOETHES GESPRÄCHE MIT ECKERMANN. Zwei Bände. Voll. 
ständige Ausgabe, besorgt von Franz Deibel. Mit zwei Porträts. 
Einbandzeichnung von F. H. Ehmcke. In Pappbanden M. 5.—, 
in Leder M. 9.— 


GOETHE, HERMANN UND DOROTHEA. Mit Titel und Initialen 
von F. W. Kleukens. Druck in schwarz, grün und gold. 200 Exem- 
plare: 20 auf Japan, in Leder M. 50.—; 175 auf van Geldern- 
Bütten, in Leder M. 28.— 

Gedruckt auf der Privatpresse Sr. K. H. des Großherzogs von Hessen. 


GOETHES SPRÜCHE IN PROSA. Maximen und Reflexionen. 
Herausgegeben von Herman Krüger-Westend. Mit Einleitung und 
Anmerkungen. In Pappband M. 2.— 


GOETHES SPRÜCHE IN REIMEN. Zahme Xenien und Invektiven. 
Herausgegeben von Мах Hecker. Mit Einleitung und Anmer- 
kungen. In Pappband М. 2.— 


AUS GOETHES TAGEBÜCHERN. Ausgewählt und herausge- 
geben von Hans Gerhard Graf. Mit Einleitung, Anmerkungen und 
zwei Facsimiles. In Pappband M. 2.— 


GRIMMS DEUTSCHE SAGEN. Ausgewählt und eingeleitet von 
Paul Merker. Titelumrahmung nach Ludwig Grimm. In Papp- 
band M. 2.— 


152 


- ——  — ——— ` E, 


— | TERES ee a Eme, Ln M o — — M 


GRIMMELSHAUSEN, Н. J. CHR. VON: ABENTEUERLICHER 
SIMPLICISSIMUS. Vollstandige Taschenausgabe in drei Banden, 
besorgt von Reinhard Buchwald. Mit Wiedergabe der vier 
Radierungen von Max Klinger in Lichtdruck. Titelzeichnung 
von E. R. Weiß. In Pappbänden М. 8.—, in Pergament М. 14.— 


GRIMMELSHAUSEN, H. J. CHR. VON: SIMPLICIANISCHE 
SCHRIFTEN (Trutz Simplex oder Lebensbeschreibung der Ertz- 
betrügerin und Landstörtzerin Courasche; Der seltzame Spring- 
insfeld; Das wunderbarliche Vogelnest; Der Erste Beernhäuter; 
Simplicissimi Gauckeltasche; Simplicissimi Galgen-Männlein; Der 
stoltze Melcher; Wundergeschichten aus Simplicissimi Ewig- 
währendem Calender). Neudruck in 400 numerierten Exemplaren 
mit Nachbildungen von 12 Kupferstichen und 20 Holzschnitten 
der Ausgabe von 1684. Haupt- und Untertitel, Initiale, Rahmen 
und Einband gezeichnet von Walter Tiemann. Nachwort von 
Paul Ernst. In Schweinsleder M. 40.— 


HESPERUS. Ein Jahrbuch, herausgegeben von Rudolf Alexander 
Schröder. Mit Beiträgen von Hugo von Hofmannsthal, Rudolf 
Borchardt, Rud. Alex. Schröder u. a. Geheftet M. 5.—, in Papp- 
band M. 6.—, in Leder M. 10.— | 


НЕҮМЕІ, ALFRED WALTER: SPIEGEL, FREUNDSCHAFT, 
SPIELE. Studien. Geheftet M. 2.50, in Halbpergament M. 3.50 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: VORSPIELE (Prolog fir ein 
Puppentheater; Vorspiel zur Antigone des Sophokles; Prolog 
zur Lysistrata des Aristophanes). Geheftet М. 2.--, іп Pappband 
mit Buntpapierüberzug M. 3.— 


HUCH, RICARDA: MERKWÜRDIGE MENSCHEN UND SCHICK- 
SALE AUS DEM ZEITALTER DES RISORGIMENTO. Essays. 
Geheftet M. 4.—, in Pappband M. 5.- in Leder M. 7.— 


KALCKREUTH, WOLF GRAF VON: GEDICHTE (Aus dem 
Nachlaß herausgegeben) Geheftet M. 4.—, in Halbpergament 
M. 6.— 


HEINRICH VON KLEISTS ERZÄHLUNGEN.  Eingeleitet von 
Erich Schmidt. In Pappband M. 2.— 


153 


HEINRICH VON KLEISTS SAMTLICHE WERKE UND BRIEFE. 
Vollständige Ausgabe in sechs Bänden, besorgt von Wilhelm Herzog. 
Einbandzeichnung von E. R. Weiß. Mit dem Jugendbildnis Kleists 
in farbiger Wiedergabe. Jeder Band geheftet M. 4.50, in Halb- 
pergament М. 6.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare 
auf Büttenpapier, in Pergament M. 14.— 

Im Herbst 1908 erschien der erste Band; die weiteren folgen in 
Zwischenrdumen von 3—4 Monaten. 


DES KNABEN WUNDERHORN. Ausgewählt und eingeleitet von 
Friedrich Ranke. Mit Titelvignette und Titelvollbild nach der 
ersten Ausgabe. In Pappband M. 2.— 


LESAGE, A. R.: DIE GESCHICHTE DES GIL BLAS VON 
SANTILLANA. Deutsche Ausgabe in zwei Bänden, besorgt von 
Konrad Thorer. Nachwort von Reinhard Buchwald. Mit zwei Titel- 
vignetten und acht Vollbildern nach Kupfern von Chodowiecki in 
Lichtdruck. Geheftet М. 8.—, in Halbleder М. 12.-. Vorzugsaus- 
gabe: 100 numerierte Exemplare auf Bitten, іп Kalbleder M. 24.— 


MANN, HEINRICH: DIE BÖSEN (Zwei Novellen: Die Branzilla; 
Der Tyrann). Geheftet M. 2.50, in Leinen M. 3.50 


MATTHES, ERNST: PARISER SZENEN. Zwölf farbige Original- 
steinzeichnungen auf Japan, 200 numerierte Exemplare. In 
Mappe M. 80.— 


MEINHOLD, WILHELM: DIE BERNSTEINHEXE. Mit einem 
Nachwort von Paul Ernst. Titel und Einband von E. R. Weiß. 
Geheftet M. 3.—, in Halbpergament M. 4.50, in Ganzpergament 
M. 7.— 


NIETZSCHE, FRIEDRICH: ECCE HOMO. WIE MAN WIRD, 
WAS MAN IST. Mit einem Nachwort herausgegeben von 
Raoul Richter. Zeichnung des Titels, der Textornamente und 
des Einbandes von Henry van de Velde. 1250 numerierte Exem- 
plare: Nr. 1—150 auf Japan, in Leder M. 50.—; Nr. 15 1— 1250 
auf Bitten, in Halbpergament (vergriffen). 


NIETZSCHES BRIEFE AN PETER GAST. Herausgegeben von 
Peter Gast. Geheftet M. 9.—, in Leinen М. 10.— 


154 


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NIETZSCHE, FRIEDRICH: ALSO SPRACH ZARATHUSTRA. 
EIN BUCH FUR ALLE UND KEINEN. Monumentalausgabe. 
Druckanordnung, Zeichnung des Titels, der Vortitel und Füll- 
ornamente und des Einbandes von Henry van de Velde. In 
schwarz, purpur und gold gedruckt. 500 numerierte Exemplare: 
Nr. 1-50 іп Maroquin M. 120.—, Nr.51-500 in Pergament M.90.— 


PALLMANN, HEINRICH: JOHANN ADAM HORN, GOETHES 
JUGENDFREUND. Geheftet М. 3.50, іп Pappband М. 4.50 


PATER, WALTER: MARIUS DER EPIKUREER. Ein Roman 
in zwei Banden. Aus dem Englischen übertragen von Felix Paul 
Greve. Geheftet М. 6.50, in Leinen M. 9.—, in Leder M. 12.— 


PLANETEN-CALENDARIUM, da man zählete das XVI Seculum 
nach unsers Herrn und Seligmachers Geburt, eingerichtet auf 
das Jahr des Heils 1909. Ein gar sinnreich Büchlein über die 
Natur der Planeten, deren Influenz und sonstige lehrsame 
Dinge, mit Bauern-Practica und Regeln für den Menschen ins- 
gemein versehen.  Gezieret mit artigen Bildlein, so Meister 
Sebald Beham von Nürenberg in Holz geschnitten. Zusammen- 
gestellet durch Marie von Redwitz. Kartoniert M. 3.50 


POPE, ALEXANDER: DER LOCKENRAUB. Ein komisches 
Heldengedicht. In deutsche Verse übertragen von Rudolf Alexander 
Schröder. Mit den neun Bildern und der Einbandzeichnung von 
Aubrey Beardsley in der Originalgröße. 800 Exemplare: Nr. 1-100 
auf Japan, in Kalbleder, in Seidenfutteral M. 40.—, Nr. 101-800 
auf holländischem Büttenpapier, іп Pappband М, 14.— 


RILKE, RAINER MARIA: DER NEUEN GEDICHTE ZWEITER 
TEIL. Geheftet M. 4.50, in Halbleder M. 6.50 


RÜBEZAHL-GESCHICHTEN: das sind warhafftige, und über alle 
Maßen possierliche oder anmuthige Fratzen, von dem wunder- 
barlichen, sehr alten und weitbeschrienen Gespenste, dem Rübe- 
zahl, welches sich auf den Gebürgen in Schlesien und Böhmen 
zum 6fftern in mannigfaltiger Gestalt, und mit seltzamen Ver. 
richtungen erzeiget; (nachdem sie aus sehr vieler, weitläufftiger, 
kostbarer, auch mühsamer Erkundigunge eingesamlet seyn), denen 


155 


Begierigen vormahls theilhafftig gemachet durch М. Johannem 
Praetorium. Nunmehro aber für den Curiösen Liebhaber auffs 
Neue ап Tag gegeben. Mit Wiedergabe von 16 Holzschnitten 
der Ausgabe von 1738 und einem Nachwort von Paul Ernst. 800 
numerierte Exemplare. In Pappband M. 10.— 


SCHEFFLER, KARL: PARIS. Mit 71 Vollbildern in Autotypie. 
Titel und Einbandzeichnung von Е. К. Weif. Geheftet M. 10.—, 
in Halbpergament M. 12.— 


SCHRÖDER, RUDOLF ALEXANDER: HAMA. Gedichte und Er- 
zählungen. Mit einer Titelvignette von Ernst Matthes. Geheftet 
M. 2 —, in Pappband M. 3.— 


TAUBE, FREIHERR OTTO VON: GEDICHTE UND SZENEN. 
Titel- und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Geheftet M. 3.50, 
in Pappband M 4.50 


VOLTAIRES BRIEFWECHSEL. Ausgewählt und übertragen von 
Käthe Schirrmacher. Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Geheftet 
M. 4.—, in Pappband М. 5.—, in Leder M. 7.— 


ZWEIG, STEFAN: TERSITES. Ein Trauerspiel in drei Aufzügen. 
Mit Kopfleisten nach John Flaxman. Geheftet M. 3.—, іп Halb- 
pergament M. 4.—. Vorzugsauseabe: 20 Exemplare auf Bütten- 
papier, in Pergament M. 12.— 


BIS ZUM JAHRE 1908 SIND ERSCHIENEN: 


EINMALIGE AUFLAGEN UND NEUDRUCKE 


D’ANNUNZIO, GABRIELE: IN MEMORIAM FRIEDRICH 
NIETZSCHE. Ode. Ins Deutsche übertragen von Otto Frei. 
herrn von Taube. 400 numerierte Exemplare auf Büttenpapier. 
In Pappband M. 7.—, in Pergament M. 12.— 


BALZAC, HONORE DE: DAS MÄDCHEN MIT DEN GOLD. 
AUGEN. Deutsche Umdichtung von Ernst Hardt. soo nu- 
merierte Exemplare auf Holländisch Bitten, mit einer Initiale 
und zehn Einschaltbildern (auf Kaiserlich Japan). Einband- und 
Vorsatzzeichnung von Marcus Behmer. In Pergament M. 20.— 


156 


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BAUDELAIRE, CHARLES: BLUMEN DES ВО5ЕМ. Іп deutsche 
Verse übertragen von Wolf Graf von Kalckreuth. Titel, Vignetten 
und Einband gezeichnet von Н. Wilh. Wulf. 850 numerierte 
Exemplare. Nr. 1—50: auf Büttenpapier, in Pergament М. 14.—, 
Nr. 51—850: geheftet M. 5.—, in Leder M. 7.— 


BEARDSLEY, AUBREY: UNTER DEM HÜGEL. Eine roman- 
tische Novelle, Deutsche Übertragung von R. A. Schröder. Mit 
einer Zeichnung von Beardsley. 500 numerierte Exemplare. Kar- 
toniert M. 3.—, in Wildleder M. 6.— 


(GLEIM, J. L. W.): PREUSSISCHE KRIEGSLIEDER IN DEN 
FELDZUGEN 1756 UND 1757 VON EINEM GRENADIER. 
Mit Melodien. (Mit einem Vorbericht von Lessing.) Berlin 1759, 
bey Christian Friedrich Voß. Mit acht Notenbeilagen und ge- 
stochenem Titelkupfer. Neudruck in 350 Exemplaren mit einem 
Nachwort von Georg Witkowski. In Leder M. 20.— 


GRÖBEN, OTTO FRIEDRICH VON DER: GUINEISCHE REISE- 
BESCHREIBUNG. Nebst einem Anhange der Expedition in 
Morea. Marienwerder, gedruckt durch Simon Reinigern. Anno 
1694. In Quarto, mit 16 Vollbildern. Neudruck in 500 nume- 
rierten Exemplaren, mit einem Geleitwort von C. Grotewold und 
drei neuen Bildertafeln. In Halbpergament M. 18.— 

Dies älteste deutsche Kolonialbuch schildert die Begründung der 
ersten deutschen Niederlassung in Westafrika unter dem Großen 
Kurfürsten. 


HARDT, ERNST: AUS DEN TAGEN DES KNABEN. Gedichte. 
Mit Widmungsinitiale von Marcus Behmer und einer Zeichnung 
von Jan Toorop. Geheftet M. 4.—, in Pergament M. 6.— 


HEINSE, WILHELM, PETRONIUS: DIE BEGEBENHEITEN DES 
ENKOLP. Herausgegeben von Carl Schüddekopf. Vorzugsaus- 
gabe: 140 numerierte Exemplare auf Büttenpapier. In Lederband 
mit Seidenvorsatz M. 20.— | 


HOFMANN, LUDWIG VON: TANZE. ZwölfOriginallithographien. 
Mit einem Prolog von Hugo von Hofmannsthal. 200 numerierte 
Exemplare. In Mappe M. 200.— 


157 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER WEISSE FACHER. Ein 
Zwischenspiel. Mit vier Holzschnitten von Edward Gordon Craig. 
800 numerierte Exemplare. Мг. 1—50: auf Japanpapier, іп Perga- 
ment mit Seidenvorsatz, in Seidenkapsel М. 50.—; Nr. $ 1— 800: 
auf Büttenpapier, in Halbpergament M. 20.— 


SCHLEGEL, FRIEDRICH: LUCINDE. Berlin 1799. — FRIED- 
RICH SCHLEIERMACHERS VERTRAUTE BRIEFE UBER 
LUCINDE. Berlin 1800. Mit einer Einleitung von Rudolf Frank. 
500 numerierte Exemplare. Іп Pappband М. 10.— 


SCHRODER, RUDOLF ALEXANDER: ELYSIUM. Ein Buch Ge- 
dichte. 300 numerierte Exemplare, in Pergament. Nr. 1—25 
auf Pergament M. 50.—; Nr. 26—300 auf Büttenpapier М. 8.— 


SCHROTER, CORONA: FÜNF UND ZWANZIG LIEDER, in 
Musik gesetzt. Weimar 1786. Quer 4°. Faksimile-Neudruck in 
Photolithographie mit einem Nachwort von Leopold Schmidt. 
225 numerierte Exemplare. In Pappband M. 22.— 


Dieser Band enthält u. a. den ersten Druck und zugleich die erste 
Komposition von Goethes Erlkönig. 


VERLAINE, PAUL: AUSGEWÄHLTE GEDICHTE. Deutsche 
Übertragung von Wolf Graf von Kalckreuth. Zeichnung дег 
Vignetten, des Titels und des Einbandes von H. Wilhelm Wulf. 
850 numerierte Exemplare. Nr. 1— 100: auf Büttenpapier, іп Perga- 
ment М, 12.—; Nr. 101—850: geheftet M. 4.—; in Leder M. 6.— 


DIE INSEL. ALMANACHE 


DIE INSEL, EINE MONATSSCHRIFT. Herausgegeben von 
O. J. Bierbaum, A. W. Heymel und В. A. Schröder. Gewóhnliche 
Ausgabe, Jahrgang I—III (1899—1902) in zehn Halbpergament- 
bánden mit Mappenwerk M. 160.— 

Einzeln kónnen nur noch geliefert werden: 


Jahrgang I auf Ee ef . M. 200.— 
dern 


auf van M. 150.— 
Jahrgang II auf van Geldern . M. 60.— 
— gewöhnliche Ausgabe M. 30.— 


INSEL-MAPPE. Vierzig Originaldrucke in Holzschnitt, Lithographie 
und Radierung sowie Reproduktionen in Lichtdruck von und 


158 


nach Baum, Delacroix, Denis, Dürer, van Eyck, Geyger, Guys, | 
Hokio, Kunisada, Liebermann, Manet, Nicholson, Pisanello, Rodin, 
Thoma, Vogeler, Zuloaga u.a. In Mappe M. 30.— 


INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1907. Mit vier Beilagen 
von Ludwig von Hofmann, Franz von Bayros, Peier Behrens. 
Titel- und Umschlagrahmen von Rudolf Alexander Schröder, die 
Schrifttitel von Heinrich Wieynck. Kartoniert M. —-.50 


INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1908. Mit drei Beilagen 
von Ludwig von Hofmann und Edward Gordon Craig. Doppeltitel 
und Umschlag von F. W. Kleukens, künstlerischer Schmuck von 
Heinrich Vogeler, Е. В. Weiß, Walter Tiemann usw. Geheftet 
M. —.80, in Pappband М. 1.20. Vorzugsausgabe: 500 Exemplare 
auf Büttenpapier, in Pappband mit Japanüberzug М. 3.— 

Der Insel-Almanach auf das Jahr 1906 ist vergriffen. 

DAS INSEL-BUCH. (Mit Beiträgen von Bierbaum, Blei, Dehmel, 

Liliencron, Rilke, Walser, Wedekind u. a. und Zeichnungen von 
` Behmer, Gaskin, Heine, Valotton, Weiß u. a.) Geheftet М. 1.—, 
in Leder M. 2.— 


GESAMMELTE WERKE UND GRUPPEN 


In der Wilhelm Ernst-Ausgabe Deutscher Klassiker sind 
bisher erschienen: 

GOETHES SÄMTLICHE WERKE: ROMANE UND NOVELLEN, 
vollständig in zwei Bänden. (Der Werke I. und Il. Band.) Heraus- 
gegeben von Hans Gerhard Gräf und Carl Schüddekopf. In Leder 
M. 11.— | 


GOETHE: AUS MEINEM LEBEN. DICHTUNG UND WAHR- 
HEIT. (Der Werke ІП. Band.) Herausgegeben von Kurt Jahn. 
In Leder M. 6.— 


GOETHE: ITALIENISCHE REISE; KAMPAGNE ІМ FRANK- 
REICH 1792; BELAGERUNG VON MAINZ 1793. (Der Werke 
IV. Band.) Herausgegeben von Kurt Jahn. In Leder M. 6.— 


KORNERS WERKE, in einem Bande. Herausgegeben von Werner 
Deetjen. In Leder M. 3.50 


159 


SCHILLERS SÄMTLICHE WERKE in 6 Bänden. Herausgegeben 
von Albert Köster und Max Hecker. In Leder М. 24.—, mit Leder- 
kasten М. 27.-- 


SCHOPENHAUERS SAMTLICHE WERKE: DIE WELT ALS 
WILLE UND VORSTELLUNG. (Der Werke I. und II. Band.) 
Herausgegeben von Eduard Grisebach. In Leder M. 9.— 


SCHOPENHAUERS KLEINERE SCHRIFTEN. (Der Werke 
Ш. Band.) Herausgegeben von Max Brahn. In Leder M. 6.— 


HEINSE, WILHELM: SAMTLICHE WERKE. In 10 Banden. Erste 
vollständige und kritische Ausgabe von Carl Schüddekopf. Leisten 
und Vignetten von Th. Th. Heine. Jeder Band geheftet M. 6.—, 
in Halbleder M. 8.—, in Ganzleder M. 9.— 

Bisher sind erschienen und werden einzeln abgegeben: 
Band II: Die Begebenheiten des Enkolp. Die Kirschen. Erzählungen. 
Band III, I. Abteilung: Laidion oder die Eleusinischen Geheimnisse. 
Kleine Schriften 1. 
Band III, II. Abteilung: Kleine Schriften II. 
Band IV: Ardinghello und die glückseligen Inseln. Zweite Auflage. 
Band V und VI: Hildegard von Hohenthal. 
Band VII: Tagebücher, erster Band. 
Band IX: Briefe, erster Band; bis zur italienischen Reise. 


RIMBAUD, ARTHUR: LEBEN UND DICHTUNG. Übertragen 
von K. L. Ammer, eingeleitet von Stefan Zweig. Mit einem Bildnis 
Rimbauds in Heliogravüre. Titel- und Einbandzeichnung von 
Walter Tiemann. Geheftet М. 6.—, in Leinen М. 7.— 


WIELANDS WERKE. Drei Bände. Neue Taschenausgabe, aus- 
gewählt, revidiert und eingeleitet von Dr. Franz Deibel. Titel- 
und Einbandzeichnungen von Walter Tiemann. In Leder M. 15.—, 
in Pergament M. 20.— 

Erster Band: Goethes Rede auf Wieland; Kleine Verserzählungen. 
— Zweiter Band: Oberon. — Dritter Band: Die Abderiten. 
Die Bände sind auch einzeln unter besonderen Titeln erschienen 
und kosten: Band I und Band II: geheftet je M. 3.—, in Leder 
je M. 4.50, in Pergament je M.6.—; Band III: geheftet M. 4.50, 
in Leder M. 6.—, in Pergament M. 8.— 


160 


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WILDE, OSCAR: DIE BALLADE VOM ZUCHTHAUSE ZU 
READING VON C. 3. 5. In memoriam С. T. W., weiland 
Reiter in der Königlichen Leibgarde, hingerichtet in Ihrer 
Majestät Gefängnis am 7. Juli 1896. Deutsche Übertragung von 
Wilhelm Schölermann. Vierte Auflage. In Pappband M. 2.— 


WILDE, OSCAR: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY. Ein 
Roman. Übertragen von Hedwig Lachmann und Gustav Landauer. 
Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Zweite Auflage. Ge- 
heftet M. 4.—, in Leinen M. 5.—, in Leder M. 8.— 


WILDE, OSCAR: GEDICHTE (Die Sphinx; aus den »Poemsc). 
Deutsche Übertragung von Gisela Etzel, Mit Titelholzschnitt von 
Marcus Behmer und Einbandzeichnung von K. Schmoll v. Eisen- 
werth. Geheftet M. 6.—, in Halbpergament М. 8.— 


WILDE, OSCAR: DAS GESPENST VON CANTERVILLE UND 
FÜNF ANDERE ERZAHLUNGEN (Der glückliche Prinz; Die 
Nachtigall und die Rose; Der egoistische Riese; Der ergebene 
Freund; Die bedeutende Rakete) Deutsche Übertragung von 
Franz Blei. Doppelseitige Titelzeichnung, fünf Vollbilder, sechs 
Initiale und Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler. Auf englisch 
Bütten. Geheftet M. 8.—, in Halbpergament M. 10.— 


WILDE, OSCAR: ZWEI GESPRÁCHE VON DER KUNST UND 
VOM LEBEN (Vom Verfall des Lügens; Kritik als Kunst). Uber- 
tragen von Hedwig Lachmann und Gustav Landauer. Geheftet 
M. 4.—, in Halbleder M. 6.— | 


WILDE, OSCAR: DAS GRANATAPFELHAUS. Vier Märchen 
(Der junge Kónig; Der Geburtstag der Infantin; Der Fischer 
und seine Seele; Das Sternenkind). Deutsche Übertragung 
von Felix Paul Greve. Dritte Auflage. Mit vier Vollbildern, 
Initialen, Vignetten und Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler. 
Geheftet M. 6.—, in Halbpergament M. 8.— 


WILDE, OSCAR: DIE ROMANTISCHE RENAISSANCE (Der 
Vortrag: Uber die englische Renaissance; Das Geleitwort zu 
Rose Leaf and Apple Leaf; Die letzte Prüfung; Aphorismen). 
Deutsche Übertragung mit einer Einleitung von Franz Blei. 
Titelzeichnung von Walter Tiemann. In Halbleder M. 4.— 


161 


WILDE, OSCAR: SALOME. Ттарбйе in einem Akt. Deutsche 
Übertragung von Hedwig Lachmann. Mit Doppeltitel, zwei Voll 
bildern und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Fünfte Auflage. 
Geheftet М. 2.—, іп Pappband M. 3.— 


WILDE, OSCAR: SALOME. Tragödie in einem Akt. Deutsche 
Übertragung von Hedwig Lachmann. Mit 1% Zeichnungen von 
Aubrey Beardsley in der Originalgröße. 825 numerierte Exemplare. 
Nr. 1— 100: auf echtem Јарапраріег, in Leder mit Seidenvorsat: 
gebunden, іп Seidenkapsel M. 40.—; Nr. 101—825: Text auf van 
Geldern-Büttenpapier, Bilder auf Strathmore-Japan, in Halbleder 
M. 14.—, in Ganzleder M. 20.— 


IN MEMORIAM OSCAR WILDE (Lehren und Sprüche und 
Gedichte іп Prosa von Wilde; Essais über Wilde von André Gd, 
Ernest la Jeunesse, Arthur Symons und Franz Blei). Übertragen 
und eingeleitet von Franz Blei. Zweite geänderte und vermehrt 
Auflage. Geheftet M. 3.—, in Pergament M 4.— | 


GEDICHTE UND EPEN | 


ВЕТНСЕ, HANS: DIE CHINESISCHE FLOTE. Nachdichtungen 
chinesischer Lyrik. Titel- und Einbandzeichnung von E. R. Weij. 
Іп Pappband M. 5.— 


| 

BIERBAUM, OTTO JULIUS: DER NEU BESTELLTE ІКЕ- 
GARTEN DER LIEBE, UM ETLICHE GÄNGE UND LAUBEN 
VERMEHRT. Verliebte, launenhafte, moralische und andere Ge 
dichte, Lieder und Sprüche aus den Jahren 1885—1905. Schmuck 
und Umschlag von Heinrich Vogeler. 7.—ı0. Tausend (des 
Den 41.—44. Tausend). Geheftet M. 2.—, in Pappband 

M. 3.—, in Leder M. 5.— 


CARDUCCI, GIOSUÈ: AUSGEWÄHLTE GEDICHTE. In 
Deutsche übertragen von Bettina Jacobson. Mit Einbandzeichnun 
von Hedda Harms. Geheftet M. 4.50, in Leinen M. 5.50 


HEYMEL, ALFRED WALTER: ZEITEN. Ein Buch nn 
Geheftet M. 4.—, in Pappband M. 5.— 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DIE GESAMMELTEN Се 
DICHTE. Zweite Auflage. Titel- und Einbandzeichnung von 
Eric Gill. Geheftet M. 4.—, in Halbpergament М. 6.— | 


162 


VON: AUS- 


HOFMANSWALDAU, CHRISTIAN HOFMAN 
ERLESENE GEDICHTE. Mit einer Einleitung herausgegeben 
von Felix Paul Greve. Geheftet M. 2.50, in Halbpergament 


^M. 3.50 
HUCH, RICARDA: NEUE GEDICHTE.  Geheftet M. 3.50, i 


Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bildern der Original 
ausgaben und einer Einleitung in Versen von Otto Julius Bier- 
baum. Zeichnung der Zierstücke, des Titels und des Einbandes 
von Walter Tiemann. Zweite Auflage. Іп Pappband M. 6.—. 
.  VForzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare auf van Geldern- 
2 Büttenpapier. In Schweinsleder M. 25.— 
ОМАК СНАЈЈАМ VON NESCHAPUR, КОВАЛ)АТ. Aus dem 
^. Englischen des Edward Fitzgerald іп deutsche Verse übertragen 
von б. D. Gribble. Nachwort von Franz Blei. Titel, Einband 
und Initiale von Marcus Behmer. Geheftet M. 7.—, іп Papp- 


band M. 8.—, in Leder M. 12.— 


PETRARCA, FRANCESCO: SONETTE. Ausgewählt, übersetzt 
und eingeleitet von Bettina Jacobson. Mit Titelzeichnung nach 


^ altitalienischem Muster und Porträt des Dichters in Lichtdruck 
aus dem Codex Liber rerum memorandarum. Geheftet M. 3.50, 


Leder M. 6— 
KORTUM, KARL ARNOLD: DIE JOBSIADE. Ein komisches 


|. in Ganzpergament M. 5.50 
"RILKE, RAINER MARIA: NEUE GEDICHTE (aus den Jahren 
1905—1907). Geheftet M. 4.50, in Halbleder M. 6.50 


“RILKE RAINER MARIA: DAS STUNDENBUCH. (Enthaltend 
die drei Bücher: Vom mönchischen Leben; Von der Pilger- 
schaft; Von der Armut und vom Tode.) Mit Titel und Initiale 

. von Walter Tiemann. Zweite Auflage. In Pappband М. 3.50 

JOHANNES SECUNDUS: DIE KÜSSE UND DIE FEIERLICHEN 
ELEGIEN. Mit Goethes Gedicht „An den Geist des Johannes 

. Secundus". Deutsch von Franz Blei. Mit einer Titelvignette 
^ in Kupferdruck. In Halbpergament M. 5.— 
. VOGELER-WORPSWEDE, HEINRICH: DIR. Gedichte. Zweite 


Auflage. Mit vom Künstler neu gezeichnetem Einband- und 
Vorsatzpapier. Auf Büttenpapier, іп Halbpergament М. 10.— 


163 


| 
| 


ZWEIG, STEFAN: DIE FRÜHEN KRANZE. Gedichte. Titel. 
und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Geheftet M. 3.50. 
in Leder M. 6.— 


ROMANE, NOVELLEN UND SONSTIGE PROSA 


AENEAS SYLVIUS PICCOLOMINI (später Papst Pius IL) 
EURYALUS UND LUKREZIA. Ein Roman. Aus dem Latei- 
nischen übertragen von Konrad Falke. Titel nach einem alt. 
venezianischen Holzschnitt. Geheftet M. 5.—, in Halbpergament 
M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Bütten- 
papier, in Pergament M. 20.— 


BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DAS DEKAMERON. Drei Bände. 
Vollständige Ausgabe, unter Zugrundelegung der Schaumschen 
Übertragung von 1823 durchgesehen und ergänzt von K. Mehring. 
Titelrahmen und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Zweite 
Auflage. Geheftet M. 10.—, in Leder M. 15.— 


BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DIE LIEBENDE FIAMETTA. 
Vollstándige Ausgabe, unter Zugrundelegung der Übersetzung 
von Sophie Brentano bearbeitet von K. Berg. Titelrahmen und Ein 
bandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 3.50, in Leder 
M. 5.— 


BORCHARDT, RUDOLF: DAS BUCH JORAM. Geheftet M. 1.—, 
in Halbpergament M. 2.— 


CERVANTES, MIGUEL DE: DIE NOVELLEN. Zwei Bande. 
Vollständige deutsche Ausgabe, auf Grund älterer Übertragungen 
bearbeitet von Konrad Thorer, eingeleitet von Felix Poppenberg. 
Titel- und Einbandzeichnung von Carl Czeschka. Geheftet M. 8.—, 
in Leinen М. 10.—, in Leder M. 12.—. Vorzugsausgabe : 100 
numerierte Exemplare auf Bitten, іп Maroquinleder M. 24.— 


DROSTE-HÜLSHOFF, ANNETTE VON: DIE JUDENBUCHE. 
Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen. Mit einem 
Nachwort von Paul Ernst. Titel- und Einbandzeichnung von 
Walter Tiemann. Geheftet М. 2.—, in Leinen M. 3.— 


164 


FLAUBERT, GUSTAVE: DREI ERZAHLUNGEN ‚(Ein schlichtes 
Herz; Die Sage von Sankt Julianus; Herodias). Übertragen von 
M in Halb- l | : 
| i 


Ernst Hardt. Zweite Auflage. Geheftet М. 3.50, 


pergament M. 5.— . 
HALLSTROM, PER: EINE ALTE GESCHICHTE. Deutsche Über 

tragung von Francis Maro. Mit Zierleisten und Vignetten von 

Heinrich Vogeler. Geheftet M. 4.—, іп Halbpergament M. 5.50 | 


© HALLSTROM, PER: FRÜHLING. Deutsche Übertragung von 
Mit Zierleisten von Heinrich Vogeler. Geheftet 


Francis Maro. 
M. 4.—, in Halbpergament M. 6.— 


. HALLSTROM, PER: EIN GEHEIMES IDYLL. Deutsche Über 
Titel- und Einbandzeichnung nach 


tragung von Francis Maro. 
altvenetianischem Muster. Geheftet M. 4.—, in Leinen M. 5.— 

: HALLSTROM, PER: DER TOTE FALL. Ein Roman. Deutsche / 
: Ubertragung von Francis Maro. Geheftet М. 3.—, іп Pappband | 
; М. 4. е М 
' HALLSTRÖM, РЕК: VERIRRTE VÖGEL. Deutsche Übertragung 
Titelrahmen- und Einbandzeichnung nach | 

; ! 


von Francis Maro. | 
Geheftet M. 4.—, in Leinen M. 5.— 


; A altvenetianischem Muster. 
* HIRSCHFELD, GEORG: EIN REQUIEM. Novelle. Titel und 
Initiale gezeichnet von Lina Burger. Geheftet M. 3.- in Leinen | 


М.4.-- 
HOFFMANN, Е. Т. А.: DAS KREISLERBUCH. Texte, Compo 
sitionen und Bilder. Zusammengestellt von Hans von Müller. Mit l ң 
drei Bilder- und einer Noten-Beilage. Umschlag und Einband 
mit Zeichnungen Hoffmanns zum »Kater Murr« in Lithographie 
Geheftet М. 6.—, іп Pappband M. 7.— 
і 


HUCH, RICARDA: VITA SOMNIUM BREVE. Mit Initialen von 
Heinrich Vogeler und einem Titelbilde nach Arnold Böcklin іп 


| Heliogravüre. Dritte Auflage. Geheftet M. 6.—, in Leder M. 8.— 
HUCH, RUDOLF: HANS DER TRAUMER. Ein Roman. Mit 
Zierleisten und Vignetten nach alten Meistern. Geheftet M. 4.— ' 


in Leinen M. 5.—, in Leder M. 6.— 
KIERKEGAARD, SÖREN: DAS TAGEBUCH DES VERFÜHRERS 
Erste vollständige deutsche Übertragung von Max Dauthendey. 


165 


Iz 
L 


Zweite Auflage. Mit einer Titelzeichnung von Walter Tiemann. 
Geheitet M. 5.—, in Pappband M. 6.— 


LERMONTOFF, MICHAEL: EIN HELD UNSERER ZEIT. Ein 
Roman. Deutsche Ubertragung aus dem Russischen von Michael 
Feofanoff. Mit Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. 
Geheftet M. 3.—, in Leinen M. 4.—, in Leder M. 5.— 


LEVERTIN, OSCAR: AUS DEM TAGEBUCH EINES HERZENS 
UND ANDERE ROKOKO-NOVELLEN. Deutsche Ubertragung 
von Francis Maro. Titelzeichnung von Karl Walser. Geheftet 
M. 4.—, in Leinen M. 5.— 


LIEBESBRIEFE EINES ENGLISCHEN MÄDCHENS. Autorisierte 
deutsche Übertragung von Carl Vollmöller. Mit der Rückentitel- 
zeichnung des englischen Originals. Geheftet M. 4.—, in Leder 
M. 6.— 


MICHAELIS, KARIN: BACKFISCHE. Eine Sommererzählung. 
Deutsche Übertragung von Mathilde Mann. Geheftet M. 4.—, 
in Ganzleinen M. 5.— 


MORIKE, EDUARD: MOZART AUF DER REISE NACH PRAG. 
Eine Novelle. Mit Doppeltitel von Walter Tiemann. Geheftet 
M. 2.50, in Leder M. 4.— 


MURGER, HENRI: DIE BOHEME. Szenen aus dem Pariser 
Künstlerleben. Deutsche Übertragung von Felix Paul Greve. Mit 
Titelzeichnung und fünf Vollbildern von Franz von Bayros. Се- 
heftet M. 8.—, in Leder M. 12.— 


MUSSET, ALFRED DE: BEICHTE EINES KINDES SEINER 
ZEIT. Deutsche Übertragung von Heinrich Conrad. Initiale von 
Heinrich Vogeler. Geheftet M. 5.—, in Leder M. 7.— 


NOVELLEN, ALTITALIANISCHE. Zwei Bande. Ausgewahlt und 
übersetzt von Paul Ernst. Mit venezianischen Titelholzschnitten, 
Initialen und Zierstücken aus dem 14. Jahrhundert. Zweite Auflage. 
Geheftet М. 6.—, in Pappbänden М. 8.—. Vorzugsausgabe: 200 
Exemplare auf Büttenpapier, in Pergament M. 20.— 


PONTOPPIDAN, HENRIK: HANS IM GLÜCK. Ein Roman in 
zwei Bänden. Aus dem Dänischen übertragen von Mathilde 
Mann. Dritte Auflage. Geheftet M. 8.—, in Leinen M. 10.— 


166 


PREVOST D'EXILES, ABBE: GESCHICHTE DER MANON 
LESCAUT UND DES CHEVALIER DES GRIEUX. Deutsche 
Übertragung von Julius Zeitler. Gedruckt auf holländischem 
Bütten; die vier Vollbilder und der Titel, von Franz von Bayros 
gezeichnet, auf Kaiserlichem Japanpapier. Geheftet М. 8.—, in 
Leder М. 10.—, in Pergament M. 15.— 


RILKE, RAINER MARIA: GESCHICHTEN VOM LIEBEN GOTT. 
Dritte Auflage. Geheftet M. 3.—, in Leinen М. 4.— 


SODERBERG, HJALMAR: HISTORIETTEN. Deutsche Über- 
tragung von Francis Maro. Geheftet M. 2.50, in Leinen M. 3.50 


SODERBERG, HJALMAR: MARTIN BIRCKS JUGEND. Deutsche 
Übertragung von Francis Maro. Mit Titelzeichnung von Heinrich 
Vogeler. Geheftet M. 2.—, in Leinen M. 3.— 


STIFTER, ADALBERT: STUDIEN. Neue vollständige Taschen- 
ausgabe in zwei Bänden. Mit einer Einleitung von Johannes 
Schlaf. Doppeltitel und Einband von Karl Walser. In Leinen 
M. 6.—, in Leder M. 8.—, in Pergament M. 10.— 


HENRICH STILLINGS JUGEND. EINE WAHRHAFTE GE- 
SCHICHTE. Mit einem Nachwort von Franz Deibel. Titel- 
vignette und Titelkupfer nach Chodowiecki. In Pappband М. 4.— 


DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN NÄCH- 
TEN. Erste vollständige deutsche Ausgabe in zwölf Banden, auf 
Grund der Burtonschen englischen Ausgabe besorgt von Felix 
Paul Greve. Mit einer Einleitung von Hugo von Hofmannsthal 
und einer Abhandlung von Professor Karl Dyrof über Ent. 
stehung und Geschichte des Werks. Titel- und Einbandzeichnung 
von Marcus Behmer. Geheftet М. 60.—, in Leinen M. 72.—, іп 
Leder M. 84.— 


TURGENJEFF, J.: GEDICHTE IN PROSA. Deutsche Übertragung 
von Th. Comichau, Mit Titel und Vignetten von Heinrich Vogeler. 
Geheftet M. 1.—, in Leinen M. 2.—, in Leder M. 2.50 


WALSER, ROBERT: FRITZ KOCHERS AUFSÁTZE. Mitgeteilt 
von R. W. Mit elf ganzseitigen Zeichnungen und Titelzeich- 
nung von Karl Walser. Geheftet M. 3.50, in Leder M, 5.— 


167 


DRAMEN 


BROWNING, ROBERT: AUF EINEM BALKON. — IN EINER 
GONDEL. Deutsche Übertragung von F. С. Gerden. Titel- und 
Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet М. 3.—, іп 
Leder M. 4.50 


BROWNING, ROBERT: PARACELSUS. Deutsche Ubertragung 
von Felix Paul Greve. Mit Einbandzeichnung von Walter Tiemann. 
Geheftet M. 4.—, іп Pappband М.%.- in Leder M. 6.— 


BROWNING, ROBERT: DIE TRAGODIE EINER SEELE. 
Deutsche Übertragung von F. C. Gerden. Titel- und Einband- 
zeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 3.—, in Leder M. 4.50 


GIDE, ANDRÉ: DER KONIG CANDAULES. Drama in drei 
Akten. Deutsche Umdichtung von Franz Blei. Geheftet M. 4.—, 
in Leinen M. 5.— 

HARDT, ERNST: NINON VON LENCLOS. Drama in einem Akt. 
Doppelseitige Titelzeichnung, Eingangs- und Schlußvignette von 
Marcus Behmer. Geheftet M. 3.50, in Ganzpergament M. 6.— 


HARDT, ERNST: TANTRIS DER NARR. Drama in finf Akten. 
Eingangsblatt, Titel und Einband gezeichnet von Marcus Behmer. 
Geheftet M. 3.—, in Pappband M. 4.—. Vorzugsausgabe: 35 nume- 
пепе Exemplare auf Büttenpapier, in Pergament М. 20.— 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: KLEINE DRAMEN. Zwei 
Bände. Titel- und Einbandzeichnung von Егіс Gill. (Band I: 
Gestern; Der Tor und der Tod; Der weiße Fächer. Band II: 
Das Bergwerk zu Falun; Der Kaiser und die Hexe; Das kleine 
Welttheater.) Geheftet М. 8.—, in Halbpergament М. 12.- 
Beide Bände werden in besonderer Ausstattung auch einzeln ab- 
gegeben: Geheftet је М. 4.—, іп Halbpergament je M. 6.— 

HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER TOD DES TIZIAN. Ein 
dramatisches Fragment. Vierte Auflage. Geheftet M. 1.—, in 
Pappband M. 1.80 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER TOR UND DER TOD. 
Ein dramatisches Gedicht. Achte Auflage. Titelvignette und 
Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler. Geheftet M. 2.—, іп 
Pappband mit Buntpapierüberzug M. 3.— 


168 


| 


РОССІ, FRANZ GRAF: LUSTIGES KOMODIENBUCHLEIN. 
' Zwei Bande. In Auswahl neu herausgegeben von P. Dr. E. (od i 
Schmidt und K. v. Rózycki. Mit vielen Bildern, zum Teil nach f 
Mit Einbandzeichnung | 
| F 


unveróffentlichten Zeichnungen Poccis. 
von F. W. Kleukens. Geheftet M. 7.—, іп Halbpergament М. 10.— 


BRIEFE UND ANDERE LEBENSDOKUMENTE 


ARNIM, BETTINA VON: DIE GÜNDERODE. Taschenausgabe 
in zwei Bänden. Herausgegeben und eingeleitet von Paul Ernst. 
Titelrahmen und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Ge- 

heftet M. 7.—, in Leinen M. 9.—, in Leder M. 10.— 


| CLEMENS BRENTANOS FRÜHLINGSKRANZ, aus Jugendbriefen i 
ihm geflochten [von Bettina von Arnim], wie er selbst schriftlich | 


verlangte. Taschenausgabe in zwei Banden. Eingeleitet von Paul 


| Ernst, mit Anmerkungen und Register von Heinz Amelung. Titel 
Zweite Auflage. 
! 


und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. 
Geheftet M. 6.—, in Leinen M. 8.—, in Leder M. 10.— 


DIDEROT, DENIS: BRIEFE AN SOPHIE VOLAND. Ubertragen 
von Vally Wygodzinski. Titel- und Einbandzeichnung von Walter 


Tiemann. Geheftet M. 5.—, in Pergament M. 7.— 
Ge- 
i 


DIE BRIEFE DER FRAU RATH GOETHE. Zwei Bande. 
sammelt und herausgegeben von Albert Koster. Mit einem Brief- 
faksimile. Vierte, vermehrte Auflage. Geheftet M. 10.—, in 
` A Halbfranz M. 14.— ; 
і 

i 


' BRIEFE VON GOETHES MUTTER. Ausgewählt und eingeleitet 
von Albert Köster. Mit einer Silhouette der Frau Rath. 11.—20. 
| 


Tausend. Іа Pappband М. 2.— 
| 


GOETHES BRIEFE AN CHARLOTTE VON STEIN. Vollständige 
Ausgabe in drei Bänden. Herausgegeben von Julius Petersen. Mit 
drei Silhouetten. Titel, Einband- und Vignettenzeichnung von 


Heinrich Vogeler-Worpswede. Zweite Auflage. Geheftet M. 7.—, 
in Leinen M. 10.—, in Leder M. 14.— 
169 


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GOETHE IM GESPRÄCH. In Auswahl [ohne die mit Eckermann 
geführten Gespräche] herausgegeben von Franz Deibel und Friedrich 
Gundelfinger. Dritte Auflage. Geheftet M. 5.—, in Leinen M. 6.—, 
in Leder M. 8.—. Vorzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare auf 
echtem Büttenpapier, in zwei Pergamentbänden M. 20.— 
Enthält и. a. die Gespräche mit Schiller, Wieland, Herder, Schlegel, 


Napoleon, Voss, Riemer, Boiserée, Kanzler von Müller, Sovet, Felix 
Mendelssohn-Bartholdy. 


GOETHES ТОР. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen, heraus- 
gegeben von Carl Schüddekopf. Mit sechs Faksimiles und Licht- 
drucken. Geheftet M. 4.—, in Pappband M. 5.— 


SOREN KIERKEGAARDS VERHALTNIS ZU SEINER BRAUT. 
Briefe und Aufzeichnungen aus seinem Nachlaß, herausgegeben 
von Henriette Lund. Übertragung von Е. Rohr. Mit Titel- und Ein- 
bandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 1.50, in Leinen 
M. 2.50, in Pergament M. 3.— 


DAS LEBEN DES THÜRINGISCHEN PFARRERS JOHANNES 
LANGGUTH, von ihm selbst aufgezeichnet. Nach der Hand- 
schrift aus dem Jahre 1665 herausgegeben von Reinhard Buch- 
wald. Mit einem Titelbilde nach einem Kupferstich des 17. Jahr- 
hunderts. Geheftet M. 2.—, іп Pappband M. 2.50 


LARSEN, KARL: SCHWESTER MARIANNA UND IHRE 
LIEBESBRIEFE. Ins Deutsche übertragen von Mathilde Mann. 
Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet 
M. 4.50, in Pergament M. 7.50 


FRIEDRICH NIETZSCHES GESAMMELTE BRIEFE. Bisher vier 

Bande. 

Band I: Briefe an Wilhelm Pinder, Gustav Krug, Paul Deussen, 
von Gersdorf, Dr. Carl Fuchs, Frau Marie Baumgartner, Frau 
Louise O., Freiherrn von Seydlitz, Bürgermeister Munker, Theodor 
Opitz, Karl Knortz, Frau Professor Vischer-Heussler, Freifrau von 
Seydlitz, Dr. Otto Eiser, Dr. Romundt, Frau Appellationsrat Pinder. 
erantsien von Elisabeth Forster-Nietzsche und Peter Gast. 

Band II: Briefwechsel mit Erwin Rohde. Herausgegeben von Elisabeth 
Förster-Nietzsche und Fritz Schill. 

Band III: Briefwechsel mit Fr. Rietschl, J. Burckhardt, H. Taine, 
G. Keller, Freiherrn von Stein, G. Brandes, H. von Bülow, H. von 


170 


Senger, М. von Meysenbug. Herausgegeben von Elisabeth Forster. 
Nietzsche, Curt Wachsmuth und Peter Gast. 
Preis der Bände I—III geheftet je M. 10.—, іп Leinen je M. 11.— - 
. Band IV: Briefe an Peter Gast. Herausgegeben von Peter Gast. Ge- - | 
heftet М. 9.--, іп Ігіпеп М. 10.— | j 
: BRIEFE AN FRITZ VON STEIN. Herausgegeben und eingeleitet 
von Ludwig Rohmann. Geheftet M. 4.—, in Leinen M. 5.— 
Enthält Briefe aus dem Goethekreise, besonders von Charlotte von Stein, | | 
Karl und Amalie von Stein, Sophie von Schardt u. a. 
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4 


ESSAYS UND KUNSTSCHRIFTEN 


KASSNER, RUDOLF: DER TOD UND DIE MASKE. Gleich 
Mit Initialen nach alten Meistern. Geheftet M. 3.50, in 
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Disse, 

Pappband М. 4.50. 

MEIER-GRAEFE, JULIUS: COROT UND COURBET. Ein Bei 

trag zur Entwickelungsgeschichte der modernen Malerei. Mit 
In Pappband M. 8.— 


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17 Abbildungen. 
MEIER-GRAEFE, JULIUS: DER JUNGE MENZEL. Ein Problem 
der Kunst- Ókonomie Deutschlands. Mit alten Menzelschen Holz- 
schnitten. Geheftet M. 6.—, in japanischem Leinen M. 7.50 | 
| PATER, WALTER: IMAGINARE PORTRAITS. Deutsche 
Übertragung von Felix Hübel. Mit Initialen nach altvenetia | i 
nischen Mustern. Geheftet M. 5.—, in Leinen M. 6.50 


PATER, WALTER: DAS KIND IM HAUSE. Ein imaginäres 
Portrait. Deutsche Übertragung von Felix Hübel. Auf Englisch 
Bütten mit Zierleisten und Vorsatz von Heinrich Vogeler. Geheftet 
M. 1.—, іп Halbpergament M. 2.—, im Ganzpergament M. 3.— 


VAN DE VELDE, HENRY: VOM NEUEN STIL. Mit einer Titel 


vignette des Künstlers. Geheftet M. 5.50, in Halbpergament M. 5.— 
UND DIE KONIGLICHE 
Geheftet 


WERNEKKE, HUGO: GOETHE 
KUNST. Mit zehn Vollbildern und zwei Faksimiles 
M. 5.—, in Leinen M. 6.— 

Behandelt erschöpfend Goethes Verhältnis zum Freimaurerbunde 


171 


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INHALT DES ALMANACHS 


KALENDARIUM FÜR 1909 . . . . . 
AUS BÜCHERN UND ÜBER BÜCHER 
Zwei Sprüche des Lao-Tse. Der chinesischen 
Urschrift nachgedacht von Alexander Ular 
Frühe hochdeutsche Gedichte. Übertragen 
von Karl Wolfskehl Cr 
Aus »Tausendundeine Nacht«: Die Се- 
schichte vom Kalifen Omar bin al-Khattab 
und dem jungen Badawi. Ubertragen von 
Felix Paul Greve . EE 
Felix Poppenberg: Cervantesglosse 
F. H. Ehmcke: Titelzeichnung zu Boccaccio, 
Das Leben Dantes (verkleinert) . Шы 2% 
Älteste Rübezahl-Geschichten, nach Praeto- 
rus (1662—1665) ........ 
Napoleons Besuch іп Weimar und Jena іт 
Herbst des Jahres 1808. Mit drei Tafeln 
Aus Goethes Tagebüchern . . . . . . 
Goethe: Carl Lehmanns Buchbinderarbeiten 
Vier Gedichte von Marianne von Willemer 
Jugendsilhouette von Marianne von Willemer 
Wilhelm Herzog: Heinrich von Kleist . 
Aus dem Briefwechsel zwischen Clemens 
Brentano und Sophie Mereau . . . . 
Titelbild aus der Originalausgabe von »Des 
Knaben Wunderhorn« (1808) . . . . 
Hugo von Hofmannsthal: Honoré de Balzac 
Ricarda Huch: Das Risorgimento . 


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Aus Elizabeth Brownings Sonetten nach dem 
Portugiesischen. Ubertragen von Rainer 
Maria Rilke А ste Ета % 

Zwei Briefe Friedrich Nietzsches an Mutter 
und Schwester d.e avc, 5 

Drei Gedichte von Rainer Maria Rilke . 

Zwei Gedichte von Alfred Walter Heymel 

Stefan Zweig: Brief eines deutschen Malers 
aus Italien . "T +A ЖЕ. ге 

Karl Scheffler: Empfindsames Reisen. Als 
Einleitung zu dem Buche »Paris« . 

Einschalt-Bild: Aus der Mappe »Pariser 
Szenen« von Ernst Matthes (verkleinert) 

R. A. Schróder: Aus dem Buche »Neapel« 

Drei Gedichte von Otto Freiherrn von Taube 

Drei kleine Lieder von Paul Verlaine. Uber- 

tragen von Ernst Hardt . . . . . . 

BUCHER AUS DEM INSEL-VERLAGE . 

Schlufivignette von Aubrey Beardsley zu 
Popes »Lockenraub« D 26. a «А2 i 


DER VIERTE JAHRGANG DES INSEL- 
ALMANACHS WURDE REDIGIERT 


VON ANTON KIPPENBERG. TITEL, 
RAHMEN UND UMSCHLAG 
ZEICHNETE F. H. EHMCKE. 
DER DRUCK ERFOLG- 

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OHNE HAST, 

ABER OHNE RAST, 

DREHE SICH JEDER 

UM DIE EIGNE LAST. 
Goethe 


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"Neujahr [Neujahr [Neujahr — | | 


Sonntag S. n. Neujahr S. n. Neujahr 
Montag Enoch, D. Genovefa 
Dienstag Methusalem Titus 
Mittwoch Simeon Telesphorus 
Donnerstag | Heil. 3 Kónige | Heil. 3 Kónige 
Freitag Melchior Lucian 
Sonnabend Balthasar Severinus 


I. S. n. Epiph. 
Paulus Eins. 
Erhard 
Reinhold 
Hilarius 
Felix 
Habakuk 


2. 5. п. Epiph. 
Antonius 
Priska 
Ferdinand 
Fab., Seb. 
Agnes 
Vincentius 


1. S. n. Epiph. 
Agathon 
Hyginus 
Arcadius 
Gottfried | 
Felix 
Maurus 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


2. S. n. Epiph. 
Antonius 
Petri Stuhlf. 
Canut 

Fab., Seb. 
Agnes 
Vincenz 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


23 | Sonntag Septuagesima Septuagesima 

24 | Montag Timotheus Timotheus 

15 | Dienstag Pauli Bek. Pauli Bekehrung 
16 | Mittwoch Polycarp Polycarpus 


Donnerstag | Joh. Chrysost. Joh. Chrysost. 
Freitag Karl Karl d. Gr. 
Sonnabend Samuel Franz v. Sales 


Sonntag Sexagesima Sexagesima 
Montag Valerius | Petr. Nolasc. 


FEBRU 


Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 


Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


AR ode 


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Mar. Reinigung 
Blasius 
Veronika 
Agatha 


Estomihi 
Richard 
Fastnacht 
Aschermittwoch 
Renate. 
Euphrosyne 
Eulalia 


Invocavit 
Valentinus 
Formosus 
Quatember 
Constantin 
Concordia 
Susanna 


Reminiscere 
Eleonora 
Casimir 
Reinhard 
Matthias 
Victorin 
Nestor 


Andreas Cors. 


Quinquagesima 
Romuald 
Fastnacht 
Aschermittwoch 
Scholastica 
Desiderius 
Eulalia 


Quatember 
Donatus 
Simeon 
Gabinus 


Reminiscere 
Eleonora 

Petri Stuhlfeier 
Severinus 
Matthias 
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Nestor 


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Dienstag 
Mittwoch 
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Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 


Albinus 
Louise 
Mittfasten 
Adrianus 
Friedrich 


Litare 
Felicitas 
Philemon 
Prudentius 
Henriette 
Rosina 
Gregor 


Judica 
Zacharias 
Isabella 
Cyriacus 
Gertrud 
Anselmus 
Joseph 


Palmarum 
Benedictus 
Casimir 
Eberhard 
Griindonnerstag 
Karfreitag 
Emanuel 


Ostersonntag 
Ostermontag 
Eustachius 
Guido 

Amos 


Albinus 
Simplicius 
Mittfasten 


Adrianus 
Friedrich 


Lätare 
Thomas v. A. 
Joh. de Deo 
Franziska 

40 Märtyrer 
Eulogius 
Gregor d. Gr. 


Judica 
Mathilde 
Longinus 
Heribert 
Gertrud 
Cyrillus 
Joseph 


Palmarum 
Benedictus 
Octavian 

Otto 
Gründonnerstag 
Karfreitag 
Ludgerus 


Ostersonntag 
Ostermontag 
Eustachius 
Quirinus 
Balbina 


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Freitag Theodora Hugo 
Sonnabend Theodosia Fr. v. Paula 


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3 | Sonntag Quasimodogen. 

4 | Montag Ambrosius Isidorus 

5 | Dienstag Maximus Vinc. Ferrer 
6 | Mittwoch Sixtus Cólestinus 

7 | Donnerstag | Cölestin Hermann 

8 | Freitag Heilmann Albert 

9 | Sonnabend Bogislaus Mar. Cleophä 
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ro | Sonntag Miseric. Dom. | Miseric. Dom. 


11 | Montag Hermann Leo d. Gr. 
12 | Dienstag Julius Julius 
13 | Mittwoch Justinus Hermenegild 
14 | Donnerstag | Tiburtius Raimund 
15 | Freitag Olympiades Anastasia 
16 | Sonnabend Carisius Drogo 

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17 | Sonntag Jubilate Jubilate 
18 | Montag Florentin Eleutherius 
19 | Dienstag Hermogenes . Werner 
20 | Mittwoch Sulpitius Victor 
21 | Donnerstag | Adolph Anselm 
22 | Freitag Lothar Soter u. Caj. 
23 | Sonnabend Georg Georg 

* 
24 | Sonntag Cantate Cantate 
25 | Montag Marcus Еу. Marcus Еу. 
26 | Dienstag Raimarus Cletus 
27 | Mittwoch Anastasius Anastasius 
28 | Donnerstag | Therese Vitalis 
29 | Freitag Sibylla Petrus M. 
3o | Sonnabend Josua Kathar. v. S. 


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Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 


Rogate 
Sigismund 

+ Erfindung 
Florian 
Himmelfahrt 
Dietrich 
Gottfried 


Exaudi 
Hiob 
Gordian 
Mamertus 
Pankratius 
Servatius 
Christian 


Pfingstsonntag 
Pfingstmontag 
Jobst 
Quatember 
Potentiana 
Anastasius 
Prudens 


Trinitatis 
Desiderius 
Esther 
Urban 
Eduard 
Beda 
Wilhelm 


I. S. n. Trinit. 
Wigand 
Petronilla 


Rogate 
Athanasius 
+ Erfindung 
Monica 
Himmelfahrt 
Joh. v. d. Pf. 


Stanislaus 


Gregor Naz. 
Antoninus 
Mamertus 
Pankratius 
Servatius 
Bonifacius 


Pfingstsonntag 
Pfingstmontag 
Ubaldus 
Quatember 
Petr. Cólestin 
Bernardin 
Felix 


F. d. h. Dr. 
Desiderius 
Johanna 
Urban 
Fronleichnam 
Beda 


2. S. n. Pfingst. 
Ferdinand 
Petronilla 


LULI oder HEUMOND 


Freitag Theobald Theobald 
Sonnabend Maria Heims. Maria Heims. 


I 
2 
* 
3 | Sonntag 6. S. n. Trinit. 7. S. n. Pfingst. 
4 | Montag Anselmus Ulrich 
5 | Dienstag Ulrich Numerianus 
6 | Mittwoch Jesaias Jesaias 
7 | Donnerstag | Demetrius Willibald 
. 9| Freitag Kilian Kilian 
9 Sonnabend Cyrillus Cyrillus 


Sonntag 7. S. n. Trinit. 8. S. n. Pfingst. 


11 | Montag ` Pius Pius 

із | Dienstag Heinrich Joh. Gualbert 
ІЗ | Mittwoch Margaretha Margaretha 

14 | Donnerstag | Bonavent. Bonaventura 
15 | Freitag Apostel Th. Apostel Theil. 


Walter Maria v.B. 


Sonnabend 


17 | Sonntag 8. S. n. Trinit. 9. S. n. Pfingst. 
18 | Montag Carolina Friedericus 

19 | Dienstag Ruth Vinc. v. Paula 
20 | Mittwoch Elias Margarethe 

21 | Donnerstag | Daniel Praxedes 

22 | Freitag Maria Magd. Maria Magd. 
23 | Sonnabend Albertine Apollinaris 


24 | Sonntag 9. S. n. Trinit. 10. S. n. Pfingst. 
15 | Montag Jakobus Jakobus 

26 | Dienstag Anna Anna 

27 | Mittwoch Berthold Pantaleon 

28 | Donnerstag | Innocenz Innocenz 

29 | Freitag Martha Martha 

30 | Sonnabend | Beatrix Abdon 


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Montag Petri Kettenf. 


Petri КесепЕ 


2 | Dienstag Portiuncula Portiuncula 
3 | Mittwoch Augustus Stephan Auff. 
4| Donnerstag | Perpetua Dominicus 
5 | Freitag Dominicus Maria Schnee 
6 | Sonnabend Verkl. Christi Verkl. Christi 
ж 
7 | Sonntag 11. S. n. "Trinit. | 12. S. n. Pfingst. 
8| Montag Ladislaus Cyriacus 
9 | Dienstag Romanus Romanus 
го | Mittwoch Laurentius Laurentius 
іт | Donnerstag | Titus Tiburtius 
12 | Freita Clara Clara 
13 Sonnabend Hildebrand Hippolytus 
* 
14 | Sonntag 12. S. n. Trinit. | 13. S. n. Pfingst. 
1$ | Montag Marii Himmelf. | Mariä Himmel£, 
16 | Dienstag Isaak : Rochus 
17 | Mittwoch Bertram Liberatus 
18 | Donnerstag | Emilia Helena 
19 | Freitag Sebald Sebald 
зо | Sonnabend | Bernhard Bernhard 
* 
21 | Sonntag 13. S. n. Trinit. | r4. S. n. Pfingst. 
22 | Montag Oswald Timotheus 
23 | Dienstag Zachäus Philipp Benit. 
24 | Mittwoch Bartholomäus Bartholomäus 
25 | Donnerstag | Ludwig Ludwig 
26 | Freitag Irenäus Zephyrinus 
27 | Sonnabend Gebhard Rufus 
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28 | Sonntag 14. S. n. Trinit. | 15. S. n. Pfingst. 
29 | Montag Joh. Enthaupt. | Joh. Enthaupt. 
3o | Dienstag Denjamin Rosa 
31 | Mittwoch Rebekka Raimund 


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SEPTEMBER oder HERBSTMOND 


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ı | Donnerstag | Aegidius Aegidius 

2 | Freitag Rahel, Lea Stephan 

3 | Sonnabend | Mansuetus Mansuetus Ө 
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4 | Sonntag 15. S. n. Trinit. | 16. S. n. Pfingst. 


$ | Montag Nathanael Victorin 

6 | Dienstag Magnus Magnus 

7 | Mittwoch Regina Regina 

8| Donnerstag | Mariä Geb. Mariä Geb. 

9 | Freitag Bruno Georgonius 
ds Sonnabend Sosthenus Nicol. v. Tol. 
11 | Sonntag | 16. 8. п. Trinit. | 17. S. n. Pfingst. 


із | Montag Ottilie Guido 
13 Dienstag Christlieb Maternus 
14 | Mittwoch Kreuz-Erhöhung | Kreuz-Erhöhung 


15 | Donnertag Constantia Nicomedes 
16 | Freitag Euphemia Corn. u. Cypr. 
17 Sonnabend Lambert Lambertus 


18. S. n. Pfingst. 
Januarius 
Eustachius 
Quatember 
Moritz 
Thekla 
Joh. Empf. 


17. S. n. Trinit. 
Januarius 
Friederike 
Quatember 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


25 | Sonntag 18. S. n. Trinit. | 19. S. n. Pfingst. 
26 | Montag Cyprianus Cyprianus 

27 | Dienstag Cosmas Cosm. u. Dam. 
28 | Mittwoch Wenzeslaus Wenzeslaus 

29 | Donnerstag | Michael Michael 

30 | Freitag Hieronymus Hieronymus 


HANC ШНЕКТІ ЖЕК 


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Remig 


19. S. n. Trinit. 


20. S. n. Pfingst. 
Ewald 


Candidus Қ 

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Fides Placidus e 

Onnerstag | Charitas Bruno s 

7 | Freitag Spes Marcus P. S 
8 Sonnabend Ephraim | 


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20. S. n. Trinit. 


21. S. n. Pfingst. 
Amalia 


Franz Borgia . 
Burchard 


Onnerstag 

Freitag 

15 | Sonnabend 
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16 | Sonntag 21. S. n. Trinit. 22. S. n. Pfingst. 

17 Florentin Hedwig N 
18 | Di Lucas Lucas Ey. vj 
19 | Mittwoch Prolemäus Petrus v. Alc. x 
20 Donnerstag Wendelin Wendelin 
21 | Freitag Ursula Ursula | 
22 | Sonnabend Cordula Cordula 

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22. $, n. Trinit. 
Salome 


23. $. n. Pfingst. 
25 Dienstag Adelheid 


Raphael 


Crispin 
26 Amandus varistus 
27 | Donnersta Sabina Sabina 

28 | Freita Sim., Juda Sim., Juda 
29 | Sonnabend Engelhard Narcissus 
3 5 Sonntag 23. S. n. Trinit. 

31 | Montag Reformat.-Fest 


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| NOVEMBER oder WINDMOND 


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1 | Dienstag Aller Heiligen | Aller Heiligen 
2 | Mittwoch Aller Seelen Aller Seelen o 
3| Donnerstag | Gottlieb Hubert 
4 | Freitag Charlotte Carl Borrom. 
5 Sonnabend Erich Emmerich 
6 | Sonntag 24. S. n. Trinit. | 25. S. n. Pfingst. 
7| Montag Erdmann Engelbert 
8 | Dienstag Claudius 4 Gekr. Mirt 
9| Mittwoch Theodorus Theodorus 
io | Donnerstag | Marth. Luth. Andreas Avel. ) 
11 | Freitag Martin B. Martin, B. 
E Sonnabend Kunibert Martin, P. 
13 | Sonntag 25. S. n. Trinit. | 26. S. n. Pfingst. 
14| Montag Levinus Jucundus 
15 | ‚Dienstag Leopold Leopold 
16 | Mittwoch Allgem. Bußtag | Edmund 
17| Donnerstag | Hugo Greg. Taum. ©) 
18 | Freitag Gelasius Otto 
19 Sonnabend | Elisabeth Elisabeth 
20 | Sonntag Totenfest 27. S. n. Pfingst. 
21 | Montag Maria Opfer Mariä Opfer 
22 | Dienstag Alphonsus Eugen 
23 | Mittwoch Clemens Clemens С 
24 | Donnerstag | Chrysogonus Chrysogonus 
25 | Freitag Katharina Katharina 
16 Sonnabend Conrad Conrad 
37 | Sonntag I. Advent 1. Advent 
28 | Montag Günther Sosthenes 
29 | Dienstag Noah Saturnin 
' $e | Mittwoch Andreas Andreas 


Tot. 2 o m: ——— m »- 


D - 9 — d lc: - «шынын. 


DEZEMBER oder CHRISTMOND | 


use а. 
Donnerstag Arnold Eligius 
2 | Freitag Candidus Bibiana 
3 Sonnabend | Cassian Franz Xaver 
4 | Sonntag 
5 | Montag Abigail Sabbas 
6 | Dienstag Nikolaus Nikolaus 
7 | Mittwoch Antonia Ambrosius 
8 | Donnerstag | Mariä Empf. Mariä Empf. 
9 | Freitag Joachim Leocadia 
de Sonnabend | Judith Melchiades 


11 | Sonntag 3. Advent 3. Advent 
ı2 | Montag Epimachus Epimachus | 
13 | Dienstag Lucia Lucia 
14 | Mittwoch Quatember Quatember 
15 | Donnerstag | Johanna Eusebius | 
16 | Freitag Ananias Adelheid | 
ı7 I Sonnabend Lazarus Lazarus | 

А | 
18 | Sonntag 4. Advent 4. Advent | 
19 | Montag Abraham Nemesius | | 
20 | Dienstag Ammon Ammon : 
21 | Mittwoch Thomas Thomas А. | 
22 | Donnerstag | Beate Flavian 
23 | Freitag Ignatius Victoria | 
24 | Sonnabend Adam, Eva Adam, Eva 

ж 
25 | Sonntag Christfest Christfest 
26 | Montag Stephanus Stephanus | 
27 | Dienstag Joh. Evang. ` 
28 | Mittwoch Unsch. Kindl. 
29 | Donnerstag | Jonathan 
30 | Freitag David 
31 | Sonnabend | Sylvester Sylvester 


LESER, WIE GEFALL ICH DIR? 
LESER, WIE GEFALLST DU MIR? 


EMILE VERHAEREN: DER BAUM 


WIG allein 
Im Winterfrost wie im Sonnenschein, 
Begrünten Stammes und fröstelnd-nackt, 
Von der Stille gekost, vom Wetter gepackt, 
Ewig hält er das niedre Land 
Mit der Größe und Wucht seines Lebens gebannt. 


Gleiche Felder sieht er seit Hunderten Jahren, 
Die gleiche Arbeit, die gleiche Saat, 

Die Augen derer, die einstens waren, 
Belauschten ihn schon und die heimliche Tar, 
Wie langsam Ring an Ring im Stamme schwoll 
Und breite Zweige aus der Rinde grünten. | 
Ruhig und hoheitsvoll 

Sah er auf sie, wenn sie der Arbeit dienten. 
Klingende Nester wuchsen auf in seinen Ästen. 
Er barg am Tag des Schattens blaue Flut, 

Und den Verliebten war zu stillen Festen 

An goldnen Abenden sein Dunkel traut und gut. 


Nach seinen Tränen, nach seinem Glanz 
Messen die Bauern das Wetter am Morgen. 
Er weiß alle Wunder und Heimlichkeiten, 
Die in den wilden Wolken verborgen, 

Und kennt die Pfade der Sonne ganz, 

Der einsame Hüter vergangener Zeiten 
Des traurigen Lands. 

Doch wie diese Erinnerung auch sei, 

Die noch in seinem Holze währt, 


Wenn sich erst Januar zu Ende neigt 

Und junger Saft im Stamme aufwärts gärt, 
Dann reckt er sich hoch und hält den Segen 
Seiner Äste, zitternd und neu, — 

Trunkene Blätter, ekstatische Hände! — 
Mit einem unendlichen Jubelschrei 

Der Zukunft entgegen. 


Dann flicht 

Er der flirrenden Blatter zartes Gezwirne 

Mit rieselnden Fäden aus Regen und Licht. 

Er preßt seine Knoten, renkt Zweige ein 

Und hebt mit Stolz seine wachsende Stirne 

In den besiegten Himmel hinein. 

Sein Wurzelwerk wühlt sich von Schacht zu Schacht 
Und trinkt den Teich und die Erde trocken, 

Daß er selbst oft erschrocken 

Anhält von der wühlenden Arbeit Macht, 

Die er in der Tiefe schweigend vollbracht. 

Allein — wie viele Kämpfe, hart und ungezahlr, 

Eh ihn sein Trotz zu solcher Kraft gestahle! 

O, die Schwerter des Winds, die schweren Gewitter, 
Die seine Krone mit Blitzen durchspellten, 

Des Hagels scharfe, schneidende Splitter 

Und der eisig fressende Rost der Kälte! 

Doch, ob auch der Schmerz seine Fasern durchnagte, 
Es war keine Stunde, da er verzagte, 

Weil er treu 

Und hartnäckig wollte, 

Daß er mit jedem Frühling neu 

In doppelter Schönheit aufblühen sollte. 


Im Herbst, als ihn schon helles Gold umglühte, 
Ging ich oft hin zu diesein hohen Stamme 
Mit meinen alten Schritten, die schon müde 
Geworden, wenn sie auch noch riistig sind. 
Und staunte auf, wie — eine rote Flamme — 
Sein Laubwerk lodernd flo im Wind. 

In seinen Wipteln schienen Millionen 

Von fremden Seelen leisen Sangs zu wohnen. 
Ich ging zu ihm, die Augen heiß von Feuer, 
Ich rührte ihn mit meinen Fingern und 
Erstaunte, wie sein Schwanken ungeheuer 
Verbebte tef bis in der Erde Grund. 

Ich preßte meine Brust an seinen Schaft 

Mit solcher Liebe an und solcher Glut, 

Dab seine Melodie, sein Sein und seine Kraft 
Aufquoll und tief verstrómte in mein Blut. 


Da fühlte ich mich seinem vollen Leben nah, 

Ich drangte mich an ihn wie einer seiner Aste, 
Und ihn belauschend spürt ich da, 

Ich liebte jetzt das Licht, die Wälder mehr, 

Die weiten Flächen und der Wolken Heer, 

Dem Schicksal scemmt ich mich mit neuer Feste; 
Ich sehnte mich, das All an mich zu raffen, 

Die Muskeln fühlt ich wundersam geschnellt 

Und jauchzte auf: „Gott hat die Kraft erschaffen, 
Daß sich der Mensch zu kühner Tat begeistert; 
Sie ist es, die noch Edens Schlüssel hält, 

Sie ist die Faust, die alle Türen meistert!“ 

Und glühend küßte ich den harten Stamm, 

Und heimwärts wandernd durch die trauervollen 


Gelande nach der roten Abendflamme 
Fühlte ich erst, wie heiß aus meiner Brust die tollen 
Schreie unsagbaren Gltickes quollen. 

Nachdichtung von Stefan Zweig. 


EIN NEUJAHRSBRIEF WILHELM VON HUM- 
BOLDTS AN CHARLOTTE DIEDE 


Tegel, 4. Januar 1831. 

A ich jetzt wenige Briefe selbst schreibe, so fiel es mir 

auf, als ich die Jahrzahl hinkritzelte, denn wirklich nur 
Kritzeln kann ich mein jetziges Schreiben nennen, dab ich 
dies in diesem Jahre zum erstenmale thue. Nehmen Sie denn 
also auch, liebe Charlotte, meinen herzlichen Glückwunsch 
an. Möge nichts Aeußeres Widerwärtiges Ihnen zustoßen, 
und mögen Sie immer die néthige Stärke haben, Sich die innere 
Ruhe zu erhalten, wenn sie, wie man bei menschlichen Schick- 
salen nie eine sichere Bürgschaft dagegen hat, einmal bedrohet 
würde. Nach der Art, wie die Menschen, vorzüglich der 
höheren Stände leben, hat, genau genommen, der Jahres- 
wechsel seine wahre Bedeutung verloren. Im Grunde fängt 
mit jedem Tage ein neues Jahr an. Nur die Jahrszeiten 
machen einen wirklichen Abschnitt. Diese aber haben bei 
uns kaum auf mehr, als unsre Annehmlichkeit und Bequem- 
lichkeit Einfluß. Mir ist aber demohngeachtet ein neues Jahr 
. immer eine Epoche, die mich aufs neue in mir selbst sammelt. 
Ich übersehe, was ich gethan habe, etwa noch thun móchte, ich 
gehe mit meinen Empfindungen zu Rathe, misbillige oder 
billige, befestige mich in alten, mache neue Vorsätze und 
bringe so gewöhnlich die ersten Tage des Jahrs müßig und . 
arbeitslos zu. Ich lächle dann selbst, daß ich die guten Vor- 


2I 


sitze mit Müßiggang verbringe, aber es ist nicht sowohl 
Müßiggang, als MuDe, und diese ist bisweilen heilsamer, als 
Arbeit. Worauf aber diese periodischen Betrachtungen immer 
und gleichmäßig zurückkommen, ist eine Freude, daß ein Jahr 
mehr sich an das Leben angeschlossen hat. Es ist dies keine 
Sehnsucht nach dem Tode. Diese habe ich schon darum nicht, 
weil ja Leben und Tod, unabänderlich mit einander zusammen- 
hängend, nur Entwicklungen desselben Daseyns sind, und es 
also unüberlegt und kindisch seyn würde, in demjenigen, was 
moralisch und physisch seine Zeitpunkte der Reife haben 
muß, durch beschränkte Wünsche etwas ändern und verrücken 
zu wollen. Es ist auch nicht, ja noch viel weniger Ueberdrub 
am Leben. Ich habe dieselbe Empfindung іп den genußreichsten 
Zeiten gehabt, und jetzt da ich gar keiner äußeren Freude 
recht empfänglich bin, wenigstens keine suche, aber still in 
mir und in der Erinnerung lebe, kann ich noch weniger dem 
Leben einen Vorwurf zu machen haben. Aber der Verlauf 
der Zeit hat in sich für mich was Erfreuliches. Die Zeit ver- 
läuft doch nicht leer, sie bringt, und nimmt, und läßt zurück. 
Man wird durch sie immer reicher, nicht gerade an Genuß, 
aber an etwas Höherem. Ich meine damit nicht gerade die 
bloße trockne Erfahrung, nein es ist eine Erhöhung der Klar- 
heit und der Fülle des Selbstgefühls, man ist mehr das, was 
man ist, und ist sich klarer bewußt, wie man es ist und wurde. 
Und das ist doch der Mittelpunkt für des Menschen jetziges 
und künftiges Daseyn, also das Höchste und Wichtigste für 
ihn. Das wird Ihnen, liebe Charlotte, mehr und besser zeigen, 
wie ich es meine, wenn ich das Alter der Jugend vorziehe. 
Mein eigentlicher Wunsch wäre aber, daß ich allein alt würde, 
und Alles um mich her jung bliebe. Damit würden auch die 
Anderen zufrieden seyn, und gegen diese Selbstsucht keine 


22 


Te ee we asp —M ná—— A ee, — — -- 


Einwendung machen. Ganz im Ernste zu sprechen, obgleich 
auch das mein Ernst ist, ich meine nur in dem Ernste zu 
sprechen, den auch andre dafür nehmen würden, so bin 
ich weit entfernt zu verkennen, daß die Jugend im ge- 
wissen und im wahren Sinne eigentlich nicht bloß schöner 
und anmuthiger, sondern auch in sich mehr und etwas 
Hoheres ist, als das Alter. Eben weil wenig Einzelnes ent- 
wickelt ist, wirkt das Ganze mehr als solches, auch ent- 
wickelt das Leben nicht immer alle Anlagen, oft nur 
wenige, und da ist dann die Jugend wirklich mehr. Auch 
liegt da іп beiden Geschlechtern ein ргойег Unterschied. 
Dem Mann wird es viel leichter, den Schein und selbst 
die Wirklichkeit zu gewinnen, als sey er im Alter mehr 
und viel mehr geworden. Man schätzt in ihm viel mehr die 
Eigenschaften, die wirklich dem Alter mehr angehören, und 
erläßt ihm die Frische und den Reiz der jüngeren Jahre. Er 
kann immer Mann bleiben, und sogar mehr werden, wenn er 
auch die körperliche Kraft sehr einbüßt. Bei Frauen ist das 
nicht ganz so der Fall, und die Strenge der Willensherrschaft, 
die Höhe der freiwilligen Selbstverläugnung, durch die das 
weibliche Alter sich eine so jugendliche Kraft erhalten kann, 
haben nur wenige den Muth sich anzueignen. Allein auch in 
Frauen bewahrt das Alter Vieles, was man in ihrer Jugend 
vergebens suchen würde, und was jeder Mann von Sinn und 
Gefühl vorzugsweise schätzen wird... In demjenigen, was 
Sie über den Unterschied zwischen der neueren Geschichte 
und dem Alterthume sagen, stimme ich Ihnen vollkommen 
bei. Man befindet sich auf einem ganz andren Boden im 
Alterthum. Es ergieng zwar den Menschen in jenen fernen 
Jahrhunderten auch wie uns jetzt. Aber die Verhältnisse 
waren natürlicher, einfacher, und wurden, was die Haupt- 


23 


sache ist, frischer aufgenommen, ergriffen, behandelt und 
umgestaltet. Auch ist die Darstellung würdiger, hinreißender, 
und vor allem poetischer. Die Poesie war damals noch wahre 
Natur, nicht eine Kunst, sie war noch nicht geschieden von 
der Prosa. Dies poetische Feuer, diese Klarheit anschaulicher 
Schilderung verbreitet sich nun für uns über das ganze Alter- 
thum, das wir nur durch diesen Spiegel kennen. Denn aller- 
dings müssen wir uns sagen, daß wir wohl manches anders 
und schöner sehen, als es war. Ich will damit nicht geradezu 
sagen, daß die Art, wie die Dinge erzählt werden, unrichtig 
sey. Das nicht. Allein das Colorit ist ein andres, wir sehen 
die Menschen und ihre Thaten in anderen Farben. Auch 
fehlen uns eine Menge kleiner Details, wir sehen nicht Alles, 
oft nur die hervorstechenden, wenn auch nicht mit Fleiß aus- 
gewählten Züge. So wird Alles überraschender und colos- 
saler. — Ich vermuthe, daß Sie bei dem schönen, gelinden 
und oft sonnigen Wetter auch täglich Ihren Garten besuchen. 
Ich lasse keinen Tag ohne Spatziergang vorübergehen. DieSonne 
aber entgeht mir bisweilen, da ich mich in meinem Spatzieren- 
gehen nicht nach ihr richte. Ich gehe immer Sommers-und 
Winters am Nachmittag, und die Sonne versteckte sich in diesen 
Tagen hier am Mittag in Nebel. Meine Gesundheit, denn ich 
sehe, daß ich noch nicht von ihr gesprochen, ist sehr gut. Ich 
habe bis jetzt in diesem Winter nicht einmal einen Schnupfen 
gehabt. Ich könnte also nur über Altersschwächen klagen; diese 
sindabernatürlich, undich ertrage sie ohne mich über siezu wun- 
dern. — Ich bitte Sie, liebe Charlotte, Ihren nächsten Brief am 
25. dieses Monats zur Post zu geben. Leben Sie nun recht wohl, 
und rechnen Sie immer auf meineunveränderte Theilnahme. Н. 


Aus Wilhelm von Humboldt; Briefen an eine Freundin, zum erstenmal 
nach den Handschriften herausgegeben von Albert Leitzmann. 


24 


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HUGO VON HOFMANNSTHAL: AUS DER FREIEN 
ÜBERTRAGUNG DER „ALKESTIS“ DES EURIPIDES 


PROLOG 


Stimme auf der Gartenmauer, von einer leisen Musik begleitet, 


halb Gebet, halb Lied 


O liebst du nicht mehr dies gastliche Haus, ` 
Phöbos Apollon? 
Und liebtest es doch und hast einst nicht verschmäht, 
Phöbos Apollon, 
Hier dienend im Hause, ein weidender Hirt, 
Zu führen die Herde auf Heide und Hald 
Und mit tönendem Rohr zu berauschen den Wald, 
Herr, Phöbos Apollon! 
Da kamen die Lüchse und weideten mit, 
Da folgten die Lowen dem Klang und dem Schritt 
In feuerfarbenem Rudel, 
Gebunden von süßer Gewalt, 
Um deine Zither die bunten Reh 
Hintanzten und ließen für deine Näh 
Den dunklen schweigenden Wald! 
Vergißt du, Apollon, so bald, 
Die sterblichen Menschen so bald? 


NÄNIE AN DER BAHRE DER ALKESTIS 


Die älteren Frauen, rezitativisch 


Es pflücken die Menschen die Früchte des Lebens, 
Die Wunder der Weite, die Wunder der Nähe. 

Sie saugen den Zauber der Töne aus Flöten 

Und Königsgedanken aus Träumen der Nacht. 


27 


Sie fahren im hohen Wagen des Leben: 

Mit stolzen Stirnen den Wunderweg, 

Da springt gegen sie mit eichener Keule 
Und schlágt sie nieder das stumme Geschick. 


Die jüngeren Frauen 
Wir dürfen nicht fragen, wir könnens nicht fassen! 
O Бгесһес die Früchte, umschlinget einander, 
Beladet mit Leben die fliehenden Stunden, 
Mit Lachen und Liebe, mit Herrschaft und Lust! 
Was frommen die duftenden, goldnen Sandalen, 
Was frommen die Spangen, was frommen die Blumen, 
Um nieder ins Dunkel zu folgen dem Tod? 


Gesang der Sklavinnen 


Nicht des Geiers Schwingen schlage 
Ihr ums Haupt, die wilden, Tod, 
Flieg ihr auf den Mund, ein Falter, 
Schwarz und still im Abendrot! 


Führ sie nicht die schlimmen Wege 
Zu der blutigen Schatten Schar, 
Laß sie gehn auf Dämmerwiesen, 
Träumerei und Mohn іт Haar! 


Aus dem Jahrbuch „Hesperas“. 


J. G. FICHTE: MARTIN LUTHER UND DIE 
DEUTSCHE NATION 


AS aus Asien stammende und durch seine Verderbung 
erst recht asiatisch gewordene, nur stumme Ergebung 


28 


und blinden Glauben predigende Christentum war schon fiir 
die Römer etwas Fremdartiges und Ausländisches; es wurde 
niemals von ihnen wahrhaft durchdrungen und angeeignet 
und teilte ihr Wesen in zwei nicht aneinander passende Halften, 
wobei jedoch die Anfügung des fremden Teils durch den an- 
gestammten schwermütigen Aberglauben vermittelt wurde. 
An den eingewanderten Germaniern erhielt diese Religion 
. Zéglinge, in denen keine frühere Verstandesbildung ihr hinder- 
lich war, aber auch kein angestammter Aberglaube sie be- 
günstigte, und so wurde sie denn an dieselben gebracht als 
ein zum Römer, das sie nun einmal sein wollten, eben auch 
. gehöriges Stück ohne sonderlichen Einfluß auf ihr Leben. 
Daß diese christlichen Erzieher von der altrómischen Bildung 
und dem Sprachverständnisse als dem Behälter derselben nicht 
mehr an diese Neubekehrten kommen ließen, als mit ihren 
Absichten sich vertrug, versteht sich von selbst. Als später- 
hin die echten und unverfalschten Denkmale der alten Bildung 
in die Hände dieser Völker fielen und dadurch der Trieb, 
selbsttätig zu denken und zu begreifen, in ihnen angeregt 
wurde, so mußte, da ihnen teils dieser Trieb neu und frisch war, 
teils kein angestammtes Erschrecken vor den Göttern ihm das 
Gegengewicht hielt, der Widerspruch eines blinden Glaubens 
und der sonderbaren Dinge, welche im Verlaufe der Zeiten 
zu Gegenständen desselben geworden waren, dieselben weit 
härter treffen denn sogar die Römer, als an diese zuerst das 
Christentum kam. Einleuchten des vollkommnen Wider- 
. Spruchs aus demjenigen, woran man bisher treuherzig geglaubt 
“hat, erregt Lachen; die, welche das Rätsel gelöst hatten, lach- 
ten und spotteten, und die Priester selbst, die es ebenfalls 
gelöst hatten, lachten mit, gesichert dadurch, daß nur sehr 
wenigen. der Zugang zur altertiimlichen Bildung als dem 


29 


Lösungsmittel des Zaubers offenstehe. Ich deute hiemit vor- 
züglich auf Italien als den damaligen Hauptsitz der neu- 
römischen Bildung, hinter welchem die übrigen neurömischen 
Stämme in jeder Rücksicht noch sehr weit zurück waren. 

Sie lachten des Truges, denn es war kein Ernst in ihnen, 
den er erbittert hatte; sie wurden durch diesen ausschließen- 
den Besitz einer ungemeinen Erkenntnis um so sicherer ein 
vornehmer und gebildeter Stand und mochten es wohl leiden, 
daß der große Haufe, für den sie kein Gemüt hatten, dem 
Truge ferner preisgegeben und so auch für ihre Zwecke folg- 
samer erhalten bliebe. Also nun, daß das Volk betrogen 
werde, der Vornehmere den Betrug nütze und sein lache, 
konnte es fortbestehen; und es würde wahrscheinlich, wenn 
in der neuen Zeit nichts vorhanden gewesen wäre außer Neu- 
römer, also fortbestanden haben bis ans Ende der Tage. 

Nicht länger aber konnte der bisherige Zustand der Dinge 
bestehen, sobald dieses Licht in ein in wahrem Ernste und 
bis auf das Leben herab religiöses Gemüt fiel und wenn dieses 
Gemüt von einem Volke umgeben war, dem es seine ernstere 
Ansıcht der Sache leicht mitteilen konnte, und dieses Volk 
Häupter fand, welche auf sein entschiedenes Bedürfnis etwas 
gaben. So tief auch das Christentum herabsinken mochte, so 
, bleibt doch immer in ihm ein Grundbestandteil, in dem Wahr- 
heit ist und der ein Leben, das nur wirkliches und selbständiges 
Leben ist, sicher anregt, die Frage: was sollen wir tun, damit 
wir selig werden? War diese Frage auf einen erstorbenen 
Boden gefallen, wo es entweder überhaupt an seinen Ort ge- 
stellt blieb, ob wohl so etwas wie Seligkeit im Ernste mög- 
lich sei, oder wenn auch das erste angenommen worden wäre, 
dennoch gar kein fester und entschiedener Wille, selbst auch 
selig zu werden, vorhanden war, so hatte auf diesem Boden 


30 


: die Religion gleich anfangs nicht eingegriffen in Leben und 
: Willen, sondern sie war nur als ein schwankender und blasser 
- Schatten im Gedächtnisse und in der Einbildungskraft be- 
: fangen geblieben; und’ so mußten natürlich auch alle fernere 
: Aufklärungen über den Zustand der vorhandenen Religions- 


тт 


begriffe gleichfalls ohne Einfluß auf das Leben bleiben. War 


: hingegen jene Frage in einen ursprünglich lebendigen Boden 
. gefallen, so daß im Ernste geglaubt wurde, es gebe eine Selig- 
. keit, und der feste Wille dawar, selig zu werden, und die von 


me 


der bisherigen Religion angegebnen Mittel zur Seligkeit mit 


- innigem Glauben und redlichem Ernste in dieser Absicht ge- 
; braucht worden waren, so mußte, wenn in diesen Boden, der 
: gerade durch sein Ernstnehmen dem Lichte über die Be- 


e 


schaffenheit dieser Mittel sich lánger verschlofj, dieses Licht 
zuletzt dennoch fiel, ein gräßliches Entsetzen sich erzeugen 


: vor dem Betruge um das Heil der Seele, und die treibende 


лы 


Unruhe, dieses Heil auf andere Weise zu retten, und was als in 
ewiges Verderben stiirzend erschien, konnte nicht scherzhaft 
genommen werden. Ferner konnte der einzelne, den zuerst 


: diese Ansicht ergriffen, keinesweges zufrieden sein, etwa 
; nur seine eigne Seele zu retten, gleichgültig über das Wohl 
. aller übrigen unsterblichen Seelen, indem er seiner tiefern 
; Religion zufolge dadurch auch nicht einmal die eigne Seele ge- 
: rettet hatte; sondern mit der gleichen Angst, die er um diese 


fühlte, mußte er ringen, schlechthin allen Menschen in der 


; Welt das Auge zu öffnen über die verdammliche Täuschung. 


Auf diese Weise nun fiel die Einsicht, die lange vor ihm 
sehr viele Ausländer wohl in größerer Verstandesklarheit ge- 
habt hatten, in das Gemüt des deutschen Mannes Luther. An 
altertümlicher und feiner Bildung, an Gelehrsamkeit, an 
andern Vorzügen übertrafen ihn nicht nur Auslander, sondern 


31 


sogar viele іп seiner Nation. Aber ihn ergriff ein allmachtiger 
Antrieb, die Angst um das ewige Heil, und dieser ward das 
Leben in seinem Leben und setzte immerfort das letzte in die 
Wage und gab ihm die Kraft und die Gaben, die die Nachwelt 
bewundert. Mögen andere bei der Reformation irdische 
Zwecke gehabt haben, sie hätten nie gesiegt, hätte nicht an 
ihrer Spitze ein Anführer gestanden, der durch das Ewige be- 
geisrert wurde; daß dieser, der immerfort das Heil aller un- 
sterblichen Seelen auf dem Spiel stehen sah, allen Ernstes 
allen Teufeln in der Hölle furchtlos entgegenging, ist natür- 
lich und durchaus kein Wunder. Dies nun ist ein Beleg von 
deutschem Ernst und Gemüt. 

Daß Luther mit diesem rein menschlichen und nur durch 
jeden selbst zu besorgenden Anliegen an alle und zunächst an 
die Gesamtheit seiner Nation sich wendete, lag, wie gesagt, 
in der Sache. Wie nahm nun sein Volk diesen Antrag auf? 
Blieb es in seiner dumpfen Ruhe, gefesselt an den Boden 
durch irdische Geschäfte und ungestört fortgehend den ge- 
wohnten Gang, oder erregte die nicht alltägliche Erscheinung 
gewaltiger Begeisterung bloß sein Gelächter? Keinesweges, 
sondern es wurde wie durch ein fortlaufendes Feuer ergriffen 
von derselben Sorge für das Heil der Seele, und diese Sorge 
eröffnete schnell auch ihr Auge der vollkommnen Klarheit, 
und sie nahmen auf im Fluge das ihnen Dargebotene. War 
diese Begeisterung nur eine augenblickliche Erhebung der Ein- 
bildungskraft, dieimLeben und gegen dessen ernsthafte Kämpfe 
und Gefahren nicht standhielt? Keinesweges, sie entbehrten 
alles und trugen alle Martern und kämpften in blutigen 
zweifelhaften Kriegen, lediglich damit sie nicht wieder unter 
die Gewalt des verdammlichen Papsttums gerieten, sondern 
ihnen und ihren Kindern fort das allein seligmachende Licht 


32 


; des Evangeliums schiene; und es erneuten sich an ihnen in 

. später Zeit alle Wunder, die das Christentum bei seinem Be- 

: ginnen an seinen Bekennern darlegte. Alle Äußerungen jener 

. Zeit sind erfüllt von dieser allgemein verbreiteten Besorgtheit 

. um die Seligkeit. Sehen Sie hier einen Beleg von der Eigen- 
tümlichkeit des deutschen Volkes. Es ist durch Begeisterung 
zu jedweder Begeisterung und jedweder Klarheit leicht zu er- 
heben, und seine Begeisterung hält aus für das Leben und ge- 
staltet dasselbe um. 

Auch früher und anderwärts hatten Reformatoren Haufen 
des Volks begeistert und sie zu Gemeinen versammelt und 
gebildet; dennoch erhielten diese Gemeinen keinen festen und 
auf dem Boden der bisherigen Verfassung gegründeten Be- 
stand, weil die Volkshäupter und Fürsten der bisherigen Ver- 
fassung nicht auf ihre Seite traten. Auch der Reformation 
durch Luther schien anfangs kein günstigeres Schicksal be- 

. stimmt. Der weise Kurfürst, unter dessen Augen sie begann, 
schien mehr im Sinne des Auslandes als in dem deutschen 
weise zu sein; er schien die eigentliche Streitfrage nicht sonder- 
lich gefaft zu haben, einem Streite zwischen zwei Mónchs- 
orden, wie es ihm schien, nicht viel Gewicht beizulegen und 
höchstens bloß um den guten Ruf seiner neu errichteten 
Universität besorgt zu sein. Aber er hatte Nachfolger, die, 
weit weniger weise denn er, von derselben ernstlichen Sorge 
für ihre Seligkeit ergriffen wurden, die in ihren Völkern 
lebte, und vermittelst dieser Gleichheit mit ihnen verschmol- 
zen bis zu gemeinsamen Leben oder Tod, Sieg oder Unter- 
gange. 

Sehen Sie hieran einen Beleg zu dem Grundzuge der 
Deutschen als einer Gesamtheit und zu ihrer durch die Natur 
begründeten Verfassung. Die großen National- und Welt- 


33 


angelegenheiten sind bisher durch freiwillig auftretende 
Redner an das Volk gebracht worden und bei diesem durch- 
gegangen. Mochten auch ihre Fürsten anfangs aus Aus- 
länderei und aus Sucht, vornehm zu tun und zu glänzen, wie 
jene sich absondern von der Nation und diese verlassen oder 
verraten, so wurden sie doch später leicht wieder fortgerissen 
zur Einstimmigkeit mit derselben und erbarmten sich ihrer 
Völker. Daß das erste stets der Fall gewesen sei, werden wir 
tiefer unten noch an andern Belegen dartun; daß das letztere 
fortdauernd der Fall bleiben möge, können wir nur mit heißer 
Sehnsucht wünschen. 

Ohnerachtet man nun bekennen muß, daß in der Angst 
jenes Zeitalters um das Heil der Seelen eine Dunkelheit und 
Unklarheit blieb, indem es nicht darum zu tun war, den äuße- 
ren Vermittler zwischen Gott und den Menschen nur zu уег- 
ändern, sondern gar keines äußern Mittlers zu bedürfen und 
das Band des Zusammenhanges in sich selber zu finden, so war 
es doch vielleicht notwendig, daß die religiöse Ausbildung 
der Menschen im ganzen durch diesen Mittelzustand hindurch- 
ginge. Luthern selbst hat sein redlicher Eifer noch mehr ge- 
geben, denn er suchte, und ihn weit hinausgeführt über sein 
Lehrgebäude. Nachdem er nur die ersten Kämpfe der Ge- 
wissensangst, die ihm sein kühnes Losreißen von dem ganzen 
bisherigen Glauben verursachte, bestanden hatte, sind alle 
seine AuBerungen voll eines Jubels und Triumphs über die 
erlangte Freiheit der Kinder Gottes, welche die Seligkeit ge- 
wif nicht mehr auBer sich und jenseit des Grabes suchten, 
sondern der Ausbruch des unmittelbaren Gefühls derselben 
waren. Er ist hierin das Vorbild aller künftigen Zeitalter ge- 
worden und hat für uns alle vollendet. — Sehen Sie auch hier 
einen Grundzug des deutschen Geistes. Wenn er nur sucht, 


34 


so findet ег mehr, als ег suchte; denn ег регас hinein іп 
den Strom lebendigen Lebens, das durch sich selbst fortrinnt 
und ihn mit sich fortreift. 

Dem Papsttume, dieses nach seiner eignen Gesinnung ge- 
nommen und beurteilt, geschahe durch die Weise, wie die 
Reformation dasselbe nahm, ohne Zweifel unrecht. Die Äuße- 
rungen desselben waren wohl größtenteils aus der vorliegen- 
den Sprache blind herausgegriffen, asiatisch rednerisch über- 
treibend, gelten sollend, was sie könnten, und rechnend, daß 
mehr als der gebührende Abzug wohl ohnedies werde gemacht 
werden, niemals aber ernstlich ermessen, erwogen oder ge- 
meint. Die Reformation nahm mit deutschem Ernste sie nach 
ihrem vollen Gewichte; und sie hatte recht, daß man alles 
also nehmen solle, unrecht, wenn sie glaubte, jene hätten es 
also genommen, und sie noch anderer Dinge denn ihrer natür- 
lichen Flachheit und Ungründlichkeit bezichtigte. Überhaupt 
ist dies die stets sich gleichbleibende Erscheinung in jedem 
Streite des deutschen Ernstes gegen das Ausland, ob dieses 
sich nun außer Landes oder im Lande befinde, daß das lerztere 
gar nicht begreifen kann, wie man über so gleichgültige Dinge, 
als Worte und Redensarten sind, ein so großes Wesen erheben 
möge, und daß sie, aus deutschem Munde es wieder hörend, 
nicht gesagt haben wollen, was sie doch gesagt haben und 
sagen und immerfort sagen werden, und über Verleumdung, 
die sie Konsequenzmacherei nennen, klagen, wenn man ihre 
Äußerungen in ihrem buchstäblichen Sinne und als ernstlich 
gemeint nimmt und dieselben betrachtet als Bestandteile einer ` 
folgebeständigen Denkreihe, die man nun rückwärts nach 
ihren Grundsätzen und vorwärts nach ihren Folgen herstellt 
— indes man doch vielleicht sehr entfernt ist, ihnen für die 
Person klares Bewußtsein dessen, was sie reden, und Folge- 


35 


beständigkeit beizumessen. In jener Anmutung, man müsse 
eben jedwedes Ding nehmen, wie es gemeint sei, nicht aber 
etwa noch darüber hinaus das Recht, zu meinen und laut zu 
meinen, in Frage ziehen, verrät sich immer die noch so tief | 


versteckte Ausländerei. 
Aus Fichtes „Reden an die dentsche Nation“, 


meme revidierte Ausgabe von Rudolf Eucken. 


DREI SONETTE VON WILLIAM SHAKESPEARE 


EBST du noch fort, wenn nach genoßnen Tagen 

Der Tod mein Irdisches dem Staube gibt, | 
Und musterst du noch einmal diese zagen, | 
Kunstlosen Zeilen deß, der dich geliebt: 
Bemiß sie nach der bessern Zeiten Gunst, 
Und sind sie gleich veraltet und verpönt, 
Ehr meine Liebe, nicht des Liedes Kunst, 
Das schon manch Glücklicherer übertönt. 
Dann sollst du noch in Liebe von mir sagen: 
Hatt er den Aufschwung dieser: Zeit gesehn, 
Sein Lieben hätte beßre Frucht getragen, 
Er dürfte kühn in stolzern Reihen gehn. 


Doch weil er tot, und andre besser schrieben, 
Frag ich nach ihrem Stil, nach seinem Lieben. 


MANCH holder Morgen stieg aus Finsternissen, 
Mit Herrscherblick die Höhen zu umwerben, 
Mit goldnem Mund der Wiesen Grün zu küssen 
Und blasse Ströme wundersam zu färben; 

Bis niederstes Gewólk am Himmelszelt 

In trübem Schwarm sein Antlitz überflog 


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Und er sich barg vor der verlaßnen Welt 
Und heimlich, ohne Zier gen Westen zog: 
So schien auch mir ein Morgensonnenschein, 
Von allgebietend-hehrem Glanz erfüllt; 
Doch ach! er war nur eine Stunde mein. 
Die Wetterwolke hat ihn mir verhüllt. 


Doch bleibt er unverachtet meinem Herzen; 
Wenn Sonnen fliehn, mag Erdenlicht sich schwärzen. 


SOLL ich dich einem Sommertag vergleichen ? 
Holdseliger und milder noch bist du: 

Durch Maienknöspchen rauhe Winde streichen, 
Des Sommers Frist geht raschem Ende zu. 

Oft glüht des Himmels Auge gar zu heiß, 

Oft zeigt sein goldner Glanz des Dunkels Spur, 
Das Schöne weicht oft aus der Schönheit Gleis 
Durch Zufall oder Wandel der Natur. 

Doch nimmer schwindet deines Sommers Pracht, 
Und was du Holdes hast, wird ewig weilen; 
Du wirst nicht wandeln in des Todes Nacht, 
Wenn du verewigt bist in ewgen Zeilen. 
Solange Menschen atmen, Augen sehn, 

Lebt mein Gedicht, in ihm wirst du bestehn. 


Aus: Shakespeares Sonette. Jubiläumsausgabe 
(1609—1909). Übertragen von Edward Sänger. 


WILHELM HEINSE: DER RHEINFALL BEI SCHAFF- 
HAUSEN 


Neuhaußen bey Schafhausen. Den 14 August, 1780. 
ER Rhein bey Schafhausen thut einen solchen Schuß 
in die Tiefe, daß er das Laufen vergißt, und sich 


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besinnt, ob ег Dunst werden, oder Wasser bleiben will. 
Wenn man ihn zum ersten erblickt: so sieht man lauter 
Dunststaub wie Silberrauch in der Luft. Sein Brausen in 
der Ferne scheint wie Harmonie, іл welche einzelne 
Fluthenschläge die Melodie machen. Er sieht ganz wild 
und ernst aus, und stürmt trotzig über die Felsen hin, 
kühn und sicher nicht zu vergehen. Es ist eine erschreck- 
liche Gewalt, und man erstaunt, wie die Felsen dagegen 
aushalten können. Das Wasser scheint von der heftigen 
Bewegung zu Feuer zu werden und raucht; aber sein 
Dampf ist Silber, so rein wie sein Element ist. 


Den 14 Nachmittags auf der Zürcherseite. 

Es ist der ungeheuerste Krieg der Riesenkráfte der Natur 
gegen einander. Allmählich vom weiten rauscht der Rhein 
die Felsen an, die hervorstehen; und fangt schon ап zu 
zürnen, und schäumt an vielen Orten und Seiten auf, bis 
er sich im Grimm herniedersttirzt, und seine Fluthen ап 
den grofen Massen von Stein aufbrausen, und immer 
schneller und jähzorniger mit einer Allgewalt gegen die 
entgegen stehenden und weit darüber herausragenden un- 
beweglichen Pfeiler in die Tiefe schiefen, da& der Dunst- 
staub davon in die Luft prallt, als ein starker Geist herum 
wirbelt, immer in feinere Wölkchen sich wälzt, und end- 
lich menschlichen Augen verschwindet. Das unergründlich 
tiefe Brausen schlägt mit einer entzückenden Majestät in 
die Ohren. Die zwey hervorragenden Steinpfeiler sehen 
aus wie feindliche Dàmonen; insonderheit hat der erste 
von der linken Seite, welchen der Anprall unten ausgehóhlt 
hat, einen runden Katzenkopf. Man steht wie mitten in 
der Schlacht; nur ist der Eindruck weit größer, als er bey 


38 


KL 


einem menschlichen Gewtirge seyn kann; und vielleicht 
dem muthigsten Helden wird es vor dem Gedanken zittern, 
mit anzugreiffen. 

Was dieser Anblick für eine Menge Bilder und Gefühle 
in mir erregt hat, ist unaussprechlich und unbeschreiblich. 
Das große Becken, wohinein er stürzt, prallt wieder, wie 
ein stürmischer See auf allen. Seiten. Er kömmt oben 
herangezogen, und fällt mit allerley majestätischen Formen 
von Kopfsgestalt in Achillischer und Ajaxischer Wuch herein 
und an, grün; wie Feueraugen, und weich von Schaum wie 
Sammt und Seide in brennender Zartheit, die in den aller- 
geschwindesten Momenten sich immer abändert. 

Auch das bestgemahlte Bild von ihm wird immer todt 
bleiben. .Die Heftigkeit der Bewegung giebt ihm das 
Leben, welches warm und kalt ans Herz greift, daß einem 
vor Entzücken und Furcht der Odem aussenbleibt. Man 
müßte ihn denn von oben herab mahlen, daß man sähe, 
was er wolle. Er will in die Tiefen der Mutter Erde, um 
sich mit ihr im Innern zu vereinigen. Ihr Fleisch und 
Gebein von außen hemmt ihn. Nun trift er Grund an, 
und will hinein; Felsen halten ihn auf; er stürmt, und 
führt mit Allgewalt seine Wogen an; schießt hernieder, 
und schäumt und sprudelt, und löst sich auf im Feuer der 
Liebe, daß sein Geist in den Lüften herum dampft. Auch 
will er nicht fort unten, und wirbelt noch lange heiß herum 
ım Becken, als ob ihm die Zeit still stünde. 


Den ı5 August Nachmittags um 5 Uhr auf der Zürcher Seite. 

Es ist, als ob eine Wasserwelt in den Abgrund aus den 
Gesetzen der Natur hinausrollte. Die Gewölbe der Schaum- 
wogen im wüthenden Schuß flammt ein glühender Regen- 


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bogen wie ein Geist des Zorns schrag herab. Keine Er- 
innerung, der höchste Flug der Phantasie kanns der 
gegenwärtigen Empfindung nachsagen. Die Natur zeigt 
sich ganz in ihrer Größe. Die Allmacht ihrer Kräfte zieht 
donnernd die kochenden Fluthen herab, und giebt den un- 
geheuern Wassermassen die Eile des Blitzes. Es ist die 
allerhöchste Stärke, der wüthendste Sturm des größten 
Lebens, das menschliche Sinnen fassen können. Der Mensch 
steht klein wıe ein Nichts davor da, und kann nur bis ins 
Innerste gerührt den Aufruhr betrachten. Selbst der schlaffste 
muß des Wassergebürggetümmels nicht satt werden können. 
Der kälteste Philosoph muß sagen, es ist eine von den un- 
geheuersten Wirkungen der anziehenden Kraft, die in die 
Sinne fallen. Und wenn man es das hundertste mahl sieht: 
so ergreifts einen wieder vom neuen, als ob man es noch 
nicht gesehen hätte. Es ist ein Riesensturm, und man wird 
endlich ungeduldig, daß man ein so kleines festes mecha- 
nisches zerbrechliches Ding ist, und nicht mit hinein kann. 
Der Perlenstaub, der überall, wie von einem großen wüthen- 
den Feuer herum dampft, und wie von einem Wirbelwind 
herumgejagt wird, und allen den großen Massen einen 
Schatten ertheilt, oder sie gewitterwolkicht macht, bildet 
ein so fürchterliches Ganzes mit dem Flug und Schuß und 
Drang, und An- und Abprallen, und Wirbeln und Sieden 
und Schäumen in der Tiefe, und dem Brausen und dem 
majestätischen Erdbebenartigen Krachen dazwischen, daß 
alle Tiziane, Rubense und Vernets vor der Natur müssen 
zu kleinen Kindern und lächerlichen Affen werden. O Gott 
welche Musik, welches’ Donnerbrausen, welch ein Sturm 
durch all mein Wesen! Heilig, heilig, heilig! brüllt es in 
Mark und Gebein, kommt, und laßt euch die Natur eine 


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andre Oper vorstellen, mit andrer Architektur, und andrer 

Fernmahlerey, und andrer Harmonie und Melodie, als die 

von jammerlicher Verschneidung mit einem winzigen Messer 
© euch entzückt. Es ist mir, als ob ich in der geheimsten 
: Werkstatt der Schöpfung mich befände, wo das Element 
: von fürchterlicher Allgewalt gezwungen sich zeigen muß, 
г wie es ist, in zerstürmten ungeheuern großen Massen. Und 
. doch läßt das ihm eigenthümliche Leben sich nicht ganz 
: bändigen, und schäumt und wüthet und brüllt, daß die 
2 Felsen und die Berge neben an erzittern und klingen, und der 
2 Himmel davor sein klares Antlitz verhüllt, und die flam- 
x: mende Sommersonne mit mildern Strahlen drein schaut. 
: Es ise der Rheinstrom, und man steht davor wie vor 
ғ dem Innbegriff aller Quellen, so aufgelöst ist er; und doch 
x: sind die Massen so stark, daß sie das Gefühl statt des 
zı Auges ergreiffen, und die Bewegung so trümmernd heftig, 
> dafó dieser Sinn ihr nicht nach kann, und Ше Empfindung 
‚zimmer neu bleibt, und ewig schauervoll und entzückend. 
i: Man hört und fühlt sich selbst nicht mehr, das Auge 
xx sieht nicht mehr, und läßt nur Eindruck auf sich machen;. 
Е 50 wird man ergriffen, und von nie empfundnen Regungen 
2 durchdrungen. Oben und unten sind kochende Staubwolken; 
A" und in der Mitte wälzt sich blitzschnell die dicke Fluth 
GG wie ein grünlichtes Metall mit Silberschaum im Fluß; unten 
jöstürzt es mit allmächtiger Gewalt durch den kochenden 
, Schaum in Abgrund, daß er wie von einer heftigen Feuers- 
піз brunst sich in Dampf und Rauch auflóst, und sich über 
) das weite Becken wirbelt und krauselt. An der linken 
іш Seite, wo sein Strom am stärksten sich herein wälzt, fliegt 
gider Schuß wie Ballen zerstäubter Kanonenkugeln weit ins 
o Becken, und giebt Stöße an die Felsenwand wie ein Erd- 


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beben. Rund um weiter hin ist alles Toben und Wüthen, 
und das Herz und die Pulse schlagen dem Wassergotte, 
wie einem Alexander nach gewonnener Schlacht. 
Аш Wilhelm Heinses Tagebüchern, 
berussgegeben von Carl Schäddekopf. 


DIE ZWEITE EPODE DES HORAZ / ÜBERTRAGEN 
VON RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER 


DREIMAL selig, der von Stadtgeschäften fern, 

Wie einst der Menschen erst Geschlecht, 
Die Väter-Flur mit seinen eignen Rindern pflügt, 
Von allem Zins und Wucher frei, | 
Ihn weckt im Feld nicht trotzger Hórner Ruf zur Schlacht, | 
Ihm drauet nicht das wilde Meer; | 
Des Markts Geschrei vermeidet er und suchet nicht 
Der Grofen stolze Schwelle heim. 
Mit schwanker Rebe zart erwachsenem Geschlecht 
Vermahlt er schlanker Pappeln Reihn 
Und sieht behaglich, wie im Schoß des Wiesentals 
Die Herde blókend sich zerstreut. 
Sein Messer schneidet unfruchtbare Zweige aus 
Und pfropft dem Stamm ein glücklich Reis. 
Er birgt des Honigs süße Last im reinen Krug 
Und schert geduldiger Schafe Kleid. | 
Und hat der Herbst, mit runden Apfeln schón geschmiickt, 
Sein Haupt erhoben überm Land, 
Wie pflückt er froh der Quitten selbst gezogene Frucht 
Und schwerer Trauben Purpurglut, 
Dir, dir, Priap, zum Opfer und, o Vater, dir, 
Sylvanus, der die Grenzen schützt! 


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Dann darf er bald in alten Eichbaums Schatten ruhn 
Und bald im Gras, das immer griint. 
Inzwischen gleiten Bache durch die Ufer hin, 
In Waldern klagt der Vogel Ruf; 
Der Quellen träufelnd Rinnsal plaudert im Geklüft 
Und lädt zu leichtem Schlummer ein. 
Wenn dann mit Jovis winterlichem Jahr erscheint 
Gewitter, Schnee und Wasserflut, 
Stellt er das Netz und treibt die wütigen Eber ein 
Mit vielen Hunden hier und hier. 
An dünnen Sprenkeln spannt er leichte Fäden aus, 
Gefräßiger Drosseln Hinterhalt. 

Der scheue Has, der Kranich, der ins Garn geriet, 
Muß ihm willkommene Beute sein. 
Wer unter solchem Тап vergäße nicht der Not 
Und Sorgen, so die Liebe schafft? 
Wie? Wenn dann noch ein züchtig Weib an ihrem Teil 
Das Haus und liebe Kindlein hegt, 
Wie die Sabinerinnen sind und sonnverbrannt 
Des rüstigen Apulers Weib? 
Alt-dürre Scheiter häuft sie auf geweihtem Herd, 
Wenn müd der Mann nach Hause kommt; 
In weidene Hürden pferchet sie das muntre Vieh 
Und melkt die prallen Euter leer. 
Dann holt sie süßen Heurigen vom Faß herein 
Zum Mahl, dem alles selbst erwuchs. 
Nicht schmeckt mir so die Muschel vom Lucriner-See, 
Der Rhombus nicht, der Scarus nicht, 
Die teuren Fische, die, vom Ostwind hergeführt, 
Zur Winterszeit die Küste schaut, 
Nicht steigt die Wachtel Afrikas in meinen Bauch, 


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Die Schnepfe nicht aus Jonia 

Zu größerer Lust als die vom fettesten Gezweig 
Des Olbaums abgelesene Frucht 

Und als das Blatt des Wiesenkrautes Lapathus 

Und Malven, siechen Leibes Heil, 

Das Bócklein, das dem Terminus zu Ehren bel, 
Das Lamm, dem Wolfe abgejagt! 

Wie schön, bei solchem Schmaus die wollige Herde schaun, 
Am Abend wandernd gegens Haus, 

Die müden Rinder, die den umgewandten Pflug 
Gebeugten Nackens heimwärts ziehn, 

Und eingeborener Knechte Schar, des Hauses Stolz, 
Rings um der Laren glänzend Bild! — — 

Nachdem er also sprach, der Wucherer Alfıus, 
Bereits, bereits ein Ackersmann, 

Zog er sein ganzes Geld am Monats-Ersten ein: 
Am Zehnten legt ers wieder aus. 


ADALBERT STIFTER: AUS DEM ALTEN WIEN 


AS ich hier von Wien sage, stammt aus Wien vor 

der sogenannten Neugestaltung, also, wie sie jetzt 
sagen, aus dem alten Wien. Nicht jedermann wird das 
alte Wien verachten, und wir, die wir älter werden, ver- 
achten es am wenigsten. Ich hatte einmal eine Freundin, 
sie war sehr schön, ich hätte mich beinahe in sie verliebt 
— oder vielmehr, ich war in sie verliebt; verbiß aber die 
Sache und ließ mir nichts merken. Sie war ein wildes, 
hochfahrendes, aber auch wieder ein herrliches Ding. Die 
Farbe ihres Angesichts war fast brauner, als es sich für 
ein Mädchen ziemt. Oft meinte ich, ıch müßte ihre 


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whe 


kräftigen, roten Lippen so.sehr küssen, daß sie bluteten. 
Sie neckte mich mit Übermut; liebte mich aber doch nach 
ihrer Art. Nach einer Trennung von vielen Jahren, in 
denen wir jedes an einem andern Orte lebten, sah ich sie 
als eine sanfte, edle Mutter, als eine liebreiche Gattin und 
als eine vortreffliche Hausfrau wieder, und als müßte 
sich alles an ihr geklärt und gemildert haben, so war auch 
ihre Hautfarbe viel weißer geworden, so daß sie jetzt als 
alternde Frau fast schöner war, als einstens als blühendes 
Mädchen. Ich saß mit Verehrung gegen sie an ihrem 
Tische, hatte aber doch eine gewisse Wehmut in dem 
Herzen, und konnte dieser Wehmut nicht Meister werden. 
Erst in meinem Gasthofe erkannte ich, daß ich ihre Fehler 
vermißte. Ich war ein Narr; aber die Sache war nicht 
anders. Ich hatte auch einmal einen Vetter, er war ein 
leidlich guter Mensch, und ich war ihm herzlich zugetan. 
Als ich ihn nach langer Abwesenheit mit einigen Wider- 
wärtigkeiten ausgerüstet wiederfand, konnte ich ihn nicht 
mehr leiden. Es wird mir bei Wien mit seinen guten und 
bösen Veränderungen ein wenig so gehen, wie bei meiner 
Freundin und bei meinem Vetter. Die im alten Wien 
fröhlich waren, werden die harmlosen Dinge, welche in 
diesen Blättern folgen, ansehen, wie die ausgebleichte 
Schleife einer Geliebten, die jetzt alt geworden ist und 
von der sie nicht einmal wissen, wo sie sich befindet. 


Wenn man Süd und Südwest ausnimmt, so mag der 
Wanderer kommen von welcher Weltgegend immer, und 
er wird, bevor er noch ein Atom von der großen Stadt 
erblicken kann, schon jene schlanke, zarte, luftige Pappel 
erblicken, die still und ruhig in einem leichten blauen 


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Dufte steht und Ше Stelle anzeigt, ап der sich Ше noch 
nicht gesehene riesige Stadt hindehnet, dann, wenn er 
weiter geht, reitet oder fährt, münden sich allerwärts 
Straßen wie Adern zusammen, der Gefährten werden 
immer mehr, die schneller oder langsamer teilnahmslos an 
ihm vorüberjagen, wie Treibholz, demselben Strudel zu, 
bis sich endlich rechts und links, nah und ferne die Massen 
der Stadt heben, hier sanft rauchend und hinausdämmernd, 
dort nahe schreitend mit Dächern, Giebeln, Türmen, fun- 
kelnden Punkten — bis er endlich bei einer unscheinbaren 
Barriere hineintritt, und nun schlagen die Wogen über ihm 
zusammen. Eine endlose Gasse nimmt ıhn auf; ein Strom, 
der schmutzige und glänzende Dinge treibt, wird immer 
dichter und immer lärmender, je näher er jener Pappel 
kömmt, die er aber jetzt nirgends sieht — ja, dort tritt sie 
vor, ein dunkler, schlanker, riesiger Stift in der glänzenden 
Luft — nein, sie ist es nicht; denn weiter rechts steht 
mit einem Male eine noch größere, ruhigere, graublau 
dämmernd, den Adler auf der Spitze tragend — diese 
ists — man sieht fast das zarte Laubwerk an ihrem Schafte 
emporstreben. — Jetzt tritt wieder eine Häuserpartie da- 
zwischen — die Gasse will kein Ende nehmen; allerorts 
Drängen und Brausen und Vergnügen und Freude, nur 
dem Fremdling will es einsam werden in dieser tosenden 
Wüstenei. Fast betäubt geht er weiter; mit einem Male 
ist die Gasse zu Ende und auch die Stadt. Ein weiter 
grüner Platz voll Laubgrün und geputzter Menschen steht 
vor ihm, aber jenseits wieder eine Stadt, die ewig un- 
erreichbare Pappel wieder in ihrer Mitte tragend. — Un- 
verdrossen durchschreitet er den seltsamen Garten; ein 
finsteres Tor schlingt ihn ein; eine Versammlung glänzender 


46 


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Paläste tritt um ihn herum und nimmt ihn in die Mitte, 
ihn hier und dort hindurchgeleitend, immer zu neuen, fast 
noch glänzenderen weisend. — Dem armen Landbewohner 
ists, als seien hier ja gar keine Häuser, lauter Paläste und 
Kirchen — seine Pappel ist verschwunden — hier oder dort 
taucht wohl ihre Spitze ein wenig vor, dann wieder lange 
nicht, dann wieder auf einmal an einem ganz anderen 
Orte. — Er geht darauf zu, weicht ein wenig an dieser 
Ecke ab, dann an jener, es kömmt Gasse an Gasse, aber 
er erreicht sie nicht — ja, dort sieht die Spitze wieder 
hervor, gerade hinter ihm. Sind ihrer denn unzählige? — 
— „Nein, mein Guter, aber du gehst in der Irre — siehe 
hier, wo die endlos große Tafel auf dem Hause ist, ist 
eine Herberge: da ruhe aus, erquicke dich, siehe von 
deinem Fenster aus dem Schwalle zu, der ewig unerschöpf- 
lich um jene Ecke flutet, und gewöhne dich an ihn — dann 
morgen früh mit Tagesanbruch geh mit mir, ich führe dich 
bis zur Spitze deiner geliebten Pappel empor und zeige dir 
von dort herab die Zauberei dieser Welt.“ 

So. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Es werden 
wenige sein von allen denen, die jetzt noch unter uns 
schlummern, welche schon den Anblick genossen haben, 
der unser harret; denn sie können das Bett nicht verlassen 
oder haben niemand, der ihnen dazu verhelfen könnte, 
schon so früh heroben auf dieser Spitze sein zu können. 
Dort gegen Norden hinaus, wo die leichten weißen Nebel 
ruhen und ziehen, ist die Donau, und die dunklen Streifen, 
die sich im Nebel zu wälzen und mit ihm zu ziehen 
scheinen, sind schöne Auen, durch die der edle Strom 
wallet. — Weiter hinaus, das luftige, im Morgengrau 
schimmernde Fahlrot ist das Marchfeld, und jener blaue 


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Hauch durch den Himmel, der sich eben mit der ersten 
Milch des Morgens lichtet, sind die Karpathen und die 
Berge gegen Ungarn. Sie schweifen wie ein aus Luft ge- 
wobenes Band um den ganzen Osten, der bereits über- 
raschend schnell in ein immer feineres Licht aufblühet, 
und schwimmen dort wie in unermeflicher Ferne in die 
Luft hinaus. Aber was ist jener Berg gleich rechts daran 
mit der zum Erschrecken nahen, weißglänzenden Zeich- 
nung? Er steht eine Tagereise weit von hier gegen Süd- 
westen und ist der Schneeberg, das letzte jener Haupter, 
die, mit manchem silberweißen Helm und Panzer bedeckt, 
in jenem Zuge stehen, der vom Lande Schweiz an durch 
das Tirol herausreicht und dann, zwischen unserm Lande 
und der Steiermark laufend, hier mit einem Male ein Ende 
nimmt. Rechts von ihm siehst du die blaue Mauer weiter 
westwärts springen, bis sie dir jene dunklen Rücken decken, 
die uns breit und schwer den auch noch dunklen West- 
himmel umlagern. Wie sie auch jetzt mit dem wilden 
Schwarz um den sich hellenden Himmel liegen, so wirst du 
doch sehen, wenn über ihnen die Sonne steht, wie sie an- 
mutige Höhen sind, üppige Laubschösse, in denen die 
weißen Landhäuser herumgestreut sind, und die Dörfer 
und die Schlösser, in deren Schatten die tausend verschlun- 
genen Wege laufen, so daß diese Höhen wie ein riesen- 
hafter heitergrüner Park um die große staubende Stadt 
herumlaufen, ihren West wie ein sanfter Bogen gürtend. 
Mitten nun auf dieser dunklen Länderscheibe, die du eben 
mit deinem Auge aus dem Himmel herausgeschnitten, ge- 
rade unten zu deinen Füßen liegt die schwarze Stadt, un- 
berührt von der Morgenröte, die bereits über ihr herauf- 
flammt, dieses Bild des gestrigen Treibens, nun unbeweglich 


48 


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ruhig, wie in Todesschlummer gestiirzt, gespenstig starr 
heraufglotzend, als wäre sie tot, von keinem einzigen 
Laute erschüttert als hier und da von dem grellen Schlag 
einer geblendeten Nachtigall, die, den stillen Nacht- und 
Morgenhauch in ihren Gliedern fühlend, mitten im Stein- 
meere von grünen Zweigen träumt und einen Lieb- und 
Angstruf tut — — doch horch, das erste Lebenszeichen des 
schlafenden Ungeheuers gibt sich eben kund. Hörst du das 
ferne Rasseln durch eine Gasse, als ob Kriegsgeschütze im 
Galopp führen? Es sind die ersten Fähren, die beginnen, dem 
ungeheuren Magen seine heutige Nahrung zuzuführen, 
Fleischerwagen sind es, die durch die Schläfer rasseln und 
donnern und in ihre Träume reichen, ohne sie wecken zu 
können; denn sie haben es schon tausendmal gehört. Jerzt 
ist es wieder stille — feurige Landzungen ragen durch den 
Himmel und legen ein sanftes Purpurrot auf die grauen 
Steine um uns, die Rippen dieses Turmes, auf dem wir 
stehen. — Siehst du, ein graues Schimmern läuft schon 
hie und da durch Teile der Stadt, die dir immer größer 
wird und ihre Glieder, gleichsam wie im Morgenschlummer 
dehnend, über Hügel und Täler hinausstreckt — und in 
dem Schimmer blitzen rote Funken auf wie vortauchende 
Karfunkel, es sind Fenster, an denen sich die Morgenröte 
fängt. — Jetzt rasselt es wieder und an mehreren Stellen; 
— jetzt fängt sichs auch hier und dort in andern ver- 
worrenen Tönen zu regen an, und dort und da erbraust 
es sanft wie Atemzüge eines Erwachenden — die Nebel 
sind von der Donau verschwunden, und sie wird sichtbar 
wie ein stiller, goldner Bach. Einzelne Rauchsäulen heben 
sich bereits aus der Stadt — das Brausen schwillt — — 
hui! ein Blitz fliegt an unsern Turm: die Sonne ist herauf!!! 


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Die unten aber haben sie noch nicht — jetzt — ganz 
draußen brennt plötzlich ein Teil der Stadt an; wie es 
blitzt und von Zeile zu Zeile lodert! Jetzt brennts auch 
dort, jetzt dort, jetzt in der ganzen Stadt, ihr Rauch ver- 
mehret sich und wallt wie ein goldner triiber Brodem in 
die Morgenglut hinein. Ganze Gassen schimmern im 
Morgenglanze, ganze Fensterreihen belegen sich mit Gold 
— Turmkreuze und Kuppeln funkeln — von einzelnen 
Türmen fallen die sanften Klänge der Glocken zum 
Morgen-Ave. In den Gassen regt sichs; schwarze Punkte 
werden sichtbar und bewegen sich und schießen durchein- 
ander, sie werden immer mehr, einzelne frische Schalle 
schlagen herauf, das Rollen, Rasseln und Prasseln wird 
immer dichter, das verworrene Tönen ergreift alle Stadt- 
teile, als ob sich Gassen und Häuser durcheinanderrührten, 
bis ein einziges dichtes, dumpfes, fortgehendes Brausen un- 
ausgesetzt durch die ganze Stadt geht. Sie ist erwacht. 
Indes schwingt sich die Sonne siegend und lächelnd wie 
ein silbern reines Schild immer höher über das wirre 
Babel empor. 

Und nun, da der Тар alles ins klare gebracht hat, lasse 
unsere Blicke durch dies schöne Schauspiel wandern, ehe 
der Wind sich hebt und der Staub seinen schmutzigen 
Schleier über ganze Teile der Stadt und jenen schönen 
Schmelz der Fernsicht legt. 

Dort herein, gerade auf uns zu führt eine mächtige 
Straße, sie kömmt von unserm Hafen Triest und knüpft 
uns an den ganzen Süden. — Мітіһ nun das Fernrohr hier 
und suche die Straße; dort, wo jene ferne, schwache Staub- 
wolke aufgeht, muß sie sein — — nun, was siehst du? 
Einen langen Zug, Wagen an Wagen, langsam fahrend, 


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alle gegen die Stadt — an ihnen vortiberjagend hinein und 
hinaus die vielerlei leichten Wagen und Reiter und zwischen 
ihnen wandelnd die Fußgänger und Wanderer und Herden 
von kleinem Vieh, und Wagen, die weder zu jenen ganz 
schweren noch zu diesen leichten gehören. Jene schweren 
Wagen, die du siehest, bringen vielnamige Waren in die 
Stadt, aber ein großer Teil derselben, die du mit einem 
dunkelroten Stoffe beladen siehst, kómmt von jener Gegend, 
aus der du hinter dem Berge einzelne Rauchsäulen auf- 
steigen siehest, und bringt unablassig und unermüdlich 
jenes Materiale, woraus sich dieses riesige Häusergewimmel 
nach und nach erbaut hat: die Ziegel — und im Wiener- 
berge liegen noch und harren unmeßbare Schichten von 
Ton, daß man noch ein Wien und noch eins und weiß 
Gott wie viele aneinander fortbauen könnte, bis der Berg 
erschöpft und eben, aber auch von der Stadt verschlungen 
wäre! Und sieht man so zu, wie sie sich sputen und 
treiben und wirken, so sollte man meinen, sie hätten auch 
nichts anderes im Sinne. . . 

Und da du das Rohr einmal in Händen hast, so gehe 
nun damit etwas links — siehst du am Rande der Stadt 
jenes palastahnliche Gebäude? Es ist ein Wagenraum, aber 
für große, mächtige Wagen, deren gleich immer eine ganze 
Reihe aneinandergehängt daraus hervorfährt, von furcht- 
baren, unbändigen Rossen gezogen; ihr Schnauben ist er- 
schütternd und der Dampf ihrer Nüstern geht als hohe, 
dunkle Säule durch den Himmel; sie zermalmen jeden 
Widerstand, und ihrem Laufe vergleicht sich nur der Flug 
des Vogels, und dennoch nur ein Mensch, ein kleiner 
Mensch, du würdest ıhn mit deinem Rohre kaum sehen, 
mit einem sanften Druck seiner Hand bändigt er die Rosse, 


51 


daß sie dastehen, still und fromm wie zitternde Lämmer. 
Ei — dort fährt ег ja — siehe, die dunkle Linie schiebt 
sich durch die Saaten hin — sieh zu, eh sie dir enteilt. 
Schon steht die erste Rauchwolke weit hinter ihr am 
Himmel, aber auch ihre zweite und ihre dritte — jetzt 
deckt sie jener Abhang, jetzt ist sie wieder sichtbar, deut- 
lich hinausschwebend — — jetzt ist sie verschwunden, und 
nur der Rauch zerstreut sich langsam am Himmel. 

Wie das majestätisch ist! Und der Mensch, das körper- 
lich ohnmächtige Ding, hat das alles zusammengebracht; 
die furchtbar gewaltige Naturkraft, blind und entsetzlich, 
hat er wie ein Spielwerk vor seinen Wagenpalast gespannt 
und lenkt sie mit dem Drucke seines Fingers — und so 
wird er auch noch andere, noch innigere, noch grauen- 
haftere seinem Dienste unterwerfen und allmächtig werden 
in seinem Hause, der Erde. Die Welt wird immer schöner 
und großartiger — fast ist es betrübend, sterben zu müssen! 

Hast du hier den Menschen in seiner Stärke gesehen — 
gehe nun mit dem Rohre einen Finger breit links und 
du siehest ihn in seiner Schönheit. Ein alter, vornehm 
belasteter Palast steht am oberen Ende eines Gartens: es 
ist das Schloß zu Belvedere. — Ein kleiner schwacher Mann 
ruhte einst dort aus von seinen Taten, die die Frucht 
eines eisernen Willens waren, der in dem kleinen schwachen 
Manne wohnte, und die in ihrer Gewalt durch Europa 
klangen und wie einen Halm die Säulen brachen, auf denen 
der gefiirchtete fanatische Halbmond stand. — Jetzt ist es 
still in den Hallen des Schlosses; denn der kleine schwache 
Mann ist längst begraben, und obwohl an Hunderte von 
Helden in dem Schlosse sind, obwohl eın Kranz der schönsten 
Frauen dort weilet und Rinder und Rosse, Hirsche und 


52 


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Reiter und Walder und Felsen, Garten und Blumen und 
aller Tiere eine unzahlige Menge: so ist es doch dort 
totenstille; denn als Bilder, als schéne, ehrwiirdige Bliiten 
der Menschenseele hängen sie dort, dicht Wand an Wand 
bedeckend, als Denkmal der Größe, der Tiefe, der Liebe, 
der Innigkeit des menschlichen Herzens. Es ist eine würdige 
Nachkommenschaft des Helden, der einst hier gewandelt.*) 

... Besieh dir auch rechts ab von den Brücken jenseits des 
Stromes jene gelblich fahle Flache, wogend von Getreide 
und schier unermeflich hinausgehend bis zum Horizonte, 
der in matter Farbe an dem Himmel verschwimmt — mit 
dem Segen Gottes ist das Feld überdeckt, Nahrung und 
Heil für die Hauptstadt, aber auch einstens einmal Glück, 
einmal Unglück bringend; es ist das Feld von Aspern und 
von Wagram. Man hat vor nicht langer Zeit dort einmal 
eiserne Körner gesäet, und wer weiß, ob nicht die Millionen 
goldner, die eben dort der Ernte entgegenreifen, eine 
Frucht der eisernen sind; denn dort haben die Völker ge- 
lernt, daß einer besiegt werden konnte, der bis dahin un- 
besieglich schien. Da man jene Körner säete mit vielen 
tausend Arbeitern, da war diese Stelle, auf der wir stehen, 
gedrängt von Menschenangesichtern, und jede andere Stelle . 
unter uns, wo nur der Turm immer eine Lücke gegen 
jene Seite zeigte, wenn nur so groß wie ein Menschen- 
auge: da war auch ein solches Auge, und alle die Antlitze 
und alle die Augen waren gerichtet nach der einen Stelle, 
nach dem Saatfelde -- und manches Auge dort wird 
ahnungsvoll hieher geblickt haben nach der luftigen be- 
freundeten Pappel seiner Stadt, und in manchem brechenden 


!) Prinz Eugen. 


5 3 


wird diese Spitze noch wie ein Phantom gezittert haben. 
Der Tag ging vortiber, die Kampfer gingen vortiber, und 
die Natur hüllte schamhaft einen Blumenteppich auf diese 
Stelle. . . 

Siehe, die Sonne ist unterdes heraufgestiegen und gieft 
ihren Schimmer weithin und blendend über all den Schmelz 
und die Abenteuerlichkeit und Mannigfaltigkeit der unge- 
heuren Stadt. — Tauche denn nun getrost in dieses Treiben, 
und es wird an dir sein, dir Glück oder Unglück darinnen zu 
suchen; beides ist in Menge da zu haben. Nimm die Menschen 
und Bilder, wie sie kommen. Jetzt ein kleines unbedeuten- 
des Wesen, jetzt ein tiefer Mann voll Bedeutung; jetzt 
Scherz, jetzt Ernst, jetzt ein Einzelbild, jetzt Gruppen und 
Massen — und alles dies zusammen malet dir dann zuletzt 
Geist und Bedeutung dieser Stadt in allem, was in ihr liegt, 
sei es Gróbe und Würde, sei es Lächerlichkeit und Torheit, 


.sei es Güte und Fróhlichkeit. So, nun steige hinab und . 


———————————À—O———— P A ——— — —————— d 


trete an den nächsten besten Einzelnen und beachte ihn : 


und studiere ihn, und werde gemach auch einer aus diesen 
allen, welche in Wien leben, und leben und sterben wollen 
nur in Wien. 
Entnommen dem Werke: Aus dem alten Wien. 12 Studien 
von Adalbert Stifter. Herausgegeben von O. E. Deutsch. 


ANDREAS HOFERS ABSCHIEDSBRIEF GERICHTET 
AN SEINEN FREUND PÜHLER 


Liebster Herr Bruder! 
Der göttliche Willen ist es gewesen, daß ich hab müssen 
hier in Mantua mein Zeitliches mit dem Ewigen verwechseln. 
Aber Gott sei Dank für seine göttliche Gnade. Mir kommt 


54 


A EE > EL 7. 


- Í _әйллашшеә 


vor, wie wenn ich zu was anderem hinausgeführt würde. 
Gott wird mir auch die Gnade verleihen bis zum letzten 
Augenblick; damit ich hinkommen kann, wo sich meine 
Seele mit allen Auserwählten ewig erfreuen wird und wo 
ich für alle bei Gott bitten werde, besonders für die ich 
am meisten zu bitten schuldig bin, auch für Sie und Ihre 
liebe Frau. Alle guten Freunde sollen für mich beten und 
mir aus den heißen Flammen helfen, wenn ich noch im 
Fegfeuer büßen muß. 

Die Seelengottesdienste soll die Liebste mein zu St. 
Martin halten lassen. Den Verwandten soll beim Unter- 
wirt Suppe und Fleisch gegeben werden samt einer Halben 
Wein. 

Das Geld, so ich bei mir gehabt, habe ich den Armen 
ausgeteilt. Die Wirtin soll mit den Leuten abrechnen so 
redlich als sie kann, damit ich nichts zu büßen habe. 

Lebet alle wohl, bis wir im Himmel zusammenkommen 
und dorten Gott loben ohne Ende. 

Alle Passeirer und Bekannten wollen mir im Gebet ein- 
gedenk sein und die Wirtin soll nicht gar zu viel Kummer 
haben; ich werde für sie alle bei Gott bitten. 

Adie du schnöde Welt, so leicht kommt mir das Sterben 
vor, dab mir nicht einmal die Augen naß werden. 

Geschrieben um 5 Uhr in der Früh; um 9 Uhr reise 
ich mit Hilf aller Heiligen zu Gott. 


Mantua, den 20. Februar: 1810. 


Dein im Leben geliebter Andre Hofer 
vom Sand in Passeier. 


Im Namen des Herrn will ich die Reise unternehmen. 


55 


DANIEL DEFOE: ROBINSONS ZWEITE REISE 
NACH SEINEM EILAND 


CH bewohnte [in England] mein eigen Land, hatte keinen 

Zinß zu bezahlen, und war an keine Bedingungen gebun- 
den. Ich konte eignes Gefallens ausreissen und umhauen was 
ich wolte. Was ich pflantzte, war für mich, und was ich 
aufflegte, für meine Kinder; Und weil ich also die Reise- 
Gedancken fahren lassen, hatte ich, das Zeitliche betreffend, 
nicht den allergeringsten Verdruß über etwas. Jetzo dachte 
ich, ich sässe recht in dem Mittel-Stand des Lebens, wel- 
chen mir mein sehl. Vater so ernstlich recommendirer, 
und lebte einiger massen himmlisch; fast auf die Art, als 
ein gewisser Poete vom Land-Leben schreibet, 


— - - даб es sey 

Frey von Lastern, богреп-Егеу: 
Da die Jugend nichts von Liisten, 
Noch von Pein die Alten wiisten. 


Allein mitten unter aller dieser Glückseeligkeit setzte 
mich ein eintziger Schlag von dem unvermuhteten Ver- 
hängniß auf einmahl aus meiner Ruhe, und schlug mir 
nicht nur eine unvermeidliche und unheilbare Wunde, 
sondern stürtzte mich auch, durch dessen Folgen, in einen 
tieffen Verfall des Wander-Geistes, welcher, da er mir, 
wie ich wohl sagen mag, von der Geburth an recht im 
Geblüthe stack, mich gar bald wieder einnahm, und, gleich 
dem Recidiv einer hefftigen Kranckheit, mit unbezwing- 
barer Gewalt von neuem befiel; also daß mir sonst durch- 
aus nichts anders mehr ins Gehirn wolte. Dieser Schlag 
war der Hintritt meiner lieben Ehegattin. 


56 


Ich begehre ihr allhier keinen Ehren-Tempel aufzubauen, 
ihre besondre Tugenden weitlaufftig zu beschreiben, noch 
dem Frauenzimmer durch die Schmeicheley einer mühsam- 
. ausgesonnenen Leichen-Predigt meine Aufwartung zu machen. 
. Sie war, mit wenig Worten, die Stütze aller meiner Sachen, 
der Mittel-Punct aller meiner Unternehmungen, und das 
. Werckzeug, welches mich durch ihre Klugheit in den glück- 
. seeligen Stand und von dem ungereimtesten und schäd- 
. lichsten Vorhaben, das mir immerzu im Kopf herumge- 
gangen, abgebracht, auch, zu Regier- und Leitung meines 
 unstáten Gemühts mehr gethan, als meiner Mutter Thränen, 
des Vaters Vermahnungen, eines Freundes Rathschläge, 
. oder auch meine eigne Nachsinn- und Ueberlegungs-Krafft 
bey mir vermocht. Ich war, da ich ihren Zähren Raum, 
und ihrem Flehen Gehör gegeben, glückseelig gewesen, 
aber jetzo auch durch ihren Verlust zu einem äusserst be- 
trübten und verlassenen Mann worden. 

Nach ihrem Abschied kam mir die Welt um mich herum 
gantz wunderlich vor. Ich war, in meinen Gedancken, 
eben so frembde darin, als in BRASILIEN, wie ich zum 
erstenmahl daselbst Fuf ans Land gesetzt, und, die Auf- 
 wartung meiner Bedienten ausgenommen, eben so einsam 
und allein, als vormahls auf meinem Eiland. Ich wuste 
nicht was ich thun oder lassen solte. Ich sahe die Welt 
um mich her bescháfftiget, und theils um ihr Brod arbeiten, 
andere hingegen ihre Zeit mit allerhand eiteln Wollüsten 
oder groben Excessen zubringen, beyde aber gleich un- 
glücklich, weil der von ihnen vorgesetzte Endzweck vor 
ihnen immerzu flóhe. Dann der Wollüstler verderbet sich 
durch eben seine Laster den Appetit selber, und hàuffet 
sich nur etwas zur Sorge und Reue: und der arme Arbeits-* 


57 


Mann verschwendet seine Kräffte ob täglicher Bemühung 
um Brod, zu Unterhaltung der natürlichen Stärcke, mit 
deren er arbeitet, wobey er in täglichem Umlauff der 
Sorge, ja darum lebet, daß er arbeite, und arbeiter, daß 
er zu leben habe, gleichsam als wäre das tägliche Brod der 
eintzige Endzweck eines mühe-vollen Lebens, und ein mühe- 
volles Leben die eintzige Ursache des täglichen Brods. 

Dieß erinnerte mich meiner Lebens-Art in meinem 

Königreich, auf dem Eiland, allwo ich nicht mehr Korn 
wachsen ließ, weil ichs nicht nöthig hatte, auch nicht 
mehr Ziegen auferzog, weil ich nicht mehr brauchen 
konnte: Woselbst das Geld in der Kiste lag, bis es schimm- 
licht wurde, und kaum die Gnade hatte, in zwantzig Jahren 
besichtiget zu werden. 
. Alle diese Dinge, wann ich sie so, als sichs gebührte, 
und wie mirs die Vernunfft und die Religion eingab, an- 
gewandt, hätten mich lehren sollen, zu einer vollkommenen 
Glückseligkeit nach etwas weiters hinaus als nach mensch- 
lichen Ergötzlichkeiten zu sehen, und daß etwas vorhanden, 
das da gewiß die Ursache und der Endzweck des Lebens, 
weit höher als jene Sachen, und das nach dem Tod ent- 
weder besessen oder doch gehoffet würde. 

Allein meine kluge Rathgeberin war dahin, und ich gleich 
einem Schiff ohne Loots, welches nur vorm Wind seegeln 
kan. Meine Gedancken rannten alle wieder spornstreichs 
in meinem vorigen Handel hinein, mein Gehirn stack voll 
Grillen von fernern auswärtigen Unternehmungen, und 
aller lustige und unschuldige Zeit-Vertreib meines Meyer 
Hofes, imgleichen mein Garten, Vieh, und die Meinige, 
auf welche vorher alle mein Tichten und Trachten ge- 
standen, halfen mich nichts, sie hatten nichts anziehendes 


58 


ап sich, und waren als das Saitenspiel einem Tauben, und 
als die Speise einem der keinen Geschmack hat. Kurtz: 
Ich resolvirte, das Hauswesen anzugeben, mein Land-Gut 
zu verkaufen, und wieder nach LONDEN zu kehren. 
Gestalten ich auch etliche Monathe hernach that. 

Als ich nach Londen gekommen, war ich eben so un- 
ruhig als zuvor. Ich hatte kein Belieben daran, auch nichts 
darinn zu schaffen, als herum zu schlentern wie ein Ledig- 
Сапрег, von dem тап mit Wahrheit sagen Кап, ег sey 
weder GOrt noch der Welt niitze, und an dessen Leben 
oder Tod den übrigen Menschen nicht ein Heller gelegen. 
Dies war tiberdem ein solches Leben, dem ich unter allen 
andern Arten allezeit am grammesten gewesen, als der ich 
von Jugend auf gerne was unter Händen gehabt, und 
öffters zu mir selber gesagt, Faullentzen seye recht der 
Hefen des Lebens. Wie ich denn würcklich dachte, ісһ 
hatte weit Pflicht- und meiner Natur gemässer gelebet, 
als ich zwantzig Таре über Verfertigung eines tannenen 
Brettes zugebracht. 

Nunmehr wars der Anfang des 1693 Jahrs, als mein 
Vetter, welchen ich, wie vormahls gedacht, zur See-Fahrt 
erzogen, und ihn zu einem Schiffs-Capitain gemacht, von 
einer kurtzen Reise nach Bilbao, welches seine Erste ge- 
wesen, zurück gekommen. Dieser besuchte mich, und 
sagte, es hätten ihm etliche Kaufleute seiner Bekandtschafft 
den Vorschlag gethan, für sie, als privat-Handels-Leute, eine 
See-Reise nach Ost-Indien und CHINA vorzunehmen: Und 
nun, Herr Oheim, fuhr er fort, wo er Lust hat, mit mir 
in See zu gehen, so verspreche ich, ihn an seiner alten 
Herberge auf dem Eiland auszusetzen, weil wir doch in 
Brasilien ansprechen müssen. — - — — — 


59 


Nunmehr schwebte ich unterm 19 Gr. 32 Min. Nord. 
Breite, und hatte bis daher, was das Wetter anbelangt, 
obgleich der Wind Anfangs zuwider, noch eine leidliche 
Reise gehabt. Ich will niemand mit umständlicher Er- 
zehlung, was wir auf der übrigen Fahrt ferner vor Winde, 


Wetter, Stróhme etc. vorgefunden, aufhalten, sondern,- 


wegen der folgenden Sachen hierinne abbrechen, und nur 
berichten, dab ich den то April, 1695 an meinen alten 
Wohn-Platz, ich meine das Eiland, gekommen. Es setzte 
keine geringe Schwürigkeit, die Stelle zu finden. Dann 
weil ich vormahls, von Brasilien her, im hin- und weg- 
kommen, mich an die Südliche und Oostliche Seite des 
Eilands gehalten, jetzo aber zwischen dem festen Lande und 
der Insul hineinfuhr, dabey keine Charte von der Küste, noch 
einiges Zeichen aufm Lande hatte, kannte ichs nicht als 
ichs sahe, und wuste auch nicht, ob ichs sähe oder nicht? 

Summa; ich besuchte etliche dieser Eiländer umsonst. 
Einige fand ich bewohnet, andere hingegen nicht. Auf 
einem derselben traff ich etliche Spanier an, und hielte 
sie für dasige Einwohner. Als ich aber mit ihnen geredet, 
erfuhr ich, sie hätten unweit davon in einer kleinen An- 
fuhrt eine Chalouppe liegen, und kämen dahin, um Meer- 
Saltz zu machen, und Perlen-Muscheln, wo sie einige 
finden könten, zu fischen, sie gehöreten aber auf das 
Eiland TRINIDAD, welches Nordlicher, und zwar zwischen 
dem ro und ııten Grad liegt. 

Endlich, nach langem hin und her seegeln, bald mit 
dem Schiff, bald mic des Frantzmanns seiner Chalouppe, 
welche wir als einen sehr bequemen Boot befunden, und 
sie deswegen mit seinem guten Willen behalten hatten, 
gelangte ich fein hiipsch an die Mittags-Seite meines 


6o 


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Eilands, und kannte sofort Ше Aussicht dieser Gegend. 
Brachte ich demnach das Schiff sicher zu Ancker, daß es 
der Länge nach vor der kleinen Bucht, in deren meine 
alte Wohnung stund, hinlag. 

Sobald ich die Stelle gesehen, rieff ich Freytag, und 
fragte ihn, ob er wisse wo er seye? Er sah sich ein wenig 
um, klopffte aber gleich mit den Händen, und schrie: О 
ja dort! o ja dort! auf unsere alle Wohnstatt weisend, 
fieng auch an zu tantzen und zu springen, als ein Un- 
sinniger, und ich hatte genug zu thun, ihn davon abzu- 
halten, daß er nicht ins Meer gesprungen, und nach dem 
Ort hin geschwommen. 

Nun, Freytag, sagte ich, meynst du wohl, wir werden 
jemand hier antreffen? und sollen wir wohl deinen Vater 
noch sehen? Der arme Tropf stund eine gute Weile so 
stumm da als ein Stock; als ich aber seinen Vater nannte, 
sah er gantz betrübt vor sich hin, und ich konte ihm die 
Thranen häuffig über die Backen lauffen sehen. Ich fragte 
ihn, was dieß bedeute, und obs ihm etwa leyd seye, dab 
er seinen Vater wieder sehen solle? Nein, ach nein! sagte 
er, mit Kopffschütteln, ich werde ihn nimmer sehen, nein! 
nimmer! Auf Befragen, woher ers wisse? war seine Ant- 
wort, sein Vater sey schon lange todt, schon lange, dann 
er sey ein alter Mann gewesen. Das kanst du noch nicht 
wissen, versetzte ich. Aber werden wir wohl sonst jemand 
sehen? Er mub allem Ansehen nach bessere Augen gehabt 
haben, als ich. Denn er zeigte just auf den Hügel ober- 
halb meinem alten Hause, und ob wir gleich eine Stunde 
weit davon lagen, schrie er doch überlaut, es seyen dort 
viele Menschen. Ich sahe scharff darnach, konte aber, 
auch so gar durchs Fernglaß, nichts vernehmen, weil ich 


61 


den Platz nicht recht treffen konte. Massen ег, wie sichs 
des andern Tages beym Nachfragen befunden, Recht ge- 
habt, indem ein halb-dutzend Männer beysammen da ge- 
standen, und nach dem Schiff ausgesehen, nicht wissende, 
was sie von uns dencken solten. 


-— 


Sobald Freytag gesagt er sähe Leute, ließ ich gleich die . 


Englische Flagge aushängen, und 3 Canonen loßfeuren, 
zum Zeichen, daß wir Freunde seyen, und wir wurden 
in einer halben Stunde gewahr, daß an der Bucht hinauf 
ein Rauch in die Höhe stiege. Also muste man auf meinen 
Befehl sofort einen Boot ausbringen, ich nahm Freytag zu 
mir, hangte eine weisse oder Friedens-Flagge aus, und fuhr 


- e 


immerhin gerade nach dem Ufer zu. Wir hatten überdieß | 


noch 16 wohlbewaffnete Bursche bey uns, wenn wir etwa 
neue unbekandte Gäste darauf antraffen; ШЕ aber keine 
Waffen nöthig gehabt. 

Als wir bey der Fluth-Zeit, als meistens das höchste 
Wasser war, an den Strand gekommen, ruderten wir gerade 
in die Bucht hinein, und der Erste Mann, auf den ich 
mein Aug richtete, war der Spanier, dem ich das Leben 
gerettet, und den ich noch vollkommen am Gesichte kannte. 
Seine Kleidung will ich nachmahls beschreiben. Ich ver- 
both, es solte keine Seele, vor mir, Fuß ans Land setzen. 
Aber da war bey Freytag kein halten. Dann das treu- 
hertzige Blut hatte eine ziemliche Ecke von den Spaniern, 


seinen Vater, von dem ich doch nichts sehen konte, er- ` 


blickt, und wann man ihn nicht mit gutem aus dem Boot 


— 


gelassen hätte, wäre ег unfehlbar ins Meer hineinge- | 


sprungen. 
Kaum stund er aufm Land, so flog er nach seinem 
Vater zu, als ein Pfeil von dem Bogen. Der aller- 


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gesetzteste und ernsthaffteste Mensch auf der Welt hätte 
sich der Thränen nicht enthalten können, wann er Freytags 
erste übermachte Freude bey seines Vaters Bewillkommung 
angesehen: Wie er ihn umarmet, geküsset, über die Backen 
gestrichen, auf die Arme genommen, unten an einem Baum, 
und sich zu ihm hingesetzt, dann wieder aufgestanden, und 
ihn so scharff angesehen, als man etwa eine seltzame Figur 
betrachtet, und das zwar '/, Stunde an einander. Sodann 
fiel er auf den Boden, strich ihm über die Füsse, küfite 
sie, stund wieder auf, und sahe ihn starr an, also dab ihn 
einer für bezaubert halten mögen. Aber einen Stein hätte 
es zum Lachen bewegen sollen, wie ers den andern Тас 
gemacht. Des Morgens spazierte er mit seinem Vater am 
Gestade etliche Stunden lang hin und her, und führte ihn 
immerzu bey der Hand als ein Frauenzimmer. Darzwischen 
holte er alle Augenblick etwas für ihn aus dem Boot, als: 
ein Stück Zucker, einen Schluck Brandtwein, einen Zwie- 
back, oder sonst was gutes. Des Nachmittags wars ein 
anderer lustiger Aufzug. Dann da setzte er den Alten 
auf die Erde, tantzte um ihn herum, und machte tausen- 
derley seltzame Geberden und Posituren. Unter allem deme 
schwatzte er immerzu mit ihm, und erzehlte ihm bald diese 
bald jene Geschichte, wie es ihm auf seinen Reisen in der 
Frembde ergangen, nur seinem Vater die Zeit zu kürtzen 
und eine Freude zu erwecken. Kurtz; wann sich in Unserm 
Welt-Theil eben solche Kindliche Liebe gegen die Eltern 
fande, solte einer bald sagen, es brauchte schier des fünften 


Geboths nicht. 
Ans dem Neudruck des ältesten deutschen Robinson-Buchs von 1720. 


p di 


. BRIEFE DES JUNGEN SCHILLER 


AN SEINEN SPÄTEREN SCHWAGER W. E H. REINWALD, 
< BIBLIOTHEKAR IN MEININGEN 


Mannheim, den 5. Mai 1784 
Vielleicht wünschen Sie mit meiner Lage bekannt zu 


. seyn. Was sich in einem Briefe sagen läßt, sollen Sie er- 
. fahren. — Noch bin ich hier, und nur auf mich kommt es an, ob 
. ich nach Verfluß meines Jahres, nämlich am 1. September, 
. meinen Contract verlängern will oder nicht. Man rechnet 


" 


aber indeß schon ganz darauf, daß ich hier bleiben werde, 


‚ und meine gegenwärtigen Umstände zwingen mich beinahe 
, auf längere Zeit zu contrahieren, als ich vielleicht sonst 
. würde gethan haben. Пав Theater hat mir für dieses 
, Jahr in Allem şoo fl. Fixum gegeben, wobei ich aber auf 


. die jedesmalige Einnahme einer Vorstellung meiner Stüke 


. Verzicht thun mußte. Meine Stüke bleiben mir frei zu 
. verkaufen. Aber Sie glauben nicht, mein Bester, wie 


, 


wenig Geld боо — 800 fl. in Mannheim, und vorzüglich im 


. theatralischen Zirkel ist — wie wenig Segen, möchte ich 
l sagen, in diesem Geld ist — welche Summen nur auf 
| Kleidung, Wohnung, und gewisse Ehrenausgaben gehen, 
. welche ich in meiner Lage nicht ganz vermeiden kann. 
| Gott weiß, ich habe mein Leben hier nicht genossen, und 


D 
2 


noch einmal so viel als ап jedem andern Orte verschwendet. 
Allein und getrennt! — Ungeachtet meiner vielen Be- 
kanntschaften, dennoch einsam und ohne Führung, muß 
ich mich durch meine Oekonomie hindurchkämpfen, zum 


, Unglük mit allem versehen, was zu unnöthigen Ver- 


schwendungen reizen kann. Tausend kleine Bekümmer- 
nisse, Sorgen, Entwürfe, die mir ohne Aufhören vor- 


65 


schweben, zerstreuen meinen Geist, zerstreuen alle dichte- 
rischen Träume, und legen Blei an jeden Flug der 
Begeisterung. Hätte ich jemand, der mir diesen Theil der 
Unruhe abnähme, und mit warmer, herzlicher Theil- 
nehmung sich um mich beschäftigte, ganz könnte ich 
wiederum Mensch und Dichter seyn, ganz der Freund- 
schaft und den Musen leben. Jezt bin ich auch auf dem 
Weege dazu. 

Den ganzen Winter hindurch verließ mich das kalte 
Fieber nicht ganz. Durch Diät und China zwang ich zwar 
jeden neuen Anfall, aber die schlimme hiesige Luft, worin 
ich noch Neuling war, und meine von Gram gedrükte 
Seele machten ihn bald wiederkommen. Bester Freund! 
ich bin hier noch nicht glüklich gewesen, und fast ver- 
zweifle ich, ob ich je in der Welt wieder darauf Anspruch 
machen kann. Halten Sie es für kein leeres Geschwäz, 
wenn ich gestehe, daß mein Aufenthalt in Bauerbach bis 
jezt mein seligster gewesen, der vielleicht nie wieder 
kommen wird. 

Vorige Woche war ich zu Frankfurt, Grosmann zu be- 
suchen, und einige Stüke da spielen zu sehen, worin zwei 
Mannheimer Schauspieler, Beil und Ifland Gastrollen 
spielten. Grosmann bewirthete mich unter andern auch 
mit Cabale und Liebe ... Hier zu Mannheim wurde 
es mit aller Vollkommenheit, deren die Schauspieler fähig 
waren, unter lautem Beifall und den heftigsten Bewegungen 
der Zuschauer gegeben. 

Sie hätte ich dabei gewünscht, — den Fiesco verstand 
das Publicum nicht. Republicanische Freiheit ist hier zu 
Land ein Schall ohne Bedeutung, ein leerer Name — in 


den Adern der Pfälzer fließt kein römisches Blut. Aber | 


66 


‚zu Berlin wurde ег ı4 mal innerhalb drei Wochen gefordert 
und gespielt. Auch zu Frankfurt fand man Geschmak 
-daran. Die Mannheimer sagen, das Stük wäre viel zu ge- 
‚lehrt für sie. . . 

| Noch immer trage ich mich mit dem Lieblingsgedanken, 
, zurükgezogen von der grosen Welt, in philosophischer 
Stille mir selbst, meinen Freunden und einer glüklichen 
Weisheit zu leben, und wer weiß ob das Schiksal, das 
. mich bisher unbarmherzig genug herumwarf, mir nicht 
. auf einmal eine solche Seligkeit gewähren wird. In dem 
. lärmendsten Gewühl, mitten unter den Berauschungen des 
. Lebens, Ше man sonst Glükseligkeit zu nennen pflegt, 
. waren mir doch immer jene Augenblike die süßesten, | 
wo ich in mein stilles Selbst zurükkehrte, und in dem 
 heitern Gefilde meiner schwärmerischen Träume herum- 
 wandelte, und hie und da eine Blume pflükte. — Meine 
| Bedürfnise in der grosen Welt sind vielfach und uner- 
 Schópflich, wie mein Ehrgeiz, aber wie sehr schrumpft 
dieser neben meiner Leidenschaft zur stillern Freude zu- 


, sammen. 


Es kann geschehen, daß ich zur Aufnahme des hiesigen 
_ Theaters ein periodisches, dramaturgisches Werk unternehme, 
= worin alle Aufsäze, welche mittelbar oder unmittelbar an 
das Geschlecht des Drama's oder an die Kritik desselben 
= gránzen, Plaz haben sollen. Wollen Sie, mein Bester, 
einiges in diesem Fach ausarbeiten, so werden Sie Sich 
nicht nur ein Verdienst um mich erwerben, sondern auch 
alle Vortheile für Ihre Bórse davon ziehen, die man Ihnen 
verschaffen kann, denn vielleicht verlegt und bezahlt die 
kurfürstliche Theatercasse das Buch. Schreiben Sie mir 
Ihre Entschließung darüber. 


67 


Daß ich Mitglied der kurfürstlichen teutschen Gesell- 
schaft und also jezt pfälz’scher Unterthan bin, wissen Sie 
ohne Zweifel. 

Den Einschluß überschiken (oder überbringen) Sie an 
Frau von Wolzogen,, und fahren Sie fort, Ihren Freund zu 
lieben, der unter allen Verhältnissen des Lebens ewig der 
Ihrige bleiben wird. 

Frid. Schiller 


AN HENRIETTE FREIFRAU VON WOLZOGEN 


Mannheim, den 7. Juni 1784 

Vor einigen Tagen widerfährt mir die herrlichste Ueber- 
raschung von der Welt. Ich bekomme Paquete aus Leipzig, 
und finde von 4 ganz fremden Personen Briefe, voll 
Wärme und Leidenschaft für mich und meine Schriften. 
Zwei Frauenzimmer, sehr schöne Gesichter, waren darunter. 
Die eine hatte mir eine kostbare Brieftasche gestikt, die 
gewiss an Geschmak und Kunst eine der schönsten ist die 
man sehen kann. Die andere hatte sich und die 3 andern 
Personen gezeichnet, und alle Zeichner in Mannheim 
wundern sich über die Kunst. Ein dritter hatte ein Lied 
aus meinen Räubern in Musik gesezt, um etwas zu thun, 
das mir angenehm wäre. Sehen Sie meine Beste — so 
kommen zuweilen ganz unverhofte Freuden für Ihren 
Freund, die desto schäzbarer sind, weil freier Wille, und 
eine reine, von jeder Nebenabsicht reine, Empfindung und 
Simpathie der Seelen die Erfinderin ist. So ein Geschenk 
von ganz unbekannten Händen — durch nichts als die 
bloße reinste Achtung hervorgebracht — aus keinem 
andern Grund, als mir für einige vergnügte Stunden, die 
man bei Lesung meiner Produkte genoss, erkenntlich zu 


68 


СС 


Iva 
ZA 


Vo CV va ex 09. M. 


seyn — ein solches Geschenk ist mir grófire Belonung, 
als der laute Zusammenruf der Welt, die einzige süße 
Entschádigung für tausend trübe Minuten. — Und wenn 
ich das nun weiter verfolge, und mir denke, daß in der 
Welt vielleicht mehr solche Zirkel sind, die mich un- 
bekannt lieben, und sich freuten, mich zu kennen, dass 
vielleicht in roo und mehr Jahren — wenn auch mein 
Staub schon lange verweht ist, man mein Andenken seegnet, 
und mir noch im Grabe Tränen und Bewunderung zollt 
— dann meine Theuerste freue ich mich meines Dichter- 
berufes, und versóne mich mit Gott und meinem oft 
harten Verhängniß. 

Sie werden lachen, liebste Freundin, wenn ich Ihnen ge- 
stehe, daß ich mich schon eine Zeitlang mit dem Gedanken 
trage, zu heuraten. Nicht als wenn ich hier schon ge- 
wählt hätte, im geringsten nicht, ich bin in diesem Punkte 
noch so frei, wie vorhin — aber eine öftere Überlegung, 
dass nichts in der Welt meinem Herzen die glükliche Ruhe, 
und meinem Geist die zu Kopfarbeiten so nötige Freiheit, 
und stille leidenschaftlose Musse verschaffen könne, hat 
diesen Gedanken in mir hervorgebracht. Mein Herz sehnt 
sich nach Mittheilung, und inniger Theilnahme. Die stillen 
Freuden des häußlichen Lebens würden, müßten mir 
Heiterkeit in meinen Geschäften geben, und meine Seele 
von tausend wilden Affekten reinigen, die mich ewig 
herumzerren. Auch mein überzeugendes Bewußtseyn, dass 
ich gewiß eine Frau glüklich machen würde, wenn anders 
innige Liebe und Antheil glüklich machen kann, dieses Be- 
wußtseyn hat mich schon oft zu dem Entschlusse hin- 
gerissen. Fände ich ein Mädchen, das meinem Herzen 
theuer genug wäre! oder könnte ich Sie beim Wort 


69 


nehmen, und Ihr Sohn werden. Reich würde freilich Ihre 
Lotte nie — aber gewiß glüklich. . . 


AN DEN KREIS DER LEIPZIGER VEREHRER 


Mannheim, den 7. December 84 
Nimmermehr kónnen Sie mir's verzeihen, meine Werthe- 


sten, dass ich auf Ihre freundschaftsvollen Briefe, auf 


Briefe die so viel Enthousiasmus und Wolwollen gegen 
mich athmeten, und von den schäzbarsten Zeichen Ihrer 
Güte begleitet waren, sieben Monate schweigen konnte. 
Ich gestehe es Ihnen, daß ich den jezigen Brief mit einer 
Schaamróthe niederschreibe, welche mich vor mir selbst 
demiitigt, und dass ich meine Augen in diesem Moment 
wie ein Faiger vor Ihren Zeichnungen niederschlage, die 
über meinem Schreibtische hangen, und in dem Augenblik 
zu leben und mich anzuklagen scheinen. Gewiss meine 
‘Vortreflichen Freunde u. Freundinnen, die Beschamung 
und die Verlegenheit welche ich gegenwärtig leide, ist 
Rache genug. Nehmen Sie keine andre mehr. Aber er- 
lauben Sie mir nur einige Worte — nicht, um diese un- 
erhórte Nachläßigkeit zu entschuldigen, nur sie Ihnen 
einigermaasen begreiflich zu machen. 

Ihre Briefe, die mich unbeschreiblich erfreuten, und eine 
Stunde in meinem Leben auf das angenehmste aufgehellt 
haben, trafen mich in einer der traurigsten Stimmungen 
meines Herzens, worüber ich Ihnen in Briefen kein Licht 
geben kann. Meine damalige Gemüthsfassung war die- 
jenige nicht, worinn man sich solchen Menschen, wie ich 
Sie mir denke, gern zum erstenmal vors Auge bringt. 
Ihre schmeichelhafte Meinung von mir war freilich 
nur eine angenehme Illusion — aber dennoch war ich 


79 


schwach genug, zu wiinschen, daf sie nicht allzuschnell 
aufhören möchte. Darum, meine Theuersten, behielt ich 
mir die Antwort auf eine bessere Stunde vor — auf einen 
Besuch meines Genius, wenn ich einmal, in einer schöneren 
Laune meines Schiksals, schönern Gefühlen würde geöfnet 
seyn. Diese Schäferstunden blieben aus, und in einer 
traurigen Stuffenreihe von Gram und Widerwärtigkeit ver- 
troknete mein Herz für Freundschaft und Freude. Un- 
glükselige Zerstreuungen, deren Andenken mir in diesem 
Augenblik noch Wunden schlägt, löschten diesen Vorsaz 
nach und nach in meinem harmvollen Herzen aus. Ein 
Zufall, ein wehmütiger Abend erinnert mich plözlich 
wieder an Sie und mein Vergehen, ich eile an den Schreib- 
tisch, Ihnen, meine lieben, diese schändliche Vergessenheit 
abzubitten, die ich auf keine Weise aus meinem Herzen 
mir erklären kann. Wie empfindlich mußte Ihnen der Ge- 
danke seyn, einen Menschen geliebt zu haben, der fähig 
war, Ihre zuvorkommende Güte so wie ich zu beantworten! 
Wie mußten Sie Sich eine Тһас reuen lassen, die Sie ап 
den undankbarsten auf dem Erdboden verschwendeten! — 
Aber nein, das leztere bin ich niemals gewesen, und habe 
schlechterdings keine Anlage, es zu seyn, Wenn Sie nur 
wenige Funken von der Wärme übrig behielten, die Sie 
damals gegen mich hegten, so fodre ich Sie auf, mein 
Herz auf die strengsten Proben zu sezen, und mich diese 
bisherige Nachläßigkeit auf alle Arten wieder ersezen zu lassen. 

Und nun genug von einer Materie, wobey ich eine so 
nachtheilige Rolle spiele. 

Wenn ich Ihnen bekenne, daß Ihre Briefe und Geschenke 
das angenehmste waren, was mir — vor und nach — in 
der ganzen Zeit meiner Schriftstellerey wiederfaren ist, 


71 


daß diese fröliche Erscheinung mich für die mancherley 
verdrüßlichen Schiksale schadlos hielt, welche in der Jüng- 
lings Epoche meines Lebens mich verfolgten, — daß, ich 
sage nicht zu viel, daß Sie meine Theuersten, es Sich zu- 
zuschreiben haben, wenn ich die Verwünschung meines 
Dichterberufes, die mein widriges Verhängniß mir schon 
aus der Seele preßte, zurüknahm, und mich endlich wieder 
glüklich fühlte — Wenn ich Ihnen dieses sage, so weiß 
ich, daß Ihre gütige Geständnisse gegen mich Sie nicht 
gereuen werden. Wenn solche Menschen, solche schöne 
Seelen den Dichter nicht belohnen, wer thut es denn? 

Ich habe nicht ohne Grund gehoft, Sie dieses Jahr noch 
von Angesicht zu Angesicht zu sehen, weil es im Werke 
war, dass ich nach Berlin gehen wollte. Die Dazwischen- 
kunft einiger Umstände macht diesen Vorsaz wenigstens 
für ein Jahr rükgängig, doch könnt es kommen, daß ich 
auf die Jubilat Messe Leipzig besuchte. Welche süße 
Momente, wenn ich Sie da treffe, und Ihre wirkliche 
Gegenwart auch sogar die geringste Freudenerinnerung an 
Ihre Bilder verdunkelt! Minna und Dora werden es 
wol geschehen lassen müßen, wenn sie mich bei meinen 
neuern poetischen Idealen über einem kleinen Diebstahl an 
ihren Umrissen ertappen sollten. 

Ich weiß nicht, ob Sie meine werthesten, nach meinem 
vergangenen Betragen mich noch der Fortsezung Ihres 
Wohlwollens, und eines fernern Briefwechsels würdig 
halten können; doch bitte ich Sie mit aller Wärme es zu 
thun. Nur eine engere Bekanntschaft mit mir und meinem 
Wesen kann Ihnen vielleicht einige Schatten derjenigen 
Idee zurükgeben, die Sie einst von mir hegten, und nun- 
mehr unterdrükt haben werden. Ich habe wenig Freuden 


71 


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144. 


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des Lebens genossen, aber (das ist das stolzeste was ich 
über mich aussprechen kann) diese wenigen habe ich meinem 
Herzen zu danken. 

Hier erhalten Sie auch etwas Neues von meiner Feder, 
die Ankündigung eines Journals. Auffallen mag es Ihnen 
immer, daß ich diese Rolle in der Welt spielen will, aber 
vielleicht söhnt die Sache selbst Sie wieder mit Ihrer Vor- 
stellung aus. Überdem zwingt ja das deutsche Publikum 
seine Schriftsteller nicht nach dem Zuge des Genius, 
sondern nach Speculationen des Handels zu wählen. Ich 
werde dieser Thalia alle meine Kräfte hingeben, aber das 
laugne ich nicht, dass ich sie (wenn meine Verfassung 
mich über Kaufmannsrüksichten hinwegsezte) in einer 
Andern Sphäre würde beschäftigt haben. 

Wenn ich nur in einigen Zeilen Ihrer Verzeihung gewiss 
worden bin, so soll diesem Brief auf das schleunigste ein 
Zweiter folgen. Frauenzimmer sind sonst unversöhnlicher 
als wir, also muß ich den Pardon von solchen Händen 
unterschrieben lesen. 

Mit unauslöschlicher Achtung der Ihrige. 


Schiller. 
Aus: Die Briefe des jungen Schiller, 
herausgegeben von Max Hecker. 


SCHILLER IM URTEIL GOETHES 


AUS GOETHES WERKEN 
Glückliches Ereignis (1794) 


ENOSS ich die schönsten Augenblicke meines Lebens 
zu gleicher Zeit, als ich der Metamorphose der Pflanzen 
nachforschte, als mir die Stufenfolge derselben klargeworden, 


74 


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fort 
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AEN 
22 ме. 


begeistete mir diese Vorstellung den Aufenthalt von Neapel 
und Sizilien, gewann ich diese Art, das Pflanzenreich zu 
betrachten immer mehr lieb, übte ich mich unausgesetzt 
daran auf Wegen und Stegen: so mußten mir diese ver- 
gntiglichen Bemühungen dadurch unschatzbar werden, in- | 
dem sie Anlab gaben zu einem der höchsten Verhältnisse, 
die mir das Glück in spätern Jahren bereitete. Die nähere 
Werbindung mit Schiller bin ich diesen erfreulichen Er- 
scheinungen schuldig, sie beseitigten die Mißverhältnisse, 
wrelche mich lange Zeit von ihm entfernt hielten. 

Nach meiner Rückkunft aus Italien, wo ich mich zu 
größerer Bestimmtheit und‘ Reinheit in allen Kunstfächern 
auszubilden gesucht hatte, unbekümmert, was währender 
Zeit in Deutschland vorgegangen, fand ich neuere und 
ältere Dichterwerke in großem Ansehn, von ausgebreiteter 
_ Wirkung, leider solche, die mich äußerst anwiderten: ich 
nenne nur Heinses Ardinghello und Schillers Räuber. 
Jener war mir verhaßt, weil er Sinnlichkeit und abstruse 
Denkweisen durch bildende Kunst zu veredeln und aufzu- 
stutzen unternahm, dieser, weil ein kraftvolles, aber unreifes 
"Talent gerade die ethischen und theatralischen Paradoxen, 
von denen ich mich zu reinigen gestrebt, recht im 
vollen hinreißenden Strome über das Vaterland ausge- 
gossen hatte. | 

Beiden Männern von Talent verargte ich nicht, was sie 

unternommen und geleistet; denn der Mensch kann sich 
micht versagen, nach seiner Art wirken zu wollen, er ver- 
sucht es erst unbewußt, ungebildet, dann auf jeder Stufe 
der Bildung immer bewußter, daher denn so viel Treff- 
liches und Albernes sich über die Welt verbreitet und 
Verwirrung aus Verwirrung sich entwickelt. 


75 


Das Rumoren aber, das im Vaterlande dadurch erregt, 
der Beifall, der jenen wunderlichen Ausgeburten allgemein, 
so von wilden Studenten als der gebildeten Hofdame, ge- 
zollt ward, der erschreckte mich; denn ich glaubte all 
mein Bemühen völlig verloren zu sehen, die Gegenstände, 
zu welchen, die Art und Weise, wie ich mich gebildet 
hatte, schienen mir beseitigt und gelahmt. Und was mich 
am meisten schmerzte: alle mit mir verbundenen Freunde, 
Heinrich Meyer und Moritz, sowie die im gleichen Sinne 
fortwaltenden Künstler Tischbein und Bury schienen mir 
gleichfalls gefährdet; ich war sehr betroffen. Die Be- 
trachtung der bildenden Kunst, die Ausübung der Dicht- 
kunst hätte ich gerne völlig aufgegeben, wenn es möglich 
gewesen wäre; denn wo war eine Aussicht, jene Produk- 
tionen von genialem Wert und wilder Form zu überbieten? 
Man denke sich meinen Zustand! Die reinsten Anschau- 
ungen suchte ich zu nähren und mitzuteilen, und nun 
fand ich mich zwischen Ardinghello und Franz Moor ein- 
geklemmt. 

Moritz, der aus Italien gleichfalls zurückkam und eine 
Zeitlang bei mir verweilte, bestärkte sich mit mir leiden- 
schaftlich in diesen Gesinnungen; ich vermied Schillern, 
der, sich in Weimar aufhaltend, in meiner Nachbarschaft 
wohnte. Die Erscheinung des Don Karlos war nicht ge- 
eignet, mich ihm näher zu führen, alle Versuche von Per- 
sonen, die ihm und mir gleich nahe standen, lehnte ich ab, 
und so lebten wir eine Zeitlang nebeneinander fort. 

Sein Aufsatz „Über Anmut und Würde“ war 'ebenso- 
wenig ein Mittel, mich zu versöhnen. Die Kantische Phi- 
losophie, welche das Subjekt so hoch erhebt, indem sie es 
einzuengen scheint, hatte er mit Freuden in sich auf- 


76 


genommen; sie entwickelte das Außerordentliche, was die 
Natur in sein Wesen gelegt, und er, im höchsten Gefühl 
der Freiheit und Selbstbestimmung, war undankbar gegen 
die große Mutter, die ihn gewiß nicht stiefmütterlich be- 
handelte. Anstatt sie selbständig, lebendig vom Tiefsten 
bis zum Höchsten, gesetzlich hervorbringend zu betrachten, 
nahm er sie von der Seite einiger empirischen mensch- 
lichen Natürlichkeiten. Gewisse harte Stellen sogar konnte 
ich direkt auf mich deuten, sie zeigten mein Glaubens- 
bekenntnis in einem falschen Lichte; dabei fühlte ich, es 
sei noch schlimmer, wenn es ohne Beziehung auf mich 
gesagt worden; denn die ungeheure Kluft zwischen unsern 
Denkweisen klaffte nur desto entschiedener. 

An keine Vereinigung war zu denken. Selbst das milde 
Zureden eines Dalberg, der Schillern nach Würden zu 
ehren verstand, blieb fruchtlos, ja meine Gründe, die ich 
jeder Vereinigung entgegensetzte, waren schwer zu wider- 
legen. Niemand konnte leugnen, daß zwischen zwei 
Geistesantipoden mehr als ein Erddiameter die Scheidung 
mache, da sie denn beiderseits als Pole gelten mögen, aber 
eben deswegen in eins nicht zusammenfallen können. Daß 
aber doch ein Bezug unter ihnen stattfinde, erhellt aus 
folgendem. Schiller zog nach Jena, wo ich ihn ebenfalls 
nicht sah. Zu gleicher Zeit. hatte Batsch durch unglaub- 
liche Regsamkeit eine naturforschende Gesellschaft іп 
Tatigkeit gesetzt, auf schóne Sammlungen, auf bedeutenden 
Apparat gegründet. Ihren periodischen Sitzungen wohnte 
ich gewóhnlich bei; einstmals fand ich Schillern daselbst, 
wir gingen zufällig beide zugleich heraus, ein Gespräch 
knüpfte sich ап, er schien an dem Vorgetragenen teilzu- 
nehmen, bemerkte aber sehr verstandig und einsichtig und 


77 


mir sehr willkommen, wie eine so zerstiickelte Art, die 
Natur zu behandeln, den Laien, der sich gern darauf ein- 
ließe, keineswegs anmuten könne. 

Ich erwiderte darauf, daß sie den Eingeweihten selbst 
vielleicht unheimlich bleibe und daß es doch wohl noch 
eine andere Weise geben könne, die Natur nicht gesondert 
und vereinzelt vorzunehmen, sondern sie wirkend und 
lebendig, aus dem Ganzen in die Teile strebend darzustellen. 
Er wünschte hierüber aufgeklärt zu sein, verbarg aber seine 
Zweifel nicht; er konnte nicht eingestehen, daß ein solches, 
wie ich behauptete, schon aus der Erfahrung hervorgehe. 

Wir gelangten zu seinem Hause, das Gespräch lockte 
mich hinein; da trug ich die Metamorphose der Pflanzen 
lebhaft vor und ließ, mit manchen charakteristischen 
Federstrichen, eine symbolische Pflanze vor seinen Augen 
entstehen. Er vernahm und schaute das alles mit großer 
Teilnahme, mit entschiedener Fassungskraft; als ich aber 
geendet, schüttelte er den Kopf und sagte: „Das ist keine 
Erfahrung, das ist eine Idee.“ Ich stutzte, verdrießlich 
einigermaßen; denn der Punkt, der uns trennte, war da- 
durch aufs strengste bezeichnet. Die Behauptung aus 
„Anmut und Würde“ fiel mir wieder ein, der alte Groll 
wollte sich regen; ich nahm mich aber zusammen und ver- 
setzte: „Das kann mir sehr lieb sein, daß ich Ideen habe, 
ohne es zu wissen, und sie sogar mit Augen sehe.“ 

Schiller, der viel mehr Lebensklugheit und Lebensart 
hatte als ich und mich auch wegen der ,,Ногеп“, die er 
herauszugeben in Begriff stand, meh: anzuziehen als abzu- 
stoßen gedachte, erwiderte darauf als ein gebildeter Kan- 
tianer, und als aus meinem hartnäckigen Realismus 
mancher Anlaß zu lebhaftem Widerspruch entstand, so 


78 


| 


I 


ward viel gekampft und dann Stillstand gemacht; keiner 
von beiden konnte sich für den Sieger halten, beide 
hielten sich für unüberwindlich. Sätze wie folgender 
machten mich ganz unglücklich: , Wie kann jemals Er- 
fahrung gegeben werden, die einer Idee angemessen sein 
sollte? Denn darin besteht eben das Eigentümliche der 
letzteren, daß ihr niemals eine Erfahrung kongruieren 
kónne.* Wenn er das für eine Idee hielt, was ich als 
Erfahrung aussprach, so mußte doch zwischen beiden 
irgend etwas Vermittelndes, Bezügliches obwalten! Der 
erste Schrit war jedoch getan. Schillers Anziehungskraft 
war groß, er hielt alle fest, die sich ihm näherten; ich 
nahm сей an seinen Absichten und versprach, zu den 
„Foren“ manches, was bei mir verborgen lag, herzugeben; 
seine Gattin, die ich, von ihrer Kindheit auf, zu lieben und 
zu schätzen gewohnt war, trug das Ihrige bei zu dauerndem 
Verständnis, alle beiderseitigen Freunde waren froh, und 
so besiegelten wir, durch den größten, vielleicht nie ganz 
zu schlichtenden Wettkampf zwischen Objekt und Subjekt, 
einen Bund, der ununterbrochen gedauert und für uns und 
andere manches Gute gewirkt hat. 

Für mich insbesondere war es ein neuer Frühling, in 
welchem alles froh nebeneinander keimte und aus auf- 
geschlosenen Samen und Zweigen hervorging. Unsere 

beiderseitigen Briefe geben davon das ee reinste 
und vollstandigste Zeugnis. 


Aus den Annalen von 1805 


_ Also ward auch dieses Jahr mit den besten Vorsätzen 
und Hoffnungen angefangen und zumal Demetrius um- 
ständlich öfters besprochen. Weil wir aber beide durch 


79 


körperliche Gebrechen öfters in den Hauptarbeiten gestört 
wurden, so setzte Schiller die Übertragung der Phädra, ich 
die des Rameau fort, wobei nicht eigene Produktion ver- 
langt, sondern unser Talent durch fremde, schon vollendete 
Werke aufgeheitert und angeregt wurde... 

Indessen war ich durch zwei schreckhafte Vorfälle, durch 
zwei Brände, welche in wenigen Abenden und Nächten 
hintereinander entstanden und wobei ich jedesmal persön- 
lich bedroht war, in mein Übel, aus dem ich mich zu 
retten strebte, zurückgeworfen. Schiller fühlte sich von 
gleichen Banden umschlungen. Unsere persönlichen Zu- 
sammenkünfte waren unterbrochen; wir wechselten fliegende 
Blatter. Einige im Februar und März von ihm geschriebene 
zeugen noch von seinen Leiden, von Tätigkeit, Ergebung 
und immer mehr schwindender Hoffnung. Anfangs Mai wagt 
ich mich aus, ich fand ihn im Begriff, ins Schauspiel zu 
gehen, wovon ich ihn nicht abhalten wollte: ein Miß- 
behagen hinderte mich, ihn zu begleiten, und so schieden 
wir vor seiner Haustüre, um uns niemals wiederzusehen. 
Bei dem Zustande meines Körpers und Geistes, die, um 
aufrecht zu bleiben, aller eigenen Kraft bedurften, wagte 
niemand, die Nachricht von seinem Scheiden in meine 
Einsamkeit zu bringen. Er war am Neunten verschieden 
und ich nun von allen meinen Übeln doppelt und dreifach 
angefallen. 

Als ich mich ermannt hatte, blickt ich nach einer ent- 
schiedenen großen Tätigkeit umher; mein erster Gedanke 
war, den Demetrius zu vollenden. Von dem Vorsatz an 
bis in die letzte Zeit hatten wir den Plan öfters durch- 
gesprochen: Schiller mochte gern unter dem Arbeiten mit 
sich selbst und anderen für und wider streiten, wie es zu 


80 


y 


machen wäre; er ward ebensowenig müde, fremde Меі- 


4 nungen zu vernehmen, wie seine eigenen hin und her zu 


wenden. Und so hatte ich alle seine Stücke, vom Wallen- 


. stein an, zur Seite begleitet, meistenteils friedlich und 


freundlich, ob ich gleich manchmal, zuletzt wenn es zur 
Aufführung kam, gewisse Dinge mit Heftigkeit bestritt, 
wobei denn endlich einer oder der andere nachzugeben 
für gut fand. So hatte sein aus- und aufstrebender Geist 
auch die Darstellung des Demetrius in viel zu großer 


; Breite gedacht; ich war Zeuge, wie er die Exposition in 


einem Vorspiel bald dem Wallensteinischen, bald dem Or- 
leanischen ähnlich ausbilden wollte, wie er nach und nach 
sich ins Engere zog, die Hauptmomente zusammenfafite 
und hie und da zu arbeiten anfing. Indem ihn ein Er- 
eignis vor dem anderen anzog, hatte ich beirátig und mit- 
tatig eingewirkt: das Stück war mir so lebendig als ihm. 
Nun brannt ich vor Begierde, unsere Unterhaltung dem 
Tode zu 'Irutz fortzusetzen, seine Gedanken, Ansichten 
und Absichten bis ins einzelne zu bewahren und ein her- 
kómmliches Zusammenarbeiten bei Redaktion eigener und 
fremder Stücke hier zum letztenmal auf seinem hóchsten 
Gipfel zu zeigen. Sein Verlust schien mir ersetzt, indem 
ich sein Dasein fortsetzte. Unsere gemeinsamen Freunde 
hofft ich zu verbinden; das deutsche Theater, für welches 
wir bisher gemeinschaftlich, er dichtend und bestimmend, 
ich belehrend, übend und ausführend, gearbeitet hatten, 
sollte bis zur Herankunft eines frischen ähnlichen Geistes 
durch seinen Abschied nicht ganz verwaist sein. Genug, 
aller Enthusiasmus, den die Verzweiflung bei einem großen 
Verlust in uns aufregt, hatte mich ergriffen. Frei war ich 
von aller Arbeit, in wenigen Monaten hatte ich das Stück 


8t 


vollendet. Es auf allen Тһеагегп zugleich gespielt zu 
sehen, ware die herrlichste Totenfeier gewesen, die er 


| 


selbst sich und den Freunden bereitet hatte. Ich schien 


mir gesund, ich schien mir getróstet. Nun aber setzten 
sich der Ausführung mancherlei Hindernisse entgegen, mit 
einiger Besonnenheit und Klugheit vielleicht zu beseitigen, 
die ich aber durch leidenschaftlichen Sturm und Ver- 
worrenheit nur noch vermehrte; eigensinnig und übereilt 
gab ich den Vorsatz auf, und ich darf noch jetzt nicht 
an den Zustand denken, in welchen ich mich versetzt 
fühlte. Nun war mir Schiller eigentlich erst entrissen, 
sein Umgang erst versagt. Meiner künstlerischen Ein- 
bildungskraft war verboten, sich mit dem Katafalk zu be- 
schäftigen, den ich ihm aufzurichten gedachte, der länger 
als jener zu Messina das Begräbnis überdauern sollte: sie 
wendete sich nun und folgte dem Leichnam in die Gruft, 


die ihn gepränglos eingeschlossen hatte. Nun fing er mir 
erst ап, zu verwesen; unleidlicher Schmerz ergriff mich, 
und da mich körperliche Leiden von jeglicher Gesellschaft | 
trennten, so war ich in traurigster Einsamkeit befangen. 
Meine Tagebücher melden nichts von jener Zeit: die 


weiben Blatter deuten auf den hohlen Zustand, und was 


sonst noch an Nachrichten sich findet, zeugt nur, daß ich | 
den laufenden Geschaften ohne weiteren Anteil zur Seite | 


ging und mich von ihnen leiten ließ, anstatt sie zu leiten. 
Wie oft mußt ich nachher im Laufe der Zeit still bei mir 
lacheln, wenn teilnehmende Freunde Schillers Monument 
in Weimar vermißten: mich wollte fort und fort bedünken, 
als hätt ich ihm und unserem Zusammensein das erfreu- 
lichste stiften können. — 


82 


| 
| 
| 


Wo mno i i a 


AUS GOETHES GESPRÁCHEN MIT ECKERMANN 


Dienstag, den 28. Januar 1825 


ACHDEM nun so, von diesen und hundert andern 
interessanten Äußerungen und Einflechtungen Goethes 


: unterbrochen, das gedachte Manuskript [die Annalen] bis 
zu Ende des Jahres 1800 vorgelesen und besprochen war, 
: legte Goethe die Papiere an die Seite und ließ an einem 
: Ende des grofen Tisches, an dem wir safen, decken und 


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ein kleines Abendessen bringen. Wir ließen es uns wohl 
sein; Goethe selbst rührte aber keinen Bissen an, wie ich 
ihn denn nie abends habe essen sehen. Er saß bei uns, 


: schenkte uns ein, putzte die Lichter und erquickte uns 


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TR 9 ND 


überdies geistig mit den herrlichsten Worten. Das An- 
denken Schillers war in ihm so lebendig, daß die Gespräche 
dieser letzten Hälfte des Abends nur ihm gewidmet waren. 

Riemer erinnerte an Schillers Persönlichkeit. „Der Bau 
seiner Glieder, sein Gang auf der Straße, jede seiner Be- 
wegungen“, sagte er, „war stolz, nur die Augen waren 


| sanft.“ — „Ja,“ sagte Goethe, „alles übrige an ihm war 


. stolz und großartig, aber seine Augen waren sanft. Und 


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wie sein Körper war sein Talent. Er griff in einen großen 
. Gegenstand kühn hinein und betrachtete und wendete ihn 


hin und her, und sah ihn so an und so, und handhabte 


» ihn so und so. Er sah seinen Gegenstand gleichsam nur 
: von außen an, eine stille Entwickelung aus dem Innern 


war nicht seine Sache. Sein Talent war mehr desultorisch. 
Deshalb war er auch nie entschieden und konnte nie fertig 
werden. Er wechselte oft noch eine Rolle kurz vor der 
Probe. | 

„Und wie er überall kühn zu Werke ging, so war er 


83 


auch nicht für vieles Motivieren. Ich weiß, was ich mit 
ihm beim ‚Tell für Not hatte, wo er geradezu den Geßler 
einen Apfel vom Baum brechen und vom Kopf des Knaben 
schießen lassen wollte. Dies war nun ganz gegen meine 
Natur, und ich tiberredete ihn, diese Grausamkeit doch 
wenigstens dadurch zu motivieren, dab er Tells Knaben 
mit der Geschicklichkeit seines Vaters gegen den Landvogt 
großtun lasse, indem er sagt, daß er wohl auf hundert 
Schritte einen Apfel vom Baume schieße. Schiller wollte 
anfänglich nicht daran, aber er gab doch endlich meinen 
Vorstellungen und Bitten nach und machte es so, wie ich 
ihm geraten. 

„Daß ich dagegen oft zu viel motivierte, entfernte meine 
Stücke vom Theater. Meine ‚Eugenie‘ ist eine Kette von 
lauter Motiven, und dies kann auf der Bühne kein Glück 
machen. 

„Schillers Talent war recht fürs Theater geschaffen. Mit 
jedem Stücke schritt er vor und ward er vollendeter; doch 
war es wunderlich, daß ihm noch von den ‚Räubern‘ her 
ein gewisser Sinn für das Grausame anklebte, der selbst іп 
seiner schönsten Zeit ihn nie ganz verlassen wollte. So 
erinnere ich mich noch recht wohl, daß er im ‚Egmont‘ 
in der Gefängnisszene, wo diesem das Urteil vorgelesen 
wird, den Alba in einer Maske und in einen Mantel ge- 
hüllt im Hintergrunde erscheinen ließ, um sich an dem 
Effekt zu weiden, den das Todesurteil auf Egmont haben 
würde. Hierdurch sollte sich der Alba als unersättlich in 
Rache und Schadenfreude darstellen. Ich protestierte jedoch, 
und die Figur blieb weg. Er war ein wunderlicher großer 
Mensch. 

„Alle acht Tage war er ein anderer und vollendeterer; 


84 


jedesmal wenn ich ihn wiedersah, erschien ег mir vorge- 
schritten in Belesenheit, Gelehrsamkeit und Urreil. Seine 
Briefe sind das schénste Andenken, das ich von ihm be- 
sitze, und sie реһдгеп mit zu dem Vortrefflichsten, was 
er geschrieben. Seinen letzten Brief bewahre ich als ein 
Heiligtum unter meinen Schätzen.“ Goethe stand auf und 
holte ihn. „Оа sehen und lesen Sie“, sagte er, indem er 
mir ihn zureichte. 

Der Brief war schön und mit kühner Hand geschrieben. 
Er enthielt ein Urteil über Goethes Anmerkungen zu 
„Rameaus Neffen“, welche die französische Literatur jener 
Zeit darstellen und die er Schillern in Manuskript zur 
Ansicht mitgeteilt hatte. Ich las den Brief Riemern vor. 
„Sie sehen,“ sagte Goethe, „wie sein Urteil treffend und 
beisammen ist und wie die Handschrift durchaus keine 
Spur irgendeiner Schwäche verrät. Er war ein prächtiger 
Mensch, und bei völligen Kräften ist er von uns gegangen. 
Dieser Brief ist vom 24. April 1805 — Schiller starb am 
9. Mai.“ 

Wir betrachteten den Brief wechselsweise und freuten 
uns des klaren Ausdrucks wie der schönen Handschrift, 
und. Goethe widmete seinem Freunde noch manches Wort 
eines liebevollen Andenkens, bis es spät gegen elf Uhr 
geworden war und wir gingen. 


Donnerstag, den ı2. Mai 1825 


. . o 5 Überall*, fuhr Goethe fort, „lernt man nur von dem, 
den man liebt. Solche Gesinnungen finden sich nun wohl 
gegen mich bei jetzt heranwachsenden jungen Talenten, 
allein ich fand sie sehr spärlich unter gleichzeitigen. Ja, 
ich wüßte kaum einen einzigen Mann von Bedeutung zu 


85 


nennen, dem ich durchaus recht gewesen wäre. Gleich 
an meinem „Werther“ tadelten sie so viel, daß, wenn ich 
jede gescholtene Stelle hätte tilgen wollen, von dem ganzen 
Buche keine Zeile geblieben wäre. Allein aller Tadel 
schadete mir nichts, denn solche subjektive Urteile einzelner 
obgleich bedeutender Männer stellten sich durch die Masse 
wieder ins Gleiche. Wer aber nicht eine Million Leser 
erwartet, sollte keine Zeile schreiben. 

„Nun streitet sich das Publikum seit zwanzig Jahren, 
wer größer sei: Schiller oder ich, und sie sollten sich 
freuen, daß überall ein paar Kerle da sind, worüber sie 
streiten können.“ 


Aus Goethes Gesprächen mit Eckermann, 
herausgegeben von Franz Deibel. 


DIE JENAISCHEN STUDENTEN IN WEIMAR 


UF matten, stolpernden, ganz dem berühmten Thiere des 
einäugigen Schusters Sauer in Halle ähnlich, kommen 

ein Dutzend Jenaische Bursche hier über den Markt gallo- 
pirt! Wenn man indessen die Galop mit dem Gange ver- 


gleicht, den man bei einen nichtakademischen Pferde so 


nennt, so wird man sehr leicht finden, daß beide sehr von 
einander verschieden sind. Jenes ist ein unaufhörliches 
Fallen und Aufstehen, wobei der unerfahrne Reiter dem 
Thiere mit seiner Brust auf der Mähne und mit den 
Spornen ın den Seiten liegt, und es so immer von neuem 
zu mühseligern schnellern Sprung antreibt. Wirklich muß 
ein höheres Geschick über den jungen Reitern walten, die 
sich diesen Thieren anvertrauen. Man sollte glauben, daß 
in den Todtenlisten von Jena keine Todesart häufiger vor- 


86 


2 EE EE EE түз тесе ол гс АСУ азары т тлі ТТИ 
öde ge E end CEM мк Ж-Е... 2... CE 


kommen müßte, als Ше des Sturzes vom Pferde; denn 
schlechtere Reiter und elendere Pferde giebt es nicht, als 
die Jenaischen Studenten und die dasigen Philisterpferde. 

Vor ein paar Jahren zogen die Jenaischen Bursche noch 
fast jedesmal mit ziemlichen Larmen und Toben in Weimar 
ein; ihre Gegenwart kündigte sich allemal durch ein Gebrüll 
an, welches sie mit dem Namen Gesang belegen; aber jetzt 
ist das nicht mehr so. Ohne Lärmen geht es freilich nicht 
ab, aber jenes wilde Toben ist ihnen einigemal untersagt 
worden, und ohnerachtet der angenommenen Verachtung 
gegen die Laubfrösche — mit welchem Namen sie die 
Weimarische Garnison wegen ihrer grünen Uniform zu 
belegen pflegen — haben sie doch eine kleine Furcht, daß 
man sie wohl, nach ihrem Ausdruck, schleppen könnte, 
wenn sie es zu bunt machten. Sie sind also lieber ruhig, 
und bedauern im Stillen den Verlust ihrer wohlerworbenen 
akademischen Gerechtsame — ungezogen zu seyn. 

Indessen sind sie doch in Weimar angenehm. Das Schau- 
spiel würde besonders darunter leiden, wenn sie nicht her- 
kämen. Ohne ihre Gegenwart würde manchmal das Haus 
halb leer seyn, und die Gastwirthe würden ihren Verlust 
ebenfalls empfinden. Sie kommen gewöhnlich Nachmittags, 
und fahren oder reiten nach dem Schauspiele wieder fort. 
Diejenigen, welche da bleiben, treiben sich bei Ortelli, auf 
dem Kaffeehause, oder auf den Gassen herum. 

Die Kleidung dieser jungen Leute sieht seltsam gegen 
den decenten Anzug der Weimarischen Herren aus. Thurm- 
förmige Mützen mit mancherlei bunten Zierrathen, als 
Schnüren, Troddeln und Quasten von allerlei Farben zieren 
ihre Häupter, unter denen ein dickes Haar hervorhängt, 
das um ihr Kinn zusammenschlagt und den größten Theil 


87 


ihres Gesichts bedeckt. Sie schütteln darum alle Augen- 
blicke das Haar, wie der Löwe seine Mähne schüttelt, um 
sehen zu können. Eine kurze Jacke, mit Aufschlägen von 
anderer Farbe, gehört nothwendig zu diesem Anzuge, und 
ihre Schenkel sind mit langen Reithosen bedeckt, deren 
eine Seite mit Leder besezt ist. So zeigen sie sich überall, 
und nur ihr kleinerer gesitteter Theil, der sich aber, wie 
man von Jahr zu Jahr mit Vergnügen bemerkt, ziemlich 
beträchtlich vermehrt, trägt sich, wie sich andere ver- 
nünftige Menschen kleiden. 

Doch, man lasse sie! Die Zeit kommt bald, wo sie, in 
bürgerliche Verhältnisse gezwungen, ihre Jacken, ihre Mützen 
und Peitschen ablegen, wo dann gewöhnlich der größte 
Renomist, der in Jena am meisten Ansehen genoß, be- 
schämt und verachtet von den Seinigen in der Vaterstadt 
seine vorigen Thorheiten bereut. 

Manche Jenaische Studenten, die hinlängliche Einkünfte 
dazu haben, miethen sich auch wohl ein Zimmer in Weimar, 
um dann und wann einige Tage hier zubringen zu können. 
Gewöhnlich haben diese irgend einen Magneten, der sie 
dahin zieht. Mancher Musensohn ward schon von einer 
Weimarischen Schöne gefesselt, und manche von diesen 
verläßt ihre Vaterstadt, um den treuen Burschen in sein 
Vaterland zu folgen. 

Ans den „Nachrichten über die berübmte Residenzstadt Weimar“. 1800. 


GOETHE ÜBER DIE ANORDNUNG SEINER 
WERKE (1816) 


CHON lange Jahre genießt der Verfasser das Glück, 
daß die Nation an seinen Arbeiten nicht nur freundlich 


88 


өм 


teilnimmt, sondern daß auch mancher Leser, den Schrift- 
steller in den Schriften aufsuchend, die stufenweise Ent- 
wicklung seiner geistigen Bildung zu entdecken bemiiht ist. 
Wie sehr er dieses zu schätzen weiß, ist mehrern ver- 
ehrten Personen bekannt, Ше mit ihm in nähern Verhält- 
nissen stehen, aber auch Entfernte können daraus abnehmen, 
daß ıhm ihre Teilnahme lieb und wert ist, da er für sie 
die Darstellung seines Lebens unternommen hat, deren 
Hauptzweck es ist, die Entwicklung schriftstellerischer und 
künstlerischer Fähigkeiten aus natürlichen und menschlichen 
Anlagen faßlich zu machen. | 

Wenn er nun aber vernimmt, dab man in gleicher An- 
sicht den Wunsch hegt, die neue Ausgabe seiner Schriften 
möchte chronologisch geordnet werden, so hält er es für 
Schuldigkeit, umständlich anzuzeigen, warum dieses nicht 
geschehen könne. | 

Wir haben zwar an der Ausgabe Schillerischer Werke 
ein Beispiel solcher Anordnung; allein der Herausgeber 
derselben war in einem ganz andern Falle, als der ist, in 
welchem wir uns gegenwärtig befinden. Bei einem sehr 
weiten Gesichtskreise hatte Schiller seinen Arbeitskreis nicht 
übermäßig ausgedehnt. Die Epochen seiner Bildung sind 
entschieden und deutlich; die Werke, die er zustande ge- 
bracht, wurden in einem kurzen Zeitraum vollendet. Sein 
Leben war leider nur zu kurz, und der Herausgeber über- 
sah die vollbrachte Bahn seines Autors. Die Goethischen 
Arbeiten hingegen sind Erzeugnisse eines Talents, das sich 
nicht stufenweis entwickelt und auch nicht umherschwärmt, 
sondern gleichzeitig, aus einem gewissen Mittelpunkte, sich 
‘nach allen Seiten hin versucht und in der Nähe sowohl als 
in der Ferne zu wirken strebt, manchen eingeschlagenen 


89 


Weg für immer verläßt, auf andern lange beharrt. Wer 
sieht nicht, daß hier das wunderlichste Gemisch  ent- 
springen würde, wenn man das, was den Verfasser gleich- 
zeitig beschäftigte, in einen Band zusammenbringen wollte; 
wenn es auch möglich wäre, die verschiedensten Pro- 
duktionen dergestalt zu sondern, daß sie sıch alsdann 
wieder, der Zeit ihres Ursprungs nach, nebeneinander 
stellen ließen. 

Dieses ist aber deshalb nicht tulich, weil zwischen Ent- 
wurf, Beginnen und Vollendung größerer, ja selbst kleiner 
Arbeiten oft viele Zeit hinging, sogar bei der Herausgabe 
die Produktionen teilweise umgearbeitet, Lücken derselben 
ausgefüllt, durch Redaktion und Revision erst eine Gestalt 
entschieden wurde, wie sie der Augenblick gewährte, in 
welchem sie den Weg einer öffentlichen Erscheinung be- 
traten. Diese Verfahrungsart, die teils aus einem unruhigen 
Naturell, teils aus einem sehr bewegten Leben hervorging, 
kann auf keinem andern als dem angefangenen Wege deut- 
lich gemacht werden, wenn dem Verfasser nämlich gewährt 
ist, seine Bekenntnisse fortzusetzen. Alsdann wird der 
vierte Band, welcher bis zu Ende von 1775 reicht, die be- 
deutendsten Anfänge vorlegen; durch die Reise nach Italien 
wird sodann die erste Ausgabe bei Göschen, und was bis 
dahin vollbracht worden, ins klare gesetzt, woraus denn 
hervorgehen dürfte, dab eine Zusammenstellung nach Jahren 
und Epochen keineswegs zu leisten sei. 

Noch andere Betrachtungen treten ein, welche nicht ab- 
zuweisen sind. Die Mehrzahl der Leser verlangt die Schrift 
und nicht den Schriftsteller; ihr ist darum zp tun, даб sie 
die Arbeiten nach ihrer verschiedenen Art und Natur in 
Gruppen und Massen beisammen finde, auch in diesem 


90 


ға o 


E 


Sinne einen und den andern Band zu irgendeinem Ge- 
brauch sich wähle. . . 


EIN EPIGRAMM AUS DEM JAHRE 1796 ÜBER DIE 
NEUE UNGERSCHRIFT 


ER Lettern neuen Schnitt dem Leser zu empfehlen, 
Mußt ich des Meisters Werk zur ersten Probe wählen. 
Die zweite ist — und dann ist alles abgetan — 
Wenn selbst des Pfuschers Werk sie nicht verrufen kann.) 


WEIMARISCHE BRIEFE AN JOHANN HEINRICH 
MERCK 


WIELAND AN MERCK Den 25. März 1776 


EIN 1. Hr. und Fr., ich habe mir bisher beynah ein 
Gewissen daraus gemacht, Ihnen zu sagen, wie stark 

ichs fiihle, 4аб Sie unter den Recensenten just eben das 
sind, was Klopstock unter den Dichtern, Herder unter den 
Gelehrten, Lavater unter den Christen und Göthe unter 
allen menschlichen Menschen, d. i. ich bin ganz anschaulich 
überzeugt, daß es nur von Ihnen abhienge, die herrlichsten 
Compositionen zu machen und über die meisten Schrift- 
steller unsrer Zeit in Prosa und Versen empor zu glänzen, 
wie der Sirius über die kleineren Sterne — und gleich- 
wohl — kan ich nicht umhin, Gott dafür zu danken, daß 


х) Als erstes Werk druckte der Berliner Verleger Unger mit seiner 
neuen Туре Goethes „Wilhelm Meister“, als zweites das, wenigstens 
im Goethe-Schiller-Kreis, übel berüchtigte Journal „Deutschland“ von 
Reichardt. 


91 


er Ihnen eine so decidirte hobby-horficalische Liebe zum 
Recensiren gegeben hat. Denn am Ende sind Sie doch 
der einzige im ganzen h. R. Reich, dessen Recensionen ein 
ehrlicher Kerl mit Freuden ließt, und immer, wenn er sich 
was zu Gute thun will, wieder ließt, und bei jedem Wieder- 
lesen mit neuem Vergnügen; kurz, fahren Sie immer fort 
und widerstehen Sie dem Teufel, wenn er Ihnen einblasen 
will, daß recensiren, wie Sie recensiren, nicht eine so edle, 
wohlthätige und hochwichtige Sache sey, als irgend ein 
andres Geschäfte in der Welt. ... Göthe bleibt nun wohl 
hier, so lange C[arl] A[ugust] lebt, und möchte das bis zu 
Nestors Alter währen! Er hat sich ein Haus gemiethet, das 
wie eine kleine Burg aussieht, und es macht ihm großen 
Spaß, daß ег mit seinem Philipp ganz allein sich im Noth- 
fall etliche Tage gegen ein ganzes Corps darinn wehren 
könnte, insofern sie ihm das Nest nicht überm Kopf ganz 
anzündeten. Er ist auch im Begriff einen Garten zu 
kauffen, welches ich auch gethan habe, also und dergestalt, 
daß wir beyde, NB. ohne vorgängige Abrede, uns beynahe 
in ein und ebendemselben Augenblick in den Weimarischen 
Philister-Orden begeben haben — welches dann mit alle 
dem lustig genug ist ... Für mich ist kein Leben mehr, 
ohne diesen wunderbaren Knaben, den ich als meinen 
eingebohrnen einzigen Sohn liebe, und, wie einem ächten 
Vater zukommt, meine innige Freude daran habe, dab er 
mir so schön übern Kopf wächst, und alles das ist, was 
ich nicht habe werden kónnen. 

Liebster M., denken Sie fleissig an mich, und denken 
Sie allemal dabei, daf keiner unter allen, die jemals in 
Verhältnis mit Ihnen gestanden sind, Sie mehr lieben, inniger 
hochschatzen kan als Ihr W. 


92 


: WIELAND AN MERCK Den 7. Oktober 1776 


. Gothe ist bald da bald dort, und wollte Gott, er könnte 
wie Gott allenthalben seyn! Ich bin immer hier, und Ihr 
Freund, gewiß so herzlich als Göthe, wiewohl wir leider! 
nicht viel Salz mit einander gegessen haben. 

Herder und seine liebe Eva sind nun seit 7 Tagen auch 
hier. Mein Herz flog ihm beym ersten Anblick mächtig 
entgegen. So oft ich ihn ansehe, möcht’ ich ihn zum Statt- 
halter Christi und Oberhaupt der ganzen Ecclesia Catholica 
machen können. Weimar ist seiner nicht werth; aber wenn 
ihm nur leidlich wohl bey uns seyn kan, so ist Weimar so 
gut als ein andrer Ort. Und wenn Göthens Idee statt 
findet, so wird Weimar noch der Berg Ararat, wo die 
guten Menschen Fuß fassen können, während daß allge- 
meine Sündflut die übrige Welt bedeckt. ... 


WIELAND AN MERCK Den 17. Oktober 1776 


. Zwischen Herdern und mir, seinem Weib und meinem 
Weib, seinem Bübchen und meinen Mädchen, hat sich all- 
bereits eine gute hausgesponnene Art von Familienfreund- 
schaft erwürkt, die, wie ich hoffe, derb und dauerhaft seyn 
soll. Ich denke, was er Ihnen etwan selbst gelegentlich davon 
sagen wird, soll mir kein démenti geben. Bis izt bin ich 
treflich mit ihm d’accord: und warum nicht immer, da ich 
immer bereit bin und bleiben werde, ihm den Primat 
inter pares, so gut als jeder Catholische Bischoff dem Pabst, 
einzugestehen. 

Göthe ist immer der nehmliche — immer würksam uns 
alle, glücklich zu machen, oder glücklich zu erhalten — und 
selbst nur durch Theilnehmung glücklich — Ein großer, 
edler, herrlicher, verkannter Mensch, eben darum verkannt, 


93 


мей so wenige fahig sind, sich einen Begriff von einem 
solchen Menschen zu machen. . . . 


WIELAND AN MERCK Den 24. November 1777 


Lieber Hr., ich bin eben mit Lesen Ihres sogenannten 
Roman (habe ihn erst diesen Morgen von der Post er- 
halten,) soweit er reicht, fertig und nun bin ich um zwey 
herzliche Wünsche ärmer als zuvor — denn leider! wird 
mir keiner von beyden jemals zu theil werden — der erste: 
daf ich so ein Mann wire wie Hr. Oheim, und der andere, 
weil ich denn doch so ein Mann nicht seyn kann, daf ich 
wenigstens so ein Büchlein von so einem Mann möchte 
schreiben kónnen, wie das Ihrige ist, und seyn wird, wenn 
Sie's, Gott gebe! vollenden. Seit mich Göthe Stillings 
Jugend im Manuscript lesen ließ (nun ist's gedruckt,) hat 
mich keines Menschen Werk so durchaus contentirt und 
gefreut wie dies. Ich meyne, das Werk als Composition 
und Machwerk (poéma) betrachtet ... Alles wahr, Alles 
nach würklichem Leben, kein falscher Zug, kein Krizchen 
noch Tüpfelchen zu viel, jeder Strich bedeutend, jedes in 
seiner Eigenheit, und eben drum das Ganze so lebendig und 
der Styl so simpel, kräftig, ohne alle Manier, so pur gute 
Prosa, und doch so darstellend als die beste Poesie. 


WIELAND AN MERCK Den r. August 1779 

Mit Góthen hab ich vergangene Woche einen gar guten 
Tag gehabt. Er und ich haben uns entschliefien müssen, 
dem Rath May zu sitzen, der uns ex voto der Herzogin 
von Wiirtemberg für Ihre Durchlaucht mahlen soll. Göthe 
saß Vor- und Nachmittags, und bat mich, weil Serenissimus 
absens war, ihm bei dieser leidigen Session Gesellschaft 
zu leisten und zur Unterhaltung der Geister den Oberon 


94 


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7 Жас AM. 7, 


vorzulesen. Zum Glück mußte sich's treffen, dab der fast 
immer wiithige Mensch diesen Тар gerade in seiner besten 
receptivsten Laune und so amusable war, wie ein Madchen 
von sechszehn. Тар meines Lebens hab ich Niemand über 
das Werk eines andern so vergnügt gesehen, als er es mit 
dem Oberon durchaus, sonderlich mit dem 5. Gesang war, 
worin Нуоп sich von dem kaiserlichen Auftrag verbotenus 
acquittiret. Es war eine wahre jouissance für mich, wie 
Du leicht denken kannst. Ein paar Tage darauf gestund 
er selbst, daß er in 3 Jahren vielleicht nicht wieder in 
diesen Grad von Receptivitit und Offenheit jedes Sinnes für 
ein opus hujus furfuris et farinae kommen würde. 


KARL AUGUST AN MERCK Den 31. Januar 1780 

Der Frau Aja Wein hat mir treffliche Dienste ge- 
leistet, und hatte ich nicht noch etwas Flogiston davon 
in mir, wahrlich der entsetzliche Schnupfen hátte mich über- 
mannt. Aber wegen der Frau Aja denke ich so: hierbei 
schicke ich das, was ich wünschte, daß die Frau Aja ge- 
brauchen wollte. Es muf von ihr nicht anders, als folgen- 
dermaßen angenommen werden: 

1) ist es kein Präsent. Sie hat mir viel Gefallen gethan, 
da ich ihrer sehr nöthig hatte, um nicht für mein Geld 
schlecht im rothen Haus zu wohnen. Ihr macht jetzt das 
Nichtdaseyn des Geldes große Unannehmlichkeiten, und ein 
Gefallen ıst des andern werth; 

2) erfährt der K. K. Herr Rath Nichts davon, sondern 
dem wird mein versteinerter Kopf zum Aufstellen übermacht; 

3) erfährt Göthe Nichts davon, weder heute, noch je. — 


WIELAND AN MERCK Mai 1780 
Ich hab’ inzwischen von Frau Aja einen großen Brief 


95 


erhalten, der mich auf есісһе Tage guter Laune gemacht 
hat. Es geht in der Welt nichts tiber die Weiber von 
dieser Art, um sich von Poeten und Propheten gefangen 
nehmen zu lassen; nur Schade, daß sie immer rarer werden. 
Frau Aja ist die Königin aller Weiber, die Herz und Sinnen 
des Verständnisses haben; und dem Himmel sei Dank, daß 
es auch hier einige gibt, die werth sind, unter ihrer Fahne 
zu dienen. 


ANNA AMALIA AN MERCK Den 4. August 1781 

Obwohl zuweilen die Herren Poeten gerne die Wahrheit 
übergehen, so hat doch für diesesmal der Poete Wieland 
Ihnen der klaren Wahrheit gemäß gesagt, daß ich gegen 
Sie noch immer diejenige bin, die ich war, als ich das 
erstemal die Ehre hatte, den Hrn. K. R. in dem berühmten 
rothen Hause zu Frankfurt kennen zu lernen, und daß 
meine Nachlässigkeit, an Sie zu schreiben und zu danken 
für alle die schönen Kunstsachen, die Sie mir diese Zeit 
über geschickt haben, von nichts Anderem herrührt, als von 
einem garstigen Naturfehler, den ich leider besitze und mit 
Schamröthe Faulheit nennen muß. Freilich fühle ich auch 
wohl, daß es eine elende Entschuldigung ist für das, was 
ich Ihnen schuldig bin, aber leider, wenn man eine schlechte 
Sache zu verfechten hat, so fällt man immer tiefer hinein; 
darum will ich schweigen und Ihnen herzlich danken für 
die grobe, gütige Fürsorge, meine Kunstwerke zu vermehren. 


KARL AUGUST AN MERCK Den 30. Mai 178: 

Góthens Vater ist ja nun abgestrichen und die Mutter 
kann nun endlich Luft schöpfen. Die bösen Zungen geben 
Ihnen Schuld, daß Sie wohl gar bey diesem Unglück im 
Stande wären zu behaupten, daß dieser Abmarsch wohl der 


y6 


einzige gescheute Streich ware, den der Alte je gemacht 
hatte. Geben Sie doch einige Zeichen des Lebens von sich 
und gehaben sich wohl. С. A. H. v. S. 


' KARL AUGUST AN MERCK. Weimar, den 9. April 1789 


. Mit Ehren kann man Góthens Bild als Siegel führen. 
Wer dieses Pettschaft mit demjenigen Respect braucht, 
welchen es verdient, wird gewi nicht leicht etwas Schlechtes 


in die Welt schicken. 
Aus F. H. Mercks Schriften und Brief- 


wechsel, herausgegeben von Kurt Wolff. 


: LUDWIG VAN BEETHOVEN AN DIE „UNSTERB- 
|. LICHE GELIEBT 5 


An Therese Brunswick(?). 
Am 6. Juli [1807] morgens. 
EIN Engel, mein Alles, mein Ich! — Nur einige Worte 
heute und zwar mit Bleistift — (mit Deinem). Erst 


; bis morgen ist meine Wohnung sicher bestimmt; welcher 
_ nichtswürdige Zeitverderb in dergleichen. — Warum dieser 
, tiefe Gram, wo die Notwendigkeit spricht? — Kann unsre 


Liebe anders bestehen als durch Aufopferungen, durch 
nicht alles verlangen? Kannst Du es ändern, daß Du 
nicht ganz mein, ich nicht ganz Dein bin? — Ach Gott, 
blick in die schöne Natur und beruhige Dein Gemüt über 


' das Müssende! — Die Liebe fordert alles und ganz mit 


Recht; so ist es mir mit Dir, Dir mit mir. — Nur ver- 
gißt Du so leicht, daß ich für mich und für Dich leben 


тоб. — Wären wir ganz vereinigt Du würdest dieses 
' Schmerzliche ebensowenig als ich empfinden. — Meine 


97 


Reise war schrecklich — ich kam erst morgens vier Uhr 
gestern hier an. Da es an Pferden mangelte, wahlte die 
Post eine andere Reiseroute, aber welch schrecklicher 
Weg! Auf der vorletzten Station warnte man mich, bei 
Nacht zu fahren, machte mich einen Wald fürchten, aber 
das reizte mich nur — und ich hatte unrecht. Der Wagen 
mußte bei dem schrecklichen Wege brechen, grundlos, 
bloßer Landweg! Ohne solche Postillione, wie ich hatte, 
wäre ich liegen geblieben unterwegs. — Esterhazy hatte 
auf dem andern gewöhnlichen Wege hierhin dasselbe Schick- 
sal mit acht Pferden, was ich mit vier. — Jedoch hatte 
ich zum Teil wieder Vergnügen wie immer, wenn ich was 
glücklich überstehe. — Nun geschwind zum Innern vom 
Áufern! Wir werden uns wohl bald sehen. Auch heute 
kann ich Dir meine Bemerkungen nicht micteilen, welche 
ich während dieser. einigen Tage über mein Leben machte. 
— Wären unsre Herzen immer dicht aneinander, ich machte 
wohl keine dergleichen. Die Brust ist voll, Dir viel zu 
sagen. — Ach — es gibt Momente, wo ich finde, daß die 
Sprache noch gar nichts ist. — Erheitere Dich — bleibe 
mein treuer, einziger Schatz, mein Alles, wie ich Dir. 
Das übrige müssen die Götter schicken, was für uns sein 
muß und sein soll. — 
Dein treuer 


Ludwig. — 


| Abends Montags am 6. Juli. 

Du leidest, Du mein teuerstes Wesen. — Eben jetzt 
nehme ich wahr, daß die Briefe in aller Frühe aufgegeben 
werden müssen, Montags — Donnerstags — die einzigen 
Tage, wo die Post von hier nach К(оготра). geht. — Du 


98 


ee en en ee re Un Se nn ns en Sn en EAE ir aR Bes es | 


1 leidest. — Ach, wo ich bin, bist auch Du mit mir, mit mir 
г und Dir. Werde ich machen, daß ich mit Dir leben kann? 
; Welches Leben!!!! so!!!! ohne Dich — verfolgt von der 
e ; Güte der Menschen hier und da, die ich meine — ebenso- 
„ wenig verdienen zu wollen, als sie zu verdienen. — Demut 
des Menschen gegen den Menschen — sie schmerzt mich. 
— Und wenn ich mich im Zusammenhang des Universums 
` betrachte, was bin ich, und was ist der — den man den 
. Grófiten nennt! — Und doch — ist wieder hierin das 
Y Göttliche des Menschen. — Ich weine, wenn ich denke, 
А daß Du erst wahrscheinlich Sonnabends die erste Масһ- 
„richt von mir erhältst. — Wie Du mich auch liebst — ` 
_ stärker liebe ich Dich doch. — Doch nie verberge Dich 


ur 
je 


. vor mir. — Gute Nacht! — Als Badender muß ich schlafen 
" gehen. Ach Gott — so nah! so weit! Ist es nicht ein 
Р wahres Himmelsgebäude, unsre Liebe? — aber auch so 
: fest, wie die Feste des Himmels? — 


| Guten Morgen am 7. Juli — 


Schon im Bette drangen sich die Ideen zu Dir, meine 
| unsterbliche Geliebte, hier und da freudig, dann wieder 
traurig, vom Schicksale abwartend, ob es uns erhórt. — 
Leben kann ich entweder nur ganz mit Dir oder gar nicht. 
Ja, ich habe beschlossen, іп der Ferne so lange herumzuirren, 
bis ich in Deine Arme fliegen kann und mich ganz heimat- 
lich bei Dir nennen kann, meine Seele von Dir umgeben 
ins Reich der Geister schicken kann. — Ja, leider muß es 
sein. — Du wirst Dich fassen, um so mehr, da Du meine 
Treue gegen Dich kennst. Nie eine andre kann mein 
Herz besitzen, nie — nie! — O Gott, warum sich ent- 
fernen müssen, was man so liebt! Опа doch ist mein 


99 


Leben іп Wien so wie jetzt ein kiimmerliches Leben. - 
Deine Liebe machte mich zum Gliicklichsten und zum 
Unglücklichsten zugleich. — In meinen Jahren jetzt be- 
dürfte ich einiger Einförmigkeit, Gleichheit des Lebens — 
kann diese bei unserm Verhältnisse bestehen? — Engel, 
eben erfahre ich, dab die Post alle Tage abgeht — und 
ich muß daher schließen, damit Du den Brief gleich er- 
hältst. — Sei ruhig! Nur durch ruhiges Beschauen unsre 
Daseins können wir unsern Zweck zusammen zu leben 


erreichen. — Sei ruhig — liebe mich! — Heute — gestern 
— welche Sehnsucht mit Tränen nach Dir — Dir — Dir — 
mein Leben — mein Alles! — Leb wohl! — O, liebe mich 


fort — verkenne те das treuste Herz 
Deines geliebten 
ewig Dein, Ludwig. 
ewig mein, 
ewig uns! 
Aus Ludwig van Beethovens Briefe, 
herausgegeben von Albert Leitzman. 


TAGEBUCHBLÄTTER VON ARTHUR SCHOPEN- 
HAUERS SCHWESTER ADELE 


Stries bei Danzig, den 26. Juli 1819 


RTHUR bot der Mutter an, sein Vermögen mit uns 
zu teilen, er bediente sich aber in Hinsicht auf 

den Vater ungeziemender Ausdrücke; ich meinte, Taten 
sprechen mehr als das Wort, ich verstand ihn und die 
Mutter nicht. Sie fand den Brief, las ihn unvorbereitet, 
und eine gräßliche Szene erfolgte; sie sprach von meinem 
Vater — ich erfuhr die Schrecknisse, die ich geahndet — 


Too 


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б. 


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sie war so außer sich, daß weder Bitten noch Anerbieten 
meines ganzen Erdenreichtums sie zu einem freundlichen 
Worte, zur Überzeugung meiner Liebe bringen konnten. 
Ihre Ansichten, ihre Gefühle konnte ich nicht teilen, endlich, 
als sie mich durchaus nicht anhórte, reizte mich das offene 
Fenster mit unwiderstehlicher Gewalt — Sterben war ein 
Spiel gegen die Riesenlast des Lebens — aber als ich den 
entsetzlichen Drang in mir fühlte, gab mir Gott Besinnung 
und Kraft. Dennoch brachte mich die Härte der Mutter 
gegen Arthur, ihr Starrsinn, die Unmöglichkeit, sie zu 
überzeugen, daf meine Seele rein von jeder Anklage 
gegen sie, zu einer Verzweiflung, die in lautes Weinen 
und Schreien ausbrach. . . . Jahre löschen den Eindruck 
nicht aus, den Tag habe ich vergessen, die Worte gellen 
mir noch schmerzend in den Ohren. 


den 14. September 1819 
Einzelne Tage stehen recht seltsam grell da. An einem 


derselben empfing ich einen Brief meines Bruders mit 


der Beschreibung seines Aufenthalts in Weimar, mit dem 
Entzücken über seine Aufnahme bei Goethens. Eine 
Ahndung dessen, was ihm Liebe geben konnte, was aus 
ihm zu machen gewesen wäre — ein Blick ins Vergangne, 
ins Künftige zerstörte meine ganze Heiterkeit, glühend 
traten die Sehnsucht und der Schmerz in meine Seele. 


den 9. Februar 1820 

Endlich Arthurs Brief, der mich vernichtend berührte! 
Ich kann noch nicht antworten, indes schrieb ich ihm 
einige Abschiedszeilen. Denn meine Seele ist von ihm 
geschieden. . . . Geht der Akkord nicht durch, so meint 


IOI 


er, sich nicht beschuldigen zu können, wenn ег uns so 
durch dritte Hand zugrunde gerichtet haben sollte. — 
Irrtum ist nichts, aber die unmenschliche Härte! Es muß 
jetzt aus sein, denn ich darf das nicht ertragen. 


den 23. April 1820 

An Arthur habe ich nach Berlin geschrieben, ihn ge- 

fragt, was werden soll, wenn wir uns sehen, dort nämlich, 

und wie er sich gegen Mutter nehmen will. Seine ganze 

Verfahrungsweise habe ich ihm keck beleuchtet, es war 

recht, ісі durfte vor meinem Gewissen nicht anders 
schreiben. 


Berlin, den 30. Juni 1820 


Nach Tische mit meinem Wolff zu Arthur! Ich habe 
gar nichts von allem getan, was ich wollte, denn er 


war ganz anders, als ich dachte. Indes die martervolle ; 


Stunde ging glücklich vorüber, und nichts ist schlimmer, 


manches vielleicht besser. Meine Seele war so bewegt — | 


er hatte vielleicht recht, vielleicht hatten wir beide über- 
trieben — ich will und werde ihn noch einmal sehen, dann 
wird mir Gott helfen. 


[Weimar] den zweiten Weihnachtstag [1820] 


Ich erhielt sehr schöne Sachen, Goethe schickte mir den 
Divan, es hat mich alles sehr gefreut. . . . 


den 6. Mai 1821 


Goethe hat mich das Ende des Prologs auch lesen lassen. || 


Er ist wie der Anfang schön. Aber zugleich sah ich das 
Schema, die Zeichnung der Gedanken möchte ich es nennen. 
Ich begreife nun, wie es ihm möglich ist, bei aller Phan- 


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tasie, bei aller Kiihnheit, bei allen Spriingen des Geistes 
dennoch diese nur ihm eigene plastische Bestimmtheit, diese 
Wirklichkeit seinen Dichtungen zu geben. Das Schema, 
welches ег Kräutern diktiert, ist, wie der Aufschlag zu 
dem Gewebe der Verse, nie irre, nichts reißt ıhn fort. 
Wie ein Fluß, den тап in ein bestimmtes Bette leitet, 
brauset mit gewaltiger Kraft der Wortstrom in den ihm 
bestimmten Grenzen einher. 

. In Frommanns Hause war alles still wie gewöhn- 
lich, aber Minchen Herzlieb, die abermals an der Schwelle 
des Ehestandes von einem Todesschauer angeweht scheint, 
erregte mich unaussprechlich. 


Weimar, den і2. November 


Im ganzen verlebe ich eine poetisch-schöne Zeit, Goethen 
sehe ich recht viel, obendrein mit Zeltern, so auch den 
wunderbaren Felix Mendelssohn, der im ı2. Jahre nach 
Zelters eignem Ausspruche füglich Kapellmeister sein könnte. 
Das schöne, wunderbare Kind interessiert mich ungemein; 
er vereint zwei seltsam verschiedne Naturen in sich: die 
eines wilden, fröhlichen Knabens, und die eines schon 
reifenden Künstlers, der mit Bedacht Fugen, Opern, Quatuors 
schreibt und gründlich das Seine gelernt hat. Kommendes 
Jahr bleibt er noch bei Zeltern. 


den 27. November 1821. 


Zuweilen möchte ich mich doch ganz ehrlich fragen, wo 
kann das enden? Mit immer grösserer Klarheit und Kühn- 
heit lerne ich mich in seinen Gedankengang finden, mit 
großer Freude fühle ich alle meine Geisteskräfte unbe- 
greiflich erhöht. Ich habe heute mit Goethen über die 


104 


Komposition eines Romans, tiber die Stimmung, іп Ше man 
sich versetzen müßte, um ihn zu lesen, gestritten! Was 
mir nicht gefiel, ihm gesagt, seinem Urteil meines schnur- 
stracks entgegengeschoben — bin ich denn etwa toll? 

Sehr schén nimmt Goethe erstlich an: es miisse der 
Leser eines Romans zuerst verzichten auf einiges, ja sich 
bereiten zu solcher Lektiire, wie etwa der Reisende, der 
meu in den Wagen steigend, manche alte Ansicht, Vor- 
urteile, Eigentiimlichkeiten zurücklassend, bloß als fühlender 
Mensch, aber doch auch auf vernünftige Weise Forderungen 
an das neu zu Empfindende macht — das ist eben das Land, 
das der Reisende betritt. . . . 

Dazwischen fielen nun viel freundliche Zwischenreden, 
in denen ich zum erstenmal meine Bewunderung und 
Verehrung aussprach, er aber eine unendliche Duldsamkeit 
bewies. Endlich sprachen wir von seiner Mignon. Er 
rührte sich selbst unbeschreiblich, indem er mir die Fehl- 
griffe der Nachahmungen des Charakters, den er ganz emp- 
funden und erfunden, aussprach und erklärte. 

In dem Augenblick unterbrach uns der Kanzler; bald 


. nachher ging ich, weil mich die Art Persiflage, die Goethe 


an ihm ausübte, drückte und weil ich zu tief erschtittert 
war, um so ganz fades Zeug reden zu hóren. Пав Beste 
vom ganzen Gespräch ist nicht wiederzugeben: es war die 
in sich gefaßte, wunderbar bescheidne und doch nichts ver- 
leugnende Klarheit, mit der er über das, was er geleistet, 
sprach, und über die Art, wie er noch schaffen würde, v wenn 
er jetzt in Jugendfrische die Bahn betrete. 


Aus Adele Schopenhasers Tagebüchern, 
berausgegeben von Kurt Wolff. 


105 


DREI GEDICHTE VON ERNST HARDT 


RITT IN DER NACHT 


\ ГОМ schweren Wolken war das finstre Land verhangen. 
Gebirge starr wie Eis. . . dran kroch ein feuchtes Grau 
Aus tiefen Schluchten, wo der kalte Wind gefangen 


So wie ein Hund an Ketten winselte — Im Tale 
War es noch still, unheimlich dumpf und seltsam lau, 
Als sei noch eine Warme irgendwo im Tale. 


Des Olbaumwaldes schwergedehnter diistrer Bau 
War angefüllt mit einer großen Angst, und kahle 
Verdorrte Stämme stöhnten laut in dem Verhau. 


Ich wußte plötzlich, daß ich hier schon einmal war 
Vor Jahren, die seitdem verraucht, verlöscht wie fahle 
Brände, und wußte, daß es so gewesen war, 


So dumpf und schwer wie heute diese Lande waren 
Und daß ich damals noch sehr jung gewesen war 
Und daß seitdem viel Qualen mir gekommen waren. 


Und ferner wußt ich, daß wie dies beladne Land 
Mein Leben sei, und war darinnen so erfahren, 
Daß ich für jeden Berg den Eigennamen fand. 


Du: Starre Pein. Du: Schwarze Qual. Du: Graue Sorge 
Und du, o unser Blut, bist Glut an Eisesrand, 
Gleichst jenem Wasser, dem ich deinen Namen borge. 


So ritt ich langsam durch mein Leben hin, 
Mein Tier trat sicher auf mit festem Huf — ich aber sorge, 
Daß ich an diesen Bergen nun verloren bin 


Und mich ans Blaue Meer kein Weg. mehr bringt. 


106 


за à gi 


YA 


DAS GESPENST 


Mit grauen Напдеп tastete der Morgen 
Nach meiner Stirne, die noch bleich von Sorgen 
Und kühler war als diese kalte Wand. 


Mich mied der Schlaf, und immer neue Zahlen 
Bedrängten mich wie Seelenqualen, 
Ich hob den Kopf, der keine Ruhe fand. 


Da sah ich neben Dir ein Dunkles lauern, 
Das war ein greisenhaft verkrümmtes Kauern, 
Das hielt Dein liebes Herz in bóser Hand 


Und nagte gierig dran mit steilen Zähnen — 
Da kam vom Hof der Schrei von unsren Hähnen, 
Es floh — der junge Тар stieg an das Land. 


Ich preBte meinen heißen Kopf und weinte: 
Ich wußte, daß auch dieses uns vereinte, 
Die Qual, die niedrig ist und wie ein Brand 


Die Nächte frißt, die Tage und das Leben. 


DIE NACHT 


Die Nacht spannt eine goldne Harfe 
Verschwiegen durch den Traum der Welt, 
All ihre zarten Saiten schwingen, 

Wenn eine Träne niederfällt. 


Wer einsam geht und schon um vieles 
Erfahren hat, den sucht und wirbt 
Der Harfenschlag, der Weihelosen 
Im Druck des Dunkels klanglos stirbt. ` 


107 


Es klagen erdenfremde Leiden 

Mit schweren Tropfen in der Nacht, 
Nachts weinen heimlich bleiche Manner, 
Da Stolz am Tag sie lacheln macht. 


Es deckt die Nacht mit ihrem Fiirstenmantel 
Die goldne Harfe morgens zu. 
„4и; Ernst Hardt; Aus den Tagen des Knaben. 


ZWEI GEDICHTE VON WILHELM WEIGAND 


MEINE GLOCKEN 


ANDERND noch auf reinen Höhn 
Fühl ich plötzlich mich umklungen. 
Ehern wallt ein fromm Getön 
Her aus Tal und Dämmerungen. 


Einer Glocke Silberlaut 

Schwebt empor in Höhenschweigen: 
Helle Augen einer Braut 

Müssen sich in Tränen neigen. 


Einer Glocke dumpf Gedröhn 
Summt in tränenblinden Jammer: 
Eine Tote schlummert schön 

In der Liebe stillster Kammer. 


Wohllaut in der Höhen Ruh 
Wird ein namenloses Heute. 
Rein den ersten Sternen zu: 
Wallt ein himmlisches Geläute. 


108 


WELTSELIGKEIT 


Reiner glühen meine heißen Sinne, 

Seit ich mich dem reinen Geist verschrieben. 
Nennst du fromm es himmlisch hohe Minne, 
Nenn ich es Weltseligkeit im Lieben. — 


Keinem Fühlen darf ich wachsend wehren! 
Dies ist Zier und Spiegel meiner Ehren: 
Einer Flamme gleich soll mich verzehren 
Dies Verschwenden aus geklärten Trieben. 


Aus Der verschlossene Garten. Gedichte 
aus den Jahren ZOO —1909. 


DIE GESCHICHTE MALIKS UND DER PRINZESSIN 
SCHIRIN 


CH bin der einzige Sohn eines reichen Kaufmanns aus 

Surat; bald nach seinem Tode vergeudete ich den 
größeren Teil des großen Besitzes, den er mir hinterlassen 
hatte, und eben vertat ich auch den Rest mit meinen Freunden, 
als sich eines Tages ein Fremdling, der, wie er sagte, nach 
der Insel Sarandib unterwegs war, an meiner Tafel einfand. 
Die Unterhaltung drehte sich um Reisen; die einen priesen 
ihren Nutzen und ihre Freuden, und die andern stellten 
ihre Gefahren dar. Einige unter den Anwesenden, die 
gereist waren, erstatteten über ihre Reisen Bericht; die 
merkwürdigen Dinge, die sie gesehn zu haben behaupteten, 
reizten auch mich insgeheim dazu, und die Gefahren, 
die sie bestanden haben wollten, hinderten mich, den festen 
Entschluß zu fassen. 


109 


Als ich sie alle angehört hatte, sprach ich zu ihnen: 
„Man kann nicht von dem Vergnügen reden hören, das es 
macht, wenn man die Welt durcheilt, ohne die größte 
Lust zu spüren, sich auch selber auf den Weg zu machen; 
aber die Gefahren, denen der Reisende sich aussetzt, be- 
nehmen mir den Geschmack an den fremden Ländern. 
Wenn man“, fügte ich lächelnd hinzu, „von einem Ende 
der Welt bis zum andern reisen könnte, ohne auf dem 
Wege schlimme Begegnungen zu machen, so würde ich noch 
morgen Surat verlassen.“ Auf diese Worte, über die alle 
Versammelten lachen mußten, sprach der Fremdling: „О 
mein Herr Malik, wenn du Lust hast zu reisen und nur 
die Furcht vor den Dieben dich abhält, einen solchen Ent- 
schluß zu fassen, so will ich dich, wenn du willst, eine 
Art und Weise lehren, wie du ungestraft von Königreich 
zu Königreich reisen kannst.“ Ich glaubte, er scherzte; 
aber nach der Mahlzeit nahm er mich beiseite und sagte 
mir, er würde sich am folgenden Morgen bei mir einfinden 
und mir etwas sehr Merkwürdiges zeigen. 

Er hielt sein Wort; er suchte mich auf und sprach zu 
mir: „Ich will mein Versprechen erfüllen, aber du wirst 
erst in einigen Тареп die Wirkung meines Versprechens 
sehn; denn was ich dir zu zeigen habe, ist ein Werk, das 
ich heute nicht vollenden könnte. Laß durch einen 


deiner Sklaven einen Schreiner holen, und sie mögen beide 


mit Brettern beladen hierher kommen‘; so geschah es auf 
der Stelle. | 

Als nun der Schreiner und der Sklave kamen, sagte der 
Fremdling jenem, er móge eine sechs Fuf lange und vier 
Fuß breite Kiste machen, worauf der Schreiner alsbald die 
Hand ans Werk legte. Und auch der Fremdling blieb 


IIO 


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nicht müßig; ег machte allerlei Teile des Bauwerks, wie 
Schrauben und Federn, und sie arbeiteten gemeinsam den 
ganzen Tag hindurch, worauf der Schreiner entlassen 
wurde. Der Fremdling brachte auch den folgenden Тар 
noch damit hin, die Federn einzusetzen und das Werk zu 
vervollkommnen. 

Als die Kiste am dritten Tage endlich fertig war, be- 
deckte er sie mit einem persischen Teppich und ließ sie 
aufs flache Land hinaustragen; und als ich mich mit dem 
Fremdling dorthin begeben hatte, sprach er zu mir: 
„Schicke deine Sklaven fort, damit wir hier allein bleiben; 
ich möchte bei dem, was ich tun will, außer dir keine 
andern Zeugen haben.“ Ich befahl also meinen Sklaven, 
in das Haus zurückzukehren, und blieb тіс dem Fremdling 
allein. Ich war sehr neugierig, was er mit diesem Ge- 
stell beginnen würde, als er hineinkroch; zugleich aber erhob 
sich die Kiste vom Boden und flog mit unglaublicher Ge- 
schwindigkeit durch die Luft. In einem Augenblick war 
er schon weit von mir entfernt, und im nächsten landete 
er wieder zu meinen Füßen. 

Ich kann nicht schildern, wie sehr ich ob dieses Wun- 
ders erstaunte. „Du siehst“, sprach der Fremdling, als er 
aus dem Gestell hervorkroch, „ein recht eben gehendes 
Gefährt; und du kannst überzeugt sein, wenn du auf 
diese Weise reisest, so brauchst du nicht zu fürchten, 
unterwegs beraubt zu werden; das ist das Werkzeug, das 
ich dir geben wollte und mit dessen Hilfe man gefahrlos 
alle Reisen macht; ich mache dir diese Kiste zum Ge- 
schenk; du kannst dich ihrer bedienen, wenn dich eines 
Tages die Lust ankommt, die fremden Länder zu durch- 
eilen. Glaube nicht,“ fuhr er fort, „daß hinter dem, was 


ІІІ 


du gesehen hast, ein Zauber steckt; nicht ‘durch kabba- 
listische Worte noch auch durch die Kraft eines Talismans 
erhebt sich diese Kiste in die Luft; ihre Bewegung ist 
das Ergebnis der wunderbaren Kunst, wie sie die Lehre 
von den bewegenden Kräften erzeugt, und ich kenne noch 
andre Gefährte, die ebenso überraschend sind wie dieses.“ 

Ich dankte dem Fremdling für ein so seltenes Geschenk, 
und ich gab ihm aus Erkenntlichkeit einen Beutel voller 
Golddinare. „Lehre mich,“ sprach ich darauf, „was ich tun 
mu, um diese Kiste in Bewegung zu setzen.“ „Das sollst 
du schnell erfahren“, erwiderte er, und indem er mich 
mit sich in die Kiste steigen ließ, berührte er eine Feder, 
und alsbald erhoben wir uns in die Luft; und er zeigte 
mir, wie man es anfangen mußte, um sie mit aller Sicher- 
heit zu lenken, und sprach: „Wenn du diese Schraube da 
drehst, so fliegst du nach rechts, und wenn du die dort 
drehst, so fliegst du nach links; wenn du diese Feder be- 
rührst, so steigst du, und wenn jene, so senkst du dich.“ 
Ich wollte selber die Probe machen und berührte die 
Federn; und wirklich gehorchte die Kiste meiner Hand 
und flog, wie ich es wollte, und ganz nach Willen be- 
schleunigte oder verlangsamte ich ihren Flug. Wir be- 
schrieben allerlei Figuren in der Luft und schlugen schließ- 
lich die Richtung nach meinem Hause ein, um in meinem 
Garten zu landen; es gelang uns leicht, denn wir hatten 
den Teppich von dem Holzwerk genommen, in dem sich 
sowohl, um die Luft einzulassen, wie auch, um einen Aus- 
blick zu ermöglichen, mehrere Löcher befanden. 

Wir kamen noch vor meinen Sklaven nach Hause, die sich 
nicht genug verwundern konnten, als sie uns schon vor- 
fanden. Ich ließ die Kiste in meinem Gemach einschließen, 


112 


wo ich sie sorgfältiger bewachte als einen Schatz; und der 
Fremdling verließ mich, ebenso zufrieden mit mir, wie 
ich es mit ihm war. Ich fuhr fort, mich mit meinen 
Freunden zu vergnügen, bis ich mein Erbe verzehrt hatte; 
ja, ich begann selbst zu borgen, so daß ich mich unver- 
merkt mit Schulden beladen sah. Sowie man aber in 
Surat erfuhr, daf ich zugrunde gerichtet war, verlor ich 
meinen Kredit; niemand wollte mir mehr leihen, und 
meine Gläubiger forderten mich voll Ungeduld, ihr Geld 
wiederzusehn, auf, es zurückzuzahlen. Da ich mich nun 
ohne alle Hilfsmittel sah und also nichts als Kummer 
und Beschimpfungen zu erwarten hatte, nahm ich meine 
Zuflucht zu der Kiste; ich schleppte sie eines Nachts 
aus meinem Gemach auf den Hof des Hauses und stieg 
mit einigen Vorraten und dem Rest des Geldes, der mir 
noch blieb, hinein. Ich berührte die Feder, die die 
Maschine steigen ließ, drehte eine der Schrauben und ent- 
fernte mich von Surat und meinen Gläubigern, ohne 
fürchten zu müssen, daß sie mir die Häscher auf die 
Fersen schickten. | 

Ich ließ die Kiste während der Nacht so schnell wie 
nur möglich fliegen, und mir war, als überbóte ich selbst 
die Geschwindigkeit der Winde. Mit Tagesanbruch blickte 
ich durch ein Loch, um zu sehn, wo ich mich befände, 
und ich bemerkte nur Berge und Abgründe, ein dürres 
Land und eine furchtbare Wüste. Wohin ich auch blickte, 
sah ich keinerlei Spur bewohnter Státten; und also fuhr 
ich den ganzen Tag und die ganze folgende Nacht lang 
fort, durch die Luft dahinzufliegen. Und am zweiten Tage 
sah ich mich über einem sehr dichten Walde, in dessen Nahe 
auf einer sehr weiten Ebene eine recht schóne Stadt stand. 


113 


Ich machte halt, um mir Ше Stadt und einen prunk- 
vollen Palast, der sich am Ende der Ebene meinen Blicken 
bot, zu betrachten; ich wünschte leidenschaftlich zu ег- 
fahren, wo ich wäre, und schon sann ich darüber nach, 
wie ich meine Neugier befriedigen könnte, als ich auf den 
Feldern einen Bauer erblickte, der die Erde pflügte. Ich 
stieg im Walde nieder, ließ meine Kiste dort zurück und 
ging auf den Bauer zu, um ihn zu fragen, welches der 
Name dieser Stadt sein mochte. „О Jüngling,“ erwiderte 
er, „ich sehe wohl, daß du ein Fremdling bist, dieweil 
du nicht weißt, daß diese Stadt Gasna heißt. Hier resi- 
diert der gerechte und tapfere König Bahaman.“ „Und 
wer“, fragte ich, „wohnt in dem Palast, den wir am Ende 
der Ebene sehen?‘ „Den“, erwiderte er, „hat der König 
von Gasna erbauen lassen, um dort seine Tochter Schirin 
einzusperren; denn dieser Prinzessin droht ihr Horoskop, 
dab ein Mann sie betrügen werde. Um diese Prophe- 
zeiung zu durchkreuzen, hat Bahaman jenen Palast aus 
Marmor erbauen lassen, der umringt ist von tiefen Gräben 
voll Wasser. Das Tor ist aus chinesischem Stahl, und nur 
der König hat den Schlüssel dazu; zudem wacht Tag und 
Nacht eine zahlreiche Wache am Eingang, um allen 
Männern den Zutritt zu wehren. Einmal in der Woche 
besucht der König die Prinzessin, seine Tochter, und dann 
kehrt er nach Gasna zurück. Schirin hat zur Gesellschaft 
in diesem Palast nur ihre Amme und ein paar Sklavinnen 
bei sich.“ ... 4 | i 

Da ich mich nun immerfort mit Schirin beschäftigte, 
die ich mir schöner vorstellte als alle Damen, die ich 
noch gesehen hatte, obwohl mir in Surat und in Goa 
sehr viele begegnet waren, die als sehr schöne Frauen 


114 


gelten konnten und Ше nicht wenig dazu beigetragen 
hatten, mich zugrunde zu richten, so kam mich die Lust 
an, das Schicksal zu versuchen. Ich sprach bei mir selber: 
„Ich muß mich auf das Dach des Palastes der Prinzessin 
begeben und versuchen, in ihre Gemächer einzudringen; 
vielleicht habe ich das Glück, daß ich ihr gefalle. 
Vielleicht bin ich der Sterbliche, dessen glückliche Ver- 
wegenheit die Astrologen am Himmel geschrieben fanden.“ 

Ich war jung und also leichtfertig, und es fehlte mir 
nicht an Mut. Ich faßte demnach diesen verwegenen 
Entschluß und führte ıhn auf der Stelle aus; ich erhob 
mich in die Luft und lenkte meine Kiste auf das Schloß 
zu; das Dunkel der Nacht war so dicht, wie ich es nur 
wünschen konnte. Unbemerkt flog ich über die Köpfe 
der Krieger dahin, die rings um die Gräben scharfe 
Wache hielten. Ich ließ mich auf dem Dach in der Nähe 
einer Stelle nieder, wo ich Licht bemerkte; dann verließ 
ich meine Kiste und glitt durch ein Fenster hinab, das 
offen stand, um die Frische der Nacht hineinzulassen, und 
ich kam in ein mit reichem Gerät versehenes Gemach, 
wo auf einem brokatenen Lager die Prinzessin Schirin 
ruhte, die in blendender Schönheit vor mir dalag; sie 
übertraf noch die Vorstellung, die ich mir von ihr ge- 
bildet hatte. Ich näherte mich ihr, um sie zu betrachten; 
aber ich konnte nicht, ohne in Verzückung zu geraten, so 
viel Reize sehn; ich warf mich vor ihr auf die Knie und 
küßte ihr eine ihrer Hände. Sie erwachte im Nu, und da 
sie einen Mann in einer Stellung vor sich sah, die sie er- 
schreckte, so stieß sie einen lauten Schrei aus, der alsbald 
ihre Amme herbeirief, die im benachbarten Zimmer schlief. 
„Mahpeiker,“ sprach die Prinzessin zu ihr, „komm mir zu 


115 


Hilfe. Hier ist ein Mann. Wie hat ег іп mein Gemach 
eindringen können? Oder vielmehr bist du nicht mit- 
schuldig an seinem Verbrechen?“ „Wer? Ich?“ erwiderte 
die Amme. „Dieser Verdacht ist eine Beschimpfung; ich 
erstaune nicht weniger als du, diesen verwegenen Jüng- 
ling zu erblicken; und wenn ich übrigens auch hätte 
seine Verwegenheit begünstigen wollen, wie hätte ich 
die Wache täuschen können, die das Schloß umgibt? 
Auch weißt du ja, daß zwanzig stählerne Тоге zu öffnen 
sind, bevor man hierher gelangt; dab das königliche 
Siegel an einer jeden Tür hängt und daß der König, dein 
Vater, die sämtlichen Schlüssel besitzt. Ich begreife nicht, 
wie dieser Jüngling all diese Schwierigkeiten hat über- 
winden können.“ 

Während nun die Amme also sprach, sann ich darüber 
nach, was ich ihnen sagen sollte, und mir kam der Ge- 
danke, ihnen einzureden, daß ісһ der Prophet Mohammed 
sei. „O meine schöne Prinzessin,“ sprach ich zu Schon, 
„erstaune nicht länger, und auch du nicht, o Mahpeiker, 
wenn ihr mich hier erscheinen seht. Ich gehöre nicht zu 
jenen Liebhabern, die Gold ausstreuen und allerlei Listen 
anwenden, um ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen; ich 
trage kein Verlangen, vor dem deine Tugend erschrecken 
müßte; ferne sei mir jeder verbrecherische Gedanke. Ich 
bin der Prophet Mohammed; nicht ohne Mitleid habe ich 
dich dazu verurteilt gesehn, deine schönen Tage in einem 
Kerker zu verleben; und ich komme, um dir mein Wort 
zu geben und dich vor der Prophezeiung zu schützen, 
die deinen Vater Bahaman beängstigt. Sei hinfort beruhigt 
über dein Schicksal; dein Los kann nicht anders sein als 
des Ruhmes und Glückes voll, da du die Gattin Moham- 


116 


meds wirst. Wenn sich die Nachricht von deiner Hoch- 
zeit in den Landen verbreitet, so werden alle Könige 
den Schwiegervater des großen Propheten fürchten, und 
alle Prinzessinnen werden dich um dein Schicksal be- 
neiden.“ 

Schirin und ihre Amme sahen sich bei diesen Worten 
an, als beratschlagten sie, was sie davon halten sollten; 
ich gestehe, ich hatte Grund zu der Besorgnis, sie würde 
in ihrem Geist keinen Glauben finden; aber die Frauen 
glauben gern an das Wunderbare. Mahpeiker und ihre 
Herrin schenkten meinem Märchen Glauben; sie hielten. 
mich für Mohammed, und ich mißbrauchte ihre Leicht- 
glaubigkeit. Nachdem ich den größeren Teil der Nacht 
bei der Prinzessin von Gasna verbracht hatte, verließ ich 
vor lagesanbruch ihr Gemach, doch nicht ohne ihr ver- 
sprochen zu haben, daf ich am folgenden Tage zurück- 
kehren würde. Ich suchte schnell meine Kiste auf, kroch 
hinein und stieg sehr hoch in die Luft empor, um von 
den Kriegern nicht gesehen zu werden. Ich landete im 
Walde, lieb meine Kiste dort zurück und lenkte die 
Schritte zur Stadt, wo ich mir für acht Tage Vorräte ein- 
kaufte, sowie prunkvolle Kleider, einen schónen Turban 
aus indischer Leinwand mit goldenen Streifen und einen 
reichen Gürtel; und auch die Essenzen und die besten 
Wohlgerüche vergaß ich nicht. Ich brauchte für diese Ein- 
kaufe den ganzen Rest meines Geldes auf, ohne mir um 
die Zukunft Sorge zu machen; mir war, als kónnte es mir 
nach einem so angenehmen Abenteuer an nichts mehr 
fehlen. Den ganzen Tag hindurch blieb ich im Walde, 
wo ich mich damit beschaftigte, mich anzukleiden und zu 
parfümieren. Sowie aber die Nacht erschien, stieg ich in 


117 


meine Kiste und begab mich auf das Dach von Schirins 
Schloß. Wie in der Nacht zuvor stieg ich in ihr Ge- 
mach hinab, und die Prinzessin zeigte mir, daß sie mich 
in großer Ungeduld erwartete. „O gewaltiger Prophet,“ 
sprach sie zu mir, „ich begann mir schon Sorge zu machen, 
und ich fürchtete schon, du hättest deine Gattin ver- 
gessen.“ „О meine teure Prinzessin,“ erwiderte ich, 
' „konntest du auf eine solche Befürchtung hören? Mußtest 
du nicht, da du mein Wort erhalten hattest, überzeugt sein, 
daß ich dich ewig lieben würde?“ „Aber sage mir,“ fuhr 
‚sie fort, „weshalb du so jung aussiehst? Ich glaubte, der 
Prophet Mohammed müßte ein ehrwürdiger Greis sein.“ 
„Da hast du dich nicht getäuscht,‘ versetze ich, „das ist 
die allgemein verbreitete Vorstellung von mir; und wenn 
ich vor dir so erschiene, wie ich es bisweilen vor jenen 
Gläubigen tue, denen ich eine besondere Ehre erweisen 
will, so würdest du einen langen, weißen Bart und einen 
ganz kahlen Kopf erblicken; aber mir schien, als müßte 
dir eine weniger bejahrte Gestalt lieber sein; deshalb habe 
ich mir die Erscheinung eines Jiinglings beigelegt.“ Da mischte 
die Amme sich in unsre Unterhaltung ein und sagte mir, 
daran hätte ich sehr wohl getan, und wenn man die Rolle 
eines Gatten spielen wolle, so könne man sich nicht zu 
angenehm machen. 

Gegen Ende der Nacht verließ ich das Schloß, denn ich 
fiirchtete, man möchte entdecken, daß ich ein falscher 
Prophet wäre: in der nächsten Nacht kehrte ich wieder- 
um dorthin zurück, und mein Verhalten war so klug, 
daß Schirin und Mahpeiker nicht einmal ahnten, daß ein 
Betrug vorliegen könnte. Freilich fand die Prinzessin un- 
vermerkt so viel Geschmack an mir, daß ihre Liebe nicht 


r18 


wenig dazu beitrug, sie von der Wahrheit all dessen, was 
ich ihr sagte, zu tiberzeugen; denn wenn man zugunsten 
jemandes eingenommen ist, so zweifelt man nicht mehr an 
seiner Aufrichtigkeit.... | | 

Fast einen Monat lang пип hatte ich schon als Prophet 
ein angenehmes Leben gefiihrt, als in der Stadt von einem 
der Nachbarkénige ein Gesandter eintraf, um Schirin zum 
Weibe zu begehren. Er erhielt alsbald eine Audienz, und 
als er den Zweck seiner Gesandtschaft dargelegt hatte, 
sprach Bahaman zu ihm: „Es tut mir leid, daß ich dem 
König, deinem Herrn, meine Tochter nicht gewähren kann; 
ich habe sie dem Propheten Mohammed zum Weibe ge- 
geben.“ Der Gesandte schloß aus dieser Antwort, dab 
der König von Gasna irre geworden wäre. Er nahm Ab- 
schied von dem Fürsten und kehrte zu seinem Herrn zu- 
rück, der, wie er, zunächst glaubte, Bahaman müsse den 
Verstand verloren haben; dann aber schrieb er Ше Ab- 
weisung einer Geringschätzung zu und fühlte sich in seiner 
Ehre verletzt; er hob Truppen aus, sammelte ein gewal- 
tiges Heer und fiel in das Königreich Gasna ein. 

Der König, der Kasim hieß, war stärker als Bahaman; 
und obendrein rüstete Bahaman sich so langsam für den 
Empfang seines Feindes, daß er ihn nicht hindern konnte, 
große Fortschritte zu machen. Kasim schlug einige Trup- 
pen, die sich seinem Zuge widersetzen wollten, und rückte 
im Eilmarsch auf die Stadt Gasna vor, wo er Bahamans 
Heer auf der Ebene vor dem Schlosse Schirins verschanzt 
fand. Es war die Absicht dieses ergrimmten Liebhabers, 
es in seiner Verschanzung anzugreifen; da aber seine 
Truppen der Ruhe bedurften und er abends auf der Ebene 
eintraf, verschob er den Angriff auf den folgenden Morgen. 


119 


Derweilen begann der König von Gasna, als er von der 
Zahl und der Tapferkeit der Krieger Kasims vernahm, zu 
zittern; er versammelte seinen Diwan, und ein Würden- 
träger sprach mit diesen Worten zu den Versammelten: 
„Es nimmt mich wunder, daß der König aus solchem An- 
laß irgendwelche Sorge spüren kann. Welche Befürchtung 
kann — ich sage nicht Kasim, sondern können alle 
Fürsten der Welt zusammen Mohammeds Schwieger- 
vater einflößen? Deine Hoheit, о mein Herr, braucht 
sich ja nur an seinen Eidam zu wenden. Flehe den 
großen Propheten um Hilfe an, so wird er deine Feinde 
bald zunichte machen; er muß es tun, denn er ist der 
Anlaß, um dessentwillen Kasim die Ruhe deiner Unter- 
tanen stört.“ 

Obgleich nun diese Rede nur aus Hohn gehalten wurde, 
so flößte sie Bahaman dennoch Zuversicht ein. „Recht 
ist deine Rede,“ sprach ег zu dem Würdenträger, „ich 
muß mich an den Propheten wenden; ich werde ihn 
bitten, meinen übermütigen Feind zurückzuschlagen, und 
ich wage zu hoffen, daß er meine Bitte nicht abschlagen 
wird.“ 

Nachdem er also gesprochen hatte, suchte er Schirin 
auf. „O meine Tochter,“ sprach er zu ihr, „sowie der 
morgige Tag anbrechen wird, will Kasim uns angreifen; 
ich fürchte, er wird unsre Schanzen bezwingen; und ich 
komme her, um Mohammed zu bitten, daß er uns helfe. 
Biete den ganzen Einfluß auf, den du auf ihn hast, damit 
er uns schütze. Wir wollen uns beide verbünden, um 
ihn uns günstig zu stimmen.“ „О mein Herr,“ erwiderte 
die Prinzessin, „es wird nicht schwer sein, den Propheten 
für uns zu gewinnen; er wird die feindlichen Truppen 


120 


schnell zerstreuen, und auf Kosten Kasims werden alle 
Könige der Welt erfahren, daß sie dich zu achten haben.“ 
„Doch die Nacht rückt vor,“ fuhr der König fort, „und 
der Prophet erscheint nicht. Sollte er uns verlassen haben?“ 
„Nein, o mein Vater, nein,“ versetzte Schirin, „glaube 
nicht, daß er uns in der Not verlassen könnte. Er sieht 
vom Himmel aus, wo das Heer liegt, das uns belagert, 
und vielleicht ist er schon bereit, es in Verwirrung und 
Schrecken zu setzen.“ А 

Das war es denn auch іп der Тас, wonach es Moham- 
med verlangte. Ich hatte wahrend des Tages aus der 
Ferne Kasims Truppen beobachtet; ich hatte mir ihre Ver- 
teilung gemerkt und vor allem das Quartier des Königs 
beachtet. Ich sammelte große und kleine Kiesel, füllte 
meine Kiste damit und erhob mich um Mitternacht іп die 
Luft. Ich flog zu den Zelten Kasims und erkannte gar 
leicht dasjenige; darin der König ruhte. Es war ein sehr 
hoher, [reich vergoldeter Pavillon, den eine Kuppel krönte | 
und den zwölf Säulen aus bemalten Hölzern trugen, die 
in die Erde eingelassen waren. Die Zwischenräume 
zwischen den Säulen waren mit einem Geflecht aus den 
Zweigen von allerlei Bäumen ausgefüllt, und zwischen den 
Kapitälen lagen zwei Fenster, das eine nach Osten und 
das andre nach Süden. 

All die Krieger, die rings das Zelt umlagen, schliefen, 
so daß ich, ohne bemerkt zu werden, bis zum einen der 
Fenster hinabsteigen konnte. Ich sah den König auf 
einem Lager liegen, den Kopf gestützt auf ein Kissen aus 
Satin. Ich kroch halb aus meiner Kiste hervor, und indem 
ich einen großen Kiesel nach Kasim warf, traf ich ihn an 
der Stirn und brachte ihm eine gefährliche Wunde bei. 


I2T 


Er stieß einen Schrei aus, der ‘auf der Stelle all seine = 
Wachen und seine Hauptleute weckte. Man lief zu dem ü 
König und fand ihn blutüberströmt und fast des Bewußt- Хх 
seins beraubt. Und durch das allgemeine Geschrei geriet `i 
das ganze Lager in Verwirrung, und jedermann fragte, 7 
was es gabe. Schon lief das Gerücht um, daf der Kónig ^ 
verwundet sei, und man wisse nicht, wessen Hand деп — 
Streich geführt habe. Während man noch nach dem Tater 22 
suchte, erhob ich mich bis zu den Wolken und ließ auf fe 
das Königszelt und seine Umgebung einen Steinhagel nieder- fx 
fallen. Mehrere Krieger wurden verwundet und schrien Le 
auf, es regne Steine! Und als dieser Ruf sich fortpflanzte, |: 
warf ich, um ihn zu bestätigen, meine Kiesel in allen i 
Richtungen hinab. Da bemächtigte sich des Heeres ein i 
wildes Entsetzen, und Hauptmann wie Soldat glaubten, с 
daß der Prophet wider Kasim ergrimmt sei und seinen w 
Zorn durch dieses Wunder nur zu deutlich verkünde. © 
Kurz, die Feinde Bahamans ergriffen in ihrem Grauen | іш 
die Flucht; ja, sie machten sich in solcher Überstürzung ; c. 
aus dem Staube, dab sie all ihr Gerät und ihre Zelte i 
liegen ließen und nur schrien: „Wir sind verloren, Mo- à 
hammed wird uns alle vernichten.“ .. . 

Zwei Tage, nachdem man Kasim begraben hatte, denn k 
obwohl er ein Feind war, gab man ihm doch ein prunk- 
volles Begräbnis, befahl der König, dab man in der Stadt 
große Freudenfeste veranstalte, und zwar sowohl wegenk 
der Niederlage der feindlichen Truppen, wie auch, umi: 
feierlich die Hochzeit der Prinzessin Schon mit Moham-}: 
med zu feiern. Ich dachte mir, daß ich ein Fest, daß zuf: 


zeichnen müßte. Zu diesem Zweck kaufte ich in Gasn#: 


122 


o weißes Pech und Baumwollsaat nebst ein wenig Feuer- 
ą stahl. Den Tag brachte ich im Walde damit hin, ein 
г Feuerwerk vorzubereiten; ich tauchte die Baumwollsaat 
х іп das Pech, und als das Volk sich nachts in den Straßen 
, vergnügte, erhob ich mich über die Stadt; ich stieg so hoch 
empor, wie es mir nur möglich war, damit man nicht mein 
j; Gefährt bei meinem eignen Licht zu erkennen vermóchte, 
т schlug Feuer und entzündete die Baumwollsaat, die mit 
4; dem Pech eine gar schöne Wirkung tat; dann zog ich mich 
ы Wieder in meinen Wald zurück. Als aber kurz darauf der 
4: Tag anbrach, ging ich in die Stadt, um mir das Vergnügen 
e ZU machen und zuzuhóren, wie man über mich reden 
„würde. Ich täuschte mich nicht in meiner Erwartung; 
, das Volk sprach in tausend Wendungen voller Bewunderung 
Е von dem Streich, den ich ihm gespielt hatte; Ше einen 
ж versicherten, Mohammed habe, um ihnen zu zeigen, daß 
yy am ihr Fest angenehm sei, himmlische Feuer erscheinen 
lassen; und die andern beteuerten, sie hätten mitten іп 

diesen neuen Meteoren den Propheten gesehn; ihre Phan- 
, ptasie lieh ihm den weißen Bart und die ehrwürdige Miene. 
y All diese Reden machten mir unendlich viel Freude. 
' Aber ach, während ich mich also ergötzte, brannte meine 
„Kiste, meine teure Kiste, das Werkzeug meiner Wunder, 
: шіп dem Walde ab; offenbar hatte ein Funke, der mir 
„entgangen war, während meiner Abwesenheit das Gefährt 
„getroffen und verzehrt, denn als ich zu ihm zurückkehrte, 
7 ‚fand ich nur noch ihre Asche. Ein Vater, der bei seiner 

jo Heimkehr seinen einzigen Sohn von tausend tödlichen 

Stichen durchbohrt in seinem Blute schwimmend fande, 

, „Könnte nicht von so lebhaftem Schmerz ergriffen werden 
wie ich. Der Wald hallte wider von meinem Schreien 


123 


und Klagen; ich raufte mir das Haar und zerriß meine 
Kleider. Ich weiß nicht, wie ich in meiner Verzweiflung 
mein Leben schonen konnte. 

Doch war an dem Unheil nichts mehr zu ändern; ich 
mußte irgendeinen Entschluß fassen; und mir blieb nur 
eine einzige Möglichkeit, nämlich die, mein Glück anders- 
wo zu suchen. So also überließ der Prophet Mohammed 
Bahaman und Schirin der Sorge um ihn und entfernte sich 
aus der Stadt Gasna. Drei Tage darauf begegnete ich 
einer großen Karawane von Kaufleuten aus Kairo, die 
auf dem Wege in ihre Heimat waren; ich mischte mich 
unter sie und zog mit ihnen nach Kairo, wo ich, um mir 
meinen Lebensunterhalt zu verdienen, Weber wurde. Ich 
blieb ein paar Jahre dort und zog dann nach Damaskus, 
wo ich dasselbe Gewerbe ausübe. Ich bin scheinbar mit 
meinem Stande sehr zufrieden, aber es ist ein falscher 
Schein. Ich kann nicht vergessen, welches Glück ich einst 
genossen habe. Unaufhörlich steht mir Schirin vor den 
Gedanken, und da ich sie zugunsten meiner Ruhe aus 
meinem Gedächtnis verbannen möchte, ja, all meine Kräfte 
diesem Streben widme, so macht mich die Bemühung, 
die ebenso fruchtlos wie schmerzlich ıst, zu einem sehr 
unglücklichen Menschen. 

Aus Tausend und ein Tag, orientalische Erzählungen. 


GIOVANNI DI BOCCACCIO: GRISELDA 


S ist schon lange her, daß das Haupt des Hauses der 
Markgrafen von Saluzzo ein junger Mann war, Gualtieri 
geheißen, der, ohne Weib und Kind hausend, seine Zeit 
mit nichts anderm verbrachte als mit der Vogelbeize und 


124 


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der Jagd; ein Weib zu nehmen und Kinder zu zeugen, 
hatte er keinen Gedanken, was nicht so unvernünftig war. 
Seine Leute, denen das nicht recht war, baten ihn zu often 
Malen, ein Weib zu nehmen, damit nicht er ohne Erben 


: bleibe und sie ohne Herrn; sie erboten sich auch, ihm ein 


solches und von solchen Eltern abstammendes Fraulein aus- 
findig zu machen, daf er alle Zuversicht haben und sich 
wohl zufrieden geben könne. Gualtieri antwortete ihnen: 
„Meine lieben Freunde, ihr nótigt mich zu etwas, was ich 


.nie und nimmer zu tun entschlossen war іп der Uber- 


legung, was für ein schweres Ding es ist, eine ausfindig zu 
machen, die sich ganz zum eigenen Wesen schickt, und 
wie häufig das Gegenteil ist und wie hart das Leben dessen 
ist, der an eine gerät, die sich nicht zu ihm schickt. Und daß 
ihr sagt, ihr glaubtet, aus der Art der Eltern die der Töchter 
zu erkennen, woraus ihr ableitet, ihr würdet mir eine solche 
geben, daß sie mir gefällt, das ist eine Torheit: denn ich 
wüfte nicht, woher ihr die Vater oder wie ihr die Heim- 
lichkeiten der Mütter kennen kónntet; und wenn ihr sie 
schon kenntet, so sind doch die Téchter gar häufig den 
Eltern unähnlich. Weil es euch aber beliebt, mich mit 
diesen Ketten zu fesseln, so schicke ich mich meinetwegen 
drein; und damit ich mich, wenn es schlimm ausgeht, über 
niemand sonst zu beklagen habe als über mich, so will ich 
mir sie selber aussuchen, sage euch aber das eine: Wenn 
ihr die, die ich nehme, nicht als Herrin ehren werdet, so 
werdet ihrs zu euerm großen Schaden erfahren, wie schwer 
es mir ist, gegen meinen Willen auf euere Bitten ein Weib 
genommen zu haben.* Die wackern Leute antworteten, 
sie seien es zufrieden, nur тӛре er sich entschliefen, ein 
Weib zu nehmen. Seit langem hatte Gualtieri sein Wohl- 


125 


gefallen ап dem Gehaben eines armen jungen Madchens, 
die aus einem Dorfe nahe bei seinem Hause war, und da 
sie ihn auch sehr schön däuchte, glaubte er, mit ihr recht 
glücklich leben zu können; ohne daher weiter zu suchen, 
nahm er sich vor, diese zu heiraten: er ließ ihren Vater 
rufen und kam mit ihm, der ein ganz armer Mann war, 
überein, sie zum Weibe zu nehmen. Hierauf versammelte 
er alle seine Freunde aus der Landschaft um sich und 
sagte zu ihnen: „Meine lieben Freunde, euer Wille war 
und ist es, daß ich mich entschlösse, ein Weib zu nehmen, 
und ich habe mich dazu entschlossen, mehr euch zuliebe, 
als daß ich ein Verlangen nach einem Weibe gehabt hätte. 
Ihr wißt, was ihr mir versprochen habt, nämlich mit jeder, 
wer immer die sei, die ich nähme, zufrieden zu sein und 
sie als Herrin zu ehren; jetzt ist die Zeit da, wo ich im 
Begriffe bin, euch mein Versprechen zu halten, und wünsche, 
daß ihr mir das eurige haltet. Ich habe, hier ganz in der 
Nähe, ein junges Mädchen nach meinem Herzen gefunden, 
die beabsichtige ich, zum Weibe zu nehmen und binnen 
wenigen Тареп heimzuführen; denkt also daran, wie das 
Hochzeitsfest prächtig zu rüsten sei und wie ihr sie ehren- 
voll empfangen könnet, damit ich mich wegen euers Ver- 
sprechens ebenso zufrieden geben kann, wie ihr euch wegen 
des meinigen.“ Die guten Leute antworteten alle voller 
Freude, das sei ihr Wunsch und sie würden sie, sei sie, 
wer sie wolle, als Herrin hinnehmen und in allen Stücken 
als Herrin ehren. Hierauf trafen sie allesamt alle Anstalten, 
das Fest schön und groß und fröhlich zu machen, und 
dasselbe tat Gualtieri. Er ließ die Hochzeit gar groß und 
schön ausrichten und viele Freunde und Verwandte und 
vornehme Edelleute und andere aus der Umgegend ein- 


126 


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laden. Und er ließ auch mehrere schöne und reiche Kleider 
zuschneiden und anfertigen nach dem Maße eines jungen 
Mädchens, die ihn den Wuchs der Jungfrau zu haben 
däuchte, die er sich zu freien vorgenommen hatte; und 
überdies beschaffte er Gürtel, Ringe und eine köstliche 
Krone und alles, was eine Braut braucht. Und als der Tag 
gekommen war, den er für die Hochzeit bestimmt hatte, 
stieg Gualtieri etwa anderthalb Stunden nach Sonnenaufgang 
zu Pferde und mit ihm alle, die ihn zu ehren gekommen 
waren; und nachdem er alles Nötige angeordnet hatte, 
sagte er: „Ihr Herren, es ist Zeit, die Braut einzuholen.“ 
Und er machte sich mit seinem ganzen Geleite auf den 
Weg, und sie ritten in das Dörfchen. Und als sie zu dem 
Hause ihres Vaters gekommen waren, trafen sie das Mädchen, 
wie sie eben mit Wasser vom Brunnen zurückkam; sie war 
in großer Hast, weil sie nachher mit andern Frauenzimmern 
gehn wollte, um die Braut Gualtieris kommen zu sehn. 
Kaum ersah Gualtieri sie, so rief er sie bei ihrem Namen 
Griselda und fragte sie, wo der Vater sei; sie antwortete 
verschänit: „Herr, er ist im Hause.“ Nun saß Gualtieri 
ab, befahl allen, ihn zu erwarten, und trat allein in das 
armselige Häuschen; dort fand er ihren Vater, der Gian- 
nucolo hieß, und zu dem sagte er: „Ich bin gekommen, 
um Griselda zu freien; vorher möchte ich aber noch von 
ihr einiges in deiner Gegenwart hören.“ Und er fragte 
sie, ob sie sich, wenn er sie zum Weibe nehme, immerdar 
befleißigen wolle, ihm willfährig zu sein und sich nichts, 
was er tun oder sagen werde, verdrießen zu lassen, und 
ob sie gehorsam sein werde, und um viel andere derlei 
Dinge; sie antwortete immer mit Ja. Nun nahm sie Gual- 
tieri bei der Hand, führte sie hinaus und ließ sie vor seiner 


128 


Begleitung und, wer sonst noch da war, nackt auskleiden; 
und nachdem er die auf seinen Befehl angefertigten Kleidungs- 
stücke hatte bringen lassen, ließ er sie alsbald bekleiden 
und beschuhen und auf ihr Haar, so wirr wie es war, eine 
Krone setzen. Darob verwunderte sich jedermann und er 
sagte: ,, Ihr Herren, das ist die, die mein Weib sein soll, 
wenn sie mich zum Manne haben will.“ Dann wandte er 
sich zu ihr, die, über sich selber verschämt, nicht wußte, 
wie ihr geschah, und sagte: „Griselda, willst du mich zum 
Маппе?“ Sie antwortete: „Ja, mein Herr“, und er sagte: 
„Und ich will dich zum Weibe.“ Und er verlobte sich 
vor allen Leuten mit ihr. Und er ließ sie einen Zelter 
besteigen und führte sie mit ehrenvollem Geleite heim. 
Dort wurde mit großem Gepränge das Beilager gehalten, 
und die Festlichkeiten waren nicht anders, als wenn er die 
Tochter des Königs von Frankreich genommen hätte. Die 
junge Frau schien mit den Kleidern zugleich auch Sinn 
und Wesen gewechselt zu haben. Sie war, wie wir gesagt 
haben, schön an Gestalt und Antlitz, und so schön, wie 
sie war, so einnehmend, so liebenswürdig und gewandt 
wurde sie jetzt in ihrem Benehmen, daß sie nicht die 
Tochter Giannucolos und einer Schafhirtin, sondern die 
eines edeln Herrn zu sein schien; das nahm alle wunder, 
die sie vorher gekannt hatten. Und zudem war sie ihrem 
Manne so gehorsam und zuvorkommend, daß er sich für 
den glücklichsten und zufriedensten Menschen auf der Welt 
hielt; und mit seinen Untertanen war sie so freundlich 
und leutselig, daß es niemand gab, der sie nicht mehr als 
sich selbst geliebt und ihr nicht willig alle Ehrerbietung 
erwiesen hatte: alle beteten für ihr Wohl und ihr Glück 
und ihre Erhebung, und die, die stets gesagt hatten, Gual- 


129 


tieri habe unweislich gehandelt, daß ег sie zum Weibe ge- 
nommen habe, sagten nun, daß er der weiseste und scharf- 
sichtigste Mensch der Welt gewesen sei, weil es niemand 
sonst als er vermocht hätte, die hohen Tugenden unter 
der dürftigen Hülle und der bäuerischen Tracht zu er- 
kennen. Und sie verstand sich so zu benehmen, daß nicht 
nur in ganz kurzer Frist in ihrer Markgrafschaft, sondern 
auch, ehe viel Zeit verstrichen war, allenthalben von ihrer 
Vortrefflichkeit und ihrer Zucht gesprochen wurde, und 
was etwa gegen ihren Gatten gesagt worden war, als er 
sie gefreit hatte, das wandte sich nun ins Gegenteil. 

Sie war noch nicht lange in Gualueris Hause, als sie 
schwanger wurde; und zu der Zeit gebar sie eine Tochter, 
und darüber war Gualtieri ganz glücklich. Bald darauf aber 
kam ihm ein seltsamer Gedanke іп den Sinn, namlich der, ihre 
Willfährigkeit mit langer Erprobung und harten Prüfungen 
versuchen zu wollen. Er fing damit an, sie mit Worten 
zu kranken, indem er in gespielter Erregung zu ihr sagte, 
seine Leute seien schlecht zufneden mit ihr wegen ihrer 
niedrigen Abstammung, und besonders jetzt, wo sie sáhen, 
daf sie ihm Kinder bringe; und wegen der Tochter, die 
sie geboren habe, täten sie mißvergnügt nichts sonst als 
murren. Auf diese Worte hin sagte die Frau, ohne ihr 
Gesicht oder ihre guten Vorsätze irgendwie zu ändern: 
„Mein liebster Herr, tu mit mir, wie du glaubst, daß es 
deiner Ehre und deiner Ruhe fórderlich ist; ich werde mit 
allem zufrieden sein, weil ich erkenne, wie gering ich gegen 
sie bin und daf ich der Ehre nicht wert war, zu der du 
mich in deiner Gnade erhoben hast.“ Diese Antwort freute 
Gualtieri ungemein, weil er daraus erkannte, daf sie keines- 
wegs stolz geworden war über die Ehre, die er oder andere 


130 


ihr erwiesen hatten. Kurze Zeit darauf schickte ег, nach- 
dem er ihr mit allgemeinen Worten mitgeteilt hatte, seine 
Untertanen könnten ihr Mägdlein nicht leiden, einen 
Diener, dem er seine Weisungen erteilt hatte, zu ihr, und 
der sagte ihr mit gar betrübtem Gesichte: „Madonna, wenn 
ich nicht sterben will, muß ich tun, was mir mein Herr 
befiehlt. Er hat mir befohlen, Euer Töchterchen zu nehmen 
und ...“; und mehr sagte er nicht. Als die Frau diese 
"Worte hörte, das Gesicht des Dieners sah und sich der 
gesagten Worte erinnerte, begriff sie, daß er den Auftrag 
hatte, das Kind zu töten; und so nahm sie es aus der 
Wiege und küßte und segnete es und legte es, ohne trotz 
ihrer Herzenspein das Gesicht zu verändern, dem Diener 
in den Arm und sagte: „Nimm sie und tu pünktlich, was 
dir dein und mein Herr aufgetragen hat; laß sie aber nicht 
so, dab sie die Tiere und die Vögel fressen, es sei denn, 
er hätte dir das befohlen.“ Der Diener nahm das Mägdlein 
und meldete Gualtieri, was die Frau gesagt hatte; staunend 
über ihre Standfestigkeit schickte ihn Gualtieri mit der 
Kleinen zu einer Muhme von ihm nach Bologna und lieb 
sie bitten, sie mit aller Sorgfalt warten und erziehen zu 
lassen, ohne jemals zu sagen, wessen Tochter sie sei. 
Darauf geschah es, daß die Frau von neuem schwanger 
wurde, und zur gehörigen Zeit genas sie eines Knaben, dessen 
Gualtieri herzlich froh war. Weil ihm aber das, was er 
getan hatte, nicht genügte, so verwundete er die Frau mit 
größerer Kränkung und sagte eines Tages erregten Ange- 
sichts zu ihr: „Frau, seit du diesen Knaben geboren hast, 
kann ich mit meinen Leuten gar nicht mehr auskommen, 
so bitter beschweren sie sich darüber, daß nach mir ein 
Enkel Giannucolos ihr Herr sein soll; darum fürchte ich, 


13 1 


daß mir, wenn ich nicht des Landes vertrieben werden 
will, nichts übrigbleibt, als dasselbe zu tun, was ich das 
andere Mal getan habe, und schließlich noch dich zu lassen 
und ein andres Weib zu nehmen.“ Geduldigen Mutes hörte 
ihn die Frau an und erwiderte nichts als: „Mein liebster 
Herr, sorge deine Ruhe zu gewinnen und deiner Wohl- 
meinung zu genügen, um mich kümmere dich in keiner 
Weise, weil mir ja doch nichts teuer ist, außer soweit 
ich sehe, daß es dir recht ist.“ Nach wenigen Tagen 
schickte Gualtieri in derselben Art, wie um die Tochter, 
um den Sohn, und schickte ihn, indem er vorgab, er habe 
ihn in gleicher Weise töten lassen, ebenso wie das Mägd- 
lein zur Erziehung nach Bologna; dazu machte die Frau 
weder ein anderes Gesicht, noch andere Worte, als wegen 
des Mägdleins, so daß sich Gualtieri baß verwunderte und 
sich selber gestand, daß kein anderes Weib so handeln 
könnte wie sie: und hätte er nicht gesehn gehabt, wie zärt- 
lich sie mit den Kindern gewesen war, solange ihm das recht 
war, so hätte er, anstatt die Weisheit ihres Handels zu er- 
kennen, wie er jetzt tat, geglaubt, sie handelte so aus 
Gleichgültigkeit. Seine Untertanen, die wirklich glaubten, er 
habe die Kinder töten lassen, tadelten ihn bitter und schalten 


ihn einen Unmenschen und hatten mit der Frau das größte 


Mitleid; die aber sagte zu den Frauen, die mit ihr über die 
also getóteten Kinder wehklagten, nichts sonst, als dab ihr 
alles recht sei, was dem beliebe, der sie gezeugt habe. 
Als aber nach der Geburt des Mägdleins mehrere 
Jahre verstrichen waren, dauchte es Gualtieri an der Zeit, 
mit ıhrer Duldsamkeit die letzte Probe anzustellen; und 
so sagte er gesprächsweise zu vielen von seinen Leuten, 
er könne es auf keine Weise mehr ertragen, Griselda zur 


132 


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Frau zu haben, und er sehe es еіп, was fiir eine Jugend- 
torheit er begangen habe, sie zu nehmen, und er wolle 
es daher beim Papste nach seinen Kraften betreiben, 4а8 
ihm der erlaube, ein andres Weib zu nehmen und Griselda 
zu lassen. Darob wurde er von manchem ehrlichen Manne 
hart getadelt; er aber antwortete nur, es müsse so sein, 
Als die Frau davon vernahm, däuchte es sie, sie müsse 
darauf gefaßt sein, in das Haus des Vaters zurückzu- 
kehren und vielleicht wie einst die Schafe zu hüten und 
den Mann, dem sie nur sein Bestes wünschte, in den 
Armen einer andern zu sehn: und deshalb härmte sie sich 
innerlich; so wie sie aber die andern Unbilden des Schick- 
sals ertragen hatte, so beschlob sie, auch diese mit fester 
Stirn zu ertragen. 

Nicht lange darauf ließ Gualtieri seine gefälschten Briefe 
aus Rom kommen und redete seinen Untertanen ein, darin 
habe ihm der Papst erlaubt, ein andres Weib zu nehmen 
und Griselda zu lassen. Er ließ sie also vor ihn kommen 
und sagte in Gegenwart einer groben Versammlung zu ihr: 
„Frau, durch eine Vergünstigung, die mir der Papst gewährt 
hat, darf ich eine andere Frau nehmen und dich lassen; 
und weil alle meine Vorfahren ргобе Edelleute und Herren 
in diesem Lande waren, wahrend die deinigen immer 
Bauern waren, so will ich, daß du nicht mehr mein Weib 
seist, sondern in das Haus Giannucolos zurückkehrst mit 
dem Heiratsgute, das du mir zugebracht hast, und ich werde 
eine andere heimführen, die ich zu mir passend gefunden 
habe.“ Als die Frau diese Worte hörte, hielt sie nicht 
ohne die größte Anstrengung, über die Art der Weiber, 
die Tránen zurück und antwortete: „Herr, ich habe immer 
erkannt, daß sich mein niedriger Stand in keiner Weise 


133 


zu Euerm Adel schickt, und das, was ich mit Euch ge- 
wesen bin, das habe ich als Euere und Gottes Gabe er- 
kannt, habe es auch nicht wie ein Geschenk mir zu eigen 
gemacht oder so betrachtet, sondern es stets für etwas 
mir Geliehenes gehalten; es gefällt Euch, es zurückzufordern, 
und so muß es mir gefallen und gefällt mir, es Euch 
zurückzugeben: hier ist Euer Ring, womit Ihr Euch mir 
vermählt habt; nehmt ihn. Ihr befehlt mir, das Heirats- 
gut, das ich Euch zugebracht habe, mitzunehmen: dazu 
braucht Ihr keinen Zahlmeister und ich weder einen Beutel 
noch ein Tragtier; es ist meinem Gedächtnis nicht ent- 
fallen, daß Ihr mich nackt genommen habt. Und dünkt 
es Euch ehrbar, daß der Leib, der die von Euch gezeugten 
Kinder getragen hat, von allen gesehn werde, so will ich 
nackt von hinnen gehn; doch ich bitte Euch, laßt es Euch 
zum Lohne für meine Jungfrauschaft, die ich Euch zuge- 
bracht habe und nicht wegtrage, gefallen, daß ich ein 
einziges Hemde über mein Heiratsgut mitnehmen darf.“ 
Gualtieri, dem das Weinen näher war als sonst etwas, be- 
hielt trotzdem sein finstres Gesicht bei und sagte: „So 
nimm denn ein Hemd mit.“ Alle, so viele ihrer da waren, 
baten ihn, ihr ein Kleid zu schenken, damit тап nicht 
die, die dreizehn Jahre und noch länger sein Weib ge- 
wesen sei, so armselig und so schmählich aus seinem Hause 
fortgehn sehe, wie es zutreffe, wenn sie im Hemde fortgehe; 
aber ihre Bitten waren eitel: im Hemde, barfuß und bar- 
häuptig ging Griselda, nachdem sie alle Gott befohlen hatte, 
aus dem Hause fort und kehrte unter den 'Irinen und 
Klagen aller, die sie sahen, zum Vater zurück. Giannucolo, 
der es nie hatte glauben können, Gualtieri werde seine 
Tochter in Wahrheit als Weib behalten, und dieses Ende 


134 


tagtäglich erwartet hatte, hatte ihr die Kleider aufbewahrt, 
die sie ап dem Morgen ihrer Vermählung mit Gualtieri 
abgelegt hatte; die brachte er ihr, und sie zog sie wieder 
an und machte sich, wie sie gewohnt gewesen war, an die 
geringen Arbeiten im väterlichen Hause; tapfern Mutes 
ertrug sie den wuchtigen Ansturm des feindlichen Ge- 
schickes. mE 

So, wie Gualtieri dies: durchgeführt hatte, also redete 
er auch seinen Leuten ein, er habe eine Tochter eines 
Grafen von Panago genommen; und während er mit 
großem Gefolge zur Hochzeit rüsten ließ, schickte er um 
Griselda. Sie kam, und er sagte zu ihr: ,Ich führe nun 
die Frau heim, die ich neuerdings genommen habe, und 
gedenke, sie bei ihrer Ankunft zu ehren. Du weift, daß 
ich keine Frauen im Hause habe, die die Zimmer aus- 
zuschmücken und die vielen Dinge, die ein derartiges Fest 
erfordert, zu besorgen verstünden: und weil du besser als 
jede andere Bescheid im Hause weißt, richte du alles her, 
wie es sich gehört, laß die Damen einladen, die du meinst, 
und empfange sie, als ob du hier die Frau wirest; nach 
der Hochzeit kannst du dann wieder heimgehn.* Obwohl 
diese Worte Messerstiche waren für das Herz Griseldas, 
die ja der Liebe, die sie zu ihm trug, nicht so hatte 
entsagen kónnen wie ihrem Glücke, antwortete sie: ,,Herr, 
ich bin willig und bereit.“ Und sie trat in ihrer schlechten, 
groben Kleidung in das Haus, aus dem sie vor kurzem 
im Hemde fortgegangen war, und begann die Zimmer zu 
säubern und in Ordnung zu bringen, ließ in den Salen 
Wandteppiche befestigen und Decken auflegen, lief die 
Küche bestellen und legte überall Hand an, als ob sie 
eine geringe Hausmagd gewesen wäre; und sie rastete 


135 


nicht .еһег, als bis alles schmuck und іл Ordnung war, 
wie es sich gehörte. Dann ließ sie im Namen Gualtieris 
alle Damen der Gegend einladen und traf die Anstalten 
zum Feste. Und als der Tag der Hochzeit gekommen 
war, empfing sie alle Damen, die dazu kamen, trotz ihrer 
armseligen Kleidung mit dem Mute und mit dem Anstande 
einer vornehmen Dame und mit heiterm Gesichte. Die 
Kinder Gualtieris waren in seinem Auftrage bei einer 
Muhme von ihm, die ins Haus der Grafen von Panago 
verheiratet war, sorgfältig auferzogen worden; das Mäd- 
chen, das schönste Wesen, das man je gesehn hatte, war 
jetzt zwölf Jahre alt, der Knabe sechs. Nun hatte Gualtieri 
zu seinem Vetter nach Bologna geschickt und ihn gebeten, 
es möge ihm belieben, mit seiner Tochter und dem 
Sohne nach Saluzzo zu kommen und dafür zu sorgen, daß 
er ein schönes und ehrenvolles Geleite mitbringe, dabei 
aber allen zu sagen, er führe sie ihm als Gattin zu, ohne 
gegen irgend jemand etwas verlauten zu lassen, wer sie 
sonst sel. 

Der Edelmann tat, wie ihn der Markgraf gebeten hatte, 
machte sich auf den Weg und kam nach einigen Tagen mit 
dem Madchen und dem Briiderchen und einem edeln Geleite 
zur Essenszeit nach Saluzzo, wo er alle Einwolmer und 
viele Leute aus der Nachbarschaft versammelt fand, um 
die neue Gemahlin Gualtieris zu erwarten. Als die nach 
ihrem Empfange durch die Damen in den Saal, wo die 
Tische aufgestellt waren, getreten war, ging ihr Griselda 
so, wie sie war, heiter entgegen und sagte: „Willkommen, 
meine Herrin!“ Die Damen, die Gualtieri gar oft, aber 
umsonst gebeten hatten, er möge Griselda in einer Kammer 
bleiben lassen oder ihr eins von ihren frühern Kleidern 


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leihen, damit sie nicht in einem solchen Aufzuge vor 
seinen Gästen erscheine, wurden zu Tische geführt, und 
man fing an, sie zu bedienen. Das Fräulein wurde von 
jedermann betrachtet, und alle sagten, Gualtieri habe einen 
guten Tausch getan; besonders aber lobte Griselda sie, sie 
und ihr Brüderchen. Nun hielt Gualtieri dafür, er habe 
von der Duldsamkeit seiner Frau so viel gesehn, wie er 
begehrt habe, weil er sah, daß die Wendung der Dinge 
sie nicht im geringsten veränderte, wobei er sicher war, 
daß das nicht von Beschränktheit herstammte, da er sie 
als sehr klug kannte; es schien ihm daher an der Zeit, 
all die Bitterkeit, die sie nach seiner Meinung unter der 
tapfern Miene verbarg, von ihr zu nehmen. Darum lieb 
er sie kommen und sagte vor der ganzen Gesellschaft 
lächelnd zu ihr: „Was dünkt dich von Unserer Braut?“ 
„Herr,“ antwortete Griselda, „mich dünkt viel Gutes; und 
wenn sie, wie ich glaube, so klug ist wie schön, so zweifle 
ich nicht, daß Ihr mit ihr als der glückseligste Herr dieser 
Welt leben werdet. Aber ich bitte Euch, was ich nur kann, 
die Kränkungen, die Ihr der andern, die früher die Euere 
war, angetan habt, die tut dieser nicht an; denn ich glaube 
kaum, daß sie sie ertragen könnte, einmal weil sie jünger 
ist, und dann weil sie in Zärtlichkeit auferzogen ist, 
während die andere von klein auf in beständiger Mühsal 
gewesen ist.“ Als Gualtieri sah, dab sie fest glaubte, das 
Fräulein solle sein Weib sein, und daß sie trotzdem nichts 
sonst als Gutes von ihr sprach, ließ er sie an seiner Seite 
niedersitzen und sagte zu ihr: „Griselda, jetzt ist es Zeit, 
daß du die Frucht deiner langen Duldsamkeit verkostest 
und daß die, die mich für grausam und ungerecht und 
töricht gehalten haben, erkennen, daß ich alles, was ich 


138 


getan habe, zu einem wohlbedachten Zwecke ins Werk 
gesetzt habe: dich wollte ich Теһгеп, wie ein Weib sein 


: soll, und die andern, wie man ein Weib nehmen und halten 


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soll; und mir wollte ich eine beständige Ruhe schaffen, 
dieweil ich mit dir zu leben haben würde. Und darüber, 
ob mir das gelingen werde, war ich, als ich daran ging, zu 
heiraten, in großer Furcht und deswegen habe ich dich, 
um eine Probe anzustellen, so, wie du weißt, gekränkt 
und verletzt. Und weil ich nie bemerkt habe, daß du 
in Worten oder in Werken von meinen Wünschen abge- 
wichen wärest, und weil ich glaube, bei dir all den Trost 
zu finden, den ich ersehnt habe, so will ich dir auf ein- 
mal wiedergeben, was ich dir auf mehrere Male genommen 
habe, und will die Kränkungen, die ich dir angetan habe, 
durch die größte Zärtlichkeit heilen. Und so nimm denn 
die, die du für meine Braut hältst, und ihr Brüderchen 
als deine und meine Kinder hin; sie sind die, von denen 
du und viele Leute lange Zeit geglaubt habt, ich hätte sie 
grausam töten lassen, und ich bin dein Gatte, der dich 
über alles in der Welt liebt und der Meinung ist, sich 
rühmen zu können, daß es niemand gebe, der mit seiner 
Frau in gleicher Weise zufrieden sein könnte.“ Und nach 
diesen Worten fiel er ihr um den Hals und küßte sie, die 
vor Freuden weinte, und sie standen auf und gingen zu 
ihrer Tochter, die ganz erstaunt über das, was sie ver- 
nahm, dasaß, und umarmten sie und ihr Brüderchen zärt- 
lich; und so wurden nicht nur die Kinder, sondern auch 
viele Anwesenden ihres Wahnes entledigt. Die Damen 
standen froh vom Tische auf, gingen mit Griselda in eine 
Kammer, zogen ihr ihre Kleider mit besserer Vorbedeutung 
aus, legten ihr ein vornehmes Gewand von den ihrigen an 


139 


und führten sie, die auch іп Lumpen einer Dame geglichen 
hatte, als Dame in den Saal zuriick, Da gabs denn ein 
wundersames Herzen mit den Kindern, und männiglich war 
dessen froh; der Jubel verdoppelte sich, und sie dehnten 
das Fest auf mehrere Tage aus. Gualtieris hohe Klugheit 
wurde anerkannt, wenn man auch die Proben, denen er 
seine Frau unterworfen hatte, für hart und unerträglich 
hielt; über alle aber wurde Griselda als ungemein klug 
gepriesen. 

Der Graf von Panago kehrte nach einigen Tagen nach 
Bologna zurück. Gualtieri enthob Giannucolo seiner Ar- 
beit und setzte ihn als seinen Schwäher in einen solchen 
Stand, daß er sein Greisenalter ehrenvoll und friedlich 
verlebte bis zu seinem Ende. Und nachdem Gualtieri 
seine Tochter an einen hohen Herrn vermählt hatte, 
lebte er mit Griselda, die er immerdar nach Kräften 
ehrte, lange und glücklich. Was könnte man hier nun 
anders sagen, als daß sich der göttliche Geist vom Himmel 
ebenso in die Hütten der Armen niedersenkt, wie in die 
. Paläste der Großen, die es oft mehr verdienen würden, 
Schweine zu hüten, als die Herrschaft über die Menschen 
innezuhaben? Wer hätte noch außer Griselda nicht nur 
trockenen, sondern auch heitern Auges die harten und 
unerhörten Prüfungen Gualtieris ertragen können? Dem 
wäre es vielleicht nicht unrecht geschehn, wenn er an 
eine geraten wäre, die sich, wenn er sie im Hemde aus 
dem Hause gejagt hätte, von einem andern das Pelzchen 
hätte so striegeln lassen, daß das Hemd zu einem hübschen 
Kleide geworden wäre. 


Aus dem Dekamerone des Boccaccio, in der 
nenen Übertragung von Albert Wesselski- 


140 


ч: 


ZWEI GEDICHTE VON ALFRED WALTER HEYMEL 


ARS LONGA. NACH DEM ENGLISCHEN DES AME- 
RIKANISCHEN DICHTERS BRIAN HOOKER 


ICHT deine grofien Gaben Gott! Geehrt 

Als Seher nicht bei Fremden will ich sein, 
Noch meinen Namen durch die Zeiten schrein, 
Für Ruhm vertrödelnd meinen Manneswert. — 


So würd ich selber in mein Werk verkehrt: 
Lust wäre nur ein Reim, und meine Pein 
Stichwort im Puppenspiel, und Lieb ein Schein, 
Der ferne Wasser fremden Lichts verklärt. 


Sei mir nicht mehr als anderen gewillt: 

Gib etwas Glauben an der Arbeit Ziel, 

Den Freund, den ich mir täglich wünsch zurück, 
Das Weib, in deren Aug ich find das Bild 

Von Kindern — wie durch Wunder mein. — Nicht viel: 
Nur allgemeines, ganz gemeines Glück. 


LANDSCHAFT 


Matt schlackengrün, erstarrt und gläsern 
Liegt der See am schwülen Sommertag. 
Metallner Horizont und Wetterblicken. 
Dann und wann ein ferner Donnerschlag. 
Die immer lauten Ufer sind heut lautlos. 
Sieh, dort treibt mit müdem Ruderschlag 
Der Fischer heim sein Boot mit schlaffen Segeln, 
Da kein Luftzug sich erheben mag. 


141 


Ach, nur Фе Hand zu heben, ist schon schmerzlich. 
Wie im Hirne die Gedanken glühn. 
Auf der erhitzten Stirne blinken Perlen. 
Es stockt der Stunden träg Vorüberziehn. 
An hoher Felsen graugetürmten Massen, 
— Wolken auf Wolken, — die nicht vorwärtsziehn, 
Wie wir dies sehen, wissen wir auf einmal: 
Sinnlos, nutzlos ist ein jed’ Entfliehn. 


Da kommt ein leichter Wind her vom Gewitter, 
Lüpft die Lasten, die auf uns geruht. 

Die Wolken schwanken, kleine Silberwellen 
Kräuseln schon die neubelebte Flut; 

Und rosenfarben heitert sich der Himmel, 
Kündet unsrer Sonne lichte Flut 

Und was an Hoffnung, Zuversicht und Freude 
Lodert in der Lebensfackel Glut. 


CARL STERNHEIM: SZENE AUS DEM ZWEITEN 
TEIL DER TRAGÖDIE „DON JUAN“ 


Don Juan und Cervantes an Bord des spanischen Flaggschiffs, 
vor der Schlacht von Lepanto. 


JUAN: 


AS für ein Land! Dort starb ein Volk, Cervantes, 
das um ein Weib die Greuel wüster Kriege 

mit heiliger Überzeugung auf sich nahm, 

die besten Männer hingab, weil sein Hirn 

nicht fassen wollte: Helena die Griechin 

bei Wesen, deren Sitte Barbarei, 


142 


: Leib, der an Góttervorbild aufgepflegt, 


2. 


Sinn, der durch innigste Erkenntnis blühte, 
schimpflich beflecken und verwüsten mußte. 
Es galt nicht diesen widrigen Gebrauch 
heutiger Völker, sich mit Lärm und Schweiß 


с im Raume krampfhaft drängend auszubreiten, 


auf Masse pochend, die der Dünkel bläht, 

ein ewiges Gesetz erschien geschindet, 

von Niedrigkeit galt Größe angefafit. 

Da flog ein Volk von Góttern, spannte Tugend 
bis in des Himmels Blau und holte sich 

die Frau zurück. Zu heldischem Gemeindrang 
wird Hoheit vieler einzelner geläutert. 


CERVANTES: 
Ein schön und innig angeschautes Bild. 
Doch stieg es aus der Sehnsucht Ihrer Brust 
und nicht aus Deutung des Gewesenen. 
JUAN: 


Verleugne Griechen nicht! Beschimpfe uns 


" und nenne mich sogar der Zeit verwandt, 


Ka? 


doch sieh іп hingeschwundenem Griechentum 
bedeutendstes Ereignis. Kastor laß 
und Pollux wieder leben, Odipus, 


der seine Mutter eine Sternennacht 


wie eine süße Frau in Armen hielt 

und sich in ihr vergaß. Erkenne, Seele 
von Königin trat fordernd vor Natur, 

bog ihren simplen Sinn, den Haufen lieben, 
von platter Erde hohen Sternen zu. 


143 


Da durfte man іп der Gedanken Land 

dann schreiten, schreiten und die Arme breiten 
und brach sich nicht an Wanden wilde Sehnsucht. 
Es ging in Himmel und in Holle Erde 

ganz unentschieden auf; ein jeder schritt 

in beiden furchtlos unbehindert fort 

und ungescholten, selig er allein. 


CERVANTES: 


Der Knabe, der der Mutter Leib zur Liebe 
sich unter die entzückten Glieder schob, 

traf unbewußt ihr Blut, und für die Wahrheit 
durch Schicksal blind, büßt er das Ungewollte, 
da es zutage kommt, mit Schrei und Tod. 
Sein Dichter aber ruft den Menschen zu: 
prüft gründlich und bedenkt ein Unterfangen, 
für alle Ziele steht ein klares Halt, 

und edler Menschengeist wirkt seine Tat 
nicht in verworrenem Knäuel für sich selbst, 
als glatten Faden spult er der Nation 
Gewinn, den ihm ein Gott gegeben, zu. 


JUAN: 
Mit solchem Wort zeigt sich das Weltenende. 
Du merkst nicht, Mann, wie du vergiftet bist, 
als Masse sprichst und ernsten Mundes predigst, 
was deine schöne Einzelheit zerschlägt. 
Läßt du dir deinen Eigenwillen färben 
und machst dir deine freie Tat zum Zwang, 
so ist das Wahnsinn, der mich nicht berührt, 


und löscht dich aus dem Weltall meiner Wünsche. 


144 


Am Nächsten reizt mich nur das köstlich Eigene, 
Nichtzuerratende an Weg und Ziel. 

Je stolzer er in dunklem Mantel geht, 

schlägt um so rasender in mir Begierde, 

um seinen Glauben, seine letzte Sehnsucht 

zu wissen und in tiefster Brust zu prüfen, 

ob nicht mein eigen Herz noch höher zuckt. 


Bricht also Phrase selbst zur Nacht nicht ab, 

und willst du mir vor Gott ins Antlitz lügen: 
dir wäre deine Heimat nicht ersehnt, 

die Stube, wo dein Hirn die innern Plane, 
Gedichte, reife Phantasieen denkt, 

wo dir ein treues Weib ins Auge nickt 

und du belohnt in ihren Schoß verschwindest? 
Was schiert dich dieser Krieg, was liegst du hier? 
Wieviel Gemeinsinn einmal kurz vermochte, | 
ist längst in dir zu Ende und verhaßt 

Schlacht, die bevorsteht, Schrecken, der dir droht. 
Mir äußerst furchtbar wie die Führerrolle 

in Angelegenheit, die Volk und König, 

doch nicht den irdisch freien Mann berührt. 


CERVANTES: 
Den Christen aber. 
JUAN: 

"Wie den Christen denn? ` 
Der weiß entgegen jeglicher Vernunft: 
trotz ihres Sohnes, den der Welt sie brachte, 
Maria reine unbefleckte Jungfrau. 
Und weiß es, ob den Türken er vernichtet, 


145 


so fest, als ob der Tiirke ihn besiegt. 

Wem Wunder Lebens tiefste Notdurft ist, 
den wirft auch mangelnde Wahrscheinlichkeit 
nicht nieder, immer wieder Glaube sprengt 
die kahlen Wände dieser Erde fort 

und stellt die Seele ihrer Sehnsucht nach. 
Sieh, wie ein Unmaß solcher Himmelskraft 
in meiner heißen Augen Tiefe schwingt, 
daß meine Arme sich mit Hauch verweben 
und ihm ein süßes Bildnis abgewinnen, 

mit dem ich selig und bedeutend bin. 

Nun siehst du mich in edlerer Gestalt 

und wirst es später innerlich gestehen, 
menschlich vollkommen habest Don Juan 

du einmal nur geschaut: Nicht in der Schlacht — 
auf seines Schiffes Deck vor Griechenland. 


STIMME vom Mast: 
Schiff ahoi! 
STIMME vom Bug: 
Schiff ahoi! 


STIMME vom Mast: 
Schiff ahoi! 


JUAN erhebt sich: 


Zieh deine Waffen an, und wenn du fällst, 
zeig meinen Sinn, da du vor Gott erscheinst. 


Cervantes beugt sich zu Boden und küft Juan Hände. 


Juan steigt binab. 


146. 


be 


CERVANTES am Boden: 


Fallt, Tropfen, hin und sinke, Seele, nieder 
und schäme dich für dreißig Jahre sehr. 


Fanfare. Allgemeine Bewegung. 


RAINER MARIA RILKE: AUS DEN AUFZEICH- 
NUNGEN DES MALTE LAURIDS BRIGGE. FRAG- 
MENT | 


ASS man erzählte, wirklich erzählte, das muß vor meiner 

Zeit gewesen sein. Ich habe nie jemanden erzählen 
hören. Damals, als Abelone mir von Mamans Jugend 
sprach, zeigte es sich, daß sie nicht erzählen könne. Der 
alte Graf Brahe soll es noch gekonnt haben. Ich will auf- 
schreiben, was sie davon wußte. : 

Abelone muf als ganz junges Mädchen eine Zeit gehabt 
haben, da sie von einer eigenen weiten Bewegtheit war. 
Brahes wohnten damals in der Stadt, in der Bredgade, 
unter ziemlicher Geselligkeit. Wenn sie abends spät hinauf 
in ihr Zimmer kam, so meinte sie müde zu sein, wie 
die andern. Aber dann fühlte sie auf einmal das Fenster, 
und, wenn ich recht verstanden habe, so konnte sie 
vor der Nacht stehn stundenlang und denken: das geht 
mich an. „Wie ein Gefangener stand ich da,“ sagte 
sie, „und die Sterne waren die Freiheit.“ Sie konnte da- 
mals einschlafen, ohne sich schwer zu machen; der Aus- 
druck In-den-Schlaf-fallen paßt nicht für dieses Mädchen- 
jahr. Schlaf war etwas, was mit einem stieg, und von Zeit 


рий zu Zeit hatte man die Augen offen und lag auf einer 


neuen Oberfläche, die noch lang nicht die oberste war. 


147 


Und dann war man auf vor Tag; selbst im Winter, 
wenn die andern schläfrig und spät zum späten Frühstück 
kamen. Abends, wenn es dunkel wurde, gab es ja immer 
nur Lichter für alle, gemeinsame Lichter. Aber diese 
beiden Kerzen, ganz früh, in der neuen Dunkelheit, mit 
der alles wieder anfıng, die hatte man für sich. Sie 
standen in ihrem niederen Doppelleuchter und schienen 
ruhig durch die kleinen ovalen, mit Rosen bemalten 
Tüllschirme, die von Zeit zu Zeit nachgerückt werden 
mußten. Das hatte nichts Stórendes; denn einmal (war 
man durchaus nicht eilig, und dann kam es doch so, даб 
man manchmal aufsehen mußte und nachdenken, wenn 
man an einem Brief schrieb oder in das Tagebuch, das 
früher einmal, mit ganz anderer Schrift, ängstlich und 
schön, begonnen war. 

Der Graf Brahe lebte ganz abseits von seinen Töchtern. 
Er hielt es für Einbildung, wenn jemand behauptete, das 
Leben mit andern zu teilen. (,Ja, teilen —“ sagte er.) 
Aber es war ıhm nicht unlieb, wenn die Leute ihm von 
seinen Töchtern erzählten: er hörte aufmerksam zu, als 
wohnten sie in einer anderen Stadt. 

Es war deshalb etwas ganz Außerordentliches, daß er 
einmal nach dem Frühstück Abelone zu sich winkte: „Wir 
haben die gleichen Gewohnheiten, wie es scheint. Ich 
schreibe auch ganz früh. Du kannst mir helfen.“ Abelone 
wußte es noch wie gestern. 

Schon am andern Morgen wurde sie in ihres Vaters 
Kabinett geführt, das im Rufe der Unzugänglichkeit stand. 
Sie hatte nicht Zeit, es in Augenschein zu nehmen, denn 
man setzte sie sofort gegen dem Grafen über an den 


148 


sichten 


Schreibtisch, der ihr wie eine Ebene schien mit Büchern 
und Schriftstößen als Ortschaften. 

Der Graf diktierte. Diejenigen, die behaupteten, daß Graf 
Brahe seine Memoiren schriebe, hatten nicht völlig unrecht. 
Nur daß es sich nicht um politische oder militärische Er- 
innerungen handelte, wie man mit Spannung erwartete. 
„Die vergesse ich“, sagte der alte Herr kurz, wenn ihn 
jemand auf solche Tatsachen hin anredete. Was er aber 
nicht vergessen wollte, das war seine Kindheit. Auf die 
hielt er, und es war ganz in der Ordnung, seiner Meinung 
nach, daß jene sehr entfernte Zeit nun in ihm die Ober- 
hand gewann, daß sie, wenn er seinen Blick nach innen 
kehrte, dalag wie ın einer hellen nordischen Sommernacht, 
gesteigert und schlaflos. 

Manchmal sprang er auf und redete in die Kerzen 
hinein, daß sie flackerten. Oder ganze Sätze mußten wieder 
durchgestrichen werden, und dann ging er heftig hin und 
her und wehte mit nilgrünem seidenem Schlafrock. Während 
alledem war noch eine Person zugegen, Sten, des Grafen 
alter jütländischer Kammerdiener, dessen Aufgabe es war, 
wenn der Großvater aufsprang, die Hände schnell über 
die einzelnen losen Blätter zu legen, die, mit Notizen be- 
deckt, auf dem Tische herumlagen. Seine Gnaden hatten 
die Vorstellung, daß das heutige Papier nichts tauge, daß 
es viel zu leicht sei und davonfliege bei der geringsten 
Gelegenheit. Und Sten, von dem man nur die lange obere 
Hälfte sah, teilte diesen Verdacht und saß gleichsam auf 
seinen Händen, lichtblind und ernst wie ein Nachtvogel. 

Dieser Sten verbrachte die Sonntagnachmittage damit, 
Swedenborg zu lesen, und niemand von der Dienerschaft 
hätte je sein Zimmer betreten mögen, weil es hieß, daß 


149 


er zitiere. Die Familie Stens hatte. seit je Umgang mit 
Geistern gehabt, und Sten war für diesen Verkehr ganz 
besonders vorausbestimmt. Seiner Mutter war etwas er- 
schienen іп der Nacht, da sie ıhn gebar. Er hatte große 
runde Augen, und das andere Ende seines Blicks kam hinrer 
jeden zu liegen, den er damit ansah. Abelonens Vater 
fragte ihn oft nach den Geistern, wie man sonst jemanden 
nach seinen Angehörigen fragt: „Kommen sie, Sten?“ sagte 
er wohlwollend, „es ist gut, wenn sie kommen.“ 

Ein paar Tage ging das Diktieren seinen Gang. Aber 
dann konnte Abelone „Eckernförde“ nicht schreiben. Es 
war ein Eigenname, und sie hatte ihn nie gehört. Der 
Graf, der im Grunde schon lange einen Vorwand suchte, 
das Schreiben aufzugeben, das zu langsam war für seine 
Erinnerungen, stellte sich unwillig. 

„Sie kann es nicht schreiben,“ sagte er scharf, „und andere 
werden es nicht lesen können. Und werden sie es über- 
haupt sehen, was ich da sage?“ fuhr er böse fort und lieb 
Abelone nicht aus den Augen. 

„Werden sie ihn sehen, diesen Saint-Germain?“ schrie 
er sie an. 

„Haben wir Saint-Germain gesagt? Streich es durch. 
Schreib: der Marquis von Belmare.“ 

Abelone strich durch und schrieb. 

Aber der Graf sprach so schnell weiter, daß man nicht 
mitkonnte. 

„Er mochte Kinder nicht leiden, dieser vortreffliche 
Belmare, aber mich nahm er auf seine Knie, so klein ich 
war, und mir kam die Idee, in seine Diamantknópfe zu 
beißen. Das freute ihn. Er lachte und hob mir den Kopf, 


bs wir einander in die Augen sahen: ‚Du hast ausgezeich- 


150 


nete Zähne,‘ sagte er, ‚Zähne, die etwas unternehmen.‘ — 
Ich aber merkte mir seine Augen. Ich bin später da und 
dort herumgekommen. Ich habe allerhand Augen gesehen, 
kannst du mir glauben: solche nicht wieder. Für diese 
Augen hätte nichts da sein müssen, die hattens in sich. 
Du hast von Venedig gehört? Gut. Ich sage dir, die 
hätten Venedig hier hereingesehen, in dieses Zimmer, daß 
es dagewesen wäre wie der. Tisch. Ich saß in der Ecke 
und hörte, wie er meinem Vater von Persien erzählte: 
manchmal mein ich noch, mir riechen die Hände davon.“ 

„Mein Vater schätzte ihn, und Seine Hoheit, der Land- 
graf, war so etwas wie sein Schüler. Aber es gab natür- 
lich genug, die ihm übelnahmen, daß er an die Vergangen- 
heit nur glaubte, wenn sie in ihm war. Das konnten sie 
nicht begreifen, daß der Kram nur Sinn hat, wenn man 
damit geboren wird.‘ 

„Die Bücher sind leer,“ schrie der Graf mit einer wüten- 
den Gebärde nach den Wänden hin, „das Blut, darauf 
kommt es an, da muß man drin lesen können. Er hatte 
wunderliche Geschichten drin und merkwürdige Abbildungen, 
dieser Belmare; er konnte aufschlagen, wo er wollte, da 
war immer was beschrieben; keine Seite in seinem Blut 
war überschlagen worden. Und wenn er sich einschloß 
von Zeit zu Zeit und allein drin blätterte, dann kam er zu 
den Stellen über das Goldmachen und über die Steine und 
über die Farben. Warum soll das nicht darin gestanden 
haben? Es steht sicher irgendwo.“ 

„Er hätte gut mit einer Wahrheit leben können, -dieser 
Mensch, wenn er allein gewesen wäre. Aber es war keine 
Kleinigkeit, allein zu sein mit einer solchen. Und er war 
nicht so geschmacklos, die Leute einzuladen, daß sie ihn 


ISI 


bei seiner Wahrheit besuchten; die sollte nicht ins Gerede 
kommen: dazu war er viel zu sehr Orientale. „Adieu, 
Madame,‘ sagte er ihr wahrheitsgemäß, ‚auf ein anderes 
Mal. Vielleicht ist man in tausend Jahren etwas kräftiger 
und ungestörter. Ihre Schönheit ist ja doch erst im Werden, 
Madame‘, sagte er, und das war keine bloße Höflichkeit. 
Damit ging er fort und legte draußen für die Leute 
seinen Tierpark an, eine Art Jardin d’Acclimatation für die 
größeren Arten von Lügen, die man bei uns noch nie 
gesehen hatte, und ein Palmenhaus von Übertreibungen 
und eine kleine gepflegte Figuerie falscher Geheimnisse. 
Da kamen sie von allen Seiten, und er ging herum mit 
Diamantschnallen an den Schuhen und war ganz für seine 
Gäste da.“ 

„Eine oberflächliche Existenz: wie? Im Grunde wars 
doch eine Ritterlichkeit gegen seine Dame, und er hat sich 
ziemlich dabei konserviert.“ 

Seit einer Weile schon redete der Alte nicht mehr auf 
Abelone ein, die er vergessen hatte. Er ging wie rasend 
auf und ab und warf herausfordernde Blicke auf Sten, als 
sollte Sten sich in einem gewissen Augenblicke in den 
verwandeln, an den er dachte. Aber Sten verwandelte sich 
noch nicht. 

„Man müßte ihn sehen“, fuhr Graf Brahe versessen fort. 
„Es gab eine Zeit, wo er durchaus sichtbar war. Obwohl 
in manchen Städten die Briefe, die er empfing, an nieman- 
den gerichter waren; es stand nur der Ort darauf, sonst 
nichts. Aber ich hab ihn gesehn.“ 

„Er war nicht schön.“ Der Graf lachte eigenrümlich 
eilig. „Auch nicht, was die Leute bedeutend nennen oder 
vornehm; es waren immer Vornehmere neben ihm. Et 


152 


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war reich; aber das war bei ihm nur wie ein Einfall, daran 
konnte man sich nicht halten. Er war gut gewachsen, obzwar 
andere hielten sich besser. Ich konnte damals natiirlich nicht 
beurteilen, ob er geistreich war und das und dies, worauf 
Wert gelegt wird —: aber er war.“ mE 

Der Graf, bebend, stand und machte eine Bewegung, 
als stellte er etwas in den Raum hinein, was blieb. 

In diesem Moment gewahrte er Abelone. 

„siehst du ihn?“ herrschte er sie an. Und plötzlich er- 
griff er den einen silbernen Armleuchter und leuchtete ihr 
blendend ins Gesicht. 

Abelone erinnerte sich, daß sie ihn gesehen habe. 

In den nächsten Tagen wurde Abelone regelmäßig ge- 
rufen, und das Diktieren ging nach diesem Zwischenfall 
viel ruhiger weiter. Der Graf stellte nach allerhand Papieren 
seine frühesten Erinnerungen an den Bernstorffschen Kreis 
zusammen, in dem sein Vater eine gewisse Rolle spielte. 


Abelone war jetzt so gut auf die Besonderheiten ihrer . 


Arbeit eingestellt, dab, wer die beiden sah, ihre zweck- 
dienliche Gemeinsamkeit leicht für ein wirkliches Vertraut- 
sein nehmen konnte. 

Einmal, als Abelone sich schon zurückziehen wollte, trat 
der alte Herr auf sie zu, und es war, als hielte er die 
Напде mit einer Überraschung hinter sich: ,,Morgen 
schreiben wir von Julie Reventlow,“ sagte er und kostete 
seine Worte; „das war eine Heilige.“ 

Wahrscheinlich sah Abelone ihn unglaubig an. 

»Ja, ja, das gibt es alles посһ,“ bestand ег in befehlen- 
dem Tone, „es gibt alles, Komtesse Abel.“ | 


Er nahm Abelonens Hände und schlug sie auf wie ein 
Buch. | 


153 


„sie hatte die Stigmata,“ sagte er, „hier und hier.“ Und 
er tippte mit seinem kalten Finger hart und kurz in ihre 
beiden Handflachen. 

Den Ausdruck Stigmata kannte Abelone nicht. Es wird 
sich zeigen, dachte sie; sie war recht ungeduldig, von der 
Heiligen zu hören, die ihr Vater noch gesehen hatte. Aber 
sie wurde nicht mehr geholt, nicht am nächsten Morgen 
und auch später nicht. — 

„Von der Gräfin Reventlow ist ja dann oft bei euch ge- 
sprochen worden“, schloß Abelone kurz, als ich sie bat, mehr 
zu erzählen. Sie sah müde aus; auch behauptete sie, da 
Meiste wieder vergessen zu haben. „Aber die Stellen fühl 
ich noch manchmal“, lächelte sie, und konnte es nicht 
lassen und schaute beinah neugierig in ihre leeren Hände. 


EIN GEDICHT VON HERBERT ALBERTI 


AS Auge, das, von Gold und Purpur trunken, 
Der Abendsonne folgte, kehrt sich nun 
Zum Osten, wo die Lüfte dunkel ruhn, 
Im Schoße dunkler Schatten ganz versunken. 


Dort ist es kühl und still. Der heißen Träume 
Erlöst und selig schwebt der Sinn, — bis fern 
Vom Kamm des schwarzen Hains der erste Stern 
Sich strahlend aufhebt іп die blauen Räume. 


154 


nn-——— ————————— ————————"——————————————A—J———————————————————— п 
ғ 


J BUCHER 
AUS DEM INSEL-VERLAG 


ES IST DER GEIST, DER 
SICH DEN KORPER BAUT 
Schiller 


IM JAHRE 1909 SIND NEU ERSCHIENEN: 


ALBERTI, HERBERT: GEDICHTE. Geheftet M. 3.50. In 
Halbpergament M. 4.50. 


ALTESTE DEUTSCHE DICHTUNGEN.  Übersetzt und 
herausgegeben von Karl Wolfskeb! und Friedrich v. d. Leyen. 
Geheftet M. 5.—. In Pappband M. 6.—. Іп Pergament 
M. 10.—. 


ANDERSENS MÁRCHEN.  Vollstàndige Ausgabe in zwei 
Banden, unter Benutzung der von Andersen selbst be- 
sorgten deutschen Ausgabe übertragen von Mathilde Mann. 
Eingeleitet von Sophus Bauditz. Zeichnung der Initialen, 


des Titels und Einbands von Carl Weidemeyer-Worpswede. 7 


Geheftet M. 9.—. In Leinen M. 12.—. In Leder M. 15.—. 
Vorzugsausgabe: 1oo numerierte Exemplare auf Bütten- 
papier, in Kalbleder M. 30.—. | 


D'ANNUNZIO, GABRIELE: DIE AUFERSTEHUNG DES | 


KENTAUREN. Übertragen von Rudolf б. Binding. Ge- 
heftet M. 2.—. Іп Pappband M. 3.—. 


HONORÉ DE BALZACS MENSCHLICHE KOMÓDIE. 
Deutsche Ausgabe der Romane und Erzahlungen Balzacs 
in vierzehn Bänden, bearbeitet von Gisele Etzel, Felix 
Paul Greve, Ernst Hardt, Hedwig Lachmann, Heinrich 
Mann, René Schickele; mit einer Einleitung von Hugo von 
Hofmannsthal und einer Wiedergabe von Rodins Balzac- 
Statue in Heliogravüre. Titel- und Einband-Zeichnungen 
von Eric Gill. Geheftet je M. 4.—. In Leinen je M. 5.—. 
In Leder je M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 .numerierte 
Exemplare auf Büttenpapier, in Maroquin je M. 15.—. 
Bisher sind erschienen Band I—X. 


156 


Einzelausgaben von Romanen aus der Menschlichen Komödie: 

BALZAC, HONORE DE: EUGENIE GRANDET. DER 
EHEVERTRAG. Übertragen von Gisela Etzel. Geheftet 
M. 4.50. In Leinen М. 5.50. In Leder М. 7.50. 


BALZAC, HONORE DE: VERLORENE ILLUSIONEN. 
(Die beiden Dichter. Ein großer Mann aus der Provinz 
in Paris. Die Leiden des Erfinders.) Übertragen von 
Hedwig Lachmann. Zwei Bande. Geheftet М. 8.—. In 
Leinen M. 1ı0.—. In Leder M. 14.—. 


BALZAC, HONORÉ DE: GLANZ UND ELEND DER 
KURTISANEN. (Von der Liebe der Dirnen. Was alte 
Herren sich die Liebe kosten lassen. Der Weg des 
Bösen. Vautrins letzte Verkörperung.) Übertragen von 
Felix Paul Greve. Zwei Bande. СеһеКес M. 8.—. Іп 
Leinen M. ro.—. In Leder M. 14.—. 


BALZAC, HONORÉ DE: DIE GESCHICHTE DER DREI- 
ZEHN. (Ferragus. Die Herzogin von Langeais. Das Ма4- 
chen mit den Goldaugen.) Übertragen von Ernst Hardt. 
Geheftet M. 4.—. In Leinen M. 5.—. In Leder M. 7.—. 


BALZAC, HONORE DE: VATER GORIOT. DAS HAUS 
NUCINGEN.  Übertragen von Gisela Etzel. Geheftet 
M. 4.—. In Leinen M. 5.—. In Leder M. 7.—. 


BALZAC, HONORÉ DE: DIE LILIE IM TAL. DIE VER- 
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Ubersetzung von K. Moorburg. Nachwort von Max Meyer- 
feld. Gehefret M. 5.—. In Leinen M. 6.—. 


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Exemplare. In Halbpergament М. 8.—. In Leder М. r5.—. 


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gegeben von Franz Schultz. Geheftet M. 4.—. In Halb- 
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briefen ihm geflochten [von Bettina von Arnim], wie er 
selbst schriftlich verlangte. Taschenausgabe іп zwei 
Bänden. Eingeleitet von Paul Ernst. Titel- und Ein- 
bandzeichnung von Walter Tiemann. Zweite Auflage, mit 
Anmerkungen und Register von Heinz Amelung. Ge- 
heftet M. 6.—. In Leinen M. 8.—. In Leder M. 10.—. 


DEFOE, DANIEL: DAS LEBEN UND DIE GANTZ UN- 
GEMEINE BEGEBENHEITEN DES BERÜHMTEN 
ENGELLANDERS MR. ROBINSON CRUSOE. Zwei 
Bände. Neudruck des ältesten deutschen Robinsonbuches. 


158 


Mit Nachwort von Hermann Ullrich. 600 numerierte Ex- 
emplare. In Halbpergament М. 20.—. Іп Ganzpergament 
M. 30.—. 


EGLOFESTEIN, HERMANN FREIHERR VON: MARIA 
LUDOVICA VON ÓSTERREICH UND MARIA PAU- 
LOWNA. Mit vier Vollbildern. Geheftet M. 3.—. In 
Pappband M. 4.—. 


ERNST, PAUL: DIE SELIGE INSEL. Ein Roman. Ge- 
heftet M. 5.—. In Leder M. 5.—. 


ERNST, PAUL: BRUNHILD. Trauerspiel in drei Aufzügen. 
22 Geheftet M. 2.—. Іп Pappband M. 3.—. 


 FICHTES REDEN AN DIE DEUTSCHE NATION. Re- 
vidierte Ausgabe, eingeleitet von Rudolf Eucken. Іп Papp- 
band M. 2.-. In Leder M. 4.—. 


FLAXMAN, JOHN: ZEICHNUNGEN ZU SAGEN DES 
KLASSISCHEN ALTERTUMS. In Leinen M. 4.—. 


Zugleich Ergänzungsband zu Schwabs Sagen des klassischen Altertums. 


. GOETHE: FAUST. Gesamtausgabe: enthaltend den Urfaust, 
. Das Fragment (1790), Die Tragödie, I. und II. Teil, Die 
Paralipomena. Textrevision von Hans Gerhard Graf. In 
Leinen M. 3.—. In Leder M. 4.—. 


Auch als VI. Band von Goethes Werken (Wilhelm Ernst- Ausgabe 
deutscher Klassiker) erschienen. | 


GOETHE: ITALIENISCHE REISE. KAMPAGNE IN 
FRANKREICH 1792, BELAGERUNG VON MAINZ 1793. 
(Der Werke IV. Band.) Herausgegeben von Kurt Jahn. 
In Leder М. 6.—. 

Wilhelm Ernst-Ausgabe deutscher Klassiker. 


159 


GOETHES WERKE іп sechs Banden. Іт Auftrage der 
Goethe-Gesellschaft herausgegeben von Erich Schmidt. 
In 6 Pappbänden М. 6.—. 


DER JUNGE GOETHE. Begriindet von Salomon Hirzel. 
Neu herausgegeben von Max Morris. Sechs Bände. |: 
Jeder Band: Geheftet М. 4.50. In Leinen М. 6.—. Іп 
Leder M. 7.50. 


Bisher erschienen Band I und И; die weiteren Bände folgen in 
Abständen von je drei Monaten. 

GOETHES BRIEFE AN FRAU VON STEIN. Іп Aus 
wahl herausgegeben von Julius Petersen. Mit drei Sil- 
houetten. Іп Pappband М. 2.-. In Leder М. 4.—. 


HARDT, ERNST: GESAMMELTE ERZÄHLUNGEN. Ge-| 
heftet 3.—. In Pappband M. 4.—. 


HARDT, ERNST: AN DEN TOREN DES LEBENS. Eine 
Novelle. Zweite Auflage. Geheftet M. 2.—. In Pappband |, a 
M. 3.—. 

HARDT, ERNST: TANTRIS DER NARR. Drama in fünf 
Akten. Eingangsblatt, Titel und Einband gezeichnet von 
Marcus Bebmer. Vierte Auflage (11.—15. Tausend). Ge- | 
heftet М. 3.—. In Leinen М. 4.—. 


HEINE, HEINRICH: DIE NORDSEE. 300 Exemplare auf 
Japanpapier. so Exemplare іп Kalbleder [vergriffen]. 
250 Exemplare in Pergament М. 18.—. 

Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 

WILHELM HEINSES BRIEFE. Zweiter Teil. Nach den 
Handschriften herausgegeben von Car} Schüddekopf. (Der 


Werke то. Band.) Geheftet M. 6.—. Іп Halbleder M. 8.—. 
In Leder М. 9.—. 


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«WILHELM HEINSES TAGEBÜCHER. Nach den Hand- 


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schriften herausgegeben von Carl Schüddekopf. (Der 
Werke 7. Band.) Geheftet M. 6.—. In Halbleder M. 8.—. 
In Leder M. 9.—. 


: HEINRICH HEINES SÄMTLICHE WERKE in ro Bänden. 


Unter Mitwirkung von Julius Petersen, Jonas Fränkel und 
Albert Leitzmann herausgegeben von Oskar Walzel. Jeder 
Band geheftet M. 2.—. In Halbpergament М. 3.—. Vor- 
zugsausgabe (einmalig): гооо Exemplare auf reinstem 
Hadernpapier geheftet M. 4.50. In Halbleder M. 6.—. 
In Leder M. 8.—. 


Der erste Banderscheint vor Weihnachten 1909, die weiteren in kurzen 
Zwischenriumen. 1911 wird die Ausgabe vollständig vorliegen. 


` HESPERUS. Ein Jahrbuch, mit Beiträgen von Hugo von 


x ^ vee 


Hofmannsthal, Rudolf Borchardt und Rud. Alex. Schröder. 
Geheftet M. 5.—. In Pappband M.6.—. In Pergament M.10.—. 


HITCHCOCK, ETHAN A.: DAS ROTE BUCH VON 


APPIN. Aus dem Englischen tibertragen von Sir Galahad. 
Geheftet М. 3.—. In Pappband M. 4.—. 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DIE GESAMMELTEN 
GEDICHTE. Dritte Auflage. Titel- und Einbandzeich- 


nung von Eric Gil. Geheftet M. 4.—. In ыы 
М. 6.—. 


DAS HOHE LIED SALOMONIS. Textbearbeitung von 


Rudolf Alexander Schröder, nach der Übertragung von 
Emil Kautzsch. Mit Initialen, Titel- und Einbandzeich- 
nung von F. W. Kleukens. 300 Exemplare auf Japanpapier: 
4o Exemplare in Kalbleder M. 20.—, die übrigen in 
Leder M. 12.—. 

Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


161 


WILHELM VON HUMBOLDTS BRIEFE АМ EINE 
FREUNDIN. Zum ersten Male nach den Handschriften 
herausgegeben von Albert Leitzmann. ZweiBände. Mit einem 
Porträt. Titel- und Einbandzeichnung von F. H. Ebmcke. 
Geheftet M. 6.—. In Leinen M. 8.—. In Leder M. то. —. 


DIE BRIEFE DES JUNIUS. Ins Deutsche übertragen von 
Felix Paul Greve. Geheftet M. 5.—. In Leinen M. 6.—. 


KANT-AUSSPRÜCHE. Herausgegeben von Raoul Richter. 
In Pappband M. 2.—. In Leder M. 4.—. 


DES KNABEN WUNDERHORN. Alte deutsche Lieder, 
gesammelt von L. А. v. Arnim und Clemens Brentano. 
Jubilaumsausgabe getreu nach den Originaldrucken. Drei 
Bande mit einem die Kinderlieder enthaltenden Anhang. 
Gedruckt werden bei Breitkopf & Härtel in der alten Breit- 
kopffraktur 800 Exemplare auf handgeschöpftem Papier. Die drei 
Titel und zwei weiteren Bilder werden wie für Ше Originalaus- 
gabe in Kupfer gestochen. Nr. 1—50, die in echt Maroquin unter 
Verwendung alter Handstempel und Fileten mit der Hand ge- 
bunden werden, sind durch Subskription bereits vergriffen; Nr. 51 
bis 800, die in Halbleder nach altem Muster gebunden werden, 
kosten der Band М. 12.—. Bisher erschien Band I; Band II und 
III folgen in der ersten Hälfte des Jahres 1910. 


HEINRICH VON KLEISTS SÄMTLICHE WERKE UND 
BRIEFE. Vollständige Ausgabe in sechs Bänden, besorgt 
von Wilhelm Herzog. Einbandzeichnung von E В. Weiß. 
Mit dem Jugendbildnis Kleists in farbiger Wiedergabe. 
Jeder Band geheftet M. 4.50. In Halbpergament M. 6.—. 
Vorzugsausgabe: тоо numerierte Exemplare auf Bütten- 
papier. In Pergament М. 14.—. 


Bis zum Herbst 1909 sind vier Bände erschienen. Band V und 
VI folgen 10910. 


362 


LAGERLOF, SELMA: GOSTA BERLING, ERZAHLUNGEN 
AUS DEM ALTEN WERMLAND. Übertragen von 
Mathilde Mann. Zwei Bände. Geheftet M. 5. —. Іп Papp- 
binden M. 7.—. In Leder M. 9.—. 


LUDWIG, OTTO: DIE HEITERETHEI. Ein Roman. 
Herausgegeben von Paul Merker. In Pappband M. 2.—. 
In Leder M. 4.—. 


MARTIN LUTHERS BRIEFE. Іп Auswahl heraus- 
gegeben von Reinbard Buchwald. Zwei Bände. Mit einem 
Porträt. Titel und Einbandzeichnung von Е. В. Weiß. 
Geheftet M.9.—. Іп Leinen M. 12.—. In Leder M. 16.—. 


Das Werk vereinigt zum erstenmal die deutschen Briefe mit den 
— ins Deutsche iibertragenen — lateinischen. 


MANN, HEINRICH: DIE KLEINE STADT. Ein Roman. 
Geheftet M. 4.—. In Leinen M. 5.—. 


JOHANN HEINRICH MERCKS SCHRIFTEN UND 
BRIEFWECHSEL. In Auswahl herausgegeben von Kurt 
Wolff. Zwei Bande. Einmalige Auflage іп 600 Exem- - 
plaren. Geheftet M. 14.—. In Halbleder M. 18.—. 


EDUARD MORIKE: DAS HUTZELMANNLEIN UND 
ANDERE MÁRCHEN. Titel. und Einbandzeichnung 
von Walter Tiemann. Geheftet М. 3.—. In Leinen M. 4.—. 
In Leder M. 5.—. 


MURGER, HENRI: DIE BOHEME. Szenen aus dem 
Pariser Künstlerleben. Deutsche Übertragung von Felix 
Paul Greve. Mit fünf Vollbildern von Franz von Bayros. 
Zweite Auflage (3. und 4. Tausend). Geheftet М. 4.50. 
In Leinen M. 6.—. In Leder M. 8.—. 


163 


FRIEDRICH NIETZSCHES GESAMMELTE BRIEFE. 
. Fünf Bände (vollständig). 


Band I: Briefe an Wilhelm Pinder, Gustav Krug, Paul 
Deussen, von Gersdorff, Dr. Carl Fuchs, Frau Marie 
Baumgartner, Frau Louise O., Freiherrn von Seydlitz, 
Bürgermeister Muncker, Theodor Opitz, Karl Knortz, 
Frau Professor Vischer-Heußler, Freifrau von Seydlitz, 
Dr. Otto Eiser, Dr. Romundt, Frau Appellationsrat 
Pinder. Herausgegeben von Elisabeth Förster- Nietzsche 
und Peter Gast. Geheftet M. 10.—. In Leinen M. 11.—. 


Band II: Briefwechsel mit Erwin Rhode. Herausgegeben 
von Elisabeth Förster-Nietzsche und Fritz Scholl. Geheftet 
М. io.—. In Leinen M. 11.—. 


Band Ш: Briefwechsel mit Fr. Ritschl, J. Burckhardt, 
H. Taine, С. Keller, H. von Stein, С. Brandes, H. von 
Bülow, H. von Senger, Malvida von Meysenbug. Heraus- 
gegeben von Elisabeth Forster-Nietesche, Curt Wachsmuth 
und Peter Gast. Geheftet M. 10.—. In Leinen M. ıı.—. 


Band IV: Briefe an Peter Gast. Herausgegeben von 
Peter Gast. Geheftet М. 9.—. In Leinen M. ro.—. 


Band V, zwei Teile: Briefe an Mutter. und Schwester. 
Herausgegeben von Elisabeth Forster-Nietasche. Geheftet 
M. 12.—. In Leinen M. 14.—. | 
Die Gesamtausgabe in fünf Bänden (in sechs Bände ge- 
bunden) kostet: Geheftet M. 48.—. In Leinen M. 56.—. 
In Halbfranz M. 64.—. 


NOVELLEN, ALTFRANZÖSISCHE. Ausgewählt von 
Paul Ernst, übertragen von Paul Hansmann. Zwei Bände. 


164 


Mit Titelholzschnitten und Zierstiicken nach alten Origi- 
nalen. Titelzeichnung von Rudolf Koch. Geheftet М. 8.—. 
Іп Pappbänden M. 10.—. Vorzugsausgabe: тоо numerierte 
Exemplare auf Bütten in Pergament М. 20.—. 


RILKE, RAINER MARIA: DIE FRÜHEN GEDICHTE. 
Des Buches „Mir zur Feier“ zweite Auflage. Geheftet 
M. 4.50. Іп Halbleder M. 6.50. 


RILKE, RAINER MARIA: REQUIEM. (Für eine Freundin. 
Für Wolf Graf von Kalckreuth.) soo Exemplare. In 
Pappband М. 3.50. In Seide М. 5.—. 


RILKE, RAINER MARIA: DAS STUNDENBUCH. (Ent- 
haltend die drei Bücher: Vom mönchischen Leben; Von 
der Pilgerschaft; Von der Armut und vom Tode.) Mit 
Titel und Initiale von Walter Tiemann. Dritte Auflage. 
In Pappband M. 3.50. 


DIE BRIEFE DES JUNGEN SCHILLER. Herausgegeben 
von Max Hecker. Mit einer Silhouette. In Pappband 
M. 2.—. In Leder M. 4,—. 


SCHOPENHAUER, ADELE: TAGEBÜCHER. Zum ersten 
Male nach der Handschrift herausgegeben von Kart 
Wolff. Mit 17 von Adele Schopenhauer geschnittenen 
Silhouetten. Geheftet M. 6.—. In Pappbanden M. 8.—. 


SCHOPENHAUERS WERKE in fünf Banden. (Die Welt 
als Wille und Vorstellung. Kleinere Schriften. Рагегра 
und Paralipomena.) In Leinen M. 20.—. In Leder M. 26.—. 


Einzeln erschienen die Bände unter folgenden Titeln: 
SCHOPENHAUER, ARTHUR: DIE WELT ALS WILLE 
UND VORSTELLUNG. Herausgegeben von Eduard 


165 


Grisebach. Zwei Bände. In Leinen M. 8.—. In Leder 
M. 10.—. 


SCHOPENHAUER, ARTHUR: KLEINERE SCHRIFTEN. 
Herausgegeben von Мах Brahn. Іп Leinen M. 5.—. 
In Leder M. 6.—. 


SCHOPENHAUER, ARTHUR: PARERGA UND PARA- 
LIPOMENA. Zwei Bände. Herausgegeben von Hans 
Henning. In Leinen M. 8.—. In Leder M. 10.—. 


SCHWAB, GUSTAV: DIE SCHÓNSTEN SAGEN DES 
KLASSISCHEN ALTERTUMS. Vollstindige Ausgabe in 
zwei Banden, besorgt von Ernst Beutler. In Leinen M. 8.—. 


— Dasselbe. Ausgabe іп drei Bänden. (Mit dem Er- 
gänzungsband: Flaxmans Zeichnungen zu Sagen des 
klassischen Altertums.) In Leinen M. 12.—. 


SHAKESPEARES SONETTE. Nachdichtung von Eduard 
Sänger. Geheftet M. 4.—. In Halbpergament M. ;.—. 
Vorzugsausgabe: 40 Exemplare auf Japan in Leder M. 20.—. 


STERNHEIM, CARL: DON JUAN. Eine Tragödie. Ge 
heftet M. 5.—. Іп Halbleder M. 8.—. In Ganzleder 
M. 15.—. 

STIFTER, ADALBERT: AUS DEM ALTEN WIEN. Zwilf 
Studien. Herausgegeben von Otto Erich Deutsch. Mit 
зо Vollbildern. Titel und Einband von Heinrich Wieynk. 
Geheftet M. 5.—. In Leinen M. 6.—. In Leder М. 8.-. 


TAUSEND UND EIN TAG. Orientalische Erzählungen. 
Ausgewählt und eingeleitet von Paul Ernst. Die Über- 
tragungen von Felix Paul Greve und Paul Hansmann. 
. Titel- und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Vier 


166 


Bande іп der Ausstattung der Inselausgabe von ,,Tausend 
und eine Nacht“. Geheftet M. 16.—. In Leinen M. 20.—. 
In Leder М. 28.-. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exem- 
plare auf Inselbiittenpapier. In Pergament mit Seiden- 
vorsatz gebunden M. 64.—. 

VERHAEREN, EMILE: HELENAS HEIMKEHR. Nach- 
dichtung von Stefan Zweig. 3oo Exemplare: 30 auf Japan, 
von Emile Verhaeren signiert, in Leder M. 40.—; 270 auf 
Büttenpapier in Halbpergament M. 15.—. 

Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 

WEIGAND, WILHELM: DER VERSCHLOSSENE GAR- 
TEN. Gedichte aus den Jahren ıgor bis 1909. Geheftet 
М. 4.— In Halbpergament М. 5.—. 

WILDE, OSCAR: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY. 
Ein Roman. Übertragen von Hedwig Lachmann und 
Gustav Landauer. Einbandzeichnung von Walter Tiemann. 
Dritte Auflage (3. — 5. Tausend). Geheftet M. 3.50. In 
Leinen M. 4.50. In Leder M. 7.—. 


BIS ENDE 1908 WAREN ERSCHIENEN: 


ARNIM, BETTINA VON: DIE GUNDERODE. Taschen- 
ausgabe in zwei Banden. Herausgegeben und eingeleitet 
von Paul Ernst. 'Titelrahmen und Einbandzeichnung von 
Walter Tiemann. Geheftet M. 7.—. In Leinen M. 9.—. 
In Leder M. 10.—. 

ARNIM, ACHIM VON, ISABELLA VON АСҮРТЕМ, 
KAISER KARL DES FÜNFTEN ERSTE JUGENDLIEBE. 
Herausgegeben und eingeleitet von Paul Ernst. Geheftet 
M. 2.—. In Leder M. 3.50. 


167 


BALZAC, HONORE DE: PHYSIOLOGIE DER EHE. |. 
Eklektisch-philosophische Betrachtungen über Glück und |. 
Unglück in der Ehe. Vollständige deutsche Übertragung | - 
von H. Conrad. Zweite Auflage. Titel- und Einband- 
zeichnung von Eric Gill. Geheftet M. 4.50. In Leinen 
M. 5.50. In Leder М. 7.50. Vorzugsausgabe: too nume- 
rierte Exemplare auf Büttenpapier іп Maroquin M. 15.—. 


BALZAC, HONORE DE: EIN JUNGGESELLENHEIM |" 
(LA RABOUILLEUSE). Übertragen von Felix Paul Greve. |: 
Geheftet М. 4.50. In Leinen М. 5.50. In Leder М. 7.50. 

BALZAC, HONORE DE: ERZÄHLUNGEN AUS DER 
NAPOLEONISCHEN SPHÄRE (Oberst Chabert; Eine 
Leidenschaft in der Wüste; Abschied; El Verdugo; Eine 
dunkle Begebenheit). Übertragen von Felix Paul Greve. |; 
Geheftet М. 4.50. In Leinen M. 5.50. In Leder M. 7.50. ! 

DIE BERGPREDIGT JESU CHRISTI in der Lutherschen | . 
Übersetzung. Geschrieben im alten Unzialduktus von 
Graily Hewitt, von Platten in rot und schwarz gedruckt. 
300 Exemplare: 25 auf Pergament mit handvergoldetem 
Initial in Leder M. 75.— (vergriffen); 275 auf van Gel 
dern-Bütten in Pergament M. 22.—. 

BAUDELAIRE, CHARLES: DIE BLUMEN DES BOSEN. 
In deutsche Verse tibertragen von Graf Wolf von Kalck- 
reutb. ‘Titel, Vignetten und Einband von H. Wilh. Wulff. 
850 numerierte Exemplare: ı— so auf Bütten in Perga- | 
gament M. 14.—; sı—85o geheftet M. 5.—, in Leder 
М. 7.—. 

BETHGE, HANS: DIE CHINESISCHE FLÖTE. Nach- 
dichtungen chinesischer Lyrik. Titel. und Einband- 
zeichnung von E. R. Weiß. In Pappband M. 5.—. 


168 


“BIERBAUM, OTTO JULIUS: DER NEU BESTELLTE 
IRRGARTEN DER LIEBE, UM ETLICHE GANGE 
UND LAUBEN VERMEHRT. Schmuck und Umschlag 
von Heinrich Vogeler. 7.--10. Tausend (des „Irrgartens“ 
41. — 44. Tausend). Geheftet M. 2.—. In Pappband M. 3.—. 
In Leder M. 5.—. 


BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DAS DEKAMERON. Drei 
Bände. Vollständige Ausgabe, unter Zugrundelegung der 
Schaumschen Übertragung von 1823 durchgesehen und 
ergänzt von К. Mebring. Titelrahmen und Einbandzeich- 
nung von Walter Tiemann. Zweite Auflage (ҙ.-у. Tausend). 
Geheftet M. іо.-. In Leder M. 15.—. 


: BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DIE LIEBENDE FIA- 
METTA. Vollständige Ausgabe, unter Zugrundelegung 
s der Übersetzung von Sophie Brentano bearbeitet von K. Berg. 
22 Titelrahmen und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. > 
Geheftet M. 3.50. In Leder M. 5.—. 


. BRIEFWECHSEL ZWISCHEN CLEMENS BRENTANO 
UND SOPHIE MEREAU. Zwei Bände. Nach den 
Handschriften zum ersten Male herausgegeben von Heinz 
Amelung. Mit zwei Bildnissen іп Lichtdruck. Geheftet 
M. 7.— In Leinen M. 9.—. Vorzugsausgabe: тоо nu- 
merierte Exemplare auf Biitten. In Leder М. 18.—. 


` BRIEFE AN FRITZ VON STEIN. Herausgegeben und 
eingeleitet von Ludwig Robmann. Geheftet M. 4.—. In 
Leinen M. 5.—. 


Enthält Briefe aus dem Goethekreise, besonders von Charlotte von 
Stein, Karl und Amalie von Stein, Sophie von Schardt u. a. 


169 


BARRETT-BROWNING, ELIZABETH: SONETTE NACH 
DEM PORTUGIESISCHEN. Übertragen durch Reiser 
Maria Rilke. Geheftet M. 3.—. In Halbpergament M. 4.—. 


CERVANTES, MIGUEL DE: DER SCHARFSINNIGE 
RITTER DON QUIXOTE VON DER MANCHA. 
Vollständige deutsche Taschenausgabe in drei Bänden, 
unter Benutzung der anonymen Ausgabe von 1837 be- 
sorgt von Konrad Tborer, eingeleitet von Felix Poppenberg. 
Titel- und Einbandzeichnung von Carl Czescbks. Ge- 
heftet M. 10.—. In Leinen M. 14.—. In Leder M. 18.—. 


DIE NOVELLEN DES CERVANTES. Zwei Bande. Voll- 
ständige deutsche Ausgabe, auf Grund älterer Uber- 
tragungen bearbeitet von Konrad Thorer, eingeleitet von 
Felix Poppenberg. Titel- und Einbandzeichnung von Carl 
Czeschka. Geheftet М. 8.—. In Leinen M. іо.-. In Leder 
M. 12.—. 


DIDEROT, DENIS: BRIEFE:AN SOPHIE VOLAND. Über- 
tragen von Vally Wygodzinski. 'Titel- und Einbandzeichnung 
vonWalter Tiemann. Geheftet M.5.—. InPergament M. 7.—. 


DROSTE-HULSHOFF, ANNETTE VON: DIE JUDEN- 
BUCHE. Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen. 
Mit einem Nachwort von Paul Ernst. Titel und Einband 
von Walter Tiemann. Geheftet M. 2.—. In Leinen M. 3.—. 


BRIEFE DER HERZOGIN ELISABETH CHARLOTTE 
VON ORLEANS (LISELOTTE). Auswahl in zwei Bänden, 
herausgegeben von Hans F. Helmolt. Mit zwei Bildnissen 
in Heliogravüre. Zweite Auflage. Geheftet M. 12.—. In 
Halbleder М. 16.—. 


170 


WAS BUCH ESTHER іп der Lutherschen Uersetzung. 
Mit figürlichem Doppeltitel und Initialen von F. W. 
Kleukens, Druck in schwarz und gold. 300 Exemplare: 
25 auf Japan in Kalbleder M. 50.— (vergriffen); 275 auf 
van Geldern-Biitten in Leder mit Seidenvorsatz M. 24.—. 
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


 FLAUBERT, GUSTAVE: DREI ERZÄHLUNGEN. (Ein. 
schlichtes Herz; Die Sage von Sankt Julianus; Herodias.) 
Übertragen von Ernst Hardt. Zweite Auflage. Geheftet 
M. 3.50. In Halbpergament M. 5.—. 


GOETHES ROMANE UND NOVELLEN. Vollständig in 
zwei Bänden. (Der Werke I. und П. Band.) Heraus- 
gegeben von Hans Gerhard Graf und Carl Schüddekopf. 
In Leder M. ı1.—. 


GOETHE: AUS MEINEM LEBEN. DICHTUNG UND 
WAHRHEIT. (Der Werke ІП. Band.) Herausgegeben 
von Kurt Tabs. In Leder М. 6.—. 


GOETHES GESPRÄCHE MIT ECKERMANN. Zwei 
Bände. Vollständige Ausgabe, besorgt von Franz Deibel. 
Mit zwei Porträts. Einbandzeichnung von Н. Vogeler. 
Geheftet M. 4.—. In Pappbänden M. 5.—. In Leder M. 9.—. 


GOETHE IM GESPRACH. In Auswahl [ohne die mit 
Eckermann geführten Gespräche] herausgegeben von 
Franz Deibel und Friedrich Gundelfinger. Dritte Auflage. 
Geheftet M.5.—. In Leinen M. 6.—. In Leder M. 8.-. 
Vorzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare auf echtem 
Bürtenpapier. In zwei Pergamentbänden М. 20.—. 
Enthält u. a. die Gespräche mit Schiller, Wieland, Herder, Schlegel, 


Napoleon, Voss, Riemer, Boisser&e, Kanzler von Müller, Felix Mendels- 
sohn-Bartholdy. 


171 


GOETHES BRIEFE АМ CHARLOTTE VON STEIN. 
Vollständige Ausgabe in drei Bänden. Herausgegeben 
von Julius Petersen. Mit drei Silhouetten. Titel-, Ein- 
band- und Vignettenzeichnungen von Heinrich Vogeler- 
Worpswede. Viertes Tausend. Geheftet M. 7.—. In Leinen 
M. 10.—. In Leder M. 14.—. 


GOETHES BRIEFWECHSEL MIT MARIANNE VON 
WILLEMER. Herausgegeben von Philipp Stein. Mit 
einer Silhouette und zwei Zeichnungen in Lichtdruck. 
Titel- und Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler. Ge- 
heftet M. 4.—. In Leinen M. 5.—. In Leder M. 7.—. 
Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Bütten. 
In Pergament М. 12.—. 


AUS GOETHES TAGEBÜCHERN. Ausgewählt und 
herausgegeben von Hans Gerbard Gräf. In Pappband 
М. 2.—. In Leder М. 4.—. 


GOETHES SPRÜCHE ІМ PROSA. Maximen und Reflexio- 
nen. Herausgegeben von Herman Krüger-Westend. Іп 
Pappband M. 2.—. In Leder M. 4.—. 


GOETHES SPRÜCHE IN REIMEN. Zahme Xenien und 
Invektiven. Herausgegeben von Max Hecker. In Papp- 
band M. 2.—. In Leder M. 4.—. 


DIE BRIEFE DER FRAU RATH GOETHE. Zwei Bände. 
Gesammelt und herausgegeben von Albert Köster. Vierte, 
^ vermehrte Auflage. Geheftet M.ıo.—. In Halbfranz M. 14.—. 


BRIEFE VON GOETHES MUTTER. Ausgewählt und 
eingeleitet von Albert Koster. Mit einer Silhouette der 
Frau Rath. 21.—30. Tausend. Іп Pappband M.2.—. In 
Leder M. 4.—. 


172 


GRIMMS DEUTSCHE SAGEN. Ausgewählt und einge- 
leitet von Paul Merker. Titelumrahmung nach Ludwig 
Grimm. Іп Pappband М. 2.—. In Leder М. 4.—. 


GRIMMELSHAUSEN, H. J. CHR. VON: DER ABEN- 
TEUERLICHE SIMPLICISSIMUS. Vollständige Taschen- 
ausgabe in drei Bänden, besorgt von Reinhard Buchwald. 
Mit den vier Radierungen von Max Klinger іп Licht- 
druck. Titelzeichnung von Е. R. Wei. Geheftet M. 6.—. 
In Pappbänden M. 8.—. In Pergament M. 14.—. 


GROBEN, ОТТО FRIEDRICH VON DER: GUINEISCHE 
REISE-BESCHREIBUNG. Marienwerder, gedruckt durch 
Simon Reinigern, anno 1694. Іп Quarto, mit 16 Voll- 
bildern. Neudruck in %оо numerierten Exemplaren, mit 
einem Geleitwort von C. Grotewold und drei neuen 
Bildertafeln. In Halbpergament M. 18.—. 

Dies älteste deutsche Kolonialbuch schildert die Begründung der 
ersten deutschen Niederlassung in Westafrika unter dem Großen 
Kurfürsten. 

HALLSTROM, PER: FRÜHLING. Deutsche Übertragung 
von Francis Maro. Mit Zierleisten von Heinrich Vogeler. 
Geheftet M. 4.—. In Halbpergament M. 6.—. 

HALLSTRÓM, PER: EIN GEHEIMES IDYLL. Übertragen 

* von Francis Maro. Geheftet М. 4.—. In Leinen M. s.—. 


HALLSTRÓM, PER: DER TOTE FALL. Ein Roman. 
Deutsche Übertragung von Francis Maro. Geheftet M. 3.—. 
In Pappband M. 4.—. | 

HARDT, ERNST: NINON VON LENCLOS. Drama іп 
einem Akt.  Doppelseitige Titelzeichnung, Eingangs- 
und Schlußvignette von Marcus Bebmer. Geheftet M. 3.50. 
In Pappband M. 4.50. In Pergament M. 6.—. 


173 


HARDT, ERNST: AUS DEN ТАСЕМ DES KNABEN. 
Gedichte. Міс Widmungsinitiale von Marcus Bebmer 
und einer Zeichnung von fan Toorop. Geheftet M. 4.—. 
In Pergament M. 6.—. 


HEINSE, WILHELM: SÄMTLICHE WERKE. In ro Banden. 
Erste vollständige und kritische Ausgabe von Carl 
Schüddekopf. Leisten und Vignetten von Tb. Tb. Heine. 
Jeder Band geheftet M. 6.—. In Halbleder M. 8.—. 
In Ganzleder М. 9.—. 

Bisher sind erschienen und werden einzeln abgegeben: 
Band II: Die Begebenheiten des Enkolp. Die Kirschen. Erzählungen. 
Band III, ı. Abteilung: Laidion oder die Eleusinischen Geheim- 
nisse. Kleine Schriften I, 
Band III, 2. Abteilung: Kleine Schriften II. 
Band IV: Ardinghello und die glückseligen Inseln. Zweite Auflage. 
Band V und VI: Hildegard von Hohenthal. 
Band VII: Tagebücher. 
Band IX: Briefe, erster Teil. 
Band X: Briefe, zweiter Teil. 


HEYMEL, ALFRED WALTER: SPIEGEL, FREUND- 


SCHAFT, SPIELE. Studien. Geheftet M. 2.50. In 
Halbpergament М. 3.50. 


HOFFMANN, Е. Т. A.: DAS KREISLERBUCH. Texte,» 
Compositionen und Bilder. Zusammengestellt von Hans 
von Müller. Mit drei Bildern und einer Notenbeilage. 
Umschlag und Einband mit Zeichnungen Hoffmanns zum 
„Kater Murr“. СеһеҒес M. 6.—. In Pappband M. 7.—. 


HOFMANN, LUDWIG VON: TÄNZE. Zwölf Original- 
lithographien. Mit einem Prolog von Hugo vos Hofmanns- 
thal. 200 numerierte Exemplare. In Mappe М. 200.—. 


174 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: KLEINE DRAMEN. 
Zwei Bande. Titel- und Einbandzeichnung von Eric Gill. 
(Band I: Gestern. Der Tor und der Tod. Der weibe 
Fächer. Band II: Das Bergwerk zu Falun. Der Kaiser 
und die Hexe. Das kleine Welttheater.) Geheftet M. 8.—. 
In Halbpergament M. 12.—. 


Beide Bánde werden in besonderer Ausstattung auch einzeln ab- 
gegeben. Geheftet je M. 4.—. Іп Halbpergament je M. 6.—. 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER TOD DES 
TIZIAN. Ein dramatisches Fragment. Vierte Auflage. 
Geheftet M. і.-. Іп Pappband M. 1.80. 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER TOR UND DER 
TOD. Ein dramatisches Gedicht. Achte Auflage. Ge- 
heftet M. 2.-. Іп Pappband M. 3.—. 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: VORSPIELE (Prolog 
für ein Puppentheater. Vorspiel zur Antigone des So- 
phokles. Prolog zur Lysistrata des Aristophanes). Geheftet 
M. 2.—. In Pappband M. 3.—. 


HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER WEISSE FÁCHER. 
Ein Zwischenspiel. Mit vier Holzschnitten von Edward 
Gordon Craig. 800 numerierte Exemplare: Nr. 1—50 auf 
Japanpapier, in Pergament mit Seidenvorsatz M. 50.—; 
Nr. 51— 800 auf Büttenpapier in  Halbpergament 
M. 20.—. | 


HUCH, RICARDA: NEUE GEDICHTE. Geheftet M. 3.50. 
In Leder M. 6.—. 


HUCH, RICARDA: MERKWÜRDIGE MENSCHEN UND: 
SCHICKSALE AUS DEM ZEITALTER DES RISORGI- 


175 


MENTO. Essays. Geheftet М. 4.—. Іп Pappband M. 5.—. 
In Leder M. 7.—. 


HUCH, RICARDA: VITA SOMNIUM BREVE. Mit Ini- 
tialen von Heinrich Vogeler und einem Titelbilde nach 
Arnold Böcklin in Heliograviire. Dritte Auflage. Geheftet 
M. 6.—. In Leder M. 8.—. 


INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 19о7. Kartoniert 
M. —.50. 


INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1908. Kartoniert 
M. —.8o. In Pappband M. 1.20. 


INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1909. Kartoniert 
M. —.so. 


DAS INSEL-BUCH. (Mit Beiträgen von Bierbaum, Blei, 
Debmel, Liliencron, Rilke, Walser, Wedekind u.a. und Zeich- 
nungen von Behmer, Gaskin, Heine, Valotton, Weiß u. a.) 
Geheftet М. і.-. In Leder M. 2.—. 


INSEL-MAPPE. Vierzig Originaldrucke іп Holzschnitt, 
Lithographie und Radierung sowie Reproduktionen in 
Lichtdruck von und nach Baum, Delacroix, Denis, Direr, 
van Eyck, Geyger, Guys, Hokio, Kunisada, Liebermann, Manet, 
Nicholson, Pisanello, Rodin, Thoma, Vogeler, c u. a. 
In Mappe M. 30.—. 


JOHANNES SECUNDUS: DIE KÜSSE UND DIE FEIER- 
LICHEN ELEGIEN. Deutsch von Franz Blei. Mit einer 
Titelvignette in Kupferdruck. In Halbpergament M. s.—. 


KIERKEGAARD, SÓREN: DAS TAGEBUCH DES VER- 
FUHRERS. Erste vollständige deutsche Übertragung von 


176 


Max Dauthendey. Zweite Auflage. Mit einer Titelzeich- 
nung von Walter Tiemann. Geheftet M.5.—. In Papp- 
band M. 6.—. 


: SOREN KIERKEGAARDS VERHALTNIS ZU SEINER 
BRAUT. Briefe und Aufzeichnungen aus seinem Nach- 
laß, herausgegeben von Henriette Lund. Übertragung von 

| E. Robr. Mit Titel- und Einbandzeichnung von Walter 
S Tiemann. Geheftet M. 1.50. In Leinen M. 2.50. In Per- 
gament M. 3.—. 


- HEINRICH VON KLEISTS ERZÁHLUNGEN. Eingeleitet 
von Erich Schmidt. In Pappband M. 2.—. In Leder M. 4.—. 


с DES KNABEN WUNDERHORN. Ausgewählt und einge- 
leitet von Friedrich Ranke. Mit Titelvignette und Titel- 
vollbild nach der ersten Ausgabe. In Pappband M. 2.—. 

А In Leder М, 4.—. 


- KORNERS WERKE in einem Bande. Herausgegeben von 
Werner Deetjen. In Leder M. 3.50. 


KORTUM,KARL ARNOLD: DIE JOBSIADE. Ein komisches 
Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bildern der Ori- 
ginalausgaben und einer Einleitung in Versen von Otto 
Julius Bierbaum. | Zeichnung der Zierstücke, des Titels 
und des Einbandes von Walter Tiemann. Zweite Auflage. 
In Pappband M. 6.—.  Vorzugsausgabe: зоо numerierte 
Exemplare auf van Geldern-Büttenpapier. In Schweins- 

? (ейег M. 25.—. 


LARSEN, KARL: SCHWESTER MARIANNA UND IHRE 

LIEBESBRIEFE. Ins Deutsche übertragen von Mathilde 
f Mann. Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. 
қ Geheftet M. 4.50. In Pergament М. 7.50. 


KH fe 


177 


LERMONTOFF, MICHAEL: EIN HELD UNSERER ZEIT. 
Ein Roman. Deutsche Übertragung aus dem Russischen 
von Michael Feofanoff. Mit Titel- und Einbandzeichnung 
von Walter Tiemann. Geheftet М. 3.—. [n Leinen M. 4.—. 
In Leder M. 5.—. 


LE SAGE, А. R.: DIE GESCHICHTE DES GIL BLAS VON 
SANTILLANA. Deutsche Ausgabe in zwei Bänden, be- 
sorgt von Konrad Tborer. Mit zwei Titelvignetten und 
acht Vollbildern nach Kupfern von Chodowiecks. Geheftet 
М. 8.—. In Halbfranz M. 12.—. Vorzugsausgabe: тоо nu- 
merierte Exemplare auf Bütten. In Kalbleder M. 24—. 

LIEBESBRIEFE EINES ENGLISCHEN MÁDCHENS. Auto- 
risierte deutsche Übertragung von Karl Vollmüller. Ge- 
heftet M. 4.—. In Leder M. 6.—. 

MANN, HEINRICH: DIE BOSEN. Zwei Novellen: Die 
Branzilla. Der Tyrann. Geheftet M. 2.50. In Leinen M. 3.50. 

MAT'THES, ERNST: PARISER SZENEN. Zehn farbige 
Originalzeichnungen auf Japan. 200 Exemplare. Іп 
Mappe M. 80.—. 

MEIER-GRAEFE, JULIUS: COROT UND COURBET. Ein 
Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der modernen Malerei. 
Mit ı7 Abbildungen. In Pappband M. 8.—. 


MEINHOLD, WILHELM: DIE BERNSTEINHEXE. Mit 
einem Nachwort von Paul Ernst. Titel und Einband von 
Е. R. Weiß. Geheftet M. 3.—. In Halbpergament M. 4.50. 
In Ganzpergament M. 7.—. 

MICHAELIS, KARIN: BACKFISCHE. Eine Sommer- 
erzählung. Deutsche Übertragung von Mathilde Mann. 
Geheftet M. 4.—. In Leinen M. 5.—. 


178 


"MIÓRIKE, EDUARD: MOZART AUF DER REISE NACH 
PRAG. Eine Novelle. Mit Doppeltitel von Walter Tie- 
mann. GeheftetM.2.50. InLeinenM. 3.50. InLeder M. 4.50. 


| INIETZSCHE, FRIEDRICH: ALSO SPRACH ZARA- . 
THUSTRA. EIN BUCH FÜR ALLE UND KEINEN. 
'Monumentalausgabe. Druckanordnung, Zeichnung des Titels, 
der Vortitel und Füllornamente und des Einbandes von 
Henry van de Velde. In schwarz, purpur und gold ge- 
druckt, %оо numerierte Exemplare: Nr. 1--5о in Maro- 
quin M, 120.—. Nr. sı—soo in Pergament М. 90.—. 


NOVELLEN, ALTITALIÄNISCHE. Zwei Bände. Aus- 
gewählt und übersetzt von Paul Ernst. Mit venezia- 
nischen Titelholzschnitten, Initialen und Zierstücken aus 
dem 14. Jahrhundert. Zweite Auflage. Geheftet M. 6.—. 
In Pappbänden M. 8.—. 


OMAR CHAJJAM VON NESCHAPUR: RUBA'IJAT. Aus 
dem Englischen des Edward Fitzgerald in deutsche Verse 
übertragen von G. D. Gribble. Nachwort von Franz Blei. 
Titel, Einband und Initiale von Marcus Bebmer. Geheftet 
М. 7.-. In Pappband M. 8.—. In Leder М. 12.—. 


PATER, WALTER: MARIUS DER EPIKUREER. Ein 
Roman in zwei Banden. Aus dem Englischen tibertragen 
von Felix Paul Greve. Geheftet M. 6.50. In Leinen 
M. 9.—. In Leder M. 12.—. 


PETRARCA, FRANCESCO: SONETTE. Ausgewählt, über- 
setzt und eingeleitet von Bettina Jacobson. Gehefter 
M. 3.50. In Pergament M. 5.50. 


POCCI, FRANZ GRAF: LUSTIGES KOMÓDIENBÜCH- 
LEIN. Zwei Вап4е. In Auswahl neu herausgegeben 


179 


von P. Expeditus Schmidt und K. v. Rózycki. Mit vielen 
Bildern, zum Teil nach unveröffentlichten Zeichnungen 
Poceis. Mit Einbandzeichnung von F. W. Kleukens. Ge- 
heftet M. 7.—. In Halbpergament М. 10.—. 


PONTOPPIDAN, HENRIK: HANS IM GLÜCK. Ein 
Roman in zwei Banden. Aus dem Dänischen übertragen 
von Mathilde Mann. Dritte Auflage. Geheftet M. 8.— 
In Leinen M. 10.—. 


POPE, ALEXANDER: DER LOCKENRAUB. Ein komische 
Heldengedicht. In deutsche Verse übertragen von Rudolf 
Alexander Schröder. Mit den neun Bildern und der Eir- 
bandzeichnung von Aubrey Beardsley in der Originalgröße. 
800 Exemplare: Nr. 1-100 auf Japan, in Kalbleder und 
in Seidenfutteral M. 40.—; Nr. ro1—8oo auf holland: 
schem Büttenpapier, in Pappband M. 14.—. 

PRÉVOST D'EXILES, ABBÉ: GESCHICHTE DER MANON 
LESCAUT UND DES CHEVALIER DES GRIEUX. 
Deutsche Übertragung von Fulius Zeitler. Mit vier Va 
bildern von Franz vos Bayros. Geheftet M. 8.—. In Leder 
M. 10.—. In Pergament M. 15.—. 

RILKE, RAINER MARIA: NEUE GEDICHTE. Geheftet 
M. 4.50. In Halbleder M. 6.50. 

RILKE, RAINER MARIA: DER NEUEN GEDICHTE 
ANDERER TEIL. Geheftet M. 4.50. In Halbleder M. 6.50. 

RILKE, RAINER MARIA: GESCHICHTEN VOM LIEBEN 
GOTT. Dritte Auflage. Geheftet M. 3.—. In Leinen 
M. 4.—. 

RILKE, RAINER MARIA: ZWEI PRAGER GESCHICHTEN. 
Geheftet M. 2.-. Іп Halbpergament M. 3.—. 


180 


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* RILKE, RAINER MARIA: AM LEBEN HIN. Erzählungen. 


Geheftet М. 2.-. Іп Halbpergament М. 3.—. 


RIMBAUD, ARTHUR: LEBEN UND DICHTUNG. Uber- 


tragen von K. Ї. Ammer, eingeleitet von Stefan Zweig. 
Mit einem Bildnis Rimbauds in Heliogravüre. Titel- 
und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet 
М. 6.—. In Leinen М. 7.—. 


- RÜBEZAHL-GESCHICHTEN: das sind warhafftige, und 


24 


tiber alle Мабеп possierliche oder anmuthige Fratzen, 
von dem wunderbarlichen, sehr alten und weitbeschrienen 
Gespenste, dem Rübezahl, durch M. Johannem Prae- 
torium. Mit Wiedergabe von 16 Holzschnitten der Aus- 
gabe von 1738 und einem Nachwort von Paul Ernst. 
800 numerierte Exemplare. In Pappband М. 10.—. 


SCHEFFLER, KARL: PARIS. Mit 7ı Vollbildern in Auto- 


typie. Einbandzeichnung von E. В. Wei. Geheftet 
М. 10.—. Іп Halbpergament M. 12.—. 


SCHILLERS SÄMTLICHE WERKE, in sechs Bänden. Heraus- 


gegeben von Albert Köfler und Max Hecker. In Leinen 
М. 20.—. In Leder М. 28.—. 


Die einzelnen Bände sind auch unter besonderen Titeln zum 
Preise von je М. 4.— in Leinen und М. 5.-- in Leder erschienen: 
Dramen I. Teil. Dramen II. Teil. Gedichte und Erzählungen. 
Historische Schriften. Philosophische Schriften. Übersetzungen. 


SCHLEGEL, FRIEDRICH: LUCINDE. Berlin 1799. — 


FRIEDRICH SCHLEIERMACHERS VERTRAUTE 
BRIEFE ÜBER LUCINDE. Berlin 1800. Mit einer Ein- 
leitung von Rudolf Frank. soo numerierte Exemplare. 
In Pappband M. 10.—. 


181 


SCHRÖDER, RUDOLF ALEXANDER: ELYSIUM, Ein 
Buch Gedichte. 300 numerierte Exemplare in Perga- 
ment. Мг. 1—25 auf Pergament M. 50.—; Nr. 26—300 
auf Biittenpapier M. 8.—. Д 


SCHRODER, RUDOLF ALEXANDER: HAMA. Gedichte 
und Erzählungen. Mit einer Titelvignette von Erast 
Matthes. Geheftet M. 2.—. In Pappband M. 3.—. 


SCHÜDDEKOPF, CARL: GOETHES TOD. Dokumente 
und Berichte der Zeitgenossen. Mit sechs Faksimiles und 
Lichtdrucken. Geheftet M. 4.—. In Pappband М. 5.—. 


SÓDERBERG, HJALMAR: MARTIN BIRCKS JUGEND. 
Deutsche Übertragung von Francis Maro. Mit Titel- 
zeichnung von Heinrich Vogeler. Geheftet M. 2.—. In 
Leinen M. 3.—. 


STIFTER, ADALBERT: STUDIEN. Neue vollständige 
Taschenausgabe in zwei Banden. Mit einer Einleitung 
von Jobannes Schlaf. Doppeltitel und Einband von Kari 
Walser. In Leinen M. 6.—. In Leder M. 8.—. In Per- 
gament M. іо.-. 


HENRICH STILLINGS JUGEND, EINE WAHRHAFTE 
GESCHICHTE. Mit einem Nachwort von Franz Deibel. 
Titelvignette und Titelkupfer nach Chodowiecki. In Рарр- 
band M. 4.—. 


DIE ERZÁHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN 
NÁCHTEN. Erste vollständige deutsche Ausgabe in zwölf 
Banden, auf Grund der Burtonschen englischen Ausgabe 
besorgt von Felix Paul Greve. Mit einer Einleitung von 
Hugo von Hofmannsthal und einer Abhandlung von Pro- 


18a 


í 


fessor Karl Dyroff über Entstehung und Geschichte des 
Werks. Titel- und Einbandzeichnung von Marcus Bebmer. 
Geheftet M. 60.—. In Leinen M.72.—. In Leder M. 84.--. 


TURGENJEFF, J.: GEDICHTE IN PROSA. Deutsche 
Übertragung von Tb. Comichau. Mit Titel und Vignetten 
von Heinrich Vogeler. Geheftet M. 1.—. In Leinen M. 2.—. 
In Leder M. 3.—. 


VAN DE VELDE, HENRY: VOM NEUEN ST IL. Mit 
einer Titelvignette des Künstlers. Geheftet M. 3.50. 
Іп Halbpergament M. 5.—. 


VOGELER-WORPSWEDE, HEINRICH: DIR. Gedichte. 
Zweite Auflage. Mit vom Künstler neu gezeichnetem Ein- 
band und Vorsatzpapier. Auf Bütten, in Halbperga- 
ment M. іо.-. 


VOLTAIRES BRIEFWECHSEL. Ausgewählt und übertragen 
von Kathe Schirmacher. Einbandzeichnung von Marcus 
Bebmer. Geheftet M. 4.—. In Pappband M. 5.—. In 
Leder M. 7. —. 


WIELANDS WERKE. Drei Bände. Neue Taschenaus- 

gabe, ausgewählt, revidiert und eingeleitet von Franz 
Deibel. Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. 
In Leder М. 15.—. In Pergament М. 20.—. 
Erster Band: Goethes Rede auf Wieland; Kleine Verserzählungen. 
— Zweiter Band: Oberon. — Dritter Band: Die Abderiten. Die 
Bände sind auch einzeln unter besonderen Titeln erschienen und 
kosten: Band I und Band II: geheftet je М. 3.—, in Leder je 
М. 4.50, in Pergament |е М. 6.—; Band III: geheftet М. 4.50, 
in Leder М. 6.—, in Pergament М. 8.—. 

WILDE, OSCAR: GEDICHTE (Die Sphinx; aus den „Poems“‘). 
Deutsche Übertragung von Gisela Etzel. Mit Titelholz- 


183 


schnitt von Marcus Bebmer und Einbandzeichnung von 
K. Schmoll v. Eisenwertb. Geheftet M. 6.—. In Halb- 
pergament M. 8.—. 


WILDE, OSCAR: DIE BALLADE VOM ZUCHTHAUSE 
ZU READING VON С. 3. 3. In memoriam С. T. W., 
weiland Reiter in der Kéniglichen Leibgarde, hingerichtet 
in Ihrer Majestat Gefangnis am 7. Juli 1896. Deutsche 
Übertragung von Wilbelm Schölermann. Vierte Auflage. 
In Pappband M. 2.—. 


WILDE, OSCAR: DAS GESPENST VON CANTERVILLE 
UND FÜNF ANDERE ERZÄHLUNGEN (Der glückliche 
Prinz; Die Nachtigall und die Rose; Der egoistische 
Riese; Der ergebene Freund; Die bedeutende Rakete). 
Deutsche Übertragung von Franz Blei. Doppelseitige 
Titelzeichnung, fünf Vollbilder, sechs Initiale und Ein- 
bandzeichnung von Heinrich Vogeler. Geheftet M. 8.—. In 
Halbpergament M. 10.—. 


WILDE, OSCAR: DAS GRANATAPFELHAUS. Vier 
Märchen (Der junge König; Der Geburtstag der Infantin; 
Der Fischer und seine Seele; Das Sternenkind). Deutsche 
Übertragung von Felix Paul Greve. Dritte Auflage. Mit 
vier Vollbildern, Initialen, Vignetten und Einbandzeich- 
nung von Heinricb Vogeler. Geheftet M. 6.—. In Наһ- 
pergament M. 8.—. 


WILDE, OSCAR: SALOME. Tragödie in einem Akt. 
Deutsche Übertragung von Hedwig Lachmann, Mit Doppel- 
titel, zwei Vollbildern und Einbandzeichnung von Marcus 
Bebmer. Fünfte Auflage. СеһеКес M. 2.—. Іп Papp- 
band M. 3.—. 


184 


WILDE, OSCAR: SALOME. Tragödie in einem Akt. 
Deutsche Übertragung von Hedwig Lachmann. Mit 15 
Zeichnungen von Aubrey Beardsley in der Originalgröße. 
825 numerierte Exemplare. In Halbleder M. 14.—. In 

DC . Ganzleder M. 20.—. 


=" WILDE, OSCAR: ZWEI GESPRÄCHE VON DER KUNST 
7 UND VOM LEBEN (Vom Verfall des Lügens; Kritik als 
d Kunst). Ubertragen von Hedwig Lachmann und Gustav 
mi Landauer. Geheftet M. 4.—. In Halbleder M. 6.—. 


... WILDE, OSCAR: DIE ROMANTISCHE RENAISSANCE 
| (Der Vortrag: Über die englische Renaissance; Das Ge- 
leitwort zu Rose Leaf and Apple Leaf; Die letzte 
e Prüfung; Aphorismen). Deutsche Übertragung mit einer 
Ў Einleitung von Franz Blei. Titelzeichnung von Walter 
"T Tiemann. In Halbleder М. 4.—. 


г ІМ MEMORIAM OSCAR WILDE (Lehren und ӛргісһе 

und Gedichte in Prosa von Wilde; Essais tiber Wilde von 

| Andre Gide, Ernest la Feunesse, Artbur Symons und Eranz 

) Blei). Übertragen und eingeleitet von Franz Blei. Zweite 

E geänderte und vermehrte Auflage. Geheftet M. 3.—. In 
* Регратепс М. 4.—. 


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» ZWEIG, STEFAN: DIE FRÜHEN KRANZE. Gedichte. 
E Titel und Einbandzeichnung von Marcus Bebmer. Ge- 
heftet М. 3.50. In Leder М. 6.—. 


+ ZWEIG, STEFAN: TERSITES. Ein Trauerspiel in drei 
e Aufzügen. Mit Kopfleisten nach Jobn Flaxman. Ge- 
Ir heftet M. 3.—. In Halbpergament M. 4.—. Vorzugsausgabe : 
D 20 Exemplare auf Büttenpapier. In Pergament М. 12.—. 


2184 


INHALT DES ALMANACHS 


KALENDARIUM 

Emile Verhaeren: Der SE RE von Stefan 
Zweig. . 

Ein Neujahrsbrief Wilhelm von Humboldes an Char- 
lotte Diede . 

John Flaxman: Zwei Zeichnungen‘, zu Sagen des 


21 


klassischen Altertums . . . . 25 und 26 


Hugo von Hofmannsthal: Aus der freien Оғаш 
der „Alkestis“ des Euripides . . 

J. С. Fichte: Martin Luther und die denische Nation 

Drei Sonette von William Shakespeare, übertragen 
von Eduard Sänger . . . i 

Wilhelm Heinse: Der Rheinfall bei Schaffhausen ы 

Die zweite Epode des Horaz, tibertragen von Rudolf 
Alexander Schröder . . . 

Adalbert Stifter: Aus dem ЫН "Wien (mir zwei 
Bildern) . 

Andreas Hofers Abschiedsbrief, rie ап seinen 
Freund Pühler. . . . . . 

Daniel Defoe: Robinsons zweite Reise nahe seinem 
Eland ... 

Titelbild aus dem ältesten БЕРЕН Robinsonbuch 
von 1720 . . 8 ou der Wh uie cf. eS 

Briefe des jungen Schiller. 

Jugendsilhouette Schillers. . . 

Schiller im Urteil Goethes . . . 

Die Jenaischen Studenten in Weimar (1800) . : 

Goethe über die Anordnung seiner Werke (1816) . 

Fin Epigramm aus dem Jahre 1796 über die neue 
Ungerschrift . . . 

Weimarische Briefe an Joani Heinrich Merck . 


27 
28 


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Ludwig van Beethoven ап die ,,unsterbliche Geliebte“ 
'Tagebuchblátter von Arthur Schopenhauers Schwester 


Adele. . . . 100 
Zwei Silhouetten aus Adele Schopenhauers Tage- 

büchern . . . . , . 103 
Drei Gedichte von Ernst Hardt e e ee ee. 106 
Zwei Gedichte von Wilhelm Weigand . . . 108 
Aus Tausend und ein Tag: Die Geschichte Maliks 

und der Prinzessin Schon . . . . 109 
Boccaccio: Griselda (aus dem Dekameron) , ' über- 

tragen von Albert Wesselski. 2... 124 


Zwei Titelholzschnitte aus Feyerabends Buch de 
Liebe (1587) zu den Altfranzösischen Novellen . 127 
Emil Preetorius, Zeichnung zu „Des Luftschiffers 
Gianozzo Seebuch* von Jean Paul . . . . . 137 
Zwei Gedichte von Alfred Walter Heymel . . . 141 
Handzeichnung von Ludwig von Hofmann (bisher 
unveröffentlicht) . . . . zwischen S. 140 und 141 
Carl Sternheim: Szene aus dem zweiten Teil der 
Tragödie „Don Juan“ . . 142 
Rainer Maria Rilke: Aus den Aubsikhnungen ER 
Malte Laurids Brigge. Fragment . . . . . . 147 
Ein Gedicht von Herbert Alberti. . . . © 154 


BÜCHER AUS DEM INSEL-VERLAG 222-166 


Schlußvignette von Franz Graf Pocci aus Poccis 
„Komödienbüchlein“ . . . . . . . . . . 188 


DER FÜNFTE JAHRGANG DES ALMANACHS WURDE 
GEDRUCKT IN DER OFFIZIN W. DRUGULIN ZU LEIPZIG. 
UMSCHLAG UND TITEL ZEICHNETE E. R. WEISS. 


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Kalendarium 


Ein jeaer kehre vor feiner Tür, 
Und rein ift jedes Stadtquartier. 
Ein jeder übe fein’ Lektion, 
бо wird es gut im Rate ftohn. 
GOETHE 
ат 6. Marz 1832. 


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CH bin ein Reißer früh und fpät, 

Ich entwürf auf ein Lindenbrett 
Bildnus von Menfchen oder Tier, 
Auch Gewächs mancherlei Monier, 
Hiftori und was man will haben, 
Gefchrift und groß Verfalbuchftaben, 
Künftlich, daß nit ift auszufprechen; 
Auch kann ich wohl in Kupfer ftechen. 


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ч QM PWN m 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 


Sonnabend : 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 


Neujahr 

Abel, Seth 
Enoch, Daniel 
Methufalem 
Simeon 
Epiphanias 
Melchior 


1. n. Ep. Balth. 
Kafpar 

Paulus Einfegnung 
Erhard 

Reinhold 

Hilarius 

Felix 


2. n. Ep. Habak. 
Marcellus 
Antonius 
Priska 
Ferdinand 
Fabian, Seb. 
Agnes 


3.n.Ep. Vincentius 
Emerentiana 
Timotheus 

Pauli Bekehrung 
Polykarp 

Joh. Chryfoft. 
Karl 


4. n. Ep. Samuel 
Adelgunde 
Valerius 


Neujahr Jefus 
Makarius 
Genovefa 

Titus 
Telesphorus 
Heilige 3 Könige 
Lucian 


1. n. Ер. Sever. 
Julian 
Agathon 
Hyginus 
Arkadius 
Gottfried 

Felix 


2. n. Ep. Marcell. 
Marcellus 
Antonius 

Petri Stuhlfeier 
Kanut 

Fabian, Seb. 
Agnes 


3. n. Ep. Vincentius 
Mar. V., Emer. 
"Timotheus 
Pauli Bekehrung 
Polykarp 

Joh. Chryfoft. 
Karl der Große 


Martina 
Petrus Nolask. 


DER FURMSCHNEIDER 


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CH bin ein Furmenfchneider gut. 
Alls, was man mir vorreißen tut 
Mit der Feder auf ein Furmbrett, 
Das fchneid ich denn mit dem Gerät. 
Wann mans denn druckt, fo findt fich fcharf | 
Das Bild, fo der Reißer entwarf; ! 
Die fteht denn druckt auf dem Papier ! 
Mit Schwarz, unausgeftrichen {chier. 4 
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FEBRUAR 


Mittwoch Brigitta Ignatius 
Donnerstag Mariä Reinigung | Mariä Lichtm. 
Freitag Blafius Blafius 


Sonnabend Veronika Andreas Korfinus 


Sonntag 


5. n. Ep. Agatha | 5. n. Ep. Agatha 


Montag Dorothea Dorothea 
Dienstag Richard Romuald 
Mittwoch Salomon Joh. von Matha - 
Donnerstag Apollonia Apollonia 

Freitag Renata Scholaftika 
Sonnabend Euphrofina Defiderius 


Sonntag Sept., Eulalia Sept., Eulalıa 


Montag Benignus Benignus 
Dienstag Valentinus Valentinus 
Mittwoch Formofus Fauftinus 
‚Donnerstag Juliana Juliana 
Freitag Konftantia Donatus 


Sonnabend Konkordia Simeon 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sexag., Gabinus 
Eleutherius 
Eleonora 

Petri Stuhlfeier 
Serenus 
Matthias 
Walburga 


Sexag., Sufanna 
Eucherius 
Eleonora 

Petri Stuhlfeier 
Serenus 
Matthias 
Viktorinus 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 


Eftomihi, Neftor 
Leander 
Faftnacht, Juftus 


Quinqu., Alex. 
Leander 
Faftnacht, Roman. 


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I geuß die Schrift zu der Druckrei, 
Gemacht aus Wismat, Zinn und Blei, 
Die kann ich auch gerecht juftieren, 

Die Buchftaben zufamm ornieren 
Lateinifch- und deutfcher Gefchrift, 
Auch was die griechifch Sprach antik: 
Mit Verfalen, p 

Daß fie zu der Druckerei tügen. 


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1 | Mittwoch 

2 | Donnerstag 
3 | Freitag 

4 | Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


26 | Sonntag 

27 | Montag 

28 | Dienstag 

29 | Mittwoch 
| 30 | Donnerstag 
| 31 | Freitag 


Afchermittwoch Afcherm., Albin. 
Simplicius Simplicius 


Kunigunde Kunigunde 
Adrianus | Kafimir 


1. Inv. Friedrich 1. Inv. Friedrich 


Fridolin Viktor 

Felicitas Thomas v. A. > 
Quat., Philem. Quat. J. d. D. 
Prudentius Franziska 

Henriette 40 Martyrer 


Rofina Eulogius 


2. Rem. Gr.d. Gr. 
Ernft 


2. Rem. G. d. G. 
Euphrasia 


Zacharias Mathilde 
Longinus Longinus 
Cyriakus Heribert 
Gertrud Gertrud 


Anselmus 


Cyrillus 


3. Oculi Jofeph 
Hubert 


3. Okuli Joseph 
Joachim 


Benediktus Benediktus 
Mittfaft., Kafimir | Oktavian 
Eberhard Otto 
Gabriel Gabriel 


Mariä Verk. Mariä Verk. 


4. Lätare Eman. | 4. Lätare Ludg. 


Rupert Rupert 

Malchus Guntram 
Euftafius Euftafius 
Guido Quirinus 


Amos Balbina 


DER PAPIERER 


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CH fammel Hadern zu der Mühl, 

Denn treibt mirs Rad das Waffer kühl, 
Das mir die z’fchnitten Hadern mählt, 
Das Mehl in Wafler wird einquellt. 
Draus mach ich Bog’n, auf den Filz bring, 
Durch Pref das Wafler daraus zwing. 
Denn henk ichs auf, laß trucken wern, 
Schneeweiß und glatt, fo hat mans gern. 


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APRIL 


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Sonntag 5. Jud. Theodofia | 5. Judika F. v. P. 
Montag Chriftian Richard 

Dienstag Ambrofius Ifidorus 
Mittwoch Maximus Vinzent. Ferrer 
Donnerstag Sixtus Cóleftinus 
Freitag Céleftin Hermann 


Sonnabend Liborius Albert 


Sonntag 6. Palm. Bogisl. 6. Palm. M. Kl. 


Montag Ezechiel Ezechiel 

Dienstag Julius Leo der Große 
Mittwoch Euftorgius Julius 

Donnerstag Grün. Donnerstag | Grün. Donnerstag 
Freitag Karfreitag Karfreitag 


Sonnabend Olympiades Karfamstag 


Sonntag Heil. Ofterfeft Heil. Ofterfeft 
Montag Oftermontag Oftermontag 
Dienstag Florentin Eleutherius 
Mittwoch Hermogenes Werner 
Donnerstag Sulpitius Viktor 

Freitag Adolarius Anfelm 
Sonnabend Lothar Soter u. Kajus 


Sonntag 1. Quafimodogen. | 1. Quafimod. 


Montag Albert Adalbert 
Dienstag Markus Ev. Markus Ev. 
Mittwoch Raimarus Kletus 
Donnerstag Anaftafıus Anaftafıus 
Freitag Therefe Vitalis 


Sonnabend Sibylla Petrus M. 


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Ka bin gefchicket mit der Pref, 

So ich auftrag den Fun? гей. 

Bald der Poftlierer-Stangen zuckt, 

Ift ein Bogen Papiers gedruckt. 
Dardurch kummt manich Buch an Tag, 
Das man leichthin bekummen mag. 
Vor Zeit hat man die Bücher gfchrieben; 


Zu Mainz die Kunft ward erftlich trieben. | | 


Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 


Philipp., Jak. 
Sigismund 
Kreuz. Erfind. 
Florian 
Gotthard 
Dietrich 


3. Jubil. Gottfr. 
Stanislaus 
Hiob 

Gordian 
Mamertus 
Pankratius 
Servatius 


4. Cant. Chrift. 
Sophia 
Peregrinus 
Jobft 

Erich 
Potentiana 
Anaftafius 


5. Rogate Prud. 


Helena 
Defiderius 
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Himmelf. Chr. 
Eduard 

Beda 


6. Exaudi Wilh. 


Maximilian 
Wigand 
Petronella 


Philipp., Jak. 
Athanafıus 
Kreuz. Erfind. 
Monika 

Pius V. 
Johan. у. 4. Pr. 


3. Jub. Stanislaus 
Michael Erfch. 
Gregor Naz. 
Antoninus 
Mamertus 
Pankratius 
Servatius 


4. Cant. Bonif. 
Sophia 

Joh. v. Nep. 
Ubaldus 
Venantius 
Petr. Cöleftin 
Bernhardin 


5. Rogate Сопб. 
1. Bittag 

2. Bittag 

3. Bittag 
Himmelfahrt Chr. 
Philipp Neri 
Beda 


6. Exaudi Wilh. 
Maximus 

Felix 

Petronella 


DER BRIEFMALER 


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E N Briefmaler bin aber ich, 

Mit Illuminieren nähr ich mich, 
Anftreich die Bildwerk, fo da ftehnt 
Auf Papier oder Pergament, 

Mit Farben und verhochs mit Gold. 
Dem Patroniern bin ich abhold; 
Darmit man fchlechte Arbeit macht, 
Darvon man fchlechten Lohn entpfacht. 


Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 


Nikomedes 
Marquard 
Erasmus 


Heil. Pfingftfeft 
Pfingftmontag 
Benignus 

Quat., Lukretia 
Medardus 
Barnim 
Onuphrius 


Trinitatis 
Klaudina 
Tobias 
Modeftus 
Vitus 
Juftina 
Volkmar 


I. D. Trin. Paul. 


Gerv. u. Protaf. 
Raphael 
Jakobina 
Achatius 
Bafilius 

Joh. der Táufer 


2. n. Tr. Elog. 
Jeremias 
Sieben Schläfer 
Leo 

Peter und Paul 
Pauli Ged. 


Juventius 
Erasmus 


Klothilde 


Heil. Pfingftfeft 
Pfingftmontag 
Norbert 

Quat., Robert 
Medardus 
Feliz. u. Prim. 
Margareta 


Heil.Dreifaltigkeit 


Bafılides 

Anton v. Padua 
Bafilius 
Fronleichnam 


Benno 
Adolf 


Gerv. u. Protaf. 
Silverius 
Aloyfius 
Paulinus 
Herz-Jesu-Feft 
Joh. der Taufer 


3. n. Pf. Profp. 
Johann u. Paul 
Ladislaus 

Leo II. 

Peter und Paul 
Pauli Ged. 


DE Kunft der Perfpektiv ich pur 
Bericht bin und Konterfaktur, 
Dem Мепісһеп ich mit Farb kann geben 
Die Gftalt, als ob des Bild hab Leben. 
Stadt, Schloffer, Waffer, Berg und Wald, 
Ein Heer, sam läg ein Fürft zu Feld, 
Kann ich auf cache: Wand anzeigen, 


Als fteh es da leibhaftig eigen. 


JULI 


2 | Sonntag 3.n.Tr. M. H. 4.n. Pf. М.Н. 
3 | Montag Kornelius Hyazinth 

4 | Dienstag Ulrich Ulrich 

5 | Mittwoch Anfelmus Numerianus 

6 | Donnerstag Jefaias Jefaias 

7 | Freitag Demetrius Willibald 

8 | Sonnabend Kilian Kilian 


Sonntag 
Montag 


4. n. Tr. Cyrill. 
Sieben Brüder 


5. n. Pf. Cyrill. 
Sieben Brüder 


Dienstag Pius Pius 
Mittwoch Heinrich Joh. Gualbert 
Donnerstag Margareta Margareta 
Freitag Bonaventura Bonaventura 


Sonnabend 


A poftel Teil. 


Apoftel Teil. 
6.n. Pf. Skap. 


Sonntag 5. n. Tr. Walter 


Montag Alexius Alexius 
Dienstag Karolina Friderikus 
Mittwoch Ruth Vinz. v. Paula 
Donnerstag Elias Margareta 
Freitag Daniel Praxedes 


Sonnabend Maria Magd. 


6.n. Tr. Albert. 


Maria Magd. 
7.n. Pf. Apoll. 


Sonntag 


Montag Chriftine Chriftine 
Dienstag Jakobus Jakobus 
Mittwoch Anna Anna 
Donnerstag Bertold Pantaleon 
Freitag Innozenz Innozenz 
Sonnabend Martha Martha 


Sonntag 7.n. Tr. Beatrix | 8.n. Pf. Abdon 
Montag Germanus Ignaz Loyola 


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roßer Arbeit in mein Haus, 


ann auf die Rahm ieds Fell allein, 


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hrn und Klaen feud ich Leim. 


Das alles verkauf ich daheim. 


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Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 


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Petri Kettenfeft 
Portiunkula 
Auguft 
Perpetua 
Dominikus 


8.n. Тг. V. Chr. 
Donatus 
Ladislaus 
Romanus 
Laurentius 
Titus 

Klara 


9.п. Tr. Hild. 
Eufebius 

Maria Himmelf. 
Ifaak 

Bertram 

Emilia 

Sebald 


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Anaftafius 
Oswald 
Zachäus 
Bartholomäus 
Ludwig 
Irenäus 


11. n. Tr. Gebh. 
Auguftinus 

Joh. Enthaupt. 
Benjamin 
Rebekka 


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Petri Kettenfeft 
Portiunkula 
Steph. Erfind. 
Dominikus 
Maria Schnee 4 
9. n. Pf. V. Chr. 
Kajetanus 
Cyriakus 

Romanus 

Laurentius 

Tiburtius 

Klara 


топ. Pf. Hipp. 
Eufebius 

Mar. Himmelfahrt 
Rochus 

Liberatus 

Helena 

Sebald 


11. п. Pf. Bernh. 
Anaftafius 
Timotheus 
Philipp Benit 
Bartholomáus 
Ludwig 
Zephyrinus 


12. n. Pf. Ruf. 
Auguftinus 
Joh. Enthaupt. 
Rofa 
Raimund 


DER LEDRER 


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UH’N : henk ich in den Bach, 
Wiirf fie in den Afcher darnach, 

Roßhäut und Kalbfell auch alfo, 
Darnach würf ich fie in das Loh, 
Daß fie ihr Ruh ein Zeit erlangen. 
Darnach henk ichs auf an die Stangen, 
Wifch ab fauber mit dem Haarwifch 

. Und habs feil auf dem Ledertifch. 


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SEPTEMBER 


Freitag Agidius Agidius 
Sonnabend Rahel, Lea Stephan 


Sonntag 12.п. Tr. Mans. 13. Schutzengelf. 
Montag Mofes Rofalie 


Dienstag Nathanael Viktorin 
Mittwoch Magnus Magnus 
Donnerstag Regina Regina 
Freitag Mariä Geburt Mariä Geburt 


Sonnabend Bruno Gorgonius 


Sonntag 13. n. Tr. Softh. 14.n. Pf. Nik. 


Montag Gerhard Protus 
Dienstag Ottilie Guido 
Mittwoch Chriftlieb Maternus 
Donnerstag Kreuz. Erhöh. Kreuz. Erhöh. 
Freitag Nikomedes Nikomedes 


Sonnabend Euphemia Korn. u. Cypr. 


Sonntag 
Montag 


14. n. Tr. Lamb. 
Titus 


15. n. Pf. Lamb. 
Thom. v. Vill. 


Dienstag Januarius Januarius 
Mittwoch Quat., Frieder. Quat., Euftach. 
Donnerstag Mattháus Ev. Mattháus Ev. 
Freitag Moritz Moritz 
Sonnabend Joel Thekla 


Sonntag 15. n. Tr. Joh. E. | 16. n. Pf. Joh. E. 
Montag Kleophas Kleophas 
Dienstag Cyprianus Cyprianus 
Mittwoch Kosm. ü. Dam. Kosm. u. Dam. 
Donnerstag Wenzeslaus Wenzeslaus 
Freitag Michael Michael 
Sonnabend Hieronymus Hieronymus 


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Maler und Briefmaler darbei 

Und ander Handwerk zu Malrei; 

Auch mag тап das Gold mahln und reiben, 
Mit Guni gulden Schrift zu fchreiben; 
Dergleich mag man das Gold auch fpinnen, 


Würken und vernähen mit Sinnen. 


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OKTOBER 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 


16.п. Ir. Rem. 
Vollrad 

Ewald 

Franz 

Fides 

Charitas 

Spes 


17. n. Тг. Ephr. 
Dionyfius 
Amalia 
Burchard 
Ehrenfried 
Koloman 
Wilhelmine 


18. n. Tr. Hedw. 
Gallus 

Florentin 

Lukas Ev. 
Ptolemáus 
Wendelin 
Urfula 


19. n. Тг. Kord. 
Severinus 
Salome 
Adelheid 


: Amandus 


Sabina 
Simon, Juda 


20. n. Тг. Eng. 
Hartmann 


Wolfgang. Ref.-F. 


Rofenkranzfeft 
Leodegar 
Kandidus 
Franz 
Placidus 
Bruno 

Markus Р. 


18. n. Pf. Brig. 
Dionyfius 
Franz Borgia 
Burchard 
Maximilian 
Eduard 
Ealixtus 


19. n. Pf. Ther. 


Gallus 

Hedwig 

Lukas Ev. 
Petr. v. Alkant 
Wendelin 
Urfula 


20. n. Pf. Kord. 


Joh. v. Capiftr. 
Raphael 
Krifpin 
Evariftus 
Sabina 

Simon, Juda 


21. n. Pf. Narz. 
Serapion 
Wolfgang 


DER BUCHBINDER 


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CH bind mancherlei Bücher ein, 
Geiftlich und weltlich, groß und klein, 
In Perment oder Bretter pur, 
Und fchlag daran gute Glafur, 
Und ftämpf fie auch zu einer Zier, 
Und fie auch im Anfang planier. 
Etlich verguld ich auf dem Schnitt, 
Da verdien ich viel Geldes mit. 


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NOVEMBER ` 


Mittwoch Allerheiligen Allerheiligen 
Donnerstag Allerseelen Allerseelen 
Freitag Gottlieb Hubertus 


Sonnabend Charlotte K. Borromäus 


Sonntag 21.п. Tr. Erich 22.n. Pf. Em. 


Montag Leonhard Leonhard 
Dienstag Erdmann Engelbert 
Mittwoch Klaudius Vier gekr. Märt. 
Donnerstag Theodorus Theodorus 
Freitag Martin Luther Andr. Avellin 
Sonnabend Martin Bifchof Martin Bifchof 


Sonntag 22.n. Tr. Kunib. | 23. n. Pf. M. P. 
Montag Eugen Stanislaus K. 
Dienstag Levinus Jukundus 
Mittwoch Leopold Leopold 
Donnerstag Ottomar Edmund 
Freitag Hugo Gerg. Thaumat. 


Sonnabend Gelasius Otto, Eugen 


Sonntag 23. n. Tr. Elif. 24. n. Pf. Elif. 
Montag Amos Felix v. Valois 
Dienstag Mariä Opfer Mariä Opfer 
Mittwoch Buß- u. Bettag Cäcilia 

jz Donnerstag Klemens Klemens 

Ue Freitag Chrysogonus Chryfogonus 


Sonnabend Katharina Katharina 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 


24. n. Tr. Totenf. 
Lot 
Günter 
Noah 
Andreas 


25. n. Pf. Konr. 
Virgilius 
Softhenes 
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CH aber bin ein Handelsmann, 
Hab mancherlei War bei mir ftohn: 
Würz, Arlas, Tuch, Wollen und Flachs 

Sammut, Seiden, Honig und Wachs 
Und ander War, hie ungenannt. 

Die führ ich ein und aus dem Land 
Mit großer Sorg und Fährlichkeit; 
Wann mich auch oft das Unglück reit. 


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FRISCH АСЕ / VON EICHENDORFF 


CH faß am Schreibtifch bleich und krumm, 
Es war mir in meinem Kopf ganz dumm 
Vor Dichten, wie ich alle die Sachen 
Sollte aufs allerbefte machen. 
Da guckt am Fenfter im Morgenlicht 
Durchs Weinlaub ein wunderfchönes Geficht, 
Guckt und lacht, kommt ganz herein 
Und kramt mir unter den Blättern mein. 
Ich, ganz verwundert: „Ich follt dich kennen. ..* — 
Sie aber, ftatt ihren Namen zu nennen: 
„Pfui, in dem Schlafrock fiehft ja aus 
Wie ein verfallenes Schilderhaus! 
Willft du denn hier in der Tinte fitzen, 
Schau, wie die Felder da draußen blitzen!“ 
So drängt fie mich fort unter Lachen und Streit, 
Mir tats um die fchöne Zeit nur leid. 
Drunten aber unter den Bäumen 
Stand ein Roß mit funkelnden Zäumen. 
Sie fchwang fich luftig mit mir hinauf, 
Die Sonne draußen ging eben auf, 
Und eh ich mich konnte bedenken und faflen, 
Ritten wir raich durch die (Шел Gaffen, 
Und als wir kamen vor die Stadt, 
Das Roß auf einmal zwei Flügel hatt. 
Mir fchauerte es recht durch alle Glieder: 
„Mein Gott, ifts denn fchon Frühling wieder?“ — 
Sie aber wies mir, wie wir fo zogen, 
Die Länder, die unten vorüberflogen, 


31 


Und hoch über dem allerfchénften Wald 
Machte fie lächelnd auf einmal halt. 

Da fah ich erfchrocken zwifchen den Bäumen 
Meine Heimat unten, wie in Träumen, 

Das Schloß, den Garten und die (Ше Luft, 
Die blauen Berge dahinter im Duft, 

Und alle die fchöne alte Zeit 

In der wunderfamen Einfamkeit. 

Und als ich mich wandte, war ich allein, 
Das Roß nur wiehert’ in den Morgen hinein, 
Mir aber wars, als wär ich wieder jung, 

Und wußte der Lieder noch genung! 


LUCIDOR, FIGUREN ZU EINER UNGESCHRIE- 
BENEN KOMÖDIE / VON HUGO VON HOF- 
MANNSTHAL 


RAU von Murska bewohnte zu Ende der fiebziger Jahre 

in einem Hotel der inneren Stadt ein kleines Apparte- 
ment. Sie führte einen nicht fehr bekannten, aber auch 
nicht ganz obfkuren Adelsnamen; aus ihren Angaben war 
zu entnehmen, daß ein Familiengut im ruffifchen Teile 
Polens, das von Rechts wegen ihr und ihren Kindern ge- 
hörte, im Augenblick fequeftriert oder fonft den recht- 
mäßigen Befitzern vorenthalten war. Ihre Lage fchien 
geniert, aber wirklich nur für den Augenblick. Mit einer 
erwachfenen Tochter Arabella, einem halb erwachfenen 
Sohn Lucidor und einer alten Kammerfrau bewohnten fie 
drei Schlafzimmer und einen Salon, deffen Fenfter nach der 
Kärtnerftraße gingen. Hier hatte fie einige Familienporträts, 


32 


Kupfer und Miniaturen, an den Wanden befeftigt, auf 
eimem Gueridon ein бейсі alten Samts mit einem ре- 
{tickten Wappen ausgebreitet und darauf ein paar filberne 
Каппеп und Körbchen, gute franzöfifche Arbeit des acht- 
zehnten Jahrhunderts, aufgeftellt, und hier empfing fie. Sie 
hatte Briefe abgegeben, Befuche gemacht, und da fie eine 
unwahrfcheinliche Menge von ,,Attachen“ nach allen Rich- 
tungen hatte, fo entftand ziemlich rafch eine Art von Salon. 
Es war einer jener etwas vagen Salons, die je nach der 
Strenge des Beurteilenden „möglich“ oder „unmöglich“ ge- 
funden werden. Immerhin, Frau von Murska war alles, 
nur nicht vulgär und nicht langweilig, und die Tochter 
von einer noch viel ausgeprägteren Diftinktion in Wefen 
: und Haltung und außerordentlich fchén. Wenn man 
` zwifchen vier und fechs hinkam, war man ficher, die Mutter 
zu finden, und faft nie ohne Gefellfchaft; die T'ochter (аһ 
man nicht immer, und den dreizehn- oder vierzehnjährigen 

- Lucidor kannten nur die Intimen. 
Frau von Murska war eine wirklich gebildete Frau, und 
- ihre Bildung hatte nichts Banales. In der Wiener großen 
` Welt, zu der fie fich vaguement rechnete, ohne mit ihr in 
- andere als eine fehr peripherifche Berührung zu kommen, 
: hätte fie als ,,Blauftrumpf* einen fchweren Stand gehabt. 
: Aber in ihrem Kopf war ein folches Durcheinander von 
— Erlebniffen, Kombinationen, Ahnungen, Irrtümern, En- 
^ thufiasmen, Erfahrungen, Apprehenfionen, daß es nicht 
* der Mühe wert war, fich bei dem aufzuhalten, was fie aus 
^ Büchern hatte. Ihr Gefpräch galoppierte von einem Gegen- 
` бала zum andern und fand die unwahrfcheinlichften Über- 
* gänge; ihre Ruhelofigkeit konnte Mitleid erregen — wenn 


33 


man Пе reden hörte, wußte man, ohne daß fie es zu er- 
wähnen brauchte, daß fie bis zum Wahnfinn an Schlaf- 
lofigkeit litt und fich in Sorgen, Kombinationen und fehl- 
geíchlagenen Hoffnungen verzehrte — aber es war durchaus 
amüfant und wirklich merkwürdig, ihr zuzuhóren, und ohne 
daß fie indiskret fein wollte, war fie es gelegentlich in der 
fürchterlichften Weife. Kurz, fie war eine Nárrin, aber von 
der angenehmeren Sorte. Sie war eine feelengute und im 
Grund eine fcharmante und gar nicht gewóhnliche Frau. 
Aber ihr fchwieriges Leben, dem fie nicht gewachfen war, 
hatte fie in einer Weife in Verwirrung gebracht, 4а fie in 
ihrem zweiundvierzigften Jahre bereits eine phantaftifche 
Figur geworden war. Die meiften ihrer Urteile, ihrer Be- 
griffe waren eigenartig und von einer großen feelifchen 
Feinheit; aber fie hatten fo ziemlich immer den falfcheften 
Bezug und paßten durchaus nicht auf den Menfchen oder 
auf das Verhältnis, worauf es gerade ankam. Je näher ein 
Menfch ihr ftand, defto weniger überfah fie ihn; und es 
wäre gegen alle Ordnung gewefen, wenn fie nicht von 
ihren beiden Kindern das verkehrtefte Bild in fich getragen 
und blindlings danach gehandelt hatte. Arabella war in 
ihren Augen ein Engel, Lucidor ein hartes, kleines Ding 
ohne viel Herz. Arabella war taufendmal zu gut für diefe 
Welt, und Lucidor paßte ganz vorzüglich in diefe Welt 
hinein. In Wirklichkeit war Arabella das Ebenbild ihres 
verftorbenen Vaters: eines ftolzen, unzufriedenen und un- 
geduldigen, fehr fchónen Meníchen, der leicht verachtete, 
aber feine Verachtung in einer ausgezeichneten Form ver- 
hüllte, von Männern refpektiert oder beneidet und von 
vielen Frauen geliebt wurde und eines trockenen Gemütes 


34 


war. Der kleine Lucidor dagegen hatte nichts als Herz. 
Aber ich will lieber gleich an diefer Stelle fagen, daß Lu- 
cidor kein junger Herr, fondern ein Madchen war und 
Lucile hieß. Der Einfall, Ше jüngere Tochter für die 
Zeit des Wiener Aufenthaltes als ,,travefti auftreten zu 
laffen, war, wie alle Einfälle der Frau von Murska, blitz- 
artig gekommen und hatte doch zugleich die komplizier- 
teften Hintergründe und Verkettungen. Hier war vor 
allem der Gedanke im Spiel, einen ganz merkwürdigen 
Schachzug gegen einen alten, myfteriöfen, aber glück- 
. licherweife wirklich vorhandenen Onkel zu führen, der in 
Wien lebte und um deffentwillen — alle diefe Hoffnungen 
und Kombinationen waren äußerft vage — fie vielleicht im 
Grunde gerade diefe Stadt zum Aufenthalt gewählt hatte. 
Zugleich hatte aber die Verkleidung auch noch andere, 
ganz reale, ganz im Vordergrund liegende Vorteile. Es 
lebte fich leichter mit einer Tochter als mit zweien von 
. Richt ganz gleichem Alter; denn die Madchen waren 
. immerhin faít vier Jahre auseinander; man kam (о mit 
. einem kleineren Aufwand durch. Dann war es eine noch 
beffere, noch richtigere Pofition für Arabella, die einzige 
Tochter zu fein als die ältere; und der recht hübfche kleine 
» Bruder“, eine Art von Groom, gab dem fchónen Wefen 
noch ein Relief. 

Ein paar zufällige Umftände kamen zuftatten: die Ein- 
fille der Frau von Murska fufiten nie ganz im Unrealen, 
he verknüpften nur in fonderbarer Weife das Wirkliche, 
Gegebene mit dem, was ihrer Phantafie möglich oder ег- 
reichbar fchien. Man hatte Lucile vor fünf Jahren — fie 
machte damals, als elfjáhriges Kind, den Typhus durch — 


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thre fchönen Haare kurz fchneiden теп. Ferner war es 


Luciles Vorliebe, im Herrenfitz zu reiten; es war eine Ge- | 


wohnheit von der Zeit her, wo fie mit den kleinruffifchen 
Bauernbuben die Gutspferde ungefattelt in Фе Schwemme 
geritten hatte. Lucile nahm die Verkleidung hin, wie fie 
manches andere hingenommen hätte. Ihr Gemüt war ge- 
duldig, und auch das Abfurdefte wird ganz leicht zur Ge- 
wohnheit. Zudem, da fie qualvoll fchüchtern war, ent- 
zückte fie der Gedanke, niemals im Salon auftauchen und 
das heranwachfende Mädchen fpielen zu müffen. Die alte 
Kammerfrau war als einzige im Geheimnis; den fremden 
Menfchen fiel nichts auf. Niemand findet leicht als erfter 
etwas Auffälliges: denn es ift den Menfchen im allge- 
meinen nicht gegeben, zu fehen, was ift. Auch hatte Lu- 
cile wirklich knabenhaft fchmale Hüften und auch fonft 
nichts, was zu fehr das Mädchen verraten hätte. In der 
Tat blieb die Sache unenthüllt, ja unverdächtigt, und als 
jene Wendung kam, die aus dem kleinen Lucidor eine 
Braut oder fogar noch etwas Weiblicheres machte, war 
alle Welt fehr erftaunt. 

Natürlich blieb eine fo fchöne indi in jedem Sinne gut 
ausfehende junge Perfon wie Arabella nicht lange ohne 
einige mehr oder weniger erklarte Verehrer. Unter diefen 
war Wladimir weitaus der bedeutendíte. Er fah vorzüg- 
lich aus, hatte ganz befonders fchóne Hände. Er war mehr 
als wohlhabend und vóllig unabhangig, ohne Eltern, ohne 
Gefchwifter. Sein Vater war ein bürgerlicher öfterreichifcher 
Offizier gewefen, feine Mutter eine Gräfin aus einer fehr 
bekannten baltifchen Familie. Er war unter allen, die fich 
mit Arabella befchäftigten, die einzige wirkliche „Partie“. 


36 


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- Dazu kam dann noch ein ganz befonderer Umftand, der 
. Frau von Murska wirklich bezauberte. Gerade er war durch 
- irgend welche Familienbeziehungen mit dem fo fchwer zu 
behandelnden, fo unzugänglichen und fo äußerft wichtigen 
. Onkel liiert, jenem Onkel, um deffentwillen man eigent- 
lich in Wien lebte und um deffentwillen Lucile Lucidor 
geworden war. Diefer Onkel, der ein ganzes Stockwerk 
- des Buquoyfchen Palais in der Wallnerftraße bewohnte und 
. früher ein fehr vielbefprochener Herr gewefen war, hatte Frau 
von Murska fehr fchlecht aufgenommen. Obwohl fie doch 
. wirklich die Witwe feines Neffen (genauer: feines Vaters- 
_ Bruders-Enkels) war, hatte fie ihn doch erft bei ihrem 
. dritten Befuch zu fehen bekommen und war darauf niemals 
. auch nur zum Frühftück oder zu einer Taffe Tee einge- 
. laden worden. Dagegen hatte er, ziemlich de mauvaise 
. gráce, geftattet, daß man ihm Lucidor einmal fchicke. Es 
. war die Eigenart des intereffanten alten Herrn, daß er 
. Frauen nicht leiden konnte, weder alte noch junge. Da- 
gegen beftand die unfichere Hoffnung, daß er fich für einen 
Jungen Herrn, der immerhin fein Blutsverwandter war, 
wenn er auch nicht denfelben Namen führte, irgendein- 
mal in ausgiebiger Weife intereffieren könnte. Und felbft 
diefe ganz unfichere Hoffnung war in einer höchft pre- 
karen Lage unendlich viel wert. Nun war Lucidor tatfach- 
lich einmal auf Befehl der Mutter allein hingefahren, aber 
nicht angenommen worden, worüber Lucidor fehr glücklich 
war, die Mutter aber aus der Faffung kam, befonders als 
dann auch weiterhin nichts erfolgte und der koftbare Faden 
abgeriffen fchien. Diefen wieder anzuknüpfen, war nun 
Wladimir durch feine doppelte Beziehung wirklich der 


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providentielle Mann. Um die Sache richtig іп Gang zu 
bringen, wurde in unauffalliger Weife Lucidor manchmal 
zugezogen, wenn Wladimir Mutter und Tochter befuchte, 
und der Zufall fügte es ausgezeichnet, daß Wladimir an 
dem Burfchen Gefallen fand und ihn fchon bei der erften 
Begegnung aufforderte, hie und da mit ihm auszureiten, was 
nach einem rafchen, zwifchen Arabella und der Mutter 
gewechfelten Blick dankend angenommen wurde. Whadi- 
mirs Sympathie für den jüngeren Bruder einer Perfon, in 
die er recht fehr verliebt war, war nur felbftverftändlich; 
auch gibt es kaum etwas Angenehmeres als den Blick un- 
verhohlener Bewunderung aus den Augen eines netten vier- 
zehnjährigen Burfchen. 

Frau von Murska war mehr und mehr auf den Knien vor 
Wladimir. Arabella machte das ungeduldig wie die mei- 
ften Haltungen ihrer Mutter, und faft unwillkürlich, ob- 
wohl fie Wladimir gern fah, fing fie an, mit einem feiner 
Rivalen zu kokettieren, dem Herrn von Imfanger, einem 
netten und ganz eleganten Tiroler, halb Bauer, halb Gen- 
tilhomme, der als Partie aber nicht einmal in Frage kam. 
Als die Mutter einmal fchüchterne Vorwürfe wagte, daß 
Arabella gegen Wladimir fich nicht fo betrage, wie er ein 
Recht hätte, es zu erwarten, gab Arabella eine abweifende 
Antwort, worin viel mehr Geringfchätzung und Kälte gegen 
Wladimir pointiert war, als fie tatfächlich fühlte. Lucidor- 
Lucile war zufällig zugegen. Das Blut fchoß ihr zum Her- 
zen und verließ wieder jäh das Herz. Ein fchneidendes 
Gefühl durchzuckte fie: fie fühlte Angft, Zorn und Schmerz 
in einem. Uber die Schwefter erftaunte fie dumpf. Ara- 
bella war ihr immer fremd. In diefem Augenblick erfchien 


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fie ihr faft graufig, und fie hätte nicht fagen können, ob fie 
fie bewunderte oder һа В е. Dann löfte fich alles in ein 
fchrankenlofes Leid. Sie ging hinaus und fperrte fich in 
ihr Zimmer. Wenn man ihr gefagt hätte, daß fie einfach 
W ladimir liebte, hätte fie es vielleicht nicht verftanden. 
Sie handelte, wie fie mußte, automatifch, indeffen ihr Trä- 
nen herunterliefen, deren wahren Sinn fie nicht verftand. 
Sie fetzte fich hin und fchrieb einen glühenden Liebesbrief 
an Wladimir. Aber nicht für fich, für Arabella. Daß ihre 
Handfchrift der Arabellas zum Verwechfeln ähnlich war, 
hatte fie oft verdroffen. Gewaltfam hatte fie fich eine an- 
dere, recht häßliche Handfchrift angewöhnt. Aber fie 
konnte fich der früheren, die ihrer Hand eigentlich gemäß 
war, jederzeit bedienen. Ja, im Grunde fiel es ihr leichter, 
fo zu fchreiben. Der Brief war, wie er nur denen gelingt, 
die an nichts denken und eigentlich außer fich find. Er 
desavouierte Arabellas ganze Natur: aber das war ja, was 
er wollte, was er follte. Er war fehr unwahrfcheinlich, 
aber ebendadurch wieder in gewiffer Weife wahrfcheinlich 
als der Ausdruck eines gewaltfamen inneren Umfturzes. 
Wenn Arabella tief und hingebend zu lieben vermocht 
hatte und fich deffen in einem jahen Durchbruch mit einem 
Schlage bewußt worden wäre, fo hätte fie fich allenfalls fo 
ausdrücken und mit diefer Kühnheit und glühenden Ver- 
achtung von fich felber, von der Arabella, die jedermann 
kannte, reden kónnen. Der Brief war fonderbar, aber immer- 
hin auch für einen kalten, gleichgültigen Lefer nicht ganz 
unmóglich als ein Brief eines verborgen leidenfchaftlichen, 
fchwer berechenbaren Mädchens. Für den, der verliebt ift, 
ift zudem die Frau, die er liebt, immer ein unberechenbares 


39 


Wefen. Und fchließlich war es der Brief, den zu empfan- 
gen ein Mann in feiner Lage im ftillen immer wünfchen 
und für möglich halten kann. Ich nehme hier vorweg, daß 
der Brief auch wirklich in Wladimirs Hände gelangte: 
dies erfolgte in der Гас fchon am nächften Nachmittag, 
auf der Treppe, unter leifem Nachfchleichen, vorfichtigem 
Anrufen, Flüftern von Lucidor als dem aufgeregten, un- 
gefchickten, vermeintlichen poftillon d’amour feiner fchö- 
nen Schwefter. Ein Poftfkriptum war natürlich beigefügt: 
es enthielt die dringende, ja flehende Bitte, fich nicht zu 
erzürnen, wenn fich zunächft in Arabellas Betragen weder 
gegen den Geliebten noch gegen andere auch nur die 
leifefte Veränderung würde wahrnehmen laffen. Auch er 
werde hoch und teuer gebeten, fich durch kein Wort, nicht 
einmal durch einen Blick, merken zu laffen, daß er fich 
zärtlich geliebt wiffe. 

Es vergehen ein paar T'age, in denen Wladimir mit Ara- 
bella nur kurze Begegnungen hat, und niemals unter vier 
Augen. Er begegnet ihr, wie fie es verlangt hat; fie be- 
gegnet ihm, wie fie es vorausgefagt hat. Er fühlt fich glück- 
lich und unglücklich. Er weiß jetzt егі, wie gern er fie 
hat. Die Situation ift danach, ihn grenzenlos ungeduldig 
zu machen. Lucidor, mit dem er jetzt taglich reitet, in 
deffen Gefellfchaft faft noch allein ihm wohl ift, merkt 
mit Entzücken und mit Schrecken die Veránderung im 
Wefen des Freundes, die wachfende heftige Ungeduld. Es 
folgt ein neuer Brief, faft noch zärtlicher als der erfte, eine 
neue rührende Bitte, das vielfach bedrohte Glück der fchwe- 
benden Lage nicht zu ftóren, fich diefe Geftandniffe ge- 
nügen zu laffen und hóchftens fchriftlich, durch Lucidors 


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- - ——— DS SE 


Hand, zu erwidern. Jeden zweiten, dritten Tag geht jetzt 
ein Brief hin oder her. Wladimir hat glückliche Tage und 
Lucidor auch. Der Ton zwifchen den beiden ift verändert, 
fie haben ein unerfchöpfliches Gefprächsthema. Wenn fie 
in irgendeinem Gehölz des Praters vom Pferd geítiegen 
find und Lucidor feinen neueften Brief übergeben hat, be- 
obachtet er mit angftvoller Luft die Züge des Lefenden. 
Manchmal ftellt er Fragen, die faft indiskret find; aber die 
Erregung des Knaben, der in diefe Liebesfache verftrickt 
ift, und feine Klugheit, ein Etwas, daß ihn täglich hübfcher 
und zarter ausfehen macht, amüfiert Wladimir, und er muß 
fich eingeftehen, daß es ihm, der fonft verfchloffen und 
hochmitig ift, hart ankäme, nicht mit Lucidor über Ara- 
bella zu fprechen. Lucidor pofiert manchmal auch den 
Mädchenfeind, den kleinen, altklugen und in kindifcher 
Weife zynifchen Burfchen. Was er da vorbringt, ift durch- 
aus nicht banal; denn er weiß einiges von dem darunter 
zu mifchen, was die Ärzte „introfpektive Wahrheiten“ 
nennen. Aber Wladimir, dem es nicht an Selbitgefühl 
mangelt, weiß ihn zu belehren, daß die Liebe, die er ein- 
flöße und die er einem folchen Wefen wie Arabella ein- 
flöße, von ganz eigenartiger, mit nichts zu vergleichender 
Befchaffenheit fei. Lucidor findet Wladimir in folchen 
Augenblicken um fo bewundernswerter und fich felbft klein 
und erbärmlich. Sie kommen aufs Heiraten, und diefes 
Thema ift Lucidor eine Qual, denn dann befchäftigt fich. 
Wladimir faft ausfchließlich mit der Arabella des Lebens 
anftatt mit der Arabella der Briefe. Auch fürchtet Luci- 
dor wie den Tod jede Entfcheidung, jede einfchneidende 
Veränderung. Sein einziger Gedanke ift, die Situation fo 


41 


hinzuziehen. Es ift nicht zu fagen, was das arme Gefchöpf 
aufbietet, um die äußerlich und innerlich fo prekäre Lage 
durch Tage, durch Wochen — weiter zu denken, fehlt ihm 
die Kraft — in einem notdürftigen Gleichgewicht zu er- 
halten. Da ihm nun einmal die Miffion zugefallen ift, bei 
dem Onkel etwas für die Familie auszurichten, fo tut er 
fein mögliches. Manchmal geht Wladimir mit; der Onkel 
ift ein fonderbarer alter Herr, den es offenbar amüfiert, 
fich vor jüngeren Leuten keinen Zwang anzutun, und feine 
Konverfation ift derart, daß eine folche Stunde für Luci- 
dor eine wahrhaft qualvolle kleine Prüfung bedeutet. Da- 
bei fcheint dem Alten kein Gedanke ferner zu liegen als 
der, irgend etwas für feine Anverwandten zu tun. Lucidor 
kann nicht lügen und móchte um alles feine Mutter be- 
fchwichtigen. Die Mutter, je tiefer ihre Hoffnungen, die fie 
auf den Onkel gefetzt hatte, finken, fieht mit um fo grö- 
Serer Ungeduld, daf? fich zwifchen Arabella und Wladimir 
nichts der Entfcheidung zu nähern fcheint. Die unglück- 
feligen Perfonen, von denen fie im Geldpunkt abhangig 
ift, fangen an, ihr die eine wie die andere diefer glanzenden 
Ausfichten als non- valeur in Rechnung zu ftellen. Ihre 
Angft, ihre mühfam verhohlene Ungeduld teilt fich allen mit, 
am meiften dem armen Lucidor, in deffen Kopf fo unver- 
trägliche Dinge durcheinander hingehen. Aber er foll in der 
feltfamen Schule des Lebens, in die er fich nun einmal begeben 
hat, einige noch fubtilere und fchärfere Lektionen empfangen. 

Das Wort von einer Doppelnatur Arabellas war niemals 
ausdrücklich gefallen. Aber der Begriff ergab fich von felbft: 
die Arabella des Tages war ablehnend, kokett, präzis, felbft- 
ficher, weltlich und trocken faft bis zum Ехге0, die Arabella 


42 


der Nacht, die bei einer Kerze an den Geliebten fchrieb, war 
hingebend, fehnfüchtig faft ohne Grenzen. Zufällig oder 
gemäß dem Schickfal entfprach dies einer ganz geheimen 
Spaltung auch in Wladimirs Wefen. Auch er hatte, wie 
jedes befeelte Wefen, mehr oder minder feine Tag- und 
Nachtfeite. Einem etwas trockenen Hochmut, einem Ehr- 
geiz ohne Niedrigkeit und Streberei, der aber hochgefpannt 
und ftändig war, ftanden andere Regungen gegenüber, oder 
eigentlich ftanden nicht gegenüber, fondern duckten fich 
ins Dunkel, fuchten fich zu verbergen, waren immer be- 
reit, unter die dimmernde Schwelle ins Kaumbewufite hinab- 
zutauchen. Eine phantafievolle Sinnlichkeit, die fich etwa 
auch in ein Tier hineintráumen konnte, in einen Hund, 
in einen Schwan, hatte zu Zeiten feine Seele faít ganz in 
Befitz gehabt. Diefer Zeiten des Überganges vom Knaben 
zum Jüngling erinnerte er fich nicht gerne. Aber irgend 
etwas davon war immer in ihm, und diefe verlaffene, auch 
von keinem Gedanken überflogene, mit Willen veródete 
Nachtíeite feines Wefens beftrich nun ein dunkles, ge- 
heimnisvolles Licht: die Liebe der unfichtbaren, anderen 
Arabella. Wäre die Arabella des Tages zufällig feine Frau 
gewefen oder feine Geliebte geworden, er wäre mit ihr 
immer ziemlich terre à terre geblieben und hätte fich felbft 
nie konzediert, den Phantasmen einer mit Willen unter- 
drückten Kinderzeit irgend welchen Raum in feiner Exiftenz 
zu gónnen. Ап die im Dunklen Lebende dachte er in 
anderer Weife und fchrieb ihr in anderer Weife. Was hatte 
Lucidor tun follen, als der Freund begehrte, nur irgend- 
ein Mehr, ein lebendigeres Zeichen zu empfangen als diefe 
Zeilen auf weißem Papier? Lucidor war allein mit feiner 


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Bangigkeit, feiner Verworrenheit, feiner Liebe. Die Ara- 
bella des Tages half ihm nicht. Ja, es war, als fpielte fie, 
von einem Dämon angetrieben, gerade gegen ihn. Je kälter, 
fprunghafter, weltlicher, koketter fie war, defto mehr er- 
hoffte und erbat Wladimir von der anderen. Er bat fo gut, 
daß Lucidor zu verfagen nicht den Mut fand. Hätte er ihn 
gefunden, es hätte feiner zärtlichen Feder an der Wendung 
gefehlt, die Abfage auszudrücken. Es kam eine Nacht, in 
der Wladimir denken durfte, von Arabella in Lucidors 
Zimmer empfangen, und wie empfangen worden zu fein. 
Es war Lucidor irgendwie gelungen, das Fenfter nach deı 
Kärntnerftraße fo völlig zu verdunkeln, daß man nicht die 
Hand vor den Augen fah. Daß man die Stimmen zum 
unhörbarften Flüftern abdämpfen mußte, war klar: nur 
eine einfache Tür trennte von der Kammerfrau. Wo 
Lucidor die Nacht verbrachte, blieb ungefagt: doch war 
er offenbar nicht im Geheimnis, fondern man hatte gegen 
ihn einen Vorwand gebraucht. Seltfam war, daß Arabella 
ihr fchönes Haar in ein dichtes T'uch feft eingewunden trug 
und der Hand des Freundes fanft, aber beftimmt verfagte, 
das Tuch zu löfen. Aber dies war faft das einzige, das fie 
verfagte. Es gingen mehrere Nächte hin, die diefer Nacht 
nicht glichen, aber es folgte wieder eine, die ihr glich, und 
Wladimir war fehr glücklich. Vielleicht waren dies die 
glücklichften Tage feines ganzen Lebens. Gegen Arabella, 
wenn er unter Tags mit ihr zufammen ift, gibt ihm die 
Sicherheit feines nächtlichen Glückes einen eigenen Ton. 
Er lernt eine befondere Luft darin finden, daß fie bei Тар 
fo unbegreiflich anders ift; ihre Kraft über fich felber, daß 
fie niemals auch nur in einem Blick, einer Bewegung fich 


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vergißt, hat etwas Bezauberndes. Er glaubt zu bemerken, 
daß fie von Woche zu Woche um fo kälter, gegen ihn ift, 
je zärtlicher fie fich in den Nächten gezeigt hat. Er will 


2 jedenfalls nicht weniger gefchickt, nicht weniger beherrfcht 


erfcheinen. Indem er diefem geheimnisvoll ftarken weib- 
lichen Willen fo unbedingt fich fügt, meint er, das Glück 
feiner Nächte einigermaßen zu verdienen. Er fängt an, 
gerade aus ihrem doppelten Wefen den ftärkften Genuß 
zu ziehen. Daß ihm die gehöre, die ihm fo gar nicht zu 
gehören fcheint; daß die gleiche, welche fich grenzenlos 
zu verfchenken verfteht, in einer folchen unberührten, un- 
berührbaren Gegenwart fich zu behaupten weiß, dies wirk- 
lich zu erleben, ift fchwindelnd, wie der wiederholte Trunk 
aus einem Zauberbecher. Er fieht ein, daß er dem Schickfal 
auf den Knien danken müffe, in einer fo einzigartigen, 
dem Geheimnis feiner Natur abgelaufchten Weife beglückt 
zu werden. Er fpricht es überítrómend aus, gegen fich felber, 
auch gegen Lucidor. Es gibt nichts, was den armen Lucidor 
im Innerften tódlicher erfchrecken kónnte. 

Arabella indeffen, die wirkliche, hat fich gerade in diefen 
Wochen von Wladimir fo entíchieden abgewandt, daß er 
es von Stunde zu Stunde bemerken müßte, hätte er nicht 
den feltfamften Antrieb, alles falfch zu deuten. Ohne daß 
er fich geradezu verrät, fpürt fie zwifchen fich und ihm 
ein Etwas, das früher nicht war. Sie hat fich immer mit 
ihm verftanden, fie verfteht fich auch noch mit ihm; ihre 
Tagfeiten find einander homogen; fie könnten eine gute 
Vernunftehe führen. Mit Herrn von Imfanger verfteht fie 
fich nicht, aber er gefällt ihr. Daß Wladimir ihr in diefem 
Sinne nicht gefällt, fpürt fie nun ftärker; jenes unerklärliche 


45 


Etwas, das von ihm zu ihr zu vibrieren fcheint, macht 
fie ungeduldig. Es ift nicht Werbung, auch nicht Schmei- 
chelei; fie kann fich nicht klar werden, was es ift, aber 
fie goutiert es nicht. Imfanger muß fehr wohl wiffen, 
daß er ihr gefällt. Wladimir glaubt feinerfeits noch ganz 
andere Beweife dafür zu haben. Zwifchen den beiden jun- 
gen Herren ergibt fich die fonderbarfte Situation. Jeder 
meint, daß der andere doch alle Urfache habe, verftimmt 
zu fein oder einfach das Feld zu räumen. Jeder findet die 
Haltung, die ungeftörte Laune des andern im Grunde ein- 
fach lächerlich. Keiner weiß, was er fich aus dem andern 
machen foll, und einer hält den andern für einen ausge- 
machten Geck und Narren. 

Die Mutter ift in der qualvollften Lage. Mehrere Aus- 
kunftsmittel verfagen. Befreundete Perfonen laffen fie im 
Stich. Ein unter der Maske der Freundfchaft angebotenes 
Darlehen wird rückfichtslos eingefordert. Die vehementen 
Entfchlüffe liegen Frau von Murska immer fehr nahe. Sie 
wird den Haushalt in Wien von einem Tag auf den an- 
dern auflöfen, fich bei der Bekanntfchaft brieflich verab- 
{chieden, irgendwo ein Afyl fuchen, und wäre es auf dem 
fequeftrierten Gut im Haus der Verwaltersfamilie. Ara- 
bella nimmt eine folche Entfchließung nicht angenehm 
auf, aber Verzweiflung liegt ihrer Natur ferne. Lucidor 
muß eine wahre, unbegrenzte Verzweiflung angítvoll in 
fich verfchließen. Es waren mehrere Nächte vergangen, 
ohne daß fie den Freund gerufen hätte. Sie wollte ihn 
diefe Nacht wieder rufen. Das Gefpräch abends zwifchen 
Arabella und der Mutter, der Entfchluß zur Abreife, die 
Unmöglichkeit, die Abreife zu verhindern: dies alles trifft 


46 


Пе wie ein Keulenfchlag. Und wollte fie zu einem ver- 
zweifelten Mittel greifen, alles hinter fich werfen, der 
Mutter alles geftehen, dem Freund vor allem offenbaren, 
wer die Arabella feiner Nächte gewefen ift, fo durchfährt 
fie eifig die Furcht vor feiner Enttäufchung, feinem Zorn. 
Sie kommt fich wie eine Verbrecherin vor, aber gegen ihn, 
an die anderen denkt fie nicht. Sie kann ihn diefe Nacht 
nicht fehen. Sie fühlt, daß fie vor Scham, vor Angft und 
Verwirrung vergehen würde. Statt ihn in den Armen zu 
halten, fchreibt fie an ihn, zum letztenmal. Es ift der de- 
mütigfte, rührendíte Brief, und nichts paßt weniger zu ihm 
als der Name Arabella, womit fie ihn unterfchreibt. Sie 
hat nie wirklich gehofft, feine Gattin zu werden. Auch 
kurze Jahre, ein Jahr als feine Geliebte mit ihm zu leben, 
wäre unendliches Glück. Aber auch das darf und kann 
nicht fein. Er foll nicht fragen, nicht in fie dringen, be- 
fchwört fie ihn. Soll morgen noch zu Befuch kommen, 
aber erft gegen Abend. Den übernächften Tag dann — 
find fie vielleicht fchon abgereift. Später einmal wird er 
vielleicht erfahren, begreifen, fie möchte hinzufügen: ver- 
zeihen, aber das Wort fcheint ıhr in Arabellas Mund zu 
unbegreiflich, fo fchreibt fie es nicht. Sie fchläft wenig, 
fteht früh auf, fchickt den Brief durch den Lohndiener des 
Hotels an Wladimir. Der Vormittag vergeht mit Packen. 
Nach Tifch, ohne etwas zu erwähnen, fährt fie zu dem 
Onkel. Nachts ift ihr der Gedanke gekommen. Sie würde 
die Worte, die Argumente finden, den fonderbaren Mann 
zu erweichen. Das Wunder würde gefchehen und diefer 
feftverfchnürte Geldbeutel fich öffnen. Sie denkt nicht 
an die Realitát diefer Dinge, nur an die Mutter, an die 


47 


Situation, an ihre Liebe. Mit dem Geld oder dem Brief in 
der Hand würde fie der Mutter zu Füßen fallen und als ein- 
zige Belohnung erbitten — was? — ihr übermüdeter, ge- 
quälter Kopf verfagt beinahe — ja! nur das Selbftverftänd- 
liche: daß man in Wien bliebe, daß alles bliebe, wie es ift. 
Sie findet den Onkel zu Haufe. Die Details diefer Szene, 
die recht fonderbar verläuft, follen hier nicht erzählt wer- 
den. Nur dies: fie erweicht ihn tatfächlich — er ift nahe 
daran, das Entfcheidende zu tun, aber eine greifenhafte 
Grille wirft den Entfchluß wieder um: er wird fpäter 
etwas tun, wann, das beftimmt er nicht, und damit bafta. 
Sie fährt nach Haufe, fchleicht die Treppe hinauf, und in 
ihrem Zimmer, zwifchen Schachteln und Koffern, auf dem 
Boden hockend, gibt fie fich ganz der Verzweiflung hin. 
Da glaubt fie, im Salon Wladimirs Stimme zu hören. Auf 
den Zehen fchleicht fie hin und horcht. Es ift wirklich 
Wladimir — mit Arabella, die mit ziemlich erhobenen 
Stimmen im fonderbarften Dialog begriffen find. 
Wladimir hat am Vormittag Arabellas geheimnisvollen 
Abfchiedsbrief empfangen. Nie hat etwas fein Herz fo 
getroffen. Er fühlt, daß zwifchen ihm und ihr etwas 
Dunkles ftehe, aber nicht zwifchen Herz und Herz. Er 
fühlt die Liebe und die Kraft ın fich, es zu erfahren, zu 
begreifen, zu verzeihen, fei es, was es fei. Er hat die un- 
vergleichliche Geliebte feiner Nächte zu lieb, um ohne fie 
zu leben. Seltfamerweife denkt er gar nicht an die wirk- 
liche Arabella, faft kommt es ihm fonderbar vor, daß fie 
es fein wird, der er gegenüberzutreten hat, um fie zu be- 
Íchwichtigen, aufzurichten, fie ganz und für immer zu ge- 
winnen. Er kommt hin, findet im Salon die Mutter allein. 


48 


Sodoma: Porträt Rafaels. 


Sie ift aufgeregt, wirr und phantaftifch wie nur je. Er ift 
anders, als fie ihn je gelehen hat. Er küßt ihr die Hände, 
er fpricht, alles in einer gerührten befangenen Weife. Er 
bittet fie, ihm ein Gefpräch unter vier Augen mit Arabella 
zu geftatten. Frau von Murska ift entzückt und ohne Über- 
gang in allen Himmeln. Das Unwahrfcheinliche ift ihr 
Element. Sie eilt, Arabella zu holen, dringt in fie, dem 
edlen jungen Mann nun, wo alles fich fo herrlich ge- 
wendet, ihr Ja nicht zu verfagen. Arabella ift maßlos er- 
ftaunt. „Ich ftehe durchaus nicht fo mit ihm“, fagt fie 
kühl. „Man ahnt nie, wie man mit Männern fteht*, ent- 
gegnet ihr die Mutter und fchickt fie in den Salon. Wla- 
dimir ift verlegen, ergriffen und glühend. Arabella findet 
mehr und mehr, daß Herr von Imfanger recht habe, Wla- 
dimir einen fonderbaren Herrn zu finden. Wladimir, durch 
ihre Kühle aus der Faffung, bittet fie, nun endlich die 
Maske fallen zu laffen. Arabella weiß durchaus nicht, 
was fie fallen laffen foll. Wladimir wird zugleich zärt- 
lich und zornig, eine Mifchung, die Arabella fo wenig 
goutiert, daß fie fchließlich aus dem Zimmer läuft und ihn 
allein ftehen läßt. Wladimir in feiner maßlofen Verblüf- 
fung ift um fo näher daran, fie für verrückt zu halten, als 
he ihm foeben angedeutet hat, fie halte ihn dafür und fei 
mit einem Dritten über diefen Punkt ganz einer Meinung. 
Wladimir würde in diefem Augenblick einen fehr ratlofen 
Monolog halten, wenn nicht die andere Tür aufginge und 
die fonderbarfte Erfcheinung auf ihn zuftürzte, ihn um- 
Ichlänge, an ihm herunter zu Boden glitte. Es ift Lucidor, 
aber wieder nicht Lucidor, fondern Lucile, ein liebliches 
und in Tranen gebadetes Madchen, in einem Morgenanzug 


49 


Arabellas, das bubenhaft kurze Haar unter einem dichten 
Seidentuch verborgen. Es ift fein Freund und Vertrau- 
ter, und zugleich feine geheimnisvolle Freundin, feine 
Geliebte, feine Frau. Einen Dialog, wie der fich nun 
entwickelnde, kann das Leben hervorbringen und die Ko- 
тӛфе nachzuahmen verfuchen, aber niemals die Erzäh- 
lung. 

Ob Lucidor nachher wirklich Wladimirs Frau wurde 
oder bei Tag und in einem anderen Land das blieb, was 
fie in dunkler Nacht fchon gewefen war, feine glückliche 
Geliebte, fei gleichfalls hier nicht aufgezeichnet. 

Es könnte bezweifelt werden, ob Wladimir ein genug 
wertvoller Menfch war, um fo viel Hingabe zu verdienen. 
Aber jedenfalls hätte fich die ganze Schönheit einer be- 
dingungslos hingebenden Seele, wie Luciles, unter anderen 
als fo feltíamen Umftänden nicht enthüllen können. 


WEIHE AN DAS ADRIATISCHE MEER / VON 
GABRIELE D’ANNUNZIO 


U DIR, o Gott, dem großen fchreckensreichen, 
Ruf ich, zu dem die Väter fchrien im Kampf 
Auf Deck: hier lodern Scheiterhaufen dir und Flammen- 


zeichen. 


Von Pola und von des Quarnero Seiten 

Fällt ich die ftolze Tanne, bittern Lorbeer 

Und heilige Eichen mit den rafchen Streichen zwiefacher 
Schneiden; 


so 


| 


Und als ich fchmückte Mafte, Rah und Schoten 

Und das Gebälk des Rumpfes mit dem Reis, 

Dem nimmerwelkenden, des Siegs, gedacht ich all der 
Toten; 

Gedachte all der Toten, unfrer Toten 

Am Grund des Meeres; aller unfrer Toten 

Am Grund des Meeres, das verfchlang die Tapfern famt 
ihren Booten. 

Allein ich fagte: der du weckft die Heere 

Der Völker, Herr mein Gott, und fie zermalmft, 

Es werden leben, werden leben die, die über Meere 


Verkünden deine Größe; über Meere 
Verkünden deinen Ruhm; die über Meere 
Dir opfern Blut und Myrrhen vom Altar, der trägt das 
Roftrum. 
Durch alle Ozeane — Fiat mare noftrum! 
Amen. 
Zu dem Drama „Das Schiff“, 
übertragen von R. G. Binding. 
ZWEI GEDICHTE VON HANS CAROSSA 
ERLEBNIS 
CHON befchleicht die grauen Kronen 
Deines Eichwalds ein Erglühen, 


Alles blaut von Anemonen, 
Silbertrunken Wolken ziehen. 


Jeder Hauch wirft fchwanke Sterne 
Durch die Wipfel auf das Moos, 


51 


52 


Und im goldnen Trug дег Ferne 
Scheint dir deine Welt fo groß... 


Aber ftaunend ftehít du (Ше: 
Dir zu Füßen tief im Wald 


Ragt aus junger Gräfer Fülle 
Eines Wefens Mißgetftalt. 


Wächft ein Rüffel, drohen Krallen 
Dir aus diefem bleichen Schaft, 
Der den regen Gräfern allen 

Starr voranfchießt, vipernhaft? 


Draußen lockts aus hellen Weiten, 
Doch gebannt mußt du dich bücken, 
Diefen Irrwuchs dir zu deuten, — 
Da erkennft du zum Entzücken 


Klar wie hier ein neues Leben 
Seiner Unform fich entwindet, 
Eines Farnftocks Trieb, der eben 


Leis den künftigen Fittich kündet.... 


Und du fühlft, wie du auf Erden 
Kaum als Kind fo warm empfunden, 
Fühlft ein fremdes, niedres Werden 
Dir ganz nah, dir blutverbunden. 


Schuppen fallen von dir nieder, 
Du Бергей! с den Muttergeift, 
Der den dumpfiten deiner Brüder 
Heilig wie dich felbft durchkreift. 


Und du ftehft, und all dein Schauen 
Kehrt іп ftolze Demut fich, 

Ein unendliches Vertrauen, 
Erdefohn, durchfchüttert dich... 


BEGEGNUNG 


ERGESSEN war dein trotzig müdes Lächeln, 
Der Mund, der herbftlich (chon umfremdete.... 
Selbft meine Träume hatten dich vergeffen. 
Doch geítern abends kamft du mir entgegen 
Mit deinem Strauß verregneter Schneeglóckchen, 
Ganz glücklos blickend auf den Wanderer... 
Die Bergesnähen róteten im Winde, 
Ich ftand am Strom, horchend dem Sang der Schollen, 
Du näherteft ein wenig dein Geficht 
Dem leicht erhobnen Strauß, als ob du dich 
Zu einem Gruße neigen und zugleich 
Den Duft der naffen Blumen fpüren wollteft. 
Ein Licht aus Wolken wob dich ein, veredelnd, 
Daß du ganz jung mir fchienft, — o freu dich, Frau: 
So jung wirft du nun immer in mir leben! 


AUS DEN AUFZEICHNUNGEN DES MALTE 

LAURIDS BRIGGE / VON RAINER MARIA 
RILKE | 
І 

ENN ich nach Наше denke, wo nun niemand 

mehr ift, dann glaube ich, das muß früher anders 

gewefen fein. Früher wußte man (oder vielleicht man ahnte 


53 


es), daß man den Tod іп fich hatte wie die Frucht den 
Kern. Die Kinder hatten einen kleinen in fich und die 
Erwachfenen einen großen. Die Frauen hatten ihn im 
Schoß und die Männer in der Bruft. Den hatte man, 
und das gab einem eine eigentümliche Würde und einen 
stillen Stolz. 

Meinem Großvater noch, dem alten Kammerherrn Brigge, 
fah man es an, daß er einen Tod in fich trug. Und was 
war das für einer: zwei Monate lang und fo laut, daß man 
ihn hörte bis aufs Vorwerk hinaus. 

Das lange, alte Herrenhaus war zu klein für diefen Tod, 
es fchien, als müßte man Flügel anbauen, denn der Körper 
des Kammerherrn wurde immer größer, und er wollte fort- 
während aus einem Raum in den anderen getragen fein und 
geriet in fürchterlichen Zorn, wenn der Tag noch nicht 
zu Ende war, und es gab kein Zimmer mehr, in dem er 
nicht fchon gelegen hatte. Dann ging es mit dem ganzen 
Zuge von Dienern, Jungfern und Hunden, die er immer 
um fich hatte, die Treppe hinauf und, unter Vorantritt 
des Haushofmeifters, in feiner hochseligen Mutter Sterbe- 
zimmer, das ganz іп dem Zuftande, in dem fie es vor drei- 
undzwanzig Jahren verlaffen hatte, erhalten worden war 
und das fonft nie jemand betreten durfte. Jetzt brach die 
ganze Meute dort ein. Die Vorhänge wurden zurück- 
gezogen, und das robufte Licht eines Sommernachmittags 
unterfuchte alle die fcheuen, erfchrockenen Gegenftände 
und drehte fich ungefchickt um in den aufgeriffenen Spie- 
geln. Und die Leute machten es ebenfo. Es gab da Zo- 
fen, die vor Neugierde nicht wußten, wo ihre Hände fich 
gerade aufhielten, junge Bediente, die alles anglotzten, und 


54 


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ältere Dienftleute, die herumgingen und fich zu erinnern 
fuchten, was man ihnen von diefem verfchloffenen Zim- 
mer, in dem fie fich nun glücklich befanden, alles erzählt 
hatte. 

Vor allem aber fchien den Hunden der Aufenthalt in 
einem Raum, wo alle Dinge rochen, ungemein anregend. 
Die großen, fchmalen ruffifchen Windhunde liefen be- 
fchaftigt hinter den Lehnftühlen hin und her, durchquerten 
in langem Tanzfchritt mit wiegender Bewegung das Ge- 
. mach, hoben fich wie Wappenhunde auf und fchauten, 
die fchmalen Pfoten auf das weißgoldene Fenfterbrett ge- 
ftützt, mit fpitzem, gefpanntem Geficht und zurückgezo- 
gener Stirn nach rechts und nach links in den Hof. Kleine, 
handfchuhgelbe Dachshunde faßen, mit Gefichtern, als wäre 
alles ganz in der Ordnung, in dem breiten, feidenen Polfter- 
feffel am Fenfter, und ein ftichelhaariger, mürrifch aus- 
fehender Hühnerhund rieb feinen Rücken an der Kante 
eines goldbeinigen Tifches, auf deffen gemalter Platte die 
Sevrestaflen zitterten. 

Ja, es war für diefe geiftesabwefenden, verfchlafenen 
Dinge eine fchreckliche Zeit. Es paffierte, daß aus Bü- 
chern, die irgendeine haftige Hand ungefchickt geöffnet 
hatte, Rofenblätter heraustaumelten, die zertreten wurden; 
kleine, fchwächliche Gegenftände wurden ergriffen und, 
nachdem fie fofort zerbrochen waren, fchnell wieder hin- 
gelegt, manches Verbogene auch unter Vorhänge gefteckt 
oder gar hinter das goldene Netz des Kamingitters ge- 
worfen. Und von Zeit zu Zeit fiel etwas, fiel verhüllt auf 
den Teppich, fiel hell auf das harte Parkett, aber es zer- 
fchlug da und dort, zersprang fcharf oder brach faft laut- 


55 


los auf, denn diefe Dinge, verwöhnt wie fie waren, ver- 
trugen keinerlei Fall. 

Und wire es jemandem eingefallen zu fragen, was die 
Urfache von alledem fei, was über diefes ängftlich gehütete 
Zimmer alles Untergangs Fülle herabgerufen habe, — fo 
hätte es nur eine Antwort gegeben: der Той. 

Der Tod des Kammerherrn Chriftoph Detlev Brigge 
auf Ulsgaard. Denn diefer lag, groß über feine dunkel- 
blaue Uniform hinausquellend, mitten auf dem Fußboden 
und rührte fich nicht. In feinem großen, fremden, nie- 
mandem mehr bekannten Geficht waren die Augen zu- 
gefallen: er fah nicht, was gefchah. Man hatte zuerft ver- 
fucht, ihn auf das Bett zu legen, aber er hatte fich da- 
gegen gewehrt, denn er haßte Betten feit jenen erften Näch- 
ten, in denen feine Krankheit gewachfen war. Auch hatte 
fich das Bett da oben als zu klein erwiefen, und da war 
nichts anderes übriggeblieben, als ihn fo auf den Teppich 
zu legen; denn hinunter hatte er nicht gewollt. 

Da lag er nun, und man konnte denken, daß er geftor- 
ben fei. Die Hunde hatten fich, da es langfam zu däm- 
mern begann, einer nach dem anderen durch die Türfpalte 
gezogen, nur der Harthaarige mit dem mürrifchen Geficht 
faß bei feinem Herrn, und eine von feinen breiten, zot- 
tigen Vorderpfoten lag auf Chriftoph Detlevs großer, grauer 
Hand. Auch von der Dienerfchaft ftanden jetzt die meiften 
draußen in dem weißen Gang, der heller war als das Zim- 
mer; die aber, welche noch drinnengeblieben waren, fahen 
manchmal heimlich nach dem großen, dunkelnden Haufen 
in der Mitte, und fie wünfchten, daß das nichts mehr wäre 
als ein großer Anzug über einem verdorbenen Ding. 


56 


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Aber es war noch etwas. Es war eine Stimme, die 
Stimme, die noch vor fieben Wochen niemand gekannt 
hatte: denn es war nicht die Stimme des Kammerherrn. 
Nicht Chriftoph Detlev war es, welchem diefe Stimme ge- 
hörte, es war Chriftoph Detlevs Tod. 

Chriftoph Detlevs Tod lebte nun fchon feit vielen, vielen 
‘Tagen auf Ulsgaard und redete mit allen und verlangte. 
V erlangte, getragen zu werden, verlangte das blaue Zimmer, 
verlangte den kleinen Salon, verlangte den Saal. Verlangte 
die Hunde, verlangte, daß man lache, fpreche, fpiele und 
ftill fei und alles zugleich. Verlangte Freunde zu fehen, 
Frauen und Verftorbene, und verlangte felber zu fterben: 
verlangte. Verlangte und fchrie. 

Denn wenn die Nacht gekommen war und die von den 
übermüden Dienftleuten, welche nicht Wache hatten, ein- 
zufchlafen verfuchten, dann fchrie Chriftoph Detlevs Tod, 
fchrie und ftöhnte, brüllte fo lange und anhaltend, daß die 
Hunde, die zuerft mitheulten, verftummten und nicht wagten 
fich hinzulegen und, auf ihren langen, fchlanken, zittern- 
den Beinen ftehend, fich fürchteten. Und wenn fie es durch 
die weite, filberne, dänifche Sommernacht im Dorfe hörten, 
daß er brüllte, fo ftanden fie auf wie beim Gewitter, kleideten 
fich an und blieben ohne ein Wort um die Lampe fitzen, 
bis es vorüber war. Und alle taten ihr Tagewerk fchlecht 
und vergaßen das Heu hereinzubringen, weil fie fich bei 
‘Tage ángítigten vor der Nacht und weil fie vom vielen 
Wachfein und vom erfchreckten Aufftehen fo ermattet 
waren, daß fie fich auf nichts befinnen konnten. Und wenn 
fie am Sonntag in die weiße, friedliche Kirche gingen, fo 
beteten Йе, ез möge keinen Herrn mehr auf Ulsgaard geben: 


57 


denn diefer war ein fchrecklicher Herr. Und was fie alle 
dachten und beteten, das fagte der Pfarrer laut von der Kan- 
zel herab, denn auch er hatte keine Nachte mehr und konnte 
Gott nicht begreifen. Und die Glocke fagte es, die einen 
furchtbaren Rivalen bekommen hatte, der die ganze Nacht 
dröhnte und gegen den fie, felbft wenn fie aus allem Metall 
zu läuten begann, nichts vermochte. Ja, alle fagten es, 
und es gab einen unter den jungen Leuten, der geträumt 
hatte, er wäre ins Schloß gegangen und hätte den gnädigen 
Herrn erfchlagen mit feiner Miftforke, und fo aufgebracht 
war man, fo zu Ende, fo überreizt, daß alle zuhörten, als 
er feinen Traum erzählte, und ihn, ganz ohne es zu wiffen, 
daraufhin anfahen, ob er folcher Tat wohl gewachfen fei. 
So fühlte und fprach man in der ganzen Gegend, in der 
man den Kammerherrn noch vor einigen Wochen geliebt 
und bedauert hatte. Aber obwohl тап (о fprach, ver- 
änderte fich nichts. Chriftoph Detlevs Тоа, der auf Uls- 
gaard wohnte, ließ fich nicht drängen. Er war für zehn 
Wochen gekommen, und die blieb er. Und während diefer 
Zeit war er mehr Herr, als Chriftoph Detlev Brigge es je 
gewefen war, er war wie ein Kónig, den man den Schreck- 
lichen nennt, fpiter und immer. 

Das war nicht der Tod irgendeines Wafferfüchtigen, 
das war der bófe fürftliche Tod, den der Kammerherr fein 
ganzes Leben lang in fich getragen und aus fich genährt 
hatte. Alles Übermaß an Stolz, Willen und Herrenkraft, 
das er felbft in feinen ruhigen T'agen nicht hatte verbrauchen 
kónnen, war in feinen Tod eingegangen, іп den Tod, der 
nun auf Ulsgaard fa und vergeudete. 

Wie hatte der Kammerherr Brigge den angefehen, der 


58 


von ihm verlangt hätte, er folle einen anderen Tod fterben 
als diefen. Er ftarb feinen fchweren Tod. 


2 


N fpäteren Jahren gefchah es mir zuweilen nachts, daß 

ich aufwachte, und die Sterne ftanden fo wirklich da und 
gingen fo bedeutend vor, und ich konnte nicht begreifen, 
wie man es über fich brachte, fo viel Welt zu verfäumen. 
So ähnlich war mir, glaub ich, zumut, fooft ich von den 
Büchern auffah und hinaus, wo der Sommer war, wo Abe- 
lone rief. Es kam uns fehr unerwartet, daß fie rufen mußte 
und daß ich nicht einmal antwortete. Es fiel mitten in 
unfere feligfte Zeit. Aber da es mich nun einmal erfaßt 
hatte, hielt ich mich krampfhaft ans Lefen und verbarg 
mich, wichtig und eigenfinnig, vor unferen täglichen Feier- 
tagen. Ungefchickt wie ich war, die vielen, oft unfchein- 
baren Gelegenheiten eines natürlichen Glücks auszunutzen, 
ließ ich mir nicht ungern von dem anwachfenden Zerwürf- 
nis künftige Verföhnungen verfprechen, die defto reizender 
wurden, je weiter man fie hinausfchob. 

Übrigens war mein Lefefchlaf eines Tages fo plötzlich 
zu Ende, wie er begonnen hatte; und da erzürnten wir 
einander gründlich. Denn Abelone erfparte mir nun keinerlei 
Spott und Überlegenheit, und wenn ich fie in der Laube 
traf, behauptete fie zu lefen. An dem einen Sonntagmorgen 
lag das Buch zwar gefchloffen neben ihr, aber fie fchien 
mehr als genug mit den Johannisbeeren befchäftigt, die fie 
vorfichtig mittels einer Gabel aus ihren kleinen Trauben 
ftreifte. 


Es muß dies eine von jenen T'agesfrühen gewefen fein, 


59 


wie es folche im Juli gibt, neue, ausgeruhte Stunden, in 
denen überall etwas frohes Unüberlegtes gefchieht. Aus 
Millionen kleinen ununterdrückbaren Bewegungen fetzt 
fich ein Mofaik überzeugteften Dafeins zufammen; die 
Dinge fchwingen ineinander hinüber und hinaus in die 
Luft, und ihre Kühle macht den Schatten klar und die 
Sonne zu einem leichten, geiftigen Schein. Da gibt es im 
Garten keine Hauptfache; alles ift überall, und man müßte 
in allem fein, um nichts zu verfäumen. 

In Abelonens kleiner Handlung aber war das Ganze 
nochmal. Es war fo glücklich erfunden, gerade dies zu 
tun und genau fo, wie fie es tat. Ihre im Schattigen hellen 
Hände arbeiteten einander fo leicht und einig zu, und vor 
der Gabel fprangen mutwillig die runden Beeren her in die 
mit tauduffem Weinblatt ausgelegte Schale hinein, wo 
(сһоп andere fich häuften, rote und blonde, glanzlichternd, 
mit gefunden Kernen im herben Innern. Ich wünfchte 
unter diefen Umftänden nichts als zuzufehen, aber da es 
wahrfcheinlich war, daß man mirs verwies, ergriff ich, auch 
um mich unbefangen zu geben, das Buch, fetzte mich an 
die andere Seite des Tifches und ließ mich, ohne lang zu 
blättern, irgendwo damit ein. 

„Wenn du doch wenigftens laut läfeft, Leferich“, fagte 
Abelone nach einer Weile. Das klang lange nicht mehr 
fo ftreitfüchtig, und da es, meiner Meinung nach, ernftlich 
Zeit war fich auszugleichen, las ich fofort laut, immerzu 
bis zu einem Abfchnitt und weiter, die nächfte Überfchrift: 
An Bettine. 

„Nein, nicht die Antworten“, unterbrach mich Abelone 
und legte auf einmal wie erfchöpft die kleine Gabel nieder. 


60 


Gleich darauf lachte Пе über das Geficht, mit dem ich fie 
anfah. 

» Mein Gott, was haft du fchlecht gelefen, Malte.“ 

Da mußte ich nun zugeben, daß ich keinen Augenblick 
bei der Sache gewefen fei. „Ich las nur, damit du mich 
unterbrichft“, geftand ich und wurde heiß und blätterte 
zurück nach dem Titel des Buches. Nun wußte ich erft, 
was es war. „Warum denn nicht die Antworten?“ fragte 
ich neugierig. 

Es war, als hätte Abelone mich nicht gehört. Sie faß da 
іп ihrem lichten Kleid, als ob fie überall innen ganz dunkel 
würde, wie ihre Augen wurden. 

„Gib her“, fagte fie plötzlich wie im Zorn und nahm mir 
das Buch aus der Hand und fchlug es richtig dort auf, wo 
fie es wollte. Und dann las fie einen von Bettinens Briefen. 

Ich weiß nicht, was ich davon verftand, aber es war, als 
würde mir feierlich verfprochen, diefes alles einmal einzu- 
fehen. Und während ihre Stimme zunahm und endlich faft 
jener glich, dieich vom Gefang her kannte, fchämte ich mich, 
daß ich mir unfere Verföhnung fo gering vorgeftellt hatte. 
Denn ich begriff wohl, daß fie das war. Aber nun gefchah 


fie irgendwo ganz im Großen, weit über mir, wo ich nicht 
hinreichte. 


3: 
ASVERSPRECHEN erfüllt fich noch immer, irgend- 
wann ift dasfelbe Buch unter meine Bücher geraten, 
unter die paar Bücher, von denen ich mich nichttrenne. Nun 
{chlagt es fich auch mir an den Stellen auf, die ich gerade 
meine, und wenn ich fie lefe, fo bleibt es unentfchieden, 


61 


ob ich ап Bettine denke oder ап Abelone. Nein, Bettine ift 
wirklicher in mir geworden, Abelone, die ich gekannt habe, 
war wie eine Vorbereitung auf fie, und nun ift fie mir in 
Bettine aufgegangen wie in ihrem eigenen, unwillkürlichen 
Wefen. Denn diefe wunderliche Bettine hat mit allen ihren 
Briefen Raum gegeben, geräumigfte Geftalt. Sie hat von An- 
fang an fich im ganzen fo ausgebreitet, als wär fie nach ihrem 
Tod. Überall hat fie fich ganz weit ins Sein hineingelegt, 
zugehörig dazu, und was ihr gefchah, das war ewig in der Na- 
tur; dort erkannte Пе fich und löfte fich beinah fchmerzhaft 
heraus; erriet fich mühfam zurück wie aus Überlieferungen, 
befchwor fich wie einen Geift und hielt fich aus. 

Eben warft du noch, Bettine; ich feh dich ein. Ift nicht 
die Erde noch warm von dir, und die Vögel laffen noch 
Raum für deine Stimme. Der Tau ift ein anderer, aber 
die Sterne find noch die Sterne deiner Nächte. Oder ift 
nicht die Welt überhaupt von dir? denn wie oft haft du 
fie in Brand gefteckt mit deiner Liebe und haft fie lodern 
fehen und aufbrennen und haft fie heimlich durch eine an- 
dere erfetzt, wenn alle fchliefen. Du fühlteft dich fo recht 
im Einklang mit Gott, wenn du jeden Morgen eine neue 
Erde von ihm verlangteft, damit doch alle drankämen, die 
er gemacht hatte. Es kam dir armfälig vor, fie zu fchonen 
und auszubeffern, du verbrauchteft fie und hielteft die Hände 
hin um immer noch Welt. Denn deine Liebe war allem 
gewachfen. Я 

Wie ift es möglich, daß nicht noch alle erzählen von 
deiner Liebe? Was ift denn feither gefchehen, was merk- 
würdiger war? Was befchäftigt fie denn? Du felber 
wußteft um deiner Liebe Wert, du fagteft fie laut deinem 


62 


gröfßeften Dichter vor, daß er fie menfchlich mache; denn 
fie war noch Element. Er aber hat fie den Leuten aus- 
geredet, da ег dir fchrieb. Alle haben diefe Antworten 
gelefen und glauben ihnen mehr, weil der Dichter ihnen 
deutlicher ift als die Natur. Aber vielleicht wird es fich 
einmal zeigen, daß hier die Grenze feiner Größe war. 
Diefe Liebende ward ihm auferlegt, und er hat fie nicht 
beftanden. Was heißt es, daß er nicht hat erwidern kön- 
nen? Solche Liebe bedarf keiner Erwiderung, fie hat Lock- 
ruf und Antwort in fich; fie erhört fich felbít. Aber de- 
mütigen hätte er fich müffen vor ihr in feinem ganzen 
Staat und fchreiben, was fie diktiert, mit beiden Händen, 
wie Johannes auf Pathmos, kniend. Es gab keine Wahl 
diefer Stimme gegenüber, die „das Amt der Engel verrich- 
tete‘; die gekommen war, ihn einzuhüllen und zu ent- 
ziehen ins Ewige hinein. Da war der Wagen feiner feu- 


rigen Himmelfahrt. Da war feinem Tod der dunkle Mythos 


bereitet, den er leer ließ. 


HERBSTSONETT / VONSTEFAN ZWEIG 


IE TAGE ftiegen längft die goldne Leiter 

Des Sommers nieder. Spätglanz wärmt das Land. 
Die Schatten wachfen früh und fallen breiter 
Von allen Bäumen in des Abends Hand. 


Im Laube glänzt noch, wie vom Wind verfchlagen, 
Manch reife Frucht. Der Felder Bruft liegt bloß 
Und Wolken, die fich weftwärts überjagen, 
Machen den Himmel ernft und ruhelos. 


63 


Uber die Wälder, die fich rafch entblättern, 
Zittert {chon unraftvoll der Schwalben Flug. 
Und all dies mahnt: Nun fei dem Herbft bereit. 


Beugft Du Dich morgen zu der Landfchaft Buch, 
So blinkt vielleicht fchon aus den bunten Lettern 
Des Lebens liebftes Wort: Vergänglichkeit. 


DREI GLEICHNISSE DES TSCHUANG-TSE 


DER WOLKENGEIST UND DER LEBENSWIRBEL 


ER Geift der Wolken fuhr oftwärts durch den Luft- 
raum, als er auf den Lebenswirbel ftieß. Er war 
damit befchäftigt, fich auf die Rippen zu klatfchen und 
herumzuhüpfen. Der Wolkengeift fragte: „Мег bift du, 
Alter, und was tuft du hier?“ 
„schlendern!“ antwortete der Lebenswirbel und hüpfte 
weiter. 
„Ich möchte etwas wiflen“, fagte der Wolkengeift. 
„Bah!“ äußerte der Lebenswirbel und fah ihn an. 
„Die Beziehung von Himmel und Erde ift aus den Fugen 
geraten,“ fagte der Wolkengeift; „die fechs Einflüffe 1 ver- 
tragen fich nicht miteinander, und die vier Jahreszeiten 
kümmern fich um keine Regel mehr. Ich wünfche die 
fechs Einflüffe fo zu vermifchen, daß fie alle lebenden Wefen 
ernähren. Was foll ich tun?“ 


1 Das pofitive und das negative Weltelement, Wind, Regen, 
Licht und Dunkel. 


64 


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54 Verzückten 

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*i ich unver. 
"i ich mit Fr 
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"mid, „da 
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a des Feldes. 
paf inden N 


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"Rt! Kehre u 
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„Ich weiß nicht!“ rief дег Lebenswirbel und fchüttelte 
den Kopf, ohne mit dem Klatfchen und Hüpfen aufzu- 
hören; Ach weiß nicht!“ 

Der Wolkengeift konnte nicht weiterfragen. Als er 
aber drei Jahre danach oftwärts durch das Land Yu-Sung 
fuhr, ftieß er wieder auf den Lebenswirbel. Er war hoch- 
erfreut, eilte heran und fagte: „Haft du mich vergeffen, 
о Himmlifcher? Haft du mich vergeffen, о Himmlifcher?« 
Er verneigte fich tief und bat, es möge ihm gewährt wer- 
den, den Lebenswirbel zu befragen. Der aber fagte: „Ich 
wandere, ohne zu wiffen, was ich fuche. Ich ftreife um- 
her, ohne zu wiflen, wohin ich gehe. Ich fchlendere in 
diefer verzückten Art vor mich hin und erwarte die Er- 
eigniffe. Was follte ich wiffen?«* 

„Auch ich ftreife umher,“ antwortete der Wolkengeift, 
„aber die Leute hängen von meinen Bewegungen ab. So 
werde ich unvermeidlich zur Macht berufen. Darum 
würde ich mit Freuden einen Rat empfangen.“ 

„Daß die Ordnung des Reiches geftört ift,“ fprach der 
Lebenswirbel, „daß die Bedingungen des Lebens gefchän- 
det find, daß der Wille des Himmels nicht fiegt, daß die 
Tiere des Feldes auseinandergetrieben find, daß die Vögel 
der Luft in den Nächten fchreien, daß Meltau an Bäumen 

und Kräutern zehrt, daß Zerftörung fich breitet über alles, 
was auf der Erde kriecht: das ift die Schuld des Regie- 
rens,‘ 

»Wohl wahr,“ fagte der Wolkengeift, „aber was foll 
ich tu n?« 

„Das ift es ja,“ rief der Lebenswirbel, „woraus das Böfe 
kommt! Kehre um!« 


65 


„Es gefchieht nicht oft,“ wandte дег Wolkengeift ein, 
„daß ich dir begegne, о Himmlifcher! Ich würde mit 
Freuden einen Rat empfangen.“ 

„Füttere denn dein Volk“, fprach der Lebenswirbel, 
„mit deinem Herzen. Verharre im Nichttun, und die Welt 
wird aus fich felbft gut fein. Häute dich. Speie den Ver- 
(апа aus. Vergiß alle Unterfchiede. Werde eins mit dem 
Ungefchiedenen. Laß deinen Geift los. Mach deine Seele 
frei. Werde leer. Werde nichts! Gib allen Dingen, zu 
ihrer Urbefchaffenheit heimzukehren. Wenn fie es ohne 
Wiffen tun, wird eine fchlichte Reinheit daraus kommen, 
die fie nie verlieren werden; aber Меп würde nur Ab- 
weichung bringen. Suche nicht die Namen und die Be- 
ziehungen der Dinge: und alle Dinge werden aus fich 
felbft blühen.“ 

„Du Himmlifcher“, fagte der Wolkengeift, als er fich 
verneigte und Abfchied nahm, „haft mich mit Macht be- 
gabt und mit Geheimnis gefüllt. Was ich lange fuchte, 
habe ісһ nun gefunden.“ 


DAS EWIGE STERBEN 


EN-HUI fragte Kong-Fu-Tfe: „Meifter, gehít du im 
Schritt, gehe ich im Schritt. Gehft du im Trab, gehe 
ich im Trab. Gehft du im Galopp, gehe ich im Galopp. 
Aber jagft du aus den Schranken des Staubes, dann kann 
ich nur ftehenbleiben und dir nachftarren. Wie geht das 
zu?“ 
„Erkläre, was du meinft“, fagte Kong-Fu-Tfe. 
„Ich meine“, fuhr Yen-Hui fort, ,diefes: Wenn du 
redeft, rede ich. Wenn du beweifeft, beweife ich. Wenn 


66 


du Tao! predigft, predige ich Tao. Aber daß ich fage: 
‚Jagft du aus den Schranken des Staubes, dann kann ich 
nur ftehenbleiben und dir nachftarren‘, damit meine ich: 
du redeft nicht und alle glauben dir, du eiferft nicht und 
alle ftimmen dir zu, du lockít nicht und alle fammeln fich 
um dich. Das ift es, was ich nicht verftehen kann.“ 
yg Warum willft du dem nicht auf den Grund gehen?“ 
fagte Kong-Fu-Tfe. „Nichts ift fo Kummers wert wie 
.das Sterben des Geiftes. Das Sterben des Leibes ift von 
weit geringerer Wichtigkeit. 
. Die Sonne fteigt im Often auf und geht im Welten unter. 
Юа ift kein Ort, den fie nicht erleuchtete; und alle, die 
Augen und Füfe haben, hangen an ihr, um fehen und 
gehen zu können. Wenn fie erícheint, ift das Leben er- 
fchienen; wenn fie (chwindet, fchwindet das Leben mit ihr. 

Und jeder Menfch hat feinen Sonnegeift, an dem er 
. hangt: wenn der geht, ftirbt er, und er lebt auf, wenn er 
. wiederkehrt. Schreite ich geiftbegabter Körper aber ohne 
die ewige lebenerneuernde Wandlung dem Ende zu; über- 
laffe ich mich für die Tage und die Nächte der ewigen Ab- 
nutzung wie ein bloßes Ding; bin ich des ewigen Sterbens 
nicht bewußt, bin ich trotz diefem geiftbegabten Körper 
des einen nur bewußt, daß nichts mich vor dem Grabe 
retten kann: — dann zehre ich das Leben auf, bis es im 
Tode alfo ift, als hätten du und ich ein einziges Mal Schulter 
an Schulter gelehnt, ehe wir für immer getrennt wurden! 
Ift das nicht Kummers wert! 

Du aber richteft deinen Blick auf etwas in mir, das, 
wenn du blickft, fchon hingefchwunden ift. Und dennoch 


1 „Die Bahn“: der Urgrund und Urfinn des Seins. 


67 


fuchít du es, als müífe es noch da fein, — wie einer auf 
dem Markt verkaufte Pferde fucht. Sieh: was ich an dir 
liebe, ift das Wandelbare. Warum dich grämen? Wenn 
auch mein Selbft in jedem Augenblicke ftirbt, in der Wand- 
lung bewährt fich das Ewige.“ 


DER GLOCKENSPIELSTÄNDER 


SCHING, der Meifter der Holzarbeiter, (chnitzte einen 

Glockenfpielftänder. Als es vollendet war, erfchien 
das Werk allen, die es fahen, als fei es von Geiftern ge- 
fchaffen. Der Fürft von Lu fragte den Meifter: „Welches 
ift diefes Geheimnis in deiner Kunft?“ 

„Dein Untertan ift nur ein Handwerker,“ antwortete 
Tíching, „was für Geheimnis könnte er befitzen? Und 
doch ift da etwas. Als ich daranging, den Glockenfpiel- 
ftänder zu machen, hütete ich mich vor jeder Minderung 
meiner Lebenskraft. Ich fammelte mich, um meinen Geift 
zur unbedingten Ruhe zu bringen. Nach drei Tagen hatte 
ich allen Lohn, den ich erwerben könnte, vergeffen. Nach 
fünf Tagen hatte ich allen Ruhm, den ich erwerben könnte, 
vergeffen. Nach fieben Tagen hatte ich meine Glieder 
und meine Geftalt vergeffen. Auch der Gedanke an dei- 
nen Hof, für den ich arbeiten follte, war gefchwunden. 
Da fammelte fich meine Kunft, von keinem Außen mehr 
geftört. Nun ging ich in den Hochwald. Ich fah die 
Formen der Bäume an. Als ich einen erblickte, der die 
rechte Form hatte, erfchien mir der Glockenfpielftänder, 
und ich ging ans Werk. Hätte ich diefen Baum nicht ge- 
funden, ich hätte die Arbeit laffen müffen. Meine himmels- 
geborene Art und die himmelsgeborene Art des Baumes 


68 


fammelten fich darauf. Was hier Geiftern beigemeffen 
wurde, ift darin allein gegründet.“ 


Deutfch von Martin Buber. 


DAS WORT / VON EMILE VERHAEREN 


wie oft wandert mein trauriger Sinn, 
Müde der Bücher, des Staubs der Folianten, 
Zu jenen Großen von einftens hin, 
Die aus glühender Bruft 
Im Schrei der Liebe, im Auffchwall der Luft 
Als allererfte die Dinge benannten. 


Unbewußt 

Entdeckten fie aus ihrem Überfchwang 

Die Worte für Jubel, Schauer und Schmerz. 
Sie verglichen 

Selig erftaunend ein Leben lang 

Ihr junges und unerfahrenes Herz 

Ringsum mit der Welt. 

Sie tranken 

Die Augen fich voll mit den unerhörten 
Neuen Dingen und neuen Gedanken. 

Sie verzehrten | 

Gierig wie eine unendliche Beute 

Die Freude, 

Sich in Liebe und Luft 

Gänzlich eins mit der Erde zu willen, 

Und dies fo zu genießen, 

Daß es Schrei ward und aufbrach aus ihrer Bruft. 


69 


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Sein wiegender Кӛгрег gab ihnen Takt. 
Sprach er fie, wandernd durch Wald und Feld 
In rhythmifchem Schreiten, 

So ftanden dann zwiefach die Wirklichkeiten 
Vor feinem Geifte: in ihnen und dort. 

Und wie geblendet 

Stürmte er weiter und weiter fort 

In diefer neugefundenen Welt, 

Die er felber vollendet: 

Im Wort. 


O denkt, dies Dréhnen von Rhythmen im All, 
Dies Blinken von Bildern, diefen ewigen Gang 
Plötzlich in einer Sprache zu faffen! 

Gefang 

Aus dem Fall | 

Stürzender Waffer auffchäumen zu laffen, 
Lebendigen Klang қ 

In den wirren Stößen losbrechender Winde, 
Im tobenden Kampfe der Donner zu finden, 
Und Mufik 

Im weichen Wallen wandernder Frauen, 

In leidenden Händen, aufleuchtendem Blick, 
Im jähen Grauen 

Brennenden Wahnfinns, im Fieber der Brunft, 
In allem und allem 

Was fich verbindet, entfacht und entzweit, 

Um dann diefe wilde Unendlichkeit 

In heißem Hirne zu faflen, zu halten 

Und fie in der neuen Unendlichkeit 


7! 


О diefe gefangenen Schreie, die jah 

Aus den Muskeln und Sehnen zu fpringen fchienen! 
Mancher von ihnen, 

Heiß aus der Nerven fchwingendem Band 

Von der Seele wie filberner Pfeil entfandt, 

Schmolz in ein Wort und traf die Idee. 

Andere wieder, die zögernd erfchlafften, 

Ténten fich ab zu farbigen Spielen, 

Andere fchwankten, 

Stürzten und fielen 

Zu Boden nieder. 

Doch plötzlich wieder 

Zu Wucht und klingender Stärke geftrafft, 

Rafften fie fich, erftaunten und ftanden 

In jähem Entzücken, jauchzten und dankten 

Für all das, was fie nun plötzlich vor 

Den Früchten, den Blumen, Wald, Wiefe und Himmel 
Und der Sterne myriadenhaft buntem Gewimmel 
Mit allen Sinnen, Hand, Auge und Ohr 

So felig empfanden. 


Die Zunge ftieß diefe erften Schreie 
Kraftvoll ins Freie, 

Dehnte und baute 

Sorgfam die dumpf verfchlungenen Laute 
Von Luft und Leiden, formte fie dann, 
Wie Bildnerhände den lehmigen Brei. 
Und erft wenn ein Mann 

Mit ihnen fein Fühlen aus fich gefagt, 
Wogte fein Atem frifcher und freier, 


(9 


Lied ES, „bike. NN - ii 


"ees. LEA 


Sein wiegender Körper gab ihnen Takt. 
Sprach er fie, wandernd durch Wald und Feld 
In rhythmifchem Schreiten, 

So ftanden dann zwiefach die Wirklichkeiten 
Vor feinem Geifte: in ihnen und dort. 

Und wie geblendet 

Stürmte er weiter und weiter fort 

In diefer neugefundenen Welt, 

Die er felber vollendet: 

Im Wort. 


O denkt, dies Dröhnen von Rhythmen im All, 
Dies Blinken von Bildern, diefen ewigen Gang 
Plötzlich in einer Sprache zu faflen! 


Gefang 

Aus dem Fall | 

Stürzender Waffer auffchäumen zu laffen, 
Lebendigen Klang , 

In den wirren Stößen losbrechender Winde, 
Im tobenden Kampfe der Donner zu finden, 
Und Mufik 

Im weichen Wallen wandernder Frauen, 

In leidenden Налдеп, aufleuchtendem Blick, 
Im jähen Grauen 

Brennenden Wahnfinns, im Fieber der Brunft, 
In allem und allem 

Was fich verbindet, entfacht und entzweit, 
Um dann diefe wilde Unendlichkeit 

In heißem Hirne zu faffen, zu halten 

Und fie in der neuen Unendlichkeit 


71 


Der menfchlichen Kunft 
Zu ihrer höchften Form zu geftalten. — 


Seit diefem erften Stammeln der menfchlichen Seele, 
О, wie viel ging hin an Tagen und Jahren! 
Gefchlechter und Fürften, unzählbare Scharen 
Haben feitdem um die Erde gerungen, 

Doch alle, die kamen und gingen und waren, 
Haben in ihren eigenen Zungen | 

Luft und Schmerz in die Winde gerufen. 

Alle Völker und Raffen der Erde fchufen 

Raftlos die Sprache jahrhundertelang, 

Doch nur in den Dichtern ward fie Gefang. 


Nur in ihnen allein 

Glüht heute noch unvermindert und rein 
Jener heilige Brand, 

In dem zu jenen dämmernden Zeiten 

Der ftaunende Menfch vor den Herrlichkeiten 
Der Erde ftand. 

Der Rhythmus der Welt 

Rinnt ihnen fo ftark wie einft jenen Fernen 
Raufchend, beraufchend durch das Blut und die Bruft. 
Den kann keiner aus Büchern erlernen, 

Und nur der 

Entdeckt ihn — felber fich unbewußt —, 

Der fo fehr 

Die großen Gedanken, die ihn durchbeben, 
Als lebendig empfindet, 

Daß fchon nicht mehr er, 


72 


Sondern fie felber es find, 
Die den Vers mit Raufch und Rhythmus befchwingen 
Und ins weiche 
Wellengleiche 
Spiel des wandelnden Reimes zwingen. 
Deutfch von Stefan Zweig. 


AUS DEN BRIEFEN EINES UNBEKANNTEN 


AN RUDOLF GRAF HOYOS 


Kobenzl 19. September 69 


IES Buch gehért dem Кӛпіре“ war der Titel einer 

Bettinafchen Schrift. Ein Stück Sonntag aber gehört 
immer dem guten Kopf,! das ift nun einmal eine Stiftung. 
Der heutige ift befonders prachtvoll, und ware der Him- 
mel ein Tintenfaß, und ich tauchte meine Feder hinein, 
meine Buchftaben wären wohl von fchönerem Blau als 
Türkis, oder mit was man fonft den Himmel vergleicht, 
an den man aber ftets felbft erinnern muß, will man das 
Blau von anderen Dingen loben. Ohne Wind geht nun 
aber das Wetter bei Wien nicht aus, doch fchützt mich 
fchon mein kleiner Garten, beffer noch der künftliche 
Schirm, den ich mit wenig Kunft, doch viel Behagen ge- 
gen die Wetterfeite errichtete. 

Etwas Robinfon Crufoe gehört notwendig zum Leben, 
ein Komfort, der fix und fertig geboten wäre, tuts nicht 
halb. Daß ich fo unter Bäumen fitzen und dazu tun kann, 
was mich freut, daß Hühner fich vor mir im Sande baden, 


* Kofename für den Empfänger Rudolf Graf Hoyos. 


73 


Zweige über mir fich hin und her bewegen, Blüten wie 
feine Stickerei die Decke zieren, Sonne und Schatten an 
den Stämmen unglaubliche Dinge leiften, daß es fo ftill 
ift, und doch Stimmen von Menfchen, Tritte Vorüber- 
gehender, alles, was fonft nur Geräufch ift, fo gut klingt, 
alles das kann mir nichts erfetzen, und ich gehe fo gern in 
die Stadt, weil ich weiß, daß ich dann wieder heraus muß. 

Ich weiß nicht, ob Ihnen in Lauterbach neuere Bücher 
leicht zugänglich find. Sonft empfehle ich Ihnen fehr 
Simonin, le Grand Oueft de Г Amérique du Nord. Die jetzt 
junge Leute find, bekommen doch leicht einen gewaltigen 
Einblick in das Leben. Wenn ich an den engen Hori- 
zont meiner Jugend denke, mein ich, die Welt wäre ge- 
platzt. Hätt ich einen Menfchen zu erziehen, einen Sohn 
oder fo etwas, ich wüßt es kaum anzufaflen. Kann man 
das lernen, was man braucht? Bis die Zeit kommt, an- 
zuwenden, ift die Vorausfetzung nicht mehr. Das einzige 
wäre: lernen, lernen. Das ift bald gefagt. An etwas muß 
auch das Lernen gelernt werden, und da möchte ich ihm 
immer am liebften die Klaffiker auf den Weg mitgeben. 
So fällt man zuletzt ftets wieder in das alte Gleis der la- 
teinifchen Schule. 


AN ALEXANDER FREIHERRN VON WARSBERG 


Wiefenhaus, Neulengbach Nr. 21, 17. Mai 1872 


Im großen und ganzen — wie Herr von Schleinitz, ! 


der Minifter der kleinen und halben Maßregeln, fagte — 


Alexander Guftav Adolph Graf von Schleinitz, SSES? Staats- 
mann (1807—1885). 


74 


N 


ift mir zumut wie einem Karpfen, der feine Jugend іп pol- 
nifcher Sauce zugebracht hat und auf feine alten Tage 
einen Teich entdeckt. Der Bauer, der fechzig Jahr in mir 
fchlummerte, ift hier erwacht, reckt die Glieder, reibt fich 
die Augen, reißt das Maul auf und fragt fich: Wo war ich 
fo lange? 

Ich habe Schlöffer bewohnt mit herrlichen Parkanlagen, 
voll blühender Büfche und Blumenrabatten; Bediente tru- 
gen Kaffeebretter mit Frühftück darauf vor mir her auf 
Terraflen, wo es zog und wo die Sonne von ungefchickten 
Aftronomen irregeleitet zur unrechten Zeit hinfchien, breite 
Kieswege kannten meinen Tritt wie die Blinden von Genua 
Fiescos, ich fah die Alpen und das Meer, Felder von La- 
vendel, Myrten und Thymian ohne Jungfernkranz — ge- 
freut aber hat mich nichts wie diefer kleine Platz in einem 
kleinen Garten, der fchon verwilderte, bevor er ein Garten 
war, wo ich im Schatten meines Ahorn fitze — meines 
Ahorn, wie ich auch fagen kann: meine Linde und mein 
Nußbaum, das ift mein Nußbaum, das ift mein ganzer 
Wald — gemeiner Flieder — Spezies: Käthchen von 
Heilbronn — überragt Urwälder von Brennefleln, wo das 
Nachtpfauenauge noch als fchwarze Raupe lebt, und 
Mauerwerk — allen Mörtels ledig — fchaut ziegelrot 
darein.... 

Seit einer Stunde trippelt ein kleiner Vogel um mich 
herum und pickt Würmer von Grasfpitzen auf, die fich 
kaum davon biegen. Wenn die Goldammern nichts da- 
gegen haben, fag ich, es wär eine, wegen feines Kopfes, 
der fo gelb ift wie Kremnitzer Dukaten, die fich wegen 
des Vergleichs gefchmeichelt fühlen können, wenn fie nicht 


73 


gerade wegen ein bißchen Agio hochmütig find. Möglich 
aber, daß er unter einem anderen Namen іп der Welt- 
gefchichte berühmt wurde. 

Vor mir liegt ein fchwarzer, fchmaler Erdftreifen mit 
grünen Punkten. Den Salat hab ich geftern abend gepflanzt 
und begoffen. Ich war dazu, wie die Feuerwehr, mit 
meinem ganzen Harem, Cilli und Tilli, ausgerückt und 
leitete den Schlauch meiner Gartenfpritze, ein mechani- 
fches Kunftwerk, deffen Präzifion jeden unwiflenfchaft- 
lichen Landregen befchämt. Die Wolken find ernftlich 
betroffen und ziehen fich schüchtern zurück. Diefe Leiftung 
verhält fich zu einem Gewitter, wie der Achtundvierziger 
Feldzug gegen Dänemark, der jenfeits der fchleswigfchen 
Grenze kein Blut vergoß, zu der Hunnenfchlacht. Es fällt 
kein Tropfen Waffer anderswohin als auf Peterfilie, Sellerie 
und Häuptelfalat. Es ift Waffer unter der Pickelhaube: 
ftrategifch, taktifch und fittlich. Einige Franktireurs-Gieß- 
kannen liegen, infam kaffiert, im Grafe, fogar vom Schnitt- 
lauch verachtet. 

Mein Hausftand ift um drei Hunde und einen aus dem 
Мейе gefallenen Star — nicht Adolf — vermehrt. Alle 
noch fehr jung. Der Star läuft im Haus frei herum, fchreit 
entfetzlich, fperrt beftändig feinen Gelbfchnabel auf und 
wird gefüttert, indem man ihm geweichte Semmel hinein- 
ftopft. Wenn er den Kropf voll hat, fteckt er den Kopf 
unter den Flügel und fchreit noch im Schlafe — ihm träumt 
von einer Semmel. 

Der kleine Rattler — fechs Wochen alt — erregte mein 
innigftes Mitleid. Noch nie hatte gefühlvolle Menfchheit 
ein fo verbiffenes Bullenbeißeranfehen, 


76 


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Meine auf gegenfeitige Reinlichkeit gegründeten Erzie- 
hungsverfuche haben ihn tief gekränkt. Ich gab ihm den 
Rat, den Hausrat eines Legationsrats nicht durch feinen 
Unrat zu vermehren, indem ich ihn mit der Nafe in letz- 
teren ftupfte und damit alle feine Illufionen über häusliches 
Glück zerftörte. Er glaubt nun aber an nichts mehr. Die 
beiden ^ jungen Bernhardiner genießen ihre volle Freiheit 
in einem Stallkerker, bis fie, an Ketten, im Freien kam- 
pieren werden. 


AN GRÄFIN BERTA NAKO 
EL 
Knebworth-Park, 25. Juni 1873 
Regensburg, zwanzig Minuten Aufenthalt — Nürnberg, 
dreißig Minuten Aufenthalt — Würzburg — Darmftadt — 
Mainz — verlangen Sie von meinem Enthufiasmus nicht 
mehr als diefe Reifebefchreibung. In Mainz übernachtete 
ich und vermißte beim Aufitehen mein rechtes Bein und 
fünf bis fechs Rückenwirbel, die mir unterwegs gebrochen 
wurden. Mit dem Refte meiner Gliedmaßen fuhr ich den 
Rhein hinab bis Köln, einer Stadt, in welcher 11 ООО Jung- 
frauen, fchreibe elftaufend Jungfrauen ö. W. zugrunde 
gingen, dagegen aber ebenfoviel Flafchen Eau de Cologne 
täglich verkauft werden. Zwifchen letzteren und erfteren 
befteht der Unterfchied, daß erftere zwar im Geruch der 
Heiligkeit ftehen, letztere aber befler riechen. Mitten in 
der Stadt begegnete ich einem alten Freund. Doch er- 
kannten wir uns nicht wieder, denn ich war feit unferer 
erften Begegnung um vierzig Jahre älter, er um dreihundert 


Jahre jünger geworden, fo daß er mich für ein Monument 
e 


77 


anfah, worauf ihn aber дег Lohnbediente belehrte: Ап 
diefem Herrn ift durchaus nichts Merkwürdiges, feine Nafe 
ift nicht von Albrecht Dürer, und feine Haare, die er übri- 
gens gar nicht mehr hat, find nicht einmal von Hans Hol- 
bein. Ich muß daher fehr bitten, ihn nicht für ein Denk- 
mal zu halten, erftens, weil beim Denken nichts heraus- 
kommt, und dann, weil diefer Herr wieder abreift. Bie aber 
find hier angeftellt als Königlich Preußifcher Kölner Dom, 
damit die Lohnbedienten etwas an Ihnen zu verdienen 
haben. Sie haben bunte Fenfter, find katholifch geboren 
und proteftantifch erzogen. Sie ftehen auf dem linken Rhein- 
ufer und haben einen politifchen Charakter, d. h. Sie find 
bald deutfch, bald franzöfifch, je nachdem die einen oder 
die anderen Prügel gekriegt haben; denn die Weltgefchichte 
ift nicht das Weltgericht, fondern nur eine große Prügelei. 
Alles dies ift fehr merkwürdig und koftet zehn Silbergrofchen. 
Daß ich von Köln über Brüffel nach Oftende reifte, müf- 
fen Sie mir glauben, da ich es Ihnen nicht beweifen kann. 
Ich habe auch felbít keine andere Gewißheit darüber, als daß 
ich in der Nacht meine Koffer öffnen mußte, was ich für 
belgifch halte, wie denn in der Tat in Brüffel ein Blatt er- 
fcheint, welches die „Indépendance“ heißt. Daß es übrigens 
in Oftende Auftern geben foll, ift eine Verleumdung. Mir 
ift durchaus keine bekannt geworden, was die Eingeborenen 
damit zu entfchuldigen fuchen, daß die Auftern Monate 
ohne г nicht lieben. Diefe Entdeckung, daß Seemufcheln 
einen fehr fein entwickelten Sinn für Buchftaben haben, ift 
die bedeutendíte, die ich auf diefer Reife gemacht habe. 
Die Überfahrt war, da mein Magen fich nicht einbildete, 
ich hatte zuviel gegeffen, fehr angenehm. In Dover wird 


78 


тап іп eine Kanone geladen und abgefchoffen, fo daß man 
London mitten in die Scheibe trifft, die Charing Cross heißt. 
Dort traf ich Freitag abend fechs Uhr ein, telegraphierte 
nach Knebworth, fuhr nach dem Nordbahnhof, um halb 
acht nach Stevenage und fand dort den Wagen, der mich 
hieher führte. 

Von Schloß und Park, von Rafen und Pfirfichen werde 
ich Ihnen an langen Winterabenden im Kreife Ihrer Enkel 
erzählen. Für jetzt nur fo viel: daß ich am 10. oder 11. 
wieder in See fteche — Sie müffen diefen Ausdruck nicht 
wörtlich nehmen, denn ich könnte ebenfogut fagen: ich 
werde die Anker lichten, ohne deshalb eine Unternehmung 
ganz von dem Verdachte zu reinigen, daß man dabei er- 
faufen kann. 

Am 13. denke ich in München zu fein. — — 

Villers. 


APHORISMEN / VON VILLERS 


Vom Leben ausruhn ift erft Leben. 
An der Grenze alles Übermaßes liegt jede Schönheit. 


Kanns nicht Licht fein, fo fei es wenigftens Schatten: 
es ift doch immer eine Sonne dabei. 


Die keine Meifter find und doch ftreng urteilen, find 
deshalb nicht zu verdammen; denn je weniger einer in 
einer Schlacht Courage hat, defto mehr muß er darauf- 
halten, daß nicht auch die andern davonlaufen. 


Mann und Frau find zwei Türen in dasfelbe Haus. 


79 


DER BESUCH / VON GOETHE 


EINE Liebfte wollt ich heut befchleichen, 
Aber ihre Türe war verfchloffen. 
Hab ich doch den Schlüffel in der Tafche! 
Öffn’ ich leife die geliebte Türe! 


Auf dem Saale fand ich nicht das Mädchen, 
Fand das Mädchen nicht in ihrer Stube. 
Endlich, da ich leis die Kammer öffne, 
Find ich fie, gar zierlich eingefchlafen, 
Angekleidet auf dem Sofa liegen. 


Bei der Arbeit war fie eingefchlafen: 
Das Geftrickte mit den Nadeln ruhte 
Zwifchen den gefaltnen zarten Händen; 
Und ich fetzte mich an ihre Seite, 
Ging bei mir zu Rat, ob ich fie weckte. 


Da betrachtet ich den fchönen Frieden, 
Der auf ihren Augenlidern ruhte; 

Auf den Lippen war die ftille Treue, 
Auf den Wangen Lieblichkeit zu Haufe, 
Und die Unfchuld eines guten Herzens 
Regte fich im Bufen hin und wieder. 
Jedes ihrer Glieder lag gefällig, 
Aufgelöft vom füßen Götterbalfam. 


Freudig faß ich da, und die Betrachtung 
Hielte die Begierde, fie zu wecken, 
Mit geheimen Banden feft und fefter. 


80 


Handzeichnung von Goethe. 


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О du Liebe, dacht ich, kann der Schlummer, 
Der Verräter jedes falfchen Zuges, 

Kann er dir nicht fchaden, nichts entdecken, 
Was des Freundes zarte Meinung ftörte? 


Deine holden Augen find gefchloflen, 

Die mich offen fchon allein bezaubern; 
Es bewegen deine füßen Lippen 

Weder fich zur Rede noch zum Kuffe; 
Aufgelöft find diefe Zauberbande 

Deiner Arme, die mich fonft umfchlingen, 
Und die Hand, die reizende Gefährtin 
Süßer Schmeicheleien, unbeweglich. 


Wärs ein Irrtum, wie ich von dir denke, 
Wär es Selbftbetrug, wie ich dich liebe, 
Mut ichs jetzt entdecken, da fich Amor 
Ohne Binde neben mich geftellet. 


Lange faß ich fo und freute herzlich 
Ihres Wertes mich und meiner Liebe; 
Schlafend hatte fie mir fo gefallen, 

Daß ich mich nicht traute fie zu wecken. 


Leife leg ich ihr zwei Pomeranzen 
Und zwei Rofen auf das Tifchchen nieder; 
Sachte, fachte fchleich ich meiner Wege. 


Öffnet fie die Augen, meine Gute, _ 
Gleich erblickt fie diefe bunte Gabe, 


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Staunt, wie immer bei verfchloßnen Türen 
Diefes freundliche Gefchenk fich finde. 


Seh ich diefe Nacht den Engel wieder — 
O wie freut fie fich, vergilt mir doppelt 
Diefes Opfer meiner zarten Liebe! 


AUS DEM SCHLUSSGESANG DER НОМЕКІ-. 
SCHEN ODYSSEE / NEU UBERTRAGEN VON: 
RUDOLF ALEXANDER SCHRODER 


OCH der Kyllenifche Gott, Hermeias, rief Ше ver- - 
ftorbnen 
Seelen der Freier heraus und hielt in Händen die Rute, 
Golden und fchön, damit er das Aug der Sterblichen 
fänftigt, | 
Aller, welche er mag, und Schlafende wieder erwecket. 
Winkend führt er fie an. So folgten fie fehwirenden!! 
Fluges. | 
Wie die Nachtmauf’, hangend іт Winkel heiliger Grotten, . 
Schwirren und flattern, gefcheucht, fo eine vom Felfen | 
gefallen, | 
Aus dem Knäuel gelöft, und drängen fich dicht aneinander, . 
Alfo fchwirrend folgte der Zug. Es führte die Toten 
Hermes, der Heiland, alle hinab den Pfad der Verwefung. 
Und fie glitten vorbei des Okeanos rinnenden Waffern, 
Glitten dem Leukasfelfen vorbei, den Toren der Sonne, 
Glitten durchs Traumland flugs zur Asphodeloswiefe 
hinunter, 


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Woo die Geftorbenen find, сіп Scheinbild menfchlicher 
Mühfal. 

Aber fie fanden die Seele des Peleusfohnes, Achilleus, 
U nd des Patroklos Geift, Antilochos' Seele, des Helden, 
Und des Aias, voreinft an Wuchs und Mienen der Erfte 
Vor den Danaern allen, zunáchft dem Sohne des Peleus. 
Um den Achilleus ftunden die drei. Es nahete ihnen 
Des Agamemnon feufzender Geift, des Atreusfohnes, 
‘Jammerbefchwert, und andre zuhauf, fo viele mit jenem 
In des Aigifthos Haus ihr Schickfal fanden und fielen. 
Und es begann die Seele des Peleusfohnes, Achilleus: 
»Atreusfohn, wir meinten, du warft durch alle die Tage 
. Immer dem blitzausfendenden Zeus der liebfte vor allem 
Heldenvolk und hatteft die Macht ob wackeren Männern 
. Dort im troifchen Land, dem Land des Grams für die 
: Griechen; 

Und nun wollte fich dir fo früh die Moire gefellen, 
‚ Deren Gewalt nicht einer entflieht, wer immer zur Welt 

kam. 

Beffer wars, du litteft den Tod im Lande der Troer, 
Da du der Ehre genoffeft und warft vor vielen ein König. 
. Alle Achaier hätten dir dann den Hügel gefchichtet, 

Dir und dem Sohn hernach ein Mal unfterblichen Ruhmes. 
: Nun aber ward dein Los, elendigen Todes zu fterben!« 

Da erwiderte ihm die Seele des Atreusfohnes: 
»Seliger Peleusfohn, Achilleus, Göttern vergleichlich, 
Der du in Troja ftarbft, von Argos fern, und es fielen 
Rings um dich her der Troer und Griechen edelfte Söhne, 
Um deinen Leichnam kämpfend: du lagft im wölkenden 

Staube 


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Breit auf breitem Gefild, der Zügel und Roffe уегрееп. 
Wir aber kämpften den völligen Tag und hätten auch 
dann nicht 
Innegehalten im Kampf, wo nicht Zeus felber geblitzet. 
Siehe, wir trugen dich weg vom Streit zum Lager der 
Schiffe, 

Legten dich nieder aufs Bett und wufchen mit laulichem 
Waffer 

Und mit Salben den herrlichen Leib; und bittere Tranen 

Weinten die Danaer, trauernd um dich, und fchoren ihr 
Haupthaar. 

Und deine Mutter tauchte hervor mit den göttlichen 
Meerfraun, 

Da fie die Kunde vernommen, es drang ein fchauerlich 
Rufen 

Über das Meer, und kam ein Fürchten allen Achaiern. 

Und fie hoben fich auf und hätten die Schiffe beftiegen, 

Wenn fie ein Mann nicht hielt, der viel Vergangenes 
wußte, 

Neftor, der allen mit Rat und Weisheit immer voraus war. 

Der aber fprach mit gutem Bedacht und redete alfo: 

‚Hemmet, Argeier, den Lauf, flieht nicht, ihr Söhne 
Achaias! 

Sehet, die Mutter kommt, es kommen die feligen Meer- 
fraun 

Aus den Gewáffern herauf, den Sohn, der ftarb, zu be- 
fuchen.* 

Sprachs. So bándigten innen das Graun die ftolzen Achaier. 

Doch um dein Bett verfammelten fich die Téchter des 
Meeres, 


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John Flaxman 


Jammernden Lauts und taten dir an unfterbliche Kleider. 

Totenklag begannen dafelbft mit Wechfelgefangen 

Die neun Mufen zumal. Da fahft du keinen Argeier 

Tränenlos: fo rührend fcholl der fchrille Gefang uns. 

Siebzehn Tage beweinten wir dich die Nacht und den Tag 
durch, 

Die unfterblichen Götter zumal und fterbliche Menfchen; 

Dann aber gaben wir dich tags drauf dem Feuer und 
fchlugen 

Schafe und üppige Geißen gar viel und glänzende Rinder. 

Und du verbrannteft im Göttergewand, mit Süße des Honigs 

Und mit Salben benetzt; und viel achaifche Helden, 

Reuter und Fußvolk tummelten fich in blanken Gewappen, 

Rings um den flammenden Stoß mit Schrein und Waffen- 
getöfe. 

Da es jedoch gen Frührot ging und hatte die Lohe 

Des Hephaift dich völlig verzehrt, fo bargen, Achilleus, 

Wir dein bleiches Gebein in lauterem Wein und Salböl; 

Und deine Mutter gab ein gülden Gefäß, Dionyfos’ 

Eigen Gefchenk — fo fprach fie, ein Werk des Schmiedes 
Hephaiftos. 

Darin ruht dein bleiches Gebein, o ftolzer Achilleus, 

Mit des Patroklos Reft, des Menoitiosfohnes, vermenget, 

Und des Antilochos Reft, den du vor allen Gefellen 

Weit am meiften geliebt, nachdem Patroklos geftorben. 

Dann aber fchütteten wir, das heilige Heer der Argeier, 

Für euch dreie das Grabmal auf, den mächtigen Hügel, 

Wo fich der Fels vordrängt in die Weite des Hellespontos, 

Daß es vom Meer aus, fern, die fahrenden Männer er- 
blicken, 


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Alle, die jetzund find und die, fo fpäter erfcheinen. 
Doch deine Mutter erbat von den Göttern herrliche Preife, 
Stellte fie mitten im Ring zur Schau den edelften Grie- 
chen. — 
Wahrlich, du faheft fchon oft der Helden fchönes Begräbnis, 
Wenn vielleicht ein König ftarb; und alle die Jungen 
Rüften zum Kampffpiel fich und gürten die Untergewänder: 
Aber du hätteft am meiften geftaunt, fo du felber gefehen, 
Welche Gefchenke für dich, den Liebling fämtlicher Götter, 
Uns zu Preifen gefetzt die filberfüßige Thetis. 

Alfo verlorft du nimmer im Tod den Namen; und ewig 
Bleibet im Menfchengefchlecht dein Ruhm lebendig, 
Achilleus. 

Mir aber, fag, was war mirs nutz, den Krieg zu beftehen? 
Schuf in der Heimat doch mir Zeus das grimme Verderben 
Durch die Hand des Aigifth und mein verworfenes Eh- 
weib!“ 

Alfo ftanden fie da und redeten untereinander. 
Aber es nahete fich der Geleitsmann, Argeiphontes, 
Mit den Seelen der Freier, die droben jener erwürget. 


ZWEI GEDICHTE VON RICARDA HUCH 


ELL ftrömt aus Schluchten der Vergangenheit 

In unfre Becher, die wir fchwärmend füllen, 
Ambrofifch Blut, aus deffen Purpurhüllen 
Verklärtes Leben funkelnd fich befreit: 


Sehnfucht und Liebe, Tränen, Lächeln, Luft 
Und Kampf und Fluch und fiegende Gedanken 


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Der Toten, Ше wie wir den Feftwein tranken, 
Lenzlaub im Haare, unfer nicht bewußt; 


Und wir gewahren nicht, ins Heut verfonnen, 
Daß jeder Tropfen, den die Zeit ergießt, 
Von unfrer Seele löft und fo durchglutet 


Herniederrinnt in einen dunklen Bronnen, 
Der einft in andre Schalen überfließt 
Beraufchter Zecher, die der Гар umflutet. 


RALTER Worte kundig kommt die Nacht; 
Sie löft den Dingen Rüftung ab und Bande, 
Sie wechfelt die Geftalten und Gewande 
Und hüllt den Streit in gleiche braune Tracht. 


Da rührt das fteinerne Gebirg fich facht 

Und fchwillt wie Meer hinüber in die Lande. 
Der Abgrund kriecht verlangend bis zum Rande 
Und trinkt der Sterne hingebeugte Pracht. 


Ich halte dich und bin von dir umfchloffen, 
Erfchöpfte Wandrer wiederum zu Haus; 


So fühl ich dich in Fleifch und Blut gegoffen, 


Von deinem Leib und Leben meins umgleitet. 
Die Seele ruht von langer Sehnfucht aus, 
Die eins vom andern nicht mehr unterfcheidet. 


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D. Chodowiecki: Lotte übergibt Werthers Diener die Pifiolen. 


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ROBERT SCHUMANN / AUS DEM SPRUCH- 
BUCHE DER DAVIDSBUNDLER 


AS ift der Fluch des Talents, daß es, obgleich ficherer 

und anhaltender arbeitend als das Genie, kein Ziel 
erreicht, während das Genie längft auf der Spitze des Ideals 
fchwebt und fich lachend oben umfieht! 


Das Unglück des Nachahmers ift, daß er nur das Her- 
vorftechende fich anzueignen, das Eigentlichfchöne des Ori- 
ginals aber nachzubilden wie aus einer natürlichen Scheu 
fich nicht getraut. 


Es ift nicht gut, wenn der Menfch in einer Sache zu 
viel Leichtigkeit erworben hat. 


Wir wären am Ziel? — Wir irren! Die Kunft wird 
die große Fuge fein, in der fich die verfchiednen Völker- 
fchaften ablöfen im Singen. 


Das Außergewöhnliche am Künftler wird zu feinem Vor- 
teil nicht immer im Augenblick anerkannt. 


Wer fich einmal Schranken fetzt, von dem wird leider 
verlangt, daß er immer drinnen bleibe. 


Durch Vergleichen kommt man auf Umwegen zum Re- 
fultat; nimm die Sache, wie fie ift, mit ihrem innern Grunde 


und Gegengrunde. 


Die ruhige Pfyche mit zufammengefalteten Flügeln hat 
nur halbe Schönheit; іп die Lüfte muß fie fich fchwingen! 


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Verzeiht den Irrtümern der Jugend! Es gibt auch Irr- 
lichter, die dem Wanderer den rechten Weg zeigen, den 
namlich, den die Irrlichter nicht gehen. 


Man denke nur, welche Umftände fich vereinigen müffen, 
wenn das Schöne in feiner ganzen Würde und Herrlichkeit 
auftreten foll! Wir fordern dazu einmal: große, tiefe In- 
tention, Idealität eines Kunftwerkes, dann: Enthufiasmus 
der Darftellung, 3. Virtuofität der Leiftung, harmonifches 
Zufammenwirken wie aus einer Seele, 4. inneres Ver- 
langen und Bedürfnis des Gebenden und Empfangenden, 
momentan günftigfte Stimmung (von beiden Seiten, des 
Zuhörers und des Künttlers), 5. glücklichfte Konftellation 
der Zeitverhältniffe fowie des fpezielleren Moments der 
räumlichen und anderen Nebenumftände, 6. Leitung und 
Mitteilung des Eindrucks, der Gefühle, Anfichten — Wider- 
fpiegelung der Kunftfreude im Auge des andern. — Ift ein 
folches Zufammentreffen nicht ein Wurf mit fechs Würfeln 
von fechs mal fechs? 


Bebt ihr nicht zufammen, ihr Kunftfchacher, bei den 
Worten, die Beethoven auf feinem Sterbebette fprach: ich 
glaube erft am Anfang zu fein — oder wie Jean Paul: mir 
ifts, als hätt ich noch nichts gefchrieben. 


Das Talent arbeitet, das Genie fchafft. 
Der gebildete Mufiker wird an einer Raffaelfchen Ma- 
donna mit gleichem Nutzen ftudieren können wie der 


Maler an einer Mozartfchen Symphonie. Noch mehr: dem 


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Bildhauer wird jeder Schaufpieler zur ruhigen Statue, die- 
fem die Werke jenes zu lebendigen Geftalten; dem Maler 
wird das Gedicht zum Bild, der Mufiker fetzt das Gemälde 


in Töne um. 


Die Afthetik der einen Kunft ift die der andern; nur 
das Material ift verfchieden. 


Das Große geht oft in ähnlichen Worten und Tönen 
durch die Geifter im Kreife um. 


Oft kónnen zwei Lesarten von gleichem Wert fein. — 
Die urfprüngliche ift meift die beffere. 


Eine Zeitíchrift foll nicht bloß die Gegenwart abfpiegeln ; 
der finkenden muß die Kritik vorauseilen und fie gleichfam 
aus der Zukunft zurückbekämpfen. 


Wer viel Angft hat, feine Originalität zu bewahren, ift 
allerdings im Begriff, fie zu verlieren. 


Nur wenige der eigentlichften genialen Werke find po- 
pulär geworden (Don Giovanni). 


Greift nicht in die Zeit ein; gebt den Jünglingen die 
Alten als Studium, aber verlangt nicht von ihnen, daß fie 
Einfachheit und Schmucklofigkeit bis zur Affektation trei- 
ben. Läutert ihn, daß er eine befonnene Anwendung der 
neuerweiterten Kunftmittel macht. 


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ROBERT SCHUMANN AN CLARA WIECK 


ON oben gekommen ein Engelskind 
Am Flügel fitzt und auf Lieder finnt, 
Und wie es in die Taften greift, 
Im Zauberringe vorüberfchweift 
Geftalt an Geftalt 
Und Bild nach Bild, 
Erlkönig alt 
Und Mignon mild, 
Und trotziger Ritter 
Im Waffenflitter, 
Und kniende Nonne 
In Andachtwonne. 
Die Menfchen, die’s hérten, die haben getobt, 
Als wärs eine Sängerin hochgelobt ; 
Das Engelskind aber unverweilt 
Zurück in feine Heimat eilt. 


AUS MOZARTS BRIEFEN 


AN DEN VATER 
Augsburg, 23. Oktober 1777. 


EULICH beim Stein brachte er mir eine Sonate vom 
Beecké; ich glaube, ich habe das fchon gefchrieben. 
Apropos wegen feinem Mädel! Wer fie fpielen fieht und 
hört und nicht lachen muß, der muß von Stein wie ihr 
Vater fein. Es wird völlig gegen den Diskant hinauf ge- 
feffen, beileibe nicht mitten, damit man mehr Gelegenheit 


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hat, fich zu bewegen und Grimaffen zu machen. Die 
Augen werden verdreht, es wird gefchmutzt; wenn eine 
Sache zweimal kömmt, fo wird fie das zweite Mal lang- 
famer gefpielt; kommt fie dreimal, wieder langfamer. Der 
Arm muß in alle Höhe, wenn man eine Paffage macht, 
und wie die Paffage markiert wird, fo muß es der Arm, 
nicht die Finger, und das recht mit allem Fleiß fchwer 
und ungefchickt tun. Das Schönfte aber ift, daß, wenn in 
einer Paffage (die fortfließen foll wie Öl) notwendigerweife 
die Finger gewechfelt werden müffen, fo brauchts nicht 
viel acht zu geben, fondern wenn es Zeit ıft, fo läßt man 
aus, hebt die Hand auf und fängt ganz kommod wieder an. 
Durch das hat man auch eher Hoffnung, einen falfchen 
Ton zu erwifchen, und das macht oft einen kuriofen Effekt. 
Ich fchreibe diefes nur, um dem Papa einen Begriff vom 
Klavierfpielen und Inftruieren zu geben, damit der Papa 
feinerzeit einen Nutzen daraus ziehen kann. Herr Stein 
ift völlig in feine Tochter vernarrt. Sie ift achtehalb Jahr 
alt, fie lernt nur noch alles auswendig. Sie kann werden, 
fie hat Genie; aber auf diefe Art wird fie nichts, fie wird 
niemalen viel Ge(chwindigkeit bekommen, weil fie fich völlig 
befleißt, die Hand fchwer zu machen. Sie wird das Not- 
wendigfte und Härtefte und die Hauptfache іп der Mufik 
niemalen bekommen, námlich das Tempo, weil fie fich von 
Jugend auf völlig befliffen hat, nicht auf den Takt zu fpie- 
len. Herr Stein und ich haben gewiß zwei Stunden mit- 
einander über diefen Punkt gefprochen. Ich habe ihn aber 
Íchon ziemlich bekehrt, er fragt mich jetzt in allem um 
Rat. Er war in den Beecké vóllig vernarrt; nun fieht und 
hört er, daß ich mehr ípiele als Beecké, daß ich keine 


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Grimaffen mache und doch fo expreffive fpiele, daß noch 
keiner nach feinem Bekenntnis feine Pianoforte fo gut zu 
traktieren gewußt hat. Daß ich immer akkurat im Takt 
bleibe, über das verwundern fie fich alle. Das tempo ru- 
bato in einem Adagio, daß die linke Hand nichts darum 
weiß, können fie gar nicht begreifen. Bei ihnen gibt die 
linke Hand nach. Graf Wolfeck und mehrere, die ganz 
paffioniert für Beecké find, fagten neulich öffentlich im Kon- 
теге, daß ich den Beecké in Sack fchiebe. Graf Wolfeck 
lief immer im Saal herum und fagte: „So hab ich mein 
Lebtag nichts gehört.“ Er fagte zu mir: „Ich muß Ihnen 
fagen, daß ich Sie niemalen fo fpielen gehört wie heute; 
ich werde es auch Ihrem Vater fagen, fobald ich auf Salz- 
burg komme...“ 


AN ABBE BULLINGER 
Paris, 3. Juli 1778. 


Allerbefter Freund! 
Für Sie ganz allein. 


Trauern Sie mit mir, mein Freund! Dies war der 
traurigfte Tag іп meinem Leben, dies fchreibe ich um 
zwei Uhr nachts. Ich muß es Ihnen doch fagen: meine 
Mutter, meine liebe Mutter ift nicht mehr! Gott hat fie 
zu fich gerufen; er wollte fie haben, das fehe ich klar, 
mithin habe ich mich in den Willen Gottes zu geben. 
Er hatte fie mir gegeben, er konnte fie mir auch nehmen. 
Stellen Sie fich nur alle meine Unruhe, Ängfte und Sor- 
gen für, die ich diefe vierzehn Tage ausgeftanden habe. 
Sie ftarb, ohne daß fie etwas von fich wußte, löfchte aus 


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wie ein Licht. Sie hat drei Tage vorher gebeichtet, ift 
kommuniziert worden und hat die heilige Olung be- 
kommen. Die letzten drei Tage aber phantafierte fie be- 
ftändig, und heute aber um fünf Uhr einundzwanzig 
Minuten griff fie in Zügen, verlor allfogleich dabei alle 
Empfindung und alle Sinne. Ich drückte ihr die Hand, 
redete fie an, fie fah mich aber nicht, hörte mich nicht 
und empfand nichts. So lag fie bis zum Verfchied, näm- 
lich in fünf Stunden, um zehn Uhr einundzwanzig Minuten 
abends. Es war niemand dabei als ich, ein guter Freund 
von uns (den mein Vater kennt), Herr Heina, und die 
Wiachterin. Die ganze Krankheit kann ich Ihnen heute 
ohnmöglich fchreiben; ich bin der Meinung, daß fie hat 
fterben müffen; Gott hat es fo haben wollen. Ich bitte 
Sie unterdeffen um nichts als um das Freundftück, daß 
Sie meinen armen Vater ganz fachte zu diefer traurigen 
Nachricht bereiten. Ich habe ihm mit der nämlichen Poft 
gefchrieben, aber nur, daß fie (chwer krank ift, warte dann 
nur auf eine Antwort, damit ich mich darnach richten 
kann. Gott gebe ihm Stärke und Mut! Mein Freund! 
ich bin nicht jetzt, fondern fchon lange her getröftet. Ich 
habe aus befonderer Gnade Gottes alles mit Standhaftig- 
keit und Gelaffenheit ertragen. Wie es fo gefährlich 
wurde, fo bat ich Gott nur um zwei Dinge, nämlich um 
eine glückliche Sterbftunde für meine Mutter und dann 
für mich um Stärke und Mut, und der gütige Gott hat 
mich erhört und mir die zwei Gnaden im größten Maße 
verliehen. Ich bitte Sie alfo, befter Freund, erhalten Sie 
mir meinen Vater, fprechen Sie ihm Mut zu, daß er es 
fich nicht gar zu fchwer und hart nimmt, wenn er das 


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Ärgfte erft hören wird. Meine Schwefter empfehle ich 
Ihnen auch von ganzem Herzen. Gehen Sie doch gleich 
hinaus zu ihnen, ich bitte Sie, fagen Sie ihnen noch nichts, 
daß fie tot ift, fondern präparieren Sie fie nur fo dazu. 
Tun Sie, was Sie wollen, wenden Sie alles an, machen 
Sie nur, daß ich ruhig fein kann und daß ich nicht etwa 
ein anderes Unglück noch zu erwarten habe. Erhalten Sie 
mir meinen lieben Vater und meine liebe Schwefter! Geben 
Sie mir gleich Antwort, ich bitte Sie. Adieu, ich bin Dero 
gehorfamfter, dankbarfter Diener 
W.A.M. 


AN DEN VATER 
Wien, 9. Juni 1781. 
Nun hat es der Herr Graf Arco recht gut gemacht! 
Das ift alfo die Art, die Leute zu bereden, fie an fich 
zu ziehen, daß man aus angeborener Dummheit die Bitt- 
fchriften nicht annimmt, aus Manglung des Muts und aus 
Liebe zur Fuchsfchwanzerei dem Herren gar kein Wort 
fagt, jemand vier Wochen herumzieht und endlich, da 
derjenige gezwungen ift, die Bittfchrift felbft zu über- 
reichen, anftatt ihm wenigftens den Zutritt zu verftatten, 
ihn zur Tür hinausfchmeißt und einen Tritt im Hintern 
gibt! Das ift alfo der Graf, dem es (nach Ihrem letzten 
Schreiben) fo fehr vom Herzen geht? das ift alfo der Hof, 
wo ich dienen, an welchem man jemand, der um etwas 
fchriftlich einkommen will, anftatt daß man ihm die Über- 
gebung zuwegen bringt, ihn alfo behandelt? Das gefchahe 
in der Antichambre; mithin war kein ander Mittel als fich 
losreißen und laufen, dann ich wollte für die fürftlichen 


96 


( 


ggf ea waa л 


Zimmer den Refpekt nicht verlieren, wenn ihn fchon der 
Arco verloren hatte. Ich habe drei Memorial gemacht, 
habe fie fünfmal übergeben und find mir allzeit zurück- 
geíchlagen worden. Ich habe fie ganz gut verwahrt, und 
` wer fie lefen will, kann fie lefen und fich überzeugen, daß 
nicht das geringfte Anzügliche darinnen feie. Endlich, 
da ich abends das Memorial durch Herrn von Kleinmayrn 
. zurückgefandt bekam (dann er ift hier dazu beftellt), und 
. als den andern Тар darauf ware die Abreife des Erz- 
bifchofs, fo war ich für Zorn ganz außer mir; wegreifen 
- konnte ich ihn fo nicht laffen, und da ich von Arco ge- 
wut (wenigftens fagte er mir es fo), daß er nichts darum 
wiffe, mithin wie bófe könnte der Erzbifchof nicht auf 
. mich fein, fo lange hier zu fein und dann auf den letzten 
Augenblick erít mit einer folchen Bittíchrift zu kommen. 
Ich machte alío ein anderes Memorial, worin ich ihm ent- 
^. deckte, daß ich fchon bereits vier Wochen eine Bittfchrift 
in Bereitfchaft hätte, und da ich mich, wüßte nicht warum, 
fo lange damit herumgezogen fahe, fo feie ich nun ge- 
nótiget, fie ihm felbít, und zwar auf den letzten Augen- 
blick zu überreichen. Fir diefes Memorial bekam ich 
die Entlaffung meiner Dieníte auf die fchénfte Art von 
der Welt. Dann wer weiß, ob es nicht auf Befehl des 
Erzbifchofs gefchehen ift? Herr von Kleinmayrn, wenn 
er einen ehrlichen Mann noch fo fortfpielen will, und die 
Bedienten des Erzbifchofs find Zeugen, daß fein Befehl ift 
vollzogen worden. Ich brauche nun gar keine Bittfchrift 
mehr nachzufchicken, die Sache ift nun geendiget. Ich 
will nun von der ganzen Affäre nichts mehr fchreiben, 
und wenn mir der Erzbifchof nun zwölfhundert Fl. 


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Befoldung gabe, fo ging ich nicht nach einer folchen 
Behandlung. Wie leicht wäre ich nicht zu bereden ge- 
wefen! Aber mit Art, nicht mit Stolz und Grobheit. 
Dem Graf Arco habe ich fagen laffen, ich habe nichts 
mit ihm zu reden, weil er mich das erftemal fo ange- 
fahren und wie einen Spitzbuben ausgemacht hat, wel- 
ches ihm nicht zufteht. Und bei Gott! wie ich fchon 
gefchrieben habe, ich wäre das letztemal auch nicht hin- 
gegangen, hätte er mir nicht dazu fagen laffen, er hätte 
einen Brief von Ihnen. Nun das letztemal! Was geht 
es ihn an, wenn ich meine Entlaflung haben will? Und 
denkt er wirklich fo gut für mich, fo foll er mit Gründen 
jemand zureden oder die Sache gehen laffen, wie fie geht. 
Aber nicht mit Flegel und Burfch herumwerfen und einen 
bei der Tür durch einen Tritt im Arfch hinauswerfen; 
doch ich habe vergeffen, daß es vielleicht Hochfürftlicher 
Befehl war. 

Auf Ihren Brief will ich nur ganz kurz antworten. 
Dann ich bin der ganzen Sache fo müde, daß ich gar 
nichts mehr davon zu hören wünfchte. Nach der ganzen 
Urfach, warum ich quittiere (die Sie wohl wiffen), würde 
es keinem Vater einfallen, mit feinem Sohn darüber böfe 
zu fein; vielmehr wenn er es nicht getan hätte. Defto 
weniger, da Sie wußten, daß ich fchon ohne alle Urfach 
dazu Luft hatte. Und Ernft kann es Ihnen ohnmöglich 
fein, Sie müffen fich wegen dem Hof alfo verhalten. Doch 
bitte ich Sie, mein befter Vater, nicht zu viel zu kriechen, 
dann der Erzbifchof kann Ihnen nichts tun. Tät ers 
doch! Ich wünfchte es faft. Das wäre wirklich eine Tat, 
eine neue Тас, die ihm beim Kaifer vollends den Garaus 


98 


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machen würde; dann der Kaifer kann ihn nicht allein 
micht leiden, fondern ег haßt ihn. Wenn Sie nach einer 
folchen Behandlung nach Wien gehen und dem Kaifer 
die Gefchichte erzählen, fo erhalten Sie wenigftens die 
nàmliche Gage von ihm, denn in folchen Fällen ift der 
Kaifer zu verehren. .. 


AN KONSTANZE 
Wien, 29. April 1782. 


Liebfte, befte Freundin! 


Diefen Namen werden Sie mir ja doch noch wohl er- 
lauben, daß ich Ihnen geben darf? So fehr werden Sie 
mich ja doch nicht haffen, daß ich nicht mehr Ihr Freund 
fein darf und Sie nicht mehr meine Freundin fein werden? 
Und wenn Sie es auch nicht mehr fein wollen, fo können 
Sie es mir doch nicht verbieten, gut für Sie, meine Freundin, 
zu denken, wie ich es nun fchon gewohnt bin. Überlegen 
Sie wohl, was Sie heut zu mir gefagt haben. Sie haben 
mir (ohngeachtet allen meinen Bitten) dreimal den Korb 
gegeben und mir gerade ins Geficht gefagt, daß Sie mit 
mir nichts mehr zu tun haben wollen. Ich, dem es nicht 
fo gleichgültig ift wie Ihnen, den geliebten Gegenftand zu 
verlieren, bin nicht fo hitzig, unüberlegt und unvernünftig, 
den Korb anzunehmen. Zu diefem Schritte liebe ich Sie 
zu fehr. Ich bitte Sie alfo noch einmal, die Urfache diefes 
ganzen Verdruffes wohl zu überlegen und zu bedenken, 
welche war, daß ich mich darüber aufgehalten, daß Sie fo 
unverfchämt, unüberlegt waren, Ihren Schweftern, NB. in 
meiner Gegenwart, zu fagen, daß Sie fich von einem Chapeau 


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haben die Waden melen lafen. Das tut kein Frauen, ` 
zimmer, welches auf Ehren hält. Die Maxime in der Kom- ` 


pagnie mitzumachen ift ganz gut. Dabei muß man aber 


viele Nebenfachen betrachten: ob es lauter gute Freunde - 


und Bekannte beifammen find? ob ich ein Kind oder fchon 
ein Mädchen zum Heuraten bin? befonders aber, ob ich 
eine verfprochene Braut bin? hauptiächlich aber, ob lauter 
Leute meinesgleichen oder niedrigere als ich, befonders aber 
vornehmere als ich dabei find? Wenn es fich wirklich die 
Baronin felbft hat tun laffen, fo ift es ganz was anderes, 
weil fie fchon weiter eine übertragene Frau, die ohnmög- 


lich mehr reizen kann, ift und überhaupt eine Liebhaberin 


vom et caetera ift. Ich hoffe nicht, liebfte Freundin, daß 
Sie jemals fo ein Leben führen wollten wie fie, wenn Sie 
auch nicht meine Frau fein wollen. Wenn Sie fchon dem 
Triebe mitzumachen (obwohl das Mitmachen einer Manns- 
perfon nicht allzeit gut fteht, defto weniger aber einem 
Frauenzimmer) konnten Sie aber ohnmöglich widerftehen, 
fo hätten Sie in Gottes Namen das Band genommen und 
fich felbft die Waden gemeflen (fo wie es noch alle Frauen- 
zimmer von Ehre in meiner Gegenwart in dergleichen 


І 
i 


Fällen getan haben) und fich nicht von einem Chapeau 


(ich, ich würde es niemalens im Beifein anderer Ihnen getan 


haben, ich würde Ihnen felbft das Band gereicht haben), 


defto weniger alfo von einem Fremden, der mich gar nichts 
angeht. Doch das ift vorbei, und ein kleines Geftändnis 
Ihrer dortmaligen, etwas unüberlegten Aufführung würde 
alles wieder gutgemacht haben und — wenn Sie es nicht 
übel nehmen, liebfte Freundin — noch gutmachen. Dar- 
aus fehen Sie, wie fehr ich Sie liebe. Ich braufe nicht auf 


IOO 


-wie Sie, ich denke, ich überlege und ich fühle. Fühlen Sie, 
haben Sie Gefühl, fo weiß ich gewiß, daß ich heute noch 
ruhig werde fagen können: die Konftanze ift die tugend- 
'hafte, ehrliebende, vernünftige und getreue Geliebte des 
rechtfchaffenen und für fie wohldenkenden 


Mozart. 


HEINRICH LEUTHOLD / MITTAGSRUHE 


IT fchattigem Kaftanienwalde 
Senkt fich vom Apennin die Schlucht; 
Limonen fchmücken reich die Halde, 
Und Öl und Wein umkränzt die Bucht. 
Ein dunkles Klofter liegt zur Seite, 
: Der Weg von Blüten überfchneit. 
Vor uns dehnt fich des Meeres Weite, 
Ein Sinnbild der Unendlichkeit. 


Es tönt die Welt mit keiner Kunde 
In unfern Frieden ftörend ein. 
Wir zählen weder Tag noch Stunde: 
^ A Das ift ein füß Begrabenfein, 
Das ift ein feliges Verbluten, 
Dem unfre Seelen fich geweiht. 
Natur wälzt ihre Wolluftfluten 
Lautlos um unfre Einfamkeit. 
Aus dem Nachlaß. 


101 


LIEDER DES HAFIS 


LIEBESH YMNE 
ELIEBTE, deine großen Mandelaugen 


Sind fchén wie Huris in dem Garten Eden, 
Und deine Wangen gleichen Rofenbeeten 


Des Paradiefes, — ach, und deine Locken 
Verwirren wie ein Zauberwald, daraus 
Man nimmer heimwärts findet, alle Welt. 


Der Hauch, der deinem fchimmernden Mund entftrömt, 
Ift ein verklärter Liebeshauch des Jenfeits 
Und heilt die wilden Qualen meines Herzens. 


Die Hügel deiner Brüfte find zwei Felder 
Schneeweißer Lilien, darauf ganz matte 
Syringenblüten feine Adern ziehn. 


Es fchweben deine Füße wie zwei Wefen 
Des Feenlandes, die von Erdenfchwere 
Nichts wiffen, über unfern Häuptern hin. 


Und deine Seele? Deine zarte Seele 
Ift eine Strophe aus dem Blau des Himmels, 
Ein wundervoller Vers, den Allah fchrieb. 


Und meine Seele, diefe arme, gänzlich 
Zerrüttete? Sie ift ein Opferkraut, 
Geworfen in den ungeheuren Brand 


102 


Verzickter Liebe. Da verglüht es und 
V erduftet und fteigt felig auf zum Himmel 
Zu deiner Ehre, Fürftin diefer Welt! 


WEIN HER! 


Den Stein der Weifen her! Den Becher, Schenke, 
Der alles in fich fchließt, was köftlich ift! 


Wein her! Ich will der Erde Haß und Hochmut 
Abwafchen mir vom härenen Gewand! 


^ Wein her! Ich will das Netz des pfäffifchen Unfinns, 
Das uns umgarnen will, in Stücke reißen! 


Wein her! Ich will die Erde mir erobern, 
Zu Füßen mir die ganze blühende Welt! 


Wein her! Ich will zum Himmel auf! Das Diesfeits 
Und Jenfeits überfegl ich kecken Flugs! 


Wein her! Wein her! Bring mir den Becher, Schenke, 
Der alles in fich fchließt, was köftlich ift! 


DIE ALLMÄCHTIGE 


Die höchfte Macht der Erde fitzt auf keinem Thron. 
Sie blüht in deinem Angeficht, du Herrliche! 


Der Tag wird durch die goldne Sonne nicht erhellt, — 
Aus deinen Augen fließt das wundervolle Licht! 


103 


In deinen fchlanken Handen ruht die Macht des Lebens 
Und auch die dunkle Macht des Todes, — wie du willft. 


Du Schlimme tuft des Böfen ein gehäuftes Maß. 
Tu es getroft, — der Himmel zürnt dir nicht. 


Der Engel Pflicht wär aufzufchreiben, was du Böfes tuft, — 
Sie walten ihres Amtes nicht. Sie lieben dich. 


HAFIS DER BESIEGTE 


Nicht jene find gefährlich mir, die mit 
Dem Schwerte drohn. Nicht jene, die mit Blicken 
Des Grimmes und des Haffes um fich werfen. 


Jedoch ein roter Mund ift mir gefährlich 
Und eine Locke, die auf weißem Hals liegt, 
Und dunkle Augen unter dunkeln Braun, 


Solchen Bezwingern bin ich nicht gewachfen! 
Gern würd ich fliehn, — doch ifts fo füß zu bleiben, 
Befiegt zu fein von Locke, Aug und Mund. 


Wie gerne trink ich das holde Gift des Mundes, 
Wie gern verbrenn ich in den fchönen Gluten, 
Die deine Augen fprühn! Und du, o Locke, 


Du fein gefchwungen, die auf weißem Hals liegt, 
Umfchnüre mich, bis mir der Atem ausgeht, — 
Ich kenne keinen neidenswertern Tod. 

Übertragen von Hans Bethge. 


104 


HANS SACHS / EIN SCHONS BUHLLIED EINER 
EHRLICHEN FRAUEN MIT ЕГМ NAMEN ІМ 
DEN ANFANGEN 


IR liebt in grünem Maien 
die fröhlich Summerzeit, 
in der fich tut erfreuen 
mit ganzer Stetigkeit 
die Allerliebft auf Erden, 


die mir im Herzen leit. 


Ach Mai, du edler Maien, 
der du den grünen Wald 
gar herrlich tuft erfreuen 
mit Blümlein mannigfalt, 
darinnen tut fpazieren 
mein Feinslieb wohlgeftalt. 


Gott, du wölleft mir geben 
in diefem Maien grün 

ein fröhlich, gfundes Leben, 
darzu die Zart und Schön, 

die du mir haft erkoren, 

die mir ihr Lieb vergünn. 


Darum, du grüner Maien, 
wann ich an die gedenk, 

die mein Herz tut erfreuen, 
der ich viel Seufzen fenk, 
dieweil ich leb auf Erden, 
mein Herz nit von ihr wänk. 


105 


106 


Ach halt ап Treu und Ehren, 
mein allerhöchfter Schatz, 

und laß dich nit abkehren 

des fchnóden Klaffers Schwatz, 
gib ihren falfchen Zungen 

in deim Herzen kein Platz. 


Lieb! ach wollt Gott, mein Herze 
kunnft fehen in dem Grund, 

wie das in Liebesfchmerze 

von dir ift worden wund! 

Tu das mit eim Wort tröften! 

So wird mein Herz gefund. 


Ewig wollt ich mich freuen, 
wenn ich dein eigen wär, 

und dir dienen in Treuen. 
Deshalb fürcht kein Gefähr! 
Nichts ich, denn Ehr und Glücke, 
von Gott und dir begehr. 


Nach Silber und nach Golde 
tu ich nit fehnen mich, 

als der, die ich herzholde 
hab, zu der mich verfich 
aller Lieb, Treu und Ehre, 
weil ich leb auf Erdrich. 


Ach tu von mir nit kehren 
in Liebesanefang! 


Hoffnung tut mich егпаһгеп 
forthin mein Lebenlang. 
Viel taufend guter Nachte 
wünfch ich dir mit Gefang. 


ARTHUR SCHOPENHAUER / UBER SCHRIFT- 
STELLEREI UND STIL, LESEN UND BUCHER 


М unfterblich zu fein, muß ein Werk fo viele Treff- 

lichkeiten haben, daß nicht leicht fich Einer findet, 
der fie alle faßt und fchätzt; jedoch allezeit diefe Treff- 
lichkeit von Diefem, jene von Jenem erkannt und verehrt 
wird; wodurch der Kredit des Werkes, den langen Lauf 
der Jahrhunderte hindurch, und bei ftets wechfelndem In- 
terefle, fich doch erhält, indem es bald in die/em, bald in 
jenem Sinne verehrt und nie erfchöpft wird. — Der Urheber 
eines folchen aber, alfo Der, welcher auf ein Bleiben und 
Leben noch bei der Nachwelt Anfpruch hat, kann nur ein 
Menfch fein, der nicht bloß unter feinen Zeitgenoffen, 
auf der weiten Erde, feines Gleichen vergeblich fucht 
und von jedem Andern, durch eine fehr merkliche Ver- 
fchiedenheit, augenfällig abfticht; fondern der, wenn er 
fogar, wie der ewige Jude, mehrere Generationen durch- 
wanderte, fich dennoch im felben Falle befinden würde; 
kurz, Einer, von dem das Arioftifche „Die Natur hat 
das Herrlichfte gebildet und dann die Form zerbrochen“ 
wirklich gilt. Denn fonft wäre nicht einzufehn, war- 
um feine Gedanken nicht untergehn follten, wie alle 
andern. 


107 


Zu faft jeder Zeit ift, wie in der Kunft, fo auch in der 
Litteratur, irgend eine falfche Grundanficht, oder Weife, 
oder Manier, im Schwange und wird bewundert. Die ge- 
meinen Köpfe find eifrig bemüht, folche fich anzueignen 
und fie zu üben. Der Einfichtige erkennt und verfchmäht 
fie: er bleibt außer der Mode. Aber nach einigen Jahren 
kommt auch das Publikum dahinter und erkennt die Fakfe 
für Das, was fie ift, verlacht fie jetzt, und die bewunderte 
Schminke aller jener manierirten Werke fallt ab, wie eine 
fchlechte Gypsverzierung von der damit bekleideten Mauer: 
und wie diefe ftehn fie alsdann da. Nicht ärgern also, 
fondern freuen foll man fich, wenn irgend eine fchon lange 
im Stillen wirkende falfche Grundanficht ein Mal ent- 
fchieden, laut und deutlich ausgefprochen wird: denn nun- 
mehr wird das Falfche derfelben bald gefühlt, erkannt und 
endlich ebenfalls ausgefprochen werden. Es ift damit, wie 
wenn ein Abfceß aufgeht. 


Der Sti! ift die Phyfiognomie des Geiftes. Sie ift untrüg- 
licher, als die des Leibes. Fremden Stil nachahmen heißt 
eine Maske tragen. Wäre diefe auch noch fo fchön, fo 
wird fie, durch das Leblofe, bald infipid und unerträglich; 
fo daß felbít das häßlıchfte lebendige Geficht beffer ift. 
Affektation im Stil ift dem Gefichterfchneiden zu ver- 
gleichen. — Die Sprache, in welcher man fchreibt, ift die 
Nationalphyfiognomie: fie ftellt große Unterfchiede feft, — 


von der Griechifchen bis zur Karaibifchen. 


Stilfehler foll man in fremden Schriften entdecken, um 
fie in den eigenen zu vermeiden, 


108 


Die Wahrheit ift nackt am fchónften, und der Eindruck, 
den fie macht, um fo tiefer, als ihr Ausdruck einfacher war; 
theils weil fie dann das ganze, durch keinen Nebengedanken 
zerítreute Gemüth des Hórers ungehindert einnimmt; theils 
weil er fühlt, daß er hier nicht durch rhetorifche Künfte 
beftochen, oder getáufcht ift, (ondern die ganze Wirkung 
von der Sache felbít ausgeht. 27. B. welche Deklamation 
über die Nichtigkeit des menfchlichen Dafeins wird wohl 
mehr Eindruck machen, als Hiobs: Der Menfch, vom Weibe 
geboren, lebt kurze Zeit, und iít voll Unruhe, gehet auf wie 
eine Blume, und fällt ab, fliehet wie ein Schatten, und blei- 
bet nicht. — Eben daher fteht die naive Poefie Goethes fo 
unvergleichlich hóher als die rhetorifche Schillers. Daher 
auch die ftarke Wirkung mancher Volkslieder. Deshalb nun 
hat man, wie in der Baukunft vor der Überladung mit Zier- 
rathen, in den redenden Künften fich vor allem nicht noth- 
wendigen rhetorifchen Schmuck, allen unnützen Amplifi- 
kationen und überhaupt vor allem Überfluß im Ausdruck 
zu hüten, alío fich eines keufchen Stiles zu befleißigen. Alles 
Entbehrliche wirkt nachtheilig. Das Gefetz der Einfach- 
heit und Naivetát, da diefe fich auch mit dem Erhabenften 
verträgt, gilt für alle (chónen Kinfte. 


Die deutfche Sprache ift die einzige, іп der man bei- 
nahe to gut fchreiben kann, wie im Griechifchen und 
Lateinifchen, welches den andern europäifchen Haupt- 
іргасһеп, als welche bloße patois find, nachrühmen zu wollen 
lacherlich fein würde. Daher eben hat, mit diefen ver- 
glichen, das Deutíche etwas fo ungemein Edeles und Er- 
habenes. 


109 


Wenige fchreiben wie ein Architekt baut, der zuvor 
feinen Plan entworfen und bis ins Einzelne durchdacht 
hat; — vielmehr die Meiften nur fo, wie man Domino 
fpielt. Wie nämlich hier, halb durch Abficht, halb durch 
Zufall, Stein an Stein fich fügt, — fo fteht es eben auch 
mit der Folge und dem Zusammenhang ihrer Sätze. 
Kaum daß fie ungefähr wiflen, welche Geftalt im Gan- 
zen herauskommen wird und wo das Alles hinaus foll. 
Viele wiffen felbft Dies nicht, fondern fchreiben, wie 
die Korallenpolypen bauen: Periode fügt fich an Periode, 
und es geht wohin Gott will. Zudem ift das Leben 
der ,,Jetztzeit eine große Gallopade: in der Litteratur 
giebt fie fich kund als äußerfte Flüchtigkeit und Lieder- 
lichkeit. 


Es wäre gut Bücher kaufen, wenn man die Zeit, fie zu 
lefen, mitkaufen könnte, aber man verwechfelt meiftens den 
Ankauf der Bücher mit dem Aneignen ihres Inhalts. 


Zu verlangen, daß Einer Alles, was er je gelefen, be- 
halten hätte, ift wie verlangen, daß er Alles, was er je 
gegeffen hat, noch іп fich trüge. Er hat von Diefem leib- 
lich, von Jenem geiftig gelebt und ift dadurch geworden was 
er ift. Wie aber der Leib das ihm Homogene aflımilirt; 
fo wird Jeder behalten, was ihn intere/hrt, d. h. was in fein 
Gedankenfyftem oder zu feinen Zwecken paßt. Letztere 
hat freilich Jeder; aber etwas einem Gedankenfyftem Ahn- 
liches haben gar Wenige: daher nehmen fie an nichts ein 
objektives Intereffe, und dieferhalb wieder fetzt fich von 
ihrer Lektüre nichts bei ihnen an: fie behalten nichts davon. 


110 


Ев giebt, zu allen Zeiten, zwei Litteraturen, die ziemlich 
fremd neben einander hergehn: eine wirkliche und eine 
bloß fcheinbare. Jene erwächft zur bleibenden Litteratur. 
Betrieben von Leuten, die für die Wiflenfchaft, oder die 
Poefie, leben, geht fie ihren Gang ernft und ftill, aber 
äußerft langfam, producirt in Europa kaum ein Dutzend 
Werke im Jahrhundert, welche jedoch 0/4беп. Die andere, 
betrieben von Leuten, die von der Wiffenfchaft, oder Poefie, 
leben, geht im Galopp, unter großem Lärm und Gefchrei 
der Betheiligten, und bringt jährlich viele taufend Werke zu 
Markte. Aber nach wenig Jahren fragt man: wo find fie? 
wo ift ihr fo früher und fo lauter Ruhm? Man kann daher 
auch diefe als die fließende, jene als die ftehende Litteratur 
bezeichnen. 


Repetitio est mater studiorum. Jedes irgend wichtige Buch 
foll man fogleich zwei Mal lefen, theils weil man die 
Sachen das zweite Mal in ihrem Zufammenhange beffer 
begreift, und den Anfang erft recht verfteht, wenn man 
das Ende kennt; theils weil man zu jeder Stelle das zweite 
Mal eine andere Stimmung und Laune mitbringt, als beim 
erften, wodurch der Eindruck verfchieden ausfällt und es 
ift, wie wenn man einen Gegenftand in anderer Beleuch- 
tung fieht. 


Um das Gute zu lefen, ift eine Bedingung, daß man 
das Schlechte nicht lefe: denn das Leben ift kurz, Zeit 
und Kräfte befchränkt. 


І11 


DAS GLUCK DIESER WELT / DER HAUSSPRUCH 
DES PLANTIN / UBERTRAGEN VON RUDOLF 
ALEXANDER SCHRODER 


IN Haus befitzen, fchön und fauberlich gericht’t, 

Ein Gärtlein, tapeziert mit duftenden Spalieren, 
Wein, Früchte — viel Gefind und viele Kinder nicht, 
Ein Weib, das feine Treu dich läßt im (Шеп fpüren, 


Nicht Schulden, Buhlfchaft nicht und kein Prozeffef ühren, 
Kein Vetter und kein Ohm, der dir dein Erb anficht, 
Mit wenig fein vergnügt, den Großen nicht hofieren, 

In jeder Tätigkeit ihr richtiges Gewicht, 


Freimütig fein und nicht dem Ehrgeiz Nahrung geben, 
Herr feiner Leidenfchaft und nicht ihr Diener leben, 
Und ohne Skrupel fich am Gottesdienft erbaun, 


Den Geift fich halten frei und den Verftand ohn Scharten, 
Und unterm Rofenkranz nach feinen Beeten fchaun: 


Das heiß ich fänftiglich daheim den Tod erwarten. 


DIE ROMANTIK DER BOURGEOISIE / VON 
STEFAN ZWEIG 


IE große und unvergeßliche Tat Dickens war: die Ro- 

mantik der Bourgeoifie zu entdecken, die Poefie des 
Profaifchen. Er hat als erfter den Alltag der unpoetifche- 
ften aller Nationen ins Dichterifche umgebogen. Er hat 
Sonne durch diefes ftumpfe Grau leuchten laflen; und wer 
in England einmal gefehen hat, wie ftrahlend der Gold- 
glanz ift, den dort die erftarkende Sonne aus dem trüben 


112 


К паче] des Nebels fpinnt, der weiß, wie fehr ein Dichter 
feine Nation befeligen mußte, der ihr künftlerifch diefe 
Sekunde der Erlöfung aus dem bleiernen Hindämmern ge- 
geben hat. Dickens ift diefer goldene Reif um den eng- 
lifchen Alltag, der Heiligenfchein der fchlichten Dinge 
und fimpeln Menfchen, die Idylle Englands. Er hat feine 
Helden, feine Schickfale in den engen Straßen der Vor- 
ftädte gefucht, an denen die andern Dichter achtlos vor- 
beigingen. Die fuchten ihre Helden unter den Kron-. 
leuchtern der ariftokratifchen Salons, auf den Wegen in 
den Zauberwald der fairy tales, fie forfchten nach dem 
Entlegenen, Ungewóhnlichen und Außerordentlichen. 
Ihnen war der Bürger die Subftanz gewordene irdifche 
Schwerkraft, und fie wollten nur feurige, koftbare, in Ek- 
ftafen aufftrebende Seelen, den lyrifchen, den heroifchen 
Menfchen. Dickens fchämte fich nicht, den ganz ein- 
fachen Tagwerker zum Helden zu machen. Er war ein 
Selfmademan; er kam von unten und bewahrte diefem 
Milieu eine rührende Pietät. Er hatte einen fehr merk- 
würdigen Enthufiasmus für das Banale, eine Begeifterung 
für ganz wertlofe altväterifche Dinge, für den Kleinkram 
des Lebens. Seine Bücher find felbft fo ein curiosity shop 
voll mit Gerümpel, das jeder für wertlos gehalten hätte, ein 
Durcheinander von Seltfamkeiten und fchnurrigen Nichtig- 
keiten, die jahrzehntelang vergeblich auf den Liebhaber ge- 
wartet hatten. Aber er nahm diefe alten wertlofen, ver- 
ftaubten Dinge, putzte fie blank, fügte fie zufammen und 
ftellte fie in die Sonne feiner Heiterkeit. Und da fingen 
fie plötzlich an zu funkeln mit einem unerhörten Glanz. 
So nahm er die vielen kleinen verachteten Gefühle aus der 


113 


Bruft einfacher Menfchen, horchte fie ab, fagte ihr Rader- 
werk zufammen, bis fie wieder lebendig tickten. Plötz- 
lich begannen fie da wie kleine Spieluhren zu furren, zu 
fchnurren und dann zu fingen, eine leife altväterifche Me- 
lodie, die lieblicher war als die fchwermütigen Balladen 
der Ritter aus Legendenland und die Kanzonen der Lady 
vom See. Die ganze bürgerliche Welt hat Dickens fo aus 
dem Afchenhaufen der Vergeffenheit aufgeftöbert und wie- 
der blank zufammengefügt: in feinem Werk erft wurde 
fie wieder eine lebendige Welt. Ihre Torheiten und Be- 
fchränktheiten 'hat er durch Nachficht begreiflich, ihre 
Schönheiten durch Liebe finnfällig gemacht, ihren Aber- 
glauben verwandelt er in eine neue und fehr dichterifche 
Mythologie. Das Zirpen des Heimchens am Herd ift 
Mufik geworden in feiner Novelle, die Silvefterglocken 
fprechen mit menfchlichen Zungen, der Zauber der Weih- 
nacht verfóhnt Dichtung dem religiófen Gefühl. Aus den 
kleinen Feíten hat er einen tieferen Sinn geholt; er hat 
allen diefen fchlichten Leuten die Poefie ihres taglichen 
Lebens entdecken geholfen, ihnen noch lieber gemacht, 
was ihnen fchon das Liebfte war, ihr home, das enge 
Zimmer, wo der Kamin mit roten Flammen praffelt und 
das dürre Holz zerknackt, wo der Tee am Tifche furrt 
und fingt, wo die wunfchlofen Exiftenzen fich abfperren 
von den gierigen Stürmen, den wilden Verwegenheiten 
der Welt. Die Poefie des Alltäglichen wollte er alle die 
lehren, die in den Alltag gebannt waren. Taufenden und 
Millionen hat er gezeigt, wo das Ewige in ihr armes Leben 
hinabreichte, wo der Funke, der ftille Freude verfchüttet, 
unter der Afche des Alltags lag, er hat fie gelehrt, ihn 


114 


aufflammen zu laffen zu heiter behaglicher Glut. Helfen 
wollte er den Armen und den Kindern. Was über diefen 
Mittelftand des Lebens, materiell oder geiftig, hinausging, 
war ihm antipathifch; er liebte nur das Gewöhnliche, das 
‚Durchfchnittliche von ganzem Herzen. Den Reichen und 
den Ariftokraten, den Begünftigten des Lebens war er 
gram. Die find faft immer Schurken und Knaufer in fei- 
nen Büchern, felten Porträts, faft immer Karikaturen. Er 
mochte fie nicht. Zu oft hatte er als Kind dem Vater 
ins Schuldgefängnis, in die Marfhalea, Briefe gebracht, die 
Pfändungen gefehen, zu fehr die liebe Not des Geldes ge- 
kannt; jahraus, jahrein war er in Hungerford Stairs ganz 
oben in einem kleinen, fchmutzigen, fonnenlofen Zimmer 
gefeffen, hatte Schuhwichfe in Tiegel eingeftrichen und 
mit Faden Hunderte und Hunderte täglich umwickelt, bis 
ihm die kleinen Kinderhände brannten und die Tränen der 
Zurückfetzung aus den Augen fchoffen. Zu fehr hatte ег 
Hunger und Entbehrung gekannt an den kalten Nebel- 
morgen der Londoner Straßen. Keiner hatte ihm damals 
geholfen, die Karoffen waren vorübergefahren an dem frie- 
renden Knaben, die Reiter vorbeigetrabt, die Tore hatten 
fich nicht aufgetan. Nur von den kleinen Leuten hatte 
er Gutes erfahren: nur ihnen wollte er darum die Gabe 
erwidern. Seine Dichtung ift eminent demokratifch — 
nicht fozialiftifch, dazu fehlt ihm der Sinn für das Radi- 
kale —, Liebe und Mitleid allein geben ihr pathetifches 
Feuer. In der bürgerlichen Welt — in der mittleren Sphäre 
zwifchen Armenhaus und Rente — ift er am liebften ge- 
blieben; nur bei diefen fchlichten Menfchen hat er fich 
wohlgefühlt. Er malt ihre Stuben mit Behaglichkeit und 


IIS 


Breite aus, als wollte er felbft darin wohnen, webt ihnen 
bunte und immer mit fonnigem Feuer überflogene Schick- 
fale, träumt ihre befcheidenen Träume; ег ift ihr Anwalt, 
ihr Prediger, ihr Liebling, die helle, ewig warme Sonne 
ihrer fchlichten, grautönigen Welt. 

Aber wie reich ift fie durch ihn geworden, diefe befchei- 
dene Wirklichkeit der kleinen Exiftenzen! Das ganze bür- 
gerliche Beifammenfein mit feinem Hausrat, dem Kunter- 
bunt der Berufe, dem unüberfehbaren Gemifch der Ge- 
fühle ift noch einmal Kosmos geworden, ein All mit Sternen 
und Göttern in feinen Büchern. Aus dem flachen, ftagnie- 
renden, kaum wellenden Spiegel der kleinen Exiftenzen 
hat hier ein fcharfer Blick Schätze erfpäht und fie mit dem 
feinmafchigften Netz ans Licht gehoben. Aus dem Ge- 
wühl hat er Menfchen gefangen, o wie viele Menfchen, 
Hunderte von Geftalten, genug, eine kleine Stadt zu be- 
völkern. Unvergeßliche find unter ihnen, Geftalten, die 
ewig find in der Literatur und fchon mit ihrer Exiftenz 
hinausreichen in den wirklichen Sprachbegriff des Volkes, 
Pickwick und Sam Weller, Pecksniff und Betfey Trot- 
wood, fie alle, deren Namen in uns lächelnde Erinnerung 
zauberifch entfachen. Wie reich find diefe Romane! Die 
Epifoden des David Copperfield genügten für fıch allein, 
das dichterifche Lebenswerk eines andern mit Tatfachlich- 
keiten zu verforgen; Dickens’ Bücher find eben wirkliche 
Romane im Sinn der Fülle und unablaffigen Bewegtheit, 
nicht wie unfere deut{chen faft alle nur ins Breite gezerrte pfy- 
chologifche Novellen. Es gibt keine toten Punkte in ihnen, 
keine leeren fandigen Strecken, fie haben Ebbe und Flut 
von Gefchehniffen, und wirklich, wie ein Meer find fie 


116 : 


unergründlich und unüberfehbar. Kaum kann man das hei- 
tere und wilde Durcheinander der wimmelnden Menfchen 
überfchauen; fie drängen herauf an die Bühne des Herzens, 
ftoßen einer wieder den andern hinab, wirbeln vorbei. Wie 
Wogenkämme tauchen fie auf aus der Flut der Riefen- 
ftädte, ftürzen wieder in den Gifcht der Ereigniffe, aber 
fie tauchen neu auf, fteigen und fallen, umfchlingen ein- 
ander oder ftoßen fich ab: und doch, diefe Bewegungen find 
keine zufälligen, hinter der ergötzlichen Wirrnis waltet 
eine Ordnung, die Fäden flechten fich immer wieder zu- 
fammen in einen farbigen Teppich. Keine der Geftalten, 
die nur fpaziergängerifch vorbeizuftreifen fcheinen, geht 
verloren; alle ergänzen, befördern, befeinden einander, 
häufen Licht oder Schatten. Kraufe, heitere, ernfte Ver- 
wicklungen treiben in katzenhaftem Spiel den Knäuel der 
Handlung hin und her, alle Möglichkeiten des Gefühls 
klingen in rafcher Skala auf und nieder, alles ift gemengt: 
Jubel, Schauer und Übermut; bald funkelt die Träne der 
Rührung, bald die der lofen Heiterkeit. Gewölk zieht auf, 
zerreißt, türmt fich aufs neue, aber am Schluffe ftrahlt die 
vom Gewitter reine Luft in wundervoller Sonne. Manche 
diefer Romane find eine Ilias von taufend Einzelkämpfen, 
die Ilias einer entgötterten irdifchen Welt, manche nur 
eine friedfertige befcheidene Idylle; aber alle Romane, die 
vortrefflichen wie die unlesbaren, haben dies Merkmal einer 
verfchwenderifchen Vielfalt. Und alle haben fie, felbft die 
wildeften und melancholifcheften, in den Fels der tragifchen 
Landfchaft kleine Lieblichkeiten wie Blumen eingefprengt. 
Überall blühen diefe unvergeßlichen Anmutigkeiten: wie 
kleine Veilchen, befcheiden und verfteckt, warten fie im 


117 


weitgefpannten Wiefenplan feiner Bücher, überall fprudelt 
die klare Quelle forglofer Heiterkeit klingend von dem 
dunkeln Geftein der fchroffen Gefchehniffe nieder. Es 
gibt Kapitel bei Dickens, die man nur Landfchaften in 
ihrer Wirkung vergleichen kann, fo rein find fie, fo gött- 
lich unberührt von irdifchen Trieben, fo fonnig blühend 
in ihrer heiteren milden Menfchlichkeit. Um ihretwillen 
fchon müßte man Dickens lieben, denn fo verfchwende- 
rifch find diefe kleinen Künfte verftreut in feinem Werk, 
daß ihre Fülle zur Größe wird. Wer könnte allein feine 
Menfchen aufzählen, alle diefe kraufen, jovialen, gutmüti- 
gen, leicht lächerlichen und immer fo amüfanten Menífchen? 
Sie find aufgefangen mit all ihren Schrullen und individu- 
ellen Eigentümlichkeiten, eingekapfelt in die feltíamften Be- 
rufe, verwickelt in die ergötzlichften Abenteuer. Und fo 
viele fie auch find, keiner ift dem andern áhnlich, fie find 
minutiós bis ins kleinfte Detail perfónlich herausgearbeitet, 
nichts ift Gu und Schema an ihnen, alles Sinnlichkeit 
und Lebendigkeit, fie alle find nicht erfonnen, fondern ge- 
fehen. Gefehen von dem ganz unvergleichlichen Blick die- 
fes Dichters. 

Diefer Blick ift von einer Prazifion fondergleichen, ein 
wunderbares, unbeirrbares Inftrument. Dickens war ein 
vifuelles Genie. Man mag jedes Bildnis von ihm, das der 
Jugend und das (beffere) der Mannesjahre betrachten: es 
ift beherrfcht von diefem merkwürdigen Auge. Es ift nicht 
das Auge des Dichters, in fchénem Wahnfinn rollend oder 
elegifch umdämmert, nicht weich und nachgiebig oder 
feurig-vifionär. Es ift ein englifches Auge: kalt, grau, 
fcharfblickend wie Stahl. Und ftählern war es auch wie 


118 


| 


ein Trefor, іп dem alles unverbrennbar, unverlierbar, ge- 
wiffermaßen luftdicht abgefchloffen ruhte, was ihm irgend- 
einmal, geftern oder vor vielen Jahren, von der Außenwelt 
eingezahlt worden war: das Erhabenfte wie das Gleich- 
gültigfte, irgendein farbiges Schild über einem Kramladen 
in London, daß der Fünfjährige vor undenklicher Zeit ge- 
fehen, oder ein Baum mit feinen auffpringenden Blüten 
gerade drüben vor dem Fenfter. Nichts ging diefem Auge 
verloren, es war ftärker als die Zeit; fparfam reihte es Ein- 
druck an Eindruck im Speicher des Gedächtniffes, bis der 
Dichter ihn zurückforderte. Nichts rann in Vergeffenheit, 
wurde blaß oder fahl, alles lag und wartete, blieb voll Duft 
und Saft, farbig und klar, nichts ftarb ab oder welkte. Un- 
vergleichlich ift bei Dickens das Gedächtnis des Auges. 
Mit feiner ftählernen Schneide zerteilt er den Nebel der 
Kindheit: in „David Copperfield“, diefer verkappten Auto- 
biographie, find Erinnerungen des zweijährigen Kindes an 
die Mutter und das Dienftmädchen mit Mefferfcharfe wie 
Silhouetten vom Hintergrund des Unbewußten losgefchnit- 
ten. Es gibt keine vagen Konturen bei Dickens; er gibt 
nicht vieldeutige Möglichkeiten der Vifion, fondern zwingt 
zur Deutlichkeit. Seine darftellende Kraft läßt der Phan- 
tafie des Lefers keinen freien Willen, er vergewaltigt fie 
(weshalb er auch der ideale Dichter einer phantafielofen 
Nation wurde). Stellt zwanzig Zeichner vor feine Bücher 
und verlangt die Bilder Copperfields und Pickwicks: die 
Blätter werden fich ähnlich fehen, werden in unerklärlicher 
Ähnlichkeit den feiften Herrn mit der weißen Wefte und 
den freundlichen Augen hinter den Brillengläfern oder den 
hübfchen blonden, ängftlichen Knaben auf der Poftkutíche 


119 


nach Yarmouth darftellen, Dickens fchildert Го fcharf, fo 
minutiös, daß man feinem hypnotifierenden Blicke folgen 
muß; er hatte nicht den magifchen Blick Balzacs, der die 
Menfchen der feurigen Wolke ihrer Leidenfchaften fich 
erft chaotifch formend entringen läßt, fondern einen ganz 
irdifchen Blick, einen Seemanns-, einen Jägerblick, einen 
Falkenblick für die kleinen Menfchlichkeiten. Aber Klei- 
nigkeiten, fagte er einmal, find es, die den Sinn des Lebens 
ausmachen. Sein Blick hafcht nach kleinen Merkzeichen, 
er fieht den Flecken am Kleid, die kleinen hilflofen Себеп 
der Verlegenheit, er faßt die Strähne roten Haares, die 
unter einer dunkeln Perücke hervorlugt, wenn ihr Eigner 
in Zorn gerät. Er fpürt die Nuancen, taftet die Bewegung 
jedes einzelnen Fingers bei einem Händedruck ab, die Ab- 
fchattung in einem Lächeln. Er war Jahre vor feiner 
literarifchen Zeit Stenograph im Parlament gewefen und 
hatte fich dort geübt, das Ausführliche ins Summarifche 
zu drängen, mit einem Strich ein Wort, mit kurzem Schnör- 
kel einen Satz darzustellen. Und fo hat er fpäter dichte- 
rifch eine Art Kurzfchrift des Wirklichen geübt, das kleine 
Zeichen hingeftellt ftatt der Befchreibung, eine Effenz der 
Beobachtung aus den bunten Tatfächlichkeiten deftilliert. 
Für diefe kleinen Äußerlichkeiten hatte er eine unheim- 
liche Scharffichtigkeit, fein Blick überfah nichts, faßte, wie 
ein guter Verfchluß am photographifchen Apparat, das 
Hundertftel einer Sekunde in einer Bewegung, einer Gefte. 
Nichts entging ihm. Und diefe Scharffichtigkeit wurde 
noch gefteigert durch eine ganz merkwürdige Brechung 
des Blicks, die den Gegenftand nicht wie ein Spiegel in 
feiner natürlichen Proportion widergab, fondern wie ein 


120 


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Phiz: Zeichnung zum „Copperfield von Dickens. 


Hohlfpiegel ins Charakteriftifche übertrieb. Dickens unter- 
{treicht immer die Merkzeichen feiner Menfchen, er dreht 
Пе aus dem Objektiven hinüber ins Gefteigerte, ins Kari- 
katuriftifche. Er macht fie intenfiver, erhebt fie zum Sym- 
bol. Der wohlbeleibte Pickwick wird auch feelifch zur 
Rundlichkeit, der dünne Jingle zur Dürre, der Böfe zum 
Satanas, der Gute die leibhaftige Vollendung. Dickens 
übertreibt wie jeder große Künftler, aber nicht ins Gran- 
diofe, fondern ins Humoriftifche. Die ganze, fo unfäglich 
ergötzliche Wirkung feiner Darftellung entwuchs nicht fo 
fehr feiner Laune, nicht feinem Übermut, fondern fie faß 
fchon in diefer merkwürdigen Winkelftellung des Auges, 
das mit feiner Überfchärfe alle Erfcheinungen irgendwie 
ins Wunderliche und Karikaturiftifche übertrieben auf das 
Leben zurückfpiegelte. 

Tatfächlich: in diefer eigenartigen Optik — und nicht 
in feiner ein wenig zu bürgerlichen Seele — fteckt Dickens’ 
Genie. Dickens war eigentlich nie Pfychologe, einer, der 
magifch die Seele des Menfchen erfaßt, aus ihrem hellen 
oder dunklen Samen in geheimnisvollem Wachstum fich 
die Dinge in ihren Farben und Formen entfalten ließ. 
Seine Pfychologie beginnt beim Sichtbaren, er charakte- 
rifiert durch Äußerlichkeiten, allerdings durch jene letzten 
und feinften, die eben nur einem dichterifch fcharfen Auge 
fichtbar find. Wie die englifchen Philofophen, beginnt er 
nicht mit Vorausfetzungen, fondern mit Merkmalen. Die 
unfcheinbarften, ganz materiellen Äußerungen des Seeli- 
(сһеп fángt er ein und macht an ihnen durch feine merk- 
würdig karikaturiftifche Optik den ganzen Charakter augen- 
fällig. Aus Merkmalen läßt er die Spezies erkennen. Dem 


I2I 


Schullehrer Creakle gibt ег eine leife Stimme, Ше mühfam 
das Wort gewinnt. Und fchon ahnt man das Grauen der 
Kinder vor diefem Menfchen, dem die Anftrengung des 
Sprechens die Zornader über die Stirne fchwellen läßt. Sein 
Uriah Heep hat immer kalte, feuchte Hände: fchon atmet 
die Geftalt Mißbehagen, fchlangenhafte Widrigkeiten. Klei- 
nigkeiten find das, Äußerlichkeiten, aber immer folche, die 
auf das Seelifche wirken. Manchmal ift es eigentlich nur 
eine lebendige Schrulle, die er darftellt; eine Schrulle, die 
mit einem Menfchen umwickelt ift und ihn wie eine Puppe 
mechanifch bewegt. Seine Charaktere find eigentlich immer 
nur eine Summe von Merkmalen, aber von fo fcharfge- 
fchnittenen, daß Пе reftlos ineinanderpaffen und ein Bild 
vortrefflich in Mofaik zufammenfetzen. Und darum wir- 
ken fie meiftens immer nur äußerlich, finnfällig, fie erzeu- 
gen eine intenfive Erinnerung des Auges, eine nur vage 
des Gefühles. Rufen wir in uns eine Figur Balzacs oder 
Doftojewskis beim Namen auf, den Père Goriot oder Ras- 
kolnikow, fo antwortet ein Gefühl, die Erinnerung an eine 
Hingebung, eine Verzweiflung, ein Chaos der Leidenfchaft. 
Sagen wir uns Pickwick, fo taucht ein Bild auf, ein jo- 
vialer Herr mit reichlichen Embonpoint und goldenen 
Knöpfen auf der Wefte. Hier fpüren wir es: an die Fi- 
guren Dickens’ denkt man wie an gemalte Bilder, an die 

Doftojewskis und Balzacs wie an Mufik. Denn diefe fchaf- 

fen intuitiv, Dickens nur reproduktiv, jene mit dem gei- 

ftigen, Dickens mit dem körperlichen Auge. Er faßt die 

Seele nicht dort, wo fie geifterhaft, nur von dem fieben- 

fach glühenden Licht der vifionären Befchwörung bezwun- 

gen, aus der Nacht des Unbewußten fteigt, er lauert dem 


122 


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unkórperlichen Fluidum auf, dort, wo es einen Nieder- 
fchlag іт Wirklichen hat, er hafcht Ше taufend Wir- 
kungen des Seelifchen auf das Körperliche, aber dort über- 
fieht er keine. Seine Phantafie ift eigentlich bloß Blick 
und reicht darum nur aus für jene Gefühle und Geftalten 
der mittleren Sphäre, die im Irdifchen wohnen; feine Men- 
{chen find nur plaftifch in den gemäßigten Temperaturen 
der normalen Gefühle, in den Hitzegraden der Leiden- 
{chaft zerfchmelzen fie wie Wachsbilder in Sentimentalität, 
oder fie erftarren im Haß und werden brüchig. Dickens 
gelingen nur geradlinige Naturen, nicht jene ungleich inter- 
effanteren, in denen die hundertfachen Übergänge vom 
Guten zum Böfen, vom Gott zum Tier fließend find. Seine 
Menfchen find immer eindeutig, entweder vortrefflich als 
Helden oder niederträchtig als Schurken, fie find präde- 
ftinierte Naturen, mit einem Heiligenfchein über der Stirne 
oder dem Brandmal. Zwifchen good und wicked, zwi- 
{chen dem Gefühlvollen und Gefühllofen pendelt feine 
Welt. Darüber hinaus, in die Welt der geheimnisvollen 
Zufammenhänge, der myftifchen Verkettungen, weiß feine 
Methode keinen Pfad. Das Grandiofe läßt fich nicht grei- 
fen, das Heroifche nicht erlernen. Es ift der Ruhm und 
die Tragik Dickens’, immer in einer Mitte geblieben zu 
fein zwifchen Genie und Tradition, dem Unerhörten und 
dem Banalen: in den geregelten Bahnen der irdifchen 
Welt, im Lieblichen und im Ergreifenden, im Behaglichen 
und Bürgerlichen. 


Aus der Einleitung zur neuen Dickens-Ausgabe. 


123 


ODE AN EINE NACHTIGALL / VON KEATS 


EIN Herz tut weh, und fchlafriges Erlahmen, 

Als hätt ich Gift getrunken, quält mich fehr. 
Betäubte mich ein Trank aus giftigen Samen? 
Mich hüllt Vergeffenheit, ich weiß nichts mehr. 
Doch ifts nicht Neid auf dein fo glücklich Los — 
Nur füllt fo fchwer mit Glück dein Glück mich an: 
Daß du, des Walds beflügelte Dryade, 

In lieblich kühlem Schoß, 

Im Schatten, den das Buchengrün dir fpann, 
Der Freiheit jubeln kannft, der Sommergnade. 


O Wein jetzt! Jungen Wein, den Erde kühlte, 
Den dunkelkühl ein langes Jahr gereift, 
Der fonngebräunten Frohfinn tanzen fühlte 
Und der des Provengalen Lied begreift; 
O einen Becher warmen Südens jetzt! 
O Hippokrene, die zum Rande fchäumt 
Und gern und gut Begeifterung bereitet 
Mit Lippen, rot benetzt, 
Dich will ich trinken, daß ich ungefäumt 
Zum Wald entfchweben kann, von dir geleitet. 


Entfchweben, ganz vergehn — und ganz vergeffen, 
Was du in deinem Walde nie gekannt: 

Die Menfchennot, die Mühen unermeffen, 

Das Sorgenfieber, das die Herzen bannt; 

Du weißt nicht, wie gelähmtes Alter ftöhnt, 

Wie Denken immer nur Sich-härmen heißt, 


124 


Wie Jugend bleicht und fchleicht und becht und fchwindet 
Und wie Verzweiflung höhnt, 

Wo Schönheit, wenn ihr Blick das Leben preift, 

Um Liebe weinen lernt und bald erblindet. 


Hinweg! Zu dir! Doch foll nicht Bacchus’ Wagen 
Mit Pantherkraft mich ziehn, nein! Poefie 
Soll mich auf unfichtbaren Schwingen tragen, 
Drückt auch dies Hirn noch müde Apathie. 
Schon bin ich bei dir! Milde ift die Nacht, 
Und Luna thront mit lächelndem Geficht 
Und überblickt ihr Sternenvolk voll Gnade, 

Doch hat fie hier nicht Macht: 
Nur manchmal bläft ein Windhauch etwas Licht 
Durch grüne Dämmernis auf moofige Pfade. 


Ich fehe nicht, was blüht zu meinen Füßen, 
Welch füßer Balfam rings ап Zweigen hängt; 
Doch auch im Dunkel ahn ich, was an füßen 
Duftwellen atmend in die Mainacht drängt 
Aus wildem Beerenbaum und Gras und Strauch: 
Ich atme Weißdornduft und Rofenblühn 
Und Veilchen, die in Blätterbetten fterben, 

Und Mofchusrofen auch, 
In denen morgens bunte Tropfen glühn 
Und abends Sommerfliegen fich umwerben. 


Im Dunkel laufche ichs und wie Verlangen 
Mich oft fchon faßte nach dem ftillen Grab, 


Wie ich dem Tod, mich herzlich zu umfangen, 


125 


Schon oft in Liedern liebe Namen gab, 
So fcheint mir Sterben jetzt befonders fchén. 
Ach, fchmerzlos mich zu léfen in die Nacht, 
Indes dein Sang in heiligen Ekftafen 
Befchüttet Tal und Höhn 
Und doch mein Herz nicht höher fchlagen macht, 
Das nur als Duft noch fchwingt im blumigen Rafen. 


Du Vöglein wurdeft nicht zum Tod geboren! 

Nein, dich zertritt kein hungerndes Gefchlecht. 

Was diefe Nacht mir tönt, fang in die Ohren 

Dem erften König fchon, dem erften Knecht, 

Und ift vielleicht derfelbe Sang, der tief 

Der heimwehkranken Ruth zum Herzen klang, 

Als fie in Tränen fchritt durch fremde Gaffen, 
Derfelbe Sang, der tief 

Bezaubernd fich um Märchenfchlöffer fchwang 

Und Feenreiche, die nun längft verlaffen. 


Verlaffen! Ach, dies Wort ift wie das Klingen 
Troftlofer Glocken, das zu mir mich mahnt! 
Auch Phantafie kann nicht Erlöfung bringen, 
Wenn ihr nicht Hoffnung einen Weg gebahnt. 
Lebwohl! Lebwohl! Dein Schmerzgefang entfchwebt 
Zum Wiefengrund aus Waldes hohem Dom, 
Ins Tal hinab und fchweigt am dunklen Bache. 

Ward mir ein Traum belebt? 
Betrog die wachen Sinne ein Phantom? 
Wer fagt mir, ob ich fchlafe oder wache! 

Übertragen von Gifela Etzel. 


126 


Titelholz/chnitt des álteften Eulenfpiegelbuchs. 


DER AMBOSS / VON KARL VOLLMOLLER 


EN Schlag zu leiden, nicht den Schlag zu tun 
Und feftgebannt in Reifen, Block und Mauern, 
Im Harren dulden und im Dulden dauern, 
Der Тас entfagend, dennoch nie zu ruhn. — 


Es fank die Nacht vom rußigen Gebälk, 
Die wilden Öfen, trüben Effen feiern, 

Die hohlen Bälge hängen fchlaff und welk; 
Wie müde Krieger, träumelos und bleiern, 


Schlafen die lauten Hämmer an der Wand. 

Was blieb von Tages Schlachtgetön und Dröhnen 
Als Schweigen, Afche und verglafter Sand — 

Da hebt im Dunkel fich ein leifes Stéhnen; 


Ein Seufzer wie des Werkmanns fpät am Tage. 

Du wendeft dich und ftehft und horchft erfchrocken. 
Schon fchwillt es wie das Summen großer Glocken: 
Dem Herz von Stahl ward das Gefchenk der Klage, 


Und, in ergreifendem und großem Hall 

Die eigne Qual und fremde Tat zu preifen . . 
Nun horch: Es ftöhnt das fchmerzliche Metall! 
Nun horch: Es jubelt das gequälte Eifen! 


HEINRICH MANN / VON LUCIA DORA FROST 


D. Schlange hat ein Geheimnis, sprach der von Unruhe 
gequälte Menfch: fie ift klug, fie weiß mehr als wir; was 
uns quilt, ift ihr bekannt; da ift kein Zweifel. Man fieht 


128 


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Antoine Pesne: Friedrich der Große und feine Schewefter, die Mark 
von Bayreuth, als Kinder. fter, arkgräfın 


das wohl, wenn fie tber der Landfchaft hangt, ihre Ruhe 
{chleppen läßt und fchillert vor Zufriedenheit. Kann man 
denn fo augenfcheinlich glücklich, fo herausfordernd gleich- 
gültig fein, ohne das Zauberwort zu kennen für alle Ver- 
wandlungen? Wir wiffen, daß man es nicht kann. Man 
kann nicht ruhig, man kann nicht fchón, man kann nicht 
mächtig fein, bevor man eingeweiht ift in diefes Rätfel. 
Aber nur Geduld: wir fchließen fie ein, diefe Hochmütige, 
die böfe ift vor Allwiffenheit; fie wird es nicht übelnehmen, 
wenn man ihr fchmeichelt; und irgendwie wird fie alles ver- 
raten. Auch wir werden einft die Mundwinkel anziehen 
und zufrieden mit den Augen glänzen; auch unfer Geift 
wird einft gefättigt fein und die Geheimniffe der Welt vor 
unfern Augen fchaukeln und gleiten laffen; wir werden fo 
glatt und gewif fein wie fie und ebenfo unbedingt zifchen. 
Und fo erfuhr man, was man wollte. Die Schlange hatte 
kein Geheimnis, aber man fand alle, die man in ihr ver- 
mutete. Die Schönheit felbft lehrte nichts, aber an ihrer 
Oberfläche entzündete fich ftets der heilige Hunger des 
Geiftes. Die Schönheit forderte den Menfchen heraus und 
erfchloß feine Empfindung; und wenn mit dem Verftehen 
der Dinge das Leiden an ihrer Fremdheit wuchs, dann 
wurde die Schönheit zum zweitenmal zum Idol: durch 
ihre Selbftficherheit. Eine doppelte Sehnfucht kreifte um 
fie: die Sehnfucht nach einer Seele von der Weite des 
Geiftes und der Sicherheit des Blutes. Die Schönheit war 
der Sehnfucht des Menfchen ein Hilfsbild, ein finnlicher 
Halt für ein geiftig-immaterielles Streben. Man glaubte in 
ihr verwirklicht, was man erträumte. Nur alfo dichtend 
kam die Menfchheit vorwärts. Sie rankte fich empor in 


129 


verkörperten Mißverftändniffen, an gefchaffener oder künft- 
licher Schönheit. Sie dichtete auch das Gefühl der Sehn- 
fucht felbft um, in niedrigere, aber leibhaftigere Empfin- 
dungen: in Neid, in Furcht, in Ehrfurcht und Anbetung. 
Ihr Weg war eine leidenfchaftliche Ikonolatrie, eine Er- 
niedrigung, die fie vergeiftigte. 

So dichtete einft die ganze Menfchheit an ihrem Schick- 
fal; ernft, auf Leben und Tod, mit Leib und Seele, tan- 
zend und leidend. Man folgte bedingungslos den Chor- 
führern diefes Schickfalstanzes, denen, die am empfind- 
famften waren, die ftärker litten und fchöner träumten, 
deren verzweifelte Gefpanntheit fich am heftigften ent- 
zündete an der hochfahrenden Unnahbarkeit der Schönheit, 
denen alle Sinnlichkeit nur Vorwand war für ein geahntes 
Geiftiges, die Tat ein Gleichnis und die große Gefte eine 
Erfchütterung, die das Schickfal klärte. Aber folgen ihnen 
auch heute die Millionen? Scheint es nicht, als hätte die 
Menfchheit vergeflen, daß fie ein geiftiges Schickfal hat? 
Zwar fühlt fich der Menfch gehetzter denn je; aber wie 
niedrig-gewandt ift er im Flüchten! Bevor Verzweiflung 
ihn fchlägt, hat er fich fchon ins Vergnügen gerettet. Er 
faßt fein Schickfal nicht ins Auge; er verfteht weder Leid 
noch Erlöfung; er kennt kaum den großen Jäger, der ihn 
jagt. Oder fehlt es an Führern? an Künftlern, Dichtern, 
Sehern, die fo ftark und wefentlich lebten, daß fie Antwort 
haben auf unfere Fragen; die mit der Seele leben, die ein 
Schickfalsleben führen, in denen fich die große Linie des 
Menfchheitschickfals wiederholt; die nicht enttäufchen, 
wenn man mit fo gefpannten Erwartungen vor ihre Werke 
tritt? 


130 


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Dem erften Blick zeigen Heinrich Manns Romane nur 
ein kühneres, ftärkeres, glänzenderes Leben, eine mutigere 
und höhere Stimmung. In der „Herzogin von Affy* quillt 
ein überwältigender Reigen von gesteigerten Gebärden 
herein, einfam bezweifelt von einem linkifchen Narren; 
die Wunder der Hohen Schule, die Freiheit aus der Dressur 
gebiert, ziehen vorüber; ein weißes Pferd in Farbenglanz 
und zuckendem Schellengeklirr wird in die Manege ge- 
führt; ein Zusammenklang von edler Tierheit und dem 
Glanz des l’art pour l’art, dem adeligen Zeremoniell des 
Herzens und der leichten Sicherheit überlegener Abenteurer; 
und alles umraufcht von den aufprallenden Garben des 
Lichts, ganz leibhaftig in finnlichen Festen, und durch 
die ftrotzende Fülle der Leiden und den Trotz des Ge- 
nießens der Sphäre fentimentaler Teilnahme fcheinbar ent- 
rückt. Und doch ift fchon „Die Herzogin von Afly“ ein 
lyrifcher Roman, ein feelifches Bekenntnis. Im Mittel- 
punkt diefer überreichen, ftrotzenden Welt fteht das Wun- 
der, das einzige Wunder, das ganz in fich ruhende, in fich 
gefangene Wefen, unberührbar, unerklarlich und keiner 
Erklárung bedürftig; Же Affy, die undurchdringlich ift, am 
undurchdringlichften in der Hingabe; die nichts von ihrer 
Souveränität verliert, als fie einem Volk die Freiheit dar- 
bietet, und die nichts von fich aufgibt als Venus. Um diefe 
halb góttliche Geftalt, die Sphinx diefer Welt, dreht fich 
der Tanz der Sehnfucht, der Gier, des Neides und der 
Hoffnung. Das Erregende der Unzugänglichkeit, der alte 
Tanz der Gebrochenen und Gejagten um die felbítgewiffe 
Schénheit, die durch nichts zu fpalten ift, feiert hier eine 
mythifche Auferftehung. Die Unerfchloffene erfchließt: 


131 


gepeinigt und empört durch die Unangreifbarkeit diefe: i 
Lebens, das keiner Demütigung zugänglich ift, müht fich f 
die Welt diefes Romans in Haß und Rachgier und Ver) 
zückung um das Aufgehen in diefem Geheimnis, in diefem | 
felb{tvergeffenen Geheimnis, das die Herzogin von Ау ift; | 
müht fich und prallt ab. Selbft der Tod, der mit feinen ge- | 
bietendíten Schmerzen um fie wirbt, ftreckt fie nur fteiler. | 


Daß Heinrich Mann іп diefer Geftalt feine zentrale Vor- 
ftellung gefunden hatte, gab ihm Macht über alle andern. 


Die Sonne hatte fein Auge erweckt, und er fah. Er konnte | 


fich jetzt gegen das einftrömende Leben zur Wehr fetzen 
und mit einer noch größeren Gebärde zurückgeben, was 
auf ihn eindrückte. Keine Schönheit, die fein Stil nicht 
noch erhöbe, keine Größe, keine Farbe, die er nicht mit 


höherem Feuer zurückwürfe, kein Gedanke, dem er nicht | 


zu feinem finnlichen Symbol verhülfe, keine Buntheit, die 
er nicht zufammendrängend verftarkte. An der Steilheit 
der „Herzogin von Afly“ richtet fich die ganze wider- 
fätzliche, mächtige Wirklichkeit. Mann fteht hier auf der 
Stufe des alten Menfchen, der mit einem Wort, mit einer 
einzigen Geftalt oder Vorftellung die Welt zu bewältigen 
denkt, der in einem leidenfchaftlichen Monismus Rache 
nimmt an der Vielheit der Erfcheinungen. Diefer gläubige 
Wille lebte in dem leidenfchaftlichen Traum der indifchen 
Zauberer, die Welt in eine Hand zu bannen, er lebte in 
dem Glauben an die Quinteffenz, er lebt іп der Energie, 
die aus jeder ftarken Wefensabftraktion ftrahlt, der Ener- 
gie, die entfchloffen ift, auf das Geheimnis des Mittelpunk- 
tes loszudringen, um von ihm aus das Netz der Welt zu 
beherrfchen. 


132 


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Ein Irrtum, den die Menfchheit teuer bezahlt hat, ап 
em De heute noch leidet. Auch Mann hat ihn gebüßt. 
“г hatte nun eine Art, mit der Welt fertig zu werden, 
or wußte, wie man fie geiftig bewältigen könnte, hatte das 
*unktionelle einer Methode und hätte mit ihr einen glän- 
zenden Eroberungszug machen können, Erhattedie Distanz 
zur Welt, die zum Stil notwendig ift. Diefer Stil hätte 
wie ein Streitroß durch die Länder der Menfchen, durch 
die Gefchichte getragen; aber es wäre vergebens gewefen: 
deier Stil war nur Tyrannei; ihm fehlte die Intimität der 
“Негг(сһай. Ein folches Gefühl muß bisweilen die Er- 
oberer befchlichen haben, die unterworfene Völker aus dem 
' Sattel regierten; gewaltfam, anerkannt, unbezweifelt, aber 
ohne Gemeinfamkeit, ausgefchloffen, zum Selbftgenuß ver- 
 urteilt. Es zeigt fich, daß man fich ifoliert, je mehr man 
erobert. Jeder Sieger fieht fich von der Wirklichkeit ge- 
' trennt; fo wie der Gläubige, der in feinem Gott eine Brücke 
` zu allem gefunden glaubte, erfährt, daß der ihn gerade von 
` der Welt abfchließt, feine Weltbegierde in Weltfeindfchaft 
: wandelt, feinen Glauben in Fanatismus. Ja noch mehr: 
: daß er ihn auch von fich felbft trennt. Die Qual des Be- 
` urteilenmüffens und ihre Gewiffenhaftigkeit wacht nicht 
“ nur der Welt, fondern auch fich felbft gegenüber. Drückte 
^ zuerít die Übermacht der Umwelt, {fo jetzt die eigene, 
' künftlich-gewaltfame Übermacht und Einfamkeit. Und 
4 Ше Furcht vor der Abdankung. 
| Die Тугаппеі, die verzweifelte Unbedenklichkeit des 
" Menfchen in einer eroberten Stellung, die Überzeugung, 
i daß die Kunft wie jede große Tat nur eine rächerifche 
Antwort der Empfindfamkeit fei auf die Herausforderung 


133 


der Welt: diefe Probleme machten ihn ruhelos. Alle Werke 
in den Jahren nach der „Herzogin von Afly“ zeigen da- 
her die Seele auf der Wanderung. Er fucht die Welt ab 
nach einem Ort, wo er ruhen könnte; und zurückkehrend 
fchweift er um die Einfriedigung des Gartens, in dem er 
einft gleich allen gewiß und glücklich lebte, aus dem er 
vertrieben ift, weil feine Augen aufgetan wurden. Er fieht 
fo fcharf wie ein Suchender; fo wiffend wie ein Vertrie- 
bener; und wirft das Bild fo mitleidlos zurück wie ein 
Anfpruchsvoller, der in der Tiefe auf ein Schickfalswunder 
wartet: mit allen Farben des Hohns, der Geringfchätzung 
und der Sehnfucht. In diefem prüfenden Blick des Zwei- 
fels wird jedes Erlebnis auf die Spitze der letzten Probe 
getrieben. Wie die Frau, die an des Ritters Liebe zwei- 
felt, ihren Handfchuh zwifchen zwei Gefahren wirft, wie 
es den Knaben, dem fein Mut und feine Kraft proble- 
matifch find, treibt, durch die faufenden Windmühlen- 
fligel zu reiten, fo wird der an Erlófung Zweifelnde ftets 
auf die letzte Frage getrieben; und nirgends zeigt fich 
etwas Unbedingtes; immer endet es: alfo das ift die Grenze. 
So entftehen zwifchen den ruhelos wandernden Romanen 
die {teilen Novellen mit dem rapiden Tempo, den Sätzen, 
die ohne zu federn aufeinanderprallen, den überganglofen, 
fo kühnen wie zwingenden Farbenftellungen. Im „Pippo 
Spano“ flüchtet fich ein Dichter, der Umriß einer Seele 
ohne die Atmosphäre der Leiblichkeit, in die Leidenfchaft 
der Seele aus Fleifch, glaubt fich gerettet und bleibt ftecken, 
als es toternft wird. Und Lola, die „zwifchen den Raffen“ 

fteht, glaubt leben zu können von der Trockenheit der 

Eleganz, dem Schillern der Oberfläche, dem Zeremoniell 


134 


des Herzens und der Dynamik der Sinne; aber vergebens: 
fie ift tiefer, fie ift zu deutfch, und die Sehnfucht der Seele 
nach einem weiteren Leben bleibt. Sie lebt zwifchen zwei 
Männern und gehört keinem; fie muß den einen fchlagen 
und den andern fchonen. Nirgends Ruhe, nirgends Er- 
füllung. In diefem raftlofen Feuer erreicht der Stil feine 
fchlackenlofe Reinheit, die Gedrängtheit, in der das All- 
tägliche ins Mythifche gefteigert fcheint. Die Souveränität 
der 'T'echnik ift ein neues Gift, das die Einfamkeit betäubt, 
bis zur Unbeteiligtheit erhebt und faft erlöft, aber fchreck- 
liche Abftürze im Gefolge hat, wenn der Raufch verfliegt. 
In diefer Hölle leben Ute in der „Jagd nach Liebe“, die 
Branzilla in den „Böfen“: zwifchen Raufch, Kämpfen, 
Abdankung und Aufraffen. Alfo nirgends ein Ausweg? 
Sehr langfam, fehr zögernd, immer wieder verleugnet 
und unterdrückt quillt es empor. Schon von weit her. 
Als die Affy dahinging, іп Schleiern von der Farbe der 
Melancholie, wenn fie fich entfchließt, in Schleiern, ge- 
fchüttelt vom Schreiten und wehend vom Winde, war fie 
einen Augenblick unterdrückt — bewegt von dem fernen 
Klang eines volkstümlichen Inftruments, bunt und ernft 
und ewig; geduldig und ohne Unruhe lockend. Diefer 
Ton taucht wieder auf; fehr ftark und verheißend in dem 
Roman „Zwifchen den Raffen*, fchon wieder bezweifelt 
in dem , Гугаппеп“ der „Böfen“. Aber der Drang, das 
ftolze Leiden der Einfamkeit abzudanken, wird unwider- 
ftehlich und unabweisbar. Ift es denn möglich, die Men- 
(сһеп zu empfinden, die Welt zu erleiden, ohne in ihnen 
zu ruhen? Muß nicht das tätige Gefühl in dem Maße 
wachfen, wie das leidende empfindet? Breitet nicht der 


~ 


135 


Baum gerade fo weit feine Wurzeln aus, wie ег feine 
Zweige treibt? Gegen die Erfchloffenheit, gegen die an- 
dringende Wucht des Mitfühlens ift nur ein Rückhalt mög- 
lich: die Refonanz der Allgemeinheit in fich піселі еп, 
fich in dem zu ftärken, wo man fich mit allem begtthrt, 
berühren könnte: der einfachen Menfchlichkeit. Gegen die 
Menfchheit muß man die Menfchheit zu Hilfe rufen. 
Und in diefer ftürmifchen, beftürzenden GewiGheit, daß 
hier ein Ausweg fei, wo man das Ende glaubte, enifteht 
ein Werk, wie es nur in der erften Frifche eines meuen 
Glaubens gelingen kann, in dem Glück einer tiefen, inneren 
Erlöfung, wo in einer Stunde die Qual einesganzen Lebens 
ihre Rechtfertigung findet und ihren Lohn. Diefer Roman 
„Die kleine Stadt“, der in klingenden, farbigen Abbrevia- 
turen diefe ganze Entwicklung wiederholt, führt hinauf 
zu einem jubelnden Cantico, einem Hohen Lied der Ge- 
meinfchaft und Menfchlichkeit, wie zu einem Ausatmen 
nach langem Seufzen. Aus der Dumpfheit, die weder gut 
noch böfe, aber immer gewöhnlich ift, erwacht die kleine 
Stadt durch die Berührung mit der Schönheit und dem hoch- 
gefteigerten felbftficheren Leben der Kunft (verkörpert in 
einer Operntruppe) zum Bewuftfein, entwickelt unter die- 
fer Herausforderung ihre Leidenfchaften, Neid, Eiferfucht, 
Ehrgeiz, Verfolgung, häuft ihre Schuld und wird durch 
Unglück, Leiden und Kämpfe zur Verföhnung geleitet. 
Die Darftellung ift von Glück getränkt, vom Glück des 
Schaffens und von der Seligkeit der Erfüllung. Die Ein- 
famkeitszuftánde, die Zweifel tauchen nur auf wie ein Echo, 
kaum noch in gegenwärtiger Qual, fo wie man im Hafen 
an die Stürme zurückdenkt; fie haben ja Zweck gehabt, 


136 


Пе find gerechtfertigt. Die егбеп Werke waren lyrifche 
Romane; hier ift die Lyrik felbft Roman geworden; das 
Menfchen-Selbftgefühl ift in die Tiefe gefunken, wo es mit 
allen Menfchenwefen gemeinfam geht; die Selbftbefinnung 
hat zur Einmütigkeit geführt. In diefem Roman ift die 
Transfubftantiation der Lyrik in Ерік vollzogen. Seine 
Sprache ift Mufik geworden. Sätze, wie vom Himmel ge- 
fallen, erlöfchen im Blut gleich Melodien. Die Schickfale 
fchlingen fich umeinander wie die Themen einer Sym- 
phonie; und in den großen Gefamtfzenen, der erften Oper- 
aufführung, dem Verföhnungsfeft, führt ein verklärendes 
Gefühl die hundert vertrauten Einzelftimmen zur Einheit 
empor, mühelos, wie die Stimme der Primadonna, in Ein- 
famkeit, in Arbeit, in Entfagen geläutert, von irdifcher 
Schwere verlaffen auffteigt und jeden Hörer fich felbft füh- 
len macht, aber in einem neuen, reineren, höheren Element, 
in dem man einander wiedererkennt und fich näher ift. 

Diefer Roman ift das Refultat eines Lebens, das ganz 
auf Erfahrung der Seele geftellt war; und ift der erfte Ab- 
fchluß einesGefamtwerkes. Seine vollkommene Einheit wäre 
fonft ein unbegreifliches Wunder; ein tiefes Wiffen um 
die Dinge, das alles durch Zauberkraft aus der Tiefe hebt, 
ein in langer Einfamkeit erworbenes unerhórtes Kónnen, 
beflügelt durch den Glauben. Man kann ihn von vielen 
Seiten anfehen ; man kann ihn fo tief lefen wie man will, als 
Symbol oder als Vorgang, auf feine grofje Gliederung hin 
und die weitfichtige Dispofition der Stimmführung, wie eine 
Partitur oder wie ein braufendes Bekenntnis: immer ift es 
ein wunderbares Werk, in einem Atem gefchaffen und mit 
nie gefunkener Kraft. 


137 


Es wird nicht nur feine finguläre Stellung іп der Ge- 
fchichte des Romans einnehmen, fondern auch in dem Кіп- 
gen des Menfchen um die Erkenntnis feines geiftigen Fa- 
tums. Es enthält deffen große Linie von der Weltbegierde 
durch Weltfeindíchaft zur Weltliebe; und mahnt an die 
große Aufgabe, die vor uns liegt: diefe Erkenntnis gegen- 
ftändlich zu machen. 


ROBERT PRUTZ/VON DER PUMPE, DIENICHT 
MEHR HAT PIEPEN WOLLEN 


AS war der Oberhofmarfchall 
Mit seiner Diener Tro und Schwall, 
Der fegt heut in des Königs Haus 
Gefchäftig alle Winkel aus, 
Dieweil des Königs T'óchterlein 
Wird nächftens einen Prinzen frein: 
„Auf Flur und Treppe, Bank und Tifch, 
Mit Haderlump und Flederwifch, 
Ihr Knecht’ und Mägde, immer frifch ! 
Daß nirgendwo ein Stäubchen klebt, 
Auch nirgend eine Spinne webt, 
Kein Fenfter klappert, keine Tür 
Im ganzen fürftlichen Revier, 
Und daß, fo ihr eur Leben liebt, 
Mir nirgends eine Pumpe piept! 
Nirgend, nirgend, nirgend, nirgend, 
Nirgend eine Pumpe piept!“ 


„Horch, diefe hier — potz Blitz noch mal — 
Die pfeift ja wirklich zum Skandal! 


——— u — nn Уллы... Da 


Und fteht auch juft — o Scham und Schmach! 
Juft vor des Kénigs Schlafgemach?! 
Und jeden Morgen Punkt Schlag vier 
Füllt der Lakai den Eimer hier, 
Und wie der Brunnen Waffer gibt, 
Das ächzt und ftöhnt, das knirfcht und piept 
Wie eine Katze, die verliebt?! 
O toller Frevel, unerhört! 
So wird des Königs Schlaf geftört?! 
Der Morgenfchlaf — o heilger Chrift, 
Der juft der allerbefte ift?! 
Schnell Öl und Seife, Talg und Schmeer — 
Gottlob, nun piept fie fchon nicht mehr: 
Freude, Freude, Freude, Freude, 
Unfre Pumpe piept nicht mehr!“ 


Allein, allein, am Morgen drauf, 

Herr Gott, wie fteht der König auf! 

Er, fonft fo mild gefinnt und gut, 
Schnaubt wie ein Tiger jetzt in Wut; 
Umfonft wird ihm der Tifch gedeckt: 
Kein Trüffelhahn, kein Ungar fchmeckt, 
Das ift ein Keifen, ein Gebrumm! 

Und weiß doch felber nicht, warum — 
Und geht zu Bett und liegt und wacht 
Und brummt die liebe lange Nacht: 

Bis daß es endlich viere fchlägt 

Und der Lakei das Waffer trägt — 

Da plötzlich wirds hell um ihn her: 
„Verdammt! die Pumpe piept nicht mehr. 


139 


140 


Ja die Pumpe, ja die Pumpe, 
Ja die Pumpe piept nicht mehr!“ 


So gehts der Tage drei, auch vier, 
Des Königs Auge leuchtet ftier: 
Schon auf der Zung fchwebt ihm das Wort, 
Dann fcheucht der Groll es wieder fort — 
Bald fteht die Staatsmafchine ftill, 
Weil er von nichts mehr hören will. 
Prinzeffin Tochter ringt die Hand, 
Der Eidam fteht, bleich wie die Wand, 
Es weint und klagt das ganze Land: — 
Bis mit des fünften Morgens Licht 
Er endlich jetzt fein Schweigen bricht 
Und murrt und knurrt: „Hm — Neuerung — 
Das kommt davon — noch viel zu jung — 
Kein Schlaf mehr nachts — geht alles quer — 
Die Pumpe — hm — piept auch nicht mehr — 
Meine Pumpe, meine Pumpe, 
Meine Pumpe piept nicht mehr!“ 


Und allfogleich beim erften Wort 

Der Hofmarfchall wie närrifch fort, 

Der ganze Hofftaat hinterdrein, 

Schon wird der Schloßhof faft zu klein, 

Mit Kratzen, Bürften aller Art, 

Der braucht die Finger, der den Bart, 

Und wifcht und wetzt und fcharrt und nagt 
Und dreht und biegt und zerrt und plagt 
Am Pumpenfchwengel unverzagt! 

Nun wird es fein, nun kommt es fchon — 


Umfonft! kein Laut, kein kleinfter Ton! 

Die Pumpe geht fo leis, fo facht, 

Wie Elfentritt in Maiennacht, 

Wie Mondesftrahl auf glattem Meer — 

Umfonft, die Pumpe piept nicht mehr! 
Jammer, Jammer, Jammer, Jammer, 
Unfre Pumpe piept nicht mehr! 


Und weil der König fichtbarlich 
Mit jedem Tag verfchlimmert fich, 
So faßt zuletzt, in höchftem Schmerz, 
Das Minifterium fich ein Herz 
Und fchickt mit kräftigem Entfchluß 
Zum Oberhofmechanikus: 
„O Oberhofmechanice, 
Sieh unfre Not, fieh unfer Weh, 
Und hilf, o hilf citissime! 
Der Hofmarfchall nahm zu viel Schmeer, 
Die Pumpe, horch, fie piept nicht mehr, 
Der König welkt dem Grabe zu, 
Die einzge Hoffnung noch bift du, 
Bedenk, wer Lohn und Brot dir gibt, 
Und mache, daß die Pumpe piept, 
Unfre Pumpe, unfre Pumpe, 
Daß die Pumpe wieder piept!“ 


Der Oberhofmechanikus, 

Das war ein Erzpolitikus, 

Der fah als ein erfahrner Mann 

Den Schaden fich erft gründlich an, 

Und fprach darauf: „Ihr Herrn, mit Gunft, 


LAT 


Па ift verloren alle Kunft: 
Und ob es um mein Leben war, 
Die Pumpe da, auf Wort und Ehr, 
Die piept auf Erden niemals mehr! 
Drum, rat ich, fetzen wir als Knauf 
Ein eignes Piepwerk oben drauf, 
Das ächzt und ftöhnt, das knirfcht und pfeift, 
Sobald den Schwengel man ergreift: 
Der König ift mal drin verliebt, 
Drum hurtig, daß die Pumpe piept! — 
Hurtig, hurtig, hurtig, hurtig, 
Daß die Pumpe wieder piept!“ 


Gefagt, getan! Mit goldnem Knauf 
Flugs kommt ein Piepwerk obendrauf, 
Das pfeift fo fanft, das pfeift fo lind, 
Kann zetern wie ein Wiegenkind, 
Kann knarren, kreifchen, puften, maun, 
Kein Kater tut es beffer, traun! 
Früh morgens, wenn es viere fchlagt, 
Der König horcht, vor Luft bewegt, — 
Und dreht fich um, fchläft wieder ein, 
Schläft fchnarchend in den Тар hinein, 
Ißt, trinkt, regiert in guter Ruh, 
Beglückt fein Land, fich felbft dazu, 
Ift allgepriesen und geliebt — 
Und alles, weil die Pumpe piept, 

Unfre Pumpe, unfre Pumpe, 

Vivat, unfre Pumpe piept!! 

Aus den „Gedichten“ 1841. 


142 


DREI AMERIKANISCHE GEDICHTE /INS DEUT- 
SCHE UBERTRAGEN VON ALFRED WALTER 
HEY MEL 


GEBET UM SCHMERZ / VON JOHN G. NEIHARDT 


CH bettele um Frieden nie 

Noch Waffenruh vor Sorgen; 
Ich gehe’niemals in die Knie 
Und bete nie für morgen. 


Wir blitzen Flamm an Flamme fahl, 
Ich will mein Schickfal tragen. 

Wir klirren blauen Stahl an Stahl — — 
Leg aus, ich will es wagen. 


Doch Höchfter in dem großen Licht, 
Beleber aller Erden, 

Gewähr die Bitte: laffe nicht 

Die Seele grau mir werden. 


Denn was auch immer mit mir rang 
Und meinem Glückverlangen: 
Tags Zauber war ein Harfenklang, 
Und nachts die Leiern fangen. 


Und wenn auch Schlag auf Schlag mein Schild 
Zerbrach in hartem Ringen, 
Hoch überm Feld ein Geifterbild 


Hub an ein Lerchenfingen. 


Durch Nacht und Sturm und Seele rann 
Im Zickzack Blitz und Bläue, 


143 


Ich frug um nichts und focht ein Mann 
Das Glück und hielt die Treue. 


Doch jetzt — zuletzt — der graue Tag 
Würgt mich mit Nebeldämpfen. 

Laß mir den Schmerz, triff Schlag auf Schlag, 
Dann darf ich wieder kämpfen. 


NUR EINE KURZE ZEIT / VON BRIAN HOOKER 


Nur eine kurze Zeit, da wir zuerft allein; 

Bald wird die See mit Meilenmüdigkeit 

Für immer trennen uns, mein Lieb, — allein — 

Wie wird Vergeffen leicht und leichter fein; 
Nur eine kurze Zeit. 


Nur eine kurze Zeit, die ganz verfpricht 
Dein Herz und deinen Hauch für kurze Zeit. 
Ich feh dein Aug vergolden Flamm und Licht 
In Lieb, und ift doch Liebe nicht; 

Nur eine kurze Zeit. 


Nur eine kurze Zeit für mein Gedicht, 

So daß du eines Tags, voll Fröhlichkeit 

Und tief beglückt — ich werd es fehen nicht — 

Dich felbft erkennft in meinem Herzgedicht; 
Nur eine kurze Zeit. 


DIE BEGRABENE STADT / VON GEORGE SYLVESTER 
VIERECK. 


Mein Herz gleicht einer Stadt der Fröhlichkeit, 
Erbaut auf Schutt und auf zerftörten Mauern, 


144 


Drin meine toten Lieben dunkel kauern, 
Die Eintagskönige im weißen Kleid. 


Aus der begrabnen Stadt ertönt kein Schall, 
Die Fledermaus nur, flatternd aus dem Мей, 
Krampft fich am Knie verlaßner Gótzen feft, 
Aus Schlünden ftóhnt der Flüffe Widerhall. 


Fall nicht, mein Lieb, inmitten Sarkophagen, 
Verfuch des tiefen Schickfals Schweigen nicht; 
Die Trümmer glauben (оп, das letzte Licht 


Sei da und fahren aus dem. Schlaf erfchreckt; 
Denn gleich verfluchter Hóllenglocken Schlagen 
Ift Ruf, der Schatten toter Dinge weckt. 


* 


GOTTHOLD EPHRAIM LESSING / VON HEIN- 
RICH HEINE 


EIT Luther hat Deutfchland keinen größeren und 

befferen Mann hervorgebracht als Gotthold Ephraim 
Leffing. Піе(е beiden find unfer Stolz und unfere Wonne. 
In der Trübnis der Gegenwart fchauen wir hinauf nach 
ihren tróftenden Standbildern, und fie nicken eine glánzende 
Verheißung. Ja, kommen wird auch der dritte Mann, der 
da vollbringt, was Luther begonnen, was Leffing fortge- 
fetzt, und deffen das deutíche Vaterland fo fehr bedarf, — 
der dritte Befreier! — Ich fehe {chon feine goldne Rüftung, 


145 


die aus dem purpurnen Kaifermantel hervorftrahlt ,,wie die 
Sonne aus dem Morgenrot!“ 

Gleich dem Luther wirkte Leffing nicht nur, indem er 
etwas Beftimmtes tat, fondern indem er das deutfche Volk 
bis in feine Tiefen aufregte und indem er eine heilfame 
Geifterbewegung hervorbrachte, durch feine Kritik, durch 
feine Polemik. Er war die lebendige Kritik feiner Zeit, 
und fein ganzes Leben war Polemik. Diefe Kritik machte 
fich geltend im weiteften Bereiche des Gedankens und des 
: Getühls, in der Religion, in der Wiffenfchaft, in der Kunft. 
Diefe Polemik überwand jeden Gegner und erftarkte nach 
jedem Siege. Leffing, wie er felbft eingeftand, bedurfte 
eben des Kampfes zu der eignen Geiftesentwickelung. Er 
glich ganz jenem fabelhaften Normann, der die Talente, 
Kenntniffe und Kräfte derjenigen Männer erbte, die er im 
Zweikampf erfchlug, und in diefer Weife endlich mit allen 
möglichen Vorzügen und Vortrefflichkeiten begabt war. 
Begreiflich ift es, daß folch ein ftreitluftiger Kämpe nicht 
geringen Lärm in Deutfchland verurfachte, in dem ftillen 
Deutfchland, das damals noch fabbathlich ftiller war als 
heute. Verblüfft wurden die meiften ob feiner literarifchen 
Kühnheit. Aber ebendiefe kam ihm hilfreich zuftatten; 
denn Oser! ift das Geheimnis des Gelingens in der Lite- 
ratur, ebenfo wie in der Revolution — und in der Liebe. 
Vor dem Leffingfchen Schwerte zitterten alle. Kein Kopf 
war vor ihm ficher. Ja, manchen Schädel hat er fogar 

aus Übermut heruntergefchlagen, und dann war er dabei 
noch fo boshaft, ihn vom Boden aufzuheben und dem 
Publikum zu zeigen, daß er inwendig hohl war. Wen 
fein Schwert nicht erreichen konnte, den tötete er mit den 


146 


Pfeilen feines Witzes. Die Freunde bewunderten die bun- 
ten Schwungfedern diefer Pfeile; die Feinde fühlten die 
Spitze in ihren Herzen. Der Leffingfche Witz gleicht 
nicht jenem Enjouement, jener Gaité, jenen {pringenden 
Saillies, wie man hierzuland dergleichen kennt. Sein Witz 
war kein kleines franzöfifches Windhündchen, das feinem 
eigenen Schatten nachläuft; fein Witz war vielmehr ein 
großer deutfcher Kater, der mit der Maus fpielt, ehe er fie 
würgt. 

Ja, Polemik war die Luft unferes Leffings, und daher 
überlegte er nie lange, ob auch der Gegner feiner würdig 
war. So hat er eben durch feine Polemik manchen Na- 
men der wohlverdienteften Vergeffenheit entriffen. Mehre 
winzige Schriftftellerlein hat er mit dem geiftreichften 
Spott, mit dem köftlichften Humor gleichfam umfponnen, 
und in den Leffingfchen Werken erhalten fie fich nun für 
ewige Zeiten wie Infekten, die fich in einem Stück Bern- 
ftein verfangen. Indem er feine Gegner tótete, machte er 
fie zugleich unfterblich. Wer von uns hatte jemals etwas 
von jenem Klotz erfahren, an welchen Leffing fo viel 
Hohn und Scharffinn verfchwendet! Die Felfenblöcke, 
die er auf diefen armen Antiquar gefchleudert und womit 
er ihn zerfchmettert, find jetzt deffen unverwüftliches 
Denkmal. 

Merkwiirdig ift es, daß jener witzigfte Menfch in Deutfch- 
land auch zugleich der ehrlichfte war. Nichts gleicht feiner 
Wahrheitsliebe. Leffing machte der Lüge nicht die min- 
defte Konzeffion, felbft wenn er dadurch, іп der gewóhn- 
lichen Weife der Weltklugen, den Sieg der Wahrheit be- 
fórdern konnte. Er konnte alles für die Wahrheit tun, 


147 


nur nicht lügen. Wer darauf denkt, fagte ег einft, die 
Wahrheit unter allerlei Larven und Schminken an den 
Mann zu bringen, der möchte wohl gern ihr Kuppler fein, 
aber ihr Liebhaber ift er nie gewefen. 

Das fchöne Wort Buffons „der Stil ift der Menfch fel- 
ber!“ ift auf niemand anwendbarer als auf Leffing. Seine 
Schreibart ift ganz wie fein Charakter, wahr, feft, {chmuck- 
los, fchön und impofant durch die inwohnende Stärke. 
Sein Stil ift ganz der Stil der römifchen Bauwerke: hóchíte 
Soliditat bei der höchften Einfachheit; gleich Quader- 
fteinen ruhen die Sátze aufeinander, und wie bei jenen das 
Gefetz der Schwere, fo ift bei diefen die logifche Schluß- 
folge das unfichtbare Bindemittel. Daher in der Leffing- 
(сһеп Profa fo wenig von jenen Füllwórtern und Wen- 
dungskünften, die wir bei unferem Periodenbau gleichfam 
als Mörtel gebrauchen. Noch viel weniger finden wir 
da jene Gedankenkaryatiden, welche Ihr la belle phrase 
nennt. 

Daß ein Mann wie Leffing niemals glücklich fein konnte, 
werdet Ihr leicht begreifen. Und wenn er auch nicht die 
Wahrheit geliebt hatte und wenn er fie auch nicht felbft- 
willig überall verfochten hatte, fo mußte er doch unglück- 
lich fein; denn er war ein Genie. ,,Alles wird man dir 
verzeihen,“ fagte jüngft ein feufzender Dichter, „man ver- 
zeiht dir deinen Reichtum, man verzeiht dir die hohe Ge- 
burt, man verzeiht dir deine Wohlgeftalt, man läßt dir 
fogar Talent hingehen, aber man ift unerbittlich gegen das 
Genie.“ Ach! und begegnet ihm auch nicht der bófe Wille 
von außen, fo fände das Genie doch fchon in fich felber 
den Feind, der ihm Elend bereitet. Deshalb ift die Ge- 


148 


Nathan ver Weife, 


| Ein 
Dramatifhes Gedidt, 
іп fünf Aufzügen. 


Jntroite, nam et heic Dii fune? 


АРУЫ GELLIVM 


Don 


Gotthold Ephraim Zetting, 


1779. 


(chichte der großen Männer immer eine Märtyrerlegende; 
wenn fie auch nicht litten für die große Menfchheit, fo 
litten fie doch für ihre eigene Größe, für die große Art 
ihres Seins, das Unphilifterliche, für ihr Mißbehagen an 
der prunkenden Gemeinheit, der lächelnden Schlechtig- 
keit ihrer Umgebung, ein Mißbehagen, welches fie natür- 
lich zu Extravaganzen bringt, z. B. zum Schaufpielhaus 
oder gar zum Spielhaus — wie es dem armen Leffing be- 
gegnete. 

Mehr als diefes hat ihm aber der böfe Leumund nicht 
nachfagen können, und aus feiner Biographie erfahren wir 
nur, daß ihm fchöne Komödiantinnen amüfanter dünkten 
als Hamburgifche Paftöre und daß ftumme Karten ihm 
beffere Unterhaltung gewährten als fchwatzende Wolfi- 
aner. 

Es ift herzzerreißend, wenn wir in diefer Biographie 
lefen, wie das Schickfal auch jede Freude diefem Manne 
verfagt hat und wie es ihm nicht einmal vergönnte, in der 
Umfriedung der Familie fich von feinen täglichen Kämpfen 
zu erholen. Einmal nur fchien Fortuna ihn begünftigen 
zu wollen, fie gab ihm ein geliebtes Weib, ein Kind — 
aber diefes Glück war wie der Sonnenftrahl, der den Fit- 
tich eines vorüberfliegenden Vogels vergoldet, es fchwand 
ebenfo fchnell, das Weib ftarb infolge des Wochenbetts, 
das Kind fchon bald nach der Geburt, und über letzteres 
fchrieb er einem Freunde die gräßlich witzigen Worte: 

„Meine Freude war nur kurz. Und ich verlor ihn un- 
gern, diefen Sohn! Denn er hatte fo viel Verftand! fo viel 
Verftand! — Glauben Sie nicht, daß die wenigen Stunden 
meiner Vaterfchaft mich fchon zu fo einem Affen von 


150 


Vater gemacht haben! Ich weiß, was ich (аре. — War 
es nicht Verftand, daß man ihn mit eifernen Zangen auf 
die Welt ziehen mußte? daß er fo bald Unrat merkte? — 
-War es nicht Verftand, daß er die erfte Gelegenheit er- 
griff, fich wieder davonzumachen? — Ich wollte es auch 
einmal fo gut haben wie andere Menfchen. Aber es ift 
mir fchlecht bekommen.“ | 

Ein Unglück gab es, worüber fich Leffing nie gegen 
feine Freunde ausgefprochen: diefes war feine fchaurige 
Einfamkeit, fein geiftiges Alleinftehn. Einige feiner Zeit- 
genoffen liebten ihn, keiner verftand ihn. Mendelsfohn, 
fein befter Freund, verteidigte ihn mit Eifer, als man ihn 
des Spinozismus befchuldigte. Verteidigung und Eifer 
waren ebenfo lächerlich wie überflüffig. Beruhige dich im 
Grabe, alter Mofes; dein Leffing war zwar auf dem Wege 
zu diefem entfetzlichen Irrtum, zu diefem jammervollen 
Unglück, nämlich zum Spinozismus — aber der Aller- 
höchfte, der Vater im Himmel, hat ihn noch zur rechten 
Zeit durch den Tod gerettet. Beruhige dich, dein Leffing 
war kein Spinozift, wie die Verleumdung behauptete; er 
ftarb als guter Deift wie du und Nicolai und Teller und 
die „Allgemeine deutfche Bibliothek“! 

Ich fage, Leffing hat den Luther fortgefetzt. Nachdem 
Luther uns von der Tradition befreit und die Bibel zur 
alleinigen Quelle des Chriftentums erhoben hatte, da ent- 
ftand, wie ich fchon oben erzählt, ein ftarrer Wortdienft, 
und der Buchftabe der Bibel herrfchte ebenfo tyrannifch 
wie einft die Tradition. Zur Befreiung von diefem tyran- 
nifchen Buchftaben hat nun Leffing am meiften beige- 
tragen. Wie Luther ebenfalls nicht der einzige war, der 


151 


die Tradition bekämpft, fo kämpfte Leffing zwar nicht 
allein, aber doch am gewaltigften gegen den Buchftaben. 
Hier erfchallt am lauteften feine Schlachtftimme. Hier 
fchwingt er fein Schwert am freudigften, und es leuchtet 
und tötet. Hier aber auch wird Leffing am ftärkften be- 
drängt von der fchwarzen Schar, und in folcher Bedräng- 
nis rief er einft aus: 

„O sancta simplicitas! — Aber noch bin ich nicht da, 
wo der gute Mann, der diefes ausrief, nur noch diefes aus- 
rufen konnte. (Huß rief diefes auf dem Scheiterhaufen.) 
Erft foll uns hören, erft foll über uns urteilen, wer hören 
und urteilen kann und will! 

„O daß Er es könnte, Er, den ich am liebften zu meinem 
Richter haben möchte! — Luther, du! — Großer, verkannter 
Mann! Und von niemandem mehr verkannt als von den 
Starrkópfen, die, deine Pantoffeln in der Hand, den von dir 
gebahnten Weg fchreiend, aber gleichgültig daherfchlen- 
dern! — Du haft uns von dem Joche der Tradition er- 
löft: wer erlófet uns von dem unerträglicheren Joche des 
Buchftabens! Wer bringt uns endlich ein Chriftentum, 
wie du es itzt lehren würdeft, wie es Chriftus felbft lehren 
würde!“ 

Leffing ftarb zu Braunfchweig im Jahr 1781, verkannt, 
gehaßt und verfchrien. In demfelben Jahre erfchien zu 
Königsberg die „Kritik der reinen Vernunft“ von Imma- 
nuel Kant. Mit diefem Buche, welches durch fonderbare 
Verzögerung erft am Ende der achtziger Jahre allgemein be- 
kannt wurde, beginnt eine geiftige Revolution in Deutfch- 
land, die mit der materiellen Revolution in Frankreich die 
fonderbarften Analogien bietet und dem tieferen Denker 


152 


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benfo wichtig dünken muß wie jene. Sie entwickelt fich 
ait denfelben Phafen, und zwifchen beiden herrfcht der 
nerkwürdigfte Parallelismus. Auf beiden Seiten des Rheines 
ehen wir denfelben Bruch mit der Vergangenheit, der 
[Tradition wird alle Ehrfurcht aufgekündigt; wie hier in 
*rankreich jedes Recht, fo muß dort in Deutfchland 
eder Gedanke fich juftifizieren, und wie hier das König- 
cum, der Schlußftein der alten fozialen Ordnung, fo ftürzt 
dort der Deismus, der Schlußftein des geiftigen alten Re- 
gimes. 


HEINRICH VON KLEISTS ABSCHIEDSBRIEFE 
AN SEINE COUSINE MARIE VON KLEIST UND 
SEINE SCHWESTER ULRIKE VON KLEIST 


[Berlin,] d. 10. Nov. 1811. 


EINE Briefe haben mir das Herz zerfpalten, meine 
teuerfte Marie, und wenn es in meiner Macht ge- 
wefen wäre, fo verfichre ich Dich, ich würde den Entfchluß 
zu fterben, den ich gefaßt habe, wieder aufgegeben haben. 
Aber ich fchwöre Dir, ift es mir ganz unmöglich länger 
zu leben; meine Seele ift fo wund, daß mir, ich möchte 
faft fagen, wenn ich die Nafe aus dem Fenfter ftecke, das 
Tageslicht wehe tut, das mir darauf fchimmert. Das wird 
mancher für Krankheit und überfpannt halten; nicht aber 
Du, die fahig ift, die Welt auch aus andern Standpunkten 
zu betrachten als aus dem Deinigen. Dadurch, daß ich mit 
' Schönheit und Sitte, feit meiner frühften Jugend an, in 
meinen Gedanken und Schreibereien unaufhórlichen Um- 


153 


gang gepflogen, bin ich fo empfindlich geworden, daß mich 
die kleinften Angriffe, denen das Gefühl jedes Meníchen 
nach dem Lauf der Dinge hienieden ausgefetzt iít, doppelt 
und dreifach fchmerzen. So verfichre ich Dich, wollte ich 
doch lieber zehnmal den Tod erleiden, als noch einmal 
wieder erleben, was ich das letztemal in Frankfurt an der 
Mittagstafel zwifchen meinen beiden Schweftern, befonders 
als die alte Wackern darzukam, empfunden habe; laß es 
Dir nur einmal gelegentlich von Ulriken erzählen. Ich 
habe meine Gefchwifter immer, zum T'eil wegen ihrer gut- 
gearteten Perfönlichkeiten, zum Teil wegen der Freund- 
fchaft, die fie für mich hatten, von Herzen liebgehabt; 
fo wenig ich davon gefprochen habe, fo gewiß ift es, daß 
es einer meiner herzlichften und іппірбеп W ünfche war, 
ihnen einmal durch meine Arbeiten und Werke recht viel 
Freude und Ehre zu machen. Nun ift es zwar wahr, es 
war in den letzten Zeiten, von mancher Seite her, gefährlich, 
fich mit mir einzulaffen, und ich klage fie defto weniger 
an, fich von mir zurückgezogen zu haben, je mehr ich die 
Not des Ganzen bedenke, die zum Teil auch auf ihren 
Schultern ruhte; aber der Gedanke, das Verdienft, das ich 
doch zuletzt, es fei nun groß oder klein, habe, gar nicht 
anerkannt zu fehn und mich von ihnen als ein ganz nichts- 
nutziges Glied der menfchlichen Gefellfchaft, das keiner 
Teilnahme mehr wert fei, betrachtet zu fehn, ift mir über- 

aus fchmerzhaft, wahrhaftig, es raubt mir nicht nur die 

Freuden, die ich von der Zukunft hoffte, fondern es ver- 

giftet mir auch die Vergangenheit. — Die Allianz, die der 

Kónig jetzt mit den Franzofen fchließt, ift auch nicht 

eben gemacht, mich im Leben feftzuhalten. Mir waren 


154 


е Gefichter der Menfchen fchon jetzt, wenn ich ihnen 
^gegnete, zuwider, nun würde mich gar, wenn fie mir 
uf der Strafe begegneten, eine kórperliche Empfindung 
nwandeln, die ich hier nicht nennen mag. Es ift zwar 
vahr, es fehlte mir fowohl als ihnen an Kraft, die Zeit 
wieder einzurücken; ich fühle aber zu wohl, daß der Wille, 
ler in meiner Bruft lebt, etwas anderes ift als der Wille 
lerer, die diefe witzige Bemerkung machen: dergeftalt, 
daí3 ich mit ihnen nichts mehr zu fchaffen haben mag. 
Was foll man doch, wenn der Kónig diefe Allianz ab- 
fchließt, länger bei ihm machen? Die Zeit ift ja vor der Tür, 
wo man wegen der Treue gegen ihn, der Aufopferung und 
Standhaftigkeit und aller andern bürgerlichen Tugenden, 


| von ihm felbft gerichtet, an den Galgen kommen kann. — 
. Kechne hinzu, daß ich eine Freundin gefunden habe, deren 
Seele wie ein junger Adler fliegt, wie ich noch in meinem 


: Leben nichts Áhnliches gefunden habe; die meine T'raurig- 
. keit als eine höhere, feftgewurzelte und unheilbare begreift 
. und deshalb, obfchon fie Mittel genug in Händen hätte, 
. mich hier zu beglücken, mit mir fterben will, die mir die 
. unerhórte Luft gewährt, fich, um diefes Zweckes willen, 


T 


; {o leicht aus einer ganz wunfchlofen Lage, wie ein Veilchen 


aus einer Wiefe, herausheben zu laffen; die einen Vater, 
der fie anbetet, einen Mann, der grofómütig genug war, fie 
mir abtreten zu wollen, ein Kind, fo fchén und fchéner 
als die Morgenfonne, nur meinetwillen verläßt: und Du 
wirft begreifen, daß meine ganze jauchzende Sorge nur fein 


kann, einen Abgrund tief genug zu finden, um mit ihr 
hinabzuftürzen. — Adieu noch einmal! — 


155 


CH kann nicht fterben, ohne mich, zufrieden unt Е 

heiter, wie ich bin, mit der ganzen Welt und (оті 2 
auch, vor allen anderen, meine teuerfte Ulrike, mit Dir ver- 
fóhnt zu haben. Laß fie mich, die ftrenge Äußerung, di 
in dem Briefe an die Kleiften enthalten ift, laf$ fie mich 
zurücknehmen; wirklich, Du haft an mir getan, ich fage 
nicht, was in Kräften einer Schwefter, fondern in Kräften 
eines Menfchen ftand, um mich zu retten: die Wahrheit 
ift, daß mir auf Erden nicht zu helfen war. Und nun lebe 
wohl; möge Dir der Himmel einen Tod fchenken, nur halb 
an Freude und unausfprechlicher Heiterkeit dem meinigen 
gleich: das ift der herzlichfte und іппірбе Wunfch, den ich 
für Dich aufzubringen weiß. 


Stimmings bei Potsdam Dein 
d. — am Morgen meines Todes. Heinrich. 


EIN UNGEDRUCKTES GEDICHT VON LENAU 


ER feine Jugend überlebt, 

Wen unvergeßlich Leid getroffen, 
Wem {chal geworden jedes Hoffen, 
Für das er fehnlich einft gebebt, 
Und wenn er kalt für Ruhm und Ehren, 
Kein Kuß ihm zündet mehr am Munde: 
О könnt ein Zauber ihm gewähren, 
Ein Kind zu fein nur eine Stunde, 
Könnt er die Welt mit frifchen Blicken 
Nur einmal noch und freudig fehn, 
Es würd ihn ftärken und erquicken, 
Bis das Gefchick ihn heißt vergehn. 


156 


шь eee eee 


-JER WINTER / EIN GEDICHT HOLDERLINS 
.US DEM WAHNSINN 


ENN ungefehn und nun vorüber find die Bilder 
Der Jahreszeit, (о kommt des Winters Dauer, 

` Jas Feld ift leer, die Anficht fcheinet milder, 

. Jnd Stürme wehn umher und Regenfchauer. 


— Als wie ein Ruhetag, fo ift des Jahres Ende 

" Wie einer Frage Ton, daß diefer fich vollende, 
-"Alsdann erfcheint des Frühlings neues Werden, 
Fx So glänzet die Natur mit ihrer Pracht auf Erden. 1 


ZWEI GEDICHTE VON ARTHUR SCHOPEN- 
HAUER 


e? SONETT (Weimar 1808) 


IE lange Winternacht will nimmer enden; 
Als kam fie nimmermehr, die Sonne weilet; 
Der Sturm mit Eulen um die Wette heulet; 
Die Waffen klirren an den morfchen Wänden. 


Und offne Gräber ihre Geifter fenden: 

Sie wollen, um mich her im Kreis verteilet, 
Die Seele fchrecken, daß fie nimmer heilet; — 
Doch will ich nicht auf fie die Blicke wenden. 


1 Dies bisher noch nicht gedruckte Gedicht unterzeichnete Hölderlin: 
„Mit Untertänigkeit Siardanelli“ und datierte es „24. April 1049“; 
von fremder Hand wurde hinzugefügt: „d. 4ten November 18424. 


157 


Den Тар, den Tag, ich will ihn laut verkünden! 
Nacht und Gefpenfter werden vor ihm fliehen: 
Gemeldet ift er fchon vom Morgenfterne. 


Bald wird es licht, auch in den tiefften Gründen: 
Die Welt wird Glanz und Farbe überziehen, 
Ein tiefes Blau die unbegrenzte Ferne. 


FINALE (Frankfurt 1856) 


Ermüdet fteh ich jetzt am Ziel der Bahn, 

Das matte Haupt kann kaum den Lorbeer tragen: 
Doch blick ich froh auf das, was ich getan, 

Stets unbeirrt durch das, was andre fagen.! 


ZU DEN ABBILDUNGEN 


AS Kalendarium ift mit Holzfchnitten von Joft Amman 

und Verfen von Hans Sachs aus deren gemeinfamem 
Werk „Eigentliche Befchreibung aller Stände auf Erden“ 
ausgeftattet. Die Bilder waren vom Künftler zunächft für 
ein lateinifches Werk, Hartmann Schóppers „Panoplia“, 
gezeichnet worden, von dem die „Eigentliche Befchreibung“ 
erft eine deutfche Bearbeitung ift; wir haben bei der Re- 
produktion der Bilder meift das ältere Buch heranziehen 
müffen. Von einem alten Hans Sachs-Druck, nämlich 
einer der köftlichen Legenden von St. Petrus, ftammt auch 
der Holzfchnitt auf Seite 30, ebenfo wie das Einfchlagbild 
bei Seste 64, deflen befondere Bedeutung darin befteht, daß 


158 


3 uns die beiden größten Künftler Nürnbergs im gemein- 
amen Wirken vor Augen Dellt, Trotzdem dürfen wir 
-ав Blatt hier auch ohne Hans Sachsens umfangreiches Ge- 
icht „Der arm gemein Efel“ wiedergeben; fchon bald 
ach Dürers Tod ift man fo verfahren. Ob Dürer der 
Siinftler des Blattes ift — was beftritten wird, wie wir 
zlauben, jedoch mit Unrecht —, kann hier nicht näher 
erörtert werden. 

1515 erfchien das ältefte Eulenfpiegelbuch, von dem der 
Infel-Verlag einen Fakfimiledruck nach dem einzigen erhal- 
tenen Exemplar im Britifh Mufeum veranftaltet. Sette 127 
ift der Titelholzfchnitt in Originalgröße wiedergegeben. 

Die gleichzeitige italienifche Kunft ift durch die Oxforder 
Handzeichnung Sodomas bei Seite 49 vertreten, die wohl 
ficher als Porträt Rafaels anzufprechen ift. Sie foll mit 
andern Porträts eine neue Ausgabe von Gobineaus „Re- 
naiffance* fchmücken, die der Infel-Verlag für 1911 vor- 
bereitet. 

Drei Bilder beziehen fich auf Goethe und fein Werk. 
Das Porträt bei Seite 152 — eine Rötelzeichnung von 
б. M. Kraus aus dem Jahre 1776 — und die Bleiftiftzeich- 
. nung Goethes bei Seite 80: Chriftiane, im Gartenhaufe ein- 
geíchlafen — der gleiche Vorwurf, den das Gedicht „Der 
. Befuch* ausführt — find dem großen „Führer durch das 
Goethe-Nationalmufeum in Weimar“ entnommen. Cho- 
dowieckis Rételzeichnung bei Seite 89 ftellt Lotte dar, wie 
fie Werthers Diener die Piftolen übergibt; der Künftler hat 
den Gegenftand wiederholt іп Handzeichnungen behan- 
delt, nirgends aber fo anziehend wie in diefer, der nur 
das bekannte Kupfer an die Seite geftellt werden kann. 


159 


Antoine Pesne hat, feit er von Friedrich Wilhelm I. als 
Hofmaler nach Berlin berufen wurde, bis zu feinem Tode 
im Jahre 1757 alle Mitglieder der Königsfamilie wieder- 
holt porträtiert. Zu feinen intereflanteften Bildern gehört 
ohne Zweifel das bei Sette 129, das Friedrich den Großen 
und feine Schwefter, die nachmalige Markgräfin von Bay- 
reuth, die Verfaflerin der berühmten Memoiren, als Kinder 
darftellt. 

Wie Hans Sachs, der bürgerliche Dichter Nürnbergs, 
hatte auch Dickens, der Schilderer des englifchen Bürger- 
tums im 19. Jahrhundert, das Glück, kongeniale Illuftra- 
toren feiner Werke zu finden. Von Phiz, dem bedeutendften 
unter ihnen, find die Federzeichnungen zum Copperfield, 
die in der Infel-Ausgabe enthalten find und von denen eine 
bei бейе 120 wiederholt ift. Einer vorhergehenden Periode 
englifcher Kunft gehören die Werke John Flaxmans an, 
der es mutig verfuchte, die Forderungen Winckelmanns in 
Wirklichkeit umzufetzen und eine neue Antike zu fchaffen. 
Das Bild auf Sette 85 ift feinem Odyffee-Zyklus entnom- 
men, dem namhafteften Teil feiner Zeichnungen zu Sagen 
des klaffifchen Altertums. 

Die moderne Kunft ift durch Emil Preetorius vertreten 
(bei бейе 137), der fchon zum Almanach fiir 1010 ein 
Bild aus dem von ihm vorbereiteten illuftrierten ,,Seebuch 
des Luftfchiffers Gianozzo“ von Jean Paul beigefteuert 
hatte. 


160 


=e rr el 


mum 


Bücher 
aus dem Infel-Verlag 


Diefe Richtung ift gewiß, 
Immer [chreite, [chreite! 
Finsternis und Hindernis 
Drängt mich nicht zur бейе. 
GOETHE 


NEU SIND IM J. 1910 ERSCHIENEJV: 


GABRIELE D'ANNUNZIO: PHÄDRA. Tragödie o 
drei Aufzügen. Unter Mitwirkung von Karl Vollmiile@. 
übertragen von Rudolf С. Binding. Geheftet M. 3.—§ 
in Leinen M. 4.50; in Leder M. 6.—. Vorzugsausgake: 
50 numerierte Exemplare auf Büttenpapier. In Kal» 
leder M. 20.—. Е 

GABRIELE D'ANNUNZIO: DAS SCHIFF. Tragödıl - 
in einem Vorfpiel und drei Aufzügen. Übertragen vong - 
Rudolf С. Binding. Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.50; |. 
in Leder M.6.—. Vorzugsausgabe: 50 numerierte Exen- 
plare auf Büttenpapier. In Kalbleder М. 20.—. 


GABRIELE D’ANNUNZIO: VIELLEICHT — VIEL 5. 
LEICHT AUCH NICHT. Roman. Übertragen von е 
Karl Vollmöller. Dritte Auflage. Geheftet M. 4.50; А. 
Leinen M. 6.—. S" 

HONORE DE BALZACS MENSCHLICHE KO. 
MODIE. Deutfche Ausgabe der Romane und Ег 
lungen Balzacs in fechzehn Banden. Titel- und E 
bandzeichnungen von Eric Gill. Geheftet je M. A) 
in Leinen je M. 5.—; in Leder je M. 7.—. Feat: 
ausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Büttenpapier.| : 

In Maroquin je M. 15.—. E 
Im Jahre 1910 find Band XI—XV erfchienen und ohne Bant |2; 
bezeichnung auch einzeln zu beziehen: 


BALZAC: DAS CHAGRINLEDER. DAS UNBE р 
KANNTE MEISTERWERK. SARRASINE. Uber 3 
tragen von Hedwig Lachmann. Geheftet M. 4.—; i! p 
Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. Ì N 


162 


LZAC: ІЛЕ FRAU VON 30 JAHREN. DIE 
LTE JUNGFER. Übertragen von Hedwig Lachmann. 
;eheftet M.4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. 


LZAC: TANTE LISBETH. Übertragen von Arthur 
churig. | Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50; in 
„eder M. 7.50. 


.LZAC: PHILOSOPHISCHE ERZAHLUNGEN. 
Übertragen von Gifela Etzel. Geheftet M. 4.—; in 
Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. 


JBREY BEARDSLEYS LETZTE BRIEFE. Auto- 
rifierte Übertragung von K. Moorburg. Nachwort von 
Мах Meyerfeld. Geheftet M. 5.—; in Halbleder M. 7.—. 


AIEFE EINES UNBEKANNTEN. Aus deffen Nach- 
-laß neu herausgegeben von Karl Graf Lanckoronski und 
: Wilhelm Weigand. Mit zwei Bildniffen in Heliogravüre. 

Einband von Heinrich Wieynk. Zwei Bände. Geheftet 
. M. 9.—; in Leinen M. 12.—; іп Halbleder M. 15.—. 


{ANS CAROSSA: GEDICHTE.  Geheftet M. 2.50; 
^ in Halbpergament M. 3.50. 


CHARLES DICKENS’ AUSGEWAHLTE WERKE. 
: Ausgewählt und eingeleitet von Stefan Zweig. Mit den 
^ Federzeichnungen von Browne und andern. Tafchen- 
. ausgabe auf Dünndruckpapier: Sechs Bande, jeder Band 
. in Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.50. Bibliotheksausgabe 
; auf ftarkem Papier: Zwölf Bände, geheftet je M. 3.—; 
\ in Leinen M.4.—. Vorzugsausgabe: 200 numerierte Exem- 
. plare: Zwölf Bände; in Leder je M. 12.—. 


Bisher it erfchienen und einzeln zu beziehen: 


=. 
шшт- 


163 


CHARLES DICKENS: DAVID COPPERFIEL 
Vollftändige Ausgabe. Mit 35 Federzeichnungen ı 
Phiz und einem einleitenden Effay von Stefan Zuri 
Tafchenausgabe in einem Band: in Leinen M. 6.—; i 
Leder M. 7.50. Bibliotheksausgabe in zwei Bänden: 
heftet M. 6.—; in Leinen M. 8.—. 


EIN KURZWEILIG LESEN VON DYL ULEN 
SPIEGEL GEBOREN 054 DEM LAND 7 
BRUNSWICK. Fakfimileneudruck des Alteften Eule: 
fpiegelbuches nach dem einzigen im Britifh Mufeum 29. 
London erhaltenen Exemplar von 1515. Mit 86 Hold: 
fchnitten. Herausgegeben von Edward Schröder. 40 , 
Exemplare. In Halbpergament М. 40.—; mit Еоіогіегіе4 - 


Holzfchnitten іп Ganzpergament M. 75.—. 


JOSEPH VON EICHENDORFFS DICHTUNGEN 
Ausgewählt und herausgegeben von Franz Schultz. Zwd 
Bände. In Pappbänden M. 3.—; in Leinen M. 4— 
Liebhaberausgabe: in Leder M. 10.—. 


ta t 


Ausftattung und Art der Herausgabe find ganz die der billig 
Goethe-Ausgabe der Goethe-Gefellfchaft (f. S. 179). 


PAUL ERNST: UBER ALLE NARRHEIT LIEBE 
Luftfpiel in drei Aufzügen. Geheftet M. 2.—; in Papp 
band M. 3.—. 


PAUL ERNST: NINON DE LENCLOS. Trauerfpi 
in drei Aufzügen. Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 2.- 


GOETHE: WEST-OSTLICHER DIVAN. DoppeH 
titel, Initiale und Einbandzeichnung von Marcus Behnrr. 
100 Exemplare auf Japanpapier in Pergament (vergriffen); 


164 


1200 Exemplare auf Büttenpapier іп Halbleinen mit 
Uberzug nach Zeichnung von Marcus Behmer M. 12.—. 
(Е LEIDEN DES JUNGEN WERTHER VON 
GOETHE. Mitachtzehn von Dantel Chodowiecki gezeich- 
neten Werther-Bildern in elf Kupferftichen und fieben 
Lichtdrucken. 400 numerierte Exemplare auf van Gelder- 
 Büttenpapier. In Halbleder M. 25.—; in Leder M. 30.—. 


ER JUNGE GOETHE. Begründet von Salomon Hirzel. 

. Neu herausgegeben von Max Morris. Sechs Bände mit 

etwa бо Lichtdrucktafeln. Einbandzeichnung von F. 

Н. Ehmcke. Jeder Band: geheftet M. 4.50; in Leinen 
M. 6.—; in Leder M. 7.50. 

| Die vollftindige Sammlung aller Dichtungen, Briefe, Gefpräche, 
Zeichnungen und Radierungen Goethes bis zu feiner Überfiedlung 


, nach Weimar. Bisher find 5 Bande erfchienen; der letzte folgt 
. im Frühjahr 1911. 


2AS GOETHE-NATIONAL-MUSEUM ZU WEI- 
' MAR. Große Ausgabe des Führers, im Auftrag der Direk- 

tion bearbeitet von M. Schuette. Mit 32 Grundriffen und 
: 26 Bildertafeln. Geheftet M. 3.—; in Pappband M. 4.—. 


BRÜDER GRIMM: KINDER- UND HAUS-MÁR- 
- CHEN. Vollftandige Ausgabe. Zeichnung der Initialen, 
des Titels und Einbands von Carl Weidemeyer-W orps- 
wede. Zwei Bande. Geheftet M. 7.—; in Leinen M. 10.—; 
in Leder M. 14.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte 
Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder M. 30.—. 
“WARIS: NACHDICHTUNGEN SEINER LIEDER 
von Hans Bethge. Einbandzeichnung von E. В. Weiß. 
; Gebunden М. 5.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte 
Exemplare auf chinefifchem Papier. In Seide M. 12.—. 


165 


ERNST HARDT: NINON VON LENCLOS. Drama 
in einem Akt. Zweite Auflage: kleine Ausgabe. Geheftet 
M. 2.—; іп Pappband M. 3.—. 

HEINRICH HEINES SAMTLICHE WERKE in zehn 
Bänden. Unter Mitwirkung von Jonas Frankel, Гай: 
Krähe, Albert Leitzmann und Julius Peterfen herausge- 
geben von Oskar Walzel. Jeder Band geheftet M. 2.—; 
in Halbpergament M. 3.—. Vorzugsausgabe (einmalig): 
іооо Exemplare auf Infel-Hadernpapier. Geheftet M. 
5.—; in Halbleder M. 7.—; in Leder M. 10.—. 

Im Herbft 1911 werden erfchienen fein Band I, II, VII und IX. 
die weiteren folgen in kurzen Zwifchenräumen. 1911 wird die 
Ausgabe vollftändig vorliegen. Die Bände der gewöhnlichen Aus- 
gabe werden auch einzeln abgegeben, dagegen verpflichtet der Kaví 
eines Bandes der Vorzugsausgabe zur Abnahme aller folgenden 

ETHAN A. HITCHCOCK: DAS ROTE BUCH 
VON APPIN. Ubertragen von Sir Galahad. Geheftet 
M. 3.—; іп Pappband M. 4.—. 


HOLDERLIN: DER TOD DES EMPEDOKLES. Еш 
eine feftliche Aufführung bearbeitet und eingerichtet von 
W ithelm von Scholz. Geheftet M. 2.—;in Pappband M. 3.—. 


HOMER: DIE ODYSSEE. Neu ins Deutíche übertragen 
von Rudolf Alexander Schröder. Erfier Band (1.—12. 
Gefang). Gedruckt unter Leitung von Harry Graf 
Keßler. Mit Titeln und Initialen von Erte Gill und 
drei Holzfchnitten von Arifitde Maillol. 350 numerierte 
Exemplare für den Handel. In Halbpergament M. 30.—. 


Diefe Homer-Ausgabe erfcheint in vier Banden, von denen je zwei 
die Odyffee und die Ilias enthalten. Der Kauf des erften Bande 
verpflichtet zur Abnahme auch der folgenden. 


166 


\ICARDA HUCH: DAS LEBEN DES GRAFEN 
FEDERIGO CONFALONIERI. Dritte Auflage. Ge- 
heftet M. 4.50; in Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.50. 


ENS PETER JACOBSEN: MOGENS. Eine Novelle. 
— Übertragen von M. v. d. Borcht. 200 Exemplare: 25 auf 
Japan, in Leder (vergriffen); 175 auf Büttenpapier in 
Leder M. 15.—. 
Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe Seiner Kéniglichen Hoheit 

. des Großherzogs von Heffen. 

SOHN KEATS: GEDICHTE. Nachdichtung von Gifela 
Etzel. Geheftet M. 7.50; in Halbpergament M. 9.—. Vor- 
zugsausgabe: 50 Басра auf Japanpapier. In Leder 
М. 30.—. 

Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt. 


HEINRICH VON KLEISTS SAMTLICHE WERKE 
` UND BRIEFE. Vollftändige Ausgabe in fechs Banden, 
beforgt von Wilhelm Herzog. Einbandzeichnung von 
E. Ё.Уе:)3. Mit dem Jugendbildnis Kleifts in farbiger Wie- 
.  dergabe und verfchiedenen Fakfimiles. Geheftet M. 27.—; 
: in Leinen M. 32.—; in Halbpergament M. 36.—. 
-FRIEDRICH MAXIMILIAN KLINGER: FAUSTS 
; LEBEN, THATEN UND HOLLENFAHRT. Ro- 
; man. Neudruck der erften Ausgabe von 1791. Mit einem 
d ‘Titelkupfer. Geheftet M. 5.—; in Halbleder M. 7.—. 
"DES KNABEN WUNDERHORN. Alte deutfche Lie- 
^ der, gefammelt von 2. A. von Arnim und Clemens Bren- 
Y ` fano. Jubiläumsausgabe, getreu nach den 1806—1808 
4  eríchienenen Originaldrucken. Drei Bánde mit einem 


“ die Kinderliederenthaltenden Anhang. Mit fünf Kupfer- 


167 


ftichen. 800 numerierte Exemplare auf handgefchöpfter 
Papier. In Halbleder M. 40.—. 


NIKOLAUS LENAUS SAMTLICHE WERKE UND 
BRIEFE IN SECHS BANDEN. Vollftändige kritifche 
Ausgabe, herausgegeben von Eduard Са/ ғ. Mit ver 
fchiedenen Bildern und Fakfimiles. Einbandzeichnunz 
von Emil Rudolf Weiß. Geheftet je M. 5.—; in Leinen 
M. 6.—; in Halbleder M. 7—. Vorzugsausgabe: 200 Ex- 
emplare auf Infel-Hadernpapier. In Leder je M. 12.—. 
Bisher find erfchienen Band I und II. 


LESSINGS BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben vor 
Julius Peterfen. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.— 


LESSING: NATHAN DER WEISE. Ein dramatifche: 
Gedicht in fünf Aufzügen. 1779. Fakfimile-Neudruck 
des erften , Nathan*-Druckes in 400 numerierten Exem- 
plaren. Nr. 1—200 mit dem handfchriftlichen Entwurf 
Leffings zum Nathan, 2 Bände: in Halbleder M. 40.-; 
in Leder M. 50.—. Nr. 201—400 ohne den Entwurf 
in Halbleder M. 20.—; in Leder M. 25.—. 


HEINRICH LEUTHOLDS GEDICHTE. Nach den 
Handfchriften wiederhergeftellt von Arthur Schurzg. Ein- 
band von Emil Preetorius. Zweite, verbefferte Auflage. Ge- 
heftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. 

LONGUS: DAPHNIS UND CHLOE. Roman. Über- 
tragen von Ludwig Wolde. 50 Exemplare auf Japan- 
papier in Kalbleder (vergriffen); 250 Exemplare auf 
Büttenpapier, in Leder М. 28.—. 

Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt. 


168 


HEINRICH MANN: DAS HERZ. Novellen. Geheftet 
M. 4.—; in Leinen M. 5.—. 


- MEMOIREN DER MARKGRAFIN WILHELMINE 


VON BAYREUTH, SCHWESTER FRIEDRICHS 
DES GROSSEN. Deutfch von Annette Kolb. Mit drei 
Heliogravüren. Zwei Bande. Geheftet M. 10.—; in 
Leinen M. 14.—; in Halbleder M. 16.—. 


MOZARTS BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben von 
Albert Leitzmann. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


ALEXANDER OLBRICHT: ZWOLF RADIERUN- 
GEN AUSWEIMAR. 220 Exemplare: 20 auf Japan- 
papier, in Kalbleder M. 40.—; 200 auf Büttenpapier, 
in Pappband M. 12.—. 


GESCHICHTEN AUS DEM ALTEN PITAVAL. 
Herausgegeben nach der von Schiller getroffenen Auswahl 
und um weitere Stücke vermehrt von Paul Ernfi. Drei 
Bande. Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—; in Leder 
M. 15.—. 


DES GRAFEN AUGUST VON PLATEN GE- 
DICHTE. Neu herausgegeben von Rudolf Schisffer. Zwei 
Bande. Geheftet M. 6.50; in Pappbanden M. 8.— ; in 
Halbleder M. 10.—. Vorzugsausgabe: 100 Exemplare auf 

. Büttenpapier. In Leder M. 20.—. 


RAINER MARIA RILKE: DIE AUFZEICHNUN- 
GEN DES MALTE LAURIDS BRIGGE. Zwei 
Bändchen. Zweite Auflage. Geheftet M. 4.50; in Papp- 
binden M. 6.—; in Leder M. 10.—. 


169 


HANS SACHSENS AUSGEWAHLTE WERKE. 
(Gedichte und Dramen.) Zwei Bande. Mit Reproduk- 
tionen von бо zu den Gedichten gehörigen Holzfchnitten 
von Dürer, Beham u. a. nach den Originaldrucken. 
Geheftet M. 10.—; іп Halbleinen M. 12.—; іп Halb- 
pergament M. 14.—. Vorzugsausgabe: 200 numerierte 
Exemplare mit kolorierten Holzfchnitten. In Schweins- 


leder M. 50.—. 


SCHILLERS GESPRACHE. Zum erftenmal gefammelt 
und herausgegeben von Julius Peterfen. Іп Pappband 
M. 3.—; in Leinen M. 4.—; in Leder M. 6.—. 


DER JUNGE SCHUMANN. DICHTUNGEN UND 
BRIEFE. Herausgegeben von Alfred Schumann. In Papp- 
band M. 2.—; in Halbleder M. 3.50. 

SIEGFRIED TREBITSCH: DES FELDHERRN ER- 
STER TRAUM. Novelle. Geheftet M. 2.—; in Papp- 
band M. 3.—. 

REDEN UND GLEICHNISSE DES TSCHUANG- 
TSE. In deutfcher Auswahl von Martin Buber. Ge- 
heftet M. 4.—; in Pappband M. 5.—. Vorzugsausgabe: 
5о Exemplare auf Japanpapier. In Kalbleder M. 25.—. 

TAUSEND UND EINE NACHT. Aus der unge- 
kürzten deutfchen Ausgabe in der Uberfetzung von 
F. P. Greve ausgewählt und eingeleitet von Paw Ernfi. 
Doppeltitel, Initiale und Einband von Marcus Behmer. 
Vier Bände. Jeder Band in Halbleinen mit Überzug nach 
Zeichnung von Marcus Behmer M. 4.—; in Leder M.6.50. 


Erfchienen ift der erfte Band, die weiteren folgen in kurzen 
Zwifchenräumen bis Oftern 1911. 


170 


HENRY VAN DE VELDE: ESSAYS. Geheftet M. 3.50; 
in Halbpergament M. 5.—. 


EMILE VERHAEREN. In drei Banden. Einbandzeich- 
nungen von E. Ж. Weiß. 


I. Band: EMILE VERHAEREN, von Stefan Zweig. 
II. Band: EMILE VERHAERENS GEDICHTE, 
ausgewählt und übertragen von Stefan Zweig. 

ПІ. Band: EMILE VERHAERENS DRAMEN (НЕ- 
LENAS HEIMKEHR. DAS KLOSTER. PHI- 
LIPP IL.), übertragen von Stefan Zweig. 


Preis des Ge/amtwerkes (drei Bände): geheftet M. 10.—; 
іп Leinen М. 14.—; in Leder М. 20.—. Einzelpreis der 
Bande (die keine Bandbezeichnung tragen): geheftet 
M. 3.50; in Leinen M. 4.75; in Leder M. 7.—. 


RICHARD WAGNER: AUSWAHL SEINER 
SCHRIFTEN. Herausgegeben von Hou/ton St. Chamber- 
Jain. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


WALDEMAR VON WASIELEWSKI: GOETHES 
METEOROLOGISCHE STUDIEN. Mit neun Ta- 
feln in Lichtdruck. Geheftet M. 5.—; in Pappband M.6.—. 


JAKOB WASSERMANN: DER LITERAT ODER 
MYTHOS UND PERSÖNLICHKEIT. Geheftet 
M. 2.50; in Leinen M. 3.50. 

OSCAR WILDE: DIE ERZÄHLUNGEN UND 
MÄRCHEN. Mit 10 Vollbildern fowie Initialen, Titel- 


und Einbandzeichnung von Heinrich V. ад А 
Іп Pappband M. 3.—. 


IHE 


BIS ENDE 1909 WAREN ERSCHIENEN: 


ALTESTE DEUTSCHE DICHTUNGEN. Uberfetzt 
und herausgegeben von Karl Wolfskehl und Friedrich von 
der Leyen. Titel- und Einbandzeichnung von Emil Pree- 
гіш. Geheftet M. 5.—; іп Pappband M. 6.—; in Per- 
gament М. 10.—. 


HANS CHRISTIAN ANDERSEN: MÄRCHEN. 
Unter Benutzung der von Anderfen felbft beforgten 
deutfchen Ausgabe übertragen von Mathilde Mann. Ein- 
geleitet von Sophus Bauditz. Zeichnung der Initialen, des 
Titels und Einbands von Carl Weidemeyer-W orpsweae. 
Zwei Bande. Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—; 
in Leder M. 15.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte 
Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder M. 30.—. 


BETTINA VON ARNIM: DIE GÜNDERODE. 
Zwei Bánde. Herausgegeben und eingeleitet von Раш 
Ernft. Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. 
Geheftet M. 7.—; in Leinen M. 9.—; in Leder M. 10.—. 
Der Briefwechfel zwifchen Bettina und der Günderode. 


HONORÉ DE BALZAC: EIN JUNGGESELLEN- 
HEIM (LA RABOUILLEUSE). Übertragen von 
Felix Paul Greve. Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50; 
in Leder M. 7.50. 


HONORE DE BALZAC: ERZAHLUNGEN AUS 
DER NAPOLEONISCHEN SPHARE (Oberft Cha- 
bert; Eine Leidenfchaft in der Wüfte; Abfchied; El 
Verdugo; Eine dunkle Begebenheit). ` Ubertragen von 


172 


| 


ae 


..... 


Felix Paul Greve. Geheftet M. 4.50; in Leinen М. 5.50; 
in Leder M. 7.50. 


HONORE DE BALZAC: EUGENIE GRANDET. 


DER EHEVERTRAG. Ubertragen von Gifela Etzel. 
Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50; in Leder M. 7.50. 


HONORÉ DE BALZAC: VERLORENE ILLUSIO- 


NEN (Die beiden Dichter; Ein großer Mann aus der 
Provinz in Paris; Die Leiden des Erfinders). Übertragen 
von Hedwig Lachmann. Zwei Bände. Geheftet M.8.—; 
in Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—. 


HONORE DE BALZAC: GLANZ UND ELEND 


DER KURTISANEN (Von der Liebe der Dirnen; 
Was alte Herren fich die Liebe koften laffen; Der Weg 
des Böfen; Vautrins letzte Verkörperung). Übertragen 
von Felix Paul Greve. Zwei Bände. Geheftet M. 8.—; 
in Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—. 


HONORÉ DE BALZAC: VATER GORIOT. DAS 


HAUS NUCINGEN. Ubertragen von Gifela Etzel. 
Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. 


HONORÉ DE BALZAC: DIE GESCHICHTE DER 


DREIZEHN (Ferragus; Die Herzogin von Langeais; 
Das Madchen mit den Goldaugen) Ubertragen von 
Ernft Hardt. Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in 
Leder M. 7.—. 


HONORÉ DE BALZAC: DIE LILIE IM TAL. DIE 


VERLASSENE FRAU. Übertragen von René Schickele. 
Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. 


173 


HONORE DE BALZAC: DAS MADCHEN MIT 
DEN GOLDAUGEN. Übertragen von Ern/t Hardt. 
Mit zehn Einfchaltbildern (auf Kaiferlichem Japanpapier), 
Initiale, Einband- und Vorfatzzeichnung von Marcus 
Behmer. soo numerierte Exemplare auf holländifchem 
Büttenpapier. In Pergament M. 20.—. 

HONORE DE BALZAC: PHYSIOLOGIE DER EHE. 
Eklektifch-philofophifche Betrachtungen über Glück und 
Unglück in der Ehe. Übertragen von Heinrich Conrad. 
Zweite Auflage. Titel- und Einbandzeichnung von Егіс 
Gill, Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50; in Leder 
M. 7.50. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare 
auf Büttenpapier. In Maroquin M. 15.—. 


CHARLES BAUDELAIRE: DIE BLUMEN DES 
BÖSEN. In deutfche Verfe übertragen von Graf Wolf 
топ Kalckreuth. Titel-, Vignetten- und Einbandzeich- 
nung von H. Wilh. Wulff. 850 numerierte Exemplare. 
Nr. 1—50 auf Büttenpapier, in Pergament M. 14.—. 
Nr. 51—850 in Leder M. 7.—. 

AUBREY BEARDSLEY: UNTER DEM HUGEL. 
Eine romantifche Novelle. Übertragung von Rudolf 
Alexander Schröder. Mit einer Zeichnung von Beardsley. 
Zweite Auflage. Geheftet M. 2.50; in Leder M. 4.—. 


LUDWIG VAN BEETHOVENS BRIEFE. Ausgewählt 
und herausgegeben von Albert Leitzmann. In Pappband 
M. 2.—; in Leder M. 4.—. 

DIE BERGPREDIGT JESU CHRISTI in der Luther- 
fchen Uberfetzung. Gefchrieben im alten Unzialduktus 
von Graily Hewitt, in rot und fchwarz gedruckt. 200 


174 


Exemplare auf уап Gelder-Büttenpapier. In Leder 
M. 30.—; in Pergament M. 22.—. 


HANS BETHGE: DIE CHINESISCHE FLÖTE. 
Nachdichtungen chinefifcher Lyrik. Titel- und Einband- 
zeichnung von Е. К. Weiß. Zweite Auflage. Gebunden 
M. 5.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf 
chinefifchem Papier. In Seide M. 12.—. 


DIE BIBEL AUSGEWÄHLT. Herausgegeben von 
A. und P. G. Grotjahn. Titel- und Einbandzeichnung von 
Ғ.Н. Ehmcke. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


OTTO JULIUS BIERBAUM: DER NEU BESTELL- 
TE IRRGARTEN DER LIEBE, UM ETLICHE 
GANGE UND LAUBEN VERMEHRT. Verliebte, 
launenhafte, moralifche und andere Gedichte, Lieder und 
Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1905. Leiften, Schluß- 
ftücke und Umfchlagzeichnung von Heinrich Vogeler- 
W orpswede. Titelvignette von E. В. Weiß. 7. bis 10. 
Taufend (des „Irrgartens der Liebe“ 41. bis 44. Taufend). 
Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 3.— ; in Leder M. 5.—. 


GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS LEBEN DAN- 
TES. Übertragen von Otto Freiherrn von Taube. Titel, 
Initiale und Einband von F. H. Ehmcke. 800 Exemplare. 
In Halbpergament M. 8.— ; in Leder M. 15.—. 


GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS DEKAME- 
RON. Vollftandige Ausgabe, neu übertragen von 
Albert Weffelski. Titel- und Einbandzeichnung von 
Walter Tiemann. Dritte Auflage (6. bis 10. Taufend). 
Drei Bände. Geheftet M. 7.—; in Leinen M. 10.—; 
in Leder M. 14.—. 


175 


GIOVANNI DI BOCCACCIO: DIE LIEBENDE 
FIAMETTA. Roman. Vollftändige Ausgabe, unter 
Zugrundelegung der Überfetzung von Sophie Brentano 
bearbeitet von K. Berg. Titel- und Einbandzeichnung 
von Walter Tiemann. Geheftet M. 3.50; in Leinen 
M. 4.50; in Leder M. 5.—. 


DIE NACHTWACHEN DES BONAVENTURA. 
Herausgegeben von Franz Schultz. Geheftet M. 4.—; in 
Halbleder M. 6.—. 

Der Verfaffer diefer Profadichtung aus dem Zeitalter der Roman- 
tik war Friedrich Gottlob Wetzel. 

CLEMENS BRENTANOS FRÜHLINGSKRANZ, 
aus Jugendbriefen ihm geflochten [von Bettina von Arnim), 
wie er felbft fchriftlich verlangte. Zwei Bände. Ein- 
geleitet von Paul Ernft. Titel- und Einbandzeichnung 
von Walter Tiemann. Zweite Auflage. Geheftet M. 6.—; 
in Leinen M. 8.—; in Leder M. 10.—. 


BRIEFWECHSEL ZWISCHEN CLEMENS BREN- 
TANO UND SOPHIE MEREAU. Nach den Hand- 
fchriften zum erften Male herausgegeben von Heinz Ame- 
lung. Titelrahmen von Walter Tiemann. Mit zwei Bild- 
niffen in Lichtdruck. Zwei Bande. Geheftet M. 7.—; 
in Leinen M. 9.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte 
Exemplare auf Büttenpapier. In Leder M. 18.—. 


BRIEFE DER HERZOGIN ELISABETH CHAR- 
LOTTE VON ORLEANS (LISELOTTE). Auswahl 
in zwei Banden, herausgegeben von Hans F. Helmolt. 
Mit zwei Bildniffen in Heliogravüre. Zweite Auflage. 
Geheftet M. 12.—; in Halbleder M. 16.—. . 


176 


ae 


ELIZABETH BARRETT-BROWNING: SONET- 
TE NACH DEM PORTUGIESISCHEN. Über- 
tragen von Rainer Maria Rilke. Geheftet M. 3.—; in 
Halbpergament M. 4.—. 


MIGUEL DE CERVANTES: DER SCHARFSIN- 
NIGE RITTER DON QUIXOTE VON DER 
MANCHA. Vollftandige deutfche Ausgabe in drei 
Banden, beforgt von Konrad Thorer, eingeleitet von Felix 
Poppenberg. Titel- und Einband von Car? Czefchka. Ge- 
heftet M. 10.—; in Leinen M. 14.—; in Leder M. 18.—. 


DIE NOVELLEN DES CERVANTES. Vollftändige 
deutíche Ausgabe, bearbeitet von Konrad Thorer, einge- 
leitet von Felix Poppenberg. Titel- und Einband von Car/ 
Czefchka. Zwei Bande. Geheftet M. 8.—; in Leinen 
M. іо.- in Leder M. 12.—. 


DANIEL DEFOE: DAS LEBEN UND DIE GANTZ 
UNGEMEINE BEGEBENHEITEN DES BE- 
RÜHMTEN ENGELLÄNDERS MR. ROBINSON 
CRUSOE... Neudruck des älteften deutfchen Ro- 
binfonbuchesvon 1721. Mit Wiedergabe von drei Kupfer- 
ftichen. Nachwort von Hermann Ullrich. Zwei Bände. 
600 numerierte Exemplare. In Halbpergament M. 20.—; 
in Ganzpergament M. 30.—. 

ANNETTE VON DROSTE-HÜLSHOFF: DIE 
JUDENBUCHE. Ein Sittengemälde aus dem gebir- 
gichten Weftfalen. Titel- und Einbandzeichnung von 
Walter Tiemann. Geheftet M. 2.—; in Leinen M. 3.—. 

PAUL ERNST: DIE SELIGE INSEL. Ein Roman. 
Geheftet M. 3.—; in Leder M. 5.—. 


177 


PAUL ERNST: DER WEG ZUR FORM. Afthetifche 
Abhandlungen, vornehmlich zur Tragödie und Novelle. 
Geheftet M. 4.—; in Pappband M. 5.—. 


DAS BUCH ESTHER in der Lutherfchen Überfetzung. 
Mit figürlichem Doppeltitel und Initialen von F. W. 
Kleukens. 300 Exemplare. Auf van Gelder-Büttenpapier, 
in Leder mit Seidenvorfatz M. 24.—. 

Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt. 

FICHTES REDEN AN DIE DEUTSCHE NATION. 
Revidierte Ausgabe, eingeleitet von Rudolf Eucken. In 
Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


GUSTAVE FLAUBERT: DREI ERZAHLUNGEN 
(Ein fchlichtes Herz; Die Sage von Sankt Julianus; 
Herodias). Übertragen von Ern/t Hardt. Zweite Auflage. 
Geheftet M. 3.50; in Halbpergament M. 5.—. 


JOHN FLAXMAN: ZEICHNUNGEN ZU SAGEN 
DES KLASSISCHEN ALTERTUMS. Eingeleitet 
von Ernft Beutler. Titel- und Einbandzeichnung von 
F. Н. Ehmcke. In Leinen М. 5.—. 


(GLEIM, J. L. W.): PREUSSISCHE KRIEGSLIEDER 
IN DEN FELDZUGEN 1756 UND 1757 VON 
EINEM GRENADIER. Mit Melodien. (Mit einem 
Vorbericht von Leffing.) Berlin 1759, bey Chriftian 
Friedrich Voß. Mit acht Notenbeilagen und geftoche- 
nem Titelkupfer. Neudruck in 350 Exemplaren mit 
einem Nachwort von Georg Witkowski. In Leder M. 20.—. 

GOETHES SÄMTLICHE WERKE IN FÜNFZEHN 
BANDEN. Großherzog Wilhelm Ernfi- Ausgabe deut{cher 
Klaffiker. Titel- und Einbandzeichnung von Eric Gill. 


178 


| 


Bisher find erfchienen und einzeln käuflich: 
I. II: ROMANE UND NOVELLEN. Vollftandig in zwei Banden. 


Herausgegeben von Hans Gerhard Graf und Carl Schüddekopf. In 
Leder M. 11. —. 


II: AUS MEINEM LEBEN. DICHTUNG UND WAHRHEIT. 
Herausgegeben von Kurt Jahn. In Leder M. 6.—. 

IV: ITALIENISCHE REISE; KAMPAGNE IN FRANKREICH 
1792; BELAGERUNG VON MAINZ 1793. Herausgegeben von 
Kurt Jahn. In Leder M. 6.—. 

V: AUTOBIOGRAPHISCHE SCHRIFTEN, IIL Band. Heraus- 
gegeben von Kurt Jahn. In Leder М. 5.50. 

VI: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, I. Band. Herausgegeben 
von Hans Gerhard Graf. In Leder M. 4.—. 

VII: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, II. Band. Herausgegeben 
von Hans Gerhard Graf. In Leder М. 6.—. 

IX: KUNST-SCHRIFTEN, I. Band. Herausgegeben von Max Hecker. 


In Leder M. 6.—. 

GOETHE: FAUST. Gefamtausgabe. Enthaltend den 
Urfauft; Das Fragment (1790); Die Tragédie, I. und 
П. Teil; Die Paralipomena. Herausgegeben von Hans 
Gerhard Grif. Zweite Auflage (6.—10. Taufend). In 
Leinen M. 3.—; in Leder M. 4.—. 

GOETHES WERKE IN SECHS BANDEN. Im Auf- 
trage der Goethe-Gefellfchaft herausgegeben von Erich 
Schmidt. Zwette Auflage (21.—50. Taufend). In Papp- 
bánden M.6.—; in Leinen M.8.—; in Halbleder M. 12.—. 

GOETHES SPRUCHE IN PROSA. Maximen und Re- 
flexionen. Herausgegeben von Herman Krüger-IV eftend. 
In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 

GOETHES SPRÜCHE IN REIMEN. Zahme Xenien 
und Invektiven. Herausgegeben von Max Hecker. In 


Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


179 


AUS GOETHES TAGEBÜCHERN. Ausgewählt und 
herausgegeben von Hans Gerhard Gräf. In Pappband 
M. 2.—; in Leder M. 4.—. 

GOETHE IM GESPRÁCH. In Auswahl (ohne die mit 
Eckermann geführten Gefpräche) herausgegeben von 
Franz Deibel und Friedrich Gundelfinger. Dritte Auflage. 
Geheftet M. 5.—; in Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.—. 


Enthält die Gefpräche mit Schiller, Wieland, Herder, Schlegel, 
Napoleon, Voß, Riemer, Boifferée, Kanzler von Maller, Soret, 
Felix Mendelsfohn-Bartholdy u. a. 


GOETHES GESPRÄCHE MIT ECKERMANN. Voll- ` 


ftändige Ausgabe, beforgt von Franz Deibel. Mit zwei 


Porträts. Zweite Auflage (6.—10. Taufend). Zwei Bande. | 


In Pappbänden M. 5.—; in Leinen M. 7.—; in Leder . 


M. 9.—. 


GOETHES BRIEFE AN CHARLOTTE VON 


STEIN. Vollftandige Ausgabe in drei Bänden. Heraus- 


gegeben von Julius Peterfen. Mit drei Silhouetten. Ti- 


tel, Einband- und Vignettenzeichnungen von Heinrich 


Vogeler-W orpswede. Zweite Auflage (3. und 4. Taufend). | 
Geheftet M. 7.—; in Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—. | 


GOETHES BRIEFE AN FRAU VON STEIN. In 


Auswahl herausgegeben von Julius Peterfen. Mit drei ` 


Silhouetten. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


GOETHES BRIEFWECHSEL MIT MARIANNE 
VON WILLEMER. Herausgegeben von Philipp Stein. 
Mit einer Silhouette und zwei Zeichnungen in Licht- 
druck. Titel- und Einbandzeichnungen von Heinrich 


Vogeler-W orpswede. Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; 


180 


| 


іп Leder M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exem- 
plare auf Büttenpapier. In Pergament М. 12.—. 


DIE BRIEFE DER FRAU RATH GOETHE. Ge- 
fammelt und herausgegeben von Albert Köfter. Mit zwei 
Brief-Fakfimiles. Vierte, vermehrte Auflage. Zwei Bände. 
Geheftet M. 10.—; in Halbleder M. 14.—. 


BRIEFE VON GOETHES MUTTER. Ausgewählt 
und eingeleitet von Albert Köfter. Mit einer Silhouette 
der Frau Rath. 21. bis 30. Taufend. In Pappband M. 2.—; 
іп Leder M. 4.—. 


GRIMMS DEUTSCHE SAGEN. Ausgewählt und ein- 
geleitet von Paul Merker. In Pappband M. 2.—; in 
; Leder M. 4.—. 
-H.J.CHR. VON GRIMMELSHAUSEN: DER ABEN- 
TEUERLICHE SIMPLICISSIMUS. Vollftändige 
|. "Tafchenausgabe in drei Bänden, beforgt von Reinhard 
. Buchwald. Mit den vier Radierungen von Max Klinger 
22 in Lichtdruck. Titel von E R. Weiß. Geheftet М.6.-; 
: in Pappbänden M. 8.—; in Pergament M. 14.—. 


: H. J. CHR. VON GRIMMELSHAUSEN: SIMPLI- 
^  CIANISCHE SCHRIFTEN. (Trutz Simplex oder 

Lebensbefchreibung der Ertzbetrügerin und Landftort- 
- тегіп Courafche; Der feltzame Springinsfeld; Das wun- 
derbare Vogelneft; Kleinere Simpliciana.) Neudruck in 
400 numerierten Exemplaren mit Wiedergabe von 12 
Kupferftichen und 20 Holzfchnitten der Ausgabe von 
1684. Haupt- und Untertitel, Initiale, Rahmen und 
Einband gezeichnet von Walter Tiemann. Nachwort 
von Paul Ernft. In Schweinsleder М. 40.—. 


181 


OTTO FRIEDRICH VON DER GROBEN: GUI- 
NEISCHE REISE-BESCHREIBUNG. Marienwer- 
der, gedruckt durch Simon Reinigern, anno 1694. Mit 
16 Vollbildern. 500 numerierte Exemplare. In Halb- 
pergament M. 18.—. 

Fakfimileneudruck des älteften deutfchen Kolonialbuchs. 


ERNST HARDT: GESAMMELTE ERZÄHLUN- 
GEN. СеһеҒес M. 3.-; іп Halbpergament M. 4.- 


ERNST HARDT: AUS DEN ТАСЕМ DES KNA- 
BEN. Gedichte. 500 numerierte Exemplare. Geheftet 
M. 4.—; in Pergament M. 6.—. 


ERNST HARDT: TANTRIS DER NARR. Drama 
in fünf Akten. Eingangsblatt, Titel und Einband ge- | 
zeichnet von Marcus Behmer. Fünfte Auflage (16.—20. 
Taufend). Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.—. 


ERNST HARDT: AN DEN TOREN DES LEBENS. 
Eine Novelle. Zweite Auflage. Geheftet М. 2.-; in 
Halbpergament M. 3.—. 


HEINRICH HEINE: DIE NORDSEE. 300 Exem- 
plare auf Japanpapier. In Pergament M. 18.—; in Le- 
der M. 22.—. 

Gedruckt auf der Ernít Ludwig-Preffe in Darmftadt. 


WILHELM HEINSE: SÁMTLICHE WERKE in 
10 Banden. Erfte vollftandige kritifche Ausgabe von 
Carl Schüddekepf. Leiften und Vignetten von Th. Th. 
Heine. Jeder Band geheftet M. 6.—; in Halbleder M. 8.—; 
in Ganzleder M. 9.—. 


182 


Візһег find erfchienen und werden einzeln abgegeben: 

Band II: Die Begebenheiten des Enkolp. Die Kirschen. 
Band III, 1. Abteilung: Laidion oder die Eleufinifchen 
Geheimniffe. Kleine Schriften, erfter Teil. Band III, 
2. Abteilung: Kleine Schriften, zweiter Teil. Band IV: 
Ardinghello und die glückfeeligen Infeln. Zweite Auflage. 
Band V und VI: Hildegard von Hohenthal. Band VII: 
Tagebücher. Band IX und X: Briefe. 


HESPERUS. Ein Jahrbuch, mit Beitrágen von Hugo von 
Hofmannsthal, Rudolf Borchardt und Rudolf Alexander 
Schröder. Geheftet M. 5.—; іп Pappband M. 6.—; in 
Pergament M. 10.—. 

Enthält u. a. die „Alkeftis“ von Hugo von Hofmannsthal. 


ALFRED WALTER HEYMEL: ZEITEN. Gefam- 
melte Gedichte aus den Jahren 1895—1910. Zweite, ver- 
mehrte Auflage. Einbandzeichnung von Emil Preetorius. 
Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 3.—. 


LUDWIG VON HOFMANN: TÄNZE. Zwölf Ori- 
ginallithographien. Mit einem Prolog von Hugo von 
Hofmannsthal. 200 Exemplare. In Mappe M. 200.—. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: KLEINE DRA- 
MEN. Titel- und Einbandzeichnungen von Eric Gill. 
(Band I: Geftern; Der Tor und der Tod; Der weiße 
Fücher. Band II: Das Bergwerk zu Falun; Der Kaifer 
und die Hexe; Das kleine Welttheater.) Zweite Auflage. 
Geheftet M. 8.—; іп Halbpergament M. 12.— _ 


Beide Bánde werden in befonderer Ausftattung auch einzeln ab- 
gegeben. Geheftet je M. 4.—; in Halbpergament je M. 6.—. 


183 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DIE GESAM- 
MELTEN GEDICHTE. Dritte Auflage. ‘Titel- und 
Einbandzeichnung von Eric Gill. Geheftet М. 4.—; in 
Halbpergament M. 6.—. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER TOD DES 
TIZIAN. Ein dramatifches Fragment. Fünfte Auflage. 
Geheftet M. 1.—; in Pappband M. 1.80. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER TOR UND 
DER TOD. Ein dramatifches Gedicht. E/fte Auflage. 
Titel und Einband von Heinrich Vogeler. | Geheftet 
M. 2.- in Halbpergament M. 3.—; in Leder M. 5.—. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER WEISSE 
FÄCHER. Ein Zwifchenfpiel. Mit vier Holzfchnitten 
von Edward Gordon Craig. 800 numerierte Exemplare. 
Nr. 1—50 auf Japanpapier, in Pergament mit Seiden- 
vorfatz M. 50.—; Nr. 51—800 auf Büttenpapier, in 
Halbpergament M. 20.—. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: VORSPIELE. 
Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 3.—. 


RICARDA HUCH: MERKWÜRDIGE MENSCHEN 
UND SCHICKSALE AUS DEM ZEITALTER 
DES RISORGIMENTO. Geheftet M. 4.—; іп Papp- 
band M. 5.—; in Leder M. 7.—. 


RICARDA HUCH: NEUE GEDICHTE.  Geheftet 
M. 3.50; in Leder M. 6.—. 


RICARDA HUCH: VITA SOMNIUM BREVE. 
Roman. Mit Initialen von Heinrich Vogeler-W orpswede 


184 


— —— ——————— ——]— GG —— wl E LG m———Ó——— A ———————ÓÀ— — son 


Be i nE cere 


und einem Titelbilde nach Arnold Böcklin in Heliogravüre. 
Vierte Auflage. Geheftet M. 6.—; in Leder M. 8.—. 


WILHELM VON HUMBOLDTS BRIEFE AN EINE 
FREUNDIN. Zum erften Male nach den Handfchrif- 
ten herausgegeben von Albert Leitzmann. Zwei Bände. 
Mit einem Porträt. Geheftet M. 6.—; in Leinen M.8.—; 
in Leder M. 10.—. 


DAS INSELBUCH. (Mit Beitragen von Bierbaum, Blet, 
Dehmel, Liliencron, Rilke, Walfer, Wedekind u.a. und Zeich- 
nungen von Behmer, Gaskin, Heine, Valotton, Weiß u. a.) 
Geheftet M. 1.—; in Leder M. 2.—. 


JOHANNES SECUNDUS: DIE KUSSE UND DIE 
FEIERLICHEN ELEGIEN. Deutfch von Franz Ble. 
Mit Goethes Gedicht „An den Geift des Johannes Se- 
cundus“. Mit einem Titelporträt in Kupferdruck. In 
Halbpergament M. 5.—. 


KANT - AUSSPRÜCHE. Herausgegeben von Raoul 
Richter. Titel- und Einbandzeichnung von F. H. Ehmcke. 
In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


SOREN KIERKEGAARD: DAS TAGEBUCH DES 
VERFÜHRERS. Erfte vollftändige deutfche Ubertra- 
gung von Max Dauthendey. Zweite Auflage. Mit einer 
Titelzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 5.—; 
in Pappband M. 6.—. 


HEINRICH VON KLEISTS ERZÄHLUNGEN. Ein- 
geleitet von Erich Schmidt. In Pappband M. 2.—; in 
Leder M, 4.—, 


185 


DES КМАВЕМ WUNDERHORN. Ausgewählt und 
eingeleitet von Friedrich Ranke. Mit Titelvignette und 
Titelvollbild nach der erften Ausgabe. In Pappband 
M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


KORNERS WERKE, in einem Bande. Herausgegeben 
von Werner Deetjen. Titel- und Einbandzeichnung von 
Eric Gill, (Großherzog Wilhelm Ernft-Ausgabe deut/cher 
К/а ек.) In Leder M. 3.50. 


KARL ARNOLD KORTUM: DIE JOBSIADE. Ein 
komifches Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bil- 
dern der Originalausgaben und einer Einleitung in Verfen 
von Otto Julius Bierbaum. Zeichnung der Zierftücke, des 
Titels und des Einbandes von Walter Tiemann. Zweite 
Auflage. In Pappband M. 6.—. Vorzugsausgabe: 200 nu- 
merierte Exemplare auf van Gelder-Büttenpapier. In 
Schweinsleder M. 25.—. 


SELMA LAGERLÖF: GÖSTA BERLING, ERZÄH- 
LUNGEN AUS DEM ALTEN WERMLAND. 
Übertragen von Mathilde Mann. Zwei Bände. Drittes 
Taufend. Geheftet M. 5,—; іп Pappbänden М. 7.-; 
in Leder M. 10.—. 


KARL LARSEN: SCHWESTER MARIANNA UND 
IHRE LIEBESBRIEFE. Übertragen von Mathilde 
Mann. Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tie- 
mann. СеһеКес M. 4.50; in Pergament M. 7.50. 


MICHAEL LERMONTOFF: EIN HELD UNSE- 
RER ZEIT. Ein Roman. Deutíche Übertragung aus 
dem Ruffifchen von Michael Feofanoff. Mit Titel- und 


186 


Einbandzeichnung уоп W alter Tiemann. Geheftet M. 2-і 
іп Leinen M. 4.—; in Leder М. 5.—. 


A. R. LE SAGE: DIE GESCHICHTE DES GIL 
BLAS VON SANTILLANA. Ein Roman. Deutfche 
Ausgabe in zwei Banden, beforgt von Konrad Thorer. 
Nachwort von Reinhard Buchwald. Mit zwei Titel- 
vignetten und acht Vollbildern nach Kupfern von Chodo- 
qwiecki in Lichtdruck. Geheftet M. 8.—; in Halbfranz 
M. 12.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare 
auf Bittenpapier. In Kalbleder M. 24.—. 


OTTO LUDWIG: DIE HEITERETHEI. Ein Ro- 
man. Herausgegeben von Paul Merker. In Pappband 
M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


MARTIN LUTHERS BRIEFE. In Auswahl heraus- 
‚gegeben von Reinhard Buchwald. Zwei Bande. Mit 
einem Porträt Luthers von Lukas Cranach. Titel- und 
Einbandzeichnung von E. R. Weiß. Geheftet M. 9.—; 
in Leinen M. 12.—; in Leder M. 16.—. 


HEINRICH MANN: DIE KLEINE STADT. Ein 
Roman. Vierte Auflage. Geheftet M. 4.—; in Leinen 
M. 5.—. 

HEINRICH MANN: DIE BOSEN. Zwei Novellen: 
Die Branzila; Der Tyrann. Geheftet M. 2.50; in 
Leinen M. 3.50. 

JULIUS MEIER-GRAEFE: COROT UND COUR- 
BET. Ein Beitrag zur Entwickelungsgefchichte der mo- 


dernen Malerei. Mit 17 Vollbildern. In Halbleinen 
M. 8.—. l 


187 


WILHELM MEINHOLD: DIE BERNSTEINHEXE. 
Hiftorifcher Roman. Titel- und Einbandzeichnung von 
E.R. Weis. Geheftet M. 3.—; in Halbpergament M. 4.50; 
in Ganzpergament M. 7.—. 


JOHANN HEINRICH MERCKS SCHRIFTEN UND 
BRIEFWECHSEL. In Auswahl herausgegeben von 
Kurt Wolff. Mit einem Portrat Mercks in Lichtdruck 
und Fakfimiles. Zwei Bande. 600 numerierte Exem- 
plare. Geheftet M. 14.—; in Halbleder M. 18.—. 


EDUARD MORIKE: DAS HUTZELMANNLEIN 
UND ANDERE MÄRCHEN. Titel- und Einband- 
zeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 3.—; in 
Leinen M. 4.—; in Leder M. 5.—. 


EDUARD MORIKE: MOZART AUF DER REISE 
NACH PRAG. Eine Novelle. Mit Doppeltitel von 
Walter Tiemann. Geheftet M. 2.50; in Leinen M. 3.50; 
in Leder M. 4.50. 


HENRI MURGER: DIE BOHEME. Szenen aus dem 
Parifer Künftlerleben. Mit Titelzeichnung und fünf 
Vollbildern von Franz von Bayros. Zweite Auflage. (8. 
und 4. Tau/end.) Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 6.—; 
in Leder M. 8.50. 


FRIEDRICH NIETZSCHES GESAMMELTE BRIE- 
FE. Fünf Teile (in fechs Bänden). Geheftet M. 48.—; 
in Leinen М. 56.—; in Halbleder М. 64.—. 

Einzeln find davon zu beziehen: 


Teil I: Briefe an Wilhelm Pinder, Guftav Krug, Paul Deussen, 
von Gersdorff, Dr. Carl Fuchs, Frau Marie Baumgartner, Frau 


188 


Louife О., Freiherrn von Seydlitz, Bürgermeifter Muncker, Theo- 
dor Opitz, Karl Knortz, Frau Profeffor Vifcher-Heußler, Freifrau 
von Seydlitz, Dr. Otto Eifer, Dr. Romundt, Frau Appelationsrat 
Pinder. Herausgegeben von Elifabeth Förfter-Nietz/che und Peter 
Ga/ft. Geheftet M. 10.—; in Leinen M. 11.—. 


Teil II: Briefwechfel mit Erwin Rhode. Herausgegeben von Elifa- 
beth Förfier- Nietzfche und Fritz Scholl. Geheftet M. 10.—; in 
Leinen M. 11.—. 


Teil ПІ: Briefwechfel mit Fr. Ritfchl, J. Burckhardt, H. Taine, С. 
Keller, H. von Stein, С. Brandes, H. von Bülow, H. von бепрег, 
Malvida von Meyfenbug. Herausgegeben von Elifabeth Förfter- 
Nietzfche, Curt Wachsmuth und Peter Са). Geheftet M. 10.—; 
іп Leinen M. 11.—. 


Teil IV: Briefe an Peter бай. Herausgegeben von Peter Gafl. Ge- 
heftet M. 9.—; in Leinen M. 10.—. 


Teil V, zwei Bande: Briefe an Mutter und Schwefter. Heraus- 
gegeben von Elifabeth Forfier-Nietzfche. Geheftet M. 12.—; іп 
Leinen M. 14.—. 


FRIEDRICH NIETZSCHE: ALSO SPRACH ZARA- 
THUSTRA. EIN BUCH FUR ALLE UND KEI- 
NEN. Monumentalausgabe. Druckanordnung, Zeichnung 
des Titels, der Vortitel und Füllornamente und des Ein- 
bandes von Henry van de Velde. In {chwarz, purpur und 
gold gedruckt auf van Gelder-Büttenpapier. 500 nu- 
merierte Exemplare. Nr. 1—100 іп Maroquin (ver- 
griffen); Nr. 101—500 in Pergament M. 9o.—. 


NOVELLEN, ALTFRANZOSISCHE. Ausgewahlt von 
Paul Ernft, übertragen von Paul Hansmann. Zwei Bände. 
Mit Titelholzschnitten und Zierftücken nach alten 

Originalen. Titelzeichnung von Rudolf Koch. Geheftet 
M. 8.—; in Pappbanden M. 10.—; in Leder M. 14.—. 


189 


Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Bitten- 
papier, in Pergament M. 20.—. 

NOVELLEN, ALTITALIANISCHE. Zwei Bande. 
Ausgewählt und überfetzt von Paul Ernft. Mit vene- 
zianifchen Titelholzfchnitten, Initialen und Zierftücken 
aus dem 14. Jahrhundert. Zweite Auflage. Geheftet 
M. 6.—; іп Pappbanden M. 8.—; in Leder M. 12.—. 

OMAR CHAJJAM VON NESCHAPUR: КОВА" 
ПАТ. Aus dem Englifchen des Edward Fitzgerald in 
deutfche Verfe übertragen von G. D. Gribble. Titel- und 
Einbandzeichnung und Initiale von Marcus Behmer. Іп 
Pappband M. 8.—; in Leder M. 12.—. 

WALTER PATER: IMAGINÁRE PORTRAITS. 
übertragen von Felix Hübel. Mit altvenezianifchen Ini- 
tialen. Geheftet M. 5.—; in Leinen M. 6.50. 

WALTER PATER: MARIUS DER EPIKUREER. 
Ein Roman in zwei Banden. Ubertragen von Felix 
Paul Greve. Geheftet M. 6.50; in Leinen M. 9.—; in 
Leder M. 12.—. 

FRANCESCO PETRARCA: SONET'T E. Ausgewählt, 
überfetzt und eingeleitet von Bettina Jacobson. Mit 
dem Porträt des Dichters. Geheftet M. 3.50; in Per- 
gament M. 5.50. 

FRANZ GRAF POCCI: LUSTIGES KOMÖDIEN- 
BÜCHLEIN. Zwei Bände. In Auswahl neu heraus- 
gegeben von P. E. Schmidt und K. v. Rözycki. Mit vielen 
Bildern, zum T'eil nach unveróffentlichten Zeichnungen 


Poccis. Einbandzeichnung von F. W. Kleukens. Geheftet 
M. 7.—; in Halbpergament M. 10.—. 


190 


HENRIK PONTOPPIDAN: HANS IM GLÜCK. 
Ein Roman in zwei Banden. Ubertragen von Mathilde 
Mann. Dritte Auflage. Einbandzeichnung von E. R. 
Weiß. Geheftet M. 8.—; in Leinen M. 10.—. 

ALEXANDER POPE: DER LOCKENRAUB. Ein 
komifches Heldengedicht. In deutfche Verfe übertragen 
von Rudolf Alexander Schröder. Mit den neun Bildern 
und der Einbandzeichnung von Aubrey Beardsley in der 
Originalgröße. 800 Exemplare. Nr. 1--100 auf Japan- 
papier; іл Kalbleder M. 40.—. Nr. 101—800 auf hollän- 
difchem Büttenpapier; іп Pappband M. 14.—. 

ABBE PREVOST D’EXILES: GESCHICHTE DER 
MANON LESCAUT UND DES CHEVALIER 
DES GRIEUX. Deutfche Übertragung von Julius 
Zeitler. Mit vier Vollbildern von Franz von Bayros. 
Zweite Auflage. Geheftet M. 4.50; in Halbleder M. 6.—; 
in Leder M. 7.50. 

RAINER MARIA RILKE: GESCHICHTEN VOM 
LIEBEN GOTT. Dritte Auflage. Geheftet M. 3.—; 
in Leinen M. 4.—. 

RAINER MARIA RILKE: DIE FRÜHEN GE- 
DICHTE. Des Buches „Mir zur Feier“ zweite Auflage. 
Geheftet M. 4.50; in Halbleder M. 6.50. 

RAINER MARIA RILKE: NEUE GEDICHTE 
(aus den Jahren 1905—1907). Zweite Auflage. Geheftet 
M. 4.50; іп Halbleder M. 6.50. 

RAINER MARIA RILKE: DER NEUEN СЕ- 
DICHTE ANDERER ТЕП, Geheftet М. 4.50; іп 
Halbleder М. 6.50. 


191 


RAINER MARIA RILKE: DAS STUNDENBUCH. 
(Vom mönchifchen Leben; Von der Pilgerfchaft; Von 
der Armut und vom Tode.) Mit Titel und Initialen 
von Walter Tiemann. Dritte Auflage. In Halbleinen 
M. 3.50; in Pergament M. 6.—. 

ARTHUR RIMBAUD: LEBEN UND DICHTUNG. 
Übertragen von K. L. Ammer, eingeleitet von Stefan Zweig. 
Mit einem Bildnis Rimbauds in Heliogravüre. Geheftet 
M. 6.—; in Leinen M. 7.—. 

RUBEZAHL-GESCHICHTEN: das find wahrhafftige, 
und tiber alle МаВеп poffierliche oder anmuthige Fratzen, 
von dem wunderbarlichen, fehr alten und weitbefchrienen 
Gefpenfte, dem Rübezahl, ... denen Begierigen vor- 
mahls theilhafftig gemachet durch M. Johannem Prae- 
torium. Nunmehro aber für den Curiöfen Liebhaber 
auffs Neue an Тар gegeben. Mit Wiedergabe von 
16 Holzfchnitten der Ausgabe von 1738. 800 num- 
merierte Exemplare. In Pappband М. 10.—. 

KARL SCHEFFLER: PARIS. Mit 7ı Vollbildern in 
Autotypie. Einbandzeichnung von E. R. Weiß. Ge- 
heftet М. 10; in Halbpergament М. 12.—. 

SCHILLERS SÄMTLICHE WERKE, in fechs Bänden. 
Herausgegeben von Albert Köfter und Max Hecker. Titel- 
und Einbandzeichnung von Eric Gill. (Großherzog Wil- 
helm Ernfi- Ausgabe deut{cher Kla/fiker). In Leinen M. 20.—; 
in Leder М. 28.—. 


Die einzelnen Bände find auch unter РЕЯ Titeln zum Preife 
von je M. 4.— in Leinen und M. 5.— in Leder erfchienen: Dramen 
I. Teil. Dramen H. Teil. Gedichte und Erzählungen. Hiftorifche 
Schriften. Philofophifche Schriften. Überfetzungen. 


192 


ans — — —— nn _ АЕА 


. DIE BRIEFE DES JUNGEN SCHILLER. Heraus- 
gegeben von Max Hecker. Mit einer Silhouette. In Papp- 
band М. 2.—; in Leder M. 4.—. 


FRIEDRICH SCHLEGEL: LUCINDE. Berlin 1799. 
— FRIEDRICH SCHLEIERMACHERS VYER- 
TRAUTE BRIEFE ÜBER LUCINDE. Berlin 1800. 
Mit einer Einleitung von Rudolf Frank. 500 numerierte 
Exemplare. In Pappband M. 10.—. 


ADELE SCHOPENHAUER: TAGEBÜCHER. Zum 
erften Male herausgegeben von Kurt Wolff. Zwei Bande. 
Mit 17 von Adele Schopenhauer gefchnittenen Silhouetten. 
Geheftet M. 6.—; in Halbpergament M. 8.—. 


SCHOPENHAUERS SAMTLICHE WERKE, in fünf 
Banden. Titel- und Einbandzeichnungen von Егіс Gill. 
(Großherzog Wilhelm Ernft-Ausgabe deut/cher Klaffiker.) 
In Leinen M. 20.—; in Leder M. 26.—. 


Einzeln werden die Bände wie folgt geliefert: 


DIE WELT ALS WILLE UND VORSTELLUNG. Zwei Bände. 
Herausgegeben von Eduard Grifebach. In Leinen M. 8.—; in 
Leder M. 10.—. 


KLEINERE SCHRIFTEN. Herausgegeben von Max Brahn. In 
Leinen M. 5.—; in Leder M. 6.—. 


PARERGA UND PARALIPOMENA. Zwei Bande. Herausgegeben 
von Hans Henning. In Leinen M. 9.—; in Leder M. 11.—. 


RUDOLF ALEXANDER SCHRODER: HAMA. 
Scherzhafte Gedichte und Erzählungen. Geheftet 
M. 2.—; in Pappband M. 3.—. 


193 


GUSTAV SCHWAB: DIE SCHONSTEN SAGEN 
DES KLASSISCHEN ALTERTUMS. Vollftandige 
Ausgabe in zwei Banden, beforgt von Ernft Beutler. 
Titel- und Einbandzeichnung уоп F. H. Ehmcke. In 
Leinen M. 8.—. 


— Ausgabe in drei Bänden. (Mit dem Ergänzungsband: 
Flaxmans Zeichnungen zu Sagen des klaffifchen Alter- 
tums.) In Leinen M. 12.—. | 


SHAKESPEARESSONETTE. Nachdichtung von Eduard 


Saenger. Geheftet M. 4.—; in Halbpergament M. 5.—. 
Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt. 


ADALBERT STIFTER: AUS DEM ALTEN WIEN. 
Herausgegeben von Otto Erich Deutfch. Mit 20 V ollbil- 
dern. Titel- und Einbandzeichnung von Heinrich W ieynk. 
Geheftet M. 5.—; in Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.—. 


ADALBERT STIFTER: STUDIEN. Vollftändige 
Tafchenausgabe der Erzählungen Stifters in zwei Bän- 
den. Mit einer Einleitung von Johannes Schlaf. Doppel- 
titel und Einband von Karl Walfer. In Leinen M. 6.—; 
in Leder M. 8.—; in Pergament M. 10.—. 


HENRICH STILLINGS JUGEND, EINE WAHR- 
HAFTE GESCHICHTE. Mit einem Nachwort von 
Franz Deibel. Titelvignette und Titelkupfer nach Chodo- 
wiecki, In Pappband М. 4.—. 


DIE ERZAHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND 
EIN NACHTEN. Ете vollftändige deutfche Ausgabe 
in zwölf Banden, beforgt von Felix Paul Greve. Mit 
einer Einleitung von Hugo von Hofmannsthal und einer 


194 


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mg 


Abhandlung von Кағ/ Dyrof über Entftehung und Ge- 
fchichte des Werkes. Titel- und Einbandzeichnung von 
Marcus Behmer. Geheftet M. 60.—; in Leinen M. 72.—; 
in Leder M. 84.—. 


TAUSEND UND EIN TAG. Orientalifche Erzählun- 
gen. Ausgewählt und eingeleitet von Paul Ernft. Die 
Übertragungen von Felix Paul Greve und Paul Hansmann. 
Vier Bände in der Ausftattung der Infelausgabe von 
„laufend und eine Nacht“; Geheftet M. 16.—; in 
Leinen М. 20.—; in Leder М. 28.—. Vorzugsausgabe: 
100 numerierte Exemplare auf Infelbüttenpapier. In Per- 
gament mit Seidenvorfatz M. 56.—. 


IWAN TURGENJEFF: GEDICHTE IN PROSA. 
Übertragen von ТА. Comichau. Mit Titel und Vi- 
gnetten von Heinrich Vogeler. Zweite Auflage. Geheftet 
M. 2.-ҙ in Leinen M. 3.—; in Leder M. 3.50. 


VAN DE VELDE, HENRY: VOM NEUEN STIL. 
Mit einer Titelvignette des Künftlers. Geheftet M. 3.50; 
іп Halbpergament М. 5.—. 


EMILE VERHAEREN: HELENAS HEIMKEHR. 
Drama. Nachgedichtet von Stefan Zweig. 300 Exem- 
plare: 30 auf Japanpapier; in Leder M. 40.—. 270 auf 
Büttenpapier; in Halbpergament М. 15.—. 

Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt. 

HEINRICH VOGELER-WORPSWEDE: DIR. Ge- 
dichte und Zeichnungen. Zweite Auflage. Mit vom 
Künftler neu gezeichnetem Einband und Vorfatzpapier. 
Іп Halbpergament M. 10.—. 


195 


VOLTAIRES BRIEFWECHSEL. Ausgewählt und 
übertragen von Käthe Schirmacher. Geheftet М. 4.-; 
іп Pappband M. 5.—; in Leder M. 7.—. 


WILHELM WEIGAND: DER VERSCHLOSSENE 
GARTEN. Gedichte aus den Jahren 1901 bis 1909. 
Geheftet M. 4.—; in Halbpergament M. 5.—. 


CHRISTOPH MARTIN WIELANDS WERKE. Drei 
Bände. Ausgewählt und herausgegeben von Franz Deibel. 
Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. In 
Leder М. 15.—; in Pergament М. 20.—. 

Die Bände find auch einzeln unter folgenden Titeln zu haben: 

WIELANDS KLEINE VERSERZÄHLUNGEN. InLeder M. 4.50; 
in Pergament M. 6.—. | 

WIELAND: OBERON. In Leder М. 4.50; іп Pergament М. 6.—. 

WIELAND: DIE ABDERITEN. In Leder M. 6.—; in Pergament 
M. 8.—. 

OSCAR WILDE: DIE BALLADE VOM ZUCHT- 
HAUSE ZU READING VON C. 3. 3. Deutfche 
Übertragung von Wilhelm Schölermann. Vierte Auflage. 
In Pappband M. 2.—. 


OSCAR WILDE: DAS BILDNIS DES DORIAN 
GRAY. Ein Roman. Ubertragen von Hedwig Lach- 
mann und Gu/ftav Landauer. Einbandzeichnung von Walter 
Tiemann. Dritte Auflage(3.—5.Tau/end). Geheftet M. 3.50; 
in Leinen M. 4.50; in Leder M. 7.—. 

OSCAR WILDE: GEDICHTE. Ubertragen von Gifela 
Etzel, Mit Titelholzfchnitt-von Marcus Behmer und Ein- 
bandzeichnung von К. Schmoll о. Eifenwerth. Geheftet 
M. 6.—; in Halbpergament M. 8.—. 


196 


. OSCAR WILDE: GESPRÄCHE VON DER KUNST 

"^. UND VOM LEBEN. Übertragen von Hedwig Lach- 
mann und Gu/iav Landauer. Geheftet M. 4.—; in Halb- 
leder M. 6.—. l 


STEFAN ZWEIG: DIE FRÜHEN KRÄNZE. Ge- 
dichte. Titel- und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. 
Geheftet M. 3.50; in Leder M. 6.—. 


- Еш den INSEL-VERLAG befindet fich in Arbeit ein 
S Fakfimile-Neudruck der 


| Zweiundvierzigzeiligen Bibel 


Johannes Gutenb erg 
Mainz 1450—1453 


Herausgeber: Geheimrat Dr. Paul Schwenke 


Erfter Direktor der Königlichen Bibliothek zu Berlin 


Suhfkriptionspreis: 
300 Exemplare auf Handpapier, ungebund. М.700.—, т Schweins- 
leder mit Holzdeckel und Schließen gebunden M. 850.—, bis zu 
20 Exemplaren auf Pergament mit aufgelegtem Gold M. 3000.—. 


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Die Ausgabe erfolgt in zwei Bänden Text und einem Supp- 
lementband, die im Herbft 1911 und 1912 erfcheinen. 

le Ausführung des reich mit Miniaturen gefchmückten 
Werkes erfolgt nach dem Berliner Pergament-Exemplar 
in farbigem Lichtdruck. Ausführliche Ankündigungen 
ftehen unberechnet, Probefeiten zur Anficht zur Verfügung. 


nn 


197 


INHALT DES ALMANACHS 


Kalendarium mit zwölf Gedichten von Hans Sachs 
Jofeph von Eichendorff: Frifch auf . . . . 31 
Hugo von Hofmannsthal: Lucidor, Figuren 

zu einer ungefchriebenen Komödie 

Gabriele d’Annunzio: Weihe an das Adria- 
tifche Meer s : 

Hans Carofla: Zwei Gedichte EMEN 

Rainer Maria Rilke: Aus den КҮЛТЕ 
gen des Malte Laurids Brigge 

Stefan Zweig: Herbftfonett 

Drei Gleichniffe des Tichuang-Tfe 

Emile Verhaeren: Das Wort 

Aus den Briefen eines Unbekannten 

Goethe: Der Befuch . . 

Aus dem Schlußgefang der Homerifchen 
Odyffee, neu übertragen von Rudolf Ale- 
xander Schröder А 

Ricarda Huch: Zwei Gedichte - 

Robert Schumann: Aus dem Spruchbuche der 
Davidsbündler a 

Robert Schumann: An Clara Wieck b ed 

Aus Mozarts Briefen А 

Heinrich Leuthold: Mittagsruhe 

Lieder des Hafis .. 

Hans Sachs: Ein (chins Buhllied. einer еВ 
lichen Frauen Wd oe os 

Arthur Schopenhauer: Uber Schriftftellerei 
und Stil, Lefen und Bücher 

Der Hausfpruch des Plantin . . 112 

Stefan Zweig: Die Romantik der Bourgeoifie 112 


RPE LPG RAPED AIG I CABG LAI SPD ALIS GD APPS 


Keats: Ode an eine Nachtigall 

Titelholzschnitt des älteften Volksbuches v von 
Till Eulenfpiegel . . . 

Karl Vollmöller: Der Ambof 

Lucia Dora Froft: Heinrich Mann : 

Robert Prutz: Von der Pumpe, die nicht 
mehr hat piepen wollen Eus os de eg 

Drei amerikanifche Gedichte. Ubertragen 
von Alfred Walter Heymel 

Heinrich Heine: Gotthold Ephraim Leffing, 
mit dem fakfimilierten Titel zu ped 
der Weife* . 

Heinrich von Kleifts Abichiedsbricte: an feine 
Coufine Marie und feine Schwefter Ulrike 

Lenau: Ein ungedrucktes Gedicht . . . . 

Der Winter. Ein Gedicht Holderlins aus 
dem Wahnfinn ; 

Arthur Schopenhauer: Zwei Gedichte 

Zu den Abbildungen ; 

Bücher aus dem Infel- -Verlag . 

Bilderbeilagen: 

Sodoma: Porträt Rafaels. 

Albrecht Dürer: Allegorifche Zeichnung nach 
Hans Sachsens Gedicht: Der arm gemein Efel. 

Goethe: Die fchlafende Chriftiane. 

Chodowiecki: Rötelstudie zu Werthers Leiden. 

Phiz: Zeichnung zum Copperfield von Dickens. 

Antoine Pesne: Friedrich der Große und feine 


Schwefter, die Markgräfin von Bayreuth, als 
Kinder. 


Emil Preetorius: Le petit galan. 
С. M. Kraus: Porträt Goethes (1776). 


Der fechfte Jahrgang des Infel-Almanachs wurde 

gedruckt in der Spamerschen Buchdruckerei in 

Leipzig. Umfchlag und Titelrahmen find von 
Th. Th. Heine. 


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Verlag zu Leipzig 


AUF DAS JAHR 
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ERS EL- 
ALMANACH 


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Im Insel- 


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Digitized by Google 


Heinz Schwamborn 
Theater-Intendar: 


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Überreicht von 


Ernst Ohle, Buchhandlung 
Inh.: Fritz Worm 


Düsseldorf, Königsallee 54 


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Almanach 


auf das Jahr 


1912 


Im Insel-Verlag zu Leipzig 


Kalendarium 


Frühling soll mit süßen Blicken 
mich entzücken und berücken, 
Sommer mich mit Frucht und Myrten 
reich bewirten, froh umgürten. 


Herbst du sollst mich Haushalt lehren, 
zu entbehren, zu begehren, 
und du Winter lehr mich sterben, 


mich verderben, Frühling erben. 


AUS CLEMENS BRENTANOS 
FRUHLINGSKRANZ. 


Anna Amalia 


NS 


LE 


JANUAR 


Montag Neujahr Neujahr 
Dienstag Abel Odilo 

Mittwoch Henoch Genoveva 
Donnerstag Zachar. u. Elis. Titus 

Freitag Simeon Eduard 
Sonnabend Ersch. Christi Heilige 3 Könige 


Sonntag 1. п. Epiphan. г. n. Epiphan. 
Montag Severinus Gudula 
Dienstag Kathar. Zell Julian 
Mittwoch Paulus Eins. Paulus Eins. 
Ernst d. Bek. Hyginus 
Chastellain Ernst, Ark. 
Hilarius Hilarius 


2. n. Epiphan. Nam. Jesu 


15 | Montag Joh. v. Laski Maurus 

16 | Dienstag G. Spalatin Marcellus 

17 | Mittwoch Antonius Antonius 

18 | Donnerstag Matth, Claudius | Prisca, P. St. 

19 | Freitag Babylos Marius o 
20 | Sonnabend Sebastianus Fabian, Seb. 


Sonntag 3. n. Epiphan. 3. n. Epiphan. 
Montag Vincentius Vincent 

Dienstag Jesaias Emerentia 

Mittwoch Timotheus Timotheus 
Donnerstag Pauli Bekehrung | Pauli Bekehrung 
Freitag Polykarpus Polykarpus 
Sonnabend Chrysostomus Joh. Chrys. > 


Sonntag 4. n. Epiphan. 4. п. Epiphan. 
29 | Montag Sam. u. Hanna Sam. u. Hanna 
30 | Dienstag Bathilde Adelgunde 

31 | Mittwoch J. M. Meyfart Ludo 


A Sr 


FEBRUAR 


Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Ignatius 
Mariä Reinigung 
Anscharius 


Ignatius 
Lichtmeß 


Blasius 


| 
| 
| 
Sonntag Septuagesima Septuagesimä | 
Montag Spener Agatha 
Dienstag Amandus Dorothea 
7 | Mittwoch G. Wagner Rembertus 
8 | Donnerstag Maria Andrea | Anscharius 
9 | Freitag Joh. Hooper Apollonia 
10 | Sonnabend F. С. Oetinger Scholastika € 


Sonntag Sexagesimä Sexagesimä 


12 | Montag Joh. Grey Eulalia 

13 | Dienstag C. F. Schwarz Gisl., Ben. 
14 | Mittwoch Gr. v. Querfurt | Valentinus 
15 | Donnerstag H. u. St. Viktor | Faustinus 
16 | Freitag M. Jesubas Juliane 

17 | Sonnabend P. Hamilton Benignus 


Estomihi ® 


Sonntag Estomihi 
Montag Mesrob Leontius 
Dienstag, Fastnacht Fastnacht 
Mittwoch Aschermittwoch Aschermittwoch 
Donnerstag M. v. Zollern Petri Stulilfeier 
Freitag, Ziegenbalg Serenus 

4 | Sonnabend Schalttag Schalttag 


25 | Sonntag Invocavit Matthias Ap. 
26 | Montag B. Haller Viktorinus 
27 | Dienstag Ruderikus Nestor 

28 | Mittwoch M. Butzer Quatember 
29 | Donnerstag J. v. M. Kor. Romanus 


Ki, o n 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


10 | Sonntag 
11 | Montag 
12 | Dienstag 
13 | Mittwoch 
14 | Donnerstag 
15 | Freitag 
16 | Sonnabend 


Sonntag 


Montag 
19 | Dienstag 
20 | Mittwoch 
21 Donnerstag 
22 | F reitag 


23 | Sonnabend 


24 | Sonntag 

25 | Montag 

26 | Dienstag 
27 | Mittwoch 
28 | Donnerstag 
29 | Freitag 


30 | Sonnabend 


Freitag 
Sonnabend 


Suidbert 
J. Wesley 


Reminiscere 
G. Calixtus 
Th. v. Aquino 
Fridolin 
Perpetua 
Philemon 
Cyrillus 


Oculi 
Assoph 
Gregor d. Gr. 
Cranmer 
Mathilde 

Z. Ursinus 
Heribert 


Lätare 
Alexander 
Maria u. M. 
Am. v. Siena 
Benediktus 

Nik. v. d. Flue 
Wlfg. z. Anhalt 


Judica 

Maria Verkünd. 
Ernst d. Fr. 
Rupertus 


Joh. v. Goch 
Florent. v. Dev. 
Lindgar 


Reminiscere 
Casimir 
Friedrich 
Perpetua 
Th. v. Aquino 
Joh. d. Deo 
Franziska 


Oculi € 
Rosina Fl. 

Gregor d. Gr. 

Ernst 

Mathilde 

Longinus 

Heribert 


Latare 

Cyrillus ® 
Joseph 

Joachim 

Benediktus 

Oktavian 

Otto 


Judica 

Maria Verkiind. 
Ludgerus 3 
Rupert 

Fel., Guntr. 

Fest d. 7 S. M. 
Quirinus 


A __-– 


Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 


Heil. Osterfest 
Ostermontag 
Th. v. Westen 
Fulbert 

Leo d. Gr. 
Sabas 

Justinus 4. М. 


Quasimodogen. 


Simon Dach 
Peter Waldus 
Mappalikus 
Luther z. W. 
Ph. Melanchthon 


Bugenhagen 


Miseric. Dom. 
Origenes 
Adalbert 
Wilfried 

Markus 

Val. Trotzendorf 
О. Catelin 


Jubilate 
Fr. Wilh. d. Gr. 
С. Calixt. 


ugo 

F. v. Paula 
Richard 

Gr. Donnerstag 
Karfreitag 
Sixtus, Colestin 


Heil. Osterfest 


Eleutherius 
Timotheus 
Viktor 


Miseric. Dom. 
Soter u. Cajus 
Georg 

Albert 
Markus Ev. 
Ferdinand 
Anastasius 


Jubilate 
Petrus M. 
Kath. v. Siena 


Goethe 


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Mittwoch 


Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Mittwoch 
Donnerstag 


Freitag 


Philippus 
Athanasius 
Monika 
Florianus 


Cantate 

J. v. Damask. 
Otto d. Gr. 
Stanislaus 

Gr. v. Nazianz 
Joh. Heuglin 
Joh. Arndt 


Rogate 
Servatius 
Pachomius 
Moses 
Himmelfahrt 
Val. Herberger 
Achtzig M. M. 


Exaudi 

Gottfr. Arnold 
Konst. u. Helena 
Konstantin 
Savonarola 
Laufranc 

A. Cazella 


Heil. Pfingstfest 
Pfingstmontag 
Joh. Eliot 
Zeisberger 
Hieronymus 
Joach. Neander 


Cantate 

Joh. v. d. Pf. 
Stanislaus 
Mich. Ersch. 
Gr. v. Nazianz 
Gordian 
Mamertus 


Rogate 

1. Bittag 

2. Bittag 

3. Bittag 
Himmelf. Chr. 
Jodocus 
Liborius 


Exaudi 
Basilla 
Konst., Felix 
Julia 
Desiderius 
Johanna 
Urban 


Heil. Pfingstfest 
Pfingstmontag 
Wilhelm 
Quatember 
Felix 

Petronilla 


Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 


Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 


CA BE 


JUNI 
num ЖЕ 


Oberlin 


Trinitatis 
Gottschalk 
Quirinus 
Bonifacius 
Norbert 

Paul Gerhardt 
А. H. Francke 


1. n. Trinitatis 
Friedr. Barb. 
Barnabas 
Renata 

J. le Fébvre 
Basilius d. Gr. 
Wilberforce 


2. n. Trinitatis 
Dioscorus 
Pamphilus 
Paphnutius 
Mart. i. Prag 
J. Martheilhe 
Gottschalk 


3. n. Trinitatis 
Joh. d. Taufer 
Augsb. Konf. 
Jeremias 

J. V. Andrea 
Irenäus 

Peter u. Paul 


4. n. Trinitatis 


Dreifaltigkeit 
Klotildis 
Florian 
Bonifacius 
Fronleichnam 
Robert 
Medardus 


2. n. Pfingsten 
Maurinus 
Barnabas 
Basilides 

Ant. v. Padua 
Herz-Jesu-Fest 
Vitus 


3. n. Pfingsten 
Adolf 

Markus 
Gervasius 
Silverius 
Albanus 
Albinus 


4. n. Pfingsten 
Joh. 4, Taufer 
Elogius 
Pelagius 

7 Schläfer 
Leo IL, Papst 
Peter u. Paul 


5. n. Pfingsten 


ı | Montag 

2 | Dienstag 
3 | Mittwoch 
4 | Donnerstag 
5 | Freitag 

6 | Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 


¥ 


Voes u. Esch 


Maria Heims. 


Otto Bisch. v. G. 


Ulrich 
Aonio Paleario 
Johann Hus 


5. n. Trinitatis 
Kilian 


Ephram. d. Syr. 


Knud d. Gr. 
Placidus 
Heinrich П. 
Eugenius 


6. n. Trinitatis 
Answer 

Anna Askew 
Speratus 
Arnulf 
Pamphilus 
Elias 


7. n. Trinitatis 
Maria Magdal. 
G. v. Homelle 
Jos. Eccard 


Jakobus d. Alt. 


Th. v. Kempen 


Palmarius 


8. n. Trinitatis 
Olaus d. Heil. 
Joh. Wessel 
J. C. Schade 


6. n. Pfingsten 
Kilian 
Agilolph 

7 Brüder 

Pius 

Nabor 
Margarete 


7. n. Pfingsten 
Apostel Teil. 
M. v. Berge 
Alexius 
Arnold, Fr. 
Vinc. v. Paula 


Elias 


Skapulierfest » 
Maria Magdal. 
Apollinaris 

Christine 

Jakobus 

Аппа 

Pantaleon 


g. n. Pfingsten 
Martha 

Abdon 

Ign. Loyola 


ым м 


оо оз оо 4 


AUGUST 


Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Makkabäer 


M. M. unt. Nero 


Wilh. Trop 


9. п. Trinitatis 
Еу. Salzb. 
Verkl. Christi 
Nonna 
Hormisdas 
Clem. v. Alex. 
Laurentius 


10. n. Trinitatis 
Anselmus 
Zinzendorf 

J. Guthrie 
Maria 

Isaak 

Joh. Gerhard 


1 1. n. Trinitatis 
Gerh. Groot 

B. v. Clairvaux 
Brüdermission 
Symphorian 

E. v. Coligny 


Bartholomaus 


12. n. Trinitatis 
Ulphila 

H. Grotius 
Augustinus 

Joh. 4. Т. Enth. 
Claudius 

Aidan 


Petri Kettenf. 
Portiuncula 


Stephan Erf. 


to. n. Pfingsten 
Mar. Schnee 
Verkl. Christi 
Gottschalk 
Cyriakus 
Romanus 
Laurentius 


11. n. Pfingsten 
Clara 
Hippolytis 
Eusebius 

Mar. Himmelf. 
Rochus 

Sibylla 


12. n. Pfingsten 
Sebald 
Bernhard 
Anastasius 
Timotheus 
Zachäus 


Bartholomäus 


13. n. Pfingsten 


Sam., Zeph. 
Joseph Calas. 
Augustinus 
Joh. Enth. 
Rosa 

Paulin. Raim. 


Charlotte von Stein 


AN 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 

10 | Dienstag 
11 | Mittwoch 
12 | Donnerstag 
13 | Freitag 

14 | Sonnabend 


2 9 sl ED UU ROM nm 


Sonntag 


Montag 
17 | Dienstag 
| 18 | Mittwoch 
19 | Donnerstag 
20 | Freitag 


aı | Sonnabend 


‚Sonntag 


Montag 
24 | Dienstag 
25 | Mittwoch 
26 | Donnerstag 
27 | Freitag 


28 | Sonnabend 


Sonntag 
Mon tag 


SEPTEMBER 


Mamas 
Hildegard 

Ida 

J. Mollio 
Matth. Weibel 
L. Spengler 


14. n. Trinitatis 
L. Paschali 

P. Speratus 

J. Brenz 
Peloquin 

Wilh. Farel 
Cyprianus. 


15. n. Trinitatis 
Euphemia 
Lambert 

Titus 
Spangenberg 
Magd. Luther 
Matthaus, Ev. 


16. n. Trinitatis 
Joachim v. Fl. 
Arg. v. Grumb. 
Augsb. Friede 
Lioba 

J. J. Moser 
Wenzeslaus 


17. n. Trinitatis 
Hieronymus 


13. n. Trinitatis 


Schutzengelfest 
Raphael 

Mansuetus 

Rosalia € 
Herkulan 

Magnus 

Regina 


Maria Namensf. 
Andomar 

Nikolaus v. T. 

Protus e 
Winand 

Maternus 
Kreuz-Erhöhung 


16. n. Pfingsten 
Corn. u. Сүр. 
Lambertus 
Quatember > 
Mikleta 

Eustachius 

Matthäus, Ev. 


17. n. Pfingsten 
Thekla 

Joh. Empf. 

Kleophas 

Cyprianus Ф 
Cosm. u. Dam. 
Wenzeslaus 


18.n. Pf. Michael. 
Hieronymus 


Oberstallmeister von Stein 


1 | Dienstag Remigius 
2 | Mittwoch Chr. Schmid 
3 | Donnerstag Die Ewalde 
4 | Freitag Joh. Wessel 
5 | Sonnabend Hilarion 
-6 | Sonntag 18. n. Trinitatis 
7 | Montag Theod. Beza 
8 | Dienstag D. Zeisberger 
9 | Mittwoch R. Grosthead 
10 | Donnerstag Just. Jonas 
11 | Freitag Ulrich Zwingli 
12 | Sonnabend H. Bullinger 


13 | Sonntag 19. п. Trinitatis 
14 | Montag Nic. Ridley 

15 | Dienstag Aurelia 

16 | Mittwoch Gallus 

17 | Donnerstag Aufh. d. E. v. N. 
18 | Freitag Lukas 

19 | Sonnabend Bruno 


20 | Sonntag 20. n. Trinitatis 
21 | Montag Phil. Nikolai 
22 | Dienstag Hedwig 

23 | Mittwoch H. Mertyn 

24 | Donnerstag Arethas 

25 | Freitag Joh. Ней 

26 | Sonnabend Fr. Ш. v. d. Р. 


27 | Sonntag 21. n. Trinitatis 

28 | Montag Simon, Juda 

29 | Dienstag Alfred d. Gr. 

Jo | Mittwoch Jakob Sturm 
Donnerstag Wolfgang 


OKTOBER 


Placidus 


Rosenkr.-Fest 
Sergius 
Brigitta 
Dionysius 


Gereon 
Wimmar 
Maximilian 


20. n. Pfingsten 
Calixtus 

Theresa 

Gallus 

Florentin 

Lukas > 
F., P. v. А. 


21. n. Pfingsten 
Ursula 

Kordula 

Severin 
Evergislus 
Raphael 


Amandus 


22. n. Pfingsten 
Simon, Judas 
Narcissus 
Theonest 
Wolfgang 


Minister -v. Fritsch 


NN 


NOVEMBER 


Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Aller Heiligen 
Viktorinus 


22. n. Trinitatis 
J. A. Bengel 
Hans Egede 
Gustav Adolf 
Willibrord 
Willehad 
Staupitz 


23. n. Trinitatis 
Martin, Bischof 
Arcadius 

P. M. Vermili 
Notker 

Joh. Kepler 
Creuziger 


24. n. Trinitatis 
Greg. d. Erl. 
Elisabeth 

J. Williams 
Columbanus 

J. Ökolampadius 


Klemens 


25. n. Trinitatis 
Katharina 
Konrad 

M. Blaarer 

Al. Roussel 
Noah 

Andreas 


Aller Heiligen 
Aller Seelen 


23. n. Pfingsten 
C. Borromäus 
Zacharias 
Leonhard 
Engelbert 
Gottfried 
Theodorus 


24. n. Pfingsten 
Martin B. 
Kunibert 
Stanislaus 
Levinus, Juk. 
Leopold 
Edmund 


25. n. Pfingsten 
Maximus 
Elisabeth 
Simplicius 
Mariä Opfer 
Cacilia 


Klemens 


26. n. Pfingsten 
Katharina 
Konrad 
Bilhildis 
Ginther 
Saturnin 


Andreas 


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DEZEMBER 


Sonntag 
Montag 
Dienstag 
Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sonntag 
Montag 

10 | Dienstag 
11 | Mittwoch 
12 | Donnerstag 
13 | Freitag 

14 | Sonnabend 


15 | Sonntag 

16 | Montag 

17 | Dienstag 
18 | Mittwoch 
19 | Donnerstag 
20 | Freitag 


21 | Sonnabend 


22 | Sonntag 
23 | Montag 
24 | Dienstag 
25 | Mittwoch 
26 


Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Sylvester 


i. Advent 1. Advent € 
Ruysbroek Bibiana 
Gerh. Groot Franz Xaver 
G. v. Zütphen Barbara 
Crispina Crispine 
Rich. Baxter Nikolaus 
P. F. Hiller Ambrosius 
2. Advent 2. Advent e 
Berthold Leokadia 
Paul Eber Judith 
H. v. Zütphen Damasus 
Vicelin Epimachus 
F. Gellert Lucia 
Dioskoros Nikasius 
3. Advent 3. Advent 
Adelheid Adelheid > 
Sturm Lazarus 
Seckendorf Quatember 
Clem. v. Al. Nemesius 
Abr. u. Sara Julius, Am. 
Thomas Ap. Thomas Ap. 


4. Advent 4. Advent 

A. du Bourg Dagobert Ф 
Adam, Eva Adam, Eva 
Weihnachtstag Christtag 

2. Weihnachtstag | Stephan 

Johannes Joh. Evangel. 

Unsch. Kindl. Unsch, Kindl. 


n. Weihnachten 
David 


n. Weihnachten 
David 
Sylvester 


Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines 
Lied héren, ein gutes Gedicht lesen, ein 
treffliches Gemälde sehen, und wenn es 
möglich zu machen wäre, einige ver- 


nünftige Worte sprechen. 


GOETHE 


LOB DER ZEIT / VON KARL VOLLMOELLER 


I 
ICH sing ich, Zeit der Zeiten: meine Zeit! 
Ein heller Herbst verschollener Sagenbliiten 
Wandelst du Gold und Silber blasser Mythen 
Im Stahl der Wirklichkeit. 


Wie stöhnte noch das sinkende Jahrhundert 
Im selbstgewollten Fron und trüben Krampf 
Bei Ofen, Kran und Hammer, Qualm und Dampf — 


Nun schauen wir verwundert, 


Wie die Tyrannen, die wir selbst gesetzt, 

Die dräuenden Geschlechter der Maschinen, 

Uns selbst befrein und, wieder Sklaven jetzt, 
Zum Traum der Träume dienen. 


Denn Wirklichkeit ward Traum! Die rußigen Quadern 
Der knechtischen Epoche, eng und hart, 
Verrückten sich: Pochend in allen Adern 

Vom Blut der Gegenwart 


Spreitet ein neues Fabeltier die Schwingen 

Von leichtem Linnen, dünnem Holz und Rohr! 

Die Schraube spinnt. Die Erde deckt ein Flor. 
Die straffen Drähte singen, 


Singen das alte Lied vom Schwanenkleide, 


Vom finstern König und vom falschen Schmied, 
Das Lied vom hohen Flug und lahmen Neide; 
Die Schraube braust das Lied 


=. Sr oe 


Vom Götterliebling und vom Sonnenroß, 

Die Leinwand rauscht das Lied der Adlerfeder, 

Die schwanken Rippen vom verschlagenen Kreter 
Und leis von Ikaros. 


Und alles singt die größte Menschentat: 

Vom Urweltmorgen, wo am Gletscherfjorde 

Der stillre Werkmann einer blonden Horde, 
Nicht wissend, was er tat, 


Den ersten Stamm gehöhlt mit Beil und Feuer, 
Das erste Segel kiihn im Wind gestellt, 
(Der ganze Vogel tönt wie eine Leier 

Vom neuen Rausch der Welt) 


Bis zu dem Friihrot, wo in Wolkendraun, 
Vom Nebeltau bespriiht und Englands herber 
Salziger Brise, Blériots schlanker Sperber 


Von neunzehnhundertneun 


Englischen Rasen pfliigte und die scharfe 
Klippe von Dover fiir die Welt geweiht — 
Der ganze Vogel tént wie eine Harfe 

Vom neuen Glanz der Zeit. 


Der Sturmwind selber schmettert die Fanfare, 

Hell wie ein Jagdruf, dumpf wie Orgelbässe, 

Klingend wie kriegerisches Erz: VoLARE 
NECESSE EST — VIVERE NON NECESSE! 


— 32 — 


er EEE wee C а” А. ee oo  ————— "————— Mew |. 


П 


VIVERE NON NECESSE! — Aller Schöne 

Und aller Taten Herrin, streng und klar, 
Mutter der mutigen Fahrt und starken Söhne, 
Glänzt sie zum kühnen Auszug euch: Gefahr! 


Ihr Wetterleuchten zuckt um eure schnellen 
Schirnmernden Vögel und umglänzt das Ziel — 
So schärfte sie im Grönlandmeer den Kiel 

Von Eiriks Drachen, trieb die Karavellen 


Aus Palos gischtend über den Atlant. 

Und was erst leeres Spiel und Abenteuer 
Gescholten und geschmäht, ward bald ein neuer, 
Ein Weg der Vielen in ein neues Land: 


Entfliegt! Mit jeder der pfadlosen Bahnen, 

Die eure Schwingen jetzt im Blau durchmaßen, 
Bereitet ıhr der Zukunft Völkerstraßen. 
Entfliegt! — Zuvor ein Opfer noch den Manen, 


Den Toten all, den vielen stillen Toten! 
Wie, heimkehrlechzend, des Laertes Sohn S Е 
Erst noch im Schattenreich ат warmen roten 


Tranke die Seelen labte und davon 


Heimkehr empfing und glückhaft Fahrtenende — 
Opfert auch ihr, im Licht des ewigen Strahls . 
Lebende ihr: Rinne die erste Spende 

Dem márkischen Sand und Hügel Lilienthals! 


um 33. << 


Dem fränkischen Capitaine mit deutschem Namen 
Nach ihm! Da schon das Leben strömend floh, 
Stöhnt er noch stolz und heiß vom wundersamen 
Traume: ,Demain je volerai plus haut... .“ 


Den dritten ihm, der dem Gespenst der Pässe 
Und eisigen Schlucht zu starr ins Auge sah: 
Schüttet die dritte Spende der Zypresse 

Von Domodossola! 


Und Hand zur Steuerung! Werft an! VOLARE 
NECESSE EST! — Die Schraube braust in großen 
Ringen von Licht. — Ein Guß noch am Altare 
Der Ungenannten und der Namenlosen! 


Dann segelt, ein Geschwader lichter Aare, 
Kreisend ım Blau um Mast und Dom und Esse 
An Elbe, Rhein und Nordmeer: NAVIGARE 
NECESSE EST — VIVERE NON NECESSE! 


KULTURPOLITIK / VON HENRY VAN DE VELDE 


CH bezweifle nicht, daß eine „Kulturpolitik * dieDinge 

beschleunigen kann. Ich befürchte nur, daß sie dazu 
neigt, sie zu sehr zu beschleunigen, und ich möchte die- 
jenigen warnen, die sich zu großen Illusionen hingeben 
oder die Gefahr verkennen. 
Denn es handelt sich darum, daß in letzter Instanz 
die Kulturpolitik „revolutionär“ ist. Denn nur jenseits 
der „Umwertung aller Werte“ kann sie ihr Ziel er- 


шы. ӨШ ы 


eichen. Hat Nietzsche nicht dies Programm aufgestellt? 
<ultur bedeutet Vollkommenheit, äußerste Verfeinerung 
ınd Raffinement in allen Dingen. Kulturpolitik treiben, 
aeißt den Sinn für Vollkommenheit, Verfeinerung und 
Raffinement zu wecken oder wieder zu erwecken suchen. 
Es liegt offenbar in der Natur dieser Politik, Anstoß bei 
allen übernommenen Anschauungen, feststehenden Mei- 
nungen, festbegründeten Betrachtungen zu erregen. Blin- 
der Eifer kümmert sich nicht um eine so exponierte 
Stellung, und, mein Gott, keın Preis wäre ja auch zu 
hoch für das Resultat eines Kampfes, der mit einem 
Schlag die deutsche Kultur auf die gleiche Stufe mit 
der Frankreichs und Englands erhöbe. 

Aber um die Dinge nüchtern zu betrachten: wird es uns 
gelingen, mittels einer Kulturpolitik, welche, um die 


. kulturelle Kristallbildung zu fördern, versuchen würde, 
. mit Druck einzuwirken, wie der Chemiker auf die Kri- 


stallisierung des Stoffes durch Druck einwirkt, wird es 
uns gelingen, wo die michtige Stimme eines Nietzsche, 
eines Goethe ungehórt verklang? Denn nicht erst seit 


‘ gestern ruft man den Sinn für Vollkommenheit an. 


Goethe sagte schon: man müsse lernen, alle schlechte 


. Arbeit zu hassen wie die Sünde. 


f 


Die Frage drängt sich auf: auf wessen Schultern das 
Gewicht des kühnen Unternehmens laden? Auf die eif- 
riger verkündender Apostel, oder aber vorsichtiger ge- 
mäßigter Erzieher? Ruskin hat unser Zutrauen zu dem 
Wirken der Apostel wieder wach gerufen und zu den 
Möglichkeiten und Vorteilen, die darin liegen könnten, 
die Gefühle der Masse anzurufen; aber man kann sich 


— 3 -- 


nicht verhehlen, daß die Bewegung, die ег hervorrief, 
stark gefärbt war von einem zeitgemäßen romantischen 
Enthusiasmus, welcher die Massen der Eroberung der 
Schónheit entgegendrángte, wie im Mittelalter die reli- 
gióse Schwürmerei die bewaffneten Scharen zur Er- 
oberung des Gelobten Landes trieb. 

Ruskin besaf) die Fahigkeit, der Schónheit kórperliche 
Gestalt zu verleihen, und wie viele seiner englischen 
Adepten hielten sich nicht selbst für die Griechen, in 
dem großen hölzernen Pferde versteckt, um das Aben- 
teuer des Raubes der Helena zu bestehen. 

Heutzutage hatte solcher Romantismus wenig Aussicht 
auf Erfolg. Wir wissen, den Sinn für Vollkommen- 
heit anrufen, heift auf eine Konzeption hinarbeiten, 
deren Anwendung in Industrie und Kunst die betrácht- 
lichsten und gesichertsten materiellen Vorteile bietet; 
welche in Moral und Religion, im Verkehr gleichgesinn- 
ter Menschen eine tief gegründete Hochachtung erzielt; 
welche aus der Ausübung unserer Fáhigkeiten, aus unse- 
ren Gefühlen und Sinnen einen , mécanisme de tout re- 
pos* herstellt, ein Ventil gegen jedwede Explosion, das 
ein Kind handhaben könnte. Hier müßten die Rat- 
schláge und die Umsicht des auserlesenen Erziehers die 
Anstrengungen leiten und sichern, und ihre Schlauheit 
muß es vollbringen, daß die Kultur durch langsames, 
unermüdliches, ununterbrochenes Einflófen sich das er- 
ringt, was sie im Sturm nicht erobern kann. 

Als Erzieher, als Lehrmeister der Kultur in allen Ge- 
bieten der Intelligenz, der Empfindung und der mensch- 
lichen Sinne sind auserlesene Persónlichkeiten erforder- 


"EE A 


ich. Berufen wirdie Erzieher, wo wir die geeigneten finden 
wenn auch aus dem Ausland, — eine wahre Kultur kann 
sich nicht auf einem national begrenzten Boden ent- 
wickeln —; gründen wir eine Anzahl von, Kulturherden* 
an geeigneten Orten, auf fruchtbarer Erde. 
Es würde die Aufgabe eines jeden dieser Erzieher, Pro- 
fessoren, Künstler, Soldaten und Kaufleute sein, taug- 
liche Instrumente zu wählen, die Elemente zu erkennen, 
welche sich eigneten, diesen gefährlichen neuen Sinn 
sıch einzuverleiben. Denn es ist nicht daran zu denken, 
daß man die Masse systematisch in dies Raffinement des 
Geistes, der Sinne und Gefühle einführen könnte. Sie 
wäre ja in keiner Weise darauf vorbereitet, und es würde 
daraus nur eine zahlloseReihe von Verirrungen entstehen, 
ein Geschlecht rettungsloser Dekadenten. 
Verlangte trotzdem еіп höherer Wille ein Zaubermittel 
von mir, so getraute ich mir zu sagen, was ich weiß, das 
Mittel, welches auf einen Schlag das Niveau unserer Kul- 
tur heben und verbessern könnte: — wer hätte die Beobach- 
tung noch nicht gemacht, daß jeder von uns, auf welcher 
Höhe der sozialen Stufenleiter er auch stehen mag, einen 
oder den anderen geringeren Beruf weit besser ausfüllen 
könnte als den, welchen er bis jetzt innehatte. 
In vielen Fällen zeigen sich sogar ausgesprochene Vor- 
lieben; wie viele unter den Höchstgestellten haben sich 
nicht schon mit Leidenschaft einem einfachen Handwerk 
gewidmet und es zur Vollkommenheit darin gebracht! 
Wenn nun alle, durch die ganzen Reihen der Gesell- 
schaftsklassen, mit einem Schlag, freiwillig oder ge- 
zwungen, eine oder mehrere Stufen zurückrückten, so 


würde, durch diese allgemeine und plötzliche Verschie- 
bung, die riickstandige Kultur, eingedámmt und angesan- 
melt, plétzlich steigen wie das Wasser an den Schleusen. 
Ein jeder brächte in die mindere Stellung, zur Ausfüh- 
rung der minderwertigeren Beschäftigung, die Talente, 
den Charakter, die Manieren mit, die er aus einer höheren 
Lebensstellung bezogen hat, in welcher er sich als nicht 
ausreichend erwiesen, und er würde unter seinen neuen 
Lebensbedingungen als das gelten, was eine hochkul- 
tivierte Gesellschaft von jedem Individuum erwarten 
kann. Auf diese Weise hätten wir durch Zauberei oder 
infolge eines noch nie dagewesenen Vorgangs in der 
Weltgeschichte Maurer, Tischler, Typographen mit dem 
Talent und dem Geschmack eines Künstlers, Bauern und 


Arbeiter mit der Initiative und den Manieren der „grands 
seigneurs* | 


DER JÜNGLING UND DIE SPINNE / VON HUGO 
VON HOFMANNSTHAL 
Der Jüngling: 

vor sich mit wachsender Trunkenheit 
Sie liebt mich! Wie ich nun die Welt besitze, 
Ist über alle Worte, alle Träume: 
Mir gilt es, daß von jeder dunklen Spitze 
Die stillen Wolken tieferleucht’te Räume 
Hinziehn, von ungeheurem Traum erfaßt: 
So trägt es mich — daß ich mich nicht versäume! - 
Dem schönen Leben, Meer und Land zu Gast. 
Nein! wie ein Morgentraum vom Schläfer fällt 


— 38 — 


Und іп die Wirklichkeit hineinverblaBt, 

Ist mir die Wahrheit jetzt erst aufgehellt: 
Nicht treib ich als ein Gast umher, mich haben 
Dämonisch zum Gebieter hergestellt 

Die Fügungen des Schicksals: Junge Knaben 
Sind da, die Ernst und Spiele von mir lernten, 
Ich seh, wie manche meine Mienen haben, 
Geheimnisvoll ergreift es mich, sie ernten 

Zu sehn und an den Ufern, an den Hügeln 
Spür ich in einem wundervoll entfernten 
'Traumbilde sich mein Innerstes entriegeln 
Beim Anblick, den mir ihre Taten geben. 

Ich schaue an den Himmel auf, da spiegeln 
Die Wolkenreiche, spiegeln mir im Schweben 
Ersehntes, Hergegebnes, mich, das Ganze! 

Ich bin von einem solchen großen Leben 
Umrahmt, ich habe mit dem großen Glanze 
Der schónen Sterne eine also nah 

Verwandte Trunkenheit — 

Nach welcher Zukunft greif ich trunkner da? 
Doch schwebt sie her, ich darf sie schon berühren: 
Denn zu den Sternen steigt, was lüngst geschah, 
Empor, und andre andre Stróme führen 

Das Ungeschehene herauf, die Erde 

Läßt es empor aus unsichtbaren Türen, 
Dezwungen von der bittenden Gebärde! 


So tritt er ans offene Fenster, das mit hellem Mondlicht angefüllt 
und von den Schatten wilder Weinblatter eingerahmt ist. Indem tritt 
unter seinen Augen aus dem Dunkel eines Blattes eine große Spinne 
mit laufenden Schritten hervor und umklammert den Leib eines kleinen 


Tieres. Es gibt in der Stille der Nacht етеп äußerst leisen, aber klag- 1 
lichen Laut, und тап meint die Bewegungen der heftig umklammernden | 
Glieder zu hören. | 


Der Jüngling: | 
muß zurücktreten 

Welch eine Angst ist hier, welch eine Not. 

Mein Blut muß ebben, daß ich dich da sehe, 

Du häßliche Gewalt, du Tier, du Tod! 

Der großen Träume wundervolle Nähe 

Klingt ab, wie irgendwo das ferne Rollen 

Von einem Wasserfall, den ich schon ehe 

Gehört, da schien er kühn und angeschwollen, | 

Jetzt sinkt das Rauschen, und die hohe Ferne 

Wird leer und öd aus einer ahnungsvollen: | 

Die Welt besitzt sich selber, o ich lerne! 

Nicht hemme ich die widrige Gestalt | 

So wenig als den Lauf der schónen Sterne. | 

Vor meinen Augen tut sich die Gewalt, 

Sie tut sich schmerzend mir im Herzen innen, | 

Sie hat an jeder meiner Fibern Halt, | 

Ich kann ihr — und ich will ihr nicht entrinnen: 

Als wärens Wege, die zur Heimat führen, 

Reift es nach vorwarts mich mit allen Sinnen 

Ins Ungewisse, und ich kann schon spüren 

Ein unbegreiflich riesiges Genügen 

Im Vorgefühl: ich werde dies gewinnen: 

Schmerzen zu leiden, Schmerzen zuzufügen. 

Nun spür ich schaudernd etwas mich umgeben, 

Es türmt sich auf bis an die hohen Sterne, | 

Und seinen Namen weif ich nun: das Leben | 


— 


a 


-- 40 — 


Sokrates 


VOR ТАС / VON HUGO VON HOFMANNSTHAL 


Nun liegt und zuckt am fahlen Himmelsrand 

In sich zusammgesunken das Gewitter. 

Nun denkt der Kranke: „Tag! jetzt werd ich schlafen!“ 
Und drückt die heißen Lider zu. Nun streckt 
Die junge Kuh im Stall die starken Nüstern 
Nach kühlem Frühduft. Nun im stummen Wald 
Hebt der Landstreicher ungewaschen sich 

Aus weichem Bett vorjährigen Laubes auf 

Und wirft mit frecher Hand den nächsten Stein 
Nach einer Taube, die schlaftrunken fliegt, 

Und graust sich selber, wie der Stein so dumpf 
Und schwer zur Erde fällt. Nun rennt das Wasser, 
Als wollte es der Nacht, der fortgeschlichnen, nach 
Ins Dunkel stürzen, unteilnehmend, wild 

Und kalten Hauches hin, indessen droben 

Der Heiland und die Mutter leise, leise 

Sıch unterreden auf dem Brücklein: leise, 

Und doch ist ihre kleine Rede ewig 

Und unzerstörbar wie die Sterne droben. 

Er trägt sein Kreuz und sagt nur: „Meine Mutter!“ 
Und sieht sie an, und: „Ach, mein lieber Sohn!* 
Sagt sie. — Nun hat der Himmel mit der Erde 

Em stumm beklemmend Zwiegesprach. Dann geht 
Ein Schauer durch den schweren, alten Leib: 

Sie riistet sich, den neuen Tag zu leben. 

Nun steigt das geisterhafte Frühlicht. Nun 
Schleicht einer ohne Schuh von einem Frauenbett. 
Lauft wie ein Schatten, klettert wie ein Dieb 


— Al — 


Durchs Fenster іп sein eigenes Zimmer, sieht 
Sich im Wandspiegel und hat plötzlich Angst 
Vor diesem blassen übernächtigen Fremden, 
Als hätte dieser selbe heute nacht 

Den guten Knaben, der er war, ermordet 

Und käme jetzt, die Hände sich zu waschen 
Im Krüglein seines Opfers wie zum Hohn, 
Und darum sei der Himmel so beklommen 
Und alles in der Luft so sonderbar. 

Nun geht die Stalltür. Und nun ist auch Tag. 


DIE VOGELSCHEUCHE / VON RUDOLF G.BINDING | 


N einem sonnigen Schlaf, jahraus jahrein und nim- 


mer erweckt, liegt das Dörfchen Mammolshain auf | 


der ersten Stufe eines der schönsten deutschen Mittel- 
gebirge, das starkrückig und selbstbewußt sich aus der 
breiten Flußebene erhebt, wo die Städte das Land be- 
herrschen. In den Winkel, den die erste Gebirgsterrasse 
mit den über ihr wuchtiger ansteigenden Bergen bildet, 
hat es sich eingeschmiegt wie ein sich sonnendes Kätz- 
lein und versinkt fast in dem dichten Kuppelkranz von 
altehrwürdigen, breitarmigen echten Kastanien, die nur 
dieser südliche Hang des Gebirges trägt. Da der Strom 
der Fremden und der Städter, die ihre Sommerwoh- 
nungen auf den ihnen in die rauchige Ebene winkenden 
Höhen aufschlagen, durch die Eisenbahnen nach andern 
Fußpunkten des Gebirges abgelenkt wird, vergehen wohl 

Jahre, ohne daß die alten verdunkelten Ziegeldächer mit 

den verkrümmten Firsten ein neues unter sich sehen, 


— 42 = 


as den Frieden und die Stille ihres Anblicks eine Zeit- 
ang stört. Denn das Wachstum des Dörfleins aus sich 
‚ıeraus ist nur ein sachtes in seinem Schlaf. 
Vor dem Kastanienring aber erstreckt sich eine sanft 
verlaufende, nicht mit Wald und kaum mit ein paar 
Ibstbäumen bestandene Landzunge weit hinaus, der 
Ebene und der Sonne zu; und dort liegen auf der einen 
abhangigeren Seite mit dem schlechteren Boden die 
wenigen АсКег der Mammolshainer in schmalen, beinahe 
kärglichen Bändern nebeneinander, auf der andern brei- 
tern und auf dem Rücken der Absenkung in wohlgepfleg- 
tem Erdreich endlose Erdbeerpflanzungen, Beet an Beet, 
- deren Ertrag, in den Stüdten verkauft, jáhrlich einen 
. hübschen Verdienst abwirft, groß genug, um фе be- 
, quemen Bauern an keine andern Unternehmen denken 
, zu lassen. 
Der Schreinermeister Martin Gläßer, der einzige seines 
, Handwerks im Dorf, besaß keines der Erdbeergelände, 
, sondern nur einen schmalen Feldstreifen dicht an dem 
, mit zwei Haselhecken gesäumten Hohlweg, der die Ácker 
; von den Kulturen der andern Seite trennte. Und wenn 
қ ег daran dachte, ein Erdbeerstiick zu erwerben, was ег 
wohl gekonnt hätte, so unterließ er es immer wieder, 
. da er nicht wußte, wie ers allein hätte bestellen sollen. 
4 Denn ег hatte außer seiner Frau niemand im Ort, дег 
, ihn etwas anging, und diese, war eine zarte Städterin, 
, die im Haus und nicht im Feld an ihrem Platz war. 
, Um ihr aber diesen Platz, an dem er sie liebte, zu er- 
, weitern und zu beleben, widersprach er ihr nicht, als 
, Frau Marianne ihn bat, da sie keine Kinder mehr 


en 


erwarten durften, ein kleines Mädchen an Kindes Statt |. 
anzunehmen, um dessen Aufnahme sie ihre frühere |. 


Herrin, der sie lange Jahre in der Stadt als Zofe ge- |: 


dient, bat. 

„Sieh, Martin,* sagte Marianne einfach, „wir sind allein; 
und es ist gut, wenn wir später nicht allein sein wer- 
den. Aber ich möchte dich nicht bitten, dieses Mädchen 
ins Haus zu nehmen und zu unserm Kind zu machen, 
wenn ich nicht seine Mutter, das Fräulein, kennte, die 
gut ist, auch wenn sie die Eltern wegen des Kindes ver- 
stießen. Und der Mann, dem sies in Liebe für Liebe 
schenken wollte, war tapfer und gut; sonst hätte ihn 
das Fräulein nicht geliebt. Er hätte sie sich wohl noch 
erkämpft, wenn er nicht umgekommen wäre in den Ko- 
lonien, wo er sich und der Frau eine Farm errichten 
wollte. Ich meine, wir solltens tun; denn das Fräu- 
leın kann das Mädchen nicht mehr erhalten ohne Not, 
und in Not will sie ihr Kind nicht sehen. So können 
wir Gutes erweisen und haben am Ende noch einen Vor- 
teil davon.“ 

„Es kann auch schlecht ausgehn,* sagte Martin, іп- 
dem er sich von der schmalen Planke erhob, die als 
Bank vor dem Hause befestigt war; „fremde Kinder kennt 
man nie, auch wenn man die Eltern kennt. Aber wir 
wollen es versuchen.“ 

So kam es, daß nach einer Woche, gerade als Martin 
eine sauber gehobelte Kinderbettstatt fertig zusammen- 
gefügt und die drei blauen und ziegelroten Rosen trocken 
geworden waren, die er auf das Kopf- und das Fußende in 
ewig sich gleichbleibender Begeisterung für seine einzige 


a nn Шынын анан наны ың = 


Schablone aufgemalt hatte, ein stadtischer Wagen vor 
dem Häuschen der Schreinersleute hielt, dem eine hohe 
schlanke Frau in einer traurıgen vergrämten Schönheit 
entstieg; und sie trug ein aufmerksam um sich blicken- 
des, dreijähriges Mädchen in die Stube, welche durch 
die späte Nachmittagssonne freundlich durchleuchtet 
war. 
„Hier bringe ich das Kind, Marianne,“ sagte sie, fast 
erstickend an ihren Worten, so daß das Mädchen sie 
ängstlich anblickte; „nun ich dich wiedersehe und weiß, 
wie es um meine Dorothea aussehen wird, ist es mir 
leichter, sie hinzugeben.“ Aber sie log das wohl, um 
sich Mut zu machen; denn sie mußte das Kind zur Erde 
gleiten lassen, wo es Marianne halb auffing. „Du weißt“, 
fuhr sie fort, indem sie sich niederließ, „alles um Doro- 
thea, wie ich es dir geschrieben habe; du wirst sie gut 
halten, wie eine Mutter, und ich weiß auch, daß dein 
Mann sie gut halten wird, wie ein Vater.“ 
„Aber du, Mutter, aber du kommst doch wieder?“ 
fragte Dorothea mıt großen Augen und flog ihr an den 
Hals. 
„Einmal, mein Kind — ich weiß nicht wann —, werd 
ich kommen, dich zu holen; jetzt mußt du hierbleiben 
bei Marianne und Martin, die deine Eltern sein werden; 
mir zuliebe mußt du hierbleiben.* | 
Da ging das Kind, um ihr etwas zuliebe zu tun, tapfer 
und still an die Seite Mariannes und stellte sich neben 
sie; und keine Beschwörung und kein Zauber hätte stär- 
ker sein können als diese Worte: mir zuliebe mußt du 


hierbleiben. 


uo dit. ncs 


Die Mutter aber stand auf, küßte Dorothea wie іш 
Vorüberschweben flüchtig auf die Stirn, als fürchtete 
sie, sich zu verstricken, und ging; Martin geleitete sie 
zu dem Wagen und hob sie hinein. 

Als ег in das Haus zurücktrat, іп dem es noch wie 
ein schwermütiger Duft lag von der Frau, die es ver- 
lassen, wars freilich mit der Tapferkeit der kleinen 
Dorothea zu Ende, und sie schluchzte іп Tränen noch 
lange, nachdem sie Marianne willenlos entkleidet und 
zwischen den blauen und ziegelroten Rosen zur Ruhe 
gebracht hatte. 

An jenem Abend saßen Martin und Marianne noch lange 
ım Dunkel auf der schmalen Bank ihres Hauses an 
der Dorfstraße und hatten ihre Hände ineinandergelegt, 
als ob sie eine Verantwortlichkeit gemeinsam zu tragen 
hätten. 

„In dem kleinen Korb, den das Fräulein mit Wäsche 
und einfachen Kleidern für Dorothea hierließ, lagen 
dreitausend Mark in drei braunen Scheinen, Martin‘, 
sagte Frau Marianne flüsternd. „Das ist die Summe, die 
ihr Vater dem Kind ausgesetzt hat, wenn sie sich von 
ihm trennt auf Nimmerwiedersehn und in ihr Eltern- 
haus zurückkehrt. Wie anders hätte sies von Not und 
Tod erretten können? Denn die Ärzte sagten ihr, das 
Kind würde nicht leben können ın der Stadt und in 
dürftigen Verhältnissen; es leidet an der Krankheit, 
welche die Lungen der Entbehrenden erfaßt. — Da hat 
das Fräulein denn gemufit!* — 

Zu derselben Stunde aber lag іп der Stadt fern dort 
drunten, deren Lichterwiderschein Martin und Marianne 


ee б. шы 


b 


am Himmel sahen, eine trostlose Frau in ihrer Eltern 
Haus, das sie seit mehr als drei Jahren das erstemal wieder 
betrat, am Boden ihres Zimmers auf den Knien und suchte 
nach einem Wesen, das groß genug wäre, ihre Pein zu 
verstehen und sie anzuhören. Aber sıe hielt den Gott, den 
sie ım Herzen trug, obwohl sie an ıhn glaubte, nicht für 
vertraut genug mit diesem einen, das sie zu klagen hatte. 
Und so rief sie die Mutter Gottes an іп zitternder Hilf- 
losig кеі, obwohl sie ihr fremd war und sie nie zu ihr 
betete; rief sie an, obwohl ıhr Glaube kein Gebet an sie 
kennt; rief sie an, weil sie eine Mutter war. 
Im Lauf der Zeit, durch nichts an das Vergangene ge- 
mahnt, vergaß Dorothea das wenige, was ihr aus ihrem 
früheren Leben hatte Eindruck machen kónnen. Das 
Bild ihrer Mutter verblaBte, nahm dann, immer wech- 
selnd, andere Züge in ihrem Innern an und verschwamm 
schlieDlich zu etwas Unvorstellbarem, Fernem, Abge- 
schiedenem, das keinen Schmerz und kein Sehnen mehr 
wach ruft. Der Vorgang, wie sie hierhergekommen, 
schied nicht ganz aus ihrem Empfinden, denn sie konnte 
darüber einen kindlichen Seufzer ausstoDen; aber er 
wurde zu etwas Unergreifbarem, Unbewufitem; sie fühlte 
mehr, als daß sie sich erinnerte, einmal bitterlich ge- 
weint zu haben; aber sie wußte nicht mehr warum noch 
wann, und doch konnte sie darüber seufzen, wie wenn 
das Empfinden länger vorhielte als das Erinnern. 
Aber all dem zum Trotz — als ob die Natur, die ihr 
so gnädig das Wirkliche umschleiert hatte, mit dem 
Gedächtnis eines Kindes sich ein besonderes Spiel vor- 
behalten habe — blieb eines so frisch, so lebendig, so 


farbig und froh in ihrem Innern, als würde es in jedem 
Tage neu geboren; nur ein Kleines und doch eine Welt 
für sie: das waren ein paar Märchen, die sie einst von 
ihrer Mutter gehört, immer wieder zu hören verlangt 
und von ihren Lippen in ihr Herz gesogen hatte als das 
Wunderbarste, was dieses Herz jemals würde an sich 
reißen können. 

Nach denen fragte sie eines Tages, nicht lange nach 
ihrer Aufnahme, ihre neue Mutter; aber die befiel eine 
Angst, daß sie an Vergangenes erinnert wurde, was sie 
vergessen sollte, und sie wollte nichts davon wissen. 
бо lief Dorothea zu Martin; doch der sagte, das sei 
dummes Zeug und zum Leben nichts nütze, und ließ 
seinen Hobel zischend über ein Tannebrett gleiten, daß 
die Späne flogen. 

Da empfand Dorothea einen kleinen verwunderlichen 
Schmerz, schlich betreten hinaus und sprach keinem Men- 
schen mehr von ihren Märchen. Nur heimlich, wenn 
sie sich allein glaubte, erzählte sie sie mit flüsternder 
Stimme einer kleinen Puppe oder dem schwarzen Spitz, 
der geduldig seinen Kopf in ihren Schoß legte und es 
über sich ergehen ließ; denn ihr Herz war voll davon. 
Sie den Kindern im Dorf zu erzählen, wie sie es später 
schüchtern versuchte, gab sie bald auf; denn sie hörten 

ihr nicht zu, und wenn es einige gewollt hätten, so waren 

sicher ein paar nichtsnutzige kleine Flegel von älteren 

Brüdern da, die die jüngeren und Dorothea mit ihren 

Geschichten auslachten und überjohlten. So trennte sıe 

ihr Empfinden bald von ihren Gespielen; nicht, daß sie 


sie gemieden hätte, aber es blieb immer ein kleiner Ab- 


Bs қы 


| 


сара, in den sie zurücktrat, wie in ein kleines ihr vor- 


ehaltenes Reich, an dem die andern nie einen Anteil 
ewinnen könnten. 

Jorothea liebte dieses Dorf, diese ländlichen Sorgen und 
3jeschäftigungen, in denen sie gesundete und heran- 


‘vuchs; aber nur als etwas, das sie mit den andern teilen 


<onnte. Wo ihr eigenstes Leben begann, im Lande der 
>hantasie und der Empfindung, blieb sie einsam. Es war 
aur ein enges Bereich, nicht erweitert und belebt durch 
neue Gestalten und Vorkommnisse, die sie aus der Ein- 


: förmigkeit ihres Daseins hätte hinübernehmen können 
- hinter die unsichtbare Grenze, wo sie sich erging. Da 


Af 


sie nun aber thr Reich unbewußt zu vergrößern trachtete 


‘und sie wohl fühlte, wie sie das vermóchte, so setzte sie 


sich häufig auf ер beschatteten Grasrand, den das schmale 


~ Ackerland Martin Gläßers von der Haselhecke jenes Hohl- 
^ wegs trennte, und sah hinaus und hinunter in die Welt 
- der Ebene mit den Geheimnissen der weithin gelagerten 
> Stadt. Um die Mittagszeit, wenn es ganz still ringsum 


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war auf деп Feldern und das Land in einer Sonnenruhe 
vor ihr atmete wie ein Schläfer, lockte es sie ап den 
Rain. Dann war ein flirrender, wellender Teppich von 
Licht in emer goldenen durchscheinenden Lage iiber 
die Gebreite gezogen, und auf ihm wanderte sie wie in 
eigener Gestalt der Stadt zu, so weit er reichte. Aber 
wo er zu Ende war und das Gold sich in die trüberen 
Farben des städtischen Weichbilds und dann tiefer in 
einem weißlichen Gürtel von Dunst verlor, da fühlte 
sie, werde sie haltmachen müssen, auch wenn sie hätte 
weiter gehen wollen; als ob da eine Brandung stünde 


zwischen ibr und dem Meere der Stadt, durch Ше sie 
es nie erreichen wiirde. Denn sie, die ibre Mutter und 
deren letzte Worte an sie längst vergessen hatte, fühlte 
doch etwas wie einen Befehl über sich, auszuharren, wo 
sie war 

Die Häuser der Stadt aber bevölkerte sie mit Menschen 
vonihrem Empfinden; mit Menschen, diezuhóren würden, 
wenn sie ihnen aus ihrem Reich erzählte von Elfen und 
Zwergen, von redenden Rehen und weißen Vögeln, von 
Kónigen und Prinzen und der Prinzessin mit den gläser- 
nen Schuhen; mit Menschen, die sie lieben kónnte, weil 
sie ihr in dem glichen, was sie von den Madchen und Bur- 
schen des Dorfes und selbst von Marianne trennte. 

So saß sie eines Mittags wieder, das schlafende Dorf 
hinter sich und die ruhenden Ácker vor sich, an ihrem 
Platz bei dem Bohnenfeld ihrer Pflegeeltern und träumte 
in die Ferne hinaus, als sie fühlte, daß jemand leise zu 
ihr trat. Sie sah zur Seite und bemerkte lachend, daf 
es die Vogelscheuche war, die auf dem Felde stand und 
ein kleines Geráusch mit dem alten schwarzen Hut an 
der Stange machte, auf welcher ihn ein leichter Wind 
nickend hin- und wiederschaukelte. Und dann fuhr ein 
ganz kleiner freudiger Schreck durch Dorotheas Glieder, 
und sie flüsterte vorsich hinschauend: ,Sollich es wagen?" 
Darauf zupfte sie unruhig und unschlüssig an ein paar 
Gräsern herum, und nach einem Weilchen rückte se 
ganz dicht an den alten Mann heran, der kein Blut und 
keine Knochen im Leibe hatte und ihr doch so mensch- 
lich vorkam; doch so, daf) die Gestalt hinter ihr blieb 


und sie sie nicht sehen konnte. 


— 50 — 


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--, Wirst du mir zuhören?“ fragte sie, fast summend, 
. 7: und schloß die Augen halb; und der Wind neckte sie 
~~. freundlich, indem er dem großen Hut einige kurze Stöße 
-i5: gab, so daß er bejahend ап die Stange klopfte. 

„So höre also!“ sagte Dorothea; „denn sieh, der kleinen 
-әш Puppe und dem schwarzen Spitz konnte ich wohl Märchen 
хе erzählen; aber das, was ich dir Jetzt erzähle, das würden 
,.v. Sle nicht verstehen. — Aber ich weiß freilich, daß du 
ее taub bist“, warf sie ein und schwieg. Dann aber seufzte 
„xt sie und konnt es doch nicht lassen: 
му »So will ich dirs also vertrauen, als ob du ein Mensch 
vz Wárest, wennschon ein tauber.* — „Weißt du, was ein 
„е7 Herz ist?“ fragte sie geheimnisvoll und doch so, als ob 
гой Зе schon sehr klar darüber sein könnte; und dann gab 
cai ie ihrem seltsamen Freund alles das preis, was sie von 
ers ihrem Herzen wußte; alles, mit dem es vollgesogen war 
‚gg Zum Überströmen in langer Zeit, in der es niemand ge- 
P 27 funden, dem es sich mitteilen konnte. Und es brauchte 
Un sie nicht zu kümmern, daß es immer dasselbe war, was 
joa! Зе vorbrachte in nicht endenden Worten, fast wie eine 
ay ext Klage. Denn der taube Freund belächelte sie nicht. Dann 
Ai aber, plötzlich. als ob sie das Wichtigste vergessen habe. 
gar 52816 sie, glutrot bis in den Nacken hinab: „Doch das 
ТІ seltsamste am Herzen ist, daB es einem gar nicht gehört; 
ЕТ Ge das meme gehört einem schönen Prinzen іп der 
"T tdt, der dort wohnt. wo man die Dächer der zwei 
BL runden Türme jetzt in der Sonne blitzen sieht; einmal 
NT wird er kommen und mich holen. Und jetzt ists genug; 
bad ich möcht dir sonst zu viel anvertrauen.“ 

Mit diesen Worten sprang sie auf, lief ohne sich um- 


mue ОА ә 


zuschauen den Rain hinan und verschwand am Ende 
des Ackers in dem Durchhau, der die Hecke dort unter- 
brach. 
Ihr Herz klopfte noch wie nach einem Geständnis. Aber 
obgleich sie sich auf dem Heimweg tausendmal sagte, 
daß das alles kindlicher Unsinn sei, so war sie doch 
stolz und froh, als ob sie wirklich einen Vertrauten ge- 
wonnen hätte, mit dem sie reden konnte, wie es ihr zu 
Sinn war. 
Sie ließ einen Tag vorübergehen, ehe sie wieder den 
Rain hinter der Haselhecke betrat; als ob sie sich hätte 
beschwichtigen wollen und ihr Erlebnis durch eine zu 
rasche Wiederholung verkleinert würde. Aber am fol- 
genden Mittag schlich sie wieder hinaus, und von einem 
Ebereschenbaum am Ausgang des Dorfes rif) sie einen 
Zweig voll roter Beeren ab, mıt dem sıe sich am Fuße 
der Vogelscheuche niederließ. 
„Nun du mein Vertrauter bist, du Tauber, will ich 
dich schmücken‘, sagte sie; und sie zog die Beeren in 
eine Kette auf einen Faden, indem sıe sie durchstach. 
Als so ein roter Perlenkranz entstanden war, stand sie 
auf und warf ihn geschickt über den Hut ihres Freundes, 
auf dem er bis zu der breiten Krempe herunterträllerte. 
Es war ihr aber dabei nicht weniger feierlich und won- 
nig zumute als einer Dame, die ihrem Ritter ein Kränz- 
lein um den Helm legt. Dann aber lief} sie sich wieder 
vor der Gestalt nieder, daß sie sie nicht sah, und redete 
mit ihr nach ihrer Weise. Sie schwieg auch wohl manch- 
mal eine lange Weile und saß nur in lächelndem Sinnen 
auf dem braunen Fleckchen Erde, auf das der Mann hin- 


z= Ба 22 


N 


D 
Ir 


ter ıhr seinen kurzen Schatten warf; und dann waren 
sie wie zwei Glückliche, denen es genug ist, beisammen 
zu sein. 

So trieb sie es manches Mal. Es wurde ihr fast zu 
einer Gewohnheit, für die alte Vogelscheuche etwas mit 
hinauszunehmen, das sie schmücken könnte; ein buntes 
Band, ein paar Blumen ins Knopfloch oder sogar ein 
kleines rotes seidenes Tuch aus ihrem sonst sorglich ge- 
hüteten Vorrat, das sie ihr um den dürren Hals schlang. 
Und da sie immer an ihr zurechtzupfte, so sah sie am 
Ende іп ihrem Schmuck und mit dem roten Beerenkranz 
am Hut ganz manierlich aus und verlor alles Schreck- 
hafte, das sie ihrer Bestimmung nach haben sollte. Aber 
solange sıe die Gestalt anschaute und schmückte oder 
auf dem Heimweg, wußte Dorothea wohl, daß es nur 
eine Vogelscheuche war, mit der sie eine Art Märchen- 
spiel aufführte; nur wenn sie dann abgewandt vor ihr 
saß, nahm das Wesen hinter ihr die wechselnde Gestalt 


an, die sie gerade ertráumte oder der sie ihre Geheim- 
nisse anvertrauen mußte. 


Da — auf einmal — als sie wieder bei ihrem Freunde 
saß und zu ihm sprach, ertönte hinter ihr eine halblaute 
Musik, wie wenn sie ihn durch ihre Worte endlich zum 
Leben gebracht hätte. Sie wagte sich nicht umzusehen, 
als ob sie damit den Zauber stören könnte; aber ihr Herz 
schlug vor Erwartung eines Erlebnisses, das einem Mär- 
chen so ähnlich schien. Sie zog ihre Füße dicht an sich 


heran, faltete die Hände unter den Knıen und lauschte, 
leicht hinübergelehnt. 


TE NA 


Da endete die einfache Folge schwebender Flötentöne 
fast zitternd. 
„Ach!“ sagte Dorothea und mußte ein wenig über sich 
lächeln, „bist du endlich da, mein Freund? — — bist 
du mein Prinz? - Ah, ich weiß: du wirst mir jetzt 
täglich spielen, bis du mein Herz gewonnen hast und 
ich dir nachfolgen muß. Aber — wirst du mir treu sein? 
wirst du wiederkommen — morgen um diese Zeit?“ 
Die zitternde Flöte begann wieder und spielte eine ein- 
fache liedhafte Weise; als die Melodie zum zweitenmal 
einsetzte, fiel Dorothea, nicht wissend, wie sie diese Ant- 
wort deuten sollte, halb unglaubig ein: 
Als die Treue ward geborn, 
flog sie in ein Jägerhorn. 
Jäger blies sie in den Wind. 
Also man sie selten findt. 
Sie hatte die Worte irgendwann ın einem Buche gelesen, 
das wohl ihre Mutter an Marıanne geschenkt haben 
mochte. Jetzt fielen sie ıhr ein, als ob sie zu der Me- 
lodie gehörten, in der sich die Flöte erging. Noch eın 
drittes Mal erklang die Weise, zu der Dorothea keine 
Worte mehr fand; dann verstummte das Spiel. 
Sie sprang auf und wie ein geschrecktes Reh davon. Sie 
begehrte nicht zu wissen, woher die Flötentöne kamen, 
die von der Gestalt hinter ihr auszugehen schienen. Die 
Wirklichkeit mit ihrer plumpen Erklärung des Wunders 
wäre ja doch nur eine Enttäuschung für sie gewesen. 
Aber hinter dem schmalen Haselsaum im Hohlweg saß 


ein blinder alter Mann, der in früheren Jahren das kleine | 


Harmonium in dem Kirchlein des Dorfs gespielt hatte. 


u 2842 2 


TUE —— — . 


'etzt trugen ihn seme schwachen Füße nicht mehr die 
osen Steinstufen auf die Höhe zu ihm hinauf, und man 
-aatte ihn an dem Таре an den sonnigen Weghang ge- 
- führt, damit es den alten frierenden Gliedern einmal 
. -wieder warm werde. Da war er nun über Mittag ver- 
. gessen worden, weil die Leute, die ihn pflegten, sich 
für den Тар auswärts verdungen hatten. Der Alte 
„glaubte, als er Dorothea auf dem Felde sprechen hörte, 
өтеп Kinde mit seinem Flötenspiel eine Freude ma- 
...chen zu können. Aber er ahnte nicht, wie unermeßlich 
е war. 
Am nächsten Tage konnte Dorothea die Mittagsstunde 
2 kaum erwarten, und gleich nach der kurzen Mahlzeit 
lief sie hinaus. Sie war so gläubig davon überzeugt, das 
a schöne Wunder werde sich wiederholen, sie ahnte Wun- 
derbareres, was noch folgen würde, daß sie an nichts 
ET anderes dachte. 


,., Als sie das Feld betrat, war die Vogelscheuche ver- 
e schwunden. 

.,y Dorothea war wie zerschmettert. Traurig blickte sie 
Т umher wie über einer leeren trostlosen Brandstatt, und 
E Tränen füllten ihre Augen. Nicht lange stand sie; dann 
" y wandte sie sich und schritt gesenkten Hauptes nach 
ue Hause; und wie um nur etwas zu haben, an das sie ihre 
Ae Trauer hängen konnte, sang sie leise vor sich hin nach 
n der Weise, die sie gestern gehört: 


IT 


um Als die Treue ward geborn, 
TE flog sie in ein Jägerhorn. 

T Jager blies sie in den Wind. 
gi Also man sie nimmer findt. 


ы ZER: ` a 


Am Abend des vorangegangenen ‘Tages hatte Martin 
nach seinem Felde gesehen und, da es auf den Herbst 
ging und man die Vogelscheuchen vor der beginnenden 
Ernte allenthalben beseitigte, auch die seine weggenom- 
men und nach Hause getragen. Nun war er gerade da- 
bei, in dem kleinen Hof die Latten zu zerkleinern, die 
das Knochengerüst von Dorotheas armem Freund abge- 
geben hatten; und ihr rotes seidenes Tuch, der Hut mit. 
dem verwelkten Kranz von roten Vogelbeeren, all die 
Dinge, mit denen sie ihn geschmückt, lagen auf einem 
wirren Haufen in der Ecke. Da trat Dorothea in die | 
offene Tür von Martins Werkstatt, und mit einem Blicke 
überschaute sie alles. Eine wahnsinnige Angst durch- 
fuhr sie: 
„Nicht töten! nicht meinen Freund töten!“ schrie sie. 
Martin drehte sich halb nach ihr um und lief einen 
Augenblick das erhobene Beil ein wenig sinken. Da er 
sie aber nicht begriff und in ihren Worten nur eine der 
belanglosen Undeutsamkeiten fand, mit denen sie ihn 
und Marianne ab und zu in Erstaunen setzte, schlug 
er zu. 
„Ich laß ihn nicht töten“, schrie Dorothea wie rasend; 
als ob damit etwas zu retten wäre, sie ihn abdrängen 
müßte von einem Leben, das sie verteidigen dürfte, faßte 
sie eines der aufwärts gebogenen starken Schnitzmesser, 
die auf der Hobelbank nahe der Tür lagen, wie eine 
Dolch und stieß es ihm ın der Hoffnung, ihn abzulenken, 
in die erhobene Schulter, die das offene Hemd kav» 
bedeckte. 
Die ungeübte Hand und die ungeeignete Waffe liepen 


cx BE 


с асықты eee mmm 00 — _ MAN E SA EUR 


Aen Stoß nicht zu tief gehen; aber Же Muskeln waren 
.in breiten Bündeln durchschnitten, und der Arm hing 
:kraftlos herab. Ein Blutstrom trankte das Hemd. 
- Ба warf Dorothea das Messer weg und brach, entsetzt 
; über sich selbst, weinend zusammen. Sie sah, wie sie 
. „bei hellem Bewußtsein die Tat einer Wahnsinnigen be- 
gangen, und ihr schauderte; wußte sie doch, daß es 
- . eine leblose alte Vogelscheuche war, um die sie sein Blut 
ғ vergossen. 
. Man brachte sie für die Nacht in E E und ат 
y, andern Таре, da Martin Gläßer und Frau Marianne ein 
.., gutes Wort für sie einlegten, in die Irrenanstalt der 


г Stadt. 


--. 


Die Arzte vermochten nicht das Leiseste zu entdecken, das 
сәс Өте Trübung ihres Geistes hätte vermuten lassen. 
d d Nach kaum drei Vierteljahren, während welcher man 
І су Зе in Beobachtung hielt, starb sie, schmerzlos dahinge- 
.,, nommen von der Krankheit ihrer Kindheit, welche die 
iz Sonne von Mammolshain gnädig in ihr niederkámpfte, 
S V solange sie ihr geschienen hat. 


jam HYMNUS AN DIE SONNE / VON HANS CAROSSA 


еш» | 
"ra Aus den schwülen 
NT Laubgewölben 
i ғ: dieser Wildnis 
p in die Freiheit 

gei) deiner Strahlen 
i tret ich wieder, 
үші» große Sonne... 


Sieh, mich ängstigt, 
daß ich dein bin! 
Stirngetroffen 

von des Mittags 
glutgespitzten 
Pfeilen ahn ich 

oft die einsam- 
innige Mordlust 
deiner Jugend; 

von den Spiegeln 
deiner Zinnen 
prallt der Aufblick, 
prallt die Sehnsucht 


selbst zurück . . . 


Aber ferne 
deinen Feuern 
auf gekühlter 
trüber Erde 

reift em Wunder. 
Stolzen Tieren, 
goldnen Blumen 
bist du innen; 
und um alles 
kreisen Geister, 
tief ermächtigt, 
deinen Samen, 
wenn es gälte, 
hinzuretten 

bis in Urnacht ... 


— 58 — 


Rase, rase 

nur, o Sonne! 
Rasend schwing uns, 
bis wir ewige 
Ruhe ahnen! 

Doch mir Zwitter- 
sohn der Feuchte, 
daß іт Lichtsturm 
mein Kristallkeim 
nicht erblinde, 
sauge Schleier 

aus den Meeren, 
mich zu netzen! 
Unterwirf mich 
immer wieder 
jener einzig 

dir verborgnen 
Schattenmutter 
Nacht, die bandigt! 


Sinke, sinke, 
Sonnen-Seele! 
Hast geleuchtet. 
Ruh in uns nun! 
Zieh sie ein, die 
glanzgesäumten 
Ätherfahnen! 
Laß mich wieder 
ungeblendet 
schauen, wie du 


klar dich rundest! 
Sinke! Sinke! 
Leuchte Briidern! 
Leuchte allen! 
Kehre morgen- 
rötend wieder, 
allen Seelen 

eine Wieder- 
kunft verbürgend! 


DREI NEUE GEDICHTE / VON RAINER MARIA 
RILKE 


STÄDTISCHE SOMMERNACHT 


Unten macht sich aller Abend grauer, 
und das ist schon Nacht, was da als lauer 
Lappen sich um die Laternen hängt. 
Aber höher, plötzlich ungenauer, 

wird die leere leichte Feuermauer 

eines Hinterhauses іп die Schauer 

einer Nacht hinaufgedrängt, 

welche Vollmond hat und nichts als Mond. 


Und dann gleitet oben eine Weite 
weiter, welche heil ist und geschont, 
und die Fenster an der ganzen Seite 
werden weiß und unbewohnt. 


— 6o = 


СЕВЕТ FOR DIE IRREN UND STRAFLINGE 


Ihr, von denen das Sein 
leise sein großes Gesicht 
wegwandte: ein 
vielleicht Seiender spricht 


draußen ın der Freiheit 
langsam bei Nacht ein Gebet: 
daß euch die Zeit vergeht, 
denn ihr habt Zeit. 


Wenn es euch jetzt gedenkt, 
greift euch zärtlich durchs Haar: 
alles ist weggeschenkt, 

alles, was war. 


О, daß ihr stille bliebt, 

wenn euch das Herz verjährt; 
daß keine Mutter erfährt, 
daß es das gibt. 


Oben hob sich der Mond, 
wo sich die Zweige entzwein, 
und, wie von euch bewohnt, 
bleibt er allein. 


ENDYMION 


In ihm ıst Jagd noch. Durch sein Geäder 
bricht wie durch Gebüsche das Tier. 
Täler bilden sich, waldige Bäder 

spiegeln die Hindin, und hinter ihr 


ыс. бұ “oe 


hurtigt das Blut des geschlossenen Schläfers, |: 
von des traumig wirren Gewäfers К 
jähem Wiederzergehn gequält. E 
Aber die Göttin, die, nievermählt, 


Jünglingin über den Nächten der Zeiten Т 
hingeht, die sich selber ergänzte 
іп den Himmeln und keinen betraf, * 


neigte sich leise zu seinen Seiten, 
und von ihren Schultern erglanzte 
plótzlich seine Schale aus Schlaf. 


DAS HERZ / NOVELLE VON HEINRICH MANN |. 


LEICH nach bestandener Matura legte Christoph |. 

bei zwei Gelegenheiten solche Proben geschäft- |. 
licher Befihigung ab, daf sogar der alte Pacher betrof- 
fen war. Er ließ den Sohn mit neunzehn Jahren mün- |. 
dig sprecheu und erteilte ihm die Aufgabe, das Egerer ү, 
Haus in Wien zu vertreten. „Nach den Beweisen, die |. 
ich von dir habe, wirst du in Wien so wenig wie anders- 
wo unser Werk gefährden; ich verlasse mich auf dich.“ 
Damit war Christoph alleın und ging still und fest seinen 
männlichen Weg. Er tat, umschwärmt von Vergeudung 
und Vergnügen, keinen Schritt, der nicht Erwerb und 
Nutzen galt. 
Eines Abends, als ег, wie jeden Abend, um 10 Uhr 
nach Hause kam, stieß ег im Dunkeln der Treppe mit 


— 62 — 


* den Fin 


_ ngerspitzen an einen Körper, der leise aufzuckte. 
Christo 


ph schlug Licht: da flammte großes rotes Haar 
auf, und ein zu weißes Gesicht sah ihn aus umschatteten 
Augen wie blind an. Er hob die Frau vom Geländer. 

»E cu sind krank? Ich will einen Arzt holen.“ 

Е „Es ist unnütz, Ich habe nichts gegessen." 

Sie hatte seit fünf Tagen kaum gegessen. Christoph 

stützte sie bis in ihr Zimmer, holte seine Vorráte und 

205 Sich zurück. Am Morgen, es war Sonntag, klopfte 

er und fragte, was sie zu tun gedenke. Sie sagte, sie 
Wisse nichts mehr; ihr Mann trinke und habe sie ver- 
assen, Sie wolle anständig bleiben. Er schwieg, er be- 
rechnete rasch, wie weit sein Einfall ihn führen könne; 
ann entschloß er sich. 


‚Ich will Ihnen in einem Restaurant die Pension be- 
zahlen. « 


4 


qu 


nat, Jg N H D D 
2 Nachher sprach er mit der Hausmeisterin. Es lag tat- 


i i Sichlich am Mann. Die Frau Melanie Gall hätte Ka- 
n?  Valere genug haben kónnen, und der berühmte Ma- 


Hat art wollte sie malen. Aber nicht einmal ihr Haar gab 
Är Se her, 


ке Ат nächsten Sonntag kam ег wieder, um sie zu unter- 


LL alten, und darauf am Abend des Donnerstag, der ein 
hale eiertag war. Er sprach von Schiller, sagte einen im 
JN letzten Schuljahr verfaften Aufsatz her, der seine poli- 
төш Usche Überzeugung enthielt; — und einen hóheren Sinn 
Ewe! als in der Nachtstunde,.da er sie ersann, schienen die 

Sätze zu tragen, nun die Frau ihnen lauschte. Sie saß 
wi Weich vorgebeugt, das Kinn in der weißen, wie muskel- 
Ten" еп Hand, und sah von unten in seine Augen, die ge- 


а» 63 s 


lassen glänzten. Seine Stimme und seine Stirn waren 
fest und rein. Ihre Stirn, ihre Büste näherten sich lang- 
sam. Er sagte: 

„Wir sollten uns alle für gleich halten und einander 
helfen; wozu sonst alle Arbeit.“ 

Da fühlte er ihren Atem, und ehe er erschrecken konnte, 
schlugen schon ihre Arme um seinen Hals. 

Diese Nacht irrte er in den Straßen umher, schrieb 
am Morgen an seinen Vater, und noch vor Mittag stand 
ег vor ihr. 

„Meine Melanie, wir werden fort müssen.“ 

Sie sagte: 

„Du hattest noch nie eine Frau besessen, wie?“ 

Da er den Kopf bewegte: 

„Ich weiß, was ich getan habe!“ — und sie umarmte 
seinen Kopf. Er entzog ihn ihr. 

„Du wirst es schwer haben mit mir. Wir werden arm 
sein und in der Fremde leben.“ 

„Ich bin älter als du.“ 

» Vier Jahre, was bedeutet das.“ 

„Ich wundere mich. Du Kind, du willst mein Mann 
sein?... Nein, ich wundere mich nicht.* 

Sie maß ihn. Er war nicht größer als sie, aber er hielt 
die schmalen Schultern gespannt, und wie kräftig lagen 
die Lippen aufeinander! Mit einem stockenden Lücheln 
der Bewunderung sagte sie: 

„Ich bete dich an.“ 

Er schlof die Augen. Als er sie óffnete, war seine 


Stimme ganz leise und so ernst wie eine Drohung. 
„Es ist fürs Leben.“ 


Zr VE 


ar" 


y Honoré de Balzac 


X 


. \ 
ie Antwort seines Vaters sah aus, wie ers erwartet 


tte. Er fuhr nach Hause; und bei seiner Rückkehr 
gte er zu ihr: 

ch bin also enterbt und entlassen: wir kónnen rei- 
n.“ 

e fuhren auf einem Tandem über den Semmering, 
ach Italien; es war im November. e 

Aber hier ist es kalt“, sagte Melanie. „Wo ist die 
onne, wo sind die Blumen?“ 

T erwiderte: 

Ich weiß bestimmt, daß hier etwas für mich zu ma- 
hen ist.“ 

іг hatte sich die Agentur einer Fahrräderfabrik ver- 
chafft und brachte mit Verkäufen sie und sich von einer 
Stadt zur andern fort. In Brescia ging er zu dem Ge- 
schäftsfreund seines Hauses. 

„Ihr Herr Vater hat mir schon geschrieben“, sagte der 
Mann. „Es ist Geld für Sie da, falls Sie die Frau, mit 
der Sie sind, verlassen wollen. Ich rate Ihnen, vernünf- 
tig zu sein. In einem Lande, dessen Sprache. . .* 
Christoph hérte nicht weiter, er hatte die Tür zuge- 
schlagen. 

In Mailand bezogen sie eine Kammer, auf einen Hof 
hinaus, und Christoph lief die Stadt ab nach einer An- 
stellung. Des Abends kam er heim, abgehetzt, beschmutzt 
durch kleine niedrige Gelegenheitsarbeiten, die Augen 
noch voll von den Gesichten des Elends: — und da ging, 
gleich hinter dieser schwarzen Tür, die Feensonne ihres 
Haars auf! Sie streckte ihm diese weißen Arme entgegen, 
und ein warm blühender Garten umfing ihn. Er aber 


we «657 S 


schlug nicht die Augen nieder. ,Sie ist reich,“ dachte 
er, ,aber auch ich bin es. Ich werde ihr einen Palast 
bauen. Eines Tages wird sie mir sagen, daß es das K liigste 
war, was sie tun konnte, daß sie mit mir kam.“ 
Es ward so kalt und die Arbeit so selten, daß er es vor- : 
zog, im Bett Italienisch zu lernen. Nach zwei Monaten 
war eines Morgens ihre Kammer ein wenig heller. „Ob 
die Sonne scheint?“ Seit acht Tagen lebten sie von dem 
Rest einer Polenta, die Melanıe von einer Nachbarin 
zum Kosten bekommen hatte. „Die Frühlingsluft wird 
uns gut tun." 

Auf der Straße nach Monza sahen sie einander, noch 
blinzelnd, in die Gesichter: sie waren schmäler und | 


blasser; — und gleich rasch umschlang einer des andern 
Arm. 


» Wir haben einen guten Winter verlebt. Wir werden | 
Glück haben." 


„Da -", und Melanie lächelte wie eine Zauberin. „Was ' 
schenke ich dir?^ 
Im Staube lag ein Zweilirestiick. Welch Fest! Und 
wie sie gesättigt nach Hause kamen, wartete auf dem 
Tische ein Brief; eine Hanffabrik ın Ferrara, der Chri- 
stoph sich angeboten hatte, berief ihn; und das Reise- | 
geld reichte für zwei Billette dritter Klasse! | 
In Ferrara fand es sich, daß Buchhalter und Geschäfts- 
führer in Angst lebten vor dem nahen Besuch ihres - 
Herrn, des Abgeordneten Bizarri. Er war jähzornig, und 
die Bücher waren schlecht geführt. Christoph erbot sich, 
sie mit Hilfe der Nächte in Ordnung zu bringen. Me- 
lanie arbeitete mit ihm. | 


"UL. e | 


. Wenn ich dich nicht hätte, würden diese viertausend 
rancs mir entgehen.“ 
tines Nachts trat der Geschäftsführer ein. 
‚Sie sind verheiratet, Herr Pacher? Aber dann bekom- 
nen wir ja eine schöne Frau mehr in unsere etwas ein- 
önige Gesellschaft.“ 
лче Jahre lang lebten sie geachtet und in Frieden. 
Dann begegnete Melanie zögernden Grüßen, man rich- 
еле halbe Worte an Christoph. Ein Reisender seines 
Vaters war in der Stadt gewesen. 
» Wie er hinter uns her ist!“ sagte Melanie, zusammen- 
gebrochen. „Welch Haß!“ 
‚ Christoph dachte: „Ich begreife ihn; aber eines Tages 
‚werde ich ihm gegenübertreten, reicher als er selbst.“ 
Und er richtete sie auf, er küßte sie. 


„ich habe schon ein kleines Kapital, wir sind auf dieses 


Nest nicht angewiesen. Wir gehen nach Bologna, und 
; xch etabliere mich.“ 


Alles ging gut. Durch den Abgeordneten Bizarri ward 


,; Christoph mit einem jungen Manne von großem Ein- 
S luf bekannt, der ihm sogleich Freundschaft zeigte. Gae- 
ы tano Grappa war aus einer mächtigen Familie der Stadt, 
ә und er lebte in Rom als Sekretär eines Ministers. Er 


verschaffte Christoph Kredit und Konzessionen; einmal 


. führte er den Minister in die Fabrik. 


„Ме habe ich emen solchen Freund gehabt“, sagte 


; Christoph. Melanie sah ihn tief an. 


„Мег weiß, was er von dir will. Du hast eine Freun- 
din: ist das nicht genug?“ 
Im Sommer machten sie Fahrten in den Apennin; Gae- 


— 67 — 


tano kam fiir einen Tag von Rom ber, um dabei 2 
sein. Eines Sonntags saßen sie ohne Melanıe droben in 
Abetone. Gaetano war schweigsam gewesen, und jetzt 
trank er. 


„Ich habe dich nie so viel trinken gesehen“, sagte 
Christoph. Wë 
„Ich bin nicht, der du glaubst“, — und Gaetano s 


d а КӨКЕК : 1S. Welch 
ibn entsetzt ап. „Zwischen uns ist ein Geheimn 
Geheimnis!* 


Flüsternd: 

„Ich liebe deine Frau.“ 

Da Christoph heftig erbleichte: m Sie 
„O! fürchte nichts. Deine Frau ist eine Heilige. 
würde mich sterben sehen.“ 

Er schluchzte auf. "P 
„Und nimm hinzu, daf ich in Wahrheit dein Freund 2 
Nach einer stummen Weile, da Christoph aufstan Aber 
»Nimm es nicht wichtig; ich habe getrunken. 


. ich 
du sollst sehen, daß ich sicher auf dem Rad size 
fahre die Abkürzung.“ 


„Sie ist lebensgefährlich!“ 


Der andere hielt an, am Rande des АҺҺап 6% 
„Du warnst mich?“ 


Christoph wandte sich ab. саг 
Er hörte einen Sturz und ее hin: Gaetano 


verletzt. Christoph berührte seine Schulter. 
„Du dauerst mich.“ 


Т S ekom- 
„Aber es wäre besser für uns alle, ich wäre umo 
men.* 


„Ja“, sagte Christoph. 


un- 


Sie führten ihre Räder. Gaetano begann plötzlich: „Gib 
mir deine Frau! Ich spreche nicht zu dir wie ein Gent- 
leman, aber danach frag ich nicht mehr. Gib sie mir 
und verlang, was du willst.“ 

Christoph erwiderte mit ruhiger Stimme: 

„Du hast nicht nötig, mich zu bezahlen. Sie mag wäh- 
len zwischen uns.“ 

„Es gibt etwas Neues“, sagte er zu Melanie. „Der Gae- 
tano hebt dich.“ 

Und mit einem Blick in ihre Augen: 

„Ah! es ist nichts Neues für dich: ich dachte es mir.“ 
Sie nahm seine Hand. 

„Verzeih! Ich wollte dich nicht erzürnen gegen ihn, du 
solltest deinen Freund behalten.“ 

„Lassen wirs. Jetzt hast du die Wahl.“ 

„Was willst du sagen?“ 

. „Er ist reich, er bietet dir eine große Zukunft: meine 
ist unsicher. Sein Einfluß reicht bis zum Papst: mag 
Sen, daß er deine Scheidung bewirkt, was ich nicht 
könnte. Dann wird er dich heiraten.“ 

„Was geht das alles mich an? Ich soll wählen? Ich 
habe doch gewählt, als ich dir folgte. Hast du vergessen, 
was du damals sagtest? Es ist fürs Leben.“ 

„Mag sein; — aber wir sind älter geworden und so 
oft schon enttäuscht. Mir ahnt, daß wir auch von hier 
werden fort müssen. Willst du immer ohne Heimat blei- 
ben?« 

„Du bist meine Heimat, du!“ — und sie schüttelte 
seine Schultern. „Denke an unsere Kammer in Mailand, 
als wir noch ganz fremd waren und allein. O! all die 


= 


Fremden, durch Ше wir hindurchgegangen sind: ihre 
Masse hat uns aneinandergepreßt. Was will uns noch 
trennen!“ 

Sie sah seine Schläfen weniger hart, sein Mund zuckte, 
— und sie jubelte auf, sie riß ihn an sich. 

„Ah! Du hast gezweifelt. Du hast Angst gehabt. Wie 
ich dich dafür liebe! Du bereitest mir das Glück, daß 
ich mich dir noch einmal geben darf!“ 


Der junge Grappa warf mit dem Wagen um und lag 
zwischen Leben und Tod. Als er gerettet war, kam das 
Haupt der Familie zu Christoph und bat ihn, abzureisen 
mit seiner Frau. 

„Wir würden hier kein Glück mehr haben,“ sagten sie 
zueinander, „wozu den Armen quälen. Recht weit fort! 
Etwas ganz Neues!“ 

Sie fuhren nach Neuyork. Alte Bilder, die Christoph 
in Italien zusammengebracht hatte, trugen ihm ein 
erstes Kapital ein. Er ließ Melanie in der besten Pen- 
sion von Baltimore und zog aus, um Geld zu ma- 
chen. Er erwarb Wald und Land, stach Torf, ward 
Mitbegründer einer Stadt, auf einer Farm von Räubern 
niedergestreckt; — und sobald er vom Bett aufgestan- 
den war und einen sicheren Wohnort hatte, holte er sie 
zu sich. 

In vier Jahren stieg der Wert der zweihundert Bau- 
stellen, die ihm in Springtown gehörten, um das Zwölf- 
fache. Sie bewohnten ein ganz städtisches Haus. 

» Was ist heute im Theater?“ sagte Melanie eines Abends, 


— 70 — 


und sie seufzte. „Hundertfünfzig Meilen vom nächsten 
Theater entfernt zu leben: welch Geschick!“ 


ә Wir werden uns später dafür entschädigen. Inzwischen 


genießen wir hier den Vorzug, daß niemand sich um 


uns bekümmert.* 


„Das ist freilich sehr wahr. Hierher verirrt sich kein 
Reisender deines Vaters. Aber mit dreißig Jahren ver- 
zichten müssen auf Menschen, Musik, Luxus!" 

Da er nicht mehr antwortete: 


„Später, sagst du? Aber können wir denn unverhei- 


 ratet hinüber? Und du willst nicht, daß wir heiraten, 


. — obwohl meine kirchliche Ehe hier gar nicht hindert. 


Aber du bist ein zu guter Geschäftsmann, und dein 
Pflichtteil ist dir lieber als mein Glück.“ 


. „Es ist nicht der erste Abend, daß wir dies alles be- 
. sprechen.“ 


Sie hórte nicht. 


. „Noch später? Dann werde ich alt sein. Wirst du dann 


X 


NT 


Sa 


ee Жак, 


Y 


noch bei mir sein?“ 


Wie du dich langweilst?* sagte er im Ton des Mit- 
leids. Aber so viel Unvernunft machte ihn ratlos und 
árgerlich; er ging hinaus. 

Sie sprang auf, sie holte ihn von der Schwelle zurück. 
»Bleibe! Du làft mich zuviel allein mit meinen Ge- 
danken. “ 

» Wenn ich nicht eine vernünftige Frau hätte, wir hätten 
uns nie durchgekämpft bis hierher.“ 

Sie stützte beide Hände fest auf seine Schulter, sie sah 
ihm іп die Augen. 


„Du willst mich nicht heiraten?“ Und ehe er antworten 


konnte: , Uberlege, was du sagst! Wir kennen uns so 
lange, und doch ist mirs jetzt, als habest du dich nie viel | 
um mich bekümmert.“ 

„Ich verstehe dich immer weniger.“ 

Er führte ihre Hand an die Lippen. 

„Darf ich jetzt gehen?“ 

Sie ließ ihn plötzlich los. 

„Ja“, sagte sie in einem Ton, daß er sich umsah. 
Alseram Morgen erwachte, war sie fort. Ein Brief lag da. 
„Du liebst mich nicht mehr, ich befreie dich von mir. 
Ich gehe mit einem Mann, den ich nicht liebe, aber der 
mich heiratet.“ 

Er hielt sich am Tisch, ihn schwindelte heftig. Gleich- 
wohl tat er seine Arbeit wie immer. Mittags, wie er 
heimkam, schüttelte ihn das Fieber. Er unterdrückte 
es und machte einen Ritt. Es kam, ging, und kam wieder, 
er mußte nachgeben. Da ließ er auf einmal das Essen, 
blieb іт Schlafzimmer und schloß die Läden. 
Kameraden zogen ihn hervor, einer, ein Franzose, der 
in Neuyork wohnte, nahm ihn mit dorthin, zerstreute 
ihn und drängte ihn in Unternehmungen. Zwei Monate 
später fuhr Christoph nach dem Westen, um eine Kupfer- 
mine zu kaufen. Sie war so lange kaum ausgebeutet; 
die hohen Frachtsätze der zu Goulds Trust gehörigen 
Bahn hatten es verhindert; aber eine zweite, unabhängige 
Linie war, ganz nahe seiner Mine, im Bau. Nach einem 
Jahr blieb der Bau plötzlich liegen: die Gesellschaft hatte 
sich mit Gould verständigt. Christoph verkaufte mit Ver- 
lust und kehrte nach Neuyork zurück. 

„Ich habe es satt,“ sagte er zu seinem Freund, „ich 


sehe wieder hinüber. Vier Wochen, um alles abzuschlie- 
Jen.* 

„Du wohnst so lange bei mir,“ sagte der Freund, „und 
du arbeitest auf meinem Bureau.“ 

Eines Tages empfing er Christoph: 

„Eine Frau hat nach dir gefragt: schlank, dreißig Jahre, 


kupferrotes Haar. . . . Ah! ich wußte es“, sagte er, da 
Christoph erbleichte. 


. Der Freund begann wieder, mit halber Stimme: 


„Sie hat dir viel Leiden zugefügt?“ 


. Christoph zuckte die Achseln. 


„Es ist wahr, daß ich ihretwegen herübergekommen 


. bin, und es war umsonst. Meine zweihundert Baustellen 


. in Springtown, die ich damals verkaufte, würden mich 


A 
et 


рр 


. schon heute zum Millionär machen. Ich bin етегім, 
. meine Gesundheit hat gelitten, ich habe meine Jugend 


verbraucht. “ 


„Das alles aber“, sagte der Franzose, „ist nichts, ver- 


. glichen mit dem, was sie dir in diesem Augenblick an- 
, tut, da sie wıedererscheint.“ 


. Er trat, die Arme verschränkt, vor Christoph hin. 


„Ich bin dein Freund, und ich sage dir: Wenn du sie 
noch ansiehst, lieber schlag ich dich tot.* 
„Sei unbesorgt^, und Christoph sah vom Schreibtisch 


auf. ,Sie ist gegangen, das konnte sie. Zurückzukehren 
steht nicht in ihrer Macht.“ 


Wie er am Tage darauf drunten aus dem Lift trat, stand 
sie da. Sie fiel sogleich nieder. 


Nimm mich zurück!“ 


„Wenn du nicht aufstehst —“, und er wollte an ihr 


vorbei. Aber sie umklammerte seine Füße, sie kiiBte sie. 
„ Verzeih! Nimm mich zurück!“ 

Er zerrte sie in Ше Höhe. 

„Ich habe es nicht ausgehalten bei jenem. Ich liebe dich, 
immer werde ich dich lieben.“ 

Da er abwehrte: 

„Du willst mich von dir stoßen? Du?“ — die Hände 
gerungen. „Aber du begreifst doch, daß ich nicht wußte, 
was ich tat.“ 

„Du hättest es wissen sollen“, sagte er. Sie zog den 
Schleier von den Augen und sah ihn an. 

„Jener hat mir sein halbes Vermögen verschrieben für 
den Fall, daß ich fort will. Ich lasse mich scheiden, das 
Geld ist dein.“ 

Da sah er auf einmal, daß sie eine andere war: sah 
die Erfahrungen in ihrer Miene, das Abenteurerleben 
hinter ihr. Er spürte brennendes Mitleid — und eine 
Lockung, die ihm das Blut in die Stirn trieb. Sie schrie 
auf, sie griff nach ıhm. 

„Ah! Du liebst mich noch!“ 

Er riß sich los, und er floh. 

„Ich habe gezeigt, daß ich stark bin*, sagte er zu seinem 
Freunde. ,Da nun mein Platz auf dem Schiff belegt ist: 
wir waren sieben Jahre zusammen, hilf sie mir suchen, 
ich muß Abschied. von ihr nehmen.“ 

Nach tausend vergeblichen Schritten erfuhren sie die 
Straße. Christoph durchsuchte sie, Haus für Haus, Treppe 
für Treppe. In ihrer Wohnung sagte man ihm, sie liege 
seit drei Wochen im franzósischen Hospital. 

Sie láchelte ihm aus dem Bett gütig entgegen. 


„Ich bin nicht mehr sehr krank ... Du reist? Schon 
heute?* 

„Um sechs Uhr“, sagte er. Sie schien nicht zu hören, 
ihre Augen forschten in seinen. Leise und dringend: 
„Du hast sehr gelitten, als ich fort war?“ 

Er zögerte. 

„Ich bin damit fertig geworden. Dafür bin ich ein Mann. 
Vielleicht hast du es noch schwerer. Darum eben komme 
ich.“ 

„Du reist. So soll es denn aus sein.“ 

Sie sprach mit starrem Blick vor sich hin. 

„Sieben Jahre. Vielleicht wirst du doch einmal denken, 
daß es die besten waren.“ 

„Das denke ich schon jetzt“, sagte er und gab ihr die 
Hand. Sie nahm sie beide. 

„Denn wir haben uns sehr geliebt... Wirklich? Du 
verläßt mich ganz?“ 

Plötzlich öffnete die Angst ihr weit die Augen, ihre 
Stimme flog. 

„Du kannst nicht bleiben? Du kannst nicht vergessen?" 
„Ich würde es dir später vorwerfen. Ich will dich als 
eıne Entwürdigte nicht wieder haben. Dafür habe ich 
die noch immer zu lieb, die du warst.“ 

» Wie du hart bist“, murmelte sie, und ihre Züge sanken 
ein. Er sah sie auf einmal tief ermüdet von Krankheit 
und Leidenschaft. Er dachte: „Wenn ich sie behielte: 
' in zehn Jahren wäre ich noch jung, und ich hätte eine 
‚ alte Frau ... Auf was für Gedanken ich komme!“ — 
und er wandte sich ab und beugte das Gesicht in die 
Hände. Sie begann wieder. 


— 95 — 


„Ein Augenblick des Vergessens nach so vielen Jahren 
der Gemeinschaft: und du verurteilst mich!“ 
Sie erhob die Stimme. Eine Flamme der Feindschaft 
trat in ihren Blick. 

„Aber du hast mich immer nur ausStolz geliebt, aus Trotz 
gegen deinen Vater und die Welt, aus Eigenliebe. “ 

Sie arbeitete sich empor. Die Hand in die Brust ge- 
krallt: 

„Was bin ich dir. Ich hasse dich!“ 

„Und du?“ sagte er, bleich. „Ich könnte dir sagen, daß 
du nur so lange zu mir gehalten hast, als wir verfolgt 
wurden und ich dir Opfer zu bringen hatte.“ 

Sie schrie auf. 

„Nein! Nein!“ 

Und plötzlich leise, zusammengesunken: 

„Wirklich? Ist es so? Wer sind wır denn, und welchen 
Feind tragen wir im Herzen?“ 

Aber sie umklammerte seine Arme. 

„Ich will nicht! Ich will nicht untergehn! Nur einen 
Feind habe ich, der mir-dich nehmen will, gegen den 
ich mich wehre: du bist es selbst. Du wirst mich nicht 
verlassen, — da ich dir doch sage, daß ich dein bin. 
Hörst du? Ich stehe auf, ich bin gesund, wir gehen 
fort, ich arbeite mit dir, ich bin deine Frau!“ 

Da ег sie ins Bett zurückdrängte: 

»Ach, nicht? Deine Magd also, deine Magd. Reise und 
nimm mich mit, im Zwischendeck !* 

Er drückte sie auf das Kissen, und er strich ihr leise 
über das Haar. Sie betastete ihre Lider. 

„Verzeih!“ sagte sie. „Ich weiß wohl, daß du recht 


f 


rast. Wenn du mich zurücknähmest, du wärest ein 
Gott. Jetzt aber liebe ich dich, denn du bist ein Mann. 
[ch liebe dich, ich liebe dich!“ 

Sie verschränkte die Hände um seinen Nacken und hob 
sich langsam an ihm empor. So blickte er wieder ganz 
nahe in dies Gesicht, in das er länger geblickt hatte als 
in alle andern Menschengesichter. Diese Lippen, denen 
er sich auf den Kopfkissen aller Länder anvertraut hatte, 
atmeten wieder in seine. Alles, was er sein Leben lang 
schön genannt hatte, kehrte zurück unter seinen Ruf, 
Das Wesen, das seine Seele, seine Jugend, das Beste 
seiner Kraft empfangen hatte, es schlang noch einmal 
zehrend um ihn die Arme ... Ihre Lippen stießen auf- 


einander. Er sank nieder zu ihr, mit dem Gesicht an 
ıhres. 


„Christl!“ 

„Lani!“ 

Und sie weinten. Durch Schleier von Tränen sagten 
sie einander Liebesworte von einst, Erinnerungen ferner 


Stunden; und sie flüsterten leise, leise, als hätten diese 
Dinge keine laute Stimme mehr. 


Eine Uhr schlug, er richtete sich auf. 
, „Leb wohl!“ 


- Sie sah ihn an, wieder voll Angst. 


„Ich kann nicht. Nie werde ich diese Liebe verwinden.* 


„Doch,“ sagte er, „und du wirst wieder glücklich wer- 
den. Man wird dich lieben. Wir leben weiter.“ 


. „ich will unglücklich bleiben. Wozu leben wir weiter. 


Ich habe doch eine Seele. Mein Gott!“ 


Von der Tür her sah er zurück: sie schluchzte abge- 


wandt. Er tat einen raschen Schritt ins Zimmer, er 
öffnete den Mund. Aber er schiittelte, die Lider ge- 
schlossen, den Kopf, kehrte um und ging hinaus, wie 
im Traum. 


VERSE ZUM GEDACHTNIS VON JOSEPH KAINZ | 
VON ERNST HARDT UND HUGO VON HOFMANNS- 
THAL 


Nie wieder werdet ihr die strahlende 

Fanfare seiner Stimme hören, niemals 

Das Flammen seines Blicks, erinnert euch, 

Des reichen dunklen klugen Auges Feuer 

Niemals, ihr Freunde, wiedersehn, noch seines 
Adelig hagern Leibs, der schroffen Glieder 
Blitzendem Flug nachzucken, starr, in neidisch 
Lauschenden Muskeln. — Freunde, niemals wieder! 


Gesteht es doch: die wir ihn grenzenlos 
Bewunderten, wir liebten ihn noch mehr 

Mit einem stummen Taumel lächelnden 
Entzückens, wie man Tanz und Spiele liebt, 
An Kindern Jubel Tränen Eigensinn 

Und junger edler Pferde hochgebäumten Trotz, 
Denn was uns Wunder dünkte an dem Mann, 
Nennt es die wilde heiligste Musik ` 

Des Seins: des roten Blutes niemals müde 
Aufjauchzende Lebendigkeit. 


Zu diesem Springquell, herrisch liebend, 
Trunkener Jüngling, Meister kühl und streng, 


Hat ег der Dichter Lust- und Qualentraume 
Voll Kühnheit Demut Emsigkeit geneigt, 
Bis Glut lebendig ward ın seinem Glühen 
Und seınem Leib einfuhr zu tausendfacher 
Und königlich geprägter Wirklichkeit. 


Nenn ich es Seele, nenn ichs Geist, dıe Kraft, 

Mit der er tief hinabdrang in das Meer 

Des Menschen, wo in Finsternis verborgen 

Der Taten Feuer glimmen, die wir tun 

Im Licht? Ein Perlentaucher, stieg er auf, die Hände 
Beide gefüllt mit bunten hellen blinkenden 
Zündfunken unsrer rätselvollen Taten, 

Und trug wie Fackeln sie in beiden Händen 

Vors starre Angesicht der großen Sphinx. — 


Soll ich sie reihen, die erschütternden 

Gestalten, all der Seelen Schwarm, die uns sein Blut, 
Wie Südens Luft weltferne Berge herreicht, 

So dicht herangezaubert und mit seines Wesens 
Unnennbar süßem Reiz so tief durchdrungen, 

Daß wir erschraken und dann — lieber Bruder — 
Zum blassen Prinzen sagten und zum wilden, 

Zum kranken Dichter und zum іггеп Helden, 

Zum Bettler Narren Träumer Abenteurer, 

Zum großen Dulder und zum großen Täter? 


Wie war sein Leib doch seiner Seele Macht 
So hingegeben wie ein Lehm in eines 


Bildners gewaltig starke Schöpferhand! 
Gedenket doch 


Der prinzlichen Gebärde seines Grußes, 

Und wie er eine Treppe niederstieg, 

Und was aus Waffen ward ın seiner Hand, 
Und wie er sprang und fiel und lief und stand, 
Die Schwungkraft einer Gerte іп den Lenden 
Und іп dem Nacken Stolz und Trotz aus Stahl. 
Mit welchem Tone rief der Schmerz aus ıhm, 
Wie heulte Wahnwitz, jubelte die Freude, 

Wie schwoll der dumpfen Klage dumpfer Laut 
Hinan zum hellen Brand des Schreis und wie 
Entrang sich wimmernd oft ein leises wehes 
Gequältes Schluchzen seiner bangen Brust... 


Wer nennte all die menschlichen Gewalten, 
Des Tiefsinns und der Rätsel Überfülle, 

Die er, ein König, königlich verwaltet. 

Wir wollten einen Toten nur beweinen, 
Ich aber nannte ein Geschlecht, das starb! 


Sprühende Flamme warst Du, Blut und Geist, 
Aus Ewigkeit und aus der Zeit geboren, | 
Gestalter, Künder Du der zartgespaltnen 

Und hochgebauten Vielfalt ihrer Seele, 

Und warst, o Kainz, der starken, harten, unsrer, warst 
Eiserner Sprache goldne Nachtigall! 

Nun bist Du in die Purpurnacht des Nichts, 

Du Lieber, uns entschwunden. 


Nie wieder werdet ihr die strahlende 
Fanfare seiner Stimme hóren, niemals 
Das Flammen seines Blicks, erinnert euch, 


= Bo -== 


Des reichen dunklen klugen Auges Feuer 

Niemals, ihr Freunde, wiedersehn, noch seines 

Leibes adlige Gebärde. Niemals wieder, Freunde! 
Ernst Hardt 


П 

О hätt ich seine Stimme, hier um ihn 

Zu klagen! Seinen königlichen Anstand, 

Mit meiner Klage dazustehn vor euch! 

Dann wahrlich wäre diese Stunde groß 

Und Glanz und Königtum auf mir, und mehr 
Als Trauer: denn dem Tun der Könige 

Ist Herrlichkeit und Jubel beigemengt, 

Auch wo sie klagen und ein Totenfest begehn. 


О seine Stimme, daß sie unter uns 

Die Flügel schlüge! — Woher tönte sie? 
Woher drang dies an unser Ohr? Wer sprach 
Mit solcher Zunge? Welcher Fürst und Dämon 
Sprach da zu uns? Wer sprach von diesen Brettern 
Herab? Wer redete da aus dem Leib 

Des Jünglings Romeo, wer aus dem Leib 

Des unglückseligen Richard Plantagenet 

Oder des Tasso? Wer? 

Ein Unverwandelter in viel Verwandlungen, 
Ein niebezauberter Bezauberer, 

Ein Ungerührter, der uns rührte, einer, 

Der fern war, da wir meinten, er sei nah, 

Ein Fremdling iiber allen Fremdlingen, 
Einsamer iiber allen Einsamen, 

Der Bote aller Boten, namenlos 


22) 81 реле 


Und Bote eines namenlosen Herrn. 


Er ist an uns vorüber. Seine Seele 

War eine allzu schnelle Seele, und 

Sein Aug glich allzusehr dem Aug des Vogels. 
Dies Haus hat ihn gehabt — doch hielt es ihn? 
Wir haben ihn gehabt — er fiel dahin, 

Wie unsre eigne Jugend uns entfällt, 

Grausam und prangend gleich dem Wassersturz. 
О Unrast! O Geheimnis, offenkundiges 
Geheimnis menschlicher Natur! О Wesen, 

Wer warest du? O Schweifender! О Fremdling? 
О nächtlicher Gespräche Einsamkeit 

Mit deinen höchst zufälligen Genossen! 

O starrend tiefe Herzenseinsamkeit! 

О гиһеіовег Geist! Geist ohne Schlaf! 

O Geist! O Stimme! Wundervolles Licht! 

Wie du hinliefest, weißes Licht, und rings 

Ins Dunkel aus den Worten dir Paläste 
Hinbautest, drin für eines Herzschlags Frist 

Wir mit dır wohnten — Stimme, die wir nie 
Vergessen werden — o Geschick — o Ende — 
Geheimnisvolles Leben! Dunkler Той! 

O wie das Leben um ihn rang und niemals 

[hn ganz verstricken konnte ins Geheimnis 
Wollüstiger Verwandlung! Wie er blieb! 

Wie königlich er standhielt! Wie er schmal, 
Gleich einem Knaben, stand! O kleine Hand 
Voll Kraft, o kleines Haupt auf feinen Schultern, 
О vogelhaftes Auge, das verschmähte, 


za m 


Jung oder alt zu sein, schlafloses Aug, 

O Aug des Sperbers, der auch vor der Sonne 
Den Blick nicht niederschlagt, о kühnes Aug, 
Das beiderlei Abgrund gemessen hat, 

Des Lebens wie des Todes — Aug des Boten! 
O Bote aller Boten, Geist! Du Geist! 

Dein Bleiben unter uns war ein Verschmähen, 
Fortwollender! Enteilter! Aufgeflogener! 


Ich klage nicht um dich. Ich weiß jetzt, wer du warst, 
Schauspieler ohne Maske du, Vergeistiger, 

Du bist empor, und wo mein Auge dich 

Nicht sieht, dort kreisest du, dem Sperber gleich, 
Dem Unzerstórbaren, und hältst in Fängen 

Den Spiegel, der ein weiBes Licht herabwirft, 
Weißer als Licht der Sterne: dieses Lichtes 

Bote und Trager bist du immerdar, 

Und als des Schwebend-Unzerstórbaren 

Gedenken wir des Geistes, der du bist. 


O Stimme! Seele! aufgeflogene! 
Hugo von Hofmannsthal 


EINSIEDLERS SEHNSUCHT / VON FRIEDRICH 
NIETZSCHE 


O Lebens Mittag! Feierliche Zeit! 
0 Sommergarten! 
| dora. Glück im Stehn und Spähn und Warten! 
с Der Freunde harr ich, Tag und Nacht bereit: 
Wo bleibt ihr, Freunde? Kommt! 's ist Zeit! 's ist Zeit! 


— 83 — 


Im Höchsten ward für Euch mein Tisch gedeckt: 
Wer wohnt den Sternen 

So nahe, wer des Lichtes Abgrundsfernen ? 

Mein Reich — hier oben hab ichs mir entdeckt — 
Und all dies mein — wards nicht für euch entdeckt? 


Nun liebt und lockt euch selbst des Gletschers Grau 
Mit jungen Rosen, 

Euch sucht der Bach, sehnsüchtig drängen, stoßen 
Sıch Wind und Wolke höher heut ıns Blau, 

Naht euch zu spähn aus fernster Vogelschau — — — 


Da seid ihr, Freunde! — Weh, doch ich bins nicht, 
Zu dem ihr wolltet? 

Ihr zögert, staunt — ach, daß ihr lieber grolltet! 

Ich bins nicht mehr? Vertauscht Hand, Schritt, Gesicht? 
Und was ich bin, euch Freunden bin ichs — nicht? 


Ein anderer ward ich und mir selber fremd? 
Mir selbst entsprungen? 

Ein Ringer, der zu oft sich selbst bezwungen, 
Zu oft sich gegen eigne Kraft gestemmt, 

Durch eignen Sieg verwundet und gehemmt? — 


Ich suchte, wo der Wind am schärfsten weht, 
Ich lernte wohnen, 

Wo niemand wohnt, in öden Eisbärzonen, 
Verlernte Mensch und Gott, Fluch und Gebet, 
Ward zum Gespenst, das über Gletscher geht. 


Ein schlimmer Jäger ward ich: seht, wie steil 
Gespannt mein Bogen! 


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. Der Starkste wars, der solchen Zug gezogen — 


Doch wehe nun! Ein Kind kann jetzt den Pfeil 


. Drauf legen: fort von hier! Zu eurem Heil! — 


i Ihr alten Freunde! Seht, nun blickt ihr bleich, 
Voll Lieb und Grausen! 


Nein, geht! Zürntnicht! Hier — könntet ihr nicht hausen! 


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‚Ihr wendet euch? — — О Herz, du trugst genung! 


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. Halt neuen Freunden deine Türe offen, 


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Hier zwischen fernstem Eis- und Felsenreich — 


‚Da muß man Jäger sein und gemsengleich. 


Stark blieb dein Hoffen! 


Die alten laß! Laß die Erinnerung! 


: Warst einst du jung, jetzt — bist du besser jung! 


; ‚ Nicht Freunde mehr, — das sind, wie nenn ichs duch? 


Nur Freund-Gespenster! 


тх Das klopft mir wohl noch nachts ап Herz und Fenster, 


Das sieht mich an und spricht , wir warens doch?“ 


п — O welkes Wort, das einst wie Rosen roch! 


nl. 


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Und was uns kniipfte, junger Wiinsche Band, — 
Wer liest die Zeichen, | 


1" Die Liebe einst hiueinschrieb, noch, die bleichen? 


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TI. 


Dem Pergament vergleich ichs, das die Hand 
Zu fassen scheut — ihm gleich verbráunt, verbrannt! - 


О Jugendsehnen, das sich mifi verstand! 
Die ich ersehnte, 


Dich ich mir selbst verwand-verwandelt wahnte — 


шы 785. uw 


Daf} alt sie wurden, hat sie weggebannt: 
Nur wer sich wandelt, bleibt mit mir verwandt! 


O Lebens Mittag! Zweite Jugendzeit! 

O Sommergarten! 

Unruhig Glück im Stehn und Spähn und Warten! 
Der Freunde harr ich, Tag und Nacht bereit: — 

Der neuen Freunde! Kommt! ’s ist Zeit! "5 ist Zeit! 


Aus Nietzsches Briefen an Н. v. Stein. 
(Gesammelte Briefe Bd. III, 8. 243.) 


WILHELM TRÜBNER / VON KARL SCHEFFLER 


S wird einein schwer, sich Trübner alt vorzustellen. 

Wie man an Thoma stets als an die Personifikation 
des weißbärtigen Alters und an Feuerbach etwa als an 
eine Gestalt voll achilleisch kühner Jugend denkt, so 
sieht man Trübner als einen kräftigen Mann mittleren 
Alters vor sich. Man glaubt ihm jetzt seine sechzig Jahre 
so wenig, wie man ihm seine Jugend recht glaubte. Um 
1872 wirkte er als Maler schon so reif und sicher wie 
heute, ja vielleicht noch reifer und sicherer; dafür wirkt 
er aber heute noch so frisch oder gar frischer als vor 
vierzig Jahren. Sein ganzes Leben wird von einer ruhigen 
Kraft regiert, von einer Kraft sanguinisch phlegmatischen 
Temperaments. Von keinem Maler ıst es schwerer mittels 
Worten eine Vorstellung zu geben; eben weil er so gleich- 
mäßig im Temperament und so gar nichts anderes als 
Maler ist. Liebermann ist im Vergleich zu Trübner ein 


— 86 x 


i 
) 


vielfaltiger Intellekt, Feuerbach ein glühender Ideen- 


;erleber, Marées ein ganz faustischer Mensch. In diesen 


allen sieht man deutlich die Dramatik einer Entwicke- 
lung. Sogar das Leben eines Geistesverwandten wie Leib} 
wirkt neben dem Trübners noch episch bewegt. Trübners 
Leben aber ist mehr wie ein einziger, vom Wandel der 


Zeiten variierter Zustand. Es gibt Malperioden bei Trüb- 


ner, nicht aber eigentlich Entwickelung. Den Zwei- 


undzwanzigjährigen schon sehen wir im Besitz emer 


Meisterschaft, die sich in der Folge wohl wandelt, zu 
der aber nichts wesentlich Héheres hinzukommt. Es ver- 
suche jemand, der nichts von Triibner weiß, aus dessen 


- Lebenswerk das Schicksal einer Persönlichkeit abzulesen! 


Höchstens könnte man aus dieser bedeutenden Arbeit 


. von vierzig Jahren eine Entwickelung der neueren deut- 
; schen Malerei ablesen. Das ist es auch, was die Jugend- 


24 


meisterschaft Triibners um деп wohlverdienten Erfolg 


. gebracht hat und was den Künstler heute noch nicht 


populär werden läßt: der Betrachter vermißt instinktiv 
das intellektuelle Erlebnis, das selbst bei Liebermann 
und Menzel, bei Slevogt und Corinth sich einstellt — 
ganz zu schweigen von Malern wie Thoma, Feuerbach 
und anderen ihrer Art. Trübner gibt nichts als gute 
Malerei, deren Tonigkeit stillebenhaft eine absolute Zu- 
ständlichkeit ausdrückt. Nichts anderes. 

Trübner ist einfach. Bis zur Systematik einfach. Er 
sieht die Welt nur von einer Seite; aber in dieser Ein- 
seitigkeit ist er freilich unwiderstehlich. Um dieser na- 
türlıchen Beschränkung willen ist er vielleicht der na- 
ivste aller lebenden deutschen Maler. Liebermann ver- 


läßt auch einen bestimmten Standpunkt nicht und ist 
darum auch einseitig; er aber ist es bewußt. Man spürt, 
wie er viele Male um die Dinge prüfend herumgegangen 
ist und sıch absıchtsvoll dann beschränkt hat. Oder man 
vergleiche Trübners Malweise mıt der ganz verwandten 
von Karl Schuch. Schuchs Stillebenbilder sprühen form- 
lich von intellektuellem Temperament; man fühlt sofort 
die leidenschaftliche Beziehung zum angeschauten Leben; 
dieser Maler ıßt das Leben künstlerisch gewissermaßen 
auf als ein Lebenshungriger. Courbets Natur scheint an 
ihrer Lebenskraft fast zu leiden; man sieht, wie die Fülle 
der Naturvitalitát ihn orgiastisch bedrángt. Und bei Cé- 
zanne vertieft sich der Eindruck, den er von den ein- 
fachsten Dingen hat, bis zur Mystik, bis zu einer Un- 
mittelbarkeit, die unheimlich wird. Triibner dagegen 
erscheint in aller Fiille seiner Anschauungskraft der Natur 
gegeniiber fast indifferent. Sie reicht ihm vor allem Ob- 
jekte der Tonigkeit dar, sie liefert ihm Malgegenstände. 
In dieser Hinsicht berührt sich seine Art leise mit der 
Corinths. Beide Maler denken nur an ihre Malerei; sie 
erleiden nicht ihre Eindrücke, sondern genießen sie 
als Professionisten. Beide sind nicht nervöse Ergründer, 
sondern ein wenig naturburschenhaft in ihrer Bega- 
bung. | 

Es ist bezeichnend, daß der Leiblschüler nie gezeich- 
net hat. Trübner: das ist der Breitpinsel! Dieser Maler 
vermag nur aus der Ölfarbenmaterie heraus zu denken. 

Der Lehrling Canons hat den Pinsel ergriffen und ihn 

niemals wieder aus der Hand gelegt. Leibl, der Lehrer 

und Freund, ist genau um so viel größer, als der Wille 


— 88 — 


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cur Zeichnung ihn in Же Nahe Holbeins geführt hat. 
Diese Unlust Trübners, zu zeichnen und den farbigen 
Schein der Dinge auf Schwarzweiß-Begriffe zu bringen, 
spricht ebenfalls für die Einfachheit seines Geistes. Und 
dasselbe tun seine Schriften über Kunst, die er zu ver- 
schiedenen Zeiten veröffentlicht hat. Sie sind klar, ver- 
ständig und mit einer gewissermaßen ungeschickten Rich- 
tigkeit und Sachlichkeit geschrieben. Man könnte den 
Stil populär nennen, wäre das sachlich darin Gesagte 
nicht eben das ewig Unpopuläre. Ebenso möchte man 
sagen, Trübner male volkstümlich: aufrichtig, breit und 
klar, derb und schön, mit einer gewissen rustikalen Klassi- 
zität; nur daß dann die reine Malerei, die allein der 
Anschauung wegen da ist und die in keiner Weise über 
den Gegenstand räsoniert, niemals volkstümlich sein 
kann. 


Vielleicht gibt es in der Kunst des neunzehnten Jahr- 
hunderts kein größeres Wunder als die Talentäußerungen 
dieses Goldschmiedsohns aus Heidelberg zwischen sei- 
nem zweiundzwanzigsten und fünfundzwanzigsten Jahre, 
nichts Bewunderungswürdigeres als den blutjungen Maler 
des Hofmeisterportráts, der Elternbildnisse, der Wild- 
bretstilleben, der Landschaften vom Herrenchiemsee und 
aus Heidelberg, des Schuchportráts, der Dame mit Hut 
und Pelz und ähnlicher Werke. Es gibt keinen glän- 
zenderen Aufstieg als den dieses Canonschülers, der, 
kaum daß er mit Leibl bekannt war, kaum daß er die 
alten Meister in Deutschland, Holland und Italien zu 
studieren begonnen hatte und kaum daß er auf der be- 


rühmten Münchener Ausstellung von 1869 die modernen 
Franzosen, Courbet an der Spitze, kennen gelernt hatte, 
selbst wie ein alter Meister dastand, der mit unerklär- 
licher Sicherheit das Klassische der Alten, wıe es über 
die Jahrhunderte lebendig auf uns wirkt, der modernen 
Kunst zurückgewann, vom Wuchse selbst wie ein Ter- 
borch, fast wie ein Franz Hals erscheinend und mit 
einem an Velazquez gemahnenden Geschmack arbeitend. 
Trübner wirkte um 1872 nicht wie ein aus Münchener 
Atelierkultur Hervorgegangener, sondern eher wie ein 
Sprosse alter holländischer Malkultur. Und stand doch, 
neben wenigen Diezschülern, neben Leibl, Schuch, dem 
frühen Thoma und einigen anderen ganz vernachlässigt 
und unverstanden da. Es gingen seine Werke, worin 
eine höchste Möglichkeit unserer Rasse niedergelegt ist, 
spurlos an den neuen Reichsdeutschen vorüber. 

Die Folgen dieser Verständnislosigkeit sind am Ende 
der siebziger Jahre in Trübners Schaffen zutage getreten. 
Es ist dem Künstler die naive Selbstverständlichkeit 
des Wollens erschiittert worden; er glaubte der Zeit- 
strömung folgen und an Stelle reiner Zuständlichkeits- 
schilderung den erzählenden Stoff setzen zu müssen. 
Er begann sich mit Zentaurenbildern, Giganten- und 
Amazonenschlachten, Kreuzigungen, Theaterszenen und 
Hundeanekdoten abzuquälen. Aber er hatte nun einmal 
nicht das natürliche Erzählerinteresse, und darum konnte 

er auch jetzt das Publikum nicht fesseln. Innerhalb seiner 

Verirrung blieb er der gute Maler; er gab sozusagen 

gute Malerei in schlechten Bildern. Meier-Graefe hat 

dazu einmal sehr hübsch bemerkt: „Es ist gar nicht so 


-- go — 


ieicht, schlechte Bilder zu malen, wenn man Talent hat.“ 
Ев 166 sogar sehr schwer, als höherer Mensch das Ba- 
nale zu tun und sich nicht zu verraten. Dafür hat die 
Menge aber eine sehr feine Nase, ob einer ihresgleichen 
ist oder ob er nur so tut. Dann ist nach dieser neuen 
Enttäuschung in Trübners Leben ein fast leeres Jahr- 
zehnt gefolgt. In dieser Periode, die bis gegen 1890 
dauerte, wäre ein Feuerbachnaturell verzweifelt; Trüb- 
ner aber wappnete sich mit jener stolz-phleginatischen 
Indifferenz, die gerade bei Kerngesunden oft angetroffen 
wird. Diese Eigenschaft, die Fähigkeit zur Tragheit bei 
ungeheurer Arbeitskraft, bewahrte ihn vor den Schick- 
salen Menzels und Thomas. 
Um 18990 ist dann die Mallust neu erwacht. Der Künst- 
ler stand nun vor der Aufgabe, die Hóhe seiner Jugend 
wieder zu gewinnen. Indem Trübner es versuchte, ge- 
langte er aber zu etwas Neuem. Seine Malweise seit 
1890 und mehr noch seit 1900 etwa unterscheidet sich 
von seinem Jugendstil áhnlich, wie sich auch die Alters- 
malerei Manets, Monets, Liebermanns und anderer von 
ihrer Jugendkunst unterscheidet. Wir sehen etwas für 
die letzten fünf Jahrzehnte Typisches. Es sind nàmlich 
die Jugendwerke der bedeutenden modernen Maler im- 
mer in einer gewissen altmeisterlichen Weise abgeschlos- 
sen und als Einzelwerke eigentlich vollkommener als 
die Alterswerke. Die „Olympia“ ist ınehr als irgendein 
Bild des spáteren Manet; Monets ,Dame im Pelz und 
grünen Kleid“ ist klassischer als seine späteren licht- 
und lufterfüllten Landschaften; Liebermanns „Bleiche“ 
und , Netzflickerinnen* sind gewichtiger als seine Dünen- 


— gi — 


bilder von 1910; und Trübners Arbeiten zwischen 1872 
und 1876 sind in ebendieser Weise mehr als seine Ki- 
rassiere und farbigen Akte im Walde, mehr als seine 
blaugrünen Taunuslandschaften und als seine großfor- 
matigen Pferdebilder und Reiterporträts. Dafür ist in 
den späten Arbeiten aller dieser Maler dann aber mehr 
Unmittelbarkeit, mehr Bewegung, Licht, Farbe und Frei- 
heit. Es ist mehr Neues darin. In den Jugendwerken 
ist das ganze Talent immer in jedem einzelnen Bild kon- 
zentriert; in den Alterswerken geht es wie etwas Flüs- 
siges durch die Gesamtheit der Werke, die wie von selbst 
nun immer mehr skizzistisch werden. Es ist die Ent- 
wickelung des Zeitgeistes, die sich so in der Kunst ab- 
spiegelt; es ist die Entwickelung des Impressionismus 
überhaupt. Und Trübner ist eben auch entschieden vom 
Impressionismus berührt worden, wenn man ihn auch 
in keiner Weise einen Impressionisten nennen darf. Ge- 
genüber dem velazquezartigen Geschmack und der feinen 
Schwärze der Jugendarbeiten kommt nach 1890 in seine 
Malerei farbige Helligkeit. Jeder Schatten wird nun zur 
Farbe. Das Fleisch beginnt rubensartig zu leuchten, 
der Wald glüht grün und blau in seinen Tiefen wie von 
verschlucktem Licht, die Pferdeleiber glänzen in mastig 
brauner Fülle, und die Rüstungen der Kürassiere stehen 
tonig im farbigen Licht. Ein ins Altdeutsche übersetzter 
Impressionismus. Aber es ist die Malerei nun auch lauter 
geworden, sie hat mehr Willen zur Wirkung; sie ist 
zugleich malerisch freier und doch auch technisch sy- 
stematischer geworden. Und es stellt sich als Gefahr 
die Bravour des Vortrags, die dekorative Wirkung an 


-- 02 — 


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_-sich еш. Das Format wird größer, und die starke Mal- 
faust wird oft selbstherrlich. Der Lust am prachtvollen 
.Farbenklang droht der Farbenrausch. Man vergleiche 
_ das Bildnis des Bürgermeisters Mónckeberg, 1905, mit 
der mächtig dekorativen Tapete als Hintergrund, vor 
der das Haupt wie eine Erdbeere glüht, mit dem Hof- 
. meisterportrát von 1872; man halte neben den Schotten- 
knaben von 1894 die Dame in Hut und Pelz, neben den 
 Postillion von 1903 das große Schuchbildnis der Natio- 
.nalgalerie. Man wird den Jugendwerken den Vorzug 
. geben müssen. Vergleicht man aber das Ganze der Pro- 
` duktion nach 1890 dem Schaffen der siebziger Jahre, 
` so findet man doch wieder dasselbe Niveau. Trotzdem 
. man auf агре Entgleisungen stößt — wie 2. B. auf ein 
_, Reiterbildnis Wilhelms des Zweiten, wozu der Kaiser 
_. We gesessen hat — trotzdem der außerordentliche an- 
E geborene Geschmack nun zuweilen noch automatischer 
., fast erscheint als in früheren Jahren. Wie immer das 
E Gelingen auch schwankt: der Eindruck einer weichen 
M Großzügigkeit, einer sinnlich blühenden Monumentali- 
| , tät bleibt, der Eindruck einer malfreudigen Mannlich- 
г keit, die etwas Einziges ist in der Kunst unserer Tage 
> und die in jedem Zug den geborenen Meister verrat. 
.; Trübners vollblütige Schwere steht der sehnigen, in- 
, tellektuellen Raschheit Liebermanns gegeniiber wie der 
, deutsche Süden dem Norden. Dort hat die Münchener 
, Atelierkultur, hier der im Freilicht der Wirklichkeiten 
lebende berlinische Profangeist höchste Möglichkeiten 
2 erreicht. Verkörpert Liebermann das Ziel, dem Menzel 
hätte folgen sollen, so zeigt Trübners Lebenswerk, wel- 


cher Art von Malerei Thoma ein Meister hatte werden 
können. Typisch und vorbildlich ist Triibner in seiner 
Art wie Liebermann in der seinen. Freuen wir uns 
darum, daß wir zwei solche Künstler, nebeneinander 


wirkend und sich lebendig ergänzend, besitzen. 


RITT DURCH PHOKIS / DAS KLOSTER 
DES HEILIGEN LUKAS / VON HUGO VON HOF- 
MANNSTHAL 


IR waren an diesem Tag neun oder zehn Stunden 

geritten. Als die Sonne sehr hoch stand, hatten 
wir gelagert vor einem kleinen Khan, bei den eine reine 
Quelle war und eine schöne große Platane. Später hatten 
wir noch einmal mit den Maultieren aus einem Faden 
fließenden Wassers getrunken, flach auf den Boden lie- 
gend. Unser Weg war zuerst an einem Abhang des 
Parnaß eingeschnitten, dann іп einem urzeitigen ver- 
steinten Flußbett, dann ın einer Einsenkung zwischen 
zwei kegelförmigen Bergen; dann lief er über eine frucht- 
bare Hochebene hin inmitten grüner Kornfelder. Manche 
Strecken waren öde mit der Öde von Jahrtausenden und 
nichts als einer raschelnden Eidechse überm Weg und 
einem kreisenden Sperber hoch oben in der Luft; manche 
waren belebt von dem Leben der Herden. Dann kamen 
die wolfsähnlichen Hunde bellend und die Zähne weisend 
bis nahe an die Maultiere, und man mußte sie mit Steinen 
zurückjagen. Schafe, schwer іп der Wolle, standen zu- 
sammengedrängt im Schatten eines Felsblockes, und ihr 


—— a m mmm 
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 rhitztes Atmen schüttelte sie. Zwei schwarze Böcke 


tießen einander mit den Hörnern. Eın junger hübscher 
lirt trug ein kleines Lamm auf dem Nacken. Wieder 
amen ganz einsame Strecken. Auf einer flachen stei- 


uchten Landschaft verharrte regungslos der Schatten 


iner Wolke. In einer sonderbar geformten Mulde, wo 
Tausende von einzelnen großen Steinen lagen und da- 
:wischen Tausende von kleinen stark duftenden Sträu- 
-hern wuchsen, zog sich eine große Schildkröte über den 
Weg. Dann, gegen Abend, zeigte sich in der Ferne ein 
Dorf, aber wir lieDen es zur Seite. An unserem Weg 


war eine Zisterne, in die tief unten der Quell eingefan- 


gen war. Neben dem Brunnen standen zwei Zypressen. 


Frauen zogen das klare Wasser empor und gaben unse- 


ren Tieren zu trinken. Ап dem Abendhimmel segelten 


. kleine Wolken hin, zu zweien und dreien. Geläute von 


Herden kam aus der Nähe und Ferne. Von diesein Brun- 


_ nen ап bekam die Gegend etwas Weiches und zart Ge- 


_ heimnisvolles. Die Maultiere gingen lebhafter und sogen 
. die Luft, die aus dem Tal entgegenkam. Ein Geruch 


y von Aland. von Erdbeeren und von Thymian schwebte 
, über den Weg. Man fühlte, wie die bláulichen Berge 
< Sich schlossen und wie dieses Tal das Ende des ganzen 


. Weges war. Wir ritten lange zwischen zwei Hecken 


; Yon wilden Rosen. Ein kleiner Vogel flog vor uns hin, 
, nicht größer als das Fleckchen Schatten unter einer dieser 
, blühenden Rosen. Die Hecke zur Linken, wo die Tal- 


A 
d 


seite war, hörte auf, und man schaute hinab und hin- 
über wie von einem Altan. Bis hinunter an die Sohle 
des kleinen bogenförmig gekrümmten Tales und an den 


gegenüberliegenden Hang bis zur Mitte der Berge stan- 
den Fruchtbäume in Gruppen, mit dunklen Zypressen 
vermischt. Zwischen den Bäumen waren blühende Hek- 
ken. Dazwischen bewegten sich Herden, und in den 
Bäumen sangen Vögel. Unterhalb unseres Weges liefen 
andere Wege. Man sah, daß sie zur Lust angelegt waren, 
nicht für Wanderer oder Hirten. Sıe liefen ın sanften 
Windungen immer gleich hoch über dem Tal. In der 
Mitte des Abhangs stand eine einzelne Pinie, ein ein- 
samer, königlicher Baum. Sie war der einzige wirklich 
große Baum in dem ganzen Tal. Sie mochte uralt sein, 
aber die Anmut, mit der sie emporstieg und ihre drei 
Wipfel in einer leichten Biegung dem Himmel entgegen- 
hielt, hatte etwas von ewiger Jugend. Nun faßten nied- 


rige Mauern den Weg links und rechts ein. Dahinter ` ) 


waren Fruchtgarten. Eine schwarze Ziege stand an einem 
alten Olbaum mit aufgestemmten Vorderbeinen, als ob 
sie hinaufklettern wollte. Ein alter Mann, mit einem 
Gartenmesser in der Hand, watete bis an die Brust in 
blühenden Heckenrosen. Das Kloster mußte ganz nahe 
sein, auf hundert Schritte oder noch weniger, und man 
wunderte sich, es nicht zu sehen. In der Mauer zur 
Linken war eine kleine offene Tür; in der Tür lehnte 
ein Mönch. Das schwarze lange Gewand, die schwarze 
hohe Kopfbedeckung, das lassige Dastehen mit dem Blick 
auf die Ankommenden, ın dieser paradiesischen Einsam- 
keit, das alles hatte etwas vom Magier an sich. Er war 
Jung, hatte einen langen rötlich blonden Bart, von einem 
Schnitt, der an byzantinische Bildnisse erinnerte, eine 
Adlernase, ein unruhiges, fast zudringliches blaues Auge. 


— 96 — 


Er begrüßte uns mit einer Neigung und einem Aus- 
breiten beider Arme, darin etwas Gewolltes war. Wir 
saßen ab, und er ging uns voran. Durch einen ganz 
kleinen von Mauern umschlossenen Garten traten wir in 
ein Zimmer, in dem er uns allein ließ. Das Zimmer 
hatte die nötigsten Möbel. Unter einem byzantinischen 
Muttergottesbild brannte ein ewiges Licht. Gegenüber 
der Eingangstür war eine offene Tür auf einen Balkon. 
Wir traten hinaus und sahen, daß wir mitten im Kloster 
waren. Das Kloster war in den Berg hineingebaut. 
Unser Zimmer, das vom Garten aus zu ebener Erde war, 
lag hier zwei Stock hoch im Klosterhof. Die alte Kirche, 
mit dem Glanz des Abends auf ihren tausendjährigen, 
rötlichen Mauern und Kuppeln schloß eine Seite ab; die 
drei andern waren von solchen Häusern gebildet, wie 
wir in einem standen, mit solchen kleinen hölzernen Bal- 
konen, wie wir auf einem lehnten. Es waren unregel- 
mäßige Häuser von verschiedenen Farben, und die kleinen 
‚Balkone waren hellblau oder gelblich oder blaßgrün. 
Aus dem Haus, das die Ecke bildete, lief zur Kirche hin- 
‚über wie eine Zugbrücke eine Art Loggia. Manches 
‚schien unmeßbar alt, manches nicht eben älter als ein 
 Menschenalter. Alles atmete Frieden und eine von Duft 
 durchsüfite Freudigkeit. Unten rauschte ein Brunnen. 
_ Auf einer Bank saßen zwei ältere Mönche mit ebenholz- 
Schwarzen Barten. Ein anderer von unbestimmbarem 
Alter leh nte jenen gegenüber auf einem Balkon des ersten 
Stockwerks, den Kopf auf die Hand gestiitzt. Kleine 
. Wolken segelten am Himmel hin. Die beiden waren 
‚ aufgestanden und gingen in die Kirche. Zwei andere 


kamen eine Treppe herab. Auch sie hatten das lange 
schwarze Gewand, aber die schwarze Miitze auf ihrem 


Kopf war nicht so hoch, und ihre Gesichter waren bart- | 
los. In ihrem Gang war der gleiche undefinierbare Rhyth- | 


mus: gleich weit von Hast und von Langsamkeit. Sie | 


verschwanden gleichzeitig in der Kirchentiir, wie ein ` 


Segel, das hinter einem Felsen verschwindet, wie ein 
großes unbelauschtes Tier, das durch den Wald schrei- 
tet, hinter Baumen unsichtbar wird, nicht wie Menschen, 
die in ein Haus treten. In der Kirche fingen halblaute 
Stimmen an, Psalmen zu singen, nach einer uralten Me- 
lodik. Die Stimmen hoben und senkten sich, es war 
etwas Endloses, gleich weit von Klage und von Lust, 
etwas Feierliches, das von Ewigkeit her und weit in die 
Ewigkeit so forttónen mochte. Uber dem Hof aus einem 
offenen Fenster sang jemand die Melodie nach, von Ab- 
satz zu Absatz: eine Frauenstimme. Dies war so selt- 
sam, es schien wie eine Einbildung. Aber es setzte wie- 
der ein, und es war eine weibliche Stimme. Und doch 
wieder nicht. Das Echohafte, der völlig getreue jenem 


feierlichen kaum noch menschliche Klang, das Willen- ` 
lose, fast BewuBtlose schien nicht aus der Brust einer 


Frau zu kommen. Es schien, als sänge dort das Ge- 
heimnis selber, ein Wesenloses. Nun schwieg es. Aus der 
Kirche drang mit den dunklen, weichen, tremolieren- 


den Männerstimmen ein gemischter Duft von Wachs, | 


Honig und Weihrauch, der wie der Geruch dieses Ge- 
sanges war. Nun fing die frauenhafte Stimme wieder 
an, absatzweise nachzusingen. Aber andere ähnliche 
Stimmen aus dem gleichen offenen Fenster, nicht weit 


von meinem Balkon, fielen ein, halblaut und nicht ernst- 
haft, es wurde ein Scherz daraus, die schöne Stimine 
brach ab, und nun wußte ich, daß es Knaben waren. 
Zugleich kamen ihre Köpfe ans Fenster. Einer war dar- 
unter sanft und schön, wie ein Mädchen, und das blonde 
Haar fiel ihm über die Schultern bis an den Gürtel. 
Andere von den Klosterknaben standen unten im Hof 
und sprachen hinauf: „Der Bruder!“ riefen sie, „Der 
Bruder! Der Hirt! Der Hirt!“ 

Später kam ich dazu, wie die Brüder voneinander Ab- 
schied nahmen. Der junge Hirt stand im Licht der 
untergehenden Sonne, dunkel, schlank und kriegerisch; 
hinter ihm die Herde und die Hunde. Er hielt in der 
starken dunklen Hand die kleine Hand des Knaben mit 
den langen Haaren. Ein Mönch im schwarzen Talar, 
‚aber ein noch junger, bartlos, ein Novize, ein zwanzig- 
jähriger Schöner mit einem Lächeln, das um den jungen 
Mund und die glatten Wangen gedankenlos und eitel, 
‚aber in der Nähe der schönen dunklen Augen ergebungs- 
voll und wissend war, trat ins halb offene Tor. Er rief 
den Knaben nicht ап, ег winkte nur. Die Gebärde seiner 
erhobenen Hand war ohne Ungeduld. Er war nicht der 
ВегеМепде, es war der Ubermittler des Befehls, der Bote. 
 Aufeinen kleinen Altan über dem Torweg trat ein älterer 
Mónch heraus, er stützte den Ellenbogen aufs Gelünder, 
den Kopf auf die Hand, und sah gelassen zu, wie der 
‚Befehl überbracht und wie er befolgt wurde. Der No- 
vize neigte sich für ihn kaum merklich oder lächelte 
auch nur um ein Kleines ergebener und glänzender. 
Der schöne Knabe ließ die Hand des Bruders los und 


lief zu dem Novizen hin. Der Hirt wandte sich und 
ging sogleich mit großen ruhigen Schritten landein, 
bergab. Die Herde, als wäre sie ein Teil von ihm, war 
schon іп Bewegung, flutete schon die Straße hinab, ein- 
geengt von den Hunden. In der Kirche sangen sie stär- 
ker. Zum Dienst dieser abendlichen Stunde lagen alle 
in den dämmernden Kapellen auf den Knien, oder aus- 
gestreckt auf dem Steinboden, oder in tiefer Versunken- 
heit stehend an dem hohen Pult lag ihr Antlitz über 
gekreuzten Armen auf dem heiligen Buch. In der er- 
habenen Gelassenheit ihres Gesanges zitterte eine nach 
alten Regeln gebändigte Inbrunst. Die ewigen Lichter 
schwangen leise in der von Weihrauch und Honig be- 
schwerten Luft. Es vollzog sich, was sich seit einem 
Jahrtausend Abend für Abend an der gleichen Stätte 
zur gleichen Stunde vollzieht. Welches stürzende Wasser 
ist so ehrwürdig, daß es seit zehnmal hundert Jahren 
den gleichen Weg rauschte? Welcher uralte Olbaum | 
murmelt seit zehnmal hundert Jahren mit gleicher Krone | 
im Winde? Nichts ist hier zu nennen als das ewige | 
Meer drunten in den Buchten und die ewigen Gipfel- 
kronen des schneeleuchtenden Parnaß unter den ewigen 
Sternen. 

Die Sterne entzündeten sich über den dunkelnden 
Wanden des Tales. Der Abendstern war von einem 
seltenen Glanz; war irgendwo ein Wasser, nur ein Quell 
und Tiimpel vielleicht zwischen zwei Feigenbäumen, so 
mußte dort ein Streifen von seinem Licht liegen wie 
vom Mond. Nun entbrannten unter ihm, am nahen 
irdisch schweren Horizont, in der Menschensphäre andere 


— 100 — 


starke Sterne, da und dort: das waren die Hirtenfeuer, 
höher und tiefer ап den Hängen der dunklen Berge, die 
‘das bogenfórmige Tal umschlossen. Bei jeder Flamme 
lag ein einsamer Mann mit seinen Tieren. Im weiten 
Bogen um das Kloster, in dem die ewigen Lichter brann- 
теп, war der Reichtum des Klosters gelagert. Die Hunde 
schlugen an, und die Hunde antworteten ihnen. Der 
Feuer waren mehr als dreißig, die Berghänge lebten von 
'Schlafenden. Hie und da blókte ein Lamm aus unter- 
 brochenem Schlummer. Die Käuzchen riefen, die Zi- 
kaden waren laut, und doch herrschte die stille ewige 
Nacht. 
Мо der Abendstern stand, dort glänzte unsichtbar 
hinter dunklen Bergen der Parnaß. Dort, in der Flanke 
: des Berges, lag Delphi. Wo die heilige Stadt war, unter 
: dem Tempel des Gottes, da ist heute ein tausendjähriger 
| Ölwald, und Trümmer von Säulen liegen zwischen den 
"uralten Stämmen. Und diese tausendjährigen Bäume 
: sind zu jung, diese Uralten sind zu jung, sie reichen 
"nicht zurück, sie haben Delphi und das Haus des Gottes 
: nicht mehr gesehen. Man blickt ihre Jahrhunderte hinab 
t wie in eine unmeßbar tiefe Zisterne, und in Traumtiefen 
unten liegt das Unerreichliche. Aber hier ist es nah. 
; Unter diesen Sternen, in diesem Tal, wo Hirten und 
> Herden schlafen, hier ist es nah, wie nie. Der gleiche 
Boden, die gleichen Lüfte, das gleiche Tun, das gleiche 
; Ruhn, Ein Unnennbares ist gegenwärtig, nicht entblößt, 
; nicht verschleiert, nicht faßbar, und auch nicht sich ent- 
> ziehend: genug, es ist nahe. Das hesiodische Gedicht, 
ý das pindarische Gedicht schwebt gelöst in der Luft. Hier 


— 101 — 


ist Delphi und die delphische Flur, Heiligtum und Hirten, 
hier ist das Arkadien vieler Traume, und es ist kein 
Traum. Langsam tragen uns Же Füße ins Kloster zu- 
rück. Ganz nahe von uns knurren große Hunde. Auf 
dem Altan über dem Torweg lehnt eine Gestalt. Ein 
anderer, ein Dienender, tritt seitwärts aus den Hecken 


hervor, dort, wo die Hunde knurren. „Athanasios!* ruft 
der Mönch vom Altan, „Athanasios!* Er sagt es mehrals ` 


er es ruft, gelassen und sanft befehlend. „Athanasios, 
was gibt es ба?“ „Es sind die Gäste, die beiden Frem- 
den, die herumgehen.* „Gut. Gib acht auf die Hunde.‘ 
Diese Worte sind wenige. Dies Zwiegespräch ist klein 
zwischen dem Priester und dem dienenden Mann. Aber 
der Ton war aus den Zeiten der Patriarchen. Aus weni- 
gen Elementen setzt sich dies zusammen. Gelassenes 
Ausüben priesterlicher Herrschaft, ein sanfter Ton un- 
widersprochener Gewalt, Gastlichkeit, gelassen und selbst- 


verständlich ausgeübt, das Haus, das Heiligtum, bewacht 


von vielen Hunden. Und dennoch, dies Unscheinbare, 
diese wenigen Worte, gewechselt in der Nacht, dies hat 
einen Rhythmus in sich, der von Ewigkeit her ist. Dies 
reicht zurück, dies Lebendige, wohin die uralten Öl- 
bäume nicht reichen. Homer ist noch ungeboren, und 
solche Worte, in diesem Ton gesprochen, gehen zwischen 


dem Priester und dem Knecht von Lippe zu Lippe. File 
von einem fernen Stern nur ein unscheinbares, aber leben- 


diges Gebilde, der Teil einer Blume, weniges von der 
Rinde eines Baumes, es wäre dies dennoch eine Botschaft, 


die uns durchschauert. So klang dieses Zwiegespräch. 


Stunde, Luft und Ort machen alles. 


— 102 — 


SINGENDE FONTANE / VON STEFAN ZWEIG 


Blauer Blick des Mondenscheines 
Kiihlte meines Zimmers Wand; 
Da hört ich die Stimme eines, 
Der im Dunkel unten stand. 


‘Und wie ich die Scheibe staunend 


Zu dem Garten niederbog, 
War es Singen, süß und raunend, 
Das zu mir ans Fenster flog. 


Keinen sah ich. Nur im Dunkeln 
Blinkte das erhellte Spiel 

Der Fontäne, die mit Funkeln 

In die Stille niederfiel. 


Unruhvoll und doch beständig 
Schien das sılberne Getön 

Wie ein lautes Herz lebendig 

Durch die Brust der Nacht zu gehn. 


Und ich fragte: „Warum rauschst du 
Heute mir zum erstenmal?“ — 

Und ich horchte: „Warum lauschst du 
Heute mir zum erstenmal? 


In das heiße Gold der Tage, 
Stumm im Steigen, Lied im Fall, 
Durch den Samt der Nächte trage 
Stets ich den erregten Schwall 


— 103 — 


Meiner eignen Überfülle, 

Und du, der mir nahe rubst, 

Wirst erst durch den Gruß der Stille 
Unsrer Brüderschaft bewußt? 


Hast du nie denn an der Schwelle 
Des Erwachens wirr gefühlt, 

Daß dir eine lautre Welle 
Nächtens durch dein Herz gespült, 


Daß mein Singen dich durchwebte 
Und im Schlafe aufwärts schwoll, 
Bis es Blut im Blute lebte 

Und an deine Lippen quoll, 


Bis als Lied der eingeengte 
Schauer einer fremden Lust, 

Die ein Traum in dich versenkte, 
Wild aufbrach aus deiner Brust? 


So ın dein Geschick verflechte 
Ich mir meines Lebens Spur, 
Und bin doch im Kreis der Mächte 


Eine leise Stimme nur. 


Eines von den stummen Dingen, 
Die dein Wesen zauberhaft 
Und geheimnisvoll durchdringen 
Und von deren steter Kraft 


Nur verloren-leise Kunde 
Manchmal deine Seele faßt, 


— 104 — 


Wenn du dich hinab zum Grunde 
Eines Traums getastet hast.“ 


Immer ferner schien der Schimmer, 
Immer dunkler Wort und Sinn, 

Doch mein Herz lauschte noch immer 
Nach der weißen Stimme hin, 


Die vom Garten, bald wie Trauer, 
Bald wie Lächeln, wundersam 
Über Bäume, Busch und Mauer 
Schwebend an mein Lager kam. 


Und an meine Brust sich schmiegend 
Ihrer Worte Wiege schwang; 

Bis ich fern im Schlummer liegend 
Glanz nur fühlte und Gesang. 


DAS SCHWEIGEN / VON EMILE VERHAEREN / 
DEUTSCH VON ERNA REHWOLDT 


Seit der Sommer den letzten Schlag geführt 
Durch der Wolken Scheide, 

Hat das Schweigen sich nicht gerührt 

Aus der Heide. 


Ringsum spielen die Türme all 

In den Ғегпеп mit ıhren Glocken Ball; 
Ringsum streifen wandernd Gefährte, 

Müde mit dreifacher Last beschwerte; 
Ringsum an der Tannengehege Rand 
Knirscht das Rad durch die Furche im Sand; 


— 105 — 


Aber kein Laut und kein Lärmen trifft 
Den Raum, dessen Strecken der Tod vertieft. 


Seit sich der Sommer verzog mit seiner Donner Gewicht, 
Rührte das Schweigen sich nicht. 

Und die Heide, in die sich die Abende tauchen, 

Führt es weiter, jenseits von Sandbergketten 

Und von Dickichten, endlos und unbetreten, 

Bis dahin, wo die fernsten Fernen rauchen. 


Selbst die Winde rauschen nicht aus den Zweigen 
Der alten Lärchen da, wo das Schweigen 

Starr im Moor, das der Schlaf versiegelt, 

Seine unfaßbaren Augen spiegelt; 

Nur die Wolken auf ihrer Reise 

Streifen mit stummen Schatten es leise, 

Oder von großen Vögeln ein Zug 

Schwebt hoch oben mit zögerndem Flug. 


Seit dem letzten versengenden Blitzesstreich 
Drang nichts ein in des Schweigens Reich. 


Und die seinen riesigen Raum durchschritten, 
Ob sich um sie Morgen, ob Abend spannte, 
Haben alle das Unbekannte, 

Dessen Fieber sie überkam, gelitten. 

Eine Kraft der höchsten und weitesten Reiche, 
Bleibt es ununterbrochen das gleiche. 

Dunkle Mauern von schwarzen Tannen verlegen 
Den Blick nach den fernen Hoffnungswegen; 
Große verträumte Wacholder lassen 


— 106 — 


ж. 


= а 


Wie ein Graun den stockenden Wandrer erblassen ; 
In tückischen Linien und Kriimmungen schleichen 
Pfade, die verzwickt sınd wie Zeichen; 

Und die gleißende Sonne spielt 

Mit dem Spiegel, nach dem die Verirrung zielt. 


Seit des Blitzes gewittergeschmiedetes Schwert 
Zuletzt es traf, hat aus den vier Ecken der Heide 
Sich das herbe Schweigen nicht weggekehrt. 


Die alten Hirten, auf die ein Jahrhundert gefallen, 
Und ihre Hunde, die uralt wie in Lumpen zerfallen, 
Sehen es oft durch die lautlosen Weiten 

Auf den Dünen von Gold, die Schatten verbramen, 
Still in die Nacht, ein Ungeheures, gleiten, 

So daß die Wasser sich, versteckt im Moore, schämen, 
Daß die Heide erbleicht und sich dichter verhüllt, 
Daß jedes Blatt an jedes Strauches Rand 

Lauscht und der sterbenden Sonne Brand 

Den Schrei erstickt, der wild aus seinen Lichtern quillt. 


Und unter dem Stroh ihrer Hütten spüren 

Alle die Weiler, die es berühren, 

Seinen fernen und furchtbaren Bann; 
Regungslos, ist es ihr Herr und Tyrann. 

Tief von Ohnmacht und Angst durchdrungen, 
Ducken sie sich, von ihm bezwungen, 

Wie auf der Lauer, und sehn es grauend, 
Wenn durch Nebel, die mild auseinanderfließen, 
Wie Augen, groß aus dem Monde schauend, 
Seine Rätsel silbern ihr Licht ergießen. 


ABDANKUNGSSZENE AUS EDUARD II. 
VON CHRISTOPHER MARLOWE / 
DEUTSCH VON ALFRED WALTER HEYMEL 


Schloß Killingworth. König Eduard, Leicester, Bischof von Win- 
chester und Trussell. 


Leicester: 
Geduld, mein guter Herr, hört auf zu klagen; 
Denkt, Killingworth sei euer Hof und ihr 
Wohntet ein Weilchen hier nur zum Vergnügen 
Und nicht aus Zwang und aus Notwendigkeit. 


König Eduard IL: 
Lester, wenn gutes Wort mich trösten könnte, 
Hätte dein Zuspruch längst mein Leid gelindert, 
Denn immer warst du gut und liebevoll. 
Der Bürger Schmerzen sind gar bald gestillt, 
Doch die der Könige nicht. Der wunde Hirsch 
Rennt um ein Kraut, das seine Wunde schließe, 
Doch klafft das Fleisch dem königlichen Leun, 
Reißt er und rauft es mit der grimmigen Pranke, 
Und außer sich vor Wut, daß niedere Erde 
Sein Blut soll trinken, bäumt er sich gen Himmel: 
So stehts um mich, deß unerschrocknen Sinn 
Der Ehrgeiz Mortimers zu beugen trachtet, 
Und dieser Königin Mißart, Isabells 
Der Falschen, die mich so gefangen setzte. 
Ach, solches Uberleid sättigt die Seele, 
Daß ich auf Fittichen des Grolls und Ekels 
Mich oft genug zum Himmel schwingen möchte, 


-- 108 — 


1 


Ош beide vor den Göttern zu verklagen. 
Bedenk ich dann, daf ich ein Kónig bin, 
Dünkt mir, ich sollt mich für die Unbill ráchen, 
Die Mortimer und Isabell mir taten. 

Doch was sind Kónige, wenn die Macht dahin? 
Nur scharfe Schatten eines Sonnentages! 

Die Lords regieren, und ich heiße König, 

Trage den Reif und bin beherrscht von ihnen, 
Von ibm und meiner ungetreuen Königin, 

Die mir das Ehebett mit Schmach befleckt, 
Dieweil ich diese Gruft des Grams bewohne, 
Wo Sorge mir am Ellenbogen steht 

Und Jainmer meinem Herz Gesellschaft leistet, 
Das in mir blutet ob des schnöden Wechsels. 
Doch sagt mir, muß ich jetzt der Kron entsagen, 
Damit dann Mortimer sie an sich reißt? 


Bischof von Winchester: 
Ihr irrt euch, Herr, wir bitten um die Krone 
Für Englands Heil und Eduards prinzlich Recht. 


König Eduard IL: 
Es ist fir Mortimers, nicht Eduards Haupt! 
Der ist ja nur еш Lamm, umringt von Wolfen, 
Die plötzlich ihm das Leben rauben werden. 
Doch tragt der eitle Mortimer die Krone, 
ГаВ, Himmel, sie zu Loh und Feuer werden, 
LaB, sie ein Schlangenband des Tisiphon 
Die Schläfen des verhaften Kopfs umwinden, 
Dainit nicht Englands Weinstock untergehe 
Und Eduards Naine lebt, wenn Eduard stirbt. 


Leicester: 
Mylord, warum vertut ihr so die Zeit? 
Die Antwort drängt: Legt ihr die Krone ab? 


König Eduard IL: 

Lester, bedenk, wie schwer ichs tragen muß, 
So grundlos Reich und Herrschaft zu verlieren 
Und an die Ehrsucht Mortimers mein Recht, 
Der wie ein Berg mein Glück im Sturz begräbt. 
Wie völlig jetzt ist doch mein Geist vernichtet! 
Doch was der Himmel will, ich muß gehorchen: 
Hier, nehmt den Reif und Eduards Leben auch. 

. Er nimmt die Krone ab. 
Zwei Könige Englands kanns zugleich nicht geben. 
Doch halt — laßt bis zur Nacht mich König sein, 
Daß ich aufs Funkeln dieser Krone starre, 
Mein Auge soll sein letztes Labsal haben, 
Mein Haupt die letzte Ehre, die ihm ziemt, 
Und beide verlieren gleich ihr gutes Recht. 
Schein immerzu, du Sonne, hoch am Himmel, 
LaB nie die stille Nacht dies Land besitzen, 
Steht still im Lauf, ihr Uhren dieses Weltalls, 
Ihr, Mond und Jahreszeiten all, bleibt stehn, 
Daß ich noch König bleib des schönen Englands; 
Doch heller Tagesglanz geht schnell dahin 
Und zwingt mich, meiner Krone zu entsagen. 
Unmenschliche, genährt mit Tigermilch, 
Was giert ihr nach des Herrschers Untergang, 
Den Kronreif mein ich und mein schuldlos Leben. 


Schaut, Bestien, schaut: ich setz ihn wieder auf. 
Er setzt die Krone auf. 


— 110 — 


Wie, fürchtet ihr nicht eures Königs Wut? 

Doch, Unglückseduard, dies ist Narrentrug, 

Sıe meiden deiner Stirne Grimm nicht mehr, 

Sie suchen einen neuerwählten König; 

Drum füllt den Sinn mir wildverzweifelnd Grübeln; 

Dies Grübeln foltert endlos mir die Qualen; 

Und in den Qualen Linderung find ich keine, 

Wenn ich die Krone nicht spür auf meinem Haupt. 

Drum laßt sie mich noch eine Weile tragen. 
Trussell: 

Herr, das Parlament heischt rasche Nachricht, 


Drum sagt, wollt ihr verzichten oder nicht? 
| Der König tobt. 


König Eduard IL: 
Das will ich nicht, doch bis zum Tode herrschen! 
Verräter, fort, mit Mortinier vereint euch; 
Erwählt, setzt ein, verschwört euch wie ihr wollt; 
Ihr Blut und eures siegle den Verrat. 
Bischof von Winchester: 


Wir melden eure Antwort — und lebt wohl. 
Will abgehen. 


Leicester: 
Ruft sie zurück, Mylord, gebt gute Worte, 
Denn wenn sie gehn, verliert der Prinz sein Recht. 
König Eduard IL: 
Ruf du sie doch, ich hab nicht Kraft zum Schrein. 
Leicester: 
Der König, Lord, ist willens zu entsagen. 
Bischof von Winchester: 
Auch wenn er nicht will, laßt ihm freie Wahl. 


König Eduard IL: 
О hätt ich sie! Doch Erd und Himmel haben 
Verschworn sich meiner Not. Empfang den Reif hier. 
Empfangen! Nein — denn diese Unschuldshände 
Sollen schuldig nicht an solcher Schmutztat sein. 
Doch er, dens mehr als euch nach meinem Blut 
Verlangt, der Königsmörder heißen will, 
Der nehme sie. Seid ihr bewegt, bedauert mich, 
Dann holt den unerschütterlichen Mortimer 
Und Isabell, die Augen hat von Stahl 
Und eher Feuer sprüht, denn Tränen weint. 
Doch nein! Viel lieber, als die wiedersehn: 
Hier, hier. Er übergibt die Krone. 

Nun, süßer Gott im Himmel, 
Laß mich verachten diesen flüchtigen Prunk 
Und gib dafür mir einen Thron im Himmel. 
Dein Finger, Tod, drück meine Augen zu, 
Doch wenn ich leb, laß mich mein selbst vergessen. 
Bischof von Winchester: 

Mein Herr! 

König Eduard IL: 
Nennt mich nicht Herr; fort; aus den Augen mir! 
Ach nein, verzeiht! — Der Gram macht mich verwirrt. 
Laßt Mortimer nicht meinen Sohn betreun, 
Denn sicherer lebt sichs noch in Tigers Rachen 
Als ihm un Arm. Bringt dies der Königin, 
Von Tränen naß, getrocknet dann mit Seufzern. 

Übergibt ein Taschentuch. 
Wenn sie bei seinem Anblick nicht bewegt wird, 
Bringt es zurück und taucht es in mein Blut. 


= 112 -- 


Empfehlt mich meinem Sohn; ег soll herrschen 
Besser denn ich; wenn je ich fehlte, 
Geschah es nur aus übertriebener Milde. 
Trussell: 
Wir nehmen untertänigst unsern Urlaub. 
König Eduard Il.: 
Lebt wohl. Der Bischof und Trussell mit der Krone ab. 
Ich weiß, das Nächste, was sie bringen, 
Wird sein — mein Tod. Er soll willkommen sein. 
Ungliicklichen ist Tod Glückseligkeit. 
Leicester: 
Ein anderer Kurier, was bringt er Neues? 
Berkeley kommt und überreicht einen Brief an Leicester. 
König Eduard IL: 
Was ich erwartete! Komm, Berkeley, komm, 
Sag deine Botschaft mir ins nackte Herz. 
Berkeley: 
Herr, glaubet nicht, daß solch verruchte Absicht 
In einem Mann von Stande wohnen kann. 
Für eurer Hoheit Dienst und Aufwartung 
Und Schutz vor Feinden würde Berkeley sterben. 
Leicester: 
Mein Fürst, der Rat der Königin beschließt, 
Daß ich mein Amt verlasse. 
König Eduard IL: 
Und wer bewacht mich nun? Müßt ihr es, Lord? 
Berkeley: 
Ja, lieber gnädiger Herr, so ists verfügt. 


-- 113 — 


König Eduard IL: 

Liest das Schreiben. 
Von Mortimer, deß Name hier geschrieben. 
Gut, ich zerreiß ihn, der mein Herz zerreißt. 

Er zerreißt den Brief. 
Die karge Rache hat mir wohlgetan, 
So werd sein Leib wie dieses Blatt zerrissen; 
Hör mich, Unsterblicher, und laß es zu. 


Berkeley: 


Euer Gnaden müssen gleich mit mir nach Berkeley. 


König Eduard IlI.: 
Wohin ihr wollt. Denn jeder Ort ist gleich 
Und jeder Erdenfleck gut zum Begrabnis. 
Leicester: 
Behandelt ihn so gut, als ihr nur Кӛппі. 
Berkeley: 
So geh es meiner Seel, wie’s ihm bei mir. 
König Eduard Il.: 
Mein Feind hat meines Zustands sich erbarmt, 
Das ist der Grund, daß man mich jetzt entfernt. 
Berkeley: 
Und glauben euer Gnaden, Berkeley sei hart? 
König Eduard IL: 
Ich weiß es nicht; doch dessen bin ich sicher: 
Tod endet alles, und ich sterb nur einmal. 
Lester, leb wohl. 
Leicester: 


Noch nicht, Mylord, ich bring euch auf den Weg 
Leicester mit Berkeley und dem Kónig ab. 


E 114 E 


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4, 


PHILOSOPHENBRIEFE / VON FRITZ OHMANN 


ST es nicht sonderbar, welchen Reichtum geistesge- 
schichtlichen Verstehens und intimen Nacherlebens 
wir uns heute durch ein Material erschlieBen, das nach 
Wesen und Absicht ganz außerbalb des Bereichs lite- 
rarischer Wirkung steht: durch jene Lebensdokumente 


. der schöpferischen Geister, in denen sie, müde der 


ungeheuren Verantwortung ihres Dienstes am ewigen 


г Wort, das Glück entspannten Fühlens im persönlichen 


Verkehr durch die Feder genießen? Briefe, wirkliche 


, Privatbriefe nicht als Quellen, sondern als Literaturgat- 


Uv 
XM 
uM 


tung — hier liegt ein Problem, das, bis in seine Wurzeln 
verfolgt, die ganze Frag würdigkeit biographischen Inter- 
esses aufdeckt. Was für eine Seelenerfahrung ist es, die 


` uns treibt, im Werk überall das Erlebnis des Schópfers 


zu suchen? 
Nirgends erscheint die dem modernen Menschen fast 
zur zweiten Natur gewordene Betrachtungsweise, die die 


Werke des Gedankens und der Kunst als , Ausdruck der 


25 Persönlichkeit“ erfaßt, zufälliger begründet und auf den 


ersten Blick unphilosophischer als eben in der Philoso- 


‚ phie. Hier kommt es ja nicht auf den Zauber des In- 


dividuellen und Allzumenschlichen an, sondern auf das 


, Universal-Wesentliche. Was aber haben die seltenen, 


` tiefgeschépften Gedanken, durch die das Genie den Be- 


stand ewig gültiger oder möglicher Weltbegriffe, diesen 
überpersönlichen Gnadenschatz des Geistes bereichert, 


_, mit der oft so tristen und gewöhnlichen Ballade ihres 


D 


äußeren Lebens zu tun? Längst überwunden ist doch 


— 115 — 


die bis zum Aufklärungszeitalter herrschende Geschichts- 
auffassung, die sich in Berichten über Lebenslauf und 
Lehre der Denker erschöpfte. Für uns erwächst wahre 
Philosophiegeschichte erst aus der Einsicht in die not- 
wendigen Entwicklungszusammenhänge der Probleme 
und Ideen. Wenn anders die Rückwendung von dem 
Ganzen einer Weltanschauung auf die Person ihres 
Urhebers, durch die sich der Individualismus unse- 
rer Zeit auch die Historie untertan macht, nicht reak- 
tionäre Verflachung, sondern tieferes und unmittel- 
bareres Verständnis des geistig Wirksamen bedeutet, 
wenn wirklich Privatbriefe ein mehr als geschicht- 
liches Interesse beanspruchen dürfen, so muß das, was 
für uns die Individualität ausmacht, in etwas ande- 
rem zu finden sein als in den zufälligen „Lebensum- 
ständen“. | 

In der Tat lebt im Besten unseres menschlichen An- 
teils am Genie ein starkes Gefühl dafür, daß die rein 
biographische Beschreibung dessen, was „um das Leben 
herumsteht“, das wahrhaft Persönliche gerade verfehlt. 
Die individuellen Determinanten, von denen das ur- 
spriinglich Eigene des Kunst- oder Gedankenwerks ab- 
hängt, sind ganz andere als die, welche die bürgerlichen 
Schicksale bestimmen. Wir suchen іп der Persónlich- 
keit nicht das zufällig Besondere, das ihr von außen 
aufgeprägt wird, sondern das zu tiefst Notwendige und 
Substantielle, man móchte sagen, das objektiv Allge- 
meingültige der Subjektivitat. Es ist das Geheimnis 
der Form, das hier begründet Пері: der Form, die 
aus dem historisch gegebenen oder logisch ableitbaren 


— 116 — 


_-Sachgehalt emer Gedankenmasse die unwiederholbare 
„Einheit einer Weltanschauung macht und die zugleich 
-ım äußeren Leben des Schaffenden als Urgesetz sei- 
nes seelischen Verhaltens wirkt, durch alle soziale Zu- 
fälligkeit hindurch den charakteristischen Lebensstil 
. offenbarend. 
- Dieser Kern der Individualität ist es, den wir in den 
; brieflichen Äußerungen der Großen suchen. Wer sie 
nach dem Maß biographischer oder stofflicher Beleh- 
rung bewertet, dem müssen sie unzulanglich vorkommen 
, neben der vollständigen Lebensbeschreibung und bedeu- 
. tungslos angesichts der Werke. Der schlechthin unver- 
.. gleichliche Wert von Briefen liegt darin, daß sie uns 
- ins Herz dessen, was Persönlichkeit bedeutet, blicken 
, lassen. Mit höchster, geschlossener Energie offenbart 
sich ja das geniale Individuum in seinem Schaffen; aber 
.. unmittelbarer und oft ungewollt-überzeugender tritt es 
с uns aus den privaten Kundgebungen der Feder entgegen, 
die dem Ehrgeiz, welcher die Pflicht des Schriftstellers 
S ist, ein volles Ausruhen gönnen. Man muß erst in den 
2 Werken selbst die bewegenden Kräfte und die letzte 
2 Einheitsbeziehung, Ше aus der Seele des Autors quillt, 
Р erfaßt haben, um durch das oft mächtige AuBenwerk 
» der Korrespondenz über die „inneren Fortifikationslinien 
, des Ich“, von denen Goethe spricht, bis ins Zentrum 
, vorzudringen. Aber dann hilft uns wieder die Vertraut- 
e heit mit dem Menschen der Briefe, die Umrißlinien der 
2 Individualitát auch in ihren Schópfungen klarer zu er- 
, kennen. 


(ie 


" Nicht was, sondern wie der Schreiber erlebt, — was 


— 117 — 


ihn fesselt und was er iibersieht oder verschweigt, wie 
er die großen und kleinen Geschehnisse, Stimmungen, 
Taten beurteilt: darin sollen wir den geheimen Rhyth- 
mus dieses Lebens spüren, der zugleich das charakteri- 
stische Formgesetz der Gedankenwelt des Genies ist! 
Wer so zu lesen weiß, der ergreift ein Stück Selbst- 
bekenntnis ın der nüchternen Sachlichkeit des alten 
Goethe oder Kant nicht minder als in den brieflichen 
Gefühlsausbrüchen eines Nietzsche : der dringtauch durch 
Heuchelei, Verschlossenheit und Pose zu der Schopen- 
hauerschen Seelenkenntnis vor : daßalleSelbstdarstellung 
zuletzt notwendig des Menschen wahres Wesen offen- 
bart. 

Am schlagendsten bekundet sich diese Aufrichtigkeit 
da, wo das innere Verhältnis des Schaffenden zu seinem 
Werk sich in brieflichen Selbstzeugnissen reflektiert. 
Während die quantitativ so gewichtigen Briefe, in denen 
die Philosophen zu ihren Schriften erläuternd und ver- 
teidigend Stellung nehmen, meist einen erstaunlich ge- 
ringen Gewinn für das Verständnis der Lehre bieten, 
gibt es nichts Aufschlußreicheres, als den Prozeß des 
Schaffens selbst, das persönliche Verhältnis des Denkers 
zum werdenden und fertigen Werk in der Spiegelung 
der Briefe zu verfolgen. Wie der Mensch in seiner ganzen 
Existenz das Wunder genialen Schaffens erlebt, wie er 
den Enthusiasmus, ohne den nichts Großes wird, erträgt, 
in sein ganzes Lebensgefühl hinüberfluten läßt oder in 
der Strenge handwerklichen Fleißes unterdrückt -, 
diese tiefen Fragen der Psychologie des Genies sind es, 
auf die die Briefe die beste und oft die einzige Antwort 


— 118 — 


geben. Mag der philosophische Briefschreiber gern oder 
selten, mit Demut oder Stolz von seinem Werk reden, 
mag er sich an das dogmatisch Erstarrte der Lehre 
heften oder die innere Bewegtheit des Geistes erneuern, 
— stets fühlen wir, wie die große Aufgabe des Denkers 
all ihr Menschentum aufsammelt, ja in sich verzehrt. 
Denn das geniale Werk fordert immer den Schaffenden 
als Opfer. — 

Die folgenden Briefe, den jüngsten Auswahlbänden 
des Verlags entnommen, lassen die Gemeinsamkeit, in der 
sie sich den oben entwickelten Gesichtspunkten unter- 
ordnen, und zugleich eine historische Entwicklungs- 
linie in aller Eigenart dreier Temperamente deutlich 
erkennen. 


KANT AN JOHANN GOTTFRIED HERDER 


Hochwohlehrwürdiger! 
Hochzuehrender Herr! 
Ich ergreife diese Gelegenheit, um Ihnen diejenige Ach- 
tung und Freundschaft zu bezeigen, die meine gewöhn- 
liche Nachlässigkeit im Schreiben hätte zweifelhaft ma- 
chen können. Ich habe an dem unterscheidenden Beifall, 
den sich Ihre neuerliche Versuche in der Welt erworben 
haben, mit einer gewissen Eitelkeit Anteil genommen, 
ob solche zwar bloß auf Ihrem eigenen Boden gewachsen 
sind und derjenigen Anweisung, die sie bei mir zu nehmen 
beliebten, nichts schuldig sind. Wofern die Kritik nicht 
das Nachteilige an sich hätte, das Genie furchtsam zu 
machen, und die Feinheit des Urteils die Selbstbilligung 


-- 19 — 


sehr schwer machte, so würde ich hoffen, nach dem 
kleinen Versuche, den ich von Ihnen aufhebe, zu hoffen, 
an Ihnen in derjenigen Art von Dichtkunst, welche die 
Grazie der Weisheit ist, und worin Pope noch allein 
glänzt, mit der Zeit einen Meister zu erleben. Bei der 
früheren Auswickelung Ihrer Talente sehe ich mit meh- 
rerem Vergnügen auf den Zeitpunkt hinaus, wo der 
fruchtbare Geist, nicht mehr so getrieben durch die 
warıne Bewegung des jugendlichen Gefühls, diejenige 
Ruhe erwirbt, welche sanft, aber empfindungsvoll ist 
und gleichsam das beschauliche Leben des Philosophen 
ist, gerade das Gegenteil von demjenigen, wovon My- 
stiker träumen. Ich hoffe diese Epoche Ihres Genies aus 
demjenigen, was ich von Ihnen kenne, mit Zuversicht: 
eine Gemütsverfassung, die dem, so sie besitzt, und der 
Welt unter allen am nützlichsten ist, worin Montange 
den untersten und Hume, so viel ich weiß, den obersten 
Platz einnelime. 
Was mich betrifft, da ich an nichts hänge und mit 
einer tiefen Gleichgültigkeit gegen meine oder anderer 
Meinungen das ganze Gebäude ofters umkehre und 
aus allerlei Gesichtspunkten betrachte, um zuletzt et- 
wa denjenigen zu treffen, woraus ich hoffen kann, 
es nach der Wahrheit zu zeichnen, so habe ich, seit- 
dem wir getrennet sein, in vielen Stücken andere Ein- 
sichten Platz gegeben; und indem mein Augenmerk 
vornehmlich darauf gerichtet ist, die eigentliche Be- 
stimmung und die Schranken der menschlichen Fähig- 
keiten und Neigungen zu erkennen, so glaube ich, daß 
es mir in dem, was die Sitten betrifft, endlich ziemlich 


— 120 — 


De — 
AN Or Жаа 


Immanuel Kant 


ғ-- 


gelungen sei, und ich arbeite jetzt an einer Metaphy- 
sik der Sitten, wo ich mir einbilde, die augenschein- 
lichen und fruchtbaren Grundsätze, imgleichen die Me- 
thode angeben zu können, wornach die zwar sehr 
gangbare, aber mehrenteils doch fruchtlose Bemühun- 
gen in dieser Art der Erkenntnis eingerichtet werden 
müssen, wenn sie einmal Nutzen schaffen sollen. Ich 
hoffe, in diesem Jahre damit fertig zu werden, wofern 
meine stets wandelbare Gesundheit mir daran nicht hin- 
derlich ist. 

Ich bin mit wahrer Hochachtung 

Ew. Hochwohlehrw. 


ergebenster Freund u. Diener 
Königsberg, I. Kant. 


den gten Mai 
1767. 


KANT AN MARCUS HERZ (nach Übersendung der „Kritik der 
reinen Vernunft“). Nach dem rr. Mai 1781. 


Hochedelgeborener Herr! 
Wertester Freund! 
Vor die Bemühung, die Sie übernommen haben, die 
4 Exemplare meines Buches zu verteilen, sage den er- 
gebensten Dank, noch mehr aber davor, daß Sie bei 
Ihrer eigenen schriftstellerischen Arbeit (denn ich höre, 
daß Sie eine medizinische Enzyklopädie ausarbeiten) 
sich vorgesetzt haben, diese Schrift ganz eigentlich zu 
studieren, auf welche Bemühung ich nur bei sehr wenig 
Lesern gleich anfangs rechnen darf, unerachtet ich mich 


— 121 — 


demütigst überzeugt halte, sie werde mit der Zeit all- 
gemeiner werden. Denn man kann es nicht erwarten, 
daß die Denkungsart auf einmal in ein bisher ganz un- 
gewohntes Gleis geleitet werde, sondern es gehört Zeit 
dazu, um sie zuvor in ihrem alten Gange nach und nach 
aufzuhalten und sie endlich durch allmähliche Eindrücke 
in die entgegengesetzte Richtung zu bringen. Von einem 
Manne aber, der unter allen, die mir das Glück als Zu- 
hörer zugeführt hat, am geschwindesten und genauesten 
meine Gedanken und Ideen begriff und einsah, kann 
ich allein hoffen, daß er in kurzer Zeit zu demjenigen 
Begriffe meines Systems gelangen werde, der allein ein 
entscheidendes Urteil über dessen Wert möglich macht. 
Wem aber nur der Zustand, darin Metaphysik nicht 
allein jetzt liegt, sondern auch darin sie jederzeit ge- 
wesen ist, deutlich einleuchtet, der wird nach einer 
flüchtigen Durchlesung es schon der Mühe wert finden, 
wenigstens in dieser Art der Bearbeitung so lange alles 
liegen zu lassen, bis das, wovon hier die Frage ist, völlig 
ausgemacht worden, und da kann meine Schrift, sie 
mag stehen oder fallen, nicht anders als eine gánzliche 
Veränderung der Denkungsart in diesem uns so innigst 
angelegenen Teile menschlicher Erkenntnisse hervor- 
bringen. Meinesteils habe ich nirgend Blendwerke zu 
machen gesucht und Scheingründe aufgetrieben, um 
mein System dadurch zu flicken, sondern lieber Jahre 
verstreichen lassen, um zu einer vollendeten Einsicht 
zu gelangen, die mir völlig genug tun könnte, zu wel- 
cher ich auch gelanget bin, so daß ich (welches nie- 
mals bei irgendeiner andern meiner Schriften der Fall 


— 122 — 


EES 


- 


: gewesen) auch jetzt nichts in der Hauptsache antreffe, 
. was ich zu ändern wünschte, ob ich gleich hin und 
. wieder kleine Zusätze und einige Erläuterungen gerne 
. hinzugefügt haben möchte. Schwer wird diese Art Nach- 
. forschung immer bleiben. Denn sie enthält die Meta- 
_ Physik von der Metaphysik; und gleich wohl habe ich 
. einen Plan in Gedanken, nach welchem sie auch Popu- 
larität bekommen kann, die aber im Anfange, da der 

_ Grund aufzuräumen war, übel angebracht gewesen sein 
, Würde, zumal das Ganze dieser Erkenntnis nach aller 
.. seiner Artikulation vor Augen gestellt werden mußte; 
. sonst hätte ich nur von demjenigen, was ich unter dem 
Titel der Antinomie der r. V. vorgetragen habe, an- 

; fangen dürfen, welches in sehr blühendem Vortrage 
, hätte geschehen können und dem Leser Lust gemacht 
г hatte, hinter die Quellen dieses Widerstreites zu forschen. 
-. Allein der Schule muß zuerst ihr Recht widerfahren, 
; bernach kann man auch dahin sehen, daß man der 


. Welt zu gefallen lebe... 


SCHOPENHAUER AN GOETHE (nach Ubersendung des Manu- 
skripts ,,Uber das Sehen und die Farben“). Dresden, іі. Nov. 1815. 


Ewr. Exzellenz 
| haben mir durch Ihr gütiges Schreiben 
eine ргобе Freude gemacht, weil alles, was von Ihnen 
. kommt, für mich von unschätzbaren Wert, ja mir ein 
Heiligtum ist. Überdies erhalt Ihr Brief das Lob meiner 
, Arbeit, und Ihr Beifall überwiegt in meiner Schätzung 


— 123 — 


jeden andern. Besonders erfreulich aber ist es mir, daß 
Sie in diesem Lobe selbst, mit der Ihnen eignen Divi- 
nation, grade wieder den rechten Punkt getroffen haben, 
indern Sie nämlich die Treue und Redlichkeit rühmen, 
mit der ich gearbeitet habe. Nicht nur was ich іп diesem 
beschränkten Felde getan habe, sondern alles was ich 
in Zukunft zu leisten zuversichtlich hoffe, wird einzig 
und alleın dieser Treue und Redlichkeit zu danken sein. 
Denn diese Eigenschaften, die ursprünglich nur das 
Praktische betreffen, sind bei mir in das Theoretische 
und Intellektuale übergegangen: ich kann nicht rasten, 
kann mich nicht zufrieden geben, solange irgendein 
Teil eines von mir betrachteten Gegenstandes noch nicht 
reine, deutliche Kontur zeigt. 

Jedes Werk hat seinen Ursprung in einem einzigen 
glücklichen Einfall, und dieser gibt die Wollust der 
Konzeption: die Geburt aber, die Ausführung ist, we- 
nigstens bei mir, nicht ohne Pein: denn alsdann stehe 
ich vor meinem eigenen Geist: wie ein unerbittlicher 
Richter vor einem Gefangenen, der auf der Folter liegt, 
und lasse ihn antworten, bis nichts mehr zu fragen übrig 
ist. Einzig aus dem Mangel an jener Redlichkeit scheinen 
mir fast alle Irrtümer und unsäglichen Verkehrtheiten 
entsprungen zu sein, davon die Theorien und Philo- 
sophien so voll sind. Man fand die Wahrheit, nicht, 
bloß darum, daß man sie nicht suchte, sondern statt 
ihrer immer nur irgendeine vorgefaßte Meinung wieder- 
zufinden beabsichtigte, oder wenigstens irgendeine Lieb- 
lingsidee durchaus nicht verletzen wollte, zu diesem 
Zweck aber Winkelzüge gegen andere und sich selbst 


шы 124 2 


anwenden mußte. Der Mut, keine Frage auf dem Her- 
zen zu behalten, ist es, der den Philosophen macht. 
Dieser muß dem Odipus des Sophokles gleichen, der, 
Aufklärung über sein eigenes schreckliches Schicksal 
suchend, rastlos weiter forscht, selbst wenn er schon 
abndet, daß sich aus den Antworten das Entsetzlichste 
für ihn ergeben wird. Aber da tragen die meisten die 
Jokaste in sich, welche den Ödipus um aller Götter 
willen bittet, nicht weiter zu forschen: und sie gaben 
ihr nach, und darum steht es auch mit der Philosophie 
noch immer wie es steht. — Wie Odin am Höllentor 
die alte Seherin in ihrem Grabe immer weiter ausfrägt, 
ihres Sträubens und Weigerns und Bittens um Ruhe 
ohngeachtet, so muß der Philosoph unerbittlich sich 
selbst ausfragen. Dieser philosophische Mut aber, der 
eins ist mit der Treue und Redlichkeit des Forschens, 
Ше Sie mir zuerkennen, entspringt nicht aus der Re- 
. flexion, läßt sich nicht durch Vorsätze erzwingen, son- 
dern ist angeborne Richtung des Geistes. Mit meinem 
Wesen innig verwebt, zeigt jene Treue und Redlichkeit 
sich nebenher auch im praktischen und persónlichen, 
зо daß ich häufig mit Wohlbehagen erfahre, wie fast 
ше ein Mensch Mifitrauen gegen mich hegt, vielmehr 
fast jeder ohne alle nähere Bekanntschaft mir ganz und 
gar vertraut. 

Diese Eigenschaft (über die ich fürchten müßte, zu 
selbstgefällig mich ausgelassen zu haben, wenn nicht 
Ehrlichkeit das einzige wäre, das jeder von sich rühmen 
darf) ist es nun auch, die mir die Zuversicht gibt, zu 
Ewr. Exzellenz so offen, ja frei zu reden... 


— 15 — 


SCHOPENHAUER AN F. А. BROCKHAUS 


Da mir Herr v. Biedenfeld gesagt hat, daß Sie, auf eine 
vorläufige Anfrage, nicht abgeneigt wären, ein Manus- 
kript von mir zu drucken, so nehme ich mir die Frei- 
heit, Ihnen näher anzugeben, wovon die Rede ist. 

Ich will nämlich zur nächsten Michaelis-Messe ein phi- 
losophisches Werk erscheinen lassen, an welchem ich 
hier seit 4 Jahren unablässig gearbeitet habe. — Es wär 
nun einerseits sehr am unrechten Ort, dem Verleger 
gegenüber als Schriftsteller den Bescheidenen spielen zu 
wollen : andererseits ist es überall unrecht, den Charla- 
tan zu machen. Daher will ich Ihnen zugleich offen und 
gewissenhaft über mein Werk dasjenige sagen, woran 
Ihnen, meines Erachtens, gelegen sein kann. Zugleich 
aber nehme ich Ihnen, als einem Mann von Ehre, hier- 
mit das Versprechen ab, das Gesagte streng zu ver- 
schweigen, sogar den Titel des Buches, welchen niemand 
früher als aus dem Meßkatalog erfahren soll. 

Mein Werk also ist ein neues philosophisches System, 
aber neu im ganzen Sinn des Worts: nicht neue Dar- 
stellung des schon Vorhandenen, sondern eine im höch- 
sten Grad zusammenhängende Gedankenreihe, die bis- 
her noch nie in irgend eines Menschen Kopf gekommen. 
Das Buch, іп welchem ich das schwere Geschäft, sie 
andern verständlich mitzuteilen, ausgeführt habe, wird, 
meiner festen Überzeugung nach, eines von denen sein, 
welche nachher die Quelle und der Anlaß von hundert 
anderen Büchern werden. Jene Gedankenreihe war, dem 
Wesentlichen nach, schon vor 4 Jahren in meinem Kopf 


— 126 — 


vorhanden: aber um sie zu entwickeln und sie durch 
unzählige Aufsätze und Studien mir selber vollkommen 


_ deutlich zu machen, bedurfte es ganzer 4 Jahre, in 
welchen ich mich ausschließlich damit und mit den da- 
| zugehörigen Studien fremder Werke beschäftigt habe, 
. Nor einem Jahr fing ich an, das Ganze in zusammen- 
_ hangendem Vortrag für andere faßlich zu machen, und 
bin damit eben jetzt fertig geworden. Dieser Vortrag 
selbst ist gleich fern von dem hochtönenden, leeren und 


Are 5“ 


sinnlosen Wortschwall der neuen philosophischen Schule 
und vom breiten glatten Geschwätze der Periode vor 
Kant; er ist im höchsten Grade deutlich, faßlich. dabei 
energisch und ich darf wohl sagen nicht ohne Schönheit: 
nur wer echte eigene Gedanken hat, hat echten Stil. 
Der Wert, den ich auf meine Arbeit lege, ist sehr groß: 
denn ich betrachte sie als die ganze Frucht meines Da- 
seins. Der Eindruck nämlich, welchen auf einen indivi- 
duellen Geist die Welt macht, und der Gedanke, durch 
welchen der Geist nach erhaltener Bildung auf jenen 
Eindruck reagiert, ist allemal nach zurückgelegtem 
dreißigsten Jahre da, vorhanden und geschehn: alles 
Spätere sind nur Entwicklungen und Variationen des- 
selben. Ist nun diese Reaktion, dieser Gedanke, ein vom 
gewöhnlichen, wie er sich täglich in Millionen Indivi- 
duen wiederholt, verschiedener und wirklich eigentüm- 
licher, so kann nun auch das Werk, in welchem er sich 
ausspricht und mitteilt, sogleich vollendet werden, so- 
bald nur ein günstiges Geschick die Muße, die innere 
und äußere Ruhe dazu gibt. Dies ist nun, wie ich glaube, 
mein Fall gewesen. Wollte ich demnach, gemäß dem 


Werte, welchen ich auf mein Werk lege, meine Forde- 
rungen an sie abmessen, so würden diese außerordent- 
lich, ja unerschwingbar ausfallen. Sogar aber wenn ich 
auch nur nach dem Wert, den, meines Erachtens, das 
Manuskript für den Verleger haben wird, die Forde- 
rungen machen wollte, würden sie schon stark sein. 
Allein auch dieses werde ich nicht, weil ich nicht ver- 
langen kann, daß Sie alles Gesagte mir ganz auf mein 
Wort glauben, sondern Sie natürlich argwöhnen müssen, 
ich sei durch Eigenliebe bestochen. Dies annehmend 
bequeme ich mich von der Rücksicht auszugehen, daß 
mein Name noch sehr wenig bekannt ist, und daß ein 
philosophisches Werk, solange es keinen Ruhm erlangt 
hat, vors Erste kein großes Publikum findet, wiewohl 
nachher ein desto größeres. Hierauf also gründen sich 
folgende höchst billige Forderungen. 

Das Werk hat zum Titel: „Die Welt als Wille und 
Vorstellung, von Arthur Schopenhauer, nebst einem An- 
hang, der die Kritik der Kantischen Philosophie ent- 
halt.“ Sie machen sich verbindlich, das Werk zur 
Michaelismesse zu liefern, auf gutem Druckpapier, in 
großem Format, mit scharfen Lettern schön gedruckt. 
Sie bezahlen mir das kaum nennenswerte Honorar von 
einem Dukaten für den gedruckten Bogen, und zwar 
gleich bei der Ablieferung des MS: denn ich reise, 
sobald ich es übergeben, nach Italien ab, welche Reise 
ich bloß dieser Arbeit wegen um 2 Jahre verschoben 
habe.... 

Ihre gefällige ganz entschiedene Antwort erbitte ich 
mir ohne Aufschub, weil, falls Sie meinen Antrag nicht 


— 128 — 


ES =r weg ier A, ie 


annehmen, ich jemanden, der nach Leipzig geht, auf- 
tragen werde, mir dort auf der Messe einen Verleger 
zu suchen. 

Mich ergebenst empfehlend 


| Arthur Schopenhauer. 
Dresden, den 28ten Marz 1818. 


NIETZSCHE AN MALWIDA VON MEYSENBUG (bei Ubersendung 
der dritten ,,Unzeitgema Ben Betrachtung“: Schopenhauer als Erzieher) 
Basel, 25. Oktober 1874. 


Endlich, verehrtestes Fraulein, komme ich wieder da- 
zu, Ihnen etwas von mir zu erzählen, namlich dadurch, 
daß ich Ihnen wieder etwas Neues von mir überreiche. 
Aus dem Inhalte dieser letzten Schrift werden Sie genug 
von dem erraten, was ich inzwischen in mir erlebt habe. 
Auch daß es mit mir im Verlaufe des Jahres ınitunter 
viel schlechter und bedenklicher stand, als im Buche 
zu lesen steht. In sumına ‘aber doch, daß es geht, vor- 
Warts geht und daß es mir nur gar zu sehr am Sonnen- 
‚scheine des Lebens fehlt; sonst würde ich sagen müssen, 
daß es mir gar nicht besser gehen könnte, als es geht. 
Denn es ist gewiß ein hohes Glück, mit seiner Aufgabe 
schrittweise vorwärts zu kommen — und jetzt habe ich 
drei von den ı3 Betrachtungen fertig, und die vierte 
.Spukt im Kopfe; wie wird mir zumute sein, wenn ich 
erst alles Negative und Empörte, was in mir steckt, aus 
Wir heraus gestellt habe, und doch darf ich hoffen, in 
5 Jahren ungefähr diesem herrlichen Ziele nahe zu sein! 
Schon jetzt empfinde ich mit wahrem Dankgefühle, wie 
АХА immer heller und schärfer sehen lerne — geistig! 


(leider nicht leiblich!) und wie ich mich immer be- 
stimmter und verstandlicher aussprechen kann. Wenn 
ich in meinem Laufe nicht völlig irre gemacht werde 
oder selber erlahme, so muß etwas bei alledem heraus- 
kommen. Denken Sie sich nur eine Reihe von 50 solcher 
Schriften wie meine bisherigen vier, alle aus der іппе- 
ren Erfahrung heraus ans Licht gezwungen, — da- 
mit müßte man doch schon eine Wirkung tun, denn 
man hätte gewiß vielen Menschen die Zunge gelöst, und 
es wäre genug zur Sprache gebracht, was die Menschen 
nicht so bald wieder vergessen könnten und was gerade 
jetzt wie vergessen, wie gar nicht vorhanden erscheint. 
Und was sollte mich in meinem Laufe stören ? Selbst 
feindselige Gegenwirkungen werden mir jetzt zu Nutzen 
und Glück: denn sie klären mich oftmals schneller auf 
als die freundlichen Mitwirkungen; und ich begehre 
nichts mehr, als über das ganze höchst verwickelte 
System von Antagonismen, aus denen die „moderne 
Welt“ besteht, aufgeklärt zu werden. Glücklicherweise 
fehlt es mir an jedem politischen und sozialen Ehrgeize, 
so daß ich von da aus keine Gefahren zu befürchten 
habe, keine Abziehungen, keine Nötigung zu Trans- 
aktionen und Rücksichten; kurz, ich darf heraussagen, 
was ich denke, und ich will einmal erproben, bis zu 
welchem Grade unsre auf Gedankenfreiheit stolzen Mit- 
menschen freie Gedanken vertragen. Ich fordere vom 
Leben nicht zu viel und nichts Uberschwengliches ; dafür 
bekommen wir alle in den nächsten Jahren etwas zu 
erleben, worum uns alle Vor- und Nachwelt beneiden 
darf. Ebenfalls bin ich mit ausgezeichneten Freunden 


EN 130 iux 


vider alles Verdienst beschenkt worden; nun wiinsche 
ch mir, vertraulich gesprochen, noch recht bald ein 
zutes Weib, und dann denke ich meine Lebenswiinsche 
‘ir erfüllt anzusehen. . . . 
[nzwischen meine innigsten Wünsche für Ihre Gesund- 
heit und die alte Bitte, mir freundlich gewogen bleiben 
zu wollen. 
Treulich 
Ihr ergebenster Diener 
Friedrich Nietzsche. 


NIETZSCHE AN ERWIN ROHDE. Nizza, 22. Felruar 1884. 


Mein alter lieber Freund, 
ich weiß nicht, wie es zuging: aber als ich Deinen 
letzten. Brief las und namentlich als ich das liebliche 
Kinderbild sah, da war mirs, als ob Du mir die Hand 


| drücktest und mich dabei schwermütig ansáhest : schwer- 


mütig, als ob Du sagen wolltest: „Wie ist es nur mó,- 


. lich, daf wir so wenig noch gemein haben und wie in 


A 


. verschiedenen Welten leben! Und einstmals — —“ 


f 
m 


Und so, Freund, geht es mir mit allen Menschen, die 


mir lieb sind: alles ist vorbei, Vergangenheit, Scho- 
nung; man sieht sich noch, man redet, um nicht zu 
. schweigen —, man schreibt sich Briefe noch, um nicht 
, zu schweigen. Die Wahrheit aber spricht der Blick aus: 


und der sagt mir (ich höre es gut genug!): „Freund 
Nietzsche, Du bist nun ganz allein!“ 

So weit habe ichs nun wirklich gebracht. — 
Inzwischen gehe ich meinen Gang weiter, eigentlich ists 


=. ІЗ o 


eine Fahrt, eine Meerfahrt — und ich habe nicht um- 
sonst jahrelang in der Stadt des Kolumbus gelebt. — 
Mein „Zarathustra“ ist fertig geworden, in seinen dre 
Akten: den ersten hast Du, die beiden andern hoffe ich 
іп 4-6 Wochen Dir senden zu können. Es ist eine Art 
Abgrund der Zukunft, etwas Schauerliches, namentlich 
in seiner Glückseligkeit. Es ist alles drin mein Eigen, 
ohne Vorbild, Vergleich, Vorgänger ; wer einmal darin 
gelebt hat, der kommt mit einem andern Gesichte 
wieder zur Welt zurück. 

Aber davon soll man nicht reden. Für Dich aber, als 
einen homo litteratus, will ich ein Bekenntnis nicht zu- 
rückhalten: — ich bilde mir ein, mit diesem Zarathu- 
stra die deutsche Sprache zu ihrer Vollendung gebracht 
zu haben. Es war, nach Luther und Goethe, noch 
ein dritter Schritt zu tun —; sieh zu, alter Herzens- 
kamerad, ob Kraft, Geschmeidigkeit und Wohllaut je 
schon in unsrer Sprache so beieinander gewesen sind. 
Lies Goethe nach einer Seite meines Buchs — und Du 
wirst fühlen, daß jenes , Undulatorische*, das Goethen 
als Zeichner anhaftete, auch dem Sprachbildner nicht 
fremd blieb. Ich habe die strengere, männlichere Linie 
vor ihm voraus, ohne doch, mit Luther, unter die Rüpel 
zu geraten. Mein Stil ist ein Tanz; ein Spiel der Symme- 
trien aller Art und ein Überspringen und Verspotten dieser 
Symmetrien. Das geht bis in die Wahl der Vokale. — 
Verzeihung! Ich werde mich hüten, dies Bekenntnis 
einem andern zu machen, aber Du hast einmal, ich 
glaube als der einzige, mir eine Freude an meiner 
Sprache ausgedrückt. — 


— 132 — 


Ubrigens bin ich Dichter bis zu jeder Grenze dieses 
Begriffs geblieben, ob ich mich schon tüchtig mit dein 
Gegenteil aller Dichterei tyrannisiert habe. 
Ach, Freund, was für ein tolles, verschwiegenes Leben  : 
lebe ich! So allein, allein! So ohne ,Kinder*! 
Bleibe mir gut, ich bins Dir wahrhaftig. 
Dein 
F. N. 


ZWEI BRIEFE AN DEN JUNGEN GOETIIE / 
MITGETEILT VON MAX MORRIS 


M 21. November 1782 schreibt Goethe an Knebel: 
„Alle Briefe an mich seit 72, und viele Papiere 
iener Zeiten, lagen bey mir in Packen ziemlich ordentlich 
gebunden, ich sondre sie ab und lasse sie heften. Welch 
ein Anblick! mir wirds doch manchmal heis dabey.* 
Der Literarhistoriker liest diese Stelle mit lüsternem 
Interesse, aber alle Hoffnungen, die er daran knüpfen 
könnte, werden zunichte bei Goethes Angabe in den 
Tag- und Jahresheften von 1797: „Vor meiner Abreise 
[nach der Schweiz] verbrenn’ ich alle an mich gesen- 
deten Briefe seit 1772, aus entschiedener Abneigung 
gegen Publication des stillen Gangs freundschaftlicher 
Mitteilung.“ Von dieser großen Briefverbrennung hat 
Goethe dann auf der Reise in Frankfurt einem Jugend- 
freunde, dem Kunsthistoriker Hüsgen erzählt, der dar- 
über an Gerning schreibt: „Was halten Sie aber von 
dem sonderbaren Verfahren Goethens, der vor seiner 
Abreise etwas tat, was er in seinem ganzen 48jährigen 


— 133 — 


Leben nicht getan hat, nämlich alte Briefe durch Feuer 
vernichten, darunter ihn diejenigen des Selbsttóters Merck 
wegen ihres Geistesinhalts zwei Tage Überwindung koste- 
ten.“ Mit so vielen anderen sind damals auch Kestners 
und Lottes Briefe an Goethe zugrunde gegangen, und es 
ist also leider nicht eingetroffen, was Goethe am 15. De- 
zember 1772 an die beiden schrieb: , Eure Briefe kom- 
men nicht in fall verbrennt zu werden. Ich habe schon 
dran gedacht. Aber zurück kriegt ihr sie auch nicht. 
Wenn ich sterbe, will ich sie euch vermachen. “ 

Der Kanzler v. Miller berichtet unter dem 18. Februar 
1830: „Er erzählte vom Verbrennen aller seiner gesam- 
melten Briefe bis 1786, als er nach Italien zog.“ Hier 
hat sich aber Goethe wohl geirrt. Es war ihm nach Jahr- 
zehnten nur noch gegenwärtig, daß er vor einer großen 
Reise die lange aufbewahrten Briefpakete verbrannt 
hatte, und da dachte er an Ше italienische Reise. 

Für uns ist der Verlust aller dieser Zeugnisse aus Goethes 
Jugend sehr schmerzlich, und auch Goethe selbst wird 
später beim Ausarbeiten von „Dichtung und Wahr- 
heit“ seinen raschen Entschluß bereut haben. Wie viele 
eingeschlafene Erinnerungen hätten ihm diese alten 
Papiere wach rufen können, welche Fülle farbiger Ein- 
zelzüge wäre daraus in seine Darstellung eingeflossen! 
Aber der Plan, sein Leben zu erzählen, lag ihm 1797 
noch ganz fern. Einen geringen Ersatz für die ver- 
brannten Originalbriefe gewähren einige Dutzend Kon- 
zepte zu Briefen an Goethe, die sich im Nachlaß von 
Lavater, Gerstenberg, Bürger, Fritz Jacobi u. a. vorge- 
funden haben und im Band 6 des erneuten „Jungen 


a 134 rom 


Goethe“ in den Kommentar zu Goethes Briefen emge- 
fügt werden sollen. Vor einigen Jahren sind nun auch 
zwei Originalbriefe an den jungen Goethe aufgetaucht, 
die irgendwie seinem Gewahrsam entschlüpft waren und 
dadurch glücklich der Vernichtung entgangen sind. Sie 
befinden sich jetzt in der Sammlung von Dr. Anton 
Kippenberg in Leipzig. Auf den Brief der Sophie von 
La Roche erwidert Goethe am 21. Oktober (Der junge 
Goethe 4, 143), und seine Antwort wird nun erst ganz 
verständlich. Noch interessanter ist der Brief von Caro- 
line Flachsland, der auf Goethes Sendung der drei einp- 
findsamen Oden für die Darmstädter Freundinnen ant- 
wortet. 


CAROLINE FLACHSLAND AN GOETHE 


Darm. d ı3t Juny 
Ists auch recht daß ich erst auf Anlaß des inliegenden 
Briefs meiner Lila Ihnen schreibe lieber bester Freund ? 
hab ich Ihnen doch für Ihr Felsweihegesang u. Wander- 
lied mit Herz u. Seele gedankt u. Sie dafür umarmt! 
Unser guter Merk wird es Ihnen nicht geschrieben haben, 
ich weiß daß er zuweilen solche Aufträge vergißt, aber 
dann weiß ich auch daß unser lieber guter Goethe mich 
ет wenig kennt, u. da bin ich zufrieden. 
Mein Briefchen wird jetzt auch durch ein Geschenk be- 
gleitet das mir gestern Abend beym Mondschein, da ichs 
erhielt, eine süße Abendstunde machte. ich wills nicht 
länger behalten es soll zu Ihnen, es ist so ganz unsre 
Lila darinnen. 


— e 25 


Sind Фе 3 Monath bald vorbey? werden wir Sie bald wie- 
dersehn ? o lieber guter Freund was haben Sie zurück in 
unsern Herzen gelaßen ! wir stimmen zuweilen auf einmal 
an „wenn unser Goethe doch wieder hier wáre!* — 
Herder läßt Sie durch mich tausendmal grüßen (wissen 
Sie daß ich an ihn schreibe, u. daß es der Erste Brief- 
wechsel meines Herzens ist?) er will Ihnen Ihren braven 
Berlichingen bald wiederschicken, u. mir bald ein Drama 
„Brutus“ wenn ichs bekomme u. Sie noch nicht bald 
zu uns kommen, u. es gern in Wetzlar lesen? so schicke 
ichs Ihnen. — 

So oft ich zum Felsen komme stecke ich einen grünen 
Zweig, die ich sehr liebe, u. Blumen darauf, umarme | 
dann alle ineine Freunde, u. blicke gen Himmel — adieu 
lieber guter G., móchte Ihnen doch oft wenn Sie an Ihre 
Freunde denken u. mit ihnen wandeln ein gutes Weib 
mit einem schónen Knaben begegnen! 

Uns gaben die Gótter 


auf Erden Elysium. 
Flachsl. 


SOPHIE VON LA ROCHE AN GOETHE 

17 8br 1774 
Göthe mein Freund! warum so gar nichts von Ihnen — 
gar nichts — sind Sie so glüklich das die Zufriedenheit 
Ihrer Freunde überfluss wird — oder so übel gestimmt — 
das auch alles, was ich für Sie denke u. bin unnüzes 
Zeug für Sie ist schicken Sie doch dem la Roche — u. 
dem Regierungs Presidenten von Gemingen in Stutgardt 
einen Werther ich bitte Sie. H. v. Hohenteldt dankt Ihuen 


— 136 — 


жен = mp лек 


sehr das Sie ihn geschrieben haben — Er nimt einen ohn- 
endlichen antheil an dem ganzen — u. hat den gang Ihrer 
Seele — schritt vor schritt mit gemacht. Sie sind ihm ohn- 
endlich werth geworden - u. ınir Göthe! was denken Sie 
mir zu seyn? Boie von Göttingen war bey mir wir haben 
viel von Ihnen geredt — der Mann gefiel mir sagen Sie 
wie gefiel ich u. meine treuherzigkeit ihm — Er weiß 
emen Göthe zu lieben ich dank ihm nicht dafür aber 
ich schaze ihn als einen Mann der Seele hat — 

adieu — was macht Ihre Schwester? wird diese nicht 
durch Klopstoken eine Schadloßhaltung erlangen — von 
andrem Guten so ihrem Geist u. Herzen durch ihre ver- 
pflanzung entgangen ist — 

meine gute Max ist in Bonn mit Dumeiz Bolz u. Com- 
pagnie - indeßen sind ein paar Haußtyrannen Briefe ап 
sie eingelofen die mir ihre abreiße fürchterlich machen. 
О- Gothe — wohin ach wohin — hat mich der Aber- 
glaube — an Freundschaft — an edelmüthigkeit u. 
Tugend geführt — die bestattigte vergiftung def} Pabsts 
— hat mich wünschen machen — das der Ehrgeizige — 
dem das arme Kind im Weeg zu seyn schien auch eher 
dieses mittel möchte ergrifen haben — ehe das unglück- 
liche band von den händen geknüpft wurde die meine 
Max elend — u. meine andren Kinder um so viel ärmer 
machten — u. mir zuerst — dann noch dem la Roche 
das Herz brach — u. Dumeizs bezeugen — O Göthe — 
Gift ist ein labtrunk dagegen — ruhe u. Glück meines 
Ilerzens ist ermordet — u. ich kan La Roche nicht sagen — 
Päte non dolet — verzeyhen Sie mir all dieses — heute laag 
ein ganz schweeres — schwarzes gewicht auf mir — ich 


>> 137 -— 


muBte die pressung meines Herzens — tiber der Hand 
eines Freunds außweinen — mißgönnen Sıe mirs nicht — 
und zürnen Sie nicht das ich Sie wählte — adieu. 


Adrese: An Herrn Doktor Göthe ın Frankfurt am Mayn 
auf dem Hirschgraben. franco. — 


AUF DEN TOD / VON JOHN KEATS 
NACHGEDICHTET VON GISELA ETZEL 


Ist Tod wohl Schlaf, da doch nur Traum das Leben 
Und Freuden wie Visionen uns entschwinden, 

Da Seligkeiten geistergleich entschweben 

Und wir das Sterben doch als Schinerz empfinden? 


Wie sonderbar! Du mußt durch Leiden gehen 
Und darfst nicht einen Schritt vom Wege machen, 
Vom finstern Pfad, darfst nie dein Schicksal sehen, 
Das doch nichts weiter ıst als ein Erwachen. 


AUS EINEM UNBEKANNTEN GEDICHT LORD 
BYRONS / ÜBERTRAGEN VON HERBERT ALBERTI 


Könnt aufwärts meiner Jahre Strom ich kehren 
Zum Urquell unseres Lächelns, unserer Zähren, 
Ich ließe nicht durch welker Ufer Wirren 

Der Stunden schale Spur zurück ihn irren, — 
Nein, ruhig sollte er, wie jetzt, mir gleiten 

Ins Meer hinaus der namenlosen Zeiten. 


-— en ---- -..--- е---- е--е. .--- = mn Tu 


Was ist dies: Tod? — Des Herzens em Geruhn? 


— 1338 — 


Die Ganzheit des, davon wir Teile nun? 

Denn Leben ist ein Wahn nur — nur was ich 

Von allem Leben wahne, lebt fiir mich. 

Und also sind, die fern sind, Tote; sie, 

Die unseren Schlaf umgehn; Gespenster, die 

Ein Wall des Grauns um uns geschart, mit Zeichen 
Und Angsten unseres Friedens Frist beschleichen. 


Die fern sind, sind die Toten — Fleisches bar, 
Verwandelt, kalt kann nicht, was unser war, 
Irgend noch unser sein, — und sei es, daß 

Der unvergessene Schwarm nicht ganz vergaß — 
Einmal so abgeschnitten, ist es gleich, 

Ob Land, ob Meer, ob beide unser Reich 

Von jenem scheiden, — einınal klingt es aus 

In trüber Gleiche unbeseelten Graus. 


Die Unterirdischen — sınd sie zu Schutt 
Vermengter Millionen nur ein Sud? 

Nur Asche, von Jahrtausenden verbraust, 
Wo Menschheit je gehaust hat, jemals haust? 
Ach, oder bannt an ungeselligen Ort 

Die Stadt des Schweigens einzeln jeden dort? 
Blieb eine Sprache ihnen? ein Gefühl 
Blutlosen Seins? — beschattet, streng und kühl, 
Wie Einsamkeit der Nacht? — О Erde, so 

Sie einmal wurden doch, wo sind sie, wo? 
Der Toten Teil bist du — wir sind nur Schein 
Und Schaum am Rande; und das Grab allein 
Löst uns des ebenholzenen Tores Schloß 

In deiner Tiefen völkerreichen Schoß, 


кен 159 Gees 


Allwo zu Unsagbarem aufgeklärt 

Auch ich, ein Geist einst, unseres Wesens Wert 
Und großer Herzen Sein begreifend, voll 

Der Weisheit aller Wunder wandeln soll. 


EIN BILDNIS DER LUCREZIA BORGIA / VON 
EMIL SCHAEFFER 


IR liebten deinen Schatten, Messalina, ehrerbietig 

und begierdevoll, wie nur Primaner lieben kön- 
nen, und verstanden dich auch, besser als Tacitus und 
Juvenal, deren arme Klassikerintelligenz die Tiefen dei- 
ner Frauenscele nicht zu ergründen vermochte: Eine 
Kaiserin solltest, ein „Weib“ wolltest du sein! Herr- 
schen! Aber nicht im erborgten Glanz einer Krone, die 
dein verblódeter Gatte trug, sondern deines Kórpers 
Herrlichkeit mußte seine Untertanen dir zu Füßen zwin- 
gen. Vom Lager des schlummernden Claudius schlichest 
du darum allnachtlich ins Lupanar, und wenn im An- 
blick der hüllenlosen Pracht deines Körpers erloschene 
Augen loh emporflammten, wenn den Kältesten das Blut 
in den Adern kochte, dann genossest du, lächelnd in 
nackter Siegerschónheit, den Triumph, Imperatrix eines 
Reiches zu sein, über das dem Szepter des Kaisers keine 
Macht verliehen und das gleichwohl gewaltiger und 
ewiger war als die ewige Roma... Wir verstanden 
dich so gut, wir Primaner! Aber siehe, da kam einer, 
der dich noch besser verstand, der selige Adolph Stahr! 
Im Namen der geschändeten Weibeswürde, hoher Mensch- 
heitsideale und noch einiger anderer Worte, mit denen 


€: 140 =š 


er gewiß auch Begriffe verband, zog Fanni Lewalds 


| баце für dich zu Felde, о Messalina, und erklärte für 


böswillige Verleumdung, daß du dich fünfundzwanzig 


. Männern in einer Nacht geschenkt habest; nur „tem- 


peramentvoll“ seiest du gewesen und eine ,unglückliche 


| Frau“ ... Nur temperamentvoll? Da versagte deines 


Ы 


Namens Zauberkraft, und unsere Träume wanderten 
über Jahrhunderte hinweg zu einer anderen Römerin, 
die sie deine Schwester nannten, zur verbuhlten Toch- 


- ter eines Statthalters Christi, zu Lucrezia Borgia. 


Lachende Sonne im glitzernden Auge, strahlend gleich 


. den Engeln, die Gottes Thron zunächst stehen, huscht 
. sie, fröhlich wie zu Kinderspielen, durch die Säle und 
über die Treppen des Vatikans, vom Bruder zum Vater, 
. vom Vater zum Gatten, betrügt den einen mit dem an- 
deren und alle zusammen mit dem Sekretär des Papstes, 
, dem sie ein Knäblein schenkt. Ihr Bruder Cesare gibt 
. ein Ballfest im päpstlichen Palaste, und belustigt schaut 


Ld re 


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Lucrezia, neben dem heiligen Vater sitzend, wie da 
fünfzig nackte Hóflinge mit fünfzig nackten Courti- 
sanen tanzen. Als sie jedoch, zum dritten Male verhei- 


; ratet, als Herzogin im Schloß der Este zu Ferrara thront 
. und keinen Spaß mehr daran findet, ihren Gatten, den 
. trockenen Alfonso, mit Pietro Bembo, dem feinen und 


amüsanten Venezianer, zu hintergehen, da stiftet sie den 


. Damen des Adels ein Kloster und verbietet den Frauen 


der niederen Stände, sich mit entblößten Armen auf 
der Straße zu zeigen. Wir liebten dich auch, Lucrezia 
Borgia!... Wiederum bestritten aber treffliche Manner 
der Historie das Recht auf Shakespearehafte Phantasie: 


— 141 — 


„Nein, so ausbündigen Teufel gibts nicht“, beteuerten 
sie im Chorus, forderten von der Weltgeschichte als 
dem Weltgericht die Revision des moralischen Verdiktes 
über Lucrezia Borgia, zweifelten, daß . . . bewiesen, daß 
nicht... und ruhten erst, bis aus der großen babylo- 
nischen Hure, die mit dem schauerlich schönen Schmuck 
aller Labdakidengreuel behangen schien, „ein liebens- 
würdiges und sanftmütiges, ein leichtsinniges und un- 
glückliches Weib“ geworden war, das, wie ihre Briefe 
bekunden, sogar „Seele und Gemüt“, bloß „keine geistige 
Tiefe besaß“ ... 

Nur Eines, Lucrezia, haben sie dir gelassen, deine 
Verteidiger, die so gründlich alles Teuflische dir aus- 
trieben, — die göttliche Schönheit. Den geschriebenen 
Dokumenten, die für dich sprachen, glaubte man, den 
gemalten, die gegen dich auszusagen schienen, wurde 
keine Beweiskraft zuerkannt.” Zwei Porträts im ferrare- 
sischen Privatbesitz und im Museum zu Nimes tragen 
freilich die Aufschrift „Lucrezia Borgia“, aber die war 
in beiden Fällen späteren Datums, und wie wollten diese 
armen geringwertigen Kopien verlorener Originale auf- 
kommen wider das Zeugnis eines Ariost, der da singt: 

„Lucrezia Borgia, die mit jeder Stunde 
An Schönheit wuchs.. .“, 

gegen die Schmeicheleien der beiden Strozzi und so 
vieler anderer Poeten, die Lucrezia, bald mit Juno, bald 
mit Pallas, meistens aber mit der Liebesgöttin selber 
verglichen? Heute jedoch kennen wir ein Bildnis der 
Herzogin von Ferrara, vor dem alle Zweifel, ob hier 
wirklich Lucrezia Borgia dargestellt sei, verstummen 


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Lucrezia Borgia 


müssen. Denn dieses lebensgroße Medaillonportrat wird 
von einer gemalten Steinarchitektur umrahmt, in deren 
Sockel, wie bei antiken Grabmälern, mit prachtvoll 
großen Lettern Namen und Titel Lucrezias eingegraben 
scheinen. Und diese Inschrift ist keine Zutat von frem- 
der Hand, wie etwa bei dem Porträt in Nimes, das 
vielleicht auf das nämliche Vorbild zurückgeht, sondern 
sie entstand gleichzeitig mit dem Gemälde, dessen Wir- 
kung ja gerade auf dem Kontrast zwischem dem farben- 
frohen Prunk des Kostüms und der grauen Strenge dieser 
Umrahmung, auf dem Gegensatz der frauenhaften An- 
mut Lucrezias zu der Monumentalitat des Sockels be- 
ruht. Überdies stammt jenes Porträt aus dem „museo“ 
des Paolo Giovio, einer berühmten Sammlung von Bild- 
nissen, die der große Historiker in seiner Vaterstadt Como 
angelegt hatte. Dort befindet es sich noch heute, gehört 
einem Nachkommen Giovios, und solche Provenienz bürgt 
für den ikonographischen Wert eines Renaissanceportráts 
ebensosehr wie die echte Signatur Tizians für den male- 
rischen. Denn Giovio verlangte von den unzähligen 
Bildnissen seines „museo“ keine künstlerischen Quali- 
täten — es waren ja auch fast durchweg nur Kopien 
-, sondern einzig und allein jene Tugend, die dazu- 
mal einem Portrát ófter innewohnte als einem Men- 
schen — die Treue. Vermißte er die, so suchte er das 
unzuverlássige Bildnis durch ein anderes zu ersetzen, 
das der Erscheinung des Modells gerechter wurde, und 
alle Großen Italiens rechneten es sich zur Ehre ап, dem 
vielgelesenen und darum vielgefürchteten Geschichts- 
schreiber seine Sammlung vergrößern zu helfen. Lucrezias 


Ln 143 ee 


Porträtsoller,gemäßderGiovianischen Familientradition, 
von ihrem Gatten Alfonso empfangen haben. Was leicht 
möglich wäre, denn gerade zu dem Herzog, dessen Bio- 
graphie er schrieb, und auch zu seinem Nachfolger Er- 
cole unterhielt Giovio die herzlichsten Beziehungen und 
wird das heute verschollene Vorbild von Lucrezias Por- 
trät oft genug im herzoglichen Kastell zu Ferrara oder 
in der estensischen Sommerresidenz Belriguardo gesehen 
haben. 
Und was bezeugt nun Lucrezias Bildnis? Daß am Hofe 
von Ferrara die Künstler weniger logen als die Dichter. 
Wo diese verzückt vor Aphrodite aufs Knie sanken, er- 
blickten jene nur eine hübsche Gentildonna. Schien das 
Poetenauge geblendet vom Gleißen goldener Locken, 
so gewahrte der schärfere Malerblick nur hellbraunes 
Haar an Lucrezia. Und damit sinkt eine minnige Legende 
zur Fabel herab: die Ambrosianische Bibliothek іп Mai- 
land verwahrt außer neun Schreiben Lucrezias an Bembo 
eine goldenschimmernde Locke, mit der Alfonsos Ge- 
mahlin den Freund beglückt haben sollte. Man weiß, 
wie Lord Byron von dieser unheiligen Reliquie schwärmte, 


und seither bewundern sie alle Engländerinnen mit ` 


jener gebildeten Ergriffenheit, die dem unterrichteten 
Reisenden so wohl ansteht. Freilich, immer wohnte 
neben dem Glauben der Zweifel, und der hat des öfteren 
schon mit leisem Lächeln auf das angebliche Liebes- 
pfand Lucrezias geschaut. Nun ists jedoch am Tage: 
niemals hat diese Locke der Herzogin von Ferrara ge- 
hort! Aber welcher anderen Dame? Und wie kam sé 
uiier Lucrezius beimlichste Briefe? Phantasten moyen 


зеді. 144 = 


inter diesen braziösen Rätseln ein niedliches Novellchen 
hnen, vielleicht aber führt ein Gelehrter eines Tages 
en Nachweis, daß hier nur eine banale Verwechslung 
vorliegt“, ein Irrtum oder der Scherz irgendeines längst- 
wgrabenen Archivars, und dann wird das letzte matte 
slimmern jener Aureole erloschen sein, die voreinstens 
nit höllenfeuriger Glut das sündenschöne Engelshaupt 
ler Lucrezia Borgia umleuchtete. 


EINFÜHRUNGSWORTE ZU DEN „BLÜMLEIN 
DES HEILIGEN FRANZISKUS“ / VON RUDOLF 
G. BINDING, NEBST ZWEI LEGENDEN 


| ACH Umbrien, in das uralte Herz Italiens, versetzt 
euch im Geiste, ihr, die ihr den rechten Duft, den 
‚echten köstlichen Tau, den wahren göttlichen Sonnen- 
Папа genießen wollt, der aus den Blümlein des heiligen 
Franziskus euch anglüht. 
‚Dort, wo die Luft rein weht von den weithin leuch- 
enden Kämmen des Apennin und sich den Winden der 
‚Tiberebene vermählt, die da süß sind von Blumen- 
und Kräutergeruch und warm von dem Atem reifen- 
„den Korns; dort, wo die Sonne ein Gott ist der lacht; 
‚wo die Bienen summen den lieben langen Sommer und 
‚die Lerchen schmettern, daß du ein wenig schläfrig 
;Wirst und ein Träumer am hellen Tag; dort, wo das 
§anze Land weiter nichts ist als ein unschuldiger Jubel 
‚für einen geahnten Schöpfer: dort sind sie erwachsen, 
die Blümlein des heiligen Franziskus. 
Зе sind ihm erwachsen im erdgeborenen Herzen seiner 


-- 145 — 


Schüler und Jünger als ein zarter und doch so starker 
Kranz der Liebe, mit dem sie seine heilige Gestalt, 
jeden seiner Schritte, jedes seiner einfachen Worte um- }- 
wanden. 
Wahrhaftig, die Geschichtlein alle, die da treulich ge- 
sammelt wurden, sind wie die Blumen; - so wunder- | 
bar, daß du sie oftmals erstaunt ansiehst. Und mußt |. 
ihnen dennoch glauben, wie du dem geheimnisvoll-ein- }: 
fältigen Wunder einer Blume glaubst. 
In jenem Lande aber ging der um, für den diese Blüm- E 
lein erwuchsen und bewahrt wurden. Und sein Herz .; 
war der Spiegel und der Widerhall jenes freudigen | d 
tónenden Landes. Das Schöne war ihm der Abglanz t. 
Gottes; und am Abglanz Gottes fand sein Herz sein Ge- E 
nüge and seine Freude. Die Blumen, die Vögel und ` 
alle Gestirne waren ihm seine Geschwister, und die Ar- }- 
mut machte er zu seiner Braut. Denn er war so reich }. 
wie jegliche Kreatur vor ihrem Schöpfer und auch so |. 
demütig vor ihm. T 
Trunken vom Göttlichen war er bis zur Verzückung; |-. 
in allem schaute er Gott. Und Gottes war er so voll, ;-, 
daß ihm alles rein war; daß er die Aussätzigen kübte, },, 
den Schmerz belächelte, Же Demütigung zum inneren "d 
Triumph wandelte. ` i ; 
Und er sah Gott selbst auf Erden von Angesicht zu ` 
Angesicht. 
So schritt er durch diese Welt, unbewußt das wunder- - 
same Wort erfüllend, das jener, dem er nachfolgte, auf . 
dem Berge sprach: Selig sind, die reines Herzens sind, : 
denn sie werden Gott schauen. 


== 146 . -- 


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f I 
, 4 inst weilte der heilige Franziskus in dem Kloster der 


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.ortiunkula mit Bruder Massen von Marignano, einem 


Mann von großer Heiligkeit, Bescheidenheit und Ве- 
шам іп seinen Reden von Gott, weswegen ihn 
, A. Franziskus sehr liebte. 


„„Üines Tages kam der heilige Franziskus aus dem Walde 


, Pom Beten heim. Und gerade trat er in die Lichtung her- 
, Ws, als Bruder Massen, der seine Demut auf die Probe 


- 


déi: ы 
N 


ellen wollte, ihm entgegentrat und wie im Vorwurf zu 
"ihm sagte: „Warum dir? warum dir? warum dir?“ Der 
; ,heilige Franzantwortete: , Was willst du damit sagen?“ 
|. Sprach Bruder Masseo: , Ich frage, warum gerade dir alle 
“Welt nachläuft und jedermann scheinbar nur dich zu 
_ sehen, dich zu hören, dir zu gehorchen wünscht? Du bist 
„micht schön, du bist nicht gelehrt, du bist nicht edel; 
“warum also läuft gerade dir alle Welt nach?* 

“Wie das der heilige Franziskus hörte, wurde er ganz 
und gar froh in seinem Innern, hob sein Angesicht gen 
„Himmel und stand so eine lange Zeit im Geiste zu Gott 
^ entrückt, Als er wieder zu sich gekommen war, kniete 
«Т nieder und spendete Gott Lob und Dank; dann 
"wandte er sich glühenden Geistes zu Bruder Massen 
und sprach: „Willst du wissen, warum mir? Willst du 


y Wissen, warum mir? Willst du wissen, warum mir alle 
su 


A ПІ 


06 


Welt nachläuft? Das ist mir durch die Augen des höch- 
„sten Gottes geworden, die allerorten herabsehen auf 


ji > Gute und Böse. Da nun diese heiligen Augen unter den 


Sündern keinen erblickt haben, der geringer als ich, 
untauglicher und sündhafter als ich gewesen wäre, und 


— 1447 — 


ег auf der ganzen Erde keine geringere Kreatur finden 

konnte, um jenes wunderbare Werk zu vollenden, de) 
er zu tun gedenkt, so hat er mich erwählt, die Welt in. 
allem ihrem Adel und Stolz, in ihrer Kraft, ihrer Schön- 
heit und ihrer Weisheit zu beschämen; auf daß man 
erkenne, daß alle Macht und alles Gute von ihm is 

und nichts von der Kreatur und niemand sich rühmen - 
kann vor seinem Angesicht. Wer sich aber rühmt, der 
rühme sich in dem Herrn, dem da ist alle Ehre und . 
Herrlichkeit in Ewigkeit.* ; 
Über diese Antwort, mit so viel Demut und Inbrunst 
erteilt, erschrak Bruder Masseo ; und es wurde ihm zur 
Gewißheit, daß die Demut des heiligen Franziskus nicht | 
zu erschüttern sei. | 


II 
Ein junger Mann hatte eines Tages eine Menge Turtel- | 
tauben gefangen; und als er sie zu Markte trug, be- | 
gegnete ihm St. Franziskus, welcher immer ein beson- | 
deres Erbarmen mit sanftmütigen Tieren hegte. Mit- \ 
leidigen Auges sah er die Tauben an und sprach zu 
dem jungen Menschen: „Du guter Jiingling, ich bitte 
dich, gib mir sie; auf daß diese sanftmiitigen Vögel, ; 
denen in der Schrift die keuschen Seelen und die De- | 
mütigen und Gläubigen verglichen werden, nicht in die 
Hände von Grausamen fallen, die sie töten.“ Alsbald 
gab sie jener, von Gott getrieben, alle dem heiligen | 
Franziskus. Er aber barg sie in seinem Schoß und be- 
gann sänftiglich zu ihnen zu reden: „Ihr Schwestern 
mein, Turteltauben, ihr einfältigen, unschuldigen und 


— 148 — 


Ss Ms 


— AS í, 
2 ЖА 
wat alr, 


reinen, warum habt ihr euch fangen lassen? so will ich] : 


euch nun vor dem Tode bewahren und euch Nester]: 
bauen, auf daß ihr Frucht bringet und euch mehr]: 


nach dem Geheiß unseres Schöpfers.“ Und St. Franzis 


kus ging hin und richtete allen Nester her; sie aber) 
benutzten sie und begannen vor den Brüdern ihre Eier |- 


zu legen und auszubrüten. Und sie wurden so zahm 
und zutunlich mit St. Franziskus und den andern Brü- 


т 
u. 


dern, als ob sie Hühner gewesen wären, die sie allzeit ge- |: 


füttert hätten, und flogen nicht eher davon, als bis ihnen }- 


der heilige Franz mit seinem Segen Urlaub verlieh. 


Zu dem Jüngling aber, der sie ihm gegeben, sprach : 
St. Franziskus: ,Mein Sohn, du wirst einst Bruder in 


diesem Orden sein und Jesus Christus in Gnaden dienen.‘ 


Und so geschah es; denn jener Jüngling trat in die Bru-|: 


derschaft und lebte im Orden in großer Heiligkeit. 


AUS DEN „STUNDEN“ / SONETTE 
VON RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER 


DIE ERSTE STUNDE 


Da nun der Mond, die volle Bahn beschreitend, 
Vom höchsten Punkt des Himmels niedersteigt, 
Und durch den Traum verhüllter Stunden gleitend 
Der neue Tag in leerer Ahnung schweigt, 


Da Silberdunst, sich trügerisch verbreitend, 
Verdrossenem Blick kein klares Bildnis zeigt, 
Und Phantasie, mit Schattenbildern streitend, 
Sich allzugerne mattem Schlummer neigt, 


— 150 — 


d 


Da in der all zu weiten Himmels-Ferne 
Die erste Stunde mit Verwirrung prahlt, 
Als müsse alles ohne Hoffnung sein, 
Such ich im Innern deine schönen Sterne, 
Ein einfach Licht, das lebensvoller strahlt 
Als jene Wirrsal. Ich gedenke dein. 


DIE DRITTE STUNDE 
Nun sinkt der späten Scheibe Zirkelglut 
Durch Wolkenstreifen westlicher Gelände. 
Noch zittern hoch іт Blau die tausend Brände, 
Doch dämpft des Ostens Regung ihren Mut. 


O Hoffnung, die auf jener Ferne ruht, 
Das fahle Grau erwartend erster Wende, 
Ob nicht Aurora ıhre Boten sende, 

Du deutest dir die Himmelszeichen gut! 


Denn es erwacht an Horizontes Rand 

Ein kühler Hauch; und wachsend kommt die Blässe, 
Des Viergespannes fernster Widerschein. 

Noch liegt іп dumpfer Trunkenheit das Land. 
Doch ob der Tag auch seiner selbst vergesse, 

Er wird erwachen. — Ich gedenke dein. 


DIE SECHSTE STUNDE 
Er hob sich auf mit herrlichem Verlangen 
Von kühlen Lagers seufzervoller Bucht. 
Mein Angesicht, im runden Tal gefangen, 
Sieht oben nur Aurorens blasse Flucht. 


— CT — 


Nun aber fahrt vom Rande her ein Prangen 


Mit Streifen Golds durchs Zackenwerk der Schlucht, 


Daß sich erstaunt, іп unbeholfenem Bangen, 
Das Auge blinzelnd zu verhüllen sucht. 


Und dringt der Gott in diese dunklen Kammern, 
Die in der Nacht umsonst nach ihm gefragt, 
Füllt er mit Tränen sie und wäscht sie rein, 
Und schwemmt Verwirrung fort und bricht die 

Klammern; 
Und Liebe, die in Міпдет Traum gezagt, 
Erwacht und lächelt: ich gedenke dein. 


DIE SIEBENTE STUNDE 


So lernt der Tau das Bild der Sonne tragen 
Und ahmts in tausend runden Perlen nach. 
Die feuchte Flur empfindet dein Behagen; 


Und wärmer wirds und wärmer allgemach. 


Wie hast du voll dein Auge aufgeschlagen, 
Du Augentrost, der uns so lang gebrach, 
Als wolltest du der dunklen Erde sagen: 
Vertraue mir, ich bleibe hell und wach. 


Sie hat dir nichts als Tränen zu erwidern, 
Den kühlen Trank, und als Erinnerungen, 
Der Nebelflocke viel verzerrten Reihn. 


Doch sieh! Schon lachelt sie aus schweren Lidern, 


Da ihr der Morgen bis ans Herz gedrungen, 
Der hoffnungsvolle. — Ich gedenke dein. 


-- 153 — 


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Aus Jean Pauls 


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DIE АСНТЕ STUNDE 
Nun ruht der Schnitter schon im Ährenfeld 
An leichter Wand, die er sich selbst geschichtet. 
Der goldne Ball lauft in der oberen Welt, 
Mit Brunst dem höchsten Mittag zu gerichtet. 


Nur wo das Laub zu griinem Schwall verdichtet, 
Geruch und Flüstern erster Frischung hält, 
Lebt noch ein Rauch, bis er sich, klar zersichtet, 
Der Gräser träufelndem Behang gesellt. 


Der Gartner sammelt aus dem Rosenbeet, 

Eh noch der matte Tag sie heiß getroffen, 

Die Pracht der sommerlichen Kronen ein. 

Da nun der Gott auf halbem Wege steht, 

Bleibt die Erwartung satt und stumm das Hoffen. 
Schon flammt der Äther. — Ich gedenke dein. 


DIE ELFTE STUNDE 
Um Mittag ist der Grille Lied erwacht; 
Und gläsern schrillt das Schilf von zarten Stimmen. 
Die Sonne rüstet sıch ın weißer Pracht 
Des Himmels letzte Wölbung zu erklimmen. 


In zitternd aufgelöster Wallung schwimmen 

Die Lüfte, da sich solche Glut entfacht. 

Den Gott durchflammt ein königlich Ergrimmen, 
Ein Überschwall der seelenvollsten Macht. 


Wo seid ıhr Sterne nun, ın welchem Grauen 
Bereitet sich der neue Abend vor 
Mit giftiger Betäubung, Dunst und Pein? 


-- 153 — 


Der helle Tag lohnt jegliches Vertrauen: 
Was alle Welt in dunkler Zeit verlor, 
Kommt sattsam wieder. — Ich gedenke dein. 


DIE DREIZEHNTE STUNDE 
Will dich die Glut der vollen Stunde kränken, 
Und dörrt die Schärfe sengend dein Gebein, 
So magst du an die kalte Schlange denken, 


Die nun sich wärmt auf dem besonnten Stein. 


Sieh, in der harten Rinde dumpf Umschränken 
Bricht liebevoll der goldene Himmel ein. 
Begreife dies unsägliche Verschenken 

Und löse dich von selbstgefälliger Pein. 


Das Dumpfe kann die Säfte nicht mehr halten 
Und schwillt empor, die Sonne zu begrüßen; 
Zu Blut wird Wasser und zu Fleisch der Stein. 
Das Unbelebte wimmelt von Gestalten: 

Denn durch die Sonne leben alle süßen 

Bilder und Lüste. — Ich gedenke dein. 


DIE SECHZEHNTE STUNDE 
Der klaren Stunden abgemessener Weg 
Geht von den mittaglichen Höhn zur Neige. 


Noch glüht der Ball, doch trifft das Feuer schräg 


Mit breiterm Wurf der Schatten ins Gezweige. 


Die Felder sind noch hell, die milden Steige 
Vom wirren Laut verborgener Flügel reg. 
Doch wartet hinterm Horizont die feige, 
Verrufene Jägerin und blinzelt träg. 


— 154 — 


| 


Sie greift im Traum schon іп фе obere Luft 
Und zieht erschreckt die dunkle Hand zuriick, 
Weil noch am Himmel hoher Flammenschein. 
Doch weiß sie fern im Westen eine Gruft! 
Und dorthin schwindet unsrer Augen Glück 
Unwiderruflich. — Ich gedenke dein. 


DIE SIEBENZEHNTE STUNDE 
Der Wind erwacht und führt in leichten Scharen 
Die weißen Wolken auf den blauen Plan. 
Er rauscht in des Geästes grünen Haaren 
Und stört den Fluß auf seiner glatten Bahn. 


Die Welle muß Erstaunlichstes gewahren 
Und strebt gepreßt mit Kräuseln berghinan: 
O seligstes, o leichtestes Gebahren, 

O körperlos bewegtestes Umfahn! 


Die Rose läßt Фе hundert Blätter fallen 
Und gibt sie solcher Schmeichelei zum Spiel, 
Melodisch wird das Schilf am Uferrain. 

Er regt sich nur und herrschet über allen, 
Der stolzeste Geselle ohne Ziel, 

Und braust vorüber. — Ich gedenke dein. 


DIE ZWANZIGSTE STUNDE 


Sie kehren heim im Schweiße ihrer Taten 
Und laben sich an Kühlung, Brot und Wein. 
Die hundertfache Frucht bescheidener Saaten 
Kehrt durch bekränzte Pforten ein. 


— 155 — 


Gott sah sie an und gab, darum sie baten, 
Die Hungrigen des Felds in ihrer Pein. 

О Ruhm der Welt! Wie sollte mißgeraten 
Je eine Absicht treuer Herzen sein? 


Der Sonne Vogt will sich mit Sternen zeigen, 
Und äugt herab aus silberfarbenem Rund 

Ins atmende, ruhselige Gedeihn. 

Die Lüsternheit verschrankt und löst den Reigen 
Und führt den Liebsten zum geliebten Mund 
Und löscht die Lichter. — Ich gedenke dein. 


DIE VIERUNDZWANZIGSTE STUNDE 


Wenn nun die letzte, leere Stunde schlägt 

Des leeren Tages, da wir dein gedachten, 

So heißt es nicht: nun solls im Herzen nachten, 
Das schon seit immer schwarze Farbe trägt. 


Dies Äußerliche dürfen wir verachten: 

Den falben Mond, die Sterne, blind erregt, 
Das Dunkel, das die Erde um sich schlägt, 
Weil wir seit je ohn eine Flamme wachten. 


So falle weg, du schnéder Tag, und fallt 

Ihr andern Tage der zukünftigen Zeiten 

Wie die vergangenen: Ihr seid gemein. 

Wir laufen durch das Jahr und werden alt. 
Und dennoch: Manches ist in dem Entgleiten, 
Das uns erschüttert. — Ich gedenke dein. 


— 156 — 


ГЕ DERNIER SOLEIL / VON EMILE VERHAEREN 


Peut-étre, 

Lorsque mon dernier jour viendra, 
Peut-étre 

Qu'à ma fenétre, 

Ne füt-ce qu’un instant, 

Un soleil fréle et tremblotant, 

Se penchera. 


Mes mains alors, mes pauvres mains décolorées 
Seront quand méme encor par sa gloire dorées; 

П glissera son baiser lent, clair et profond 

Une derniére fois, sur ma bouche et mon front 

Et les fleurs de mes yeux, páles, mais encore fiéres 
Avant de se fermer lui rendront sa lumière. 


Soleil, ai-je adoré ta force et ta clarté! 

Mon art torride et doux, de son geste supréme, 

Та retenu captif au coeur de mes poèmes; 

Comme un champ de blé mur qui houle au vent d'été 
Telle page t'anime et t'exalte en mes livres, 

O toi soleil qui fais éclore et qui délivres, 

O toi, l'immense ami dont l'orgueil a besoin, 

Fais qu'à cette heure grave, impérieuse et neuve 

Ой mon vieux cœur humain sera lourd sous l'épreuve 
Tu sois encor son visiteur et son témoin. 


Eu 157 poe 


ZU DEN ABBILDUNGEN 


IE Monate des Jahres begleiten dieses Mal zwölf 
Schattenrisse aus dem Goethekreis, die größten- 
teils zum ersten Male hier veröffentlicht werden. Der 
Tradition nach soll die Wieland-Silhouette von Goethe 
geschnitten sein; die Lavater darstellende hat, wie Herr 
Dr. T. Gröber nachgewiesen hat, ein gewisser Wendt in 
Darmstadt gefertigt; von wem die übrigen stammen, ist 
nicht bekannt. Die Mehrzahl der Originale (von Anna 
Amalia, Carl August, Herzogin Luise, Prinz Konstantin, 
Goethe, Wieland, Oberstallmeister v. Stein) befinden sich 
in der Kippenbergschen Goethesammlung in Leipzig; 
die Silhouetten Herders, des Ministers v. Fritsch und 
Lavaters besitzt das Goethe-Nationalmuseum, die der 
Frau v. Stein hängt auf Schloß Kochberg; die Schiller- 
Silhouette hat jüngst das Marbacher Schiller-Museum 
erworben. Ап anderer Stelle des Almanachs dürfen wir 
einen sehr charakteristischen Schattenriß Kants nach 
einer alten, im Besitz des Herrn Professor Dr. Raoul 
Richter in Leipzig befindlichen Lithographie wieder- 
geben. 
Die Kunst des Schattenrisses ist schon aus der ersten 
Halfte des 17. Jahrhunderts nachweisbar; sie wurde be- 
sonders in England gepflegt. Ihre Verbreitung und ihren 
Namen verdankt sie dem Finanzminister Ludwigs XV., 
Etienne de Silhouette. Er empfahl zur Verbesserung der 
verfahrenen Finanzen Einfachheit der Lebensführung 
und Sparsamkeit, und um mit gutem Beispiel voran- 
zugehen, richtete er sein Schlößchen nach diesen Grund- 


— 158 — 


sätzen ein und ersetzte dort die kostbaren Bilder durch 
Schattenrisse. Was schlicht und einfach war, nannte 
man daher a la Silhouette, und am Schattenriß ist dieser 
Name hängen geblieben. Um 1760 kam фе Silhouette 
— zunächst weiß auf schwarzem Hintergrund — nach 
Deutschland und fand an den kleinen Fürstenhöfen 
schnell Anklang. Einen lebhaften Antrieb erhielt die 
alte, nun neue Kunst durch Lavater, der auch ın seiner 
Physiognomik lebhaft dafür eintrat. Das elfte seiner 
» Physiognomischen Fragmente“ enthält begeisterte Sätze: 
„Die Natur ist scharf und frey. In dieser Absicht, Künst- 
ler — Nachbilder der Menschheit —, übe dich erst ım 
genauen Schattenrißzeichnen — dann im Nachzeichnen 
derselben von freyer Hand — dann vergleiche und ver- 
bessere sie! — Ohne dieß wirst du das große Arkanum 
— Bestimmtheit und Freiheit zu vereinigen, schwerlich 
finden können. — Der Schattenriß faßt die zerstreute 
Aufmerksamkeit zusammen; concentrirt sie bloß auf 
Umriß und Gränze, und macht daher die Beobachtung 
einfacher, leichter, bestimmter; — die Beobachtung und 
damit auch die Vergleichung. — Die Physiognomik hat 
keinen zuverlässigern, unwiderlegbarern Beweis ihrer 
objektiven Wahrhaftigkeit, als die Schattenrisse.“ Alle 
Welt schnitt und sammelte für Lavater. So war es natür- 
lich, daß namentlich іп Weimar фе Silhouettierkunst 
eifrig betrieben wurde, und ihr verdanken wir eine große 
Zahl höchst lebendiger und anschaulicher Schattenrisse, 
deren durch keine anderen Bildnisse zu ersetzender Wert 
für die Kenntnis der äußeren Gestalt erst unsere Zeit 
recht zu würdigen beginnt. 


ЖҮЗ 159 == 


Die Vorlage des Balzac-Portrats (8. 64) ist eine Sepia- 
zeichnung im Museum zu Tours; der Balzac-Forscher 
Spoelberch de Lovenjoul schreibt es Devéria zu, wäh- 
rend Mary F. Sandow, die Verfasserin einer englischen 
Balzac-Biographie, mitteilt, daß es in Tours für ein Werk 
von Louis Boulanger gehalten wird. Es stammt aus dem 
Besitz von Balzacs Freundin, der Frau von Valette, und 
stellt den Dichter im Alter von 30 bis 35 Jahren dar. - 
Von Sokrates sind aus dem Altertum zahlreiche Porträts 
erhalten, von deren Mehrzahl, die sich in München, Rom, 
Florenz befinden, sich die Herme des Neapeler Museums 
(S. 40) wesentlich unterscheidet; schon auf den ersten 
Blick fällt auf, daß der sonst vorherrschende groteske Zug 
hieroffenbar mit Absichtzurückgedrängt ist. Sieschien uns 
deshalb auch am geeignetsten, vor dem Titel des Werkes 
„Sokrates, geschildert von seinen Schülern“ zu stehen. 
Über das Gemälde von Trübner und das italienische Por- 
trät der Lucrezia Borgia geben die Aufsätze von Scheff- 
ler und E. Schäffer genügende Auskunft. Das Bild von 
Preetorius (eine seiner Illustrationen zu Jean Pauls Gian- 
nozzo, die im Original wirksamer іп mehrfarbigem 
Lichtdruck ausgeführt ist) erklärt sich von selbst; man 
erkennt die Situation der Novelle auch ohne die Worte 
des Dichters. So ist nur noch auf die beiden italienischen 
Zeichnungen Goethes hinzuweisen, die dem kostbaren 
Sammelband des Nationalmuseums in Weimar entstam- 
men, in dem Goethe die zeichnerische Ausbeute der ita- 
lienischen Jahre zusammengetragen hat und der für die 
Insel-Ausgabe der „Italienischen Reise“ zum ersten Male 
іп vollem Umfang ausgenutzt werden konnte. 


— 160 — 


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Biicher 
aus dem Infel-Verlag 


Euch, ihr Götter, gehört der Kaufmann. Güter 
zu suchen, 


Geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an. 


SCHILLER 


VA V 


IM JAHRE ıgıı SIND ERSCHIENEN:|: 


KARL JONAS LOVE ALMQUISTS WERKE. Auswahl in B 
zwei Bänden. Übertragen und eingeleitet von 4. Mens. | 
Geheftet M. 8.—; in Halbleinen M. 10.—. i 
Almquist, der 1866 gestorben ist, darf als der älteste und als eine | 
der bedeutendsten Realisten Schwedens bezeichnet werden, soweit d 
man ihn nicht als Halbdeutschen -- ег lebte in freiwilliger Ver- 
bannung in Bremen — in Anspruch nehmen will. 


ACHIM VON ARNIMS WERKE. Auswahl in drei Bänden. |. 
Im Auftrage und mit Unterstützung der Familie von Arnim |- 
herausgegeben von Reinhold Steig. In Pappbänden M.3.-, ` 
іп Leinen М. 4.50; in Halbpergament М. 6.5о. 


Band I enthält die Novellen (Isabella von Ägypten, Der tolle Invalide, |2 
Fürst Ganzgott usw.); Band II die beiden großen Romane „Gräfin |, 
Dolores“ und die „Kronenwächter“; Band Ш die Lyrik, darunter |^ 
eine umfängliche Auswahl aus „Des Knaben Wunderhorn“ sowie Я 
einige Dramen („Die Gleichen“ u. a.). l 


BALZACS BRIEFE AN DIE FREMDE (Frau von Hanska). |. 

^. Übertragen von Eugenie Faber. Eingeleitet von Wilhelm |. 
Weigand. Zwei Bande. Mit einem Bilde Balzacs in Licht- " 
druck. Geheftet M. 8.—; in Leinen M. 10.—; in Leder 1 
М.14.-. Forzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf |: 
Büttenpapier in Maroquin M. 30.—. 


X 7, HONORE DE BALZAC: DIE DREISSIG TOLLDREISTEN 1 

WG | GESCHICHTEN GENANNT CONTES DROLATIQUES. |: 

A Übertragen von Benno Rüttenauer. Zwei Bande. Geheftet | 

d N M. 8.-; іп Leinen M. 10.—; in Leder М. 14.—. Рог- A 

| | zugsausgabe 100 numerierte Exemplare auf Biittenpapier 
in Maroquin M. 30.—. 


Balzac hat diese Novellen im Stil von Rabelais und Boccaccio, die er | 
gleichsam zur Erholung neben der „Menschlichen Komödie“ schrieb, | : 
stets für sein bestcs und unsterblichstes Werk gehalten. l 


— 162 — 


ЯАМ BETHGE: JAPANISCHER FROHL ram 
» Einband von ER JF. eiß. In Pappband 

ausgabe: too numerierte Exemplare a 
. Papier in Seide M. ı2.—. 


Übertragungen japanischer Gedichte. 
DIE BIBLIOTHEK DER ROMANE, 


Jeder 
. .-; in 0 ег е =, 


Bisher sind erschienen: 


WILLIBALD ALEXIS: DIE HOSEN DES HERRN VON BREDOW. 
GUSTAVE FLAUBERT: FRAU BOVARY. Übertragen von Arthur 
Ee DEE 
. LOUISE VON FRANCOIS: DIE LETZTE RECKENBURGERIN. 
JEREMIAS GOTTHELF: ULI DER KNECHT. 
JENS PETER JACOBSEN: FRAU MARIE GRUBBE. Autorisierte 
Übertragung von Mathilde Mann. l 
JENS PETER JACOBSEN: NIELS LYHNE. Autorisierte Über- 
. tragung von Anka Matthiesen. 
HENRI MURGER: DIE BOHEME. Szenen aus dem Pariser Künstler- 
leben. Übertragen von Felix Paul Greve. 
^ WALTER SCOTT: IVANHOE. In der Ubeisetzung von L. Tafel. 
| WALTER. SCOTT: DER TALISMAN. In der Übersetzung von 
August Schäfer. 


IWAN TURGENJEFF: VATER UND SOHNE. In der vom 
Dichter veranlaßten deutschen Übertragung. 


| RUDOLF G. BINDING: DIE GEIGE. Vier Novellen. Ein- 


» bandzeichnung von E. R. Weiß. Geheftet M. 3.-; in 
^ Leinen M. 4.50. 


. GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS DEKAMERON. Über- 

, Wagen von Albert Wesselski. Jubiläumsausgabe zum 
6oojährigen Geburtstag Boccaccios. Mit den Holzschnitten 
der Ausgabe Venedig 1492. 800 Exemplare auf hand- 
geschopftem Papier. In Halbleder M. 40.—; in Kalbleder 
(Handarbeit) M. 75.—. 


-— 163 — 


ІЛЕ BRIEFE VON ABALARD UND HELOISE. Heraus- 
gegeben und eingeleitet von W. Fred. Einbandzeichnung 
von Emil Preetorius. Geheftet М.5.-; іп Halbleder M.8.-. 
Vorzugsausgabe: 100 Exemplare auf уап Gelder-Bütten 
іп ecrasiertem Saffianleder M. 20.—. 


DER BRIEFWECHSEL ZWISCHEN SCHILLER UND 
GOETHE. Im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs 
nach den Handschriften herausgegeben von Hans Gerhard 
Gräf und Albert Leitzmann. Einbandzeichnung von 
E.R.Weiß. Drei Bande. Geheftet M. 7.—; in Halbleinen 
M. ro.—; in Leder M. 16.—. 

In gleicher Ausstattung wird der Briefwechsel Goethe-Zelter, gleichfalls 
im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs nach den Handschriften 
herausgegeben, folgen. 


PHILOBIBLON, das ist der Traktat des Richard de Bury 
über die Liebe zu den Büchern. Erstmalig aus dem Lateini- 
schen in das Deutsche übertragen und eingeleitet von Franz 
Blei. 4oo numerierte Exemplare auf Handpapier. In 
Halbleinen M. 15.—; in Schweinsleder (Handarbeit der 
Werkstatt Carl Sonntag jun.) M. 28.—. 


DEUTSCHE CHANSONS (Brettllieder). Von Bierbaum, 
Dehmel, Falke, Finckh, Heymel, Holz, Liliencron, Schróder, 
Wedekind, Wolzogen. 53. bis 62. Tausend. Geheftet 
M. 1.—; in Pappband M. 1.50; in Leder M. 3.—. 


CHARLES DICKENS’ WERKE. Ausgewählt und eingeleitet 
von Stefan Zweig. Mit den Federzeichnungen von Phiz, 
; Cruikshank und andern. Titel und Einband von E. R. Weiß. 
' Taschenausgabe auf Dünndruckpapier: Sechs Bande, jeder 
Band іп Leinen М. 6.—; in Leder M. 7.50. Bibliotheks- 
ausgabe auf starkem Papier: Zwolf Bande, geheftet je 
M. 3.—; in Leinen М.4.-. Vorzugsausgabe: 200 nume- 
- rierte Exemplare: Zwolf Bände; in Leder je M. 12.—. 


um 164 2 


Bisher sınd erschienen und einzeln zu beziehen: 


DAVID COPPERFIELD. Mit 40 Federzeichnungen von Phiz. 
DER RARITÄTENLADEN. Mit 73 Federzeichnungen und 8 Initialen 
von Phiz, Cattermole und andern. 

DIE PICKWICKIER. Mit 42 Federzeichnungen von R. Seymour, 
Buss und Phiz. 

Je ein Band der Taschenausgabe bildet zwei Bande der Bibliotheks- 
ausgabe. Die Dickens-Ausgabe wird 1912 vollständig vorliegen und 
außer den genannten folgende Werke enthalten: Nickolas Nickleby — 
Weihnachtserzahlungen und Oliver Twist — Martin Chuzzlewit. 
Die Vorzugsausgabe wird nur vollstandig abgegeben. 


JOSEPH VON EICHENDORFF: DIE GLÜCKSRITTER. 
Eine Novelle. 200 Exemplare: 50 auf Japanbütten in 
Kalbleder (vergriffen); 15о auf Hadernpapier іп Perga- 
ment M. 20.-. 

Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


DIE BLÜMLEIN DES HEILIGEN FRANZISKUS VON 
ASSISI. Ubertragen von Rudolf С. Binding. Mit 84 
verschiedenen Initialen von Carl Weidemeyer -W EE 
In Pappband M. 3.-. 


SCHOKOLADE AM DREIKONIGSTAG. Zeichnungen von 
Helene Gräfin Harrach. Verse von Rudolf Alexander 
Schröder. Gebunden M. 5.—. 


ARTHUR GRAF GOBINEAU: DIE RENAISSANCE. Histo- 
rische Szenen (Savonarola, Cesare Borgia, Julius II., Leo X., 
Michelangelo). Autorisierte Übertragung von Bernhard 
Jolles. Einbandzeichnung von E. В. Weiß. Mit 23 Licht- 
drucktafeln. Kartoniert M. 12.—; in Halbleder M. 16.—. 
Vorzugsausgabe: 100 Exemplare auf van Gelder-Bütten in 
Leder M. 50.—. 

Enthält in vorzüglicher Wiedergabe die Porträts der hauptsäch- 
lichsten Persönlichkeiten der Renaissance, meist nach unbekannten 


Originalen. 


— 165 — 


GOETHE: DIE LEIDEN DES JONGEN WERTHER. Ми 
den elf Kupfern von Daniel Chodowiecki und einer Rotel- 
studie in Lichtdruck. In Leder M. 10.—. 


GOETHES ITALIENISCHE REISE. Mit den Zeichnungen 
Goethes, seiner Freunde und Kunstgenossen auf 1 20 Licht- 
drucktafeln. Mit Unterstützung des Goethe- National- 
Museums herausgegeben von George von Graevenitz. Ein- 
bandzeichnung von Е. В. Weiß. In Halbleder M. 3о.-; 
in Leder M. 60.—. 


DER JUNGE GOETHE. Begründet von Salomon Hirzel. 
Neu herausgegeben von Max Morris. Sechs Bánde mit 66 
Lichtdrucktafeln. Einbandzeichnung von F. H. Ehmcke. 
Geheftet M. 27.—; in Leinen M. 36.—; in Leder M. 45.—. 
Die vollständige Sammlung aller Dichtungen, Briefe, Gespräche, Zeich- 
nungen und Radierungen Goethes bis zu seiner Übersiedelung nach 
Weimar. 

KINDER- UND HAUS-MARCHEN. Gesammelt durch die 
Brüder Grimm. Kleine Ausgabe. Berlin 1825. Neudruck 
іп 5оо Exemplaren, unter Wiedergabe der sieben Kupfer 
. von Ludwig Grimm. In Pappband (mit der lithographierten 
Einbandzeichnung des Originals) M. 10.—. 


KLAUS GROTH: QUICKBORN. Volksleben in platt- 
deutschen Gedichten ditmarscher Mundart. 5оо Exemplare: 
5o auf van Gelder-Bütten in bestem Ziegenleder M. 5о.-; 
450 auf Strathmore-Japan in Halbleder M. 20.—. 
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 

MAURICE DE GUÉRIN: DER KENTAUER. Übertragen 
durch Rainer Maria Rilke. 300 Exemplare: 50 auf Japan 
in Leder (vergriffen); 250 auf Hadernpapier in Pappband 
M. 8.—. 


Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


ERNST HARDT: JOSEPH KAINZ. Verse zu seinem Ge- 
dáchtnis. Kartoniert M. 1.50. Vorzugsausgabe: 50 Exem- 
plare auf Japanbüttenpapier in Leder M. 12.—. 


— 166 — 


С аали m ët —— a 
oe 6 А R 2 


ERNST HARDT: GUDRUN. Ein Trauerspiel in fünf Akten. 
Initialen und Einband von Marcus Behmer. Geheftet 
М. 3.— ; in Leinen M. 4.—. Vorzugsausgabe: 5o Exemplare 
auf holländischem Büttenpapier in Leder M. 20.-. 


HAUFFS MÁRCHEN. Vollstándige Ausgabe. Zeichnung 
der Initialen, des Titels und des Einbands von Carl Weide- 
meyer -Worpswede. In Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.—. 
F'orzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Bütten- 
papier in Kalbleder M. 20.-. 


HEINRICH HEINES SÄMTLICHE WERKE in zehn Bän- 
den. Unter Mitwirkung von Jonas Frankel, Ludwig Krähe, 
Albert Leitzmann und Julius Petersen herausgegeben von 
Oskar Walzel. Jeder Band geheftet М. 2.—; in Halbperga- 
ment М. 3.—. Vorzugsausgabe (einmalig): 1000 Exem- 
plare auf Insel-Hadernpapier. Geheftet M. 5.—; in Halb- 
leder M. 7.—; in Leder M. 10.—. 

Erschienen sind Band I, II, VI, VII und IX. Die Bände der gewöhn- 
lichen Ausgabe werden auch einzeln abgegeben, dagegen verpflichtet 


der Kauf eines Bandes der Vorzugsausgabe zur Abnahme aller 
folgenden. 


JOHANN GOTTFRIED HERDER: IDEEN ZUR KULTUR- 
PHILOSOPHIE. Ausgewählt und herausgegeben von 


O. und М. Braun. In Pappband M. 2.—; in Leder 


THEODOR GOTTLIEB VON HIPPEL: OBER DIE EHE. 
Neudruck іп 5оо Exemplaren. Herausgegeben von Ewald 
Silvester. Mit Wiedergabe von zwei Titelkupfern. Titel- 
und Einbandzeichnung von E. R.Weiß. Geheftet M. 12.—; 
in Halbleder M. 14.—; in Leder M. 18.—. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: ALKESTIS. Ein Trauer- 
. spiel nach Euripides. (Geschrieben 1893.) Geheftet M. 2.—; 
in Pappband M, 3.—. 


— 16; — 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DIE GEDICHTE UND 
KLEINEN DRAMEN. Titel- und Einbandzeichnung von 
Walter Tiemann. Geheftet М. 2.-; in Pappband M. 3.-. 
Enthalt: Die gesammelten Gedichte, Gestalten, Der Tod des Tizian, 
die Prologe und Trauerreden, Das kleine Welttheater, Vorspiele, Tor 
und Tod, Der weiße Fächer, Kaiser und Hexe, Die Frau im Fenster, 
Das Bergwerk zu Falun. 


HOMERS ODYSSEE. Neu übertragen von Rudolf Alexander 
Schroder. Geheftet M. 2.-; іп Halbleinen M. 3.—; in 
Leder M. 5.—. 


KANTS BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben von 
F. Ohmann. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—. 


RUDOLF KASSNER: VON DEN ELEMENTEN DER 
MENSCHLICHEN GROSSE. Geheftet M. 2.50; in Leinen 
M. 3.50. Ӯ. orzugsausgabe: 25 Exemplare auf holländischem 
Büttenpapier, in Ziegenleder M. 20.—. 


HEINRICH VON KLEISTS SÄMTLICHE WERKE UND 
BRIEFE. Vollständige Ausgabe in sechs Bänden, besorgt 
von Wilhelm Herzog. Einbandzeichnung von E. R. Weiß. 
Mit dem Jugendbildnis Rleists in farbiger Wiedergabe und 
verschiedenen Faksimiles. Geheftet M. 27.-; in Leinen 
M. 32.—; іп Halbpergament М. 36.—. 


KARL FRIEDRICH VON KLODENS JUGENDERINNE- 
RUNGEN. Nach der ersten von Max Jahns besorgten Aus- 
gabe neu bearbeitet von Karl Koetschau. Mit dem Bildnis 
Klodens. In Leinen М. 3.—; in Leder М. 5.—. 

_ Ihrem Inhalt nach lassen sich Klödens Jugenderinnerungen mit dem 

bekannten Buch von Kügelgen vergleichen, ihrem Wert nach werden 

sie von vielen noch darüber gestellt. 


NIKOLAUS LENAUS SÄMTLICHE WERKE UND BRIEFE 
IN SECHS BANDEN. Vollständige kritische Ausgabe, 
herausgegeben von Eduard Castle. Mit verschiedenen 


-- 168 -- 


REN: 


u gen, a, 


Bildern und Faksimiles. Einbandzeichnung von Emil 
Rudolf Weiß. Geheftet je М. 5.—; in Leinen M. 6.-; 
im Halbleder М. 7.-. Vorzugsausgabe: 200 Exemplare 
auf Insel-Hadernpapier. In Leder je M. 12.-. 


Bisher sind erschienen die Bände I bis IV. 


LESSINGS BRIEFE. In Auswahl herausgegeben von Julius 
Petersen. In Pappband М. 2.—; in Leder M. 4.—. 


HEINRICH MANN: DIE RÜCKKEHR VOM HADES. 
Novellen. Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder 
M. 7.50. 


CHRISTOPHER MARLOWE: KÓNIG EDUARD II. Tra- 
gödie in zwei Teilen. Deutsch von 4. W. Heymel. Ge- 
heftet M. 3.—; in Pappband M. 4.—. 


WILHELM MEINHOLD: SIDONIA VON ВОВК, DIE 
KLOSTERHEXE, angebliche Vertilgerin des gesammten 
herzoglich pommerschen Regentenhauses. Historischer 
Roman. Nachwort von Paul Ernst. Zwei Bánde. Geheftet 
M. 6.-; in Halbpergament M. 8.—; in Ganzpergament 
M. 12.-. 


JOHANN HEINRICH MERCKS BRIEFE an die Herzogin- 
Mutter Аппа Amalia und an den Herzog Carl August von 
Sachsen-Weimar. Zum ersten Male herausgegeben und er- 
lautert von Hans Gerhard Graf. Geheftet M. 8.—; in Halb- 
leder M. ı0.—. 


FRIEDRICH NIETZSCHES BRIEFE. Ausgewählt und 
herausgegeben von Richard Oehler. Іп Leinen M. 3.—; 
in Leder M. 5.—. 


JEAN PAUL: DES LUFTSCHIFFERS GIANNOZZO SEE- 
BUCH. Mit 15 Vollbildern, mehrfarbigem Titelbild in 
Lichtdruck, Umschlag- und Einbandzeichnung von Emil 
Preetorius. In Pappband M. 10.—. Vorzugsausgabe: 150 
Exemplare mit handkolorierten Bildern in Leder M. 3o.—. 


— 169 — 


DIE PSALMEN іп der Lutherischen Übersetzung. Künst- 
lerische Ausstattung von F. W. Kleukens. 500 Exemplare: 
ro Exemplare auf Pergament іп Cap-Maroquin M. 300.-; 
5о auf Japanbütten in ecrasiertem Saffianleder M. 100.-; 
44o auf van Gelder-Bütten in Pergament M. 40.—. 
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


FELIX SALTEN, DAS SCHICKSAL DER AGATHE. Drei 
Novellen (Das Schicksal der Agathe. Heimfahrt. Konig 
Dietrichs Befreiung). Einbandzeichnung von Emil Pree- 
torius. Geheftet М. 3.—; іп Leinen М. 4.50. 


KARL SCHEFFLER: DEUTSCHE MALER UND ZEICH- 
NER IM NEUNZEHNTEN JAHRHUNDERT. Mit 78 
Vollbildern. Einbandzeichnung von Е. R. Weiß. Geheftet 
М. 10.—; in Halbpergament M. 12.-. | 


DIE SCHÓNE SEELE. Bekenntnisse, Schriften und Briefe 
der Susanna Katharina von Klettenberg. Herausgegeben 
von Heinrich Funck. Mit 10 Lichtdruck-Tafeln. Geheftet 
M. 5.—; in Pappband M 6.—; in Halbleder M. 8.—. 


ARTHUR SCHOPENHAUERS BRIEFWECHSEL UND 
ANDERE DOKUMENTE SEINES LEBENS. Ausgewählt 
und herausgegeben von Мах Brahn. In Leinen M. 3.—; 
in Leder M. 5.—. 


SORRATES, geschildert von seinen Schülern. Übertragung 
und Erläuterungen von E. Müller. Zwei Bände. Erster 
Band: Xenophon: Erinnerungen an Sokrates, Die Kunst 
der Haushaltung. Plato: Protagoras, Ein Gastmahl. Zweiter 
Band: Xenophon: Ein Gastmahl. Plato: Gorgias, Ver- 
teidigung des Sokrates, Kriton, Phädon; Anhang: Drei 
Sokratesjünger. Mit Wiedergabe der Neapler Sokrates- 
Herme in Lichtdruck. Einbandzeichnung von F. H. 
Ehmcke.. Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—. 


— 170 — 


GARL STERNHEIM: DIE KASSETTE. Komödie in fünf 
Aufzügen. Geheftet M. 3.-; in Leinen M. 4.—. Vorzugs- 


ausgabe: 30 numerierte Exemplare aut Büttenpapier in 
Leder M. 20.—. 


CARL STERNHEIM: ULRICH UND BRIGITTE. Еіп 


dramatisches Gedicht. Zweite Auflage. Geheftet M. 3.—; 
in Leinen M. 4.—. 


ADALBERT STIFTER: STUDIEN. Vollständige Ausgabe 
der Erzihlungen Stifters in zwei Banden. Titel- und Ein- 
bandzeichnung von Carl Weidemeyer-Worpswede. Zweite, 


revidierte Auflage (4. bis 8. Tausend). In Leinen M. 7.50; 
in Leder M. 10.-. 


TAUSEND UND EINE NACHT. Aus der von Felix Paul 
Greve besorgten vollständigen Übersetzung ausgewählt 
und herausgegeben von Paul Ernst. Doppeltitel, Initialen 
und Einband von Marcus Behmer. Vier Bände. In Halb- 


leinen mit Überzug nach Zeichnung von Marcus Behmer 
M. 16.—; in Leder M. 28.—. 


DER ROMAN VON TRISTAN UND ISOLDE. Erneut v / 
Joseph Bédier. Autorisierte Übertragung von Rudolf ес 
Binding. Einbandzeichnung von Е. А. Weiß. Geheftet ғ 
M. 3.50; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. Vorzugs-” 
ausgabe: 100 numerierte Exemplare auf van Gelder-Bütten 
in Kalbleder M. 25.—. 


EIN KURTZWEILIG LESEN VON DYL ULENSPIEGEL 
GEBOREN USZ DEM LAND ZU BRUNSZWICK. Faksimile- 
neudruck des ältesten Eulenspiegelbuches nach dem ein- 
zigen im British Museum zu London erhaltenen Exemplar 
von 1515. Mit 86 Holzschnitten. Herausgegeben von 
Edward Schröder. боо Exemplare: Nr. 1—100 mit kolo- 
rierten Holzschnitten in Ganzpergament M. 75.—; Nr. 101 
bis Доо іп Halbpergament M. 40.—. 


— 171 — 


LEONORA CHRISTINA GRAFIN ULFELDT : DENK- 
WÜRDIGKEITEN (GENANNT LEIDENSGED ACHTNIS) 
AUS IHRER GEFANGENSCHAFT IM BLADEN TORM 
DES KONIGSSCHLOSSES ZU KOPENHAGEN 1663 bis 
1685. Bearbeitet und neu herausgegeben von Clara Prieß. 
Mit fünf Bildnissen in Lichtdruck. Geheftet М. 3.50; in 
Pappband М. 5.—; in Leder М. 7.50. 

Aus der Einleitung: Wie diese Königstochter sich unter ihr Kreuz 
beugen lernt, wie sie sich aus Trübsal und Gebundenheit emporringt 
zu einer köstlichen Freudigkeit des Geistes und der wahren Freiheit der 
Kinder Gottes, das gehört mit zu den stolzesten Blättern der Mensch- 
heitsgeschichte. So haben diese ihre hinterlassenen Aufzeichnungen 
auf manchen Seiten in Form und Inhalt einen Hauch des Klassischen, 
Ewigen, kraft dessen sie sich den wahrhaft großen „menschlichen 


Dokumenten“ anreihen und zu dem Wertvollsten gehören, was, von 
Frauenhand geschrieben, auf uns und unsere Zeit gekommen ist. 


HENRY VAN DE VELDE: ESSAYS. Mit Einbandzeichnung 
vom Verfasser. Geheftet M. 4.—; in Halbpergament M.6.—. 


EMILE VERHAEREN: DIE GESICHTER DES LEBENS. 
Deutsche Nachdichtung von Erna Rehwoldt. 50 Exemplare 
auf Japanpergament in Leder М. 20.-; 550 Exemplare 
in Halbpergament M. 5.—. | 
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


EMILE VERHAEREN: DIE GETRAUMTEN DORFER. 
Deutsche Nachdichtung von Erna Rehwoldt. 50 Exemplare 
auf Japanpergament in Leder gebunden М. 20.—, 550 
Exemplare in Halbpergament M. 5.—. 

Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


EMILE VERHAEREN: LES HEURES DU SOIR. Uraus- 
gabe des franzósischen Textes der Gedichte. Einband von 
Henry van de Velde. 550 Exemplare: 50 Exemplare аш 
Japanbütten in Ecraséleder (vergriffen); 500 Exemplare 
auf van Gelder-Bütten in Halbleder M. 20.—. 


— 172 — 


ICHARD WAGNER: WIELAND DER SCHMIEDT. Titel, 
Initialen und Einband von F. W. Kleukens. 150 Exem- 
plare, auf van Gelder-Bütten in Leder M. 24.—. 
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


ISKAR WALZEL: VOM GEISTESLEBEN DES 18. UND 
т. JAHRHUNDERTS. Gesammelte Aufsätze. Geheftet 
M. 10.-; in Leinen M. 12.-. 


VILHELM WEIGAND: STENDHAL UND BALZAC. 
Zwei Essays. Geheftet М. 4.50; іп Leinen М. 6.—. 


WEIMAR IN DEN BEFREIUNGSKRIEGEN. Drei Teile. 


Erster Teil: ERINNERUNGEN AUS DEN KRIEGSZEITEN VON 
1806 bis 1813. Von Kanzler Friedrich von Müller. Mit dem Bildnis 
Friedrich von Müllers. Geheftet M. 2.50; in Leinen M. 3.50. 


Zweiter Teil: JOHANNES FALKS KRIEGSBÜCHLEIN. Darstellung 
der Kriegsdrangsale Weimars in dem Zeitraum von 1806 bis 1813. 
Aus Aktenstiicken und Originalbriefen einiger deutscher Manner. 


Weimar 1815. Mit dem Bildnis Joh. Falks. Geheftet M. 2.—; in 
Leinen М. 3.—. 


Dritter Teil: BERICHTE UND BRIEFE DER ZEITGENOSSEN; 
AUFRUFE UND SONSTIGE DOKUMENTE, gesammelt und ein- 


geleitet von Friedrich Schulze. Mit zahlreichen Abbildungen. (In 
Vorbereitung.) 


Die Teile werden einzeln abgegeben. 


BRIEFE KAISER WILHELMS I. Nebst Denkschriften und 
anderen Aufzeichnungen in Auswahl herausgegeben von 
Erich Brandenburg. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—. 


DIE ZAUBERFLOTE. Eine Oper in drei Aufziigen, neu- 
bearbeitet von C. A. Vulpius. Neudruck des Textes der 
ersten Aufführung auf dem Herzogl. Hoftheater zu Weimar 


am 16. Januar 1794. Mit einem Nachwort von Hans 
Loewenfeld. Зоо Exemplare. In Leder M. 8.—. 


STEFAN ZWEIG: ERSTES ERLEBNIS. Vier Erzählungen 
aus Kinderland. Einbandzeichnungen von Emil Preetorius. 
Geheftet M. 3.50; in Pappband M. 4.50. 


a 173 = 


BIS ENDE 1910 WAREN ERSCHIENEN: 


HERBERT ALBERTI: GEDICHTE. In Halbpergament 
M. 4.50. 


JENEAS SYLVIUS PICCOLOMINI (später Papst Pius ІК): 
EURYALUS UND LUKREZIA. Ein Roman. Aus dem 
Lateinischen übertragen von Konrad Falke. GeheftetM.5.-; 
in Halbpergament М. 7.-. Vorzugsausgabe: 100 nume- 
rierte Exemplare auf Büttenpapier. In Pergament М. 20.-. 


ÄLTESTE DEUTSCHE DICHTUNGEN. Übersetzt und 
herausgegeben von Karl Wolfskehl und Friedrich von der 
Leyen. Geheftet M. 5.—; in Pappband M. 6.—; іп Perga- 
ment M. 10.—. 


HANS CHRISTIAN ANDERSEN: MARCHEN. Unter Be- 
nutzung der von Andersen selbst besorgten deutschen Aus- 
gabe übertragen von Mathilde Mann.  Eingeleitet von 
Sophus Bauditz. Zeichnung der Initialen, des Titels und 


Einbands von Carl Weidemeyer-W orpswede. Zwei Bande. S 


In Leinen М.12.-; іп Leder M. 16.—. 


GABRIELE D'ANNUNZIO: PHÄDRA. Tragödie in drei 
Aufzügen. Unter Mitwirkung von Karl Vollméller über- 
tragen von Rudolf б. Binding. Geheftet M. 3.—; in Leinen 
М. 4.50; in Leder M.6.—. Vorzugsausgabe: 50 numerierte 
Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder M. 20.—. 


H 


B — = 


GABRIELE D’ANNUNZIO: DAS SCHIFF. Tragödie in 


einem Vorspiel und drei Aufzügen. Übertragen von Rudolf 
G. Binding. Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.50; in Leder 


M. 6.—. Vorzugsausgabe: 5o numerierte Exemplare auf , 


Büttenpapier. In Kalbleder M. 20.—. 


GABRIELE D’ANNUNZIO: VIELLEICHT — VIELLEICHT | 
AUCH NICHT. Roman. Übertragen von Karl Vollmiller. |; 


Siebente Auflage. Geheftet М. 4.50; in Leinen М. 6.-. 


бы 174 Без 


ETTINA VON ARNIM: DIE GÜNDERODE. Zwei 
Bande. In Leinen M. 9.—; in Leder M. 10.—. 


Der Briefwechsel zwischen Bettina und der Günderode. 


IONORÉ DE BALZAC: DIE MENSCHLICHE KOMÓDIE. 
Deutsche Ausgabe von Romanen und Erzáhlungen Balzacs 
in sechzehn Вапдеп, bearbeitet von Gisela Etzel, Felix Paul 
Greve, Ernst Hardt, Hedwig Lachmann, René Schickele, 
Arthur Schurig; mit einer Wiedergabe von Rodins 
Balzac-Statue in Heliograviire, einer Einleitung von Hugo 
von Hofmannsthal und einem Essay über Balzac von 
Wilhelm Weigand. Gesamtpreis: Geheftet M. 64.—; in 
Leinen M. 8о.-; in Leder M. 112.—. Vorzugsausgabe: 
тоо numesierte Exemplare atfPttterpapier. In Maroquin 
M. 240.—. 


Einzelausgaben: 
Jeder Band geheftet M.4.—; in Leinen M.5.-; in Leder M.7.—. 


CÄSAR BIROTTEAU. Das Leben eines Pariser Kaufmanns ап der 
Wende des 18. Jahrhunderts. Übertragen von Arthur Schurig. 
DAS CHAGRINLEDER. DAS UNBEKANNTE MEISTERWERK. 
SARRASINE. Übertragen von Hedwig Lachmann. 
ERZÄHLUNGEN AUS DER NAPOLEONISCHEN SPHÄRE. Über- 
tragen von Felix Paul Greve. 
' EUGENIE GRANDET. DER EHEVERTRAG. Übertragen von 
Gisela Etzel. 
“DIE FRAU VON DREISSIG JAHREN. DIE ALTE JUNGFER. Über- Е 
tragen von Hedwig Lachmann. ~~~ - 
; DIE GESCHICHTE DER DREIZEHN (Ferragus; Die Herzogin von 
Langeais; DasMädchen mitdenGoldaugen).Übertragen von Ernst Hardt. 
. GLANZ UND ELEND DER KURTISANEN. Zwei Bande. Übertragen 
“ von Felix Paul Greve. 
EIN JUNGGESELLENHEIM (LA RABOUILLEUSE). Übertragen von 
Felix Paul Greve. 


: DIE LILIE IM TAL. DIE VERLASSENE FRAU. Übertragen von 
i René Schickele. 


— 175 — 


PHILOSOPHISCHE ERZAHLUNGEN (Seraphita; Louis Lambert; 
Ein Drama am Meeresstrand; Das rote Gasthaus). Übertragen von 
Gisela Etzel. 


TANTE LISBETH. Übertragen von Arthur Schurig. 
VATER GORIOT. DAS HAUS NUCINGEN. Übertragen vonGiselaEtzel. 
VERLORENE ILLUSIONEN. Zwei Bande. Ubertragen von Hedwig 


Lachmann. 


S - HONORE ПЕ BALZAC: DIE PHYSIOLOGIE DER ЕНЕ. 
t + Eklektisch-philosophische Betrachtungen über Glück und 
ж Ungliick іп der Еһе. Ubertragen von Heinrich Conrad. 
d 2 Zweite Auflage. Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50; 

N in Leder M. 7.50. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exem- 
plare auf Büttenpapier. In Maroquin М. 15.—. 


HONORE DE BALZAC: DIE DREISSIG SEHR DROLLI- 

GEN UND SEHR KURIOSEN GESCHICHTEN, genannt 
CONTES DROLATIQUES. Zum erstenmal verdeutscht 

von Benno Rüttenauer. Mit schönen Bildern des Meisters 

4 : А 22, Gustav Doré geschmückt. Zwei Bände. Einmalige Auflage 
von 1000 numerierten Exemplaren: 35 auf van Gelder, 

in Pergament М. 5о.-; die übrigen in Leder M. Зо.-. 


Wir haben den kleinen Rest dieser mit den Doreschen Holzschnitten 
versehenen Ausgabe aus dem Verlage R. Piper &Co. übernommen. ' 


HONORE DE BALZAC: DAS MÄDCHEN MIT DEN 
GOLDAUGEN. Übertragen von Ernst Hardt. Mit zehn 
Einschaltbildern, Initiale, Einband- und Vorsatzzeichnung 
von Marcus Behmer. 500 numerierte Exemplare. In Per- 
gament М. 20.-. 


CHARLES BAUDELAIRE: DIE BLUMEN DES DOSEN, | 
In deutsche Verse iibertragen von Graf Wolf von Kalck- 
reuth. Titel-, Vignetten- und Einbandzeichnung von 
H. Wilh. Wulff. 850 numerierte Exemplare. In Leder | 
M. 7.—. 


— 170 — 


\UBREY BEARDSLEY: UNTER DEM HOGEL. Eine 
romantische Novelle. Übertragung von Rudolf Alexander 
Schröder. Mit einer Zeichnung von Beardsley. Zweite 
Auflage. In Leder M. 4.—. 


\UBREY BEARDSLEY: LETZTE BRIEFE. Autorisierte 
Übertragung von K. Moorburg. Mit Anmerkungen von 
Max Meyerfeld. Einmalige Auflage von 800 Exemplaren. 
Geheftet М. 5.—; іп Halbleder M. 7.—. | 


LUDWIG VAN BEETHOVENS BRIEFE. Ausgewählt und 
herausgegeben von Albert Leitzmann. ІІ. bis 20. Tausend. 
In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


DIE BERGPREDIGT JESU CHRISTI in der Lutherschen 
Übersetzung. Geschrieben im alten Unzialduktus von 
Graily Hewitt, von Platten in rot und schwarz gedruckt. 
3oo Exemplare auf van Gelder- Büttenpapier. In Perga- 
ment M. 22.—; in Leder M. 30.—. 


DIE BIBEL AUSGEWÄHLT. Herausgegeben von 4. und 
Р. б. Grotjahn. In Pappband М. 2.—; in Leder М. 4.—. 


OTTO JULIUS BIERBAUM: DER NEUBESTELLTE IRR- 
. GARTEN DER LIEBE. Verliebte, launenhafte, moralische 
. und andere Gedichte und Lieder. Vignetten, Zierleisten 

und Einband von Heinrich Vogeler-Worpswede. 45. bis 
. 50. Tausend. Gcheftet M. 2.-; in Pappband M. 3.-; 
. in Leder M. 5.—. 


GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS LEBEN DANTES. 
Ubertragen von Otto Freiherrn von Taube. Titel, Initiale 
und Einband gezeichnet von F. H. Ehmcke. 800 nume- 


, rierte Exemplare. In Halbpergament М. 8.—; in Leder 
M. 15.—. : 


‘ GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS DEKAMERON. Voll- 
' ständige Ausgabe, übertragen von Albert Wesselski. Dritte 


Auflage (6.—10. Tausend). Drei Bände. Geheftet M. 7.-; 
іп Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—. 


GIOVANNI DI BOCCACCIO: DIE LIEBENDE FIAMETTA. 
Roman. Vollstándige Ausgabe, nach der Übersetzung von 
Sophie Brentano bearbeitet von K. Berg. Geheftet M. 3.50; 
in Leinen M. 4.50; in Leder M. 5.—. 


DIE NACHTWACHEN DES BONAVENTURA. Негаш- 
gegeben von Franz Schultz. In Halbleder M. 6.—. 


CLEMENS BRENTANOS FRÜHLINGSKRANZ, aus Jugend- 
briefen ihm geflochten [von Bettina von Arnim], wie er 
selbst schriftlich verlangte. — Taschenausgabe in zwei 
Bänden. Zweite Auflage. In Leinen M. 8.—; in Leder 
AM 10.—. 


BRIEFE EINES UNBEKANNTEN (ALEXANDER DE 
VILLERS). Aus dessen Nachlaß neu herausgegeben von 
агі Graf Lanckoronski und Wilhelm Weigand. Mit zwei 


Bildnissen in Heliogravüre. Zwei Bände. Geheftet M. 0.-; 


in Leinen M. 12.—; in Halbleder M. 15.—. 


BRIEFE DER HERZOGIN ELISABETH CHARLOTTE | 


VON ORLEANS (LISELOTTE). Auswahl in zwei Bänden, 
herausgegeben von Hans F. Helmolt. Mit zwei Bildnissen 
in Heliogravüre. Zweite Auflage. Geheftet M. 12.—; in 
Halbpergament M. 16.—. 


BRIEFWECHSEL ZWISCHEN CLEMENS BRENTANO 


SE déi 


UND SOPHIE MEREAU. Nach den Handschriften zum , 
ersten Male herausgegeben von Heinz Amelung. Mit zwei 


Bildnissen. Zwei Bände. In Leinen M. 9.—. Vorzugs- 
ausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Biittenpapier. 
In Leder М. 18.-. 


ELIZABETH BARRETT-BROWNING: SONETTE AUS 
DEM PORTUGIESISCHEN. Ubertragen von Rainer Maria 
Rilke. Zweite Auflage. In Halbpergament M. 4.—. 


= 178 en 


HANS CAROSSA: GEDICHTE. In Halbpergament M. 3.50. 


MIGUEL DE CERVANTES: DER SCHARFSINNIGE 
RITTER DON QUIXOTE VON DER MANCHA. Voll- 
stándige deutsche Taschenausgabe in drei Banden, unter 
Benutzung der anonymen Ausgabe von 1837 besorgt von 
Konrad Thorer. Geheftet M. 10.—; in Leinen M. 14.—; 
in Leder M. 18.—. 


DIE NOVELLEN DES CERVANTES. Vollstándige deutsche 
Ausgabe, auf Grund älterer Übertragungen bearbeitet von 
Konrad Thorer. Zwei Bände. Geheftet M. 8.—; in Leinen 
M. 10.—; in Leder M. ı2.—. 


DIE CHINESISCHE FLÓTE. Nachdichtungen chinesischer 
Lyrik von Hans Bethge. Titel- und Einbandzeichnung 
von Е. R. Weiß. Zweite Auflage. In Pappband М. 5.—. 


DANIEL DEFOE: DAS LEBEN UND DIE GANTZ UN- 
GEMEINE BEGEBENHEITEN DES BERÜHMTEN 
ENGELLÄNDERS MR. ROBINSON CRUSOE .. . Neu- 
druck des ältesten deutschen Robinsonbuches. Mit Wieder- 
gabe von drei Kupferstichen. Zwei Bände. 600 numerierte 
Exemplare. In Halbpergament M. 20.—; in Ganzper- 
gament M. 3o.—. 


ANNETTE VON DROSTE- HÜLSHOFF: DIE JUDEN- 
BUCHE. Novelle. Zweite Auflage. In Leinen M. 3.—. 


. JOSEPH VON EICHENDORFFS DICHTUNGEN. Ausge- 
wählt und herausgegeben von Franz Schultz. Zwei Bände. 
In Pappbánden M. 3.—; in Leinen M. 4.—. Liebhaber- 
ausgabe: іп Leder M. 10.—. 


PAUL ERNST: BRUNHILD. Trauerspiel in drei Aufzügen. 
In Pappband M. 3.-. 


PAUL ERNST: DIE SELIGE INSEL. Ein Roman. In Leder 
M. 5.—. 


PAUL ERNST: DER WEG ZUR FORM. Asthetische Ab- 
handlungen, vornehmlich zur Tragédie und Novelle. 


Geheftet M. 4.—; in Pappband М. 5.—. 


DAS BUCH ESTHER in der Lutherschen Übersetzung. 
Mit figürlichem Doppeltitel und Initialen von F. W. 
Kleukens. 3oo Exemplare auf van Gelder-Büttenpapier. 
In Leder M. 24.—. 


Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in. Darmstadt. 


FICHTES REDEN AN DIE DEUTSCHE NATION. Revi- 
dierte Ausgabe, eingeleitet von Rudolf Eucken. In Papp- 
band M. 2.—; in Leder M. 4.-. 


GUSTAVE FLAUBERT: DREI ERZÁHLUNGEN (Ein 
schlichtes Herz; Die Sage von Sankt Julianus; Herodias). 

. Übertragen von Ernst Hardt. Zweite Auflage. Geheftet 
M. 3.5о; іш Halbpergament M. 5.50. 


JOHN FLAXMAN: ZEICHNUNGEN ZU SAGEN DES 
‚KLASSISCHEN ALTERTUMS. Eingeleitet von Ernst 
Beutler. Titel- und Einbandzeichnung von F. H. Ehmcke. 
In Leinen M. 5.—. 


IRENE FORBES-MOSSE: DAS ROSENTHOR. Gedichte. 
Mit Zeichnungen von Heinrich Vogeler-¥ orpswede. Karto- 
niert M. 4.—; in Leder M. 6.—. 


GOETHES WERKE іп sechs Вапдеп. Im Auftrage der 

Goethe-Gesellschaft herausgegeben von Erich Schmidt. 
21. bis 50. Tausend. In Pappbänden M. 6.—; in Leinen 
M. 8.—; in Halbleder M. 12.-. 


GOETHES SÄMTLICHE WERKE in sechzehn Bänden. 


Grofóherzog Wilhelm Ernst-Ausgabe deutscher Klassiker. 
Titel- und Einbandzeichnung von Eric Gill. 


— 180 — 


Bisher sind erschienen und einzeln kauflich: 


1. TI: ROMANE UND NOVELLEN. Vollständig in zwei Banden. 


Herausgegeben von Hans Gerhard Graf und Carl Schüddekopf. 
In Leder M. i1.—. 


III: AUS MEINEM LEBEN. DICHTUNG UND WAHRHEIT 
Herausgegeben von Kurt Jahn. In Leder M. 6.—. 


IV: ITALIENISCHE REISE; KAMPAGNE IN FRANKREICH 


1792; BELAGERUNG VON MAINZ 1793. Herausgegeben von 
Kurt Jahn. In Leder M. 6.—. 


V: ANNALEN UND KLEINERE AUTOBIOGRAPHISCHE 
SCH RIFTEN. Herausgegeben von Kurt Jahn. In Leder M. 5.50. 


VI: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, I. Band. Herausgegeben 
von Hans Gerhard Gräf. In Leder M. 4.—. 


VII: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, II. Band. Herausgegeben 
von Hans Gerhard Gräf. In Leder M. 6.—. 


VIII: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, III. Band. Herausgegeben 
von Hans Gerhard Gräf. In Leder M. 7.50. 


IX: KUNST-SCHRIFTEN, I. Band. Herausgegeben von Мах 
Hecker. In Leder М. 6.—. 


Хх: KUNSTSCHRIFTEN. П. Band. Herausgegeben von Max Hecker. 
In Leder M. 6.—. 


X1: ÜBERSETZUNGEN UND BEARBEITUNGEN FREMDER 
DICHTUNGEN. Herausgegeben von Hans Gerhard Graf. In Leder 


М. 6.—. 

GOETHES FAUST. Gesamtausgabe. Enthaltend den Ur- 
faust; Das Fragment (1790); Die Tragödie, I. und II. Teil; 
Paralipomena. Herausgegeben von Hans Gerhard Graf. 


Dritte Auflage (тт. bis 15. Tausend). In Leinen M. 3.—; in 
Leder M. 4.—. 


GOETHES SPRÜCHE IN PROSA. Махітеп und Re- 
. flexionen. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


GOETHES SPRÜCHE IN REIMEN. Zahme Xenien und 
Invektiven. In Pappband M. э.-; in Leder M. 4.—. 


AUS GOETHES TAGEBÜCHERN. Ausgewühlt und heraus- 


gegeben von Hans Gerhard Graf. In Pappband M. 2.—; 
in Leder M. 4.—. 


— 181 — 


GOETHE: WEST-OSTLICHER DIVAN. Doppeltitel, 
Initiale und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. 
1200 Exemplare auf Biittenpapier in Halbleinen mit Ober- 


zug nach Zeichnung von Marcus Behmer. M. 12.—; in 
Leder M. 18.—. 


GOETHES GESPRÁCHE MIT ECKERMANN. Vollstündige 
Ausgabe, besorgt von Franz Deibel. Mit zwei Porträts. 
Zweite Auflage (6.—10. Tausend). Zwei Bande. In Papp- 
bánden M. 5.—; in Leinen M. 7.—; in Leder M. 10.—. 


GOETHE IM GESPRÁCH. In Auswahl (ohne die mit 
Eckermann geführten Gesprache) herausgegeben von Franz 
Deibel und Friedrich Gundelfinger. Dritte Auflage. In 
Leinen М. 6.—; in Leder M. 8.—. 

Enthalt die Gespráche mit Schiller, Wieland, Herder, Schlegel, Na- 
poleon, Voß, Riemer, Boisserée, Kanzler von Müller, Soret, Felix 
Mendelssohn-Bartholdy u. a. 


GOETHES BRIEFE AN CHARLOTTE VON STEIN. Voll- 
ständige Ausgabe in drei Bänden. Herausgegeben von 
Julius Petersen. Mit drei Silhouetten. + Zweite Auflage 
(3. u. 4. Tausend). In Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.-. 


GOETHES BRIEFE AN FRAU VON STEIN. In Auswahl 
herausgegeben von Julius Petersen. Mit drei Silhouetten. 
II. bis 20. Tausend. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


GOETHES BRIEFWECHSEL MIT MARIANNE VON 
WILLEMER. Herausgegeben von Philipp Stein. Mit einer 
Silhouette und zwei Zeichnungen in Lichtdruck. In Leinen 
M. 5.—; in Leder M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 nume- 
rierte Exemplare auf Büttenpapier. In Pergament M. 12.- 


DAS GOETHE-NATIONAL-MUSEUM ZU WEIMAR. 
Große Ausgabe des Führers, im Auftrag der Direktion be- 
arbeitet von M. Schuette. Mit 32 Grundrissen und 26 Bil- 
dertafeln. Geheftet M. 3.—; in Pappband M. 4.—. 


— 18а — 


DIE BRIEFE DER FRAU RATH GOETHE. Gesammelt 
und herausgegeben von Albert Köster. Zwei Bände. Fünfte, 
vermehrte Auflage. In Halbleder M. 15.—. 


BRIEFE VON GOETHES MUTTER. Ausgewählt und einge- 
leitet von Albert Köster. Mit einer Silhouette der Frau Rath. 
3r. bis 40.Tausend. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


DIE MÄRCHEN DER BRÜDER GRIMM: Vollständige 
Ausgabe. Zeichnung der Initialen, des Titels und Einbands 
von Carl Weidemeyer -W orpswede. Zwei Bände. In Leinen 
M. 10.—; in Leder M. 14.—. Vorzugsausgabe: тоо nume- 
rierte Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder M. 30.—. 


GRIMMS DEUTSCHE SAGEN. Ausgewählt und eingeleitet 
von Paul Merker. 1n Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


H. J. CHR. VON GRIMMELSHAUSEN: DER ABEN- 
TEUERLICHE SIMPLICISSIMUS. Vollstandige Taschen- 
ausgabe in drei Bänden, besorgt von Reinhold Buchwald. 

- Mit den vier Radierungen von Max Klinger in Lichtdruck. 
In Pappbänden M. 8.-; in Pergament M. 14.—. 


H. J. CHR. VON GRIMMELSHAUSEN: SIMPLICIANI- 
SCHE SCHRIFTEN. (Trutz Simplex oder Lebensbeschrei- 
bung der Ertzbetrügerin und Landstórtzerin Courasche; 
Der seltzame Springinsfeld; Das wunderbare Vogelnest; 
Der Erste Beernháuter; Simplicissimi Gauckeltasche; 
Simplicissimi Galgen-Männlein; Der stoltze Melcher usw. 
Neudruck in 400 numerierten Exemplaren mit Wieder- 
gabe von ı2 Kupferstichen und 20 Holzschnitten der 
Ausgabe von 1684. Іп Schweinsleder M. 40.—. 


OTTO FRIEDRICH VON DER GROBEN: GUINEISCHE 
REISE-BESCHREIBUNG. Marienwerder, anno 1694. Mit 
16 Vollbildern. Neudruck in 500 numerierten Exem- 
plaren. In Halbpergament M. 18.—. 

Faksimileneudruck des altesten deutschen Kolonialbuchs. 


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— 183 — 


HAFIS, NACHDICHTUNGEN SEINER LIEDER von Hans 
Bethge. Titel und Einbandzeichnung von E. R. Weif. 
Іп Pappband М. 5.—. 


ERNST HARDT: AN DEN TOREN DES LEBENS. Eine 
Novelle. Zweite Auflage. Geheftet M. 3.—; in Pappband 
M. 3.—. 


ERNST HARDT: AUS DEN TAGEN DES KNABEN. Ge- 
dichte. Zweite Auflage. In Pappband M. 3.50; in Perga- 
ment M. 6.—. | 


ERNST HARDT: GESAMMELTE ERZÁHLUNGEN. Ge- 
heftet М. 3.—; in Pappband M. 4.—. 


ERNST HARDT: DER KAMPF. Ein Drama in vier Auf- 
zügen. Zweite Auflage. MitEinbandzeichnung von Marcus 
Behmer. Geheftet M. 3.—; іп Pappband M. 4.—. 


Die erste Auflage erschien unter dem Titel der „Kampf ums Rosenrote“. 


ERNST HARDT: NINON VON LENCLOS. Drama in 
einem Akt. Zweite Auflage: kleine Ausgabe. Geheftet 
M. 2.—; in Pappband M. 3.—. 


ERNST HARDT: NINON VON LENCLOS. Drama in 
einem Akt. Erste Auflage: ртобе Ausgabe. Mit doppel- 
seitiger Titelzeichnung, Eingangs- und Schlußvignette 
von Marcus Behmer. Geheftet M. 3.50; іп Pappband 
M. 4.50; in Pergament M. 6.—. 


ERNST HARDT: TANTRIS DER NARR. Drama in fünf 
Akten. Eingangsblatt, Titel und Einband gezeichnet von 
Marcus Behmer. Sechste Auflage (21. bis 25. Tausend). 
Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.-. 


HEINRICH HEINE: DIE NORDSEE. 3oo Exemplare auf 
Japanpapier. In Pergament M. 18.—. 
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


A 184 Led 


WILHELM HEINSE: SÄMTLICHE WERKE in ro Bänden. 
Erste vollstándige und kritische Ausgabe von Carl Schüdde- 
kopf. Jeder Band geheftet M. 6.—; in Halbleder M. 8.—; 
іп Ganzleder M. g.—. 


Bisher sind erschienen und werden einzeln abgegeben: 

Band II: Die Begebenheiten des Enkolp. Die Kirschen. Band III, 
1. Abteilung: Laidion oder die Eleusinischen Geheimnisse. Kleine 
Schriften, erster Teil. Band III, 3. Abteilung: Kleine Schriften, zweiter 
Teil. Band IV: Ardinghello und die glückseligen Inseln. Dritte 
Auflage. Band V und VI: Hildegard von Hohenthal. Band VII: 
Tagebücher. Band IX und X: Briefe. 


HESPERUS. Ein Jahrbuch, mit Beiträgen von Hugo 
von Hofmannsthal, Rudolf Borchardt und Rudolf Alexander 
Schroder. Geheftet M. 5.—; in Pappband M. 6.—; in Per- 
gament M. ı0.—. 


ALFRED WALTER HEYMEL: ZEITEN. Gesammelte 
Gedichte. Zweite Auflage. In Pappband M. 3.—. 


LUDWIG VON HOFMANN: TÄNZE. Zwölf Original- 
lithographien. Mit einem Prolog von Hugo von Hofmanns- 
thal. 200 numerierte Exemplare. In Mappe M. 200.—. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: KLEINE DRAMEN. 
Zwei Bände. Zweite Auflage. In Halbpergament M. 12.—. 


Beide Bände werden in besonderer Ausstattung auch einzeln ab- 
gegeben. In Halbpergament je M. 6.--. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DIE GESAMMELTEN 
GEDICHTE. Vierte Auflage. In Halbpergament M. 6.—. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER TOD DES TIZIAN. 
Ein dramatisches Fragment. Fünfte Auflage. Geheftet 
M. 1.—; in Pappband М. 1.80. 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER TOR UND DER 
TOD. Ein dramatisches Gedicht. Zwölfte 4uflage. Ge- 
heftet M. 2.—; іп Halbpergament M. 3.—; in Leder М. 5.—. 


— 185 — 


HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER WEISSE FACHER. 
Ein Zwischenspiel. Mit vier Holzschnitten von Edward 
Gordon Craig. 800 numerierte Exemplare. Nr. 1—50 аш 
Japanpapier, in Pergament mit Seidenvorsatz M. 50.—. 
Nr. 51—800 auf Büttenpapier, in Halbpergament М. 20.—. 


HOLDERLIN: DER TOD DES EMPEDOKLES. Für eine 
festliche Aufführung bearbeitet und eingerichtet von Wil- 
helm von Scholz. In Pappband M. 3.—. 


HOMER: DIE ODYSSEE. Neu ins Deutsche übertragen 
von Rudolf Alexander Schröder. Erster und zweiter Band 
(1.-24. Gesang)  Gedruckt unter Leitung von Harry 
Graf Keßler. Mit Titeln und Initialen von Eric Gill und 
drei Holzschnitten von Aristide Maillol. 350 numerierte 
Exemplare für den Handel. In Halbpergament jeder Band 
M. 3o.—. 

Diese Homer-Ausgabe erscheint in vier Bánden, von denen je zwei 
die Odyssee und die Ilias enthalten. Der Kauf der bisher erschiene- 
nen ersten beiden Bände verpflichtet zur Abnahme auch der folgenden. 


RICARDA HUCH NEUE GEDICHTE. In Leder M. 6.—. 


RICARDA HUCH: DAS LEBEN DES GRAFEN FEDERI- 
GO CONFALONIERI. 3.—5. Tausend. Geheftet M. 4.50; 
in Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.5o. 


RICARDA HUCH: MERKWÜRDIGE MENSCHEN UND 
SCHICKSALE AUS DEM ZEITALTER DES RISORGI- 
MENTO. Geheftet M. 4.—; in Pappband M. 5.—; in 
Leder M. 5.—. 


RICARDA HUCH: VITA SOMNIUM BREVE. Roman. 
Mit einem Titelbilde nach Arnold Bécklin in Heliogra- 
үйге. Vierte Auflage. Geheftet M. 6.—; in Leder M. 8.-. 


WILHELM VON HUMBOLDTS BRIEFE AN EINE 
FREUNDIN. Zum ersten Male nach den Handschriften 


— 186 — 


herausgegeben von Albert Leitzmann. Zwei Bande. Mit 
einem Porträt. In Leinen M. 8.—; in Leder M. 10.—. 


INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1908. Kartoniert 


M. —.50. 
INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR ıgıı. Kartoniert 
M. —.5o. 


Die nicht aufgeführten Jahrgänge sind vergriffen. 


JOH AINNES SECUNDUS: DIE KÜSSE UND DIE FEIER- 
LICHEN ELEGIEN. Deutsch von Franz Blei. Mit einem 
Titelportrát in Kupferdruck. In Halbpergament M. 5.-. 


WOLF GRAF VON KALCKREUTH: GEDICHTE. (Aus 
dem Nachlaß herausgegeben.) In Halbpergament M. 6.—. 


KANT-AUSSPRÜCHE. Herausgegeben von Raoul Richter. 
In Pappband M. 2.-; in Leder M. 4.—. 


RUDOLF KASSNER: DER TOD UND DIE MASKE. 
Gleichnisse. Mit Initialen nach alten Meistern. In Papp- 
band M. 4.5о. 


SÓREN KIERKEGAARD: DAS TAGEBUCH DES VER- 
FÜHRERS. Erste vollstándige deutsche Übertragung von 
Max Dauthendey. Zweite 4uflage. Іп Pappband M. 6.—. 


JOHN KEATS: GEDICHTE. Nachdichtung von Gisela 
Etzel. In Halbpergament M. 9.—; in Leder M. 14.-. 
V orzugsausgabe: 5o Exemplare auf Japan. In Kalbleder 
M. 30.—. 


Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


HEINRICH VON KLEISTS ERZÄHLUNGEN. Eingeleitet 
von Erich Schmidt. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


FRIEDR. MAXIMILIAN KLINGER: FAUSTS LEBEN, 
THATEN UND HOLLENFAHRT. Roman. Neudruck der 
ersten Ausgabe von 1791. Mit einem Titelkupfer. Ge- 
heftet М. 5.-; іп Halbpergament М. 7.—. 


— 18; — 


DES КМАВЕМ WUNDERHORN Alte deutsche Lieder, ge- 
sammelt von L. 4. v. Arnim und Clemens Brentano. 
Jubilaumsausgabe getreu nach den Originaldrucken. Drei 
Bände. Mit 5 Kupferstichen. 800 numerierte Exemplare 
auf handgeschépftem Papier. In Halbleder М. 40.—. 


DES KNABEN WUNDERHORN. Ausgewählt und eingeleitet 
von Friedrich Ranke. Іп Pappband М. 2.—; in Leder 
M. 4.—. 


GERHARD OUCKAMA KNOOP: SEBALD SOEKERS 
PILGERFAHRT. Zweite Auflage. Geheftet M. 4.—; іп 
Halbpergament M. 6.—. 


GERHARD OUCKAMA KNOOP: SEBALD SOEKERS 
VOLLENDUNG. Geheftet M. 4.—; іп Halbpergament 
М. 5.—. 


KORNERS WERKE, in einem Bande. Herausgegeben von 
Werner Deetjen. (Großherzog Wilhelm Ernst- Ausgabe 
deutscher Klassiker.) Yn Leder M. 3.50. 


KARL ARNOLD KORTUM: DIE JOBSIADE. Ein komisches 
Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bildern der Ori- 
ginalausgaben und einer Einleitung in Versen von Otto 
Julius Bierbaum. Zeichnung der Zierstücke, des Titels 
und des Einbandes von Walter Tiemann. Zweite Auflage. 
In Pappband M. 6.—. 


SELMA LAGERLÓF: GOSTA BERLING, Erzählungen aus 
dem alten Wermland. Ubertragen von Mathilde Mann. 
Zwei Bande. Drittes Tausend. Geheftet M. 5.—; in Papp- 
bánden M. 7.—; in Leder M. 10.—. 


KARL LARSEN: SCHWESTER MARIANNA UND IHRE 
LIEBESBRIEFE. Übertragen von Mathilde Mann. In 
Pergament M. 7.50. 


— 188 — 


H 


MICHAEL LERMONTOFF: EIN HELD UNSERER ZEIT. 


Ein Roman. Übertragung von Michael Feofanoff. Yn 
Leinen M. 4.—; in Leder M. 5.—. 


A. R. LE SAGE: DIE GESCHICHTE DES GIL BLAS VON 


SANTILLANA. Ein Roman. Deutsche Ausgabe in zwei 
Bánden, besorgt von Konrad Thorer. Mit zwei Titel- 
vignetten und acht Vollbildern nach Kupfern von Cho- 
dowiecki. In Halbfranz M. 12.—. Vorzugsausgabe: 100 


numerierte Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder 
M. 24.-. 


LESSING: NATHAN DER WEISE. Ein dramatischer Ge- 
dicht in fünf Aufzügen. 1779. Faksimileneudruck des 
ersten Nathan-Druckes in Доо numerierten Exemplaren. 
Nr. 1--200 mit dem handschriftlichen Entwurf Lessings 
zum Nathan; 2 Bände: іп Halbleder М. До.--; in Leder 
М. 50.--. Nr. 201--Доо ohne den Entwurf in Halbleder 
M. 20.-; in Leder M. 25.—. 


HEINRICH LEUTHOLD: GEDICHTE. Nach den Hand- 
schriften wiederhergestellt von Arthur Schurig. Zweite, 
verbesserte Auflage. In Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. 


LONGUS: DAPHNIS UND CHLOE. Roman. Übertragen 
von Ludwig Wolde. 300 Exemplare auf Büttenpapier. 
In Leder M. 28.—. 


Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


OTTO LUDWIG: DIE HEITERETHEI. Ein Roman. In 
Pappband М. 2.—; in Leder M. 4.—. 


MARTIN LUTHERS BRIEFE. In Auswahl herausgegeben 
von Reinhard Buchwald. Zwei Bände. Mit einem Porträt 
Luthers von Lukas Cranach. In Leinen M. ı2.-; in 
Leder M. 18.—. 


— 189 — 


| 


HEINRICH MANN: DAS HERZ. Novellen. Zweite Auf- 
lage. Geheftet M.4.—; in Leinen M.5.—; in Leder M. 7.50. 


HEINRICH MANN: DIE KLEINE STADT. Ein Roman. 
Vierte Auflage. Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.-. 


WILHELM MEINHOLD: DIE BERNSTEINHEXE. Histo- 
rischer Roman. In Halbpergament M. 4.50; in Ganz- 
pergament М. 7.—. 


MEMOIREN DER MARKGRAFIN WILHELMINE VON 
BAYREUTH, SCH WESTER FRIEDRICHS DES GROSSEN. 
Deutsch von Annette Kolb. Mit drei Heliograviiren. Zwei 
"au Zweite Auflage. Geheftet M. ro.—; in Leinen 

M. 14.—; in Halbleder M. 16.—. 


JOHANN HEINRICH MERCKS SCHRIFTEN UND BRIEF- 
WECHSEL. In Auswahl herausgegeben von Kurt Wolff. ` 
Mit einem Porträt Mercks und 2 Faksimiles. Zwei Bände 
600 numerierte Exemplare. Geheftet M. 14.—; in Halb- 
leder M. 18.—. 


EDUARD MÓRIKE: DAS HUTZELMÁNNLEIN UND 
ANDERE MÄRCHEN. In Leinen M. 4.—; inLeder M.5.— | 


EDUARD MÓRIKE: MOZART AUF DER REISE NACH - 
PRAG. Eine Novelle. Zweite Auflage. In Leinen M. 3.50; 
in Leder M. 4.50. 


MOZARTS BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben von 
Albert Leitzmann. Іп Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


HENRI MURGER: DIE BOHÉME. Szenen aus dem Pa- 
riser Künstlerleben. Mit Titelzeichnung und fünf Voll- ` 
bildern von Franz von Bayros. Zweite Auflage (3. und 
4. Tausend). In Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.50. 


FRIEDRICH NIETZSCHES GESAMMELTE BRIEFE. Fünf 
Teile (in sechs Bänden). Geheftet М. 48.-; in Leinen 
М. 56.—; in Halbleder M. 64.—. 


FRIEDRICH NIETZSCHE: ALSO SPRACH ZARATHU- 
STRA. EIN BUCH FÜR ALLE UND KEINEN. Monumen- 
talausgabe. Druckanordnung, Zeichnung des Titels, der 
Vortitel und Füllornamente und des Einbandes von Henry 
var de Velde. 500 numerierte Exemplare in schwarz, 


purpur und gold gedruckt auf van Gelder-Büttenpapier. 
In Pergament M. 9o.-. 


ALTFRANZÖSISCHE NOVELLEN. Zwei Bände. Ausge- 
wählt von Paul Ernst, übertragen von Paul Hansmann. Mit 
Titelholzschnitten und Zierstücken nach alten Originalen. 
In Pappbänden M. ı0.-; in Leder M. 14.-. Vorzugs- 
ausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Büttenpapier. 
In Pergament M. 20.-. 


ALTITALIÁNISCHE NOVELLEN. Zwei Bande. Ausgewählt 
und übersetzt von Paul Ernst. Mit venezianischen Titel- 
holzschnitten, Initialen und Zierstücken aus dem 14. Jahr- 


hundert. Zweite Auflage. In Pappbinden М. 8.-; іп 
Leder M. ı2.—. 


ALEXANDER OLBRICHT: ZWOLF RADIERUNGEN AUS 
WEIMAR. In Pappband M. і2.-. 


ОМАН CHAJJAM VON NESCHAPUR: RUBA’IJAT. Aus 
dem Englischen des Edward Fitzgerald in deutsche Verse 
übertragen von G. D. Gribble. Titel- und Einbandzeich- 
nung und Initiale von Marcus Behmer. In Pappband 
M. 8.-; in Leder M. 12.-. 


WALTER PATER: MARIUS DER EPIKUREER. Ein Roman 
in zwei Bánden. Übertragen von Felix Paul Greve. In 
Leinen M. 9.—; in Leder M. ı2.—. 


FRANCESCO PETRARCA: SONETTE. Ausgewählt, über- 
setzt und eingeleitet von Bettina Jacobson. Mit dem Portrat 
des Dichters In Pergament M. 5.50. 


— 191 — 


| 


GESCHICHTEN AUS DEM ALTEN PITAVAL. Heraus- 
gegeben nach der von Schiller getroffenen Auswahl und 
um weitere Stiicke vermehrt von Paul Ernst. Drei Bande. 
Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—; in Leder M. 15.-. 


DES GRAFEN AUGUST VON PLATEN GEDICHTE. Neu 

herausgegeben von Rudolf Schlösser. Zwei Bände. In 
Pappbánden M. 8.—; in Halbleder M. 10.—. Vorzugs- 
ausgabe: 100 Exemplare auf Büttenpapier. In Leder 
M. 20.—. 


FRANZ GRAF POCCI: LUSTIGESKOMÖDIENBÜCHLEIN. 
Zwei Bände. In Auswahl neu herausgegeben von P. E. 
Schmidt und K. v. Rózycki. Mit vielen Bildern, zum Teil 
nach unveróffentlichten Zeichnungen Poccis. In Halb- 
pergament M. 10.—. 


HENRIK PONTOPPIDAN: HANS IM GLÜCK. Ein Roman | 


in zwei Bänden. Übertragen von Mathilde Mann. Dritte 
Auflage. Geheftet M. 8.--; in Leinen M. 10.—. 


ALEXANDER POPE: DER LOCKENRAUB. Ein koni- 
sches Heldengedicht. In deutsche Verse übertragen von 
Rudolf Alexander Schröder. Mit den neun Bildern und 
der Einbandzeichnung von 4ubrey Beardsley in der Ori- 
ginalgrofe. 800 Exemplare. Nr. 1—100 auf Japanpapier; 
in Kalbleder, in Seidenfutteral M. 4o.—. Nr. 101—800 
auf holländischem Büttenpapier; in Pappband M. 14.- 


ABBÉ PRÉVOST D'EXILES: GESCHICHTE DER MANON 
LESCAUT UND DES CHEVALIER DES GRIEUX. Deutsche 
Übertragung von Julius Zeitler. Mit vier Vollbildern von 
Franz von Bayros. Zweite Auflage. In Halbleder M. 6.50; 
in Leder M. 7.50. 


RAINER MARIA RILKE: AM LEBEN HIN. а 
Іп Halbpergament М. 3.-. 


NET 192 — 


RAINER MARIA RILKE: DIE AUFZEICHNUNGEN DES 
MALTE LAURIDS BRIGGE. Zwei Bändchen. Dritte Auf- 
lage. Geheftet M. 4.50; in Pappbänden M.6.—; in Leder 
М. 10 — 


RAINER MARIA RILKE: GESCHICHTEN VOM LIEBEN 
GOTT. Dritte Auflage. In Leinen M. 4.—. 


RAINER MARIA RILKE: DIE FRÜHEN GEDICHTE. 
Des Buches „Mir zur Feier“ zweite Auflage. Іп Halb- 
leder M. 6.50. 


RAINER MARIA RILKE: NEUE GEDICHTE (aus den 


Jahren 1905—1907). Zweite Auflage. In Halbleder 
M. 6.50. 


RAINER MARIA RILKE: DER NEUEN GEDICHTE AN- 
DERER TEIL. In Halbleder M. 6.50. 


RAINER MARIA RILKE: REQUIEM. (Für eine Freundin. 
Für WolfGraf von Kalckreuth.) 500 Exemplare. In Papp- 
band M. 3.50. 


RAINER MARIA RILKE: DAS STUNDENBUCII. 5. Tau- 
send. In Halbleinen M. 3.50; in Pergament M. 6.—. 


RAINER MARIA RILKE: ZWEI PRAGER GESCHICH- 
TEN. In Halbpergament M. 3.—. 


ARTHUR RIMBAUD: LEBEN UND DICHTUNG. Über- 
tragen von K. L. Ammer, eingeleitet von Stefan Zweig. 


Mıt einem Bildnis Rimbauds in Heliogravüre. In Leinen 
M. 7.—. 


RÜBEZAHL-GESCHICHTEN: das sind wahrhafftige, und 
über alle Maßen possierliche oder anmuthige Fratzen, von 
dem wunderbarlichen, sehr alten und weitbeschrienen 
Gespenste, dem Rübezahl, denen Begierigen vormahls 
theilhafftig gemachet durch M. Johannem Praetorium. 


er 193 ms 


Nunmehro aber fiir den Curiösen Liebhaber auffs Neue ап 
Tag gegeben. Mit Wiedergabe von 16 Holzschnitten der 
Ausgabe von 1738. 800 numerierte Exemplare. In Papp- 
band М. 10.—. 


HANS SACHSENS AUSGEWÄHLTE WERKE (Gedichte 
und Dramen). Zwei Bände. Mit Reproduktionen von 
60 zu den Gedichten gehörigen Holzschnitten von Dürer, 
Beham u.a. nach den Originaldrucken. Zweite Auflage. 
In Halbleinen М. 12.-; іп Halbpergament М. 14.-; 
V orzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare mit kolorierten 
Holzschnitten. Іп Schweinsleder М. 50.—. 


KARL SCHEFFLER: PARIS. Mit 71 Vollbildern. Dritte 
Auflage. Geheftet M. 10.—; іп Halbpergament M. 12.—. 


SCHILLERS GESPRACHE. Berichte seiner Zeitgenossen 
über ihn. Zum erstenmal gesammelt und herausgegeben 
von Julius Petersen. Mit 4 Bildern in Lichtdruck. In 
Pappband M. 3.—; in Leinen M. 4.-; in Leder M. 6.—. 


SCHILLERS SÁMTLICHE WERKE, in sechs Banden. 
Herausgegeben von Albert Kóster und Max Hecker. (Grof- 
herzog Wilhelm Ernst - Ausgabe deutscher Klassiker.) Іп 
Leinen M. 20.—; in Leder M. 28.—. 


Die einzelnen Bànde sind auch unter besonderen Titeln zum Preise 
von je M. 4.— in Leinen und M. 5.— in Leder erschienen: Dramen 
I. Teil. Dramen II. Teil. Gedichte und Erzählungen. Historische 
Schriften. Philosophische Schriften. Übersetzungen. 


DIE BRIEFE DES JUNGEN SCHILLER. Herausgegeben 
von Max Hecker. Mit einer Silhouette. In Pappband 
M. 2.—; in Leder M. 4.—. | | 


FRIEDRICH SCHLEGEL: LUCINDE. FRIEDRICH 
SCHLEIERMACHERS VERTRAUTE BRIEFE UBER 
LUCINDE. 5оо numerierte Exemplare. In Pappband 
М. то.-. 


= 194 m 


SHOPENHAUERS WERKE, in fünf Bänden. (Groß- 
herzog Wilhelm Ernst-Ausgabe deutscher Klassiker.) In 
Leinen M. 20.-; in Leder M. 26.—. 


Einzeln werden die Bände wie folgt geliefert: 


DIE WELT ALS WILLE UND VORSTELLUNG. Zwei Bände. 
Herausgegeben von Eduard Grisebach. In Leinen M. 8.—; in Leder 
M. 10.—. 

KLEINERE SCHRIFTEN. Herausgegeben von Max Brahn. In Leinen 
M. 5.—; in Leder M. 6.—. 

PARERGA UND PARALIPOMENA. Zwei Teile. Zwei Bände. 


Herausgegeben von Hans Henning. In Leinen M. 9.—; in Leder 
M. 11. 


ADELE SCHOPENHAUER: TAGEBÜCHER. Zum ersten 
Male nach der Handschrift herausgegeben von Kurt Wolff. 
Zwei Bände. Mit 17 von Adele Schopenhauer geschnittenen 
Silhouetten. In Halbpergament M. 8.—. 


RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER ::HAMA. Scherzhafte 
Gedichte und Erzählungen. Geheftet M. 2.-; in Papp- 
band M. 3.—. 


CORONA SCHROTER: FÜNF UND ZWANZIG LIEDER, 
in Musik gesetzt. Weimar 1786. Faksimileneudruck mit 
einem Nachwort von Leopold Schmidt. 225 numerierte 
Exemplare. Іп Pappband М. 22.—. 


^ Enthält u. a. den ersten Druck und die erste Komposition von 
Goethes „Erlkönig“. 


° CARL SCHÜDDEKOPF: GOETHES TOD. Dokumente 
|. und Berichte der Zeitgenossen. Mit sechs Faksimiles und 
Lichtdrucken. Geheftet M. 4.—; in Pappband М. 5.—. 


| DER JUNGE SCHUMANN. DICHTUNGEN UND BRIEFE. 


Herausgegeben von Alfred Schumann. In Pappband 
| M. 2.-; in Leder M. 4.—. 


Ber 105 Ben 


GUSTAV SCHWAB: DIE SCHONSTEN SAGEN DES 
KLASSISCHEN ALTERTUMS. Vollstandige Ausgabe in 
zwei Banden, besorgt von Ernst Beutler. Titel- und Ein- 
bandzeichnung von F. Н. Ehmcke. Іп Leinen M. 8.-. 


GUSTAV SCHWAB: DIE SCHÓNSTEN SAGEN DES 
KLASSISCHEN ALTERTUMS. Ausgabe in drei Вапдеп 
(mit dem Ergánzungsband: Flaxmans Zeichnungen zu 
Sagen des klassischen Altertums). Іп Leinen M. 1».—. 


SHAKESPEARES SONETTE. Nachdichtung von Eduard 
Saenger. In Halbpergament M. 5.—; in Leder M. ro.—. 
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


HJALMAR SÓDERBERG: MARTIN BIRCKS JUGEND. 


Roman. Übertragen von Francis Maro. In Leinen M. 3.-. 


HJALMAR SODERBERG: HISTORIETTEN. Ubertragen 
von Francis Maro. Geheftet M. 2.50; in Leinen M. 3.50. 


CARL STERNHEIM: DON JUAN. Eine Tragódie. Geheftet 
M. 5.—; in Halbleder M. 8.—; in Ganzleder M. 15.— 


ADALBERT STIFTER: AUS DEM ALTEN WIEN. Zwölf 
Studien. Herausgegeben von Otto Erich Deutsch. Mit 
20 Vollbildern. Geheftet M. 5.—; in Leinen M. 6.-; 
in Leder M. 8.—. 


HENRICH STILLINGS JUGEND, EINE WAHRHAFTE 
GESCHICHTE. Titelvignette und Titelkupfer nach Chodo- 
wiecki. In Pappband M. 4.—. 


DIE ERZAHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN 
NÁCHTEN. Erste vollstándige deutsche Ausgabe in zwolf 
Banden, auf Grund der Burtonschen englischen Ausgabe 
besorgt von Felix Paul Greve. Mit einer Einleitung von 
Hugo von Hofmannsthal und einer Abhandlung von Karl 
Dyroff über Entstehung und Geschichte des Werkes. Ge- 
heftet M. 60.—; in Leinen M. 72.—; in Leder M. 84.-. 


icr 196 = 


TAUSEND UND EIN TAG. Orientalische Erzählungen. 
Ausgewählt und eingeleitet von Paul Ernst. Übertragen 
von Felix Paul Greve und Paul Hansmann. Vier Bände. 
Geheftet М. 16.—; in Leinen M. 20.—; in Leder М. 28.—. 
V orzugsausgabe: тоо numerierte Exemplare auf Bütten- 
papier. In Pergament M. 56.-. 


REDEN UND GLEICHNISSE DES TSCHUANG-TSE. 1n 
deutscher Auswahl von Martin Buber. Einbandzeichnung 
von Е. R. Weiß. Geheftet M. 4.—; іп Pappband M. 5.—. 


V orzugsausgabe: 5o Exemplare auf Japanpapier. In Kalb- 
leder M. 25.—. 


JWAN TURGENJEFF: GEDICHTE IN PROSA. Übertragen 
von Th. Comichau. Zweite Auflage. In Leinen M. 3.—; 
in Leder M. 3.50. 


HENRY VAN DE VELDE: VOM NEUEN STIL. Geheftet 
M. 3.50; in Halbpergament M. 5.—. 


EMILE VERHAEREN. In drei Banden. 


L Band: EMILE VERHAEREN, von Stefan Zweig. 


П. Band: EMILE VERHAERENS GEDICHTF, ausgewählt und 
übertragen von Stefan Zweig. 


III. Band: EMILE VERHAERENS DRAMEN (HELENAS HEIM- 
KEHR. DAS KLOSTER. PHILIPP II.), übertragen von Stefan Zweig. 


Preis des Gesamtwerkes (drei Bánde): geheftet M. 10.—; 
in Leinen M. 15.—; in Leder M. 2o.—. Einzelpreis der 
Bande (die keine Bandbezeichnung tragen): geheftet 
M. 3.50; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. 


EMILE VERHAEREN: HELENAS HEIMKEHR. Drama. 
Nachgedichtet von Stefan Zweig. 300 Exemplare auf 
Büttenpapier. In Halbpergament M. 15.—. 


Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt. 


HEINRICH VOGELER -WORPSWEDE: DIR. Gedichte und 
Zeichnungen. Zweite duflage. Mit vom Künstler gezeich- 
netem Einband. Іп Halbpergament M. 10.—. 


KARL VOLLMOELLER: WIELAND. Ein Marchen in drei 
Akten. Zweite Auflage. Geheftet М. 3.50; іп Leinen 
М. 5.—. 


VOLTAIRES BRIEFWECHSEL. Ausgewählt und übertragen 
von K. Schirmacher. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—. 


RICHARD WAGNER: AUSWAHL SEINER SCHRIFTEN. 
Herausgegeben von Houston St. Chamberlain. In Papp- 
band M. 2.—; in Leder M. 4.—. 


JAKOB WASSERMANN: DER LITERAT ODER MYTHOS 
UND PERSÓNLICHKEIT. Geheftet M. 3.50; in Leinen 
M. 3.50. 


WILHELM WEIGAND: DER VERSCHLOSSENE GAR- 
TEN. Gedichte aus den Jahren 1901 bis 1909. In Halb- 
pergament M. 5.—. 


CHRISTOPH MARTIN WIELANDS WERKE. Drei Bande. 
Neue Taschenausgabe, ausgewählt, revidiert und ein- 
geleitet von Franz Deibel. In Leder M. 15.—; in Perga- 
ment M. 20.—. 


Die Bande sind auch einzeln unter folgenden Titeln zu haben: 


WIELANDS KLEINE VERSERZÁHLUNGEN. Mit Goethes Rede 
auf Wieland. In Leder M. 4.50; in Pergament M. 6.—. 
WIELAND: OBERON. In Leder M. 4.50; in Pergament M. 6.—. 
WIELAND: DIE ABDERITEN. In Leder M. 6.—: in Pergament 
M. 8.—. 


OSCAR WILDE: DIE BALLADE VOM ZUCHTHAUSE 
ZU READING VON C. 3. 3. Deutsche Übertragung von 
Wilhelm Schólermann. Vierte Auflage. In Pappband 
M. 2.—. 


ЗЕЕ 198 ER 


OSCAR WILDE: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY. 
Ein Roman. Ubertragen von Hedwig Lachmann und Gustav 
Landauer. Dritte Auflage (3. bis 5. Tausend). Geheftet 
M. 3.50; in Leinen M. 4.50; in Leder M. 7.—. 


OSCAR WILDE: DIE ERZAHLUNGEN UND MÁRCHEN. 
Mit ro Vollbildern sowie Initialen, Titel- und Einband- 
zeichnung von Heinrich Vogeler-Worpswede. (II. bis 
20. Tausend). In Pappband M. 3.—; in Leder M. 8.—. 


OSCAR WILDE: GEDICHTE. Übertragen von Gisela Etzel. 
In Halbpergament M. 8.—. 


OSCAR WILDE: ZWEI GESPRACHE VON DER KUNST 
UND VOM LEBEN. Übertragen von Hedwig Lachmann und 
Gustav Landauer. Geheftet M. 4.—; in Halbleder M. 6.—. 


IN MEMORIAM OSCAR WILDE. („Lehren und Sprüche‘, 
„Gedichte in Prosa“, „Die englische Renaissance“ von 
Wilde, Fssays über Wilde von Andre Gide, Ernest la 
Jeunesse, Arthur Symons, Franz Blei.) Dritte, vermehrte 
Auflage. Geheftet M. 3.—; іп Pappband M. 4.—. 


OSCAR WILDE: SALOME. Tragédie in einem Akt. Über- 
tragen von Hedwig Lachmann. Mit Doppeltitel, zwei Voll- 
bildern und Einband von Marcus Behmer. Fünfte Auf- 
lage. Geheftet M. 2.-; in Pappband M. 3.—. 


OSCAR WILDE: SALOME. Tragodie in einem Akt. Über- 
tragen von Hedwig Lachmann. Mit 15 Zeichnungen von 
Aubrey Beardsley іп der Originalgrofe. 825 numerierte 
Exemplare. In Halbleder M. 14.—; in Ganzleder M. 20.—. 


STEFAN ZWEIG: DIE FRÜHEN KRANZE. Gedichte. 
In Leder M. 6.—. 


STEFAN ZWEIG: TERSITES. Ein Trauerspiel in drei Auf- 
zügen. In Halbpergament M. 4.—. Vorzugsausgabe: 
20 Exemplare auf Büttenpapier. In Pergament M. r2.—. 


INHALT DES ALMANACHS 


Kalendarium mit zwolf Silhouetten 

Lob der Zeit, von Karl Vollmoeller 
Kulturpolitik, von Henry van de Velde . 
Der Jiingling und die най von Hugo von 

Hofmannsthal : 

Vor Tag, von Hugo von Hofmannsthal . 
Die Vogelscheuche, Novelle von Rudolf 

G. Binding. 

Hymnus an die Sonne x von _ Hans Сабак, 
Drei neue Gedichte von Rainer Maria Rilke 

Städtische Sommernacht e А 

Gebet fur die Irren und Sträflinge 

Endymion . 
Das Herz, Novelle von | Heinr ich Mann 
Verse zum Gedächtnis von Josef Kainz 

I. Von Ernst Hardt . . . 

II. Von Hugo von Hofmannsthal . 
Einsiedlers Sehnsucht, vonFriedrichNietzsche 
Wilhelm Trübner, von Karl Scheffler i 
Ritt durch Phokis. Das Kloster des heiligen 

Lukas, von Hugo von Hofmannsthal 
Singende Fontäne, von Stefan Zweig . 

Das Schweigen, von EmileVerhaeren. Deutsch 

von Erna Rehwoldt . А 
Abdankungsszene aus Eduard H. von Chri- 

stopher Marlowe. Deutsch von Alfred 

Walter Heymel . А 
Philosophenbriefe, von Е ns Ohmann 

Kant an Johann Gottfried Herder. 


— 200 -- 


105 


Kant an Marcus Herz . 
Schopenhauer an Goethe . . . 
Schopenhauer an F. A. Brock kaus 
Nietzsche an Malwida von Meysenbug. 
Nietzsche an Erwin Rohde ; 
“Zwei Briefe ап den jungen we mitgeteilt 
von Max Morris 
Caroline Flachsland an Goethe. 
Sophie von La Roche an Goethe . ; 
Auf den Tod, von John Keats. Nachgedichtet 
von Gisela Etzel А 
Aus einem ua bekannten: Gedicht "Lord 
Byrons, übertragen von Herbert Alberti 
Ein Bildnis der Lucrezia Borgia, von Emil 
Schaeffer 
Einführungsworte zu den '„Blümlein des 
heiligen Franziskus“, von Rudolf G.Binding, 
nebst zwei Legenden (mit 6 Initialen) 
Aus den „Stunden“, Sonette von Rudolf 
Alexander Schroder А : 
Le dernier soleil, von Emile Verhacren 
Zu den Abbildungen : i 
Bücher aus dem Insel-Verlag . 
Bilderbeilagen: 
Sokrates; Herme im Neapler Museum. 
Honoré de Balzac; Zeichnung in Tours. 
Wilhelm Trübner: Zimmerplatz am See. 
Immanuel Kant; unbezeichnete Silhouette. 
Goethe: Zwei Zeichnungen zur italienischen Reise. 
Lucrezia Borgia; Gemälde in Como. 
Preetorius: Zeichnung zu Jean Paul: Giannozzos 


Seefahrerbuch. 


Die im siebenten Jahrgang des Insel -Almanachs 
enthaltenen Silhouetten dürfen nach dem Gesetz 
vom 9. Januar 1907 nicht nachgebildet werden. 
Widerrechtliche Reproduktion wird verfolgt. — 
Druck derSpamerschen Buchdruckerei in Leipzig. 


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‘Library Use Only 


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