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Full text of "Insel-Almanach auf das Jahr .."

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Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2010  with  funding  from 

University  of  Toronto 


http://www.archive.org/details/inselalmanachauf1911leip 


überreicht  von  der  Firma: 

Jofeph  Baer  &  Co, 

Frankfurt  a.  M. 

Hochftraße  6 


Ka  lendarium 


Ein  jeaer  kehre  vor  J einer   Tür, 
Und  rein  iß  jedes  Stadtquartier. 
Ein  jeder  übe  fein    Lektion, 
So  zuird  es  gut  im  Rate  Jhhn. 
GOETHE 
am  6.  März  1S32. 


DER  REISSER 


ICH  bin  ein  Reißer  früh  und  fpät, 
Ich  entwürf  auf  ein  Lindenbrett 
Bildnus  von  Menfchen  oder  Tier, 
Auch  Gewächs  mancherlei  Monier, 
Hiftori  und  was  man  will  haben, 
Gefchrift  und  groß  Verfalbuchftaben, 
Künftlich,  daß  nit  ift  auszufprechen; 
Auch  kann  ich  wohl  in  Kupfer  ftechen. 


JANUAR 

I 

2 

3 
4 
5 
6 

7 

Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 

Neujahr 

Abel,  Seth 

Enoch,  Daniel 

Methufalem 

Simeon 

Epiphanias 

Melchior 

Neujahr  Jefus 

Makarius 

Genovefa 

Titus 

Telesphorus 

Heilige  3  Könige 

Lucian 

8 
9 

IG 
II 
12 
13 
1  + 

Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 

I.  n.  Ep.  Balth. 

Kafpar 

Paulus  Einfegnung 

Erhard 

Reinhold 

Hilarius 

Felix 

I.  n.  Ep.  Sever. 

Julian 

Agathon 

Hyginus 

Arkadius 

Gottfried 

Felix 

3) 

® 

15 
16 

17 
18 

19 

2C 
21 

Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 

2.  n.  Ep.  Habak. 

Marcellus 

Antonius 

Priska 

Ferdinand 

Fabian,  Seb. 

Agnes 

2.  n.Ep.  Marceil. 

Marcellus 

Antonius 

Petri  Stuhlfeier 

Kanut 

Fabian,  Seb. 

Agnes 

22 

23 

24 

26 

27 
28 

Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 

3.  n.Ep.  Vincentius 

Emerentiana 

Timotheus 

Pauli  Bekehrung 

Polykarp 

Joh.  Chryibft. 

Karl 

3.  n.Ep.  Vincentius 
Mar.  V.,  Emer. 
Timotheus 
Pauli  Bekehrung 
Polykarp 
Joh.  Chryfoft. 
Karl  der' Große 

C 

29 
3C 
31 

Sonntag 
Montag 
Dienstag 

4.  n.  Ep.  Samuel 

Adelgunde 

Valerius 

4.  n.  Ep.  F,  V.  S. 
Martina 
Petrus  Nolask. 

9 

DER  FURMSCHNEIDER 


ICH  bin  ein  Furmenfchneider  gut. 
Alls,  was  man  mir  vorreißen  tut 
Mit  der  Feder  auf  ein  Furmbrett, 
Das  fchneid  ich  denn  mit  dem  Gerät. 
Wann  mans  denn  druckt,  fo  findt  fich  fcharf 
Das  Bild,  fo  der  Reißer  entwarf; 
Die  fteht  denn  druckt  auf  dem  Papier 
Mit  Schwarz,  unausgeftrichen  fchier. 


FEBRUAR 

I 

Mittwoch 

Brigitta 

Ignatius 

2 

Donnerstag 

Maria  Reinigung 

Maria  Lichtm. 

1 

Freitag 

Blafius 

Blafius 

4 

Sonnabend 

Veronika 

Andreas  Koriinus 

5 

Sonntag 

5.  n.  Ep.  Agatha 

5.  n.  Ep.  Agatha 

6 

Montag 

Dorothea 

Dorothea 

3) 

7 

Dienstag 

Richard 

Romuald 

8 

Mittwoch 

Salomon 

Joh.  von  Matha 

9 

Donnerstag 

Apollonia 

Apollonia 

lO 

Freitag 

Renata 

Scholaftika 

1 1 

Sonnabend 

Euphrofina 

Defiderius 

12 

Sonntag 

Sept.,  Eulalia 

Sept.,  Eulalia 

M 

Montag 

Benignus 

Benignus 

® 

1  + 

Dienstag 

Valentinus 

Valentinus 

M 

Mittwoch 

Formofus 

Fauftinus 

i6 

Donnerstag 

Juliana 

Juliana 

17 

Freitag 

Konftantia 

Donatus 

i8 

Sonnabend 

Konkordia 

Simeon 

J9 

Sonntag 

Sexag.,  Sufanna 

Sexag.,  Gabinus 

20 

Montag 

Eucherius 

Eleutherius 

21 

Dienstag 

Eleonora 

Eleonora 

C 

22 

Mittwoch 

Petri  Stuhlfeier 

Petri  Stuhlfeier 

21 

Donnerstag 

Serenus 

Serenus 

24 

Freitag 

Matthias 

Matthias 

25 

Sonnabend 

Viktorinus 

Walburga 

26 

Sonntag 

Eftomihi,  Neftor 

Quinqu.,  Alex. 

-7 

Montag 

Leander 

Leander 

28 

Dienstag 

Faftnacht,  Juftus 

Faftnacht,Roman.. 

DER  SCHRIFTGIESSER 


ICH  geuß  die  Schrift  zu  der  Druckrei, 
Gemacht  aus  Wismat,  Zinn  und  Blei, 
Die  kann  ich  auch  gerecht  juftieren, 
Die  Buchitaben  zufamm  ornieren 
Lateinifch-  und  deutfcher  Gefchrift, 
Auch  was  die  gricchifch  Sprach  antrifft, 
Mit  Verfalen,  Punkten  und  Zügen, 
Daß  ße  zu  der  Druckerei  tüs^en. 


MÄRZ 

I 

Mittwoch 

Afchermittwoch 

Afcherm.,  Albin. 

@ 

2 

Donnerstag 

Simplicius 

Simplicius 

1 

Freitag 

Kunigunde 

Kunigunde 

4 

Sonnabend 

Adrianus 

Kafimir 

S 

Sonntag 

I.  Inv.  Friedrich 

I.  Inv.  Friedrich 

6 

Montag 

Fridolin 

Viktor 

7 

Dienstag 

Felicitas 

Thomas  v.  A. 

3 

8 

Mittwoch 

Quat.,  Philem. 

Quat.  J.  d.  D. 

9 

Donnerstag 

Prudentius 

Franziska 

lO 

Freitag 

Henriette 

40  Märtyrer 

1 1 

Sonnabend 

Rofina 

Eulogius 

12 

Sonntag 

2.  Rem.  Gr.  d.  Gr. 

2.  Rem.  G.  d.  G. 

U 

Montag 

Ernft 

Euphrasia 

1  + 

Dienstag 

Zacharias 

Mathilde 

M 

Mittwoch 

Longinus 

Longinus 

® 

i6 

Donnerstag 

Cyriakus 

Heribert 

I  7 

Freitag 

Gertrud 

Gertrud 

i8 

Sonnabend 

Ansehn  US 

Cyrillus 

19 

Sonntag 

3.  Oculi  Jolcph 

3.  Okuli  Joseph 

20 

Montag 

Hubert 

Joachim 

21 

Dienstag 

Benediktus 

Benediktus 

22 

Mittwoch 

Mittfalt.,  Kaiimir 

Oktavian 

21 

Donnerstag 

Eberhard 

Otto 

C 

24 

Freitag 

Gabriel 

Gabriel 

25 

Sonnabend 

Maria  Verk. 

Maria  Verk. 

26 

Sonntag 

4.  Lätare  Eman. 

4.  Lätare  Ludg. 

27 

Montag 

Rupert 

Rupert 

28 

Dienstag 

Malchus 

Guntram     - 

29 

Mittwoch 

Euftafius 

Euftafms 

30 

Donnerstag 

Guido 

Quirinus 

® 

31 

Freitag 

Arnos 

Balbina 

DER  PAPIERER 


ICH  lammel  Hadern  zu  der  Mühl, 
Denn  treibt  mirs  Rad  das  WaiTer  kühl, 
Das  mir  die  z'fchnitten  Hadern  mahlt, 
Das  Mehl  in  Waller  wird  einquellt. 
Draus  mach  ich  Bog'n,  auf  den  Filz  bring, 
Durch  Preß  das  WafTer  daraus  zwing. 
Denn  henk  ichs  auf,  laß  trucken  wern, 
Schneeweiß  und  glatt,  fo  hat  mans  gern. 


APRIL 

I 

Sonnabend 

Theodora 

Hugo 

2 

Sonntag 

5.  Jud.  Theodofia 

5.Judika  F.  V.  P. 

.3 

Montag 

Chriftian 

Richard 

4 

Dienstag 

Ambrofius 

Ifidorus 

5 

Mittwoch 

Maximus 

Vinzent.  Ferrer 

6 

Donnerstag 

Sixtus 

Cöleitinus 

3 

7 

Freitag 

Cöleltin 

Hermann 

8 

Sonnabend 

Liborius 

Albert 

9 

Sonntag 

6.  Palm.  Bogisl. 

6.  Palm.  M.  Kl. 

lO 

Montag 

Ezechiel 

Ezechiel 

1 1 

Dienstag 

Julius 

Leo  der  Große 

12 

Mittwoch 

Euftorgius 

Julius 

1.3 

Donnerstag 

Grün.  Donnerstag 

Grün.  Donnerstag 

® 

H 

Freitag 

Karfreitag 

Karfreitag 

15 

Sonnabend 

Olympiades 

Karfamstag 

16 

Sonntag 

Heil.  Ofterfelt 

Heil.  Ofterfeft 

17 

Montag 

Oftermontag 

Oftermontag 

18 

Dienstag 

Florentin 

Eleutherius 

19 

Mittwoch 

Hermogenes 

Werner 

20 

Donnerstag 

Sulpitius 

Viktor 

21 

Freitag 

Adolarius 

Anfelm 

C 

22 

Sonnabend 

Lothar 

Soter  u.  Kajus 

23 

Sonntag 

I .  Quafimodogen. 

I.  Quafimod. 

24 

Montag 

Albert 

Adalbert 

25 

Dienstag 

Markus  Ev. 

Markus  Ev. 

26 

Mittwoch 

Raimarus 

Kletus 

27 

Donnerstag 

Anaftafms 

Anaftafius 

28 

Freitag 

Therefe 

Vitalis 

@ 

29 

Sonnabend 

Sibylla 

Petrus  M. 

30 

Sonntag 

2.  Mif.  Dom. 



2.  Mif.  Dom. 

•i^ti^K^H^tt^H 


DER  BUCHDRUCKER 


ICH  bin  gefchicket  mit  der  Preß, 
So  ich  auftrag  den  Firniß  reß. 
Bald  der  Poftlierer-Stangen  zuckt, 
lit  ein  Bogen  Papiers  gedruckt. 
Dardurch  kummt  manich  Buch  an  Tag, 
Das  man  leichthin  bekummen  mag. 
Vor  Zeit  hat  man  die  Bücher  gfchrieben ; 
Zu  Mainz  die  Kunft  ward  erftlich  trieben. 


MAI 

I 

Montag 

Philipp.,  Jak. 

Philipp.,  Jak. 

2 

Dienstag 

Sigismund 

Athanafius 

3 

Mittwoch 

Kreuz.  Erfind. 

Kreuz.  Erfind. 

4 

Donnerstag 

Florian 

Monika 

5 

Freitag 

Gotthard 

Pius  V. 

D 

6 

Sonnabend 

Dietrich 

Johan.  V.  d.  Pr. 

7 

Sonntag 

j.Jubil.Gottfr. 

3.  Jub.  Stanislaus 

8 

Montag 

Stanislaus 

Michael  Erich. 

9 

Dienstag 

Hiob 

Gregor  Naz. 

lO 

Mittwoch 

Gordian 

Antoninus 

1 1 

Donnerstag 

Mamertus 

Mamertus 

12 

Freitag 

Pankratius 

Pankratius 

13 

Sonnabend 

Servatius 

Servatius 

® 

14 

Sonntag 

4.  Cant.  Chrilt. 

4.  Cant.  Bonif. 

=^5 

Montag 

Sophia 

Sophia 

16 

Dienstag 

Peregrinus 

Joh.  V.  Nep. 

17 

Mittwoch 

Jobft 

Ubaldus 

18 

Donnerstag 

Erich 

Venantius 

19 

Freitag 

Potentiana 

Petr.  Cöleftin 

20 

Sonnabend 

Anaftafius 

Bernhardin 

21 

Sonntag 

5.  Rogate   Prud. 

5.  Rogate  Conft. 

C 

22 

Montag 

Helena 

1.  Bittag 

23 

Dienstag 

Defiderius 

2.  Bittag 

24 

Mittwoch 

Efther 

3.  Bittag 

25 

Donnerstag 

Himmelf.  Chr. 

Himmelfahrt  Chr. 

26 

Freitag 

Eduard 

Philipp  Neri 

27 

Sonnabend 

Beda 

Beda 

28 

Sonntag 

6.  Exaudi  Wilh. 

6.  Exaudi  Wilh. 

© 

29 

Montag 

Maximilian 

Maximus 

30 

Dienstag 

Wigand 

Felix 

31 

Mittwoch 

Petronella 

Petronella 

DER  BRIEFMALER 


EIN  Briefmaler  bin  aber  ich, 
Mit  Illuminieren  nähr  ich  mich, 
Anftreich  die  Bildwerk,  (o  da  ftehnt 
Auf  Papier  oder  Pergament, 
Mit  Farben  und  verhochs  mit  Gold. 
Dem  Patroniern  bin  ich  abhold; 
Darmit  man  fchlechte  Arbeit  macht, 
Darvon  man  fchlechten  Lohn  entpfacht. 


><^:  «^ii^n^i  i^im 


: 
: 

JUNI 

i 

I 

2 

3 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 

Nikomedes 
Marquard 
Erasmus 

Juventlus 
Erasmus 
Klothilde 

3 

$ 
$ 
$ 

4 
5 
6 

7 
8 

9 

IG 

Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 

Heil.  Pfingftfeft 

Pfingftmontag 

Benignus 

Quat.,  Lukretia 

Medardus 

Barnim 

Onuphrius 

Heil.  Pfingftfeft 

Pfingftmontag 

Norbert 

Quat.,  Robert 

Medardus 

Feliz.  u.  Prim, 

Margareta 

: 

I  I 
12 
13 

15 
16 

17 

Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 

Trinitatis 

Klaudina 

Toblas 

Modeftus 

Vitus 

Juftina 

Volkmar 

Heil. Dreifaltigkeit 

Bafilides 

Anton  V,  Padua 

Bafilius 

Fronleichnam 

Benno 

Adolt 

® 

: 

18 

19 

20 
21 
22 
23 
24 

Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 

I.  n.  Trin.  Paul. 

Gerv.  u.  Protaf. 

Raphael 

Jakobina 

Achatius 

Bafilius 

Joh.  der  Täufer 

2.n.Pf.  M.  u.  M. 

Gerv.  u.  Protaf. 

Silverius 

Aloyfius 

Paulinus 

Herz-Jesu-Feft 

Joh.  der  Täufer 

C 

: 

1 

25 
26 

27 
28 
29 
30 

Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

2.  n.  Tr.  Elog. 

Jeremias 

Sieben  Schläfer 

Leo 

Peter  und  Paul 

Pauli  Ged. 

3.  n.  Pf.  Profp. 
Johann  u.  Paul 
Ladislaus 
Leo  IL 

Peter  und  Paul 
Pauli  Ged. 

DER  HANDMALER 


DIE  Kunlt  der  Perfpektiv  ich  pur 
Bericht  bin  und  Konterfaktur, 
Dem  Menfchen  ich  mit  Färb  kann  geben 
Die  Gitalt,  als  ob  des  Bild  hab  Leben. 
Stadt,  Schloffer,  WalTer,  Berg  und  Wald, 
Ein  Heer,  sam  lag  ein  Fürft  zu  Feld, 
Kann  ich  auf  flacher  ^^^and  anzeigen. 
Als  fteh  es  da  leibhaftig  eigen. 


f^^i^^i 

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*^■;^^■^*T-^*T•^*^s*^■i•^^<i*^ 

i^T  J^" 

j 

$ 

1 

JULI 

1 

I 

Sonnabend 

Theobald 

Theobald 

:    2 

Sonntag 

3.n.Tr.M.  H. 

4.  n.  Pf.  M.  H. 

1 

\    ^ 

Montag 

Kornelius 

Hyazinth 

3) 

/• 

i     ^ 

Dienstag 

Ulrich 

Ulrich 

1 

\       5 

Mittwoch 

Anfehnus 

Numerianus 

\       ' 

Donnerstag 

Jefaias 

Jefaias 

s 

•       7 

Freitag 

Demetrius 

Willibald 

$ 

s 

Sonnabend 

Kilian 

Kilian 

1 

5 

$      9 

Sonntag 

4.  n.  Tr.  Cyrill. 

5.  n.  Pf.  Cyrill. 

i 

s  ^° 

Montag 

Sieben  Brüder 

Sieben  Brüder 

) 

s     II 

Dienstag 

Pius 

Pius 

® 

^ 

$  '2 

Mittwoch 

Heinrich 

Joh.  Gualbert 

i 

$     -3 

Donnerstag 

Margareta 

Margareta 

$ 

$     H 

Freitag 

Bonaventura 

Bonaventura 

$ 

\     'S 

Sonnabend 

Apoftel  Teil. 

Apoftel  Teil. 

\ 

1     .6 

Sonntag 

5.  n.  Tr.  Walter 

6.  n.  Pf.  Skap. 

i 

t     17 

Montag 

Alexius 

Alexius 

s 

$     i8 

Dienstag 

Karolina 

Friderikus 

1; 

€     19 

Mittwoch 

Ruth 

Vinz.  V.  Paula 

C 

,  1 

.0 

Donnerstag 

Elias 

Margareta 

; 

9 

^     21 

Freitag 

Daniel 

Praxedes 

^     22 

Sonnabend 

Maria  Magd. 

Maria  Magd. 

^ 

5     23 

Sonntag 

6.  n.Tr.  Albert. 

7.  n.  Pf.  Apoll. 

$ 

j  26 

»    ^9 

Montag 

Chriftine 

Chriftine 

z 

Dienstag 

Jakobus 

Jakobus 

© 

t 

Mittwoch 

Anna 

Anna 

Donnerstag 

Bertold 

Pantaleon 

Freitag 

Innozenz 

Innozenz 

1 

Sonnabend 

Martha 

Martha 

s 

K 

5 

•f 

$    30 

Sonntag 

7.  n.  Tr.  Beatrix 

8.  n.  Pf.  Abdon 

$ 

$    31 

Montag 

Germanus 

Ignaz  Loyola 

i 

DER  PERMENTER 


ICH  kauf  Schaffell,  Bock  und  die  Geiß; 
Die  Fell  leg  ich  da  in  die  Beiß, 
Darnach  firm  ich  fie  lauter  rein. 
Spann  auf  die  Rahm  ieds  Fell  allein, 
Schahs  darnach,  mach  Ferment  daraus 
Mit  großer  Arbeit  in  mein  Haus, 
Aus  Ohrn  und  Klaen  feud  ich  Leim. 
Das  alles  verkauf  ich  daheim. 


i^ti^H^t-» 


AUGUST 

i 

I 

Dienstag 

Petri  Kettenfeft 

Petri  Kettenfeft 

2 

Mittwoch 

Portiunkula 

Portiunkula 

D 

} 

i 

3 

Donnerstag 

Auguft 

Steph.  Erfind. 

4 

Freitag 

Perpetua 

Dominikus 

5 

5 

Sonnabend 

Dominikus 

Maria  Schnee 

\ 

6 

Sonntag 

S.n.  Tr.  V.  Chr. 

9.  n.  Pf.  V.  Chr. 

$ 

7 

Montag 

Donatus 

Kajetanus 

J 

8 

Dienstag 

Ladislaus 

Cvriakus 

9 

^Mittwoch 

Romanus 

Romanus 

IC 

Donnerstag 

Laurentius 

Laurentius 

® 

1 1 

Freitag 

Titus 

Tiburtius 

12 

Sonnabend 

Klara 

Klara 

$ 

13 

Sonntag 

9.  n.  Tr.  Hild. 

10  n.  Pf.  Hipp. 

$ 

14 

Montag 

Eufebius 

Eufebius 

$ 

z 

I^" 

Dienstag 

Maria  Himmelf. 

Mar.  Himmelfahrt 

S 

16 

Mittwoch 

Ifaak 

Rochus 

l 

17 

Donnerstag 

Bertram 

Liberatus 

d 

i 

18 

Freitag 

Emilia 

Helena 

j 

19 

Sonnabend 

Sebald 

Sebald 

l 

20 

Sonntag 

10.  n.  Tr.  Bernh. 

II.  n.  Pf.  Bernh. 

l 

21 

Montag 

Anaftafius 

Anaftafius 

s 

22 

Dienstag 

Oswald 

Timotheus 

$ 

23 

Mittwoch 

Zachäus 

Philipp  Benit 

$ 

24 

Donnerstag 

Bartholomäus 

Bartholomäus 

m 

4 

25 

Freitag 

Ludwig 

Ludwig 

$ 

26 

Sonnabend 

Irenäus 

Zephyrinus 

j 

27 

Sonntag 

1 1.  n.  Tr.  Gebh. 

12.  n.  Pf.  Ruf. 

$ 

28 

Montag 

Auguftinus 

Auguftinus 

$ 

29 

Dienstag 

Joh.  Enthaupt. 

Joh.  Enthaupt. 

s 

30 

Mittwoch 

Benjamin 

Rofa 

s 

31 

Donnerstag 

Rebekka 

Raimund 

3 

s 

^  "^  ' 

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s^-;^ 

2 

DER  LEDRER 


KÜH'NHÄUT  die  henk  ich  in  den  Bach, 
Wurf  fie  in  den  Äfcher  darnach, 
Roßhäut  und  Kalbfell  auch  alfo, 
Darnach  würf  ich  fie  in  das  Loh, 
Daß  fie  ihr  Ruh  ein  Zeit  erlangen. 
Darnach  henk  ichs  auf  an  die  Stangen, 
Wifch  ab  fauber  mit  dem  Haarwifch 
Und  habs  feil  auf  dem  Ledertifch. 


SEPTEMBER       | 

I 

Freitag 

Ägidius 

Ägidius 

2 

Sonnabend 

Rahel,  Lea 

Stephan 

3 

Sonntag 

12.  n.  Tr.  Mans. 

13.  Schutzengelf. 

4 

Montag 

Mofes 

Rofalie 

5 

Dienstag 

Nathanael 

Viktorin 

6 

Mittwoch 

Magnus 

Magnus 

7 

Donnerstag 

Regina 

Regina 

8 

Freitag 

]\Iariä  Geburt 

Maria  Geburt 

® 

9 

Sonnabend 

Bruno 

Gorgonius 

lO 

Sonntag 

13.  n.  Tr.  Softh. 

14.  n.  Pf.  Nik. 

1 1 

Montag 

Gerhard 

Profus 

12 

Dienstag 

Ottilie 

Guido 

M 

Mittwoch 

Chriftlieb 

Maternus 

H 

Donnerstag 

Kreuz.  Erhöh. 

Kreuz.  Erhöh. 

IS 

Freitag 

Nikomedes 

Nikomedes 

C 

i6 

Sonnabend 

Euphemia 

Korn.  u.  Cypr. 

17 

Sonntag 

14.  n.  Tr.  Lamb. 

15.  n.  Pf.  Lamb. 

i8 

Montag 

Titus 

Thom.  V.  Vill. 

19 

Dienstag 

Januarius 

Januarius 

20 

?iIittwoch 

Quat.,  Frieder. 

Quat.,  Euftach. 

21 

Donnerstag 

Matthäus  Ev. 

Matthäus  Ev. 

22 

Freitag 

Moritz 

Moritz 

© 

23 

Sonnabend 

Joel 

Thekla 

2+ 

Sonntag 

15.  n.  Tr.  Joh.  E. 

16.  n.  Pf.  Joh.  E. 

25 

Montag 

Kleophas 

Kleophas 

26 

Dienstag 

Cyprianus 

Cyprianus 

27 

Mittwoch 

Kosm.  u.  Dam. 

Kosm.  u.  Dam. 

28 

Donnerstag 

Wenzeslaus 

Wenzeslaus 

29 

Freitag 

Michael 

Michael 

30 

Sonnabend 

Hieronymus 

Hieronymus 

3> 

•  i^t*^St^H 


DER  GOLDSCHLAGER 


SILBER,  Gold  ich  zu  Blättern  fchlag, 
Die  zu  feim  Handwerk  brauchen  mag 
Maler  und  Briefmaler  darbei 
Und  ander  Handwerk  zu  Malrei; 
Auch  mag  man  das  Gold  mahln  und  reiben, 
Mit  Guni  gülden  Schrift  zu  fchreiben; 
Dergleich  mag  man  das  Gold  auch  fpinnen, 
Würken  und  vernähen  mit  Sinnen. 


^ 

OKTOBER 

1 

I 

Sonntag 

16.  n.  Tr.  Rem. 

Rofenkranzfeft 

1 

1 

:; 

2 

Montag 

Vollrad 

Leodegar 

i 

3 

Dienstag 

Ewald 

Kandidus 

$ 
$ 

4 

Mittwoch 

Franz 

Franz 

5 

Donnerstag 

Fides 

Placidus 

6 

Freitag 

Charitas 

Bruno 

9 

7 

Sonnabend 

Spes 

Markus  P. 

$ 

8 

Sonntag 

17.  n.  Tr.  Ephr. 

18.  n.  Pf.  Brig. 

® 

$ 

$ 

9 

Montag 

Dionyfius 

Dionyfius 

lO 

Dienstag 

Amalia 

Franz  Borgia 

1 1 

Mittwoch 

Burchard 

Burchard 

12 

Donnerstag 

Ehrenfried 

Maximilian 

U 

Freitag 

Koloman 

Eduard 

14 

Sonnabend 

Wilhelmine 

Eaiixtus 

15 

Sonntag 

18.  n.  Tr.  Hedw. 

19.  n.  Pf.  Ther. 

C 

$ 

$ 

16 

Montag 

Gallus 

Gallus 

$ 

17 

Dienstag 

Florentin 

Hedwig 

18 

Mittwoch 

Lukas  Ev. 

Lukas  Ev. 

is 

19 

Donnerstag 

Ptolemäus 

Petr.  V.  Alkant 

; 

1 

$ 

20 

Freitag 

Wendelin 

Wendelin 

$ 

21 

Sonnabend 

Urfula 

Urfula 

:i 

$ 

22 

Sonntag 

19.  n.  Tr.  Kord. 

20.  n.  Pf.  Kord. 

© 

1 

$ 

23 

Montag 

Severinus 

Joh.  V.  Capiftr. 

$ 

! 

24 

Dienstag 

Salome 

Raphael 

$ 

15 

Mittwoch 

Adelheid 

Krifpin 

1 

$ 

26 

Donnerstag 

Amandus 

Evariftus 

$ 

17 

Freitag 

Sabina 

Sabina 

$ 

2 

28 

Sonnabend 

Simon,  Juda 

Simon,  Juda 

1 

1 

29 

Sonntag 

20.  n.  Tr.  Eng. 

2i.n.  Pf.  Narz. 

1 

$ 

30 

Montag 

Hartmann 

Serapion 

3 

$ 

1 

31 

Dienstag 

Wolfgang.  Ref.-F. 

Wolfgang 

1 

*>^s^t^i^ii^i^^it0ii^t^t^t^t:^;^t^i-i 


^<*»s^^v^?^^< 


^^$ 


DER  BUCHBINDER 


ICH  bind  mancherlei  Bücher  ein, 
Geiltlich  und  weltlich,  groß  und  klein. 
In  Ferment  oder  Bretter  pur. 
Und  fchlag  daran  gute  Glafur, 
Und  Itämpf  fie  auch  zu  einer  Zier, 
Und  iie  auch  im  Anfang  planier. 
Etlich  verguld  ich  auf  dem  Schnitt, 
Da  verdien  ich  viel  Geldes  mit. 


NOVEMBER 


Mittwoch 
Donnerstag 
Freitag 
Sonnabend 


Allerheiligen 
Allerseelen 
Gottlieb 
Charlotte 


Allerheiligen 

Allerseelen 

Hubertus 

K.  Borromäus 


Sonntag 

]VIontag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 


21.  n.  Tr.  Erich 

Leonhard 

Erdmann 

Klaudius 

Theodorus 

Martin  Luther 

Martin  Bifchof 


22.  n.  Pf.  Em. 

Leonhard 

Engelbert 

Vier  gekr.  Märt. 

Theodorus 

Andr.  Avellin 

Martin  Bifchof 


® 


Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 


22.  n.  Tr.  Kunib. 

Eugen 

Levinus 

Leopold 

Ottomar 

Hugo 

Gelasius 


23.n.  Pf.  M.  P. 

Stanislaus  K. 

Jukundus 

Leopold 

Edmund 

Gerg.  Thaumat. 

Otto,  Eueren 


Sonntag 

^lontag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 

Freitag 

Sonnabend 


23.  n.  Tr.  Elif. 

Amos 

Maria  Opfer 

Büß-  u.  Bettag 

Klemens 

Chrysogonus 

Katharina 


24.  n.  Pf.  Elif. 

Felix  V.  Valois 

Maria  Opfer 

Cäcilia 

Klemens 

Chryfogonus 

Katharina 


Sonntag 

Montag 

Dienstag 

Mittwoch 

Donnerstag 


24.  n.  Tr.  Totenf. 

Lot 

Günter 

Noah 

Andreas 


25.  n.  Pf.  Konr. 

Virgilius 

Softhenes 

Saturnin 

Andreas 


•*^i^:t^tt^t:^ts 


>t^n^tt^ti^n 


DER  KAUFMANN 


ICH  aber  bin  ein  Handelsmann, 
Hab  mancherlei  War  bei  mir  ftohn: 
Würz,  Arlas,  Tuch,  Wollen  und  Flach; 
Sammut,  Seiden,  Honig  und  Wachs 
Und  ander  War,  hie  ungenannt. 
Die  führ  ich  ein  und  aus  dem  Land 
Mit  großer  Sorg  und  Fährlichkeit; 
Wann  mich  auch  oft  das  Unglück  reit. 


^;^;^?;^^;^^^^^;<»;<^^^?y?;^»;^^^^»<<»;^^^^»;<t<^^»<l^;^?^^'^^^^^^^l^*^^^ 


DEZEMBER 

I 

Freitag 

Arnold 

Eligius 

2 

Sonnabend 

Candidus 

Bibiana 

3 

Sonntag 

I .  Adv.  Cafllan 

I.  Adv.  Fr.  Xav. 

4 

Montag 

Barbara 

Barbara 

"? 

Dienstag 

Abigail 

Sabbas 

6 

Mittwoch 

Nikolaus 

Nikolaus 

® 

7 

Donnerstag 

Antonia 

Ambrofms 

8 

Freitag 

Maria  Empf. 

Maria  Empf. 

9 

Sonnabend 

Joachim 

Leokadia 

lO 

Sonntag 

2.  Adv.  Judith 

2.  Adv.  Melch. 

II 

Montag 

Waldemar 

Damafus 

12 

Dienstag 

Epimachus 

Epimachus 

C 

n 

Mittwoch 

Lucia 

Lucia 

14 

Donnerstag 

Nikasius 

Nikafius 

M 

Freitag 

Johanna 

Eufebius 

16 

Sonnabend 

Ananias 

Adelheid 

17 

Sonntag 

3.  Adv.  Lazarus 

3.  Adv.  Lazarus 

18 

Montag 

Chriftoph 

Maria  Erwart. 

19 

Dienstag 

Ammon 

Nemefius 

20 

Mittwoch 

Quatemb. 

Quat.  Ammon 

m 

21 

Donnerstag 

Thomas  Ap. 

Thomas  Ap. 

22 

Freitag 

Beata 

Flavian 

23 

Sonnabend 

Ignatius 

Viktoria 

24. 

Sonntag 

4.  Adv.  Ad.,  Eva 

4.  Adv.  Ad.,  Eva 

2^ 

Montag 

Heil.  Chriftfeft 

Heil.  Chriftfeft 

26 

Dienstag 

2.  Weihn.-Feftt. 

Stephanus 

27 

Mittwoch 

Johannes  Ev. 

Johannes  Ev. 

28 

Donnerstag 

Unfch.  Kindlein 

Unfch.  Kindlein 

3 

29 

Freitag 

Jonathan 

Thomas  B. 

30 

Sonnabend 

David 

David 

31 

Sonntag 

S.  n.  Weihn.,  Silv. 

S.  n.  Weihn.,  Silv. 

FRISCH  AUF  ,   VON  EICHENDORFF 

ICH  faß  am  Schreibtilch  bleich  und  krumm, 
Es  war  mir  in  meinem  Kopf  ganz  dumm 
Vor  Dichten,  wie  ich  alle  die  Sachen 
Sollte  aufs  allerbefte  machen. 
Da  guckt  am  Fenfter  im  Morgenlicht 
Durchs  Weinlaub  ein  wunderfchönes  Geficht, 
Guckt  und  lacht,  kommt  ganz  herein 
Und  kramt  mir  unter  den  Blättern  mein. 
Ich,  ganz  verwundert:  „Ich  follt  dich  kennen  .  . 
Sie  aber,  ftatt  ihren  Namen  zu  nennen: 
„Pfui,  in  dem  Schlafrock  fiehft  ja  aus 
Wie  ein  verfallenes  Schilderhaus! 
Willft  du  denn  hier  in  der  Tinte  fitzen, 
Schau,  wie  die  Felder  da  draußen  blitzen!" 
So  drängt  fie  mich  fort  unter  Lachen  und  Streit, 
Mir  tats  um  die  fchöne  Zeit  nur  leid. 
Drunten  aber  unter  den  Bäumen 
Stand  ein  Roß  mit  funkelnden  Zäumen. 
Sie  fchwang  fich  luftig  mit  mir  hinauf, 
Die  Sonne  draußen  ging  eben  auf. 
Und  eh  ich  mich  konnte  bedenken  und  falTen, 
Ritten  wir  rafch  durch  die  ftillen  Gaffen, 
Und  als  wir  kamen  vor  die  Stadt, 
Das  Roß  auf  einmal  zwei  Flügel  hatt. 
Mir  fchauerte  es  recht  durch  alle  Glieder: 
„Mein  Gott,  ifts  denn  fchon  Frühling  wieder?"  ■ 
Sie  aber  wies  mir,  wie  wir  fo  zogen. 
Die  Länder,  die  unten  vorüberflogen, 


Und  hoch  über  dem  allerfchönften  Wald 

Machte  fie  lächelnd  auf  einmal  halt. 

Da  fah  ich  erfchrocken  zwifchen  den  Bäumen 

Meine  Heimat  unten,  wie  in  Träumen, 

Das  Schloß,  den  Garten  und  die  ftille  Luft, 

Die  blauen  Berge  dahinter  im  Duft, 

Und  alle  die  fchöne  alte  Zeit 

In  der  wunderfamen  Einfamkeit, 

Und  als  ich  mich  wandte,  war  ich  allein, 

Das  Roß  nur  wiehert'  in  den  Morgen  hinein, 

Mir  aber  wars,  als  war  ich  wieder  jung, 

Und  wußte  der  Lieder  noch  genung! 

LUCIDOR,  FIGUREN  ZU  EINER  UNGESCHRIE- 
BENEN KOMÖDIE  VON  HUGO  VON  HOF- 
MANNSTHAL 

FRAU  von  Murska  bewohnte  zu  Ende  der  fiebziger  Jahre 
in  einem  Hotel  der  inneren  Stadt  ein  kleines  Apparte- 
ment. Sie  führte  einen  nicht  fehr  bekannten,  aber  auch 
nicht  ganz  obfkuren  Adelsnamen;  aus  ihren  Angaben  war 
zu  entnehmen,  daß  ein  Familiengut  im  ruffifchen  Teile 
Polens,  das  von  Rechts  wegen  ihr  und  ihren  Kindern  ge- 
hörte, im  Augenblick  requeftriert  oder  fonft  den  recht- 
mäßigen Befitzern  vorenthalten  war.  Ihre  Lage  fchien 
geniert,  aber  wirklich  nur  für  den  Augenblick.  Mit  einer 
erwachfenen  Tochter  Arabella,  einem  halb  erwachfenen 
Sohn  Lucidor  und  einer  alten  Kammerfrau  bewohnten  fie 
drei  Schlafzimmer  und  einen  Salon,  defTen  Fenfter  nach  der 
Kärtnerftraße  gingen.  Hier  hatte  fie  einige  Familienporträts, 


32 


Kupfer  und  Miniaturen,  an  den  Wänden  befeftigt,  auf 
einem  Gueridon  ein  Stück  alten  Samts  mit  einem  ge- 
kickten Wappen  ausgebreitet  und  darauf  ein  paar  filberne 
Kannen  und  Körbchen,  gute  franzöfifche  Arbeit  des  acht- 
zehnten Jahrhunderts,  aufgeftellt,  und  hier  empfing  fie.  Sie 
hatte  Briefe  abgegeben,  Befuche  gemacht,  und  da  fie  eine 
unwahrfcheinhche  Menge  von  „Attachen"  nach  allen  Rich- 
tungen hatte,  fo  entftand  ziemlich  rafch  eine  Art  von  Salon. 
Es  war  einer  jener  etwas  vagen  Salons,  die  je  nach  der 
Strenge  des  Beurteilenden  „möglich"  oder  „unmöglich"  ge- 
funden werden.  Immerhin,  Frau  von  Murska  war  alles, 
nur  nicht  vulgär  und  nicht  langweilig,  und  die  Tochter 
von  einer  noch  viel  ausgeprägteren  Diftinktion  in  Wefen 
und  Haltung  und  außerordentlich  fchön.  Wenn  man 
zwifchen  vier  und  fechs  hinkam,  war  man  ficher,  die  Mutter 
zu  finden,  und  faft  nie  ohne  Gefellfchaft ;  die  Tochter  fah 
man  nicht  immer,  und  den  dreizehn-  oder  vierzehnjährigen 
Lucidor  kannten  nur  die  Intimen. 

Frau  von  Murska  war  eine  wirklich  gebildete  Frau,  und 
ihre  Bildung  hatte  nichts  Banales.  In  der  Wiener  großen 
Welt,  zu  der  fie  fich  vaguement  rechnete,  ohne  mit  ihr  in 
andere  als  eine  fehr  peripherifche  Berührung  zu  kommen, 
hätte  fie  als  „Blauftrumpf"  einen  fchweren  Stand  gehabt. 
Aber  in  ihrem  Kopf  war  ein  folches  Durcheinander  von 
Erlebniffen,  Kombinationen,  Ahnungen,  Irrtümern,  En- 
thufiasmen,  Erfahrungen,  Apprehenfionen,  daß  es  nicht 
der  Mühe  wert  war,  fich  bei  dem  aufzuhalten,  was  fie  aus 
Büchern  hatte.  Ihr  Gefpräch  galoppierte  von  einem  Gegen- 
ftand  zum  andern  und  fand  die  unwahrfcheinlichlten  Über- 
gänge j  ihre  Ruhelofigkeit  konnte  Mitleid  erregen  —  wenn 

33 


man  fie  reden  hörte,  Wußte  man,  ohne  daß  fie  es  zu  er- 
wähnen brauchte,  daß  fie  bis  zum  Wahnfinn  an  Schlaf- 
lofigkeft  Htt  und  fich  in  Sorgen,  Kombinationen  und  fehl- 
gefchlagenen  Hoffnungen  verzehrte  —  aber  es  war  durchaus 
amüfant  und  wirkHch  merkwürdig,  ihr  zuzuhören,  und  ohne 
daß  fie  indiskret  fein  wollte,  war  fie  es  gelegentlich  in  der 
fürchterlichken  Weife.  Kurz,  fie  war  eine  Närrin,  aber  von 
der  angenehmeren  Sorte.  Sie  war  eine  feelengute  und  im 
Grund  eine  fcharmante  und  gar  nicht  gewöhnliche  Frau. 
Aber  ihr  Ichwieriges  Leben,  dem  fie  nicht  gewachfen  war, 
hatte  fie  in  einer  Weife  in  Verwirrung  gebracht,  daß  fie  in 
ihrem  zweiundvierzigften  Jahre  bereits  eine  phantaftifche 
Figur  geworden  war.  Die  meiften  ihrer  Urteile,  ihrer  Be- 
griffe waren  eigenartig  und  von  einer  großen  feelifchen 
Feinheit;  aber  fie  hatten  fo  ziemlich  immer  den  falfcheften 
Bezug  und  paßten  durchaus  nicht  auf  den  Menfchen  oder 
auf  das  Verhältnis,  worauf  es  gerade  ankam.  Je  näher  ein 
Menfch  ihr  ftand,  defto  weniger  überfah  fie  ihn;  und  es 
wäre  gegen  alle  Ordnung  gewefen,  wenn  fie  nicht  von 
ihren  beiden  Kindern  das  verkehrtefte  Bild  in  fich  getragen 
und  blindlings  danach  gehandelt  hätte.  Arabella  war  in 
ihren  Augen  ein  Engel,  Lucidor  ein  hartes,  kleines  Ding 
ohne  viel  Herz.  Arabella  war  taufendmal  zu  gut  für  diefe 
Welt,  und  Lucidor  paßte  ganz  vorzüglich  in  diefe  Welt 
hinein.  In  Wirklichkeit  war  Arabella  das  Ebenbild  ihres 
verftorbenen  Vaters:  eines  ftolzen,  unzufriedenen  und  un- 
geduldigen, fehr  fchönen  Menfchen,  der  leicht  verachtete, 
aber  feine  Verachtung  in  einer  ausgezeichneten  Form  ^'er- 
hüllte,  von  Männern  refpektiert  oder  beneidet  und  von 
vielen  Frauen  geliebt  wurde  und  eines  trockenen  Gemütes 


34 


war.  Der  kleine  Lucidor  dagegen  hatte  nichts  als  Herz. 
Aber  ich  will  lieber  gleich  an  diefer  Stelle  Tagen,  daß  Lu- 
cidor kein  junger  Herr,  fondern  ein  Mädchen  war  und 
Lucile  hieß.  Der  Einfall,  die  jüngere  Tochter  für  die 
Zeit  des  Wiener  Aufenthaltes  als  „travefti"  auftreten  zu 
lalTen,  war,  wie  alle  Einfälle  der  Frau  von  Murska,  blitz- 
artig gekommen  und  hatte  doch  zugleich  die  komplizier- 
teren Hintergründe  und  Verkettungen.  Hier  war  vor 
allem,  der  Gedanke  im  Spiel,  einen  ganz  merkwürdigen 
Schachzug  gegen  einen  alten,  myfteriöfen,  aber  glück- 
licherweife wirklich  vorhandenen  Onkel  zu  führen,  der  in 
Wien  lebte  und  um  deffentwillen  —  alle  diefe  Hoffnungen 
und  Kombinationen  waren  äußerft  vage  —  fie  vielleicht  im 
Grunde  gerade  diefe  Stadt  zum  Aufenthalt  gewählt  hatte. 
Zugleich  hatte  aber  die  Verkleidung  auch  noch  andere, 
ganz  reale,  ganz  im  Vordergrund  liegende  Vorteile.  Es 
lebte  fich  leichter  mit  einer  Tochter  als  mit  zweien  von 
nicht  ganz  gleichem  Alter;  denn  die  Mädchen  waren 
immerhin  faft  vier  Jahre  auseinander;  man  kam  fo  mit 
einem  kleineren  Aufwand  durch.  Dann  war  es  eine  noch 
beffere,  noch  richtigere  Polition  für  Arabella,  die  einzige 
Tochter  zu  fein  als  die  ältere;  und  der  recht  hübfche  kleine 
„Bruder",  eine  Art  von  Groom,  gab  dem  fchönen  Wefen 
noch  ein  Relief. 

Ein  paar  zufällige  Umftände  kamen  zuftatten:  die  Ein- 
fälle der  Frau  von  Murska  fußten  nie  ganz  im  Unrealen, 
fie  verknüpften  nur  in  fonderbarer  Weife  das  Wirkliche, 
Gegebene  mit  dem,  was  ihrer  Phantafie  möglich  oder  er- 
reichbar fchien.  Man  hatte  Lucile  vor  fünf  Jahren  —  fie 
machte  damals,  als  elfjähriges  Kind,  den  Typhus  durch  — 


35 


ihre  fchönen  Haare  kurz  fchneiden  mülTen.  Ferner  war  eä 
Luciles  Vorliebe,  im  Herrenfitz  zu  reiten  j  es  war  eine  Ge- 
wohnheit von  der  Zeit  her,  w^o  fie  mit  den  kleinruffifchen 
Bauernbuben  die  Gutspferde  ungefattelt  in  die  Schwemme 
geritten  hatte.  Lucile  nahm  die  Verkleidung  hin,  wie  fie 
manches  andere  hingenommen  hätte.  Ihr  Gemüt  war  ge- 
duldig, und  auch  das  Abfurdelte  wird  ganz  leicht  zur  Ge- 
wohnheit. Zudem,  da  fie  qualvoll  fchüchtern  war,  ent- 
zückte fie  der  Gedanke,  niemals  im  Salon  auftauchen  und 
das  heranwachfende  Mädchen  fpielen  zu  muffen.  Die  alte 
Kammerfrau  war  als  einzige  im  Geheimnis ;  den  fremden 
Menfchen  fiel  nichts  auf.  Niemand  findet  leicht  als  erfter 
etwas  Auffälliges:  denn  es  ift  den  Menfchen  im  allge- 
meinen nicht  gegeben,  zu  fehen,  was  ift.  Auch  hatte  Lu- 
cile wirklich  knabenhaft  fchmale  Hüften  und  auch  fonft 
nichts,  was  zu  fehr  das  Mädchen  verraten  hätte.  In  der 
Tat  blieb  die  Sache  unenthüllt,  ja  unverdächtigt,  und  als 
jene  Wendung  kam,  die  aus  dem  kleinen  Lucidor  eine 
Braut  oder  logar  noch  etwas  Weiblicheres  machte,  war 
alle  Welt  fehr  erftaunt. 

Natürlich  blieb  eine  fo  fchöne  und  in  jedem  Sinne  gut 
ausfehende  junge  Perfon  wie  Arabella  nicht  lange  ohne 
einige  mehr  oder  weniger  erklärte  Verehrer.  Unter  diefen 
war  Wladimir  weitaus  der  bedeutendfte.  Er  fah  vorzüg- 
lich aus,  hatte  ganz  befonders  fchöne  Hände.  Er  war  mehr 
als  wohlhabend  und  völlig  unabhängig,  ohne  Eltern,  ohne 
Gefchwifter.  Sein  Vater  war  ein  bürgerlicher  öfterreichilcher 
Offizier  gewefen,  feine  Mutter  eine  Gräfin  aus  einer  fehr 
bekannten  baltifchen  Familie.  Er  war  unter  allen,  die  fich 
mit  Arabella  befchäftigten,  die  einzige  wirkliche  „Partie". 

36 


Dazu  kam  dann  noch  ein  ganz  befonderer  Umftand,  der 
Frau  von  Murska  wirklich  bezauberte.  Gerade  er  war  durch 
irgendwelche  Familienbeziehungen  mit  dem  fo  fchwer  zu 
behandelnden,  ib  unzugänglichen  und  fo  äußerlt  wichtigen 
Onkel  liiert,  jenemi  Onkel,  um  deffentwillen  man  eigent- 
lich in  Wien  lebte  und  um  deffentwillen  Lucile  Lucidor 
geworden  war.  Diefer  Onkel,  der  ein  ganzes  Stockwerk 
des  Buquoyfchen  Palais  in  der  Wallnerftraße  bewohnte  und 
früher  ein  fehr  vielbefprochener  Herr  gewefen  war,  hatte  Frau 
von  Murska  fehr  fchlecht  aufgenommen.  Obwohl  fie  doch 
wirklich  die  Witwe  feines  Neffen  (genauer:  feines  Vaters- 
Bruders -Enkels)  war,  hatte  fie  ihn  doch  erft  bei  ihrem 
dritten  Befuch  zu  fehen  bekommen  und  war  darauf  niemals 
auch  nur  zum  Frühftück  oder  zu  einer  Taffe  Tee  einge- 
laden worden.  Dagegen  hatte  er,  ziemlich  de  mauvaise 
gräce,  geftattet,  daß  man  ihm  Lucidor  einmal  fchicke.  Es 
war  die  Eigenart  des  intereffanten  alten  Herrn,  daß  er 
Frauen  nicht  leiden  konnte,  weder  alte  noch  junge.  Da- 
gegen beftand  die  unfichere  Hoffnung,  daß  er  fich  für  einen 
jungen  Herrn,  der  immerhin  fein  Blutsverwandter  war, 
wenn  er  auch  nicht  denfelben  Namen  führte,  irgendein- 
mal  in  ausgiebiger  Weife  intereffieren  könnte.  Und  felbft 
diefe  ganz  unfichere  Hoffnung  war  in  einer  höchft  pre- 
kären Lage  unendlich  \'iel  wert.  Nun  war  Lucidor  tatfäch- 
lich  einmal  auf  Befehl  der  Mutter  allein  hingefahren,  aber 
nicht  angenommen  worden,  worüber  Lucidor  fehr  glücklich 
war,  die  Mutter  aber  aus  der  Faffung  kam,  befonders  als 
dann  auch  weiterhin  nichts  erfolgte  und  der  koftbare  Faden 
abgeriffen  fchien.  Diefen  wieder  anzuknüpfen,  war  nun 
Wladimir   durch   feine    doppelte   Beziehung    wirklich    der 


37 


providentielle  Mann.  Um  die  Sache  richtig  in  Gang  zu 
bringen,  wurde  in  unauffälh'ger  Weife  Lucidor  manchmal 
zugezogen,  wenn  Wladimir  ]Mutter  und  Tochter  befuchte, 
und  der  Zufall  fügte  es  ausgezeichnet,  daß  Wladimir  an 
dem  Burfchen  Gefallen  fand  und  ihn  fchon  bei  der  erften 
Begegnung  aufforderte,  hie  und  da  mit  ihm  auszureiten,  was 
nach  einem  rafchen,  zwifchen  Arabella  und  der  Mutter 
gewechfelten  BHck  dankend  angenommen  wurde.  Wladi- 
mirs Sympathie  für  den  jüngeren  Bruder  einer  Perfon,  in 
die  er  recht  fehr  verliebt  war,  war  nur  felbftverftändlich ; 
auch  gibt  es  kaum  etwas  Angenehmeres  als  den  Blick  un- 
verhohlener Bewunderung  aus  den  Augen  eines  netten  vier- 
zehnjährigen Burfchen. 

Frau  von  ]\Iurska  war  mehr  und  mehr  auf  den  Knien  vor 
Wladimir.  Arabella  machte  das  ungeduldig  wie  die  mei- 
ften  Haltungen  ihrer  Mutter,  und  faft  unwillkürlich,  ob- 
wohl fie  Wladimir  gern  fah,  fing  fie  an,  mit  einem  feiner 
Rivalen  zu  kokettieren,  dem  Herrn  von  Imfanger,  einem 
netten  und  ganz  eleganten  Tiroler,  halb  Bauer,  halb  Gen- 
tilhomme,  der  als  Partie  aber  nicht  einmal  in  Frage  kam. 
Als  die  Mutter  einmal  fchüchterne  Vorwürfe  wagte,  daß 
Arabella  gegen  Wladimir  fich  nicht  fo  betrage,  wie  er  ein 
Recht  hätte,  es  zu  erwarten,  gab  Arabella  eine  abweifende 
Antwort,  worin  viel  mehr  Geringfehätzung  und  Kälte  gegen 
Wladimir  pointiert  war,  als  fie  tatfächlich  fühlte.  Lucidor- 
Lucile  war  zufällig  zugegen.  Das  Blut  fchoß  ihr  zum  Her- 
zen und  verließ  wieder  iah  das  Herz.  Ein  fchneidendes 
Gefühl  durchzuckte  fie:  fie  fühlte  Angft,  Zorn  und  Schmerz 
in  einem.  Über  die  Schwefter  erftaunte  fie  dumpf.  Ara- 
bella war  ihr  immer  fremd.    In  diefem  Augenblick  erichien 


38 


fie  ihr  taft  graulig,  und  fie  hätte  nicht  lagen  können,  ob  fie 
lie  bewunderte  oder  haßte.  Dann  lölte  fich  alles  in  ein 
fchrankenlofes  Leid.  Sie  ging  hinaus  und  fperrte  fich  in 
ihr  Zimmer.  Wenn  man  ihr  geiagt  hätte,  dai3  fie  einfach 
Wladimir  liebte,  hätte  fie  es  vielleicht  nicht  verbanden. 
Sie  handelte,  wie  fie  mu(3te,  automatilch,  indefi'en  ihr  Trä- 
nen herunterliefen,  deren  wahren  Sinn  fie  nicht  verftand. 
Sie  fetzte  fich  hin  und  fchrieb  einen  glühenden  Liebesbrief 
an  Wladimir.  Aber  nicht  für  fich,  für  Arabella.  Daß  ihre 
Handfchrift  der  Arabellas  zum  Verwechfeln  ähnlich  war, 
hatte  fie  oft  verdrofTen.  Gewaltfam  hatte  fie  fich  eine  an- 
dere, recht  häßliche  Handfchrift  angewöhnt.  Aber  fie 
konnte  fich  der  früheren,  die  ihrer  Hand  eigentlich  gemäß 
war,  jederzeit  bedienen.  Ja,  im  Grunde  fiel  es  ihr  leichter, 
fo  zu  fchreiben.  Der  Brief  war,  wie  er  nur  denen  gelingt, 
die  an  nichts  denken  und  eigentlich  außer  fich  find.  Er 
desavouierte  Arabellas  ganze  Natur:  aber  das  war  ja,  was 
er  wollte,  was  er  follte.  Er  war  fehr  unwahrfcheinlich, 
aber  ebendadurch  wieder  in  gewilTer  Weife  wahrfcheinlich 
als  der  Ausdruck  eines  gewaltfamen  inneren  Umfturzes. 
Wenn  Arabella  tief  und  hingebend  zu  lieben  vermocht 
hätte  und  fich  defl'en  in  einem  jähen  Durchbruch  mit  einem 
Schlage  bewußt  worden  wäre,  fo  hätte  fie  fich  allenfalls  fo 
ausdrücken  und  mit  diefer  Kühnheit  und  glühenden  Ver- 
achtung von  fich  felber,  von  der  Arabella,  die  jedermann 
kannte,  reden  können.  Der  Brief  war  fonderbar,  aber  immer- 
hin auch  für  einen  kalten,  gleichgültigen  Lefer  nicht  ganz 
unmöglich  als  ein  Brief  eines  verborgen  leidenfchaftlichen, 
fchwer  berechenbaren  Mädchens.  Für  den,  der  \  erliebt  ilt, 
ift  zudem  die  Frau,  die  er  liebt,  immer  ein  unberechenbares 


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VVefen.  Und  fchließlich  war  es  der  Brief,  den  zu  empfan- 
gen ein  Mann  in  feiner  Lage  im  ftillen  immer  wünfchen 
und  für  möglich  halten  kann.  Ich  nehme  hier  vorweg,  daß 
der  Brief  auch  wirklich  in  Wladimirs  Hände  gelangte: 
dies  erfolgte  in  der  Tat  fchon  am  nächften  Nachmittag, 
auf  der  Treppe,  unter  leifem  Nachfchleichen,  vorfichtigem 
Anrufen,  Flüftern  von  Lucidor  als  dem  aufgeregten,  un- 
gefchickten,  vermeintlichen  poftillon  d'amour  feiner  fchö- 
nen  Schwefter.  Ein  Poftfkriptum  war  natürlich  beigefügt: 
es  enthielt  die  dringende,  ja  flehende  Bitte,  fich  nicht  zu 
erzürnen,  wenn  fich  zunächft  in  Arabellas  Betragen  weder 
gegen  den  Geliebten  noch  gegen  andere  auch  nur  die 
leifefte  Veränderung  würde  wahrnehmen  laffen.  Auch  er 
werde  hoch  und  teuer  gebeten,  fich  durch  kein  Wort,  nicht 
einmal  durch  einen  Blick,  merken  zu  laffen,  daß  er  fich 
zärtlich  geliebt  wifTe. 

Es  vergehen  ein  paar  Tage,  in  denen  Wladimir  mit  Ara- 
bella nur  kurze  Begegnungen  hat,  und  niemals  unter  vier 
Augen.  Er  begegnet  ihr,  wie  fie  es  verlangt  hat;  fie  be- 
gegnet ihm,  wie  fie  es  vorausgefagt  hat.  Er  fühlt  fich  glück- 
lich und  unglücklich.  Er  weiß  jetzt  erft,  wie  gern  er  fie 
hat.  Die  Situation  ift  danach,  ihn  grenzenlos  ungeduldig 
zu  machen.  Lucidor,  mit  dem  er  jetzt  täglich  reitet,  in 
defTen  Gefellfchaft  faft  noch  allein  ihm  wohl  ift,  merkt 
mit  Entzücken  und  mit  Schrecken  die  Veränderung  im 
Wefen  des  Freundes,  die  wachfende  heftige  Ungeduld.  Es 
folgt  ein  neuer  Brief,  faft  noch  zärtlicher  als  der  erfte,  eine 
neue  rührende  Bitte,  das  vielfach  bedrohte  Glück  der  fchwe- 
benden  Lage  nicht  zu  ftören,  fich  diefe  GeftändnifTe  ge- 
nügen zu  laffen  und  höchftens  fchriftlich,  durch  Lucidors 


40 


Hand^  zu  erwidern.  Jeden  zweiten,  dritten  Tag  geht  jetzt 
ein  Brief  hin  oder  her.  Wladimir  hat  glückHche  Tage  und 
Lucidor  auch.  Der  Ton  zwifchen  den  beiden  ift  verändert, 
fie  haben  ein  unerlchöpfliches  Gefprächsthema.  Wenn  fie 
in  irgendeinem  Gehölz  des  Praters  vom  Pferd  geftiegen 
find  und  Lucidor  feinen  neueften  Brief  übergeben  hat,  be- 
obachtet er  mit  angftvoller  Luft  die  Züge  des  Lefenden. 
Manchmal  ftellt  er  Fragen,  die  faft  indiskret  find;  aber  die 
Erregung  des  Knaben,  der  in  diefe  Liebesfache  verftrickt 
ift,  und  feine  Klugheit,  ein  Etwas,  daß  ihn  täglich  hübfcher 
und  zarter  ausfehen  macht,  amüfiert  Wladimir,  und  er  muß 
fich  eingeftehen,  daß  es  ihm,  der  fonft  verfchloffen  und 
hochmütig  ift,  hart  ankäme,  nicht  mit  Lucidor  über  Ara- 
bella zu  fprechen.  Lucidor  pofiert  manchmal  auch  den 
Mädchenfeind,  den  kleinen,  altklugen  und  in  kindifcher 
Weife  zynifchen  Burfchen.  Was  er  da  vorbringt,  ift  durch- 
aus nicht  banal;  denn  er  weiß  einiges  von  dem  darunter 
zu  mifchen,  was  die  Ärzte  „introfpektive  Wahrheiten" 
nennen.  Aber  Wladimir,  dem  es  nicht  an  Selbftgefühl 
mangelt,  weiß  ihn  zu  belehren,  daß  die  Liebe,  die  er  ein- 
flöße und  die  er  einem  folchen  Wefen  wie  Arabella  ein- 
flöße, von  ganz  eigenartiger,  mit  nichts  zu  vergleichender 
BefchafFenheit  fei.  Lucidor  findet  Wladimir  in  folchen 
Augenblicken  um  fo  bewundernswerter  und  fich  felbft  klein 
und  erbärmlich.  Sie  kommen  aufs  Heiraten,  und  diefes 
Thema  ift  Lucidor  eine  Qual,  denn  dann  befchäftigt  fich 
Wladimir  faft  ausfchließlich  mit  der  Arabella  des  Lebens 
anftatt  mit  der  Arabella  der  Briefe.  Auch  fürchtet  Luci- 
dor wie  den  Tod  jede  Entfcheidung,  jede  einfchneidende 
Veränderung.     Sein  einziger  Gedanke  ift,  die  Situation  fo 


41 


hinzuziehen.  Es  ilt  nicht  zu  lagen,  was  das  arme  Gefchöpf 
aufbietet,  um  die  äußerlich  und  innerlich  (o  prekäre  Lage 
durch  Tage,  durch  Wochen  —  weiter  zu  denken,  fehlt  ihm 
die  Kraft  —  in  einem  notdürftigen  Gleichgewicht  zu  er- 
halten. Da  ihm  nun  einmal  die  Tvlirfion  zugefallen  ift,  bei 
dem  Onkel  etwas  für  die  Familie  auszurichten,  fo  tut  er 
fein  mögliches.  Manchmal  geht  Wladimir  mit;  der  Onkel 
ift  ein  fonderbarer  alter  Herr,  den  es  offenbar  amüfiert, 
fich  vor  jüngeren  Leuten  keinen  Zwang  anzutun,  und  feine 
Konverfation  ift  derart,  daß  eine  folche  Stunde  für  Luci- 
dor  eine  wahrhaft  qualvolle  kleine  Prüfung  bedeutet.  Da- 
bei fcheint  dem  Alten  kein  Gedanke  ferner  zu  liegen  als 
der,  irgend  etwas  für  feine  Anverwandten  zu  tun.  Lucidor 
kann  nicht  lügen  und  möchte  um  alles  feine  Mutter  be- 
fchwichtigen.  Die  Mutter,  je  tiefer  ihre  Hoffnungen,  die  fie 
auf  den  Onkel  gefetzt  hatte,  finken,  fieht  mit  um  fo  grö- 
ßerer Ungeduld,  daß  fich  zwifchen  Arabella  und  Wladimir 
nichts  der  Entfcheidung  zu  nähern  fcheint.  Die  unglück- 
feligen  Perfonen,  von  denen  fie  im  Geldpunkt  abhängig 
ift,  fangen  an,  ihr  die  eine  wie  die  andere  diefer  glänzenden 
Auslichten  als  non-valeur  in  Rechnung  zu  ftellen.  Ihre 
Angft,  ihre  mühfam  verhohlene  Ungeduld  teilt  fich  allen  mit, 
am  meiften  dem  armen  Lucidor,  in  deffen  Kopf  fo  unver- 
trägliche Dinge  durcheinander  hingehen.  Aber  er  ioU  in  der 
feltfamen  Schule  des  Lebens,  in  die  er  fich  nun  einmal  begeben 
hat,  einige  noch  fubtilere  und  fchärfere  Lektionen  empfangen. 
Das  Wort  ^on  einer  Doppelnatur  Arabellas  war  niemals 
ausdrücklich  gefallen.  Aber  der  Begriff  ergab  fich  von  felbft: 
die  Arabella  des  Tages  war  ablehnend,  kokett,  präzis,  felbft- 
ficher,  weltlich  und  trocken  faft  bis  zum  Exzeß,  die  Arabella 


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der  Nacht,  die  bei  einer  Kerze  an  den  Geliebten  fchrieb,  war 
hingebend,  fehnfüchtig  faft  ohne  Grenzen.  Zufällig  oder 
gemäß  dem  Schickfal  entfprach  dies  einer  ganz  geheimen 
Spaltung  auch  in  Wladimirs  Wefen.  Auch  er  hatte,  wie 
jedes  befeelte  Wefen,  mehr  oder  minder  feine  Tag-  und 
Nachtfeite.  Einem  etwas  trockenen  Hochmut,  einem  Ehr- 
geiz ohne  Niedrigkeit  und  Streberei,  der  aber  hochgefpannt 
und  ftändig  war,  ftanden  andere  Regungen  gegenüber,  oder 
eigentlich  ftanden  nicht  gegenüber,  fondern  duckten  fich 
ins  Dunkel,  fuchten  nch  zu  verbergen,  waren  immer  be- 
reit, unter  die  dämmernde  Schwelle  ins  Kaumbewußte  hinab- 
zutauchen. Eine  phantafievoUe  Sinnlichkeit,  die  fich  etwa 
auch  in  ein  Tier  hineinträumen  konnte,  in  einen  Hund, 
in  einen  Schwan,  hatte  zu  Zeiten  feine  Seele  faft  ganz  in 
Befitz  gehabt.  Diefer  Zeiten  des  Überganges  vom  Knaben 
zum  Jüngling  erinnerte  er  fich  nicht  gerne.  Aber  irgend 
etwas  davon  war  immer  in  ihm,  und  diefe  verlafTene,  auch 
von  keinem  Gedanken  überflogene,  mit  Willen  verödete 
Nachtfeite  feines  Wefens  beftrich  nun  ein  dunkles,  ge- 
heimnisvolles Licht:  die  Liebe  der  unfichtbaren,  anderen 
Arabella.  Wäre  die  Arabella  des  Tages  zufällig  feine  Frau 
gewefen  oder  feine  Geliebte  geworden,  er  wäre  mit  ihr 
immer  ziemilich  terre  ä  terre  geblieben  und  hätte  fich  felbft 
nie  konzediert,  den  Phantasmen  einer  mit  Willen  unter- 
drückten Kinderzeit  irgendwelchen  Raum  in  feiner  Exiftenz 
zu  gönnen.  An  die  im  Dunklen  Lebende  dachte  er  in 
anderer  Weife  und  fchrieb  ihr  in  anderer  Weife.  Was  hätte 
Lucidor  tun  follen,  als  der  Freund  begehrte,  nur  irgend- 
ein Mehr,  ein  lebendigeres  Zeichen  zu  empfangen  als  diefe 
Zeilen  auf  weißem  Papier?    Lucidor  war  allein  mit  feiner 


43 


Bangigkeit,  feiner  Verworrenheit,  feiner  Liebe.  Die  Ara- 
bella des  Tages  half  ihm  nicht.  Ja,  es  war,  als  fpielte  fie, 
von  einem  Dämon  angetrieben,  gerade  gegen  ihn.  Je  kälter, 
fprunghafter,  weltlicher,  koketter  fie  war,  defto  mehr  er- 
hoffte und  erbat  Wladimir  von  der  anderen.  Er  bat  fo  gut, 
daß  Lucidor  zu  verfagen  nicht  den  Mut  fand.  Hätte  er  ihn 
gefunden,  es  hätte  feiner  zärtlichen  Feder  an  der  Wendung 
gefehlt,  die  Abfage  auszudrücken.  Es  kam  eine  Nacht,  in 
der  Wladimir  denken  durfte,  von  Arabella  in  Lucidors 
Zimmer  empfangen,  und  wie  empfangen  worden  zu  fein. 
Es  war  Lucidor  irgendwie  gelungen,  das  Fenfter  nach  der 
Kärntnerftraße  fo  völlig  zu  verdunkeln,  daß  man  nicht  die 
Hand  vor  den  Augen  fah.  Daß  man  die  Stimmen  zum 
unhörbarften  Flüftern  abdämpfen  mußte,  war  klar:  nur 
eine  einfache  Tür  trennte  von  der  Kammerfrau.  Wo 
Lucidor  die  Nacht  verbrachte,  blieb  ungefagt:  doch  war 
er  offenbar  nicht  im  Geheimnis,  fondern  man  hatte  gegen 
ihn  einen  Vorwand  gebraucht.  Seltfam  war,  daß  Arabella 
ihr  fchönes  Haar  in  ein  dichtes  Tuch  feft  eingewunden  trug 
und  der  Hand  des  Freundes  fanft,  aber  beftimmt  verfagte, 
das  Tuch  zu  löfen.  Aber  dies  war  faft  das  einzige,  das  fie 
verfagte.  Es  gingen  mehrere  Nächte  hin,  die  diefer  Nacht 
nicht  glichen,  aber  es  folgte  wieder  eine,  die  ihr  glich,  und 
Wladimir  war  fehr  glücklich.  Vielleicht  vraren  dies  die 
glücklichften  Tage  feines  ganzen  Lebens.  Gegen  Arabella, 
wenn  er  unter  Tags  mit  ihr  zufammen  ift,  gibt  ihm  die 
Sicherheit  feines  nächtlichen  Glückes  einen  eigenen  Ton. 
Er  lernt  eine  befondere  Luft  darin  finden,  daß  fie  bei  Tag 
fo  unbegreiflich  anders  ift;  ihre  Kraft  über  fich  felber,  daß 
fie  niemals  auch  nur  in  einem  Blick,  einer  Bewegung  fich 


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vergißt,  hat  etwas  Bezauberndes.  Er  glaubt  zu  bemerken, 
daß  fie  von  Woche  zu  Woche  um  (o  kälter  gegen  ihn  ift, 
je  zärtlicher  fie  fich  in  den  Nächten  gezeigt  hat.  Er  will 
jedenfalls  nicht  weniger  gefchickt,  nicht  weniger  beherrfcht 
erfcheinen.  Indem  er  diefem  geheimnisvoll  ftarken  weib- 
lichen Willen  fo  unbedingt  fich  fügt,  meint  er,  das  Glück 
feiner  Nächte  einigermaßen  zu  verdienen.  Er  fängt  an, 
gerade  aus  ihrem  doppelten  Wefen  den  ftärkften  Genuß 
zu  ziehen.  Daß  ihm  die  gehöre,  die  ihm  fo  gar  nicht  zu 
gehören  fcheint;  daß  die  gleiche,  welche  fich  grenzenlos 
zu  verfchenken  verfteht,  in  einer  folchen  unberührten,  un- 
berührbaren  Gegenwart  fich  zu  behaupten  weiß,  dies  wirk- 
lich zu  erleben,  ift  fchwindelnd,  wie  der  wiederholte  Trunk 
aus  einem  Zauberbecher.  Er  fieht  ein,  daß  er  dem  Schickfal 
auf  den  Knien  danken  müfle,  in  einer  fo  einzigartigen, 
dem  Geheimnis  feiner  Natur  abgelaufchten  Weife  beglückt 
zu  werden.  Er  fpricht  es  überftrömend  aus,  gegen  fich  felber, 
auch  gegen  Lucidor.  Es  gibt  nichts,  was  den  armen  Lucidor 
im  Innerften  tödlicher  erfchrecken  könnte. 

Arabella  indeffen,  die  wirkliche,  hat  fich  gerade  in  diefen 
Wochen  von  Wladimir  fo  entfchieden  abgewandt,  daß  er 
es  von  Stunde  zu  Stunde  bemerken  müßte,  hätte  er  nicht 
den  feltfamften  Antrieb,  alles  falfch  zu  deuten.  Ohne  daß 
er  fich  geradezu  verrät,  fpürt  fie  zwifchen  fich  und  ihm 
ein  Etwas,  das  früher  nicht  war.  Sie  hat  fich  immer  mit 
ihm  verftanden,  fie  verfteht  fich  auch  noch  mit  ihm;  ihre 
Tagfeiten  find  einander  homogen;  fie  könnten  eine  gute 
Vernunftehe  führen.  Mit  Herrn  von  Imfanger  verfteht  fie 
fich  nicht,  aber  er  gefällt  ihr.  Daß  Wladimir  ihr  in  diefem 
Sinne  nicht  gefällt,  fpürt  fie  nun  ftärker;  jenes  unerklärliche 


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Etwas,  das  von  ihm  zu  ihr  zu  vibrieren  fcheint,  macht 
fie  ungeduldig.  Es  ift  nicht  Werbung,  auch  nicht  Schmei- 
chelei; lie  kann  fich  nicht  klar  werden,  was  es  ift,  aber 
fie  goutiert  es  nicht.  Imfanger  muß  fehr  wohl  wiffen, 
daß  er  ihr  gefällt.  Wladimir  glaubt  feinerfeits  noch  ganz 
andere  Beweiie  dafür  zu  haben.  Zwilchen  den  beiden  jun- 
gen Herren  ergibt  fich  die  fonderbarfte  Situation.  Jeder 
meint,  daß  der  andere  doch  alle  Urfache  habe,  verftimmt 
zu  fein  oder  einfach  das  Feld  zu  räumen.  Jeder  findet  die 
Haltung,  die  ungeftörte  Laune  des  andern  im  Grunde  ein- 
fach lächerlich.  Keiner  weiß,  was  er  fich  aus  dem  andern 
machen  foll,  und  einer  hält  den  andern  für  einen  ausge- 
machten Geck  und  Narren. 

Die  Mutter  ift  in  der  qualvollften  Lage.  Mehrere  Aus- 
kunftsmittel verfagen.  Befreundete  Perfonen  lalfen  fie  im 
Stich.  Ein  unter  der  Maske  der  Freundfchaft  angebotenes 
Darlehen  wird  rückfichtslos  eingefordert.  Die  vehementen 
EntfchlülTe  liegen  Frau  von  Murska  immer  fehr  nahe.  Sie 
wird  den  Haushalt  in  Wien  von  einem  Tag  auf  den  an- 
dern auflöfen,  fich  bei  der  Bekanntfchaft  brieflich  verab- 
Ichieden,  irgendwo  ein  Afyl  fuchen,  und  wäre  es  auf  dem 
fequeftrierten  Gut  im  Haus  der  Verwaltersfamilie.  Ara- 
bella nimmt  eine  folche  Entfchließung  nicht  angenehm 
auf,  aber  Verzweiflung  liegt  ihrer  Natur  ferne.  Lucidor 
muß  eine  wahre,  unbe2:renzte  Verzweifluns;  ano;ftvoll  in 
fich  verfchließen.  Es  waren  mehrere  Nächte  vergangen, 
ohne  daß  fie  den  Freund  gerufen  hätte.  Sie  wollte  ihn 
diefe  Nacht  wieder  rufen.  Das  Gefpräch  abends  zwifchen 
Arabella  und  der  Mutter,  der  Entfchluß  zur  Abreife,  die 
Unmöglichkeit,  die  Abreife  zu  verhindern:  dies  alles  trifft 

46 


lie  wie  ein  Keulenfchlag.  Und  wollte  fie  izu  einem  ver- 
zweifelten Mittel  greifen,  alles  hinter  fich  werfen,  der 
Mutter  alles  geftehen,  dem  Freund  vor  allem  offenbaren, 
wer  die  Arabella  feiner  Nächte  gewefen  ift,  fo  durchfährt 
fie  eifig  die  Furcht  vor  feiner  Enttäufchung,  feinem  Zorn. 
Sie  kommt  fich  wie  eine  Verbrecherin  vor,  aber  gegen  ihn, 
an  die  anderen  denkt  fie  nicht.  Sie  kann  ihn  diefe  Nacht 
nicht  fehen.  Sie  fühlt,  daß  fie  vor  Scham,  vor  Angft  und 
Verwirrung  vergehen  würde.  Statt  ihn  in  den  Armen  zu 
halten,  fchreibt  fie  an  ihn,  zum  letztenmal.  Es  ift  der  de- 
mütigfte,  rührendfte  Brief,  und  nichts  paßt  weniger  zu  ihm 
als  der  Name  Arabella,  womit  fie  ihn  unterfchreibt.  Sie 
hat  nie  wirklich  gehofft,  feine  Gattin  zu  v/erden.  Auch 
kurze  Jahre,  ein  Jahr  als  feine  Geliebte  mit  ihm  zu  leben, 
wäre  unendliches  Glück.  Aber  auch  das  darf  und  kann 
nicht  fein.  Er  foll  nicht  fragen,  nicht  in  fie  dringen,  be- 
fchwört  fie  ihn.  Soll  morgen  noch  zu  Befuch  kommen, 
aber  erft  gegen  Abend.  Den  übernächften  Tag  dann  — 
find  fie  vielleicht  fchon  abgereift.  Später  einmal  wird  er 
vielleicht  erfahren,  begreifen,  fie  möchte  hinzufügen:  ver- 
zeihen, aber  das  Wort  fcheint  ihr  in  Arabellas  Mund  zu 
unbegreiflich,  fo  fchreibt  fie  es  nicht.  Sie  fchläft  wenig, 
fteht  früh  auf,  fchickt  den  Brief  durch  den  Lohndiener  des 
Hotels  an  Wladimir.  Der  Vormittag  vergeht  mit  Packen. 
Nach  Tifch,  ohne  etwas  zu  erwähnen,  fährt  fie  zu  dem 
Onkel.  Nachts  ift  ihr  der  Gedanke  gekommen.  Sie  v/ürde 
die  Worte,  die  Argumente  finden,  den  fonderbaren  Mann 
zu  erweichen.  Das  Wunder  würde  gefchehen  und  diefer 
feftverfchnürte  Geldbeutel  fich  öffnen.  Sie  denkt  nicht 
an  die  Realität  diefer  Dinge,  nur  an  die  Mutter,  an  die 


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Situation,  an  ihre  Liebe.  Mit  dem  Geld  oder  dem  Brief  in 
der  Hand  würde  fie  der  Mutter  zu  Füßen  fallen  und  als  ein- 
zige Belohnung  erbitten  —  was:  —  ihr  übermüdeter,  ge- 
quälter Kopf  verfagt  beinahe  —  ja!  nur  das  Selbftveritänd- 
liche:  daß  man  in  Wien  bliebe,  daß  alles  bliebe,  wie  es  ift. 
Sie  findet  den  Onkel  zu  Haufe.  Die  Details  diefer  Szene, 
die  recht  fonderbar  verläuft,  foUen  hier  nicht  erzählt  wer- 
den. Nur  dies:  fie  erweicht  ihn  tatlachlich  —  er  ilt  nahe 
daran,  das  Entfcheidende  zu  tun,  aber  eine  greifenhafte 
Grille  wirft  den  Entfchluß  wieder  um:  er  wird  fpäter 
etwas  tun,  wann,  das  beftimmt  er  nicht,  und  damit  bafta. 
Sie  fährt  nach  Haufe,  fchleicht  die  Treppe  hinauf,  und  in 
ihrem  Zimmer,  zwifchen  Schachteln  und  Koffern,  auf  dem 
Boden  hockend,  gibt  fie  fich  ganz  der  Verzweiflung  hin. 
Da  glaubt  fie,  im  Salon  Wladimirs  Stimme  zu  hören.  Auf 
den  Zehen  fchleicht  fie  hin  und  horcht.  Es  ift  wirklich 
Wladimir  —  mit  Arabella,  die  mit  ziemlich  erhobenen 
Stimmen  im  fonderbarften  Dialog  begriffen  find. 

Wladimir  hat  am  Vormittag  Arabellas  geheimnisvollen 
Abfchiedsbrief  empfangen.  Nie  hat  etwas  fein  Herz  fo 
getroffen.  Er  fühlt,  daß  zwifchen  ihm  und  ihr  etwas 
Dunkles  ftehe,  aber  nicht  zwifchen  Herz  und  Herz.  Er 
fühlt  die  Liebe  und  die  Kraft  in  fich,  es  zu  erfahren,  zu 
begreifen,  zu  verzeihen,  fei  es,  was  es  fei.  Er  hat  die  un- 
vergleichliche Geliebte  feiner  Nächte  zu  lieb,  um  ohne  fie 
zu  leben.  Seltfamerweife  denkt  er  gar  nicht  an  die  wirk- 
liche Arabella,  faft  kommt  es  ihm  fonderbar  vor,  daß  fie 
es  fein  wird,  der  er  gegenüberzutreten  hat,  um  fie  zu  be- 
fchwichtigen,  aufzurichten,  fie  ganz  und  für  immer  zu  ge- 
winnen.   Er  kommt  hin,  findet  im  Salon  die  Mutter  allein. 


Sodoma:  Port?-ät  Rafaels. 


Sie  ift  aufgeregt,  wirr  und  phantaftifch  wie  nur  je.  Er  ift 
anders,  als  fie  ihn  je  gefehen  hat.  Er  küßt  ihr  die  Hände, 
er  fpricht,  alles  in  einer  gerührten  befangenen  Weife.  Er 
bittet  fie,  ihm  ein  Gefpräch  unter  vier  Augen  mit  Arabella 
zu  geftatten.  Frau  von  Murska  ift  entzückt  und  ohne  Über- 
gang in  allen  Himmeln.  Das  Unwahrfcheinliche  ift  ihr 
Element.  Sie  eilt,  Arabella  zu  holen,  dringt  in  fie,  dem 
edlen  jungen  Mann  nun,  wo  alles  fich  (o  herrlich  ge- 
wendet, ihr  Ja  nicht  zu  vertagen.  Arabella  ift  maßlos  er- 
ftaunt.  „Ich  ftehe  durchaus  nicht  fo  mit  ihm".  Tagt  fie 
kühl.  „Man  ahnt  nie,  wie  man  mit  Männern  fteht",  ent- 
gegnet ihr  die  Mutter  und  fchickt  fie  in  den  Salon.  Wla- 
dimir ift  verlegen,  ergriffen  und  glühend.  Arabella  findet 
mehr  und  mehr,  daß  Herr  von  Imfanger  recht  habe,  Wla- 
dimir einen  fonderbaren  Herrn  zu  finden.  Wladimir,  durch 
ihre  Kühle  aus  der  Faffung,  bittet  fie,  nun  endlich  die 
Maske  fallen  zu  lafTen.  Arabella  weiß  durchaus  nicht, 
was  fie  fallen  lafTen  foll.  Wladimir  wird  zugleich  zärt- 
lich und  zornig,  eine  Mifchung,  die  Arabella  fo  wenig 
goutiert,  daß  fie  fchließlich  aus  dem  Zimmer  läuft  und  ihn 
allein  ftehen  läßt.  Wladimir  in  feiner  maßlofen  Verblüf- 
fung ift  um  fo  näher  daran,  fie  für  verrückt  zu  halten,  als 
fie  ihm  foeben  angedeutet  hat,  fie  halte  ihn  dafür  und  fei 
mit  einem  Dritten  über  dielen  Punkt  ganz  einer  Meinung. 
Wladimir  v/ürde  in  diefem  Augenblick  einen  fehr  ratlofen 
Monolog  halten,  wenn  nicht  die  andere  Tür  aufginge  und 
die  fonderbarfte  Erfcheinung  auf  ihn  zuftürzte,  ihn  um- 
fchlänge,  an  ihm  herunter  zu  Boden  glitte.  Es  ift  Lucidor, 
aber  wieder  nicht  Lucidor,  fondern  Lucile,  ein  liebliches 
und  in  Tränen  gebadetes  Mädchen,  in  einem  Morgenanzug 


49 


Arabellas,  das  bubenhaft  kurze  Haar  unter  einem  dichten 
Seidentuch  verborgen.  Es  ift  fein  Freund  und  Vertrau- 
ter, und  zugleich  Teine  geheimnisvolle  Freundin,  feine 
Geliebte,  feine  Frau.  Einen  Dialog,  wie  der  fich  nun 
entwickelnde,  kann  das  Leben  hervorbringen  und  die  Ko- 
mödie nachzuahmen  verfuchen,  aber  niemals  die  Erzäh- 
lung. 

Ob  Lucidor  nachher  wirklich  Wladimirs  Frau  wurde 
oder  bei  Tag  und  in  einem  anderen  Land  das  blieb,  was 
fie  in  dunkler  Nacht  fchon  gewefen  war,  feine  glückliche 
Geliebte,  fei  gleichfalls  hier  nicht  aufgezeichnet. 

Es  könnte  bezweifelt  werden,  ob  Wladimir  ein  genug 
wertvoller  Menfch  war,  um  fo  viel  Hingabe  zu  verdienen. 
Aber  jedenfalls  hätte  fich  die  ganze  Schönheit  einer  be- 
dingungslos hingebenden  Seele,  wie  Luciles,  unter  anderen 
als  fo  feltlamen  Umftänden  nicht  enthüllen  können. 


W^EIHE  AN   DAS  ADRL\TISCHE  MEER  /  VON 
GABRIELE  D'ANNUNZIO 

ZU  DIR,  o  Gott,  dem  großen  fchreckensreichen. 
Ruf  ich,  zu  dem  die  Väter  fchrien  im  Kampf 
Auf  Deck:  hier  lodern  Scheiterhaufen  dir  und  Flammen- 
zeichen. 

Von  Pola  und   von  des  Quarnero  Seiten 
Fällt  ich  die  ftolze  Tanne,  bittern  Lorbeer 
Und  heilige  Eichen  mit  den  rafchen  Streichen  zwiefacher 

Schneiden; 


50 


Und  als  ich  rchmückte  Mafte,  Rah  und  Schoten 
Und  das  Gebälk  des  Rumpfes  mit  dem  Reis, 
Dem  nimmerwelkenden,   des   Siegs,  gedacht    ich    all   der 

Toten; 

Gedachte  all  der  Toten,  unfrer  Toten 
Am  Grund  des  Meeres;  aller  unfrer  Toten 
Am  Grund  des  Meeres,  das  verfchlang  die  Tapfern  famt 

ihren  Booten. 

Allein  ich  fagte:  der  du  weckft  die  Heere 

Der  Völker,  Herr  mein  Gott,  und  fie  zermalmft. 

Es  werden  leben,  werden  leben  die,  die  über  Meere 

Verkünden  deine  Größe;  über  Meere 
Verkünden  deinen  Ruhm ;  die  über  Meere 
Dir  opfern  Blut  und  Myrrhen  vom  Altar,  der  trägt  das 

Roftrum. 

Durch  alle  Ozeane  —  Fiat  mare  noftrum! 

Amen. 

Zu   dem  Drama   ^^Das  Schiff^^ 
übertragen   ^on  R.  G.  Binding. 

ZWEI  GEDICHTE  VON  HANS  CAROSSA 

ERLEBNIS 

SCHON  befchleicht  die  grauen  Kronen 
Deines  Eichwalds  ein  Erglühen, 
Alles  blaut  von  Anemonen, 
Silbertrunken  Wolken  ziehen. 

Jeder  Hauch  wirft  fchwanke  Sterne 
Durch  die  Wipfel  auf  das  Moos, 


51 


Und  im  goldnen  Trug  der  Ferne 
Scheint  dir  deine  Welt  fo  groß  .  .  . 

Aber  ftaunend  Itehft  du  ftille: 
Dir  zu  Füßen  tief  im  Wald 
Ragt  aus  junger  Gräfer  Fülle 
Eines  Wefens  Mißgeftalt. 

W^ächft  ein  Rüffel,  drohen  Krallen 
Dir  aus  diefem  bleichen  Schaft, 
Der  den  regen  Gräfern  allen 
Starr  voranfchießt,  vipernhaft? 

Draußen  lockts  aus  hellen  Weiten, 
Doch  gebannt  mußt  du  dich  bücken, 
Diefen  Irrwuchs  dir  zu  deuten,  — 
Da  erkennft  du  zum  Entzücken 

Klar  wie  hier  ein  neues  Leben 
Seiner  Unform  fich  entwindet. 
Eines  Farnftocks  Trieb,  der  eben 
Leis  den  künftigen  Fittich  kündet  .  .  , 

Und  du  fühlft,  wie  du  auf  Erden 
Kaum  als  Kind  fo  warm  empfunden, 
Fühlft  ein  fremdes,  niedres  Werden 
Dir  ganz  nah,  dir  blutverbunden. 

Schuppen  fallen  von  dir  nieder, 
Du  begreiflt  den  Muttergeift, 
Der  den  dumpflten  deiner  Brüder 
Heilig  wie  dich  felblt  durchkreiit. 


52 


Und  du  ftehft,  und  all  dein  Schauen 
Kehrt  in  ftolze  Demut  fich, 
Ein  unendliches  Vertrauen, 
Erdefohn,  durchfchüttert  dich  .  .  . 

BEGEGNUNG 

VERGESSEN  war  dein  trotzig  müdes  Lächeln, 
Der  Mund,  der  herbftlich  fchon  umfremdete  .  .  . 
Selbft  meine  Träume  hatten  dich  vergeffen. 
Doch  geftern  abends  kamft  du  mir  entgegen 
Mit  deinem  Strauß  verregneter  Schneeglöckchen, 
Ganz  glücklos  blickend  auf  den  Wanderer  .  .  . 
Die  Bergesnähen  röteten  im  Winde, 
Ich  ftand  am  Strom,  horchend  dem  Sang  der  Schollen, 
Du  näherteft  ein  wenig  dein  Geficht 
Dem  leicht  erhobnen  Strauß,  als  ob  du  dich 
Zu  einem  Gruße  neigen  und  zugleich 
Den  Duft  der  nalTen  Blumen  fpüren  wollteft. 
Ein  Licht  aus  Wolken  wob  dich  ein,  veredelnd. 
Daß  du  ganz  jung  mir  fchienft,  —  o  freu  dich,  Frau: 
So  jung  wirft  du  nun  immer  in  mir  leben! 

AUS  DEN  AUFZEICHNUNGEN  DES  MALTE 
LAURIDS  BRIGGE  /  VON  RAINER  MARIA 
RILKE 

I 

WENN    ich    nach    Haufe    denke,  wo    nun    niemand 
mehr  ift,  dann  glaube  ich,  das  muß  früher  anders 
gewefen  fein.  Früher  wußte  man  (oder  vielleicht  man  ahnte 


53 


es),  daß  man  den  Tod  in  fich  hatte  wie  die  Frucht  den 
Kern.  Die  Kinder  hatten  einen  kleinen  in  fich  und  die 
Erwachfenen  einen  großen.  Die  Frauen  hatten  ihn  im 
Schoß  und  die  Männer  in  der  Bruft.  Den  hatte  man, 
und  das  gab  einem  eine  eigentümHche  Würde  und  einen 
stillen  Stolz. 

Meinem  Großvater  noch,  dem  alten  Kammerherrn  Brigge, 
fah  man  es  an,  daß  er  einen  Tod  in  fich  trug.  Und  was 
war  das  für  einer:  zwei  Monate  lang  und  fo  laut,  daß  man 
ihn  hörte  bis  aufs  Vorwerk  hinaus. 

Das  lange,  alte  Herrenhaus  war  zu  klein  für  diefen  Tod, 
es  fchien,  als  müßte  man  Flügel  anbauen,  denn  der  Körper 
des  Kammerherrn  wurde  immer  größer,  und  er  wollte  fort- 
während aus  einem  Raum  in  den  anderen  getragen  fein  und 
geriet  in  fürchterlichen  Zorn,  wenn  der  Tag  noch  nicht 
zu  Ende  war,  und  es  gab  kein  Zimmer  mehr,  in  dem  er 
nicht  fchon  gelegen  hatte.  Dann  ging  es  mit  dem  ganzen 
Zuge  von  Dienern,  Jungfern  und  Hunden,  die  er  immer 
um  fich  hatte,  die  Treppe  hinauf  und,  unter  Vorantritt 
des  Haushofmeifters,  in  feiner  hochseligen  Mutter  Sterbe- 
zimmer, das  ganz  in  dem  Zuftande,  in  dem  fie  es  vor  drei- 
undzwanzig Jahren  verlaiTen  hatte,  erhalten  worden  war 
und  das  fonft  nie  jemand  betreten  durfte.  Jetzt  brach  die 
ganze  Meute  dort  ein.  Die  Vorhänge  wurden  zurück- 
gezogen, und  das  robufte  Licht  eines  Sommernachmittags 
unterfuchte  alle  die  fcheuen,  erfchrockenen  Gegenftände 
und  drehte  fich  ungefchickt  um  in  den  aufgeriffenen  Spie- 
geln. Und  die  Leute  machten  es  ebenfo.  Es  gab  da  Zo- 
fen, die  vor  Neugierde  nicht  wußten,  wo  ihre  Hände  fich 
gerade  aufhielten,  junge  Bediente,  die  alles  anglotzten,  und 


54 


ältere  Dienftleute,  die  herumgingen  und  fich  zu  erinnern 
fuchten,  was  man  ihnen  von  diefem  verfchloffenen  Zim- 
mer, in  dem  fie  fich  nun  glücklich  befanden,  alles  erzählt 
hatte. 

Vor  allem,  aber  fchien  den  Hunden  der  Aufenthalt  in 
einem  Raum,  wo  alle  Dinge  rochen,  ungemein  anregend. 
Die  grollen,  fchmalen  ruffifchen  Windhunde  liefen  be- 
fchäftigt  hinter  den  Lehnftühlen  hin  und  her,  durchquerten 
in  langem  Tanzfehritt  mit  wiegender  Bewegung  das  Ge- 
mach, hoben  fich  wie  Wappenhunde  auf  und  fchauten, 
die  fchmalen  Pfoten  auf  das  weißgoldene  Fenlterbrett  ge- 
ftützt,  mit  fpitzem,  gefpanntem  Geficht  und  zurückgezo- 
gener Stirn  nach  rechts  und  nach  links  in  den  Hof.  Kleine, 
handfchuhgelbe  Dachshunde  faßen,  mit  Gefichtern,  als  wäre 
alles  ganz  in  der  Ordnung,  in  dem  breiten,  feidenen  Polfter- 
feffel  am  Fenfter,  und  ein  ftichelhaariger,  mürrifch  aus- 
fehender  Hühnerhund  rieb  feinen  Rücken  an  der  Kante 
eines  goldbeinigen  Tifches,  auf  deffen  gemalter  Platte  die 
SevrestafTen  zitterten. 

Ja,  es  war  für  diefe  geiftesabwefenden,  verfchlafenen 
Dinge  eine  fchreckliche  Zeit.  Es  paffierte,  daß  aus  Bü- 
chern, die  irgendeine  haftige  Hand  ungefchickt  geöffnet 
hatte,  Rofenblätter  heraustaumelten,  die  zertreten  wurden; 
kleine,  fchwächliche  Gegenftände  wurden  ergriffen  und, 
nachdem  fie  fofort  zerbrochen  waren,  fchnell  wieder  hin- 
gelegt, manches  Verbogene  auch  unter  Vorhänge  gefteckt 
oder  gar  hinter  das  goldene  Netz  des  Kamingitters  ge- 
worfen. Und  von  Zeit  zu  Zeit  fiel  etwas,  fiel  verhüllt  auf 
den  Teppich,  fiel  hell  auf  das  harte  Parkett,  aber  es  zer- 
fchlug  da  und  dort,  zersprang  fcharf  oder  brach  faft  laut- 


55 


los  auf,  denn  diefe  Dinge,  verwöhnt  wie  fie  waren,  ver- 
trugen keinerlei  Fall. 

Und  wäre  es  jemandem  eingefallen  zu  fragen,  was  die 
Urfache  von  alledem  fei,  was  über  diefes  ängftlich  gehütete 
Zimmer  alles  Untergangs  Fülle  herabgerufen  habe,  —  fo 
hätte  es  nur  eine  Antwort  gegeben:  der  Tod. 

Der  Tod  des  Kammerherrn  Chriftoph  Detlev  Brigge 
auf  Ulsgaard.  Denn  diefer  lag,  groß  über  feine  dunkel- 
blaue Uniform  hinausquellend,  mitten  auf  dem  Fußboden 
und  rührte  fich  nicht.  In  feinem  großen,  fremden,  nie- 
mandem mehr  bekannten  Geficht  waren  die  Augen  zu- 
gefallen: er  fah  nicht,  was  gefchah.  Man  hatte  zuerft  ver- 
fucht,  ihn  auf  das  Bett  zu  legen,  aber  er  hatte  fich  da- 
gegen gewehrt,  denn  er  haßte  Betten  feit  jenen  erften  Näch- 
ten, in  denen  feine  Krankheit  gewachfen  war.  Auch  hatte 
fich  das  Bett  da  oben  als  zu  klein  erwiefen,  und  da  war 
nichts  anderes  übriggeblieben,  als  ihn  fo  auf  den  Teppich 
zu  legen;  denn  hinunter  hatte  er  nicht  gewollt. 

Da  lag  er  nun,  und  man  konnte  denken,  daß  er  geftor- 
ben  fei.  Die  Hunde  hatten  fich,  da  es  langfam  zu  däm- 
mern begann,  einer  nach  dem  anderen  durch  die  Türfpalte 
gezogen,  nur  der  Harthaarige  mit  dem  mürrifchen  Geficht 
faß  bei  feinem  Herrn,  und  eine  von  feinen  breiten,  zot- 
tigen Vorderpfoten  lag  auf  Chriftoph  Detlevs  großer,  grauer 
Hand.  Auch  von  der  Dienerfchaft  ftanden  jetzt  die  meiften 
draußen  in  dem  weißen  Gang,  der  heller  war  als  das  Zim- 
mer; die  aber,  welche  noch  drinnengeblieben  waren,  fahen 
manchmal  heimlich  nach  dem  großen,  dunkelnden  Haufen 
in  der  Mitte,  und  fie  wünfchten,  daß  das  nichts  mehr  wäre 
als  ein  großer  Anzug  über  einem  verdorbenen  Ding. 

56 


Aber  es  war  noch  etwas.  Es  war  eine  Stimme,  die 
Stimme,  die  noch  vor  fieben  Wochen  niemand  gekannt 
hatte:  denn  es  war  nicht  die  Stimme  des  Kammerherrn. 
Nicht  Chriltoph  Detlev  war  es,  welchem  diefe  Stimme  ge- 
hörte, es  w^ar  Chriftoph  Detlevs  Tod. 

Chriftoph  Detlevs  Tod  lebte  nun  fchon  feit  vielen,  vielen 
Tagen  auf  Ulsgaard  und  redete  mit  allen  und  verlangte. 
Verlangte,  getragen  zu  werden,  verlangte  das  blaue  Zimmer, 
'\erlangte  den  kleinen  Salon,  verlangte  den  Saal.  Verlangte 
die  Hunde,  verlangte,  daß  man  lache,  fpreche,  fpiele  und 
ftill  fei  und  alles  zugleich.  Verlangte  Freunde  zu  lehen, 
Frauen  und  Verftorbene,  und  verlangte  felber  zu  fterben: 


verlano-te.     Verlano-te  und  fchrie. 

o  o 


Denn  wenn  die  Nacht  gekommen  war  und  die  von  den 
übermüden  Dienftleuten,  welche  nicht  Wache  hatten,  ein- 
zufchlafen  verfuchten,  dann  fchrie  Chriftoph  Detle^'s  Tod, 
fchrie  und  ftöhnte,  brüllte  fo  lange  und  anhaltend,  daß  die 
Hunde,  die  zuerft  mitheulten,  verftummten  und  nicht  wagten 
fich  hinzulegen  und,  auf  ihren  langen,  fchlanken,  zittern- 
den Beinen  ftehend,  fich  fürchteten.  Und  wenn  fie  es  durch 
die  v/eite,  filberne,  dänifche  Sommernacht  im  Dorfe  hörten, 
daß  er  brüllte,  fo  ftanden  fie  auf  wie  beim  Gewitter,  kleideten 
fich  an  und  blieben  ohne  ein  Wort  um  die  Lampe  fitzen, 
bis  es  vorüber  war.  Und  alle  taten  ihr  Tagewerk  fchlecht 
und  vergaßen  das  Heu  hereinzubringen,  weil  fie  fich  bei 
Ta2;e  än2;fti2:ten  vor  der  Nacht  und  weil  fie  vom  vielen 
Wachfein  und  vom  erfchreckten  Aufftehen  fo  ermattet 
waren,  daß  fie  fich  auf  nichts  befinnen  konnten.  Und  wenn 
fie  am  Sonntag  in  die  weiße,  friedliche  Kirche  gingen,  fo 
beteten  fie,  es  möge  keinen  Herrn  mehr  auf  Ulsgaard  geben: 


57 


denn  diefer  war  ein  fchrecklicher  Herr.  Und  was  fie  alle 
dachten  und  beteten,  das  fagte  der  Pfarrer  laut  von  der  Kan- 
zel herab,  denn  auch  er  hatte  keine  Nächte  mehr  und  konnte 
Gott  nicht  begreifen.  Und  die  Glocke  Tagte  es,  die  einen 
furchtbaren  Rivalen  bekommen  hatte,  der  die  ganze  Nacht 
dröhnte  und  gegen  den  fie,  felbft  wenn  fie  aus  allem  Metali 
zu  läuten  begann,  nichts  vermochte.  Ja,  alle  Tagten  es, 
und  es  gab  einen  unter  den  jungen  Leuten,  der  geträumt 
hatte,  er  wäre  ins  Schloß  gegangen  und  hätte  den  gnädigen 
Herrn  erfchlagen  mit  feiner  Miftforke,  und  fo  aufgebracht 
war  man,  fo  zu  Ende,  fo  überreizt,  daß  alle  zuhörten,  als 
er  feinen  Traum  erzählte,  und  ihn,  ganz  ohne  es  zu  wiiTen, 
daraufhin  anfahen,  ob  er  folcher  Tat  wohl  gewachfen  fei. 
So  fühlte  und  fprach  man  in  der  ganzen  Gegend,  in  der 
man  den  Kammerherrn  noch  vor  einigen  Wochen  geliebt 
und  bedauert  hatte.  Aber  obwohl  man  fo  fprach,  ver- 
änderte fich  nichts.  Chriftoph  Detlevs  Tod,  der  auf  Uls- 
gaard  wohnte,  ließ  fich  nicht  drängen.  Er  war  für  zehn 
Wochen  gekommen,  und  die  blieb  er.  Und  während  diefer 
Zeit  war  er  mehr  Herr,  als  Chriftoph  Detlev  Brigge  es  je 
gewefen  war,  er  war  wie  ein  König,  den  man  den  Schreck- 
lichen nennt,  fpäter  und  immer. 

Das  war  nicht  der  Tod  irgendeines  Waflerfüchtigen, 
das  war  der  böfe  fürftliche  Tod,  den  der  Kammerherr  fein 
ganzes  Leben  lang  in  fich  getragen  und  aus  fich  genährt 
hatte.  Alles  Übermaß  an  Stolz,  Willen  und  Herrenkraft, 
das  er  felbft  in  feinen  ruhigen  Tagen  nicht  hatte  \'erbrauchen 
können,  war  in  feinen  Tod  eingegangen,  in  den  Tod,  der 
nun  auf  Ulsgaard  faß  und  vergeudete. 

Wie   hätte  der  Kammerherr  Brie2;e  den  angefehen,  der 

58 


von  ihm  verlangt  hätte,  er  folle  einen  anderen  Tod  fterben 
als  diefen.     Er  ftarb  feinen  fchweren  Tod. 


2 

IN  fpäteren  Jahren  gefchah  es  mir  zuweilen  nachts,  daß 
ich  aufwachte,  und  die  Sterne  ftanden  fo  wirklich  da  und 
2;ina:en  fo  bedeutend  vor,  und  ich  konnte  nicht  begreifen, 
wie  man  es  über  fich  brachte,  fo  viel  Welt  zu  verfäumen. 
So  ähnlich  war  mir,  glaub  ich,  zumut,  fooft  ich  von  den 
Büchern  auffah  und  hinaus,  wo  der  Sommer  war,  wo  Abe- 
lone  rief.  Es  kam  uns  fehr  unerwartet,  daß  fie  rufen  mußte 
und  daß  ich  nicht  einmal  antwortete.  Es  fiel  mitten  in 
unfere  feligfte  Zeit.  Aber  da  es  mich  nun  einmal  erfaßt 
hatte,  hielt  ich  mich  krampfhaft  ans  Lefen  und  verbarg 
mich,  wichtig  und  eigenfinnig,  vor  unferen  täglichen  Feier- 
tagen. Ungefchickt  wie  ich  war,  die  vielen,  oft  unfchein- 
baren  Gelegenheiten  eines  natürlichen  Glücks  auszunutzen, 
ließ  ich  mir  nicht  ungern  von  dem  anwachfenden  Zerwürf- 
nis künftige  Verföhnungen  verfprechen,  die  defto  reizender 
wurden,  je  weiter  man  fie  hinausfchob. 

Übrigens  war  mein  Lefefchlaf  eines  Tages  fo  plötzlich 
zu  Ende,  wie  er  begonnen  hatte;  und  da  erzürnten  wir 
einander  gründlich.  Denn  Abelone  erfparte  mir  nun  keinerlei 
Spott  und  Überlegenheit,  und  wenn  ich  fie  in  der  Laube 
traf,  behauptete  fie  zu  lefen.  An  dem  einen  Sonntagmorgen 
lag  das  Buch  zwar  gefchlolTen  neben  ihr,  aber  fie  fchien 
mehr  als  genug  mit  den  Johannisbeeren  befchäftigt,  die  fie 
vorfichtig  mittels  einer  Gabel  aus  ihren  kleinen  Trauben 
ftreifte. 

Es  muß  dies  eine  von  jenen  Tagesfrühen  gewefen  fein. 


59 


wie  es  folche  im  Juli  gibt,  neue,  ausgeruhte  Stunden,  in 
denen  überall  etwas  frohes  Unüberlegtes  gefchieht.  Aus 
Millionen  kleinen  ununterdrückbaren  Bewegungen  fetzt 
fleh  ein  Mofaik  überzeugteften  Dafeins  zufammen;  die 
Dinge  fchwingen  ineinander  hinüber  und  hinaus  in  die 
Luft,  und  ihre  Kühle  macht  den  Schatten  klar  und  die 
Sonne  zu  einem  leichten,  geiftigen  Schein.  Da  gibt  es  im 
Garten  keine  Hauptfache;  alles  ift  überall,  und  man  müßte 
in  allem  fein,  um  nichts  zu  verläumen. 

In  Abelonens  kleiner  Handlung  aber  war  das  Ganze 
nochmal.  Es  war  fo  glücklich  erfunden,  gerade  dies  zu 
tun  und  genau  fo,  wie  fie  es  tat.  Ihre  im  Schattigen  hellen 
Hände  arbeiteten  einander  fo  leicht  und  einig  zu,  und  vor 
der  Gabel  fprangen  mutwillig  die  runden  Beeren  her  in  die 
mit  tauduflFem  Weinblatt  ausgelegte  Schale  hinein,  wo 
fchon  andere  fich  häuften,  rote  und  blonde,  glanzlichternd, 
mit  gefunden  Kernen  im  herben  Innern.  Ich  wünfchte 
unter  diefen  Umftänden  nichts  als  zuzufehen,  aber  da  es 
wahrfcheinlich  war,  daß  man  mirs  verwies,  ergriff  ich,  auch 
um  mich  unbefangen  zu  geben,  das  Buch,  fetzte  mich  an 
die  andere  Seite  des  Tifches  und  ließ  mich,  ohne  lang  zu 
blättern,  irgendwo  damit  ein. 

„Wenn  du  doch  wenigftens  laut  läfeft,  Leferich",  fagte 
Abelone  nach  einer  Weile.  Das  klang  lange  nicht  mehr 
fo  ftreitfüchtig,  und  da  es,  meiner  Meinung  nach,  ernftlich 
Zeit  war  fich  auszugleichen,  las  ich  fofort  laut,  immerzu 
bis  zu  einem  Abfchnitt  und  weiter,  die  nächfte  Überfchrift: 
An  Bettine. 

„Nein,  nicht  die  Antworten",  unterbrach  mich  Abelone 
und  legte  auf  einmal  wie  erfchöpft  die  kleine  Gabel  nieder, 

60 


Gleich  darauf  lachte  fie  über  das  Geficht,  mit  dem  ich  fie 
anfah. 

„Mein  Gott,  was  halt  du  fchlecht  gelefen,  Malte." 

Da  mußte  ich  nun  zugeben,  daß  ich  keinen  Augenblick 
bei  der  Sache  gewefen  fei.  „Ich  las  nur,  damit  du  mich 
unterbricht",  geftand  ich  und  wurde  heiß  und  blätterte 
zurück  nach  dem  Titel  des  Buches.  Nun  wußte  ich  erft, 
was  es  war.  „Warum  denn  nicht  die  Antworten?"  fragte 
ich  neugierig. 

Es  war,  als  hätte  Abelone  mich  nicht  gehört.  Sie  faß  da 
in  ihrem  lichten  Kleid,  als  ob  fie  überall  innen  ganz  dunkel 
würde,  wie  ihre  Augen  wurden. 

„Gib  her",  fagte  fie  plötzlich  wie  im  Zorn  und  nahm  mir 
das  Buch  aus  der  Hand  und  fchlug  es  richtig  dort  auf,  wo 
fie  es  wollte.   Und  dann  las  fie  einen  von  Bettinens  Briefen. 

Ich  weiß  nicht,  was  ich  davon  verftand,  aber  es  war,  als 
würde  mir  feierlich  verfprochen,  diefes  alles  einmal  einzu- 
fehen.  Und  während  ihre  Stimme  zunahm  und  endlich  faft 
jener  glich,  die  ich  vom  Gefang  her  kannte,  fchämte  ich  mich, 
daß  ich  mir  unfere  Verföhnung  fo  gering  vorgeftellt  hatte. 
Denn  ich  begriff  wohl,  daß  fie  das  war.  Aber  nun  gefchah 
fie  irgendwo  ganz  im  Großen,  weit  über  mir,  wo  ich  nicht 
hinreichte. 

3 

DAS  VERSPRECHEN  erfüllt  fich  noch  immer,  irgend- 
wann ift  dasfelbe  Buch  unter  meine  Bücher  geraten, 
unter  die  paar  Bücher,  von  denen  ich  mich  nicht  trenne.  Nun 
fchlägt  es  fich  auch  mir  an  den  Stellen  auf,  die  ich  gerade 
meine,  und  wenn  ich  fie  lele,  fo  bleibt  es  unentfchieden, 

6i 


ob  ich  an  Bettine  denke  oder  an  Abelone.  Nein,  Bettine  ift 
wirklicher  in  mir  geworden,  Abelone,  die  ich  gekannt  habe, 
war  wie  eine  Vorbereitung  auf  fie,  und  nun  ift  fie  mir  in 
Bettine  aufgegangen  wie  in  ihrem  eigenen,  unwillkürlichen 
Wefen.  Denn  diefe  wunderliche  Bettine  hat  mit  allen  ihren 
Briefen  Raum  gegeben,  geräumigste  Geftalt.  Sie  hat  von  An- 
fang an  fich  im  ganzen  fo  ausgebreitet,  als  war  fie  nach  ihrem 
Tod.  Überall  hat  fie  fich  ganz  weit  ins  Sein  hineingelegt, 
zugehörig  dazu,  und  was  ihr  gefchah,  das  war  ewig  in  der  Na- 
tur; dort  erkannte  fie  fich  und  löfte  fich  beinah  l'chmerzhaft 
heraus;  erriet  fich  mühfam  zurück  wie  aus  Überlieferungen, 
befchwor  fich  wie  einen  Geift  und  hielt  fich  aus. 

Eben  warft  du  noch.  Bettine;  ich  feh  dich  ein.  Ift  nicht 
die  Erde  noch  warm  von  dir,  und  die  Vögel  lafTen  noch 
Raum  für  deine  Stimme.  Der  Tau  ift  ein  anderer,  aber 
die  Sterne  find  noch  die  Sterne  deiner  Nächte.  Oder  ift 
nicht  die  Welt  überhaupt  von  dir?  denn  wie  oft  haft  du 
fie  in  Brand  gefteckt  mit  deiner  Liebe  und  haft  fie  lodern 
fehen  und  aufbrennen  und  haft  fie  heimlich  durch  eine  an- 
dere erfetzt,  wenn  alle  fchliefen.  Du  fühlteft  dich  fo  recht 
im  Einklang  mit  Gott,  wenn  du  jeden  Morgen  eine  neue 
Erde  von  ihm  verlangteft,  damit  doch  alle  drankämen,  die 
er  gemacht  hatte.  Es  kam  dir  armfälig  vor,  fie  zu  fchonen 
und  auszubefl'ern,  du  verbrauchtet  fie  und  hielteft  die  Hände 
hin  um  immer  noch  Welt.  Denn  deine  Liebe  war  allem 
gewachfen. 

Wie  ift  es  möglich,  daß  nicht  noch  alle  erzählen  von 
deiner  Liebe?  Was  ift  denn  feither  gefchehen,  was  merk- 
würdiger war  ?  Was  befchäftigt  fie  denn  ?  Du  felber 
wußteft  um  deiner  Liebe  Wert,  du  fagteft  fie  laut  deinem 

62 


größeften  Dichter  vor,  daß  er  fie  menfchlich  mache;  denn 
fie  war  noch  Element.  Er  aber  hat  fie  den  Leuten  aus- 
geredet, da  er  dir  fchrieb.  Alle  haben  diefe  Antv/orten 
gelefen  und  glauben  ihnen  mehr,  weil  der  Dichter  ihnen 
deutlicher  ift  als  die  Natur.  Aber  vielleicht  wird  es  fich 
einmal  zeigen,  daß  hier  die  Grenze  feiner  Größe  war. 
Diele  Liebende  ward  ihm  auferlegt,  und  er  hat  fie  nicht 
beftanden.  Was  heißt  es,  daß  er  nicht  hat  erwidern  kön- 
nen? Solche  Liebe  bedarf  keiner  Erwiderung,  fie  hat  Lock- 
ruf und  Antwort  in  fich;  fie  erhört  fich  felbft.  Aber  de- 
mütigen hätte  er  fich  muffen  vor  ihr  in  feinem  ganzen 
Staat  und  fchreiben,  was  fie  diktiert,  mit  beiden  Händen, 
wie  Johannes  auf  Pathmos,  kniend.  Es  gab  keine  Wahl 
diefer  Stimme  gegenüber,  die  „das  Amt  der  Engel  verrich- 
tete"; die  gekommen  war,  ihn  einzuhüllen  und  zu  ent- 
ziehen ins  Ev/ige  hinein.  Da  war  der  Wagen  feiner  feu- 
rigen Himmelfahrt.  Da  war  feinem  Tod  der  dunkle  Mythos 
bereitet,  den  er  leer  ließ. 


HERBSTSONETT  /  VON  STEFAN  ZWEIG 


D 


IE  TAGE  ftieo;en  län2:ft  die  o-oldne  Leiter 

O  O  o 


Des  Sommers  nieder.     Spätglanz  wärmt  das  Land. 
Die  Schatten  wachfen  früh  und  fallen  breiter 
Von  allen  Bäumen  in  des  Abends  Hand. 

Im  Laube  glänzt  noch,  wie  vom  Wind  verfchlagen, 
Manch  reife  Frucht.     Der  Felder  Bruft  liegt  bloß 
Und  Wolken,  die  fich  weftwärts  überjagen, 
Machen  den  Himmel  ernft  und  ruhelos. 


63 


über  die  Wälder,  die  fich  rafch  entblättern, 
Zittert  fchon  unraitvoll  der  Schwalben  Flug. 
Und  all  dies  mahnt:  Nun  fei  dem  Herbft  bereit. 

Beugft  Du  Dich  morgen  zu  der  Landfchaft  Buch, 
So  blinkt  vielleicht  fchon  aus  den  bunten  Lettern 
Des  Lebens  liebftes  Wort:  Vergänglichkeit. 


DREI  GLEICHNISSE  DES  TSCHUANG-TSE 

DER  WOLKENGEIST  UND  DER  LEBEXSWIRBEL 

DER  Geiit  der  Wolken  fuhr  oftwärts  durch  den  Luft- 
raum, als  er  auf  den  Lebenswirbel  ftieß.  Er  war 
damit  befchäftigt,  fich  auf  die  Rippen  zu  klatfchen  und 
herumzuhüpfen.  Der  Wolkengeift  fragte:  „Wer  bift  du, 
Alter,  und  was  ruft  du  hier?" 

„Schlendern!'^  antwortete  der  Lebenswirbel  und  hüpfte 
weiter. 

„Ich  möchte  etwas  wiffen",  fagte  der  Wolkengeift. 

„Bah!"  äußerte  der  Lebenswirbel  und  fah  ihn  an. 

„Die  Beziehung  von  Himmel  und  Erde  ift  aus  den  Fugen 
geraten,"  fagte  der  Wolkengeift;  „die  fechs  Einflüffe  ^  ver- 
tragen fleh  nicht  miteinander,  und  die  vier  Jahreszeiten 
kümmern  fich  um  keine  Regel  mehr.  Ich  wünfche  die 
fechs  Einflüffe  fo  zu  vermifchen,  daß  lie  alle  lebenden  Wefen 
ernähren.    Was  foll  ich  tun:" 


^  Das    poiitive    und    das    negative    Weltelement,    Wind,    Regen, 
Licht  und  Dunkel. 


6+ 


J^^ÖJtttj 


Albrecht  Durcr{rj^   AlUi^orifchc  Zeichnung  nach  Hans  Sachsens  Gedicht  „Der  arm  gemein  £/i/" 


„Ich  weiß  nicht!"  rief  der  Lebenswirbel  und  fchüttelte 
den  Kopf,  ohne  mit  dem  Klatfchen  und  Hüpfen  aufzu- 
hören; „ich  weiß  nicht!" 

Der  Wolkengeift  konnte  nicht  weiterfragen.  Als  er 
aber  drei  Jahre  danach  oftwärts  durch  das  Land  Yu-Sung 
fuhr,  ftieß  er  wieder  auf  den  Lebenswirbel.  Er  war  hoch- 
erfreut, eilte  heran  und  Tagte:  „Haft  du  mich  vergefTen, 
o  Himmlifcher?  Haft  du  mich  vergefTen,  o  HimmliTcher?" 
Er  verneigte  fich  tief  und  bat,  es  möge  ihm  gewährt  wer- 
den, den  Lebenswirbel  zu  befragen.  Der  aber  Tagte:  „Ich 
wandere,  ohne  zu  wiffen,  was  ich  Tuche.  Ich  Ttreife  um- 
her, ohne  zu  wiffen,  wohin  ich  gehe.  Ich  fehlendere  in 
dieTer  verzückten  Art  vor  mich  hin  und  erwarte  die  Er- 
eigniffe.     Was  follte  ich  wiffen?" 

„Auch  ich  Ttreife  umher,"  antwortete  der  Wolkengeift, 
„aber  die  Leute  hängen  von  meinen  Bewegungen  ab.  So 
werde  ich  unvermeidlich  zur  Macht  berufen.  Darum 
würde  ich  mit  Freuden  einen  Rat  empfangen." 

„Daß  die  Ordnung  des  Reiches  geftört  iTt,"  Tprach  der 
Lebenswirbel,  „daß  die  Bedingungen  des  Lebens  geTchän- 
det  find,  daß  der  Wille  des  Himmels  nicht  fiegt,  daß  die 
Tiere  des  Feldes  auseinandergetrieben  find,  daß  die  Vögel 
der  Luft  in  den  Nächten  Tchreien,  daß  Meltau  an  Bäumen 
und  Kräutern  zehrt,  daß  ZerTtörung  fich  breitet  über  alles, 
was  auf  der  Erde  kriecht:  das  iTt  die  Schuld  des  Regie- 
rens." 

„Wohl  wahr,"  Tagte  der  Wolkengeift,  „aber  was  Toll 
ich  tun?" 

„Das  iit  es  ja,"  rief  der  Lebenswirbel,  „woraus  das  BöTe 
kommt!     Kehre  um!" 


65 


„Es  gefchieht  nicht  oft/^  wandte  der  Wolkengeift  ein, 
„daß  ich  dir  begegne,  o  HimmHfcher!  Ich  würde  mit 
Freuden  einen  Rat  empfangen." 

„Füttere  denn  dein  Volk",  fprach  der  Lebenswirbel, 
„mit  deinem  Herzen.  Verharre  im  Nichttun,  und  die  Welt 
wird  aus  fich  felbft  gut  fein.  Häute  dich.  Speie  den  Ver- 
ftand  aus.  Vergiß  alle  Unterfchiede.  Werde  eins  mit  dem 
Ungefchiedenen.  Laß  deinen  Geilt  los.  Mach  deine  Seele 
frei.  Werde  leer.  Werde  nichts!  Gib  allen  Dingen,  zu 
ihrer  Urbefchaffenheit  heimzukehren.  Wenn  fie  es  ohne 
WilTen  tun,  wird  eine  Ichlichte  Reinheit  daraus  kommen, 
die  fie  nie  verlieren  werden;  aber  WiiTen  würde  nur  Ab- 
weichung bringen.  Suche  nicht  die  Namen  und  die  Be- 
ziehun2;en  der  Dinge:  und  alle  Din2:e  werden  aus  fich 
felbft  blühen." 

„Du  Himmlifcher",  fagte  der  Wolkengeift,  als  er  fich 
verneigte  und  Abfchied  nahm,  „haft  mich  mit  Macht  be- 
gabt und  mit  Geheimnis  gefüllt.  Was  ich  lange  fuchte, 
habe  ich  nun  gefunden." 

DAS  EWIGE  STERBEN 

YEN-HUI  fragte  Kong-Fu-Tfe:  „Meifter,  gehft  du  im 
Schritt,  gehe  ich  im  Schritt.  Gehft  du  im  Trab,  gehe 
ich  im  Trab.  Gehft  du  im  Galopp,  gehe  ich  im  Galopp. 
Aber  jagft  du  aus  den  Schranken  des  Staubes,  dann  kann 
ich  nur  ftehenbleiben  und  dir  nachftarren.  Wie  geht  das 
zu:" 

„Erkläre,  was  du  meinft",  fagte  Kong-Fu-Tfe. 
„Ich    meine",   fuhr  Yen-Hui   fort,    „diefes:   Wenn   du 
redeft,  rede  ich.    Wenn  du  beweifeft,  beweife  ich.    Wenn 

66 


du  Tao  ^  predigft,  predige  ich  Tao.  Aber  daß  ich  Tage: 
,Jagrt  du  aus  den  Schranken  des  Staubes,  dann  kann  ich 
nur  ftehenbleiben  und  dir  nachftarren',  damit  meine  ich: 
du  redeft  nicht  und  alle  glauben  dir,  du  eiferft  nicht  und 
alle  ftimmen  dir  zu,  du  lockft  nicht  und  alle  fammeln  fich 
um  dich.     Das  ift  es,  was  ich  nicht  verftehen  kann." 

„Warum  willft  du  dem  nicht  auf  den  Grund  gehen?" 
fagte  Kong-Fu-Tfe.  „Nichts  ift  fo  Kummers  wert  wie 
das  Sterben  des  Geiltes.  Das  Sterben  des  Leibes  ift  von 
weit  geringerer  Wichtigkeit. 

Die  Sonne  fteigt  im  Often  auf  und  geht  im  Weften  unter. 
Da  ift  kein  Ort,  den  fie  nicht  erleuchtete^  und  alle,  die 
Augen  und  Füße  haben,  hangen  an  ihr,  um  fehen  und 
gehen  zu  können.  Wenn  fie  erfcheint,  ift  das  Leben  er- 
fchienen;  wenn  fie  fchwindet,  fch windet  das  Leben  mit  ihr. 

Und  jeder  Menfch  hat  feinen  Sonnegeift,  an  dem  er 
hangt:  wenn  der  geht,  ftirbt  er,  und  er  lebt  auf,  wenn  er 
wiederkehrt.  Schreite  ich  geiftbegabter  Körper  aber  ohne 
die  ewige  lebenerneuernde  Wandlung  dem  Ende  zu;  über- 
laffe  ich  mich  für  die  Tage  und  die  Nächte  der  ewigen  Ab- 
nutzung wie  ein  bloßes  Ding;  bin  ich  des  ewigen  Sterbens 
nicht  bewußt,  bin  ich  trotz  diefem  geiftbegabten  Körper 
des  einen  nur  bev/ußt,  daß  nichts  mich  vor  dem  Grabe 
retten  kann:  —  dann  zehre  ich  das  Leben  auf,  bis  es  im 
Tode  alfo  ift,  als  hätten  du  und  ich  ein  einziges  Mal  Schulter 
an  Schulter  gelehnt,  ehe  wir  für  immer  getrennt  wurden! 
Ift  das  nicht  Kummers  wert? 

Du  aber  richteft  deinen  Blick  auf  etwas  in  mir,  das, 
wenn  du  blickft,  fchon  hingefchwunden  ift.    Und  dennoch 

^  „Die  Bahn":  der  Urgrund  und  Urfinn  des  Seins. 

67 


fuchft  du  es,  als  muffe  es  noch  da  fein,  —  wie  einer  auf 
dem  Markt  verkaufte  Pferde  fucht.  Sieh:  was  ich  an  dir 
liebe,  ift  das  Wandelbare.  Warum  dich  grämen:  Wenn 
auch  mein  Selbft  in  jedem  Augenblicke  ftirbt,  in  der  Wand- 
lung bewährt  fich  das  Ewige." 

DER  GLOCKENSPIELSTAXDER 

TSCHING,  der  Meifter  der  Holzarbeiter,  fchnitzte  einen 
Glockenfpielftänder.  Als  es  vollendet  war,  erfchien 
das  Werk  allen,  die  es  fahen,  als  fei  es  von  Geiftern  ge- 
fchaffen.  Der  Fürft  von  Lu  fragte  den  Meifter:  „Welches 
ift  diefes  Geheimnis  in  deiner  Kunftr" 

„Dein  Untertan  ift  nur  ein  Handwerker,"  antwortete 
Tfching,  „was  für  Geheimnis  könnte  er  befitzen r  Und 
doch  ift  da  etwas.  Als  ich  daranging,  den  Glockenfpiel- 
ftänder zu  machen,  hütete  ich  mich  \or  ieder  Minderung 
meiner  Lebenskraft.  Ich  fammelte  mich,  um  m.einen  Geift 
zur  unbedingten  Ruhe  zu  bringen.  Nach  drei  Tagen  hatte 
ich  allen  Lohn,  den  ich  erwerben  könnte,  vergeffen.  Nach 
fünf  Tagen  hatte  ich  allen  Ruhm,  den  ich  erwerben  könnte, 
vergeffen.  Nach  fieben  Tagen  hatte  ich  meine  Glieder 
und  meine  Geftalt  ^•ergeffen.  Auch  der  Gedanke  an  dei- 
nen Hof,  für  den  ich  arbeiten  follte,  war  gefchwunden. 
Da  fammelte  fich  meine  Kunft,  von  keinem  Außen  mehr 
geftört.  Nun  ging  ich  in  den  Hochwald.  Ich  fah  die 
Formen  der  Bäume  an.  Als  ich  einen  erblickte,  der  die 
rechte  Form  hatte,  erfchien  mir  der  Glockenfpielftänder, 
und  ich  ging  ans  Werk.  Hätte  ich  diefen  Baum  nicht  ge- 
funden, ich  hätte  die  Arbeit  laffen  muffen.  Meine  himmels- 
geborene Art  und  die  himmelsgeborene  Art  des   Baumes 

68 


rammelten    fich    darauf.     Was   hier   Geiftern    beigemeffen 
wurde,  ift  darin  allein  gegründet." 

Deutfeh  'von  Martin  Bube)'. 

DAS  WORT     VON  EMILE  VERHAEREN 

Owie  oft  wandert  mein  trauriger  Sinn, 
Müde  der  Bücher,  des  Staubs  der  Folianten, 
Zu  jenen  Großen  von  einftens  hin. 
Die  aus  glühender  Bruft 

Im  Schrei  der  Liebe,  im  Auffchwall  der  Luft 
Als  allererfte  die  Dinge  benannten. 

Unbewußt 

Entdeckten  fie  aus  ihrem  Überfchwang 

Die  Worte  für  Jubel,  Schauer  und  Schmerz. 

Sie  verglichen 

Selig  erftaunend  ein  Leben  lang 

Ihr  junges  und  unerfahrenes  Herz 

Ringsum  mit  der  Welt. 

Sie  tranken 

Die  Augen  fich  voll  mit  den  unerhörten 

Neuen  Dingen  und  neuen  Gedanken. 

Sie  verzehrten 

Gierig  wie  eine  unendliche  Beute 

Die  Freude, 

Sich  in  Liebe  und  Luft 

Gänzlich  eins  mit  der  Erde  zu  wifTen, 

Und  dies  fo  zu  genießen. 

Daß  es  Schrei  ward  und  aufbrach  aus  ihrer  Bruft. 


69 


O  diefe  gefangenen  Schreie,  die  jäh 

Aus  den  Muskeln  und  Sehnen  zu  fpringen  fchienen! 

Mancher  von  ihnen, 

Heiß  aus  der  Nerven  fchwingendem  Band 

Von  der  Seele  wie  filberner  Pfeil  entfandt, 

Schmolz  in  ein  Wort  und  traf  die  Idee. 

Andere  wieder,  die  zögernd  erfchlafPten, 

Tönten  fich  ab  zu  farbigen  Spielen, 

Andere  fchwankten. 

Stürzten  und  fielen 

Zu  Boden  nieder. 

Doch  plötzlich  wieder 

Zu  Wucht  und  klingender  Stärke  geftrafft, 

Rafften  fie  fich,  erftaunten  und  ftanden 

In  jähem  Entzücken,  jauchzten  und  dankten 

Für  all  das,  was  fie  nun  plötzlich  vor 

Den  Früchten,  den  Blumen,  Wald,  Wiefe  und  Himmel 

Und  der  Sterne  mvriadenhaft  buntem  Gewimmel 

Mit  allen  Sinnen,  Hand,  Auge  und  Ohr 

So  feiig  empfanden. 

Die  Zunge  ftieß  diefe  erften  Schreie 

Kraftvoll  ins  Freie, 

Dehnte  und  baute 

Sorgfam  die  dumpf  verfchlungenen  Laute 

Von  Luft  und  Leiden,  formte  fie  dann. 

Wie  Bildnerhände  den  lehmigen  Brei. 

Und  erft  wenn  ein  Mann 

Mit  ihnen  fein  Fühlen  aus  fich  gefagt. 

Wogte  fein  Atem  frifcher  und  freier. 


70 


Sein  wiegender  Körper  gab  ihnen  Takt. 

Sprach  er  fie,  wandernd  durch  Wald  und  Feld 

In  rhythmifchem  Schreiten, 

So  ftanden  dann  zwiefach  die  Wirklichkeiten 

Vor  feinem  Geifte:  in  ihnen  und  dort. 

Und  wie  geblendet 

Stürmte  er  weiter  und  weiter  fort 

In  diefer  neugefundenen  Welt, 

Die  er  felber  vollendet: 

Im  Wort. 

O  denkt,  dies  Dröhnen  von  Rhythmen  im  All, 

Dies  Blinken  von  Bildern,  diefen  ewigen  Gang 

Plötzlich  in  einer  Sprache  zu  falTen! 

Gefang 

Aus  dem  Fall 

Stürzender  WalTer  auffchäumen  zu  lalTen, 

Lebendigen  Klang 

In  den  wirren  Stößen  losbrechender  Winde, 

Im  tobenden  Kampfe  der  Donner  zu  finden. 

Und  Mufik 

Im  weichen  Wallen  wandernder  Frauen, 

In  leidenden  Händen,  aufleuchtendem  Blick, 

Im  jähen  Grauen 

Brennenden  Wahnfinns,  im  Fieber  der  Brunft, 

In  allem  und  allem 

Was  fich  verbindet,  entfacht  und  entzweit, 

Um  dann  diefe  wilde  Unendlichkeit 

In  heißem  Hirne  zu  faffen,  zu  halten 

Und  fie  in  der  neuen  Unendlichkeit 


71 


Der  menfchlichen  Kunft 

Zu  ihrer  höchlten  Form  zu  geltalten.  — 

Seit  diefem  erlten  Stammeln  der  menlchlichen  Seele, 

O,  wie  viel  ging  hin  an  Tagen  und  Jahren! 

Gefchlechter  und  Füriten,  unzählbare  Scharen 

Haben  feitdem  um  die  Erde  gerungen, 

Doch  alle,  die  kamen  und  gingen  und  waren, 

Haben  in  ihren  eigenen  Zungen 

Luft  und  Schmerz  in  die  Winde  gerufen. 

Alle  Völker  und  Raffen  der  Erde  fchufen 

Raftlos  die  Sprache  jahrhundertelang, 

Doch  nur  in  den  Dichtern  ward  fie  Gelang. 

Nur  in  ihnen  allein 

Glüht  heute  noch  unvermindert  und  rein 

Jener  heilige  Brand, 

In  dem  zu  jenen  dämmernden  Zeiten 

Der  Itaunende  Menfch  vor  den  Herrlichkeiten 

Der  Erde  Itand. 

Der  Rhvthmus  der  Welt 

Rinnt  ihnen  lo  ftark  wie  einft  jenen  Fernen 

Raufchend,  beraufchend  durch  das  Blut  und  die  Bruit. 

Den  kann  keiner  aus  Büchern  erlernen. 

Und  nur  der 

Entdeckt  ihn  —  l'elber  fich  unbewußt  — , 

Der  (o  fehr 

Die  großen  Gedanken,  die  ihn  durchbeben. 

Als  lebendig  empfindet. 

Daß  fchon  nicht  mehr  er. 


7« 


Sondern  fie  felber  es  find, 

Die  den  Vers  mit  Raufch  und  Rhythmus  befchwingen 

Und  ins  weiche 

Wellengleiche 

Spiel  des  wandelnden  Reimes  zwingen. 

Deutfeh  'von  Stefan  Z-tveig. 

AUS  DEN  BRIEFEN  EINES  UNBEKANNTEN 

AN  RUDOLF  GRAF  HOYOS 

KobenzI   19.  September  69 

DIES  Buch  gehört  dem  Könige"  war  der  Titel  einer 
Bettinafchen  Schrift.  Ein  Stück  Sonntag  aber  gehört 
immer  dem  guten  Kopf,  1  das  ift  nun  einmal  eine  Stiftung. 
Der  heutige  ift  befonders  prachtvoll,  und  wäre  der  Him- 
mel ein  Tintenfaß,  und  ich  tauchte  meine  Feder  hinein, 
meine  Buchftaben  wären  wohl  von  fchönerem  Blau  als 
Türkis,  oder  mit  was  man  fonft  den  Himmel  vergleicht, 
an  den  man  aber  ftets  felbft  erinnern  muß,  will  man  das 
Blau  von  anderen  Dingen  loben.  Ohne  Wind  geht  nun 
aber  das  Wetter  bei  Wien  nicht  aus,  doch  fchützt  mich 
fchon  mein  kleiner  Garten,  beffer  noch  der  künftliche 
Schirm,  den  ich  mit  wenig  Kunft,  doch  viel  Behagen  ge- 
gen die  Wetterfeite  errichtete. 

Etwas  Robinfon  Crufoe  gehört  notwendig  zum  Leben, 
ein  Komfort,  der  fix  und  fertig  geboten  wäre,  tuts  nicht 
halb.  Daß  ich  fo  unter  Bäumen  fitzen  und  dazu  tun  kann, 
was  mich  freut,  daß  Hühner  fich  vor  mir  im  Sande  baden, 

^  Kofename  für  den  Empfänger  Rudolf  Graf  Hoyos. 

n 


Zwei2:e  über  mir  fich  hin  und  her  bewegen,  Blüten  wie 
feine  Stickerei  die  Decke  zieren,  Sonne  und  Schatten  an 
den  Stämmen  unglaubHche  Dinge  leiften,  daß  es  fo  ftill 
ift,  und  doch  Stimmen  von  Menfchen,  Tritte  Vorüber- 
gehender, alles,  was  fonft  nur  Geräufch  ift,  fo  gut  klingt, 
alles  das  kann  mir  nichts  erfetzen,  und  ich  gehe  fo  gern  in 
die  Stadt,  weil  ich  weiß,  daß  ich  dann  wieder  heraus  muß. 
Ich  weiß  nicht,  ob  Ihnen  in  Lauterbach  neuere  Bücher 
leicht  zugänglich  find.  Sonft  empfehle  ich  Ihnen  fehr 
Simonin  y  le  Grand  Oueft  de  V Amirique  du  Nord.  Die  jetzt 
junge  Leute  find,  bekommen  doch  leicht  einen  gewaltigen 
Einblick  in  das  Leben.  Wenn  ich  an  den  engen  Hori- 
zont meiner  Jugend  denke,  mein  ich,  die  Welt  wäre  ge- 
platzt. Hätt  ich  einen  Menfchen  zu  erziehen,  einen  Sohn 
oder  fo  etwas,  ich  wüßt  es  kaum  anzufalTen.  Kann  man 
das  lernen,  was  man  braucht.^  Bis  die  Zeit  kommt,  an- 
zuwenden, ift  die  Vorausfetzung  nicht  mehr.  Das  einzige 
wäre:  lernen,  lernen.  Das  ift  bald  gefagt.  An  etwas  muß 
auch  das  Lernen  gelernt  werden,  und  da  möchte  ich  ihm 
immer  am  liebften  die  Klaffiker  auf  den  Weg  mitgeben. 
So  fällt  man  zuletzt  ftets  wieder  in  das  alte  Gleis  der  la- 
teinifchen  Schule. 

AN  ALEXANDER  FREIHERRN  VON  WARSBERG 

Wiefenhaus,  Neulengbach  Nr.  21,   17.  Mai   1872 

Im   großen   und   ganzen  —  wie   Herr   von    Schleinitz,  1 
der  Minifter  der   kleinen  und   halben  Maßregeln,  fagtc  — 

^  Alexander  Guftav  Adolph  Graf  von  Schleinitz,  preußifcher  Staats- 
mann (1807 — 1885). 


74 


ift  mir  zumut  wie  einem  Karpfen,  der  feine  Jugend  in  pol- 
nifcher  Sauce  zugebracht  hat  und  auf  feine  alten  Tage 
einen  Teich  entdeckt.  Der  Bauer,  der  fechzig  Jahr  in  mir 
fchlummerte,  ift  hier  erwacht,  reckt  die  Glieder,  reibt  fich 
die  Augen,  reißt  das  Maul  auf  und  fragt  fich:  Wo  war  ich 
fo  lange? 

Ich  habe  Schlöffer  bewohnt  mit  herrlichen  Parkanlagen, 
voll  blühender  Büfche  und  Blumenrabatten;  Bediente  tru- 
gen Kaffeebretter  mit  Frühftück  darauf  vor  mir  her  auf 
Terraffen,  wo  es  zog  und  wo  die  Sonne  von  ungefchickten 
Aftronomen  irregeleitet  zur  unrechten  Zeit  hinfchien,  breite 
Kieswege  kannten  meinen  Tritt  wie  die  Blinden  von  Genua 
Fiescos,  ich  fah  die  Alpen  und  das  Meer,  Felder  von  La- 
vendel, Myrten  und  Thymian  ohne  Jungfernkranz  —  ge- 
freut aber  hat  mich  nichts  wie  diefer  kleine  Platz  in  einem 
kleinen  Garten,  der  fchon  verwilderte,  bevor  er  ein  Garten 
war,  wo  ich  im  Schatten  meines  Ahorn  fitze  —  meines 
Ahorn,  wie  ich  auch  fagen  kann:  meine  Linde  und  mein 
Nußbaum,  das  ift  mein  Nußbaum,  das  ift  mein  ganzer 
Wald  —  gemeiner  Flieder  —  Spezies:  Käthchen  von 
Heilbronn  —  überragt  Urwälder  von  Brenneffeln,  wo  das 
Nachtpfauenauge  noch  als  fchwarze  Raupe  lebt,  und 
Mauerwerk  —  allen  Mörtels  ledig  —  fchaut  ziegelrot 
darein  .  ,  .  • 

Seit  einer  Stunde  trippelt  ein  kleiner  Vogel  um  mich 
herum  und  pickt  Würmer  von  Grasfpitzen  auf,  die  fich 
kaum  davon  biegen.  Wenn  die  Goldammern  nichts  da- 
gegen haben,  fag  ich,  es  war  eine,  wegen  feines  Kopfes, 
der  fo  gelb  ift  wie  Kremnitzer  Dukaten,  die  fich  wegen 
des  Vergleichs  gefchmeichelt  fühlen  können,  wenn  fie  nicht 

75 


gerade  wegen  ein  bißchen  Agio  hochmütig  find.  Möglich 
aber,  daß  er  unter  einem  anderen  Namen  in  der  Welt- 
gefchichte  berühmt  wurde. 

Vor  mir  liegt  ein  Ich  warzer,  Ich  maier  Erdftreifen  mit 
grünen  Punkten.  Den  Salat  hab  ich  geltern  abend  gepflanzt 
und  begoffen.  Ich  war  dazu,  wie  die  Feuerwehr,  mit 
meinem  ganzen  Harem,  Cilli  und  Tilli,  ausgerückt  und 
leitete  den  Schlauch  meiner  Gartenfpritze,  ein  mechani- 
fches  Kunftwerk,  deffen  Präzifion  jeden  unwilTenfc haft- 
lichen Landregen  befchämt.  Die  Wolken  find  ernftlich 
betroffen  und  ziehen  fich  schüchtern  zurück.  Diefe  Leiftung 
verhält  fich  zu  einem  Gewitter,  wie  der  Achtundvierziger 
Feldzug  gegen  Dänemark,  der  jenfeits  der  fchleswigfchen 
Grenze  kein  Blut  vergoß,  zu  der  Hunnenfchlacht.  Es  fällt 
kein  Tropfen  Waffer  anderswohin  als  auf  Peterfilie,  Sellerie 
und  Häuptelfalat.  Es  ift  Waffer  unter  der  Pickelhaube: 
ftrategifch,  taktifch  und  fittlich.  Einige  Franktireurs-Gieß- 
kannen liegen,  infam  kalfiert,  im  Gräfe,  fogar  vom  Schnitt- 
lauch verachtet. 

Mein  Hausftand  ift  um  drei  Hunde  und  einen  aus  dem 
Nefte  gefallenen  Star  —  nicht  Adolf  —  vermehrt.  Alle 
noch  fehr  jung.  Der  Star  läuft  im  Haus  frei  herum,  fchreit 
entfetzlich,  fperrt  beftändig  feinen  Gelbfchnabel  auf  und 
wird  gefüttert,  indem  man  ihm  geweichte  Semmel  hinein- 
ftopft.  Wenn  er  den  Kropf  \oll  hat,  fteckt  er  den  Kopf 
unter  den  Flügel  und  fchreit  noch  im  Schlafe  —  ihm  träumt 
von  einer  Semmel. 

Der  kleine  Rattler  —  fechs  Wochen  alt  —  erregte  mein 
innigftes  Mitleid.  Noch  nie  hatte  gefühlvolle  ]\Ienfchheit 
ein  fo  verbiffenes  Bullenbeißeranfehen. 


76 


Meine  auf  gegenfeitige  Reinlichkeit  gegründeten  Erzie- 
hungsverfuche  haben  ihn  tief  gekränkt.  Ich  gab  ihm  den 
Rat,  den  Hausrat  eines  Legationsrats  nicht  durch  feinen 
Unrat  zu  vermehren,  indem  ich  ihn  mit  der  Nafe  in  letz- 
teren ftupfte  und  damit  alle  feine  lUufionen  über  häusliches 
Glück  zerftörte.  Er  glaubt  nun  aber  an  nichts  mehr.  Die 
beiden  jungen  Bernhardiner  genießen  ihre  volle  Freiheit 
in  einem  Stallkerker,  bis  fie,  an  Ketten,  im  Freien  kam- 
pieren werden. 

AN  GRÄFIN  BERTA  NAKO 

Knebworth-Park,  25.  Juni   1873 

Regensburg,  zwanzig  Minuten  Aufenthalt  —  Nürnberg, 
dreißig  Minuten  Aufenthalt  —  Würzburg  —  Darmftadt  — 
Mainz  —  verlangen  Sie  von  meinem  Enthufiasmus  nicht 
mehr  als  diefe  Reifebefchreibung.  In  Mainz  übernachtete 
ich  und  vermißte  beim  Aufftehen  mein  rechtes  Bein  und 
fünf  bis  fechs  Rückenwirbel,  die  mir  unterwegs  gebrochen 
wurden.  Mit  dem  Refte  meiner  Gliedmaßen  fuhr  ich  den 
Rhein  hinab  bis  Köln,  einer  Stadt,  in  welcher  11  000  Jung- 
frauen, fchreibe  elftaufend  Jungfrauen  ö.  W.  zugrunde 
gingen,  dagegen  aber  ebenfo^'iel  Flafchen  Eau  de  Cologne 
täglich  verkauft  werden.  Zwifchen  letzteren  und  erfteren 
befteht  der  Unterfchied,  daß  erftere  zwar  im  Geruch  der 
Heiligkeit  ftehen,  letztere  aber  belTer  riechen.  Mitten  in 
der  Stadt  begegnete  ich  einem  alten  Freund.  Doch  er- 
kannten wir  uns  nicht  wieder,  denn  ich  war  feit  unferer 
erften  Begegnung  um  vierzig  Jahre  älter,  er  um  dreihundert 
Jahre  jünger  geworden,  fo  daß  er  mich  für  ein  Monument 


77 


anfah,  worauf  ihn  aber  der  Lohnbediente  belehrte:  An 
diefem  Herrn  ift  durchaus  nichts  Merkwürdiges,  feine  Nafe 
ift  nicht  von  Albrecht  Dürer,  und  feine  Haare,  die  er  übri- 
gens gar  nicht  mehr  hat,  find  nicht  einmal  von  Hans  Hol- 
bein. Ich  muß  daher  fehr  bitten,  ihn  nicht  für  ein  Denk- 
mal zu  halten,  erftens,  weil  beim  Denken  nichts  heraus- 
kommt, und  dann,  weil  diefer  Herr  wieder  abreift.  Sie  aber 
fmd  hier  angeftellt  als  Königlich  Preußifcher  Kölner  Dom, 
damit  die  Lohnbedienten  etwas  an  Ihnen  zu  verdienen 
haben.  Sie  haben  bunte  Fenfter,  find  katholifch  geboren 
und  proteftantifch  erzogen.  Sie  ftehen  auf  dem  linken  Rhein- 
ufer und  haben  einen  politifchen  Charakter,  d.  h.  Sie  find 
bald  deutfch,  bald  franzöfifch,  je  nachdem  die  einen  oder 
die  anderen  Prügel  gekriegt  haben;  denn  die  Weltgefchichte 
ilt  nicht  das  Weltgericht,  fondern  nur  eine  große  Prügelei. 
Alles  dies  ift  fehr  merkwürdig  und  koket  zehn  Silbergrofchen. 

Daß  ich  von  Köln  über  Brüffel  nach  Oftende  reifte,  muf- 
fen Sie  mir  glauben,  da  ich  es  Ihnen  nicht  beweifen  kann. 
Ich  habe  auch  felbft  keine  andere  Gewißheit  darüber,  als  daß 
ich  in  der  Nacht  meine  Koffer  öffnen  mußte,  was  ich  für 
belgifch  halte,  v/ie  denn  in  der  Tat  in  Brüffel  ein  Blatt  er- 
fcheint,  welches  die  „Independance"  heißt.  Daß  es  übrigens 
in  Oltende  Auftern  geben  foll,  ift  eine  Verleumdung.  Mir 
ift  durchaus  keine  bekannt  geworden,  was  die  Eingeborenen 
damit  zu  entfchuldigen  fuchen,  daß  die  Auftern  Monate 
ohne  r  nicht  lieben.  Diefe  Entdeckung,  daß  Seemufcheln 
einen  fehr  fein  entwickelten  Sinn  für  Buchftaben  haben,  ift 
die  bedeutendfte,  die  ich  auf  diefer  Reife  gemacht  habe. 

Die  Überfahrt  war,  da  mein  Magen  fich  nicht  einbildete, 
ich  hätte  zu\iel  gegeffen,  fehr  angenehm.    In  Dover  wird 

78 


man  in  eine  Kanone  geladen  und  abgefchoffen,  (o  daß  man 
London  mitten  in  die  Scheibe  trifft,  die  Charing  Gross  heißt. 
Dort  traf  ich  Freitag  abend  fechs  Uhr  ein,  telegraphierte 
nach  Knebworth,  fuhr  nach  dem  Nordbahnhof,  um  halb 
acht  nach  Stevenage  und  fand  dort  den  Wagen,  der  mich 
hieher  führte. 

Von  Schloß  und  Park,  von  Rafen  und  Pfirfichen  werde 
ich  Ihnen  an  langen  Winterabenden  im  Kreife  Ihrer  Enkel 
erzählen.  Für  jetzt  nur  fo  viel:  daß  ich  am  lo.  oder  ii. 
wieder  in  See  fteche  —  Sie  muffen  diefen  Ausdruck  nicht 
wörtlich  nehmen,  denn  ich  könnte  ebenfogut  fagen:  ich 
werde  die  Anker  lichten,  ohne  deshalb  eine  Unternehmung 
ganz  von  dem  Verdachte  zu  reinigen,  daß  man  dabei  er- 
faufen  kann. 

Am   13.  denke  ich  in  München  zu  fein. 

Villers. 


Vom  Leben  ausruhn  ift  erft  Leben. 

An  der  Grenze  alles  Überm.aßes  liegt  jede  Schönheit. 

Kanns  nicht  Licht  fein,  fo  fei  es  wenigftens  Schatten: 
es  ift  doch  immer  eine  Sonne  dabei. 

Die  keine  Meifter  find  und  doch  ftreng  urteilen,  find 
deshalb  nicht  zu  verdammen;  denn  je  weniger  einer  in 
einer  Schlacht  Courage  hat,  defto  mehr  muß  er  darauf- 
halten, daß  nicht  auch  die  andern  davonlaufen. 

Mann  und  Frau  find  zwei  Türen  in  dasfelbe  Haus. 

79 


DER  BESUCH  '  VON  GOETHE 

MEINE  Lieblte  wollt  ich  heut  befchleichen, 
Aber  ihre  Türe  war  verfchlofTen. 
Hab  ich  doch  den  Schlüffel  in  der  Tafche! 
Öffn'  ich  leile  die  geliebte  Türe! 

Auf  dem  Saale  fand  ich  nicht  das  Mädchen, 
Fand  das  Mädchen  nicht  in  ihrer  Stube. 
Endlich,  da  ich  leis  die  Kammer  öffne, 
Find  ich  fie,  gar  zierlich  eingefchlafen. 
Angekleidet  auf  dem  Sofa  liegen. 

Bei  der  Arbeit  war  fie  eingefchlafen: 
Das  Geftrickte  mit  den  Nadeln  ruhte 
Zwifchen  den  gefaltnen  zarten  Händen; 
Und  ich  fetzte  mich  an  ihre  Seite, 
Ging  bei  mir  zu  Rat,  ob  ich  fie  weckte. 

Da  betrachtet  ich  den  fchönen  Frieden, 
Der  auf  ihren  Augenlidern  ruhte; 
Auf  den  Lippen  war  die  ftille  Treue, 
Auf  den  Wangen  Lieblichkeit  zu  Haufe, 
Und  die  Unfchuld  eines  guten  Herzens 
Regte  fich  im  Bufen  hin  und  wieder. 
Jedes  ihrer  Glieder  lag  gefällig, 
Aufgelöft  vom  fußen  Götterbalfam. 

Freudig  faß  ich  da,  und  die  Betrachtung 
Hielte  die  Begierde,  fie  zu  wecken. 
Mit  geheimen  Banden  feft  und  fefter. 

80 


mfißmmmmm^'^''^''9m^mm 


Hand-Zeichnung  ■-Jon  Goethe. 


O  du  Liebe,  dacht  ich,  kann  der  Schiummer'j 
Der  Verräter  jedes  falfchen  Zuges, 
Kann  er  dir  nicht  fchaden,  nichts  entdecken, 
Was  des  Freundes  zarte  Meinung  ftörte? 

Deine  holden  Augen  ßnd  gefchloffen. 
Die  mich  oiFen  fchon  allein  bezaubern; 
Es  bewegen  deine  fußen  Lippen 
Weder  fich  zur  Rede  noch  zum  KuiTe; 
Aufgelöft  lind  dieie  Zauberbande 
Deiner  Arme,  die  mich  ionft  umfchlingen, 
Und  die  Hand,  die  reizende  Gefährtin 
Süßer  Schmeicheleien,  unbeweglich. 

Wärs  ein  Irrtum,  wie  ich  von  dir  denke. 
War  es  Selbftbetrug,  wie  ich  dich  liebe. 
Müßt  ichs  jetzt  entdecken,  da  fich  Amor 
Ohne  Binde  neben  mich  geftellet. 

Lange  faß  ich  fo  und  freute  herzlich 
Ihres  Wertes  mich  und  meiner  Liebe; 
Schlafend  hatte  fie  mir  fo  gefallen, 
Daß  ich  mich  nicht  traute  fie  zu  wecken. 

Leite  leg  ich  ihr  zwei  Pomeranzen 

Und  zwei  Rofen  auf  das  Tifchchen  nieder; 

Sachte,  fachte  fchleich  ich  meiner  Wege. 

OfFnet  fie  die  Augen,  meine  Gute, 
Gleich  erblickt  fie  diele  bunte  Gabe, 


8i 


Staunt,  wie  immer  bei  verfchloßnen  Türen 
Diefes  freundliche  Gefchenk  fich  finde. 

Seh  ich  diefe  Nacht  den  Engel  wieder  — 
O  wie  freut  fie  fich,  vergilt  mir  doppelt 
Diefes  Opfer  meiner  zarten  Liebe! 


AUS  DEM  SCHLUSSGESANG  DER  HOMERI- 
SCHEN ODYSSEE  '  NEU  ÜBERTRAGEN  VON 
RUDOLF   ALEXANDER  SCHRÖDER 

DOCH  der  Kvllenifche  Gott,  Hermeias,  rief  die   ver- 
ftorbnen 
Seelen  der  Freier  heraus  und  hielt  in  Händen  die  Rute, 
Golden    und    fchön,    damit   er    das    Aug    der    Sterblichen 

fänftigt. 
Aller,  welche  er  mag,  und  Schlafende  wieder  erwecket. 
Winkend  führt    er    fie    an.     So    folgten    fie    fchwirrenden 

Fluges. 
Wie  die  Nachtmäuf ',  hangend  im  Winkel  heiliger  Grotten, 
Schwirren   und  flattern,   gefcheucht,    fo   eine   vom   Felfen 

gefallen. 
Aus  dem  Knäuel  gelöft,  und  drängen  fich  dicht  aneinander, 
Alfo  fchwirrend  folgte  der  Zug.     Es  führte  die  Toten 
Hermes,  der  Heiland,  alle  hinab  den  Pfad  der  Verwefung. 
Und  fie  glitten  vorbei  des  Okeanos  rinnenden  Waffern, 
Glitten  dem  Leukasfelien  vorbei,  den  Toren  der  Sonne, 
Glitten    durchs    Traumland    flugs    zur    Asphodeloswiefe 

hinunter. 


82 


Wo    die    Geftorbenen    find,    ein    Scheinbild    menfchlicher 

Mühfal. 
Aber  fie  fanden  die  Seele  des  Peleusfohnes,  Achilleus, 
Und  des  Patroklos  Geiit,  Antilochos'  Seele,  des  Helden, 
Und  des  Aias,  voreinft  an  Wuchs  und  Mienen  der  Erfte 
Vor  den  Danaern  allen,  zunächft  dem  Sohne  des  Peleus. 
Um  den  Achilleus  ftunden  die  drei.     Es  nahete  ihnen 
Des  Agamemnon  feufzender  Geift,  des  Atreusfohnes, 
Jammerbefchwert,  und  andre  zuhauf,  fo  viele  mit  jenem 
In  des  Aigifthos  Haus  ihr  Schickfal  fanden  und  fielen. 
Und  es  begann  die  Seele  des  Peleusfohnes,  Achilleus: 
„Atreusfohn,  wir  meinten,  du  warft  durch  alle  die  Tage 
Immer  dem  blitzausfendenden  Zeus  der  liebfte  vor  allem 
Heldenvolk  und  hatteft  die  Macht  ob  wackeren  Männern 
Dort  im   troifchen  Land,   dem   Land  des  Grams  für  die 

Griechen; 
Und  nun  wollte  fich  dir  fo  früh  die    Moire  gefellen. 
Deren  Gewalt  nicht  einer  entflieht,  wer  immer  zur  Welt 

kam. 
BefTer  wars,  du  litteft  den  Tod  im  Lande  der  Troer, 
Da  du  der  Ehre  genoffeft  und  warft  vor  vielen  ein  König. 
Alle  Achaier  hätten  dir  dann  den  Hügel  gefchichtet. 
Dir  und  dem  Sohn  hernach  ein  Mal  unfterblichen  Ruhmes. 
Nun  aber  ward  dein  Los,  elendigen  Todes  zu  fterben!" 
Da  erwiderte  ihm  die  Seele  des  Atreusfohnes: 
„Seliger  Peleusfohn,  Achilleus,  Göttern  vergleichlich. 
Der  du  in  Troja  ftarbft,  von  Argos  fern,  und  es  fielen 
Rings  um  dich  her  der  Troer  und  Griechen  edelfte  Söhne, 
Um  deinen  Leichnam   kämpfend:   du  lagft  im  wölkenden 

Staube 


83 


Breit  auf  breitem  Gefild,  der  Zügel  und  Rofle  vergeflen. 
Wir  aber   kämpften   den   völligen  Tag   und   hätten   auch 

dann  nicht 
Innegehalten  im  Kampf,  v»'o  nicht  Zeus  lelber  geblitzet. 
Siehe,   wir   trugen   dich   weg  vom    Streit   zum   Lager   der 

Schiffe, 
Legten  dich  nieder  aufs  Bett  und  wufchen  m.it   laulichem 

Waffer 
Und  mit  Salben  den  herrlichen  Leib;  und  bittere  Tränen 
Weinten  die  Danaer,  trauernd  um  dich,  und   fchoren  ihr 

Haupthaar. 
Und    deine    Alutter    tauchte    hervor    mit    den    göttlichen 

]\Ieerfraun, 
Da   fie   die   Kunde  ^■ernommen,   es   drang  ein   fchauerlich 

Rufen 
Über  das  Meer,  und  kam  ein  Fürchten  allen  Achaiern. 
Und  fie  hoben  fich  auf  und  hätten  die  Schiffe  beftiegen, 
Wenn    fie    ein    Mann    nicht    hielt,    der  viel   Vergangenes 

wußte, 
Neftor,  der  allen  mit  Rat  und  Weisheit  immer  \oraus  war. 
Der  aber  fprach  mit  gutem  Bedacht  und  redete  alfo: 
, Hemmet,    Argeier,    den    Lauf,    flieht    nicht,    ihr    Söhne 

Achaias! 
Sehet,  die  oVIutter  kommt,  es  kommen  die  feiigen   Meer- 
frau n 
Aus  den  Gewäffern   herauf,   den  Sohn,  der   ftarb,   zu   be- 

luchen/ 
Sprachs.  So  bändigten  innen  das  Graun  die  ftolzen  Achaier. 
Doch   um   dein   Bett   verfammelten   fich    die  Töchter   des 

Meeres, 

84 


Jammernden  Lauts  und  taten  dir  an  unfterbliche  Kleider. 
Totenklag  begannen  dafelblt  mit  Wechfelgefängen 
Die  neun  Mulen  zumal.     Da  fahft  du  keinen  Argeier 
Tränenlos:  To  rührend  fcholl  der  fchrille  Gelang  uns. 
Siebzehn  Tage  beweinten  wir  dich  die  Nacht  und  den  Tag 

durch, 
Die  unfterblichen  Götter  zumal  und  fterbliche  Menfchen; 
Dann   aber   gaben   wir    dich    tags    drauf   dem    Feuer   und 

fchlugen 
Schafe  und  üppige  Geißen  gar  viel  und  glänzende  Rinder. 
Und  du  verbrannteft  im  Göttergewand,  mit  Süße  des  Honigs 
Und  mit  Salben  benetzt;  und  \iel  achaifche  Helden, 
Reuter  und  Fußvolk  tummelten  fich  in  blanken  Gewappen, 
Rings  um  den  flammenden  Stoß  mit  Schrein  und  WafFen- 

getöfe. 
Da  es  jedoch  gen  Frührot  ging  und  hatte  die  Lohe 
Des  Hephaift  dich  völlig  verzehrt,  fo  bargen,  Achilleus, 
Wir  dein  bleiches  Gebein  in  lauterem  Wein  und  Salböl; 
Und  deine  Mutter  gab  ein  gülden  GQ^ä.ßy  Dionyfos' 
Eigen  Gefchenk  —  fo  fprach  iie,  ein  Werk  des  Schmiedes 

Hephailtos. 
Darin  ruht  dein  bleiches  Gebein,  o  ftolzer  Achilleus, 
Mit  des  Patroklos  Reft,  des  Menoitiosfohnes,  vermenget. 
Und  des  Antilochos  Reit,  den  du  vor  allen  Gefellen 
Weit  am  meiften  geliebt,  nachdem  Patroklos  geftorben. 
Dann  aber  fchütteten  wir,  das  heilige  Heer  der  Argeier, 
Für  euch  dreie  das  Grabmal  auf,  den  mächtigen  Hügel, 
Wo  fich  der  Fels  vordrängt  in  die  Weite  des  Hellespontos, 
Daß  es  vom   Meer  aus,  fern,   die   fahrenden   Männer  er- 
blicken, 

86 


Alle,  die  jetzund  find  und  die,  fo  fpäter  erfcheinen. 
Doch  deine  Mutter  erbat  von  den  Göttern  herrliche  Preife, 
Stellte  fie  mitten   im  Ring  zur   Schau   den  edelften  Grie- 
chen. — 
Wahrlich,  du  faheft  fchon  oft  der  Helden  fchönes  Begräbnis, 
Wenn  vielleicht  ein  König  ftarb;  und  alle  die  Jungen 
Ruften  zum  Kampffpiel  fich  und  gürten  die  Untergewänder: 
Aber  du  hätteft  am  meiften  geftaunt,  fo  du  felber  gefehen. 
Welche  Gefchenke  für  dich,  den  Liebling  fämtlicher  Götter, 
Uns  zu  Preifen  gefetzt  die  filberfüßige  Thetis. 
Alfo  verlorft  du  nimmer  im  Tod  den  Namen;  und  ewig 
Bleibet     im     Menfchengefchlecht     dein     Ruhm     lebendig, 

Achilleus. 
Mir  aber,  fag,  was  war  mirs  nutz,  den  Krieg  zu  beftehen? 
Schuf  in  der  Heimat  doch  mir  Zeus  das  grimme  Verderben 
Durch  die   Hand  des   Aigifth   und  mein  verworfenes  Eh- 

weib!" 
Alfo  ftanden  fie  da  und  redeten  untereinander. 
Aber  es  nahete  fich  der  Geleitsmann,  ArgeYphontes, 
Mit  den  Seelen  der  Freier,  die  droben  jener  erwürget. 

ZWEI  GEDICHTE  VON  RICARDA  HUCH 

HELL  ftrömt  aus  Schluchten  der  Vergangenheit 
In  unfre  Becher,  die  wir  fchwärmend  füllen, 
Ambrofifch  Blut,  aus  deffen  Purpurhüllen 
Verklärtes  Leben  funkelnd  fich  befreit: 

Sehnfucht  und  Liebe,  Tränen,  Lächeln,  Luft 
Und  Kampf  und  Fluch  und  liegende  Gedanken 


Der  Toten,  die  wie  wir  den  Feftwein  tranken, 
Lenzlaub  im  Haare,  unfer  nicht  bewußt; 

Und  wir  gewahren  nicht,  ins  Heut  verfonnen, 
Daß  jeder  Tropfen,  den  die  Zeit  ergießt. 
Von  unfrer  Seele  löft  und  fo  durchglutet 

Herniederrinnt  in  einen  dunklen  Bronnen, 
Der  einft  in  andre  Schalen  überfließt 
Beraufchter  Zecher,  die  der  Tag  umflutet. 


URALTER  Worte  kundig  kommt  die  Nacht; 
Sie  löft  den  Dingen  Rüftung  ab  und  Bande, 
Sie  wechfelt  die  Geftalten  und  Gewände 
Und  hüllt  den  Streit  in  gleiche  braune  Tracht. 

Da  rührt  das  fteinerne  Gebirg  fich  facht 
Und  fchwillt  wie  Meer  hinüber  in  die  Lande. 
Der  Abgrund  kriecht  verlangend  bis  zum  Rande 
Und  trinkt  der  Sterne  hingebeugte  Pracht. 

Ich  halte  dich  und  bin  von  dir  umfchloffen, 

Erfchöpfte  Wandrer  wiederum  zu  Haus; 

So  fühl  ich  dich  in  Fleifch  und  Blut  gegoffen, 

Von  deinem  Leib  und  Leben  meins  umgleitet. 

Die  Seele  ruht  von  langer  Sehnfucht  aus. 

Die  eins  \'om  andern  nicht  mehr  unterfcheidet. 


88 


ROBERT    SCHUMANN    /   AUS    DEM    SPRUCH- 
BUCHE DER  DAVIDSBÜNDLER 

DAS  ift  der  Fluch  des  Talents,  daß  es,  obgleich  ficherer 
und  anhaltender  arbeitend  als  das  Genie,  kein  Ziel 
erreicht,  während  das  Genie  längft  auf  der  Spitze  des  Ideals 
fchwebt  und  fich  lachend  oben  umfieht! 

Das  Unglück  des  Nachahmers  ift,  daß  er  nur  das  Her- 
vorftechende  iich  anzueignen,  das  Eigentlichfchöne  des  Ori- 
ginals aber  nachzubilden  wie  aus  einer  natürlichen  Scheu 
fich  nicht  getraut. 

Es  ift  nicht  gut,  wenn  der  Menfch  in  einer  Sache  zu 
'viel  Leichtigkeit  erworben  hat. 

Wir  wären  am  Ziel?  —  Wir  irren!  Die  Kunft  wird 
die  große  Fuge  fein,  in  der  fich  die  verfchiednen  Völker- 
fchaften  ablöfen  im  Singen. 

Das  Außergewöhnliche  am  Künftler  wird  zu  feinem  Vor- 
teil nicht  immer  im  Augenblick  anerkannt. 

Wer  fleh  einmal  Schranken  fetzt,  von  dem  wird  leider 
verlangt,  daß  er  immer  drinnen  bleibe. 

Durch  Vergleichen  kommt  man  auf  Umwegen  zum  Re- 
fultat;  nimm  die  Sache,  wie  fie  ift,  mit  ihrem  innern  Grunde 
und  Gegengrunde. 

Die  ruhige  Pfyche  mit  zufammengefalteten  Flügeln  hat 
nur  halbe  Schönheit;  in  die  Lüfte  muß  fie  fich  fchwingen! 


Verzeiht  den  Irrtümern  der  Jugend!  Es  gibt  auch  Irr- 
lichter^,  die  dem  Wanderer  den  rechten  Weg  zeigen,  den 
nämlich,  den  die  Irrhchter  nicht  gehen. 

Man  denke  nur,  welche  Umftände  fich  vereinigen  muffen, 
wenn  das  Schöne  in  feiner  ganzen  Würde  und  Herrlichkeit 
auftreten  foU!  Wir  fordern  dazu  einmal:  große,  tiefe  In- 
tention, Idealität  eines  Kunftwerkes,  dann:  Enthufiasmus 
der  Darfteilung,  3.  Virtuofität  der  Leiftung,  harmonifches 
Zufammenwirken  wie  aus  einer  Seele,  4.  inneres  Ver- 
langen und  Bedürfnis  des  Gebenden  und  Empfangenden, 
momentan  günftigfte  Stimmung  (von  beiden  Seiten,  des 
Zuhörers  und  des  Künftlers),  5.  glücklichfte  Konftellation 
der  Zeit^"erhältniffe  fowie  des  fpezielleren  Moments  der 
räumlichen  und  anderen  Nebenumftände,  6.  Leitung  und 
Mitteilung  des  Eindrucks,  der  Gefühle,  Anflehten — Wider- 
fpiegelung  der  Kunftfreude  im  Auge  des  andern.  —  Ift  ein 
folches  Zufammentreffen  nicht  ein  Wurf  mit  fechs  Würfeln 
von  fechs  mal  fechs  r 

Bebt  ihr  nicht  zufammen,  ihr  Kunftfchächer,  bei  den 
Worten,  die  Beethoven  auf  feinem  Sterbebette  fprach:  ich 
glaube  erft  am  Anfang  zu  fein  —  oder  wie  Jean  Paul :  mir 
ifts,  als  hätt  ich  noch  nichts  gefchrieben. 

Das  Talent  arbeitet,  das  Genie  fchafft. 

Der  gebildete  Mufiker  wird  an  einer  Raffaelfchen  Ma- 
donna mit  gleichem  Nutzen  ftudieren  können  wie  der 
Maler  an  einer  Mozartfchen  Symphonie.    Noch  mehr:  dem 


90 


Bildhauer  wird  jeder  Schaufpieler  zur  ruhigen  Statue,  die- 
fem  die  Werke  jenes  zu  lebendigen  Geftalten;  dem  Maler 
wird  das  Gedicht  zum  Bild,  der  Mufiker  fetzt  das  Gemälde 
in  Töne  um. 

Die  Äfthetik  der  einen  Kunft  ift  die  der  andern;  nur 
das  Material  ift  verfchieden. 

Das  Große  geht  oft  in  ähnlichen  Worten  und  Tönen 
durch  die  Geifter  im  Kreife  um. 

Oft  können  zwei  Lesarten  von  gleichem  Wert  fein.  — 
Die  urfprüngliche  ift  m  e  i  ft  die  beffere. 

Eine  Zeitfchrift  foU  nicht  bloß  die  Gegenwart  abfpiegeln ; 
der  fmkenden  muß  die  Kritik  vorauseilen  und  fie  gleichfam 
aus  der  Zukunft  zurückbekämpfen. 

Wer  viel  Angft  hat,  feine  Originalität  zu  bewahren,  ift 
allerdings  im  Begriff,  fie  zu  verlieren. 

Nur  wenige  der  eigentlichften  genialen  Werke  fmd  po- 
pulär geworden  (Don  Giovanni). 

Greift  nicht  in  die  Zeit  ein;  gebt  den  Jünglingen  die 
Alten  als  Studium,  aber  verlangt  nicht  von  ihnen,  daß  fie 
Einfachheit  und  Schmucklofigkeit  bis  zur  Affektation  trei- 
ben. Läutert  ihn,  daß  er  eine  befonnene  Anwendung  der 
neuerweiterten  Kunftmittel  macht. 


91 


ROBERT  SCHUMANN  AN  CLARA  WIECK 

VON  oben  gekommen  ein  Engelskind 
Am  Flügel  fitzt  und  auf  Lieder  fmnt, 
Und  wie  es  in  die  Taften  greift, 
Im  Zauberringe  vorüberfchweift 

Geftalt  an  Geftalt 

Und  Bild  nach  Bild, 

Erlkönig  alt 

Und  Mignon  mild, 

Und  trotziger  Ritter 

Im  Waffenflitter, 

Und  kniende  Nonne 

In  Andachtwonne. 
Die  Menfchen,  die's  hörten,  die  haben  getobt, 
Als  wärs  eine  Sängerin  hochgelobt  j 
Das  Eno-elskind  aber  un\'erweilt 
Zurück  in  feine  Heimat  eilt. 


AUS  MOZARTS  BRIEFEN 

AN  DEN  VATER 

Augsburg,  23.  Oktober  1777. 

TEULICH  beim  Stein  brachte  er  mir  eine  Sonate  vom 


N 


Beecke;  ich  glaube,  ich  habe  das  fchon  gefchrieben. 
Apropos  wegen  feinem  ]\lädel!  Wer  fie  fpielen  fieht  und 
hört  und  nicht  lachen  muß,  der  mui3  von  Stein  wie  ihr 
Vater  fein.  Es  wird  völlig  gegen  den  Diskant  hinauf  ge- 
feffen^  beileibe  nicht  mitten,  damit  man  mehr  Gelegenheit 


92 


hat,  fich  zu  bewegen  und  Grimafifen  zu  machen.  Die 
Augen  werden  verdreht,  es  wird  gefchmutzt;  wenn  eine 
Sache  zweimal  kömmt,  fo  wird  fie  das  zweite  Mal  lang- 
famer  gefpielt;  kommt  fie  dreimal,  wieder  langfamer.  Def 
Arm  muß  in  alle  Höhe,  wenn  man  eine  PafTage  macht, 
und  wie  die  PaiTage  markiert  wird,  fo  muß  es  der  Arm, 
nicht  die  Finger,  und  das  recht  mit  allem  Fleiß  fchwer 
und  ungefchickt  tun.  Das  Schönfte  aber  ift,  daß,  wenn  in 
einer  Paffage  (die  fortfließen  foll  wie  Ol)  notwendigerweife 
die  Finger  gewechfelt  werden  muffen,  fo  brauchts  nicht 
viel  acht  zu  geben,  fondern  wenn  es  Zeit  ift,  io  läßt  man 
aus,  hebt  die  Hand  auf  und  fängt  ganz  komm^od  wieder  an. 
Durch  das  hat  man  auch  eher  Hoffnung,  einen  falfchen 
Ton  zu  erwifchen,  und  das  macht  oft  einen  kuriofen  Effekt. 
Ich  fchreibe  diefes  nur,  um  dem  Papa  einen  Begriff  vom 
Klavierfpielen  und  Inftruieren  zu  geben,  damit  der  Papa 
feinerzeit  einen  Nutzen  daraus  ziehen  kann.  Herr  Stein 
ift  völlig  in  feine  Tochter  vernarrt.  Sie  ift  achtehalb  Jahr 
alt,  fie  lernt  nur  noch  alles  auswendig.  Sie  kann  werden, 
fie  hat  Genie;  aber  auf  diefe  Art  wird  fie  nichts,  fie  wird 
niemalen  viel  Gefchwindigkeit  bekommen,  weil  fie  fich  völlig 
befleißt,  die  Hand  fchwer  zu  machen.  Sie  wird  das  Not- 
wendigfte  und  Härtefte  und  die  Hauptfache  in  der  Mufik 
niemalen  bekommen,  nämlich  das  Tempo,  weil  fie  fich  von 
Jugend  auf  völlig  befliffen  hat,  nicht  auf  den  Takt  zu  fpie- 
len.  Herr  Stein  und  ich  haben  gewiß  zwei  Stunden  mit- 
einander über  diefen  Punkt  gefprochen.  Ich  habe  ihn  aber 
fchon  ziemlich  bekehrt,  er  fragt  mich  jetzt  in  allem  um 
Rat.  Er  war  in  den  Beecke  völlig  vernarrt;  nun  fieht  und 
hört  er,   daß   ich  mehr    fpiele    als    Beecke,  daß  ich    keine 


93 


Grimaffen  mache  und  doch  (o  expreffive  fpiele,  daß  noch 
keiner  nach  feinem  Bekenntnis  feine  Pianoforte  fo  gut  zu 
traktieren  gewußt  hat.  Daß  ich  immer  akkurat  im  Takt 
bleibe,  über  das  verwundern  fie  fich  alle.  Das  tempo  ru- 
bato  in  einem  Adagio,  daß  die  linke  Hand  nichts  darum 
weiß,  können  fie  gar  nicht  begreifen.  Bei  ihnen  gibt  die 
linke  Hand  nach.  Graf  Wolfeck  und  mehrere,  die  ganz 
paffioniert  für  Beecke  fmd,  fagten  neulich  öffentlich  im  Kon- 
zert, daß  ich  den  Beecke  in  Sack  fchiebe.  Graf  Wolfeck 
lief  immer  im  Saal  herum  und  fagte:  „So  hab  ich  mein 
Lebtag  nichts  gehört."  Er  fagte  zu  mir:  „Ich  muß  Ihnen 
fagen,  daß  ich  Sie  niemalen  fo  fpielen  gehört  wie  heute; 
ich  werde  es  auch  Ihrem  Vater  lagen,  fobald  ich  auf  Salz- 
bure komme  .  .  ." 


AN  ABBE  BULLIXGER 


Paris,  3.  Jul 


//' 


AUerbefter  Freund! 

Für  Sie  ganz  allein. 

Trauern  Sie  mit  mir,  mein  Freund!  Dies  war  der 
traurigfte  Tag  in  meinem  Leben,  dies  fchreibe  ich  um 
zwei  Uhr  nachts.  Ich  muß  es  Ihnen  doch  fagen:  meine 
Mutter,  meine  liebe  Mutter  ift  nicht  mehr!  Gott  hat  fie 
zu  fich  gerufen;  er  wollte  fie  haben,  das  fehe  ich  klar, 
mithin  habe  ich  mich  in  den  Willen  Gottes  zu  geben. 
Er  hatte  üe  mir  gegeben,  er  konnte  fie  mir  auch  nehmen. 
Stellen  Sie  fich  nur  alle  meine  L^nruhe,  Angfte  und  Sor- 
gen für,  die  ich  diefe  vierzehn  Tage  ausgeftanden  habe. 
Sie  ftarb,  ohne  daß  fie  etwas  von  fich  wußte,  löfchte  aus 


94 


wie  ein  Licht.  Sie  hat  drei  Tage  vorher  gebeichtet,  ift 
kommuniziert  worden  und  hat  die  heihge  Ölung  be- 
kommen. Die  letzten  drei  Tage  aber  phantafierte  fie  be- 
ftändig,  und  heute  aber  um  fünf  Uhr  einundzwanzig 
Minuten  griff  fie  in  Zügen,  verlor  allfogleich  dabei  alle 
Empfindung  und  alle  Sinne.  Ich  drückte  ihr  die  Hand, 
redete  fie  an,  fie  fah  mich  aber  nicht,  hörte  mich  nicht 
und  empfand  nichts.  So  lag  fie  bis  zum  Verfchied,  näm- 
lich in  fünf  Stunden,  um  zehn  Uhr  einundzwanzig  Minuten 
abends.  Es  war  niemand  dabei  als  ich,  ein  guter  Freund 
von  uns  (den  mein  Vater  kennt),  Herr  Heina,  und  die 
Wächterin.  Die  ganze  Krankheit  kann  ich  Ihnen  heute 
ohnmöglich  fchreiben;  ich  bin  der  Meinung,  daß  fie  hat 
fterben  müfTen;  Gott  hat  es  fo  haben  wollen.  Ich  bitte 
Sie  unterdefTen  um  nichts  als  um  das  Freundftück,  daß 
Sie  meinen  armen  Vater  ganz  fachte  zu  diefer  traurigen 
Nachricht  bereiten.  Ich  habe  ihm  mit  der  nämlichen  Poft 
gefchrieben,  aber  nur,  daß  fie  fchwer  krank  ift,  warte  dann 
nur  auf  eine  Antwort,  damit  ich  mich  darnach  richten 
kann.  Gott  gebe  ihm  Stärke  und  Mut!  Mein  Freund! 
ich  bin  nicht  jetzt,  fondern  fchon  lange  her  getröftet.  Ich 
habe  aus  befonderer  Gnade  Gottes  alles  mit  Standhaftig- 
keit  und  GelafTenheit  ertragen.  Wie  es  fo  gefährlich 
wurde,  fo  bat  ich  Gott  nur  um  zwei  Dinge,  nämlich  um 
eine  glückliche  Sterbftunde  für  meine  Mutter  und  dann 
für  mich  um  Stärke  und  Mut,  und  der  gütige  Gott  hat 
mich  erhört  und  mir  die  zwei  Gnaden  im  größten  Maße 
verliehen.  Ich  bitte  Sie  alfo,  befter  Freund,  erhalten  Sie 
mir  meinen  Vater,  fprechen  Sie  ihm  Mut  zu,  daß  er  es 
fich  nicht  gar   zu   fchwer  und  hart   nimmt,   wenn  er  das 


95 


Ärgfte  erlt  hören  wird.  Meine  Schweltet-  empfehle  ich 
Ihnen  auch  von  ganzem  Herzen.  Gehen  Sie  doch  gleich 
hinaus  zu  ihnen,  ich  bitte  Sie,  lagen  Sie  ihnen  noch  nichts, 
daß  fie  tot  ilt,  londern  präparieren  Sie  fie  nur  fo  dazu. 
Tun  Sie,  was  Sie  wollen,  wenden  Sie  alles  an,  machen 
Sie  nur,  daß  ich  ruhig  lein  kann  und  daß  ich  nicht  etwa 
ein  anderes  Unglück  noch  zu  erwarten  habe.  Erhalten  Sie 
mir  meinen  lieben  Vater  und  meine  liebe  Schwefter!  Geben 
Sie  mir  gleich  Antwort,  ich  bitte  Sie.  Adieu,  ich  bin  Dero 
gehorfamfter,  dankbarfter   Diener 

W.  A.  M. 

AN  DEN  VATER 

Wien,  9.  Juni  1781. 
Nun  hat  es  der  Herr  Graf  Arco  recht  gut  gemacht! 
Das  ift  alfo  die  Art,  die  Leute  zu  bereden,  fie  an  fich 
zu  ziehen,  daß  man  aus  angeborener  Dummheit  die  Bitt- 
fchriften  nicht  annimmt,  aus  Manglung  des  Muts  und  aus 
Liebe  zur  Fuchsfchwanzerei  dem  Herren  gar  kein  Wort 
fagt,  jemand  vier  Wochen  herumzieht  und  endlich,  da 
derjenige  gezwungen  ift,  die  Bittfchrift  felbft  zu  über- 
reichen, anftatt  ihm  wenigftens  den  Zutritt  zu  verftatten, 
ihn  zur  Tür  hinausfchmeißt  und  einen  Tritt  im  Hintern 
gibt!  Das  ift  alfo  der  Graf,  dem  es  (nach  Ihrem  letzten 
Schreiben)  fo  fehr  vom  Herzen  geht:  das  ift  alfo  der  Hof, 
wo  ich  dienen,  an  welchem  man  jemand,  der  um  etwas 
fchriftlich  einkommen  will,  anftatt  daß  man  ihm  die  Über- 
gebung zuwegen  bringt,  ihn  alfo  behandelt:  Das  gefchahe 
in  der  Antichambre;  mithin  war  kein  ander  Mittel  als  fich 
losreißen  und   laufen,    dann  ich    wollte   für  die  fürftlichen 

96 


Zimmer  den  Refpekt  nicht  verlieren,  wenn  ihn  fchon  der 
Arco  verloren  hatte.  Ich  habe  drei  Memorial  gemacht, 
habe  fie  fünfmal  übergeben  und  fmd  mir  allzeit  zurück- 
gefchlagen  worden.  Ich  habe  fie  ganz  gut  verwahrt,  und 
wer  ne  lefen  will,  kann  fie  lefen  und  fich  überzeugen,  daß 
nicht  das  geringfte  Anzügliche  darinnen  feie.  Endlich, 
da  ich  abends  das  Memorial  durch  Herrn  von  Kleinmayrn 
zurückgefandt  bekam  (dann  er  ift  hier  dazu  beftellt),  und 
als  den  andern  Tag  darauf  wäre  die  Abreife  des  Erz- 
bifchofs,  fo  war  ich  für  Zorn  ganz  außer  mir;  wegreifen 
konnte  ich  ihn  fo  nicht  laffen,  und  da  ich  von  Arco  ge- 
wußt (wenigftens  fagte  er  mir  es  fo),  daß  er  nichts  darum 
wiffe,  mithin  wie  böfe  könnte  der  Erzbifchof  nicht  auf 
mich  fein,  fo  lange  hier  zu  fein  und  dann  auf  den  letzten 
Augenblick  erft  mit  einer  folchen  Bittfchrift  zu  kommen. 
Ich  machte  alfo  ein  anderes  Memorial,  worin  ich  ihm  ent- 
deckte, daß  ich  fchon  bereits  vier  Wochen  eine  Bittfchrift 
in  Bereitfchaft  hätte,  und  da  ich  mich,  wüßte  nicht  warum, 
fo  lange  damit  herumgezogen  fähe,  fo  feie  ich  nun  ge- 
nötiget, fie  ihm  felbft,  und  zwar  auf  den  letzten  Augen- 
blick zu  überreichen.  Für  diefes  Memorial  bekam  ich 
die  EntlafTung  meiner  Dienfte  auf  die  fchönfte  Art  von 
der  Welt.  Dann  wer  weiß,  ob  es  nicht  auf  Befehl  des 
Erzbifchofs  gefchehen  iftr  Herr  von  Kleinmayrn,  wenn 
er  einen  ehrlichen  Mann  noch  fo  fortfpielen  will,  und  die 
Bedienten  des  Erzbifchofs  find  Zeugen,  daß  fein  Befehl  ift 
vollzogen  worden.  Ich  brauche  nun  gar  keine  Bittfchrift 
mehr  nachzufchicken,  die  Sache  ift  nun  geendiget.  Ich 
will  nun  von  der  ganzen  Affäre  nichts  mehr  fchreiben, 
und    wenn    mir    der    Erzbifchof    nun    zwölfhundert    Fl. 


97 


Befoldung  gäbe,  (o  ging  ich  nicht  nach  einer  folchen 
Behandlung.  Wie  leicht  wäre  ich  nicht  zu  bereden  ge- 
wefen!  Aber  mit  Art,  nicht  mit  Stolz  und  Grobheit. 
Dem  Graf  Arco  habe  ich  Tagen  laffen,  ich  habe  nichts 
mit  ihm  zu  reden,  weil  er  mich  das  erftemal  fo  ange- 
fahren und  wie  einen  Spitzbuben  ausgemacht  hat,  wel- 
ches ihm  nicht  zufteht.  Und  bei  Gott!  wie  ich  fchon 
gefchrieben  habe,  ich  wäre  das  letztemal  auch  nicht  hin- 
gegangen, hätte  er  mir  nicht  dazu  fagen  laffen,  er  hätte 
einen  Brief  von  Ihnen.  Nun  das  letztemal!  Was  geht 
es  ihn  an,  wenn  ich  meine  Entlaffung  haben  will?  Und 
denkt  er  wirklich  fo  gut  für  mich,  fo  foll  er  mit  Gründen 
jemand  zureden  oder  die  Sache  gehen  laffen,  wie  fie  geht. 
Aber  nicht  mit  Flegel  und  Burfch  herumwerfen  und  einen 
bei  der  Tür  durch  einen  Tritt  im  Arfch  hinauswerfen; 
doch  ich  habe  vergefTen,  daß  es  vielleicht  Hochfürftlicher 
Befehl  war. 

Auf  Ihren  Brief  will  ich  nur  ganz  kurz  antworten. 
Dann  ich  bin  der  ganzen  Sache  fo  müde,  daß  ich  gar 
nichts  mehr  da\on  zu  hören  wünfchte.  Nach  der  ganzen 
Urfach,  warum  ich  quittiere  (die  Sie  wohl  wiffen),  würde 
es  keinem  Vater  einfallen,  mit  feinem  Sohn  darüber  böfe 
zu  fein;  vielmehr  wenn  er  es  nicht  getan  hätte.  Defto 
weniger,  da  Sie  wußten,  daß  ich  fchon  ohne  alle  Urfach 
dazu  Luft  hatte.  Und  Ernft  kann  es  Ihnen  ohnmöglich 
fein,  Sie  muffen  fich  wegen  dem  Hof  alfo  verhalten.  Doch 
bitte  ich  Sie,  mein  befter  Vater,  nicht  zu  viel  zu  kriechen, 
dann  der  Erzbifchof  kann  Ihnen  nichts  tun.  Tat  ers 
doch!  Ich  wünfchte  es  faft.  Das  wäre  wirklich  eine  Tat, 
eine  neue  Tat,  die  ihm  beim  Kaifer  vollends  den  Garaus 


98 


machen  würde;  dann  der  Kaifer  kann  ihn  nicht  allein 
nicht  leiden,  fondern  er  haßt  ihn.  Wenn  Sie  nach  einer 
folchen  Behandlung  nach  Wien  gehen  und  dem  Kaifer 
die  Gefchichte  erzählen,  fo  erhalten  Sie  wenigftens  die 
nämliche  Gage   von   ihm,   denn  in   folchen  Fällen   ift  der 


Kaifer  zu  verehren. 
AN  KONSTANZE 


Wien,  29.  April   1782. 


Liebfte,  hefte  Freundin! 
Diefen  Namen  werden  Sie  mir  ja  doch  noch  wohl  er- 
lauben, daß  ich  Ihnen  geben  darf?  So  fehr  werden  Sie 
mich  ja  doch  nicht  haffen,  daß  ich  nicht  mehr  Ihr  Freund 
fein  darf  und  Sie  nicht  mehr  meine  Freundin  fein  werden? 
Und  wenn  Sie  es  auch  nicht  mehr  fein  wollen,  fo  können 
Sie  es  mir  doch  nicht  verbieten,  gut  für  Sie,  meine  Freundin, 
zu  denken,  wie  ich  es  nun  fchon  gewohnt  bin.  Überlegen 
Sie  wohl,  was  Sie  heut  zu  mir  gefagt  haben.  Sie  haben 
mir  (ohngeachtet  allen  meinen  Bitten)  dreimal  den  Korb 
gegeben  und  mir  gerade  ins  Geficht  gefagt,  daß  Sie  mit 
mir  nichts  mehr  zu  tun  haben  wollen.  Ich,  dem  es  nicht 
fo  gleichgültig  ift  wie  Ihnen,  den  geliebten  Gegenftand  zu 
verlieren,  bin  nicht  fo  hitzig,  unüberlegt  und  unvernünftig, 
den  Korb  anzunehmen.  Zu  diefem  Schritte  Hebe  ich  Sie 
zu  fehr.  Ich  bitte  Sie  alfo  noch  einmal,  die  Urfache  diefes 
ganzen  VerdrulTes  wohl  zu  überlegen  und  zu  bedenken, 
welche  war,  daß  ich  mich  darüber  aufgehalten,  daß  Sie  fo 
unverfchämt,  unüberlegt  waren,  Ihren  Schweftern,  NB.  in 
meiner  Gegenwart,  zu  fagen,  daß  Sie  fich  von  einem  Chapeau 


99 


haben  die  Waden  mefTen  lafTen.  Das  tut  kein  Frauen- 
zimmer, welches  auf  Ehren  hält.  Die  Maxime  in  der  Kom- 
pagnie mitzumachen  ift  ganz  gut.  Dabei  muß  man  aber 
viele  Nebenfachen  betrachten:  ob  es  lauter  gute  Freunde 
und  Bekannte  beilammen  find:  ob  ich  ein  Kind  oder  fchon 
ein  Mädchen  zum  Heuraten  bin:  befonders  aber,  ob  ich 
eine  verfprochene  Braut  bin:  hauptfächlich  aber,  ob  lauter 
Leute  meinesgleichen  oder  niedrigere  als  ich,  befonders  aber 
vornehmere  als  ich  dabei  find?  Wenn  es  fich  wirklich  die 
Baronin  felbft  hat  tun  lallen,  fo  ift  es  ganz  was  anderes, 
weil  fie  fchon  weiter  eine  übertragene  Frau,  die  ohnmög- 
lich  mehr  reizen  kann,  ift  und  überhaupt  eine  Liebhaberin 
vom  et  caetera  ift.  Ich  hoffe  nicht,  liebfte  Freundin,  daß 
Sie  jemals  fo  ein  Leben  führen  wollten  wie  fie,  wenn  Sie 
auch  nicht  meine  Frau  fein  wollen.  Wenn  Sie  fchon  dem 
Triebe  mitzumachen  (obwohl  das  Mitmachen  einer  Manns- 
perfon  nicht  allzeit  gut  fteht,  defto  weniger  aber  einem 
Frauenzimmer)  konnten  Sie  aber  ohnmöglich  widerftehen, 
fo  hätten  Sie  in  Gottes  Namen  das  Band  genommen  und 
fich  felbft  die  Waden  gemeffen  (fo  wie  es  noch  alle  Frauen- 
zimmer von  Ehre  in  meiner  Gegenwart  in  dergleichen 
Fällen  getan  haben)  und  fich  nicht  von  einem  Chapeau 
(ich,  ich  würde  es  niemalens  im  Beifein  anderer  Ihnen  getan 
haben,  ich  würde  Ihnen  felbft  das  Band  gereicht  haben), 
defto  weniger  alfo  von  einem  Fremden,  der  mich  gar  nichts 
angeht.  Doch  das  ift  vorbei,  und  ein  kleines  Geftändnis 
Ihrer  dortmaligen,  etwas  unüberlegten  Aufführung  würde 
alles  wieder  gutgemacht  haben  und  —  wenn  Sie  es  nicht 
übel  nehmen,  liebfte  Freundin  —  noch  gutmachen.  Dar- 
aus fehen  Sie,  wie  fehr  ich  Sie  liebe.    Ich  braufe  nicht  auf 


lOO 


wie  Sie,  ich  denke,  ich  überlege  und  ich  fühle.  Fühlen  Sie, 
haben  Sie  Gefühl,  fo  weiß  ich  gewiß,  daß  ich  heute  noch 
ruhig  werde  fagen  können:  die  Konftanze  ift  die  tugend- 
hafte, ehrliebende,  vernünftige  und  getreue  Geliebte  des 
rechtfchafFenen  und  für  fie  wohldenkenden 

Mozart. 


HEINRICH  LEUTHOLD  /  MITTAGSRUHE 

MIT  fchattigem  Kaftanienwalde 
Senkt  fich  vom  Apennin  die  Schlucht; 
Limonen  fchmücken  reich  die  Halde, 
Und  Ol  und  Wein  umkränzt  die  Bucht. 
Ein  dunkles  Klofter  liegt  zur  Seite, 
Der  Weg  von  Blüten  überfchneit. 
Vor  uns  dehnt  fich  des  Meeres  Weite, 
Ein  Sinnbild  der  Unendlichkeit. 

Es  tönt  die  Welt  mit  keiner  Kunde 
In  unfern  Frieden  ftörend  ein. 
Wir  zählen  weder  Tag  noch  Stunde: 
Das  ift  ein  füß  Begrabenfein, 
Das  ift  ein  feiiges  Verbluten, 
Dem  unfre  Seelen  fich  geweiht. 
Natur  wälzt  ihre  Wolluftfluten 
Lautlos  um  unfre  Einfamkeit. 

Aus  dem  Nachlaß. 


lOI 


LIEDER  DES  HAFIS 


LIEBESHYMNE 


GELIEBTE,  deine  großen  Mandelaugen 
Sind  fchön  wie  Huris  in  dem  Garten  Eden^ 
Und  deine  Wangen  gleichen  Rofenbeeten 


Des  Paradiefes,  —  ach,  und  deine  Locken 
Verwirren  wie  ein  Zauberwald,  daraus 
Man  nimmer  heimwärts  findet,  alle  Welt. 

Der  Hauch,  der  deinem  fchimmernden  Mund  entftrömt, 
Ift  ein  verklärter  Liebeshauch  des  Jenfeits 
Und  heilt  die  wilden  Qualen  meines  Herzens. 

Die  Hügel  deiner  Brüfte  find  zwei  Felder 
Schneeweißer  Lilien,  darauf  ganz  matte 
Syringenblüten  feine  Adern  ziehn. 

Es  fchweben  deine  Füße  wie  zwei  Wefen 
Des  Feenlandes,  die  von  Erdenfchwere 
Nichts  wiiTen,  über  unfern  Häuptern  hin. 

Und  deine  Seele?     Deine  zarte  Seele 

Ift  eine  Strophe  aus  dem  Blau  des  Himmels, 

Ein  wundervoller  Vers,  den  Allah  fchrieb. 

Und  meine  Seele,  diefe  arme,  gänzlich 
Zerrütteter     Sie  ift  ein  Opferkraut, 
Geworfen  in  den  ungeheuren  Brand 


IQ2 


Verzückter  Liebe.     Da  verglüht  es  und 
Verduftet  und  fteigt  feiig  auf  zum  Himmel 
Zu  deiner  Ehre,  Fürftin  diefer  Welt! 


WEIN  HER! 

Den  Stein  der  Weifen  her!     Den  Becher,  Schenke, 
Der  alles  in  fich  fchließt,  was  köftlich  ift! 

Wein  her!     Ich  will  der  Erde  Haß  und  Hochmut 
Abwafchen  mir  vom  härenen  Gewand! 

Wein  her!     Ich  will  das  Netz  des  pfäffifchen  Unfinns, 
Das  uns  umgarnen  will,  in  Stücke  reißen! 

Wein  her!     Ich  will  die  Erde  mir  erobern, 
Zu  Füßen  mir  die  ganze  blühende  Welt! 

Wein  her!     Ich  will  zum  Himmel  auf!     Das  Diesfeits 
Und  Jenfeits  überfegl  ich  kecken  Flugs! 

Wein  her!     Wein  her!     Bring  mir  den  Becher,   Schenke, 
Der  alles  in  fich  fchließt,  was  köftlich  ift! 


DIE  ALLMACHTIGE 

Die  höchfte  Macht  der  Erde  fitzt  auf  keinem  Thron. 
Sie  blüht  in  deinem  Angefleht,  du  Herrliche! 

Der  Tag  wird  durch  die  goldne  Sonne  nicht  erhellt,  — 
Aus  deinen  Augen  fließt  das  wundervolle  Licht! 


103 


In  deinen  fchlanken  Händen   ruht  die  Macht  des  Lebens 
Und  auch  die  dunkle  Macht  des  Todes,  —  wie  du  willft. 

Du  Schlimme  tuft  des  Böfen  ein  gehäuftes  Maß. 
Tu  es  getroft,  —  der  Himmel  zürnt  dir  nicht. 

Der  Engel  Pflicht  war  aufzufchreiben,  was  du  Böfes  tuft, — 
Sie  walten  ihres  Amtes  nicht.     Sie  lieben  dich. 


HAFIS  DER  BESIEGTE 

Nicht  jene  find  gefährlich  mir,  die  mit 

Dem  Schwerte  dröhn.     Nicht  jene,  die  mit  Blicken 

Des  Grimmes  und  des  Haffes  um  fich  werfen. 

Jedoch  ein  roter  Mund  ift  mir  gefährlich 
Und  eine  Locke,  die  auf  weißem  Hals  liegt. 
Und  dunkle  Augen  unter  dunkeln  Braun, 

Solchen  Bezwingern  bin  ich  nicht  gewachfen! 

Gern   würd  ich   fliehn,  —  doch   ifts   fo   füß  zu   bleiben, 

Befiegt  zu  fein  von  Locke,  Aug  und  Mund. 

Wie  gerne  trink  ich  das  holde  Gift  des  Mundes, 
Wie  gern  \erbrenn  ich  in  den  fchönen  Gluten, 
Die  deine  Augen  fprühn!     Und  du,  o  Locke, 

Du  fein  gefchwungen,  die  auf  weißem  Hals  liegt, 
Umfchnüre  mich,  bis  mir  der  Atem  ausgeht,  — 
Ich  kenne  keinen  neidenswertern  Tod. 

Ohertra^en  'von  Hans  Bethge 


104 


HANS  SACHS  /  EIN  SCHÖNS  BUHLLIED  EINER 
EHRLICHEN  FRAUEN  MIT  EI'M  NAMEN  IN 
DEN  ANFÄNGEN 

MIR  liebt  in  grünem  Maien 
die  fröhlich  Summerzeit, 
in  der  fich  tut  erfreuen 
mit  ganzer  Stetigkeit 
die  AUerliebft  auf  Erden, 
die  mir  im  Herzen  leit. 

Ach  Mai,  du  edler  Maien, 
der  du  den  grünen  Wald 
gar  herrlich  tuft  erfreuen 
mit  Blümlein  mannigfalt, 
darinnen  tut  fpazieren 
mein  Feinslieb  wohlgeftalt. 

(jrott,  du  wölleft  mir  geben 
in  diefem  Maien  grün 
ein  fröhlich,  gfundes  Leben, 
darzu  die  Zart  und  Schön, 
die  du  mir  haft  erkoren, 
die  mir  ihr  Lieb  vergünn. 

JDarum,  du  grüner  Maien, 
wann  ich  an  die  gedenk, 
die  mein  Herz  tut  erfreuen, 
der  ich  viel  Seufzen  fenk, 
dieweil  ich  leb  auf  Erden, 
mein  Herz  nit  von  ihr  wank. 


105 


Ach  halt  an  Treu  und  Ehren, 
mein  allerhöchlter  Schatz, 
und  laß  dich  nit  abkehren 
des  fchnöden  Klaffers  Schwatz, 
gib  ihren  falfchen  Zungen 
in  deim  Herzen  kein  Platz. 

Lieb!  ach  wollt  Gott,  mein  Herze 
kunnft  fehen  in  dem  Grund, 
wie  das  in  Liebesfchmerze 
von  dir  ift  worden  wund! 
Tu  das  mit  eim  Wort  tröften! 
So  wird  mein  Herz  gefund. 

Jlrwig  wollt  ich  mich  freuen, 
wenn  ich  dein  eigen  war, 
und  dir  dienen  in  Treuen. 
Deshalb  furcht  kein  Gefähr! 
Nichts  ich,  denn  Ehr  und  Glücke, 
von  Gott  und  dir  begehr. 

JNach  Silber  und  nach  Golde 
tu  ich  nit  fehnen  mich, 
als  der,  die  ich  herzholde 
hab,  zu  der  mich  verfich 
aller  Lieb,  Treu  und  Ehre, 
weil  ich  leb  auf  Erdrich. 

Ach  tu  von  mir  nit  kehren 
in  Liebesanefano;! 


io6 


Hoffnung  tut  mich  ernähren 
forthin  mein  Lebenlang. 
Viel  taufend  guter  Nachte 
wünfch  ich  dir  mit  Gefang. 


ARTHUR  SCHOPENHAUER  /  ÜBER  SCHRIFT- 
STELLEREI  UND  STIL,  LESEN  UND   BÜCHER 

UM  iinfterblich  zu  fein,  muß  ein  Werk  fo  viele  Treff- 
lichkeiten haben,  daß  nicht  leicht  fich  Einer  findet, 
der  fie  alle  faßt  und  fchätzt;  jedoch  allezeit  diefe  Treff- 
lichkeit von  Diefem,  je7ie  von  Jenem  erkannt  und  verehrt 
w^ird;  w^odurch  der  Kredit  des  Werkes,  den  langen  Lauf 
der  Jahrhunderte  hindurch,  und  bei  ftets  w^echfelndem  In- 
tereffe,  fich  doch  erhält,  indem  es  bald  in  diefem,  bald  in 
jejiem  Sinne  verehrt  und  nie  erfchöpft  w^ird.  —  Der  Urheber 
eines  folchen  aber,  alfo  Der,  welcher  auf  ein  Bleiben  und 
Leben  noch  bei  der  Nachwelt  Anfpruch  hat,  kann  nur  ein 
Menfch  fein,  der  nicht  bloß  unter  feinen  Zeitgenoffen, 
auf  der  weiten  Erde,  feines  Gleichen  vergeblich  fucht 
und  von  jedem  Andern,  durch  eine  fehr  merkliche  Ver- 
fchiedenheit,  augenfällig  abfticht;  fondern  der,  wenn  er 
fogar,  wie  der  ewige  Jude,  mehrere  Generationen  durch- 
wanderte, fich  dennoch  im  felben  Falle  befinden  würde; 
kurz.  Einer,  von  dem  das  Arioftifche  „Die  Natur  hat 
das  Herrlichfte  gebildet  und  dann  die  Form  zerbrochen" 
wirklich  gilt.  Denn  fonft  wäre  nicht  einzufehn,  war- 
um feine  Gedanken  nicht  untergehn  foUten,  wie  alle 
andern. 


107 


Zu  faft  jeder  Zeit  ift,  wie  in  der  Kunft,  (o  auch  in  der 
Litteratur,  irgend  eine  falfche  Grundanficht,  oder  Weife, 
oder  Manier,  im  Schwange  und  wird  bewundert.  Die  ge- 
meinen Köpfe  fmd  eifrig  bemüht,  folche  fich  anzueignen 
und  fie  zu  üben.  Der  Einfichtige  erkennt  und  verfchmäht 
fie:  er  bleibt  außer  der  Mode.  Aber  nach  einigen  Jahren 
kommt  auch  das  Publikum  dahinter  und  erkennt  die  Fakfe 
für  Das,  was  fie  ift,  verlacht  fie  jetzt,  und  die  bewunderte 
Schminke  aller  jener  manierirten  Werke  fällt  ab,  wie  eine 
fchlechte  Gypsverzierung  von  der  damit  bekleideten  Mauer: 
und  wie  diefe  ftehn  fie  alsdann  da.  Nicht  ärgern  also, 
fondern  freuen  foll  man  fich,  wenn  irgend  eine  fchon  lange 
im  Stillen  wirkende  falfche  Grundanficht  ein  Mal  ent- 
fchieden,  laut  und  deutlich  ausgefprochen  wird:  denn  nun- 
mehr wird  das  Falfche  derfelben  bald  gefühlt,  erkannt  und 
endlich  ebenfalls  ausgefprochen  werden.  Es  ift  damit,  wie 
wenn  ein  Abfceß  aufgeht. 

Der  Sü7  ift  die  Phvfiognomie  des  Geiftes.  Sie  ift  untrüg- 
licher, als  die  des  Leibes.  Fremden  Stil  nachahmen  heißt 
eine  Maske  tragen.  Wäre  diefe  auch  noch  fo  fchön,  fo 
wird  ücy  durch  das  Leblofe,  bald  infipid  und  unerträglich; 
fo  daß  felbft  das  häßlichfte  lebendige  Geficht  beiTer  ift. 
Affektation  im  Stil  ift  dem  Gefichterfchneiden  zu  ver- 
gleichen.—  Die  Sprache,  in  welcher  man  fchreibt,  ift  die 
Nationalphyfiognomie:  fie  ftellt  große  Unterfchiede  feft,  — 
von  der  Griechifchen  bis  zur  Karaibifchen. 

Stilfehler  foll  man  in  fremden  Schriften  entdecken,  um 

fie  in  den  eigenen  zu  vermeiden. 

io8 


Die  Wahrheit  ift  nackt  am  fchönften,  und  der  Eindruck, 
den  fie  macht,  um  fo  tiefer,  als  ihr  Ausdruck  einfacher  war; 
theils  weil  fie  dann  das  ganze,  durch  keinen  Nebengedanken 
zerftreute  Gemüth  des  Hörers  ungehindert  einnimmt;  theils 
weil  er  fühlt,  daß  er  hier  nicht  durch  rhetorifche  Künfte 
beftochen,  oder  getäufcht  ift,  fondern  die  ganze  Wirkung 
von  der  Sache  felbft  ausgeht.  Z.  B.  welche  Deklamation 
über  die  Nichtigkeit  des  menfchlichen  Dafeins  wird  wohl 
mehr  Eindruck  machen,  als  Hiobs:  Der  Menfch,  vom  Weibe 
geboren,  lebt  kurze  Zeit,  und  ift  voll  Unruhe,  gehet  auf  wie 
eine  Blume,  und  fällt  ab,  fliehet  wie  ein  Schatten,  und  blei- 
bet nicht.  —  Eben  daher  fteht  die  naive  Poefie  Goethes  fo 
unvergleichlich  höher  als  die  rhetorifche  Schillers.  Daher 
auch  die  ftarke  Wirkung  mancher  Volkslieder.  Deshalb  nun 
hat  man,  wie  in  der  Baukunft  vor  der  Überladung  mit  Zier- 
rathen,  in  den  redenden  Künften  fich  vor  allem  nicht  noth- 
wendigen  rhetorifchen  Schmuck,  allen  unnützen  Amplifi- 
kationen  und  überhaupt  vor  allem  Überfluß  im  Ausdruck 
zu  hüten,  alfo  fich  eines  keiifchen  Stiles  zu  befleißigen.  Alles 
Entbehrliche  wirkt  nachtheilig.  Das  Gefetz  der  Einfach- 
heit und  Naivetät,  da  diefe  fich  auch  mit  dem  Erhabenften 
verträgt,  gilt  für  alle  fchönen  Künfte. 

Die  deutfche  Sprache  ift  die  einzige,  in  der  man  bei- 
nahe lo  gut  fchreiben  kann,  wie  im  Griechifchen  und 
Lateinifchen,  welches  den  andern  europäifchen  Haupt- 
Iprachen,  als  welche  bloße  patois  find,  nachrühmen  zu  wollen 
lächerlich  fein  würde.  Daher  eben  hat,  mit  diefen  ver- 
glichen, das  Deutfche  etwas  fo  ungemein  Edeles  und  Er- 
habenes. 


109 


Wenige  fchreiben  wie  ein  Architekt  baut,  der  zuvor 
feinen  Plan  entworfen  und  bis  ins  Einzelne  durchdacht 
hat;  —  vielmehr  die  Meiften  nur  fo,  wie  man  Domino 
fpielt.  Wie  nämlich  hier,  halb  durch  Abficht,  halb  durch 
Zufall,  Stein  an  Stein  fich  fügt,  —  fo  fteht  es  eben  auch 
mit  der  Folge  und  dem  Zusammenhang  ihrer  Sätze. 
Kaum  daß  fie  ungefähr  wilTen,  welche  Geftalt  im  Gan- 
zen herauskommen  wird  und  wo  das  Alles  hinaus  foU. 
Viele  willen  felbft  Dies  nicht,  fondern  fchreiben,  wie 
die  Korallenpolypen  bauen:  Periode  fügt  fich  an  Periode, 
und  es  geht  wohin  Gott  will.  Zudem  ift  das  Leben 
der  y,Jetztzeif^  eine  große  Gallopade:  in  der  Litteratur 
giebt  fie  fich  kund  als  äußerfte  Flüchtigkeit  und  Lieder- 
lichkeit. 

Es  wäre  gut  Bücher  kaufen,  wenn  man  die  Zeit,  fie  zu 
lefen,  mitkaufen  könnte,  aber  man  verwechfelt  meiftens  den 
Ankauf  der  Bücher  mit  dem  Aneignen  ihres  Inhalts. 

Zu  verlangen,  daß  Einer  Alles,  was  er  je  gelelen,  be- 
halten hätte,  ift  wie  verlangen,  daß  er  Alles,  was  er  je 
gegelTen  hat,  noch  in  fich  trüge.  Er  hat  von  Diefem  leib- 
lich, von  Jenem  geiftig  gelebt  und  ift  dadurch  geworden  was 
er  ift.  Wie  aber  der  Leib  das  ihm  Homogene  aflimilirt; 
fo  wird  Jeder  behalte)!^  was  ihn  interejfirt^  d.  h.  was  in  fein 
Gedankenfyftem  oder  zu  feinen  Zwecken  paßt.  Letztere 
hat  freilich  Jeder;  aber  etwas  einem  Gedankenfyftem  Ahn- 
liches haben  gar  Wenige:  daher  nehmen  fie  an  nichts  ein 
objektives  InterelTe,  und  dieferhalb  wieder  fetzt  fich  von 
ihrer  Lektüre  nichts  bei  ihnen  an :  fie  behalten  nichts  davon. 


HO 


Es  giebt,  zu  allen  Zeiten,  zwei  Litteraturen,  die  ziemlich 
fremd  neben  einander  hergehn:  eine  wirkliche  und  eine 
bloß  fcheinbare.  Jene  erwächft  zur  bleibenden  Litteratur. 
Betrieben  von  Leuten,  die  für  die  Wiffenfchaft,  oder  die 
Poefie,  leben,  geht  fie  ihren  Gang  ernft  und  ftill,  aber 
äußerft  langfam,  producirt  in  Europa  kaum  ein  Dutzend 
Werke  im^  Jahrhundert,  welche  jedoch  bleiben.  Die  andere, 
betrieben  von  Leuten,  die  von  der  Wiffenfchaft,  oder  Poefie, 
leben,  geht  im  Galopp,  unter  großem  Lärm  und  Gefchrei 
der  Betheiligten,  und  bringt  jährlich  viele  taufend  Werke  zu 
Markte.  Aber  nach  wenig  Jahren  fragt  man:  wo  find  fie? 
wo  ift  ihr  fo  früher  und  fo  lauter  Ruhm?  Man  kann  daher 
auch  diefe  als  die  fließende,  jene  als  die  ftehende  Litteratur 
bezeichnen. 

Repetitio  est  mater  studioriirn.  Jedes  irgend  wichtige  Buch 
foll  man  fogleich  zwei  Mal  lefen,  theils  weil  man  die 
Sachen  das  zweite  Mal  in  ihrem  Zufammenhange  beffer 
begreift,  und  den  Anfang  erft  recht  verfteht,  wenn  man 
das  Ende  kennt;  theils  weil  man  zu  jeder  Stelle  das  zweite 
Mal  eine  andere  Stimmung  und  Laune  mitbringt,  als  beim 
erften,  wodurch  der  Eindruck  verfchieden  ausfällt  und  es 
ift,  wie  wenn  man  einen  Gegenftand  in  anderer  Beleuch- 
tung fieht. 

Um  das  Gute  zu  lefen,  ift  eine  Bedingung,  daß  man 
das  Schlechte  nicht  lefe:  denn  das  Leben  ift  kurz,  Zeit 
und  Kräfte  befchränkt. 


III 


DAS  GLÜCK  DIESER  WELT  DER  HAUSSPRUCH 
DES  PLANTIN  ÜBERTRAGEN  VON  RUDOLF 
ALEXANDER  SCHRÖDER 

TT"  IN  Haus  befitzen,  Ichön  und  läuberlich  gericht't, 

J 4  Ein  Gärtlein,  tapeziert  mit  duftenden  Spalieren, 

Wein,  Früchte  —  viel  Gefind  und  viele  Kinder  nicht, 
Ein  Weib,  das  feine  Treu  dich  läßt  im  ftillen  fpüren, 

Nicht  Schulden,  Buhlfchaft  nicht  und  kein  Prozeffeführen, 
Kein  Vetter  und  kein  Ohm,  der  dir  dein  Erb  anficht. 
Mit  wenig  fein  vergnügt,  den  Großen  nicht  hofieren. 
In  jeder  Tätigkeit  ihr  richtiges  Gewicht, 

Freimütig  lein  und  nicht  dem  Ehrgeiz  Nahrung  geben, 
Herr  feiner  Leidenfchaft  und  nicht  ihr  Diener  leben. 
Und  ohne  Skrupel  fich  am  Gottesdienft  erbaun, 

Den  Geilt  fich  halten  frei  und  den  Verftand  ohn  Scharten, 
Und  unterm  Rofenkranz  nach  feinen  Beeten  fchaun: 
Das  heiß  ich  fänftiglich  daheim  den  Tod  erwarten. 

DIE   ROMANTIK    DER    BOURGEOISIE    /    VON 

STEFAN  ZWEIG 

DIE  große  und  unvergeßliche  Tat  Dickens  war:  die  Ro- 
mantik der  Bourgeoifie  zu  entdecken,  die  Poefie  des 
Profaifchen.  Er  hat  als  erfter  den  Alltag  der  unpoetifche- 
iten  aller  Nationen  ins  Dichterifche  umgebogen.  Er  hat 
Sonne  durch  diefes  ftumpfe  Grau  leuchten  lafTen;  und  wer 
in  England  einmal  gefehen  hat,  wie  ftrahlend  der  Gold- 
glanz ift,  den  dort  die  erftarkende  Sonne  aus  dem  trüben 


112 


Knäuei  des  Nebels  fpinnt,  der  weiß,  wie  fehr  ein  Dichter 
feine  Nation  befeligen  mußte,  der  ihr  künftlerifch  diefe 
Sekunde  der  Erlöfung  aus  dem  bleiernen  Hindämmern  ge- 
geben hat.  Dickens  ift  diefer  goldene  Reif  um  den  eng- 
lifchen  Alltag,  der  Heiligenfchein  der  fchlichten  Dinge 
und  fimpeln  Menfchen,  die  Idylle  Englands.  Er  hat  feine 
Helden,  feine  Schickfale  in  den  engen  Straßen  der  Vor- 
ftädte  gefucht,  an  denen  die  andern  Dichter  achtlos  vor- 
beigingen. Die  fuchten  ihre  Helden  unter  den  Kron- 
leuchtern der  ariftokratifchen  Salons,  auf  den  Wegen  in 
den  Zauberwald  der  fairy  tales,  fie  forfchten  nach  dem 
Entlegenen,  Ungewöhnhchen  und  Außerordentlichen. 
Ihnen  war  der  Bürger  die  Subftanz  gewordene  irdifche 
Schwerkraft,  und  fie  wollten  nur  feurige,  koftbare,  in  Ek- 
ftafen  aufftrebende  Seelen,  den  lyrifchen,  den  heroifchen 
Menfchen.  Dickens  fchämte  fich  nicht,  den  ganz  ein- 
fachen Tagwerker  zum  Helden  zu  machen.  Er  war  ein 
Selfmademan;  er  kam  von  unten  und  bewahrte  diefem 
Milieu  eine  rührende  Pietät.  Er  hatte  einen  fehr  merk- 
würdigen Enthufiasmus  für  das  Banale,  eine  Begeifterung 
für  ganz  wertlofe  altväterifche  Dinge,  für  den  Kleinkram 
des  Lebens.  Seine  Bücher  find  felbft  fo  ein  curiosity  shop 
voll  mit  Gerumpel,  das  jeder  für  wertlos  gehalten  hätte,  ein 
Durcheinander  von  Seltfamkeiten  und  fchnurrigen  Nichtig- 
keiten, die  jahrzehntelang  vergeblich  auf  den  Liebhaber  ge- 
wartet hatten.  Aber  er  nahm  diefe  alten  wertlofen,  ver- 
ftaubten  Dinge,  putzte  fie  blank,  fügte  fie  zufammen  und 
ftellte  fie  in  die  Sonne  feiner  Heiterkeit.  Und  da  fingen 
fie  plötzlich  an  zu  funkeln  mit  einem  unerhörten  Glanz. 
So  nahm  er  die  vielen  kleinen  verachteten  Gefühle  aus  der 


"3 


Bruft  einfacher  Menfchen,  horchte  fie  ab,  fügte  ihr  Räder- 
werk  zufammen,  bis  fie  wieder  lebendig  tickten.  Plötz- 
lich begannen  fie  da  wie  kleine  Spieluhren  zu  furren,  zu  j 
fchnurren  und  dann  zu  fingen,  eine  leife  altväterifche  Me- 
lodie, die  lieblicher  war  als  die  fchwermütigen  Balladen  , 
der  Ritter  aus  Legendenland  und  die  Kanzonen  der  Lady 
vom  See.  Die  ganze  bürgerliche  Welt  hat  Dickens  lo  aus 
dem  Afchenhaufen  der  Vergeffenheit  aufgeftöbert  und  wie- 
der blank  zufammengefügt:  in  feinem  Werk  erft  wurde 
fie  wieder  eine  lebendige  Welt.  Ihre  Torheiten  und  Be- 
fchränktheiten  hat  er  durch  Nachficht  begreiflich,  ihre 
Schönheiten  durch  Liebe  finnfällig  gemacht,  ihren  Aber- 
glauben verwandelt  er  in  eine  neue  und  fehr  dichterifche 
Mythologie.  Das  Zirpen  des  Heimchens  am  Herd  ift 
Mufik  geworden  in  feiner  Novelle,  die  Silvefterglocken 
fprechen  mit  menfchlichen  Zungen,  der  Zauber  der  Weih- 
nacht \erföhnt  Dichtung  dem  religiöfen  Gefühl.  Aus  den 
kleinen  Feften  hat  er  einen  tieferen  Sinn  geholt;  er  hat  ' 
allen  diefen  fchlichten  Leuten  die  Poefie  ihres  täglichen 
Lebens  entdecken  geholfen,  ihnen  noch  lieber  gemacht, 
was  ihnen  fchon  das  Liebfte  war,  ihr  home,  das  enge 
Zimmer,  wo  der  Kamin  mit  roten  Flammen  praffelt  und 
das  dürre  Holz  zerknackt,  wo  der  Tee  am  Tifche  furrt 
und  fingt,  wo  die  wunfchlofen  Exiftenzen  fich  abfperren 
von  den  gierigen  Stürmen,  den  wilden  Verwegenheiten 
der  Welt.  Die  Poefie  des  Alltäglichen  wollte  er  alle  die 
lehren,  die  in  den  Alltag  gebannt  waren.  Taufenden  und 
^Millionen  hat  er  gezeigt,  wo  das  Ewige  in  ihr  armes  Leben 
hinabreichte,  wo  der  Funke,  der  ftille  Freude  verfchüttet, 
unter  der   Afche  des  Alltags  lag,  er  hat  fie  gelehrt,  ihn 


114 


äutflammen  zu  lafTen  zu  heiter  behaglicher  Glut.  Helfen 
wollte  er  den  Armen  und  den  Kindern.  Was  über  diefen 
Mittelftand  des  Lebens,  materiell  oder  geiftig,  hinausging, 
war  ihm  antipathilch;  er  liebte  nur  das  Gewöhnliche,  das 
Durchfchnittliche  von  ganzem  Herzen.  Den  Reichen  und 
den  Ariltokraten,  den  Begünftigten  des  Lebens  war  er 
gram.  Die  fmd  faft  immer  Schurken  und  Knaufer  in  fei- 
nen Büchern,  feiten  Porträts,  faft  immer  Karikaturen.  Er 
mochte  iie  nicht.  Zu  oft  hatte  er  als  Kind  dem  Vater 
ins  Schuldgefängnis,  in  die  MariTialea,  Briefe  gebracht,  die 
Pfändungen  gefehen,  zu  fehr  die  liebe  Not  des  Geldes  ge- 
kannt; jahraus,  jahrein  war  er  in  Hungerford  Stairs  ganz 
oben  in  einem  kleinen,  fchmutzigen,  fonnenlofen  Zimmer 
gefeiTen,  hatte  Schuhwichfe  in  Tiegel  eingeftrichen  und 
mit  Fäden  Hunderte  und  Hunderte  täglich  umwickelt,  bis 
ihm  die  kleinen  Kinderhände  brannten  und  die  Tränen  der 
Zurückfetzung  aus  den  Augen  fchoffen.  Zu  fehr  hatte  er 
Hunger  und  Entbehrung  gekannt  an  den  kalten  Nebel- 
morgen der  Londoner  Straßen.  Keiner  hatte  ihm  damals 
geholfen,  die  Karoffen  waren  vorübergefahren  an  dem  frie- 
renden Knaben,  die  Reiter  vorbeigetrabt,  die  Tore  hatten 
fleh  nicht  aufo-etan.  Nur  von  den  kleinen  Leuten  hatte 
er  Gutes  erfahren:  nur  ihnen  wollte  er  darum  die  Gabe 
erwidern.  Seine  Dichtung  ift  eminent  demokratifch  — 
nicht  fozialiftifch,  dazu  fehlt  ihm  der  Sinn  für  das  Radi- 
kale — ,  Liebe  und  Mitleid  allein  geben  ihr  pathetifches 
Feuer.  In  der  bürgerlichen  Welt  —  in  der  mittleren  Sphäre 
zwifchen  Armenhaus  und  Rente  —  ift  er  am  liebften  ge- 
blieben; nur  bei  diefen  fchlichten  Menfchen  hat  er  fich 
wohlgefühlt.    Er  malt  ihre  Stuben  mit  Behaglichkeit  und 


"5 


Breite  aus,  als  wollte  er  felbft  darin  wohnen,  webt  ihnen 
bunte  und  immer  mit  fonnigem  Feuer  überflogene  Schick- 
iale,  träumt  ihre  befcheidenen  Träume;  er  ilt  ihr  Anwalt, 
ihr  Prediger,  ihr  Liebling,  die  helle,  ewig  warme  Sonne 
ihrer  fchlichten,  grautönigen  Welt. 

Aber  wie  reich  ift  fie  durch  ihn  geworden,  diele  befchei- 
dene  Wirklichkeit  der  kleinen  Exiftenzen!  Das  ganze  bür- 
gerliche Beifammenfein  mit  feinem  Hausrat,  dem  Kunter- 
bunt der  Berufe,  dem  unüberfehbaren  Gemifch  der  Ge- 
fühle ift  noch  einmal  Kosmos  geworden,  ein  All  mit  Sternen 
und  Göttern  in  feinen  Büchern.  Aus  dem  flachen,  ftagnie- 
renden,  kaum  wellenden  Spiegel  der  kleinen  Exiftenzen 
hat  hier  ein  fcharfer  Blick  Schätze  erfpäht  und  fie  mit  dem 
feinmafchigften  Netz  ans  Licht  gehoben.  Aus  dem  Ge- 
wühl hat  er  Menfchen  gefangen,  o  wie  viele  Menfchen, 
Hunderte  von  Geftalten,  genug,  eine  kleine  Stadt  zu  be- 
\ölkern.  Unvergeßliche  find  unter  ihnen,  Geftalten,  die 
ewig  find  in  der  Literatur  und  fchon  mit  ihrer  Exiftenz 
hinausreichen  in  den  wirklichen  Sprachbegriff  des  Volkes, 
Pickwick  und  Sam  Weller,  Pecksniff  und  Betfey  Trot- 
wood,  fie  alle,  deren  Namen  in  uns  lächelnde  Erinnerung 
zauberifch  entfachen.  Wie  reich  find  diefe  Romane!  Die 
Epifoden  des  David  Copperfield  genügten  für  fich  allein, 
das  dichterifche  Lebenswerk  eines  andern  mit  Tatiächlich- 
keiten  zu  verforgen;  Dickens'  Bücher  find  eben  wirkliche 
Romane  im  Sinn  der  Fülle  und  unabläfiigen  Bewegtheit, 
nicht  wie  unfere  deutfchen  faft  alle  nur  ins  Breite  gezerrte  ply- 
chologifche  Novellen.  Es  gibt  keine  toten  Punkte  in  ihnen, 
keine  leeren  fandigen  Strecken,  fie  haben  Ebbe  und  Flut 
von  Gefchehniffen,  und  wirklich,  wie  ein  Meer  find  fie 

ii6 


unergründlich  und  unüberfehbar.  Kaum  kann  man  das  hei- 
tere und  wilde  Durcheinander  der  wimmelnden  Menfchen 
überfchauen;  fie  drängen  herauf  an  die  Bühne  des  Herzens, 
ftoßen  einer  wieder  den  andern  hinab,  wirbeln  vorbei.  Wie 
Wogenkämme  tauchen  fie  auf  aus  der  Flut  der  Riefen- 
ftädte,  ftürzen  wieder  in  den  Gifcht  der  Ereignifle,  aber 
fie  tauchen  neu  auf,  fteigen  und  fallen,  umfchlingen  ein- 
ander oder  ftoßen  fich  ab:  und  doch,  diefe  Bewegungen  find 
keine  zufälligen,  hinter  der  ergötzlichen  Wirrnis  waltet 
eine  Ordnung,  die  Fäden  flechten  fich  immer  wieder  zu- 
fammen  in  einen  farbigen  Teppich.  Keine  der  Geltalten, 
die  nur  fpaziergängerifch  vorbeizuftreifen  fcheinen,  geht 
verloren;  alle  ergänzen,  befördern,  befeinden  einander, 
häufen  Licht  oder  Schatten.  Kraufe,  heitere,  ernfte  Ver- 
wicklungen treiben  in  katzenhaftem  Spiel  den  Knäuel  der 
Handlung  hin  und  her,  alle  Möglichkeiten  des  Gefühls 
klingen  in  rafcher  Skala  auf  und  nieder,  alles  ift  gemengt: 
Jubel,  Schauer  und  Übermut;  bald  funkelt  die  Träne  der 
Rührung,  bald  die  der  lofen  Heiterkeit.  Gewölk  zieht  auf, 
zerreißt,  türmt  fich  aufs  neue,  aber  am  Schluffe  ftrahlt  die 
vom  Gewitter  reine  Luft  in  wundervoller  Sonne.  Manche 
diefer  Romane  find  eine  Ilias  von  taufend  Einzelkämpfen, 
die  Ilias  einer  entgötterten  irdifchen  Welt,  manche  nur 
eine  friedfertige  befcheidene  Idylle;  aber  alle  Romane,  die 
vortrefflichen  wie  die  unlesbaren,  haben  dies  Merkmal  einer 
verfchwenderifchen  Vielfalt.  Und  alle  haben  fie,  felbft  die 
wildeften  und  melancholifcheften,  in  den  Fels  der  tragifchen 
Landfchaft  kleine  Lieblichkeiten  wie  Blumen  eingefprengt. 
Überall  blühen  diefe  unvergeßlichen  Anmutigkeiten:  wie 
kleine  Veilchen,  befcheiden  und  verfteckt,  warten   fie  im 


117 


weitgefpannten  Wiefenplan  feiner  Bücher,  überall  fprudelt 
die  klare  Quelle  forglofer  Heiterkeit  klingend  von  dem 
dunkeln  Geftein  der  fchroffen  GefchehniiTe  nieder.  Es 
gibt  Kapitel  bei  Dickens,  die  man  nur  Landfchaften  in 
ihrer  Wirkung  vergleichen  kann,  fo  rein  find  fie,  fo  gött- 
lich unberührt  von  irdifch'en  Trieben,  fo  lonnig  blühend 
in  ihrer  heiteren  milden  Menfchlichkeit.  Um  ihretwillen 
fchon  müßte  man  Dickens  lieben,  denn  fo  verfchwende- 
rifch  find  diefe  kleinen  Künfte  verftreut  in  feinem  Werk, 
daß  ihre  Fülle  zur  Größe  wird.  Wer  könnte  allein  feine 
Menfchen  aufzählen,  alle  diefe  kraufen,  jovialen,  gutmüti- 
gen, leicht  lächerlichen  und  immer  fo  amüfanten  Menfchen? 
Sie  find  aufgefangen  mit  all  ihren  Schrullen  und  individu- 
ellen Eigentümlichkeiten,  eingekapfelt  in  die  feltfamften  Be- 
rufe, verwickelt  in  die  ergötzlichften  Abenteuer.  Und  fo 
viele  fie  auch  find,  keiner  ift  dem  andern  ähnlich,  fie  find 
minutiös  bis  ins  kleinfte  Detail  perfönlich  herausgearbeitet, 
nichts  ift  Guß  und  Schema  an  ihnen,  alles  Sinnlichkeit 
und  Lebendigkeit,  fie  alle  find  nicht  erfonnen,  fondern  ge- 
fehen.  Gefehen  von  dem  ganz  unvergleichlichen  Blick  die- 
fes  Dichters. 

Diefer  Blick  ift  von  einer  Präzifion  fondergleichen,  ein 
wunderbares,  unbeirrbares  Inftrument.  Dickens  war  ein 
vifuelles  Genie.  Man  mag  jedes  Bildnis  von  ihm,  das  der 
Jugend  und  das  (beffere)  der  Mannesjahre  betrachten:  es 
ift  beherrfcht  von  diefem  merkwürdigen  Auge.  Es  ift  nicht 
das  Auge  des  Dichters,  in  fchönem  Wahnfinn  rollend  oder 
elegifch  umdämmert,  nicht  weich  und  nachgiebig  oder 
feurig -vifionär.  Es  ift  ein  englifches  Auge:  kalt,  grau, 
fcharfblickend  wie  Stahl.     Und  ftählern   war  es  auch  wie 


ii8 


ein  Trefor,  in  dem  alles  unverbrennbar,  unverlierbar,  ge- 
wiflermaßen  luftdicht  abgefchlolTen  ruhte,  was  ihm  irgend- 
einmal,  geftern  oder  vor  vielen  Jahren,  von  der  Aui3enwelt 
eingezahlt  worden  war:  das  Erhabenfte  wie  das  Gleich- 
gültigfte,  irgendein  farbiges  Schild  über  einem  Kramladen 
in  London,  daß  der  Fünfjährige  vor  undenklicher  Zeit  ge- 
fehen,  oder  ein  Baum  mit  feinen  auffpringenden  Blüten 
gerade  drüben  vor  dem  Fenfter.  Nichts  ging  diefem  Auge 
verloren,  es  war  ftärker  als  die  Zeit;  fparfam  reihte  es  Ein- 
druck an  Eindruck  im  Speicher  des  GedächtnifTes,  bis  der 
Dichter  ihn  zurückforderte.  Nichts  rann  in  VergefTenheit, 
wurde  blaß  oder  fahl,  alles  lag  und  wartete,  blieb  voll  Duft 
und  Saft,  farbig  und  klar,  nichts  ftarb  ab  oder  welkte.  Un- 
vergleichlich ift  bei  Dickens  das  Gedächtnis  des  Auges. 
Mit  feiner  ftählernen  Schneide  zerteilt  er  den  Nebel  der 
Kindheit:  in  „David  Copperfield",  diefer  verkappten  Auto- 
biographie, find  Erinnerungen  des  zweijährigen  Kindes  an 
die  Mutter  und  das  Dienftmädchen  mit  MefTerfchärfe  wie 
Silhouetten  vom  Hintergrund  des  Unbewußten  losgefchnit- 
ten.  Es  gibt  keine  vagen  Konturen  bei  Dickens;  er  gibt 
nicht  vieldeutige  Möglichkeiten  der  Vifion,  fondern  zwingt 
zur  Deutlichkeit.  Seine  darftellende  Kraft  läßt  der  Phan- 
tafie  des  Lefers  keinen  freien  Willen,  er  vergewaltigt  fie 
(weshalb  er  auch  der  ideale  Dichter  einer  phantafielofen 
Nation  wurde).  Stellt  zwanzig  Zeichner  vor  feine  Bücher 
und  verlangt  die  Bilder  Copperfields  und  Pickwicks:  die 
Blätter  werden  fich  ähnlich  fehen,  werden  in  unerklärlicher 
Ähnlichkeit  den  feiften  Herrn  mit  üer  weißen  Wefte  und 
den  freundlichen  Augen  hinter  den  Brillengläfern  oder  den 
hübfchen  blonden,  ängftlichen  Knaben  auf  der  Poftkutfche 


119 


nach  Yarmouth  darftellen.  Dickens  Tchildert  (o  fcharf,  fo 
minutiös,  daß  man  feinem  hypnotiiierenden  Blicke  folgen 
muß;  er  hatte  nicht  den  magifchen  Blick  Balzacs,  der  die 
Menfchen  der  feurigen  Wolke  ihrer  Leidenfchaften  fich 
erft  chaotifch  formend  entringen  läßt,  fondern  einen  ganz 
irdifchen  Blick,  einen  Seemanns-,  einen  Jägerblick,  einen 
Falkenblick  für  die  kleinen  Menfchlichkeiten.  Aber  Klei- 
nigkeiten, fagte  er  einmal,  fmd  es,  die  den  Sinn  des  Lebens 
ausmachen.  Sein  Blick  hafcht  nach  kleinen  Merkzeichen, 
er  fleht  den  Flecken  am  Kleid,  die  kleinen  hilflofen  Geften 
der  Verlegenheit,  er  faßt  die  Strähne  roten  Haares,  die 
unter  einer  dunkeln  Perücke  hervorlugt,  wenn  ihr  Eigner 
in  Zorn  gerät.  Er  fpürt  die  Nuancen,  taftet  die  Bewegung 
jedes  einzelnen  Fingers  bei  einem  Händedruck  ab,  die  Ab- 
fchattung  in  einem  Lächeln.  Er  war  Jahre  vor  feiner 
literarifchen  Zeit  Stenograph  im  Parlament  gewefen  und 
hatte  fich  dort  geübt,  das  Ausführliche  ins  Summarifche 
zu  drängen,  mit  einem  Strich  ein  Wort,  mit  kurzem  Schnör- 
kel einen  Satz  darzustellen.  Und  fo  hat  er  fpäter  dichte- 
rifch  eine  Art  Kurzfchrift  des  Wirklichen  geübt,  das  kleine 
Zeichen  hingeftellt  ftatt  der  Befchreibung,  eine  Effenz  der 
Beobachtung  aus  den  bunten  Tatfächlichkeiten  deftilliert. 
Für  diefe  kleinen  Äußerlichkeiten  hatte  er  eine  unheim- 
liche Scharffichtigkeit,  fein  Blick  überfah  nichts,  faßte,  wie 
ein  guter  Verfchluß  am  photographifchen  Apparat,  das 
Hundertftel  einer  Sekunde  in  einer  Bewegung,  einer  Gelte. 
Nichts  entging  ihm.  L^nd  diefe  Scharffichtigkeit  wurde 
noch  gefteigert  durch  eine  ganz  merkwürdige  Brechung 
des  Blicks,  die  den  Gegenftand  nicht  wie  ein  Spiegel  in 
feiner   natürlichen    Proportion   widergab,   fondern  wie   ein 


120 


Hohlfpiegel  ins  Charakteriftifche  übertrieb.  Dickens  unter- 
ftreicht  immer  die  Merkzeichen  feiner  Menfchen,  er  dreht 
lie  aus  dem  Objektiven  hinüber  ins  Gefteigerte,  ins  Kari- 
katuriftifche.  Er  macht  fie  intenfiver,  erhebt  fie  zum  Sym- 
bol. Der  wohlbeleibte  Pickwick  wird  auch  feelifch  zur 
Rundlichkeit,  der  dünne  Jingle  zur  Dürre,  der  Böfe  zum 
Satanas,  der  Gute  die  leibhaftige  Vollendung.  Dickens 
übertreibt  wie  jeder  große  Künftler,  aber  nicht  ins  Gran- 
diofe,  fondern  ins  Humoriftifche.  Die  ganze,  fo  unfäglich 
ergötzliche  Wirkung  feiner  Darftellung  entwuchs  nicht  fo 
fehr  feiner  Laune,  nicht  feinem  Übermut,  fondern  fie  faß 
fchon  in  diefer  merkwürdigen  Winkelftellung  des  Auges, 
das  mit  feiner  Überfchärfe  alle  Erfcheinungen  irgendwie 
ins  Wunderliche  und  Karikaturiftifche  übertrieben  auf  das 
Leben  zurückfpiegelte. 

Tatfächlich:  in  diefer  eigenartigen  Optik  —  und  nicht 
in  feiner  ein  wenig  zu  bürgerlichen  Seele  —  fteckt  Dickens' 
Genie.  Dickens  war  eigentlich  nie  Pfychologe,  einer,  der 
magifch  die  Seele  des  Menfchen  erfaßt,  aus  ihrem  hellen 
oder  dunklen  Samen  in  geheimnisvollem  Wachstum  fich 
die  Dinge  in  ihren  Farben  und  Formen  entfalten  ließ. 
Seine  Pfychologie  beginnt  beim  Sichtbaren,  er  charakte- 
rifiert  durch  Äußerlichkeiten,  allerdings  durch  jene  letzten 
und  feinften,  die  eben  nur  einem  dichterifch  fcharfen  Auge 
fichtbar  find.  Wie  die  englifchen  Philofophen,  beginnt  er 
nicht  mit  Vorausfetzungen,  fondern  mit  Merkmalen.  Die 
unfcheinbarften,  ganz  materiellen  Äußerungen  des  Seeli- 
fchen  fängt  er  ein  und  macht  an  ihnen  durch  feine  merk- 
würdig karikaturiftifche  Optik  den  ganzen  Charakter  augen- 
fällig.   Aus  Merkmalen  läßt  er  die  Spezies  erkennen.    Dem 


121 


Schullehrer  Creakle  gibt  er  eine  leife  Stimme,  die  mühfam 
das  Wort  gewinnt.  Und  fchon  ahnt  man  das  Grauen  der 
Kinder  vor  diefem  Menfchen,  dem  die  Anftrengung  des 
Sprechens  die  Zornader  über  die  Stirne  fchwellen  läßt.  Sein 
Uriah  Heep  hat  immer  kalte,  feuchte  Hände:  fchon  atmet 
die  Geftalt  Mißbehagen,  fchlangenhafte  Widrigkeiten.  Klei- 
nigkeiten find  das,  Äußerlichkeiten,  aber  immer  folche,  die 
auf  das  Seelifche  wirken.  Manchmal  ift  es  eigentlich  nur 
eine  lebendige  Schrulle,  die  er  darftellt;  eine  Schrulle,  die 
mit  einem  Menfchen  umwickelt  ift  und  ihn  wie  eine  Puppe 
mechanifch  bewegt.  Seine  Charaktere  find  eigentlich  immer 
nur  eine  Summe  von  Merkmalen,  aber  von  fo  fcharfge- 
fchnittenen,  daß  fie  reftlos  ineinanderpaffen  und  ein  Bild 
vortrefflich  in  Mofaik  zufammenfetzen.  Und  darum  wir- 
ken fie  meiftens  immer  nur  äußerlich,  fmnfällig,  fie  erzeu- 
gen eine  intenfi^■e  Erinnerung  des  Auges,  eine  nur  vage 
des  Gefühles.  Rufen  wir  in  uns  eine  Figur  Balzacs  oder 
Doftojewskis  beim  Namen  auf,  den  Pere  Goriot  oder  Ras- 
kolnikow,  fo  antwortet  ein  Gefühl,  die  Erinnerung  an  eine 
Hingebung,  eine  Verzweiflung,  ein  Chaos  der  Leidenfchaft. 
Sagen  wir  uns  Pickwick,  fo  taucht  ein  Bild  auf,  ein  jo- 
vialer Herr  mit  reichlichen  Embonpoint  und  goldenen 
Knöpfen  auf  der  Wefte.  Hier  fpüren  wir  es:  an  die  Fi- 
guren Dickens'  denkt  man  wie  an  gemalte  Bilder,  an  die 
Doftojewskis  und  Balzacs  wie  an  Mufik.  Denn  diefe  fchaf- 
fen  intuitiv,  Dickens  nur  reproduktiv,  jene  mit  dem  gei- 
ftigen,  Dickens  mit  dem  körperlichen  Auge.  Er  faßt  die 
Seele  nicht  dort,  wo  fit  geilterhaft,  nur  von  dem  fieben- 
fach  glühenden  Licht  der  vifionären  Befchwörung  bezwun- 
gen, aus  der  Nacht  des  Unbew^ußten  fteigt,  er  lauert  dem 


122 


unkörperlichen  Fluidum  auf,  dort,  wo  es  einen  Nieder- 
fchlag  im  Wirklichen  hat,  er  hafcht  die  taufend  Wir- 
kungen des  Seelifchen  auf  das  Körperliche,  aber  dort  über- 
seht er  keine.  Seine  Phantafie  ift  eigentlich  bloß  Blick 
und  reicht  darum  nur  aus  für  jene  Gefühle  und  Geftalten 
der  mittleren  Sphäre,  die  im  Irdifchen  wohnen;  feine  Men- 
fchen  find  nur  plaftifch  in  den  gemäßigten  Temperaturen 
der  normalen  Gefühle,  in  den  Hitzegraden  der  Leiden- 
fchaft  zerfchmelzen  fie  wie  Wachsbilder  in  Sentimentalität, 
oder  fie  erftarren  im  Haß  und  werden  brüchig.  Dickens 
gelingen  nur  geradlinige  Naturen,  nicht  jene  ungleich  inter- 
effanteren,  in  denen  die  hundertfachen  Übergänge  vom 
Guten  zum  Böfen,  vom  Gott  zum  Tier  fließend  find.  Seine 
Menfchen  find  immer  eindeutig,  entweder  vortrefflich  als 
Helden  oder  niederträchtig  als  Schurken,  fie  find  präde- 
ftinierte  Naturen,  mit  einem  Heiligenfchein  über  der  Stirne 
oder  dem  Brandmal.  Zwifchen  good  und  wicked,  zwi- 
fchen  dem  Gefühlvollen  und  Gefühllofen  pendelt  feine 
Welt.  Darüber  hinaus,  in  die  Welt  der  geheimnisvollen 
Zufammenhänge,  der  myftifchen  Verkettungen,  weiß  feine 
Methode  keinen  Pfad.  Das  Grandiofe  läßt  fich  nicht  grei- 
fen, das  Heroifche  nicht  erlernen.  Es  ift  der  Ruhm  und 
die  Tragik  Dickens*,  immer  in  einer  Mitte  geblieben  zu 
fein  zwifchen  Genie  und  Tradition,  dem  Unerhörten  und 
dem  Banalen:  in  den  geregelten  Bahnen  der  irdifchen 
Welt,  im  Lieblichen  und  im  Ergreifenden,  im  Behaglichen 
und  Bürgerlichen. 

Aus  der  Einleitung  %ur  neuen  Dickens-Ausgabe. 


123 


ODE  AN  EINE  NACHTIGALL     VON  KEATS 

MEIN  Herz  tut  weh,  und  fchläfriges  Erlahmen, 
Als  hätt  ich  Gift  getrunken,  quält  mich  fehr. 
Betäubte  mich  ein  Trank  aus  giftigen  Samen? 
Mich  hüllt  Vergeffenheit,  ich  weiß  nichts  mehr. 
Doch  ifts  nicht  Neid  auf  dein  fo  glücklich  Los  — 
Nur  füllt  fo  fchwer  mit  Glück  dein  Glück  mich  an: 
Daß  du,  des  Walds  beflügelte  Drvade, 

In  lieblich  kühlem  Schoß, 
Im  Schatten,  den  das  Buchengrün  dir  fpann, 
Der  Freiheit  jubeln  kannft,  der  Sommergnade. 

O  Wein  jetzt!  Jungen  Wein,  den  Erde  kühlte. 
Den  dunkelkühl  ein  langes  Jahr  gereift. 
Der  fonngebräunten  Frohfinn  tanzen  fühlte 
Und  der  des  Pro\en9alen  Lied  begreift; 
O  einen  Becher  warmen  Südens  jetzt! 
O  Hippokrene,  die  zum  Rande  fchäumt 
Und  gern  und  gut  Begeifterung  bereitet 

Mit  Lippen,  rot  benetzt, 
Dich  will  ich  trinken,  daß  ich  ungefäumt 
Zum  Wald  entfch weben  kann,  von  dir  geleitet. 

Entfchweben,  ganz  vergehn  —  und  ganz  vergefTen, 
Was  du  in  deinem  Walde  nie  gekannt: 
Die  Menfchennot,  die  Mühen  unermefTen, 
Das  Sorgeniieber,  das  die  Herzen  bannt; 
Du  weißt  nicht,  wie  gelähmtes  Alter  ftöhnt, 
Wie  Denken  immer  nur  Sich-härmen  heißt. 


124 


Wie  Jugend  bleichtund  fchlelcht  und  fiecht  und  fchwlndet 

Und  wie  Verzweiflung  höhnt, 
Wo  Schönheit,  wenn  ihr  BHck  das  Leben  preift. 
Um  Liebe  weinen  lernt  und  bald  erblindet. 

Hinweg!  Zu  dir!  Doch  foU  nicht  Bacchus'  Wagen 
Mit  Pantherkraft  mich  ziehn,  nein!  Poefie 
Soll  mich  auf  unfichtbaren  Schwingen  tragen. 
Drückt  auch  dies  Hirn  noch  müde  Apathie. 
Schon  bin  ich  bei  dir!  Milde  ift  die  Nacht, 
Und  Luna  thront  mit  lächelndem  Geficht 
Und  überblickt  ihr  Sternenvolk  voll  Gnade, 

Doch  hat  fie  hier  nicht  Macht: 
Nur  manchmal  bläft  ein  Windhauch  etwas  Licht 
Durch  grüne  Dämmernis  auf  moofige  Pfade. 

Ich  fehe  nicht,  was  blüht  zu  meinen  Füßen, 
Welch  füßer  Balfam  rings  an  Zweigen  hängt; 
Doch  auch  im  Dunkel  ahn  ich,  was  an  fußen 
Duftwellen  atmend  in  die  Mainacht  drängt 
Aus  wildem  Beerenbaum  und  Gras  und  Strauch: 
Ich  atme  Weißdornduft  und  Rofenblühn 
Und  Veilchen,  die  in  Blätterbetten  fterben, 

Und  Mofchusrofen  auch. 
In  denen  morgens  bunte  Tropfen  glühn 
Und  abends  Sommerfliegen  fich  umwerben. 

Im  Dunkel  laufche  ich;  und  wie  Verlangen 
Mich  oft  fchon  faßte  nach  dem  ftillen  Grab, 
Wie  ich  dem  Tod,  mich  herzlich  zu  umfangen, 


125 


Schon  oft  in  Liedern  liebe  Namen  gab, 
So  Icheint  mir  Sterben  jetzt  befonders  fchön. 
Ach,  Tchmerzlos  mich  zu  löfen  in  die  Nacht, 
Indes  dein  Sang  in  heiligen  Ekltalen 
Befchüttet  Tal  und  Höhn 
Und  doch  mein  Herz  nicht  höher  fchlagen  macht. 
Das  nur  als  Duft  noch  fchwingt  im  blumigen  Rafen. 

Du  Vöglein  wurdeft  nicht  zum  Tod  geboren! 
Nein,  dich  zertritt  kein  hungerndes  Gefchlecht. 
Was  diefe  Nacht  mir  tönt,  fang  in  die  Ohren 
Dem  erften  König  fchon,  dem  erften  Knecht, 
Und  ift  vielleicht  derfelbe  Sang,  der  tief 
Der  heimwehkranken  Ruth  zum  Herzen  klang. 
Als  fie  in  Tränen  fchritt  durch  fremde  Gaffen, 

Derfelbe  Sang,  der  tief 
Bezaubernd  fich  um  Märchenfchlöffer  fchwans: 
Und  Feenreiche,  die  nun  längft  verlaiTen. 


t? 


Verlaffenl  Ach,  dies  Wort  ift  wie  das  Klingen 
Troftlofer  Glocken,  das  zu  mir  mich  mahnt! 
Auch  Phantafie  kann  nicht  Erlöfung  bringen, 
Wenn  ihr  nicht  Hoffnung  einen  Weg  gebahnt. 
Lebwohl!  Lebwohl!  Dein  Schmerzgefang  entfchwebt 
Zum  Wiefengrund  aus  Waldes  hohem  Dom, 
Ins  Tal  hinab  und  fchweigt  am  dunklen  Bache. 

Ward  mir  ein  Traum  belebt? 
Betrog  die  wachen  Sinne  ein  Phantom? 
Wer  fagt  mir,  ob  ich  fchiafe  oder  w^ache! 

Übertragen  'von  Gifela  Etzel. 


126 


Titel  ho  lz,fch7iitt  des  älteßen  EulenCpiegelbuchs. 


DER  AMBOSS     VON  KARL  VOLLMÖLLER 

DEN  Schlag  zu  leiden,  nicht  den  Schlag  zu  tun 
Und  fekgebannt  in  Reifen,  Block  und  Mauern, 
Im  Harren  dulden  und  im  Dulden  dauern, 

Der  Tat  entfagend,  dennoch  nie  zu  ruhn.  — 

Es  Tank  die  Nacht  vom  rußigen  Gebälk, 
Die  wilden  Ofen,  trüben  EfTen  feiern, 
Die  hohlen  Bälge  hängen  fchlaff  und  welk; 
Wie  müde  Krieger,  träumelos  und  bleiern. 

Schlafen  die  lauten  Hämmer  an  der  Wand. 
Was  blieb  von  Tages  Schlachtgetön  und  Dröhnen 
Als  Schweigen,  Afche  und  verglafter  Sand  — 
Da  hebt  im  Dunkel  fich  ein  leifes  Stöhnen; 

Ein  Seufzer  wie  des  Werkmanns  fpät  am  Tage. 
Du  wendeft  dich  und  ftehft  und  horchft  erfchrocken. 
Schon  fchwillt  es  wie  das  Summen  großer  Glocken: 
Dem  Herz  von  Stahl  ward  das  Gefchenk  der  Klage, 

Und,  in  ergreifendem  und  großem  Hall 

Die  eigne  Qual  und  fremde  Tat  zu  preifen  .  . 

Nun  horch:  Es  ftöhnt  das  fchmerzliche  Metall! 

Nun  horch:  Es  iubelt  das  gequälte  Eifen! 

HEINRICH  MANN  /  VON  LUCIA  DORA  FROST 

DIE  Schlange  hat  ein  Geheimnis,  sprach  der  von  Unruhe 
gequälte  Menfch :  fie  ift klug,  fie  weiß  mehr  als  wir;  was 
uns  quält,  ift  ihr  bekannt;  da  ilt  kein  Zweifel.    Man  fieht 

128 


Antowe  Pesne:  Friedrich  der  Große  und  feine  Sch^jseßer,  die  Markgräfin 
'von  Bayreuth,  als  Kinder. 


das  wohl,  wenn  fie  über  der  Landfchaft  hängt,  ihre  Ruhe 
Ichleppen  läßt  und  fchillert  vor  Zufriedenheit.  Kann  man 
denn  fo  augenfcheinHch  glücklich,  fo  herausfordernd  gleich- 
gültig fein,  ohne  das  Zauberwort  zu  kennen  für  alle  Ver- 
wandlungen? Wir  wilTen,  daß  man  es  nicht  kann.  Man 
kann  nicht  ruhig,  man  kann  nicht  fchön,  man  kann  nicht 
mächtig  fein,  bevor  man  eingeweiht  ift  in  diefes  Rätiel. 
Aber  nur  Geduld:  wir  fchließen  fie  ein,  diefe  Hochmütige, 
die  böfe  ift  vor  AllwiiTenheit;  iie  wird  es  nicht  übelnehmen, 
wenn  man  ihr  fchmeichelt;  und  irgendwie  wird  fie  alles  ver- 
raten. Auch  v/ir  werden  einft  die  Mundwinkel  anziehen 
und  zufrieden  mit  den  Augen  glänzen;  auch  unfer  Geift 
wird  einft  gefättigt  fein  und  die  GeheimnilTe  der  Welt  vor 
unfern  Augen  fchaukeln  und  gleiten  lallen ;  wir  werden  fo 
glatt  und  gewiß  fein  wie  fie  und  ebenfo  unbedingt  zifchen. 
Und  fo  erfuhr  man,  was  man  wollte.  Die  Schlange  hatte 
kein  Geheimnis,  aber  man  fand  alle,  die  man  in  ihr  ver- 
mutete. Die  Schönheit  felbft  lehrte  nichts,  aber  an  ihrer 
Oberfläche  entzündete  fich  ftets  der  heilige  Hunger  des 
Geiftes.  Die  Schönheit  forderte  den  Menfchen  heraus  und 
erfchloß  feine  Empfindung;  und  wenn  mit  dem  Verftehen 
der  Dinge  das  Leiden  an  ihrer  Fremdheit  wuchs,  dann 
wurde  die  Schönheit  zum  zweitenmal  zum  Idol:  durch 
ihre  Selbftficherheit.  Eine  doppelte  Sehnfucht  kreifte  um 
fie:  die  Sehnfucht  nach  einer  Seele  von  der  Weite  des 
Geiftes  und  der  Sicherheit  des  Blutes.  Die  Schönheit  war 
der  Sehnfucht  des  Menfchen  ein  Hiifsbild,  ein  finnlicher 
Halt  für  ein  geiftig-immaterielles  Streben.  Man  glaubte  in 
ihr  verwirklicht,  was  man  erträumte.  Nur  alfo  dichtend 
kam   die  Menfchheit  vorwärts.    Sie  rankte  fich  empor  in 


129 


verkörperten  MißverrtändniiTen,  an  gefchaffener  oder  künft- 
licher  Schönheit.  Sie  dichtete  auch  das  Gefühl  der  Sehn- 
fucht  felblt  um,  in  niedrigere,  aber  leibhaftigere  Empfin- 
dungen: in  Neid,  in  Furcht,  in  Ehrfurcht  und  Anbetung. 
Ihr  Weg  war  eine  leidenfchaftliche  Ikonolatrie,  eine  Er- 
niedrigung, die  fie  vergeiftigte. 

So  dichtete  einit  die  ganze  IVIenfchheit  an  ihrem  Schick- 
falj  ernft,  auf  Leben  und  Tod,  mit  Leib  und  Seele,  tan- 
zend und  leidend.  Man  folgte  bedingungslos  den  Chor- 
führern diefes  Schickfalstanzes,  denen,  die  am  empfind- 
famften  waren,  die  ftärker  litten  und  fchöner  träumten, 
deren  verzweifelte  Gefpanntheit  fich  am  heftigften  ent- 
zündete an  der  hochfahrenden  Unnahbarkeit  der  Schönheit, 
denen  alle  Sinnlichkeit  nur  Vorwand  war  für  ein  geahntes 
Geiitiges,  die  Tat  ein  Gleichnis  und  die  große  Gefte  eine 
Erfchütterung,  die  das  Schickfal  klärte.  Aber  folgen  ihnen 
auch  heute  die  Millionen:  Scheint  es  nicht,  als  hätte  die 
Menfchheit  vergeiTen,  daß  fie  ein  geiftiges  Schickfal  hat.'' 
Zwar  fühlt  fich  der  Menfch  gehetzter  denn  je;  aber  wie 
niedrig-gewandt  ift  er  im  Flüchten!  Bevor  Verzweiflung 
ihn  fchlägt,  hat  er  fich  fchon  ins  Vergnügen  gerettet.  Er 
faßt  fein  Schickfal  nicht  ins  Augej  er  verfteht  weder  Leid 
noch  Erlöfung;  er  kennt  kaum  den  großen  Jäger,  der  ihn 
jagt.  Oder  fehlt  es  an  Führern?  an  Künftlern,  Dichtern, 
Sehern,  die  fo  ftark  und  wefentlich  lebten,  daß  fie  Antwort 
haben  auf  unfere  Fragen;  die  mit  der  Seele  leben,  die  ein 
Schickfalsleben  führen,  in  denen  fich  die  große  Linie  des 
Menfchheitschickfals  wiederholt;  die  nicht  enttäufchen, 
wenn  m.an  mit  fo  gefpannten  Erwartungen  vor  ihre  Werke 
tritt: 


130 


Dem  erften  Blick  zeigen  Heinrich  Manns  Romane  nur 
ein  kühneres,  ftärkeres,  glänzenderes  Leben,  eine  mutigere 
und  höhere  Stimmung.  In  der  „Herzogin  von  AlTy**  quillt 
ein  überwältigender  Reigen  von  gesteigerten  Gebärden 
herein,  einfam  bezweifelt  von  einem  linkifchen  Narren; 
die  Wunder  der  Hohen  Schule,  die  Freiheit  aus  der  Dressur 
gebiert,  ziehen  vorüber;  ein  weißes  Pferd  in  Farbenglanz 
und  zuckendem  Schellengeklirr  wird  in  die  Manege  ge- 
führt; ein  Zusammenklang  von  edler  Tierheit  und  dem 
Glanz  des  l'art  pour  l'art,  dem  adeligen  Zeremoniell  des 
Herzens  und  der  leichten  Sicherheit  überlegener  Abenteurer ; 
und  alles  umraufcht  von  den  aufprallenden  Garben  des 
Lichts,  ganz  leibhaftig  in  finnlichen  Festen,  und  durch 
die  ftrotzende  Fülle  der  Leiden  und  den  Trotz  des  Ge- 
nießens  der  Sphäre  fentimentaler  Teilnahm.e  fcheinbar  ent- 
rückt. Und  doch  ift  fchon  „Die  Herzogin  von  Affy"  ein 
lyrifcher  Roman,  ein  feelifches  Bekenntnis.  Im  Mittei- 
punkt  diefer  überreichen,  ftrotzenden  Welt  fteht  das  Wun- 
der, das  einzige  Wunder,  das  ganz  in  fich  ruhende,  in  fich 
gefangene  Wefen,  unberührbar,  unerklärlich  und  keiner 
Erklärung  bedürftig;  die  Affy,  die  undurchdringlich  ift,  am 
undurchdringlichften  in  der  Hingabe;  die  nichts  von  ihrer 
Souveränität  verliert,  als  fie  einem  Volk  die  Freiheit  dar- 
bietet, und  die  nichts  von  fich  aufgibt  als  Venus.  Um  diefe 
halb  göttliche  Geitalt,  die  Sphinx  diefer  V/elt,  dreht  fich 
der  Tanz  der  Sehnfucht,  der  Gier,  des  Neides  und  der 
Hoffnung.  Das  Erregende  der  Unzugänglichkeit,  der  alte 
Tanz  der  Gebrochenen  und  Gejagten  um  die  felbftgewiffe 
Schönheit,  die  durch  nichts  zu  fpalten  ift,  feiert  hier  eine 
mythifche    Auferftehung.     Die  Unerfchlofl'ene    erfchließt: 


131 


gepeinigt  und  empört  durch  die  Unangreifbarkeit  diefes 
Lebens,  das  keiner  Demütigung  zugänglich  ift,  müht  fich 
die  Welt  diei'es  Romans  in  Hai3  und  Rachgier  und  Ver- 
zückung um  das  Aufgehen  in  diefem  Geheimnis,  in  diefem 
felbi't\'erge{renen  Geheimnis,  das  die  Herzogin  von  Affv  ift; 
müht  ßch  und  prallt  ab.  Selbft  der  Tod,  der  mit  feinen  ge- 
bietendften  Schmerzen  um  fie  wirbt,  ftreckt  fie  nur  fteiler. 
Daß  Heinrich  Mann  in  diefer  Geftalt  feine  zentrale  Vor- 
ftellung  gefunden  hatte,  gab  ihm  Macht  über  alle  andern. 
Die  Sonne  hatte  fein  Auge  erweckt,  und  er  fah.  Er  konnte 
fich  jetzt  gegen  das  einftrömende  Leben  zur  Wehr  fetzen 
und  mit  einer  noch  größeren  Gebärde  zurückgeben,  was 
auf  ihn  eindrückte.  Keine  Schönheit,  die  fein  Stil  nicht 
noch  erhöbe,  keine  Größe,  keine  Farbe,  die  er  nicht  mit 
höherem  Feuer  zurückwürfe,  kein  Gedanke,  dem  er  nicht 
zu  feinem  ßnnlichen  Svmbol  verhülfe,  keine  Buntheit,  die 
er  nicht  zufammendrängend  \errtärkte.  An  der  Steilheit 
der  „Herzogin  von  AiTy"  richtet  fich  die  ganze  wider- 
fätzliche,  mächtige  Wirklichkeit.  Mann  fteht  hier  auf  der 
Stufe  des  alten  Menfchen,  der  mit  einem  Wort,  mit  einer 
einzigen  Geftalt  oder  Vorftellung  die  Welt  zu  bewältigen 
denkt,  der  in  einem  leidenfchaftlichen  Monismus  Rache 
nimmt  an  der  Vielheit  der  Erfcheinungen.  Diefer  gläubige 
Wille  lebte  in  dem  leidenfchaftlichen  Traum  der  indifchen 
Zauberer,  die  Welt  in  eine  Hand  zu  bannen,  er  lebte  in 
dem  Glauben  an  die  Quinteffenz,  er  lebt  in  der  Energie, 
die  aus  jeder  Itarken  Wefensabftraktion  ftrahlt,  der  Ener- 
gie, die  entfchloiTen  ift,  auf  das  Geheimnis  des  Mittelpunk- 
tes loszudringen,  um  ^■on  ihm  aus  das  Netz  der  Welt  zu 
beherrfchen. 


132 


Ein  Irrtum,  den  die  Menfchheit  teuer  bezahlt  hat,  an 
dem  fie  heute  noch  leidet.  Auch  Mann  hat  ihn  gebüßt. 
Er  hatte  nun  eine  Art,  mit  der  Welt  fertig  zu  werden, 
er  wußte,  wie  man  fie  geiftig  bewältigen  könnte,  hatte  das 
Funktionelle  einer  Methode  und  hätte  mit  ihr  einen  glän- 
zenden Eroberungszug  machen  können.  Er  hatte  die  Distanz 
zur  Welt,  die  zum  Stil  notwendig  iit.  Diefer  Stil  hätte 
wie  ein  Streitroß  durch  die  Länder  der  Menfchen,  durch 
die  Gefchichte  getragen;  aber  es  wäre  vergebens  gewefen: 
diefer  Stil  war  nur  Tyrannei;  ihm  fehlte  die  Intimität  der 
Herrfchaft.  Ein  folches  Gefühl  muß  bisweilen  die  Er- 
oberer befchlichen  haben,  die  unterworfene  Völker  aus  dem 
Sattel  regierten;  gewaltfam,  anerkannt,  unbezweifelt,  aber 
ohne  Gemeinfamkeit,  ausgefchloffen,  zum  Selbftgenuß  ver- 
urteilt. Es  zeigt  fich,  daß  man  fich  ifoliert,  je  mehr  man 
erobert.  Jeder  Sieger  fieht  fich  von  der  Wirklichkeit  ge- 
trennt; fo  wie  der  Gläubige,  der  in  feinem  Gott  eine  Brücke 
zu  allem  gefunden  glaubte,  erfährt,  daß  der  ihn  gerade  von 
der  Welt  abfchließt,  feine  Weltbegierde  in  Weltfei ndfchaft 
wandelt,  feinen  Glauben  in  Fanatismus.  Ja  noch  mehr: 
daß  er  ihn  auch  von  fich  felbft  trennt.  Die  Qual  des  Be- 
urteilenmüfTens  und  ihre  GewifTenhaftigkeit  wacht  nicht 
nur  der  Welt,  fondern  auch  fich  felbft  gegenüber.  Drückte 
zuerft  die  Übermacht  |der  Umwelt,  fo  jetzt  die  eigene, 
künftlich-gewaltfame  Übermacht  und  Einfamkeit.  Und 
die  Furcht  vor  der  Abdankung. 

Die  Tyrannei,  die  verzweifelte  Unbedenklichkeit  des 
Menfchen  in  einer  eroberten  Stellung,  die  Überzeugung, 
daß  die  Kunlt  wie  jede  große  Tat  nur  eine  rächerifche 
Antwort  der  Emplindiamkeit  fei  auf  die  Herausforderung 


^33 


der  Welt:  diefe  Probleme  machten  ihn  ruhelos.  Alle  Werke 
in  den  Jahren  nach  der  „Herzogin  von  AfTy"  zeigen  da- 
her die  Seele  auf  der  Wanderung.  Er  fucht  die  Welt  ab 
nach  einem  Ort,  wo  er  ruhen  könnte;  und  zurückkehrend 
fch weift  er  um  die  Einfriedigung  des  Gartens,  in  dem.  er 
einft  gleich  allen  gewi{3  und  glücklich  lebte ,  aus  dem  er 
vertrieben  ift,  weil  feine  Augen  aufgetan  wurden.  Er  fieht 
fo  fcharf  wie  ein  Suchender;  fo  wiffend  wie  ein  Vertrie- 
bener; und  wirft  das  Bild  fo  mitleidlos  zurück  wie  ein 
Anfpruchsvoller,  der  in  der  Tiefe  auf  ein  Schickfalswunder 
wartet:  mit  allen  Farben  des  Hohns,  der  Geringfehätzung 
und  der  Sehnfucht.  In  diefem  prüfenden  Blick  des  Zwei- 
fels wird  jedes  Erlebnis  auf  die  Spitze  der  letzten  Probe 
getrieben.  Wie  die  Frau,  die  an  des  Ritters  Liebe  zwei- 
felt, ihren  Handfchuh  zwifchen  zwei  Gefahren  wirft,  wie 
es  den  Knaben,  dem  fein  Mut  und  (eine  Kraft  proble- 
matifch  find,  treibt,  durch  die  faufenden  Windmühlen- 
flügel zu  reiten,  fo  wird  der  an  Erlöfung  Zweifelnde  ftets 
auf  die  letzte  Frage  getrieben;  und  nirgends  zeigt  fich 
etwas  Unbedingtes;  immer  endet  es:  alfo  das  ift  die  Grenze. 
So  entftehen  zwifchen  den  ruhelos  wandernden  Romanen 
die  fteilen  Novellen  mit  dem  rapiden  Tempo,  den  Sätzen, 
die  ohne  zu  federn  aufeinanderprallen,  den  überganglofen, 
fo  kühnen  wie  zwingenden  Farbenftellungen.  Im  „Pippo 
Spano"  flüchtet  lieh  ein  Dichter,  der  Umriß  einer  Seele 
ohne  die  Atmosphäre  der  Leiblichkeit,  in  die  Leidenfchaft 
der  Seele  aus  Fleifch,  glaubt  fich  gerettet  und  bleibt  ftecken, 
als  es  toternft  wird.  L^nd  Lola,  die  „zwifchen  den  Raffen" 
fteht,  glaubt  leben  zu  können  von  der  Trockenheit  der 
Eleganz,  dem  Schillern  der  Oberfläche,  dem  Zeremoniell 


134 


des  Herzens  und  der  Dynamik  der  Sinne;  aber  vergebens: 
fie  ift  tiefer,  fie  ift  zu  deutfch,  und  die  Sehnfucht  der  Seele 
nach  einem  weiteren  Leben  bleibt.  Sie  lebt  zwifchen  zwei 
Männern  und  gehört  keinem;  fie  muß  den  einen  fchlagen 
und  den  andern  fchonen.  Nirgends  Ruhe,  nirgends  Er- 
füllung. In  diefem  raftlofen  Feuer  erreicht  der  Stil  feine 
fchlackenlofe  Reinheit,  die  Gedrängtheit,  in  der  das  All- 
tägliche ins  Mythifche  gefteigert  fcheint.  Die  Souveränität 
der  Technik  ift  ein  neues  Gift,  das  die  Einfamkeit  betäubt, 
bis  zur  Unbeteiligtheit  erhebt  und  faft  erlöft,  aber  fchreck- 
liche  Abftürze  im  Gefolge  hat,  wenn  der  Raufch  verfliegt. 
In  diefer  Hölle  leben  Ute  in  der  „Jagd  nach  Liebe",  die 
Branzilla  in  den  „Böfen":  zwifchen  Raufch,  Kämpfen, 
Abdankung  und  Aufraffen.  Alfo  nirgends  ein  Ausweg? 
Sehr  langfam,  fehr  zögernd,  immer  wieder  verleugnet 
und  unterdrückt  quillt  es  empor.  Schon  von  weit  her. 
Als  die  Affv  dahinging,  in  Schleiern  von  der  Farbe  der 
Melancholie,  wenn  fie  fich  entfchließt,  in  Schleiern,  ge- 
fchüttelt  vom  Schreiten  und  wehend  vom  Winde,  war  fie 
einen  Augenblick  unterdrückt  —  bewegt  von  dem  fernen 
Klang  eines  volkstümlichen  Inftruments,  bunt  und  ernft 
und  ewig;  geduldig  und  ohne  Unruhe  lockend.  Diefer 
Ton  taucht  wieder  auf;  fehr  ftark  und  verheißend  in  dem 
Roman  „Zwifchen  den  Raffen",  fchon  wieder  bezweifelt 
in  dem  „Tyrannen"  der  ,)Böfen".  Aber  der  Drang,  das 
ftolze  Leiden  der  Einfamkeit  abzudanken,  wird  unwider- 
ftehlich  und  unabweisbar.  Ift  es  denn  möglich,  die  Men- 
fchen  zu  empfinden,  die  Welt  zu  erleiden,  ohne  in  ihnen 
zu  ruhen?  Muß  nicht  das  tätige  Gefühl  in  dem  Maße 
wachfen,  wie  das  leidende  empfindet?     Breitet  nicht   der 


135 


Baum  gerade  (o  weit  feine  Wurzeln  aus,  wie  er  feine 
Zweige  treibt:  Gegen  die  Erfchloffenheit,  gegen  die  an- 
dringende Wucht  des  Mitfühlens  ift  nur  ein  Rückhalt  mög- 
lich: die  Refonanz  der  Allgemeinheit  in  fich  mitzufühlen, 
fich  in  dem  zu  ftärken,  wo  man  fich  mit  allem  berührt, 
berühren  könnte:  der  einfachen  Menfchlichkeit.  Gegen  die 
Menfchheit  muß  man  die  Menfchheit  zu  Hilfe  rufen. 

Und  in  diefer  ftürmifchen,  beftürzenden  Gewißheit,  daß 
hier  ein  Ausweg  fei,  wo  man  das  Ende  glaubte,  entfteht 
ein  Werk,  wie  es  nur  in  der  erften  Frifche  eines  neuen 
Glaubens  gelingen  kann,  in  dem  Glück  einer  tiefen,  inneren 
Erlöfung,  wo  in  einer  Stunde  die  Qual  eines  ganzen  Lebens 
ihre  Rechtfertigung  findet  und  ihren  Lohn.  Diefer  Roman 
„Die  kleine  Stadt",  der  in  klingenden,  farbigen  Abbrevia- 
turen diefe  ganze  Entwicklung  wiederholt,  führt  hinauf 
zu  einem  jubelnden  Cantico,  einem  Hohen  Lied  der  Ge- 
meinfchaft  und  ?^Ienfchlichkeit,  wie  zu  einem  Ausatmen 
nach  langem  Seufzen.  Aus  der  Dumpfheit,  die  weder  gut 
noch  böfe,  aber  immer  gewöhnlich  ift,  erwacht  die  kleine 
Stadt  durch  die  Berührung  mit  der  Schönheit  und  dem  hoch- 
gefteigerten  felbftficheren  Leben  der  Kunft  (verkörpert  in 
einer  Operntruppe)  zum  Bewußtfein,  entwickelt  unter  die- 
fer Herausforderung  ihre  Leidenfchaften,  Neid,  Eiferfucht, 
Ehrgeiz,  Verfolgung,  häuft  ihre  Schuld  und  wird  durch 
Unglück,  Leiden  und  Kämpfe  zur  Verföhnung  geleitet. 

Die  Darftellung  ift  von  Glück  getränkt,  vom  Glück  des 
Schaffens  und  von  der  Seligkeit  der  Erfüllung.  Die  Ein- 
famkeitszuftände,  die  Zweifel  tauchen  nur  auf  wie  ein  Echo, 
kaum  noch  in  gegenwärtiger  Qual,  fo  wie  man  im  Hafen 
an  die  Stürme  zurückdenkt;  fie  haben  ja  Zweck  gehabt, 


fie  find  gerechtfertigt.  Die  erften  Werke  waren  lyrifche 
Romane;  hier  ift  die  Lyrik  felbft  Roman  geworden;  das 
Menfchen-Selbftgefühl  ift  in  die  Tiefe  gefunken,  wo  es  mit 
allen  Menfchenwefen  gemeinfarn  geht;  die  Selbftbefinnung 
hat  zur  Einmütigkeit  geführt.  In  diefem  Roman  ift  die 
Transfubflantiation  der  Lvrik  in  Epik  vollzogen.  Seine 
Sprache  ift  Mufik  geworden.  Sätze,  wie  vom  Himmel  ge- 
fallen, erlöfchen  im  Blut  gleich  Melodien.  Die  Schickfale 
fchlingen  fich  umeinander  wie  die  Themen  einer  Sym- 
phonie; und  in  den  großen  Gefamtfzenen,  der  erften  Oper- 
aufführung, dem  Verföhnungsfeft,  führt  ein  verklärendes 
Gefühl  die  hundert  vertrauten  Einzelftimmen  zur  Einheit 
empor,  mühelos,  wie  die  Stimme  der  Primadonna,  in  Ein- 
famkeit,  in  Arbeit,  in  Entfagen  geläutert,  von  irdifcher 
Schwere  verlaffen  auffteigt  und  jeden  Hörer  fich  felbft  füh- 
len macht,  aber  in  einem  neuen,  reineren,  höheren  Element, 
in  dem  man  einander  wiedererkennt  und  fich  näher  ift. 
Diefer  Roman  ift  das  Refultat  eines  Lebens,  das  ganz 
auf  Erfahrung  der  Seele  geftellt  war;  und  ift  der  erfte  Ab- 
fchluß  eines  Gefamtwerkes.  Seine  vollkommene  Einheit  wäre 
fonft  ein  unbegreifliches  Wunder;  ein  tiefes  Wiffen  um 
die  Dinge,  das  alles  durch  Zauberkraft  aus  der  Tiefe  hebt, 
ein  in  langer  Einfamkeit  erworbenes  unerhörtes  Können, 
beflügelt  durch  den  Glauben.  Man  kann  ihn  von  vielen 
Seiten  anfehen ;  man  kann  ihn  fo  tief  lefen  wie  man  will,  als 
Symbol  oder  als  Vorgang,  auf  feine  große  Gliederung  hin 
und  die  weitfichtige  Dispofition  der  Stimmführung,  wie  eine 
Partitur  oder  wie  ein  braufendes  Bekenntnis:  immer  ift  es 
ein  wunderbares  Werk,  in  einem  Atem  gefchaffen  und  mit 
nie  gefunkener  Kraft. 


137 


Es  wird  nicht  nur  feine  finguläre  Stellung  in  der  Ge- 
Ichichte  des  Romans  einnehmen,  Tondern  auch  in  dem  Rin- 
gen des  Menfchen  um  die  Erkenntnis  feines  geiftigen  Fa- 
tums.  Es  enthält  deiTen  große  Linie  von  der  Weltbegierde 
durch  Weltfei ndfchaft  zur  Weltliebe;  und  mahnt  an  die 
große  Aufgabe,  die  vor  uns  liegt:  diefe  Erkenntnis  gegen- 
ftändlich  zu  machen. 

PvOBERT  PRUTZ  /  VON  DER  PUMPE,  DIE  NICHT 
MEHR  HAT  PIEPEN  WOLLEN 

DAS  war  der  Oberhofmarfchall 
Mit  seiner  Diener  Troß  und  Schwall, 
Der  fegt  heut  in  des  Königs  Haus 
Gefchäfiig  alle  Winkel  aus, 
Dieweil  des  Königs  Töchterlein 
Wird  nächftens  einen  Prinzen  frein: 
„Auf  Flur  und  Treppe,  Bank  und  Tifch, 
Mit  Haderlump  und  Flederwifch, 
Ihr  Knecht'  und  Mägde,  immer  frifch ! 
Daß  nirgendwo  ein  Stäubchen  klebt, 
Auch  nirgend  eine  Spinne  webt. 
Kein  Fenfter  klappert,  keine  Tür 
Im  ganzen  fürftlichen  Revier, 
Und  daß,  fo  ihr  eur  Leben  liebt. 
Mir  nirgends  eine  Pumpe  piept! 

Nirgend,  nirgend,  nirgend,  nirgend. 

Nirgend  eine  Pumpe  piept!" 

„Horch,  diefe  hier  —  potz  Blitz  noch  mal  — 
Die  pfeift  ja  wirklich  zum  Skandal! 

138 


Und  fteht  auch  juft  —  o  Scham  und  Schmach! 

Juft  vor  des  Königs  Schlafgemach?! 

Und  jeden  Morgen  Punkt  Schlag  vier 

Füllt  der  Lakai  den  Eimer  hier, 

Und  wie  der  Brunnen  WalTer  gibt, 

Das  ächzt  und  ftöhnt,  das  knirfcht  und  piept 

Wie  eine  Katze,  die  verliebt?! 

O  toller  Frevel,  unerhört! 

So  wird  des  Königs  Schlaf  geftört?! 

Der  Morgenfchlaf  —  o  heiiger  Chrift, 

Der  juft  der  allerbelte  ift?! 

Schnell  Öl  und  Seife,  Talg  und  Schmeer  — 

Gottlob,  nun  piept  fie  fchon  nicht  mehr: 
Freude,  Freude,  Freude,  Freude, 
Unfre  Pumpe  piept  nicht  mehr!" 

Allein,  allein,  am  Morgen  drauf, 
Herr  Gott,  wie  fteht  der  König  auf! 
Er,  fonft  fo  mild  gefinnt  und  gut. 
Schnaubt  wie  ein  Tiger  jetzt  in  Wut; 
Umfonft  wird  ihm  der  Tifch  gedeckt: 
Kein  Trüffelhahn,  kein  Ungar  fchmeckt. 
Das  ift  ein  Keifen,  ein  Gebrumm! 
Und  weiß  doch  felber  nicht,  warum  — 
Und  geht  zu  Bett  und  liegt  und  wacht 
Und  brummt  die  liebe  lange  Nacht: 
Bis  daß  es  endlich  viere  fchlägt 
Und  der  Lakei  das  Waffer  trägt  — 
Da  plötzlich  wirds  hell  um  ihn  her: 
„Verdammt!  die  Pumpe  piept  nicht  mehr. 


139 


Ja  die  Pumpe,  ja  die  PumpCj 

Ja  die  Pumpe  piept  nicht  mehr!" 

So  gehts  der  Tage  drei,  auch  vier, 
Des  Königs  Auge  leuchtet  ftier: 
Schon  auf  der  Zung  fchwebt  ihm  das  Wort, 
Dann  fcheucht  der  Groll  es  wieder  fort  — 
Bald  fteht  die  Staatsmafchine  ftill. 
Weil  er  \"on  nichts  mehr  hören  will. 
Prinzeffm  Tochter  ringt  die  Hand, 
Der  Eidam  fteht,  bleich  wie  die  Wand, 
Es  weint  und  klagt  das  ganze  Land:  — 
Bis  mit  des  fünften  Morgens  Licht 
Er  endlich  jetzt  fein  Schweigen  bricht 
Und  murrt  und  knurrt:  „Hm  —  Neuerung  - 
Das  kommt  davon  —  noch  viel  zu  jung  — 
Kein  Schlaf  mehr  nachts  —  geht  alles  quer  — 
Die  Pumpe  —  hm.  —  piept  auch  nicht  mehr  - 
Meine  Pumpe,  meine  Pumpe, 
Meine  Pumpe  piept  nicht  mehr!^' 

Und  allfogleich  beim  erften  Wort 

Der  Hofmarfchall  wie  närrifch  fort. 

Der  ganze  Hofltaat  hinterdrein, 

Schon  wird  der  Schloßhof  faft  zu  klein. 

Mit  Kratzen,  Bürften  aller  Art, 

Der  braucht  die  Finger,  der  den  Bart, 

Und  wifcht  und  wetzt  und  fcharrt  und  nagt 

Und  dreht  und  biegt  und  zerrt  und  plagt 

Am  Pumpenfeh wengel  unverzagt! 

Nun  wird  es  fein,  nun  kommt  es  fchon  — 


140 


Umfonft!  kein  Laut,  kein  kleinfter  Ton! 
Die  Pumpe  geht  Ib  leis,  fo  facht, 
Wie  Elfentritt  in  Maiennacht, 
Wie  Mondesftrahl  auf  o-lattem  Meer  — 
Umfonft,  die  Pumpe  piept  nicht  m.ehr! 
Jammer,  Jammer,  Jammer,  Jammer, 
Unfre  Pumpe  piept  nicht  mehr! 

Und  weil  der  Könis;  fichtbarlich 
Mit  jedem  Tag  verfchlimmert  fich. 
So  faßt  zuletzt,  in  höchftem  Schmerz, 
Das  Minifterium  fich  ein  Herz 
Und  fchickt  mit  kräftigem  Entfchluß 
Zum  Oberhofmechanikus: 
„O  Oberhofmechanice, 
Sieh  unfre  Not,  fieh  unfer  Weh, 
Und  hilf,  o  hilf  citissime! 
Der  Hofmarfchall  nahm  zu  viel  Schmeer, 
Die  Pum.pe,  horch,  fie  piept  nicht  mehr, 
Der  König  welkt  dem  Grabe  zu, 
Die  einzge  Hoffnung  noch  bift  du. 
Bedenk,  wer  Lohn  und  Brot  dir  gibt, 
Und  mache,  daß  die  Pumpe  piept, 
Unfre  Pumpe,  unfre  Pumpe, 
Daß  die  Pumpe  wieder  piept !^' 

Der  Oberhofmechanikus, 

Das  war  ein  Erzpolitikus, 

Der  fah  als  ein  erfahrner  Mann 

Den  Schaden  fich  erft  gründlich  an. 

Und  fprach  darauf:  „Ihr  Herrn,  m.it  Gunft, 


141 


Da  iit  \'erloren  alle  Knnft: 

Und  ob  es  um  mein  Leben  vrär, 

Die  Pumpe  da,  auf  Wort  und  Ehr, 

Die  piept  auf  Erden  niemals  mehr! 

Drum,  rat  ich,  fetzen  wir  als  Knauf 

Ein  eignes  Piepwerk  oben  drauf, 

Das  ächzt  und  Itöhnt,  das  knirfcht  und  pfeift, 

Sobald  den  Schwengel  man  ergreit^t: 

Der  König  ift  mal  drin  verliebt. 

Drum  hurtig,  daß  die  Pumpe  piept!  — 

Hurtig,  hurtig,  hurtig,  hurtig. 

Daß  die  Pumpe  wieder  piept!" 

Getagt,  getan!     Mit  goldnem  Knauf 
Flugs  kommt  ein  Piepwerk  obendrauf. 
Das  pfeift  io  fanft,  das  pfeifet  To  lind. 
Kann  zetern  wie  ein  Wiegenkind, 
Kann  knarren,  kreifchen,  pulten,  miaun. 
Kein  Kater  tut  es  beffer,  traun! 
Früh  morgens,  wenn  es  viere  ichlägt. 
Der  König  horcht,  vor  Luft  bew^egt,  — 
Und  dreht  fich  um,  fchläft  wieder  ein. 
Schläft  fchnarchend  in  den  Tag  hinein, 
Ißt,  trinkt,  regiert  in  guter  P.uh, 
Beglückt  fein  Land,  ßch  felbft  dazu, 
Ift  allgepriesen  und  geliebt  — 
L^nd  alles,  weil  die  Pumpe  piept, 

Unfre  Pumpe,  unfre  Pumpe, 

Vivat,  unfre  Pumpe  piept!! 

Aus  den  ^^Gedkhten''  IUI. 


14-2 


DREI  AMERIKANISCHE  GEDICHTE  /  INS  DEUT- 
SCHE ÜBERTRAGEN  VON  ALFRED  WALTER 
HEYMEL 


GEBET  UxM  SCHMERZ  ,'  VON  JOHN  G.  NEIHARDT 

CH  bettele  um  Frieden  nie 
Noch  Waffenruh  vor  Sorgen ; 
Ich  gehe  niemals  in  die  Knie 
Und  bete  nie  für  morgen. 


r 


Wir  blitzen  Flamm  an  Flamme  fahl, 
Ich  will  mein  Schickfal  tragen. 

Wir  klirren  blauen  Stahl  an  Stahl 

Leg  aus,  ich  will  es  wagen. 

Doch  Höchfter  in  dem  großen  Licht, 

Beieber  aller  Erden, 

Gewähr  die  Bitte:  laffe  nicht 

Die  Seele  grau  mir  werden. 


Denn  was  auch  immer  mit  mir  rang 


Und  m.einem  Glückverlangen: 
Tags  Zauber  war  ein  HarfenkL 
Und  nachts  die  Leiern  fanden. 


Und  wenn  auch  Schlag  auf  Schlag  mein  Schild 
Zerbrach  in  hartem  P^ingen, 
Hoch  überm.  Feld  ein  Geifterbild 
Hub  an  ein  Lerchenfingen. 

Durch  Nacht  und  Sturm  und  Seele  rann 
Im  Zickzack  Blitz  und  Bläue, 


143 


Ich  frug  um  nichts  und  focht  ein  Mann 
Das  Glück  und  hielt  die  Treue. 

Doch  jetzt  —  zuletzt  —  der  graue  Tag 
Würgt  mich  mit  Nebeldämpfen. 
Laß  mir  den  Schmerz,  triff  Schlag  auf  Schlag, 
Dann  darf  ich  wieder  kämpfen. 

NUR  EINE  KURZE  ZEIT      VON  BRLIN  HOOKER 

Nur  eine  kurze  Zeit,  da  wir  zuerft  allein; 
Bald  wird  die  See  mit  Meilenmüdigkeit 
Für  immer  trennen  uns,  mein  Lieb,  —  allein  — 
Wie  wird  Vergeffen  leicht  und  leichter  fein; 
Nur  eine  kurze  Zeit. 

Nur  eine  kurze  Zeit,  die  ganz  ^erfpricht 
Dein  Herz  und  deinen  Hauch  für  kurze  Zeit. 
Ich  feh  dein  Aug  vergolden  Flamm  und  Licht 

In  Lieb,  und  ilt  doch  Liebe  nicht; 
Nur  eine  kurze  Zeit. 

Nur  eine  kurze  Zeit  für  mein  Gedicht, 
So  daß  du  eines  Tags,  voll  Fröhlichkeit 
Und  tief  beglückt  —  ich  werd  es  fehen  nicht  — 
Dich  felbft  erkennlt  in  meinem  Herzgedicht; 
Nur  eine  kurze  Zeit. 

DIE    BEGRABENE    STADT        VON     GEORGE    SYLVESTER 
VIERECK. 

Mein  Herz  gleicht  einer  Stadt  der  Fröhlichkeit, 
Erbaut  auf  Schutt  und  auf  zerftörten  Mauern, 


144 


Drin  meine  toten  Lieben  dunkel  kauern, 
Die  Eintagskönige  im  weißen  Kleid. 


Aus  der  begrabnen  Stadt  ertönt  kein  Schall, 
Die  Fledermaus  nur,  flatternd  aus  dem  Neft, 
Kramipft  fich  am  Knie  verlaßner  Götzen  feit. 
Aus  Schlünden  ftöhnt  der  Flüffe  Widerhall. 

P'all  nicht,  mein  Lieb,  inmitten  Sarkophagen, 
Verfuch  des  tiefen  Schickfals  Schweigen  nicht; 
Die  Trümmer  glauben  fonft,  das  letzte  Licht 

Sei  da  und  fahren  aus  dem  Schlaf  erfchreckt; 
Denn  gleich  verfluchter  Höllenglocken  Schlagen 
Ift  Ruf,  der  Schatten  toter  Dinge  weckt. 


GOTTHOLD  EPHRALM  LESSING     VON  HEIN- 
RICH HEINE 

SEIT  Luther  hat  Deutfchland  keinen  größeren  und 
belferen  Mann  hervorgebracht  als  Gotthold  Ephraim 
Leffing.  Diefe  beiden  find  unfer  Stolz  und  unfere  Wonne. 
In  der  Trübnis  der  Gegenwart  fchauen  wir  hinauf  nach 
ihren  trottenden  Standbildern,  und  fie  nicken  eine  glänzende 
Verheißung.  Ja,  kommen  wird  auch  der  dritte  Mann,  der 
da  vollbringt,  was  Luther  begonnen,  was  Leffing  fortge- 
fetzt, und  deifen  das  deutfche  Vaterland  fo  fehr  bedarf,  — 
der  dritte  Befreier!  —  Ich  fehe  fchon  feine  goldne  Rüftung, 


145 


die  aus  dem  purpurnen  Kaifermantel  hervorftrahlt  „wie  die 
Sonne  aus  dem  Morgenrot!" 

Gleich  dem  Luther  wirkte  LelTing  nicht  nur,  indem  er 
etwas  Beltimmtes  tat,  londern  indem  er  das  deutlche  Volk 
bis  in  feine  Tiefen  aufregte  und  indem  er  eine  heilfame 
Geilterbewegung  hervorbrachte,  durch  feine  Kritik,  durch 
feine  Polemik.  Er  war  die  lebendige  Kritik  feiner  Zeit, 
und  fein  ganzes  Leben  war  Polemik.  Diefe  Kritik  machte 
fich  geltend  im  weiteften  Bereiche  des  Gedankens  und  des 
GetQhls,  in  der  Religion,  in  der  WilTenfchaft,  in  der  Kunft. 
Diefe  Polemik  überwand  jeden  Gegner  und  erftarkte  nach 
jedem  Siege.  Leffing,  wie  er  felbft  eingeftand,  bedurfte 
eben  des  Kampfes  zu  der  eignen  Geiftesentwickelung.  Er 
glich  ganz  ienem  fabelhaften  Normann,  der  die  Talente, 
Kenntniile  und  Kräfte  derienigen  Männer  erbte,  die  er  im 
Zweikampf  erfchlug,  und  in  diefer  Weife  endlich  mit  allen 
möglichen  Vorzügen  und  Vortrefflichkeiten  begabt  war. 
Begreiflich  ift  es,  daß  folch  ein  ftreitluftiger  Kämpe  nicht 
geringen  Lärm  in  Deutfchland  verurfachte,  in  dem  ftillen 
Deutichland,  das  damals  noch  fabbathlich  ftiller  war  als 
heute.  Verblüfft  wurden  die  meiften  ob  feiner  literarifchen 
Kühnheit.  Aber  ebendiefe  kam  ihm  hilfreich  zuftatten; 
denn  Oser!  ift  das  Geheimnis  des  Gelingens  in  der  Lite- 
ratur, ebenfo  wie  in  der  Revolution  —  und  in  der  Liebe. 
Vor  dem  Leffingfchen  Schwerte  zitterten  alle.  Kein  Kopf 
war  \  or  ihm  ficher.  Ja,  manchen  Schädel  hat  er  fogar 
aus  Übermut  heruntergefchlagen,  und  dann  war  er  dabei 
noch  fo  boshaft,  ihn  ^'om  Boden  aufzuheben  und  dem 
Publikum  zu  zeigen,  daß  er  inwendig  hohl  v/ar.  Wen 
lein  Schwert  nicht  erreichen  konnte,  den  tötete  er  mit  den 

146 


Pfeilen  feines  Witzes.  Die  Freunde  bewunderten  die  bun- 
ten Schwungfedern  diefer  Pfeile;  die  Feinde  fühlten  die 
Spitze  in  ihren  Herzen.  Der  Leffingfche  Witz  gleicht 
nicht  jenem  Enjouement,  jener  Gaite,  jenen  fpringenden 
Saillies,  wie  man  hierzuland  dergleichen  kennt.  Sein  Witz 
war  kein  kleines  franzöfifches  Windhündchen,  das  feinem 
eigenen  Schatten  nachläuft;  fein  Witz  war  vielmehr  ein 
großer  deutfcher  Kater,  der  mit  der  Maus  fpielt,  ehe  er  fie 
würgt. 

Ja,  Polemik  war  die  Luft  unferes  Leffmgs,  und  daher 
überlegte  er  nie  lange,  ob  auch  der  Gegner  feiner  würdig 
war.  So  hat  er  eben  durch  feine  Polemik  manchen  Na- 
men der  wohlverdienteften  Vergeffenheit  entrilTen.  Mehre 
winzige  Schriftftellerlein  hat  er  mit  dem  geiftreichften 
Spott,  mit  dem  köftlichften  Humor  gleichfam  umfponnen, 
und  in  den  Leffmgfchen  Werken  erhalten  fie  fich  nun  für 
ewige  Zeiten  wie  Infekten,  die  fich  in  einem  Stück  Bern- 
ftein  verfangen.  Indem  er  feine  Gegner  tötete,  machte  er 
fie  zugleich  unfterblich.  Wer  von  uns  hätte  jemals  etwas 
von  jenem  Klotz  erfahren,  an  welchen  Leffing  fo  viel 
Hohn  und  Scharffinn  verfchwende_tJ^,..^Die"'Felfenblöcke, 
die  er  auf  diefen  armen  T^ntiquar  gefchleudert  und  womit 
er  ihn  zerfchmettert,  find  jetzt  deffen  unverwüftliches 
Denkmal. 

Merkwürdig  ift  es,  daß  jener  witzigfte  Menfch  in  Deutfch- 
land  auch  zugleich  der  ehrlichfte  war.  Nichts  gleicht  feiner 
Wahrheitsliebe.  Leffing  machte  der  Lüge  nicht  die  min- 
defte  Konzeffion,  felbft  wenn  er  dadurch,  in  der  gewöhn- 
lichen Weife  der  Weltklugen,  den  Sieg  der  Wahrheit  be- 
fördern konnte.     Er  konnte  alles   für  die  Wahrheit  tun. 


147 


nur  nicht  lügen.  Wer  darauf  denkt,  Tagte  er  einft,  die 
Wahrheit  unter  allerlei  Larven  und  Schminken  an  den 
Mann  zu  bringen,  der  möchte  wohl  gern  ihr  Kuppler  fein, 
aber  ihr  Liebhaber  ift  er  nie  gewefen. 

Das  Ichöne  Wort  BufFons  „der  Stil  ift  der  Menfch  fel- 
ber!"  ift  auf  niemand  anwendbarer  als  auf  Leffing.  Seine 
Schreibart  ift  ganz  wie  fein  Charakter,  wahr,  feft,  fchmuck- 
los,  fchön  und  impofant  durch  die  inwohnende  Stärke. 
Sein  Stil  ift  o;anz  der  Stil  der  römifchen  Bauwerke:  höchfte 
Solidität  bei  der  höchften  Einfachheit;  gleich  Quader- 
fteinen  ruhen  die  Sätze  aufeinander,  und  wie  bei  jenen  das 
Gefetz  der  Schwere,  fo  ift  bei  diefen  die  logifche  Schluß- 
folge da's  unfichtbare  Bindemittel.  Daher  in  der  Leffing- 
fchen  Profa  fo  wenig  von  jenen  Füllwörtern  und  Wen- 
dungskünften,  die  wir  bei  unferem  Periodenbau  gleichfam 
als  Mörtel  gebrauchen.  Noch  viel  weniger  finden  wir 
da  jene  Gedankenkaryatiden,  welche  Ihr  la  belle  phrase 
nennt. 

Daß  ein  Mann  wie  Leffing  niemals  glücklich  fein  konnte, 
werdet  Ihr  leicht  begreifen.  Und  wenn  er  auch  nicht  die 
Wahrheit  geliebt  hätte  und  wenn  er  fie  auch  nicht  felbft- 
willig  überall  verfochten  hätte,  fo  mußte  er  doch  unglück- 
lich fein;  denn  er  war  ein  Genie.  „Alles  wird  man  dir 
verzeihen,"  fagte  jüngft  ein  feufzender  Dichter,  „man  ver- 
zeiht dir  deinen  Reichtum,  man  verzeiht  dir  die  hohe  Ge- 
burt, man  verzeiht  dir  deine  Wohlgeftalt,  man  läßt  dir 
fogar  Talent  hingehen,  aber  man  ift  unerbittlich  gegen  das 
Genie."  Ach!  und  begegnet  ihm  auch  nicht  der  böfe  Wille 
\  on  außen,  fo  fände  das  Genie  doch  fchon  in  fich  felber 
den  Feind,  der  ihm  Elend  bereitet.     Deshalb  ift  die  Ge- 


1+8 


€i!t 

in  fünf  2lttf5U3en. 

Jntroite,  nam  et  heic  Dii  fiint! 

APVD  Gellivm. 


950tt 

©o(r§o(&  ep^röim  ieffing. 


1779. 


fchichte  der  großen  Männer  immer  eine  Märtvrerlegende; 
wenn  fie  auch  nicht  litten  für  die  große  Menfchheit,  fo 
litten  fie  doch  für  ihre  eigene  Größe,  für  die  große  Art 
ihres  Seins,  das  Unphilifterliche,  für  ihr  Mißbehagen  an 
der  prunkenden  Gemeinheit,  der  lächelnden  Schlechtig- 
keit ihrer  Umgebung,  ein  Mißbehagen,  welches  fie  natür- 
lich zu  Extra\aganzen  bringt,  z.  B.  zum  Schaufpielhaus 
oder  gar  zum  Spielhaus  —  wie  es  dem  armen  Leffing  be- 
gegnete. 

Mehr  als  diefes  hat  ihm  aber  der  böfe  Leumund  nicht 
nachfagen  können,  und  aus  feiner  Biographie  erfahren  wir 
nur,  daß  ihm  fchöne  Komödiantinnen  amüfanter  dünkten 
als  Hamburgifche  Paftöre  und  daß  ftumme  Karten  ihm 
belfere  Unterhaltung  gewährten  als  fchwatzende  Wolfi- 
aner. 

Es  ift  herzzerreißend,  wenn  wir  in  diefer  Biographie 
lefen,  wie  das  Schickfal  auch  jede  Freude  diefem  Manne 
verfagt  hat  und  wie  es  ihm  nicht  einmal  vergönnte,  in  der 
Umfriedung  der  Familie  fich  von  feinen  täglichen  Kämpfen 
zu  erholen.  Einmal  nur  fchien  Fortuna  ihn  begünftigen 
zu  wollen,  fie  gab  ihm  ein  geliebtes  Weib,  ein  Kind  — 
aber  diefes  Glück  war  wie  der  Sonnenftrahl,  der  den  Fit- 
tich eines  vorüberfliegenden  Vogels  vergoldet,  es  fchwand 
ebenfo  fchnell,  das  Weib  ftarb  infolge  des  Wochenbetts, 
das  Kind  fchon  bald  nach  der  Geburt,  und  über  letzteres 
fchrieb  er  einem   Freunde    die  gräßlich   v/itzigen   Worte: 

„Meine  Freude  war  nur  kurz.  Und  ich  verlor  ihn  un- 
gern, diefen  Sohn!  Denn  er  hatte  fo  viel  Verftand!  fo  viel 
Verftand!  —  Glauben  Sie  nicht,  daß  die  wenigen  Stunden 
meiner   Vaterfchaft  mich    fchon   zu   fo   einem   Affen   von 


Vater  gemacht  haben!  Ich  weiß,  was  ich  Tage.  —  War 
es  nicht  Verftand,  daß  man  ihn  mit  eifernen  Zangen  auf 
die  Welt  ziehen  mußte:  daß  er  fo  bald  Unrat  merkte?  — 
War  es  nicht  Verftand,  daß  er  die  erfte  Gelegenheit  er- 
griff, fich  wieder  davonzumachen?  —  Ich  wollte  es  auch 
einmal  fo  gut  haben  wie  andere  Menfchen.  Aber  es  ift 
mir  fchlecht  bekommen." 

Ein  Unglück  gab  es,  worüber  fich  Leffing  nie  gegen 
feine  Freunde  ausgefprochen:  diefes  war  feine  fchaurige 
Einfamkeit,  fein  geiftiges  Alleinftehn.  Einige  feiner  Zeit- 
genoffen  liebten  ihn,  keiner  verftand  ihn.  Mendelsfohn, 
fein  befter  Freund,  verteidigte  ihn  mit  Eifer,  als  man  ihn 
des  Spinozismus  befchuldigte.  Verteidigung  und  Eifer 
waren  ebenfo  lächerlich  wie  überflüffig.  Beruhige  dich  im 
Grabe,  alter  Mofes ;  dein  Leffing  war  zwar  auf  dem  Wege 
zu  diefem  entfetzlichen  Irrtum,  zu  diefem  jammervollen 
Unglück,  nämlich  zum  Spinozismus  —  aber  der  Aller- 
höchfte,  der  Vater  im  Himmel,  hat  ihn  noch  zur  rechten 
Zeit  durch  den  Tod  gerettet.  Beruhige  dich,  dein  Leffing 
war  kein  Spinozift,  wie  die  Verleumdung  behauptete;  er 
ftarb  als  guter  Deift  wie  du  und  Nicolai  und  Teller  und 
die  „Allgemeine  deutfche  Bibliothek"! 

Ich  fage,  Leffing  hat  den  Luther  fortgefetzt.  Nachdem 
Luther  uns  von  der  Tradition  befreit  und  die  Bibel  zur 
alleinigen  Quelle  des  Chriftentums  erhoben  hatte,  da  ent- 
ftand,  wie  ich  fchon  oben  erzählt,  ein  ftarrer  Wortdienft, 
und  der  Buchftabe  der  Bibel  herrfchte  ebenfo  tyrannifch 
wie  einft  die  Tradition.  Zur  Befreiung  von  diefem  tyran- 
nifchen  Buchftaben  hat  nun  Leffing  am  meiften  beige- 
tragen.   Wie  Luther  ebenfalls  nicht  der  einzige  war,  der 


151 


die  Tradition  bekämpft,  lo  kämpfte  Leffmg  zwar  nicht 
allein,  aber  doch  am  gewaltigften  gegen  den  Buchftaben. 
Hier  erfchallt  am  lauteften  leine  Schlachtftimme.  Hier 
fchwingt  er  fein  Schwert  am  freudigften,  und  es  leuchtet 
und  tötet.  Hier  aber  auch  wird  Leffing  am  ftärkften  be- 
drängt von  der  fchwarzen  Schar,  und  in  folcher  Bedräng- 
nis rief  er  einft  aus: 

„O  sancta  simplicitas!  —  Aber  noch  bin  ich  nicht  da, 
wo  der  gute  Mann,  der  diefes  ausrief,  nur  noch  diefes  aus- 
rufen konnte.  (Huß  rief  diefes  auf  dem  Scheiterhaufen.) 
Erft  foll  uns  hören,  erft  foll  über  uns  urteilen,  wer  hören 
und  urteilen  kann  und  will ! 

„O  daß  Er  es  könnte,  Er,  den  ich  am  liebften  zu  meinem 
Richter  haben  miöchte!  —  Luther,  du!  —  Großer,  verkannter 
Mann!  Und  von  niemandem  mehr  verkannt  als  von  den 
Starrköpfen,  die,  deine  Pantoffeln  in  der  Hand,  den  von  dir 
gebahnten  Weg  fchreiend,  aber  gleichgültig  daherfchlen- 
dern!  —  Du  haft  uns  von  dem  Joche  der  Tradition  er- 
löft:  wer  erlöfet  uns  von  dem  unerträglicheren  Joche  des 
Buchftabens!  Wer  bringt  uns  endlich  ein  Chriftentum, 
wie  du  es  itzt  lehren  würdeft,  wie  es  Chriftus  felbft  lehren 
würde!" 

Leffing  ftarb  zu  Braunfchweig  im  Jahr  1781,  verkannt, 
gehaßt  und  verfchrien.  In  demfelben  Jahre  erfchien  zu 
Königsberg  die  „Kritik  der  reinen  Vernunft"  von  Imma- 
nuel Kant.  Mit  diefem  Buche,  welches  durch  fonderbare 
Verzögerung  erft  am  Ende  der  achtziger  Jahre  allgemein  be- 
kannt wurde,  beginnt  eine  geiftige  Revolution  in  Deutfch- 
land,  die  mit  der  materiellen  Revolution  in  Frankreich  die 
fonderbarften   Analogien  bietet  und  dem   tieferen  Denker 


152 


""X,. 


^  ///C, 


/?.  /  W.  GSt/i'C. . 


ebenfo  wichtig  dünken  muß  wie  jene.  Sie  entwickelt  fich 
mit  denfelben  Phafen,  und  zwifchen  beiden  herrfcht  der 
merkwürdigfte  Parallelismus.  Auf  beiden  Seiten  des  Rheines 
fehen  wir  denfelben  Bruch  mit  der  Vergangenheit,  der 
Tradition  wird  alle  Ehrfurcht  aufgekündigt;  wie  hier  in 
Frankreich  jedes  Recht,  fo  muß  dort  in  Deutfchland 
jeder  Gedanke  fich  juftifizieren,  und  wie  hier  das  König- 
tum, der  Schlußftein  der  alten  fozialen  Ordnung,  fo  ftürzt 
dort  der  Deismus,  der  Schlußftein  des  geiftigen  alten  Re- 
2:imes. 


HEINRICH  VON  KLEISTS  ABSCHIEDSBRIEFE 
AN  SEINE  COUSINE  MARIE  VON  KLEIST  UND 
SEINE  SCHWESTER  ULRIKE  VON  KLEIST 

[Berlin,]  d.   lo.  Nov.   1811. 

DEINE  Briefe  haben  mir  das  Herz  zerfpalten,  meine 
teuerfte  Marie,  und  wenn  es  in  meiner  Macht  ge- 
wefen  wäre,  fo  verfichre  ich  Dich,  ich  würde  den  Entfchluß 
zu  fterben,  den  ich  gefaßt  habe,  wieder  aufgegeben  haben. 
Aber  ich  fchwöre  Dir,  ift  es  mir  ganz  unmöglich  länger 
zu  leben:  meine  Seele  ift  fo  wund,  daß  mir,  ich  möchte 
faft  fagen,  wenn  ich  die  Nafe  aus  dem  Fenfter  ftecke,  das 
Tageslicht  wehe  tut,  das  mir  darauf  fchimmert.  Das  wird 
mancher  für  Krankheit  und  überfpannt  halten;  nicht  aber 
Du,  die  fähig  ift,  die  Welt  auch  aus  andern  Standpunkten 
zu  betrachten  als  aus  dem  Deinigen.  Dadurch,  daß  ich  mit 
Schönheit  und  Sitte,  feit  meiner  frühften  Jugend  an,  in 
meinen  Gedanken  und  Schreibereien  unaufhörlichen  Um- 


153 


gang  gepflogen,  bin  ich  fo  empfindlich  geworden,  daß  mich 
die  kleinften  Angriffe,  denen  das  Gefühl  jedes  Menfchen 
nach  dem  Lauf  der  Dinge  hienieden  ausgefetzt  ift,  doppelt 
und  dreifach  fchmerzen.  So  verfichre  ich  Dich,  wollte  ich 
doch  lieber  zehnmal  den  Tod  erleiden,  als  noch  einmal 
wieder  erleben,  was  ich  das  letztemal  in  Frankfurt  an  der 
Mittagstafel  zwifchen  meinen  beiden  Schweftern,  befonders 
als  die  alte  Wackern  darzukam,  empfunden  habe;  laß  es 
Dir  nur  einmal  gelegentlich  von  Ulriken  erzählen.  Ich 
habe  meine  Gelchwilter  immer,  zum  Teil  wegen  ihrer  gut- 
gearteten Perfönlichkeiten,  zum  Teil  wegen  der  Freund- 
fchaft,  die  fie  für  mich  hatten,  von  Herzen  liebgehabt; 
fo  wenig  ich  davon  gefprochen  habe,  fo  gewiß  ift  es,  daß 
es  einer  meiner  herzlichften  und  innigften  Wünfche  war, 
ihnen  einmal  durch  meine  Arbeiten  und  Werke  recht  viel 
Freude  und  Ehre  zu  machen.  Nun  ift  es  zwar  wahr,  es 
war  in  den  letzten  Zeiten,  von  mancher  Seite  her,  gefährlich, 
fleh  mit  mir  einzulaffen,  und  ich  klage  fie  defto  weniger 
an,  fich  von  mir  zurückgezogen  zu  haben,  je  mehr  ich  die 
Not  des  Ganzen  bedenke,  die  zum  Teil  auch  auf  ihren 
Schultern  ruhte;  aber  der  Gedanke,  das  Verdienft,  das  ich 
doch  zuletzt,  es  fei  nun  groß  oder  klein,  habe,  gar  nicht 
anerkannt  zu  fehn  und  mich  ^'on  ihnen  als  ein  ganz  nichts- 
nutziges Glied  der  menfchlichen  Gefellfchaft,  das  keiner 
Teilnahme  mehr  wert  fei,  betrachtet  zu  fehn,  ift  mir  über- 
aus fchmerzhaft,  wahrhaftig,  es  raubt  mir  nicht  nur  die 
Freuden,  die  ich  \"on  der  Zukunft  hoffte,  fondern  es  ver- 
giftet mir  auch  die  Vergangenheit.  —  Die  Allianz,  die  der 
König  jetzt  mit  den  Franzofen  fchließt,  ift  auch  nicht 
eben  gemacht,  mich   im  Leben  feftzuhalten.     Mir   waren 


154 


die  Gefichter  der  Menfchen  fchon  jetzt,  wenn  ich  ihnen 
begegnete,  zuwider,  nun  würde  mich  gar,  wenn  fie  mir 
auf  der  Strai3e  begegneten,  eine  körperliche  Empfindung 
anwandeln,  die  ich  hier  nicht  nennen  mag.  Es  ift  zwar 
wahr,  es  fehlte  mir  fowohl  als  ihnen  an  Kraft,  die  Zeit 
wieder  einzurücken;  ich  fühle  aber  zu  wohl,  daß  der  Wille, 
der  in  meiner  Bruft  lebt,  etwas  anderes  ift  als  der  Wille 
derer,  die  diefe  witzige  Bemerkung  machen:  dergeftalt, 
daß  ich  mit  ihnen  nichts  mehr  zu  fchaflPen  haben  mag. 
Was  foll  man  doch,  wenn  der  König  diefe  Allianz  ab- 
fchließt,  länger  bei  ihm  machen.?  Die  Zeit  ift  ja  vor  der  Tür, 
wo  man  wegen  der  Treue  gegen  ihn,  der  Aufopferung  und 
Standhaftigkeit  und  aller  andern  bürgerlichen  Tugenden, 
von  ihm  felbft  gerichtet,  an  den  Galgen  kommen  kann.  — 
Rechne  hinzu,  daß  ich  eine  Freundin  gefunden  habe,  deren 
Seele  wie  ein  junger  Adler  fliegt,  wie  ich  noch  in  meinem 
Leben  nichts  Ähnliches  gefunden  habe;  die  meine  Traurig- 
keit als  eine  höhere,  feftgewurzelte  und  unheilbare  begreift 
und  deshalb,  obfchon  fie  Mittel  genug  in  Händen  hätte, 
mich  hier  zu  beglücken,  mit  mir  fterben  will,  die  mir  die 
unerhörte  Luft  gewährt,  fich,  um  diefes  Zweckes  willen, 
fo  leicht  aus  einer  ganz  wunfchlofen  Lage,  wie  ein  Veilchen 
aus  einer  Wiefe,  herausheben  zu  lallen;  die  einen  Vater, 
der  fie  anbetet,  einen  Mann,  der  großmütig  genug  war,  fie 
mir  abtreten  zu  wollen,  ein  Kind,  fo  fchön  und  fchöner 
als  die  Morgenfonne,  nur  meinetwillen  verläßt:  und  Du 
wirft  begreifen,  daß  meine  ganze  jauchzende  Sorge  nur  fein 
kann,  einen  Abgrund  tief  genug  zu  finden,  um  mit  ihr 
hinabzuftürzen.  —  Adieu  noch  einmal!  — 


155 


ICH  kann  nicht  fterben ,  ohne  mich,  zufrieden  und 
heiter,  wie  ich  bin,  mit  der  ganzen  Welt  und  fomit 
auch,  \OT  allen  anderen,  meine  teuerite  Ulrike,  mit  Dir  ver- 
föhnt  zu  haben.  Laß  fie  mich,  die  ftrenge  Äußerung,  die 
in  dem  Briefe  an  die  Kleiften  enthalten  ift,  laß  fie  mich 
zurücknehmen;  wirklich.  Du  halt  an  mir  getan,  ich  läge 
nicht,  was  in  Kräften  einer  Schwefter,  londern  in  Kräften 
eines  Menfchen  ftand,  um  mich  zu  retten:  die  Wahrheit 
ift,  daß  mir  auf  Erden  nicht  zu  helfen  war.  Und  nun  lebe 
wohl;  möge  Dir  der  Himm^el  einen  Tod  Ichenken,  nur  halb 
an  Freude  und  unausfprechlicher  Heiterkeit  dem  meinigen 
gleich:  das  ift  der  herzlichfte  und  innigfte  Wunfeh,  den  ich 
für  Dich  aufzubringen  weiß. 

Stimmings  bei  Potsdam  Dein 

d.  —  am  Morgen  meines  Todes.  Heinrich. 

EIN  UNGEDRUCKTES  GEDICHT  VON  LENAU 
TR  feine  Jus^end  überlebt, 


w 


Wen  unvergeßlich  Leid  getroffen, 
Wem  fchal  geworden  jedes  Hoffen, 
Für  das  er  fehnlich  einft  gebebt, 
Und  wenn  er  kalt  für  Ruhm  und  Ehren, 
Kein  Kuß  ihm  zündet  mehr  am  Munde: 
O  könnt  ein  Zauber  ihm  gewähren. 
Ein  Kind  zu  fein  nur  eine  Stunde, 
Könnt  er  die  Welt  mit  frifchen  Blicken 
Nur  einmal  noch  und  freudig  lehn, 
Es  würd  ihn  ftärken  und  erquicken. 
Bis  das  Gefchick  ihn  heißt  vergehn. 


156 


DER  WINTER  /  EIN  GEDICHT  HÖLDERLINS 

AUS  DEM  WAHNSINN 

WENN    ungefehn   und   nun   vorüber   find  die  Bilder 
Der  Jahreszeit,  lo  kommt  des  Winters  Dauer, 
Das  Feld  ift  leer,  die  Anficht  fcheinet  milder. 
Und  Stürme  wehn  umher  und  Regenfchauer. 

Als  wie  ein  Ruhetag,  (o  ilt  des  Jahres  Ende 
Wie  einer  Frage  Ton,  daß  dieler  fich  vollende. 
Alsdann  erfcheint  des  Frühlings  neues  Werden, 
So  glänzet  die  Natur  mit  ihrer  Pracht  auf  Erden.  ^ 


ZWEI    GEDICHTE    VON    ARTHUR    SCHOPEN- 
HAUER 

SONETT   (Weimar   1808) 

DIE  lange  Winternacht  will  nimmer  enden; 
Als  kam  fie  nimmermehr,  die  Sonne  weilet; 
Der  Sturm  mit  Eulen  um  die  Wette  heulet; 
Die  Waffen  klirren  an  den  morfchen  Wänden. 

Und  offne  Gräber  ihre  Geifter  fenden: 
Sie  wollen,  um  mich  her  im  Kreis  verteilet. 
Die  Seele  fchrecken,  daß  fie  nimmer  heilet;  — 
Doch  will  ich  nicht  auf  fie  die  Blicke  wenden. 


^  Dies  bisher  noch  nicht  gedruckte  Gedicht  unterzeichnete  Hölderlin; 
„Mit  Untertänigkeit  Siardanelli"  und  datierte  es  „24.  April  1049"; 
von  fremder  Hand  wurde   hinzugefügt:    „d.    4ten  November   1842". 


157 


Den  Tag,  den  Tag,  ich  will  ihn  laut  verkünden! 
Nacht  und  Gefpenfter  werden  vor  ihm  fliehen: 
Gemeldet  ilt  er  fchon  ^■om  Morgenfterne. 

Bald  wird  es  licht,  auch  in  den  tiefften  Gründen: 
Die  Welt  wird  Glanz  und  Farbe  überziehen, 
Ein  tiefes  Blau  die  unbegrenzte  Ferne. 

FINALE   (Frankfurt   1856) 

Ermüdet  fteh  ich  jetzt  am  Ziel  der  Bahn, 
Das  matte  Haupt  kann  kaum  den  Lorbeer  tragen: 
Doch  blick  ich  froh  auf  das,  was  ich  getan. 
Stets  unbeirrt  durch  das,  was  andre  fagen. 


ZU  DEN  ABBILDUNGEN 


D 


AS  Kalendarium  ift  mit  Holzfchnitten  von  Joft  Amman 
und  Verfen  von  Hans  Sachs  aus  deren  gemeinfamem 
Werk  „Eigentliche  Befchreibung  aller  Stände  auf  Erden" 
ausgeftattet.  Die  Bilder  waren  vom  Künftler  zunächft  für 
ein  lateinifches  Werk,  Hartmann  Schöppers  „Panoplia", 
gezeichnet  worden,  von  dem  die  „Eigentliche  Befchreibung" 
erft  eine  deutfche  Bearbeitung  ift;  wir  haben  bei  der  Re- 
produktion der  Bilder  meift  das  ältere  Buch  heranziehen 
muffen.  Von  einem  alten  Hans  Sachs -Druck,  nämlich 
einer  der  köftlichen  Legenden  von  St.  Petrus,  ftammt  auch 
der  Holzfchnitt  auf  Seite  30,  ebenfo  wie  das  Einfchlagbild 
bei  Seite  64,  deffen  befondere  Bedeutung  darin  belteht,  daß 

158 


es  uns  die  beiden  größten  Künftler  Nürnbergs  im  gemein- 
famen  Wirken  vor  Augen  ftellt.  Trotzdem  dürfen  wir 
das  Blatt  hier  auch  ohne  Hans  Sachsens  umfangreiches  Ge- 
dicht „Der  arm  gemein  Efel"  wiedergeben;  fchon  bald 
nach  Dürers  Tod  ift  man  fo  verfahren.  Ob  Dürer  der 
Künltler  des  Blattes  ift  —  was  beitritten  wird,  wie  wir 
glauben,  jedoch  mit  Unrecht  — ,  kann  hier  nicht  näher 
erörtert  werden. 

15  15  erfchien  das  ältefte  Eulenfpiegelbuch,  von  dem  der 
Infel -Verlag  einen  Fakfimiledruck  nach  dem  einzigen  erhal- 
tenen Exemplar  im  Britifh  Mufeum  veranftaltet.  Seite  127 
ift  der  Titelholzfchnitt  in  Ori2;inalp;röße  wiedero;eo;eben. 

Die  gleichzeitige  italienifche  Kunft  ift  durch  die  Oxforder 
Handzeichnung  Sodomas  bei  Seite  49  ^'ertreten,  die  wohl 
ficher  als  Porträt  Rafaels  anzufprechen  ift.  Sie  Ibll  mit 
andern  Porträts  eine  neue  Ausgabe  von  Gobineaus  „Re- 
naiffance"  fchmücken,  die  der  Infel- Verlag  für  191 1  vor- 
bereitet. 

Drei  Bilder  beziehen  fich  auf  Goethe  und  fein  Werk. 
Das  Porträt  bei  Seite  152  —  eine  Rötelzeichnung  von 
G.  M.  Kraus  aus  dem  Jahre  1776  —  und  die  Bleiftit^zeich- 
nung  Goethes  bei  Seite  80:  Chriftiane,  im  Gartenhaufe  ein- 
gefchlafen  —  der  gleiche  Vorwurf,  den  das  Gedicht  „Der 
Befuch"  ausführt  —  find  dem  großen  „Führer  durch  das 
Goethe-Nationalmufeum  in  Weimar"  entnommen.  Cho- 
dowieckis  Rötelzeichnung  bei  Seite  89  ftellt  Lotte  dar,  wie 
fie  Werthers  Diener  die  Piftolen  übergibt;  der  Künftler  hat 
den  Gegenftand  wiederholt  in  Handzeichnungen  behan- 
delt, nirgends  aber  fo  anziehend  wie  in  diefer,  der  nur 
das   bekannte   Kupfer  an   die   Seite  geftellt  werden  kann. 


159 


Antolne  Pesne  hat,  feit  er  von  Friedrich  Wilhelm  I.  als 
Hofmaler  nach  Berlin  berufen  wurde,  bis  zu  feinem  Tode 
im  Jahre  1757  alle  Mitglieder  der  Königsfamilie  wieder- 
holt porträtiert.  Zu  feinen  intereffanteften  Bildern  gehört 
ohne  Zweifel  das  bei  Seite  129y  das  Friedrich  den  Großen 
und  feine  Schwefter,  die  nachmalige  Markgräfin  von  Bay- 
reuth, die  Verfafferin  der  berühmten  Memoiren,  als  Kinder 
darftellt. 

Wie  Hans  Sachs,  der  bürgerliche  Dichter  Nürnbergs, 
hatte  auch  Dickens,  der  Schilderer  des  englifchen  Bürger- 
tums im  19.  Jahrhundert,  das  Glück,  kongeniale  lUuftra- 
toren  feiner  Werke  zu  finden.  Von  Phiz,  dem  bedeutendften 
unter  ihnen,  find  die  Federzeichnungen  zum  Copperfield, 
die  in  der  Infel- Ausgabe  enthalten  find  und  von  denen  eine 
bei  Seite  120  wiederholt  ift.  Einer  vorhergehenden  Periode 
englifcher  Kunft  gehören  die  Werke  John  Flaxmans  an, 
der  es  mutig  verfuchte,  die  Forderungen  Winckelmanns  in 
Wirklichkeit  umzufetzen  und  eine  neue  Antike  zu  fchaffen. 
Das  Bild  auf  Seite  85  ift  feinem  Odyffee-Zyklus  entnom- 
men, dem  namhafteften  Teil  feiner  Zeichnungen  zu  Sagen 
des  klaffifchen  Altertums. 

Die  moderne  Kunft  ift  durch  Emil  Preetorius  vertreten 
(bei  Seite  137),  der  fchon  zum  Almanach  für  19 10  ein 
Bild  aus  dem  von  ihm  vorbereiteten  illuftrierten  „Seebuch 
des  Luftfchiffers  Gianozzo"  von  Jean  Paul  beigefteuert 
hatte. 


160 


Bücher 
aus  dem  Injel-Verlag 


Diefe  Richtung  iß  gewißy 
Immer  fchreite^  f ehr  eitel 
Finsternis  und  Hindernis 
Drängt  mich  nicht  zur  Seite. 
GOETHE 


NEU  SIND  IM  J.  1910  ERSCHIENEN: 

GABRIELE  D'ANNUNZIO:  PHÄDRA.  Tragödie  in 
drei  Aufzügen.  Unter  Mitwirkung  von  Karl  Vollmöller 
übertragen  von  Rudolf  G.  Bi?idi?ig.  Geheftet  M.  3. — ; 
in  Leinen  M.  4.50 ;  in  Leder  M.  6. — .  Vorziigsansgabe: 
50  numerierte  Exemplare  auf  Büttenpapier.  In  Kalb- 
leder M.  20. — . 

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in  einem  Vorfpiel  und  drei  Aufzügen.  Übertragen  von 
Rudolf  G.  Binding,  Geheftet  M.  3. — ;  in  Leinen  M.  4.50; 
in  Leder  M.  6. — .  Vorxugs  aus  gäbe:  50  numerierte  Exem- 
plare auf  Büttenpapier.    In  Kalbleder  M.  20. — . 

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LEICHT AUCH  NICHT.  Roman.  Übertragen  von 
Karl  Vollmöller.  Dritte  Auflage.  Geheftet  M.  4.50;  in 
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lungen Balzacs  in  fechzehn  Bänden.  Titel-  und  Ein- 
bandzeichnungen von  Eric  Gill.  Geheftet  je  M.  4. — ; 
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KANNTE xMEISTERWERK.  SARRASINE.  Über- 
tragen von  Hedtvig  Lachmann.  Geheftet  M.  4. — ;  in 
Leinen  M.  5. — ;  in  Leder  M.  7. — . 


102 


BALZAC:  DIE  FRAU  VON  30  JAHREN.  DIE 
ALTE  JUNGFER.  Übertragen  \on  Hedwig  Lachmanyi. 
Geheftet  M.  4.—  ;  in  Leinen  M.  5.—  ;  in  Leder  M.  7.—. 

BALZAC:  TANTE  LISBETH.  Übertragen  xon  Arthur 
Schurig.  Geheftet  M.  4. 50;  in  Leinen  M.  5. 50;  in 
Leder  M.  7.50. 

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Übertragen    von    Gifela   Etzel.      Geheftet    M.   4. — ;    in 
Leinen  M.  5. —  5  in  Leder  M.  7. — . 

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rifierte  Übertragung  von  K.  Moorburg.  Nachw^ort  von 
Max  Meyerfeld.   Geheftet  M.  5.—  ;  in  Halbleder  M.  7.—. 

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laß neu  herausgegeben  von  Karl  Graf  Lanckoronski  und 
Wilhelm  Weigand.  Mit  zwei  BildniiTen  in  Heliogravüre. 
Einband  von  Heijirich  Wieynk.  Zwei  Bände.  Geheftet 
M.  9.—;   in   Leinen  M.   12.— j   in  Halbleder  M.  15. — . 

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Ausgewählt  und  eingeleitet  von  Stefan  Zweig.  Mit  den 
Federzeichnungen  von  Browne  und  andern.  Tafchen- 
ausgabe  auf  Dünndruckpapier:  Sechs  Bände,  jeder  Band 
in  Leinen  M.  6.—  ;  in  Leder  M.  7.50.  Bibliotheksausgabe 
auf  ftarkem  Papier:  Zwölf  Bände,  geheftet  je  M.  3. — ; 
in  Leinen  M.4. — .  Vor%ugs  aus  gäbe:  200  numerierte  Exem- 
plare: Zwölf  Bände;  in  Leder  je  M.  12. — . 
Bisher  ift  erfchienen  und  einzeln  zu  beziehen: 


163 


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Phiz  und  einem  einleitenden  EiTav  von  Stefan  Zweig. 
Tafchenamgabe  in  einem  Band:  in  Leinen  M.  6. — ;  in 
Leder  M.  7.50.  Bibliotheksausgabe  in  zwei  Bänden:  ge- 
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Ausgewählt  und  herausgegeben  \on  Fr anx  Schultx.  Zwei 
Bände.  In  Pappbänden  M.  3. — ;  in  Leinen  M.  4. — . 
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Goethe-Ausgabe  der  Goethe-Gelelllchaft   (f.  S.  179). 

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Luftfpiel  in  drei  Aufzügen.  Geheftet  M.  2. — ;  in  Papp- 
band M.  3.—. 

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in  drei  Aufzügen.  Geheftet  I\I.  2. — ;  in  Pappband  M.  3. — . 

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100  Exemplare  auf  Japanpapier  in  Pergament  (vergriffen)  j 

164 


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Überzug  nach  Zeichnung  von  Marcus  Behmer  M.  I2. — . 

DIE  LEIDEN  DES  JUNGEN  WERTHER  VON 
GOETHE.  Mitachtzehn  von  Daniel Chodowiecki g^xeizh- 
neten  Werther-Bildern  in  elf  Kupferftichen  und  fieben 
Lichtdrucken.  400  numerierte  Exemplare  auf  van  Gelder- 
Büttenpapier.  In  Halbleder  M.  25. — ;  in  Leder  M.  30. — . 

DER  JUNGE  GOETHE.  Begründet  von  Salomon  Hirzel. 
Neu  herausgegeben  von  Max  Morris.  Sechs  Bände  mit 
etwa  60  Lichtdrucktafeln.  Einbandzeichnung  von  F. 
H.  Ehmcke.  Jeder  Band:  geheftet  M.  4.50;  in  Leinen 
M.  6.—;  in  Leder  M.  7.50. 

Die  vollftändige  Sammlung  aller  Dichtungen,  Briefe,  Gefpräche, 
Zeichnungen  und  Radierungen  Goethes  bis  zu  feiner  Überfiedlung 
nach  Weimar.  Bisher  find  5  Bände  erfchienen;  der  letzte  folgt 
im  Frühjahr   191 1. 

DAS  GOETHE-NATIONAL-MUSEUM  ZU  WEI- 
MAR. Große  Ausgabe  des  Führers,  im  Auftragder  Direk- 
tion bearbeitet  von  Af.  Schneite.  Mit  32  Grundriffen  und 
26  Bildertafeln.  Geheftet  M.  3.—  ;  in  Pappband  M.  4.—. 

BRÜDER  GRIMM:  KINDER-  UND_H AUS-MÄR- 
CHEN. Vollftändige  Ausgabe.  Zeichnung  der  Initialen, 
des  Titels  und  Einbands  von  Carl  Weidemeyer-TVorps- 
wede.  Zwei  Bände.  Geheftet  M.  7. — ;  in  Leinen  M.  10. — j 
in  Leder  M.  14. — .  Vor-ziigs  aus  gäbe  :  1 00  numerierte 
Exemplare  auf  Büttenpapier.    In  Kalbleder  M.  30. — . 

HAFIS:  NACHDICHTUNGEN  SEINER  LIEDER 
von  Hans  Bethge.  Einbandzeichnung  von  E.  R.  Weiß. 
Gebunden  M.  5. — .  Vorxugs  aus  gäbe:  100  numerierte 
Exemplare  auf  chinefifchem  Papier.    In  Seide  M.  12. — . 

165 


ERNST  HARDT:  NINON  VON  LENCLOS.    Drama 

in  einem  Akt.  Ziveite  Auflage:  kleine  Ausgabe.  Geheftet 
M.  2.—  ;  in  Pappband  M.  3.—. 
HEINRICH  HEINES  SÄMTLICHE  WERKE  in  zehn 
Bänden.  Unter  Mitwirkung  von  Jonas  Fr'dnkel^  Ludwig 
Krähe^  Albert  Leit%ynann  und  Julius  Peterfen  herausge- 
geben von  Oskar  Wahel.  Jeder  Band  geheftet  M.  2. — ; 
in  Halbpergament  M.  3. — .  Vorzugsausgabe  (einmahg): 
1000  Exemplare  auf  Infel-Hadernpapier.  Geheftet  M. 
5.—  ;  in  Halbleder  M.  7.—  ;  in  Leder  M.  10.—. 

Im  Herbft  19 11  werden  erlchienen  lein  Band  I,  II,  VII  und  IX, 
die  weiteren  folgen  in  kurzen  Zwifchenräumen.  191 1  wird  die 
Ausgabe  vollftändig  vorliegen.  Die  Bände  der  gewöhnlichen  Aus- 
gabe werden  auch  einzeln  abgegeben,  dagegen  verpflichtet  der  Kauf 
eines  Bandes    der  Vorzugsausgabe   zur  Abnahme   aller  folgenden. 

ETHAN  A.  HITCHCOCK:  DAS  ROTE  BUCH 
VON  APPIN.  Übertragen  von  Sir  Galahad.  Geheftet 
M.  3.—  ;  in  Pappband  M.  4.—. 

HÖLDERLIN:  DER  TOD  DES  ExMPEDOKLES.  Für 

eine  feftliche  Aufführung  bearbeitet  und  eingerichtet  von 
Wilhelm  von  Scholz.  Geheftet  M.  2. — ;  in  Pappband  M.  3. — . 

HOMER:  DIE  ODYSSEE.  Neu  ins  Deutfche  übertragen 
von  Rudolf  Alexajider  Schröder.  Erjter  Band  (i. — 12. 
Gefang).  Gedruckt  unter  Leitung  von  Harry  Graf 
Keßler.  Mit  Titeln  und  Initialen  von  Ei'ic  Gill  und 
drei  Holzfchnitten  von  Ariftide  Maillol.  350  numerierte 
Exemplare  für  den  Handel.  In  Halbpergament  M.  30. — . 
Diefe  Homer-Ausgabe  erfcheint  in  vier  Bänden,  von  denen  je  zwei 
die  OdyfTee  und  die  Ilias  enthalten.  Der  Kauf  des  erften  Bandes 
verpflichtet  zur  Abnahme  auch  der  folgenden. 

166 


RICARDA  HUCH:  DAS  LEBEN  DES  GRAFEN 
FEDERIGO  CONFALONIERI.  Dritte  Auflage.  Ge- 
heftet M.  4.50;  in  Leinen  M.  6.—  ;   in  Leder  M.  7.50. 

JENS  PETER  JACOBSEN:  MOGENS.  Eine  Novelle. 
Übertragen  von  M.  v.d.Borcht.  200  Exemplare:  25  auf 
Japan,  in  Leder  (vergriffen);  175  auf  Büttenpapier  in 
Leder  M.  15.—. 

Gedruckt  auf  der  Ernlt  Ludwig-PreiTe  Seiner  Königlichen  Hoheit 
des  Großherzogs  von  HefTen. 

JOHN  KEATS:  GEDICHTE.  Nachdichtung  von  Gifela 
EtzeL  Geheftet  M.  7.50 ;  in  Halbpergament  M.  9.—.  Vor- 
•zugsaiisgabe:  50  Exemplare  auf  Japanpapier.  In  Leder 
M.  30.—. 

Gedruckt  auf  der  Ernft  Ludwig-PrelTe  in  Darmftadt. 

HEINRICH  VON  KLEISTS  SÄMTLICHE  WERKE 
UND  BRIEFE.  Vollftändige  Ausgabe  in  fechs  Bänden, 
beforgt  von  Wilhelm  Herzog.  Einbandzeichnung  von 
E.R.Weiß.  Mit  dem  Jugendbildnis Kleifts  in  farbigerWie- 
dergabe  und  verfchiedenen  Fakfimiles.  Geheftet  M.  27.—  ; 
in  Leinen  M.  32.—  ;  in  Halbpergament  M.  36.—. 

FRIEDRICH  MAXIMILIAN  KLINGER:  FAUSTS 
LEBEN,  THATEN  UND  HÖLLENFAHRT.  Ro- 
man. Neudruck  der  erften  Ausgabe  von  179 1.  Mit  einem 
Titelkupfer.     Geheftet  M.  5.—  ;    in  Halbleder  M.  7.—. 

DES  KNABEN  WUNDERHORN.  Alte  deutfche  Lie- 
der, gefammelt  \'on  L.  A.  von  Arnim  und  Cle?nens  Bren- 
tano. Jubiläumsausgabe,  getreu  nach  den  1806 — 1808 
erfchienenen  Originaldrucken.  Drei  Bände  mit  einem 
die  Kinderlieder  enthaltenden  Anhang.   Mit  fünf  Kupfer- 

167 


ftichen.   800  numerierte  Exemplare  auf  handgefchöpftem 
Papier.     In  Halbleder  M.  40. — . 

NIKOLAUS  LENAUS  SÄMTLICHE  WERKE  UND 
BRIEFE  IN  SECHS  BÄNDEN.  Vollftändige  kritifche 
Ausgabe,  herausgegeben  von  Eduard  Caftle.  Mit  ver- 
fchiedenen  Bildern  und  Fakfimiles.  Einbandzeichnung 
von  Emil  Rudolf  Weiß.  Geheftet  je  M.  5. — ;  in  Leinen 
M.  6. — ;  in  Halbleder  M.  7 — .  Vorztigsausgabe :  200  Ex- 
emplare auf  Infel-Hadernpapier.  In  Leder  je  M.  12. — . 
Bisher  find  erfchienen  Band  I  und  II. 

LESSINGS  BRIEFE.  Ausgewählt  und  herausgegeben  von 
Julius  Peterfen.    In  Pappband  M.  2. — ;  in  Leder  M.  4. — . 

LESSING:  NATHAN  DER  WEISE.  Ein  dramatifches 
Gedicht  in  fünf  Aufzügen.  1779.  Fakfimile-Neudruck 
des  erften  „Nathan"-Druckes  in  400  numerierten  Exem- 
plaren. Nr.  I — 200  mit  dem  handfchriftlichen  Entv^^urf 
Lefiings  zum  Nathan,  2  Bände:  in  Halbleder  M.  40. — ; 
in  Leder  M.  50. — .  Nr.  201 — 400  ohne  den  Entwurf 
in  Halbleder  M.  20. — ;  in  Leder  M.  25. — . 

HEINRICH  LEUTHOLDS  GEDICHTE.  Nach  den 
Handfchriften  wiederhergeftellt  von  Arthur  Schurig,  Ein- 
band von  Emil  Preetorius.  Zweite,  verbejfferte  Auflage.  Ge- 
heftet M.  4.—  ;  in  Leinen  M.  5.—;  in  Leder  M.  7.—. 

LONGUS:  DAPHNIS  UND  CHLOE.   Roman.   Über- 
tragen  von  L^idwig  JVolde.     50  Exemplare   auf  Japan- 
papier   in    Kalbleder  (vergriffen)-^    250    Exemplare    auf 
Büttenpapier,  in  Leder  M.  28. — . 
Gedruckt  auf  der  Ernft  Ludwig-Preffe  in  Darmftadt. 

168 


HEINRICH  MANN:  DAS  HERZ.  Novellen.  Geheftet 
M.  4.—  ;  in  Leinen  M.  5.—. 

MEMOIREN  DER  MARKGRÄFIN  WILHELMINE 
VON  BAYREUTH,  SCHWESTER  FRIEDRICHS 
DES  GROSSEN.  Deutlch  von  Annette  Kolb.  Mit  drei 
Heliogravüren.  Zwei  Bände.  Geheftet  M.  10. — ;  in 
Leinen  M.  14. — ;  in  Halbleder  M.  16. — .      ;. 

MOZARTS  BRIEFE.  Ausgewählt  und  herausgegeben  von 
Albert Leitxmann.  In  Pappband  M.  2. — ;  in  Leder  M.  4. — . 

ALEXANDER  OLBRICHT:  ZWÖLF  RADIERUN- 
GEN AUS  WEIMAR.  220  Exemplare:  20  auf  Japan- 
papier, in  Kalbleder  M.  40. — ;  200  auf  Büttenpapier, 
in  Pappband  M.  12. — . 

GESCHICHTEN    AUS    DEM    ALTEN   PITAVAL. 

Herausgegeben  nach  der  von  Schiller  getroffenen  Auswahl 
und  um  weitere  Stücke  vermehrt  von  Paul  Ernft.  Drei 
Bände.  Geheftet  M.  9. — ;  in  Leinen  M.  12. — ;  in  Leder 
M.  15.-. 

DES  GRAFEN  AUGUST  VON  PLATEN  GE- 
DICHTE. Neu  herausgegeben  von  Rudolf  Schlöjf er.  Zwei 
Bände.  Geheftet  M.  6.50 ;  in  Pappbänden  M.  8.—  ;  in 
Halbleder  M.  10. — .  Vorxugsausgabe :  loo  Exemplare  auf 
Büttenpapier.    In  Leder  M.  20. — . 

RAINER  MARIA  RILKE:  DIE  AUFZEICHNUN- 
GEN DES  MALTE  LAURIDS  BRIGGE.  Zwei 
Bändchen.  Zweite  Auflage.  Geheftet  M.  4.50 ;  in  Papp- 
bänden M.  6. — ;   in   Leder  M.  10. — . 

169 


HANS     SACHSENS     AUSGEWÄHLTE     WERKE. 

(Gedichte  und  Dramen.)  Zwei  Bände.  Mit  Reproduk- 
tionen von  60  zu  den  Gedichten  gehörigen  Holzfchnitten 
von  Dürer,  Beham  u.  a.  nach  den  Originaldrucken. 
Geheftet  M.  10.—  ;  in  Halbleinen  M.  12. —  j  in  Halb- 
pergament M.  14. — .  Vorzugsaiisgabe:  200  numerierte 
Exemplare  mit  kolorierten  Holzfchnitten.  In  Schweins- 
leder \l.  50.—. 

SCHILLERS  GESPRÄCHE.  Zum  erftenmal  gefammelt 
und  herausgegeben  von  Julius  Feterfen.  In  Pappband 
M.  3. — ;    in  Leinen  M.  4.—  ;  in  Leder  M.  6.—. 

DER  JUNGE  SCHUMANN.  DICHTUNGEN  UND 
BRIEFE.  Herausgegeben  von  ^//r^<^*S'f/27v;wö'««.  In  Papp- 
band M.  2.—  ;  in  Halbleder  M.  3.50. 

SIEGFRIED  TREBITSCH:  DES  FELDHERRN  ER- 
STERTRAUM.  Novelle.  Geheftet  M.  2.-;  in  Papp- 
band M.  3.—. 

REDEN   UND  GLEICHNISSE   DES   TSCHUANG- 

TSE.  In  deutfcher  Auswahl  von  Martin  Buber.  Ge- 
heftet M.  4. — ;  in  Pappband  M.  5. — .  Vor  zugsaus  gäbe: 
50  Exemplare  auf  Japanpapier.  In  Kalbleder  M.  25. — . 
TAUSEND  UND  EINE  NACHT.  Aus  der  unge- 
kürzten deutfchen  Ausgabe  in  der  Überfetzung  von 
F.  P.  Greve  ausgewählt  und  eingeleitet  von  Paul  Er?ift. 
Doppeltitel,  Initiale  und  Einband  von  Marcus  Behner. 
Vier  Bände.  Jeder  Band  in  Halbleinen  mit  Überzug  nach 
Zeichnung  von  Marcus  BehmerM.. 4., — ;  in  LederM.6.50. 

Erfchienen  ift  der  erfte  Band,  die  weiteren  folgen  in  kurzen 
Zwifchenräumen  bis  Oftern  191 1. 


170 


HENRY  VAN  DE  VELDE:  ESSAYS.  GeheftetM.3.50; 
in  Halbpergament  M.  5. — . 

EMILE  VERHAEREN.  In  drei  Bänden.  Einbandzeich- 
nungen von  E.  R.  Weiß. 

I.  Band:  EMILE  VERHAEREN,  von  Stefan  Zweig. 
IL   Band:    EMILE    VERHAERENS    GEDICHTE, 
ausgewählt  und  übertragen  von  Stefan  Zweig. 
III.  Band:  EMILE  VERHAERENS  DRAMEN  (HE- 
LENAS   HEIMKEHR.     DAS    KLOSTER.     PHI- 
LIPP IL),  übertragen  von  Stefan  Zweig. 
Preis  des  Gefamtwerkes  (drei  Bände):  geheftet  M.  lO. — ; 
in  Leinen  M.  14.—  ;  in  Leder  M.  20. — .    Einx-elpreis  der 
Bände    (die    keine    Bandbezeichnung    tragen):    geheftet 
M.  3. 50;  in  Leinen  M.  4.75;  in  Leder  M.  7.—. 

RICHARD  WAGNER:  AUSWAHL  SEINER 
SCHRIFTEN.  Herausgegeben  von  Hoifton  St.  Chamber- 
lain.     In   Pappband  M.  2.—  ;  in  Leder  M.  4.—. 

WALDEMAR  VON  WASIELEWSKI:  GOETHES 
METEOROLOGISCHE  STUDIEN.  Mit  neun  Ta- 
feln in  Lichtdruck.  GeheftetM.5.— jinPappbandM.6. — . 

JAKOB  WASSERMANN:  DER  LITERAT  ODER 
MYTHOS  UND  PERSÖNLICHKEIT.  Geheftet 
M.  2.50 ;  in  Leinen  M.  3.50. 

OSCAR  WILDE:  DIE  ERZÄHLUNGEN  UND 
MÄRCHEN.  Mit  10  Vollbildern  fowie  Initialen,  Titel- 
und  Einbandzeichnung  von  Heiyirich  Vogeler- Worpswede. 
In   Pappband  M.  3. — . 


171 


BIS  ENDE  1909  WAREN  ERSCHIENEN: 

ÄLTESTE  DEUTSCHE  DICHTUNGEN.  Überfetzt 
und  herausgegeben  von  Karl  JFolfskehl  und  Friedrich  von 
der  Leyeri.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von  Emil  Pree- 
torins.  Geheftet  M.  5.—  ;  in  Pappband  M.  6.—  ;  in  Per- 
gament M.  10. — . 

HANS  CHRISTIAN  ANDERSEN :  MÄRCHEN. 
Unter  Benutzung  der  von  Anderfen  felbft  beforgten 
deutfchen  Ausgabe  übertragen  xon  Mathilde  Ma?in.  Ein- 
geleitet von  Sophia  Bauditz.  Zeichnung  der  Initialen,  des 
Titels  und  Einbands  \'on  Carl  JVeiderneyer-TVorpswede. 
Zwei  Bände.  Geheftet  M.  9. — ;  in  Leinen  M.  12. — ; 
in  Leder  M.  15. — .  Vor%ugsausgabe :  lOO  numerierte 
Exemplare  auf  Büttenpapier.     In   Kalbleder  M.  30. — . 

BETTINA    VON    ARNIM:    DIE    GÜNDERODE. 

Zwei  Bände.  Herausgegeben  und  eingeleitet  von  Paul 
Ernft.  Titel-  und  Einbandzeichnung  \'on  JValter  Tiemann. 
Geheftet  M.  7. — ;  in  Leinen  M.  9.—  ;  in  Leder  M.  10. — . 

Der  BricfVechlel   zwilchen  Bettina  und  der  Günderode. 

HONORE  DE  BALZAC:  EIN  JUNGGESELLEN- 
HEIM (LA  RABOUILLEUSE).  Übertragen  von 
Felix  Faul  Greve.  Geheftet  M.  4.50 ;  in  Leinen  M.  5.50 ; 
in  Leder  M.  7.50. 

HONORE  DE  BALZAC:  ERZÄHLUNGEN  AUS 
DER  NAPOLEONISCHEN  SPHÄRE  (Oberft  Cha- 
bert;  Eine  Leidenfchaft  in  der  Wüfte;  Abfchied;  El 
Verdugo;  Eine  dunkle  Begebenheit).     Übertragen  von 

J72 


Felix  Paul  Greve.   Geheftet  M.  4.50 ;  in  Leinen  M.  5.5O; 
in  Leder  M.  7.50. 

HONORfi  DE  BALZAC:  EUGENIE  GRANDET. 
DER  EHEVERTRAG.  Übertragen  von  Gifela  Et%el. 
Geheftet  M.  4. 50;  in  Leinen  M.  5.50;  in  Leder  M.  7.50. 

HONORE  DE  BALZAC:  VERLORENE  ILLUSIO- 
NEN (Die  beiden  Dichter;  Ein  großer  Mann  aus  der 
Provinz  in  Paris;  Die  Leiden  des  Erfinders).  Übertragen 
von  Hedwig  Lachmann.  Zwei  Bände.  Geheftet  M.  8. — ; 
in  Leinen  M.  10.—  ;  in  Leder  M.  14. — . 

HONORE  DE  BALZAC:  GLANZ  UND  ELEND 
DER  KURTISANEN  (Von  der  Liebe  der  Dirnen; 
Was  alte  Herren  fich  die  Liebe  koften  laffen ;  Der  Weg 
des  Böfen;  Vautrins  letzte  Verkörperung).  Übertragen 
von  Felix  Faul  Greve.  Zwei  Bände.  Geheftet  M.  8.—  ; 
in  Leinen  M.  10.—  ;  in  Leder  M.  14.—. 

HONORE  DE  BALZAC :  VATER  GORIOT.  DAS 
HAUS  NUCINGEN.  Übertragen  von  Gi[ela  Etxel. 
Geheftet  M.  4.—  ;  in  Leinen  M.  5.—  ;  in  Leder  M.  7.—. 

H0N0R£  de  BALZAC:  DIE  GESCHICHTE  DER 
DREIZEHN  (Ferragus;  Die  Herzogin  von  Langeais; 
Das  Mädchen  mit  den  Goldaugen).  Übertragen  von 
Ernft  Hardt.     Geheftet  M.  4.—  ;  in  Leinen  M.  5.—  ;  in 

Leder  M.  7.—. 

HONORfi  DE  BALZAC:  DIE  LILIE  IM  TAL.  DIE 
VERLASSENE  FRAU.  Übertragen  von  ReniSchickele. 
Geheftet  M.  4.—  ;  in  Leinen  M.  5.—  ;  in  Leder  M.  7.—. 


173 


HONORfi  DE  BALZAC:  DAS  MÄDCHEN  MIT 
DEN  GOLDAUGEN.  Übertragen  von  Em ft  Rar  dt. 
Mit  zehn  Einfchaltbildern  (auf  Kaiferlichem  Japanpapier), 
Initiale,  Einband-  und  Vorfatzzeichnung  von  Marcus 
Behmer.  500  numerierte  Exemplare  auf  holländifchem 
Büttenpapier.     In  Pergament  M.  20. — . 

HONORE  DE  BALZAC:  PHYSIOLOGIE  DER  EHE. 
Eklektifch-philofophilche  Betrachtungen  über  Glück  und 
Unglück  in  der  Ehe.  Übertragen  von  Heiririch  Conrad. 
Zweite  Auflage.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von  Eric 
Gilt.  Geheftet  M.  4.50;  in  Leinen  M.  5.50 ;  in  Leder 
M.  7.50.  Vorz.iigsaiisgabe:  lOO  numerierte  Exemplare 
auf  Büttenpapier.     In  Maroquin  M.  15. — . 

CHARLES  BAUDELAIRE:  DIE  BLUMEN  DES 
BÖSEN.  In  deutfche  Verle  übertragen  von  Graf  Wolf 
von  Kalckreuth.  Titel-,  Vignetten-  und  Einbandzeich- 
nung von  H.  JVilh.  JVulff.  850  numerierte  Exemplare. 
Nr.  I — 50  auf  Büttenpapier,  in  Pergament  M.  14. — . 
Nr.  51—850  in  Leder  M.  7.—. 

AUBREY  BEARDSLEY:  UNTER  DEM  HÜGEL. 
Eine  romantifche  Novelle.  Übertragung  ^•on  Rudolf 
Alexander  Schröder,  Mit  einer  Zeichnung  von  Beardsley. 
Zzveite  Auflage.    Geheftet  M.  2.50 ;  in  Leder  M.  4. — . 

LUDWIG  VAN  BEETHOVENS  BRIEFE.  Ausgev^ählt 
und  herausgegeben  von  Albert  Leiixmann.  In  Pappband 
M.  2.—  ;  in  Leder  M.  4.—. 

DIE  BERGPREDIGT  JESU  CHRISTI  in  der  Luther- 

fchen  Überfetzung.    Gefchrieben  im  alten  Unzialduktus 
von  Graily  Hezvitt^  in  rot  und   Ichwarz  gedruckt.     300 


174 


Exemplare    auf   van    Gelder- Büttenpapier.     In    Leder 
M.  30. — ;  in  Pergament  M.  22. — . 

HANS    BETHGE:    DIE    CHINESISCHE    FLÖTE. 

Nachdichtungen  chinefilcher  Lyrik.  Titel-  und  Einband- 
zeichnung von  E.  R.  Weiß.  Zweite  Auflage.  Gebunden 
M.  5. — .  Vorxugsausgabe :  lOO  numerierte  Exemplare  auf 
chinefifchem  Papier.  In  Seide  M.  12. — . 
DIE  BIBEL  AUSGEWÄHLT.  Herausgegeben  von 
J.  undP.  G.  GrotjaJm.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von 
F.H.Ehmcke.    In  Pappband  M.  2.—  ;  in  Leder  M.  4.—. 

OTTO  JULIUS  BIERBAUM:  DER  NEU  BESTELL- 
TE IRRGARTEN  DER  LIEBE,  UM  ETLICHE 
GÄNGE  UND  LAUBEN  VERMEHRT.  Verliebte, 
launenhafte,  moralifche  und  andere  Gedichte,  Lieder  und 
Sprüche  aus  den  Jahren  1885  bis  1905.  Leiften,  Schluß- 
ftücke  und  Umfchlagzeichnung  von  Heinrich  Vogeler- 
JVorpswede.  Titelvignette  von  E.  R.  Weiß.  7.  bis  10. 
Taufend  (des  „Irrgartens  der  Liebe"  41.  bis  44.  Taufend). 
Geheftet  A/I.  2.—  ;  in  Pappband  M.  3.—  ;  in  Leder  M.  5.—. 

GIOVANNI  DI  BOCCACCIO:  DAS  LEBEN  DAN- 
TES. Übertragen  von  Otto  Freiherrn  von  Taube.  Titel, 
Initiale  und  Einband  von  F.  H.  Eh?ncke.  800  Exemplare. 
In  Halbpergament  M.  8. — ;  in  Leder  M.   15.—. 

GIOVANNI  DI  BOCCACCIO:  DAS  DEKAME- 
RON.  Vollftändige  Ausgabe,  neu  übertragen  von 
Albert  Weffelski.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von 
Walter  Tiemann.  Dritte  Auflage  (6.  bis  10.  Taufend). 
Drei  Bände.  Geheftet  M.  7. —  j  in  Leinen  M.  10. — ; 
in  Leder  M.  14. — . 


75 


GIOVANNI  DI  BOCCACCIO:  DIE  LIEBENDE 
FIAMETTA.  Roman.  Vollitändige  Ausgabe,  unter 
Zugrundelegung  der  Überfetzung  von  Sophie  Brentano 
bearbeitet  von  K.  Berg.  Titel-  und  Einbandzeichnung 
von  JV alter  Tieynann.  Geheftet  M.  3-50;  in  Leinen 
M.  4.50;  in  Leder  M.  5.—. 

DIE    NACHTWACHEN    DES    BONAVENTURA. 

Herausgegeben  von  Franz  Schlitz.  Geheftet  M.  4. — ;  in 
Halbleder"  M.  6.—. 

Der  Verfaffer  dieler  Proiadichtung  aus  dem  Zeitalter  der  Roman- 
tik war  Friedrich  Gottlob  Wetzel. 

CLEMENS    BRENTANOS     FRÜHLINGSKRANZ, 

aus  Jugendbriefen  ihm  geflochten  [von  Bettina  von  yfrw/V/z], 
wie  er  felbft  fchriftlich  verlangte.  Zwei  Bände.  Ein- 
geleitet von  Paul  Ernft.  Titel-  und  Einbandzeichnung 
von  JValter  Tiemann.  Zzveite  Auflage.  Geheftet  M.  6. — ; 
in  Leinen  M.  8. — ;  in  Leder  M.  10. — . 

BRIEFWECHSEL  ZWISCHEN  CLEMENS  BREN- 
TANO UND  SOPHIE  MEREAU.  Nach  den  Hand- 
fchriften  zum  erften  Male  herausgegeben  von  Heitiz  Ame- 
lung.  Titelrahmen  von  JValter  Tiemann.  Mit  zwei  Bild- 
nilTen  in  Lichtdruck.  Zwei  Bände.  Geheftet  M.  7. — ; 
in  Leinen  M.  9. — .  Vor  zugsam  gäbe:  lOO  numerierte 
Exemplare  auf  Büttenpapier.     In  Leder  M.  18. — . 

BRIEFE  DER  HERZOGIN  ELISABETH  CHAR- 
LOTTE VON  ORLEANS  (LISELOTTE).  Auswahl 
in  zwei  Bänden,  herausgegeben  von  Hans  F.  Helmolt. 
Mit  zwei  Bildniffen  in  Heliogravüre.  Zzveite  Auflage. 
Geheftet  M.  12.—  ;  in  Halbleder  M.  16.—. 


176 


ELIZABETH  BARRETT-BROWNING:  SONET- 
TE NACH  DEM  PORTUGIESISCHEN.  Über- 
tragen von  Rainer  Maria  Rilke.  Geheftet  M.  3. — ;  in 
Halbpergament  M.  4. — . 

MIGUEL  DE  CERVANTES:  DER  SCHARFSIN- 
NIGE RITTER  DON  QUIXOTE  VON  DER 
MANCHA.  Vollftändige  deutfche  Ausgabe  in  drei 
Bänden,  beforgt  von  Konrad  Thorer^  eingeleitet  von  Felix 
Poppenberg.  Titel-  und  Einband  von  Carl  Czefchka.  Ge- 
heftet M.  10. — ;  in  Leinen  M.  14. — ;  in  Leder  M.  18. — . 

DIE  NOVELLEN  DES  CERVANTES.  Vollftändige 
deutfche  Ausgabe,  bearbeitet  von  Konrad  Thorer^  einge- 
leitet von  Felix  Poppenberg.  Titel-  und  Einband  von  Carl 
C-zefchka.  Zv/ei  Bände.  Geheftet  M.  8. — ;  in  Leinen 
M.  10. — ;  in  Leder  M.  12. — . 

DANIEL  DEFOE:  DAS  LEBEN  UND  DIE  GANTZ 
UNGEMEINE  BEGEBENHEITEN  DES  BE- 
RÜHMTEN ENGELLÄNDERS  MR.  ROBINSON 
CRUSOE  .  .  .  Neudruck  des  älteften  deutfchen  Ro- 
binfonbuchesvon  1721.  Mit  Wiedergabe  von  drei  Kupfer- 
ftichen.  Nachwort  von  Hermann  Ullrich.  Zwei  Bände. 
600  numerierte  Exemplare.  In  Halbpergament  M.  20. — ; 
in  Ganzpergament  M.  30. — . 

ANNETTE  VON  DROSTE-HÜLSHOFF :  DIE 
JUDENBUCHE.  Ein  Sittengemälde  aus  dem  gebir- 
gichten  Weftfalen.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von 
Walter  Tiemann.    Geheftet  M.  2. — ;  in  Leinen  M.  3. — . 

PAUL  ERNST  :  DIE  SELIGE  INSEL.  Ein  Roman. 
Geheftet  M.  3.—  ;  in  Leder  M.  5.—. 


11 


PAUL  ERNST:  DER  WEG  ZUR  FORM.  Äfthetifche 

Abhandlungen,  vornehmlich  zur  Tragödie  und  Novelle. 
Geheftet  M.  4.—;  in  Pappband  M.  5.—. 
DAS  BUCH  ESTHER  in  der  Lutherfchen  Überfetzung. 
Mit  figürlichem  Doppeltitel  und  Initialen  von  F.  JV. 
Kleukens.  300  Exemplare.  Auf  van  Gelder-Büttenpapier, 
in  Leder  mit  Seidenvorfatz  M.  24. — . 
Gedruckt  auf  der  Ernit  Ludwig-PrefTe  in  Darmftadt. 

FICHTES  REDEN  AN  DIE  DEUTSCHE  NATION. 
Revidierte  Ausgabe,  eingeleitet  von  Rudolf  Eucken.  In 
Pappband  M.  2. — ;  in  Leder  M.  4.—. 

GUSTAVE  FLAUBERT:  DREI  ERZÄHLUNGEN 
(Ein  fchlichtes  Herz;  Die  Sage  von  Sankt  Julianus; 
Herodias).  Übertragen  von  Ernft  Hardt.  Zweite  Auflage. 
Geheftet  M.  3. 50;  in  Halbpergament  M.  5. — . 

JOHN  FLAXMAN:  ZEICHNUNGEN  ZU  SAGEN 
DES  KLASSISCHEN  ALTERTUMS.  Eingeleitet 
von  Enift  Beutler.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von 
F.  H.  Ehmcke.     In  Leinen  M.  5. — . 

(GLEIM,  J.  L.  W.):  PREUSSISCHE  KRIEGSLIEDER 
IN  DEN  FELDZCGEN  1756  UND  1757  VON 
EINEM  GRENADIER.  Mit  Melodien.  (Mit  einem 
Vorbericht  von  LefTing.)  Berlin  1759,  bev  Chriftian 
Friedrich  Voß.  Mit  acht  Notenbeila^en  und  o:ertoche- 
nem  Titelkupfer.  Neudruck  in  350  Exemplaren  mit 
einem  Nachv^^ort  von  Georg  JVitkowski.  In  Leder  M.  20. — . 

GOETHES  SÄMTLICHE  WERKE  IN  FÜNFZEHN 
BÄNDEN.  Großherzog  Wilhelm  Er Jift- Ausgabe  deutfcher 
Klafßker.    Titel-  und  Einbandzeichnung  von  Eric  Gill. 

178 


Bisher  find  erfchlenen  und  einzeln  käuflich: 
I.  II:  ROMANE  UND  NOVELLEN.     Vollftändig  in  zwei  Bänden. 

Herausgegeben  von  Hans  Gerhard  Graf  und  Carl  Schüddekopf.    In 

Leder  M.  ii. — . 
III:  AUS  MEINEM  LEBEN.     DICHTUNG  UND  WAHRHEIT. 

Herausgegeben  von  Kurt  Jahn.     In  Leder  M.  6. — . 
IV:  ITALIENISCHE  REISE;   KAMPAGNE  IN  FRANKREICH 

1792;  BELAGERUNG  VON  MAINZ  1793.    Herausgegeben  von 

Kurt  Jahn.     In  Leder  M.   6.—. 
V:  AUTOBIOGRAPHISCHE    SCHRIFTEN,  IIL  Band.     Heraus- 
gegeben von  Kurt  Jahn.     In  Leder  M.  5.50. 
VI:  DRAMATISCHE   DICHTUNGEN,   I.  Band.     Herausgegeben 

von  Hans  Gerhard  Graf.     In  Leder  M.  4. — . 
VII:  DRAMATISCHE  DICHTUNGEN,  II.  Band.    Herausgegeben 

von  Hans  Gerhard  Graf    In  Leder  M.  6. — . 
IX :  KUNST-SCHRIFTEN,  I.  Band.  Herausgegeben  von  Max  Hecker. 

In  Leder  M.  6. — . 

GOETHE :  FAUST.  Gefamtausgabe.  Enthaltend  den 
Urfauft;  Das  Fragment  (1790);  Die  Tragödie,  I.  und 
II.  Teil;  Die  Paralipomena.  Herausgegeben  von  Hans 
Gerhard  Graf.  Zweite  Auflage  (6.— 10.  Taufend).  In 
Leinen  M.  3.—  ;  in  Leder  M.  4. — . 

GOETHES  WERKE  IN  SECHS  BÄNDEN.  Im  Auf- 
trage der  Goethe-Gefellfchaft  herausgegeben  von  Erich 
Schmidt.  Zweite  Auflage  (21.— 50.  Taufe?id).  In  Papp- 
bänden M.  6.—  ;  in  Leinen  M.  8.— ;  in  Halbleder  M.  1 2.—. 

GOETHES  SPRÜCHE  IN  PROSA.  Maximen  und  Re- 
flexionen. Herausgegeben  von  Her?nan  Krüger-JVeftend. 
In  Pappband  M.  2.—  ;  in  Leder  M.  4.—. 

GOETHES  SPRÜCHE  IN  REIMEN.  Zahme  Xenien 
und  Invektiven.  Herausgegeben  von  Max  Hecker.  In 
Pappband  M.  2. — ;  in  Leder  M.  4. — . 


179 


AUS  GOETHES  TAGEBÜCHERN.  Ausgewählt  und 
herausgegeben  von  Hans  Gerhard  Graf.  In  Pappband 
M.  2.—  ;  in  Leder  M.  4.—. 

GOETHE  IM  GESPRÄCH.  In  Auswahl  (ohne  die  mit 
Eckermann  geführten  Gefpräche)  herausgegeben  von 
Franx  Deibel  und  Friedrich  Gimdelfinger.  Dritte  Auflage. 
Geheftet  M.  5.—  ;  in  Leinen  M.  6.—  ;  in  Leder  M.  8.—. 
Enthält  die  Gefpräche  mit  Schiller,  Wieland,  Herder,  Schlegel, 
Napoleon,  Voß,  Riemer,  Boifferde,  Kanzler  von  Müller,  Soret, 
Felix  Mendelsfohn-Bartholdy  u.   a, 

GOETHES  GESPRÄCHE  MIT  ECKERMANN.  Voll- 
ftändige  Ausgabe,  beforgt  von  Fran%  Deibel.  Mit  zwei 
Porträts.  Zweite  Auflage  (6. — 10.  Taufend).  Zwei  Bände. 
In  Pappbänden  M.  5. — ;  in  Leinen  M.  7. — ;  in  Leder 
M.  9.-. 

GOETHES  BRIEFE  AN  CHARLOTTE  VON 
STEIN.  Vollftändige  Ausgabe  in  drei  Bänden.  Heraus- 
gegeben ^  on  Julius  Peterfen.  Mit  drei  Silhouetten.  Ti- 
tel, Einband-  und  Vignettenzeichnungen  von  Heinrich 
Vogeler-JForpswede.  Zweite  Auflage  (3.  und  4.  Taufend). 
Geheftet  M.  7.—  ;  in  Leinen  M.  10.—  ;  in  Leder  M.  14.—. 

GOETHES  BRIEFE  AN  FRAU  VON   STEIN.     In 

Auswahl   herausgegeben   \on   Julius  Pete?fen.     Mit  drei 
Silhouetten.     In  Pappband  M.  2. — ;   in  Leder  M.  4. — . 

GOETHES  BRIEFWECHSEL  MIT  MARIANNE 
VON  WILLEMER.  Herausgegeben  von  Philipp  Stein. 
Mit  einer  Silhouette  und  zwei  Zeichnungen  in  Licht- 
druck. Titel-  und  Einbandzeichnungen  von  Heinrich 
Vogekr-lVorpswede.  Geheftet  M.  4.—  ;  in  Leinen  M.  5. — ; 


i«o 


in  Leder  M.  7. — .  Vovzugsausgabe:  lOO  numerierte  Exem- 
plare auf  Büttenpapier.  In  Pergament  M.  12. — . 
DIE  BRIEFE  DER  FRAU  RATH  GOETHE.  Ge- 
fammelt  und  herausgegeben  von  Albert  Köfter.  Mit  zwei 
Brief- Fakfimiles.  Vierte^  vermehrte  Auflage.  Zwei  Bände. 
Geheftet  M.   10.—  ;  in  Halbleder  M.  14.—. 

BRIEFE  VON  GOETHES  MUTTER.  Ausgewählt 
und  eingeleitet  von  Albert  Köfter.  Mit  einer  Silhouette 
der  Frau  Rath.  21.  bis  30.  Taufe7id.  In  Pappband  M.  2.—  ; 
in  Leder  M.  4. — . 

GRIMMS  DEUTSCHE  SAGEN.  Ausgewählt  und  ein- 
geleitet von  Paul  Merker.  In  Pappband  M.  2. — ;  in 
Leder  M.  4.—. 

H.  J.  CHR.  VON  GRIMMELSH AUSEN :  DER  ABEN- 
TEUERLICHE SIMPLICISSIMUS.  Vollftändige 
Tafchenausgabe  in  drei  Bänden,  beforgt  von  Reinhard 
Buchwald.  Mit  den  vier  Radierungen  von  Max  KUnger 
in  Lichtdruck.  T\1.q\  von  E.R.  TV eiß.  Geheftet  M.  6.—  ; 
in  Pappbänden  M.  8. — ;  in  Pergament  M.  14. — . 

H.  J.  CHR.  VON  GRIMMELSH  AUSEN:  SIMPLI- 
CIANISCHE  SCHRIFTEN.  (Trutz  Simplex  oder 
Lebensbefchreibung  der  Ertzbetrügerin  und  Landftört- 
zerin  Courafche;  Der  feltzame  Springinsfeld;  Das  wun- 
derbare Vogelneft;  Kleinere  Simpliciana.)  Neudruck  in 
400  numerierten  Exemplaren  mit  Wiedergabe  von  12 
Kupferftichen  und  20  Holzfchnitten  der  Ausgabe  von 
1684.  Haupt-  und  Untertitel,  Initiale,  Rahmen  und 
Einband  gezeichnet  von  Walter  Tiemann.  Nachwort 
von  Paul  Ernft.     In  Schweinsleder  M.  40. — . 


Ibi 


OTTO  FRIEDRICH  VON  DER  GROBEN:  GUI- 
NEISCHE REISE- BESCHREIBUNG.  Marienwer- 
der, gedruckt  durch  Simon  Reinigern,  anno  1694.  Mit 
16  Vollbildern.  500  numerierte  Exemplare.  In  Halb- 
pergament M.  18. — . 
Fakfimileneudruck  des  älteften  deutfchen  Kolonialbuchs. 

ERNST  HARDT:  GESAMMELTE  ERZÄHLUN- 
GEN.    Geheftet  M.  3.—  ;   in   Halbpergament  M.  4.—. 

ERNST  HARDT:  AUS  DEN  TAGEN  DES  KNA- 
BEN. Gedichte.  500  numerierte  Exemplare.  Geheftet 
M.  4. — ;  in  Pergament  M.  6. — . 

ERNST  HARDT:  TANTRIS  DER  NARR.    Drama 

in  fünf  Akten.  Eingangsblatt,  Titel  und  Einband  ge- 
zeichnet von  Marcus  Behmer.  Fünfte  Auflage  (16. — 20. 
Taufend).    Geheftet  M.  3. — ;  in  Leinen  M.  4. — . 

ERNST  HARDT:  AN  DEN  TOREN  DES  LEBENS. 
Eine  Novelle.  Zweite  Jiflage.  Geheftet  M.  2. — ;  in 
Halbpergament  M.  3. — . 

HEINRICH  HEINE:  DIE  NORDSEE.  300  Exem- 
plare auf  Japanpapier.  In  Pergament  M.  18. — ;  in  Le- 
der M.  22.—. 

Gedruckt  auf  der  Ernlt  Ludwig-PrefTe  in  Darmftadt. 

WILHELM    HEINSE:    SÄMTLICHE    WERKE    in 

10  Bänden.  Erfte  vollftändige  kritifche  Ausgabe  von 
Carl  Schüddekopf  Leiften  und  Vignetten  von  Th.  Th. 
Heine.  Jeder  Band  geheftet  M.  6.—  ;  in  Halbleder  M.  8.—  ; 
in  Ganzleder  M.  9. — . 


I»2 


Bisher  find  erfchienen  und  werden  einzeln  abgegeben: 
Band  II:  Die  Begebenheiten  des  Enkolp.  Die  Kirschen. 
Band  III,  i.  Abteilung:  Laidion  oder  die  Eleufinifchen 
Geheimniffe.  Kleine  Schriften,  erfter  Teil.  Band  III, 
2.  Abteilung:  Kleine  Schriften,  zweiter  Teil.  Band  IV: 
Ardinghello  und  die  glückfeeligen  Infein.  Zweite  Auflage. 
Band  V  und  VI:  Hildegard  von  Hohenthal.  Band  VII: 
Tagebücher.     Band  IX  und  X:  Briefe. 

HESPERUS.  Ein  Jahrbuch,  mit  Beiträgen  von  Hugo  von 
Hof7nan7isthal,  Rudolf  Borchardt  und  Rudolf  Alexander 
Schröder.  Geheftet  M.  5.—  ;  in  Pappband  M.  6.—  ;  in 
Pergament  M.  10. — . 

Enthält  u.  a.  die  „Alkeftis"   von  Hugo  %'on  Hofmannsthal. 

ALFRED  WALTER  HEYMEL:  ZEITEN.  Gefam- 
melte  Gedichte  aus  den  Jahren  1895— 1910.  Zweite^  ver- 
mehrte Auflage.  Einbandzeichnung  von  Emil  Preetorius. 
Geheftet  M.  2.—  ;  in  Pappband  M.  3.—. 

LUDWIG  VON  HOFMANN:  TÄNZE.  Zwölf  Ori- 
ginallithographien. Mit  einem  Prolog  von  Hugo  von 
Hofmannsthal.     200   Exemplare.     In  Mappe  M.  200. — . 

HUGO  VON  HOFMANNSTHAL:  KLEINE  DRA- 
MEN. Titel-  und  Einbandzeichnungen  von  Eric  Gill. 
(Band  I:  Geftern;  Der  Tor  und  der  Tod;  Der  weiße 
Fächer.  Band  II:  Das  Bergwerk  zu  Falun;  Der  Kaifer 
und  die  Hexe;  Das  kleine  Welttheater.)  Zweite  Auflage. 
Geheftet  M.  8.—  ;  in  Halbpergament  M.  12.—. 
Beide  Bände  werden  in  befonderer  Ausftattung  auch  einzeln  ab- 
gegeben.    Geheftet  je  M.  4.- — ;  in  Halbpergament  je  M.   6. — . 

183 


HUGO  VON  HOFMANXSTHAL:  DIE  GESAM- 
MELTEN GEDICHTE.  Dritte  Auflage.  Titel-  und 
Einbandzeichnung  ^■on  Et-ic  Gill.  Geheftet  M.  4. — ;  in 
Halbpergament  M.  6. — . 

HUGO  VON  HOFMANNSTHAL:  DER  TOD  DES 

TIZIAN.    Ein  dramatifches  Fragment.    Fimfte  Auflage. 
Geheftet  M.  i.— ;  in  Pappband  M.  1.80. 

HUGO  VON  HOFMANNSTHAL:  DER  TOR  UND 
DER  TOD.  Ein  dramatifches  Gedicht.  Elfte  Auflage. 
Titel  und  Einband  \on  Hehwich  Vogeler.  Geheftet 
M.  2. —  \  in  Halbpergament  M.  3. — ;  in  Leder  M.  5. — . 

HUGO  VON  HOFMANNSTHAL:  DER  WEISSE 
FÄCHER.  Ein  Zwifchenlpiel.  Mit  vier  Holzfchnitten 
von  Edward  Gordon  Craig.  800  numerierte  Exemplare. 
Nr.  I — 50  auf  Japanpapier,  in  Pergament  mit  Seiden- 
vorfatz  M.  50. — ;  Nr.  51 — 800  auf  Büttenpapier,  in 
Halbpergament  M.  20. — . 

HUGO    VON    HOFMANNSTHAL:    VORSPIELE. 

Geheftet  M.  2. — ;  in  Pappband  M.  3. — . 

RICARDA  HUCH:  MERKWÜRDIGE  MENSCHEN 
UND  SCHICKSALE  AUS  DEM  ZEITALTER 
DES  RISORGIMENTO.  Geheftet  M.  4.—  ;  in  Papp- 
band M.  5. — ;  in  Leder  M.  7. — . 

RICARDA  HUCH:  NEUE  GEDICHTE.  Geheftet 
M.  3. 50;  in  Leder  M.  6.—. 

RICARDA  HUCH:  VITA  SO.MNTUM  BREVE. 
Roman.     Mit  Initialen  von  Heinrich  Vogeler-WorpiWßde 

184 


und  einem  Titelbilde  nach  Arnold BöckUn  in  Heliogravüre. 
Vierte  Auflage.     Geheftet  M.  6.—  ;  in  Leder  M.  8.—. 

WILHELM  VON  HUMBOLDTS  BRIEFE  AN  EINE 
FREUNDIN.  Zürn  erften  Male  nach  den  Handfchrif- 
ten  herausgegeben  von  Albert  Leitzmatm.  Zwei  Bände. 
Mit  einem  Porträt.  Geheftet  M.  6.—  ;  in  Leinen  M.  8.—  ; 
in  Leder  M.  lO.— . 

DAS  INSELBUCH.  (Mit  Beiträgen  von  Bierbaum,  Blei, 
Deh?nely  Liliencron,  Rilke,  JFalfer,  JVedeBidu.  a.  und  Zeich- 
nungen von  Behmer,  Gaski?i,  Heine,  Valotton,  Weiß  u.  a.) 
Geheftet  M.  i.— ;  in  Leder  M.  2.—. 

JOHANNES  SECUNDUS:  DIE  KÜSSE  UND  DIE 
FEIERLICHEN  ELEGIEN.  Deutfeh  \on  Fr ajix  Blei. 
Mit  Goethes  Gedicht  „An  den  Geift  des  Johannes  Se- 
cundus".  Mit  einemx  Titelporträt  in  Kupferdruck.  In 
Halbpergament  M.  5.—. 

KANT  -  AUSSPRÜCHE.  Herausgegeben  von  Raoul 
Richter.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von  F.H.Ehmcke. 
In  Pappband  M.  2.—  ;  in  Leder  M.  4.—. 

SÖREN  KIERKEGAARD:  DAS  TAGEBUCH  DES 
VERFÜHRERS.  Erfte  vollftändige  deutfche  Übertra- 
gung von  Max  Dautheyidey.  Zweite  Auflage.  Mit  einer 
Titelzeichnung  von  Walter  Tiema?in.  Geheftet  M.  5.—  ; 
in  Pappband  M.  6.—. 

HEINRICH  VON  KLEISTS  ERZÄHLUNGEN.  Ein- 
geleitet von  Erich  Schmidt.  In  Pappband  M.  2.—;  in 
Leder  M.  4.— . 

185 


DES  KNABEN  WUNDERHORN.  Ausgewählt  und 
eingeleitet  von  Fried?-ich  Ranke.  Mit  Titelvignette  und 
Titelvollbild  nach  der  erlten  Ausgabe.  In  Pappband 
M.  2.—  ;  in  Leder  M.  4.—. 

KÖRNERS  WERKE,  in  einem  Bande.  Herausgegeben 
von  JVcrner  Deetjeyi.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von 
Eric  Gill.  (Großhe?'zog  IVilhehn  Ernft- Aus  gäbe  deut jeher 
Klaßker.)     In  Leder  M.  3.50. 

KARL  ARNOLD  KORTUM:  DIE  JOBSIADE.   Ein 

komifches  Heldengedicht  in  drei  Teilen.  Mit  den  Bil- 
dern der  Originalausgaben  und  einer  Einleitung  in  Verfen 
von  Otto  Julius  Bierbaurn.  Zeichnung  der  Zierftücke,  des 
Titels  und  des  Einbandes  von  Walter  Tiemann.  Zweite 
Auflage.  In  Pappband  M.  6. — .  Vorxugsausgabe :  200  nu- 
merierte Exemplare  auf  van  Gelder-Büttenpapier.  In 
Schweinsleder  M.  25.—. 

SELMA  LAGERLÖF:  GÖSTA  BERLING,  ERZÄH- 
LUNGEN   AUS    DEM    ALTEN    WERMLAND. 

Übertragen  von  Mathilde  Mayin.  Zwei  Bände.  Drittes 
Taufend.  Geheftet  M.  5,—  ;  in  Pappbänden  M.  7.—  ; 
in  Leder  M.  10. — . 

KARL  LARSEN:  SCHWESTER  MARIANNA  UND 

IHRE  LIEBESBRIEFE.  Übertragen  von  Mathilde 
Ma?in.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von  JValter  Tie- 
mann.     Geheftet  M.  4.50 ;  in  Pergament  M.  7.50. 

MICHAEL  LERMONTOFF:  EIN  HELD  UNSE- 
RER ZEIT.  Ein  Roman.  Deutfche  Übertragung  aus 
dem  Rußifchen  von  Michael  Eeofanof.    Mit  Titel-  und 

186 


Einbandzeichnung  von  IV alter  Tiemann.  Geheftet  M.  3. — ; 
in  Leinen  M.  4. — ;  in  Leder  M.  5. — . 

A.  R.  LE  SAGE:  DIE  GESCHICHTE  DES  GIL 
BLAS  VON  SANTILLANA.  Ein  Roman.  Deutfche 
Ausgabe  in  zwei  Bänden,  beforgt  von  Konrad  Thorer, 
Nachwort  von  Reinhard  Buchwald.  Mit  zwei  Titel- 
vignetten und  acht  Vollbildern  nach  Kupfern  von  Chodo- 
wlecki  in  Lichtdruck.  Geheftet  M.  8. — ;  in  Halbfranz 
M.  12. — .  Vorzugsausgabc:  lOO  numerierte  Exemplare 
auf  Büttenpapier.     In  Kalbleder  M.  24. — . 

OTTO  LUDWIG :  DIE  HEITERETHEI.  Ein  Ro- 
man. Herausgegeben  von  Paul  Merker.  In  Pappband 
M.  2. — ;  in_Leder  M.  4. — . 

MARTIN  LUTHERS  BRIEFE.  In  Auswahl  heraus- 
gegeben von  Reinhard  Buchzvald.  Zwei  Bände.  Mit 
einem  Porträt  Luthers  von  Lukas  Cranach.  Titel-  und 
Einbandzeichnung  von  E.R.Weiß.  Geheftet  M.  9. — ; 
in  Leinen  M.  12. — ;  in  Leder  M.  16. — . 

HEINRICH  MANN:  DIE  KLEINE  STADT.  Ein 
Roman.  Vierte  Auflage.  Geheftet  M.  4. —  \  in  Leinen 
M.  5.-. 

HEINRICH  MANN:  DIEBÖSEN.  Zwei  Novellen: 
Die  Branzilla;  Der  Tyrann.  Geheftet  M.  2.50 ;  in 
Leinen  M.  3.50. 

JULIUS  MEIER-GRAEFE :  COROT  UND  COUR- 
BET.  Ein  Beitrag  zur  Entwickelungsgefchichte  der  mo- 
dernen Malerei.  Mit  17  Vollbildern.  In  Halbleinen 
M.  8.-. 


87 


WILHELM  MEINHOLD:  DIE  BERNSTEINHEXE. 
Hiftorifcher  Roman.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von 
E.  R.  Weiß.  Geheftet  M.  3.—;  in  Halbpergament M.  4.50 ; 

in  Ganzpergament  M.  7. — . 

— —  ijj 

JOHANN  HEINRICH  MERCKS  SCHRIFTEN  UND 

BRIEFWECHSEL.     In   Auswahl   herausgegeben   von 
Kii7-t  JFolff.     Mit  einem  Porträt  Mercks  in  Lichtdruck 

und  Fakfimiles.     Zwei   Bände.     600  numerierte  Exem- 
plare.    Geheftet  M,  14.—  ;  in  Halbleder  M.  18. — . 

EDUARD  MÖRIKE:  DAS  HUTZELMÄNNLEIN 
UND  ANDERE  MÄRCHEN.  Titel-  und  Einband- 
zeichnung von  IV alter  Tieniann.  Geheftet  M.  3. — \  in 
Leinen  ]M.  4. — ;  in  Leder  M.  5. — . 

EDUARD  MÖRIKE:  MOZART  AUF  DER  REISE 
NACH  PRAG.  Eine  Novelle.  Mit  Doppeltitel  von 
JValter  Tiemann.  Geheftet  M.  2.50 5  in  Leinen  M.  3.50 ; 
in  Leder  M.  4.50. 

HENRI  MURGER:  DIE  BOHExME.  Szenen  aus  dem 
Parifer  Künftlerleben.  Mit  Titelzeichnung  und  fünf 
Vollbildern  von  Fi-awz  vo?i  Bayros.  Zweite  Auflage.  (3. 
lüid  4.  Taufend.)    Geheftet  M.  4.50 ;  in  Leinen  M.  6. —  j 

in  Leder  M.  8.50. 

FRIEDRICH  NIETZSCHES  GESAMMELTE  BRIE- 
FE.   Fünf  Teile  (in  Techs  Bänden).   Geheftet  M.  48.—  ; 
in  Leinen  M.  56. — ;  in  Halbleder  M.  64. — . 
Einzeln  find  davon  zu  beziehen: 

Teil  I:  Briefe  an  Wilhelm  Pinder,  Guitav  Krug,  Paul  Deussen, 
von  Gersdorff,  Dr.   Carl  Fuchs,  Frau  Marie  Baumgartner,  Frau 


Loulfe  O.,  Freiherrn  von  Seydlitz,  Bürgermeifter  Muncker,  Theo- 
dor Opitz,  Karl  Knortz,  Frau  ProfefTor  Vifcher-Heußler,  Freifrau 
von  Seydlitz,  Dr.  Otto  Eifer,  Dr.  Romundt,  Frau  Appelationsrat 
Pinder.  Herausgegeben  von  Elifabeth  Föj'fter-Nietzfche  und  Peter 
Gaft.     Geheftet  M.  lö. — ;  in  Leinen  M.    ii. — . 

Teil  II:  Briefwechfel  mit  Erwin  Rhode.  Herausgegeben  von  Elifa- 
beth Förfter-Nietzfche  und  Fritz,  Scholl.  Geheftet  M.  lo. — ;  in 
Leinen  M.  ii. — . 

Teil  III:  Briefwechfel  mit  Fr.  Ritfehl,  J.  Burckhardt,  H.  Taine,  G. 
Keller,  H.  von  Stein,  G.  Brandes,  H.  von  Bülow,  H.  von  Senger, 
Malvida  von  Meyfenbug.  Herausgegeben  von  Elifabeth  Förfter- 
Nietzfche,  Ciirt  Wachs7nuth  und  Peter  Gaft.  Geheftet  M.  lo. — ; 
in  Leinen  M.  ii. — . 

Teil  IV:  Briefe  an  Peter  Gaft.  Herausgegeben  von  Peter  Gaft.  Ge- 
heftet M.  9. — ;  in  Leinen  M.  10. — . 

Teil  V,  zwei  Bände:  Briefe  an  Mutter  und  Schwefter.  Heraus- 
gegeben von  Elifabeth  Förfter-Nietzfche.  Geheftet  M.  12. — ;  in 
Leinen  M.  14. — . 

FRIEDRICH  NIETZSCHE:  ALSO  SPRACH  ZARA- 
THUSTRA.  EIN  BUCH  FÜR  ALLE  UND  KEI- 
NEN. Monumentalalls  gäbe.  Druckanordnung,  Zeichnung 
des  Titels,  der  Vortitel  und  Füllornamente  und  des  Ein- 
bandes  von  Henry  van  de  Felde.  In  fchwarz,  purpur  und 
gold  gedruckt  aut'^  van  Gelder-Büttenpapier.  500  nu- 
merierte Exemplare.  Nr.  i  — 100  in  Maroquin  (ver- 
griffen); Nr.  loi — 500  in  Pergament  M.  90. — . 

NOVELLEN,  ALTFRANZÖSISCHE.  Ausgewähltvon 
Paul  Erjifty  übertragen  von  Faul  Hansmann.  Zwei  Bände. 
Mit  Titelholzschnitten  und  Zierftücken  nach  alten 
Originalen.  Titelzeichnung  von  Rudolf  Koch.  Geheftet 
M.  8.—;  in  Pappbänden  M.  10.— j  in  Leder  M.  14.—. 

189 


Vorzugsausgabe:  loo  numerierte  Exemplare  auf  Bütten- 
papier, in  Pergament  M.  20. — . 

NOVELLEN,  ALTITALIÄNISCHE.  Zwei  Bände. 
Ausgewählt  und  überfetzt  von  Paul  Ernft.  Mit  vene- 
zianifchen  Titelholzfchnitten,  Initialen  und  Zierftücken 
aus  dem  14.  Jahrhundert.  Zzveite  Auflage.  Geheftet 
\l.  6. — ;   in  Pappbänden   ]\L  8. — \   in   Leder   M.   I2. — . 

O^L^R  CHAJJÄM  VON  NESCHAPUR :  RUBA'- 
IJxA.T.  Aus  dem  Englifchen  des  Ediuard  Fttxgerald  in 
deutlche  Verle  übertragen  \q>\\  G.  D.  Gribble.  Titel-  und 
Einbandzeichnung  und  Liitiale  von  Marcus  Behmer.  In 
Pappband  ]\I.  8.—  ;  in  Leder  M.  12. — . 

WALTER    PATER:    IMAGINÄRE   PORTRAITS. 

übertragen  von  Felix  Hübel.  Mit  altvenezianifchen  Ini- 
tialen. Geheftet  M.  5. — ;  in  Leinen  M.  6.50. 
WALTER  PATER:  MARIUS  DER  EPIKUREER. 
Ein  Roman  in  zwei  Bänden.  Übertragen  von  Felix 
Paul  Greve.  Geheftet  M.  6.50 ;  in  Leinen  M.  9. — ;  in 
Leder  M.  12.—. 

FRANCESCO  PETRARCA:  SONETTE.  Ausgewählt, 
überfetzt  und  eingeleitet  von  Bettina  Jacobson.  Mit 
dem  Porträt  des  Dichters.  Geheftet  ?vl.  3. 50;  in  Per- 
gament M.  5.50. 

FRANZ  GRAF  POCCI:  LUSTIGES  KOMÖDIEN- 
BÜCHLEIN. Zwei  Bände.  In  Auswahl  neu  heraus- 
gegeben von  P.  E.  Schmidt  und  K.  v.  Rözycki.  Mit  vielen 
Bildern,  zum  Teil  nach  unveröffentlichten  Zeichnungen 
Poccis.  Einbandzeichnung  von  F.  W.  Kleukens.  Geheftet 
M.  7. — ;  in  Halbpergament  M.  10. — . 


190 


HENRIK  PONTOPPIDAN:  HANS  IM  GLÜCK. 
Ein  Roman  in  zwei  Bänden.  Übertragen  von  Mathilde 
Mann.  Dritte  Auflage.  Einbandzeichnung  von  E.  R. 
Weiß.    Geheftet  M.  8.—  ;  in  Leinen  M.  lO.— . 

ALEXANDER  POPE:  DER  LOCKENRAUB.  Ein 
komifches  Heldengedicht.  In  deutfche  Verfe  übertragen 
von  Rudolf  Alexander  Schj'öder.  Mit  den  neun  Bildern 
und  der  Einbandzeichnung  von  Aubrey  Beardsley  in  der 
Originalgröße.  800  Exemplare,  Nr.  i — 100  auf  Japan- 
papier; in  Kalbleder  M.  40.—.  Nr.  101—800  auf  hollän- 
difchem  Büttenpapier;  in  Pappband  M.  14. — . 

ABBE  PREVOST  D'EXILES:  GESCHICHTE  DER 
MANON  LESCAUT  UND  DES  CHEVALIER 
DES  GRIEUX.  Deutfche  Übertragung  von  Julius 
Zeitler.  Mit  vier  Vollbildern  von  Franx  von  Bayros. 
Zweite  Auflage.  Geheftet  M.  4.50 ;  in  Halbleder  M.  6.—  ; 
in  Leder  M.  7.50. 

RAINER  MARIA  RILKE:  GESCHICHTEN  VOM 
LIEBEN  GOTT.  Dritte  Auflage.  Geheftet  M.  3.—  ; 
in  Leinen  M.  4. — . 

RAINER  MARIA  RILKE:  DIE  FRÜHEN  GE- 
DICHTE. Des  Buches  yyMir  xur  Feier^^  -z/iveite  Alf  läge. 
Geheftet  M.  4. 50;  in  Halbleder  M.  6.50. 

RAINER  MARIA  RILKE:  NEUE  GEDICHTE 
(aus  den  Jahren  1905 — 1907).  Zweite  Auflage.  Geheftet 
M.  4.50;  in  Halbleder  M.  6.50. 

RAINER  MARIA  RILKE:  DER  NEUEN  GE- 
DICHTE ANDERER  TEIL.  Geheftet  M.  4.50;  in 
Halbleder.  M.  6.50. 


191 


RAINER  MARIA  RILKE:  DAS  STUNDENBUCH. 

(Vom  mönchifchen  Leben;  Von  der  PilgeiTchaft;  Von 
der  Armut  und  vom  Tode.)  Mit  Titel  und  Initialen 
von  JValter  Tiemann.  Dritte  Auflage.  In  Halbleinen 
M.  3. 50;  in  Pergament  M.  6. — . 

ARTHUR  RIMBAUD:  LEBEN  UND  DICHTUNG. 

Übertragen  von  K.  L.  Ainmer^  eingeleitet  von  Stefan  Ziueig. 
Mit  einem  Bildnis  Rimbauds  in  Heliogra\  üre.  Geheftet 
M.  6.—;  in  Leinen  M.  7.—. 

RÜBEZAHL-GESCHICHTEN:  das  find  wahrhafftige, 
und  über  alle  Maßen  poffierliche  oder  anmuthige  Fratzen, 
von  dem  wunderbarlichen,  fehr  alten  und  weitbefchrienen 
Gefpenfte,  dem  Rübezahl,  .  .  .  denen  Begierigen  vor- 
mahls   theilhafFtig   gemachet   durch   M.  Johayinem  Prae- 

"^torhmi.  Nunmehro  aber  für  den  Curiöfen  Liebhaber 
auffs  Neue  an  Tag  gegeben.  Mit  Wiedergabe  von 
16  Holzfchnitten  der  Ausgabe  von  1738.  800  num- 
merierte  Exemplare.     In  Pappband  M.  10. — . 

KARL  SCHEFFLER:  PARIS.  Mit  71  Vollbildern  in 
Autotypie.  Einbandzeichnung  von  E.  R.  JVeiß.  Ge- 
heftet M.  10;  in  Halbpergament  M.  12. — . 

SCHILLERS  SÄMTLICHE  WERKE,  in  fechs  Bänden. 
Herausgegeben  \on  Albert  Köfter  und.  Max  Hecker.  Titel- 
und  Einbandzeichnung  von  Eric  Gilt.  (Großherxog  Wil- 
helm Ernft- Ausgabe deutfcher Klaffiker) .  InLeinenM.20. — ; 
in  Leder  M.  28.—. 

[Die  einzelnen  Bände  find  auch  unter  belonderen  Titeln  zum  Preife 
von  je  M.  4. —  in  Leinen  und  ]\r.  5. —  in  Leder  erfchienen:  Dramen 
L  Teil.  Dramen  IL  Teil.  Gedichte  und  Erzählungen.  Hiltorifche 
Schriften.     Philofophifche  Schriften.     Überfetzungen. 


192 


DIE  BRIEFE  DES  JUNGEN  SCHILLER.  Heraus- 
gegeben von  Max  Hecker.  Mit  einer  Silhouette.  In  Papp- 
band M.  2.—  ;  in  Leder  M.  4.—. 

FRIEDRICH  SCHLEGEL:  LUCINDE.  Berlin  1799. 
-  FRIEDRICH  SCHLEIERIVIACHERS  VER- 
TRAUTE BRIEFE  ÜBER  LUCINDE.  Berlin  1800. 
Mit  einer  Einleitung  von  Rudolf  Frajik.  500  numerierte 
Exemplare.     In  Pappband  M.  10. — . 

ADELE  SCHOPENHAUER:  TAGEBÜCHER.  Zum 

eriten  Male  herausgegeben  von  Kiü't  Wolff.  Zwei  Bände. 
Mit  17  von  Adele  Schopenhauer  gefchnittenen  Silhouetten. 
Geheftet  M.  6. — ;   in  Halbpergament  M.  8. — . 

SCHOPENHAUERS  SÄMTLICHE  WERKE,  in  fünf 
Bänden.  Titel-  und  Einbandzeichnungen  von  Eric  GUI. 
(Großherzog  Wilhelm  Ernft-Ausgabe  deutjcher  Klaffiker.) 
In  Leinen  M.  20. — ;  in  Leder  M.  26. — . 

Einzeln  werden  die  Bände  wie  folgt  geliefert: 

DIE  WELT  ALS  WILLE  UND  VORSTELLUNG.  Zwei  Bände. 
Herausgegeben  von  Eduard  Grifebach.  In  Leinen  M.  8. — ;  in 
Leder  M.  10. — . 

KLEINERE  SCHRIFTEN.  Herausgegeben  von  Max  Erahn.  In 
Leinen  M.  5. — ;  in  Leder  M.  6. — . 

PARERGA  UND  PARALIPOMENA.  Zwei  Bände.  Herausgegeben 
von  Hans  Henning.     In  Leinen  M.  9. — ;  in  Leder  M.  11. — . 

RUDOLF  ALEXANDER  SCHRÖDER:  HAMA. 

Scherzhafte  Gedichte  und  Erzählungen.  Geheftet 
M.  2.—  ;  in  Pappband  M.  3.—. 


193 


GUSTAV  SCHWAB:  DIE  SCHÖNSTEN  SAGEN 
DES  KLASSISCHEN  ALTERTUMS.    Vollftändiae 

o 

Ausgabe  in  zwei  Bänden,  beforgt  von  Ernft  Beiitler. 
Titel-  und  Einbandzeichnung  von  F.  H.  EJuncke.  In 
Leinen  M.  8.—. 

—  Ausgabe  m  drei  Bäyiden.  (Alit  dem  Ergänzungsband: 
Flaxmans  Zeichnungen  zu  Sagen  des  klaffifchen  Alter- 
tums.)    In  Leinen  M.  12. — . 

SHAKESPEARES  SONETTE.  Nachdichtung von^'^wör^ 
Saenger.  Geheftet  M.  4. — ;  in  Halbpergament  M.  5. — . 
Gedruckt  auf  der  Ernft  Ludwig-Preffe  in  Darmftadt. 

AD  ALBERT  STIFTER:  AUS  DEM  ALTEN  WIEN. 

Herausgegeben  von  Otto  Erich  Deiitfch.  Mit  20  Vollbil- 
dern. Titel-  und  Einbandzeichnung  von  Heinrich  JVieynk, 
Geheftet  M.  5.—;  in  Leinen  M.  6.—;  in  Leder  M.  8.—. 

ADALBERT  STIFTER:  STUDIEN.  Vollftändige 
Tafchenausgabe  der  Erzählungen  Stifters  in  zwei  Bän- 
den. Mit  einer  Einleitung  von  Johaujies  Schlaf.  Doppel- 
titel und  Einband  von  KariJFalfer.  In  Leinen  M.  6. — ; 
in  Leder  M.  8.— ^  in  Pergament  M.  10. — . 

HENRICH  STILLINGS  JUGEND,  EINE  WAHR- 
HAFTE GESCHICHTE.  Mit  einem  Nachwort  von 
Fran-z  Deibel.  Titelvignette  und  Titelkupfer  nach  Chodo- 
wiecki.     In  Pappband  M.  4. — . 

DIE  ERZÄHLUNGEN  AUS  DEN  TAUSEND  UND 

EIN  NÄCHTEN.  Erfte  vollftändige  deutfche  Ausgabe 
in  zwölf  Bänden,  beforgt  von  Felix  Paul  Greve.  iVIit 
einer  Einleitung  von  Hugo  von  Hofmannsthal  und  einer 


194 


Abhandlung  von  Karl  Dyroff  üh^r  Entftehung  und  Ge- 
fchichte  des  Werkes.  Titel-  und  Einbandzeichnung  von 
Marcus  Behmer.  Geheftet  M.  6o.— ;  in  Leinen  M.  72.—; 
in  Leder  M.  84.—. 

TAUSEND  UND  EIN  TAG.  Orientalifche  Erzählun- 
gen. Ausgewählt  und  eingeleitet  von  Paul  Ernft.  Die 
Übertragungen  von  Felix  Paul  Greve  und  Paul Ha?isma}in. 
Vier  Bände  in  der  Ausftattung  der  Infelausgabe  von 
„Taufend  und  eine  Nacht".  Geheftet  M,  16. — ;  in 
Leinen  M.  20. — ;  in  Leder  M.  28. — .  Vorxugsausgabe : 
100  numerierte  Exemplare  auf  Lifelbüttenpapier.  In  Per- 
gament mit  Seidenvorfatz  M.  56. — . 

IWAN  TURGENJEFF:  GEDICHTE  IN  PP.OSA. 
Übertragen  von  Th.  Comichau.  Mit  Titel  und  Vi- 
gnetten von  Pleinrich  Vogeler.  Zzveite  Auflage.  Geheftet 
M.  2.—;   in  Leinen  M.  3.—  ;   in  Leder  M.  3.5c. 

VAN  DE  VELDE,  HENRY:  VOM  NEUEN  STIL. 
Mit  einer  Titelvignette  des  Künftlers.  Geheftet  M.  3.50 ; 
in  Halbpergament  M.  5. — . 

EMILE   VERHAEREN:    HELENAS    HEIMKEHR. 
Drama.     Nachgedichtet  von  Stefan  Zweig.     300  Exem- 
plare: 30  auf  Japanpapier;  in  Leder  M.  40. — .    270  auf 
Büttenpapier;  in  Halbpergament  M.  15. — . 
Gedruckt  auf  der  Ernft  Ludwig-PrefTe  in  Darmftadt. 

HEINRICH  VOGELER- WORPSWEDE:  DIR.  Ge- 
dichte und  Zeichnungen.  Zweite  Auflage.  Mit  vom 
Künftler  neu  gezeichnetem  Einband  und  Vorfatzpapier. 
In  Halbpergament  M.  10. — . 


195 


VOLTAIRES  BRIEFWECHSEL.  Ausgewählt  und 
übertragen  von  Käthe  Schirmacher.  Geheftet  M.  4. — ; 
in    Pappband  M.  5. — ;  in  Leder  M.  7. — . 

WILHELM  WEIGAND:  DER  VERSCHLOSSENE 
GARTEN.  Gedichte  aus  den  Jahren  1901  bis  1909. 
Geheftet  M.  4. — ;  in  Halbpergament  M.  5. — . 

CHRISTOPH  MARTIN  WIELANDS  WERKE.  Drei 
Bände.    Ausgewählt  und  herausgegeben  von  Franz  Deibel. 
Titel-  und  Einbandzeichnung  von  JValter  Tiemann.    In 
Leder  M.  15. — ;  in  Pergament  M.  20. — . 
Die  Bände    lind    auch    einzeln    unter  folgenden  Titeln    zu  haben: 

WIELANDS  KLEINE  VERSERZÄHLUNGEX.  In  Leder  M.  4.50; 
in  Pergament  M.  6. — . 

WIELAND:  OBERON.    In  Leder  M.  4.50;  in  Pergament  M.  6.—. 

WIELAND:  DIE  ABDERITEN.  In  Leder  M.  6.—  ;  in  Pergament 
M.  8.—. 

OSCAR  WILDE:  DIE  BALLADE  VOM  ZUCHT- 
HAUSE ZU  READING  VON  C.  3.  3.  Deutfche 
Übertragung  von  IVilhelm  Schölermann.  Vierte  Auflage. 
In  Pappband  M.  2. — . 

OSCAR  WILDE:  DAS  BILDNIS  DES  DOP.IAN 
GRAY.  Ein  Roman.  Übertragen  von  Hedwig  Lach- 
mann  und  Giiftav  Landauer.  Einbandzeichnung  von  Walter 
Tiemann.  Dritte  Auf  läge  (^.— Ct. Taufend).  Geheftet  M.  3.50; 
in  Leinen  M.  4.50 ;  in  Leder  M.  7. — . 

OSCAR  WILDE:  GEDICHTE.  Übertragen  von  Gifela 
Etxel.  Mit  Titelholzfchnitt  von  Marcus  Behmer  und  Ein- 
bandzeichnung von  K.  ScJvnoll  v.  EifeniL-erth.  Geheftet 
M.  6.-5  in   Halbpergament  M.  8. — . 

196 


OSCAR  WILDE:  GESPRÄCHE  VON  DER  KUNST 
UND  VOM  LEBEN.  Übertragen  von  Hedwig  Lach- 
tnann  und  Guftav  Landauer.  Geheftet  M.  4. — ;  in  Halb- 
leder M.  6.—. 

STEFAN  ZWEIG:  DIE  FRÜHEN  KRÄNZE.  Ge- 
dichte. Titel-  und  Einbandzeichnung  von  Marcus  Behner. 
Geheftet  M.  3.50 ;  in  Leder  M.  6.—. 


Für  den  INSEL -VERLAG  befindet  fich  in  Arbeit  ein 
Fakfimile-Neudruck   der 

Zweiundvierzigzeiligen  ^ihel 


von 


Johannes   Gutenberg 

Mainz  1450 — 1453 
Herausgeber:  Geheimrat  Dr.  Paul  Schwenke 

Erfter  Direktor  der  Königlichen  Bibliothek  zu  Berlin 

Sukfkriptionspreis : 
300  Exemplare  aufHayidpapier^  ungebund.  M.700.—,  in  Schweins- 
leder mit  Holzdeckel  und  Schließen  gebunden  M.  850.—,  bis  zu 
20  Exemplaren  auf  Pergament  mit  aufgelegtem  Gold  M.  3000.-. 


Die  Ausgabe  erfolgt  in  zwei  Bänden  Text  und  einem  Supp- 
lementband, die  im  Herbit  191 1  und  1912  erfcheinen. 
Die  Ausführung  des  reich  mit  Miniaturen  gefchmückten 
Werkes  erfolgt  nach  dem  Berliner  Pergament-Exemplar 
in  farbio-em  Licntdruck.  Ausführliche  Ankündigunsien 
ftehen  unberechnet,  Probefeiten  zur  Anficht  zur  Verfügung. 


197 


INHALT  DES  ALMANACHS 

Kalendarium  mit  zwölf  Gedichten  von  Hans  Sachs 

JoTeph  von  Eichendorff:  Frifch  auf   ....  31 
2       Hugo  von  Hofmannsthal:   Lucidor,  Figuren 

^            zu  einer  ungefchriebenen  Komödie        .     .  32 
t       Gabriele  d'Annunzio:  Weihe  an  das  Adria- 

jl            tifche  Meer 50 

Hans  Caroffa:  Zwei  Gedichte       

Rainer  Maria  Rilke:  Aus  den  Aufzeichnun- 

$            gen  des  ]\lalte  Laurids  Brigge       ....  53 

5       Stefan  Zweis;:  Herbftlonett        62 

Drei  GleichnifTe  des  Tfchuang-Tfe      ...  64 

7.       Emile  Verhaeren:  Das  Wort 69 

^       Aus  den  Briefen  eines  Unbekannten      ...  73 

Goethe:  Der  Beluch       80 

Aus     dem    Schlußgefang    der    Homerifchen 
OdvfTee,  neu  übertragen  von  Rudolf  Ale- 

J            xander  Schröder 82 

$       Ricarda  Huch:  Zvrei  Gedichte 87 

$       Robert  Schumann:  Aus  dem  Spruchbuche  der 

S            Davidsbündler 89 

^       Robert  Schumann:  An  Clara  Wieck    ...  92 

1       Aus  Mozarts  Briefen 92 

5       Heinrich  Leuthold:  Mittagsruhe        ....  loi 

l       Lieder  des  Hafis 10: 

t       Hans  Sachs:  Ein  Ichöns  Buhllied  einer  ehr- 

jS            liehen  Frauen 105 

$       Arthur    Schopenhauer:    Über   Schriftftellerei 

$            und  Stil,  Lefen  und  Bücher 10; 

$       Der  Hausfpruch  des  Plantin 112 

^       Stefan  Zweig:  Die  Rom.antik  der  Bourgeoifie  11 


Keats:  Ode  an  eine  Nachtigall 124 

Titelholzschnitt  des  älteften  Volksbuches  von 

Till  Eulenfoiegel 127 

Karl  Vollmöller:  Der  Amboß       128 

Lucia  Dora  Froft:  Heinrich  Mann       .     .     .128 
Robert   Prutz:    Von  der   Pumpe,    die   nicht 

mehr  hat  piepen  wollen 138 

Drei    amerikanische    Gedichte.      Übertragen 

von  Alfred  Walter  Heymel       143 

Heinrich  Heine:   Gotthold  Ephraim  Leffing,    145 
•  mit  dem  fakfimilierten  Titel  zu  „Nathan 

der  V^eife" 149 

Heinrich  von  Kleifts  Abfchiedsbriefe  an  feine 

Coufine  Marie  und  feine  Schwefter  Ulrike  153 
Lenau:  Ein  ungedrucktes  Gedicht  .  .  .  .156 
Der  Winter.      Ein   Gedicht   Hölderlins   aus 

dem  Wahnfinn        157 

Arthur  Schopenhauer:  Zw^ei  Gedichte      .     .157 

Zu  den  Abbildungen 158 

Bücher  aus  dem  Infel -Verlag 161 

Bilderbeilagen : 

Sodom.a:  Porträt  Rafaels. 

Albrecht    Dürer:    Allegorifche    Zeichnung    nach       $ 

Hans  Sachsens  Gedicht:  Der  arm  gemein  Efel.       $ 
Goethe:  Die  fchlafende  Chriftiane.  | 

Chodowiecki:  Rötelstudie  zu  Werthers  Leiden.  7. 

Phiz:  Zeichnung  zum  Copperfield  von  Dickens.       ^ 
Antoine   Pesne:    Friedrich   der  Große  und   feine       t 

Schwefter,  die  Markgräfin   von   Bayreuth,  als       \ 

Kinder.  j 

Emil  Preetorius:  Le  petit  galan.  ^ 

G.  M.  Kraus:  Porträt  Goedies  (1776).  $ 

$ 


Der  iechfte  Jahrgang  des  Infel-Almanachs  wurde 

gedruckt  in  der  Spamerschen  Buchdruckerei  in 

Leipzig.     Umfchlag  und  Titelrahmen   find   von 

Th.  Th.  Heine. 


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