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ZWEI SPRÜCHE DES LAO-TSE/ ÜBERTRA-
GEN VON ALEXANDER ULAR
DER SECHSTE SPRUCH
IE lebende Kraft des Werdens ist unvergänglich,
Sie ist die unfaßbare Mutter.
Die unfaßbare Mutter ist Wurzel des All,
Stätig webend bedarf sie nicht des Antriebs.
DER ZWANZIGSTE SPRUCH
Verstand ist Vernichtung des Lebens.
Gegensatz im Entschluß — wie nichtig;
Gegensatz im Tun — wie mächtig!
Handeln wie allewelt! ... Verstandesgeborene Pflicht!
Nein! Sündlicher Irrsinn!
Allewelt wird leicht fortgeschwemmt von oberflächlicher
Freude: ein Feiertag, eine Frühlingsnacht....
Ich hingegen, tief ankernd am Grund des Gefühlsstroms,
bin heiter und still in der Freude gleichwie das Kind.
Ich lebe und webe... fort und fort...
Allewelt wünscht das Allzu;
Ich hingegen ersehne das Nichts,
Ich bin linkisch im Leben, entrate des Zwecksinns! ...
Allewelt weiß;
Ich hingegen hab wirre Gedanken! . .
Allewelt hat Gemeinschaftstrieb;
Ich hingegen liebe Einsame Hóhe;
Ich walle wie Ше Море, ruhelos wankend ...
Allewelt hat Erfahrung;
Ich hingegen bin einfältig, ein Tor! . .
Ich bin anders als allewelt:
Doch Ich bin Ich!
16
FRÜHE HOCHDEUTSCHE GEDICHTE/ ÜBER-
TRAGEN VON KARL WOLFSKEHL
DAS WESSOBRUNNER GEBET
CH hörte die Sterblichen staunen am meisten
Daß Erde nicht war noch oben Himmel
Noch irgend ein Baum noch Berg nicht war
Noch die Sonne nicht schien
Noch der Mond nicht leuchtete noch das berühmte Meer.
Da dort nirgends nichts war an Enden und Wenden
Da war doch der eine allmächtige Gott....
DER LORSCHER BIENENSEGEN
Christ die Immen sind haußen fliegt Tierchen her zu mir.
Frohen Friedens in GottesHut sollt ihr heimkommen gut.
Sitze sitze Biene da dir gebot es Sankt Maria.
Huschverlaub nicht habe du zu Holze nicht fleuch du
Daß du mir nicht entrinnest dich mir nicht entwindest.
Sitz immer stille wirke Gottes Willen.
DIE MARIASEQUENZ AUS MURI
Ave du lichter Meeres-Stern
Du Licht der Christenheit Maria aller Mägde Lucerne!
Freue dich Gottes Zelle
Verschlossene Kapelle
Da Du den gebarest
Der Dich und all die Welt erschuf.
Nun sieh welch reiner Kelch о Magd du warest.
Send in meine Sinne
Du Himmelskóniginne
17
Wahrer Rede Linde
Daß ich an Vater und an Sohn
Und an den heiligen Geist den Glauben finde.
Immer Magd unverwandelt,
Mutter unmißhandelt,
Fraue Du hast gesühnt was Eva zerstörte
Die Gott nicht hörte.
Hilf mir Frau Du hehre,
Tröst uns Arme um die Ehre
Daß Gott als seiner Mutter Dein gedachte
Und Gabriel Botschaft brachte.
Wie Du erst von Dir kamest
Da Du ihn vernahmest!
Wie Du voll reiner Scham
Erschrakest ob der Märe
Eine Maid ohne Mann
Könnt ein Kind gebären!
Frau Du bist das Wunder
Mutter und Magd jetzunder:
Der die Hölle bricht
Der lag in Deinem Leibe,
Du aber wurdest nicht
Jetzunder nicht zum Weibe.
Allein Du bist der Seligkeiten Pforte
Wahrlich Du schwanger von dem WORTE:
Dir kam ein Kind
Fraue durch Dein Ohr
Des Christen Juden und die Heiden sind
Und dessen Gnade nie zu Ende führt.
18
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Du aller Mägde Rubin
Das Kind zu seiner Mutter Dich erkiirt.
Wie ist Deine Tugend ungemeine
Wahrlich Du trugest Du Reine
Das lebendige Brot.
Das war Gott Er der
Selbst seine Lippen Deinen Briisten bot
Und Deine Brüst' in seine Hände lief.
O weh Kóniginne
Was Gott ап Gnaden Dir erwies!
Laß mich genießen wenn ich je Dich nenne
Daß ich Maria, Frau, das glaub und stets erkenne
Keiner der Frommen
Vergessen dürfe Du seiest als Mitleid-Mutter kommen.
Laß mich genießen, was Du Dir erzieltest
Als Du den Sohn hier in der Welt mit Deinen Händen
Wohl Dir des Kindes! [hieltest . . .
Hilf mir um ihn, wirst Frau, ich weiß, ihn freundlich finden.
Deiner Bitte tut sich Dein lieber Sohn nimmer entziehen
Bitt ihn darum, mir werde wahre Reue verliehen.
Und daf er um den grimmen Tod den er litt um die
Ansehn woll menschliche Not. [Menschenwelt
Und daß er um der Namen Drei
Seiner christeigenen Hände Werk
Gnädig in den Sünden sei.
Hilf mir, Fraue, wann die Seele von mir weiche
Komm ihr zu Troste
Denn sieh ich glaube daß Du bist
Mutter und Magd zugleich.
19
DIE GESCHICHTE VOM KALIFEN OMAR BIN
AL-KHATTAB UND DEM JUNGEN BADAWI
END Tages saß der Kalif Omar bin al-Khattab, um-
geben von den besten und weisesten seiner Rat-
geber, und sprach Recht unter dem Volke und richtete
über seine Untertanen, als ein schöner und sauber ge-
kleideter Jüngling zu ihm kam; an den hatten zwei sehr
stattliche Jünglinge Hand gelegt, die ihn am Kragen
bis vor den Kalifen schleppten. Da blickte der Beherr-
scher der Gläubigen, Omar, ihn wie sie an und befahl
ihnen, ihn los zu lassen; dann rief er ihn dicht zu sich
und fragte die beiden: ‚Welches ist eure Klage wider
ihn? Versetzten sie: ,O Fürst der wahren Gläubigen,
wir sind zwei Brüder von einer Mutter, und wir sind
bekannt als Jünger der Wahrheit. Wir hatten einen
Vater, einen sehr alten Mann von guter Einsicht; der
war geehrt unter den Stämmen, frei von gemeinem Sinn
und berühmt ob seiner ehrwürdigen Erscheinung; er
zog uns zärtlich auf in unserer Kindheit und über-
schüttete uns mit Gaben, als wir erwachsen waren.
Nun ging er heute in seinen Garten hinaus, um sich
unter seinen Bäumen zu erfrischen und die reifen Früchte
zu pflücken; da aber erschlug ihn dieser Jüngling schmäh-
lich, indem er vom rechten Wege abwich; deshalb ver-
langen wir von dir Vergeltung für sein Verbrechen,
und wir rufen dich an nach dem Gebote Allahs, dein
Urteil über ihn zu fällen.‘ Und Omar warf einen furcht-
baren Blick auf den angeklagten Jüngling und sprach
zu ihm: ‚Wahrlich, du hörest die Klage, die diese beiden
Jünglinge vorbringen; was hast du zur Antwort anzu-
führen?‘ Er aber war opferen Herzens und kühner
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Rede, denn er hatte das Gewand der Kleinmut und
den Mantel der Feigheit abgelegt; und er lächelte und
sprach mit den beredtesten und gewandtesten Worten;
und nachdem er dem Kalifen den üblichen förmlichen
Gruß geboten hatte, fuhr er fort: ‚Bei Allah, o Be-
herrscher der Gläubigen, ich habe wirklich ihrer Klage
mein Ohr geliehen, und sie haben dir in dem, was sie
sagten, die Wahrheit gesagt, insofern sie nämlich den Vor-
gang schilderten; der Beschluß Allahs aber ist eine unab-
wendbare Bestimmung. Nun will ich dir gleich meinen
Fall zwischen die Hände legen, und es steht bei dir,
Befehle zu erteilen. Wisse also, o Fürst der Gläubigen,
ich bin ein Araber aus reinem Blut, von den edelsten
einer, die da leben unter dem Himmel. Ich wuchs auf
in den Wohnungen der Wüste und der Hügel, bis böse
Zeiten meinen Stamm heimsuchten. Da kam ich mit
den Meinen und mit allem, was ich an Habe besitze,
zu den Säumen dieser Stadt; und als ich einen der
Pfade dahinzog, die zu ihren Gärten und Obstgeländen
führen, mit meinen Kamelinnen, die ich hoch achte und
als höchst wertvoll betrachte (und in ihrer Mitte schritt
auch ein Hengst aus edlem Blut, herrlich von Wuchs
und gut, ein kräftiger Erzeuger junger Brut, von dem die
Weibchen reichlich gebären, und der unter ihnen einher-
ging, wie wenn sie seine Königskrone wären), da brach
eine der Stuten aus, und sie lief zu dem Garten des
Vaters dieser Jünglinge, wo sich die Bäume über der
Mauer zeigten, und sie streckte die Lippen aus und
begann von den Zweigen zu fressen, die sich nieder-
neigten. Schnell lief ich herbei, um sie zu verjagen,
doch siehe, da erschien in einer Bresche der Mauer ein
Mann, alt und grau von vielen Tagen; seine Augen
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sprühten wie vom Wahnsinn des Zorns geschlagen, und
er hielt in der Hand einen Stein, groß und schwer, und
er schwankte hin und her, und er wog den Schwung,
wie ein Löwe, bereit zum Sprung. Und er warf den
Stein, der meinen Hengst traf und ihn tötete, denn er
hatte eine gefährliche Stelle getroffen. Als nun ich den
Hengst tot neben mir niedersinken sah, da war mir, als
würden in meinem Herzen Kohlen des Zornes entflammt;
und ich griff eben denselben Stein auf, und da ich ihn
schleuderte wider den alten Mann, so war er die Ur-
sache für all diesen Unheilsbann: so kehrte sein eigenes
Unrecht zu ihm zurück im Flug, und er wurde erschlagen
mit dem, womit er selber erschlug. Als der Stein ihn
traf, da schrie er auf in einem lauten Schrei, und er
brüllte auf mit furchtbarem Gebrüll, worauf ich von
hinnen eilte; diese beiden Jünglinge aber stürzten mir
nach und legten Hand an mich und führten mich vor
dich.‘ Sprach Omar (Allah der allmächtige nehme ihn
auf: ‚Du hast gestanden, was du begangen hast, und
zu einem Freispruch liegt keinerlei Möglichkeit vor; denn
dringend ist das Gesetz der Vergeltung, und sie schrien
um Gnade, doch die Zeit des Entrinnens war dahin.‘
Versetzte der Jüngling: ‚Ich höre und ich gehorche
dem Urteil des Imams, und ich willige in alles, was
das Gesetz des Islam erfordert; aber ich habe einen
jüngeren Bruder, dessen alter Vater vor seinem Hintritt
ihm Reichtum verlieh in Hülle und Gold in Fülle, und
er vertraute vor Allah mir seine Wohlfahrt an, indem
er sprach: Ich gebe dir dies für deinen Bruder in deine
Hand; bewahre es für ihn mit all deiner Kraft. Und ich
nahm das Geld und vergrub es, und niemand weiß
davon außer mir. Wenn du mich nun zu sofortigem
22
аа, ағына, “hy em „ii, „ ee in —
Tode verurteilst, so ist das Geld verloren, und du bist
die Ursache, daß es verloren geht; also wird das Kind
dich auf das, was ihm gehört, verklagen an dem Tage,
da der Schöpfer richten wird zwischen seinen Geschöpfen.
Wenn du mir aber drei Tage Frist gewährst, so will
ich einen Vormund ernennen, der sorgen wird für die
Habe des Knaben, und dann will ich wiederkehren, um
meine Schuld einzulösen. Und ich habe einen, der wird
als Pfand hierbleiben für die Erfüllung meines Ver-
sprechens.‘ Da neigte der Beherrscher der Gläubigen
eine Weile das Haupt zu Boden, hob es wieder, blickte
im Kreise auf alle, die zugegen waren, und sprach: ‚Wer
will als Pfand bei mir bleiben für seine Rückkehr?‘ Und
der Jüngling blickte allen ins Gesicht, die ihn umstanden,
zeigte unter ihnen allen auf Abu Zarr!) und sprach:
‚Dieser wird für mich bürgen und mein Pfand sein.‘ Sprach
Omar (Allah nehme ihn auf!): ,O Abu Zarr, hörst du solche
Worte und willst du mir Geisel sein für die Rückkehr
dieses Jünglings?‘ Versetzte der: ‚Ja, o Beherrscher der
Gläubigen, drei Tage lang will ich für ihn Geisel sein.‘
Da nahm der Kalif seine Bürgschaft an und lief den
Jüngling gehen. Als nun die festgesetzte Zeit verstrichen
und die Gnadenfrist fast oder ganz zu Ende war und
der Jüngling doch noch nicht kam, da nahm der Kalif
Platz in seinem Rat, und die Gefährten umgaben ihn,
wie die Sterne den Mond umgeben, und auch Abu Zarr
und die Kläger waren zugegen. Sprachen die Rächer:
,Wo ist der Angeklagte, o Abu Zarr, und wie soll er
zurückkehren, nachdem er einmal entflohen ist? Aber
wir werden uns nicht vom Platze rühren, bis du ihn
1) Einer der ‚Gefährten‘, die den Apostel noch in Person ge-
kannt hatten.
23
uns bringst, auf daß wir Blutrache an ihm nehmen
können.‘ Versetzte Abu Zarr: ‚Bei der Wahrheit des
allweisen Königs, wenn die drei Tage der Gnadenfrist
verstreichen und der Jüngling nicht zurückkehrt, so will
ich meine Bürgschaft erfüllen und dem Imam meinen
Leib überliefern.‘ Und Omar (Allah nehme ihn auf!)
fügte hinzu: ‚Bei dem Herrn, wenn der Jüngling nicht
erscheint, so will ich wahrlich an Abu Zarr erfüllen,
was das Gesetz des Islam vorschreibt!‘ Da rannen die
Augen aller, die zugegen waren, von Iränen über; und
die da zusahen, stöhnten laut, und groß war der Tumult.
Und die Ältesten der Gefährten drängten die Kläger,
das Blutgeld anzunehmen und sich den Dank des Volkes
zu verdienen, aber beide weigerten sich und wollten
nichts als die Rache. Während nun das Volk hin und
her brauste wie Wogen und laut klagte um Abu Zarr,
siehe, da kam der junge Badawi herbei; und indem er
vor den Imam trat, grüßte er ihn in aller Höflichkeit
(und sein Gesicht perlte vom Schweiß und war wie die
Mondsichel glänzend weiß) und sprach: ‚Ich habe den
Knaben den Brüdern seiner Mutter anvertraut, und ich
habe sie bekannt gemacht mit allem, was sich auf seine
Angelegenheit bezieht, und ich habe sie hineingezogen
in das Geheimnis des Geldes; dann habe ich der Mittags-
hitze getrotzt, um als frei geborener Mann mein Wort
zu halten.‘ Und das Volk staunte, als es die Treue
sah, mit der er sein Wort hielt, so daß er sich festen
Herzens dem Tode darbot. Und einer sprach zu ihm:
‚Wie edel bist du, o Jüngling, und wie treu dem ge-
gebenen Ehrenwort und deiner Pflicht!‘ Versetzte er:
‚Seid ihr nicht überzeugt, daß niemand dem Tode ent-
gehen kann, wenn er sich einstellt? Und ich habe mein
24
ee LN
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Wort gehalten, damit man nicht sagen soll: die Treue
ist unter den Menschen verschwunden.‘ Sprach Abu
Zarr: ‚Bei Allah, о Beherrscher der Gläubigen, ich gab
mich zur Geisel her fiir diesen Jiingling, ohne da8 ich
wußte, zu welchem Stamme er gehörte, noch hatte ich
ihn vor jenem Tage je gesehen; doch als er sich von
allen abwandte, die zugegen waren, und mich auswählte,
indem er sprach: Dieser soll für mich bürgen und mein
Pfand sein; da schien mir, es sei nicht recht, es ihm zu
verweigern, und die Großmut verbot, seinen Wunsch
zu enttäuschen, damit man nicht in der Welt zu sagen
vermöchte: Das Wohlwollen ist entschwunden unter den
Menschen.‘ Sprachen die beiden Jünglinge: ‚O Beherrscher
der Gläubigen, wir vergeben diesem Jüngling das Blut
unseres Vaters, denn er hat Trostlosigkeit verwandelt in
Fröhlichkeit; auf daß es nicht heiße: Die Menschlichkeit
erstarb unter den Menschen!‘ Da freute der Kalif sich
des Freispruchs für den Jüngling; und er freute sich auch
seiner Treue und Wahrhaftigkeit; und er pries die Groß-
mut Abu Zarrs, die er hoch über die all seiner Gefährten
erhob, und er lobte den Entschluß der beiden Jünglinge um
seiner Menschlichkeit willen, und er pries sie und dankte
ihnen und wandte auf sie den Spruch des Dichters an:
Wer Güte den Menschen schenkt, dem wird vergolten;
Nie verloren die Güte ist zwischen Gott und den Menschen.
Und er bot ihnen an, das Wergeld für ihren Vater aus
dem Schatz zu bezahlen, sie aber lehnten es ab, indem
sie sprachen: ‚Wir vergaben ihm nur um Allahs, des
Gütigen, Erhabenen willen; und wer also gesonnen ist,
der läßt seiner guten Tat nicht Tadel oder Unheil folgen.‘
Aus э Tausendundeine Nacht«,
übertragen von Felix Paul Greve.
25
CERVANTESGLOSSE/ VON FELIX POPPEN-
BERG
Und Liebe webt drein rührende Geschichten;
Verstand der Menschen, Sitten, Tracht, Gebärden;
Es gaukelt Phantasie in farb’ger Glorie...
A. W. Schlegel, Sonett auf Cervantes.
OLL farbiger Fülle ist des Lebens Überfluß in den No-
vellen des Cervantes ausgeschüttet. Shakespearisch
weit ist der Umkreis der Existenz gezogen, und unter
groß gespanntem Bogen spielen im Auf- und Untergang
Weisheit und Narrentum, Grandezza und Humore. Die
sieben Todsünden und die Kardinaltugenden stehen em-
blematisch als ein Chor um des Theaters Rund, und
vor ihnen tanzen schillernd die irrenden, durch den
Lebenstraum taumelnden Menschenkinder. Die Schick-
salsfrage: ‚Wer deutet mir die buntverworrene Welt?‘
wird hier nicht mit pathetisch-pythischer Gebärde ange-
rührt, sondern ein Fabulieren voll Anmut, ein Ballspiel,
Freude am Wechsel der sich suchenden und fliehenden
Kugeln, Überraschungslust und Neugier eines phantasie-
vollen Webemeisters treibt ihr ergötzliches Wesen mit
schlängelnd verschlungenen Figuren und Mustern. Und
diese ornamentale Chiffreschrift, die äußerlich bewegte,
verwickelte Handlung erzählt, ist dabei doch voll Deu-
tung. »Novellas ejemplares« nennen sich die Erzählungen :
im Spiegelbilde enthüllt sich, was von außen und
innen uns bedroht, die Gefahr des eingebildeten Glücks
und die Möglichkeit scheinbaren Ungliicks, und die
primitive und doch tiefe Wahrheit, daß immer alles ganz
anders kommt.
Die Augen eines Wissenden, der die Bitterkeit mit
dem Lächeln, betrachtend und darstellend, überwunden,
26
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GIOVANNI DI BOCCACCIO
DAS LEBEN
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ERSCHIENEN ІМ INSELVERLAG
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blicken aus dem Buche uns ап. Ein Kriegsmann schrieb
es, länder- und seebefahren, kundig des seltsamen Lebens
auf den »Meerhäusern«, teilhaftig an Haupt- und Staats-
aktionen, an Historia und Viktoria, Soldat unter den
glorreichen Fahnen des erlauchten Don Juan d’Austria,
Kriegsgefangener und Sklave der Ungläubigen in Algier,
ein Dichter zwischen den Schlachten und im Elend
der Verbannung, kein Günstling der Fortuna, vielmehr
ein altes Kind der Sorge, das dann invalide, einarmig
im kleinen Schreiberamt in der strahlenden Stadt Sevilla
unterkroch. Der alte Seefahrer, immer novarum rerum
cupidus, registriert jetzt auf dem Papier die spanisch-
indische Armada. Doch die scharfen Augen über der
Adlernase und dem silbernen, vormals goldenen Knebel-
bart sind nicht im Ruhestand; spähend, treffsicher bleiben
sie die Augen des Schützen und des Fechters und holen
sich auf Plätzen und Straßen die bunte Beute:
Verstand der Menschen, Sitten, Tracht, Gebärden.
Wie der Lizentiat Vidriera, der weise Narr, der sokra-
tisch glossierend umhergeht, und wie Berganza, der
scharfsinnige Spürhund menschlicher Schwächen, der
viele Berufe erprobt und jetzt nachts mit der Laterne
den Almosenmönchen vom Auferstehungshospital leuchtet,
so nimmt sich ihr Vater Cervantes die Menschen-
kinder, den ganzen Tiergarten Gottes aufs Korn. Und
was in den karikaturistischen Ständerevuen des sechzehnten
Jahrhunderts, den Narrenschneiden, Narrenschiffen und
Narrenbeschwörungen, schematisch gebucht ist, das be-
gegnet hier in leibhaftig strotzender Gegenwart.
Die Bühne wird zum Theatrum mundi, es wandelt
wechselnd vorbei die große Welt des spanischen Zere-
moniells; das bunte Treiben der Gasse mit Tänzen, den
28
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Sarabanden aus » Was Ihr wollt«, während die Kavaliere
am Fenstergitter lehnen — eine Dekoration zum Barbier
von Sevilla —, den Serenaden und degenblitzenden
Handeln beim Fackelschein an den Straßenecken Sala-
mancas; das Marktgewimmel von Sankt Salvator mit
Trödelkram und Fischen und Früchten; die Rast der
Maultiertreiber unterm Vordach vor der Schenke.
»Spanische Edelleute und katholische Christen« im
Federhut mit der Brillantagraffe und der güldenen Hals-
kette, oder krachend von ostindischer Seide im steifen
Halskragen, schreiten stolz-gemessen über die Szene;
die Geste ihres Edelmuts und ihrer Höfischheit ist ein
emblematisches Ornament, und das Schnörkelwerk ihrer
Rede spreizt sich in so feierlich-pompösem Kurialstil,
wie die bauschige Architektur ihrer Tracht.
Zwei Blumen sind das Zierat dieser Emblematik: für
die Männer die Ritterehre, für die Mädchen die Jung-
frauenschaft. Kluge und tórichte Jungfrauen ziehn vor-
über. Die klugen wissen ihr Blümelein zu hüten, und
den galanten Arabesken der Ritter antworten sie mit
Porzias weiser Anmut. Die tórichten werden vom Moment
überrumpelt, sie verlieren das hóchste Kleinod, und sie
geben dem Dichter dankbare Gelegenheit zu verwickelter
Führung der Handlung, und zur Belohnung läuft die
Geschichte in einem »Ende gut, alles gute aus.
Aber lebendiger als mit den Grandenbildern àla Velasquez
ist die Szene mit Typen und Genres à la Murillo. Die
saubere Zunft der Beutelschneider, Gauner, Bettler, Tage-
diebe, Straßenlungerer versammelt sich mit den Nymphen
vom Liebesorden zu einer strotzenden Kirmes.
Die Ungerechtigkeit der Güterverteilung wird ‘mit
Gentilezza ausgeglichen, und in Schónheit wird gestohlen.
29
Die Spitzbuben-Granden sprechen miteinander nicht
minder prunkvoll als die Ritter, und die Ehre gilt auch
hier. Doppelginger und alte Bekannte von der Welt-
biihne — Kosmopoliten der Dichtung — tauchen auf.
Der geniale Taschenwender Autolykus, der die Arbeit
mit Humoren wiirzt, erscheint vom Shakespeare-Theater
in spanischer Tracht, und Fahnrich Pistol, hier Knollkopf
genannt, der »Weltenfresser«, der »Schrecken zahmer
Tauben«, rasselt mit rostigem Schwert, rollt die Augen
und die dröhnende Heldenrede. Und in schönem Kranz
stellen sich zu den Galanen, welche prügeln, wenn sie
lieben, die holden Schwestern Dortchen Lakenreißers ein.
Es ist in diesen Gaunerschilderungen die Freude am
Grotesken und Phantastischen einer besondern Zwischen-
welt rege, am Nachtstück, dessen Unheimlichkeit vom
Humor durchblitzt wird, am Monströsen und an den
Grimassen des Lebens. In gleichzeitiger Literatur und
Kunst findet sich viel Verwandtes, man braucht nur an
die simplizianischen Gäuche, die Landstörzer und Land-
störzerinnen, an die armen Schwartenhälse mit dem
Bettelsack und dem Ranzen zu denken, an die Gaukler
mit Gebresten und die fratzenhaften Krüppel, wie sie in
schaurig-witzigen Verrenkungen und mit dem schrillen
Humor wüster verstörter Kriegszeiten Hieronymus Bosch
gemalt und Callot in Kupfer gestochen. Die Zigeuner,
эШе Agyptere, das abenteuernde Volk, geheimnisum-
wittert, spielen dabei immer eine Hauptrolle. Auch Cer-
vantes beschreibt ihr schweifendes Wesen, ihre Verfassung
und Bräuche, und in einem Dithyrambus wird das Glück
der Freiheit gepriesen, Herr zu sein über die Erde.
Wenn man ап Callots Phantasiestiicke denkt, so
kommen auch des späteren Goya Caprizzios in die Er-
30
— Men — eee ën Фә
, innerung. Seine Infernalien haben Vorbilder in diesen
Novellen. Wie die Hexe sich nackt salbt, ein Knochen-
skelett mit schwarzer, haariger, runzliger Haut gleich ge-
gerbtem Schafleder überzogen, die ihr wie ein Beutel
über die Schenkel herunterhängt, mit schwärzlichen
Zähnen und krummer Nase und Zitzen gleich dürren,
zusammengeschrumpften Ochsenblasen, und wie der
Hund Berganza die Harpye mit den Zähnen bei der
langen Schleppe ihres Bauches« packt, das ist gleich
jenen ресһ- und schwefelqualmenden Späßen Goyas.
In dem speculum mundi des Cervantes fehlen neben
den andern Fakultäten natürlich nicht die Brüder vom
Parnaß. Sie werden mit besonderer Liebe beschrieben.
Die Sudelköche der verschiedenen poetischen Suppen
laufen Spießruten. Der Sonettenhindler wird konterfeit,
der Lippen und Nägel zerkaut, indes ein Poem entsteht,
seines Wollkimmers oder Tuchkratzers würdig«. Die
Geschwätzigen und Eitlen werden zitiert, die Genossen
der Dichterlinge aus dem Misanthrop, die die Lippen
spitzen, die Augenbrauen hochziehn, die Taschen voll
Papiere auskramen und mit weicher, honigsüßer Stimme
ihr Gereimtes vortragen und ungebeten noch einmal
von vorn anfangen.
Den gezierten Pastoralen wird zum derben Gegensatz
ein Rüpelspiel gestellt, in dem die Schäfer nicht sanft-
selig flöten, sondern kreischen und grunzen und, statt
zierlich zu tändeln, sich die Flöhe absuchen nnd die
groben Schuhe flicken. |
Dann kommt der lächerlich traurige Krieg der Theater-
dichter mit den Schauspielern, dem Direktor und der
»schándlichen Bestie Publikum« auf die Bretter. Und
der Kehrreim bei allem ist die Misere: ‚Item — wie es
4I
in den »Freiheiten, Befehlen und Verordnungen Apollo
für die spanischen Dichter« heißt — wenn ein Dichte
sagt, er sei arm, so soll man’s ihm alsbald aufs Wo
glauben, ohne allen weiteren Schwur‘, denn reich sin
die Dichter nur an den Hyperbeln, die sie ihren Fraue
geben, an dem »Gold der Haare, dem Smaragd de
Augen, dem Elfenbein der Zähne, den Korallen de
Lippen«. Und doch, so klingt ein bittrer Spaß tiefsinni
aus, es ist dem Dichter besser, daß er, statt Micenel
scharwenzelnd heimzusuchen, sich »gänzlich dem Strom)
seines Schicksals überlasse« ... t
Und Liebe шері drein rührende Geschichten ... t
Dem Zeitgeschmack folgen Ше Cervantes-Novellen іп”
der bewegten Handlungsfülle des Inhalts, — gleich
Shakespeares Lustspielen. Es regiert die Lust an der
kuriösen Begebenheit, der spannenden Verwicklung, den
Schicksalshindernissen, der Ariadneführung durch die
verschlungenen Lebenswege zum Ausgang, an dem ein
Traualtar steht. In diesem Handlungsinventar sind die
beliebten Motive: geraubte und entführte Kinder und
ihre Wiederkehr, Erkennung durch Amulette und Mutter-
miler. Ein Typus dieser Operagattung ist die Preziosa-
Novelle. Der unfreiwilligen Erniedrigung durch das
Schicksal steht gegenüber die freiwillige Dienstbarkeit
edler Jünglinge, die Wasserträger oder Zigeuner wer-
den aus Liebe zu einem Mädchen scheinbar geringen
Standes, bis sich nach gemessener Zeit das Geheimnis
der edlen Geburt enthüllt und die Erniedrigten erhöht
werden. Auch sonst gibts Lebensmaskeraden: Mädchen
ziehen im Ritterwams verkleidet durch das Land, pilgernde
Törinnen, ihren Verführer ausfindig zu machen. Hier
ist das Motiv der törichten Jungfrauen, die im schwachen
32
„Augenblick, im Schlaf oder in der Ohnmacht überwältigt
wurden. Und im Kuriösen der Fabel ist bei diesem
; Motiv auch ein Psychologisches wirksam. In Schmach
m Scham und Haß spricht bei den Vergewaltigten
„sine Instinktstimme voll Urgefühl doch für den Mann,
-, der sie zum Weib erweckt. Kleists Marquise von O.,
SR ° Otto Ludwigs Maria, haben später solche Stoffe aus dem
„„Begebnismäßigen heraus ganz in die seelische Sphäre
E “gerückt.
Ge Die Liebeskurven und -spiralen werden auch von
Schelmerei und List umrankt. Wie noch auf jeder
Komödienbühne sieht man eifersüchtige Alte von den
ir к Jungen geprellt; Ше »Luchsaugen der Verfihrer sind
„schärfer als die Argusaugen der Wächter«, im Widerspiel
` gibts auch betrogene Betrüger, Tausch enttäuscht, cosi
| ‚fan tutte. Und im Liebeskampf gilt wie im Krieg immer
E ‘noch am hóchsten die »unbesiegliche Waffe des großen
Philipp, die Dublone mit den zwei Gesichtern«.
Das Gewebe seiner Abenteuer bunter und exotischer
„Zu färben, benutzte Cervantes die eignen Erlebnisse des
"Schiff bruchs im Sturm, der Piraten- und Korsarenüber-
= fille, der Entführungen ins Türkenland, der Gefangen-
„schaft bei den Ungläubigen mit wunderbarer Befreiung.
е Über weiten Prospekten läßt der Vielgewanderte seinen
"Vorhang aufgehn, am Horizont breiten sich die latei-
„nischen Segel der Malteser- und Sizilianer-Geschwader;
* Tripolis und Tunis steigen auf mit Frauen in brennen-
2 den Seidengewändern, und Visionen Italiens in einem
i „Aroma, das uns merkwürdig an das Eindrucks- und
` Vorstellungsmedium Heinses erinnert: Genua im Wein-
“ duft, mit Häusern, die »in die Felsen gefaßt sind wie
: Diamanten in Golde, Mailand, die »Stätte des Vulkan«,
ne
m
e
33
und Rom in »Größe und Wildheit der Marmortriimmer,
der halben und ganzen Standbilder, zerbrochenen Bögen
und eingeworfenen Türme, Säulengänge und Amphi-
theater, Brücken, die einander anzuschauen scheinen,
und Straßen, die schon durch ihre Namen Via Appia,
Via Flaminina, Via Julia allein Ansehn gewinnen über
alle andern Städte der Welt«.
An der Handlungsverwicklung der Novelle läßt sich
übrigens jenseits der naiven Spannung ein artistischer
Geschmack finden. Die Figuration, die Regie dieses
Theaters, die Eleganz der Reigenverschlingungen, der
Tanzarabesken, in denen sich hier die Personen der `
Handlung auf ihrem Lebenspodium bewegen, — das alles
hat großen Stilreiz, und gar nicht wird auf eine grobe
Sensation des Ausgangs spekuliert; der glückliche Schluß
läßt sich meist ahnen, die Intrigue ist nur die komman-
dierende, regulierende Musik zu den Tanzschritten, zum
Trennen und Einigen der Paare. Die Zeichnung der Um-
wege zu diesem Ziel voll rhythmischer Biegungen ist die
Hauptsache. Eine Art poetischer Gartenkunst.
Cervantes spaßt einmal über die »Polypengeschichten
mit den wuchernden Schwänzen«. Seine eignen Novellen
aber sind in Architektur und Gliederung sehr komponierte
Gebilde, voll überlegter Symmetrie in der Einstellung
der Partner. Und wollte man die Trennungs- und Ver-
einigungskurven graphisch aufzeichnen, so ergäbe sich
ein harmonisches Ornament wie zu einem Teppichgewebe.
Um die Linien der Erzählung schlingt sich das üppige
Blütengezweig einer Sprache voll Einfall, Witz, voll
Gaukelspiel und klingender Magie. Der »lässige Luxus
der Shakespeare-Reden«, wie Hofmannsthal sagt, lebt sich
hier in lebendiger Fülle aus. Im Turnier der Dialoge
34
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stoßen scharfgeschliffene Antithesen aufeinander; Dialektik
kurbettiert in allen Gängen der hohen Schule; Schelme
stechen Biedermänner mit spitzigen Witzen tot; falstaffisch
wälzt sich plätscherndes Behagen im breiten Bett bom-
bastischer Satzperiode.
Die ungeschlachten Grobianismen poltern im Holz-
hackertakt, und derbe Späße gibts, wie bei der Amme Julias:
Aber hüte dich, zu stürzen,
Und nach hinten zu vor allem,
Denn solch Fallen ist gefährlich
Für die angesehnen Damen.
Barock, voll künstlichen Zierats, ziseliert wie eine
Toledaner Klinge, ist die Sprache der großen Herren,
und im leidenschaftlichsten Affekt schwankt die Haltung
ihrer Rede auch nicht um Haaresbreite in ihrem pom-
pösen Gang.
Gern sind die Bilder im Zeitgeschmack mythologisch-
emblematisch umrahmt. Nicht starr ist dieser Schmuck,
sondern lebendig gefühlt. Das typische Motiv eines
allegorischen Stiches z. B., die Amorette mit den Waffen
des Mars, wird liebenswürdig lebendig gemacht durch
einen Wirklichkeitsvorgang. Zu dem Ritter, der in der
reichen, mit Gravierungen geschmückten, vergoldeten
Mailänder Rüstung, Mars gleich, unter den Hofdamen
der Königin Elisabeth steht, trippelt ein »Fräulein von
zartem Alter«, faßt kindlich nach seinem Degen, spiegelt
sich im Panzer und sagt dann glückstrahlend: ‚Jetzt kann
ich mir vorstellen, wie wunderschön. der Krieg sein muß.‘
So ist der Sprachstil der Zeit hier durch blühende
Triebkraft belebt, und gleichermaßen schwebt auch um die
ornamental-geometrische Technik der Handlungsgewebe
eine erlebnisvolle Lyrik. Man fühlt bei diesen holden
35
Illusionen glücklichen Heimfindens nach Langen und
Bangen etwas von jenem Vorstellungszauber der »Ge- `
richtsbarkeit der Zeite, wie ihn am reinsten mit mildem `
Sonnenuntergangslicht das » Wintermárchen« ausstrahlt. |
Der Cervanteswelt fehlen zum Ganzen auch diese
leuchtenden Scheine nicht:
Es gaukelt Phantasie in farb’ger Glorie.
ÄLTESTE RÜBEZAHL-GESCHICHTEN/ NACH `
JOHANNES PRATORIUS (1662—65)
RUBEZAHL VEXIRET EINEN JUNCKERN
M Jahre 1532 hat einer von Adel, ein rechter Tyrann `
und Wüterich, einem seiner Unterthanen oder Bauren
aufferlegt, er solle ihm eine überaus große Eiche ausm
Walde mit seinen Pferden und Wagen heimführen, mit
hefftiger Bedrohung höchster Straffe und Ungnade, da er
solches nicht thun, und solchem Befehl nicht nachkommen
werde. Der Bauer sahe, daß es ihm unmöglich war,
seines Junckern Befehl zu verrichten, ist mit Seufftzen
und großer Klag in den Wald gangen. Da kömmt zu
ihm der Rübezahl in eines Menschen Gestalt, und fragt,
was die Ursache sey solches seines Hertze-Leids und
Kümmernüß. Demselbigen erzehlet der Bauer den ganzen
Handel nach einander. Der Rübezahl spricht, er soll
guts Muths und unbekümmert seyn, und nur wiederum
heim zu hause gehen, denn er wohl die Eiche seinem
Junckern oder Lehn-Herrn balde und ohne Verzug in
seinen Hoff führen wolte. Als nun der Bauer kaum recht
heimkommen wahr, nimmt der Rübezahl die große un-
geheuer schwere Eiche, sammt ihren dicken und starcken
36
. Esten, und wirfft sie dem Edelmann für seinen Hoff, und
vermacht und versperret ihm beydes mit dem Stamme und
großen ungeheuren Esten dermaßen das Thor, daß er weder
. aus noch ein hat kommen können, und dieweil die Eiche
. härter als Stahl worden war, also, daß sie auff keinerley
Weise und Wege, auch mit gantzer Gewalt nicht kónte
zerhauen oder zerschlagen werden, hat der Edelmann
aus unvermeidlicher Noth im Hoffe müssen durch die
Mauren brechen, und ein Thor nicht ohne große Be-
schwerung und Unkosten machen und zurichten lassen.
RÜBEZAHL ÜBERWINDET EINEN UNTERIRRDI-
SCHEN KONIG
Man will ingemein wenig davon halten, daß es auch
unter der Erden solle Leute geben, welche ebenmifig
ihre Regimentsarten haben: Doch überzeuget folgende
Geschichte die Zweiffelmütigen, und will die Sage mit
der Erfahrung bekräfftigen. Nemlich, es soll vormaln
ein Handwercks-Bursch über das Gebürge gewandert
seyn, da es unter wegens sich begeben, daß der Rübe-
zahl in einer bekandten Gestalt zu ihm gekommen, oder
auff einem großen Ochsen oder Brümmer zu ihm ge-
ritten; davon er balde herunter gestiegen, und sie mit
einander unversehens bey ein unerhórtes tieffes Erden-
loch zu stehen gekommen; welches der Rübezahl vor-
her aufigegraben gehabt. Hierbey hat er den Reise-Ge-
sellen mit sampt den Ochsen stille stehen heißen; sagende:
Halt mir hie meinen Brümmer, und weiche nicht von
dannen: Denn ich habe allhier unter der Erde mit einem
grausamen Erden-Kónige zuthun, welcher mir eines Theils
von meiner Refier unlängsten hat wollen einnehmen;
dafür ich ihn jetzt, oder er mich, lohnen will. Unter-
37
dessen bleib du allhier behalten; und wenn du ver-
merckest, daß eine Ganß herauß fleuget, so ist die Sache |
bald gut, und habe ich gewonnen Spiel: Wirstu aber
inne werden, daß eine Eule auß dem Abgrund hervor .
kompt, so nimp reif аш, und гене mit dem Ochsen `
immer vor dich weg, so weit als du kanst, denn ich werde |
alsdann das Feld verlohren haben: Und hierauf hatte -
der Gesell dem Rübezahl die Hand geben müssen, wel-
cher darnach in den greulichen Abgrund gesprungen .
ist; Darauf er mit Verwunderung ein schröckliches Ge- .
schrey gehóret von Trommeln und Trompeten, also,
daf dem guten Kerl die Haare zu Berge gestanden; wie
er denn auch hiebey neben seines Lebens nicht sicher
gewesen, in dem der Ochse so tyrannisch aufigesehen,
gebrüllet, mit den Hórnern in die Erde gestutzt, und
mit den Pfoten in das außgegrabene Erdreich dermaßen
gescharret, daß er schier innerhalb zwo Stunden die
gantze Grube erfüllet, und wann es noch hette länger
sollen währen, alle Erde zu ihrem vorigen Ort gebracht
hette. Doch war es endlich geschehen, daß die Ganß
hervorgefladdert gekommen, und darauff der Blutrünstige
Rübezahl erfolget; sprechende: Nun ist die Sache rich-
tig, und habe ich meinen Widersacher in tausend Stücken
zerhauen. Du aber, weil du mir so lange auffgewartet,
und meinen Klepper gehalten; so nimb das eine Ochsen-
Horn zu dir, und in deme hatte er seinem Brümmer
das eine Horn aufi dem Kopffe gezogen, und dem Hand-
wercks-Gesellen gegeben, welcher damit in Eyle weg
lauffen muste. Aber mercke, daß solches Horn sich eine
Stunde oder etliche zutragen der Mühe noch wol ver-
lohnet gehabt; weil der Bursche befunden, daf es hin
und wieder mit Golde außgeleget, und ein köstlich
38
" Trinck-Geschirr gewesen, welches vielleicht die alten
: Teutschen gebrauchet, und der Rübezahl von sie geerbet
: gehabt. Solches Hörner-Gefäß soll hernach auff eine vor-
. nehme Kunst-Kammer gekommen seyn, da dem Gesellen
funftzig Reichsthaler darvor gegeben worden. Und also
hat sich dieses Horntragen noch wol bezahlet gemacht,
und der Ochsen-Dienst sich der Mühe ziemlich verlohnet.
RÜBEZAHL WIRD ZU GEVATTER GEBETHEN
Ein zweiffelter Schópffs, der umb alles das seinige kom-
men war, und in der Bierkanne abgebrannt were, wenn
er seine Magens-Gluth nicht stets gedámpffet, und ohn
unterlaß mit Bier geleschet hette. Solcher verzweiffelter
Kerl bekehrete sich dermaleins; und wüntschete, daß
ihm der liebe Gott doch auffs neue etwas bescheren
möchte; so wolte er gemacher thun, eingezogener und
rathsamer leben. Ja er bath Tag und Nacht, daß er doch
ein Kindgen möchte kriegen, alldieweil er gehöret, daß
damit zugleich Segen erlanget würde: Denn, spricht man,
bescheret Gott ein Häsigen, so bescheret er auch ein
Gräsigen. Und in dem kömpt seine Frau in die Wochen;
drauf er ausgehet, in willens, die drey ersten Leuthe, so
ihm begegnen würden, zu Gevattern zu bitten. Und
unter solchen Vorhaben, kömt ihm auch der unerkandte
Rübezahl vor; den er als einen Reisefertigen anredet,
und einen mündlichen Gevatterbrieff zustellet. Drauff
solcher sich bedancket, und entschuldiget, daß er zwar
selber nicht stehen könte; doch damit seine Gegenwart
nit gäntzlich außenbliebe; so wolte er ihme hiermit ein
Denckmahl übergeben haben; löset drauff seine Knie-
oder Hosen-band ab; zur künfftigen Windelschnur. Weiter
schenckete er ihme auch sein Schurtzfell, darein er das
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Kind wickeln solte lassen. Mit dieser Verehrung schlan- |
derte der Vater nach Hause und bringet seinem Weib |
und Kinde mit was er bekommen. Indem er aber die
Windel aufschläget; da war sie umb und umb vol lauter
Böhmische Groschen gesticket gewesen: die Schnur aber
hatte nach der Reihe anderthalb hundert Ducaten an
sich gehabt. Das last mir ein Bathen-Geschencke seyn,
|
|
damit man ein Baur-Kindel-Bier außrichten kan, und noch :
etliche Pfennige übrig behalten.
RÜBEZAHL WIRD EIN HOLTZ-HACKER
Einsmahls soll eben dieses Betrügniß zu einem Bürger
in Hirschberg, der einen Tagelöhner bedürfftig gewesen,
angekommen seyn, hat seine Dienste zum Holtzhacken
praesentiret, und vor die Bemühung nicht mehr als nur
eine Ниске Holtz gefordert. Dieses alles heißet der Hauß-
wirth gut, gehet den Vorschlag ein, und zeiget ihm etliche
viel Fuder, darbey gedenckende: er wolle ihm noch etliche
Mitgehülffen zugesellen. Aber hierzu spricht der Rübe-
zahl, nein: Es ist unnóthig, ich will es alles selber wol
alleine bezwingen. Darauff redet ihn der Herr noch ferner
an, fragende: Wo er denn die Axt habe? Sintemahl ег
keine bey dem bedungenen Knechte vermerckte. Darauff
antwortete der Rübezahl: Ich will bald eine kriegen.
Und erwischte hiemit sein linckes Bein, zog solches mit
dem Fufle aus den Lenden heraus, und hieb, wie er toll
und rasend were, wieder drauff erfolgende Verhinderung
alles Holtz in einer Viertelstunde gar kurtz und in kleine
Scheite; Dazu sich sein außgerissener Fuß viel tausend-
mal hurtiger, als die schárffste Axt erzeigete. Immittelst
aber rieff der Haußwirth immer was er rufen konte
(weil er flugs Unraths vermerckte), daß der abentheuer-
40
liche Hacker einhalten solte, und sich auß dem Hoffe
packen. Der Rübezahl aber sagte immer nein: Ich will
nicht auß der Stelle weichen, ehe ich mein Holtz klein
gemacht habe, und mein Lohn davon trage. Und unter
solchem Gezancke ward der Rübezahl gleich fertig, steckte
sein Bein wider hinein (indem er vorher nur auff dem
einen nach Storchsmanier gestanden) und sackete alles
geschlagene Holtz über einen Hauffen auf seinen Buckel,
(es waren aber bey vier Klaffter) und spatzierete für allen
Henger, zur selb beliebten Belohnung hiemit davon, ließ
den Wirth schreyen und wehklagen so viel er immer
wolte. Worumb aber? ist denn dieser Geist so unbillich
und schadhafftig? Nein, sondern Gott verhengte ihm die
Ungerechtigkeit bißweilen an den boßhafftigen Menschen
zu straffen. Nemlich, der gedachte Wirth hatte das vorige
Holtz auß der ferne durch etliche Bauren zu sich fahren
lassen, umb ein gewisses Lohn, welches aber der mein-
eidische Mensch, leider! den bedienten und den darauff
wartenden Bauren nicht gehalten hat, in dem er sie nur
mit der Nase herumb geführet, und das Maul geschmieret
hat. Ferner soll man auch drauff gehöret haben, daß
dieser Rübezahl sein entführetes Holtz den abgewiesenen
Bauren eintzeln vors Hauß geworffen habe, es ihnen ver-
ehret, und etlichen die Sache dabey nebenst der Rache
erzehlet haben.
RÜBEZAHL ZAUBERT ETLICHEN KÜH- UND
OCHSEN-KÖPFFE AN
Es soll sich auch auf eine Zeit begeben haben, daß
Rübezahl sich in eine verlassene Herberge gemachet,
und sich wie ein statlicher Wirt erzeiget; Indem es sich
begeben, daß unterschiedliche vornehme Leute vorbey
41
gereiset, und sich über Nacht allda haben gastiren lassen.
Zwar anfänglich, wie Ше Gäste angekommen, ist wenig
köstliches zu sehen gewesen: Aber in kurtzer Zeit waren
die Tische gedecket, und lagen auff Bäncken herumb
etliche lehre Fasse, und große Klötzer, darinnen stacken
Hanen, wie sie sonsten in den Fassen zu seyn pflegen.
Noch ferner hat der Rübezahl das eine Fenster in den
Saal, hübsch wie ein Schranck, vermacht; Den that
er auff, und nahm immer eine Schüssel nach der andern
von Essen heraus, und satzte sie auf den Tisch: Ein
Theil war kalt; ein Theil noch ein wenig warm: und
als er diß vorgetragen hatte, meinten die Gäste, es wäre
nun alles geschehen. Da gehet er abermahls hin, und
bringet noch mehr Gerichte. Da fingen sie erst an, sich
zu verwundern, wo das herrliche Essen herkommen
möchte, und wie er so viel drinnen beherbergen könte.
Aber sie schwiegen doch stille, und hätten gerne ge-
truncken; fragten: Ob nicht was zu trincken vorhanden
wäre. Der unerkante Rübezahl nahm einen Stab, schlug
an die Wand: Da kam ein schöner Jüngling heraus, gantz
wohl wie ein Teutscher gekleidet und gezieret; der hatte
zweene güldene Becher in seiner Hand, darauff stunden
des Turckischen Keysers Nahmen und Wapen: gieng
hin zu dem einen leeren Fasse, und zapffte einen guten
Spanischen Wein heraus, satzte den auff den Tisch, und
ließ sie den versuchen. Bald schlug Rübezahl auff eine
andere Seite der Wand: da kam herfür eine hüpsche
Jungfrau, hatte einen gantzen Korb voller schöner kunst-
reicher, güldener und silberner Trinck-Geschirr, darunter
vieler Fürsten Nahmen und Wapen waren: und sonder-
lich des Königs in Franckreich und Spanien und anderer
fürnehmen Praelaten, daß sie gnug dran zu sehen hatten.
42
ae ee, ee, а — )
Diese Dahme gieng hin zu dem diirren Klotz und Stock,
zapffte einen guten und köstlichen Reinischen Wein her-
aus, und gab ihn den Gästen. Oben über dem Tische
gieng ein höltzern Rohr: Wenn einer ein wenig Wasser
haben wolt; so hielt er sein Geschirr an das Rohr, da
lieff das Wasser hinein, so lange ЫЙ er ап das Rohr
klopffet: Doch wuste niemand, wo das Wasser hinein
käme; Denn es hieng oben an einem Zwirns-Faden. Über
das lagen auch noch andere Fasse darbey; aus welchen
allen Spanische, Ungarische und andere Weine gelassen
wurden; dergleichen von den Gästen vor diesen nie-
mahlen gekostet worden. Nach diesen brachte der Rübe-
zahl noch mehr Speise von seltzamen Vögeln und wunder-
lichen Fischen; deren in Schlesien nicht gefunden. Und
als die Gäste nun fröhlich waren, kamen unterschiedliche
andere Geister, in Spielleuten Gestalt, mit einer lustigen
Zunftt; hatten alte Fiedeln, und schrapten drauff etliche
Liedlein; Bald nahmen sie andere Instrumenta, und er-
zeigten sich frólich; Ja, sie waren so lustig und fró-
lich; daß die mercklichen und kurtzweiligen Stücklein
nicht kónnen alle erzehlet werden. Wie sie nun das
Mahl gehalten hatten, da grieff Rübezahl wieder in seinen
Schranck; und brachte herfür allerley seltzame Früchte,
so in Spanien, Franckreich, Niederland, Arabia, India
und Griechen-Land wachsen, von herrlicher, frischer
Würtze und andern schönen Gewächsen, so man mit
Lust und Liebligkeit essen und genießen kan: welche
zum Theil den Gästen bekant, zum Theil aber unbe-
kant gewesen. Auch waren dabey allerley Blumen, und
wohl-riechende schöne Kräuter, daß sich hoch zu ver-
wundern. Und als sie eine gute Weile frólich gewesen
waren; fáhet einer an unter ihnen und spricht zu Rübe-
43
zahlen: Herr Wirth! ich bitte freundlich, ihr wollet uns
doch auch ein hübsch kurtzweilig Bössigen sehen lassen.
Der Rübezahl antwortet und saget: Es wäre gnug auff
dießmahl: Er (der Gast) hätte neben andern Herrn genug
gesehen; welches sie sämmtlich bekanten, und sagten:
daß der Kurtzweil ein großer Überfluß gewesen. Aber
er hielt weiter an, und wolte nicht nachlassen: bat
nur noch umb eins zum Schlafftrunk. Da sprach Rübe-
zahl: es solte geschehen. Bald hernach in einem Huy
bekömmt derselbe einen Ochsen-Kopff, mit großen Hör-
nern: recht wie ein solch Tier: die andern Herren fangen
an seiner zu lachen, und zu spotten; Diß verdreust ihn,
und wil sich verantworten mit Schelten: fähet also greu-
lich an zu brüllen und zu brummen wie ein rechter
natürlicher Ochse; Bald wolte er einen Becher ins Maul
nehmen und trincken; da kont er sich auch nicht darzu
schicken: die Lappen am Maule waren ihm zu groß;
Da brachte Rübezahls sein Knecht Wein in einem
Fasse; da that er einen guten Suff; Also hatten die
Herren ihre Phantasey mit dem Ochsen, und gonneten
ihme diesen Schalcks-Possen gar wohl. Unterdessen
kömmt das Geschrey an dieses Gastes Ehefrau; indeme
sie auch nebenst andern Gefärten bey Rübezahl einkehrte,
und ihrem Manne nachreisete: Die erfähret; daß ihr
Ehe-Mann einen Ochsen-Kopff habe; Sie gehet geschwinde
hinein, und findet es also; Da machte sie sich mit losen
Worten an den Rübezahl, fluchte ihm sehr; Warumb
er ihren Mann also verschimpffet hatte? Rübezahl gab
der Frauen gute Worte, hieß sie stille schweigen; Also
thäten auch die andern; aber es war umbsonst. Da zau-
berte der Rübezahl der Frauen einen Kühe-Kopff auff
mit feinen Hórnern; Da ward das Gelächter noch größer,
44
Me Ws летін ae Ч Sieste, — ne
und wolte die Frau viel Windes machen, hub an zu
plarren, deßgleichen auch der Ochse: Da hätte man lustige
Geberden gesehen, wie sie sich stelleten, und wie ihnen
die Kappen so lustig anstunden. Über solches Wesen
schlieffen endlich die Gäste mit einander ein, und schnarch-
ten die ganze Nacht durch! Wie sie aber endlich frühe
gegen den andern Tag erwachten, siehe, da lagen sie
in einer Wüsteneyen: und nahmen die Begebnüsse des
vorigen Tages nicht anders auff als einen Traum. Doch
besonnen sich etliche, daß dieser Posse vielleicht ihnen
von Rübezahl wiederfähre.
NAPOLEONS BESUCH IN WEIMAR UND JENA
IM HERBST DES JAHRES 1808
Ve gerade hundert Jahren, vom 27. September bis
V 14. Oktober 1808, fand in Erfurt jene berühmte
Fürstenversammlung statt, Ше die beiden mächtigsten
Monarchen, Napoleon und Alexander von Rußland, aber
auch die beiden geistigen Großmächte ihrer Zeit, Goethe
und Napoleon, zusammenführte. Im Verlauf dieser Ta-
gung veranstaltete Carl August, Napoleon für dieSchonung
seiner Souveränität widerwillig verpflichtet und Alexander
verwandtschaftlich verbunden, zu Ehren der Fürsten glän-
zende Festlichkeiten in Weimar und Jena, die dem durch
Kriegsnöte schwer geschädigten Land von neuem große
Opfer auferlegt haben müssen. Der Weimarer Verleger
Carl Friedrich Bertuch, der es in bewundernswertem Maße
verstand, auch aus schweren Zeiten Nutzen zu ziehn,
gab im Jahre 1809 ein »Prachtwerk« — wie Goethe es
nannte — in Folio heraus, das den Titel führte: »Be-
schreibung der Feierlichkeiten, welche bei Anwesenheit
45
von Ihro Majestäten der Kaiser Alexander und Napoleon
und mehrerer gekrönten Häupter in Weimar und Jena
am 6ten und 7ten Oktober 1808 von Sr. Durchlaucht dem
Herzoge Carl August von Sachsen-Weimar veranstaltet
worden. Nebst einem Überblicke ihrer merkwürdigen
Zusammenkunft in Erfurt.« Der Text des Werkes ist
deutsch und französisch. Den Lesern des Almanachs wird
ein nur wenig gekürzter Wiederabdruck dieses Berichtes
gewiß interessant und willkommen sein. Von den fünf
zum Teil kolorierten Kupfern, die Bertuchs Buch schmük-
ken, geben wir die drei wichtigsten in starker Verkleine-
rung wieder, die aber doch Napoleons Gestalt noch deut-
lich erkennen läßt. Die beiden ersten dieser Kupfer
sind von C. A. Schwerdgeburth gezeichnet und gestochen,
der später als der letzte Porträtist Goethes bekannt ge-
worden ist, aber auch um mancher andern Arbeiten willen
verdient, nicht vergessen zu werden. Der Bericht in dem
Bertuchschen Buche lautet:
»Se. Durchlaucht hatten die hohen Häupter zuvörderst
zu einer grossen Hirsch-Jagd auf den 6. October einge-
laden, welche I. I. М.М. die Kaiser und Könige anzu-
nehmen geruhten. In dem Walde des nahe bei Weimar
gelegenen Ettersberges, im Reviere des Wildmeisters Koch,
war Alles zu diesem Haupt-Jagen vorbereitet. Acht Tage
lang brachte man unter Direction des Ober-Forstmeisters
von Fritsch mit Einstellung des Jagens zu, wozu täglich
mehrere hundert Jagdbauern erforderlich waren.
Іп: einiger Entfernung von dem Jagdschlosse zu Etters-
burg zwischen dem grossen und kleinen Ettersberg war
auf einem freien Platze, von wo man die schönste Aus-
sicht in die Ebene von Thüringen gegen den Unstrut-Fluss
hin geniesst, der Schiess-Schirm errichtet, aus welchem
46
die hohen Herrschaften das Wild schossen. Dieser Schiess-
Schirm war als eine offene Zelthalle behandelt und be-
stand daher bloss aus einem Parterre mit einem Zelt-
dach, durch Säulen von natürlichen Baumschäften,
welche oben als Palmbäume durch Zweige und rothe
Früchte verziert waren, getragen. Das ganze Gebäude
war bei einer Länge von 223 Fuss 51 Fuss breit und
enthielt 10000 Quadrat-Fuss im Flächenraum. Die Giebel-
wände waren durchaus zu, die langen Seiten aber ganz
offen und jede mit zehn 22 Fuss hohen Säulen verziert,
so wie Alles mit Guirlanden von Blumen und Früchten
geschmückt war und dadurch ein ungemein heiteres,
festliches Ansehen gewann.
Der innere Raum zerfiel in drei Haupt-Abtheilungen,
in den Saal der Kaiser und in zwei Marschalls-Säle. Der
Saal der Kaiser von 75 Fuss Länge und 51 Fuss Tiefe
lag in der Mitte und war drei Stufen höher, als die zu
beiden Seiten angränzenden Marschalls-Sále. Der übrige
Raum war zu zwei gleichen Theilen auf die Flügel
vertheilt, und enthielt die Küche, Kellerei, Räume für
die Bedienten und Gewehre. — Um den Schiess-Schirm
war in gehöriger Entfernung durch hohe Tücher ein
Lauf gestellt, der durch vorgezogene Rolltücher von der
Wildkammer getrennt war, und das Ganze als Contra-Jagen
eingerichtet. Ausserhalb des Laufs hatte man für Zuschauer
mehrere sichere Balkons errichtet, welche aber für die
Menge der Fremden nicht zureichten. Schon vom frühen
Morgen des 6. Octobers an sammelten sich hier mehrere
tausend Zuschauer; der schönste Herbsttag begünstigte
dieses Leben im Freien, und das Ganze glich einem fröh-
lichen Volksfeste, für dessen Bedürfnisse mehrere Reihen
von Buden mit Speisen und Getränken aller Art sorgten.
47
Um то Uhr des Morgens ritten vom Jagdschirm aus
Se. Durchl. der Herzog von Sachsen-Weimar, gefolgt
von der Herzogl. Jägerei, den kaiserlichen und kónig-
lichen Majestäten entgegen. Ihro Maj. die Kaiser ver-
liefen gegen Mittag Erfurt und wurden von Sr. Durchl.
dem Herzoge von Sachsen-Weimar ап der Grinze, so-
wie von der übrigen Begleitung im Dorfe Stedten emp-
fangen und von da unmittelbar vor den Jagdschirm ge-
führt, wo Allerhóchst Sie um 1 Uhr anlangten, be-
grüsst von einer lebhaften Jagdmusik, und dem Vivat-
rufen der zahlreichen Volksmenge. Vor den Kaisern
waren die Kónige von Baiern, Sachsen und Würtemberg,
so wie der Fürst Primas, bereits eingetroffen. Ausser
mehreren teutschen Fürsten waren auch der Fürst von
Neufchatel (Berthier) und die franzósischen Marschille,
der Herzog von Dalmatien (Soult) und Herzog von
Montebello (Lannes) gegenwärtig. Eine glänzende Suite
von Generalen und Cavaliers begleitete die Monarchen.
Die Kaiser und Kónige nahmen im Schiess-Schirme,
wo ein Dejeuner à la fourchette servirt war, die mitt-
lere Abtheilung des Pavillon ein. Die Jagd nahm auf
ein gegebenes Zeichen ihren Anfang; das Rolltuch wurde
aufgeknebelt, das Wild vorgejagt, und Trompeten und
Pauken auf der Musik-Tribüne am Eingange verkündigten
die jagdbaren Hirsche. Se. Maj. der Kaiser Napoleon
hatte sechs seiner Jagd-Pagen, einen Porte-armes und
vier Piqueurs bei sich. Der getreue Leib-Mameluck Rustan
und der Porte-armes besorgten das Laden seiner Gewehre.
Die Kaiser und Könige schossen sehr häufig, und er-
legten bis vier Uhr, wo die Jagd endigte: 47 Hirsche,
5 Rehböcke, 3 Hasen und ı Fuchs.
Von Zeit zu Zeit wurden während der Jagd Pausen
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gemacht, wo, nach teutschem Jagd-Gebrauch, mehrere,
als wilde Männer maskirte, mit Eichenlaub bekränzte
und umgürtete Forstknechte hervorsprangen und das
geschossene Wild vor denSchiessstand der Kaiser streckten.
Kein Unfall hatte die Freude des Tages gestört; um
vier Uhr endigte dieses ächt-teutsche Jägerfest, und die
Kaiser, Könige und Fürsten verliessen den Ettersberg
und fuhren herab nach Weimar. So wie Sie sich gegen
5 Uhr der Stadt näherten, wurde mit allen Glocken ge-
läutet. Der Magistrat begrüsste ehrfurchtsvoll die Kommen-
den am Jacobsthore, und die ganze Bürgerschaft hatte
sich mit ihren Gilde-Fahnen auf den Strassen in Reihen
bis zum Schlosse gestellt, wo das Herzogliche Militär
en haye aufmarschirt war. So hielten die beiden er-
habenen Kaiser in einem offenen Jagd-Wagen, wo Sie
von Jedermann genau gesehen werden konnten, ihren
Einzug in Weimar.
Den Weg nahm man über den Carls-Platz durch die
Esplanade nach dem Schlosse, wo Ihre Majestäten von
I. I. D. D. dem Herzoge, der Frau Herzogin, dem Erb-
prinzen, der Prinzessin Caroline, dem versammelten Hof-
staate, und vielen fremden Cavalieren unten an der
Haupttreppe empfangen und in die Zimmer der Frau
Herzogin geführt wurden, welche für Se. Maj. den Kaiser
Napoleon bestimmt waren. Se. Maj. der Kaiser Alexander
bezog die Zimmer neben dem grossen Saale, wo er
schon früher logirt hatte.
Den Kaisern folgten von der Jagd die Kónige von
Baiern, Sachsen und Wiirtemberg, so wie der Fürst
Primas, nach Weimar, welche im fürstlichen Palais und
in einigen angesehenen Privat-Häusern logierten, und
deren jeder als Ehren-Wache einen Officier und 20 Mann
49
der Herzoglichen Füseliers erhielt. Alle Wachen des
Schlosses waren gleichfalls vom Herzoglichen Militär
besetzt.
Um 6 Uhr, nachdem sich die Könige mit ihren Suiten
im Schlosse bei den Kaisern versammelt hatten, war
Diner. Die kaiserliche Tafel bestand aus 16 Couverts.
An ihr speisten, ausser den beiden Kaisern, die Königin
von Westfalen, die Könige von Baiern, Würtemberg
und Sachsen, die Herzogin und Prinzessin Caroline von
Sachsen-Weimar, der Fürst Primas, Prinz Wilhelm von
Preussen, die Fürsten von Neufchatel und Benevent, der
Herzog von Oldenburg, der Erbprinz von Mecklenburg-
Schwerin, der Herzog und Erbprinz von Sachsen-Weimar.
— Überhaupt speisten am 6. October im Schlosse zu
Weimar 550 Personen.
Um 7 Uhr fuhren die Kaiser und Кӛпіре, nebst den
iibrigen Herrschaften, in das Hof-Theater. Das Schloss,
seine Umgebungen und die Stadt waren geschmackvoll
erleuchtet. Vor dem Schlosse strahlte in hellen Flammen
ein sechzig Fuß hoher Obelisk. Ein milder schöner
Herbstabend erhöhte den Reiz dieses Schauspiels.
Im Theater nahmen, wie in Erfurt, die Kaiser und
Könige ihren Platz im Parterre. Zunächst dem Orchester
war eine erhöhete Abtheilung für die Majestäten. Ein
türkischer Teppich bedeckte den Fussboden, auf dem
zwei reich verzierte Thron-Sessel für die Kaiser, und
Stühle zu beiden Seiten für die Könige, den Fürsten
Primas, den Prinzen Wilhelm von Preussen und Gross-
fürsten Constantin standen. Das übrige Parterre nahmen
die Fürsten und die Suite ein. In der Herzoglichen
Loge sass in der Mitte die Königin von Westphalen
neben der Herzogin von Sachsen-Weimar; rechts die
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Herzogin von Sachsen-Meiningen, die Fiirstin von
Thurn und Taxis, und die Herzogin Alexander von
Würtemberg. Links die Prinzessin Caroline von Weimar
und dahinter die Damen des Hofes. Der Balkon und
die Logen des ersten Ranges waren mit Damen in den
glänzendsten Anzügen besetzt.
Se. Maj. der Kaiser Napoleon hatte das französische
Theater von Erfurt hierher kommen lassen, und diese
vortrefflichen Künstler gaben La mort de César von
Voltaire mit vollendeter Kunst. Der berühmte Talma
entfaltete in der Rolle des Brutus sein grosses tragisches
Talent und erfüllte die Zuschauer mit gerechter Be-
wunderung.
Es verdient wohl in den Annalen des teutschen
Theaters aufgezeichnet zu werden, dass auf derselben
Bühne, wo die Meisterwerke von Göthe und Schiller
zuerst gegeben wurden, jetzt auch die ersten tragischen
Künstler Frankreichs auftraten, und uns in hoher Voll-
kommenheit die in engern Schranken sich bewegende
französische Tragödie darstellten.
Nach dem geendigten Trauerspiele fuhren die Kaiser,
in einem Wagen zusammensitzend, durch die erleuchteten
Strassen der Stadt nach dem Schlosse zurück, wo der
Bal seinen Anfang nahm. Se. Maj. der Kaiser von
Russland eröffnete ihn mit I. М. der Königin von West-
phalen durch eine Polonaise. Sowohl der Kaiser als
der Gross-Fürst Constantin tanzten zu verschiedenen
Malen, und Jedermann bewunderte auch hier die Anmuth
des schönen Monarchen. Se. Maj. der Kaiser Napoleon
unterhielt sich sehr lebhaft mit vielen der Anwesenden.
Dieses Glück wurde auch den grossen Dichtern Göthe
und Wieland zu Theil. Mit beiden sprach der Held des
51
Jahrhunderts sehr lange, und zu wiederholten Malen mit
letzterem, und discutirte mit freier Genialitat und tiefem
Scharfblicke wichtige Gegenstände der alten und neuern
Geschichte und Literatur, die sein umfassender Geist
unter neuen grossen Gesichtpunkten darstellte. Mit sicht-
barem Wohlwollen zeichnete der erhabene Monarch diese
Coryphäen der teutschen Literatur aus, und gab hierdurch
den schmeichelhaftesten Beweis, dass ihm die Nation,
deren Protector er ist, werth sey, und er ihr eigentliches
National-Band, ihre Literatur und Sprache, achte und
würdige. — Ehe der Kaiser Napoleon sich um ein Uhr
in seine Zimmer zurückzog, sprach er zuletzt noch mit
grosser Lebhaftigkeit den Geheimen Rath von Göthe.
So schloss der in den Annalen von Weimar ewig
denkwürdige 6. October, an dem wir das Glück hatten,
zwei Kaiser, eine Königin, drei Könige, so viele Fürsten,
Staatsmänner und Generale in unsern Mauern zu sehen.
Mannichfaltige Feste umfasste dieser einzige Tag; die
herrlichste Witterung begünstigte sie, und kein unange-
nehmer Vorfall störte den reinen Genuss derselben.
Da Se. Maj. der Kaiser Napoleon gewünscht hatte,
den 7. October mit Sr. Maj. dem Kaiser Alexander das
Schlachtfeld bei Jena, welches 4 Stunden von Weimar
liegt, zu besichtigen, so hatte Se. Durchl. der Herzog
von Sachsen-Weimar durch den Major und Commen-
danten von Hendrich in Jena alle erforderlichen Anstalten
zum Empfange der hohen Herrschaften machen lassen,
welche auch zur allgemeinen Zufriedenheit ausgeführt
worden waren.
Am 7. October Morgens 9 Uhr verliessen die beiden
Kaiser in dem geschmackvollen, bereits erwähnten, offenen
Jagd-Wagen das Schloss von Weimar und wurden von
92
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weimarischen Husaren nach Jena escortirt. Ihnen folgten
Ше Könige von Baiern und Sachsen, der Gross-Fürst
Constantin, der Herzog und Erbprinz von Sachsen- Weimar,
der Erbprinz von Oldenburg, die Marschälle Berthier,
Soult, Lannes, so wie die übrige Suite.
Ohne Jena zu berühren, fuhr man sogleich über
Vierzehnheiligen nach den Höhen des Landgrafenberges,
nahe bei Jena, auf dessen höchstem Punkte, dem Na-
poleons-Berge (sonst der Windknollen genannt), der Kaiser
von Frankreich am 14. October 1806 die Schlacht com-
mandirte. Auf diesem für die Zeitgeschichte so merk-
würdigen Punkte war unter der Direction des Professors
Sturm von Jena jetzt ein schöner dorischer Tempel zu
dieser Feierlichkeit erbaut worden, dessen Fronte nach
Westen, oder nach Weimar hin, stand.
Des Morgens nach ro Uhr kamen die Herrschaften
über das Schlachtfeld gegen den Tempel auf der Höhe
des Napoleons-Berges zu gefahren und geritten. Im
ersten Wagen saß der König von Sachsen mit dem
Grafen von Marcolini; im zweiten der König von Baiern
mit dem Minister von Mongelas; nun war ein beträcht-
licher Zwischenraum, dann kamen Herzogl. Weimar.
Cavaliere zu Pferde, welchen des Herzogs von Weimar
Durchl. gleichfalls zu Pferde in Jagd-Uniform folgte.
Dann erschien der prächtige Jagdwagen mit den beiden
Kaisern, Napoleon rechts und Alexander links sitzend.
Die Kaiser grüssten sehr freundlich die zahllose Menge
der Zuschauer, welche an diesem schönen Herbsttage
sich hier versammelt hatten. An der Stelle, wo der
Weg nach dem Tempel von der Apoldaer Landstrasse
abgeht, war die Jenaische Bürgerschaft mit ihrem Präfect
versammelt und rief unter Trompeten- und Pauken-
53
schall den vorbeifahrenden Kaisern ihr: Es leben die
Kaiser! zu.
Die Kaiser und Кӛпіре stiegen bei dem Tempel aus,
wo Sie auf dem davor liegenden freien Platze die Gegend
geraume Zeit betrachteten. Se. Durchl. der Herzog von
Weimar legte Sr. Maj. dem Kaiser Napoleon den gezeich-
neten Plan der ganzen Gegend, von geschickten Ingenieurs
neuerlich aufgenommen, vor. Auf diesem Plane zeigte
der Kaiser von Frankreich dem Kaiser von Russland die
ersten Punkte des Angriffes bei der Schlacht von Jena.
Nach einiger Zeit begaben sich die hohen Herrschaften
von der Anhöhe des Napoleons-Berges herunter auf das
etwas tiefer liegende Plateau, auf welchem Se. Maj. der
Kaiser Napoleon, umgeben von seinen Garden, in der
Nacht vor der Schlacht bivouacquirt hatte. Hier waren
mehrere Zelte aufgeschlagen, wo dejeunirt wurde. In
dem einen war die Tafel für die höchsten Herrschaften
bereitet, welche Hof-Cavaliere und Pagen besorgten; die
Tafel für die Kaiserlichen und Königlichen Umgebungen
wurde im Freien aufgestellt und von Herzoglichen Hof-
Officanten servirt. Vor den Zelten brannte ein grosses
Bivouacq-Feuer, welches dem Ganzen das Ansehen eines
Lager-Platzes gab.
Als die erhabenen Kaiser hier das Dejeuner einnahmen,
erhielten auch die beiden Deputationen von der Univer-
sität Jena Audienz. Die Majestäten nahmen beide De-
putationen sehr gnädig auf und unterhielten sich lange
mit ihnen. Se. Maj. der Kaiser Napoleon erkundigte sich
auf das genaueste nach dem Verluste, den die Stadt Jena
in dem letzten Kriege erlitten habe, und mit kaiserlicher
Freigebigkeit heilte er die Wunden durch mannichfaltige
Schenkungen.
54
Nach aufgehobener Tafel setzten sich die simmtlichen
höchsten und hohen Herrschaften zu Pferde und іп
Wagen, und begaben sich, von dem Herzoge von Weimar
geführt, auf das vordere Plateau des Landgrafenberges,
um die Stadt Jena und die nächsten Umgebungen zu über-
schauen, welche dem Kaiser von Russland noch unbe-
kannt waren. Von da ritten die Monarchen wieder über
den Napoleons-Berg zurück nach Cospoda und besahen
die verschiedenen Punkte des Schlachtfeldes. Jetzt be-
gaben sich die höchsten und hohen Herrschaften, entfernt
von diesem Kampfplatze, in die Gegend von Apolda,
wo abermals eine grosse Jagd gehalten wurde, nach deren
Beendigung die Kaiser Nachmittags 3 Uhr wieder in Wei-
mar eintrafen, vor dem Erfurter Thore die Pferde wech-
selten, und die Rückfahrt nach Erfurt sogleich weiter
fortsetzten. — —
Am 12. October verlieh Se. Maj. der Kaiser Napoleon
den grossen teutschen Dichtern, dem Geheimen Rath von
Góthe und Hofrath Wieland, als achtenden Beweis ihrer
grossen Talente den Orden der Ehren-Legion, und der
Minister Staats-Secretair Maret händigte darüber dem
Weimarischen Envoyé, Geheimen Regierungs-Rath von
Müller, zwei in den schmeichelhaftesten Ausdrücken ver-
fasste Schreiben für die beiden ernannten Ritter ein.«
Soweit der Bericht über die Weimarer Feste. Wir lassen
die Einleitung des Buches hier zum Schlusse folgen:
» Die neuere Geschichte wird in ihren Annalen die merk-
würdige Zusammenkunft der machtigsten Monarchen des
Continents, der Kaiser von Russland und von Frank-
reich, welche zu Erfurt vom 27. September bis zum
14. October 1808 statt fand, unvergänglich aufzeichnen.
Beseelt von dem Wunsche eines allgemeinen Friedens
55
naherten sich einander dort die Kaiser Napoleon und
Alexander, und in den Handen dieser machtigen Herrscher
wurde von neuem das Schicksal des Siiden und Norden
gewogen. Noch verhiillt zwar der undurchdringliche
Schleier der Staatsklugheit die Resultate dieser wichtigen
politischen Zusammenkunft, doch die thatenreichen Er-
eignisse der nahen Zukunft werden nach und nach auch
diese Mysterien enthüllen.« Die »thatenreichen Ereig-
nisse«, die der Entrevue nach wenigen Jahren folgten,
waren der Feldzug Napoleons nach Russland, der Brand
von Moskau und der Übergang über die Beresina.
AUS GOETHES TAGEBÜCHERN
1775 Juni 15, auf dem Züricher See.
Ohne Wein kann’s uns auf Erden
Nimmer wie dreihundert werden,
Ohne Wein und ohne Weiber
Hol’ der Teufel unsre Leiber.
Ich saug an meiner Nabelschnut
Nun Nahrung aus der Welt.
Und herrlich rings ist die Natur,
Die mich am Busen hält.
Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertakt hinauf,
Und Berge, Wolken angethan,
Entgegnen unserm Lauf.
Aug mein Aug was sinkst du nieder,
Goldne Träume, kommt ihr wieder;
Weg du Traum, so Gold du bist,
Hier auch Lieb und Leben ist.
56
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Auf der Welle blinken
Tausend schwebende Sterne,
Liebe Nebel trinken
Rings die thiirmende Ferne;
Morgenwind umflügelt
Die beschattete Bucht,
Und im See bespiegelt
Sich die reifende Frucht.
Auf den Bergen über Richterswyl.
Wenn ich liebe Lili dich nicht liebte,
Welche Wonne gäb’ mir dieser Blick
Und doch, wenn ich Lili dich nicht liebte,
Wär’, was war’ mein Glück.
1775 Oktober 30, auf der Reise von Frankfurt nach Heidelberg;
Ebersstadt.
Bittet, daß eure Flucht nicht geschehe im Winter, noch
am Sabbath: ließ mir mein Vater zur Abschiedswarnung
auf die Zukunft noch aus dem Bette sagen! — Dießmal,
rief ich aus, ist nun ohne mein Bitten Montag Morgens
Sechse, und was das Übrige betrifft, so fragt das liebe
unsichtbare Ding, das mich leitet und schult, nicht, ob
und wann ich mag. Ich packte für Norden, und ziehe
nach Süden; ich sagte zu, und komme nicht, ich sagte
ab und komme! Frisch also, die Thorschließer klimpern
vom Burgemeister weg, und eh es tagt und mein Nach-
bar Schuhflicker seine Werkstätte und Laden öffnet: fort.
Adieu Mutter! — Am Kornmarkt machte der Spenglers-
junge rasselnd seinen Laden zurechte, begrüßte die Nach-
barsmagd in dem dämmrigen Regen. Es war so was
Ahndungsvolles auf den künftigen Tag in dem Gruß.
Ach, dacht ich, wer doch — Nein, sagt’ ich, es war
57
auch eine Zeit — Wer Gedächtniß hat, sollte niemand
beneiden. — — Lili, Adieu, Lili, zum zweitenmal! Das
erstemal schied ich noch hoffnungsvoll, unsere Schick-
sale zu verbinden! Es hat sich entschieden — wir müssen
einzeln unsre Rollen ausspielen. Mir ist in dem Augen-
blick weder bange für dich, noch für mich, so verworren
es aussieht! — Adieu — Und du! wie soll ich dich
nennen, dich, die ich wie eine Frühlingsblume am Herzen
trage! Holde Blume sollst du heißen! — Wie nehm
ich Abschied von dir? — Getrost! denn noch ist es
Zeit! — Noch die höchste Zeit — Einige Tage später!
— und schon — О lebe wohl — Bin ich denn nur
in der Welt, mich in ewiger unschuldiger Schuld zu
winden — — — — — — Und Merck, wenn du wüßtest,
daß ich hier der alten Burg nahe sitze, und dich vor-
beifahre, der so oft das Ziel meiner Wandrung war. Die
geliebte Wüste, Riedesels Garten, den Tannenwald, und
das Exerzirhaus — Nein, Bruder, du sollst ап meinen
Verworrenheiten nicht theilnehmen, die durch Theil-
nehmung noch verworrner werden.
Hier láge denn der Grundstein meines Tagbuchs! und
das Weitere steht bei dem lieben Ding, das den Plan
zu meiner Reise gemacht hat.
1776 November 7, Gartenhàuschen.
Mit den Bienen beschäftigt und sie zur Winterruh ge-
bracht ... Was ist der Mensch, daß du sein gedenkst,
und das Menschenkind, daß du dich sein annimmst.
Abends Bau-Grillen im Garten und Feldzug gegen die
Jahrszeit.
1777 September 5, Wilhelmsthal.
Am dicken Backen gepflegt, das Buch Hiob gelesen.
58
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SE EE, a C | ———ÀÁ 2 — soe eee ee, a ——— —— — — — ——
1777 October 8, Wartburg.
Stund inwärts gewendet wieder auf. Die Ankunft des
Statthalters schloß mich auf einige Augenblicke auf,
Grimms Eintritt wieder zu. Ich fühlte so inniglich, daß
(alles andre bei Seite) ich dem Manne nichts zu sagen
hatte, der von Petersburg nach Paris geht. Nach Tafel
Statthalter und Grimm wieder nach Gotha. Knebel toll.
Ich las wenig im АроПопіпв. Zu Molcks, wo Picknick
war. Mein Zahn, der sich wieder meldt, hindert mich
am Tanzen, die Kluft zwischen mir und denen Menschen
allen fiel mir so graß in die Augen, da kein Vehiculum
da war. Ich mußte fort, denn ich war ihnen auch sicht-
lich zur Last. In’s Herzogs Zimmer! konnt’s nicht dauern,
sah den Mond über dem Schlosse und herauf. Hier
nun zum letztenmal, auf der reinen ruhigen Höhe, im
Rauschen des Herbst-Winds. Unten hatt’ ich heute ein
Heimweh nach Weimar, nach meinem Garten, das sich
hier schon wieder verliert. — Gern kehr’ ich doch zu-
rück in mein enges Nest, nun bald in Sturm gewickelt,
in Schnee verweht. Und will’s Gott in Ruhe vor den
Menschen, mit denen ich doch nichts zu theilen habe.
Hier hab’ ich weit weniger gelitten, als ich gedacht habe,
bin aber in viel Entfremdung bestimmt, wo ich doch
noch Band glaubte. 9 wird mir immer näher und näher,
und Regen und rauher Wind rückt die Schafe zusammen.
— — Керіегеп!!
1777 November 14, Gartenhäuschen.
Heiliges Schicksal, du hast mir mein Haus gebaut und
ausstaffirt über mein Bitten, ich war vergnügt in meiner
Armuth unter meinem halbfaulen Dache, ich bat dich,
mir's zu lassen, aber du hast mir Dach und Beschrinkt-
59
heit vom Haupte gezogen wie eine Nachtmütze. Laf}
mich nun auch frisch und zusammengenommen der
E
Reinheit genießen. Amen. Ja und Amen winkt der erste}: à
Sonnenblick d. 14. Nov. 4)
Acht іп der Haushaltung keinen Ritz zu eng, eine Маш |:
geht durch. 9
1779 Januar 13, Gartenhäuschen. X
Die Kriegs-Commission übernommen. Erste Session. Fest =
Geschäfte diese Tage her. Mich drin gebadet, und gute |^:
Hoffnung, in Gewißheit des Ausharrens. Der Druck дег |: E:
ist, spielt sie freier und genießt des Lebens. Elender|*-
ist nichts als der behagliche Mensch ohne Arbeit, das):
schónste der Gaben wird ihm ekel. Schwierigkeit, irdische = ©”
Maschinen in Gang zu setzen, auch zu erhalten. Lehr- “- e d
buch und Geschichte sind gleich lächerlich dem Handeln- ~
den. Aber auch kein stolzer Gebet als um Weisheit, x;
denn diese haben die Götter ein für allemal den Menschen |^ *:
versagt. Klugheit theilen sie aus, dem Stier nach seinen ^ €
Hórnern und der Katze nach ihren Klauen, sie haben |"
alle Geschöpfe bewaffnet. — Daß ich nur die Hälfte Wein Г
trinke, ist mir sehr nützlich, seit ich den Kaffee gelassen, |
die heilsamste Diät.
1779 August 7, Gartenhäuschen. os
Zu Hause aufgeräumt, meine Papiere durchgesehen und |25
alle alten Schalen verbrannt. Andre Zeiten, andre Sorgen.
Stiller Rückblick aufs Leben, auf die Verworrenheit,
Betriebsamkeit, Wifbegierde der Jugend, wie sie überall
herumschweift, um etwas Befriedigendes zu finden. Wie
ich besonders in Geheimnissen, dunklen imaginativen
60
miz Verhältnissen eine Wollust gefunden habe. Wie ich
jomtcalles Wissenschaftliche nur halb angegriffen und bald
nktiewieder habe fahren lassen, wie eine Art von demüthiger
Selbstgefälligkeit durch alles geht, was ich damals schrieb.
‚ in:Wie kurzsinnig in menschlichen und göttlichen Dingen
ich mich umgedreht habe. Wie des Thuns, auch des
zweckmäßigen Denkens und Dichtens so wenig, wie
_ in zeitverderbender Empfindung und Schatten-Leiden-
SO" Schaft gar viel Tage уепһап, wie wenig mir davon zu
i Nutz kommen, und da die Hälfte nun des Lebens vor-
Weber ist, wie nun kein Weg zurückgelegt, sondern viel-
` mehr ich nur dastehe, wie einer, der sich aus dem
p Wasser rettet, und den die Sonne anfängt wohlthätig
"abzutrocknen. Die Zeit, daß ich im Treiben der Welt
t bin seit 75 October, getrau' ich noch nicht zu über-
L 5 sehen. Gott helfe weiter, und gebe Lichter, daß wir
‘uns nicht selbst so viel im Wege stehn. Lasse uns von
ші „Morgen zum Abend das Gehórige thun und gebe uns
D. „klare Begriffe von den Folgen der Dinge. Daß man
i nicht sei wie Menschen, die den ganzen Tag über Kopf-
" weh klagen und gegen Kopfweh brauchen und alle Abend
` zu viel Wein zu sich nehmen. Möge die Idee des
“Reinen, die sich bis auf den Bissen erstreckt, den ich
s in Mund nehme, immer lichter in mir werden.
1780 April [zwischen 15 und 22) Gartenhäuschen.
, Litte Prometheisch.
d 1780 August 28, Gartenháuschen.
i; Früh im Stern spazierend überlegt, wo und an welchen
а Ecken es mir noch fehlt. Was ich dief Jahr nicht ge-
iv than. Nicht zu Stande gebracht. Über gewisse Dinge
; mich so klar als móglich gemacht.
61
1797 Mai 25, Jena.
Das Gesetz macht den Menschen,
Nicht der Mensch das Gesetz.
Die große Nothwendigkeit erhebt,
Die kleine erniedrigt den Menschen.
1806 Juli 5, Karlsbad.
Wie Fürst Putiattin versicherte: wenn er Gott wäre und
er hätte voraussehen können, daß ein Stück wie Schillers
‚Räuber‘ sollte geschrieben werden, so würde er die Welt
nicht erschaffen haben.
1807 September 10, auf der Fahrt von Schleiz nach Jena.
.. Augustens und Riemers Späße mit der Bildung von
lauter collectiven Substantivwörtern mit der Vorschlags-
sylbe ge, als Geöchs, Gekälb, Gebäuch, Gehühn, etc....
Nachmittags in Kahla. August schlug die Fliegen im
Wagen todt; mehrere aber waren nur angetódtet.
1808 Mai 15, auf der Fahrt von Schleiz nach Hof.
Unterweges de quorundam amicorum nostrorum perversa
libidine. De rebus aestheticis et poeticis. De Vossii et
Schlegeliorum meritis et praejudiciis. De Fausti dramatis
parte secunda et quae in ea continebuntur.
1816 Juni 6.
Gut geschlafen und viel besser. Nahes Ende meiner Frau.
Letzter fürchterlicher Kampf ihrer Natur. Sie verschied
gegen Mittag, Leere und Todtenstille in und aufler mir.
Ankunft und festlicher Einzug der Prinzessin Ida und
Bernhards. Hofrath Meyer. Riemer. Abends brillante
Illumination der Stadt. Meine Frau um Zwölf Nachts
in's Leichenhaus. Ich den ganzen Tag im Bett.
62
1816 September 2, Tennstedt.
Gänse-Klugheit! von Garben, dem Erndtewagen entfallen,
die Ährenspitzen abzubrechen und hinzuwerfen (da ich
vermuthete, sie würden sie gleich speisen). Da der Wagen
weg gefahren war, schnabelirten sie die Ähren und ver-
trieben benachbarte Gänse von dem Platz.
1827 April 2.
Ich schloß mich ein und suchte manches bisher Stockende
in Bewegung zu bringen ..
1828 August 18, Dornburg.
Vor Sonnenaufgang aufgestanden. Vollkommene Klarheit
des Thales. Der Ausdruck des Dichters: heilige Frühe
ward empfunden.
1830 Mai 2.
Ein Elsasser zeigte das Modell einer Dampfmaschine
vor; ein sehr complicirtes und schwer zu begreifendes
Maschinenwerk.
1831 Februar ro.
Büchner stellte mir den jungen Straube vor, welcher als
Koch in meine Dienste trat. Das Allgemeine durchge-
sprochen. Das Weitere vorbehalten. Vulpius entließ die
Köchin mit billiger Entschädigung. Von dieser Last be-
freit konnt’ ich an bedeutende Arbeiten gehen; ich kann
hoffen, die Epoche werde fruchtbringend sein.
1831 Februar 21.
Spazieren gefahren mit den Knaben, welche beide mit
dem lustigsten Wetteifer ihre theatralischen Tendenzen,
Theilnahme, Unternehmungen und Plane auf das Leb-
hafteste vortrugen, als wahrhafte Poeten sich darstellend,
63
indem, wenn der Andere sich mit Enthusiasmus erging,
der Eine sich in's Gähnen verlor, und wenn dieser an
die Reihe kam, der Andere pfiff.
1831 Mai 31.
. war Alma einige Stunden bei mir, betrug sich sehr
artig auf dem Wege einer sittlich-socialen Cultur.
1831 August 27, Ilmenau.
Früh halb 5 Uhr aufgestanden. Mit den Kindern gefrüh-
stückt. Sodann Rentamtmann Mahr. Friedrich ging mit
den Kindern durch die Gebirge auf den Gickelhahn. Ich
fuhr mit Herrn Mahr auch dahin. Die alte Inschrift
ward recognoscirt:
Über allen Gipfeln ist Ruh pp.
Den 7. September 1783. —
Das Gabelbacher Haus besehen. Die Chaussée mit Be-
wunderung bis zum Auerhahn befahren. Um 2 Uhr
waren wir zurück. ...las іп Herzogs altdeutscher Litte-
ratur und v. Knebels Übersetzung des Lucrez, neue Aus-
gabe. Seltsamer Contrast.
1831 September 20.
MittagWölfchen; dessen Geburtstagdiner. Auch Dr. Ecker-
mann. Ich war mit meinen tieferen Naturbetrachtungen
beschaftigt und konnte nur freundlich sein.
1832 Marz 16 (letzte Eintragung).
Den ganzen Tag wegen Unwohlseins im Bette zugebracht.
Aus: »Aus Goethes Tagebüchern«,
herausgegeben von Hans Gerhard Graf.
64
E Wi
CARL LEHMANNS BUCHBINDERARBEITEN /
VON GOETHE
ENN typographisch allgemach die Biicher sich stei-
gern, darf wohl auch der Buchbinder ehrenvoll
als Kiinstler hervortreten. Und wie auf der Kupferplatte
sich der Drucker nennt, wenn er aus der Masse der
Handwerker sich auszuzeichnen den Mut hat, so finden
wir neuerdings den Buchbinder, sich entweder bescheiden
inwendig auf kleiner Etikette, oder zuversichtlicher außen
am unteren Rande des Rückens mit goldenen Buchstaben
anmeldend. Daher zeigt sich denn an dem Saum des
Prachtbandes unsers Faust der Name Simier, relieur du
Roi, in Goldschrift gar zierlich aufgedruckt.
Von obgenanntem, sorgfältig und geschmackvoll arbei-
tenden Landsmann haben wir mehreres zur Hand, was
mit englischen und französischen Einbänden gar wohl
wetteifern könnte, und wir finden den inwendig bei-
gefügten Namen um so schicklicher, als der Arbeiter da-
durch sich selbst das Zeugnis giebt, er habe nicht allein
schon längst Gutes geleistet, sondern auch künftig dürfe
man seiner Firma das beste Zutrauen gönnen.
In Kunst und Alterthum, 1829.
VIER GEDICHTE/ VON MARIANNE VON
WILLEMER
CH um deine feuchten Schwingen,
West, wie sehr ich dich beneide;
Denn du kannst ihm Kunde bringen,
Was ich durch die Trennung leide!
65
Die Bewegung deiner Flügel
Weckt im Busen stilles Sehnen;
Blumen, Augen, Wald und Hiigel
Stehn bei deinem Hauch in Tränen.
Doch dein mildes sanftes Wehen
Kühlt die wunden Augenlider;
Ach für Leid müßt ich vergehen,
Hofft ich nicht, wir sehn uns wieder.
Geh denn hin zu meinem Lieben,
Spreche sanft zu seinem Herzen;
Doch vermeid, ihn zu betrüben,
Und verschweig ihm meine Schmerzen.
Sag ihm nur, doch sags bescheiden,
Seine Liebe sei mein Leben: l
Freudiges Gefühl von beiden
Wird mir seine Nähe geben.
AS bedeutet die Bewegung?
Bringt der Ostwind frohe Kunde?
Seiner Schwingen frische Regung
Kühlt des Herzens tiefe Wunde.
Kosend spielt er mit dem Staube,
Jagt ihn auf in leichten Wölkchen,
Treibt zur sichern Rebenlaube
Der Insekten frohes Völkchen.
Die beiden ersten dieser Gedichte nahm Goethe bekanntlich, mit
geringer Anderung, in den »West-östlichen Diwan« auf. Das dritte
schrieb Marianne 1814 in Goethes Stammbuch; es spielt im Refrain
auf den von Goethe gern gebrauchten Ausdruck »Breit wie lange
an. Das vierte Gedicht endlich, Verse seligster Erinnerung, sandte
Marianne dem Freunde zum 28. August 1824.
66
-ө, ------ rM MÀ mn ымны, ОРЕГАНО У алы» — де
Lindert sanft der Sonne Glühen,
Kühlt auch mir die heißen Wangen,
Küßt die Reben noch im Fliehen,
Die auf Feld und Hügel prangen.
Und mich soll sein leises Flüstern
Von dem Freunde lieblich grüßen;
Eh noch diese Hügel düstern,
Sitz ich still zu seinen Füßen!
Und Du magst nun weiter ziehen!
Diene Frohen und Betrübten |
Dort, wo hohe Mauern glühen,
Finde ich den Vielgeliebten.
Ach, die wahre Herzenskunde,
Liebeshauch, erfrischtes Leben
Wird mir nur aus seinem Munde,
Kann mir nur sein Athem geben,
IN GOETHES STAMMBUCH
Zu den Kleinen zähl ich mich,
»Liebe Kleine« nennst Du mich,
Willst Du immer mich so heißen,
Werd ich stets mich glücklich preisen,
Bleibe gern mein Leben lang
Lang wie breit und breit wie lang.
Als den Größten nennt man Dich,
Als den Besten ehrt man Dich,
Sieht man Dich, muß man Dich lieben.
Wärst Du nur bei uns geblieben!
67
Ohne Dich scheint uns Ше Zeit
Breit wie lang und lang wie breit.
In’s Gedächtnis prägt ich Dich,
In dem Herze trag ich Dich.
Nur möcht ich von Gnadengaben
Dich noch gern im Stammbuch haben,
War's auch nur der kurze Sang:
Lang wie breit und breit wie lang.
Doch in Demut schweige ich,
Des Gedichts erbarme Dich!
Geh, o Herr, nicht ins Gerichte
Mit dem armseligen Wichte!
Find es aus Barmherzigkeit
Breit wie lang und lang wie breit.
ZU HEIDELBERG
Euch grüß ich, weite lichtumflossne Räume,
Dich alten reichbekränzten Fürstenbau.
Euch grüß ich, hohe dicht umlaubte Bäume
Und über euch des Himmels tiefes Blau.
Wohin den Blick das Auge forschend wendet
In diesem blütenreichen Wunderraum,
Wird mir ein leiser Liebesgruß gesendet;
О freud- und leidvoll schöner Lebenstraum!
Auf der Terrasse hochgewölbtem Bogen
War eine Zeit sein Kommen und sein Gehn;
Die Chiffer, von der lieben Hand gezogen,
Ich fand sie nicht, sie ist nicht mehr zu sehn.
68
Silhouette aus Mariannes Jugendzeit.
Doch jenes Baums Blatt, der aus fernem Osten
Dem westöstlichen Garten anvertraut,
Gibt mir geheimer Deutung Sinn zu kosten,
Ein Selam, der die Liebenden erbaut.
Durch jenen Bogen trat der kalte Norden
Bedrohlich unserm friedlichen Geschick;
Die rauhe Nähe kriegerischer Horden
Betrog uns um den flücht'gen Augenblick.
Dem kühlen Brunnen, wo die klare Quelle
Um grünbekränzte Marmorstufen rauscht,
Entquillt nicht leiser, rascher, Well' auf Welle,
Als Blick um Blick und Wort um Wort sich tauscht.
O schließt euch nun, ihr müden Augenlider!
Im Dàmmerlicht der fernen schónen Zeit
Umtónen mich des Freundes hohe Lieder;
Zur Gegenwart wird die Vergangenheit.
Aus Sonnenstrahlen webt ihr Abendlüfte
Ein goldnes Netz um diesen Zauberort.
Berauscht mich, nehmt mich hin, ihr Blumendüftel
Gebannt in euren Kreis, wer móchte fort?
Schlieft euch um mich, ihr unsichtbaren Schranken;
Im Zauberkreis, der magisch mich umgibt,
Versenkt euch willig, Sinne und Gedanken;
Hier war ich glücklich, liebend und geliebt!
70
—— ---- --. —_———— — RR EE .....--
— — —À
HEINRICH VON KLEIST; VON WILHELM
HERZOG
Das schnellste Tier, das euch trägt zur Vollkommenheit,
ist Leiden. Meister Eckehart.
Ein glückliches Leben ist unmöglich: das Höchste, was der
Mensch erlangen kann, ist ein heroischer Lebenslauf. Einen
solchen führt der, welcher in irgendeiner Art und Angelegen-
heit für das allen irgendwie zugute Kommende mit über-
großen Schwierigkeiten kämpft und am Ende siegt, dabei aber
schlecht oder gar nicht belohnt wird. Schopenhauer.
DS Leben Heinrich von Kleists ist die Tragödie des
großen idealistischen Menschen, in dem es gärt und
tobt, und der mit aller Macht bestrebt ist, die Dissonanzen,
die sich aus dem Gegensatz seiner Innenwelt zur Außen-
welt ergeben, zu einer Harmonie zu gestalten, der mit
dem Leben ringt und in diesem Kampf zugrunde geht,
weil seine rücksichtslos-ehrliche Natur mit den Forde-
rungen des Tages keine Kompromisse zu schließen vermag.
Man hat Kleist eine problematische, oft auch eine
patheiogische Natur genannt. Das erstere, weil er so
ganz und gar auf sein Gefühl bestand, im Leben keine
praktischen Ziele verfolgte und sich dem allgemeinen
Getriebe der Menschen -nicht anpassen konnte; patho-
logisch nannte man ihn, weil er Gestalten, wie Penthesilea,
das Käthchen, den Prinzen von Homburg geschaffen
hatte, die vom Normalen allerdings ganz erheblich ab-
weichen. Was vermögen diese gemeinplätzlichen Be-
zeichnungen zur Charakteristik eines Dichters beizutragen?
Denn: ist schon jeder über den Durchschnitt hinaus-
ragende Mensch eine problematische Natur, oft sich und
andern durch die Kompliziertheit seiner Seele ein Rätsel,
um wieviel mehr ein Künstler von der Beschaffenheit
7І
Kleists. Und nun gar: das Pathologische. О iiber diese
Asthetiker! Als ob es die Aufgabe des Dichters wire,
das Normale, das Gewöhnliche, das Durchschnittliche,
das Gesunde darzustellen! Verlangen wir nicht vom
Drama, daß es Individualitäten, Menschen eigener, be-
sonderer Art enthalte? Nur die Kotzebue und ihre
Nachfolger des 19. Jahrhunderts brachten das Triviale,
den Bourgeois mit all seinen kleinen, banalen, ungefähr-
lichen Gewohnheiten auf die Bühne. Und worin besteht
vor allem das Tragische, wenn nicht im Kranken, — im
Unheilbaren? Ist nicht jeder Künstler eben als Künstler
in diesem Sinne pathologisch? Wodurch unterscheidet
er sich vom normalen Menschen, wenn nicht durch
seine ungewöhnlich starke Empfänglichkeit für alle Ein-
drücke, durch seine abnorme Reaktionsfähigkeit, durch
seine aufs höchste gesteigerte sinnliche und seelische
Reizsamkeit?
Ja, man könnte sagen, der Dichter ist um so größer,
je feiner, differenzierter er das Abnorme, das Ungewöhn-
liche, das Übersinnliche darzustellen weiß. Nehmen wir
die größten Beispiele: Shakespeare und Goethe. Ist
Hamlet, ist Lear, ist Tasso nicht eine pathologische Natur?
Sie leiden alle, sie leiden am- Leben, das sie umgibt,
durch die Ungewöhnlichkeit, durch die Einzigkeit ihres
Wesens.
Das leuchtendste Beispiel für das Martyrium des Genies
bildet Kleist. Die außerordentliche Sensibilität seiner Seele
ließ ihn in die Einsamkeit flüchten. Er mochte die Men-
schen nicht, er war eine zu gerade, zu gefühlswahre Natur,
um in der Welt des Scheins, der konventionellen Lüge,
des Sichimmerzurechtfindens zufrieden leben zu können.
Es war ihm nicht möglich, sich den Gewohnheiten der
72
Welt, deren Interessen und Ziele ег verachtete, anzu-
passen; er hatte nicht im geringsten Grade das, was man
Lebensklugheit nennt. Goethe und Schiller haben mehr
praktische Lebensweisheit gehabt, sie kannten die Ge-
pflogenheiten und Neigungen der Gesellschaft und wußten
sich mit ihnen auseinanderzusetzen, sie verstanden mit
den Menschen umzugehen. Kleist hat sie infolge des be-
ständigen Wechsels seiner Gemütsstimmungen schlechter
oder besser gesehen als sie sind.
Er, der preußische Junker, verwirft »den ganzen Bettel
von Adel und Stand«, er verachtet die Dogmen und
Vorurteile der guten Gesellschaft, ihre Beschränktheit in
der Religion, der Kunst, der Politik.
Alles Konventionelle ist ihm verhaßt. Sein Ziel ist
der Mensch Rousseaus. Er, dem jede Erfahrung, jede
Erkenntnis zum Erlebnis wird, dem die Kantische Philo-
sophie nicht wie den meisten »reine Wissenschaft« bleibt,
den sie niederwirft, — er haßt aus tiefster Seele den all-
gemein anerkannten Dualismus zwischen Erkennen und
Leben, Denken und Handeln. — — —
Er will das, was er als wahr erkannt hat, in die Tat,
in das praktische Leben umsetzen und weicht in diesem
Bestreben vor keiner Konsequenz zurück. Das Erreichen
eines bestimmten Lebenszwecks, das Brotstudium, wie
es von seinen Angehörigen natürlich gewünscht wurde,
das Streben nach Wahrheit, weil sie, auf irgendeine
Weise angewendet, — materiellen Nutzen bringen kann,
all das schien ihm verächtlich, mußte einer Natur wie
der seinigen verächtlich erscheinen, weil eben nicht die
Erlangung irgendwelcher Güter sein Ziel war, ihm viel-
mehr als höchster Sinn des Daseins die Vervollkomm-
nung seines Selbst vorschwebte.
73
Und das ist das Zeichen des Künstlers, des großen
lebenempfangenden und lebenschaffenden Menschen, der
keine Zwecke, keine Ziele kennt, als nur das eine, das
in ihm lebt, ihn lockt und treibt in die Niederungen,
in die Abgründe, wie auf die Höhen und Gipfel des
menschlichen Lebens. Und von ihm, von des Lebens
gewaltiger Größe und farbenfroher Mannigfaltigkeit ein
Bild zu geben, wie er es sieht, das ist sein Streben, seine
unruhige Sehnsucht, sein dämonischer Trieb.
Man erkennt bald, daß aus der Disharmonie, in die
der Künstler gerät, durch die Gegensätzlichkeit seiner
Interessen und Meinungen zu denen der Welt, daß aus
der Disproportion des Talents mit dem Leben — wie
es der alte Goethe einmal genannt hat — für den Künstler
die qualvollsten Schmerzen entspringen müssen. Und
wo fand dieser immer schaffende, immer gärende Geist _
Beruhigung seiner Ängste, Linderung seiner Schmerzen? '
Fand er eine Seele, die die stürmischen Wellen seines
Innern glättete, zu der er flüchten konnte in Augen-
blicken der höchsten Qual und Bedrängnis? Schiller
fand seinen Körner; Goethe flüchtete zu Charlotte von
Stein: »und in deinen Engelsarmen ruhte die zerstörte
Brust sich wieder auf«. Kleist, der seines leicht verletz-
baren Organismus wegen einen Menschen am nötigsten
gehabt hätte, blieb einsam. — — —
Ewig ungenügsam, ewig unzufrieden mit sich selbst,
in fürchterlicher Qual, bei überreizter Spannung der
Kräfte, von einer fieberhaften Unruhe verzehrt, immer
nach dem Höchsten strebend — und es doch nie er-
reichend — so jagte er seinem Ideale nach. Und was
war ihm dieses Ideal? Ein Werk zu schaffen, ganz im
Einklang mit seinem Leben, ganz aus sich heraus geboren,
74
- mit allen Eigentümlichkeiten, allen Fasern, allen Flecken,
. mit allen Schwächen, mit allem Häßlichen und mit der
. Schönheit und Reinheit seines Wesens, ganz subjektiv
- und doch ein Gebilde von allgemeiner Gültigkeit, dessen
. psychischer Reichtum, dessen strenge Architektur die
. umfassendste Objektivität wiederspiegeln müßte. »Denn«,
. so ruft ег den Epigonen zu, »die Aufgabe, Himmel und
. Erde, ist ja nicht, ein anderer, sondern Ihr selbst zu
sein, und Euch selbst, Euer Eigenstes und Innerstes,
. durch Umri8 und Farben zur Anschauung zu bringen.«
; Und in unablässigem Ringen mit der Form schuf er
. Werke, die — mit gewaltiger künstlerischer Kraft ge-
. zeugt — sein Eigenstes und Innerstes zur Anschauung
. bringen. Wie sich uns Rousseau in seinen »Confessions«
in hüllenloser Nacktheit zeigt, wie er alle Fehler, alle
. Lügen, alle Laster seines Lebens wahrheitswütig bekennt
: und uns dadurch ein gewaltiges » menschliches Dokument,
. ‚hinterließ, so offenbart sich uns auch Ше im Leben so
, Zurückhaltende, so verschlossene Seele seines Jüngers in
. allen Werken, die er schuf. Jedes Werk ist ein Selbst-
. portrat, eine Beichte seines Schópfers. Und wir erkennen
. durch die Objektivation hindurch die geheimsten, dunkel-
. Sten Pfade seines Ichs, seine ungeheure Sehnsucht nach
. der großen, alles heiligenden Liebe und sein wildes un-
gestümes Streben nach dem Ideal.
. Als Kleist nach langem Zaudern sich einmal dazu ver:
. Stand, Wieland einige Bruchstücke aus dem »Guiscard«
‚ vorzudeklamieren, hat der feine Psychologe und gründ-
. liche Kenner der Weltliteratur das von bewunderungs-
, würdigem Scharfblick zeugende Wort gesprochen: »Von
, diesem Augenblick an war es bei mir entschieden, Kleist
sei dazu geboren, die große Lücke in unserer drama-
75
tischen Literatur auszufüllen, die selbst von Schiller und
Goethe noch nicht ausgefüllt worden jete Die Tiefe
dieses Wortes vermégen wir heute erst — nach 100 Jahren
— wirklich zu erkennen. Goethe war, wie er selbst von
sich sagte, seiner ganzen Natur nach nicht zum Drama-
tiker bestimmt, noch weniger seines konzilianten Wesens
wegen zum Tragiker. Und die Schillersche Kunst ist
der Kleists in jeder Linie so entgegengesetzt, daß man
sie nicht vergleichen, oder gar abschätzen, sondern nur
nebeneinander stellen kann.
Kleist vermeidet mit Absicht alles Rhetorische, er ver-
meidet die sentenzenreichen Monologe, ег bat »die
schöne Linie«. Und wenn gerade die besten Schiller-
schen Dramen auf einer großen idealen Weltanschauung
basieren, wenn sein Pathos den Freiheitsideen, dem freien,
unabhängigen Geist entspringt, und das Gedanklich-
Große ihn zu gestalten reizt, so geht Kleist im äußersten
Gegensatz zu Schiller von der Anschauung aus, nicht
vom Geist, vom sinnlichen Anschauen im Gegensatz
zum intellektuellen. Kleist war nie ein großer Intellekt,
seine Werke enthalten nichts Geistreiches. Sein ganzes
Denken ist auf das Gefühl gestellt. All sein Dichten
ist Naturtrieb, Intuition. Das kaltbewußte Schaffen ist
ihm fremd; er dichtet immer mit Inbrunst, im Affekt,
in Ekstase.
Und eben dem Reichtum seiner Gefühlswelt entsprießen
die seltsamen Blumen seiner Poesie, entspringt der Zauber,
das Träumerische, das Visionäre, das Dämonische, das
Mystische seiner Kunst. Er will nicht nur das Heitere,
Leuchtende, das Tageshelle des Lebens schildern, er will
auch die Nachtseiten der Natur, alles Dunkle, Finstere,
Geheimnisvolle der menschlichen Seele durchleuchten,
76
- ғ.
- n "Jam Ve —— —— e
-— ,,
er will die Übergänge vom Bewußten zum UnbewuBten,
vom Traum zur Wirklichkeit, das Helldunkel, die Dimme-
rungszustände der Psyche festlmlten, wiedergeben.
Seine Menschen sind Fleisch von seinem Fleisch und
Blut von seinem Blut. Seine germanische, männlich-
herbe Art erkennen wir am deutlichsten in seinen Ritter-
gestalten, die uns oft an Dürersche Holzschnitte erinnern,
so kräftig, so bodenständig, so scharf umrissen, — so
deutsch sind sie. Wie sein Leben keine Kompromisse
kennt, so ist auch das Leben seiner Helden frei von
allem Halben, Zaghaften. Es sind große, heißblütige,
triebhafte Naturen, die voller Leidenschaft das Leben
lieben und hassen, die sich ihrem Gefühl ganz und rück-
haltlos hingeben, die mit ungeheurer Konsequenz den
Weg zu Ende gehen, den ihnen ihr Gefühl gewiesen
hat. Sie haben den unbeugsamen Charakter, die rück-
sichtslose Einseitigkeit, die revolutionäre Leidenschaft ihres
Schópfers. In ihrer Heldengröße erinnern sie uns an
Shakespeares gewaltige Heroen, und doch liegt bei Kleist
die Größe seiner Menschen weniger im Typisch-Hero-
ischen, nie im Repräsentativen, immer im Menschlich-
Gewaltigen, im Individuellen. Es sind nicht Helden
schlechthin, Athleten ohne Seele, es sind trotz allem
Heldentum, trotz aller Größe — Menschen, die mensch-
lich lieben und hassen, deren Gefühlsleben durch ihr
Heldentum nicht gestört wird, das es vielmehr befruchtet
und erhöht. Es sind Menschen, die gleich ihrem Schöpfer
nie gelernt haben, ihr Leben nach bestimmten Gesichts-
punkten zu gestalten; ihre triebhafte, rückhaltlos-ehrliche
Natur läßt sie keine Rücksichten, keine Fesseln aner-
kennen, für sie haben die Gebote der Religion, des
Staats, der Elternliebe keine Geltung, sofern diese ihrem
77
Gefühl entgegengesetzt sind. Nur aus ihrem Ich heraus
entsteht ihr notwendiges Handeln. Das Ich ist absolut.
So finden wir in allen seinen Dramen und Erzählungen
— am schärfsten im »Kohlhaas« herausgearbeitet —
diesen Kampf des Gefühls gegen den Verstand, den
Kampf des einfachen, primitiven, idealen Rechtsgefühls
gegen die kalte Auslegung der konventionellen Gesetze,
Und das ist es, was seinen Genius aufs stärkste reizte:
den Kampf, den Konflikt, das Problem des Einzel-
menschen, das Problem der Liebe, der Einsamkeit, der
Macht, das Problem des Staats in seinen mannigfachen
Differenzierungen und Nuancen, in der kompliziertesten
Form in der menschlichen Seele lebendig werden zu
lassen. Er durchdrang seine Menschen mit dem Persöm
lichsten, Innerlichsten seines eigenen Lebens. Er wurde
der Schöpfer des individualistischen Dramas, indem er `
es wagte, das Besondere, das ganz und gar Individuelle, |
ja das Extreme und Perverse zu schildern, das Leben
des Einzelmenschen in all seiner widerspruchsvollen
Kompliziertheit als Urgrund, als Urstoff durch seine
Kunst zu gestalten, die intimsten Seelenvorgänge mit
einem bis dahin unerhörten psychologischen Realismus
zu analysieren. Wir sehen heute: Sein Werk bedeutet
den Anfangspunkt der Entwickelungslinie, die über
Hebbel, den Dichter des »Gyges«, zu Ibsen führt.
Was ihn von allen Dichtern seiner Zeit, besonders
von den Romantikern, aufs schärfste unterscheidet, worin
er selbst den Dichter des »Wilhelm Meister« übertrifft,
das ist seine ungeheure Sachlichkeit, die großartige Un-
sentimentalität, mit der er die grauenvollsten Szenen,
das wildeste Toben entfesselter Leidenschaft schildert.
Und er kümmert sich hierbei nicht im geringsten um
78
-
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irgendwelche Forderungen der Ethik, des Anstands, um
Rücksichten auf das »leicht verletzliche Geschlecht«.
Allen Prinzessinnen der Sittlichkeit und des guten Tons
ruft er gleich Goethe das ästhetische Bekenntnis des
Künstlers, des Sinnenmenschen zu: »Erlaubt ist, was
gefällt«.
Man hat von Shakespeares Kunst gesagt, daß in ihr
der Sinn des Wahren über den des Schönen herrsche.
Kleist mißachtet das Schöne, sofern es nicht mit dem
Wahren zusammenfällt, identisch ist. Und daß die Leiden-
schaften seiner Helden so tief auf uns zu wirken ver-
mögen, daß sie uns mit fortreißen, liegt weniger an der
Glut, an dem Feuer, an dem Pathos ihrer Worte, als
vielmehr an der Gewalt des Wahren, des Gefühlsechten.
Weil jedes Wort ein Gefühl, ein heiß empfundenes Ge-
fühl in sich birgt, weil der Ausdruck, die Färbung des
Wortes dem jeweiligen Empfinden ganz und gar ent-
spricht, ihm äquivalent ist, deshalb sind selbst seine
pathetischen Stellen phrasenlos.
Sein Dialog, der jeder klassischen Kunst Hohn spricht,
ist abrupt, sprunghaft, wild. Nur selten wird er durch
lange, bilderreiche Reden unterbrochen. Sein revolu-
tionäres Temperament, das sich gegen alles Bestehende,
gegen alle Dogmen und Vorurteile der Gesellschaft auf-
lehnt, das die Schranken des Konventionellen in seinem
Leben wie in seiner Kunst niederzureißen sucht, strömt
in wundervoll wilden Worten, in bacchisch rasenden
Versen seine Glut, seine gewaltige Leidenschaft aus. Und
dieses Temperament wird gemeistert durch ein an
Shakespeare und den Griechen gebildetes Stilgefühl, durch
ein außerordentlich entwickeltes ästhetisches Empfinden
für die Form, für die Architektur der Linien. Sein
79
Streben nach einem großen, synthetischen Stil wird unter-
stützt durch die Intuition, durch die Naivität seines
Schaffens. Seine Welt drängt sich uns, wie es Goethe
einmal vom »Zerbrochenen Krug« sagte, »mit gewaltiger
Gegenwart auf«; er sieht seine Menschen mit dem scharf-
äugigen Blick des Plastikers: kein Zug, keine Bewegung,
keine Geste entgeht ihm. Und durch diese oft ver `
blüffende Art der Charakteristik, durch diese sinnfällige
Anschaulichkeit sehen wir alle seine Gestalten leibhaftig
vor uns. Wir sehen die kleinen Hände der Amazonen-
königin, und wir bemerken den spöttischen Zug um den
Mund des Odysseus. — — —
Er malt seine Szenen breit-realistisch, behaglich, anek-
dotenhaft hin wie ein Niederländer und auch mit dem
derben Humor und dem drastischen Naturalismus eines
Jan Steen, und hat zugleich die pointillistische Andeu-
tungskunst eines modernen Impressionisten. In äußerstem ^
Gegensatz zu der Genremalerei des »Zerbrochenen
Kruges« steht der ideale, individuelle, erhabene Stil der
»Penthesilea«. Hier glühen und leuchten die Farben der
leidenschaftlichsten Sinnlichkeit. Und doch gibt er im
Dialog die feinsten Abtönungen, die zartesten Nuancen
des Gefühlslebens seiner Helden in prägnanten Linien
wieder.
Reicher noch als seine malerischen Ausdrucksmittel
sind seine musikalischen. Er hat selbst einmal von sich
gesagt, daß er seit frühester Jugend an alles allgemeine,
was er über die Dichtkunst gedacht, auf Töne bezogen
habe, im Gegensatz zu einem großen Dichter (Goethe)
— mit dem er sich übrigens auf keine Weise zu ver-
gleichen wage —, der alle seine Gedanken über die
Kunst, die er übt, auf Farben bezogen hat. Und er
80
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fügt hinzu: Ich glaube, daß im Generalbaß Ше wichtigsten
Aufschlüsse über die Dichtkunst enthalten sind. Und
in der Tat: seine Werke bestätigen dies allgemein aus-
gesprochene Wort durch die Art seiner Stimmführung,
durch den Reichtum seiner Melodien, vor allem aber
durch die Ausdrucksfähigkeit seiner Sprache. Schopen-
hauer sagt: »Die Unerschöpflichkeit möglicher Melodien
entspricht der Unerschöpflichkeit der Natur an Ver-
schiedenheit der Individuen, Physiognomien und Lebens-
läufen.e Und die Sprache Kleists, die immer dem Ge-
fühl, der Leidenschaft entspringt, nie der Vernunft, dem
begrifflichen Denken, ist sinnlich, ist — Musik. Wer
nur je einige Verse aus der »Penthesilea« oder dem
»Guiscard« gehört hat und für das Sinnliche, das Musika-
lische der Sprache empfänglich ist, der muß die unge-
heure Macht dieses Rhythmus gefühlt haben. Diese
Sprache, die oft so trocken, so kühl, so knapp, so knorrig
und so spröde sein kann, durchzittern Töne der reiz-
vollsten Märchenwelt, sie ist zart und weich und schmieg-
sam wie die knospende Mädchenseele, die sich in ihr
erschließt; diese Sprache, die das Gräßlichste in angst-
vollem Schauder zu schildern vermag, singt und jauchzt
und ist voll dionysischer Lust, wenn es gilt, das Rosen-
fest, das Fest der Liebe, zu feiern. Und in diesem
Rhythmus, dessen heißer Atem uns umweht, der so zart
und schmiegsam, wie spröde und energisch sein kann,
in diesem so wechselreichen Tonfall der Sprache, in
diesem Auf und Ab der Gefühlsskala liegt der ganze
Inhalt seiner Psyche. Der Rhythmus ist die Versinn-
lichung seiner Seele. Und so vermag er denn auch
das Heldenhafte, das gewaltige Ringen mit dem Ideal,
die hehre Sehnsucht nach alles beseligender Liebesfreude
81
in Tönen wicderzugeben, Ше uns oft ап Beethovensche
Rhythmen erinnern. Eine Seele offenbart sich in ihrer
Einzigkeit, ein Mensch wirft Hülle um Hülle von sich,
und Töne klingen an unser Ohr, die das Leid, das Ur-
Leid, das Sehnen der Menschheit, die gewaltige Tragik
des Menschen und zugleich die Überwindung des Leids,
die Lust, die tiefe verlangende Lust nach Freuden und
Leben, die Harmonie, — die Erlösung künden.
Und so entsteht aus dem Geiste der Musik in der
Seele des am Leben qualvoll leidenden Künstlers, des
am tiefsten leidenden Menschen, der die Gegensätze
seines Ichs am schmerzhaftesten empfindet, und der des-
halb danach strebt, diese Gegensätze zu überwinden, so
entsteht in der dionysisch erregten Seele des Künstlers
— die Harmonie, die Geburt der Tragödie. Dieser Prozeß
ist das dramatische Urphänomen.
Auf keinen Künstler paßt Nietzsches klares Wort besser
als auf Kleist: »Im Grunde ist das ästhetische Phänomen
einfach, man habe nur die Fähigkeit, fortwährend ein
lebendiges Spiel zu sehen und immerfort von Geister-
scharen umringt zu leben, so ist man Dichter; man fühle
nur den Trieb, sich selbst zu verwandeln und aus andern
Leibern und Seelen herauszureden, so istman Dramatiker.«
Jede Linie, die Nietzsche mit diesen Worten zum Bilde
des idealen Dichters zeichnet, finden wir im Wesen
Kleists wieder. Es ist die ewige Metamorphose, die un-
begrenzte Verwandlungsmöglichkeit seiner Psyche, durch
die er seinen Gestalten so viel Leben, so viel Selbständig-
keit mitzuteilen vermag.
»Ich dichte nur, weil ich es nicht lassen kann«, so
einfach, so primitiv hat er einmal die Notwendigkeit
seines Schaffens ausgedrückt. Ja, er fühlt die Tortur
82
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des Schaffenmiissens; und das ist die Wollust, die Be-
gierde des dionysischen Künstlers, es ist »das fort-
währende Schaffen eines Unbefriedigten, eines Uber-
reichen, Unendlich-Gespannten und -Gedrängten, eines
Gottes, der die Qual des Seins nur durch beständiges
Verwandeln und Wechseln überwindet«, es ist der Zeu-
gungsdrang des Genies.
Aber wenn es ihm gelang, sein Innerstes, seine Leiden
und Qualen wie seine tiefe Sehnsucht nach Leben, nach
Liebe, nach Ruhm durch seine tiefgründige Psychologie,
durch seine gewaltige Sprachkunst, durch seine plastische
Phantasie zur lebendigsten Anschauung zu bringen, so
vermochte er nicht, sich im Leben selbst im Gleich-
gewicht zu halten. Er zerschellte an der Gestaltung
seines Lebens.
Die Welt, die Zeit, in der er lebte, war seinem Ich,
seinem ganzen Denken und Fühlen in allem so entgegen-
gesetzt, daß er bei der Sensibilität seiner Natur sich mit
Notwendigkeit immer unglücklich fühlen mußte. — — —
Aus der Einleitung zur neuen Kleist - Ausgabe.
AUS DEM BRIEFWECHSEL ZWISCHEN
CLEMENSBRENTANO UND SOPHIE MEREAU
S ist Heinz Amelung gelungen, eines der wichtigsten
Dokumente zur Kenntnis der deutschen Romantik,
den Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie
Mereau, aus den Fesseln strenger Sekretierung zu be-
freien. Die Besitzerin der Handschriften, die Königliche
Bibliothek zu Berlin, hat ihm die Genehmigung zur
Publikation erteilt. Ein köstlicher Schatz ist damit ge-
hoben worden.
83
Man hat oft den lebhaften Wunsch geäußert, es möchte
der ganze Briefwechsel endlich veröffentlicht werden,
nachdem bisher nur einzelne, meist aus dem Zusammen-
hang gerissene Sätze daraus mitgeteilt worden waren,
denn schon das wenige, das dadurch bekannt wurde,
ließ die Fülle von Schönheit ahnen, die noch verborgen
lag. Jetzt ist er nun in glänzender Klarheit ans Licht
getreten und hat alle Erwartungen in überreichem Mabe
erfüllt. Einige Proben aus dem Briefwechsel teilen wir
auf den folgenden Blättern mit.
Jena, November 1799.
An Clemens.
Es ist ein sonderbares Gefühl, sich auf dem Papier
jemand nähern zu wollen, und ich habe Ihre Entfernung
nie mehr gefühlt als jezt da ich Ihnen schreiben will.
Ich haße alle Briefe an vertraute Wesen, ob ich sie
gleich um keinen Preis mißen möchte. — Ein Brief ist’
mir immer wie ein Roman, — und ich mag lieber zu
wenig als zu viel sagen. Das Papier ist ein so unge-
treuer Bote, daß es den Blick, den Ton vergißt, und oft
sogar einen falschen Sinn überbringt, — und doch ist
selbst der Kampf mit Irrungen beßer als die fürchter-
liche Oede, die kein Ton durchhallt.
Ich habe jezt Wochenlang einer freien, poetischen
Stimmung genoßen; mancher Reim ist aus meiner Feder |
gefloßen, und manchen glücklichen Nachmittag habe ich
in meiner Einsamkeit verlebt, bis bei dem kalten Hauch
der Nothwendigkeit alle die süßen Blumen meines Herzens |
erstarrt sind. — Ich kämpfe im Leben einen sonderbaren
Kampf. Eine unwiederstehliche Neigung drängt mich,
mich ganz der Phantasie hinzugeben, das gestaltlose |
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Dasein mit der Dichtung Farben zu umspielen und unbe-
kümmert um das Nöthige nur dem Schönen zu leben.
Aber ach! Der Nachen meines Schicksals schwimmt auf
keiner spiegelhellen Fläche, wo ich, unbekümmert, mit
Mondschein und Sternen spielend, das Ruder hinlegen
könnte, indeß ein schmeichelndes Lüftchen den Nachen
leicht durch die kriuselnden Wellen treibt — durch `
Klippen und Wirbel, von Stürmen erschüttert schift er
umher, und ich muß das Ruder ergreifen oder untergehn.
Habe ich es Ihnen nicht gesagt als Sie noch bei mir
waren, daß ich Ihnen nur wenig schreiben dürfte, wenn
—
ich nicht klagen oder schwärmen wollte? — beides will `
ich nicht, und ich muß mich daher hüten, die Saite zu
berühren, wo alles in mir Klang, Stimme, schmerzhafter
Gesang wird — und doch ertönnt sie so leicht! —
Der Freund ist kranck. Ach! wie unglücklich ist ег!
— ein ganzes Leben ohne Liebe, und eine öde, ver-
engte Brust! und alles fremd um ihn, nur Pflicht und
Menschlichkeit, wenn er es fühlen kann — und er fühlt
es — was muß er leiden! —
Ihre Briefe sind mir sehr lieb — am liebsten der lezte.
Der Erste enthält einiges, was mir in einer andern Stim-
mung hätte weh thun können; so zwang es mir ein
Lächeln ab. Der zweite spricht freundlich wahr und
ruhig zu mir, er ist herzlich, wo jener nur witzig ist.
— Ihre Schwester ist mir durch Ihre Briefe näher und
lieber geworden. Wie freue ich mich, daß Sie beide
sich finden! was können Sie sich sein bei Ihrer großen
Verschiedenheit!
Ein schöner Morgen! mir ist ganz heiter zu Muth.
Ueberall leichtes Gewölck, das mit dem Licht-Glanz
kämpft. — Und er siegt! — möchte mein Leben sein
86
. wie dies Bild! romantisches Gewölck das in voller Klar-
heit ао Шері! —
Sei stolz und bescheiden.
Lebe der Liebe und liebe das Leben.
l Sophie Mereau.
Weimar, den 27. Mai 1803.
An Sophie.
Am Sophientag.
Süßer Mai, du Quell des Lebens
Bist so süßer Blumen voll
Liebe sucht auch nicht vergebens
Wem sie Kränze widmen soll.
Süßer Mai, mit Blumen Glocken
Läutest du das Fest mir ein
Ich bekränze ihre Locken,
Will ein frommer Gast auch sein.
Süßer Mai, zum Liebesmahle
Trägst du Blumen Kelche ein
Blüthen Säulen stehn im Saale
Drüber wölbt sich Sonnenschein.
Süßer Mai, in deinen Kelchen
Küßen fromme Biene sich
Aber unter allen welchen
Hast du eingefüllt für mich!
Süßer Mail du bringest nieder
Blume, Blüthe, Sonnenschein,
Daß ich wiße, wem die Lieder,
Wem das Herz, das Leben weihn.
Clemens.
87
Marburg den 8ten 7 ге 1803
an meinem 25 jahrigten Geburtstag.
An Sophie.
Es ist heute wieder so ein Tag fiir Dich, Du lieb Herz,
hier im Thal gewesen, er hat Dich überall gesucht, auch
bei mir hat er Dich gesucht, und ich habe es ihm be-
trübt gesagt, daß Du nicht hier seist »du mußt es ja
wohl wißen, hat er mir erwiedert, du liebst sie wohl
sehr, und hast oft mit mir von ihr geredet.« Ja, mein
lieber Tag, und du hättest wohl gleich heute frühe bei
mir erfahren können, daß sie nicht da ist, und so wäre
deine Mühe gespahrt gewesen. »Ich war wohl heute
frühe da, aber du schliefst noch, und sprachst im Traume,
als wenn sie da sei, und redetest so freundlich mit ihr,
daß ich wohl dachte, der dritte wäre hier zu viel, und
besonders ich, der oft den Verliebten ihre Seeligkeit zer-
reißt, aber ich eilte dafür durch Wald und Feld, und
weckte alle Pflanzen und Bäume mit ihrem süßen Nahmen,
und flüsterte allen Blumen ins Ohr, daß sie da sei, und
so war es, daß alles heute so freundlich war auf Erden
und am Himmel ach mein lieber ich habe mir viel Mühe
gegeben, und es ist recht schade, daß sie nicht da war,
und du bist so traurig liebender, waß fehlt dir, kann ich
dich trósten.« Es schmerzt mich, wenn ich sehe die
rothen glühenden Himmelswolken über den schwarzen
Wäldern hinschweben, es schmerzt mich, wenn ich sehe,
wie du mich verläßt, und dies Thal, ach du hast es so
gut gemeint, hast alle die Farben, alle die Freude ge-
bracht für Sie, und Sie war nicht da. Ist es nicht als
komme der Frühling zur Erde und schmücke sie, und
finde den Menschen nicht mehr, und schmücke sein
Grab nur, ist es nicht, als wäre ich zu ihrer Wohnung
88
gegangen, mit Hofnung und Liebe im Herzen, und hätte
sie nicht gefunden, ach, so ist dir gewiß, es ist dir wie
mir ist, so lebe dann wohl, und nehme mit dir die
Wünsche, die Sehnsucht, die Liebe nach ihr, und lege
sie ihr alle ans Herz, und suche sie an andern Orten,
wo sie wohnt, und sage ihr, daß ich sie innig, ruhig,
ewig liebe. Ich aber will mich der Nacht ergeben, wenn
sich die Erde einhüllt, und alles zurückkehrt in sich
selbst, da will auch ich sie suchen in mir, wo sie glänzt
und leuchtet wie der Mond und die Sterne. O ihr Träume
seid mir günstig, und laßet euer fantastisches Spiel, lernet
die Kunst und die Liebe, webt mir ein einfaches Bild
und freut euch meiner Geliebten, schwehres ist nichts
in ihr, ihr braucht kein tiefes Ergründen, ihr braucht
nicht zu sinnen, zu rechnen, um sie zu bilden, ich will
euch sagen, wie ihr euch vorbereiten mögt mich glük-
lich, und zum Träumer zu machen, jezt, ehe die Blumen
die Thüren verschließen, eilet noch hin in die Glocke,
den Kelch, den Stern, und die Krone, trinket wo es
euch schmeckt, und stoßt die einschlummernden Gäste
den Käfer und Schmetterling leise an, und spinnt mit
. diesen halbtrunknen zarten Gesellen schöne Gespräche
an, die Alten besonders, denn sie sind gesprächig, und
erzählen treue Geschichten, mit den jungen mögt ihr
lachen, und Lieder singen, dann wenn das Herz euch
pocht freudig und ehrlich, dann steht schon am Himmel
der Mond und die Sterne, und es schließt schon die
Blume das Fenster, eilt dann fröhlich und entzückt durch
die Blätter der ernsten Eichen und muntern Birken, und
dencket ernst und betend an Mond und Sterne, träumt
was von Universum, oder grüst ihn wie die Fakel eines
Liebenden, oder die Lampen einer Hochzeitserleuchtung,
89
dann dringt eilend zu mir durch die Luft, daß euch die
Locken rückwärts fliehen, und der Leib anschmiegt um
die Seele, die durchblickt, so kommt zu meinen Lager,
und seht mich weinend und sinnend, und wie das Herz
pocht, und die Lippe bebt, spielen Gedanken in meinen
Locken, schon sinket die Wimper mir, um die Stirne
schlingt euch an, fest verschlingt die Hände, und dreht
euch bald leise bald rascher um sie, denn sie ist ihr
Tempel, und in mir wird sie dann helle, und ich sehe
sie, wie sie ist, ohne Unglück, ohne Zeit, ohne That,
wie sie ist in sich, in mir, in der Liebe, und nicht in
der Welt. Gut Nacht, ich sehe nicht mehr, gut Nacht
liebe Sophie, ich will träumen von Dir. —
9. September.
Nun ist es wieder Morgen und wieder so schön als
gestern, rings um mich die Gärten, sie glänzen alle,
der schöne Garten an meiner Wohnung den Berg hinan,
alles ist lokend und einladend und ich kann doch
nicht von der Stelle, ich bin so glüklich in der Natur,
wenn ich bei Dir bin, und ohne Dich ist mir Alles tod,
bedencke nun, wie ich die lange Zeit, die ich ohne Dich
lebte traurig war, die kleine Zeit mit Arnim abgerechnet,
und auch damals warst Du es immer, denn bei jedem
Schritt am Rhein, der eine neue Gegend zeigte, sagte
ich, wenn die Mereau hier mit mir Allein gieng, so
würde sie vielleicht gütiger gegen mich sein, auf allen
Schlößern wünschte ich mit Dir zu wohnen, ja im Um-
riß der Berge suchte ich Dein Bild. O liebe Sophie,
ich habe Dich immer geliebt, immer gesucht, ich bin
Dir nie ungetreu gewesen, und wo ich einem andern
Wesen folgte, so waren es ja nur einzelne Züge von Dir,
90
ee go -n лана ә. ii EEN
die ich wieder zu finden glaubte, aber ich bin ja nirgends
wieder gliklich gewesen, spriche ich hier nicht die
Wahrheit — wie könnte mir dann meine Liebe zu Dir
so ernsthaft, und wie ein Schicksal geworden sein, wire
Alles dieses nicht wahr, wie hätten wir uns dann jezt
so wunderbar, und unauflöslich vereinigen können. Ach
ich will ja Alles um Dich verlaßen, faße Dich nur zusam-
men, und liebe mich ohne Zerstreuung, wende Deine
Augen nie von mir ab, und gewähre mir ein roman-
tischeres Dasein. Wunderbar ist es, daß ich nun doch alle
Beweiße Deiner Liebe habe, daß ich sogar versichert sein
soll, Du werdest bald bei mir sein, und doch, wenn ich
Dich den ganzen Tag nicht sehe, Dich nicht berühre,
so werde ich traurig, und glaubemanchmahlganzeStunden,
es wäre nicht wahr, ich liebe ein Traumbild, Du seist gar
nicht auf der Welt, und für mich werde Gott Dich nicht
erschaffen. Deinen Brief von Dresden habe ich nur ein-
mahl gelesen, und ich darf ihn nicht wieder lesen, er
würde mich traurig machen, es ist mir eigentlich so
etwas unerhörtes, geliebt zu werden, daß ich immer er-
schrecke, es schriftlich in Händen zu haben, und wenn
ich es lese, so werde ich leicht grausam und fordre Liebe,
wie auf einen Schein. So aber ist mir Alles wie ein
Traum, wie eine Geschichte, die ich irgendwo gelesen
habe, und an die ich immer denken muß. Du kannst
nicht glauben, wie melancholisch mir zu Muthe ist,
Nichts betrübt mich, Nichts erfreut mich, ich finde mich
in der drükendsten Einsamkeit, wenn ich gleich mancherlei
gute und auch einige vortrefliche Leute sehe, aber ich
sehne mich die Welt zu verlaßen, und das must Du
mir hervor bringen, ich sehne mich mit einem Liebe-
vollen romantischen Weib, einen poetischen Bund zu
91
schlieBen, und mitten іп dem wirklichen prosaischen
Leben, eine freie poetische fantastische Lebensart anzu-
fangen, ganz in der Stille, so daß die Neugierde uns
nicht stört, möchte ich mich von allen Verhältnißen,
allen Gewohnheiten trennen, möchte ich in der Stille
zu zweit seelig, glücklich, das heist verrückt werden.
Unser Leben wäre dann, wie in den wunderbaren Pflanzen-
wäldern unter dem Waßer, die sich oben bescheiden in
einer grünen Rinde über der Fläche enden. Oft denke
ich mit großer Betrübniß daran, ja ich möchte sagen es
ist, waß mich so niederdrückt, so muthlos macht, daß
ich nichts erfinden, nichts ausführen mag, kein andres
Gefühl, als die Empfindung in einer leeren, langweiligen
Zeit, sich selbst parforce in Gedichte auflößen zu müßen,
um den Undankbaren Laien ihre Feiertage zu decoriren,
die es einem nicht einmahl Danck wißen, und darum
sehne ich mich so sehr nach Dir, um mit Dir den
Glauben an alles gewöhnliche prosaische Abzuschwören,
und ohne Rüksicht auf Kritick, auf Forderung der Zeit
zu dichten, waß mir einfällt, Du wirst dann so gütig
sein, mir das Zeug unter Deinem Nahmen drucken zu
laßen, denn sobald ich glücklich bin durch Dich, so
habe ich keine Begierde mehr, einen Nahmen zu haben,
und waß Dein ist, soll mein sein. Ich, das heist Ich,
wie ich eine Person in der Welt bin, befinde mich sehr
übel, man begehrt allerlei von mir, man sagt mir, um
sich selbst durch Reden die Zeit zu vertreiben, ich sei
geistvoll, wizzig, ich hätte Talent, ich sollte doch schreiben,
und man denckt gar nicht dran, daß ich dadurch in
die größte Angst gerathe, ich weiß gar nicht mehr, waß
ich thun soll, seitdem mich die Leute so in Eid und
Pflicht der Talente genommen, ach Sophie glaube Du
92
allein um Gotteswillen so Etwas nicht, glaube nur, daß
ich ein einziges Talent in mir fühle, das, Dich unend-
lich zu lieben, alles um Dich zu verlaßen, ganz nur an
Dich zu glauben, und in Dir das Leben wieder zu finden.
Es kömmt mir so traurig vor, daß ich um zu dichten,
mit meinen Gedanken immer wie ein Bettler durch
poetische Lande der Fantasie wandern soll, ewig alles
schöner finden muß, waß ich doch nie finde, ewig suchen
und dann eingebildete Helden finden laßen soll, waß ich
vermiße, ich wünsche oft ein Tischler zu sein, ein
Schuster, der sieht doch seinen Stoff grünen, und leben,
aber so soll ich immer nach Wolken haschen, und wenn
ich dann den Leuten eine vorzeige, behaubten sie, es
sei doch nicht wahr. Nun glaube ich aber kann man
sehr leicht in der Liebe, da Alles doch nur aus zweien
besteht, die Eins sind, ein Leben hervorbringen, in
welchem nur Poesie das Element ist, oder vielmehr in
dem das Element Poetisch ist, und das ist es eigentlich,
was ich mit Dir vorhabe, wozu Du alle mögliche An-
lage hast, und waß Dir dann schon ganz wird gelungen
sein, wenn Du mich allein liebst, und auf alle Seiten
Deines Lebens nichts als die Natur und mich einwirken
läßt. Ein solches Leben erfordert einen heiligen Glauben
an irgend etwas Ewiges, was eben darum nur eine poe-
tische oder religieuse Realität haben darf, denn alles Histo-
rische ist vergänglich, und nur Materie, es muß Etwas
sich in uns entzünden, das dem Aufgeklärten Pöpel
Wahnsinn, oder Fanatismus scheint, wir müßen dem
Frommen den Eindruck eines religieusen Geheimnißes
geben, dem Einfältigen wie ein Wohnhauß der Gespen-
ster, dem irrenden Ritter ein verzaubertes Schloß er-
scheinen, jeder tiefsinnige muß uns mit Ehrfurcht be-
93
trachten, und alle Kinder, alle Engel müßen uns lieben,
fest in einander verschlungen bilden wir den Kern unsrer
ganzen Weltanschauung, und werden nur deswegen von
der uns umgebenden Welt nicht entwurzelt, weil sie
glaubt wir seien ein schöner seltner Fruchtbaum ihres
Gartens, in dem wir uns im innern, in dem Geheimniß
unsrer Liebe, so durchdringen, daß unsre Oberfläche,
Blätter, Blüthe und Frucht die Menschen entzücken.
Denn es giebt eine Ansicht, welche die Seeligkeit des
Lebens, und seinen Gipfel im Innern findet, und nach
We alle äußerliche Erscheinung nur der Überfluß
der sich gegenseitig umtauscht, das aber, waß der
See Mensch selbst besizt und seiner Geliebten mit-
theilt, sind die Früchte seiner innern unsichtbaren Welt,
ist sein Heiligstes und der eigentliche Quell seines Lebens.
Nicht alle Menschen haben einen solchen innern Schazz,
denn ihn haben, heist ihn kennen, ihn ehren, ihn bilden
und mehren. Wenn ich an die Verzweiflenden Minuten
unsres Umgangs denke, so finde ich jezt, daß sie gegen-
seitig daraus entstanden, daß ich bei Dir diesen innern
Reichthum vermißte, und häufig fühlte, wie Du Vieles
Unsichtbare, daß ich Dir mit Liebe hingab, und also
sichtbar macht, nicht sahst, oder nicht hoch genug hieltest,
und daß Du von Deiner Seite meinen fürchterlichen
Unmuth über Deine Unkenntniß für ein böses feindliches
Prinzip in mir hieltest. Aber dieser Schazz war dennoch
allerdings in Dir, denn seine äußerlichen Erscheinungen
die milde Schönheit, Anmuth, Sanftheit, Güte sind so
himmlisch über Dich verbreitet, nur warst Du niein Dich
selbst eigentlich zurückgekehrt, Du hattest Dich der Welt
ergeben, und hieltest von Deinem inneren Reichthum
nichts wißend, Deine äußerlichen Zierrathen wie Karten
94
ES n, A, пл ——Á — o i od =
und Wiirfel in der Hand, und spieltest mit der Welt, der
Du doch nie etwas abgewinnen konntest, Du warst ein
artiges Weib, aber kein vortrefliches Weib, und mustest es
doch eigenlich sein. Daß ich Recht habe, kann Dir leicht
daraus begreiflich werden, daß Dir auf Erden noch Nichts
gelungen ist, keine Liebe, keine Freundschaft, keine Mütter-
lichkeit, keine Kunst, keine Andacht. Alles dieses ist
Dir kein Vorwurf, wer wollte Dir Dein Unglück vor-
werfen, jezt in dem Augenblick, da Du anfangen willst,
glüklich zu sein, o liebe Sophie halte Wort, verlaße Dich,
mich nicht wieder, richte mich nicht zu Grund, halte
Dein Versprechen, liebe mich denn ich fühle für uns
beide nur Rettung in Einander. Ich fühle deutlich in
mir, wie ich Vielen Dingen und Menschen, vielen Hof-
nungen und Wünschen gänzlich abgestorben bin, seit
ich von Dir geliebt werde, ich fühle die innigste Be-
gierde, mein ganzes Leben in einen Punckt zu treiben,
mich nicht mehr auszubreiten, und wie ein Eremit Dich
in wunderbare romantische Wildniß hin zu ziehen. Ich
bin ein Christ geworden, und will nur einem Gott dienen,
Dich nur will ich lieben, beten, dichten, Dich nur will
ich verlangen, umfangen, erlangen. О Du lieber guter
Sophus ließ diese Worte nicht ohne einige Rührung,
nicht ohne einige Begierde der Erwiederung, nicht ohne
stillen Dank, ohne Freude über mich, der sich nur in
Liebe opfern kann und weiter nichts. Ich bin sehr be-
trübt, daß ich keine Briefe mehr von Dir erhalten habe,
wenn Du wüstest, wie ich unendlich einsam hier sizze,
so gar keine Ruhe, keinen Trost ohne Dich habe, Du
wendetest manche Stunde, die Du mit gleichgültigen
Menschen, mit Menschen, die, liebten sie Dich auch,
Dich doch nie so lieben könnten, wie ich, verplauderst,
95
dazu an, mich mit freundlichen Worten zu erquicken,
ach die Zeit ist ja so ewig lang biß zum Wiedersehen,
wieder küßen, wieder leben! Betine hat mir nur ein-
mahl und wenig geschrieben, seit ich hier bin, auch
das macht mich betrübt, о liebe Sophie, sei treu, sei
ein Engel, und gieb mir alles Gliick, das ich nicht habe,
ich weiß es ja, wenn ich die manigfaltigkeit der Freude,
Ruhe und Lust, die Du schon über mich in unter `
brochnem Fortgang егробеп hast, zusammenstelle, so
kann ich ja wohl wißen, daß Du den ganzen Himmel
unter dem Herzen trágst. Liebes seeliges Weib, gedenke
meiner, verlaße mich nicht. Morgen schicke ich Dir
diesen Brief, morgen erhalte ich vielleicht einen Brief
von Dir, o wenn Du mich recht liebtest, so mustest Du
ja gleichsam mit mir Deine Briefe erwarten, sieh, wenn
ich Dir schreibe, so sehe ich, wie Du jede Zeile mit
Deinen lieben Augen liest, ja ich sehe gar nicht, waß
‚ich schreibe, ich sehe nur Deine Augen. Ich mögte
auch gar nicht aufhóren Dir zu schreiben, aber es wird
mir manchmahl so ängstlich, wie bei Dir, wenn ich immer
redete und fragte, und Dich immer ansah, Du aber sahst
in einen Winkel und gabst mir keine Antwort. Ach
liebe Sophie, hast Du meinen lezten Brief dann recht
verstanden, wirst Du dann mein Weib sein, das heist
vor der Welt? Es ist ja nur der Nachrede wegen, es
ist die ganze Welt voll Pópel, und man mag sich drüber
hinaussezzen, wie man will, man ist doch beschimpft,
wenn man geschimpft ist; ich versichere Dich, ich will
nur deswegen Dich heuraten um recht unehlich mit Dir
leben zu kónnen, um recht ordentlich unordentlich zu
sein, wenn Du wüstest, wie mein jeziges Dasein so vag,
unbestimmt, verlohren, ist, wenn Du wüstest, wie ich
96
іп jeder Minute mich den verzweifelsten Gedanken Preis
geben kann, weil ich nichts Heiliges, nichts menschliches
habe, waß mich hält, Du würdest selbst die Forderung
der Ehe an mich machen, es ist wahrhaftig mein inniger
wohlbedachter Ernst, ich beschwöhre Dich bei Allem, be-
festige mich in Deinen Armen öffentlich, und glaube
nicht, daß ich nach der Ehe verlange, um die Ehe zu
brechen, nein ich verlange nach Ruhe, nach Sicherheit,
und öffentlicher Achtung, um in solcher Ungestörtheit
meine Freiheit, meine Pläne zu einem schönen unge-
bundnen reichen, poetischen Leben außer den Augen
der Welt wie Misterien zu beginnen. Wie einsam, wie
traurig bring ich jezt die Abende zu, sonst lag ich um
diese Stunde in Deinen Armen, jezt sizze ich hier und
schreibe, es ist zehn Uhr, da war es in Weimar noch
gar früh, und oft war es gar früh, wenn Du mich bis
zur Thüre begleitetest. — — —
SONE DE BALZAC/ VON HUGO VON
HOFMANNSTHAL
AN kennt diesen großen Autor nicht, wenn man
von ihm nur dies oder jenes kennt. Es gibt nicht
den einzelnen Band, der die Essenz seines dichterischen
Daseins enthielte, wie »Faust« oder die »Gedichte« die
Essenz von Goethes Dasein in sich fassen. Balzac- will
im breiten gelesen sein, und es bedarf keiner Kunst,
ihn zu lesen. Es ist die selbstverständlichste Lektüre
für Weltleute, das Wort in seinem weitesten Sinn ge-
nommen, vom Advokatenschreiber oder Kaufmannslehr-
ling bis hinauf zum großen Herrn. Eher bedürfte es
97
fiir Weltleute (ich rede von Mannern aller Stinde, von
Politikern, Soldaten, von Geschäftsreisenden, von vor-
nehmen und einfachen Frauen, von Geistlichen, von allen
Menschen, die keine Literaten und keine Schöngeister
sind, und von allen denen, die nicht aus Bildungsbedürfnis,
sondern zur Belustigung ihrer Einbildungskraft lesen) von
Fall zu Fall einer kleinen Anspannung, eines gewissen
Übergangs, um Goethe zu lesen. Es ist mehr als wahr-
scheinlich, daß sich ihnen Goethe in den beschwerten und
den verworrenen Momenten ihrer Existenz versagt; Balzac
wird sich immer mit ihnen einlassen. Nicht im litera-
rischen Sinn meine ich dies: denn bei Goethe wird der
erste Vers, den sie aufschlagen, immer etwas Wunder-
volles sein, ein Geisterklang, ein Zauberspruch, und bei
Balzac werden sie leicht auf drei oder vier langweilige,
ermüdende Seiten stoßen, nicht bloß im Anfang einer
Geschichte, sondern möglicherweise wo immer sie auf-
schlagen. Aber schon indem sie diese gleichgültigen und
eher mühsamen Seiten mechanisch durchfliegen, wird
etwas auf sie zu wirken beginnen, dem sich der wirk-
liche Leser, der lebendige menschliche Leser, niemals
entzieht: eine große, namenlos substantielle Phantasie,
die größte, substantiellste schöpferische Phantasie, die seit
Shakespeare da war. Wo immer sie aufschlagen, bei einer
Abschweifung über Wechselrecht und die Praktiken der
Wucherer, bei einem Exkurs über legitimistische oder
liberale Gesellschaft, bei der Schilderung eines Küchen-
interieurs, einer ehelichen Szene, eines Gesichtes oder
einer Spelunke werden sie Welt fühlen, Substanz, die
gleiche Substanz, aus der das Um und Auf ihres Lebens
gebildet ist. Sie werden unmittelbar aus ihrem Leben
in diese Bücher hinüberkönnen, ganz unvermittelt, aus
98
ihren Sorgen und Widerwärtigkeiten heraus, ihren Lieb-
lingsgeschichten und Geldaffiren, ihren trivialen Ange-
legenheiten und Ambitionen. Ich bin dem Finanzier
begegnet, der übergangslos nach seinen Sitzungen und
Konferenzen zu seinem Balzac griff, in welchem er die
letzten Notierungen der Börse als Lesezeichen liegen
hatte, und der Weltdame, die in »les illusions perdues«
oder »la vieille fille« die einzig mögliche Lektüre fand,
um zu sich selbst zurückzufinden, abends, nachdem
man unter Menschen war oder Menschen bei sich ge-
sehen hat, die einzige Lektüre, die stark und rein genug
ist, um die Phantasie von dem jähen und so zerrütten-
den Fieber der Eitelkeit zu heilen, und alles Gesell-
schaftliche auf sein Menschliches zu reduzieren. Diese
Funktion, mitten in das Leben des Menschen hineinzu-
greifen, das Gleiche mit dem Gleichen zu heilen, die
Wirklichkeit mit einer erhöhten dämonischen Wirk-
lichkeit zu besiegen — ich frage mich, welcher unter
den großen Autoren, mit denen unser geistiges Leben
rechnet, hierin mit Balzac rivalisieren könnte — es wäre
denn Shakespeare. Aber Shakespeare so zu lesen, wie
andere Generationen die Alten gelesen haben, ich meine,
ihn so zu lesen, daß man das Ganze des Lebens aus ihm
herausliest, ihn vom Standpunkt des Lebens zu lesen und
die wahrsten Bedürfnisse seiner Wißbegierde an ihm zu
befriedigen, ist nicht jedermanns Sache. Es ist nicht jeder-
manns Sache, seine Einbildungskraft so anzuspannen, daß
sie die Distanz von drei Jahrhunderten überfliegt, alle Ver-
hüllungen einer prachtvollen, aber wildfremden Epoche
durchdringt und dahinter nur das ewig wahre Aufund Ab
des menschlichen Tuns und Leidens wahrnimmt. Es ist
nicht jedermanns Sache, ohne die Hilfe des Schauspielers,
99
ohne eine ganz bestimmte Begabung der nachschaffenden
Einbildungskraft, die genialste Verkürzung und Zusammen-
drängung, die jemals realisiert wurde, wieder in eine
solche Breite des Weltbildes auszulösen, daß er in ihr
sich selber und die vielfach verschlungenen Fäden des
Daseins wiederfindet, deren Durchkreuzung seine Wirk-
lichkeit bedeutet. |
Goethe ist in gewissem Sinne leichter zu lesen, und
wer liest ihn nicht? Obwohl er eine seiner tiefen und
subtilen Einsichten aussprach, als er sagte, seine Schriften
seien nicht geschaffen, populär zu werden, und ihr wahrer
Gehalt werde immer nur einzelnen aufgehen, die ähn-
liches in sich durchgemacht hätten, so scheinen dieser
Einzelnen heute so viele zu sein, daß die Wahrheit seines
Wortes beinahe wieder aufgehoben ist. Aber wer sich
eines seiner Werke aufs neue aneignen, wer »Hermann
und Dorothea«, den »Wilhelm Meister«, die »Wahl-
verwandtschaften« "genießen will, muß sich mit schon
gereinigten Sinnen dem Buche nähern. Er muß viel von
sich, von der Atmosphäre seines Lebens draußen lassen.
Er muß die Großstadt vergessen. Er muß zehntausend
Fäden seines augenblicklichen Fühlens, Denkens und
Wollens durchschneiden. Er muß sich auf seinen »ver-
klärten Leib« besinnen, ich meine: auf sein Ewiges, sein
Rein-Menschliches, sein Unbedingtes. Er muß der ewigen
Sterne gedenken und sich durch sie heiligen. Dann
freilich ist es beinahe gleichgültig, welches von Goethes
Werken er aufschlägt: überall umfängt ihn die gleiche
gesteigerte und verklärte Wirklichkeit. Ihn umgibt in
Wahrheit eine Welt, ein Geist, der eine Welt ist. Die
Deutungen und die Gestalten, eine Idee oder die Be-
schreibung einer Naturerscheinung, ein Vers oder Mignon
100
oder Ottilie, alles ist die gleiche göttliche, strahlende
Materie. Hinter jeder Zeile fühlt er den Bezug auf ein
Ganzes, auf eine erhabene Ordnung. Die ungeheure
Ruhe eines ungeheuren Reichtums legt sich beinahe be-
drückend auf seine Seele, um diese Seele dann grenzenlos
beglückend emporzuheben. — Aber dieser Arm, der zu
den Sternen heben kann, umschlingt nicht jeden. Auch
der lebendige Goethe gab sich nur wenigen und diesen
nicht zu jeder Stunde. Wer mit unruhiger Hand da-
nach greift, dem verschließt sich ein Gebilde wie die
» Wahlverwandtschaften«, wie eine Muschel sich zuklappt.
Solchen erscheint Goethe kühl, fremd, sonderbar. Er
imponiert mehr, als er einnimmt. Sie verschieben es,
ihn zu lesen — auf ruhigere Tage, oder auf eine Reise.
Oder er macht, daß sie sich nach ihrer Jugend sehnen,
nach einer höheren Empfänglichkeit. Er scheint ihnen
künstlich, er, der die Natur selbst war, und kalt, er, dessen
Liebesblick noch das starre Urgestein mit Wärme durch-
drang. Sie suchen nach einer Vorbereitung, ihn zu ge-
nießen. Sie ‘greifen nach einem Erklärer oder nach den
wunderbaren Briefen und Gesprächen, in denen er sich
selbst kommentiert, und erst auf diesem Umweg kommen
sie wieder zu seinen Werken zurück. Nichts ist un-
denkbarer als ein Leser, der zu den Werken Balzacs auf
einem indirekten Wege käme. Die wenigsten seiner zahl-
losen Leser wissen irgend etwas von seinem Leben. Die
Literaten kennen über ihn einige kleine Anekdoten, die
niemanden interessieren würden, wenn sie sich nicht auf
den Autor der »Comédie humaine« bezögen, und den
Briefwechsel mit einer Person, welcher fast nichts ent-
hält als Bulletins über seine unaufhörliche, gigantische,
mit nichts in der literarischen Welt zu vergleichende
IOI
Arbeitsleistung. Es ist der stärkste Beweis für Ше un-
geheure Kraft seiner Werke, daß wir diese endlosen
Bulletins mit einer ähnlichen Gespanntheit zu lesen ver-
mögen wie einen Feldzugsbericht Napoleons, in dem es
sich um Austerlitz, Jena und Wagram handelt. Seine
Leser kennen seine Werke und nicht ihn. Sie sagen
»Peau de chagrin« underinnern sich eineswachen Traumes,
eines abenteuerlichen Erlebnisses, nicht der Leistung eines
Dichters; sie denken an den alten Goriot und seine
Töchter und besinnen sich nicht, wie der Verfasser heißt.
Sie sind einmal in diese Welt hineingeraten, und neunzig
auf hundert von ihnen werden immer wieder zu ihr zu-
rückkehren, nach fünf, nach zehn, nach zwanzig Jahren.
Walter Scott, den einmal die reifen Menschen mit Ent-
zücken lasen, ist die Lektüre der Knaben geworden. Balzac
wird immer (oder sehr lange, denn wer darf von »immer«
sprechen) die Lektüre aller Lebensstufen bleiben, und der
Männer ebensowohl wie der Frauen. Die Kriegsgeschichten
und Abenteuer, die »Chouanss, »l'Auberge rouge«, »el Ver-
dugo«, sind für die Phantasie eines Sechzehnjáhrigen die
Ablósung der Indianergeschichten und des Kapitin Cook;
die Erlebnisse der Rubempré und Rastignac sind die
Lektüre des jungen Mannes; »le Lys dans la vallée«,
»Savarus«, »Modeste Mignon« der jungen Frau; Manner
und Frauen, die um vierzig sind, die Reifen und noch
nicht Verarmten, werden an das Reifste sich halten: an
» Cousine Bette«, das grandiose Buch, das ich nicht finster
nennen kann, obwohl es fast nur Häßliches, Trauriges
und Schreckliches enthält, da es von Feuer, Leben und
Weisheit glüht, — an »la vieille filles, das eine über
jedes Lob erhabene Plastik der Gestalten mit der profun-
desten Lebensweisheit vereinigt und dabei klein, rund,
IO2
behaglich, heiter ist, іп jedem Betracht ein unvergleich-
liches Buch, ein Buch, das stark genug wäre, für sich
allein den Ruhm seines Autors durch die Generationen
zu tragen. Ich habe einen alten Herrn die »contes drólati-
ques« preisen hören und habe einen andern alten Herrn
mit Rührung von der Geschichte des Cesar Birotteau
sprechen hören, diesem stetigen Aufstieg eines braven
Mannes, von Jahr zu Jahr, von Bilanz zu Bilanz, von
Ehre zu Ehre. Und wenn es Menschen gegeben hat, die
aus dem » Wilhelm Meister: die »Bekenntnisse der schönen
Seele« herausschnitten und das übrige verbrannten, so
hat es sicher auch den Menschen gegeben, der aus der
» Comédie humaine« »Seraphitus-Seraphitas herausschnitt
und sich daraus ein Erbauungsbuch machte, und viel-
leicht war ein solcher jener Unbekannte, der in Wien
in einem Konzertsaal auf Balzac zudrángte, um die Hand
zu küssen, die »Seraphita« geschrieben hatte.
Jeder findet hier so viel vom großen Ganzen des Lebens,
als ihm homogen ist. Je reichlicher genährt eine Er-
fahrung, je stirker eine Einbildungskraft ist, desto mehr
werden sie sich mit diesen Büchern einlassen. Hier
braucht keiner etwas von sich draußen zu lassen. Alle
seine Emotionen, ungereinigt wie sie sind, kommen hier
ins Spiel. Hier findet er seine eigene innere und äußere
Welt, nur gedrángter, seltsamer, von innen heraus durch-
leuchtet. Hier sind die Mächte, die ihn bestimmen, und
die Hemmungen, unter denen er erlahmt. Hier sind
die seelischen Krankheiten, die Begierden, die halb sinn-
losen Aspirationen, die verzehrenden Eitelkeiten; hier sind
alle Dàmonen, die in uns wühlen. Hier ist vor allem
die grofle Stadt, die wir gewohnt sind, oder die Provinz,
in ihrem bestimmten Verhältnis zur großen Stadt. Hier
103
ist das Geld, Ше ungeheure Gewalt des Geldes, die
Philosophie des Geldes, in Gestalten umgesetzt, der Mythos
des Geldes. Hier sind die sozialen Schichtungen, die
politischen Gruppierungen, die mehr oder weniger noch
die unseren sind, hier ist das Fieber des Emporkommens,
das Fieber des Gelderwerbs, die Faszination der Arbeit,
die einsamen Mysterien des Kiinstlers, des Erfinders, alles,
bis herab zu den Erbärmlichkeiten des kleinbürgerlichen
Lebens, zur kleinen Geldmisere, zum mühsam und oft
geputzten Handschuh, zum Dienstbotenklatsch.
Die äußere Wahrheit dieser Dinge ist so groß, daß sie
sozusagen getrennt von ihrem Objekt sich zu erhalten
und wie eine Atmosphäre zu wandern vermochte; das
Paris von Louis Philipp ist weggeschwunden, aber ge-
wisse Konstellationen, der Salon in der Provinz, in dem
Rubempré seine ersten Schritte in die Welt tut, oder
der Salon der Madame de Bargeton in Paris, sind heute
von einer verbliiffenden Wahrheit fiir Osterreich, dessen
sozialer und politischer Zustand vielleicht dem des Juli-
königtums sehr ähnlich ist; und gewisse Züge aus dem
Leben von Rastignac und de Marsay sind vielleicht heute
für England wahrer als für Frankreich. Aber der Firnis
dieser für uns greifbaren, aufregenden »Wahrheit«, —
diese ganze erste große Glorie des »Modernen« um dieses
Werk wird vergehen: jedoch die innere Wahrheit dieser
aus der Phantasie hervorgeschleuderten Welt (die sich
nur einen Augenblick lang in tausend nebensächlichen
Punkten mit der ephemeren Wirklichkeit berührte) ist
heute stärker und lebendiger als je. Diese Welt, die
kompletteste und vielgliedrigste Halluzination, die je da
war, ist wie geladen mit Wahrheit. Ihre Körperhaftigkeit
löst sich dem nachdenklichen Blick in ein Nebeneinander
104
von unzähligen Kraftzentren auf, von Monaden, deren
Wesen die intensivste, substantiellste Wahrheit ist. -Im
Auf und Ab dieser Lebensläufe, dieser Liebesgeschichten,
Geld- und Machtintrigen, ländlichen und kleinstädtischen
Begebenheiten, Anekdoten, Monographien einer Leiden-
schaft, einer seelischen Krankheit oder einer sozialen
Institution, im Gewirr von beinahe dreitausend mensch-
lichen Existenzen, wird ungefähr alles berührt, was in
unserem bis zur Verworrenheit komplizierten Kultur-
leben überhaupt einen Platz einnimmt. Und fast alles,
was über diese Myriaden von Dingen, Beziehungen,
Phänomenen gesagt ist, strotzt von Wahrheit. Ich weiß
nicht, ob man es schon unternommen hat (aber man
könnte es jeden Tag unternehmen), ein Lexikon zu-
sammenzustellen, dessen ganzer Inhalt aus Balzac ge-
schöpft wäre. Es würde fast alle materiellen und alle
geistigen Realitäten unseres Daseins erhalten. Es würden
darin Küchenrezepte ebensowenig fehlen wie chemische
Theorien; die Details über das Geld- und Warengeschäft,
die präzisesten, brauchbarsten Details würden Spalten
füllen; man würde über Handel und Verkehr vieles er-
fahren, was veraltet, und mehreres, was ewig wahr und
höchst sachgemäß ist, und daneben wären unter beliebige
Schlagworte die kühnsten Ahnungen und Antizipationen
von naturwissenschaftlichen Feststellungen späterer Jahr-
zehnte aufzunehmen; die Artikel, die unter dem Schlag-
wort »Ehe« oder »Gesellschaft« oder »Politik« zusammen-
zufassen wären, wären jeder ein Buch für sich und jeder
ein Buch, das unter den Publikationen der Weltweisheit
des neunzehnten Jahrhunderts seinesgleichen nicht hätte.
Das Buch, welches den Artikel »Liebe« enthielte und
in einem kühn gespannten Bogen von den unheimlichsten,
105
undurchsichtigsten Mysterien (»une passion dans le désert«)
durch ein strotzendes Chaos aller Menschlichkeiten zur
seelenhaftesten Engelsliebe sich hinüberschwánge, würde
das eine berühmte Buch gleichen Namens, das wir be-
sitzen und das von der Hand eines Meisters ist, durch
die Größe seiner Konzeption, durch den Umfang seiner
Skala in den Schatten stellen. Aber schliefllich existiert
dieses Lexikon. Es ist in eine Welt von Gestalten, in
ein Labyrinth von Begebenheiten versponnen, und man
blättert darin, indem man dem Faden einer prachtvoll
erfundenen Erzählung folgt. Der Weltmann wird in
diesen Bänden die ganze Reihe der so scheinhaften und
doch so wirklichen Situationen umgewandelt sehen, aus
denen das Soziale besteht. Die tausend Nuancen, wie
Männer und Frauen einen anderen gut und schlecht be-
handeln können; die unmerklichen Übergänge; die un-
erbittlichen Abstufungen, die ganze Skala des wahrhaft '
Vornehmen, zum Halbvornehmen, zum Gemeinen: dies
alles abgewandelt und in der wundervollsten Weise vom
Menschlichen, vom Leidenschaftlichen durchbrochen und
für Augenblicke auf sein Nichts reduziert. Der Mensch
des Erwerbs (und wer hat nicht zu erwerben oder zu
erhalten oder zu entbehren?) hat seine ganze Welt da:
alles in allem. Den großen Börsenmann, den verdie-
nenden Arzt, den hungernden und den triumphierenden
Erfinder, den großen und kleinen Faiseur, den empor-
kommenden Geschäftsmann, den Heereslieferanten, den
Geschäfte vermittelnden Notar, den Wucherer, den Stroh-
mann, den Pfandleiher, und von jedem nicht einen,
sondern fünf, zehn Typen, und was für Typen! und
mit allen ihren Handwerksgriffen, ihren Geheimnissen,
ihrer letzten Wahrheit. Die Maler halten unter sich
106
die Legende aufrecht, daß von Delacroix herrühren
müsse, was im »chef d'oeuvre inconnu« an letzten Intimi-
täten über die Modellierung durch das Licht und den
Schatten gesagt ist; diese Wahrheiten sind ihnen zu sub-
stantiell, als daß jemand sie gefunden haben dürfte, der
nicht Maler, und ein großer Maler gewesen wäre. Der
Denker, dem man »Louis Lambert« in die Hand ge-
geben hat, als die Monographie über einen Denker, mag
den biographischen Teil schwach finden und an der
Realität der Figur zweifeln: aber sobald er zu dem in
Briefen und Notizen übermittelten Gedankenmaterial
kommt, so wird die Konsistenz dieser Gedanken, die sub-
stantielle Kraft dieses Denkers so überzeugend, daß jeder
Zweifel an der Figur weggeblasen ist. Dies sind Ge-
danken eines Wesens, dies Hirn hat funktioniert — man
mag im übrigen Ше Gedanken, diese Philosophie eines
spiritualistischen Träumers ablehnen oder nicht. Und
der verheiratete Mann, dem in einer nachdenklichen
Stunde die »Physiologie der Ehe« іп die Hand fällt, wird
in diesem sonderbaren und vielleicht durch einen ge-
wissen halbfrivolen Ton unter den Werken Balzacs ein
wenig deklassierten Buch auf einige Seiten stoßen, deren
Wahrheiten so zart als tief und beherzigenswert sind,
wahrhafte Wahrheiten, Wahrheiten, die sich, wenn man
sie in sich aufnimmt, gewissermaßen ausdehnen und
mit einer sanften, strahlenden Kraft im Innern fortwirken.
Allen diesen Wahrheiten haftet nichts Esoterisches an.
Sie sind in einem weltlichen, manchmal in einem fast
leichtfertigen Ton vorgetragen. Verflochten unter Be-
gebenheiten und Schilderungen, bilden sie die geistigsten
Elemente im Körper einer Erzählung, eines Romans.
Sie sind uns entgegengebracht, wie das Leben selbst
107
uns seinen Gehalt entgegenbringt: іп Begegnungen, іп
Katastrophen, in den Entfaltungen der Leidenschaften,
in plötzlichen Aussichten und Einsichten, blitzhaft sich
auftuenden Durchschlägen durch den dichten Wald der
Erscheinungen. Hier ist zugleich die leidenschaftlichste
und vollständigste Malerei des Lebens und eine höchst
überraschende, scharfsinnige Philosophie, die bereit ist,
jedes noch so niedrig scheinende Phänomen des Lebens
zu ihrem Ausgangspunkt zu machen. So ist durch das
ganze große Werk, dessen Weltbild ebenso finster ist,
als das Shakespeares, und dabei um so viel wuchtender,
trüber, schwerer durch seine eigene Masse, dennoch
eine geistige Lebendigkeit ergossen, ja eine geistige Heiter-
keit, ein tiefes Behagen: wie wäre es anders zu nennen,
was uns, wenn einer dieser Bände uns in die Hand gerät,
immer wieder nach vorwärts, nach rückwärts blättern
macht, nicht lesen, sondern blättern, worin eine sub-
tilere, erinnerungsvolle Liebe liegt, — und was uns die
bloße Aufzählung der Titel, dieser hundert Bücher oder
das Register der Figuren, die in ihnen auftreten, ge-
legentlich zu einer Art von summarischer Lektüre macht,
deren Genuß komplex und heftig ist, wie der eines ge-
liebten Gedichtes? — — —
Hier ist eine Welt, wimmelnd von Gestalten. Es ist
keine darunter, so gewaltig empfangen, so vollständig
in sich selber, daß sie, gelöst von ihrem Hintergrunde,
für sich allein zu bestehen vermöchte, in der unvergäng-
lichen Vollständigkeit ihrer Geste, wie Don Quixote,
wie der König Lear, wie Odysseus. Die Materie ist
brüchiger, die Vision ist nicht von so strahlender Klar-
heit, daß Gestalten aus ihr hervorgehen könnten, so
108
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^
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modelliert іш reinsten, starksten Licht, wie der Homeri-
sche Achilles, wie Nausikaa, oder im zartesten Halb-
licht, wie Mignon und Ottilie. Alles hängt zusammen,
alles bedingt sich. Es ist ihm so unméglich, das einzelne
herauszulósen, wie aus einem Gemälde von Rembrandt
oder von Delacroix. Hier wie dort liegt das Großartige
in einem stupenden Reichtum der Tonwerte, der ab und
auf, infinitis modis, wie Ше Natur selber, eine lücken-
lose Skala ergibt. Jene Gestalten dort scheinen gelöste
schreitende Götter: wie sie entstanden sein mögen, ist -
undurchdringliches Geheimnis; diese hier sind einzelne
Noten einer titanischen Symphonie. Ihre Entstehung
scheint uns begreiflicher, wir glauben in unserem Blut
die Elemente zu tragen, aus denen ihre finsteren Herzen
gebildet sind, und mit der Luft der großen Städte sie
einzusaugen. Aber auch hier waltet ein Letztes, Höheres.
Wie die Skala von Finsternis zur Helligkeit auf einem
Rembrandt nur darin dem irdischen Licht und der irdischen
Finsternis gleicht, daß sie lückenlos, überzeugend, absolut
richtig ist: aber darüber hinaus ein Namenloses in ihr
wirksam ist, das Walten einer großen Seele, .die in jenen
Visionen selber sich einem höchsten Wesen hingibt, so
vibriert hier in den Myriaden kleiner Züge, mit denen
eine wimmelnde Welt hingemalt ist, ein kaum zu nennen-
des Letztes: die Plastik dieser Welt geht bis zum Über-
schweren, ihre Finsternis bis zum Nihilismus, die Welt-
lichkeit in der Behandlung bis zum Zynischen: aber die
Farben, mit denen dies gemalt ist, sind rein. Mit nicht
reinerem Pinsel ist ein Engelschor des Fra Angelico ge-
malt als die Figuren in »Cousine Bette«. Diesen Farben,
den eigentlichen Grundelementen des Seelischen, haftet
nichts Trübes an, nichts Kränkelndes, nichts Blasphemi-
109
sches, nichts Niedriges. Sie sind unverweslich, von
keinem bösen Hauch zu kränken. Eine absolute Freudig-
keit vibriert in ihnen, die unberührt ist von der Finster-
nis des Themas, wie die göttliche Freudigkeit der Töne
in einer Beethovenschen Symphonie in keinem Moment
von der Furchtbarkeit des musikalischen Ausdruckes ver-
stört werden kann.
DAS RISORGIMENTO/ VON RICARDA HUCH
865 Lebende zieht Sehnsucht zu den Toten; hinweg
von den Zahllosen, die uns umdrängen, die uns die
warme Hand entgegenstrecken, in deren Augen wir lesen
können, gehen wir einsamere Wege und beschwören
die Gewesenen, die uns nicht Rede stehen. Wie Helden
auf einer nächtlichen, vom Sturm umrauschten Bühne
sehen wir sie mit flatternden Gewändern, mit starken
Gebärden die Geschichte ihres Lebens spielen und werden
nicht müde, den tragischen und süßen Worten zu lauschen,
die aus tiefer Vergangenheit abgerissen zu uns auftönen.
Auch wenn wir Entsetzen und Abscheu empfinden, ver-
läßt uns ein ehrfürchtiger Schauer vor den geistigen
Wesen nicht ganz, die sich jenseits unserer Sinnlichkeit
vollendet haben. Wie Halbgötter und Dämonen um-
geben sie uns, von uns angerufen als Lehrer, als Be-
schützer, als Bürgen, unsere Kämpfe mit uns kämpfend,
ihr goldenes Blut, das nie versiegende, immer von neuem
vergießend.
Lebendiges Fleisch und Blut erregt unsere Sinne zu
sehr in Leidenschaft, Ekel, Widerspruch; auch ist es
uns zu nahe, so daß wir es im Ganzen nicht über-
blicken können, während wir das Einzelne zu groß, zu
IIO
deutlich sehen. Die Namen der Toten, um die her
noch jene Kraft glänzt, die sie lebend ausstrahlten, sind
wie flammende Siegel auf Geheimnissen und reizen uns
übermächtig, sie zu durchdringen. Sie sind die Stern-
bilder, die den Himmel bedecken, Hieroglyphen, durch
deren einzelne Leuchtpunkte wir silberne Linien ziehen,
um sie zu schönen Gestalten zu verbinden. Es ist eine
Glorie für ein Land, wenn sich viele dieser unsterb-
lichen Zeichen darüber wölben.
Das italienische Risorgimento ist eine Fundgrube an
tatenreichen Menschen und auffallenden Begebenheiten,
wie für die meisten Völker ihre Wanderungen und Er-
oberungskriege in entlegener Vorzeit, wie etwa für
Nordamerika die Geschichte der ersten Ansiedelungen
und der Verdrängung der Indianer. Der lange Kampf
in der bunt zusammengesetzten Halbinsel des Apennin
hatte Entwickelungsabschnitte, die untereinander vom
verschiedensten Charakter waren. Als die Idee des freien
und unabhängigen Italien ein gewisses Alter und eine
gewisse Kraft erlangt hatte, ergriff sie die Menge durch
allgemeine Triebe: Auflehnung gegen die durch die
ersten Empörungen veranlaßten Vergewaltigungen, Rache,
Begeisterung, Unternehmungslust, oder durch die Ein-
sicht, daß dies die Wege der Zukunft seien, ja es ist
etwas Selbstverständliches, daß schließlich auch Durch-
schnittsmenschen von einer Idee mitgerissen wurden,
die, im Kampfe erstarkend, das Übergewicht erlangt hatte.
Etwas anderes ist es, wenn eine Idee noch neu ist,
erst unbestimmte Umrisse hat, Gefahr damit verbunden
ist, ihr anzuhängen, aber unsicherer Ruhm, ja wenn
sogar der zu erreichende Zweck nur undeutlich vor-
schwebt. Es scheint, daß der kräftige und gesunde, der
III
harmonische Mensch іт allgemeinen konservativ ist; ег
verwendet seine Kraft darauf, mit den nächstliegenden
Aufgaben fertig zu werden, unter schwereren Umständen.
sich doppelt anstrengend, zu erschütternden Verände-
rungen erst bereit, wenn ein Druck unerträglich wird
und den Kern des Lebens angreift, und auch dann mehr
auf Wiederherstellung des Gewesenen erpicht als auf
Neuerungen. Überhaupt beherrscht das Gesetz der Träg-
heit die Menschen so sehr, daß das Leben zum größten
Teile maschinenmäßig abläuft; neue Ansichten schon
sind selten, vollends werden Handlungen, die das her-
kömmliche Geleise verlassen und Ausgangspunkte für.
Folgeketten werden, nur durch außergewöhnliche Um-
stinde und Kräfte hervorgebracht. Die eigentlichen:
Neuerer sind meistens nicht gerade sympathische:
Menschen: sie lieben es, sich hervorzutun, aufzufallen, .
das Naheliegende, Erforderliche gelingt ihnen nicht:
wenigstens nicht so, daß sie sich darin auszeichnen:
könnten, oder sie haben gar nichts zu tun, wissen sich :
nicht zu bescháftigen und tasten planlos nach diesem:
und jenem. Der innerste Grund ist wohl, daß sie un:
gleichmäßig begabt sind: unproduktive Menschen finden `
in sich selbst nie Befriedigung und halten sich an
das Аш еге, dem sie mit überlegener Kritik, ungeduldig, -
aber ohne Tüchtigkeit gegenüberstehen. Dabei sind sie :
oft reich begabt, und ihre Persönlichkeit ist reizend und
blendend, vielleicht um so mehr, als ihre Kräfte sich nach :
außen wenden, anstatt innen zu bilden.
Beschaftigt man sich mit den Männern, die in der:
Lombardei zuerst als Bekämpfer der österreichischen .
Herrschaft und Vorkämpfer der Größe Italiens hervor- :
traten, so entdeckt man in vielen von ihnen etwas vom \
II2
Normalen Abweichendes, Krankhaftes, da, wo man lauter
. Heroismus zu finden glaubte, Schwächen und Mängel.
Indessen wären die ersten Opfer des Risorgimento un-
genügend charakterisiert, wenn man sie schlechtweg als
Neuerer auffaßte; denn es handelte sich hier um große
. Dinge, in deren Natur es lag, die Mitspielenden mehr,
als sie es vielleicht von vornherein beabsichtigten und
- ahnten, zu Kämpfern und Duldern zuletzt des Lorbeers
wert zu machen, weil andere Kränze in ihrem Namen
nicht verliehen werden kónnen. Was für Geschichten
уоп Wagnis, Verrat und Gefahr, Flucht durch bewaffnete
. Häscher, über drohende Gebirge und empörte Flüsse;
von Kerker, Todesangst und erhabenem Sterben; von
. Verbannung und Not, Liebesabenteuern, Glückswechsel,
. Untergang in Verzweiflung oder Aufschwung zu neuen
. Kämpfen! Es ist nicht möglich, sie ohne wechselndes
. Herzklopfen und Aufatmen zu lesen. Wenn die folgen-
- den Geschlechter die Väter, die das Gedächtnis solcher
. Taten und Leiden zurückließen, schlechtweg als Helden
. feierten, so kann das nicht wundernehmen. Aber der
Най der gegnerischen, zuletzt besiegten Partei säumte
. nicht die Fehler derer, die der Feind auf den Schild
hob, ans Licht zu ziehen, und wo jene Vaterlandsliebe,
` Opfermut, Prophetenblick sahen, sprachen diese von
: Unglauben, Zerstórungswut und hohler Grofimannssucht.
. Das Künstliche dieser übertriebenen Figuren erkennend,
. Sehnen wir uns nach der Wirklichkeit. Es genügt uns
nicht, die gespenstischen Schauspieler in nächtliche Nebel
eingehüllt vor uns ihr Glück und Unglück abhandeln
. zu sehen, wir móchten sie greifen, ansehen, irgendwie
. in ihrem Innersten lesen; aber wo wir es wagen, uns
.zu náhern, zerrinnt der edle Umriß nach Geisterart,
113
und ein kühler Hauch weht uns an, der uns frösteln
macht. Wir sehen uns geängstigt um und zweifeln,
ob etwas hier war außer uns, oder ob wir die ganze
Zeit allein waren in gestaltloser Einsamkeit, die wir selbst
mit erträumten Gesichten belebten.
Wir haben viele Bilder von Napoleon oder von Goethe;
aber gleicht eins dem andern? An welches sollen wir
uns halten? Entspricht nicht jedes der treuen Auf-
fassung eines Künstlers, auf den der große Mann eben
so wirkte? Und wenn es überhaupt nicht zwei Menschen
gibt, die einen andern ganz gleich auffassen, sollte sich
dann je feststellen lassen, wie einer war? Ja, läßt sich
eine Persönlichkeit überhaupt fest umschreiben? Wir
haben unsere Väter und Mütter und andere Vorfahren
täglich gesehn, ihr Wesen und Walten um uns erlebt,
und wir haben ihren Schatten, nachdem sie gestorben
- EE ig Á -лым-- 2
— HÀ
waren, ebenso klar oder noch klarer erscheinen sehen `
als ihr Fleisch und Blut; aber wir finden vielleicht alte
Briefe von ihrer Hand oder Zeugnisse ihrer Zeitgenossen,
durch die wir mit Zügen und Taten bekannt werden,
die sie uns entfremden, so daß wir das Bild, an das
wir bisher glaubten, betrügerisch schelten und durch
ein anderes ersetzen müssen. So waren die Geister, zu
denen wir aufblickten wie zu unantastbaren Sternen,
nur Geschópfe unserer Einbildungskraft, von uns ver-
ehrt, weil wir sie nach unserem Bedürfen ausstatteten?
Vielleicht kommen wir dazu, weil wir von Minute zu
Minute lebend uns selbst ausgeben, uns selbst zu ver-
leugnen, wahnend, daß keine Form unser sei, als eine
solche, die sich jeden Augenblick entstelle und vergehe,
daß es also mit den Wellen der Zeit. verflieBende Seelen
gebe, kein Ich, das alle die zerrinnenden Teile eines
II4
Lebens zusammenfasse und aus der Vergangenheit immer
sich selbst gleich in die Zukunft blicke.
Indessen diese trostlosen Zweifel widerlegt ein Gefühl,
das wir von uns selbst haben, wie auch von denen, die
uns nahestehen, und vor allem von denen, die wir lieben.
Wie die Gesichtszüge des Alten durch ein kaum zu
bezeichnendes Etwas, das Siegel der Persönlichkeit, die
des Kindes bestätigen, so ist auch die Eigenart des
geistigen Wesens weder durch die Jahre, noch durch
Erlebnisse irgend welcher Art ganz zu vertilgen. Dem
Grundgefühl, das wir von einem Freunde haben, ordnen
wir, ohne zu schwanken, alles unter, was andere, ja was
wir selbst gegen ihn vorbringen könnten, überzeugt,
daß alle Bruchstücke seines Lebens in den einen Grund-
riß eines Wesens sich müssen. einfügen lassen, den wir
im Herzen haben. Schließen wir nun auch, daß ein
jeder eine bestimmte, kenntliche Wesensform haben
müsse, so ist freilich damit nicht gesagt, daß diese sich
immer enthüllen lasse, wenn es sich um Längstverstorbene
handelt. Zwar auch sie hatten Freunde, die sie liebten
und in denen sie sich spiegelten, und selbst Anklage
und Verleumdung derer, die sie haßten, muß uns die
verblichene Gestalt erleuchten helfen. Vorausgesetzt aber
auch den günstigsten Fall, daß Aufzeichnungen anderer
und hauptsächlich der fraglichen Personen selbst von
ihnen zeugen, so bleibt das Wesentliche, das mehr noch
in Stimme und Tonfall und Mienenspiel, als in den
gesprochenen Worten liegt, dennoch im Dunkel. Wir
wissen, daß Columbus Amerika entdeckte und welches
Maß von Genie und Willenskraft dadurch vorausgesetzt
wird; doch haben wir nicht so viel Gefühl von seinem
Wesen wie irgend ein Schiffsjunge aus der Mannschaft,
115
die ihn tiber Meer begleitete. Man ist darauf angewiesen,
das letzte, was den einen einzig macht, zu ahnen mehr
noch aus dem Duft, der über seinem Tun und den
von ihm gebliebenen Worten schwebt, als aus seinem
Tun selbst zu berechnen.
Man möchte vielleicht sagen, es komme nicht darauf
an, zu wissen, was für Menschen Nero und Columbus
und andere gewesen seien, da nur wichtig sei, daß der
Klang eines Namens einen Genius zu Schöpfungen ver-
locke, die, an sich wahr und groß, Bilder der Verehrung
werden könnten. Ein Geschöpf des Geistes, an das
Bedeutendes sich anknüpfen lasse, das Schönheit und
Größe besitzt, sei ebenso wirklich und wertvoll wie ein
Lebendiges, ja, sei vollendeter und dauernder. Der
Mensch erschöpfe sich im Grunde in seinen Taten,
überhaupt in seinem Leben; nach diesem bleibe nichts
von ihm übrig, als sein Name und daran geknüpfte
Berichte; wenn man ihn wiederholen wolle, müsse man
ihn neu schaffen. |
Wenn dem so wäre, trotzdem kann nur der ernst-
liche Wunsch, ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild
zu entwerfen, ein gutes Bild hervorbringen. Glauben
müssen wir, irgendwo unter den Sternen irrten die
Schatten der Verstorbenen, und wenn eine Gestalt er-
scheine, in der sie sich erkennten, vereinigten sie sich
mit ihr in wunderbarer Weise, so daß sie nun wahrhaft
beseelt und belebt sei. So ist die Darstellung von Ge-
wesenen eine Geisterbeschwörung. Zuweilen merken
die Zuschauer, daß nur eine geschickte Spiegelung, irgend
ein gefälliges, vielleicht erstaunliches Kunststück ihnen
vorgespielt wird, zuweilen steigt der Geruch leibhaftigen
Lebens zu ihren Sinnen auf. Dann ist die Formel des
116
Suchenden іп den Hades gedrungen und hat eine der
flatternden Erscheinungen berührt und verdichtet: das
Auge verdunkelt sich und blickt uns an, die Luft neigt
sich der gelösten Stimme entgegen. Geschieht das nicht,
so möge wenigstens in der Formel etwas Lehrreiches
sein, das andern dienen kann, eine wirksamere zu finden.
AUS ELIZABETH BROWNINGS SONETTEN
NACH DEM PORTUGIESISCHEN/ ÜBER-
TRAGEN VON RAINER MARIA RILKE
DAS FÜNFTE SONETT
CH heb mein schweres Herz so feierlich,
wie einst Elektra ihre Urne trug,
und, dir ins Auge schauend, hin vor dich
stürz ich die Asche aus dem Aschenkrug.
Das da war Schmerz in mir: der Haufen: schau,
wie düster drin die Funken glühn, vom Grau
verhalten. Und du tätest, glaub ich, gut
verächtlich auszutreten ihre Glut,
bis alles dunkel ist. Denn wenn du so
an meiner Seite wartest, bis den Staub
ein Wind aufwehte, ... dieses Lorbeerlaub
auf deinem Haupt, Geliebter, schützt nicht, wo
es Feuer regnet, deine Haare. Eh
sie dir versengen: tritt zurück. Nein: gehl
DAS SIEBZEHNTE SONETT
Du hast, mein Dichter, alle Macht zu rühren
an Gottes äußersten und letzten Kreis
117
und aus des Weltalls breitem Brausen leis
ein Lied zu lösen und es hinzuführen
durch klare Stille. Deine Heil-Kunst weiß
ein Gegengift zu finden, dessen Kraft
selbst Aufgegebene noch rätselhaft
zu retten scheint. Gott gab dir das Geheiß
dieses zu tun, sowie er mir befahl
zu tun nach deinem Wort. Was soll ich sein:
Vergangnes oder Kommendes, daß dein
Gesang es grüße oder es beweine?
Ein Schatten, der dich mahnt an Palmenhaine?
Ein Grab, dabei du ruhst? — Du hast die Wahl.
DAS EINUNDZWANZIGSTE SONETT
Sag immer wieder und noch einmal sag,
daß du mich liebst. Obwohl dies Wort vielleicht,
so wiederholt, dem Lied des Kuckucks gleicht,
wie du's empfandest:. über Tal und Hag
und Feld und Abhang, beinah allgemein
und überall, mit jedem Frühling tönend.
Geliebter, da im Dunkel redet höhnend
ein Zweifelgeist mich an; ich möchte schrein:
„sag wieder, daß du liebst!“ Wer ist denn bang,
daß zu viel Sterne werden: Ihrem Gang
sind Himmel da. Und wenn sich Blumen mehren,
erweitert sich das Jahr. Laß wiederkehren
den Kehrreim deiner Liebe. Doch entzieh
mir ihre Stille nicht. Bewahrst du sie?
118
ZWEI BRIEFE FRIEDRICH: NIETZSCHES AN
MUTTER UND SCHWESTER
. Nice, den 20. Marz 1888.
Meine liebe Mutter, ` `
Du hast mir mit Deiner Sendung und dem sie be-
gleitenden Briefe eine große Freude gemacht: beinahe
als ob Du mir ein Geschenk gemacht hättest. Ich war
gerade etwas knapp daran mit Finanzen; und vielleicht
habe ich schon geschrieben, daß diesen Winter mein
Leben im Hotel sich vertheuert hat. Trotzdem sind auch
jetzt noch die Bedingungen, unter denen ich hier lebe,
bedeutend unter den durchschnittlichen, die Jedermann:
hier im Hause zu zahlen hat; und andrerseits habe ich
auch diesen Winter etwas, das ich sonst nicht .hatte,
ein Zimmer, das mir gefällt, hoch, mit einem ausgezeich-
neten Lichte für meine Augen, neu hergerichtet, mit
großem schweren Tisch, chaise longue, Bücherschrank
und mit dunklen rothbraunen Tapeten, die ich selbst
ausgewählt habe. Es scheint mir immer noch, daß ich
an Nizza festzuhalten habe: sein klimatischer Einfluß ist `
so wohlthätig wie kein anderer auf mich. Ich kann
hier gerade noch einmal so viel Gebrauch von meinen
Augen machen als anderswo. Der Kopf ist unter diesem
Himmel freier geworden, von Jahr zu Jahr; die unheim-
lichen Folgen jahrlangen Siechthums in der Nähe und
Erwartung des Todes traten hier milder auf. Ich will
nicht vergessen, daß auch meine Verdauung hier besser
ist als sonstwo; vor allem aber, mein Geist fühlt sich
hier aufgeweckter und trägt im Allgemeinen seine Bürde
leichter — ich meine die Bürde eines Lebenslooses, zu
dem ein Philosoph einmal verurtheilt ist. Ich gehe
119
Vormittags eine Stunde, Nachmittags drei Stunden durch-
schnittlich spazieren in scharfem Schritte — Tag für Tag
den gleichen Weg; er ist schön genug dazu. Nach
dem Abendessen sitze ich noch bis 8 Uhr im Salon,
unter fast lauter Engländern und Engländerinnen bei
einer Lampe mit Lampenschirm an meinem Tische.
Ich stehe halb sieben auf und mache mir meinen Thee
selbst; dazu einige Zwiebacke. Um 12 Uhr das Früh-
stück; um 6 Uhr die Hauptmahlzeit. Kein Wein, kein
Bier, keine Spirituosen, kein Kaflee; größte Gleichmäßig-
keit in der Lebens- und Ernährungsweise. Seit vorigen
Sommer habe ich mich an Wassertrinken gewöhnt: ein
gutes Zeichen, ein Fortschritt. Übrigens war ich gerade
jetzt drei Tage krank: doch ist heute alles wieder in
Ordnung. Für Ende März denke ich Nizza zu ver-
lassen: der Lichtglanz ist mir bereits zu stark, auch die
Luft schon zu weich, zu frühlingsmäßig. Es ist mög-
lich, daß ich noch Besuch bekomme: nämlich Seydlitz,
der auf seiner Rückreise von Aegypten »mit Weib,
Mutter, Hund und Diener« bei mir eintreffen will. Auch
der alte Freund Gersdorff schrieb wieder gute Dinge:
er hatte gerade seinen Monat Dienst in Berlin hinter
sich (— ег ist Kammerherr der alten Kaiserin). Aber
das Schönste war ein langer Brief vom Lama: acht Seiten
voll lauter herzlicher und sehr gescheiter Dinge. Noch
in Asuncion geschrieben; aber voll guten Muths (»gewiß,
ich habe ein Lebensloos, zu dem ich passe, das ist eine
schöne Sache« —) doch drückt sie Besorgniss aus, daß
es die nächste Zeit zu viel zu thun giebt: weil eine
Unmasse neuer Colonisten angemeldet sind, und viel-
leicht noch nicht. genug dazu vorbereitet ist. — Ich
vergaß zu erzählen, daß ein alter Schulkamerad (mein
120
bo ku n
шегеге det Lieutenan eest, in Pflege
nissen vom rothen Kreuz ist: sch gehe zuweilen n
Sehr orddeutsch® Aun sphäre; rau von Münchow:
Fr), von Diehfurth us Meine Tischnachb rin ist
zuch diesen Winter WI er die Baronin Plancknet, eine
geb. Seckendort à und ais solche mit allen сескепбогі5
qm Hofe und 10 der Armee in allernäc stem erkehr
(г. В. mit dem Grafen Ceckendort , d wie P kannt
der neuen Kaiserin die „rechte Hand« ist!) Auch
st sie mit dem Geheimrath von Bergmann ће be
freundet UP selbst IN seiner Kur: 50 Заб ich über die
Dinge San Remo sehr gut U errichtet WaT ch habe
sogar platter, die der Корр п paar age чої seiner
Abreise 865 prieben hat, in de nden gehab ee
So viel, ine Yieb Mutter с uma Dich iP
Dankbarkeit
Dein altes Geschopt
Nizza, 31 März 1888
Meine geliebte Schwestet ›
jesmal muß IC meinem armen Lë а eine recht
freundlichen und seblichen Brief schreiben, hdem
ich © das letzte, eigentlic yorletzte A so 215 er:
schreckt habe; 2 es steht wirklich diesen inter
с mit mif, «enn DU es aus del Nähe sahest,
wurdes u mi 46 einen solch sch zlichen
Schrei, es jener Brief wa verzeihen. 1 yerliere
ich nter ganz aus der Gewalt; ich bi beinahe
die Beute der düsterste Enrschließung®” ‚de ich
etwa an der alle? abe jahrauS, jahrein zu viel
Schlimme® unte cken müssen pd sene mich
arts H ckend, gebens ach 2 ch nut Einem
121
guten Erlebnis um. Das hat eine ganz und gar lächer-
liche und erbärmliche Verwundbarkeit schließlich her-
vorgebracht, dank der beinahe Alles, was von Außen an
mich herankommt, mich krank macht und das Kleinste
zum Unthier heranwächst. Eine unerträgliche Spannung
liegt auf mir, Tag und Nacht hervorgebracht durch die
Aufgabe, die mir gestellt ist, und die absolute Ungunst
aller sonstigen Verhältnisse zur Lösung einer solchen Auf-
gabe: hier steckt jedenfalls die Hauptnoth. Das Gefühl,
allein zu sein, der Mangel an Liebe, die allgemeine Un-
dankbarkeit und selbst Schnódigkeit gegen mich. (. . .)
Aber ich will nicht in dieser Tonart fortfahren. Die Gegen-
rechnung ist, daß Dein Bruder ein tapferes Thier ist, daß
er Erstaunliches auch wieder in dem letzten Jahre durch-
gesetzt hat: aber warum muß jede meiner Thaten hinter-
her zur Niederlage werden? Warum fehlt mir jeder Zu-
spruch, jede tiefe Theilnahme, jede herzliche Verehrung? —
Meine Gesundheit hat sich unter der Gunst eines
außerordentlich schönen Winters, guter Nahrung und
starken Spazierengehens ziemlich aufrecht erhalten. Nichts
ist krank, nur die liebe Seele. Auch will ich nicht
verschweigen, daß der Winter an geistigem Gewinn für
meine Hauptsache sehr reich gewesen ist: also auch der
Geist ist nicht krank, nichts ist krank, nur die liebe Seele. —
Ich fürchte mich geradezu vor dem Frühling, der ist
immer meine schwache Zeit. Anderseits weiß ich keine
Stelle mehr, wo ich Menschen hätte, die mir jetzt nütze
waren. Rede mir nicht von »Freunden«! Sie werden
allesammt, ohne Ausnahme, von Jahr zu Jahr immer
mehr zu einem Gänsefuß- "Begriff
Ich möchte Dich um einen kleinen Dienst bitten.
Schreib ein paar Worte an meinen Leipziger Verleger,
122
|
i
|
Я ko
mit dem ich beinahe am Ende bin, Herrn E. W. Fritzsch,
(Leipzig, Königsstraße 6). Sage ungefähr, daß ich Dir
beunruhigt geschrieben habe, daß ich nichts von den
:: Werlagsangelegenheiten höre. Sodann gieb ihm An-
г weisung, wie er Dir die neuaufgelegten Werke schicken
z soll; schreib ihm Alles ganz genau und deutlich, er
scheint sehr. ungeschickt zu sein. Wenn Dir so viel
an den Vorreden liegt, könntest Du Dich auch an Euren
erfahrenen Buchhändler wenden, wenigstens gehen sie
dann nicht verloren wie bei dem... . Fritzsch. Ich will
Dir ja gewiß nicht meine Bücher verbieten, ich möchte
;. Dir nur nicht das Herz damit schwer machen, da meine
: Schriften feindlich gegen das Christenthum sind und
. besagtes Christenthum sehr vortheilhaft zur Begründung
. von Colonien scheint. Siehe Nordamerika und die Puri-
. tamer. Aber vielleicht ist meine Vorsicht übertrieben?
Die zweite Hälfte Deines Briefes hat mich sehr über-
rascht: Du sagst das Beste, was mir bisher über meine
»neuen Ideen« gesagt worden ist, und Du schreibst es
in Deiner eigenen Weise, als etwas von Dir Erlebtes,
nicht als etwas dem Studium meiner Bücher Nach-
empfundenes. Wie stark fühle ich bei Allem, was Du sagst
und thust, daß wir derselben Rasse angehören: Du ver-
stehst mehr von mir als die andern, weil Du dieselbe
Herkunft im Leibe hast. Das paßt sehr gut zu meiner
» Philosophie«.
Du darfst aber nicht über meine Briefe weinen, mein
altes gutes Lama, Du weißt doch, wie schnell meine
Stimmungen wechseln. Ich dachte schon, daß Dich
mein Decemberbrief mitten aus dem Winter meines
Mißvergnügens betrüben würde — dafür habe ich Dir
auch vor einigen Wochen desto heiterer geschrieben,
123
heiterer auch als heute. Denke mein liebes Lama, іп
Liebe an Deinen
Bruder.
Nachschrift!
Laß den Brief an Fritzsch, oder erwähne nur Deine
Wünsche. Unsre Mutter hat schon vor einigen Wochen
an ihn geschrieben, es hat sich aber noch nichts gebessert.
RILKE
VOR-OSTERN IN NEAPEL
ORGEN wird in diesen tiefgekerbten
Gassen, die sich durch getürmtes Wohnen
unten dunkel nach dem Hafen drängen,
hell das Gold der Prozessionen rollen;
statt der Fetzen werden die ererbten
Bettbezüge, welche wehen wollen, .
von den immer höheren Balkonen |
(wie in Fließendem gespiegelt) hängen.
|
|
DREI GEDICHTE/ VON RAINER MARIA
|
|
Aber heute hämmert an den Klopfern
jeden Augenblick ein voll Bepackter,
und sie schleppen immer neue Käufe;
dennoch stehen strotzend noch die Stände.
An der Ecke zeigt ein aufgehackter
Ochse seine frischen Innenwände, |
und in Fáhnchen enden alle Laufe.
Und ein Vorrat wie von tausend Opfern
drängt auf Bänken, hängt sich rings um Pflöcke,
Zwängt sich, wólbt sich, wälzt sich aus dem Dámmer
I24
aller Türen, und vor dem Gegähne
der Melonen strecken sich die Brote.
Voller Gier und Handlung. ist das Tote;
doch viel stiller sind die jungen Hähne
und die abgehängten Ziegenböcke
und am allerleisesten die Lämmer,
die die Knaben um die Schultern nehmen
und die willig von den Schritten nicken;
während in der Mauer der verglasten
spanischen Madonna die Agraffe
und das Silber in den Diademen
von dem Lichter-Vorgefühl beglänzter
schimmert. Aber drüber in dem Fenster
zeigt sich blickverschwenderisch ein Affe
und führt rasch in einer angemaßten
Haltung Gesten aus, die sich nicht schicken.
DIE GREISIN
Weiße Freundinnen, mitten im Heute,
lachen und horchen und planen für morgen;
abseits erwägen gelassene Leute
langsam ihre besonderen Sorgen,
das Warum und das Wann und das Wie,
und man hört sie sagen: Ich glaube —;
aber in ihrer Spitzenhaube
ist sie sicher, als wüßte sie,
daß sie sich irren, diese und alle.
Und das Kinn, im Niederfalle,
lehnt sich an die weiße Koralle,
die den Shawl zur Stirne stimmt.
125
Einmal aber, bei einem Gelache,
holt sie aus springenden Lidern zwei wache
Blicke und zeigt diese harte Sache,
wie man aus einem geheimen Fache
schöne ererbte Steine nimmt.
DIE FLAMINGOS |
In Spiegelbildern wie von Fragonard |
ist doch von ihrem Weiß und ihrer Röte |
nicht mehr gegeben als dir einer böte,
wenn er von seiner Freundin sagt: sie war
noch sanft von Schlaf. Denn steigen sie ins Grüne
und stehn, auf rosa Stielen leicht gedreht, |
beisammen, blühend, wie in einem Beet, |
verführen sie verführender als Phryne
sich selber; bis sie ihres Auges Bleiche
hinhalsend bergen in der eignen Weiche,
in welcher Schwarz und Fruchtrot sich versteckt.
Auf einmal kreischt ein Neid durch die Voliere;
sie aber haben sich erstaunt gestreckt
und schreiten einzeln ins Imaginäre.
ZWEI GEDICHTE/ VON ALFRED WALTER
HEYMEL
DIE DIRNEN VOR DEM BILDHAUER
IR wollen vielen Marmor vor Dich legen
Und nackend warten, ob aus unsern Scharen
Du Eine willst, um Dich zu offenbaren,
Und wollen vor Dir ruhn und uns bewegen.
126
|
|
|
|
|
Nimm Glieder-Liebesspiel und zärtlich Regen;
Die Wellenmäntel aus den langen Haaren,
Sie waren schön, da sie vergänglich waren,
Du aber bannst sie mit den Meisselschlägen.
Wir blühen schnell dahin in wilden Tänzen
Und Augenblicken, die wie Feuer brennen,
Und sind wie Vögel, die der Wind vertreibt.
Doch die Du wähltest, wollen wir bekränzen
Und wollen unter uns sie Göttin nennen,
Denn selig ist sie, da sie lange bleibt.
HEIMKEHR AUS DEM SÜDEN
Wir ließen Rosen hinter uns und Wärme
Und fanden kahl den heimatlichen Garten;
Ganz kleine Blättchen erst und Knöspchen starrten
In zager Dürftigkeit; und Vogelschwärme
Umflatterten mit unzufriednem Lärme
Das kalte Nest in leerer Äste Scharten;
Und Du gestehst mir, daß Dein Herz im Warten
Sich um verlorne Mittagsfreuden härme.
Doch will die Sonne nur ein wenig flammen,
Dann bricht das Grün aus den erwärmten Zweigen,
Und plötzlich stehn geschmückt die bunten Bäume.
Eng wird der Park. Die Hecke wächst zusammen
Und wird dem Nachbar keinen Einblick zeigen;
Dir hürdet sie die Ruhe Deiner Träume.
127
BRIEF EINES DEUTSCHEN MALERS AUS
ITALIEN/ VON STEFAN ZWEIG
IES Blatt, das ich far Euch zum Briefe falte,
Ich wollt, es wär ein Bild und brächte Euch
In unser Haus, wo noch der unwirsch kalte
Frostwind die Türen stürmt, die Sonne bleich
Und zaghaft um den Reif der Fenster flittert,
Nur einen Traum des Lichts, das warm und weich
Im Haar mir wühlt, um meine Hände zittert
Und nun schon innen, wie ins Blut gesprüht,
Des Herzens Hammerschlag mit Funken füllt.
Dies Blatt, ich trug es sonnenüberglüht
In einen Park. Der breitgezweigte Baum,
Der sich darüberbog, vermochte kaum
Den Ungestüm des vielen Lichts zu mildern,
Das, überflutend aus der Äste Wehr,
Als wollte es den dunklen Grund entzünden,
Noch weißer sprühte als das weiße Blatt.
Und dieses Funkeln lockte mich von mehr;
Von tausend in mir aufgesparten Bildern
Wollt ich, der bislang nur von Farben träumte
Und nun erst Ahnung ihrer Vielfalt hat,
Wollt ich Euch Lieben, oh, im Nordland Blinden,
Mit raschem Stift die eine Landschaft schildern,
Die rings den Blick mit heißem Gold umsäumt.
Doch unberührt und zag ließ ich das Blatt.
Denn wie, wie wagt ich all dies schon zu malen?
Wo faßt ich an? Wie fände ich mir Farben,
Die nicht der Umwelt feurig Leuchten schwächen?
128
Wie bände ich Ше schweren goldnen Garben
Des wie mit Sensen hingemähten Lichts,
Wie den Kristall der blanken Himmelsflächen,
Den Glanz der Wasser, die sie treulich strahlen,
Wie hier die Blüten, deren wieder jede
Der steilen Sonne unnahbaren Blick
Von Blatt zu Blatt in neue Farben brechen,
Dies stet verwirrte Spiel? Nein, nichts, oh, nichts
Vermöchte diese Fülle auszusprechen,
Die, feind dem Bilde, kaum sich leiht der Rede,
Denn was sind Worte, sind sie nicht Musik!
Doch dieses Eine, diesen Augenblick,
Von Schreck und Lust dies selig sich Umschließen,
Da mir im ersten Schau’n schon alles ward,
Was jetzt die Sinne schwärmerisch genießen,
Dies laßt noch einmal mich zurückbeschwóren!
Es war der dritte Morgen unsrer Fahrt,
Wir klommen aufwärts über- die vereisten
Paßhöhen, wo nur mehr verzwergte Föhren
Dem Schnee verflochten ihr umwittert Haar.
Kalt sprang der Wind uns an. Es war,
Als ob mit einem Mal die Welt ergreiste
Und selbst der Himmel sich in Rauch verlöre.
Des Lebens Stimme, Blick und Atem schienen
Wie eingesargt in ein gespenstisch Grab,
Nur in uns schrie die Angst: Hinab! Hinabl
Da — als der Niederstieg der Serpentinen
Sich plötzlich kühn durch einen Felsen stieß —
Da — und es war, als ob mit einem Male
129
Die Nebelhand von unsern Lidern ließ — |
Da lag in Ahrengold ein endlos Tal,
Rotrosenbüsche winkten aus den Tiefen
Wie Fahnen her, die schwanken Rebgelände
Klommen empor und legten ihre Hände
Begütigend auf den zu schroffen Hang,
Daß er sich williger zum Tale mulde.
Und alle Wege, alle Wasser liefen
So wild hinab, daß laut der Felsen klang.
Und ich, ich Toller, stürzte, stürmte, sprang
Mit all den Bächen, die voll Ungedulden
Der Felsen hochgetürmte Brust entriegeln
Und dann in Seen, lächelnd und verklärt |
Den erst nur perlenblassen Himmel spiegeln,
Der — wie ein Wasser, zart getönt am Strande |
Der Farbe Dunkel aus den Tiefen nährt —
Sich blaubrokaten aufspannt ob dem Lande.
Ach, wie ich froh ward, wie so unbeschwert!
Die schroffsten Ketten sah ich Bilder werden, |
Schneesteig’ und Schründe, die wir talwärts kamen, |
Im Fernenblau nur mehr als Schattenriss
Den ewigen Frühling dieses Tals umrahmen. |
Ich sah beglückt — manchmal auch ungewif,
Ob dies nicht Traum sei — wie sich all die Wiesen
Bestickten mit vieltausend bunten Dolden,
Sah Früchte schwer und reif das Laub durchgolden,
Oh, all die Bäume, und dann über diesen
Den Himmel mit den weißen Wolkenherden.
Ich sah das Meer, fernfunkelnd und türkisen,
Fühlte die Luft, die warm und ausgegoren
Das Blut berauschte wie ein starker Wein,
Bis sich die Sinne schwindlig süß verloren,
130
Die gl
So gierig tra
: ren
3
165 weiße
қ inein.
Flimmern in mein Herz h
imm
Und nun
indäm
Selbst
Hier n
ігар, .
nun lieg ich Е"
; inzige ok |
mernd in 22. en Frucht,
aus der war wie Pflanze, ee
n, 1 H
Sieg Wes ER pn ihnen,
u eimend reifend, 2 enstanden,
geen BI t mit all den 2 st genießen.
reins m e ht mit gleicher u tie Weg,
che Lic ch der Ben dort die Wucht
ichts Se S wühlt, nic :
еп,
ег sic o bröckelnden ven SS
EE Stift, die Api n Händen
I зу Ge SE meinen 22!
In alle Adern ie 4 pires M dig
üben bun
Und da 8 dort isle daß 2. als Frauen,
е 4 ist, doch fühl ichs Kette.
nd — Fre ES іһге ipa Bo
RES is Farben nur auf ergrund.
Е ausgespannten ізді
; ihr Feuer
Farben — oh, m reist
Und ier. t aufgesprengten ie ungeheuer
Durch die 22. 22:
Wie 2. mit sich ow келіні Gemäuer,
Die ganze iß hier, funkeln idet.
ß hier, umklei et,
Das pralle Wei Grün, der es brütet,
Und da des xg das überm Sande C ce
Das grelle 5 St jener einsamen t zerschneidet,
Das Schwarz Riß des Himmels Sam
Die wie ein
131
Dies Violett, Orange, dies Rot, wie Purpur prächtig —
All das bohrt in mich, von der Feueresse
Des mitleidlosen Lichtes blank geschmiedet,
All das wirft Wellen, wird im Blute trachtig,
Quillt auf, ein Qualm, noch nicht zur Form gestaltet,
Drängt so, wie aus der österlichen Erde
Der Blumen Glanz und Blust, noch eingefaltet,
Emporpocht zur erhellten Oberfläche.
Und schon, ich fühl es, wird diese Begierde,
Flackernd und bunt in Farben auszubrechen,
Lebendiger in mir als die trunkne Schwäche,
Die sich bezaubert in den Dingen spiegelt,
Statt sie emporzureißen in ein Bild.
Und bald, bald wird das Drängen übermächtig. —
Oh, all das aussprühn, was mich jetzt erfüllt,
Wie wunderbar die Hoffnung mich beflügelt!
Denn dann erst, wenn all diese süßen Qualen,
Dies kaum von Schmerz zu scheidende Begehren
Auffunkelnd bis in meine Finger quillt,
Wenn all die Farben, meiner Brust entsiegelt,
Nicht jener Welt mehr, sondern mir entstrahlen —
mo La niit: ee . alae —
4
{
Dann erst — dann will ich endlich wieder malen.
ZU DEM BUCHE »PARIS«/ VON KARL
SCHEFFLER
UF Reisen kann der Tätigste nicht umhin, sich einer |
gewissen Empfindsamkeit hinzugeben. Man läßt die
regelmäßige Berufsarbeit hinter sich, das heißt: die Welt |
gefestigter Erfahrungen, worin man heimisch ist, sieht
|
EMPFINDSAMES REISEN/ ALS EINLEITUNG |
|
|
|
132 |
|
: sich zur Untätigkeit verurteilt und kommt mit manchen
neuen Erscheinungen in Berührung, die in ihren Ursachen
und Wirkungen nicht gleich zu übersehen sind. Es weicht
die sichere Gelassenheit, die den Arbeitenden charakter.
isiert; eine erwartungsvolle Belebtheit stellt sich ein, die auf
die Phantasie wirkt. An Stelle des nüchternen Werktags-
: interesses, das zuerst nach Nutzen oder Schaden, nach der
Brauchbarkeit einer Sache fragt, das, um derSelbsterhaltung
willen, zweckvoll begehrt oder ablehnt, tritt auf Reisen eine
selbstlosere Teilnahme, ein Interesse ohne materiell zweck-
volle Absicht. Aus den Arbeitsstuben des Berufs tritt der
Geist ins Freie und nimmt mit eindrucksfrohen Sinnen
Ganzheiten wahr; das Denken wird zum Empfinden, und
dieses führt zur Empfindsamkeit, weil sich die Fülle neuer
Gesichte von der Erfahrung, vom Verstand nicht bewäl-
tigen läßt, sondern nur vom synthetisch tastenden Gefühl,
und weil dieses sich unmerklich an sich selbst berauscht.
Diese Empfindsamkeit wird freilich stets der Gefahr aus-
gesetzt sein, in schwächliche Empfindelei umzuschlagen.
Vor allem dort, wo die Welt der Erfahrung im Indi-
viduum beschränkt ist und in keinem Verhältnis zum
Ganzen des Lebens steht. Darum unterliegt die Frau
auf Reisen so leicht der sentimentalen Stimmung. Die
Enge ihres Gesichtskreises daheim macht sie zum Opfer
des Schwelgens in nebulöser Empfindsamkeit. Kommt
gar der Drang noch hinzu, als »schöne Seele« zu gelten,
so ist der Affektation Tür und Tor geöffnet. Da nun
die Unfruchtbarkeit einer solchen schwächlich oder gar
falsch empfindenden Anschauung klar zutage liegt, ist in
unsrer tätigen und nicht sehr subtil unterscheidenden
Zeit das Wort Empfindsamkeit arg in Verruf gekommen.
Man denkt dabei bestenfalls an die Zeit Tiecks, Brentanos
133
und Jean Pauls, Ше іп gewissen Teilen sehr feminin
empfand und eine gefährliche Verachtung der nützlichen
Erfahrung zur Schau trug. Und es wird die allgemeine
- Abneigung um so erklärlicher, als das Gefühl fast immer
wortlos ist oder über ein unklares Stammeln nicht hin-
auskommt, während die sachliche Einsicht immer gut
und treffend zu sprechen weiß. Gefühle können klar
und für alle überzeugend nur vom Dichter ausgedrückt
werden. Wenn der Reisende nun aber auch als ein
poetisch Angeregter betrachtet werden darf, so ist er doch
bei weitem noch nicht Dichter, nur weil er poetisch
empfindet. Es ist in der Tat wenig erbaulich, wenn
man auf Reisen ringsumher nichtssagende Aufrufe der
Empfindsamkeit hört; und aufs höchste erfreulich ist es,
kenntnisreiche Männer unterwegs von den wirtschaft-
lichen Hilfsquellen des Landes etwa, durch das man fährt,
reden zu hören, von den Gesteinsbildungen der Berge,
die man passiert, oder von der Geschichte dessen, was
man draußen sieht. Gottfried Keller erscheint männlicher
als seine Umgebung in der Anekdote, die von ihm be-
richtet, er habe in einem Gasthause mürrisch die Unter-
haltung mit berühmten Fachgenossen über Literatur ab-
gelehnt und mit dem Wirt eine geplante Schleusenanlage
interessiert und eingehend besprochen. Und noch charak-
tervoller ist das Bild, wie Goethe bei der Belagerung von
Verdun im Jahre 1792 mit dem Fürsten Reuß hinter
Weinbergsmauern auf und ab wandelt und mit diesem
während eines gewaltsamen Bombardements über die
Lichtphänomene der Granaten, Brandraketen und Feuers-
brünste im Sinne seiner Farbenlehre spricht, wie bei ihm,
trotz so reichen Anlasses zur Empfindsamkeit, »die Pro-
duktion ihren Gang ging, ohne sich durch Kanonen-
134
MEE AE —
we ell ee RN
|
kugeln und Feuerballen іш mindesten stören zu lassen«.
Aber es gehört ein Universalismus der Bildung, das heißt:
ein Reichtum an geistig gewordener Erfahrung dazu, wie
Goethe ihn sein eigen nannte, um in solchen Situationen
sogar tätig im Sinne einer umfassenden Berufsidee zu
bleiben. Wer das Weltwissen Goethes hätte, bedürfte
nur selten der Empfindsamkeit. Denn es ist immer die
Summe der Erfahrung, wovon es abhängt, auf welchem
Punkte die Empfindsamkeit einsetzt. Auf irgend einem
Punkte aber muß sie einsetzen, weil es keinen Menschen
gibt, dem das ganze Leben offen daliegt, und weil das
empfindsame Gefühl notwendig dort immer einspringen
muß, wo der Begriff versagt. Des ist Goethe selbst wieder
ein klassischer Zeuge. Er schrieb — im vierundfünfzigsten
Lebensjahre! — von einer Reise in die Schweiz an Schiller
folgende sehr bemerkenswerten Sätze:
»Ich habe, indem ich meinen ruhigen und kalten Weg
des Beobachtens, ja des bloßen Sehens ging, sehr bald
bemerkt, daß die Rechenschaft, die ich mir von gewissen
Gegenständen gab, eine Art von Sentimentalität hatte, die
mir dergestalt auffiel, daß ich dem Grunde nachzudenken
sogleich gereizt wurde, und ich habe folgendes gefunden:
das, was ich im allgemeinen sehe und erfahre, schließt
sich recht gut an alles übrige an, was mir sonst bekannt
ist, und ist mir nicht unangenehm, weil es in der ganzen
Masse meiner Kenntnisse mitzählt und das Kapital ver-
mehren hilft. Dagegen wüßte ich noch nichts, was mir
auf der ganzen Reise nur irgend eine Art von Empfin-
dung gegeben hätte, sondern ich bin heute so ruhig
und unbewegt, als ich es jemals bei den gewöhnlichsten
Umständen und Vorfällen gewesen. Woher denn also
diese scheinbare Sentimentalität, die mir um so auffallen-
135
der ist, weil ich seit langer Zeit in meinem Wesen gar
keine Spur, außer der poetischen Stimmung, empfunden
habe. Sollte nicht also hier selbst poetische Stimmung
sein, bei einem Gegenstande, der nicht ganz poetisch
ist, wodurch ein gewisser Mittelzustand hervorgebracht
wird?«
Wie alles, was ein bedeutender Mensch erlebt, ist auch
diese Selbstbeobachtung gültig für alle. Den »ruhigen
und kalten Weg des Beobachtens« geht jeder, soweit
seine Erfahrung reicht. Der Industrielle wird nicht emp-
findsam, wenn ег an Eisenwerken und Fabriken, der
Landmann nicht, wenn er an Feldern vorüberfährt; aber
es gibt Dinge, die sich jeder Erfahrung entziehen, die
objektiv nicht zu bewältigen sind, und hätte der Reisende
—
einen noch so tiefen Blick in die Werkstatt des Lebens :
und der Natur getan. Dazu gehört alles, was nicht
exakt beweisbar oder analysierbar ist, alles Unbestimmte,
Fließende und Vielfältige. Es schließen, zum Beispiel,
Betrachtungen der besondern Lebensart eines Volkes, der
charakteristischen Kulturformen einer sozial determinierten
Bevölkerung oder der zeitlich getrennten und räumlich
vereinigten Architekturgebilde eines Landes die Erfahrung
und die objektiv gerichtete Erkenntnis keineswegs aus:
zu erschöpfen sind solche Ganzheiten aber nur durch
das synthetisch nachtastende Gefühl. Wo dieses aber zu
wirken beginnt, stellt sich auch jene »poetische Stim-
mung« ein, wovon Goethe schreibt.
Diese Stimmung ist nun aber das Anzeichen einer
latenten Produktivität. Denn in der lebendigen poetischen
Empfindsamkeit liegen zahlreiche Keime zukünftiger oder
doch möglicher Erfahrungen und Kenntnisse beschlossen;
jedes Gefühlserlebnis ist ein Symptom des Wachsens über
136
b a o u
— LL (nn tegen, engm. EG,
Lei
-
-
die bisherige Erfahrungswelt hinaus. Und darum eben
verursacht es jenes oft gewaltsame geistige Vergnügen,
das wir auf Reisen an uns und andern wahrnehmen und
das so leicht als Extravaganz erscheint. Es ist ein typischer,
oft peinlicher Kontrast zwischen den begeistert schwär-
menden Dampferpassagieren und der gelassen ihrer Arbeit
nachgehenden Schiffsmannschaft; den Jünglingen, die
singend das Tal durchziehen, sehen die Landleute mit
kalter, etwas spöttischer Verwunderung nach. Das tätige
Streben des Arbeiters versteht nicht die entfesselte Lust
der Empfindsamkeit; und das zum Ganzen drängende
Gefühl bemitleidet dagegen den sich sachlich begrenzen-
den Werktagssinn. `
»Ich habe«, fährt Goethe in seinem Briefe fort, »die
Gegenstände, die einen solchen (sentimentalen) Effekt her-
vorbringen, genau betrachtet und zu meiner Verwunder-
ung bemerkt, daß sie eigentlich symbolisch sind, das
heißt, wie ich kaum zu sagen brauche, es sind eminente
Fälle, die, in einer charakteristischen Mannigfaltigkeit,
als Repräsentanten von vielen andern dastehn, eine ge-
wisse Totalität in sich schließen, eine gewisse Reihe
fordern, Ähnliches und Fremdes in meinem Geist auf-
regen und so von außen wie von innen an eine gewisse
Einheit und Allheit Anspruch machen. Sie sind also,
was ein glückliches Sujet dem Dichter ist, glückliche
Gegenstände für den Menschen, und weil man, indem
man sie mit sich selbst rekapituliert, ihnen keine poetische
Form geben kann, so muß man ihnen doch eine ideale
geben, eine menschliche im höhern Sinn, das man
auch mit einem so sehr mißbrauchten Ausdruck senti-
mental nannte, und Sie werden also wohl nicht lachen,
sondern nur lächeln, wenn ich Ihnen hiermit zu meiner
137
eignen Verwunderung darlege, daß ich, wenn ich von
meinen Reisen etwas für Freunde oder fürs Publikum
-~ aufzeichnen soll, wahrscheinlich noch in Gefahr komme,
empfindsame Reisen zu schreiben. Doch ich würde,
wie Sie mich wohl kennen, kein Wort, auch das ver-
rufenste, nicht fürchten, wenn die Behandlung mich
rechtfertigen, ja, wenn ich so glücklich sein könnte, einem
verrufenen Namen seine Würde wieder zu geben.«
Hier ist es deutlich ausgesprochen, was die Empfind-
samkeit erregt, was aber auch allein von ihr aufgefaßt
werden kann: das Symbolische. Unwillkürlich ruft man
gleich aber auch aus: was ist in diesem Sinne wohl
nicht symbolisch! Gerade in unsrer Zeit, die alles neu
begreifen möchte und darum viel empfinden muß —
wenn sie es auch verheimlicht! —, steht jede charakter-
istische Erscheinung fast als Repräsentant für viele ähn-
liche Erscheinungen, erscheint fast jeder sozial determi-
nierte Zustand typisch, fast jede Lebensäußerung sym-
bolisch. Vor allem dem Reisenden. Wieviel Symbolisches
ist ihm nicht schon im Bahnhof, іт Treiben der Groß-
stadt, in der Stimmung der Industriegegend! Jeder Beruf,
jeder Mensch fast tritt ihm als Symbol entgegen. Der
im Felde Mähende, der dem im Ort Ansässigen. der
Bauer Friedrich Wohlgemuth aus der Kirchgasse ist, wird
dem Reisenden gleich zur Gestalt des »Schnitters«, das
heißt: zum Gattungsbegriff. Besonders wird auch die
Eisenbahn zum wichtigen Vermittler des Symbolischen.
Poetische Stimmung schafft sie schon durch die Ge
schwindigkeit, womit sie verschiedenartige Eindrücke
aufeinander folgen läßt, das Heterogenste in der Zeit
und im Raum näher zusammenrückend. Man fährt in
fliegender Eile durch Stadt, Dorf und Gelände, vorbei
138
|
an Flüssen und Bergen, sieht anschaulich, wie sich In-
dustriegebiet und Ackerwirtschaft scheiden, eilt in wenigen
Stunden durch mehrere Provinzen, die sich geographisch
und historisch voneinander unterscheiden, Marsch- und
Geestland steigen langsam zur Berggegend empor, man
durchfährt einen Tunnel und es ist eine Wasserscheide
überschritten, man folgt uralten Völkerstraßen und sieht
ehrwürdige Bauwerke wie Leichensteine der Geschichte
voriiberziehn: die Papierbegriffe der Geographie werden
lebendig. Die Teile des Lebens werden einem aufge-
drängt, und man braucht nur ein geistiges Band darum
zu schlingen, um poetische Stimmungen zu erzeugen,
die mit dem Symbolischen spielen.
So wird Empfindsamkeit unvermeidlich. Unwillkür-
lich wird jeder, der nicht kalt oder roh ist, ein wenig
zum Dichter und Philosophen. Aber er wird es um so
besser, je größer das Fundament der objektiven Erfahr-
ung ist. Beide Geistesformen zehren voneinander und
bedingen sich wechselseitig. Der nüchterne Zwecksinn
braucht Perspektiven, wie sie nur phantasiefrohe Emp-
findsamkeit öffnen kann; und diese entartet im Senti-
mentalen und wird zur lügeseligen Empfindelei, wenn
sie nicht von glücklicher Erfahrung, oder doch von der
Lust daran erzogen wird. Die rechte Harmonie geben
aber erst beide Geistesformen zusammen.
Wenn der tätige Mensch feierabends nach der Zeitung,
zum Buch greift, getrieben von dem Drang, dem nütz-
lichen Einerlei des Berufslebens eine freiere und weitere
Geistestätigkeit entgegenzusetzen und den Willen zum
Besondern durch Empfindungen über das Ganze zu balan-
zieren, so ist auch das eine Art von Reisen. Auch in diesem
Fall ist die empfindsame Muße so notwendig wie die
139
Berufsarbeit. Ja, іт höhern Sinne gibt es überhaupt
nicht Arbeit und Muße, denn es ist ein Standpunkt
denkbar, von dem aus die Feierabendempfindungen
schöpferisch und die Tagestätigkeit als ein geistiges Ruhen
erscheinen, von wo auch die empfindsame Untätigkeit
des Reisenden als ein nützlich fortwirkendes Tun sich
darstellt.
AUS DEM BUCHE NEAPEL, / VON RUDOLF
ALEXANDER SCHRODER
I
ERGE rosenfarbener Gluten
Uberhaucht ein leichtes Grau;
Und es dunkeln sanft die Fluten
Aus dem Tag- in’s Abend-Blau.
Wolke nur in höchster Ferne
Zeigt noch sonnig einen Strahl,
Tritt ein Heer erwachter Sterne
Zögernd in den Himmelssaal.
II
Kähne sah ich, wie sie zogen
Auf der Flut im Abendschein,
Segel, die ein Wind gebogen,
Trieben in den Hafen ein.
Und wie in die Dämmerungen
Sonne hinterm Berg entflohn,
Rings ist wunderlich erklungen
Ein verwirrter Glockenton.
140
Ш
Glocken, nun Ше Sonne geht,
Tönen Glocken holder Klänge,
Ist, als wenn zum Abend spät
Noch ein Gruß der Liebe dränge.
Und wie über blauer Flut
Töne wellengleich verschwimmen,
Wie des Tages sanft Verglimmen,
Fühle ich: So ist es gut.
IV
Auf dem Haupte, stolz gehalten
Trugst den Krug du, den gefüllten,
Während deines Kleides Falten
Mit dem Wind der Straße spielten.
Wie wir uns vorüberschritten
Durch der Menge Lärm und Flut,
Blicke, die uns schnell entglitten,
Sagten sich: Wir sind uns gut.
V
Nacht. Doch nicht ein dumpfes Düstern
Hilt hier Land und Meer gefangen,
Nein, ein Funkeln, Liebes-lüstern
Ist nun heimlich aufgegangen.
Mondlich himmelher entzündet,
Silbernackig glänzt die Welle,
Und vom Lande her verbündet
Licht und Lichter zarter Helle.
141
Und auf Liebes-Wegen schreitet
Mancher zärtlich nun entglommen;
Und was täglich sich bestreitet,
Möchte zu einander kommen.
ҮІ
Hättet ihr den Fels gesehen,
Golden, im Geleucht der Sonnen;
Und wie oben Wolken gehen,
Unten Flut auf Flut zerronnen.
Blau mit aufgehellten Hügeln
Drängte sich das Meer herauf;
Wußte doch der Stein zu zügeln
Überschäumend wilden Lauf.
Und in silbernem Erschrecken
Sprudelnd löste sich der Drang:
Wollten andre sich erkecken,
Ob’s der Nächsten nicht gelang.
Doch ins reine Blau erhoben
Ruhig stand der Fels im Glanz;
Und vom höchsten Gipfel oben
Grüßten Zinnen-Turm und Kranz.
Bleibt er doch, lebendig tragend
Und des festen Landes Kind,
Wie Ihr auch geschäftig nagend,
Hin und wider rauscht und rinnt!
Viele Tage noch zu schauen,
Sei dem .Ältesten vergönnt,
Und der Nächte tiefes Grauen
Und gestirntes Firmament..
142
ҮП
Uber Kliiften, jah zerrissen,
Auf der Felder héchsten Fernen
Blühen tausendfach Narzissen,
Die den feuchten Grund besternen.
Des Gebirges schroffe Launen
Zerren Blicke hin und her:
Doch gebreitet, zum Erstaunen,
Fern am Rande liegt das Meer.
ҮШ
Steigen wir den Berg hernieder
Durch versiegter Fluten Bette
Nach der акеп Trümmerstitte
Ewig sehnsuchtsvollen Ruhms:
Mauern, Zweigicht, hin und Sede
Mildern mir den Dunst der Helle:
Und schon stehn wir an der Schwelle
Des БЕА HERES
| Ix
Stunden, ach, die wir geliebt,
Gehn wie ein Hauch vorüber,
Tage, wo wir uns betriibt,
Lasten länger, lasten trüber.
Doch erlöschen soll uns nicht,
Dieser Zeiten hold Verklären,
Soll noch spät ein Himmels-Licht —.
Unsrer fernen Nacht gewähren.
143
DREI GEDICHTE/ VON ОТТО FREIHERRN
VON TAUBE
TOSCANISCHE LANDSCHAFT
ND andere Higel waren steinern, grau,
Cypressen ragten schwarz auf ihren Gipfeln:
Sie standen in das wolkenlose Blau
Mit schön gebildeten und strengen Wipfeln.
Und in die klaren Lüfte mischte sich
Des Abends Duft der fernen Gartenblüte,
Indeß ın tiefem Leuchten feierlich
Ein jeder steiler dunkler Wipfel glühte.
NACHT
Es fielen schwere Tropfen über Nacht
Und klopften auf die immergrünen Blätter.
— O dumpfer Laut, davon ich aufgewacht!
О feuchtes taumelvolles Frühlingswetter!
Ein Balsam wars, der draußen niederfloß,
Und Heilung ward er armen Erdenrissen,
Ich wußte halb im Traume: nun erschloß
Sich auch die allerfrühste der Narzissen.
Ich bin so dürr, wie das erstorbne Feld!
Ach, daß auch mir Erquickung niederrausche,
Wie draußen Tropfen schwer auf Tropfen fällt
Im Tone, dem ich durstigen Herzens lauschel
NICHT ÜBER ALLEN MEEREN WIRST DU FAHREN
Nicht über allen Meeren wirst du fahren:
Und seiens helle Meere von so glatten,
144
nn
um, eee нш. SËNN, ee 7
So blanken Flichen, wie sie keinen klaren
Gewässern gleichen, die du je befahren,
Und seiens Meere, deren Flut den matten
Weichgrauen Seiden mit den glauchen Schatten
Vergleichbar ist, du wirst sie nicht befahren.
Auch gibt es Meere, deren grüne Tiefen
Gleich einem Längstvertrauten dich bestricken
Und dir mit innigen Geschwisterblicken
Gedanken wecken mögen, die da schliefen,
Und Meere, die von goldenem Glanz durchschossen,
Der sich zur Stunde, da die Glocken riefen,
Als wie ein Honigstrom darein ergossen,
Und Meere, die von weißer Milch durchflossen,
Und Purpurmeere, dunkles Veilchenschimmern,
Und Meere mit perlmutterfarbenem Glimmern.
Und Meere gibt es gierender Gefahren
Mit Angst und Ahnung unter jachen Wellen,
Mit Stürmen, die um ihre Klippen gellen,
An denen Planken, Mast und Kiel zerschellen,
Und die doch manch ein Siegender befahren, —
Trotz ihrer Schlünde, die da offen gähnen,
Der Todesrosse mit den weißen Mähnen:
Das sind die Meere gierender Gefahren!
Nicht über allen Meeren wirst du fahren!
Wo sind die Meere mit den grünen Tiefen,
Die Meere, die, wenn Abendglocken riefen,
Wie Milch und Honig waren, wo die hellen
Wie Seide, wo die schwarzen Todeswellen,
Die Meere aller Wonnen und Gefahren?
Nicht über allen Meeren wirst du fahren!
145
DREI KLEINE LIEDER/ VON PAULVERLAINE
UBERTRAGEN VON ERNST HARDT
146
ER weiße Mond
Leuchtet im Holz,
Wo er gewohnt,
Flüsternd zerschmolz
Des Laubdachs Ruh:
Geliebteste Du!
Auf Silberseide
Malet der Teich
Das Bild der Weide . .
Ein Wind schluchzt weich
Im schwarzen Baum:
Nun suchet den Traum!
Trostreiche Milde
Sinkt nah und fern
Vom blauen Gefilde,
Das still der Stern
Rosig erhellt . .
Oh Feier der Welt.
O dumpfen Reigen
Die Herbstgeigen
Stöhnen,
Daß sie im Herzen
Wie stumpfe Schmerzen
Dröhnen.
s — ie EE sii "—
Gewiirgt vom entsetzten
Gewissen beim letzten
Schlage
Denk ich an meine
Jugend und weine
Und klage!
Ich segle blind
Mit bösem Wind —
Der hat
Sein Spiel; feldaus, feldein
Treibt er mich hin wie ein
Totes Blatt.
ER Himmel ist am Dache dort
So blau, so lind!
Ein Wipfel dicht am Dache dort
Schaukelt im Wind.
Die Glocke in dem Himmel dort
So traulich klingt,
Ein Vogel in dem Baume dort
Wehklagend singt.
Mein Gott, mein Gott, die Welt liegt da
Schlicht — still und glatt,
Das liebe leise Raunen da
Kommt aus der Stadt.
Was hast Du getan — oh Du dal
Weinst nun voll Pein!
Sage, wie hast Du verbracht — oh Du dal
Die Jugend Dein?
(147
TEILT ZELL < ccm C.
— Ge — DL DSANN
o ff --
SO
WAS EINMAL DA WAR, )
GOTT SEGNE KUPFER, DRUCK UND JEDES
GOETHE AN ZELTER
ANDERE VERVIELFALTIGENDE MITTEL
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IM JAHRE 1908 SIND NEU ERSCHIENEN: |.
ÄLTESTE DEUTSCHE DICHTUNGEN. Übersetzt und heraus!
gegeben von Karl Wolfskehl und Friedrich v. d. Leyen. Etwa
geheftet M. 5.—, іп Pappband M. 6.—, in Pergament M. 10.4:
Pal
BALZAC, HONORE DE: PHYSIOLOGIE DER EHE. Eklektisch.-
philosophische Betrachtungen über Glück und Unglück in der .
Ehe. Vollständige deutsche Übertragung von H. Conradt. Zweit |
Auflage. Titel. und Einbandzeichnung von Eric Gill. Geheftet `
M. 4.50, in Leinen M. 5.50, in Leder M. 7.50. Vorzugsausgabes.
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HONORE DE BALZACS MENSCHLICHE KOMÖDIE. Deutsche i
Ausgabe der Romane und Erzählungen Balzacs in vierzehn Bänden)
bearbeitet von Gisela Etzel, Felix Paul Greve, Ernst Hardt, Hedwig -:
Lachmann, Heinrich Mann, René Schickele; mit einer Einleitung von :
Hugo von Hofmannsthal und einer Wiedergabe von Rodins Balzac :
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^
Statue in Heliogravüre. Titel. und Einband-Zeichnungen von Егіс :
Gill. Geheftet је M. 4.— , in Leinen je M. 5.—, in Leder je M. 7.—, :
Vorzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare auf Insel-Büttenpapier,
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Die Bände erscheinen in Zwischenräumen von 6—8 Wochen. Bis `
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152
- —— — ——— ` E,
— | TERES ee a Eme, Ln M o — — M
GRIMMELSHAUSEN, Н. J. CHR. VON: ABENTEUERLICHER
SIMPLICISSIMUS. Vollstandige Taschenausgabe in drei Banden,
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von E. R. Weiß. In Pappbänden М. 8.—, in Pergament М. 14.—
GRIMMELSHAUSEN, H. J. CHR. VON: SIMPLICIANISCHE
SCHRIFTEN (Trutz Simplex oder Lebensbeschreibung der Ertz-
betrügerin und Landstörtzerin Courasche; Der seltzame Spring-
insfeld; Das wunderbarliche Vogelnest; Der Erste Beernhäuter;
Simplicissimi Gauckeltasche; Simplicissimi Galgen-Männlein; Der
stoltze Melcher; Wundergeschichten aus Simplicissimi Ewig-
währendem Calender). Neudruck in 400 numerierten Exemplaren
mit Nachbildungen von 12 Kupferstichen und 20 Holzschnitten
der Ausgabe von 1684. Haupt- und Untertitel, Initiale, Rahmen
und Einband gezeichnet von Walter Tiemann. Nachwort von
Paul Ernst. In Schweinsleder M. 40.—
HESPERUS. Ein Jahrbuch, herausgegeben von Rudolf Alexander
Schröder. Mit Beiträgen von Hugo von Hofmannsthal, Rudolf
Borchardt, Rud. Alex. Schröder u. a. Geheftet M. 5.—, in Papp-
band M. 6.—, in Leder M. 10.— |
НЕҮМЕІ, ALFRED WALTER: SPIEGEL, FREUNDSCHAFT,
SPIELE. Studien. Geheftet M. 2.50, in Halbpergament M. 3.50
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: VORSPIELE (Prolog fir ein
Puppentheater; Vorspiel zur Antigone des Sophokles; Prolog
zur Lysistrata des Aristophanes). Geheftet М. 2.--, іп Pappband
mit Buntpapierüberzug M. 3.—
HUCH, RICARDA: MERKWÜRDIGE MENSCHEN UND SCHICK-
SALE AUS DEM ZEITALTER DES RISORGIMENTO. Essays.
Geheftet M. 4.—, in Pappband M. 5.- in Leder M. 7.—
KALCKREUTH, WOLF GRAF VON: GEDICHTE (Aus dem
Nachlaß herausgegeben) Geheftet M. 4.—, in Halbpergament
M. 6.—
HEINRICH VON KLEISTS ERZÄHLUNGEN. Eingeleitet von
Erich Schmidt. In Pappband M. 2.—
153
HEINRICH VON KLEISTS SAMTLICHE WERKE UND BRIEFE.
Vollständige Ausgabe in sechs Bänden, besorgt von Wilhelm Herzog.
Einbandzeichnung von E. R. Weiß. Mit dem Jugendbildnis Kleists
in farbiger Wiedergabe. Jeder Band geheftet M. 4.50, in Halb-
pergament М. 6.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare
auf Büttenpapier, in Pergament M. 14.—
Im Herbst 1908 erschien der erste Band; die weiteren folgen in
Zwischenrdumen von 3—4 Monaten.
DES KNABEN WUNDERHORN. Ausgewählt und eingeleitet von
Friedrich Ranke. Mit Titelvignette und Titelvollbild nach der
ersten Ausgabe. In Pappband M. 2.—
LESAGE, A. R.: DIE GESCHICHTE DES GIL BLAS VON
SANTILLANA. Deutsche Ausgabe in zwei Bänden, besorgt von
Konrad Thorer. Nachwort von Reinhard Buchwald. Mit zwei Titel-
vignetten und acht Vollbildern nach Kupfern von Chodowiecki in
Lichtdruck. Geheftet М. 8.—, in Halbleder М. 12.-. Vorzugsaus-
gabe: 100 numerierte Exemplare auf Bitten, іп Kalbleder M. 24.—
MANN, HEINRICH: DIE BÖSEN (Zwei Novellen: Die Branzilla;
Der Tyrann). Geheftet M. 2.50, in Leinen M. 3.50
MATTHES, ERNST: PARISER SZENEN. Zwölf farbige Original-
steinzeichnungen auf Japan, 200 numerierte Exemplare. In
Mappe M. 80.—
MEINHOLD, WILHELM: DIE BERNSTEINHEXE. Mit einem
Nachwort von Paul Ernst. Titel und Einband von E. R. Weiß.
Geheftet M. 3.—, in Halbpergament M. 4.50, in Ganzpergament
M. 7.—
NIETZSCHE, FRIEDRICH: ECCE HOMO. WIE MAN WIRD,
WAS MAN IST. Mit einem Nachwort herausgegeben von
Raoul Richter. Zeichnung des Titels, der Textornamente und
des Einbandes von Henry van de Velde. 1250 numerierte Exem-
plare: Nr. 1—150 auf Japan, in Leder M. 50.—; Nr. 15 1— 1250
auf Bitten, in Halbpergament (vergriffen).
NIETZSCHES BRIEFE AN PETER GAST. Herausgegeben von
Peter Gast. Geheftet M. 9.—, in Leinen М. 10.—
154
|
|
|
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NIETZSCHE, FRIEDRICH: ALSO SPRACH ZARATHUSTRA.
EIN BUCH FUR ALLE UND KEINEN. Monumentalausgabe.
Druckanordnung, Zeichnung des Titels, der Vortitel und Füll-
ornamente und des Einbandes von Henry van de Velde. In
schwarz, purpur und gold gedruckt. 500 numerierte Exemplare:
Nr. 1-50 іп Maroquin M. 120.—, Nr.51-500 in Pergament M.90.—
PALLMANN, HEINRICH: JOHANN ADAM HORN, GOETHES
JUGENDFREUND. Geheftet М. 3.50, іп Pappband М. 4.50
PATER, WALTER: MARIUS DER EPIKUREER. Ein Roman
in zwei Banden. Aus dem Englischen übertragen von Felix Paul
Greve. Geheftet М. 6.50, in Leinen M. 9.—, in Leder M. 12.—
PLANETEN-CALENDARIUM, da man zählete das XVI Seculum
nach unsers Herrn und Seligmachers Geburt, eingerichtet auf
das Jahr des Heils 1909. Ein gar sinnreich Büchlein über die
Natur der Planeten, deren Influenz und sonstige lehrsame
Dinge, mit Bauern-Practica und Regeln für den Menschen ins-
gemein versehen. Gezieret mit artigen Bildlein, so Meister
Sebald Beham von Nürenberg in Holz geschnitten. Zusammen-
gestellet durch Marie von Redwitz. Kartoniert M. 3.50
POPE, ALEXANDER: DER LOCKENRAUB. Ein komisches
Heldengedicht. In deutsche Verse übertragen von Rudolf Alexander
Schröder. Mit den neun Bildern und der Einbandzeichnung von
Aubrey Beardsley in der Originalgröße. 800 Exemplare: Nr. 1-100
auf Japan, in Kalbleder, in Seidenfutteral M. 40.—, Nr. 101-800
auf holländischem Büttenpapier, іп Pappband М, 14.—
RILKE, RAINER MARIA: DER NEUEN GEDICHTE ZWEITER
TEIL. Geheftet M. 4.50, in Halbleder M. 6.50
RÜBEZAHL-GESCHICHTEN: das sind warhafftige, und über alle
Maßen possierliche oder anmuthige Fratzen, von dem wunder-
barlichen, sehr alten und weitbeschrienen Gespenste, dem Rübe-
zahl, welches sich auf den Gebürgen in Schlesien und Böhmen
zum 6fftern in mannigfaltiger Gestalt, und mit seltzamen Ver.
richtungen erzeiget; (nachdem sie aus sehr vieler, weitläufftiger,
kostbarer, auch mühsamer Erkundigunge eingesamlet seyn), denen
155
Begierigen vormahls theilhafftig gemachet durch М. Johannem
Praetorium. Nunmehro aber für den Curiösen Liebhaber auffs
Neue ап Tag gegeben. Mit Wiedergabe von 16 Holzschnitten
der Ausgabe von 1738 und einem Nachwort von Paul Ernst. 800
numerierte Exemplare. In Pappband M. 10.—
SCHEFFLER, KARL: PARIS. Mit 71 Vollbildern in Autotypie.
Titel und Einbandzeichnung von Е. К. Weif. Geheftet M. 10.—,
in Halbpergament M. 12.—
SCHRÖDER, RUDOLF ALEXANDER: HAMA. Gedichte und Er-
zählungen. Mit einer Titelvignette von Ernst Matthes. Geheftet
M. 2 —, in Pappband M. 3.—
TAUBE, FREIHERR OTTO VON: GEDICHTE UND SZENEN.
Titel- und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Geheftet M. 3.50,
in Pappband M 4.50
VOLTAIRES BRIEFWECHSEL. Ausgewählt und übertragen von
Käthe Schirrmacher. Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Geheftet
M. 4.—, in Pappband М. 5.—, in Leder M. 7.—
ZWEIG, STEFAN: TERSITES. Ein Trauerspiel in drei Aufzügen.
Mit Kopfleisten nach John Flaxman. Geheftet M. 3.—, іп Halb-
pergament M. 4.—. Vorzugsauseabe: 20 Exemplare auf Bütten-
papier, in Pergament M. 12.—
BIS ZUM JAHRE 1908 SIND ERSCHIENEN:
EINMALIGE AUFLAGEN UND NEUDRUCKE
D’ANNUNZIO, GABRIELE: IN MEMORIAM FRIEDRICH
NIETZSCHE. Ode. Ins Deutsche übertragen von Otto Frei.
herrn von Taube. 400 numerierte Exemplare auf Büttenpapier.
In Pappband M. 7.—, in Pergament M. 12.—
BALZAC, HONORE DE: DAS MÄDCHEN MIT DEN GOLD.
AUGEN. Deutsche Umdichtung von Ernst Hardt. soo nu-
merierte Exemplare auf Holländisch Bitten, mit einer Initiale
und zehn Einschaltbildern (auf Kaiserlich Japan). Einband- und
Vorsatzzeichnung von Marcus Behmer. In Pergament M. 20.—
156
_ = ланча. =_= n d
— тыйыла EEE Ee, Ee, EE ee D
BAUDELAIRE, CHARLES: BLUMEN DES ВО5ЕМ. Іп deutsche
Verse übertragen von Wolf Graf von Kalckreuth. Titel, Vignetten
und Einband gezeichnet von Н. Wilh. Wulf. 850 numerierte
Exemplare. Nr. 1—50: auf Büttenpapier, in Pergament М. 14.—,
Nr. 51—850: geheftet M. 5.—, in Leder M. 7.—
BEARDSLEY, AUBREY: UNTER DEM HÜGEL. Eine roman-
tische Novelle, Deutsche Übertragung von R. A. Schröder. Mit
einer Zeichnung von Beardsley. 500 numerierte Exemplare. Kar-
toniert M. 3.—, in Wildleder M. 6.—
(GLEIM, J. L. W.): PREUSSISCHE KRIEGSLIEDER IN DEN
FELDZUGEN 1756 UND 1757 VON EINEM GRENADIER.
Mit Melodien. (Mit einem Vorbericht von Lessing.) Berlin 1759,
bey Christian Friedrich Voß. Mit acht Notenbeilagen und ge-
stochenem Titelkupfer. Neudruck in 350 Exemplaren mit einem
Nachwort von Georg Witkowski. In Leder M. 20.—
GRÖBEN, OTTO FRIEDRICH VON DER: GUINEISCHE REISE-
BESCHREIBUNG. Nebst einem Anhange der Expedition in
Morea. Marienwerder, gedruckt durch Simon Reinigern. Anno
1694. In Quarto, mit 16 Vollbildern. Neudruck in 500 nume-
rierten Exemplaren, mit einem Geleitwort von C. Grotewold und
drei neuen Bildertafeln. In Halbpergament M. 18.—
Dies älteste deutsche Kolonialbuch schildert die Begründung der
ersten deutschen Niederlassung in Westafrika unter dem Großen
Kurfürsten.
HARDT, ERNST: AUS DEN TAGEN DES KNABEN. Gedichte.
Mit Widmungsinitiale von Marcus Behmer und einer Zeichnung
von Jan Toorop. Geheftet M. 4.—, in Pergament M. 6.—
HEINSE, WILHELM, PETRONIUS: DIE BEGEBENHEITEN DES
ENKOLP. Herausgegeben von Carl Schüddekopf. Vorzugsaus-
gabe: 140 numerierte Exemplare auf Büttenpapier. In Lederband
mit Seidenvorsatz M. 20.— |
HOFMANN, LUDWIG VON: TANZE. ZwölfOriginallithographien.
Mit einem Prolog von Hugo von Hofmannsthal. 200 numerierte
Exemplare. In Mappe M. 200.—
157
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER WEISSE FACHER. Ein
Zwischenspiel. Mit vier Holzschnitten von Edward Gordon Craig.
800 numerierte Exemplare. Мг. 1—50: auf Japanpapier, іп Perga-
ment mit Seidenvorsatz, in Seidenkapsel М. 50.—; Nr. $ 1— 800:
auf Büttenpapier, in Halbpergament M. 20.—
SCHLEGEL, FRIEDRICH: LUCINDE. Berlin 1799. — FRIED-
RICH SCHLEIERMACHERS VERTRAUTE BRIEFE UBER
LUCINDE. Berlin 1800. Mit einer Einleitung von Rudolf Frank.
500 numerierte Exemplare. Іп Pappband М. 10.—
SCHRODER, RUDOLF ALEXANDER: ELYSIUM. Ein Buch Ge-
dichte. 300 numerierte Exemplare, in Pergament. Nr. 1—25
auf Pergament M. 50.—; Nr. 26—300 auf Büttenpapier М. 8.—
SCHROTER, CORONA: FÜNF UND ZWANZIG LIEDER, in
Musik gesetzt. Weimar 1786. Quer 4°. Faksimile-Neudruck in
Photolithographie mit einem Nachwort von Leopold Schmidt.
225 numerierte Exemplare. In Pappband M. 22.—
Dieser Band enthält u. a. den ersten Druck und zugleich die erste
Komposition von Goethes Erlkönig.
VERLAINE, PAUL: AUSGEWÄHLTE GEDICHTE. Deutsche
Übertragung von Wolf Graf von Kalckreuth. Zeichnung дег
Vignetten, des Titels und des Einbandes von H. Wilhelm Wulf.
850 numerierte Exemplare. Nr. 1— 100: auf Büttenpapier, іп Perga-
ment М, 12.—; Nr. 101—850: geheftet M. 4.—; in Leder M. 6.—
DIE INSEL. ALMANACHE
DIE INSEL, EINE MONATSSCHRIFT. Herausgegeben von
O. J. Bierbaum, A. W. Heymel und В. A. Schröder. Gewóhnliche
Ausgabe, Jahrgang I—III (1899—1902) in zehn Halbpergament-
bánden mit Mappenwerk M. 160.—
Einzeln kónnen nur noch geliefert werden:
Jahrgang I auf Ee ef . M. 200.—
dern
auf van M. 150.—
Jahrgang II auf van Geldern . M. 60.—
— gewöhnliche Ausgabe M. 30.—
INSEL-MAPPE. Vierzig Originaldrucke in Holzschnitt, Lithographie
und Radierung sowie Reproduktionen in Lichtdruck von und
158
nach Baum, Delacroix, Denis, Dürer, van Eyck, Geyger, Guys, |
Hokio, Kunisada, Liebermann, Manet, Nicholson, Pisanello, Rodin,
Thoma, Vogeler, Zuloaga u.a. In Mappe M. 30.—
INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1907. Mit vier Beilagen
von Ludwig von Hofmann, Franz von Bayros, Peier Behrens.
Titel- und Umschlagrahmen von Rudolf Alexander Schröder, die
Schrifttitel von Heinrich Wieynck. Kartoniert M. —-.50
INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1908. Mit drei Beilagen
von Ludwig von Hofmann und Edward Gordon Craig. Doppeltitel
und Umschlag von F. W. Kleukens, künstlerischer Schmuck von
Heinrich Vogeler, Е. В. Weiß, Walter Tiemann usw. Geheftet
M. —.80, in Pappband М. 1.20. Vorzugsausgabe: 500 Exemplare
auf Büttenpapier, in Pappband mit Japanüberzug М. 3.—
Der Insel-Almanach auf das Jahr 1906 ist vergriffen.
DAS INSEL-BUCH. (Mit Beiträgen von Bierbaum, Blei, Dehmel,
Liliencron, Rilke, Walser, Wedekind u. a. und Zeichnungen von
` Behmer, Gaskin, Heine, Valotton, Weiß u. a.) Geheftet М. 1.—,
in Leder M. 2.—
GESAMMELTE WERKE UND GRUPPEN
In der Wilhelm Ernst-Ausgabe Deutscher Klassiker sind
bisher erschienen:
GOETHES SÄMTLICHE WERKE: ROMANE UND NOVELLEN,
vollständig in zwei Bänden. (Der Werke I. und Il. Band.) Heraus-
gegeben von Hans Gerhard Gräf und Carl Schüddekopf. In Leder
M. 11.— |
GOETHE: AUS MEINEM LEBEN. DICHTUNG UND WAHR-
HEIT. (Der Werke ІП. Band.) Herausgegeben von Kurt Jahn.
In Leder M. 6.—
GOETHE: ITALIENISCHE REISE; KAMPAGNE ІМ FRANK-
REICH 1792; BELAGERUNG VON MAINZ 1793. (Der Werke
IV. Band.) Herausgegeben von Kurt Jahn. In Leder M. 6.—
KORNERS WERKE, in einem Bande. Herausgegeben von Werner
Deetjen. In Leder M. 3.50
159
SCHILLERS SÄMTLICHE WERKE in 6 Bänden. Herausgegeben
von Albert Köster und Max Hecker. In Leder М. 24.—, mit Leder-
kasten М. 27.--
SCHOPENHAUERS SAMTLICHE WERKE: DIE WELT ALS
WILLE UND VORSTELLUNG. (Der Werke I. und II. Band.)
Herausgegeben von Eduard Grisebach. In Leder M. 9.—
SCHOPENHAUERS KLEINERE SCHRIFTEN. (Der Werke
Ш. Band.) Herausgegeben von Max Brahn. In Leder M. 6.—
HEINSE, WILHELM: SAMTLICHE WERKE. In 10 Banden. Erste
vollständige und kritische Ausgabe von Carl Schüddekopf. Leisten
und Vignetten von Th. Th. Heine. Jeder Band geheftet M. 6.—,
in Halbleder M. 8.—, in Ganzleder M. 9.—
Bisher sind erschienen und werden einzeln abgegeben:
Band II: Die Begebenheiten des Enkolp. Die Kirschen. Erzählungen.
Band III, I. Abteilung: Laidion oder die Eleusinischen Geheimnisse.
Kleine Schriften 1.
Band III, II. Abteilung: Kleine Schriften II.
Band IV: Ardinghello und die glückseligen Inseln. Zweite Auflage.
Band V und VI: Hildegard von Hohenthal.
Band VII: Tagebücher, erster Band.
Band IX: Briefe, erster Band; bis zur italienischen Reise.
RIMBAUD, ARTHUR: LEBEN UND DICHTUNG. Übertragen
von K. L. Ammer, eingeleitet von Stefan Zweig. Mit einem Bildnis
Rimbauds in Heliogravüre. Titel- und Einbandzeichnung von
Walter Tiemann. Geheftet М. 6.—, in Leinen М. 7.—
WIELANDS WERKE. Drei Bände. Neue Taschenausgabe, aus-
gewählt, revidiert und eingeleitet von Dr. Franz Deibel. Titel-
und Einbandzeichnungen von Walter Tiemann. In Leder M. 15.—,
in Pergament M. 20.—
Erster Band: Goethes Rede auf Wieland; Kleine Verserzählungen.
— Zweiter Band: Oberon. — Dritter Band: Die Abderiten.
Die Bände sind auch einzeln unter besonderen Titeln erschienen
und kosten: Band I und Band II: geheftet je M. 3.—, in Leder
je M. 4.50, in Pergament je M.6.—; Band III: geheftet M. 4.50,
in Leder M. 6.—, in Pergament M. 8.—
160
met ————H— H——— ыа — ui А WEE. EEE 2 арцы —
WILDE, OSCAR: DIE BALLADE VOM ZUCHTHAUSE ZU
READING VON C. 3. 5. In memoriam С. T. W., weiland
Reiter in der Königlichen Leibgarde, hingerichtet in Ihrer
Majestät Gefängnis am 7. Juli 1896. Deutsche Übertragung von
Wilhelm Schölermann. Vierte Auflage. In Pappband M. 2.—
WILDE, OSCAR: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY. Ein
Roman. Übertragen von Hedwig Lachmann und Gustav Landauer.
Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Zweite Auflage. Ge-
heftet M. 4.—, in Leinen M. 5.—, in Leder M. 8.—
WILDE, OSCAR: GEDICHTE (Die Sphinx; aus den »Poemsc).
Deutsche Übertragung von Gisela Etzel, Mit Titelholzschnitt von
Marcus Behmer und Einbandzeichnung von K. Schmoll v. Eisen-
werth. Geheftet M. 6.—, in Halbpergament М. 8.—
WILDE, OSCAR: DAS GESPENST VON CANTERVILLE UND
FÜNF ANDERE ERZAHLUNGEN (Der glückliche Prinz; Die
Nachtigall und die Rose; Der egoistische Riese; Der ergebene
Freund; Die bedeutende Rakete) Deutsche Übertragung von
Franz Blei. Doppelseitige Titelzeichnung, fünf Vollbilder, sechs
Initiale und Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler. Auf englisch
Bütten. Geheftet M. 8.—, in Halbpergament M. 10.—
WILDE, OSCAR: ZWEI GESPRÁCHE VON DER KUNST UND
VOM LEBEN (Vom Verfall des Lügens; Kritik als Kunst). Uber-
tragen von Hedwig Lachmann und Gustav Landauer. Geheftet
M. 4.—, in Halbleder M. 6.— |
WILDE, OSCAR: DAS GRANATAPFELHAUS. Vier Märchen
(Der junge Kónig; Der Geburtstag der Infantin; Der Fischer
und seine Seele; Das Sternenkind). Deutsche Übertragung
von Felix Paul Greve. Dritte Auflage. Mit vier Vollbildern,
Initialen, Vignetten und Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler.
Geheftet M. 6.—, in Halbpergament M. 8.—
WILDE, OSCAR: DIE ROMANTISCHE RENAISSANCE (Der
Vortrag: Uber die englische Renaissance; Das Geleitwort zu
Rose Leaf and Apple Leaf; Die letzte Prüfung; Aphorismen).
Deutsche Übertragung mit einer Einleitung von Franz Blei.
Titelzeichnung von Walter Tiemann. In Halbleder M. 4.—
161
WILDE, OSCAR: SALOME. Ттарбйе in einem Akt. Deutsche
Übertragung von Hedwig Lachmann. Mit Doppeltitel, zwei Voll
bildern und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Fünfte Auflage.
Geheftet М. 2.—, іп Pappband M. 3.—
WILDE, OSCAR: SALOME. Tragödie in einem Akt. Deutsche
Übertragung von Hedwig Lachmann. Mit 1% Zeichnungen von
Aubrey Beardsley in der Originalgröße. 825 numerierte Exemplare.
Nr. 1— 100: auf echtem Јарапраріег, in Leder mit Seidenvorsat:
gebunden, іп Seidenkapsel M. 40.—; Nr. 101—825: Text auf van
Geldern-Büttenpapier, Bilder auf Strathmore-Japan, in Halbleder
M. 14.—, in Ganzleder M. 20.—
IN MEMORIAM OSCAR WILDE (Lehren und Sprüche und
Gedichte іп Prosa von Wilde; Essais über Wilde von André Gd,
Ernest la Jeunesse, Arthur Symons und Franz Blei). Übertragen
und eingeleitet von Franz Blei. Zweite geänderte und vermehrt
Auflage. Geheftet M. 3.—, in Pergament M 4.— |
GEDICHTE UND EPEN |
ВЕТНСЕ, HANS: DIE CHINESISCHE FLOTE. Nachdichtungen
chinesischer Lyrik. Titel- und Einbandzeichnung von E. R. Weij.
Іп Pappband M. 5.—
|
BIERBAUM, OTTO JULIUS: DER NEU BESTELLTE ІКЕ-
GARTEN DER LIEBE, UM ETLICHE GÄNGE UND LAUBEN
VERMEHRT. Verliebte, launenhafte, moralische und andere Ge
dichte, Lieder und Sprüche aus den Jahren 1885—1905. Schmuck
und Umschlag von Heinrich Vogeler. 7.—ı0. Tausend (des
Den 41.—44. Tausend). Geheftet M. 2.—, in Pappband
M. 3.—, in Leder M. 5.—
CARDUCCI, GIOSUÈ: AUSGEWÄHLTE GEDICHTE. In
Deutsche übertragen von Bettina Jacobson. Mit Einbandzeichnun
von Hedda Harms. Geheftet M. 4.50, in Leinen M. 5.50
HEYMEL, ALFRED WALTER: ZEITEN. Ein Buch nn
Geheftet M. 4.—, in Pappband M. 5.—
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DIE GESAMMELTEN Се
DICHTE. Zweite Auflage. Titel- und Einbandzeichnung von
Eric Gill. Geheftet M. 4.—, in Halbpergament М. 6.— |
162
VON: AUS-
HOFMANSWALDAU, CHRISTIAN HOFMAN
ERLESENE GEDICHTE. Mit einer Einleitung herausgegeben
von Felix Paul Greve. Geheftet M. 2.50, in Halbpergament
^M. 3.50
HUCH, RICARDA: NEUE GEDICHTE. Geheftet M. 3.50, i
Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bildern der Original
ausgaben und einer Einleitung in Versen von Otto Julius Bier-
baum. Zeichnung der Zierstücke, des Titels und des Einbandes
von Walter Tiemann. Zweite Auflage. Іп Pappband M. 6.—.
. VForzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare auf van Geldern-
2 Büttenpapier. In Schweinsleder M. 25.—
ОМАК СНАЈЈАМ VON NESCHAPUR, КОВАЛ)АТ. Aus dem
^. Englischen des Edward Fitzgerald іп deutsche Verse übertragen
von б. D. Gribble. Nachwort von Franz Blei. Titel, Einband
und Initiale von Marcus Behmer. Geheftet M. 7.—, іп Papp-
band M. 8.—, in Leder M. 12.—
PETRARCA, FRANCESCO: SONETTE. Ausgewählt, übersetzt
und eingeleitet von Bettina Jacobson. Mit Titelzeichnung nach
^ altitalienischem Muster und Porträt des Dichters in Lichtdruck
aus dem Codex Liber rerum memorandarum. Geheftet M. 3.50,
Leder M. 6—
KORTUM, KARL ARNOLD: DIE JOBSIADE. Ein komisches
|. in Ganzpergament M. 5.50
"RILKE, RAINER MARIA: NEUE GEDICHTE (aus den Jahren
1905—1907). Geheftet M. 4.50, in Halbleder M. 6.50
“RILKE RAINER MARIA: DAS STUNDENBUCH. (Enthaltend
die drei Bücher: Vom mönchischen Leben; Von der Pilger-
schaft; Von der Armut und vom Tode.) Mit Titel und Initiale
. von Walter Tiemann. Zweite Auflage. In Pappband М. 3.50
JOHANNES SECUNDUS: DIE KÜSSE UND DIE FEIERLICHEN
ELEGIEN. Mit Goethes Gedicht „An den Geist des Johannes
. Secundus". Deutsch von Franz Blei. Mit einer Titelvignette
^ in Kupferdruck. In Halbpergament M. 5.—
. VOGELER-WORPSWEDE, HEINRICH: DIR. Gedichte. Zweite
Auflage. Mit vom Künstler neu gezeichnetem Einband- und
Vorsatzpapier. Auf Büttenpapier, іп Halbpergament М. 10.—
163
|
|
ZWEIG, STEFAN: DIE FRÜHEN KRANZE. Gedichte. Titel.
und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Geheftet M. 3.50.
in Leder M. 6.—
ROMANE, NOVELLEN UND SONSTIGE PROSA
AENEAS SYLVIUS PICCOLOMINI (später Papst Pius IL)
EURYALUS UND LUKREZIA. Ein Roman. Aus dem Latei-
nischen übertragen von Konrad Falke. Titel nach einem alt.
venezianischen Holzschnitt. Geheftet M. 5.—, in Halbpergament
M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Bütten-
papier, in Pergament M. 20.—
BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DAS DEKAMERON. Drei Bände.
Vollständige Ausgabe, unter Zugrundelegung der Schaumschen
Übertragung von 1823 durchgesehen und ergänzt von K. Mehring.
Titelrahmen und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Zweite
Auflage. Geheftet M. 10.—, in Leder M. 15.—
BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DIE LIEBENDE FIAMETTA.
Vollstándige Ausgabe, unter Zugrundelegung der Übersetzung
von Sophie Brentano bearbeitet von K. Berg. Titelrahmen und Ein
bandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 3.50, in Leder
M. 5.—
BORCHARDT, RUDOLF: DAS BUCH JORAM. Geheftet M. 1.—,
in Halbpergament M. 2.—
CERVANTES, MIGUEL DE: DIE NOVELLEN. Zwei Bande.
Vollständige deutsche Ausgabe, auf Grund älterer Übertragungen
bearbeitet von Konrad Thorer, eingeleitet von Felix Poppenberg.
Titel- und Einbandzeichnung von Carl Czeschka. Geheftet M. 8.—,
in Leinen М. 10.—, in Leder M. 12.—. Vorzugsausgabe : 100
numerierte Exemplare auf Bitten, іп Maroquinleder M. 24.—
DROSTE-HÜLSHOFF, ANNETTE VON: DIE JUDENBUCHE.
Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen. Mit einem
Nachwort von Paul Ernst. Titel- und Einbandzeichnung von
Walter Tiemann. Geheftet М. 2.—, in Leinen M. 3.—
164
FLAUBERT, GUSTAVE: DREI ERZAHLUNGEN ‚(Ein schlichtes
Herz; Die Sage von Sankt Julianus; Herodias). Übertragen von
M in Halb- l | :
| i
Ernst Hardt. Zweite Auflage. Geheftet М. 3.50,
pergament M. 5.— .
HALLSTROM, PER: EINE ALTE GESCHICHTE. Deutsche Über
tragung von Francis Maro. Mit Zierleisten und Vignetten von
Heinrich Vogeler. Geheftet M. 4.—, іп Halbpergament M. 5.50 |
© HALLSTROM, PER: FRÜHLING. Deutsche Übertragung von
Mit Zierleisten von Heinrich Vogeler. Geheftet
Francis Maro.
M. 4.—, in Halbpergament M. 6.—
. HALLSTROM, PER: EIN GEHEIMES IDYLL. Deutsche Über
Titel- und Einbandzeichnung nach
tragung von Francis Maro.
altvenetianischem Muster. Geheftet M. 4.—, in Leinen M. 5.—
: HALLSTROM, PER: DER TOTE FALL. Ein Roman. Deutsche /
: Ubertragung von Francis Maro. Geheftet М. 3.—, іп Pappband |
; М. 4. е М
' HALLSTRÖM, РЕК: VERIRRTE VÖGEL. Deutsche Übertragung
Titelrahmen- und Einbandzeichnung nach |
; !
von Francis Maro. |
Geheftet M. 4.—, in Leinen M. 5.—
; A altvenetianischem Muster.
* HIRSCHFELD, GEORG: EIN REQUIEM. Novelle. Titel und
Initiale gezeichnet von Lina Burger. Geheftet M. 3.- in Leinen |
М.4.--
HOFFMANN, Е. Т. А.: DAS KREISLERBUCH. Texte, Compo
sitionen und Bilder. Zusammengestellt von Hans von Müller. Mit l ң
drei Bilder- und einer Noten-Beilage. Umschlag und Einband
mit Zeichnungen Hoffmanns zum »Kater Murr« in Lithographie
Geheftet М. 6.—, іп Pappband M. 7.—
і
HUCH, RICARDA: VITA SOMNIUM BREVE. Mit Initialen von
Heinrich Vogeler und einem Titelbilde nach Arnold Böcklin іп
| Heliogravüre. Dritte Auflage. Geheftet M. 6.—, in Leder M. 8.—
HUCH, RUDOLF: HANS DER TRAUMER. Ein Roman. Mit
Zierleisten und Vignetten nach alten Meistern. Geheftet M. 4.— '
in Leinen M. 5.—, in Leder M. 6.—
KIERKEGAARD, SÖREN: DAS TAGEBUCH DES VERFÜHRERS
Erste vollständige deutsche Übertragung von Max Dauthendey.
165
Iz
L
Zweite Auflage. Mit einer Titelzeichnung von Walter Tiemann.
Geheitet M. 5.—, in Pappband M. 6.—
LERMONTOFF, MICHAEL: EIN HELD UNSERER ZEIT. Ein
Roman. Deutsche Ubertragung aus dem Russischen von Michael
Feofanoff. Mit Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann.
Geheftet M. 3.—, in Leinen M. 4.—, in Leder M. 5.—
LEVERTIN, OSCAR: AUS DEM TAGEBUCH EINES HERZENS
UND ANDERE ROKOKO-NOVELLEN. Deutsche Ubertragung
von Francis Maro. Titelzeichnung von Karl Walser. Geheftet
M. 4.—, in Leinen M. 5.—
LIEBESBRIEFE EINES ENGLISCHEN MÄDCHENS. Autorisierte
deutsche Übertragung von Carl Vollmöller. Mit der Rückentitel-
zeichnung des englischen Originals. Geheftet M. 4.—, in Leder
M. 6.—
MICHAELIS, KARIN: BACKFISCHE. Eine Sommererzählung.
Deutsche Übertragung von Mathilde Mann. Geheftet M. 4.—,
in Ganzleinen M. 5.—
MORIKE, EDUARD: MOZART AUF DER REISE NACH PRAG.
Eine Novelle. Mit Doppeltitel von Walter Tiemann. Geheftet
M. 2.50, in Leder M. 4.—
MURGER, HENRI: DIE BOHEME. Szenen aus dem Pariser
Künstlerleben. Deutsche Übertragung von Felix Paul Greve. Mit
Titelzeichnung und fünf Vollbildern von Franz von Bayros. Се-
heftet M. 8.—, in Leder M. 12.—
MUSSET, ALFRED DE: BEICHTE EINES KINDES SEINER
ZEIT. Deutsche Übertragung von Heinrich Conrad. Initiale von
Heinrich Vogeler. Geheftet M. 5.—, in Leder M. 7.—
NOVELLEN, ALTITALIANISCHE. Zwei Bande. Ausgewahlt und
übersetzt von Paul Ernst. Mit venezianischen Titelholzschnitten,
Initialen und Zierstücken aus dem 14. Jahrhundert. Zweite Auflage.
Geheftet М. 6.—, in Pappbänden М. 8.—. Vorzugsausgabe: 200
Exemplare auf Büttenpapier, in Pergament M. 20.—
PONTOPPIDAN, HENRIK: HANS IM GLÜCK. Ein Roman in
zwei Bänden. Aus dem Dänischen übertragen von Mathilde
Mann. Dritte Auflage. Geheftet M. 8.—, in Leinen M. 10.—
166
PREVOST D'EXILES, ABBE: GESCHICHTE DER MANON
LESCAUT UND DES CHEVALIER DES GRIEUX. Deutsche
Übertragung von Julius Zeitler. Gedruckt auf holländischem
Bütten; die vier Vollbilder und der Titel, von Franz von Bayros
gezeichnet, auf Kaiserlichem Japanpapier. Geheftet М. 8.—, in
Leder М. 10.—, in Pergament M. 15.—
RILKE, RAINER MARIA: GESCHICHTEN VOM LIEBEN GOTT.
Dritte Auflage. Geheftet M. 3.—, in Leinen М. 4.—
SODERBERG, HJALMAR: HISTORIETTEN. Deutsche Über-
tragung von Francis Maro. Geheftet M. 2.50, in Leinen M. 3.50
SODERBERG, HJALMAR: MARTIN BIRCKS JUGEND. Deutsche
Übertragung von Francis Maro. Mit Titelzeichnung von Heinrich
Vogeler. Geheftet M. 2.—, in Leinen M. 3.—
STIFTER, ADALBERT: STUDIEN. Neue vollständige Taschen-
ausgabe in zwei Bänden. Mit einer Einleitung von Johannes
Schlaf. Doppeltitel und Einband von Karl Walser. In Leinen
M. 6.—, in Leder M. 8.—, in Pergament M. 10.—
HENRICH STILLINGS JUGEND. EINE WAHRHAFTE GE-
SCHICHTE. Mit einem Nachwort von Franz Deibel. Titel-
vignette und Titelkupfer nach Chodowiecki. In Pappband М. 4.—
DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN NÄCH-
TEN. Erste vollständige deutsche Ausgabe in zwölf Banden, auf
Grund der Burtonschen englischen Ausgabe besorgt von Felix
Paul Greve. Mit einer Einleitung von Hugo von Hofmannsthal
und einer Abhandlung von Professor Karl Dyrof über Ent.
stehung und Geschichte des Werks. Titel- und Einbandzeichnung
von Marcus Behmer. Geheftet М. 60.—, in Leinen M. 72.—, іп
Leder M. 84.—
TURGENJEFF, J.: GEDICHTE IN PROSA. Deutsche Übertragung
von Th. Comichau, Mit Titel und Vignetten von Heinrich Vogeler.
Geheftet M. 1.—, in Leinen M. 2.—, in Leder M. 2.50
WALSER, ROBERT: FRITZ KOCHERS AUFSÁTZE. Mitgeteilt
von R. W. Mit elf ganzseitigen Zeichnungen und Titelzeich-
nung von Karl Walser. Geheftet M. 3.50, in Leder M, 5.—
167
DRAMEN
BROWNING, ROBERT: AUF EINEM BALKON. — IN EINER
GONDEL. Deutsche Übertragung von F. С. Gerden. Titel- und
Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet М. 3.—, іп
Leder M. 4.50
BROWNING, ROBERT: PARACELSUS. Deutsche Ubertragung
von Felix Paul Greve. Mit Einbandzeichnung von Walter Tiemann.
Geheftet M. 4.—, іп Pappband М.%.- in Leder M. 6.—
BROWNING, ROBERT: DIE TRAGODIE EINER SEELE.
Deutsche Übertragung von F. C. Gerden. Titel- und Einband-
zeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 3.—, in Leder M. 4.50
GIDE, ANDRÉ: DER KONIG CANDAULES. Drama in drei
Akten. Deutsche Umdichtung von Franz Blei. Geheftet M. 4.—,
in Leinen M. 5.—
HARDT, ERNST: NINON VON LENCLOS. Drama in einem Akt.
Doppelseitige Titelzeichnung, Eingangs- und Schlußvignette von
Marcus Behmer. Geheftet M. 3.50, in Ganzpergament M. 6.—
HARDT, ERNST: TANTRIS DER NARR. Drama in finf Akten.
Eingangsblatt, Titel und Einband gezeichnet von Marcus Behmer.
Geheftet M. 3.—, in Pappband M. 4.—. Vorzugsausgabe: 35 nume-
пепе Exemplare auf Büttenpapier, in Pergament М. 20.—
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: KLEINE DRAMEN. Zwei
Bände. Titel- und Einbandzeichnung von Егіс Gill. (Band I:
Gestern; Der Tor und der Tod; Der weiße Fächer. Band II:
Das Bergwerk zu Falun; Der Kaiser und die Hexe; Das kleine
Welttheater.) Geheftet М. 8.—, in Halbpergament М. 12.-
Beide Bände werden in besonderer Ausstattung auch einzeln ab-
gegeben: Geheftet је М. 4.—, іп Halbpergament je M. 6.—
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER TOD DES TIZIAN. Ein
dramatisches Fragment. Vierte Auflage. Geheftet M. 1.—, in
Pappband M. 1.80
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER TOR UND DER TOD.
Ein dramatisches Gedicht. Achte Auflage. Titelvignette und
Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler. Geheftet M. 2.—, іп
Pappband mit Buntpapierüberzug M. 3.—
168
|
РОССІ, FRANZ GRAF: LUSTIGES KOMODIENBUCHLEIN.
' Zwei Bande. In Auswahl neu herausgegeben von P. Dr. E. (od i
Schmidt und K. v. Rózycki. Mit vielen Bildern, zum Teil nach f
Mit Einbandzeichnung |
| F
unveróffentlichten Zeichnungen Poccis.
von F. W. Kleukens. Geheftet M. 7.—, іп Halbpergament М. 10.—
BRIEFE UND ANDERE LEBENSDOKUMENTE
ARNIM, BETTINA VON: DIE GÜNDERODE. Taschenausgabe
in zwei Bänden. Herausgegeben und eingeleitet von Paul Ernst.
Titelrahmen und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Ge-
heftet M. 7.—, in Leinen M. 9.—, in Leder M. 10.—
| CLEMENS BRENTANOS FRÜHLINGSKRANZ, aus Jugendbriefen i
ihm geflochten [von Bettina von Arnim], wie er selbst schriftlich |
verlangte. Taschenausgabe in zwei Banden. Eingeleitet von Paul
| Ernst, mit Anmerkungen und Register von Heinz Amelung. Titel
Zweite Auflage.
!
und Einbandzeichnung von Walter Tiemann.
Geheftet M. 6.—, in Leinen M. 8.—, in Leder M. 10.—
DIDEROT, DENIS: BRIEFE AN SOPHIE VOLAND. Ubertragen
von Vally Wygodzinski. Titel- und Einbandzeichnung von Walter
Tiemann. Geheftet M. 5.—, in Pergament M. 7.—
Ge-
i
DIE BRIEFE DER FRAU RATH GOETHE. Zwei Bande.
sammelt und herausgegeben von Albert Koster. Mit einem Brief-
faksimile. Vierte, vermehrte Auflage. Geheftet M. 10.—, in
` A Halbfranz M. 14.— ;
і
i
' BRIEFE VON GOETHES MUTTER. Ausgewählt und eingeleitet
von Albert Köster. Mit einer Silhouette der Frau Rath. 11.—20.
|
Tausend. Іа Pappband М. 2.—
|
GOETHES BRIEFE AN CHARLOTTE VON STEIN. Vollständige
Ausgabe in drei Bänden. Herausgegeben von Julius Petersen. Mit
drei Silhouetten. Titel, Einband- und Vignettenzeichnung von
Heinrich Vogeler-Worpswede. Zweite Auflage. Geheftet M. 7.—,
in Leinen M. 10.—, in Leder M. 14.—
169
Kë cU
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OR
= pope
E.
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AS = E
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CH
GOETHE IM GESPRÄCH. In Auswahl [ohne die mit Eckermann
geführten Gespräche] herausgegeben von Franz Deibel und Friedrich
Gundelfinger. Dritte Auflage. Geheftet M. 5.—, in Leinen M. 6.—,
in Leder M. 8.—. Vorzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare auf
echtem Büttenpapier, in zwei Pergamentbänden M. 20.—
Enthält и. a. die Gespräche mit Schiller, Wieland, Herder, Schlegel,
Napoleon, Voss, Riemer, Boiserée, Kanzler von Müller, Sovet, Felix
Mendelssohn-Bartholdy.
GOETHES ТОР. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen, heraus-
gegeben von Carl Schüddekopf. Mit sechs Faksimiles und Licht-
drucken. Geheftet M. 4.—, in Pappband M. 5.—
SOREN KIERKEGAARDS VERHALTNIS ZU SEINER BRAUT.
Briefe und Aufzeichnungen aus seinem Nachlaß, herausgegeben
von Henriette Lund. Übertragung von Е. Rohr. Mit Titel- und Ein-
bandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 1.50, in Leinen
M. 2.50, in Pergament M. 3.—
DAS LEBEN DES THÜRINGISCHEN PFARRERS JOHANNES
LANGGUTH, von ihm selbst aufgezeichnet. Nach der Hand-
schrift aus dem Jahre 1665 herausgegeben von Reinhard Buch-
wald. Mit einem Titelbilde nach einem Kupferstich des 17. Jahr-
hunderts. Geheftet M. 2.—, іп Pappband M. 2.50
LARSEN, KARL: SCHWESTER MARIANNA UND IHRE
LIEBESBRIEFE. Ins Deutsche übertragen von Mathilde Mann.
Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet
M. 4.50, in Pergament M. 7.50
FRIEDRICH NIETZSCHES GESAMMELTE BRIEFE. Bisher vier
Bande.
Band I: Briefe an Wilhelm Pinder, Gustav Krug, Paul Deussen,
von Gersdorf, Dr. Carl Fuchs, Frau Marie Baumgartner, Frau
Louise O., Freiherrn von Seydlitz, Bürgermeister Munker, Theodor
Opitz, Karl Knortz, Frau Professor Vischer-Heussler, Freifrau von
Seydlitz, Dr. Otto Eiser, Dr. Romundt, Frau Appellationsrat Pinder.
erantsien von Elisabeth Forster-Nietzsche und Peter Gast.
Band II: Briefwechsel mit Erwin Rohde. Herausgegeben von Elisabeth
Förster-Nietzsche und Fritz Schill.
Band III: Briefwechsel mit Fr. Rietschl, J. Burckhardt, H. Taine,
G. Keller, Freiherrn von Stein, G. Brandes, H. von Bülow, H. von
170
Senger, М. von Meysenbug. Herausgegeben von Elisabeth Forster.
Nietzsche, Curt Wachsmuth und Peter Gast.
Preis der Bände I—III geheftet je M. 10.—, іп Leinen je M. 11.— -
. Band IV: Briefe an Peter Gast. Herausgegeben von Peter Gast. Ge- - |
heftet М. 9.--, іп Ігіпеп М. 10.— | j
: BRIEFE AN FRITZ VON STEIN. Herausgegeben und eingeleitet
von Ludwig Rohmann. Geheftet M. 4.—, in Leinen M. 5.—
Enthält Briefe aus dem Goethekreise, besonders von Charlotte von Stein, | |
Karl und Amalie von Stein, Sophie von Schardt u. a.
t
4
ESSAYS UND KUNSTSCHRIFTEN
KASSNER, RUDOLF: DER TOD UND DIE MASKE. Gleich
Mit Initialen nach alten Meistern. Geheftet M. 3.50, in
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" ere wg —
Disse,
Pappband М. 4.50.
MEIER-GRAEFE, JULIUS: COROT UND COURBET. Ein Bei
trag zur Entwickelungsgeschichte der modernen Malerei. Mit
In Pappband M. 8.—
re
d " ~» —— .
17 Abbildungen.
MEIER-GRAEFE, JULIUS: DER JUNGE MENZEL. Ein Problem
der Kunst- Ókonomie Deutschlands. Mit alten Menzelschen Holz-
schnitten. Geheftet M. 6.—, in japanischem Leinen M. 7.50 |
| PATER, WALTER: IMAGINARE PORTRAITS. Deutsche
Übertragung von Felix Hübel. Mit Initialen nach altvenetia | i
nischen Mustern. Geheftet M. 5.—, in Leinen M. 6.50
PATER, WALTER: DAS KIND IM HAUSE. Ein imaginäres
Portrait. Deutsche Übertragung von Felix Hübel. Auf Englisch
Bütten mit Zierleisten und Vorsatz von Heinrich Vogeler. Geheftet
M. 1.—, іп Halbpergament M. 2.—, im Ganzpergament M. 3.—
VAN DE VELDE, HENRY: VOM NEUEN STIL. Mit einer Titel
vignette des Künstlers. Geheftet M. 5.50, in Halbpergament M. 5.—
UND DIE KONIGLICHE
Geheftet
WERNEKKE, HUGO: GOETHE
KUNST. Mit zehn Vollbildern und zwei Faksimiles
M. 5.—, in Leinen M. 6.—
Behandelt erschöpfend Goethes Verhältnis zum Freimaurerbunde
171
\ CES CE
INHALT DES ALMANACHS
KALENDARIUM FÜR 1909 . . . . .
AUS BÜCHERN UND ÜBER BÜCHER
Zwei Sprüche des Lao-Tse. Der chinesischen
Urschrift nachgedacht von Alexander Ular
Frühe hochdeutsche Gedichte. Übertragen
von Karl Wolfskehl Cr
Aus »Tausendundeine Nacht«: Die Се-
schichte vom Kalifen Omar bin al-Khattab
und dem jungen Badawi. Ubertragen von
Felix Paul Greve . EE
Felix Poppenberg: Cervantesglosse
F. H. Ehmcke: Titelzeichnung zu Boccaccio,
Das Leben Dantes (verkleinert) . Шы 2%
Älteste Rübezahl-Geschichten, nach Praeto-
rus (1662—1665) ........
Napoleons Besuch іп Weimar und Jena іт
Herbst des Jahres 1808. Mit drei Tafeln
Aus Goethes Tagebüchern . . . . . .
Goethe: Carl Lehmanns Buchbinderarbeiten
Vier Gedichte von Marianne von Willemer
Jugendsilhouette von Marianne von Willemer
Wilhelm Herzog: Heinrich von Kleist .
Aus dem Briefwechsel zwischen Clemens
Brentano und Sophie Mereau . . . .
Titelbild aus der Originalausgabe von »Des
Knaben Wunderhorn« (1808) . . . .
Hugo von Hofmannsthal: Honoré de Balzac
Ricarda Huch: Das Risorgimento .
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Aus Elizabeth Brownings Sonetten nach dem
Portugiesischen. Ubertragen von Rainer
Maria Rilke А ste Ета %
Zwei Briefe Friedrich Nietzsches an Mutter
und Schwester d.e avc, 5
Drei Gedichte von Rainer Maria Rilke .
Zwei Gedichte von Alfred Walter Heymel
Stefan Zweig: Brief eines deutschen Malers
aus Italien . "T +A ЖЕ. ге
Karl Scheffler: Empfindsames Reisen. Als
Einleitung zu dem Buche »Paris« .
Einschalt-Bild: Aus der Mappe »Pariser
Szenen« von Ernst Matthes (verkleinert)
R. A. Schróder: Aus dem Buche »Neapel«
Drei Gedichte von Otto Freiherrn von Taube
Drei kleine Lieder von Paul Verlaine. Uber-
tragen von Ernst Hardt . . . . . .
BUCHER AUS DEM INSEL-VERLAGE .
Schlufivignette von Aubrey Beardsley zu
Popes »Lockenraub« D 26. a «А2 i
DER VIERTE JAHRGANG DES INSEL-
ALMANACHS WURDE REDIGIERT
VON ANTON KIPPENBERG. TITEL,
RAHMEN UND UMSCHLAG
ZEICHNETE F. H. EHMCKE.
DER DRUCK ERFOLG-
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RICHTER IN
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DREHE SICH JEDER
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Goethe
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"Neujahr [Neujahr [Neujahr — | |
Sonntag S. n. Neujahr S. n. Neujahr
Montag Enoch, D. Genovefa
Dienstag Methusalem Titus
Mittwoch Simeon Telesphorus
Donnerstag | Heil. 3 Kónige | Heil. 3 Kónige
Freitag Melchior Lucian
Sonnabend Balthasar Severinus
I. S. n. Epiph.
Paulus Eins.
Erhard
Reinhold
Hilarius
Felix
Habakuk
2. 5. п. Epiph.
Antonius
Priska
Ferdinand
Fab., Seb.
Agnes
Vincentius
1. S. n. Epiph.
Agathon
Hyginus
Arcadius
Gottfried |
Felix
Maurus
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
2. S. n. Epiph.
Antonius
Petri Stuhlf.
Canut
Fab., Seb.
Agnes
Vincenz
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
23 | Sonntag Septuagesima Septuagesima
24 | Montag Timotheus Timotheus
15 | Dienstag Pauli Bek. Pauli Bekehrung
16 | Mittwoch Polycarp Polycarpus
Donnerstag | Joh. Chrysost. Joh. Chrysost.
Freitag Karl Karl d. Gr.
Sonnabend Samuel Franz v. Sales
Sonntag Sexagesima Sexagesima
Montag Valerius | Petr. Nolasc.
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Montag
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Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
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Freitag
Sonnabend
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Mar. Reinigung
Blasius
Veronika
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Fastnacht
Aschermittwoch
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Euphrosyne
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Valentinus
Formosus
Quatember
Constantin
Concordia
Susanna
Reminiscere
Eleonora
Casimir
Reinhard
Matthias
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Nestor
Andreas Cors.
Quinquagesima
Romuald
Fastnacht
Aschermittwoch
Scholastica
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Sonntag
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Donnerstag
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Prudentius
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Rosina
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Isabella
Cyriacus
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Anselmus
Joseph
Palmarum
Benedictus
Casimir
Eberhard
Griindonnerstag
Karfreitag
Emanuel
Ostersonntag
Ostermontag
Eustachius
Guido
Amos
Albinus
Simplicius
Mittfasten
Adrianus
Friedrich
Lätare
Thomas v. A.
Joh. de Deo
Franziska
40 Märtyrer
Eulogius
Gregor d. Gr.
Judica
Mathilde
Longinus
Heribert
Gertrud
Cyrillus
Joseph
Palmarum
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Gründonnerstag
Karfreitag
Ludgerus
Ostersonntag
Ostermontag
Eustachius
Quirinus
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Freitag Theodora Hugo
Sonnabend Theodosia Fr. v. Paula
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*
3 | Sonntag Quasimodogen.
4 | Montag Ambrosius Isidorus
5 | Dienstag Maximus Vinc. Ferrer
6 | Mittwoch Sixtus Cólestinus
7 | Donnerstag | Cölestin Hermann
8 | Freitag Heilmann Albert
9 | Sonnabend Bogislaus Mar. Cleophä
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ro | Sonntag Miseric. Dom. | Miseric. Dom.
11 | Montag Hermann Leo d. Gr.
12 | Dienstag Julius Julius
13 | Mittwoch Justinus Hermenegild
14 | Donnerstag | Tiburtius Raimund
15 | Freitag Olympiades Anastasia
16 | Sonnabend Carisius Drogo
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17 | Sonntag Jubilate Jubilate
18 | Montag Florentin Eleutherius
19 | Dienstag Hermogenes . Werner
20 | Mittwoch Sulpitius Victor
21 | Donnerstag | Adolph Anselm
22 | Freitag Lothar Soter u. Caj.
23 | Sonnabend Georg Georg
*
24 | Sonntag Cantate Cantate
25 | Montag Marcus Еу. Marcus Еу.
26 | Dienstag Raimarus Cletus
27 | Mittwoch Anastasius Anastasius
28 | Donnerstag | Therese Vitalis
29 | Freitag Sibylla Petrus M.
3o | Sonnabend Josua Kathar. v. S.
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Sonnabend
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Rogate
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Florian
Himmelfahrt
Dietrich
Gottfried
Exaudi
Hiob
Gordian
Mamertus
Pankratius
Servatius
Christian
Pfingstsonntag
Pfingstmontag
Jobst
Quatember
Potentiana
Anastasius
Prudens
Trinitatis
Desiderius
Esther
Urban
Eduard
Beda
Wilhelm
I. S. n. Trinit.
Wigand
Petronilla
Rogate
Athanasius
+ Erfindung
Monica
Himmelfahrt
Joh. v. d. Pf.
Stanislaus
Gregor Naz.
Antoninus
Mamertus
Pankratius
Servatius
Bonifacius
Pfingstsonntag
Pfingstmontag
Ubaldus
Quatember
Petr. Cólestin
Bernardin
Felix
F. d. h. Dr.
Desiderius
Johanna
Urban
Fronleichnam
Beda
2. S. n. Pfingst.
Ferdinand
Petronilla
LULI oder HEUMOND
Freitag Theobald Theobald
Sonnabend Maria Heims. Maria Heims.
I
2
*
3 | Sonntag 6. S. n. Trinit. 7. S. n. Pfingst.
4 | Montag Anselmus Ulrich
5 | Dienstag Ulrich Numerianus
6 | Mittwoch Jesaias Jesaias
7 | Donnerstag | Demetrius Willibald
. 9| Freitag Kilian Kilian
9 Sonnabend Cyrillus Cyrillus
Sonntag 7. S. n. Trinit. 8. S. n. Pfingst.
11 | Montag ` Pius Pius
із | Dienstag Heinrich Joh. Gualbert
ІЗ | Mittwoch Margaretha Margaretha
14 | Donnerstag | Bonavent. Bonaventura
15 | Freitag Apostel Th. Apostel Theil.
Walter Maria v.B.
Sonnabend
17 | Sonntag 8. S. n. Trinit. 9. S. n. Pfingst.
18 | Montag Carolina Friedericus
19 | Dienstag Ruth Vinc. v. Paula
20 | Mittwoch Elias Margarethe
21 | Donnerstag | Daniel Praxedes
22 | Freitag Maria Magd. Maria Magd.
23 | Sonnabend Albertine Apollinaris
24 | Sonntag 9. S. n. Trinit. 10. S. n. Pfingst.
15 | Montag Jakobus Jakobus
26 | Dienstag Anna Anna
27 | Mittwoch Berthold Pantaleon
28 | Donnerstag | Innocenz Innocenz
29 | Freitag Martha Martha
30 | Sonnabend | Beatrix Abdon
балар | ror Sim Tanie | or Sym Pingo
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Montag Petri Kettenf.
Petri КесепЕ
2 | Dienstag Portiuncula Portiuncula
3 | Mittwoch Augustus Stephan Auff.
4| Donnerstag | Perpetua Dominicus
5 | Freitag Dominicus Maria Schnee
6 | Sonnabend Verkl. Christi Verkl. Christi
ж
7 | Sonntag 11. S. n. "Trinit. | 12. S. n. Pfingst.
8| Montag Ladislaus Cyriacus
9 | Dienstag Romanus Romanus
го | Mittwoch Laurentius Laurentius
іт | Donnerstag | Titus Tiburtius
12 | Freita Clara Clara
13 Sonnabend Hildebrand Hippolytus
*
14 | Sonntag 12. S. n. Trinit. | 13. S. n. Pfingst.
1$ | Montag Marii Himmelf. | Mariä Himmel£,
16 | Dienstag Isaak : Rochus
17 | Mittwoch Bertram Liberatus
18 | Donnerstag | Emilia Helena
19 | Freitag Sebald Sebald
зо | Sonnabend | Bernhard Bernhard
*
21 | Sonntag 13. S. n. Trinit. | r4. S. n. Pfingst.
22 | Montag Oswald Timotheus
23 | Dienstag Zachäus Philipp Benit.
24 | Mittwoch Bartholomäus Bartholomäus
25 | Donnerstag | Ludwig Ludwig
26 | Freitag Irenäus Zephyrinus
27 | Sonnabend Gebhard Rufus
ж
28 | Sonntag 14. S. n. Trinit. | 15. S. n. Pfingst.
29 | Montag Joh. Enthaupt. | Joh. Enthaupt.
3o | Dienstag Denjamin Rosa
31 | Mittwoch Rebekka Raimund
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SEPTEMBER oder HERBSTMOND
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ı | Donnerstag | Aegidius Aegidius
2 | Freitag Rahel, Lea Stephan
3 | Sonnabend | Mansuetus Mansuetus Ө
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4 | Sonntag 15. S. n. Trinit. | 16. S. n. Pfingst.
$ | Montag Nathanael Victorin
6 | Dienstag Magnus Magnus
7 | Mittwoch Regina Regina
8| Donnerstag | Mariä Geb. Mariä Geb.
9 | Freitag Bruno Georgonius
ds Sonnabend Sosthenus Nicol. v. Tol.
11 | Sonntag | 16. 8. п. Trinit. | 17. S. n. Pfingst.
із | Montag Ottilie Guido
13 Dienstag Christlieb Maternus
14 | Mittwoch Kreuz-Erhöhung | Kreuz-Erhöhung
15 | Donnertag Constantia Nicomedes
16 | Freitag Euphemia Corn. u. Cypr.
17 Sonnabend Lambert Lambertus
18. S. n. Pfingst.
Januarius
Eustachius
Quatember
Moritz
Thekla
Joh. Empf.
17. S. n. Trinit.
Januarius
Friederike
Quatember
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
25 | Sonntag 18. S. n. Trinit. | 19. S. n. Pfingst.
26 | Montag Cyprianus Cyprianus
27 | Dienstag Cosmas Cosm. u. Dam.
28 | Mittwoch Wenzeslaus Wenzeslaus
29 | Donnerstag | Michael Michael
30 | Freitag Hieronymus Hieronymus
HANC ШНЕКТІ ЖЕК
ius
Remig
19. S. n. Trinit.
20. S. n. Pfingst.
Ewald
Candidus Қ
Franz ranz d
Fides Placidus e
Onnerstag | Charitas Bruno s
7 | Freitag Spes Marcus P. S
8 Sonnabend Ephraim |
ru - zs кедені Ee
| Ss a 20
20. S. n. Trinit.
21. S. n. Pfingst.
Amalia
Franz Borgia .
Burchard
Onnerstag
Freitag
15 | Sonnabend
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16 | Sonntag 21. S. n. Trinit. 22. S. n. Pfingst.
17 Florentin Hedwig N
18 | Di Lucas Lucas Ey. vj
19 | Mittwoch Prolemäus Petrus v. Alc. x
20 Donnerstag Wendelin Wendelin
21 | Freitag Ursula Ursula |
22 | Sonnabend Cordula Cordula
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22. $, n. Trinit.
Salome
23. $. n. Pfingst.
25 Dienstag Adelheid
Raphael
Crispin
26 Amandus varistus
27 | Donnersta Sabina Sabina
28 | Freita Sim., Juda Sim., Juda
29 | Sonnabend Engelhard Narcissus
3 5 Sonntag 23. S. n. Trinit.
31 | Montag Reformat.-Fest
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| NOVEMBER oder WINDMOND
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1 | Dienstag Aller Heiligen | Aller Heiligen
2 | Mittwoch Aller Seelen Aller Seelen o
3| Donnerstag | Gottlieb Hubert
4 | Freitag Charlotte Carl Borrom.
5 Sonnabend Erich Emmerich
6 | Sonntag 24. S. n. Trinit. | 25. S. n. Pfingst.
7| Montag Erdmann Engelbert
8 | Dienstag Claudius 4 Gekr. Mirt
9| Mittwoch Theodorus Theodorus
io | Donnerstag | Marth. Luth. Andreas Avel. )
11 | Freitag Martin B. Martin, B.
E Sonnabend Kunibert Martin, P.
13 | Sonntag 25. S. n. Trinit. | 26. S. n. Pfingst.
14| Montag Levinus Jucundus
15 | ‚Dienstag Leopold Leopold
16 | Mittwoch Allgem. Bußtag | Edmund
17| Donnerstag | Hugo Greg. Taum. ©)
18 | Freitag Gelasius Otto
19 Sonnabend | Elisabeth Elisabeth
20 | Sonntag Totenfest 27. S. n. Pfingst.
21 | Montag Maria Opfer Mariä Opfer
22 | Dienstag Alphonsus Eugen
23 | Mittwoch Clemens Clemens С
24 | Donnerstag | Chrysogonus Chrysogonus
25 | Freitag Katharina Katharina
16 Sonnabend Conrad Conrad
37 | Sonntag I. Advent 1. Advent
28 | Montag Günther Sosthenes
29 | Dienstag Noah Saturnin
' $e | Mittwoch Andreas Andreas
Tot. 2 o m: ——— m »-
D - 9 — d lc: - «шынын.
DEZEMBER oder CHRISTMOND |
use а.
Donnerstag Arnold Eligius
2 | Freitag Candidus Bibiana
3 Sonnabend | Cassian Franz Xaver
4 | Sonntag
5 | Montag Abigail Sabbas
6 | Dienstag Nikolaus Nikolaus
7 | Mittwoch Antonia Ambrosius
8 | Donnerstag | Mariä Empf. Mariä Empf.
9 | Freitag Joachim Leocadia
de Sonnabend | Judith Melchiades
11 | Sonntag 3. Advent 3. Advent
ı2 | Montag Epimachus Epimachus |
13 | Dienstag Lucia Lucia
14 | Mittwoch Quatember Quatember
15 | Donnerstag | Johanna Eusebius |
16 | Freitag Ananias Adelheid |
ı7 I Sonnabend Lazarus Lazarus |
А |
18 | Sonntag 4. Advent 4. Advent |
19 | Montag Abraham Nemesius | |
20 | Dienstag Ammon Ammon :
21 | Mittwoch Thomas Thomas А. |
22 | Donnerstag | Beate Flavian
23 | Freitag Ignatius Victoria |
24 | Sonnabend Adam, Eva Adam, Eva
ж
25 | Sonntag Christfest Christfest
26 | Montag Stephanus Stephanus |
27 | Dienstag Joh. Evang. `
28 | Mittwoch Unsch. Kindl.
29 | Donnerstag | Jonathan
30 | Freitag David
31 | Sonnabend | Sylvester Sylvester
LESER, WIE GEFALL ICH DIR?
LESER, WIE GEFALLST DU MIR?
EMILE VERHAEREN: DER BAUM
WIG allein
Im Winterfrost wie im Sonnenschein,
Begrünten Stammes und fröstelnd-nackt,
Von der Stille gekost, vom Wetter gepackt,
Ewig hält er das niedre Land
Mit der Größe und Wucht seines Lebens gebannt.
Gleiche Felder sieht er seit Hunderten Jahren,
Die gleiche Arbeit, die gleiche Saat,
Die Augen derer, die einstens waren,
Belauschten ihn schon und die heimliche Tar,
Wie langsam Ring an Ring im Stamme schwoll
Und breite Zweige aus der Rinde grünten. |
Ruhig und hoheitsvoll
Sah er auf sie, wenn sie der Arbeit dienten.
Klingende Nester wuchsen auf in seinen Ästen.
Er barg am Tag des Schattens blaue Flut,
Und den Verliebten war zu stillen Festen
An goldnen Abenden sein Dunkel traut und gut.
Nach seinen Tränen, nach seinem Glanz
Messen die Bauern das Wetter am Morgen.
Er weiß alle Wunder und Heimlichkeiten,
Die in den wilden Wolken verborgen,
Und kennt die Pfade der Sonne ganz,
Der einsame Hüter vergangener Zeiten
Des traurigen Lands.
Doch wie diese Erinnerung auch sei,
Die noch in seinem Holze währt,
Wenn sich erst Januar zu Ende neigt
Und junger Saft im Stamme aufwärts gärt,
Dann reckt er sich hoch und hält den Segen
Seiner Äste, zitternd und neu, —
Trunkene Blätter, ekstatische Hände! —
Mit einem unendlichen Jubelschrei
Der Zukunft entgegen.
Dann flicht
Er der flirrenden Blatter zartes Gezwirne
Mit rieselnden Fäden aus Regen und Licht.
Er preßt seine Knoten, renkt Zweige ein
Und hebt mit Stolz seine wachsende Stirne
In den besiegten Himmel hinein.
Sein Wurzelwerk wühlt sich von Schacht zu Schacht
Und trinkt den Teich und die Erde trocken,
Daß er selbst oft erschrocken
Anhält von der wühlenden Arbeit Macht,
Die er in der Tiefe schweigend vollbracht.
Allein — wie viele Kämpfe, hart und ungezahlr,
Eh ihn sein Trotz zu solcher Kraft gestahle!
O, die Schwerter des Winds, die schweren Gewitter,
Die seine Krone mit Blitzen durchspellten,
Des Hagels scharfe, schneidende Splitter
Und der eisig fressende Rost der Kälte!
Doch, ob auch der Schmerz seine Fasern durchnagte,
Es war keine Stunde, da er verzagte,
Weil er treu
Und hartnäckig wollte,
Daß er mit jedem Frühling neu
In doppelter Schönheit aufblühen sollte.
Im Herbst, als ihn schon helles Gold umglühte,
Ging ich oft hin zu diesein hohen Stamme
Mit meinen alten Schritten, die schon müde
Geworden, wenn sie auch noch riistig sind.
Und staunte auf, wie — eine rote Flamme —
Sein Laubwerk lodernd flo im Wind.
In seinen Wipteln schienen Millionen
Von fremden Seelen leisen Sangs zu wohnen.
Ich ging zu ihm, die Augen heiß von Feuer,
Ich rührte ihn mit meinen Fingern und
Erstaunte, wie sein Schwanken ungeheuer
Verbebte tef bis in der Erde Grund.
Ich preßte meine Brust an seinen Schaft
Mit solcher Liebe an und solcher Glut,
Dab seine Melodie, sein Sein und seine Kraft
Aufquoll und tief verstrómte in mein Blut.
Da fühlte ich mich seinem vollen Leben nah,
Ich drangte mich an ihn wie einer seiner Aste,
Und ihn belauschend spürt ich da,
Ich liebte jetzt das Licht, die Wälder mehr,
Die weiten Flächen und der Wolken Heer,
Dem Schicksal scemmt ich mich mit neuer Feste;
Ich sehnte mich, das All an mich zu raffen,
Die Muskeln fühlt ich wundersam geschnellt
Und jauchzte auf: „Gott hat die Kraft erschaffen,
Daß sich der Mensch zu kühner Tat begeistert;
Sie ist es, die noch Edens Schlüssel hält,
Sie ist die Faust, die alle Türen meistert!“
Und glühend küßte ich den harten Stamm,
Und heimwärts wandernd durch die trauervollen
Gelande nach der roten Abendflamme
Fühlte ich erst, wie heiß aus meiner Brust die tollen
Schreie unsagbaren Gltickes quollen.
Nachdichtung von Stefan Zweig.
EIN NEUJAHRSBRIEF WILHELM VON HUM-
BOLDTS AN CHARLOTTE DIEDE
Tegel, 4. Januar 1831.
A ich jetzt wenige Briefe selbst schreibe, so fiel es mir
auf, als ich die Jahrzahl hinkritzelte, denn wirklich nur
Kritzeln kann ich mein jetziges Schreiben nennen, dab ich
dies in diesem Jahre zum erstenmale thue. Nehmen Sie denn
also auch, liebe Charlotte, meinen herzlichen Glückwunsch
an. Möge nichts Aeußeres Widerwärtiges Ihnen zustoßen,
und mögen Sie immer die néthige Stärke haben, Sich die innere
Ruhe zu erhalten, wenn sie, wie man bei menschlichen Schick-
salen nie eine sichere Bürgschaft dagegen hat, einmal bedrohet
würde. Nach der Art, wie die Menschen, vorzüglich der
höheren Stände leben, hat, genau genommen, der Jahres-
wechsel seine wahre Bedeutung verloren. Im Grunde fängt
mit jedem Tage ein neues Jahr an. Nur die Jahrszeiten
machen einen wirklichen Abschnitt. Diese aber haben bei
uns kaum auf mehr, als unsre Annehmlichkeit und Bequem-
lichkeit Einfluß. Mir ist aber demohngeachtet ein neues Jahr
. immer eine Epoche, die mich aufs neue in mir selbst sammelt.
Ich übersehe, was ich gethan habe, etwa noch thun móchte, ich
gehe mit meinen Empfindungen zu Rathe, misbillige oder
billige, befestige mich in alten, mache neue Vorsätze und
bringe so gewöhnlich die ersten Tage des Jahrs müßig und .
arbeitslos zu. Ich lächle dann selbst, daß ich die guten Vor-
2I
sitze mit Müßiggang verbringe, aber es ist nicht sowohl
Müßiggang, als MuDe, und diese ist bisweilen heilsamer, als
Arbeit. Worauf aber diese periodischen Betrachtungen immer
und gleichmäßig zurückkommen, ist eine Freude, daß ein Jahr
mehr sich an das Leben angeschlossen hat. Es ist dies keine
Sehnsucht nach dem Tode. Diese habe ich schon darum nicht,
weil ja Leben und Tod, unabänderlich mit einander zusammen-
hängend, nur Entwicklungen desselben Daseyns sind, und es
also unüberlegt und kindisch seyn würde, in demjenigen, was
moralisch und physisch seine Zeitpunkte der Reife haben
muß, durch beschränkte Wünsche etwas ändern und verrücken
zu wollen. Es ist auch nicht, ja noch viel weniger Ueberdrub
am Leben. Ich habe dieselbe Empfindung іп den genußreichsten
Zeiten gehabt, und jetzt da ich gar keiner äußeren Freude
recht empfänglich bin, wenigstens keine suche, aber still in
mir und in der Erinnerung lebe, kann ich noch weniger dem
Leben einen Vorwurf zu machen haben. Aber der Verlauf
der Zeit hat in sich für mich was Erfreuliches. Die Zeit ver-
läuft doch nicht leer, sie bringt, und nimmt, und läßt zurück.
Man wird durch sie immer reicher, nicht gerade an Genuß,
aber an etwas Höherem. Ich meine damit nicht gerade die
bloße trockne Erfahrung, nein es ist eine Erhöhung der Klar-
heit und der Fülle des Selbstgefühls, man ist mehr das, was
man ist, und ist sich klarer bewußt, wie man es ist und wurde.
Und das ist doch der Mittelpunkt für des Menschen jetziges
und künftiges Daseyn, also das Höchste und Wichtigste für
ihn. Das wird Ihnen, liebe Charlotte, mehr und besser zeigen,
wie ich es meine, wenn ich das Alter der Jugend vorziehe.
Mein eigentlicher Wunsch wäre aber, daß ich allein alt würde,
und Alles um mich her jung bliebe. Damit würden auch die
Anderen zufrieden seyn, und gegen diese Selbstsucht keine
22
Te ee we asp —M ná—— A ee, — — --
Einwendung machen. Ganz im Ernste zu sprechen, obgleich
auch das mein Ernst ist, ich meine nur in dem Ernste zu
sprechen, den auch andre dafür nehmen würden, so bin
ich weit entfernt zu verkennen, daß die Jugend im ge-
wissen und im wahren Sinne eigentlich nicht bloß schöner
und anmuthiger, sondern auch in sich mehr und etwas
Hoheres ist, als das Alter. Eben weil wenig Einzelnes ent-
wickelt ist, wirkt das Ganze mehr als solches, auch ent-
wickelt das Leben nicht immer alle Anlagen, oft nur
wenige, und da ist dann die Jugend wirklich mehr. Auch
liegt da іп beiden Geschlechtern ein ргойег Unterschied.
Dem Mann wird es viel leichter, den Schein und selbst
die Wirklichkeit zu gewinnen, als sey er im Alter mehr
und viel mehr geworden. Man schätzt in ihm viel mehr die
Eigenschaften, die wirklich dem Alter mehr angehören, und
erläßt ihm die Frische und den Reiz der jüngeren Jahre. Er
kann immer Mann bleiben, und sogar mehr werden, wenn er
auch die körperliche Kraft sehr einbüßt. Bei Frauen ist das
nicht ganz so der Fall, und die Strenge der Willensherrschaft,
die Höhe der freiwilligen Selbstverläugnung, durch die das
weibliche Alter sich eine so jugendliche Kraft erhalten kann,
haben nur wenige den Muth sich anzueignen. Allein auch in
Frauen bewahrt das Alter Vieles, was man in ihrer Jugend
vergebens suchen würde, und was jeder Mann von Sinn und
Gefühl vorzugsweise schätzen wird... In demjenigen, was
Sie über den Unterschied zwischen der neueren Geschichte
und dem Alterthume sagen, stimme ich Ihnen vollkommen
bei. Man befindet sich auf einem ganz andren Boden im
Alterthum. Es ergieng zwar den Menschen in jenen fernen
Jahrhunderten auch wie uns jetzt. Aber die Verhältnisse
waren natürlicher, einfacher, und wurden, was die Haupt-
23
sache ist, frischer aufgenommen, ergriffen, behandelt und
umgestaltet. Auch ist die Darstellung würdiger, hinreißender,
und vor allem poetischer. Die Poesie war damals noch wahre
Natur, nicht eine Kunst, sie war noch nicht geschieden von
der Prosa. Dies poetische Feuer, diese Klarheit anschaulicher
Schilderung verbreitet sich nun für uns über das ganze Alter-
thum, das wir nur durch diesen Spiegel kennen. Denn aller-
dings müssen wir uns sagen, daß wir wohl manches anders
und schöner sehen, als es war. Ich will damit nicht geradezu
sagen, daß die Art, wie die Dinge erzählt werden, unrichtig
sey. Das nicht. Allein das Colorit ist ein andres, wir sehen
die Menschen und ihre Thaten in anderen Farben. Auch
fehlen uns eine Menge kleiner Details, wir sehen nicht Alles,
oft nur die hervorstechenden, wenn auch nicht mit Fleiß aus-
gewählten Züge. So wird Alles überraschender und colos-
saler. — Ich vermuthe, daß Sie bei dem schönen, gelinden
und oft sonnigen Wetter auch täglich Ihren Garten besuchen.
Ich lasse keinen Tag ohne Spatziergang vorübergehen. DieSonne
aber entgeht mir bisweilen, da ich mich in meinem Spatzieren-
gehen nicht nach ihr richte. Ich gehe immer Sommers-und
Winters am Nachmittag, und die Sonne versteckte sich in diesen
Tagen hier am Mittag in Nebel. Meine Gesundheit, denn ich
sehe, daß ich noch nicht von ihr gesprochen, ist sehr gut. Ich
habe bis jetzt in diesem Winter nicht einmal einen Schnupfen
gehabt. Ich könnte also nur über Altersschwächen klagen; diese
sindabernatürlich, undich ertrage sie ohne mich über siezu wun-
dern. — Ich bitte Sie, liebe Charlotte, Ihren nächsten Brief am
25. dieses Monats zur Post zu geben. Leben Sie nun recht wohl,
und rechnen Sie immer auf meineunveränderte Theilnahme. Н.
Aus Wilhelm von Humboldt; Briefen an eine Freundin, zum erstenmal
nach den Handschriften herausgegeben von Albert Leitzmann.
24
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HUGO VON HOFMANNSTHAL: AUS DER FREIEN
ÜBERTRAGUNG DER „ALKESTIS“ DES EURIPIDES
PROLOG
Stimme auf der Gartenmauer, von einer leisen Musik begleitet,
halb Gebet, halb Lied
O liebst du nicht mehr dies gastliche Haus, `
Phöbos Apollon?
Und liebtest es doch und hast einst nicht verschmäht,
Phöbos Apollon,
Hier dienend im Hause, ein weidender Hirt,
Zu führen die Herde auf Heide und Hald
Und mit tönendem Rohr zu berauschen den Wald,
Herr, Phöbos Apollon!
Da kamen die Lüchse und weideten mit,
Da folgten die Lowen dem Klang und dem Schritt
In feuerfarbenem Rudel,
Gebunden von süßer Gewalt,
Um deine Zither die bunten Reh
Hintanzten und ließen für deine Näh
Den dunklen schweigenden Wald!
Vergißt du, Apollon, so bald,
Die sterblichen Menschen so bald?
NÄNIE AN DER BAHRE DER ALKESTIS
Die älteren Frauen, rezitativisch
Es pflücken die Menschen die Früchte des Lebens,
Die Wunder der Weite, die Wunder der Nähe.
Sie saugen den Zauber der Töne aus Flöten
Und Königsgedanken aus Träumen der Nacht.
27
Sie fahren im hohen Wagen des Leben:
Mit stolzen Stirnen den Wunderweg,
Da springt gegen sie mit eichener Keule
Und schlágt sie nieder das stumme Geschick.
Die jüngeren Frauen
Wir dürfen nicht fragen, wir könnens nicht fassen!
O Бгесһес die Früchte, umschlinget einander,
Beladet mit Leben die fliehenden Stunden,
Mit Lachen und Liebe, mit Herrschaft und Lust!
Was frommen die duftenden, goldnen Sandalen,
Was frommen die Spangen, was frommen die Blumen,
Um nieder ins Dunkel zu folgen dem Tod?
Gesang der Sklavinnen
Nicht des Geiers Schwingen schlage
Ihr ums Haupt, die wilden, Tod,
Flieg ihr auf den Mund, ein Falter,
Schwarz und still im Abendrot!
Führ sie nicht die schlimmen Wege
Zu der blutigen Schatten Schar,
Laß sie gehn auf Dämmerwiesen,
Träumerei und Mohn іт Haar!
Aus dem Jahrbuch „Hesperas“.
J. G. FICHTE: MARTIN LUTHER UND DIE
DEUTSCHE NATION
AS aus Asien stammende und durch seine Verderbung
erst recht asiatisch gewordene, nur stumme Ergebung
28
und blinden Glauben predigende Christentum war schon fiir
die Römer etwas Fremdartiges und Ausländisches; es wurde
niemals von ihnen wahrhaft durchdrungen und angeeignet
und teilte ihr Wesen in zwei nicht aneinander passende Halften,
wobei jedoch die Anfügung des fremden Teils durch den an-
gestammten schwermütigen Aberglauben vermittelt wurde.
An den eingewanderten Germaniern erhielt diese Religion
. Zéglinge, in denen keine frühere Verstandesbildung ihr hinder-
lich war, aber auch kein angestammter Aberglaube sie be-
günstigte, und so wurde sie denn an dieselben gebracht als
ein zum Römer, das sie nun einmal sein wollten, eben auch
. gehöriges Stück ohne sonderlichen Einfluß auf ihr Leben.
Daß diese christlichen Erzieher von der altrómischen Bildung
und dem Sprachverständnisse als dem Behälter derselben nicht
mehr an diese Neubekehrten kommen ließen, als mit ihren
Absichten sich vertrug, versteht sich von selbst. Als später-
hin die echten und unverfalschten Denkmale der alten Bildung
in die Hände dieser Völker fielen und dadurch der Trieb,
selbsttätig zu denken und zu begreifen, in ihnen angeregt
wurde, so mußte, da ihnen teils dieser Trieb neu und frisch war,
teils kein angestammtes Erschrecken vor den Göttern ihm das
Gegengewicht hielt, der Widerspruch eines blinden Glaubens
und der sonderbaren Dinge, welche im Verlaufe der Zeiten
zu Gegenständen desselben geworden waren, dieselben weit
härter treffen denn sogar die Römer, als an diese zuerst das
Christentum kam. Einleuchten des vollkommnen Wider-
. Spruchs aus demjenigen, woran man bisher treuherzig geglaubt
“hat, erregt Lachen; die, welche das Rätsel gelöst hatten, lach-
ten und spotteten, und die Priester selbst, die es ebenfalls
gelöst hatten, lachten mit, gesichert dadurch, daß nur sehr
wenigen. der Zugang zur altertiimlichen Bildung als dem
29
Lösungsmittel des Zaubers offenstehe. Ich deute hiemit vor-
züglich auf Italien als den damaligen Hauptsitz der neu-
römischen Bildung, hinter welchem die übrigen neurömischen
Stämme in jeder Rücksicht noch sehr weit zurück waren.
Sie lachten des Truges, denn es war kein Ernst in ihnen,
den er erbittert hatte; sie wurden durch diesen ausschließen-
den Besitz einer ungemeinen Erkenntnis um so sicherer ein
vornehmer und gebildeter Stand und mochten es wohl leiden,
daß der große Haufe, für den sie kein Gemüt hatten, dem
Truge ferner preisgegeben und so auch für ihre Zwecke folg-
samer erhalten bliebe. Also nun, daß das Volk betrogen
werde, der Vornehmere den Betrug nütze und sein lache,
konnte es fortbestehen; und es würde wahrscheinlich, wenn
in der neuen Zeit nichts vorhanden gewesen wäre außer Neu-
römer, also fortbestanden haben bis ans Ende der Tage.
Nicht länger aber konnte der bisherige Zustand der Dinge
bestehen, sobald dieses Licht in ein in wahrem Ernste und
bis auf das Leben herab religiöses Gemüt fiel und wenn dieses
Gemüt von einem Volke umgeben war, dem es seine ernstere
Ansıcht der Sache leicht mitteilen konnte, und dieses Volk
Häupter fand, welche auf sein entschiedenes Bedürfnis etwas
gaben. So tief auch das Christentum herabsinken mochte, so
, bleibt doch immer in ihm ein Grundbestandteil, in dem Wahr-
heit ist und der ein Leben, das nur wirkliches und selbständiges
Leben ist, sicher anregt, die Frage: was sollen wir tun, damit
wir selig werden? War diese Frage auf einen erstorbenen
Boden gefallen, wo es entweder überhaupt an seinen Ort ge-
stellt blieb, ob wohl so etwas wie Seligkeit im Ernste mög-
lich sei, oder wenn auch das erste angenommen worden wäre,
dennoch gar kein fester und entschiedener Wille, selbst auch
selig zu werden, vorhanden war, so hatte auf diesem Boden
30
: die Religion gleich anfangs nicht eingegriffen in Leben und
: Willen, sondern sie war nur als ein schwankender und blasser
- Schatten im Gedächtnisse und in der Einbildungskraft be-
: fangen geblieben; und’ so mußten natürlich auch alle fernere
: Aufklärungen über den Zustand der vorhandenen Religions-
тт
begriffe gleichfalls ohne Einfluß auf das Leben bleiben. War
: hingegen jene Frage in einen ursprünglich lebendigen Boden
. gefallen, so daß im Ernste geglaubt wurde, es gebe eine Selig-
. keit, und der feste Wille dawar, selig zu werden, und die von
me
der bisherigen Religion angegebnen Mittel zur Seligkeit mit
- innigem Glauben und redlichem Ernste in dieser Absicht ge-
; braucht worden waren, so mußte, wenn in diesen Boden, der
: gerade durch sein Ernstnehmen dem Lichte über die Be-
e
schaffenheit dieser Mittel sich lánger verschlofj, dieses Licht
zuletzt dennoch fiel, ein gräßliches Entsetzen sich erzeugen
: vor dem Betruge um das Heil der Seele, und die treibende
лы
Unruhe, dieses Heil auf andere Weise zu retten, und was als in
ewiges Verderben stiirzend erschien, konnte nicht scherzhaft
genommen werden. Ferner konnte der einzelne, den zuerst
: diese Ansicht ergriffen, keinesweges zufrieden sein, etwa
; nur seine eigne Seele zu retten, gleichgültig über das Wohl
. aller übrigen unsterblichen Seelen, indem er seiner tiefern
; Religion zufolge dadurch auch nicht einmal die eigne Seele ge-
: rettet hatte; sondern mit der gleichen Angst, die er um diese
fühlte, mußte er ringen, schlechthin allen Menschen in der
; Welt das Auge zu öffnen über die verdammliche Täuschung.
Auf diese Weise nun fiel die Einsicht, die lange vor ihm
sehr viele Ausländer wohl in größerer Verstandesklarheit ge-
habt hatten, in das Gemüt des deutschen Mannes Luther. An
altertümlicher und feiner Bildung, an Gelehrsamkeit, an
andern Vorzügen übertrafen ihn nicht nur Auslander, sondern
31
sogar viele іп seiner Nation. Aber ihn ergriff ein allmachtiger
Antrieb, die Angst um das ewige Heil, und dieser ward das
Leben in seinem Leben und setzte immerfort das letzte in die
Wage und gab ihm die Kraft und die Gaben, die die Nachwelt
bewundert. Mögen andere bei der Reformation irdische
Zwecke gehabt haben, sie hätten nie gesiegt, hätte nicht an
ihrer Spitze ein Anführer gestanden, der durch das Ewige be-
geisrert wurde; daß dieser, der immerfort das Heil aller un-
sterblichen Seelen auf dem Spiel stehen sah, allen Ernstes
allen Teufeln in der Hölle furchtlos entgegenging, ist natür-
lich und durchaus kein Wunder. Dies nun ist ein Beleg von
deutschem Ernst und Gemüt.
Daß Luther mit diesem rein menschlichen und nur durch
jeden selbst zu besorgenden Anliegen an alle und zunächst an
die Gesamtheit seiner Nation sich wendete, lag, wie gesagt,
in der Sache. Wie nahm nun sein Volk diesen Antrag auf?
Blieb es in seiner dumpfen Ruhe, gefesselt an den Boden
durch irdische Geschäfte und ungestört fortgehend den ge-
wohnten Gang, oder erregte die nicht alltägliche Erscheinung
gewaltiger Begeisterung bloß sein Gelächter? Keinesweges,
sondern es wurde wie durch ein fortlaufendes Feuer ergriffen
von derselben Sorge für das Heil der Seele, und diese Sorge
eröffnete schnell auch ihr Auge der vollkommnen Klarheit,
und sie nahmen auf im Fluge das ihnen Dargebotene. War
diese Begeisterung nur eine augenblickliche Erhebung der Ein-
bildungskraft, dieimLeben und gegen dessen ernsthafte Kämpfe
und Gefahren nicht standhielt? Keinesweges, sie entbehrten
alles und trugen alle Martern und kämpften in blutigen
zweifelhaften Kriegen, lediglich damit sie nicht wieder unter
die Gewalt des verdammlichen Papsttums gerieten, sondern
ihnen und ihren Kindern fort das allein seligmachende Licht
32
; des Evangeliums schiene; und es erneuten sich an ihnen in
. später Zeit alle Wunder, die das Christentum bei seinem Be-
: ginnen an seinen Bekennern darlegte. Alle Äußerungen jener
. Zeit sind erfüllt von dieser allgemein verbreiteten Besorgtheit
. um die Seligkeit. Sehen Sie hier einen Beleg von der Eigen-
tümlichkeit des deutschen Volkes. Es ist durch Begeisterung
zu jedweder Begeisterung und jedweder Klarheit leicht zu er-
heben, und seine Begeisterung hält aus für das Leben und ge-
staltet dasselbe um.
Auch früher und anderwärts hatten Reformatoren Haufen
des Volks begeistert und sie zu Gemeinen versammelt und
gebildet; dennoch erhielten diese Gemeinen keinen festen und
auf dem Boden der bisherigen Verfassung gegründeten Be-
stand, weil die Volkshäupter und Fürsten der bisherigen Ver-
fassung nicht auf ihre Seite traten. Auch der Reformation
durch Luther schien anfangs kein günstigeres Schicksal be-
. stimmt. Der weise Kurfürst, unter dessen Augen sie begann,
schien mehr im Sinne des Auslandes als in dem deutschen
weise zu sein; er schien die eigentliche Streitfrage nicht sonder-
lich gefaft zu haben, einem Streite zwischen zwei Mónchs-
orden, wie es ihm schien, nicht viel Gewicht beizulegen und
höchstens bloß um den guten Ruf seiner neu errichteten
Universität besorgt zu sein. Aber er hatte Nachfolger, die,
weit weniger weise denn er, von derselben ernstlichen Sorge
für ihre Seligkeit ergriffen wurden, die in ihren Völkern
lebte, und vermittelst dieser Gleichheit mit ihnen verschmol-
zen bis zu gemeinsamen Leben oder Tod, Sieg oder Unter-
gange.
Sehen Sie hieran einen Beleg zu dem Grundzuge der
Deutschen als einer Gesamtheit und zu ihrer durch die Natur
begründeten Verfassung. Die großen National- und Welt-
33
angelegenheiten sind bisher durch freiwillig auftretende
Redner an das Volk gebracht worden und bei diesem durch-
gegangen. Mochten auch ihre Fürsten anfangs aus Aus-
länderei und aus Sucht, vornehm zu tun und zu glänzen, wie
jene sich absondern von der Nation und diese verlassen oder
verraten, so wurden sie doch später leicht wieder fortgerissen
zur Einstimmigkeit mit derselben und erbarmten sich ihrer
Völker. Daß das erste stets der Fall gewesen sei, werden wir
tiefer unten noch an andern Belegen dartun; daß das letztere
fortdauernd der Fall bleiben möge, können wir nur mit heißer
Sehnsucht wünschen.
Ohnerachtet man nun bekennen muß, daß in der Angst
jenes Zeitalters um das Heil der Seelen eine Dunkelheit und
Unklarheit blieb, indem es nicht darum zu tun war, den äuße-
ren Vermittler zwischen Gott und den Menschen nur zu уег-
ändern, sondern gar keines äußern Mittlers zu bedürfen und
das Band des Zusammenhanges in sich selber zu finden, so war
es doch vielleicht notwendig, daß die religiöse Ausbildung
der Menschen im ganzen durch diesen Mittelzustand hindurch-
ginge. Luthern selbst hat sein redlicher Eifer noch mehr ge-
geben, denn er suchte, und ihn weit hinausgeführt über sein
Lehrgebäude. Nachdem er nur die ersten Kämpfe der Ge-
wissensangst, die ihm sein kühnes Losreißen von dem ganzen
bisherigen Glauben verursachte, bestanden hatte, sind alle
seine AuBerungen voll eines Jubels und Triumphs über die
erlangte Freiheit der Kinder Gottes, welche die Seligkeit ge-
wif nicht mehr auBer sich und jenseit des Grabes suchten,
sondern der Ausbruch des unmittelbaren Gefühls derselben
waren. Er ist hierin das Vorbild aller künftigen Zeitalter ge-
worden und hat für uns alle vollendet. — Sehen Sie auch hier
einen Grundzug des deutschen Geistes. Wenn er nur sucht,
34
so findet ег mehr, als ег suchte; denn ег регас hinein іп
den Strom lebendigen Lebens, das durch sich selbst fortrinnt
und ihn mit sich fortreift.
Dem Papsttume, dieses nach seiner eignen Gesinnung ge-
nommen und beurteilt, geschahe durch die Weise, wie die
Reformation dasselbe nahm, ohne Zweifel unrecht. Die Äuße-
rungen desselben waren wohl größtenteils aus der vorliegen-
den Sprache blind herausgegriffen, asiatisch rednerisch über-
treibend, gelten sollend, was sie könnten, und rechnend, daß
mehr als der gebührende Abzug wohl ohnedies werde gemacht
werden, niemals aber ernstlich ermessen, erwogen oder ge-
meint. Die Reformation nahm mit deutschem Ernste sie nach
ihrem vollen Gewichte; und sie hatte recht, daß man alles
also nehmen solle, unrecht, wenn sie glaubte, jene hätten es
also genommen, und sie noch anderer Dinge denn ihrer natür-
lichen Flachheit und Ungründlichkeit bezichtigte. Überhaupt
ist dies die stets sich gleichbleibende Erscheinung in jedem
Streite des deutschen Ernstes gegen das Ausland, ob dieses
sich nun außer Landes oder im Lande befinde, daß das lerztere
gar nicht begreifen kann, wie man über so gleichgültige Dinge,
als Worte und Redensarten sind, ein so großes Wesen erheben
möge, und daß sie, aus deutschem Munde es wieder hörend,
nicht gesagt haben wollen, was sie doch gesagt haben und
sagen und immerfort sagen werden, und über Verleumdung,
die sie Konsequenzmacherei nennen, klagen, wenn man ihre
Äußerungen in ihrem buchstäblichen Sinne und als ernstlich
gemeint nimmt und dieselben betrachtet als Bestandteile einer `
folgebeständigen Denkreihe, die man nun rückwärts nach
ihren Grundsätzen und vorwärts nach ihren Folgen herstellt
— indes man doch vielleicht sehr entfernt ist, ihnen für die
Person klares Bewußtsein dessen, was sie reden, und Folge-
35
beständigkeit beizumessen. In jener Anmutung, man müsse
eben jedwedes Ding nehmen, wie es gemeint sei, nicht aber
etwa noch darüber hinaus das Recht, zu meinen und laut zu
meinen, in Frage ziehen, verrät sich immer die noch so tief |
versteckte Ausländerei.
Aus Fichtes „Reden an die dentsche Nation“,
meme revidierte Ausgabe von Rudolf Eucken.
DREI SONETTE VON WILLIAM SHAKESPEARE
EBST du noch fort, wenn nach genoßnen Tagen
Der Tod mein Irdisches dem Staube gibt, |
Und musterst du noch einmal diese zagen, |
Kunstlosen Zeilen deß, der dich geliebt:
Bemiß sie nach der bessern Zeiten Gunst,
Und sind sie gleich veraltet und verpönt,
Ehr meine Liebe, nicht des Liedes Kunst,
Das schon manch Glücklicherer übertönt.
Dann sollst du noch in Liebe von mir sagen:
Hatt er den Aufschwung dieser: Zeit gesehn,
Sein Lieben hätte beßre Frucht getragen,
Er dürfte kühn in stolzern Reihen gehn.
Doch weil er tot, und andre besser schrieben,
Frag ich nach ihrem Stil, nach seinem Lieben.
MANCH holder Morgen stieg aus Finsternissen,
Mit Herrscherblick die Höhen zu umwerben,
Mit goldnem Mund der Wiesen Grün zu küssen
Und blasse Ströme wundersam zu färben;
Bis niederstes Gewólk am Himmelszelt
In trübem Schwarm sein Antlitz überflog
36
EE ee
e PL e en даш
Und er sich barg vor der verlaßnen Welt
Und heimlich, ohne Zier gen Westen zog:
So schien auch mir ein Morgensonnenschein,
Von allgebietend-hehrem Glanz erfüllt;
Doch ach! er war nur eine Stunde mein.
Die Wetterwolke hat ihn mir verhüllt.
Doch bleibt er unverachtet meinem Herzen;
Wenn Sonnen fliehn, mag Erdenlicht sich schwärzen.
SOLL ich dich einem Sommertag vergleichen ?
Holdseliger und milder noch bist du:
Durch Maienknöspchen rauhe Winde streichen,
Des Sommers Frist geht raschem Ende zu.
Oft glüht des Himmels Auge gar zu heiß,
Oft zeigt sein goldner Glanz des Dunkels Spur,
Das Schöne weicht oft aus der Schönheit Gleis
Durch Zufall oder Wandel der Natur.
Doch nimmer schwindet deines Sommers Pracht,
Und was du Holdes hast, wird ewig weilen;
Du wirst nicht wandeln in des Todes Nacht,
Wenn du verewigt bist in ewgen Zeilen.
Solange Menschen atmen, Augen sehn,
Lebt mein Gedicht, in ihm wirst du bestehn.
Aus: Shakespeares Sonette. Jubiläumsausgabe
(1609—1909). Übertragen von Edward Sänger.
WILHELM HEINSE: DER RHEINFALL BEI SCHAFF-
HAUSEN
Neuhaußen bey Schafhausen. Den 14 August, 1780.
ER Rhein bey Schafhausen thut einen solchen Schuß
in die Tiefe, daß er das Laufen vergißt, und sich
37
besinnt, ob ег Dunst werden, oder Wasser bleiben will.
Wenn man ihn zum ersten erblickt: so sieht man lauter
Dunststaub wie Silberrauch in der Luft. Sein Brausen in
der Ferne scheint wie Harmonie, іл welche einzelne
Fluthenschläge die Melodie machen. Er sieht ganz wild
und ernst aus, und stürmt trotzig über die Felsen hin,
kühn und sicher nicht zu vergehen. Es ist eine erschreck-
liche Gewalt, und man erstaunt, wie die Felsen dagegen
aushalten können. Das Wasser scheint von der heftigen
Bewegung zu Feuer zu werden und raucht; aber sein
Dampf ist Silber, so rein wie sein Element ist.
Den 14 Nachmittags auf der Zürcherseite.
Es ist der ungeheuerste Krieg der Riesenkráfte der Natur
gegen einander. Allmählich vom weiten rauscht der Rhein
die Felsen an, die hervorstehen; und fangt schon ап zu
zürnen, und schäumt an vielen Orten und Seiten auf, bis
er sich im Grimm herniedersttirzt, und seine Fluthen ап
den grofen Massen von Stein aufbrausen, und immer
schneller und jähzorniger mit einer Allgewalt gegen die
entgegen stehenden und weit darüber herausragenden un-
beweglichen Pfeiler in die Tiefe schiefen, da& der Dunst-
staub davon in die Luft prallt, als ein starker Geist herum
wirbelt, immer in feinere Wölkchen sich wälzt, und end-
lich menschlichen Augen verschwindet. Das unergründlich
tiefe Brausen schlägt mit einer entzückenden Majestät in
die Ohren. Die zwey hervorragenden Steinpfeiler sehen
aus wie feindliche Dàmonen; insonderheit hat der erste
von der linken Seite, welchen der Anprall unten ausgehóhlt
hat, einen runden Katzenkopf. Man steht wie mitten in
der Schlacht; nur ist der Eindruck weit größer, als er bey
38
KL
einem menschlichen Gewtirge seyn kann; und vielleicht
dem muthigsten Helden wird es vor dem Gedanken zittern,
mit anzugreiffen.
Was dieser Anblick für eine Menge Bilder und Gefühle
in mir erregt hat, ist unaussprechlich und unbeschreiblich.
Das große Becken, wohinein er stürzt, prallt wieder, wie
ein stürmischer See auf allen. Seiten. Er kömmt oben
herangezogen, und fällt mit allerley majestätischen Formen
von Kopfsgestalt in Achillischer und Ajaxischer Wuch herein
und an, grün; wie Feueraugen, und weich von Schaum wie
Sammt und Seide in brennender Zartheit, die in den aller-
geschwindesten Momenten sich immer abändert.
Auch das bestgemahlte Bild von ihm wird immer todt
bleiben. .Die Heftigkeit der Bewegung giebt ihm das
Leben, welches warm und kalt ans Herz greift, daß einem
vor Entzücken und Furcht der Odem aussenbleibt. Man
müßte ihn denn von oben herab mahlen, daß man sähe,
was er wolle. Er will in die Tiefen der Mutter Erde, um
sich mit ihr im Innern zu vereinigen. Ihr Fleisch und
Gebein von außen hemmt ihn. Nun trift er Grund an,
und will hinein; Felsen halten ihn auf; er stürmt, und
führt mit Allgewalt seine Wogen an; schießt hernieder,
und schäumt und sprudelt, und löst sich auf im Feuer der
Liebe, daß sein Geist in den Lüften herum dampft. Auch
will er nicht fort unten, und wirbelt noch lange heiß herum
ım Becken, als ob ihm die Zeit still stünde.
Den ı5 August Nachmittags um 5 Uhr auf der Zürcher Seite.
Es ist, als ob eine Wasserwelt in den Abgrund aus den
Gesetzen der Natur hinausrollte. Die Gewölbe der Schaum-
wogen im wüthenden Schuß flammt ein glühender Regen-
39
bogen wie ein Geist des Zorns schrag herab. Keine Er-
innerung, der höchste Flug der Phantasie kanns der
gegenwärtigen Empfindung nachsagen. Die Natur zeigt
sich ganz in ihrer Größe. Die Allmacht ihrer Kräfte zieht
donnernd die kochenden Fluthen herab, und giebt den un-
geheuern Wassermassen die Eile des Blitzes. Es ist die
allerhöchste Stärke, der wüthendste Sturm des größten
Lebens, das menschliche Sinnen fassen können. Der Mensch
steht klein wıe ein Nichts davor da, und kann nur bis ins
Innerste gerührt den Aufruhr betrachten. Selbst der schlaffste
muß des Wassergebürggetümmels nicht satt werden können.
Der kälteste Philosoph muß sagen, es ist eine von den un-
geheuersten Wirkungen der anziehenden Kraft, die in die
Sinne fallen. Und wenn man es das hundertste mahl sieht:
so ergreifts einen wieder vom neuen, als ob man es noch
nicht gesehen hätte. Es ist ein Riesensturm, und man wird
endlich ungeduldig, daß man ein so kleines festes mecha-
nisches zerbrechliches Ding ist, und nicht mit hinein kann.
Der Perlenstaub, der überall, wie von einem großen wüthen-
den Feuer herum dampft, und wie von einem Wirbelwind
herumgejagt wird, und allen den großen Massen einen
Schatten ertheilt, oder sie gewitterwolkicht macht, bildet
ein so fürchterliches Ganzes mit dem Flug und Schuß und
Drang, und An- und Abprallen, und Wirbeln und Sieden
und Schäumen in der Tiefe, und dem Brausen und dem
majestätischen Erdbebenartigen Krachen dazwischen, daß
alle Tiziane, Rubense und Vernets vor der Natur müssen
zu kleinen Kindern und lächerlichen Affen werden. O Gott
welche Musik, welches’ Donnerbrausen, welch ein Sturm
durch all mein Wesen! Heilig, heilig, heilig! brüllt es in
Mark und Gebein, kommt, und laßt euch die Natur eine
40
andre Oper vorstellen, mit andrer Architektur, und andrer
Fernmahlerey, und andrer Harmonie und Melodie, als die
von jammerlicher Verschneidung mit einem winzigen Messer
© euch entzückt. Es ist mir, als ob ich in der geheimsten
: Werkstatt der Schöpfung mich befände, wo das Element
: von fürchterlicher Allgewalt gezwungen sich zeigen muß,
г wie es ist, in zerstürmten ungeheuern großen Massen. Und
. doch läßt das ihm eigenthümliche Leben sich nicht ganz
: bändigen, und schäumt und wüthet und brüllt, daß die
2 Felsen und die Berge neben an erzittern und klingen, und der
2 Himmel davor sein klares Antlitz verhüllt, und die flam-
x: mende Sommersonne mit mildern Strahlen drein schaut.
: Es ise der Rheinstrom, und man steht davor wie vor
ғ dem Innbegriff aller Quellen, so aufgelöst ist er; und doch
x: sind die Massen so stark, daß sie das Gefühl statt des
zı Auges ergreiffen, und die Bewegung so trümmernd heftig,
> dafó dieser Sinn ihr nicht nach kann, und Ше Empfindung
‚zimmer neu bleibt, und ewig schauervoll und entzückend.
i: Man hört und fühlt sich selbst nicht mehr, das Auge
xx sieht nicht mehr, und läßt nur Eindruck auf sich machen;.
Е 50 wird man ergriffen, und von nie empfundnen Regungen
2 durchdrungen. Oben und unten sind kochende Staubwolken;
A" und in der Mitte wälzt sich blitzschnell die dicke Fluth
GG wie ein grünlichtes Metall mit Silberschaum im Fluß; unten
jöstürzt es mit allmächtiger Gewalt durch den kochenden
, Schaum in Abgrund, daß er wie von einer heftigen Feuers-
піз brunst sich in Dampf und Rauch auflóst, und sich über
) das weite Becken wirbelt und krauselt. An der linken
іш Seite, wo sein Strom am stärksten sich herein wälzt, fliegt
gider Schuß wie Ballen zerstäubter Kanonenkugeln weit ins
o Becken, und giebt Stöße an die Felsenwand wie ein Erd-
41
beben. Rund um weiter hin ist alles Toben und Wüthen,
und das Herz und die Pulse schlagen dem Wassergotte,
wie einem Alexander nach gewonnener Schlacht.
Аш Wilhelm Heinses Tagebüchern,
berussgegeben von Carl Schäddekopf.
DIE ZWEITE EPODE DES HORAZ / ÜBERTRAGEN
VON RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER
DREIMAL selig, der von Stadtgeschäften fern,
Wie einst der Menschen erst Geschlecht,
Die Väter-Flur mit seinen eignen Rindern pflügt,
Von allem Zins und Wucher frei, |
Ihn weckt im Feld nicht trotzger Hórner Ruf zur Schlacht, |
Ihm drauet nicht das wilde Meer; |
Des Markts Geschrei vermeidet er und suchet nicht
Der Grofen stolze Schwelle heim.
Mit schwanker Rebe zart erwachsenem Geschlecht
Vermahlt er schlanker Pappeln Reihn
Und sieht behaglich, wie im Schoß des Wiesentals
Die Herde blókend sich zerstreut.
Sein Messer schneidet unfruchtbare Zweige aus
Und pfropft dem Stamm ein glücklich Reis.
Er birgt des Honigs süße Last im reinen Krug
Und schert geduldiger Schafe Kleid. |
Und hat der Herbst, mit runden Apfeln schón geschmiickt,
Sein Haupt erhoben überm Land,
Wie pflückt er froh der Quitten selbst gezogene Frucht
Und schwerer Trauben Purpurglut,
Dir, dir, Priap, zum Opfer und, o Vater, dir,
Sylvanus, der die Grenzen schützt!
41
Dann darf er bald in alten Eichbaums Schatten ruhn
Und bald im Gras, das immer griint.
Inzwischen gleiten Bache durch die Ufer hin,
In Waldern klagt der Vogel Ruf;
Der Quellen träufelnd Rinnsal plaudert im Geklüft
Und lädt zu leichtem Schlummer ein.
Wenn dann mit Jovis winterlichem Jahr erscheint
Gewitter, Schnee und Wasserflut,
Stellt er das Netz und treibt die wütigen Eber ein
Mit vielen Hunden hier und hier.
An dünnen Sprenkeln spannt er leichte Fäden aus,
Gefräßiger Drosseln Hinterhalt.
Der scheue Has, der Kranich, der ins Garn geriet,
Muß ihm willkommene Beute sein.
Wer unter solchem Тап vergäße nicht der Not
Und Sorgen, so die Liebe schafft?
Wie? Wenn dann noch ein züchtig Weib an ihrem Teil
Das Haus und liebe Kindlein hegt,
Wie die Sabinerinnen sind und sonnverbrannt
Des rüstigen Apulers Weib?
Alt-dürre Scheiter häuft sie auf geweihtem Herd,
Wenn müd der Mann nach Hause kommt;
In weidene Hürden pferchet sie das muntre Vieh
Und melkt die prallen Euter leer.
Dann holt sie süßen Heurigen vom Faß herein
Zum Mahl, dem alles selbst erwuchs.
Nicht schmeckt mir so die Muschel vom Lucriner-See,
Der Rhombus nicht, der Scarus nicht,
Die teuren Fische, die, vom Ostwind hergeführt,
Zur Winterszeit die Küste schaut,
Nicht steigt die Wachtel Afrikas in meinen Bauch,
43
Die Schnepfe nicht aus Jonia
Zu größerer Lust als die vom fettesten Gezweig
Des Olbaums abgelesene Frucht
Und als das Blatt des Wiesenkrautes Lapathus
Und Malven, siechen Leibes Heil,
Das Bócklein, das dem Terminus zu Ehren bel,
Das Lamm, dem Wolfe abgejagt!
Wie schön, bei solchem Schmaus die wollige Herde schaun,
Am Abend wandernd gegens Haus,
Die müden Rinder, die den umgewandten Pflug
Gebeugten Nackens heimwärts ziehn,
Und eingeborener Knechte Schar, des Hauses Stolz,
Rings um der Laren glänzend Bild! — —
Nachdem er also sprach, der Wucherer Alfıus,
Bereits, bereits ein Ackersmann,
Zog er sein ganzes Geld am Monats-Ersten ein:
Am Zehnten legt ers wieder aus.
ADALBERT STIFTER: AUS DEM ALTEN WIEN
AS ich hier von Wien sage, stammt aus Wien vor
der sogenannten Neugestaltung, also, wie sie jetzt
sagen, aus dem alten Wien. Nicht jedermann wird das
alte Wien verachten, und wir, die wir älter werden, ver-
achten es am wenigsten. Ich hatte einmal eine Freundin,
sie war sehr schön, ich hätte mich beinahe in sie verliebt
— oder vielmehr, ich war in sie verliebt; verbiß aber die
Sache und ließ mir nichts merken. Sie war ein wildes,
hochfahrendes, aber auch wieder ein herrliches Ding. Die
Farbe ihres Angesichts war fast brauner, als es sich für
ein Mädchen ziemt. Oft meinte ich, ıch müßte ihre
44
whe
kräftigen, roten Lippen so.sehr küssen, daß sie bluteten.
Sie neckte mich mit Übermut; liebte mich aber doch nach
ihrer Art. Nach einer Trennung von vielen Jahren, in
denen wir jedes an einem andern Orte lebten, sah ich sie
als eine sanfte, edle Mutter, als eine liebreiche Gattin und
als eine vortreffliche Hausfrau wieder, und als müßte
sich alles an ihr geklärt und gemildert haben, so war auch
ihre Hautfarbe viel weißer geworden, so daß sie jetzt als
alternde Frau fast schöner war, als einstens als blühendes
Mädchen. Ich saß mit Verehrung gegen sie an ihrem
Tische, hatte aber doch eine gewisse Wehmut in dem
Herzen, und konnte dieser Wehmut nicht Meister werden.
Erst in meinem Gasthofe erkannte ich, daß ich ihre Fehler
vermißte. Ich war ein Narr; aber die Sache war nicht
anders. Ich hatte auch einmal einen Vetter, er war ein
leidlich guter Mensch, und ich war ihm herzlich zugetan.
Als ich ihn nach langer Abwesenheit mit einigen Wider-
wärtigkeiten ausgerüstet wiederfand, konnte ich ihn nicht
mehr leiden. Es wird mir bei Wien mit seinen guten und
bösen Veränderungen ein wenig so gehen, wie bei meiner
Freundin und bei meinem Vetter. Die im alten Wien
fröhlich waren, werden die harmlosen Dinge, welche in
diesen Blättern folgen, ansehen, wie die ausgebleichte
Schleife einer Geliebten, die jetzt alt geworden ist und
von der sie nicht einmal wissen, wo sie sich befindet.
Wenn man Süd und Südwest ausnimmt, so mag der
Wanderer kommen von welcher Weltgegend immer, und
er wird, bevor er noch ein Atom von der großen Stadt
erblicken kann, schon jene schlanke, zarte, luftige Pappel
erblicken, die still und ruhig in einem leichten blauen
45
Dufte steht und Ше Stelle anzeigt, ап der sich Ше noch
nicht gesehene riesige Stadt hindehnet, dann, wenn er
weiter geht, reitet oder fährt, münden sich allerwärts
Straßen wie Adern zusammen, der Gefährten werden
immer mehr, die schneller oder langsamer teilnahmslos an
ihm vorüberjagen, wie Treibholz, demselben Strudel zu,
bis sich endlich rechts und links, nah und ferne die Massen
der Stadt heben, hier sanft rauchend und hinausdämmernd,
dort nahe schreitend mit Dächern, Giebeln, Türmen, fun-
kelnden Punkten — bis er endlich bei einer unscheinbaren
Barriere hineintritt, und nun schlagen die Wogen über ihm
zusammen. Eine endlose Gasse nimmt ıhn auf; ein Strom,
der schmutzige und glänzende Dinge treibt, wird immer
dichter und immer lärmender, je näher er jener Pappel
kömmt, die er aber jetzt nirgends sieht — ja, dort tritt sie
vor, ein dunkler, schlanker, riesiger Stift in der glänzenden
Luft — nein, sie ist es nicht; denn weiter rechts steht
mit einem Male eine noch größere, ruhigere, graublau
dämmernd, den Adler auf der Spitze tragend — diese
ists — man sieht fast das zarte Laubwerk an ihrem Schafte
emporstreben. — Jetzt tritt wieder eine Häuserpartie da-
zwischen — die Gasse will kein Ende nehmen; allerorts
Drängen und Brausen und Vergnügen und Freude, nur
dem Fremdling will es einsam werden in dieser tosenden
Wüstenei. Fast betäubt geht er weiter; mit einem Male
ist die Gasse zu Ende und auch die Stadt. Ein weiter
grüner Platz voll Laubgrün und geputzter Menschen steht
vor ihm, aber jenseits wieder eine Stadt, die ewig un-
erreichbare Pappel wieder in ihrer Mitte tragend. — Un-
verdrossen durchschreitet er den seltsamen Garten; ein
finsteres Tor schlingt ihn ein; eine Versammlung glänzender
46
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Paläste tritt um ihn herum und nimmt ihn in die Mitte,
ihn hier und dort hindurchgeleitend, immer zu neuen, fast
noch glänzenderen weisend. — Dem armen Landbewohner
ists, als seien hier ja gar keine Häuser, lauter Paläste und
Kirchen — seine Pappel ist verschwunden — hier oder dort
taucht wohl ihre Spitze ein wenig vor, dann wieder lange
nicht, dann wieder auf einmal an einem ganz anderen
Orte. — Er geht darauf zu, weicht ein wenig an dieser
Ecke ab, dann an jener, es kömmt Gasse an Gasse, aber
er erreicht sie nicht — ja, dort sieht die Spitze wieder
hervor, gerade hinter ihm. Sind ihrer denn unzählige? —
— „Nein, mein Guter, aber du gehst in der Irre — siehe
hier, wo die endlos große Tafel auf dem Hause ist, ist
eine Herberge: da ruhe aus, erquicke dich, siehe von
deinem Fenster aus dem Schwalle zu, der ewig unerschöpf-
lich um jene Ecke flutet, und gewöhne dich an ihn — dann
morgen früh mit Tagesanbruch geh mit mir, ich führe dich
bis zur Spitze deiner geliebten Pappel empor und zeige dir
von dort herab die Zauberei dieser Welt.“
So. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Es werden
wenige sein von allen denen, die jetzt noch unter uns
schlummern, welche schon den Anblick genossen haben,
der unser harret; denn sie können das Bett nicht verlassen
oder haben niemand, der ihnen dazu verhelfen könnte,
schon so früh heroben auf dieser Spitze sein zu können.
Dort gegen Norden hinaus, wo die leichten weißen Nebel
ruhen und ziehen, ist die Donau, und die dunklen Streifen,
die sich im Nebel zu wälzen und mit ihm zu ziehen
scheinen, sind schöne Auen, durch die der edle Strom
wallet. — Weiter hinaus, das luftige, im Morgengrau
schimmernde Fahlrot ist das Marchfeld, und jener blaue
47
Hauch durch den Himmel, der sich eben mit der ersten
Milch des Morgens lichtet, sind die Karpathen und die
Berge gegen Ungarn. Sie schweifen wie ein aus Luft ge-
wobenes Band um den ganzen Osten, der bereits über-
raschend schnell in ein immer feineres Licht aufblühet,
und schwimmen dort wie in unermeflicher Ferne in die
Luft hinaus. Aber was ist jener Berg gleich rechts daran
mit der zum Erschrecken nahen, weißglänzenden Zeich-
nung? Er steht eine Tagereise weit von hier gegen Süd-
westen und ist der Schneeberg, das letzte jener Haupter,
die, mit manchem silberweißen Helm und Panzer bedeckt,
in jenem Zuge stehen, der vom Lande Schweiz an durch
das Tirol herausreicht und dann, zwischen unserm Lande
und der Steiermark laufend, hier mit einem Male ein Ende
nimmt. Rechts von ihm siehst du die blaue Mauer weiter
westwärts springen, bis sie dir jene dunklen Rücken decken,
die uns breit und schwer den auch noch dunklen West-
himmel umlagern. Wie sie auch jetzt mit dem wilden
Schwarz um den sich hellenden Himmel liegen, so wirst du
doch sehen, wenn über ihnen die Sonne steht, wie sie an-
mutige Höhen sind, üppige Laubschösse, in denen die
weißen Landhäuser herumgestreut sind, und die Dörfer
und die Schlösser, in deren Schatten die tausend verschlun-
genen Wege laufen, so daß diese Höhen wie ein riesen-
hafter heitergrüner Park um die große staubende Stadt
herumlaufen, ihren West wie ein sanfter Bogen gürtend.
Mitten nun auf dieser dunklen Länderscheibe, die du eben
mit deinem Auge aus dem Himmel herausgeschnitten, ge-
rade unten zu deinen Füßen liegt die schwarze Stadt, un-
berührt von der Morgenröte, die bereits über ihr herauf-
flammt, dieses Bild des gestrigen Treibens, nun unbeweglich
48
— t
ruhig, wie in Todesschlummer gestiirzt, gespenstig starr
heraufglotzend, als wäre sie tot, von keinem einzigen
Laute erschüttert als hier und da von dem grellen Schlag
einer geblendeten Nachtigall, die, den stillen Nacht- und
Morgenhauch in ihren Gliedern fühlend, mitten im Stein-
meere von grünen Zweigen träumt und einen Lieb- und
Angstruf tut — — doch horch, das erste Lebenszeichen des
schlafenden Ungeheuers gibt sich eben kund. Hörst du das
ferne Rasseln durch eine Gasse, als ob Kriegsgeschütze im
Galopp führen? Es sind die ersten Fähren, die beginnen, dem
ungeheuren Magen seine heutige Nahrung zuzuführen,
Fleischerwagen sind es, die durch die Schläfer rasseln und
donnern und in ihre Träume reichen, ohne sie wecken zu
können; denn sie haben es schon tausendmal gehört. Jerzt
ist es wieder stille — feurige Landzungen ragen durch den
Himmel und legen ein sanftes Purpurrot auf die grauen
Steine um uns, die Rippen dieses Turmes, auf dem wir
stehen. — Siehst du, ein graues Schimmern läuft schon
hie und da durch Teile der Stadt, die dir immer größer
wird und ihre Glieder, gleichsam wie im Morgenschlummer
dehnend, über Hügel und Täler hinausstreckt — und in
dem Schimmer blitzen rote Funken auf wie vortauchende
Karfunkel, es sind Fenster, an denen sich die Morgenröte
fängt. — Jetzt rasselt es wieder und an mehreren Stellen;
— jetzt fängt sichs auch hier und dort in andern ver-
worrenen Tönen zu regen an, und dort und da erbraust
es sanft wie Atemzüge eines Erwachenden — die Nebel
sind von der Donau verschwunden, und sie wird sichtbar
wie ein stiller, goldner Bach. Einzelne Rauchsäulen heben
sich bereits aus der Stadt — das Brausen schwillt — —
hui! ein Blitz fliegt an unsern Turm: die Sonne ist herauf!!!
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Die unten aber haben sie noch nicht — jetzt — ganz
draußen brennt plötzlich ein Teil der Stadt an; wie es
blitzt und von Zeile zu Zeile lodert! Jetzt brennts auch
dort, jetzt dort, jetzt in der ganzen Stadt, ihr Rauch ver-
mehret sich und wallt wie ein goldner triiber Brodem in
die Morgenglut hinein. Ganze Gassen schimmern im
Morgenglanze, ganze Fensterreihen belegen sich mit Gold
— Turmkreuze und Kuppeln funkeln — von einzelnen
Türmen fallen die sanften Klänge der Glocken zum
Morgen-Ave. In den Gassen regt sichs; schwarze Punkte
werden sichtbar und bewegen sich und schießen durchein-
ander, sie werden immer mehr, einzelne frische Schalle
schlagen herauf, das Rollen, Rasseln und Prasseln wird
immer dichter, das verworrene Tönen ergreift alle Stadt-
teile, als ob sich Gassen und Häuser durcheinanderrührten,
bis ein einziges dichtes, dumpfes, fortgehendes Brausen un-
ausgesetzt durch die ganze Stadt geht. Sie ist erwacht.
Indes schwingt sich die Sonne siegend und lächelnd wie
ein silbern reines Schild immer höher über das wirre
Babel empor.
Und nun, da der Тар alles ins klare gebracht hat, lasse
unsere Blicke durch dies schöne Schauspiel wandern, ehe
der Wind sich hebt und der Staub seinen schmutzigen
Schleier über ganze Teile der Stadt und jenen schönen
Schmelz der Fernsicht legt.
Dort herein, gerade auf uns zu führt eine mächtige
Straße, sie kömmt von unserm Hafen Triest und knüpft
uns an den ganzen Süden. — Мітіһ nun das Fernrohr hier
und suche die Straße; dort, wo jene ferne, schwache Staub-
wolke aufgeht, muß sie sein — — nun, was siehst du?
Einen langen Zug, Wagen an Wagen, langsam fahrend,
So
t4
wi CH
“AL AN
alle gegen die Stadt — an ihnen vortiberjagend hinein und
hinaus die vielerlei leichten Wagen und Reiter und zwischen
ihnen wandelnd die Fußgänger und Wanderer und Herden
von kleinem Vieh, und Wagen, die weder zu jenen ganz
schweren noch zu diesen leichten gehören. Jene schweren
Wagen, die du siehest, bringen vielnamige Waren in die
Stadt, aber ein großer Teil derselben, die du mit einem
dunkelroten Stoffe beladen siehst, kómmt von jener Gegend,
aus der du hinter dem Berge einzelne Rauchsäulen auf-
steigen siehest, und bringt unablassig und unermüdlich
jenes Materiale, woraus sich dieses riesige Häusergewimmel
nach und nach erbaut hat: die Ziegel — und im Wiener-
berge liegen noch und harren unmeßbare Schichten von
Ton, daß man noch ein Wien und noch eins und weiß
Gott wie viele aneinander fortbauen könnte, bis der Berg
erschöpft und eben, aber auch von der Stadt verschlungen
wäre! Und sieht man so zu, wie sie sich sputen und
treiben und wirken, so sollte man meinen, sie hätten auch
nichts anderes im Sinne. . .
Und da du das Rohr einmal in Händen hast, so gehe
nun damit etwas links — siehst du am Rande der Stadt
jenes palastahnliche Gebäude? Es ist ein Wagenraum, aber
für große, mächtige Wagen, deren gleich immer eine ganze
Reihe aneinandergehängt daraus hervorfährt, von furcht-
baren, unbändigen Rossen gezogen; ihr Schnauben ist er-
schütternd und der Dampf ihrer Nüstern geht als hohe,
dunkle Säule durch den Himmel; sie zermalmen jeden
Widerstand, und ihrem Laufe vergleicht sich nur der Flug
des Vogels, und dennoch nur ein Mensch, ein kleiner
Mensch, du würdest ıhn mit deinem Rohre kaum sehen,
mit einem sanften Druck seiner Hand bändigt er die Rosse,
51
daß sie dastehen, still und fromm wie zitternde Lämmer.
Ei — dort fährt ег ja — siehe, die dunkle Linie schiebt
sich durch die Saaten hin — sieh zu, eh sie dir enteilt.
Schon steht die erste Rauchwolke weit hinter ihr am
Himmel, aber auch ihre zweite und ihre dritte — jetzt
deckt sie jener Abhang, jetzt ist sie wieder sichtbar, deut-
lich hinausschwebend — — jetzt ist sie verschwunden, und
nur der Rauch zerstreut sich langsam am Himmel.
Wie das majestätisch ist! Und der Mensch, das körper-
lich ohnmächtige Ding, hat das alles zusammengebracht;
die furchtbar gewaltige Naturkraft, blind und entsetzlich,
hat er wie ein Spielwerk vor seinen Wagenpalast gespannt
und lenkt sie mit dem Drucke seines Fingers — und so
wird er auch noch andere, noch innigere, noch grauen-
haftere seinem Dienste unterwerfen und allmächtig werden
in seinem Hause, der Erde. Die Welt wird immer schöner
und großartiger — fast ist es betrübend, sterben zu müssen!
Hast du hier den Menschen in seiner Stärke gesehen —
gehe nun mit dem Rohre einen Finger breit links und
du siehest ihn in seiner Schönheit. Ein alter, vornehm
belasteter Palast steht am oberen Ende eines Gartens: es
ist das Schloß zu Belvedere. — Ein kleiner schwacher Mann
ruhte einst dort aus von seinen Taten, die die Frucht
eines eisernen Willens waren, der in dem kleinen schwachen
Manne wohnte, und die in ihrer Gewalt durch Europa
klangen und wie einen Halm die Säulen brachen, auf denen
der gefiirchtete fanatische Halbmond stand. — Jetzt ist es
still in den Hallen des Schlosses; denn der kleine schwache
Mann ist längst begraben, und obwohl an Hunderte von
Helden in dem Schlosse sind, obwohl eın Kranz der schönsten
Frauen dort weilet und Rinder und Rosse, Hirsche und
52
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Reiter und Walder und Felsen, Garten und Blumen und
aller Tiere eine unzahlige Menge: so ist es doch dort
totenstille; denn als Bilder, als schéne, ehrwiirdige Bliiten
der Menschenseele hängen sie dort, dicht Wand an Wand
bedeckend, als Denkmal der Größe, der Tiefe, der Liebe,
der Innigkeit des menschlichen Herzens. Es ist eine würdige
Nachkommenschaft des Helden, der einst hier gewandelt.*)
... Besieh dir auch rechts ab von den Brücken jenseits des
Stromes jene gelblich fahle Flache, wogend von Getreide
und schier unermeflich hinausgehend bis zum Horizonte,
der in matter Farbe an dem Himmel verschwimmt — mit
dem Segen Gottes ist das Feld überdeckt, Nahrung und
Heil für die Hauptstadt, aber auch einstens einmal Glück,
einmal Unglück bringend; es ist das Feld von Aspern und
von Wagram. Man hat vor nicht langer Zeit dort einmal
eiserne Körner gesäet, und wer weiß, ob nicht die Millionen
goldner, die eben dort der Ernte entgegenreifen, eine
Frucht der eisernen sind; denn dort haben die Völker ge-
lernt, daß einer besiegt werden konnte, der bis dahin un-
besieglich schien. Da man jene Körner säete mit vielen
tausend Arbeitern, da war diese Stelle, auf der wir stehen,
gedrängt von Menschenangesichtern, und jede andere Stelle .
unter uns, wo nur der Turm immer eine Lücke gegen
jene Seite zeigte, wenn nur so groß wie ein Menschen-
auge: da war auch ein solches Auge, und alle die Antlitze
und alle die Augen waren gerichtet nach der einen Stelle,
nach dem Saatfelde -- und manches Auge dort wird
ahnungsvoll hieher geblickt haben nach der luftigen be-
freundeten Pappel seiner Stadt, und in manchem brechenden
!) Prinz Eugen.
5 3
wird diese Spitze noch wie ein Phantom gezittert haben.
Der Tag ging vortiber, die Kampfer gingen vortiber, und
die Natur hüllte schamhaft einen Blumenteppich auf diese
Stelle. . .
Siehe, die Sonne ist unterdes heraufgestiegen und gieft
ihren Schimmer weithin und blendend über all den Schmelz
und die Abenteuerlichkeit und Mannigfaltigkeit der unge-
heuren Stadt. — Tauche denn nun getrost in dieses Treiben,
und es wird an dir sein, dir Glück oder Unglück darinnen zu
suchen; beides ist in Menge da zu haben. Nimm die Menschen
und Bilder, wie sie kommen. Jetzt ein kleines unbedeuten-
des Wesen, jetzt ein tiefer Mann voll Bedeutung; jetzt
Scherz, jetzt Ernst, jetzt ein Einzelbild, jetzt Gruppen und
Massen — und alles dies zusammen malet dir dann zuletzt
Geist und Bedeutung dieser Stadt in allem, was in ihr liegt,
sei es Gróbe und Würde, sei es Lächerlichkeit und Torheit,
.sei es Güte und Fróhlichkeit. So, nun steige hinab und .
———————————À—O———— P A ——— — —————— d
trete an den nächsten besten Einzelnen und beachte ihn :
und studiere ihn, und werde gemach auch einer aus diesen
allen, welche in Wien leben, und leben und sterben wollen
nur in Wien.
Entnommen dem Werke: Aus dem alten Wien. 12 Studien
von Adalbert Stifter. Herausgegeben von O. E. Deutsch.
ANDREAS HOFERS ABSCHIEDSBRIEF GERICHTET
AN SEINEN FREUND PÜHLER
Liebster Herr Bruder!
Der göttliche Willen ist es gewesen, daß ich hab müssen
hier in Mantua mein Zeitliches mit dem Ewigen verwechseln.
Aber Gott sei Dank für seine göttliche Gnade. Mir kommt
54
A EE > EL 7.
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vor, wie wenn ich zu was anderem hinausgeführt würde.
Gott wird mir auch die Gnade verleihen bis zum letzten
Augenblick; damit ich hinkommen kann, wo sich meine
Seele mit allen Auserwählten ewig erfreuen wird und wo
ich für alle bei Gott bitten werde, besonders für die ich
am meisten zu bitten schuldig bin, auch für Sie und Ihre
liebe Frau. Alle guten Freunde sollen für mich beten und
mir aus den heißen Flammen helfen, wenn ich noch im
Fegfeuer büßen muß.
Die Seelengottesdienste soll die Liebste mein zu St.
Martin halten lassen. Den Verwandten soll beim Unter-
wirt Suppe und Fleisch gegeben werden samt einer Halben
Wein.
Das Geld, so ich bei mir gehabt, habe ich den Armen
ausgeteilt. Die Wirtin soll mit den Leuten abrechnen so
redlich als sie kann, damit ich nichts zu büßen habe.
Lebet alle wohl, bis wir im Himmel zusammenkommen
und dorten Gott loben ohne Ende.
Alle Passeirer und Bekannten wollen mir im Gebet ein-
gedenk sein und die Wirtin soll nicht gar zu viel Kummer
haben; ich werde für sie alle bei Gott bitten.
Adie du schnöde Welt, so leicht kommt mir das Sterben
vor, dab mir nicht einmal die Augen naß werden.
Geschrieben um 5 Uhr in der Früh; um 9 Uhr reise
ich mit Hilf aller Heiligen zu Gott.
Mantua, den 20. Februar: 1810.
Dein im Leben geliebter Andre Hofer
vom Sand in Passeier.
Im Namen des Herrn will ich die Reise unternehmen.
55
DANIEL DEFOE: ROBINSONS ZWEITE REISE
NACH SEINEM EILAND
CH bewohnte [in England] mein eigen Land, hatte keinen
Zinß zu bezahlen, und war an keine Bedingungen gebun-
den. Ich konte eignes Gefallens ausreissen und umhauen was
ich wolte. Was ich pflantzte, war für mich, und was ich
aufflegte, für meine Kinder; Und weil ich also die Reise-
Gedancken fahren lassen, hatte ich, das Zeitliche betreffend,
nicht den allergeringsten Verdruß über etwas. Jetzo dachte
ich, ich sässe recht in dem Mittel-Stand des Lebens, wel-
chen mir mein sehl. Vater so ernstlich recommendirer,
und lebte einiger massen himmlisch; fast auf die Art, als
ein gewisser Poete vom Land-Leben schreibet,
— - - даб es sey
Frey von Lastern, богреп-Егеу:
Da die Jugend nichts von Liisten,
Noch von Pein die Alten wiisten.
Allein mitten unter aller dieser Glückseeligkeit setzte
mich ein eintziger Schlag von dem unvermuhteten Ver-
hängniß auf einmahl aus meiner Ruhe, und schlug mir
nicht nur eine unvermeidliche und unheilbare Wunde,
sondern stürtzte mich auch, durch dessen Folgen, in einen
tieffen Verfall des Wander-Geistes, welcher, da er mir,
wie ich wohl sagen mag, von der Geburth an recht im
Geblüthe stack, mich gar bald wieder einnahm, und, gleich
dem Recidiv einer hefftigen Kranckheit, mit unbezwing-
barer Gewalt von neuem befiel; also daß mir sonst durch-
aus nichts anders mehr ins Gehirn wolte. Dieser Schlag
war der Hintritt meiner lieben Ehegattin.
56
Ich begehre ihr allhier keinen Ehren-Tempel aufzubauen,
ihre besondre Tugenden weitlaufftig zu beschreiben, noch
dem Frauenzimmer durch die Schmeicheley einer mühsam-
. ausgesonnenen Leichen-Predigt meine Aufwartung zu machen.
. Sie war, mit wenig Worten, die Stütze aller meiner Sachen,
der Mittel-Punct aller meiner Unternehmungen, und das
. Werckzeug, welches mich durch ihre Klugheit in den glück-
. seeligen Stand und von dem ungereimtesten und schäd-
. lichsten Vorhaben, das mir immerzu im Kopf herumge-
gangen, abgebracht, auch, zu Regier- und Leitung meines
unstáten Gemühts mehr gethan, als meiner Mutter Thränen,
des Vaters Vermahnungen, eines Freundes Rathschläge,
. oder auch meine eigne Nachsinn- und Ueberlegungs-Krafft
bey mir vermocht. Ich war, da ich ihren Zähren Raum,
und ihrem Flehen Gehör gegeben, glückseelig gewesen,
aber jetzo auch durch ihren Verlust zu einem äusserst be-
trübten und verlassenen Mann worden.
Nach ihrem Abschied kam mir die Welt um mich herum
gantz wunderlich vor. Ich war, in meinen Gedancken,
eben so frembde darin, als in BRASILIEN, wie ich zum
erstenmahl daselbst Fuf ans Land gesetzt, und, die Auf-
wartung meiner Bedienten ausgenommen, eben so einsam
und allein, als vormahls auf meinem Eiland. Ich wuste
nicht was ich thun oder lassen solte. Ich sahe die Welt
um mich her bescháfftiget, und theils um ihr Brod arbeiten,
andere hingegen ihre Zeit mit allerhand eiteln Wollüsten
oder groben Excessen zubringen, beyde aber gleich un-
glücklich, weil der von ihnen vorgesetzte Endzweck vor
ihnen immerzu flóhe. Dann der Wollüstler verderbet sich
durch eben seine Laster den Appetit selber, und hàuffet
sich nur etwas zur Sorge und Reue: und der arme Arbeits-*
57
Mann verschwendet seine Kräffte ob täglicher Bemühung
um Brod, zu Unterhaltung der natürlichen Stärcke, mit
deren er arbeitet, wobey er in täglichem Umlauff der
Sorge, ja darum lebet, daß er arbeite, und arbeiter, daß
er zu leben habe, gleichsam als wäre das tägliche Brod der
eintzige Endzweck eines mühe-vollen Lebens, und ein mühe-
volles Leben die eintzige Ursache des täglichen Brods.
Dieß erinnerte mich meiner Lebens-Art in meinem
Königreich, auf dem Eiland, allwo ich nicht mehr Korn
wachsen ließ, weil ichs nicht nöthig hatte, auch nicht
mehr Ziegen auferzog, weil ich nicht mehr brauchen
konnte: Woselbst das Geld in der Kiste lag, bis es schimm-
licht wurde, und kaum die Gnade hatte, in zwantzig Jahren
besichtiget zu werden.
. Alle diese Dinge, wann ich sie so, als sichs gebührte,
und wie mirs die Vernunfft und die Religion eingab, an-
gewandt, hätten mich lehren sollen, zu einer vollkommenen
Glückseligkeit nach etwas weiters hinaus als nach mensch-
lichen Ergötzlichkeiten zu sehen, und daß etwas vorhanden,
das da gewiß die Ursache und der Endzweck des Lebens,
weit höher als jene Sachen, und das nach dem Tod ent-
weder besessen oder doch gehoffet würde.
Allein meine kluge Rathgeberin war dahin, und ich gleich
einem Schiff ohne Loots, welches nur vorm Wind seegeln
kan. Meine Gedancken rannten alle wieder spornstreichs
in meinem vorigen Handel hinein, mein Gehirn stack voll
Grillen von fernern auswärtigen Unternehmungen, und
aller lustige und unschuldige Zeit-Vertreib meines Meyer
Hofes, imgleichen mein Garten, Vieh, und die Meinige,
auf welche vorher alle mein Tichten und Trachten ge-
standen, halfen mich nichts, sie hatten nichts anziehendes
58
ап sich, und waren als das Saitenspiel einem Tauben, und
als die Speise einem der keinen Geschmack hat. Kurtz:
Ich resolvirte, das Hauswesen anzugeben, mein Land-Gut
zu verkaufen, und wieder nach LONDEN zu kehren.
Gestalten ich auch etliche Monathe hernach that.
Als ich nach Londen gekommen, war ich eben so un-
ruhig als zuvor. Ich hatte kein Belieben daran, auch nichts
darinn zu schaffen, als herum zu schlentern wie ein Ledig-
Сапрег, von dem тап mit Wahrheit sagen Кап, ег sey
weder GOrt noch der Welt niitze, und an dessen Leben
oder Tod den übrigen Menschen nicht ein Heller gelegen.
Dies war tiberdem ein solches Leben, dem ich unter allen
andern Arten allezeit am grammesten gewesen, als der ich
von Jugend auf gerne was unter Händen gehabt, und
öffters zu mir selber gesagt, Faullentzen seye recht der
Hefen des Lebens. Wie ich denn würcklich dachte, ісһ
hatte weit Pflicht- und meiner Natur gemässer gelebet,
als ich zwantzig Таре über Verfertigung eines tannenen
Brettes zugebracht.
Nunmehr wars der Anfang des 1693 Jahrs, als mein
Vetter, welchen ich, wie vormahls gedacht, zur See-Fahrt
erzogen, und ihn zu einem Schiffs-Capitain gemacht, von
einer kurtzen Reise nach Bilbao, welches seine Erste ge-
wesen, zurück gekommen. Dieser besuchte mich, und
sagte, es hätten ihm etliche Kaufleute seiner Bekandtschafft
den Vorschlag gethan, für sie, als privat-Handels-Leute, eine
See-Reise nach Ost-Indien und CHINA vorzunehmen: Und
nun, Herr Oheim, fuhr er fort, wo er Lust hat, mit mir
in See zu gehen, so verspreche ich, ihn an seiner alten
Herberge auf dem Eiland auszusetzen, weil wir doch in
Brasilien ansprechen müssen. — - — — —
59
Nunmehr schwebte ich unterm 19 Gr. 32 Min. Nord.
Breite, und hatte bis daher, was das Wetter anbelangt,
obgleich der Wind Anfangs zuwider, noch eine leidliche
Reise gehabt. Ich will niemand mit umständlicher Er-
zehlung, was wir auf der übrigen Fahrt ferner vor Winde,
Wetter, Stróhme etc. vorgefunden, aufhalten, sondern,-
wegen der folgenden Sachen hierinne abbrechen, und nur
berichten, dab ich den то April, 1695 an meinen alten
Wohn-Platz, ich meine das Eiland, gekommen. Es setzte
keine geringe Schwürigkeit, die Stelle zu finden. Dann
weil ich vormahls, von Brasilien her, im hin- und weg-
kommen, mich an die Südliche und Oostliche Seite des
Eilands gehalten, jetzo aber zwischen dem festen Lande und
der Insul hineinfuhr, dabey keine Charte von der Küste, noch
einiges Zeichen aufm Lande hatte, kannte ichs nicht als
ichs sahe, und wuste auch nicht, ob ichs sähe oder nicht?
Summa; ich besuchte etliche dieser Eiländer umsonst.
Einige fand ich bewohnet, andere hingegen nicht. Auf
einem derselben traff ich etliche Spanier an, und hielte
sie für dasige Einwohner. Als ich aber mit ihnen geredet,
erfuhr ich, sie hätten unweit davon in einer kleinen An-
fuhrt eine Chalouppe liegen, und kämen dahin, um Meer-
Saltz zu machen, und Perlen-Muscheln, wo sie einige
finden könten, zu fischen, sie gehöreten aber auf das
Eiland TRINIDAD, welches Nordlicher, und zwar zwischen
dem ro und ııten Grad liegt.
Endlich, nach langem hin und her seegeln, bald mit
dem Schiff, bald mic des Frantzmanns seiner Chalouppe,
welche wir als einen sehr bequemen Boot befunden, und
sie deswegen mit seinem guten Willen behalten hatten,
gelangte ich fein hiipsch an die Mittags-Seite meines
6o
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Eilands, und kannte sofort Ше Aussicht dieser Gegend.
Brachte ich demnach das Schiff sicher zu Ancker, daß es
der Länge nach vor der kleinen Bucht, in deren meine
alte Wohnung stund, hinlag.
Sobald ich die Stelle gesehen, rieff ich Freytag, und
fragte ihn, ob er wisse wo er seye? Er sah sich ein wenig
um, klopffte aber gleich mit den Händen, und schrie: О
ja dort! o ja dort! auf unsere alle Wohnstatt weisend,
fieng auch an zu tantzen und zu springen, als ein Un-
sinniger, und ich hatte genug zu thun, ihn davon abzu-
halten, daß er nicht ins Meer gesprungen, und nach dem
Ort hin geschwommen.
Nun, Freytag, sagte ich, meynst du wohl, wir werden
jemand hier antreffen? und sollen wir wohl deinen Vater
noch sehen? Der arme Tropf stund eine gute Weile so
stumm da als ein Stock; als ich aber seinen Vater nannte,
sah er gantz betrübt vor sich hin, und ich konte ihm die
Thranen häuffig über die Backen lauffen sehen. Ich fragte
ihn, was dieß bedeute, und obs ihm etwa leyd seye, dab
er seinen Vater wieder sehen solle? Nein, ach nein! sagte
er, mit Kopffschütteln, ich werde ihn nimmer sehen, nein!
nimmer! Auf Befragen, woher ers wisse? war seine Ant-
wort, sein Vater sey schon lange todt, schon lange, dann
er sey ein alter Mann gewesen. Das kanst du noch nicht
wissen, versetzte ich. Aber werden wir wohl sonst jemand
sehen? Er mub allem Ansehen nach bessere Augen gehabt
haben, als ich. Denn er zeigte just auf den Hügel ober-
halb meinem alten Hause, und ob wir gleich eine Stunde
weit davon lagen, schrie er doch überlaut, es seyen dort
viele Menschen. Ich sahe scharff darnach, konte aber,
auch so gar durchs Fernglaß, nichts vernehmen, weil ich
61
den Platz nicht recht treffen konte. Massen ег, wie sichs
des andern Tages beym Nachfragen befunden, Recht ge-
habt, indem ein halb-dutzend Männer beysammen da ge-
standen, und nach dem Schiff ausgesehen, nicht wissende,
was sie von uns dencken solten.
-—
Sobald Freytag gesagt er sähe Leute, ließ ich gleich die .
Englische Flagge aushängen, und 3 Canonen loßfeuren,
zum Zeichen, daß wir Freunde seyen, und wir wurden
in einer halben Stunde gewahr, daß an der Bucht hinauf
ein Rauch in die Höhe stiege. Also muste man auf meinen
Befehl sofort einen Boot ausbringen, ich nahm Freytag zu
mir, hangte eine weisse oder Friedens-Flagge aus, und fuhr
- e
immerhin gerade nach dem Ufer zu. Wir hatten überdieß |
noch 16 wohlbewaffnete Bursche bey uns, wenn wir etwa
neue unbekandte Gäste darauf antraffen; ШЕ aber keine
Waffen nöthig gehabt.
Als wir bey der Fluth-Zeit, als meistens das höchste
Wasser war, an den Strand gekommen, ruderten wir gerade
in die Bucht hinein, und der Erste Mann, auf den ich
mein Aug richtete, war der Spanier, dem ich das Leben
gerettet, und den ich noch vollkommen am Gesichte kannte.
Seine Kleidung will ich nachmahls beschreiben. Ich ver-
both, es solte keine Seele, vor mir, Fuß ans Land setzen.
Aber da war bey Freytag kein halten. Dann das treu-
hertzige Blut hatte eine ziemliche Ecke von den Spaniern,
seinen Vater, von dem ich doch nichts sehen konte, er- `
blickt, und wann man ihn nicht mit gutem aus dem Boot
—
gelassen hätte, wäre ег unfehlbar ins Meer hineinge- |
sprungen.
Kaum stund er aufm Land, so flog er nach seinem
Vater zu, als ein Pfeil von dem Bogen. Der aller-
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gesetzteste und ernsthaffteste Mensch auf der Welt hätte
sich der Thränen nicht enthalten können, wann er Freytags
erste übermachte Freude bey seines Vaters Bewillkommung
angesehen: Wie er ihn umarmet, geküsset, über die Backen
gestrichen, auf die Arme genommen, unten an einem Baum,
und sich zu ihm hingesetzt, dann wieder aufgestanden, und
ihn so scharff angesehen, als man etwa eine seltzame Figur
betrachtet, und das zwar '/, Stunde an einander. Sodann
fiel er auf den Boden, strich ihm über die Füsse, küfite
sie, stund wieder auf, und sahe ihn starr an, also dab ihn
einer für bezaubert halten mögen. Aber einen Stein hätte
es zum Lachen bewegen sollen, wie ers den andern Тас
gemacht. Des Morgens spazierte er mit seinem Vater am
Gestade etliche Stunden lang hin und her, und führte ihn
immerzu bey der Hand als ein Frauenzimmer. Darzwischen
holte er alle Augenblick etwas für ihn aus dem Boot, als:
ein Stück Zucker, einen Schluck Brandtwein, einen Zwie-
back, oder sonst was gutes. Des Nachmittags wars ein
anderer lustiger Aufzug. Dann da setzte er den Alten
auf die Erde, tantzte um ihn herum, und machte tausen-
derley seltzame Geberden und Posituren. Unter allem deme
schwatzte er immerzu mit ihm, und erzehlte ihm bald diese
bald jene Geschichte, wie es ihm auf seinen Reisen in der
Frembde ergangen, nur seinem Vater die Zeit zu kürtzen
und eine Freude zu erwecken. Kurtz; wann sich in Unserm
Welt-Theil eben solche Kindliche Liebe gegen die Eltern
fande, solte einer bald sagen, es brauchte schier des fünften
Geboths nicht.
Ans dem Neudruck des ältesten deutschen Robinson-Buchs von 1720.
p di
. BRIEFE DES JUNGEN SCHILLER
AN SEINEN SPÄTEREN SCHWAGER W. E H. REINWALD,
< BIBLIOTHEKAR IN MEININGEN
Mannheim, den 5. Mai 1784
Vielleicht wünschen Sie mit meiner Lage bekannt zu
. seyn. Was sich in einem Briefe sagen läßt, sollen Sie er-
. fahren. — Noch bin ich hier, und nur auf mich kommt es an, ob
. ich nach Verfluß meines Jahres, nämlich am 1. September,
. meinen Contract verlängern will oder nicht. Man rechnet
"
aber indeß schon ganz darauf, daß ich hier bleiben werde,
‚ und meine gegenwärtigen Umstände zwingen mich beinahe
, auf längere Zeit zu contrahieren, als ich vielleicht sonst
. würde gethan haben. Пав Theater hat mir für dieses
, Jahr in Allem şoo fl. Fixum gegeben, wobei ich aber auf
. die jedesmalige Einnahme einer Vorstellung meiner Stüke
. Verzicht thun mußte. Meine Stüke bleiben mir frei zu
. verkaufen. Aber Sie glauben nicht, mein Bester, wie
,
wenig Geld боо — 800 fl. in Mannheim, und vorzüglich im
. theatralischen Zirkel ist — wie wenig Segen, möchte ich
l sagen, in diesem Geld ist — welche Summen nur auf
| Kleidung, Wohnung, und gewisse Ehrenausgaben gehen,
. welche ich in meiner Lage nicht ganz vermeiden kann.
| Gott weiß, ich habe mein Leben hier nicht genossen, und
D
2
noch einmal so viel als ап jedem andern Orte verschwendet.
Allein und getrennt! — Ungeachtet meiner vielen Be-
kanntschaften, dennoch einsam und ohne Führung, muß
ich mich durch meine Oekonomie hindurchkämpfen, zum
, Unglük mit allem versehen, was zu unnöthigen Ver-
schwendungen reizen kann. Tausend kleine Bekümmer-
nisse, Sorgen, Entwürfe, die mir ohne Aufhören vor-
65
schweben, zerstreuen meinen Geist, zerstreuen alle dichte-
rischen Träume, und legen Blei an jeden Flug der
Begeisterung. Hätte ich jemand, der mir diesen Theil der
Unruhe abnähme, und mit warmer, herzlicher Theil-
nehmung sich um mich beschäftigte, ganz könnte ich
wiederum Mensch und Dichter seyn, ganz der Freund-
schaft und den Musen leben. Jezt bin ich auch auf dem
Weege dazu.
Den ganzen Winter hindurch verließ mich das kalte
Fieber nicht ganz. Durch Diät und China zwang ich zwar
jeden neuen Anfall, aber die schlimme hiesige Luft, worin
ich noch Neuling war, und meine von Gram gedrükte
Seele machten ihn bald wiederkommen. Bester Freund!
ich bin hier noch nicht glüklich gewesen, und fast ver-
zweifle ich, ob ich je in der Welt wieder darauf Anspruch
machen kann. Halten Sie es für kein leeres Geschwäz,
wenn ich gestehe, daß mein Aufenthalt in Bauerbach bis
jezt mein seligster gewesen, der vielleicht nie wieder
kommen wird.
Vorige Woche war ich zu Frankfurt, Grosmann zu be-
suchen, und einige Stüke da spielen zu sehen, worin zwei
Mannheimer Schauspieler, Beil und Ifland Gastrollen
spielten. Grosmann bewirthete mich unter andern auch
mit Cabale und Liebe ... Hier zu Mannheim wurde
es mit aller Vollkommenheit, deren die Schauspieler fähig
waren, unter lautem Beifall und den heftigsten Bewegungen
der Zuschauer gegeben.
Sie hätte ich dabei gewünscht, — den Fiesco verstand
das Publicum nicht. Republicanische Freiheit ist hier zu
Land ein Schall ohne Bedeutung, ein leerer Name — in
den Adern der Pfälzer fließt kein römisches Blut. Aber |
66
‚zu Berlin wurde ег ı4 mal innerhalb drei Wochen gefordert
und gespielt. Auch zu Frankfurt fand man Geschmak
-daran. Die Mannheimer sagen, das Stük wäre viel zu ge-
‚lehrt für sie. . .
| Noch immer trage ich mich mit dem Lieblingsgedanken,
, zurükgezogen von der grosen Welt, in philosophischer
Stille mir selbst, meinen Freunden und einer glüklichen
Weisheit zu leben, und wer weiß ob das Schiksal, das
. mich bisher unbarmherzig genug herumwarf, mir nicht
. auf einmal eine solche Seligkeit gewähren wird. In dem
. lärmendsten Gewühl, mitten unter den Berauschungen des
. Lebens, Ше man sonst Glükseligkeit zu nennen pflegt,
. waren mir doch immer jene Augenblike die süßesten, |
wo ich in mein stilles Selbst zurükkehrte, und in dem
heitern Gefilde meiner schwärmerischen Träume herum-
wandelte, und hie und da eine Blume pflükte. — Meine
| Bedürfnise in der grosen Welt sind vielfach und uner-
Schópflich, wie mein Ehrgeiz, aber wie sehr schrumpft
dieser neben meiner Leidenschaft zur stillern Freude zu-
, sammen.
Es kann geschehen, daß ich zur Aufnahme des hiesigen
_ Theaters ein periodisches, dramaturgisches Werk unternehme,
= worin alle Aufsäze, welche mittelbar oder unmittelbar an
das Geschlecht des Drama's oder an die Kritik desselben
= gránzen, Plaz haben sollen. Wollen Sie, mein Bester,
einiges in diesem Fach ausarbeiten, so werden Sie Sich
nicht nur ein Verdienst um mich erwerben, sondern auch
alle Vortheile für Ihre Bórse davon ziehen, die man Ihnen
verschaffen kann, denn vielleicht verlegt und bezahlt die
kurfürstliche Theatercasse das Buch. Schreiben Sie mir
Ihre Entschließung darüber.
67
Daß ich Mitglied der kurfürstlichen teutschen Gesell-
schaft und also jezt pfälz’scher Unterthan bin, wissen Sie
ohne Zweifel.
Den Einschluß überschiken (oder überbringen) Sie an
Frau von Wolzogen,, und fahren Sie fort, Ihren Freund zu
lieben, der unter allen Verhältnissen des Lebens ewig der
Ihrige bleiben wird.
Frid. Schiller
AN HENRIETTE FREIFRAU VON WOLZOGEN
Mannheim, den 7. Juni 1784
Vor einigen Tagen widerfährt mir die herrlichste Ueber-
raschung von der Welt. Ich bekomme Paquete aus Leipzig,
und finde von 4 ganz fremden Personen Briefe, voll
Wärme und Leidenschaft für mich und meine Schriften.
Zwei Frauenzimmer, sehr schöne Gesichter, waren darunter.
Die eine hatte mir eine kostbare Brieftasche gestikt, die
gewiss an Geschmak und Kunst eine der schönsten ist die
man sehen kann. Die andere hatte sich und die 3 andern
Personen gezeichnet, und alle Zeichner in Mannheim
wundern sich über die Kunst. Ein dritter hatte ein Lied
aus meinen Räubern in Musik gesezt, um etwas zu thun,
das mir angenehm wäre. Sehen Sie meine Beste — so
kommen zuweilen ganz unverhofte Freuden für Ihren
Freund, die desto schäzbarer sind, weil freier Wille, und
eine reine, von jeder Nebenabsicht reine, Empfindung und
Simpathie der Seelen die Erfinderin ist. So ein Geschenk
von ganz unbekannten Händen — durch nichts als die
bloße reinste Achtung hervorgebracht — aus keinem
andern Grund, als mir für einige vergnügte Stunden, die
man bei Lesung meiner Produkte genoss, erkenntlich zu
68
СС
Iva
ZA
Vo CV va ex 09. M.
seyn — ein solches Geschenk ist mir grófire Belonung,
als der laute Zusammenruf der Welt, die einzige süße
Entschádigung für tausend trübe Minuten. — Und wenn
ich das nun weiter verfolge, und mir denke, daß in der
Welt vielleicht mehr solche Zirkel sind, die mich un-
bekannt lieben, und sich freuten, mich zu kennen, dass
vielleicht in roo und mehr Jahren — wenn auch mein
Staub schon lange verweht ist, man mein Andenken seegnet,
und mir noch im Grabe Tränen und Bewunderung zollt
— dann meine Theuerste freue ich mich meines Dichter-
berufes, und versóne mich mit Gott und meinem oft
harten Verhängniß.
Sie werden lachen, liebste Freundin, wenn ich Ihnen ge-
stehe, daß ich mich schon eine Zeitlang mit dem Gedanken
trage, zu heuraten. Nicht als wenn ich hier schon ge-
wählt hätte, im geringsten nicht, ich bin in diesem Punkte
noch so frei, wie vorhin — aber eine öftere Überlegung,
dass nichts in der Welt meinem Herzen die glükliche Ruhe,
und meinem Geist die zu Kopfarbeiten so nötige Freiheit,
und stille leidenschaftlose Musse verschaffen könne, hat
diesen Gedanken in mir hervorgebracht. Mein Herz sehnt
sich nach Mittheilung, und inniger Theilnahme. Die stillen
Freuden des häußlichen Lebens würden, müßten mir
Heiterkeit in meinen Geschäften geben, und meine Seele
von tausend wilden Affekten reinigen, die mich ewig
herumzerren. Auch mein überzeugendes Bewußtseyn, dass
ich gewiß eine Frau glüklich machen würde, wenn anders
innige Liebe und Antheil glüklich machen kann, dieses Be-
wußtseyn hat mich schon oft zu dem Entschlusse hin-
gerissen. Fände ich ein Mädchen, das meinem Herzen
theuer genug wäre! oder könnte ich Sie beim Wort
69
nehmen, und Ihr Sohn werden. Reich würde freilich Ihre
Lotte nie — aber gewiß glüklich. . .
AN DEN KREIS DER LEIPZIGER VEREHRER
Mannheim, den 7. December 84
Nimmermehr kónnen Sie mir's verzeihen, meine Werthe-
sten, dass ich auf Ihre freundschaftsvollen Briefe, auf
Briefe die so viel Enthousiasmus und Wolwollen gegen
mich athmeten, und von den schäzbarsten Zeichen Ihrer
Güte begleitet waren, sieben Monate schweigen konnte.
Ich gestehe es Ihnen, daß ich den jezigen Brief mit einer
Schaamróthe niederschreibe, welche mich vor mir selbst
demiitigt, und dass ich meine Augen in diesem Moment
wie ein Faiger vor Ihren Zeichnungen niederschlage, die
über meinem Schreibtische hangen, und in dem Augenblik
zu leben und mich anzuklagen scheinen. Gewiss meine
‘Vortreflichen Freunde u. Freundinnen, die Beschamung
und die Verlegenheit welche ich gegenwärtig leide, ist
Rache genug. Nehmen Sie keine andre mehr. Aber er-
lauben Sie mir nur einige Worte — nicht, um diese un-
erhórte Nachläßigkeit zu entschuldigen, nur sie Ihnen
einigermaasen begreiflich zu machen.
Ihre Briefe, die mich unbeschreiblich erfreuten, und eine
Stunde in meinem Leben auf das angenehmste aufgehellt
haben, trafen mich in einer der traurigsten Stimmungen
meines Herzens, worüber ich Ihnen in Briefen kein Licht
geben kann. Meine damalige Gemüthsfassung war die-
jenige nicht, worinn man sich solchen Menschen, wie ich
Sie mir denke, gern zum erstenmal vors Auge bringt.
Ihre schmeichelhafte Meinung von mir war freilich
nur eine angenehme Illusion — aber dennoch war ich
79
schwach genug, zu wiinschen, daf sie nicht allzuschnell
aufhören möchte. Darum, meine Theuersten, behielt ich
mir die Antwort auf eine bessere Stunde vor — auf einen
Besuch meines Genius, wenn ich einmal, in einer schöneren
Laune meines Schiksals, schönern Gefühlen würde geöfnet
seyn. Diese Schäferstunden blieben aus, und in einer
traurigen Stuffenreihe von Gram und Widerwärtigkeit ver-
troknete mein Herz für Freundschaft und Freude. Un-
glükselige Zerstreuungen, deren Andenken mir in diesem
Augenblik noch Wunden schlägt, löschten diesen Vorsaz
nach und nach in meinem harmvollen Herzen aus. Ein
Zufall, ein wehmütiger Abend erinnert mich plözlich
wieder an Sie und mein Vergehen, ich eile an den Schreib-
tisch, Ihnen, meine lieben, diese schändliche Vergessenheit
abzubitten, die ich auf keine Weise aus meinem Herzen
mir erklären kann. Wie empfindlich mußte Ihnen der Ge-
danke seyn, einen Menschen geliebt zu haben, der fähig
war, Ihre zuvorkommende Güte so wie ich zu beantworten!
Wie mußten Sie Sich eine Тһас reuen lassen, die Sie ап
den undankbarsten auf dem Erdboden verschwendeten! —
Aber nein, das leztere bin ich niemals gewesen, und habe
schlechterdings keine Anlage, es zu seyn, Wenn Sie nur
wenige Funken von der Wärme übrig behielten, die Sie
damals gegen mich hegten, so fodre ich Sie auf, mein
Herz auf die strengsten Proben zu sezen, und mich diese
bisherige Nachläßigkeit auf alle Arten wieder ersezen zu lassen.
Und nun genug von einer Materie, wobey ich eine so
nachtheilige Rolle spiele.
Wenn ich Ihnen bekenne, daß Ihre Briefe und Geschenke
das angenehmste waren, was mir — vor und nach — in
der ganzen Zeit meiner Schriftstellerey wiederfaren ist,
71
daß diese fröliche Erscheinung mich für die mancherley
verdrüßlichen Schiksale schadlos hielt, welche in der Jüng-
lings Epoche meines Lebens mich verfolgten, — daß, ich
sage nicht zu viel, daß Sie meine Theuersten, es Sich zu-
zuschreiben haben, wenn ich die Verwünschung meines
Dichterberufes, die mein widriges Verhängniß mir schon
aus der Seele preßte, zurüknahm, und mich endlich wieder
glüklich fühlte — Wenn ich Ihnen dieses sage, so weiß
ich, daß Ihre gütige Geständnisse gegen mich Sie nicht
gereuen werden. Wenn solche Menschen, solche schöne
Seelen den Dichter nicht belohnen, wer thut es denn?
Ich habe nicht ohne Grund gehoft, Sie dieses Jahr noch
von Angesicht zu Angesicht zu sehen, weil es im Werke
war, dass ich nach Berlin gehen wollte. Die Dazwischen-
kunft einiger Umstände macht diesen Vorsaz wenigstens
für ein Jahr rükgängig, doch könnt es kommen, daß ich
auf die Jubilat Messe Leipzig besuchte. Welche süße
Momente, wenn ich Sie da treffe, und Ihre wirkliche
Gegenwart auch sogar die geringste Freudenerinnerung an
Ihre Bilder verdunkelt! Minna und Dora werden es
wol geschehen lassen müßen, wenn sie mich bei meinen
neuern poetischen Idealen über einem kleinen Diebstahl an
ihren Umrissen ertappen sollten.
Ich weiß nicht, ob Sie meine werthesten, nach meinem
vergangenen Betragen mich noch der Fortsezung Ihres
Wohlwollens, und eines fernern Briefwechsels würdig
halten können; doch bitte ich Sie mit aller Wärme es zu
thun. Nur eine engere Bekanntschaft mit mir und meinem
Wesen kann Ihnen vielleicht einige Schatten derjenigen
Idee zurükgeben, die Sie einst von mir hegten, und nun-
mehr unterdrükt haben werden. Ich habe wenig Freuden
71
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144.
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des Lebens genossen, aber (das ist das stolzeste was ich
über mich aussprechen kann) diese wenigen habe ich meinem
Herzen zu danken.
Hier erhalten Sie auch etwas Neues von meiner Feder,
die Ankündigung eines Journals. Auffallen mag es Ihnen
immer, daß ich diese Rolle in der Welt spielen will, aber
vielleicht söhnt die Sache selbst Sie wieder mit Ihrer Vor-
stellung aus. Überdem zwingt ja das deutsche Publikum
seine Schriftsteller nicht nach dem Zuge des Genius,
sondern nach Speculationen des Handels zu wählen. Ich
werde dieser Thalia alle meine Kräfte hingeben, aber das
laugne ich nicht, dass ich sie (wenn meine Verfassung
mich über Kaufmannsrüksichten hinwegsezte) in einer
Andern Sphäre würde beschäftigt haben.
Wenn ich nur in einigen Zeilen Ihrer Verzeihung gewiss
worden bin, so soll diesem Brief auf das schleunigste ein
Zweiter folgen. Frauenzimmer sind sonst unversöhnlicher
als wir, also muß ich den Pardon von solchen Händen
unterschrieben lesen.
Mit unauslöschlicher Achtung der Ihrige.
Schiller.
Aus: Die Briefe des jungen Schiller,
herausgegeben von Max Hecker.
SCHILLER IM URTEIL GOETHES
AUS GOETHES WERKEN
Glückliches Ereignis (1794)
ENOSS ich die schönsten Augenblicke meines Lebens
zu gleicher Zeit, als ich der Metamorphose der Pflanzen
nachforschte, als mir die Stufenfolge derselben klargeworden,
74
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22 ме.
begeistete mir diese Vorstellung den Aufenthalt von Neapel
und Sizilien, gewann ich diese Art, das Pflanzenreich zu
betrachten immer mehr lieb, übte ich mich unausgesetzt
daran auf Wegen und Stegen: so mußten mir diese ver-
gntiglichen Bemühungen dadurch unschatzbar werden, in- |
dem sie Anlab gaben zu einem der höchsten Verhältnisse,
die mir das Glück in spätern Jahren bereitete. Die nähere
Werbindung mit Schiller bin ich diesen erfreulichen Er-
scheinungen schuldig, sie beseitigten die Mißverhältnisse,
wrelche mich lange Zeit von ihm entfernt hielten.
Nach meiner Rückkunft aus Italien, wo ich mich zu
größerer Bestimmtheit und‘ Reinheit in allen Kunstfächern
auszubilden gesucht hatte, unbekümmert, was währender
Zeit in Deutschland vorgegangen, fand ich neuere und
ältere Dichterwerke in großem Ansehn, von ausgebreiteter
_ Wirkung, leider solche, die mich äußerst anwiderten: ich
nenne nur Heinses Ardinghello und Schillers Räuber.
Jener war mir verhaßt, weil er Sinnlichkeit und abstruse
Denkweisen durch bildende Kunst zu veredeln und aufzu-
stutzen unternahm, dieser, weil ein kraftvolles, aber unreifes
"Talent gerade die ethischen und theatralischen Paradoxen,
von denen ich mich zu reinigen gestrebt, recht im
vollen hinreißenden Strome über das Vaterland ausge-
gossen hatte. |
Beiden Männern von Talent verargte ich nicht, was sie
unternommen und geleistet; denn der Mensch kann sich
micht versagen, nach seiner Art wirken zu wollen, er ver-
sucht es erst unbewußt, ungebildet, dann auf jeder Stufe
der Bildung immer bewußter, daher denn so viel Treff-
liches und Albernes sich über die Welt verbreitet und
Verwirrung aus Verwirrung sich entwickelt.
75
Das Rumoren aber, das im Vaterlande dadurch erregt,
der Beifall, der jenen wunderlichen Ausgeburten allgemein,
so von wilden Studenten als der gebildeten Hofdame, ge-
zollt ward, der erschreckte mich; denn ich glaubte all
mein Bemühen völlig verloren zu sehen, die Gegenstände,
zu welchen, die Art und Weise, wie ich mich gebildet
hatte, schienen mir beseitigt und gelahmt. Und was mich
am meisten schmerzte: alle mit mir verbundenen Freunde,
Heinrich Meyer und Moritz, sowie die im gleichen Sinne
fortwaltenden Künstler Tischbein und Bury schienen mir
gleichfalls gefährdet; ich war sehr betroffen. Die Be-
trachtung der bildenden Kunst, die Ausübung der Dicht-
kunst hätte ich gerne völlig aufgegeben, wenn es möglich
gewesen wäre; denn wo war eine Aussicht, jene Produk-
tionen von genialem Wert und wilder Form zu überbieten?
Man denke sich meinen Zustand! Die reinsten Anschau-
ungen suchte ich zu nähren und mitzuteilen, und nun
fand ich mich zwischen Ardinghello und Franz Moor ein-
geklemmt.
Moritz, der aus Italien gleichfalls zurückkam und eine
Zeitlang bei mir verweilte, bestärkte sich mit mir leiden-
schaftlich in diesen Gesinnungen; ich vermied Schillern,
der, sich in Weimar aufhaltend, in meiner Nachbarschaft
wohnte. Die Erscheinung des Don Karlos war nicht ge-
eignet, mich ihm näher zu führen, alle Versuche von Per-
sonen, die ihm und mir gleich nahe standen, lehnte ich ab,
und so lebten wir eine Zeitlang nebeneinander fort.
Sein Aufsatz „Über Anmut und Würde“ war 'ebenso-
wenig ein Mittel, mich zu versöhnen. Die Kantische Phi-
losophie, welche das Subjekt so hoch erhebt, indem sie es
einzuengen scheint, hatte er mit Freuden in sich auf-
76
genommen; sie entwickelte das Außerordentliche, was die
Natur in sein Wesen gelegt, und er, im höchsten Gefühl
der Freiheit und Selbstbestimmung, war undankbar gegen
die große Mutter, die ihn gewiß nicht stiefmütterlich be-
handelte. Anstatt sie selbständig, lebendig vom Tiefsten
bis zum Höchsten, gesetzlich hervorbringend zu betrachten,
nahm er sie von der Seite einiger empirischen mensch-
lichen Natürlichkeiten. Gewisse harte Stellen sogar konnte
ich direkt auf mich deuten, sie zeigten mein Glaubens-
bekenntnis in einem falschen Lichte; dabei fühlte ich, es
sei noch schlimmer, wenn es ohne Beziehung auf mich
gesagt worden; denn die ungeheure Kluft zwischen unsern
Denkweisen klaffte nur desto entschiedener.
An keine Vereinigung war zu denken. Selbst das milde
Zureden eines Dalberg, der Schillern nach Würden zu
ehren verstand, blieb fruchtlos, ja meine Gründe, die ich
jeder Vereinigung entgegensetzte, waren schwer zu wider-
legen. Niemand konnte leugnen, daß zwischen zwei
Geistesantipoden mehr als ein Erddiameter die Scheidung
mache, da sie denn beiderseits als Pole gelten mögen, aber
eben deswegen in eins nicht zusammenfallen können. Daß
aber doch ein Bezug unter ihnen stattfinde, erhellt aus
folgendem. Schiller zog nach Jena, wo ich ihn ebenfalls
nicht sah. Zu gleicher Zeit. hatte Batsch durch unglaub-
liche Regsamkeit eine naturforschende Gesellschaft іп
Tatigkeit gesetzt, auf schóne Sammlungen, auf bedeutenden
Apparat gegründet. Ihren periodischen Sitzungen wohnte
ich gewóhnlich bei; einstmals fand ich Schillern daselbst,
wir gingen zufällig beide zugleich heraus, ein Gespräch
knüpfte sich ап, er schien an dem Vorgetragenen teilzu-
nehmen, bemerkte aber sehr verstandig und einsichtig und
77
mir sehr willkommen, wie eine so zerstiickelte Art, die
Natur zu behandeln, den Laien, der sich gern darauf ein-
ließe, keineswegs anmuten könne.
Ich erwiderte darauf, daß sie den Eingeweihten selbst
vielleicht unheimlich bleibe und daß es doch wohl noch
eine andere Weise geben könne, die Natur nicht gesondert
und vereinzelt vorzunehmen, sondern sie wirkend und
lebendig, aus dem Ganzen in die Teile strebend darzustellen.
Er wünschte hierüber aufgeklärt zu sein, verbarg aber seine
Zweifel nicht; er konnte nicht eingestehen, daß ein solches,
wie ich behauptete, schon aus der Erfahrung hervorgehe.
Wir gelangten zu seinem Hause, das Gespräch lockte
mich hinein; da trug ich die Metamorphose der Pflanzen
lebhaft vor und ließ, mit manchen charakteristischen
Federstrichen, eine symbolische Pflanze vor seinen Augen
entstehen. Er vernahm und schaute das alles mit großer
Teilnahme, mit entschiedener Fassungskraft; als ich aber
geendet, schüttelte er den Kopf und sagte: „Das ist keine
Erfahrung, das ist eine Idee.“ Ich stutzte, verdrießlich
einigermaßen; denn der Punkt, der uns trennte, war da-
durch aufs strengste bezeichnet. Die Behauptung aus
„Anmut und Würde“ fiel mir wieder ein, der alte Groll
wollte sich regen; ich nahm mich aber zusammen und ver-
setzte: „Das kann mir sehr lieb sein, daß ich Ideen habe,
ohne es zu wissen, und sie sogar mit Augen sehe.“
Schiller, der viel mehr Lebensklugheit und Lebensart
hatte als ich und mich auch wegen der ,,Ногеп“, die er
herauszugeben in Begriff stand, meh: anzuziehen als abzu-
stoßen gedachte, erwiderte darauf als ein gebildeter Kan-
tianer, und als aus meinem hartnäckigen Realismus
mancher Anlaß zu lebhaftem Widerspruch entstand, so
78
|
I
ward viel gekampft und dann Stillstand gemacht; keiner
von beiden konnte sich für den Sieger halten, beide
hielten sich für unüberwindlich. Sätze wie folgender
machten mich ganz unglücklich: , Wie kann jemals Er-
fahrung gegeben werden, die einer Idee angemessen sein
sollte? Denn darin besteht eben das Eigentümliche der
letzteren, daß ihr niemals eine Erfahrung kongruieren
kónne.* Wenn er das für eine Idee hielt, was ich als
Erfahrung aussprach, so mußte doch zwischen beiden
irgend etwas Vermittelndes, Bezügliches obwalten! Der
erste Schrit war jedoch getan. Schillers Anziehungskraft
war groß, er hielt alle fest, die sich ihm näherten; ich
nahm сей an seinen Absichten und versprach, zu den
„Foren“ manches, was bei mir verborgen lag, herzugeben;
seine Gattin, die ich, von ihrer Kindheit auf, zu lieben und
zu schätzen gewohnt war, trug das Ihrige bei zu dauerndem
Verständnis, alle beiderseitigen Freunde waren froh, und
so besiegelten wir, durch den größten, vielleicht nie ganz
zu schlichtenden Wettkampf zwischen Objekt und Subjekt,
einen Bund, der ununterbrochen gedauert und für uns und
andere manches Gute gewirkt hat.
Für mich insbesondere war es ein neuer Frühling, in
welchem alles froh nebeneinander keimte und aus auf-
geschlosenen Samen und Zweigen hervorging. Unsere
beiderseitigen Briefe geben davon das ee reinste
und vollstandigste Zeugnis.
Aus den Annalen von 1805
_ Also ward auch dieses Jahr mit den besten Vorsätzen
und Hoffnungen angefangen und zumal Demetrius um-
ständlich öfters besprochen. Weil wir aber beide durch
79
körperliche Gebrechen öfters in den Hauptarbeiten gestört
wurden, so setzte Schiller die Übertragung der Phädra, ich
die des Rameau fort, wobei nicht eigene Produktion ver-
langt, sondern unser Talent durch fremde, schon vollendete
Werke aufgeheitert und angeregt wurde...
Indessen war ich durch zwei schreckhafte Vorfälle, durch
zwei Brände, welche in wenigen Abenden und Nächten
hintereinander entstanden und wobei ich jedesmal persön-
lich bedroht war, in mein Übel, aus dem ich mich zu
retten strebte, zurückgeworfen. Schiller fühlte sich von
gleichen Banden umschlungen. Unsere persönlichen Zu-
sammenkünfte waren unterbrochen; wir wechselten fliegende
Blatter. Einige im Februar und März von ihm geschriebene
zeugen noch von seinen Leiden, von Tätigkeit, Ergebung
und immer mehr schwindender Hoffnung. Anfangs Mai wagt
ich mich aus, ich fand ihn im Begriff, ins Schauspiel zu
gehen, wovon ich ihn nicht abhalten wollte: ein Miß-
behagen hinderte mich, ihn zu begleiten, und so schieden
wir vor seiner Haustüre, um uns niemals wiederzusehen.
Bei dem Zustande meines Körpers und Geistes, die, um
aufrecht zu bleiben, aller eigenen Kraft bedurften, wagte
niemand, die Nachricht von seinem Scheiden in meine
Einsamkeit zu bringen. Er war am Neunten verschieden
und ich nun von allen meinen Übeln doppelt und dreifach
angefallen.
Als ich mich ermannt hatte, blickt ich nach einer ent-
schiedenen großen Tätigkeit umher; mein erster Gedanke
war, den Demetrius zu vollenden. Von dem Vorsatz an
bis in die letzte Zeit hatten wir den Plan öfters durch-
gesprochen: Schiller mochte gern unter dem Arbeiten mit
sich selbst und anderen für und wider streiten, wie es zu
80
y
machen wäre; er ward ebensowenig müde, fremde Меі-
4 nungen zu vernehmen, wie seine eigenen hin und her zu
wenden. Und so hatte ich alle seine Stücke, vom Wallen-
. stein an, zur Seite begleitet, meistenteils friedlich und
freundlich, ob ich gleich manchmal, zuletzt wenn es zur
Aufführung kam, gewisse Dinge mit Heftigkeit bestritt,
wobei denn endlich einer oder der andere nachzugeben
für gut fand. So hatte sein aus- und aufstrebender Geist
auch die Darstellung des Demetrius in viel zu großer
; Breite gedacht; ich war Zeuge, wie er die Exposition in
einem Vorspiel bald dem Wallensteinischen, bald dem Or-
leanischen ähnlich ausbilden wollte, wie er nach und nach
sich ins Engere zog, die Hauptmomente zusammenfafite
und hie und da zu arbeiten anfing. Indem ihn ein Er-
eignis vor dem anderen anzog, hatte ich beirátig und mit-
tatig eingewirkt: das Stück war mir so lebendig als ihm.
Nun brannt ich vor Begierde, unsere Unterhaltung dem
Tode zu 'Irutz fortzusetzen, seine Gedanken, Ansichten
und Absichten bis ins einzelne zu bewahren und ein her-
kómmliches Zusammenarbeiten bei Redaktion eigener und
fremder Stücke hier zum letztenmal auf seinem hóchsten
Gipfel zu zeigen. Sein Verlust schien mir ersetzt, indem
ich sein Dasein fortsetzte. Unsere gemeinsamen Freunde
hofft ich zu verbinden; das deutsche Theater, für welches
wir bisher gemeinschaftlich, er dichtend und bestimmend,
ich belehrend, übend und ausführend, gearbeitet hatten,
sollte bis zur Herankunft eines frischen ähnlichen Geistes
durch seinen Abschied nicht ganz verwaist sein. Genug,
aller Enthusiasmus, den die Verzweiflung bei einem großen
Verlust in uns aufregt, hatte mich ergriffen. Frei war ich
von aller Arbeit, in wenigen Monaten hatte ich das Stück
8t
vollendet. Es auf allen Тһеагегп zugleich gespielt zu
sehen, ware die herrlichste Totenfeier gewesen, die er
|
selbst sich und den Freunden bereitet hatte. Ich schien
mir gesund, ich schien mir getróstet. Nun aber setzten
sich der Ausführung mancherlei Hindernisse entgegen, mit
einiger Besonnenheit und Klugheit vielleicht zu beseitigen,
die ich aber durch leidenschaftlichen Sturm und Ver-
worrenheit nur noch vermehrte; eigensinnig und übereilt
gab ich den Vorsatz auf, und ich darf noch jetzt nicht
an den Zustand denken, in welchen ich mich versetzt
fühlte. Nun war mir Schiller eigentlich erst entrissen,
sein Umgang erst versagt. Meiner künstlerischen Ein-
bildungskraft war verboten, sich mit dem Katafalk zu be-
schäftigen, den ich ihm aufzurichten gedachte, der länger
als jener zu Messina das Begräbnis überdauern sollte: sie
wendete sich nun und folgte dem Leichnam in die Gruft,
die ihn gepränglos eingeschlossen hatte. Nun fing er mir
erst ап, zu verwesen; unleidlicher Schmerz ergriff mich,
und da mich körperliche Leiden von jeglicher Gesellschaft |
trennten, so war ich in traurigster Einsamkeit befangen.
Meine Tagebücher melden nichts von jener Zeit: die
weiben Blatter deuten auf den hohlen Zustand, und was
sonst noch an Nachrichten sich findet, zeugt nur, daß ich |
den laufenden Geschaften ohne weiteren Anteil zur Seite |
ging und mich von ihnen leiten ließ, anstatt sie zu leiten.
Wie oft mußt ich nachher im Laufe der Zeit still bei mir
lacheln, wenn teilnehmende Freunde Schillers Monument
in Weimar vermißten: mich wollte fort und fort bedünken,
als hätt ich ihm und unserem Zusammensein das erfreu-
lichste stiften können. —
82
|
|
|
Wo mno i i a
AUS GOETHES GESPRÁCHEN MIT ECKERMANN
Dienstag, den 28. Januar 1825
ACHDEM nun so, von diesen und hundert andern
interessanten Äußerungen und Einflechtungen Goethes
: unterbrochen, das gedachte Manuskript [die Annalen] bis
zu Ende des Jahres 1800 vorgelesen und besprochen war,
: legte Goethe die Papiere an die Seite und ließ an einem
: Ende des grofen Tisches, an dem wir safen, decken und
v— ër ағ
ein kleines Abendessen bringen. Wir ließen es uns wohl
sein; Goethe selbst rührte aber keinen Bissen an, wie ich
ihn denn nie abends habe essen sehen. Er saß bei uns,
: schenkte uns ein, putzte die Lichter und erquickte uns
-m
aa NSL —-
TR 9 ND
überdies geistig mit den herrlichsten Worten. Das An-
denken Schillers war in ihm so lebendig, daß die Gespräche
dieser letzten Hälfte des Abends nur ihm gewidmet waren.
Riemer erinnerte an Schillers Persönlichkeit. „Der Bau
seiner Glieder, sein Gang auf der Straße, jede seiner Be-
wegungen“, sagte er, „war stolz, nur die Augen waren
| sanft.“ — „Ja,“ sagte Goethe, „alles übrige an ihm war
. stolz und großartig, aber seine Augen waren sanft. Und
“ее UU
= ~ Lati
Ka
e
га
ed
2
(0
wie sein Körper war sein Talent. Er griff in einen großen
. Gegenstand kühn hinein und betrachtete und wendete ihn
hin und her, und sah ihn so an und so, und handhabte
» ihn so und so. Er sah seinen Gegenstand gleichsam nur
: von außen an, eine stille Entwickelung aus dem Innern
war nicht seine Sache. Sein Talent war mehr desultorisch.
Deshalb war er auch nie entschieden und konnte nie fertig
werden. Er wechselte oft noch eine Rolle kurz vor der
Probe. |
„Und wie er überall kühn zu Werke ging, so war er
83
auch nicht für vieles Motivieren. Ich weiß, was ich mit
ihm beim ‚Tell für Not hatte, wo er geradezu den Geßler
einen Apfel vom Baum brechen und vom Kopf des Knaben
schießen lassen wollte. Dies war nun ganz gegen meine
Natur, und ich tiberredete ihn, diese Grausamkeit doch
wenigstens dadurch zu motivieren, dab er Tells Knaben
mit der Geschicklichkeit seines Vaters gegen den Landvogt
großtun lasse, indem er sagt, daß er wohl auf hundert
Schritte einen Apfel vom Baume schieße. Schiller wollte
anfänglich nicht daran, aber er gab doch endlich meinen
Vorstellungen und Bitten nach und machte es so, wie ich
ihm geraten.
„Daß ich dagegen oft zu viel motivierte, entfernte meine
Stücke vom Theater. Meine ‚Eugenie‘ ist eine Kette von
lauter Motiven, und dies kann auf der Bühne kein Glück
machen.
„Schillers Talent war recht fürs Theater geschaffen. Mit
jedem Stücke schritt er vor und ward er vollendeter; doch
war es wunderlich, daß ihm noch von den ‚Räubern‘ her
ein gewisser Sinn für das Grausame anklebte, der selbst іп
seiner schönsten Zeit ihn nie ganz verlassen wollte. So
erinnere ich mich noch recht wohl, daß er im ‚Egmont‘
in der Gefängnisszene, wo diesem das Urteil vorgelesen
wird, den Alba in einer Maske und in einen Mantel ge-
hüllt im Hintergrunde erscheinen ließ, um sich an dem
Effekt zu weiden, den das Todesurteil auf Egmont haben
würde. Hierdurch sollte sich der Alba als unersättlich in
Rache und Schadenfreude darstellen. Ich protestierte jedoch,
und die Figur blieb weg. Er war ein wunderlicher großer
Mensch.
„Alle acht Tage war er ein anderer und vollendeterer;
84
jedesmal wenn ich ihn wiedersah, erschien ег mir vorge-
schritten in Belesenheit, Gelehrsamkeit und Urreil. Seine
Briefe sind das schénste Andenken, das ich von ihm be-
sitze, und sie реһдгеп mit zu dem Vortrefflichsten, was
er geschrieben. Seinen letzten Brief bewahre ich als ein
Heiligtum unter meinen Schätzen.“ Goethe stand auf und
holte ihn. „Оа sehen und lesen Sie“, sagte er, indem er
mir ihn zureichte.
Der Brief war schön und mit kühner Hand geschrieben.
Er enthielt ein Urteil über Goethes Anmerkungen zu
„Rameaus Neffen“, welche die französische Literatur jener
Zeit darstellen und die er Schillern in Manuskript zur
Ansicht mitgeteilt hatte. Ich las den Brief Riemern vor.
„Sie sehen,“ sagte Goethe, „wie sein Urteil treffend und
beisammen ist und wie die Handschrift durchaus keine
Spur irgendeiner Schwäche verrät. Er war ein prächtiger
Mensch, und bei völligen Kräften ist er von uns gegangen.
Dieser Brief ist vom 24. April 1805 — Schiller starb am
9. Mai.“
Wir betrachteten den Brief wechselsweise und freuten
uns des klaren Ausdrucks wie der schönen Handschrift,
und. Goethe widmete seinem Freunde noch manches Wort
eines liebevollen Andenkens, bis es spät gegen elf Uhr
geworden war und wir gingen.
Donnerstag, den ı2. Mai 1825
. . o 5 Überall*, fuhr Goethe fort, „lernt man nur von dem,
den man liebt. Solche Gesinnungen finden sich nun wohl
gegen mich bei jetzt heranwachsenden jungen Talenten,
allein ich fand sie sehr spärlich unter gleichzeitigen. Ja,
ich wüßte kaum einen einzigen Mann von Bedeutung zu
85
nennen, dem ich durchaus recht gewesen wäre. Gleich
an meinem „Werther“ tadelten sie so viel, daß, wenn ich
jede gescholtene Stelle hätte tilgen wollen, von dem ganzen
Buche keine Zeile geblieben wäre. Allein aller Tadel
schadete mir nichts, denn solche subjektive Urteile einzelner
obgleich bedeutender Männer stellten sich durch die Masse
wieder ins Gleiche. Wer aber nicht eine Million Leser
erwartet, sollte keine Zeile schreiben.
„Nun streitet sich das Publikum seit zwanzig Jahren,
wer größer sei: Schiller oder ich, und sie sollten sich
freuen, daß überall ein paar Kerle da sind, worüber sie
streiten können.“
Aus Goethes Gesprächen mit Eckermann,
herausgegeben von Franz Deibel.
DIE JENAISCHEN STUDENTEN IN WEIMAR
UF matten, stolpernden, ganz dem berühmten Thiere des
einäugigen Schusters Sauer in Halle ähnlich, kommen
ein Dutzend Jenaische Bursche hier über den Markt gallo-
pirt! Wenn man indessen die Galop mit dem Gange ver-
gleicht, den man bei einen nichtakademischen Pferde so
nennt, so wird man sehr leicht finden, daß beide sehr von
einander verschieden sind. Jenes ist ein unaufhörliches
Fallen und Aufstehen, wobei der unerfahrne Reiter dem
Thiere mit seiner Brust auf der Mähne und mit den
Spornen ın den Seiten liegt, und es so immer von neuem
zu mühseligern schnellern Sprung antreibt. Wirklich muß
ein höheres Geschick über den jungen Reitern walten, die
sich diesen Thieren anvertrauen. Man sollte glauben, daß
in den Todtenlisten von Jena keine Todesart häufiger vor-
86
2 EE EE EE түз тесе ол гс АСУ азары т тлі ТТИ
öde ge E end CEM мк Ж-Е... 2... CE
kommen müßte, als Ше des Sturzes vom Pferde; denn
schlechtere Reiter und elendere Pferde giebt es nicht, als
die Jenaischen Studenten und die dasigen Philisterpferde.
Vor ein paar Jahren zogen die Jenaischen Bursche noch
fast jedesmal mit ziemlichen Larmen und Toben in Weimar
ein; ihre Gegenwart kündigte sich allemal durch ein Gebrüll
an, welches sie mit dem Namen Gesang belegen; aber jetzt
ist das nicht mehr so. Ohne Lärmen geht es freilich nicht
ab, aber jenes wilde Toben ist ihnen einigemal untersagt
worden, und ohnerachtet der angenommenen Verachtung
gegen die Laubfrösche — mit welchem Namen sie die
Weimarische Garnison wegen ihrer grünen Uniform zu
belegen pflegen — haben sie doch eine kleine Furcht, daß
man sie wohl, nach ihrem Ausdruck, schleppen könnte,
wenn sie es zu bunt machten. Sie sind also lieber ruhig,
und bedauern im Stillen den Verlust ihrer wohlerworbenen
akademischen Gerechtsame — ungezogen zu seyn.
Indessen sind sie doch in Weimar angenehm. Das Schau-
spiel würde besonders darunter leiden, wenn sie nicht her-
kämen. Ohne ihre Gegenwart würde manchmal das Haus
halb leer seyn, und die Gastwirthe würden ihren Verlust
ebenfalls empfinden. Sie kommen gewöhnlich Nachmittags,
und fahren oder reiten nach dem Schauspiele wieder fort.
Diejenigen, welche da bleiben, treiben sich bei Ortelli, auf
dem Kaffeehause, oder auf den Gassen herum.
Die Kleidung dieser jungen Leute sieht seltsam gegen
den decenten Anzug der Weimarischen Herren aus. Thurm-
förmige Mützen mit mancherlei bunten Zierrathen, als
Schnüren, Troddeln und Quasten von allerlei Farben zieren
ihre Häupter, unter denen ein dickes Haar hervorhängt,
das um ihr Kinn zusammenschlagt und den größten Theil
87
ihres Gesichts bedeckt. Sie schütteln darum alle Augen-
blicke das Haar, wie der Löwe seine Mähne schüttelt, um
sehen zu können. Eine kurze Jacke, mit Aufschlägen von
anderer Farbe, gehört nothwendig zu diesem Anzuge, und
ihre Schenkel sind mit langen Reithosen bedeckt, deren
eine Seite mit Leder besezt ist. So zeigen sie sich überall,
und nur ihr kleinerer gesitteter Theil, der sich aber, wie
man von Jahr zu Jahr mit Vergnügen bemerkt, ziemlich
beträchtlich vermehrt, trägt sich, wie sich andere ver-
nünftige Menschen kleiden.
Doch, man lasse sie! Die Zeit kommt bald, wo sie, in
bürgerliche Verhältnisse gezwungen, ihre Jacken, ihre Mützen
und Peitschen ablegen, wo dann gewöhnlich der größte
Renomist, der in Jena am meisten Ansehen genoß, be-
schämt und verachtet von den Seinigen in der Vaterstadt
seine vorigen Thorheiten bereut.
Manche Jenaische Studenten, die hinlängliche Einkünfte
dazu haben, miethen sich auch wohl ein Zimmer in Weimar,
um dann und wann einige Tage hier zubringen zu können.
Gewöhnlich haben diese irgend einen Magneten, der sie
dahin zieht. Mancher Musensohn ward schon von einer
Weimarischen Schöne gefesselt, und manche von diesen
verläßt ihre Vaterstadt, um den treuen Burschen in sein
Vaterland zu folgen.
Ans den „Nachrichten über die berübmte Residenzstadt Weimar“. 1800.
GOETHE ÜBER DIE ANORDNUNG SEINER
WERKE (1816)
CHON lange Jahre genießt der Verfasser das Glück,
daß die Nation an seinen Arbeiten nicht nur freundlich
88
өм
teilnimmt, sondern daß auch mancher Leser, den Schrift-
steller in den Schriften aufsuchend, die stufenweise Ent-
wicklung seiner geistigen Bildung zu entdecken bemiiht ist.
Wie sehr er dieses zu schätzen weiß, ist mehrern ver-
ehrten Personen bekannt, Ше mit ihm in nähern Verhält-
nissen stehen, aber auch Entfernte können daraus abnehmen,
daß ıhm ihre Teilnahme lieb und wert ist, da er für sie
die Darstellung seines Lebens unternommen hat, deren
Hauptzweck es ist, die Entwicklung schriftstellerischer und
künstlerischer Fähigkeiten aus natürlichen und menschlichen
Anlagen faßlich zu machen. |
Wenn er nun aber vernimmt, dab man in gleicher An-
sicht den Wunsch hegt, die neue Ausgabe seiner Schriften
möchte chronologisch geordnet werden, so hält er es für
Schuldigkeit, umständlich anzuzeigen, warum dieses nicht
geschehen könne. |
Wir haben zwar an der Ausgabe Schillerischer Werke
ein Beispiel solcher Anordnung; allein der Herausgeber
derselben war in einem ganz andern Falle, als der ist, in
welchem wir uns gegenwärtig befinden. Bei einem sehr
weiten Gesichtskreise hatte Schiller seinen Arbeitskreis nicht
übermäßig ausgedehnt. Die Epochen seiner Bildung sind
entschieden und deutlich; die Werke, die er zustande ge-
bracht, wurden in einem kurzen Zeitraum vollendet. Sein
Leben war leider nur zu kurz, und der Herausgeber über-
sah die vollbrachte Bahn seines Autors. Die Goethischen
Arbeiten hingegen sind Erzeugnisse eines Talents, das sich
nicht stufenweis entwickelt und auch nicht umherschwärmt,
sondern gleichzeitig, aus einem gewissen Mittelpunkte, sich
‘nach allen Seiten hin versucht und in der Nähe sowohl als
in der Ferne zu wirken strebt, manchen eingeschlagenen
89
Weg für immer verläßt, auf andern lange beharrt. Wer
sieht nicht, daß hier das wunderlichste Gemisch ent-
springen würde, wenn man das, was den Verfasser gleich-
zeitig beschäftigte, in einen Band zusammenbringen wollte;
wenn es auch möglich wäre, die verschiedensten Pro-
duktionen dergestalt zu sondern, daß sie sıch alsdann
wieder, der Zeit ihres Ursprungs nach, nebeneinander
stellen ließen.
Dieses ist aber deshalb nicht tulich, weil zwischen Ent-
wurf, Beginnen und Vollendung größerer, ja selbst kleiner
Arbeiten oft viele Zeit hinging, sogar bei der Herausgabe
die Produktionen teilweise umgearbeitet, Lücken derselben
ausgefüllt, durch Redaktion und Revision erst eine Gestalt
entschieden wurde, wie sie der Augenblick gewährte, in
welchem sie den Weg einer öffentlichen Erscheinung be-
traten. Diese Verfahrungsart, die teils aus einem unruhigen
Naturell, teils aus einem sehr bewegten Leben hervorging,
kann auf keinem andern als dem angefangenen Wege deut-
lich gemacht werden, wenn dem Verfasser nämlich gewährt
ist, seine Bekenntnisse fortzusetzen. Alsdann wird der
vierte Band, welcher bis zu Ende von 1775 reicht, die be-
deutendsten Anfänge vorlegen; durch die Reise nach Italien
wird sodann die erste Ausgabe bei Göschen, und was bis
dahin vollbracht worden, ins klare gesetzt, woraus denn
hervorgehen dürfte, dab eine Zusammenstellung nach Jahren
und Epochen keineswegs zu leisten sei.
Noch andere Betrachtungen treten ein, welche nicht ab-
zuweisen sind. Die Mehrzahl der Leser verlangt die Schrift
und nicht den Schriftsteller; ihr ist darum zp tun, даб sie
die Arbeiten nach ihrer verschiedenen Art und Natur in
Gruppen und Massen beisammen finde, auch in diesem
90
ға o
E
Sinne einen und den andern Band zu irgendeinem Ge-
brauch sich wähle. . .
EIN EPIGRAMM AUS DEM JAHRE 1796 ÜBER DIE
NEUE UNGERSCHRIFT
ER Lettern neuen Schnitt dem Leser zu empfehlen,
Mußt ich des Meisters Werk zur ersten Probe wählen.
Die zweite ist — und dann ist alles abgetan —
Wenn selbst des Pfuschers Werk sie nicht verrufen kann.)
WEIMARISCHE BRIEFE AN JOHANN HEINRICH
MERCK
WIELAND AN MERCK Den 25. März 1776
EIN 1. Hr. und Fr., ich habe mir bisher beynah ein
Gewissen daraus gemacht, Ihnen zu sagen, wie stark
ichs fiihle, 4аб Sie unter den Recensenten just eben das
sind, was Klopstock unter den Dichtern, Herder unter den
Gelehrten, Lavater unter den Christen und Göthe unter
allen menschlichen Menschen, d. i. ich bin ganz anschaulich
überzeugt, daß es nur von Ihnen abhienge, die herrlichsten
Compositionen zu machen und über die meisten Schrift-
steller unsrer Zeit in Prosa und Versen empor zu glänzen,
wie der Sirius über die kleineren Sterne — und gleich-
wohl — kan ich nicht umhin, Gott dafür zu danken, daß
х) Als erstes Werk druckte der Berliner Verleger Unger mit seiner
neuen Туре Goethes „Wilhelm Meister“, als zweites das, wenigstens
im Goethe-Schiller-Kreis, übel berüchtigte Journal „Deutschland“ von
Reichardt.
91
er Ihnen eine so decidirte hobby-horficalische Liebe zum
Recensiren gegeben hat. Denn am Ende sind Sie doch
der einzige im ganzen h. R. Reich, dessen Recensionen ein
ehrlicher Kerl mit Freuden ließt, und immer, wenn er sich
was zu Gute thun will, wieder ließt, und bei jedem Wieder-
lesen mit neuem Vergnügen; kurz, fahren Sie immer fort
und widerstehen Sie dem Teufel, wenn er Ihnen einblasen
will, daß recensiren, wie Sie recensiren, nicht eine so edle,
wohlthätige und hochwichtige Sache sey, als irgend ein
andres Geschäfte in der Welt. ... Göthe bleibt nun wohl
hier, so lange C[arl] A[ugust] lebt, und möchte das bis zu
Nestors Alter währen! Er hat sich ein Haus gemiethet, das
wie eine kleine Burg aussieht, und es macht ihm großen
Spaß, daß ег mit seinem Philipp ganz allein sich im Noth-
fall etliche Tage gegen ein ganzes Corps darinn wehren
könnte, insofern sie ihm das Nest nicht überm Kopf ganz
anzündeten. Er ist auch im Begriff einen Garten zu
kauffen, welches ich auch gethan habe, also und dergestalt,
daß wir beyde, NB. ohne vorgängige Abrede, uns beynahe
in ein und ebendemselben Augenblick in den Weimarischen
Philister-Orden begeben haben — welches dann mit alle
dem lustig genug ist ... Für mich ist kein Leben mehr,
ohne diesen wunderbaren Knaben, den ich als meinen
eingebohrnen einzigen Sohn liebe, und, wie einem ächten
Vater zukommt, meine innige Freude daran habe, dab er
mir so schön übern Kopf wächst, und alles das ist, was
ich nicht habe werden kónnen.
Liebster M., denken Sie fleissig an mich, und denken
Sie allemal dabei, daf keiner unter allen, die jemals in
Verhältnis mit Ihnen gestanden sind, Sie mehr lieben, inniger
hochschatzen kan als Ihr W.
92
: WIELAND AN MERCK Den 7. Oktober 1776
. Gothe ist bald da bald dort, und wollte Gott, er könnte
wie Gott allenthalben seyn! Ich bin immer hier, und Ihr
Freund, gewiß so herzlich als Göthe, wiewohl wir leider!
nicht viel Salz mit einander gegessen haben.
Herder und seine liebe Eva sind nun seit 7 Tagen auch
hier. Mein Herz flog ihm beym ersten Anblick mächtig
entgegen. So oft ich ihn ansehe, möcht’ ich ihn zum Statt-
halter Christi und Oberhaupt der ganzen Ecclesia Catholica
machen können. Weimar ist seiner nicht werth; aber wenn
ihm nur leidlich wohl bey uns seyn kan, so ist Weimar so
gut als ein andrer Ort. Und wenn Göthens Idee statt
findet, so wird Weimar noch der Berg Ararat, wo die
guten Menschen Fuß fassen können, während daß allge-
meine Sündflut die übrige Welt bedeckt. ...
WIELAND AN MERCK Den 17. Oktober 1776
. Zwischen Herdern und mir, seinem Weib und meinem
Weib, seinem Bübchen und meinen Mädchen, hat sich all-
bereits eine gute hausgesponnene Art von Familienfreund-
schaft erwürkt, die, wie ich hoffe, derb und dauerhaft seyn
soll. Ich denke, was er Ihnen etwan selbst gelegentlich davon
sagen wird, soll mir kein démenti geben. Bis izt bin ich
treflich mit ihm d’accord: und warum nicht immer, da ich
immer bereit bin und bleiben werde, ihm den Primat
inter pares, so gut als jeder Catholische Bischoff dem Pabst,
einzugestehen.
Göthe ist immer der nehmliche — immer würksam uns
alle, glücklich zu machen, oder glücklich zu erhalten — und
selbst nur durch Theilnehmung glücklich — Ein großer,
edler, herrlicher, verkannter Mensch, eben darum verkannt,
93
мей so wenige fahig sind, sich einen Begriff von einem
solchen Menschen zu machen. . . .
WIELAND AN MERCK Den 24. November 1777
Lieber Hr., ich bin eben mit Lesen Ihres sogenannten
Roman (habe ihn erst diesen Morgen von der Post er-
halten,) soweit er reicht, fertig und nun bin ich um zwey
herzliche Wünsche ärmer als zuvor — denn leider! wird
mir keiner von beyden jemals zu theil werden — der erste:
daf ich so ein Mann wire wie Hr. Oheim, und der andere,
weil ich denn doch so ein Mann nicht seyn kann, daf ich
wenigstens so ein Büchlein von so einem Mann möchte
schreiben kónnen, wie das Ihrige ist, und seyn wird, wenn
Sie's, Gott gebe! vollenden. Seit mich Göthe Stillings
Jugend im Manuscript lesen ließ (nun ist's gedruckt,) hat
mich keines Menschen Werk so durchaus contentirt und
gefreut wie dies. Ich meyne, das Werk als Composition
und Machwerk (poéma) betrachtet ... Alles wahr, Alles
nach würklichem Leben, kein falscher Zug, kein Krizchen
noch Tüpfelchen zu viel, jeder Strich bedeutend, jedes in
seiner Eigenheit, und eben drum das Ganze so lebendig und
der Styl so simpel, kräftig, ohne alle Manier, so pur gute
Prosa, und doch so darstellend als die beste Poesie.
WIELAND AN MERCK Den r. August 1779
Mit Góthen hab ich vergangene Woche einen gar guten
Tag gehabt. Er und ich haben uns entschliefien müssen,
dem Rath May zu sitzen, der uns ex voto der Herzogin
von Wiirtemberg für Ihre Durchlaucht mahlen soll. Göthe
saß Vor- und Nachmittags, und bat mich, weil Serenissimus
absens war, ihm bei dieser leidigen Session Gesellschaft
zu leisten und zur Unterhaltung der Geister den Oberon
94
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7 Жас AM. 7,
vorzulesen. Zum Glück mußte sich's treffen, dab der fast
immer wiithige Mensch diesen Тар gerade in seiner besten
receptivsten Laune und so amusable war, wie ein Madchen
von sechszehn. Тар meines Lebens hab ich Niemand über
das Werk eines andern so vergnügt gesehen, als er es mit
dem Oberon durchaus, sonderlich mit dem 5. Gesang war,
worin Нуоп sich von dem kaiserlichen Auftrag verbotenus
acquittiret. Es war eine wahre jouissance für mich, wie
Du leicht denken kannst. Ein paar Tage darauf gestund
er selbst, daß er in 3 Jahren vielleicht nicht wieder in
diesen Grad von Receptivitit und Offenheit jedes Sinnes für
ein opus hujus furfuris et farinae kommen würde.
KARL AUGUST AN MERCK Den 31. Januar 1780
Der Frau Aja Wein hat mir treffliche Dienste ge-
leistet, und hatte ich nicht noch etwas Flogiston davon
in mir, wahrlich der entsetzliche Schnupfen hátte mich über-
mannt. Aber wegen der Frau Aja denke ich so: hierbei
schicke ich das, was ich wünschte, daß die Frau Aja ge-
brauchen wollte. Es muf von ihr nicht anders, als folgen-
dermaßen angenommen werden:
1) ist es kein Präsent. Sie hat mir viel Gefallen gethan,
da ich ihrer sehr nöthig hatte, um nicht für mein Geld
schlecht im rothen Haus zu wohnen. Ihr macht jetzt das
Nichtdaseyn des Geldes große Unannehmlichkeiten, und ein
Gefallen ıst des andern werth;
2) erfährt der K. K. Herr Rath Nichts davon, sondern
dem wird mein versteinerter Kopf zum Aufstellen übermacht;
3) erfährt Göthe Nichts davon, weder heute, noch je. —
WIELAND AN MERCK Mai 1780
Ich hab’ inzwischen von Frau Aja einen großen Brief
95
erhalten, der mich auf есісһе Tage guter Laune gemacht
hat. Es geht in der Welt nichts tiber die Weiber von
dieser Art, um sich von Poeten und Propheten gefangen
nehmen zu lassen; nur Schade, daß sie immer rarer werden.
Frau Aja ist die Königin aller Weiber, die Herz und Sinnen
des Verständnisses haben; und dem Himmel sei Dank, daß
es auch hier einige gibt, die werth sind, unter ihrer Fahne
zu dienen.
ANNA AMALIA AN MERCK Den 4. August 1781
Obwohl zuweilen die Herren Poeten gerne die Wahrheit
übergehen, so hat doch für diesesmal der Poete Wieland
Ihnen der klaren Wahrheit gemäß gesagt, daß ich gegen
Sie noch immer diejenige bin, die ich war, als ich das
erstemal die Ehre hatte, den Hrn. K. R. in dem berühmten
rothen Hause zu Frankfurt kennen zu lernen, und daß
meine Nachlässigkeit, an Sie zu schreiben und zu danken
für alle die schönen Kunstsachen, die Sie mir diese Zeit
über geschickt haben, von nichts Anderem herrührt, als von
einem garstigen Naturfehler, den ich leider besitze und mit
Schamröthe Faulheit nennen muß. Freilich fühle ich auch
wohl, daß es eine elende Entschuldigung ist für das, was
ich Ihnen schuldig bin, aber leider, wenn man eine schlechte
Sache zu verfechten hat, so fällt man immer tiefer hinein;
darum will ich schweigen und Ihnen herzlich danken für
die grobe, gütige Fürsorge, meine Kunstwerke zu vermehren.
KARL AUGUST AN MERCK Den 30. Mai 178:
Góthens Vater ist ja nun abgestrichen und die Mutter
kann nun endlich Luft schöpfen. Die bösen Zungen geben
Ihnen Schuld, daß Sie wohl gar bey diesem Unglück im
Stande wären zu behaupten, daß dieser Abmarsch wohl der
y6
einzige gescheute Streich ware, den der Alte je gemacht
hatte. Geben Sie doch einige Zeichen des Lebens von sich
und gehaben sich wohl. С. A. H. v. S.
' KARL AUGUST AN MERCK. Weimar, den 9. April 1789
. Mit Ehren kann man Góthens Bild als Siegel führen.
Wer dieses Pettschaft mit demjenigen Respect braucht,
welchen es verdient, wird gewi nicht leicht etwas Schlechtes
in die Welt schicken.
Aus F. H. Mercks Schriften und Brief-
wechsel, herausgegeben von Kurt Wolff.
: LUDWIG VAN BEETHOVEN AN DIE „UNSTERB-
|. LICHE GELIEBT 5
An Therese Brunswick(?).
Am 6. Juli [1807] morgens.
EIN Engel, mein Alles, mein Ich! — Nur einige Worte
heute und zwar mit Bleistift — (mit Deinem). Erst
; bis morgen ist meine Wohnung sicher bestimmt; welcher
_ nichtswürdige Zeitverderb in dergleichen. — Warum dieser
, tiefe Gram, wo die Notwendigkeit spricht? — Kann unsre
Liebe anders bestehen als durch Aufopferungen, durch
nicht alles verlangen? Kannst Du es ändern, daß Du
nicht ganz mein, ich nicht ganz Dein bin? — Ach Gott,
blick in die schöne Natur und beruhige Dein Gemüt über
' das Müssende! — Die Liebe fordert alles und ganz mit
Recht; so ist es mir mit Dir, Dir mit mir. — Nur ver-
gißt Du so leicht, daß ich für mich und für Dich leben
тоб. — Wären wir ganz vereinigt Du würdest dieses
' Schmerzliche ebensowenig als ich empfinden. — Meine
97
Reise war schrecklich — ich kam erst morgens vier Uhr
gestern hier an. Da es an Pferden mangelte, wahlte die
Post eine andere Reiseroute, aber welch schrecklicher
Weg! Auf der vorletzten Station warnte man mich, bei
Nacht zu fahren, machte mich einen Wald fürchten, aber
das reizte mich nur — und ich hatte unrecht. Der Wagen
mußte bei dem schrecklichen Wege brechen, grundlos,
bloßer Landweg! Ohne solche Postillione, wie ich hatte,
wäre ich liegen geblieben unterwegs. — Esterhazy hatte
auf dem andern gewöhnlichen Wege hierhin dasselbe Schick-
sal mit acht Pferden, was ich mit vier. — Jedoch hatte
ich zum Teil wieder Vergnügen wie immer, wenn ich was
glücklich überstehe. — Nun geschwind zum Innern vom
Áufern! Wir werden uns wohl bald sehen. Auch heute
kann ich Dir meine Bemerkungen nicht micteilen, welche
ich während dieser. einigen Tage über mein Leben machte.
— Wären unsre Herzen immer dicht aneinander, ich machte
wohl keine dergleichen. Die Brust ist voll, Dir viel zu
sagen. — Ach — es gibt Momente, wo ich finde, daß die
Sprache noch gar nichts ist. — Erheitere Dich — bleibe
mein treuer, einziger Schatz, mein Alles, wie ich Dir.
Das übrige müssen die Götter schicken, was für uns sein
muß und sein soll. —
Dein treuer
Ludwig. —
| Abends Montags am 6. Juli.
Du leidest, Du mein teuerstes Wesen. — Eben jetzt
nehme ich wahr, daß die Briefe in aller Frühe aufgegeben
werden müssen, Montags — Donnerstags — die einzigen
Tage, wo die Post von hier nach К(оготра). geht. — Du
98
ee en en ee re Un Se nn ns en Sn en EAE ir aR Bes es |
1 leidest. — Ach, wo ich bin, bist auch Du mit mir, mit mir
г und Dir. Werde ich machen, daß ich mit Dir leben kann?
; Welches Leben!!!! so!!!! ohne Dich — verfolgt von der
e ; Güte der Menschen hier und da, die ich meine — ebenso-
„ wenig verdienen zu wollen, als sie zu verdienen. — Demut
des Menschen gegen den Menschen — sie schmerzt mich.
— Und wenn ich mich im Zusammenhang des Universums
` betrachte, was bin ich, und was ist der — den man den
. Grófiten nennt! — Und doch — ist wieder hierin das
Y Göttliche des Menschen. — Ich weine, wenn ich denke,
А daß Du erst wahrscheinlich Sonnabends die erste Масһ-
„richt von mir erhältst. — Wie Du mich auch liebst — `
_ stärker liebe ich Dich doch. — Doch nie verberge Dich
ur
je
. vor mir. — Gute Nacht! — Als Badender muß ich schlafen
" gehen. Ach Gott — so nah! so weit! Ist es nicht ein
Р wahres Himmelsgebäude, unsre Liebe? — aber auch so
: fest, wie die Feste des Himmels? —
| Guten Morgen am 7. Juli —
Schon im Bette drangen sich die Ideen zu Dir, meine
| unsterbliche Geliebte, hier und da freudig, dann wieder
traurig, vom Schicksale abwartend, ob es uns erhórt. —
Leben kann ich entweder nur ganz mit Dir oder gar nicht.
Ja, ich habe beschlossen, іп der Ferne so lange herumzuirren,
bis ich in Deine Arme fliegen kann und mich ganz heimat-
lich bei Dir nennen kann, meine Seele von Dir umgeben
ins Reich der Geister schicken kann. — Ja, leider muß es
sein. — Du wirst Dich fassen, um so mehr, da Du meine
Treue gegen Dich kennst. Nie eine andre kann mein
Herz besitzen, nie — nie! — O Gott, warum sich ent-
fernen müssen, was man so liebt! Опа doch ist mein
99
Leben іп Wien so wie jetzt ein kiimmerliches Leben. -
Deine Liebe machte mich zum Gliicklichsten und zum
Unglücklichsten zugleich. — In meinen Jahren jetzt be-
dürfte ich einiger Einförmigkeit, Gleichheit des Lebens —
kann diese bei unserm Verhältnisse bestehen? — Engel,
eben erfahre ich, dab die Post alle Tage abgeht — und
ich muß daher schließen, damit Du den Brief gleich er-
hältst. — Sei ruhig! Nur durch ruhiges Beschauen unsre
Daseins können wir unsern Zweck zusammen zu leben
erreichen. — Sei ruhig — liebe mich! — Heute — gestern
— welche Sehnsucht mit Tränen nach Dir — Dir — Dir —
mein Leben — mein Alles! — Leb wohl! — O, liebe mich
fort — verkenne те das treuste Herz
Deines geliebten
ewig Dein, Ludwig.
ewig mein,
ewig uns!
Aus Ludwig van Beethovens Briefe,
herausgegeben von Albert Leitzman.
TAGEBUCHBLÄTTER VON ARTHUR SCHOPEN-
HAUERS SCHWESTER ADELE
Stries bei Danzig, den 26. Juli 1819
RTHUR bot der Mutter an, sein Vermögen mit uns
zu teilen, er bediente sich aber in Hinsicht auf
den Vater ungeziemender Ausdrücke; ich meinte, Taten
sprechen mehr als das Wort, ich verstand ihn und die
Mutter nicht. Sie fand den Brief, las ihn unvorbereitet,
und eine gräßliche Szene erfolgte; sie sprach von meinem
Vater — ich erfuhr die Schrecknisse, die ich geahndet —
Too
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TD
‹
б.
e Ven NX.
sie war so außer sich, daß weder Bitten noch Anerbieten
meines ganzen Erdenreichtums sie zu einem freundlichen
Worte, zur Überzeugung meiner Liebe bringen konnten.
Ihre Ansichten, ihre Gefühle konnte ich nicht teilen, endlich,
als sie mich durchaus nicht anhórte, reizte mich das offene
Fenster mit unwiderstehlicher Gewalt — Sterben war ein
Spiel gegen die Riesenlast des Lebens — aber als ich den
entsetzlichen Drang in mir fühlte, gab mir Gott Besinnung
und Kraft. Dennoch brachte mich die Härte der Mutter
gegen Arthur, ihr Starrsinn, die Unmöglichkeit, sie zu
überzeugen, daf meine Seele rein von jeder Anklage
gegen sie, zu einer Verzweiflung, die in lautes Weinen
und Schreien ausbrach. . . . Jahre löschen den Eindruck
nicht aus, den Tag habe ich vergessen, die Worte gellen
mir noch schmerzend in den Ohren.
den 14. September 1819
Einzelne Tage stehen recht seltsam grell da. An einem
derselben empfing ich einen Brief meines Bruders mit
der Beschreibung seines Aufenthalts in Weimar, mit dem
Entzücken über seine Aufnahme bei Goethens. Eine
Ahndung dessen, was ihm Liebe geben konnte, was aus
ihm zu machen gewesen wäre — ein Blick ins Vergangne,
ins Künftige zerstörte meine ganze Heiterkeit, glühend
traten die Sehnsucht und der Schmerz in meine Seele.
den 9. Februar 1820
Endlich Arthurs Brief, der mich vernichtend berührte!
Ich kann noch nicht antworten, indes schrieb ich ihm
einige Abschiedszeilen. Denn meine Seele ist von ihm
geschieden. . . . Geht der Akkord nicht durch, so meint
IOI
er, sich nicht beschuldigen zu können, wenn ег uns so
durch dritte Hand zugrunde gerichtet haben sollte. —
Irrtum ist nichts, aber die unmenschliche Härte! Es muß
jetzt aus sein, denn ich darf das nicht ertragen.
den 23. April 1820
An Arthur habe ich nach Berlin geschrieben, ihn ge-
fragt, was werden soll, wenn wir uns sehen, dort nämlich,
und wie er sich gegen Mutter nehmen will. Seine ganze
Verfahrungsweise habe ich ihm keck beleuchtet, es war
recht, ісі durfte vor meinem Gewissen nicht anders
schreiben.
Berlin, den 30. Juni 1820
Nach Tische mit meinem Wolff zu Arthur! Ich habe
gar nichts von allem getan, was ich wollte, denn er
war ganz anders, als ich dachte. Indes die martervolle ;
Stunde ging glücklich vorüber, und nichts ist schlimmer,
manches vielleicht besser. Meine Seele war so bewegt — |
er hatte vielleicht recht, vielleicht hatten wir beide über-
trieben — ich will und werde ihn noch einmal sehen, dann
wird mir Gott helfen.
[Weimar] den zweiten Weihnachtstag [1820]
Ich erhielt sehr schöne Sachen, Goethe schickte mir den
Divan, es hat mich alles sehr gefreut. . . .
den 6. Mai 1821
Goethe hat mich das Ende des Prologs auch lesen lassen. ||
Er ist wie der Anfang schön. Aber zugleich sah ich das
Schema, die Zeichnung der Gedanken möchte ich es nennen.
Ich begreife nun, wie es ihm möglich ist, bei aller Phan-
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tasie, bei aller Kiihnheit, bei allen Spriingen des Geistes
dennoch diese nur ihm eigene plastische Bestimmtheit, diese
Wirklichkeit seinen Dichtungen zu geben. Das Schema,
welches ег Kräutern diktiert, ist, wie der Aufschlag zu
dem Gewebe der Verse, nie irre, nichts reißt ıhn fort.
Wie ein Fluß, den тап in ein bestimmtes Bette leitet,
brauset mit gewaltiger Kraft der Wortstrom in den ihm
bestimmten Grenzen einher.
. In Frommanns Hause war alles still wie gewöhn-
lich, aber Minchen Herzlieb, die abermals an der Schwelle
des Ehestandes von einem Todesschauer angeweht scheint,
erregte mich unaussprechlich.
Weimar, den і2. November
Im ganzen verlebe ich eine poetisch-schöne Zeit, Goethen
sehe ich recht viel, obendrein mit Zeltern, so auch den
wunderbaren Felix Mendelssohn, der im ı2. Jahre nach
Zelters eignem Ausspruche füglich Kapellmeister sein könnte.
Das schöne, wunderbare Kind interessiert mich ungemein;
er vereint zwei seltsam verschiedne Naturen in sich: die
eines wilden, fröhlichen Knabens, und die eines schon
reifenden Künstlers, der mit Bedacht Fugen, Opern, Quatuors
schreibt und gründlich das Seine gelernt hat. Kommendes
Jahr bleibt er noch bei Zeltern.
den 27. November 1821.
Zuweilen möchte ich mich doch ganz ehrlich fragen, wo
kann das enden? Mit immer grösserer Klarheit und Kühn-
heit lerne ich mich in seinen Gedankengang finden, mit
großer Freude fühle ich alle meine Geisteskräfte unbe-
greiflich erhöht. Ich habe heute mit Goethen über die
104
Komposition eines Romans, tiber die Stimmung, іп Ше man
sich versetzen müßte, um ihn zu lesen, gestritten! Was
mir nicht gefiel, ihm gesagt, seinem Urteil meines schnur-
stracks entgegengeschoben — bin ich denn etwa toll?
Sehr schén nimmt Goethe erstlich an: es miisse der
Leser eines Romans zuerst verzichten auf einiges, ja sich
bereiten zu solcher Lektiire, wie etwa der Reisende, der
meu in den Wagen steigend, manche alte Ansicht, Vor-
urteile, Eigentiimlichkeiten zurücklassend, bloß als fühlender
Mensch, aber doch auch auf vernünftige Weise Forderungen
an das neu zu Empfindende macht — das ist eben das Land,
das der Reisende betritt. . . .
Dazwischen fielen nun viel freundliche Zwischenreden,
in denen ich zum erstenmal meine Bewunderung und
Verehrung aussprach, er aber eine unendliche Duldsamkeit
bewies. Endlich sprachen wir von seiner Mignon. Er
rührte sich selbst unbeschreiblich, indem er mir die Fehl-
griffe der Nachahmungen des Charakters, den er ganz emp-
funden und erfunden, aussprach und erklärte.
In dem Augenblick unterbrach uns der Kanzler; bald
. nachher ging ich, weil mich die Art Persiflage, die Goethe
an ihm ausübte, drückte und weil ich zu tief erschtittert
war, um so ganz fades Zeug reden zu hóren. Пав Beste
vom ganzen Gespräch ist nicht wiederzugeben: es war die
in sich gefaßte, wunderbar bescheidne und doch nichts ver-
leugnende Klarheit, mit der er über das, was er geleistet,
sprach, und über die Art, wie er noch schaffen würde, v wenn
er jetzt in Jugendfrische die Bahn betrete.
Aus Adele Schopenhasers Tagebüchern,
berausgegeben von Kurt Wolff.
105
DREI GEDICHTE VON ERNST HARDT
RITT IN DER NACHT
\ ГОМ schweren Wolken war das finstre Land verhangen.
Gebirge starr wie Eis. . . dran kroch ein feuchtes Grau
Aus tiefen Schluchten, wo der kalte Wind gefangen
So wie ein Hund an Ketten winselte — Im Tale
War es noch still, unheimlich dumpf und seltsam lau,
Als sei noch eine Warme irgendwo im Tale.
Des Olbaumwaldes schwergedehnter diistrer Bau
War angefüllt mit einer großen Angst, und kahle
Verdorrte Stämme stöhnten laut in dem Verhau.
Ich wußte plötzlich, daß ich hier schon einmal war
Vor Jahren, die seitdem verraucht, verlöscht wie fahle
Brände, und wußte, daß es so gewesen war,
So dumpf und schwer wie heute diese Lande waren
Und daß ich damals noch sehr jung gewesen war
Und daß seitdem viel Qualen mir gekommen waren.
Und ferner wußt ich, daß wie dies beladne Land
Mein Leben sei, und war darinnen so erfahren,
Daß ich für jeden Berg den Eigennamen fand.
Du: Starre Pein. Du: Schwarze Qual. Du: Graue Sorge
Und du, o unser Blut, bist Glut an Eisesrand,
Gleichst jenem Wasser, dem ich deinen Namen borge.
So ritt ich langsam durch mein Leben hin,
Mein Tier trat sicher auf mit festem Huf — ich aber sorge,
Daß ich an diesen Bergen nun verloren bin
Und mich ans Blaue Meer kein Weg. mehr bringt.
106
за à gi
YA
DAS GESPENST
Mit grauen Напдеп tastete der Morgen
Nach meiner Stirne, die noch bleich von Sorgen
Und kühler war als diese kalte Wand.
Mich mied der Schlaf, und immer neue Zahlen
Bedrängten mich wie Seelenqualen,
Ich hob den Kopf, der keine Ruhe fand.
Da sah ich neben Dir ein Dunkles lauern,
Das war ein greisenhaft verkrümmtes Kauern,
Das hielt Dein liebes Herz in bóser Hand
Und nagte gierig dran mit steilen Zähnen —
Da kam vom Hof der Schrei von unsren Hähnen,
Es floh — der junge Тар stieg an das Land.
Ich preBte meinen heißen Kopf und weinte:
Ich wußte, daß auch dieses uns vereinte,
Die Qual, die niedrig ist und wie ein Brand
Die Nächte frißt, die Tage und das Leben.
DIE NACHT
Die Nacht spannt eine goldne Harfe
Verschwiegen durch den Traum der Welt,
All ihre zarten Saiten schwingen,
Wenn eine Träne niederfällt.
Wer einsam geht und schon um vieles
Erfahren hat, den sucht und wirbt
Der Harfenschlag, der Weihelosen
Im Druck des Dunkels klanglos stirbt. `
107
Es klagen erdenfremde Leiden
Mit schweren Tropfen in der Nacht,
Nachts weinen heimlich bleiche Manner,
Da Stolz am Tag sie lacheln macht.
Es deckt die Nacht mit ihrem Fiirstenmantel
Die goldne Harfe morgens zu.
„4и; Ernst Hardt; Aus den Tagen des Knaben.
ZWEI GEDICHTE VON WILHELM WEIGAND
MEINE GLOCKEN
ANDERND noch auf reinen Höhn
Fühl ich plötzlich mich umklungen.
Ehern wallt ein fromm Getön
Her aus Tal und Dämmerungen.
Einer Glocke Silberlaut
Schwebt empor in Höhenschweigen:
Helle Augen einer Braut
Müssen sich in Tränen neigen.
Einer Glocke dumpf Gedröhn
Summt in tränenblinden Jammer:
Eine Tote schlummert schön
In der Liebe stillster Kammer.
Wohllaut in der Höhen Ruh
Wird ein namenloses Heute.
Rein den ersten Sternen zu:
Wallt ein himmlisches Geläute.
108
WELTSELIGKEIT
Reiner glühen meine heißen Sinne,
Seit ich mich dem reinen Geist verschrieben.
Nennst du fromm es himmlisch hohe Minne,
Nenn ich es Weltseligkeit im Lieben. —
Keinem Fühlen darf ich wachsend wehren!
Dies ist Zier und Spiegel meiner Ehren:
Einer Flamme gleich soll mich verzehren
Dies Verschwenden aus geklärten Trieben.
Aus Der verschlossene Garten. Gedichte
aus den Jahren ZOO —1909.
DIE GESCHICHTE MALIKS UND DER PRINZESSIN
SCHIRIN
CH bin der einzige Sohn eines reichen Kaufmanns aus
Surat; bald nach seinem Tode vergeudete ich den
größeren Teil des großen Besitzes, den er mir hinterlassen
hatte, und eben vertat ich auch den Rest mit meinen Freunden,
als sich eines Tages ein Fremdling, der, wie er sagte, nach
der Insel Sarandib unterwegs war, an meiner Tafel einfand.
Die Unterhaltung drehte sich um Reisen; die einen priesen
ihren Nutzen und ihre Freuden, und die andern stellten
ihre Gefahren dar. Einige unter den Anwesenden, die
gereist waren, erstatteten über ihre Reisen Bericht; die
merkwürdigen Dinge, die sie gesehn zu haben behaupteten,
reizten auch mich insgeheim dazu, und die Gefahren,
die sie bestanden haben wollten, hinderten mich, den festen
Entschluß zu fassen.
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Als ich sie alle angehört hatte, sprach ich zu ihnen:
„Man kann nicht von dem Vergnügen reden hören, das es
macht, wenn man die Welt durcheilt, ohne die größte
Lust zu spüren, sich auch selber auf den Weg zu machen;
aber die Gefahren, denen der Reisende sich aussetzt, be-
nehmen mir den Geschmack an den fremden Ländern.
Wenn man“, fügte ich lächelnd hinzu, „von einem Ende
der Welt bis zum andern reisen könnte, ohne auf dem
Wege schlimme Begegnungen zu machen, so würde ich noch
morgen Surat verlassen.“ Auf diese Worte, über die alle
Versammelten lachen mußten, sprach der Fremdling: „О
mein Herr Malik, wenn du Lust hast zu reisen und nur
die Furcht vor den Dieben dich abhält, einen solchen Ent-
schluß zu fassen, so will ich dich, wenn du willst, eine
Art und Weise lehren, wie du ungestraft von Königreich
zu Königreich reisen kannst.“ Ich glaubte, er scherzte;
aber nach der Mahlzeit nahm er mich beiseite und sagte
mir, er würde sich am folgenden Morgen bei mir einfinden
und mir etwas sehr Merkwürdiges zeigen.
Er hielt sein Wort; er suchte mich auf und sprach zu
mir: „Ich will mein Versprechen erfüllen, aber du wirst
erst in einigen Тареп die Wirkung meines Versprechens
sehn; denn was ich dir zu zeigen habe, ist ein Werk, das
ich heute nicht vollenden könnte. Laß durch einen
deiner Sklaven einen Schreiner holen, und sie mögen beide
mit Brettern beladen hierher kommen‘; so geschah es auf
der Stelle. |
Als nun der Schreiner und der Sklave kamen, sagte der
Fremdling jenem, er móge eine sechs Fuf lange und vier
Fuß breite Kiste machen, worauf der Schreiner alsbald die
Hand ans Werk legte. Und auch der Fremdling blieb
IIO
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nicht müßig; ег machte allerlei Teile des Bauwerks, wie
Schrauben und Federn, und sie arbeiteten gemeinsam den
ganzen Tag hindurch, worauf der Schreiner entlassen
wurde. Der Fremdling brachte auch den folgenden Тар
noch damit hin, die Federn einzusetzen und das Werk zu
vervollkommnen.
Als die Kiste am dritten Tage endlich fertig war, be-
deckte er sie mit einem persischen Teppich und ließ sie
aufs flache Land hinaustragen; und als ich mich mit dem
Fremdling dorthin begeben hatte, sprach er zu mir:
„Schicke deine Sklaven fort, damit wir hier allein bleiben;
ich möchte bei dem, was ich tun will, außer dir keine
andern Zeugen haben.“ Ich befahl also meinen Sklaven,
in das Haus zurückzukehren, und blieb тіс dem Fremdling
allein. Ich war sehr neugierig, was er mit diesem Ge-
stell beginnen würde, als er hineinkroch; zugleich aber erhob
sich die Kiste vom Boden und flog mit unglaublicher Ge-
schwindigkeit durch die Luft. In einem Augenblick war
er schon weit von mir entfernt, und im nächsten landete
er wieder zu meinen Füßen.
Ich kann nicht schildern, wie sehr ich ob dieses Wun-
ders erstaunte. „Du siehst“, sprach der Fremdling, als er
aus dem Gestell hervorkroch, „ein recht eben gehendes
Gefährt; und du kannst überzeugt sein, wenn du auf
diese Weise reisest, so brauchst du nicht zu fürchten,
unterwegs beraubt zu werden; das ist das Werkzeug, das
ich dir geben wollte und mit dessen Hilfe man gefahrlos
alle Reisen macht; ich mache dir diese Kiste zum Ge-
schenk; du kannst dich ihrer bedienen, wenn dich eines
Tages die Lust ankommt, die fremden Länder zu durch-
eilen. Glaube nicht,“ fuhr er fort, „daß hinter dem, was
ІІІ
du gesehen hast, ein Zauber steckt; nicht ‘durch kabba-
listische Worte noch auch durch die Kraft eines Talismans
erhebt sich diese Kiste in die Luft; ihre Bewegung ist
das Ergebnis der wunderbaren Kunst, wie sie die Lehre
von den bewegenden Kräften erzeugt, und ich kenne noch
andre Gefährte, die ebenso überraschend sind wie dieses.“
Ich dankte dem Fremdling für ein so seltenes Geschenk,
und ich gab ihm aus Erkenntlichkeit einen Beutel voller
Golddinare. „Lehre mich,“ sprach ich darauf, „was ich tun
mu, um diese Kiste in Bewegung zu setzen.“ „Das sollst
du schnell erfahren“, erwiderte er, und indem er mich
mit sich in die Kiste steigen ließ, berührte er eine Feder,
und alsbald erhoben wir uns in die Luft; und er zeigte
mir, wie man es anfangen mußte, um sie mit aller Sicher-
heit zu lenken, und sprach: „Wenn du diese Schraube da
drehst, so fliegst du nach rechts, und wenn du die dort
drehst, so fliegst du nach links; wenn du diese Feder be-
rührst, so steigst du, und wenn jene, so senkst du dich.“
Ich wollte selber die Probe machen und berührte die
Federn; und wirklich gehorchte die Kiste meiner Hand
und flog, wie ich es wollte, und ganz nach Willen be-
schleunigte oder verlangsamte ich ihren Flug. Wir be-
schrieben allerlei Figuren in der Luft und schlugen schließ-
lich die Richtung nach meinem Hause ein, um in meinem
Garten zu landen; es gelang uns leicht, denn wir hatten
den Teppich von dem Holzwerk genommen, in dem sich
sowohl, um die Luft einzulassen, wie auch, um einen Aus-
blick zu ermöglichen, mehrere Löcher befanden.
Wir kamen noch vor meinen Sklaven nach Hause, die sich
nicht genug verwundern konnten, als sie uns schon vor-
fanden. Ich ließ die Kiste in meinem Gemach einschließen,
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wo ich sie sorgfältiger bewachte als einen Schatz; und der
Fremdling verließ mich, ebenso zufrieden mit mir, wie
ich es mit ihm war. Ich fuhr fort, mich mit meinen
Freunden zu vergnügen, bis ich mein Erbe verzehrt hatte;
ja, ich begann selbst zu borgen, so daß ich mich unver-
merkt mit Schulden beladen sah. Sowie man aber in
Surat erfuhr, daf ich zugrunde gerichtet war, verlor ich
meinen Kredit; niemand wollte mir mehr leihen, und
meine Gläubiger forderten mich voll Ungeduld, ihr Geld
wiederzusehn, auf, es zurückzuzahlen. Da ich mich nun
ohne alle Hilfsmittel sah und also nichts als Kummer
und Beschimpfungen zu erwarten hatte, nahm ich meine
Zuflucht zu der Kiste; ich schleppte sie eines Nachts
aus meinem Gemach auf den Hof des Hauses und stieg
mit einigen Vorraten und dem Rest des Geldes, der mir
noch blieb, hinein. Ich berührte die Feder, die die
Maschine steigen ließ, drehte eine der Schrauben und ent-
fernte mich von Surat und meinen Gläubigern, ohne
fürchten zu müssen, daß sie mir die Häscher auf die
Fersen schickten. |
Ich ließ die Kiste während der Nacht so schnell wie
nur möglich fliegen, und mir war, als überbóte ich selbst
die Geschwindigkeit der Winde. Mit Tagesanbruch blickte
ich durch ein Loch, um zu sehn, wo ich mich befände,
und ich bemerkte nur Berge und Abgründe, ein dürres
Land und eine furchtbare Wüste. Wohin ich auch blickte,
sah ich keinerlei Spur bewohnter Státten; und also fuhr
ich den ganzen Tag und die ganze folgende Nacht lang
fort, durch die Luft dahinzufliegen. Und am zweiten Tage
sah ich mich über einem sehr dichten Walde, in dessen Nahe
auf einer sehr weiten Ebene eine recht schóne Stadt stand.
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Ich machte halt, um mir Ше Stadt und einen prunk-
vollen Palast, der sich am Ende der Ebene meinen Blicken
bot, zu betrachten; ich wünschte leidenschaftlich zu ег-
fahren, wo ich wäre, und schon sann ich darüber nach,
wie ich meine Neugier befriedigen könnte, als ich auf den
Feldern einen Bauer erblickte, der die Erde pflügte. Ich
stieg im Walde nieder, ließ meine Kiste dort zurück und
ging auf den Bauer zu, um ihn zu fragen, welches der
Name dieser Stadt sein mochte. „О Jüngling,“ erwiderte
er, „ich sehe wohl, daß du ein Fremdling bist, dieweil
du nicht weißt, daß diese Stadt Gasna heißt. Hier resi-
diert der gerechte und tapfere König Bahaman.“ „Und
wer“, fragte ich, „wohnt in dem Palast, den wir am Ende
der Ebene sehen?‘ „Den“, erwiderte er, „hat der König
von Gasna erbauen lassen, um dort seine Tochter Schirin
einzusperren; denn dieser Prinzessin droht ihr Horoskop,
dab ein Mann sie betrügen werde. Um diese Prophe-
zeiung zu durchkreuzen, hat Bahaman jenen Palast aus
Marmor erbauen lassen, der umringt ist von tiefen Gräben
voll Wasser. Das Tor ist aus chinesischem Stahl, und nur
der König hat den Schlüssel dazu; zudem wacht Tag und
Nacht eine zahlreiche Wache am Eingang, um allen
Männern den Zutritt zu wehren. Einmal in der Woche
besucht der König die Prinzessin, seine Tochter, und dann
kehrt er nach Gasna zurück. Schirin hat zur Gesellschaft
in diesem Palast nur ihre Amme und ein paar Sklavinnen
bei sich.“ ... 4 | i
Da ich mich nun immerfort mit Schirin beschäftigte,
die ich mir schöner vorstellte als alle Damen, die ich
noch gesehen hatte, obwohl mir in Surat und in Goa
sehr viele begegnet waren, die als sehr schöne Frauen
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gelten konnten und Ше nicht wenig dazu beigetragen
hatten, mich zugrunde zu richten, so kam mich die Lust
an, das Schicksal zu versuchen. Ich sprach bei mir selber:
„Ich muß mich auf das Dach des Palastes der Prinzessin
begeben und versuchen, in ihre Gemächer einzudringen;
vielleicht habe ich das Glück, daß ich ihr gefalle.
Vielleicht bin ich der Sterbliche, dessen glückliche Ver-
wegenheit die Astrologen am Himmel geschrieben fanden.“
Ich war jung und also leichtfertig, und es fehlte mir
nicht an Mut. Ich faßte demnach diesen verwegenen
Entschluß und führte ıhn auf der Stelle aus; ich erhob
mich in die Luft und lenkte meine Kiste auf das Schloß
zu; das Dunkel der Nacht war so dicht, wie ich es nur
wünschen konnte. Unbemerkt flog ich über die Köpfe
der Krieger dahin, die rings um die Gräben scharfe
Wache hielten. Ich ließ mich auf dem Dach in der Nähe
einer Stelle nieder, wo ich Licht bemerkte; dann verließ
ich meine Kiste und glitt durch ein Fenster hinab, das
offen stand, um die Frische der Nacht hineinzulassen, und
ich kam in ein mit reichem Gerät versehenes Gemach,
wo auf einem brokatenen Lager die Prinzessin Schirin
ruhte, die in blendender Schönheit vor mir dalag; sie
übertraf noch die Vorstellung, die ich mir von ihr ge-
bildet hatte. Ich näherte mich ihr, um sie zu betrachten;
aber ich konnte nicht, ohne in Verzückung zu geraten, so
viel Reize sehn; ich warf mich vor ihr auf die Knie und
küßte ihr eine ihrer Hände. Sie erwachte im Nu, und da
sie einen Mann in einer Stellung vor sich sah, die sie er-
schreckte, so stieß sie einen lauten Schrei aus, der alsbald
ihre Amme herbeirief, die im benachbarten Zimmer schlief.
„Mahpeiker,“ sprach die Prinzessin zu ihr, „komm mir zu
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Hilfe. Hier ist ein Mann. Wie hat ег іп mein Gemach
eindringen können? Oder vielmehr bist du nicht mit-
schuldig an seinem Verbrechen?“ „Wer? Ich?“ erwiderte
die Amme. „Dieser Verdacht ist eine Beschimpfung; ich
erstaune nicht weniger als du, diesen verwegenen Jüng-
ling zu erblicken; und wenn ich übrigens auch hätte
seine Verwegenheit begünstigen wollen, wie hätte ich
die Wache täuschen können, die das Schloß umgibt?
Auch weißt du ja, daß zwanzig stählerne Тоге zu öffnen
sind, bevor man hierher gelangt; dab das königliche
Siegel an einer jeden Tür hängt und daß der König, dein
Vater, die sämtlichen Schlüssel besitzt. Ich begreife nicht,
wie dieser Jüngling all diese Schwierigkeiten hat über-
winden können.“
Während nun die Amme also sprach, sann ich darüber
nach, was ich ihnen sagen sollte, und mir kam der Ge-
danke, ihnen einzureden, daß ісһ der Prophet Mohammed
sei. „O meine schöne Prinzessin,“ sprach ich zu Schon,
„erstaune nicht länger, und auch du nicht, o Mahpeiker,
wenn ihr mich hier erscheinen seht. Ich gehöre nicht zu
jenen Liebhabern, die Gold ausstreuen und allerlei Listen
anwenden, um ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen; ich
trage kein Verlangen, vor dem deine Tugend erschrecken
müßte; ferne sei mir jeder verbrecherische Gedanke. Ich
bin der Prophet Mohammed; nicht ohne Mitleid habe ich
dich dazu verurteilt gesehn, deine schönen Tage in einem
Kerker zu verleben; und ich komme, um dir mein Wort
zu geben und dich vor der Prophezeiung zu schützen,
die deinen Vater Bahaman beängstigt. Sei hinfort beruhigt
über dein Schicksal; dein Los kann nicht anders sein als
des Ruhmes und Glückes voll, da du die Gattin Moham-
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meds wirst. Wenn sich die Nachricht von deiner Hoch-
zeit in den Landen verbreitet, so werden alle Könige
den Schwiegervater des großen Propheten fürchten, und
alle Prinzessinnen werden dich um dein Schicksal be-
neiden.“
Schirin und ihre Amme sahen sich bei diesen Worten
an, als beratschlagten sie, was sie davon halten sollten;
ich gestehe, ich hatte Grund zu der Besorgnis, sie würde
in ihrem Geist keinen Glauben finden; aber die Frauen
glauben gern an das Wunderbare. Mahpeiker und ihre
Herrin schenkten meinem Märchen Glauben; sie hielten.
mich für Mohammed, und ich mißbrauchte ihre Leicht-
glaubigkeit. Nachdem ich den größeren Teil der Nacht
bei der Prinzessin von Gasna verbracht hatte, verließ ich
vor lagesanbruch ihr Gemach, doch nicht ohne ihr ver-
sprochen zu haben, daf ich am folgenden Tage zurück-
kehren würde. Ich suchte schnell meine Kiste auf, kroch
hinein und stieg sehr hoch in die Luft empor, um von
den Kriegern nicht gesehen zu werden. Ich landete im
Walde, lieb meine Kiste dort zurück und lenkte die
Schritte zur Stadt, wo ich mir für acht Tage Vorräte ein-
kaufte, sowie prunkvolle Kleider, einen schónen Turban
aus indischer Leinwand mit goldenen Streifen und einen
reichen Gürtel; und auch die Essenzen und die besten
Wohlgerüche vergaß ich nicht. Ich brauchte für diese Ein-
kaufe den ganzen Rest meines Geldes auf, ohne mir um
die Zukunft Sorge zu machen; mir war, als kónnte es mir
nach einem so angenehmen Abenteuer an nichts mehr
fehlen. Den ganzen Tag hindurch blieb ich im Walde,
wo ich mich damit beschaftigte, mich anzukleiden und zu
parfümieren. Sowie aber die Nacht erschien, stieg ich in
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meine Kiste und begab mich auf das Dach von Schirins
Schloß. Wie in der Nacht zuvor stieg ich in ihr Ge-
mach hinab, und die Prinzessin zeigte mir, daß sie mich
in großer Ungeduld erwartete. „O gewaltiger Prophet,“
sprach sie zu mir, „ich begann mir schon Sorge zu machen,
und ich fürchtete schon, du hättest deine Gattin ver-
gessen.“ „О meine teure Prinzessin,“ erwiderte ich,
' „konntest du auf eine solche Befürchtung hören? Mußtest
du nicht, da du mein Wort erhalten hattest, überzeugt sein,
daß ich dich ewig lieben würde?“ „Aber sage mir,“ fuhr
‚sie fort, „weshalb du so jung aussiehst? Ich glaubte, der
Prophet Mohammed müßte ein ehrwürdiger Greis sein.“
„Da hast du dich nicht getäuscht,‘ versetze ich, „das ist
die allgemein verbreitete Vorstellung von mir; und wenn
ich vor dir so erschiene, wie ich es bisweilen vor jenen
Gläubigen tue, denen ich eine besondere Ehre erweisen
will, so würdest du einen langen, weißen Bart und einen
ganz kahlen Kopf erblicken; aber mir schien, als müßte
dir eine weniger bejahrte Gestalt lieber sein; deshalb habe
ich mir die Erscheinung eines Jiinglings beigelegt.“ Da mischte
die Amme sich in unsre Unterhaltung ein und sagte mir,
daran hätte ich sehr wohl getan, und wenn man die Rolle
eines Gatten spielen wolle, so könne man sich nicht zu
angenehm machen.
Gegen Ende der Nacht verließ ich das Schloß, denn ich
fiirchtete, man möchte entdecken, daß ich ein falscher
Prophet wäre: in der nächsten Nacht kehrte ich wieder-
um dorthin zurück, und mein Verhalten war so klug,
daß Schirin und Mahpeiker nicht einmal ahnten, daß ein
Betrug vorliegen könnte. Freilich fand die Prinzessin un-
vermerkt so viel Geschmack an mir, daß ihre Liebe nicht
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wenig dazu beitrug, sie von der Wahrheit all dessen, was
ich ihr sagte, zu tiberzeugen; denn wenn man zugunsten
jemandes eingenommen ist, so zweifelt man nicht mehr an
seiner Aufrichtigkeit.... | |
Fast einen Monat lang пип hatte ich schon als Prophet
ein angenehmes Leben gefiihrt, als in der Stadt von einem
der Nachbarkénige ein Gesandter eintraf, um Schirin zum
Weibe zu begehren. Er erhielt alsbald eine Audienz, und
als er den Zweck seiner Gesandtschaft dargelegt hatte,
sprach Bahaman zu ihm: „Es tut mir leid, daß ich dem
König, deinem Herrn, meine Tochter nicht gewähren kann;
ich habe sie dem Propheten Mohammed zum Weibe ge-
geben.“ Der Gesandte schloß aus dieser Antwort, dab
der König von Gasna irre geworden wäre. Er nahm Ab-
schied von dem Fürsten und kehrte zu seinem Herrn zu-
rück, der, wie er, zunächst glaubte, Bahaman müsse den
Verstand verloren haben; dann aber schrieb er Ше Ab-
weisung einer Geringschätzung zu und fühlte sich in seiner
Ehre verletzt; er hob Truppen aus, sammelte ein gewal-
tiges Heer und fiel in das Königreich Gasna ein.
Der König, der Kasim hieß, war stärker als Bahaman;
und obendrein rüstete Bahaman sich so langsam für den
Empfang seines Feindes, daß er ihn nicht hindern konnte,
große Fortschritte zu machen. Kasim schlug einige Trup-
pen, die sich seinem Zuge widersetzen wollten, und rückte
im Eilmarsch auf die Stadt Gasna vor, wo er Bahamans
Heer auf der Ebene vor dem Schlosse Schirins verschanzt
fand. Es war die Absicht dieses ergrimmten Liebhabers,
es in seiner Verschanzung anzugreifen; da aber seine
Truppen der Ruhe bedurften und er abends auf der Ebene
eintraf, verschob er den Angriff auf den folgenden Morgen.
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Derweilen begann der König von Gasna, als er von der
Zahl und der Tapferkeit der Krieger Kasims vernahm, zu
zittern; er versammelte seinen Diwan, und ein Würden-
träger sprach mit diesen Worten zu den Versammelten:
„Es nimmt mich wunder, daß der König aus solchem An-
laß irgendwelche Sorge spüren kann. Welche Befürchtung
kann — ich sage nicht Kasim, sondern können alle
Fürsten der Welt zusammen Mohammeds Schwieger-
vater einflößen? Deine Hoheit, о mein Herr, braucht
sich ja nur an seinen Eidam zu wenden. Flehe den
großen Propheten um Hilfe an, so wird er deine Feinde
bald zunichte machen; er muß es tun, denn er ist der
Anlaß, um dessentwillen Kasim die Ruhe deiner Unter-
tanen stört.“
Obgleich nun diese Rede nur aus Hohn gehalten wurde,
so flößte sie Bahaman dennoch Zuversicht ein. „Recht
ist deine Rede,“ sprach ег zu dem Würdenträger, „ich
muß mich an den Propheten wenden; ich werde ihn
bitten, meinen übermütigen Feind zurückzuschlagen, und
ich wage zu hoffen, daß er meine Bitte nicht abschlagen
wird.“
Nachdem er also gesprochen hatte, suchte er Schirin
auf. „O meine Tochter,“ sprach er zu ihr, „sowie der
morgige Tag anbrechen wird, will Kasim uns angreifen;
ich fürchte, er wird unsre Schanzen bezwingen; und ich
komme her, um Mohammed zu bitten, daß er uns helfe.
Biete den ganzen Einfluß auf, den du auf ihn hast, damit
er uns schütze. Wir wollen uns beide verbünden, um
ihn uns günstig zu stimmen.“ „О mein Herr,“ erwiderte
die Prinzessin, „es wird nicht schwer sein, den Propheten
für uns zu gewinnen; er wird die feindlichen Truppen
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schnell zerstreuen, und auf Kosten Kasims werden alle
Könige der Welt erfahren, daß sie dich zu achten haben.“
„Doch die Nacht rückt vor,“ fuhr der König fort, „und
der Prophet erscheint nicht. Sollte er uns verlassen haben?“
„Nein, o mein Vater, nein,“ versetzte Schirin, „glaube
nicht, daß er uns in der Not verlassen könnte. Er sieht
vom Himmel aus, wo das Heer liegt, das uns belagert,
und vielleicht ist er schon bereit, es in Verwirrung und
Schrecken zu setzen.“ А
Das war es denn auch іп der Тас, wonach es Moham-
med verlangte. Ich hatte wahrend des Tages aus der
Ferne Kasims Truppen beobachtet; ich hatte mir ihre Ver-
teilung gemerkt und vor allem das Quartier des Königs
beachtet. Ich sammelte große und kleine Kiesel, füllte
meine Kiste damit und erhob mich um Mitternacht іп die
Luft. Ich flog zu den Zelten Kasims und erkannte gar
leicht dasjenige; darin der König ruhte. Es war ein sehr
hoher, [reich vergoldeter Pavillon, den eine Kuppel krönte |
und den zwölf Säulen aus bemalten Hölzern trugen, die
in die Erde eingelassen waren. Die Zwischenräume
zwischen den Säulen waren mit einem Geflecht aus den
Zweigen von allerlei Bäumen ausgefüllt, und zwischen den
Kapitälen lagen zwei Fenster, das eine nach Osten und
das andre nach Süden.
All die Krieger, die rings das Zelt umlagen, schliefen,
so daß ich, ohne bemerkt zu werden, bis zum einen der
Fenster hinabsteigen konnte. Ich sah den König auf
einem Lager liegen, den Kopf gestützt auf ein Kissen aus
Satin. Ich kroch halb aus meiner Kiste hervor, und indem
ich einen großen Kiesel nach Kasim warf, traf ich ihn an
der Stirn und brachte ihm eine gefährliche Wunde bei.
I2T
Er stieß einen Schrei aus, der ‘auf der Stelle all seine =
Wachen und seine Hauptleute weckte. Man lief zu dem ü
König und fand ihn blutüberströmt und fast des Bewußt- Хх
seins beraubt. Und durch das allgemeine Geschrei geriet `i
das ganze Lager in Verwirrung, und jedermann fragte, 7
was es gabe. Schon lief das Gerücht um, daf der Kónig ^
verwundet sei, und man wisse nicht, wessen Hand деп —
Streich geführt habe. Während man noch nach dem Tater 22
suchte, erhob ich mich bis zu den Wolken und ließ auf fe
das Königszelt und seine Umgebung einen Steinhagel nieder- fx
fallen. Mehrere Krieger wurden verwundet und schrien Le
auf, es regne Steine! Und als dieser Ruf sich fortpflanzte, |:
warf ich, um ihn zu bestätigen, meine Kiesel in allen i
Richtungen hinab. Da bemächtigte sich des Heeres ein i
wildes Entsetzen, und Hauptmann wie Soldat glaubten, с
daß der Prophet wider Kasim ergrimmt sei und seinen w
Zorn durch dieses Wunder nur zu deutlich verkünde. ©
Kurz, die Feinde Bahamans ergriffen in ihrem Grauen | іш
die Flucht; ja, sie machten sich in solcher Überstürzung ; c.
aus dem Staube, dab sie all ihr Gerät und ihre Zelte i
liegen ließen und nur schrien: „Wir sind verloren, Mo- à
hammed wird uns alle vernichten.“ .. .
Zwei Tage, nachdem man Kasim begraben hatte, denn k
obwohl er ein Feind war, gab man ihm doch ein prunk-
volles Begräbnis, befahl der König, dab man in der Stadt
große Freudenfeste veranstalte, und zwar sowohl wegenk
der Niederlage der feindlichen Truppen, wie auch, umi:
feierlich die Hochzeit der Prinzessin Schon mit Moham-}:
med zu feiern. Ich dachte mir, daß ich ein Fest, daß zuf:
zeichnen müßte. Zu diesem Zweck kaufte ich in Gasn#:
122
o weißes Pech und Baumwollsaat nebst ein wenig Feuer-
ą stahl. Den Tag brachte ich im Walde damit hin, ein
г Feuerwerk vorzubereiten; ich tauchte die Baumwollsaat
х іп das Pech, und als das Volk sich nachts in den Straßen
, vergnügte, erhob ich mich über die Stadt; ich stieg so hoch
empor, wie es mir nur möglich war, damit man nicht mein
j; Gefährt bei meinem eignen Licht zu erkennen vermóchte,
т schlug Feuer und entzündete die Baumwollsaat, die mit
4; dem Pech eine gar schöne Wirkung tat; dann zog ich mich
ы Wieder in meinen Wald zurück. Als aber kurz darauf der
4: Tag anbrach, ging ich in die Stadt, um mir das Vergnügen
e ZU machen und zuzuhóren, wie man über mich reden
„würde. Ich täuschte mich nicht in meiner Erwartung;
, das Volk sprach in tausend Wendungen voller Bewunderung
Е von dem Streich, den ich ihm gespielt hatte; Ше einen
ж versicherten, Mohammed habe, um ihnen zu zeigen, daß
yy am ihr Fest angenehm sei, himmlische Feuer erscheinen
lassen; und die andern beteuerten, sie hätten mitten іп
diesen neuen Meteoren den Propheten gesehn; ihre Phan-
, ptasie lieh ihm den weißen Bart und die ehrwürdige Miene.
y All diese Reden machten mir unendlich viel Freude.
' Aber ach, während ich mich also ergötzte, brannte meine
„Kiste, meine teure Kiste, das Werkzeug meiner Wunder,
: шіп dem Walde ab; offenbar hatte ein Funke, der mir
„entgangen war, während meiner Abwesenheit das Gefährt
„getroffen und verzehrt, denn als ich zu ihm zurückkehrte,
7 ‚fand ich nur noch ihre Asche. Ein Vater, der bei seiner
jo Heimkehr seinen einzigen Sohn von tausend tödlichen
Stichen durchbohrt in seinem Blute schwimmend fande,
, „Könnte nicht von so lebhaftem Schmerz ergriffen werden
wie ich. Der Wald hallte wider von meinem Schreien
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und Klagen; ich raufte mir das Haar und zerriß meine
Kleider. Ich weiß nicht, wie ich in meiner Verzweiflung
mein Leben schonen konnte.
Doch war an dem Unheil nichts mehr zu ändern; ich
mußte irgendeinen Entschluß fassen; und mir blieb nur
eine einzige Möglichkeit, nämlich die, mein Glück anders-
wo zu suchen. So also überließ der Prophet Mohammed
Bahaman und Schirin der Sorge um ihn und entfernte sich
aus der Stadt Gasna. Drei Tage darauf begegnete ich
einer großen Karawane von Kaufleuten aus Kairo, die
auf dem Wege in ihre Heimat waren; ich mischte mich
unter sie und zog mit ihnen nach Kairo, wo ich, um mir
meinen Lebensunterhalt zu verdienen, Weber wurde. Ich
blieb ein paar Jahre dort und zog dann nach Damaskus,
wo ich dasselbe Gewerbe ausübe. Ich bin scheinbar mit
meinem Stande sehr zufrieden, aber es ist ein falscher
Schein. Ich kann nicht vergessen, welches Glück ich einst
genossen habe. Unaufhörlich steht mir Schirin vor den
Gedanken, und da ich sie zugunsten meiner Ruhe aus
meinem Gedächtnis verbannen möchte, ja, all meine Kräfte
diesem Streben widme, so macht mich die Bemühung,
die ebenso fruchtlos wie schmerzlich ıst, zu einem sehr
unglücklichen Menschen.
Aus Tausend und ein Tag, orientalische Erzählungen.
GIOVANNI DI BOCCACCIO: GRISELDA
S ist schon lange her, daß das Haupt des Hauses der
Markgrafen von Saluzzo ein junger Mann war, Gualtieri
geheißen, der, ohne Weib und Kind hausend, seine Zeit
mit nichts anderm verbrachte als mit der Vogelbeize und
124
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der Jagd; ein Weib zu nehmen und Kinder zu zeugen,
hatte er keinen Gedanken, was nicht so unvernünftig war.
Seine Leute, denen das nicht recht war, baten ihn zu often
Malen, ein Weib zu nehmen, damit nicht er ohne Erben
: bleibe und sie ohne Herrn; sie erboten sich auch, ihm ein
solches und von solchen Eltern abstammendes Fraulein aus-
findig zu machen, daf er alle Zuversicht haben und sich
wohl zufrieden geben könne. Gualtieri antwortete ihnen:
„Meine lieben Freunde, ihr nótigt mich zu etwas, was ich
.nie und nimmer zu tun entschlossen war іп der Uber-
legung, was für ein schweres Ding es ist, eine ausfindig zu
machen, die sich ganz zum eigenen Wesen schickt, und
wie häufig das Gegenteil ist und wie hart das Leben dessen
ist, der an eine gerät, die sich nicht zu ihm schickt. Und daß
ihr sagt, ihr glaubtet, aus der Art der Eltern die der Töchter
zu erkennen, woraus ihr ableitet, ihr würdet mir eine solche
geben, daß sie mir gefällt, das ist eine Torheit: denn ich
wüfte nicht, woher ihr die Vater oder wie ihr die Heim-
lichkeiten der Mütter kennen kónntet; und wenn ihr sie
schon kenntet, so sind doch die Téchter gar häufig den
Eltern unähnlich. Weil es euch aber beliebt, mich mit
diesen Ketten zu fesseln, so schicke ich mich meinetwegen
drein; und damit ich mich, wenn es schlimm ausgeht, über
niemand sonst zu beklagen habe als über mich, so will ich
mir sie selber aussuchen, sage euch aber das eine: Wenn
ihr die, die ich nehme, nicht als Herrin ehren werdet, so
werdet ihrs zu euerm großen Schaden erfahren, wie schwer
es mir ist, gegen meinen Willen auf euere Bitten ein Weib
genommen zu haben.* Die wackern Leute antworteten,
sie seien es zufrieden, nur тӛре er sich entschliefen, ein
Weib zu nehmen. Seit langem hatte Gualtieri sein Wohl-
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gefallen ап dem Gehaben eines armen jungen Madchens,
die aus einem Dorfe nahe bei seinem Hause war, und da
sie ihn auch sehr schön däuchte, glaubte er, mit ihr recht
glücklich leben zu können; ohne daher weiter zu suchen,
nahm er sich vor, diese zu heiraten: er ließ ihren Vater
rufen und kam mit ihm, der ein ganz armer Mann war,
überein, sie zum Weibe zu nehmen. Hierauf versammelte
er alle seine Freunde aus der Landschaft um sich und
sagte zu ihnen: „Meine lieben Freunde, euer Wille war
und ist es, daß ich mich entschlösse, ein Weib zu nehmen,
und ich habe mich dazu entschlossen, mehr euch zuliebe,
als daß ich ein Verlangen nach einem Weibe gehabt hätte.
Ihr wißt, was ihr mir versprochen habt, nämlich mit jeder,
wer immer die sei, die ich nähme, zufrieden zu sein und
sie als Herrin zu ehren; jetzt ist die Zeit da, wo ich im
Begriffe bin, euch mein Versprechen zu halten, und wünsche,
daß ihr mir das eurige haltet. Ich habe, hier ganz in der
Nähe, ein junges Mädchen nach meinem Herzen gefunden,
die beabsichtige ich, zum Weibe zu nehmen und binnen
wenigen Тареп heimzuführen; denkt also daran, wie das
Hochzeitsfest prächtig zu rüsten sei und wie ihr sie ehren-
voll empfangen könnet, damit ich mich wegen euers Ver-
sprechens ebenso zufrieden geben kann, wie ihr euch wegen
des meinigen.“ Die guten Leute antworteten alle voller
Freude, das sei ihr Wunsch und sie würden sie, sei sie,
wer sie wolle, als Herrin hinnehmen und in allen Stücken
als Herrin ehren. Hierauf trafen sie allesamt alle Anstalten,
das Fest schön und groß und fröhlich zu machen, und
dasselbe tat Gualtieri. Er ließ die Hochzeit gar groß und
schön ausrichten und viele Freunde und Verwandte und
vornehme Edelleute und andere aus der Umgegend ein-
126
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laden. Und er ließ auch mehrere schöne und reiche Kleider
zuschneiden und anfertigen nach dem Maße eines jungen
Mädchens, die ihn den Wuchs der Jungfrau zu haben
däuchte, die er sich zu freien vorgenommen hatte; und
überdies beschaffte er Gürtel, Ringe und eine köstliche
Krone und alles, was eine Braut braucht. Und als der Tag
gekommen war, den er für die Hochzeit bestimmt hatte,
stieg Gualtieri etwa anderthalb Stunden nach Sonnenaufgang
zu Pferde und mit ihm alle, die ihn zu ehren gekommen
waren; und nachdem er alles Nötige angeordnet hatte,
sagte er: „Ihr Herren, es ist Zeit, die Braut einzuholen.“
Und er machte sich mit seinem ganzen Geleite auf den
Weg, und sie ritten in das Dörfchen. Und als sie zu dem
Hause ihres Vaters gekommen waren, trafen sie das Mädchen,
wie sie eben mit Wasser vom Brunnen zurückkam; sie war
in großer Hast, weil sie nachher mit andern Frauenzimmern
gehn wollte, um die Braut Gualtieris kommen zu sehn.
Kaum ersah Gualtieri sie, so rief er sie bei ihrem Namen
Griselda und fragte sie, wo der Vater sei; sie antwortete
verschänit: „Herr, er ist im Hause.“ Nun saß Gualtieri
ab, befahl allen, ihn zu erwarten, und trat allein in das
armselige Häuschen; dort fand er ihren Vater, der Gian-
nucolo hieß, und zu dem sagte er: „Ich bin gekommen,
um Griselda zu freien; vorher möchte ich aber noch von
ihr einiges in deiner Gegenwart hören.“ Und er fragte
sie, ob sie sich, wenn er sie zum Weibe nehme, immerdar
befleißigen wolle, ihm willfährig zu sein und sich nichts,
was er tun oder sagen werde, verdrießen zu lassen, und
ob sie gehorsam sein werde, und um viel andere derlei
Dinge; sie antwortete immer mit Ja. Nun nahm sie Gual-
tieri bei der Hand, führte sie hinaus und ließ sie vor seiner
128
Begleitung und, wer sonst noch da war, nackt auskleiden;
und nachdem er die auf seinen Befehl angefertigten Kleidungs-
stücke hatte bringen lassen, ließ er sie alsbald bekleiden
und beschuhen und auf ihr Haar, so wirr wie es war, eine
Krone setzen. Darob verwunderte sich jedermann und er
sagte: ,, Ihr Herren, das ist die, die mein Weib sein soll,
wenn sie mich zum Manne haben will.“ Dann wandte er
sich zu ihr, die, über sich selber verschämt, nicht wußte,
wie ihr geschah, und sagte: „Griselda, willst du mich zum
Маппе?“ Sie antwortete: „Ja, mein Herr“, und er sagte:
„Und ich will dich zum Weibe.“ Und er verlobte sich
vor allen Leuten mit ihr. Und er ließ sie einen Zelter
besteigen und führte sie mit ehrenvollem Geleite heim.
Dort wurde mit großem Gepränge das Beilager gehalten,
und die Festlichkeiten waren nicht anders, als wenn er die
Tochter des Königs von Frankreich genommen hätte. Die
junge Frau schien mit den Kleidern zugleich auch Sinn
und Wesen gewechselt zu haben. Sie war, wie wir gesagt
haben, schön an Gestalt und Antlitz, und so schön, wie
sie war, so einnehmend, so liebenswürdig und gewandt
wurde sie jetzt in ihrem Benehmen, daß sie nicht die
Tochter Giannucolos und einer Schafhirtin, sondern die
eines edeln Herrn zu sein schien; das nahm alle wunder,
die sie vorher gekannt hatten. Und zudem war sie ihrem
Manne so gehorsam und zuvorkommend, daß er sich für
den glücklichsten und zufriedensten Menschen auf der Welt
hielt; und mit seinen Untertanen war sie so freundlich
und leutselig, daß es niemand gab, der sie nicht mehr als
sich selbst geliebt und ihr nicht willig alle Ehrerbietung
erwiesen hatte: alle beteten für ihr Wohl und ihr Glück
und ihre Erhebung, und die, die stets gesagt hatten, Gual-
129
tieri habe unweislich gehandelt, daß ег sie zum Weibe ge-
nommen habe, sagten nun, daß er der weiseste und scharf-
sichtigste Mensch der Welt gewesen sei, weil es niemand
sonst als er vermocht hätte, die hohen Tugenden unter
der dürftigen Hülle und der bäuerischen Tracht zu er-
kennen. Und sie verstand sich so zu benehmen, daß nicht
nur in ganz kurzer Frist in ihrer Markgrafschaft, sondern
auch, ehe viel Zeit verstrichen war, allenthalben von ihrer
Vortrefflichkeit und ihrer Zucht gesprochen wurde, und
was etwa gegen ihren Gatten gesagt worden war, als er
sie gefreit hatte, das wandte sich nun ins Gegenteil.
Sie war noch nicht lange in Gualueris Hause, als sie
schwanger wurde; und zu der Zeit gebar sie eine Tochter,
und darüber war Gualtieri ganz glücklich. Bald darauf aber
kam ihm ein seltsamer Gedanke іп den Sinn, namlich der, ihre
Willfährigkeit mit langer Erprobung und harten Prüfungen
versuchen zu wollen. Er fing damit an, sie mit Worten
zu kranken, indem er in gespielter Erregung zu ihr sagte,
seine Leute seien schlecht zufneden mit ihr wegen ihrer
niedrigen Abstammung, und besonders jetzt, wo sie sáhen,
daf sie ihm Kinder bringe; und wegen der Tochter, die
sie geboren habe, täten sie mißvergnügt nichts sonst als
murren. Auf diese Worte hin sagte die Frau, ohne ihr
Gesicht oder ihre guten Vorsätze irgendwie zu ändern:
„Mein liebster Herr, tu mit mir, wie du glaubst, daß es
deiner Ehre und deiner Ruhe fórderlich ist; ich werde mit
allem zufrieden sein, weil ich erkenne, wie gering ich gegen
sie bin und daf ich der Ehre nicht wert war, zu der du
mich in deiner Gnade erhoben hast.“ Diese Antwort freute
Gualtieri ungemein, weil er daraus erkannte, daf sie keines-
wegs stolz geworden war über die Ehre, die er oder andere
130
ihr erwiesen hatten. Kurze Zeit darauf schickte ег, nach-
dem er ihr mit allgemeinen Worten mitgeteilt hatte, seine
Untertanen könnten ihr Mägdlein nicht leiden, einen
Diener, dem er seine Weisungen erteilt hatte, zu ihr, und
der sagte ihr mit gar betrübtem Gesichte: „Madonna, wenn
ich nicht sterben will, muß ich tun, was mir mein Herr
befiehlt. Er hat mir befohlen, Euer Töchterchen zu nehmen
und ...“; und mehr sagte er nicht. Als die Frau diese
"Worte hörte, das Gesicht des Dieners sah und sich der
gesagten Worte erinnerte, begriff sie, daß er den Auftrag
hatte, das Kind zu töten; und so nahm sie es aus der
Wiege und küßte und segnete es und legte es, ohne trotz
ihrer Herzenspein das Gesicht zu verändern, dem Diener
in den Arm und sagte: „Nimm sie und tu pünktlich, was
dir dein und mein Herr aufgetragen hat; laß sie aber nicht
so, dab sie die Tiere und die Vögel fressen, es sei denn,
er hätte dir das befohlen.“ Der Diener nahm das Mägdlein
und meldete Gualtieri, was die Frau gesagt hatte; staunend
über ihre Standfestigkeit schickte ihn Gualtieri mit der
Kleinen zu einer Muhme von ihm nach Bologna und lieb
sie bitten, sie mit aller Sorgfalt warten und erziehen zu
lassen, ohne jemals zu sagen, wessen Tochter sie sei.
Darauf geschah es, daß die Frau von neuem schwanger
wurde, und zur gehörigen Zeit genas sie eines Knaben, dessen
Gualtieri herzlich froh war. Weil ihm aber das, was er
getan hatte, nicht genügte, so verwundete er die Frau mit
größerer Kränkung und sagte eines Tages erregten Ange-
sichts zu ihr: „Frau, seit du diesen Knaben geboren hast,
kann ich mit meinen Leuten gar nicht mehr auskommen,
so bitter beschweren sie sich darüber, daß nach mir ein
Enkel Giannucolos ihr Herr sein soll; darum fürchte ich,
13 1
daß mir, wenn ich nicht des Landes vertrieben werden
will, nichts übrigbleibt, als dasselbe zu tun, was ich das
andere Mal getan habe, und schließlich noch dich zu lassen
und ein andres Weib zu nehmen.“ Geduldigen Mutes hörte
ihn die Frau an und erwiderte nichts als: „Mein liebster
Herr, sorge deine Ruhe zu gewinnen und deiner Wohl-
meinung zu genügen, um mich kümmere dich in keiner
Weise, weil mir ja doch nichts teuer ist, außer soweit
ich sehe, daß es dir recht ist.“ Nach wenigen Tagen
schickte Gualtieri in derselben Art, wie um die Tochter,
um den Sohn, und schickte ihn, indem er vorgab, er habe
ihn in gleicher Weise töten lassen, ebenso wie das Mägd-
lein zur Erziehung nach Bologna; dazu machte die Frau
weder ein anderes Gesicht, noch andere Worte, als wegen
des Mägdleins, so daß sich Gualtieri baß verwunderte und
sich selber gestand, daß kein anderes Weib so handeln
könnte wie sie: und hätte er nicht gesehn gehabt, wie zärt-
lich sie mit den Kindern gewesen war, solange ihm das recht
war, so hätte er, anstatt die Weisheit ihres Handels zu er-
kennen, wie er jetzt tat, geglaubt, sie handelte so aus
Gleichgültigkeit. Seine Untertanen, die wirklich glaubten, er
habe die Kinder töten lassen, tadelten ihn bitter und schalten
ihn einen Unmenschen und hatten mit der Frau das größte
Mitleid; die aber sagte zu den Frauen, die mit ihr über die
also getóteten Kinder wehklagten, nichts sonst, als dab ihr
alles recht sei, was dem beliebe, der sie gezeugt habe.
Als aber nach der Geburt des Mägdleins mehrere
Jahre verstrichen waren, dauchte es Gualtieri an der Zeit,
mit ıhrer Duldsamkeit die letzte Probe anzustellen; und
so sagte er gesprächsweise zu vielen von seinen Leuten,
er könne es auf keine Weise mehr ertragen, Griselda zur
132
х
Frau zu haben, und er sehe es еіп, was fiir eine Jugend-
torheit er begangen habe, sie zu nehmen, und er wolle
es daher beim Papste nach seinen Kraften betreiben, 4а8
ihm der erlaube, ein andres Weib zu nehmen und Griselda
zu lassen. Darob wurde er von manchem ehrlichen Manne
hart getadelt; er aber antwortete nur, es müsse so sein,
Als die Frau davon vernahm, däuchte es sie, sie müsse
darauf gefaßt sein, in das Haus des Vaters zurückzu-
kehren und vielleicht wie einst die Schafe zu hüten und
den Mann, dem sie nur sein Bestes wünschte, in den
Armen einer andern zu sehn: und deshalb härmte sie sich
innerlich; so wie sie aber die andern Unbilden des Schick-
sals ertragen hatte, so beschlob sie, auch diese mit fester
Stirn zu ertragen.
Nicht lange darauf ließ Gualtieri seine gefälschten Briefe
aus Rom kommen und redete seinen Untertanen ein, darin
habe ihm der Papst erlaubt, ein andres Weib zu nehmen
und Griselda zu lassen. Er ließ sie also vor ihn kommen
und sagte in Gegenwart einer groben Versammlung zu ihr:
„Frau, durch eine Vergünstigung, die mir der Papst gewährt
hat, darf ich eine andere Frau nehmen und dich lassen;
und weil alle meine Vorfahren ргобе Edelleute und Herren
in diesem Lande waren, wahrend die deinigen immer
Bauern waren, so will ich, daß du nicht mehr mein Weib
seist, sondern in das Haus Giannucolos zurückkehrst mit
dem Heiratsgute, das du mir zugebracht hast, und ich werde
eine andere heimführen, die ich zu mir passend gefunden
habe.“ Als die Frau diese Worte hörte, hielt sie nicht
ohne die größte Anstrengung, über die Art der Weiber,
die Tránen zurück und antwortete: „Herr, ich habe immer
erkannt, daß sich mein niedriger Stand in keiner Weise
133
zu Euerm Adel schickt, und das, was ich mit Euch ge-
wesen bin, das habe ich als Euere und Gottes Gabe er-
kannt, habe es auch nicht wie ein Geschenk mir zu eigen
gemacht oder so betrachtet, sondern es stets für etwas
mir Geliehenes gehalten; es gefällt Euch, es zurückzufordern,
und so muß es mir gefallen und gefällt mir, es Euch
zurückzugeben: hier ist Euer Ring, womit Ihr Euch mir
vermählt habt; nehmt ihn. Ihr befehlt mir, das Heirats-
gut, das ich Euch zugebracht habe, mitzunehmen: dazu
braucht Ihr keinen Zahlmeister und ich weder einen Beutel
noch ein Tragtier; es ist meinem Gedächtnis nicht ent-
fallen, daß Ihr mich nackt genommen habt. Und dünkt
es Euch ehrbar, daß der Leib, der die von Euch gezeugten
Kinder getragen hat, von allen gesehn werde, so will ich
nackt von hinnen gehn; doch ich bitte Euch, laßt es Euch
zum Lohne für meine Jungfrauschaft, die ich Euch zuge-
bracht habe und nicht wegtrage, gefallen, daß ich ein
einziges Hemde über mein Heiratsgut mitnehmen darf.“
Gualtieri, dem das Weinen näher war als sonst etwas, be-
hielt trotzdem sein finstres Gesicht bei und sagte: „So
nimm denn ein Hemd mit.“ Alle, so viele ihrer da waren,
baten ihn, ihr ein Kleid zu schenken, damit тап nicht
die, die dreizehn Jahre und noch länger sein Weib ge-
wesen sei, so armselig und so schmählich aus seinem Hause
fortgehn sehe, wie es zutreffe, wenn sie im Hemde fortgehe;
aber ihre Bitten waren eitel: im Hemde, barfuß und bar-
häuptig ging Griselda, nachdem sie alle Gott befohlen hatte,
aus dem Hause fort und kehrte unter den 'Irinen und
Klagen aller, die sie sahen, zum Vater zurück. Giannucolo,
der es nie hatte glauben können, Gualtieri werde seine
Tochter in Wahrheit als Weib behalten, und dieses Ende
134
tagtäglich erwartet hatte, hatte ihr die Kleider aufbewahrt,
die sie ап dem Morgen ihrer Vermählung mit Gualtieri
abgelegt hatte; die brachte er ihr, und sie zog sie wieder
an und machte sich, wie sie gewohnt gewesen war, an die
geringen Arbeiten im väterlichen Hause; tapfern Mutes
ertrug sie den wuchtigen Ansturm des feindlichen Ge-
schickes. mE
So, wie Gualtieri dies: durchgeführt hatte, also redete
er auch seinen Leuten ein, er habe eine Tochter eines
Grafen von Panago genommen; und während er mit
großem Gefolge zur Hochzeit rüsten ließ, schickte er um
Griselda. Sie kam, und er sagte zu ihr: ,Ich führe nun
die Frau heim, die ich neuerdings genommen habe, und
gedenke, sie bei ihrer Ankunft zu ehren. Du weift, daß
ich keine Frauen im Hause habe, die die Zimmer aus-
zuschmücken und die vielen Dinge, die ein derartiges Fest
erfordert, zu besorgen verstünden: und weil du besser als
jede andere Bescheid im Hause weißt, richte du alles her,
wie es sich gehört, laß die Damen einladen, die du meinst,
und empfange sie, als ob du hier die Frau wirest; nach
der Hochzeit kannst du dann wieder heimgehn.* Obwohl
diese Worte Messerstiche waren für das Herz Griseldas,
die ja der Liebe, die sie zu ihm trug, nicht so hatte
entsagen kónnen wie ihrem Glücke, antwortete sie: ,,Herr,
ich bin willig und bereit.“ Und sie trat in ihrer schlechten,
groben Kleidung in das Haus, aus dem sie vor kurzem
im Hemde fortgegangen war, und begann die Zimmer zu
säubern und in Ordnung zu bringen, ließ in den Salen
Wandteppiche befestigen und Decken auflegen, lief die
Küche bestellen und legte überall Hand an, als ob sie
eine geringe Hausmagd gewesen wäre; und sie rastete
135
nicht .еһег, als bis alles schmuck und іл Ordnung war,
wie es sich gehörte. Dann ließ sie im Namen Gualtieris
alle Damen der Gegend einladen und traf die Anstalten
zum Feste. Und als der Tag der Hochzeit gekommen
war, empfing sie alle Damen, die dazu kamen, trotz ihrer
armseligen Kleidung mit dem Mute und mit dem Anstande
einer vornehmen Dame und mit heiterm Gesichte. Die
Kinder Gualtieris waren in seinem Auftrage bei einer
Muhme von ihm, die ins Haus der Grafen von Panago
verheiratet war, sorgfältig auferzogen worden; das Mäd-
chen, das schönste Wesen, das man je gesehn hatte, war
jetzt zwölf Jahre alt, der Knabe sechs. Nun hatte Gualtieri
zu seinem Vetter nach Bologna geschickt und ihn gebeten,
es möge ihm belieben, mit seiner Tochter und dem
Sohne nach Saluzzo zu kommen und dafür zu sorgen, daß
er ein schönes und ehrenvolles Geleite mitbringe, dabei
aber allen zu sagen, er führe sie ihm als Gattin zu, ohne
gegen irgend jemand etwas verlauten zu lassen, wer sie
sonst sel.
Der Edelmann tat, wie ihn der Markgraf gebeten hatte,
machte sich auf den Weg und kam nach einigen Tagen mit
dem Madchen und dem Briiderchen und einem edeln Geleite
zur Essenszeit nach Saluzzo, wo er alle Einwolmer und
viele Leute aus der Nachbarschaft versammelt fand, um
die neue Gemahlin Gualtieris zu erwarten. Als die nach
ihrem Empfange durch die Damen in den Saal, wo die
Tische aufgestellt waren, getreten war, ging ihr Griselda
so, wie sie war, heiter entgegen und sagte: „Willkommen,
meine Herrin!“ Die Damen, die Gualtieri gar oft, aber
umsonst gebeten hatten, er möge Griselda in einer Kammer
bleiben lassen oder ihr eins von ihren frühern Kleidern
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leihen, damit sie nicht in einem solchen Aufzuge vor
seinen Gästen erscheine, wurden zu Tische geführt, und
man fing an, sie zu bedienen. Das Fräulein wurde von
jedermann betrachtet, und alle sagten, Gualtieri habe einen
guten Tausch getan; besonders aber lobte Griselda sie, sie
und ihr Brüderchen. Nun hielt Gualtieri dafür, er habe
von der Duldsamkeit seiner Frau so viel gesehn, wie er
begehrt habe, weil er sah, daß die Wendung der Dinge
sie nicht im geringsten veränderte, wobei er sicher war,
daß das nicht von Beschränktheit herstammte, da er sie
als sehr klug kannte; es schien ihm daher an der Zeit,
all die Bitterkeit, die sie nach seiner Meinung unter der
tapfern Miene verbarg, von ihr zu nehmen. Darum lieb
er sie kommen und sagte vor der ganzen Gesellschaft
lächelnd zu ihr: „Was dünkt dich von Unserer Braut?“
„Herr,“ antwortete Griselda, „mich dünkt viel Gutes; und
wenn sie, wie ich glaube, so klug ist wie schön, so zweifle
ich nicht, daß Ihr mit ihr als der glückseligste Herr dieser
Welt leben werdet. Aber ich bitte Euch, was ich nur kann,
die Kränkungen, die Ihr der andern, die früher die Euere
war, angetan habt, die tut dieser nicht an; denn ich glaube
kaum, daß sie sie ertragen könnte, einmal weil sie jünger
ist, und dann weil sie in Zärtlichkeit auferzogen ist,
während die andere von klein auf in beständiger Mühsal
gewesen ist.“ Als Gualtieri sah, dab sie fest glaubte, das
Fräulein solle sein Weib sein, und daß sie trotzdem nichts
sonst als Gutes von ihr sprach, ließ er sie an seiner Seite
niedersitzen und sagte zu ihr: „Griselda, jetzt ist es Zeit,
daß du die Frucht deiner langen Duldsamkeit verkostest
und daß die, die mich für grausam und ungerecht und
töricht gehalten haben, erkennen, daß ich alles, was ich
138
getan habe, zu einem wohlbedachten Zwecke ins Werk
gesetzt habe: dich wollte ich Теһгеп, wie ein Weib sein
: soll, und die andern, wie man ein Weib nehmen und halten
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soll; und mir wollte ich eine beständige Ruhe schaffen,
dieweil ich mit dir zu leben haben würde. Und darüber,
ob mir das gelingen werde, war ich, als ich daran ging, zu
heiraten, in großer Furcht und deswegen habe ich dich,
um eine Probe anzustellen, so, wie du weißt, gekränkt
und verletzt. Und weil ich nie bemerkt habe, daß du
in Worten oder in Werken von meinen Wünschen abge-
wichen wärest, und weil ich glaube, bei dir all den Trost
zu finden, den ich ersehnt habe, so will ich dir auf ein-
mal wiedergeben, was ich dir auf mehrere Male genommen
habe, und will die Kränkungen, die ich dir angetan habe,
durch die größte Zärtlichkeit heilen. Und so nimm denn
die, die du für meine Braut hältst, und ihr Brüderchen
als deine und meine Kinder hin; sie sind die, von denen
du und viele Leute lange Zeit geglaubt habt, ich hätte sie
grausam töten lassen, und ich bin dein Gatte, der dich
über alles in der Welt liebt und der Meinung ist, sich
rühmen zu können, daß es niemand gebe, der mit seiner
Frau in gleicher Weise zufrieden sein könnte.“ Und nach
diesen Worten fiel er ihr um den Hals und küßte sie, die
vor Freuden weinte, und sie standen auf und gingen zu
ihrer Tochter, die ganz erstaunt über das, was sie ver-
nahm, dasaß, und umarmten sie und ihr Brüderchen zärt-
lich; und so wurden nicht nur die Kinder, sondern auch
viele Anwesenden ihres Wahnes entledigt. Die Damen
standen froh vom Tische auf, gingen mit Griselda in eine
Kammer, zogen ihr ihre Kleider mit besserer Vorbedeutung
aus, legten ihr ein vornehmes Gewand von den ihrigen an
139
und führten sie, die auch іп Lumpen einer Dame geglichen
hatte, als Dame in den Saal zuriick, Da gabs denn ein
wundersames Herzen mit den Kindern, und männiglich war
dessen froh; der Jubel verdoppelte sich, und sie dehnten
das Fest auf mehrere Tage aus. Gualtieris hohe Klugheit
wurde anerkannt, wenn man auch die Proben, denen er
seine Frau unterworfen hatte, für hart und unerträglich
hielt; über alle aber wurde Griselda als ungemein klug
gepriesen.
Der Graf von Panago kehrte nach einigen Tagen nach
Bologna zurück. Gualtieri enthob Giannucolo seiner Ar-
beit und setzte ihn als seinen Schwäher in einen solchen
Stand, daß er sein Greisenalter ehrenvoll und friedlich
verlebte bis zu seinem Ende. Und nachdem Gualtieri
seine Tochter an einen hohen Herrn vermählt hatte,
lebte er mit Griselda, die er immerdar nach Kräften
ehrte, lange und glücklich. Was könnte man hier nun
anders sagen, als daß sich der göttliche Geist vom Himmel
ebenso in die Hütten der Armen niedersenkt, wie in die
. Paläste der Großen, die es oft mehr verdienen würden,
Schweine zu hüten, als die Herrschaft über die Menschen
innezuhaben? Wer hätte noch außer Griselda nicht nur
trockenen, sondern auch heitern Auges die harten und
unerhörten Prüfungen Gualtieris ertragen können? Dem
wäre es vielleicht nicht unrecht geschehn, wenn er an
eine geraten wäre, die sich, wenn er sie im Hemde aus
dem Hause gejagt hätte, von einem andern das Pelzchen
hätte so striegeln lassen, daß das Hemd zu einem hübschen
Kleide geworden wäre.
Aus dem Dekamerone des Boccaccio, in der
nenen Übertragung von Albert Wesselski-
140
ч:
ZWEI GEDICHTE VON ALFRED WALTER HEYMEL
ARS LONGA. NACH DEM ENGLISCHEN DES AME-
RIKANISCHEN DICHTERS BRIAN HOOKER
ICHT deine grofien Gaben Gott! Geehrt
Als Seher nicht bei Fremden will ich sein,
Noch meinen Namen durch die Zeiten schrein,
Für Ruhm vertrödelnd meinen Manneswert. —
So würd ich selber in mein Werk verkehrt:
Lust wäre nur ein Reim, und meine Pein
Stichwort im Puppenspiel, und Lieb ein Schein,
Der ferne Wasser fremden Lichts verklärt.
Sei mir nicht mehr als anderen gewillt:
Gib etwas Glauben an der Arbeit Ziel,
Den Freund, den ich mir täglich wünsch zurück,
Das Weib, in deren Aug ich find das Bild
Von Kindern — wie durch Wunder mein. — Nicht viel:
Nur allgemeines, ganz gemeines Glück.
LANDSCHAFT
Matt schlackengrün, erstarrt und gläsern
Liegt der See am schwülen Sommertag.
Metallner Horizont und Wetterblicken.
Dann und wann ein ferner Donnerschlag.
Die immer lauten Ufer sind heut lautlos.
Sieh, dort treibt mit müdem Ruderschlag
Der Fischer heim sein Boot mit schlaffen Segeln,
Da kein Luftzug sich erheben mag.
141
Ach, nur Фе Hand zu heben, ist schon schmerzlich.
Wie im Hirne die Gedanken glühn.
Auf der erhitzten Stirne blinken Perlen.
Es stockt der Stunden träg Vorüberziehn.
An hoher Felsen graugetürmten Massen,
— Wolken auf Wolken, — die nicht vorwärtsziehn,
Wie wir dies sehen, wissen wir auf einmal:
Sinnlos, nutzlos ist ein jed’ Entfliehn.
Da kommt ein leichter Wind her vom Gewitter,
Lüpft die Lasten, die auf uns geruht.
Die Wolken schwanken, kleine Silberwellen
Kräuseln schon die neubelebte Flut;
Und rosenfarben heitert sich der Himmel,
Kündet unsrer Sonne lichte Flut
Und was an Hoffnung, Zuversicht und Freude
Lodert in der Lebensfackel Glut.
CARL STERNHEIM: SZENE AUS DEM ZWEITEN
TEIL DER TRAGÖDIE „DON JUAN“
Don Juan und Cervantes an Bord des spanischen Flaggschiffs,
vor der Schlacht von Lepanto.
JUAN:
AS für ein Land! Dort starb ein Volk, Cervantes,
das um ein Weib die Greuel wüster Kriege
mit heiliger Überzeugung auf sich nahm,
die besten Männer hingab, weil sein Hirn
nicht fassen wollte: Helena die Griechin
bei Wesen, deren Sitte Barbarei,
142
: Leib, der an Góttervorbild aufgepflegt,
2.
Sinn, der durch innigste Erkenntnis blühte,
schimpflich beflecken und verwüsten mußte.
Es galt nicht diesen widrigen Gebrauch
heutiger Völker, sich mit Lärm und Schweiß
с im Raume krampfhaft drängend auszubreiten,
auf Masse pochend, die der Dünkel bläht,
ein ewiges Gesetz erschien geschindet,
von Niedrigkeit galt Größe angefafit.
Da flog ein Volk von Góttern, spannte Tugend
bis in des Himmels Blau und holte sich
die Frau zurück. Zu heldischem Gemeindrang
wird Hoheit vieler einzelner geläutert.
CERVANTES:
Ein schön und innig angeschautes Bild.
Doch stieg es aus der Sehnsucht Ihrer Brust
und nicht aus Deutung des Gewesenen.
JUAN:
Verleugne Griechen nicht! Beschimpfe uns
" und nenne mich sogar der Zeit verwandt,
Ka?
doch sieh іп hingeschwundenem Griechentum
bedeutendstes Ereignis. Kastor laß
und Pollux wieder leben, Odipus,
der seine Mutter eine Sternennacht
wie eine süße Frau in Armen hielt
und sich in ihr vergaß. Erkenne, Seele
von Königin trat fordernd vor Natur,
bog ihren simplen Sinn, den Haufen lieben,
von platter Erde hohen Sternen zu.
143
Da durfte man іп der Gedanken Land
dann schreiten, schreiten und die Arme breiten
und brach sich nicht an Wanden wilde Sehnsucht.
Es ging in Himmel und in Holle Erde
ganz unentschieden auf; ein jeder schritt
in beiden furchtlos unbehindert fort
und ungescholten, selig er allein.
CERVANTES:
Der Knabe, der der Mutter Leib zur Liebe
sich unter die entzückten Glieder schob,
traf unbewußt ihr Blut, und für die Wahrheit
durch Schicksal blind, büßt er das Ungewollte,
da es zutage kommt, mit Schrei und Tod.
Sein Dichter aber ruft den Menschen zu:
prüft gründlich und bedenkt ein Unterfangen,
für alle Ziele steht ein klares Halt,
und edler Menschengeist wirkt seine Tat
nicht in verworrenem Knäuel für sich selbst,
als glatten Faden spult er der Nation
Gewinn, den ihm ein Gott gegeben, zu.
JUAN:
Mit solchem Wort zeigt sich das Weltenende.
Du merkst nicht, Mann, wie du vergiftet bist,
als Masse sprichst und ernsten Mundes predigst,
was deine schöne Einzelheit zerschlägt.
Läßt du dir deinen Eigenwillen färben
und machst dir deine freie Tat zum Zwang,
so ist das Wahnsinn, der mich nicht berührt,
und löscht dich aus dem Weltall meiner Wünsche.
144
Am Nächsten reizt mich nur das köstlich Eigene,
Nichtzuerratende an Weg und Ziel.
Je stolzer er in dunklem Mantel geht,
schlägt um so rasender in mir Begierde,
um seinen Glauben, seine letzte Sehnsucht
zu wissen und in tiefster Brust zu prüfen,
ob nicht mein eigen Herz noch höher zuckt.
Bricht also Phrase selbst zur Nacht nicht ab,
und willst du mir vor Gott ins Antlitz lügen:
dir wäre deine Heimat nicht ersehnt,
die Stube, wo dein Hirn die innern Plane,
Gedichte, reife Phantasieen denkt,
wo dir ein treues Weib ins Auge nickt
und du belohnt in ihren Schoß verschwindest?
Was schiert dich dieser Krieg, was liegst du hier?
Wieviel Gemeinsinn einmal kurz vermochte, |
ist längst in dir zu Ende und verhaßt
Schlacht, die bevorsteht, Schrecken, der dir droht.
Mir äußerst furchtbar wie die Führerrolle
in Angelegenheit, die Volk und König,
doch nicht den irdisch freien Mann berührt.
CERVANTES:
Den Christen aber.
JUAN:
"Wie den Christen denn? `
Der weiß entgegen jeglicher Vernunft:
trotz ihres Sohnes, den der Welt sie brachte,
Maria reine unbefleckte Jungfrau.
Und weiß es, ob den Türken er vernichtet,
145
so fest, als ob der Tiirke ihn besiegt.
Wem Wunder Lebens tiefste Notdurft ist,
den wirft auch mangelnde Wahrscheinlichkeit
nicht nieder, immer wieder Glaube sprengt
die kahlen Wände dieser Erde fort
und stellt die Seele ihrer Sehnsucht nach.
Sieh, wie ein Unmaß solcher Himmelskraft
in meiner heißen Augen Tiefe schwingt,
daß meine Arme sich mit Hauch verweben
und ihm ein süßes Bildnis abgewinnen,
mit dem ich selig und bedeutend bin.
Nun siehst du mich in edlerer Gestalt
und wirst es später innerlich gestehen,
menschlich vollkommen habest Don Juan
du einmal nur geschaut: Nicht in der Schlacht —
auf seines Schiffes Deck vor Griechenland.
STIMME vom Mast:
Schiff ahoi!
STIMME vom Bug:
Schiff ahoi!
STIMME vom Mast:
Schiff ahoi!
JUAN erhebt sich:
Zieh deine Waffen an, und wenn du fällst,
zeig meinen Sinn, da du vor Gott erscheinst.
Cervantes beugt sich zu Boden und küft Juan Hände.
Juan steigt binab.
146.
be
CERVANTES am Boden:
Fallt, Tropfen, hin und sinke, Seele, nieder
und schäme dich für dreißig Jahre sehr.
Fanfare. Allgemeine Bewegung.
RAINER MARIA RILKE: AUS DEN AUFZEICH-
NUNGEN DES MALTE LAURIDS BRIGGE. FRAG-
MENT |
ASS man erzählte, wirklich erzählte, das muß vor meiner
Zeit gewesen sein. Ich habe nie jemanden erzählen
hören. Damals, als Abelone mir von Mamans Jugend
sprach, zeigte es sich, daß sie nicht erzählen könne. Der
alte Graf Brahe soll es noch gekonnt haben. Ich will auf-
schreiben, was sie davon wußte. :
Abelone muf als ganz junges Mädchen eine Zeit gehabt
haben, da sie von einer eigenen weiten Bewegtheit war.
Brahes wohnten damals in der Stadt, in der Bredgade,
unter ziemlicher Geselligkeit. Wenn sie abends spät hinauf
in ihr Zimmer kam, so meinte sie müde zu sein, wie
die andern. Aber dann fühlte sie auf einmal das Fenster,
und, wenn ich recht verstanden habe, so konnte sie
vor der Nacht stehn stundenlang und denken: das geht
mich an. „Wie ein Gefangener stand ich da,“ sagte
sie, „und die Sterne waren die Freiheit.“ Sie konnte da-
mals einschlafen, ohne sich schwer zu machen; der Aus-
druck In-den-Schlaf-fallen paßt nicht für dieses Mädchen-
jahr. Schlaf war etwas, was mit einem stieg, und von Zeit
рий zu Zeit hatte man die Augen offen und lag auf einer
neuen Oberfläche, die noch lang nicht die oberste war.
147
Und dann war man auf vor Tag; selbst im Winter,
wenn die andern schläfrig und spät zum späten Frühstück
kamen. Abends, wenn es dunkel wurde, gab es ja immer
nur Lichter für alle, gemeinsame Lichter. Aber diese
beiden Kerzen, ganz früh, in der neuen Dunkelheit, mit
der alles wieder anfıng, die hatte man für sich. Sie
standen in ihrem niederen Doppelleuchter und schienen
ruhig durch die kleinen ovalen, mit Rosen bemalten
Tüllschirme, die von Zeit zu Zeit nachgerückt werden
mußten. Das hatte nichts Stórendes; denn einmal (war
man durchaus nicht eilig, und dann kam es doch so, даб
man manchmal aufsehen mußte und nachdenken, wenn
man an einem Brief schrieb oder in das Tagebuch, das
früher einmal, mit ganz anderer Schrift, ängstlich und
schön, begonnen war.
Der Graf Brahe lebte ganz abseits von seinen Töchtern.
Er hielt es für Einbildung, wenn jemand behauptete, das
Leben mit andern zu teilen. (,Ja, teilen —“ sagte er.)
Aber es war ıhm nicht unlieb, wenn die Leute ihm von
seinen Töchtern erzählten: er hörte aufmerksam zu, als
wohnten sie in einer anderen Stadt.
Es war deshalb etwas ganz Außerordentliches, daß er
einmal nach dem Frühstück Abelone zu sich winkte: „Wir
haben die gleichen Gewohnheiten, wie es scheint. Ich
schreibe auch ganz früh. Du kannst mir helfen.“ Abelone
wußte es noch wie gestern.
Schon am andern Morgen wurde sie in ihres Vaters
Kabinett geführt, das im Rufe der Unzugänglichkeit stand.
Sie hatte nicht Zeit, es in Augenschein zu nehmen, denn
man setzte sie sofort gegen dem Grafen über an den
148
sichten
Schreibtisch, der ihr wie eine Ebene schien mit Büchern
und Schriftstößen als Ortschaften.
Der Graf diktierte. Diejenigen, die behaupteten, daß Graf
Brahe seine Memoiren schriebe, hatten nicht völlig unrecht.
Nur daß es sich nicht um politische oder militärische Er-
innerungen handelte, wie man mit Spannung erwartete.
„Die vergesse ich“, sagte der alte Herr kurz, wenn ihn
jemand auf solche Tatsachen hin anredete. Was er aber
nicht vergessen wollte, das war seine Kindheit. Auf die
hielt er, und es war ganz in der Ordnung, seiner Meinung
nach, daß jene sehr entfernte Zeit nun in ihm die Ober-
hand gewann, daß sie, wenn er seinen Blick nach innen
kehrte, dalag wie ın einer hellen nordischen Sommernacht,
gesteigert und schlaflos.
Manchmal sprang er auf und redete in die Kerzen
hinein, daß sie flackerten. Oder ganze Sätze mußten wieder
durchgestrichen werden, und dann ging er heftig hin und
her und wehte mit nilgrünem seidenem Schlafrock. Während
alledem war noch eine Person zugegen, Sten, des Grafen
alter jütländischer Kammerdiener, dessen Aufgabe es war,
wenn der Großvater aufsprang, die Hände schnell über
die einzelnen losen Blätter zu legen, die, mit Notizen be-
deckt, auf dem Tische herumlagen. Seine Gnaden hatten
die Vorstellung, daß das heutige Papier nichts tauge, daß
es viel zu leicht sei und davonfliege bei der geringsten
Gelegenheit. Und Sten, von dem man nur die lange obere
Hälfte sah, teilte diesen Verdacht und saß gleichsam auf
seinen Händen, lichtblind und ernst wie ein Nachtvogel.
Dieser Sten verbrachte die Sonntagnachmittage damit,
Swedenborg zu lesen, und niemand von der Dienerschaft
hätte je sein Zimmer betreten mögen, weil es hieß, daß
149
er zitiere. Die Familie Stens hatte. seit je Umgang mit
Geistern gehabt, und Sten war für diesen Verkehr ganz
besonders vorausbestimmt. Seiner Mutter war etwas er-
schienen іп der Nacht, da sie ıhn gebar. Er hatte große
runde Augen, und das andere Ende seines Blicks kam hinrer
jeden zu liegen, den er damit ansah. Abelonens Vater
fragte ihn oft nach den Geistern, wie man sonst jemanden
nach seinen Angehörigen fragt: „Kommen sie, Sten?“ sagte
er wohlwollend, „es ist gut, wenn sie kommen.“
Ein paar Tage ging das Diktieren seinen Gang. Aber
dann konnte Abelone „Eckernförde“ nicht schreiben. Es
war ein Eigenname, und sie hatte ihn nie gehört. Der
Graf, der im Grunde schon lange einen Vorwand suchte,
das Schreiben aufzugeben, das zu langsam war für seine
Erinnerungen, stellte sich unwillig.
„Sie kann es nicht schreiben,“ sagte er scharf, „und andere
werden es nicht lesen können. Und werden sie es über-
haupt sehen, was ich da sage?“ fuhr er böse fort und lieb
Abelone nicht aus den Augen.
„Werden sie ihn sehen, diesen Saint-Germain?“ schrie
er sie an.
„Haben wir Saint-Germain gesagt? Streich es durch.
Schreib: der Marquis von Belmare.“
Abelone strich durch und schrieb.
Aber der Graf sprach so schnell weiter, daß man nicht
mitkonnte.
„Er mochte Kinder nicht leiden, dieser vortreffliche
Belmare, aber mich nahm er auf seine Knie, so klein ich
war, und mir kam die Idee, in seine Diamantknópfe zu
beißen. Das freute ihn. Er lachte und hob mir den Kopf,
bs wir einander in die Augen sahen: ‚Du hast ausgezeich-
150
nete Zähne,‘ sagte er, ‚Zähne, die etwas unternehmen.‘ —
Ich aber merkte mir seine Augen. Ich bin später da und
dort herumgekommen. Ich habe allerhand Augen gesehen,
kannst du mir glauben: solche nicht wieder. Für diese
Augen hätte nichts da sein müssen, die hattens in sich.
Du hast von Venedig gehört? Gut. Ich sage dir, die
hätten Venedig hier hereingesehen, in dieses Zimmer, daß
es dagewesen wäre wie der. Tisch. Ich saß in der Ecke
und hörte, wie er meinem Vater von Persien erzählte:
manchmal mein ich noch, mir riechen die Hände davon.“
„Mein Vater schätzte ihn, und Seine Hoheit, der Land-
graf, war so etwas wie sein Schüler. Aber es gab natür-
lich genug, die ihm übelnahmen, daß er an die Vergangen-
heit nur glaubte, wenn sie in ihm war. Das konnten sie
nicht begreifen, daß der Kram nur Sinn hat, wenn man
damit geboren wird.‘
„Die Bücher sind leer,“ schrie der Graf mit einer wüten-
den Gebärde nach den Wänden hin, „das Blut, darauf
kommt es an, da muß man drin lesen können. Er hatte
wunderliche Geschichten drin und merkwürdige Abbildungen,
dieser Belmare; er konnte aufschlagen, wo er wollte, da
war immer was beschrieben; keine Seite in seinem Blut
war überschlagen worden. Und wenn er sich einschloß
von Zeit zu Zeit und allein drin blätterte, dann kam er zu
den Stellen über das Goldmachen und über die Steine und
über die Farben. Warum soll das nicht darin gestanden
haben? Es steht sicher irgendwo.“
„Er hätte gut mit einer Wahrheit leben können, -dieser
Mensch, wenn er allein gewesen wäre. Aber es war keine
Kleinigkeit, allein zu sein mit einer solchen. Und er war
nicht so geschmacklos, die Leute einzuladen, daß sie ihn
ISI
bei seiner Wahrheit besuchten; die sollte nicht ins Gerede
kommen: dazu war er viel zu sehr Orientale. „Adieu,
Madame,‘ sagte er ihr wahrheitsgemäß, ‚auf ein anderes
Mal. Vielleicht ist man in tausend Jahren etwas kräftiger
und ungestörter. Ihre Schönheit ist ja doch erst im Werden,
Madame‘, sagte er, und das war keine bloße Höflichkeit.
Damit ging er fort und legte draußen für die Leute
seinen Tierpark an, eine Art Jardin d’Acclimatation für die
größeren Arten von Lügen, die man bei uns noch nie
gesehen hatte, und ein Palmenhaus von Übertreibungen
und eine kleine gepflegte Figuerie falscher Geheimnisse.
Da kamen sie von allen Seiten, und er ging herum mit
Diamantschnallen an den Schuhen und war ganz für seine
Gäste da.“
„Eine oberflächliche Existenz: wie? Im Grunde wars
doch eine Ritterlichkeit gegen seine Dame, und er hat sich
ziemlich dabei konserviert.“
Seit einer Weile schon redete der Alte nicht mehr auf
Abelone ein, die er vergessen hatte. Er ging wie rasend
auf und ab und warf herausfordernde Blicke auf Sten, als
sollte Sten sich in einem gewissen Augenblicke in den
verwandeln, an den er dachte. Aber Sten verwandelte sich
noch nicht.
„Man müßte ihn sehen“, fuhr Graf Brahe versessen fort.
„Es gab eine Zeit, wo er durchaus sichtbar war. Obwohl
in manchen Städten die Briefe, die er empfing, an nieman-
den gerichter waren; es stand nur der Ort darauf, sonst
nichts. Aber ich hab ihn gesehn.“
„Er war nicht schön.“ Der Graf lachte eigenrümlich
eilig. „Auch nicht, was die Leute bedeutend nennen oder
vornehm; es waren immer Vornehmere neben ihm. Et
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war reich; aber das war bei ihm nur wie ein Einfall, daran
konnte man sich nicht halten. Er war gut gewachsen, obzwar
andere hielten sich besser. Ich konnte damals natiirlich nicht
beurteilen, ob er geistreich war und das und dies, worauf
Wert gelegt wird —: aber er war.“ mE
Der Graf, bebend, stand und machte eine Bewegung,
als stellte er etwas in den Raum hinein, was blieb.
In diesem Moment gewahrte er Abelone.
„siehst du ihn?“ herrschte er sie an. Und plötzlich er-
griff er den einen silbernen Armleuchter und leuchtete ihr
blendend ins Gesicht.
Abelone erinnerte sich, daß sie ihn gesehen habe.
In den nächsten Tagen wurde Abelone regelmäßig ge-
rufen, und das Diktieren ging nach diesem Zwischenfall
viel ruhiger weiter. Der Graf stellte nach allerhand Papieren
seine frühesten Erinnerungen an den Bernstorffschen Kreis
zusammen, in dem sein Vater eine gewisse Rolle spielte.
Abelone war jetzt so gut auf die Besonderheiten ihrer .
Arbeit eingestellt, dab, wer die beiden sah, ihre zweck-
dienliche Gemeinsamkeit leicht für ein wirkliches Vertraut-
sein nehmen konnte.
Einmal, als Abelone sich schon zurückziehen wollte, trat
der alte Herr auf sie zu, und es war, als hielte er die
Напде mit einer Überraschung hinter sich: ,,Morgen
schreiben wir von Julie Reventlow,“ sagte er und kostete
seine Worte; „das war eine Heilige.“
Wahrscheinlich sah Abelone ihn unglaubig an.
»Ja, ja, das gibt es alles посһ,“ bestand ег in befehlen-
dem Tone, „es gibt alles, Komtesse Abel.“ |
Er nahm Abelonens Hände und schlug sie auf wie ein
Buch. |
153
„sie hatte die Stigmata,“ sagte er, „hier und hier.“ Und
er tippte mit seinem kalten Finger hart und kurz in ihre
beiden Handflachen.
Den Ausdruck Stigmata kannte Abelone nicht. Es wird
sich zeigen, dachte sie; sie war recht ungeduldig, von der
Heiligen zu hören, die ihr Vater noch gesehen hatte. Aber
sie wurde nicht mehr geholt, nicht am nächsten Morgen
und auch später nicht. —
„Von der Gräfin Reventlow ist ja dann oft bei euch ge-
sprochen worden“, schloß Abelone kurz, als ich sie bat, mehr
zu erzählen. Sie sah müde aus; auch behauptete sie, da
Meiste wieder vergessen zu haben. „Aber die Stellen fühl
ich noch manchmal“, lächelte sie, und konnte es nicht
lassen und schaute beinah neugierig in ihre leeren Hände.
EIN GEDICHT VON HERBERT ALBERTI
AS Auge, das, von Gold und Purpur trunken,
Der Abendsonne folgte, kehrt sich nun
Zum Osten, wo die Lüfte dunkel ruhn,
Im Schoße dunkler Schatten ganz versunken.
Dort ist es kühl und still. Der heißen Träume
Erlöst und selig schwebt der Sinn, — bis fern
Vom Kamm des schwarzen Hains der erste Stern
Sich strahlend aufhebt іп die blauen Räume.
154
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ғ
J BUCHER
AUS DEM INSEL-VERLAG
ES IST DER GEIST, DER
SICH DEN KORPER BAUT
Schiller
IM JAHRE 1909 SIND NEU ERSCHIENEN:
ALBERTI, HERBERT: GEDICHTE. Geheftet M. 3.50. In
Halbpergament M. 4.50.
ALTESTE DEUTSCHE DICHTUNGEN. Übersetzt und
herausgegeben von Karl Wolfskeb! und Friedrich v. d. Leyen.
Geheftet M. 5.—. In Pappband M. 6.—. Іп Pergament
M. 10.—.
ANDERSENS MÁRCHEN. Vollstàndige Ausgabe in zwei
Banden, unter Benutzung der von Andersen selbst be-
sorgten deutschen Ausgabe übertragen von Mathilde Mann.
Eingeleitet von Sophus Bauditz. Zeichnung der Initialen,
des Titels und Einbands von Carl Weidemeyer-Worpswede. 7
Geheftet M. 9.—. In Leinen M. 12.—. In Leder M. 15.—.
Vorzugsausgabe: 1oo numerierte Exemplare auf Bütten-
papier, in Kalbleder M. 30.—. |
D'ANNUNZIO, GABRIELE: DIE AUFERSTEHUNG DES |
KENTAUREN. Übertragen von Rudolf б. Binding. Ge-
heftet M. 2.—. Іп Pappband M. 3.—.
HONORÉ DE BALZACS MENSCHLICHE KOMÓDIE.
Deutsche Ausgabe der Romane und Erzahlungen Balzacs
in vierzehn Bänden, bearbeitet von Gisele Etzel, Felix
Paul Greve, Ernst Hardt, Hedwig Lachmann, Heinrich
Mann, René Schickele; mit einer Einleitung von Hugo von
Hofmannsthal und einer Wiedergabe von Rodins Balzac-
Statue in Heliogravüre. Titel- und Einband-Zeichnungen
von Eric Gill. Geheftet je M. 4.—. In Leinen je M. 5.—.
In Leder je M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 .numerierte
Exemplare auf Büttenpapier, in Maroquin je M. 15.—.
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EHEVERTRAG. Übertragen von Gisela Etzel. Geheftet
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BALZAC, HONORE DE: VERLORENE ILLUSIONEN.
(Die beiden Dichter. Ein großer Mann aus der Provinz
in Paris. Die Leiden des Erfinders.) Übertragen von
Hedwig Lachmann. Zwei Bande. Geheftet М. 8.—. In
Leinen M. 1ı0.—. In Leder M. 14.—.
BALZAC, HONORÉ DE: GLANZ UND ELEND DER
KURTISANEN. (Von der Liebe der Dirnen. Was alte
Herren sich die Liebe kosten lassen. Der Weg des
Bösen. Vautrins letzte Verkörperung.) Übertragen von
Felix Paul Greve. Zwei Bande. СеһеКес M. 8.—. Іп
Leinen M. ro.—. In Leder M. 14.—.
BALZAC, HONORÉ DE: DIE GESCHICHTE DER DREI-
ZEHN. (Ferragus. Die Herzogin von Langeais. Das Ма4-
chen mit den Goldaugen.) Übertragen von Ernst Hardt.
Geheftet M. 4.—. In Leinen M. 5.—. In Leder M. 7.—.
BALZAC, HONORE DE: VATER GORIOT. DAS HAUS
NUCINGEN. Übertragen von Gisela Etzel. Geheftet
M. 4.—. In Leinen M. 5.—. In Leder M. 7.—.
BALZAC, HONORÉ DE: DIE LILIE IM TAL. DIE VER-
LASSENE FRAU. Übertragen von Rene Schickele. Ge-
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Alexander Schröder. Mit einer Zeichnung von Beardsley.
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BEARDSLEY, AUBREY: LETZTE BRIEFE. Autorisierte
Ubersetzung von K. Moorburg. Nachwort von Max Meyer-
feld. Gehefret M. 5.—. In Leinen M. 6.—.
LUDWIG VAN BEETHOVENS BRIEFE. Ausgewählt und
herausgegeben von Albert Leitzmann. In Pappband M. 2.—.
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heftet M. 5.—. In Leder M. 5.—.
ERNST, PAUL: BRUNHILD. Trauerspiel in drei Aufzügen.
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houetten. Іп Pappband М. 2.-. In Leder М. 4.—.
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HARDT, ERNST: AN DEN TOREN DES LEBENS. Eine
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M. 3.—.
HARDT, ERNST: TANTRIS DER NARR. Drama in fünf
Akten. Eingangsblatt, Titel und Einband gezeichnet von
Marcus Bebmer. Vierte Auflage (11.—15. Tausend). Ge- |
heftet М. 3.—. In Leinen М. 4.—.
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Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
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Handschriften herausgegeben von Car} Schüddekopf. (Der
Werke то. Band.) Geheftet M. 6.—. Іп Halbleder M. 8.—.
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«WILHELM HEINSES TAGEBÜCHER. Nach den Hand-
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schriften herausgegeben von Carl Schüddekopf. (Der
Werke 7. Band.) Geheftet M. 6.—. In Halbleder M. 8.—.
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Unter Mitwirkung von Julius Petersen, Jonas Fränkel und
Albert Leitzmann herausgegeben von Oskar Walzel. Jeder
Band geheftet M. 2.—. In Halbpergament М. 3.—. Vor-
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` HESPERUS. Ein Jahrbuch, mit Beiträgen von Hugo von
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Hofmannsthal, Rudolf Borchardt und Rud. Alex. Schröder.
Geheftet M. 5.—. In Pappband M.6.—. In Pergament M.10.—.
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Geheftet М. 3.—. In Pappband M. 4.—.
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nung von Eric Gil. Geheftet M. 4.—. In ыы
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nung von F. W. Kleukens. 300 Exemplare auf Japanpapier:
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161
WILHELM VON HUMBOLDTS BRIEFE АМ EINE
FREUNDIN. Zum ersten Male nach den Handschriften
herausgegeben von Albert Leitzmann. ZweiBände. Mit einem
Porträt. Titel- und Einbandzeichnung von F. H. Ebmcke.
Geheftet M. 6.—. In Leinen M. 8.—. In Leder M. то. —.
DIE BRIEFE DES JUNIUS. Ins Deutsche übertragen von
Felix Paul Greve. Geheftet M. 5.—. In Leinen M. 6.—.
KANT-AUSSPRÜCHE. Herausgegeben von Raoul Richter.
In Pappband M. 2.—. In Leder M. 4.—.
DES KNABEN WUNDERHORN. Alte deutsche Lieder,
gesammelt von L. А. v. Arnim und Clemens Brentano.
Jubilaumsausgabe getreu nach den Originaldrucken. Drei
Bande mit einem die Kinderlieder enthaltenden Anhang.
Gedruckt werden bei Breitkopf & Härtel in der alten Breit-
kopffraktur 800 Exemplare auf handgeschöpftem Papier. Die drei
Titel und zwei weiteren Bilder werden wie für Ше Originalaus-
gabe in Kupfer gestochen. Nr. 1—50, die in echt Maroquin unter
Verwendung alter Handstempel und Fileten mit der Hand ge-
bunden werden, sind durch Subskription bereits vergriffen; Nr. 51
bis 800, die in Halbleder nach altem Muster gebunden werden,
kosten der Band М. 12.—. Bisher erschien Band I; Band II und
III folgen in der ersten Hälfte des Jahres 1910.
HEINRICH VON KLEISTS SÄMTLICHE WERKE UND
BRIEFE. Vollständige Ausgabe in sechs Bänden, besorgt
von Wilhelm Herzog. Einbandzeichnung von E В. Weiß.
Mit dem Jugendbildnis Kleists in farbiger Wiedergabe.
Jeder Band geheftet M. 4.50. In Halbpergament M. 6.—.
Vorzugsausgabe: тоо numerierte Exemplare auf Bütten-
papier. In Pergament М. 14.—.
Bis zum Herbst 1909 sind vier Bände erschienen. Band V und
VI folgen 10910.
362
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AUS DEM ALTEN WERMLAND. Übertragen von
Mathilde Mann. Zwei Bände. Geheftet M. 5. —. Іп Papp-
binden M. 7.—. In Leder M. 9.—.
LUDWIG, OTTO: DIE HEITERETHEI. Ein Roman.
Herausgegeben von Paul Merker. In Pappband M. 2.—.
In Leder M. 4.—.
MARTIN LUTHERS BRIEFE. Іп Auswahl heraus-
gegeben von Reinbard Buchwald. Zwei Bände. Mit einem
Porträt. Titel und Einbandzeichnung von Е. В. Weiß.
Geheftet M.9.—. Іп Leinen M. 12.—. In Leder M. 16.—.
Das Werk vereinigt zum erstenmal die deutschen Briefe mit den
— ins Deutsche iibertragenen — lateinischen.
MANN, HEINRICH: DIE KLEINE STADT. Ein Roman.
Geheftet M. 4.—. In Leinen M. 5.—.
JOHANN HEINRICH MERCKS SCHRIFTEN UND
BRIEFWECHSEL. In Auswahl herausgegeben von Kurt
Wolff. Zwei Bande. Einmalige Auflage іп 600 Exem- -
plaren. Geheftet M. 14.—. In Halbleder M. 18.—.
EDUARD MORIKE: DAS HUTZELMANNLEIN UND
ANDERE MÁRCHEN. Titel. und Einbandzeichnung
von Walter Tiemann. Geheftet М. 3.—. In Leinen M. 4.—.
In Leder M. 5.—.
MURGER, HENRI: DIE BOHEME. Szenen aus dem
Pariser Künstlerleben. Deutsche Übertragung von Felix
Paul Greve. Mit fünf Vollbildern von Franz von Bayros.
Zweite Auflage (3. und 4. Tausend). Geheftet М. 4.50.
In Leinen M. 6.—. In Leder M. 8.—.
163
FRIEDRICH NIETZSCHES GESAMMELTE BRIEFE.
. Fünf Bände (vollständig).
Band I: Briefe an Wilhelm Pinder, Gustav Krug, Paul
Deussen, von Gersdorff, Dr. Carl Fuchs, Frau Marie
Baumgartner, Frau Louise O., Freiherrn von Seydlitz,
Bürgermeister Muncker, Theodor Opitz, Karl Knortz,
Frau Professor Vischer-Heußler, Freifrau von Seydlitz,
Dr. Otto Eiser, Dr. Romundt, Frau Appellationsrat
Pinder. Herausgegeben von Elisabeth Förster- Nietzsche
und Peter Gast. Geheftet M. 10.—. In Leinen M. 11.—.
Band II: Briefwechsel mit Erwin Rhode. Herausgegeben
von Elisabeth Förster-Nietzsche und Fritz Scholl. Geheftet
М. io.—. In Leinen M. 11.—.
Band Ш: Briefwechsel mit Fr. Ritschl, J. Burckhardt,
H. Taine, С. Keller, H. von Stein, С. Brandes, H. von
Bülow, H. von Senger, Malvida von Meysenbug. Heraus-
gegeben von Elisabeth Forster-Nietesche, Curt Wachsmuth
und Peter Gast. Geheftet M. 10.—. In Leinen M. ıı.—.
Band IV: Briefe an Peter Gast. Herausgegeben von
Peter Gast. Geheftet М. 9.—. In Leinen M. ro.—.
Band V, zwei Teile: Briefe an Mutter. und Schwester.
Herausgegeben von Elisabeth Forster-Nietasche. Geheftet
M. 12.—. In Leinen M. 14.—. |
Die Gesamtausgabe in fünf Bänden (in sechs Bände ge-
bunden) kostet: Geheftet M. 48.—. In Leinen M. 56.—.
In Halbfranz M. 64.—.
NOVELLEN, ALTFRANZÖSISCHE. Ausgewählt von
Paul Ernst, übertragen von Paul Hansmann. Zwei Bände.
164
Mit Titelholzschnitten und Zierstiicken nach alten Origi-
nalen. Titelzeichnung von Rudolf Koch. Geheftet М. 8.—.
Іп Pappbänden M. 10.—. Vorzugsausgabe: тоо numerierte
Exemplare auf Bütten in Pergament М. 20.—.
RILKE, RAINER MARIA: DIE FRÜHEN GEDICHTE.
Des Buches „Mir zur Feier“ zweite Auflage. Geheftet
M. 4.50. Іп Halbleder M. 6.50.
RILKE, RAINER MARIA: REQUIEM. (Für eine Freundin.
Für Wolf Graf von Kalckreuth.) soo Exemplare. In
Pappband М. 3.50. In Seide М. 5.—.
RILKE, RAINER MARIA: DAS STUNDENBUCH. (Ent-
haltend die drei Bücher: Vom mönchischen Leben; Von
der Pilgerschaft; Von der Armut und vom Tode.) Mit
Titel und Initiale von Walter Tiemann. Dritte Auflage.
In Pappband M. 3.50.
DIE BRIEFE DES JUNGEN SCHILLER. Herausgegeben
von Max Hecker. Mit einer Silhouette. In Pappband
M. 2.—. In Leder M. 4,—.
SCHOPENHAUER, ADELE: TAGEBÜCHER. Zum ersten
Male nach der Handschrift herausgegeben von Kart
Wolff. Mit 17 von Adele Schopenhauer geschnittenen
Silhouetten. Geheftet M. 6.—. In Pappbanden M. 8.—.
SCHOPENHAUERS WERKE in fünf Banden. (Die Welt
als Wille und Vorstellung. Kleinere Schriften. Рагегра
und Paralipomena.) In Leinen M. 20.—. In Leder M. 26.—.
Einzeln erschienen die Bände unter folgenden Titeln:
SCHOPENHAUER, ARTHUR: DIE WELT ALS WILLE
UND VORSTELLUNG. Herausgegeben von Eduard
165
Grisebach. Zwei Bände. In Leinen M. 8.—. In Leder
M. 10.—.
SCHOPENHAUER, ARTHUR: KLEINERE SCHRIFTEN.
Herausgegeben von Мах Brahn. Іп Leinen M. 5.—.
In Leder M. 6.—.
SCHOPENHAUER, ARTHUR: PARERGA UND PARA-
LIPOMENA. Zwei Bände. Herausgegeben von Hans
Henning. In Leinen M. 8.—. In Leder M. 10.—.
SCHWAB, GUSTAV: DIE SCHÓNSTEN SAGEN DES
KLASSISCHEN ALTERTUMS. Vollstindige Ausgabe in
zwei Banden, besorgt von Ernst Beutler. In Leinen M. 8.—.
— Dasselbe. Ausgabe іп drei Bänden. (Mit dem Er-
gänzungsband: Flaxmans Zeichnungen zu Sagen des
klassischen Altertums.) In Leinen M. 12.—.
SHAKESPEARES SONETTE. Nachdichtung von Eduard
Sänger. Geheftet M. 4.—. In Halbpergament M. ;.—.
Vorzugsausgabe: 40 Exemplare auf Japan in Leder M. 20.—.
STERNHEIM, CARL: DON JUAN. Eine Tragödie. Ge
heftet M. 5.—. Іп Halbleder M. 8.—. In Ganzleder
M. 15.—.
STIFTER, ADALBERT: AUS DEM ALTEN WIEN. Zwilf
Studien. Herausgegeben von Otto Erich Deutsch. Mit
зо Vollbildern. Titel und Einband von Heinrich Wieynk.
Geheftet M. 5.—. In Leinen M. 6.—. In Leder М. 8.-.
TAUSEND UND EIN TAG. Orientalische Erzählungen.
Ausgewählt und eingeleitet von Paul Ernst. Die Über-
tragungen von Felix Paul Greve und Paul Hansmann.
. Titel- und Einbandzeichnung von Marcus Behmer. Vier
166
Bande іп der Ausstattung der Inselausgabe von ,,Tausend
und eine Nacht“. Geheftet M. 16.—. In Leinen M. 20.—.
In Leder М. 28.-. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exem-
plare auf Inselbiittenpapier. In Pergament mit Seiden-
vorsatz gebunden M. 64.—.
VERHAEREN, EMILE: HELENAS HEIMKEHR. Nach-
dichtung von Stefan Zweig. 3oo Exemplare: 30 auf Japan,
von Emile Verhaeren signiert, in Leder M. 40.—; 270 auf
Büttenpapier in Halbpergament M. 15.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
WEIGAND, WILHELM: DER VERSCHLOSSENE GAR-
TEN. Gedichte aus den Jahren ıgor bis 1909. Geheftet
М. 4.— In Halbpergament М. 5.—.
WILDE, OSCAR: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY.
Ein Roman. Übertragen von Hedwig Lachmann und
Gustav Landauer. Einbandzeichnung von Walter Tiemann.
Dritte Auflage (3. — 5. Tausend). Geheftet M. 3.50. In
Leinen M. 4.50. In Leder M. 7.—.
BIS ENDE 1908 WAREN ERSCHIENEN:
ARNIM, BETTINA VON: DIE GUNDERODE. Taschen-
ausgabe in zwei Banden. Herausgegeben und eingeleitet
von Paul Ernst. 'Titelrahmen und Einbandzeichnung von
Walter Tiemann. Geheftet M. 7.—. In Leinen M. 9.—.
In Leder M. 10.—.
ARNIM, ACHIM VON, ISABELLA VON АСҮРТЕМ,
KAISER KARL DES FÜNFTEN ERSTE JUGENDLIEBE.
Herausgegeben und eingeleitet von Paul Ernst. Geheftet
M. 2.—. In Leder M. 3.50.
167
BALZAC, HONORE DE: PHYSIOLOGIE DER EHE. |.
Eklektisch-philosophische Betrachtungen über Glück und |.
Unglück in der Ehe. Vollständige deutsche Übertragung | -
von H. Conrad. Zweite Auflage. Titel- und Einband-
zeichnung von Eric Gill. Geheftet M. 4.50. In Leinen
M. 5.50. In Leder М. 7.50. Vorzugsausgabe: too nume-
rierte Exemplare auf Büttenpapier іп Maroquin M. 15.—.
BALZAC, HONORE DE: EIN JUNGGESELLENHEIM |"
(LA RABOUILLEUSE). Übertragen von Felix Paul Greve. |:
Geheftet М. 4.50. In Leinen М. 5.50. In Leder М. 7.50.
BALZAC, HONORE DE: ERZÄHLUNGEN AUS DER
NAPOLEONISCHEN SPHÄRE (Oberst Chabert; Eine
Leidenschaft in der Wüste; Abschied; El Verdugo; Eine
dunkle Begebenheit). Übertragen von Felix Paul Greve. |;
Geheftet М. 4.50. In Leinen M. 5.50. In Leder M. 7.50. !
DIE BERGPREDIGT JESU CHRISTI in der Lutherschen | .
Übersetzung. Geschrieben im alten Unzialduktus von
Graily Hewitt, von Platten in rot und schwarz gedruckt.
300 Exemplare: 25 auf Pergament mit handvergoldetem
Initial in Leder M. 75.— (vergriffen); 275 auf van Gel
dern-Bütten in Pergament M. 22.—.
BAUDELAIRE, CHARLES: DIE BLUMEN DES BOSEN.
In deutsche Verse tibertragen von Graf Wolf von Kalck-
reutb. ‘Titel, Vignetten und Einband von H. Wilh. Wulff.
850 numerierte Exemplare: ı— so auf Bütten in Perga- |
gament M. 14.—; sı—85o geheftet M. 5.—, in Leder
М. 7.—.
BETHGE, HANS: DIE CHINESISCHE FLÖTE. Nach-
dichtungen chinesischer Lyrik. Titel. und Einband-
zeichnung von E. R. Weiß. In Pappband M. 5.—.
168
“BIERBAUM, OTTO JULIUS: DER NEU BESTELLTE
IRRGARTEN DER LIEBE, UM ETLICHE GANGE
UND LAUBEN VERMEHRT. Schmuck und Umschlag
von Heinrich Vogeler. 7.--10. Tausend (des „Irrgartens“
41. — 44. Tausend). Geheftet M. 2.—. In Pappband M. 3.—.
In Leder M. 5.—.
BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DAS DEKAMERON. Drei
Bände. Vollständige Ausgabe, unter Zugrundelegung der
Schaumschen Übertragung von 1823 durchgesehen und
ergänzt von К. Mebring. Titelrahmen und Einbandzeich-
nung von Walter Tiemann. Zweite Auflage (ҙ.-у. Tausend).
Geheftet M. іо.-. In Leder M. 15.—.
: BOCCACCIO, GIOVANNI DI: DIE LIEBENDE FIA-
METTA. Vollständige Ausgabe, unter Zugrundelegung
s der Übersetzung von Sophie Brentano bearbeitet von K. Berg.
22 Titelrahmen und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. >
Geheftet M. 3.50. In Leder M. 5.—.
. BRIEFWECHSEL ZWISCHEN CLEMENS BRENTANO
UND SOPHIE MEREAU. Zwei Bände. Nach den
Handschriften zum ersten Male herausgegeben von Heinz
Amelung. Mit zwei Bildnissen іп Lichtdruck. Geheftet
M. 7.— In Leinen M. 9.—. Vorzugsausgabe: тоо nu-
merierte Exemplare auf Biitten. In Leder М. 18.—.
` BRIEFE AN FRITZ VON STEIN. Herausgegeben und
eingeleitet von Ludwig Robmann. Geheftet M. 4.—. In
Leinen M. 5.—.
Enthält Briefe aus dem Goethekreise, besonders von Charlotte von
Stein, Karl und Amalie von Stein, Sophie von Schardt u. a.
169
BARRETT-BROWNING, ELIZABETH: SONETTE NACH
DEM PORTUGIESISCHEN. Übertragen durch Reiser
Maria Rilke. Geheftet M. 3.—. In Halbpergament M. 4.—.
CERVANTES, MIGUEL DE: DER SCHARFSINNIGE
RITTER DON QUIXOTE VON DER MANCHA.
Vollständige deutsche Taschenausgabe in drei Bänden,
unter Benutzung der anonymen Ausgabe von 1837 be-
sorgt von Konrad Tborer, eingeleitet von Felix Poppenberg.
Titel- und Einbandzeichnung von Carl Czescbks. Ge-
heftet M. 10.—. In Leinen M. 14.—. In Leder M. 18.—.
DIE NOVELLEN DES CERVANTES. Zwei Bande. Voll-
ständige deutsche Ausgabe, auf Grund älterer Uber-
tragungen bearbeitet von Konrad Thorer, eingeleitet von
Felix Poppenberg. Titel- und Einbandzeichnung von Carl
Czeschka. Geheftet М. 8.—. In Leinen M. іо.-. In Leder
M. 12.—.
DIDEROT, DENIS: BRIEFE:AN SOPHIE VOLAND. Über-
tragen von Vally Wygodzinski. 'Titel- und Einbandzeichnung
vonWalter Tiemann. Geheftet M.5.—. InPergament M. 7.—.
DROSTE-HULSHOFF, ANNETTE VON: DIE JUDEN-
BUCHE. Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen.
Mit einem Nachwort von Paul Ernst. Titel und Einband
von Walter Tiemann. Geheftet M. 2.—. In Leinen M. 3.—.
BRIEFE DER HERZOGIN ELISABETH CHARLOTTE
VON ORLEANS (LISELOTTE). Auswahl in zwei Bänden,
herausgegeben von Hans F. Helmolt. Mit zwei Bildnissen
in Heliogravüre. Zweite Auflage. Geheftet M. 12.—. In
Halbleder М. 16.—.
170
WAS BUCH ESTHER іп der Lutherschen Uersetzung.
Mit figürlichem Doppeltitel und Initialen von F. W.
Kleukens, Druck in schwarz und gold. 300 Exemplare:
25 auf Japan in Kalbleder M. 50.— (vergriffen); 275 auf
van Geldern-Biitten in Leder mit Seidenvorsatz M. 24.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
FLAUBERT, GUSTAVE: DREI ERZÄHLUNGEN. (Ein.
schlichtes Herz; Die Sage von Sankt Julianus; Herodias.)
Übertragen von Ernst Hardt. Zweite Auflage. Geheftet
M. 3.50. In Halbpergament M. 5.—.
GOETHES ROMANE UND NOVELLEN. Vollständig in
zwei Bänden. (Der Werke I. und П. Band.) Heraus-
gegeben von Hans Gerhard Graf und Carl Schüddekopf.
In Leder M. ı1.—.
GOETHE: AUS MEINEM LEBEN. DICHTUNG UND
WAHRHEIT. (Der Werke ІП. Band.) Herausgegeben
von Kurt Tabs. In Leder М. 6.—.
GOETHES GESPRÄCHE MIT ECKERMANN. Zwei
Bände. Vollständige Ausgabe, besorgt von Franz Deibel.
Mit zwei Porträts. Einbandzeichnung von Н. Vogeler.
Geheftet M. 4.—. In Pappbänden M. 5.—. In Leder M. 9.—.
GOETHE IM GESPRACH. In Auswahl [ohne die mit
Eckermann geführten Gespräche] herausgegeben von
Franz Deibel und Friedrich Gundelfinger. Dritte Auflage.
Geheftet M.5.—. In Leinen M. 6.—. In Leder M. 8.-.
Vorzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare auf echtem
Bürtenpapier. In zwei Pergamentbänden М. 20.—.
Enthält u. a. die Gespräche mit Schiller, Wieland, Herder, Schlegel,
Napoleon, Voss, Riemer, Boisser&e, Kanzler von Müller, Felix Mendels-
sohn-Bartholdy.
171
GOETHES BRIEFE АМ CHARLOTTE VON STEIN.
Vollständige Ausgabe in drei Bänden. Herausgegeben
von Julius Petersen. Mit drei Silhouetten. Titel-, Ein-
band- und Vignettenzeichnungen von Heinrich Vogeler-
Worpswede. Viertes Tausend. Geheftet M. 7.—. In Leinen
M. 10.—. In Leder M. 14.—.
GOETHES BRIEFWECHSEL MIT MARIANNE VON
WILLEMER. Herausgegeben von Philipp Stein. Mit
einer Silhouette und zwei Zeichnungen in Lichtdruck.
Titel- und Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler. Ge-
heftet M. 4.—. In Leinen M. 5.—. In Leder M. 7.—.
Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Bütten.
In Pergament М. 12.—.
AUS GOETHES TAGEBÜCHERN. Ausgewählt und
herausgegeben von Hans Gerbard Gräf. In Pappband
М. 2.—. In Leder М. 4.—.
GOETHES SPRÜCHE ІМ PROSA. Maximen und Reflexio-
nen. Herausgegeben von Herman Krüger-Westend. Іп
Pappband M. 2.—. In Leder M. 4.—.
GOETHES SPRÜCHE IN REIMEN. Zahme Xenien und
Invektiven. Herausgegeben von Max Hecker. In Papp-
band M. 2.—. In Leder M. 4.—.
DIE BRIEFE DER FRAU RATH GOETHE. Zwei Bände.
Gesammelt und herausgegeben von Albert Köster. Vierte,
^ vermehrte Auflage. Geheftet M.ıo.—. In Halbfranz M. 14.—.
BRIEFE VON GOETHES MUTTER. Ausgewählt und
eingeleitet von Albert Koster. Mit einer Silhouette der
Frau Rath. 21.—30. Tausend. Іп Pappband M.2.—. In
Leder M. 4.—.
172
GRIMMS DEUTSCHE SAGEN. Ausgewählt und einge-
leitet von Paul Merker. Titelumrahmung nach Ludwig
Grimm. Іп Pappband М. 2.—. In Leder М. 4.—.
GRIMMELSHAUSEN, H. J. CHR. VON: DER ABEN-
TEUERLICHE SIMPLICISSIMUS. Vollständige Taschen-
ausgabe in drei Bänden, besorgt von Reinhard Buchwald.
Mit den vier Radierungen von Max Klinger іп Licht-
druck. Titelzeichnung von Е. R. Wei. Geheftet M. 6.—.
In Pappbänden M. 8.—. In Pergament M. 14.—.
GROBEN, ОТТО FRIEDRICH VON DER: GUINEISCHE
REISE-BESCHREIBUNG. Marienwerder, gedruckt durch
Simon Reinigern, anno 1694. Іп Quarto, mit 16 Voll-
bildern. Neudruck in %оо numerierten Exemplaren, mit
einem Geleitwort von C. Grotewold und drei neuen
Bildertafeln. In Halbpergament M. 18.—.
Dies älteste deutsche Kolonialbuch schildert die Begründung der
ersten deutschen Niederlassung in Westafrika unter dem Großen
Kurfürsten.
HALLSTROM, PER: FRÜHLING. Deutsche Übertragung
von Francis Maro. Mit Zierleisten von Heinrich Vogeler.
Geheftet M. 4.—. In Halbpergament M. 6.—.
HALLSTRÓM, PER: EIN GEHEIMES IDYLL. Übertragen
* von Francis Maro. Geheftet М. 4.—. In Leinen M. s.—.
HALLSTRÓM, PER: DER TOTE FALL. Ein Roman.
Deutsche Übertragung von Francis Maro. Geheftet M. 3.—.
In Pappband M. 4.—. |
HARDT, ERNST: NINON VON LENCLOS. Drama іп
einem Akt. Doppelseitige Titelzeichnung, Eingangs-
und Schlußvignette von Marcus Bebmer. Geheftet M. 3.50.
In Pappband M. 4.50. In Pergament M. 6.—.
173
HARDT, ERNST: AUS DEN ТАСЕМ DES KNABEN.
Gedichte. Міс Widmungsinitiale von Marcus Bebmer
und einer Zeichnung von fan Toorop. Geheftet M. 4.—.
In Pergament M. 6.—.
HEINSE, WILHELM: SÄMTLICHE WERKE. In ro Banden.
Erste vollständige und kritische Ausgabe von Carl
Schüddekopf. Leisten und Vignetten von Tb. Tb. Heine.
Jeder Band geheftet M. 6.—. In Halbleder M. 8.—.
In Ganzleder М. 9.—.
Bisher sind erschienen und werden einzeln abgegeben:
Band II: Die Begebenheiten des Enkolp. Die Kirschen. Erzählungen.
Band III, ı. Abteilung: Laidion oder die Eleusinischen Geheim-
nisse. Kleine Schriften I,
Band III, 2. Abteilung: Kleine Schriften II.
Band IV: Ardinghello und die glückseligen Inseln. Zweite Auflage.
Band V und VI: Hildegard von Hohenthal.
Band VII: Tagebücher.
Band IX: Briefe, erster Teil.
Band X: Briefe, zweiter Teil.
HEYMEL, ALFRED WALTER: SPIEGEL, FREUND-
SCHAFT, SPIELE. Studien. Geheftet M. 2.50. In
Halbpergament М. 3.50.
HOFFMANN, Е. Т. A.: DAS KREISLERBUCH. Texte,»
Compositionen und Bilder. Zusammengestellt von Hans
von Müller. Mit drei Bildern und einer Notenbeilage.
Umschlag und Einband mit Zeichnungen Hoffmanns zum
„Kater Murr“. СеһеҒес M. 6.—. In Pappband M. 7.—.
HOFMANN, LUDWIG VON: TÄNZE. Zwölf Original-
lithographien. Mit einem Prolog von Hugo vos Hofmanns-
thal. 200 numerierte Exemplare. In Mappe М. 200.—.
174
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: KLEINE DRAMEN.
Zwei Bande. Titel- und Einbandzeichnung von Eric Gill.
(Band I: Gestern. Der Tor und der Tod. Der weibe
Fächer. Band II: Das Bergwerk zu Falun. Der Kaiser
und die Hexe. Das kleine Welttheater.) Geheftet M. 8.—.
In Halbpergament M. 12.—.
Beide Bánde werden in besonderer Ausstattung auch einzeln ab-
gegeben. Geheftet je M. 4.—. Іп Halbpergament je M. 6.—.
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER TOD DES
TIZIAN. Ein dramatisches Fragment. Vierte Auflage.
Geheftet M. і.-. Іп Pappband M. 1.80.
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER TOR UND DER
TOD. Ein dramatisches Gedicht. Achte Auflage. Ge-
heftet M. 2.-. Іп Pappband M. 3.—.
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: VORSPIELE (Prolog
für ein Puppentheater. Vorspiel zur Antigone des So-
phokles. Prolog zur Lysistrata des Aristophanes). Geheftet
M. 2.—. In Pappband M. 3.—.
HOFMANNSTHAL, HUGO VON: DER WEISSE FÁCHER.
Ein Zwischenspiel. Mit vier Holzschnitten von Edward
Gordon Craig. 800 numerierte Exemplare: Nr. 1—50 auf
Japanpapier, in Pergament mit Seidenvorsatz M. 50.—;
Nr. 51— 800 auf Büttenpapier in Halbpergament
M. 20.—. |
HUCH, RICARDA: NEUE GEDICHTE. Geheftet M. 3.50.
In Leder M. 6.—.
HUCH, RICARDA: MERKWÜRDIGE MENSCHEN UND:
SCHICKSALE AUS DEM ZEITALTER DES RISORGI-
175
MENTO. Essays. Geheftet М. 4.—. Іп Pappband M. 5.—.
In Leder M. 7.—.
HUCH, RICARDA: VITA SOMNIUM BREVE. Mit Ini-
tialen von Heinrich Vogeler und einem Titelbilde nach
Arnold Böcklin in Heliograviire. Dritte Auflage. Geheftet
M. 6.—. In Leder M. 8.—.
INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 19о7. Kartoniert
M. —.50.
INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1908. Kartoniert
M. —.8o. In Pappband M. 1.20.
INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1909. Kartoniert
M. —.so.
DAS INSEL-BUCH. (Mit Beiträgen von Bierbaum, Blei,
Debmel, Liliencron, Rilke, Walser, Wedekind u.a. und Zeich-
nungen von Behmer, Gaskin, Heine, Valotton, Weiß u. a.)
Geheftet М. і.-. In Leder M. 2.—.
INSEL-MAPPE. Vierzig Originaldrucke іп Holzschnitt,
Lithographie und Radierung sowie Reproduktionen in
Lichtdruck von und nach Baum, Delacroix, Denis, Direr,
van Eyck, Geyger, Guys, Hokio, Kunisada, Liebermann, Manet,
Nicholson, Pisanello, Rodin, Thoma, Vogeler, c u. a.
In Mappe M. 30.—.
JOHANNES SECUNDUS: DIE KÜSSE UND DIE FEIER-
LICHEN ELEGIEN. Deutsch von Franz Blei. Mit einer
Titelvignette in Kupferdruck. In Halbpergament M. s.—.
KIERKEGAARD, SÓREN: DAS TAGEBUCH DES VER-
FUHRERS. Erste vollständige deutsche Übertragung von
176
Max Dauthendey. Zweite Auflage. Mit einer Titelzeich-
nung von Walter Tiemann. Geheftet M.5.—. In Papp-
band M. 6.—.
: SOREN KIERKEGAARDS VERHALTNIS ZU SEINER
BRAUT. Briefe und Aufzeichnungen aus seinem Nach-
laß, herausgegeben von Henriette Lund. Übertragung von
| E. Robr. Mit Titel- und Einbandzeichnung von Walter
S Tiemann. Geheftet M. 1.50. In Leinen M. 2.50. In Per-
gament M. 3.—.
- HEINRICH VON KLEISTS ERZÁHLUNGEN. Eingeleitet
von Erich Schmidt. In Pappband M. 2.—. In Leder M. 4.—.
с DES KNABEN WUNDERHORN. Ausgewählt und einge-
leitet von Friedrich Ranke. Mit Titelvignette und Titel-
vollbild nach der ersten Ausgabe. In Pappband M. 2.—.
А In Leder М, 4.—.
- KORNERS WERKE in einem Bande. Herausgegeben von
Werner Deetjen. In Leder M. 3.50.
KORTUM,KARL ARNOLD: DIE JOBSIADE. Ein komisches
Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bildern der Ori-
ginalausgaben und einer Einleitung in Versen von Otto
Julius Bierbaum. | Zeichnung der Zierstücke, des Titels
und des Einbandes von Walter Tiemann. Zweite Auflage.
In Pappband M. 6.—. Vorzugsausgabe: зоо numerierte
Exemplare auf van Geldern-Büttenpapier. In Schweins-
? (ейег M. 25.—.
LARSEN, KARL: SCHWESTER MARIANNA UND IHRE
LIEBESBRIEFE. Ins Deutsche übertragen von Mathilde
f Mann. Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann.
қ Geheftet M. 4.50. In Pergament М. 7.50.
KH fe
177
LERMONTOFF, MICHAEL: EIN HELD UNSERER ZEIT.
Ein Roman. Deutsche Übertragung aus dem Russischen
von Michael Feofanoff. Mit Titel- und Einbandzeichnung
von Walter Tiemann. Geheftet М. 3.—. [n Leinen M. 4.—.
In Leder M. 5.—.
LE SAGE, А. R.: DIE GESCHICHTE DES GIL BLAS VON
SANTILLANA. Deutsche Ausgabe in zwei Bänden, be-
sorgt von Konrad Tborer. Mit zwei Titelvignetten und
acht Vollbildern nach Kupfern von Chodowiecks. Geheftet
М. 8.—. In Halbfranz M. 12.—. Vorzugsausgabe: тоо nu-
merierte Exemplare auf Bütten. In Kalbleder M. 24—.
LIEBESBRIEFE EINES ENGLISCHEN MÁDCHENS. Auto-
risierte deutsche Übertragung von Karl Vollmüller. Ge-
heftet M. 4.—. In Leder M. 6.—.
MANN, HEINRICH: DIE BOSEN. Zwei Novellen: Die
Branzilla. Der Tyrann. Geheftet M. 2.50. In Leinen M. 3.50.
MAT'THES, ERNST: PARISER SZENEN. Zehn farbige
Originalzeichnungen auf Japan. 200 Exemplare. Іп
Mappe M. 80.—.
MEIER-GRAEFE, JULIUS: COROT UND COURBET. Ein
Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der modernen Malerei.
Mit ı7 Abbildungen. In Pappband M. 8.—.
MEINHOLD, WILHELM: DIE BERNSTEINHEXE. Mit
einem Nachwort von Paul Ernst. Titel und Einband von
Е. R. Weiß. Geheftet M. 3.—. In Halbpergament M. 4.50.
In Ganzpergament M. 7.—.
MICHAELIS, KARIN: BACKFISCHE. Eine Sommer-
erzählung. Deutsche Übertragung von Mathilde Mann.
Geheftet M. 4.—. In Leinen M. 5.—.
178
"MIÓRIKE, EDUARD: MOZART AUF DER REISE NACH
PRAG. Eine Novelle. Mit Doppeltitel von Walter Tie-
mann. GeheftetM.2.50. InLeinenM. 3.50. InLeder M. 4.50.
| INIETZSCHE, FRIEDRICH: ALSO SPRACH ZARA- .
THUSTRA. EIN BUCH FÜR ALLE UND KEINEN.
'Monumentalausgabe. Druckanordnung, Zeichnung des Titels,
der Vortitel und Füllornamente und des Einbandes von
Henry van de Velde. In schwarz, purpur und gold ge-
druckt, %оо numerierte Exemplare: Nr. 1--5о in Maro-
quin M, 120.—. Nr. sı—soo in Pergament М. 90.—.
NOVELLEN, ALTITALIÄNISCHE. Zwei Bände. Aus-
gewählt und übersetzt von Paul Ernst. Mit venezia-
nischen Titelholzschnitten, Initialen und Zierstücken aus
dem 14. Jahrhundert. Zweite Auflage. Geheftet M. 6.—.
In Pappbänden M. 8.—.
OMAR CHAJJAM VON NESCHAPUR: RUBA'IJAT. Aus
dem Englischen des Edward Fitzgerald in deutsche Verse
übertragen von G. D. Gribble. Nachwort von Franz Blei.
Titel, Einband und Initiale von Marcus Bebmer. Geheftet
М. 7.-. In Pappband M. 8.—. In Leder М. 12.—.
PATER, WALTER: MARIUS DER EPIKUREER. Ein
Roman in zwei Banden. Aus dem Englischen tibertragen
von Felix Paul Greve. Geheftet M. 6.50. In Leinen
M. 9.—. In Leder M. 12.—.
PETRARCA, FRANCESCO: SONETTE. Ausgewählt, über-
setzt und eingeleitet von Bettina Jacobson. Gehefter
M. 3.50. In Pergament M. 5.50.
POCCI, FRANZ GRAF: LUSTIGES KOMÓDIENBÜCH-
LEIN. Zwei Вап4е. In Auswahl neu herausgegeben
179
von P. Expeditus Schmidt und K. v. Rózycki. Mit vielen
Bildern, zum Teil nach unveröffentlichten Zeichnungen
Poceis. Mit Einbandzeichnung von F. W. Kleukens. Ge-
heftet M. 7.—. In Halbpergament М. 10.—.
PONTOPPIDAN, HENRIK: HANS IM GLÜCK. Ein
Roman in zwei Banden. Aus dem Dänischen übertragen
von Mathilde Mann. Dritte Auflage. Geheftet M. 8.—
In Leinen M. 10.—.
POPE, ALEXANDER: DER LOCKENRAUB. Ein komische
Heldengedicht. In deutsche Verse übertragen von Rudolf
Alexander Schröder. Mit den neun Bildern und der Eir-
bandzeichnung von Aubrey Beardsley in der Originalgröße.
800 Exemplare: Nr. 1-100 auf Japan, in Kalbleder und
in Seidenfutteral M. 40.—; Nr. ro1—8oo auf holland:
schem Büttenpapier, in Pappband M. 14.—.
PRÉVOST D'EXILES, ABBÉ: GESCHICHTE DER MANON
LESCAUT UND DES CHEVALIER DES GRIEUX.
Deutsche Übertragung von Fulius Zeitler. Mit vier Va
bildern von Franz vos Bayros. Geheftet M. 8.—. In Leder
M. 10.—. In Pergament M. 15.—.
RILKE, RAINER MARIA: NEUE GEDICHTE. Geheftet
M. 4.50. In Halbleder M. 6.50.
RILKE, RAINER MARIA: DER NEUEN GEDICHTE
ANDERER TEIL. Geheftet M. 4.50. In Halbleder M. 6.50.
RILKE, RAINER MARIA: GESCHICHTEN VOM LIEBEN
GOTT. Dritte Auflage. Geheftet M. 3.—. In Leinen
M. 4.—.
RILKE, RAINER MARIA: ZWEI PRAGER GESCHICHTEN.
Geheftet M. 2.-. Іп Halbpergament M. 3.—.
180
nA E
ee
—
Ke
* RILKE, RAINER MARIA: AM LEBEN HIN. Erzählungen.
Geheftet М. 2.-. Іп Halbpergament М. 3.—.
RIMBAUD, ARTHUR: LEBEN UND DICHTUNG. Uber-
tragen von K. Ї. Ammer, eingeleitet von Stefan Zweig.
Mit einem Bildnis Rimbauds in Heliogravüre. Titel-
und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet
М. 6.—. In Leinen М. 7.—.
- RÜBEZAHL-GESCHICHTEN: das sind warhafftige, und
24
tiber alle Мабеп possierliche oder anmuthige Fratzen,
von dem wunderbarlichen, sehr alten und weitbeschrienen
Gespenste, dem Rübezahl, durch M. Johannem Prae-
torium. Mit Wiedergabe von 16 Holzschnitten der Aus-
gabe von 1738 und einem Nachwort von Paul Ernst.
800 numerierte Exemplare. In Pappband М. 10.—.
SCHEFFLER, KARL: PARIS. Mit 7ı Vollbildern in Auto-
typie. Einbandzeichnung von E. В. Wei. Geheftet
М. 10.—. Іп Halbpergament M. 12.—.
SCHILLERS SÄMTLICHE WERKE, in sechs Bänden. Heraus-
gegeben von Albert Köfler und Max Hecker. In Leinen
М. 20.—. In Leder М. 28.—.
Die einzelnen Bände sind auch unter besonderen Titeln zum
Preise von je М. 4.— in Leinen und М. 5.-- in Leder erschienen:
Dramen I. Teil. Dramen II. Teil. Gedichte und Erzählungen.
Historische Schriften. Philosophische Schriften. Übersetzungen.
SCHLEGEL, FRIEDRICH: LUCINDE. Berlin 1799. —
FRIEDRICH SCHLEIERMACHERS VERTRAUTE
BRIEFE ÜBER LUCINDE. Berlin 1800. Mit einer Ein-
leitung von Rudolf Frank. soo numerierte Exemplare.
In Pappband M. 10.—.
181
SCHRÖDER, RUDOLF ALEXANDER: ELYSIUM, Ein
Buch Gedichte. 300 numerierte Exemplare in Perga-
ment. Мг. 1—25 auf Pergament M. 50.—; Nr. 26—300
auf Biittenpapier M. 8.—. Д
SCHRODER, RUDOLF ALEXANDER: HAMA. Gedichte
und Erzählungen. Mit einer Titelvignette von Erast
Matthes. Geheftet M. 2.—. In Pappband M. 3.—.
SCHÜDDEKOPF, CARL: GOETHES TOD. Dokumente
und Berichte der Zeitgenossen. Mit sechs Faksimiles und
Lichtdrucken. Geheftet M. 4.—. In Pappband М. 5.—.
SÓDERBERG, HJALMAR: MARTIN BIRCKS JUGEND.
Deutsche Übertragung von Francis Maro. Mit Titel-
zeichnung von Heinrich Vogeler. Geheftet M. 2.—. In
Leinen M. 3.—.
STIFTER, ADALBERT: STUDIEN. Neue vollständige
Taschenausgabe in zwei Banden. Mit einer Einleitung
von Jobannes Schlaf. Doppeltitel und Einband von Kari
Walser. In Leinen M. 6.—. In Leder M. 8.—. In Per-
gament M. іо.-.
HENRICH STILLINGS JUGEND, EINE WAHRHAFTE
GESCHICHTE. Mit einem Nachwort von Franz Deibel.
Titelvignette und Titelkupfer nach Chodowiecki. In Рарр-
band M. 4.—.
DIE ERZÁHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN
NÁCHTEN. Erste vollständige deutsche Ausgabe in zwölf
Banden, auf Grund der Burtonschen englischen Ausgabe
besorgt von Felix Paul Greve. Mit einer Einleitung von
Hugo von Hofmannsthal und einer Abhandlung von Pro-
18a
í
fessor Karl Dyroff über Entstehung und Geschichte des
Werks. Titel- und Einbandzeichnung von Marcus Bebmer.
Geheftet M. 60.—. In Leinen M.72.—. In Leder M. 84.--.
TURGENJEFF, J.: GEDICHTE IN PROSA. Deutsche
Übertragung von Tb. Comichau. Mit Titel und Vignetten
von Heinrich Vogeler. Geheftet M. 1.—. In Leinen M. 2.—.
In Leder M. 3.—.
VAN DE VELDE, HENRY: VOM NEUEN ST IL. Mit
einer Titelvignette des Künstlers. Geheftet M. 3.50.
Іп Halbpergament M. 5.—.
VOGELER-WORPSWEDE, HEINRICH: DIR. Gedichte.
Zweite Auflage. Mit vom Künstler neu gezeichnetem Ein-
band und Vorsatzpapier. Auf Bütten, in Halbperga-
ment M. іо.-.
VOLTAIRES BRIEFWECHSEL. Ausgewählt und übertragen
von Kathe Schirmacher. Einbandzeichnung von Marcus
Bebmer. Geheftet M. 4.—. In Pappband M. 5.—. In
Leder M. 7. —.
WIELANDS WERKE. Drei Bände. Neue Taschenaus-
gabe, ausgewählt, revidiert und eingeleitet von Franz
Deibel. Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann.
In Leder М. 15.—. In Pergament М. 20.—.
Erster Band: Goethes Rede auf Wieland; Kleine Verserzählungen.
— Zweiter Band: Oberon. — Dritter Band: Die Abderiten. Die
Bände sind auch einzeln unter besonderen Titeln erschienen und
kosten: Band I und Band II: geheftet je М. 3.—, in Leder je
М. 4.50, in Pergament |е М. 6.—; Band III: geheftet М. 4.50,
in Leder М. 6.—, in Pergament М. 8.—.
WILDE, OSCAR: GEDICHTE (Die Sphinx; aus den „Poems“‘).
Deutsche Übertragung von Gisela Etzel. Mit Titelholz-
183
schnitt von Marcus Bebmer und Einbandzeichnung von
K. Schmoll v. Eisenwertb. Geheftet M. 6.—. In Halb-
pergament M. 8.—.
WILDE, OSCAR: DIE BALLADE VOM ZUCHTHAUSE
ZU READING VON С. 3. 3. In memoriam С. T. W.,
weiland Reiter in der Kéniglichen Leibgarde, hingerichtet
in Ihrer Majestat Gefangnis am 7. Juli 1896. Deutsche
Übertragung von Wilbelm Schölermann. Vierte Auflage.
In Pappband M. 2.—.
WILDE, OSCAR: DAS GESPENST VON CANTERVILLE
UND FÜNF ANDERE ERZÄHLUNGEN (Der glückliche
Prinz; Die Nachtigall und die Rose; Der egoistische
Riese; Der ergebene Freund; Die bedeutende Rakete).
Deutsche Übertragung von Franz Blei. Doppelseitige
Titelzeichnung, fünf Vollbilder, sechs Initiale und Ein-
bandzeichnung von Heinrich Vogeler. Geheftet M. 8.—. In
Halbpergament M. 10.—.
WILDE, OSCAR: DAS GRANATAPFELHAUS. Vier
Märchen (Der junge König; Der Geburtstag der Infantin;
Der Fischer und seine Seele; Das Sternenkind). Deutsche
Übertragung von Felix Paul Greve. Dritte Auflage. Mit
vier Vollbildern, Initialen, Vignetten und Einbandzeich-
nung von Heinricb Vogeler. Geheftet M. 6.—. In Наһ-
pergament M. 8.—.
WILDE, OSCAR: SALOME. Tragödie in einem Akt.
Deutsche Übertragung von Hedwig Lachmann, Mit Doppel-
titel, zwei Vollbildern und Einbandzeichnung von Marcus
Bebmer. Fünfte Auflage. СеһеКес M. 2.—. Іп Papp-
band M. 3.—.
184
WILDE, OSCAR: SALOME. Tragödie in einem Akt.
Deutsche Übertragung von Hedwig Lachmann. Mit 15
Zeichnungen von Aubrey Beardsley in der Originalgröße.
825 numerierte Exemplare. In Halbleder M. 14.—. In
DC . Ganzleder M. 20.—.
=" WILDE, OSCAR: ZWEI GESPRÄCHE VON DER KUNST
7 UND VOM LEBEN (Vom Verfall des Lügens; Kritik als
d Kunst). Ubertragen von Hedwig Lachmann und Gustav
mi Landauer. Geheftet M. 4.—. In Halbleder M. 6.—.
... WILDE, OSCAR: DIE ROMANTISCHE RENAISSANCE
| (Der Vortrag: Über die englische Renaissance; Das Ge-
leitwort zu Rose Leaf and Apple Leaf; Die letzte
e Prüfung; Aphorismen). Deutsche Übertragung mit einer
Ў Einleitung von Franz Blei. Titelzeichnung von Walter
"T Tiemann. In Halbleder М. 4.—.
г ІМ MEMORIAM OSCAR WILDE (Lehren und ӛргісһе
und Gedichte in Prosa von Wilde; Essais tiber Wilde von
| Andre Gide, Ernest la Feunesse, Artbur Symons und Eranz
) Blei). Übertragen und eingeleitet von Franz Blei. Zweite
E geänderte und vermehrte Auflage. Geheftet M. 3.—. In
* Регратепс М. 4.—.
я
tices
H
H
S.
» ZWEIG, STEFAN: DIE FRÜHEN KRANZE. Gedichte.
E Titel und Einbandzeichnung von Marcus Bebmer. Ge-
heftet М. 3.50. In Leder М. 6.—.
+ ZWEIG, STEFAN: TERSITES. Ein Trauerspiel in drei
e Aufzügen. Mit Kopfleisten nach Jobn Flaxman. Ge-
Ir heftet M. 3.—. In Halbpergament M. 4.—. Vorzugsausgabe :
D 20 Exemplare auf Büttenpapier. In Pergament М. 12.—.
2184
INHALT DES ALMANACHS
KALENDARIUM
Emile Verhaeren: Der SE RE von Stefan
Zweig. .
Ein Neujahrsbrief Wilhelm von Humboldes an Char-
lotte Diede .
John Flaxman: Zwei Zeichnungen‘, zu Sagen des
21
klassischen Altertums . . . . 25 und 26
Hugo von Hofmannsthal: Aus der freien Оғаш
der „Alkestis“ des Euripides . .
J. С. Fichte: Martin Luther und die denische Nation
Drei Sonette von William Shakespeare, übertragen
von Eduard Sänger . . . i
Wilhelm Heinse: Der Rheinfall bei Schaffhausen ы
Die zweite Epode des Horaz, tibertragen von Rudolf
Alexander Schröder . . .
Adalbert Stifter: Aus dem ЫН "Wien (mir zwei
Bildern) .
Andreas Hofers Abschiedsbrief, rie ап seinen
Freund Pühler. . . . . .
Daniel Defoe: Robinsons zweite Reise nahe seinem
Eland ...
Titelbild aus dem ältesten БЕРЕН Robinsonbuch
von 1720 . . 8 ou der Wh uie cf. eS
Briefe des jungen Schiller.
Jugendsilhouette Schillers. . .
Schiller im Urteil Goethes . . .
Die Jenaischen Studenten in Weimar (1800) . :
Goethe über die Anordnung seiner Werke (1816) .
Fin Epigramm aus dem Jahre 1796 über die neue
Ungerschrift . . .
Weimarische Briefe an Joani Heinrich Merck .
27
28
36
37
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Ludwig van Beethoven ап die ,,unsterbliche Geliebte“
'Tagebuchblátter von Arthur Schopenhauers Schwester
Adele. . . . 100
Zwei Silhouetten aus Adele Schopenhauers Tage-
büchern . . . . , . 103
Drei Gedichte von Ernst Hardt e e ee ee. 106
Zwei Gedichte von Wilhelm Weigand . . . 108
Aus Tausend und ein Tag: Die Geschichte Maliks
und der Prinzessin Schon . . . . 109
Boccaccio: Griselda (aus dem Dekameron) , ' über-
tragen von Albert Wesselski. 2... 124
Zwei Titelholzschnitte aus Feyerabends Buch de
Liebe (1587) zu den Altfranzösischen Novellen . 127
Emil Preetorius, Zeichnung zu „Des Luftschiffers
Gianozzo Seebuch* von Jean Paul . . . . . 137
Zwei Gedichte von Alfred Walter Heymel . . . 141
Handzeichnung von Ludwig von Hofmann (bisher
unveröffentlicht) . . . . zwischen S. 140 und 141
Carl Sternheim: Szene aus dem zweiten Teil der
Tragödie „Don Juan“ . . 142
Rainer Maria Rilke: Aus den Aubsikhnungen ER
Malte Laurids Brigge. Fragment . . . . . . 147
Ein Gedicht von Herbert Alberti. . . . © 154
BÜCHER AUS DEM INSEL-VERLAG 222-166
Schlußvignette von Franz Graf Pocci aus Poccis
„Komödienbüchlein“ . . . . . . . . . . 188
DER FÜNFTE JAHRGANG DES ALMANACHS WURDE
GEDRUCKT IN DER OFFIZIN W. DRUGULIN ZU LEIPZIG.
UMSCHLAG UND TITEL ZEICHNETE E. R. WEISS.
i. Ge a m Sek
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Schmitz & Olbertz
Buchhandlung
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Im Infel-Verlag 5
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Kalendarium
Ein jeaer kehre vor feiner Tür,
Und rein ift jedes Stadtquartier.
Ein jeder übe fein’ Lektion,
бо wird es gut im Rate ftohn.
GOETHE
ат 6. Marz 1832.
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А ben СА
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27) > ASS,
HH Sol? EL,
%”
CH bin ein Reißer früh und fpät,
Ich entwürf auf ein Lindenbrett
Bildnus von Menfchen oder Tier,
Auch Gewächs mancherlei Monier,
Hiftori und was man will haben,
Gefchrift und groß Verfalbuchftaben,
Künftlich, daß nit ift auszufprechen;
Auch kann ich wohl in Kupfer ftechen.
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Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend :
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
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Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Neujahr
Abel, Seth
Enoch, Daniel
Methufalem
Simeon
Epiphanias
Melchior
1. n. Ep. Balth.
Kafpar
Paulus Einfegnung
Erhard
Reinhold
Hilarius
Felix
2. n. Ep. Habak.
Marcellus
Antonius
Priska
Ferdinand
Fabian, Seb.
Agnes
3.n.Ep. Vincentius
Emerentiana
Timotheus
Pauli Bekehrung
Polykarp
Joh. Chryfoft.
Karl
4. n. Ep. Samuel
Adelgunde
Valerius
Neujahr Jefus
Makarius
Genovefa
Titus
Telesphorus
Heilige 3 Könige
Lucian
1. n. Ер. Sever.
Julian
Agathon
Hyginus
Arkadius
Gottfried
Felix
2. n. Ep. Marcell.
Marcellus
Antonius
Petri Stuhlfeier
Kanut
Fabian, Seb.
Agnes
3. n. Ep. Vincentius
Mar. V., Emer.
"Timotheus
Pauli Bekehrung
Polykarp
Joh. Chryfoft.
Karl der Große
Martina
Petrus Nolask.
DER FURMSCHNEIDER
7777777722272
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7
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AYER
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N SS = A27
У €
Se ЛА (
CH bin ein Furmenfchneider gut.
Alls, was man mir vorreißen tut
Mit der Feder auf ein Furmbrett,
Das fchneid ich denn mit dem Gerät.
Wann mans denn druckt, fo findt fich fcharf |
Das Bild, fo der Reißer entwarf; !
Die fteht denn druckt auf dem Papier !
Mit Schwarz, unausgeftrichen {chier. 4
L-
^e
FEBRUAR
Mittwoch Brigitta Ignatius
Donnerstag Mariä Reinigung | Mariä Lichtm.
Freitag Blafius Blafius
Sonnabend Veronika Andreas Korfinus
Sonntag
5. n. Ep. Agatha | 5. n. Ep. Agatha
Montag Dorothea Dorothea
Dienstag Richard Romuald
Mittwoch Salomon Joh. von Matha -
Donnerstag Apollonia Apollonia
Freitag Renata Scholaftika
Sonnabend Euphrofina Defiderius
Sonntag Sept., Eulalia Sept., Eulalıa
Montag Benignus Benignus
Dienstag Valentinus Valentinus
Mittwoch Formofus Fauftinus
‚Donnerstag Juliana Juliana
Freitag Konftantia Donatus
Sonnabend Konkordia Simeon
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sexag., Gabinus
Eleutherius
Eleonora
Petri Stuhlfeier
Serenus
Matthias
Walburga
Sexag., Sufanna
Eucherius
Eleonora
Petri Stuhlfeier
Serenus
Matthias
Viktorinus
Sonntag
Montag
Dienstag
Eftomihi, Neftor
Leander
Faftnacht, Juftus
Quinqu., Alex.
Leander
Faftnacht, Roman.
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DER S SOHO OTROS
I geuß die Schrift zu der Druckrei,
Gemacht aus Wismat, Zinn und Blei,
Die kann ich auch gerecht juftieren,
Die Buchftaben zufamm ornieren
Lateinifch- und deutfcher Gefchrift,
Auch was die griechifch Sprach antik:
Mit Verfalen, p
Daß fie zu der Druckerei tügen.
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1 | Mittwoch
2 | Donnerstag
3 | Freitag
4 | Sonnabend
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Montag
Dienstag
Mittwoch
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Sonnabend
Sonntag
Montag
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Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
26 | Sonntag
27 | Montag
28 | Dienstag
29 | Mittwoch
| 30 | Donnerstag
| 31 | Freitag
Afchermittwoch Afcherm., Albin.
Simplicius Simplicius
Kunigunde Kunigunde
Adrianus | Kafimir
1. Inv. Friedrich 1. Inv. Friedrich
Fridolin Viktor
Felicitas Thomas v. A. >
Quat., Philem. Quat. J. d. D.
Prudentius Franziska
Henriette 40 Martyrer
Rofina Eulogius
2. Rem. Gr.d. Gr.
Ernft
2. Rem. G. d. G.
Euphrasia
Zacharias Mathilde
Longinus Longinus
Cyriakus Heribert
Gertrud Gertrud
Anselmus
Cyrillus
3. Oculi Jofeph
Hubert
3. Okuli Joseph
Joachim
Benediktus Benediktus
Mittfaft., Kafimir | Oktavian
Eberhard Otto
Gabriel Gabriel
Mariä Verk. Mariä Verk.
4. Lätare Eman. | 4. Lätare Ludg.
Rupert Rupert
Malchus Guntram
Euftafius Euftafius
Guido Quirinus
Amos Balbina
DER PAPIERER
re)
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5
Ж
N
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CH fammel Hadern zu der Mühl,
Denn treibt mirs Rad das Waffer kühl,
Das mir die z’fchnitten Hadern mählt,
Das Mehl in Wafler wird einquellt.
Draus mach ich Bog’n, auf den Filz bring,
Durch Pref das Wafler daraus zwing.
Denn henk ichs auf, laß trucken wern,
Schneeweiß und glatt, fo hat mans gern.
E:
APRIL
[mea [nem me — T-
Sonntag 5. Jud. Theodofia | 5. Judika F. v. P.
Montag Chriftian Richard
Dienstag Ambrofius Ifidorus
Mittwoch Maximus Vinzent. Ferrer
Donnerstag Sixtus Cóleftinus
Freitag Céleftin Hermann
Sonnabend Liborius Albert
Sonntag 6. Palm. Bogisl. 6. Palm. M. Kl.
Montag Ezechiel Ezechiel
Dienstag Julius Leo der Große
Mittwoch Euftorgius Julius
Donnerstag Grün. Donnerstag | Grün. Donnerstag
Freitag Karfreitag Karfreitag
Sonnabend Olympiades Karfamstag
Sonntag Heil. Ofterfeft Heil. Ofterfeft
Montag Oftermontag Oftermontag
Dienstag Florentin Eleutherius
Mittwoch Hermogenes Werner
Donnerstag Sulpitius Viktor
Freitag Adolarius Anfelm
Sonnabend Lothar Soter u. Kajus
Sonntag 1. Quafimodogen. | 1. Quafimod.
Montag Albert Adalbert
Dienstag Markus Ev. Markus Ev.
Mittwoch Raimarus Kletus
Donnerstag Anaftafıus Anaftafıus
Freitag Therefe Vitalis
Sonnabend Sibylla Petrus M.
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A^ ESS Y 552 TIER
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Vim m lat
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Ka bin gefchicket mit der Pref,
So ich auftrag den Fun? гей.
Bald der Poftlierer-Stangen zuckt,
Ift ein Bogen Papiers gedruckt.
Dardurch kummt manich Buch an Tag,
Das man leichthin bekummen mag.
Vor Zeit hat man die Bücher gfchrieben;
Zu Mainz die Kunft ward erftlich trieben. | |
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Philipp., Jak.
Sigismund
Kreuz. Erfind.
Florian
Gotthard
Dietrich
3. Jubil. Gottfr.
Stanislaus
Hiob
Gordian
Mamertus
Pankratius
Servatius
4. Cant. Chrift.
Sophia
Peregrinus
Jobft
Erich
Potentiana
Anaftafius
5. Rogate Prud.
Helena
Defiderius
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Himmelf. Chr.
Eduard
Beda
6. Exaudi Wilh.
Maximilian
Wigand
Petronella
Philipp., Jak.
Athanafıus
Kreuz. Erfind.
Monika
Pius V.
Johan. у. 4. Pr.
3. Jub. Stanislaus
Michael Erfch.
Gregor Naz.
Antoninus
Mamertus
Pankratius
Servatius
4. Cant. Bonif.
Sophia
Joh. v. Nep.
Ubaldus
Venantius
Petr. Cöleftin
Bernhardin
5. Rogate Сопб.
1. Bittag
2. Bittag
3. Bittag
Himmelfahrt Chr.
Philipp Neri
Beda
6. Exaudi Wilh.
Maximus
Felix
Petronella
DER BRIEFMALER
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TA) |
E N Briefmaler bin aber ich,
Mit Illuminieren nähr ich mich,
Anftreich die Bildwerk, fo da ftehnt
Auf Papier oder Pergament,
Mit Farben und verhochs mit Gold.
Dem Patroniern bin ich abhold;
Darmit man fchlechte Arbeit macht,
Darvon man fchlechten Lohn entpfacht.
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Nikomedes
Marquard
Erasmus
Heil. Pfingftfeft
Pfingftmontag
Benignus
Quat., Lukretia
Medardus
Barnim
Onuphrius
Trinitatis
Klaudina
Tobias
Modeftus
Vitus
Juftina
Volkmar
I. D. Trin. Paul.
Gerv. u. Protaf.
Raphael
Jakobina
Achatius
Bafilius
Joh. der Táufer
2. n. Tr. Elog.
Jeremias
Sieben Schläfer
Leo
Peter und Paul
Pauli Ged.
Juventius
Erasmus
Klothilde
Heil. Pfingftfeft
Pfingftmontag
Norbert
Quat., Robert
Medardus
Feliz. u. Prim.
Margareta
Heil.Dreifaltigkeit
Bafılides
Anton v. Padua
Bafilius
Fronleichnam
Benno
Adolf
Gerv. u. Protaf.
Silverius
Aloyfius
Paulinus
Herz-Jesu-Feft
Joh. der Taufer
3. n. Pf. Profp.
Johann u. Paul
Ladislaus
Leo II.
Peter und Paul
Pauli Ged.
DE Kunft der Perfpektiv ich pur
Bericht bin und Konterfaktur,
Dem Мепісһеп ich mit Farb kann geben
Die Gftalt, als ob des Bild hab Leben.
Stadt, Schloffer, Waffer, Berg und Wald,
Ein Heer, sam läg ein Fürft zu Feld,
Kann ich auf cache: Wand anzeigen,
Als fteh es da leibhaftig eigen.
JULI
2 | Sonntag 3.n.Tr. M. H. 4.n. Pf. М.Н.
3 | Montag Kornelius Hyazinth
4 | Dienstag Ulrich Ulrich
5 | Mittwoch Anfelmus Numerianus
6 | Donnerstag Jefaias Jefaias
7 | Freitag Demetrius Willibald
8 | Sonnabend Kilian Kilian
Sonntag
Montag
4. n. Tr. Cyrill.
Sieben Brüder
5. n. Pf. Cyrill.
Sieben Brüder
Dienstag Pius Pius
Mittwoch Heinrich Joh. Gualbert
Donnerstag Margareta Margareta
Freitag Bonaventura Bonaventura
Sonnabend
A poftel Teil.
Apoftel Teil.
6.n. Pf. Skap.
Sonntag 5. n. Tr. Walter
Montag Alexius Alexius
Dienstag Karolina Friderikus
Mittwoch Ruth Vinz. v. Paula
Donnerstag Elias Margareta
Freitag Daniel Praxedes
Sonnabend Maria Magd.
6.n. Tr. Albert.
Maria Magd.
7.n. Pf. Apoll.
Sonntag
Montag Chriftine Chriftine
Dienstag Jakobus Jakobus
Mittwoch Anna Anna
Donnerstag Bertold Pantaleon
Freitag Innozenz Innozenz
Sonnabend Martha Martha
Sonntag 7.n. Tr. Beatrix | 8.n. Pf. Abdon
Montag Germanus Ignaz Loyola
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Das alles verkauf ich daheim.
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Sonnabend
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Petri Kettenfeft
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Donatus
Ladislaus
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Laurentius
Titus
Klara
9.п. Tr. Hild.
Eufebius
Maria Himmelf.
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Bertram
Emilia
Sebald
то. n. Тг. Bernh.
Anaftafius
Oswald
Zachäus
Bartholomäus
Ludwig
Irenäus
11. n. Tr. Gebh.
Auguftinus
Joh. Enthaupt.
Benjamin
Rebekka
UGUST
Petri Kettenfeft
Portiunkula
Steph. Erfind.
Dominikus
Maria Schnee 4
9. n. Pf. V. Chr.
Kajetanus
Cyriakus
Romanus
Laurentius
Tiburtius
Klara
топ. Pf. Hipp.
Eufebius
Mar. Himmelfahrt
Rochus
Liberatus
Helena
Sebald
11. п. Pf. Bernh.
Anaftafius
Timotheus
Philipp Benit
Bartholomáus
Ludwig
Zephyrinus
12. n. Pf. Ruf.
Auguftinus
Joh. Enthaupt.
Rofa
Raimund
DER LEDRER
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UH’N : henk ich in den Bach,
Wiirf fie in den Afcher darnach,
Roßhäut und Kalbfell auch alfo,
Darnach würf ich fie in das Loh,
Daß fie ihr Ruh ein Zeit erlangen.
Darnach henk ichs auf an die Stangen,
Wifch ab fauber mit dem Haarwifch
. Und habs feil auf dem Ledertifch.
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SEPTEMBER
Freitag Agidius Agidius
Sonnabend Rahel, Lea Stephan
Sonntag 12.п. Tr. Mans. 13. Schutzengelf.
Montag Mofes Rofalie
Dienstag Nathanael Viktorin
Mittwoch Magnus Magnus
Donnerstag Regina Regina
Freitag Mariä Geburt Mariä Geburt
Sonnabend Bruno Gorgonius
Sonntag 13. n. Tr. Softh. 14.n. Pf. Nik.
Montag Gerhard Protus
Dienstag Ottilie Guido
Mittwoch Chriftlieb Maternus
Donnerstag Kreuz. Erhöh. Kreuz. Erhöh.
Freitag Nikomedes Nikomedes
Sonnabend Euphemia Korn. u. Cypr.
Sonntag
Montag
14. n. Tr. Lamb.
Titus
15. n. Pf. Lamb.
Thom. v. Vill.
Dienstag Januarius Januarius
Mittwoch Quat., Frieder. Quat., Euftach.
Donnerstag Mattháus Ev. Mattháus Ev.
Freitag Moritz Moritz
Sonnabend Joel Thekla
Sonntag 15. n. Tr. Joh. E. | 16. n. Pf. Joh. E.
Montag Kleophas Kleophas
Dienstag Cyprianus Cyprianus
Mittwoch Kosm. ü. Dam. Kosm. u. Dam.
Donnerstag Wenzeslaus Wenzeslaus
Freitag Michael Michael
Sonnabend Hieronymus Hieronymus
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Maler und Briefmaler darbei
Und ander Handwerk zu Malrei;
Auch mag тап das Gold mahln und reiben,
Mit Guni gulden Schrift zu fchreiben;
Dergleich mag man das Gold auch fpinnen,
Würken und vernähen mit Sinnen.
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OKTOBER
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
16.п. Ir. Rem.
Vollrad
Ewald
Franz
Fides
Charitas
Spes
17. n. Тг. Ephr.
Dionyfius
Amalia
Burchard
Ehrenfried
Koloman
Wilhelmine
18. n. Tr. Hedw.
Gallus
Florentin
Lukas Ev.
Ptolemáus
Wendelin
Urfula
19. n. Тг. Kord.
Severinus
Salome
Adelheid
: Amandus
Sabina
Simon, Juda
20. n. Тг. Eng.
Hartmann
Wolfgang. Ref.-F.
Rofenkranzfeft
Leodegar
Kandidus
Franz
Placidus
Bruno
Markus Р.
18. n. Pf. Brig.
Dionyfius
Franz Borgia
Burchard
Maximilian
Eduard
Ealixtus
19. n. Pf. Ther.
Gallus
Hedwig
Lukas Ev.
Petr. v. Alkant
Wendelin
Urfula
20. n. Pf. Kord.
Joh. v. Capiftr.
Raphael
Krifpin
Evariftus
Sabina
Simon, Juda
21. n. Pf. Narz.
Serapion
Wolfgang
DER BUCHBINDER
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CH bind mancherlei Bücher ein,
Geiftlich und weltlich, groß und klein,
In Perment oder Bretter pur,
Und fchlag daran gute Glafur,
Und ftämpf fie auch zu einer Zier,
Und fie auch im Anfang planier.
Etlich verguld ich auf dem Schnitt,
Da verdien ich viel Geldes mit.
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NOVEMBER `
Mittwoch Allerheiligen Allerheiligen
Donnerstag Allerseelen Allerseelen
Freitag Gottlieb Hubertus
Sonnabend Charlotte K. Borromäus
Sonntag 21.п. Tr. Erich 22.n. Pf. Em.
Montag Leonhard Leonhard
Dienstag Erdmann Engelbert
Mittwoch Klaudius Vier gekr. Märt.
Donnerstag Theodorus Theodorus
Freitag Martin Luther Andr. Avellin
Sonnabend Martin Bifchof Martin Bifchof
Sonntag 22.n. Tr. Kunib. | 23. n. Pf. M. P.
Montag Eugen Stanislaus K.
Dienstag Levinus Jukundus
Mittwoch Leopold Leopold
Donnerstag Ottomar Edmund
Freitag Hugo Gerg. Thaumat.
Sonnabend Gelasius Otto, Eugen
Sonntag 23. n. Tr. Elif. 24. n. Pf. Elif.
Montag Amos Felix v. Valois
Dienstag Mariä Opfer Mariä Opfer
Mittwoch Buß- u. Bettag Cäcilia
jz Donnerstag Klemens Klemens
Ue Freitag Chrysogonus Chryfogonus
Sonnabend Katharina Katharina
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
24. n. Tr. Totenf.
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Günter
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Andreas
25. n. Pf. Konr.
Virgilius
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Saturnin
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CH aber bin ein Handelsmann,
Hab mancherlei War bei mir ftohn:
Würz, Arlas, Tuch, Wollen und Flachs
Sammut, Seiden, Honig und Wachs
Und ander War, hie ungenannt.
Die führ ich ein und aus dem Land
Mit großer Sorg und Fährlichkeit;
Wann mich auch oft das Unglück reit.
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FRISCH АСЕ / VON EICHENDORFF
CH faß am Schreibtifch bleich und krumm,
Es war mir in meinem Kopf ganz dumm
Vor Dichten, wie ich alle die Sachen
Sollte aufs allerbefte machen.
Da guckt am Fenfter im Morgenlicht
Durchs Weinlaub ein wunderfchönes Geficht,
Guckt und lacht, kommt ganz herein
Und kramt mir unter den Blättern mein.
Ich, ganz verwundert: „Ich follt dich kennen. ..* —
Sie aber, ftatt ihren Namen zu nennen:
„Pfui, in dem Schlafrock fiehft ja aus
Wie ein verfallenes Schilderhaus!
Willft du denn hier in der Tinte fitzen,
Schau, wie die Felder da draußen blitzen!“
So drängt fie mich fort unter Lachen und Streit,
Mir tats um die fchöne Zeit nur leid.
Drunten aber unter den Bäumen
Stand ein Roß mit funkelnden Zäumen.
Sie fchwang fich luftig mit mir hinauf,
Die Sonne draußen ging eben auf,
Und eh ich mich konnte bedenken und faflen,
Ritten wir raich durch die (Шел Gaffen,
Und als wir kamen vor die Stadt,
Das Roß auf einmal zwei Flügel hatt.
Mir fchauerte es recht durch alle Glieder:
„Mein Gott, ifts denn fchon Frühling wieder?“ —
Sie aber wies mir, wie wir fo zogen,
Die Länder, die unten vorüberflogen,
31
Und hoch über dem allerfchénften Wald
Machte fie lächelnd auf einmal halt.
Da fah ich erfchrocken zwifchen den Bäumen
Meine Heimat unten, wie in Träumen,
Das Schloß, den Garten und die (Ше Luft,
Die blauen Berge dahinter im Duft,
Und alle die fchöne alte Zeit
In der wunderfamen Einfamkeit.
Und als ich mich wandte, war ich allein,
Das Roß nur wiehert’ in den Morgen hinein,
Mir aber wars, als wär ich wieder jung,
Und wußte der Lieder noch genung!
LUCIDOR, FIGUREN ZU EINER UNGESCHRIE-
BENEN KOMÖDIE / VON HUGO VON HOF-
MANNSTHAL
RAU von Murska bewohnte zu Ende der fiebziger Jahre
in einem Hotel der inneren Stadt ein kleines Apparte-
ment. Sie führte einen nicht fehr bekannten, aber auch
nicht ganz obfkuren Adelsnamen; aus ihren Angaben war
zu entnehmen, daß ein Familiengut im ruffifchen Teile
Polens, das von Rechts wegen ihr und ihren Kindern ge-
hörte, im Augenblick fequeftriert oder fonft den recht-
mäßigen Befitzern vorenthalten war. Ihre Lage fchien
geniert, aber wirklich nur für den Augenblick. Mit einer
erwachfenen Tochter Arabella, einem halb erwachfenen
Sohn Lucidor und einer alten Kammerfrau bewohnten fie
drei Schlafzimmer und einen Salon, deffen Fenfter nach der
Kärtnerftraße gingen. Hier hatte fie einige Familienporträts,
32
Kupfer und Miniaturen, an den Wanden befeftigt, auf
eimem Gueridon ein бейсі alten Samts mit einem ре-
{tickten Wappen ausgebreitet und darauf ein paar filberne
Каппеп und Körbchen, gute franzöfifche Arbeit des acht-
zehnten Jahrhunderts, aufgeftellt, und hier empfing fie. Sie
hatte Briefe abgegeben, Befuche gemacht, und da fie eine
unwahrfcheinliche Menge von ,,Attachen“ nach allen Rich-
tungen hatte, fo entftand ziemlich rafch eine Art von Salon.
Es war einer jener etwas vagen Salons, die je nach der
Strenge des Beurteilenden „möglich“ oder „unmöglich“ ge-
funden werden. Immerhin, Frau von Murska war alles,
nur nicht vulgär und nicht langweilig, und die Tochter
von einer noch viel ausgeprägteren Diftinktion in Wefen
: und Haltung und außerordentlich fchén. Wenn man
` zwifchen vier und fechs hinkam, war man ficher, die Mutter
zu finden, und faft nie ohne Gefellfchaft; die T'ochter (аһ
man nicht immer, und den dreizehn- oder vierzehnjährigen
- Lucidor kannten nur die Intimen.
Frau von Murska war eine wirklich gebildete Frau, und
- ihre Bildung hatte nichts Banales. In der Wiener großen
` Welt, zu der fie fich vaguement rechnete, ohne mit ihr in
- andere als eine fehr peripherifche Berührung zu kommen,
: hätte fie als ,,Blauftrumpf* einen fchweren Stand gehabt.
: Aber in ihrem Kopf war ein folches Durcheinander von
— Erlebniffen, Kombinationen, Ahnungen, Irrtümern, En-
^ thufiasmen, Erfahrungen, Apprehenfionen, daß es nicht
* der Mühe wert war, fich bei dem aufzuhalten, was fie aus
^ Büchern hatte. Ihr Gefpräch galoppierte von einem Gegen-
` бала zum andern und fand die unwahrfcheinlichften Über-
* gänge; ihre Ruhelofigkeit konnte Mitleid erregen — wenn
33
man Пе reden hörte, wußte man, ohne daß fie es zu er-
wähnen brauchte, daß fie bis zum Wahnfinn an Schlaf-
lofigkeit litt und fich in Sorgen, Kombinationen und fehl-
geíchlagenen Hoffnungen verzehrte — aber es war durchaus
amüfant und wirklich merkwürdig, ihr zuzuhóren, und ohne
daß fie indiskret fein wollte, war fie es gelegentlich in der
fürchterlichften Weife. Kurz, fie war eine Nárrin, aber von
der angenehmeren Sorte. Sie war eine feelengute und im
Grund eine fcharmante und gar nicht gewóhnliche Frau.
Aber ihr fchwieriges Leben, dem fie nicht gewachfen war,
hatte fie in einer Weife in Verwirrung gebracht, 4а fie in
ihrem zweiundvierzigften Jahre bereits eine phantaftifche
Figur geworden war. Die meiften ihrer Urteile, ihrer Be-
griffe waren eigenartig und von einer großen feelifchen
Feinheit; aber fie hatten fo ziemlich immer den falfcheften
Bezug und paßten durchaus nicht auf den Menfchen oder
auf das Verhältnis, worauf es gerade ankam. Je näher ein
Menfch ihr ftand, defto weniger überfah fie ihn; und es
wäre gegen alle Ordnung gewefen, wenn fie nicht von
ihren beiden Kindern das verkehrtefte Bild in fich getragen
und blindlings danach gehandelt hatte. Arabella war in
ihren Augen ein Engel, Lucidor ein hartes, kleines Ding
ohne viel Herz. Arabella war taufendmal zu gut für diefe
Welt, und Lucidor paßte ganz vorzüglich in diefe Welt
hinein. In Wirklichkeit war Arabella das Ebenbild ihres
verftorbenen Vaters: eines ftolzen, unzufriedenen und un-
geduldigen, fehr fchónen Meníchen, der leicht verachtete,
aber feine Verachtung in einer ausgezeichneten Form ver-
hüllte, von Männern refpektiert oder beneidet und von
vielen Frauen geliebt wurde und eines trockenen Gemütes
34
war. Der kleine Lucidor dagegen hatte nichts als Herz.
Aber ich will lieber gleich an diefer Stelle fagen, daß Lu-
cidor kein junger Herr, fondern ein Madchen war und
Lucile hieß. Der Einfall, Ше jüngere Tochter für die
Zeit des Wiener Aufenthaltes als ,,travefti auftreten zu
laffen, war, wie alle Einfälle der Frau von Murska, blitz-
artig gekommen und hatte doch zugleich die komplizier-
teften Hintergründe und Verkettungen. Hier war vor
allem der Gedanke im Spiel, einen ganz merkwürdigen
Schachzug gegen einen alten, myfteriöfen, aber glück-
. licherweife wirklich vorhandenen Onkel zu führen, der in
Wien lebte und um deffentwillen — alle diefe Hoffnungen
und Kombinationen waren äußerft vage — fie vielleicht im
Grunde gerade diefe Stadt zum Aufenthalt gewählt hatte.
Zugleich hatte aber die Verkleidung auch noch andere,
ganz reale, ganz im Vordergrund liegende Vorteile. Es
lebte fich leichter mit einer Tochter als mit zweien von
. Richt ganz gleichem Alter; denn die Madchen waren
. immerhin faít vier Jahre auseinander; man kam (о mit
. einem kleineren Aufwand durch. Dann war es eine noch
beffere, noch richtigere Pofition für Arabella, die einzige
Tochter zu fein als die ältere; und der recht hübfche kleine
» Bruder“, eine Art von Groom, gab dem fchónen Wefen
noch ein Relief.
Ein paar zufällige Umftände kamen zuftatten: die Ein-
fille der Frau von Murska fufiten nie ganz im Unrealen,
he verknüpften nur in fonderbarer Weife das Wirkliche,
Gegebene mit dem, was ihrer Phantafie möglich oder ег-
reichbar fchien. Man hatte Lucile vor fünf Jahren — fie
machte damals, als elfjáhriges Kind, den Typhus durch —
35
thre fchönen Haare kurz fchneiden теп. Ferner war es
Luciles Vorliebe, im Herrenfitz zu reiten; es war eine Ge- |
wohnheit von der Zeit her, wo fie mit den kleinruffifchen
Bauernbuben die Gutspferde ungefattelt in Фе Schwemme
geritten hatte. Lucile nahm die Verkleidung hin, wie fie
manches andere hingenommen hätte. Ihr Gemüt war ge-
duldig, und auch das Abfurdefte wird ganz leicht zur Ge-
wohnheit. Zudem, da fie qualvoll fchüchtern war, ent-
zückte fie der Gedanke, niemals im Salon auftauchen und
das heranwachfende Mädchen fpielen zu müffen. Die alte
Kammerfrau war als einzige im Geheimnis; den fremden
Menfchen fiel nichts auf. Niemand findet leicht als erfter
etwas Auffälliges: denn es ift den Menfchen im allge-
meinen nicht gegeben, zu fehen, was ift. Auch hatte Lu-
cile wirklich knabenhaft fchmale Hüften und auch fonft
nichts, was zu fehr das Mädchen verraten hätte. In der
Tat blieb die Sache unenthüllt, ja unverdächtigt, und als
jene Wendung kam, die aus dem kleinen Lucidor eine
Braut oder fogar noch etwas Weiblicheres machte, war
alle Welt fehr erftaunt.
Natürlich blieb eine fo fchöne indi in jedem Sinne gut
ausfehende junge Perfon wie Arabella nicht lange ohne
einige mehr oder weniger erklarte Verehrer. Unter diefen
war Wladimir weitaus der bedeutendíte. Er fah vorzüg-
lich aus, hatte ganz befonders fchóne Hände. Er war mehr
als wohlhabend und vóllig unabhangig, ohne Eltern, ohne
Gefchwifter. Sein Vater war ein bürgerlicher öfterreichifcher
Offizier gewefen, feine Mutter eine Gräfin aus einer fehr
bekannten baltifchen Familie. Er war unter allen, die fich
mit Arabella befchäftigten, die einzige wirkliche „Partie“.
36
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- Dazu kam dann noch ein ganz befonderer Umftand, der
. Frau von Murska wirklich bezauberte. Gerade er war durch
- irgend welche Familienbeziehungen mit dem fo fchwer zu
behandelnden, fo unzugänglichen und fo äußerft wichtigen
. Onkel liiert, jenem Onkel, um deffentwillen man eigent-
lich in Wien lebte und um deffentwillen Lucile Lucidor
geworden war. Diefer Onkel, der ein ganzes Stockwerk
- des Buquoyfchen Palais in der Wallnerftraße bewohnte und
. früher ein fehr vielbefprochener Herr gewefen war, hatte Frau
von Murska fehr fchlecht aufgenommen. Obwohl fie doch
. wirklich die Witwe feines Neffen (genauer: feines Vaters-
_ Bruders-Enkels) war, hatte fie ihn doch erft bei ihrem
. dritten Befuch zu fehen bekommen und war darauf niemals
. auch nur zum Frühftück oder zu einer Taffe Tee einge-
. laden worden. Dagegen hatte er, ziemlich de mauvaise
. gráce, geftattet, daß man ihm Lucidor einmal fchicke. Es
. war die Eigenart des intereffanten alten Herrn, daß er
. Frauen nicht leiden konnte, weder alte noch junge. Da-
gegen beftand die unfichere Hoffnung, daß er fich für einen
Jungen Herrn, der immerhin fein Blutsverwandter war,
wenn er auch nicht denfelben Namen führte, irgendein-
mal in ausgiebiger Weife intereffieren könnte. Und felbft
diefe ganz unfichere Hoffnung war in einer höchft pre-
karen Lage unendlich viel wert. Nun war Lucidor tatfach-
lich einmal auf Befehl der Mutter allein hingefahren, aber
nicht angenommen worden, worüber Lucidor fehr glücklich
war, die Mutter aber aus der Faffung kam, befonders als
dann auch weiterhin nichts erfolgte und der koftbare Faden
abgeriffen fchien. Diefen wieder anzuknüpfen, war nun
Wladimir durch feine doppelte Beziehung wirklich der
37
providentielle Mann. Um die Sache richtig іп Gang zu
bringen, wurde in unauffalliger Weife Lucidor manchmal
zugezogen, wenn Wladimir Mutter und Tochter befuchte,
und der Zufall fügte es ausgezeichnet, daß Wladimir an
dem Burfchen Gefallen fand und ihn fchon bei der erften
Begegnung aufforderte, hie und da mit ihm auszureiten, was
nach einem rafchen, zwifchen Arabella und der Mutter
gewechfelten Blick dankend angenommen wurde. Whadi-
mirs Sympathie für den jüngeren Bruder einer Perfon, in
die er recht fehr verliebt war, war nur felbftverftändlich;
auch gibt es kaum etwas Angenehmeres als den Blick un-
verhohlener Bewunderung aus den Augen eines netten vier-
zehnjährigen Burfchen.
Frau von Murska war mehr und mehr auf den Knien vor
Wladimir. Arabella machte das ungeduldig wie die mei-
ften Haltungen ihrer Mutter, und faft unwillkürlich, ob-
wohl fie Wladimir gern fah, fing fie an, mit einem feiner
Rivalen zu kokettieren, dem Herrn von Imfanger, einem
netten und ganz eleganten Tiroler, halb Bauer, halb Gen-
tilhomme, der als Partie aber nicht einmal in Frage kam.
Als die Mutter einmal fchüchterne Vorwürfe wagte, daß
Arabella gegen Wladimir fich nicht fo betrage, wie er ein
Recht hätte, es zu erwarten, gab Arabella eine abweifende
Antwort, worin viel mehr Geringfchätzung und Kälte gegen
Wladimir pointiert war, als fie tatfächlich fühlte. Lucidor-
Lucile war zufällig zugegen. Das Blut fchoß ihr zum Her-
zen und verließ wieder jäh das Herz. Ein fchneidendes
Gefühl durchzuckte fie: fie fühlte Angft, Zorn und Schmerz
in einem. Uber die Schwefter erftaunte fie dumpf. Ara-
bella war ihr immer fremd. In diefem Augenblick erfchien
38
fie ihr faft graufig, und fie hätte nicht fagen können, ob fie
fie bewunderte oder һа В е. Dann löfte fich alles in ein
fchrankenlofes Leid. Sie ging hinaus und fperrte fich in
ihr Zimmer. Wenn man ihr gefagt hätte, daß fie einfach
W ladimir liebte, hätte fie es vielleicht nicht verftanden.
Sie handelte, wie fie mußte, automatifch, indeffen ihr Trä-
nen herunterliefen, deren wahren Sinn fie nicht verftand.
Sie fetzte fich hin und fchrieb einen glühenden Liebesbrief
an Wladimir. Aber nicht für fich, für Arabella. Daß ihre
Handfchrift der Arabellas zum Verwechfeln ähnlich war,
hatte fie oft verdroffen. Gewaltfam hatte fie fich eine an-
dere, recht häßliche Handfchrift angewöhnt. Aber fie
konnte fich der früheren, die ihrer Hand eigentlich gemäß
war, jederzeit bedienen. Ja, im Grunde fiel es ihr leichter,
fo zu fchreiben. Der Brief war, wie er nur denen gelingt,
die an nichts denken und eigentlich außer fich find. Er
desavouierte Arabellas ganze Natur: aber das war ja, was
er wollte, was er follte. Er war fehr unwahrfcheinlich,
aber ebendadurch wieder in gewiffer Weife wahrfcheinlich
als der Ausdruck eines gewaltfamen inneren Umfturzes.
Wenn Arabella tief und hingebend zu lieben vermocht
hatte und fich deffen in einem jahen Durchbruch mit einem
Schlage bewußt worden wäre, fo hätte fie fich allenfalls fo
ausdrücken und mit diefer Kühnheit und glühenden Ver-
achtung von fich felber, von der Arabella, die jedermann
kannte, reden kónnen. Der Brief war fonderbar, aber immer-
hin auch für einen kalten, gleichgültigen Lefer nicht ganz
unmóglich als ein Brief eines verborgen leidenfchaftlichen,
fchwer berechenbaren Mädchens. Für den, der verliebt ift,
ift zudem die Frau, die er liebt, immer ein unberechenbares
39
Wefen. Und fchließlich war es der Brief, den zu empfan-
gen ein Mann in feiner Lage im ftillen immer wünfchen
und für möglich halten kann. Ich nehme hier vorweg, daß
der Brief auch wirklich in Wladimirs Hände gelangte:
dies erfolgte in der Гас fchon am nächften Nachmittag,
auf der Treppe, unter leifem Nachfchleichen, vorfichtigem
Anrufen, Flüftern von Lucidor als dem aufgeregten, un-
gefchickten, vermeintlichen poftillon d’amour feiner fchö-
nen Schwefter. Ein Poftfkriptum war natürlich beigefügt:
es enthielt die dringende, ja flehende Bitte, fich nicht zu
erzürnen, wenn fich zunächft in Arabellas Betragen weder
gegen den Geliebten noch gegen andere auch nur die
leifefte Veränderung würde wahrnehmen laffen. Auch er
werde hoch und teuer gebeten, fich durch kein Wort, nicht
einmal durch einen Blick, merken zu laffen, daß er fich
zärtlich geliebt wiffe.
Es vergehen ein paar T'age, in denen Wladimir mit Ara-
bella nur kurze Begegnungen hat, und niemals unter vier
Augen. Er begegnet ihr, wie fie es verlangt hat; fie be-
gegnet ihm, wie fie es vorausgefagt hat. Er fühlt fich glück-
lich und unglücklich. Er weiß jetzt егі, wie gern er fie
hat. Die Situation ift danach, ihn grenzenlos ungeduldig
zu machen. Lucidor, mit dem er jetzt taglich reitet, in
deffen Gefellfchaft faft noch allein ihm wohl ift, merkt
mit Entzücken und mit Schrecken die Veránderung im
Wefen des Freundes, die wachfende heftige Ungeduld. Es
folgt ein neuer Brief, faft noch zärtlicher als der erfte, eine
neue rührende Bitte, das vielfach bedrohte Glück der fchwe-
benden Lage nicht zu ftóren, fich diefe Geftandniffe ge-
nügen zu laffen und hóchftens fchriftlich, durch Lucidors
40
|
|
|
|
- - ——— DS SE
Hand, zu erwidern. Jeden zweiten, dritten Tag geht jetzt
ein Brief hin oder her. Wladimir hat glückliche Tage und
Lucidor auch. Der Ton zwifchen den beiden ift verändert,
fie haben ein unerfchöpfliches Gefprächsthema. Wenn fie
in irgendeinem Gehölz des Praters vom Pferd geítiegen
find und Lucidor feinen neueften Brief übergeben hat, be-
obachtet er mit angftvoller Luft die Züge des Lefenden.
Manchmal ftellt er Fragen, die faft indiskret find; aber die
Erregung des Knaben, der in diefe Liebesfache verftrickt
ift, und feine Klugheit, ein Etwas, daß ihn täglich hübfcher
und zarter ausfehen macht, amüfiert Wladimir, und er muß
fich eingeftehen, daß es ihm, der fonft verfchloffen und
hochmitig ift, hart ankäme, nicht mit Lucidor über Ara-
bella zu fprechen. Lucidor pofiert manchmal auch den
Mädchenfeind, den kleinen, altklugen und in kindifcher
Weife zynifchen Burfchen. Was er da vorbringt, ift durch-
aus nicht banal; denn er weiß einiges von dem darunter
zu mifchen, was die Ärzte „introfpektive Wahrheiten“
nennen. Aber Wladimir, dem es nicht an Selbitgefühl
mangelt, weiß ihn zu belehren, daß die Liebe, die er ein-
flöße und die er einem folchen Wefen wie Arabella ein-
flöße, von ganz eigenartiger, mit nichts zu vergleichender
Befchaffenheit fei. Lucidor findet Wladimir in folchen
Augenblicken um fo bewundernswerter und fich felbft klein
und erbärmlich. Sie kommen aufs Heiraten, und diefes
Thema ift Lucidor eine Qual, denn dann befchäftigt fich.
Wladimir faft ausfchließlich mit der Arabella des Lebens
anftatt mit der Arabella der Briefe. Auch fürchtet Luci-
dor wie den Tod jede Entfcheidung, jede einfchneidende
Veränderung. Sein einziger Gedanke ift, die Situation fo
41
hinzuziehen. Es ift nicht zu fagen, was das arme Gefchöpf
aufbietet, um die äußerlich und innerlich fo prekäre Lage
durch Tage, durch Wochen — weiter zu denken, fehlt ihm
die Kraft — in einem notdürftigen Gleichgewicht zu er-
halten. Da ihm nun einmal die Miffion zugefallen ift, bei
dem Onkel etwas für die Familie auszurichten, fo tut er
fein mögliches. Manchmal geht Wladimir mit; der Onkel
ift ein fonderbarer alter Herr, den es offenbar amüfiert,
fich vor jüngeren Leuten keinen Zwang anzutun, und feine
Konverfation ift derart, daß eine folche Stunde für Luci-
dor eine wahrhaft qualvolle kleine Prüfung bedeutet. Da-
bei fcheint dem Alten kein Gedanke ferner zu liegen als
der, irgend etwas für feine Anverwandten zu tun. Lucidor
kann nicht lügen und móchte um alles feine Mutter be-
fchwichtigen. Die Mutter, je tiefer ihre Hoffnungen, die fie
auf den Onkel gefetzt hatte, finken, fieht mit um fo grö-
Serer Ungeduld, daf? fich zwifchen Arabella und Wladimir
nichts der Entfcheidung zu nähern fcheint. Die unglück-
feligen Perfonen, von denen fie im Geldpunkt abhangig
ift, fangen an, ihr die eine wie die andere diefer glanzenden
Ausfichten als non- valeur in Rechnung zu ftellen. Ihre
Angft, ihre mühfam verhohlene Ungeduld teilt fich allen mit,
am meiften dem armen Lucidor, in deffen Kopf fo unver-
trägliche Dinge durcheinander hingehen. Aber er foll in der
feltfamen Schule des Lebens, in die er fich nun einmal begeben
hat, einige noch fubtilere und fchärfere Lektionen empfangen.
Das Wort von einer Doppelnatur Arabellas war niemals
ausdrücklich gefallen. Aber der Begriff ergab fich von felbft:
die Arabella des Tages war ablehnend, kokett, präzis, felbft-
ficher, weltlich und trocken faft bis zum Ехге0, die Arabella
42
der Nacht, die bei einer Kerze an den Geliebten fchrieb, war
hingebend, fehnfüchtig faft ohne Grenzen. Zufällig oder
gemäß dem Schickfal entfprach dies einer ganz geheimen
Spaltung auch in Wladimirs Wefen. Auch er hatte, wie
jedes befeelte Wefen, mehr oder minder feine Tag- und
Nachtfeite. Einem etwas trockenen Hochmut, einem Ehr-
geiz ohne Niedrigkeit und Streberei, der aber hochgefpannt
und ftändig war, ftanden andere Regungen gegenüber, oder
eigentlich ftanden nicht gegenüber, fondern duckten fich
ins Dunkel, fuchten fich zu verbergen, waren immer be-
reit, unter die dimmernde Schwelle ins Kaumbewufite hinab-
zutauchen. Eine phantafievolle Sinnlichkeit, die fich etwa
auch in ein Tier hineintráumen konnte, in einen Hund,
in einen Schwan, hatte zu Zeiten feine Seele faít ganz in
Befitz gehabt. Diefer Zeiten des Überganges vom Knaben
zum Jüngling erinnerte er fich nicht gerne. Aber irgend
etwas davon war immer in ihm, und diefe verlaffene, auch
von keinem Gedanken überflogene, mit Willen veródete
Nachtíeite feines Wefens beftrich nun ein dunkles, ge-
heimnisvolles Licht: die Liebe der unfichtbaren, anderen
Arabella. Wäre die Arabella des Tages zufällig feine Frau
gewefen oder feine Geliebte geworden, er wäre mit ihr
immer ziemlich terre à terre geblieben und hätte fich felbft
nie konzediert, den Phantasmen einer mit Willen unter-
drückten Kinderzeit irgend welchen Raum in feiner Exiftenz
zu gónnen. Ап die im Dunklen Lebende dachte er in
anderer Weife und fchrieb ihr in anderer Weife. Was hatte
Lucidor tun follen, als der Freund begehrte, nur irgend-
ein Mehr, ein lebendigeres Zeichen zu empfangen als diefe
Zeilen auf weißem Papier? Lucidor war allein mit feiner
43
Bangigkeit, feiner Verworrenheit, feiner Liebe. Die Ara-
bella des Tages half ihm nicht. Ja, es war, als fpielte fie,
von einem Dämon angetrieben, gerade gegen ihn. Je kälter,
fprunghafter, weltlicher, koketter fie war, defto mehr er-
hoffte und erbat Wladimir von der anderen. Er bat fo gut,
daß Lucidor zu verfagen nicht den Mut fand. Hätte er ihn
gefunden, es hätte feiner zärtlichen Feder an der Wendung
gefehlt, die Abfage auszudrücken. Es kam eine Nacht, in
der Wladimir denken durfte, von Arabella in Lucidors
Zimmer empfangen, und wie empfangen worden zu fein.
Es war Lucidor irgendwie gelungen, das Fenfter nach deı
Kärntnerftraße fo völlig zu verdunkeln, daß man nicht die
Hand vor den Augen fah. Daß man die Stimmen zum
unhörbarften Flüftern abdämpfen mußte, war klar: nur
eine einfache Tür trennte von der Kammerfrau. Wo
Lucidor die Nacht verbrachte, blieb ungefagt: doch war
er offenbar nicht im Geheimnis, fondern man hatte gegen
ihn einen Vorwand gebraucht. Seltfam war, daß Arabella
ihr fchönes Haar in ein dichtes T'uch feft eingewunden trug
und der Hand des Freundes fanft, aber beftimmt verfagte,
das Tuch zu löfen. Aber dies war faft das einzige, das fie
verfagte. Es gingen mehrere Nächte hin, die diefer Nacht
nicht glichen, aber es folgte wieder eine, die ihr glich, und
Wladimir war fehr glücklich. Vielleicht waren dies die
glücklichften Tage feines ganzen Lebens. Gegen Arabella,
wenn er unter Tags mit ihr zufammen ift, gibt ihm die
Sicherheit feines nächtlichen Glückes einen eigenen Ton.
Er lernt eine befondere Luft darin finden, daß fie bei Тар
fo unbegreiflich anders ift; ihre Kraft über fich felber, daß
fie niemals auch nur in einem Blick, einer Bewegung fich
44
vergißt, hat etwas Bezauberndes. Er glaubt zu bemerken,
daß fie von Woche zu Woche um fo kälter, gegen ihn ift,
je zärtlicher fie fich in den Nächten gezeigt hat. Er will
2 jedenfalls nicht weniger gefchickt, nicht weniger beherrfcht
erfcheinen. Indem er diefem geheimnisvoll ftarken weib-
lichen Willen fo unbedingt fich fügt, meint er, das Glück
feiner Nächte einigermaßen zu verdienen. Er fängt an,
gerade aus ihrem doppelten Wefen den ftärkften Genuß
zu ziehen. Daß ihm die gehöre, die ihm fo gar nicht zu
gehören fcheint; daß die gleiche, welche fich grenzenlos
zu verfchenken verfteht, in einer folchen unberührten, un-
berührbaren Gegenwart fich zu behaupten weiß, dies wirk-
lich zu erleben, ift fchwindelnd, wie der wiederholte Trunk
aus einem Zauberbecher. Er fieht ein, daß er dem Schickfal
auf den Knien danken müffe, in einer fo einzigartigen,
dem Geheimnis feiner Natur abgelaufchten Weife beglückt
zu werden. Er fpricht es überítrómend aus, gegen fich felber,
auch gegen Lucidor. Es gibt nichts, was den armen Lucidor
im Innerften tódlicher erfchrecken kónnte.
Arabella indeffen, die wirkliche, hat fich gerade in diefen
Wochen von Wladimir fo entíchieden abgewandt, daß er
es von Stunde zu Stunde bemerken müßte, hätte er nicht
den feltfamften Antrieb, alles falfch zu deuten. Ohne daß
er fich geradezu verrät, fpürt fie zwifchen fich und ihm
ein Etwas, das früher nicht war. Sie hat fich immer mit
ihm verftanden, fie verfteht fich auch noch mit ihm; ihre
Tagfeiten find einander homogen; fie könnten eine gute
Vernunftehe führen. Mit Herrn von Imfanger verfteht fie
fich nicht, aber er gefällt ihr. Daß Wladimir ihr in diefem
Sinne nicht gefällt, fpürt fie nun ftärker; jenes unerklärliche
45
Etwas, das von ihm zu ihr zu vibrieren fcheint, macht
fie ungeduldig. Es ift nicht Werbung, auch nicht Schmei-
chelei; fie kann fich nicht klar werden, was es ift, aber
fie goutiert es nicht. Imfanger muß fehr wohl wiffen,
daß er ihr gefällt. Wladimir glaubt feinerfeits noch ganz
andere Beweife dafür zu haben. Zwifchen den beiden jun-
gen Herren ergibt fich die fonderbarfte Situation. Jeder
meint, daß der andere doch alle Urfache habe, verftimmt
zu fein oder einfach das Feld zu räumen. Jeder findet die
Haltung, die ungeftörte Laune des andern im Grunde ein-
fach lächerlich. Keiner weiß, was er fich aus dem andern
machen foll, und einer hält den andern für einen ausge-
machten Geck und Narren.
Die Mutter ift in der qualvollften Lage. Mehrere Aus-
kunftsmittel verfagen. Befreundete Perfonen laffen fie im
Stich. Ein unter der Maske der Freundfchaft angebotenes
Darlehen wird rückfichtslos eingefordert. Die vehementen
Entfchlüffe liegen Frau von Murska immer fehr nahe. Sie
wird den Haushalt in Wien von einem Tag auf den an-
dern auflöfen, fich bei der Bekanntfchaft brieflich verab-
{chieden, irgendwo ein Afyl fuchen, und wäre es auf dem
fequeftrierten Gut im Haus der Verwaltersfamilie. Ara-
bella nimmt eine folche Entfchließung nicht angenehm
auf, aber Verzweiflung liegt ihrer Natur ferne. Lucidor
muß eine wahre, unbegrenzte Verzweiflung angítvoll in
fich verfchließen. Es waren mehrere Nächte vergangen,
ohne daß fie den Freund gerufen hätte. Sie wollte ihn
diefe Nacht wieder rufen. Das Gefpräch abends zwifchen
Arabella und der Mutter, der Entfchluß zur Abreife, die
Unmöglichkeit, die Abreife zu verhindern: dies alles trifft
46
Пе wie ein Keulenfchlag. Und wollte fie zu einem ver-
zweifelten Mittel greifen, alles hinter fich werfen, der
Mutter alles geftehen, dem Freund vor allem offenbaren,
wer die Arabella feiner Nächte gewefen ift, fo durchfährt
fie eifig die Furcht vor feiner Enttäufchung, feinem Zorn.
Sie kommt fich wie eine Verbrecherin vor, aber gegen ihn,
an die anderen denkt fie nicht. Sie kann ihn diefe Nacht
nicht fehen. Sie fühlt, daß fie vor Scham, vor Angft und
Verwirrung vergehen würde. Statt ihn in den Armen zu
halten, fchreibt fie an ihn, zum letztenmal. Es ift der de-
mütigfte, rührendíte Brief, und nichts paßt weniger zu ihm
als der Name Arabella, womit fie ihn unterfchreibt. Sie
hat nie wirklich gehofft, feine Gattin zu werden. Auch
kurze Jahre, ein Jahr als feine Geliebte mit ihm zu leben,
wäre unendliches Glück. Aber auch das darf und kann
nicht fein. Er foll nicht fragen, nicht in fie dringen, be-
fchwört fie ihn. Soll morgen noch zu Befuch kommen,
aber erft gegen Abend. Den übernächften Tag dann —
find fie vielleicht fchon abgereift. Später einmal wird er
vielleicht erfahren, begreifen, fie möchte hinzufügen: ver-
zeihen, aber das Wort fcheint ıhr in Arabellas Mund zu
unbegreiflich, fo fchreibt fie es nicht. Sie fchläft wenig,
fteht früh auf, fchickt den Brief durch den Lohndiener des
Hotels an Wladimir. Der Vormittag vergeht mit Packen.
Nach Tifch, ohne etwas zu erwähnen, fährt fie zu dem
Onkel. Nachts ift ihr der Gedanke gekommen. Sie würde
die Worte, die Argumente finden, den fonderbaren Mann
zu erweichen. Das Wunder würde gefchehen und diefer
feftverfchnürte Geldbeutel fich öffnen. Sie denkt nicht
an die Realitát diefer Dinge, nur an die Mutter, an die
47
Situation, an ihre Liebe. Mit dem Geld oder dem Brief in
der Hand würde fie der Mutter zu Füßen fallen und als ein-
zige Belohnung erbitten — was? — ihr übermüdeter, ge-
quälter Kopf verfagt beinahe — ja! nur das Selbftverftänd-
liche: daß man in Wien bliebe, daß alles bliebe, wie es ift.
Sie findet den Onkel zu Haufe. Die Details diefer Szene,
die recht fonderbar verläuft, follen hier nicht erzählt wer-
den. Nur dies: fie erweicht ihn tatfächlich — er ift nahe
daran, das Entfcheidende zu tun, aber eine greifenhafte
Grille wirft den Entfchluß wieder um: er wird fpäter
etwas tun, wann, das beftimmt er nicht, und damit bafta.
Sie fährt nach Haufe, fchleicht die Treppe hinauf, und in
ihrem Zimmer, zwifchen Schachteln und Koffern, auf dem
Boden hockend, gibt fie fich ganz der Verzweiflung hin.
Da glaubt fie, im Salon Wladimirs Stimme zu hören. Auf
den Zehen fchleicht fie hin und horcht. Es ift wirklich
Wladimir — mit Arabella, die mit ziemlich erhobenen
Stimmen im fonderbarften Dialog begriffen find.
Wladimir hat am Vormittag Arabellas geheimnisvollen
Abfchiedsbrief empfangen. Nie hat etwas fein Herz fo
getroffen. Er fühlt, daß zwifchen ihm und ihr etwas
Dunkles ftehe, aber nicht zwifchen Herz und Herz. Er
fühlt die Liebe und die Kraft ın fich, es zu erfahren, zu
begreifen, zu verzeihen, fei es, was es fei. Er hat die un-
vergleichliche Geliebte feiner Nächte zu lieb, um ohne fie
zu leben. Seltfamerweife denkt er gar nicht an die wirk-
liche Arabella, faft kommt es ihm fonderbar vor, daß fie
es fein wird, der er gegenüberzutreten hat, um fie zu be-
Íchwichtigen, aufzurichten, fie ganz und für immer zu ge-
winnen. Er kommt hin, findet im Salon die Mutter allein.
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Sodoma: Porträt Rafaels.
Sie ift aufgeregt, wirr und phantaftifch wie nur je. Er ift
anders, als fie ihn je gelehen hat. Er küßt ihr die Hände,
er fpricht, alles in einer gerührten befangenen Weife. Er
bittet fie, ihm ein Gefpräch unter vier Augen mit Arabella
zu geftatten. Frau von Murska ift entzückt und ohne Über-
gang in allen Himmeln. Das Unwahrfcheinliche ift ihr
Element. Sie eilt, Arabella zu holen, dringt in fie, dem
edlen jungen Mann nun, wo alles fich fo herrlich ge-
wendet, ihr Ja nicht zu verfagen. Arabella ift maßlos er-
ftaunt. „Ich ftehe durchaus nicht fo mit ihm“, fagt fie
kühl. „Man ahnt nie, wie man mit Männern fteht*, ent-
gegnet ihr die Mutter und fchickt fie in den Salon. Wla-
dimir ift verlegen, ergriffen und glühend. Arabella findet
mehr und mehr, daß Herr von Imfanger recht habe, Wla-
dimir einen fonderbaren Herrn zu finden. Wladimir, durch
ihre Kühle aus der Faffung, bittet fie, nun endlich die
Maske fallen zu laffen. Arabella weiß durchaus nicht,
was fie fallen laffen foll. Wladimir wird zugleich zärt-
lich und zornig, eine Mifchung, die Arabella fo wenig
goutiert, daß fie fchließlich aus dem Zimmer läuft und ihn
allein ftehen läßt. Wladimir in feiner maßlofen Verblüf-
fung ift um fo näher daran, fie für verrückt zu halten, als
he ihm foeben angedeutet hat, fie halte ihn dafür und fei
mit einem Dritten über diefen Punkt ganz einer Meinung.
Wladimir würde in diefem Augenblick einen fehr ratlofen
Monolog halten, wenn nicht die andere Tür aufginge und
die fonderbarfte Erfcheinung auf ihn zuftürzte, ihn um-
Ichlänge, an ihm herunter zu Boden glitte. Es ift Lucidor,
aber wieder nicht Lucidor, fondern Lucile, ein liebliches
und in Tranen gebadetes Madchen, in einem Morgenanzug
49
Arabellas, das bubenhaft kurze Haar unter einem dichten
Seidentuch verborgen. Es ift fein Freund und Vertrau-
ter, und zugleich feine geheimnisvolle Freundin, feine
Geliebte, feine Frau. Einen Dialog, wie der fich nun
entwickelnde, kann das Leben hervorbringen und die Ko-
тӛфе nachzuahmen verfuchen, aber niemals die Erzäh-
lung.
Ob Lucidor nachher wirklich Wladimirs Frau wurde
oder bei Tag und in einem anderen Land das blieb, was
fie in dunkler Nacht fchon gewefen war, feine glückliche
Geliebte, fei gleichfalls hier nicht aufgezeichnet.
Es könnte bezweifelt werden, ob Wladimir ein genug
wertvoller Menfch war, um fo viel Hingabe zu verdienen.
Aber jedenfalls hätte fich die ganze Schönheit einer be-
dingungslos hingebenden Seele, wie Luciles, unter anderen
als fo feltíamen Umftänden nicht enthüllen können.
WEIHE AN DAS ADRIATISCHE MEER / VON
GABRIELE D’ANNUNZIO
U DIR, o Gott, dem großen fchreckensreichen,
Ruf ich, zu dem die Väter fchrien im Kampf
Auf Deck: hier lodern Scheiterhaufen dir und Flammen-
zeichen.
Von Pola und von des Quarnero Seiten
Fällt ich die ftolze Tanne, bittern Lorbeer
Und heilige Eichen mit den rafchen Streichen zwiefacher
Schneiden;
so
|
Und als ich fchmückte Mafte, Rah und Schoten
Und das Gebälk des Rumpfes mit dem Reis,
Dem nimmerwelkenden, des Siegs, gedacht ich all der
Toten;
Gedachte all der Toten, unfrer Toten
Am Grund des Meeres; aller unfrer Toten
Am Grund des Meeres, das verfchlang die Tapfern famt
ihren Booten.
Allein ich fagte: der du weckft die Heere
Der Völker, Herr mein Gott, und fie zermalmft,
Es werden leben, werden leben die, die über Meere
Verkünden deine Größe; über Meere
Verkünden deinen Ruhm; die über Meere
Dir opfern Blut und Myrrhen vom Altar, der trägt das
Roftrum.
Durch alle Ozeane — Fiat mare noftrum!
Amen.
Zu dem Drama „Das Schiff“,
übertragen von R. G. Binding.
ZWEI GEDICHTE VON HANS CAROSSA
ERLEBNIS
CHON befchleicht die grauen Kronen
Deines Eichwalds ein Erglühen,
Alles blaut von Anemonen,
Silbertrunken Wolken ziehen.
Jeder Hauch wirft fchwanke Sterne
Durch die Wipfel auf das Moos,
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Und im goldnen Trug дег Ferne
Scheint dir deine Welt fo groß...
Aber ftaunend ftehít du (Ше:
Dir zu Füßen tief im Wald
Ragt aus junger Gräfer Fülle
Eines Wefens Mißgetftalt.
Wächft ein Rüffel, drohen Krallen
Dir aus diefem bleichen Schaft,
Der den regen Gräfern allen
Starr voranfchießt, vipernhaft?
Draußen lockts aus hellen Weiten,
Doch gebannt mußt du dich bücken,
Diefen Irrwuchs dir zu deuten, —
Da erkennft du zum Entzücken
Klar wie hier ein neues Leben
Seiner Unform fich entwindet,
Eines Farnftocks Trieb, der eben
Leis den künftigen Fittich kündet....
Und du fühlft, wie du auf Erden
Kaum als Kind fo warm empfunden,
Fühlft ein fremdes, niedres Werden
Dir ganz nah, dir blutverbunden.
Schuppen fallen von dir nieder,
Du Бергей! с den Muttergeift,
Der den dumpfiten deiner Brüder
Heilig wie dich felbft durchkreift.
Und du ftehft, und all dein Schauen
Kehrt іп ftolze Demut fich,
Ein unendliches Vertrauen,
Erdefohn, durchfchüttert dich...
BEGEGNUNG
ERGESSEN war dein trotzig müdes Lächeln,
Der Mund, der herbftlich (chon umfremdete....
Selbft meine Träume hatten dich vergeffen.
Doch geítern abends kamft du mir entgegen
Mit deinem Strauß verregneter Schneeglóckchen,
Ganz glücklos blickend auf den Wanderer...
Die Bergesnähen róteten im Winde,
Ich ftand am Strom, horchend dem Sang der Schollen,
Du näherteft ein wenig dein Geficht
Dem leicht erhobnen Strauß, als ob du dich
Zu einem Gruße neigen und zugleich
Den Duft der naffen Blumen fpüren wollteft.
Ein Licht aus Wolken wob dich ein, veredelnd,
Daß du ganz jung mir fchienft, — o freu dich, Frau:
So jung wirft du nun immer in mir leben!
AUS DEN AUFZEICHNUNGEN DES MALTE
LAURIDS BRIGGE / VON RAINER MARIA
RILKE |
І
ENN ich nach Наше denke, wo nun niemand
mehr ift, dann glaube ich, das muß früher anders
gewefen fein. Früher wußte man (oder vielleicht man ahnte
53
es), daß man den Tod іп fich hatte wie die Frucht den
Kern. Die Kinder hatten einen kleinen in fich und die
Erwachfenen einen großen. Die Frauen hatten ihn im
Schoß und die Männer in der Bruft. Den hatte man,
und das gab einem eine eigentümliche Würde und einen
stillen Stolz.
Meinem Großvater noch, dem alten Kammerherrn Brigge,
fah man es an, daß er einen Tod in fich trug. Und was
war das für einer: zwei Monate lang und fo laut, daß man
ihn hörte bis aufs Vorwerk hinaus.
Das lange, alte Herrenhaus war zu klein für diefen Tod,
es fchien, als müßte man Flügel anbauen, denn der Körper
des Kammerherrn wurde immer größer, und er wollte fort-
während aus einem Raum in den anderen getragen fein und
geriet in fürchterlichen Zorn, wenn der Tag noch nicht
zu Ende war, und es gab kein Zimmer mehr, in dem er
nicht fchon gelegen hatte. Dann ging es mit dem ganzen
Zuge von Dienern, Jungfern und Hunden, die er immer
um fich hatte, die Treppe hinauf und, unter Vorantritt
des Haushofmeifters, in feiner hochseligen Mutter Sterbe-
zimmer, das ganz іп dem Zuftande, in dem fie es vor drei-
undzwanzig Jahren verlaffen hatte, erhalten worden war
und das fonft nie jemand betreten durfte. Jetzt brach die
ganze Meute dort ein. Die Vorhänge wurden zurück-
gezogen, und das robufte Licht eines Sommernachmittags
unterfuchte alle die fcheuen, erfchrockenen Gegenftände
und drehte fich ungefchickt um in den aufgeriffenen Spie-
geln. Und die Leute machten es ebenfo. Es gab da Zo-
fen, die vor Neugierde nicht wußten, wo ihre Hände fich
gerade aufhielten, junge Bediente, die alles anglotzten, und
54
^ e O 2. c A —— M — ` A — -——— ——— — A сты...
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ältere Dienftleute, die herumgingen und fich zu erinnern
fuchten, was man ihnen von diefem verfchloffenen Zim-
mer, in dem fie fich nun glücklich befanden, alles erzählt
hatte.
Vor allem aber fchien den Hunden der Aufenthalt in
einem Raum, wo alle Dinge rochen, ungemein anregend.
Die großen, fchmalen ruffifchen Windhunde liefen be-
fchaftigt hinter den Lehnftühlen hin und her, durchquerten
in langem Tanzfchritt mit wiegender Bewegung das Ge-
. mach, hoben fich wie Wappenhunde auf und fchauten,
die fchmalen Pfoten auf das weißgoldene Fenfterbrett ge-
ftützt, mit fpitzem, gefpanntem Geficht und zurückgezo-
gener Stirn nach rechts und nach links in den Hof. Kleine,
handfchuhgelbe Dachshunde faßen, mit Gefichtern, als wäre
alles ganz in der Ordnung, in dem breiten, feidenen Polfter-
feffel am Fenfter, und ein ftichelhaariger, mürrifch aus-
fehender Hühnerhund rieb feinen Rücken an der Kante
eines goldbeinigen Tifches, auf deffen gemalter Platte die
Sevrestaflen zitterten.
Ja, es war für diefe geiftesabwefenden, verfchlafenen
Dinge eine fchreckliche Zeit. Es paffierte, daß aus Bü-
chern, die irgendeine haftige Hand ungefchickt geöffnet
hatte, Rofenblätter heraustaumelten, die zertreten wurden;
kleine, fchwächliche Gegenftände wurden ergriffen und,
nachdem fie fofort zerbrochen waren, fchnell wieder hin-
gelegt, manches Verbogene auch unter Vorhänge gefteckt
oder gar hinter das goldene Netz des Kamingitters ge-
worfen. Und von Zeit zu Zeit fiel etwas, fiel verhüllt auf
den Teppich, fiel hell auf das harte Parkett, aber es zer-
fchlug da und dort, zersprang fcharf oder brach faft laut-
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los auf, denn diefe Dinge, verwöhnt wie fie waren, ver-
trugen keinerlei Fall.
Und wire es jemandem eingefallen zu fragen, was die
Urfache von alledem fei, was über diefes ängftlich gehütete
Zimmer alles Untergangs Fülle herabgerufen habe, — fo
hätte es nur eine Antwort gegeben: der Той.
Der Tod des Kammerherrn Chriftoph Detlev Brigge
auf Ulsgaard. Denn diefer lag, groß über feine dunkel-
blaue Uniform hinausquellend, mitten auf dem Fußboden
und rührte fich nicht. In feinem großen, fremden, nie-
mandem mehr bekannten Geficht waren die Augen zu-
gefallen: er fah nicht, was gefchah. Man hatte zuerft ver-
fucht, ihn auf das Bett zu legen, aber er hatte fich da-
gegen gewehrt, denn er haßte Betten feit jenen erften Näch-
ten, in denen feine Krankheit gewachfen war. Auch hatte
fich das Bett da oben als zu klein erwiefen, und da war
nichts anderes übriggeblieben, als ihn fo auf den Teppich
zu legen; denn hinunter hatte er nicht gewollt.
Da lag er nun, und man konnte denken, daß er geftor-
ben fei. Die Hunde hatten fich, da es langfam zu däm-
mern begann, einer nach dem anderen durch die Türfpalte
gezogen, nur der Harthaarige mit dem mürrifchen Geficht
faß bei feinem Herrn, und eine von feinen breiten, zot-
tigen Vorderpfoten lag auf Chriftoph Detlevs großer, grauer
Hand. Auch von der Dienerfchaft ftanden jetzt die meiften
draußen in dem weißen Gang, der heller war als das Zim-
mer; die aber, welche noch drinnengeblieben waren, fahen
manchmal heimlich nach dem großen, dunkelnden Haufen
in der Mitte, und fie wünfchten, daß das nichts mehr wäre
als ein großer Anzug über einem verdorbenen Ding.
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й ҮЗ LÁ
Aber es war noch etwas. Es war eine Stimme, die
Stimme, die noch vor fieben Wochen niemand gekannt
hatte: denn es war nicht die Stimme des Kammerherrn.
Nicht Chriftoph Detlev war es, welchem diefe Stimme ge-
hörte, es war Chriftoph Detlevs Tod.
Chriftoph Detlevs Tod lebte nun fchon feit vielen, vielen
‘Tagen auf Ulsgaard und redete mit allen und verlangte.
V erlangte, getragen zu werden, verlangte das blaue Zimmer,
verlangte den kleinen Salon, verlangte den Saal. Verlangte
die Hunde, verlangte, daß man lache, fpreche, fpiele und
ftill fei und alles zugleich. Verlangte Freunde zu fehen,
Frauen und Verftorbene, und verlangte felber zu fterben:
verlangte. Verlangte und fchrie.
Denn wenn die Nacht gekommen war und die von den
übermüden Dienftleuten, welche nicht Wache hatten, ein-
zufchlafen verfuchten, dann fchrie Chriftoph Detlevs Tod,
fchrie und ftöhnte, brüllte fo lange und anhaltend, daß die
Hunde, die zuerft mitheulten, verftummten und nicht wagten
fich hinzulegen und, auf ihren langen, fchlanken, zittern-
den Beinen ftehend, fich fürchteten. Und wenn fie es durch
die weite, filberne, dänifche Sommernacht im Dorfe hörten,
daß er brüllte, fo ftanden fie auf wie beim Gewitter, kleideten
fich an und blieben ohne ein Wort um die Lampe fitzen,
bis es vorüber war. Und alle taten ihr Tagewerk fchlecht
und vergaßen das Heu hereinzubringen, weil fie fich bei
‘Tage ángítigten vor der Nacht und weil fie vom vielen
Wachfein und vom erfchreckten Aufftehen fo ermattet
waren, daß fie fich auf nichts befinnen konnten. Und wenn
fie am Sonntag in die weiße, friedliche Kirche gingen, fo
beteten Йе, ез möge keinen Herrn mehr auf Ulsgaard geben:
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denn diefer war ein fchrecklicher Herr. Und was fie alle
dachten und beteten, das fagte der Pfarrer laut von der Kan-
zel herab, denn auch er hatte keine Nachte mehr und konnte
Gott nicht begreifen. Und die Glocke fagte es, die einen
furchtbaren Rivalen bekommen hatte, der die ganze Nacht
dröhnte und gegen den fie, felbft wenn fie aus allem Metall
zu läuten begann, nichts vermochte. Ja, alle fagten es,
und es gab einen unter den jungen Leuten, der geträumt
hatte, er wäre ins Schloß gegangen und hätte den gnädigen
Herrn erfchlagen mit feiner Miftforke, und fo aufgebracht
war man, fo zu Ende, fo überreizt, daß alle zuhörten, als
er feinen Traum erzählte, und ihn, ganz ohne es zu wiffen,
daraufhin anfahen, ob er folcher Tat wohl gewachfen fei.
So fühlte und fprach man in der ganzen Gegend, in der
man den Kammerherrn noch vor einigen Wochen geliebt
und bedauert hatte. Aber obwohl тап (о fprach, ver-
änderte fich nichts. Chriftoph Detlevs Тоа, der auf Uls-
gaard wohnte, ließ fich nicht drängen. Er war für zehn
Wochen gekommen, und die blieb er. Und während diefer
Zeit war er mehr Herr, als Chriftoph Detlev Brigge es je
gewefen war, er war wie ein Kónig, den man den Schreck-
lichen nennt, fpiter und immer.
Das war nicht der Tod irgendeines Wafferfüchtigen,
das war der bófe fürftliche Tod, den der Kammerherr fein
ganzes Leben lang in fich getragen und aus fich genährt
hatte. Alles Übermaß an Stolz, Willen und Herrenkraft,
das er felbft in feinen ruhigen T'agen nicht hatte verbrauchen
kónnen, war in feinen Tod eingegangen, іп den Tod, der
nun auf Ulsgaard fa und vergeudete.
Wie hatte der Kammerherr Brigge den angefehen, der
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von ihm verlangt hätte, er folle einen anderen Tod fterben
als diefen. Er ftarb feinen fchweren Tod.
2
N fpäteren Jahren gefchah es mir zuweilen nachts, daß
ich aufwachte, und die Sterne ftanden fo wirklich da und
gingen fo bedeutend vor, und ich konnte nicht begreifen,
wie man es über fich brachte, fo viel Welt zu verfäumen.
So ähnlich war mir, glaub ich, zumut, fooft ich von den
Büchern auffah und hinaus, wo der Sommer war, wo Abe-
lone rief. Es kam uns fehr unerwartet, daß fie rufen mußte
und daß ich nicht einmal antwortete. Es fiel mitten in
unfere feligfte Zeit. Aber da es mich nun einmal erfaßt
hatte, hielt ich mich krampfhaft ans Lefen und verbarg
mich, wichtig und eigenfinnig, vor unferen täglichen Feier-
tagen. Ungefchickt wie ich war, die vielen, oft unfchein-
baren Gelegenheiten eines natürlichen Glücks auszunutzen,
ließ ich mir nicht ungern von dem anwachfenden Zerwürf-
nis künftige Verföhnungen verfprechen, die defto reizender
wurden, je weiter man fie hinausfchob.
Übrigens war mein Lefefchlaf eines Tages fo plötzlich
zu Ende, wie er begonnen hatte; und da erzürnten wir
einander gründlich. Denn Abelone erfparte mir nun keinerlei
Spott und Überlegenheit, und wenn ich fie in der Laube
traf, behauptete fie zu lefen. An dem einen Sonntagmorgen
lag das Buch zwar gefchloffen neben ihr, aber fie fchien
mehr als genug mit den Johannisbeeren befchäftigt, die fie
vorfichtig mittels einer Gabel aus ihren kleinen Trauben
ftreifte.
Es muß dies eine von jenen T'agesfrühen gewefen fein,
59
wie es folche im Juli gibt, neue, ausgeruhte Stunden, in
denen überall etwas frohes Unüberlegtes gefchieht. Aus
Millionen kleinen ununterdrückbaren Bewegungen fetzt
fich ein Mofaik überzeugteften Dafeins zufammen; die
Dinge fchwingen ineinander hinüber und hinaus in die
Luft, und ihre Kühle macht den Schatten klar und die
Sonne zu einem leichten, geiftigen Schein. Da gibt es im
Garten keine Hauptfache; alles ift überall, und man müßte
in allem fein, um nichts zu verfäumen.
In Abelonens kleiner Handlung aber war das Ganze
nochmal. Es war fo glücklich erfunden, gerade dies zu
tun und genau fo, wie fie es tat. Ihre im Schattigen hellen
Hände arbeiteten einander fo leicht und einig zu, und vor
der Gabel fprangen mutwillig die runden Beeren her in die
mit tauduffem Weinblatt ausgelegte Schale hinein, wo
(сһоп andere fich häuften, rote und blonde, glanzlichternd,
mit gefunden Kernen im herben Innern. Ich wünfchte
unter diefen Umftänden nichts als zuzufehen, aber da es
wahrfcheinlich war, daß man mirs verwies, ergriff ich, auch
um mich unbefangen zu geben, das Buch, fetzte mich an
die andere Seite des Tifches und ließ mich, ohne lang zu
blättern, irgendwo damit ein.
„Wenn du doch wenigftens laut läfeft, Leferich“, fagte
Abelone nach einer Weile. Das klang lange nicht mehr
fo ftreitfüchtig, und da es, meiner Meinung nach, ernftlich
Zeit war fich auszugleichen, las ich fofort laut, immerzu
bis zu einem Abfchnitt und weiter, die nächfte Überfchrift:
An Bettine.
„Nein, nicht die Antworten“, unterbrach mich Abelone
und legte auf einmal wie erfchöpft die kleine Gabel nieder.
60
Gleich darauf lachte Пе über das Geficht, mit dem ich fie
anfah.
» Mein Gott, was haft du fchlecht gelefen, Malte.“
Da mußte ich nun zugeben, daß ich keinen Augenblick
bei der Sache gewefen fei. „Ich las nur, damit du mich
unterbrichft“, geftand ich und wurde heiß und blätterte
zurück nach dem Titel des Buches. Nun wußte ich erft,
was es war. „Warum denn nicht die Antworten?“ fragte
ich neugierig.
Es war, als hätte Abelone mich nicht gehört. Sie faß da
іп ihrem lichten Kleid, als ob fie überall innen ganz dunkel
würde, wie ihre Augen wurden.
„Gib her“, fagte fie plötzlich wie im Zorn und nahm mir
das Buch aus der Hand und fchlug es richtig dort auf, wo
fie es wollte. Und dann las fie einen von Bettinens Briefen.
Ich weiß nicht, was ich davon verftand, aber es war, als
würde mir feierlich verfprochen, diefes alles einmal einzu-
fehen. Und während ihre Stimme zunahm und endlich faft
jener glich, dieich vom Gefang her kannte, fchämte ich mich,
daß ich mir unfere Verföhnung fo gering vorgeftellt hatte.
Denn ich begriff wohl, daß fie das war. Aber nun gefchah
fie irgendwo ganz im Großen, weit über mir, wo ich nicht
hinreichte.
3:
ASVERSPRECHEN erfüllt fich noch immer, irgend-
wann ift dasfelbe Buch unter meine Bücher geraten,
unter die paar Bücher, von denen ich mich nichttrenne. Nun
{chlagt es fich auch mir an den Stellen auf, die ich gerade
meine, und wenn ich fie lefe, fo bleibt es unentfchieden,
61
ob ich ап Bettine denke oder ап Abelone. Nein, Bettine ift
wirklicher in mir geworden, Abelone, die ich gekannt habe,
war wie eine Vorbereitung auf fie, und nun ift fie mir in
Bettine aufgegangen wie in ihrem eigenen, unwillkürlichen
Wefen. Denn diefe wunderliche Bettine hat mit allen ihren
Briefen Raum gegeben, geräumigfte Geftalt. Sie hat von An-
fang an fich im ganzen fo ausgebreitet, als wär fie nach ihrem
Tod. Überall hat fie fich ganz weit ins Sein hineingelegt,
zugehörig dazu, und was ihr gefchah, das war ewig in der Na-
tur; dort erkannte Пе fich und löfte fich beinah fchmerzhaft
heraus; erriet fich mühfam zurück wie aus Überlieferungen,
befchwor fich wie einen Geift und hielt fich aus.
Eben warft du noch, Bettine; ich feh dich ein. Ift nicht
die Erde noch warm von dir, und die Vögel laffen noch
Raum für deine Stimme. Der Tau ift ein anderer, aber
die Sterne find noch die Sterne deiner Nächte. Oder ift
nicht die Welt überhaupt von dir? denn wie oft haft du
fie in Brand gefteckt mit deiner Liebe und haft fie lodern
fehen und aufbrennen und haft fie heimlich durch eine an-
dere erfetzt, wenn alle fchliefen. Du fühlteft dich fo recht
im Einklang mit Gott, wenn du jeden Morgen eine neue
Erde von ihm verlangteft, damit doch alle drankämen, die
er gemacht hatte. Es kam dir armfälig vor, fie zu fchonen
und auszubeffern, du verbrauchteft fie und hielteft die Hände
hin um immer noch Welt. Denn deine Liebe war allem
gewachfen. Я
Wie ift es möglich, daß nicht noch alle erzählen von
deiner Liebe? Was ift denn feither gefchehen, was merk-
würdiger war? Was befchäftigt fie denn? Du felber
wußteft um deiner Liebe Wert, du fagteft fie laut deinem
62
gröfßeften Dichter vor, daß er fie menfchlich mache; denn
fie war noch Element. Er aber hat fie den Leuten aus-
geredet, da ег dir fchrieb. Alle haben diefe Antworten
gelefen und glauben ihnen mehr, weil der Dichter ihnen
deutlicher ift als die Natur. Aber vielleicht wird es fich
einmal zeigen, daß hier die Grenze feiner Größe war.
Diefe Liebende ward ihm auferlegt, und er hat fie nicht
beftanden. Was heißt es, daß er nicht hat erwidern kön-
nen? Solche Liebe bedarf keiner Erwiderung, fie hat Lock-
ruf und Antwort in fich; fie erhört fich felbít. Aber de-
mütigen hätte er fich müffen vor ihr in feinem ganzen
Staat und fchreiben, was fie diktiert, mit beiden Händen,
wie Johannes auf Pathmos, kniend. Es gab keine Wahl
diefer Stimme gegenüber, die „das Amt der Engel verrich-
tete‘; die gekommen war, ihn einzuhüllen und zu ent-
ziehen ins Ewige hinein. Da war der Wagen feiner feu-
rigen Himmelfahrt. Da war feinem Tod der dunkle Mythos
bereitet, den er leer ließ.
HERBSTSONETT / VONSTEFAN ZWEIG
IE TAGE ftiegen längft die goldne Leiter
Des Sommers nieder. Spätglanz wärmt das Land.
Die Schatten wachfen früh und fallen breiter
Von allen Bäumen in des Abends Hand.
Im Laube glänzt noch, wie vom Wind verfchlagen,
Manch reife Frucht. Der Felder Bruft liegt bloß
Und Wolken, die fich weftwärts überjagen,
Machen den Himmel ernft und ruhelos.
63
Uber die Wälder, die fich rafch entblättern,
Zittert {chon unraftvoll der Schwalben Flug.
Und all dies mahnt: Nun fei dem Herbft bereit.
Beugft Du Dich morgen zu der Landfchaft Buch,
So blinkt vielleicht fchon aus den bunten Lettern
Des Lebens liebftes Wort: Vergänglichkeit.
DREI GLEICHNISSE DES TSCHUANG-TSE
DER WOLKENGEIST UND DER LEBENSWIRBEL
ER Geift der Wolken fuhr oftwärts durch den Luft-
raum, als er auf den Lebenswirbel ftieß. Er war
damit befchäftigt, fich auf die Rippen zu klatfchen und
herumzuhüpfen. Der Wolkengeift fragte: „Мег bift du,
Alter, und was tuft du hier?“
„schlendern!“ antwortete der Lebenswirbel und hüpfte
weiter.
„Ich möchte etwas wiflen“, fagte der Wolkengeift.
„Bah!“ äußerte der Lebenswirbel und fah ihn an.
„Die Beziehung von Himmel und Erde ift aus den Fugen
geraten,“ fagte der Wolkengeift; „die fechs Einflüffe 1 ver-
tragen fich nicht miteinander, und die vier Jahreszeiten
kümmern fich um keine Regel mehr. Ich wünfche die
fechs Einflüffe fo zu vermifchen, daß fie alle lebenden Wefen
ernähren. Was foll ich tun?“
1 Das pofitive und das negative Weltelement, Wind, Regen,
Licht und Dunkel.
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„Ich weiß nicht!“ rief дег Lebenswirbel und fchüttelte
den Kopf, ohne mit dem Klatfchen und Hüpfen aufzu-
hören; Ach weiß nicht!“
Der Wolkengeift konnte nicht weiterfragen. Als er
aber drei Jahre danach oftwärts durch das Land Yu-Sung
fuhr, ftieß er wieder auf den Lebenswirbel. Er war hoch-
erfreut, eilte heran und fagte: „Haft du mich vergeffen,
о Himmlifcher? Haft du mich vergeffen, о Himmlifcher?«
Er verneigte fich tief und bat, es möge ihm gewährt wer-
den, den Lebenswirbel zu befragen. Der aber fagte: „Ich
wandere, ohne zu wiffen, was ich fuche. Ich ftreife um-
her, ohne zu wiflen, wohin ich gehe. Ich fchlendere in
diefer verzückten Art vor mich hin und erwarte die Er-
eigniffe. Was follte ich wiffen?«*
„Auch ich ftreife umher,“ antwortete der Wolkengeift,
„aber die Leute hängen von meinen Bewegungen ab. So
werde ich unvermeidlich zur Macht berufen. Darum
würde ich mit Freuden einen Rat empfangen.“
„Daß die Ordnung des Reiches geftört ift,“ fprach der
Lebenswirbel, „daß die Bedingungen des Lebens gefchän-
det find, daß der Wille des Himmels nicht fiegt, daß die
Tiere des Feldes auseinandergetrieben find, daß die Vögel
der Luft in den Nächten fchreien, daß Meltau an Bäumen
und Kräutern zehrt, daß Zerftörung fich breitet über alles,
was auf der Erde kriecht: das ift die Schuld des Regie-
rens,‘
»Wohl wahr,“ fagte der Wolkengeift, „aber was foll
ich tu n?«
„Das ift es ja,“ rief der Lebenswirbel, „woraus das Böfe
kommt! Kehre um!«
65
„Es gefchieht nicht oft,“ wandte дег Wolkengeift ein,
„daß ich dir begegne, о Himmlifcher! Ich würde mit
Freuden einen Rat empfangen.“
„Füttere denn dein Volk“, fprach der Lebenswirbel,
„mit deinem Herzen. Verharre im Nichttun, und die Welt
wird aus fich felbft gut fein. Häute dich. Speie den Ver-
(апа aus. Vergiß alle Unterfchiede. Werde eins mit dem
Ungefchiedenen. Laß deinen Geift los. Mach deine Seele
frei. Werde leer. Werde nichts! Gib allen Dingen, zu
ihrer Urbefchaffenheit heimzukehren. Wenn fie es ohne
Wiffen tun, wird eine fchlichte Reinheit daraus kommen,
die fie nie verlieren werden; aber Меп würde nur Ab-
weichung bringen. Suche nicht die Namen und die Be-
ziehungen der Dinge: und alle Dinge werden aus fich
felbft blühen.“
„Du Himmlifcher“, fagte der Wolkengeift, als er fich
verneigte und Abfchied nahm, „haft mich mit Macht be-
gabt und mit Geheimnis gefüllt. Was ich lange fuchte,
habe ісһ nun gefunden.“
DAS EWIGE STERBEN
EN-HUI fragte Kong-Fu-Tfe: „Meifter, gehít du im
Schritt, gehe ich im Schritt. Gehft du im Trab, gehe
ich im Trab. Gehft du im Galopp, gehe ich im Galopp.
Aber jagft du aus den Schranken des Staubes, dann kann
ich nur ftehenbleiben und dir nachftarren. Wie geht das
zu?“
„Erkläre, was du meinft“, fagte Kong-Fu-Tfe.
„Ich meine“, fuhr Yen-Hui fort, ,diefes: Wenn du
redeft, rede ich. Wenn du beweifeft, beweife ich. Wenn
66
du Tao! predigft, predige ich Tao. Aber daß ich fage:
‚Jagft du aus den Schranken des Staubes, dann kann ich
nur ftehenbleiben und dir nachftarren‘, damit meine ich:
du redeft nicht und alle glauben dir, du eiferft nicht und
alle ftimmen dir zu, du lockít nicht und alle fammeln fich
um dich. Das ift es, was ich nicht verftehen kann.“
yg Warum willft du dem nicht auf den Grund gehen?“
fagte Kong-Fu-Tfe. „Nichts ift fo Kummers wert wie
.das Sterben des Geiftes. Das Sterben des Leibes ift von
weit geringerer Wichtigkeit.
. Die Sonne fteigt im Often auf und geht im Welten unter.
Юа ift kein Ort, den fie nicht erleuchtete; und alle, die
Augen und Füfe haben, hangen an ihr, um fehen und
gehen zu können. Wenn fie erícheint, ift das Leben er-
fchienen; wenn fie (chwindet, fchwindet das Leben mit ihr.
Und jeder Menfch hat feinen Sonnegeift, an dem er
. hangt: wenn der geht, ftirbt er, und er lebt auf, wenn er
. wiederkehrt. Schreite ich geiftbegabter Körper aber ohne
die ewige lebenerneuernde Wandlung dem Ende zu; über-
laffe ich mich für die Tage und die Nächte der ewigen Ab-
nutzung wie ein bloßes Ding; bin ich des ewigen Sterbens
nicht bewußt, bin ich trotz diefem geiftbegabten Körper
des einen nur bewußt, daß nichts mich vor dem Grabe
retten kann: — dann zehre ich das Leben auf, bis es im
Tode alfo ift, als hätten du und ich ein einziges Mal Schulter
an Schulter gelehnt, ehe wir für immer getrennt wurden!
Ift das nicht Kummers wert!
Du aber richteft deinen Blick auf etwas in mir, das,
wenn du blickft, fchon hingefchwunden ift. Und dennoch
1 „Die Bahn“: der Urgrund und Urfinn des Seins.
67
fuchít du es, als müífe es noch da fein, — wie einer auf
dem Markt verkaufte Pferde fucht. Sieh: was ich an dir
liebe, ift das Wandelbare. Warum dich grämen? Wenn
auch mein Selbft in jedem Augenblicke ftirbt, in der Wand-
lung bewährt fich das Ewige.“
DER GLOCKENSPIELSTÄNDER
SCHING, der Meifter der Holzarbeiter, (chnitzte einen
Glockenfpielftänder. Als es vollendet war, erfchien
das Werk allen, die es fahen, als fei es von Geiftern ge-
fchaffen. Der Fürft von Lu fragte den Meifter: „Welches
ift diefes Geheimnis in deiner Kunft?“
„Dein Untertan ift nur ein Handwerker,“ antwortete
Tíching, „was für Geheimnis könnte er befitzen? Und
doch ift da etwas. Als ich daranging, den Glockenfpiel-
ftänder zu machen, hütete ich mich vor jeder Minderung
meiner Lebenskraft. Ich fammelte mich, um meinen Geift
zur unbedingten Ruhe zu bringen. Nach drei Tagen hatte
ich allen Lohn, den ich erwerben könnte, vergeffen. Nach
fünf Tagen hatte ich allen Ruhm, den ich erwerben könnte,
vergeffen. Nach fieben Tagen hatte ich meine Glieder
und meine Geftalt vergeffen. Auch der Gedanke an dei-
nen Hof, für den ich arbeiten follte, war gefchwunden.
Da fammelte fich meine Kunft, von keinem Außen mehr
geftört. Nun ging ich in den Hochwald. Ich fah die
Formen der Bäume an. Als ich einen erblickte, der die
rechte Form hatte, erfchien mir der Glockenfpielftänder,
und ich ging ans Werk. Hätte ich diefen Baum nicht ge-
funden, ich hätte die Arbeit laffen müffen. Meine himmels-
geborene Art und die himmelsgeborene Art des Baumes
68
fammelten fich darauf. Was hier Geiftern beigemeffen
wurde, ift darin allein gegründet.“
Deutfch von Martin Buber.
DAS WORT / VON EMILE VERHAEREN
wie oft wandert mein trauriger Sinn,
Müde der Bücher, des Staubs der Folianten,
Zu jenen Großen von einftens hin,
Die aus glühender Bruft
Im Schrei der Liebe, im Auffchwall der Luft
Als allererfte die Dinge benannten.
Unbewußt
Entdeckten fie aus ihrem Überfchwang
Die Worte für Jubel, Schauer und Schmerz.
Sie verglichen
Selig erftaunend ein Leben lang
Ihr junges und unerfahrenes Herz
Ringsum mit der Welt.
Sie tranken
Die Augen fich voll mit den unerhörten
Neuen Dingen und neuen Gedanken.
Sie verzehrten |
Gierig wie eine unendliche Beute
Die Freude,
Sich in Liebe und Luft
Gänzlich eins mit der Erde zu willen,
Und dies fo zu genießen,
Daß es Schrei ward und aufbrach aus ihrer Bruft.
69
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Sein wiegender Кӛгрег gab ihnen Takt.
Sprach er fie, wandernd durch Wald und Feld
In rhythmifchem Schreiten,
So ftanden dann zwiefach die Wirklichkeiten
Vor feinem Geifte: in ihnen und dort.
Und wie geblendet
Stürmte er weiter und weiter fort
In diefer neugefundenen Welt,
Die er felber vollendet:
Im Wort.
O denkt, dies Dréhnen von Rhythmen im All,
Dies Blinken von Bildern, diefen ewigen Gang
Plötzlich in einer Sprache zu faffen!
Gefang
Aus dem Fall |
Stürzender Waffer auffchäumen zu laffen,
Lebendigen Klang қ
In den wirren Stößen losbrechender Winde,
Im tobenden Kampfe der Donner zu finden,
Und Mufik
Im weichen Wallen wandernder Frauen,
In leidenden Händen, aufleuchtendem Blick,
Im jähen Grauen
Brennenden Wahnfinns, im Fieber der Brunft,
In allem und allem
Was fich verbindet, entfacht und entzweit,
Um dann diefe wilde Unendlichkeit
In heißem Hirne zu faflen, zu halten
Und fie in der neuen Unendlichkeit
7!
О diefe gefangenen Schreie, die jah
Aus den Muskeln und Sehnen zu fpringen fchienen!
Mancher von ihnen,
Heiß aus der Nerven fchwingendem Band
Von der Seele wie filberner Pfeil entfandt,
Schmolz in ein Wort und traf die Idee.
Andere wieder, die zögernd erfchlafften,
Ténten fich ab zu farbigen Spielen,
Andere fchwankten,
Stürzten und fielen
Zu Boden nieder.
Doch plötzlich wieder
Zu Wucht und klingender Stärke geftrafft,
Rafften fie fich, erftaunten und ftanden
In jähem Entzücken, jauchzten und dankten
Für all das, was fie nun plötzlich vor
Den Früchten, den Blumen, Wald, Wiefe und Himmel
Und der Sterne myriadenhaft buntem Gewimmel
Mit allen Sinnen, Hand, Auge und Ohr
So felig empfanden.
Die Zunge ftieß diefe erften Schreie
Kraftvoll ins Freie,
Dehnte und baute
Sorgfam die dumpf verfchlungenen Laute
Von Luft und Leiden, formte fie dann,
Wie Bildnerhände den lehmigen Brei.
Und erft wenn ein Mann
Mit ihnen fein Fühlen aus fich gefagt,
Wogte fein Atem frifcher und freier,
(9
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Sein wiegender Körper gab ihnen Takt.
Sprach er fie, wandernd durch Wald und Feld
In rhythmifchem Schreiten,
So ftanden dann zwiefach die Wirklichkeiten
Vor feinem Geifte: in ihnen und dort.
Und wie geblendet
Stürmte er weiter und weiter fort
In diefer neugefundenen Welt,
Die er felber vollendet:
Im Wort.
O denkt, dies Dröhnen von Rhythmen im All,
Dies Blinken von Bildern, diefen ewigen Gang
Plötzlich in einer Sprache zu faflen!
Gefang
Aus dem Fall |
Stürzender Waffer auffchäumen zu laffen,
Lebendigen Klang ,
In den wirren Stößen losbrechender Winde,
Im tobenden Kampfe der Donner zu finden,
Und Mufik
Im weichen Wallen wandernder Frauen,
In leidenden Налдеп, aufleuchtendem Blick,
Im jähen Grauen
Brennenden Wahnfinns, im Fieber der Brunft,
In allem und allem
Was fich verbindet, entfacht und entzweit,
Um dann diefe wilde Unendlichkeit
In heißem Hirne zu faffen, zu halten
Und fie in der neuen Unendlichkeit
71
Der menfchlichen Kunft
Zu ihrer höchften Form zu geftalten. —
Seit diefem erften Stammeln der menfchlichen Seele,
О, wie viel ging hin an Tagen und Jahren!
Gefchlechter und Fürften, unzählbare Scharen
Haben feitdem um die Erde gerungen,
Doch alle, die kamen und gingen und waren,
Haben in ihren eigenen Zungen |
Luft und Schmerz in die Winde gerufen.
Alle Völker und Raffen der Erde fchufen
Raftlos die Sprache jahrhundertelang,
Doch nur in den Dichtern ward fie Gefang.
Nur in ihnen allein
Glüht heute noch unvermindert und rein
Jener heilige Brand,
In dem zu jenen dämmernden Zeiten
Der ftaunende Menfch vor den Herrlichkeiten
Der Erde ftand.
Der Rhythmus der Welt
Rinnt ihnen fo ftark wie einft jenen Fernen
Raufchend, beraufchend durch das Blut und die Bruft.
Den kann keiner aus Büchern erlernen,
Und nur der
Entdeckt ihn — felber fich unbewußt —,
Der fo fehr
Die großen Gedanken, die ihn durchbeben,
Als lebendig empfindet,
Daß fchon nicht mehr er,
72
Sondern fie felber es find,
Die den Vers mit Raufch und Rhythmus befchwingen
Und ins weiche
Wellengleiche
Spiel des wandelnden Reimes zwingen.
Deutfch von Stefan Zweig.
AUS DEN BRIEFEN EINES UNBEKANNTEN
AN RUDOLF GRAF HOYOS
Kobenzl 19. September 69
IES Buch gehért dem Кӛпіре“ war der Titel einer
Bettinafchen Schrift. Ein Stück Sonntag aber gehört
immer dem guten Kopf,! das ift nun einmal eine Stiftung.
Der heutige ift befonders prachtvoll, und ware der Him-
mel ein Tintenfaß, und ich tauchte meine Feder hinein,
meine Buchftaben wären wohl von fchönerem Blau als
Türkis, oder mit was man fonft den Himmel vergleicht,
an den man aber ftets felbft erinnern muß, will man das
Blau von anderen Dingen loben. Ohne Wind geht nun
aber das Wetter bei Wien nicht aus, doch fchützt mich
fchon mein kleiner Garten, beffer noch der künftliche
Schirm, den ich mit wenig Kunft, doch viel Behagen ge-
gen die Wetterfeite errichtete.
Etwas Robinfon Crufoe gehört notwendig zum Leben,
ein Komfort, der fix und fertig geboten wäre, tuts nicht
halb. Daß ich fo unter Bäumen fitzen und dazu tun kann,
was mich freut, daß Hühner fich vor mir im Sande baden,
* Kofename für den Empfänger Rudolf Graf Hoyos.
73
Zweige über mir fich hin und her bewegen, Blüten wie
feine Stickerei die Decke zieren, Sonne und Schatten an
den Stämmen unglaubliche Dinge leiften, daß es fo ftill
ift, und doch Stimmen von Menfchen, Tritte Vorüber-
gehender, alles, was fonft nur Geräufch ift, fo gut klingt,
alles das kann mir nichts erfetzen, und ich gehe fo gern in
die Stadt, weil ich weiß, daß ich dann wieder heraus muß.
Ich weiß nicht, ob Ihnen in Lauterbach neuere Bücher
leicht zugänglich find. Sonft empfehle ich Ihnen fehr
Simonin, le Grand Oueft de Г Amérique du Nord. Die jetzt
junge Leute find, bekommen doch leicht einen gewaltigen
Einblick in das Leben. Wenn ich an den engen Hori-
zont meiner Jugend denke, mein ich, die Welt wäre ge-
platzt. Hätt ich einen Menfchen zu erziehen, einen Sohn
oder fo etwas, ich wüßt es kaum anzufaflen. Kann man
das lernen, was man braucht? Bis die Zeit kommt, an-
zuwenden, ift die Vorausfetzung nicht mehr. Das einzige
wäre: lernen, lernen. Das ift bald gefagt. An etwas muß
auch das Lernen gelernt werden, und da möchte ich ihm
immer am liebften die Klaffiker auf den Weg mitgeben.
So fällt man zuletzt ftets wieder in das alte Gleis der la-
teinifchen Schule.
AN ALEXANDER FREIHERRN VON WARSBERG
Wiefenhaus, Neulengbach Nr. 21, 17. Mai 1872
Im großen und ganzen — wie Herr von Schleinitz, !
der Minifter der kleinen und halben Maßregeln, fagte —
Alexander Guftav Adolph Graf von Schleinitz, SSES? Staats-
mann (1807—1885).
74
N
ift mir zumut wie einem Karpfen, der feine Jugend іп pol-
nifcher Sauce zugebracht hat und auf feine alten Tage
einen Teich entdeckt. Der Bauer, der fechzig Jahr in mir
fchlummerte, ift hier erwacht, reckt die Glieder, reibt fich
die Augen, reißt das Maul auf und fragt fich: Wo war ich
fo lange?
Ich habe Schlöffer bewohnt mit herrlichen Parkanlagen,
voll blühender Büfche und Blumenrabatten; Bediente tru-
gen Kaffeebretter mit Frühftück darauf vor mir her auf
Terraflen, wo es zog und wo die Sonne von ungefchickten
Aftronomen irregeleitet zur unrechten Zeit hinfchien, breite
Kieswege kannten meinen Tritt wie die Blinden von Genua
Fiescos, ich fah die Alpen und das Meer, Felder von La-
vendel, Myrten und Thymian ohne Jungfernkranz — ge-
freut aber hat mich nichts wie diefer kleine Platz in einem
kleinen Garten, der fchon verwilderte, bevor er ein Garten
war, wo ich im Schatten meines Ahorn fitze — meines
Ahorn, wie ich auch fagen kann: meine Linde und mein
Nußbaum, das ift mein Nußbaum, das ift mein ganzer
Wald — gemeiner Flieder — Spezies: Käthchen von
Heilbronn — überragt Urwälder von Brennefleln, wo das
Nachtpfauenauge noch als fchwarze Raupe lebt, und
Mauerwerk — allen Mörtels ledig — fchaut ziegelrot
darein....
Seit einer Stunde trippelt ein kleiner Vogel um mich
herum und pickt Würmer von Grasfpitzen auf, die fich
kaum davon biegen. Wenn die Goldammern nichts da-
gegen haben, fag ich, es wär eine, wegen feines Kopfes,
der fo gelb ift wie Kremnitzer Dukaten, die fich wegen
des Vergleichs gefchmeichelt fühlen können, wenn fie nicht
73
gerade wegen ein bißchen Agio hochmütig find. Möglich
aber, daß er unter einem anderen Namen іп der Welt-
gefchichte berühmt wurde.
Vor mir liegt ein fchwarzer, fchmaler Erdftreifen mit
grünen Punkten. Den Salat hab ich geftern abend gepflanzt
und begoffen. Ich war dazu, wie die Feuerwehr, mit
meinem ganzen Harem, Cilli und Tilli, ausgerückt und
leitete den Schlauch meiner Gartenfpritze, ein mechani-
fches Kunftwerk, deffen Präzifion jeden unwiflenfchaft-
lichen Landregen befchämt. Die Wolken find ernftlich
betroffen und ziehen fich schüchtern zurück. Diefe Leiftung
verhält fich zu einem Gewitter, wie der Achtundvierziger
Feldzug gegen Dänemark, der jenfeits der fchleswigfchen
Grenze kein Blut vergoß, zu der Hunnenfchlacht. Es fällt
kein Tropfen Waffer anderswohin als auf Peterfilie, Sellerie
und Häuptelfalat. Es ift Waffer unter der Pickelhaube:
ftrategifch, taktifch und fittlich. Einige Franktireurs-Gieß-
kannen liegen, infam kaffiert, im Grafe, fogar vom Schnitt-
lauch verachtet.
Mein Hausftand ift um drei Hunde und einen aus dem
Мейе gefallenen Star — nicht Adolf — vermehrt. Alle
noch fehr jung. Der Star läuft im Haus frei herum, fchreit
entfetzlich, fperrt beftändig feinen Gelbfchnabel auf und
wird gefüttert, indem man ihm geweichte Semmel hinein-
ftopft. Wenn er den Kropf voll hat, fteckt er den Kopf
unter den Flügel und fchreit noch im Schlafe — ihm träumt
von einer Semmel.
Der kleine Rattler — fechs Wochen alt — erregte mein
innigftes Mitleid. Noch nie hatte gefühlvolle Menfchheit
ein fo verbiffenes Bullenbeißeranfehen,
76
wn
Meine auf gegenfeitige Reinlichkeit gegründeten Erzie-
hungsverfuche haben ihn tief gekränkt. Ich gab ihm den
Rat, den Hausrat eines Legationsrats nicht durch feinen
Unrat zu vermehren, indem ich ihn mit der Nafe in letz-
teren ftupfte und damit alle feine Illufionen über häusliches
Glück zerftörte. Er glaubt nun aber an nichts mehr. Die
beiden ^ jungen Bernhardiner genießen ihre volle Freiheit
in einem Stallkerker, bis fie, an Ketten, im Freien kam-
pieren werden.
AN GRÄFIN BERTA NAKO
EL
Knebworth-Park, 25. Juni 1873
Regensburg, zwanzig Minuten Aufenthalt — Nürnberg,
dreißig Minuten Aufenthalt — Würzburg — Darmftadt —
Mainz — verlangen Sie von meinem Enthufiasmus nicht
mehr als diefe Reifebefchreibung. In Mainz übernachtete
ich und vermißte beim Aufitehen mein rechtes Bein und
fünf bis fechs Rückenwirbel, die mir unterwegs gebrochen
wurden. Mit dem Refte meiner Gliedmaßen fuhr ich den
Rhein hinab bis Köln, einer Stadt, in welcher 11 ООО Jung-
frauen, fchreibe elftaufend Jungfrauen ö. W. zugrunde
gingen, dagegen aber ebenfoviel Flafchen Eau de Cologne
täglich verkauft werden. Zwifchen letzteren und erfteren
befteht der Unterfchied, daß erftere zwar im Geruch der
Heiligkeit ftehen, letztere aber befler riechen. Mitten in
der Stadt begegnete ich einem alten Freund. Doch er-
kannten wir uns nicht wieder, denn ich war feit unferer
erften Begegnung um vierzig Jahre älter, er um dreihundert
Jahre jünger geworden, fo daß er mich für ein Monument
e
77
anfah, worauf ihn aber дег Lohnbediente belehrte: Ап
diefem Herrn ift durchaus nichts Merkwürdiges, feine Nafe
ift nicht von Albrecht Dürer, und feine Haare, die er übri-
gens gar nicht mehr hat, find nicht einmal von Hans Hol-
bein. Ich muß daher fehr bitten, ihn nicht für ein Denk-
mal zu halten, erftens, weil beim Denken nichts heraus-
kommt, und dann, weil diefer Herr wieder abreift. Bie aber
find hier angeftellt als Königlich Preußifcher Kölner Dom,
damit die Lohnbedienten etwas an Ihnen zu verdienen
haben. Sie haben bunte Fenfter, find katholifch geboren
und proteftantifch erzogen. Sie ftehen auf dem linken Rhein-
ufer und haben einen politifchen Charakter, d. h. Sie find
bald deutfch, bald franzöfifch, je nachdem die einen oder
die anderen Prügel gekriegt haben; denn die Weltgefchichte
ift nicht das Weltgericht, fondern nur eine große Prügelei.
Alles dies ift fehr merkwürdig und koftet zehn Silbergrofchen.
Daß ich von Köln über Brüffel nach Oftende reifte, müf-
fen Sie mir glauben, da ich es Ihnen nicht beweifen kann.
Ich habe auch felbít keine andere Gewißheit darüber, als daß
ich in der Nacht meine Koffer öffnen mußte, was ich für
belgifch halte, wie denn in der Tat in Brüffel ein Blatt er-
fcheint, welches die „Indépendance“ heißt. Daß es übrigens
in Oftende Auftern geben foll, ift eine Verleumdung. Mir
ift durchaus keine bekannt geworden, was die Eingeborenen
damit zu entfchuldigen fuchen, daß die Auftern Monate
ohne г nicht lieben. Diefe Entdeckung, daß Seemufcheln
einen fehr fein entwickelten Sinn für Buchftaben haben, ift
die bedeutendíte, die ich auf diefer Reife gemacht habe.
Die Überfahrt war, da mein Magen fich nicht einbildete,
ich hatte zuviel gegeffen, fehr angenehm. In Dover wird
78
тап іп eine Kanone geladen und abgefchoffen, fo daß man
London mitten in die Scheibe trifft, die Charing Cross heißt.
Dort traf ich Freitag abend fechs Uhr ein, telegraphierte
nach Knebworth, fuhr nach dem Nordbahnhof, um halb
acht nach Stevenage und fand dort den Wagen, der mich
hieher führte.
Von Schloß und Park, von Rafen und Pfirfichen werde
ich Ihnen an langen Winterabenden im Kreife Ihrer Enkel
erzählen. Für jetzt nur fo viel: daß ich am 10. oder 11.
wieder in See fteche — Sie müffen diefen Ausdruck nicht
wörtlich nehmen, denn ich könnte ebenfogut fagen: ich
werde die Anker lichten, ohne deshalb eine Unternehmung
ganz von dem Verdachte zu reinigen, daß man dabei er-
faufen kann.
Am 13. denke ich in München zu fein. — —
Villers.
APHORISMEN / VON VILLERS
Vom Leben ausruhn ift erft Leben.
An der Grenze alles Übermaßes liegt jede Schönheit.
Kanns nicht Licht fein, fo fei es wenigftens Schatten:
es ift doch immer eine Sonne dabei.
Die keine Meifter find und doch ftreng urteilen, find
deshalb nicht zu verdammen; denn je weniger einer in
einer Schlacht Courage hat, defto mehr muß er darauf-
halten, daß nicht auch die andern davonlaufen.
Mann und Frau find zwei Türen in dasfelbe Haus.
79
DER BESUCH / VON GOETHE
EINE Liebfte wollt ich heut befchleichen,
Aber ihre Türe war verfchloffen.
Hab ich doch den Schlüffel in der Tafche!
Öffn’ ich leife die geliebte Türe!
Auf dem Saale fand ich nicht das Mädchen,
Fand das Mädchen nicht in ihrer Stube.
Endlich, da ich leis die Kammer öffne,
Find ich fie, gar zierlich eingefchlafen,
Angekleidet auf dem Sofa liegen.
Bei der Arbeit war fie eingefchlafen:
Das Geftrickte mit den Nadeln ruhte
Zwifchen den gefaltnen zarten Händen;
Und ich fetzte mich an ihre Seite,
Ging bei mir zu Rat, ob ich fie weckte.
Da betrachtet ich den fchönen Frieden,
Der auf ihren Augenlidern ruhte;
Auf den Lippen war die ftille Treue,
Auf den Wangen Lieblichkeit zu Haufe,
Und die Unfchuld eines guten Herzens
Regte fich im Bufen hin und wieder.
Jedes ihrer Glieder lag gefällig,
Aufgelöft vom füßen Götterbalfam.
Freudig faß ich da, und die Betrachtung
Hielte die Begierde, fie zu wecken,
Mit geheimen Banden feft und fefter.
80
Handzeichnung von Goethe.
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О du Liebe, dacht ich, kann der Schlummer,
Der Verräter jedes falfchen Zuges,
Kann er dir nicht fchaden, nichts entdecken,
Was des Freundes zarte Meinung ftörte?
Deine holden Augen find gefchloflen,
Die mich offen fchon allein bezaubern;
Es bewegen deine füßen Lippen
Weder fich zur Rede noch zum Kuffe;
Aufgelöft find diefe Zauberbande
Deiner Arme, die mich fonft umfchlingen,
Und die Hand, die reizende Gefährtin
Süßer Schmeicheleien, unbeweglich.
Wärs ein Irrtum, wie ich von dir denke,
Wär es Selbftbetrug, wie ich dich liebe,
Mut ichs jetzt entdecken, da fich Amor
Ohne Binde neben mich geftellet.
Lange faß ich fo und freute herzlich
Ihres Wertes mich und meiner Liebe;
Schlafend hatte fie mir fo gefallen,
Daß ich mich nicht traute fie zu wecken.
Leife leg ich ihr zwei Pomeranzen
Und zwei Rofen auf das Tifchchen nieder;
Sachte, fachte fchleich ich meiner Wege.
Öffnet fie die Augen, meine Gute, _
Gleich erblickt fie diefe bunte Gabe,
81
Staunt, wie immer bei verfchloßnen Türen
Diefes freundliche Gefchenk fich finde.
Seh ich diefe Nacht den Engel wieder —
O wie freut fie fich, vergilt mir doppelt
Diefes Opfer meiner zarten Liebe!
AUS DEM SCHLUSSGESANG DER НОМЕКІ-.
SCHEN ODYSSEE / NEU UBERTRAGEN VON:
RUDOLF ALEXANDER SCHRODER
OCH der Kyllenifche Gott, Hermeias, rief Ше ver- -
ftorbnen
Seelen der Freier heraus und hielt in Händen die Rute,
Golden und fchön, damit er das Aug der Sterblichen
fänftigt, |
Aller, welche er mag, und Schlafende wieder erwecket.
Winkend führt er fie an. So folgten fie fehwirenden!!
Fluges. |
Wie die Nachtmauf’, hangend іт Winkel heiliger Grotten, .
Schwirren und flattern, gefcheucht, fo eine vom Felfen |
gefallen, |
Aus dem Knäuel gelöft, und drängen fich dicht aneinander, .
Alfo fchwirrend folgte der Zug. Es führte die Toten
Hermes, der Heiland, alle hinab den Pfad der Verwefung.
Und fie glitten vorbei des Okeanos rinnenden Waffern,
Glitten dem Leukasfelfen vorbei, den Toren der Sonne,
Glitten durchs Traumland flugs zur Asphodeloswiefe
hinunter,
82
Woo die Geftorbenen find, сіп Scheinbild menfchlicher
Mühfal.
Aber fie fanden die Seele des Peleusfohnes, Achilleus,
U nd des Patroklos Geift, Antilochos' Seele, des Helden,
Und des Aias, voreinft an Wuchs und Mienen der Erfte
Vor den Danaern allen, zunáchft dem Sohne des Peleus.
Um den Achilleus ftunden die drei. Es nahete ihnen
Des Agamemnon feufzender Geift, des Atreusfohnes,
‘Jammerbefchwert, und andre zuhauf, fo viele mit jenem
In des Aigifthos Haus ihr Schickfal fanden und fielen.
Und es begann die Seele des Peleusfohnes, Achilleus:
»Atreusfohn, wir meinten, du warft durch alle die Tage
. Immer dem blitzausfendenden Zeus der liebfte vor allem
Heldenvolk und hatteft die Macht ob wackeren Männern
. Dort im troifchen Land, dem Land des Grams für die
: Griechen;
Und nun wollte fich dir fo früh die Moire gefellen,
‚ Deren Gewalt nicht einer entflieht, wer immer zur Welt
kam.
Beffer wars, du litteft den Tod im Lande der Troer,
Da du der Ehre genoffeft und warft vor vielen ein König.
. Alle Achaier hätten dir dann den Hügel gefchichtet,
Dir und dem Sohn hernach ein Mal unfterblichen Ruhmes.
: Nun aber ward dein Los, elendigen Todes zu fterben!«
Da erwiderte ihm die Seele des Atreusfohnes:
»Seliger Peleusfohn, Achilleus, Göttern vergleichlich,
Der du in Troja ftarbft, von Argos fern, und es fielen
Rings um dich her der Troer und Griechen edelfte Söhne,
Um deinen Leichnam kämpfend: du lagft im wölkenden
Staube
83
Breit auf breitem Gefild, der Zügel und Roffe уегрееп.
Wir aber kämpften den völligen Tag und hätten auch
dann nicht
Innegehalten im Kampf, wo nicht Zeus felber geblitzet.
Siehe, wir trugen dich weg vom Streit zum Lager der
Schiffe,
Legten dich nieder aufs Bett und wufchen mit laulichem
Waffer
Und mit Salben den herrlichen Leib; und bittere Tranen
Weinten die Danaer, trauernd um dich, und fchoren ihr
Haupthaar.
Und deine Mutter tauchte hervor mit den göttlichen
Meerfraun,
Da fie die Kunde vernommen, es drang ein fchauerlich
Rufen
Über das Meer, und kam ein Fürchten allen Achaiern.
Und fie hoben fich auf und hätten die Schiffe beftiegen,
Wenn fie ein Mann nicht hielt, der viel Vergangenes
wußte,
Neftor, der allen mit Rat und Weisheit immer voraus war.
Der aber fprach mit gutem Bedacht und redete alfo:
‚Hemmet, Argeier, den Lauf, flieht nicht, ihr Söhne
Achaias!
Sehet, die Mutter kommt, es kommen die feligen Meer-
fraun
Aus den Gewáffern herauf, den Sohn, der ftarb, zu be-
fuchen.*
Sprachs. So bándigten innen das Graun die ftolzen Achaier.
Doch um dein Bett verfammelten fich die Téchter des
Meeres,
84
|
ER
TREU
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K (е; 7 Se
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Я: ,
|
John Flaxman
Jammernden Lauts und taten dir an unfterbliche Kleider.
Totenklag begannen dafelbft mit Wechfelgefangen
Die neun Mufen zumal. Da fahft du keinen Argeier
Tränenlos: fo rührend fcholl der fchrille Gefang uns.
Siebzehn Tage beweinten wir dich die Nacht und den Tag
durch,
Die unfterblichen Götter zumal und fterbliche Menfchen;
Dann aber gaben wir dich tags drauf dem Feuer und
fchlugen
Schafe und üppige Geißen gar viel und glänzende Rinder.
Und du verbrannteft im Göttergewand, mit Süße des Honigs
Und mit Salben benetzt; und viel achaifche Helden,
Reuter und Fußvolk tummelten fich in blanken Gewappen,
Rings um den flammenden Stoß mit Schrein und Waffen-
getöfe.
Da es jedoch gen Frührot ging und hatte die Lohe
Des Hephaift dich völlig verzehrt, fo bargen, Achilleus,
Wir dein bleiches Gebein in lauterem Wein und Salböl;
Und deine Mutter gab ein gülden Gefäß, Dionyfos’
Eigen Gefchenk — fo fprach fie, ein Werk des Schmiedes
Hephaiftos.
Darin ruht dein bleiches Gebein, o ftolzer Achilleus,
Mit des Patroklos Reft, des Menoitiosfohnes, vermenget,
Und des Antilochos Reft, den du vor allen Gefellen
Weit am meiften geliebt, nachdem Patroklos geftorben.
Dann aber fchütteten wir, das heilige Heer der Argeier,
Für euch dreie das Grabmal auf, den mächtigen Hügel,
Wo fich der Fels vordrängt in die Weite des Hellespontos,
Daß es vom Meer aus, fern, die fahrenden Männer er-
blicken,
86
Alle, die jetzund find und die, fo fpäter erfcheinen.
Doch deine Mutter erbat von den Göttern herrliche Preife,
Stellte fie mitten im Ring zur Schau den edelften Grie-
chen. —
Wahrlich, du faheft fchon oft der Helden fchönes Begräbnis,
Wenn vielleicht ein König ftarb; und alle die Jungen
Rüften zum Kampffpiel fich und gürten die Untergewänder:
Aber du hätteft am meiften geftaunt, fo du felber gefehen,
Welche Gefchenke für dich, den Liebling fämtlicher Götter,
Uns zu Preifen gefetzt die filberfüßige Thetis.
Alfo verlorft du nimmer im Tod den Namen; und ewig
Bleibet im Menfchengefchlecht dein Ruhm lebendig,
Achilleus.
Mir aber, fag, was war mirs nutz, den Krieg zu beftehen?
Schuf in der Heimat doch mir Zeus das grimme Verderben
Durch die Hand des Aigifth und mein verworfenes Eh-
weib!“
Alfo ftanden fie da und redeten untereinander.
Aber es nahete fich der Geleitsmann, Argeiphontes,
Mit den Seelen der Freier, die droben jener erwürget.
ZWEI GEDICHTE VON RICARDA HUCH
ELL ftrömt aus Schluchten der Vergangenheit
In unfre Becher, die wir fchwärmend füllen,
Ambrofifch Blut, aus deffen Purpurhüllen
Verklärtes Leben funkelnd fich befreit:
Sehnfucht und Liebe, Tränen, Lächeln, Luft
Und Kampf und Fluch und fiegende Gedanken
87
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Der Toten, Ше wie wir den Feftwein tranken,
Lenzlaub im Haare, unfer nicht bewußt;
Und wir gewahren nicht, ins Heut verfonnen,
Daß jeder Tropfen, den die Zeit ergießt,
Von unfrer Seele löft und fo durchglutet
Herniederrinnt in einen dunklen Bronnen,
Der einft in andre Schalen überfließt
Beraufchter Zecher, die der Гар umflutet.
RALTER Worte kundig kommt die Nacht;
Sie löft den Dingen Rüftung ab und Bande,
Sie wechfelt die Geftalten und Gewande
Und hüllt den Streit in gleiche braune Tracht.
Da rührt das fteinerne Gebirg fich facht
Und fchwillt wie Meer hinüber in die Lande.
Der Abgrund kriecht verlangend bis zum Rande
Und trinkt der Sterne hingebeugte Pracht.
Ich halte dich und bin von dir umfchloffen,
Erfchöpfte Wandrer wiederum zu Haus;
So fühl ich dich in Fleifch und Blut gegoffen,
Von deinem Leib und Leben meins umgleitet.
Die Seele ruht von langer Sehnfucht aus,
Die eins vom andern nicht mehr unterfcheidet.
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D. Chodowiecki: Lotte übergibt Werthers Diener die Pifiolen.
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ROBERT SCHUMANN / AUS DEM SPRUCH-
BUCHE DER DAVIDSBUNDLER
AS ift der Fluch des Talents, daß es, obgleich ficherer
und anhaltender arbeitend als das Genie, kein Ziel
erreicht, während das Genie längft auf der Spitze des Ideals
fchwebt und fich lachend oben umfieht!
Das Unglück des Nachahmers ift, daß er nur das Her-
vorftechende fich anzueignen, das Eigentlichfchöne des Ori-
ginals aber nachzubilden wie aus einer natürlichen Scheu
fich nicht getraut.
Es ift nicht gut, wenn der Menfch in einer Sache zu
viel Leichtigkeit erworben hat.
Wir wären am Ziel? — Wir irren! Die Kunft wird
die große Fuge fein, in der fich die verfchiednen Völker-
fchaften ablöfen im Singen.
Das Außergewöhnliche am Künftler wird zu feinem Vor-
teil nicht immer im Augenblick anerkannt.
Wer fich einmal Schranken fetzt, von dem wird leider
verlangt, daß er immer drinnen bleibe.
Durch Vergleichen kommt man auf Umwegen zum Re-
fultat; nimm die Sache, wie fie ift, mit ihrem innern Grunde
und Gegengrunde.
Die ruhige Pfyche mit zufammengefalteten Flügeln hat
nur halbe Schönheit; іп die Lüfte muß fie fich fchwingen!
89
Verzeiht den Irrtümern der Jugend! Es gibt auch Irr-
lichter, die dem Wanderer den rechten Weg zeigen, den
namlich, den die Irrlichter nicht gehen.
Man denke nur, welche Umftände fich vereinigen müffen,
wenn das Schöne in feiner ganzen Würde und Herrlichkeit
auftreten foll! Wir fordern dazu einmal: große, tiefe In-
tention, Idealität eines Kunftwerkes, dann: Enthufiasmus
der Darftellung, 3. Virtuofität der Leiftung, harmonifches
Zufammenwirken wie aus einer Seele, 4. inneres Ver-
langen und Bedürfnis des Gebenden und Empfangenden,
momentan günftigfte Stimmung (von beiden Seiten, des
Zuhörers und des Künttlers), 5. glücklichfte Konftellation
der Zeitverhältniffe fowie des fpezielleren Moments der
räumlichen und anderen Nebenumftände, 6. Leitung und
Mitteilung des Eindrucks, der Gefühle, Anfichten — Wider-
fpiegelung der Kunftfreude im Auge des andern. — Ift ein
folches Zufammentreffen nicht ein Wurf mit fechs Würfeln
von fechs mal fechs?
Bebt ihr nicht zufammen, ihr Kunftfchacher, bei den
Worten, die Beethoven auf feinem Sterbebette fprach: ich
glaube erft am Anfang zu fein — oder wie Jean Paul: mir
ifts, als hätt ich noch nichts gefchrieben.
Das Talent arbeitet, das Genie fchafft.
Der gebildete Mufiker wird an einer Raffaelfchen Ma-
donna mit gleichem Nutzen ftudieren können wie der
Maler an einer Mozartfchen Symphonie. Noch mehr: dem
90
Bildhauer wird jeder Schaufpieler zur ruhigen Statue, die-
fem die Werke jenes zu lebendigen Geftalten; dem Maler
wird das Gedicht zum Bild, der Mufiker fetzt das Gemälde
in Töne um.
Die Afthetik der einen Kunft ift die der andern; nur
das Material ift verfchieden.
Das Große geht oft in ähnlichen Worten und Tönen
durch die Geifter im Kreife um.
Oft kónnen zwei Lesarten von gleichem Wert fein. —
Die urfprüngliche ift meift die beffere.
Eine Zeitíchrift foll nicht bloß die Gegenwart abfpiegeln ;
der finkenden muß die Kritik vorauseilen und fie gleichfam
aus der Zukunft zurückbekämpfen.
Wer viel Angft hat, feine Originalität zu bewahren, ift
allerdings im Begriff, fie zu verlieren.
Nur wenige der eigentlichften genialen Werke find po-
pulär geworden (Don Giovanni).
Greift nicht in die Zeit ein; gebt den Jünglingen die
Alten als Studium, aber verlangt nicht von ihnen, daß fie
Einfachheit und Schmucklofigkeit bis zur Affektation trei-
ben. Läutert ihn, daß er eine befonnene Anwendung der
neuerweiterten Kunftmittel macht.
91
ROBERT SCHUMANN AN CLARA WIECK
ON oben gekommen ein Engelskind
Am Flügel fitzt und auf Lieder finnt,
Und wie es in die Taften greift,
Im Zauberringe vorüberfchweift
Geftalt an Geftalt
Und Bild nach Bild,
Erlkönig alt
Und Mignon mild,
Und trotziger Ritter
Im Waffenflitter,
Und kniende Nonne
In Andachtwonne.
Die Menfchen, die’s hérten, die haben getobt,
Als wärs eine Sängerin hochgelobt ;
Das Engelskind aber unverweilt
Zurück in feine Heimat eilt.
AUS MOZARTS BRIEFEN
AN DEN VATER
Augsburg, 23. Oktober 1777.
EULICH beim Stein brachte er mir eine Sonate vom
Beecké; ich glaube, ich habe das fchon gefchrieben.
Apropos wegen feinem Mädel! Wer fie fpielen fieht und
hört und nicht lachen muß, der muß von Stein wie ihr
Vater fein. Es wird völlig gegen den Diskant hinauf ge-
feffen, beileibe nicht mitten, damit man mehr Gelegenheit
94
hat, fich zu bewegen und Grimaffen zu machen. Die
Augen werden verdreht, es wird gefchmutzt; wenn eine
Sache zweimal kömmt, fo wird fie das zweite Mal lang-
famer gefpielt; kommt fie dreimal, wieder langfamer. Der
Arm muß in alle Höhe, wenn man eine Paffage macht,
und wie die Paffage markiert wird, fo muß es der Arm,
nicht die Finger, und das recht mit allem Fleiß fchwer
und ungefchickt tun. Das Schönfte aber ift, daß, wenn in
einer Paffage (die fortfließen foll wie Öl) notwendigerweife
die Finger gewechfelt werden müffen, fo brauchts nicht
viel acht zu geben, fondern wenn es Zeit ıft, fo läßt man
aus, hebt die Hand auf und fängt ganz kommod wieder an.
Durch das hat man auch eher Hoffnung, einen falfchen
Ton zu erwifchen, und das macht oft einen kuriofen Effekt.
Ich fchreibe diefes nur, um dem Papa einen Begriff vom
Klavierfpielen und Inftruieren zu geben, damit der Papa
feinerzeit einen Nutzen daraus ziehen kann. Herr Stein
ift völlig in feine Tochter vernarrt. Sie ift achtehalb Jahr
alt, fie lernt nur noch alles auswendig. Sie kann werden,
fie hat Genie; aber auf diefe Art wird fie nichts, fie wird
niemalen viel Ge(chwindigkeit bekommen, weil fie fich völlig
befleißt, die Hand fchwer zu machen. Sie wird das Not-
wendigfte und Härtefte und die Hauptfache іп der Mufik
niemalen bekommen, námlich das Tempo, weil fie fich von
Jugend auf völlig befliffen hat, nicht auf den Takt zu fpie-
len. Herr Stein und ich haben gewiß zwei Stunden mit-
einander über diefen Punkt gefprochen. Ich habe ihn aber
Íchon ziemlich bekehrt, er fragt mich jetzt in allem um
Rat. Er war in den Beecké vóllig vernarrt; nun fieht und
hört er, daß ich mehr ípiele als Beecké, daß ich keine
93
Grimaffen mache und doch fo expreffive fpiele, daß noch
keiner nach feinem Bekenntnis feine Pianoforte fo gut zu
traktieren gewußt hat. Daß ich immer akkurat im Takt
bleibe, über das verwundern fie fich alle. Das tempo ru-
bato in einem Adagio, daß die linke Hand nichts darum
weiß, können fie gar nicht begreifen. Bei ihnen gibt die
linke Hand nach. Graf Wolfeck und mehrere, die ganz
paffioniert für Beecké find, fagten neulich öffentlich im Kon-
теге, daß ich den Beecké in Sack fchiebe. Graf Wolfeck
lief immer im Saal herum und fagte: „So hab ich mein
Lebtag nichts gehört.“ Er fagte zu mir: „Ich muß Ihnen
fagen, daß ich Sie niemalen fo fpielen gehört wie heute;
ich werde es auch Ihrem Vater fagen, fobald ich auf Salz-
burg komme...“
AN ABBE BULLINGER
Paris, 3. Juli 1778.
Allerbefter Freund!
Für Sie ganz allein.
Trauern Sie mit mir, mein Freund! Dies war der
traurigfte Tag іп meinem Leben, dies fchreibe ich um
zwei Uhr nachts. Ich muß es Ihnen doch fagen: meine
Mutter, meine liebe Mutter ift nicht mehr! Gott hat fie
zu fich gerufen; er wollte fie haben, das fehe ich klar,
mithin habe ich mich in den Willen Gottes zu geben.
Er hatte fie mir gegeben, er konnte fie mir auch nehmen.
Stellen Sie fich nur alle meine Unruhe, Ängfte und Sor-
gen für, die ich diefe vierzehn Tage ausgeftanden habe.
Sie ftarb, ohne daß fie etwas von fich wußte, löfchte aus
94
wie ein Licht. Sie hat drei Tage vorher gebeichtet, ift
kommuniziert worden und hat die heilige Olung be-
kommen. Die letzten drei Tage aber phantafierte fie be-
ftändig, und heute aber um fünf Uhr einundzwanzig
Minuten griff fie in Zügen, verlor allfogleich dabei alle
Empfindung und alle Sinne. Ich drückte ihr die Hand,
redete fie an, fie fah mich aber nicht, hörte mich nicht
und empfand nichts. So lag fie bis zum Verfchied, näm-
lich in fünf Stunden, um zehn Uhr einundzwanzig Minuten
abends. Es war niemand dabei als ich, ein guter Freund
von uns (den mein Vater kennt), Herr Heina, und die
Wiachterin. Die ganze Krankheit kann ich Ihnen heute
ohnmöglich fchreiben; ich bin der Meinung, daß fie hat
fterben müffen; Gott hat es fo haben wollen. Ich bitte
Sie unterdeffen um nichts als um das Freundftück, daß
Sie meinen armen Vater ganz fachte zu diefer traurigen
Nachricht bereiten. Ich habe ihm mit der nämlichen Poft
gefchrieben, aber nur, daß fie (chwer krank ift, warte dann
nur auf eine Antwort, damit ich mich darnach richten
kann. Gott gebe ihm Stärke und Mut! Mein Freund!
ich bin nicht jetzt, fondern fchon lange her getröftet. Ich
habe aus befonderer Gnade Gottes alles mit Standhaftig-
keit und Gelaffenheit ertragen. Wie es fo gefährlich
wurde, fo bat ich Gott nur um zwei Dinge, nämlich um
eine glückliche Sterbftunde für meine Mutter und dann
für mich um Stärke und Mut, und der gütige Gott hat
mich erhört und mir die zwei Gnaden im größten Maße
verliehen. Ich bitte Sie alfo, befter Freund, erhalten Sie
mir meinen Vater, fprechen Sie ihm Mut zu, daß er es
fich nicht gar zu fchwer und hart nimmt, wenn er das
95
Ärgfte erft hören wird. Meine Schwefter empfehle ich
Ihnen auch von ganzem Herzen. Gehen Sie doch gleich
hinaus zu ihnen, ich bitte Sie, fagen Sie ihnen noch nichts,
daß fie tot ift, fondern präparieren Sie fie nur fo dazu.
Tun Sie, was Sie wollen, wenden Sie alles an, machen
Sie nur, daß ich ruhig fein kann und daß ich nicht etwa
ein anderes Unglück noch zu erwarten habe. Erhalten Sie
mir meinen lieben Vater und meine liebe Schwefter! Geben
Sie mir gleich Antwort, ich bitte Sie. Adieu, ich bin Dero
gehorfamfter, dankbarfter Diener
W.A.M.
AN DEN VATER
Wien, 9. Juni 1781.
Nun hat es der Herr Graf Arco recht gut gemacht!
Das ift alfo die Art, die Leute zu bereden, fie an fich
zu ziehen, daß man aus angeborener Dummheit die Bitt-
fchriften nicht annimmt, aus Manglung des Muts und aus
Liebe zur Fuchsfchwanzerei dem Herren gar kein Wort
fagt, jemand vier Wochen herumzieht und endlich, da
derjenige gezwungen ift, die Bittfchrift felbft zu über-
reichen, anftatt ihm wenigftens den Zutritt zu verftatten,
ihn zur Tür hinausfchmeißt und einen Tritt im Hintern
gibt! Das ift alfo der Graf, dem es (nach Ihrem letzten
Schreiben) fo fehr vom Herzen geht? das ift alfo der Hof,
wo ich dienen, an welchem man jemand, der um etwas
fchriftlich einkommen will, anftatt daß man ihm die Über-
gebung zuwegen bringt, ihn alfo behandelt? Das gefchahe
in der Antichambre; mithin war kein ander Mittel als fich
losreißen und laufen, dann ich wollte für die fürftlichen
96
(
ggf ea waa л
Zimmer den Refpekt nicht verlieren, wenn ihn fchon der
Arco verloren hatte. Ich habe drei Memorial gemacht,
habe fie fünfmal übergeben und find mir allzeit zurück-
geíchlagen worden. Ich habe fie ganz gut verwahrt, und
` wer fie lefen will, kann fie lefen und fich überzeugen, daß
nicht das geringfte Anzügliche darinnen feie. Endlich,
da ich abends das Memorial durch Herrn von Kleinmayrn
. zurückgefandt bekam (dann er ift hier dazu beftellt), und
. als den andern Тар darauf ware die Abreife des Erz-
bifchofs, fo war ich für Zorn ganz außer mir; wegreifen
- konnte ich ihn fo nicht laffen, und da ich von Arco ge-
wut (wenigftens fagte er mir es fo), daß er nichts darum
wiffe, mithin wie bófe könnte der Erzbifchof nicht auf
. mich fein, fo lange hier zu fein und dann auf den letzten
Augenblick erít mit einer folchen Bittíchrift zu kommen.
Ich machte alío ein anderes Memorial, worin ich ihm ent-
^. deckte, daß ich fchon bereits vier Wochen eine Bittfchrift
in Bereitfchaft hätte, und da ich mich, wüßte nicht warum,
fo lange damit herumgezogen fahe, fo feie ich nun ge-
nótiget, fie ihm felbít, und zwar auf den letzten Augen-
blick zu überreichen. Fir diefes Memorial bekam ich
die Entlaffung meiner Dieníte auf die fchénfte Art von
der Welt. Dann wer weiß, ob es nicht auf Befehl des
Erzbifchofs gefchehen ift? Herr von Kleinmayrn, wenn
er einen ehrlichen Mann noch fo fortfpielen will, und die
Bedienten des Erzbifchofs find Zeugen, daß fein Befehl ift
vollzogen worden. Ich brauche nun gar keine Bittfchrift
mehr nachzufchicken, die Sache ift nun geendiget. Ich
will nun von der ganzen Affäre nichts mehr fchreiben,
und wenn mir der Erzbifchof nun zwölfhundert Fl.
97
Befoldung gabe, fo ging ich nicht nach einer folchen
Behandlung. Wie leicht wäre ich nicht zu bereden ge-
wefen! Aber mit Art, nicht mit Stolz und Grobheit.
Dem Graf Arco habe ich fagen laffen, ich habe nichts
mit ihm zu reden, weil er mich das erftemal fo ange-
fahren und wie einen Spitzbuben ausgemacht hat, wel-
ches ihm nicht zufteht. Und bei Gott! wie ich fchon
gefchrieben habe, ich wäre das letztemal auch nicht hin-
gegangen, hätte er mir nicht dazu fagen laffen, er hätte
einen Brief von Ihnen. Nun das letztemal! Was geht
es ihn an, wenn ich meine Entlaflung haben will? Und
denkt er wirklich fo gut für mich, fo foll er mit Gründen
jemand zureden oder die Sache gehen laffen, wie fie geht.
Aber nicht mit Flegel und Burfch herumwerfen und einen
bei der Tür durch einen Tritt im Arfch hinauswerfen;
doch ich habe vergeffen, daß es vielleicht Hochfürftlicher
Befehl war.
Auf Ihren Brief will ich nur ganz kurz antworten.
Dann ich bin der ganzen Sache fo müde, daß ich gar
nichts mehr davon zu hören wünfchte. Nach der ganzen
Urfach, warum ich quittiere (die Sie wohl wiffen), würde
es keinem Vater einfallen, mit feinem Sohn darüber böfe
zu fein; vielmehr wenn er es nicht getan hätte. Defto
weniger, da Sie wußten, daß ich fchon ohne alle Urfach
dazu Luft hatte. Und Ernft kann es Ihnen ohnmöglich
fein, Sie müffen fich wegen dem Hof alfo verhalten. Doch
bitte ich Sie, mein befter Vater, nicht zu viel zu kriechen,
dann der Erzbifchof kann Ihnen nichts tun. Tät ers
doch! Ich wünfchte es faft. Das wäre wirklich eine Tat,
eine neue Тас, die ihm beim Kaifer vollends den Garaus
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machen würde; dann der Kaifer kann ihn nicht allein
micht leiden, fondern ег haßt ihn. Wenn Sie nach einer
folchen Behandlung nach Wien gehen und dem Kaifer
die Gefchichte erzählen, fo erhalten Sie wenigftens die
nàmliche Gage von ihm, denn in folchen Fällen ift der
Kaifer zu verehren. ..
AN KONSTANZE
Wien, 29. April 1782.
Liebfte, befte Freundin!
Diefen Namen werden Sie mir ja doch noch wohl er-
lauben, daß ich Ihnen geben darf? So fehr werden Sie
mich ja doch nicht haffen, daß ich nicht mehr Ihr Freund
fein darf und Sie nicht mehr meine Freundin fein werden?
Und wenn Sie es auch nicht mehr fein wollen, fo können
Sie es mir doch nicht verbieten, gut für Sie, meine Freundin,
zu denken, wie ich es nun fchon gewohnt bin. Überlegen
Sie wohl, was Sie heut zu mir gefagt haben. Sie haben
mir (ohngeachtet allen meinen Bitten) dreimal den Korb
gegeben und mir gerade ins Geficht gefagt, daß Sie mit
mir nichts mehr zu tun haben wollen. Ich, dem es nicht
fo gleichgültig ift wie Ihnen, den geliebten Gegenftand zu
verlieren, bin nicht fo hitzig, unüberlegt und unvernünftig,
den Korb anzunehmen. Zu diefem Schritte liebe ich Sie
zu fehr. Ich bitte Sie alfo noch einmal, die Urfache diefes
ganzen Verdruffes wohl zu überlegen und zu bedenken,
welche war, daß ich mich darüber aufgehalten, daß Sie fo
unverfchämt, unüberlegt waren, Ihren Schweftern, NB. in
meiner Gegenwart, zu fagen, daß Sie fich von einem Chapeau
99
haben die Waden melen lafen. Das tut kein Frauen, `
zimmer, welches auf Ehren hält. Die Maxime in der Kom- `
pagnie mitzumachen ift ganz gut. Dabei muß man aber
viele Nebenfachen betrachten: ob es lauter gute Freunde -
und Bekannte beifammen find? ob ich ein Kind oder fchon
ein Mädchen zum Heuraten bin? befonders aber, ob ich
eine verfprochene Braut bin? hauptiächlich aber, ob lauter
Leute meinesgleichen oder niedrigere als ich, befonders aber
vornehmere als ich dabei find? Wenn es fich wirklich die
Baronin felbft hat tun laffen, fo ift es ganz was anderes,
weil fie fchon weiter eine übertragene Frau, die ohnmög-
lich mehr reizen kann, ift und überhaupt eine Liebhaberin
vom et caetera ift. Ich hoffe nicht, liebfte Freundin, daß
Sie jemals fo ein Leben führen wollten wie fie, wenn Sie
auch nicht meine Frau fein wollen. Wenn Sie fchon dem
Triebe mitzumachen (obwohl das Mitmachen einer Manns-
perfon nicht allzeit gut fteht, defto weniger aber einem
Frauenzimmer) konnten Sie aber ohnmöglich widerftehen,
fo hätten Sie in Gottes Namen das Band genommen und
fich felbft die Waden gemeflen (fo wie es noch alle Frauen-
zimmer von Ehre in meiner Gegenwart in dergleichen
І
i
Fällen getan haben) und fich nicht von einem Chapeau
(ich, ich würde es niemalens im Beifein anderer Ihnen getan
haben, ich würde Ihnen felbft das Band gereicht haben),
defto weniger alfo von einem Fremden, der mich gar nichts
angeht. Doch das ift vorbei, und ein kleines Geftändnis
Ihrer dortmaligen, etwas unüberlegten Aufführung würde
alles wieder gutgemacht haben und — wenn Sie es nicht
übel nehmen, liebfte Freundin — noch gutmachen. Dar-
aus fehen Sie, wie fehr ich Sie liebe. Ich braufe nicht auf
IOO
-wie Sie, ich denke, ich überlege und ich fühle. Fühlen Sie,
haben Sie Gefühl, fo weiß ich gewiß, daß ich heute noch
ruhig werde fagen können: die Konftanze ift die tugend-
'hafte, ehrliebende, vernünftige und getreue Geliebte des
rechtfchaffenen und für fie wohldenkenden
Mozart.
HEINRICH LEUTHOLD / MITTAGSRUHE
IT fchattigem Kaftanienwalde
Senkt fich vom Apennin die Schlucht;
Limonen fchmücken reich die Halde,
Und Öl und Wein umkränzt die Bucht.
Ein dunkles Klofter liegt zur Seite,
: Der Weg von Blüten überfchneit.
Vor uns dehnt fich des Meeres Weite,
Ein Sinnbild der Unendlichkeit.
Es tönt die Welt mit keiner Kunde
In unfern Frieden ftörend ein.
Wir zählen weder Tag noch Stunde:
^ A Das ift ein füß Begrabenfein,
Das ift ein feliges Verbluten,
Dem unfre Seelen fich geweiht.
Natur wälzt ihre Wolluftfluten
Lautlos um unfre Einfamkeit.
Aus dem Nachlaß.
101
LIEDER DES HAFIS
LIEBESH YMNE
ELIEBTE, deine großen Mandelaugen
Sind fchén wie Huris in dem Garten Eden,
Und deine Wangen gleichen Rofenbeeten
Des Paradiefes, — ach, und deine Locken
Verwirren wie ein Zauberwald, daraus
Man nimmer heimwärts findet, alle Welt.
Der Hauch, der deinem fchimmernden Mund entftrömt,
Ift ein verklärter Liebeshauch des Jenfeits
Und heilt die wilden Qualen meines Herzens.
Die Hügel deiner Brüfte find zwei Felder
Schneeweißer Lilien, darauf ganz matte
Syringenblüten feine Adern ziehn.
Es fchweben deine Füße wie zwei Wefen
Des Feenlandes, die von Erdenfchwere
Nichts wiffen, über unfern Häuptern hin.
Und deine Seele? Deine zarte Seele
Ift eine Strophe aus dem Blau des Himmels,
Ein wundervoller Vers, den Allah fchrieb.
Und meine Seele, diefe arme, gänzlich
Zerrüttete? Sie ift ein Opferkraut,
Geworfen in den ungeheuren Brand
102
Verzickter Liebe. Da verglüht es und
V erduftet und fteigt felig auf zum Himmel
Zu deiner Ehre, Fürftin diefer Welt!
WEIN HER!
Den Stein der Weifen her! Den Becher, Schenke,
Der alles in fich fchließt, was köftlich ift!
Wein her! Ich will der Erde Haß und Hochmut
Abwafchen mir vom härenen Gewand!
^ Wein her! Ich will das Netz des pfäffifchen Unfinns,
Das uns umgarnen will, in Stücke reißen!
Wein her! Ich will die Erde mir erobern,
Zu Füßen mir die ganze blühende Welt!
Wein her! Ich will zum Himmel auf! Das Diesfeits
Und Jenfeits überfegl ich kecken Flugs!
Wein her! Wein her! Bring mir den Becher, Schenke,
Der alles in fich fchließt, was köftlich ift!
DIE ALLMÄCHTIGE
Die höchfte Macht der Erde fitzt auf keinem Thron.
Sie blüht in deinem Angeficht, du Herrliche!
Der Tag wird durch die goldne Sonne nicht erhellt, —
Aus deinen Augen fließt das wundervolle Licht!
103
In deinen fchlanken Handen ruht die Macht des Lebens
Und auch die dunkle Macht des Todes, — wie du willft.
Du Schlimme tuft des Böfen ein gehäuftes Maß.
Tu es getroft, — der Himmel zürnt dir nicht.
Der Engel Pflicht wär aufzufchreiben, was du Böfes tuft, —
Sie walten ihres Amtes nicht. Sie lieben dich.
HAFIS DER BESIEGTE
Nicht jene find gefährlich mir, die mit
Dem Schwerte drohn. Nicht jene, die mit Blicken
Des Grimmes und des Haffes um fich werfen.
Jedoch ein roter Mund ift mir gefährlich
Und eine Locke, die auf weißem Hals liegt,
Und dunkle Augen unter dunkeln Braun,
Solchen Bezwingern bin ich nicht gewachfen!
Gern würd ich fliehn, — doch ifts fo füß zu bleiben,
Befiegt zu fein von Locke, Aug und Mund.
Wie gerne trink ich das holde Gift des Mundes,
Wie gern verbrenn ich in den fchönen Gluten,
Die deine Augen fprühn! Und du, o Locke,
Du fein gefchwungen, die auf weißem Hals liegt,
Umfchnüre mich, bis mir der Atem ausgeht, —
Ich kenne keinen neidenswertern Tod.
Übertragen von Hans Bethge.
104
HANS SACHS / EIN SCHONS BUHLLIED EINER
EHRLICHEN FRAUEN MIT ЕГМ NAMEN ІМ
DEN ANFANGEN
IR liebt in grünem Maien
die fröhlich Summerzeit,
in der fich tut erfreuen
mit ganzer Stetigkeit
die Allerliebft auf Erden,
die mir im Herzen leit.
Ach Mai, du edler Maien,
der du den grünen Wald
gar herrlich tuft erfreuen
mit Blümlein mannigfalt,
darinnen tut fpazieren
mein Feinslieb wohlgeftalt.
Gott, du wölleft mir geben
in diefem Maien grün
ein fröhlich, gfundes Leben,
darzu die Zart und Schön,
die du mir haft erkoren,
die mir ihr Lieb vergünn.
Darum, du grüner Maien,
wann ich an die gedenk,
die mein Herz tut erfreuen,
der ich viel Seufzen fenk,
dieweil ich leb auf Erden,
mein Herz nit von ihr wänk.
105
106
Ach halt ап Treu und Ehren,
mein allerhöchfter Schatz,
und laß dich nit abkehren
des fchnóden Klaffers Schwatz,
gib ihren falfchen Zungen
in deim Herzen kein Platz.
Lieb! ach wollt Gott, mein Herze
kunnft fehen in dem Grund,
wie das in Liebesfchmerze
von dir ift worden wund!
Tu das mit eim Wort tröften!
So wird mein Herz gefund.
Ewig wollt ich mich freuen,
wenn ich dein eigen wär,
und dir dienen in Treuen.
Deshalb fürcht kein Gefähr!
Nichts ich, denn Ehr und Glücke,
von Gott und dir begehr.
Nach Silber und nach Golde
tu ich nit fehnen mich,
als der, die ich herzholde
hab, zu der mich verfich
aller Lieb, Treu und Ehre,
weil ich leb auf Erdrich.
Ach tu von mir nit kehren
in Liebesanefang!
Hoffnung tut mich егпаһгеп
forthin mein Lebenlang.
Viel taufend guter Nachte
wünfch ich dir mit Gefang.
ARTHUR SCHOPENHAUER / UBER SCHRIFT-
STELLEREI UND STIL, LESEN UND BUCHER
М unfterblich zu fein, muß ein Werk fo viele Treff-
lichkeiten haben, daß nicht leicht fich Einer findet,
der fie alle faßt und fchätzt; jedoch allezeit diefe Treff-
lichkeit von Diefem, jene von Jenem erkannt und verehrt
wird; wodurch der Kredit des Werkes, den langen Lauf
der Jahrhunderte hindurch, und bei ftets wechfelndem In-
terefle, fich doch erhält, indem es bald in die/em, bald in
jenem Sinne verehrt und nie erfchöpft wird. — Der Urheber
eines folchen aber, alfo Der, welcher auf ein Bleiben und
Leben noch bei der Nachwelt Anfpruch hat, kann nur ein
Menfch fein, der nicht bloß unter feinen Zeitgenoffen,
auf der weiten Erde, feines Gleichen vergeblich fucht
und von jedem Andern, durch eine fehr merkliche Ver-
fchiedenheit, augenfällig abfticht; fondern der, wenn er
fogar, wie der ewige Jude, mehrere Generationen durch-
wanderte, fich dennoch im felben Falle befinden würde;
kurz, Einer, von dem das Arioftifche „Die Natur hat
das Herrlichfte gebildet und dann die Form zerbrochen“
wirklich gilt. Denn fonft wäre nicht einzufehn, war-
um feine Gedanken nicht untergehn follten, wie alle
andern.
107
Zu faft jeder Zeit ift, wie in der Kunft, fo auch in der
Litteratur, irgend eine falfche Grundanficht, oder Weife,
oder Manier, im Schwange und wird bewundert. Die ge-
meinen Köpfe find eifrig bemüht, folche fich anzueignen
und fie zu üben. Der Einfichtige erkennt und verfchmäht
fie: er bleibt außer der Mode. Aber nach einigen Jahren
kommt auch das Publikum dahinter und erkennt die Fakfe
für Das, was fie ift, verlacht fie jetzt, und die bewunderte
Schminke aller jener manierirten Werke fallt ab, wie eine
fchlechte Gypsverzierung von der damit bekleideten Mauer:
und wie diefe ftehn fie alsdann da. Nicht ärgern also,
fondern freuen foll man fich, wenn irgend eine fchon lange
im Stillen wirkende falfche Grundanficht ein Mal ent-
fchieden, laut und deutlich ausgefprochen wird: denn nun-
mehr wird das Falfche derfelben bald gefühlt, erkannt und
endlich ebenfalls ausgefprochen werden. Es ift damit, wie
wenn ein Abfceß aufgeht.
Der Sti! ift die Phyfiognomie des Geiftes. Sie ift untrüg-
licher, als die des Leibes. Fremden Stil nachahmen heißt
eine Maske tragen. Wäre diefe auch noch fo fchön, fo
wird fie, durch das Leblofe, bald infipid und unerträglich;
fo daß felbít das häßlıchfte lebendige Geficht beffer ift.
Affektation im Stil ift dem Gefichterfchneiden zu ver-
gleichen. — Die Sprache, in welcher man fchreibt, ift die
Nationalphyfiognomie: fie ftellt große Unterfchiede feft, —
von der Griechifchen bis zur Karaibifchen.
Stilfehler foll man in fremden Schriften entdecken, um
fie in den eigenen zu vermeiden,
108
Die Wahrheit ift nackt am fchónften, und der Eindruck,
den fie macht, um fo tiefer, als ihr Ausdruck einfacher war;
theils weil fie dann das ganze, durch keinen Nebengedanken
zerítreute Gemüth des Hórers ungehindert einnimmt; theils
weil er fühlt, daß er hier nicht durch rhetorifche Künfte
beftochen, oder getáufcht ift, (ondern die ganze Wirkung
von der Sache felbít ausgeht. 27. B. welche Deklamation
über die Nichtigkeit des menfchlichen Dafeins wird wohl
mehr Eindruck machen, als Hiobs: Der Menfch, vom Weibe
geboren, lebt kurze Zeit, und iít voll Unruhe, gehet auf wie
eine Blume, und fällt ab, fliehet wie ein Schatten, und blei-
bet nicht. — Eben daher fteht die naive Poefie Goethes fo
unvergleichlich hóher als die rhetorifche Schillers. Daher
auch die ftarke Wirkung mancher Volkslieder. Deshalb nun
hat man, wie in der Baukunft vor der Überladung mit Zier-
rathen, in den redenden Künften fich vor allem nicht noth-
wendigen rhetorifchen Schmuck, allen unnützen Amplifi-
kationen und überhaupt vor allem Überfluß im Ausdruck
zu hüten, alío fich eines keufchen Stiles zu befleißigen. Alles
Entbehrliche wirkt nachtheilig. Das Gefetz der Einfach-
heit und Naivetát, da diefe fich auch mit dem Erhabenften
verträgt, gilt für alle (chónen Kinfte.
Die deutfche Sprache ift die einzige, іп der man bei-
nahe to gut fchreiben kann, wie im Griechifchen und
Lateinifchen, welches den andern europäifchen Haupt-
іргасһеп, als welche bloße patois find, nachrühmen zu wollen
lacherlich fein würde. Daher eben hat, mit diefen ver-
glichen, das Deutíche etwas fo ungemein Edeles und Er-
habenes.
109
Wenige fchreiben wie ein Architekt baut, der zuvor
feinen Plan entworfen und bis ins Einzelne durchdacht
hat; — vielmehr die Meiften nur fo, wie man Domino
fpielt. Wie nämlich hier, halb durch Abficht, halb durch
Zufall, Stein an Stein fich fügt, — fo fteht es eben auch
mit der Folge und dem Zusammenhang ihrer Sätze.
Kaum daß fie ungefähr wiflen, welche Geftalt im Gan-
zen herauskommen wird und wo das Alles hinaus foll.
Viele wiffen felbft Dies nicht, fondern fchreiben, wie
die Korallenpolypen bauen: Periode fügt fich an Periode,
und es geht wohin Gott will. Zudem ift das Leben
der ,,Jetztzeit eine große Gallopade: in der Litteratur
giebt fie fich kund als äußerfte Flüchtigkeit und Lieder-
lichkeit.
Es wäre gut Bücher kaufen, wenn man die Zeit, fie zu
lefen, mitkaufen könnte, aber man verwechfelt meiftens den
Ankauf der Bücher mit dem Aneignen ihres Inhalts.
Zu verlangen, daß Einer Alles, was er je gelefen, be-
halten hätte, ift wie verlangen, daß er Alles, was er je
gegeffen hat, noch іп fich trüge. Er hat von Diefem leib-
lich, von Jenem geiftig gelebt und ift dadurch geworden was
er ift. Wie aber der Leib das ihm Homogene aflımilirt;
fo wird Jeder behalten, was ihn intere/hrt, d. h. was in fein
Gedankenfyftem oder zu feinen Zwecken paßt. Letztere
hat freilich Jeder; aber etwas einem Gedankenfyftem Ahn-
liches haben gar Wenige: daher nehmen fie an nichts ein
objektives Intereffe, und dieferhalb wieder fetzt fich von
ihrer Lektüre nichts bei ihnen an: fie behalten nichts davon.
110
Ев giebt, zu allen Zeiten, zwei Litteraturen, die ziemlich
fremd neben einander hergehn: eine wirkliche und eine
bloß fcheinbare. Jene erwächft zur bleibenden Litteratur.
Betrieben von Leuten, die für die Wiflenfchaft, oder die
Poefie, leben, geht fie ihren Gang ernft und ftill, aber
äußerft langfam, producirt in Europa kaum ein Dutzend
Werke im Jahrhundert, welche jedoch 0/4беп. Die andere,
betrieben von Leuten, die von der Wiffenfchaft, oder Poefie,
leben, geht im Galopp, unter großem Lärm und Gefchrei
der Betheiligten, und bringt jährlich viele taufend Werke zu
Markte. Aber nach wenig Jahren fragt man: wo find fie?
wo ift ihr fo früher und fo lauter Ruhm? Man kann daher
auch diefe als die fließende, jene als die ftehende Litteratur
bezeichnen.
Repetitio est mater studiorum. Jedes irgend wichtige Buch
foll man fogleich zwei Mal lefen, theils weil man die
Sachen das zweite Mal in ihrem Zufammenhange beffer
begreift, und den Anfang erft recht verfteht, wenn man
das Ende kennt; theils weil man zu jeder Stelle das zweite
Mal eine andere Stimmung und Laune mitbringt, als beim
erften, wodurch der Eindruck verfchieden ausfällt und es
ift, wie wenn man einen Gegenftand in anderer Beleuch-
tung fieht.
Um das Gute zu lefen, ift eine Bedingung, daß man
das Schlechte nicht lefe: denn das Leben ift kurz, Zeit
und Kräfte befchränkt.
І11
DAS GLUCK DIESER WELT / DER HAUSSPRUCH
DES PLANTIN / UBERTRAGEN VON RUDOLF
ALEXANDER SCHRODER
IN Haus befitzen, fchön und fauberlich gericht’t,
Ein Gärtlein, tapeziert mit duftenden Spalieren,
Wein, Früchte — viel Gefind und viele Kinder nicht,
Ein Weib, das feine Treu dich läßt im (Шеп fpüren,
Nicht Schulden, Buhlfchaft nicht und kein Prozeffef ühren,
Kein Vetter und kein Ohm, der dir dein Erb anficht,
Mit wenig fein vergnügt, den Großen nicht hofieren,
In jeder Tätigkeit ihr richtiges Gewicht,
Freimütig fein und nicht dem Ehrgeiz Nahrung geben,
Herr feiner Leidenfchaft und nicht ihr Diener leben,
Und ohne Skrupel fich am Gottesdienft erbaun,
Den Geift fich halten frei und den Verftand ohn Scharten,
Und unterm Rofenkranz nach feinen Beeten fchaun:
Das heiß ich fänftiglich daheim den Tod erwarten.
DIE ROMANTIK DER BOURGEOISIE / VON
STEFAN ZWEIG
IE große und unvergeßliche Tat Dickens war: die Ro-
mantik der Bourgeoifie zu entdecken, die Poefie des
Profaifchen. Er hat als erfter den Alltag der unpoetifche-
ften aller Nationen ins Dichterifche umgebogen. Er hat
Sonne durch diefes ftumpfe Grau leuchten laflen; und wer
in England einmal gefehen hat, wie ftrahlend der Gold-
glanz ift, den dort die erftarkende Sonne aus dem trüben
112
К паче] des Nebels fpinnt, der weiß, wie fehr ein Dichter
feine Nation befeligen mußte, der ihr künftlerifch diefe
Sekunde der Erlöfung aus dem bleiernen Hindämmern ge-
geben hat. Dickens ift diefer goldene Reif um den eng-
lifchen Alltag, der Heiligenfchein der fchlichten Dinge
und fimpeln Menfchen, die Idylle Englands. Er hat feine
Helden, feine Schickfale in den engen Straßen der Vor-
ftädte gefucht, an denen die andern Dichter achtlos vor-
beigingen. Die fuchten ihre Helden unter den Kron-.
leuchtern der ariftokratifchen Salons, auf den Wegen in
den Zauberwald der fairy tales, fie forfchten nach dem
Entlegenen, Ungewóhnlichen und Außerordentlichen.
Ihnen war der Bürger die Subftanz gewordene irdifche
Schwerkraft, und fie wollten nur feurige, koftbare, in Ek-
ftafen aufftrebende Seelen, den lyrifchen, den heroifchen
Menfchen. Dickens fchämte fich nicht, den ganz ein-
fachen Tagwerker zum Helden zu machen. Er war ein
Selfmademan; er kam von unten und bewahrte diefem
Milieu eine rührende Pietät. Er hatte einen fehr merk-
würdigen Enthufiasmus für das Banale, eine Begeifterung
für ganz wertlofe altväterifche Dinge, für den Kleinkram
des Lebens. Seine Bücher find felbft fo ein curiosity shop
voll mit Gerümpel, das jeder für wertlos gehalten hätte, ein
Durcheinander von Seltfamkeiten und fchnurrigen Nichtig-
keiten, die jahrzehntelang vergeblich auf den Liebhaber ge-
wartet hatten. Aber er nahm diefe alten wertlofen, ver-
ftaubten Dinge, putzte fie blank, fügte fie zufammen und
ftellte fie in die Sonne feiner Heiterkeit. Und da fingen
fie plötzlich an zu funkeln mit einem unerhörten Glanz.
So nahm er die vielen kleinen verachteten Gefühle aus der
113
Bruft einfacher Menfchen, horchte fie ab, fagte ihr Rader-
werk zufammen, bis fie wieder lebendig tickten. Plötz-
lich begannen fie da wie kleine Spieluhren zu furren, zu
fchnurren und dann zu fingen, eine leife altväterifche Me-
lodie, die lieblicher war als die fchwermütigen Balladen
der Ritter aus Legendenland und die Kanzonen der Lady
vom See. Die ganze bürgerliche Welt hat Dickens fo aus
dem Afchenhaufen der Vergeffenheit aufgeftöbert und wie-
der blank zufammengefügt: in feinem Werk erft wurde
fie wieder eine lebendige Welt. Ihre Torheiten und Be-
fchränktheiten 'hat er durch Nachficht begreiflich, ihre
Schönheiten durch Liebe finnfällig gemacht, ihren Aber-
glauben verwandelt er in eine neue und fehr dichterifche
Mythologie. Das Zirpen des Heimchens am Herd ift
Mufik geworden in feiner Novelle, die Silvefterglocken
fprechen mit menfchlichen Zungen, der Zauber der Weih-
nacht verfóhnt Dichtung dem religiófen Gefühl. Aus den
kleinen Feíten hat er einen tieferen Sinn geholt; er hat
allen diefen fchlichten Leuten die Poefie ihres taglichen
Lebens entdecken geholfen, ihnen noch lieber gemacht,
was ihnen fchon das Liebfte war, ihr home, das enge
Zimmer, wo der Kamin mit roten Flammen praffelt und
das dürre Holz zerknackt, wo der Tee am Tifche furrt
und fingt, wo die wunfchlofen Exiftenzen fich abfperren
von den gierigen Stürmen, den wilden Verwegenheiten
der Welt. Die Poefie des Alltäglichen wollte er alle die
lehren, die in den Alltag gebannt waren. Taufenden und
Millionen hat er gezeigt, wo das Ewige in ihr armes Leben
hinabreichte, wo der Funke, der ftille Freude verfchüttet,
unter der Afche des Alltags lag, er hat fie gelehrt, ihn
114
aufflammen zu laffen zu heiter behaglicher Glut. Helfen
wollte er den Armen und den Kindern. Was über diefen
Mittelftand des Lebens, materiell oder geiftig, hinausging,
war ihm antipathifch; er liebte nur das Gewöhnliche, das
‚Durchfchnittliche von ganzem Herzen. Den Reichen und
den Ariftokraten, den Begünftigten des Lebens war er
gram. Die find faft immer Schurken und Knaufer in fei-
nen Büchern, felten Porträts, faft immer Karikaturen. Er
mochte fie nicht. Zu oft hatte er als Kind dem Vater
ins Schuldgefängnis, in die Marfhalea, Briefe gebracht, die
Pfändungen gefehen, zu fehr die liebe Not des Geldes ge-
kannt; jahraus, jahrein war er in Hungerford Stairs ganz
oben in einem kleinen, fchmutzigen, fonnenlofen Zimmer
gefeffen, hatte Schuhwichfe in Tiegel eingeftrichen und
mit Faden Hunderte und Hunderte täglich umwickelt, bis
ihm die kleinen Kinderhände brannten und die Tränen der
Zurückfetzung aus den Augen fchoffen. Zu fehr hatte ег
Hunger und Entbehrung gekannt an den kalten Nebel-
morgen der Londoner Straßen. Keiner hatte ihm damals
geholfen, die Karoffen waren vorübergefahren an dem frie-
renden Knaben, die Reiter vorbeigetrabt, die Tore hatten
fich nicht aufgetan. Nur von den kleinen Leuten hatte
er Gutes erfahren: nur ihnen wollte er darum die Gabe
erwidern. Seine Dichtung ift eminent demokratifch —
nicht fozialiftifch, dazu fehlt ihm der Sinn für das Radi-
kale —, Liebe und Mitleid allein geben ihr pathetifches
Feuer. In der bürgerlichen Welt — in der mittleren Sphäre
zwifchen Armenhaus und Rente — ift er am liebften ge-
blieben; nur bei diefen fchlichten Menfchen hat er fich
wohlgefühlt. Er malt ihre Stuben mit Behaglichkeit und
IIS
Breite aus, als wollte er felbft darin wohnen, webt ihnen
bunte und immer mit fonnigem Feuer überflogene Schick-
fale, träumt ihre befcheidenen Träume; ег ift ihr Anwalt,
ihr Prediger, ihr Liebling, die helle, ewig warme Sonne
ihrer fchlichten, grautönigen Welt.
Aber wie reich ift fie durch ihn geworden, diefe befchei-
dene Wirklichkeit der kleinen Exiftenzen! Das ganze bür-
gerliche Beifammenfein mit feinem Hausrat, dem Kunter-
bunt der Berufe, dem unüberfehbaren Gemifch der Ge-
fühle ift noch einmal Kosmos geworden, ein All mit Sternen
und Göttern in feinen Büchern. Aus dem flachen, ftagnie-
renden, kaum wellenden Spiegel der kleinen Exiftenzen
hat hier ein fcharfer Blick Schätze erfpäht und fie mit dem
feinmafchigften Netz ans Licht gehoben. Aus dem Ge-
wühl hat er Menfchen gefangen, o wie viele Menfchen,
Hunderte von Geftalten, genug, eine kleine Stadt zu be-
völkern. Unvergeßliche find unter ihnen, Geftalten, die
ewig find in der Literatur und fchon mit ihrer Exiftenz
hinausreichen in den wirklichen Sprachbegriff des Volkes,
Pickwick und Sam Weller, Pecksniff und Betfey Trot-
wood, fie alle, deren Namen in uns lächelnde Erinnerung
zauberifch entfachen. Wie reich find diefe Romane! Die
Epifoden des David Copperfield genügten für fıch allein,
das dichterifche Lebenswerk eines andern mit Tatfachlich-
keiten zu verforgen; Dickens’ Bücher find eben wirkliche
Romane im Sinn der Fülle und unablaffigen Bewegtheit,
nicht wie unfere deut{chen faft alle nur ins Breite gezerrte pfy-
chologifche Novellen. Es gibt keine toten Punkte in ihnen,
keine leeren fandigen Strecken, fie haben Ebbe und Flut
von Gefchehniffen, und wirklich, wie ein Meer find fie
116 :
unergründlich und unüberfehbar. Kaum kann man das hei-
tere und wilde Durcheinander der wimmelnden Menfchen
überfchauen; fie drängen herauf an die Bühne des Herzens,
ftoßen einer wieder den andern hinab, wirbeln vorbei. Wie
Wogenkämme tauchen fie auf aus der Flut der Riefen-
ftädte, ftürzen wieder in den Gifcht der Ereigniffe, aber
fie tauchen neu auf, fteigen und fallen, umfchlingen ein-
ander oder ftoßen fich ab: und doch, diefe Bewegungen find
keine zufälligen, hinter der ergötzlichen Wirrnis waltet
eine Ordnung, die Fäden flechten fich immer wieder zu-
fammen in einen farbigen Teppich. Keine der Geftalten,
die nur fpaziergängerifch vorbeizuftreifen fcheinen, geht
verloren; alle ergänzen, befördern, befeinden einander,
häufen Licht oder Schatten. Kraufe, heitere, ernfte Ver-
wicklungen treiben in katzenhaftem Spiel den Knäuel der
Handlung hin und her, alle Möglichkeiten des Gefühls
klingen in rafcher Skala auf und nieder, alles ift gemengt:
Jubel, Schauer und Übermut; bald funkelt die Träne der
Rührung, bald die der lofen Heiterkeit. Gewölk zieht auf,
zerreißt, türmt fich aufs neue, aber am Schluffe ftrahlt die
vom Gewitter reine Luft in wundervoller Sonne. Manche
diefer Romane find eine Ilias von taufend Einzelkämpfen,
die Ilias einer entgötterten irdifchen Welt, manche nur
eine friedfertige befcheidene Idylle; aber alle Romane, die
vortrefflichen wie die unlesbaren, haben dies Merkmal einer
verfchwenderifchen Vielfalt. Und alle haben fie, felbft die
wildeften und melancholifcheften, in den Fels der tragifchen
Landfchaft kleine Lieblichkeiten wie Blumen eingefprengt.
Überall blühen diefe unvergeßlichen Anmutigkeiten: wie
kleine Veilchen, befcheiden und verfteckt, warten fie im
117
weitgefpannten Wiefenplan feiner Bücher, überall fprudelt
die klare Quelle forglofer Heiterkeit klingend von dem
dunkeln Geftein der fchroffen Gefchehniffe nieder. Es
gibt Kapitel bei Dickens, die man nur Landfchaften in
ihrer Wirkung vergleichen kann, fo rein find fie, fo gött-
lich unberührt von irdifchen Trieben, fo fonnig blühend
in ihrer heiteren milden Menfchlichkeit. Um ihretwillen
fchon müßte man Dickens lieben, denn fo verfchwende-
rifch find diefe kleinen Künfte verftreut in feinem Werk,
daß ihre Fülle zur Größe wird. Wer könnte allein feine
Menfchen aufzählen, alle diefe kraufen, jovialen, gutmüti-
gen, leicht lächerlichen und immer fo amüfanten Menífchen?
Sie find aufgefangen mit all ihren Schrullen und individu-
ellen Eigentümlichkeiten, eingekapfelt in die feltíamften Be-
rufe, verwickelt in die ergötzlichften Abenteuer. Und fo
viele fie auch find, keiner ift dem andern áhnlich, fie find
minutiós bis ins kleinfte Detail perfónlich herausgearbeitet,
nichts ift Gu und Schema an ihnen, alles Sinnlichkeit
und Lebendigkeit, fie alle find nicht erfonnen, fondern ge-
fehen. Gefehen von dem ganz unvergleichlichen Blick die-
fes Dichters.
Diefer Blick ift von einer Prazifion fondergleichen, ein
wunderbares, unbeirrbares Inftrument. Dickens war ein
vifuelles Genie. Man mag jedes Bildnis von ihm, das der
Jugend und das (beffere) der Mannesjahre betrachten: es
ift beherrfcht von diefem merkwürdigen Auge. Es ift nicht
das Auge des Dichters, in fchénem Wahnfinn rollend oder
elegifch umdämmert, nicht weich und nachgiebig oder
feurig-vifionär. Es ift ein englifches Auge: kalt, grau,
fcharfblickend wie Stahl. Und ftählern war es auch wie
118
|
ein Trefor, іп dem alles unverbrennbar, unverlierbar, ge-
wiffermaßen luftdicht abgefchloffen ruhte, was ihm irgend-
einmal, geftern oder vor vielen Jahren, von der Außenwelt
eingezahlt worden war: das Erhabenfte wie das Gleich-
gültigfte, irgendein farbiges Schild über einem Kramladen
in London, daß der Fünfjährige vor undenklicher Zeit ge-
fehen, oder ein Baum mit feinen auffpringenden Blüten
gerade drüben vor dem Fenfter. Nichts ging diefem Auge
verloren, es war ftärker als die Zeit; fparfam reihte es Ein-
druck an Eindruck im Speicher des Gedächtniffes, bis der
Dichter ihn zurückforderte. Nichts rann in Vergeffenheit,
wurde blaß oder fahl, alles lag und wartete, blieb voll Duft
und Saft, farbig und klar, nichts ftarb ab oder welkte. Un-
vergleichlich ift bei Dickens das Gedächtnis des Auges.
Mit feiner ftählernen Schneide zerteilt er den Nebel der
Kindheit: in „David Copperfield“, diefer verkappten Auto-
biographie, find Erinnerungen des zweijährigen Kindes an
die Mutter und das Dienftmädchen mit Mefferfcharfe wie
Silhouetten vom Hintergrund des Unbewußten losgefchnit-
ten. Es gibt keine vagen Konturen bei Dickens; er gibt
nicht vieldeutige Möglichkeiten der Vifion, fondern zwingt
zur Deutlichkeit. Seine darftellende Kraft läßt der Phan-
tafie des Lefers keinen freien Willen, er vergewaltigt fie
(weshalb er auch der ideale Dichter einer phantafielofen
Nation wurde). Stellt zwanzig Zeichner vor feine Bücher
und verlangt die Bilder Copperfields und Pickwicks: die
Blätter werden fich ähnlich fehen, werden in unerklärlicher
Ähnlichkeit den feiften Herrn mit der weißen Wefte und
den freundlichen Augen hinter den Brillengläfern oder den
hübfchen blonden, ängftlichen Knaben auf der Poftkutíche
119
nach Yarmouth darftellen, Dickens fchildert Го fcharf, fo
minutiös, daß man feinem hypnotifierenden Blicke folgen
muß; er hatte nicht den magifchen Blick Balzacs, der die
Menfchen der feurigen Wolke ihrer Leidenfchaften fich
erft chaotifch formend entringen läßt, fondern einen ganz
irdifchen Blick, einen Seemanns-, einen Jägerblick, einen
Falkenblick für die kleinen Menfchlichkeiten. Aber Klei-
nigkeiten, fagte er einmal, find es, die den Sinn des Lebens
ausmachen. Sein Blick hafcht nach kleinen Merkzeichen,
er fieht den Flecken am Kleid, die kleinen hilflofen Себеп
der Verlegenheit, er faßt die Strähne roten Haares, die
unter einer dunkeln Perücke hervorlugt, wenn ihr Eigner
in Zorn gerät. Er fpürt die Nuancen, taftet die Bewegung
jedes einzelnen Fingers bei einem Händedruck ab, die Ab-
fchattung in einem Lächeln. Er war Jahre vor feiner
literarifchen Zeit Stenograph im Parlament gewefen und
hatte fich dort geübt, das Ausführliche ins Summarifche
zu drängen, mit einem Strich ein Wort, mit kurzem Schnör-
kel einen Satz darzustellen. Und fo hat er fpäter dichte-
rifch eine Art Kurzfchrift des Wirklichen geübt, das kleine
Zeichen hingeftellt ftatt der Befchreibung, eine Effenz der
Beobachtung aus den bunten Tatfächlichkeiten deftilliert.
Für diefe kleinen Äußerlichkeiten hatte er eine unheim-
liche Scharffichtigkeit, fein Blick überfah nichts, faßte, wie
ein guter Verfchluß am photographifchen Apparat, das
Hundertftel einer Sekunde in einer Bewegung, einer Gefte.
Nichts entging ihm. Und diefe Scharffichtigkeit wurde
noch gefteigert durch eine ganz merkwürdige Brechung
des Blicks, die den Gegenftand nicht wie ein Spiegel in
feiner natürlichen Proportion widergab, fondern wie ein
120
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Phiz: Zeichnung zum „Copperfield von Dickens.
Hohlfpiegel ins Charakteriftifche übertrieb. Dickens unter-
{treicht immer die Merkzeichen feiner Menfchen, er dreht
Пе aus dem Objektiven hinüber ins Gefteigerte, ins Kari-
katuriftifche. Er macht fie intenfiver, erhebt fie zum Sym-
bol. Der wohlbeleibte Pickwick wird auch feelifch zur
Rundlichkeit, der dünne Jingle zur Dürre, der Böfe zum
Satanas, der Gute die leibhaftige Vollendung. Dickens
übertreibt wie jeder große Künftler, aber nicht ins Gran-
diofe, fondern ins Humoriftifche. Die ganze, fo unfäglich
ergötzliche Wirkung feiner Darftellung entwuchs nicht fo
fehr feiner Laune, nicht feinem Übermut, fondern fie faß
fchon in diefer merkwürdigen Winkelftellung des Auges,
das mit feiner Überfchärfe alle Erfcheinungen irgendwie
ins Wunderliche und Karikaturiftifche übertrieben auf das
Leben zurückfpiegelte.
Tatfächlich: in diefer eigenartigen Optik — und nicht
in feiner ein wenig zu bürgerlichen Seele — fteckt Dickens’
Genie. Dickens war eigentlich nie Pfychologe, einer, der
magifch die Seele des Menfchen erfaßt, aus ihrem hellen
oder dunklen Samen in geheimnisvollem Wachstum fich
die Dinge in ihren Farben und Formen entfalten ließ.
Seine Pfychologie beginnt beim Sichtbaren, er charakte-
rifiert durch Äußerlichkeiten, allerdings durch jene letzten
und feinften, die eben nur einem dichterifch fcharfen Auge
fichtbar find. Wie die englifchen Philofophen, beginnt er
nicht mit Vorausfetzungen, fondern mit Merkmalen. Die
unfcheinbarften, ganz materiellen Äußerungen des Seeli-
(сһеп fángt er ein und macht an ihnen durch feine merk-
würdig karikaturiftifche Optik den ganzen Charakter augen-
fällig. Aus Merkmalen läßt er die Spezies erkennen. Dem
I2I
Schullehrer Creakle gibt ег eine leife Stimme, Ше mühfam
das Wort gewinnt. Und fchon ahnt man das Grauen der
Kinder vor diefem Menfchen, dem die Anftrengung des
Sprechens die Zornader über die Stirne fchwellen läßt. Sein
Uriah Heep hat immer kalte, feuchte Hände: fchon atmet
die Geftalt Mißbehagen, fchlangenhafte Widrigkeiten. Klei-
nigkeiten find das, Äußerlichkeiten, aber immer folche, die
auf das Seelifche wirken. Manchmal ift es eigentlich nur
eine lebendige Schrulle, die er darftellt; eine Schrulle, die
mit einem Menfchen umwickelt ift und ihn wie eine Puppe
mechanifch bewegt. Seine Charaktere find eigentlich immer
nur eine Summe von Merkmalen, aber von fo fcharfge-
fchnittenen, daß Пе reftlos ineinanderpaffen und ein Bild
vortrefflich in Mofaik zufammenfetzen. Und darum wir-
ken fie meiftens immer nur äußerlich, finnfällig, fie erzeu-
gen eine intenfive Erinnerung des Auges, eine nur vage
des Gefühles. Rufen wir in uns eine Figur Balzacs oder
Doftojewskis beim Namen auf, den Père Goriot oder Ras-
kolnikow, fo antwortet ein Gefühl, die Erinnerung an eine
Hingebung, eine Verzweiflung, ein Chaos der Leidenfchaft.
Sagen wir uns Pickwick, fo taucht ein Bild auf, ein jo-
vialer Herr mit reichlichen Embonpoint und goldenen
Knöpfen auf der Wefte. Hier fpüren wir es: an die Fi-
guren Dickens’ denkt man wie an gemalte Bilder, an die
Doftojewskis und Balzacs wie an Mufik. Denn diefe fchaf-
fen intuitiv, Dickens nur reproduktiv, jene mit dem gei-
ftigen, Dickens mit dem körperlichen Auge. Er faßt die
Seele nicht dort, wo fie geifterhaft, nur von dem fieben-
fach glühenden Licht der vifionären Befchwörung bezwun-
gen, aus der Nacht des Unbewußten fteigt, er lauert dem
122
|
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ef —— OE. --4 me A ne ERR TE en
unkórperlichen Fluidum auf, dort, wo es einen Nieder-
fchlag іт Wirklichen hat, er hafcht Ше taufend Wir-
kungen des Seelifchen auf das Körperliche, aber dort über-
fieht er keine. Seine Phantafie ift eigentlich bloß Blick
und reicht darum nur aus für jene Gefühle und Geftalten
der mittleren Sphäre, die im Irdifchen wohnen; feine Men-
{chen find nur plaftifch in den gemäßigten Temperaturen
der normalen Gefühle, in den Hitzegraden der Leiden-
{chaft zerfchmelzen fie wie Wachsbilder in Sentimentalität,
oder fie erftarren im Haß und werden brüchig. Dickens
gelingen nur geradlinige Naturen, nicht jene ungleich inter-
effanteren, in denen die hundertfachen Übergänge vom
Guten zum Böfen, vom Gott zum Tier fließend find. Seine
Menfchen find immer eindeutig, entweder vortrefflich als
Helden oder niederträchtig als Schurken, fie find präde-
ftinierte Naturen, mit einem Heiligenfchein über der Stirne
oder dem Brandmal. Zwifchen good und wicked, zwi-
{chen dem Gefühlvollen und Gefühllofen pendelt feine
Welt. Darüber hinaus, in die Welt der geheimnisvollen
Zufammenhänge, der myftifchen Verkettungen, weiß feine
Methode keinen Pfad. Das Grandiofe läßt fich nicht grei-
fen, das Heroifche nicht erlernen. Es ift der Ruhm und
die Tragik Dickens’, immer in einer Mitte geblieben zu
fein zwifchen Genie und Tradition, dem Unerhörten und
dem Banalen: in den geregelten Bahnen der irdifchen
Welt, im Lieblichen und im Ergreifenden, im Behaglichen
und Bürgerlichen.
Aus der Einleitung zur neuen Dickens-Ausgabe.
123
ODE AN EINE NACHTIGALL / VON KEATS
EIN Herz tut weh, und fchlafriges Erlahmen,
Als hätt ich Gift getrunken, quält mich fehr.
Betäubte mich ein Trank aus giftigen Samen?
Mich hüllt Vergeffenheit, ich weiß nichts mehr.
Doch ifts nicht Neid auf dein fo glücklich Los —
Nur füllt fo fchwer mit Glück dein Glück mich an:
Daß du, des Walds beflügelte Dryade,
In lieblich kühlem Schoß,
Im Schatten, den das Buchengrün dir fpann,
Der Freiheit jubeln kannft, der Sommergnade.
O Wein jetzt! Jungen Wein, den Erde kühlte,
Den dunkelkühl ein langes Jahr gereift,
Der fonngebräunten Frohfinn tanzen fühlte
Und der des Provengalen Lied begreift;
O einen Becher warmen Südens jetzt!
O Hippokrene, die zum Rande fchäumt
Und gern und gut Begeifterung bereitet
Mit Lippen, rot benetzt,
Dich will ich trinken, daß ich ungefäumt
Zum Wald entfchweben kann, von dir geleitet.
Entfchweben, ganz vergehn — und ganz vergeffen,
Was du in deinem Walde nie gekannt:
Die Menfchennot, die Mühen unermeffen,
Das Sorgenfieber, das die Herzen bannt;
Du weißt nicht, wie gelähmtes Alter ftöhnt,
Wie Denken immer nur Sich-härmen heißt,
124
Wie Jugend bleicht und fchleicht und becht und fchwindet
Und wie Verzweiflung höhnt,
Wo Schönheit, wenn ihr Blick das Leben preift,
Um Liebe weinen lernt und bald erblindet.
Hinweg! Zu dir! Doch foll nicht Bacchus’ Wagen
Mit Pantherkraft mich ziehn, nein! Poefie
Soll mich auf unfichtbaren Schwingen tragen,
Drückt auch dies Hirn noch müde Apathie.
Schon bin ich bei dir! Milde ift die Nacht,
Und Luna thront mit lächelndem Geficht
Und überblickt ihr Sternenvolk voll Gnade,
Doch hat fie hier nicht Macht:
Nur manchmal bläft ein Windhauch etwas Licht
Durch grüne Dämmernis auf moofige Pfade.
Ich fehe nicht, was blüht zu meinen Füßen,
Welch füßer Balfam rings ап Zweigen hängt;
Doch auch im Dunkel ahn ich, was an füßen
Duftwellen atmend in die Mainacht drängt
Aus wildem Beerenbaum und Gras und Strauch:
Ich atme Weißdornduft und Rofenblühn
Und Veilchen, die in Blätterbetten fterben,
Und Mofchusrofen auch,
In denen morgens bunte Tropfen glühn
Und abends Sommerfliegen fich umwerben.
Im Dunkel laufche ichs und wie Verlangen
Mich oft fchon faßte nach dem ftillen Grab,
Wie ich dem Tod, mich herzlich zu umfangen,
125
Schon oft in Liedern liebe Namen gab,
So fcheint mir Sterben jetzt befonders fchén.
Ach, fchmerzlos mich zu léfen in die Nacht,
Indes dein Sang in heiligen Ekftafen
Befchüttet Tal und Höhn
Und doch mein Herz nicht höher fchlagen macht,
Das nur als Duft noch fchwingt im blumigen Rafen.
Du Vöglein wurdeft nicht zum Tod geboren!
Nein, dich zertritt kein hungerndes Gefchlecht.
Was diefe Nacht mir tönt, fang in die Ohren
Dem erften König fchon, dem erften Knecht,
Und ift vielleicht derfelbe Sang, der tief
Der heimwehkranken Ruth zum Herzen klang,
Als fie in Tränen fchritt durch fremde Gaffen,
Derfelbe Sang, der tief
Bezaubernd fich um Märchenfchlöffer fchwang
Und Feenreiche, die nun längft verlaffen.
Verlaffen! Ach, dies Wort ift wie das Klingen
Troftlofer Glocken, das zu mir mich mahnt!
Auch Phantafie kann nicht Erlöfung bringen,
Wenn ihr nicht Hoffnung einen Weg gebahnt.
Lebwohl! Lebwohl! Dein Schmerzgefang entfchwebt
Zum Wiefengrund aus Waldes hohem Dom,
Ins Tal hinab und fchweigt am dunklen Bache.
Ward mir ein Traum belebt?
Betrog die wachen Sinne ein Phantom?
Wer fagt mir, ob ich fchlafe oder wache!
Übertragen von Gifela Etzel.
126
Titelholz/chnitt des álteften Eulenfpiegelbuchs.
DER AMBOSS / VON KARL VOLLMOLLER
EN Schlag zu leiden, nicht den Schlag zu tun
Und feftgebannt in Reifen, Block und Mauern,
Im Harren dulden und im Dulden dauern,
Der Тас entfagend, dennoch nie zu ruhn. —
Es fank die Nacht vom rußigen Gebälk,
Die wilden Öfen, trüben Effen feiern,
Die hohlen Bälge hängen fchlaff und welk;
Wie müde Krieger, träumelos und bleiern,
Schlafen die lauten Hämmer an der Wand.
Was blieb von Tages Schlachtgetön und Dröhnen
Als Schweigen, Afche und verglafter Sand —
Da hebt im Dunkel fich ein leifes Stéhnen;
Ein Seufzer wie des Werkmanns fpät am Tage.
Du wendeft dich und ftehft und horchft erfchrocken.
Schon fchwillt es wie das Summen großer Glocken:
Dem Herz von Stahl ward das Gefchenk der Klage,
Und, in ergreifendem und großem Hall
Die eigne Qual und fremde Tat zu preifen . .
Nun horch: Es ftöhnt das fchmerzliche Metall!
Nun horch: Es jubelt das gequälte Eifen!
HEINRICH MANN / VON LUCIA DORA FROST
D. Schlange hat ein Geheimnis, sprach der von Unruhe
gequälte Menfch: fie ift klug, fie weiß mehr als wir; was
uns quilt, ift ihr bekannt; da ift kein Zweifel. Man fieht
128
™
Antoine Pesne: Friedrich der Große und feine Schewefter, die Mark
von Bayreuth, als Kinder. fter, arkgräfın
das wohl, wenn fie tber der Landfchaft hangt, ihre Ruhe
{chleppen läßt und fchillert vor Zufriedenheit. Kann man
denn fo augenfcheinlich glücklich, fo herausfordernd gleich-
gültig fein, ohne das Zauberwort zu kennen für alle Ver-
wandlungen? Wir wiffen, daß man es nicht kann. Man
kann nicht ruhig, man kann nicht fchón, man kann nicht
mächtig fein, bevor man eingeweiht ift in diefes Rätfel.
Aber nur Geduld: wir fchließen fie ein, diefe Hochmütige,
die böfe ift vor Allwiffenheit; fie wird es nicht übelnehmen,
wenn man ihr fchmeichelt; und irgendwie wird fie alles ver-
raten. Auch wir werden einft die Mundwinkel anziehen
und zufrieden mit den Augen glänzen; auch unfer Geift
wird einft gefättigt fein und die Geheimniffe der Welt vor
unfern Augen fchaukeln und gleiten laffen; wir werden fo
glatt und gewif fein wie fie und ebenfo unbedingt zifchen.
Und fo erfuhr man, was man wollte. Die Schlange hatte
kein Geheimnis, aber man fand alle, die man in ihr ver-
mutete. Die Schönheit felbft lehrte nichts, aber an ihrer
Oberfläche entzündete fich ftets der heilige Hunger des
Geiftes. Die Schönheit forderte den Menfchen heraus und
erfchloß feine Empfindung; und wenn mit dem Verftehen
der Dinge das Leiden an ihrer Fremdheit wuchs, dann
wurde die Schönheit zum zweitenmal zum Idol: durch
ihre Selbftficherheit. Eine doppelte Sehnfucht kreifte um
fie: die Sehnfucht nach einer Seele von der Weite des
Geiftes und der Sicherheit des Blutes. Die Schönheit war
der Sehnfucht des Menfchen ein Hilfsbild, ein finnlicher
Halt für ein geiftig-immaterielles Streben. Man glaubte in
ihr verwirklicht, was man erträumte. Nur alfo dichtend
kam die Menfchheit vorwärts. Sie rankte fich empor in
129
verkörperten Mißverftändniffen, an gefchaffener oder künft-
licher Schönheit. Sie dichtete auch das Gefühl der Sehn-
fucht felbft um, in niedrigere, aber leibhaftigere Empfin-
dungen: in Neid, in Furcht, in Ehrfurcht und Anbetung.
Ihr Weg war eine leidenfchaftliche Ikonolatrie, eine Er-
niedrigung, die fie vergeiftigte.
So dichtete einft die ganze Menfchheit an ihrem Schick-
fal; ernft, auf Leben und Tod, mit Leib und Seele, tan-
zend und leidend. Man folgte bedingungslos den Chor-
führern diefes Schickfalstanzes, denen, die am empfind-
famften waren, die ftärker litten und fchöner träumten,
deren verzweifelte Gefpanntheit fich am heftigften ent-
zündete an der hochfahrenden Unnahbarkeit der Schönheit,
denen alle Sinnlichkeit nur Vorwand war für ein geahntes
Geiftiges, die Tat ein Gleichnis und die große Gefte eine
Erfchütterung, die das Schickfal klärte. Aber folgen ihnen
auch heute die Millionen? Scheint es nicht, als hätte die
Menfchheit vergeflen, daß fie ein geiftiges Schickfal hat?
Zwar fühlt fich der Menfch gehetzter denn je; aber wie
niedrig-gewandt ift er im Flüchten! Bevor Verzweiflung
ihn fchlägt, hat er fich fchon ins Vergnügen gerettet. Er
faßt fein Schickfal nicht ins Auge; er verfteht weder Leid
noch Erlöfung; er kennt kaum den großen Jäger, der ihn
jagt. Oder fehlt es an Führern? an Künftlern, Dichtern,
Sehern, die fo ftark und wefentlich lebten, daß fie Antwort
haben auf unfere Fragen; die mit der Seele leben, die ein
Schickfalsleben führen, in denen fich die große Linie des
Menfchheitschickfals wiederholt; die nicht enttäufchen,
wenn man mit fo gefpannten Erwartungen vor ihre Werke
tritt?
130
= ашы ee
Dem erften Blick zeigen Heinrich Manns Romane nur
ein kühneres, ftärkeres, glänzenderes Leben, eine mutigere
und höhere Stimmung. In der „Herzogin von Affy* quillt
ein überwältigender Reigen von gesteigerten Gebärden
herein, einfam bezweifelt von einem linkifchen Narren;
die Wunder der Hohen Schule, die Freiheit aus der Dressur
gebiert, ziehen vorüber; ein weißes Pferd in Farbenglanz
und zuckendem Schellengeklirr wird in die Manege ge-
führt; ein Zusammenklang von edler Tierheit und dem
Glanz des l’art pour l’art, dem adeligen Zeremoniell des
Herzens und der leichten Sicherheit überlegener Abenteurer;
und alles umraufcht von den aufprallenden Garben des
Lichts, ganz leibhaftig in finnlichen Festen, und durch
die ftrotzende Fülle der Leiden und den Trotz des Ge-
nießens der Sphäre fentimentaler Teilnahme fcheinbar ent-
rückt. Und doch ift fchon „Die Herzogin von Afly“ ein
lyrifcher Roman, ein feelifches Bekenntnis. Im Mittel-
punkt diefer überreichen, ftrotzenden Welt fteht das Wun-
der, das einzige Wunder, das ganz in fich ruhende, in fich
gefangene Wefen, unberührbar, unerklarlich und keiner
Erklárung bedürftig; Же Affy, die undurchdringlich ift, am
undurchdringlichften in der Hingabe; die nichts von ihrer
Souveränität verliert, als fie einem Volk die Freiheit dar-
bietet, und die nichts von fich aufgibt als Venus. Um diefe
halb góttliche Geftalt, die Sphinx diefer Welt, dreht fich
der Tanz der Sehnfucht, der Gier, des Neides und der
Hoffnung. Das Erregende der Unzugänglichkeit, der alte
Tanz der Gebrochenen und Gejagten um die felbítgewiffe
Schénheit, die durch nichts zu fpalten ift, feiert hier eine
mythifche Auferftehung. Die Unerfchloffene erfchließt:
131
gepeinigt und empört durch die Unangreifbarkeit diefe: i
Lebens, das keiner Demütigung zugänglich ift, müht fich f
die Welt diefes Romans in Haß und Rachgier und Ver)
zückung um das Aufgehen in diefem Geheimnis, in diefem |
felb{tvergeffenen Geheimnis, das die Herzogin von Ау ift; |
müht fich und prallt ab. Selbft der Tod, der mit feinen ge- |
bietendíten Schmerzen um fie wirbt, ftreckt fie nur fteiler. |
Daß Heinrich Mann іп diefer Geftalt feine zentrale Vor-
ftellung gefunden hatte, gab ihm Macht über alle andern.
Die Sonne hatte fein Auge erweckt, und er fah. Er konnte |
fich jetzt gegen das einftrömende Leben zur Wehr fetzen
und mit einer noch größeren Gebärde zurückgeben, was
auf ihn eindrückte. Keine Schönheit, die fein Stil nicht
noch erhöbe, keine Größe, keine Farbe, die er nicht mit
höherem Feuer zurückwürfe, kein Gedanke, dem er nicht |
zu feinem finnlichen Symbol verhülfe, keine Buntheit, die
er nicht zufammendrängend verftarkte. An der Steilheit
der „Herzogin von Afly“ richtet fich die ganze wider-
fätzliche, mächtige Wirklichkeit. Mann fteht hier auf der
Stufe des alten Menfchen, der mit einem Wort, mit einer
einzigen Geftalt oder Vorftellung die Welt zu bewältigen
denkt, der in einem leidenfchaftlichen Monismus Rache
nimmt an der Vielheit der Erfcheinungen. Diefer gläubige
Wille lebte in dem leidenfchaftlichen Traum der indifchen
Zauberer, die Welt in eine Hand zu bannen, er lebte in
dem Glauben an die Quinteffenz, er lebt іп der Energie,
die aus jeder ftarken Wefensabftraktion ftrahlt, der Ener-
gie, die entfchloffen ift, auf das Geheimnis des Mittelpunk-
tes loszudringen, um von ihm aus das Netz der Welt zu
beherrfchen.
132
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Fi ре уй oe " D i d
PEN pom
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Ein Irrtum, den die Menfchheit teuer bezahlt hat, ап
em De heute noch leidet. Auch Mann hat ihn gebüßt.
“г hatte nun eine Art, mit der Welt fertig zu werden,
or wußte, wie man fie geiftig bewältigen könnte, hatte das
*unktionelle einer Methode und hätte mit ihr einen glän-
zenden Eroberungszug machen können, Erhattedie Distanz
zur Welt, die zum Stil notwendig ift. Diefer Stil hätte
wie ein Streitroß durch die Länder der Menfchen, durch
die Gefchichte getragen; aber es wäre vergebens gewefen:
deier Stil war nur Tyrannei; ihm fehlte die Intimität der
“Негг(сһай. Ein folches Gefühl muß bisweilen die Er-
oberer befchlichen haben, die unterworfene Völker aus dem
' Sattel regierten; gewaltfam, anerkannt, unbezweifelt, aber
ohne Gemeinfamkeit, ausgefchloffen, zum Selbftgenuß ver-
urteilt. Es zeigt fich, daß man fich ifoliert, je mehr man
erobert. Jeder Sieger fieht fich von der Wirklichkeit ge-
' trennt; fo wie der Gläubige, der in feinem Gott eine Brücke
` zu allem gefunden glaubte, erfährt, daß der ihn gerade von
` der Welt abfchließt, feine Weltbegierde in Weltfeindfchaft
: wandelt, feinen Glauben in Fanatismus. Ja noch mehr:
: daß er ihn auch von fich felbft trennt. Die Qual des Be-
` urteilenmüffens und ihre Gewiffenhaftigkeit wacht nicht
“ nur der Welt, fondern auch fich felbft gegenüber. Drückte
^ zuerít die Übermacht der Umwelt, {fo jetzt die eigene,
' künftlich-gewaltfame Übermacht und Einfamkeit. Und
4 Ше Furcht vor der Abdankung.
| Die Тугаппеі, die verzweifelte Unbedenklichkeit des
" Menfchen in einer eroberten Stellung, die Überzeugung,
i daß die Kunft wie jede große Tat nur eine rächerifche
Antwort der Empfindfamkeit fei auf die Herausforderung
133
der Welt: diefe Probleme machten ihn ruhelos. Alle Werke
in den Jahren nach der „Herzogin von Afly“ zeigen da-
her die Seele auf der Wanderung. Er fucht die Welt ab
nach einem Ort, wo er ruhen könnte; und zurückkehrend
fchweift er um die Einfriedigung des Gartens, in dem er
einft gleich allen gewiß und glücklich lebte, aus dem er
vertrieben ift, weil feine Augen aufgetan wurden. Er fieht
fo fcharf wie ein Suchender; fo wiffend wie ein Vertrie-
bener; und wirft das Bild fo mitleidlos zurück wie ein
Anfpruchsvoller, der in der Tiefe auf ein Schickfalswunder
wartet: mit allen Farben des Hohns, der Geringfchätzung
und der Sehnfucht. In diefem prüfenden Blick des Zwei-
fels wird jedes Erlebnis auf die Spitze der letzten Probe
getrieben. Wie die Frau, die an des Ritters Liebe zwei-
felt, ihren Handfchuh zwifchen zwei Gefahren wirft, wie
es den Knaben, dem fein Mut und feine Kraft proble-
matifch find, treibt, durch die faufenden Windmühlen-
fligel zu reiten, fo wird der an Erlófung Zweifelnde ftets
auf die letzte Frage getrieben; und nirgends zeigt fich
etwas Unbedingtes; immer endet es: alfo das ift die Grenze.
So entftehen zwifchen den ruhelos wandernden Romanen
die {teilen Novellen mit dem rapiden Tempo, den Sätzen,
die ohne zu federn aufeinanderprallen, den überganglofen,
fo kühnen wie zwingenden Farbenftellungen. Im „Pippo
Spano“ flüchtet fich ein Dichter, der Umriß einer Seele
ohne die Atmosphäre der Leiblichkeit, in die Leidenfchaft
der Seele aus Fleifch, glaubt fich gerettet und bleibt ftecken,
als es toternft wird. Und Lola, die „zwifchen den Raffen“
fteht, glaubt leben zu können von der Trockenheit der
Eleganz, dem Schillern der Oberfläche, dem Zeremoniell
134
des Herzens und der Dynamik der Sinne; aber vergebens:
fie ift tiefer, fie ift zu deutfch, und die Sehnfucht der Seele
nach einem weiteren Leben bleibt. Sie lebt zwifchen zwei
Männern und gehört keinem; fie muß den einen fchlagen
und den andern fchonen. Nirgends Ruhe, nirgends Er-
füllung. In diefem raftlofen Feuer erreicht der Stil feine
fchlackenlofe Reinheit, die Gedrängtheit, in der das All-
tägliche ins Mythifche gefteigert fcheint. Die Souveränität
der 'T'echnik ift ein neues Gift, das die Einfamkeit betäubt,
bis zur Unbeteiligtheit erhebt und faft erlöft, aber fchreck-
liche Abftürze im Gefolge hat, wenn der Raufch verfliegt.
In diefer Hölle leben Ute in der „Jagd nach Liebe“, die
Branzilla in den „Böfen“: zwifchen Raufch, Kämpfen,
Abdankung und Aufraffen. Alfo nirgends ein Ausweg?
Sehr langfam, fehr zögernd, immer wieder verleugnet
und unterdrückt quillt es empor. Schon von weit her.
Als die Affy dahinging, іп Schleiern von der Farbe der
Melancholie, wenn fie fich entfchließt, in Schleiern, ge-
fchüttelt vom Schreiten und wehend vom Winde, war fie
einen Augenblick unterdrückt — bewegt von dem fernen
Klang eines volkstümlichen Inftruments, bunt und ernft
und ewig; geduldig und ohne Unruhe lockend. Diefer
Ton taucht wieder auf; fehr ftark und verheißend in dem
Roman „Zwifchen den Raffen*, fchon wieder bezweifelt
in dem , Гугаппеп“ der „Böfen“. Aber der Drang, das
ftolze Leiden der Einfamkeit abzudanken, wird unwider-
ftehlich und unabweisbar. Ift es denn möglich, die Men-
(сһеп zu empfinden, die Welt zu erleiden, ohne in ihnen
zu ruhen? Muß nicht das tätige Gefühl in dem Maße
wachfen, wie das leidende empfindet? Breitet nicht der
~
135
Baum gerade fo weit feine Wurzeln aus, wie ег feine
Zweige treibt? Gegen die Erfchloffenheit, gegen die an-
dringende Wucht des Mitfühlens ift nur ein Rückhalt mög-
lich: die Refonanz der Allgemeinheit in fich піселі еп,
fich in dem zu ftärken, wo man fich mit allem begtthrt,
berühren könnte: der einfachen Menfchlichkeit. Gegen die
Menfchheit muß man die Menfchheit zu Hilfe rufen.
Und in diefer ftürmifchen, beftürzenden GewiGheit, daß
hier ein Ausweg fei, wo man das Ende glaubte, enifteht
ein Werk, wie es nur in der erften Frifche eines meuen
Glaubens gelingen kann, in dem Glück einer tiefen, inneren
Erlöfung, wo in einer Stunde die Qual einesganzen Lebens
ihre Rechtfertigung findet und ihren Lohn. Diefer Roman
„Die kleine Stadt“, der in klingenden, farbigen Abbrevia-
turen diefe ganze Entwicklung wiederholt, führt hinauf
zu einem jubelnden Cantico, einem Hohen Lied der Ge-
meinfchaft und Menfchlichkeit, wie zu einem Ausatmen
nach langem Seufzen. Aus der Dumpfheit, die weder gut
noch böfe, aber immer gewöhnlich ift, erwacht die kleine
Stadt durch die Berührung mit der Schönheit und dem hoch-
gefteigerten felbftficheren Leben der Kunft (verkörpert in
einer Operntruppe) zum Bewuftfein, entwickelt unter die-
fer Herausforderung ihre Leidenfchaften, Neid, Eiferfucht,
Ehrgeiz, Verfolgung, häuft ihre Schuld und wird durch
Unglück, Leiden und Kämpfe zur Verföhnung geleitet.
Die Darftellung ift von Glück getränkt, vom Glück des
Schaffens und von der Seligkeit der Erfüllung. Die Ein-
famkeitszuftánde, die Zweifel tauchen nur auf wie ein Echo,
kaum noch in gegenwärtiger Qual, fo wie man im Hafen
an die Stürme zurückdenkt; fie haben ja Zweck gehabt,
136
Пе find gerechtfertigt. Die егбеп Werke waren lyrifche
Romane; hier ift die Lyrik felbft Roman geworden; das
Menfchen-Selbftgefühl ift in die Tiefe gefunken, wo es mit
allen Menfchenwefen gemeinfam geht; die Selbftbefinnung
hat zur Einmütigkeit geführt. In diefem Roman ift die
Transfubftantiation der Lyrik in Ерік vollzogen. Seine
Sprache ift Mufik geworden. Sätze, wie vom Himmel ge-
fallen, erlöfchen im Blut gleich Melodien. Die Schickfale
fchlingen fich umeinander wie die Themen einer Sym-
phonie; und in den großen Gefamtfzenen, der erften Oper-
aufführung, dem Verföhnungsfeft, führt ein verklärendes
Gefühl die hundert vertrauten Einzelftimmen zur Einheit
empor, mühelos, wie die Stimme der Primadonna, in Ein-
famkeit, in Arbeit, in Entfagen geläutert, von irdifcher
Schwere verlaffen auffteigt und jeden Hörer fich felbft füh-
len macht, aber in einem neuen, reineren, höheren Element,
in dem man einander wiedererkennt und fich näher ift.
Diefer Roman ift das Refultat eines Lebens, das ganz
auf Erfahrung der Seele geftellt war; und ift der erfte Ab-
fchluß einesGefamtwerkes. Seine vollkommene Einheit wäre
fonft ein unbegreifliches Wunder; ein tiefes Wiffen um
die Dinge, das alles durch Zauberkraft aus der Tiefe hebt,
ein in langer Einfamkeit erworbenes unerhórtes Kónnen,
beflügelt durch den Glauben. Man kann ihn von vielen
Seiten anfehen ; man kann ihn fo tief lefen wie man will, als
Symbol oder als Vorgang, auf feine grofje Gliederung hin
und die weitfichtige Dispofition der Stimmführung, wie eine
Partitur oder wie ein braufendes Bekenntnis: immer ift es
ein wunderbares Werk, in einem Atem gefchaffen und mit
nie gefunkener Kraft.
137
Es wird nicht nur feine finguläre Stellung іп der Ge-
fchichte des Romans einnehmen, fondern auch in dem Кіп-
gen des Menfchen um die Erkenntnis feines geiftigen Fa-
tums. Es enthält deffen große Linie von der Weltbegierde
durch Weltfeindíchaft zur Weltliebe; und mahnt an die
große Aufgabe, die vor uns liegt: diefe Erkenntnis gegen-
ftändlich zu machen.
ROBERT PRUTZ/VON DER PUMPE, DIENICHT
MEHR HAT PIEPEN WOLLEN
AS war der Oberhofmarfchall
Mit seiner Diener Tro und Schwall,
Der fegt heut in des Königs Haus
Gefchäftig alle Winkel aus,
Dieweil des Königs T'óchterlein
Wird nächftens einen Prinzen frein:
„Auf Flur und Treppe, Bank und Tifch,
Mit Haderlump und Flederwifch,
Ihr Knecht’ und Mägde, immer frifch !
Daß nirgendwo ein Stäubchen klebt,
Auch nirgend eine Spinne webt,
Kein Fenfter klappert, keine Tür
Im ganzen fürftlichen Revier,
Und daß, fo ihr eur Leben liebt,
Mir nirgends eine Pumpe piept!
Nirgend, nirgend, nirgend, nirgend,
Nirgend eine Pumpe piept!“
„Horch, diefe hier — potz Blitz noch mal —
Die pfeift ja wirklich zum Skandal!
——— u — nn Уллы... Da
Und fteht auch juft — o Scham und Schmach!
Juft vor des Kénigs Schlafgemach?!
Und jeden Morgen Punkt Schlag vier
Füllt der Lakai den Eimer hier,
Und wie der Brunnen Waffer gibt,
Das ächzt und ftöhnt, das knirfcht und piept
Wie eine Katze, die verliebt?!
O toller Frevel, unerhört!
So wird des Königs Schlaf geftört?!
Der Morgenfchlaf — o heilger Chrift,
Der juft der allerbefte ift?!
Schnell Öl und Seife, Talg und Schmeer —
Gottlob, nun piept fie fchon nicht mehr:
Freude, Freude, Freude, Freude,
Unfre Pumpe piept nicht mehr!“
Allein, allein, am Morgen drauf,
Herr Gott, wie fteht der König auf!
Er, fonft fo mild gefinnt und gut,
Schnaubt wie ein Tiger jetzt in Wut;
Umfonft wird ihm der Tifch gedeckt:
Kein Trüffelhahn, kein Ungar fchmeckt,
Das ift ein Keifen, ein Gebrumm!
Und weiß doch felber nicht, warum —
Und geht zu Bett und liegt und wacht
Und brummt die liebe lange Nacht:
Bis daß es endlich viere fchlägt
Und der Lakei das Waffer trägt —
Da plötzlich wirds hell um ihn her:
„Verdammt! die Pumpe piept nicht mehr.
139
140
Ja die Pumpe, ja die Pumpe,
Ja die Pumpe piept nicht mehr!“
So gehts der Tage drei, auch vier,
Des Königs Auge leuchtet ftier:
Schon auf der Zung fchwebt ihm das Wort,
Dann fcheucht der Groll es wieder fort —
Bald fteht die Staatsmafchine ftill,
Weil er von nichts mehr hören will.
Prinzeffin Tochter ringt die Hand,
Der Eidam fteht, bleich wie die Wand,
Es weint und klagt das ganze Land: —
Bis mit des fünften Morgens Licht
Er endlich jetzt fein Schweigen bricht
Und murrt und knurrt: „Hm — Neuerung —
Das kommt davon — noch viel zu jung —
Kein Schlaf mehr nachts — geht alles quer —
Die Pumpe — hm — piept auch nicht mehr —
Meine Pumpe, meine Pumpe,
Meine Pumpe piept nicht mehr!“
Und allfogleich beim erften Wort
Der Hofmarfchall wie närrifch fort,
Der ganze Hofftaat hinterdrein,
Schon wird der Schloßhof faft zu klein,
Mit Kratzen, Bürften aller Art,
Der braucht die Finger, der den Bart,
Und wifcht und wetzt und fcharrt und nagt
Und dreht und biegt und zerrt und plagt
Am Pumpenfchwengel unverzagt!
Nun wird es fein, nun kommt es fchon —
Umfonft! kein Laut, kein kleinfter Ton!
Die Pumpe geht fo leis, fo facht,
Wie Elfentritt in Maiennacht,
Wie Mondesftrahl auf glattem Meer —
Umfonft, die Pumpe piept nicht mehr!
Jammer, Jammer, Jammer, Jammer,
Unfre Pumpe piept nicht mehr!
Und weil der König fichtbarlich
Mit jedem Tag verfchlimmert fich,
So faßt zuletzt, in höchftem Schmerz,
Das Minifterium fich ein Herz
Und fchickt mit kräftigem Entfchluß
Zum Oberhofmechanikus:
„O Oberhofmechanice,
Sieh unfre Not, fieh unfer Weh,
Und hilf, o hilf citissime!
Der Hofmarfchall nahm zu viel Schmeer,
Die Pumpe, horch, fie piept nicht mehr,
Der König welkt dem Grabe zu,
Die einzge Hoffnung noch bift du,
Bedenk, wer Lohn und Brot dir gibt,
Und mache, daß die Pumpe piept,
Unfre Pumpe, unfre Pumpe,
Daß die Pumpe wieder piept!“
Der Oberhofmechanikus,
Das war ein Erzpolitikus,
Der fah als ein erfahrner Mann
Den Schaden fich erft gründlich an,
Und fprach darauf: „Ihr Herrn, mit Gunft,
LAT
Па ift verloren alle Kunft:
Und ob es um mein Leben war,
Die Pumpe da, auf Wort und Ehr,
Die piept auf Erden niemals mehr!
Drum, rat ich, fetzen wir als Knauf
Ein eignes Piepwerk oben drauf,
Das ächzt und ftöhnt, das knirfcht und pfeift,
Sobald den Schwengel man ergreift:
Der König ift mal drin verliebt,
Drum hurtig, daß die Pumpe piept! —
Hurtig, hurtig, hurtig, hurtig,
Daß die Pumpe wieder piept!“
Gefagt, getan! Mit goldnem Knauf
Flugs kommt ein Piepwerk obendrauf,
Das pfeift fo fanft, das pfeift fo lind,
Kann zetern wie ein Wiegenkind,
Kann knarren, kreifchen, puften, maun,
Kein Kater tut es beffer, traun!
Früh morgens, wenn es viere fchlagt,
Der König horcht, vor Luft bewegt, —
Und dreht fich um, fchläft wieder ein,
Schläft fchnarchend in den Тар hinein,
Ißt, trinkt, regiert in guter Ruh,
Beglückt fein Land, fich felbft dazu,
Ift allgepriesen und geliebt —
Und alles, weil die Pumpe piept,
Unfre Pumpe, unfre Pumpe,
Vivat, unfre Pumpe piept!!
Aus den „Gedichten“ 1841.
142
DREI AMERIKANISCHE GEDICHTE /INS DEUT-
SCHE UBERTRAGEN VON ALFRED WALTER
HEY MEL
GEBET UM SCHMERZ / VON JOHN G. NEIHARDT
CH bettele um Frieden nie
Noch Waffenruh vor Sorgen;
Ich gehe’niemals in die Knie
Und bete nie für morgen.
Wir blitzen Flamm an Flamme fahl,
Ich will mein Schickfal tragen.
Wir klirren blauen Stahl an Stahl — —
Leg aus, ich will es wagen.
Doch Höchfter in dem großen Licht,
Beleber aller Erden,
Gewähr die Bitte: laffe nicht
Die Seele grau mir werden.
Denn was auch immer mit mir rang
Und meinem Glückverlangen:
Tags Zauber war ein Harfenklang,
Und nachts die Leiern fangen.
Und wenn auch Schlag auf Schlag mein Schild
Zerbrach in hartem Ringen,
Hoch überm Feld ein Geifterbild
Hub an ein Lerchenfingen.
Durch Nacht und Sturm und Seele rann
Im Zickzack Blitz und Bläue,
143
Ich frug um nichts und focht ein Mann
Das Glück und hielt die Treue.
Doch jetzt — zuletzt — der graue Tag
Würgt mich mit Nebeldämpfen.
Laß mir den Schmerz, triff Schlag auf Schlag,
Dann darf ich wieder kämpfen.
NUR EINE KURZE ZEIT / VON BRIAN HOOKER
Nur eine kurze Zeit, da wir zuerft allein;
Bald wird die See mit Meilenmüdigkeit
Für immer trennen uns, mein Lieb, — allein —
Wie wird Vergeffen leicht und leichter fein;
Nur eine kurze Zeit.
Nur eine kurze Zeit, die ganz verfpricht
Dein Herz und deinen Hauch für kurze Zeit.
Ich feh dein Aug vergolden Flamm und Licht
In Lieb, und ift doch Liebe nicht;
Nur eine kurze Zeit.
Nur eine kurze Zeit für mein Gedicht,
So daß du eines Tags, voll Fröhlichkeit
Und tief beglückt — ich werd es fehen nicht —
Dich felbft erkennft in meinem Herzgedicht;
Nur eine kurze Zeit.
DIE BEGRABENE STADT / VON GEORGE SYLVESTER
VIERECK.
Mein Herz gleicht einer Stadt der Fröhlichkeit,
Erbaut auf Schutt und auf zerftörten Mauern,
144
Drin meine toten Lieben dunkel kauern,
Die Eintagskönige im weißen Kleid.
Aus der begrabnen Stadt ertönt kein Schall,
Die Fledermaus nur, flatternd aus dem Мей,
Krampft fich am Knie verlaßner Gótzen feft,
Aus Schlünden ftóhnt der Flüffe Widerhall.
Fall nicht, mein Lieb, inmitten Sarkophagen,
Verfuch des tiefen Schickfals Schweigen nicht;
Die Trümmer glauben (оп, das letzte Licht
Sei da und fahren aus dem. Schlaf erfchreckt;
Denn gleich verfluchter Hóllenglocken Schlagen
Ift Ruf, der Schatten toter Dinge weckt.
*
GOTTHOLD EPHRAIM LESSING / VON HEIN-
RICH HEINE
EIT Luther hat Deutfchland keinen größeren und
befferen Mann hervorgebracht als Gotthold Ephraim
Leffing. Піе(е beiden find unfer Stolz und unfere Wonne.
In der Trübnis der Gegenwart fchauen wir hinauf nach
ihren tróftenden Standbildern, und fie nicken eine glánzende
Verheißung. Ja, kommen wird auch der dritte Mann, der
da vollbringt, was Luther begonnen, was Leffing fortge-
fetzt, und deffen das deutíche Vaterland fo fehr bedarf, —
der dritte Befreier! — Ich fehe {chon feine goldne Rüftung,
145
die aus dem purpurnen Kaifermantel hervorftrahlt ,,wie die
Sonne aus dem Morgenrot!“
Gleich dem Luther wirkte Leffing nicht nur, indem er
etwas Beftimmtes tat, fondern indem er das deutfche Volk
bis in feine Tiefen aufregte und indem er eine heilfame
Geifterbewegung hervorbrachte, durch feine Kritik, durch
feine Polemik. Er war die lebendige Kritik feiner Zeit,
und fein ganzes Leben war Polemik. Diefe Kritik machte
fich geltend im weiteften Bereiche des Gedankens und des
: Getühls, in der Religion, in der Wiffenfchaft, in der Kunft.
Diefe Polemik überwand jeden Gegner und erftarkte nach
jedem Siege. Leffing, wie er felbft eingeftand, bedurfte
eben des Kampfes zu der eignen Geiftesentwickelung. Er
glich ganz jenem fabelhaften Normann, der die Talente,
Kenntniffe und Kräfte derjenigen Männer erbte, die er im
Zweikampf erfchlug, und in diefer Weife endlich mit allen
möglichen Vorzügen und Vortrefflichkeiten begabt war.
Begreiflich ift es, daß folch ein ftreitluftiger Kämpe nicht
geringen Lärm in Deutfchland verurfachte, in dem ftillen
Deutfchland, das damals noch fabbathlich ftiller war als
heute. Verblüfft wurden die meiften ob feiner literarifchen
Kühnheit. Aber ebendiefe kam ihm hilfreich zuftatten;
denn Oser! ift das Geheimnis des Gelingens in der Lite-
ratur, ebenfo wie in der Revolution — und in der Liebe.
Vor dem Leffingfchen Schwerte zitterten alle. Kein Kopf
war vor ihm ficher. Ja, manchen Schädel hat er fogar
aus Übermut heruntergefchlagen, und dann war er dabei
noch fo boshaft, ihn vom Boden aufzuheben und dem
Publikum zu zeigen, daß er inwendig hohl war. Wen
fein Schwert nicht erreichen konnte, den tötete er mit den
146
Pfeilen feines Witzes. Die Freunde bewunderten die bun-
ten Schwungfedern diefer Pfeile; die Feinde fühlten die
Spitze in ihren Herzen. Der Leffingfche Witz gleicht
nicht jenem Enjouement, jener Gaité, jenen {pringenden
Saillies, wie man hierzuland dergleichen kennt. Sein Witz
war kein kleines franzöfifches Windhündchen, das feinem
eigenen Schatten nachläuft; fein Witz war vielmehr ein
großer deutfcher Kater, der mit der Maus fpielt, ehe er fie
würgt.
Ja, Polemik war die Luft unferes Leffings, und daher
überlegte er nie lange, ob auch der Gegner feiner würdig
war. So hat er eben durch feine Polemik manchen Na-
men der wohlverdienteften Vergeffenheit entriffen. Mehre
winzige Schriftftellerlein hat er mit dem geiftreichften
Spott, mit dem köftlichften Humor gleichfam umfponnen,
und in den Leffingfchen Werken erhalten fie fich nun für
ewige Zeiten wie Infekten, die fich in einem Stück Bern-
ftein verfangen. Indem er feine Gegner tótete, machte er
fie zugleich unfterblich. Wer von uns hatte jemals etwas
von jenem Klotz erfahren, an welchen Leffing fo viel
Hohn und Scharffinn verfchwendet! Die Felfenblöcke,
die er auf diefen armen Antiquar gefchleudert und womit
er ihn zerfchmettert, find jetzt deffen unverwüftliches
Denkmal.
Merkwiirdig ift es, daß jener witzigfte Menfch in Deutfch-
land auch zugleich der ehrlichfte war. Nichts gleicht feiner
Wahrheitsliebe. Leffing machte der Lüge nicht die min-
defte Konzeffion, felbft wenn er dadurch, іп der gewóhn-
lichen Weife der Weltklugen, den Sieg der Wahrheit be-
fórdern konnte. Er konnte alles für die Wahrheit tun,
147
nur nicht lügen. Wer darauf denkt, fagte ег einft, die
Wahrheit unter allerlei Larven und Schminken an den
Mann zu bringen, der möchte wohl gern ihr Kuppler fein,
aber ihr Liebhaber ift er nie gewefen.
Das fchöne Wort Buffons „der Stil ift der Menfch fel-
ber!“ ift auf niemand anwendbarer als auf Leffing. Seine
Schreibart ift ganz wie fein Charakter, wahr, feft, {chmuck-
los, fchön und impofant durch die inwohnende Stärke.
Sein Stil ift ganz der Stil der römifchen Bauwerke: hóchíte
Soliditat bei der höchften Einfachheit; gleich Quader-
fteinen ruhen die Sátze aufeinander, und wie bei jenen das
Gefetz der Schwere, fo ift bei diefen die logifche Schluß-
folge das unfichtbare Bindemittel. Daher in der Leffing-
(сһеп Profa fo wenig von jenen Füllwórtern und Wen-
dungskünften, die wir bei unferem Periodenbau gleichfam
als Mörtel gebrauchen. Noch viel weniger finden wir
da jene Gedankenkaryatiden, welche Ihr la belle phrase
nennt.
Daß ein Mann wie Leffing niemals glücklich fein konnte,
werdet Ihr leicht begreifen. Und wenn er auch nicht die
Wahrheit geliebt hatte und wenn er fie auch nicht felbft-
willig überall verfochten hatte, fo mußte er doch unglück-
lich fein; denn er war ein Genie. ,,Alles wird man dir
verzeihen,“ fagte jüngft ein feufzender Dichter, „man ver-
zeiht dir deinen Reichtum, man verzeiht dir die hohe Ge-
burt, man verzeiht dir deine Wohlgeftalt, man läßt dir
fogar Talent hingehen, aber man ift unerbittlich gegen das
Genie.“ Ach! und begegnet ihm auch nicht der bófe Wille
von außen, fo fände das Genie doch fchon in fich felber
den Feind, der ihm Elend bereitet. Deshalb ift die Ge-
148
Nathan ver Weife,
| Ein
Dramatifhes Gedidt,
іп fünf Aufzügen.
Jntroite, nam et heic Dii fune?
АРУЫ GELLIVM
Don
Gotthold Ephraim Zetting,
1779.
(chichte der großen Männer immer eine Märtyrerlegende;
wenn fie auch nicht litten für die große Menfchheit, fo
litten fie doch für ihre eigene Größe, für die große Art
ihres Seins, das Unphilifterliche, für ihr Mißbehagen an
der prunkenden Gemeinheit, der lächelnden Schlechtig-
keit ihrer Umgebung, ein Mißbehagen, welches fie natür-
lich zu Extravaganzen bringt, z. B. zum Schaufpielhaus
oder gar zum Spielhaus — wie es dem armen Leffing be-
gegnete.
Mehr als diefes hat ihm aber der böfe Leumund nicht
nachfagen können, und aus feiner Biographie erfahren wir
nur, daß ihm fchöne Komödiantinnen amüfanter dünkten
als Hamburgifche Paftöre und daß ftumme Karten ihm
beffere Unterhaltung gewährten als fchwatzende Wolfi-
aner.
Es ift herzzerreißend, wenn wir in diefer Biographie
lefen, wie das Schickfal auch jede Freude diefem Manne
verfagt hat und wie es ihm nicht einmal vergönnte, in der
Umfriedung der Familie fich von feinen täglichen Kämpfen
zu erholen. Einmal nur fchien Fortuna ihn begünftigen
zu wollen, fie gab ihm ein geliebtes Weib, ein Kind —
aber diefes Glück war wie der Sonnenftrahl, der den Fit-
tich eines vorüberfliegenden Vogels vergoldet, es fchwand
ebenfo fchnell, das Weib ftarb infolge des Wochenbetts,
das Kind fchon bald nach der Geburt, und über letzteres
fchrieb er einem Freunde die gräßlich witzigen Worte:
„Meine Freude war nur kurz. Und ich verlor ihn un-
gern, diefen Sohn! Denn er hatte fo viel Verftand! fo viel
Verftand! — Glauben Sie nicht, daß die wenigen Stunden
meiner Vaterfchaft mich fchon zu fo einem Affen von
150
Vater gemacht haben! Ich weiß, was ich (аре. — War
es nicht Verftand, daß man ihn mit eifernen Zangen auf
die Welt ziehen mußte? daß er fo bald Unrat merkte? —
-War es nicht Verftand, daß er die erfte Gelegenheit er-
griff, fich wieder davonzumachen? — Ich wollte es auch
einmal fo gut haben wie andere Menfchen. Aber es ift
mir fchlecht bekommen.“ |
Ein Unglück gab es, worüber fich Leffing nie gegen
feine Freunde ausgefprochen: diefes war feine fchaurige
Einfamkeit, fein geiftiges Alleinftehn. Einige feiner Zeit-
genoffen liebten ihn, keiner verftand ihn. Mendelsfohn,
fein befter Freund, verteidigte ihn mit Eifer, als man ihn
des Spinozismus befchuldigte. Verteidigung und Eifer
waren ebenfo lächerlich wie überflüffig. Beruhige dich im
Grabe, alter Mofes; dein Leffing war zwar auf dem Wege
zu diefem entfetzlichen Irrtum, zu diefem jammervollen
Unglück, nämlich zum Spinozismus — aber der Aller-
höchfte, der Vater im Himmel, hat ihn noch zur rechten
Zeit durch den Tod gerettet. Beruhige dich, dein Leffing
war kein Spinozift, wie die Verleumdung behauptete; er
ftarb als guter Deift wie du und Nicolai und Teller und
die „Allgemeine deutfche Bibliothek“!
Ich fage, Leffing hat den Luther fortgefetzt. Nachdem
Luther uns von der Tradition befreit und die Bibel zur
alleinigen Quelle des Chriftentums erhoben hatte, da ent-
ftand, wie ich fchon oben erzählt, ein ftarrer Wortdienft,
und der Buchftabe der Bibel herrfchte ebenfo tyrannifch
wie einft die Tradition. Zur Befreiung von diefem tyran-
nifchen Buchftaben hat nun Leffing am meiften beige-
tragen. Wie Luther ebenfalls nicht der einzige war, der
151
die Tradition bekämpft, fo kämpfte Leffing zwar nicht
allein, aber doch am gewaltigften gegen den Buchftaben.
Hier erfchallt am lauteften feine Schlachtftimme. Hier
fchwingt er fein Schwert am freudigften, und es leuchtet
und tötet. Hier aber auch wird Leffing am ftärkften be-
drängt von der fchwarzen Schar, und in folcher Bedräng-
nis rief er einft aus:
„O sancta simplicitas! — Aber noch bin ich nicht da,
wo der gute Mann, der diefes ausrief, nur noch diefes aus-
rufen konnte. (Huß rief diefes auf dem Scheiterhaufen.)
Erft foll uns hören, erft foll über uns urteilen, wer hören
und urteilen kann und will!
„O daß Er es könnte, Er, den ich am liebften zu meinem
Richter haben möchte! — Luther, du! — Großer, verkannter
Mann! Und von niemandem mehr verkannt als von den
Starrkópfen, die, deine Pantoffeln in der Hand, den von dir
gebahnten Weg fchreiend, aber gleichgültig daherfchlen-
dern! — Du haft uns von dem Joche der Tradition er-
löft: wer erlófet uns von dem unerträglicheren Joche des
Buchftabens! Wer bringt uns endlich ein Chriftentum,
wie du es itzt lehren würdeft, wie es Chriftus felbft lehren
würde!“
Leffing ftarb zu Braunfchweig im Jahr 1781, verkannt,
gehaßt und verfchrien. In demfelben Jahre erfchien zu
Königsberg die „Kritik der reinen Vernunft“ von Imma-
nuel Kant. Mit diefem Buche, welches durch fonderbare
Verzögerung erft am Ende der achtziger Jahre allgemein be-
kannt wurde, beginnt eine geiftige Revolution in Deutfch-
land, die mit der materiellen Revolution in Frankreich die
fonderbarften Analogien bietet und dem tieferen Denker
152
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benfo wichtig dünken muß wie jene. Sie entwickelt fich
ait denfelben Phafen, und zwifchen beiden herrfcht der
nerkwürdigfte Parallelismus. Auf beiden Seiten des Rheines
ehen wir denfelben Bruch mit der Vergangenheit, der
[Tradition wird alle Ehrfurcht aufgekündigt; wie hier in
*rankreich jedes Recht, fo muß dort in Deutfchland
eder Gedanke fich juftifizieren, und wie hier das König-
cum, der Schlußftein der alten fozialen Ordnung, fo ftürzt
dort der Deismus, der Schlußftein des geiftigen alten Re-
gimes.
HEINRICH VON KLEISTS ABSCHIEDSBRIEFE
AN SEINE COUSINE MARIE VON KLEIST UND
SEINE SCHWESTER ULRIKE VON KLEIST
[Berlin,] d. 10. Nov. 1811.
EINE Briefe haben mir das Herz zerfpalten, meine
teuerfte Marie, und wenn es in meiner Macht ge-
wefen wäre, fo verfichre ich Dich, ich würde den Entfchluß
zu fterben, den ich gefaßt habe, wieder aufgegeben haben.
Aber ich fchwöre Dir, ift es mir ganz unmöglich länger
zu leben; meine Seele ift fo wund, daß mir, ich möchte
faft fagen, wenn ich die Nafe aus dem Fenfter ftecke, das
Tageslicht wehe tut, das mir darauf fchimmert. Das wird
mancher für Krankheit und überfpannt halten; nicht aber
Du, die fahig ift, die Welt auch aus andern Standpunkten
zu betrachten als aus dem Deinigen. Dadurch, daß ich mit
' Schönheit und Sitte, feit meiner frühften Jugend an, in
meinen Gedanken und Schreibereien unaufhórlichen Um-
153
gang gepflogen, bin ich fo empfindlich geworden, daß mich
die kleinften Angriffe, denen das Gefühl jedes Meníchen
nach dem Lauf der Dinge hienieden ausgefetzt iít, doppelt
und dreifach fchmerzen. So verfichre ich Dich, wollte ich
doch lieber zehnmal den Tod erleiden, als noch einmal
wieder erleben, was ich das letztemal in Frankfurt an der
Mittagstafel zwifchen meinen beiden Schweftern, befonders
als die alte Wackern darzukam, empfunden habe; laß es
Dir nur einmal gelegentlich von Ulriken erzählen. Ich
habe meine Gefchwifter immer, zum T'eil wegen ihrer gut-
gearteten Perfönlichkeiten, zum Teil wegen der Freund-
fchaft, die fie für mich hatten, von Herzen liebgehabt;
fo wenig ich davon gefprochen habe, fo gewiß ift es, daß
es einer meiner herzlichften und іппірбеп W ünfche war,
ihnen einmal durch meine Arbeiten und Werke recht viel
Freude und Ehre zu machen. Nun ift es zwar wahr, es
war in den letzten Zeiten, von mancher Seite her, gefährlich,
fich mit mir einzulaffen, und ich klage fie defto weniger
an, fich von mir zurückgezogen zu haben, je mehr ich die
Not des Ganzen bedenke, die zum Teil auch auf ihren
Schultern ruhte; aber der Gedanke, das Verdienft, das ich
doch zuletzt, es fei nun groß oder klein, habe, gar nicht
anerkannt zu fehn und mich von ihnen als ein ganz nichts-
nutziges Glied der menfchlichen Gefellfchaft, das keiner
Teilnahme mehr wert fei, betrachtet zu fehn, ift mir über-
aus fchmerzhaft, wahrhaftig, es raubt mir nicht nur die
Freuden, die ich von der Zukunft hoffte, fondern es ver-
giftet mir auch die Vergangenheit. — Die Allianz, die der
Kónig jetzt mit den Franzofen fchließt, ift auch nicht
eben gemacht, mich im Leben feftzuhalten. Mir waren
154
е Gefichter der Menfchen fchon jetzt, wenn ich ihnen
^gegnete, zuwider, nun würde mich gar, wenn fie mir
uf der Strafe begegneten, eine kórperliche Empfindung
nwandeln, die ich hier nicht nennen mag. Es ift zwar
vahr, es fehlte mir fowohl als ihnen an Kraft, die Zeit
wieder einzurücken; ich fühle aber zu wohl, daß der Wille,
ler in meiner Bruft lebt, etwas anderes ift als der Wille
lerer, die diefe witzige Bemerkung machen: dergeftalt,
daí3 ich mit ihnen nichts mehr zu fchaffen haben mag.
Was foll man doch, wenn der Kónig diefe Allianz ab-
fchließt, länger bei ihm machen? Die Zeit ift ja vor der Tür,
wo man wegen der Treue gegen ihn, der Aufopferung und
Standhaftigkeit und aller andern bürgerlichen Tugenden,
| von ihm felbft gerichtet, an den Galgen kommen kann. —
. Kechne hinzu, daß ich eine Freundin gefunden habe, deren
Seele wie ein junger Adler fliegt, wie ich noch in meinem
: Leben nichts Áhnliches gefunden habe; die meine T'raurig-
. keit als eine höhere, feftgewurzelte und unheilbare begreift
. und deshalb, obfchon fie Mittel genug in Händen hätte,
. mich hier zu beglücken, mit mir fterben will, die mir die
. unerhórte Luft gewährt, fich, um diefes Zweckes willen,
T
; {o leicht aus einer ganz wunfchlofen Lage, wie ein Veilchen
aus einer Wiefe, herausheben zu laffen; die einen Vater,
der fie anbetet, einen Mann, der grofómütig genug war, fie
mir abtreten zu wollen, ein Kind, fo fchén und fchéner
als die Morgenfonne, nur meinetwillen verläßt: und Du
wirft begreifen, daß meine ganze jauchzende Sorge nur fein
kann, einen Abgrund tief genug zu finden, um mit ihr
hinabzuftürzen. — Adieu noch einmal! —
155
CH kann nicht fterben, ohne mich, zufrieden unt Е
heiter, wie ich bin, mit der ganzen Welt und (оті 2
auch, vor allen anderen, meine teuerfte Ulrike, mit Dir ver-
fóhnt zu haben. Laß fie mich, die ftrenge Äußerung, di
in dem Briefe an die Kleiften enthalten ift, laf$ fie mich
zurücknehmen; wirklich, Du haft an mir getan, ich fage
nicht, was in Kräften einer Schwefter, fondern in Kräften
eines Menfchen ftand, um mich zu retten: die Wahrheit
ift, daß mir auf Erden nicht zu helfen war. Und nun lebe
wohl; möge Dir der Himmel einen Tod fchenken, nur halb
an Freude und unausfprechlicher Heiterkeit dem meinigen
gleich: das ift der herzlichfte und іппірбе Wunfch, den ich
für Dich aufzubringen weiß.
Stimmings bei Potsdam Dein
d. — am Morgen meines Todes. Heinrich.
EIN UNGEDRUCKTES GEDICHT VON LENAU
ER feine Jugend überlebt,
Wen unvergeßlich Leid getroffen,
Wem {chal geworden jedes Hoffen,
Für das er fehnlich einft gebebt,
Und wenn er kalt für Ruhm und Ehren,
Kein Kuß ihm zündet mehr am Munde:
О könnt ein Zauber ihm gewähren,
Ein Kind zu fein nur eine Stunde,
Könnt er die Welt mit frifchen Blicken
Nur einmal noch und freudig fehn,
Es würd ihn ftärken und erquicken,
Bis das Gefchick ihn heißt vergehn.
156
шь eee eee
-JER WINTER / EIN GEDICHT HOLDERLINS
.US DEM WAHNSINN
ENN ungefehn und nun vorüber find die Bilder
Der Jahreszeit, (о kommt des Winters Dauer,
` Jas Feld ift leer, die Anficht fcheinet milder,
. Jnd Stürme wehn umher und Regenfchauer.
— Als wie ein Ruhetag, fo ift des Jahres Ende
" Wie einer Frage Ton, daß diefer fich vollende,
-"Alsdann erfcheint des Frühlings neues Werden,
Fx So glänzet die Natur mit ihrer Pracht auf Erden. 1
ZWEI GEDICHTE VON ARTHUR SCHOPEN-
HAUER
e? SONETT (Weimar 1808)
IE lange Winternacht will nimmer enden;
Als kam fie nimmermehr, die Sonne weilet;
Der Sturm mit Eulen um die Wette heulet;
Die Waffen klirren an den morfchen Wänden.
Und offne Gräber ihre Geifter fenden:
Sie wollen, um mich her im Kreis verteilet,
Die Seele fchrecken, daß fie nimmer heilet; —
Doch will ich nicht auf fie die Blicke wenden.
1 Dies bisher noch nicht gedruckte Gedicht unterzeichnete Hölderlin:
„Mit Untertänigkeit Siardanelli“ und datierte es „24. April 1049“;
von fremder Hand wurde hinzugefügt: „d. 4ten November 18424.
157
Den Тар, den Tag, ich will ihn laut verkünden!
Nacht und Gefpenfter werden vor ihm fliehen:
Gemeldet ift er fchon vom Morgenfterne.
Bald wird es licht, auch in den tiefften Gründen:
Die Welt wird Glanz und Farbe überziehen,
Ein tiefes Blau die unbegrenzte Ferne.
FINALE (Frankfurt 1856)
Ermüdet fteh ich jetzt am Ziel der Bahn,
Das matte Haupt kann kaum den Lorbeer tragen:
Doch blick ich froh auf das, was ich getan,
Stets unbeirrt durch das, was andre fagen.!
ZU DEN ABBILDUNGEN
AS Kalendarium ift mit Holzfchnitten von Joft Amman
und Verfen von Hans Sachs aus deren gemeinfamem
Werk „Eigentliche Befchreibung aller Stände auf Erden“
ausgeftattet. Die Bilder waren vom Künftler zunächft für
ein lateinifches Werk, Hartmann Schóppers „Panoplia“,
gezeichnet worden, von dem die „Eigentliche Befchreibung“
erft eine deutfche Bearbeitung ift; wir haben bei der Re-
produktion der Bilder meift das ältere Buch heranziehen
müffen. Von einem alten Hans Sachs-Druck, nämlich
einer der köftlichen Legenden von St. Petrus, ftammt auch
der Holzfchnitt auf Seite 30, ebenfo wie das Einfchlagbild
bei Seste 64, deflen befondere Bedeutung darin befteht, daß
158
3 uns die beiden größten Künftler Nürnbergs im gemein-
amen Wirken vor Augen Dellt, Trotzdem dürfen wir
-ав Blatt hier auch ohne Hans Sachsens umfangreiches Ge-
icht „Der arm gemein Efel“ wiedergeben; fchon bald
ach Dürers Tod ift man fo verfahren. Ob Dürer der
Siinftler des Blattes ift — was beftritten wird, wie wir
zlauben, jedoch mit Unrecht —, kann hier nicht näher
erörtert werden.
1515 erfchien das ältefte Eulenfpiegelbuch, von dem der
Infel-Verlag einen Fakfimiledruck nach dem einzigen erhal-
tenen Exemplar im Britifh Mufeum veranftaltet. Sette 127
ift der Titelholzfchnitt in Originalgröße wiedergegeben.
Die gleichzeitige italienifche Kunft ift durch die Oxforder
Handzeichnung Sodomas bei Seite 49 vertreten, die wohl
ficher als Porträt Rafaels anzufprechen ift. Sie foll mit
andern Porträts eine neue Ausgabe von Gobineaus „Re-
naiffance* fchmücken, die der Infel-Verlag für 1911 vor-
bereitet.
Drei Bilder beziehen fich auf Goethe und fein Werk.
Das Porträt bei Seite 152 — eine Rötelzeichnung von
б. M. Kraus aus dem Jahre 1776 — und die Bleiftiftzeich-
. nung Goethes bei Seite 80: Chriftiane, im Gartenhaufe ein-
geíchlafen — der gleiche Vorwurf, den das Gedicht „Der
. Befuch* ausführt — find dem großen „Führer durch das
Goethe-Nationalmufeum in Weimar“ entnommen. Cho-
dowieckis Rételzeichnung bei Seite 89 ftellt Lotte dar, wie
fie Werthers Diener die Piftolen übergibt; der Künftler hat
den Gegenftand wiederholt іп Handzeichnungen behan-
delt, nirgends aber fo anziehend wie in diefer, der nur
das bekannte Kupfer an die Seite geftellt werden kann.
159
Antoine Pesne hat, feit er von Friedrich Wilhelm I. als
Hofmaler nach Berlin berufen wurde, bis zu feinem Tode
im Jahre 1757 alle Mitglieder der Königsfamilie wieder-
holt porträtiert. Zu feinen intereflanteften Bildern gehört
ohne Zweifel das bei Sette 129, das Friedrich den Großen
und feine Schwefter, die nachmalige Markgräfin von Bay-
reuth, die Verfaflerin der berühmten Memoiren, als Kinder
darftellt.
Wie Hans Sachs, der bürgerliche Dichter Nürnbergs,
hatte auch Dickens, der Schilderer des englifchen Bürger-
tums im 19. Jahrhundert, das Glück, kongeniale Illuftra-
toren feiner Werke zu finden. Von Phiz, dem bedeutendften
unter ihnen, find die Federzeichnungen zum Copperfield,
die in der Infel-Ausgabe enthalten find und von denen eine
bei бейе 120 wiederholt ift. Einer vorhergehenden Periode
englifcher Kunft gehören die Werke John Flaxmans an,
der es mutig verfuchte, die Forderungen Winckelmanns in
Wirklichkeit umzufetzen und eine neue Antike zu fchaffen.
Das Bild auf Sette 85 ift feinem Odyffee-Zyklus entnom-
men, dem namhafteften Teil feiner Zeichnungen zu Sagen
des klaffifchen Altertums.
Die moderne Kunft ift durch Emil Preetorius vertreten
(bei бейе 137), der fchon zum Almanach fiir 1010 ein
Bild aus dem von ihm vorbereiteten illuftrierten ,,Seebuch
des Luftfchiffers Gianozzo“ von Jean Paul beigefteuert
hatte.
160
=e rr el
mum
Bücher
aus dem Infel-Verlag
Diefe Richtung ift gewiß,
Immer [chreite, [chreite!
Finsternis und Hindernis
Drängt mich nicht zur бейе.
GOETHE
NEU SIND IM J. 1910 ERSCHIENEJV:
GABRIELE D'ANNUNZIO: PHÄDRA. Tragödie o
drei Aufzügen. Unter Mitwirkung von Karl Vollmiile@.
übertragen von Rudolf С. Binding. Geheftet M. 3.—§
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50 numerierte Exemplare auf Büttenpapier. In Kal»
leder M. 20.—. Е
GABRIELE D'ANNUNZIO: DAS SCHIFF. Tragödıl -
in einem Vorfpiel und drei Aufzügen. Übertragen vong -
Rudolf С. Binding. Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.50; |.
in Leder M.6.—. Vorzugsausgabe: 50 numerierte Exen-
plare auf Büttenpapier. In Kalbleder М. 20.—.
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Karl Vollmöller. Dritte Auflage. Geheftet M. 4.50; А.
Leinen M. 6.—. S"
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MODIE. Deutfche Ausgabe der Romane und Ег
lungen Balzacs in fechzehn Banden. Titel- und E
bandzeichnungen von Eric Gill. Geheftet je M. A)
in Leinen je M. 5.—; in Leder je M. 7.—. Feat:
ausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Büttenpapier.| :
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Im Jahre 1910 find Band XI—XV erfchienen und ohne Bant |2;
bezeichnung auch einzeln zu beziehen:
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KANNTE MEISTERWERK. SARRASINE. Uber 3
tragen von Hedwig Lachmann. Geheftet M. 4.—; i! p
Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. Ì N
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LTE JUNGFER. Übertragen von Hedwig Lachmann.
;eheftet M.4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—.
LZAC: TANTE LISBETH. Übertragen von Arthur
churig. | Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50; in
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Übertragen von Gifela Etzel. Geheftet M. 4.—; in
Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—.
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rifierte Übertragung von K. Moorburg. Nachwort von
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-laß neu herausgegeben von Karl Graf Lanckoronski und
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Einband von Heinrich Wieynk. Zwei Bände. Geheftet
. M. 9.—; in Leinen M. 12.—; іп Halbleder M. 15.—.
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: Ausgewählt und eingeleitet von Stefan Zweig. Mit den
^ Federzeichnungen von Browne und andern. Tafchen-
. ausgabe auf Dünndruckpapier: Sechs Bande, jeder Band
. in Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.50. Bibliotheksausgabe
; auf ftarkem Papier: Zwölf Bände, geheftet je M. 3.—;
\ in Leinen M.4.—. Vorzugsausgabe: 200 numerierte Exem-
. plare: Zwölf Bände; in Leder je M. 12.—.
Bisher it erfchienen und einzeln zu beziehen:
=.
шшт-
163
CHARLES DICKENS: DAVID COPPERFIEL
Vollftändige Ausgabe. Mit 35 Federzeichnungen ı
Phiz und einem einleitenden Effay von Stefan Zuri
Tafchenausgabe in einem Band: in Leinen M. 6.—; i
Leder M. 7.50. Bibliotheksausgabe in zwei Bänden:
heftet M. 6.—; in Leinen M. 8.—.
EIN KURZWEILIG LESEN VON DYL ULEN
SPIEGEL GEBOREN 054 DEM LAND 7
BRUNSWICK. Fakfimileneudruck des Alteften Eule:
fpiegelbuches nach dem einzigen im Britifh Mufeum 29.
London erhaltenen Exemplar von 1515. Mit 86 Hold:
fchnitten. Herausgegeben von Edward Schröder. 40 ,
Exemplare. In Halbpergament М. 40.—; mit Еоіогіегіе4 -
Holzfchnitten іп Ganzpergament M. 75.—.
JOSEPH VON EICHENDORFFS DICHTUNGEN
Ausgewählt und herausgegeben von Franz Schultz. Zwd
Bände. In Pappbänden M. 3.—; in Leinen M. 4—
Liebhaberausgabe: in Leder M. 10.—.
ta t
Ausftattung und Art der Herausgabe find ganz die der billig
Goethe-Ausgabe der Goethe-Gefellfchaft (f. S. 179).
PAUL ERNST: UBER ALLE NARRHEIT LIEBE
Luftfpiel in drei Aufzügen. Geheftet M. 2.—; in Papp
band M. 3.—.
PAUL ERNST: NINON DE LENCLOS. Trauerfpi
in drei Aufzügen. Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 2.-
GOETHE: WEST-OSTLICHER DIVAN. DoppeH
titel, Initiale und Einbandzeichnung von Marcus Behnrr.
100 Exemplare auf Japanpapier in Pergament (vergriffen);
164
1200 Exemplare auf Büttenpapier іп Halbleinen mit
Uberzug nach Zeichnung von Marcus Behmer M. 12.—.
(Е LEIDEN DES JUNGEN WERTHER VON
GOETHE. Mitachtzehn von Dantel Chodowiecki gezeich-
neten Werther-Bildern in elf Kupferftichen und fieben
Lichtdrucken. 400 numerierte Exemplare auf van Gelder-
Büttenpapier. In Halbleder M. 25.—; in Leder M. 30.—.
ER JUNGE GOETHE. Begründet von Salomon Hirzel.
. Neu herausgegeben von Max Morris. Sechs Bände mit
etwa бо Lichtdrucktafeln. Einbandzeichnung von F.
Н. Ehmcke. Jeder Band: geheftet M. 4.50; in Leinen
M. 6.—; in Leder M. 7.50.
| Die vollftindige Sammlung aller Dichtungen, Briefe, Gefpräche,
Zeichnungen und Radierungen Goethes bis zu feiner Überfiedlung
, nach Weimar. Bisher find 5 Bande erfchienen; der letzte folgt
. im Frühjahr 1911.
2AS GOETHE-NATIONAL-MUSEUM ZU WEI-
' MAR. Große Ausgabe des Führers, im Auftrag der Direk-
tion bearbeitet von M. Schuette. Mit 32 Grundriffen und
: 26 Bildertafeln. Geheftet M. 3.—; in Pappband M. 4.—.
BRÜDER GRIMM: KINDER- UND HAUS-MÁR-
- CHEN. Vollftandige Ausgabe. Zeichnung der Initialen,
des Titels und Einbands von Carl Weidemeyer-W orps-
wede. Zwei Bande. Geheftet M. 7.—; in Leinen M. 10.—;
in Leder M. 14.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte
Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder M. 30.—.
“WARIS: NACHDICHTUNGEN SEINER LIEDER
von Hans Bethge. Einbandzeichnung von E. В. Weiß.
; Gebunden М. 5.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte
Exemplare auf chinefifchem Papier. In Seide M. 12.—.
165
ERNST HARDT: NINON VON LENCLOS. Drama
in einem Akt. Zweite Auflage: kleine Ausgabe. Geheftet
M. 2.—; іп Pappband M. 3.—.
HEINRICH HEINES SAMTLICHE WERKE in zehn
Bänden. Unter Mitwirkung von Jonas Frankel, Гай:
Krähe, Albert Leitzmann und Julius Peterfen herausge-
geben von Oskar Walzel. Jeder Band geheftet M. 2.—;
in Halbpergament M. 3.—. Vorzugsausgabe (einmalig):
іооо Exemplare auf Infel-Hadernpapier. Geheftet M.
5.—; in Halbleder M. 7.—; in Leder M. 10.—.
Im Herbft 1911 werden erfchienen fein Band I, II, VII und IX.
die weiteren folgen in kurzen Zwifchenräumen. 1911 wird die
Ausgabe vollftändig vorliegen. Die Bände der gewöhnlichen Aus-
gabe werden auch einzeln abgegeben, dagegen verpflichtet der Kaví
eines Bandes der Vorzugsausgabe zur Abnahme aller folgenden
ETHAN A. HITCHCOCK: DAS ROTE BUCH
VON APPIN. Ubertragen von Sir Galahad. Geheftet
M. 3.—; іп Pappband M. 4.—.
HOLDERLIN: DER TOD DES EMPEDOKLES. Еш
eine feftliche Aufführung bearbeitet und eingerichtet von
W ithelm von Scholz. Geheftet M. 2.—;in Pappband M. 3.—.
HOMER: DIE ODYSSEE. Neu ins Deutíche übertragen
von Rudolf Alexander Schröder. Erfier Band (1.—12.
Gefang). Gedruckt unter Leitung von Harry Graf
Keßler. Mit Titeln und Initialen von Erte Gill und
drei Holzfchnitten von Arifitde Maillol. 350 numerierte
Exemplare für den Handel. In Halbpergament M. 30.—.
Diefe Homer-Ausgabe erfcheint in vier Banden, von denen je zwei
die Odyffee und die Ilias enthalten. Der Kauf des erften Bande
verpflichtet zur Abnahme auch der folgenden.
166
\ICARDA HUCH: DAS LEBEN DES GRAFEN
FEDERIGO CONFALONIERI. Dritte Auflage. Ge-
heftet M. 4.50; in Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.50.
ENS PETER JACOBSEN: MOGENS. Eine Novelle.
— Übertragen von M. v. d. Borcht. 200 Exemplare: 25 auf
Japan, in Leder (vergriffen); 175 auf Büttenpapier in
Leder M. 15.—.
Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe Seiner Kéniglichen Hoheit
. des Großherzogs von Heffen.
SOHN KEATS: GEDICHTE. Nachdichtung von Gifela
Etzel. Geheftet M. 7.50; in Halbpergament M. 9.—. Vor-
zugsausgabe: 50 Басра auf Japanpapier. In Leder
М. 30.—.
Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt.
HEINRICH VON KLEISTS SAMTLICHE WERKE
` UND BRIEFE. Vollftändige Ausgabe in fechs Banden,
beforgt von Wilhelm Herzog. Einbandzeichnung von
E. Ё.Уе:)3. Mit dem Jugendbildnis Kleifts in farbiger Wie-
. dergabe und verfchiedenen Fakfimiles. Geheftet M. 27.—;
: in Leinen M. 32.—; in Halbpergament M. 36.—.
-FRIEDRICH MAXIMILIAN KLINGER: FAUSTS
; LEBEN, THATEN UND HOLLENFAHRT. Ro-
; man. Neudruck der erften Ausgabe von 1791. Mit einem
d ‘Titelkupfer. Geheftet M. 5.—; in Halbleder M. 7.—.
"DES KNABEN WUNDERHORN. Alte deutfche Lie-
^ der, gefammelt von 2. A. von Arnim und Clemens Bren-
Y ` fano. Jubiläumsausgabe, getreu nach den 1806—1808
4 eríchienenen Originaldrucken. Drei Bánde mit einem
“ die Kinderliederenthaltenden Anhang. Mit fünf Kupfer-
167
ftichen. 800 numerierte Exemplare auf handgefchöpfter
Papier. In Halbleder M. 40.—.
NIKOLAUS LENAUS SAMTLICHE WERKE UND
BRIEFE IN SECHS BANDEN. Vollftändige kritifche
Ausgabe, herausgegeben von Eduard Са/ ғ. Mit ver
fchiedenen Bildern und Fakfimiles. Einbandzeichnunz
von Emil Rudolf Weiß. Geheftet je M. 5.—; in Leinen
M. 6.—; in Halbleder M. 7—. Vorzugsausgabe: 200 Ex-
emplare auf Infel-Hadernpapier. In Leder je M. 12.—.
Bisher find erfchienen Band I und II.
LESSINGS BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben vor
Julius Peterfen. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—
LESSING: NATHAN DER WEISE. Ein dramatifche:
Gedicht in fünf Aufzügen. 1779. Fakfimile-Neudruck
des erften , Nathan*-Druckes in 400 numerierten Exem-
plaren. Nr. 1—200 mit dem handfchriftlichen Entwurf
Leffings zum Nathan, 2 Bände: in Halbleder M. 40.-;
in Leder M. 50.—. Nr. 201—400 ohne den Entwurf
in Halbleder M. 20.—; in Leder M. 25.—.
HEINRICH LEUTHOLDS GEDICHTE. Nach den
Handfchriften wiederhergeftellt von Arthur Schurzg. Ein-
band von Emil Preetorius. Zweite, verbefferte Auflage. Ge-
heftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—.
LONGUS: DAPHNIS UND CHLOE. Roman. Über-
tragen von Ludwig Wolde. 50 Exemplare auf Japan-
papier in Kalbleder (vergriffen); 250 Exemplare auf
Büttenpapier, in Leder М. 28.—.
Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt.
168
HEINRICH MANN: DAS HERZ. Novellen. Geheftet
M. 4.—; in Leinen M. 5.—.
- MEMOIREN DER MARKGRAFIN WILHELMINE
VON BAYREUTH, SCHWESTER FRIEDRICHS
DES GROSSEN. Deutfch von Annette Kolb. Mit drei
Heliogravüren. Zwei Bande. Geheftet M. 10.—; in
Leinen M. 14.—; in Halbleder M. 16.—.
MOZARTS BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben von
Albert Leitzmann. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
ALEXANDER OLBRICHT: ZWOLF RADIERUN-
GEN AUSWEIMAR. 220 Exemplare: 20 auf Japan-
papier, in Kalbleder M. 40.—; 200 auf Büttenpapier,
in Pappband M. 12.—.
GESCHICHTEN AUS DEM ALTEN PITAVAL.
Herausgegeben nach der von Schiller getroffenen Auswahl
und um weitere Stücke vermehrt von Paul Ernfi. Drei
Bande. Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—; in Leder
M. 15.—.
DES GRAFEN AUGUST VON PLATEN GE-
DICHTE. Neu herausgegeben von Rudolf Schisffer. Zwei
Bande. Geheftet M. 6.50; in Pappbanden M. 8.— ; in
Halbleder M. 10.—. Vorzugsausgabe: 100 Exemplare auf
. Büttenpapier. In Leder M. 20.—.
RAINER MARIA RILKE: DIE AUFZEICHNUN-
GEN DES MALTE LAURIDS BRIGGE. Zwei
Bändchen. Zweite Auflage. Geheftet M. 4.50; in Papp-
binden M. 6.—; in Leder M. 10.—.
169
HANS SACHSENS AUSGEWAHLTE WERKE.
(Gedichte und Dramen.) Zwei Bande. Mit Reproduk-
tionen von бо zu den Gedichten gehörigen Holzfchnitten
von Dürer, Beham u. a. nach den Originaldrucken.
Geheftet M. 10.—; іп Halbleinen M. 12.—; іп Halb-
pergament M. 14.—. Vorzugsausgabe: 200 numerierte
Exemplare mit kolorierten Holzfchnitten. In Schweins-
leder M. 50.—.
SCHILLERS GESPRACHE. Zum erftenmal gefammelt
und herausgegeben von Julius Peterfen. Іп Pappband
M. 3.—; in Leinen M. 4.—; in Leder M. 6.—.
DER JUNGE SCHUMANN. DICHTUNGEN UND
BRIEFE. Herausgegeben von Alfred Schumann. In Papp-
band M. 2.—; in Halbleder M. 3.50.
SIEGFRIED TREBITSCH: DES FELDHERRN ER-
STER TRAUM. Novelle. Geheftet M. 2.—; in Papp-
band M. 3.—.
REDEN UND GLEICHNISSE DES TSCHUANG-
TSE. In deutfcher Auswahl von Martin Buber. Ge-
heftet M. 4.—; in Pappband M. 5.—. Vorzugsausgabe:
5о Exemplare auf Japanpapier. In Kalbleder M. 25.—.
TAUSEND UND EINE NACHT. Aus der unge-
kürzten deutfchen Ausgabe in der Uberfetzung von
F. P. Greve ausgewählt und eingeleitet von Paw Ernfi.
Doppeltitel, Initiale und Einband von Marcus Behmer.
Vier Bände. Jeder Band in Halbleinen mit Überzug nach
Zeichnung von Marcus Behmer M. 4.—; in Leder M.6.50.
Erfchienen ift der erfte Band, die weiteren folgen in kurzen
Zwifchenräumen bis Oftern 1911.
170
HENRY VAN DE VELDE: ESSAYS. Geheftet M. 3.50;
in Halbpergament M. 5.—.
EMILE VERHAEREN. In drei Banden. Einbandzeich-
nungen von E. Ж. Weiß.
I. Band: EMILE VERHAEREN, von Stefan Zweig.
II. Band: EMILE VERHAERENS GEDICHTE,
ausgewählt und übertragen von Stefan Zweig.
ПІ. Band: EMILE VERHAERENS DRAMEN (НЕ-
LENAS HEIMKEHR. DAS KLOSTER. PHI-
LIPP IL.), übertragen von Stefan Zweig.
Preis des Ge/amtwerkes (drei Bände): geheftet M. 10.—;
іп Leinen М. 14.—; in Leder М. 20.—. Einzelpreis der
Bande (die keine Bandbezeichnung tragen): geheftet
M. 3.50; in Leinen M. 4.75; in Leder M. 7.—.
RICHARD WAGNER: AUSWAHL SEINER
SCHRIFTEN. Herausgegeben von Hou/ton St. Chamber-
Jain. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
WALDEMAR VON WASIELEWSKI: GOETHES
METEOROLOGISCHE STUDIEN. Mit neun Ta-
feln in Lichtdruck. Geheftet M. 5.—; in Pappband M.6.—.
JAKOB WASSERMANN: DER LITERAT ODER
MYTHOS UND PERSÖNLICHKEIT. Geheftet
M. 2.50; in Leinen M. 3.50.
OSCAR WILDE: DIE ERZÄHLUNGEN UND
MÄRCHEN. Mit 10 Vollbildern fowie Initialen, Titel-
und Einbandzeichnung von Heinrich V. ад А
Іп Pappband M. 3.—.
IHE
BIS ENDE 1909 WAREN ERSCHIENEN:
ALTESTE DEUTSCHE DICHTUNGEN. Uberfetzt
und herausgegeben von Karl Wolfskehl und Friedrich von
der Leyen. Titel- und Einbandzeichnung von Emil Pree-
гіш. Geheftet M. 5.—; іп Pappband M. 6.—; in Per-
gament М. 10.—.
HANS CHRISTIAN ANDERSEN: MÄRCHEN.
Unter Benutzung der von Anderfen felbft beforgten
deutfchen Ausgabe übertragen von Mathilde Mann. Ein-
geleitet von Sophus Bauditz. Zeichnung der Initialen, des
Titels und Einbands von Carl Weidemeyer-W orpsweae.
Zwei Bande. Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—;
in Leder M. 15.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte
Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder M. 30.—.
BETTINA VON ARNIM: DIE GÜNDERODE.
Zwei Bánde. Herausgegeben und eingeleitet von Раш
Ernft. Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann.
Geheftet M. 7.—; in Leinen M. 9.—; in Leder M. 10.—.
Der Briefwechfel zwifchen Bettina und der Günderode.
HONORÉ DE BALZAC: EIN JUNGGESELLEN-
HEIM (LA RABOUILLEUSE). Übertragen von
Felix Paul Greve. Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50;
in Leder M. 7.50.
HONORE DE BALZAC: ERZAHLUNGEN AUS
DER NAPOLEONISCHEN SPHARE (Oberft Cha-
bert; Eine Leidenfchaft in der Wüfte; Abfchied; El
Verdugo; Eine dunkle Begebenheit). ` Ubertragen von
172
|
ae
.....
Felix Paul Greve. Geheftet M. 4.50; in Leinen М. 5.50;
in Leder M. 7.50.
HONORE DE BALZAC: EUGENIE GRANDET.
DER EHEVERTRAG. Ubertragen von Gifela Etzel.
Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50; in Leder M. 7.50.
HONORÉ DE BALZAC: VERLORENE ILLUSIO-
NEN (Die beiden Dichter; Ein großer Mann aus der
Provinz in Paris; Die Leiden des Erfinders). Übertragen
von Hedwig Lachmann. Zwei Bände. Geheftet M.8.—;
in Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—.
HONORE DE BALZAC: GLANZ UND ELEND
DER KURTISANEN (Von der Liebe der Dirnen;
Was alte Herren fich die Liebe koften laffen; Der Weg
des Böfen; Vautrins letzte Verkörperung). Übertragen
von Felix Paul Greve. Zwei Bände. Geheftet M. 8.—;
in Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—.
HONORÉ DE BALZAC: VATER GORIOT. DAS
HAUS NUCINGEN. Ubertragen von Gifela Etzel.
Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—.
HONORÉ DE BALZAC: DIE GESCHICHTE DER
DREIZEHN (Ferragus; Die Herzogin von Langeais;
Das Madchen mit den Goldaugen) Ubertragen von
Ernft Hardt. Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in
Leder M. 7.—.
HONORÉ DE BALZAC: DIE LILIE IM TAL. DIE
VERLASSENE FRAU. Übertragen von René Schickele.
Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—.
173
HONORE DE BALZAC: DAS MADCHEN MIT
DEN GOLDAUGEN. Übertragen von Ern/t Hardt.
Mit zehn Einfchaltbildern (auf Kaiferlichem Japanpapier),
Initiale, Einband- und Vorfatzzeichnung von Marcus
Behmer. soo numerierte Exemplare auf holländifchem
Büttenpapier. In Pergament M. 20.—.
HONORE DE BALZAC: PHYSIOLOGIE DER EHE.
Eklektifch-philofophifche Betrachtungen über Glück und
Unglück in der Ehe. Übertragen von Heinrich Conrad.
Zweite Auflage. Titel- und Einbandzeichnung von Егіс
Gill, Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50; in Leder
M. 7.50. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare
auf Büttenpapier. In Maroquin M. 15.—.
CHARLES BAUDELAIRE: DIE BLUMEN DES
BÖSEN. In deutfche Verfe übertragen von Graf Wolf
топ Kalckreuth. Titel-, Vignetten- und Einbandzeich-
nung von H. Wilh. Wulff. 850 numerierte Exemplare.
Nr. 1—50 auf Büttenpapier, in Pergament M. 14.—.
Nr. 51—850 in Leder M. 7.—.
AUBREY BEARDSLEY: UNTER DEM HUGEL.
Eine romantifche Novelle. Übertragung von Rudolf
Alexander Schröder. Mit einer Zeichnung von Beardsley.
Zweite Auflage. Geheftet M. 2.50; in Leder M. 4.—.
LUDWIG VAN BEETHOVENS BRIEFE. Ausgewählt
und herausgegeben von Albert Leitzmann. In Pappband
M. 2.—; in Leder M. 4.—.
DIE BERGPREDIGT JESU CHRISTI in der Luther-
fchen Uberfetzung. Gefchrieben im alten Unzialduktus
von Graily Hewitt, in rot und fchwarz gedruckt. 200
174
Exemplare auf уап Gelder-Büttenpapier. In Leder
M. 30.—; in Pergament M. 22.—.
HANS BETHGE: DIE CHINESISCHE FLÖTE.
Nachdichtungen chinefifcher Lyrik. Titel- und Einband-
zeichnung von Е. К. Weiß. Zweite Auflage. Gebunden
M. 5.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf
chinefifchem Papier. In Seide M. 12.—.
DIE BIBEL AUSGEWÄHLT. Herausgegeben von
A. und P. G. Grotjahn. Titel- und Einbandzeichnung von
Ғ.Н. Ehmcke. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
OTTO JULIUS BIERBAUM: DER NEU BESTELL-
TE IRRGARTEN DER LIEBE, UM ETLICHE
GANGE UND LAUBEN VERMEHRT. Verliebte,
launenhafte, moralifche und andere Gedichte, Lieder und
Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1905. Leiften, Schluß-
ftücke und Umfchlagzeichnung von Heinrich Vogeler-
W orpswede. Titelvignette von E. В. Weiß. 7. bis 10.
Taufend (des „Irrgartens der Liebe“ 41. bis 44. Taufend).
Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 3.— ; in Leder M. 5.—.
GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS LEBEN DAN-
TES. Übertragen von Otto Freiherrn von Taube. Titel,
Initiale und Einband von F. H. Ehmcke. 800 Exemplare.
In Halbpergament M. 8.— ; in Leder M. 15.—.
GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS DEKAME-
RON. Vollftandige Ausgabe, neu übertragen von
Albert Weffelski. Titel- und Einbandzeichnung von
Walter Tiemann. Dritte Auflage (6. bis 10. Taufend).
Drei Bände. Geheftet M. 7.—; in Leinen M. 10.—;
in Leder M. 14.—.
175
GIOVANNI DI BOCCACCIO: DIE LIEBENDE
FIAMETTA. Roman. Vollftändige Ausgabe, unter
Zugrundelegung der Überfetzung von Sophie Brentano
bearbeitet von K. Berg. Titel- und Einbandzeichnung
von Walter Tiemann. Geheftet M. 3.50; in Leinen
M. 4.50; in Leder M. 5.—.
DIE NACHTWACHEN DES BONAVENTURA.
Herausgegeben von Franz Schultz. Geheftet M. 4.—; in
Halbleder M. 6.—.
Der Verfaffer diefer Profadichtung aus dem Zeitalter der Roman-
tik war Friedrich Gottlob Wetzel.
CLEMENS BRENTANOS FRÜHLINGSKRANZ,
aus Jugendbriefen ihm geflochten [von Bettina von Arnim),
wie er felbft fchriftlich verlangte. Zwei Bände. Ein-
geleitet von Paul Ernft. Titel- und Einbandzeichnung
von Walter Tiemann. Zweite Auflage. Geheftet M. 6.—;
in Leinen M. 8.—; in Leder M. 10.—.
BRIEFWECHSEL ZWISCHEN CLEMENS BREN-
TANO UND SOPHIE MEREAU. Nach den Hand-
fchriften zum erften Male herausgegeben von Heinz Ame-
lung. Titelrahmen von Walter Tiemann. Mit zwei Bild-
niffen in Lichtdruck. Zwei Bande. Geheftet M. 7.—;
in Leinen M. 9.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte
Exemplare auf Büttenpapier. In Leder M. 18.—.
BRIEFE DER HERZOGIN ELISABETH CHAR-
LOTTE VON ORLEANS (LISELOTTE). Auswahl
in zwei Banden, herausgegeben von Hans F. Helmolt.
Mit zwei Bildniffen in Heliogravüre. Zweite Auflage.
Geheftet M. 12.—; in Halbleder M. 16.—. .
176
ae
ELIZABETH BARRETT-BROWNING: SONET-
TE NACH DEM PORTUGIESISCHEN. Über-
tragen von Rainer Maria Rilke. Geheftet M. 3.—; in
Halbpergament M. 4.—.
MIGUEL DE CERVANTES: DER SCHARFSIN-
NIGE RITTER DON QUIXOTE VON DER
MANCHA. Vollftandige deutfche Ausgabe in drei
Banden, beforgt von Konrad Thorer, eingeleitet von Felix
Poppenberg. Titel- und Einband von Car? Czefchka. Ge-
heftet M. 10.—; in Leinen M. 14.—; in Leder M. 18.—.
DIE NOVELLEN DES CERVANTES. Vollftändige
deutíche Ausgabe, bearbeitet von Konrad Thorer, einge-
leitet von Felix Poppenberg. Titel- und Einband von Car/
Czefchka. Zwei Bande. Geheftet M. 8.—; in Leinen
M. іо.- in Leder M. 12.—.
DANIEL DEFOE: DAS LEBEN UND DIE GANTZ
UNGEMEINE BEGEBENHEITEN DES BE-
RÜHMTEN ENGELLÄNDERS MR. ROBINSON
CRUSOE... Neudruck des älteften deutfchen Ro-
binfonbuchesvon 1721. Mit Wiedergabe von drei Kupfer-
ftichen. Nachwort von Hermann Ullrich. Zwei Bände.
600 numerierte Exemplare. In Halbpergament M. 20.—;
in Ganzpergament M. 30.—.
ANNETTE VON DROSTE-HÜLSHOFF: DIE
JUDENBUCHE. Ein Sittengemälde aus dem gebir-
gichten Weftfalen. Titel- und Einbandzeichnung von
Walter Tiemann. Geheftet M. 2.—; in Leinen M. 3.—.
PAUL ERNST: DIE SELIGE INSEL. Ein Roman.
Geheftet M. 3.—; in Leder M. 5.—.
177
PAUL ERNST: DER WEG ZUR FORM. Afthetifche
Abhandlungen, vornehmlich zur Tragödie und Novelle.
Geheftet M. 4.—; in Pappband M. 5.—.
DAS BUCH ESTHER in der Lutherfchen Überfetzung.
Mit figürlichem Doppeltitel und Initialen von F. W.
Kleukens. 300 Exemplare. Auf van Gelder-Büttenpapier,
in Leder mit Seidenvorfatz M. 24.—.
Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt.
FICHTES REDEN AN DIE DEUTSCHE NATION.
Revidierte Ausgabe, eingeleitet von Rudolf Eucken. In
Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
GUSTAVE FLAUBERT: DREI ERZAHLUNGEN
(Ein fchlichtes Herz; Die Sage von Sankt Julianus;
Herodias). Übertragen von Ern/t Hardt. Zweite Auflage.
Geheftet M. 3.50; in Halbpergament M. 5.—.
JOHN FLAXMAN: ZEICHNUNGEN ZU SAGEN
DES KLASSISCHEN ALTERTUMS. Eingeleitet
von Ernft Beutler. Titel- und Einbandzeichnung von
F. Н. Ehmcke. In Leinen М. 5.—.
(GLEIM, J. L. W.): PREUSSISCHE KRIEGSLIEDER
IN DEN FELDZUGEN 1756 UND 1757 VON
EINEM GRENADIER. Mit Melodien. (Mit einem
Vorbericht von Leffing.) Berlin 1759, bey Chriftian
Friedrich Voß. Mit acht Notenbeilagen und geftoche-
nem Titelkupfer. Neudruck in 350 Exemplaren mit
einem Nachwort von Georg Witkowski. In Leder M. 20.—.
GOETHES SÄMTLICHE WERKE IN FÜNFZEHN
BANDEN. Großherzog Wilhelm Ernfi- Ausgabe deut{cher
Klaffiker. Titel- und Einbandzeichnung von Eric Gill.
178
|
Bisher find erfchienen und einzeln käuflich:
I. II: ROMANE UND NOVELLEN. Vollftandig in zwei Banden.
Herausgegeben von Hans Gerhard Graf und Carl Schüddekopf. In
Leder M. 11. —.
II: AUS MEINEM LEBEN. DICHTUNG UND WAHRHEIT.
Herausgegeben von Kurt Jahn. In Leder M. 6.—.
IV: ITALIENISCHE REISE; KAMPAGNE IN FRANKREICH
1792; BELAGERUNG VON MAINZ 1793. Herausgegeben von
Kurt Jahn. In Leder M. 6.—.
V: AUTOBIOGRAPHISCHE SCHRIFTEN, IIL Band. Heraus-
gegeben von Kurt Jahn. In Leder М. 5.50.
VI: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, I. Band. Herausgegeben
von Hans Gerhard Graf. In Leder M. 4.—.
VII: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, II. Band. Herausgegeben
von Hans Gerhard Graf. In Leder М. 6.—.
IX: KUNST-SCHRIFTEN, I. Band. Herausgegeben von Max Hecker.
In Leder M. 6.—.
GOETHE: FAUST. Gefamtausgabe. Enthaltend den
Urfauft; Das Fragment (1790); Die Tragédie, I. und
П. Teil; Die Paralipomena. Herausgegeben von Hans
Gerhard Grif. Zweite Auflage (6.—10. Taufend). In
Leinen M. 3.—; in Leder M. 4.—.
GOETHES WERKE IN SECHS BANDEN. Im Auf-
trage der Goethe-Gefellfchaft herausgegeben von Erich
Schmidt. Zwette Auflage (21.—50. Taufend). In Papp-
bánden M.6.—; in Leinen M.8.—; in Halbleder M. 12.—.
GOETHES SPRUCHE IN PROSA. Maximen und Re-
flexionen. Herausgegeben von Herman Krüger-IV eftend.
In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
GOETHES SPRÜCHE IN REIMEN. Zahme Xenien
und Invektiven. Herausgegeben von Max Hecker. In
Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
179
AUS GOETHES TAGEBÜCHERN. Ausgewählt und
herausgegeben von Hans Gerhard Gräf. In Pappband
M. 2.—; in Leder M. 4.—.
GOETHE IM GESPRÁCH. In Auswahl (ohne die mit
Eckermann geführten Gefpräche) herausgegeben von
Franz Deibel und Friedrich Gundelfinger. Dritte Auflage.
Geheftet M. 5.—; in Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.—.
Enthält die Gefpräche mit Schiller, Wieland, Herder, Schlegel,
Napoleon, Voß, Riemer, Boifferée, Kanzler von Maller, Soret,
Felix Mendelsfohn-Bartholdy u. a.
GOETHES GESPRÄCHE MIT ECKERMANN. Voll- `
ftändige Ausgabe, beforgt von Franz Deibel. Mit zwei
Porträts. Zweite Auflage (6.—10. Taufend). Zwei Bande. |
In Pappbänden M. 5.—; in Leinen M. 7.—; in Leder .
M. 9.—.
GOETHES BRIEFE AN CHARLOTTE VON
STEIN. Vollftandige Ausgabe in drei Bänden. Heraus-
gegeben von Julius Peterfen. Mit drei Silhouetten. Ti-
tel, Einband- und Vignettenzeichnungen von Heinrich
Vogeler-W orpswede. Zweite Auflage (3. und 4. Taufend). |
Geheftet M. 7.—; in Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—. |
GOETHES BRIEFE AN FRAU VON STEIN. In
Auswahl herausgegeben von Julius Peterfen. Mit drei `
Silhouetten. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
GOETHES BRIEFWECHSEL MIT MARIANNE
VON WILLEMER. Herausgegeben von Philipp Stein.
Mit einer Silhouette und zwei Zeichnungen in Licht-
druck. Titel- und Einbandzeichnungen von Heinrich
Vogeler-W orpswede. Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—;
180
|
іп Leder M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exem-
plare auf Büttenpapier. In Pergament М. 12.—.
DIE BRIEFE DER FRAU RATH GOETHE. Ge-
fammelt und herausgegeben von Albert Köfter. Mit zwei
Brief-Fakfimiles. Vierte, vermehrte Auflage. Zwei Bände.
Geheftet M. 10.—; in Halbleder M. 14.—.
BRIEFE VON GOETHES MUTTER. Ausgewählt
und eingeleitet von Albert Köfter. Mit einer Silhouette
der Frau Rath. 21. bis 30. Taufend. In Pappband M. 2.—;
іп Leder M. 4.—.
GRIMMS DEUTSCHE SAGEN. Ausgewählt und ein-
geleitet von Paul Merker. In Pappband M. 2.—; in
; Leder M. 4.—.
-H.J.CHR. VON GRIMMELSHAUSEN: DER ABEN-
TEUERLICHE SIMPLICISSIMUS. Vollftändige
|. "Tafchenausgabe in drei Bänden, beforgt von Reinhard
. Buchwald. Mit den vier Radierungen von Max Klinger
22 in Lichtdruck. Titel von E R. Weiß. Geheftet М.6.-;
: in Pappbänden M. 8.—; in Pergament M. 14.—.
: H. J. CHR. VON GRIMMELSHAUSEN: SIMPLI-
^ CIANISCHE SCHRIFTEN. (Trutz Simplex oder
Lebensbefchreibung der Ertzbetrügerin und Landftort-
- тегіп Courafche; Der feltzame Springinsfeld; Das wun-
derbare Vogelneft; Kleinere Simpliciana.) Neudruck in
400 numerierten Exemplaren mit Wiedergabe von 12
Kupferftichen und 20 Holzfchnitten der Ausgabe von
1684. Haupt- und Untertitel, Initiale, Rahmen und
Einband gezeichnet von Walter Tiemann. Nachwort
von Paul Ernft. In Schweinsleder М. 40.—.
181
OTTO FRIEDRICH VON DER GROBEN: GUI-
NEISCHE REISE-BESCHREIBUNG. Marienwer-
der, gedruckt durch Simon Reinigern, anno 1694. Mit
16 Vollbildern. 500 numerierte Exemplare. In Halb-
pergament M. 18.—.
Fakfimileneudruck des älteften deutfchen Kolonialbuchs.
ERNST HARDT: GESAMMELTE ERZÄHLUN-
GEN. СеһеҒес M. 3.-; іп Halbpergament M. 4.-
ERNST HARDT: AUS DEN ТАСЕМ DES KNA-
BEN. Gedichte. 500 numerierte Exemplare. Geheftet
M. 4.—; in Pergament M. 6.—.
ERNST HARDT: TANTRIS DER NARR. Drama
in fünf Akten. Eingangsblatt, Titel und Einband ge- |
zeichnet von Marcus Behmer. Fünfte Auflage (16.—20.
Taufend). Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.—.
ERNST HARDT: AN DEN TOREN DES LEBENS.
Eine Novelle. Zweite Auflage. Geheftet М. 2.-; in
Halbpergament M. 3.—.
HEINRICH HEINE: DIE NORDSEE. 300 Exem-
plare auf Japanpapier. In Pergament M. 18.—; in Le-
der M. 22.—.
Gedruckt auf der Ernít Ludwig-Preffe in Darmftadt.
WILHELM HEINSE: SÁMTLICHE WERKE in
10 Banden. Erfte vollftandige kritifche Ausgabe von
Carl Schüddekepf. Leiften und Vignetten von Th. Th.
Heine. Jeder Band geheftet M. 6.—; in Halbleder M. 8.—;
in Ganzleder M. 9.—.
182
Візһег find erfchienen und werden einzeln abgegeben:
Band II: Die Begebenheiten des Enkolp. Die Kirschen.
Band III, 1. Abteilung: Laidion oder die Eleufinifchen
Geheimniffe. Kleine Schriften, erfter Teil. Band III,
2. Abteilung: Kleine Schriften, zweiter Teil. Band IV:
Ardinghello und die glückfeeligen Infeln. Zweite Auflage.
Band V und VI: Hildegard von Hohenthal. Band VII:
Tagebücher. Band IX und X: Briefe.
HESPERUS. Ein Jahrbuch, mit Beitrágen von Hugo von
Hofmannsthal, Rudolf Borchardt und Rudolf Alexander
Schröder. Geheftet M. 5.—; іп Pappband M. 6.—; in
Pergament M. 10.—.
Enthält u. a. die „Alkeftis“ von Hugo von Hofmannsthal.
ALFRED WALTER HEYMEL: ZEITEN. Gefam-
melte Gedichte aus den Jahren 1895—1910. Zweite, ver-
mehrte Auflage. Einbandzeichnung von Emil Preetorius.
Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 3.—.
LUDWIG VON HOFMANN: TÄNZE. Zwölf Ori-
ginallithographien. Mit einem Prolog von Hugo von
Hofmannsthal. 200 Exemplare. In Mappe M. 200.—.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: KLEINE DRA-
MEN. Titel- und Einbandzeichnungen von Eric Gill.
(Band I: Geftern; Der Tor und der Tod; Der weiße
Fücher. Band II: Das Bergwerk zu Falun; Der Kaifer
und die Hexe; Das kleine Welttheater.) Zweite Auflage.
Geheftet M. 8.—; іп Halbpergament M. 12.— _
Beide Bánde werden in befonderer Ausftattung auch einzeln ab-
gegeben. Geheftet je M. 4.—; in Halbpergament je M. 6.—.
183
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DIE GESAM-
MELTEN GEDICHTE. Dritte Auflage. ‘Titel- und
Einbandzeichnung von Eric Gill. Geheftet М. 4.—; in
Halbpergament M. 6.—.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER TOD DES
TIZIAN. Ein dramatifches Fragment. Fünfte Auflage.
Geheftet M. 1.—; in Pappband M. 1.80.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER TOR UND
DER TOD. Ein dramatifches Gedicht. E/fte Auflage.
Titel und Einband von Heinrich Vogeler. | Geheftet
M. 2.- in Halbpergament M. 3.—; in Leder M. 5.—.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER WEISSE
FÄCHER. Ein Zwifchenfpiel. Mit vier Holzfchnitten
von Edward Gordon Craig. 800 numerierte Exemplare.
Nr. 1—50 auf Japanpapier, in Pergament mit Seiden-
vorfatz M. 50.—; Nr. 51—800 auf Büttenpapier, in
Halbpergament M. 20.—.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: VORSPIELE.
Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 3.—.
RICARDA HUCH: MERKWÜRDIGE MENSCHEN
UND SCHICKSALE AUS DEM ZEITALTER
DES RISORGIMENTO. Geheftet M. 4.—; іп Papp-
band M. 5.—; in Leder M. 7.—.
RICARDA HUCH: NEUE GEDICHTE. Geheftet
M. 3.50; in Leder M. 6.—.
RICARDA HUCH: VITA SOMNIUM BREVE.
Roman. Mit Initialen von Heinrich Vogeler-W orpswede
184
— —— ——————— ——]— GG —— wl E LG m———Ó——— A ———————ÓÀ— — son
Be i nE cere
und einem Titelbilde nach Arnold Böcklin in Heliogravüre.
Vierte Auflage. Geheftet M. 6.—; in Leder M. 8.—.
WILHELM VON HUMBOLDTS BRIEFE AN EINE
FREUNDIN. Zum erften Male nach den Handfchrif-
ten herausgegeben von Albert Leitzmann. Zwei Bände.
Mit einem Porträt. Geheftet M. 6.—; in Leinen M.8.—;
in Leder M. 10.—.
DAS INSELBUCH. (Mit Beitragen von Bierbaum, Blet,
Dehmel, Liliencron, Rilke, Walfer, Wedekind u.a. und Zeich-
nungen von Behmer, Gaskin, Heine, Valotton, Weiß u. a.)
Geheftet M. 1.—; in Leder M. 2.—.
JOHANNES SECUNDUS: DIE KUSSE UND DIE
FEIERLICHEN ELEGIEN. Deutfch von Franz Ble.
Mit Goethes Gedicht „An den Geift des Johannes Se-
cundus“. Mit einem Titelporträt in Kupferdruck. In
Halbpergament M. 5.—.
KANT - AUSSPRÜCHE. Herausgegeben von Raoul
Richter. Titel- und Einbandzeichnung von F. H. Ehmcke.
In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
SOREN KIERKEGAARD: DAS TAGEBUCH DES
VERFÜHRERS. Erfte vollftändige deutfche Ubertra-
gung von Max Dauthendey. Zweite Auflage. Mit einer
Titelzeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 5.—;
in Pappband M. 6.—.
HEINRICH VON KLEISTS ERZÄHLUNGEN. Ein-
geleitet von Erich Schmidt. In Pappband M. 2.—; in
Leder M, 4.—,
185
DES КМАВЕМ WUNDERHORN. Ausgewählt und
eingeleitet von Friedrich Ranke. Mit Titelvignette und
Titelvollbild nach der erften Ausgabe. In Pappband
M. 2.—; in Leder M. 4.—.
KORNERS WERKE, in einem Bande. Herausgegeben
von Werner Deetjen. Titel- und Einbandzeichnung von
Eric Gill, (Großherzog Wilhelm Ernft-Ausgabe deut/cher
К/а ек.) In Leder M. 3.50.
KARL ARNOLD KORTUM: DIE JOBSIADE. Ein
komifches Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bil-
dern der Originalausgaben und einer Einleitung in Verfen
von Otto Julius Bierbaum. Zeichnung der Zierftücke, des
Titels und des Einbandes von Walter Tiemann. Zweite
Auflage. In Pappband M. 6.—. Vorzugsausgabe: 200 nu-
merierte Exemplare auf van Gelder-Büttenpapier. In
Schweinsleder M. 25.—.
SELMA LAGERLÖF: GÖSTA BERLING, ERZÄH-
LUNGEN AUS DEM ALTEN WERMLAND.
Übertragen von Mathilde Mann. Zwei Bände. Drittes
Taufend. Geheftet M. 5,—; іп Pappbänden М. 7.-;
in Leder M. 10.—.
KARL LARSEN: SCHWESTER MARIANNA UND
IHRE LIEBESBRIEFE. Übertragen von Mathilde
Mann. Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tie-
mann. СеһеКес M. 4.50; in Pergament M. 7.50.
MICHAEL LERMONTOFF: EIN HELD UNSE-
RER ZEIT. Ein Roman. Deutíche Übertragung aus
dem Ruffifchen von Michael Feofanoff. Mit Titel- und
186
Einbandzeichnung уоп W alter Tiemann. Geheftet M. 2-і
іп Leinen M. 4.—; in Leder М. 5.—.
A. R. LE SAGE: DIE GESCHICHTE DES GIL
BLAS VON SANTILLANA. Ein Roman. Deutfche
Ausgabe in zwei Banden, beforgt von Konrad Thorer.
Nachwort von Reinhard Buchwald. Mit zwei Titel-
vignetten und acht Vollbildern nach Kupfern von Chodo-
qwiecki in Lichtdruck. Geheftet M. 8.—; in Halbfranz
M. 12.—. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare
auf Bittenpapier. In Kalbleder M. 24.—.
OTTO LUDWIG: DIE HEITERETHEI. Ein Ro-
man. Herausgegeben von Paul Merker. In Pappband
M. 2.—; in Leder M. 4.—.
MARTIN LUTHERS BRIEFE. In Auswahl heraus-
‚gegeben von Reinhard Buchwald. Zwei Bande. Mit
einem Porträt Luthers von Lukas Cranach. Titel- und
Einbandzeichnung von E. R. Weiß. Geheftet M. 9.—;
in Leinen M. 12.—; in Leder M. 16.—.
HEINRICH MANN: DIE KLEINE STADT. Ein
Roman. Vierte Auflage. Geheftet M. 4.—; in Leinen
M. 5.—.
HEINRICH MANN: DIE BOSEN. Zwei Novellen:
Die Branzila; Der Tyrann. Geheftet M. 2.50; in
Leinen M. 3.50.
JULIUS MEIER-GRAEFE: COROT UND COUR-
BET. Ein Beitrag zur Entwickelungsgefchichte der mo-
dernen Malerei. Mit 17 Vollbildern. In Halbleinen
M. 8.—. l
187
WILHELM MEINHOLD: DIE BERNSTEINHEXE.
Hiftorifcher Roman. Titel- und Einbandzeichnung von
E.R. Weis. Geheftet M. 3.—; in Halbpergament M. 4.50;
in Ganzpergament M. 7.—.
JOHANN HEINRICH MERCKS SCHRIFTEN UND
BRIEFWECHSEL. In Auswahl herausgegeben von
Kurt Wolff. Mit einem Portrat Mercks in Lichtdruck
und Fakfimiles. Zwei Bande. 600 numerierte Exem-
plare. Geheftet M. 14.—; in Halbleder M. 18.—.
EDUARD MORIKE: DAS HUTZELMANNLEIN
UND ANDERE MÄRCHEN. Titel- und Einband-
zeichnung von Walter Tiemann. Geheftet M. 3.—; in
Leinen M. 4.—; in Leder M. 5.—.
EDUARD MORIKE: MOZART AUF DER REISE
NACH PRAG. Eine Novelle. Mit Doppeltitel von
Walter Tiemann. Geheftet M. 2.50; in Leinen M. 3.50;
in Leder M. 4.50.
HENRI MURGER: DIE BOHEME. Szenen aus dem
Parifer Künftlerleben. Mit Titelzeichnung und fünf
Vollbildern von Franz von Bayros. Zweite Auflage. (8.
und 4. Tau/end.) Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 6.—;
in Leder M. 8.50.
FRIEDRICH NIETZSCHES GESAMMELTE BRIE-
FE. Fünf Teile (in fechs Bänden). Geheftet M. 48.—;
in Leinen М. 56.—; in Halbleder М. 64.—.
Einzeln find davon zu beziehen:
Teil I: Briefe an Wilhelm Pinder, Guftav Krug, Paul Deussen,
von Gersdorff, Dr. Carl Fuchs, Frau Marie Baumgartner, Frau
188
Louife О., Freiherrn von Seydlitz, Bürgermeifter Muncker, Theo-
dor Opitz, Karl Knortz, Frau Profeffor Vifcher-Heußler, Freifrau
von Seydlitz, Dr. Otto Eifer, Dr. Romundt, Frau Appelationsrat
Pinder. Herausgegeben von Elifabeth Förfter-Nietz/che und Peter
Ga/ft. Geheftet M. 10.—; in Leinen M. 11.—.
Teil II: Briefwechfel mit Erwin Rhode. Herausgegeben von Elifa-
beth Förfier- Nietzfche und Fritz Scholl. Geheftet M. 10.—; in
Leinen M. 11.—.
Teil ПІ: Briefwechfel mit Fr. Ritfchl, J. Burckhardt, H. Taine, С.
Keller, H. von Stein, С. Brandes, H. von Bülow, H. von бепрег,
Malvida von Meyfenbug. Herausgegeben von Elifabeth Förfter-
Nietzfche, Curt Wachsmuth und Peter Са). Geheftet M. 10.—;
іп Leinen M. 11.—.
Teil IV: Briefe an Peter бай. Herausgegeben von Peter Gafl. Ge-
heftet M. 9.—; in Leinen M. 10.—.
Teil V, zwei Bande: Briefe an Mutter und Schwefter. Heraus-
gegeben von Elifabeth Forfier-Nietzfche. Geheftet M. 12.—; іп
Leinen M. 14.—.
FRIEDRICH NIETZSCHE: ALSO SPRACH ZARA-
THUSTRA. EIN BUCH FUR ALLE UND KEI-
NEN. Monumentalausgabe. Druckanordnung, Zeichnung
des Titels, der Vortitel und Füllornamente und des Ein-
bandes von Henry van de Velde. In {chwarz, purpur und
gold gedruckt auf van Gelder-Büttenpapier. 500 nu-
merierte Exemplare. Nr. 1—100 іп Maroquin (ver-
griffen); Nr. 101—500 in Pergament M. 9o.—.
NOVELLEN, ALTFRANZOSISCHE. Ausgewahlt von
Paul Ernft, übertragen von Paul Hansmann. Zwei Bände.
Mit Titelholzschnitten und Zierftücken nach alten
Originalen. Titelzeichnung von Rudolf Koch. Geheftet
M. 8.—; in Pappbanden M. 10.—; in Leder M. 14.—.
189
Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Bitten-
papier, in Pergament M. 20.—.
NOVELLEN, ALTITALIANISCHE. Zwei Bande.
Ausgewählt und überfetzt von Paul Ernft. Mit vene-
zianifchen Titelholzfchnitten, Initialen und Zierftücken
aus dem 14. Jahrhundert. Zweite Auflage. Geheftet
M. 6.—; іп Pappbanden M. 8.—; in Leder M. 12.—.
OMAR CHAJJAM VON NESCHAPUR: КОВА"
ПАТ. Aus dem Englifchen des Edward Fitzgerald in
deutfche Verfe übertragen von G. D. Gribble. Titel- und
Einbandzeichnung und Initiale von Marcus Behmer. Іп
Pappband M. 8.—; in Leder M. 12.—.
WALTER PATER: IMAGINÁRE PORTRAITS.
übertragen von Felix Hübel. Mit altvenezianifchen Ini-
tialen. Geheftet M. 5.—; in Leinen M. 6.50.
WALTER PATER: MARIUS DER EPIKUREER.
Ein Roman in zwei Banden. Ubertragen von Felix
Paul Greve. Geheftet M. 6.50; in Leinen M. 9.—; in
Leder M. 12.—.
FRANCESCO PETRARCA: SONET'T E. Ausgewählt,
überfetzt und eingeleitet von Bettina Jacobson. Mit
dem Porträt des Dichters. Geheftet M. 3.50; in Per-
gament M. 5.50.
FRANZ GRAF POCCI: LUSTIGES KOMÖDIEN-
BÜCHLEIN. Zwei Bände. In Auswahl neu heraus-
gegeben von P. E. Schmidt und K. v. Rözycki. Mit vielen
Bildern, zum T'eil nach unveróffentlichten Zeichnungen
Poccis. Einbandzeichnung von F. W. Kleukens. Geheftet
M. 7.—; in Halbpergament M. 10.—.
190
HENRIK PONTOPPIDAN: HANS IM GLÜCK.
Ein Roman in zwei Banden. Ubertragen von Mathilde
Mann. Dritte Auflage. Einbandzeichnung von E. R.
Weiß. Geheftet M. 8.—; in Leinen M. 10.—.
ALEXANDER POPE: DER LOCKENRAUB. Ein
komifches Heldengedicht. In deutfche Verfe übertragen
von Rudolf Alexander Schröder. Mit den neun Bildern
und der Einbandzeichnung von Aubrey Beardsley in der
Originalgröße. 800 Exemplare. Nr. 1--100 auf Japan-
papier; іл Kalbleder M. 40.—. Nr. 101—800 auf hollän-
difchem Büttenpapier; іп Pappband M. 14.—.
ABBE PREVOST D’EXILES: GESCHICHTE DER
MANON LESCAUT UND DES CHEVALIER
DES GRIEUX. Deutfche Übertragung von Julius
Zeitler. Mit vier Vollbildern von Franz von Bayros.
Zweite Auflage. Geheftet M. 4.50; in Halbleder M. 6.—;
in Leder M. 7.50.
RAINER MARIA RILKE: GESCHICHTEN VOM
LIEBEN GOTT. Dritte Auflage. Geheftet M. 3.—;
in Leinen M. 4.—.
RAINER MARIA RILKE: DIE FRÜHEN GE-
DICHTE. Des Buches „Mir zur Feier“ zweite Auflage.
Geheftet M. 4.50; in Halbleder M. 6.50.
RAINER MARIA RILKE: NEUE GEDICHTE
(aus den Jahren 1905—1907). Zweite Auflage. Geheftet
M. 4.50; іп Halbleder M. 6.50.
RAINER MARIA RILKE: DER NEUEN СЕ-
DICHTE ANDERER ТЕП, Geheftet М. 4.50; іп
Halbleder М. 6.50.
191
RAINER MARIA RILKE: DAS STUNDENBUCH.
(Vom mönchifchen Leben; Von der Pilgerfchaft; Von
der Armut und vom Tode.) Mit Titel und Initialen
von Walter Tiemann. Dritte Auflage. In Halbleinen
M. 3.50; in Pergament M. 6.—.
ARTHUR RIMBAUD: LEBEN UND DICHTUNG.
Übertragen von K. L. Ammer, eingeleitet von Stefan Zweig.
Mit einem Bildnis Rimbauds in Heliogravüre. Geheftet
M. 6.—; in Leinen M. 7.—.
RUBEZAHL-GESCHICHTEN: das find wahrhafftige,
und tiber alle МаВеп poffierliche oder anmuthige Fratzen,
von dem wunderbarlichen, fehr alten und weitbefchrienen
Gefpenfte, dem Rübezahl, ... denen Begierigen vor-
mahls theilhafftig gemachet durch M. Johannem Prae-
torium. Nunmehro aber für den Curiöfen Liebhaber
auffs Neue an Тар gegeben. Mit Wiedergabe von
16 Holzfchnitten der Ausgabe von 1738. 800 num-
merierte Exemplare. In Pappband М. 10.—.
KARL SCHEFFLER: PARIS. Mit 7ı Vollbildern in
Autotypie. Einbandzeichnung von E. R. Weiß. Ge-
heftet М. 10; in Halbpergament М. 12.—.
SCHILLERS SÄMTLICHE WERKE, in fechs Bänden.
Herausgegeben von Albert Köfter und Max Hecker. Titel-
und Einbandzeichnung von Eric Gill. (Großherzog Wil-
helm Ernfi- Ausgabe deut{cher Kla/fiker). In Leinen M. 20.—;
in Leder М. 28.—.
Die einzelnen Bände find auch unter РЕЯ Titeln zum Preife
von je M. 4.— in Leinen und M. 5.— in Leder erfchienen: Dramen
I. Teil. Dramen H. Teil. Gedichte und Erzählungen. Hiftorifche
Schriften. Philofophifche Schriften. Überfetzungen.
192
ans — — —— nn _ АЕА
. DIE BRIEFE DES JUNGEN SCHILLER. Heraus-
gegeben von Max Hecker. Mit einer Silhouette. In Papp-
band М. 2.—; in Leder M. 4.—.
FRIEDRICH SCHLEGEL: LUCINDE. Berlin 1799.
— FRIEDRICH SCHLEIERMACHERS VYER-
TRAUTE BRIEFE ÜBER LUCINDE. Berlin 1800.
Mit einer Einleitung von Rudolf Frank. 500 numerierte
Exemplare. In Pappband M. 10.—.
ADELE SCHOPENHAUER: TAGEBÜCHER. Zum
erften Male herausgegeben von Kurt Wolff. Zwei Bande.
Mit 17 von Adele Schopenhauer gefchnittenen Silhouetten.
Geheftet M. 6.—; in Halbpergament M. 8.—.
SCHOPENHAUERS SAMTLICHE WERKE, in fünf
Banden. Titel- und Einbandzeichnungen von Егіс Gill.
(Großherzog Wilhelm Ernft-Ausgabe deut/cher Klaffiker.)
In Leinen M. 20.—; in Leder M. 26.—.
Einzeln werden die Bände wie folgt geliefert:
DIE WELT ALS WILLE UND VORSTELLUNG. Zwei Bände.
Herausgegeben von Eduard Grifebach. In Leinen M. 8.—; in
Leder M. 10.—.
KLEINERE SCHRIFTEN. Herausgegeben von Max Brahn. In
Leinen M. 5.—; in Leder M. 6.—.
PARERGA UND PARALIPOMENA. Zwei Bande. Herausgegeben
von Hans Henning. In Leinen M. 9.—; in Leder M. 11.—.
RUDOLF ALEXANDER SCHRODER: HAMA.
Scherzhafte Gedichte und Erzählungen. Geheftet
M. 2.—; in Pappband M. 3.—.
193
GUSTAV SCHWAB: DIE SCHONSTEN SAGEN
DES KLASSISCHEN ALTERTUMS. Vollftandige
Ausgabe in zwei Banden, beforgt von Ernft Beutler.
Titel- und Einbandzeichnung уоп F. H. Ehmcke. In
Leinen M. 8.—.
— Ausgabe in drei Bänden. (Mit dem Ergänzungsband:
Flaxmans Zeichnungen zu Sagen des klaffifchen Alter-
tums.) In Leinen M. 12.—. |
SHAKESPEARESSONETTE. Nachdichtung von Eduard
Saenger. Geheftet M. 4.—; in Halbpergament M. 5.—.
Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt.
ADALBERT STIFTER: AUS DEM ALTEN WIEN.
Herausgegeben von Otto Erich Deutfch. Mit 20 V ollbil-
dern. Titel- und Einbandzeichnung von Heinrich W ieynk.
Geheftet M. 5.—; in Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.—.
ADALBERT STIFTER: STUDIEN. Vollftändige
Tafchenausgabe der Erzählungen Stifters in zwei Bän-
den. Mit einer Einleitung von Johannes Schlaf. Doppel-
titel und Einband von Karl Walfer. In Leinen M. 6.—;
in Leder M. 8.—; in Pergament M. 10.—.
HENRICH STILLINGS JUGEND, EINE WAHR-
HAFTE GESCHICHTE. Mit einem Nachwort von
Franz Deibel. Titelvignette und Titelkupfer nach Chodo-
wiecki, In Pappband М. 4.—.
DIE ERZAHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND
EIN NACHTEN. Ете vollftändige deutfche Ausgabe
in zwölf Banden, beforgt von Felix Paul Greve. Mit
einer Einleitung von Hugo von Hofmannsthal und einer
194
onn i m ee ..-- - . melt e 2
mg
Abhandlung von Кағ/ Dyrof über Entftehung und Ge-
fchichte des Werkes. Titel- und Einbandzeichnung von
Marcus Behmer. Geheftet M. 60.—; in Leinen M. 72.—;
in Leder M. 84.—.
TAUSEND UND EIN TAG. Orientalifche Erzählun-
gen. Ausgewählt und eingeleitet von Paul Ernft. Die
Übertragungen von Felix Paul Greve und Paul Hansmann.
Vier Bände in der Ausftattung der Infelausgabe von
„laufend und eine Nacht“; Geheftet M. 16.—; in
Leinen М. 20.—; in Leder М. 28.—. Vorzugsausgabe:
100 numerierte Exemplare auf Infelbüttenpapier. In Per-
gament mit Seidenvorfatz M. 56.—.
IWAN TURGENJEFF: GEDICHTE IN PROSA.
Übertragen von ТА. Comichau. Mit Titel und Vi-
gnetten von Heinrich Vogeler. Zweite Auflage. Geheftet
M. 2.-ҙ in Leinen M. 3.—; in Leder M. 3.50.
VAN DE VELDE, HENRY: VOM NEUEN STIL.
Mit einer Titelvignette des Künftlers. Geheftet M. 3.50;
іп Halbpergament М. 5.—.
EMILE VERHAEREN: HELENAS HEIMKEHR.
Drama. Nachgedichtet von Stefan Zweig. 300 Exem-
plare: 30 auf Japanpapier; in Leder M. 40.—. 270 auf
Büttenpapier; in Halbpergament М. 15.—.
Gedruckt auf der Ernft Ludwig-Preffe in Darmftadt.
HEINRICH VOGELER-WORPSWEDE: DIR. Ge-
dichte und Zeichnungen. Zweite Auflage. Mit vom
Künftler neu gezeichnetem Einband und Vorfatzpapier.
Іп Halbpergament M. 10.—.
195
VOLTAIRES BRIEFWECHSEL. Ausgewählt und
übertragen von Käthe Schirmacher. Geheftet М. 4.-;
іп Pappband M. 5.—; in Leder M. 7.—.
WILHELM WEIGAND: DER VERSCHLOSSENE
GARTEN. Gedichte aus den Jahren 1901 bis 1909.
Geheftet M. 4.—; in Halbpergament M. 5.—.
CHRISTOPH MARTIN WIELANDS WERKE. Drei
Bände. Ausgewählt und herausgegeben von Franz Deibel.
Titel- und Einbandzeichnung von Walter Tiemann. In
Leder М. 15.—; in Pergament М. 20.—.
Die Bände find auch einzeln unter folgenden Titeln zu haben:
WIELANDS KLEINE VERSERZÄHLUNGEN. InLeder M. 4.50;
in Pergament M. 6.—. |
WIELAND: OBERON. In Leder М. 4.50; іп Pergament М. 6.—.
WIELAND: DIE ABDERITEN. In Leder M. 6.—; in Pergament
M. 8.—.
OSCAR WILDE: DIE BALLADE VOM ZUCHT-
HAUSE ZU READING VON C. 3. 3. Deutfche
Übertragung von Wilhelm Schölermann. Vierte Auflage.
In Pappband M. 2.—.
OSCAR WILDE: DAS BILDNIS DES DORIAN
GRAY. Ein Roman. Ubertragen von Hedwig Lach-
mann und Gu/ftav Landauer. Einbandzeichnung von Walter
Tiemann. Dritte Auflage(3.—5.Tau/end). Geheftet M. 3.50;
in Leinen M. 4.50; in Leder M. 7.—.
OSCAR WILDE: GEDICHTE. Ubertragen von Gifela
Etzel, Mit Titelholzfchnitt-von Marcus Behmer und Ein-
bandzeichnung von К. Schmoll о. Eifenwerth. Geheftet
M. 6.—; in Halbpergament M. 8.—.
196
. OSCAR WILDE: GESPRÄCHE VON DER KUNST
"^. UND VOM LEBEN. Übertragen von Hedwig Lach-
mann und Gu/iav Landauer. Geheftet M. 4.—; in Halb-
leder M. 6.—. l
STEFAN ZWEIG: DIE FRÜHEN KRÄNZE. Ge-
dichte. Titel- und Einbandzeichnung von Marcus Behmer.
Geheftet M. 3.50; in Leder M. 6.—.
- Еш den INSEL-VERLAG befindet fich in Arbeit ein
S Fakfimile-Neudruck der
| Zweiundvierzigzeiligen Bibel
Johannes Gutenb erg
Mainz 1450—1453
Herausgeber: Geheimrat Dr. Paul Schwenke
Erfter Direktor der Königlichen Bibliothek zu Berlin
Suhfkriptionspreis:
300 Exemplare auf Handpapier, ungebund. М.700.—, т Schweins-
leder mit Holzdeckel und Schließen gebunden M. 850.—, bis zu
20 Exemplaren auf Pergament mit aufgelegtem Gold M. 3000.—.
ee
Die Ausgabe erfolgt in zwei Bänden Text und einem Supp-
lementband, die im Herbft 1911 und 1912 erfcheinen.
le Ausführung des reich mit Miniaturen gefchmückten
Werkes erfolgt nach dem Berliner Pergament-Exemplar
in farbigem Lichtdruck. Ausführliche Ankündigungen
ftehen unberechnet, Probefeiten zur Anficht zur Verfügung.
nn
197
INHALT DES ALMANACHS
Kalendarium mit zwölf Gedichten von Hans Sachs
Jofeph von Eichendorff: Frifch auf . . . . 31
Hugo von Hofmannsthal: Lucidor, Figuren
zu einer ungefchriebenen Komödie
Gabriele d’Annunzio: Weihe an das Adria-
tifche Meer s :
Hans Carofla: Zwei Gedichte EMEN
Rainer Maria Rilke: Aus den КҮЛТЕ
gen des Malte Laurids Brigge
Stefan Zweig: Herbftfonett
Drei Gleichniffe des Tichuang-Tfe
Emile Verhaeren: Das Wort
Aus den Briefen eines Unbekannten
Goethe: Der Befuch . .
Aus dem Schlußgefang der Homerifchen
Odyffee, neu übertragen von Rudolf Ale-
xander Schröder А
Ricarda Huch: Zwei Gedichte -
Robert Schumann: Aus dem Spruchbuche der
Davidsbündler a
Robert Schumann: An Clara Wieck b ed
Aus Mozarts Briefen А
Heinrich Leuthold: Mittagsruhe
Lieder des Hafis ..
Hans Sachs: Ein (chins Buhllied. einer еВ
lichen Frauen Wd oe os
Arthur Schopenhauer: Uber Schriftftellerei
und Stil, Lefen und Bücher
Der Hausfpruch des Plantin . . 112
Stefan Zweig: Die Romantik der Bourgeoifie 112
RPE LPG RAPED AIG I CABG LAI SPD ALIS GD APPS
Keats: Ode an eine Nachtigall
Titelholzschnitt des älteften Volksbuches v von
Till Eulenfpiegel . . .
Karl Vollmöller: Der Ambof
Lucia Dora Froft: Heinrich Mann :
Robert Prutz: Von der Pumpe, die nicht
mehr hat piepen wollen Eus os de eg
Drei amerikanifche Gedichte. Ubertragen
von Alfred Walter Heymel
Heinrich Heine: Gotthold Ephraim Leffing,
mit dem fakfimilierten Titel zu ped
der Weife* .
Heinrich von Kleifts Abichiedsbricte: an feine
Coufine Marie und feine Schwefter Ulrike
Lenau: Ein ungedrucktes Gedicht . . . .
Der Winter. Ein Gedicht Holderlins aus
dem Wahnfinn ;
Arthur Schopenhauer: Zwei Gedichte
Zu den Abbildungen ;
Bücher aus dem Infel- -Verlag .
Bilderbeilagen:
Sodoma: Porträt Rafaels.
Albrecht Dürer: Allegorifche Zeichnung nach
Hans Sachsens Gedicht: Der arm gemein Efel.
Goethe: Die fchlafende Chriftiane.
Chodowiecki: Rötelstudie zu Werthers Leiden.
Phiz: Zeichnung zum Copperfield von Dickens.
Antoine Pesne: Friedrich der Große und feine
Schwefter, die Markgräfin von Bayreuth, als
Kinder.
Emil Preetorius: Le petit galan.
С. M. Kraus: Porträt Goethes (1776).
Der fechfte Jahrgang des Infel-Almanachs wurde
gedruckt in der Spamerschen Buchdruckerei in
Leipzig. Umfchlag und Titelrahmen find von
Th. Th. Heine.
— M — ———
Verlag zu Leipzig
AUF DAS JAHR
] 9 1 2
ERS EL-
ALMANACH
`
Im Insel-
unm NN rete анин а
аа аа аиа Ed
Digitized by Google
Heinz Schwamborn
Theater-Intendar:
d
CE
de
Überreicht von
Ernst Ohle, Buchhandlung
Inh.: Fritz Worm
Düsseldorf, Königsallee 54
Іп /е l-
Almanach
auf das Jahr
1912
Im Insel-Verlag zu Leipzig
Kalendarium
Frühling soll mit süßen Blicken
mich entzücken und berücken,
Sommer mich mit Frucht und Myrten
reich bewirten, froh umgürten.
Herbst du sollst mich Haushalt lehren,
zu entbehren, zu begehren,
und du Winter lehr mich sterben,
mich verderben, Frühling erben.
AUS CLEMENS BRENTANOS
FRUHLINGSKRANZ.
Anna Amalia
NS
LE
JANUAR
Montag Neujahr Neujahr
Dienstag Abel Odilo
Mittwoch Henoch Genoveva
Donnerstag Zachar. u. Elis. Titus
Freitag Simeon Eduard
Sonnabend Ersch. Christi Heilige 3 Könige
Sonntag 1. п. Epiphan. г. n. Epiphan.
Montag Severinus Gudula
Dienstag Kathar. Zell Julian
Mittwoch Paulus Eins. Paulus Eins.
Ernst d. Bek. Hyginus
Chastellain Ernst, Ark.
Hilarius Hilarius
2. n. Epiphan. Nam. Jesu
15 | Montag Joh. v. Laski Maurus
16 | Dienstag G. Spalatin Marcellus
17 | Mittwoch Antonius Antonius
18 | Donnerstag Matth, Claudius | Prisca, P. St.
19 | Freitag Babylos Marius o
20 | Sonnabend Sebastianus Fabian, Seb.
Sonntag 3. n. Epiphan. 3. n. Epiphan.
Montag Vincentius Vincent
Dienstag Jesaias Emerentia
Mittwoch Timotheus Timotheus
Donnerstag Pauli Bekehrung | Pauli Bekehrung
Freitag Polykarpus Polykarpus
Sonnabend Chrysostomus Joh. Chrys. >
Sonntag 4. n. Epiphan. 4. п. Epiphan.
29 | Montag Sam. u. Hanna Sam. u. Hanna
30 | Dienstag Bathilde Adelgunde
31 | Mittwoch J. M. Meyfart Ludo
A Sr
FEBRUAR
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Ignatius
Mariä Reinigung
Anscharius
Ignatius
Lichtmeß
Blasius
|
|
|
Sonntag Septuagesima Septuagesimä |
Montag Spener Agatha
Dienstag Amandus Dorothea
7 | Mittwoch G. Wagner Rembertus
8 | Donnerstag Maria Andrea | Anscharius
9 | Freitag Joh. Hooper Apollonia
10 | Sonnabend F. С. Oetinger Scholastika €
Sonntag Sexagesimä Sexagesimä
12 | Montag Joh. Grey Eulalia
13 | Dienstag C. F. Schwarz Gisl., Ben.
14 | Mittwoch Gr. v. Querfurt | Valentinus
15 | Donnerstag H. u. St. Viktor | Faustinus
16 | Freitag M. Jesubas Juliane
17 | Sonnabend P. Hamilton Benignus
Estomihi ®
Sonntag Estomihi
Montag Mesrob Leontius
Dienstag, Fastnacht Fastnacht
Mittwoch Aschermittwoch Aschermittwoch
Donnerstag M. v. Zollern Petri Stulilfeier
Freitag, Ziegenbalg Serenus
4 | Sonnabend Schalttag Schalttag
25 | Sonntag Invocavit Matthias Ap.
26 | Montag B. Haller Viktorinus
27 | Dienstag Ruderikus Nestor
28 | Mittwoch M. Butzer Quatember
29 | Donnerstag J. v. M. Kor. Romanus
Ki, o n
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
10 | Sonntag
11 | Montag
12 | Dienstag
13 | Mittwoch
14 | Donnerstag
15 | Freitag
16 | Sonnabend
Sonntag
Montag
19 | Dienstag
20 | Mittwoch
21 Donnerstag
22 | F reitag
23 | Sonnabend
24 | Sonntag
25 | Montag
26 | Dienstag
27 | Mittwoch
28 | Donnerstag
29 | Freitag
30 | Sonnabend
Freitag
Sonnabend
Suidbert
J. Wesley
Reminiscere
G. Calixtus
Th. v. Aquino
Fridolin
Perpetua
Philemon
Cyrillus
Oculi
Assoph
Gregor d. Gr.
Cranmer
Mathilde
Z. Ursinus
Heribert
Lätare
Alexander
Maria u. M.
Am. v. Siena
Benediktus
Nik. v. d. Flue
Wlfg. z. Anhalt
Judica
Maria Verkünd.
Ernst d. Fr.
Rupertus
Joh. v. Goch
Florent. v. Dev.
Lindgar
Reminiscere
Casimir
Friedrich
Perpetua
Th. v. Aquino
Joh. d. Deo
Franziska
Oculi €
Rosina Fl.
Gregor d. Gr.
Ernst
Mathilde
Longinus
Heribert
Latare
Cyrillus ®
Joseph
Joachim
Benediktus
Oktavian
Otto
Judica
Maria Verkiind.
Ludgerus 3
Rupert
Fel., Guntr.
Fest d. 7 S. M.
Quirinus
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Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Heil. Osterfest
Ostermontag
Th. v. Westen
Fulbert
Leo d. Gr.
Sabas
Justinus 4. М.
Quasimodogen.
Simon Dach
Peter Waldus
Mappalikus
Luther z. W.
Ph. Melanchthon
Bugenhagen
Miseric. Dom.
Origenes
Adalbert
Wilfried
Markus
Val. Trotzendorf
О. Catelin
Jubilate
Fr. Wilh. d. Gr.
С. Calixt.
ugo
F. v. Paula
Richard
Gr. Donnerstag
Karfreitag
Sixtus, Colestin
Heil. Osterfest
Eleutherius
Timotheus
Viktor
Miseric. Dom.
Soter u. Cajus
Georg
Albert
Markus Ev.
Ferdinand
Anastasius
Jubilate
Petrus M.
Kath. v. Siena
Goethe
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Mittwoch
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Donnerstag
Freitag
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Sonntag
Montag
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Mittwoch
Donnerstag
Freitag
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Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Philippus
Athanasius
Monika
Florianus
Cantate
J. v. Damask.
Otto d. Gr.
Stanislaus
Gr. v. Nazianz
Joh. Heuglin
Joh. Arndt
Rogate
Servatius
Pachomius
Moses
Himmelfahrt
Val. Herberger
Achtzig M. M.
Exaudi
Gottfr. Arnold
Konst. u. Helena
Konstantin
Savonarola
Laufranc
A. Cazella
Heil. Pfingstfest
Pfingstmontag
Joh. Eliot
Zeisberger
Hieronymus
Joach. Neander
Cantate
Joh. v. d. Pf.
Stanislaus
Mich. Ersch.
Gr. v. Nazianz
Gordian
Mamertus
Rogate
1. Bittag
2. Bittag
3. Bittag
Himmelf. Chr.
Jodocus
Liborius
Exaudi
Basilla
Konst., Felix
Julia
Desiderius
Johanna
Urban
Heil. Pfingstfest
Pfingstmontag
Wilhelm
Quatember
Felix
Petronilla
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
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Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
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Sonntag
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Donnerstag
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Sonntag
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Quirinus
Bonifacius
Norbert
Paul Gerhardt
А. H. Francke
1. n. Trinitatis
Friedr. Barb.
Barnabas
Renata
J. le Fébvre
Basilius d. Gr.
Wilberforce
2. n. Trinitatis
Dioscorus
Pamphilus
Paphnutius
Mart. i. Prag
J. Martheilhe
Gottschalk
3. n. Trinitatis
Joh. d. Taufer
Augsb. Konf.
Jeremias
J. V. Andrea
Irenäus
Peter u. Paul
4. n. Trinitatis
Dreifaltigkeit
Klotildis
Florian
Bonifacius
Fronleichnam
Robert
Medardus
2. n. Pfingsten
Maurinus
Barnabas
Basilides
Ant. v. Padua
Herz-Jesu-Fest
Vitus
3. n. Pfingsten
Adolf
Markus
Gervasius
Silverius
Albanus
Albinus
4. n. Pfingsten
Joh. 4, Taufer
Elogius
Pelagius
7 Schläfer
Leo IL, Papst
Peter u. Paul
5. n. Pfingsten
ı | Montag
2 | Dienstag
3 | Mittwoch
4 | Donnerstag
5 | Freitag
6 | Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
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Otto Bisch. v. G.
Ulrich
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Johann Hus
5. n. Trinitatis
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Ephram. d. Syr.
Knud d. Gr.
Placidus
Heinrich П.
Eugenius
6. n. Trinitatis
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Anna Askew
Speratus
Arnulf
Pamphilus
Elias
7. n. Trinitatis
Maria Magdal.
G. v. Homelle
Jos. Eccard
Jakobus d. Alt.
Th. v. Kempen
Palmarius
8. n. Trinitatis
Olaus d. Heil.
Joh. Wessel
J. C. Schade
6. n. Pfingsten
Kilian
Agilolph
7 Brüder
Pius
Nabor
Margarete
7. n. Pfingsten
Apostel Teil.
M. v. Berge
Alexius
Arnold, Fr.
Vinc. v. Paula
Elias
Skapulierfest »
Maria Magdal.
Apollinaris
Christine
Jakobus
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Pantaleon
g. n. Pfingsten
Martha
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Ign. Loyola
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Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
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Mittwoch
Donnerstag
Freitag
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Sonntag
Montag
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Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Makkabäer
M. M. unt. Nero
Wilh. Trop
9. п. Trinitatis
Еу. Salzb.
Verkl. Christi
Nonna
Hormisdas
Clem. v. Alex.
Laurentius
10. n. Trinitatis
Anselmus
Zinzendorf
J. Guthrie
Maria
Isaak
Joh. Gerhard
1 1. n. Trinitatis
Gerh. Groot
B. v. Clairvaux
Brüdermission
Symphorian
E. v. Coligny
Bartholomaus
12. n. Trinitatis
Ulphila
H. Grotius
Augustinus
Joh. 4. Т. Enth.
Claudius
Aidan
Petri Kettenf.
Portiuncula
Stephan Erf.
to. n. Pfingsten
Mar. Schnee
Verkl. Christi
Gottschalk
Cyriakus
Romanus
Laurentius
11. n. Pfingsten
Clara
Hippolytis
Eusebius
Mar. Himmelf.
Rochus
Sibylla
12. n. Pfingsten
Sebald
Bernhard
Anastasius
Timotheus
Zachäus
Bartholomäus
13. n. Pfingsten
Sam., Zeph.
Joseph Calas.
Augustinus
Joh. Enth.
Rosa
Paulin. Raim.
Charlotte von Stein
AN
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
10 | Dienstag
11 | Mittwoch
12 | Donnerstag
13 | Freitag
14 | Sonnabend
2 9 sl ED UU ROM nm
Sonntag
Montag
17 | Dienstag
| 18 | Mittwoch
19 | Donnerstag
20 | Freitag
aı | Sonnabend
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Montag
24 | Dienstag
25 | Mittwoch
26 | Donnerstag
27 | Freitag
28 | Sonnabend
Sonntag
Mon tag
SEPTEMBER
Mamas
Hildegard
Ida
J. Mollio
Matth. Weibel
L. Spengler
14. n. Trinitatis
L. Paschali
P. Speratus
J. Brenz
Peloquin
Wilh. Farel
Cyprianus.
15. n. Trinitatis
Euphemia
Lambert
Titus
Spangenberg
Magd. Luther
Matthaus, Ev.
16. n. Trinitatis
Joachim v. Fl.
Arg. v. Grumb.
Augsb. Friede
Lioba
J. J. Moser
Wenzeslaus
17. n. Trinitatis
Hieronymus
13. n. Trinitatis
Schutzengelfest
Raphael
Mansuetus
Rosalia €
Herkulan
Magnus
Regina
Maria Namensf.
Andomar
Nikolaus v. T.
Protus e
Winand
Maternus
Kreuz-Erhöhung
16. n. Pfingsten
Corn. u. Сүр.
Lambertus
Quatember >
Mikleta
Eustachius
Matthäus, Ev.
17. n. Pfingsten
Thekla
Joh. Empf.
Kleophas
Cyprianus Ф
Cosm. u. Dam.
Wenzeslaus
18.n. Pf. Michael.
Hieronymus
Oberstallmeister von Stein
1 | Dienstag Remigius
2 | Mittwoch Chr. Schmid
3 | Donnerstag Die Ewalde
4 | Freitag Joh. Wessel
5 | Sonnabend Hilarion
-6 | Sonntag 18. n. Trinitatis
7 | Montag Theod. Beza
8 | Dienstag D. Zeisberger
9 | Mittwoch R. Grosthead
10 | Donnerstag Just. Jonas
11 | Freitag Ulrich Zwingli
12 | Sonnabend H. Bullinger
13 | Sonntag 19. п. Trinitatis
14 | Montag Nic. Ridley
15 | Dienstag Aurelia
16 | Mittwoch Gallus
17 | Donnerstag Aufh. d. E. v. N.
18 | Freitag Lukas
19 | Sonnabend Bruno
20 | Sonntag 20. n. Trinitatis
21 | Montag Phil. Nikolai
22 | Dienstag Hedwig
23 | Mittwoch H. Mertyn
24 | Donnerstag Arethas
25 | Freitag Joh. Ней
26 | Sonnabend Fr. Ш. v. d. Р.
27 | Sonntag 21. n. Trinitatis
28 | Montag Simon, Juda
29 | Dienstag Alfred d. Gr.
Jo | Mittwoch Jakob Sturm
Donnerstag Wolfgang
OKTOBER
Placidus
Rosenkr.-Fest
Sergius
Brigitta
Dionysius
Gereon
Wimmar
Maximilian
20. n. Pfingsten
Calixtus
Theresa
Gallus
Florentin
Lukas >
F., P. v. А.
21. n. Pfingsten
Ursula
Kordula
Severin
Evergislus
Raphael
Amandus
22. n. Pfingsten
Simon, Judas
Narcissus
Theonest
Wolfgang
Minister -v. Fritsch
NN
NOVEMBER
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Aller Heiligen
Viktorinus
22. n. Trinitatis
J. A. Bengel
Hans Egede
Gustav Adolf
Willibrord
Willehad
Staupitz
23. n. Trinitatis
Martin, Bischof
Arcadius
P. M. Vermili
Notker
Joh. Kepler
Creuziger
24. n. Trinitatis
Greg. d. Erl.
Elisabeth
J. Williams
Columbanus
J. Ökolampadius
Klemens
25. n. Trinitatis
Katharina
Konrad
M. Blaarer
Al. Roussel
Noah
Andreas
Aller Heiligen
Aller Seelen
23. n. Pfingsten
C. Borromäus
Zacharias
Leonhard
Engelbert
Gottfried
Theodorus
24. n. Pfingsten
Martin B.
Kunibert
Stanislaus
Levinus, Juk.
Leopold
Edmund
25. n. Pfingsten
Maximus
Elisabeth
Simplicius
Mariä Opfer
Cacilia
Klemens
26. n. Pfingsten
Katharina
Konrad
Bilhildis
Ginther
Saturnin
Andreas
€
"AA
DEZEMBER
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sonntag
Montag
10 | Dienstag
11 | Mittwoch
12 | Donnerstag
13 | Freitag
14 | Sonnabend
15 | Sonntag
16 | Montag
17 | Dienstag
18 | Mittwoch
19 | Donnerstag
20 | Freitag
21 | Sonnabend
22 | Sonntag
23 | Montag
24 | Dienstag
25 | Mittwoch
26
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Sylvester
i. Advent 1. Advent €
Ruysbroek Bibiana
Gerh. Groot Franz Xaver
G. v. Zütphen Barbara
Crispina Crispine
Rich. Baxter Nikolaus
P. F. Hiller Ambrosius
2. Advent 2. Advent e
Berthold Leokadia
Paul Eber Judith
H. v. Zütphen Damasus
Vicelin Epimachus
F. Gellert Lucia
Dioskoros Nikasius
3. Advent 3. Advent
Adelheid Adelheid >
Sturm Lazarus
Seckendorf Quatember
Clem. v. Al. Nemesius
Abr. u. Sara Julius, Am.
Thomas Ap. Thomas Ap.
4. Advent 4. Advent
A. du Bourg Dagobert Ф
Adam, Eva Adam, Eva
Weihnachtstag Christtag
2. Weihnachtstag | Stephan
Johannes Joh. Evangel.
Unsch. Kindl. Unsch, Kindl.
n. Weihnachten
David
n. Weihnachten
David
Sylvester
Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines
Lied héren, ein gutes Gedicht lesen, ein
treffliches Gemälde sehen, und wenn es
möglich zu machen wäre, einige ver-
nünftige Worte sprechen.
GOETHE
LOB DER ZEIT / VON KARL VOLLMOELLER
I
ICH sing ich, Zeit der Zeiten: meine Zeit!
Ein heller Herbst verschollener Sagenbliiten
Wandelst du Gold und Silber blasser Mythen
Im Stahl der Wirklichkeit.
Wie stöhnte noch das sinkende Jahrhundert
Im selbstgewollten Fron und trüben Krampf
Bei Ofen, Kran und Hammer, Qualm und Dampf —
Nun schauen wir verwundert,
Wie die Tyrannen, die wir selbst gesetzt,
Die dräuenden Geschlechter der Maschinen,
Uns selbst befrein und, wieder Sklaven jetzt,
Zum Traum der Träume dienen.
Denn Wirklichkeit ward Traum! Die rußigen Quadern
Der knechtischen Epoche, eng und hart,
Verrückten sich: Pochend in allen Adern
Vom Blut der Gegenwart
Spreitet ein neues Fabeltier die Schwingen
Von leichtem Linnen, dünnem Holz und Rohr!
Die Schraube spinnt. Die Erde deckt ein Flor.
Die straffen Drähte singen,
Singen das alte Lied vom Schwanenkleide,
Vom finstern König und vom falschen Schmied,
Das Lied vom hohen Flug und lahmen Neide;
Die Schraube braust das Lied
=. Sr oe
Vom Götterliebling und vom Sonnenroß,
Die Leinwand rauscht das Lied der Adlerfeder,
Die schwanken Rippen vom verschlagenen Kreter
Und leis von Ikaros.
Und alles singt die größte Menschentat:
Vom Urweltmorgen, wo am Gletscherfjorde
Der stillre Werkmann einer blonden Horde,
Nicht wissend, was er tat,
Den ersten Stamm gehöhlt mit Beil und Feuer,
Das erste Segel kiihn im Wind gestellt,
(Der ganze Vogel tönt wie eine Leier
Vom neuen Rausch der Welt)
Bis zu dem Friihrot, wo in Wolkendraun,
Vom Nebeltau bespriiht und Englands herber
Salziger Brise, Blériots schlanker Sperber
Von neunzehnhundertneun
Englischen Rasen pfliigte und die scharfe
Klippe von Dover fiir die Welt geweiht —
Der ganze Vogel tént wie eine Harfe
Vom neuen Glanz der Zeit.
Der Sturmwind selber schmettert die Fanfare,
Hell wie ein Jagdruf, dumpf wie Orgelbässe,
Klingend wie kriegerisches Erz: VoLARE
NECESSE EST — VIVERE NON NECESSE!
— 32 —
er EEE wee C а” А. ee oo ————— "————— Mew |.
П
VIVERE NON NECESSE! — Aller Schöne
Und aller Taten Herrin, streng und klar,
Mutter der mutigen Fahrt und starken Söhne,
Glänzt sie zum kühnen Auszug euch: Gefahr!
Ihr Wetterleuchten zuckt um eure schnellen
Schirnmernden Vögel und umglänzt das Ziel —
So schärfte sie im Grönlandmeer den Kiel
Von Eiriks Drachen, trieb die Karavellen
Aus Palos gischtend über den Atlant.
Und was erst leeres Spiel und Abenteuer
Gescholten und geschmäht, ward bald ein neuer,
Ein Weg der Vielen in ein neues Land:
Entfliegt! Mit jeder der pfadlosen Bahnen,
Die eure Schwingen jetzt im Blau durchmaßen,
Bereitet ıhr der Zukunft Völkerstraßen.
Entfliegt! — Zuvor ein Opfer noch den Manen,
Den Toten all, den vielen stillen Toten!
Wie, heimkehrlechzend, des Laertes Sohn S Е
Erst noch im Schattenreich ат warmen roten
Tranke die Seelen labte und davon
Heimkehr empfing und glückhaft Fahrtenende —
Opfert auch ihr, im Licht des ewigen Strahls .
Lebende ihr: Rinne die erste Spende
Dem márkischen Sand und Hügel Lilienthals!
um 33. <<
Dem fränkischen Capitaine mit deutschem Namen
Nach ihm! Da schon das Leben strömend floh,
Stöhnt er noch stolz und heiß vom wundersamen
Traume: ,Demain je volerai plus haut... .“
Den dritten ihm, der dem Gespenst der Pässe
Und eisigen Schlucht zu starr ins Auge sah:
Schüttet die dritte Spende der Zypresse
Von Domodossola!
Und Hand zur Steuerung! Werft an! VOLARE
NECESSE EST! — Die Schraube braust in großen
Ringen von Licht. — Ein Guß noch am Altare
Der Ungenannten und der Namenlosen!
Dann segelt, ein Geschwader lichter Aare,
Kreisend ım Blau um Mast und Dom und Esse
An Elbe, Rhein und Nordmeer: NAVIGARE
NECESSE EST — VIVERE NON NECESSE!
KULTURPOLITIK / VON HENRY VAN DE VELDE
CH bezweifle nicht, daß eine „Kulturpolitik * dieDinge
beschleunigen kann. Ich befürchte nur, daß sie dazu
neigt, sie zu sehr zu beschleunigen, und ich möchte die-
jenigen warnen, die sich zu großen Illusionen hingeben
oder die Gefahr verkennen.
Denn es handelt sich darum, daß in letzter Instanz
die Kulturpolitik „revolutionär“ ist. Denn nur jenseits
der „Umwertung aller Werte“ kann sie ihr Ziel er-
шы. ӨШ ы
eichen. Hat Nietzsche nicht dies Programm aufgestellt?
<ultur bedeutet Vollkommenheit, äußerste Verfeinerung
ınd Raffinement in allen Dingen. Kulturpolitik treiben,
aeißt den Sinn für Vollkommenheit, Verfeinerung und
Raffinement zu wecken oder wieder zu erwecken suchen.
Es liegt offenbar in der Natur dieser Politik, Anstoß bei
allen übernommenen Anschauungen, feststehenden Mei-
nungen, festbegründeten Betrachtungen zu erregen. Blin-
der Eifer kümmert sich nicht um eine so exponierte
Stellung, und, mein Gott, keın Preis wäre ja auch zu
hoch für das Resultat eines Kampfes, der mit einem
Schlag die deutsche Kultur auf die gleiche Stufe mit
der Frankreichs und Englands erhöbe.
Aber um die Dinge nüchtern zu betrachten: wird es uns
gelingen, mittels einer Kulturpolitik, welche, um die
. kulturelle Kristallbildung zu fördern, versuchen würde,
. mit Druck einzuwirken, wie der Chemiker auf die Kri-
stallisierung des Stoffes durch Druck einwirkt, wird es
uns gelingen, wo die michtige Stimme eines Nietzsche,
eines Goethe ungehórt verklang? Denn nicht erst seit
‘ gestern ruft man den Sinn für Vollkommenheit an.
Goethe sagte schon: man müsse lernen, alle schlechte
. Arbeit zu hassen wie die Sünde.
f
Die Frage drängt sich auf: auf wessen Schultern das
Gewicht des kühnen Unternehmens laden? Auf die eif-
riger verkündender Apostel, oder aber vorsichtiger ge-
mäßigter Erzieher? Ruskin hat unser Zutrauen zu dem
Wirken der Apostel wieder wach gerufen und zu den
Möglichkeiten und Vorteilen, die darin liegen könnten,
die Gefühle der Masse anzurufen; aber man kann sich
— 3 --
nicht verhehlen, daß die Bewegung, die ег hervorrief,
stark gefärbt war von einem zeitgemäßen romantischen
Enthusiasmus, welcher die Massen der Eroberung der
Schónheit entgegendrángte, wie im Mittelalter die reli-
gióse Schwürmerei die bewaffneten Scharen zur Er-
oberung des Gelobten Landes trieb.
Ruskin besaf) die Fahigkeit, der Schónheit kórperliche
Gestalt zu verleihen, und wie viele seiner englischen
Adepten hielten sich nicht selbst für die Griechen, in
dem großen hölzernen Pferde versteckt, um das Aben-
teuer des Raubes der Helena zu bestehen.
Heutzutage hatte solcher Romantismus wenig Aussicht
auf Erfolg. Wir wissen, den Sinn für Vollkommen-
heit anrufen, heift auf eine Konzeption hinarbeiten,
deren Anwendung in Industrie und Kunst die betrácht-
lichsten und gesichertsten materiellen Vorteile bietet;
welche in Moral und Religion, im Verkehr gleichgesinn-
ter Menschen eine tief gegründete Hochachtung erzielt;
welche aus der Ausübung unserer Fáhigkeiten, aus unse-
ren Gefühlen und Sinnen einen , mécanisme de tout re-
pos* herstellt, ein Ventil gegen jedwede Explosion, das
ein Kind handhaben könnte. Hier müßten die Rat-
schláge und die Umsicht des auserlesenen Erziehers die
Anstrengungen leiten und sichern, und ihre Schlauheit
muß es vollbringen, daß die Kultur durch langsames,
unermüdliches, ununterbrochenes Einflófen sich das er-
ringt, was sie im Sturm nicht erobern kann.
Als Erzieher, als Lehrmeister der Kultur in allen Ge-
bieten der Intelligenz, der Empfindung und der mensch-
lichen Sinne sind auserlesene Persónlichkeiten erforder-
"EE A
ich. Berufen wirdie Erzieher, wo wir die geeigneten finden
wenn auch aus dem Ausland, — eine wahre Kultur kann
sich nicht auf einem national begrenzten Boden ent-
wickeln —; gründen wir eine Anzahl von, Kulturherden*
an geeigneten Orten, auf fruchtbarer Erde.
Es würde die Aufgabe eines jeden dieser Erzieher, Pro-
fessoren, Künstler, Soldaten und Kaufleute sein, taug-
liche Instrumente zu wählen, die Elemente zu erkennen,
welche sich eigneten, diesen gefährlichen neuen Sinn
sıch einzuverleiben. Denn es ist nicht daran zu denken,
daß man die Masse systematisch in dies Raffinement des
Geistes, der Sinne und Gefühle einführen könnte. Sie
wäre ja in keiner Weise darauf vorbereitet, und es würde
daraus nur eine zahlloseReihe von Verirrungen entstehen,
ein Geschlecht rettungsloser Dekadenten.
Verlangte trotzdem еіп höherer Wille ein Zaubermittel
von mir, so getraute ich mir zu sagen, was ich weiß, das
Mittel, welches auf einen Schlag das Niveau unserer Kul-
tur heben und verbessern könnte: — wer hätte die Beobach-
tung noch nicht gemacht, daß jeder von uns, auf welcher
Höhe der sozialen Stufenleiter er auch stehen mag, einen
oder den anderen geringeren Beruf weit besser ausfüllen
könnte als den, welchen er bis jetzt innehatte.
In vielen Fällen zeigen sich sogar ausgesprochene Vor-
lieben; wie viele unter den Höchstgestellten haben sich
nicht schon mit Leidenschaft einem einfachen Handwerk
gewidmet und es zur Vollkommenheit darin gebracht!
Wenn nun alle, durch die ganzen Reihen der Gesell-
schaftsklassen, mit einem Schlag, freiwillig oder ge-
zwungen, eine oder mehrere Stufen zurückrückten, so
würde, durch diese allgemeine und plötzliche Verschie-
bung, die riickstandige Kultur, eingedámmt und angesan-
melt, plétzlich steigen wie das Wasser an den Schleusen.
Ein jeder brächte in die mindere Stellung, zur Ausfüh-
rung der minderwertigeren Beschäftigung, die Talente,
den Charakter, die Manieren mit, die er aus einer höheren
Lebensstellung bezogen hat, in welcher er sich als nicht
ausreichend erwiesen, und er würde unter seinen neuen
Lebensbedingungen als das gelten, was eine hochkul-
tivierte Gesellschaft von jedem Individuum erwarten
kann. Auf diese Weise hätten wir durch Zauberei oder
infolge eines noch nie dagewesenen Vorgangs in der
Weltgeschichte Maurer, Tischler, Typographen mit dem
Talent und dem Geschmack eines Künstlers, Bauern und
Arbeiter mit der Initiative und den Manieren der „grands
seigneurs* |
DER JÜNGLING UND DIE SPINNE / VON HUGO
VON HOFMANNSTHAL
Der Jüngling:
vor sich mit wachsender Trunkenheit
Sie liebt mich! Wie ich nun die Welt besitze,
Ist über alle Worte, alle Träume:
Mir gilt es, daß von jeder dunklen Spitze
Die stillen Wolken tieferleucht’te Räume
Hinziehn, von ungeheurem Traum erfaßt:
So trägt es mich — daß ich mich nicht versäume! -
Dem schönen Leben, Meer und Land zu Gast.
Nein! wie ein Morgentraum vom Schläfer fällt
— 38 —
Und іп die Wirklichkeit hineinverblaBt,
Ist mir die Wahrheit jetzt erst aufgehellt:
Nicht treib ich als ein Gast umher, mich haben
Dämonisch zum Gebieter hergestellt
Die Fügungen des Schicksals: Junge Knaben
Sind da, die Ernst und Spiele von mir lernten,
Ich seh, wie manche meine Mienen haben,
Geheimnisvoll ergreift es mich, sie ernten
Zu sehn und an den Ufern, an den Hügeln
Spür ich in einem wundervoll entfernten
'Traumbilde sich mein Innerstes entriegeln
Beim Anblick, den mir ihre Taten geben.
Ich schaue an den Himmel auf, da spiegeln
Die Wolkenreiche, spiegeln mir im Schweben
Ersehntes, Hergegebnes, mich, das Ganze!
Ich bin von einem solchen großen Leben
Umrahmt, ich habe mit dem großen Glanze
Der schónen Sterne eine also nah
Verwandte Trunkenheit —
Nach welcher Zukunft greif ich trunkner da?
Doch schwebt sie her, ich darf sie schon berühren:
Denn zu den Sternen steigt, was lüngst geschah,
Empor, und andre andre Stróme führen
Das Ungeschehene herauf, die Erde
Läßt es empor aus unsichtbaren Türen,
Dezwungen von der bittenden Gebärde!
So tritt er ans offene Fenster, das mit hellem Mondlicht angefüllt
und von den Schatten wilder Weinblatter eingerahmt ist. Indem tritt
unter seinen Augen aus dem Dunkel eines Blattes eine große Spinne
mit laufenden Schritten hervor und umklammert den Leib eines kleinen
Tieres. Es gibt in der Stille der Nacht етеп äußerst leisen, aber klag- 1
lichen Laut, und тап meint die Bewegungen der heftig umklammernden |
Glieder zu hören. |
Der Jüngling: |
muß zurücktreten
Welch eine Angst ist hier, welch eine Not.
Mein Blut muß ebben, daß ich dich da sehe,
Du häßliche Gewalt, du Tier, du Tod!
Der großen Träume wundervolle Nähe
Klingt ab, wie irgendwo das ferne Rollen
Von einem Wasserfall, den ich schon ehe
Gehört, da schien er kühn und angeschwollen, |
Jetzt sinkt das Rauschen, und die hohe Ferne
Wird leer und öd aus einer ahnungsvollen: |
Die Welt besitzt sich selber, o ich lerne!
Nicht hemme ich die widrige Gestalt |
So wenig als den Lauf der schónen Sterne. |
Vor meinen Augen tut sich die Gewalt,
Sie tut sich schmerzend mir im Herzen innen, |
Sie hat an jeder meiner Fibern Halt, |
Ich kann ihr — und ich will ihr nicht entrinnen:
Als wärens Wege, die zur Heimat führen,
Reift es nach vorwarts mich mit allen Sinnen
Ins Ungewisse, und ich kann schon spüren
Ein unbegreiflich riesiges Genügen
Im Vorgefühl: ich werde dies gewinnen:
Schmerzen zu leiden, Schmerzen zuzufügen.
Nun spür ich schaudernd etwas mich umgeben,
Es türmt sich auf bis an die hohen Sterne, |
Und seinen Namen weif ich nun: das Leben |
—
a
-- 40 —
Sokrates
VOR ТАС / VON HUGO VON HOFMANNSTHAL
Nun liegt und zuckt am fahlen Himmelsrand
In sich zusammgesunken das Gewitter.
Nun denkt der Kranke: „Tag! jetzt werd ich schlafen!“
Und drückt die heißen Lider zu. Nun streckt
Die junge Kuh im Stall die starken Nüstern
Nach kühlem Frühduft. Nun im stummen Wald
Hebt der Landstreicher ungewaschen sich
Aus weichem Bett vorjährigen Laubes auf
Und wirft mit frecher Hand den nächsten Stein
Nach einer Taube, die schlaftrunken fliegt,
Und graust sich selber, wie der Stein so dumpf
Und schwer zur Erde fällt. Nun rennt das Wasser,
Als wollte es der Nacht, der fortgeschlichnen, nach
Ins Dunkel stürzen, unteilnehmend, wild
Und kalten Hauches hin, indessen droben
Der Heiland und die Mutter leise, leise
Sıch unterreden auf dem Brücklein: leise,
Und doch ist ihre kleine Rede ewig
Und unzerstörbar wie die Sterne droben.
Er trägt sein Kreuz und sagt nur: „Meine Mutter!“
Und sieht sie an, und: „Ach, mein lieber Sohn!*
Sagt sie. — Nun hat der Himmel mit der Erde
Em stumm beklemmend Zwiegesprach. Dann geht
Ein Schauer durch den schweren, alten Leib:
Sie riistet sich, den neuen Tag zu leben.
Nun steigt das geisterhafte Frühlicht. Nun
Schleicht einer ohne Schuh von einem Frauenbett.
Lauft wie ein Schatten, klettert wie ein Dieb
— Al —
Durchs Fenster іп sein eigenes Zimmer, sieht
Sich im Wandspiegel und hat plötzlich Angst
Vor diesem blassen übernächtigen Fremden,
Als hätte dieser selbe heute nacht
Den guten Knaben, der er war, ermordet
Und käme jetzt, die Hände sich zu waschen
Im Krüglein seines Opfers wie zum Hohn,
Und darum sei der Himmel so beklommen
Und alles in der Luft so sonderbar.
Nun geht die Stalltür. Und nun ist auch Tag.
DIE VOGELSCHEUCHE / VON RUDOLF G.BINDING |
N einem sonnigen Schlaf, jahraus jahrein und nim-
mer erweckt, liegt das Dörfchen Mammolshain auf |
der ersten Stufe eines der schönsten deutschen Mittel-
gebirge, das starkrückig und selbstbewußt sich aus der
breiten Flußebene erhebt, wo die Städte das Land be-
herrschen. In den Winkel, den die erste Gebirgsterrasse
mit den über ihr wuchtiger ansteigenden Bergen bildet,
hat es sich eingeschmiegt wie ein sich sonnendes Kätz-
lein und versinkt fast in dem dichten Kuppelkranz von
altehrwürdigen, breitarmigen echten Kastanien, die nur
dieser südliche Hang des Gebirges trägt. Da der Strom
der Fremden und der Städter, die ihre Sommerwoh-
nungen auf den ihnen in die rauchige Ebene winkenden
Höhen aufschlagen, durch die Eisenbahnen nach andern
Fußpunkten des Gebirges abgelenkt wird, vergehen wohl
Jahre, ohne daß die alten verdunkelten Ziegeldächer mit
den verkrümmten Firsten ein neues unter sich sehen,
— 42 =
as den Frieden und die Stille ihres Anblicks eine Zeit-
ang stört. Denn das Wachstum des Dörfleins aus sich
‚ıeraus ist nur ein sachtes in seinem Schlaf.
Vor dem Kastanienring aber erstreckt sich eine sanft
verlaufende, nicht mit Wald und kaum mit ein paar
Ibstbäumen bestandene Landzunge weit hinaus, der
Ebene und der Sonne zu; und dort liegen auf der einen
abhangigeren Seite mit dem schlechteren Boden die
wenigen АсКег der Mammolshainer in schmalen, beinahe
kärglichen Bändern nebeneinander, auf der andern brei-
tern und auf dem Rücken der Absenkung in wohlgepfleg-
tem Erdreich endlose Erdbeerpflanzungen, Beet an Beet,
- deren Ertrag, in den Stüdten verkauft, jáhrlich einen
. hübschen Verdienst abwirft, groß genug, um фе be-
, quemen Bauern an keine andern Unternehmen denken
, zu lassen.
Der Schreinermeister Martin Gläßer, der einzige seines
, Handwerks im Dorf, besaß keines der Erdbeergelände,
, sondern nur einen schmalen Feldstreifen dicht an dem
, mit zwei Haselhecken gesäumten Hohlweg, der die Ácker
; von den Kulturen der andern Seite trennte. Und wenn
қ ег daran dachte, ein Erdbeerstiick zu erwerben, was ег
wohl gekonnt hätte, so unterließ er es immer wieder,
. da er nicht wußte, wie ers allein hätte bestellen sollen.
4 Denn ег hatte außer seiner Frau niemand im Ort, дег
, ihn etwas anging, und diese, war eine zarte Städterin,
, die im Haus und nicht im Feld an ihrem Platz war.
, Um ihr aber diesen Platz, an dem er sie liebte, zu er-
, weitern und zu beleben, widersprach er ihr nicht, als
, Frau Marianne ihn bat, da sie keine Kinder mehr
en
erwarten durften, ein kleines Mädchen an Kindes Statt |.
anzunehmen, um dessen Aufnahme sie ihre frühere |.
Herrin, der sie lange Jahre in der Stadt als Zofe ge- |:
dient, bat.
„Sieh, Martin,* sagte Marianne einfach, „wir sind allein;
und es ist gut, wenn wir später nicht allein sein wer-
den. Aber ich möchte dich nicht bitten, dieses Mädchen
ins Haus zu nehmen und zu unserm Kind zu machen,
wenn ich nicht seine Mutter, das Fräulein, kennte, die
gut ist, auch wenn sie die Eltern wegen des Kindes ver-
stießen. Und der Mann, dem sies in Liebe für Liebe
schenken wollte, war tapfer und gut; sonst hätte ihn
das Fräulein nicht geliebt. Er hätte sie sich wohl noch
erkämpft, wenn er nicht umgekommen wäre in den Ko-
lonien, wo er sich und der Frau eine Farm errichten
wollte. Ich meine, wir solltens tun; denn das Fräu-
leın kann das Mädchen nicht mehr erhalten ohne Not,
und in Not will sie ihr Kind nicht sehen. So können
wir Gutes erweisen und haben am Ende noch einen Vor-
teil davon.“
„Es kann auch schlecht ausgehn,* sagte Martin, іп-
dem er sich von der schmalen Planke erhob, die als
Bank vor dem Hause befestigt war; „fremde Kinder kennt
man nie, auch wenn man die Eltern kennt. Aber wir
wollen es versuchen.“
So kam es, daß nach einer Woche, gerade als Martin
eine sauber gehobelte Kinderbettstatt fertig zusammen-
gefügt und die drei blauen und ziegelroten Rosen trocken
geworden waren, die er auf das Kopf- und das Fußende in
ewig sich gleichbleibender Begeisterung für seine einzige
a nn Шынын анан наны ың =
Schablone aufgemalt hatte, ein stadtischer Wagen vor
dem Häuschen der Schreinersleute hielt, dem eine hohe
schlanke Frau in einer traurıgen vergrämten Schönheit
entstieg; und sie trug ein aufmerksam um sich blicken-
des, dreijähriges Mädchen in die Stube, welche durch
die späte Nachmittagssonne freundlich durchleuchtet
war.
„Hier bringe ich das Kind, Marianne,“ sagte sie, fast
erstickend an ihren Worten, so daß das Mädchen sie
ängstlich anblickte; „nun ich dich wiedersehe und weiß,
wie es um meine Dorothea aussehen wird, ist es mir
leichter, sie hinzugeben.“ Aber sie log das wohl, um
sich Mut zu machen; denn sie mußte das Kind zur Erde
gleiten lassen, wo es Marianne halb auffing. „Du weißt“,
fuhr sie fort, indem sie sich niederließ, „alles um Doro-
thea, wie ich es dir geschrieben habe; du wirst sie gut
halten, wie eine Mutter, und ich weiß auch, daß dein
Mann sie gut halten wird, wie ein Vater.“
„Aber du, Mutter, aber du kommst doch wieder?“
fragte Dorothea mıt großen Augen und flog ihr an den
Hals.
„Einmal, mein Kind — ich weiß nicht wann —, werd
ich kommen, dich zu holen; jetzt mußt du hierbleiben
bei Marianne und Martin, die deine Eltern sein werden;
mir zuliebe mußt du hierbleiben.* |
Da ging das Kind, um ihr etwas zuliebe zu tun, tapfer
und still an die Seite Mariannes und stellte sich neben
sie; und keine Beschwörung und kein Zauber hätte stär-
ker sein können als diese Worte: mir zuliebe mußt du
hierbleiben.
uo dit. ncs
Die Mutter aber stand auf, küßte Dorothea wie іш
Vorüberschweben flüchtig auf die Stirn, als fürchtete
sie, sich zu verstricken, und ging; Martin geleitete sie
zu dem Wagen und hob sie hinein.
Als ег in das Haus zurücktrat, іп dem es noch wie
ein schwermütiger Duft lag von der Frau, die es ver-
lassen, wars freilich mit der Tapferkeit der kleinen
Dorothea zu Ende, und sie schluchzte іп Tränen noch
lange, nachdem sie Marianne willenlos entkleidet und
zwischen den blauen und ziegelroten Rosen zur Ruhe
gebracht hatte.
An jenem Abend saßen Martin und Marianne noch lange
ım Dunkel auf der schmalen Bank ihres Hauses an
der Dorfstraße und hatten ihre Hände ineinandergelegt,
als ob sie eine Verantwortlichkeit gemeinsam zu tragen
hätten.
„In dem kleinen Korb, den das Fräulein mit Wäsche
und einfachen Kleidern für Dorothea hierließ, lagen
dreitausend Mark in drei braunen Scheinen, Martin‘,
sagte Frau Marianne flüsternd. „Das ist die Summe, die
ihr Vater dem Kind ausgesetzt hat, wenn sie sich von
ihm trennt auf Nimmerwiedersehn und in ihr Eltern-
haus zurückkehrt. Wie anders hätte sies von Not und
Tod erretten können? Denn die Ärzte sagten ihr, das
Kind würde nicht leben können ın der Stadt und in
dürftigen Verhältnissen; es leidet an der Krankheit,
welche die Lungen der Entbehrenden erfaßt. — Da hat
das Fräulein denn gemufit!* —
Zu derselben Stunde aber lag іп der Stadt fern dort
drunten, deren Lichterwiderschein Martin und Marianne
ee б. шы
b
am Himmel sahen, eine trostlose Frau in ihrer Eltern
Haus, das sie seit mehr als drei Jahren das erstemal wieder
betrat, am Boden ihres Zimmers auf den Knien und suchte
nach einem Wesen, das groß genug wäre, ihre Pein zu
verstehen und sie anzuhören. Aber sıe hielt den Gott, den
sie ım Herzen trug, obwohl sie an ıhn glaubte, nicht für
vertraut genug mit diesem einen, das sie zu klagen hatte.
Und so rief sie die Mutter Gottes an іп zitternder Hilf-
losig кеі, obwohl sie ihr fremd war und sie nie zu ihr
betete; rief sie an, obwohl ıhr Glaube kein Gebet an sie
kennt; rief sie an, weil sie eine Mutter war.
Im Lauf der Zeit, durch nichts an das Vergangene ge-
mahnt, vergaß Dorothea das wenige, was ihr aus ihrem
früheren Leben hatte Eindruck machen kónnen. Das
Bild ihrer Mutter verblaBte, nahm dann, immer wech-
selnd, andere Züge in ihrem Innern an und verschwamm
schlieDlich zu etwas Unvorstellbarem, Fernem, Abge-
schiedenem, das keinen Schmerz und kein Sehnen mehr
wach ruft. Der Vorgang, wie sie hierhergekommen,
schied nicht ganz aus ihrem Empfinden, denn sie konnte
darüber einen kindlichen Seufzer ausstoDen; aber er
wurde zu etwas Unergreifbarem, Unbewufitem; sie fühlte
mehr, als daß sie sich erinnerte, einmal bitterlich ge-
weint zu haben; aber sie wußte nicht mehr warum noch
wann, und doch konnte sie darüber seufzen, wie wenn
das Empfinden länger vorhielte als das Erinnern.
Aber all dem zum Trotz — als ob die Natur, die ihr
so gnädig das Wirkliche umschleiert hatte, mit dem
Gedächtnis eines Kindes sich ein besonderes Spiel vor-
behalten habe — blieb eines so frisch, so lebendig, so
farbig und froh in ihrem Innern, als würde es in jedem
Tage neu geboren; nur ein Kleines und doch eine Welt
für sie: das waren ein paar Märchen, die sie einst von
ihrer Mutter gehört, immer wieder zu hören verlangt
und von ihren Lippen in ihr Herz gesogen hatte als das
Wunderbarste, was dieses Herz jemals würde an sich
reißen können.
Nach denen fragte sie eines Tages, nicht lange nach
ihrer Aufnahme, ihre neue Mutter; aber die befiel eine
Angst, daß sie an Vergangenes erinnert wurde, was sie
vergessen sollte, und sie wollte nichts davon wissen.
бо lief Dorothea zu Martin; doch der sagte, das sei
dummes Zeug und zum Leben nichts nütze, und ließ
seinen Hobel zischend über ein Tannebrett gleiten, daß
die Späne flogen.
Da empfand Dorothea einen kleinen verwunderlichen
Schmerz, schlich betreten hinaus und sprach keinem Men-
schen mehr von ihren Märchen. Nur heimlich, wenn
sie sich allein glaubte, erzählte sie sie mit flüsternder
Stimme einer kleinen Puppe oder dem schwarzen Spitz,
der geduldig seinen Kopf in ihren Schoß legte und es
über sich ergehen ließ; denn ihr Herz war voll davon.
Sie den Kindern im Dorf zu erzählen, wie sie es später
schüchtern versuchte, gab sie bald auf; denn sie hörten
ihr nicht zu, und wenn es einige gewollt hätten, so waren
sicher ein paar nichtsnutzige kleine Flegel von älteren
Brüdern da, die die jüngeren und Dorothea mit ihren
Geschichten auslachten und überjohlten. So trennte sıe
ihr Empfinden bald von ihren Gespielen; nicht, daß sie
sie gemieden hätte, aber es blieb immer ein kleiner Ab-
Bs қы
|
сара, in den sie zurücktrat, wie in ein kleines ihr vor-
ehaltenes Reich, an dem die andern nie einen Anteil
ewinnen könnten.
Jorothea liebte dieses Dorf, diese ländlichen Sorgen und
3jeschäftigungen, in denen sie gesundete und heran-
‘vuchs; aber nur als etwas, das sie mit den andern teilen
<onnte. Wo ihr eigenstes Leben begann, im Lande der
>hantasie und der Empfindung, blieb sie einsam. Es war
aur ein enges Bereich, nicht erweitert und belebt durch
neue Gestalten und Vorkommnisse, die sie aus der Ein-
: förmigkeit ihres Daseins hätte hinübernehmen können
- hinter die unsichtbare Grenze, wo sie sich erging. Da
Af
sie nun aber thr Reich unbewußt zu vergrößern trachtete
‘und sie wohl fühlte, wie sie das vermóchte, so setzte sie
sich häufig auf ер beschatteten Grasrand, den das schmale
~ Ackerland Martin Gläßers von der Haselhecke jenes Hohl-
^ wegs trennte, und sah hinaus und hinunter in die Welt
- der Ebene mit den Geheimnissen der weithin gelagerten
> Stadt. Um die Mittagszeit, wenn es ganz still ringsum
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war auf деп Feldern und das Land in einer Sonnenruhe
vor ihr atmete wie ein Schläfer, lockte es sie ап den
Rain. Dann war ein flirrender, wellender Teppich von
Licht in emer goldenen durchscheinenden Lage iiber
die Gebreite gezogen, und auf ihm wanderte sie wie in
eigener Gestalt der Stadt zu, so weit er reichte. Aber
wo er zu Ende war und das Gold sich in die trüberen
Farben des städtischen Weichbilds und dann tiefer in
einem weißlichen Gürtel von Dunst verlor, da fühlte
sie, werde sie haltmachen müssen, auch wenn sie hätte
weiter gehen wollen; als ob da eine Brandung stünde
zwischen ibr und dem Meere der Stadt, durch Ше sie
es nie erreichen wiirde. Denn sie, die ibre Mutter und
deren letzte Worte an sie längst vergessen hatte, fühlte
doch etwas wie einen Befehl über sich, auszuharren, wo
sie war
Die Häuser der Stadt aber bevölkerte sie mit Menschen
vonihrem Empfinden; mit Menschen, diezuhóren würden,
wenn sie ihnen aus ihrem Reich erzählte von Elfen und
Zwergen, von redenden Rehen und weißen Vögeln, von
Kónigen und Prinzen und der Prinzessin mit den gläser-
nen Schuhen; mit Menschen, die sie lieben kónnte, weil
sie ihr in dem glichen, was sie von den Madchen und Bur-
schen des Dorfes und selbst von Marianne trennte.
So saß sie eines Mittags wieder, das schlafende Dorf
hinter sich und die ruhenden Ácker vor sich, an ihrem
Platz bei dem Bohnenfeld ihrer Pflegeeltern und träumte
in die Ferne hinaus, als sie fühlte, daß jemand leise zu
ihr trat. Sie sah zur Seite und bemerkte lachend, daf
es die Vogelscheuche war, die auf dem Felde stand und
ein kleines Geráusch mit dem alten schwarzen Hut an
der Stange machte, auf welcher ihn ein leichter Wind
nickend hin- und wiederschaukelte. Und dann fuhr ein
ganz kleiner freudiger Schreck durch Dorotheas Glieder,
und sie flüsterte vorsich hinschauend: ,Sollich es wagen?"
Darauf zupfte sie unruhig und unschlüssig an ein paar
Gräsern herum, und nach einem Weilchen rückte se
ganz dicht an den alten Mann heran, der kein Blut und
keine Knochen im Leibe hatte und ihr doch so mensch-
lich vorkam; doch so, daf) die Gestalt hinter ihr blieb
und sie sie nicht sehen konnte.
— 50 —
-= -O me: s ror ee а Еа €
сім en ni —M 00
--, Wirst du mir zuhören?“ fragte sie, fast summend,
. 7: und schloß die Augen halb; und der Wind neckte sie
~~. freundlich, indem er dem großen Hut einige kurze Stöße
-i5: gab, so daß er bejahend ап die Stange klopfte.
„So höre also!“ sagte Dorothea; „denn sieh, der kleinen
-әш Puppe und dem schwarzen Spitz konnte ich wohl Märchen
хе erzählen; aber das, was ich dir Jetzt erzähle, das würden
,.v. Sle nicht verstehen. — Aber ich weiß freilich, daß du
ее taub bist“, warf sie ein und schwieg. Dann aber seufzte
„xt sie und konnt es doch nicht lassen:
му »So will ich dirs also vertrauen, als ob du ein Mensch
vz Wárest, wennschon ein tauber.* — „Weißt du, was ein
„е7 Herz ist?“ fragte sie geheimnisvoll und doch so, als ob
гой Зе schon sehr klar darüber sein könnte; und dann gab
cai ie ihrem seltsamen Freund alles das preis, was sie von
ers ihrem Herzen wußte; alles, mit dem es vollgesogen war
‚gg Zum Überströmen in langer Zeit, in der es niemand ge-
P 27 funden, dem es sich mitteilen konnte. Und es brauchte
Un sie nicht zu kümmern, daß es immer dasselbe war, was
joa! Зе vorbrachte in nicht endenden Worten, fast wie eine
ay ext Klage. Denn der taube Freund belächelte sie nicht. Dann
Ai aber, plötzlich. als ob sie das Wichtigste vergessen habe.
gar 52816 sie, glutrot bis in den Nacken hinab: „Doch das
ТІ seltsamste am Herzen ist, daB es einem gar nicht gehört;
ЕТ Ge das meme gehört einem schönen Prinzen іп der
"T tdt, der dort wohnt. wo man die Dächer der zwei
BL runden Türme jetzt in der Sonne blitzen sieht; einmal
NT wird er kommen und mich holen. Und jetzt ists genug;
bad ich möcht dir sonst zu viel anvertrauen.“
Mit diesen Worten sprang sie auf, lief ohne sich um-
mue ОА ә
zuschauen den Rain hinan und verschwand am Ende
des Ackers in dem Durchhau, der die Hecke dort unter-
brach.
Ihr Herz klopfte noch wie nach einem Geständnis. Aber
obgleich sie sich auf dem Heimweg tausendmal sagte,
daß das alles kindlicher Unsinn sei, so war sie doch
stolz und froh, als ob sie wirklich einen Vertrauten ge-
wonnen hätte, mit dem sie reden konnte, wie es ihr zu
Sinn war.
Sie ließ einen Tag vorübergehen, ehe sie wieder den
Rain hinter der Haselhecke betrat; als ob sie sich hätte
beschwichtigen wollen und ihr Erlebnis durch eine zu
rasche Wiederholung verkleinert würde. Aber am fol-
genden Mittag schlich sie wieder hinaus, und von einem
Ebereschenbaum am Ausgang des Dorfes rif) sie einen
Zweig voll roter Beeren ab, mıt dem sıe sich am Fuße
der Vogelscheuche niederließ.
„Nun du mein Vertrauter bist, du Tauber, will ich
dich schmücken‘, sagte sie; und sie zog die Beeren in
eine Kette auf einen Faden, indem sıe sie durchstach.
Als so ein roter Perlenkranz entstanden war, stand sie
auf und warf ihn geschickt über den Hut ihres Freundes,
auf dem er bis zu der breiten Krempe herunterträllerte.
Es war ihr aber dabei nicht weniger feierlich und won-
nig zumute als einer Dame, die ihrem Ritter ein Kränz-
lein um den Helm legt. Dann aber lief} sie sich wieder
vor der Gestalt nieder, daß sie sie nicht sah, und redete
mit ihr nach ihrer Weise. Sie schwieg auch wohl manch-
mal eine lange Weile und saß nur in lächelndem Sinnen
auf dem braunen Fleckchen Erde, auf das der Mann hin-
z= Ба 22
N
D
Ir
ter ıhr seinen kurzen Schatten warf; und dann waren
sie wie zwei Glückliche, denen es genug ist, beisammen
zu sein.
So trieb sie es manches Mal. Es wurde ihr fast zu
einer Gewohnheit, für die alte Vogelscheuche etwas mit
hinauszunehmen, das sie schmücken könnte; ein buntes
Band, ein paar Blumen ins Knopfloch oder sogar ein
kleines rotes seidenes Tuch aus ihrem sonst sorglich ge-
hüteten Vorrat, das sie ihr um den dürren Hals schlang.
Und da sie immer an ihr zurechtzupfte, so sah sie am
Ende іп ihrem Schmuck und mit dem roten Beerenkranz
am Hut ganz manierlich aus und verlor alles Schreck-
hafte, das sie ihrer Bestimmung nach haben sollte. Aber
solange sıe die Gestalt anschaute und schmückte oder
auf dem Heimweg, wußte Dorothea wohl, daß es nur
eine Vogelscheuche war, mit der sie eine Art Märchen-
spiel aufführte; nur wenn sie dann abgewandt vor ihr
saß, nahm das Wesen hinter ihr die wechselnde Gestalt
an, die sie gerade ertráumte oder der sie ihre Geheim-
nisse anvertrauen mußte.
Da — auf einmal — als sie wieder bei ihrem Freunde
saß und zu ihm sprach, ertönte hinter ihr eine halblaute
Musik, wie wenn sie ihn durch ihre Worte endlich zum
Leben gebracht hätte. Sie wagte sich nicht umzusehen,
als ob sie damit den Zauber stören könnte; aber ihr Herz
schlug vor Erwartung eines Erlebnisses, das einem Mär-
chen so ähnlich schien. Sie zog ihre Füße dicht an sich
heran, faltete die Hände unter den Knıen und lauschte,
leicht hinübergelehnt.
TE NA
Da endete die einfache Folge schwebender Flötentöne
fast zitternd.
„Ach!“ sagte Dorothea und mußte ein wenig über sich
lächeln, „bist du endlich da, mein Freund? — — bist
du mein Prinz? - Ah, ich weiß: du wirst mir jetzt
täglich spielen, bis du mein Herz gewonnen hast und
ich dir nachfolgen muß. Aber — wirst du mir treu sein?
wirst du wiederkommen — morgen um diese Zeit?“
Die zitternde Flöte begann wieder und spielte eine ein-
fache liedhafte Weise; als die Melodie zum zweitenmal
einsetzte, fiel Dorothea, nicht wissend, wie sie diese Ant-
wort deuten sollte, halb unglaubig ein:
Als die Treue ward geborn,
flog sie in ein Jägerhorn.
Jäger blies sie in den Wind.
Also man sie selten findt.
Sie hatte die Worte irgendwann ın einem Buche gelesen,
das wohl ihre Mutter an Marıanne geschenkt haben
mochte. Jetzt fielen sie ıhr ein, als ob sie zu der Me-
lodie gehörten, in der sich die Flöte erging. Noch eın
drittes Mal erklang die Weise, zu der Dorothea keine
Worte mehr fand; dann verstummte das Spiel.
Sie sprang auf und wie ein geschrecktes Reh davon. Sie
begehrte nicht zu wissen, woher die Flötentöne kamen,
die von der Gestalt hinter ihr auszugehen schienen. Die
Wirklichkeit mit ihrer plumpen Erklärung des Wunders
wäre ja doch nur eine Enttäuschung für sie gewesen.
Aber hinter dem schmalen Haselsaum im Hohlweg saß
ein blinder alter Mann, der in früheren Jahren das kleine |
Harmonium in dem Kirchlein des Dorfs gespielt hatte.
u 2842 2
TUE —— — .
'etzt trugen ihn seme schwachen Füße nicht mehr die
osen Steinstufen auf die Höhe zu ihm hinauf, und man
-aatte ihn an dem Таре an den sonnigen Weghang ge-
- führt, damit es den alten frierenden Gliedern einmal
. -wieder warm werde. Da war er nun über Mittag ver-
. gessen worden, weil die Leute, die ihn pflegten, sich
für den Тар auswärts verdungen hatten. Der Alte
„glaubte, als er Dorothea auf dem Felde sprechen hörte,
өтеп Kinde mit seinem Flötenspiel eine Freude ma-
...chen zu können. Aber er ahnte nicht, wie unermeßlich
е war.
Am nächsten Tage konnte Dorothea die Mittagsstunde
2 kaum erwarten, und gleich nach der kurzen Mahlzeit
lief sie hinaus. Sie war so gläubig davon überzeugt, das
a schöne Wunder werde sich wiederholen, sie ahnte Wun-
derbareres, was noch folgen würde, daß sie an nichts
ET anderes dachte.
,., Als sie das Feld betrat, war die Vogelscheuche ver-
e schwunden.
.,y Dorothea war wie zerschmettert. Traurig blickte sie
Т umher wie über einer leeren trostlosen Brandstatt, und
E Tränen füllten ihre Augen. Nicht lange stand sie; dann
" y wandte sie sich und schritt gesenkten Hauptes nach
ue Hause; und wie um nur etwas zu haben, an das sie ihre
Ae Trauer hängen konnte, sang sie leise vor sich hin nach
n der Weise, die sie gestern gehört:
IT
um Als die Treue ward geborn,
TE flog sie in ein Jägerhorn.
T Jager blies sie in den Wind.
gi Also man sie nimmer findt.
ы ZER: ` a
Am Abend des vorangegangenen ‘Tages hatte Martin
nach seinem Felde gesehen und, da es auf den Herbst
ging und man die Vogelscheuchen vor der beginnenden
Ernte allenthalben beseitigte, auch die seine weggenom-
men und nach Hause getragen. Nun war er gerade da-
bei, in dem kleinen Hof die Latten zu zerkleinern, die
das Knochengerüst von Dorotheas armem Freund abge-
geben hatten; und ihr rotes seidenes Tuch, der Hut mit.
dem verwelkten Kranz von roten Vogelbeeren, all die
Dinge, mit denen sie ihn geschmückt, lagen auf einem
wirren Haufen in der Ecke. Da trat Dorothea in die |
offene Tür von Martins Werkstatt, und mit einem Blicke
überschaute sie alles. Eine wahnsinnige Angst durch-
fuhr sie:
„Nicht töten! nicht meinen Freund töten!“ schrie sie.
Martin drehte sich halb nach ihr um und lief einen
Augenblick das erhobene Beil ein wenig sinken. Da er
sie aber nicht begriff und in ihren Worten nur eine der
belanglosen Undeutsamkeiten fand, mit denen sie ihn
und Marianne ab und zu in Erstaunen setzte, schlug
er zu.
„Ich laß ihn nicht töten“, schrie Dorothea wie rasend;
als ob damit etwas zu retten wäre, sie ihn abdrängen
müßte von einem Leben, das sie verteidigen dürfte, faßte
sie eines der aufwärts gebogenen starken Schnitzmesser,
die auf der Hobelbank nahe der Tür lagen, wie eine
Dolch und stieß es ihm ın der Hoffnung, ihn abzulenken,
in die erhobene Schulter, die das offene Hemd kav»
bedeckte.
Die ungeübte Hand und die ungeeignete Waffe liepen
cx BE
с асықты eee mmm 00 — _ MAN E SA EUR
Aen Stoß nicht zu tief gehen; aber Же Muskeln waren
.in breiten Bündeln durchschnitten, und der Arm hing
:kraftlos herab. Ein Blutstrom trankte das Hemd.
- Ба warf Dorothea das Messer weg und brach, entsetzt
; über sich selbst, weinend zusammen. Sie sah, wie sie
. „bei hellem Bewußtsein die Tat einer Wahnsinnigen be-
gangen, und ihr schauderte; wußte sie doch, daß es
- . eine leblose alte Vogelscheuche war, um die sie sein Blut
ғ vergossen.
. Man brachte sie für die Nacht in E E und ат
y, andern Таре, da Martin Gläßer und Frau Marianne ein
.., gutes Wort für sie einlegten, in die Irrenanstalt der
г Stadt.
--.
Die Arzte vermochten nicht das Leiseste zu entdecken, das
сәс Өте Trübung ihres Geistes hätte vermuten lassen.
d d Nach kaum drei Vierteljahren, während welcher man
І су Зе in Beobachtung hielt, starb sie, schmerzlos dahinge-
.,, nommen von der Krankheit ihrer Kindheit, welche die
iz Sonne von Mammolshain gnädig in ihr niederkámpfte,
S V solange sie ihr geschienen hat.
jam HYMNUS AN DIE SONNE / VON HANS CAROSSA
еш» |
"ra Aus den schwülen
NT Laubgewölben
i ғ: dieser Wildnis
p in die Freiheit
gei) deiner Strahlen
i tret ich wieder,
үші» große Sonne...
Sieh, mich ängstigt,
daß ich dein bin!
Stirngetroffen
von des Mittags
glutgespitzten
Pfeilen ahn ich
oft die einsam-
innige Mordlust
deiner Jugend;
von den Spiegeln
deiner Zinnen
prallt der Aufblick,
prallt die Sehnsucht
selbst zurück . . .
Aber ferne
deinen Feuern
auf gekühlter
trüber Erde
reift em Wunder.
Stolzen Tieren,
goldnen Blumen
bist du innen;
und um alles
kreisen Geister,
tief ermächtigt,
deinen Samen,
wenn es gälte,
hinzuretten
bis in Urnacht ...
— 58 —
Rase, rase
nur, o Sonne!
Rasend schwing uns,
bis wir ewige
Ruhe ahnen!
Doch mir Zwitter-
sohn der Feuchte,
daß іт Lichtsturm
mein Kristallkeim
nicht erblinde,
sauge Schleier
aus den Meeren,
mich zu netzen!
Unterwirf mich
immer wieder
jener einzig
dir verborgnen
Schattenmutter
Nacht, die bandigt!
Sinke, sinke,
Sonnen-Seele!
Hast geleuchtet.
Ruh in uns nun!
Zieh sie ein, die
glanzgesäumten
Ätherfahnen!
Laß mich wieder
ungeblendet
schauen, wie du
klar dich rundest!
Sinke! Sinke!
Leuchte Briidern!
Leuchte allen!
Kehre morgen-
rötend wieder,
allen Seelen
eine Wieder-
kunft verbürgend!
DREI NEUE GEDICHTE / VON RAINER MARIA
RILKE
STÄDTISCHE SOMMERNACHT
Unten macht sich aller Abend grauer,
und das ist schon Nacht, was da als lauer
Lappen sich um die Laternen hängt.
Aber höher, plötzlich ungenauer,
wird die leere leichte Feuermauer
eines Hinterhauses іп die Schauer
einer Nacht hinaufgedrängt,
welche Vollmond hat und nichts als Mond.
Und dann gleitet oben eine Weite
weiter, welche heil ist und geschont,
und die Fenster an der ganzen Seite
werden weiß und unbewohnt.
— 6o =
СЕВЕТ FOR DIE IRREN UND STRAFLINGE
Ihr, von denen das Sein
leise sein großes Gesicht
wegwandte: ein
vielleicht Seiender spricht
draußen ın der Freiheit
langsam bei Nacht ein Gebet:
daß euch die Zeit vergeht,
denn ihr habt Zeit.
Wenn es euch jetzt gedenkt,
greift euch zärtlich durchs Haar:
alles ist weggeschenkt,
alles, was war.
О, daß ihr stille bliebt,
wenn euch das Herz verjährt;
daß keine Mutter erfährt,
daß es das gibt.
Oben hob sich der Mond,
wo sich die Zweige entzwein,
und, wie von euch bewohnt,
bleibt er allein.
ENDYMION
In ihm ıst Jagd noch. Durch sein Geäder
bricht wie durch Gebüsche das Tier.
Täler bilden sich, waldige Bäder
spiegeln die Hindin, und hinter ihr
ыс. бұ “oe
hurtigt das Blut des geschlossenen Schläfers, |:
von des traumig wirren Gewäfers К
jähem Wiederzergehn gequält. E
Aber die Göttin, die, nievermählt,
Jünglingin über den Nächten der Zeiten Т
hingeht, die sich selber ergänzte
іп den Himmeln und keinen betraf, *
neigte sich leise zu seinen Seiten,
und von ihren Schultern erglanzte
plótzlich seine Schale aus Schlaf.
DAS HERZ / NOVELLE VON HEINRICH MANN |.
LEICH nach bestandener Matura legte Christoph |.
bei zwei Gelegenheiten solche Proben geschäft- |.
licher Befihigung ab, daf sogar der alte Pacher betrof-
fen war. Er ließ den Sohn mit neunzehn Jahren mün- |.
dig sprecheu und erteilte ihm die Aufgabe, das Egerer ү,
Haus in Wien zu vertreten. „Nach den Beweisen, die |.
ich von dir habe, wirst du in Wien so wenig wie anders-
wo unser Werk gefährden; ich verlasse mich auf dich.“
Damit war Christoph alleın und ging still und fest seinen
männlichen Weg. Er tat, umschwärmt von Vergeudung
und Vergnügen, keinen Schritt, der nicht Erwerb und
Nutzen galt.
Eines Abends, als ег, wie jeden Abend, um 10 Uhr
nach Hause kam, stieß ег im Dunkeln der Treppe mit
— 62 —
* den Fin
_ ngerspitzen an einen Körper, der leise aufzuckte.
Christo
ph schlug Licht: da flammte großes rotes Haar
auf, und ein zu weißes Gesicht sah ihn aus umschatteten
Augen wie blind an. Er hob die Frau vom Geländer.
»E cu sind krank? Ich will einen Arzt holen.“
Е „Es ist unnütz, Ich habe nichts gegessen."
Sie hatte seit fünf Tagen kaum gegessen. Christoph
stützte sie bis in ihr Zimmer, holte seine Vorráte und
205 Sich zurück. Am Morgen, es war Sonntag, klopfte
er und fragte, was sie zu tun gedenke. Sie sagte, sie
Wisse nichts mehr; ihr Mann trinke und habe sie ver-
assen, Sie wolle anständig bleiben. Er schwieg, er be-
rechnete rasch, wie weit sein Einfall ihn führen könne;
ann entschloß er sich.
‚Ich will Ihnen in einem Restaurant die Pension be-
zahlen. «
4
qu
nat, Jg N H D D
2 Nachher sprach er mit der Hausmeisterin. Es lag tat-
i i Sichlich am Mann. Die Frau Melanie Gall hätte Ka-
n? Valere genug haben kónnen, und der berühmte Ma-
Hat art wollte sie malen. Aber nicht einmal ihr Haar gab
Är Se her,
ке Ат nächsten Sonntag kam ег wieder, um sie zu unter-
LL alten, und darauf am Abend des Donnerstag, der ein
hale eiertag war. Er sprach von Schiller, sagte einen im
JN letzten Schuljahr verfaften Aufsatz her, der seine poli-
төш Usche Überzeugung enthielt; — und einen hóheren Sinn
Ewe! als in der Nachtstunde,.da er sie ersann, schienen die
Sätze zu tragen, nun die Frau ihnen lauschte. Sie saß
wi Weich vorgebeugt, das Kinn in der weißen, wie muskel-
Ten" еп Hand, und sah von unten in seine Augen, die ge-
а» 63 s
lassen glänzten. Seine Stimme und seine Stirn waren
fest und rein. Ihre Stirn, ihre Büste näherten sich lang-
sam. Er sagte:
„Wir sollten uns alle für gleich halten und einander
helfen; wozu sonst alle Arbeit.“
Da fühlte er ihren Atem, und ehe er erschrecken konnte,
schlugen schon ihre Arme um seinen Hals.
Diese Nacht irrte er in den Straßen umher, schrieb
am Morgen an seinen Vater, und noch vor Mittag stand
ег vor ihr.
„Meine Melanie, wir werden fort müssen.“
Sie sagte:
„Du hattest noch nie eine Frau besessen, wie?“
Da er den Kopf bewegte:
„Ich weiß, was ich getan habe!“ — und sie umarmte
seinen Kopf. Er entzog ihn ihr.
„Du wirst es schwer haben mit mir. Wir werden arm
sein und in der Fremde leben.“
„Ich bin älter als du.“
» Vier Jahre, was bedeutet das.“
„Ich wundere mich. Du Kind, du willst mein Mann
sein?... Nein, ich wundere mich nicht.*
Sie maß ihn. Er war nicht größer als sie, aber er hielt
die schmalen Schultern gespannt, und wie kräftig lagen
die Lippen aufeinander! Mit einem stockenden Lücheln
der Bewunderung sagte sie:
„Ich bete dich an.“
Er schlof die Augen. Als er sie óffnete, war seine
Stimme ganz leise und so ernst wie eine Drohung.
„Es ist fürs Leben.“
Zr VE
ar"
y Honoré de Balzac
X
. \
ie Antwort seines Vaters sah aus, wie ers erwartet
tte. Er fuhr nach Hause; und bei seiner Rückkehr
gte er zu ihr:
ch bin also enterbt und entlassen: wir kónnen rei-
n.“
e fuhren auf einem Tandem über den Semmering,
ach Italien; es war im November. e
Aber hier ist es kalt“, sagte Melanie. „Wo ist die
onne, wo sind die Blumen?“
T erwiderte:
Ich weiß bestimmt, daß hier etwas für mich zu ma-
hen ist.“
іг hatte sich die Agentur einer Fahrräderfabrik ver-
chafft und brachte mit Verkäufen sie und sich von einer
Stadt zur andern fort. In Brescia ging er zu dem Ge-
schäftsfreund seines Hauses.
„Ihr Herr Vater hat mir schon geschrieben“, sagte der
Mann. „Es ist Geld für Sie da, falls Sie die Frau, mit
der Sie sind, verlassen wollen. Ich rate Ihnen, vernünf-
tig zu sein. In einem Lande, dessen Sprache. . .*
Christoph hérte nicht weiter, er hatte die Tür zuge-
schlagen.
In Mailand bezogen sie eine Kammer, auf einen Hof
hinaus, und Christoph lief die Stadt ab nach einer An-
stellung. Des Abends kam er heim, abgehetzt, beschmutzt
durch kleine niedrige Gelegenheitsarbeiten, die Augen
noch voll von den Gesichten des Elends: — und da ging,
gleich hinter dieser schwarzen Tür, die Feensonne ihres
Haars auf! Sie streckte ihm diese weißen Arme entgegen,
und ein warm blühender Garten umfing ihn. Er aber
we «657 S
schlug nicht die Augen nieder. ,Sie ist reich,“ dachte
er, ,aber auch ich bin es. Ich werde ihr einen Palast
bauen. Eines Tages wird sie mir sagen, daß es das K liigste
war, was sie tun konnte, daß sie mit mir kam.“
Es ward so kalt und die Arbeit so selten, daß er es vor- :
zog, im Bett Italienisch zu lernen. Nach zwei Monaten
war eines Morgens ihre Kammer ein wenig heller. „Ob
die Sonne scheint?“ Seit acht Tagen lebten sie von dem
Rest einer Polenta, die Melanıe von einer Nachbarin
zum Kosten bekommen hatte. „Die Frühlingsluft wird
uns gut tun."
Auf der Straße nach Monza sahen sie einander, noch
blinzelnd, in die Gesichter: sie waren schmäler und |
blasser; — und gleich rasch umschlang einer des andern
Arm.
» Wir haben einen guten Winter verlebt. Wir werden |
Glück haben."
„Da -", und Melanie lächelte wie eine Zauberin. „Was '
schenke ich dir?^
Im Staube lag ein Zweilirestiick. Welch Fest! Und
wie sie gesättigt nach Hause kamen, wartete auf dem
Tische ein Brief; eine Hanffabrik ın Ferrara, der Chri-
stoph sich angeboten hatte, berief ihn; und das Reise- |
geld reichte für zwei Billette dritter Klasse! |
In Ferrara fand es sich, daß Buchhalter und Geschäfts-
führer in Angst lebten vor dem nahen Besuch ihres -
Herrn, des Abgeordneten Bizarri. Er war jähzornig, und
die Bücher waren schlecht geführt. Christoph erbot sich,
sie mit Hilfe der Nächte in Ordnung zu bringen. Me-
lanie arbeitete mit ihm. |
"UL. e |
. Wenn ich dich nicht hätte, würden diese viertausend
rancs mir entgehen.“
tines Nachts trat der Geschäftsführer ein.
‚Sie sind verheiratet, Herr Pacher? Aber dann bekom-
nen wir ja eine schöne Frau mehr in unsere etwas ein-
önige Gesellschaft.“
лче Jahre lang lebten sie geachtet und in Frieden.
Dann begegnete Melanie zögernden Grüßen, man rich-
еле halbe Worte an Christoph. Ein Reisender seines
Vaters war in der Stadt gewesen.
» Wie er hinter uns her ist!“ sagte Melanie, zusammen-
gebrochen. „Welch Haß!“
‚ Christoph dachte: „Ich begreife ihn; aber eines Tages
‚werde ich ihm gegenübertreten, reicher als er selbst.“
Und er richtete sie auf, er küßte sie.
„ich habe schon ein kleines Kapital, wir sind auf dieses
Nest nicht angewiesen. Wir gehen nach Bologna, und
; xch etabliere mich.“
Alles ging gut. Durch den Abgeordneten Bizarri ward
,; Christoph mit einem jungen Manne von großem Ein-
S luf bekannt, der ihm sogleich Freundschaft zeigte. Gae-
ы tano Grappa war aus einer mächtigen Familie der Stadt,
ә und er lebte in Rom als Sekretär eines Ministers. Er
verschaffte Christoph Kredit und Konzessionen; einmal
. führte er den Minister in die Fabrik.
„Ме habe ich emen solchen Freund gehabt“, sagte
; Christoph. Melanie sah ihn tief an.
„Мег weiß, was er von dir will. Du hast eine Freun-
din: ist das nicht genug?“
Im Sommer machten sie Fahrten in den Apennin; Gae-
— 67 —
tano kam fiir einen Tag von Rom ber, um dabei 2
sein. Eines Sonntags saßen sie ohne Melanıe droben in
Abetone. Gaetano war schweigsam gewesen, und jetzt
trank er.
„Ich habe dich nie so viel trinken gesehen“, sagte
Christoph. Wë
„Ich bin nicht, der du glaubst“, — und Gaetano s
d а КӨКЕК : 1S. Welch
ibn entsetzt ап. „Zwischen uns ist ein Geheimn
Geheimnis!*
Flüsternd:
„Ich liebe deine Frau.“
Da Christoph heftig erbleichte: m Sie
„O! fürchte nichts. Deine Frau ist eine Heilige.
würde mich sterben sehen.“
Er schluchzte auf. "P
„Und nimm hinzu, daf ich in Wahrheit dein Freund 2
Nach einer stummen Weile, da Christoph aufstan Aber
»Nimm es nicht wichtig; ich habe getrunken.
. ich
du sollst sehen, daß ich sicher auf dem Rad size
fahre die Abkürzung.“
„Sie ist lebensgefährlich!“
Der andere hielt an, am Rande des АҺҺап 6%
„Du warnst mich?“
Christoph wandte sich ab. саг
Er hörte einen Sturz und ее hin: Gaetano
verletzt. Christoph berührte seine Schulter.
„Du dauerst mich.“
Т S ekom-
„Aber es wäre besser für uns alle, ich wäre umo
men.*
„Ja“, sagte Christoph.
un-
Sie führten ihre Räder. Gaetano begann plötzlich: „Gib
mir deine Frau! Ich spreche nicht zu dir wie ein Gent-
leman, aber danach frag ich nicht mehr. Gib sie mir
und verlang, was du willst.“
Christoph erwiderte mit ruhiger Stimme:
„Du hast nicht nötig, mich zu bezahlen. Sie mag wäh-
len zwischen uns.“
„Es gibt etwas Neues“, sagte er zu Melanie. „Der Gae-
tano hebt dich.“
Und mit einem Blick in ihre Augen:
„Ah! es ist nichts Neues für dich: ich dachte es mir.“
Sie nahm seine Hand.
„Verzeih! Ich wollte dich nicht erzürnen gegen ihn, du
solltest deinen Freund behalten.“
„Lassen wirs. Jetzt hast du die Wahl.“
„Was willst du sagen?“
. „Er ist reich, er bietet dir eine große Zukunft: meine
ist unsicher. Sein Einfluß reicht bis zum Papst: mag
Sen, daß er deine Scheidung bewirkt, was ich nicht
könnte. Dann wird er dich heiraten.“
„Was geht das alles mich an? Ich soll wählen? Ich
habe doch gewählt, als ich dir folgte. Hast du vergessen,
was du damals sagtest? Es ist fürs Leben.“
„Mag sein; — aber wir sind älter geworden und so
oft schon enttäuscht. Mir ahnt, daß wir auch von hier
werden fort müssen. Willst du immer ohne Heimat blei-
ben?«
„Du bist meine Heimat, du!“ — und sie schüttelte
seine Schultern. „Denke an unsere Kammer in Mailand,
als wir noch ganz fremd waren und allein. O! all die
=
Fremden, durch Ше wir hindurchgegangen sind: ihre
Masse hat uns aneinandergepreßt. Was will uns noch
trennen!“
Sie sah seine Schläfen weniger hart, sein Mund zuckte,
— und sie jubelte auf, sie riß ihn an sich.
„Ah! Du hast gezweifelt. Du hast Angst gehabt. Wie
ich dich dafür liebe! Du bereitest mir das Glück, daß
ich mich dir noch einmal geben darf!“
Der junge Grappa warf mit dem Wagen um und lag
zwischen Leben und Tod. Als er gerettet war, kam das
Haupt der Familie zu Christoph und bat ihn, abzureisen
mit seiner Frau.
„Wir würden hier kein Glück mehr haben,“ sagten sie
zueinander, „wozu den Armen quälen. Recht weit fort!
Etwas ganz Neues!“
Sie fuhren nach Neuyork. Alte Bilder, die Christoph
in Italien zusammengebracht hatte, trugen ihm ein
erstes Kapital ein. Er ließ Melanie in der besten Pen-
sion von Baltimore und zog aus, um Geld zu ma-
chen. Er erwarb Wald und Land, stach Torf, ward
Mitbegründer einer Stadt, auf einer Farm von Räubern
niedergestreckt; — und sobald er vom Bett aufgestan-
den war und einen sicheren Wohnort hatte, holte er sie
zu sich.
In vier Jahren stieg der Wert der zweihundert Bau-
stellen, die ihm in Springtown gehörten, um das Zwölf-
fache. Sie bewohnten ein ganz städtisches Haus.
» Was ist heute im Theater?“ sagte Melanie eines Abends,
— 70 —
und sie seufzte. „Hundertfünfzig Meilen vom nächsten
Theater entfernt zu leben: welch Geschick!“
ә Wir werden uns später dafür entschädigen. Inzwischen
genießen wir hier den Vorzug, daß niemand sich um
uns bekümmert.*
„Das ist freilich sehr wahr. Hierher verirrt sich kein
Reisender deines Vaters. Aber mit dreißig Jahren ver-
zichten müssen auf Menschen, Musik, Luxus!"
Da er nicht mehr antwortete:
„Später, sagst du? Aber können wir denn unverhei-
ratet hinüber? Und du willst nicht, daß wir heiraten,
. — obwohl meine kirchliche Ehe hier gar nicht hindert.
Aber du bist ein zu guter Geschäftsmann, und dein
Pflichtteil ist dir lieber als mein Glück.“
. „Es ist nicht der erste Abend, daß wir dies alles be-
. sprechen.“
Sie hórte nicht.
. „Noch später? Dann werde ich alt sein. Wirst du dann
X
NT
Sa
ee Жак,
Y
noch bei mir sein?“
Wie du dich langweilst?* sagte er im Ton des Mit-
leids. Aber so viel Unvernunft machte ihn ratlos und
árgerlich; er ging hinaus.
Sie sprang auf, sie holte ihn von der Schwelle zurück.
»Bleibe! Du làft mich zuviel allein mit meinen Ge-
danken. “
» Wenn ich nicht eine vernünftige Frau hätte, wir hätten
uns nie durchgekämpft bis hierher.“
Sie stützte beide Hände fest auf seine Schulter, sie sah
ihm іп die Augen.
„Du willst mich nicht heiraten?“ Und ehe er antworten
konnte: , Uberlege, was du sagst! Wir kennen uns so
lange, und doch ist mirs jetzt, als habest du dich nie viel |
um mich bekümmert.“
„Ich verstehe dich immer weniger.“
Er führte ihre Hand an die Lippen.
„Darf ich jetzt gehen?“
Sie ließ ihn plötzlich los.
„Ja“, sagte sie in einem Ton, daß er sich umsah.
Alseram Morgen erwachte, war sie fort. Ein Brief lag da.
„Du liebst mich nicht mehr, ich befreie dich von mir.
Ich gehe mit einem Mann, den ich nicht liebe, aber der
mich heiratet.“
Er hielt sich am Tisch, ihn schwindelte heftig. Gleich-
wohl tat er seine Arbeit wie immer. Mittags, wie er
heimkam, schüttelte ihn das Fieber. Er unterdrückte
es und machte einen Ritt. Es kam, ging, und kam wieder,
er mußte nachgeben. Da ließ er auf einmal das Essen,
blieb іт Schlafzimmer und schloß die Läden.
Kameraden zogen ihn hervor, einer, ein Franzose, der
in Neuyork wohnte, nahm ihn mit dorthin, zerstreute
ihn und drängte ihn in Unternehmungen. Zwei Monate
später fuhr Christoph nach dem Westen, um eine Kupfer-
mine zu kaufen. Sie war so lange kaum ausgebeutet;
die hohen Frachtsätze der zu Goulds Trust gehörigen
Bahn hatten es verhindert; aber eine zweite, unabhängige
Linie war, ganz nahe seiner Mine, im Bau. Nach einem
Jahr blieb der Bau plötzlich liegen: die Gesellschaft hatte
sich mit Gould verständigt. Christoph verkaufte mit Ver-
lust und kehrte nach Neuyork zurück.
„Ich habe es satt,“ sagte er zu seinem Freund, „ich
sehe wieder hinüber. Vier Wochen, um alles abzuschlie-
Jen.*
„Du wohnst so lange bei mir,“ sagte der Freund, „und
du arbeitest auf meinem Bureau.“
Eines Tages empfing er Christoph:
„Eine Frau hat nach dir gefragt: schlank, dreißig Jahre,
kupferrotes Haar. . . . Ah! ich wußte es“, sagte er, da
Christoph erbleichte.
. Der Freund begann wieder, mit halber Stimme:
„Sie hat dir viel Leiden zugefügt?“
. Christoph zuckte die Achseln.
„Es ist wahr, daß ich ihretwegen herübergekommen
. bin, und es war umsonst. Meine zweihundert Baustellen
. in Springtown, die ich damals verkaufte, würden mich
A
et
рр
. schon heute zum Millionär machen. Ich bin етегім,
. meine Gesundheit hat gelitten, ich habe meine Jugend
verbraucht. “
„Das alles aber“, sagte der Franzose, „ist nichts, ver-
. glichen mit dem, was sie dir in diesem Augenblick an-
, tut, da sie wıedererscheint.“
. Er trat, die Arme verschränkt, vor Christoph hin.
„Ich bin dein Freund, und ich sage dir: Wenn du sie
noch ansiehst, lieber schlag ich dich tot.*
„Sei unbesorgt^, und Christoph sah vom Schreibtisch
auf. ,Sie ist gegangen, das konnte sie. Zurückzukehren
steht nicht in ihrer Macht.“
Wie er am Tage darauf drunten aus dem Lift trat, stand
sie da. Sie fiel sogleich nieder.
Nimm mich zurück!“
„Wenn du nicht aufstehst —“, und er wollte an ihr
vorbei. Aber sie umklammerte seine Füße, sie kiiBte sie.
„ Verzeih! Nimm mich zurück!“
Er zerrte sie in Ше Höhe.
„Ich habe es nicht ausgehalten bei jenem. Ich liebe dich,
immer werde ich dich lieben.“
Da er abwehrte:
„Du willst mich von dir stoßen? Du?“ — die Hände
gerungen. „Aber du begreifst doch, daß ich nicht wußte,
was ich tat.“
„Du hättest es wissen sollen“, sagte er. Sie zog den
Schleier von den Augen und sah ihn an.
„Jener hat mir sein halbes Vermögen verschrieben für
den Fall, daß ich fort will. Ich lasse mich scheiden, das
Geld ist dein.“
Da sah er auf einmal, daß sie eine andere war: sah
die Erfahrungen in ihrer Miene, das Abenteurerleben
hinter ihr. Er spürte brennendes Mitleid — und eine
Lockung, die ihm das Blut in die Stirn trieb. Sie schrie
auf, sie griff nach ıhm.
„Ah! Du liebst mich noch!“
Er riß sich los, und er floh.
„Ich habe gezeigt, daß ich stark bin*, sagte er zu seinem
Freunde. ,Da nun mein Platz auf dem Schiff belegt ist:
wir waren sieben Jahre zusammen, hilf sie mir suchen,
ich muß Abschied. von ihr nehmen.“
Nach tausend vergeblichen Schritten erfuhren sie die
Straße. Christoph durchsuchte sie, Haus für Haus, Treppe
für Treppe. In ihrer Wohnung sagte man ihm, sie liege
seit drei Wochen im franzósischen Hospital.
Sie láchelte ihm aus dem Bett gütig entgegen.
„Ich bin nicht mehr sehr krank ... Du reist? Schon
heute?*
„Um sechs Uhr“, sagte er. Sie schien nicht zu hören,
ihre Augen forschten in seinen. Leise und dringend:
„Du hast sehr gelitten, als ich fort war?“
Er zögerte.
„Ich bin damit fertig geworden. Dafür bin ich ein Mann.
Vielleicht hast du es noch schwerer. Darum eben komme
ich.“
„Du reist. So soll es denn aus sein.“
Sie sprach mit starrem Blick vor sich hin.
„Sieben Jahre. Vielleicht wirst du doch einmal denken,
daß es die besten waren.“
„Das denke ich schon jetzt“, sagte er und gab ihr die
Hand. Sie nahm sie beide.
„Denn wir haben uns sehr geliebt... Wirklich? Du
verläßt mich ganz?“
Plötzlich öffnete die Angst ihr weit die Augen, ihre
Stimme flog.
„Du kannst nicht bleiben? Du kannst nicht vergessen?"
„Ich würde es dir später vorwerfen. Ich will dich als
eıne Entwürdigte nicht wieder haben. Dafür habe ich
die noch immer zu lieb, die du warst.“
» Wie du hart bist“, murmelte sie, und ihre Züge sanken
ein. Er sah sie auf einmal tief ermüdet von Krankheit
und Leidenschaft. Er dachte: „Wenn ich sie behielte:
' in zehn Jahren wäre ich noch jung, und ich hätte eine
‚ alte Frau ... Auf was für Gedanken ich komme!“ —
und er wandte sich ab und beugte das Gesicht in die
Hände. Sie begann wieder.
— 95 —
„Ein Augenblick des Vergessens nach so vielen Jahren
der Gemeinschaft: und du verurteilst mich!“
Sie erhob die Stimme. Eine Flamme der Feindschaft
trat in ihren Blick.
„Aber du hast mich immer nur ausStolz geliebt, aus Trotz
gegen deinen Vater und die Welt, aus Eigenliebe. “
Sie arbeitete sich empor. Die Hand in die Brust ge-
krallt:
„Was bin ich dir. Ich hasse dich!“
„Und du?“ sagte er, bleich. „Ich könnte dir sagen, daß
du nur so lange zu mir gehalten hast, als wir verfolgt
wurden und ich dir Opfer zu bringen hatte.“
Sie schrie auf.
„Nein! Nein!“
Und plötzlich leise, zusammengesunken:
„Wirklich? Ist es so? Wer sind wır denn, und welchen
Feind tragen wir im Herzen?“
Aber sie umklammerte seine Arme.
„Ich will nicht! Ich will nicht untergehn! Nur einen
Feind habe ich, der mir-dich nehmen will, gegen den
ich mich wehre: du bist es selbst. Du wirst mich nicht
verlassen, — da ich dir doch sage, daß ich dein bin.
Hörst du? Ich stehe auf, ich bin gesund, wir gehen
fort, ich arbeite mit dir, ich bin deine Frau!“
Da ег sie ins Bett zurückdrängte:
»Ach, nicht? Deine Magd also, deine Magd. Reise und
nimm mich mit, im Zwischendeck !*
Er drückte sie auf das Kissen, und er strich ihr leise
über das Haar. Sie betastete ihre Lider.
„Verzeih!“ sagte sie. „Ich weiß wohl, daß du recht
f
rast. Wenn du mich zurücknähmest, du wärest ein
Gott. Jetzt aber liebe ich dich, denn du bist ein Mann.
[ch liebe dich, ich liebe dich!“
Sie verschränkte die Hände um seinen Nacken und hob
sich langsam an ihm empor. So blickte er wieder ganz
nahe in dies Gesicht, in das er länger geblickt hatte als
in alle andern Menschengesichter. Diese Lippen, denen
er sich auf den Kopfkissen aller Länder anvertraut hatte,
atmeten wieder in seine. Alles, was er sein Leben lang
schön genannt hatte, kehrte zurück unter seinen Ruf,
Das Wesen, das seine Seele, seine Jugend, das Beste
seiner Kraft empfangen hatte, es schlang noch einmal
zehrend um ihn die Arme ... Ihre Lippen stießen auf-
einander. Er sank nieder zu ihr, mit dem Gesicht an
ıhres.
„Christl!“
„Lani!“
Und sie weinten. Durch Schleier von Tränen sagten
sie einander Liebesworte von einst, Erinnerungen ferner
Stunden; und sie flüsterten leise, leise, als hätten diese
Dinge keine laute Stimme mehr.
Eine Uhr schlug, er richtete sich auf.
, „Leb wohl!“
- Sie sah ihn an, wieder voll Angst.
„Ich kann nicht. Nie werde ich diese Liebe verwinden.*
„Doch,“ sagte er, „und du wirst wieder glücklich wer-
den. Man wird dich lieben. Wir leben weiter.“
. „ich will unglücklich bleiben. Wozu leben wir weiter.
Ich habe doch eine Seele. Mein Gott!“
Von der Tür her sah er zurück: sie schluchzte abge-
wandt. Er tat einen raschen Schritt ins Zimmer, er
öffnete den Mund. Aber er schiittelte, die Lider ge-
schlossen, den Kopf, kehrte um und ging hinaus, wie
im Traum.
VERSE ZUM GEDACHTNIS VON JOSEPH KAINZ |
VON ERNST HARDT UND HUGO VON HOFMANNS-
THAL
Nie wieder werdet ihr die strahlende
Fanfare seiner Stimme hören, niemals
Das Flammen seines Blicks, erinnert euch,
Des reichen dunklen klugen Auges Feuer
Niemals, ihr Freunde, wiedersehn, noch seines
Adelig hagern Leibs, der schroffen Glieder
Blitzendem Flug nachzucken, starr, in neidisch
Lauschenden Muskeln. — Freunde, niemals wieder!
Gesteht es doch: die wir ihn grenzenlos
Bewunderten, wir liebten ihn noch mehr
Mit einem stummen Taumel lächelnden
Entzückens, wie man Tanz und Spiele liebt,
An Kindern Jubel Tränen Eigensinn
Und junger edler Pferde hochgebäumten Trotz,
Denn was uns Wunder dünkte an dem Mann,
Nennt es die wilde heiligste Musik `
Des Seins: des roten Blutes niemals müde
Aufjauchzende Lebendigkeit.
Zu diesem Springquell, herrisch liebend,
Trunkener Jüngling, Meister kühl und streng,
Hat ег der Dichter Lust- und Qualentraume
Voll Kühnheit Demut Emsigkeit geneigt,
Bis Glut lebendig ward ın seinem Glühen
Und seınem Leib einfuhr zu tausendfacher
Und königlich geprägter Wirklichkeit.
Nenn ich es Seele, nenn ichs Geist, dıe Kraft,
Mit der er tief hinabdrang in das Meer
Des Menschen, wo in Finsternis verborgen
Der Taten Feuer glimmen, die wir tun
Im Licht? Ein Perlentaucher, stieg er auf, die Hände
Beide gefüllt mit bunten hellen blinkenden
Zündfunken unsrer rätselvollen Taten,
Und trug wie Fackeln sie in beiden Händen
Vors starre Angesicht der großen Sphinx. —
Soll ich sie reihen, die erschütternden
Gestalten, all der Seelen Schwarm, die uns sein Blut,
Wie Südens Luft weltferne Berge herreicht,
So dicht herangezaubert und mit seines Wesens
Unnennbar süßem Reiz so tief durchdrungen,
Daß wir erschraken und dann — lieber Bruder —
Zum blassen Prinzen sagten und zum wilden,
Zum kranken Dichter und zum іггеп Helden,
Zum Bettler Narren Träumer Abenteurer,
Zum großen Dulder und zum großen Täter?
Wie war sein Leib doch seiner Seele Macht
So hingegeben wie ein Lehm in eines
Bildners gewaltig starke Schöpferhand!
Gedenket doch
Der prinzlichen Gebärde seines Grußes,
Und wie er eine Treppe niederstieg,
Und was aus Waffen ward ın seiner Hand,
Und wie er sprang und fiel und lief und stand,
Die Schwungkraft einer Gerte іп den Lenden
Und іп dem Nacken Stolz und Trotz aus Stahl.
Mit welchem Tone rief der Schmerz aus ıhm,
Wie heulte Wahnwitz, jubelte die Freude,
Wie schwoll der dumpfen Klage dumpfer Laut
Hinan zum hellen Brand des Schreis und wie
Entrang sich wimmernd oft ein leises wehes
Gequältes Schluchzen seiner bangen Brust...
Wer nennte all die menschlichen Gewalten,
Des Tiefsinns und der Rätsel Überfülle,
Die er, ein König, königlich verwaltet.
Wir wollten einen Toten nur beweinen,
Ich aber nannte ein Geschlecht, das starb!
Sprühende Flamme warst Du, Blut und Geist,
Aus Ewigkeit und aus der Zeit geboren, |
Gestalter, Künder Du der zartgespaltnen
Und hochgebauten Vielfalt ihrer Seele,
Und warst, o Kainz, der starken, harten, unsrer, warst
Eiserner Sprache goldne Nachtigall!
Nun bist Du in die Purpurnacht des Nichts,
Du Lieber, uns entschwunden.
Nie wieder werdet ihr die strahlende
Fanfare seiner Stimme hóren, niemals
Das Flammen seines Blicks, erinnert euch,
= Bo -==
Des reichen dunklen klugen Auges Feuer
Niemals, ihr Freunde, wiedersehn, noch seines
Leibes adlige Gebärde. Niemals wieder, Freunde!
Ernst Hardt
П
О hätt ich seine Stimme, hier um ihn
Zu klagen! Seinen königlichen Anstand,
Mit meiner Klage dazustehn vor euch!
Dann wahrlich wäre diese Stunde groß
Und Glanz und Königtum auf mir, und mehr
Als Trauer: denn dem Tun der Könige
Ist Herrlichkeit und Jubel beigemengt,
Auch wo sie klagen und ein Totenfest begehn.
О seine Stimme, daß sie unter uns
Die Flügel schlüge! — Woher tönte sie?
Woher drang dies an unser Ohr? Wer sprach
Mit solcher Zunge? Welcher Fürst und Dämon
Sprach da zu uns? Wer sprach von diesen Brettern
Herab? Wer redete da aus dem Leib
Des Jünglings Romeo, wer aus dem Leib
Des unglückseligen Richard Plantagenet
Oder des Tasso? Wer?
Ein Unverwandelter in viel Verwandlungen,
Ein niebezauberter Bezauberer,
Ein Ungerührter, der uns rührte, einer,
Der fern war, da wir meinten, er sei nah,
Ein Fremdling iiber allen Fremdlingen,
Einsamer iiber allen Einsamen,
Der Bote aller Boten, namenlos
22) 81 реле
Und Bote eines namenlosen Herrn.
Er ist an uns vorüber. Seine Seele
War eine allzu schnelle Seele, und
Sein Aug glich allzusehr dem Aug des Vogels.
Dies Haus hat ihn gehabt — doch hielt es ihn?
Wir haben ihn gehabt — er fiel dahin,
Wie unsre eigne Jugend uns entfällt,
Grausam und prangend gleich dem Wassersturz.
О Unrast! O Geheimnis, offenkundiges
Geheimnis menschlicher Natur! О Wesen,
Wer warest du? O Schweifender! О Fremdling?
О nächtlicher Gespräche Einsamkeit
Mit deinen höchst zufälligen Genossen!
O starrend tiefe Herzenseinsamkeit!
О гиһеіовег Geist! Geist ohne Schlaf!
O Geist! O Stimme! Wundervolles Licht!
Wie du hinliefest, weißes Licht, und rings
Ins Dunkel aus den Worten dir Paläste
Hinbautest, drin für eines Herzschlags Frist
Wir mit dır wohnten — Stimme, die wir nie
Vergessen werden — o Geschick — o Ende —
Geheimnisvolles Leben! Dunkler Той!
O wie das Leben um ihn rang und niemals
[hn ganz verstricken konnte ins Geheimnis
Wollüstiger Verwandlung! Wie er blieb!
Wie königlich er standhielt! Wie er schmal,
Gleich einem Knaben, stand! O kleine Hand
Voll Kraft, o kleines Haupt auf feinen Schultern,
О vogelhaftes Auge, das verschmähte,
za m
Jung oder alt zu sein, schlafloses Aug,
O Aug des Sperbers, der auch vor der Sonne
Den Blick nicht niederschlagt, о kühnes Aug,
Das beiderlei Abgrund gemessen hat,
Des Lebens wie des Todes — Aug des Boten!
O Bote aller Boten, Geist! Du Geist!
Dein Bleiben unter uns war ein Verschmähen,
Fortwollender! Enteilter! Aufgeflogener!
Ich klage nicht um dich. Ich weiß jetzt, wer du warst,
Schauspieler ohne Maske du, Vergeistiger,
Du bist empor, und wo mein Auge dich
Nicht sieht, dort kreisest du, dem Sperber gleich,
Dem Unzerstórbaren, und hältst in Fängen
Den Spiegel, der ein weiBes Licht herabwirft,
Weißer als Licht der Sterne: dieses Lichtes
Bote und Trager bist du immerdar,
Und als des Schwebend-Unzerstórbaren
Gedenken wir des Geistes, der du bist.
O Stimme! Seele! aufgeflogene!
Hugo von Hofmannsthal
EINSIEDLERS SEHNSUCHT / VON FRIEDRICH
NIETZSCHE
O Lebens Mittag! Feierliche Zeit!
0 Sommergarten!
| dora. Glück im Stehn und Spähn und Warten!
с Der Freunde harr ich, Tag und Nacht bereit:
Wo bleibt ihr, Freunde? Kommt! 's ist Zeit! 's ist Zeit!
— 83 —
Im Höchsten ward für Euch mein Tisch gedeckt:
Wer wohnt den Sternen
So nahe, wer des Lichtes Abgrundsfernen ?
Mein Reich — hier oben hab ichs mir entdeckt —
Und all dies mein — wards nicht für euch entdeckt?
Nun liebt und lockt euch selbst des Gletschers Grau
Mit jungen Rosen,
Euch sucht der Bach, sehnsüchtig drängen, stoßen
Sıch Wind und Wolke höher heut ıns Blau,
Naht euch zu spähn aus fernster Vogelschau — — —
Da seid ihr, Freunde! — Weh, doch ich bins nicht,
Zu dem ihr wolltet?
Ihr zögert, staunt — ach, daß ihr lieber grolltet!
Ich bins nicht mehr? Vertauscht Hand, Schritt, Gesicht?
Und was ich bin, euch Freunden bin ichs — nicht?
Ein anderer ward ich und mir selber fremd?
Mir selbst entsprungen?
Ein Ringer, der zu oft sich selbst bezwungen,
Zu oft sich gegen eigne Kraft gestemmt,
Durch eignen Sieg verwundet und gehemmt? —
Ich suchte, wo der Wind am schärfsten weht,
Ich lernte wohnen,
Wo niemand wohnt, in öden Eisbärzonen,
Verlernte Mensch und Gott, Fluch und Gebet,
Ward zum Gespenst, das über Gletscher geht.
Ein schlimmer Jäger ward ich: seht, wie steil
Gespannt mein Bogen!
ée "te
H
. Der Starkste wars, der solchen Zug gezogen —
Doch wehe nun! Ein Kind kann jetzt den Pfeil
. Drauf legen: fort von hier! Zu eurem Heil! —
i Ihr alten Freunde! Seht, nun blickt ihr bleich,
Voll Lieb und Grausen!
Nein, geht! Zürntnicht! Hier — könntet ihr nicht hausen!
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H
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‚Ihr wendet euch? — — О Herz, du trugst genung!
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. Halt neuen Freunden deine Türe offen,
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Hier zwischen fernstem Eis- und Felsenreich —
‚Da muß man Jäger sein und gemsengleich.
Stark blieb dein Hoffen!
Die alten laß! Laß die Erinnerung!
: Warst einst du jung, jetzt — bist du besser jung!
; ‚ Nicht Freunde mehr, — das sind, wie nenn ichs duch?
Nur Freund-Gespenster!
тх Das klopft mir wohl noch nachts ап Herz und Fenster,
Das sieht mich an und spricht , wir warens doch?“
п — O welkes Wort, das einst wie Rosen roch!
nl.
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E `
Und was uns kniipfte, junger Wiinsche Band, —
Wer liest die Zeichen, |
1" Die Liebe einst hiueinschrieb, noch, die bleichen?
ӨТІ,
| (elt
[ vli
TI.
Dem Pergament vergleich ichs, das die Hand
Zu fassen scheut — ihm gleich verbráunt, verbrannt! -
О Jugendsehnen, das sich mifi verstand!
Die ich ersehnte,
Dich ich mir selbst verwand-verwandelt wahnte —
шы 785. uw
Daf} alt sie wurden, hat sie weggebannt:
Nur wer sich wandelt, bleibt mit mir verwandt!
O Lebens Mittag! Zweite Jugendzeit!
O Sommergarten!
Unruhig Glück im Stehn und Spähn und Warten!
Der Freunde harr ich, Tag und Nacht bereit: —
Der neuen Freunde! Kommt! ’s ist Zeit! "5 ist Zeit!
Aus Nietzsches Briefen an Н. v. Stein.
(Gesammelte Briefe Bd. III, 8. 243.)
WILHELM TRÜBNER / VON KARL SCHEFFLER
S wird einein schwer, sich Trübner alt vorzustellen.
Wie man an Thoma stets als an die Personifikation
des weißbärtigen Alters und an Feuerbach etwa als an
eine Gestalt voll achilleisch kühner Jugend denkt, so
sieht man Trübner als einen kräftigen Mann mittleren
Alters vor sich. Man glaubt ihm jetzt seine sechzig Jahre
so wenig, wie man ihm seine Jugend recht glaubte. Um
1872 wirkte er als Maler schon so reif und sicher wie
heute, ja vielleicht noch reifer und sicherer; dafür wirkt
er aber heute noch so frisch oder gar frischer als vor
vierzig Jahren. Sein ganzes Leben wird von einer ruhigen
Kraft regiert, von einer Kraft sanguinisch phlegmatischen
Temperaments. Von keinem Maler ıst es schwerer mittels
Worten eine Vorstellung zu geben; eben weil er so gleich-
mäßig im Temperament und so gar nichts anderes als
Maler ist. Liebermann ist im Vergleich zu Trübner ein
— 86 x
i
)
vielfaltiger Intellekt, Feuerbach ein glühender Ideen-
;erleber, Marées ein ganz faustischer Mensch. In diesen
allen sieht man deutlich die Dramatik einer Entwicke-
lung. Sogar das Leben eines Geistesverwandten wie Leib}
wirkt neben dem Trübners noch episch bewegt. Trübners
Leben aber ist mehr wie ein einziger, vom Wandel der
Zeiten variierter Zustand. Es gibt Malperioden bei Trüb-
ner, nicht aber eigentlich Entwickelung. Den Zwei-
undzwanzigjährigen schon sehen wir im Besitz emer
Meisterschaft, die sich in der Folge wohl wandelt, zu
der aber nichts wesentlich Héheres hinzukommt. Es ver-
suche jemand, der nichts von Triibner weiß, aus dessen
- Lebenswerk das Schicksal einer Persönlichkeit abzulesen!
Höchstens könnte man aus dieser bedeutenden Arbeit
. von vierzig Jahren eine Entwickelung der neueren deut-
; schen Malerei ablesen. Das ist es auch, was die Jugend-
24
meisterschaft Triibners um деп wohlverdienten Erfolg
. gebracht hat und was den Künstler heute noch nicht
populär werden läßt: der Betrachter vermißt instinktiv
das intellektuelle Erlebnis, das selbst bei Liebermann
und Menzel, bei Slevogt und Corinth sich einstellt —
ganz zu schweigen von Malern wie Thoma, Feuerbach
und anderen ihrer Art. Trübner gibt nichts als gute
Malerei, deren Tonigkeit stillebenhaft eine absolute Zu-
ständlichkeit ausdrückt. Nichts anderes.
Trübner ist einfach. Bis zur Systematik einfach. Er
sieht die Welt nur von einer Seite; aber in dieser Ein-
seitigkeit ist er freilich unwiderstehlich. Um dieser na-
türlıchen Beschränkung willen ist er vielleicht der na-
ivste aller lebenden deutschen Maler. Liebermann ver-
läßt auch einen bestimmten Standpunkt nicht und ist
darum auch einseitig; er aber ist es bewußt. Man spürt,
wie er viele Male um die Dinge prüfend herumgegangen
ist und sıch absıchtsvoll dann beschränkt hat. Oder man
vergleiche Trübners Malweise mıt der ganz verwandten
von Karl Schuch. Schuchs Stillebenbilder sprühen form-
lich von intellektuellem Temperament; man fühlt sofort
die leidenschaftliche Beziehung zum angeschauten Leben;
dieser Maler ıßt das Leben künstlerisch gewissermaßen
auf als ein Lebenshungriger. Courbets Natur scheint an
ihrer Lebenskraft fast zu leiden; man sieht, wie die Fülle
der Naturvitalitát ihn orgiastisch bedrángt. Und bei Cé-
zanne vertieft sich der Eindruck, den er von den ein-
fachsten Dingen hat, bis zur Mystik, bis zu einer Un-
mittelbarkeit, die unheimlich wird. Triibner dagegen
erscheint in aller Fiille seiner Anschauungskraft der Natur
gegeniiber fast indifferent. Sie reicht ihm vor allem Ob-
jekte der Tonigkeit dar, sie liefert ihm Malgegenstände.
In dieser Hinsicht berührt sich seine Art leise mit der
Corinths. Beide Maler denken nur an ihre Malerei; sie
erleiden nicht ihre Eindrücke, sondern genießen sie
als Professionisten. Beide sind nicht nervöse Ergründer,
sondern ein wenig naturburschenhaft in ihrer Bega-
bung. |
Es ist bezeichnend, daß der Leiblschüler nie gezeich-
net hat. Trübner: das ist der Breitpinsel! Dieser Maler
vermag nur aus der Ölfarbenmaterie heraus zu denken.
Der Lehrling Canons hat den Pinsel ergriffen und ihn
niemals wieder aus der Hand gelegt. Leibl, der Lehrer
und Freund, ist genau um so viel größer, als der Wille
— 88 —
395 wp zymdaswunz :4ouqnag uya
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cur Zeichnung ihn in Же Nahe Holbeins geführt hat.
Diese Unlust Trübners, zu zeichnen und den farbigen
Schein der Dinge auf Schwarzweiß-Begriffe zu bringen,
spricht ebenfalls für die Einfachheit seines Geistes. Und
dasselbe tun seine Schriften über Kunst, die er zu ver-
schiedenen Zeiten veröffentlicht hat. Sie sind klar, ver-
ständig und mit einer gewissermaßen ungeschickten Rich-
tigkeit und Sachlichkeit geschrieben. Man könnte den
Stil populär nennen, wäre das sachlich darin Gesagte
nicht eben das ewig Unpopuläre. Ebenso möchte man
sagen, Trübner male volkstümlich: aufrichtig, breit und
klar, derb und schön, mit einer gewissen rustikalen Klassi-
zität; nur daß dann die reine Malerei, die allein der
Anschauung wegen da ist und die in keiner Weise über
den Gegenstand räsoniert, niemals volkstümlich sein
kann.
Vielleicht gibt es in der Kunst des neunzehnten Jahr-
hunderts kein größeres Wunder als die Talentäußerungen
dieses Goldschmiedsohns aus Heidelberg zwischen sei-
nem zweiundzwanzigsten und fünfundzwanzigsten Jahre,
nichts Bewunderungswürdigeres als den blutjungen Maler
des Hofmeisterportráts, der Elternbildnisse, der Wild-
bretstilleben, der Landschaften vom Herrenchiemsee und
aus Heidelberg, des Schuchportráts, der Dame mit Hut
und Pelz und ähnlicher Werke. Es gibt keinen glän-
zenderen Aufstieg als den dieses Canonschülers, der,
kaum daß er mit Leibl bekannt war, kaum daß er die
alten Meister in Deutschland, Holland und Italien zu
studieren begonnen hatte und kaum daß er auf der be-
rühmten Münchener Ausstellung von 1869 die modernen
Franzosen, Courbet an der Spitze, kennen gelernt hatte,
selbst wie ein alter Meister dastand, der mit unerklär-
licher Sicherheit das Klassische der Alten, wıe es über
die Jahrhunderte lebendig auf uns wirkt, der modernen
Kunst zurückgewann, vom Wuchse selbst wie ein Ter-
borch, fast wie ein Franz Hals erscheinend und mit
einem an Velazquez gemahnenden Geschmack arbeitend.
Trübner wirkte um 1872 nicht wie ein aus Münchener
Atelierkultur Hervorgegangener, sondern eher wie ein
Sprosse alter holländischer Malkultur. Und stand doch,
neben wenigen Diezschülern, neben Leibl, Schuch, dem
frühen Thoma und einigen anderen ganz vernachlässigt
und unverstanden da. Es gingen seine Werke, worin
eine höchste Möglichkeit unserer Rasse niedergelegt ist,
spurlos an den neuen Reichsdeutschen vorüber.
Die Folgen dieser Verständnislosigkeit sind am Ende
der siebziger Jahre in Trübners Schaffen zutage getreten.
Es ist dem Künstler die naive Selbstverständlichkeit
des Wollens erschiittert worden; er glaubte der Zeit-
strömung folgen und an Stelle reiner Zuständlichkeits-
schilderung den erzählenden Stoff setzen zu müssen.
Er begann sich mit Zentaurenbildern, Giganten- und
Amazonenschlachten, Kreuzigungen, Theaterszenen und
Hundeanekdoten abzuquälen. Aber er hatte nun einmal
nicht das natürliche Erzählerinteresse, und darum konnte
er auch jetzt das Publikum nicht fesseln. Innerhalb seiner
Verirrung blieb er der gute Maler; er gab sozusagen
gute Malerei in schlechten Bildern. Meier-Graefe hat
dazu einmal sehr hübsch bemerkt: „Es ist gar nicht so
-- go —
ieicht, schlechte Bilder zu malen, wenn man Talent hat.“
Ев 166 sogar sehr schwer, als höherer Mensch das Ba-
nale zu tun und sich nicht zu verraten. Dafür hat die
Menge aber eine sehr feine Nase, ob einer ihresgleichen
ist oder ob er nur so tut. Dann ist nach dieser neuen
Enttäuschung in Trübners Leben ein fast leeres Jahr-
zehnt gefolgt. In dieser Periode, die bis gegen 1890
dauerte, wäre ein Feuerbachnaturell verzweifelt; Trüb-
ner aber wappnete sich mit jener stolz-phleginatischen
Indifferenz, die gerade bei Kerngesunden oft angetroffen
wird. Diese Eigenschaft, die Fähigkeit zur Tragheit bei
ungeheurer Arbeitskraft, bewahrte ihn vor den Schick-
salen Menzels und Thomas.
Um 18990 ist dann die Mallust neu erwacht. Der Künst-
ler stand nun vor der Aufgabe, die Hóhe seiner Jugend
wieder zu gewinnen. Indem Trübner es versuchte, ge-
langte er aber zu etwas Neuem. Seine Malweise seit
1890 und mehr noch seit 1900 etwa unterscheidet sich
von seinem Jugendstil áhnlich, wie sich auch die Alters-
malerei Manets, Monets, Liebermanns und anderer von
ihrer Jugendkunst unterscheidet. Wir sehen etwas für
die letzten fünf Jahrzehnte Typisches. Es sind nàmlich
die Jugendwerke der bedeutenden modernen Maler im-
mer in einer gewissen altmeisterlichen Weise abgeschlos-
sen und als Einzelwerke eigentlich vollkommener als
die Alterswerke. Die „Olympia“ ist ınehr als irgendein
Bild des spáteren Manet; Monets ,Dame im Pelz und
grünen Kleid“ ist klassischer als seine späteren licht-
und lufterfüllten Landschaften; Liebermanns „Bleiche“
und , Netzflickerinnen* sind gewichtiger als seine Dünen-
— gi —
bilder von 1910; und Trübners Arbeiten zwischen 1872
und 1876 sind in ebendieser Weise mehr als seine Ki-
rassiere und farbigen Akte im Walde, mehr als seine
blaugrünen Taunuslandschaften und als seine großfor-
matigen Pferdebilder und Reiterporträts. Dafür ist in
den späten Arbeiten aller dieser Maler dann aber mehr
Unmittelbarkeit, mehr Bewegung, Licht, Farbe und Frei-
heit. Es ist mehr Neues darin. In den Jugendwerken
ist das ganze Talent immer in jedem einzelnen Bild kon-
zentriert; in den Alterswerken geht es wie etwas Flüs-
siges durch die Gesamtheit der Werke, die wie von selbst
nun immer mehr skizzistisch werden. Es ist die Ent-
wickelung des Zeitgeistes, die sich so in der Kunst ab-
spiegelt; es ist die Entwickelung des Impressionismus
überhaupt. Und Trübner ist eben auch entschieden vom
Impressionismus berührt worden, wenn man ihn auch
in keiner Weise einen Impressionisten nennen darf. Ge-
genüber dem velazquezartigen Geschmack und der feinen
Schwärze der Jugendarbeiten kommt nach 1890 in seine
Malerei farbige Helligkeit. Jeder Schatten wird nun zur
Farbe. Das Fleisch beginnt rubensartig zu leuchten,
der Wald glüht grün und blau in seinen Tiefen wie von
verschlucktem Licht, die Pferdeleiber glänzen in mastig
brauner Fülle, und die Rüstungen der Kürassiere stehen
tonig im farbigen Licht. Ein ins Altdeutsche übersetzter
Impressionismus. Aber es ist die Malerei nun auch lauter
geworden, sie hat mehr Willen zur Wirkung; sie ist
zugleich malerisch freier und doch auch technisch sy-
stematischer geworden. Und es stellt sich als Gefahr
die Bravour des Vortrags, die dekorative Wirkung an
-- 02 —
ts mm
_-sich еш. Das Format wird größer, und die starke Mal-
faust wird oft selbstherrlich. Der Lust am prachtvollen
.Farbenklang droht der Farbenrausch. Man vergleiche
_ das Bildnis des Bürgermeisters Mónckeberg, 1905, mit
der mächtig dekorativen Tapete als Hintergrund, vor
der das Haupt wie eine Erdbeere glüht, mit dem Hof-
. meisterportrát von 1872; man halte neben den Schotten-
knaben von 1894 die Dame in Hut und Pelz, neben den
Postillion von 1903 das große Schuchbildnis der Natio-
.nalgalerie. Man wird den Jugendwerken den Vorzug
. geben müssen. Vergleicht man aber das Ganze der Pro-
` duktion nach 1890 dem Schaffen der siebziger Jahre,
` so findet man doch wieder dasselbe Niveau. Trotzdem
. man auf агре Entgleisungen stößt — wie 2. B. auf ein
_, Reiterbildnis Wilhelms des Zweiten, wozu der Kaiser
_. We gesessen hat — trotzdem der außerordentliche an-
E geborene Geschmack nun zuweilen noch automatischer
., fast erscheint als in früheren Jahren. Wie immer das
E Gelingen auch schwankt: der Eindruck einer weichen
M Großzügigkeit, einer sinnlich blühenden Monumentali-
| , tät bleibt, der Eindruck einer malfreudigen Mannlich-
г keit, die etwas Einziges ist in der Kunst unserer Tage
> und die in jedem Zug den geborenen Meister verrat.
.; Trübners vollblütige Schwere steht der sehnigen, in-
, tellektuellen Raschheit Liebermanns gegeniiber wie der
, deutsche Süden dem Norden. Dort hat die Münchener
, Atelierkultur, hier der im Freilicht der Wirklichkeiten
lebende berlinische Profangeist höchste Möglichkeiten
2 erreicht. Verkörpert Liebermann das Ziel, dem Menzel
hätte folgen sollen, so zeigt Trübners Lebenswerk, wel-
cher Art von Malerei Thoma ein Meister hatte werden
können. Typisch und vorbildlich ist Triibner in seiner
Art wie Liebermann in der seinen. Freuen wir uns
darum, daß wir zwei solche Künstler, nebeneinander
wirkend und sich lebendig ergänzend, besitzen.
RITT DURCH PHOKIS / DAS KLOSTER
DES HEILIGEN LUKAS / VON HUGO VON HOF-
MANNSTHAL
IR waren an diesem Tag neun oder zehn Stunden
geritten. Als die Sonne sehr hoch stand, hatten
wir gelagert vor einem kleinen Khan, bei den eine reine
Quelle war und eine schöne große Platane. Später hatten
wir noch einmal mit den Maultieren aus einem Faden
fließenden Wassers getrunken, flach auf den Boden lie-
gend. Unser Weg war zuerst an einem Abhang des
Parnaß eingeschnitten, dann іп einem urzeitigen ver-
steinten Flußbett, dann ın einer Einsenkung zwischen
zwei kegelförmigen Bergen; dann lief er über eine frucht-
bare Hochebene hin inmitten grüner Kornfelder. Manche
Strecken waren öde mit der Öde von Jahrtausenden und
nichts als einer raschelnden Eidechse überm Weg und
einem kreisenden Sperber hoch oben in der Luft; manche
waren belebt von dem Leben der Herden. Dann kamen
die wolfsähnlichen Hunde bellend und die Zähne weisend
bis nahe an die Maultiere, und man mußte sie mit Steinen
zurückjagen. Schafe, schwer іп der Wolle, standen zu-
sammengedrängt im Schatten eines Felsblockes, und ihr
—— a m mmm
% "A ot e
rhitztes Atmen schüttelte sie. Zwei schwarze Böcke
tießen einander mit den Hörnern. Eın junger hübscher
lirt trug ein kleines Lamm auf dem Nacken. Wieder
amen ganz einsame Strecken. Auf einer flachen stei-
uchten Landschaft verharrte regungslos der Schatten
iner Wolke. In einer sonderbar geformten Mulde, wo
Tausende von einzelnen großen Steinen lagen und da-
:wischen Tausende von kleinen stark duftenden Sträu-
-hern wuchsen, zog sich eine große Schildkröte über den
Weg. Dann, gegen Abend, zeigte sich in der Ferne ein
Dorf, aber wir lieDen es zur Seite. An unserem Weg
war eine Zisterne, in die tief unten der Quell eingefan-
gen war. Neben dem Brunnen standen zwei Zypressen.
Frauen zogen das klare Wasser empor und gaben unse-
ren Tieren zu trinken. Ап dem Abendhimmel segelten
. kleine Wolken hin, zu zweien und dreien. Geläute von
Herden kam aus der Nähe und Ferne. Von diesein Brun-
_ nen ап bekam die Gegend etwas Weiches und zart Ge-
_ heimnisvolles. Die Maultiere gingen lebhafter und sogen
. die Luft, die aus dem Tal entgegenkam. Ein Geruch
y von Aland. von Erdbeeren und von Thymian schwebte
, über den Weg. Man fühlte, wie die bláulichen Berge
< Sich schlossen und wie dieses Tal das Ende des ganzen
. Weges war. Wir ritten lange zwischen zwei Hecken
; Yon wilden Rosen. Ein kleiner Vogel flog vor uns hin,
, nicht größer als das Fleckchen Schatten unter einer dieser
, blühenden Rosen. Die Hecke zur Linken, wo die Tal-
A
d
seite war, hörte auf, und man schaute hinab und hin-
über wie von einem Altan. Bis hinunter an die Sohle
des kleinen bogenförmig gekrümmten Tales und an den
gegenüberliegenden Hang bis zur Mitte der Berge stan-
den Fruchtbäume in Gruppen, mit dunklen Zypressen
vermischt. Zwischen den Bäumen waren blühende Hek-
ken. Dazwischen bewegten sich Herden, und in den
Bäumen sangen Vögel. Unterhalb unseres Weges liefen
andere Wege. Man sah, daß sie zur Lust angelegt waren,
nicht für Wanderer oder Hirten. Sıe liefen ın sanften
Windungen immer gleich hoch über dem Tal. In der
Mitte des Abhangs stand eine einzelne Pinie, ein ein-
samer, königlicher Baum. Sie war der einzige wirklich
große Baum in dem ganzen Tal. Sie mochte uralt sein,
aber die Anmut, mit der sie emporstieg und ihre drei
Wipfel in einer leichten Biegung dem Himmel entgegen-
hielt, hatte etwas von ewiger Jugend. Nun faßten nied-
rige Mauern den Weg links und rechts ein. Dahinter ` )
waren Fruchtgarten. Eine schwarze Ziege stand an einem
alten Olbaum mit aufgestemmten Vorderbeinen, als ob
sie hinaufklettern wollte. Ein alter Mann, mit einem
Gartenmesser in der Hand, watete bis an die Brust in
blühenden Heckenrosen. Das Kloster mußte ganz nahe
sein, auf hundert Schritte oder noch weniger, und man
wunderte sich, es nicht zu sehen. In der Mauer zur
Linken war eine kleine offene Tür; in der Tür lehnte
ein Mönch. Das schwarze lange Gewand, die schwarze
hohe Kopfbedeckung, das lassige Dastehen mit dem Blick
auf die Ankommenden, ın dieser paradiesischen Einsam-
keit, das alles hatte etwas vom Magier an sich. Er war
Jung, hatte einen langen rötlich blonden Bart, von einem
Schnitt, der an byzantinische Bildnisse erinnerte, eine
Adlernase, ein unruhiges, fast zudringliches blaues Auge.
— 96 —
Er begrüßte uns mit einer Neigung und einem Aus-
breiten beider Arme, darin etwas Gewolltes war. Wir
saßen ab, und er ging uns voran. Durch einen ganz
kleinen von Mauern umschlossenen Garten traten wir in
ein Zimmer, in dem er uns allein ließ. Das Zimmer
hatte die nötigsten Möbel. Unter einem byzantinischen
Muttergottesbild brannte ein ewiges Licht. Gegenüber
der Eingangstür war eine offene Tür auf einen Balkon.
Wir traten hinaus und sahen, daß wir mitten im Kloster
waren. Das Kloster war in den Berg hineingebaut.
Unser Zimmer, das vom Garten aus zu ebener Erde war,
lag hier zwei Stock hoch im Klosterhof. Die alte Kirche,
mit dem Glanz des Abends auf ihren tausendjährigen,
rötlichen Mauern und Kuppeln schloß eine Seite ab; die
drei andern waren von solchen Häusern gebildet, wie
wir in einem standen, mit solchen kleinen hölzernen Bal-
konen, wie wir auf einem lehnten. Es waren unregel-
mäßige Häuser von verschiedenen Farben, und die kleinen
‚Balkone waren hellblau oder gelblich oder blaßgrün.
Aus dem Haus, das die Ecke bildete, lief zur Kirche hin-
‚über wie eine Zugbrücke eine Art Loggia. Manches
‚schien unmeßbar alt, manches nicht eben älter als ein
Menschenalter. Alles atmete Frieden und eine von Duft
durchsüfite Freudigkeit. Unten rauschte ein Brunnen.
_ Auf einer Bank saßen zwei ältere Mönche mit ebenholz-
Schwarzen Barten. Ein anderer von unbestimmbarem
Alter leh nte jenen gegenüber auf einem Balkon des ersten
Stockwerks, den Kopf auf die Hand gestiitzt. Kleine
. Wolken segelten am Himmel hin. Die beiden waren
‚ aufgestanden und gingen in die Kirche. Zwei andere
kamen eine Treppe herab. Auch sie hatten das lange
schwarze Gewand, aber die schwarze Miitze auf ihrem
Kopf war nicht so hoch, und ihre Gesichter waren bart- |
los. In ihrem Gang war der gleiche undefinierbare Rhyth- |
mus: gleich weit von Hast und von Langsamkeit. Sie |
verschwanden gleichzeitig in der Kirchentiir, wie ein `
Segel, das hinter einem Felsen verschwindet, wie ein
großes unbelauschtes Tier, das durch den Wald schrei-
tet, hinter Baumen unsichtbar wird, nicht wie Menschen,
die in ein Haus treten. In der Kirche fingen halblaute
Stimmen an, Psalmen zu singen, nach einer uralten Me-
lodik. Die Stimmen hoben und senkten sich, es war
etwas Endloses, gleich weit von Klage und von Lust,
etwas Feierliches, das von Ewigkeit her und weit in die
Ewigkeit so forttónen mochte. Uber dem Hof aus einem
offenen Fenster sang jemand die Melodie nach, von Ab-
satz zu Absatz: eine Frauenstimme. Dies war so selt-
sam, es schien wie eine Einbildung. Aber es setzte wie-
der ein, und es war eine weibliche Stimme. Und doch
wieder nicht. Das Echohafte, der völlig getreue jenem
feierlichen kaum noch menschliche Klang, das Willen- `
lose, fast BewuBtlose schien nicht aus der Brust einer
Frau zu kommen. Es schien, als sänge dort das Ge-
heimnis selber, ein Wesenloses. Nun schwieg es. Aus der
Kirche drang mit den dunklen, weichen, tremolieren-
den Männerstimmen ein gemischter Duft von Wachs, |
Honig und Weihrauch, der wie der Geruch dieses Ge-
sanges war. Nun fing die frauenhafte Stimme wieder
an, absatzweise nachzusingen. Aber andere ähnliche
Stimmen aus dem gleichen offenen Fenster, nicht weit
von meinem Balkon, fielen ein, halblaut und nicht ernst-
haft, es wurde ein Scherz daraus, die schöne Stimine
brach ab, und nun wußte ich, daß es Knaben waren.
Zugleich kamen ihre Köpfe ans Fenster. Einer war dar-
unter sanft und schön, wie ein Mädchen, und das blonde
Haar fiel ihm über die Schultern bis an den Gürtel.
Andere von den Klosterknaben standen unten im Hof
und sprachen hinauf: „Der Bruder!“ riefen sie, „Der
Bruder! Der Hirt! Der Hirt!“
Später kam ich dazu, wie die Brüder voneinander Ab-
schied nahmen. Der junge Hirt stand im Licht der
untergehenden Sonne, dunkel, schlank und kriegerisch;
hinter ihm die Herde und die Hunde. Er hielt in der
starken dunklen Hand die kleine Hand des Knaben mit
den langen Haaren. Ein Mönch im schwarzen Talar,
‚aber ein noch junger, bartlos, ein Novize, ein zwanzig-
jähriger Schöner mit einem Lächeln, das um den jungen
Mund und die glatten Wangen gedankenlos und eitel,
‚aber in der Nähe der schönen dunklen Augen ergebungs-
voll und wissend war, trat ins halb offene Tor. Er rief
den Knaben nicht ап, ег winkte nur. Die Gebärde seiner
erhobenen Hand war ohne Ungeduld. Er war nicht der
ВегеМепде, es war der Ubermittler des Befehls, der Bote.
Aufeinen kleinen Altan über dem Torweg trat ein älterer
Mónch heraus, er stützte den Ellenbogen aufs Gelünder,
den Kopf auf die Hand, und sah gelassen zu, wie der
‚Befehl überbracht und wie er befolgt wurde. Der No-
vize neigte sich für ihn kaum merklich oder lächelte
auch nur um ein Kleines ergebener und glänzender.
Der schöne Knabe ließ die Hand des Bruders los und
lief zu dem Novizen hin. Der Hirt wandte sich und
ging sogleich mit großen ruhigen Schritten landein,
bergab. Die Herde, als wäre sie ein Teil von ihm, war
schon іп Bewegung, flutete schon die Straße hinab, ein-
geengt von den Hunden. In der Kirche sangen sie stär-
ker. Zum Dienst dieser abendlichen Stunde lagen alle
in den dämmernden Kapellen auf den Knien, oder aus-
gestreckt auf dem Steinboden, oder in tiefer Versunken-
heit stehend an dem hohen Pult lag ihr Antlitz über
gekreuzten Armen auf dem heiligen Buch. In der er-
habenen Gelassenheit ihres Gesanges zitterte eine nach
alten Regeln gebändigte Inbrunst. Die ewigen Lichter
schwangen leise in der von Weihrauch und Honig be-
schwerten Luft. Es vollzog sich, was sich seit einem
Jahrtausend Abend für Abend an der gleichen Stätte
zur gleichen Stunde vollzieht. Welches stürzende Wasser
ist so ehrwürdig, daß es seit zehnmal hundert Jahren
den gleichen Weg rauschte? Welcher uralte Olbaum |
murmelt seit zehnmal hundert Jahren mit gleicher Krone |
im Winde? Nichts ist hier zu nennen als das ewige |
Meer drunten in den Buchten und die ewigen Gipfel-
kronen des schneeleuchtenden Parnaß unter den ewigen
Sternen.
Die Sterne entzündeten sich über den dunkelnden
Wanden des Tales. Der Abendstern war von einem
seltenen Glanz; war irgendwo ein Wasser, nur ein Quell
und Tiimpel vielleicht zwischen zwei Feigenbäumen, so
mußte dort ein Streifen von seinem Licht liegen wie
vom Mond. Nun entbrannten unter ihm, am nahen
irdisch schweren Horizont, in der Menschensphäre andere
— 100 —
starke Sterne, da und dort: das waren die Hirtenfeuer,
höher und tiefer ап den Hängen der dunklen Berge, die
‘das bogenfórmige Tal umschlossen. Bei jeder Flamme
lag ein einsamer Mann mit seinen Tieren. Im weiten
Bogen um das Kloster, in dem die ewigen Lichter brann-
теп, war der Reichtum des Klosters gelagert. Die Hunde
schlugen an, und die Hunde antworteten ihnen. Der
Feuer waren mehr als dreißig, die Berghänge lebten von
'Schlafenden. Hie und da blókte ein Lamm aus unter-
brochenem Schlummer. Die Käuzchen riefen, die Zi-
kaden waren laut, und doch herrschte die stille ewige
Nacht.
Мо der Abendstern stand, dort glänzte unsichtbar
hinter dunklen Bergen der Parnaß. Dort, in der Flanke
: des Berges, lag Delphi. Wo die heilige Stadt war, unter
: dem Tempel des Gottes, da ist heute ein tausendjähriger
| Ölwald, und Trümmer von Säulen liegen zwischen den
"uralten Stämmen. Und diese tausendjährigen Bäume
: sind zu jung, diese Uralten sind zu jung, sie reichen
"nicht zurück, sie haben Delphi und das Haus des Gottes
: nicht mehr gesehen. Man blickt ihre Jahrhunderte hinab
t wie in eine unmeßbar tiefe Zisterne, und in Traumtiefen
unten liegt das Unerreichliche. Aber hier ist es nah.
; Unter diesen Sternen, in diesem Tal, wo Hirten und
> Herden schlafen, hier ist es nah, wie nie. Der gleiche
Boden, die gleichen Lüfte, das gleiche Tun, das gleiche
; Ruhn, Ein Unnennbares ist gegenwärtig, nicht entblößt,
; nicht verschleiert, nicht faßbar, und auch nicht sich ent-
> ziehend: genug, es ist nahe. Das hesiodische Gedicht,
ý das pindarische Gedicht schwebt gelöst in der Luft. Hier
— 101 —
ist Delphi und die delphische Flur, Heiligtum und Hirten,
hier ist das Arkadien vieler Traume, und es ist kein
Traum. Langsam tragen uns Же Füße ins Kloster zu-
rück. Ganz nahe von uns knurren große Hunde. Auf
dem Altan über dem Torweg lehnt eine Gestalt. Ein
anderer, ein Dienender, tritt seitwärts aus den Hecken
hervor, dort, wo die Hunde knurren. „Athanasios!* ruft
der Mönch vom Altan, „Athanasios!* Er sagt es mehrals `
er es ruft, gelassen und sanft befehlend. „Athanasios,
was gibt es ба?“ „Es sind die Gäste, die beiden Frem-
den, die herumgehen.* „Gut. Gib acht auf die Hunde.‘
Diese Worte sind wenige. Dies Zwiegespräch ist klein
zwischen dem Priester und dem dienenden Mann. Aber
der Ton war aus den Zeiten der Patriarchen. Aus weni-
gen Elementen setzt sich dies zusammen. Gelassenes
Ausüben priesterlicher Herrschaft, ein sanfter Ton un-
widersprochener Gewalt, Gastlichkeit, gelassen und selbst-
verständlich ausgeübt, das Haus, das Heiligtum, bewacht
von vielen Hunden. Und dennoch, dies Unscheinbare,
diese wenigen Worte, gewechselt in der Nacht, dies hat
einen Rhythmus in sich, der von Ewigkeit her ist. Dies
reicht zurück, dies Lebendige, wohin die uralten Öl-
bäume nicht reichen. Homer ist noch ungeboren, und
solche Worte, in diesem Ton gesprochen, gehen zwischen
dem Priester und dem Knecht von Lippe zu Lippe. File
von einem fernen Stern nur ein unscheinbares, aber leben-
diges Gebilde, der Teil einer Blume, weniges von der
Rinde eines Baumes, es wäre dies dennoch eine Botschaft,
die uns durchschauert. So klang dieses Zwiegespräch.
Stunde, Luft und Ort machen alles.
— 102 —
SINGENDE FONTANE / VON STEFAN ZWEIG
Blauer Blick des Mondenscheines
Kiihlte meines Zimmers Wand;
Da hört ich die Stimme eines,
Der im Dunkel unten stand.
‘Und wie ich die Scheibe staunend
Zu dem Garten niederbog,
War es Singen, süß und raunend,
Das zu mir ans Fenster flog.
Keinen sah ich. Nur im Dunkeln
Blinkte das erhellte Spiel
Der Fontäne, die mit Funkeln
In die Stille niederfiel.
Unruhvoll und doch beständig
Schien das sılberne Getön
Wie ein lautes Herz lebendig
Durch die Brust der Nacht zu gehn.
Und ich fragte: „Warum rauschst du
Heute mir zum erstenmal?“ —
Und ich horchte: „Warum lauschst du
Heute mir zum erstenmal?
In das heiße Gold der Tage,
Stumm im Steigen, Lied im Fall,
Durch den Samt der Nächte trage
Stets ich den erregten Schwall
— 103 —
Meiner eignen Überfülle,
Und du, der mir nahe rubst,
Wirst erst durch den Gruß der Stille
Unsrer Brüderschaft bewußt?
Hast du nie denn an der Schwelle
Des Erwachens wirr gefühlt,
Daß dir eine lautre Welle
Nächtens durch dein Herz gespült,
Daß mein Singen dich durchwebte
Und im Schlafe aufwärts schwoll,
Bis es Blut im Blute lebte
Und an deine Lippen quoll,
Bis als Lied der eingeengte
Schauer einer fremden Lust,
Die ein Traum in dich versenkte,
Wild aufbrach aus deiner Brust?
So ın dein Geschick verflechte
Ich mir meines Lebens Spur,
Und bin doch im Kreis der Mächte
Eine leise Stimme nur.
Eines von den stummen Dingen,
Die dein Wesen zauberhaft
Und geheimnisvoll durchdringen
Und von deren steter Kraft
Nur verloren-leise Kunde
Manchmal deine Seele faßt,
— 104 —
Wenn du dich hinab zum Grunde
Eines Traums getastet hast.“
Immer ferner schien der Schimmer,
Immer dunkler Wort und Sinn,
Doch mein Herz lauschte noch immer
Nach der weißen Stimme hin,
Die vom Garten, bald wie Trauer,
Bald wie Lächeln, wundersam
Über Bäume, Busch und Mauer
Schwebend an mein Lager kam.
Und an meine Brust sich schmiegend
Ihrer Worte Wiege schwang;
Bis ich fern im Schlummer liegend
Glanz nur fühlte und Gesang.
DAS SCHWEIGEN / VON EMILE VERHAEREN /
DEUTSCH VON ERNA REHWOLDT
Seit der Sommer den letzten Schlag geführt
Durch der Wolken Scheide,
Hat das Schweigen sich nicht gerührt
Aus der Heide.
Ringsum spielen die Türme all
In den Ғегпеп mit ıhren Glocken Ball;
Ringsum streifen wandernd Gefährte,
Müde mit dreifacher Last beschwerte;
Ringsum an der Tannengehege Rand
Knirscht das Rad durch die Furche im Sand;
— 105 —
Aber kein Laut und kein Lärmen trifft
Den Raum, dessen Strecken der Tod vertieft.
Seit sich der Sommer verzog mit seiner Donner Gewicht,
Rührte das Schweigen sich nicht.
Und die Heide, in die sich die Abende tauchen,
Führt es weiter, jenseits von Sandbergketten
Und von Dickichten, endlos und unbetreten,
Bis dahin, wo die fernsten Fernen rauchen.
Selbst die Winde rauschen nicht aus den Zweigen
Der alten Lärchen da, wo das Schweigen
Starr im Moor, das der Schlaf versiegelt,
Seine unfaßbaren Augen spiegelt;
Nur die Wolken auf ihrer Reise
Streifen mit stummen Schatten es leise,
Oder von großen Vögeln ein Zug
Schwebt hoch oben mit zögerndem Flug.
Seit dem letzten versengenden Blitzesstreich
Drang nichts ein in des Schweigens Reich.
Und die seinen riesigen Raum durchschritten,
Ob sich um sie Morgen, ob Abend spannte,
Haben alle das Unbekannte,
Dessen Fieber sie überkam, gelitten.
Eine Kraft der höchsten und weitesten Reiche,
Bleibt es ununterbrochen das gleiche.
Dunkle Mauern von schwarzen Tannen verlegen
Den Blick nach den fernen Hoffnungswegen;
Große verträumte Wacholder lassen
— 106 —
ж.
= а
Wie ein Graun den stockenden Wandrer erblassen ;
In tückischen Linien und Kriimmungen schleichen
Pfade, die verzwickt sınd wie Zeichen;
Und die gleißende Sonne spielt
Mit dem Spiegel, nach dem die Verirrung zielt.
Seit des Blitzes gewittergeschmiedetes Schwert
Zuletzt es traf, hat aus den vier Ecken der Heide
Sich das herbe Schweigen nicht weggekehrt.
Die alten Hirten, auf die ein Jahrhundert gefallen,
Und ihre Hunde, die uralt wie in Lumpen zerfallen,
Sehen es oft durch die lautlosen Weiten
Auf den Dünen von Gold, die Schatten verbramen,
Still in die Nacht, ein Ungeheures, gleiten,
So daß die Wasser sich, versteckt im Moore, schämen,
Daß die Heide erbleicht und sich dichter verhüllt,
Daß jedes Blatt an jedes Strauches Rand
Lauscht und der sterbenden Sonne Brand
Den Schrei erstickt, der wild aus seinen Lichtern quillt.
Und unter dem Stroh ihrer Hütten spüren
Alle die Weiler, die es berühren,
Seinen fernen und furchtbaren Bann;
Regungslos, ist es ihr Herr und Tyrann.
Tief von Ohnmacht und Angst durchdrungen,
Ducken sie sich, von ihm bezwungen,
Wie auf der Lauer, und sehn es grauend,
Wenn durch Nebel, die mild auseinanderfließen,
Wie Augen, groß aus dem Monde schauend,
Seine Rätsel silbern ihr Licht ergießen.
ABDANKUNGSSZENE AUS EDUARD II.
VON CHRISTOPHER MARLOWE /
DEUTSCH VON ALFRED WALTER HEYMEL
Schloß Killingworth. König Eduard, Leicester, Bischof von Win-
chester und Trussell.
Leicester:
Geduld, mein guter Herr, hört auf zu klagen;
Denkt, Killingworth sei euer Hof und ihr
Wohntet ein Weilchen hier nur zum Vergnügen
Und nicht aus Zwang und aus Notwendigkeit.
König Eduard IL:
Lester, wenn gutes Wort mich trösten könnte,
Hätte dein Zuspruch längst mein Leid gelindert,
Denn immer warst du gut und liebevoll.
Der Bürger Schmerzen sind gar bald gestillt,
Doch die der Könige nicht. Der wunde Hirsch
Rennt um ein Kraut, das seine Wunde schließe,
Doch klafft das Fleisch dem königlichen Leun,
Reißt er und rauft es mit der grimmigen Pranke,
Und außer sich vor Wut, daß niedere Erde
Sein Blut soll trinken, bäumt er sich gen Himmel:
So stehts um mich, deß unerschrocknen Sinn
Der Ehrgeiz Mortimers zu beugen trachtet,
Und dieser Königin Mißart, Isabells
Der Falschen, die mich so gefangen setzte.
Ach, solches Uberleid sättigt die Seele,
Daß ich auf Fittichen des Grolls und Ekels
Mich oft genug zum Himmel schwingen möchte,
-- 108 —
1
Ош beide vor den Göttern zu verklagen.
Bedenk ich dann, daf ich ein Kónig bin,
Dünkt mir, ich sollt mich für die Unbill ráchen,
Die Mortimer und Isabell mir taten.
Doch was sind Kónige, wenn die Macht dahin?
Nur scharfe Schatten eines Sonnentages!
Die Lords regieren, und ich heiße König,
Trage den Reif und bin beherrscht von ihnen,
Von ibm und meiner ungetreuen Königin,
Die mir das Ehebett mit Schmach befleckt,
Dieweil ich diese Gruft des Grams bewohne,
Wo Sorge mir am Ellenbogen steht
Und Jainmer meinem Herz Gesellschaft leistet,
Das in mir blutet ob des schnöden Wechsels.
Doch sagt mir, muß ich jetzt der Kron entsagen,
Damit dann Mortimer sie an sich reißt?
Bischof von Winchester:
Ihr irrt euch, Herr, wir bitten um die Krone
Für Englands Heil und Eduards prinzlich Recht.
König Eduard IL:
Es ist fir Mortimers, nicht Eduards Haupt!
Der ist ja nur еш Lamm, umringt von Wolfen,
Die plötzlich ihm das Leben rauben werden.
Doch tragt der eitle Mortimer die Krone,
ГаВ, Himmel, sie zu Loh und Feuer werden,
LaB, sie ein Schlangenband des Tisiphon
Die Schläfen des verhaften Kopfs umwinden,
Dainit nicht Englands Weinstock untergehe
Und Eduards Naine lebt, wenn Eduard stirbt.
Leicester:
Mylord, warum vertut ihr so die Zeit?
Die Antwort drängt: Legt ihr die Krone ab?
König Eduard IL:
Lester, bedenk, wie schwer ichs tragen muß,
So grundlos Reich und Herrschaft zu verlieren
Und an die Ehrsucht Mortimers mein Recht,
Der wie ein Berg mein Glück im Sturz begräbt.
Wie völlig jetzt ist doch mein Geist vernichtet!
Doch was der Himmel will, ich muß gehorchen:
Hier, nehmt den Reif und Eduards Leben auch.
. Er nimmt die Krone ab.
Zwei Könige Englands kanns zugleich nicht geben.
Doch halt — laßt bis zur Nacht mich König sein,
Daß ich aufs Funkeln dieser Krone starre,
Mein Auge soll sein letztes Labsal haben,
Mein Haupt die letzte Ehre, die ihm ziemt,
Und beide verlieren gleich ihr gutes Recht.
Schein immerzu, du Sonne, hoch am Himmel,
LaB nie die stille Nacht dies Land besitzen,
Steht still im Lauf, ihr Uhren dieses Weltalls,
Ihr, Mond und Jahreszeiten all, bleibt stehn,
Daß ich noch König bleib des schönen Englands;
Doch heller Tagesglanz geht schnell dahin
Und zwingt mich, meiner Krone zu entsagen.
Unmenschliche, genährt mit Tigermilch,
Was giert ihr nach des Herrschers Untergang,
Den Kronreif mein ich und mein schuldlos Leben.
Schaut, Bestien, schaut: ich setz ihn wieder auf.
Er setzt die Krone auf.
— 110 —
Wie, fürchtet ihr nicht eures Königs Wut?
Doch, Unglückseduard, dies ist Narrentrug,
Sıe meiden deiner Stirne Grimm nicht mehr,
Sie suchen einen neuerwählten König;
Drum füllt den Sinn mir wildverzweifelnd Grübeln;
Dies Grübeln foltert endlos mir die Qualen;
Und in den Qualen Linderung find ich keine,
Wenn ich die Krone nicht spür auf meinem Haupt.
Drum laßt sie mich noch eine Weile tragen.
Trussell:
Herr, das Parlament heischt rasche Nachricht,
Drum sagt, wollt ihr verzichten oder nicht?
| Der König tobt.
König Eduard IL:
Das will ich nicht, doch bis zum Tode herrschen!
Verräter, fort, mit Mortinier vereint euch;
Erwählt, setzt ein, verschwört euch wie ihr wollt;
Ihr Blut und eures siegle den Verrat.
Bischof von Winchester:
Wir melden eure Antwort — und lebt wohl.
Will abgehen.
Leicester:
Ruft sie zurück, Mylord, gebt gute Worte,
Denn wenn sie gehn, verliert der Prinz sein Recht.
König Eduard IL:
Ruf du sie doch, ich hab nicht Kraft zum Schrein.
Leicester:
Der König, Lord, ist willens zu entsagen.
Bischof von Winchester:
Auch wenn er nicht will, laßt ihm freie Wahl.
König Eduard IL:
О hätt ich sie! Doch Erd und Himmel haben
Verschworn sich meiner Not. Empfang den Reif hier.
Empfangen! Nein — denn diese Unschuldshände
Sollen schuldig nicht an solcher Schmutztat sein.
Doch er, dens mehr als euch nach meinem Blut
Verlangt, der Königsmörder heißen will,
Der nehme sie. Seid ihr bewegt, bedauert mich,
Dann holt den unerschütterlichen Mortimer
Und Isabell, die Augen hat von Stahl
Und eher Feuer sprüht, denn Tränen weint.
Doch nein! Viel lieber, als die wiedersehn:
Hier, hier. Er übergibt die Krone.
Nun, süßer Gott im Himmel,
Laß mich verachten diesen flüchtigen Prunk
Und gib dafür mir einen Thron im Himmel.
Dein Finger, Tod, drück meine Augen zu,
Doch wenn ich leb, laß mich mein selbst vergessen.
Bischof von Winchester:
Mein Herr!
König Eduard IL:
Nennt mich nicht Herr; fort; aus den Augen mir!
Ach nein, verzeiht! — Der Gram macht mich verwirrt.
Laßt Mortimer nicht meinen Sohn betreun,
Denn sicherer lebt sichs noch in Tigers Rachen
Als ihm un Arm. Bringt dies der Königin,
Von Tränen naß, getrocknet dann mit Seufzern.
Übergibt ein Taschentuch.
Wenn sie bei seinem Anblick nicht bewegt wird,
Bringt es zurück und taucht es in mein Blut.
= 112 --
Empfehlt mich meinem Sohn; ег soll herrschen
Besser denn ich; wenn je ich fehlte,
Geschah es nur aus übertriebener Milde.
Trussell:
Wir nehmen untertänigst unsern Urlaub.
König Eduard Il.:
Lebt wohl. Der Bischof und Trussell mit der Krone ab.
Ich weiß, das Nächste, was sie bringen,
Wird sein — mein Tod. Er soll willkommen sein.
Ungliicklichen ist Tod Glückseligkeit.
Leicester:
Ein anderer Kurier, was bringt er Neues?
Berkeley kommt und überreicht einen Brief an Leicester.
König Eduard IL:
Was ich erwartete! Komm, Berkeley, komm,
Sag deine Botschaft mir ins nackte Herz.
Berkeley:
Herr, glaubet nicht, daß solch verruchte Absicht
In einem Mann von Stande wohnen kann.
Für eurer Hoheit Dienst und Aufwartung
Und Schutz vor Feinden würde Berkeley sterben.
Leicester:
Mein Fürst, der Rat der Königin beschließt,
Daß ich mein Amt verlasse.
König Eduard IL:
Und wer bewacht mich nun? Müßt ihr es, Lord?
Berkeley:
Ja, lieber gnädiger Herr, so ists verfügt.
-- 113 —
König Eduard IL:
Liest das Schreiben.
Von Mortimer, deß Name hier geschrieben.
Gut, ich zerreiß ihn, der mein Herz zerreißt.
Er zerreißt den Brief.
Die karge Rache hat mir wohlgetan,
So werd sein Leib wie dieses Blatt zerrissen;
Hör mich, Unsterblicher, und laß es zu.
Berkeley:
Euer Gnaden müssen gleich mit mir nach Berkeley.
König Eduard IlI.:
Wohin ihr wollt. Denn jeder Ort ist gleich
Und jeder Erdenfleck gut zum Begrabnis.
Leicester:
Behandelt ihn so gut, als ihr nur Кӛппі.
Berkeley:
So geh es meiner Seel, wie’s ihm bei mir.
König Eduard Il.:
Mein Feind hat meines Zustands sich erbarmt,
Das ist der Grund, daß man mich jetzt entfernt.
Berkeley:
Und glauben euer Gnaden, Berkeley sei hart?
König Eduard IL:
Ich weiß es nicht; doch dessen bin ich sicher:
Tod endet alles, und ich sterb nur einmal.
Lester, leb wohl.
Leicester:
Noch nicht, Mylord, ich bring euch auf den Weg
Leicester mit Berkeley und dem Kónig ab.
E 114 E
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4,
PHILOSOPHENBRIEFE / VON FRITZ OHMANN
ST es nicht sonderbar, welchen Reichtum geistesge-
schichtlichen Verstehens und intimen Nacherlebens
wir uns heute durch ein Material erschlieBen, das nach
Wesen und Absicht ganz außerbalb des Bereichs lite-
rarischer Wirkung steht: durch jene Lebensdokumente
. der schöpferischen Geister, in denen sie, müde der
ungeheuren Verantwortung ihres Dienstes am ewigen
г Wort, das Glück entspannten Fühlens im persönlichen
Verkehr durch die Feder genießen? Briefe, wirkliche
, Privatbriefe nicht als Quellen, sondern als Literaturgat-
Uv
XM
uM
tung — hier liegt ein Problem, das, bis in seine Wurzeln
verfolgt, die ganze Frag würdigkeit biographischen Inter-
esses aufdeckt. Was für eine Seelenerfahrung ist es, die
` uns treibt, im Werk überall das Erlebnis des Schópfers
zu suchen?
Nirgends erscheint die dem modernen Menschen fast
zur zweiten Natur gewordene Betrachtungsweise, die die
Werke des Gedankens und der Kunst als , Ausdruck der
25 Persönlichkeit“ erfaßt, zufälliger begründet und auf den
ersten Blick unphilosophischer als eben in der Philoso-
‚ phie. Hier kommt es ja nicht auf den Zauber des In-
dividuellen und Allzumenschlichen an, sondern auf das
, Universal-Wesentliche. Was aber haben die seltenen,
` tiefgeschépften Gedanken, durch die das Genie den Be-
stand ewig gültiger oder möglicher Weltbegriffe, diesen
überpersönlichen Gnadenschatz des Geistes bereichert,
_, mit der oft so tristen und gewöhnlichen Ballade ihres
D
äußeren Lebens zu tun? Längst überwunden ist doch
— 115 —
die bis zum Aufklärungszeitalter herrschende Geschichts-
auffassung, die sich in Berichten über Lebenslauf und
Lehre der Denker erschöpfte. Für uns erwächst wahre
Philosophiegeschichte erst aus der Einsicht in die not-
wendigen Entwicklungszusammenhänge der Probleme
und Ideen. Wenn anders die Rückwendung von dem
Ganzen einer Weltanschauung auf die Person ihres
Urhebers, durch die sich der Individualismus unse-
rer Zeit auch die Historie untertan macht, nicht reak-
tionäre Verflachung, sondern tieferes und unmittel-
bareres Verständnis des geistig Wirksamen bedeutet,
wenn wirklich Privatbriefe ein mehr als geschicht-
liches Interesse beanspruchen dürfen, so muß das, was
für uns die Individualität ausmacht, in etwas ande-
rem zu finden sein als in den zufälligen „Lebensum-
ständen“. |
In der Tat lebt im Besten unseres menschlichen An-
teils am Genie ein starkes Gefühl dafür, daß die rein
biographische Beschreibung dessen, was „um das Leben
herumsteht“, das wahrhaft Persönliche gerade verfehlt.
Die individuellen Determinanten, von denen das ur-
spriinglich Eigene des Kunst- oder Gedankenwerks ab-
hängt, sind ganz andere als die, welche die bürgerlichen
Schicksale bestimmen. Wir suchen іп der Persónlich-
keit nicht das zufällig Besondere, das ihr von außen
aufgeprägt wird, sondern das zu tiefst Notwendige und
Substantielle, man móchte sagen, das objektiv Allge-
meingültige der Subjektivitat. Es ist das Geheimnis
der Form, das hier begründet Пері: der Form, die
aus dem historisch gegebenen oder logisch ableitbaren
— 116 —
_-Sachgehalt emer Gedankenmasse die unwiederholbare
„Einheit einer Weltanschauung macht und die zugleich
-ım äußeren Leben des Schaffenden als Urgesetz sei-
nes seelischen Verhaltens wirkt, durch alle soziale Zu-
fälligkeit hindurch den charakteristischen Lebensstil
. offenbarend.
- Dieser Kern der Individualität ist es, den wir in den
; brieflichen Äußerungen der Großen suchen. Wer sie
nach dem Maß biographischer oder stofflicher Beleh-
rung bewertet, dem müssen sie unzulanglich vorkommen
, neben der vollständigen Lebensbeschreibung und bedeu-
. tungslos angesichts der Werke. Der schlechthin unver-
.. gleichliche Wert von Briefen liegt darin, daß sie uns
- ins Herz dessen, was Persönlichkeit bedeutet, blicken
, lassen. Mit höchster, geschlossener Energie offenbart
sich ja das geniale Individuum in seinem Schaffen; aber
.. unmittelbarer und oft ungewollt-überzeugender tritt es
с uns aus den privaten Kundgebungen der Feder entgegen,
die dem Ehrgeiz, welcher die Pflicht des Schriftstellers
S ist, ein volles Ausruhen gönnen. Man muß erst in den
2 Werken selbst die bewegenden Kräfte und die letzte
2 Einheitsbeziehung, Ше aus der Seele des Autors quillt,
Р erfaßt haben, um durch das oft mächtige AuBenwerk
» der Korrespondenz über die „inneren Fortifikationslinien
, des Ich“, von denen Goethe spricht, bis ins Zentrum
, vorzudringen. Aber dann hilft uns wieder die Vertraut-
e heit mit dem Menschen der Briefe, die Umrißlinien der
2 Individualitát auch in ihren Schópfungen klarer zu er-
, kennen.
(ie
" Nicht was, sondern wie der Schreiber erlebt, — was
— 117 —
ihn fesselt und was er iibersieht oder verschweigt, wie
er die großen und kleinen Geschehnisse, Stimmungen,
Taten beurteilt: darin sollen wir den geheimen Rhyth-
mus dieses Lebens spüren, der zugleich das charakteri-
stische Formgesetz der Gedankenwelt des Genies ist!
Wer so zu lesen weiß, der ergreift ein Stück Selbst-
bekenntnis ın der nüchternen Sachlichkeit des alten
Goethe oder Kant nicht minder als in den brieflichen
Gefühlsausbrüchen eines Nietzsche : der dringtauch durch
Heuchelei, Verschlossenheit und Pose zu der Schopen-
hauerschen Seelenkenntnis vor : daßalleSelbstdarstellung
zuletzt notwendig des Menschen wahres Wesen offen-
bart.
Am schlagendsten bekundet sich diese Aufrichtigkeit
da, wo das innere Verhältnis des Schaffenden zu seinem
Werk sich in brieflichen Selbstzeugnissen reflektiert.
Während die quantitativ so gewichtigen Briefe, in denen
die Philosophen zu ihren Schriften erläuternd und ver-
teidigend Stellung nehmen, meist einen erstaunlich ge-
ringen Gewinn für das Verständnis der Lehre bieten,
gibt es nichts Aufschlußreicheres, als den Prozeß des
Schaffens selbst, das persönliche Verhältnis des Denkers
zum werdenden und fertigen Werk in der Spiegelung
der Briefe zu verfolgen. Wie der Mensch in seiner ganzen
Existenz das Wunder genialen Schaffens erlebt, wie er
den Enthusiasmus, ohne den nichts Großes wird, erträgt,
in sein ganzes Lebensgefühl hinüberfluten läßt oder in
der Strenge handwerklichen Fleißes unterdrückt -,
diese tiefen Fragen der Psychologie des Genies sind es,
auf die die Briefe die beste und oft die einzige Antwort
— 118 —
geben. Mag der philosophische Briefschreiber gern oder
selten, mit Demut oder Stolz von seinem Werk reden,
mag er sich an das dogmatisch Erstarrte der Lehre
heften oder die innere Bewegtheit des Geistes erneuern,
— stets fühlen wir, wie die große Aufgabe des Denkers
all ihr Menschentum aufsammelt, ja in sich verzehrt.
Denn das geniale Werk fordert immer den Schaffenden
als Opfer. —
Die folgenden Briefe, den jüngsten Auswahlbänden
des Verlags entnommen, lassen die Gemeinsamkeit, in der
sie sich den oben entwickelten Gesichtspunkten unter-
ordnen, und zugleich eine historische Entwicklungs-
linie in aller Eigenart dreier Temperamente deutlich
erkennen.
KANT AN JOHANN GOTTFRIED HERDER
Hochwohlehrwürdiger!
Hochzuehrender Herr!
Ich ergreife diese Gelegenheit, um Ihnen diejenige Ach-
tung und Freundschaft zu bezeigen, die meine gewöhn-
liche Nachlässigkeit im Schreiben hätte zweifelhaft ma-
chen können. Ich habe an dem unterscheidenden Beifall,
den sich Ihre neuerliche Versuche in der Welt erworben
haben, mit einer gewissen Eitelkeit Anteil genommen,
ob solche zwar bloß auf Ihrem eigenen Boden gewachsen
sind und derjenigen Anweisung, die sie bei mir zu nehmen
beliebten, nichts schuldig sind. Wofern die Kritik nicht
das Nachteilige an sich hätte, das Genie furchtsam zu
machen, und die Feinheit des Urteils die Selbstbilligung
-- 19 —
sehr schwer machte, so würde ich hoffen, nach dem
kleinen Versuche, den ich von Ihnen aufhebe, zu hoffen,
an Ihnen in derjenigen Art von Dichtkunst, welche die
Grazie der Weisheit ist, und worin Pope noch allein
glänzt, mit der Zeit einen Meister zu erleben. Bei der
früheren Auswickelung Ihrer Talente sehe ich mit meh-
rerem Vergnügen auf den Zeitpunkt hinaus, wo der
fruchtbare Geist, nicht mehr so getrieben durch die
warıne Bewegung des jugendlichen Gefühls, diejenige
Ruhe erwirbt, welche sanft, aber empfindungsvoll ist
und gleichsam das beschauliche Leben des Philosophen
ist, gerade das Gegenteil von demjenigen, wovon My-
stiker träumen. Ich hoffe diese Epoche Ihres Genies aus
demjenigen, was ich von Ihnen kenne, mit Zuversicht:
eine Gemütsverfassung, die dem, so sie besitzt, und der
Welt unter allen am nützlichsten ist, worin Montange
den untersten und Hume, so viel ich weiß, den obersten
Platz einnelime.
Was mich betrifft, da ich an nichts hänge und mit
einer tiefen Gleichgültigkeit gegen meine oder anderer
Meinungen das ganze Gebäude ofters umkehre und
aus allerlei Gesichtspunkten betrachte, um zuletzt et-
wa denjenigen zu treffen, woraus ich hoffen kann,
es nach der Wahrheit zu zeichnen, so habe ich, seit-
dem wir getrennet sein, in vielen Stücken andere Ein-
sichten Platz gegeben; und indem mein Augenmerk
vornehmlich darauf gerichtet ist, die eigentliche Be-
stimmung und die Schranken der menschlichen Fähig-
keiten und Neigungen zu erkennen, so glaube ich, daß
es mir in dem, was die Sitten betrifft, endlich ziemlich
— 120 —
De —
AN Or Жаа
Immanuel Kant
ғ--
gelungen sei, und ich arbeite jetzt an einer Metaphy-
sik der Sitten, wo ich mir einbilde, die augenschein-
lichen und fruchtbaren Grundsätze, imgleichen die Me-
thode angeben zu können, wornach die zwar sehr
gangbare, aber mehrenteils doch fruchtlose Bemühun-
gen in dieser Art der Erkenntnis eingerichtet werden
müssen, wenn sie einmal Nutzen schaffen sollen. Ich
hoffe, in diesem Jahre damit fertig zu werden, wofern
meine stets wandelbare Gesundheit mir daran nicht hin-
derlich ist.
Ich bin mit wahrer Hochachtung
Ew. Hochwohlehrw.
ergebenster Freund u. Diener
Königsberg, I. Kant.
den gten Mai
1767.
KANT AN MARCUS HERZ (nach Übersendung der „Kritik der
reinen Vernunft“). Nach dem rr. Mai 1781.
Hochedelgeborener Herr!
Wertester Freund!
Vor die Bemühung, die Sie übernommen haben, die
4 Exemplare meines Buches zu verteilen, sage den er-
gebensten Dank, noch mehr aber davor, daß Sie bei
Ihrer eigenen schriftstellerischen Arbeit (denn ich höre,
daß Sie eine medizinische Enzyklopädie ausarbeiten)
sich vorgesetzt haben, diese Schrift ganz eigentlich zu
studieren, auf welche Bemühung ich nur bei sehr wenig
Lesern gleich anfangs rechnen darf, unerachtet ich mich
— 121 —
demütigst überzeugt halte, sie werde mit der Zeit all-
gemeiner werden. Denn man kann es nicht erwarten,
daß die Denkungsart auf einmal in ein bisher ganz un-
gewohntes Gleis geleitet werde, sondern es gehört Zeit
dazu, um sie zuvor in ihrem alten Gange nach und nach
aufzuhalten und sie endlich durch allmähliche Eindrücke
in die entgegengesetzte Richtung zu bringen. Von einem
Manne aber, der unter allen, die mir das Glück als Zu-
hörer zugeführt hat, am geschwindesten und genauesten
meine Gedanken und Ideen begriff und einsah, kann
ich allein hoffen, daß er in kurzer Zeit zu demjenigen
Begriffe meines Systems gelangen werde, der allein ein
entscheidendes Urteil über dessen Wert möglich macht.
Wem aber nur der Zustand, darin Metaphysik nicht
allein jetzt liegt, sondern auch darin sie jederzeit ge-
wesen ist, deutlich einleuchtet, der wird nach einer
flüchtigen Durchlesung es schon der Mühe wert finden,
wenigstens in dieser Art der Bearbeitung so lange alles
liegen zu lassen, bis das, wovon hier die Frage ist, völlig
ausgemacht worden, und da kann meine Schrift, sie
mag stehen oder fallen, nicht anders als eine gánzliche
Veränderung der Denkungsart in diesem uns so innigst
angelegenen Teile menschlicher Erkenntnisse hervor-
bringen. Meinesteils habe ich nirgend Blendwerke zu
machen gesucht und Scheingründe aufgetrieben, um
mein System dadurch zu flicken, sondern lieber Jahre
verstreichen lassen, um zu einer vollendeten Einsicht
zu gelangen, die mir völlig genug tun könnte, zu wel-
cher ich auch gelanget bin, so daß ich (welches nie-
mals bei irgendeiner andern meiner Schriften der Fall
— 122 —
EES
-
: gewesen) auch jetzt nichts in der Hauptsache antreffe,
. was ich zu ändern wünschte, ob ich gleich hin und
. wieder kleine Zusätze und einige Erläuterungen gerne
. hinzugefügt haben möchte. Schwer wird diese Art Nach-
. forschung immer bleiben. Denn sie enthält die Meta-
_ Physik von der Metaphysik; und gleich wohl habe ich
. einen Plan in Gedanken, nach welchem sie auch Popu-
larität bekommen kann, die aber im Anfange, da der
_ Grund aufzuräumen war, übel angebracht gewesen sein
, Würde, zumal das Ganze dieser Erkenntnis nach aller
.. seiner Artikulation vor Augen gestellt werden mußte;
. sonst hätte ich nur von demjenigen, was ich unter dem
Titel der Antinomie der r. V. vorgetragen habe, an-
; fangen dürfen, welches in sehr blühendem Vortrage
, hätte geschehen können und dem Leser Lust gemacht
г hatte, hinter die Quellen dieses Widerstreites zu forschen.
-. Allein der Schule muß zuerst ihr Recht widerfahren,
; bernach kann man auch dahin sehen, daß man der
. Welt zu gefallen lebe...
SCHOPENHAUER AN GOETHE (nach Ubersendung des Manu-
skripts ,,Uber das Sehen und die Farben“). Dresden, іі. Nov. 1815.
Ewr. Exzellenz
| haben mir durch Ihr gütiges Schreiben
eine ргобе Freude gemacht, weil alles, was von Ihnen
. kommt, für mich von unschätzbaren Wert, ja mir ein
Heiligtum ist. Überdies erhalt Ihr Brief das Lob meiner
, Arbeit, und Ihr Beifall überwiegt in meiner Schätzung
— 123 —
jeden andern. Besonders erfreulich aber ist es mir, daß
Sie in diesem Lobe selbst, mit der Ihnen eignen Divi-
nation, grade wieder den rechten Punkt getroffen haben,
indern Sie nämlich die Treue und Redlichkeit rühmen,
mit der ich gearbeitet habe. Nicht nur was ich іп diesem
beschränkten Felde getan habe, sondern alles was ich
in Zukunft zu leisten zuversichtlich hoffe, wird einzig
und alleın dieser Treue und Redlichkeit zu danken sein.
Denn diese Eigenschaften, die ursprünglich nur das
Praktische betreffen, sind bei mir in das Theoretische
und Intellektuale übergegangen: ich kann nicht rasten,
kann mich nicht zufrieden geben, solange irgendein
Teil eines von mir betrachteten Gegenstandes noch nicht
reine, deutliche Kontur zeigt.
Jedes Werk hat seinen Ursprung in einem einzigen
glücklichen Einfall, und dieser gibt die Wollust der
Konzeption: die Geburt aber, die Ausführung ist, we-
nigstens bei mir, nicht ohne Pein: denn alsdann stehe
ich vor meinem eigenen Geist: wie ein unerbittlicher
Richter vor einem Gefangenen, der auf der Folter liegt,
und lasse ihn antworten, bis nichts mehr zu fragen übrig
ist. Einzig aus dem Mangel an jener Redlichkeit scheinen
mir fast alle Irrtümer und unsäglichen Verkehrtheiten
entsprungen zu sein, davon die Theorien und Philo-
sophien so voll sind. Man fand die Wahrheit, nicht,
bloß darum, daß man sie nicht suchte, sondern statt
ihrer immer nur irgendeine vorgefaßte Meinung wieder-
zufinden beabsichtigte, oder wenigstens irgendeine Lieb-
lingsidee durchaus nicht verletzen wollte, zu diesem
Zweck aber Winkelzüge gegen andere und sich selbst
шы 124 2
anwenden mußte. Der Mut, keine Frage auf dem Her-
zen zu behalten, ist es, der den Philosophen macht.
Dieser muß dem Odipus des Sophokles gleichen, der,
Aufklärung über sein eigenes schreckliches Schicksal
suchend, rastlos weiter forscht, selbst wenn er schon
abndet, daß sich aus den Antworten das Entsetzlichste
für ihn ergeben wird. Aber da tragen die meisten die
Jokaste in sich, welche den Ödipus um aller Götter
willen bittet, nicht weiter zu forschen: und sie gaben
ihr nach, und darum steht es auch mit der Philosophie
noch immer wie es steht. — Wie Odin am Höllentor
die alte Seherin in ihrem Grabe immer weiter ausfrägt,
ihres Sträubens und Weigerns und Bittens um Ruhe
ohngeachtet, so muß der Philosoph unerbittlich sich
selbst ausfragen. Dieser philosophische Mut aber, der
eins ist mit der Treue und Redlichkeit des Forschens,
Ше Sie mir zuerkennen, entspringt nicht aus der Re-
. flexion, läßt sich nicht durch Vorsätze erzwingen, son-
dern ist angeborne Richtung des Geistes. Mit meinem
Wesen innig verwebt, zeigt jene Treue und Redlichkeit
sich nebenher auch im praktischen und persónlichen,
зо daß ich häufig mit Wohlbehagen erfahre, wie fast
ше ein Mensch Mifitrauen gegen mich hegt, vielmehr
fast jeder ohne alle nähere Bekanntschaft mir ganz und
gar vertraut.
Diese Eigenschaft (über die ich fürchten müßte, zu
selbstgefällig mich ausgelassen zu haben, wenn nicht
Ehrlichkeit das einzige wäre, das jeder von sich rühmen
darf) ist es nun auch, die mir die Zuversicht gibt, zu
Ewr. Exzellenz so offen, ja frei zu reden...
— 15 —
SCHOPENHAUER AN F. А. BROCKHAUS
Da mir Herr v. Biedenfeld gesagt hat, daß Sie, auf eine
vorläufige Anfrage, nicht abgeneigt wären, ein Manus-
kript von mir zu drucken, so nehme ich mir die Frei-
heit, Ihnen näher anzugeben, wovon die Rede ist.
Ich will nämlich zur nächsten Michaelis-Messe ein phi-
losophisches Werk erscheinen lassen, an welchem ich
hier seit 4 Jahren unablässig gearbeitet habe. — Es wär
nun einerseits sehr am unrechten Ort, dem Verleger
gegenüber als Schriftsteller den Bescheidenen spielen zu
wollen : andererseits ist es überall unrecht, den Charla-
tan zu machen. Daher will ich Ihnen zugleich offen und
gewissenhaft über mein Werk dasjenige sagen, woran
Ihnen, meines Erachtens, gelegen sein kann. Zugleich
aber nehme ich Ihnen, als einem Mann von Ehre, hier-
mit das Versprechen ab, das Gesagte streng zu ver-
schweigen, sogar den Titel des Buches, welchen niemand
früher als aus dem Meßkatalog erfahren soll.
Mein Werk also ist ein neues philosophisches System,
aber neu im ganzen Sinn des Worts: nicht neue Dar-
stellung des schon Vorhandenen, sondern eine im höch-
sten Grad zusammenhängende Gedankenreihe, die bis-
her noch nie in irgend eines Menschen Kopf gekommen.
Das Buch, іп welchem ich das schwere Geschäft, sie
andern verständlich mitzuteilen, ausgeführt habe, wird,
meiner festen Überzeugung nach, eines von denen sein,
welche nachher die Quelle und der Anlaß von hundert
anderen Büchern werden. Jene Gedankenreihe war, dem
Wesentlichen nach, schon vor 4 Jahren in meinem Kopf
— 126 —
vorhanden: aber um sie zu entwickeln und sie durch
unzählige Aufsätze und Studien mir selber vollkommen
_ deutlich zu machen, bedurfte es ganzer 4 Jahre, in
welchen ich mich ausschließlich damit und mit den da-
| zugehörigen Studien fremder Werke beschäftigt habe,
. Nor einem Jahr fing ich an, das Ganze in zusammen-
_ hangendem Vortrag für andere faßlich zu machen, und
bin damit eben jetzt fertig geworden. Dieser Vortrag
selbst ist gleich fern von dem hochtönenden, leeren und
Are 5“
sinnlosen Wortschwall der neuen philosophischen Schule
und vom breiten glatten Geschwätze der Periode vor
Kant; er ist im höchsten Grade deutlich, faßlich. dabei
energisch und ich darf wohl sagen nicht ohne Schönheit:
nur wer echte eigene Gedanken hat, hat echten Stil.
Der Wert, den ich auf meine Arbeit lege, ist sehr groß:
denn ich betrachte sie als die ganze Frucht meines Da-
seins. Der Eindruck nämlich, welchen auf einen indivi-
duellen Geist die Welt macht, und der Gedanke, durch
welchen der Geist nach erhaltener Bildung auf jenen
Eindruck reagiert, ist allemal nach zurückgelegtem
dreißigsten Jahre da, vorhanden und geschehn: alles
Spätere sind nur Entwicklungen und Variationen des-
selben. Ist nun diese Reaktion, dieser Gedanke, ein vom
gewöhnlichen, wie er sich täglich in Millionen Indivi-
duen wiederholt, verschiedener und wirklich eigentüm-
licher, so kann nun auch das Werk, in welchem er sich
ausspricht und mitteilt, sogleich vollendet werden, so-
bald nur ein günstiges Geschick die Muße, die innere
und äußere Ruhe dazu gibt. Dies ist nun, wie ich glaube,
mein Fall gewesen. Wollte ich demnach, gemäß dem
Werte, welchen ich auf mein Werk lege, meine Forde-
rungen an sie abmessen, so würden diese außerordent-
lich, ja unerschwingbar ausfallen. Sogar aber wenn ich
auch nur nach dem Wert, den, meines Erachtens, das
Manuskript für den Verleger haben wird, die Forde-
rungen machen wollte, würden sie schon stark sein.
Allein auch dieses werde ich nicht, weil ich nicht ver-
langen kann, daß Sie alles Gesagte mir ganz auf mein
Wort glauben, sondern Sie natürlich argwöhnen müssen,
ich sei durch Eigenliebe bestochen. Dies annehmend
bequeme ich mich von der Rücksicht auszugehen, daß
mein Name noch sehr wenig bekannt ist, und daß ein
philosophisches Werk, solange es keinen Ruhm erlangt
hat, vors Erste kein großes Publikum findet, wiewohl
nachher ein desto größeres. Hierauf also gründen sich
folgende höchst billige Forderungen.
Das Werk hat zum Titel: „Die Welt als Wille und
Vorstellung, von Arthur Schopenhauer, nebst einem An-
hang, der die Kritik der Kantischen Philosophie ent-
halt.“ Sie machen sich verbindlich, das Werk zur
Michaelismesse zu liefern, auf gutem Druckpapier, in
großem Format, mit scharfen Lettern schön gedruckt.
Sie bezahlen mir das kaum nennenswerte Honorar von
einem Dukaten für den gedruckten Bogen, und zwar
gleich bei der Ablieferung des MS: denn ich reise,
sobald ich es übergeben, nach Italien ab, welche Reise
ich bloß dieser Arbeit wegen um 2 Jahre verschoben
habe....
Ihre gefällige ganz entschiedene Antwort erbitte ich
mir ohne Aufschub, weil, falls Sie meinen Antrag nicht
— 128 —
ES =r weg ier A, ie
annehmen, ich jemanden, der nach Leipzig geht, auf-
tragen werde, mir dort auf der Messe einen Verleger
zu suchen.
Mich ergebenst empfehlend
| Arthur Schopenhauer.
Dresden, den 28ten Marz 1818.
NIETZSCHE AN MALWIDA VON MEYSENBUG (bei Ubersendung
der dritten ,,Unzeitgema Ben Betrachtung“: Schopenhauer als Erzieher)
Basel, 25. Oktober 1874.
Endlich, verehrtestes Fraulein, komme ich wieder da-
zu, Ihnen etwas von mir zu erzählen, namlich dadurch,
daß ich Ihnen wieder etwas Neues von mir überreiche.
Aus dem Inhalte dieser letzten Schrift werden Sie genug
von dem erraten, was ich inzwischen in mir erlebt habe.
Auch daß es mit mir im Verlaufe des Jahres ınitunter
viel schlechter und bedenklicher stand, als im Buche
zu lesen steht. In sumına ‘aber doch, daß es geht, vor-
Warts geht und daß es mir nur gar zu sehr am Sonnen-
‚scheine des Lebens fehlt; sonst würde ich sagen müssen,
daß es mir gar nicht besser gehen könnte, als es geht.
Denn es ist gewiß ein hohes Glück, mit seiner Aufgabe
schrittweise vorwärts zu kommen — und jetzt habe ich
drei von den ı3 Betrachtungen fertig, und die vierte
.Spukt im Kopfe; wie wird mir zumute sein, wenn ich
erst alles Negative und Empörte, was in mir steckt, aus
Wir heraus gestellt habe, und doch darf ich hoffen, in
5 Jahren ungefähr diesem herrlichen Ziele nahe zu sein!
Schon jetzt empfinde ich mit wahrem Dankgefühle, wie
АХА immer heller und schärfer sehen lerne — geistig!
(leider nicht leiblich!) und wie ich mich immer be-
stimmter und verstandlicher aussprechen kann. Wenn
ich in meinem Laufe nicht völlig irre gemacht werde
oder selber erlahme, so muß etwas bei alledem heraus-
kommen. Denken Sie sich nur eine Reihe von 50 solcher
Schriften wie meine bisherigen vier, alle aus der іппе-
ren Erfahrung heraus ans Licht gezwungen, — da-
mit müßte man doch schon eine Wirkung tun, denn
man hätte gewiß vielen Menschen die Zunge gelöst, und
es wäre genug zur Sprache gebracht, was die Menschen
nicht so bald wieder vergessen könnten und was gerade
jetzt wie vergessen, wie gar nicht vorhanden erscheint.
Und was sollte mich in meinem Laufe stören ? Selbst
feindselige Gegenwirkungen werden mir jetzt zu Nutzen
und Glück: denn sie klären mich oftmals schneller auf
als die freundlichen Mitwirkungen; und ich begehre
nichts mehr, als über das ganze höchst verwickelte
System von Antagonismen, aus denen die „moderne
Welt“ besteht, aufgeklärt zu werden. Glücklicherweise
fehlt es mir an jedem politischen und sozialen Ehrgeize,
so daß ich von da aus keine Gefahren zu befürchten
habe, keine Abziehungen, keine Nötigung zu Trans-
aktionen und Rücksichten; kurz, ich darf heraussagen,
was ich denke, und ich will einmal erproben, bis zu
welchem Grade unsre auf Gedankenfreiheit stolzen Mit-
menschen freie Gedanken vertragen. Ich fordere vom
Leben nicht zu viel und nichts Uberschwengliches ; dafür
bekommen wir alle in den nächsten Jahren etwas zu
erleben, worum uns alle Vor- und Nachwelt beneiden
darf. Ebenfalls bin ich mit ausgezeichneten Freunden
EN 130 iux
vider alles Verdienst beschenkt worden; nun wiinsche
ch mir, vertraulich gesprochen, noch recht bald ein
zutes Weib, und dann denke ich meine Lebenswiinsche
‘ir erfüllt anzusehen. . . .
[nzwischen meine innigsten Wünsche für Ihre Gesund-
heit und die alte Bitte, mir freundlich gewogen bleiben
zu wollen.
Treulich
Ihr ergebenster Diener
Friedrich Nietzsche.
NIETZSCHE AN ERWIN ROHDE. Nizza, 22. Felruar 1884.
Mein alter lieber Freund,
ich weiß nicht, wie es zuging: aber als ich Deinen
letzten. Brief las und namentlich als ich das liebliche
Kinderbild sah, da war mirs, als ob Du mir die Hand
| drücktest und mich dabei schwermütig ansáhest : schwer-
mütig, als ob Du sagen wolltest: „Wie ist es nur mó,-
. lich, daf wir so wenig noch gemein haben und wie in
A
. verschiedenen Welten leben! Und einstmals — —“
f
m
Und so, Freund, geht es mir mit allen Menschen, die
mir lieb sind: alles ist vorbei, Vergangenheit, Scho-
nung; man sieht sich noch, man redet, um nicht zu
. schweigen —, man schreibt sich Briefe noch, um nicht
, zu schweigen. Die Wahrheit aber spricht der Blick aus:
und der sagt mir (ich höre es gut genug!): „Freund
Nietzsche, Du bist nun ganz allein!“
So weit habe ichs nun wirklich gebracht. —
Inzwischen gehe ich meinen Gang weiter, eigentlich ists
=. ІЗ o
eine Fahrt, eine Meerfahrt — und ich habe nicht um-
sonst jahrelang in der Stadt des Kolumbus gelebt. —
Mein „Zarathustra“ ist fertig geworden, in seinen dre
Akten: den ersten hast Du, die beiden andern hoffe ich
іп 4-6 Wochen Dir senden zu können. Es ist eine Art
Abgrund der Zukunft, etwas Schauerliches, namentlich
in seiner Glückseligkeit. Es ist alles drin mein Eigen,
ohne Vorbild, Vergleich, Vorgänger ; wer einmal darin
gelebt hat, der kommt mit einem andern Gesichte
wieder zur Welt zurück.
Aber davon soll man nicht reden. Für Dich aber, als
einen homo litteratus, will ich ein Bekenntnis nicht zu-
rückhalten: — ich bilde mir ein, mit diesem Zarathu-
stra die deutsche Sprache zu ihrer Vollendung gebracht
zu haben. Es war, nach Luther und Goethe, noch
ein dritter Schritt zu tun —; sieh zu, alter Herzens-
kamerad, ob Kraft, Geschmeidigkeit und Wohllaut je
schon in unsrer Sprache so beieinander gewesen sind.
Lies Goethe nach einer Seite meines Buchs — und Du
wirst fühlen, daß jenes , Undulatorische*, das Goethen
als Zeichner anhaftete, auch dem Sprachbildner nicht
fremd blieb. Ich habe die strengere, männlichere Linie
vor ihm voraus, ohne doch, mit Luther, unter die Rüpel
zu geraten. Mein Stil ist ein Tanz; ein Spiel der Symme-
trien aller Art und ein Überspringen und Verspotten dieser
Symmetrien. Das geht bis in die Wahl der Vokale. —
Verzeihung! Ich werde mich hüten, dies Bekenntnis
einem andern zu machen, aber Du hast einmal, ich
glaube als der einzige, mir eine Freude an meiner
Sprache ausgedrückt. —
— 132 —
Ubrigens bin ich Dichter bis zu jeder Grenze dieses
Begriffs geblieben, ob ich mich schon tüchtig mit dein
Gegenteil aller Dichterei tyrannisiert habe.
Ach, Freund, was für ein tolles, verschwiegenes Leben :
lebe ich! So allein, allein! So ohne ,Kinder*!
Bleibe mir gut, ich bins Dir wahrhaftig.
Dein
F. N.
ZWEI BRIEFE AN DEN JUNGEN GOETIIE /
MITGETEILT VON MAX MORRIS
M 21. November 1782 schreibt Goethe an Knebel:
„Alle Briefe an mich seit 72, und viele Papiere
iener Zeiten, lagen bey mir in Packen ziemlich ordentlich
gebunden, ich sondre sie ab und lasse sie heften. Welch
ein Anblick! mir wirds doch manchmal heis dabey.*
Der Literarhistoriker liest diese Stelle mit lüsternem
Interesse, aber alle Hoffnungen, die er daran knüpfen
könnte, werden zunichte bei Goethes Angabe in den
Tag- und Jahresheften von 1797: „Vor meiner Abreise
[nach der Schweiz] verbrenn’ ich alle an mich gesen-
deten Briefe seit 1772, aus entschiedener Abneigung
gegen Publication des stillen Gangs freundschaftlicher
Mitteilung.“ Von dieser großen Briefverbrennung hat
Goethe dann auf der Reise in Frankfurt einem Jugend-
freunde, dem Kunsthistoriker Hüsgen erzählt, der dar-
über an Gerning schreibt: „Was halten Sie aber von
dem sonderbaren Verfahren Goethens, der vor seiner
Abreise etwas tat, was er in seinem ganzen 48jährigen
— 133 —
Leben nicht getan hat, nämlich alte Briefe durch Feuer
vernichten, darunter ihn diejenigen des Selbsttóters Merck
wegen ihres Geistesinhalts zwei Tage Überwindung koste-
ten.“ Mit so vielen anderen sind damals auch Kestners
und Lottes Briefe an Goethe zugrunde gegangen, und es
ist also leider nicht eingetroffen, was Goethe am 15. De-
zember 1772 an die beiden schrieb: , Eure Briefe kom-
men nicht in fall verbrennt zu werden. Ich habe schon
dran gedacht. Aber zurück kriegt ihr sie auch nicht.
Wenn ich sterbe, will ich sie euch vermachen. “
Der Kanzler v. Miller berichtet unter dem 18. Februar
1830: „Er erzählte vom Verbrennen aller seiner gesam-
melten Briefe bis 1786, als er nach Italien zog.“ Hier
hat sich aber Goethe wohl geirrt. Es war ihm nach Jahr-
zehnten nur noch gegenwärtig, daß er vor einer großen
Reise die lange aufbewahrten Briefpakete verbrannt
hatte, und da dachte er an Ше italienische Reise.
Für uns ist der Verlust aller dieser Zeugnisse aus Goethes
Jugend sehr schmerzlich, und auch Goethe selbst wird
später beim Ausarbeiten von „Dichtung und Wahr-
heit“ seinen raschen Entschluß bereut haben. Wie viele
eingeschlafene Erinnerungen hätten ihm diese alten
Papiere wach rufen können, welche Fülle farbiger Ein-
zelzüge wäre daraus in seine Darstellung eingeflossen!
Aber der Plan, sein Leben zu erzählen, lag ihm 1797
noch ganz fern. Einen geringen Ersatz für die ver-
brannten Originalbriefe gewähren einige Dutzend Kon-
zepte zu Briefen an Goethe, die sich im Nachlaß von
Lavater, Gerstenberg, Bürger, Fritz Jacobi u. a. vorge-
funden haben und im Band 6 des erneuten „Jungen
a 134 rom
Goethe“ in den Kommentar zu Goethes Briefen emge-
fügt werden sollen. Vor einigen Jahren sind nun auch
zwei Originalbriefe an den jungen Goethe aufgetaucht,
die irgendwie seinem Gewahrsam entschlüpft waren und
dadurch glücklich der Vernichtung entgangen sind. Sie
befinden sich jetzt in der Sammlung von Dr. Anton
Kippenberg in Leipzig. Auf den Brief der Sophie von
La Roche erwidert Goethe am 21. Oktober (Der junge
Goethe 4, 143), und seine Antwort wird nun erst ganz
verständlich. Noch interessanter ist der Brief von Caro-
line Flachsland, der auf Goethes Sendung der drei einp-
findsamen Oden für die Darmstädter Freundinnen ant-
wortet.
CAROLINE FLACHSLAND AN GOETHE
Darm. d ı3t Juny
Ists auch recht daß ich erst auf Anlaß des inliegenden
Briefs meiner Lila Ihnen schreibe lieber bester Freund ?
hab ich Ihnen doch für Ihr Felsweihegesang u. Wander-
lied mit Herz u. Seele gedankt u. Sie dafür umarmt!
Unser guter Merk wird es Ihnen nicht geschrieben haben,
ich weiß daß er zuweilen solche Aufträge vergißt, aber
dann weiß ich auch daß unser lieber guter Goethe mich
ет wenig kennt, u. da bin ich zufrieden.
Mein Briefchen wird jetzt auch durch ein Geschenk be-
gleitet das mir gestern Abend beym Mondschein, da ichs
erhielt, eine süße Abendstunde machte. ich wills nicht
länger behalten es soll zu Ihnen, es ist so ganz unsre
Lila darinnen.
— e 25
Sind Фе 3 Monath bald vorbey? werden wir Sie bald wie-
dersehn ? o lieber guter Freund was haben Sie zurück in
unsern Herzen gelaßen ! wir stimmen zuweilen auf einmal
an „wenn unser Goethe doch wieder hier wáre!* —
Herder läßt Sie durch mich tausendmal grüßen (wissen
Sie daß ich an ihn schreibe, u. daß es der Erste Brief-
wechsel meines Herzens ist?) er will Ihnen Ihren braven
Berlichingen bald wiederschicken, u. mir bald ein Drama
„Brutus“ wenn ichs bekomme u. Sie noch nicht bald
zu uns kommen, u. es gern in Wetzlar lesen? so schicke
ichs Ihnen. —
So oft ich zum Felsen komme stecke ich einen grünen
Zweig, die ich sehr liebe, u. Blumen darauf, umarme |
dann alle ineine Freunde, u. blicke gen Himmel — adieu
lieber guter G., móchte Ihnen doch oft wenn Sie an Ihre
Freunde denken u. mit ihnen wandeln ein gutes Weib
mit einem schónen Knaben begegnen!
Uns gaben die Gótter
auf Erden Elysium.
Flachsl.
SOPHIE VON LA ROCHE AN GOETHE
17 8br 1774
Göthe mein Freund! warum so gar nichts von Ihnen —
gar nichts — sind Sie so glüklich das die Zufriedenheit
Ihrer Freunde überfluss wird — oder so übel gestimmt —
das auch alles, was ich für Sie denke u. bin unnüzes
Zeug für Sie ist schicken Sie doch dem la Roche — u.
dem Regierungs Presidenten von Gemingen in Stutgardt
einen Werther ich bitte Sie. H. v. Hohenteldt dankt Ihuen
— 136 —
жен = mp лек
sehr das Sie ihn geschrieben haben — Er nimt einen ohn-
endlichen antheil an dem ganzen — u. hat den gang Ihrer
Seele — schritt vor schritt mit gemacht. Sie sind ihm ohn-
endlich werth geworden - u. ınir Göthe! was denken Sie
mir zu seyn? Boie von Göttingen war bey mir wir haben
viel von Ihnen geredt — der Mann gefiel mir sagen Sie
wie gefiel ich u. meine treuherzigkeit ihm — Er weiß
emen Göthe zu lieben ich dank ihm nicht dafür aber
ich schaze ihn als einen Mann der Seele hat —
adieu — was macht Ihre Schwester? wird diese nicht
durch Klopstoken eine Schadloßhaltung erlangen — von
andrem Guten so ihrem Geist u. Herzen durch ihre ver-
pflanzung entgangen ist —
meine gute Max ist in Bonn mit Dumeiz Bolz u. Com-
pagnie - indeßen sind ein paar Haußtyrannen Briefe ап
sie eingelofen die mir ihre abreiße fürchterlich machen.
О- Gothe — wohin ach wohin — hat mich der Aber-
glaube — an Freundschaft — an edelmüthigkeit u.
Tugend geführt — die bestattigte vergiftung def} Pabsts
— hat mich wünschen machen — das der Ehrgeizige —
dem das arme Kind im Weeg zu seyn schien auch eher
dieses mittel möchte ergrifen haben — ehe das unglück-
liche band von den händen geknüpft wurde die meine
Max elend — u. meine andren Kinder um so viel ärmer
machten — u. mir zuerst — dann noch dem la Roche
das Herz brach — u. Dumeizs bezeugen — O Göthe —
Gift ist ein labtrunk dagegen — ruhe u. Glück meines
Ilerzens ist ermordet — u. ich kan La Roche nicht sagen —
Päte non dolet — verzeyhen Sie mir all dieses — heute laag
ein ganz schweeres — schwarzes gewicht auf mir — ich
>> 137 -—
muBte die pressung meines Herzens — tiber der Hand
eines Freunds außweinen — mißgönnen Sıe mirs nicht —
und zürnen Sie nicht das ich Sie wählte — adieu.
Adrese: An Herrn Doktor Göthe ın Frankfurt am Mayn
auf dem Hirschgraben. franco. —
AUF DEN TOD / VON JOHN KEATS
NACHGEDICHTET VON GISELA ETZEL
Ist Tod wohl Schlaf, da doch nur Traum das Leben
Und Freuden wie Visionen uns entschwinden,
Da Seligkeiten geistergleich entschweben
Und wir das Sterben doch als Schinerz empfinden?
Wie sonderbar! Du mußt durch Leiden gehen
Und darfst nicht einen Schritt vom Wege machen,
Vom finstern Pfad, darfst nie dein Schicksal sehen,
Das doch nichts weiter ıst als ein Erwachen.
AUS EINEM UNBEKANNTEN GEDICHT LORD
BYRONS / ÜBERTRAGEN VON HERBERT ALBERTI
Könnt aufwärts meiner Jahre Strom ich kehren
Zum Urquell unseres Lächelns, unserer Zähren,
Ich ließe nicht durch welker Ufer Wirren
Der Stunden schale Spur zurück ihn irren, —
Nein, ruhig sollte er, wie jetzt, mir gleiten
Ins Meer hinaus der namenlosen Zeiten.
-— en ---- -..--- е---- е--е. .--- = mn Tu
Was ist dies: Tod? — Des Herzens em Geruhn?
— 1338 —
Die Ganzheit des, davon wir Teile nun?
Denn Leben ist ein Wahn nur — nur was ich
Von allem Leben wahne, lebt fiir mich.
Und also sind, die fern sind, Tote; sie,
Die unseren Schlaf umgehn; Gespenster, die
Ein Wall des Grauns um uns geschart, mit Zeichen
Und Angsten unseres Friedens Frist beschleichen.
Die fern sind, sind die Toten — Fleisches bar,
Verwandelt, kalt kann nicht, was unser war,
Irgend noch unser sein, — und sei es, daß
Der unvergessene Schwarm nicht ganz vergaß —
Einmal so abgeschnitten, ist es gleich,
Ob Land, ob Meer, ob beide unser Reich
Von jenem scheiden, — einınal klingt es aus
In trüber Gleiche unbeseelten Graus.
Die Unterirdischen — sınd sie zu Schutt
Vermengter Millionen nur ein Sud?
Nur Asche, von Jahrtausenden verbraust,
Wo Menschheit je gehaust hat, jemals haust?
Ach, oder bannt an ungeselligen Ort
Die Stadt des Schweigens einzeln jeden dort?
Blieb eine Sprache ihnen? ein Gefühl
Blutlosen Seins? — beschattet, streng und kühl,
Wie Einsamkeit der Nacht? — О Erde, so
Sie einmal wurden doch, wo sind sie, wo?
Der Toten Teil bist du — wir sind nur Schein
Und Schaum am Rande; und das Grab allein
Löst uns des ebenholzenen Tores Schloß
In deiner Tiefen völkerreichen Schoß,
кен 159 Gees
Allwo zu Unsagbarem aufgeklärt
Auch ich, ein Geist einst, unseres Wesens Wert
Und großer Herzen Sein begreifend, voll
Der Weisheit aller Wunder wandeln soll.
EIN BILDNIS DER LUCREZIA BORGIA / VON
EMIL SCHAEFFER
IR liebten deinen Schatten, Messalina, ehrerbietig
und begierdevoll, wie nur Primaner lieben kön-
nen, und verstanden dich auch, besser als Tacitus und
Juvenal, deren arme Klassikerintelligenz die Tiefen dei-
ner Frauenscele nicht zu ergründen vermochte: Eine
Kaiserin solltest, ein „Weib“ wolltest du sein! Herr-
schen! Aber nicht im erborgten Glanz einer Krone, die
dein verblódeter Gatte trug, sondern deines Kórpers
Herrlichkeit mußte seine Untertanen dir zu Füßen zwin-
gen. Vom Lager des schlummernden Claudius schlichest
du darum allnachtlich ins Lupanar, und wenn im An-
blick der hüllenlosen Pracht deines Körpers erloschene
Augen loh emporflammten, wenn den Kältesten das Blut
in den Adern kochte, dann genossest du, lächelnd in
nackter Siegerschónheit, den Triumph, Imperatrix eines
Reiches zu sein, über das dem Szepter des Kaisers keine
Macht verliehen und das gleichwohl gewaltiger und
ewiger war als die ewige Roma... Wir verstanden
dich so gut, wir Primaner! Aber siehe, da kam einer,
der dich noch besser verstand, der selige Adolph Stahr!
Im Namen der geschändeten Weibeswürde, hoher Mensch-
heitsideale und noch einiger anderer Worte, mit denen
€: 140 =š
er gewiß auch Begriffe verband, zog Fanni Lewalds
| баце für dich zu Felde, о Messalina, und erklärte für
böswillige Verleumdung, daß du dich fünfundzwanzig
. Männern in einer Nacht geschenkt habest; nur „tem-
peramentvoll“ seiest du gewesen und eine ,unglückliche
| Frau“ ... Nur temperamentvoll? Da versagte deines
Ы
Namens Zauberkraft, und unsere Träume wanderten
über Jahrhunderte hinweg zu einer anderen Römerin,
die sie deine Schwester nannten, zur verbuhlten Toch-
- ter eines Statthalters Christi, zu Lucrezia Borgia.
Lachende Sonne im glitzernden Auge, strahlend gleich
. den Engeln, die Gottes Thron zunächst stehen, huscht
. sie, fröhlich wie zu Kinderspielen, durch die Säle und
über die Treppen des Vatikans, vom Bruder zum Vater,
. vom Vater zum Gatten, betrügt den einen mit dem an-
deren und alle zusammen mit dem Sekretär des Papstes,
, dem sie ein Knäblein schenkt. Ihr Bruder Cesare gibt
. ein Ballfest im päpstlichen Palaste, und belustigt schaut
Ld re
-—
Lucrezia, neben dem heiligen Vater sitzend, wie da
fünfzig nackte Hóflinge mit fünfzig nackten Courti-
sanen tanzen. Als sie jedoch, zum dritten Male verhei-
; ratet, als Herzogin im Schloß der Este zu Ferrara thront
. und keinen Spaß mehr daran findet, ihren Gatten, den
. trockenen Alfonso, mit Pietro Bembo, dem feinen und
amüsanten Venezianer, zu hintergehen, da stiftet sie den
. Damen des Adels ein Kloster und verbietet den Frauen
der niederen Stände, sich mit entblößten Armen auf
der Straße zu zeigen. Wir liebten dich auch, Lucrezia
Borgia!... Wiederum bestritten aber treffliche Manner
der Historie das Recht auf Shakespearehafte Phantasie:
— 141 —
„Nein, so ausbündigen Teufel gibts nicht“, beteuerten
sie im Chorus, forderten von der Weltgeschichte als
dem Weltgericht die Revision des moralischen Verdiktes
über Lucrezia Borgia, zweifelten, daß . . . bewiesen, daß
nicht... und ruhten erst, bis aus der großen babylo-
nischen Hure, die mit dem schauerlich schönen Schmuck
aller Labdakidengreuel behangen schien, „ein liebens-
würdiges und sanftmütiges, ein leichtsinniges und un-
glückliches Weib“ geworden war, das, wie ihre Briefe
bekunden, sogar „Seele und Gemüt“, bloß „keine geistige
Tiefe besaß“ ...
Nur Eines, Lucrezia, haben sie dir gelassen, deine
Verteidiger, die so gründlich alles Teuflische dir aus-
trieben, — die göttliche Schönheit. Den geschriebenen
Dokumenten, die für dich sprachen, glaubte man, den
gemalten, die gegen dich auszusagen schienen, wurde
keine Beweiskraft zuerkannt.” Zwei Porträts im ferrare-
sischen Privatbesitz und im Museum zu Nimes tragen
freilich die Aufschrift „Lucrezia Borgia“, aber die war
in beiden Fällen späteren Datums, und wie wollten diese
armen geringwertigen Kopien verlorener Originale auf-
kommen wider das Zeugnis eines Ariost, der da singt:
„Lucrezia Borgia, die mit jeder Stunde
An Schönheit wuchs.. .“,
gegen die Schmeicheleien der beiden Strozzi und so
vieler anderer Poeten, die Lucrezia, bald mit Juno, bald
mit Pallas, meistens aber mit der Liebesgöttin selber
verglichen? Heute jedoch kennen wir ein Bildnis der
Herzogin von Ferrara, vor dem alle Zweifel, ob hier
wirklich Lucrezia Borgia dargestellt sei, verstummen
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Lucrezia Borgia
müssen. Denn dieses lebensgroße Medaillonportrat wird
von einer gemalten Steinarchitektur umrahmt, in deren
Sockel, wie bei antiken Grabmälern, mit prachtvoll
großen Lettern Namen und Titel Lucrezias eingegraben
scheinen. Und diese Inschrift ist keine Zutat von frem-
der Hand, wie etwa bei dem Porträt in Nimes, das
vielleicht auf das nämliche Vorbild zurückgeht, sondern
sie entstand gleichzeitig mit dem Gemälde, dessen Wir-
kung ja gerade auf dem Kontrast zwischem dem farben-
frohen Prunk des Kostüms und der grauen Strenge dieser
Umrahmung, auf dem Gegensatz der frauenhaften An-
mut Lucrezias zu der Monumentalitat des Sockels be-
ruht. Überdies stammt jenes Porträt aus dem „museo“
des Paolo Giovio, einer berühmten Sammlung von Bild-
nissen, die der große Historiker in seiner Vaterstadt Como
angelegt hatte. Dort befindet es sich noch heute, gehört
einem Nachkommen Giovios, und solche Provenienz bürgt
für den ikonographischen Wert eines Renaissanceportráts
ebensosehr wie die echte Signatur Tizians für den male-
rischen. Denn Giovio verlangte von den unzähligen
Bildnissen seines „museo“ keine künstlerischen Quali-
täten — es waren ja auch fast durchweg nur Kopien
-, sondern einzig und allein jene Tugend, die dazu-
mal einem Portrát ófter innewohnte als einem Men-
schen — die Treue. Vermißte er die, so suchte er das
unzuverlássige Bildnis durch ein anderes zu ersetzen,
das der Erscheinung des Modells gerechter wurde, und
alle Großen Italiens rechneten es sich zur Ehre ап, dem
vielgelesenen und darum vielgefürchteten Geschichts-
schreiber seine Sammlung vergrößern zu helfen. Lucrezias
Ln 143 ee
Porträtsoller,gemäßderGiovianischen Familientradition,
von ihrem Gatten Alfonso empfangen haben. Was leicht
möglich wäre, denn gerade zu dem Herzog, dessen Bio-
graphie er schrieb, und auch zu seinem Nachfolger Er-
cole unterhielt Giovio die herzlichsten Beziehungen und
wird das heute verschollene Vorbild von Lucrezias Por-
trät oft genug im herzoglichen Kastell zu Ferrara oder
in der estensischen Sommerresidenz Belriguardo gesehen
haben.
Und was bezeugt nun Lucrezias Bildnis? Daß am Hofe
von Ferrara die Künstler weniger logen als die Dichter.
Wo diese verzückt vor Aphrodite aufs Knie sanken, er-
blickten jene nur eine hübsche Gentildonna. Schien das
Poetenauge geblendet vom Gleißen goldener Locken,
so gewahrte der schärfere Malerblick nur hellbraunes
Haar an Lucrezia. Und damit sinkt eine minnige Legende
zur Fabel herab: die Ambrosianische Bibliothek іп Mai-
land verwahrt außer neun Schreiben Lucrezias an Bembo
eine goldenschimmernde Locke, mit der Alfonsos Ge-
mahlin den Freund beglückt haben sollte. Man weiß,
wie Lord Byron von dieser unheiligen Reliquie schwärmte,
und seither bewundern sie alle Engländerinnen mit `
jener gebildeten Ergriffenheit, die dem unterrichteten
Reisenden so wohl ansteht. Freilich, immer wohnte
neben dem Glauben der Zweifel, und der hat des öfteren
schon mit leisem Lächeln auf das angebliche Liebes-
pfand Lucrezias geschaut. Nun ists jedoch am Tage:
niemals hat diese Locke der Herzogin von Ferrara ge-
hort! Aber welcher anderen Dame? Und wie kam sé
uiier Lucrezius beimlichste Briefe? Phantasten moyen
зеді. 144 =
inter diesen braziösen Rätseln ein niedliches Novellchen
hnen, vielleicht aber führt ein Gelehrter eines Tages
en Nachweis, daß hier nur eine banale Verwechslung
vorliegt“, ein Irrtum oder der Scherz irgendeines längst-
wgrabenen Archivars, und dann wird das letzte matte
slimmern jener Aureole erloschen sein, die voreinstens
nit höllenfeuriger Glut das sündenschöne Engelshaupt
ler Lucrezia Borgia umleuchtete.
EINFÜHRUNGSWORTE ZU DEN „BLÜMLEIN
DES HEILIGEN FRANZISKUS“ / VON RUDOLF
G. BINDING, NEBST ZWEI LEGENDEN
| ACH Umbrien, in das uralte Herz Italiens, versetzt
euch im Geiste, ihr, die ihr den rechten Duft, den
‚echten köstlichen Tau, den wahren göttlichen Sonnen-
Папа genießen wollt, der aus den Blümlein des heiligen
Franziskus euch anglüht.
‚Dort, wo die Luft rein weht von den weithin leuch-
enden Kämmen des Apennin und sich den Winden der
‚Tiberebene vermählt, die da süß sind von Blumen-
und Kräutergeruch und warm von dem Atem reifen-
„den Korns; dort, wo die Sonne ein Gott ist der lacht;
‚wo die Bienen summen den lieben langen Sommer und
‚die Lerchen schmettern, daß du ein wenig schläfrig
;Wirst und ein Träumer am hellen Tag; dort, wo das
§anze Land weiter nichts ist als ein unschuldiger Jubel
‚für einen geahnten Schöpfer: dort sind sie erwachsen,
die Blümlein des heiligen Franziskus.
Зе sind ihm erwachsen im erdgeborenen Herzen seiner
-- 145 —
Schüler und Jünger als ein zarter und doch so starker
Kranz der Liebe, mit dem sie seine heilige Gestalt,
jeden seiner Schritte, jedes seiner einfachen Worte um- }-
wanden.
Wahrhaftig, die Geschichtlein alle, die da treulich ge-
sammelt wurden, sind wie die Blumen; - so wunder- |
bar, daß du sie oftmals erstaunt ansiehst. Und mußt |.
ihnen dennoch glauben, wie du dem geheimnisvoll-ein- }:
fältigen Wunder einer Blume glaubst.
In jenem Lande aber ging der um, für den diese Blüm- E
lein erwuchsen und bewahrt wurden. Und sein Herz .;
war der Spiegel und der Widerhall jenes freudigen | d
tónenden Landes. Das Schöne war ihm der Abglanz t.
Gottes; und am Abglanz Gottes fand sein Herz sein Ge- E
nüge and seine Freude. Die Blumen, die Vögel und `
alle Gestirne waren ihm seine Geschwister, und die Ar- }-
mut machte er zu seiner Braut. Denn er war so reich }.
wie jegliche Kreatur vor ihrem Schöpfer und auch so |.
demütig vor ihm. T
Trunken vom Göttlichen war er bis zur Verzückung; |-.
in allem schaute er Gott. Und Gottes war er so voll, ;-,
daß ihm alles rein war; daß er die Aussätzigen kübte, },,
den Schmerz belächelte, Же Demütigung zum inneren "d
Triumph wandelte. ` i ;
Und er sah Gott selbst auf Erden von Angesicht zu `
Angesicht.
So schritt er durch diese Welt, unbewußt das wunder- -
same Wort erfüllend, das jener, dem er nachfolgte, auf .
dem Berge sprach: Selig sind, die reines Herzens sind, :
denn sie werden Gott schauen.
== 146 . --
— —
_—— M ffr
f I
, 4 inst weilte der heilige Franziskus in dem Kloster der
ж А
.ortiunkula mit Bruder Massen von Marignano, einem
Mann von großer Heiligkeit, Bescheidenheit und Ве-
шам іп seinen Reden von Gott, weswegen ihn
, A. Franziskus sehr liebte.
„„Üines Tages kam der heilige Franziskus aus dem Walde
, Pom Beten heim. Und gerade trat er in die Lichtung her-
, Ws, als Bruder Massen, der seine Demut auf die Probe
-
déi: ы
N
ellen wollte, ihm entgegentrat und wie im Vorwurf zu
"ihm sagte: „Warum dir? warum dir? warum dir?“ Der
; ,heilige Franzantwortete: , Was willst du damit sagen?“
|. Sprach Bruder Masseo: , Ich frage, warum gerade dir alle
“Welt nachläuft und jedermann scheinbar nur dich zu
_ sehen, dich zu hören, dir zu gehorchen wünscht? Du bist
„micht schön, du bist nicht gelehrt, du bist nicht edel;
“warum also läuft gerade dir alle Welt nach?*
“Wie das der heilige Franziskus hörte, wurde er ganz
und gar froh in seinem Innern, hob sein Angesicht gen
„Himmel und stand so eine lange Zeit im Geiste zu Gott
^ entrückt, Als er wieder zu sich gekommen war, kniete
«Т nieder und spendete Gott Lob und Dank; dann
"wandte er sich glühenden Geistes zu Bruder Massen
und sprach: „Willst du wissen, warum mir? Willst du
y Wissen, warum mir? Willst du wissen, warum mir alle
su
A ПІ
06
Welt nachläuft? Das ist mir durch die Augen des höch-
„sten Gottes geworden, die allerorten herabsehen auf
ji > Gute und Böse. Da nun diese heiligen Augen unter den
Sündern keinen erblickt haben, der geringer als ich,
untauglicher und sündhafter als ich gewesen wäre, und
— 1447 —
ег auf der ganzen Erde keine geringere Kreatur finden
konnte, um jenes wunderbare Werk zu vollenden, de)
er zu tun gedenkt, so hat er mich erwählt, die Welt in.
allem ihrem Adel und Stolz, in ihrer Kraft, ihrer Schön-
heit und ihrer Weisheit zu beschämen; auf daß man
erkenne, daß alle Macht und alles Gute von ihm is
und nichts von der Kreatur und niemand sich rühmen -
kann vor seinem Angesicht. Wer sich aber rühmt, der
rühme sich in dem Herrn, dem da ist alle Ehre und .
Herrlichkeit in Ewigkeit.* ;
Über diese Antwort, mit so viel Demut und Inbrunst
erteilt, erschrak Bruder Masseo ; und es wurde ihm zur
Gewißheit, daß die Demut des heiligen Franziskus nicht |
zu erschüttern sei. |
II
Ein junger Mann hatte eines Tages eine Menge Turtel- |
tauben gefangen; und als er sie zu Markte trug, be- |
gegnete ihm St. Franziskus, welcher immer ein beson- |
deres Erbarmen mit sanftmütigen Tieren hegte. Mit- \
leidigen Auges sah er die Tauben an und sprach zu
dem jungen Menschen: „Du guter Jiingling, ich bitte
dich, gib mir sie; auf daß diese sanftmiitigen Vögel, ;
denen in der Schrift die keuschen Seelen und die De- |
mütigen und Gläubigen verglichen werden, nicht in die
Hände von Grausamen fallen, die sie töten.“ Alsbald
gab sie jener, von Gott getrieben, alle dem heiligen |
Franziskus. Er aber barg sie in seinem Schoß und be-
gann sänftiglich zu ihnen zu reden: „Ihr Schwestern
mein, Turteltauben, ihr einfältigen, unschuldigen und
— 148 —
Ss Ms
— AS í,
2 ЖА
wat alr,
reinen, warum habt ihr euch fangen lassen? so will ich] :
euch nun vor dem Tode bewahren und euch Nester]:
bauen, auf daß ihr Frucht bringet und euch mehr]:
nach dem Geheiß unseres Schöpfers.“ Und St. Franzis
kus ging hin und richtete allen Nester her; sie aber)
benutzten sie und begannen vor den Brüdern ihre Eier |-
zu legen und auszubrüten. Und sie wurden so zahm
und zutunlich mit St. Franziskus und den andern Brü-
т
u.
dern, als ob sie Hühner gewesen wären, die sie allzeit ge- |:
füttert hätten, und flogen nicht eher davon, als bis ihnen }-
der heilige Franz mit seinem Segen Urlaub verlieh.
Zu dem Jüngling aber, der sie ihm gegeben, sprach :
St. Franziskus: ,Mein Sohn, du wirst einst Bruder in
diesem Orden sein und Jesus Christus in Gnaden dienen.‘
Und so geschah es; denn jener Jüngling trat in die Bru-|:
derschaft und lebte im Orden in großer Heiligkeit.
AUS DEN „STUNDEN“ / SONETTE
VON RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER
DIE ERSTE STUNDE
Da nun der Mond, die volle Bahn beschreitend,
Vom höchsten Punkt des Himmels niedersteigt,
Und durch den Traum verhüllter Stunden gleitend
Der neue Tag in leerer Ahnung schweigt,
Da Silberdunst, sich trügerisch verbreitend,
Verdrossenem Blick kein klares Bildnis zeigt,
Und Phantasie, mit Schattenbildern streitend,
Sich allzugerne mattem Schlummer neigt,
— 150 —
d
Da in der all zu weiten Himmels-Ferne
Die erste Stunde mit Verwirrung prahlt,
Als müsse alles ohne Hoffnung sein,
Such ich im Innern deine schönen Sterne,
Ein einfach Licht, das lebensvoller strahlt
Als jene Wirrsal. Ich gedenke dein.
DIE DRITTE STUNDE
Nun sinkt der späten Scheibe Zirkelglut
Durch Wolkenstreifen westlicher Gelände.
Noch zittern hoch іт Blau die tausend Brände,
Doch dämpft des Ostens Regung ihren Mut.
O Hoffnung, die auf jener Ferne ruht,
Das fahle Grau erwartend erster Wende,
Ob nicht Aurora ıhre Boten sende,
Du deutest dir die Himmelszeichen gut!
Denn es erwacht an Horizontes Rand
Ein kühler Hauch; und wachsend kommt die Blässe,
Des Viergespannes fernster Widerschein.
Noch liegt іп dumpfer Trunkenheit das Land.
Doch ob der Tag auch seiner selbst vergesse,
Er wird erwachen. — Ich gedenke dein.
DIE SECHSTE STUNDE
Er hob sich auf mit herrlichem Verlangen
Von kühlen Lagers seufzervoller Bucht.
Mein Angesicht, im runden Tal gefangen,
Sieht oben nur Aurorens blasse Flucht.
— CT —
Nun aber fahrt vom Rande her ein Prangen
Mit Streifen Golds durchs Zackenwerk der Schlucht,
Daß sich erstaunt, іп unbeholfenem Bangen,
Das Auge blinzelnd zu verhüllen sucht.
Und dringt der Gott in diese dunklen Kammern,
Die in der Nacht umsonst nach ihm gefragt,
Füllt er mit Tränen sie und wäscht sie rein,
Und schwemmt Verwirrung fort und bricht die
Klammern;
Und Liebe, die in Міпдет Traum gezagt,
Erwacht und lächelt: ich gedenke dein.
DIE SIEBENTE STUNDE
So lernt der Tau das Bild der Sonne tragen
Und ahmts in tausend runden Perlen nach.
Die feuchte Flur empfindet dein Behagen;
Und wärmer wirds und wärmer allgemach.
Wie hast du voll dein Auge aufgeschlagen,
Du Augentrost, der uns so lang gebrach,
Als wolltest du der dunklen Erde sagen:
Vertraue mir, ich bleibe hell und wach.
Sie hat dir nichts als Tränen zu erwidern,
Den kühlen Trank, und als Erinnerungen,
Der Nebelflocke viel verzerrten Reihn.
Doch sieh! Schon lachelt sie aus schweren Lidern,
Da ihr der Morgen bis ans Herz gedrungen,
Der hoffnungsvolle. — Ich gedenke dein.
-- 153 —
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Aus Jean Pauls
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DIE АСНТЕ STUNDE
Nun ruht der Schnitter schon im Ährenfeld
An leichter Wand, die er sich selbst geschichtet.
Der goldne Ball lauft in der oberen Welt,
Mit Brunst dem höchsten Mittag zu gerichtet.
Nur wo das Laub zu griinem Schwall verdichtet,
Geruch und Flüstern erster Frischung hält,
Lebt noch ein Rauch, bis er sich, klar zersichtet,
Der Gräser träufelndem Behang gesellt.
Der Gartner sammelt aus dem Rosenbeet,
Eh noch der matte Tag sie heiß getroffen,
Die Pracht der sommerlichen Kronen ein.
Da nun der Gott auf halbem Wege steht,
Bleibt die Erwartung satt und stumm das Hoffen.
Schon flammt der Äther. — Ich gedenke dein.
DIE ELFTE STUNDE
Um Mittag ist der Grille Lied erwacht;
Und gläsern schrillt das Schilf von zarten Stimmen.
Die Sonne rüstet sıch ın weißer Pracht
Des Himmels letzte Wölbung zu erklimmen.
In zitternd aufgelöster Wallung schwimmen
Die Lüfte, da sich solche Glut entfacht.
Den Gott durchflammt ein königlich Ergrimmen,
Ein Überschwall der seelenvollsten Macht.
Wo seid ıhr Sterne nun, ın welchem Grauen
Bereitet sich der neue Abend vor
Mit giftiger Betäubung, Dunst und Pein?
-- 153 —
Der helle Tag lohnt jegliches Vertrauen:
Was alle Welt in dunkler Zeit verlor,
Kommt sattsam wieder. — Ich gedenke dein.
DIE DREIZEHNTE STUNDE
Will dich die Glut der vollen Stunde kränken,
Und dörrt die Schärfe sengend dein Gebein,
So magst du an die kalte Schlange denken,
Die nun sich wärmt auf dem besonnten Stein.
Sieh, in der harten Rinde dumpf Umschränken
Bricht liebevoll der goldene Himmel ein.
Begreife dies unsägliche Verschenken
Und löse dich von selbstgefälliger Pein.
Das Dumpfe kann die Säfte nicht mehr halten
Und schwillt empor, die Sonne zu begrüßen;
Zu Blut wird Wasser und zu Fleisch der Stein.
Das Unbelebte wimmelt von Gestalten:
Denn durch die Sonne leben alle süßen
Bilder und Lüste. — Ich gedenke dein.
DIE SECHZEHNTE STUNDE
Der klaren Stunden abgemessener Weg
Geht von den mittaglichen Höhn zur Neige.
Noch glüht der Ball, doch trifft das Feuer schräg
Mit breiterm Wurf der Schatten ins Gezweige.
Die Felder sind noch hell, die milden Steige
Vom wirren Laut verborgener Flügel reg.
Doch wartet hinterm Horizont die feige,
Verrufene Jägerin und blinzelt träg.
— 154 —
|
Sie greift im Traum schon іп фе obere Luft
Und zieht erschreckt die dunkle Hand zuriick,
Weil noch am Himmel hoher Flammenschein.
Doch weiß sie fern im Westen eine Gruft!
Und dorthin schwindet unsrer Augen Glück
Unwiderruflich. — Ich gedenke dein.
DIE SIEBENZEHNTE STUNDE
Der Wind erwacht und führt in leichten Scharen
Die weißen Wolken auf den blauen Plan.
Er rauscht in des Geästes grünen Haaren
Und stört den Fluß auf seiner glatten Bahn.
Die Welle muß Erstaunlichstes gewahren
Und strebt gepreßt mit Kräuseln berghinan:
O seligstes, o leichtestes Gebahren,
O körperlos bewegtestes Umfahn!
Die Rose läßt Фе hundert Blätter fallen
Und gibt sie solcher Schmeichelei zum Spiel,
Melodisch wird das Schilf am Uferrain.
Er regt sich nur und herrschet über allen,
Der stolzeste Geselle ohne Ziel,
Und braust vorüber. — Ich gedenke dein.
DIE ZWANZIGSTE STUNDE
Sie kehren heim im Schweiße ihrer Taten
Und laben sich an Kühlung, Brot und Wein.
Die hundertfache Frucht bescheidener Saaten
Kehrt durch bekränzte Pforten ein.
— 155 —
Gott sah sie an und gab, darum sie baten,
Die Hungrigen des Felds in ihrer Pein.
О Ruhm der Welt! Wie sollte mißgeraten
Je eine Absicht treuer Herzen sein?
Der Sonne Vogt will sich mit Sternen zeigen,
Und äugt herab aus silberfarbenem Rund
Ins atmende, ruhselige Gedeihn.
Die Lüsternheit verschrankt und löst den Reigen
Und führt den Liebsten zum geliebten Mund
Und löscht die Lichter. — Ich gedenke dein.
DIE VIERUNDZWANZIGSTE STUNDE
Wenn nun die letzte, leere Stunde schlägt
Des leeren Tages, da wir dein gedachten,
So heißt es nicht: nun solls im Herzen nachten,
Das schon seit immer schwarze Farbe trägt.
Dies Äußerliche dürfen wir verachten:
Den falben Mond, die Sterne, blind erregt,
Das Dunkel, das die Erde um sich schlägt,
Weil wir seit je ohn eine Flamme wachten.
So falle weg, du schnéder Tag, und fallt
Ihr andern Tage der zukünftigen Zeiten
Wie die vergangenen: Ihr seid gemein.
Wir laufen durch das Jahr und werden alt.
Und dennoch: Manches ist in dem Entgleiten,
Das uns erschüttert. — Ich gedenke dein.
— 156 —
ГЕ DERNIER SOLEIL / VON EMILE VERHAEREN
Peut-étre,
Lorsque mon dernier jour viendra,
Peut-étre
Qu'à ma fenétre,
Ne füt-ce qu’un instant,
Un soleil fréle et tremblotant,
Se penchera.
Mes mains alors, mes pauvres mains décolorées
Seront quand méme encor par sa gloire dorées;
П glissera son baiser lent, clair et profond
Une derniére fois, sur ma bouche et mon front
Et les fleurs de mes yeux, páles, mais encore fiéres
Avant de se fermer lui rendront sa lumière.
Soleil, ai-je adoré ta force et ta clarté!
Mon art torride et doux, de son geste supréme,
Та retenu captif au coeur de mes poèmes;
Comme un champ de blé mur qui houle au vent d'été
Telle page t'anime et t'exalte en mes livres,
O toi soleil qui fais éclore et qui délivres,
O toi, l'immense ami dont l'orgueil a besoin,
Fais qu'à cette heure grave, impérieuse et neuve
Ой mon vieux cœur humain sera lourd sous l'épreuve
Tu sois encor son visiteur et son témoin.
Eu 157 poe
ZU DEN ABBILDUNGEN
IE Monate des Jahres begleiten dieses Mal zwölf
Schattenrisse aus dem Goethekreis, die größten-
teils zum ersten Male hier veröffentlicht werden. Der
Tradition nach soll die Wieland-Silhouette von Goethe
geschnitten sein; die Lavater darstellende hat, wie Herr
Dr. T. Gröber nachgewiesen hat, ein gewisser Wendt in
Darmstadt gefertigt; von wem die übrigen stammen, ist
nicht bekannt. Die Mehrzahl der Originale (von Anna
Amalia, Carl August, Herzogin Luise, Prinz Konstantin,
Goethe, Wieland, Oberstallmeister v. Stein) befinden sich
in der Kippenbergschen Goethesammlung in Leipzig;
die Silhouetten Herders, des Ministers v. Fritsch und
Lavaters besitzt das Goethe-Nationalmuseum, die der
Frau v. Stein hängt auf Schloß Kochberg; die Schiller-
Silhouette hat jüngst das Marbacher Schiller-Museum
erworben. Ап anderer Stelle des Almanachs dürfen wir
einen sehr charakteristischen Schattenriß Kants nach
einer alten, im Besitz des Herrn Professor Dr. Raoul
Richter in Leipzig befindlichen Lithographie wieder-
geben.
Die Kunst des Schattenrisses ist schon aus der ersten
Halfte des 17. Jahrhunderts nachweisbar; sie wurde be-
sonders in England gepflegt. Ihre Verbreitung und ihren
Namen verdankt sie dem Finanzminister Ludwigs XV.,
Etienne de Silhouette. Er empfahl zur Verbesserung der
verfahrenen Finanzen Einfachheit der Lebensführung
und Sparsamkeit, und um mit gutem Beispiel voran-
zugehen, richtete er sein Schlößchen nach diesen Grund-
— 158 —
sätzen ein und ersetzte dort die kostbaren Bilder durch
Schattenrisse. Was schlicht und einfach war, nannte
man daher a la Silhouette, und am Schattenriß ist dieser
Name hängen geblieben. Um 1760 kam фе Silhouette
— zunächst weiß auf schwarzem Hintergrund — nach
Deutschland und fand an den kleinen Fürstenhöfen
schnell Anklang. Einen lebhaften Antrieb erhielt die
alte, nun neue Kunst durch Lavater, der auch ın seiner
Physiognomik lebhaft dafür eintrat. Das elfte seiner
» Physiognomischen Fragmente“ enthält begeisterte Sätze:
„Die Natur ist scharf und frey. In dieser Absicht, Künst-
ler — Nachbilder der Menschheit —, übe dich erst ım
genauen Schattenrißzeichnen — dann im Nachzeichnen
derselben von freyer Hand — dann vergleiche und ver-
bessere sie! — Ohne dieß wirst du das große Arkanum
— Bestimmtheit und Freiheit zu vereinigen, schwerlich
finden können. — Der Schattenriß faßt die zerstreute
Aufmerksamkeit zusammen; concentrirt sie bloß auf
Umriß und Gränze, und macht daher die Beobachtung
einfacher, leichter, bestimmter; — die Beobachtung und
damit auch die Vergleichung. — Die Physiognomik hat
keinen zuverlässigern, unwiderlegbarern Beweis ihrer
objektiven Wahrhaftigkeit, als die Schattenrisse.“ Alle
Welt schnitt und sammelte für Lavater. So war es natür-
lich, daß namentlich іп Weimar фе Silhouettierkunst
eifrig betrieben wurde, und ihr verdanken wir eine große
Zahl höchst lebendiger und anschaulicher Schattenrisse,
deren durch keine anderen Bildnisse zu ersetzender Wert
für die Kenntnis der äußeren Gestalt erst unsere Zeit
recht zu würdigen beginnt.
ЖҮЗ 159 ==
Die Vorlage des Balzac-Portrats (8. 64) ist eine Sepia-
zeichnung im Museum zu Tours; der Balzac-Forscher
Spoelberch de Lovenjoul schreibt es Devéria zu, wäh-
rend Mary F. Sandow, die Verfasserin einer englischen
Balzac-Biographie, mitteilt, daß es in Tours für ein Werk
von Louis Boulanger gehalten wird. Es stammt aus dem
Besitz von Balzacs Freundin, der Frau von Valette, und
stellt den Dichter im Alter von 30 bis 35 Jahren dar. -
Von Sokrates sind aus dem Altertum zahlreiche Porträts
erhalten, von deren Mehrzahl, die sich in München, Rom,
Florenz befinden, sich die Herme des Neapeler Museums
(S. 40) wesentlich unterscheidet; schon auf den ersten
Blick fällt auf, daß der sonst vorherrschende groteske Zug
hieroffenbar mit Absichtzurückgedrängt ist. Sieschien uns
deshalb auch am geeignetsten, vor dem Titel des Werkes
„Sokrates, geschildert von seinen Schülern“ zu stehen.
Über das Gemälde von Trübner und das italienische Por-
trät der Lucrezia Borgia geben die Aufsätze von Scheff-
ler und E. Schäffer genügende Auskunft. Das Bild von
Preetorius (eine seiner Illustrationen zu Jean Pauls Gian-
nozzo, die im Original wirksamer іп mehrfarbigem
Lichtdruck ausgeführt ist) erklärt sich von selbst; man
erkennt die Situation der Novelle auch ohne die Worte
des Dichters. So ist nur noch auf die beiden italienischen
Zeichnungen Goethes hinzuweisen, die dem kostbaren
Sammelband des Nationalmuseums in Weimar entstam-
men, in dem Goethe die zeichnerische Ausbeute der ita-
lienischen Jahre zusammengetragen hat und der für die
Insel-Ausgabe der „Italienischen Reise“ zum ersten Male
іп vollem Umfang ausgenutzt werden konnte.
— 160 —
—— nn ee —MÓ— nn — — ——
m
Biicher
aus dem Infel-Verlag
Euch, ihr Götter, gehört der Kaufmann. Güter
zu suchen,
Geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an.
SCHILLER
VA V
IM JAHRE ıgıı SIND ERSCHIENEN:|:
KARL JONAS LOVE ALMQUISTS WERKE. Auswahl in B
zwei Bänden. Übertragen und eingeleitet von 4. Mens. |
Geheftet M. 8.—; in Halbleinen M. 10.—. i
Almquist, der 1866 gestorben ist, darf als der älteste und als eine |
der bedeutendsten Realisten Schwedens bezeichnet werden, soweit d
man ihn nicht als Halbdeutschen -- ег lebte in freiwilliger Ver-
bannung in Bremen — in Anspruch nehmen will.
ACHIM VON ARNIMS WERKE. Auswahl in drei Bänden. |.
Im Auftrage und mit Unterstützung der Familie von Arnim |-
herausgegeben von Reinhold Steig. In Pappbänden M.3.-, `
іп Leinen М. 4.50; in Halbpergament М. 6.5о.
Band I enthält die Novellen (Isabella von Ägypten, Der tolle Invalide, |2
Fürst Ganzgott usw.); Band II die beiden großen Romane „Gräfin |,
Dolores“ und die „Kronenwächter“; Band Ш die Lyrik, darunter |^
eine umfängliche Auswahl aus „Des Knaben Wunderhorn“ sowie Я
einige Dramen („Die Gleichen“ u. a.). l
BALZACS BRIEFE AN DIE FREMDE (Frau von Hanska). |.
^. Übertragen von Eugenie Faber. Eingeleitet von Wilhelm |.
Weigand. Zwei Bande. Mit einem Bilde Balzacs in Licht- "
druck. Geheftet M. 8.—; in Leinen M. 10.—; in Leder 1
М.14.-. Forzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf |:
Büttenpapier in Maroquin M. 30.—.
X 7, HONORE DE BALZAC: DIE DREISSIG TOLLDREISTEN 1
WG | GESCHICHTEN GENANNT CONTES DROLATIQUES. |:
A Übertragen von Benno Rüttenauer. Zwei Bande. Geheftet |
d N M. 8.-; іп Leinen M. 10.—; in Leder М. 14.—. Рог- A
| | zugsausgabe 100 numerierte Exemplare auf Biittenpapier
in Maroquin M. 30.—.
Balzac hat diese Novellen im Stil von Rabelais und Boccaccio, die er |
gleichsam zur Erholung neben der „Menschlichen Komödie“ schrieb, | :
stets für sein bestcs und unsterblichstes Werk gehalten. l
— 162 —
ЯАМ BETHGE: JAPANISCHER FROHL ram
» Einband von ER JF. eiß. In Pappband
ausgabe: too numerierte Exemplare a
. Papier in Seide M. ı2.—.
Übertragungen japanischer Gedichte.
DIE BIBLIOTHEK DER ROMANE,
Jeder
. .-; in 0 ег е =,
Bisher sind erschienen:
WILLIBALD ALEXIS: DIE HOSEN DES HERRN VON BREDOW.
GUSTAVE FLAUBERT: FRAU BOVARY. Übertragen von Arthur
Ee DEE
. LOUISE VON FRANCOIS: DIE LETZTE RECKENBURGERIN.
JEREMIAS GOTTHELF: ULI DER KNECHT.
JENS PETER JACOBSEN: FRAU MARIE GRUBBE. Autorisierte
Übertragung von Mathilde Mann. l
JENS PETER JACOBSEN: NIELS LYHNE. Autorisierte Über-
. tragung von Anka Matthiesen.
HENRI MURGER: DIE BOHEME. Szenen aus dem Pariser Künstler-
leben. Übertragen von Felix Paul Greve.
^ WALTER SCOTT: IVANHOE. In der Ubeisetzung von L. Tafel.
| WALTER. SCOTT: DER TALISMAN. In der Übersetzung von
August Schäfer.
IWAN TURGENJEFF: VATER UND SOHNE. In der vom
Dichter veranlaßten deutschen Übertragung.
| RUDOLF G. BINDING: DIE GEIGE. Vier Novellen. Ein-
» bandzeichnung von E. R. Weiß. Geheftet M. 3.-; in
^ Leinen M. 4.50.
. GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS DEKAMERON. Über-
, Wagen von Albert Wesselski. Jubiläumsausgabe zum
6oojährigen Geburtstag Boccaccios. Mit den Holzschnitten
der Ausgabe Venedig 1492. 800 Exemplare auf hand-
geschopftem Papier. In Halbleder M. 40.—; in Kalbleder
(Handarbeit) M. 75.—.
-— 163 —
ІЛЕ BRIEFE VON ABALARD UND HELOISE. Heraus-
gegeben und eingeleitet von W. Fred. Einbandzeichnung
von Emil Preetorius. Geheftet М.5.-; іп Halbleder M.8.-.
Vorzugsausgabe: 100 Exemplare auf уап Gelder-Bütten
іп ecrasiertem Saffianleder M. 20.—.
DER BRIEFWECHSEL ZWISCHEN SCHILLER UND
GOETHE. Im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs
nach den Handschriften herausgegeben von Hans Gerhard
Gräf und Albert Leitzmann. Einbandzeichnung von
E.R.Weiß. Drei Bande. Geheftet M. 7.—; in Halbleinen
M. ro.—; in Leder M. 16.—.
In gleicher Ausstattung wird der Briefwechsel Goethe-Zelter, gleichfalls
im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs nach den Handschriften
herausgegeben, folgen.
PHILOBIBLON, das ist der Traktat des Richard de Bury
über die Liebe zu den Büchern. Erstmalig aus dem Lateini-
schen in das Deutsche übertragen und eingeleitet von Franz
Blei. 4oo numerierte Exemplare auf Handpapier. In
Halbleinen M. 15.—; in Schweinsleder (Handarbeit der
Werkstatt Carl Sonntag jun.) M. 28.—.
DEUTSCHE CHANSONS (Brettllieder). Von Bierbaum,
Dehmel, Falke, Finckh, Heymel, Holz, Liliencron, Schróder,
Wedekind, Wolzogen. 53. bis 62. Tausend. Geheftet
M. 1.—; in Pappband M. 1.50; in Leder M. 3.—.
CHARLES DICKENS’ WERKE. Ausgewählt und eingeleitet
von Stefan Zweig. Mit den Federzeichnungen von Phiz,
; Cruikshank und andern. Titel und Einband von E. R. Weiß.
' Taschenausgabe auf Dünndruckpapier: Sechs Bande, jeder
Band іп Leinen М. 6.—; in Leder M. 7.50. Bibliotheks-
ausgabe auf starkem Papier: Zwolf Bande, geheftet je
M. 3.—; in Leinen М.4.-. Vorzugsausgabe: 200 nume-
- rierte Exemplare: Zwolf Bände; in Leder je M. 12.—.
um 164 2
Bisher sınd erschienen und einzeln zu beziehen:
DAVID COPPERFIELD. Mit 40 Federzeichnungen von Phiz.
DER RARITÄTENLADEN. Mit 73 Federzeichnungen und 8 Initialen
von Phiz, Cattermole und andern.
DIE PICKWICKIER. Mit 42 Federzeichnungen von R. Seymour,
Buss und Phiz.
Je ein Band der Taschenausgabe bildet zwei Bande der Bibliotheks-
ausgabe. Die Dickens-Ausgabe wird 1912 vollständig vorliegen und
außer den genannten folgende Werke enthalten: Nickolas Nickleby —
Weihnachtserzahlungen und Oliver Twist — Martin Chuzzlewit.
Die Vorzugsausgabe wird nur vollstandig abgegeben.
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ASSISI. Ubertragen von Rudolf С. Binding. Mit 84
verschiedenen Initialen von Carl Weidemeyer -W EE
In Pappband M. 3.-.
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Helene Gräfin Harrach. Verse von Rudolf Alexander
Schröder. Gebunden M. 5.—.
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rische Szenen (Savonarola, Cesare Borgia, Julius II., Leo X.,
Michelangelo). Autorisierte Übertragung von Bernhard
Jolles. Einbandzeichnung von E. В. Weiß. Mit 23 Licht-
drucktafeln. Kartoniert M. 12.—; in Halbleder M. 16.—.
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— 165 —
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den elf Kupfern von Daniel Chodowiecki und einer Rotel-
studie in Lichtdruck. In Leder M. 10.—.
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Goethes, seiner Freunde und Kunstgenossen auf 1 20 Licht-
drucktafeln. Mit Unterstützung des Goethe- National-
Museums herausgegeben von George von Graevenitz. Ein-
bandzeichnung von Е. В. Weiß. In Halbleder M. 3о.-;
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Neu herausgegeben von Max Morris. Sechs Bánde mit 66
Lichtdrucktafeln. Einbandzeichnung von F. H. Ehmcke.
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Brüder Grimm. Kleine Ausgabe. Berlin 1825. Neudruck
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MAURICE DE GUÉRIN: DER KENTAUER. Übertragen
durch Rainer Maria Rilke. 300 Exemplare: 50 auf Japan
in Leder (vergriffen); 250 auf Hadernpapier in Pappband
M. 8.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
ERNST HARDT: JOSEPH KAINZ. Verse zu seinem Ge-
dáchtnis. Kartoniert M. 1.50. Vorzugsausgabe: 50 Exem-
plare auf Japanbüttenpapier in Leder M. 12.—.
— 166 —
С аали m ët —— a
oe 6 А R 2
ERNST HARDT: GUDRUN. Ein Trauerspiel in fünf Akten.
Initialen und Einband von Marcus Behmer. Geheftet
М. 3.— ; in Leinen M. 4.—. Vorzugsausgabe: 5o Exemplare
auf holländischem Büttenpapier in Leder M. 20.-.
HAUFFS MÁRCHEN. Vollstándige Ausgabe. Zeichnung
der Initialen, des Titels und des Einbands von Carl Weide-
meyer -Worpswede. In Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.—.
F'orzugsausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Bütten-
papier in Kalbleder M. 20.-.
HEINRICH HEINES SÄMTLICHE WERKE in zehn Bän-
den. Unter Mitwirkung von Jonas Frankel, Ludwig Krähe,
Albert Leitzmann und Julius Petersen herausgegeben von
Oskar Walzel. Jeder Band geheftet М. 2.—; in Halbperga-
ment М. 3.—. Vorzugsausgabe (einmalig): 1000 Exem-
plare auf Insel-Hadernpapier. Geheftet M. 5.—; in Halb-
leder M. 7.—; in Leder M. 10.—.
Erschienen sind Band I, II, VI, VII und IX. Die Bände der gewöhn-
lichen Ausgabe werden auch einzeln abgegeben, dagegen verpflichtet
der Kauf eines Bandes der Vorzugsausgabe zur Abnahme aller
folgenden.
JOHANN GOTTFRIED HERDER: IDEEN ZUR KULTUR-
PHILOSOPHIE. Ausgewählt und herausgegeben von
O. und М. Braun. In Pappband M. 2.—; in Leder
THEODOR GOTTLIEB VON HIPPEL: OBER DIE EHE.
Neudruck іп 5оо Exemplaren. Herausgegeben von Ewald
Silvester. Mit Wiedergabe von zwei Titelkupfern. Titel-
und Einbandzeichnung von E. R.Weiß. Geheftet M. 12.—;
in Halbleder M. 14.—; in Leder M. 18.—.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: ALKESTIS. Ein Trauer-
. spiel nach Euripides. (Geschrieben 1893.) Geheftet M. 2.—;
in Pappband M, 3.—.
— 16; —
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DIE GEDICHTE UND
KLEINEN DRAMEN. Titel- und Einbandzeichnung von
Walter Tiemann. Geheftet М. 2.-; in Pappband M. 3.-.
Enthalt: Die gesammelten Gedichte, Gestalten, Der Tod des Tizian,
die Prologe und Trauerreden, Das kleine Welttheater, Vorspiele, Tor
und Tod, Der weiße Fächer, Kaiser und Hexe, Die Frau im Fenster,
Das Bergwerk zu Falun.
HOMERS ODYSSEE. Neu übertragen von Rudolf Alexander
Schroder. Geheftet M. 2.-; іп Halbleinen M. 3.—; in
Leder M. 5.—.
KANTS BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben von
F. Ohmann. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—.
RUDOLF KASSNER: VON DEN ELEMENTEN DER
MENSCHLICHEN GROSSE. Geheftet M. 2.50; in Leinen
M. 3.50. Ӯ. orzugsausgabe: 25 Exemplare auf holländischem
Büttenpapier, in Ziegenleder M. 20.—.
HEINRICH VON KLEISTS SÄMTLICHE WERKE UND
BRIEFE. Vollständige Ausgabe in sechs Bänden, besorgt
von Wilhelm Herzog. Einbandzeichnung von E. R. Weiß.
Mit dem Jugendbildnis Rleists in farbiger Wiedergabe und
verschiedenen Faksimiles. Geheftet M. 27.-; in Leinen
M. 32.—; іп Halbpergament М. 36.—.
KARL FRIEDRICH VON KLODENS JUGENDERINNE-
RUNGEN. Nach der ersten von Max Jahns besorgten Aus-
gabe neu bearbeitet von Karl Koetschau. Mit dem Bildnis
Klodens. In Leinen М. 3.—; in Leder М. 5.—.
_ Ihrem Inhalt nach lassen sich Klödens Jugenderinnerungen mit dem
bekannten Buch von Kügelgen vergleichen, ihrem Wert nach werden
sie von vielen noch darüber gestellt.
NIKOLAUS LENAUS SÄMTLICHE WERKE UND BRIEFE
IN SECHS BANDEN. Vollständige kritische Ausgabe,
herausgegeben von Eduard Castle. Mit verschiedenen
-- 168 --
REN:
u gen, a,
Bildern und Faksimiles. Einbandzeichnung von Emil
Rudolf Weiß. Geheftet je М. 5.—; in Leinen M. 6.-;
im Halbleder М. 7.-. Vorzugsausgabe: 200 Exemplare
auf Insel-Hadernpapier. In Leder je M. 12.-.
Bisher sind erschienen die Bände I bis IV.
LESSINGS BRIEFE. In Auswahl herausgegeben von Julius
Petersen. In Pappband М. 2.—; in Leder M. 4.—.
HEINRICH MANN: DIE RÜCKKEHR VOM HADES.
Novellen. Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.—; in Leder
M. 7.50.
CHRISTOPHER MARLOWE: KÓNIG EDUARD II. Tra-
gödie in zwei Teilen. Deutsch von 4. W. Heymel. Ge-
heftet M. 3.—; in Pappband M. 4.—.
WILHELM MEINHOLD: SIDONIA VON ВОВК, DIE
KLOSTERHEXE, angebliche Vertilgerin des gesammten
herzoglich pommerschen Regentenhauses. Historischer
Roman. Nachwort von Paul Ernst. Zwei Bánde. Geheftet
M. 6.-; in Halbpergament M. 8.—; in Ganzpergament
M. 12.-.
JOHANN HEINRICH MERCKS BRIEFE an die Herzogin-
Mutter Аппа Amalia und an den Herzog Carl August von
Sachsen-Weimar. Zum ersten Male herausgegeben und er-
lautert von Hans Gerhard Graf. Geheftet M. 8.—; in Halb-
leder M. ı0.—.
FRIEDRICH NIETZSCHES BRIEFE. Ausgewählt und
herausgegeben von Richard Oehler. Іп Leinen M. 3.—;
in Leder M. 5.—.
JEAN PAUL: DES LUFTSCHIFFERS GIANNOZZO SEE-
BUCH. Mit 15 Vollbildern, mehrfarbigem Titelbild in
Lichtdruck, Umschlag- und Einbandzeichnung von Emil
Preetorius. In Pappband M. 10.—. Vorzugsausgabe: 150
Exemplare mit handkolorierten Bildern in Leder M. 3o.—.
— 169 —
DIE PSALMEN іп der Lutherischen Übersetzung. Künst-
lerische Ausstattung von F. W. Kleukens. 500 Exemplare:
ro Exemplare auf Pergament іп Cap-Maroquin M. 300.-;
5о auf Japanbütten in ecrasiertem Saffianleder M. 100.-;
44o auf van Gelder-Bütten in Pergament M. 40.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
FELIX SALTEN, DAS SCHICKSAL DER AGATHE. Drei
Novellen (Das Schicksal der Agathe. Heimfahrt. Konig
Dietrichs Befreiung). Einbandzeichnung von Emil Pree-
torius. Geheftet М. 3.—; іп Leinen М. 4.50.
KARL SCHEFFLER: DEUTSCHE MALER UND ZEICH-
NER IM NEUNZEHNTEN JAHRHUNDERT. Mit 78
Vollbildern. Einbandzeichnung von Е. R. Weiß. Geheftet
М. 10.—; in Halbpergament M. 12.-. |
DIE SCHÓNE SEELE. Bekenntnisse, Schriften und Briefe
der Susanna Katharina von Klettenberg. Herausgegeben
von Heinrich Funck. Mit 10 Lichtdruck-Tafeln. Geheftet
M. 5.—; in Pappband M 6.—; in Halbleder M. 8.—.
ARTHUR SCHOPENHAUERS BRIEFWECHSEL UND
ANDERE DOKUMENTE SEINES LEBENS. Ausgewählt
und herausgegeben von Мах Brahn. In Leinen M. 3.—;
in Leder M. 5.—.
SORRATES, geschildert von seinen Schülern. Übertragung
und Erläuterungen von E. Müller. Zwei Bände. Erster
Band: Xenophon: Erinnerungen an Sokrates, Die Kunst
der Haushaltung. Plato: Protagoras, Ein Gastmahl. Zweiter
Band: Xenophon: Ein Gastmahl. Plato: Gorgias, Ver-
teidigung des Sokrates, Kriton, Phädon; Anhang: Drei
Sokratesjünger. Mit Wiedergabe der Neapler Sokrates-
Herme in Lichtdruck. Einbandzeichnung von F. H.
Ehmcke.. Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—.
— 170 —
GARL STERNHEIM: DIE KASSETTE. Komödie in fünf
Aufzügen. Geheftet M. 3.-; in Leinen M. 4.—. Vorzugs-
ausgabe: 30 numerierte Exemplare aut Büttenpapier in
Leder M. 20.—.
CARL STERNHEIM: ULRICH UND BRIGITTE. Еіп
dramatisches Gedicht. Zweite Auflage. Geheftet M. 3.—;
in Leinen M. 4.—.
ADALBERT STIFTER: STUDIEN. Vollständige Ausgabe
der Erzihlungen Stifters in zwei Banden. Titel- und Ein-
bandzeichnung von Carl Weidemeyer-Worpswede. Zweite,
revidierte Auflage (4. bis 8. Tausend). In Leinen M. 7.50;
in Leder M. 10.-.
TAUSEND UND EINE NACHT. Aus der von Felix Paul
Greve besorgten vollständigen Übersetzung ausgewählt
und herausgegeben von Paul Ernst. Doppeltitel, Initialen
und Einband von Marcus Behmer. Vier Bände. In Halb-
leinen mit Überzug nach Zeichnung von Marcus Behmer
M. 16.—; in Leder M. 28.—.
DER ROMAN VON TRISTAN UND ISOLDE. Erneut v /
Joseph Bédier. Autorisierte Übertragung von Rudolf ес
Binding. Einbandzeichnung von Е. А. Weiß. Geheftet ғ
M. 3.50; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—. Vorzugs-”
ausgabe: 100 numerierte Exemplare auf van Gelder-Bütten
in Kalbleder M. 25.—.
EIN KURTZWEILIG LESEN VON DYL ULENSPIEGEL
GEBOREN USZ DEM LAND ZU BRUNSZWICK. Faksimile-
neudruck des ältesten Eulenspiegelbuches nach dem ein-
zigen im British Museum zu London erhaltenen Exemplar
von 1515. Mit 86 Holzschnitten. Herausgegeben von
Edward Schröder. боо Exemplare: Nr. 1—100 mit kolo-
rierten Holzschnitten in Ganzpergament M. 75.—; Nr. 101
bis Доо іп Halbpergament M. 40.—.
— 171 —
LEONORA CHRISTINA GRAFIN ULFELDT : DENK-
WÜRDIGKEITEN (GENANNT LEIDENSGED ACHTNIS)
AUS IHRER GEFANGENSCHAFT IM BLADEN TORM
DES KONIGSSCHLOSSES ZU KOPENHAGEN 1663 bis
1685. Bearbeitet und neu herausgegeben von Clara Prieß.
Mit fünf Bildnissen in Lichtdruck. Geheftet М. 3.50; in
Pappband М. 5.—; in Leder М. 7.50.
Aus der Einleitung: Wie diese Königstochter sich unter ihr Kreuz
beugen lernt, wie sie sich aus Trübsal und Gebundenheit emporringt
zu einer köstlichen Freudigkeit des Geistes und der wahren Freiheit der
Kinder Gottes, das gehört mit zu den stolzesten Blättern der Mensch-
heitsgeschichte. So haben diese ihre hinterlassenen Aufzeichnungen
auf manchen Seiten in Form und Inhalt einen Hauch des Klassischen,
Ewigen, kraft dessen sie sich den wahrhaft großen „menschlichen
Dokumenten“ anreihen und zu dem Wertvollsten gehören, was, von
Frauenhand geschrieben, auf uns und unsere Zeit gekommen ist.
HENRY VAN DE VELDE: ESSAYS. Mit Einbandzeichnung
vom Verfasser. Geheftet M. 4.—; in Halbpergament M.6.—.
EMILE VERHAEREN: DIE GESICHTER DES LEBENS.
Deutsche Nachdichtung von Erna Rehwoldt. 50 Exemplare
auf Japanpergament in Leder М. 20.-; 550 Exemplare
in Halbpergament M. 5.—. |
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
EMILE VERHAEREN: DIE GETRAUMTEN DORFER.
Deutsche Nachdichtung von Erna Rehwoldt. 50 Exemplare
auf Japanpergament in Leder gebunden М. 20.—, 550
Exemplare in Halbpergament M. 5.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
EMILE VERHAEREN: LES HEURES DU SOIR. Uraus-
gabe des franzósischen Textes der Gedichte. Einband von
Henry van de Velde. 550 Exemplare: 50 Exemplare аш
Japanbütten in Ecraséleder (vergriffen); 500 Exemplare
auf van Gelder-Bütten in Halbleder M. 20.—.
— 172 —
ICHARD WAGNER: WIELAND DER SCHMIEDT. Titel,
Initialen und Einband von F. W. Kleukens. 150 Exem-
plare, auf van Gelder-Bütten in Leder M. 24.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
ISKAR WALZEL: VOM GEISTESLEBEN DES 18. UND
т. JAHRHUNDERTS. Gesammelte Aufsätze. Geheftet
M. 10.-; in Leinen M. 12.-.
VILHELM WEIGAND: STENDHAL UND BALZAC.
Zwei Essays. Geheftet М. 4.50; іп Leinen М. 6.—.
WEIMAR IN DEN BEFREIUNGSKRIEGEN. Drei Teile.
Erster Teil: ERINNERUNGEN AUS DEN KRIEGSZEITEN VON
1806 bis 1813. Von Kanzler Friedrich von Müller. Mit dem Bildnis
Friedrich von Müllers. Geheftet M. 2.50; in Leinen M. 3.50.
Zweiter Teil: JOHANNES FALKS KRIEGSBÜCHLEIN. Darstellung
der Kriegsdrangsale Weimars in dem Zeitraum von 1806 bis 1813.
Aus Aktenstiicken und Originalbriefen einiger deutscher Manner.
Weimar 1815. Mit dem Bildnis Joh. Falks. Geheftet M. 2.—; in
Leinen М. 3.—.
Dritter Teil: BERICHTE UND BRIEFE DER ZEITGENOSSEN;
AUFRUFE UND SONSTIGE DOKUMENTE, gesammelt und ein-
geleitet von Friedrich Schulze. Mit zahlreichen Abbildungen. (In
Vorbereitung.)
Die Teile werden einzeln abgegeben.
BRIEFE KAISER WILHELMS I. Nebst Denkschriften und
anderen Aufzeichnungen in Auswahl herausgegeben von
Erich Brandenburg. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—.
DIE ZAUBERFLOTE. Eine Oper in drei Aufziigen, neu-
bearbeitet von C. A. Vulpius. Neudruck des Textes der
ersten Aufführung auf dem Herzogl. Hoftheater zu Weimar
am 16. Januar 1794. Mit einem Nachwort von Hans
Loewenfeld. Зоо Exemplare. In Leder M. 8.—.
STEFAN ZWEIG: ERSTES ERLEBNIS. Vier Erzählungen
aus Kinderland. Einbandzeichnungen von Emil Preetorius.
Geheftet M. 3.50; in Pappband M. 4.50.
a 173 =
BIS ENDE 1910 WAREN ERSCHIENEN:
HERBERT ALBERTI: GEDICHTE. In Halbpergament
M. 4.50.
JENEAS SYLVIUS PICCOLOMINI (später Papst Pius ІК):
EURYALUS UND LUKREZIA. Ein Roman. Aus dem
Lateinischen übertragen von Konrad Falke. GeheftetM.5.-;
in Halbpergament М. 7.-. Vorzugsausgabe: 100 nume-
rierte Exemplare auf Büttenpapier. In Pergament М. 20.-.
ÄLTESTE DEUTSCHE DICHTUNGEN. Übersetzt und
herausgegeben von Karl Wolfskehl und Friedrich von der
Leyen. Geheftet M. 5.—; in Pappband M. 6.—; іп Perga-
ment M. 10.—.
HANS CHRISTIAN ANDERSEN: MARCHEN. Unter Be-
nutzung der von Andersen selbst besorgten deutschen Aus-
gabe übertragen von Mathilde Mann. Eingeleitet von
Sophus Bauditz. Zeichnung der Initialen, des Titels und
Einbands von Carl Weidemeyer-W orpswede. Zwei Bande. S
In Leinen М.12.-; іп Leder M. 16.—.
GABRIELE D'ANNUNZIO: PHÄDRA. Tragödie in drei
Aufzügen. Unter Mitwirkung von Karl Vollméller über-
tragen von Rudolf б. Binding. Geheftet M. 3.—; in Leinen
М. 4.50; in Leder M.6.—. Vorzugsausgabe: 50 numerierte
Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder M. 20.—.
H
B — =
GABRIELE D’ANNUNZIO: DAS SCHIFF. Tragödie in
einem Vorspiel und drei Aufzügen. Übertragen von Rudolf
G. Binding. Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.50; in Leder
M. 6.—. Vorzugsausgabe: 5o numerierte Exemplare auf ,
Büttenpapier. In Kalbleder M. 20.—.
GABRIELE D’ANNUNZIO: VIELLEICHT — VIELLEICHT |
AUCH NICHT. Roman. Übertragen von Karl Vollmiller. |;
Siebente Auflage. Geheftet М. 4.50; in Leinen М. 6.-.
бы 174 Без
ETTINA VON ARNIM: DIE GÜNDERODE. Zwei
Bande. In Leinen M. 9.—; in Leder M. 10.—.
Der Briefwechsel zwischen Bettina und der Günderode.
IONORÉ DE BALZAC: DIE MENSCHLICHE KOMÓDIE.
Deutsche Ausgabe von Romanen und Erzáhlungen Balzacs
in sechzehn Вапдеп, bearbeitet von Gisela Etzel, Felix Paul
Greve, Ernst Hardt, Hedwig Lachmann, René Schickele,
Arthur Schurig; mit einer Wiedergabe von Rodins
Balzac-Statue in Heliograviire, einer Einleitung von Hugo
von Hofmannsthal und einem Essay über Balzac von
Wilhelm Weigand. Gesamtpreis: Geheftet M. 64.—; in
Leinen M. 8о.-; in Leder M. 112.—. Vorzugsausgabe:
тоо numesierte Exemplare atfPttterpapier. In Maroquin
M. 240.—.
Einzelausgaben:
Jeder Band geheftet M.4.—; in Leinen M.5.-; in Leder M.7.—.
CÄSAR BIROTTEAU. Das Leben eines Pariser Kaufmanns ап der
Wende des 18. Jahrhunderts. Übertragen von Arthur Schurig.
DAS CHAGRINLEDER. DAS UNBEKANNTE MEISTERWERK.
SARRASINE. Übertragen von Hedwig Lachmann.
ERZÄHLUNGEN AUS DER NAPOLEONISCHEN SPHÄRE. Über-
tragen von Felix Paul Greve.
' EUGENIE GRANDET. DER EHEVERTRAG. Übertragen von
Gisela Etzel.
“DIE FRAU VON DREISSIG JAHREN. DIE ALTE JUNGFER. Über- Е
tragen von Hedwig Lachmann. ~~~ -
; DIE GESCHICHTE DER DREIZEHN (Ferragus; Die Herzogin von
Langeais; DasMädchen mitdenGoldaugen).Übertragen von Ernst Hardt.
. GLANZ UND ELEND DER KURTISANEN. Zwei Bande. Übertragen
“ von Felix Paul Greve.
EIN JUNGGESELLENHEIM (LA RABOUILLEUSE). Übertragen von
Felix Paul Greve.
: DIE LILIE IM TAL. DIE VERLASSENE FRAU. Übertragen von
i René Schickele.
— 175 —
PHILOSOPHISCHE ERZAHLUNGEN (Seraphita; Louis Lambert;
Ein Drama am Meeresstrand; Das rote Gasthaus). Übertragen von
Gisela Etzel.
TANTE LISBETH. Übertragen von Arthur Schurig.
VATER GORIOT. DAS HAUS NUCINGEN. Übertragen vonGiselaEtzel.
VERLORENE ILLUSIONEN. Zwei Bande. Ubertragen von Hedwig
Lachmann.
S - HONORE ПЕ BALZAC: DIE PHYSIOLOGIE DER ЕНЕ.
t + Eklektisch-philosophische Betrachtungen über Glück und
ж Ungliick іп der Еһе. Ubertragen von Heinrich Conrad.
d 2 Zweite Auflage. Geheftet M. 4.50; in Leinen M. 5.50;
N in Leder M. 7.50. Vorzugsausgabe: 100 numerierte Exem-
plare auf Büttenpapier. In Maroquin М. 15.—.
HONORE DE BALZAC: DIE DREISSIG SEHR DROLLI-
GEN UND SEHR KURIOSEN GESCHICHTEN, genannt
CONTES DROLATIQUES. Zum erstenmal verdeutscht
von Benno Rüttenauer. Mit schönen Bildern des Meisters
4 : А 22, Gustav Doré geschmückt. Zwei Bände. Einmalige Auflage
von 1000 numerierten Exemplaren: 35 auf van Gelder,
in Pergament М. 5о.-; die übrigen in Leder M. Зо.-.
Wir haben den kleinen Rest dieser mit den Doreschen Holzschnitten
versehenen Ausgabe aus dem Verlage R. Piper &Co. übernommen. '
HONORE DE BALZAC: DAS MÄDCHEN MIT DEN
GOLDAUGEN. Übertragen von Ernst Hardt. Mit zehn
Einschaltbildern, Initiale, Einband- und Vorsatzzeichnung
von Marcus Behmer. 500 numerierte Exemplare. In Per-
gament М. 20.-.
CHARLES BAUDELAIRE: DIE BLUMEN DES DOSEN, |
In deutsche Verse iibertragen von Graf Wolf von Kalck-
reuth. Titel-, Vignetten- und Einbandzeichnung von
H. Wilh. Wulff. 850 numerierte Exemplare. In Leder |
M. 7.—.
— 170 —
\UBREY BEARDSLEY: UNTER DEM HOGEL. Eine
romantische Novelle. Übertragung von Rudolf Alexander
Schröder. Mit einer Zeichnung von Beardsley. Zweite
Auflage. In Leder M. 4.—.
\UBREY BEARDSLEY: LETZTE BRIEFE. Autorisierte
Übertragung von K. Moorburg. Mit Anmerkungen von
Max Meyerfeld. Einmalige Auflage von 800 Exemplaren.
Geheftet М. 5.—; іп Halbleder M. 7.—. |
LUDWIG VAN BEETHOVENS BRIEFE. Ausgewählt und
herausgegeben von Albert Leitzmann. ІІ. bis 20. Tausend.
In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
DIE BERGPREDIGT JESU CHRISTI in der Lutherschen
Übersetzung. Geschrieben im alten Unzialduktus von
Graily Hewitt, von Platten in rot und schwarz gedruckt.
3oo Exemplare auf van Gelder- Büttenpapier. In Perga-
ment M. 22.—; in Leder M. 30.—.
DIE BIBEL AUSGEWÄHLT. Herausgegeben von 4. und
Р. б. Grotjahn. In Pappband М. 2.—; in Leder М. 4.—.
OTTO JULIUS BIERBAUM: DER NEUBESTELLTE IRR-
. GARTEN DER LIEBE. Verliebte, launenhafte, moralische
. und andere Gedichte und Lieder. Vignetten, Zierleisten
und Einband von Heinrich Vogeler-Worpswede. 45. bis
. 50. Tausend. Gcheftet M. 2.-; in Pappband M. 3.-;
. in Leder M. 5.—.
GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS LEBEN DANTES.
Ubertragen von Otto Freiherrn von Taube. Titel, Initiale
und Einband gezeichnet von F. H. Ehmcke. 800 nume-
, rierte Exemplare. In Halbpergament М. 8.—; in Leder
M. 15.—. :
‘ GIOVANNI DI BOCCACCIO: DAS DEKAMERON. Voll-
' ständige Ausgabe, übertragen von Albert Wesselski. Dritte
Auflage (6.—10. Tausend). Drei Bände. Geheftet M. 7.-;
іп Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—.
GIOVANNI DI BOCCACCIO: DIE LIEBENDE FIAMETTA.
Roman. Vollstándige Ausgabe, nach der Übersetzung von
Sophie Brentano bearbeitet von K. Berg. Geheftet M. 3.50;
in Leinen M. 4.50; in Leder M. 5.—.
DIE NACHTWACHEN DES BONAVENTURA. Негаш-
gegeben von Franz Schultz. In Halbleder M. 6.—.
CLEMENS BRENTANOS FRÜHLINGSKRANZ, aus Jugend-
briefen ihm geflochten [von Bettina von Arnim], wie er
selbst schriftlich verlangte. — Taschenausgabe in zwei
Bänden. Zweite Auflage. In Leinen M. 8.—; in Leder
AM 10.—.
BRIEFE EINES UNBEKANNTEN (ALEXANDER DE
VILLERS). Aus dessen Nachlaß neu herausgegeben von
агі Graf Lanckoronski und Wilhelm Weigand. Mit zwei
Bildnissen in Heliogravüre. Zwei Bände. Geheftet M. 0.-;
in Leinen M. 12.—; in Halbleder M. 15.—.
BRIEFE DER HERZOGIN ELISABETH CHARLOTTE |
VON ORLEANS (LISELOTTE). Auswahl in zwei Bänden,
herausgegeben von Hans F. Helmolt. Mit zwei Bildnissen
in Heliogravüre. Zweite Auflage. Geheftet M. 12.—; in
Halbpergament M. 16.—.
BRIEFWECHSEL ZWISCHEN CLEMENS BRENTANO
SE déi
UND SOPHIE MEREAU. Nach den Handschriften zum ,
ersten Male herausgegeben von Heinz Amelung. Mit zwei
Bildnissen. Zwei Bände. In Leinen M. 9.—. Vorzugs-
ausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Biittenpapier.
In Leder М. 18.-.
ELIZABETH BARRETT-BROWNING: SONETTE AUS
DEM PORTUGIESISCHEN. Ubertragen von Rainer Maria
Rilke. Zweite Auflage. In Halbpergament M. 4.—.
= 178 en
HANS CAROSSA: GEDICHTE. In Halbpergament M. 3.50.
MIGUEL DE CERVANTES: DER SCHARFSINNIGE
RITTER DON QUIXOTE VON DER MANCHA. Voll-
stándige deutsche Taschenausgabe in drei Banden, unter
Benutzung der anonymen Ausgabe von 1837 besorgt von
Konrad Thorer. Geheftet M. 10.—; in Leinen M. 14.—;
in Leder M. 18.—.
DIE NOVELLEN DES CERVANTES. Vollstándige deutsche
Ausgabe, auf Grund älterer Übertragungen bearbeitet von
Konrad Thorer. Zwei Bände. Geheftet M. 8.—; in Leinen
M. 10.—; in Leder M. ı2.—.
DIE CHINESISCHE FLÓTE. Nachdichtungen chinesischer
Lyrik von Hans Bethge. Titel- und Einbandzeichnung
von Е. R. Weiß. Zweite Auflage. In Pappband М. 5.—.
DANIEL DEFOE: DAS LEBEN UND DIE GANTZ UN-
GEMEINE BEGEBENHEITEN DES BERÜHMTEN
ENGELLÄNDERS MR. ROBINSON CRUSOE .. . Neu-
druck des ältesten deutschen Robinsonbuches. Mit Wieder-
gabe von drei Kupferstichen. Zwei Bände. 600 numerierte
Exemplare. In Halbpergament M. 20.—; in Ganzper-
gament M. 3o.—.
ANNETTE VON DROSTE- HÜLSHOFF: DIE JUDEN-
BUCHE. Novelle. Zweite Auflage. In Leinen M. 3.—.
. JOSEPH VON EICHENDORFFS DICHTUNGEN. Ausge-
wählt und herausgegeben von Franz Schultz. Zwei Bände.
In Pappbánden M. 3.—; in Leinen M. 4.—. Liebhaber-
ausgabe: іп Leder M. 10.—.
PAUL ERNST: BRUNHILD. Trauerspiel in drei Aufzügen.
In Pappband M. 3.-.
PAUL ERNST: DIE SELIGE INSEL. Ein Roman. In Leder
M. 5.—.
PAUL ERNST: DER WEG ZUR FORM. Asthetische Ab-
handlungen, vornehmlich zur Tragédie und Novelle.
Geheftet M. 4.—; in Pappband М. 5.—.
DAS BUCH ESTHER in der Lutherschen Übersetzung.
Mit figürlichem Doppeltitel und Initialen von F. W.
Kleukens. 3oo Exemplare auf van Gelder-Büttenpapier.
In Leder M. 24.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in. Darmstadt.
FICHTES REDEN AN DIE DEUTSCHE NATION. Revi-
dierte Ausgabe, eingeleitet von Rudolf Eucken. In Papp-
band M. 2.—; in Leder M. 4.-.
GUSTAVE FLAUBERT: DREI ERZÁHLUNGEN (Ein
schlichtes Herz; Die Sage von Sankt Julianus; Herodias).
. Übertragen von Ernst Hardt. Zweite Auflage. Geheftet
M. 3.5о; іш Halbpergament M. 5.50.
JOHN FLAXMAN: ZEICHNUNGEN ZU SAGEN DES
‚KLASSISCHEN ALTERTUMS. Eingeleitet von Ernst
Beutler. Titel- und Einbandzeichnung von F. H. Ehmcke.
In Leinen M. 5.—.
IRENE FORBES-MOSSE: DAS ROSENTHOR. Gedichte.
Mit Zeichnungen von Heinrich Vogeler-¥ orpswede. Karto-
niert M. 4.—; in Leder M. 6.—.
GOETHES WERKE іп sechs Вапдеп. Im Auftrage der
Goethe-Gesellschaft herausgegeben von Erich Schmidt.
21. bis 50. Tausend. In Pappbänden M. 6.—; in Leinen
M. 8.—; in Halbleder M. 12.-.
GOETHES SÄMTLICHE WERKE in sechzehn Bänden.
Grofóherzog Wilhelm Ernst-Ausgabe deutscher Klassiker.
Titel- und Einbandzeichnung von Eric Gill.
— 180 —
Bisher sind erschienen und einzeln kauflich:
1. TI: ROMANE UND NOVELLEN. Vollständig in zwei Banden.
Herausgegeben von Hans Gerhard Graf und Carl Schüddekopf.
In Leder M. i1.—.
III: AUS MEINEM LEBEN. DICHTUNG UND WAHRHEIT
Herausgegeben von Kurt Jahn. In Leder M. 6.—.
IV: ITALIENISCHE REISE; KAMPAGNE IN FRANKREICH
1792; BELAGERUNG VON MAINZ 1793. Herausgegeben von
Kurt Jahn. In Leder M. 6.—.
V: ANNALEN UND KLEINERE AUTOBIOGRAPHISCHE
SCH RIFTEN. Herausgegeben von Kurt Jahn. In Leder M. 5.50.
VI: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, I. Band. Herausgegeben
von Hans Gerhard Gräf. In Leder M. 4.—.
VII: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, II. Band. Herausgegeben
von Hans Gerhard Gräf. In Leder M. 6.—.
VIII: DRAMATISCHE DICHTUNGEN, III. Band. Herausgegeben
von Hans Gerhard Gräf. In Leder M. 7.50.
IX: KUNST-SCHRIFTEN, I. Band. Herausgegeben von Мах
Hecker. In Leder М. 6.—.
Хх: KUNSTSCHRIFTEN. П. Band. Herausgegeben von Max Hecker.
In Leder M. 6.—.
X1: ÜBERSETZUNGEN UND BEARBEITUNGEN FREMDER
DICHTUNGEN. Herausgegeben von Hans Gerhard Graf. In Leder
М. 6.—.
GOETHES FAUST. Gesamtausgabe. Enthaltend den Ur-
faust; Das Fragment (1790); Die Tragödie, I. und II. Teil;
Paralipomena. Herausgegeben von Hans Gerhard Graf.
Dritte Auflage (тт. bis 15. Tausend). In Leinen M. 3.—; in
Leder M. 4.—.
GOETHES SPRÜCHE IN PROSA. Махітеп und Re-
. flexionen. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
GOETHES SPRÜCHE IN REIMEN. Zahme Xenien und
Invektiven. In Pappband M. э.-; in Leder M. 4.—.
AUS GOETHES TAGEBÜCHERN. Ausgewühlt und heraus-
gegeben von Hans Gerhard Graf. In Pappband M. 2.—;
in Leder M. 4.—.
— 181 —
GOETHE: WEST-OSTLICHER DIVAN. Doppeltitel,
Initiale und Einbandzeichnung von Marcus Behmer.
1200 Exemplare auf Biittenpapier in Halbleinen mit Ober-
zug nach Zeichnung von Marcus Behmer. M. 12.—; in
Leder M. 18.—.
GOETHES GESPRÁCHE MIT ECKERMANN. Vollstündige
Ausgabe, besorgt von Franz Deibel. Mit zwei Porträts.
Zweite Auflage (6.—10. Tausend). Zwei Bande. In Papp-
bánden M. 5.—; in Leinen M. 7.—; in Leder M. 10.—.
GOETHE IM GESPRÁCH. In Auswahl (ohne die mit
Eckermann geführten Gesprache) herausgegeben von Franz
Deibel und Friedrich Gundelfinger. Dritte Auflage. In
Leinen М. 6.—; in Leder M. 8.—.
Enthalt die Gespráche mit Schiller, Wieland, Herder, Schlegel, Na-
poleon, Voß, Riemer, Boisserée, Kanzler von Müller, Soret, Felix
Mendelssohn-Bartholdy u. a.
GOETHES BRIEFE AN CHARLOTTE VON STEIN. Voll-
ständige Ausgabe in drei Bänden. Herausgegeben von
Julius Petersen. Mit drei Silhouetten. + Zweite Auflage
(3. u. 4. Tausend). In Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.-.
GOETHES BRIEFE AN FRAU VON STEIN. In Auswahl
herausgegeben von Julius Petersen. Mit drei Silhouetten.
II. bis 20. Tausend. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
GOETHES BRIEFWECHSEL MIT MARIANNE VON
WILLEMER. Herausgegeben von Philipp Stein. Mit einer
Silhouette und zwei Zeichnungen in Lichtdruck. In Leinen
M. 5.—; in Leder M. 7.—. Vorzugsausgabe: 100 nume-
rierte Exemplare auf Büttenpapier. In Pergament M. 12.-
DAS GOETHE-NATIONAL-MUSEUM ZU WEIMAR.
Große Ausgabe des Führers, im Auftrag der Direktion be-
arbeitet von M. Schuette. Mit 32 Grundrissen und 26 Bil-
dertafeln. Geheftet M. 3.—; in Pappband M. 4.—.
— 18а —
DIE BRIEFE DER FRAU RATH GOETHE. Gesammelt
und herausgegeben von Albert Köster. Zwei Bände. Fünfte,
vermehrte Auflage. In Halbleder M. 15.—.
BRIEFE VON GOETHES MUTTER. Ausgewählt und einge-
leitet von Albert Köster. Mit einer Silhouette der Frau Rath.
3r. bis 40.Tausend. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
DIE MÄRCHEN DER BRÜDER GRIMM: Vollständige
Ausgabe. Zeichnung der Initialen, des Titels und Einbands
von Carl Weidemeyer -W orpswede. Zwei Bände. In Leinen
M. 10.—; in Leder M. 14.—. Vorzugsausgabe: тоо nume-
rierte Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder M. 30.—.
GRIMMS DEUTSCHE SAGEN. Ausgewählt und eingeleitet
von Paul Merker. 1n Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
H. J. CHR. VON GRIMMELSHAUSEN: DER ABEN-
TEUERLICHE SIMPLICISSIMUS. Vollstandige Taschen-
ausgabe in drei Bänden, besorgt von Reinhold Buchwald.
- Mit den vier Radierungen von Max Klinger in Lichtdruck.
In Pappbänden M. 8.-; in Pergament M. 14.—.
H. J. CHR. VON GRIMMELSHAUSEN: SIMPLICIANI-
SCHE SCHRIFTEN. (Trutz Simplex oder Lebensbeschrei-
bung der Ertzbetrügerin und Landstórtzerin Courasche;
Der seltzame Springinsfeld; Das wunderbare Vogelnest;
Der Erste Beernháuter; Simplicissimi Gauckeltasche;
Simplicissimi Galgen-Männlein; Der stoltze Melcher usw.
Neudruck in 400 numerierten Exemplaren mit Wieder-
gabe von ı2 Kupferstichen und 20 Holzschnitten der
Ausgabe von 1684. Іп Schweinsleder M. 40.—.
OTTO FRIEDRICH VON DER GROBEN: GUINEISCHE
REISE-BESCHREIBUNG. Marienwerder, anno 1694. Mit
16 Vollbildern. Neudruck in 500 numerierten Exem-
plaren. In Halbpergament M. 18.—.
Faksimileneudruck des altesten deutschen Kolonialbuchs.
Kai
fg?
vw d
— 183 —
HAFIS, NACHDICHTUNGEN SEINER LIEDER von Hans
Bethge. Titel und Einbandzeichnung von E. R. Weif.
Іп Pappband М. 5.—.
ERNST HARDT: AN DEN TOREN DES LEBENS. Eine
Novelle. Zweite Auflage. Geheftet M. 3.—; in Pappband
M. 3.—.
ERNST HARDT: AUS DEN TAGEN DES KNABEN. Ge-
dichte. Zweite Auflage. In Pappband M. 3.50; in Perga-
ment M. 6.—. |
ERNST HARDT: GESAMMELTE ERZÁHLUNGEN. Ge-
heftet М. 3.—; in Pappband M. 4.—.
ERNST HARDT: DER KAMPF. Ein Drama in vier Auf-
zügen. Zweite Auflage. MitEinbandzeichnung von Marcus
Behmer. Geheftet M. 3.—; іп Pappband M. 4.—.
Die erste Auflage erschien unter dem Titel der „Kampf ums Rosenrote“.
ERNST HARDT: NINON VON LENCLOS. Drama in
einem Akt. Zweite Auflage: kleine Ausgabe. Geheftet
M. 2.—; in Pappband M. 3.—.
ERNST HARDT: NINON VON LENCLOS. Drama in
einem Akt. Erste Auflage: ртобе Ausgabe. Mit doppel-
seitiger Titelzeichnung, Eingangs- und Schlußvignette
von Marcus Behmer. Geheftet M. 3.50; іп Pappband
M. 4.50; in Pergament M. 6.—.
ERNST HARDT: TANTRIS DER NARR. Drama in fünf
Akten. Eingangsblatt, Titel und Einband gezeichnet von
Marcus Behmer. Sechste Auflage (21. bis 25. Tausend).
Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.-.
HEINRICH HEINE: DIE NORDSEE. 3oo Exemplare auf
Japanpapier. In Pergament M. 18.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
A 184 Led
WILHELM HEINSE: SÄMTLICHE WERKE in ro Bänden.
Erste vollstándige und kritische Ausgabe von Carl Schüdde-
kopf. Jeder Band geheftet M. 6.—; in Halbleder M. 8.—;
іп Ganzleder M. g.—.
Bisher sind erschienen und werden einzeln abgegeben:
Band II: Die Begebenheiten des Enkolp. Die Kirschen. Band III,
1. Abteilung: Laidion oder die Eleusinischen Geheimnisse. Kleine
Schriften, erster Teil. Band III, 3. Abteilung: Kleine Schriften, zweiter
Teil. Band IV: Ardinghello und die glückseligen Inseln. Dritte
Auflage. Band V und VI: Hildegard von Hohenthal. Band VII:
Tagebücher. Band IX und X: Briefe.
HESPERUS. Ein Jahrbuch, mit Beiträgen von Hugo
von Hofmannsthal, Rudolf Borchardt und Rudolf Alexander
Schroder. Geheftet M. 5.—; in Pappband M. 6.—; in Per-
gament M. ı0.—.
ALFRED WALTER HEYMEL: ZEITEN. Gesammelte
Gedichte. Zweite Auflage. In Pappband M. 3.—.
LUDWIG VON HOFMANN: TÄNZE. Zwölf Original-
lithographien. Mit einem Prolog von Hugo von Hofmanns-
thal. 200 numerierte Exemplare. In Mappe M. 200.—.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: KLEINE DRAMEN.
Zwei Bände. Zweite Auflage. In Halbpergament M. 12.—.
Beide Bände werden in besonderer Ausstattung auch einzeln ab-
gegeben. In Halbpergament je M. 6.--.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DIE GESAMMELTEN
GEDICHTE. Vierte Auflage. In Halbpergament M. 6.—.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER TOD DES TIZIAN.
Ein dramatisches Fragment. Fünfte Auflage. Geheftet
M. 1.—; in Pappband М. 1.80.
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER TOR UND DER
TOD. Ein dramatisches Gedicht. Zwölfte 4uflage. Ge-
heftet M. 2.—; іп Halbpergament M. 3.—; in Leder М. 5.—.
— 185 —
HUGO VON HOFMANNSTHAL: DER WEISSE FACHER.
Ein Zwischenspiel. Mit vier Holzschnitten von Edward
Gordon Craig. 800 numerierte Exemplare. Nr. 1—50 аш
Japanpapier, in Pergament mit Seidenvorsatz M. 50.—.
Nr. 51—800 auf Büttenpapier, in Halbpergament М. 20.—.
HOLDERLIN: DER TOD DES EMPEDOKLES. Für eine
festliche Aufführung bearbeitet und eingerichtet von Wil-
helm von Scholz. In Pappband M. 3.—.
HOMER: DIE ODYSSEE. Neu ins Deutsche übertragen
von Rudolf Alexander Schröder. Erster und zweiter Band
(1.-24. Gesang) Gedruckt unter Leitung von Harry
Graf Keßler. Mit Titeln und Initialen von Eric Gill und
drei Holzschnitten von Aristide Maillol. 350 numerierte
Exemplare für den Handel. In Halbpergament jeder Band
M. 3o.—.
Diese Homer-Ausgabe erscheint in vier Bánden, von denen je zwei
die Odyssee und die Ilias enthalten. Der Kauf der bisher erschiene-
nen ersten beiden Bände verpflichtet zur Abnahme auch der folgenden.
RICARDA HUCH NEUE GEDICHTE. In Leder M. 6.—.
RICARDA HUCH: DAS LEBEN DES GRAFEN FEDERI-
GO CONFALONIERI. 3.—5. Tausend. Geheftet M. 4.50;
in Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.5o.
RICARDA HUCH: MERKWÜRDIGE MENSCHEN UND
SCHICKSALE AUS DEM ZEITALTER DES RISORGI-
MENTO. Geheftet M. 4.—; in Pappband M. 5.—; in
Leder M. 5.—.
RICARDA HUCH: VITA SOMNIUM BREVE. Roman.
Mit einem Titelbilde nach Arnold Bécklin in Heliogra-
үйге. Vierte Auflage. Geheftet M. 6.—; in Leder M. 8.-.
WILHELM VON HUMBOLDTS BRIEFE AN EINE
FREUNDIN. Zum ersten Male nach den Handschriften
— 186 —
herausgegeben von Albert Leitzmann. Zwei Bande. Mit
einem Porträt. In Leinen M. 8.—; in Leder M. 10.—.
INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR 1908. Kartoniert
M. —.50.
INSEL-ALMANACH AUF DAS JAHR ıgıı. Kartoniert
M. —.5o.
Die nicht aufgeführten Jahrgänge sind vergriffen.
JOH AINNES SECUNDUS: DIE KÜSSE UND DIE FEIER-
LICHEN ELEGIEN. Deutsch von Franz Blei. Mit einem
Titelportrát in Kupferdruck. In Halbpergament M. 5.-.
WOLF GRAF VON KALCKREUTH: GEDICHTE. (Aus
dem Nachlaß herausgegeben.) In Halbpergament M. 6.—.
KANT-AUSSPRÜCHE. Herausgegeben von Raoul Richter.
In Pappband M. 2.-; in Leder M. 4.—.
RUDOLF KASSNER: DER TOD UND DIE MASKE.
Gleichnisse. Mit Initialen nach alten Meistern. In Papp-
band M. 4.5о.
SÓREN KIERKEGAARD: DAS TAGEBUCH DES VER-
FÜHRERS. Erste vollstándige deutsche Übertragung von
Max Dauthendey. Zweite 4uflage. Іп Pappband M. 6.—.
JOHN KEATS: GEDICHTE. Nachdichtung von Gisela
Etzel. In Halbpergament M. 9.—; in Leder M. 14.-.
V orzugsausgabe: 5o Exemplare auf Japan. In Kalbleder
M. 30.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
HEINRICH VON KLEISTS ERZÄHLUNGEN. Eingeleitet
von Erich Schmidt. In Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
FRIEDR. MAXIMILIAN KLINGER: FAUSTS LEBEN,
THATEN UND HOLLENFAHRT. Roman. Neudruck der
ersten Ausgabe von 1791. Mit einem Titelkupfer. Ge-
heftet М. 5.-; іп Halbpergament М. 7.—.
— 18; —
DES КМАВЕМ WUNDERHORN Alte deutsche Lieder, ge-
sammelt von L. 4. v. Arnim und Clemens Brentano.
Jubilaumsausgabe getreu nach den Originaldrucken. Drei
Bände. Mit 5 Kupferstichen. 800 numerierte Exemplare
auf handgeschépftem Papier. In Halbleder М. 40.—.
DES KNABEN WUNDERHORN. Ausgewählt und eingeleitet
von Friedrich Ranke. Іп Pappband М. 2.—; in Leder
M. 4.—.
GERHARD OUCKAMA KNOOP: SEBALD SOEKERS
PILGERFAHRT. Zweite Auflage. Geheftet M. 4.—; іп
Halbpergament M. 6.—.
GERHARD OUCKAMA KNOOP: SEBALD SOEKERS
VOLLENDUNG. Geheftet M. 4.—; іп Halbpergament
М. 5.—.
KORNERS WERKE, in einem Bande. Herausgegeben von
Werner Deetjen. (Großherzog Wilhelm Ernst- Ausgabe
deutscher Klassiker.) Yn Leder M. 3.50.
KARL ARNOLD KORTUM: DIE JOBSIADE. Ein komisches
Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bildern der Ori-
ginalausgaben und einer Einleitung in Versen von Otto
Julius Bierbaum. Zeichnung der Zierstücke, des Titels
und des Einbandes von Walter Tiemann. Zweite Auflage.
In Pappband M. 6.—.
SELMA LAGERLÓF: GOSTA BERLING, Erzählungen aus
dem alten Wermland. Ubertragen von Mathilde Mann.
Zwei Bande. Drittes Tausend. Geheftet M. 5.—; in Papp-
bánden M. 7.—; in Leder M. 10.—.
KARL LARSEN: SCHWESTER MARIANNA UND IHRE
LIEBESBRIEFE. Übertragen von Mathilde Mann. In
Pergament M. 7.50.
— 188 —
H
MICHAEL LERMONTOFF: EIN HELD UNSERER ZEIT.
Ein Roman. Übertragung von Michael Feofanoff. Yn
Leinen M. 4.—; in Leder M. 5.—.
A. R. LE SAGE: DIE GESCHICHTE DES GIL BLAS VON
SANTILLANA. Ein Roman. Deutsche Ausgabe in zwei
Bánden, besorgt von Konrad Thorer. Mit zwei Titel-
vignetten und acht Vollbildern nach Kupfern von Cho-
dowiecki. In Halbfranz M. 12.—. Vorzugsausgabe: 100
numerierte Exemplare auf Büttenpapier. In Kalbleder
M. 24.-.
LESSING: NATHAN DER WEISE. Ein dramatischer Ge-
dicht in fünf Aufzügen. 1779. Faksimileneudruck des
ersten Nathan-Druckes in Доо numerierten Exemplaren.
Nr. 1--200 mit dem handschriftlichen Entwurf Lessings
zum Nathan; 2 Bände: іп Halbleder М. До.--; in Leder
М. 50.--. Nr. 201--Доо ohne den Entwurf in Halbleder
M. 20.-; in Leder M. 25.—.
HEINRICH LEUTHOLD: GEDICHTE. Nach den Hand-
schriften wiederhergestellt von Arthur Schurig. Zweite,
verbesserte Auflage. In Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—.
LONGUS: DAPHNIS UND CHLOE. Roman. Übertragen
von Ludwig Wolde. 300 Exemplare auf Büttenpapier.
In Leder M. 28.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
OTTO LUDWIG: DIE HEITERETHEI. Ein Roman. In
Pappband М. 2.—; in Leder M. 4.—.
MARTIN LUTHERS BRIEFE. In Auswahl herausgegeben
von Reinhard Buchwald. Zwei Bände. Mit einem Porträt
Luthers von Lukas Cranach. In Leinen M. ı2.-; in
Leder M. 18.—.
— 189 —
|
HEINRICH MANN: DAS HERZ. Novellen. Zweite Auf-
lage. Geheftet M.4.—; in Leinen M.5.—; in Leder M. 7.50.
HEINRICH MANN: DIE KLEINE STADT. Ein Roman.
Vierte Auflage. Geheftet M. 4.—; in Leinen M. 5.-.
WILHELM MEINHOLD: DIE BERNSTEINHEXE. Histo-
rischer Roman. In Halbpergament M. 4.50; in Ganz-
pergament М. 7.—.
MEMOIREN DER MARKGRAFIN WILHELMINE VON
BAYREUTH, SCH WESTER FRIEDRICHS DES GROSSEN.
Deutsch von Annette Kolb. Mit drei Heliograviiren. Zwei
"au Zweite Auflage. Geheftet M. ro.—; in Leinen
M. 14.—; in Halbleder M. 16.—.
JOHANN HEINRICH MERCKS SCHRIFTEN UND BRIEF-
WECHSEL. In Auswahl herausgegeben von Kurt Wolff. `
Mit einem Porträt Mercks und 2 Faksimiles. Zwei Bände
600 numerierte Exemplare. Geheftet M. 14.—; in Halb-
leder M. 18.—.
EDUARD MÓRIKE: DAS HUTZELMÁNNLEIN UND
ANDERE MÄRCHEN. In Leinen M. 4.—; inLeder M.5.— |
EDUARD MÓRIKE: MOZART AUF DER REISE NACH -
PRAG. Eine Novelle. Zweite Auflage. In Leinen M. 3.50;
in Leder M. 4.50.
MOZARTS BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben von
Albert Leitzmann. Іп Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.—.
HENRI MURGER: DIE BOHÉME. Szenen aus dem Pa-
riser Künstlerleben. Mit Titelzeichnung und fünf Voll- `
bildern von Franz von Bayros. Zweite Auflage (3. und
4. Tausend). In Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.50.
FRIEDRICH NIETZSCHES GESAMMELTE BRIEFE. Fünf
Teile (in sechs Bänden). Geheftet М. 48.-; in Leinen
М. 56.—; in Halbleder M. 64.—.
FRIEDRICH NIETZSCHE: ALSO SPRACH ZARATHU-
STRA. EIN BUCH FÜR ALLE UND KEINEN. Monumen-
talausgabe. Druckanordnung, Zeichnung des Titels, der
Vortitel und Füllornamente und des Einbandes von Henry
var de Velde. 500 numerierte Exemplare in schwarz,
purpur und gold gedruckt auf van Gelder-Büttenpapier.
In Pergament M. 9o.-.
ALTFRANZÖSISCHE NOVELLEN. Zwei Bände. Ausge-
wählt von Paul Ernst, übertragen von Paul Hansmann. Mit
Titelholzschnitten und Zierstücken nach alten Originalen.
In Pappbänden M. ı0.-; in Leder M. 14.-. Vorzugs-
ausgabe: 100 numerierte Exemplare auf Büttenpapier.
In Pergament M. 20.-.
ALTITALIÁNISCHE NOVELLEN. Zwei Bande. Ausgewählt
und übersetzt von Paul Ernst. Mit venezianischen Titel-
holzschnitten, Initialen und Zierstücken aus dem 14. Jahr-
hundert. Zweite Auflage. In Pappbinden М. 8.-; іп
Leder M. ı2.—.
ALEXANDER OLBRICHT: ZWOLF RADIERUNGEN AUS
WEIMAR. In Pappband M. і2.-.
ОМАН CHAJJAM VON NESCHAPUR: RUBA’IJAT. Aus
dem Englischen des Edward Fitzgerald in deutsche Verse
übertragen von G. D. Gribble. Titel- und Einbandzeich-
nung und Initiale von Marcus Behmer. In Pappband
M. 8.-; in Leder M. 12.-.
WALTER PATER: MARIUS DER EPIKUREER. Ein Roman
in zwei Bánden. Übertragen von Felix Paul Greve. In
Leinen M. 9.—; in Leder M. ı2.—.
FRANCESCO PETRARCA: SONETTE. Ausgewählt, über-
setzt und eingeleitet von Bettina Jacobson. Mit dem Portrat
des Dichters In Pergament M. 5.50.
— 191 —
|
GESCHICHTEN AUS DEM ALTEN PITAVAL. Heraus-
gegeben nach der von Schiller getroffenen Auswahl und
um weitere Stiicke vermehrt von Paul Ernst. Drei Bande.
Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—; in Leder M. 15.-.
DES GRAFEN AUGUST VON PLATEN GEDICHTE. Neu
herausgegeben von Rudolf Schlösser. Zwei Bände. In
Pappbánden M. 8.—; in Halbleder M. 10.—. Vorzugs-
ausgabe: 100 Exemplare auf Büttenpapier. In Leder
M. 20.—.
FRANZ GRAF POCCI: LUSTIGESKOMÖDIENBÜCHLEIN.
Zwei Bände. In Auswahl neu herausgegeben von P. E.
Schmidt und K. v. Rózycki. Mit vielen Bildern, zum Teil
nach unveróffentlichten Zeichnungen Poccis. In Halb-
pergament M. 10.—.
HENRIK PONTOPPIDAN: HANS IM GLÜCK. Ein Roman |
in zwei Bänden. Übertragen von Mathilde Mann. Dritte
Auflage. Geheftet M. 8.--; in Leinen M. 10.—.
ALEXANDER POPE: DER LOCKENRAUB. Ein koni-
sches Heldengedicht. In deutsche Verse übertragen von
Rudolf Alexander Schröder. Mit den neun Bildern und
der Einbandzeichnung von 4ubrey Beardsley in der Ori-
ginalgrofe. 800 Exemplare. Nr. 1—100 auf Japanpapier;
in Kalbleder, in Seidenfutteral M. 4o.—. Nr. 101—800
auf holländischem Büttenpapier; in Pappband M. 14.-
ABBÉ PRÉVOST D'EXILES: GESCHICHTE DER MANON
LESCAUT UND DES CHEVALIER DES GRIEUX. Deutsche
Übertragung von Julius Zeitler. Mit vier Vollbildern von
Franz von Bayros. Zweite Auflage. In Halbleder M. 6.50;
in Leder M. 7.50.
RAINER MARIA RILKE: AM LEBEN HIN. а
Іп Halbpergament М. 3.-.
NET 192 —
RAINER MARIA RILKE: DIE AUFZEICHNUNGEN DES
MALTE LAURIDS BRIGGE. Zwei Bändchen. Dritte Auf-
lage. Geheftet M. 4.50; in Pappbänden M.6.—; in Leder
М. 10 —
RAINER MARIA RILKE: GESCHICHTEN VOM LIEBEN
GOTT. Dritte Auflage. In Leinen M. 4.—.
RAINER MARIA RILKE: DIE FRÜHEN GEDICHTE.
Des Buches „Mir zur Feier“ zweite Auflage. Іп Halb-
leder M. 6.50.
RAINER MARIA RILKE: NEUE GEDICHTE (aus den
Jahren 1905—1907). Zweite Auflage. In Halbleder
M. 6.50.
RAINER MARIA RILKE: DER NEUEN GEDICHTE AN-
DERER TEIL. In Halbleder M. 6.50.
RAINER MARIA RILKE: REQUIEM. (Für eine Freundin.
Für WolfGraf von Kalckreuth.) 500 Exemplare. In Papp-
band M. 3.50.
RAINER MARIA RILKE: DAS STUNDENBUCII. 5. Tau-
send. In Halbleinen M. 3.50; in Pergament M. 6.—.
RAINER MARIA RILKE: ZWEI PRAGER GESCHICH-
TEN. In Halbpergament M. 3.—.
ARTHUR RIMBAUD: LEBEN UND DICHTUNG. Über-
tragen von K. L. Ammer, eingeleitet von Stefan Zweig.
Mıt einem Bildnis Rimbauds in Heliogravüre. In Leinen
M. 7.—.
RÜBEZAHL-GESCHICHTEN: das sind wahrhafftige, und
über alle Maßen possierliche oder anmuthige Fratzen, von
dem wunderbarlichen, sehr alten und weitbeschrienen
Gespenste, dem Rübezahl, denen Begierigen vormahls
theilhafftig gemachet durch M. Johannem Praetorium.
er 193 ms
Nunmehro aber fiir den Curiösen Liebhaber auffs Neue ап
Tag gegeben. Mit Wiedergabe von 16 Holzschnitten der
Ausgabe von 1738. 800 numerierte Exemplare. In Papp-
band М. 10.—.
HANS SACHSENS AUSGEWÄHLTE WERKE (Gedichte
und Dramen). Zwei Bände. Mit Reproduktionen von
60 zu den Gedichten gehörigen Holzschnitten von Dürer,
Beham u.a. nach den Originaldrucken. Zweite Auflage.
In Halbleinen М. 12.-; іп Halbpergament М. 14.-;
V orzugsausgabe: 200 numerierte Exemplare mit kolorierten
Holzschnitten. Іп Schweinsleder М. 50.—.
KARL SCHEFFLER: PARIS. Mit 71 Vollbildern. Dritte
Auflage. Geheftet M. 10.—; іп Halbpergament M. 12.—.
SCHILLERS GESPRACHE. Berichte seiner Zeitgenossen
über ihn. Zum erstenmal gesammelt und herausgegeben
von Julius Petersen. Mit 4 Bildern in Lichtdruck. In
Pappband M. 3.—; in Leinen M. 4.-; in Leder M. 6.—.
SCHILLERS SÁMTLICHE WERKE, in sechs Banden.
Herausgegeben von Albert Kóster und Max Hecker. (Grof-
herzog Wilhelm Ernst - Ausgabe deutscher Klassiker.) Іп
Leinen M. 20.—; in Leder M. 28.—.
Die einzelnen Bànde sind auch unter besonderen Titeln zum Preise
von je M. 4.— in Leinen und M. 5.— in Leder erschienen: Dramen
I. Teil. Dramen II. Teil. Gedichte und Erzählungen. Historische
Schriften. Philosophische Schriften. Übersetzungen.
DIE BRIEFE DES JUNGEN SCHILLER. Herausgegeben
von Max Hecker. Mit einer Silhouette. In Pappband
M. 2.—; in Leder M. 4.—. | |
FRIEDRICH SCHLEGEL: LUCINDE. FRIEDRICH
SCHLEIERMACHERS VERTRAUTE BRIEFE UBER
LUCINDE. 5оо numerierte Exemplare. In Pappband
М. то.-.
= 194 m
SHOPENHAUERS WERKE, in fünf Bänden. (Groß-
herzog Wilhelm Ernst-Ausgabe deutscher Klassiker.) In
Leinen M. 20.-; in Leder M. 26.—.
Einzeln werden die Bände wie folgt geliefert:
DIE WELT ALS WILLE UND VORSTELLUNG. Zwei Bände.
Herausgegeben von Eduard Grisebach. In Leinen M. 8.—; in Leder
M. 10.—.
KLEINERE SCHRIFTEN. Herausgegeben von Max Brahn. In Leinen
M. 5.—; in Leder M. 6.—.
PARERGA UND PARALIPOMENA. Zwei Teile. Zwei Bände.
Herausgegeben von Hans Henning. In Leinen M. 9.—; in Leder
M. 11.
ADELE SCHOPENHAUER: TAGEBÜCHER. Zum ersten
Male nach der Handschrift herausgegeben von Kurt Wolff.
Zwei Bände. Mit 17 von Adele Schopenhauer geschnittenen
Silhouetten. In Halbpergament M. 8.—.
RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER ::HAMA. Scherzhafte
Gedichte und Erzählungen. Geheftet M. 2.-; in Papp-
band M. 3.—.
CORONA SCHROTER: FÜNF UND ZWANZIG LIEDER,
in Musik gesetzt. Weimar 1786. Faksimileneudruck mit
einem Nachwort von Leopold Schmidt. 225 numerierte
Exemplare. Іп Pappband М. 22.—.
^ Enthält u. a. den ersten Druck und die erste Komposition von
Goethes „Erlkönig“.
° CARL SCHÜDDEKOPF: GOETHES TOD. Dokumente
|. und Berichte der Zeitgenossen. Mit sechs Faksimiles und
Lichtdrucken. Geheftet M. 4.—; in Pappband М. 5.—.
| DER JUNGE SCHUMANN. DICHTUNGEN UND BRIEFE.
Herausgegeben von Alfred Schumann. In Pappband
| M. 2.-; in Leder M. 4.—.
Ber 105 Ben
GUSTAV SCHWAB: DIE SCHONSTEN SAGEN DES
KLASSISCHEN ALTERTUMS. Vollstandige Ausgabe in
zwei Banden, besorgt von Ernst Beutler. Titel- und Ein-
bandzeichnung von F. Н. Ehmcke. Іп Leinen M. 8.-.
GUSTAV SCHWAB: DIE SCHÓNSTEN SAGEN DES
KLASSISCHEN ALTERTUMS. Ausgabe in drei Вапдеп
(mit dem Ergánzungsband: Flaxmans Zeichnungen zu
Sagen des klassischen Altertums). Іп Leinen M. 1».—.
SHAKESPEARES SONETTE. Nachdichtung von Eduard
Saenger. In Halbpergament M. 5.—; in Leder M. ro.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
HJALMAR SÓDERBERG: MARTIN BIRCKS JUGEND.
Roman. Übertragen von Francis Maro. In Leinen M. 3.-.
HJALMAR SODERBERG: HISTORIETTEN. Ubertragen
von Francis Maro. Geheftet M. 2.50; in Leinen M. 3.50.
CARL STERNHEIM: DON JUAN. Eine Tragódie. Geheftet
M. 5.—; in Halbleder M. 8.—; in Ganzleder M. 15.—
ADALBERT STIFTER: AUS DEM ALTEN WIEN. Zwölf
Studien. Herausgegeben von Otto Erich Deutsch. Mit
20 Vollbildern. Geheftet M. 5.—; in Leinen M. 6.-;
in Leder M. 8.—.
HENRICH STILLINGS JUGEND, EINE WAHRHAFTE
GESCHICHTE. Titelvignette und Titelkupfer nach Chodo-
wiecki. In Pappband M. 4.—.
DIE ERZAHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN
NÁCHTEN. Erste vollstándige deutsche Ausgabe in zwolf
Banden, auf Grund der Burtonschen englischen Ausgabe
besorgt von Felix Paul Greve. Mit einer Einleitung von
Hugo von Hofmannsthal und einer Abhandlung von Karl
Dyroff über Entstehung und Geschichte des Werkes. Ge-
heftet M. 60.—; in Leinen M. 72.—; in Leder M. 84.-.
icr 196 =
TAUSEND UND EIN TAG. Orientalische Erzählungen.
Ausgewählt und eingeleitet von Paul Ernst. Übertragen
von Felix Paul Greve und Paul Hansmann. Vier Bände.
Geheftet М. 16.—; in Leinen M. 20.—; in Leder М. 28.—.
V orzugsausgabe: тоо numerierte Exemplare auf Bütten-
papier. In Pergament M. 56.-.
REDEN UND GLEICHNISSE DES TSCHUANG-TSE. 1n
deutscher Auswahl von Martin Buber. Einbandzeichnung
von Е. R. Weiß. Geheftet M. 4.—; іп Pappband M. 5.—.
V orzugsausgabe: 5o Exemplare auf Japanpapier. In Kalb-
leder M. 25.—.
JWAN TURGENJEFF: GEDICHTE IN PROSA. Übertragen
von Th. Comichau. Zweite Auflage. In Leinen M. 3.—;
in Leder M. 3.50.
HENRY VAN DE VELDE: VOM NEUEN STIL. Geheftet
M. 3.50; in Halbpergament M. 5.—.
EMILE VERHAEREN. In drei Banden.
L Band: EMILE VERHAEREN, von Stefan Zweig.
П. Band: EMILE VERHAERENS GEDICHTF, ausgewählt und
übertragen von Stefan Zweig.
III. Band: EMILE VERHAERENS DRAMEN (HELENAS HEIM-
KEHR. DAS KLOSTER. PHILIPP II.), übertragen von Stefan Zweig.
Preis des Gesamtwerkes (drei Bánde): geheftet M. 10.—;
in Leinen M. 15.—; in Leder M. 2o.—. Einzelpreis der
Bande (die keine Bandbezeichnung tragen): geheftet
M. 3.50; in Leinen M. 5.—; in Leder M. 7.—.
EMILE VERHAEREN: HELENAS HEIMKEHR. Drama.
Nachgedichtet von Stefan Zweig. 300 Exemplare auf
Büttenpapier. In Halbpergament M. 15.—.
Gedruckt auf der Ernst Ludwig-Presse in Darmstadt.
HEINRICH VOGELER -WORPSWEDE: DIR. Gedichte und
Zeichnungen. Zweite duflage. Mit vom Künstler gezeich-
netem Einband. Іп Halbpergament M. 10.—.
KARL VOLLMOELLER: WIELAND. Ein Marchen in drei
Akten. Zweite Auflage. Geheftet М. 3.50; іп Leinen
М. 5.—.
VOLTAIRES BRIEFWECHSEL. Ausgewählt und übertragen
von K. Schirmacher. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—.
RICHARD WAGNER: AUSWAHL SEINER SCHRIFTEN.
Herausgegeben von Houston St. Chamberlain. In Papp-
band M. 2.—; in Leder M. 4.—.
JAKOB WASSERMANN: DER LITERAT ODER MYTHOS
UND PERSÓNLICHKEIT. Geheftet M. 3.50; in Leinen
M. 3.50.
WILHELM WEIGAND: DER VERSCHLOSSENE GAR-
TEN. Gedichte aus den Jahren 1901 bis 1909. In Halb-
pergament M. 5.—.
CHRISTOPH MARTIN WIELANDS WERKE. Drei Bande.
Neue Taschenausgabe, ausgewählt, revidiert und ein-
geleitet von Franz Deibel. In Leder M. 15.—; in Perga-
ment M. 20.—.
Die Bande sind auch einzeln unter folgenden Titeln zu haben:
WIELANDS KLEINE VERSERZÁHLUNGEN. Mit Goethes Rede
auf Wieland. In Leder M. 4.50; in Pergament M. 6.—.
WIELAND: OBERON. In Leder M. 4.50; in Pergament M. 6.—.
WIELAND: DIE ABDERITEN. In Leder M. 6.—: in Pergament
M. 8.—.
OSCAR WILDE: DIE BALLADE VOM ZUCHTHAUSE
ZU READING VON C. 3. 3. Deutsche Übertragung von
Wilhelm Schólermann. Vierte Auflage. In Pappband
M. 2.—.
ЗЕЕ 198 ER
OSCAR WILDE: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY.
Ein Roman. Ubertragen von Hedwig Lachmann und Gustav
Landauer. Dritte Auflage (3. bis 5. Tausend). Geheftet
M. 3.50; in Leinen M. 4.50; in Leder M. 7.—.
OSCAR WILDE: DIE ERZAHLUNGEN UND MÁRCHEN.
Mit ro Vollbildern sowie Initialen, Titel- und Einband-
zeichnung von Heinrich Vogeler-Worpswede. (II. bis
20. Tausend). In Pappband M. 3.—; in Leder M. 8.—.
OSCAR WILDE: GEDICHTE. Übertragen von Gisela Etzel.
In Halbpergament M. 8.—.
OSCAR WILDE: ZWEI GESPRACHE VON DER KUNST
UND VOM LEBEN. Übertragen von Hedwig Lachmann und
Gustav Landauer. Geheftet M. 4.—; in Halbleder M. 6.—.
IN MEMORIAM OSCAR WILDE. („Lehren und Sprüche‘,
„Gedichte in Prosa“, „Die englische Renaissance“ von
Wilde, Fssays über Wilde von Andre Gide, Ernest la
Jeunesse, Arthur Symons, Franz Blei.) Dritte, vermehrte
Auflage. Geheftet M. 3.—; іп Pappband M. 4.—.
OSCAR WILDE: SALOME. Tragédie in einem Akt. Über-
tragen von Hedwig Lachmann. Mit Doppeltitel, zwei Voll-
bildern und Einband von Marcus Behmer. Fünfte Auf-
lage. Geheftet M. 2.-; in Pappband M. 3.—.
OSCAR WILDE: SALOME. Tragodie in einem Akt. Über-
tragen von Hedwig Lachmann. Mit 15 Zeichnungen von
Aubrey Beardsley іп der Originalgrofe. 825 numerierte
Exemplare. In Halbleder M. 14.—; in Ganzleder M. 20.—.
STEFAN ZWEIG: DIE FRÜHEN KRANZE. Gedichte.
In Leder M. 6.—.
STEFAN ZWEIG: TERSITES. Ein Trauerspiel in drei Auf-
zügen. In Halbpergament M. 4.—. Vorzugsausgabe:
20 Exemplare auf Büttenpapier. In Pergament M. r2.—.
INHALT DES ALMANACHS
Kalendarium mit zwolf Silhouetten
Lob der Zeit, von Karl Vollmoeller
Kulturpolitik, von Henry van de Velde .
Der Jiingling und die най von Hugo von
Hofmannsthal :
Vor Tag, von Hugo von Hofmannsthal .
Die Vogelscheuche, Novelle von Rudolf
G. Binding.
Hymnus an die Sonne x von _ Hans Сабак,
Drei neue Gedichte von Rainer Maria Rilke
Städtische Sommernacht e А
Gebet fur die Irren und Sträflinge
Endymion .
Das Herz, Novelle von | Heinr ich Mann
Verse zum Gedächtnis von Josef Kainz
I. Von Ernst Hardt . . .
II. Von Hugo von Hofmannsthal .
Einsiedlers Sehnsucht, vonFriedrichNietzsche
Wilhelm Trübner, von Karl Scheffler i
Ritt durch Phokis. Das Kloster des heiligen
Lukas, von Hugo von Hofmannsthal
Singende Fontäne, von Stefan Zweig .
Das Schweigen, von EmileVerhaeren. Deutsch
von Erna Rehwoldt . А
Abdankungsszene aus Eduard H. von Chri-
stopher Marlowe. Deutsch von Alfred
Walter Heymel . А
Philosophenbriefe, von Е ns Ohmann
Kant an Johann Gottfried Herder.
— 200 --
105
Kant an Marcus Herz .
Schopenhauer an Goethe . . .
Schopenhauer an F. A. Brock kaus
Nietzsche an Malwida von Meysenbug.
Nietzsche an Erwin Rohde ;
“Zwei Briefe ап den jungen we mitgeteilt
von Max Morris
Caroline Flachsland an Goethe.
Sophie von La Roche an Goethe . ;
Auf den Tod, von John Keats. Nachgedichtet
von Gisela Etzel А
Aus einem ua bekannten: Gedicht "Lord
Byrons, übertragen von Herbert Alberti
Ein Bildnis der Lucrezia Borgia, von Emil
Schaeffer
Einführungsworte zu den '„Blümlein des
heiligen Franziskus“, von Rudolf G.Binding,
nebst zwei Legenden (mit 6 Initialen)
Aus den „Stunden“, Sonette von Rudolf
Alexander Schroder А :
Le dernier soleil, von Emile Verhacren
Zu den Abbildungen : i
Bücher aus dem Insel-Verlag .
Bilderbeilagen:
Sokrates; Herme im Neapler Museum.
Honoré de Balzac; Zeichnung in Tours.
Wilhelm Trübner: Zimmerplatz am See.
Immanuel Kant; unbezeichnete Silhouette.
Goethe: Zwei Zeichnungen zur italienischen Reise.
Lucrezia Borgia; Gemälde in Como.
Preetorius: Zeichnung zu Jean Paul: Giannozzos
Seefahrerbuch.
Die im siebenten Jahrgang des Insel -Almanachs
enthaltenen Silhouetten dürfen nach dem Gesetz
vom 9. Januar 1907 nicht nachgebildet werden.
Widerrechtliche Reproduktion wird verfolgt. —
Druck derSpamerschen Buchdruckerei in Leipzig.
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‘Library Use Only
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