Gift of
| Jason E. Farber, M.D.
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
MEDICAL CENTER LIBRARY
SAN FRANCISCO
da
—
-
4
Internationales Gentralblatt
für de gesamte — —— 7
(9 7
Tuberkulose-Forschung =
Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrten
des Jn- und Auslandes
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder
Ärztlicher Direktor des Allge- o.ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der neuen Heilanstalt
meinen Krankenhauses Eppen- Freiburg, Direktor der medizini- für Lungenkranke, Schömberg,
dorf ın Hamburg schen Klinık Oberamt Neuenbürg, Wttbg.
Redaktion:
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg.
Xl. Jahrgang
Würzburg
Curt Kabitzsch Verlag
1917
[|
Alle Rechte,
besonders das der Übersetzung, vorbehalten.
Druck der König’. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Hamburg.
Redaktion:
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg, O.-A. Neuenbürg. Wirbg.
Dr. Oskar de la Camp
o. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Klinik.
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Verlag:
Curt Kabitzsch Verlag, Würzburg.
Kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler
Ludwigstrasse 231j..
un —
XI. Jahre.
Ausgegeben am 31. Januar 1917.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.)
Fishberg, N. 11.
Franz 8, 29.
Ghon 3.
Goering 19.
Goetzl, A. 27.
Gold 3.
Graetz, Fr. 14.
Grulee, C. G. 10.
Habetın, P. +.
Hamburger 2.
Harms, F. 10.
Hill, H. 16.
Hollo, J 11.
Holther, E. T. 21.
Howell, W. W. 12.
v. Jaksch 2).
Johnston, M. R. 10.
Kellner 29.
Kern 3.
i Kobler 27.
Alexander, H. 11.
de los Angeles, S. I».
Baldwin. E. A. 22.
Baldwin, E. R. 15.
Bass, M. H. 12.
Berg, S. 15.
Berger 29,
de Besche, A. 11.
Biórn-Hansen, E. 11.
v. Bleıweiss, R. 30.
Bloch 29.
Bochalli 13.
Bait, E. 11.
Cemach, A. 16.
Crowell, B. C. 15.
Dickson, E. C. 13.
Dostal, H. 6.
MacDougal, J. B. 4.
Eiselt 32.
Evers 17.
Kraemer, C. 14.
v. Kutschera, R. 31.
Loose. 0. 23.
Mayer, A. 9, 24, 31.
Meyer, E. 5.
Michelsen 21.
Mjven, J. 21.
Möllers 6,
Müller, W. D.
Newton R. J. 15.
Nowak 28,
Obe stadt, H. 17.
Pleiderer 2u.
Porges, O. 26.
Reiche, F. 8,
Roman 3, 7.
Roper, Ch. 22.
v. Salis. G. 15.
Schlesinger, H. 25.
. Schönberg 3.
I. Kurze Mitteilung.
Kronberger, H.,
II. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
b) Ätiologie und Verbreitung.
10. Möllers, Der Typus der Tuberkel-
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie.
1. Schönberg, Über tuberkulöse Schrumpf-
nieren. — 2. Kern und Gold, Uber die Be-
ziehnngen von Leberzirrbose zur Tuberkulose. —
3 Ghon und Roman, Die Lymphknsten im
l.igamentum pulmonale und ihre Bedeutung bei
der Kindertuberkulose. — 4. MacDougall,
A Study on the Leucocyte Count in Pulmonary
Tuberculosis. — 5. Schut, Weitere Studien
über die Hyperthermie durch Tetrahvdro-
Naphthylamıninjektionen. — 6. Schut, Über
das Fieber mit besonderer Berücksichtigung
des Fiebers bei Tuberknlösen. — 7. Sorgo und
Habetin, Über die Veränderungen in den
Nebennieren tuberkulöser Mocerschweinchen
unter dem Einfluss von Tuberkulin. — =». Müller,
Eine Analyse der Immunität bei chirurgischer
Tuberkulsoe und der Finfluss nieht spezifischer
physikalischer Massnahmen auf den Immuni-
tätszustand. — 9. Meyer und Seyderhelm,
Uber Blutuntersuchungen bei Fliegern.
bazillen bei
menschlicher
: Schultze, M. 19.
Schut, H. 4.
Selter 13.
Seyderhelm 5,
sbively, H. L. 10.
Sigst id, E. 21.
Sorgo. J. 4, 20.
Sundt, H. 21.
Stern 1%.
Steyrer 2S.
Teleky 28, 30, 31,
Tornoe, D. B. 22.
Veeder, B. S. 10.
Wagner 31.
Weleminsky 232.
Wenkebach 31.
Wessier, H, 12.
Wingtield, R. 22.
Zemah 32.
Ziegler \.
Eine Bemerkung zur Tuberkelbazillenfärbung.
—
Tuberknlose.
ll. Dostal, Die Glykosidform dos Tuberkel-
bazıllus.
12. Roman,
Uber einen Fail yvon
baziilärer Pseudotuberkulose beim Menschen. --
13. Zieglor, Infoktionswege experimenteller
Impttuberkulose, zugleich ein Beitiag zur Lehre
von der Lymphbewezung. — l4. Reiche., Re-
infektion und Immun
ität bei Tuherkulose, —
15. Mayer, Die angebliche Mobilisierung von
Tuberkelbazillen
menschlichen Tuberku
dureh
Tuberkulin bei der
lose. -- 165. urnlee and
Harms, Tuberculosis as a disease ot the new-
born. 17. Veeder and Johnston, The
frequency of infection with the tubercle
bacillus in childhood. 18. de Besche,
Simultaneous infection in a child with tuberele
bacilli of the human
19.
Pırquet aus einer Landesgemeinde ohne
kannte Toderfälle an
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forsehung. XL
91
Biorn-Hansen,
and the bovine type. —
Untersuchungen à Ja
bi-
Tuberkulose,
l
mn >|
213
2 Kurze Mitteilung.
c) Diagnose und Prognose.
20. Alexander, Frühdiagnose der Lungen-
tuberkulose. — 21. Boit, Über Färbung und
Gegenfärhnng der Tuberkelbazillen. — 22.H ollo,
Über eine neue Methode zur Beurteilung sub-
febriler Temperaturkurven im Verlaufe der
Lungentuberkulose. — 23. Fishberg, Hasty
diaenosis of pulmonary tuberculosis. — 24 Ho-
well, Studies in bronchial glands. — 25. Wess-
lor anå Bass, Recurrent hilus infiltration,
an unusual form of tuberculosis in children. —
26. Dickson, Odiomycosis in California, with
especial reference to ecccidioidal granuloma. —
27. Bochalli, Was leistet die subkutane Alt-
tuberkulinp'obe zur Erkennung der aktiven Lun-
gentuberkulose bei Erwachsenen ? — 28, Selter,
Kronberger, Nolter, Der Wert der intra-
kutan-Tuberkulinreaktion bei Meerschweinchen-
tuberkulose. — 29. Graetz, Dio Bedeutung der
intrakntanen Tuberkulinreaktion nach Römer-
Esch tür dio frühzeitige Feststellung der
Impftuberkulose bei Meerachweinchen. —
30. Kraemer, Jst die Allergie oder die
Anergie das Nñtzlichere für den Kriegsdienst?
-- 31. v. Salis, 125 Fälle periodisch wieder-
holter, abgestufter Pirquetreaktionen während
der Heilstättenkur.
d) Therapie.
32. Sigurd Berg, Zur Behandlung der
Tuberkulose mit Partialantigenen nach Deycke-
Much. — 33 Baldwin, Therapy as related to
the immunology of tuberculosis. — 34. Shive-
ly, Tuberculin therapy. — 35. Hill, Tuber-
eulosis of the Laryux with special reference
to the use of Tuberrulin. — 36. Cemach, Über
die spezifische Behandlung der Mittelohrtuber-
kulose. — 37. Evers. Zur Tuberkulosebehand-
lung. — 38. Stern, Über die Speicherung von
Medikamenten in tuberkulösem Gewebe. —
39. Oberstadt, Zur Behandlung der Haut-
tuberkulose mit Aurum-Kalium eyanatum.
e) Prophylaxe.
40. Crowell, Tuberculosis and its control.
— 41. Newton, The enforcement of antispitt-
ing laws. — 42. Sixto de los Angeles, The
Antituberculosis Campaign in the Philippine
islands. — 43. Goering, Zur Vorbeugung der
Ausbreitung der Tuberkulose. — 44. Schultze,
Noch einmal „Zur Vorbeugung der Ausbreitung
der Tuberkulose“. — 45 Goering, Gegen die
Tuberkulnse. — 46. Pfleiderer, Ein weiterer
Beitrag zum Kampf gegen die Tuberkuiose.
f) Hellstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Helme.
47. Mitteilungen aus deutschen Heilstätten.
-- 48. Sundt, Jahresbericht des Seehospitals
Frederiksvern für das Jahr 1. VII. 1915 bis
30. VI. 1916. — 49. Holther, Das Tuberkulose-
sanatorium Landeskogen. — 50. Sigstad,
Das Tuberkulosebeim Trygstad, Norwegen. —
51. Mjóen und Michelsen, Jahresbericht
für das Tuberkulosesanatorium Glittre (Nor-
wegen) für das Jahr 1915.
g) Allgemeiner.
52. Cornöe, Wie sind die Paragraphen 6
und 13 des Norwegisehen Tuberkulosegesetzes
zu verstehen. — 53. Roper, The Economie
Assistanco of the Tuberculosis Patient. —
54. Baldwin, The Trudeau School of Tuber-
eulosia. — 55. Wingfield, The Classification
of Cases of Pulmonary Tuberculosis.
, h) Bibliographie.
56. Tuberculose et guerre. — 57—63.
. II. Bücher und Zeitschriften.
1. Loose, Die (Grundlagen der Heilungsvorgänge im menschlichen Körper. Entstehung
und Bedeutung der sog. weissen Blutzellen. — 2. Archiv für Frauenkunde und Engenik. -
3, Das Rote Kreuz.
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
V. Österreichischer Tuberknlosentag (Ref. Gstrein).
l. Kurze Mitteilung.
Eine Bemerkung zur Tuberkelbazillenfärbung.
Von Dr. Hans Kronberger, Deutsche Heilstätte Davos.
Nach einem Referat in diesem Zentralblatt (Nr. 10, 1916) hat H. Porges
in der Gesellschatt der Wiener Ärzte eine neue Färbemethode für
Tuberkelbazillen demonstriert: Färbung mit dem gebräuchlichen Karbol-
fuchsin, hierauf zur Entfärbung und Gegenfärbung Salzsäure und alko-
holische Jodlösung (Jodtinktur) im Gemisch, schliesslich gründliche Spülung
im Wasserstrah] und Trocknen des Präparates. Ich erlaube mir die Be-
merkung, dass dieses Verfahren keinesfalls eine neue Methode darstellt,
sondern lediglich eine unwesentliche Modifikation meiner in den Brauer-
schen Beiträgen (16. Bd. 2. Heft) angegebenen Karbolfuchsinjod-Methode.
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Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 3
Dass Porges zur Entfärbung Salzsäure statt Salpetersäure verwendet,
dass er ferner die Entfärbungsflüssigkeit gleichzeitig mit der Jodlösung in
Anwendung bringt, stellt keine prinzipielle Abänderung meiner Färbe-
methode dar; auch die Abkürzung der Färbeprozedur erübrigt sich bei der
sehr schnellen Ausführbarkeit der Originalmethode. In der Deutschen
Heilstätte Davos wenden wir schon seit längerer Zeit, ohne von Porges’
Notiz Kenntnis gehabt zu haben, neben meiner Originalmethode die von
Porges angegebene Modifikation an; sie unterscheidet sich, was Dar-
stellung der Tuberkuloseerreger und quantitativen Färbungseffekt anlangt,
in nichts von dem Originalverfahbren, das ebenso wie seine Modifikation
streng spezifisch nur für die pathogenen Säurefesten ist und sich auch zur
Färbung von histologischen Schnitten vorzüglich eignet. Auch die günstigen
Färbungeresultate, die Porges erzielt hat, sprechen für die Überlegenheit
der Karbolfuchsinjod-Methode anderen Verfahren gegenüber in Überein-
stimmung mit anderen Urteilen (Lichtenhahn, Kirchenstein, Artur
Mayer, Leichtweiss, Hygien. Institut zu Freiburg i. B. etc.).
ll. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
1. Schönberg, Über tuberkulöse Schrumpfnieren. Virch. Arch.
1915 Bd. 220.
An Hand einiger Fälle kommt Verf. wie schon frūher zu dem
Schluss, dass für das Zustandekommen einer Schrumpfniere auch die
Tuberkulose als ätiologisches Moment herangezogen werden muss. Die
Tuberkulose kann auf verschiedene Arten in der Niere eine Schrumpfung
hervorrufen: einmal durch interstitielle Wucherung bei sekundärem Par-
enchymuntergang, zweitens durch Obturation der Gefässe.
M. Türk, Frankfurt a. M.
2. Kern und Gold, Über die Beziehungen von Leberzirrhose
zur Tuberkulose. Virch. Arch. 1916 Da. 222.
Auf Grund ihrer Untersuchungsresultate kommen die Verff. zu der
Ansicht, im Gegensatz zu Schönberg und allen jenen Autoren, die mit
ihm übereinstimmen, dass die Laönnec’sche Zirrhose in der Mehrzahl der
Fälle nicht auf eine Infektion mit Tuberkulose zurückzuführen sei.
M. Türk, Frankfurt a. M.
3. Ghon und Roman, Die Lymphknoten im Ligamentum pul-
monale und ihre Bedeutung bei der Kindertuberkulose. Virch.
Arch. 1915 Bd. 220.
Bei zwei Fällen von tuberkulösen Prozessen im linken Unterlappen
fanden sich Veränderungen in den extrapulmonalen Lymphknoten am
hinteren medialen Rand des linken Unterlappens.
Diese Lymphknoten gehören weder den bronchopulmonalen noch
den unteren tracheobronchialen Lymphknoten an. Sie kommen beim Kind
und Erwachsenen vor, zeigen histologisch den Bau echter Lymphknoten
1*
4 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
und sind den bronchialen Lymphknoten zuzurechnen. Nach Ansicht der
Verff. werden sie am besten als Lymphoglandulae ligamenti pulmonalis
bezeichnet. M. Türk, Frankfurt a M.
4. John B. Mae Dougall, A Study on the Leucocyte Count
in Pulmonary Tuberculosis. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. X
Nr. 4, Oktober 1916. f
Eine recht lesenswerte Studie. — Nach den Untersuchungen des
Verf. sind in Fällen von Mischinfektion die „polymorphonukleären“
Leukozyten vorherrschend.. Das Nichtvorhandensein einer Leuknzytose
schliesst Kavernenbildung aus. In unkomplizierten Tuberkulose Fällen ist
die Leukozytenzalıl normal. In den „polymorphonukleären“ Leukozyten
haben wir Gewebszellen, welche sich ausgesprochen feindlich verhalten gegen-
über dem grössten Teil derjenigen Organismen, welche sekundär den Respi-
rationstraktus infizieren und das Bronchialsystem schädigen. Die Funktion
dieser Zellen sollte mehr studiert und ihre Bedeutung in bezug auf Diagnose,
Prognose und Therapie genauer erkannt werden. Amrein, Arosa.
5. H. Schut, Weitere Studien über die Hyperthermie dureh
Tetrahyıdro-Naphthylamininjektionen. Beitr. z. Klin. d. The.
1915 Bd. 35 H. 1 8.75.
Durch die Injektion von Tetrahydronaphtylamin kommt es bei
Kaninchen, Meerschweinchen und Hühnern zu einer Mobilisation des Leber-
glykogens, das bei Hühnern zu einer Glykosurie oder bei Fehlen der-
selben zur Hyperthermie führt, bei Kaninchen und Meerschweinchen dagegen
infolge Verbrennung des Zuckers zur Hyperthermie. Letztere kann bei jungen
Tieren infolge stärkerer Wärmeabgabe ausbleiben, bei Einpacken in Pelz
jedoch stets hervorgerufen werden. Bei stark vermindertem Glykogengehalt
bleibt die Hyperglykämie und Hyperthermie aus. Leschke, Berlin.
6. H. Schut, Über das Fieber mit besonderer Berücksichtigung
des Fiebers bei Tuberkulösen. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1915
Bd. 36 H. 1 S. 91.
Tuberkulöse Meerschweinchen weisen in der präfebrilen Periode einen
erböhten Blutzuckergehalt und Glykogenschwund der Leber auf. Beides
wird bei tuberkulösen Meerschweinchen durch Injektion von Tuberkulin
oder Tetrahydronaphtylamin mehr verstärkt als bei gesunden. Auch bei
tuberkulösen Menschen ist der Blutzuckergehalt erhöht. Da Verf. glaubt,
dass derselbe für das Fieber von so hoher Bedeutung ist, empfiehlt er,
Fiebernden Caleiumsalze zu geben, welche den Blutzuckergehalt herabdrücken.
Die Fiebersteigerung kommt durch Reizung des vegetativen Nervensystems
zustande. Ausserdem würde das Fieber durch Chinin zu bekämpfen
sein, das zugleich den Vorzug der Eiweissersparnis hat. (Leider haben
sich diese theoretisch so schön, aber recht einseitig begründeten Vorschläge
dem Ref. in der Praxis recht wenig bewährt.) E. Leschke, Berlin.
7. Jos. Sorgo und Paul Habetin, Über die Veränderungen
in den Nebennieren tuberkulöser Meerschweinchen unter dem
Einfluss von Tuberkulin. Beitr. 2. Klin. d. Tbc. 1916 Bd. 36
H.2 8. 153.
Die Nebennierenrinde zeigt bei tuberkulösen Meerschweinchen Hyper-
ämie und erhöhte Tuberkulinempfindlichkeie Auch kann es zu paren-
d
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. g
chymatöser Degeneration bis zur Nekrose kommen. Bei gesunden Tieren
ruft Tuberkulin nur geringe Hyperämie hervor. In einigen Fällen liess
sich Lipoidverminderung erkennen, während das chromaffine Gewebe
unbeeiuflusst blieb. E. Leschke, Berlin.
8. Wilhelm Müller, Eine Analyse der Immunität bei chirur-
gischer Tuberkulose und der Einfluss nicht spezifischer physi-
kalischer Massnahmen auf den Immunitätszustand. Beitr. z.
Klin. d. Tbe. 1915 Bd. 34 H.2 S. 111.
Sonnenlicht-, Quarzlicht- und Röntgenbestrahlungen führen zu einer
Erhöhung des Immunitätsgrades, der sich in einem Ansteigen des Intra-
kutantiters bei der Tuberkulinreaktion gegen die Partialantigene kundgibt.
E. Leschke, Berlin.
9. E. Meyer und Seyderhelm, Über Blutuntersuchungen bei
Fliegern. D. m. W. 1916 Nr. 41.
Blutuntersuchungen bei Fliegern scheinen geeignet zu sein, zur Klä-
rung der noch immer stritiigen Frage der Beeinflussung der Blutbildung
durch die Höhe beitragen zu können. M. u. S. haben an 28 Fliegern,
die mehr als ein Jahr fliegen, bei denen aber zum Teil die letzten Flüge
lange — bis zu 6 Monaten — zurücklagen (in der Mehrzahl 1—8 Tage),
Blutuntersuchungen betr. Hämaglobingebalt, Färbeindex, Erythrozyten,
Leukozyten, Serumeiweisskonzentration, relative Zahlenverhältnisse der ein-
zelnen Leukozytenarten zueinander angestellt. Sämtliche Fälle zeigen
deutliche Erhöhung der Hämoglobinwerte, z. T. bis zu 135°/o, nur zwei
Fälle lagen unter 100 %/o. Ebenso waren die Erythrozytenzahlen im ganzen
hoch, in allen bis auf 4 Fälle über 5 Millionen, in 1 Fall 6880000.
Erythrozytenwerte und Hämoglobinwerte gingen nicht parallel. 3 Fälle
zeigten kernhaltige rote Blutkörperchen. Die Serumeiweisskonzentration
bewegte sich bei den 24 darauf untersuchten Fällen zwischen 6,5 und
8,40/o, war also innerhalb der normalen Grenzen. Die höheren Werte
korrespondierten nicht mit höheren Erythrozytenzahlen oder höheren
Hämoglobinwerten, öfters divergierten die Werte sogar auffallend. Die
hohen Hämoglobin- und Erythrozytenwerte können also
keinesfalls als Eindickungsfolgen erklärt werden. — Eine
gewisse Leukozytose wurde in 4 Fällen gefunden. Auch dies spricht
gegen die Eindickungstheorie, da sonst doch auch die Leukozyten ver-
mehrt sein müssten. Bemerkenswerterweise zeigten 20 von 24 bhetrefls der
Leukozytenformen ausgezählten Fällen eine deutliche Lymphozytose
über 30 0/0 bis zu 51 °/o! Über die Bedeutung dieser auffallenden Be-
funde müssen weitere Untersuchungen Klarheit bringen. — Die Entstehung
der Erythrozyten- und Hämoglobinwerte fand sich sowohl bei solchen
Fliegern, die über nervöse Beschwerden klagten, als auch bei völlig ge-
sunden. Eine Parallele zwischen subjektiven Beschwerden und Höhe der
Werte bestand nicht. Ein Zusammenhang der Beschwerden mit den
erhöhten Werten der roten Blutkörperchen und des Hämoglobins liess sich
nicht feststellen. Auffallenderweise sah man den Leuten ihre hohen Ery-
throzyten- und Hämoglobinwerte nicht an, wie man in Analogie mit der
Polycythaemia erwarten sollte; zum Teil erschienen die Leute durch gleich-
zeitig bestehende peripherische Vasokonstriktion sogar so blass aussehendl,
dass sie als Anämiefälle diagnostiziert worden waren. —
6 Ätiologie und Verbreitung.
M. und S. schliessen aus ihren Untersuchungen, dass sich bei Fliegern,
die längere Zeit fliegen, eine wirkliche Steigerung der Blutneu-
bildung einstellt. Auf die Frage, ob die verminderte Sauerstoffepan-
nung in grösseren Höhen oder ob und welche anderen Ursachen diese
gesteigerte Blutbildung veranlassen, gehen die Autoren nicht ein.
Brühl, Schönbuch.
b) Ätiologie und Verbreitung.
10. Möllers, Der Typus der Tuberkelbazillen bei menschlicher
Tuberkulose. D. m. W. 1916 Nr. 33.
Bis zum Jahre 1914 wurden in allen Weltteilen zusammen 2051
Fälle menschlicher Tuberkulose auf den Tuberkelbazillentyp in einwand-
freier Weise untersucht. Von den aus diesen Fällen gewonnenen Rein-
kulturen gehörten 1848 dem humanen, 149 dem bovinen Typ an; in
14 Fällen wurden beide Typen zusammen nachgewiesen. Abgesehen von
12 natürlich ganz klar liegenden Hautinfektionen bei Schlächtern ent-
fällt der grösste Teil der bovinen Befunde auf solche Fälle, die mit
Sicherheit oder wenigstens mit grosser Wahrscheinlichkeit als sogenannte
Fütterungstuberkulose aufzufassen sind, nämlich 114 Fälle von Tuberku-
lose der Abdominalorgane und der Hals- und Achseldrüsen. Auch bei
den übrigen Fällen ist die Möglichkeit, dass die Verdauungsorgane die
Eintrittspforte der Infektion waren, nicht ausgeschlossen. Von den ge-
samten 189 Fällen mit bovinem Typ betreffen weitaus die meisten —
151 — Kinder unter 16 Jahren, so dass die Perlsuchtinfektion sich
in erster Linie als Erkrankung des Kindesalters charakterisiert.
Der relativ hohe Prozentsatz des bovinen Typs (9,21 °/o aller 2051 unter-
suchten Fälle) erklärt sich dadurch, dass die meisten Fälle schon von
vorbinein als der Fütterungstuberkulose verdächtig für diese Untersuchungen
ausgewählt wurden. Unter Zugrundelegung der Verhältniszahlen der
Lungentuberkulose zu den Tuberkulosen anderer Organe würde sich etwa
ein Prozentsatz von 1,8 °/o aller menschlichen Tuberkulosefälle ale Perl-
suchtinfektion ergeben. — Die auffallend viel höheren Zahlen eng-
lischer Autoren gegenüber deutschen und norwegischen Untersuchern be-
dürfen noch näberer Ergründung. Die Grundlehre R. Koch’s, dass
im Kampfe gegen die Tuberkulose das Hauptgewicht auf
die Verhütung der Übertragung von Mensch zu Mensch zu
legen sei, besteht auch weiterhin zu Recht. Immerhin aber
haben die ausgedehnten, in der ganzen Welt vorgenommenen
Untersuchungen doch den Beweis geliefert, dass auch die
Rindertuberkulose eine nicht zu unterschätzende Gefahr
für den Menschen, speziell für das Kind bedeutet. Es sind
daber alle Massnahmen der Sanierung der Rindvieh-
bestände und der Beschaffung einwandfreier Milch auf das
eifrigste zu unterstützen. Brühl, Schönbuch.
11. H. Dostal, Die Glykosidform des Tuberkelbazillus. Frankf.
Zschr. f. Path. 1916 Bd. 19.
Im Jahre 1913 bat Verf. bereits ein Verfahren angegeben, nach
welchem sich aus Reinkulturen von Tuberkelbazillen mittels Mazeration
Ätiologie und Verbreitung. 7
in physiologischer Kochsalzlösung neue Erscheinungsformen erzielen und
in Reinkulturen züchten liessen, die nicht säure- und nicht alkoholfest
waren und sich auch nach der Form, den Wachstumsverhältnissen und
dem Virulenzgrad von der Stammkultur wesentlich unterschieden. Da
nach der Ansicht massgebender Fachleute der sterilen Durchführung des
Versuches zu grosse Schwierigkeiten entgegenstehen, bat Dostal versucht,
Reinkulturen von Tuberkelbazillen chemischen Einflüssen zu unterwerfen.
Er setzte den üblichen Glyzerin enthaltenden Nährböden 5—10 Gewichts-
prozente eines Glykosids des Saponinum depuratum Merck hinzu.
Von typischen auf Glyzerinagar gewachsenen Stammkulturen, die auf
Reinheit geprüft waren, wurden zusammenhängende Schollen der typischen
trockenen Schüppchen mit dem Platinspatel auf feste, meist 10 °/o Saponin-
Nährböden gebracht. Die Röhrchen wurden mit Guttaperchapapier ver-
schlossen und die Kulturen waren auf diese Weise mehrere Monate haltbar.
In Zwischenräumen von mehreren Wochen bis zu Monaten wurden
die Kulturen in neue Röhrchen von Saponinglyzerinagar übertragen. Man
fand nach wiederholten Überimpfungen bereits nach 24 Stunden üppiges
Wachstum. Die Kulturen zeigten nichts mehr von dem charakteristischen .
Ursprungsrasen, sondern bildeten zarte durchsichtige Rasen.
Die gefärbten Präparate zeigten nach der 9. Passage keine säurc-
oder alkoholfesten Stäbchen mehr. M. Türk, Frankfurt a.M.
12. B. Roman, Über einen Fall von bazillärer Pseudotuberkulose
beim Menschen. Virch. Arch. 1916 Bd. 222.
Verf. berichtet über einen seltenen Iufektionsprozess beim Menschen,
bei dem es sich anatomisch um Veränderungen handelte, die durch Granu-
lationsbildungen in Form von Knoten und Knötchen gekennzeichnet waren.
Durch die Feststellung des Erregers eines Gram-negativen, nicht säurefesten,
kurzen, unbeweglichen Bazillus, der fakultativ anaerob ist, keine Kapseln
noch Sporen besitzt, auf allen Nährböden ziemlich gut wächst, pathogen:
für Meerschweinchen, Tauben, Kaninchen und weisse Mäuse ist, konnte
eine grosse Übereinstimmung mit den von Lorenz, Albrecht und
Laisava beschriebenen Bazillen, die gleichbedeutend mit dem Pfeiffer-
schen Bakterium sind, gezeigt werden.
Auf Grund der ausgeführten serologischen Versuche scheiut es
berechtigt, den vom Verf. gezüchteten Stamm, der sich ohnedies durch
seine Pathogenität für Tauben von den anderen Stämmen der Pseudo-
tuberkulosebazillen unterscheidet, ala eine der Gruppe der Pseudotuber-
kulosebazillen zugehörige, aber von den anderen Angehörigen der Gruppe
vorderhand verschiedene Art zu trennen. M. Türk, Frankfurt a.M.
13. Ziegler, Infektionswege experimenteller Impftuberkulose,
zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Lymplbewegung.
M. Kl. 1916 Nr. 41.
Bisher gilt ala allgemein gultige Regel, dass die parenchymatösen
Organe, vor allem Leber, Milz und Niere, nur auf dem Blutwege tuber-
kulös erkranken. Nur für die Lunge erkennt man die lymphogene Infektion
von den Bronchialdrüsen aus an. Die hämatogene Infektionslehre paren-
chymatöser Organe stützt sich auf die bis jetzt allgemein gültige Ansicht,
dass der Lymphstrom konstant peripherwärts von den Organen zu den
benachbarten Drüsen und von dort weiter zum Hauptlymphgang gerichtet
5 Ätiologie und Verbreitung.
ist. Schon Cornet weist demgegenüber auf die Bedeutung lymphogener
Infektion parenchymatöser Organe hin. Auch Tendeloo tritt auf Grund
seiner Sektionsergebnisse für die lymphogene Infektion ein. Gleichzeitig
tritt er gegen die Lehre von der konstanten Stromrichtung der Lymphe
auf. Diese bewegt sich vielmehr infolge mechanischer Einwirkungen
(Atmung, Pressen, wechselnde Fülle des Magendarmkanals u. a.) in auf-
und absteigender, stets wechselnder Richtung in den Lymphbahnen hin
und her. Es bestehen also wechselseitige Verbindungen zwischen den
Drüsen des Kopfes, Halses, der Brust- und Bauchhöhle, sowie den retro-
peritonealen Drüsen. Diese Ansichten Tendeloo'’s fand Z. durch eine
Reihe von experimentellen Impfungen mit schwach virulentem tuberkulösem
Material an Meerschweinchen, Kaninchen und Hunden voll bestätigt.
Er fand, dass sich die Infektion allmählich auf dem Lymphweg ausbreitet
und dass nach Erkrankung der vorgelagerten Lymphknoten die verschiedenen
Organe, namentlich Leber, Milz und Lunge, seltener Nieren und Speichel-
drüsen auf dem Lymphwege erkranken. Bei der Infektion vom mesen-
terialen und omentalen Gewebe aus erkranken stets zuerst die peripan-
. kreatischen Lymphknoten und von diesen aus Milz und Leber. Gleichzeitig
erkranken die Bronchialdrüsen und von diesen aus die Lungen längs der
peribronchialen und pleuralen Lymphgefässe. Bei der Impfung ins retro-
pharyngeale Gewebe erkranken zunächst die lokalen Halsdrüsen. Von
hier aus kam es aufwärts zur Infektion der submentalen Lymphdrüsen
und des Jympbatischen Hilusgewebes der Speicheldrüsen. Abwärts erkranken
die supraklavikularen, retrosternalen Lymphknoten, die Bronchialdrüsen
nebst Lungen und die peripankreatischen Drüsen nebst Leber und Milz.
Bei der primären Erkrankung der tiefen Halsdrüsen zeigt sich als weiter
wichtiger Iymphogener Keimverschleppungsweg die Ausbreitung längs des
Lympbsystems hinter den serösen Häuten auf der Wirbelsäule. Hier
erkranken hauptsächlich die periaortalen Lymphknoten in der Höhe der
Nierengefässe und bis abwärts zur Teilung der Aorta. Von den Lymph-
knoten in der Höhe der Nierengefässe aus erkrankten mehrmals die Nieren.
Die Herde befinden sich hauptsächlich in der Kapsel und im Hilusgewebe,
sind also auch Jymphogener Natur. Diese Versuche beweisen also 1. die
lymphogene Erkrankung parenchymatöser Organe, 2. dass die verschiedenen
Lymphsysteme in den Körperhöhlen und ausserhalb der serösen Häute
miteinarder in wechselvoller Verbindung stehen und dass 3. die Strömungs-
richtung in den Lymphbahnen durchaus inkonstant bald von einem Organ
weg, bald zu diesem hin gerichtet ist. Ursache dieser inkonstanten Strom-
richtung sind einmal jene bereits genannten mechanischen Einwirkungen.
Zum auderen üben ‚die osmotischen Ausgleichbewegungen zwischen Blut
und Gewebesaft und der Stoffverbrauch und Saftverlust durch (die Tätig-
keit der Organe einen bestimmenden Einfluss auf Zu- und Abströmen der
Lymphe aus“. Zum Schluss zeigt Z. an der Hand eines Sektionsprotokolls
eines an Tb. gestorbenen Mannes, dass die im Tierexperiment gewonnenen
Resultate auch für den Menschen gelten. Berlin, Schömberg.
14. F. Reiche, Reinfektion und Immunität bei Tuberkulose.
M. KI. 1916 Nr. 40.
An der Hand eines grossen Zahlenmaterials sucht R. klinisch den
Beweis zu erbringen, dass es sich bei der tuberkulösen Reinfektion fast
Ätiologie und Verbreitung. tj
stets um eine exogene, nicht um eine endogene im Sinne Römer’s handelt.
Die pathologische Anatomie lehrt, dass fast alle Erwachsenen tuberkulös
infiziert sind. Die Statistik beweist nun, dass diese Infektion bei Kindern
tuberkulöser Eltern viel häufiger zur Erkrankung führt, als bei erblich
nichtbelasteten. Ferner zeigt die Statistik, dass der Verlauf der Erkrankung
bei erblich belasteten und nicht belasteten keinerlei Verschiedenheiten auf-
weist, d. h. also es gibt keine ererbte Widerstandsschwäche gegenüber der
Erkrankung. Mithin beruht die viel grössere Erkrankungsziffer erblich
Belasteter nicht auf erhöhter Disposition, sondern auf erhöhter Exposition.
Hierfür sprechen, wie die Statistik lehrt, zwei weitere Punkte. 1. Es
erkranken unter den Kindern Schwindsüchtiger viel häufiger die Mädchen.
Diese sind aber infolge ihrer vorwiegend häuslichen Beschäftigung der
Exposition viel stärker ausgesetzt als die Knaben. 2. Die väterliche
Belastung überwiegt die mütterliche. Dies erklärt die Erfahrung, dass die
Männer der arbeitenden Klasse infolge Rauchens, Spirituosengenusses und
ihrer häufig zu Katarrh führenden Arbeitstätigkeit reichlichere Auswurfs-
mengen haben und in deren Beseitigung viel sorgloser sind als die Frauen.
Berlin, Schömberg.
15. Arthur Mayer, Die angebliche Mobilisierung von Tuberkel-
bazillen durch Tuberkulin bei der menschlichen Tuberkulose.
Tuberculosis, August 1916.
Möllers und Öhler sind kürzlich auf Grund eigener Unter-
suchungen der von anderen Untersuchern aufgestellten Behauptung einer
solchen Mobilisierung entgegengetreten. Mayer betont, dass andere
Autoren und er selbst schon früher bewiesen hätten, dass bei tuberkulösen
Menschen die Mobilisierung von Tuberkelbazillen durch Tuberkulinein-
spritzungen nicht eintrete, und tadelt, dass Möllers und Öhler die
Literatur gar nicht anführen. Er hat das biologische Experiment, den
anaphylaktischen Versuch, verwandt, der viel früher als der anatomische
Befund die tuberkulöse Infektion beweist und ausserdem unbedingt spezi-
fisch ist, während der anatomische Versuch zweifelhaft sein kann. L. Ra-
binowitsch hat nun festgestellt, dass sich im Blut auch hochgradig
tuberkulöser Meerschweinchen fast nie Tuberkelbazillen nachweisen lassen,
dass diese sich aber nach Einspritzung von 0,2— 0,3 Alttuberkulin vor-
finden. Der erste Teil dieser Entdeckung wird freilich von Marmorek
und Calmette bestritten, die bei tuberkulösen Meerschweinchen, selbst
bei geringer Ausbreitung der Krankheit, in 70—100°/, virulente Tuberkel-
bazillen im Blute nachgewiesen haben wollen. Auch Moewes fand
solche in 64%. Hoge und E. Fischer, sowie A. Mayer selbst
bestätigen dagegen wieder die L. Rabinowitsch. Da steht also Be-
hauptung gegen Behauptung, experimentelle „Tatsache“ gegen „Tatsache“!
Was ist nun richtig! Wunderlich ist auch, dass beim tuberkulösen Meer-
schweinchen die Bazillen durch Tuberkulin mobilisiert werden können,
beim tuberkulösen Menschen aber nicht.
Was sind eigentlich die säurefesten Stäbchen, die man doch recht
häufig im Blute tuberkulöser Menschen findet! In manchen Fällen sind’s
doch tiefer lebende Tuberkelbazillen, weil der gewöhnliche Tierversuch
(Verimpfung) positiv ausfiel. Meist aber sind es, wie auch Mayer sagt
und wie schon Much betont hat, Tuberkelbazillenleichen andeutende
10 Ätiologie und Verbreitung.
Bazillenreste, so dass der Tierversuch notwendig negativ ausfallen muss.
Also sind die säurefesten Stäbchen doch ursprünglich immer lebende
Tuberkelbazillen gewesen, die im Blut oder schon bevor sie dorthin ge-
langten, abgetötet und zerstört wurden. Aber wie gelangten sie ins Blut?
Vielleicht vom Darm aus wie und mit dem Chylus?
Mayer bricht zum Schluss noch eine Lanze für die Ungefährlich-
keit der subkutanen Tuberkulinprobe und -kur. Er wird dadurch nur
den überzeugen, der überzeugt ist, und nicht anders überzeugt sein will.
Die Gefährlichkeit des Tuberkulins ist trotz Max Wolff kein Märchen,
sondern eine von recht vielen inländischen und ausländischen Autoren
besten Namens bestätigte Tatsache. Diese Form der Tuberkulinprobe ist
auch überflüssig, weil sie durchaus nicht mehr leistet als der Pirquet in
geeigneter Form. Meissen, Essen.
16. C. G. Grulee and Franz Harms, Tuberculosis as a disease
of the newborn. Amer. Journ. Dis. of Child. Bd. 9 Nr. 4
April 1915 $. 322.
Krankengeschichte und Sektionsprotokoll eines Kindes, das am
9. Tag nach der Geburt starb. Die Mutter hatte eine anscheinend aus-
geheilte Tb. eines Hüftgelenks, und ausserdem eine Leukorrhoea, in
welcher Gonokokken nicht nachgewiesen werden konnten. Das Kind
zeigte am 2. Tage ein unregelmässiges Fieber. Am 3. Tage bekam es
Krämpfe, die sich bis zum Tode in unregelmässigen Zeitabständen wieder-
holten. Es bestand auch häufiges Erbrechen. Leber und Milz waren
vergrössert. Bei der Sektion fand sich Miliartuberkulose aller Organe.
Die Mesenterialdrüsen waren besonders vergrössert. In der Nähe der
Gallenblase ein walnussgrosser Tumor, der mit erbsengrossen Knötchen
übersät war. Die Plazenta wurde nicht untersucht. Die Infektion muss
durch die Nabelschnur erfolgt sein. Die Mutter verliess das Kranken-
baus in anscheinend gesundem Zustand. Eingehende Besprechung der
Diagnose und der bisherigen Fälle der Liiteratur.
W. A. Gekler, Chicago.
17. B. S. Veeder and M. R. Johnston, The frequeney of infec-
tion with the tubercle bacillus in childhood. Amer. Journ. of
Dis. of Child. Bd. 9 Nr. 6 Juni 1915 S. 478.
Eine Statistik über Tuberkulinproben an 1321 Kindern in dem
St. Louis Kinderspital. Die Kinder stammten aus der ärmeren Klasse
und wohnten in einem dichtbevölkerten Stadtteil, wo die Wohnungsver-
hältnisse nicht gut waren. Die Zahl der positiven Reaktionen stieg von
Jahr zu Jahr, und erreichte ihr Maximum zwischen dem 10.—14. Lebens-
jahr. Im Gegensatz zu Hamburger fanden Verff., dass der Prozent-
satz der positiv Reagierenden zwischen dem 10.—14. Lebensjahr, inklu-
sive der Fälle von klinischer Tb, nur 44°/o war, mit Ausschluss der
letzteren nur 36°/o. Die Stichprobe ergab nur wenig bessere Resultate
ala die von Pirquetsche. Die Tuberkulinprobe ist bei Kindern eine
wertvolle Hilfe in der Diagnose. Die Autoren warnen davor, die Pro-
zentsätze von Hamburger und von Pirquet auf alle grösseren Städte
anzuwenden. W. A. Gekler, Chicago.
Diagnose und Prognose. 11
18. Arent de Besche, Simultaneous infection in a child with
tubercle bacilli of the human and the bovine type. Journ. of
Infect. Dis. Bd. 16 Nr. 3 Mai 1915 S. 361.
Verf. gewann eine atypische Kultur von Tuberkelbazillen, aus einer
Mesenterialdrüse eines 8 Monate alten Kindes. Die Kultur hatte sowohl
Eigenschaften des Typus humanus wie solche des Typus bovinus. Er
konnte von dieser Kultur beide Typen von Tuberkelbazillen züchten und
durch das Tierexperiment identifizieren. Das Kind muss also mit beiden
Arten von 'luberkelbazillen infiziert worden sein.
W. A. Gekler, Chicago.
19. E. Biorn-Hansen, Untersuchungen à la Pirquet aus einer
Landesgemeinde ohne bekannte Todesfälle an Tuberkulose.
Meddelelser fra den norske nationalforening mat tuberkulosen VI.
Nr. 22.
Altersgruppen Untersucht Positive Reaktion Negative Reaktion
Zahl p. °/o Zahl p- °/o
0—15 17 0 0 17 100
16—25 10 4 40 6 60
26—35 q 5 71 2 29
36—45 6 5 83 1 17
46—55 4 3 75 1 25
Summe: 44 17 40 27 60.
Birger Øverland, Bergen.
c) Diagnose und Prognose.
20. H. Alexander, Frühdiagnose der Lungentuberkulose. Beitr.
z. Klin. d. Tbc. 1916 Bd. 36 H. 1 8.75.
Eine Einführung für Anfänger. Leschke, Berlin.
21. E. Boit, Über Färbung und Gegenfürbung der Tuberkel-
bazillen. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 1916 Bd. 36 H.2 S. 227.
Verf, empfiehlt zur Entfärbung 15°/o Salpetersäure und Abspülen
in 60°/o Alkohol und zur Gegenfärbung gesättigte alkohol. Tropaeolin-
lösung. Bazillen und Splitter rot, Grund gelbrötlich, ohne die Bazillen
zu überdecken. Leschke, Berlin.
22. Jul. Hollo, Über eine neue Methode zur Beurteilung sub-
febriler Temperaturkurven im Verlaufe der Lungentuberkulose.
Beitr. z. Klin. d. Tb:. 1916 Bd. 36 H.1 8.31.
Verf. empfiehit zur Unterscheidung harmloser Temperaturerhöhungen
von solchen, die auf einer aktiven Lungentuberkulose herrühren, die Ver-
abreichung von 1,5 g Pyramidon. Organisch bedingte Temperatursteige-
rungen werden davon wenig beeinflusst, während die durch Labilität der
Wärmeregulation bedingten zur Norm abfallen sollen. Leschke, Berlin.
23. M. Fishberg, Hasty diagnosis of pulmonary tuberculosis.
Med. Record, 22. Jan. 1916.
Ungefähr 80°/o der Fälle, die in deutschen Sanatorien als beginnend
geführt wurden, stellten sich als gesund oder an anderen Affektionen
12 Diagnose und Prognose.
leidend heraus uud konnten an die Front geschickt werden. (??? Referent.)
Es ist falsch, zu glauben, dass jeder früh erkannte Fall von Tb. zur
Ausheilung kommt. Es gibt Fälle, die von vornherein bösartig sind und
jeder Behandlung trotzen. Andererseits ist es bei langsam fortschreitenden,
chronischen Fällen nicht ratsam die Diagnose zu überstürzen, da hier
durch Abwarten nicht geschadet werden kann. DBedürftige Phthisiker
können nicht alle in Sanatorien Unterkunft finden; sie müssen warten,
ob die Diagnose klar ist oder nicht. Durch übereilte Diagnosen gelangen
oft Nicht-Tuberkulöse in Sanatorien und nehmen Tuberkulösen den Platz
weg. Zweifelhafte Fälle sollten für einige Wochen bei ihrer gewohnten
Beschäftigung beobachtet werden. Man sage ihnen, sie könnten Tb. be-
kommen, hätten sie aber noch nicht. Die Schwindsucht besteht aus einer
Anzahl von akuten und eubakuten Anfällen, mit zeitweiligen Unterbrechungen.
Die Behandlung ist darauf gerichtet, diese Perioden des verhältnismässigen
Wohlbefindens zu verlängern. Die meisten Fälle von beginnender Tb,.,
die heutzutage in Heilstätten aufgenommen werden, kommen spontan zur
Ausheilung oder zum Stillstand. Die aktiven Fälle sollten aufgenommen
werden. Nur so werden die Sanatorien ihre Aufgabe erfüllen. Eine übereilte
Diagnose von Tb. kann mehr Schaden anrichten, als eine Fehldiagnose
bei einem aktiven, fortschreitendem Fall. Mannheimer, New York.
24. W. W. Howell, Studies in bronchial glands. Amer. Journ.
Dıs. of Child. Bd. 10 Nr. 2, August 1915.
Verf. hat eine Anzahl Kinder vom Säuglingsalter his zu 13 Jahren
auf Vergrösserung der bronchialen Lymphknoten untersucht, in einzelnen
Fällen unter röntgenologischer Kontrolle. Er achtete besonders auf das
Vorkommen des d’Espine’schen Zeichens. Wo dasselbe positiv war, zeigte '
sich immer auf der Platte Schatten von vergrösserten Hilusdrüsen. Der
perkutorische Nachweis derselben ist sehr schwierig. Unter 505 Schul-
kindern fanden sich 112 mit positivem d’Espine. Unter 297 Kindern
im Alter von 6, 7 und 8 Jabren waren 96 positiv = 36 °/o. Diejenigen
unter den jüngeren Kindern, die ausser dem positiven d’Espine noch
Blutarmut und Unterernährung zeigten, waren alle einer tuberkulösen In-
fektion ausgesetzt gewesen. Bei den älteren Kindern mit den gleichen
Symptomen liess sich gleichfalls die Quelle ‘der Infektion nachweisen.
Man soll akuten Anschwellungen der Bronchialdrüsen bei akuten Infek-
tvionskrankheiten keine besondere Bedeutung beimessen, aber chronische
Vergrösserungen bei Kindern, für die keine andere Ursache nachgewiesen
werden kann als Tuberkulose ansprechen. W. A. Gekler, Chicago.
25. H. Wessler and Murray H. Bass, Recurrent hilus infiltra-
tion, an unusual form of tuberculosis in children. Amer. Journ.
Dis. of Child. Bd. 11 Nr. 3, März 1916.
Verff. bringen Röntgenbilder und Beschreibung einer seltenen Form
von Lungentuberkulose bei Kindern, nämlich remittierender Hilustuberkulose.
Die Röntgenbilder zeigen einen dreieckigen Schatten, dessen Basis am
Hilus liegt und dessen Spitze nach der Achselhöhle zu verläuft. Die
Incisura interlobaris bildet die untere Grenze dieses Schattens. Mit Ab-
nahme der Symptome (Husten, Fieber, Appetitlosigkeit) verschwand dieser
Schatten und hinterliess nur vergrösserte Hilusdrüsen und das übliche
Diagnose und Prognose. 13
Bild einer interlobären Pieuraschwarte. Nach einer Zeit des Wohlbefindens
erschienen dieselben Symptome wieder und man bekam ein ähnliches
Röntgenbild wie bei dem ersten Anfall. Sie halten den Krankheitsprozess
für eine Infiltration um infizierte und entzündete Hilusdrüsen herum, und
nicht für ein interlobäres Exsudat, trotz oder vielmehr gerade wegen des
wechselnden Röntgenbefundes. Kontrolle der Diagnose mittelst Sektion ist
ausgeschlossen, da der Exitus selten in diesem Stadium eintritt. Die
Diagnose der anatomischen Verhältnisse ist bis jetzt nur durch Röntgen-
strahlen zu stellen; die physikalische Untersuchung liefert nur ein sehr
ungenaues Resultat. Die bezügliche Literatur wird kritisch besprochen.
W. A. Gekler, Chicago.
26. E. C. Dickson, Odiomycosis in California, with especial
reference to coccidioidal granuloma. Arch. of Int. Med. Bd. 16
Nr. 6, Dez. 1915.
Im ganzen sind 40 Fälle dieser interessanten Krankbeit bekannt,
die anscheinend nur in Nord- und Südamerika vorkommt. Die meisten
Fälle wurden in Kalifornia gefunden. Verf. berichtet über 8 eigene
Fälle, zum Teil mit Sektionen und über 2 Fälle allgemeiner Blastomy-
kosis. Er kommt zu dem Schluss, dass Fälle von Granuloma coccidioides
oft genug beobachtet worden sind, um ein definitives Krankheitsbild auf-
zustellen. Das Leiden ähnelt der Tb. derart, dass eine Differential-
diagnose nur mikroskopisch gestellt werden kann. Viele derartige Fälle
werden klinisch als Tb. diagnostiziert; nach dem spezifischen Erreger
wird nicht gesucht. Diese Krankheit darf nicht mit Blastomykosis ver-
wechselt werden. Die meisten Fälle sind gestorben; nur wenige kamen
spontan zur Heilung. W. A. Gekler, Chicago.
27. Bochalli, Was leistet die subkutane Alttuberkulinprobe zur
Erkennung der aktiven Lungentuberkulose bei Erwachsenen?
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1916 Bd. 36 H. 2 S. 169.
In 55 Fällen wurde 7mal durch den negativen Ausfall der Probe
sichere Aufklärung geschafft, während von 48 positiv reagierenden Fällen
nur 12 auch eine Herdreaktion zeigten und 6 vorübergehend geschädigt
wurden. Wenn Verf. daraus schliesst, dass die Probe nicht viel leistet,
so möchte Referent demgegenüber betonen, dass es schon viel wert ist,
wenn man auf diese Weise in differential-diagnostisch unklaren Fällen die
Tuberkulose ausschliessen kann. Im übrigen sollte man die Probe
eben nur dann anwenden, wenn die anderen Untersuchungsmethoden inkl.
Röntgenverfahren eine sichere Entscheidung nicht ermöglichen. Dann
wird man niemals schaden (allerdings auch nur selten Herdreaktionen
bekommen), aber in vielen Fällen den Verdacht der Tuberkulose fester
begründen, in anderen ihn mit grösserer Wahrscheinlichkeit fallen lassen
können. Leschke, Berlin.
28, Selter, Der Wert der Intrakutan-Tuberkulinreaktion bei
Meerschweinchentuberkulose. D. m. W. 1916 Nr. 3.
Kronberger, Zur Bewertung der intrakutanen Tuberkulin-
reaktion. D. m. W. 1916 Nr. 25.
Selter, Erwiderung zu den vorstehenden Bemerkungen.
D. m. W. 1916 Nr. 25.
Die positive Intrakutanreaktion ist entscheidend für die Diagnose
14 Diagnose und Prognose.
einer angegangenen Tuberkuloseinfektion.. Der negative Ausfall beweist
aber nach S. experimenteller Erfahrung nicht das Gegenteil. Erst das
Sektionsergebnis kann Sicherheit bringen, S. hat bei subkutaner Infek-
tion mit abgeschwächten Kulturen oder auch mit kleinsten Dosen (2—16
Bazillen) vollvirulenter Bazillen (subkut. oder durch Iuhalation) zum Teil
dauernd negative Intrakutanreaktion gesehen, während die Sektion deut-
liche tuberkulöse Organerkrankung ergab.
Die interessante Tatsache, dass bei einigen Tieren die anfäng-
lich positive Intrakutanreaktion später negativ wurde und
dass bei diesen Tieren die Sektion abgeheilte tuberkulöse Ver-
änderungen aufdeckte, ist S. geneigt als Beweis spontaner A us-
heilung der Meerschweinchentuberkulose anzusprechen.
Kronberger bestreitet die Richtigkeit dieser Auffassung und sieht
seinerseits in den Selter’schen Befunden — entsprechend dem klassischen
Koch’schen Versuch — eine Folge des immunisierenden Ein-
flusses der Intrakutanreaktion, wie ja auch bekanntlich von
anderer Seite durch öfters wiederholte Kutanreaktion in verschiedener
Art (Münch, Ponndorf) eine immunisierende Heilwirkung
versucht und zum Teil erreicht wurde.
Selter bält K. gegenüber an der Annahme einer spontanen Tu-
berkulose-Heilung bei seinen Tieren fest, indem er darauf hinweist, dass
die Tiere zum Teil nur ein einziges Mal, zum Teil nur 2—3mal in län-
geren Zwischenpausen und zwar teilweise mit negativem Erfolg, der Intra-
kutanreaktion unterworfen wurden und dass schliesslich auch verschiedene
Tiere, bei denen die Intrakutanreaktion überhaupt nicht gemacht worden
war, einen ähnlichen Sektionsbefund abgeheilter tuberkulöser Prozesse
aufwiesen. Brühl, Schönbuch.
29. Fr. Graetz, Die Bedeutung der intrakutanen Tuberkulin-
reaktion nach Römer-Esch für die frühzeitige Feststellung
der Impftuberkulose der Meerschweinchen, unter besonderer
Berücksichtigung des diagnostischen Tierversuches bei der
menschlichen Tuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1916 Bd. 36
H. 2 S. 99.
Verf. hat die Brauchbarkeit der intrakutanen Tuberkulinreaktion
nach Römer-Esch bei diagnostisch geimpften Meerschweinchen an fast
1000 Tieren geprüft und bestätigt. Ee gelingt damit, bereits 10—12
Tage nach der Einverleibung tuberkuloseverdächtigen Materiales bei
Meerschweinchen, im Falle dass eine Tuberkuloseinfektion sich entwickelt,
das Vorhandensein einer solchen mit Hilfe der Intrakutanreaktion fest-
zustellen. (Auch Referent kann diese Methode des Tierversuchs als die
rascheste empfehlen, zumal die spätere Sektion des Meerschweinchens
immer noch eine Kontrolle ermöglicht.) E. Leschke, Berlin.
30. C. Kraemer, Ist die Allergie oder die Anergie das Nütz-
lichere für den Kriegsdienst? Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1916
Bd. 36 H. 1 S. 57.
Im Widerspruch zu den herrschenden Anschauungen über die Allergie
als Ausdruck der (zellulären) Immunität, fordert K. die Durchführung
einer Tuberkulinkur bis zur Anergie. 140 von ihm untersuchte tuber-
Therapie. 15
kulöse Soldaten waren sämtlich allergisch, obwohl sie grossenteils früher
in Heilstätten waren. Er schliesst daraus, dass Anergie nach einer Tu-
berkuliukur besser ist als Allergie. Das Experimentum crucis, was aus
den mit Tuberkulin anergisch gemachten Tuberkulösen wird (namentlich
im Kriege), bleibt jedoch noch abzuwarten. E. Leschke, Berlin.
31. G. von Salis, 125 Fälle periodisch wiederholter, abgestufter
Pirquetreaktionen während der Heilstättenkur. Beitr. z. Klin.
d. Tbc. 1915 Bd. 36 H.1 8.57.
Stärkerwerden der Überempfindlichkeit gegen Tuberkulin fand sich
vorwiegend bei den Fällen mit guter, Schwächerwerden bei denen mit
schlechter Prognose. Dennoch ist dieses Verhalten nicht durchgängig und
kann daher im einzelnen Falle nicht als irgendwie ausschlaggebend bei
der Prognosenstellung bewertet werden, da die Zahl der Ausnahmefälle
zu gross ist. Namentlich bei Alttuberkulinbehandlung ist Abnahme der
Reaktionsfähigkeit häufig und ohne üble Vorbedeutung.
E. Leschke, Berlin.
d) Therapie.
32. Sigurd Berg, Zur Behandlung der Tuberkulose mit Partial-
antigenen nach Deycke-Much. Beitr. z2. Klin. d. Tbe. 1916
Bd. 36 H. 2 S. 235.
Nachprüfungen an 14 Fällen des Krankenhauses Sabbatsberg in
‚Stockholm, darunter 4 im I.—II. Stadium, 6 im III. und 4 mit Tuber-
kulose anderer Orgaue. Die Krankengeschichten sind ausführlich mitge-
teilt. Ein regelmässiger Zusammenhang zwischen der Steigerung des
Intrakutantiters und dem klinischen Verlauf bestand nicht. Wenn auch
die günstig verlaufenden Fälle meist eine solche aufwiesen, kam es auch
vor, dass bei hohem Titer der Patient klinisch sich verschlechterte.
„Irgend eine sichere Einwirkung konnte in den behandelten Fällen nicht
konstatiert werden.“ E. Leschke, Berlin.
33. E. R. Baldwin, Therapy as related to the immunology of
tuberculosis. Med. Record, 18. März 1916.
Für die Bewertung spezifischer Heilmittel ist die Berücksichtigung der
natürlichen Widerstandskraft von fundamentaler Bedeutung. Ein Ausdruck
dereelben ist das Lokalisationsbestreben der Krankheit in der Form des
Tuberkels, sowie die Entzündung, die sich um den lokalen Herd herum
bildet, und eine Anzahl Bazillen zugrunde richtet. Man rühre daher
den lokalen Herd nicht an, wenn man nicht sicher ist, ibn entweder
mechanisch oder chemisch vollständig zu zerstören. Die Eıfolge der meisten
Mittel, welche in den letzten 25 Jahren gebraucht worden sind, beruhen
auf Herdreaktionen, was man am besten bei der Hauttb. verfolgen kann,
So wirken die Röntgenstrablen, die Bier’sche Stauungshyperämie, Radium,
Licht ete. Eine zu starke Reaktion ist jedoch gefährlich, epeziell in einem
gefässreichen Organ, wie die Lunge. Daher bildet eine fortschreitende
Erkrankung der Lunge eine Kontraindikation für die Anwendung solcher
Mittel. Wir haben keine Behandlungsmethoden, die die eingekapselten
Bazillen unschädlich machen. Dieselben können daher immer mal wieder
16 Therapie.
durchbrechen und einen neuen Ausbruch der Krankheit erzeugen. Über-
anstrengungen und Traumen vermögen die gute Wirkung eines Mittels
wieder zunichte zu machen. Daher muss man sie bei Beurteilung seiner
Heilwirkung in Betracht zieben. In chemotherapeutischen Tierversuchen
soll man nicht nur die Veränderungen am Krankheitsherd, sondern auch
serologische Veränderungen verfolgen. Auf diesem Wege ist Fortschritt
in der Therapie zu erwarten. Mannheimer, New York.
34. H.L. Shively, Tuberculin therapy. N. Y. Med. Journ., 8. Jan.
1916.
Der Anfänger sollte sich auf ein einziges Präparat beschränken und
seine eigenen Verdünnungen machen. Im Verlaufe der Behandlung sollen
die normalen physiologischen Funktionen nicht zu sehr gestört werden.
Patienten mit schwerer Mischinfektion, Diabetes, Nephritis, miliarer Aus-
saat reagieren nicht günstig. Tuberkulin eignet sich besonders für Patienten
mit guter Widerstandakraft, geringem oder fehlendem Fieber, stationär
oder langsam fortschreitend, die nicht in ein Sanatorium gehen können.
In Sanatorien gedeihen die mit Tuberkulin behandelten gewöhnlich besser
als die anderen. Fälle von Lymphdrüsentb. gedeihen besser als Lungen-
fälle. Tuberkulin kann von jedem sorgfältigen praktischen Arzt angewandt
werden. Die Reaktionen dürfen nur milde sein. Dosen von Ein-Millionstel
Milligramm sind wahrscheinlich unwirksam. Mannheimer, New York.
35. Hastings Hill, Tuberculosis of the Larynx with special
reference to the use of Tuberculin. Laryngoscope, 5. Mai 1916.
Tuberkulöse Laryngitis ist fast immer durch Autoinfektion verursacht
und sie verläuft chronisch, weil ein gewisser Grad von Immunität vorhanden
ist. In Süd-Californien findet H. 2,1 °/o Larynx-Tb. Nie bat er einen
Fall bei einem Kinde beobachtet. Er stimmt nicht mit Bandelier und
Roepke überein, die behaupten, dass mit Tuberkulin behandelte Patienten
nie Kehlkopf-Tb. entwickeln, und erwähnt 2 Fälle aus eigener Beobachtung.
Vorgeschrittene Lungen-Tb. ist eine Kontraindikation für Tuberkulin-
behandlung gleichzeitiger Larynx-Tb. Acht Fälle im 2. oder 3. Stadium
wurden mit Tuberkulin behandelte Fünf sind am Leben, davon 2 über
2 Jahre geheilt; 2 gebessert und arbeiten; einer ist noch in Behandlung;
die anderen 3 starben. Die Erfolge sind ermutigend.
Mannheimer, New York.
36. A. Cemach, Über die spezifische Behandlung der Mittel-
ohrtuberkulose. AMsehr. f. Ohrhlk. 1916 H. 718 $. 430.
Eine Arbeit, die auch von dem nicht unbedingten Tuberkulivfreunde
mit Befriedigung gelesen werden dürfte, weil sie mit scharfer Kritik die
l.eistungsfähigkeit der spezifischen Tuberkulosebehandlung zu erhärten
bemüht ist. Das Material, das Cemach bearbeitet, ist klein, aber sehr
sorgfältig beobachtet. Nach den wenig ermutigenden Erfahrungen mit
anderen Tuberkulinen wählt Cemach zur Behandlung das Tuberkulomuein
Weleminsky, das sich durch seine grosse Ungiftigkeit auszeichnen soll.
Als Ergebnis der Beobachtungen ist zu betrachten, dass zur spezifischen
Behandlung bei Mittelohrtuberkulose sich vorwiegend Fälle mit reinen
Schleimhautaffektionen bei im übrigen kräftigem Organismus mit guter
Reaktionsfähigkeit d. h. ohne nennenswerte Grunderkrankung eignen.
Therapie. 17
Schwereren progredienten Ohrprozessen scheint auch das Tuberkulomucin
machtlos gegenüber zu stehen. Birke.
37. Evers, Zur Tuberkulosebehandlung. B. kl. W. 1916 Nr. 43.
Verf. berichtet über Versuche mit Injektionen von Nastin und Chinolin-
phosphat. Das Nastin soll die Wachshülle der Tuberkelbazillen auflösen,
das Chinolinphosphat die freigelegten Bazillen töten. Das Nastin wird in
Mengen von 0,25—1 cem einer 1°/o Kaliseifenlösung intravenös gegeben,
das Chinolinpbosphat in einer 5°/o wässerigen Lösung zu 5—10 ccm in-
traglutäal gegeben; der Chinolinlösung ist Antipyrin zugesetzt, was die
Iojektiion fast völlig schmerzlos macht.
52 Fälle (Krankengeschichten) werden behandelt. Der Erfolg der
Therapie war folgender:
1. Rückgang der Temperaturen.
2. Besserung des physikalischen Lungenbefundes.. Aufhören von
Husten und Auswurf. Verschwinden der Tuberkelbazillen aus dem Sputum.
3. Tuberkulöse Drüsen bilden sich völlig zurück.
4. Ulcera im Kehlkopf und Nase reinigen sich und heilen prompt ab.
5. Zunahme des Hämoglobingehaltes. Eintreten von Leukozytose
bis 35000,
6. Beträchtliche Gewichtszunahme.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
38. ‚Stern, Über die Speicherung von Medikamenten in tuber-
kulösem Gewebe. Zschr. f. Tbe. Bd. 26 H.4. _
Verf. hat Lupusfälle mit Salvarsan behandelt und dabei deutliche
Lokalreaktionen erzielt, obne jedoch Heilung zu erreichen. Die Wirkung
des Salvarsans auf tuberkulöse Herde ist zu erklären durch die Ver-
langsamung des Blutstromes in dem venenarmen lupösen Gewebe, das vor
allem den Abfluss des Blutes erschwert und damit eine intensivere Beein-
flussung durch das Medikament erleidet als normales Gewebe. Die Speiche-
rung eines Medikamentes im Gewebe hängt, wie Verf. an analogen Fällen
(Salizylsäure bei Arthritis) zeigt, von der Blutverteilung im Gewebe ab.
Man wird also „chemotherapeutische“ Wirkungen sehr vorsichtig beurteilen
müssen, solange nicht nachgewiesen ist, dass die Wirkung des Medikamentes
auf oben beschriebenen Tatsachen beruht. Verf. ist überzeugt, dass die
Kupferbehandlung beim Lupus mit wirklicher „Chemotherapie“ nichts zu
tun hat. Dennoch wird man die Anhäufung von Medikamenten in tuber-
kulöse Gewebe nutzbringend verwerten können.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
39. Hubert Oberstadt, Zur Behandlung der Hauttuberkulose
mit Aurum-Kalium eyanatum. Dissert. Bonn 1916.
An Hand der Literatur und nach Beobachtung von 5 Fällen kommt
Verf. zu folgendem Ergebnis: Die Behandlung der Hauttuberkulose mit
Aurum-Kalium-cyanatum besteht in einer Änderung der Farbe (weniger
entzündlicher Ton), einem Rückgang der Infiltrationen, einer Reinigung
und Epithelisierung ulzerativer Prozesse. Aurum mit Tuberkulin kom-
biniert lässt diese Effekte rascher eintreten. Bis jetzt ist kein Fall von
Heilung bekannt. Der therapeutische Effekt bleibt beachtenswert.
Kurt Theodor Bingler.
Internat. Centralbl. f. Tuberkuloae-Forsehung. Xi. 2
IR Prophylaxe.
e) Prophylaxe.
40. B. C. Crowell, Tuberculosis and its control. Antiluberculosis
Bulletin (Philippine Islands), April 1916.
Es ist anzuerkennen, dass die Nordamerikaner, seit sie die Philippinen
an sich genommen haben, es an Bemühungen um die Wohlfahrt des
eroberten Gebietes nicht fehlen lassen. Bereits vor 5 Jahren hat sich auch
eine Vereinigung zur Bekämpfung der Tuberkulose gebildet (Philippine
Islands Antituberculosis Society) mit Sitz zu Manila, die eine monatlich
erscheinende Zeitschrift in englischer und spanischer Sprache herausgibt
(Antituberculosis Bulletin. In der Aprilnummer von 1916 veröffentlicht
Crowell, Professor der Pathologie und Bakteriologie an der Universität
Manila, einen allgemeinen Vortrag über die Aufgaben und Ziele der
Tuberkulosebekämpfung mit besonderer Rücksicht auf die Verhältnisse
der Philippinen. Auf diesen Inseln ist die Tuberkulose anscheinend sehr
verbreitet, und die Voraussetzungen zu ibrer näheren Erforschung und
allmählichen Beseitigung sind naturgemäss recht schwierig. Crowell
betont, dass man sich dadurch nicht abschrecken lassen dürfe, und ver-
sucht gewisse Richtlinien zu geben, nach denen man mit gutem Willen
und mit der Zeit schon vorwärts kommen würde. Meissen, Essen.
41. R.J. Newton, The enforcement of antispitting laws. Anti-
tuberculosis Bulletin (Philippine Islands), June 1916.
Spuckverbote findet man auch bei uns vielfach angeschlagen, mehr
in der Form eines Ersuchens zur „Förderung der öffentlicben Gesundheits-
pflege“. Für besondere Spuckgesetze hat sich noch kein Bedürfnis her-
ausgesetzt. Anders ist es in Amerika, sei es, dass man dort mehr und
freier spuckt, sei es, dass dort die Ansteckungsfurcht noch grösser ist.
Dort bestehen ja auch andere, uns wunderlich scheinende hygienische Gesetze,
und es kann nicht erstaunen, dass man sie auch auf die Kolonien aus-
zudehnen sucht. Newton gibt den ausführlichen Entwurf eines Spuck-
gesetzes (Antispitting Law), dessen Übertretung für jeden Fall mit „nicht
weniger als 1 und nicht mehr als 5 Dollar“ bestraft wird. Die Hälfte
der Strafe soll dem zufallen, der den Übeltäter zur Anzeige bringt!
Man kann die guten Absichten solcher Gesetze loben; ob sie aber etwas
nützen und ob sie praktisch durchführbar sind, bleibt vorerst
„weifelhaft. Gemeingefährlich ist doch nur der Bazillenspucker, sonstige
Spucker sind nur unappetitlich und schlecht erzogen oder rücksichtslos.
Will man auch das gesetzlich bestrafen ? Meissen, Essen.
42. Sixto de los Angeles, The Antituberculosis Campaign in
the Philippine Islands. Antitubereulosis Bulletin (Philippine
Islands), April 1916.
Der Verf., ein spanischer Arzt auf den Philippinen, gibt eine Über-
sicht über die Bestrebungen der Antituberculosis Society im Kampfe gegen
die „Weisse Pest“ (peste blanca), die auf den Inseln schwere Opfer fordert.
Die Tuberkulosesterblichkeit für 1914 in Manila ist auf 48,4 von 10000
Lebenden angegeben, mehr als das Doppelte von Berlin mit 23,1 und
etwas mehr als in Paris mit 42,5; sie ist also gewaltig gross und scheint
auch im übrigen auf den Inseln sehr hoch zu sein. Man führt den Kampf
Prophylaxe. 19
mit denselben Mitteln wie bei uns: Fürsorgestellen, Heilstätten, öffentliche
Unterstützung und Belehrung. Die Beschaffung der erforderlichen Gelder
ist aber schwierig. Besonderen Wert scheint man auf die Errichtung
eines „Präventoriums“ zu legen, d. h. einer Heilstätte für die Tuberkulose-
Verdächtigen, Prophylaktiker oder wie man sie nennen will, auch Leicht-
kranke: Diese Leute brauchen den kostspieligen Apparat einer Heilstätte
im eigentlichen Sinne nicht, können viel billiger und auch besser versorgt
werden. Der Gedanke ist sehr richtig und darf auch in Deutschland
nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden, Meissen, Essen.
43. koering-Davos, Zur Vorbeugung der Ausbreitung der Tuber-
kulose. Arzil. V. Bl. 1916 Nr. 1073.
Die Ausführungen des Herrn Ministerialdirektors Prof. Dr. Kirchner
auf der Tuberkulose-Versammlung in Berlin’ veranlassen G., Vorschläge
zur zweckmässigen Tuberkulosebekämpfung zu machen. Er will den An-
griff vor allen Dingen gegen die Tuberkulose der Jugend gerichtet wissen,
damit vorbeugend gegen die Tuberkuloseausbreitung wirken und so all-
mäblich zu einem tuberkulosefreien Geschlecht gelangen. Ohne Zweifel ist
G. darin zuzustimmen, dass die Tuberkulosebekämpfung bei den Jugend-
lichen noch manches zu wünschen übrig lässt und energischer angefasst
werden müsste, doch werden seine Ausführungsvorschläge kaum allseitigen
Beifall finden. Birke,
44. M. Scehultze-Posen (z. Z. im Felde), Noch einmal „Zur Vor-
beugung der Ausbreitung der Tuberkulose“. Arztl. V. Bl. 1916
Nr. 1080.
Eine Antwort an Goering aus den Reihen der Praktiker, die auf
die nicht unbekannten Mängel der derzeit durchgeführten Tuberkulose-
Bekämpfung hinweist und Vorschläge macht, in welcher Weise möglichst
wirksam gegen die Tuberkulose vorgegangen werden kann und muss.
: Birke.
45. Goering-Davos, Gegen die Tuberkulose. Ärztl. V. Bl. 1916
Nr. 1080.
Neue, etwas eingehendere Ausführungen darüber, dass die bisherige
Tuberkulosebekämpfung nicht zum gewünschten Ziele führen kann und
dass „die Jugend tuberkulosefrei gemacht werden müsse“. Die praktische
Durchführung der an sich richtigen Gedauken sieht auf dem Papier nicht
allzuschwer aus, birgt aber sicherlich recht erhebliche Schwierigkeiten, die
durch das einzige Wort „Zwangsmassnahmen“ genügend beleuchtet werden.
Dass der bisherige Kampf gegen die Tuberkulose nicht befriedigende Er-
gebnisse gehabt hat, weiss jeder, der mit diesen Dingen zu tun hat, es
ist aber auch bisher noch nicht gelungen, durch gesetzliche Massnahmen
einen staatlichen Zwang zu erreichen. Gleichwohl können sich die bei
Kriegsbeginn erreichten Erfolge sehen lassen. Der Kampf richtet sich
gegen eine chronische Krankheit von meist jahrelanger Dauer, und bei-
spielloser Ausbreitung, so dass dementsprechend ein Sieg, wenn er über-
haupt zu erreichen sein sollte, nur sehr langsam und wirklich nur Schritt
für Schritt erfochten werden kann. Birke.
9x
X) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
46. Pfleiderer-Ulm, Ein weiterer Beitrag zum Kampf gegen
die Tuberkulose. Arztl. V. Bl. 1916 Nr. 1094.
Mit Freuden sieht man, wie lebhaft an der für unser Volk in dieser
schweren Zeit besonders wichtigen Frage mitgearbeitet wird. Die in ge-
drängter Kürze gehaltenen Darlegungen Pfleiderers führen uns nach
den Äusserungen Goerings mehr auf den Boden der Wirklichkeit und
haben für die Gegenwart, die die sonst verfügbaren Kräfte der Nation
vielfach nach anderen Richtungen bindet, den Vorzug, dass sie bald aus-
gemünzt und in wirkliche Werte umgesetzt werden können. Mit der von
Pfleiderer empfohlenen Arbeit und Erziehung kaun und muss bei
unserer Jugend und unseren Kindern bald begonnen werden, um durch
Entziehung des geeigneten Nährbodens dem Feinde das Dasein zu er-
schweren und unmöglich zu machen. Dass darüber der direkte Kampf
wie er bisher geführt wurde und wie er in Zukunft in verbesserter und
umfangreicherer Form geführt werden soll, nicht vergessen werden darf,
ist selbstverständlich. Birke.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
47. Mitteilungen aus deutschen Heilstätten. 1. Ber-
gische Heilstätten für Jlungenkranke Kinder, E. V. 1915/16. —
2. Neue Heilanstalt für Lungenkranke zu Schömberg, 0.A.
Neuenbürg. — 3. Heilstätte für Lungenkranke zu Ober-
kaufungen bei Cassel 1915. — 4. Heilstätte Holsterhausen
bei Werden-Ruhr 1915. — 5. Auskunfts- und Fürsorgestelle
für Lungenkranke in Aschaffenburg 1915. — 6. Frankfurter
verein für Rekonvaleszenten-Anstalten 1914 und 1915.
Auch die Heilstätten stehen naturgemäss unter dem Zeichen des
Krieges. Zu Beginn desselben erfolgte eine fluchtähnliche Entleerung
aus den verschiedensten bekannten Gründen, so dass sich manche von
ihnen gezwungen sah, den Betrieb wenigstens zeitweise einzustellen. Viele
stellten sich dann wenigstens eine Zeitlang ganz in den Dienst der Ver-
wundeten- und Krankenpflege. Im Verlaufe des Jahres 1915 traten
dann jedoch wohl überall wieder geordnete Verhältnisse ein, es trat das
Bedürfnis auf, die Tuberkulose wieder einer ordnungsmässigen Behandlung
zuzuführen. Allmählich füllten sich die Heilstätten wieder, die Militär-
verwaltung tat das übrige dazu, um die Hilfsquellen der Heilstätten den
im Felde erkrankten Soldaten zugute kommen zu lassen. Wohl die
meisten Heilstätten haben eine grössere oder kleinere Anzahl von Betten
für Heeresangehörige bereitgestellt. So zeigt uns das Jahr 1915 erfreu-
licherweise fast überall einen Heilstättenbetrieb, der dem Friedensbetrieb
nahe kommt.
Die wichtigste Frage bietet heute die Ernährung der Kranken.
Normen lassen sich nicht aufstellen, wohl jede Heilstätte wird sich in die
Lage versetzt fühlen, auf eigene Faust zu versuchen, wie sie am besten
mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln den Erfordernissen der
Ernährung gerecht wird. Eine beruhigende Tatsache lässt sich aber wohl
überall feststellen, die notwendig gewordene Herabsetzung der Eiweiss-
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. >]
und Fettmengeu bat es nicht vermocht, die erstrebte Gewichtszunahme
zu verhindern. Wir finden überall (iewichtszunahmen, wie wir sie im
Frieder gewohnt sind.
In der Behandlung der Tuberkulose tritt allmählich die Sonnen- und
Strablenbebandlung in die Erscheinung, wenn auch erst in vorsichtig
tastenden Versuchen. Die Ergebnisse sind noch nicht eindeutig genug,
wenn auch recht ermutigend. Auch die Tuberkulinbehandlung in mancher-
lei Form bewährt ihre alte Kraft. |
Wohl überall finden wir das Bestreben, die Lungenkranken nach
längeren Wochen der Schonung und Erholung zu entsprechenden Arbeiten
heranzuziehen, um ihnen das Bewusstsein ihrer Leistungsfähigkeit und
die Freude am Schaffen wieder zu gebeu und ibnen den Übergang in ihr
alltägliches Arbeitsleben nicht zu schroff und schwer zu gestalten.
Hans Müller.
48. Halfdan Sundt, Jahresbericht des Seehospitals Frederiks-
vern für das Jahr 1. VII. 1915 bis 30. VI. 1916.
Alle Kinder, die ins Hospital aufgenommen werden, werden mit
Tuberkulin und Wassermaun untersucht. Durch diese Untersuchungen
hat es sich erwiesen, dass immer mehrere und mehrere der aufgenon-
menen Kinder an einer nicht-tuberkulösen Krankheit leiden. Von 78
Kindern, die in den 5 Jahren 1911—1916 wegen „Coxitis tuberculosa“
aufgenommen wurden, hatten 33 = 42,3%, eine Krankheit nicht-tuber-
kulöser Natur. Sonnentherapie wird viel angewandt.
Birger Överland.
49. E. T. Holther, Das Tuberkulosesanatorium Landeskogen.
Tidsskrift for den norske legeforening 1916 Nr. 23.
Der Oberarzt beschreibt das neue, im letzten Herbst eröffnete
Tuberkulosesanatorium im südlichen Norwegen. 120 Betten. Es kostet
1067000 Kr. Die Elektrizität ist in grossem Masse angewandt. So
wird das Sanatorium auch durch Elektrizität im Winter erwärmt.
Birger Øverland.
50. Eimar Sigstad, Das Tuberkuloseheim Trygstad, Norwegen.
Tidsskrift for den norske lægeforening 1916 Nr. 23.
Die Anstalt war seit 1898 privates Tuberkulosesanatorium. Wurde
im Jahre 1909 von einigen Kommunal-Gemeinden für 50000 Kr. ein-
gekauft und als Tuberkuloseheim mit 35 Betten geöffnet.
Birger Øverland.
5l. John Mjóen und Aug. Michelsen, Jahresbericht für das
Tuberkulosesanatorium Glittre (Norwegen) für das Jahr 1915.
Tidsskrift for den norske lægeforening 1916 Nr. 24.
Das Sanatorium wurde im Jahre 1903 geöffnet, liegt ca. 120 m ü.
d.M. Hat 53 Betten. Im Jahre 1915 war die Mittelbelegung 52,7
Patienten. Im ganzen Jahre sind 131 Patienten entlassen worden.
Birger ®verland.
Allgemeines.
g) Allgemeines.
52. D. B. Tornoe, Wie sind die Paragraphen 6 und 13 des
Norwegischen Tuberkulosegesetzes zu verstehen? Tidsskrift for
den norske lægeforening 1916 Nr. 24. Birger Øverland.
53. Charles Roper, The Economic Assistance of the Tubercu-
losis Patient. A Note on the Treatment of Tuberculous Cases
in the County of Cornwall. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. X
No. 4 Oclobre 1916.
Bericht über die Avtituberkulose-Tätigkeit in der Grafschaft Cornwall,
die eine ganz besonders grosse Tuberkulose-Morbidität aufweist. Verf.
will den Wert der Sanatorien nicht bezweifeln; ein Sanatorium für die
Grafschaft Cornwall existiert aber noch nicht und die Patienten müssen
zu Hause behandelt werden. Auf Grund seiner Erfahrungen schlägt er
vor, bei nicht genügend vorhandenen Mitteln, und namentlich in der
jetzigen Jahreszeit, statt der Sanatoriumsbehandlung die ihr „nicht weit
nachstehende“ Hausbehandlung durchzuführen. Amrein, Arosa.
54. Edward A. Baldwin, The Trudeau School of Tuberculosis.
Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. X No. 4 Octobre 1916.
Der kürzlich verstorbene, um die Tuberkulosebekämpfung in Nord-
amerika hochverdiente Gründer und Arzt der Tuberkulosestation Saranac
Lake (Staat New-York), Dr. Trudeau, hat spezielle Kurse für Ärzte
in Sanatorien empfohlen und eingeführt, um besonders die Sanatoriums-
behandlung mit allen Details zu studieren. Amrein, Arosa.
55. Rodolphe Wingfield, The Classification of Cases of Pul-
monary Tuberculosis. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. X
Nr. 4 Octobre 1916.
Vorschlag einer neuen Klassifikation der Lungentuberkulose unter
spezieller Berücksichtigung der konstitutionellen Störungen. Er stellt vier
Gruppen auf: A. Patienten, die arbeitsfähig sind und es bleiben; B. Ar-
beitsfähige, die arbeitsunfähig werden; C. Arbeitsunfähige, die arbeitsfähig
werden; D. Arbeitsunfähige, die es bleiben. Für Kranke, bei denen
Tuberkelbazillen im Sputum gefunden werden, schlägt der Autor vor,
folgende Zeichen zu benutzen, die den jeweiligen Zustand ausdrücken sollen:
In, = in Ruhe fiebernd,
In, = in Ruhe afebril, nach Bewegung fiehernd,
In, = nach Bewegung afebril,
A = arbeitsfähig und bleibend,
B = arbeitsfähig, arbeitsunfähig werdend,
C = arbeitsunfähig, arbeitsfähig werdend,
D = arbeitsunfähig und bleibend.
990 F ist als Grenze zwischen Afebrilität und Febrilität angenommen,
in Ruhe gemessen, mindestens ?/s Stunden nach körperlicher Anstrengung.
Amrein, Arosa.
Bibliographie. — Bücher und Zeitschriften. 2
ve
h) Bibliographie.
56. Tuberculose et guerre, Paris Médical. Jahrg. 6. Nr. 3, 1916.
a) P. Lereboullet, La tuberculose dans l'armée d'après Villemin et Kelsch.
b) P. Lereboullet, Pour les blessés de la tuberculose.
c) L. Landouzy, La guerre et la tuberculose 1914/1915.
d) Louis Rénon, La défense sociale contre la tuberculose pendant la
guerre.
c) Leon Bernard, Fiövre typhoide et tuberculose.
I) F. Dumarest et A. Vigné, De lhospitalisation temporaire et eco-
nomique des tuberculeux de guerre.
g) H. Grenet, Utilité de la radioscopie, pour la selection rapide des
tuberculeux aux armées.
h) Henry Labbé, L'assistance et l'éducation des tuberculeux de la guerre
dans les stations sanitaires du ministère de l'intérieur.
i) Albert-W eil, Adénopathies trachéo-bronchiques et projectiles de guerre.
Die Arbeiten schildern die Verhältnisse der Tuberkulosebekämpfung
im französischen Heere, die gemessen an den deutschen durchaus rückständig
sind (vgl. die Arbeit von E. Meissen, Zschr. f. Tub. Bd. 26 H.2 S.81 u. fg.)
A. Gosslau, Über die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft mit
Sterilisation bei Tuberkulose der Lungen. Dissert. Jena 1916.
8. G.Ideler, Symptomatologie der tuberkulösen Meningitis. Dissert. Kiel 1916.
09. E. Kolle, Beitrag zur Kenntnis der Meningitis bei Tuberkulose und die
Bedeutung der Mischinfektion dabei, Dissert. Kiel 1916.
60. Jauaki Nikoloff, Die Röntgentherapie der tuberkulösen Lymphdrüsen des
Halses und die Frage des Rezidivs. Dissert. Heidelberg 1916.
61. H. Sutherland, Pulmonary tuberculosis in general practice. London 1916.
Cassel’s Verlag.
62. G. Bantzımann, Über einen Fall von Augenbindehauttuberkulose nach einer
Verletzung durch Schlag mit dem Schwanz einer Kuh. Dissert. Giessen 1916.
63. T. Jakobs, Untersuchungen über 16 Fälle vaginaler Totalexstirpation des
sraviden Uterus ohne Adnexe wegen Lungentuberkulose. Diss. Berlin 1916.
III. Bücher und Zeitschriften.
fpi
.
VBtto Loose, Die Grundlagen der Heilungsvorgänge im menschlichen
Körper. Entstehung und Bedeutung der sogenannten weissen Bint-
zellen. Leipzig 1916. Verlag Georg Thieme. Preis 20 M.
Es ist schwierig, zu dem vorliegenden Werk, dessen Verfasser, wie Prof.
Peter Bergell in einem Vorwort wmitte.lt, noch vor der Drucklegung verstorben
ist, kritisch Stellung zu nehmen. In umfangreichen eigenen Untersuchungen hat.
Loose sich mit dem Ursprung, der Tätigkeit und dem Verbleib der Leukozyten
und Lymphozyten beschäfiigt. Wie er selbst betont, weichen seine Resultate
von den allgemein als gültig angeuommenen gewaltig ab. So steht z. B. nach
seiner Ansicht fest, dass rote Blutkörperchen zu Eiterkörperchen umgewandelt
werden, dass rote Blutkörperchen zum Aufbau von bestimmten Zellen in Krank-
heitsprozessen verwendet werden! Diese an einem sehr einseitigen Material
gewonnenen Ergebnisse — benutzt wurden fast lediglich Zellen, die der Harn-
röhre entstammten — werden durch eine grosse Zuhl prachtvoll r-produzierter
farbiger Tafeln zu erhärten gesucht; aber dıe Beweise für die umstürzlerischen
Behauptungen können trotzdem nicht als erbracht angesehen werden.
Rosenow.
24 Kongress- und Vereinsberichte.
2. Archiv für Frauenkunde und Engenik. Bd. II. Heft 3. 1916. C. Ka-
bitzech' Verlag.
Wenn auch in dem Hefte keine Arbeiten enthalten sind, die direkte Be-
ziehuggen zur Tuberkuloselehre haben, so finden sich so viele indirekte Berüh-
rungspunkte, dass wir auf das Heft hinweisen müssen. Es kommen sozial-
bygienische Fragen und Erziehungrprobleme zur Behandlung, deren Studium sich
auch für den Tuberkulosearzt lohnt: Schacht, Die geringere körperliche und
geistige Leistungsfähigkeit des Weibes; Bergemann, Sozialpädagogik; Adler.
Die Frau als Erzieherin; Reich, Gebrechlichkeit und Zivilisation.
Schröder.
3. Das rote Kreuz. Zeniralorgan für deutsche Wohlfahrts- und Wohltäligkeits-
bestrebungen. XXXIV. Jahrg. Nr. 23. (Festausgabe zum 50 jährigen Be-
stehen des Vaterländischen Frauen-Vereins.)
Der Vaterländische Frauen-Verein vermag in diesem Jahre auf eine 50 jährige
segensreiche Tätigkeit zurückzublicken. Von der damaligen Königin Augusta ins
Leben gerufen, war er zunächst dazu bestimmt, die Leiden des Krieges lindern
zu helfen. : Die Erfahrungen von 1850/71 haben dazu geführt, dass in rastloser
Friedensarbeit am Ausbau des Vereins weitergearbeitet werden konnte, so dass
im jetzigen Kriege eine ausserordentlich erfolgreiche Tätigkeit zur Pflege und
Fürsorge für Verwundete und Kranke einsetzen konnte.
Aber nuch segensreicher Friedensarbeiıt auf sozialem Gebiet gab sich der
Verein während seines langen Bestehens hin. Die ganze freiwillige Wohlfahrts-
pflege, die sich heute auf den mannigfachsten Gebieten betätigt, ist seine Arbeit.
Mit den Berufsgenossenschaften, Landesversicherungsanstalten und Krankenkassen
arbeitet der Verein Hand iu Hand.
So konnte es nicht ausbleiben, dass der Vaterländische Frauen-Verein auch
den Kampf gegen die Tuberkulose freudig aufnahm. Zwei grosse Lungenheil-
stätten, die Frauenheilstätte Vogelsang bei Magdeburg und die Heilstätte für
Männer und Frauen in Oberkaufungen bei Cassel sowie die Lupusheilanstalt des
Vaterländischen Frauen-Vereins Graudenz zeugen von der tatkräfıigen Mitarbeit
des Vereins. Kinderheilanstalten, Seehospize und vor allem die zahlreichen
Walderholungsstätten sind das Werk der Frauen-Vereine.
Die wichtigste Aufgabe in der Tuberkulusebekämpfung ist das Herausfinden
der Erkrankten, ihre Beratung, das Aufsuchen der Familie, kurz die ganze Für-
sorge für den Kranken und seine Angehörigen. Auf diesem Gebiete hat sich
hauptsächlich der Vaterländische Frauen-Verein verdient gemacht, indem er einen
grossen Teil der bestehenden Auskunfts- und Fürsorgestellen für Lungenkranke
eingerichtet hat. Noch manches bleibt ihm hier zu tun übrig. Er wird sich mit
Eifer seiner Aufgabe weiterhin annehmen, vor allem, wenn nach dem Feldzuge
die entlassenen tuberkulösen Solduten weitere Kreise gefährden. Das Zurück-
gehen der Tuberkulose wird auch seiner Tätigkeit zu verdanken sein.
Hans Müller.
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
V. Österreichischer Tuberkulosentag.
(Ref. Dr. H. Gstrein, Wien.)
Am 17. Dezember 1916 wurde im Hause der k. k. Gesellschaft der Ärzte
in Wien der V. österreichische Tuberkulosentag abgehalten. Den Vorsitz in der
Versammlung führte der Präsident des österreichischen Zentralkomitees zur Be-
Kongress- und Vereinsberichte. 29
kämpfung der Tuberkulose Graf Dr. Larisch-Mönich. Er eröftnete die Sitzung
mit einer Trauerrede für Kaiser Franz Josef, der als Schirmherr der Wissenschaft
sich auch den Dank jener erworben hat, die gegen die Tuberkulose kämpfen.
Hierauf erfolgte durch den Vorsitzenden die spezielle Begrüssung der Veıitreter
der einzelnen Ministerien, der Statthalter und Landesausschüsse. Ferner gedenkt
er der sich um die Tuberkulosenbekämpfung verdient gemachten Männer, die seit
der letzten Tuberkulosentagung dahingegangen: Hofrat Lang, Professor Theo-
dor Pfeiffer, Dr. Heinrich Jungmann, Dr. Josef Winkler, Dr. Her-
mann Putz. Die Anwesenden erheben sich zum Zeichen der Trauer. Bevor
der Vorsitzende den Rechenschaftsbericht vorbringt, ruft er ein Hoch auf das
Herrscherpaar aus, das in der Versammlung lebhaften Widerhall fand. Man
sandte Huldigungsdepeschen an die Kabinett-kanzlei des Kaisers, an die Erzher-
zogin Isabella und an den Erzherzog Karl Stephan.
Hierauf verliest der Vorsitzende den Rechenschaftsbericht, aus dem man
ersehen konnte, welch ein grosses Friedenswerk mitten im Kriege geschaffen
wurde. Es werden alle neu errichteten oder im Bau befindlichen Heilstätten
aufgezählt und was von jeder einzelnen geleistet wird.
Sodann übernimmt v. Jaksch (Prag) das Wort in der Frage: Krieg und
Tuberkulose. Er weist nach, dass seit dem Vorjahr die T'uberkulosestei blich-
keit enorm zugenommen habe. Aus den Statistiken seiner Klinik ist ersichtlich,
dass die Sterbeziffer, die bis zum Jahre 1912 nur 60 jährlich betragen hat, in
dirgsem Jahre während der ersten 9 Monate auf 120 angestiegen ist. Des weiteren
findet man in den Statistiken von 1879—1911, dass 6 Millionen in dieser Zeit an
Infektionskrankheiten starben. Von diesen 6 Millionen entfielen 3.3 Millionen
allein auf Tuberkulose. Das sind Zahlen, die noch aus dem Frieden stammen.
Diese sind während des Krieges und zwar auch bei der Zivilbevölkerung, nament-
lich aber im zweiten Kriegsjahr, gewaltig gestiegen. Beweis dafür sind folgende
Zahlen. In den Prager Reservespitälern werden monatlich Berichte über Zahl
und Ursache aller Todesfälle ausgewiesen. Aus diesen kann man ersehen, dass
die Tuberkulosesterblichkeit von durchschnittlich 19 %o im letzten Vierteljahr auf
31 °/o gestiegen ist. Wenn Hedner auf Grund und Ursache dieser traurigen Tat-
sache eingeht, dann glaubt er am meisten den Umstand dafür verantwortlich zu
machen, dass zu junge und muskelschwache Individuen assentiert werden. Und
noch eine zweite Erklärung wäre möglich. Viele Soldaten und Offiziere sind zu
Beginn des Krieges mit einer relativ leichten Affektion eingerückt: Diese haben
vielleicht im eısten Krieg-jabre die Strapazen eben noch aurhalten können, jetzt
aber, nach zweijähriger Dienstzeit, sind sie am Ende ihrer Widerstandskraft an-
gelangt. Redner wendet sich hierauf der Tuberkulosebekämpfung zu und glaubt
nur dann für einen Erfolg garantieren zu können, wenn man gleich beim Säug-
liog mit der Tuberkulosebekämpfung beginnt. Deshalb stellt er den Antrag, dass
nach beendigtem Kriege alle Soldaten einer genauen Untersuchung unterzogen
und alle jene zurückbehalten werden sollten, die eine offene Tbe. hätten. Nur
80 könne die jüngere Generation vor einer noch stärkeren Ausbreitung bewahrt
werden. Natürlich müsste man für die mit einer offenen Tbc. behafteten Sol-
daten genügend Vorsorge treffen. Redner ist der Ansicht, dass die nach dem
Kriege frei werdenden Interniertenlager, die zum Teile äusserst günstig gelegen
sind, zur Unterbringung dieser Zurückbehaltenen verwendet werden könnten.
Daselbst wären nun diese so lange zu behalten, bis die Kranken bazillenfrei
werden.
Für die starke Zunahme der Tuberkulose bei der Zivilbevölkerung führt er
zwei Gründe an: 1. den grossen Mangel an Zivilärzten und die Überbürdung der
wenigen nicht eingerückten und 2, die Knappheit an Lebensmitteln.
Als nächster Referent ergreift Hermann Schlesinger (Wien) das Wort.
Das Thema lautet: Der klinische Verlauf der Tuberkulose bei Sol-
daten. Durch den Krieg werden nach seinen Erfahrungen nur ausnahmsweise
3% Kongress- und Vereinsberichte.
bei früher lunzengesunden Soldaten frische Tuberkuloseinfektionen hervorgerufen.
Auch Brusttraumen, wie Brustschüsse, stumpfe Gewalteinwirkung etc., geben für
das Zustandekommen der Tuberkulose kein ätiologisches Moment ab. Hingegen
werden alte Herde, die bereits abgekapselt oder in Ausheilung begriffen sind,
durch den Krieg und die im Gefolge befindlichen mannigfachen auslösenden
Faktoren leicht reaktiviert.e. Was den klinischen Verlauf anbelangt, so unter-
scheidet sich die Kriegstuberknlose nur unwesentlich von der im Frieden. Das
srosse Material, das zur Verfügung steht, mag es vielleicht mit sich bringen,
dass einige Besonderheiten im Verlauf häufiger beobachtet werden als im Frieden.
So sah Redner sehr häufig Remissionen. Terminale Hämoptoe wurde von ihm
zweimal beobachtet. Auch die Drüsentuberkulose spielt eine etwas grössere Rolle.
Ebenso wird Gelenkstuberkulose häufig gesehen. Relativ häufige Komplikationen
sind Magen-Darmerscheinungen, die durch die Achylie, welche so oft bei den vom
Felde zurückkehrenden Soldaten gefunden wird, begünstigt werden. Recht oft findet
man in der Anamnese initiale Hämoptoe. Ferner tritt des öfteren gepaart mit der
Tuberkulose eine hochgradige Nervosität auf. Viermal konnte Redner bei lungen-
kranken Bosniaken Psychosen sehen, derentwegen diese der Psychiatrie üherwiesen
werden mussten. Was schliesslich die Prognose anbelangt, so unterscheidet sie
sich nicht von der Friedenstuberkulose. Auch hier sind die Miliartuberkulose,
die rasch progredienten Fälle und die akut einsetzenden Unterlappenprozesse
prognostisch ungünstig. Redner hat seine Erfahrungen über den klini-chen Ver-
lauf in der von ihm erbauten Kriegerheilstätte für lungenkranke Soldaten in
Pernitz in N.-Ö., wo bereits 120 Soldaten eine spezifische Behandlung durch-
gemacht haben, gesammelt.
Als nächster Referent ergreift Josef Sorgo (Heilanstalt Alland) das Wort.
Nach seiner Menung trägt die mangelhafte Untersuchung bei der Assentierung
die Schuld, dass die Tuberkulose unter den Kriegsteilnehmern so stark verbieitet
ist. Wenn aber bei Soldaten, bei denen bei der Assentierung trotz der sorg-
fältigsten Untersuchung keine Lungenaffektion nachgewiesen werden konnte,
dennoch eine solche im Verlaufe dea Krieges manifest wird, go bestehen zu deren
Erklärung nur zwei Möglichkeiten: 1. kann die Lungenaffektion durch eine frische
exogene Infektion hervorgerufen worden sein, 2. können Tuberkelbazillen, die bereits
fıüher in der gesunden Lunge vorhanden waren, ohne irgendwt Iche Erscheinungen
bervorzurufen, durch die Einwirkung der Kriegsschädlichkeiten unterstützt, ihre
deletäre Wirkuug entfallen. Dass dem so ist, beweist der Umstand, dass bei
95°/% der darauf untersuchten Soldaten die Tuberkulinreaktion positiv ausfiel.
Bei der Abgabe von militärärztlichen Gutachten soll vor aliem auf drei Punkte
Rücksicht g-nommen werden: 1. auf die Anamnese, ob bereits früher ein aktiver
Prozess vorhanden war, wenn auch gegenwärtig kein solcher nachgewiesen werden
kann, 2, auf den Kräfltezustand und 3. auf die Beobachtung während des Dienstes.
Soldaten, bei denen einmal ein aktiver Prozess konstatiert wurde. sollten nach
Möglichkeit vom Frontdienst bewahrt bleiben; denn abgekapselte Herde haben
grosse Tendenz zu rezidivieren. Redner stellt den Antrag, bei denjenigen, die
eine Anstaltsbehandlung durchgemacht haben, vor ihrer militärischen Wiederver-
wendung eine Prüfung ihrer Leistungsfähigkeit durchzuführen, z. B. derart, dass
die betreffenden Patienten Märsche von bestimmter Länge machen und nachher
kontrolliert wird, wie diese Leistungen vertragen werden. Zum Schlusse will er
noch die Aufmerksamkeit auf eine von ihm gemachte Beobachtung lenken. Es
trat nämlich bei 7 vorher subjektiv vollk'mmen Lungengesunden zirka 1';2 Monate
nach abgelaufenem Typhus eine aktive Tuberkulose mıt Hämoptoe auf.
Otto Porges (Wien) spricht über die Begutachtung der Tuber-
kulösen für milıtärische Zwecke. Während im Frieden die Feststellung
eines tuberkulösen Prozesses gleichbedeutend war mit der Freilassung des Sol-
daten vom Militär, besteht diese Möglichkeit jetzt in Kriegszeiten nicht, da ein
solcher Patient, wenn auch nicht zum Frontdienst, so doch zu vielerlei militäri-
Kongress- und Vereinsberichte. 27
schen Diensten verwendet werden kann. Es handelt sich nur darum festzustellev,
welche Arten von Dienstverwendung für Tuberkulöse ohne etwaige Nachteile für
diese in Betracht kommen. Selbstverständlich sind nur solche Patienten gemeint,
die keine offene Tuberkulose baben. Redner hat sich um den weiteren Gesund-
heitszustand aller jener Patienten gekümmert, die von ihm als geheilt entlassen
wurden, und fast alle von ihnen sind nach kurzem Frontdienst wieder krank
zurückgekehrt und zwar in viel stärkerem Grade als das erste Mal. Nur ein
einziger von ihnen hat den Frontdienst bıs 5 Monate wieder vertrazen. Daraus
ist mit Deutlichkeit zu ersehen, dass Soldaten, bei denen einmal Tuberkulose
konstatiert wurde, nicht mehr zur Frontdienstleistung verwendet werden sollten.
Denn die Dienstleistung solcher Kranker steht in keinem Verhältnis zur Grösse
der Nachteile, die eine Frontdienstrerwendung im Gefolge hat. Diese Nachteile
bestehen in einer Gefahr für die Person des Kranken selbst, dann für seine Um-
gebung als Infektionsquelle und nicht zum geringsten in der Last, die er dem
Staate auferlegt, der sich um seine Wiederherstellung zu bemühen hat. Wenn
aber diese Leute zu Bewachungsdiensten oder zu Professionsarbeiten, an denen
beim Militär genügeud Bedarf besteht, verwendet werden, daun leisten sie erstens
dem Staate wirklich Dienste und sind zweitens bedeutend weniger für die All-
gemeınheit gefahrvoll, zumal duch deren Gesundheit<zustand le’cht kontrolliert
werden kann. — Redner stellt den Antrag, dass alle jene Soldaten, bei denen
einmal ein tuberkulöser Herd festgestellt wurde und die wieder zur Front ein-
rückend gemacht werden, mit einer Marke oder mit einem Zeichen kenntlich zu
machen sind, damit der Arzt im Felde sie stets im Auge behält.
Alfred Goetzl spricht über die Verbreitung der Tuberkulose in
Bosnien und der Herzegowina. Gerade der jetzige Zeitpunkt wäre für den
Au-bau jener Massnahmen, die auf die Tuberkulosebekämpfung hinzielen, sehr
geeignet. Es wäre in Erwägung zu ziehen, ob nicht ein Teil der Kriegsfürsorge-
massnahmen nutzbringender für die Tuberkulosebekämpfung verwendet werden
könnte. Nicht nur unter der Zivilbevölkerung, sondern auch unter der aus Bosnien
stammenden Mannschaft ist die Tuberkulose sehr stark verbreitet. Doch scheint
nicht der Krieg diese bei den Bosniaken verursacht zu haben. Der Verlauf der
Tuberkulose bei den Bosniaken ist ein relativ günstiger. Redner betont aber,
dass bei der Bevölkerung in Bosnien sehr viele Lungenkrankheit-n nicht spe-
zifischer Natur verbreitet sind, namentlich das jugendliche Eınphysem. Sicher-
lich segelt ein grosser Teil dieser nicht tuberkulösen Lungenkrankheiten unter
der Diagnose Tuberkulose.
Hierauf kommt es über die bisher gehaltenen Vorträge zur Disk ussion, in der
als erster Kobler (Wien) das Wort ergreift. Er kommt zuerst auf die von H.
Schlesinger gemachte Beobachtung über den Zusammenhang von Tuberkulose und
Psychose bei Bosniaken zu sprechen und meint, dass es sich um schwere Formen von
Neurasthenie, namentlich aber um Melancholie handeln dürfte, was wenig zu verwuadern
braucht, weun man bedenkt, dass diese Leute fern von ihrer Heimat, in einem voll-
kommen fremden Milieu, unter ganz veränderten Lebensbedingungen ungewohnte Dienste
leisten. Sodann nimmt Redner zu den von Sorgo und Porges vorzebrachten An-
trägen betreflend die militärärztliche Begutacbtung Stellung und will diese dahin ergänzen,
dass die militärärztliche Begutachtung nicht nur da in Kraft zu tieten hat, wo es sich darum
handelt, geheilte Anstaltsptleglinge ins Feld zu senden, sondern auch bei den Front-
dienstuntauglichen. Und hier handelt es sich hauptsächlich um die Rentenabgabe. Man
glaubt gar nicht, welch grosse Rolle bei der Rentenabgabe die Tuberkulose spielt.
Nicht weniger als 85°/o aller intern Untauglichen kranken an Tuberkulose. Wenn
gleich bei der Konstatierung eingegriffen würde und die geeigneten einer Anstalts-
behandlung zugeführt würden, dann müsste diese grosse Ziffer um ein bemerkenswertes
sinken. — Goetzl’s Behauptung, dass ein grosser Teil der unter der Diagnose Tuber-
kulose geführten Bosniaken nichts anderes als jugendliches Emphysem ist, kann Reduer
nur unterstreichen. Wie gross aber die Disposition der Bosnier für Tuberkulose ist,
geht daraus hervor, dass alle jene, die früher gesund auswandern, namentlich nach
Amerika, fast ausschliesslich an Tuberkulose erkrauken und, nach Hause zurückgekehrt,
den Keim in vorber ganz verschont gebliebenen Gebieten verbreiten.
IR Kongress- und Vereinsberichte.
Als nächster beteiligt sich an der Diskussion Generalstabsarzt Frauz. Er
gibt zu, dass früher tuberkulöse Kranke bei Assentierungen als diensttauglich bezeichnet
wurden. Im Mai dieses Jahres wurden vom Kriegsministeriam detaillierte Bestimmungen
gegen diese Ubelstände getroffen. Nach diesen Bestimmungen werden Jugendliche
nach Tunlichkeit berücksichtigt. Gewiegte Internisten sollen bei der Präsentierung zugegen
sein, Kranke mit manifester Tuberkulose werden zurückgestellt. Tuberkuloseverdächtige
sollen zur genaueren Untersuchung an Lungenheilstäiten abgegeben werden. Bei jenen,
die nur in der Anamnese, nicht aber bei der objektiven Untersuchung eine tuberkulöse
Affekıion bieten, wird natürlich wie bei sonst gesunden vorgegangen. Bezugnehmend auf
v. Jaksch’s Antrag bezüglich muskelschwacher Iudividuen, glaubt Redner nicht, dass
diesem Antrag entsprochen werden kann. Und zwar aus dem Grunde, weil eine ge-
wöhnliche Hungerkur viele vom Militärdienste befreien würde. Was die Sterblichkeit
in den MilitArspitälern anbelangt, so ist in letzter Zeit sicher eine Besserung eingetreten.
Nach den Statistiken in den Militärspitälern betrug im Mai 1916 die Tuberkulose-
sterblichkeit 6°/o, während sie in den Berichten vom 3. Oktober nur 2'/2°/o beträgt.
In den Heilstätten sollten für Tuberkulose geschulte Arzte verwendet werden. Aber
an solchen Arzten ist nicht nur beim Militär, sondern auch im Zivil ein grosser Mangel.
Deshalb stellt Redner den Antrag, es sollten Kurse von 2—3 Monaten Dauer abgehalten
werden, die genügen würden, um Ärzte hinreichend spezialistisch auszubilden,
Hamburger (Wien) hält die Vorstellung über die Häufigkeit der Bazillenhuster
und der schweren progressiven Fälle im Felde für stark übertrieben. Er gibt zu, dass
sein Optimismus in dieser Hinsicht vielleicht dadurch zu erklären sei, dass er nur
während des Sommers Gelegenheit hatte, den Gesundheitszustand der Mannschaft, uuter
der keine Arbeiterabteilung war, zu beobachten. Auch Redner stimmt dem Vorschlag
von Sorgo zu, dass die Lungenkranken nach beendigter Heilstättenbehandlung Funk-
tionsprüfungen unterzogen werden sollten und je nach dem Resultat einer solcheu
Prüfung bestimmte, ihreın Gesundheitszustand entsprechende Dienstleistungen zugewiesen
erhalten sollten. Ferner befürwortet Redner auch den Antrag auf Ausbildung von
Spezialärzten.
Nowak (Wien) beleuchtet die chirurgische Seite der Tuberkulosebehandlung.
Viele Tuberkuloseerkrankungen finden nur beim Chirurgen Heilung. Hierzu gehören
die tbk. Lymphome und die Gelenkstuberkulose. Charakteristisch für letztere ist die
Multiplizität der Gelenksaffektionen. Die Prognose ist schlecht bei sehr rascher Pro-
gression im Gegensatz zur Lymphdrüsentuberkulose, wo man die rasche Progression
nur selten findet. Die Prognose der rasch progredienten multiplen tuberkulösen Gelenks-
affektion wird aber bedeutend günstiger, wenn die chirurgische Behandlung möglichst
bald einsetzt,
Steyrer (Innsbruck): Die Diagnosenstellung bei beginnender Tuberkulose maclıt
oft grosse Schwierigkeiten. Es wäre deshalb angezeigt, zweifelhafte Fülle an Beobachtungs-
stationen abzugeben, die mit allen zur genauen Diagnosenstellung erforderlichen Hilfs-
mitteln ausgerüstet sein sollten. Namentlich eine vollkommene Röntgeneinrichtung.
Die Beobachtungsdauer sollte eine Woche betragen. Oft bewirke die Röntgenuntersuchung
Irrtümer im negativen oder positiven Sinne und könne schliesslich auch in unlauterer
Weise missbraucht werden, was Redner schon des öfteren zu sehen Gelegenheit hatte.
Deshalb sei die Röntgenuntersuchung nur einem sehr geübten und auch zuverlässigen
Fachmann anzuveıtrauen.
Telek y (Wien) kann dem Antrage v. Jaksch bezüglich der Zurückbehaltung
offener Tuberkulöser nicht zustimmen. Denn erstens würden es diese Leute sehr schmerz-
lich empfinden, wenn sie bei Friedensschluss noch weiter auf längere Zeit von ihren An-
gehörigen getrennt bleiben sollten und zweitens würden sie sowieso über kurz oder lang,
wenn sie nach 3—4 Monaten Heilstättenbehandlung keine Bazillen mehr aushusten, in
die alten unhygienischen Verhältnisse wieder zurückgekehrt, rezidiv und würden aufs
neue ibre Umgebung mit ihrer offenen Tuberkulose gefährden. Deshalb empfiehlt
Redner alle jene, bei denen nach Friedensschluss eine genaue Untersuchung eine oflene
Tuberkulose ergeben sollte, wohl nach Hause zu lassen, aber daselbst einer Tuberkulnse-
fürsorgestelle zu überweisen. Redner wendet sich sodann gegen das Unrecht, dass alle
Mılitärärzte angewiesen werden, die Erwerbsfühigkeit tuberkulöser Kranker in Prozenten
abzuschätzen. Der allergrösste Teil der Arzte hatte in Friedenszeit nie Gelegenheit, etwas
Ähnliches zu tun, hat auch gar keinen Überblick über die Arbeitsmöglichkeiten und Arbeits-
bedingungen eines durch Tuberkulose geschädigten Kriegsteilnehmers, Deshalb schlägt
Redner vor, zum Zwecke einer gleichmässigen und gerechten Begutachtung eine Zentral-
stelle zur Ahgabe ärztlicher Gutachten über die Erwerbsfähigkeit der durch Tuberkulose
Kongress- und Vereinsberichte. 29
geschädigten Kriegsteilnehmer zu errichten; die Ärzte dieser Zentralstelle müssten
natürlich in dieser Hinsicht geschult und routiniert sein,
Bloch (Czaslau) macht auf die in seiner Beobachtungsstation häufig benbachteten
Lymphdrüsenentzündungen aufmerksam, die er ätiologisch auf schlechte UÜbikations-
verhältnisse zurückführen möchte, Soldaten mit Lymphdrüsenentzündung können assen-
tiert und zu geeigneten Diensten verwendet werden, nur sollte man sie in geeigneten,
lichten, luftigen Zimmern unterbrivugen.
Hiermit wird für vormittag die Sitzung geschlossen und für */s3 Uhr nach-
mittags wieder anberaumt.
Das nächste Hauptthema der Beratung war die Errichtung und Er-
weiterung von Lungenheilstätten. Das Hauptreferat hatte Mayer
(Brünn), der zunächst auf die Dringlichkeit der Heilstätten hinwies und auf die
Notwendigkeit auch unter den derzeitigen schwierigen Verhältnissen zu einer Ver-
mehrung der Bettenzahl in den Heilstätten zu schreiten. Ein grosses Gewicht
bei jeder neu zu erbauenden Heilanstalt sei auf eine Tageserholungsstätte zu legen.
Was die Erhaltunzskosten anbelangt, so ist das ein Punkt, der jetzt während der
Kriegszeit weniger in Rechnung zu ziehen sei als im kommenden Frieden. Denn
gegenwärtig ist der grösste Teil durch den Militärbelag gedeckt. Im Frieden
aber muss er so weit kommen, dass die Tuberkulosefürsorge keine blosse bumanitäre
Einrichtung, sondern eine geschäftliche sein sollte. Zur Bestreitung der Erhaltungs-
kosten einer Lungenheilstätte würde es ein grosses Stück beitragen, wenn jede
Anstalt ihre eigene Wirtschaft (Gemüsegarten, Geflügelhof, eigenes Vieh und
Molkerei etc.) haben würde.
Hierauf folgte die Erörterung der bautechnischen Seite. Berger (Wien)
demonstriert an Lichtbildern der Lungenheilstätte Alland die einzelnen Faktoren,
auf die bei der Eıbauung einer Lunzenheilstätte unbedingt Rücksicht genommen
werden muss. Zu d’eseu Faktoren g-hören u. a. Windschutz, Höhenlage, günstige
Unterbringung der H.izanlagen, Ausnützung der Sonnenseite, Staubfreibeit etc.
Zum Schlusse erklärt Redner noch den Plan eines kleineren Objektes, einer neu
zu gıündenden Heilanstalt in Vorarlberg.
Der nächste Referent Kellner (Brünn) beschäftigt sich mitden Schwierig-
keiten, die sich beim Bau einer Heilstätte entgegen«stellen. Die
Schwierigkeiten bestehen gegenwärtig vor allem in der Beschaffung des Bau-
materials, dann im Mangel an Arbeitskrälten und nicht zuletzt in der kolossalen
Preissteigerung. Ferner nehmen die Bauschwierigkeiten um so mehr zu, je weiter
die zu erbauende Anstalt von der Stadt entfernt ist. Diese, eb’n aufgezählten
Schwierigkeiten biingen es mit sich, dass oft minderwertige Ware verwendet
wird. Deshalb ist es sehr ratsam, die Erbauung aller jener Institute, deren Er-
richtung keine momentane Notwendigkeit ist, für spätere Zeiten zu verschichben.
Die Errichtung von Lungenheilstätten gehört aber zu den aktuellsten Instituten.
Nach einer Sıatistik von Hofrat Pfeiffer müssen für das österreichische Heer
allein 15000 Tuberkulosebetten reserviert werden. Anschliessend daran bespricht
Redner in eingohender Weise alle Bedingungen, die unbedingt bei der Erbauung
von Lungenbeilstätten genauest zu erwägen sind.
Franz (Wien): Zur aussichtsreichen Bekämpfung sind zwei Massnahmen
besonders berücksichtizenswert. Erstens die Ermittlung der Infektionsquelle.
Jeder Fall von offener Tuberkulose muss isoliert werden. Um das zu erreichen,
muss unbedingt eine obligatorische gesetzliche Anzeigepflicht gefordert werden,
natürlich nur dort, wo es sich um aktive Prozesse handelt. Die Gegner dieser
Ansicht wenden ein, dass durch eine solche Mässregel die Kranken stigmatisiert
werden und sie hierdurch veranlasst würden, ibre Krankheit geheim zu halten.
Der Arzt aber ist in Wirklichkeit verpflichtet, den Patienten, wie auch Beine
Umgebung auf die Grösse der Gefahren, die durch die Nichtbeachtung aller Vor-
sichtsmassregeln erwachsen, aufmeı ksam zu machen und sollte ohne Sonderinteressen
jeden geeigneten Fall zur Anzeige bringen. In vielen Ländern besteht bereits
30 Kongress- und Vereinsberichte.
die Anzeigepflicht und die grossen Vorteile, die daraus erwachsen, stehen in
keinem Verhältnis zu den geringen Nachteilen derselben. Die zweite Massnahme
besteht in der Erziehung der Bevölkerung in der Hygiene. Diese lässt gegen-
wärtig sehr viel zu wünschen übiig. Man sollte bereits in den Volksschulen mit
hygienischem Unterricht beginnen und zwar derart, dass in den Lesebüchern
kleine darauf bezughabende Lesestücke eingeschaltet werden. In den Bürzer-
und Mittelschulen sollte Hygiene als oblixater Gegenstand eingeschaltet werden,
Ebenso wäre es sehr wichtig, in den Lehrerseminaren grosses Gewicht auf den
Unterricht in der Hygiene zu legen. Auch die Kinos sollten zu diesem Zwecke
herangezogen werden. Auch vor der Mannschaft sollten Vorträge über Hygiene
gehalten werden. Und schlie:slich alle Drucksorten, die weite Verbreitung
haben, wie Zeitungen, Kalender, Merkblätter etc. in dieser Hinsicht ausgenützt
werden.
Das nächste Referat über die Bedeutung der Frühdiagnose er-
stattet R. v. Bleiweiss (Laibach). Die grösste Wahrscheinlichkeit auf voll-
kommene Ausheilung hat die Tuberkulose natürlich nur dann, wenn die Diagnose
möglichst in den Anfangsstadıen der Erkrankung gestelit wird. Diese Anfangs-
stadien verlaufen unter verschiedenen Krankbheitsbildern (Neurasthenie, Anämien
ete.), so dass die Differentialdiagnose oft recht schwierig ist, haben wir doch oft
bei initialer Hämoptve nicht die geiingsten physikalischen Veränderungen. Des-
balb ist es notwendig, alle möglichen Hilfsmittel zur Verfeinerung der Diagnose
heranzuziehen: Eiweissnachweis im Sputum, Bazillennachweis, genaue Temperatur-
messungen, Röntgenuntersuchung, Tuberkulinreaktion etc. Redner stellt den
Antrag, bei allen grö-seren Spitälern Tuberkulosestationen einzurichten, wohin alle
verdächtigen Kranken vom praktischen Arzte geschickt werden könnten. Diese
Stationen müssten natürlich die entsprechende Einrichtung wie auch einen ge-
schulten Arzt baben. Der hier untergebrachte Kranke müsste mehrere Tage genau
beobachtet werden, denn eine ambulatoıische Entscheidung würde nur zu Irrıümern
führen. Die Kosten einer solchen Station kämen nicht allzuhoch, da die Haupt-
auslage in der Besuldung des Stationspersonals bestünde. Selbstverständlich
müsste, wo es nottut, die Station auch die Behandlung übernebmen. Diese muss
individuell sein. Wo es notwendig ist, muss dem Patienten Berufswechsel an-
geraten werden, andere geeixnete Fälle müssten in Heilanstalten untergebracht
werden, andere geeignete Fälle müssten einer ambulatorischen Tuberkuliukur
unterzogen werden usw. Dem grossen Mangel an geschulten Tuberkulose- Ärzten
könnte nur durch entsprechende Kurse an den Universitäten abgeholfen werden.
Ludwig Teleky (Wien) bespricht die Organisation des Kampfes
gegen die Tuberkulose und betont, dass die Bestrebungen sozialer Fürsorge
vor dem Kriege in Österreich nicht die entsprechende Unterstützung fanden.
Noch im Kriege wurde das bekannte Kupelwieser-Projekt seinem Zwecke entfremdet.
Jetzt hat man die Notwendigkeit intensiver Volksgesundbeitspflege als Giund-
bedingung für das weitere Gedeihen des Staates erkannt. Die Tuberkulose- Be-
kämpfung gliedert sich in die Behandlung und in die Verhütung. Wir brauchen
also Heilstütten und Fürsorgestellen, Heilstätten brauchen wir sofort zur Unter-
bringung erkrankter Soldaten. Da man sie aber in 2—3 Jahren erst erbauen
kann, sind Pıovisorien notwendig. Die Tuberkulossfürsorgestellen brauchen eine
zielbewusste Verwaltung, weil sie son»t zu Milch- und Speisemarkenanstalten
entarten. Der Staatsverwaltung obliegt die Beschaffung der Geldmittel, die Ver-
anstaltung der Tuberkulosevorlesungen für Ärzte, von Schulen für Fürsorge-
schwestern und die Organisation des Kampfes. Dagegen haben die freien Or-
ganisationen die praktische Durchführung der einzelnen Massnahmen zu übernehmen.
Ein eigenes Kuratorium hätte die Verwaltung der gesammelten Gelder zu führen
und dıe Richtlinien der Bekämpfung auszu ırbeiten. Die Ausführung wäre einer
in jedem Kronlande zu errichtenden Zuhlstelle und den bisherigen Fürsorgeorgani-
sationen zu übertragen. Die ganze Aktion muss dem Sanitätsdepartement unter-
Kongress- und Vereinsberichte. 31
stehen, dem wegen des engen Zusammenhanges mit der Volksgesundheitsplegy
die gesamte soziale Fürsorge unterstehen sollte.
Anschliessend daran entspinnt sich eine Diskussion, an der Wenkebach
(Wien) teilnimmt, Er bestätigt die von Mayer und Kellner aufgeführten Erfahrungen
und fordert möglichst weitgehende Einschränkung. Er selbst habe erfahren müssen,
was es heisst, unter den gegenwärtigen Verhältnissen zu bauen. Der Kostenvoranschlag
einer kleinen Tuberkulosestation für 32 Betten, die er seiner Klinik angliedern will,
beziffert sich auf 400000 K, dabei benötige er keine besondere Einrichtung, da er ja
alles an der Klinik besitze. Deshalb sei es das Vernünftigste, denn Holz ist dach ge-
nügend vorhanden, Baracken zu bauen, wobei man sicher ähnlich gute Erfahrungen
machen werde wie in Amerika. Es würden dadurch viele Millionen erspart bleiben
und Tausende von Patienten früher zur Behandlung kommen,
Mayer (Brünn) spricht für Kokal (Brünn) und hebt nur zwei Punkte hervor,
die er in allen bisherigen Vorträgen vermisste, dass nämlich bei einer energischen
Tuberkulosebekämpfung auf zwei Punkte staıkes Gewicht gelegt werden muss und das
ist erstens eine gehörige Anzahl von Schulärzten und zweitens eine obligatorische
Wohnungsfürsorge.
R. v. Kutschera (Innsbruck): Die Tuberkulose ist eine Infektionskrank-
heit und kann wie jede andere in Epidemien auftreten. Wir haben allerdings
fast nie Gelegenheit, eine solche Epidemie mitzumachen, aber aus einer Tabelle,
die Redner demonstrieıt, kann man ersehen, wie in einem Grazer Gefängnis die
Tuberkulose als Epidemie aufflammte und durch blosse Verdoppelung der Fett-
ration und Verbesserung der Kost nach kurzer Zeit wieder abflaute. Redner
macht weiter auf den Parallelismus zwisch?n Tuberkuloserückgang und Geburten-
rückgang aufmerksam. Aus den zahlreichen Kurven über die Tuberkulosezahl in
den einzelnen Kronländern ist ersichtlich, dass die 'Tuberkulose seit dem Jahre
1890, in welchem Jahre überall ein auffallend starker Abfall einsetzte, allmählich
im Rückgang sei. Des weiteren kann man aus diesen Kurven ersehen, dass die
Tuberkulose am stärksten in der Bukowina (ca. 50°,o) abgenommen hat, während
sie in Tırol stark zugenommen hat, namentlich in den Lungenkurorten. Redner
ist deshalb unbedingt dalür, dass Tuberkalosekranke nur in geschlossenen Heil-
stätten untergebracht werden. Denn es wäre ein Un-inn, dass das gute Klima
allein Heilung bringen könne. Nur eine geregelte Heilstättenbehandlung mit allen
den wohlbegründeten Verordnungen kann allein dıe Heilung bedingen.
Teleky (Wien) vermisst im Vortrage von Kutschera in den demonstrierten Kurven
die Danebenstellung der übrigen Erkrankungen der Atmungsorgane, da viele Arzte sich
aus privaten Gründen scheuen, Tuberkulose als Krankheit respekt. Todesursache an-
zugeben, sondern als Diagnose irgend eine andere Erkrankung der Atmung-organe
nennen, Als Redner im Jahre 1904 die Tuberkulosestatistik in der Bukowina studierte,
fiel ihm auch die abnorm starke Abnahme der Tuberkulose auf. Die Untersuchungen,
die er deshalb anstellte, stellten fest, dass sich in der Buchführung und Registrierung
ein grober Febler eingeschlichen habe.
Auf der Tagesordnung stand ein Vortrag Wagner’s (Wien) über den
Bau der Tuberkuloseheilstätten. Da er verhindert war, seine Ausfüh-
rungen persönlich vorzubringen, übermittelte er der Tagung das Referat: Die
Foitschritte auf kulturellem, wissenschaftlichem und technischem Gebiete haben
wesentliche Änderungen im Spitalbau und dadurch solche in der Spitalbauordnung
hervorgerufen. Diese Neuerungen berühren das soziale, hygienische und ökono-
mische Gebiet hauptsächlich in folgenden Punkten: 1. Die Lage und innere Ein-
teilung eines Spitals ist der Krankheitsbehandlung anzupassen; 2. jedem Kranken
ist ein Einzelraum mit eixenem Waschtisch zuzuweisen ; 3. die Korridore
sind zu Tage- und Speiseräumen auszugestalten; 4. Anordnung von 4—5 Stock-
werken ist zulässig; 5. statt besonderer Liegehallen für Tuberkulöse sind ge-
nügend grosse Balkons anzabringen (um die Betten aufzunehmen); die Aussen-
erscheinung eines Spitals hat den Ausdruck des Frohen und Zuversichtlichen zu
erhalten.
32 Kongress- und Vereinsberichte.
Weleminsky (Prag) spricht über die spezifische Therapie der
Tuberkulose. Die enorme Ausbreitung der Tuberkulose macht eine Behand-
lung aller Kranken in Heilstätten unmöglich. Zum Teil spielt auch die Geld-
frage hier eine grosse Rolle. Deshalb muss eine Auswahl getroffen werden und
in erster Linie die Nichtarbeitsfähigen und die offenen Formen der Tuberkulose
wegen der grossen Infektionsgefahr berücksichtigt werden. Die anderen Kranken
sollen ambulant oder privat behandelt werden, um nach Tunlichkeit zu verhindern,
dass die Kranken für ihre Umgebung eine Infektionsquelle abgeben, oder dass
sie arbeitsunfähig werden, Für diese Art der Behandlung ist das beste Mittel
eine Tuberkulinkur, unterstützt durch eine entsprechende Ernährung. Die Erfolge,
die Redner damit sah, sind die beste Empfehlung für eine ausgedehnte Verbrei-
tung dieser Behandlungsart.
Eiselt (Prag) spricht über die Erfolge der Heilstätte in Plesch.
Er beschreibt eingehend den Bau und die Einrichtung des Sanatoriums, sowie
den Desinf-ktionsmodus. Was die Behandlung anbelangt, so ist diese entweder
eine byg'enisch-diätetische, oder eine Köntgenbehandlung, oder eine spezifische
(Tuberkulın). Häufig werden diese auch kombiniert. Für Tuberkulinbehandlung
verwendet er entweder Alt-Tuberkulin oder Bazillenemulsion. Mit den Tuberkulin-
kuren erzielte Redner gute Resultate. Er ist ein Anhänger der langsamen, ein-
schleichenden Methode. Er verwendet Tuberkulin auch in Einreibungen und intern
in Pılleuform. Sehr schöne Erfolge wurden auch mit der Höhensonnenbehand-
lung sowohl bei der Lungen- als auch Larynxtuberkulose gesehen. Chirurgische
Kehlkopfeingriffe werden nach Möglichkeit vermieden.
ZJemah (Wien) spricht über den Zusammenhang der Tuberkulose
und der Psoriasis. Psoriasis gehört unbedingt zu den Krankbeitserscheinungen
der Tuberkulose. Schon der Umstand spricht dafür, dass die Psoriasis durch
eine spezifische Therapie vollkommen ausgebeilt werden kann. Am meisten ver-
wendet Redner das Tuberkulomuzin (Weleminsky); es hat eine lohe anti-
toxische Wirkung und führt schneller als alle anderen Präparate zur Entfieberung.
5 Fälle von Psoriasis heilte Redner durch Tuberkulomuzin, nachdem bereits viele
andere Therapien feblgeschlagen hatten. Kin Fall heilte nach 3 Injektionen, nach
16 Monaten trat kein Rezidiv auf. In einem zweiten Falle trat ebenfalls nach
jahrelanger verg-biicher Behandlung nach wenigen Injektionen Heilung ein. In
einem dritten Falle schwand bereits nach einer Injektion die Psoriasis, die vor-
her 12 Jahre lang bestand. — Wenn auch Redner aus diesen Tatsachen keine
dogmatische Schlussfolgerung ziehen will, so sind doch diese Fälle geeignet,
einen Zusammenhang zwischen Tuberkulose und Psoriasis wahrscheinlich er-
scheinen zu lassen. Dafür spricht vor allem das Auftreten von Herdreaktion
und zweitens der Heilerfolg der Tuberkulinbehandlung.
Als letzter Referent spricht Federn (Wien) über den Zusammenhang
zwischen Tuberkulose und Körperkonstitution.
(Der Iuhalt dieses Vortrages konnte nicht verstanden werden, da Redner
wegen seines hohen Alters sehr leise sprach.)
Hierauf wurde die Tagung vom Vorsitzenden Grafen Larisch mit Dankes-
worten an die Vortragenden geschlossen.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
e
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
0.ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Klinik.
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Ober-Amt Neuenbürg, Wittbg.
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem,
Krankenhauses Eppendorf in
Hamburg.
Redaktion:
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg.
Verlag:
Curt Kabitzsch Verlag, Würzburg.
Kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler
Ludwigstrasse 231/js.
11. Jahrg.
Ausgegeben am 28. Februar 1917.
Nr, >
—
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.)
Adam, A. 46.
Amrein, 0. 5%,
Arkin, A. 40.
Artz 37.
Bacmeister, A. 56.
Baldwin, E. R. 49.
Bantzmann, G. 53.
Bayer, H. 6l.
Bowditch, V. Y. 48.
MacBrayer, L. B. 49.
Bronfenbrenner, J. 45.
Brown, L. 49.
Bürgers, J. 43.
Campbell Posey 48.
Maclarty, W. C, 39.
MacCool, J. L. 54.
Corper, H. J. 49.
' Friedenwald, E. B. 54.
‚ Fröschels 64.
' Funk, E. H. 39.
Goldthwait, J. E. 50.
` Granfelt, H. 42.
. Greenfeld, W. 54.
: Haga, J. 59.
Hammer, G. 45.
. Hartshorn, W. M. 45.
v. Hayek, H. 40.
' Holbig 54.
Hofbauer, L, 64.
Jackson, Ed. 35.
Jacobs, H. B. 49.
Johnsson, A. 48,
Kalın, J. N. 40.
Kahn, M. 45.
|
Koeppe, L. 51.
! v. Kutschera, A. 4:.
Lapham, M. E. 44.
' Lowandowsky, F. ox.
Lohmer 55,
: Manning, J. B. 42.
` Minor, C. L. 49.
Mohler, H. K. 39.
Mohr, H. 52.
Möllers 60, ôl.
‚Morse, A. L. 44.
‘v. Muralt, L. 34.
: Oehler 60, 6l.
Oeri, F. 40.
Otami. M. 50.
Palmer, G. T. 49.
Peters, L. S. 48.
‘ Reichmann, V. 52,
Rockmann, R. 45.
-v. Ruck, K. 4%.
' Schläpfer, V. 47.
Scott, J. R. 39.
Selter, H. 43.
' Snellmann, H. 42.
v. Sokolowski, A. 43.
Sorgo, J. 63.
Staub-Oetiker, H. 37.
: Sundt, H. 47.
, Takaro, R. ol.
‚ Teecon 46.
T iem 54.
Uhthoff, W. 53.
Ullmann, F. 63.
Ustvedt, Y. 41.
Crozier, J. P. 49, ' Kahn, M. H. 45. Porges, O. 62, 6$. Verriotis, Th. 3%.
Dietrich 57. : Kaminer 57. Pottenger, F, M. 49. Wallgren, A. 41.
Durante, L. 39. . Knott, H. J. £2.
Engleson, H. 46. Koga, G. 50.
I.
Ludwig von Muralt .
` Ranke, K. E. 35. ' Whitbeck, B. H. 5o.
: Ravenel, M. P. 49. i
Nekrolog.
1I. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Rceferate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol, Anatomie,
64. Ranke, Primäreffekt, sekundäre und
}
besonderen Verhältnissen des Kıieges.
74. Wallgron, kin Vergleich zwischen Lun-
tertiäre Stadien der Lungentuberkulose auf&rund gentuberkulösen und Gesunden hinsichtlich
von bhistolog. Untersuchungen der Lymphdrüsen tuberkulöser Exposition im Kindesalter. —
der Lunzenpforte. — 65. Staub-OVetiker,
Die Pneumokoniose der Metallschleifer,
64. Artz, Beitrag zur Frage der Beziehungen
zwischen Tuberkulose und Schilddrüsenverände-
rungen. — 67. Jackson, Intraocular Tubercu-
losis. — 88. Verriotis, Über die vom Ureter-
stumpf nach Nepbrektomie wegen Tuberkulose
ausgehenden Komplikationen und ihre Behand-
lung. — 69. Durante und MacCarty, Tuber-
eulosis of breast; report of ten cases.
30. Scott, Tuberculosis of the tongue.
7l. Mohler aud Funk, Gastrie function in
pulmonary tuberculosis. — 72. Kahn, Pulmo-
nary tuberculosis and body weight.
—
b) Ätiologie und Verbreitung.
75. Ustvedt, Die Kinder in den tubøerkulösen
Familien in Kristiania. 16. Manning and
Knott, A clinical study of 225 cbildren in
relation to tuberculous exposure controled by
v. Pirquet. — 77. Granfelt, Untersuchungen
über Jdas Vorkommen der Tuberkulose ın dem
Kirchspiel Malaks. — 78. Snellman, Studien
über das Vorkommen der Tuberkulose unter
dem an den Sägewerken der Holzwarenbetriebs-
aktienzesellschaft Kemi beschäftigten Personal
nebst Familien. 9. v. Kutschera, Ur-
sachen der Verminderung der Tuberkulose-
sterblichkeiten. — 80. Selter und Bürgers,
Über die Verwendbarkeit der Kaninchen zu
Arbeiten mit monschlichen Tuberkelhazillen.
_—
c) Diagnose und Prognose.
13. v. Hayek. Über tuberkulöse Exposition SI. The Roentgenographie diagnosis of
uud exogene tuberkulöse Infektion unter den early pulmonary tubereulosis. — 82, Murse,
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Fers:hung. 11. 3
9
D'’Espine's sign in childhood, — 83. Lapham.
Tbe relation of tuberculosis of the bronchial
glands to the diagnosis of tuberculosis of the
lungs. — ŝ4. Hartshorn, The Röntgen ray
in the diagnosis of pulmonary conditions in
children - 5. Bronfenbrenner, Kahn,
Roekman and M. Kahn, Further studies of
biological methods for the diagnosis of tuber-
eulosis. — 36. Hammer, Uber die Frühdia-
znose der Miliartuberkulese durch das Röntgen-
hild. — 57. Adam, Eine Methode zur 'luberkel-
bazillenanreicherung in Liquor cerebrospinalis,
Exsudat, Blut, Sputum und Organen. -— 88. En-
sleson, kin Beitrag zur Frage vom Vorkom-
“ men der Tuberkelbazillen in den Fäzes. Eine
neue Methode zum Nachweis derselben.
0, VQeri, Abderhalden-Verfahren bei Lungen-
tuberkulose., — 90. Tecon, Die Moritz Weisz-
sche Reaktion bei der Lunzentuberkulose.
91. Sundt, Über die Tuberkulindiagnostik bei
der sogen. cn Tuberkulose bei Kin-
dern. 92, Schläpfer, Über die Bedentunz
der nn Temperaturen für die Diagnose
der beginnenden Luiigentuberkulose. — 23. von
Sokolowski, Zur Diagnose der bösartiten
Neubildungen der Lunge n. Pleura — 94. Camp-
hell Posey, A consideration of some of the
ocular conditions dependent upon tuberculosis
and systematie gonorrhoea. — 95. Johnsson,
Beitrag zur Kenntnis der Laparo- und Thorako-
skopie.
d) Therapie.
Nekrolog.
tubereulous organism, — 98. Goldthwaith,
Anatomie form and posture, important factors
in the treatment of pulmonary tuberculosis. —
99. Koga, Chemotherapy of tuberculosis. —
Otani, Treatment of tuberculosis with cyano-
euprol. — Takaro., Treatment of leprosy with
cyanocuprol. — 100. Koeppe, Klinische Be-
obachtungen mit der Nernstspaltlampe und dem
Hornhautmikreskop.
e) Klinische Fülle.
101. Mohr, Spontanheilung einer nach
Trauma entstandenen Hodentuberkulose. — 1uz2.
Reichmann, Über tuberkulöse Hirnhautent-
zündnngen. 103. Bautzmann, Fall xon
Augenbindehauttuberkulose. — 104. Uhthofi,
Fali von Tuberkulose der Konjunktiva des
oberen Lides. 105. MeCool, Ocular tuber-
ceulosis and its treatment. 106. Frieden-
wald and Greenfeld, Tubereulous tumor
of the brain. 107. Helbig, Ein Fall von
Steinhusten. — 108. Thiem, Tuberkulöse Hirn-
hantentzündung.
f) Prophylaxe.
109. Veröffentlichung des Preuss. Ministe-
riums des Innern vom 24. XIL 1916. 110.
Lohmer, Anfgaben, Ziele und Organisation
der gesundheitlichen Wohlfahrtspflege auf dem
Lande.
x) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und Heime.
Ill. Whitbeck, A review of the ten
years’ work at Sea Breeze Hospital for surgical
tuberculons,
96. Symposium on tuberenlosis. — 97.Arkin
and Corper, ho tubereuloidal action of ar-
senie compounds and their distribution in the
III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
lichungen der Robert Koch-Stiftung zır Be-
kämpfung der Tuberkulose. — 9. Hugo Bayer-
Wien, Eine neue Heilmethode gegen Erkran-
kungen der Lunge nnd des Herzens, — 10 Die
Vibroinhalation, Therapeutische Mitteilungen
aus den Heilinstituten flir Vibroinhialation.
4. A. Batmeister, Lehrbuch der Lungen-
krankbeiten., Dietrich und Kaminer,
Handbuch der Balnevlogie. — 6. F. Lewan-
dowsky, Die Tuberkulose der Haut.
7.O. Amrein, Klinik der Lungentuberkulose
für Studierende und Ärzte -- 8 Veröffent- |
en J
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
2. K. u. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien, Sitzung vom 15. Dezember 1015,
l. Nekrolog.
Ludwig von Muralt
Kaum 48 Jahre alt erreichte ihn in Zürich im Elternhause auf dem
Wege der Pflichterfüllung der Tod. Als sich Muralt am 16. Januar 1917
morgens früh im Bette erhob, um mit einem Kranken die geplante Reise
nach Heidelberg auszuführen, traf ihn ein Hirnschlag, dem er schon nach
12 Stunden erlag. Mitten aus der umfassendsten beruflichen und wissen-
schaftlichen Tätigkeit wurde er den Seinen, seinen Freunden und seinem
Wirkungskreise viel zu früh entrissen. Zu kurze Zeit war es ihm be-
schieden, auf der in rasch ansteigender Linie erreichten Höhe zu wirken,
dafür blieb er aber von dem Abstieg des Alters verschont.
Muralt war Dozent für Neurologie an der Universität in Zürich, als
ihn vor ungefähr 14 Jahren ein Leiden ergriff, das ihn zwang das Hoch-
wu
wi
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
gebirge aufzusuchen und sich dort ein Arbeitsfeld zu schaffen. Fest und
klar, ohne jedoch einseitig zu werden, war sein Sinnen auf ein Ziel ge-
richtet, das er überraschend schnell erreichte. Infolge seiner hervorragenden
Eigenschaften als Arzt und Mensch erfreute er sich in dem neuen Wirkungs-
kreise bald des vollen Vertrauens seiner Kranken und infolge seiner
klassischen Arbeiten, besonders auf dem Gebiete der Lungenkollapstherapie,
eines hohen Ansehens unter seinen Kollegen des Inlandes und des Aus-
landes. Während 10 Jahre stand das „Sanatorium Davos-Dorf“ unter
seiner Leitung; seit dem 1. Oktober 1916 war Muralt Chefarzt des
Turbanschen Sanatoriums.. Muralt war ein geschätztes Mitglied der
schweizerischen neurologischen Gesellschaft, er war Präsident des Ärzte-
vereins des Kantons Graubünden und damit Mitglied der schweizerischen
Ärztekammer. Er gehörte zu den Gründern des Davoser Sanatoriunıs-
Ärztevereins und war dessen Vorsitzender. Als dem Mitarbeiter dieses
Blattes sind ihm diese Zeilen gewidmet. Unter uns Davoser Ärzten lässt
Muralt eine fühlbare Lücke zurück. L. Sp.
ll. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
64. Karl Ernst Ranke, Path. Univ.-Instit. München, Primäraffekt,
sekundäre und tertiäre Stadien der Lungentuberkulose auf
Grund von histologischen Untersuchungen der Lymphdrüsen
der Lungenpforte. II. Teil: Lungenerkrankungen bei gene-
ralisierter Tuberkulose und isolierter Phthise. D. Arch. f.
klin. AT. I 1916 H. 406 8. 297.
In diesem Teile seiner grossangelerten Arbeit bringt R. seine
histologischen ae über generalisierte Tuberkulose sowie über
die isolierte Plhthise, die er an einer Reihe von Fällen eingehend dar-
legt. „Bei der W aei des Gegenstandes rechtfertigt sich wohl ein
näheres Eingehen. Voraufzuschicken ist die Feststellung, dass alle drei
Formen -(Primäraffekt, generalisierte Tuberkulose und isolierte Phthise),
unabhängig vom Lebensalter sind, d. b. also in jedem Lebensalter vor-
kommen.
Das charakteristische Merkmal für die generalisierte Tuber-
kulose ist die hämatogenc Metastasierung. Besonders bemerkenswert
ist das Verhalten der Drüsen: Man hat hier zwei völlig voneinander
verschiedene Stadien zu unterscheiden, die Verf. als sekundäre und tertiäre
bezeichnet. In der sekundären Periode überschreitet die Krankheit
die äusseren Drüsengrenzen, die sie in der Primärperiode gewissermassen
respektiert hat und breitet sich rasch unter ungemein heftiger und peri-
fokaler Entzündung und rascher Verkäsung der sich bildenden grossen
Herde in der Umgebung aus. Dieser Vorg: ang Ist jedoch nicht nur bei
den kompakten Drüsen der Primärperiode vorhanden, sondern auch bei
den Drüsen aus dem Wurzelgebiet der hämatogenen Metastasen. In
späterer Zeit, der tertiären Periode, tritt dageren die Erkrankung der
regionären Drüsen auff: allend zurück: Es bilden sich nur noch torpide
3”
36 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Herde, die perifokale Entzündung tritt mehr und mehr zurück, auch
kommt es nicht mehr zur Abkapselung. Histologisch findet man in der
sekundären Periode die Drüsen völlig verkäst, im Gegensatz zur primären
Periode, in der zwar die Drüsen makroskopisch auch das Bild völliger
Verkäsung geben, untersucht man sie jedoch mikroskopisch, so findet
man im Käse eingebettet stets noch Reste von Drüsensubstanz. Auch die
sogen. „Kartoffeldrüse‘“, die aus einem Gemenge von Käse und mehr oder
weniger bindegewebigen Faserresten besteht, gehört in die sekundäre Periode.
Diese letztere ist also ausgezeichnet durch die Giftempfindlichkeit, weshalb
Verf. sie wohl auch als „anaphylaktisierende Periode“ bezeichnet. Sie
steht im scharfen Gegensatz zur tertiären Periode und noch mehr zu der
nun zu besprechenden isolierten Phthise, die beide der Ausdruck einer
ausgesprochenen Immunität sind.
Die isolierte Phthise ist nicht etwa eine zeitliche Fortsetzung des
tertiären Stadiums der generalisierten Tuberkulose; sie geht vielmehr aus
dem Primäraffekt, gewissermassen nach Überspringung des sekundären und
tertiären Stadiums, unmittelbar hervor, ist jedoch von ersterem durch eine
meist lange Latenzperiode getrennt. Es handelt sich dabei offenbar um
leichte Infektionen. Ihr Merkmal ist die endobronchiale Aus-
breitung, während Blut- und Lymphbahn als Verschleppungswege ge-
sperrt sind. Die Erklärung dieser merkwürdigen Tatsache ist zu finden
in der diese Krankheitsform auszeichnenden humoralen Immunität. Die
in die Blut- und Lymphwege geratenen Bazillen werden hier unschädlich
gemacht. Charakteristisch sind wiederum die Drüsenveränderungen. Wenn
auch im allgemeinen die Bazillen durch die Lymphe vernichtet werden, so
kommen doch einzelne geschädigte, aber noch nicht abgetötete Keime in die
Drüsen, vermögen hier zwar noch geringe Wucherungen, aber keine fort-
schreitenden Vorgänge mehr auszulösen. Dementsprechend findet man bei
der isolierten Phthise in den Drüsen nur spärliche, kleinste meist sub-
miliare Knötchen ohne perifokale Entzündung; keine Umwandlung in
Bindegewebe, keine Abkapselung, keine Verkalkung, nur zuweilen zentrale
kleine Käseherdchen; keine Tendenz zur Weiterentwicklung. Eine Unter-
scheidung von frischen und alten Herden ist nicht möglich. In der Lunge
selbst finden wir eine chronische, auf sie selbst beschränkt bleibende Er-
krankung. Die Ausbreitung — endobronchial s. oben! — erfolgt teils
per continuitatem, teils in Metastasen. Sie führt durch Zusammenfliessen
und beständiges Weiterwachsen der Herde zu ausgedehnten Zerstörungen
sowie auch zur typischen Miterkrankung des Auswurf ausführenden Kanal-
systems im engeren und weiteren Sinne, also sowohl der Luftröhre, des
Rachens, der Nase, des Mundes wie auch — durch Verschlucken! — des
Magen-Darms. Die Blutgefässe bleiben selbst bei völliger Verkäsung ihrer
Umgebung durchgängig und veröden vielfach erst, wenn die äusseren
Lagen des Gefüssrohrs bereits verkäst sind. Dadurch entsteht die Ge-
fahr der Zerreissung und sich anschliessender schwerer Blutungen bei
Zerrungen oder Anstrengungen. Das ganze Bild der isolierten Phthise
zeigt uns, dass sie nur infolge disponierender Geschehnisse, die eine all-
gemeine Schwäche bewirken, zustande kommen kann. Bei ihrem aus-
gesprochen chronischen Verlauf gibt sie der Therapie, insbesonders auch
der chirurgischen, die besten Handhaben. (Vergl. Ref. 631, Bd. X,
S. 322.) C. Servaes.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 37
65. H. Staub-Oetiker, Zürcherische Heilstätte für Lungenkranke
in Wald, Die Pneumokoniose der Metallschleifer. D. Arch.
f. klin. Med. 119. 1916 S. 469.
Verf. untersuchte 15 Metallschleifer einer Maschinenfabrik, die in
einem Zeitraume von 5—38 Jahren als Polierer oder Schleifer daselbst
tätig gewesen waren. Das Schleifverfahren in der betr. Fabrik war der-
artig, dass die Metallstücke zunächst auf feuchtem Wege aut Sandsteinen
geschliffen und dann mit natürlichem Schmirgel auf trockenen Wege ab-
gerieben wurden; das dabei häufig notwendige Zurichten der Sandsteine
verursachte viel Staub. Nur 2 von den 15 Arbeitern klagten über Husten,
Atemnot und Schmerzen, die anderen waren beschwerdefrei. Abgesehen
von den beiden 'ersten, die an sekundärer Tuberkulose litten, war das
Ergebnis der physikalischen Untersuchung so gut wie negativ. Ganz
anders die Röntgenplatte. Diese zeigte in den leichtesten Fällen ver-
stärkte Hilusschatten, Hilusdrüsen und verstärkte Strangbildungen, auch
einzelne kleine runde Fleckchen. Letztere nehmen nun beim weiteren
Fortschreiten der Krankheit an Zahl immer mehr zu, so dass die Platte
ein netz- oder wabenartiges Aussehen erhält; die dichtesten Flecken be-
finden sich in der Lungenwurzel und den unteren Teilen der Lunge,
während die oberen etwas freier erscheinen. Die vom Verf. beigegebenen
Abbildungen sollen dies genauer darstellen; doch da sie die Platten nicht
zu ersetzen vermögen, so nimmt es nicht wunder, dass sie das zu Er-
läuternde nicht vollkommen genug wiedergeben. Die Abbildungen erinnern
wenigstens durchaus an Bilder von Hilustuberkulose und von diffuser grob-
knotiger Tuberkulose. Auf den Platten mag das anders sein. Ob das
Rönigenverfahren, wie Verf. angibt, die Krankheitserkennung über alle
Zweifel sichert, namentlich auch im Hinblick auf mögliche Tuberkulose,
erscheint Ref, auf Grund eigener Erfahrungen, aber auch unter Berück-
sichtigung des unlängst von Stepp aus der Giessener medizinischen
Klinik veröffentlichten Falls (M. Kl. 1916. 22) fraglich. Auch andere
Ansichten des Verf. vermag Ref. nicht zu teilen, eine nähere Ausführung
verbietet sich jedoch hier. Im übrigen entsprechen die pathologischen Er-
gebnisse dieser Arbeit — makroskopisch wie mikroskopisch — den bis-
herigen Kenntnissen über die Cnalikosis. Vorbeugend empfiehlt Verf.
andere Schleif- und Polierverfahren und vollkommenere Einrichtungen,
namentlich auch in bezug auf die Staubentfernung. C. Servaes.
66. Artz, Beitrag zur Frage der Beziehungen zwischen Tuber-
kulose und Schilddrüsenveränderungen. Inaug.-Diss. Wirz-
burg 1916.
Auf Grund mikroskopischer Untersuchungen 'sind in neuerer Zeit
mehrere, besonders französische Gelehrte zur Ansicht gelangt, dass die
Schilddrüse bei verschiedenen Infektionskrankheiten verschieden reagiert.
Typische Veränderungen fand man bei der Tuberkulose. Und zwar zeigte
sich vornehmlich eine Vermehrung des Bindegewebes. Andere bestreiten
dies. Um eventuelle Beziehungen zwischen Tuberkulose und Schilddrüsen-
veränderungen zu klären, stellte Verf. Tierversuche an. Er injizierte
Kaninchen wiederholt jeden 2. Tag 1—3 mg Koch’sches Alttuberkulin
unter die Haut des Rückens. Nach 3 Tagen begann ein Teil derselben
träger zu werden, nach weiteren 3 Tagen zeigten sich Gewichtsverluste
bis zu 400 g, 4 Tiere starben in 10 Tagen, 3 später. Die anderen er-
D?
holten sich in 3—4 Wochen. Einige reagierten gar nicht.
DS Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Nach Chloroformtötung der Tiere wurden die Schilddrüsen sofort
exstirpiert, in 10°/o Formalinlösung gelegt und nach Behandlung mit
96°/o und absolutem Alkohol in Paraffin eingebettet. Die mikroskopische
Untersuchung ergab keine wesentlichen Schilddrüsenveränderungen der
infizierten Tiere; besonders das Bindegewebe war nicht übernormal ent-
wickelt. Dieses, wie die Grösse der Follikel und ihr Kolloidgehalt wichen
nicht deutlich von den Organen der Kontrolltiere ab, ja eines von diesen
zeigte sogar ausser Gewichtsabnabme an seiner Schilddrüse Degenerations-
erscheinungen, wie sie bei den infizierten Tieren vorkamen. Die „tat
sächlich beobachteten Abweichungen vom normalen Bild: Stärkere Füllung
der Gefässe, Desquamation der Follikelepithelien, Lymphozyten im
Zwischengewebe‘“ bezeichnet Verf. „als eine sekundäre Erscheinung in dem
durch die Tuberkulininjektion geschädigten Organismus“. Versuchsdauer
bis 122 Tage. Resultat: Verf. schliesst sich de Quervains Ansicht an,
„dass die Tuberkulose mit besonderer Vorliebe eine Vermehrung des Binde-
gewebes bedingt, ohne damit sagen zu wollen, dass es sich um eine spezifische
Wirkung der Tuberkulose dabei hanelt“. Fr. W. Massur, Stettin.
67. Edward Jackson-Denver, Intraocular Tubereulosis. The
Ophthalmic Record 1916 Nr. 1
Jackson betont die Wichtigkeit der Entdeckung des Tuberkel-
bazillus für die Diagnose und Therapie der Tuberkulose. Die Bazillen
lassen sich leichter in den akuten Fällen nachweisen als in chronischen.
Zusammenstellungen beweisen das. Können keine Bazillen nachgewiesen
werden, so entstehen selten Zweifel an der Diagnose der chronischen
Affektionen, wenn die Symptome, der klinische Verlauf und der histolo-
gische Befund berücksichtigt werden. Die Tuberkulinproben sind unzu-
verlässig: Calmette ist verlassen, bringt zuweilen Verschlimmerung der
Augenaffektionen, v. Pirquet ist bei Erwachsenen nicht beweisend; am
besten ist noch die mehrfache Injektion von Alttuberkulin.
Auftreten von Miliartuberkulose der Chorioidea bei Meningitis; für die
Prognose bedeutsam. Jessop fand sie in 50°/o der Fälle post mortem.
Die Beziehung der Retinalaffektionen zur Tuberkulose sind dunkler.
Es mag zuviel sein, wenn man wiederholte Glaskörperblutungen und
Retinitis proliferans stets auf Tuberkuiose zurückführt. Aber Bazillen-
und histologische Befunde, allgemeine und lokale Reaktion auf Tuber-
kulininjektionen und der Verlauf sowie die Erfolge der Behandlung zeigen,
dass dies doch häufig der Fall sein kann.
Bezüglich der Tuberkulinbehandlung rät Verf. die Injektionen nicht
öfter als einmal die Woche, am besten je eine alle 4 Wochen vorzu-
nehmen. Die geringste Temperatursteigerung und stärkere lokale Reaktionen
sollen vermieden werden; die Dosen sollen klein sein.
Hervorzuheben sei, dass die Fälle von Chorioidal- und Retinaltuber-
kulose nicht selten seien und besonders bei Personen auftreten, die an-
scheinend in bester Gesundheit sind. Werner Bab, Berlin.
65. Th. Verriotis, Über die vom Ureterstumpf nach Nephr-
ektomie wegen Tuberkulose ausgehenden {nn und
ihre Behandlung. Zschr. f. Urol. 9. 1915 S. 2
Der Ureterstumpf kann der Ausgangspunkt von o Fisteln
und Abszessen sein, auch von Empvemen, die die Symptome der Pyo-
Gi)
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 3
nephrose vortäuschen; auch kann von ihm Pyurie mit oder ohne Tuberkel-
bazillenausscheidung ausgeben. Fisteln kommen vor, erstens als solche,
die den Stumpf zur Ursache haben und nur mit der Wunde in Ver-
bindung stehen; und zweitens als solche, die mit der Blase und mit der
Wunde durch den Stumpf in Verbindung stehen. Die ersteren sind
eiterige, die zweiten urinös-eiterige Fisteln. Zuweilen treten auch einige
Zeit nach vernarbter Nephrektomiewunde die klinischen Symptome einer
akuten Phlegmone auf: Intermittierender Pyureter und Abszesse. In ge-
wissen Fällen zeigt sich nach glatter Heilung ein Auftreten von Pyurie
mit oder ohne Koch’sche Bazillen, ohne dass die Blase erkrankt ist;
man darf nicht von diesen Beschwerden auf eine andere tuberkulöse
Niere schliessen, ohne dass man den Ureterstumpf gründlich untersucht
hat. Die Häufigkeit der Fisteln kann beschränkt werden, wenn man von
der Drainage durch die Wunde absehen kann. Abszesse müssen geöffnet
und ausgekratzt werden. Diagnostisch leitet die Cystoskopie gute Dienste.
Werner Bab, Berlin.
69. L. Durante and W. C. MacCarty, Tuberculosis of breast;
report of ten cases. Avn. of Surg., Juni 1916.
Unter den 10 Fällen von Tb. der Mamma aus der Klinik Dr.
Mayo’ waren 3, bei denen kein primärer Herd nachweisbar war;
3 waren mit Tb. der Lunge und 3 mit Tb. der axillären Lymphknoten,
sowie einer mit einer Pleurokostal-Erkrankung verbunden. — Einer der
Patienten war ein Mann. Das Alter der Patientinnen schwankte zwischen
22 und 52 Jahren. — Die linke Brust war 6mal, die rechte 4mal an-
geeriffen. Die Brustwarze war nur in 2 Fällen eingezogen. — Nur eine
Patientin klagte über heftige, alle anderen nur über geringe Schmerzen.
Die überlierende Haut war in 2 Fällen leicht entzündet, in einem Fall
ulzeriert. Mannheimer, New York.
wo. James R. Scott, Tuberculosis of the tongue. Amer. Journ.
Med. Se., Sept. 1916.
Tuberkulose der Zunge kommt viel häufiger vor als im allgemeinen
angenommen wird. — Männer sind mehr damit behaftet als Frauen. —
Man findet dieselbe in allen Altersstufen, doch hauptsächlich zwischen
dem 40. und 50. Lebensjahre, und zwar in zwei verschiedenen Formen,
primär und sekundär. Die meisten Fälle sind sekundär. — Klinisch
erscheint sie unter der Form von Geschwüren, Fissuren, Granulomen und
Papillomen. — Die Differentialdiagnose hat einfache Geschwüre, Syphilis,
Karzinom und Epitheliom auszuschliessen. — Die Behandlung ist ent-
weder medikamentös oder chirurgisch. — Medikamentöse Behandlung gibt
allerdings wenig Hoffnung auf vollständige Heilung und sollte nur in
vorgeschrittenen Fällen angewandt werden oder wenn der lokale Prozess
von einer generalisierten Tuberkulose begleitet ist. — Die rationelle Be-
handlung ist die chirurgische und besteht in vollständiger Entfernung
des kranken und eines beträchtlichen Teiles des benachbarten gesunden
Gewebes. Mannheimer, New York.
“1. H. K. Mohler and E. H. Funk, Gastrie funetion in pul-
monary tuberculosis. Aner. Journ. Med. Se.. Sept. 141%.
Von 1000 Schwindsüchtigen klagten 64,6%, 0 über Magenbeschwerden.
Dieselben beruhten meistens auf Magenkatarrh mit Ausschluss anderer
40 Ätiologie und Verbreitung.
organischer Veränderungen. Die Methode war die der fraktionellen Unter-
suchung des Mageninhalts in verschiedenen Zeitabschnitten vermittelst des
Duodenalröhrchens. 22 beginnende und 25 fortgeschrittene Fälle von
Lungentuberkulose wurden auf diese Weise untersucht. Es zeigte sich,
dass vom Anfang der Krankheit an die motorische und sekretorische
Funktion des Magens abnehmen. Hyperazidität ist sehr selten. Die sog.
prätuberkulöse Dyspepsie ist ein Ausdruck stattgehabter Infektion. Die
Zeichen verzögerter Verdauung machen sich mit dem Fortschreiten der
Krankheit mehr und mehr geltend. Das Verschlucken von tuberkulösem
Auswurf verschlimmert die Symptome. Viszeroptose und Gastrektasie
sind nicht selten. Mannheimer, New York.
12. Je N. Kahn, Pulmonary tuberculosis and body weight.
Med. Rec., April 1916.
200 Fälle von Lungentuberkulose in allen Stadien wurden im Am-
bulatorium des Gouverneur-Hospitals (New York) auf ihr Gewicht hin
besonders beobachtet. Verf. kam zu denselben Schlüssen wie Sommer-
feld (Berlin): Die Patienten können zunehmen und sogar das normale
Gewicht von Individuen gleichen Alters überschreiten. Männliche Pa-
tienten desselben Stadiuns nehmen um so weniger ab, je älter sie sind.
Frauen aller Altersklassen nehmen nicht ab, ausser wenn sie sich im
3. Stadium befinden. Mannheimer, New York.
b) Ätiologie und Verbreitung.
73. Hermann v. Hayek, Über tuberkulöse Exposition und
exogene tuberkulöse Infektion unter den besonderen Ver-
hältnissen des Krieges. W. kl. W. 1917 Nr. 1, 2 (Beil.
„Miitärsanitätswesen“).
Verf. kann sich Schröder nicht anschliessen, nach welchem die
ausschliessliche Ursache der Tuberkulose der Kriegsteilnehmer die endo-
gene Reinfektion ist. Für die meisten Fälle ist dies zwar wahrscheinlich,
in manchen Fällen ist diese Annahme aber willkürlich und nicht zu be-
weisen. Audere Fälle weisen aber mit grosser Sicherheit auf eine exo-
gene primäre Infektion hin,
Die Gefahr einer massigen exogenen Infektion ist unter den Verhält-
nissen des Krieges grösser als in normalen Verhältnissen. Trotz aller
Massnahmen gibt es noch immer eine grosse Zahl Bazillenspucker unter
den Truppen im’ Felde Dazu kommen die oft unhygienischen Wohnungs-
verhältnisse, die Disposition infolge von Erkältungs- und Verdauungs-
krankheiten, Überanstrengung, zeitweise Unterernährung. Auch im Hinter-
lande liegen die Verhältnisse oft nicht besser: Gewisse ungünstige Dienst-
leistungen (Monturdepots, Magazine, Kanzleien), weniger reichliche Kost,
Übikationen, die den hygienischen Anforderungen des. Friedens nicht ent-
sprechen.
Die Annahme einer primären Erkrankung durch exogene massige
Infektion kann nicht allein begründet werden durch Fehlen von heredi-
tärer Belastung in der Ananınese und Fehlen eines tuberkulösen Habitus.
Dagegen ist hiefür ein beweiskräftiger Stützpunkt ein bösartiger progre-
dienter Verlauf mit ziemlich akuter Erkrankung aus voller Gesundheit
Ätiologie und Verbreitung. 41
heraus: es fehlt die relative Immunität infolge früher überstandener In-
fektionen, die allgemeine Widerstandskraft ist durch nicht Eperihsche Dis-
position geschwächt,
Verf. stellt also für die Annahme einer primären exogenen Infektion
folgende Forderungen auf:
1. Fehlen einer familiären Belastung,
2. Fehlen eines tuberkuloseverdächtigen Habitus,
3. Fehlen tuberkuloseverdächtiger Symptome vor der manifesten Er-
krankung,
4. Akuter oder relativ akuter Beginn der Erkrankung,
ö. Progrediente, bösartige Form der Erkrankung oder doch deutliche
Tendenz zu rascher Proliferation als Zeichen fehlender Immunität durch
früher überstandene Infektionen.
Unter diesen strengen Einschränkungen hat Verf. 38 Fälle beobachtet,
für die ihm die Annahme gerechtfertigt erschien. Dies macht 3,8 °/, seines
Materiales aus.
Schlussfolgerungen:
1. Neben der weitaus häufigeren Autoreinfektion ist auch der exo-
genen Infektion — speziell unter den Verhältnissen des Krieges — ent-
schieden eine praktische Bedeutung zuzusprechen,
2. Deren Bedeutung wird erhöht durch die Bösartigkeit, die in der
Regel rasch zu schweren pneumonischen Infiltraten, Kavernenbildung und
miliarer Aussaat führt.
3. Diese Erfahrungen zeigen, dass wir auch in Friedensverhältnissen
überall, wo Menschen unter unhygienischen Verhältnissen zusammenleben,
in der tuberkulösen Exposition auch für Erwachsene eine wichtige Quelle
tuberkulöser Erkrankungen erblicken müssen. Dieser Infektion muss
grössere Bedeutung zuerkannt werden, als dies nach den in den letzten
Jahren mehrfach vertretenen Anschauungen der Fall war.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald,
74. A. Wallgren, Ein Vergleich zwischen Lungentuberkulösen
und Gesunden hinsichtlich tuberkulöser Exposition im Kindes-
alter. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 34. 1915 H.2 8.179
Untersuchungen an 100 Tuberkulösen und 100 Gesunden ergaben,
dass tuberkulöse Exposition in der Kindheit sich bei den Tuberkulösen
in 51°/o, bei den Gesunden in 13°/o fand, Exposition vor dem 5. Jahre
bei den Kranken in 15°/o, bei den Gesunden nur in 1°/o. Diese Unter-
suchungen rücken die Bedeutung der Kindheitsinfektion in helles Licht
und verdienten, an einem grösseren Material eingehend nachgeprüft zu
werden. E. Leschke, Berlin.
75. Yngvar Ustvedt, Die Kinder in den tuberkulösen Familien
in Kristiania. Norsk Magazin for lægevidenskaben 1916 Nr. 10.
Verf. hat seit 5 Jahren Untersuchungen über die Säuglinge gemacht,
die in den tuberkulösen Familien geboren sind — in allem 480 Kinder.
Die Sterblichkeit dieser Kinder war viel grösser als die Gesamt-
sterblichkeit aller Kinder, und um so grösser, je intimer das Kind mit
dem Kranken zusammengelebt hat, und am grössten unter den Kindern,
deren Mütter tuberkulös waren. An Tuberkulose sind doppelt so viele
unter den Kindern mit tuberkulösen Müttern gestorben als unter denen
12 Ätiologie und Verbreitung.
mit tuberkulösen Vätern. Wo Tuberkelbazillen bei den Kranken nach-
gewiesen wurden, war die Sterblichkeit weit grösser als wo solche nicht
nachgewiesen wurden. Die Sterblichkeit war sehr viel grösser unter den
künstlich genährten Kindern als unter den Brustkindern — doch war dieser
Unterschied am kleinsten unter den Kindern mit tuberkulösen Müttern.
Die Säuglinge in den tuberkulösen Familien müssen deshalb so früh
wie nur möglich aus den tuberkulösen Heimen entfernt und isoliert
werden. Birger-Överland.
76. John B. Manning and H. J. Knott, A clinical study of
228 children in relation to tuberculous exposure controled
by von Pirquet. Amer. Journ. Dis. of Child. Dd. 10 Nr.
Nor. 1915.
Verff. beobachteten während einer Zeit von 2 Jahren 228 Kinder
vom 1.—15. Lebensjahr in einer Poliklinik in Seattle. Der Prozentsatz
der auf Tuberkulin reagierenden Kinder, die nicht aus einer tuberkulösen
Umgebung stammen, ist nicht halb so gross als der solcher Kinder, die
mit tuberkulösen Personen in Berührung gekommen sind. Im ganzen
reagierten nur 42,9V/u. Bei der Einfachheit der Kutanprobe können
Verschiedenheiten in ihrer Ausführung nicht als Erklärung für diese nie-
drige Zitfer angenommen werden. Die Zahlen von Hamburger und
von Pirquet (95 resp. 93°/o) gelten also nicht für alle Städte. Hier-
bei spielen Klima, allgemeiner Wohlstand und Wohnungsverhältnisse eine
entscheidende Rolle. W. A. Gekler, Chicago.
17. H. Granfelt, Untersuchungen iber das Vorkommen der
Tuberkulose in dem Kirchspiel Malaks. Finska Läëkaresdll-
skapels Handlingar 5S. 1916 Dez.
Von 3868 untersuchten Personen (Gesamtzahl der Kirchspiel- Be-
wohner 3960) vom Bauernstande an der ostbottnischen Küste, waren 4,17, u
von Lungentuberkulose (inklusive 1,4°’o aktiver Tuberkulose), 0,62 von
Hals- und Drüsen-, 0,52 von Knochen- und Gelenktuberkulose befallen.
Die Lungentuberkulose war unter den Jrwachsenen in 30,30°,o, bei
Kindern unter 15 Jahren in 13,35°%o aktiv. Tillgren, Stockholm.
7S. Henry Snellman, Studien über das Vorkommen der Tuber-
kulose unter dem an den Siigewerken der Holzwarenbetriebs-
aktiengesellschaft Kemi beschäftigten Personal nebst Familien.
Finska Läkaresällskapets Handlingar 58. 1916 Aug.
Unter den 1273 männlichen und 1135 weiblichen Personen fand sich
Lzungentuberkulose bei 3,95°/» speziell hoch, 8,05 bei den erwachsenen
Frauen, bei erwachsenen Männern 4,85°/o, Drüsentuberkulose bei 2,28 %/o
(3,10°jo bei den Kindern). Frequenzprozeut für die in tuberkulösenı
Milieu lebenden betrug 6,652 Lungentuberkulose und 4,75 Drüsentuber-
kulose gegen 3,38 bzw. 1,76 für die übrigen. Disponierend schienen be-
sonders Masern und Keuchhusten bei denselben Kinde vorkommend, Ja-
veegen nicht Zahnkaries für Drüsentuberkulose. Im übrieen dürfte mangel-
Halo Verständnis oder Gleichgültigkeit der Tuberkuloseinfektion gegenüber,
sowie unzweckmässige E rnährung, enge Wolhnverhältnisse und Überan-
strengung der Hausmolter zur Verbreitung beitragen.
Tillgren, Stoekholm.
Diagnose und Prognose. 43
79. Adolf v. Kutschera, Ursachen der Verminderung der
Tuberkulosesterblichkeiten. W. kl. W. 1917 Nr. 3.
Schlusssätze des Vortrages am V. Tuberkulosetag in Wien.
A. Baer.
80. H. Selter und J. Bürgers, Über die Verwendbarkeit der
Kaninchen zu Arbeiten mit menschlichen Tuberkelbazillen.
: Zbl. f. Bakt. (Orig.) 78. 1916 H.4 $S. 288.
Kaninchen sind, wie die Untersuchungen der Verf. ergaben, bei An-
steckungsversuchen mittelst Einatmung und Einfütterung der Tuberkel-
bazillen vom Typus humanus in die Blutbahn, selbst bei grössten Dosen,
nahezu unempfindlich. Sie sind daher für experimentelle Arbeiten mit
menschlicher Tuberkulose, insbesondere auch zu therapeutischen Versuchen,
nicht zu gebrauchen. C. Servaes.
c) Diagnose und Prognose.
81. The Roentgenographie diagnosis of early pulmonary tubercu-
losis. Aus einem Leitartikel im N. Y. Med. Journ., 15. Juli 1916.
Vielen Klinikern ist der Fortschritt auf dem Gebiet der Röutgeno-
lorie unbekannt. Amerikanische Forscher baben sich auf diesem Arbeits-
feld besonders hervorgetan, z. B. Case, Cole, Carman, George,
Pfabler, Crane, Dunham, Hickey, Caldwell u. a — Man ist
zu der Überzeugung gekommen, dass Röntgenstrahlen unentbehrlich sind,
um ein wahrheitsgetreues Bild von den Veränderungen in der Lunge zu
erzielen, klinische Feststellungen zu bestätigen und die Frühdiagnose der
Tb. zu erleichtern.
Seit ca. 6 Jahren hat Kennon Dunham in Cincinnati seine ganze
Arbeitskraft dem Studium von Röntgenuntersuchungen der Lungentuber-
kulose, speziell im Frühstadium, gewidmet. Im Jahre 1911 brachte die
Zeitschrift „Bulletin of the Johns Hopkins Hospital“ Artikel von Dun-
ham, Boardman und Wolman über diesen Gegenstand, und zwar
erschienen Dunham'’s Ansichten so radikal, dass viele seiner Kollegen
sich nicht dazu bekehren konnten. Aber D. liess sich dadurch nicht
irre machen. Er verfolgte seine Arbeit mit unbehindertem Eifer uni
veröffentlichte seinen neuesten Standpunkt im März 1916 im „American
Journal of Roentgenology“.
D. erklärt, dass der baumartige Schatten, den man auf gewöhnlichen
Brustplatten wahrnimmt, sich aus Arterie, Bronchus, Vene, Lynphge-
füssen und deren Binderewebe zusammensetzt. Arterie und DBronchus
nebst ihren Lymphgefässen verlaufen von der Wurzel nach der Peripherie
der Lunge oft so nahe beisammen, dass sie sich kreuzen oder bedecken.
Eine grössere Vene begleitet jeden Ilauptbronchus, jedoch viel weiter
entfernt von demselben als die betreffende Arterie.e — Bei Lungentuber-
kulose sind diese baumartigen Schatten in charakteristischer Weise ver-
ändert. — D. hält die linealen Schatten für die grösseren Bronchien mit
ihren Gefässen und die abnorme Verdichtung des Schattens für Einlage-
rungen von Tuberkeln. Die Tb scheint sich also im Verlaufe der Bron-
chien zu verbreiten und die Tuberkel durchbrechen anscheinend, auch
wenn sie noch sehr klein sind, die Bronchialwand.
H Diagnose und Prognose.
Die individuellen Tuberkel lassen sich zwar wegen ihrer Winzigkeit
nicht röntgenographisch darstellen, wohl aber eine grössere Aussaat im
Verlaufe des Bronchialbaumes. Dieselbe erstreckt sich in Form eines
Fächers oder Kegels vom Hilus zur Pleura, vermehrt die Dichtigkeit des
Lungengewebes und verändert die normale Zeichnung so, dass sie „wie
durch eine Wolke verwischt“ oder „marmoriert“ oder „durch einen dichten
Schatten ersetzt wird, durchkreuzt von mehreren Verästelungen“. Diese
Veränderungen zeigen sich bei stereoskopischer Aufnahme schon zu einer
Zeit, wo die gewöhnliche physikalische Untersuchung negativ ist.
Die röntgenographische Untersuchung allein erlaubt aber nicht die
Folgerung, dass diese Flecke in der Nähe des Hilus Tb. bedeuten; sie
können durch irgend eine anderweitige Entzündung verursacht sein. —
Auch über die Aktivität des Prozesses geben die Röntgenstrahlen keinen
Aufschluss. Man hat sich bis jetzt über die Bedeutung dieser Befunde
noch nicht einigen können. — Röntgenologen und Ärzte schliessen sich
mehr und mehr D.’s Ansichten an. Seine Untersuchungen, speziell seine
stereoskopischen Aufnahmen verdienen allgemeine Beachtung.
Mannheimer, New York.
82. A. L. Morse, D’Espine’s sign in childhood. Amer. Journ.
Dis. of Child., April 1910.
M. studierte das D’Espine’sche Zeichen bei 666 Kindern seiner
Privatpraxis wäbrend der letzten 3 Jahre. Bei 626 oder 94°/o der Fälle
zeigte sich der Wechsel im Klang der Stimme zwischen dem 7. Hals-
und dem 1. Brustwirbel. Die charakteristische Flüsterstimme war nur
bei 40 Kindern zu hören = 6°/o. Das Zeichen ist also bei Kindern
der vermögenderen Klasse selten, und zwar ganz ungewöhnlich vor dem
5. Lebensjahre, am häufigsten zwischen dem 8. und 9. D’Espine hat
mit seiner ursprünglichen Annahme recht, dass normalerweise eich der
Klang der Stimme zwischen dem 7. Hals- und dem 1. Brustwirbel ändert.
Vom D’Espine’schen Zeichen kann man also nur sprechen, wenn
unterhalb des 7. Halswirbels die gesprochene oder Flüsterstimme bron-
chial wird. Mannheimer, New York.
83. Mary E. Lapham, The relation of tuberculosis of the bron-
chial glands to the diagnosis of tuberculosis of the lungs.
Med. Kec., 19. Aug.-1916.
Man kann nie das Vorhandensein von Tb. ausschliessen, bis man
sicher ist, dass die bronchialen Lymphdrüsen frei sind. Peribronchiale
Infiltrationen, die vom Hilus ausgehen, brauchen keine Lungensymptome
hervorzurufen. Wenn diese Infiltrate die Lufiwege erreichen und kom-
primieren, so wird dadurch der Luftstrom behindert und wir haben ab-
geschwächtes Atemgeräusch; gleichzeitig lauten, vollen Perkussionsschall,
weil die Luft nicht entweichen kann. Beim Weiterschreiten des Prozesses
bilden sich atelektatische Bezirke. Wenn tuberkulöse Lympbknoten auf
die Luftröhre und Bronchien drücken, so kann eine Stenose entstehen,
welche mehr die Exspiration als die Inspiration behindert. Dies zeigt sich
als exspiratorische Dyspnoe und weiterhin ala Asthma und Emphysem.
Auch können sich im weiteren Verlauf Erweiterungen der Bronchien
bilden, welche einen reichlichen, eiterigen Auswurf, ohne Tuberkelbazillen,
liefern. An der Stelle des grössten Druckes wird die Bronchialschleim-
mn m o ‘M U
Diagnose und Prognose. 45
haut hyperämisch und blutet leicht. Diese Blutungen können sich
wiederholen. Um also Tb. auszuschliessen, muss man die Röntgenunter-
suchungen und die Tuberkulinproben zur Hilfe nehmen.
Mannbeimer, New York.
84. W. M. Hartshorn, Tho Röntgen ray in the diagnosis of
pulmonary conditions in children. Amer. Journ. Dis. of Child.
Bid. 9. Nr.5, Mai 1915.
An einer Reihe von klinischen Fällen zeigt der Verf., wie unent-
behrlich das Röntgenverfahren in der Lungendiagnose ist. Fir hebt her-
vor, dass nicht nur bei Tb., sondern auch bei nicht tuberkulösen Lungen-
erkrankungen die Röntgenplatte eine viel genauere Diagnose der anato-
mischen Veränderungen ermöglicht, als die gewöhnliche physikalische
Untersuchung. Zum Beispiel bei Pneumonie fand er oft einen Schatten
auf der Platte Stunden oder sogar einige Tage, ehe die physikalische
Untersuchung eine Diagnose erlaubte. W. A. Gekler, Chicago.
85. J. Bronfenbrenner, 'M. H. Kahn, R. Rockman and
M. Kahn, Further studies of biological methods for the
diagnosis of tuberculosis. Arch. of Int. Med., 15. April 1916.
Weitere Studien über den Wert biologischer Methoden für die Diagnose
Jer Tuberkulose führten zu folgenden Schlüssen :
Tuberkulin Besredka gibt die besten Resultate bei der Komplement-
Ablenkung. Die Reaktion scheint spezifisch zu sein, obwohl die Probe
in einer gewissen Anzahl klinisch nicht tuberkulöser Fälle positiv aus-
fällt. Bei wenigstens 87°/o wurde der positive Ausfall auch mit anderen
Antigenen erreicht. Die einzelnen Proben des Besredka’schen Tuber-
kulins, obwohl gleichmässig hergestell, haben nicht den gleichen spezi-
fischen Wert; namentlich in ihrem Gehalt an Lipinen weichen sie von
einander ab. — Man muss jede Spur von Lipin entfernen, bevor man
das Präparat zur Komplementbildung benutzt. Dies kann durch fett-
lösende Mittel geschehen, einfacher aber ist es, den Protein-Anteil durch
Präzipitation zu trennen.
Die einzelnen Proben von Tuberkulin können aber auch quantitativ
variieren, und zwar anscheinend, weil in dem Antikörper Stammspezifität
vorhanden ist. Aus letzterer, erklärt sich der Umstand, dass verschiedene
Forscher so abweichende Resultate bei der Komplementablenkung in der
Diagnose der Tb. erhalten haben.
Verff. haben das Auftreten der Urochromogenreaktion und der Kom-
plementbilduug in den verschiedenen Stadien der Krankheit verglichen
und gefunden, dass eine negative Serumreaktion neben einer positiven
Urochromogenreaktion eine ungünstige Prognose bedeutet.
Mannheimer, New York.
86. Gerhard Hammer, Über die Frühdiagnose der Miliartuber-
kulose durch das Röntgenbild. Inaug.-Diss. München 1916.
Die Erkennung einer beginnenden Miliartuberkulose stösst in einer
Reihe von Fällen auf Schwierigkeiten. Differential-diagnostisch kommen
die verschiedensten anderen Erkrankungen in Betracht. Das Krankheits-
bild ist oft so wenig ausgeprägt, dass die Diagnose nur vermutungsweise
gestellt werden kann. Im einzelnen Fällen ist es gelungen, eine miliare
46 Diagnose und Prognose.
Tuberkelaussaat in den Lungen röntgenologisch zur Darstellung zu bringen.
Das Bild ist ein recht charakteristisches; Feinste weiche, bis hirsekorn-
grosse Herdschatten über grosse Abschnitte oder die ganze Lunge verteilt,
dazwischen lufthaltiges Gewebe. Verwechslungen sind möglich mit Stein-
hauerlunge, starkem Pigmentgehalt der Lunge, u. a. Anthrakose, disse-
minierter Tuberkulose, disseminierter Karzinose und Sarkomatose. Die mit-
geteilten Beobachtungen aus der Klinik beweisen die Wichtigkeit des
Röntgenverfahrens als diagnostisches Hilfsmittel. Hans Müller.
87. A. Adam, Eine Methode zur Tuberkelbazillenanreicherung
in Liquor cerebrospinalis, Exsudat, Blut, Sputum und Or-
ganen. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1915 H.1 8. 123.
Verf. löst zuerst in 1°/o Milchsäure, daun in !/s°;o Natronlauge
auf (statt mit Antiformin) und zentrifugiert darauf die Bazillen ab.
E. Leschke, Berlin.
85. H. Engleson, Ein Beitrag zur Frage vom Vorkommen der
Tuberkelbazillen in den Fäzes. Eine neue Methode zum
Nachweis derselben. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 385. 1915 H. 1
Yeol.,
Ein Vergleich der Antiforminmethode mit der W asser- À thermethode
von Reh (Verrühren des Kotes mit destilliertem Wasser, Schütteln mit
Äther, Zentrifugieren des abgegossenen Äthers) ergab, dass von 37 Fällen
beide Methoden das gleiche Resultat gaben, in 3 Fällen jedoch nur die
Reh’sche Methode. Statt der Verarbeitung der Fäzes empfiehlt Verf.,
mit einer löffelförmig ausgebuchteten Hohlsonde etwas Rektalschleim aus-
zukratzen und nach dem Ausstreichen auf dem ÖObjektträger direkt zu
färben. Von 60 untersuchten Fällen ergab die Schabemethode des Verf.
57 positive Bazillenbefunde, die Reh’sche dagegen nur 44. Sollten sich
diese Befunde auch weiterhin bestätigen, dürfte die Schabemethode in
der Tat nicht nur die einfachste, sondern auch die beste Methode zum
Nachweis der Tuherkelbazillen im Stuhl sein. Leschke, Berlin.
89. F. Veri, Abderhalden - Verfahren bei Lungentuberkulose.
UI. Mitteilung. Beitr. 2. Klin. d. Tbe. 35. 1915 H. 1 8.05,
Verf. glaubt, dass das Dialysierverfahren die Unterscheidung von
Lungen- und Bronchialdrüsentuberkulose ermöglicht. Von 40 Lungen-
tuberkulösen bauten 38 eines oder mehrere der Lungenpräparate ab. Es
wurden stets 4 Lungenpräparate geprüft (Spitzeninduration, Bronchopneu-
monie, Verkäsung, Peribronchitis) und ein Bronchialdrüsenpräparat. Im
Ausfall der Reaktionen bei den verschiedenen Lungenpräparaten liess sich
im allgemeinen keine Gesetzmässigkeit erkennen, nur wurde Gewebe aus
der Umgebung einer Kaverne von Kranken des II. und III. Stadiums
häufiger abgebaut. Leschke, Berlin.
90. Teeon, Die Moritz Weisz’sche Reaktion bei der Lungen-
tuberkulose, Schweiz. Corr. DI. 1916 Nr. 47 8. 1595.
T. unterwarf die Moritz Weisz’sche Reaktion bei 288 Lungen-
tuberkulösen der Nachprüfung und kommt zu dem Schlusse, dass diese
Reaktion grosse Vorteile biete mit Rücksicht auf die Prognosestellung. —
Lucius Spengler-Davos.
Z -— ~ - - PB J E dih EEEN SURRA
Diagnose und Prognose. 4
91. Halfdan Sundt, Über die Tuberkulindiagnostik bei der
sogenannten chirurgischen Tuberkulose bei Kindern. Zschr.
f. orthopäd. Chir. 30. 1916 H. 1.
Sundt, der als leitender Arzt des Küstenhospitals für skrofulo-
tuberkulöse Kinder bei Fredriksvärn in Norwegen über ein erhebliches
Krankenmaterial von chirurgischen Tuberkulosen verfügt, führt unter An-
führung von zahlreichen Krankengeschichten den Nachweis, dass eine
sogar wiederholte negative v. Pirquet’sche Reaktion bei Kindern nicht
aktive Tuberkulose ausschliesst, dass positive Stichreaktion (Escherich)
event. durch das beigefügte Antiseptikum (Phenol) hervorgerufen werden
könne; dass auf die sogenannte Herdreaktion bei chirurgischer Tuberkulose
selbst bei höchsten Dosen kein Verlass sei, da er sie oft bei sicher vor-
handener, auch durch nachherige Operation bestätigter, Tuberkulose ver-
misste, auch wenn vorher positiv auf Tuberkulin durch Lokal-Allgemein-
und Temperatur-Reaktion reagiert war; ferner, dass auch durch wiederholte
Dosen eine Reaktion nicht zu erzwingen sei, da dadurch eine gewisse
Immunisierung, im Gegensatz zu der xielfach behaupteten Sensibilisierung
einträte, Schliesslich weist er noch darauf hin, dass eine bestehende Lues die
Reaktionsfähigkeit auf Tuberkulin herabsetze. Rud. Geinitz, Tübingen.
92. Viktor Schläpfer, Über die Bedeutung der subfebrilen
Temperaturen für die Diagnose der beginnenden Lungen-
tuberkulose. Zschr. f. klin. M. 88. 1916 H. 3/4 S. 159.
Verf. suchte die Frage zu lösen, welche krankhaften Zustände mit
subfebrilen Temperaturen einhergehen. Zu diesem Zwecke suchte er sich
Gewissheit über das Schicksal von solchen Kranken zu beschaffen, die vor
10 Jahren während ihrer Behandlung in der Klinik erhöhte Körperwärme
(37,1—37,9° C in axilla) gehabt hatten. Unter den 400 Kranken, die
hier in Betracht kamen, konnten aber nur 88 nachuntersucht bzw. sichere
Mitteilungen über ihre Todesursache erlangt werden. Da ergab sich nun
folgendes: Bei 41 °/u wurde schon vor 10 Jahren die Diagnose auf Lungen-
tuberkulose gestellt; hierzu kommen noch 10°,o, bei denen die Nachunter-
suchung tuberkulöse Lungenveränderung ergab. Insgesamt waren also
bei mehr als 50°'o die subfebrilen 'Temperaturen auf Lungentuberkulose
zurückzuführen. Von der ersten Gruppe war inzwischen ein Drittel ver-
storben, von der zweiten dagegen, die bei der Nachuntersuchung erst
lungenkrank gefunden wurde, nur ein Fünftel; die anderen waren zum
guten Teil nur leichtkrank. Was nun die übriebleibenden Kranken mit
subfebriier Temperatur betrifft, so litten sie an folgenden krankhaften Zu-
ständen: Magengeschwür, Bleichsucht, Neurasthente und Hysterie, Stuhl-
verhaltung, Erschöpfungszustände, Muskelrheumatismus und Nervenschmer-
zen. Verf. sucht die Erklärungen für die einzelnen zu geben. Er schliesst
aus seinen Untersuchungen, dass Kranke mit subfebriler Körperwärme in
erster Reihe tuberkuloseverdächtig sind, dass es aber zunächst nicht nötig
ist, eine Kur bei ihnen einzuleiten, falls man sie nur über viele Jahre
hinaus in Beobachtung behält. C. Servaes.
93. ÅA. v. Sokolowski, Zur Diagnose der bösartigen Neubil-
dungen der Lunge und Pleura. Jrir. z. Klin. d. Tbe. 85.
1916 H.2 Š. 205.
Zur Diagnose der malignen Neubildungen der Lunge soll man stets
48 Therapie.
Röntgenverfahren, Bronchoskopie und Lungenpunktion heranziehen. Wenn
bei bedeutendem Kräfteverfall die physikalischen Lungenerscheinungen
keine sichere Diagnose ermöglichen, wird man in vielen Fällen mit der
Annahme einer bösartigen Neubildung der Lungen nicht fehlgeben.
Leschke, Berlin.
94. Wm. Campbell Posey, A consideration of some of the
ocular conditions dependent upon tuberculosis and systematic
gonorrhoea., The Ophthalmic Record 1916 Januar.
Da häufig bei der Augentuberkulose keine anderen Manifestationen
der Tuberkulose festgestellt werden können, so muss die Diagnose durch
die Tuberkulinprobe erhärtet werden. Werner Bab.
95. A. Johnsson, Beitrag zur Kenntnis der Laparo- und Tho-
rakoskopie. Finska Läkaresällskapets Handlingar 1916 Mai
Bd. 58.
Mit Jacobaeus’ Laparoskopie wurden u. a. tuberkulöse Peritonitiden
untersucht, die entzündlichen Veränderungen traten deutlich hervor, und
in ein paar Fällen wurden auch tuberkelähnliche Knötchen beobachtet.
Nach Lufteinblasen unterblieb in 1 Falle die vorher nach einfacher Punk-
tion rezidivierende Exsudation. Auch mit „der Jacabaeus’schen Thora-
koskopie‘ erschienen — bei idiopathischen Pleuritiden — tuberkelähnliche
Knötchen. Verf. hält diese Methode für einen beachtenswerten Beitrag
zu den diagnostischen Hilfsmitteln. Tillgren, Stockholm.
d) Therapie.
96. Symposium on tuberculosis. Dufalo Med. Journ., Juni 1916.
Das Buffalo Medical Journal schickte folgende Fragen an bekannte
Tuberkulose-Ärzte:
1. Hängt tuberkulöse Infektion von der Virulenz der Bazillen oder
von der Empfänglichkeit des Patienten ab?
2. Hat irgend ein Medikament einen direkten Einfluss auf die
Krankheit?
3. Worin besteht die therapeutische Wirkung von Tuberkulinen ?
Nachstehende Antworten liefen ein:
V. Y. Bowditch, Boston, Mass.: Das Beweismaterial spricht mehr zu-
gunsten der Empfänglichkeit des Patienten als für Virulenz der Bazillen.
Es gibt keine medikamentöse Behandlung ausser Tuberkulin, welches in
ausgesuchten Fällen und in richtiger Dosierung sowie bei ständiger Über-
wachung von grossem Nutzen ist.
L. S. Peters, Albuquerque, N.-M.: Die Empfänglichkeit des Pa-
tienten ist wichtiger. Ausser symptomatischen Mitteln sind Einspritzungen
von Eisenarsen und Strychnin angezeigt. Ein Bazillenprodukt ist nur
wertvoll, wenn es die lebenden Keime enthält.
K. von Ruck, Ashville, N.-C.: Es ist zur Zeit unmöglich, Emp-
fänglichkeit und Virulenz auseinander zu halten. Beide Faktoren sind
relativ. — Die einzige medikamentöse Behandlung, die von Wert ist,
besteht in Anwendung von Bazilenderivaten, Dieselben geben nicht nur
bessere Resultate im Vergleich mit Kontrollfällen, sondern verhindern
auch Rückfälle.
> — --
m — re —
Therapie. 49
E. R. Baldwin, Saranac Lake, N.-Y.: In manchen Fällen ist die
Virulenz des Bazillus Schuld daran, dass der Patient keine Widerstands-
kraft entwickelt. Alle Menschen sind für den Bazillus empfänglich,
wenn er ih die richtige Stelle eingepflanzt wird; jedoch ist die Wider-
standsfähigkeit der Gewebe noch ein ungelöstes Geheimnis. Tuberkulin
empfiehlt sich bei Haut- und Drüsentuberkulose, sowie bei Lungenfällen
ohne Fieber, jedoch müssen dieselben sorgfältig ausgesucht werden.
L. Brown, Saranac Lake, N.-Y.: Beide Faktoren sind von Wich-
tigkeit. Einige wenige Patienten bessern sich wundervoll unter Tuber-
kulin, die Mehrzahl jedoch nicht.
G. T. Palmer, Springfield, Ill.: Die Empfänglichkeit des Kranken
ist bei weitem wichtiger. Das einzige Heilmittel, und zwar nur bei nicht
aktiven Fällen, ist Tuberkulin. Ambulante Fälle zeigten oft auffallende
Besserung, während im Sanatorium keine Erfolge beobachtet wurden. —
Tuberkulin sollte nicht routinemässig gebraucht werden.
H. B. Jacobs, Baltimore: Die individuelle Empfänglichkeit ist
zweifellos wichtiger. — Bei einer kleinen Anzahl von Fällen beschleunigt
Tuberkulin die Heilung und bürgt für die Dauer derselben.
L. B. McBrayer, Sanatorium of N.-C.: Es ist besonders wichtig,
Infektionsherde zu entfernen. Nicht virulente Bazillen erzeugen keine
Tb., wohl aber die gewöhnlichen Formen, wenn sie lange genug ein-
wirken. Bazillenderivate haben sich als wertlos erwiesen.
C. L. Minor, Ashville, N.-C.: Wir könnten die Mortalität badentend
verringern, wenn wir die Lebenskraft der besonders empfänglichen Opfer
aufrecht erhielten. Wir können die Virulenz der Bazillen nicht beein-
flussen. Es gibt kein Specifikum für die Krankheit, aber in einer kleinen
Anzahl von Fällen ist Tuberkulin höchst wirksam,
M. P. Ravenel, Columbia, Mo.: Beide Faktoren sind wichtig. Wir
können aber mehr praktischen Nutzen erzielen, wenn wir die Wider-
standskraft des Individuums erhöhen. Tuberkulin ist das einzige Medika-
ment, das sich bei richtiger Auswahl von Nutzen gezeigt hat.
F. M. Pottenger, Monrovia, Cal.: Konstitutionelle Empfänglich-
keit spielt eine grosse Rolle, jedoch verstehen wir den Mechanismus der-
selben immer noch nicht; ebensowenig den der lokalen Empfänglichkeit.
Alle Heilverfabren wirken nur indirekt auf die Tb. ein. - Wenn man den
ganzen Bazillus den Körperzellen in Lösung einverleiben könnte, so wäre
das Ziel der spezifischen Heilung viel näher gerückt.
J. P. Crozier, Griffith, Philadelphia: Man versuche, Infektionen zu
vermeiden und beseitige lokale Reizzustände, welche Empfänglichkeit ver-
ursachen. Der Wert von Bazillenderivaten ist zweifelhaft.
Mannheimer, New York.
97. A. Arkin and Harry J. Corper, The tuberculocidal action
of arsenic compounds and their distribution in the tuberculous
organism. The Journ. of Infect. Dis. 18 Nr. 4 p. 885,
April 1916.
Im Verlaufe ihrer Versuche über Chemotherapie haben Verff. ver-
schiedene Arsenpräparate im ierexperiment ausprobiert. Sie finden
Sodiumarsenit in Verdünnung von 0,19,0—0,0001°o und eacodylsaures
Natron in Lösungen von 2 %u—0,002°/o ohne bakterizide Wirkung auf
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 4
50 Therapie.
Tuberkelbazillen (in 24 Stunden bei einer Temperatur von 37° Cı.
Quecksilber-Cacodylat in Verdünnung von 1°/o—0,001°/o hat keim-
tötende Wirkung auf menschliche Tuberkelbazillen in 24 Stunden bet
einer Temperatur von 37°. Diese Wirkung rührt wahrschänlich von
dem Quecksilber und nicht von dem Arsen in dem Präparat ber. Atoxy],
Arsacetin und Neosalvarsan in Lösungen von 1°/0o—0,001°;o sind nicht
imstande, menschliche Tuberkelbazillen in 24 Stunden bei 37° zu töten.
Diese Verbindungen haben gar keine spezifische Wirkung auf den mensch-
lichen Tuberkelbazillus. Ihr eventueller Wert beruht auf ihrer günstigen
Wirkung auf den Allgemeinzustand. Arsenik in der Form von einfachen
kristallinischen Salzen, wie Sodium arsenit., cacodylsaurem Natron, Atoxyl,
Arsacetin und Neosalvarsan, tuberkulösen Tieren parenteral zugeführt.
wird in Leber, Lungen, Nieren, Blut, Milz und tuberkulösen Geweben in
ungefähr gleicher Konzentration gefunden. Es liess sich nieht nach-
weisen, dass diese Substanzen sich in den tuberkulösen Geweben an-
häufen. Natriumstannat in Lösungen von 1°/o entfaltet keine bakterizide
Wirkung auf menschliche Tuberkelbazillen, sogar nicht nach 48 Stunden
im Brutschrank,. W. A. Gekler, Chicago.
98. J. E. Goldthwait, Anatomie form and posture, important
factors in the treatment of pulmonary tuberculosis. Boston
Med. and Surg. Journ.. 20. Juli 1916.
Verschiedene Typen von anatomischen Formen haben ihre eigene,
mehr oder weniger bestimmte Krankheitsmöglichkeit. — Schlanke Typen.
auch als angeborene Splanchuoptose bekannt, trifft man besonders häufig
bei Tuberkulösen. — Schuld hieran trägt teilweise Unterernährung, öfter
aber die ganze Art des Körperbaues.. Diese Menschen gewöhnen sich
eine Haltung an, bei welcher die Rippen niedriger liegen und die Brust
sich abflacht durch Herabsinken der Vorderfläche oder Einziehung der
seitlichen Rippen. In beiden Fällen wird die Atmung beeinträchtigt.
Die Brust dehnt sich nur selten vollkommen aus, die Zirkulation in den
Lungen leidet und die Ernährung der Bauchorgane ist wegen mangel-
hafter Bewegung des Zwerchfells gestört. Auch das Herz und die im-
neren Sekretionen werden geschädigt.
Die Körperhaltung muss in der Weise verbessert werden, dass Brust-
und Bauchatmung so normal wie möglich von statten gehen. Dies kann
nur dann ermöglicht werden, wenn der Rumpf vollständig gerade gehalten
wird, sowohl beim Sitzen als beim Stehen; der Körper darf in der Taille
nicht gebeugt werden. Auch beim Liegen muss diese Lage beibehalten
werden, was durch Weglassen von Kissen erreicht wird. Es ist «daher
ratsam, bei Lungentuberkulose einen Geradehalter gebrauchen zu lassen.
Wenn notwendig, sollte beim Aufrechtsitzen der ltücken durch Zuhilfe-
nahme eines Brettes gerade gehalten werden. Man fange mit «dieser Be-
handlung schon in der Kindheit an. Mannheimer, New-York.
99. Gensaburo Koga, A contribution to the chemotherapy of
tubereulosis. First experimental report.
Derselbe, A contribution to the chemotherapy of tuber-
eulosis. First clinical report.
Morisuke Otani, The treatment of tubereulosis with eyano-
euprol.
Therapie. al
-~ R. Takaro, The treatment of leprosy with ceyanocuprol.
The Journ. of Exper. Med. Vol. 24 Nr. 2, Aug. 1916.
Die Tageszeitungen vom 2. August brachten die Kunde von der
Entdeckung eines spezifischen Heilmittels gegen Tb. und Lepra. Die An-
kündigung stützte sich auf die August-Nummer des Journal of Experi-
mental Medicine, die ganz aus Berichten japanischer Forscher über diesen
Gegenstand besteht. Seit Ehrlich und Hata hat man vielfach nach
einem chemischen Heilmittel für Tb. gesucht. Man hat einiges Beweis-
material für die spezifische Einwirkung von Kupfer und Cyan auf Tu-
berkelbazillen. Koga fand, dass künstlich infizierte Tiere, welche mit
einer Kupfer-Cyan-Verbindung wiederholt intravenös eingespritzt worden
waren, Heilungsvorgänge in den Läsionen zeigten. Der Grad dieser
Heilungsvorgänge ist indessen nicht bestimmt ausgemacht. Emulsionen
von inneren Organen dieser anscheinend geheilten Tiere wurden Meer-
schweinchen in die Bauchhöhle eingeführt. Einige derselben entwickelten
Tb. Koga berichtet dann über 63 Patienten in den verschiedenen Stadien von
Tb. Lungentuberkulose im 1. und 2. Stadium wird durch das Präparat
(Cyanocuprol) bedeutend gebessert oler anscheinend geheilt, im 3. Stadium
günstig beeinflusst. Otani berichtet über 18 Fälle Er hält Cyano-
cuprol für auffallend wirksam und prophezeit ihm eine viel ausgiebigere
Anwendung als dem Tuberkulin. Die Dosis richtet sich nach Alter und
Konstitution des Patienten und nach der Reaktion. Höchstdosis 8,5 cem.
Eingespritzt wird alle 2 Wochen intravenös. Körperliche und geistige
Ruhe und auch lokale Ruhe des erkrankten Teiles ist unerlässlich.
Takano benutzte das Präparat bei 6 Leprafällen mit scheinbar gün-
stigem Erfolg. Die Herstellung des Präparates ist einigermassen in Ge-
heimnis gehüllt. Es ist nach Koga ein Doppelsalz von Kupfer und
Cyankalium in der Verdünnung von 1:2000, welches so hergestellt ist,
dass die Bildung von freiem Cyan-Wasserstoff mit Umwandlung in ameisen-
saures Kalium und Ammonium verhindert wird. Es wird nicht gesagt,
worin diese spezifische Manipulation besteht, auch nicht, in welchem Ver-
hältnis die konstituierenden Elemente verbunden werden. Weitere Berichte
und Bestätigungen sind abzuwarten, Mannheimer, New York.
100. I. Koeppe, Klinische Beobachtungen mit der Nernstspalt-
lampe und dem Hornhautmikroskop. 2. Mitteilung: Über Iritis
tuberculosa nebst Bemerkungen über therapeutische Erfolge
durch Bestrahlung mit der Lampe. Arch. f. Ophthalm. 92
H.1 (16. Sept. 1916).
Ausführliche Beschreibung der Veränderungen an der Hinterfläche
der Kornea im Kammerwasser und an der Iris bei Iridoeyelitis tubercu-
losa. Die Hauptbedeutung für die Fortschritte in der Diagnose mittels
der Nernstspaltlampe liegt darin, dass wir zur Diagnose Iritis schon bei
Betrachtung der Hornhauthinterfläche in einer so frühen Zeit gelangen
können, wie es mit dem Hornhautmikroskop allein bislang nicht möglich
war. In bezug auf die tuberkulöse Åtiologie der Iritis erlaubt diese Art
allerdings nur Mutmassung, ohne Sicherheiten zu geben. Verf. beschreibt
21 Fälle, in denen die Diagnose auf diese Weise gestellt und durch an-
dere Methoden bestätigt wurde. Die Nernstspaltlampe wurde bei allen
Fällen — ausser Tuberkulinkur — therapeutisch — 8—10 Bestrah-
4*
52 Klinische Fälle.
lungen — mit gutem Erfolge angewendet. Die Heilwirkung der Behaud-
lung beruht nach Ansicht des Verf. auf reiner Licht- und kaum auf
Wärmewirkung. Werner Bab.
e) Klinische Fälle.
101. H. Mohr- Bielefeld, Spontanheilung einer nach Trauma ent-
standenen Hodentuberkulose. Mschr. f. Unfallhlk. 21.1914 Nr.1.
Mohr berichtet über einen Fall von klinisch einwandfreier Tuber-
kulose des rechten Hodens mit Übergreifen auf Nebenhoden und Samen-
strang bei einem leichttuberkulösen Mann, die 8 Wochen nach einem Stoss
gegen die Genitalien auftrat und zur Fistelbildung führte. Unfallfolge
anerkannt. Operation wird verweigert. Ausgang in Spontanheilung ohne
jede Behandlung innerhalb der nächsten Jahre. Geinitz, Tübingen.
102. V. Reichmann. Über zwei unter dem Bilde einer Hirn-
geschwulst verlaufende tuberkulöse Hirnhautentzündungen,
nebst Bemerkungen zur Frage über die Entstehung und
Ausbreitung der Meningitis tuberculosa. (Aus der medizin.
Klinik zu Jena, Direktor Prof. Dr. Stinzing) D. Zschr. f.
Nervenhlk. 52 H. 112 S. 28.
Unter dem klinischen Bild von Hirngeschwülsten verliefen in der
medizinischen Klinik zu Jena im Jahre 1913 zwei Fälle von tuberkulöser
Hirnhautentzündung mit folgendem Befund:
I. Fall: 4jähriger Knabe, eine Woche zuvor an Schmerzen in Kopf
und Brust erkrankt. In wenigen Tagen entwickeln sich totale Anakusie
und Aphasie sowie Parese der Beine. Bald darauf treten Ophthalmoplegie
erst links, dann rechts sowie Parese der Arme hinzu. Choreiforme Arm-
bewegungen. Beiderseitige Stauungspapille. Sensorium klar. Keine Nacken-
starre, Benommenheit, Fieber. Annahme eines tb. Prozesses am frontalen
Ende der Brücke am Beginn der Grosshirnstielee Lumbalpunktion: Li-
quordruck von 370 mm Wasser, klar mit Stich ins Grünliche, Nonne I
stark +, Zellenzahl 566 - 11/32, hauptsächlich Lymphozyten, Tuberkel-
bazillen gefunden. Tod im Kollaps nach 2 Tagen.
Sektion: Lungenhilusdrüsen und linker Oberlappen tuberkulös, spär-
liche Miliartuberkulose. Rarefikation des Schädeldaches, Tuberkulöse
Meningitis au der Basis mit frischeren und älteren Prozessen. Während
die jüngsten auf der Med. oblongata durch Exsudat und Desquamation
gekennzeichnet sind, dominieren bei den älteren am Pons mässige Rund-
zellenintiltrate um die Gefässe und es kommt bereits zur Bildung von
Granulomen. Die ältesten Prozesse an den weichen Häuten der Gross-
hirnstiele zeichnen sich durch völliges Fehlen der Zellen in den Piamaschen
aus. Als Folge des durch die groben Gefässveränderungen erschwerten
Blut- und Lymphabflusses zeigt sich hochgradiges Ödem und schliessliche
Erweichung der Grosshirnstiele Veränderung der Hirnsubstanz nach Art
der Randenzephalitis und -nıyelitis.
I. Fall: 36jährige Frau, Krankheitsbeginn mit Kopfschmerz und
Schwindel vor Monaten, binzu tritt Erbrechen. Stärkerer Schwindel macht
Steben und Gehen unmöglich. Aufnahme in die Klinik. Lungen gesund,
Temperatur stets unter 37,3%. Geringe Mydriasis, geringe Ataxie. Patellar-
Klinische Fälle. 33
reflexe fehlen zuweilen, Achillessehnenreflexe stets. Beiderseitige Stauungs-
papille. Nahrungsaufnahme infolge sofortigen Erbrechens unmöglich. Ra-
pide Abmagerung. Hirnpunktion des rechten Seitenventrikels. Liquordruck
185 mm Wasser. 10 ccm wasserklarer Liquor werden abgelassen. Eiweiss-
gehalt vermehrt. Zellgehalt 64 - 11/32, hauptsächlich Lymphozyten. My-
driasis verschwindet, Zustand bessert sich erheblich. Nach 3 Tagen wieder
schlechter. Noch zweimal Seitenkammerpunktionen. Nach dem letztenmal
kommt Kranke bald in einen komatösen Zustand. Azeton und Azetessig-
säure erscheinen im Urin. Exitus 2 Tage nach Auftreten tonischer
Krämpfe in Gesicht und beiden Armen.
Klinische Diagnose: Kleinhirntumor, kein Zeichen für Tuberkulose.
Sektionsergebnis: Konglomerattuberkel der weichen Häute des Gehirns
an der Basis, des Hirns und der Adergeflechte. Starke Ependymitis gra-
nularis; subchronischer Hydrozephalus internus; mässige Abplattung der
Hirnwindungen.
Im folgenden erörtert Verf. das Zustandekommen der gewöhnlichen
tuberkulösen Meningitis auf hämatogenem und Iymphogenem Wege und
den Grund ihres Lieblingssitzes zwischen Chiasma opticum und Pons, um
zum Schluss auf die Entwicklung der Tuberkulose in beiden obigen Fällen
näher einzugehen. Fr. W. Massur, Stettin.
103. Gustav Bautzmann, Über einen Fall von Augenbinde-
hauttuberkulose nach einer Verletzung durch Schlag mit dem
Schwanz einer Kuh. Inaug.-Diss. Giessen 1916.
Die Augenbindehauttuberkulose ist eine relativ seltene Erkrankung,
deren Entstehung in den meisten Fällen auf mechanischem Wege zu er-
klären ist. Im vorliegenden Falle entstand 14 Tage nach einer Verletzung
durch Schlag mit dem Schwanz einer Kuh bei einem jungen Stallschweizer,
dessen rechte Lungenspitze suspekt war, eine Rötuug, Schwellung und
Konötchenbildung auf der Bindehaut des Augenlides, welche sich später
pathologisch - anatomisch als Tuberkulose erwies. Ein Zusammenhang
zwischen der Verletzung und der Erkrankung erscheint sehr wahrscheinlich.
Das Virus könnte sich am Schwanz der Kulı befunden haben, oder der
Verletzte könnte sich dasselbe nachträglich durch seine Finger oder das
Taschentuch eingeimpft haben. Die Möglichkeit einer hämatogenen Ent-
stehung bei bestehender Lungentuberkulose wird gestreift. Auffallend erscheint
die ausserordentlich kurze Inkubationszeit (Ref.). Hans Müller.
104. W. Uhthoff, Ein Fall von Tuberkulose der Konjunktiva
des oberen Lides, kombiniert mit ILymphangiombildung.
Ki. Mbl. f. Augenhlk. 1916 Juli-Augustheft S. S.
Erste Mitteilung dieser Kombination in der Literatur. Fall eines
8jährigen Mädchens, bei dem seit Geburt eine Schwellung des linken
Oberlides bestand. Die mikroskopische Untersuchung eines zu thera-
peutischen Zwecken exzidierten Stückes der Geschwulst ergab Tuberkel-
knoten und tuberkulöse Infiltration in einem lymphangiektatischen Gewebe.
In den Lymphektasien fanden sich die Lympbräume vielfach leer, z. T.
aber auch mit fibrillärem und homogenem geronnenen Inhalt gefüllt
(geronnene Lymphe). Verf. meint, dass die Lymphangiektasien als ange-
borene anzuseben sind, da Schwellung und Pıosis des oberen Lides schon
von Geburt an bestand. Im Bereich dieser Lymphangiombildung muss später
54 Prophylaxe.
als eħmem Locus minoris resistentiae eine tuberkulöse Infektion erfolgt sein.
Eine andere Lokalisation der Tuberkulose oder Heredität war nicht nach-
zuweisen. Günstiger Erfolg durch Bestrahlungstherapie. Werner Bab.
105. J. L. McCool, Some observations on ocular tuberculosis
and its treatment. The Ophlhalmic Record, Januar 1916.
Mitteilung von 9 Fällen (in der Pacific Coast Oto-Ophth. Society,
San Francisco), betreffend die verschiedenen äusseren und inneren tuber-
kulösen Affektionen des Auges. Werner Bab.
106. E.B. Friedenwald and W. Greenfeld, Tuberculous tumor
of the brain, a report of a case and brief summary of the
literature. Amer. Journ. Dis. of Child. 9 Nr. 6, Juni 1915.
Verff. bringen Krankengeschichte und Sektionsbefund eines Falles
von multiplem Hirntumor. Die mikroskopische Untersuchung der Hirn-
tuberkel sowie der Bronchialdrüsen zeigte grosse Mengen von Tuberkel-
bazillen in den Wänden, sowie auch in dem Lumen der Gefässe. Es
ist dies der erste Fall, in dem ein derartiger mikroskopischer Befund bei
tuberkulösen Hirntumoren festgestellt worden ist. Die Literatur wird
kurz besprochen. W. A. Gekler, Chicago.
107. Helbig, Ein Fall von Steinhusten. (Aus der inneren Abteilung
des Elisabeth-Krankenhauses Halle a. S. — Prof. Dr. Winternitz.)
M. m. W. 8. 1483— 1484.
Eine alte ö8jährige Frau hatte mehrere Hustenanfälle, bei denen sie
Steine von verschiedener Grösse (s. Orig.-Abb.) aushustete Das histo-
logische Bild zeigte neben einem kalkhaltigen Gewebe überall typische,
grobfleckige Knochenstruktur mit Knochenkanälchen und bei ganz schwacher
Vergrösserung Anordnung in Lamellen. In der Mitte des Gesichtsfeldes
sind deutliche typische Knochenkörperchen mit ihren vielfach verästelten
Ausläufern, den Knochenkanälchen, zu sehen. Zur Ätiologie der Gebilde
muss wahrscheinlich angenommen werden, dass durch Metaplasie verkalkter
Lungenherde oder Bronchialdrüsen die Verknöcherung entstanden ist.
Bredow-Ronsdorf.
108. Thiem-Cottbus, Tuberkulöse Hirnhautentzündung durch
Quetschung eines tuberkulösen Nebenhodens hervorgerufen.
Meschr. f. Unfalllik. 22. 1915 Nr. © 5. 17%.
Im Gegensatz zu dem Urteil mehrerer Vorbegutachter bejaht Thiem
den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer (Juetschung von Hoden
und Nebenhoden, wodurch alte tuberkulöse Herde daselbst aufgeflackert
seien, mit der 2 Monate nach der nötig gewordenen operativen Semikastra-
tion aufgetretenen und auch durch die Sektion bestätigten tuberkulösen
Meningitis. Komplizierend bei der Begutachtung hatte gewirkt, dass auch
eine Tuberkulose der Nieren vorlag. (reinitz, Tübingen.
f) Prophylaxe.
109, Veröffentlichung des Preussisechen Ministeriums des Innern
vom 24. XL. 1916. Das Rote Kreuz Nr. 26 v. 24. NII. 1916.
Aus Berichten der Regierungspräsidenten geht hervor, dass in fast
allen Lungenheilstätten eine einwandfreie Vernichtung der Tuberkelbazillen
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 55
durch Auskochen des Auswurfs oder durch Dampfdesinfektion stattfindet,
während die auch in Lungenheilstätten vielfach geübte mechanische Rei-
nigung der Speigläser und Spuckflaschen unter Zuhilfenahme von Des- `
infektionsmitteln und heissem Wasser nicht ausreicht und das Personal
nicht unerbeblich gefährdet. In den übrigen Krankenanstalten liegt die
Beseitigung des Auswurfs Schwindsüchtiger noch sehr im argen. Die
gewöhnlich angewandten Desinfektionsmittel (Sublimat 5°/o, Kresolseifen-
lösung 2,5—1U%u u. a.) genügen allein nicht zur sicheren Vernichtung
der Tuberkelbazillen im Innern von zähen Auswurfballen, wenn nicht
durch vorherige Einwirkung einer 2°/juigen Soda- oder einer 1°/nigen
Antiforminlösung ihrer Wirkung vorgearbeitet wird. Zu verwerfen ist unter
allen Umständen die Entleerung undesinfizierten Auswurfs in Abort oder
Kanalisation. Empfohlen werden Versuche mit den Phenolderivaten Pho-
brol, Grotan und Sagrotan bei gleichzeitiger Anwendung von Antiformin
(Kirstein). In erster Linie soll in Krankenhäusern und Lungenheilstätten
Verbrennung oder Auskochen des Auswurfs und Dampfdesinfektion ange-
wandt werden. Stehen keine besonderen Apparate (Kirchner, Heim u.a.)
zur Verfügung, so genügen auch grosse Kochtöpfe mit Siebeinsatz, auf
welchen die Speigläser mit Inhalt und die Spuckflaschen gelegt werden. -
Dabei ist die Benützung von Küchenöfen zum Auskochen grundsätzlich
zu vermeiden. Die Speigläser an den Krankenbetten sollen mit Deckel
und Handgriff versehen sein. Leunenschloss, Frauenbain.
110. Lohmer-Cöln, Aufgaben, Ziele und Organisation der gesund-
heitlichen Wohlfahrtspflege auf dem Lande. Zbl. f. Gesdhtsp/l.
1916 H. 1,2.
Die gesundheitliche Wohlfahrtspflege auf dem Lande muss unter
kluger Benützung aller bereits bestehenden Organisationen und Wohlfahrts-
einrichtungen mit Rücksicht auf die Eigenart der Bevölkerung nach Mög-
lichkeit zentralisiert werden. Die geeignetsten Persönlichkeiten für die
Leitung dieser Zentrale sind der Landrat und der Kreisarzt. Als aus-
führende Persönlichkeit ist eine ausgebildete, geschulte Kreisfürsorgesch wester
unerlässlich. Und zwar muss dieselbe auf allen Gebieten der Fürsorge,
Tuberkulose-, Säuglings-, Wöchnerinnen-, Wohnungsfürsorge usw. usw.
gleichmässig ausgiebig ausgebildet sein, da sich die einzelnen Gebiete der
Fürsorge nicht ohne Schaden für die gesamte Wohlfahrtspflege vonein-
ander trennen lassen. Eine welterfahrene Kreisfürsorgeschwester wird mit
Klugheit und Takt die ihr gebotenen Mittel zur Anwendung bringen, wird
sich bald das Vertrauen der ländlichen Bevölkerung erringen und wird
so die Seele der gesamten Wohlfabrtspflege auf dem Lande werden können.
Für gebildete Frauen mit offenem Blick und warmem Herzen dürfte der
Beruf einer solchen Fürsorgeschwester ein neues weites Feld zu sozialer
Betätigung werden. Hans Müller.
£) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkalose-
krankenhäuser und -Heinie.
111. B. H. Whitbeek, A review of the ten years’ work at Sea
Breeze Hospital for surgical tuberculous, Amer. Journ. of
Orthoped. Surg., Mörz 1916.
Während der ersten zehn Jahre seines Bestehens wurden im Sea
Breeze Hospital zu Coney Island 262 Fälle behandelt. Hiervon starben
56 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
38; 9 wurden von den Eltern nach einem mehrtägigen Aufenthalt nach
Hause genommen; 7 wurden als nicht tuberkulös entlassen; bei 123 ist
der Krankbeitsprozess zum Stillstand gekommen; 10 wurden als gebessert
entlassen und 43 sind noch im Hospital. Unter den Kindern waren
viele mit vorgeschrittener Krankheit, mit amyloider Degeneration, und
sogar ein moribunder Fall. 24 von den ersten 100 Aufnahmen starben,
und zwar 4 an Lungentuberkulose, 18 an Amyloid, 1 an Sarkom (nicht
Tuberkulose). Unter den übrigen 162 gab es bloss 14 Todesfälle, 2 an
allgemeiner Miliartuberkulose, 3 an Amyloid; und 4 geheilt entlassene
starben nachträglich, und zwar 2 an Scharlach, Masern, Diphtherie und
Unfall. Unter den als stationär Entlassenen war bei 17 die Wirbel-
säule ergriffen, bei 22 das Hüftgelenk, bei 12 das Knie, bei 7 das
Sprunggelenk, bei 2 die Schulter, bei 4 der Ellbogen, bei 1 der Kiefer,
bei 2 die Finger, bei 2 das Handgelenk und bei 2 mehr als ein Gelenk.
Unter den 10 als gebessert entlassenen Fällen waren bei 4 die Lymph-
knoten, bei 2 die Hüfte, bei 1 das Knie, bei 1 das Sprunggelenk und
bei 2 mehr als 1 Gelenk erkrankt. 2 davon hatten eiternde Fisteln
beim Eintritt. 49 von den als geheilt Entlassenen batten beim Eintritt
-eiternde Fisteln, welche zur Zeit geschlossen sind. \Vährend der Winter-
zeit erhielten die Kinder Schulunterricht im Zimmer mit weit offenen
Fenstern. Die Schulbehörde stellte die Lehrer. Die Fisteln heilten am
echnellsten unter Seebädern und Sonnenbestrahlung. Um das Baden zu
ermöglichen, werden die Gelenke mit orthopädischen Apparaten anstatt
mit Gipsverbänden behandelt. Die Schienen werden mit Gummi bedeckt,
so dass sie vor dem Baden nicht abgenommen zu werden brauchen.
Sonnenbestrahlung kann nur an warmen Sommertagen angewendet werden,
weil Kinder den Einfluss von Wind nicht gut vertragen. Auch werden
viele unruhig, wenn sie an feuchten Tagen der Sonne ausgesetzt werden.
Bei Psoasabszess wurde horizontale Ruhelage verordnet. In einigen
Fällen erfolgte Resorption. Grosse Abszesse werden. entweder aspiriert
mit nachfolgender Einspritzung von Calot’s Lösung oder inzidiert, der
Eiter langsam ausgedrückt und die Wunde aseptisch vernäht. Letztere
Behandlung zeigte bessere Erfolge. Wirbelsäulen-Tuberkulose wurde mit
Knochentransplantation behandelt. Lungenfälle wurden nicht zugelassen,
weil sie von der Seeluft nicht günstig beeinflusst werden. Wenn Lungen-
symptome während des Aufenthaltes erschienen, wurde Patient entlassen.
Mannheimer, New York.
Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
4. Adolf Bacmeister, Lehrbuch der Lungenkrankheiten. Mit Sr Tert-
abbildungen und 4 jarbigen Tafeln. Leipzig 1916. Verlag von Georg Thieme.
Bacmeister, der als langjähriger Assistent der Freiburger medizinischen Klinik
und jetziger Leiter des Sanatoriums St. Blasien über grosse eigene Erfahrungen
verfügt und dem wir mannigfache Bereicherung unserer Kenntnisse der Pathogenese
und Therapie der Tuberkulose zu verdanken haben, hat sich der Aufgabe unter-
zogen, die Lungenerkrankungen zusammenfassend darzustellen. Wie er im Vor-
wort hetont, verfolgt sein bereits im August 1914 abgeschlossenes Lehrbuch haupt-
sächlich praktische Zwecke. Deshalb ist auf Literaturangaben verzichtet und die
Technik der Röntgendiagnostik mit Recht unberücksichtigt geblieben; andererseits
-a
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. D
habena die diagnostischen Methoden, soweit sie der praktische Arzt beherrschen
muss, eine sebr ausführliche Beschreibung erfahren. Stellenweise ist der Verf.
in diesem Bestreben wobl sogar etwas zu weit gegangen. Es muss doch die
Kenntnis der grundlegenden perkutorischen und auskultatorischen Phänomene bei
dem Leser eines solchen Lehrbuches vorausgesetzt werden. Sätze wie etwa der:
„Die gesunde Lunge ist aus zahlreichen kleinsten lufthaltigen Kämmerchen, den
— Alveolen — zusammengesetzt* (S. 15), „die Lungen gliedern sich in Lappen“
(S. 20), gehören doch weit mehr in einen Leitfaden der Perkussion und Aus-
kultation, als ın ein Lebrbuch der Lungenkrankheiten. Auch sonst hat die Ab-
sicht des Verf., dem Praktiker möglichst genaue diagnostische Hinweise zu geben,
zur Aufnahme von Methoden und Krankheiten geführt, die an sich zu den Lungen-
krankheiten nur lose Beziehungen haben. So erscheint die eingehende Erörterung
der Maserndiagnostik (mit der übrigens wenig gelungenen Abbildung der Koplick-
schen Flecke) und der Typhusdiagnose beim Kapitel der Bronchitis doch wohl
weit hergeholt, so praktisch wichtig auch die Technik der Blutentnahme für die
Widal’sche Reaktion und die Blutkultur beim .Typhus ist. Gleiche Bedenken
sind geltend zu machen gegen die Angaben über die Färbung der Spirochaete
pallida im Kapitel der Lungensyphilis: Bei der klinischen Diagnose der Lungen-
syphilis kommt doch eine Färbung der Spirochaete nicht in Frage. Derartige Bei-
spiele für eine nicht genügend scharfe Umgrenzung des Stoffes liessen sich noch
eine ganze Anzahl anführen. Auf der anderen Seite fehlen wieder Dinge, die
zweckmässig erwähnt worden wären, bzw. die eine ausführliche Darstellung ver-
dient hätten, wie die Pleuratumoren, die auf knapp einer Seite abgehandelt werden.
Das Lehrbuch ist mit Textabbildungen und farbigen Tafeln reichlich aus-
gestattet. Die meisten Tafeln sind gelungen und gut reproduziert. Finzeine
schlechte Abbildungen (so z. B. das ganz unnatürliche Bild einer Pirquet’schen
Kutanreaktion) sollten bei einer Neuauflage durch bessere ersetzt werden. Auch
die Wiedergabe der Röntgenbilder ist nicht immer einwandfrei. Die Zahl der
Röntgenbilder könnte bei der grossen Bedeutung der Röntgenphotographie meines
Erachtens noch erheblich vermehrt werden.
Dass im übrigen die Darstellung bei einem Autor wie Bacmeister flüssig
und klar ist, braucht nicht betont zu werden. Man merkt auf jeder Seite den
erfahrenen Kliniker, der mit anerkennenswertem didaktischen Geschick den
Lernenden in das Gebiet der Lungenkrankheiten einführt. Es ist deshalb zu er-
warten, dass das Bacmeister’sche Lehrbuch eine weite Verbreitung bei Ärzten
und Studierenden finden wird, die im Interesse gut fundierter Kenntnisse auf
diesem für den Praktiker so ausserordentlich wichtigen Gebiet sehr zu wünschen wäre.
G. Rosenow.
ð Dietrich und Kaminer, Handbuch der Balneologie. Band I, mit
S59 Abbild. und 1 Tafel. Leipzig 1916, Verlag Georg Thieme. Preis M. 14.—.
Die Zentralstelle für Balnevlogie hat es unternommen, in einem grosszügigen
Werk von 6 Bänden, von denen uns der l. Band vorliegt, die schon zu hoher
Blüte gelangten wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiete der Balneologie
und Klimatologie in ihren Ergebnissen zu sammeln und den Ärzten zugänglich zu
machen. Es ist dieser Plan um so mehr zu begrüssen, weil die Balneologie
und Klimatologie in manchen Ärztekreisen immer noch etwas stiefmütterlich
behandelt werden. So werden manche, auch vielleicht aus den Kreisen der Tuber-
kuloseürzte sich wundern, dass wir in unserem Fachblatte das Handbuch besprechen.
Aber gerade für die Tuberkulose-Fachärzte haben Balneologie und Klimatologie
eine viel grössere Bedeutung als im allgemeinen angenommen wird. Für wie
viele Begleitsymptome und Komplikationen der chronischen Tuberkulose der
Lungen gebrauchen wir nicht eine Reihe von Mineralwässern und Bäderkuren!
Welche gewichtige Rolle spielen weiter klimatologische Fragen für unsere Dis-
ziplin, die noch in sehr vielen Punkten, was die Tuberkulose anlanzt, der Klärung
haıren! Jeder Tuberkulosearzt muss demnach das grosse Werk der Zentralstelle
mit Freuden begrüssen. Er erhält dadurch die Möglichkeit, sich über alle ein-
DY Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
schlägigen wissenschaftlichen Fragen rasch zu unterrichten und wird angeregt zu
eigener Forschung auf diesem Gebiete.
Die einzelnen Abschnitte in dem Handbuch sind von Fachleuten bearbeitet.
In Band [ kommen die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Balneologie und
Klimatologie in Behandlung. So finden wir nach einem einleitenden Abriss der
Balneologiegeschichte von Alfred Martin mit sehr instruktiven Bildern die
Geologie der Mineralquellen und Thermen, der Mineralmoore und Mineralschlamme
von Keilhack bearbeitet. Die Chemie der Gewässer, Moore und Mineral-
schlamme ist in den ersten 2 Kapiteln von Thiesing, Hintz und Grünhut
bearbeitet und zwar hat Thiesing das indifferente Wasser behandelt, die beiden
anderen genannten Forscher haben sich in sehr eingehender Weise mit den
chemischen Eigenschaften der Mineralwasser, -Moore und -Schlamme befasst. In
einem 3. Kapitel dieses chemischen Abschnittes wırd das Meerwasser von Merz
besprochen. Wenn auch der Inhalt dieser einleitenden Abschnitte den Ärzten
etwas fern liegt, so werden sie doch nach vielfachen Richtungen durch die muster-
gültigen Abhandlungen belehrt und unterrichtet. Man findet alles darin, was zum
Verständnis der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Mineralbäder
und Mineralschlamme nötig ist.
Im Abschnitt C des Bandes kommt dann die Physik des Klimas zur Be-
handlung. In diesen Kapiteln nähern wir uns schon mehr rein ärztlichen Fragen.
Jeder Arzt, der klimatologische Studien machen will, hat sich zunächst über die
physikalischen Eigenschaften des Klimas eingeliend zu unterrichten. Er findet ia
der Arbeit von Alt alles Nähere über die physikalischen Verhältnisse der einzelnen
Klimafaktoren. Die Physik der Sonnenbestrahlung ist in bekannter, mustergültiger
Weise von Dorno, Davos. der darin ja über ganz besonders eingehende Erfah-
rungen verfügt, bearbeitet worden. Das Radium und die radioaktiven Substanzen
kommen in einem kurzen Schlusskapitel aus der Feder von Marckwald zur
Besprechung.
Wir sehen mit Interese den folgenden Bänden des grossen Werkes entgegen,
in denen die Balneo-Plıysiologie, die allgemeine und spezielle Klimato-Physiologie,
endlich die allgemeine Therapie der Kurorte, Kurorthygiene und Balneographie von
sachkundigster Seite bearbeitet werden sollen. --
Das Werk wird nach seiner Vollendung ein Denkmal deutschen Fleisses und
deutscher wissenschaftlicher Gründlichkeit darstellen, zumal es sich auf wissen-
schaftlichen Forschungen eines Gebietes aufbaut, die vorwiegend in Deutschland
und Österreich gemacht wurden. Schröder, Schömberg.
6. F.Lewandowsky. Die Tuberkulose der Haut. Berlin 1916, Verlug
von Julius Springer. 233 8. mit 115 Abbild. und 12 Tafeln. JPreis M. 22.—
Das Werk ist ein spezieller Teil aus dem grösseren Kapitel der Tuberkulose,
die ihierseits zu dem grösseren Sammelwerke einer Enzyklopädie der klinischen
Medizin gehört (herausgegeben von Langstein, v. Noorden, v. Pirquet und
Schittenhelm). Aus dem allgemeinen Teil sind hervorzuheben die besonders lehr-
reichen Kapitel, in denen wir die Beweise für die tuberkulöse Natur einer Hauter-
krankung, die Disposition, die Infektionswege und die Immunitätslehre finden. Der
spezielle Teil berührt in der Einführung die Streitfrage der Nomenklatur, die ja
bedauerlicherweise wie diejenige noch mancher anderer dermatologischen Affektionen
vieles zu wünschen übrıg lässt. Ausdrücke wie Aknitis werden z. B. noch immer
von der Wissenschaft mitgeschleppt. Der eigentliche Inhalt wird in drei Haupt-
gruppen abgehandelt, nämlich in Formen progredienter Einzelherde, in exanthe-
matischen Formen und Krankheiten unsicherer Ätiologie. Unter die erste Gruppe
gehört der Lupus vulgaris mit seinen Varietätenformen, die verruköse und die
kolliquative Tuberculosis cutis und die ulzeröse 'l'uberkuluse. In der zweiten Gruppe
finden wir unter anderen die Milliartuberkulose, den Licben scrofulosorum und
die papulo-nekrotischen Tuberkulide. Aus der dritten Gruppe sei die wichtigste
Erkrankung, der Lupus erythematodes hervorgehoben. Einige fälschlich zur 'Tuber-
kulose gerechnete Erkrankungen sind ihr angegliedert. Der therapeutische Teil
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. D9
gibt eine Übersicht über die Behandlung der inneren und der chirurgischen Tuber-
kulose. Die Behandlung der Hauttuberkulose zerfällt in biologische, chemische,
physikalische und chirurgische Methoden. Von den chemischen Methoden sind
als modern hervorgehoben: Salvarsan, Gold, Cholin und Kupfer. Aus der physi-
kalischen Therapie findet die Licht-, Röntgen- und Radiumbehandlung besondere
Beachtung. Zahlreiche Abbildungen und farbige Tafeln nach Moulagen und
klinischem Material, mikroskopische Zeichnungen und Mikrophotogramme sind
dem Texte reichlich beigegeben.
Der trotz aller wissenschaftlichen Gründlichkeit flüssige Stil macht das
Studium des Buches mühelos und spannend. Eine wohltuende Objektivität lässt
in strittigen Fragen jede Auffassung zu ihrem Rechte kommen. Die Kapitel der
Disposition, der Immunitätslebre und der modernsten Bebandlungsmethoden er-
öffnen bei aller Vorsicht des Urteils anregende Aussichten auf künftige Möglich-
keiten und Lösungen. F. B. Solger, Rostock.
7. 0. Amrein-Orosa, Klinik der Lungentuberknlose für Studierende
und Ärzte. Mit 11 Abbildungen. 150 S. Bern 1917, Verlag von A. Franke.
Das anregend geschriebene Werk wird den Studierenden und manchem
praktischen Arzte ein willkommenes Nachschlagebuch sein. Das ganze ist über-
sichtlich geordnet, in 12 verschiedene Kapitel eingeteilt und mit Autorenregister,
Sachregister und Ortsregister versehen. Ein Abschnitt bespricht auch „den
heutigen Stand der Tuberkulosebekämpfung* und ein anderer „Die wichtigsten
Untersuchungen im Laboratorium“ (Dr. Heinz). Lucius Spengler.
S. Veröffentlichungen der Robert Koch-Stiftung zur Bekämpfung der
Tuberkulose. Bd. 2 H. 1. Tihiemes Verlag, Leipzig 1916.
a) Ischio Haga. Uber das Vorkommen und den Nachweis von
Tuberkelbazillen im strömenden Blute.
Nach einem kurzen Referat über die Arbeiten früherer Autoren und die
dabei angewandten Untersuchungsmethoden (mikroskopische Metiioden, Tierversuch)
stellt Haga in ausführlichen Tabellen die einander widersprechenden Ergebnisse
nach Autoren, nach den engverwandten Methoden und denı Stadium der Erkran-
kung der untersuchten Patienten geordnet zusammen. Bei seinen eigenen mikro-
skopischen Untersuchungen wendet er die Scheitter’sche Methode in eigener
Modifikation an. Besonderen Wert legt er auf die jedesmalige frische Herstellung
des destillierten \Vassers und sämtlicher benützter Lösungen, auf die Untersuchung
der angewandten Lösungen auf etwa in ihnen vorhandene säurefeste Stäbchen
und anf die peinlichste Reinigung der benützten Gläser, Objektträger usw. Aus
vergleichenden Vorversuchen ergibt sich, dass Tuberkelbazillen im Blut bis herab
zu einer Menge von 0,00001 mg nachweisbar sind, während der Tierversuch noch
genauer zu sein scheint, besonders wenn mehrere Versuchstiere gebraucht werden.
Die eigenen Untersuchungen des Verfassers erstrecken sich zunächst auf
108 Blutproben von 105 Menschen, von denen 75 an Lungentuberkulose verschie-
denen Grades und 6 an Tuberkulose anderer Organe eıkrankt waren. Bei 22 lag
nur 'Tuberkuloseverdacht vor. Unter den 75 an Lungentubeikulose Erkrankten
gehörten 35 klinisch dem [. Stadium und je 20 dem Il. und Iil. Stadium an. Es
wurde in jedem Fall gleichzeitig die mikroskopische Untersuchung nach der modi-
fizierten Scheitter'schen Methode und der Tierversuch an je 3—4 Meerschweinchen
ausgeführt. Der Ausdruck „mikroskopisch-pesitiv“ wird von Haga bei seinen
Untersuchungen in dem Sinne eines positiven Befundrs von tuberkelbazillen-
ähnlichen, siuretesten Stäbchen gebraucht. ohne dass dabei zunächst über die
wahre Natur dieser Stäbchen ein Urteil gefällt wird. Unter den 35 Fällen des
1. Stadiums war das Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung 10 mal (23,6% o)
positiv, während der Tierversuch Smal (22,8 /u: positiv ausfiel. Das Resultat der
beiden Methoden deckt sich aber nur in 4 Fällen. Die Blutuntersuchung der
20 Fälle des II. Stadiums war 5Amal (25°) mikroskopisch und 6mal 1300/9 im
Tierversuch positiv. Das Resultat deckte sich in 5 Fällen. Unter den 20 Fällen
60 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
des III. Stadiums war die mikroskopische Untersuchung 8mal (40°/o) und der
Tierversuch 8mal (40°/o) positiv. Das Ergebnis stimmte aber nur in 5 Fällen
überein. Die 6 Blutuntersuchungen in Fällen von Erkrankungen anderer Organe
ergaben lınal mikroskopisch und 2mal im Tierversuch einen positiven Befund.
Unter den 22 zur Zeit der Blutuntersuchung auf Tuberkulose verdächtigen Fällen,
von denen allerdings bei einigen später eiue andere Diagnose gestellt wurde, war
die Blutuntersuchung in einem (im Tierversuch negativen) Fall mikroskopisch
positiv, 3mal im Tierversuch positiv. Die Tuberkulinreaktion war bei 10 Kranken
positiv ausgefallen, wobei aber nur 2mal das Ergebnis der Tuberkulinreaktion
mit dem des Tierversuchs übereinstimmte.
Insgesamt war also in 103 Fällen die Blutuntersuchung 25 mal (24,2°;o) mi-
kroskopisch, 27 mal (26,2°/o) im Tierversuch positiv. Dieses Ergebnis steht in
schroffem Gegensatz zu den Untersuchungen von Liebermeister, Kurashige
u.a., welche bei 100° aller an Tuberkulose Erkrankten positiven Bazillenbefund
im Blute hatten und infolgedessen das Wesen der tuberkulösen Erkrankung in
einer primären Bakteriämie suchten. Nach den Untersuchungen Hagas steigt
im allgemeinen die Häufigkeit der positiven Blutbefunde mit der Schwere der Er-
krankung. Ein prognostischer Rückschluss auf die Schwere der Erkrankung lässt
sich jedoch aus dem Bazillenbefund des Blutes zur Zeit nicht ziehen. Die oben
erwähnte Differenz zwischen den Resultaten der mikroskopischen Blutuntersu-
chungen und denen des Tierversuchs vermag der Verfasser nicht endgültig zu klären.
Massgebend ist für ıhn nur das positive Ergebnis des Tierversuchs. Dagegen ist
der negative Ausfall des Tierversuchs nicht beweisend, wie aus Parallelversuchen
mit mehreren Tieren hervorgeht. Die mikroskopische Untersuchung des Blutes
allein ohne den gleichzeitigen Tierversuch hat diagnostisch keinen Wert, weil es
zur Zeit noch nicht gelingt, schwerwiegende Fehlerauellen mit Sicherheit zu ver-
meiden. ;Die beobachteten säurefesten Stäbchen können aus den angewandten
Lösungen (bei Haga selbst vermieden) stammen oder sonst durch unsaubere Be-
handlung von aussen ins Blut gelangt sein, oder aber durch die Schleimhäute des
Atmungs-, Verdauungs- und Urogenitalapparates ins Blut eingedrungen sein.
Schliesslich können sie auch bei ungenügender Entfärbung noch rot gebliebene
Organpartikelchen darstellen. Dagegen kann sich Haga nicht den von Kalın
gemachten Angaben anschliessen, dass „die roten Blutkörperchenhüllen und Eiweiss-
körper des Blutes oder Fihrins bei der Untersuchung mit der Scheitter'schen
Metliode ein den Tuberkelbazillen ähnliches Gebilde darstellen können.“
Verf. gibt dann noch Tabellen über die Obduktionsprotokolle der benützten
Versuchstiere. 48 Blutuntersuchungen an 12 künstlich mit humanen Tuberkel-
bazillen infizierten Meerschweinchen waren 13mal (27,1°o) mikroskopisch und
13mal im Tierversuch positiv, wobei das Ergebnis in 11 Fällen übereinstimmte.
Hierbei fällt im Gegensatz zur menschlichen Tuberkulose gleich am Anfang der
Infektion ein verbältnismässig hoher Prozentsatz der Blutuntersuchungen positiv
aus. Nach erfolgter Abnahme in den folgenden Wochen steigt der Prozentsatz
der positiven Ergebnisse kurz vor dem Tode wieder an. Haga erklärt das durch
den Unterschied zwischen einer leichten spontanen Infektion des Menschen und
der künstlichen, starken, subkutanen des Meerschweinchens.
Je 3 Blutproben von mit Perlsuchtbazillen infizierten Kaninchen und Rindern
ergaben je 2mal ein positives Ergebnis im Tierversuch, während 8 Blutunter-
suchungen von mit humanen Tuberkelbazillen infizierten Kaninchen negativ
ausfielen,
b) Möllers und Oehler, Die Tuberkelbazillen im strömenden Blut.
Die Verfasser haben Blutuntersuchungen mittels des Tierversuches bei 105
an Tuberkulose (vornehmlich Lungentuberkulose) Erkrankten angestellt und hatten
in 9 Fällen == 8,57 °%o ein positives Resultat und zwar
bei 62 Kranken des I. Stadiums in 2 Fällen = 3,2°o
za E „ nn. z „4 „, ==11,8°%
Ss: A E „ Mm. i „9 se ee Vak
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 61
Unter den Erkrankten des I. Stadiums befinden sich einige nur Tuberkulose-
verdächtige und einige an Tuberkulose anderer Organe Erkrankte. 74 Fälle wurden
1mal, 30 2mal, einer 3mal untersucht. Bei jeder Blutentnahme wurde das defi-
brinierte Blut des Kranken in der Regel auf 3 Meerschweinchen subkutan verimpft.
Die mikroskopische Untersuchung wurde wegen der Unzuverlässigkeit der Me-
thode unterlassen. Im ganzen waren bei den 9 positiven Fällen 13 Meerschweinchen
an Tuberkulose erkrankt. Alle Versuchstiere, welche nicht vorher eingingen,
wurden nach Ablauf von 2—3 Monaten einer intraperitonealen Tuberkulinprobe
von 200 mg Alttuberkulin unterzogen. Bei 5 von den erkrankten 13 Meer-
schweinchen fanden sich nur leicht vergrösserte Lymphdrüsen, in einem Fall ein-
zelne verdächtige Knoten in der Milz, so dass erst durch Weiterimpfung auf neue
Meerschweinchen die Diagnose gesichert werden konnte. Nur bei 5 Meerschweinchen
fand sich das übliche Obduktionsbild der fortgeschrittenen Impftuberkulose. Dieser
auffallend leichte atypische Verlauf der Impftuberkulose in 8 von 13 Fällen ver-
anlasst die Verf. unter Hinweis auf ähnliche Ergebnisse früberer Autoren (Feyer-
abend, Vallée, Neufeld, Calmette u. a.) zu der Mahnung, dass die Auf-
merksamkeit sich mehr als bisher einer genauen Durchsicht des Obduktionsbefundes
zuwenden möge, damit eine falsche Deutung des Obduktionsergebnisses vermieden
wird. Nur durch Weiterimpfung auf neue Meerschweinchen ist in manchen Fällen
die Diagnose mit Sicherheit zu stellen. Nach Ansicht der Verf. kommt dem
„Tuberkelbazillennachweis im Blute weder prognostisch noch diagnostisch eine
praktisch verwertbare Bedeutung zu, da der Nachweis von Tuberkelbazillen im
Blut nur in einem verhältnismässig geringen Prozentsatz aller Tuberkulosen mit
Sicherheit möglich ist“.
c) Möllers und Oehler, Zur Fragsa der Mobilisierung der Tuberkel-
bazillen durch Tuberkulin.
Nach eingehenden Referaten über die Arbeiten anderer Autoren in dieser
Frage berichten die Verfasser über 54 eigene Blutuntersuchungen mittels des
Tierversuches. Bei 32 an Lungentuberkulose aller 3 Stadien erkrankten Patienten
fand eine 2malige Blutuntersuchung, vor den Tuberkulineinspritzungen einerseits
und auf der Höhe der Tuberkulinreaktion andererseits, statt mit dem Ergebnis,
dass vor der Tuberkulineinspritzung 3 Fälle = 9,4°/o, auf der Höhe der Tuber-
kulinreaktion 2 Fälle = 6,25°/ ein positives Ergebnis zeigten. Bei weiteren
22 Fällen, bei denen nur eine einmalige Untersuchung auf der Höhe der Tuber-
kulinreaktion stattfand, war das Ergebnis durchweg negativ.
Die Verf. schliessen aus ihren Untersuchungen, dass „die Tuberkulinein-
spritzung als solche nicht von einem ausschlaggebenden Einfluss auf das Auftreten
von Tuberkelbazillen im strömenden Blut ist“. Leunenschloss, Frauenbhain.
9. Hugo Bayer-Wien, Eine neue Heilmethode gegen Erkrankungen
der Lunge und des Herzens. Im Selbstverlag. 46 S. Preis K. 1,20.
In der Berliner Klinischen Wochenschrift 1913 Nr. 47 hat Verf. bereits
seinen Apparat beschrieben, mit welchem er aus einer Saug- und Druckpumpe
vermittels eines Schlauches atmosphärische Heissluft unter rhythmischer Kom-
pression einatmen lässt. Die eingeatmete Luft wird filtriert und kann zwecks
Inhalation durch eine eingeschaltete Trommel mit Medikamenten beschickt werden.
Das Verfahren soll eine mechanische Erweiterung verstopfter Bronchiolen und
Alveolen bezwecken, eine gewisse Endomassage ausüben und die Expektoration
anregen. Dass dadurch bei chronischer Bronchitis eine gewisse Lungendrainage
erzielt wird und dadurch einer Atelektasenbildung und Induration vorgebeugt wird,
erscheint einleuchtend. Auch bei echtem Asthma könnte diese Therapie von
Nutzen sein. Bei Stauungen im Lungeukreislauf wäre eine Entlastung des Herzens
wohl denkbar. Bedenklicher scheint die vorgeschlagene Therapie bei Eimphysem
zu Sein, wo gerade das Gegenteil, nämlich eine oberflächliche Inspiration und eine
forcierte Exspiration erwünscht ist. — Bei chronischer Lungentuberkulose hält B.
sein, Vibroinhalation genanntes, Verfahren nicht nur für eine Ergänzung der üb-
lichen Heilmethoden, sondern sogar für einen vollwertigen Ersatz derselben. Er
62 Kongress- und Vereinsberichte.
geht von der Ansicht aus, dass die Anschauung, die Lungentuberkulose könnte
durch Rubhigstellung der Lunge zur Ausheilung gelangen, eine irrige sei. Die Tat-
sache, dass die Tuberkulose in der durch ihre anatomische Lage zur relativen
Ruhigstellung verurteilten Lungenspitze ihre Prädilektionsstelle hat, spräche gegen
diese Anschauung. Er will im Gegenteil eine Durchlüftung der befallenen Lungen-
partien herbeiführen. Die tuberkulösen Sekrete sollen dadurch einen Abfluss er-
halten, Infiltrate sollen zerfallen und sich gegen das gesunde Gewebe abgrenzen.
Die Gefahr einer Dissemination von Keimen in gesunden Lungenpartien hält Verf.
nicht für erheblich, da durch den ständigen Luftstrom für Entfernung derselben
gesorgt sei. Beigefügte Krankengeschichten sollen einen Beleg für den Erfolg
der Therapie bilden.
Verf. befindet sich mit seinen Anschauungen und seiner T'herapie im geraden
Gegensatz zu den heutigen langerprobten Heilmethoden gegen die Lungentuber-
kulose. Sein Verfahren bedarf daher noch gründlichster Nachprüfung und kritischer
Beurteilung von seiten erfahrener Lungentherapeuten, um das Brauchbare an der
neuen Heilmethode von dem Unbrauchbaren zu sondern. Hans Müller.
10. Die Vibroinhalation. Therapeutische Mitteilungen ans den Heilinsti-
tuten für Vibroinhalation. Herausgeber: Heilinstitut für Vıibroinhalation.
Redakteur: Huyo Bayer. 1. Jahrg. 1916. Nr. 1. 16 S.
Das leftchen enthält in der Hauptsache Krankengeschichten von Patienten,
welche mit der vom Verf. angegebenen Vibroinhalation behandelt sind. Im übrigen
ist auf das im vorhergehenden Referate besprochene Schriftchen verwiesen.
Hans Müller.
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
2. K. u. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien. Sitzung vom
15. Dezember 1916 (vergl. W. kl. W. 1917, 3).
(Ref. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.)
Otto Porges: Über eine Behandlungsmethode der Lungen-
tuberkulose. In den letzten Jahren haben die vom Verf. sogenannten „mecha-
nischen Behandlungsmethoden“ der Lungentuberkulose eine gewisse Bedeutung
erlangt. Dabei steht die Behandlung mit künstlichem Pneumothorax nach For-
lanini und Brauer scheinbar im Widerspruch mit den Bestrebungen, die darauf
ausgehen, die erkrankte Lunge zu mobilisieren (Freund). Ein Ausweg aus diesen
Widersprüchen ergibt sich, wenn man annimmt, dass die bereits erkrankte Lunge
durch Rubigstellung geheilt werden kann, dass aber die mangelhaft bewegte Lunge
häufiger erkrankt (leichteres Haften des 'Tuberkelbazillus infolge verlangsamten
Luft-, Blut- und Lymphstromes). Bei bereits erkrankter Lunge trägt beschleunigte
Lymphströmung nur zur Verschleppung und Ausbreitung des Virus bei. Daher
heilt die Tuberkulose in den minder bewegten Lungenspitzen auch leichter aus,
als in den anderen Lungenpartien. Es empfiehlt sich also eine gesteigerte
Ventilation, eine Atemgymnastik als Vorbeugungsmassnahme gegen die
Infektion, dagegen muss für die bereitserkrankte Lunge Ruhigstellung
gefordert werden.
Von diesen Gesichtspunkten suchte Veif. ein Verfahren, welches die
Beweglichkeit der erkrankten Lungenpartien einschränkt, die
Bewegung der nicht erkrankten Lungenteile steigert. Esergibt sich
besonders das Bedürfnis, die so häufigen doppelseitigen Oberlappenaffektionen
der Therapie der Ruhigstellung zuzuführen. P. suchte nun ein Verfahren, welches
die thorakale Atmung hintanhält, die Zwerchfellbewegung steigert. Belastung
des Thorax mit Sandsäcken, Anlegung eines Gipskorsetts wirkten scheinbar günstig,
wurden aber von den Patienten nicht gut vertragen. Schliesslich liess Verf. eine
Kongress- und Vereinsberichte. 63
Thoraxbinde anfertigen. Dieselbe besteht aus 4—5 parallel genühten Gürteln,
die um den 'horax geschnallt werden. Hosenträgerartige Achselbänder verhindern,
um die Schulter gelegt, Verschiebung der Binde und Hebung der oberen Thorax-
apertur. Vor Einleitung der Behandlung wird der Kranke durch den Arzt und
mit Hilfe von auf die Brust gelegten Sandsäcken an die diaphragmatische Atmung
gewöhnt. Dann werden die oberen Gürtel allmählich möglichst fest angezogen,
die unteren loser geschnallt gelassen. Die meisten Kranken vertragen das an-
dauernde Tragen der Binde (auch im Schlafe) gut, fühlen sich wohl, Bruststechen
und Ziehen hört auf. Die Binde ist zwar nicht imstande die thorakale Atmung
gänzlich bintanzuhalten, sie hemmt aber und erschwert die Thoraxbewegungen,
so dass der Patient sich gewöhnt — später auch ohne Binde — rein diaphrag-
matisch zu atmen. Dies ist besonders gut im Röntgeuschirm zu schen.
Zur Behandlung wurden nur solche Kranke herangezogen, welche trotz
monatelanger hygienisch-diätetischer Behandlung Tendenz zur Progredienz der
Krankheit zeigten. Die Indikation bilden naturgen:äss nur Oberlappenprozesse.
Mitteilung von Krankengeschichten.
Zusammengefasst ergibt sich folgendes Rasultat:
Von 21 in Behandlung gezogenen Fällen wurden 10 gebessert, 4 blieben
bisher unverändert, 1 Fall verweigerte die Weiterbehandlung und wurde nach
anfänglicher Besserung rückfüllig. Bei keinem Falle Verschlechterung. 11 vor
der Behandlung fieberhafte Fälle wurden sämtlich entfiebert. 11 von 17 wiesen
vorher Tuberkelbazillen auf und waren nachher bazillenfrei. Bei 11 Fällen Bes-
serung des Auswurfs, des auskultatorischen Befundes, namhafte Gewichtszunabmen.
Ausserdem wurde die Binde bei 5 Fällen von andauernder llämoptoe angewendet,
bei 4 davon sistierte dieselbe in 1—2 Tagen.
Das Heilverfahren scheint günstige Erfolge zu zeitigen, ist leicht und ge-
fahrlos anzuwenden und verursacht sicher keine Nachteile, ist also in das Arsenal
der Watlen gegen die Tuberkulose aufzunehmen.
Diskussion zu dem vorstehenden Vortrag:
FE. Ullmann: Nachdem der Atmungstypus des Mannes ein abdominaler, der des
Weibes ein thorakaler ist, müssten sich Unterschiede zugunsten des männlichen Ge-
schlechtes geltend machen. Doch ist nach einer Statistik in Wien im Zeitraume
von 25 Jahren «as Verhältnis 2:3 zu nnennsten der Manner. Es müsste aber doch,
insoferne der therapeutitche Vorschlag des Herrn Porges eine wissenschäftliche Basis
haben soll, die Statistik in Betracht gezogen werden,
J. Sorgo pflichtet der theoretischen Voraussetzung der Methode bei, dass für
erkrankte Lungen Ruhiestellunz erwünscht und von günstigem Einfluss sei (Lierekur.
Sorgo hat die Porges’sche Bandage in einigen Fällen ausprobiert und zwar dureh-
wegs an Männern die gut diaphrawınal atmeten, Dieser Atemtypus wurde dureh
die Bandage verstärkt, jedoch bei gleichzeitig verstärkter Atmung der oberhalb der
Bandage gelegenen Thoraxabschnitte, besonders bei tiefer Atmung und bei Körper-
bewegung. Mit Rücksicht auf die vorwiegende Lokalisation der Tuberkulose in den
Spitzen, bewirkt die Porges’sche Methode das Gegenteil von dem, was sie erstrebt,
namlich nicht Rubigstelluug, sondern verstärkte Atmung im Bereiche der oberen Thorax-
abschnitte. Bei den von Porges erzielten Erfolgen stehen wir vor der Alternative,
entweder die Berechtigung der Ruhetherapie oder den Zusammenhang zwischen den
klinischen Eriolgen und der anzewendeten Therapie in Zweilel ziehen zu müssen. Da
Sorgo dem ersteren Zweifel nieht Raum geben will, muss er eher vermuten, dass die
von Porxres beobachteten Erfolge nieht mit der Therapie in Zusammenhang stehen. Es
gibt kanm etwas Schwierigeres, a's den KEitlekt einer Bebandlungsmethode bei der ehro-
nischen Lunzenphthise individuell richtig zu beurteilen. Auch weun man, wie Porges,
die Vorsicht geübt hat, die Kranken zunächst längere Zeit zu beobachten, ebe man eine
Therapie einleitet, darf man nicht alle Erfolge auf die nene Therapie zurückiuhren.
Aus den demonstrierten Fieberkurven glaubt Sorgo schon eine Neirung zur Entfieberung
zur Zeit, als die Behandlunesmerhode einsetzte, ersehen zu haben, Wenn man den
chronischen Verlauf, die vorhandene natürliche Heilungstendenz der besserungstfühiren
Prozesse {mit ausgesprochener Neigung zur Bindegrewebsbildung). die Beeinflussbarkeit
des Prozesses durch viele unbekannte äussere und innere Vorzänge in Betracht zieht,
sv muss man sagen, dass eine kasuistisch einwandfreie Beweisführung für die Wirkung
therapeutischer Massnahmen zumeist unmöglich ist. Der Zusammenhang der Porges-
61 Kongress- und Vereinsberichte.
schen Erfolge mit der Therapie ist also keineswegs erwiesen, ja sogar sehr unwalır-
scheinlich. Man kann aus den Mitteilungen schliessen, dass die Behandlung den
Kranken nicht geschadet habe, es sei auch die Möglichkeit zugegeben, dass sie in
einzelnen Fällen nützt, indem die Patienten veranlasst werden, sich ruhig zu verhalten,
oder bei schrumpfenden Prozessen an der Basis durch die der Schrumpfung entgegen-
arbeitende Verminderung der inspiratorischen Dehnung des Thorax. Eine Schädigung
ist denkbar durch die Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, bei rezenten Prozessen
durch besonders verstärkte Atmung der apikalen Thoraxteile oder bei schrumpfenden
Spitzenprozessen durch die starke respiratorische Dehnung. Die Methode kann in
einzelnen Fällen nützlich sein, darf aber nicht wahllos angewendet werden, etwa als
Ersatz der Freiluft-Ruhekur. Auf Grund einer günstigen Beobachtung empfiehlt Sorgo
Versuche bei Emphysematikern,
Fröschels empfiehlt für Fälle, welche die Porges'sche Bandage nicht ver-
tragen, Atemgymnastik, welche in vielen Gesangschulen geübt wird und bezweckt, die
Brustatmuug zu vermeiden. l
Ludwig Hofbauer (Autoreferat): Je nach den klinischen Symptomen und
dem Sitz der Erkrankung wird die Atmungstherapie bei Lungentuberkulose ver-
schieden sich gestalten. Ob Ruhigstellung oder respiratorische Betätigung anzu-
wenden ist, hängt von den vorherrschenden Symptomen ab. Bei Fieber, Schweiss,
Abmagerung empfiehlt sich Ruhigstellung des Herdes belıufs möglichster Aus-
schaltung der zu starken, diese Symptome auslösenden Resorption giftiger Sub-
stanzen aus dem Krankheitsherde (Autotuberkulinisation?); sonst aber allmählich
(unter Kontrolle des Thermometers und der Wage!) gesteigerte Heranziehung des
Herdes zur Atemtätigkeit beliufs Steigerung seiner Widerstandsfähigkeit vermittelst
der so erzielten Erhöhung seiner Lüftung und Durchblutung. Zu lange ausgedehnte
Ausschaltung von der Atmung verbindet sich aus diesen Gründen zwar mit Ent-
fieberung und Gewichtszunahme, jedoch mit Progredienz der lokalen Zerfaller-
scheinungen und Giftaufstapelung in der Peripherie des Herdes,
Da die verschiedenen Lungenanteile starke funktionelle Differenzen auf-
weisen, muss bei Auswahl der Methode die Lage des Herdes Berücksichtigung
finden. Die Hiluspartien z. B. werden nur bei respiratorischer Lokomotion des
Herzens, daher nur bei Niedertreten des Centrum tendineum des Zwerchfells ge:
lüftet; daher kommt auch ihre starke Disposition zur tuberkulösen Erkrankung
und der letzteren Steigerung bei Verflachung der Atmung z. B. infolge von
Mundatmung.
Porges (Schlusswort): Gegenüber Ullmann betont Porges die Verschieden-
heit der Lebensweise, Beschäftigung und somatischen Beschaffenheit der beiden Ge-
schlechter, welche keine Schlussiolgeruugen zulassen. Mit Sorgo stimmt er darin
überein, dass die erkrankte Lunge ruhig zu stellen sei. Da Sorgo zugibt, dass die
abdominale Atmung durch die Binde gesteigert werde, so könne nicht auch gleichzeitig
die thorakale Atmung gesteigert werden (Überventilation). Bei ungeübten Patienten.
namentlich wenn die Binde falsch angelegt ist, hat es mitunter den Anschein, als ob
die obere Thoraxapertur verstärkte Exkursionen ausführen würde. Der Ventilations-
effekt dieser Bewegung ist geringfügig, da oft nach Anlegen der Binde vorher hörbar
gewesene Rasselgeräusche verschwinden. Bei richtiger Anlegung der Binde gelingt es
leicht, die Patienten zu richtiger Atınung zu erziehen. Der Effekt der Ruhigstellung
jst bedeuiend, auch liegt der Wert der Binde darin, dass besonders die gesteigerte Atmung
beim Husten gedämpft wird und dass durch ihre Wirkung körperliche Arbeit, rasche
Bewegung, sowie überhaupt alles was die Ventilation steigert, unmöglich gemacht wird.
Zur Behandlung wurden nur lange beobachtete Fälle, die keine Besserung aufwiesen.
herangezogen und auch mit den Schlussfolgerungen längere Zeit gewartet. Wenn es
sieh aber zeigt, dass mit einer gewissen Regelmässigkeit nach Bindenbehandlung
Besserungen erfolgen, dass bei vorher progredienten Fällen keine Verschlechterung zu
verzeichnen ist, dann ist man berechtigt der Bindenbehandlung diese Besserung zuzu-
schreiben. Die Methode ist nur eine Behandlungsmethode, wobei alle bisherigen
Verfahren ihre Geltung behalten. Sie ist an gewisse Indikationen geknüpft: Ober-
lappenherde mit katarrhalischen Erscheinungen. Es fällt Porges nicht ein, jeden
Spitzenkatarrh mit der Binde behandeln zu wollen.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig, Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
+
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
berausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder
Ärstlicher Direktor des Allgem. o. 6. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heılanstait
Kranzenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttog.
e
Redaktion : Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg. Ludwigstrasse Zölj,.
11, Jahrg. Ausgegeben am 31. März 1917. Nr. 3.
————— L -
Inhalt.
. Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Abramowski 4. Friinkel, E. 68. ‚ Katzenstein, M. 82. Reehe 92.
Aschoff, L. 71. Gerhardt 9. Kirchner, M. 88. Reimann, R. 78.
Bartel, J. 70. “ Gerwiener, Fr. 78. Koblhaas 94. ‚ Römer 81.
Beckmann 8%. : Goering 8. ı Kraemer C. 77. ' Rosenbach, F. &2.
Beitzke, H. En. Gotistein, A. N7. Krisct:ke 86, 9L "Sehlesinger, H. 73.
Berger S1. Greene, G. B. 95. ı Kınmayer 96. . Selter 75.
Boit 79. ' Grass, O 95. Krompecher, E. 6T. ' Sımon 90,
Braeuning %4. | v. Hansemann, D. 72. ` Kutschera, Ad. 89. .Stahr, H. 69.
Brunk 9%. Hart, C. 71. 76. Möllers 74. | Sturmat 42.
Bürxer 74. , Hartmann 91. Müller, W 80 Szezeblewski 92.
Burnand, R. 77. Heising, J. 80. ‚Negndank, J. 95. Taillens 79
Coolen, W. 67. Heıtmarn, N. 88. Ochler 74. | Taylor, H. L. 92.
Czerny 96. H rxheimer, G. 69. "Orth 73, 74. Thilenius 96.
Dene»chau 9%. ı Hirsch 94. : Penzoldt, F. 50. ; Triebold 91.
Döblin 95. | Hollós 78. Philippi, H. 79. ' Umber, F. 76.
Dünner, L. 95. Jeanneret, L. 85, 87. Porges 73. Weith 87.
Eber, A 2, 53, Kaiserling, C. Tv. R+bınowitsch, L. 67, 76. Wilson, R. J. 93.
Eisner, G. 92. Kalısky 85. ‚ Rathbun, W. J. vi. . Zadek 73.
Flatau 91. Kathariner F4. |
Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie., ' 123. Scehlesinger, Subakute Insuffizienz
112. Krompecher, Über die Reteili- der Nebennieren bei Amyloidıse. nebst Be-
gung des Endotliels und des Blutes bei der | merkungen über den Morbus Addisonii. —
Bildung turerkulöser und sonstiger intravasku- ; 124. Orth, Alkohol und Tuberkulose. — 125.
lärer Riesenzellen. — 113 Ceelen und Ra- Zadek. Alkoholismus nnd Tuberkulose —
binowitsch, Über Lymphogıanulomatose 126 Orth, Erwiderung zu vorstehendem
und ihre Beziehung zur Tuberkulose — 114. | Artikel (Zadek). — 127 Kathariner, Tu-
Beitzke, Zur Anatomie der Lungentuber- | berkulnse und Alkohol. — 128. Bürger und
kulose. -— 115 Fränkel, Über geschwulst- Möllers, Untersuchungen über antigene
artige Lebertuberkulose. 116. Stahr, Über Eizenschaften der Tuberkelbazilienfette.. —
isolierte tuberkulöse Peritonitis und Bursitis 12% Möllers un Oehler, Zur Frage der
und über tuberkulöse Zysten. — 117. Herx- Mobilisierung der Tuberkelbazillen durch
heimer, Über Karzinom und Tuberkulose — : Tuberkulin.
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die Erforschung und Bekämpfung der Tuber- berkuluseinfektion und Tuberkuloseerkrankung
kulose, — 12} v. Hansemann, Die Dis- -> der ersten Lebensjahre vor dem Krieg und
position der Nebennieren zur Tuberkulose. — während desselben. — 133. Hart und Ra-
Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 5
66
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der Häufigkeit der Infektion des Menschen mit
dem Typus bovinus des Tuberkelbazillun in
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die Unterscheidung von Tuberkelbazillen im
Luminiszenzmikroskop. — 135. Kraemer,
Zur Ausbreitung der männlichen Genitaltuber-
kulose.
c) Diagnose und Prognone.
1386. Burnand, Le diagnostic clinique
et pratique de la tuberculose pulmonaire dé-
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diagnostische Schwierigkeiten bei der Lungen-
tuberkulose. — 138. Hollós, Erkennung und
Heilung der Tuberkulose im Kindesalter. —
139. Porges, Die Bedeutung der regionären
Muskelempfindlichkeit für die Diagnose der
Tuberkulose. — 140. Reimann, Klinische
Beobachtungen über die Ehrlich'sche Diazo-
reaktion. — 141. Boit, Über die Methylen-
grünreaktion des Harnes. — 142. Taillens,
Le pronostic de la tuberculose pulmonaire.
d) Therapie.
143. Philippi, Die Anwendung des Tu-
berkulins durch den praktischen Arzt im
Rahmen der allgemeinen Behandlung der Lun-
gentuberkulose. — 144. Heising, Nöhring's
„B 4“, ein neues Heilmittel gegen Iuberkulose?
— 145. Müller, Partialantigene und Tuber-
kuline. — 146. Römer und Berger, Zur
Behandlung der Tuberkulose mit Partialanti-
gonen nach Deycke-Much. — 147. Rosenbach,
Zur Bolle des Trichophytonpilzes bei Tuber-
kulin „Rosenhach“. — 148 Katzenstein,
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chirurgischen Tubes kulose. — 149. Eber, Die
Bekämpfung der Rindertuberkulose durch
Schutzimpfung. — 150. Eber, Was lehren die
vom Veterinärinstitut der Universität Leipzig
in der Praxis ausgeführten Rinderimmunisie-
rungen über die Bed»utung der Schutzimpfung
für die Bekämpfung der Rindertuberkulose?
e) Prophylaxe.
151. Beckmann, Kleinwohnungswesen in
Verbindung mit Kleintierzucht und Kleingarten-
bau. — 152. Braeuning, Die Erwerbstätigkeit
der Tuberkulösen. — 153. Abramowski,
Die Verbreitung der Kenntnis vom Wesen der
Tuberkulose, in besonderen derjenigen des
Kindesalters im Volke. — 154. Kalisky,
Massen-peisung. — 155. Das kleinste Einfami-
lienhaus in Beihenbau. — 156 Goering,
T.-V.-stätten, T.-V -Sicherung und T.-V.-Ver-
sicherung. — 157 Krischke, Ein Vorschlag
zur Schwindsuchtsbekämpfung auf dem Lande.
— 158 Jeanneret, Tuberculose et Ecole, —
169. Weith, A propos du Pirquet dans les
écoles de Lausanne. — 160. Jeanneret, A
‚burg. — 174. Reche,
Inbalt.
propos du Pirquet dans les écoles de Lausanne;
Réponse à Mr. le Dr. Weith. — 161. Gott-
stein, Schule und Tuberkulose. — 162.
Kirchner, Die Tuberkulose im Kindesalter.
— 163. Heitmann, Über Wohnungen für
tuberkulöse Familien.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heime.
164. Kutsehera, Tuberkulosefürsorge. —
165. Simon, Form und Ergebnisse der Kinder-
heilstättenbehandlung. — 166. Tuberkulosefür-
sorge während des Krieges. — 167. Zusammen-
stellung der Aufwendungen des Tuberkulose-
ausschusses der Abteilung Kriegswohlfahrts-
pflege des Zentralkomitees vom Roten Kreuz. —
168. Triebold, Bei den lungenkranken Sol-
daten in Lippspringe. — 189 Hartmann,
Genügt die heutige Fürsorge für unsere un-
bemittelten Lungenkrenken den an sie ge-
stellten Anforderungen? — 170. Flatau, Die
neue Fürsorge- und Auskunftsstelle des Ver-
eins zur Bekämpfung der Tuberkulose in Nürn-
berg. — 171. Krischke, Eigenheime für Für-
sorgestellen. — 172. Szceblewski, Die
Tuberkulosefürsorge des Verbandes mittlerer
Reichs-Post- und -Telegraphenbeaniten. — 178.
Sturmat. Kriegstätigkrit der Tuberkulose-
fürsorgestelle des Kreisverbandes der Vater-
ländischen Frauenvereine des Kreises Johannis-
Erfahrungen in der
Fürsorge für versicherte Lungenkranke.
175. Taylor, A review of Minnesota's anti-
tuberculosis work. — 176. Wilson and Rath-
bun, A study on food and fuel value of the
dietary at the New York City Municipal Sana-
torium.
g) Allgemeines und Grenzgebiete.
177. Deneehau, Über die weiteren Fol-
gen der durch Kriegsgeschosse verursachten
Lungen-Rippenfell-Verletzungen. — 178. Ger-
hardt, Uber das spätere Schicksal der
Lungenverletzten. — 179. Kohlhaas, Herz-
beschwerden nach Lungenschüssen. — 180.
Hirsch. Zur Eutstebung und Verhütung von
Lungenabszessen und -empyemen nach Lungen-
schüssen — 151. Brunk, Über angeborene
Thoraxmissbildung und Felddienstfähigkeit. —
182. Negendank, Beitrag zur Kasuistik der
Lungentumoren mit besonderer Berücksichti-
gung des Röntgenbefundes. — 183. Gross,
Erfolgreiche Behandlung der Lunzengangrän
mit Saivarsan. — 184. Dünner und Eisner,
Die Behandlung der Pneumonie. — 185. DÖ-
blin, Typhus und Pneumonie. — 186. Greene,
Laryngeal Tuberculosis. — 187. Thilenius,
Soden und seine Kurmittel. — 185. Kro-
mayer, „Mehr Licht“. — 188. Czerny, Die
natürliche und die künstliche Höhensonne.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 67
Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
112. E. Krompecher, Über die Beteiligung des Endothels und
des Blutes bei der Bildung tuberkulöser und sonstiger intra-
vaskulärer Riesenzellen. Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4.
Die wesentliche Rolle bei der Bildung intravaskulärer Riesenzellen
spielen die Endothelien. Die Kerne der Riesenzellen entstehen aus-
schliesslich aus den Endothelzellenkernen. Anders verhält es sich mit
dem Plasmaleib der intravaskulären Riesenzellen. Das eine Mal ent-
steht er nur aus aufquellenden, miteinander verschmelzenden Endothel-
zellen obne Beteiligung des Blutes. Diese Riesenzellen kommen sowohl
bei Tuberkulose wie bei Tumoren und nichtspezifischen produktiven Ent-
zündungen vor. Das andere Mal entsteht der Plasmaleib der Riesen-
zellen durch Verschmelzung des Endothelzellenplasmas mit Blutpfröpfen,
die nicht aus Hyalin bestehen. Diese Riesenzellen sind bedeutend
grösser als die ersteren. Sie kommen ebenfalls bei Tuberkulose und
Tumoren vor. Die Riesenzellen bei Tuberkulose haben relativ wenige,
kleine, ovale, kranzartig an der Peripherie angeordnete Kerne, die Riesen-
zellen nicht spezifischer Entzündungen und der Tumoren haben dagegen
häufig 100 und mehr Kerne ohne kranzartige Anordnung. Schliesslich
wird erwähnt, dass auch das Serosaendothel zur Bildung von Riesen-
zellen befähigt ist. Ulrich Berlin, Schömberg.
113. W. Ceelen und L.Babinowitsch, Uber Lymphogranulo-
matose und ihre Beziehung zur Tuberkulose. Zschr. f. Tbc. 27
H. 1—4.
Verff. unterstützen den Vorschlag Orth’s, eine Reihe von Er-
krankungen des hämatopoetischen Systems, die makroskopisch häufig sehr
ähnlich, mikroskopisch aber recht verschieden sind, mit dem Namen
Hämato- oder Hämoblastose zu bezeichnen. Die Hämoblastosen werden
je nachdem, ob sie mit oder ohne spezifischen Blutbefund einhergehen,
in „leukämische“ und „aleukämische“ eingeteilt. Die aleukämischen Hämo-
blastosen zeigen zwei histologisch sehr differente Formen: 1. Das maligne
aleukämische Lymphom stellt eine reine Hyperplasie der Iymphozytären
Elemente und zwar der kleinen Lymphozyten dar. Es tritt generalisiert
oder mehr lokalisiert auf. In ersterer Form ist es mit der alten Cohn-
heim’schen Pseudoleukämie identisch, wähernd die lokalisierte Form dem
Kundrat’schen Lymphosarkom entrpricht. Mit der Tuberkulose steht das
maligne aleukämische Lymphom in keinem Zusammenbang. 2. Die
Lymphogranulomatose ist eine chronisch-entzündliche Form der aleukä-
mischen Hämoblastose. Charakteristisch für’ sie ist das Auftreten eines
polymorphzelligen Granulationsgewebes, das Neigung zur Bindegewebs-
bildung zeigt. Sie entspricht der alten Hodgkin’schen Krankheit. Die
Lympbograuulomatose gehört zu den infektiösen Granulomen, ihr Erreger
ist noch nicht bekannt. Zur Tuberkulose steht sie in keiner direkten
ätiologischen, vielleicht aber in verwandtschaftlicher Beziehung. Als be-
sondere Untergruppe der aleukämischen Hämoblastose wären gewisse
Hr
68 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Formen von Tuterkulose und Syphilis zu nennen, deren Erreger bekannt
sind, die aber makroskopisch das Bild der Hämoblastose zeigen. Beige-
fügt sind die ausführlichen Befunde histologischer und bakteriologischer
Untersuchungen von 22 Fällen Hämoblastose,
Ulrich Berlin, Schömberg.
114. H. Beitzke, Zur Anatomie der Lungentuberkulose. Zschr.
f. Tbe. 27 H. 1—4.
Es ist das Verdienst Nicol’s, erneut auf die Bedeutung des Lungen-
azinus für die Entstehung und Klassifikation der Lungentuberkulose hin-
gewiesen zu haben. Unter Azinus versteht man „die Gesamtheit der aus
einem Bronchiolus respiratorius hervorgehenden Alveolargänge, gewöhnlich
2—3 an der Zahl“. Der tuberkulöse Prozess entwickelt sich in der
Mehrzahl an der Teilungsstelle des Bronchiolus respiratorius in die Al-
veolargänge und ergreift von hier aus peripherwärts mehr oder weniger
den ganzen Azinus. Diese azinösen Herde beherrschen manche Fornien
der Lungentuberkulose geradezu. Die azinösen Herde liegen entweder
einzeln oder in Gruppen beieinander. Produktive und exsudative Pro-
'zesse gehen bei ihrer Bildung nebeneinander her. Meist ist das Lumen
der Alveolargänge von einem käsigen Exsudat, das in ein tuberkulöses
Granulationsgewebe eingehüllt ist, ausgefüllt. Je chronischer und gut-
artıger der Prozess ist, desto reichlicher findet sich das Granulationsge-
webe. Das Granulationsgewebe pflegt das elastische Alveolargerüst echnell
zu zerstören, während die elastischen Elemente in dem exsudativ-entzünd-
lichen Kern erhalten bleiben. Das Granulationsgewebe verfällt entweder
auch von innen her der Verkäsung oder es bildet sich in narbiges Binde-
gewebe um und kapselt die käsig-exsudative Entzündung ein. Letzteres
pflegt bei den chronischen Prozessen in den Jungenspitzen der Fall zu
sein. Die schnell verlaufenden Fälle von Lungentuberkulose lassen kaum
einen granulierenden Saum um das käsige Exsudat erkennen. Bei den
azinösen Herden mit fehlender oder geringer Granulation breitet sich die
Entzündung häufig auch zentralwärts in Form einer käsigen Bronchitis
aus. Von den granulationsreichen azinösen Herden ziehen dagegen bäufig
Reihen von submiliaren Tuberkeln im periarteriellen Gewebe nach der
Lungenwurzel zu, die gelegentlich unter Verkäsung in die kleinen Bron-
chien einbrechen. Verf. hofft, dass diese Feststellungen über die azinösen
Herde zu einer neuen, den klinischen wie pathologischen Anforderungen
gerecht werdenden Klassifikation der tuberkulösen Lungenveränderungen
fübren, Ulrich Berlin, Schömberg.
115. Eugen Fränkel, Über geschwulstartige Lebertuberkulose.
Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
Nach einer kurzen Übersicht über die seltenen Fälle geschwulst-
artiger Lebertuberkulose in der Literatur bespricht F. ausführlich einen
solchen von ihm beobachtet£n Fall. Es handelt sich um eine Frau mit
einer Geschwulst unterm rechten Rippenbogen. Eine klinische Diagnose
konnte nicht gestellt werden. Die Probelaparotomie ergab einen inope-
rablen Lebertumor, konnte aber über seine Natur keinen Aufschluss er-
geben. Die mikroskopische Untersuchung eines durch Probeexzision ge-
wonnenen Stückes ergab die tuberkulöse Natur der Geschwulst (Miliar-
tuberkel mit Langhans schen Riesenzellen und kernlosem Zentrum,
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 69
Tuberkelbazillen +). Patientin starb bald darauf an tuberkulöser Menin-
giti. Die Sektion ergab ausgedehnte Tuberkulose beider Lungen, der
Mesenterialdrüsen und Meningen. Die Leber ist stark vergrössert, die
Oberfläche glatt, mehrfach vorgebuckelt. Der Querschnitt zeigt mehrere
kleine und 3 apfelgrosse, aus gelben, trockenen, fast strukturlosen, kä-
sigen Massen bestehende Geschwülste mit bindegewebiger Kapsel. Mikro-
skopisch sind überall Langhans’sche Riesenzellen und einige Miliar-
tuberkel nachweisbar. Tuberkelbazillen sind spärlich vorhanden. Es
handelt sich hier, wie wohl auch in den anderen Fällen, um eine sekun-
däre Tuberkulose der Leber. Die histologische Diagnose ist leicht, allen-
falls können die grossknotigen tuberkulösen Herde anfangs mit sarkoma-
tösen Veränderungen verwechselt werden. Die klinische Diagnose ist
unmöglich, der Kliniker muss nur an die Möglichkeit einer Tuberkulose
denken. Die Prognose ist stets ernst. Frühzeitige Operation soll in
manchen Fällen günstige Erfolge erzielen.
Ulrich Berlin, Schömberg.
116. H. Stahr, Über isolierte tuberkulöse Peritonitis und Bursitis
und über tuberkulöse Zysten. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
Bei der Besprechung der tuberkulösen Peritonitis und Bursitis und
tuberkulöser Zysten kommt St. zu folgenden Ergebnissen. Allen drei
Erkrankungen gemeinsam ist, dass grössere, stagnierende oder doch wenig
bewegte Flüssigkeitsmengen exsudativer oder transsudativer Natur einen
günstigen Nährboden für den Tuberkelbazillus darstellen und dadurch
eine primäre oder metastatische tuberkulöse Erkrankung begünstigen.
Eine primäre isolierte tuberkulöse Peritonitis kommt beim Menschen kaum
vor. Es dürfte sich bei solchen scheinbar isolierten Peritoniliden wohl
stets um eine Metastasierung einer unscheinbaren tuberkulösen Erkran-
kung der Luftzufübrungswege handeln. Die Anreicherungsflüssigkeit bildet
hierbei ein Aszites, der häufig durch eine Leberzirrhose verursacht wird.
Ziemlich häufig ist die isolierte tuberkulöse Bursitis, doch -dürfte sie tat-
sächlich noch viel häufiger sein, als sie beobachtet wird, da sie sowohl
dem Kliniker wie Pathologen leicht entgeht. Sekundär können vom
Schleimbeutel aus Knochen und Gelenk erkranken. Die bei Schleim-
beuteln so häufig beobachteten traumatischen Entzündungen disponieren
diese für die tuberkulöse Erkrankung. Von einer Prädilektion bestimmter
Schleimbeutel für die Tuberkulose kann nicht gesprochen werden. Auch
blastomatöse Zysten des Ovariums können leicht twuberkulös erkranken.
Ulrich Berlin, Schömberg.
117. 6. Herxheimer, Über Karzinom und Tuberkulose. Zschr.
f. Tbe. 27 H. 1—4.
Bei der Kombination von Karzinom und Tuberkulose bestehen drei
Möglichkeiten : 1. Beide Erkrankungen gehen ohne Abhängigkeitsver-
hältnis nebeneinander her. 2. Die Tuberkulose ist das Primäre, auf
ihrem Boden (präkarzeröse Veränderung) entsteht das Karzinom. 3. Das
Karzinom ist das Primäre und schafft die Disposition zur Tuberkulose.
Für alle drei Möglichkeiten führt H. eigene Fülle bezw. solche aus der
Literatur an. H. veröffentlicht nun 5 Fälle von Leber- und Mamma-
karzinom bezw. Karzinommetastasen, bei denen er im innigen Zusammen-
70 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
hang mit älteren Karzinomknoten, in deren Stroma zahlreiche, submiliare,
echten Tuberkeln völlig gleichende Epitheloidzellanhäufungen mit Riesen-
zellen mit deutlich randständigen Kernen und mit beginnender Nekrose
fand. Diese Zellanhäufungen fanden sich nur im Zusammenhang mit dem
Krebsgewebe, während das eigentliche Leber- und Mammagewebe stets
frei davon war. Auch in den übrigen Organen befanden sich keinerlei
nachweisbare tuberkulöse Veränderungen. Tuberkelbazillen konnten in
den Zellanhäufungen nicht nachgewiesen werden. Da es sich noch dazu
um Organe handelt — Leber, Mamma —, die primär höchst selten an
Tuberkulose erkranken, nimmt H. an, dass es sich in diesen Fällen gar
nicht um echte vom Tuberkelbazillus hervorgerufene Tuberkel, sondern
um sogenannte Pseudotuberkel handelt, wie sie als Reaktionen auf Fremd-
körpereinwirkungen entstehen. Als Fremdkörper kommen in diesen
Fällen gewebsschädigende chemische Stoffe in Betracht, die von den Krebs-
zellen produziert werden. Ulrich Berlin, Schömberg.
118. F. Penzoldt, Beitrag zur Erklärung der vorwiegenden Er-
krankung der Spitzen bei Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbc.
27 H. 1—4.
Zur Erklärung der frühzeitigen und vorwiegenden Erkrankung der
Spitzen bei Lungentuberkulose Erwachsener will P. neben den bekannten
morphologischen Veränderungen physiologische Einflüsse, die aus der ge-
ringeren Atemtätigkeit der Spitzen resultieren, in höherem Masse berück-
sichtigt wissen, als eg bisher geschehen ist. Die geringere Atemtätigkeit
der Spitzen ist dadurch bedingt, dass sich die Weichteile, die sie bedecken,
nicht so ausdehnen können wie die knöcherne Thoraxwand. Die ge-
ringere Ausdehnung der Spitzen gegenüber den übrigen Lungenabschnitten
lässt sich perkutorisch wie röntgenologisch nachweisen. Sie führt zur
Atelektasenbildung, Anämie und Verlangsamung des Lymphstroms. Diese
Folgezustände der geringeren Atemtätigkeit begünstigen eine frühzeitige
Ansiedlung der Bazillen in den Spitzen, gleichgültig ob sie auf dem Luft-,
Blut- oder Lymphwege dorthin gelangen, und ein Fortschreiten der Er-
krankung. Hierzu kommt noch, dass bei heftigen Hustenstössen häufig
infektiöses Material in die Spitzen hineingetrieben wird und hier zur An-
siedlung kommt. Ulrich Berlin, Schömberg.
119. J. Bartel, Das Konstitutionsproblem in der Tuberkulose-
frage. Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4. |
B. erschöpft sich in allgemeinen Betrachtungen über das Konstitu-
tionsproblem im allgemeinen und seine Bedeutung für die Tuberkulose
im besonderen. Er verweist ausführlich auf Rokitansky als den Be-
gründer der Konstitutionslehre und bricht eine Lanze für dessen „Krasen-
und Exklusionslehre“. Zum Schluss bringt er einiges Tatsächliches über
die Beziehungen zwischen Tuberkulose und Konstitution. Er verweist auf
den Zusammenhang zwischen Tuberkulose und Status thymicolympha-
ticus, auf die Wechselbeziehungen zwischen Tuberkulose und Eklampsie,
Tuberkulose und Konkrementbildung (Cholelithiasis), Tuberkulose und
Karzinom und Tuberkulose und Persistenz embryonaler Zustände (na-
mentlich Hernien). Ulrich Berlin, Schömberg.
——
to nAAL mm nd Venen er
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. “1
120. L. Aschoff, Zur Nomenklatur der Phthise. Zschr. f. Tbe.
27 H. 1—4.
Virchow und Orth haben schon vor mehreren Dezennien vorge-
schlagen, die Bezeichnungen Tuberkulose für die Krankheit und Tuberkel-
bazillus für den Pilz fallen zu lassen. Orth’s Vorschlag, die Worte
Skrofulose für die Krankheit, Skrofulom für das produktiv entzündliche
Produkt derselben und Bac. phthisiens seu Kochi für den Erreger ein-
zuführen, ist nicht durchgegangen. A. schlägt deshalb für die Gesamtheit
der tuberkulösen Erkrankungen den Namen Phthisis und für ihren Er-
reger den Namen Bac. phthisiens seu Kochi vor. Der Tuberkel sei
ebenso ein Produkt der Phthise wie das Gumma ein Produkt der Syphilis.
Phthisis bedeutet in diesem Sinne nicht Lungenschwindsucht, sondern
Schwindsucht überhaupt. Man hätte dann von einer Phthise der ver-
schiedensten Organe zu sprechen. Wird jedoch — was anzunehmen ist
— eine solche Verallgemeinerung des Namens Phthise abgelehnt, so
bleibt derselbe für die Lungentuberkulose anwendbar. Jeder kleinste be-
ginnende Herd wäre als Primärinfekt der Phthise zu bezeichnen, gleich-
gültig welchen anatomischen Charakter er trägt. Je nach Art des Krank-
heitsprozesses würde man eine „tuberkulöse Phthise mit Prävalenz der
Tuberkelneubildungen von einer entzündlichen Phthise mit Prävalenz der
entzündlichen Veränderungen“ unterscheiden. Diesen anatomischen Formen
entsprechen auch klinische Formen. In Anbetracht der zurzeit gebräuch-
lichen, äusserst zahlreichen klinischen wie pathologisch-anatomischen Namen
für die verschiedensten Prozesse muss die Forderung aufgestellt werden,
dass die Bezeichnung „tuberkulös“ nur für die produktiven Prozesse, für
die übrigen die Bezeichnung „käsig-exsudativ‘ angewandt wird. Wir
hätten also eine „tuberkulöse“ und eine „käsig-exsudative“ Phbthise. Erstere
zerfällt in folgende Formen: Interstitielle Tuberkulose (Miliartuberkulose),
azintöse Tuberkulose, azinös-nodöse Phthise und zirrhotische Phthise;
letztere: azinöse käsige Pneumonie, lobuläre käsige Pneumonie und
lobäre käsige Pneumonie.
Von bakteriologischer Seite wird neuerdings die Phthise nach Immuni-
sationsperioden eingeteilt. So unterscheidet Ranke die 3 Perioden der
normalen Giftempfindlichkeit, der Giftüberempfindlichkeit und die der
relativen Immunität. Ulrich Berlin, Schömberg.
121. C. Hart, Über die Bedeutung und die Leistungen der patho-
logischen Anatomie für die Erforschung und Bekämpfung
der Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
Gegenüber den Verdiensten, die sich die Bakteriologie seit Ent-
deckung des Tuberkelbazillus um die Tuberkuloseforschung und Bekämp-
fung erworben bat, ist es höchst wichtig, auf die hohe Bedeutung bin-
zuweisen, die der pathologischen Anatomie auf diesem Gebiete zukommt.
Lange bevor die Ergebnisse der Tuberkulinimpfungen bekannt wurden,
hat die pathologische Anatomie die Häufigkeit tuberkulöser Erkrankungen
beim Menschen nachgewiesen. Ihr allein ist es aber möglich, zugleich
genaue Aufschlüsse über Sitz und Charakter der Herde, über die Er-
krankungsfornıen der verschiedensten Alters- und Berufsklassen u. dergl.
zu geben. Sie hat erwiesen, dass die amtliche Tuberkulosestatistik, die
sich auf die amtlichen Todesscheine stützt, die Tuberkulose zu häufig als
Todesursache angibt, dass viele Menschen, deren Tuberkulose angeblich
12 - Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
vor Jahren durch Heilstättenbehandlung völlig geheilt worden ist, über-
baupt niemals tuberkulosekrank gewesen sind. Auch die Frage, ob das
Zurückgehen der Tuberkulose-Sterblichkeit darauf beruht, dass die Zahl
der überhaupt Infizierten kleiner wird, oder dass ein früheres Ausheilen
des Herdes stattfindet, wird der Pathologe entscheiden. Die Pathologie
hat die Verschiedenheit der durch den Tuberkelbazillus hervorgerufenen
morphologischen Veränderungen in der Lunge erforscht (Tuberkel, Gra-
nulation, Verkäsung, Exsudation, Nekrose), Die Einteilung der Pbtbisis
in verschiedene Formen berubt auf anatomischer Basis. Durch den ana-
tomischen Nachweis der Plazentartuberkulose ist das Vorkommen kongeni-
taler Tuberkulose gesichert. Äusserst wichtig sind die Ergebnisse der
Pathologie für die Erforschung des Infektionsweges der Tuberkulose. Von
grösster Bedeutung für die Infektionspforte sind die regionären Lymph-
drüsen. So bilden für Herde in den Halsdrüsen stets die Tonsillen oder
die oberen Atem- und Verdauungswege, für Herde in den Tracheobron-
chialdrüsen stets die Lungen, für Herde in den Mesenterialdrüsen stets
der Darm die Eintrittspforte des Virus, Die Lunge ist die häufigste
Eintrittspforte, dem Darm komnit auch bei Kindern bei weitem nicht die
gleiche Bedeutung für die primäre Iufektion zu. Die Tuberkulose des
Kindesalters ist vorwiegend eine primäre aerogene bezw. Aspirations-
tuberkulose der Lungen. Der Primärherd stellt manchmal eine kleinste
Bronchopneumonie dar. Bei hämatogener Entstehung ist der Nachweis
eines extirapulmonalen Herdes erforderlich. Die Infektion der Lungen
vom Darm aus ist selten. Auf Grund der aerogenen Kındertuberkulose
soll auch für den Erwachsenen eine aerogene also exogene Infektion an-
genommen werden. Die Römer’sche endogene Reinfektion lässt sich
anatomisch nicht begründen. Die endogene Reinfektion vermag nicht die
Prädilektion der Lungenspitzen für die tuberkulöse Erkrankung zu er-
klären. Ausserdem gelingt es dem Pathologen häufig, trotz sorgfältigster
systematischer Durchsuchung, nicht einen älteren Herd, der die Voraus-
setzung für eine endogene Reiufektion ist, nachzuweisen. Mit der Ab-
lehnung der Reinfektion fallen auch die Mutmassungen über die relative
Immunität. H. lehnt diese Römer’sche Lehre auf Grund seiner patho-
logisch-anatomischen Erfahrungen ab. Desgleichen Orth. Die Phthisio-
genese lässt sich durch eine erworbene Immunität nicht erklären, wohl
aber durch die anatomisch begründete Lehre von der allgemeinen und
Organdisposition. Die Bedeutung der Dispositionslehre für die Tuber-
kulose knüpft sich an die Namen Rokitansky, Beneke, Birch-
Hirschfeld, Orth, v. Hansemann, Freund und Hart. Das
Problem der Phthisiogenese ist gleichbedeutend mit dem Prohlem der
Disposition der Lungenspitzen. Die Lehren von der ererbten Koustitution
und der erworbenen Disposition sollten Gemeingut aller Ärzte werden.
Schliesslich hat die Pathologie auch auf die Therapie der Lungentuber-
kulose befruchtend gewirkt, Beobachtungen am Sektionstisch bildeten
den Ausgang für die moderne Kollapstherapie.
Ulrich Berlin, Schömberg.
122. D. v. Hansemann, Die Disposition der Nebennieren zur
Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
H. hat eine Reihe von Fällen seziert, bei denen sich eine ausge-
dehnte Verkäsung beider Nebennieren fand, ohne dass sonst tuberkulöse
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, 13
ÖOrganerkrankungen nachweisbar waren. Die Bazillen hatten sich also in
den geschütztesten und verstecktesten Organen des Körpers angesiedelt.
Da nun die Nebennieren von Haus aus für die Tuberkulose nicht dis-
poniert sind, muss man, wenn man auf dem Standpunkt steht, dass zur
Erkrankung neben der Infektion die Disposition erforderlich ist, annehmen,
dass die Nebennieren die Disposition erst durch irgend eine Krankheit
erlangt haben. Nie kann die Addison’sche Krankheit, die ja im allge-
meinen auf einer Verkäsung der Nebennieren beruht, auch durch eine
entzündliche Atrophie der Nebennieren hervorgerufen werden. Dieses
seltene Vorkommen hat H. 4—5mal beobachtet. Diese Atrophie führt
zum gänzlichen Schwund der Rindensubstanz. Ausserdem sind derartige
Nebennieren völlig fettarm, selbst mikroskopisch lassen sich in ihnen
keine oder pur ganz vereinzelte Fetttropfen nachweisen. H. glaubt nun,
dass diese Atrophie die Nebennieren zur tuberkulösen Erkrankung dis-
poniert, und dass diese Disposition auf dem mangelnden Fettgehalt beruht,
da bekanntlich Fettansatz und tuberkulöse Erkrankung in einem gewissen
Antagonismus stehen. Ulrich Berlin, Schömberg.
123. Hermann Schlesinger, Subakute Insuffizienz der Neben-
nieren bei Amyloidose, nebst Bemerkungen über den Morbus
Addisonii. W. kl. W. 1917 Nr. 4.
Schlussfolgerung: „Aus unserer Beobachtung geht somit die bisher
nicht bekannte Tatsache hervor, dass das Bild des Morbus Addisonii
auaser durch die bisher bekannten anatomischen Veränderungen der
Nebennieren (Tuberkulose, Syphilis, Zirrbose, Atrophie) auch durch diffuse
Amyloidose bedingt sein kann. Die negative Tuberkulinreaktion und die
Wabrscheinlichkeit einer allgemeinen Amyloidose könnten vielleicht die
Diagnose ermöglichen.“ A. Baer.
124. Orth, Alkohol und Tuberkulose. B. kl. W. 1916 Nr. 30.
Verf. weist an der Hand statistischen Materiales nach, daas eine
überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden ist, dass die Alkoholiker
als solche der Tuberkulose gegenüber günstiger gestellt waren als die Ge-
samtheit. Daraus folgert er, dass der Alkohol nicht in der Phthiseo-
therapie verbannt zu werden braucht, sondern dass der Arzt sich des-
selben sehr wohl als Antituberkulosums bedienen kann.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
125. Zadek, Alkoholismus und Tuberkulose. DB. kl. W. 1916
Nr. 36.
Bemerkungen kritischer Natur zu dem gleichnamigen Vortrage Orth’s.
„Über die Wertung des Alkohols bei der Entstehung, dem Verlauf
und der Behandlung der Tuberkulose kann nicht der pathologische Anatom
entscheiden, sondern der Kliniker und Praktiker.“
Orth hat bewiesen: nicht, dass der Alkohol in mässigen Dosen bei
der Tuberkulose nützt und deshalb vom Arzt als Antituberkulosum ohne
Scheu verwendet werden darf, sondern, dass der Säufer in bezug auf die
Tuberkulose besser daran ist als der mässige Trinker (nicht als der Nüch-
terne, wie Orth schliessı)!
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
74 Allgemeine Pathologie und pathologische Anstomie.
126. Orth, Erwiderung zu vorstehendem Artikel (Zadek).
B. kl. W. 1916 Nr. 36.
Verf. hält seine Ansicht gegenüber der Kritik Zadek’s aufrecht.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
127. Kathariner, Tuberkulose und Alkohol. Zschr. f. Tbe. 26
H. 4.
Bereits besprochen unter Kongress- und Vereinsberichten in Bd. 10
Nr. 12 S. 382—383.
128. Bürger und Müllers, Untersuchungen über antigene Eigen-
schaften der Tuberkelbazillenfette. D. m. W. 1916 Nr. 51.
Gegenüber Deycke und Much ist es den Autoren nicht ge-
lungen, in exakt ausgeführten Versuchen mit Extrakten, die mit sicher
wasserfreien Extraktionsstoffen (Azeton, Petroläther [45° Siedepunkt),
Aether sulf., Alcohol absol., Alkoholchloroformgemisch nacheinander je
8 Tage lang) aus absolut trockenen, mehrere Jahre in Schwefelsãure-
exsikkator aufbewahrten, auf eiweissfreiem Nährboden gewachsenen Tuber-
kelbazillen Fette oder fettartige Substanzen mit antigenen
Eigenschaften zu gewinnen. Wahrscheinlich waren die bisher als
antigen wirksam beschriebenen Tuberkelbazillenfette durch Bazillenproteine
oder andere in wasserfreien Extraktionsmitteln unlösliche Substanzen ver-
unreinigt. Angesichts der gleichmässigen Resorptionsgeschwindigkeit von
Tuberkelbazillenfetten im gesunden und im tuberkulöse Organismus balten
Autoren auch die Anwesenheit eines lipolytischen Antikörpers gegen die
hochmolekularen Alkohole (Fettalkohole) des Bazillenleibes für wenig wahr-
scheinlich, Brühl, Schönbuch.
129. Möllers und Oehler, Zur Frage der Mobilisierung der
Tuberkelbazillen durch Tuberkulin. D. m. W. 1916 Nr. 15. _
M. und O. haben die praktisch so wichtige Frage, ob durch Tuber-
kulineinspritzungen beim tuberkulösen Menschen der Übertritt der Bazillen
in das strömende Blut begünstigt oder hervorgerufen werden kann, durch
Untersuchungen an 54 Patienten nachgeprüft. Bei 22 Patienten (10 F,
5 II, 7 III) wurde einmal, auf der Höhe einer Tuberkulinreaktion, bei
32 (171, 14 II, 1 III) zweimal, vor der ersten Einspritzung und auf der
Höhe einer Resktion, Blut untersucht. Bei 3 dieser letzten Serie wurden
bei der ersten Untersuchung (vor der Einspritzung) Bazillen gefunden,
nicht aber bei der zweiten auf der Höhe der Reaktion. Umgekehrt bei
2 anderen anfangs negativer, dann positiver Befund. Bei diesen beiden
verlief die Erkrankung tödlich, Ebenso aber auch bei 9 anderen, bei
denen keine Bazillen im Blut gefunden worden waren. Der Übertritt von
Bazillen ins Blut wird also durch Tuberkulineinspritzungen weder be-
günstigt noch verhindert. Von einer Mobilisierung der Tuberkel-
bazillen kann sicher keine Rede sein und demgemäss ist auch die Behaup-
tung, dass durch Tuberkulineinspritzungen infolge der Mobilisierung der
Tuberkelbazillen erhebliche Schädigungen der Patienten eintreten könnten,
nicht als erwiesen zu betrachten. Brühl, Schönbuch.
Ätiologie und Verbreitung. 75
b) Ätiologie und Verbreitung.
130. Selter, Reinfektion und Immunität bei Tuberkulose. D. m. W.
1916 Nr. 10.
Auf Grund von Infektionsversuchen (subkutan, intravenös und In-
balation) mit vollvirulenten und mit älteren Kulturen kommt S. zur
Ablehnung der speziell von Römer und Much verfochtenen
Anschauung, dass die im Mannesalter auftretende Lungen-
tuberkulose vornehmlich Folge einer metastasierenden
Autoinfektion sei und nur ausnahmsweise Folge einer von
aussen kommenden Infektion. Zu weiterer Erforschung dieser
Verhältnisse müsste nicht Reinfektion während der Erstinfektion sondern
nach überstandener Erstinfektion dienen. Das Meerschweinchen gilt
im allgemeinen für zu tuberkuloseempfänglich, um eine Erstinfektion zu
übersteben. Aber es ist S. gelungen, mit schwacher Infektion mittelst alter
Kulturen eine sehr langsam und nicht tödlich verlaufende sondern aus-
heilende Tuberkulose bei Meerschweinchen zu erzeugen; derart infizierte
Tiere haben sich dann gegenüber einer Reinfektion so verbalten wie nicht
infizierte; nur bei subkutaner Reinfektion machte sich an der Injektions-
stelle eine gewisse Immunität geltend. Brühl, Schönbuch.
131. Selter, Infektionsversuche mit kleinen Tuberkelbazillen-
mengen mit besonderer Berücksichtigung des Inhalations-
weges. D. m. W. 1916 Nr. 20.
Die bislang in der experimentellen Tuberkuloseforschung angewandte
Methode der Bestimmung der Infektionsgrösse (Verdünnungen eines Milli-
gramms einer beliebigen Tuberkelbazillenkultur) ermöglicht kein quanti-
tativ vergleichbares Arbeiten. Die Injektionsdose sollte stets nach ihrem
Bazillengebalt nahe unter dem Mikroskop ausgezählt sein. $S. beschreibt
sein Vorgehen genau. Ein gutes Kriterium für die Ausbreitung einer
Infektion beim Meerschweinchen ist das Gewicht der Milz. Eine Ver-
mehrung von 0,2 g kann nach S. als Zeichen einer angehenden Tuber-
kuloseinfektion gedeutet werden, falls andere Infektionen auszuschliessen
sind. Längeres Halten der Kultur bei 37° schwächt die Wirksamkeit ab.
Als sicher tödliche Dosis können nach S. noch 10 Baazillen gelten.
Bei kleineren Mengen (bis zu 1 virulenten Bazillus herab) kommt beim
Meerschweinchen eine Tuberkulose zustande, die sich nicht
generalisiert, sondern lokal bleibt und ausheilen kann.
Aehnlich wirken Bazillen älterer Kulturen, selbst in grösseren Mengen,
Inhalationsversuche ergaben das bemerkenswerte Resultat, dass beim Meer-
schweinchen ebenso kleine Bazillenmengen bei der Inhalation wie bei der
subkutanen oder intravenösen Infektion (5 ev. nur 1 Bazillus) genügen,
um eine tuberkulöse Erkrankung herbeizuführen. Merkwürdig war,
dass die Bronchialdrüsen sich kaum verkalkt zeigten. Von
den drei Möglichkeiten, wie eine Inhalationstuberkulose zustande kommen
kann,
1. primäres Haften der Bazillen auf der Lungenschleimhaut,
2. Durchwandern der Lungenschleimbaut und Haften in den Bronchial-
drüsen und von dort retrograde Infektion der Lunge,
3. symptomloses Durchwandern von Lunge und Bronchialdrüsen und
Eindringen in die Blutbahn; von dort aus Infektion der Organe,
76 Ätiologie und Verbreitung.
entscheidet sich S, auf Grund eigever Versuchsbefunde (negative Befunde
in Lunge und Bronchialdrüsen, Vergrösserung der Milz und positive Intra-
kutanreaktion) für die letztere. Die Milz ala das tuberkuloseempfindlichste
Organ des Meerschweinchens fängt die Bazillen ah, und vou der Milz
aus erfolgt hämatogen die Infektion der anderen Organe, vor allem der
Lunge, die S. stets früher erkraukt gefunden hat als die Bronchialdrüsen,
Leber und Nieren. Nur bei grösseren Infektionsdosen fand S. bei seinen
Inhalationsversuchen auch „primäre“ Lungenherde.
Brühl, Schönbuch.
132. F. Umber, Über die Tuberkuloseinfektion und Tuberkulose»
erkrankung der ersten Lebensjahre vor dem Krieg und
während desselben. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
U. weist an der Hand des Materials aus der Kinderabteilung seines
Krankenhauses erneut auf die hekannte Tatsache hın, dass sich die Tu-
berkuloseinfektion mit den zunehmenden Lebensjahren bedeutend häuft,
während die Tuberkuloseerkrankung der infizierten Kinder sowie die Sıerb-
lichkeit in den höheren Jahresklaxsen erheblich abnimmt. Daher ist’ es
ein dringendes Erfordernis der Tuberkulosebekänipfung, den Säugling vor
der Infektion zu schützen. Gleichzeitig berichtet er über einen Fall kou-
genitaler Tuberkulose. Das am 1. XIl. 1914 von einer phthisischen
Frau geborene Kind wurde sofort nach der Geburt von der Mutter ge-
trennt. Am 18. XII. war bereits die Pirquet’sche Reaktion positiv.
Am 27. 11. 1915 starb das Kind an Milıartuberkulose.
Ulrich Berlin, Schömberg.
133. C. Hart und L. Rabinowitsch, Beitrag zu der Frage
nach der Häufigkeit der Infektion des Menschen mit dem
Typus bovinus des Tuberkelbazillus in den Kriegsjahren.
Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
In den Frieden»jahren 1910—14 betrug die Zahl der Fälle isolierter
Mesenterialdrüsentuberkulose im Durchschnitt 0,8°/o der Sektionsfälle des
Augusta-Vıktoria-Krankenhauses, während sie in den Krieg-jahren 1915
bis 1916 2,59°/o betrug. Da es sich in diesen Fällen um eine durch
den Darm erfolgte Infektion handelt, liegt der Gedanke nahe, dass der
Krieg zu einer Erhöhung der Infektionsgefahr durch den Genuss tuberkel-
bazillenhaltiger Milch oder von tuberkulösen Schlachttieren herrührenden
Fleisches geführt hat. Tatsächlich brachte die bakteriologische Unter-
suchung den Nachweis, dass von den bakteriologisch untersuchten Fällen
der Mesenteriallymphdrüsen- und Darmtuberkulose 83,4°/ durch den
Typus bovinus infiziert waren. Der Zusammenhang dieser hoben Zahl
mit dem Krieg ist wahrscheinlich. Sicher aber ist div hohe Bedeutung
des Typus bovinus für die Tuberkuloseinfektion des Menschen.
Ulrich Berlin, Schönberg.
134. C. Kaiserling, Über die Unterscheidung von Tuberkel-
bazillen im Luminiszenzmikroskop. Zschr. f. Tbc. 27 H.1
bis 4.
K. gibt zunächst eine ausführliche Beschreibung des Luminiszenz-
mikroskops und seiner Handhabung und berichtet sodann über seine Unter-
suchungsergebnisse der verschiedenen Tuberkelbazillentypen mittelst dieses
Diagnose und Prognose. Ü
Mikroskops. Die Bazillen des Typus humanus leuchten in einem weiss-
lichvioletten Blau, die des Typus bovinus in einem grünlichen Blau und
die der Fischtuberkulose in einem reinen Himmelblau. Diese Farben-
unterschiede waren bei den verschiedensten Versuchen konstant und
deutlich. Ulrich Berlin, Schömberg.
135. C. Kraemer, Zur Ausbreitung der männlichen Genital-
tuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1915 35 H. 1 $. 119.
Verf. vertritt gegenüber Simmonds die Auffassung, dass es keine
testipetale Entstehung der Hodentuberkulose von der Prostata und Samen-
blase aus gibt, und dass diese Auffassung auch im Einklang steht mit
der Erfahrung der Chirurgen, dass nach Entfernung des kranken tuber-
kulösen Hodens in 80°/o der Fälle Dauerheilung erzielt wird.
Leschke, Berlin.
c) Diagnose und Prognose.
136. René Burnand, Le diagnostic clinique et pratique de la
tuberculose pulmonaire débutante. Revue médicale de la
Suisse Romande, 20. Feb. 1916 S. 73—115.
Im ersten Teile seiner Arbeit unterzieht der Verfasser die traditio-
nellen klinisch-diagnostischen Merkmale, die zur Diagnose Lungentuber-
kulose führen sollten, einer scharfen Kritik. Besonders richtet er sich
gegen die Schule Prof. Grancher’s, dessen Lehren er als zu verein-
facht, zu dogmatisch exklusiv verwirft,. — Im zweiten Teile der vor-
liegenden Studie entwickelt der Autor seine Forderungen einer klinisch-
praktischen Diagnose der Lungentuberkulose. — Der praktische Arzt
darf sich nicht mit der Untersuchung der Lungen allein begnügen, bei
Verdacht auf Tuberkulose sind alle Organe uud deren Erscheinungen zu
kontrollieren. Des weiteren kommt es darauf an, nach Feststellung des
Vorhandenseins einer Lungentuberkulose deren nähere Eigenschaften zu
untersuchen und vor allem Sıcherheit über den aktiven oder inaktiven
Zustand derselben zu erlangen. Die Erscheinungen der latenten Lungen-
tuberkulose werden eingehend besprochen, nachdem auch auf die wichtigeren
anamnestischen Angaben über Heredität, früheren Gesundheitszustand,
Habitus usw. kurz aufmerksam gemacht worden ist. Aus klinisch-prak-
tischen Gründen wird die Lungentuberkulose nach den am Anfange der
Entwicklung markantesten, klinischen Erscheinungen eingeteilt in
1. Tuberkulose, welche von der Lunge oder von den Bronchien
ausgeht,
2. Tuberkulose mit Ausgang von der Pleura aus,
3. Tuberkulose der Brustorgane, welche von den Lymphdrüsen
ausgeht,
4. Tuberkulose der Brustorgane, welche sich nur durch Allgemein-
symptome bemerkbar’ macht, und
5. abortive Tuberkulose,
Die klinischen Erscheinungen dieser fünf Klassen der Lungen-
tuberkulose werden im einzelnen besprochen. Vom anatomisch-patho-
logischen Standpunkt aus lässt sich eine solche, rein auf die äusseren
Erscheinungen des klinischen Verlaufes basierende Einteilung nicht ver-
teidigen. Neumann, Schatzalp.
78 Diagnose und Prognose.
137. Fr. Gerwiener, Über einige diagnostische Schwierigkeiten
bei der Lungentuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 35. 1916
H. 3 8.285.
Bei einigen tuberkulösen Soldaten wurde nur durch das Röntgen-
bild ein stärker ausgebildeter tuberkulöser Prozess (gwöhnlich vom Hilus
ausgehend) gefunden, der sich der physikalischen Untersuchung mehr oder
weniger entzogen hatte. Leschke, Berlin.
138. Hollós, Erkennung und Heilung der Tuberkulose im Kindes-
alter. Zschr. f. Tbc. 26 H.5.
Nach einleitenden Bemerkungen über die Entstehung und Ver-
breitung der Tuberkulose im Kindesalter bespricht Verf. verschiedene
Merkmale der latenten Tuberkulose wie: Anämie, Neurasthenie, Neurose,
Rheumatismus, Appetitlosigkeit, Störungen des Verdauungstraktes und
Entwicklungsstörungen. Zur Behandlung der Tuberkulose fordert er:
1. Verhinderung der wiederholten Ansteckungen,
2. Erzielung einer erhöhten Widerstandsfähigkeit,
3. Einleitung einer regelmässigen spezifischen Behandlung. Für
diese kommt nach Verf. nur Spengler’s I.K. in Betracht, ‚mit dem es
(nach Angabe des Verf.!!) gelingt, die latente Tuberkulose gänzlich zu
heilen!!!!! Eine Kontraindikation gegen I.K. gibt es nicht. (Die Wertung
des I.K. dürfte wohl auf recht energischen Widerspruch stossen. D. Ref.)
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde..
139. Porges, Die Bedeutung der regionären Muskelempfindlich-
keit für die Diagnose der Tuberkulose. D. m. W. 1916
Nr. 37.
P. fand bei einer grossen Anzahl von Lungentuberkulosen eine durch
Druckempfindlichkeit nachweisbare Hyperästhesie der dem erkrankten
Lungenteil segmentär zugeordneten Muskulatur, die unabhängig ist von
pleuritischen Veränderungen. Probatorische Tuberkulineinspritzung ergab
auf der überempfindlichen klinisch unverdächtigen Seite deutliche Herd-
reaktion. Oft trat die vorher nur angedeutete Druckempfindlichkeit der
Muskulatur (meist des Trapezius, aber auch des Pectoralis major, des Ska-
lenus und der Interkostalmuskeln) nach einer probatorischen Injektion erst
deutlich hervor. P. nimmt für die Überempfindlichkeit dieselbe Erklärung
an, die Pottenger für die von ilım beobachtete Muskelrigidität annimmt;
eine Neuritis in den sensiblen Muskelnerven infolge der Lungenerkrankung.
Brühl, Schönbuch.
140. Rudolf Reimann, Klinische Beobachtungen über die Ehr-
lich’sche Diazoreaktion. Inaug.-Diss. Leipzig 1916.
Die Resultate an einem grossen Krankenmaterial stimmen im grossen
und ganzen mit den Befunden älterer Autoren überein. 9 Fälle von 60
bei fibrinöser Pneumonie waren positiv. Dieselben zeichneten sich da-
durch vor den anderen aus, dass bei ihnen, sei es durch erbliche Be-
lastung, sei es durch eine positive Tuberkulinreaktion oder, bei Kindern,
positive Pirquetreaktion, der Verdacht auf eine latente Tuberkulose be-
stand. Weiter handelt es sich stets um ÖOberlappenpneunonien, entweder
von Anfang an oder nach Fortschreiten des Krankheitsprozesses vom
Unterlappen auf den Oberlappen. Komplikationen bestanden nicht. Es
Therapie. 19
verdienen beide Beobachtungen entschieden Beachtung. Der Verlauf war
bei den positiven Fällen .nicht ungünstiger wie bei anderen. Bei Tuber-
kulose besitzt die positive Reaktion eine gewisse Bedeutung bei der Miliar-
tuberkulose, wenu nämlich die objektiven Symptome nicht klar ausge-
sprochen sind. Bei den übrigen Formen der Tuberkulose, bei denen sie
ja bekanntlich erst auftritt wenn die objektiven Krankheitszeichen keinen
Zweifel in der Diagnose mehr aufkommen lassen, spricht eine konstant
positive und starke Diazoreaktion für den sehr progredienten Charakter
der Erkrankung und gibt eine üble Prognose. Die positive Diazoreaktion
scheint mit dem Auftreten von Fiebersteigerungen in einer gewissen Be-
ziehung zu stehen. Bei hektischem Fieber war morgens bei normaler
Temperatur die Reaktion negativ, abends bei hohem Fieber aber positiv.
Ebenso konnte bei künstlicher Herabsetzung der Temperatur durch Pyrami-
dongaben ein Negativwerden der Reaktion beobachtet werden. Beim Typhus
bewährte die Reaktion ihren alten diagnostischen Wert. Hans Müller.
141. Boit, Über die Methylengrünreaktion des Harnes. (Aus dem
Sanatorium Schatzalp-Davos.) M. m. W. 63. 1916 $. 1515.
5 Tropfen einer Methylenblaulösung (0,1:100,0) zu 5 ccm Harn
zugesetzt, rufen gewöhnlich Blaufärbung, bisweilen Grünfärbung des Harnes
hervor. Bei positiver Meıhylengrünreaktion ist der Harn dunkelgelb
bis dunkelrot gefärbt, leicht getrübt bis trübe, selten klar. Reaktion
meistens sauer, seltener amphoter oder alkalisch, das spezifische Gewicht
schwankt zwischen 1018—1025. Eine positive Reaktion findet sich bei
schwerer Lungentuberkulose in Verbindung mit Kehlkopf- oder Darm-
tuberkulose. Die beobachteten Fälle mit konstanter positiver Methylen-
grünreaktion kamen innerhalb von zirka 2—6 Wochen zum Exitus.
Bredow, Ronsdorf.
142. Taillens, Le pronostic de la tuberculose pulmonaire. Revue
médicale de la Suisse Romande, 20. Nov. 1915 S. 742—768.
Die Prognose für den an Lungentuberkulose Erkrankten ist als eine
günstige anzunehmen, wenn die fibröse Form der Krankheit vorherrscht,
das Gewicht ein zunelimendes ist, kein Fieber und nur geringe Auswurfs-
mengen besteben und der Blutdruck ein normaler oder wenig erniedrigter
ist, — Ungünstig ist die Prognose für die Lungenkranken bei geschwürig-
käsigen Prozessen, besonders wenn dieselben von Fieber mit ausgesprochenen
morgendlichen Temperaturremissionen, von Gewichtsabnahme und habitueller
oder gar zunehmender Erniedrigung des Blutdruckes begleitet sind. Die
Stellung der Prognose wird bei einzelnen an Lungentuberkulose erkrankten
Menschen auch dem erfahrenen Arzte ein nur nach längerer Beobachtung
des einzelnen Patienten schwer zu lösendes Problem bleiben.
Neumann, Schatzalp.
d) Therapie.
143. H. Philppi-Davos, Die Anwendung des Tuberkulins durch
den praktischen Arzt im Rahmen der allgemeinen Behand-
lung der Lungentuberkulose. Separatabdruck aus dem Schweiz.
Medizinalkalender 1917.
Die kleine Schrift des bekannten Verf. ist deshalb so lesenswert, weil
80 Therapie.
er auf Grund reichlicher praktischer Erfahrung an grösserem Krankenmaterial
zu einer unseres Erachtens durchaus richtigen Beurteilung des Wertes des
Tuberkulins für die Diagnose und Therapie der Tuberkulose gekommen
ist. Er ist bei der Tuberkelbazillenemulsion Koch’s geblieben und ver-
wendet sie nur in kleinsten Dosen, stets festhaltend an dem Grundsatz,
dass es wichtig ist, die Tuberkulinempfindlichkeit des Behandelten nicht
nur zu erhalten, sondern möglichst zu steigern. Seine Dosenfolge ist aus
der Schrift zu ersehen. Mit seinem Verfahren hat er auch bei Chronisch-
Fiebernden Gutes erreicht und glaubt, dass die Behandlung die Ent-
fieberung begünstigt. Die von anderer Seite immer noch wieder sehr ge-
lobte schnelle und hochimmunisierende Methode bis zur völligen Reaktions-
losigkeit des Kranken verwirft er, wie wir glauben, mit vollem Recht.
Er bricht auch den Stab über die Bedeutung der probatorischen Tuber-
kulinimpfung zur Sicherung der Diagnose einer aktiven Tuberkulose. Er
hat die Erfahrung gemacht, dass auch inaktive Prozesse durch solche
Tuberkulinproben aktiviert werden können. Er vermisst den Nutzen der
Probe und fürchtet mit Recht ihre Schäden. Es werden kurze Anweisungen
in der Schrift gegeben, wie man die Diagnose „aktive Tuberkulose“ durch
die klinische Beobachtung und Untersuchung mit annähernder Sicherheit
zu stellen vermag. Das Studium der kurzen Abhandlung sei jedem
Praktiker, aber auch jedem Tuberkulosearzt deshalb besonders empfohlen,
weil sie in durchaus kritischer Weise das Thema behandelt und sich auf
grosser persönlicher Erfahrung aufbaut. Schröder, Schömberg.
144. Jos. Heising, Nöhring’s „B 4“, ein neues Heilmittel
gegen Tuberkulose? Beitr. z. Kl. d. Tbe. 3C 1916 H. 1 S. 91.
Nöhrungs „B,“ ist ein bisher nicht isolierter und noch nicht identi-
fizierter Bestandteil der Galle, der durch Salzsäurebehandlung und Natron-
laugefällung der Galle gewonnen wird. Injektionen an 24 Fällen zeigten,
dass das Mittel unschädlich ist. Dass es eine gewisse Wirkung ausübt,
geht aus den subjektiven Allgemein- und Herdreaktionen hervor, die sich
auch zuweilen in vorübergehender Vermehrung des Auswurfs äusserten.
Trotzdem Verf. dem Mittel schon aus theoretischen Gründen begreiflicher-
weise zunächst skeptisch gegenüberstand, konnte er doch bei 6 Fällen (25 °/o)
so deutliche und besonders gute Besserungen erzielen, dass er eine weitere
Nachprüfung empfiehlt. E. Leschke, Berlin.
o
145. Wilhelm Miiller, Partialantigene und Tuberkuline. W.
kl. W. 191? Nr.5.
Verf. stützt sich auf Erfahrungen mit albumosefreiem Tuberkulin,
Alttuberkulin Koch und den Deycke-Much’schen Partialantigenen. In
der spezifischen Tuberkuloseforechung sind streng zu unterscheiden die
reaktiven ungiftigen und die reaktiven giftigen Substanzen.
1. Die ungittigen reaktiven Bestandteile der Tuberkuline. Dies sind
jene, mit denen man klinisch die zelluläre Immunitätsanalyse anstellt und
die für den Koch’schen Tierversuch unbrauchbar sind. Das sind die
Partialantigene M. Tb. A., M. Tb. F. und M. Tb. N., die grob chemisch
als Eiweissgemisch, Fettsäurelipoidgemisch und als Tuberkulonastin
(Neutralfett + Fettalkohol) bekannt sind. Es ist noch unbekannt, in
welcher Form sie in den Tuberkulinen und ob überhaupt in allen vor-
handen sind. Sicher ist, dass der Organismus nicht in jedem Falle, in
Therapie. 81
welchem er die isolierten Partialantigene verwertet, dies auch mit den
durch Tuberkulin eingebrachten tut, nach Much, weil sie dort in unauf-
geschlossener Form vorkommen. Durch Verabreichung von A., F. und N.
werden die Summe oder nur ein Teil oder gar keine Antikörper produziert,
Nach Much wäre in der nur teilweisen Antikörperbildung ein unzweifel-
haftes Unvermögen der Immunität, das Wesen der Erkrankung zu er-
blicken. Die reaktiven ungiftigen Körper lösen nie schwere toxische Er-
scheinungen aus, geben keine heftigen Herd- und Allgemeinreaktionen.
Sie sind weniger spezifisch als Jie giftigen und beeinflussen mehr die
Abwehrkraft des Organismus als das Virus.
2. Die giftigen reaktiven Bestandteile der Tuberkuline. Diese sind
die Bestandteile des bei Darstellung des obigen gewonnenen Filtrates; sie
bewirken den positiven Ausfall des Koch’schen Meerschweinchenversuches.
Bei der Immunisierung gegen Tuberkulose sind sie nicht erforderlich, so-
gar schädlich. Das toxische Partialantigen ist schuld an vielen Miss-
erfolgen der Tuberkulintberapie. In anderen Fällen besorgt der Organismus
selbst die Entziehung der nötigen Partialantigene aus dem Tuberkulin
und weist die überflüssigen zurück. Nach der klinischen toxischen Wir-
kung müssen wir annehmen, dass im Tuberkulin mehrere spezifische
toxische Komponenten vorhanden sind. Mit den geteilten Tuber-
kulininjektionen konnte Verf. eine Bindung des Temperaturgiftes des
albumosefreien Tuberkulins bewirken, während andere Gifte in den Kreis-
lauf gelangten. (Wenn man nämlich eine Tuberkulinmenge, welche die Reiz-
schwelle überschreitet und Fieber erzeugt, halbiert, an zwei verschiedenen
Körperstellen injiziert, so wird das Fieber vermieden, während andere
Tuberkulinreaktionen zur Beobachtung gelangen. Dies ist auch praktisch
bei empfindlichen und fiebernden Kranken wichtig.) Dies ist ein deut-
licher Beweis für das Vorhandensein von mehreren toxischen Komponenten.
Das albumosefreie Tuberkulin ist wesentlich weniger giftig als das Alt-
tuberkulin; daher ist letzteres dem ersteren in therapeutischer Hinsicht
unterlegen. Eine nach 1/2 Jahre nach Behandlung mit albumosefreiem
Tuberkulin angestellte zelluläre Immunitätsanalyse mit Deycke-Much’schen
Partialantigenen ergab eine auffallende Armut an Eiweissantikörpern. Es
werden nämlich diesem Tuberkulin mit dem Entzuge der Albumosen auch
wichtige, nicht giftige, und für die Immunisierung wichtige Partialantigene
entzogen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
146. Römer und Berger, Zur Behandlung der Tuberkulose mit
Partialantigenen nach Deycke-Much. D. m. W. 1916 Nr. 21.
Nach kurzer Auseinandersetzung der bekannten Anschauungen Deycke
und Much’s und Erläuterung der Technik der Partialantigengewinnung und
ihrer therapeutischen Anwendung berichten R. und B. über ca. 100 Fälle
(meist Lungentuberkulose der verschiedenen Stadien) die von ihnen teils
mittelst der einfachen Methode mit M. Tb. R. (Rückstand, in dem alle Partial-
antigene enthalten sind), teils mit den durch die Intrakutanreaktion als mangel-
haft nachgewiesenen Partialantigenen behandelt wurden. Die Anfangedose der
täglich vorgenommenen Einspritzungen wurde gegenüber Deycke und Much
kleiner genommen. — 1 ccm der niedrigsten Verdünnung (1: 10000 Mill.)
sehr langsame Steigerung. Die Temperaturen (Fieber ist keine Gegen-
indikation) sanken langsanı ab. Der Auswurf nimmt nach anfänglicher
Vermehrung oft erheblich ab, bleibt aber in anderen Fällen auch unver-
Internat. Contralbl. f. Tuberkulose-Forsehung. 11. 6
82 Therapie.
ändert. Die Bazillen im Sputum nahmen ab, aber nur in einem Fall (!)
wurde das Sputum bazillenfrei. Die Rasselgeräusche wurden geringer
und die Dämpfungen hellten sich auf. Allgemeinbefinden und Körper-
gewicht hob sich, Nachtschweisse schwanden, der Hämoglobingehalt
stieg. Kontrolliert wurde der Erfolg durch Iutrakutanreaktion, die eine
Steigung des Titers ergab. Als besonders gut heben R. und B. die
Erfolge bei Tuberkulose der serösen Häute hervor. Auch bei Knochen-
tuberkulose hatten die Autoren gute Erfolge. Sie glauben, dass die Be-
handlung mit Partialantigenen die geeignetste Methode für den Hausarzt
darstelle. (Die berichteten Erfolge scheinen nicht geeignet, eine Über-
legenheit der beschriebenen Methode beweisen zu können. Ref.)
Brühl, Schönbuch.
147. F. Rosenbach, Zur Rolle des Triehophytonpilzes bei Tu-
berkulin „Rosenbach“. Zschr. f. Tbc. 27 H. 1-4.
R. sucht die Bedenken, die von verschiedenen Seiten gegen sein
Tuberkulin wegen der Herstellung mit Hilfe des Trichophyton geäussert
worden sind, zu zerstreuen. So halten vıele Ärzte das an der Injektions-
stelle des Tuberkulins auftretende, mit starken Eutzündungserscheinungen
einhergehende Infiltrat für eine Wirkung von Trichophytonprodukten. Durch
verschiedene Impfversuche hat R. nachgewiesen, dass der Flüssigkeit von
Trichophytonkulturen keinerlei giftige oder entzündungserregende Eigen-
schaften anhaften, dass daher die örtlichen Reaktionen durch Tuberkulin
„Rosenbach“ nichts mit dem Trichophyton zu tun haben. Zum andern
wendet R. sich gegen die Annahme, dass durch die Art der Herstellung
des Tuberkulin „Rosenbach“ nur eine abgeschwächte Tuberkulinwirkung
erzielt werde, Durch den Nachweis des elektiven Abbaus der Nähr-
böden durch den Trichophytonpilz sucht R. zu beweisen, dass es sich
auch gegenüber den Tuberkelbazıllen um einen elektiven Abbau durch
den Trichophyton handle, wobei die Stoffe, die die Reaktionen und Heil-
wirkungen bei den Tuberkulösen verursachen, verschont bleiben.
Ulrich Berlin, Schömberg.
148. M. Katzenstein, Beitrag zur Tuberkulinbehandlung der
sog. chirurgischen Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
R. berichtet über eine Reihe von Heiluugen chirurgıscher Tuberkulose
durch Behandlung mit Alttuberkulin. Er hebt besonders die schuelle
Heilung zahlreicher solcher Tuberkulosen bei Soldaten gegenüber seinen
früheren Erfahrungen aus der Friedenspraxis hervor und sieht die Ursache
dieser günstigen Erfolge in dem wesentlich besseren Allgemeinbefinden
dieser Kranken. Ulrich Berlin, Schömberg.
149. A. Eber, Die Bekämpfung der Rindertuberkulose durch
Schutzimpfung. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
E. unterwirft die recht umfangreiche Literatur über die Schutzimpfung
bei der Rindertuberku!ose einer ausführlichen, kritischen Untersuchung,
deren Ergebnis er in folgende Schlusssätze zusammenfasst: 1. Die Wider-
standsfähigkeit junger Rinder gegenüber einer künstlichen Infektion mit
virulenten Tuberkelbazillen kann durch Vorbehandlung mit Tuberkel-
bazillen der verschiedensten Herkunft und Virulenz vorübergehend erhöht
werden. 2. Stärke und Dauer dieses künstlichen Impfschutzes sind ausser
Therapie. 83
von der individuellen Disposition des Impflings auch von der Beschaffen-
heit des Impfstoffes und von der Art seiner Anwendung (subkutane, intra-
venöse und stomachale Einverleibung) abbängig. 3. Bei der Verwendung
lebender Tuberkelbazillen bleiben die schutzgeimpften Tiere eine mehr
oder minder lange Zeit Träger der eingeimpften Tuberkelbazillen. 4. Über
den Wert eines Schutzimpfverfahrens für die Bekämpfung der Rindertuber-
kulose kann nur die Praxis entscheiden, da es keine Methode der künst-
lichen Infektion gibt, die einen sicheren Rückschluss auf das Verhalten
der Impflinge gegenüber der natürlichen enzootischen Tuberkuloseansteckung
(Stallinfektion) gestattet. 5. Der negative Ausfall der Tuberkulinprobe
ist bei schutzgeimpften Rindern kein Beweis für das Fehlen einer tuber-
kulösen Herderkrankung, einerlei, ob es sich um Tiere handelt, die von
vornherein nicht auf Tuberkulin reagierten, oder um solche, die erst im
Anschluss an die Schutzimpfung zu reagieren aufgehört haben. Eber schon
ist man berechtigt, die positive Tuberkulinreaktion als beweirend für das Vor-
bandensein tuberkulöser Herderkrankungen anzusehen, vorausgesetzt, dass
die Tuberkulinprobe erst eine gewisse Zeit (mindestens 7—8 Monate) nach
der Schutzimpfung vorgenommen wird. 6. Es gibt zur Zeit kein Schutzimpf-
verfahren, welches imstande ist Rindern einen ausreichenden Schutz gegen
die natürliche Tuberkuloseansteckung zu verleihen. Auch die bei der An-
wendung einzelner Impfstoffe gelegentlich zu beobachtende Heilwirkung auf
bereits vorhandene tuberkulöse Prozesse ist kein Faktor, mit dem bei der
Bekämpfung der Rindertuberkulose ernstlich gerechnet werden kann.“
Ulrich Berlin, Schömberg.
150. A. Eber-Leipzig, Was lehren die vom Veterinärinstitut der
Universität Leipzig in der Praxis ausgeführten Rinder-
immunisierungen über die Bedeutung der Schutzimpfung für
die Bekämpfung der Rindertuberkulose? Zbl. f. Bakt. (Orıg.)
78. 1916 H.5 S. 321.
Die umfassenden Versuche des Verf., in einer grösseren Anzahl
Stallungen durch Rinderschutzimpfungen mit Bovovakzin, Tauruman, Anti-
phymatol und den Heymanp’schen Schilfsäckchen eine Assanierung her-
beizuführen, hatten keine befriedigenden Ergebuisse. Eine Zurückdämmung
der Perlsuchterkrankungen im Rindviehbestande gelang nur dort, wo gleich-
zeitig auch prophylaktisch-bygienuische Massnahmen durchgeführt wurden.
Die praktischen Erfahrungen sprachen jedoch nicht dafür, dasa dieses
kombinierte Tuberkuloseschutzverfahren etwa wirksamer wäre als die Durch-
führung der prophylaktisch-hygienischen Massnahmen für sich allein. Was
die Heilwirkung des Antiphymatols und der Heymans’schen Schilf-
säckchen betrifft, so konnte dieselbe in einigen Fällen zweifellos festge-
stellt werden, in anderen wiederum versagte sie, so dass auch mit diesem
Umstande, bei der Bekämpfung der Rindertuberkulose ernetlich nicht ge-
rechnet werden kann.
C. Servaes.
e) Prophylaxe.
151. Beckmann, Kleinwohnungswesen in Verbindung mit Klein-
tierzucht und Kleingartenbau. Tbc.-Fürs.-Bl. 1916 H.4. (Aus
dem Westf. Wohnungsbl., Münster, 1915 H. 12.)
Verfasser macht den Vorschlag, die Sesshaftmachung der kriegs-
6*r
S4 Prophylaxe.
invaliden Industriearbeiter durch Errichtung von Eigenheimen zu fördern,
in denen Kleintierzucht und Kleingartenbau als Nebenerwerb betrieben
werden können. Die an ihrer Gesundheit geschädigten Invaliden haben
dadurch Gelegenheit, sich in ihrer freien Zeit im Freien zu bewegen, ferner
erzeugen sie einen grossen Teil ihres Bedarfes an Lebensmitteln selber und
entlasten dadurch den Markt, und schliesslich wird ihuen bei intensiver
Kultur evtl. der Anbau von Gemüse usw. für den Markt möglich. Um
Fehlschläge zu vermeiden, muss den Ansiedlern rechtzeitig die Erfahrung
von Fachleuten zugängig gemacht werden. Das könute dadurch ermög-
licht werden, dass in jeder Provinz eine Versuchs- und Lehranstalt, ver-
bunden mit einem Erholungsheim, errichtet wird, in das Rekonvaleszenten
aufgenommen werden, die für eine solche Kleinsiedlung in Betracht kommen.
Derart ausgebildete Leute errichten an geeigneten Stellen eine Musterfarm
und stehen ihrerseits anderen mit Rat und Tat zur Seite.
Rehs, Davos.
152. Braeuning, Die Erwerbstätigkeit der Tuberkulösen. Tbe.-
Fürs.-Bl. 1916 Nr. 5.
1. Beschaffung von Arbeit ohne Rücksicht auf gesundheitliche Ver-
hältnisse. Die häufige Klage, dass aus Heilstätten Entlassene schwerer
Arbeit finden als andere Leute, ist nach den Erfahrungen des Verfassers
meist hinfällig. In den wenigen Ausnahmefällen genügte fast immer ein
ärztliches Zeugnis, um die vorliegenden Bedenken zu beseitigen.
2. Beschaffung gesunder Arbeit für Lungenkranke. Die „leichte
Arbeit“, die die Kranken oft bei ihrem alten Arbeitgeber finden, genügt
nur in wenigen Fällen den ärztlichen Anforderungen, auch heute noch sind
recht viele industrielle und gewerbliche Betriebe nicht gesundheitlich ein-
wandfrei eingerichtet. Stellen als Parkwächter usw. sind nicht in ge-
nügender Zahl vorhanden und auch zu gering bezahlt, während die in
Frage kommenden Lungenkranken oft eine Familie zu versorgen haben
und jahrlang bei gesunder Arbeit aushalten sollen. Diesen Ausfall an
Verdienst kann man da, wo reichlich Mittel vorhanden sind, ersetzen.
Ideal liegen die Verhältnisse, da, wo für die Beschäftigung Lungenkranker
besondere Betriebe eingerichtet sind, z. B. in den Halberstädter Gärtnereien.
3. Vermeidung der Ausbreitung der Tuberkulose durch die Arbeit
der Lungenkranken. Berufe, in denen Leute mit offener Tuberkulose
eine Gefahr für das Publikum bilden, müssten für diese gesetzlich ver-
boten werden. Um ihre Mitarbeiter nicht zu gefährden, dürften offene
Tuberkulöse nur an hygienisch einwandfreien Stellen arbeiten. Die Kranken
müssen dazu erzogen werden, mit ihrem Auswurf vorsichtig umzugehen,
und das Publikum dazu, vorsichtige Kranke zu achten und nicht zu ächten.
Rehs, Davos.
153. Abramowski, Die Verbreitung der Kenntnis vom Wesen
der Tuberkulose, im besonderen derjenigen des Kindesalters
im Volke. Tbec.-Fürs.-Bl. 2 Nr. 4.
Um dem Volk eine richtige Vorstellung vom Wesen der Tuber-
kulose zu geben, muss einmal die Tagespresse, insonderheit die kleinen
Blätter, in Anspruch genommen werden. Ferner müssen die Fürsorge-
ärzte öfter in Lehrerversammlungen über das Thema sprechen und ihnen
die Materie mundgerecht machen. Schliesslich empfiehlt es sich, in den
Prophylaxe. 55
Fürsorgestätten Vätern und Müttern regelmässig allgemein verständliche
Vorträge über die Tuberkulose, insbesondere die des Kindesalters, zu halten.
Es folgt eine kurze Schilderung, in welcher Weise und in welchem Um-
fange diese am besten gebandhabt werden. Rehs, Davos.
(Dieselbe Arbeit erschien auch in Tuberkulosis Bd. 15 H. 5
Mai 1916.)
154. Kalisky, Massenspeisung. Tbe.-Fürs-Bl. 1916 Nr. ®.
Bei der herrschenden Lebensmittelknappheit und den hohen Preisen
sind für die Beurteilung der Frage: Massenepeisung oder Einzelbaushalt?
zwei Gesichtspunkte massgebend: die grösstmöglichste Sparsamkeit mit
Lebensmitteln und die ausreichende und rationelle Ernährung des Volkes.
Dass mit der Massenspeisung eine Geldereparnis verbunden ist, ist neben-
sāchlich. Das preussische Ministerium des Innern hat empfohlen, Volks-
küchen einzurichten oder ihren Betrieb zu erweitern und die Einführung
fahrbarer Küchen zu versuchen. Es soll dabei eine nahrhafte gemischte
Kost gereicht werden, die zur völligen Sättigung und Ernährung aus-
reicht. Es bestehen solche Küchen unter der Regie teils von Städten, teils
von Wohlfahrtsevereinen oder unter der von beiden. Ein Raum zur Ein-
nahme des Essens ist nicht erforderlich, dies kann nach Hause oder in
die Fabriken geholt werden. Die Rentabilität ist gesichert, wenn der
Materialverbrauch etwa 730/o des Gesamtumsatzes ausmacht. Gut geführte
Küchen gaben für 30—50 Pf. viermal wöchentlich Fleisch mit Gemüse
und Kartoffeln, Suppen und Puddings für 10 Pf., die Menge beträgt
3/a bis 1 Liter, man kann von einer ausreichenden Ernährung sprechen.
Die fahrbaren Küchen erfreuen sich eines regen Zuspruchs, es handelt
sich hier um eine ausgesprochene Kriegseinrichtung, deren Anschaffungs-
kosten möglichst gering sein sollten. Rehs, Davos.
155. Das kleinste Einfamilienhaus im Reihenbau. Tbe.-Fürs.-Bl.
1916 Nr. 11.
Das Haus erfüllt folgende Anforderungen: 1. Zwei gegenüberliegende
Seiten stehen der Einwirkung von Sonne und Wind offen. 2. Die Fenster
sind an zwei gegenüberliegenden Seiten des Hauses angeordnet, Quer-
lüftung ist möglich. 3. Jede Wohnung hat einen Garten. 4. Wohnräume
und Küche liegen zu ebener Erde. — Alle schweren Mängel der Miete-
kaserne sind vermieden, Relıs, Davos.
156. Goering, T.-V.-Stätten, T.-V.-Sicherung und T.-V.-Ver-
sicherung. Tbe.- Fürs.-Bl. 1916 Nr. 11.
Die Tuberkulose lässt sich nur durch eine umfassende Jugendfürsorge
bekämpfen: Die Lungen eines jeden Kindes müssen während der Schul-
zeit überwacht werden, erkrankte Kinder müssen während der Schulzeit
80 beeinflusst werden, dass sie die Schule gesund verlassen, kranke Er-
wachsene müssen dem Koutakt mit Jugendlichen entzogen werden. Alle
schwächlichen Kinder werden in Tuberkulosevorbeugungsstätten (T.-V.-
Stätten) behandelt, im Laufe der durchschnittlich 10 Schuljahre wird es
möglich sein, sie zu gesunden, widerstandsfähigen Menschen zu machen.
Die Mittel hierfür müssten durch private Spenden und evtl. durch eine
Jugendtuberkulose-Versicherung aufgebracht werden. Die Überwachung
müsste durch hauptamtliche Schulärzte geschehen. Rehs, Davos.
S6 Prophylaxe.
157. Krischke, Ein Vorschlag zur Schwindsuchtsbekämpfung
auf dem Lande. Tbc.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 12.
Durch die gesetzliche Bestimmung, dass bei Lungen- und Kehlkopf-
tuberkulose nur der Todesfall zu melden ist, wird auf dem Lande, wo
keine Fürsorgestellen bestehen, die Tuberkulosebekämpfung sehr erschwert.
Es müsste z. B. in Lehrerkreisen nach Helferinnen gesucht werden, die
der Krankheit nachspüren. Der von diesen gesammelte Stoff würde die
Grundlage für die weitere Fürsorge bilden. Rehs, Davos.
158. Lucien Jeanneret, Tuberculose et Ecole. Revue médicale
de la Suisse Romande, 20. Aug. 1916 K. 449—479.
Im Kampfe gegen die Tuberkulose bietet die Schule den Punkt, wo
wir am vorteiihaftesten den Hebel ansetzen können. In den Schulen
lassen sich die Tuberkulösen und die Tuberkulose-Gefährdeten zuerst ent-
decken. In den ersten sechzehn Lebensjahren infiziert sich jeder Mensch
mit Tuberkulose, die grosse Mehrzahl der Infizierten bildet in sich die
notwendige Abwehr, bleibt gegen eine weitere Infektion spezifisch sensi-
bilisiert. Bei relativ wenigen Menschen gelingt infolge von ungünstigen
Lebensbedingungen die Überwindung der Primärinfektion nicht vollkommen,
die in den Lymphdrüsen eingeschlossenen Tuberkelbazillen: sind nicht ab-
getötet, sondern bleiben konstant aktiv oder werden periodisch aktiver,
und geben autogene Tuberkuline in den Kreislauf ab. Solche Menschen
sind die Kinder, bei denen das Verhältnis zwischen Körperlänge und
Körpergewicht ein schlechtes, deren blasses, schwächliches und zartes
Aussehen zum Aufpassen warnt.
Leicht abnorme Temperaturverhältnisse und Blutbilder, Störungen
der Verdauung zeigen sich bei solchen Kindern ganz besonders nach
Anstrengungen und Ermüdung. Die von Pirquet’sche Reaktion ist
deutlich positiv und die Röntgendurchleuchtung stützt weiter den klinischen
Befund. Solche an leichter aktiver Tuberkulose leidenden Kinder können
diesen Zustand ganz überwinden und in die Gruppe der bloss tuberkulös
sensibilisierten übergehen, oder aber sie überwinden dieses Stadium nicht
und werden Kandidaten der Spätformen der Tuberkulose: der offenen
Tuberkulose der Erwachsenen, usw. Die Hauptformen der tuberkulösen
Evolution (tracheobronchiale Adenopathie, Skrofulose, geschlossene und
offene Lungentuberkulose, die Tuberkulose der Knochen, der Gelenke und
des Peritoneunss) werden vom Verfasser in Beziehung auf das schul-
pflichtiige Kind durchgesprochen. Darauf kommt derselbe auf die in den
Schulen einzuführenden Methoden zur Aufspürung der aktiven Tuber-
kulose bei den Schulkindern. Über jedes Schulkind soll ein Gesund-
heitsbericht geführt werden, in welchem der Lehrer unter Kontrolle des
Schularztes
das Gewicht jeden Monat,
. die jedes Halbjahr vorzunehmenden Körpermessungen,
. eine Beschreibung des Aussehens des Kindes (Anämie usw.),
. die Fähigkeit zur Arbeit,
. besondere Beobachtungen und
. das Resultat der bei jedem Kinde vorzunehmenden v. Pirquet-
schen Hautreaktion einzutragen hat.
Der Verfasser legt grossen Wert darauf, dass ein jedes Schulkind
dieser Reaktion unterworfen wird, um den Moment der ersten tuberku-
a mun-
-
—r
Prophylaxe. 87
lösen Infektion feststellen zu können. Die v. Pirquet’sche Probe soll,
solange ein Kind negativ darauf reagiert, jedes Jahr* wiederholt werden;
nachdem die Reaktion einmal bei einem Kinde positiv ausgefallen, ist
eine Wiederholung an demselben Kinde nicht mehr notwendig.
Forderungen:
An offener Tuberkulose leidende Lebrer müssen rücksichtslos aus
der Schule entfernt werden. Genaue Durchführung der von der Hygiene
verlangten Vorschriften für moderne Schulhäuser, der Reinlichkeit der
Schulkinder selbst (Duschen, Mundpflege), Belehrung des Lehrpersonals
über Mittel und Wege zur Bekämpfung der Tuberkulose, damit dieselben
indirekt (nicht durch angsterzeugende direkte Aufklärung der Kinder
selbst) die Kinder zu schützen verstehen. Vermeidung der Überbürdung
in der Schule durch grössere Individualisierung der Arbeitsforderung.
Leichte Hausaufgaben besser als zu lange dauernde Schulstunden. —
Wichtig die Unterbrechung der Schulstunden mit Erholungspausen im
Freien, während denen auch die Schulstuben gut gelüftet werden sollen.
Ferien auf dem Lande. Kontrolle der Ernährung und Nachhilfe für arme
Schulkinder. Vorbeugende Sonnenkuren für schwächliche Kinder. Für
alle Kinder Turnübungen im Freien, bei entblösstem Oberkörper, wobei
besonders genau auf Atemübungen gesehen werden soll.
Schwächliche Schulkinder sollen nur des Morgens Unterricht in den
Schulstuben erhalten, Nachmittags sollen dieselben regelmässig an der
freien Luft (Liegehalle) Ruhekur machen, evtl. mit Sonnenbad, Atem-
gymnastik mit Frejübungen und Spiele betreiben. Für die’Durchführung
der Atemgymnastik gibt der Verfasser ganz genaue Vorschriften. Für
alle Schulkinder verlangt er, dass pro Tag eine Stunde im Freien ge-
turnt werde, Für Kinder, bei denen noch eine aktive geschlossene Tu-
berkulose anzunehmen ist, sollten Spezialklassen eingerichtet werden. Es
sind etwa drei Prozent aller Schulkinder, die da in Frage kämen. — Bei
weiter vorgeschrittener, aber nicht offener Tuberkulose sollten auf dem
Lande, in der Nähe der Stadt, Schulsanatorien errichtet werden. Kinder
mit offener Lungentuberkulose und mit anderen ernsten Formen der Tuber-
kulose gehören in spezielle Fürsorgeheime. Neumann, Schatzalp.
159. Weith-Lausanne, A propos du Pirquet dans les ecoles de
Lausanne. Jèevue médicale de la Suisse Romande, 20. Sept.
1916 $. 538— 553.
Die Arbeit richtet sich gegen die Anregung Dr. Jeannerets, bei
allen Schulkindern in Lausanne die Pirquet’sche Reaktion vorzunehmen.
Neumann, Schatzalp.
160. Lucien Jeanneret, A propos du Pirquet dans les ecoles
de Lausanne: Réponse à Mr. le Dr. Weith. Revue médicale
de la Suisse Romande, 20. Okt. 1916 8. 648—651.
Replik auf obige Arbeit uuter Aufrechthaltung der Forderung auf
obligatorische Vornahme der Pirquet’schen Probe bei allen Schulkindern.
Neumann, Schatzalp.
161. A. Gottstein, Schule und Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27
H. 1—4.
Die zahlreichen Untersuchungen der Schulärzte über die Verbreitung
88 Prophylaxe.
der Tuberkulose im schulpflichtigen Alter haben zu folgendem Ergebnis
geführt: „Die Tuberkulose ist im schulpflichtigen Alter ausserordentlich
viel häufiger als in den vorangehenden und folgenden Altern, sie bat aber
eine andere Lokalisation, weniger in den serösen Häuten und Knochen
als in den jüngeren Altersklassen, weniger in den Lungen als in den
folgenden Altern, sie ist hier in der Mehrzahl ruhend, kennzeichnet sich
klinisch durch Verzögerung des Wachstums und durch Störungen der
Blutbildung, wird selten aktiv und führt noch seltener zum Tode.“ Sehr
wesentlich für eine wirksame Bekämpfung der Tuberkulose ist eine ver-
ständige Zusammenarbeit zwischen Schularzt und Schulverwaltung einer-
seits und zwischen Schul- und Lungenfürsorgearzt andererseits. Besonders
wichtig sind positive Befunde an den Schulkindern für deren jüngere
Geschwister, denen die gewonnenen Resultate durch Vermittlung der
Fürsorgeärzte zugute kommen sollen. Da die Tuberkulose-Sterblichkeit
jenseits des Schulalters äusserst stark zunimmt, ist es im Interesse der
Volksgesundheit höchst erforderlich, die Erfahrungen, die die Schule im
Kampf gegen die Tuberkulose gewonnen hat, auch auf die Fortbildungs-
schulen zu übertragen. Ulrich Berlin, Schömberg.
162. M. Kirchner, Die Tuberkulose im Kindesalter. Zschr. f.
Tbe. 27 H. 1—4.
Trotz der Mängel des Seuchengesetzes ist die Tuberkulosesterblich-
keit in den letzten 35 Jahren, dank der Einrichtung der Medizinal-
untersuchungsanstalten, der Heilstätten, der Auskunfts- und Fürsorge-
stellen, des deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose
und ähnlicher sozialer Einrichtungen in Preussen um 58°/o zurückge-
gangen. Dieser Rückgang trifft jedoch, wie die Statistik zeigt, für die
Tuberkulosesterblichkeit im Kindesalter nicht zu. Es sind daher ener-
gische Massnahmen für die Bekämpfung der Tuberkulose im Kindesalter
erforderlich. Sie müssen in erster Linie in der Familie, in zweiter Linie
in der Schule getroffen werden. Als solche Massnahmen sind in der
Familie anzustreben: Entfernung offen lungenkranker Mitglieder aus der
Familie in zu errichtende Lungenheimstätten für Schwerkranke, Desinfek-
tion der Wohnung. Ist die Eutfernung der Kranken nicht möglich, so
sollen sie nach Möglichkeit isoliert oder die gesunden Kinder wie in
Schweden in besonderen Heimen untergebracht werden. Bessere ärztliche
Fürsorge namentlich in der Armenpraxis. Massnahmen in der Schule:
Allgemeine Einführung von Schulärzten, Einrichtung von Schulbädern,
Ferienkolonien, Pflege von Sport, Turnen und Turnspielenr, Ausbau von
Kinderlungenheilstätten, Waldschulen und Walderbolungsstätten.
Ulrich Berlin, Schömberg.
163. N. Heitmann, Über Wohnungen für tuberkulöse Familien.
N. Magazin f. lægevidenskaben 1917 Nr. 1.
Die tuberkulöse Krankheit ist im grossen eine Wohnungskrankheit.
Verf. schlägt darum vor, dass die medizinische Gesellschaft in Kristiania
die Initiative ergreift, um die Wohnungsfrage für die Tuberkulösen prak-
tisch zu lösen.
Falls die Gesellschaft 10°/o des nötigen Kapitals zuwege verschafft,
wird gewiss die Konmunal-Gemeinde für die restierenden 90°/o garan-
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, 'Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 39
tieren, Verf. meint auch, dass der Staat ein solches Unternehmen unter-
stützen darf in gleicher Weise wie er andere hygienische Massnahmen
unterstützt. Birger-®verland.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
164. Ad. Kutschera, Tuberkulosefürsorge. Tuberculosis, August
1916.
Eine recht gute Übersicht über die Bestrebungen zur Versorgung
der Tuberkulösen, mit besonderer Rücksicht auf die Verhältnisse in Öster-
reich: Kutschera ist Stattbaltereirat und Landes-Sanitätsreferent in
Innsbruck. Er berechnet für Österreich in den letzten Jahrzehnten all-
jährlich 80—90000 Todesfälle durch Tuberkulose; die Abnahme ist ver-
hältniemässig gering gewesen. Diesen Todesfällen würde eine Zahl von
etwa 1000000 behandlungsbedürftiigen Kranken und von 300000 ge-
fährdeten Personen entsprechen. Auf die Bebandlungsbedürftigen rechnet
er 200000 bettlägerige Schwerkranke, 300000 nicht bettlägerige Arbeits-
unfähige und 500000 Kranke mit aktiver geschlossener Tuberkulose,
deren Arbeitsfähigkeit nur vorübergehend gestört ist, die aber einer Be-
handlung bedürfen, um nicht dauernd arbeitsunfähig zu werden. Diese
letzte Gruppe ist der Liebling der Heilstätten, weil sie dadurch die Zahl
ihrer Heilerfolge ganz wesentlich zu steigern und ihre Statistik zu ver-
bessern vermögen. Es sind aber auch die Kranken, „die ebenso gut und
unter Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit ambulatorisch behandelt und da-
durch bei wesentlich geringeren Kosten in annähernd ebenso grosser Zahl
geheilt werden können wie in den Heilstätten“. Dasselbe ist von vielen
Seiten verlangt worden, dass die Heilstätten für Kranke des 2. und 3.
Stadiums mit Bazillenbefund bestimmt werden; für Tuberkuloseverdacht
und Tuberkulose des 1. Stadiums ohne Bazillenbefund, sowie überhaupt
für Kranke mit geschlossener Tuberkulose sind die teueren Heilstätten
überflüssig.
Dieser Gedanke ist ernstester Erwägung wert. Es ist offenbar nicht
möglich, soviel Heilstätten zu schaffen, dass darin alle Tuberkulösen ver-
sorgt werden könnten, selbst in Deutschland, dem Lande der Heilstätten,
nicht, wo wir trotz an sich geringerer Tuberkulosebäufigkeit mit ähnlichen
‚grossen Zahlen rechnen müssen. Aber wir können die Tuberkulosefür-
sorge viel rascher und billiger und vielleicht noch wirksamer organisieren
als wir Heilstätten schaffen können. Kutschera will die ärztliche Be-
handlung in die Tätigkeit der Fürsorgestellen aufnehmen, die man in
Deutschland ausgeschieden, um Konflikte mit den Haus- und Kassen-
ärzten zu vermeiden. Er meint, dass diese allerdings vorhandene Schwie-
rigkeit sich recht wohl beseitigen lasse, wenn man möglichst alle Ärzte
in die Organisation der Fürsorgestellen einbezögee Kutschera hat be-
sonders in Deutschland die Wahrnehmung gemacht, dass nur ein kleiner
Bruchteil der Tuberkulösen die Fürsorgestellen in Anspruch nimmt, und
zwar meist gar nicht in der Absicht, um der Tuberkulose in ihrer Um-
gebung vorzubeugen, sondern um sich Vorteile wie Wohnungsgeldzuschüsse,
Milchmarken oder Geldzuwendungen zu verschaffen. Die Fürsorge ist
also dort eher eine Armenversorgung als eine Hilfe zur Heilung und
90 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
Vorbeugung der Krankheit. Diese Beobachtung ist zweifellos richtig.
Kutschera fordert von der Fürsorge mehr, und zwar soll sie 1. Leicht-
kranke ambulatorisch heilen, 2. Schwerkranke isolieren, und 3. die Ge-
fährdeten ständig überwachen. Kutschera ist Anhänger der Tuber-
kulinbehandlung, und meint, dass der Beweis für die Möglichkeit und
Zweckmässigkeit ihrer ambulatorischen Durchführung im grössten Mass-
stabe in Wıen in vielen grossen Krankenkassen, besonders aber bei den
österreichischen Staatsbahnen erbracht worden sei.
Hier werden ihm gleichwohl keineswegs alle Ärzte beipflichten, min-
destens aber den Ergebnissen dieser spezifischen Behandlung recht
skeptisch gegenüberstehen. Dagegen ist seine Anregung zu einer erwei-
terten Organisation der Fürsorgestellen auch für uns in Deutschland sehr
beachtenswert, und noch mehr ist es der Gedanke einer Umgestaltung
oder Ergänzung unserer Heilstätten. Für die vielen Prophylaktiker,
Verdächtigen und Leichtkranken, die sie jetzt beherbergen, lässt sich
viel einfacher, billiger und wahrscheinlich auch viel wirksamer sorgen.
Gerade wie für eine Masse unserer Verwundeten die Wiederbeschäftigung
mit geeigneter Arbeit, die Arbeitbehandlung weit mehr leistet als end-
loses Umherliegen in den Lazaretten mit medikomechanischer Behandlung,
Elektrisieren u. dergl., so ist für die genannten „Tuberkulösen“ eine
frischere und aktivere Behandlung mit geeigneter Arbeitsbetätigung weit
nützlicher. Die bisherige Methode erzieht solche Leute oft geradezu zur
Ängstlichkeit und Übertreibung; die träge Liegekur und das ewige
Schwatzen über Krankheit ist schuld daran. Meissen, Essen.
165. Simon, Form und Ergebnisse der Kinderheilstättenbehand-
lung. Tuberculosis, Juni- und Juliheft 1916.
Eine lehrreiche und lesenawerte Arbeit des Leiters der Kinderheilstätte
Aprath, die die Besonderheiten der Tuberkulose des Kindesalters und ihre
Behandlung im allgemeinen und in Hinsicht auf das Verfahren in Apratb
klar und übersichtlich vorführt. Wir können hier auf Einzelheiten nicht
eingehen. Wichtig erscheint die Erfahrung, dass die einseitige Betonung
der Lierekur bei Kindern und ebenso die allzu ängstliche Überschätzung
kleiner Temperatursteigerungen nicht recht am Platze ist. Sollte das aber
nicht auch für eine grosse Zahl der Insassen von Heilstätten für Er-
wachsene gelten! Vielleicht wird der Krieg hier der Lehrmeister, wie es
auf dem Gebiete der Ernährung der Tuberkulösen unter dem Zwange der
Umstände noch deutlicher hervortritt. Es gibt da sicher manches zu lernen!
Den Ausführungen Simon’s über den Kurplan und die Beschäftigung
der kranken Kinder wird man gerne folgen. Der Tuberkulinbehandlung misst
er keine wesentliche Bedeutung bei, Licht- und Luftbehandlung verdrängen
mehr und mehr die alten Wasserverordnungen, von den Röntgenstrahlen
erwartet oder erhofft er brauchbare Hilfe bei den schweren, offenen Krank-
heitsformen. M-n.
166. Tuberkulosefürsorge während des Krieges. Siebenter Bericht
über die Tätigkeit der vom Tuberkuloseausschuss der Abteilung für
Kriegswohlfahrtspflege des Zentral-Komitees vom Roten Kreuz ein-
gerichteten Auskunfitsstelle für Tuberkulöse. Tbe.-Fürs.-Bl. 1916
Nr. 6.
Die Inanspruchnahme der Auskunftsstelle hielt sich im Berichtszeitraum
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heine. 91
vom 21. II. bis 20. V. 1916 ungefähr auf gleicher Höhe wie im voran-
gegangenen Vierteljahr. Barheihilfen waren in erhöhten Masse erforder-
lich. Die Unterbringung der Kranken in Heilstätten usw. wurde dadurch
ermöglicht, dass den betreffenden Anstalten Beihilfen zur Erhöhung des
Freistellenfonds gezahlt oder den Kranken die Kosten wieder erstattet
wurden. Zahlreichen Kranken wurde Übernahme der Kosten für kürzere
Zeit gewährt. Rehs, Davos.
167. Zusammenstellung der Aufwendungen des Tuberkuloseaus-
schusses der Abteilung Kriegswohlfahrtsyflege des Zentral-
Komitees vom Roten Kreuz. Tbec.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 6.
Rehs, Davos.
168. Triebold, Bei den lungenkranken Soldaten in Lippspringe.
Tbe.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 6.
Den in Lippspringe befindlichen Soldaten, durchschnittlich 700, stehen
sämtliche Kurmittel zur Verfügung. Unterrichtskurse mit einer allgemeinen,
gewerblichen und kaufmännischen Abteilung sind eingerichtet, ausserdem
praktisch-theoretische Kurse für Soldaten, die in Rücksicht auf ihre
Krankheit Gärtner oder Landwirt werden wollen. Rehs, Davos.
169. Hartmann, Genügt die heutige Fürsorge für unsere un-
bemittelten Lungenkranken den an sie gestellten Anforde-
rungen? Zschr. f. Tbe. 25 H. 6.
Verf. glaubt, dass das Heilstättenwesen wohl imstande sei, der Tuber-
kulosenot zu steuern, wenn folgende Massnahmen beachtet werden:
1. Baldige Entfernung von Nichttuberkulösen und Fällen von in-
aktiver Tuberkulose, die einer Heilstättenkur nicht bedürfen, aus den Lungen-
heilstätten und, falls Behandlung nötig ist, Überweisung in geeignete An-
stalten wie Erholungsheime, Nervenheilstätten u. dgl., die wieder für
solche Kranke freizugeben sind.
2. Aufnahme auch vorgeschrittener Fälle von Tuberkulose in Lungen-
heilstätten unter Verlängerung der Kurzeit, wenn dadurch Aussicht auf
Wiedererlangung der Arbeitsfühigkeit besteht.
3. Unterbringung weit vorgeschrittener Fälle, die in absehbarer Zeit
nicht wieder arbeitsfühig werden oder bei denen das Ableben bald zu
erwarten ist, in Krankenhäuser oder Invalidenheime — bei offener Tuber-
kulose nötigenfalls unter Anwendung von Zwangsmassnahmen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
170. Flatau, Die neue Fürsorge- und Auskunftsstelle des Vereins
zur Bekämpfung der Tuberkulose in Nürnberg. Tbz.- Fürs.-
Bl. 1916 Nr. 10. Rebs, Davos.
171. Krischke, Eigenheime für Fürsorgestellen. Tbe.-Fürs.-Bl.
1916 Nr. 10.
Besonders für Zeiten mit Nahrungsmittelmangel wären für die Fürsorge-
stellen Eigenheime von grossem Nutzen, in denen Gemüse gezogen und
Ziegen und Hühner gehalten werden können. Die Bewirtschaftung kann
Leichtlungenkranken oder Kriegsinvaliden mit landwirtschaftlichen Kennt-
nissen übertragen werden, zur Hilfe können Kinder mit Anwartschaft auf
Waldschulen usw. herangezogen werden. Rehs, Davos.
92 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
172. Szezeblewski, Die Tuberkulosefürsorge des Verbandes
mittlerer Reichs-Post- und -Telegraphenbeamten. T'bc.- Fürs.-
Bl. 1916 Nr. 11.
Der Verband mittlerer Reichs-Post- und -Telegraphenbeamten hat als
erster unter den Fach- und Standesvereinen eine umfassende Tuberkulose-
fürsorge für seine Mitglieder und deren Angehörige geschaffen. Bei Inan-
spruchnahme der Unterstützungsmittel der Postverwaltung und des Ver-
bandes kann jeder Kranke selbst eine längere Heilstättenkur durchführen.
Von der Errichtung einer eigenen Heilstätte wurde abgesehen, vielmehr
werden die vorhandenen Mittel als Unterstützungen für Kuren in selbst zu
wählenden Heilstätten verteilt. In den Kreis- und Bezirksvereinen ist die
Organisation und Leitung der Tuberkulosefürsorge Beiräten übertragen, die
Beratung erfolgt nach dem Muster der Auskunfts- und Fürsorgestellen. Es
wird darauf hingewirkt, dass die Kranken sich einer gründlichen Heil-
stättenkur unterzieben, dass die Familienangehörigen sich untersuchen
lassen, dass tuberkuloseverdächtige und -bedrohte Kinder zu einem Auf-
enthalt in Erholungsheimen usw. geschickt werden. Die Tuberkulosebeiräte
und die Verbandszeitung wirken aufklärend über Wesen, Verlauf usw. der
Tuberkulose. . Rehs, Davos.
173. Sturmat, Kriegstätigkeit der Tuberkulosefürsorgestelle des
Kreisverbandes der Vaterländischen Frauenvereine desKreises
Johannisburg. Tbc.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 11.
Nach Vertreibung der Russen ist die Tätigkeit der Fürsorgestelle im
Kreise Johbannisburg unter erschwerenden Umständen wieder aufge-
nommen worden. Die Wohnungsverhältnisse und Verbindungen sind
schlecht, die Landbewohner hygienischen Anordnungen wenig zugänglich.
Die Zahl der Kranken ist durch die Flucht erheblich vergrössert, die
Mehrkosten wurden aus dem Flüchtlingsfond gedeckt. Nahrungsmittel
wurden mehr als üblich verteilt. Der Kiefernwald, in dem das im Roh-
bau fertig gestellte Tuberkuloseheim lag, ist zerstört. Rehs, Davos.
174. Reche, Erfahrungen in der Fürsorge für versicherte Lungen-
kranke. Zschr. f. Tbc. 26 H. 6.
Verf. bespricht die Massnahmen zur Behandlung Tuberkulöser. An
erster Stelle stehen Lungenheilstätten und Walderholungstätten. Bei der
Wichtigkeit der richtigen Auswabl empfiehlt Verf. eine sorgfältige Dia-
gnostik, die sich auf Anamnese, klinischen Befund, Röntgenuntersuchung
und Tuberkulininjektion zu stützen hat. Die Kurdauer soll nur bei pro-
gnostisch günstigen Fällen mehr als 3 Monate betragen. Schwerkranke
sollen in Spezial-Tuberkulosekrankenhäusern untergebracht, oder tunlichst
räumlich isoliert werden; unter Umständen sind die am meisten gefähr-
deten Familienmitglieder (Kinder) in geeigneten Pflegestellen unterzu-
bringen, wie dies der Breslauer Verein zur Fürsorge für unbemittelte
Lungenkranke tut. Ausserordentlich wichtig ist die Anzeigepflicht für
alle Fälle offener Tuberkulose.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
175. H. L. Taylor, A review of Minnesota’s anti-tuberculosis
work. St. Paul Med. Journ., Juni 1915.
Nichts Neues. Mannheimer, New York.
Allgemeines und Grenzgebiete. 93
176. R. J. Wilson and W. J. Rathbun, A study on food and
fuel value of the dietary at the New York City Municipal
Sanatorium. Journ. Amer. Med. Ass., 3. Juni 1916.
Eine Untersuchung der Nahrungsfrage im New-Yorker städtischen
Sanatorium zu Otisville mit Rücksicht auf Sparsamkeit und Nährwert
ergab folgendes: Das Auslassen von Fleisch und Eiern aus dem Früh-
stück und deren Ersatz durch Milch ist vollkommen gerechtfertigt. Die
Diät muss hohen kalorischen Wert haben, soll aber im allgemeinen auf
drei Mahlzeiten beschränkt sein. Männer essen verhältnismässig mehr;
jedoch nehmen Frauen mehr an Gewicht zu. Vermeidung von häufigen
Wiederholungen im Speisezettel ist wünschenswert. Sehr empfehlenswert
ist ein 4 wöchentlicher Speisezettel, der auf folgende Weise gebraucht
wird. Für die ersten vier Wochen beginnt man mit der ersten Woche
und endet mit der vierten; für die nächsten vier Wochen beginnt man
mit der zweiten und endet mit der ersten, usw. Auf diese Weise wird
es fast: unmöglich für die Patienten, zu raten, was auf den Tisch kommt.
Zwei Arten von Gemüse gebe es ausser Kartoffeln, zu Mittag und Abend.
Es ist ratsam eine Kombination abzuändern, sobald die Patienten ihrer
überdrüssig werden. Kleine Anfangsportionen mit so vielen nachfolgenden
als gewünscht, sind den Patienten angenehm und sparsamer. Die Ver-
‚ schwendung übrigbleibender Reste ist in Tuberkuloseanstalten notwen-
digerweise grösser als in anderen Anstalten. Behandlung von Kindern
in besonderen Räumen, aber in Verbindung mit Erwachsenen ist durch-
führbar, und mit Rücksicht auf grössere Sparsamkeit empfehlenswert.
Mannheimer, New York.
g) Allgemeines und Grenzgebiete.
177.Denechau-Angers, Über die weiteren Folgen der durch
Kriegsgeschosse verursachten Lungen-Rippenfell-Verletzungen.
Referiert nach einem Referat aus der Presse medicale 1916 Nr. 42.
M. m. W. 1916 S. 1443.
Bei der grossen Mehrzahl der alten Brustverletzungen bleiben eine
Reihe von nachweisbaren physikalischen Erscheinungen zurück. In mehr
als der Hälfte dieser Fälle sind die Symptome durch Lungengymnastik
und allmähliche Abhärtung besserungsfähig und daher mit dem aktiven
Heeresdienste wohl vereinbar. Immerhin können diese, meist geringen,
Erscheinungen von Schmerz, Stechen und seltener Husten mit oder ohne
Auswurf usw. später zu Komplikationen führen, die gewöhnlich infektiöser
Natur sind. Die am meisten gefürchtete Komplikation, die Lungenfell-
Rippenfell-Tuberkulose, kann sich in Form einer eiterigen Pleuritis, von
Abszess, von Gangrän einstellen, meist aber als einfache Eiterung, die in
Anfällen den alten Geschossgang befällt. Diese latente oder offenkun-
dige Infektion ist die grosse Gefahr der intrapulmonären Geschosse, die
die Entfernung dieser Projektile rechtfertigt. Auch dann noch bleibt
Beobachtung und ev. weitere physikalische oder andere Therapie nötig.
Bredow, Ronsdorf.
178.Gerhardt, Über das spätere Schicksal der Lungenverletzten,
M. m. W. 1916 S. 1669—1671.
Die durchschnittliche Heilungsdauer der nicht infizierten Fälle betrug
2—3 Monate,
94 Allgemeines und Grenzgebiete.
Pleurablutung und nachfolgende Pleuritis findet sich bei mindestens
°/ der Fälle. Für den Verlauf und das klinische Bild ist Pleurabetei-
ligung wichtiger als die der Lunge.
Die Pleuritis nach Brustschüssen soll von der 2. Woche ab nach
den üblichen Regeln behandelt werden. Der Transport bei Brustver-
wundeten soll möglichst spät erfolgen.
Klini-ch nachweisbare Infiltrationen der Lunge am Schusskanal sind
selten. Brustschüsse geben nur selten Anlass zur Entwickelung von
Tuberkulose.
Anfänglicher Lufteintritt in die Pleura beeinflusst die Dauer und
Verlaufsweise der Heilung nur wenig, falls nachträgliche Iufektion
ausbleibt.
Von den mit Pleuraeiterung komplizierten Fällen wird etwa der
dritte Teil im Verlauf eines halben Jahres wieder dienstfähig. Der
Heilungsverlauf erfolgt durch Operation schneller und sicherer als ohne
Operation. Bredow, Rousdorf.
179.Kohlhaas, Herzbeschwerden nach Lungenschüssen. (Aus der
inneren Abteilung des Ludwigrpitals in Sıuugart.) M. m. W. 1916
8. 1598.
Die Heızbeschwerden nach Lungenschüssen beruhen oft auf Ver-
wachsungen des Herzbeutels mit dem Rippenfell. Sie können aber auch
auf Verwachsungen der beiden Hlerzbeutelblätter beruhen. Diese Ver-
wachsungen bilden sich an Stellen, an denen die Blätter durch einen
Hämothorax einige Zeit aneinandergelegt waren; beim Nachlassen des
Hämothoraxdruckes dehnen sich die entstandenen WVerklebungen zu
Sträugen. Diese geben zu Herzgeräuschen, Tönen und zu Herzbe-
schwerden Anlass. Die fasersioffige oder eiterize Herzbeutelentzündung
entsteht bei Lungenschüssen ohne Herzbeutelentzündung durch unmiittel-
bare Keimübertragung, die durch das infolge des Hämothorax.ruckes
bewirkte Aneinanderliegen bzw. Aneinanderpressen der Lymphapalten des
Rippenfells und Herzbeutels verständlich ist. Bredow, Ronsdorf.
180. Hirseh, Zur Entstehung und Verhütung von Lungen-
abszessen und -empyemen nach Lungenschüssen. M. m. W.
1916 $. 1468.
H. fasst seine Beobachtungen über die Infektion der Lungenschüsse
dahin zusammen:
1. a) Primär geschieht die Infektion von der Einschussöffnung aus
durch das eindringende Geschoss, Tuchfetzen usw. und tritt im
Laufe der ersten Woche in die Erscheinung.
b) Als Spätinfektion geschieht die Infektion vom Bronchialbaum
aus durch Luftübertragung und tritt im Laufe der dritten
Woche auf.
2. Sie lüsst sich durch Absonderung der Lungenschüsse verhüten.
Bredow, Ronsdorf.
181. Brunk, Über angeborene Thoraxmissbildung und Felddienst-
fähigkeit. (Aus dem Pathologischen Institut der Städt. Kranken-
anstalt Kiel) (Dlustr.) M. m. W. 1916 S. 1406.
B. beschreibt einen missgebildeten Thorax, bei dem linkerseits von
der 6.—7. Rippe an abwärts ein Defekt bestebt. Die Rippen sind ver-
Allgemeines und Grenzgebiete. 9
kürzt und enden frei. Die 8. Rippe verläuft ganz horizontal nach vorn
und endet in: der Magengegend, etwa 3 querfingerbreit von der Mittel-
linie, frei. Die übrigen Rippen sind ebenfalls bier verkürzt und frei
endigend (Röntgenbilder. Ein Muskeldefekt schien nicht vorzuliegen.
Patient war mit dieser Missbildung ca. 10 Monate ohne wesentliche Be-
schwerden felddienstfähig. Alsdann trat eine Magenblutung auf, deren
Ätiologie nicht sicher entschieden wurde. Bredow, Ronsdorf.
182. Johanna Negendank, Beitrag zur Kasuistik der Lungen-
tumoren mit besonderer Berücksichtigung des Röntgen-
befundes. (Aus der I. Medizinischen Klınik zu München.) /naug.-
Diss. 1916.
Das Röntgenverfahren ist für die Erkennung von primären und
sekundären Lungentumoren von grösstem Werte, ohne dass jedoch da-
durch die übrigen Untersuchungsverfahren an Wichtigkeit verlieren.
Andererseits gibt es aber wieder Fälle von Lungentumoren, die nur durch
das Röntgenbild erkannt werden können. 12 Fälle, darunter 9 primäre
Lungenutumoren und 3 Lungenmetastasen werden eingehend berprochen.
Hans Müller.
183. Oscar Gross, Erfolgreiche Behandlung der Lungengangrän
mit Salvarsan. Ther. d. Gegenw. Dez. 1916. H. 12.
G. hat, durch eine mündliche Angabe Brauer’s veranlasst, 6 Lungen-
gangränfälle mit Neosalvarsaninfusionen (Gesamtdosis ca. 2,5 bis 2,7 g,
d.h. ca. 0,9 g in dreimaliger Dosis) behandelt, und damit bei der sonst
ja so wenig zu beeinflussenden Krankheit ganz erstaunliche Erfolge ge-
sehen. Bei den schnell entstandenen, akut verlaufenden Fällen sah er
völlige Heilung in kurzer Zeit, bei den mehr chronischen wesentliche
Besserung. Wahrscheinlich reagieren die Fülle mit Spirillen- und Spiro-
chätenätiologie gut, ehe sie durch Mischinfektion kompliziert werden.
Geinitz, Tübingen.
184. L. Dünner und G. Eisner, Die Behandlung der Pneu-
monie, 2. Mitteilung: Die Chininbehandiung per os. Ther.
d. Gegenw. 1916. H. 7.
Autoren vergleichen die von anderer Seite als gleichwertig oder besser,
weil gefahrloser bezeichnete Chininmedikation bei Pneumonie mit der
Optochindarreicbung, wie sie bisher mit bestem Erfolg von ibnen geübt
wurde, Es wurden der bisherigen Dosierung von Optochin entsprechend
6mal 0,2 g Chinin per os in 24 Stunden, also alle 4 Stunden auch
nachts, gegeben. Verff. sahen dabei keinen nennenswerten Unterschied
gegen die gewöhnliche symptomatische Therapie. Geinitz, Tübingen.
185. Döblin, Typhus und Pneumonie. B. kl. W. 1916. Nr. 43.
Verf. weist an der Hand von Krankengeschichten darauf hin, wie
häufig im Kriege Typhusfälle mit schweren pneumonischen Verän-
derungen einhergehen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
186. G. B. Greene, Laryngeal Tuberculosis. South. Med. Journ.,
Nov. 1915.
Nichts Neues. Mannheimer, New York.
96 Allgemeines und Grenzgebiete.
187. Thilenius-Soden a. T., Soden und seine Kurmittel. Vor-
trag, gehalten auf der XVI. Deutschen Ärztlichen Studienreise.
Zschr. f. Baln. 1916 Nr. 23/24.
Die therapeutische Verwertung der Kurmittel Sodens ist bei solchen
Kranken am Platze, deren Konstitution eine schonende Behandlung er-
fordert. So besonders von Rekonvaleszenten verschiedener Krankheiten,
wenn die Reaktionskraft besonderer Berücksichtigung bedarf. Hierher
gehören die erethischen Konstitutionen mit den gerade ihnen eigen-
tümlichen Krankheiten, ferner das grosse Heer von Nasen-, Rachen- und
Kehlkopfkatarrben, besonders die Pharyngitis sicca mit ihren oft quälenden
Symptomen; ferner der einfache Bronchialkatarrh, das Asthma, Eınphysem
und besonders die Stauungskatarrhe, die Residuen der Pneumonie und
Pleuritis, die nicht allein durch Inhalationen, sondern auch zugleich durch
die Sprudelbäder günstig beeinflusst werden. Früher wurden viele Tuber-
kulöse nach Soden geschickt, da es als warmer Kurort galt. Indessen
ist durch die Bemühungen der dortigen Ärzte die Zahl der Tuberkulösen
in Soden bedeutend zurückgegangen. Wilhelm Neumann.
188. Kromayer-Berlin, „Mehr Licht“. Zschr. f. Baln. 1915
Nr. 15/16.
Für die künstliche Lichtbehandlung dient als bester Sonnenersatz
die Quarzlampe, von.der es zwei Formen gibt: die nach dem Verf. be-
nannte Kromayer-Lampe und die sog. künstliche Höhensonne. Die
Indikationen für die Lichtbehandlung lassen sich in zwei Gruppen zu-
sammenfassen: 1. Allgemeinwirkungen. Hierher gehören: Anregung des
Stoffwechsels, vorteilhaft bei allen „Dyskrasien“ von der Bleichsucht bis
zur Gicht, nervöse Störungen und Erschöpfungszustände. Selbst schwere
Gewebsstöruungen, z. B. Tuberkulose, können indirekt beeinflusst und zur
Heilung gebracht werden. 2. Lokale Wirkungen: Hier unterscheidet man
die Anwendung des Lichtes mit oder ohne Kompression des bestrahlten
Gewebes. Bei ersterer werden z. B. vermittelst der ÖOriginal-Finsen-
apparate Blut und (Giewebssaft weggepresst: sie kommt zur Beseitigung
schwerer chronischer Gewebsentzündung oder Gewebsneubildung (Lupus,
Tuberkulose, Kankroid usw.) in Betracht. Bei letzterer werden die Licht-
strahlen schon in den obersten Hautschichten absorbiert: sie ist nicht
imstande, Lupus, Tuberkulose, Kankroid usw. zu heilen, kommt für Haut-
krankheiten in Frage. Ausserdem leistet sie gute Dienste, wenn es gilt,
Granulationsbildung in Wunden anzuregen. Wilhelm Neumann.
189. Czerny, „Die natürliche und die künstliche Höhensonne‘“.
Zschr. f. physik. diät. Ther. 20 H. 5.
Rollier gibt an, dass bei einer Varizellenepidemie, die durch Sonnen-
bäder pigmentierten Kranken nicht infiziert wurden. Verf. sah hingegen
bei einem mit künstlicher Höhensonne bestrahlten Kinde Varizellen fast
ausschliesslich auf den pigmentierten Hautstellen. Danach wäre die
Pigmentation durch die natürliche Höhensonne nicht gleichwertig der-
jenigen durch künstliche Höhensonne.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
Um Einsendung vo von MöndEr aphien und Büchern an an den Redakteur Dr. € G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Taberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Dr. Oskar de la Camp
0.ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Hoslanstalt
für Lungenkrauke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Redaktion: Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arst der Neuen Heilanstalt fir Lungenkranke Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttox.
Ludwigstrasse 231/4.
11. Jahrg.
Ausgegeben am 80. April 1917.
: Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Amrein, O. 121.
Bachmann, E. 120.
Baemeister, H 108.
Pähr, K. 118
Bayer 112.
Benda, C. 114
Bernbard, O. 121.
Burnand, R. 121.
Byttner, J. 102.
Chisholm, C, 196.
Collin, E. 110.
Cramer, A. 120.
Demiéville, P. 120.
Eekardt 118.
Egger, F. 2
Ehiminn 110.
Friedberger, E. 99,
Ganzuillet, F. 119.
Gerhartz, H. 101.
Giax 118,
Grau, H., 103.
' Griffith, A. St. 101.
_Gutstein 112.
Guyo 121.
. Hasseldalch 115.
Heile, B. 109.
' Helwig 117.
Heymann, Paula 113.
Hofwann, W. 114,
Holt. R. Cr. 105.
Howald 121.
Hisin, Ch. H. 108.
Hughes, F. 106.
Inga, 8. 101.
Jadassohn 121.
Jaqnerod 101.
Jeanneret, L. 108.
Jones, P. C. Y. 10%.
Kaiserling. C. 114.
Käser, J. 121.
Kaufmann 112.
Keller, H. 120.
ı Kieninger, G. 9».
: Köhler, F. 126.
: Kreuser 125
Kürsteiner, W. 119,
Labatt, A. 102.
Leb»t 121.
Lindhard 115.
Meachen, G. N. 105.
. Meyer 112.
| Meyer, H. O. 128.
- Moore, S. J. 113.
. Norin 121,
Mühlmann 128.
Neumann, E. 121.
Nobl, G. 127.
Olivier, Ch. 119,
Olivier, E. 119.
Oswald, A. 122.
Plesch, J. 106.
Rabinowitseh, L. 102.
I. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
—
Nr. 4.
Riviere, Cl. 103.
Rolliar, A. 121.
- Roliy, Fr. 100.
Rosdhouse Gloyne, 8.
105.
Scheibe, W.
Schüler 113.
117.
-Sermet 119,
Som ner, M 119,
Spitzer 110.
Stromeyer, K. 108
Stursberz, H. 125.
Tecon 121.
Turban 101, 103,
Venoma, T. A 160.
Weber, F. P, 105.
Weigel 107.
Wichmann 126.
Wingfield, R. C. 115.
Woodhead, G. S. 104.
A) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. '
180. Kieninger, Beziehung der Lympho-
Granulomatose zur Tuberkulose — 191, Fried-
berger, Experimentelle Meerschweinchen-
tuberkulose. — 192. Venema, Phazozytose-
befö-dernde bzw. -vermindernde Wirkung von
Substanzen. — 103, Roll y, Beziehungen des
akuten Gelenkrheumatismus zur Tuberkulose. —
194. Turban, Beobachtung des Blutbildes bei
Lungentuberkulosa. — 15. Gerhartz, Abgren-
zung der Lu: gentuberkuloseformen nach klini-
schen, hauptsächlich röntgenolozischen Zeichen.
- 1%. Jaquerod, Ftude sur les relations
eliniquss existant entre Vcrytheme noucux et
la tuberenlose. — 197. Inga, Entwicklung der
Tuberkuiideforschung.
b) Atiologie und Verbreitung.
198. Griffith, Investigations of Strains
of Tuhercle Baeilli derved from Spmtum. —
199. Rabinowitsch, Bedeutung der Rinder-
Internat. Contralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11.
bazillen für den Menschen. — 29. Labatt
uni Byttner, Über den Zusammenhang
zwischen der Magenfunktion und dem Vorkom-
men von Tuberkelbazillen in den Fäzes. —
Zul. Grau, Gesehlecht und Tuberkulosesterb-
lieltkeit. — 202. Chen Huug Hsün, Bakterio-
lozische und klinische Untersuchungen über
die Keratoconjunetivitis phlyctaenulosa bei
Chinesen.
c) Diagnose und Prognose.
23. Woodhead and Jones, Investi-
gations on clinical Thermometi y, — 204. Rood-
house Gloyne, On tho Precipitin-Roaction
in Tuberculous Fluids. 205 208. Holt,
Weber and Norman Meachen. Clive
Riviere, Chisholm, Hughes, The
Significance of cervical capillary Markings. —
209. Plesch, Perkussion und Auskultation, —
210. Weigel, Neue objektive Meihode zur
Prüfung der örtlichen Tuberkulinreaktion. —
m
í
9S
21. Stromeyer, Diagnostische und pro-
wnostische Bedeutung der Herdreaktivu nach
'Tuberkulineinspritzungen bei chirurgischer
Tuberkulose. 2312. Turban, Bedeutung
psychischer Momente für den Verlauf der
Lungentuberkulose.
d) Therapie.
23—22). Jeanneret, Bacmeister,
Heile, Colin, Spitzer, Ehrmann,
Kaufmann, Meyer, Gutstein, Strahlen-
therapie (bei Lungentuberkulose, Lupus usw.)
e) Klininche Fälle.
333, Bayer, Knötchea in der Conjunctiva
hulbi bei Bulbustuberkulose. — 223, Moore,
Acute General Tubereulosis with Left Oculo-
motor Paralysis after Measles. — 24. Hey-
mann, Gutartige chronische Miliartuberkulose
und ihre Differentialdiagnose. :— 225, Schüler,
Eventratio diaphragmatica bei einem Fall von
Lungentuberkulose. — 9%. Bähr, Skrophulo-
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
derma des ersten Lebensjahres. — 227. Kaiser-
ling, Missbildung und verborgene Tuberku-
lose der Nebennieren eines Erwachsenen.
238. Hofmann, Nierentuberkulose und Men-
‚ strvation. — 229. Ben da, Ein Fall von kind-
: licher Lungenaktinomykose.
f) Allgemeines uni Grenzgebiete.
230. Wingfield, A suggested Classifica-
tion of Pulmonary Tuberculosis. — 231. Hassel-
balch und Lindhard, Zur experimentellen
Physiologie dea Höhenklimas. — 232. Schei be,
Einfluss des Ostaceklimas auf den Organismus
von Binnenlandbewohnern. — 233. Helwig,
Einfluss mineralischer Lösung auf das Blutbild
und die Phagozytose. — 234. Glax, Können
die Küsten und Inseln des österreichisch unga-
tischen Adriagehietes unseren Kranken cinen
vollwertigen Ersatz bieten für die Kurorte der
ı italienischen und französischen Riviera?
| 935. Bekardt, Die Adria als Kurgebiet.
—
I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
11. Die Tuberkulose und ihre Bekämpfung
in der Schweiz. — 12. å. Oswald, Die schild-
Arüso in Physiologie und Pathologie. — 13. H.
Stuisberg. Pechnik der wichtigsten Eingriffe
in der Behandlunz innerer Krankheiten.
14. Kreuser, Krankheit und Charakter. —
© 15. Statistik der Heilbehandlung bei den Ver-
. sieherungsanstalten und Sonderanstalten der
Invalıdenversirherung für das Jahr 1915.
18. Der praktische besinfektur. — 17. Köhler,
Die Tuberkuloseforschung ın den Kriegsjahren.
III. Kongress- und Vereinsberichte.
3.
Vereins vom
4. Mitteilnngen
Sitzungen deg Hamburger ärztlichen
238. Ni. 1916 und 28 Jl. 1917. —
der Gesellschaft für innere
Medizin und Kinderheilkunde, Wien 1917, Nr.1.
— 5. Wissenschaftlit her Verein der Arte zu
, Stettin. Sitzung vom 7. XL 1910.
I. Referate.
a) Allgémeine Pathologie und pathologische Anatomie.
190. Georg Kieninger,
Beziehung der Lympho-Granulomatose zur
(Sonderdruck aus „Arbeiten auf dem G
Anatomie und Bakteriologıe aus
Diss. Tübingen.
der pathologischen
logisch-anatomischen Institut zu Tübingen
Histologische Untersuchungen über die
Tuberkulose.
ebele
dem patho-
“ Bd. 9 N. 397—412.
Verlag von 5S. Hirzel in Leipzig, 1916.)
Der Verf. bringt vier Fälle von Lympho
Er beschreibt gen
und hat das pathologische Gewebe selbst
Untersuchung unterzogen.
H odgkin’sche Krankheit).
und die Ergebnisse der Sektionen
einer eingehenden histologischen
Untersuchungen zieht er
folgende Schlussfolgerun
.Granulomatose (sogenannte
au den klinischen Verlauf
Aus diesen
gen: „Während die drei
ersten Fälle nur das typische Lymphogranulomgewebe (Sternberg’sches
Granulationsgewebe mit sein
aufweisen, zeigt der vierte Fall ein
typischem Tuberkelgewebe.
(20°/o der Fälle), dass
en Umwan«
Diese Kombination
hieraus allein schon auf einen Zusammenbang
llungsstufen in derbes Bindegewebe)
der von Granulom- und
ist im ganzen so häufig
Nebeneinan
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 99
zwischen Tuberkulose und Jaymphogranulomatosis geschlossen werden kann.
Noch sicherer wird dieser Zusammenhang, wenn, wie zum Teil auch im
vorliegenden Falle, deutliche Übergünge zwischen beiden Gewebsarten be-
obachtet werden. Als ein Zeugnis für einen derartigen Übergang betrachtet
er auch den von ihm in den ersten drei Fällen seiner Beobachtung er-
hobenen Befund von Riesenzellen, welche morphologisch eine Mittelstellung
zwischen den Sternberg’schen und den Langhans’schen Riesenzellen
einnehmen.
So kommt er unter Mitberücksichtigung der Untersuchungsergebnisse
von Fraenkel und Much, sowie namentlich der Resultate der Impf-
experimente, insbesonders derjenigen von Lichtenstein, die durch neue-
stens im Bübinger pathologischen Institute gemachte Erfahrungen bestätigt
werden, zu dem Schluss, „dass die sog. I,ymphogranulomatose nichts anderes
ist als eine modifizierte Tuberkulose.“ Schröder, Schömberg.
191. E. Friedberger, Beiträge zur experimentellen Meer-
sehweinchentuberkulose. D. m. W. 1917 Nr. 2.
Die Anaphylaxie hat weitgehende Beziehungen zu den Infektions-
krankheiten. Versuche mit Vibrio Metschnikoff zeigten, dass hier
ceteris paribus die gleichen Gesetzmässigkeiten- gelten wie für die Eiweiss-
anaphylaxie (mit Serumeiweiss), wobei jedoch relativ sehr hohe Dosen von
Bakterieneiweiss injiziert werden mussten. Trotzdem blieb der anaphylak-
tische Index beträchtlich zurück hinter dem mit amorphem Eiweiss, speziell
Hammelserum, zu erzielenden; das liegt wohl an der schweren Resorption
der morphologischen Gebilde.
Beim Versuch mit Tuberkelbazillen zeigte sich, dass die tödliche
Dosis für das normale Tier verhältnismässig hoch ist; durch Vorbehand-
lung mit Tuberkelbazillen wurde ein anaphylaktischer Index von 10 erzielt.
Im Fieberversuch mit untertödlichen Dosen zeigten die Tuberkelhazillen
dieselbe Wirkung wie das Serumeiweiss: Temperatursenkung, obere Konstanz-
grenze, Fieber, untere Konstanzgrenze. Verf. kam zu dem Ergebnis, dass
„das Tuberkelbazilleneiweiss für das normale Tier kaum giftiger ist als
das Hammel- oder gar das Rinderserum, während bei der (intraperitonealen)
Reinjektion am präparierten Tier im typischen anapbylaktischen Ver-
such es sogar ungiftiger erscheint als das Hammelserum“. Das aufgelöste
Bakterieneiweiss an sich ist nicht giftig, sondern wird erst giftig unter
‚dem Einfluss der Körpersäfte, speziell im infizierten Organismus.
Auch passiv, durch Vorbehandlung mit Antituberkuloseserum „Mar-
burg“ und „Höchst“, sowie mit dem Serum tuberkulöser Menschen, konnte
Verf. die Überempfindlichkeit gegenüber Tuberkelbazillenemulsionen auf
das normale Meerschweinchen übertragen, und zwar sowohl gegenüber
der tödlichen Dosis wie der Fieberdosis; es tritt, wohl je nach der Dosis
und dem Antikörpergehalt der Sera, Temperatursenkung oder Fieber ein.
Schon früher konnte Verf. aus kleinen Mengen von Tuberkelbazillen
nach Zusatz von normalem Meerschweinchenserum ein akut tödliches Gift,
das „Analphylatoxin“ erzielen. Auch mit diesem wurden Versuche an
normalen und tuberkuloseinfizierten Tieren angestellt; vom normalen Tier
wurde eine Dosis von 3,5 Anaphylatoxin ohne Krankheitssymptome ver-
tragen, während beim infizierten Tier schon 1,0 sofort Krankheitssymptome
und subakuten Tod hervorrief. — Therapeutische Versuche mit diesem
Gift sind aussichtsvoll und werden fortgesetzt werden.
-.
l r
100 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Belädt man eine Fieber erzeugende Dosis von Tuberkelbazillen wieder-
holt hintereinander mit Antituberkuloseserum, so lässt sich die temperatur-
steigernde Wirkung der Tuberkelbazillen bei intraperitonealer Zufuhr am
Meerschweinchen aufheben. Auch Multipla der Fieberdosis lassen sich
durch Multipla des Antiserums bis zu einem gewissen Grade beeinflussen.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
192. T.A. Venema(Groningen), Über die phagozytosebefördernde
bzw. -vermindernde Wirkung von Substanzen. D. m. W.
1917 Nr. 2
Über die Wirkung der verschiedenen Substanzen, welche die Phago-
zytose beeinflussen, geben die Meinungen der Autoren weit auseinander.
Während z. B. P. Delbet und Karajanopoulo, wie H. E. Eggers
beim Magnesium (MgCi,) einen steigenden Einfluss feststellen konnten,
bleibt dieser Stoff nach H. J. Hamburger wirkungslos; andererseits
fand Hamburger im Kalzium (CaCl,) eine phagozytosebefördernde Sub-
stanz, während dieses nach Eggers ohne Einfluss ist. Ähnlich verhält
es sich mit andern, z. B. oxydierenden Substanzen. — Woher kommen
(diese Verschiedenheiten ? Verf. findet den Grund hierfür vor allem in der
angewandten Methode, und wendet sich gegen die von Hamburger
verwendete. Während nach dem Leishman-Wright’schen Prinzip
die Anzahl der Körperchen bestimmt wird, welche durch eine bestimmte
Menge (z. B. 100) weissen Blutzellen aufgenommen worden ist, stellt
Hamburger die Prozentzahl der Leukozyten, welche phagozytiert haben,
als das Mass für den Grad der Phagozytose dar. Es leuchtet ein, dass
auf letzterem Wege wohl die eventuelle, durch die Substanz, z. B. MgCl,,
bewirkte höhere Zabl von aufnehmenden Leukozyten gefunden wird, aber
nicht die eventuelle Steigerung der Phagozytose der einzelnen Leukozyten.
Es wird zur Erläuterung ein Beispiel angeführt, in welchem nach der
Methode von Leishman-Wright eine Zunahme der Phagozytose um
100°/o, nach der von Hamburger eine solche von 5°,o gefunden wird.
Verf. bezeichnet die mit der Hamburger’schen Methode gefundenen
Resultate im allgemeinen als unzuverlässig.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
193. Fr. Rolly, Beziehungen des akuten a
zur Tuberkulose. Arztl. Fortbildung 1917. Nr.
Die Anhänger der Poncet’schen Schule erklären jede En Gelenk-
erkrankung bei einem tuberkulösen Individuum für tuberkulös.. Dagegen
ist entschieden Einspruch zu erheben. Man muss zwei Krankbheitsbegriffe
auseinanderhalten: 1. Die Polyarthritis rheumatica acuta, die mit einer
Tuberkulose vergesellschaftet ist. Es handelt sich hier um eine blosse
Koinzidenz beider Krankheiten. Diese Fälle sind selten. 2. Die Poly-
arthritis tuberculosa acuta, die dem „Rhumatisme tuberculeux articulaire“
Poncet’s entspricht. Sie kann dem akuten Gelenkrheumatismus namentlich
im Anfang sehr ähnlich sehen. Für die tuberkulöse Natur der Gelenk-
affektion sprechen folgende klinische Merkmale: Das Allgemeinbefinden
ist bei der Poncet’schen Krankheit viel stärker alteriert, der Verlauf
der Gelenkerscheinungen ist viel schleppender, endokarditische Erschei-
nungen fehlen gänzlich, die Unwirksamkeit der Salizylsäure. Verschiedene
Autoren berichten über histologische Unterschiede des Exsudats der Ge-
Ätiologie und Verbreitung. 101
lenke bei beiden Krankheiten. Doch sind diese Befunde sehr vorsichtig
zu verwerten. Positive Resultate der kutanen und subkutanen Tuberkulin-
reaktionen beweisen absolut nicht die tuberkulöse Natur der Gelenk-
affektionen, da eine Organtuberkulose nebenbei bestehen kann. Auch
gleichzeitig auftretende tuberkulöse Komplikationen seitens der Pleura und
des Perikards sprechen noch nicht unbedingt für die tuberkulöse Natur
der Gelenkerkrankung. Der Verlauf des akuten Gelenkrheumatismus,
der bei tuberkulösen Individuen auftritt, wird durch die Tuberkulose gar
nicht beeinflusst, noch die allgemein gute Prognose getrübt.
Berlin, Schömberg.
194. Turban, Zur Beobachtung des Blutbildes bei Lungentuber-
kulose. Zschr. f. Tbe. 26 H. 4.
Verf. gibt ein Schema zur Untersuchung des Blutbildes.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
195. H. Gerhartz, Die Abgrenzung der Lungentuberkulose-
formen nach klinischen, hauptsächlich röntgenologischen
Zeichen. Beitr. 2. Klin. d. Tbe. 34. 1915 H. 2 S. 191.
Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen, wie sie pathologisch-
anatomisch in so glücklicher Weise von Nikol durchgeführt worden ist,
lässt sich auch klinisch ermöglichen, namentlich auf Grund der Röntgen-
befunde. Verf. unterscheidet die kleinknotige, disseminierte, die gross-
knotige, die homogenherdige, die vom Hilus ausgehende, die zirrhotische,
die atypische (diabetische) Tuberkulose ùnd die Typhobazillose (Landouzvy).
E. Leschke, Berlin.
196. Jaquerod-Leysin, Etude sur les relations cliniques exi-
stant entre l’erytheme noueux et la tuberculose. Revue médicale
de la Suisse Romande, 20. Juni 1916 S. 8546—3523.
Das Erythema nodosum ist der Ausdruck einer vorübergehenden
Aktivierung eines seit mebr oder weniger langer Zeit latent gewesenen
Herdes. Die Krankheit verläuft akut und ist deren Prognose eine günstige.
Es besteht kein Grund zur Annahme, dass bei den latent Tuberkulösen
das Aufireten eines Erythema nodosum eine weitere Aktivierung anderer
tuberkulöser Herde verursache. Neumann, Schatzalp.
197. Salves Inga, Über die Entwicklung der Tuberkulide-
forschung. Tidsskrift for den norske lageforening 1917 Nr. 6.
| Birger-Overland.
b) Ätiologie und Verbreitung.
198. A. Stanley Griffith, Investigations of Strains of Tuberele
Bacilli derived from Sputum. The Lancet, 1. April 1916.
Mitteilung über Tuberkelbazillenstämme vom Verf. mit Antiformin
unmittelbar aus Sputa gezüchtet. Während bei Lupus oftmals Tuberkel-
bazillen gezüchtet wurden, deren Typus (humaner oder boviner T.) hin-
sichtlich der Virulenz für Kaninchen ganz und gar unbestimmt blieb,
gibt Verf. hier auch vier Fälle von [Lungentuberkulose, in denen der
Typus sich als unbestimmt erwies in ITinsicht auf die Kultureigensehaften,
102 Ätiologie und Verbreitung.
Die Virulenz war die der typischen humanen Stämme. Die Stämme unter-
schieden sich aber von dem humanen Typus in ihrem Wachstum auf
Glyzerinagar, Kartoffeln und Brot, und zeigten alsdann die Eigenschaften
des bovinen Typus. Diese Eigenschaften erhalten sich über 2!/.—3 Jahre
hindurch; auch nach Tierpassage. Verf. nennt sie atypische humane
Tuberkelbazillen und ist der Meinung, dass der fortwährende Gebrauch
der oben erwähnten Nährböden erforderlich ist, damit diese atypischen
Stämme nicht übersehen werden. Als wichtiges Differentialdiagnostikum
zwischen bovinem und humanem Typus betrachtet Verf. die Bildung des
gelben Pigmentes beim Wachstum auf Rinderserun. Es ergaben sich als
Resultat der Züchtung in 212 Fällen von Lungentuberkulose: 4 atypische
humane und 3 typische bovine Stämme, die übrigen waren typisch humane
Stämme. Schliesslich gibt Verf. ein Expos@ des Kulturverfahrens.
J. Peerenboom, Leiden.
199. Lydia Rabinowitsch, Über die Bedeutung der Rinder-
bazillen für den Menschen. B. kl. W. 1917 Nr. 4.
Unter Hinweis auf die hohe Bedeutung des Rinderbazillus für die
Tuberkuloseinfektion des Menschen, die Orth stets verfochten hat, teilt
R. 20 weitere ausgesuchte Tuberkulosefälle mit, bei denen sich 10 mal
Rinderbazillen fanden. Es handelte sich um 11 Fälle kindlicher Ab-
dominaltuberkulose, bei denen ?7mal (70/0) der bovine Typ gefunden
wurde, um 7 Fälle Lymphdrüsentuberkulose, darunter 6 Kinder, bei denen
2mal, und zwar bei Kindern der bovine Typ gefunden wurde, und um
2 Fälle von Lungentuberkulose Erwachsener. Hier wurden bei dem einen
in einer Mesenterialdrüse Rinderbazillen nachgewiesen. Die Zunahme der
Tuberkuloseerkrankungen in den ersten Lebensjahren sowie die grössere
Häufigkeit der Rinderbazilleninfektion ist für die Kriegsjahre gegenüber
den Friedensjahren bereits an anderer Stelle nachgewiesen. Es muss da-
her der Infektion durch Milch und ihre Produkte im Kampf gegen die
Tuberkulose eine grössere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Berlin, Schömberg.
200. Arvid Labatt und John Byttner, Einige Versuche über
den Zusammenhang zwischen der Magenfunktion und dem
Vorkommen von Tuberkelbazillen in den Fäzes. Zsehr. f.
Tbe. 27 H. 5.
Die meisten Tuberkelbazillen in den Fäzes stammen von verschlucktem
Sputum her. Um festzustellen, ob die Funktion des Magens (Azidität
und Motilität) irgend welchen Einfluss auf Tuberkelbazillen ausübt, wurden
folgende Versuche angestellt. Zu 5 cem nativen Magensafts mit normalen
Aziditätswerten wurden sagokorngrosse Klumpen stark bazillenhaltigen
Sputums hinzugefügt und die Röhrchen 2, 3, 4, 6, 9 und 12 Stunden im
Brutschrank stehen gelassen. Mit dem in steriler, physiologischer Koch-
salzlösung aufgeschwemmten zentrifugierten Bodensatz wurden von jeder
Aufschwemmung je 3 Meerschweinchen intraperitoneal geimpft und nach
6 Wochen obduziert. In den ersten 4 Versuchsreihen (Digestionsdauer
2—6 Stunden) wurden sämtliche Tiere tuberkulös infiziert. In der 5. Reihe
(Digestionsdauer 9 Stunden) wurden 2 Tiere, in der 6. Reihe (Digestions-
dauer 12 Stunden) wurde 1 Tier von je 3 Tieren infiziert. Also nicht
rum amao
Ätiologie und Verbreitung. 10:
einmal nach 12stündiger Einwirkung des Magensaftes hatten die Bazillen
vollständig ihre Virulenz verloren. Untersuchungen an Patienten, die
sämtlich Tuberkelbazillen im Sputum hatten, ergaben, dass von solchen
mit normaler oder erhöhter Azidität 84,5 °/o, mit herabgesetzter Azidität
67°/o und mit Achylie 74°/o, von solchen mit normaler Motilität des
Magens 90°/o, mit verzögerter Leerung des Magens &0°/o Tuberkelbazillen
in den Fäzes hatten. Es ist also kein Einfluss der Magenfunktion auf
das Vorkommen von Tuberkelbazillen in den Fäzes nachweisbar.
Berlin, Schömberg.
. 201. H. Grau, Geschlecht und Tuberkulosesterblichkeit. Zschr.
f. Tbe. 27 H. 5.
Orth weist in einer Statistik über die Häufigkeit der Tuberkulose
bei beiden Geschlechtern nach, dass die Tuberkulosesterblichkeit in den
letzten Jahrzehnten beim Manne wesentlich mehr abgenommen hat als
bei der Frau. Er erklärt diese Tatsache durch den Einfluss der Gewerbe-
hygiene. Dem widerspricht G,; denn die Vorteile der Gewerbehygiene
kommen der Frau ebenso zugute wie dem Manne. Er sieht vielmehr
das Wesentliche in dem Unterschied der Sterblichkeitsabnabme in dem ge-
ringen Rückgang der Sterblichkeitsziffer der Frau. G. erklärt diese Tat-
sache aus dem Umstande, dass in den letzten Jahrzehnten — wie er stati-
stisch nachweist — die Berufstätigkeit der Frau viel stärker zugenommen
hat als die des Mannes und dass dies besonders in gesundheitlich weniger
zuträglichen Berufsarten der Fall ist. Diese Bewegung, die infolge des
Krieges noch in starkem Fortschreiten ist, muss die gesamte Volksgesund-
beit gefährden. G. fordert deshalb weitere Verbesserungen in der Berufs-
hygiene sowie sportliche körperliche Ausbildung der Mädchen in der
Schule und nach der Entlassung aus der Schule.
Berlin, Schömberg.
202. Chen Hung Hsün (Schanghai), Bakteriologische und
klinische Untersuchungen über die Keratoconjunetivitis phlye-
taenulosa bei Chinesen. Klin. Mbl. f. Aughlk. 1916. November
bis Dezember.
Die genaue Untersuchung von 100 poliklinisch zur Behandlung
kommenden Fällen von Conjunctivitis phlyctaenulosa ergab, dass die
Krankheit bei den Chinesen keineswegs hauptsächlich das kindliche und
jugendliche Alter bevorzugt. Der Hauptanteil der Erkrankungen (42°/o)
entfiel auf Personen zwischen 20 und 30 Jahren.
Fin Zusammenhang mit typischer Skrofulose liess sich nur in einem
Fall (1/0) nachweisen; bei 11 Fällen (11°/o) fanden sich Andeutungen
von skrofulöser Diathese; die grosse Mehrzahl der Patienten war sonst
völlig gesund. Skrofulose scheint unter Chinesen überhaupt relativ selten
zu sein, obgleich (nach den Erfahrungen von Dold) die Tuberkulose unter
der chinesischen Bevölkerung Schanghais noch häufiger ist wie unter der
europäischen. — Eine ätiologische Beziehung der Staphylokokken zu der
Conjunctivitis phlyctaenulosa scheint nicht zu bestehen.
Werner Bab, Berlin.
104 Diagnose und Prognose.
c) Diagnose und Prognose. .
203. G. Sims Woodhead and P. C. Varrier Jones, Investi-
gations on clinical Thermometry. The Lancet, 22. Jan, 5.,
12., 26. Febr. und 4. März 1916.
Ein grosser Aufsatz über die kontinuierliche und quasi-kontinuierliche
Temperaturaufzeichnung bei gesunden und kranken — besonders auch
bei tuberkulösen .— Menschen und Tieren. Geschichtliche Vorbemer-
kungen; ausführliche Beschreibung der benutzten Thermometer und Regi-
strierapparate, d. h. der thermoelektrischen Nadeln von Gamgee und derer
vom Verf., des elektrischen Widerstandsthermometers von Callendar,
des photographischen Registrierapparates von Gamgee und des Draht-
registrierapparates von Hor. Darwin.
Der letzte Apparat gibt eine quasi-kontinuierliche "Temperaturauf-
zeichnung, indem er die Lage der Galvanometernadel an unterschiedenen
kurz aufeinanderfolgenden Momenten aufzeichnet. (Verff. benutzten bei
ihren Untersuchungen die Apparate Callendar’s und H. Darwin’e.)
Die Auseinandersetzung der Kalibrierungsmethode und eine Gebrauchs-
anweisung beendigen den technischen Teil.
Temperaturkurven gesunder Menschen werden veröffentlicht, an denen
Verff. das tägliche Maximum und Minimum und die Einflüsse der Muskel-
arbeit, des Schlafes, der Speiseaufnahme und des Alters darlegen.
Darauf folgen mehrere Kurven tuberkulöser Patienten. Bemerkens-
wert ist hier, dass obgleich sich stündlich grosse Temperaturänderungen
ergeben, doch im grossen ganzen die täglichen Variationen angezeigt
bleiben. Die Injektion von 0,001 mg Tuberkulin (Koch) ergab in einem
weit fortgeschrittenen Falf von Lungenphthisis eine Temperatursteigerung
fast sofort nach der Einspritzung. Verff. sind der Meinung, dass bei
der gebräuchlichen klinischen Methode der Temperaturaufnabme dieser An-
stieg übersehen wird,
Eine Kurve eines Patienten mit tuberkulöser Peritonitis bietet die un-
gewöhnliche Beobachtung einer Hauttemperatur, die während eines ganzen
Tages höher war als die Rektaltemperatur. Als Resultat mehrerer Wahr-
nehmungen ergibt es sich, dass nach Muskelanstrengung die Körper-
temperatur gewisser Patienten oft hinuntergeht, anstatt zu steigen.
Nach Autoinokulation durch Arbeit oder nach Tuberkulininjektion
würde eine Unstandhaftigkeit der Körperwärme mehr beweisend sein als
ein grosser Temperaturanstieg. Die Unregelmässigkeit des Temperatur-
verlaufs hat namentlich grosse Wichtigkeit, wenn ein langdauerndes Hoch-
bleiben der Eigenwärme hinzutritt. Dieses Hochbleiben verursacht in der
Kurve solch eine Zeichnung, dass die Verf. hier von einem Tuberkulin-
plateau reden.
Nun wird auch die Auffassung von Weinert, Zuntz und Benedict
über Temperatursteigerungen bei gesunden Menschen nach Muskelanstren-
gung besprochen. Verf. sind der Meinung, dass eine solche Erhöhung
der Eigenwärme nicht notwendig eine Bestätigung der Diagnose „Tuber-
kulose“ ist, sondern dass in diesem Falle der Typus der kontinuierlichen
Temperaturkurve eine bessere Auskunft gibt als die gebräuchliche Tempe-
raturmessung mit (@uecksilberthermometern. Betreffend der Tuberkulin-
Diagnose und Prognose. 105
diagnostik werden schliesslich noch Kurven gesunder und tuberkulöser
Rinder bei Tuberkulineinspritzung veröffentlicht.
Nicht nur bei Tuberkulose sondern auch bei anderen Krankheiten
(Typhus, Paratyphus, Pneumonie) wird nach V. das Studium der konti-
nuierlichen 'Temperaturkurve, kombiniert mit sorgfältiger klinischer Beob-
achtung, sich als nützlich erweisen. J. Peerenboom, Leiden.
204. S. Roodhouse Gloyne, A Note on tlıe Preeipitin-Reaction
in Tuberculous Fluids. The Lancet, 15. April 1916.
Eine Anwendung der Präzipitationsreaktion auf die Punktions-
flüssigkeit bei Pleuritis exsudativa serosa, damit die mögliche taberkulöse
Ätiologie entdeckt werde. Als Antigen wird vom Verf. Koch’s Altıuber-
kulin benützt. In 4 unzweifelbar tuberkulösen Fällen war die Reaktion
3mal positiv, in 14 unsicheren Fällen war die Reaktion 5 mal positiv und
2mal war der Ausschlag zweifelhaft. Verf. selbst ist der Meinung, dass
. die Zahl der Fälle noch zu gering und die Technik noch anfechtbar ist.
J. Peerenboom, Leiden.
205. R. Crawshaw Holt, The Significance of cervical capillary
Markings. The Lancef, 4. März 1916.
Verf. richtet die Aufmerksamkeit der Kliniker auf gewisse, an der
Oberfläche der Haut liegende rote Flecke, die sich bei Lungentuberkulose
in der Nähe der Wirbelsäule zeigen würden. Die Flecke sind entweder
geradlinige oder unregelmässig rundliche oder sie zeigen die Gestalt eines
Ypsilons oder eine Radspeichenzeichnung. Sie sind den Gefässzeichnungen
hei örtlichen Gefässerweiterungen ähnlich. Sie treten meistens an einer
oder an beiden Seiten des siebenten Hals- oder des ersten Brustwirbels
auf, Sie stellen eine Abnormität dar, die Verf. nur bei Lungentuberkulose
sah. Er gesteht ja die Möglichkeit des Auftretens bei anderen Krank-
heiten zu, dies sollte aber noch festgestellt werden.
Von statistischen Fakta leitet Verf. die folgenden Schlussfolgerungen
her: bei 80 %/o der anscheinend tuberkulösen Kinder wird von dem fünften
Lebensjahre die Regio (Bezirk) der hinteren Lungenspitze infiziert; diese
Infektion führt zu einer Pleuraverdickung und diese letztere verursacht
eine Überfüllung der Hautgefässe. Die Flecke sind bei Kindern von
5—15 Jahren die Zeichen einer gewissen Immunität. Die älteren Patienten
mit diesen Flecken haben weniger oft Tuberkelbazillen in ihren Sputa
und zeigen auch einen schöneren Ausgang der Tuberkulin- und der all-
gemeinen Therapie. |
Kritik und Zustimmung in den folgenden drei Referaten.
J. Peerenboom, Leiden.
206. F. Parkes Weber, G. Norman Meachen, The Signi-
ficance of cervical capillary Markings. The Lancet, 11. Mörz
1916.
Kritik zu vorstehenden Aufsatz ?
Weber lenkt die Aufmerksamkeit auf seine vor 12 Jahren ver-
ößentlichte Mitteilung über Hautteleangiektasien. Die Teleangiektasien
treten, obgleich sie überall anwesend sein können, besonders oft am Rücken
und neben der Wirbelsäule auf. Er ist der Meinung, dass sie bei 500%
gesunden jungen Leuten da sind.
166 Diagnose und Prognose.
Meachen betrachtet die Flecke als gute Hilfsmittel zur Frühdiagnose
der Lungentuberkulose Er ist der Meinung, dass die Lungenläsionen
mittels vasomotorischer Nervenwirkung die Erweiterung der Hautgefässe
verursachen können. J. Peerenboom, Leiden.
207. Clive Riviere, The Lancet, 25. März 1916.
Riviere hat ebenfalls die Hautteleangiektasien bei gesunden jungen
Menschen gesehen. Er veröffentlicht dazu noch Fakta, die anzeigen sollen,
dass bei den Menschen mit Flecken öfter Anschwellung der intrathorakalen
Lymphdrüsen gefunden wurde. Die Drüsenschwellung wurde diagnosti-
ziert an erweiterten Thorakaladern und paravertebraler Dämpfung des
Lungenperkussionsschalls. Ausserdem wurden die Teleangiektasien bei
41°/» der Kiuder tuberkulöser Familien und nur bei 23°/o der Kinder
gesunder Familien gefunden. Auch dieses Faktum würde den Gedanken
erregen, dass eine Schwellung intrathorakaler Lymphdrüsen die Ursache
dieser Gefässerweiterungen sei, gleichwie sonstiger Erweiterungen der
Thorakaladern.
Bei Untersuchung der Fälle mit unleugbaren Erscheinungen der
tracheo-bronchialen Lymphdrüsenschwellung erhellte aber, dass die Tele-
angiektasien hier öfter fehlten als anwesend waren. Verf. schätzt denn
auch den diagnostischen Wert der Flecken als gering ein; es wäre
denn, dass man annehmen möchte, dass die Flecken bei ganz gesunden
Kindern wenigstens eine Infektion mit Tuberkelbazillen anzeigen. Diese
Annahme ist aber praktisch nutzlos, denn es handelt sich nicht darum,
ob jemand tuberkelbazillen- oder tuberkelfrei ist, sondern ob er krank
ist infolge der Infektion mit Tuberkelbazillen.
- J. Peerenboom, Leiden.
208. Catherine Chisholm, Edmund Hughes, The Signi-
ficance of cervical capillary Markings. The Lancet. 8. April
1916. |
Krik zu dem Aufsatz Crawshaw Holt’s,
Chisholm untersuchte gesunde junge Frauen und Mädchen. In
der Mehrzahl der Fälle fehlten die Flecke. Aber in den Fällen, in denen
es die Flecke gab, waren mit wenigen Ausnahmen entweder die Zeichen
einer gebeilten Tuberkulose da, oder es ergab die Jugendgeschichte eine
Bronchitis oder Lungenentzündung.
Hughes untersuchte 250 Kinder verschiedenen Alters und ist ge-
neigt zu verneinen, dass die Teleangiektasien verursacht werden durch
Druck auf tieferliegende Adern oder durch lokale Vasomotoren wirkung.
Er ist vielmehr der Meinung, dass die Flecke — die überall auf dem
Leibe auftreten können — ihre Ursache haben in örtlichen mechanischen
Verhältnissen, wie Druck und Reibung von Kleidern auf hervorragenden
Hautpartien und in der Reibung von zwei Hautoberflächen übereinander.
Auch konstitutionelle Eigenschaften der Haut würden eine Rolle spielen.
J. Peerenboom, Leiden.
209, J. Pleseh, Zur Lehre der Perkussion und Auskultation.
D. m. W. 1917 Nr. 6. |
Für den Ungeübten, welchem die Perkussion mit dem Finger aus
freiem Gelenk Schwierigkeiten macht, empfiehlt Verf. den Perkussions-
un | -
`
-a
Diagnose und Prognose. 107
schlag mit dem abgespreizten Daumen mittels leichten Supinations- .und
Pronationsbewegungen des Unterarms. Der Plessimeterfinger wird zunächst
mit der Kuppe auf den Körper aufgesetzt; sodann wird die Handfläche
der Fingerkuppe genähert, wobei der Finger im 1. Interphalangealgelenk
rechtwinkelig gebeugt, im 2. Interphalangealgelenk gestreckt wird.
Das Geräusch des gesprungenen Topfes (Münzenklirren, Bruit de pot
félé) kommt zustande beim Beklopfen eines Hohlraums mit enger Öffnung,
der von elastischem Gewebe umgeben ist, und zwar durch eine doppelte
Luftbewegung: das schnelle Hinaustreiben und schnelle Zurücksaugen der
Luft. Grundbedingung für sein Zustandekommen ist, dass die zwei Pleura-
blätter fest aneinander fixiert werden und der Thorax elastisch ist. Das
Münzenklirren ist charakteristisch für eine vorübergehende (physiologische)
oder dauernde (pathologische) Fixation der Lunge an der elastischen Thorax-
wand bei erschlafftem Lungengewebe, oder wenn sich ein Hohlraum in
der Lunge befindet.
Für das Zustandekommen des metamorphosierenden Atemgeräusches
dagegen ist Bedingung, dass keine Verwachsung der Pleurablätter vor-
handen ist. Dieses kommt klinisch daun vor, wenn bei freier Beweglichkeit
der Lungen im lufthaltigen relaxierten Lungengewebe sich luftleere Inseln
oder Kavernen befinden.
Das vesikuläre Atemgeräusch ist nicht, wie Baar behauptete, ein
fortgeleitetes laryngo-tracheales Geräusch, sondern entsteht nach Verf.
durch die rasche inspiratorische Luftströmung einerseits autochthon in den
Alveolen und durch die Erweiterung der Lungenalveolen andererseits, wie
durch verschiedene Experimente bewiesen wird. — Das verschärfte Vesikulär-
atmen ist lauter als das weiche. Ist das Atemgeräusch über der Lungen-
spitze ebenso laut, oder noch lauter als das über den mittleren und unteren
Partien der Lunge, dann haben wir es sicher mit einer pathologisch ver-
änderten Spitze zu tun. C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
210, Weigel, Eine neue objektive Methode zur Prüfung der ört-
lichen Tuberkulinreaktion. M. Kl. 1917 H. 6.
Um den Unsicherheiten bei der Diagnose örtlicher Tuberkulinreaktionen,
wie sie durch die subjektiven Elemente bei der Perkussion und Auskultation
allzu leicht entstehen, zu entgehen, teilt W. die ganze Lunge in verschie-
dene Schallfelder ein, deren jedes in seiner ganzen Ausdehnung die gleiche
Tonböhe besitzt. Diese Schallfelder — Spitzenschallband, Vorder-, Mittel-
und unteres Schallfeld — zeichnet er mittels einer Hauttinte nach sorg-
fältigeter Perkussion mit dem Plessimeterperkussionsstab vor der Tuberkulin-
injektion auf dem Thorax der Patienten ein. Bei positiver Reaktion zeigt
sich nach der Einspritzung eine deutliche Einengung der Schallfelder um
l, 2 oder mehr Zentimeter. Die Auskultation ergab ar diesen Stellen meist
weiches, verschärftes, positiv-bronchiales Atmen oder stark abgeschwächtes
Atmen mit verlängerten Exspirium. Rasselgeräusche waren nicht zu hören.
Wichtig ist ferner, dass sich Perkussion und Auskultation nach Ablauf
der Reaktion wieder auf den Zustand vor der Einspritzung zurückbilden.
Die örtlichen Reaktionen können auch ohne Temperatursteigerungen ver-
laufen. Die Patienten müssen die auf die Einspritzung folgenden 4—5 Tage
regelmässig perkutiert werden. Die Methode deckt selbst kleine Herde auf
und gibt einen befriedigenden Aufschluss über die Ausdehnung des Prozesses,
Berlin, Schömberg,
108 Therapie.
211. Kurt Stromeyer, Die diagnostische und prognostische Be-
deutung der Herdreaktion nach Tuberkulineinspritzungen
bei chirurgischer Tuberkulose. M. Kl. 1917 H. 7.
Von einer 1°/o oder 1 °/oo Lösung Koch’schen Alttuberkulins werden
1; 5 und zweimal je 10 mg Alttuberkulin injiziert. Die Herdreaktion
pflegt 8—12 Stunden nach der Injektion aufzutreten. Sie besteht in
Rötung und Schwellung der erkrankten Partie, lokaler Temperatursteige-
rung, Druckschmerz und bei Gelenkerkrankungen in Funktionsbehinderung,
Stauch- und Zugschmerz. Die Injektion ist trotz der hohen Dosen völlig
ungefährlich. Alle geschlossenen chirurgischen Tuberkulosen reagieren
positiv, die fistelnden Fälle reagieren zur grössten Mehrheit positiv. Alle
nichttuberkulösen und ausgeheilten Fälle reagieren negativ.
Berlin, Schömberg.
212. Turban, Zur Frage der Bedeutung psychischer Momente
für den Verlauf der Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbe. 26
H. 4.
Verf. hat bei zwei stationären Lungentuberkulosen eine starke Ver-
mebrung des Auswurfquantums nach seelischen Erregungen gesehen, ebenso
eine Verschlechterung des Blutbildes. Die Einwirkung seelischer Depressionen
auf die Funktion der kranken Zellen und ihre Schutzvorrichtungen kann
eine direkte sein, sich aber auch indirekt auf dem Umwege der Unter-
ernährung geltend machen. Auch nichttuberkulöse, infizierte, langsam
heilende Wunden können in ihrem Heilungsverlauf beeinflusst werden.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
d) Therapie.
213. Lucien Jeanneret, La cure de soleil preventive. Revue
médicale de la Suisse Romande, 20. April 19160. S. 219—229.
Die bei jedem Kinde früher oder später eintretende Primärinfektion
mit Tuberkulose wird von einigen schlecht überstanden. In den Schulen
von Lausanne wurde 1915 methodisch nach solchen Kindern gesucht und
dieselben unter ärztliche Kontrolle genommen. Die Schulstunden wurden
eingeschränkt, dafür regelmässig Sonnenbäder mit Atemübungen, abwechselnd
mit Liegekur im Freien eingeschaltet. Die Resultate waren ausgezeichnete:
die Kinder nahmen im Mittel an Gewicht 825 g, an Brustumfang 2,03 cm
in sieben Wochen zu, das Allgemeinbefinden zeigte mit geringen Ausnahmen
eine auffallende Besserung. Neumann, Schatzalp.
214. A. Bacmeister, Erfahrungen über die Strahlenbehandlung
der menschlichen Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27
H. 1—4. 3
Die tierexperimentellen Studien, auf die sich die Strahlenbehandlung
der I,ungentuberkulose gründet, haben ergeben, dass harte, filtrierte
Röntgenstrahlen das zellreiche, proliferierende Granulationsgewebe zer-
stören und in Narbengewebe umwandeln, dass sie aber nicht den Tu-
berkelbazillus selbst tretfen, nekrotisierende und verkäsende Prozesse und
Karzinome nicht heilen, sondern im Gegenteil ungünstig beeinflussen.
Hieraus ergibt sich für die Indikationsstellung, dass sich für die Röntgen-
Therapie. 109
bestrahlung nur Fälle stationärer und chronisch entwickelnder Phthise
mit langsamer Ausbreitungstendeuz eignen. B. verfügt jetzt über 123
abgeschlossene Fälle. Bestrahlt wurden nur solche Fälle, die nach län-
gerer Beobachtung unter der klimatisch-diätetischen Kur nicht die ge-
wünschte Heilung zeigten. Für die Auswahl waren Form und Charakter,
nicht die Ausdehnung der Erkrankung massgebend, so dass alle 3 Stadien
unter den Fällen vertreten sind. B. teilt die 123 Fälle in 3 Gruppen
ein: 1. 40 Fälle stationärer, bereita zur Latenz neigender Phthise. Ge-
schlossene Tuberkulose. Bei allen führte, wie bereits gesagt, die klima-
tisch-diätetische Kur nicht zum gewünschten Erfolg. Alle 40 Fälle
konnten mit völlig latentem Befunde entlassen werden. 2. 60 Fälle
offener stationärer und langsam progredienter Tuberkulose 24 Fälle
wurden völlig berufsfähig mit latentem Befunde entlassen, 19 wurden
wesentlich gebessert entlassen, 9 zeigten keine Beeinflussung, bei 8 zeigte
der Prozess dauernde Verschlechterung. 3. 23 fieberhafte Fälle mit
kavernösen und akut-progressen Erkrankungen. 3 Fälle reagierten gut,
während sich die übrigen 20 unter der Bestrahlung verschlechterten.
Diese Erfolge und Misserfolge zeigen den Wert, die Wirkungsweise und
Grenzen der Röntgenbestrahlung, „Die Röntgenstrahlen können nur ein
langsam sich entwickelndes Granulationsgewebe in Narben überführen,
versagen aber bei sehr virulenten Formen der Erkrankung und in allen
Fällen, wo eine exsudativ-käsige Form zum Zerfall führt.“ Die Röntgen-
bestrablung soll nur im Rahmen einer allgemeinen Kur vom fachmännisch
ausgebildeten Arzt durchgeführt werden. Die Dosierung der Strahlen
muss individuell geschehen, sie ist Erfahrungssache. Bewährt hat sich
die Kombination der Röntgenbestrahlung mit dem Quarzlicht, doch kommt
dem letzteren eine spezifische Wirkung nicht zu. Die Erfolge beruhen
teils auf einer durch Hyperämisierung der Haut bedingten Entlastung
der Lungen, die zu einer Abschwellung der Schleimhaut der Bronchien
führt, teils auf einer Beeinflussung der immunisatorischen Schutzkräfte
des Körpers. Wie diese zustande kommt, ist noch nicht geklärt.
Ulrich Berlin, Schömberg.
215. B. Heile, Zur Strahlenbehandlung der chirurgischen Tuber-
kulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
Wie die Wirkung der Jodoformbehandlung bei kalten Abszessen, so
beruht auch die Wirkung der Röntgen- und Höhensonnenbestrahlung bei
chirurgischer Tuberkulose auf der Anlockung von Zellen mit Auslösung
ihrer Endofermente. Diese Fermente lösen die Abszesse, Lymphknoten
und Fungus auf und resorbieren sie. Die günstigen Erfolge der Hoch-
gebirgssonne sind allgemein anerkannt. Dagegen ist die Röntgenbestrah-
lung chirurgischer Tuberkulose noch ein umstrittenes Gebiet. Am meisten
liefert die Röntgenbestrahlung in der Behandlung hyperplastischer Drüsen.
Die Höhensonne kann wegen ihrer geringen Tiefeuwirkung nur bei Er-
kraukungen der Haut und oberflächlichen Drüsen verwendet werden.
Hier liefert sie Gutes. Durch künstliche Hyperämisierung lässt sich die
Wirkung der Röntgenstrahlen steigern. Besonders günstig ist der Erfolg
der Röntgenbehandiung beim Fungus, viel weniger bei Fisteln. Das
Blutbild gibt keine Anhaltspunkte über die Aussichten einer einreleiteten
Bestrahlungstherapie. Neben der örtlichen Behandlung muss die Allge-
110 Therapie.
meinbehandlung berücksichtigt werden. Als Ersatz für den Aufenthalt
im Hochgebirge empfehlen sich allgemeine Bestráhlungen mit der künst-
lichen Höhensonne. Es folgen eine Reihe Krankengeschichten.
Ulrich Berlin, Schömberg.
216. E. Collin, Über die Behandlung der Tuberkulose mit der
Quarz-Quecksilberlampe. Jahresbericht 1915 des Kiistenhospitals
Yuclaminde Dänemark.
Im Küstenhospital Yuclaminde ist eine Reihe von Patienten (Kinder)
mit Tuberkulose ausserhalb der Lungen: Tuberc. cutan., glandular., Ar-
tritis und Östitis tuberec. durch die Bestrahlung mit Quarz-Quecksilber-
licht behandelt worden. Die Bestrahlung ist teils lokal, teils regionär,
teils universal 1!/g Stunden lang täglich gegeben.
Von 16 Pat. mit Adenitis ulcerat. sind 13 geheilt, 3 gebessert,
» 4 „ „ Adenitis simplex „ — ,„ 4 7
„ 17 „ „ Ostitis fistulosa „ 11 ,„ D „ 1 unverändert
„ 4&4 „ „ Coxitis fistulosa „ — , 3 „o 1 3
» 7 a »„» Spondylitis » Eu 2 w B j
99 4 19 39 Artritis tuberc. 99 T 39 2 39 ee 9
Mehrere Fälle von Ulcera tubere., Lupus, Serofuloderma, Eczema scroful.,
Photophobia sind gut beeinflusst.
Als gut geeignet für die Behandlung hält Verf. die offenen ober-
flächlichen tuberkulösen Leiden und die offenen (fistulösen) Knochengelenk-
leiden. Dagegen zeigen die geschlossenen Affektionen grössere Resistenz.’
Vielleicht könnte das Kohlenbogenlicht in solchen Fällen bessere Resultate
erzeugen. Begtrup Hansen, Silkeborg.
217. Spitzer, Über die Anwendung des Kohlenbogenlichtbades .
bei primären und sekundären Tuberkulosen der Haut und
Schleimhaut. (Aus der Wiener Lupusheilstätte). (Illustr.) M. m. W.
63. 1916 S. 1541—1543.
Das Kohlenbogenlicht ist ein hervorragendes Heilmittel gegen die
Hauttuberkulose. Erstaunlich “ist die Wirkung auf akute tuberkulöse
Geschwürsbildung der Mundschleimhaut, sowie auf die mehr chronische
Form. Die Einrichtung ist wegen ihrer Einfachheit von jeder dermato-
logischen Station leicht zu beschaffen. Eine Warteperson zur Einstellung
und evtl. zur Aufsicht genügt. Zufälle störender Art haben sich nach
keiner Richtung ergeben, Die Zahl der nötigen Lichtbäder wechselt von
ca. 50—100. Bredow, Ronsdorf.
218. Ehrmann, Zur Kenntnis der kombinierten radio-thera-
peutischen und medikamentösen Behandlung des Lupus vul-
garis und erythematosus. Strahlentherapie 7 H. 2.
Verf. hat seither bei Lupus die 33°/o Resorzinpastenbehandlung
allein, sodann in Verbindung mit Röntgenbestrahlung geübt. Seit etwa
3 Jahren kombiniert er nun neben der Röntgenbestrahlung auch die mit
Radium.
I. Lupus vulgaris. Die initialen Fälle sind bei genauer Durchführung
der Resorzinpastentherapie ohne irgendwelche sonstige Therapie der Heilung
Therapie. 111
zugänglich. Intoxikationen kommen nicht vor, wenn sich die Konzentration
der Paste auf 331/3°/o beschränkt. Auch bei den ganz flachen, in der
Tiefenausdehnung über das Stratum reticulare nicht hinausgreifenden Formen,
die nicht ulzerieren, muss darauf gesehen werden, dass die jeweils behandelte
Fläche über Manneshandgrösse nicht hinausgeht, was übrigens in allen
Fällen zu berücksichtigen ist. Die Resorzinpastentherapie muss sehr sorg-
fältig durchgeführt werden.
Die Kombination mit mittelharten Röntgenstrablen führt rascher zum
Ziel. Die Bestrahlung soll immer dann vorgenommen werden, wenn die
oberflächlichen Schichten durch Resorzin aufgeätzt und die Schwarten ab-
gerieben sind. Dasselbe gilt von der Radiumbestrahlung. Für mittel-
grosse Lupusfälle genügt zumeist dieses Verfahren, doch ist an jenen
Stellen, wo der Lupus die Tendenz zur Umwandlung in L. verrucosus
hat, sowie dort, wo der Lupus den Charakter des Tumidus annimmt,
starke Radiumbestrahlung sowie die Hollündersche Heissiuft-Verätzung
zur Abkürzung des Verfahrens empfehlenswert. Wenn diese Fälle auch
die Schleimhaut der Nase, bzw. des Mundes betreffen, kann für die untersten
Partien der Nasenschleimhaut mit Vorteil ebenfalls die Resorzinbehandlung
verwendet werden. Für die weiter hinaufreichenden Lupusaffektionen ist
Radiumbehandlung, die Pfannenstill’sche Methode, sowie Verätzung
mit Milchsäure namentlich in jenen Fällen heranzuziehen, wo eine Kom-
bination mit „tuberkulösen Geschwüren“ vorliegt. — Bei ganz ausgedehnten
Lupusfällen wird im allgemeinen dasselbe zu gelten haben, nur dass be-
sonders wuchernde oder verruköse Stellen nach einigen Serien von Resorzin-
pastenbehandlung, soweit sie nicht durch dieses Verfahren zum Schwinden
gebracht worden sind, mit Holländer’schem Heissluftverfahren zerstört
werden. — Das operative Verfahren hat überall dort Platz zu greifen,
wo der Lupus ein scharf umschriebenes Hautstück einnimmt und keine
besondere Tendenz zum Weiterschreiten hat, Es soll immer erst vor-
genommen werden, wenn man sich durch probatorische A.T.-Injektion über
das Vorhandensein noch latenter Lupusknötchen orientiert hat. Die von
Herxheimer-Altmann empfohlene Salvarsan-Tuberkulin-Therapie führt
zuweilen zu vorübergehender Besserung des Krankheitsbildes; Verf. hat
aber nie eine besondere Beeinflussung desselben gesehen.
II. Lupus erythematosus. Bei diesem soll nicht eine Gewehbsdestruktion
verhindert, sondern der lokale chronische oder subakute oberflächliche Ent-
zündungsprozess zur Rückbildung veranlasst werden, sowie sein Fortschreiten
verhindert und die durch ihn gesetzte Entstellung vermieden werden. Für
scharf umschriebene isolierte und spärliche Herde (L. eryth. discoides) hat
sich folgendes Verfahren in vielen Fällen sehr bewährt. Unter lokaler
Chloräthylanästhesie werden mit einem Skalpell Bruchteile eines Millimeters
voneinander entfernte parallele und senkrecht einander kreuzende Schnittchen
in die Haut geführt, die bis in das Stratum retieulare reichen. Nach
geschebener Blutsullung wird 15°/o Collemplastr. Pyrogalloli oxydulat.
aufgelegt, und zwar 4—5 Tage früh und abends. Danach wird entweder
mit indifferenten Salben oder Salicylpflaster verbunden. Von Resorzin-
pastenbehandlung sah Verf. ebensowenig einen Erfolg wie von Röntgen-
oder Radiumbestrahlung. Wirksamer ist die Bestrahlung mit der Quarz-
lampe. Liess.
112 Klinieche Fälle.
219. Kaufmann, Beitrag zur Lupusbehandlung mit künstlicher
Höhensonne. Zschr. f. Tbe. 26. H. 5.
Kasuistische Mitteilung eines Falles von Lupus faciei, der allein
durch Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne und physik.-diatät. Beband-
lung nahezu zur Heilung gebracht wurde.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
220. Meyer-Leysin, Der Einfluss der Sonnenbehandlung auf
die Lungentuberkulösen. Correspondenzbl. f. Schweizer Arzte
1916 Nr. 47 Ñ. 1594.
M. exponiert der Sonne den ganzen Körper und betrachtet Lungen-
blutungen als keine Kontraindikation. Er ist mit seinen Resultaten auch
bei der Lungentuberkulose zufrieden. Lucius Spengler, Davos.
221. Gutstein, Die Behandlung der Lungentuberkulose mit ultra-
violettem Licht. D. m. W. 1916 Nr. 18.
G. hat 28 röntgenologisch und klinisch genau kontrollierte Fälle der
Bestrahlung mit ultraviolettem Licht unterworfen, beginnend mit 1 m
Abstand bis 60 cm und in einer Bestrahlungsdauer von je 3 Minuten
bis zu 3 Stunden pro Sitzung. Höchstzahl der Einzelbestrahlungen 60
mit 110 Stunden Gesamtdauer. Von Allgemeinwirkungen fiel auf baldige
Besserung des Allgemeinbefindens und gute Beruhigung von Brust- und
Rückenschmerzen. Husten und Auswurf, Temperatur, Gewicht, Verhalten
der Tuberkelbazillen im Sputum und schliesslich der klinische Befund
und das Röntgenbild ergaben in einer Reihe von Fällen Veränderungen
nach der guten Seite hin, die G. geneigt ist, auf den Einfluss der Be-
strahlungen zurückzuführen. Blutuntersuchungen bei 18 Patienten ergaben
gegenüber 7 bestrahlten nicht Lungenkranken eine gewisse Ver-
mehrung der roten Blutkörperchen und des Blutfarbstoffs. Eine erhebliche
Vermehrung der Lymphozyten war bemerkeuswerterweise bei einem
Teil der Kranken sowohl als auch der nicht Lungenkranken nach den
Bestrahlungen nachgewiesen. Trotzdem G. von den Bestrahlungen einen
nicht geringen Nutzen für die Lungentuberkulose erhofft (nicht direkt
bakterienschädigend sondern indirekt durch Erhöhung der Widerstands-
kraft gegenüber den Bakteriengiften) warnt er verständigerweise vor einer
(leider schon reichlich vorhandenen [Ref.]) Überschätzung ihrer Leistungs-
fähigkeit. (Über dasselbe Thema schrieb Verf. in den Beitr. z. Klin. d.
Tuberk. Bd. 35, H. 3, 1916.) Brühl, Schönbuch.
e) Klinische Fälle.
222, Bayer, Über Eruption flüchtiger Knötchen in der Conjunc-
tiva bulbi bei Bulbustuberkulose. Klin. Mbl. f. Aughlk. 1916.
Nov.—Dez.
Mitteilung von zwei Fällen, in denen flüchtige Knötchen in der
Conjunetiva bulbi auftraten, denen Verf. auf Grund der Anamnese, des
klinischen und des histologischen Befundes eine tuberkulöse Ätiologie zu-
schreibt. Diese Knötchen sind nicht mit Phlyktänen zu verwechseln; in
einen der beiden Fälle traten sie mit Phlyktänen zusammen auf. Ob es
sich bei diesen Gebilden um echte Tuberkel oder um entzündliche Bildungen
Klinische Fälle. 113
resp. indirekte Reaktionsprodukte („Tuberkulide“) handelt, war durch die
histologischen Befunde noch nicht in vollem Umfauge zu entscheiden.
Für die Frage, ob es sich bei den Phlyktänen auch um eine echt tuber-
kulöse Ätiologie handelt, waren die Befunde nicht ohne weiteres zu ver-
werten; zum Unterschied von den molkigen, schnell sich erweichenden
und öffnenden Phlyktänen kamen die hier erwähnten Knötchen ohne
solchen Zerfall zum Ablauf. Werner Bab, Berlin,
223. S. John Moore, Acute General Tuberculosis with Left
Oculo-motor Paralysis after Measles. The Lancet, 26. Febr.
1916.
Ein Fall von allgemeiner Miliartuberkulose mit linksseitiger Okulo- -
motoriuslähmung nach Morbilli bei einem 4!/2 Jahre alten Mädchen,
Das Kind bekam Morbilli mit Bronchopneumonien und plötzlich
. darauf eine Totallähmung des dritten Hirnnerven. Bei der Obduktion
erwiesen sich viele Organe und Organteile als tuberkulös, u. a. auch der
basale Teil der Gehirnbäute Es fanden sich keine Läsionen weder in
den zentralen Kernen noch im intrakraniellen Verlauf des Okulomotorius.
Der Inhalt der Orbita wurde aber nicht untersucht.
| J. Peerenboom, Leiden.
224. Paula Heymann, Über gutartige chronische Miliartuber-
kulose und ihre Differentialdiagnose. Inaug.-Diss. Berlin 1916.
Die Erkrankung begann mit einem länger dauernden Fieberstadium
ohne objektiven Befund. Auch bakteriologisch und serologisch liess sich
nichts feststellen. Später traten knotige, zum Teil zu Abszessbildung
neigende Infiltrate in den Weichteilen, in der Haut und im Periost auf, in
denen schliesslich Tuberkelbazillen festgestellt wurden. Jetzt finden sich
auch schwere röntgenologisch nachweisbare Lungenveränderungen, welche
die Diagnose Miliartuberkulose sicherten. Differentialdiagnostisch wurden
Lues und Sporotrichose in Erwägung gezogen. Die einschlägigen Unter-
suchungen ergaben aber weiter keine Anhaltspunkte — Die Infiltrate
kamen und gingen und waren zum Teil nach zweijähriger Dauer noch
nicht abgeheilt. 11 Monate Jang bestand Fieber, trotzdem war das All-
gemeinbefinden und der Ernährungszustand gut. Das Fieber ging allmäh-
lich herunter, die Infiltrate blieben teilweise, zum Teil gingen sie auch in
sezernierende Fisteln über. — Ob die auffallende Gutartigkeit einer der-
artigen Erkrankung auf eine erhöhte Widerstandskraft des Körpers gegen
Infektionen oder auf die Beteiligung des Typus bovinus an der Infektion
zurückgeführt werden muss, bleibt dahingestellt. Hans Müller.
225. Schüler, Eventratio diaphragmatica bei einem Fall von
Lungentuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 36. 1916 H. 2
S. 231.
Kasuistik. 45 Tuberkulöse mit liuksseitiger Eventratio. Röntgenbild.
E. Leschke, Berlin.
226. Karl Bähr, Das Skrophuloderma des ersten Lebensjahres,
ein Beitrag zur Beurteilung therapeutischer Erfolge bei
Tuberkulose. JInaug.- Diss. Göttingen 1913.
Vier Fälle von spontaner und dauernder Ausheilung von im ersten
Lebensjahre entstandenen zum Teil sehr zahlreichen Skrophulodermata.
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 8
114 Klinische Fälle.
Diese Ausheilung beweist, dass das Verschwinden eines Skrophulodermas
und wahrscheinlich auch anderer tuberkulöser Herde kein 'Testobjekt für
den Wert einer Tuberkulinbehandlung abgeben kann. Hans Müller.
227. CarlKaiserling, Missbildung und verborgene Tuberkulose
der Nebennieren eines Erwachsenen. B. kl. W. 1917 H. 4.
Pat., Soldat, ist längere Zeit wegen allgemeiner Schwäche und Magen-
beschwerden — Erbrechen, Druckschmerz — in Lazaretibehandlung.
Klinische Diagnose lautet: nervöses Magenleiden. Unter dem Zeichen zu-
nehmender Herzschwäche tritt nach Verschlimmerung des Magenleidens
der Exitus ein. Die Sektion ergibt folgenden Befund: Chronische fibröse
Tuberkel der linken Lungenspitze, chronisch-parenchymatöse Gastritis,
frische peptische Duodenalgeschwüre, Hyperplasie des Iymphatischen Appa-
rates mit grossem Thymus. „Beiderseite an Stelle der Nebennieren ein
leicht bräuulich gefärbtes, mit derben Bindegewebszügen durchsetztes Fett-
gewebe, in dem sich links ein sehr kleiner trockener, rechts zwei kaum
erbsengrosse käsige Herde und einige graue Körper finden.“ Die mikro-
skopische Untersuchung ergibt, dass sich links an Stelle der Nebenniere
eine auffallend kleine, tuberkulös erkrankte Beizwischenniere befindet.
Rechts besteht eine verkäsende Tuberkulose der hypoplastischen Neben-
niere. Die ausfallenden Zellen sind durch eine sehr vergrösserte Bei-
zwischenniere und eine unregelmässig gebaute Beinebenniere, die beide frei
von Tuberkulose sind, ersetzt. Auffallend ist, dass der Pat. trotz dieses
geringen N ebennierengewebes niean Addison ’schen Symptomen gelitten hat.
Berlin, Schömberg.
228. Willy Hofmann, Nierentuberkulose und Menstruation.
B. kl. W. 1916 Nr. 45. H. 4.
Lenhartz hat auf den Zusammenhang zwischen Pyelitis und Men-
strustion im Sinne heftiger, hoch fieberhafier prämenstrueller Anfälle hin-
gewiesen. H. veröffentlioht einen Fall rechtsseitiger Nierentuberkulose,
der ebenfalls mit sehr schweren, hoch fiebernden prämenetruellen Anfällen
einherging. Mit Einsetzen der Blutung hörten die schweren Allgemein-
und Lokalerscheinungen sofort auf. Die Menses, die vor der Erkrankung
stets regelmässig gewesen war, trat jetzt anteponierend auf, wie dies ja
auch bei sonstiger Organtuberkulose häufig beobachtet wird. Nach Ent-
fernung der tuberkulösen Niere nahmen die Perioden wieder einen normalen
Verlauf. Berlin, Schömberg.
229. C. Benda, Ein Fall von kindlicher Lungenaktinomykose,
der klinisch für Tuberkulose angesprochen wurde. Zschr. f.
Tbe. 27 H. 1—4.
B. berichtet über einen Fall von Lungenaktinomykose bei einem
12jährigen Knaben, der mit der klinischen Diagnose Lungentuberkulose
zur Sektion kam. Die Sektion ergab eine Aktinonıykose des rechten
Unterlappens, die sich hauptsächlich auf das mediale Pleurablatt, das
Mediastiinum und den Herzbeutel ausgebreitet hatte. Das vordere Media-
stinum bildete eine derbe, grosse Geschwulst aus wabigem Gewebe. Die
Züge bestehen aus Bindegewebe und Granulationsgewebe, die Holılräume
sind von einem dickflüssigem, hellgelben Eiter ausgefüllt, in dem sich
Allgemeines und’ Grenzgebiete. 115
Aktinomyzes-Körner befinden. Der Herzbeutel ist mit der Herzoberfläche
fest verwachsen, die aktinomykotischben Infiltrate reichen am rechten Atrium
bis in die Muskulatur hinein. — Der Truncus brachiocephalicus sinister
ist von den Geschwulstmassen umlagert und fest mit ihnen verwachsen.
Sein Lumen ist von einem derben, grauen Thrombus ausgefüllt, in dem
jedoch keine Strahlenpilzmassen nachweisbar sind. Auch an der Ein-
mündungsstelle der Vena azygos in die Cava superior befindet sich ein
kleiner Thrombus. Ulrich Berlin, Schömberg.
f) Allgemeines und Grenzgebiete.
230. R. C. Wingfield, A suggested Classification of Pulmonary
Tuberculosis. The Lancet, 20. Mai 1916.
Um die Vergleichung der Erfahrungen und Resultate der unter-
schiedenen Fürsorgestellen zu erleichtern, schlägt Verf. eine einheitliche
Stadieneinteilung aller Patienten an allen Orten vor. Diese Einteilung
soll den folgenden Bedingungen entsprechen: |
1. Sie soll kurz sein und gegründet auf exakte klinische Fakta.
2. Diese Fakta sollen leicht zu erhalten seın.
3. Die Einteilung soll von allen Veränderungen infolge persönlicher
Auffassung oder Vorurteil frei sein.
Die Einteilung von Turbau-Gerhardt entspricht nicht der dritten
Bedingung, die von Philips nicht der zweiten und jene von Walter
weder der zweiten noch der dritten. Am meisten empfehlenswert findet
Verf. die Einteilung von Inman, die abhängig ist von dem Verhältnis
der Temperatur: die erste Gruppe zeigt Fieber in der Ruhe; die zweite
Gruppe ist fieberfrei in der Ruhe, zeigt aber Fieber bei Bewegungen; die
dritte Gruppe ist immer fieberfrei. Da in der dritten Gruppe schr ver-
schiedene Fälle zusammenstehen, sucht Verf. die Einteilung zu ergänzen
durch den Zusatz einer Einteilung nach der Tauglichkeit zur Arbeit. Den
Gruppenziffern Inman’s fügt Verf. die nachfolgenden Buchstaben zu:
A bedeutet Patient ist arbeitstauglich und bleibt tauglich.
B „ N „ Arbeitsuntauglich und wird „
C „ " „ arbeitstauglich » „» untauglich.
D 5 > „ arbeitsuntauglich „ bleibt „
Verf, ist der Meinung, dass die Art der täglichen Arbeit hier wenig
Bedeutung hat. J. Peerenboom, Leiden.
23L. Hasselbalch und Lindhard, Zur experimentellen Physio-
logie des Höhenklimas. II. Mitteilung (I. im Skandinavischen
Archiv für Physiologie 1911 Bd. 25). (Aus dem Laboratorium des
Finsen-Instituts, Kopenhagen.) Biochem. Zschr. 68 8.205.
Zur physiologischen Analyse des Höhenklimas verwandten H. und L.
ein zu diesem Zweck eigens konstruiertes pneumatisches Kabinett, das die
zu untersuchenden Klimafaktoren vereinzelt und kombiniert dosieren liess
und ausser mit den nötigen wissenschaftlichen Apparaten mit einem ge-
wissen Komfort ausgestatiet war, der ein körperliches und seelisches Wohl-
befinden der Versuchspersonen auf Tage, Wochen, ja evtl. Monate ge-
währleisten sollte. Nach eingehender Beschreibung des Kabinetts, dessen
g*
116 Allgemeines und Grenzgebiete.
Luftdruck durch zwei Gäde'sche Kapselpumpen zwischen 300 und 1200 mm
variieren kann und seiner Apparate, folgen die Ergebnisse der ersten
Versuche, die teils in einer Reduktion des Totaldrucks, also einer Herbei-
fübrung von Sauerstoffmangel, allein, teils in Zufügung eines weiteren
Faktors, der Arbeit bestanden. Es ergab sich aus ihnen, dass die Luft-
verdünnung (O,-Druckherabsetzung) allein die wesentlichsten physio-
logischen Wirkungen des Höhenklimas ausmacht, dass die Akklimatisierung
für den niedrigen O,-Druck ein individuell verschieden, allmählich ver-
laufender Prozess ist, für dessen Grad die Erniedrigung der alveolaren
CO,-Spannung als Mass genommen und der durch Muskelkraft wohl nicht
beschleunigt werden kann und dass endlich die Grösse des respiratorischen
Stoffwechsels unabhängig von der reinen Luftverdünnung ist.
III. Mitteilung. Biochem. Zschr. 68 S. 295.
Bei einem weiteren Versuch brachte die Versuchsperson 26 Tage im
pneumatischen Kabinett zu. Es galt in einer Vorperiode von 4 Tagen
bei normalem Druck die Ausgangswerte der zu untersuchenden Funktionen
festzustellen; in weiteren 4 Tagen wurde der Luftdruck stufenweise auf
450 mm herabgesetzt, nach völliger Akklimatisierung wurde Muskelarbeit
‚und später ultraviolettes Licbt (Höhensonne) „hinzudosiert“ und endlich
‚in einer 4tägigen Nachperiode bei normalem Druck etwaige Nachwirkungen
gesucht. Hauptgegenstand der Untersuchungen: Mechanismus der Akkli-
matisation an die Sauerstoffarmut der Atmosphäre.
Ergebnisse: Allgemeinbefinden befriedigend, die 6. Nacht (Druck-
reduktion auf 484 mm) brachte ausgesprochene Bergkrankheit, die sich
bald verlor, um bei der endgültigen Druckreduktion auf 455 mm in leichtem
Anfall wiederzukehren. Besserung des Schlafs durch das Lichtbad (Höhen-
sonne). Wiederherstellung des Normaldrucks als grosse Behaglichkeit
empfunden. |
Die vermehrte Alveolarventilation wird bei Sauerstoffarmut allein
hauptsächlich durch Frequenzerhöhung, bei Sauerstoffarmut nebst Ultra-
violettlichtwirkung hauptsächlich durch Vertiefung der Atmung erzielt.
Die Grösse des O,-Verbrauchs ist unabhängig von der O,-Armut und dem
Licht. Die Steigerung des Ruhestoffwechsels im Hochgebirge kann eine
Nachwirkung der Arbeit sein. Die Pulsfrequenz ist erhöht, unbeeinflusst
durch Licht und Arbeit; eine Angewöhnung ist nicht zu bemerken. Auch
die Hämoglobinwerte sind erhöht und bleiben auch während der Nach-
periode erhöht. Die Arbeit hat anscheinend bei diesem Versuch die Ak-
klimatisierung günstig beeinflusst; das Licht könnte vielleicht die Akkli-
matisation an niedrige O,-Drucke befördern. Beachtenswert ist die bei
der Druckreduktion aufgetretene Abnahme der Ammoniakausscheidung
im Harn, dessen Aminosäurengehalt konstant blieb.
IV. Mitteilung. Biochem. Zschr. 74 8.1.
Die Beobachtung der Erniedrigung der NH,-Produktion bei O,-Mangel
wird in einer Reihe von Versuchen geprüft und für richtig befunden.
Durch sie wird die Höhenklima-,Azidose“ erklärt. Bei O,-Drucksteigerung
fand sich sowohl Vermehrung der Ammoniakproduktion als auch der al-
veolaren CO,-Spannung. „Die Ammoniakproduktion kann nur in Ver-
bindung mit der aktuellen Reaktion des Harns richtig beurteilt werden".
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Allgemeines und Grenzgebiete. 117
Der Sauerstofldruck beeinflusst die Grösse des respiratorischen Stoffwechsels
nicht; nur bei Bergkrankheit besteht eine „Erhöhung des Grundumsatzes“
bis zum Eintritt der Akklimatisation. Änderungen des respiratorischen
Stoffwechsels stehen in keiner Beziehung zu den „Änderungen der Puls-
frequenz mit variiertem Sauerstoffdruck“.
V. Mitteilung: Die ‚reduzierte Ammoniakzahl‘“ des Harns bei
Sauerstoffmangel. Biochem. Zschr. 74 $. 48.
Während bei Eintritt einer echten Azidose die „reduzierte Ammoniak-
zahl“ des Harns (Näheres s. Abhandlung) regelmässig erhöht wird, zeigt
sie sich bei der „relativen Azidose'‘ des Höhenklimas, mit anderen Worten
bei O,-Armut der Atmosphäre, herabgesetzt. Und zwar erfolgt die sstufen-
weise im Verlauf einiger Tage und besteht noch eine Zeitlang nach Auf-
hören des O,-Mangels.. Die Verminderung der Ammoniakproduktion ist
vop „heilbringender“ Wirkung auf den „an Sauerstoffmangel leidenden
Menschen“. Fr. W. Massur, Stettin.
232. W. Scheibe-Stolpmünde a. d. Ostsee, Über den Einfluss des
Ostseeklimas auf den Organismus von Binnenlandbewohnern.
Zschr. f. Baln. 1915 Nr. 7/8.
Interessante Eigenbeobachtungen, die der Verf, nach seiner Über-
siedlung aus einem subalpinen Höhenklima in 600 m Höhe nach dem
Seeklima der Ostseeküste an sich ‘und seiner Familie zu machen Gelegen-
heit hatte. Da in den ersten drei Monaten (März bis Mai) Seebäder
noch nicht genommen werden konnten, handelte es sich um reine Wir-
kungen der Seeluft. Diese bestanden in erheblicher Steigerung des
Appetitter, Schlafes, Stoffwechsels und der körperlichen Leistungsfähigkeit.
Bei der Gatiin des Verf., die weniger als die übrigen Mitglieder der
Familie an die Luft gekommen war, zeigten sich die beschriebenen Ein-
wirkungen des neuen Lebens an der See am wenigsten ausgeprägt.
Klimatische Kuren an der Ostsee eignen sich mithin auch für solche
Fälle von allgemeiner Schwäche, Unterernährung, Schlaffheit der Gewebe
und Schlaflosigkeit, bei denen der gleichzeitige Gebrauch von Bädern aus
irgend einem Grunde nicht angezeigt ist. In Zeiten, in denen die Wasser-
temperatur der Ostsee bereits zu niedrig zum Baden ist (unter 15° Celsius),
können dort noch klimatische Kuren unternommen werden.
Wilhelm Neumann.
233. Helwig-Swinemünde, Der Einfluss mineralischer Lösung
auf das Blutbild und die Phagozytose. Zschr. f. Baln. 191>
Nr. 5,0.
Angeregt durch die Befunde anderer Autoren, die nach dem Trinken
von kieselsauren Wässern Vermehrung der Leukozyten und erhöhte Kern-
reifung fanden, sowie durch die überraschenden Ergebnisse der Vernarbungs-
versuche von Rössle und Kahle bei schwerster Tuberkulose beobachtete
Verf. die Wirkung der Kieselsäure an grösserem Material. Er fand nach
Trinkkuren mit Glashäger Mineralquelle (Kieselbrunnen und Siliziumheil-
quelle) starke Vermehrung der polymorphkernigen Leukozyten, die sich
auch nach beendeter Kur bis zu einem gewissen Grade erhielt. Fernerhin
eine Verschiebung des Arneth’schen Blutbildes nach rechte, d. h. Zunahme
11S Allgemeines und Grenzgebiete.
der reiferen, kerngeteilteren, widerstandsfähigeren Kernformen. Es zeigte
sich auch ein nicht unerbebliches Sinken der Lympbozyten, was Verf.
im Gegensatz zu Baer-Davos und anderen anscheinend als ungünstig
ansieht. Der opsonische Index erfuhr eine deutliche Steigerung. Ob eine
Kieselsäurelösung oder ein derartiger Mineralbrunnen komplexer Zusammen-
setzung und in welchen Konzentrationsmengen einen sichtbaren Einfluss
auf die Wundheilung ausübt, wie naclı den Vernarbungsergebnissen
von Rössle anzunehmen wäre, konnte Verf. bisher nicht untersuchen.
Dem Anscheine nach hält er es für wahrscheinlich. Ä
Wilhelm Neumann.
wo
oo
mn
Glax-Abbazia, Können die Küsten und Inseln des öster-
reichisch-ungarischen Adriagebietes unseren Kranken einen
vollwertigen Ersatz bieten für die Kurorte der italienischen
und französischen Riviera? Zschr. f. Buln. 1916 Nr. 19/20.
Verf. bejaht die im Titel aufgestellte Frage unbedingt. Einerseits
und besonders aus politischen Gründen, anderseits aus klimatischen.
Das dalmatinisch-istrianische Gebiet sei viel wärmer als die gegenüber-
liegende italienische Küste um Genua herum, die Ponente allerdings über-
treffe wieder das Adriagebiet. Die klimatischen Vorzüge Dalmatiens hbe-
ruhen ausserdem auf geringen interdiurnen Wärmeschwankungen, relativ
hoher und gleichmässiger Luftfeuchtigkeit und dem fast vollständigen
Fehlen der kalten Fallwinde mit ihren Trockenheitsextremen. Als Über-
gangsstationen zum wärmeren Dalmatien werden die Insel Lussin uni
insbesondere die Kurorte Abbazia, Lovrana und Brioni genannt. Zur
Erschliessung der dalmatinischen Kurorte müssen von der Regierung
Bahnen gebaut werden. Es wird an der Hand von Zahlen gezeigt,
welche grossen Vorteile der österreichisch-ungarischen Regierung durch
diese Bahnbauten zufliessen würden. Wilhelm Neumann.
235. Ecekardt-Essen, Die Adrian als Kurgebiet. Zschr. f. Daln.
1916 Nr. 1/2.
Als Beweis für den Vorteil der Adria gegenüber der italienischen
liiviera als Kurgebiet zitiert Verf. eine Stelle aus Hellpach’s Buch
„Die geopsychischen Erscheinungen“. Hellpach teilt dort mit, dass
zwischen dem tonischen und dem sinnlichen Einflusse eines sonnigen
Frühlingstages eiue gewisse Divergenz bestehen kann, die zu Unlust-
gefüblen zu führen vermag und bringt als Beispiel die „nervösen“ Be-
schwerden eines an der Riviera weilenden Kurgastes bei schönem Wetter.
E. benutzt diese Stelle, um darzutun, dass im Gegensatz zur Riviera an
der Adria mit ihrer grösseren Feuchtigkeit solche „Rivierawirkungen“ nicht
auftreten. Es heisst das aber, Hellpach nicht seiner Meinung gemäss
zitieren. Denn erstens spricht Hellpach von Rivierareisenden allgemein
als von „sudwärts Wechselnden“ und zweitens setzt er die ‚nervösen“
Beschwerden nicht auf das Konto irgend einer speziellen Riviera, sondern
auf das des „Frühlingswetters“ überhaupt „bei raschem Eintritt vom
Norden ber“ Also für die Adria ebenso gültig wie für die italienische
oder französiche Riviera. | i
3s wäre wirklich wünschenswert, dass diejenigen, die ihrer an sich
begründeten politischen Abneigang gegen die italienische Riviera litera-
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 119
rischen Ausdruck geben wollen, sich wissenschaftlicher Begründungen, die
nicht ernstester Prüfung standzuhalten vermögen, im Interesse der ärzt-
lichen Erkenntnis enthielten. Wilhelm Neumann.
Il. Büeherbespreehungen und Zeitschriften.
il. Die Tuberkulose und ihre Bekämpfung in der Schweiz. Sammlung von
Aufsätzen, herausgegeben von der Schweizerischen Zentralkommission zur Bekämp-
Jung der Tuberkulose. Bern, Verlag von A. Franke, 1917. 605 Seiten,
Im September 1914 sollten in Bern die „Internationale Tuberkulose-Kon-
ferenz* sowie der „Internationale Tuberkuluse-Kongress* tagen. Der Vorsteher
. deg Schweizerischen Gesundheitsamtes, der leider vor einem Jahre verstorbene
Dr. med. J. F. Schmid erhielt als Präsident der schweizerischen Zentralkom-
mission zur Bekämpfung der Tuberkulose den Auftrag, eine illustrierte, in den
'Landessprachen abgefasste Festschrift vorzubereiten, herauszugeb-n und den
Teilnehmern der genannten Konferenzen überreichen zu lassen. Da kam der
Weltkrieg und stellte d«s Erscheinen des bexzonnenen Werkes in Frage. Nun
ist es aber dem Ausschuss der schweizerischen Zentralkommisston doch gelunzen,
die Schrift erscheinen zu lassen, „damit sie, wenn auch nicht als Festschrift, so
doch als Autklärungs-chrift den in der Schweiz gegen die Tuberkulose Hilfe
suchenden und den um die antituberkulösen Einrichtungen des Landes sich in-
teressierenden Personen gute Dienste leisten künne*. Viele der zahlreichen Ar-
beiten verschiedener Autoren haben unzweifelhaft bleibenden Wert. —
F., Ganguillet (vom Schweizerischen Gesundheitsamt) orientiert uns
(deutsch) in ausserordentlich sachlicher und übersichtlicher Weise in vier ver-
schiedenen Arbeiten über die folgenden Gegenstände;
l. Die Verbreitung der Tuberkulose in der Schweiz.
Aus den Zusammenstellungen des Verf. darf man schliessen, „dass an der
Behauptung, die Lungenschwindsucht werde durch d:e Höhenlage günstig beein-
husst, etwas Wahres ist. dass die letztere jedoch nicht allein den Ausschlag gibt,
sondern dass nnch andere Faktoren, wıe die Beschäftigung der Bevölkerung, mit-
wirken“. Die Tuberkulusesterblichkeit geht in der Schweiz erst seit dem Jahre
189) zurück. Der Rückgang beträgt von 1890-1913 ziıka 34"o. — Sehr inter-
essant sind die statistischen Angıben über die TTuberkulosesterblichkeit in den
einzelnen Gemeinden, über den Kınluss der landwirtschaftlichen Beschäftigung,
sowie fiber die Verteilung der Tuberkulosetodes-fälle nach Altersklassen, nach
Geschlecht und nach den wichtigsten Lokalisationen.
2. Organisation der Tuberkulosebekämpfung in der Schwesz.
3. Tätigkeit der Behörden gegen die "Tuberkulose in der Schweiz.
4. Kurerfolge der schweizerischen Volksheilstätten. —
Fräulein Dr. med. M. Sommer und Melle Sermet geben uns Aufschluss
über die Tätigkeit der Frauen im Kampfe gegen die Tuberkulose in der Schweiz,
Eine reicbe Fülle von ivstruktiven und beherzigunzswerten Mitteilungen
enthält die Arbeit von Dr. Eugen Olivier-Lausanne über „Die Bekämpfung
der Tuberkulose der Kindheit“. Dasselbe gilt von den umfassenden Aus-
einandersetzungen der Frau Dr. med. Ch. Olivier in Lausanne über „Die 'Tu-
berkuluse und die Wolinung in der Schweiz*. —
Dr. med. W. Kürsteiner-Bern berichtet in zwei getrennten Abhand-
lungen über
120 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
1. Tuberkulose und Schule.
2. Tuberkulose und Beruf.
Gestützt auf ein grosses stutistisches Material kommt Verf. zum Schluss,
dass bei der Entstehung der Lungentuberkulose in der Schweiz neben der sozialen
Lage, der Wohnung, der Veranlagung, der Infektiunsgelegenheit u. a. m. auch
der Beruf eine Rolle spielt, und zwar so, dass Beschäftigung mit Blei und mi-
neralischem Staub, Arbeit in geschlossenen engen Räumen, grosse Hitze und
Trockenheit der Luft, sitzende Stellung und gebückte Haltung bri der Arbeit,
vermehrte Gelegenheit zu übermässigem Alkoholg»nuss die Entstehung der Schwind-
sucht begünstigen, Arbeit im Freien, Muskelbetätigung und ein gewisser Grad
von Luttfeuchtigkeit davor bewahren. —
Dr. H. Keller-Rheinfelden: Anstalten und Einrichtungen zur Verhütung
der Tuberkulose in der deutschen Schweiz: Ferienkolonien, Ferienlieime, Kinder-
heime, Kinderheilstätten, Solbäder usw.
Un das gefährdete Kind vor Tuberkulose zu schützen, sollen die Vorbeu-
gungsmassnahmen schon vor der Geburt beginnen. Aufnahme Schwangerer, die
in ungünstigen Verhältnissen leben, schon geraume Zeit vor der Entbindung in .
Anstalten. Die Mutter ist zum Stillen anzuhalten. Das eidgenössische Kıanken-
versicherungsgesetz hat ein Stillgeld vorgesehen. In gleichem Sinne wirkt auch
der schweizerische Verein für Kinder- und Frauenschutz. In Zürich und Bern
bestehen Mütter- und Säuglingsheime. Ferner enthalt das schweizerische Kranken-
versicherungsgesetz Bestimmungen für Krankenpflege auch für Kinder unter 14
Jahren. Die 'Tuberkuloseverhüturg wird sodann wesentlich gefördert durch die
in den meisten grösseren Gemeinden der Schweiz bestehende Einrichtung der
Schulärzte. Sehr entwickelt ist in der Schweiz der zweckmässige Turnunterricht,
das Kadettenwesen und der militärische Vorunterricht. In neuerer Zeit sind eine
ganze Anzahl von Walderholungsstätten und Waldschulen, zum Teil verbunden
mit Duschen, Sol- und Meersalzbädern entstanden. Viele gefährdete Kinder
werden auch auf dem Lande bei gesunden Familien in günstigen Wohnungsver-
hältnissen versorgt. Die Ferienversorgung der Schulkinder in Ferienkolonien,
Ferienheimen u. dergl. erstreckte sich im Jahre 1912 auf 10637 Kinder der
deutschen Schweiz. — Es bestehen sodann in der Schweiz, meist im Hochge-
birge, 10 Schulsanatorien uud in den Niederungen 4 Landerziehungsheime. —
Es folgt zum Schluss die Zusammenstellung und Beschreibung der zahlreichen
a) Heime für arme und wenig bemittelte Kinder.
b) Heime für bemittelte Kinder.
c) Kinderheilstätten und Sanatorien für kranke, arme, wenig bemittelte
und bemittelte Kinder.
d) Privatheilanstalten für bemittelte Kinder.
Über dasselbe Thema berichtet für die welsche Schweiz Dr. Alex.
Cramer-Genf:
„Les ®uvres antituberculeuses prophylactiques de la Suisse romande et
italienne.* —
Dr. H. Keller- Rheinfelden: Die Solbadbehandlung, ibre Erfolge bei der
Verbütung und Behandlung der Tuberkulose. — Die Solbadbehandiung erstreckt
sich in der Hauptsache auf Herderkrankungen tuberkulöser Natur in den
Drüsen, Knochen und Gelenken, im Peritoneum, Sexualapparat und in der Haut.
Bei 3181 Kindern beobachtete Keller (Kurdauer 28 Tage) eine mittlere Gewichts-
zunahme von 5,7%o des Anfangsgewichtes, und bei 241 untersuchten Kindern
eine mittlere Vermehrung des Hämoglobingehaltes von 11,6°/. — Von 3815
Fällen von geschlossener Tuberkulose wurden durch die Solbadkur in Rhein-
felden geheilt und gebessert 3761, nicht gebessert 54. —
Über die Tuberkulosefürsorgestellen der Schweiz berichten:
Dr. med. E. Bachmann, Zürich und Prof. Dr. P. Demigville, Lausanne.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 121
Die deutsche Schweiz besitzt 9 Volksheilstätten mit gegen 1000 Betten
die welsche Schweiz 4 Volksheilstätien mit zirka 320 Betten. Über ihre Ent-
stebLung, Lage, Erstellungs- und Betriebskosten, ihre Einrichtungen und Kurer-
folge usw. berichten für die deutsche Schweiz Dr. J. Käser und für die welsche
Schweiz Dr. R. Burnand. — |
O. Amrein beschreibt ganz kurz „Arosa als Höhenkurort für Tuberkulose-
behendlunx* und erwähnt das unter seiner Leitung stehende neu erbaute Sana-
torium Altein. —
Dr. Ed. Neumann - Schatzalp -Davos erstattet eingebend und objektiv
Bericht über „Davos und seine Privatsanatorien“. Die Arbeit ist versehen mit
zahlreichen guten Illustrationen aus alter und neuer Zeit. Alle Sanatorien sind -
in Wort und Bild wiedergegeben. Der Entstehung, Entwicklung und Geschichte
des Kurortes folgen inter-ssante klimat- logische Mitteilungen. — Die sanitäts-
polizeilichen Vorschriften (obligatorische Desinfektion usw.) der Landschalt Davos
werden im Wortlaut.wıedergegrben. Davos besitzt allgemein durchgeführte Spül-
kanalisation und Müllverbrennung, ferner eine Gemeinde-Wasserversorgung, ein
neues grosses, modern eingerichtetes Krankenhaus, ein Absonderungshaus und
allgeus in durchgeführte elektrische Beleuchtung. Die Zentialmulkerei ist ein
Musterinstitut. Die ihr zugeführte Milch stammt ausschliesslich von auf Tuber-
kulose uutersuchten Kühen. — Die Gemeinde besitzt ein modern eingerichtetes
Schlachthaus. —
Dr. Morin schildert die Kurorte (Leysin, Montana nnd Ambri-Piotta) und
Sanatorien der französischen und italienischen Schweiz. —
Die Heliotherapie und ihre Entwicklung in der deutschen
Schweiz von Dr. O. Bernhard-St. Moritz.
Schon im Jabre 1841 behandelte der damalige Davoser Landschaftsarzt
Dr. Rüede chirurgische Tuherkulose erfolgreich mit Sonnenbädern. Bernhard
begann im Jahre 1886 in seinem Krankentiaus in Samaden mit der Einführung
der Heliotherapie. Sein verdienstvolles Arbeiten anf diesem Gebiete ist bekannt.
Die Heliotherapie der chirurgischen Tuberkulose in der fran-
zösischen Schweiz von Dr. A. Rollier und Dr. Guye in Leysin.
Rollier’s Arbesten auf diesem Gebiete sind bekannt. —
Tuberkulose-Spitäler und Tuberkulose-Abteilungen in der
Schweiz von Dr. Howald-Burgdorf.
Im Genfer Kantonsspital sind 82 Betten ausschliesslich zur Aufnahme von
Tuberkulösen bestimmt. Tub»rkulösen Kındern sind im Kinderspital 8 Betten
und im Hôpital Gourgas 6 Betten reserviert. Das Kantonsspital in Lausanne
besitzt im „Pavillon Bourget“ ein modern eingerichtetes Sanatorıum (42 Betten)
für erwachsene Lungenkranke. Das Bürgerspital in Basel erbaut auf dem Lande
ein H.us für Lungenkranke. Das Kantonsspital in Zürich isoliert seine Lungen-
kranken seit 1834 zweckmässix in besonderen Baracken. Solothurn und Luzern
verfügen über besondere Tuberkuloseabteilungen mit Liegehalien. Dasselbe gilt
für Liestal, Olten, Münsterlingen (Thurgau), Schaffhausen, St. Gallen, Glarus und
Winterthur. Die Stadt Bern verfügt über 140 Betten für Tuberkulöse. Ausser-
dem bestehen im Kanton Bern auf dem Lande eine ganze Anzahl von Tuberku-
losepavillons in Verbindung mit Bezirksspitälern.
Major Dr. Lebet: Tuberkulose und Armee.
Prof. Jadassohn: Lupursbekämpfung in der Schweiz.
Tuberkuloseforschung in der Schweiz (Bibliographie der in der
Schweiz oder von Schweizern verfassten Schriften) von Prof. Dr. F. Egger in
Basel zusammengestelit für die deutsche Schweiz und von Dr. Tecon in Leysin
für die welsche Schweiz. —
Lucius Spengler, Davos.
122 Bücherbesprechungen und Zeitechriften.
12. A. Oswald, Zürich, Die Schilddrüse in ee und Pathologie.
Leipzig, Verlag von Veit u. Ko., 1916. Preis geh.
Keine erschöpfende Darstellung soll es sein, die O. in seiner von eingehender
Arbeit zeugenden Abhandlung gibt, mehr eine durch 17jährige Tätigkeit auf
diesem Gebiet gesicherte kritische Beurteilung unserer derzeitigen Vorstellungen
über die Hauptfr gen des Kapitels Sch Iddrüse.
In dem ersten. physi loxischen Teil nimmt die Schilderung des vom Verf.
als wirksames Sekret der Thyreoidea entdeckten Stoffes, des Jodthyreoglo-
bulins, in Art und Wirkung den breitesten Raum ein. Fand Baumaun 1895
im hochmolekularen Jodothyrin das wırksame Arens d-s Schilddrüsensekrets, so
kam O. auf Grund seiner Unter-uchungen zu dem Resultat, dass jenes gar nicht
als solches in der Drüse vorkomme, sondern „ein Zersetzungs- und teilweise
Umwandlung-produkt des eigentlichen Schilddrüsensekrets* sei und vielmehr ein
jeodha'tiges Globulin, das Jodthyıeoglubulin, der gesuchte Körper sei, der alle bis-
her der Schilddrüse zugeschriebenen phystolagischen Eigenschaften besässe. So
soll er u. a. in kleinsten Dosen das Myxödem (sporadischen Kretiniısmus) günstig
berinflussen bzw. heilen (tolsen 2 Fälle) und auch bei Kachexia thyreopriva im
stande sein, im Gegen-atz zum Jodo:hyrin, das ausser bei Myxödem des Menschen
auch bei strumipriver Kachexie nach nicht totaler Entfernung der Struma seine
Wirkung eutfaltet, die völlıg exstirpierte Thyreoidea beim Tier zu ersetzen, wo-
mit es die Schilddiüse „zum Prototyp einer innersekretorischen Drüse“ macht.
Aus mehreren angeführten Tierversuchen geht hervor, dass das Jodthyreoglobulın
die dem Jodothyrin abgesprochene Wirkung „uf die Errexzbarkeit des Vagıs und
Depressor einerseits und des Sympathiıkus (Vasokonstriktoren) andererseits im
Sınne einer Reizung hat. Voraussetzung hierbei ist jedoch, dass der Jodgehalt
ein bestimmtes Mass b: trägt, während andererseits das jodfreie Präparat sich als
unwirksam erweist. Andere aus der Schilddıü-e gewinnbare Sıoffe besitzen keine
dieser Eigenschaften, wie auch Jod, Jodverbindungen und selbst jodierte Eiweiss-
körper keinen Einfluss anf Herz- und Blutgefässserven, Verbreunungsjrozesse
und auf das Myxödem haben. Das wirksame ist eben die Konfigurwıon des
Moleküls. — Das Jod ist stets an das Tuyreoglobulin gebunden; es gibt keinen
anderen in der Schilddrüse vorg- bildeten jodhaltigen Körper als das Judthyreo-
globulin. Dieses und ein Nukleoproteid bilden das Kolloid.
Die Menze des aus einer mittelgrossen T'hyreoidea gewinnbaren Jodthy reo-
globulıns beträgt einge Gramm, sein Jodgehait beim Menschen 0,2"/ ım ge-
sunden Organ. Dieser ıst dem Kolloidreichtum umgekehrt praporliena! und wächst
int Zufuhr von Jod in der Nahrung bis auf 0,50%.
Wenig weiss man bisher über den Bindungsort des Jods im Molekül Jod-
thyreoglobulin. Verf. vermutet ihn am Stickstoff. Dem „Phosphor* in der
Schilddrüse, den Kocher in ein gewisses Verhältnis zum Jodgehalt gesetzt hat,
misst er nur sekundäre Bedeutung zu und betont, dass es sich dabei um orga-
nisch gebundene Phbos},horsäure handele, nicht etwa um ionisierten Phosphor.
Zu den oben erwäbnten Eigenschaften des Jodthyreoglobuliıns, die man füg-
lich als die der Schilddrüse bezeichnen kann, kommen noch die Beeinflussung
des Stoffumsatzes, des Organ- und Körperwachstums und der Psyche (gemeinsam
nit der Tuyınus). Die Anregung zur Sekretion erfolgt durch das Nervensystem
direkt, in dem die Ihyreoidea wie die anderen innersekretorischen Drüsen als
Einschaltorgan, Verstäikungrapparal, „Multiplikator“ fungiert ur d zwar besonders
für das vegetative Nervensystem. ©. geht nun, ohne viel Neues zu bringen, auf
das Kapitel Epithelkörperchen ein, um dann in den zweiten, pathologischen
Tel einzutreten.
Myxödem. Eine Reaktion des Körpers auf ein Zuweniz an Schilddrüse,
sei es durch Fehlen, sei es dureh Insuffizienz dieser. Thyreoidalmedikation hilft,
sulange sie stattfindet. Nur bei Thyreoaplasie dürfte eine Korrelationsstörung
anderer Drüsen (vielleicht der Thymus) die Ursache ihres Versagens bilden. Die
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 123
myxödemstösen Hautveränderungen bedürfen noch der Erforschung. — Eine recht
häufige Erkranknng ist der (benigne) Hypethyreoidismus — die mildeste
Form des Myxödems — namentlich in der Kinderpraxis, der prompt auf Thyreo-
idalbebandlung reagiert. Umgekehrt darf man aber bei gutem Erfolg viner
solchea — ja die Zellprozerse fürdernden — Tuerapie nicht für alle möglichen
Krankbeitserscheinungen eine Hypothyreose verantwortlich machen. — Eine
Hypofunktion der Epithelkörperchen äussert sich bekanntermassen in Tetanie.
Der Hyperthyreoidismus scheint sich nach den bisherigen Forschungs-
ergebnissen stets mit einer Vergrösserung des Organs zu vergesellschaften,
Superfunktion ohne diese ins Reich der Hypothese zu gehören. In seinen milden
Formen bei Pubertät und Gravidität dürfte er auch schon etwas Patholo: isches
darstellen, in der. ausgespruochenen Form verdankt er sein Dasein dem über-
mässigen Gebrauch von Schilddrüsenpräparaten und Jıd. Letzteres kann den
Organismus viel eher schädigen als eine unrichtige Schilddrüsemedikation, selbst
in kleinsten Dosen. Im wesentlichen wird duch das Jod die Sekıetbildung und
-ausscheidung angeregt. Allerdings ist dazu eine gewisse Disposition — Verf.
sucht sie im geschädigten Nervensystem — notwendig.
Einen breiteren Raum nimmt die Besprechung des Morbus Basedowii
ein, des Gezenstücks zum Myxöden sowohl in symptomatischer wie in ätiolo-
gischer Beziehung nuch Möbius. In leızterer stellt nun Verf. eine eigene Theorie
auf: Vielfach beobachte man ein zeitlich früheres Auftreten der Ba- (besonders
Herz-) symptome als das der Struma oder eine der Stärke der Symptome nicht
entsprechende Kleinheit derselben. Es bleibe in diesem Falle nur der Einwand
des Bestehens einer rein funktionellen Struma. Ein Dysthyreoidismus im Simne
Möbius’ sei nicht anzunehmen, wie die meisten hierüber angestellten Versuche
ergeben hätten. Die Hyperttyreose endlich könne nur in den Fü:len zum Base-
dow führen, in welchen sie einen durch ein lädi rtes Nervensystem dafür prä-
formierten Boden finde, und mehr noch beim sekundären Basedow, wo sie
durch ihıe lange Dauer das Nervensystem in einen Reizzustand versetze. Dieser
betieffe vorwiegend das sympathische Gebiet. Widersprüche gegen diese alte
Sympathbıkustheorie weiss Verf. glaubhaft zu beseitigen, indem er zur schwierigen
Erklärung der Augenliderphänomene das autonome Nervensystem (Vagus, Ukulo-
motors usw.) mitheranzieht. Ja, auch hinsichtlich der Strumabildung kommt er
über den N, laryngeus und Vagus zu einem Reizzustand des autonomen Nerven-
systems und stellt sie dadurch als sekundäre Erscheinung hin. Die übrigen
Basedowsymptome reiht er dann widerspruchslos in sein Schema ein. Er
nimmt eine Tonuserhöhung in beiden Nervensystemen an, deren „Legensätzlich-
keit sich nicht ala durchgehend“ erwiesen habe. Die Schilddrüse wirke im Sinne
eines Circulus vitiosus, indem sie das gereizte Nervensystem ihreiseits durch
Sekretüberschwemmunz reize und von ihm neue Reize empfange, bis durch
chirurgische Behandlung der „Multiplikator* ausgeschaltet werde und damit auch
das geschädigte Nervensystem zur Ruhe komme. Statt der alten thiyreogenen
Theorie stellt O. also einen ‚primären neurotischen keizzustand* als
Ursache des Basedow auf. Brim sekundären Basedow (Kropfherz) verdiene die
chronische Hyperthyreose eine grössere genetische Würdizung. — Eiger artiz ist
die in &0°% aller und 100" der schweren Baseldowfälle beabachtete Thymus-
persistenz, deren Beziehungen zur Schiltdiüse noch nieht geklärt siud, die aher
als aggravierendes Moment hier zu gelten hat. Trotz seiner niederen ursàch-
lichen Bewertung der Ühyresidea beim Morbus Basedowii hält Verf. doch die
chirurgische Behandlung in sehr vielen Fallen für indiziert, will aber auch die
inneren Massnahmen „bicht ganz zur Seite“ gesteht haren.
Es folgt die Be-prechung des Kropfes. Die Struma ist eine in Funktions-
hypertrophie befindliche Schuldirü-se. Welches ist nun aber ihre Ursache” Kropf:
wasser, Kropfbrunnen haben bis in die neueste Zeit ihre Geltung gehabt, wenn
auch einz-Ine Stimmen sich dagegen erhoben. Man machte auch gewisse Boden-
formationen für eine strumigene Wirkung besonders verantwortlich, Drese
124 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
Theorie hat sich aber nicht balfen können, Durch „exquisite Kropffamilien“ in
Kropfzentren, in denen alle Bewohner das gleiche Trinkwasser genossen, wurde
man darauf geführt, dass das kropferzeugende Agens im Milieu, in der Woh-
nungrgemeinschaft zu suchen ist und „der persönliche Verkehr das Hnuptmoment
für die Übertragung des Kropfes abgibt“ (Infektion durch Kontakt?). Begünstigt
wird die Ausbreitung durch mangelhafte Hygiene in vom Verkehr abgeschlossenen
Dörfern, Orten mit dunklen, schattigen Wohnungen und einer an alten Sitten
und Gebräuchen zäh haftenden Bevölkerung. Auf den Einwand, weshalb denn
die hygienisch viel besser gestellten Städte eine so hohe Kropfzabl aufweisen,
gibt O. nur die Antwort: es sei schwer „einem Kontagium beizukommen, das
man noch nicht kennt, und von dem man noch nicht weiss, wo es zu suchen
- ist“. Von Bedeutung ist es, dass Kretine anscheinend das Virus beherbergen.
Wo und wie dies aber angreift, ist noch nicht bekannt. Ebenso ignorieren wir
die Bedingungen, die einmal zu einer mehr hyperplastischen, ein andermal zu
einer Kolloidstruma führen. Auch beim Kropf können thyreotoxische Symptome
auftreten.
Eng verbunden mit der Struma ist der endemische Kretinismus.
Seine Ähnlichkeit mit dem kindlichen Myxödem führte zu der am weitexten ver-
breiteten Ansicht, es handle sich im wesentlichen hierbei um eine Hypotbyreose.
Die unvollständige Übereinstimmung der Leiden hat aber zur Anfechtung der
Theorie geführt. So steht dem propoitionieıten Zwergwuchs beim Myxöden ein
disproportionierter beim Kretinismus gegenüber, hier sind die Hautveränderungen
weniger konstant und mehr welk als geschwollen, desgle'chen die psychischen
Alterationen, die ganz fehlen können. Dafür treten des öfteren Gehörstörungen
auf, Taubstummbheit, die das Myxödem wieder nicht aufweist. Ist hier aber
das Fehlen der Schilddrüse etwas Typisches, so findet mun sie dort sogar oft
hypertrophisch. — Die Auffassung. dıe Insuffizienz der mütterlichen Schilddrüse
könne beim Fötus Kretinismus auslösen, weist Verf. durch den Einwand zurück,
dieser trete ja erst in den eısten Lebensjahren auf und sei kein kongenitales
Leiden. Tierversuche in dieser Richtung verliefen gleichfalls ergebnıslos —
Thyreoidalmedikation weist auch beim endemischen Kretinismus Erfolge auf,
freilich kommt es sehr darauf an, ob nicht eine andere der innersekreturischen
Drüsen in Mitleidenschaft gezogen ist. In diesen Fällen erweist sie sich oft als
unwirksam. Immerhin kann man an einer Erklärung des endemischen Kretinis-
mus als Hypothyreose festhalten, ohne seine vulls Identität mit künstlichem
Hypo- oder Athyrevidismus zu verlangen, da die erwähnten Unterschiede nicht
„80 prinzipieller Natur“ sind, als dass sie dies ausschlössen. Die besten Erfolge
auf Schilddrüsenmedikation zeigten Kretinen, die eine verkleinerte Tuyroidea auf-
wiesen, während solche mit Kropf sie kaum oder gar nicht darboten.
Was nun die Genese und Ursache des Kretinismus anbelangt, so werfen
die Untersuchungen Kutschera’s ein eigenartiges Licht darauf. Wie beim
Kropf ist auch hier die Wohnungsgemeinschaft verantwortlich zu machen, doch
handelt es sich diesmal nicht um die Örtlichkeit, das Haus an sich, sondern um
die Berührung mit Kretinen. Kinder einer kretinischen Mutter bleiben gesund,
wenn sie in ein nicht von Kretinen bewohntes Haus gebracht werden, verfallen
aber dem Kretinismus, wenn sie bei der Mutter belassen werden. Es hat viel
für sich, hierbei an eine Infektionskrankheit zu denken und Kropf und Kretinis-
mus als Symptome des gleichen Leidens mit nur graduellen Unterschieden an-
zusehen.
Zum Schluss weist Verf. auf den Schaden hin, den die Kretinenkrankheit
für ein Volk bedeute. Arbeitsfähigkeit, Militärtauglichkeit und geistige Fähig-
keiten würden durch sie vermindert. — Zu bedauern ist nur, dass, wenngleich
O. auf Vollständigkeit keinen Anspruch macht, in dem 88 Seiten starken, etwas
mangelhaft broscbierten Büchlein, dio immer weiter: s Interesse findenden Fragen
der Schilddrüsentuberkulose und des Verhaltens der Schilddrüse bei Lungentuber-
kulose keine Besprechung erfahren. Fr. W. Massur, Stettin.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 125
15. H, Stursberg-Bonn. Technik der wichtigsten Eingriffe in der Be-
handlung innerer Krankheiten. Ein Leitfaden für Studierende und Ärzte
mit 45 Abbildungen im Text. Bonn 1917. A. Marcus und E. Webers Verlag.
Preis geh. M. 5,40, geb. M. 6,40.
Das kleine Buch behandelt die Technik der Punktionen und Injektionen,
Drainage, der Sondenuntersuchung und Therapie der Speiseröhre und des Magens,
den Katheterismus und die einfachen örtlichen Behandlungsmetboden der Harnblase.
Es sind stets nur wenige einfache Verfahren angegeben. Die Darstellung ist
klar, die Textfiguren grösstenteils anschaulich. Rosenow.
l4. Kreuser, Krankheit und Charakter. Verlag Strecker und Schroeder.
Stuttgart 1916.
Nach einer kurzen Darlegung der Zusammenhänge von leiblichen und
seelischeom Werdegang schildert der Verfasser den Einfluss von Krankheiten auf
die sittliche Persönlichkeit, „Gestörte Lebensvorgänge lösen stets veränderte
Empfindungen aus.“ Sie beemflussen das Seelenleben und die Eigenart des
Menschen meistens in ungünstigem Sione. Aus der Geschichte ist dıe entsitt-
lichende Wirkung der Volksseuchen auf die gesamte Bevölkerung bekannt
(Schwarzer Tod im 14. Jahrhundert). Eine gewisse „sittliche Schwäche in der
Erbolungszeit“ zeigt sich vielfach auch bei Einzelindividuen nach der Überwindung
überıragbarer Krankheiten, z. B. des Typhus. Die fortschreitende Beeinträchtigung
des Aligemeinbefindens ist bei den chronischen Infektiunskrankheiten, vor allem
bei der Lungentuberkulose die Ursache der psychischen Veränderungen, deren
Grad je nach der Eigenart des Erkrankten verschieden ist. Abnahme der Leistungs-
fähigkeit, Gleichgültigkeit, Mangel an Verantwortlichkeitszefühl, Verdrossenheit
sind in vielen Fällen mehr und mehr hervortretende Charaktereigenschaften des
Tuberkulösen. Verf. hält für möglich, dass bei chronischen Lungenerkraukungen
durch den ungenügenden Gasaustausch eine Rückstauung von Kohlensäure im
Blut und auf Gıund davon eine Ab-tumpfung des Nervensystems erfolgt. Das
verzweifelte Angstgefühl des Asthmaanfalles brıngt leicht auch in der anfalls-
freien Zeit eine stärkere Betonung des Selbsterhaltungstriebes mit sich und macht
den Kranken ungerecht gegen andere und schwach gegen sich selbst.
Verf, bebandelt dann nacheinander den Einfluss der Bauchkrankheiten, der
Stoffwechselkrankheiten, der Vergiftungen — unter ihneu auch den gewohnheits-
mässigen Gebrauch des Morphiums — sowie der Geschlechtskrankheiten und
sonstiger Störungen des Geschlechtslebens auf Gemütsleben und Charakterbildung
des Menscheu. Missstaitungen und Gebrechen, Kraukheiten der Sinnesorgane
and der Haut, chirurgische Erkrankungen und Unfallfolzen werden ebenfalls kurz
behandelt. Ausführliches berichtet der Verf. über Nerven- und Geisteskrank-
heiten. Ein näheres Eingehen auf die Ausführungen über die einzelnen Krank-
heitsgruppen würde hier zu weit führen. Am Schlusse bringt der Verf. noch
ein Kapitel] über Abwehr und Abhilfe der infolge des Einflusses von Krankheiten
zu befürchtenden Charakterschäden. Leunenschloss, Frauenhain.
15. Statistik der Heilbehandlung bei den Versicherungsanstalten und
Sonderanstalten der Invalidenversicherung für das Jahr 1915. Bear-
beitet im Reichsversicherungsamt. Amtliche Nachrichten des Reichsver-
sicherungsamts 1916. 1. Beiheft.
Im Berichtsjahr war naturzemäss die Zabi der an Lungen- und Kehlkopf-
tuberkulose behandelten Versicherten weit geringer wie in den Vorjahren. Die
Kosten der Heilbehandlung waren dementsprechend ebenfalls geringer. Die Durch-
schnitt-kosten für den Verpfl«gungstag haben sich seit 1897 in regelmässiger
Weise gesteigert, so dass der Anstieg von 1913 auf 1914 auf 1915 nicht über
Gebühr ist. Gemäss 8 1274 der R. V. O. wurden mit Genehmigung der Aufsichts-
behörde wiederum reichlich Mittel zur Verhütung vorzeitiger Invalidität und zur
Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse der Versicherten aufgewendet. Sie
126 Kongress- und Vereinsberichte.
dienten für die Gemeindekrankenpflege, zur Errichtung von Heilstätten, zur Er-
richtung und zum Unterhalte von Walderholungsstätten, von Auskunfts- und
Fürsorgestellen für Lungenkranke, zur Entseuchung von Wohnungen und für
andere Zwicke. Für Kriegswohlfahrtszwecke, die nicht zum geringsten Teile
lungenkrank«n Personen zugute kamen, wurden ebenfalls gemäss $ 1274 R.V.O,
erhebliche Summen ausg-geben. Das Netz der Vorstationen zur Fernhaltung
unzeeigneter Personen (nicht tuberkulöse, zu weit vorgeschrittene) von den Heil-
stätten wurde weiter auszebaut, Durchgangsstationen sorgten für ein geeignetes
Unterkommen während der Wartezeit. Tuberkulöse und g.fährdete Kınder, die
Waısen- oder Rentenempfanger sind, konnten in grüsserem U’mfange Heilstütten
oder Erholungsheimen überwiesen werden.
Die Heilerfolge waren gut. 87°;o der Männer und 91°/o der Frauen wurden
nach abgeschlossener Heilbehandlung gemäss $ 1255 R. V.O. als erwerbsfähig
entlassen. Hans Müller.
16. Der praktische Desinfektor. Organ des Deutschen Desinjektoienbundes,
Verlag E. Deleiter. Dresden. Abonnementapreis M. 3 jührlieh.
Die Zeitschrift, von der uns Nr. 1 des neuen Jahrganges vorliegt, hat gewiss
auch Bedeutung für die Tuberkuloseprophylaxe, da sie zur umfassenderen Bildung
unserer Desinfektoren beiträgt.
Sie wird ihren Stuff durch allgemein-verständliche Abhandlungen aus dem
Gebiete der Sterilisation und Laboratoriumsforschung bereichern. Schröder.
17. F. Köhler, Die Tuberknloseforschung in den Krirgsjahren. Ergebnisse
der Tuberkuloseforschung. 1917. II. 4. Bepetitorien-Verlag Leipzig.
Im 4. Ileft seiner „Ergebnisse der Tuberknloseforschung“ bringt K. Referate
über die wichtigsten pathulogisch-anatomischen und Hhysikalischen: Arbeiten des
Jahres 1914 aus dem Gebiet der Tuberkulose. Die Referate sınd übersichtlich
nach den einzelnen Organen geordnet. Berlin, Schömberg.
H. Kongress- und Vereinsberichte.
3. Sitzungen des Hamburger ärztlichen Vereins vom 28. XL. 1916
und 28. II. 1917.
(Ref. Rumpf, Altona.)
In der ersten Sitzung stellt Herr Wichmann
l. eine Kranke vor, bei der es nach einer bazillären Lungentuberkuluse zu
einem aufsteizenden Kehlkopfprozess gekomn.ien war, der vor Jahren die Tracheo-
tomie nötig machte. Von der Tracheotumi-wunde aus wurde die Haut infiziert
in Form eines Lupus serpiginosus. Diese Hautaffektion heilte teıla spontan,
teils durch Strahlentherapie und gleichzeitig heilte die Lungen- und Kehlkopt-
tuberkulose vollkommen aus. Der Fall ist bemerkenswert, weil er die Anti-
körperwirkung der Haut auf die Bazilleninvasion illustriert. Die
Bedeutung dieses Vorganges ist praktisch von grösster Wichtigkeit: die Ponndor'ft-
sche Behundlung basiert auf ihr, ist aber noch viel zu weg allgemein bekannt.
2. Exantheme der Tuberkulose.
2) Ein 9jähriges Mädchen mit disseminiertem fleckenförmigen mit zentralen
narbigen Depressionen einhergehenden Ausschlag im Gesicht und an den Ex-
tremiıtäten,
b) Eine 35 jährige Patientin mit symmetrisch unterhalb der Augen und in
der Schlüfengegend angeordneten hlauroten, pastösen Herden von Linsen- bis
Markstückgrösse (Angiolupoid).
‚Kongress- und Vereinsberichte. | 127
c) Einen Il jährigen Knaben mit auf beiden Händen symmetrisch entwickelten,
serpiginösen, aus Papeln zusammengesetzten Herden. Der Fall wurde als Granu-
loma annulare von Dr. Brinitzer diagnostiziert.
In allen 3 Fällen a), b), c) bestand hereditäre Belastung mit Tuberkulose;
die lokale Tuberkulinreaktion erwies sich als stark positiv; sıe wurde in Form
der vergleichenden Intrakutanreaktion in Normalhaut und Krankheitsherd aus-
geführt. Autor hat diese Methode seit 1 Jahr in der Weise ausgrarbeitet, dass
er bei Kindern für jede Injektion ł/⁄100 bis !/ıooo mg, bei Erwachsenen ?/io bis
tio mg Alttuberkulin in je 0,1 ccm Flüssigkeit einspritzt. Zum Vergleich wird
ferner physiologische Kuchsalzlösung in gleicher Flüssigkeitsmenge in Normal-
haut und Kranklıeitsherd eingespritzt.
-Zur Diagnose der Tuberkulide ist diese Methode un so wertvoller, als es
ja nur hörh»t selten gelingt, die Bazillen nachzuweisen. Bei Anwendung der
gubkutanen Reaktion würden grosse Dosen nötig sein, um die 'Tuherkulide zur
Reaktion zu bringen. Dirse Methode ist daher (besonders bei Kindern!) gefähr-
lich und besser nicht anzuwenden. Die kutauen Reaktionen ergeben ein unzu-
verlässiges Resultat, da sie nicht quantitativ verwertbar sind.
Histologisch zeigt nur der Fall a einen deutlich tubeskuloiden Bau mit Er-
weichbungsherden. Im Falle b und c ist dieser Bau nur angedeutet.
In der zweiten Sitzung stellt Herr P. Wichmann ein 14 jähr. Mädchen
vor, das seit dem 2. Lebensjahr einen vorgeschrittenen Gesichtslupus aufwies.
Das untere Drittel der Nase, die Oberlippe waren zerfre-sen: beiderseits bestanden
Hornhautgeschwüre, sowie eine starke Eutzündung der Lider. Infolge der be-
stehenden Lichtscheu war Sehen fast unmöglich, so dass das Mädchen auf Führung
angewiesen war. Das Kınd ist lediglich mit Tuberku.inimpfung nach Ponndorf
behandelt worden, welche im Verlauf von 5 Monaten 4 mal durchgeführt wurde
und Zeigt jetzt eine ideale Abheilung bis auf relativ geringe Lupus-
reste; Äusserlich hat keine Behandlung stattzefunden, Histologisch
sieht man, wie ein neugebildetes Jymphozytenreiches Granulationsgewebe gegen
die tuberkulösen Herde vord:ingt.
Im ganzen wurden 55 Kranke mit Haut-, Schleimbaut- und Knochentuber-
kulose der Behandlung nach Ponndorf unterzogen; in Y Fällen fand eine deut-
liche glinstige Beeinflussung der Tuberkulose statt. Eine derartige erfolgreiche
Einwirkung wie in dem oben dargelegten Falle hat Autor auf Grund seiner Er-
fahrungen bei anderen Tuberkulinmethoden nicht feststellen können, auch muss
betont werden, dass diese Methode ungefährlich ist. Wenn im Vergleich zu den
von Ponndorf veröffentlichten Ergebnissen die Anzahl der günstigen Erfahrungen
procentualiter geringer ist, so kann dies nicht nur in dem verschi-denartigen
Material bedingt sein, sondern liegt in dem einer jeden Tuberkulinmethode eigenen
Fehler begründet, dass nicht immer ein Tuberkurin verwandt wird, auf welches
die Rez: ptoren der Tluberkulose-Antikörper des betr. Patienten passen.
Autor verwendet daher seit Monaten zur B-handlung einen Extrakt, der
aus den Lymphdrüsen des betr Patienten selbst hergestellt ist. (Aktive und
passive Immuni-ierung durch „Eigen Extraktbehandlung“). Demonstriert
wird ein 24jühriger junger Mann, der einen Lupus der Nase aufwies und nun
durch Verabfolgung ein-s aus seiner exstirpierten submeutalen Lymphdrüse ge-
wonnenen Extraktes geheilt ist.
4. Mitteilungen der Gesellschaft für innere Medizin und Kinder-
heilkunde, Wien 1917, Nr. 1.
(Ref. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.)
G. Nobl: Seltenere Formen der Hauttuberkulose und Ent-
wicklungshemmungen der Haut.
Vortr. ist der Meinung, dass die allzemeiue Decke den Zusammenhang mit
dem Gesamtorganısmus noch Dicht gänzlich einzebüsst hat, was die Demon-
stration von Hauıkranken in der Gesellschaft für innuere Medizin rechtfertigt.
125 Kongress- und Vereinsberichte.
Demonstration von Akrodermatitis atrophicans = fortschreitender
Hautschwund. Ergriffen ist die Haut der Beine bis zur Darmbeinhöhe. Livides
Aussehen, papierdünne Beschaffenheit und Transparenz der Haut; das Durch-
schimmern der Venen ist auf Rarefizierung der Kutis zu beziehen. Die dem
schleichenden Entzündungsprozess eigene Beeinträchtigung des elastischen Ge-
webes wird von manchen Autoren auf dio Einwirkung des tuberkulösen Virus
bezogen; bewiesen jst diese These nicht.
Weiters Demonstration von 2 Fällen von Erythema induratum Bazin
(Tuberculosis indurativa.) Im Fettgewebe sitzende Granulome, welche von throm-
botischen Venen höherer Ordnung den Ausgang nehmen. Die Knoten zeigen z. T.
typisch tuberkulösen Bau, z. T. die Sıruktur einfacher entzündlicher Bildungen.
Bazillennachweis und Tierimpfung gelingen selten; dagegen häufig Einbergehen
mit anderen einwandfreien tuberkulösen Läsionen (Lupus, Serophuloderma, papulo-
nekrotisches ‘uberkulid, etc.). Über die spezifische Natur des Leidens kann honte
kein Zweifel besteben, doch gibt es ganz ähnliche Krankheitsbilder, die mit der
Tuberkulose nichts zu tun haben.
Nicht ganz sicher in der Zugehörigkeit zur Tuberkulose ist die Frkrankung
eines weiteren demonstrierten Falles von Sarkoid-Boeck oder benignem
Miliarlupoid. Mehrere bis haselnussgrosse, glatte, glänzende, bläulich schim-
mernde derbe Knoten. Ähnliche Einlagerungen gingen vor 1 Jahr auf Arsen
restlos zurück. Seit mehreren Monaten Nachschübe. Boeck hält an der tuber-
kulösen Natur des Leidens fest.
5. Wissenschaftlicher Verein der Ärzte zu Stettin. Sitzung vom
7. XI. 1916. Nach Berl. Klin. Wochenschr. 1917, Nr. 9. en)
(Ref. Berlin, Schömberg)
Mühlmann berichtet über die ausgezeichneten Erfolge der Röntgen-
bestrahlung bei einem Fall von Tuberkulose des linken Kniegelenkes und des
If. Metakaıpus der linken Hand eines 16jährigen Knaben.
H. O. Meyer: Zur Pathologie der Tuberkulose.
Die Hauptinfektionspforte sind die Lungen. Daneben kommen im Kindes-
alter die oberen Luftwege und der Darm in geringstem Masse in Betracht. Die
Ansiedelung der Bazillen findet in der Lunge direkt durch Aspiration statt. Die
primären Herde entstehen dann auf hämatogenem Wege. Im Blute sind Tuberkel-
bazillen nur bei fortschreitender Tuberkulose nachweisbar. Der sicherste Nach-
weis geschieht durch Meerschweinchenimpfung. Für das Vorhanden:-ein einer
erworbenen relativeu Immunität und ihren Einfluss auf den Verlauf der chroni-
schen Tuberkulose sprechen die Ergebnisse der Pirquet’schen Rraktion bei
Kindern, sowie der verschiedene Verlauf der Tuberkulose bei Erwachsenen und
Kindern, bei Kultur- und Naturvölkern. Die Lehre von der endogenen Reinfektion
muss als widerlegt gelten. Ebenso unhaltbar ist die Freund-Hart’sche Lehre
für die Erklärung der Disposition der Lungenspitzen, wie die neuen Untersuchungen
von Schultze und Ulrici zeigen. Beachtung verdienen dagegen die Lehren
Tendeloos zur Erklärung der primären Lokalisation und weiteren Ausbreitung
der Tuberkulose. Nicols Ansicht von der intraalveolären und intrabronchialen
Ausbreitung der Tuberkulose bedarf noch der Nachprüfung.
In der Diskussion spricht Neisser über die Wiederheim sche Theorie
und die Bacwmeister’schen Tierversuche. Hierzu bemerkt H. O. Meyer, dass auch
der Wiederheim’schen Theorie für die Erklärung der Spitzendisposition keine Be-
deutung zukäme, Die Bacmeister’schen Tierversuche sind zu grob, um ohne
weiteres auf die Verhältnisse bei der Eintstehung der menschlichen Spitzentuberkulose
übertragen zu werden,
Um Einsendung von Monographien. und Büchern an modei Redakteur Dr. G. Schröder:
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O0.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten,
- AR > _ zn 200 on on
„
I::1 L
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
-Dr. Ludolph Brauer
Dr. Oskar de la Camp
Dr. G. Schröder
Ärztlicher Direktor des Allgem. 0. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
Krankenhauses Eppendorf in
Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. | Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion: Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg.
Ludwigstrasse 231/,.
nn EET EREE
11. Jahrg.
Ausgegeben am 81. Mai 1917. Nr, 5.
ąÄ—
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.)
Altstaedt 142, Fürbrinzer 136.
Aly. H. 142. Gáli, G. 139.
Assmann 150. Geszti, J. 134.
Banks, G. 8. 149. Goldstein, I.. 136.
Beschorner 156. Grau, H. 153.
Bochalli 146. Giray, E. A 13.
Brousgaard, F. 144. Grossberker 137.
Cemach, A. J. 154. Harbitz, F. 132.
Daus 145. Heymann 146
Davidsohn, C. 135, Holmbae 140.
Deycko 142, Horan, M. J. 143.
Dieterle, R. R. 133. lglauer, 8. 143.
Dowd, Ch. M. 132. Mel, B. 141.
Entenener, A. 143. Joues. W. R. 135.
Freund 145. Kollarits, J. 149.
Koväts, F. 138.
. Litzner 146.
Sahlgren, E. 130,
Salzmann 144.
Schmidt 144.
Schwaer 145.
Seiler, H. 157.
Sulek, R. 141.
Krauss 136, 145.
Leschke, E. 139.
Miven, J. 146.
Morton, J. J. 138.
: Much, H. 151. : Thiem 135.
Müller, O. 147.
Nicoll, A 113.
Olivier, Ch. 142.
Vogel, K. 135.
Warnekros, K. 141.
Weirker, H. 157.
Orth 135, Wilde, A. 178.
. Prest, E. E. 150. ‚ Wilmans 139,
Ranke 130. ' Wilms 143.
Roecpke 139. Wilson, U. F. 133.
I. Beferate.
(Die Zahlen bezielien sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allzemeine Pathologie und pathol. Anatomie,
23. Ranke, Primäre, sekundüre und ter-
tiäre Tuberkulose des Menschen. — 237. Har-
bitz, Die Tuberkulose der Lymphdrüsen und
ihr Zusammenhang mit der Lungentuberkulose.
238, Dowd, Tuberculosis of the cervical lym-
phatics. — 239, Dieterl e, Tuberele bacilli in
heart clots in miliary tuberculosis. — 240. Wil-
son, Bacillemia in taberculosis. — 241. Gra y,
Thrombophlebitis in the tuberenlous. — 242.
Geszti, Symptomatologio der Veränderungen
an der oberen Brustapertur. — 243. David-
sohn, Lungentuberkelfärbung mit Kresylvio-
lett. — Jones, The Wassermann reaction in
251 tuberculous cases.
b) Ätiologie und Yerbreitung.
245. Orth, Trauma und Tuberkulose, —
246. Vogel, Trauma und Gelenktuberkulose. —
247. Krauss, Entstehung oder Verschlimme-
Füng einer tuberkulösen Erkrankung der Wirbel-
säule durch Unfall. — 243. Goldstein, Tuber-
kulöse Erkrankung und Tod — Unfallfolge? —
249. Thiem, Aufflackern alter Tuberkulose-
1
|
herde infolge schweren Eiterfiebers. — 230.
Fürbringer, Zur Frage der traumatischen
Nierentuberkulose. — 25l. Grossberger,
Otiene Luugentuberkulose infolge langdauernder
Eiterungen vom Thorax entfernt liewender
Körperteile. — 252. Wilde, Lungentuberku-
lose als Folge eines über dreiviertel Jahre
zurückliegenden Unfalls anerkannt. — 233,
Kovats, Die Verbreitung der Tuberkulose
bein Volke.
c) Diagnose und Prognose.
254. Morton, A rapid method for the
diagnosis of renal tuberculosis by the use of
the X-rayed guinea pig. -- 255. Sahlgren,
Okkulte Blutungen bei Darmtuberkulose. —
238. Gäli, Die klinische und prognostische
Bedoutung der Much-Formen der Tuberkel-
bazillen. — 257. Wilmans, Lungentuberku-
lose oder Lungensyphilis ?
d) Therapie.
258. Roepke, Tuberkulosetherapeutische
Zeit- und Streitfragen, — 259, Sulek, Tubor-
Internat. Centralbl. f, Tuberkulose-Forschung. 11. | 9
130 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
kulose und Schwangerschaft. — 260. Illel, Jahr 1915. — 275. Daus, Die Militärlungen-
Lungentuberkulose bei gleichzeitiger Schwan- | heilstätte Juditten (Ostpr.). — 276. Mjoen,
gerschaft. — 261. Warnekros, Ausschaltung | Jahresbericht des neuen Sanatorium Grefaen
der Genitalfunktion und ihr Einfluss auf die (Norwegen) für das Jahr 1915. — 277. Holm-
Lungentuberkulose der Frau. — 262. Olivier, boe, Rekonvaleszenten aus den Tuberkulose-
Tuberculose pulmonaire et stérilisation. — 263. sanatorien. — 278.Heymann, Walderholungs-
Aly, Sperifische Therapie und Diagnostik der | stätte ohne Verpflegung. — 279. Bochalli,
Tuberkulose in Geburtshilfe und Gynäkologie. | Bericht über das Kaiserin Auguste Viktoria-
— 264. Deyceke und Altstaedt, Tuberku- | Sanatorium für Jungenkranke Frauen des Mittel-
losebehandlung mit Partialantigenen. — 265. standes für die Zeit vom 1. Juli 1913 bis 31.
Wilms, Halsdrüsentuberkulose und Lazarett- Dezember 1914. — 280. Litzner, Wer gehört
behandlung. — 266. Nicoll und Horan, Cli- in die Lungenheilstätte?
nical notes from the first surgical division of
Sea View Hospital. — 267. Iglauer, A plea g) Tuberkulose und Krieg.
for the electro-cautery in the treatment of | Sl. Müller. Konstitution und Kriegs-
laryngoal tuberculosis | dienst. — 282. Derselbe, Tuberkulose und
$ ‚ Kriegsdienst. — 283, Kollarits, Krieg und
6) Klinische Fane: | Tuberkulose. — 284. Leschke, Weitere Er-
268. Bruusgaard, Ulcera tuberkulosa fahrungeu über die Tuberkulose im Kriege. —
am Dorsum Penis. Lymphstrang-Taberkulose. — : 283, Banks, Tuberculous cases on active ser-
29. Salzmann, Eigentümliche Verletzung vice. — 286, Prest, Tuberculosis and the war.
durch ein Artilleriegeschoss, dadurch primäre In 287. Assmann, Die militärärztliche Unter-
Darmtuberkulose. — 270. Schmidt, Zwerch- | suchung und Beurteilung Tuberkulöser im
fellschussverletzungen. — 271, Entenener, | Kriege. — 288. Much, Tuberkulose. — 289.
Über Gasempyeme. — 212. Krauss, Ver- . Grau, Kriegstrauma und Lungentuberkulase. —
schlimmerung einer fungösen Erkrankung des 290. Derselbe, Die Tuberkulosegefahr des
Kniegelenks durch einen Unfall.— 273. Freund ; Krieges. — 291. Cemach, Die Unterbringung
und Schwaer, Zwerchfellbernie und Pyo- tuberkulöser Soldaten im vorgeschrittenen
pneumothorax nach Lungenschuss, Stadium. — 292. Bekämpfung der Tuberkulose,
“ Errichtung von Fürsorgestellen. — 293. Be-
schorner, Beitrag zur Ernährungsfrage der
Tuberkulösen im Kriege. — 294. Weicker
Beschäftigung und Beaufsichtigung der Jungen-
kranken Mannschaften in der Lungenheilstätte.
f) Heilstättenwesen, Fürnorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhiüuser.
274. Jabresbericht für den Norwegischen
Nationalverein gegen die Tuberkulose für das
lI. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
18. H. Seiler, Die Tuberkulose nach der Nachrichten. Siebenter Jahrgang. 1915/1916.
Todesursachen-, Erkrankungs- und Versiche- 2. Heft. — %. Anti-Tuberculosis Bnlletin.
rungsstatistik und ihre Bedeutung für die | Published by the Philippine Islands Anti-
Volkswirtschaft, insbesondere für das Ver- | Tuberculosis Society, Manila.
sicherungswesen. — 19. Medizinalstatistische
nn nn
I. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
236. Ranke, Primäre, sekundäre und tertiäre Tuberkulose des
Menschen. M. m. W. 1917 8. 305—508.
R. setzt in seinem Vortrage — (gehalten im ärztlichen Verein Mün-
chen) — seine bekannten Studien über die primäre, sekundäre und tertiäre
Tuberkulose des Menschen in sehr lesenswerter \Veise auseinander:
Sobald eine Erkrankung anatomisch kenntlich ist, handelt es sich
immer schon um eine in sich geschlossene Gruppe von Veränderungen,
die R. als den primären Komplex bezeichnet. Dieser primäre Komplex
(primäres Stadium der Tuberkulose) setzt sich zusammen aus einem Pri-
märaffekt an der Infektionsstelle und aus den zugehörigen Metastasen in
den abfübrenden Lymphbahnen. Hier können sich überall tuberkulöse
Herde und Herdchen bilden. Dabei gelten zwei Gesetze:
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 131
1. Die Drüsenmetastasen verbreiten sich in den bintereinanderfolgenden
Lymphdrüsen weiter, aber der Grad der Erkrankung nimmt mit
der Entfemung des Herdes ab, solange es sich um einen isolierten
Komplex handelt.
2. Das Gesamtvolumen der Drüsenmetastasen erreicht oder übertrifft
das Volumen des Primäraffektes.
Histologisch kann als bewiesen angesehen werden, dass exsudative
und proliferative Vorgänge bei jeder tuberkulösen Veränderung immer Hand
in Hand gehen, Beim primären Stadium der Tuberkulose beginnt die Entwick-
lung zunächst mit einer Exsudation, dann überwiegt aber die Proliferation.
Es entwickelt sich ein typisches tuberkulöses Granulationsgewebe mit allen
Folgeerscheinungen: Wuchern, Quellen, Verfall der Bindegewebszellen etc.
Schliesslich befällt den ganzen primären Komplex eine eigenartige fibrös-
hyaline Umwandlung. Nekrotische Partien verkalken und versteinern.
Im sekundären fortschreitenden Stadium treten zwei neue Züge hervor:
1. Die Ausbildung hämatogener Metastasen und 2. das zeitweise Auf-
treten einer akuten exsudativen Entzündung in den Randzonen bis dahin
ausgebildeter Herde an Stelle der Wucherungsvorgänge. Der Entzündung
folgt dann die Erweichung und der Durchbruch, aber auch die Resorption
als neue typische Heilungsform kann eintreten. Mit den Durchbrüchen
tritt dann neben der Verbreitung auf dem Lymph- und Blutwege die
Metastasierung in alle pröformierten Röhren- und Höhlensysteme (die
sog. intrakanalikuläre Metastasierung) ein. So kommt die Tuberkulose
in ein Stadium der Generalisation.
Wichtig ist ferner, dass im sekundären Stadium häufig ein Einbruch
von toxischen Substanzen in das Blut erfolgt, nachdem öfters Tuberkulide
auf der Haut, schmerzhafte Schwellungen oder Entzündungen beobachtet
werden, Dieses II. Stadiura ist dem exanthematischen Stadium der akuten
Infektionskrankheiten, aber auch z. B. der Lues, nahe analog.
Im tertiären Stadium und in den Übergangsformen treten die spon-
tanen Giftempfindlichkeitsreaktionen zurück. Eine zunehmende Unemp-
findlichkeit und eine sich allmählich entwiekelnde Immunität tritt in den
Vordergrund. In der Hauptsache sind es wiederum zwei Veränderungen,
die sich dabei nach und nach einstellen: 1. das allmähliche Zurücktreten
der humoralen Metastasierungen und 2. das Zurücktreten der akuten
perifokalen exsudativen Reaktionen. Bei letzteren können aber das
Kontaktwachstum und mit ihm die intrakanalikuläre Metastasierung im
Organ selbst ungestört fortbestehen.
Die histologische Untersuchung der Lymphdrüsen ergibt, dass die
Iymphogene Metastasierung selbst in den nächstgelegenen Drüsen, wenn
nicht ganz ausbleibt, so doch abortiv geworden ist. Das Wachstum der
Zellen um die Tuberkel verhält sich wie die Wucherungen um leblose
Fremdkörper. Den in die Drüsen abtransportierten Bazillen fehlt in
diesem Stadium die Fähigkeit, sich zu vermehren und Gifte zu produ-
zieren. Hier rind die sicheren Spuren einer humoralen Immunität.
Mit dem Hervortreten der Folgen dieser bumoralen Immunität nimmt
die generelle Empfänglichkeit der Organe zu tuberkulösen Erkrankungen
ab. Der Einfluss zu Organdispositionen tritt hervor.
R. weist dann noch darauf hin, dass die Veränderungen der che-
misch-physikalischen Grundlage des tuberkulösen Prozesses, die den ein-
gr
—_— -m
132 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
zelnen Etappen entsprechen, nicht sprungweise erfolgen, sondern allmählich.
Hervorzuheben sei auch, dass nicht jede menschliche Tuberkulose alle
diese möglichen Stadien durchlaufen muss. Bredow, Ronsdorf.
237. Francis Harbitz, Über die Tuberkulose der Lymphdrüsen
und ihren Zusammenhang mit der Lungentuberkulose. Det
norske videnskapsselskaps skrifter, maltem.-naturv. Klasse 1916
Nr. 14.
Das Material entstammt den letzten 15 Jahren und umfasst im
ganzen 2906 Obduktionen. Unter diesen obduzierten Fällen waren 203
(7°/o), wo man eine erhebliche, vermutlich primäre, weit vorgeschrittene
Lymphdrüsentuberkulose fand [unter den obduzierten Erwachsenen 127
Fälle (5°/o), unter den Kindern 76 Fälle (18,2%).
Die Gruppe der generell verbreiteten Lymphdrüsentuberkulose wird
einer genaueren Analyse bezüglich ihres Ursprungs unterworfen. In An-
sehung der Kinder nimmt der Autor an, dass ein Teil der Fälle einer
primären Iymphogenen, von der einen Lymphdrüsengruppe zur anderen
fortschreitenden (bisweilen auch in mehreren Gruppen gleichzeitig auf-
tretenden) Infektion zuzuschreiben ist; die meisten Fälle aber sind auf
die erste Infektion einiger Lymphdrüsen zurückzuführen, von denen aus
die weitere Ausbreitung durch das Blut (auf hämatogenem Wege) sowohl
nach den meisten Lymphdrüsen wie auch den inneren Organen hin erfolgt.
Bei Erwachsenen kann die Infektion allerdings auf verschiedenen
Wegen und zu verschiedenen Zeiten stattfinden, doch verhältnismässig
selten. Viel allgemeiner ist eine Jymphogene, allmähliche, innerhalb des
Lymphdrüsensystems von Gruppe zu Gruppe erfolgende Verteilung oder
Verbreitung, und in vielen Fällen ist auch_bei Erwachsenen eine Infek-
tion auf hämatogenem Wege in Erwägung zu ziehen, und zwar besonders,
wenn sich die erste Infektion einer Lymphdrüsengruppe bis auf die Kinder-
jahre zurückführen lässt. Birger-ÖOverland.
238. Ch. M. Dowd, Tuberculosis of the cervical lymphatics; a
study of 687 cases. Journ. A. M. A., 12. Aug. 1916.
Die Arbeit stützt sich auf 687 Fälle von Tuberkulose der zervikalen
Lymphknoten, welche vom Verf. oder seinen Assistenten während der
letzten 22 Jahre operiert und meistens weiter verfolgt wurde. Sie sind
in drei verschiedene Gruppen eingeteilt:
452 Fälle gehören dem ersten Stadium an, d. h. die Iufektion war
von den Gaumenmandeln ausgegangen und hatte zur Entzündung ver-
schieden grosser Partien von Drüsen geführt. Das durchschnittliche Alter
dieser Gruppe war 8,3 Jahre. 67 Patienten wurden 6 bis 20 Jahre
lang weiter beobachtet; 23 bis ins sechste Jahr; 36 bis ins fünfte, 53
bis ins vierte; 62 bis ins dritte, 65 bis ins zweite und 49 bis ins erste
Jahr. 98 konnten nicht weiter verfolgt. werden. 91°jo aller dieser
Patienten waren bei der letzten Untersuchung anscheinend geheilt; 8,75 °/o
hatten leichte Rückfälle, 0,25°/o (ein Patient) war an interkurrierendem
Typhus gestorben. 8°/o von all den Vorgenannten hatten während der
Beobachtungsdauer sekundäre Operationen durchgemacht. Die Erfolge
bei diesen Patienten sind trotz schlechter hygienischer Verhältnisse so
befriedigend, wie man sie nur von einer Operation wünschen kann. Park
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 133
und Krumwiede untersuchten die entfernten Lymphknoten und fanden
den Typus bovinus in 16 ®/,°/o von Patienten im Alter von 5 bis 16 Jahren.
Die zweite Gruppe bestand aus Patienten, welche Drüsen entlang
der ganzen Jugularvene und entlang dem Rande des Kukularis batten
mit Abszessbildung. Es waren 185 Patienten in den durchschnittlichen
Alter von 15,9 Jabren. 29 davon wurden 6 bis 20 Jahre lang weiter
beobachtet, 11 bis zu sechs, 18 bis zu füuf, 14 bis zu vier, 24 bis zu
drei, 19 bis zu zwei und 10 bis zu einem Jahr. 60 entzogen sich der
weiteren Beobachtung. 68,2 °/o waren bei der letzten Untersuchung schein-
bar geheilt, 23,8 °/o hatten kichte Rückfälle 55°/o davon waren an interkur-
rierenden Krankheiten, teilweise an Tuberkulose gestorben. 28!/,°/o hatten
zwei oder mehr Operationen durchgemacht. Diese Erfolge stehen weit
hinter denen der ersten Gruppe zurück.
Gruppe drei umfasst diffuse Erkrankungen der Lymphknoten und
tuberkulöse Läsionen an anderen Körperteilen. Die Erfolge waren nicht
sehr befriedigend, jedoch immerhin ermutigend, da ungefähr ein Drittel
derselben nach verschiedenen Operationen anscheinend geheilt blieben.
Unter Operation ist Entfernung der ganzen erkrankten Partie verstanden,
nicht bloss Eröffnung eines Abszesses. Bei der Operation berücksichtige
man die normale Anatomie des Halses und vermeide Verletzung, der
Nerven. Viele Lymphknoten sind einfach hyperplastisch und nicht tuber-
kulös im wahren Sinne des Wortes. Mannheimer, New York.
239. R. R. Dieterle, Tubercle bacilli in heart clots in miliary
tuberculosis. Journ. of Infect. Dis. XIX Nr. 2, Aug. 1916.
Bei einem Falle von chronischer myelogener Leukämie entwickelte sich
eine Tuberkulose der zervikalen Lymphknoten und davon ausgehend aus-
gebreitete miliare Aussaat (Haut, Endokardium). Im Venenblut des rechten
Herzens fanden sich vier Tuberkelbazillen in 60 Ausstrichen.
Mannheimer, New York.
240. U. F. Wilson, Bacillemia in tuberculosis as shown by
examination of post-mortem clots from heart. Journ. of
Inject. Dis. XIX Nr. 2, Aug. 1916.
Verf. untersuchte Blutgerinnsel vom Herzen in einem Falle von all-
gemeiner Miliartuberkulose, in welchem die Aussaat ungewöhnlich reichlich
und die Tuberkel relativ jung waren. Patientin, eine Frau von 52 Jahren,
erkrankte am 21. Oktober 1914 mit allgemeinem Unbehagen, Fieber und
leichtem Frösteln, zunehmender Toxämie, rasch fortschreitender Anämie,
Schwäche und Atemnot, aber ohne Zeichen von Lokalisation. Sie starb
am 29. Nov. 1914. Bei der Autopsie wurden tuberkulöse Läsionen in
fast allen Organen gefunden. Die weissen Gerinnsel und das Blut vom
rechten Herzen wurden in Sublimat fixiert, sorgfältig gewaschen und in
Paraffin eingebettet. Die Schnitte wurden ohne Entfernung des Paraffins auf
warmes Karbolfuchsin entbracht, gefärbt, mit Methylenblau gegengefärbt,
gewaschen, auf dem ÖObjektträger getrocknet und in Balsam eingelegt,
nachdem das Paraffin durch Erwärmen und Xylol entfernt war. Nur vier
typische, schlanke, mit Knospen versehene, säurefeste Stäbchen wurden
in dem Gerinnsel gefunden. Schnitte der tuberkulösen Läsionen der übrigen
Organe wurden in derselben Weise gefärbt und zeigten ähnliche säure-
feste Bazillen in den fokalen Nekrosen in ungeheurer Zahl. Wenn die
134 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
übrigen 9 Zehntel des Herzblutes und Gerinnsels dieselbe Anzahl von
Bazillen enthielten als das Zehntel, welches zur Untersuchung verwandt
wurde, so waren zur Zeit des Todes in dem Herzen ungefähr 40 Bazillen
vorhanden. Da die Erkrankung sehr akut verlief und die Bazillen in
grossen Mengen im Körper verbreitet wurden, konnten sich zu einer ge-
wissen Zeit nur wenige Bazillen im Blute befinden; dieselben lassen sich
nur sehr schwer durch Ausstriche, Kulturen oder Tierimpfungen nach-
weisen. Die Aussichten, Bazillen im strömenden Blute von leichteren
Fällen von Miliartuberkulose oder von gewöhnlicher Lungentuberkulose
nachzuweisen, sind natürlich noch viel geringer.
Mannheimer, New York.
241. E. A. Gray, Thrombophlebitis in the tuberculous, with
autopsy. Med. Rec., 7. Okt. 1916.
Thrombopblebitis wurde 7 mal unter 1400 Fällen von Tuberkulose
im Chicago Fresh Air Hospital beobachtet; 3 bei Männern und 4 bei
Frauen. Die 4 Frauen waren im vorgeschrittenen Stadium. Die Saphena
war in 5 Fällen ergriffen, und zwar beiderseitig. In einem zur Autopsie
gekommenen Falle, einer 30jährigen Frau mit chronischer, weit vorge-
schrittener Lungenerkrankung, erstreckte sich die Thrombose in die Venae
illacae und die Cava inferior. Diese Patientin starb, während die Phlebitis
noch aktiv war. Eine Frau hatte Phlebitis des Armes, welche sich in die
Jugularis externa fortpflanzte. Diese Patientin besserte sich nach Aus-
tritt aus dem Krankenhaus, starb aber nach einigen Monaten. Ein Mann
befindet sich wohl unter künstlichem Pneumothorax. Der zweite Mann
ist invalid, hat aber keine Symptome von seiten der Venen mehr. Der
dritte Mann hat sich von der Lungenaffektion erholt und zeigt nur ver-
dickte Venen im Unterhautgewebe. In dem zur Autopsie gekommenen
Falle konnten Tuberkelbazillen in dem Thrombus mit Karbolfuchsin nicht
nachgewiesen werden, wohl aber mit Pikrinsäure einige Bazillen in dem
Thrombus der Vena cava und ein Bazillus in der Intima der Vena
jliaca. Mit der Much’schen Färbung fanden sich in vielen Schnitten der
Hohlvene Granula. Mannheimer, New York.
242. Josef Geszti, Symptomatologie der Veränderungen an der
oberen Brustapertur. Orvosi Hetilap 1916 Nr. 45 —47.
Eingehende Untersuchungen über die pathologischen Veränderungen
des knöchernen Ringes, welcher die obere Brustöffnung bildet, sowie der
benachbarten Teile der kranialen T'horaxpartien. Der Reihe nach werden
die Symptome der abnormen Schiefstellung (Neigung) der oberen Brust-
öffnung, die Erscheinungen der räumlichen Verengung der nämlichen Apertur,
sowie die Symptomatologie der funktionellen Störungen derselben mit
scharfer Beobachtung geschildert. Da Verf. unter vielen Hundert hierauf
untersuchten Lungenkranken kaum einige fand, bei denen keine der be-
schriebenen Veränderungen der oberen 'Thoraxapertur vorhanden gewesen
wäre, wurde er in der Auffassung befestigt, dass die von ihm geschil-
derten Abnormitäten mit der individuellen Disposition zur Lungentuberkulose
in engem Zusammenhang stehen. Ja, sollte man zukünftig die Verbält-
nisse der oberen Brustöffnung auch bei den noch als gesund geltenden
genauer beachten, so könnte man Fingerzeige für die Feststellung der
yet
Ätiologie und Verbreitung. 135
erhöhten Disposition zu einer Erkrankung der Lungenspitzen an Tuberkulose
erlangen. D. O. Kuthy, Budapest.
243. C. Davidsohn, Lungentuberkelfärbung mit Kresylviolett.
Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4.
Kresylviolett eignet sich hervorragend zur Färbung der Übergangs-
stufen von lebend-entzündeten zum tot-nekrotischen Gewebe tuberkulöser
Lungen. Ulrich Berlin, Schömberg.
244. W. BR. Jones, The Wassermann reaction in 251 tuberculous
cases. Med. Rec., 2. Sept. 1916.
Unter 251 unausgewählten Fällen, welche in die Tuberkulose-Klinik
von Seattle kamen, gaben 73 eine positive und 178 eine negative
Wassermann-Reaktion. Der Prozentsatz der positiven und negativen Reaktion
war der gleiche bei beiden Geschlechtern, und zwar 70°/o Männer und
73°/o Frauen. Das durchschnittliche Alter war 33; der jüngste Patient,
ein Mädchen von 16 Jahren und der älteste, ein Mann von 70 Jahren.
Mannheimer, New York.
b) Ätiologie und Verbreitung.
245. Orth, Trauma und Tuberkulose, Zschr. f. Tbe. 26 H. 4.
Vier Obergutachten, die im Original nachgelesen werden müssen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde.
246. K. Vogel, Trauma und Gelenktuberkulose. Fortschr. d. M.,
20. Jan. 1917. |
Ein lesenswerter Beitrag zur Lehre von der traumatischen Gelenk.
tuberkulose, die noch manche streitige Punkte enthält. Die traumatische
Gelenktuberkulose kann nach V. (früher in Bonn, jetzt in Dortmund)
bei bis dahin vollkommen gesunden oder wenigstens tuberkulosefreien
Menschen auftreten (auf dem Blutwege). In den weitaus meisten Fällen aber
handelt es sich um traumatische Metastasierung eines okkult oder manifest
bereits vorhandenen 'tuberkulösen Herdes. Eine dritte Form kommt da-
durch zustande, dass ein Traumia ein Gelenk trifft, in dem, vor allem in
den Epipbysenknochen, schon vorher ein latenter tuberkulöser Herd sass.
Klinisch sind die drei Formen schwer zu trennen. Was die Art der an-
geschuldigten Traumen anlangt, so bedingt nach V. ein leichtes Trauma
die Erkrankung eher und viel häufiger als heftige Einwirkungen; schon
ein einmaliges leichtes Trauma kann genügen, Dass Gelenktuberkulose
auch nach schweren Traumen entstehen kann, soll aber nicht geleugnet
werden.
Was die „Brücke“ von Erscheinungen zwischen Unfall und Erkran-
kungen hetrifft, so meint V., man dürfe sich auf ein solches Schema, so-
wohl bezüglich der Zeit als der deutlich erkennbaren Zeichen nicht allzu-
sehr festlegen. Er führt einen charakteristischen Fall dafür an, deren er
mehrere gesehen haben will. Es muss von Fall zu Fall entschieden werden,
je nach Befund und Zuverlässigkeit der Angaben.
Zum Schluss kommt V. auf die Bedeutung des Traumas für das
Auftreten von Rezidiven früherer Gelenktuberkulosen (Fungus) und für
136 Ätiologie und Verbreitung.
die Metastasierung fungöser Prozesse vom Gelenk aus in den übrigen
Körper. Meissen.
247. Krauss-Reutlingen, Entstehung oder Verschlimmerung einer
tuberkulösen Erkrankung der Wirbelsäule durch einen an-
geblich beim Montieren einer nn geschehenen Unfall.
Mschr. f. Unfallhik. 1916 Nr.
Ausgedehnte Mitteilung des ae einschlägigen Aktenmaterials
über einen Fall, wo längere Montagearbeiten in gebückter Haltung als
Unfall und Ursache für eine Wirbeltuberkulose beansprucht wird. Ur-
sächlicher Zusammenhang und auch Verschlimmerung wurden abgelehnt,
da besagte Tätigkeit weder im juristischen Sinne, noch im medizinischen
als Unfall oder Gewerbekrankheit anzusehen ist. Geinitz, Tübingen.
248. I. Goldstein-Aachen, Tuberkulöse Erkrankung und Tod —
Unfallfolge? Mschr. f. Unfallhlk. 1916 Nr. 10
Es handelt sich um einen jungen Menschen, bei dem eine tuberkulöse
Fussgelenksentzündung nach Betriebstrauma entstanden, durch Amputation
geheilt und entsprechend entschädigt war. Pat. erkrankte dann fast eiu
Jahr später an Tuberkulose des Beckens und der benachbarten Organe
und kam daran im Laufe der nächsten 11 Monate ad exitum. Jm Gegen-
satz zu drei anderen Begutachtern, auf deren Urteil hin die Hinterbliebenen-
rente bewilligt war, lehnt Verf. den ursächlichen Zusammenhang dieser
zweiten zum Tode führenden Erkrankung mit dem Unfall mit Recht ab.
Geinitz, Tübingen.
249. Thiem-Cottbus, Aufflackern alter Tuberkuloseherde infolge
schweren, durch einen Unfall hervorgerufenen Kiterfiebers.
Mschr. f. U nfalthik. 1915 Nr. 11.
Es handelt sich um einen Mann, der durch Sturz von einem Dach
eine komplizierte Fuss- und Unterschenkelfraktur davongetragen hatte, die
zur Vereiterung kam, die Amputation nötig werden liess und auch noch eine
metastatische Vereiterung eines Handgelenkes verursachte. Fast drei Jahre
nach dem Unfall trat eine doppelseitige Nebenhodentuberkulose und eine
tuberkulöse Mastdarmfistel auf, sowie eine eigentümliche Anschwellung des
Stumpfes, die von Th. mit grosser Wahrscheinlichkeit auch als tuberkulöser
Natur angesprochen wird. Der unter den Zeichen. von Marasmus bald
eingetretene Tod wird von Th. als Unfallfolge beurteilt, da durch das
Eiterfieber latente Tuberkuloseherde reaktiviert worden wären und zur
Aussaat und weiteren tuberkulösen Erkrankung, die den Tod verursachte,
geführt hätten. Geinitz, Tübingen,
250. Fürbringer, Zur Frage der traumatischen Nierentuber-
kulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
Bei der Häufigkeit der Nierentuberkulose ist die Seltenheit ihres
traumatischen Ursprungs im Vergleich zu sonstigen traumatischen Nieren-
erkrankungen und zur traumatischen Lungentuberkulose auffallend. In
der Literatur finden sich 13 Fälle, bei denen durch ein Trauma eine
Nierentuberkulose direkt verursacht oder aus der Latenz in das akute
Stadium gerückt ist. Als Trauma kommen Quetschungen und schwere
subkutane Sprengungen durch Stoss, Sprung, Sturz oder körperliche An-
enan
Ätiologie und Verbreitung. 137
strengungen in Betracht. So gelang es auch im Tierexperiment Nieren-
tuberkulose zu erzeugen. Den Tieren wurden nach digitaler Quetschung
der Nieren oder vorübergehender Kompression ihrer Gefässe und des Harn-
leiters Tuberkelbazillen intravenös und subkutan injiziert. Pels-Leusden
gelang es durch Injektion von Tuberkelbazillen in die Nierenarterien
Nierentuberkulose zu erzeugen. Er schliesst daraus: „es sei eine Kontusion
oder sonstige örtliche Schädigung des Organs nicht nötig, vielmehr mög-
lich, dass das irgendeinen tuberkulösen Herd im Körper treffende Trauma
vermöge einer Verschleppung von mobil gemachten bazillenhaltigen Ge-
webstrümmern in die Blutbahn nun Nierentuberkulose erzeuge“. F. be-
richtet über einen Fall, bei dem der begutachtende Arzt die Abhängig-
keit einer tödlich verlaufenen Nierentuberkulose von einem den Hoden
betreffenden Unfall als wahrscheinlich angenommen hat. F. hat in
‚seinem Obergutachten diese Abhängigkeit verneint. Der Unfallverletzte
hatte sich durch Sturz eine Quetschung des Hodens zugezogen und im
Anschluss hieran eine Hodentuberkulose bekommen, die die Kastration
erforderlich machte. 17 Monate nach dem Unfall starb er an einer Nieren-
tuberkulose. Zur Zeit der Operation bestanden keinerlei Zeichen einer
tuberkulösen Blasenerkrankung. F. lehnt daher eine Abhängigkeit der
Erkrankung der Niere von der Hodentuberkulose im Sinne eines aszen-
dierenden Prozesses ab und schliesst sich der Ansicht Israels an, dass
es sich in solchem Falle — gleichzeitige Tuberkulose der Niere und des
Genitalapparats bei Intaktheit der Blase — um zwei voneinander unab-
hängige, auf hämatogenem Wege entstandene Aflektionen handle Auch
einen Zusammenhang von Nierentuberkulose und Hodentrauma im Sinne
des Versuchsergebnisses von Pels- Leusden, dass nämlich durch die
Queischung bazillenhaltige Gewebsbröckel aus dem Hoden auf der Blut-
bahn in die Niere gelangt sind, lehnt F. ab, da die Lunge nicht erkrankı
ist. Nierentuberkulose hat aller Wahrscheinlichkeit nach bereits zur Zeit
des Unfalls bestanden. Ulrich Berlin, Schömberg.
251. Grossberger, Offene Lungentuberkulose infolge lang-
dauernder Eiterungen vom Thorax entfernt liegender Körper-
teile. M. m. W. 64. 1917 S. 429—480.
Im Tuberkulosekrankenhaus der Stadt Stettin wurden 5 Fälle von
offener Lungentuberkulose beobachtet, bei denen eine langdauernde Eite-
rung als Ursache für die entstandene Tuberkulose angesehen wurde. Als
Gründe des ursächlichen Zusammenbanges werden folgende Punkte genannt:
1. 4 Fälle sind nicht familiär belastet,
2. 5 waren vor ihrer Verwundung nie brustkrank, ;
3. die Eiterung dauerte so lange, dass eine erhebliche Schwächung
des Körpers sehr wahrscheinlich ist,
4. die Tuberkulose entwickelte sich unmittelbar im Anschluss an die
Eiterung,
5. die Tuberkulose entstand bei günstiger Ernährung und Pflege im
Lazarett,
6. die Kranken hatten den Feldzug selbst ohne Beschwerden von
seiten der Lunge ausgehalten.
Aus diesen Gründen ergeben sich nun folgende Folgerungen:
1. Lang andauernd-eiternde Wunden auch fern vom Thorax sind
imstande eine Tuberkulose der Lungen auszulösen,
138 Diagnose und Prognose.
2. sorgfältige Isolierung aller Schwerverwundeten und Geschwächten
von Kranken mit offener Tuberkulose ist notwendig,
3. jede Prophylaxe ist streng durchzuführen,
4. Kriegsdienstbeschädigung ist in diesen Fällen für die Tuberkulose
anzunehmen. Bredow, Ronsdorf.
252. A. Wilde, Lungentuberkulose als Folge eines über drei-
viertel Jahre zurückliegenden Unfalls anerkannt. Med. Kl.
1917 Nr. 11.
Bei einem Manne tritt °/ Jahr nach einem Unfall — 6 m tiefer
Sturz auf dierechte Seite, Bruch des rechten Arme, Quetschung der rechten
Hüfte — plötzlich ein schwerer Bluthusten auf. Über dem rechten Unter-
lappen besteht Dämpfung mit abgeschwächtem Atemgeräusch und reich-
lichen Rasselgeräuschen. Da der Pat. vor dem Unfall nach seinen An-
gaben niemals lungenkrank gewesen ist, ist die Erkrankung als direkte
Folge des Unfalls anzusehen. Es ist anzunehmen, dass der Unfall durch
Kontusion der rechten Brusthälfte zu einer Schädigung des Lungengewebes
geführt hat, wodurch für die tuberkulöse Infektion ein günstiger Boden
geschaffen wurde. Berlin, Schömberg.
253. Franz Kovats, Die Verbreitung der Tuberkulose beim
Volke, ihre Ursachen und Therapie. Gyögyöszat 1917 Nr.
2 u. 3.
Bezüglich der Therapie kommt K. zu dem Ergebnis, dass die hygienisch-
diätetische Behandlung zur therapeutischen Bekämpfung der Volkstuber-
kulose nicht genüge. Die Tuberkulintherapie ist hingegen fähig, manche
Krankbeitsfälle zu bessern, ihren Verlauf zu mildern, ja sogar zu heilen.
Es wäre nötigin jedem Bezirk mit kleinen Spitälern verbundene Dispensaires
zu errichten, wo die Patienten behufs Einschulung für eine kürzere Frist
Aufnahme finden könnten, nachher aber ambulant mit Tuberkulin behandelt
werden sollten. D. O: Kuthy, Budapest.
c) Diagnose und Prognose.
254. J. J. Morton, A rapid method for the diagnosis of renal
tuberculosis by the use of the X-rayed guinea pig. Journ. of
Experim. Med., Okt. 1916.
Nach den Beobachtungen von Murphy und Ellis werden weisse
Mäuse durch Röntgenbestrahlung empfänglicher für Infektionen mit bovinen
Bazillen als normale Tiere. Verf. bestrahlte Meerschweinchen verschieden
lang und verschieden stark, um zu sehen, ob ihr Widerstand gegen tuber-
kulöse Infektion dadurch herabgesetzt werden könnte. Diese Tiere ver-
trugen grosse Dosen von Röntgenstrahlen, ohne Schaden zu erleiden. Die
weissen Blutkörperchen nahmen nach einer massiven Bestrahlung um die
Hälfte ab, ganz besonders die lymphoiden Zellen. Wenn diesen Tieren
tuberkulöser Urin eingespritzt wurde, so entwickelten sie ausgesprochene
tuberkulöse Läsion in viel kürzerer Zeit als normale Meerschweinchen.
Dieser Erfolg trat ein, gleichgültig ob die Einimpfung vor oder nach
der Bestrahlung stattgefunden hatte. Wenn die Tiere 10 Tage nach der
Einimpfung getötet wurden, so fanden sich Läsionen hauptsächlich in Leber,
Milz und mesenterialen Lymphknoten. Mannheimer, New York.
Therapie. 139
255. E. Sahlgren, Okkulte Blutungen bei Darmtuberkulose.
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1916 H. 3 S. 295.
In 40 Fällen von Darmgeschwüren fiel die Blutprobe 32 mal positiv
aus, unter 120 Tuberkulösen mit und ohne Darmerscheinungen 88 mal.
Die Guajakprobe ist nicht empfindlich genug, vielmehr muss man die
Benzidin- oder Phenolphthalinprobe anwenden. Leschke, Berlin.
256. Geza Gali, Die klinische und prognostische Bedeutung der
Much- Formen der Tuberkelbazillen. Orvosi Hetilap 1917
Nr.5 u. 6.
Diese Bedeutung ist auf Grund der Untersuchungen G.’s sehr hoch
zu bewerten. Durch den Nachweis der Much’schen Granula wird die
spezifische Diagnose in manchen Fällen erhärtet. Bezüglich der Prognose
kommt der tüchtige Leiter der Erzherzog Josef-Heilstätte in Bek6&3-Gyula
zu demselben Ergebnis, zu welchem Ref. und Pekänovich in einer
gemeinscbaftlichen Arbeit früher gelangten, d. h. dass das Vorhandensein
der Much-Granula auf eine Benignität des Falles hinweist.
| D. O. Kuthy, Budapest.
257. Wilmans, Lungentuberkulose oder Lungensyphilis? M.m. W.
63. 1916 S. 1481—1482.
W. weist auf die Wichtigkeit der Differentialdiagnose zwischen Lungen-
tuberkulose und Lungensyphilis hin. Als Beweis der Wichtigkeit führt
Verf. verschiedene Krankengeschichten an. Katarrhalische Lunganerkran-
kungen bei fehlendem Bazillenbefund sollten Veranlassung sein, nicht nur
an Tuberkulose zu denken. Von grosser Bedeutung sind Nebenbefunde
wie Augenmuskellähmungen, Iritis, Keratitis, Knochendellen am Kopf,
Defekte an der Nase etc. Röntgendurchleuchtung dürfte differentialdia-
gnostisch unsicher sein ausser bei Verkalkungen. Von Bedeutung ist
die Wassermann’sche Reaktion, Bredow, Ronsdorf.
d) Therapie.
258. Roepke, Tuberkulosetherapeutische Zeit- und Streitfragen.
Zschr. f. Bahnärzte .1917 Nr. 2.
Äusserungen über mehrere tuberkulosetherapeutische Gesichtspunkte,
soweit sie auf die praktische versicherungstechnische Stellungsnahme zum
Heilverfahrenantrag von entscheidendem Einfluss sind.
1. Höhenlage eines Kurortes. Das Klima spielt in der Tuber-
kulosetherapie eine grosse Rolle, wenn auch unsere heutigen Kenntnisse
von dem Einfluss der einzelnen klimatischen Faktoren auf den tuber-
kulosekranken Organismus noch rechte Lücken aufweisen. Mit Recht
wird betont, dass es eine spezifische Einwirkung eines Klimas oder ein
bestimmtes Klima für Tuberkulose nicht gibt, dass der Phthisiker in jedem
Klima gesund werden kann. Wenn auch das Hochgebirge den Prophylak-
tikern und den fieberfreien, fibrösen Formen der Lungentuberkulose be-
sondere Vorteile bringen kann, so müssten sie erst durch klinische Be-
obachtungen für die Kur im höheren Gebirge herausgesucht werden. Das
ist aber als zeitraubend und kostspielig abzulehnen.
2. Die freien Kurorte. Verf. nimmt ihnen gegenüber einen ab-
lehnenden Standpunkt ein, namentlich gegenüber der kalkhaltigen Trink-
140 Therapie.
quelle des Bades Lippspringe Er hält die Mineralwasser-Trinkkuren für
zulässige, aber entbehrliche Unterstützungsmittel einer hygienisch-diä-
tetischen Kur.
Den Standpunkt, dass die Heilquelle die Hauptsache und hygienisch-
diätetische Kuren Nebensache seien, verurteilt er, womit man auch im
vollsten Masse einverstanden sein kann. Die erzieherische Behandlung
der Tuberkulosekranken in der geschlossenen Anstalt muss ungleich höher,
als das freie Badeleben in den Kurorten, eingeschätzt werden. Die Ver-
sicherungsträger sollten Kuren nur dort gewähren, wo durch richtige Aus-
nützung der anerkannten Kurmittel der bestmögliche Heilerfolg erzielt
werden kann. Für freie Kurorte mit Trinkkureinrichtungen sind am besten
die Tuberkuloseformen geeignet, die mit nichttuberkulösen, chronischen,
mehr oder weniger diffusen Katarrhen oder mit Emphysem und chronischer
Bronchitis, oder mit Unterlappenprozessen, auch Bronchiektasien, oder mit
Überbleibseln von trockenen und nassen Rippenfellentzändungen kompliziert
sind. Von den offenen Tuberkulosen sind höchstens noch die hygienisch
geschulten, charakterfesten, fieberfreien Kranken geeignet, die eine unüber-
windliche Abneigung gegen die geschlossene Anstalt haben, die überernährt
sind und an leichter Eiweiss- und Zuckerausscheidung leiden.
3. Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne. Die Wirkung
der Höhensonne beschränkt sich in der Hauptsache auf die Besserung
bezüglich Beseitigung subjektiver Beschwerden, die Höhensonne vermag
eine Beeinflussung des tuberkulösen Lungengewebes keinesfalls. Die Höhen-
sonne ist für die Behandlung der Lungentuberkulose nicht notwendig.
4. Die Röntgenbestrahlung. Nach den heute geltenden An-
sichten ist die Röntgenbestrahlung in der Tuberkulosetherapie in der Haupt-
sache entweder überflüssig oder erfolglos. Die Röntgentherapie bei tuber-
kulösen Komplikationen der Lungentuberkulose (Drüsen-, Knochen- und
Gelenkprozesse) ist ohne Bedenken anzuwenden.
5. Die ambulante Strahlenbehandlung. Verf. nimmt einen
völlig ablehnenden Standpunkt ein und spricht mit Recht die Befürchtung
aus, dass Lungenkranke im Vertrauen auf die Heilwirkung der künstlichen
Höhensonne die richtige Zeit für die Anwendung einer Heilstättenkur ver-
streichen lassen und dass ihre Lungentuberkulose weiter fortschreitet.
6. Die hydrotherapeutischen Massnahmen. Der Kranke
muss sich während der Kur so an die Wasserbehandlung gewöhnen, dass
er sie auch nach der Kur in irgend einer Form fortsetzt und sich dadurch
dauernd abhärte. Den Versicherungsträgern ist zu empfehlen, den Be-
handlungsstätten ihrer lungenkranken Versicherten die methodische Hydro-
therapie zur besonderen Pflicht zu machen.
7. Die allgemeine hygienische Schulung. Die Ausführung
bietet nichts Neues, nur muss auf einen Widerspruch hingewiesen werden,
Verf. verbietet mit vollem Recht das Ausspucken in die Taschentücher
und bei der Besprechung der Hustendisziplin empfiehlt er, das Taschen-
tuch, nicht die Hand, vor den Mund zu halten. Gerade bei den Husten-
stössen werden tuberkulöse Auswurfteilchen mit grosser Heftigkeit in das
vorgehaltene Taschentuch entleert, die nach dem Antrocknen den Träger,
wie die Umgebung, in der gleichen Weise gefährden können.
8. DieLungenheilstätten. Der therapeutische Wert der deutschen
Lungenbheilstätten für die Kranken ist ebenso hoch einzuschätzen wie ihr
Therapie. 141
prophylaktischer Wert gegenüber der Allgemeinheit. Der Faktor, dass
mindestens 20°/o der Kranken, die beim Eintritt ia die Heilstätte Tuberkel-
bazillen im Auswurf nachweisen liessen, sie bazillenfrei verlassen, ist von
grosser Beweiskraft für die Bedeutung der Heilstätten im Kampfe gegen
die Tuberkulose.
9. Die ambulante Behandlung mit Tuberkulin. Den Aus-
führungen des Verf.’s über die Bedeutung der ambulanten Tuberkulin-
behandlung für die Versicherungsträger, kann sich Ref. nicht in allen
Punkten anschliessen. Die Ansicht, dass ambulante Tuberkulinbebandlung
ein Heilverfahren vollständig ersetzen kann, dürfte wohl nicht allgemein
geteilt werden. Die Berechtigung, dass die Versicherungsträger die Kosten
für die Bebandiung und für etwaige bare Auslagen des Kranken (Fahrt
zum Arzt) übernehmen, dürfte ebenfalls nicht in allen Fällen bestehen.
Schellenberg, Ruppertshain i. T.
259. Rich. Sulek, Tuberkulose und Schwangerschaft. Inuug.-
Diss. Strassburg 1916.
Bei manifester aktiver Lungentuberkulose ist, gleichgültig in welchem
Monat, die Unterbrechung der Schwangerschaft indiziert. Die besten
Resultate ergaben Erkrankungen im I. Stadium (Turban-Gerhardt).
Von 38 operierten Fällen konnten 33 im Verlaufe von 1 Monat bis
8 Jahren nachgeprüft werden. Von 19 Fällen im I. Stadium wurden
18 gebessert, 1 blieb gleich, von 12 Fällen im II. Stadium wurden 8 ge-
bessert, 3 blieben gleich und 1 ist gestorben. Von 2 Fällen im III. Stadium
starben beide. (Material der Strassburger Hebammenschule und Privat-
praxis von H. W. Freund.)
Empfohlen wird die H. W. Freund’sche Operation, welche durch
Unterbindung und Resektion der Tuben wohl eine Sterilisation erreicht,
aber auch der Frau eine Funktionsfähigkeit ihrer Geschlechtsorgane zurück-
lässt, so dass sie sich nicht verstümmelt und minderwertig vorzukommen
braucht, Hans Müller.
260. Bochor Illel, Beitrag zur Frage der Lungentuberkulose
bei gleichzeitiger Schwangerschaft. Jnaug.-Diss. Jena.
Von 32 in der Volksheilstätte Carolagrün beobachteten tuberkulösen
Schwangeren waren den Stadien nach 4 im ersten bis zweiten, 16 im
zweiten und 4 im zweiten bis dritten Stadium. Es kommt zu günstigem
Ergebnis der Kur. 15 als erwerbs- bzw. als arbeitsfähig, 16 gebessert,
2 mit zweifelhaftem Erfolg. Günstige Gewichtszunahmen, bis zu 14,5 kg
während der Kur. Komnit zum Schlusse, dass eine tuberkulöse Schwangere,
deren Gewichtszunahme grösser ist als Kind 4 Plazenta, als durch die
Schwangerschaft nicht gefährdet zu betrachten ist. Tritt für Heilstätten-
behandlung geeigneter Fälle ein. Kurt Theodor Bingler.
261. K. Warnekros, Die Ausschaltung der Genitalfunktion und
ihr Einfluss auf die Lungentuberkulose der Frau. Zschr.
f. The. 27 H. 1—4.
Die Lungentuberkulose der Frau macht häufig die Unterbrechung
der Schwangerschaft erforderlich. Da nach einer blossen Ausräumung
oft eine neue Konzeption erfolgt und auch eine mit der Ausräumung ver-
bundene Sterilisation das Fortschreiten des I,ungenleidens häufig nicht auf.
142 Therapie.
hält, empfiehlt W. die in der Bum m’schen Klinik schon seit Jahren geübte
Totalexstirpation des Uterus und beider Ovarien. Dadurch werden einmal
die den kranken Körper schwächenden menstruellen Blutungen beseitigt,
zum anderen wird die Lungentuberkulose durch deır durch die Kastration
bedingten Fettansatz direkt günstig beeinflusst. W. bespricht die Indikations-
stellung und die Stimmen, die sich für und gegen diese Operation erhoben
haben. Er hat die 34 Fälle, die seit 1908 in der Bumm’schen Klinik
operiert worden sind und deren letzter bereits zwei Jahre zurückliegt, einer
genauen Nachuntersuchung unterzogen. In allen Fällen handelte es sich
um schwere Erkrankungen der Lungen. 1 Fall ist kurz nach der Operation,
7 weitere sind meist im Laufe des nächsten Jahres gestorben. In 9 Fällen
liess sich bei der Nachuntersuchung überhaupt kein pathologischer Befund
mehr erheben. 13 Fälle zeigten die Erscheinungen einer ausgeheilten
Tuberkulose und nur 4 Fälle zeigten noch geringe katarrhalieche Er-
scheinungen, Das subjektive Befinden war in allen Fällen günstig, alle
Frauen konnten ihren Haushalt versorgen und grossenteils noch andere
schwere körperliche Arbeit verrichten. Ulrich Berlin, Schömberg.
262, Charlotte Olivier, Tuberculose pulmonaire et sterilisa-
tion. Étude à propos de neuf cas, observés au dispensaire anti-
tuberculeux de la policlinique universitaire de Lausanne. Revue
médicale de la Suisse Romande, 20. Nov. 1915 S. 799—813.
Bei der tuberkulösen Multipara der Arbeiterklasse ist neben der
künstlichen Unterbrechung der Schwangerschaft die Sterilisation vorzu-
nehmen. In allen Fällen hat die Vornahme der Sterilisation günstig auf
den weiteren Verlauf der Lungentuberkulose gewirkt.
Neumann, Schatzalp.
263. Hans Aly, Spezifische Therapie und Diagnostik der Tuber-
kulose in Geburtshilfe und Gynäkologie. Inaug.-Diss. Frei-
burg 1916.
Verf. zieht aus der Literatur über das angegebene Thema den Schluss,
dass das Tuberkulin ein wünschenswertes Hilfsmittel der Therapie in Ge-
burtshilfe und Gynäkologie bildet, dass es aber als Diagnostikum keinerlei
Bedeutung besitzt. - Hans Müller.
264. Deycke und Altstaedt, Weitere Erfahrungen in der
Tuberkulosebehandlung mit Partialantigenen, M. m. W. 64.
1917. 8. 273—277.
Verff. besprechen die Erfolge, die sie in 5jähriger Krankenhaustätig-
keit bei der Tuberkulosebehandlung mit den Partialantigenen — kurz Parti-
gene — der Tuberkelbazillen gesehen haben. Nach ihrer Statistik sind
die Erfolge bei der Behandlung der Lungentuberkulose am auffälligsten.
Von 192 Fällen des I. Stadiums (nach Turban) sind bei allen = 100°/Jo
positive Anfangserfolge und von 50 Fällen sind bei 47 = 94°/o Dauer-
erfolge = völlige Arbeits- und Erwerbsfähigkeit erzielt worden. Allerdings
ist die Zeitdauer des Dauererfolges noch etwas kurz gefasst und erstreckt
sich auf 3,2 und 1 Jahr (= 9,21 und 17 = 4).
Entsprechend dem I. Stadium fanden sich beim II. Stadium 84 von
91 — 920/0 Anfangs- und 23 von 27 = 85’/u Dauererfolge. Ungün-
Therapie. 143
stiger stellten sich die Verhältnisse im III. Stadium: 156 von 236 Fällen
—= 66°/o Anfangs- und 28 von 83 Fällen = 34°;o Dauererfolge.
Durch die Einwirkung des Partigenverfahrens verloren 66,6°/o des IL,
64,7°/o des II. und 10,5°/o des III. Stadiums die Bazillen aus dem Aus-
wurf. Eine besondere Beachtung dürfte die Entfieberung sämtlicher Tuber-
kulöser (nicht nur Lungenkranker) verdienen — es wurden 76 von 91
— 84°/o entfiebert. Die Gewichtszunahmen wurden günstig beeinflusst.
Von den übrigen Tuberkulosen werden die Meningeal- und Darmtuber-
kulosen zur Partigentherapie nicht für geeignet gehalten. Das übrige
Material ist noch recht gering.
Nach allem dürften die Erfolge der Verff, manch einen zur Nach-
prüfung veranlassen. Vor zu grossem Optimismus ist von vornherein zu
warnen. Vor allem sind die Dauererfolge von einem grösseren Zeitraum
abzuwarten. Bredow, Ronsdorf.
265. Wilms, Halsdrüsentuberkulose und Lazarettbehandlung.
M. m. W. 64. 1917 S. 29.
W. begegnete bei Besuch eines mit chirurgischer Tuberkulose belegten
Militärlazarettes der Tatsache, dass von einzelnen Chirurgen noch immer
Exstirpationen von Halsdrüsen vorgenommen werden und hebt an Hand
dieser Tatsache die glänzenden Erfolge der Röntgentherapie hervor, die
das operative Verfahren durchaus in den Schatten stellt. Die Vorzüge
der Röntgenbehandlung bestehen darin, dass 1. gewissermassen eine Immu-
nisierung gegen erneute Infektion stattfindet und 2. dass die Behandlung
ambulant durchgeführt werden kann. Punkt 1 folgert sich daraus, dass
im Gegensatz zum cbirurgischen Verfahren Rezidive fast nie beobachtet
werden. Bredow, Ronsdorf.
266. A. Nicoll und M. J. Horan, Clinical notes from the first
surgical division of Sea View Hospital. N. Y. Med. Journ.,
24. Juni 1916.
Verff. beschreiben aus der chirurgischen Abteilung des Sea View
Hospitals (N. Y. City) Fälle von ausgedehnter perirektaler Eiterung, aus-
gedehnter Drüsenvereiterung am Hals mit Fistelbildung alter und frischer
abdominaler Tuberkulose. Sie wollen damit beweisen, dass man durch
gründliche Resektion selbst älterer und ausgedehnter tuberkulöser Herde
lokale Heilung erzielen und die gleichzeitig bestehende Lungenaffektion
bedeutend bessern kann. Mannheimer, New York.
267. S. Iglauer, A plea for the electro-cautery in the treatment
of laryngeal tuberculosis. The Laryngoscope, Okt. 1916.
Eine warme Befürwortung der elektrokaustischen Behandlung der
Larynxtuberkulose. Patienten mit gleichzeitiger aktiver Lungentuberkulose
sind ausgeschlossen. Verf. operiert mit dem Suspensions-Laryngoskop unter
Kokain-Skopalamin-Morphin-Anästhesie. Nach der Operation werden Eis-
umschläge gemacht, Eispillen und Orthoform-Insufflationen verabreicht. —
Gefährliches kollaterales Ödem tritt selten ein. Kaempfer, New York,
144 | Klinische Fälle.
e) Klinische Fälle.
268. E. Bruusgaard, Ulcera tuberkulosa am Dorsum Penis.
Lymphstrang-Tuberkulose. Norsk Magaz. f. Lægevidenskapen
1917 Nr. 3. ,
Ein 27jähriger Arbeiter mit zwei 6 X< 4 cm grossen Ulzerationen am
Dorsum penis, die als luetische angesehen wurden, sich aber als tuber-
kulöse erwiesen. Seit zwei Jahren war der Pat. wegen tuberkulöser Epidi-
dymitis bzw. Orchitis behandelt worden. Damals wurden auch Tuberkel-
bazillen im Urin nachgewiesen. Verf. nimmt an, dass die Krankheit
wie eine Tuberkulose eines Lymphgefässes angefangen hat.
Birger-®verland.
269. Salzmann, Eigentümliche Verletzung durch ein Artillerie.
geschoss, dadurch primäre Darmtuberkulose. D. m. W. 1916
Nr. 6. i
Ein angeblich durch ein blindes Artilleriegeschoss an der rechten
Schulter getroffener, dann lange bewusstloser Musketier zeigte neben einer
Wunde auf der rechten Schulter und einem über die Brust verlaufenden
blutunterlaufenen Streifen erhebliche Motilitätsstörungen beider Arme,
Störungen im linken Fazialisgebiet und Störungen der Sprache. Es wurde
eine Gehirnblutung infolge des schweren Falles angenommen, als zentral
bedingt wurden die Sprach- und die Fazialisstörungen angesehen, die Be-
wegungsstörungen der Arme als funktionell. Nach völliger Wiederher-
stellung der Sprache und leichter Besserung der Bewegungsstörungen traten
Atrophien in Arm- und Handmuskulatur auf, dann Kopfschmerzen, Übel-
keit, plötzlich Fieber, Durchfall, Katarrhalerscheinungen auf beiden Lungen,
Exitus. Die Sektion ergab einmal, dass die Verletzung nicht durch ein
blindes, sondern durch ein scharfes Geschoss bewirkt war, das in der linken
seitlichen Halsmuskulatur sass und den linken Plexus brachialis komprimierte.
Rechts ein thrombosiertes traumatisches Aneurysma der Subklavia, das den
rechten Plexus drückte. Dadurch war der Nervenbefund erklärt. Ausser-
dem fand sich als Ursache des Todes eine Perforation eines frischen tuber-
kulösen Geschwüres im Ileum neben älteren gereinigten Geschwüren. In
der Lunge keine tuberkulösen Herde, nur frische diffuse katarrhalische
Bronchitis mit kleineren bronchopneumonischen Herden.
Es liegt also hier einer der seltenen Fälle von primärer Darm-
tuberkulose vor. S. glaubt, dass die Infektion erst nach der Verwun-
dung erfolgt ist. Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Verletzung
und Tuberkulose nimmt S. nicht an. Brühl, Schönbuch.
270. Schmidt, Über einige Zwerchfellschussverletzungen. M.m.W.
64. 1917 8. 62—04.
Die rechtsseitigen Verletzungen des Zwerchfelles sind einfacher und
prognostisch günstiger, weil hier kompaktere Massen wie Leber, Niere,
Nierenkapsel vorgelagert sind, während links die Gefahr der Komplikation
durch eine Zwerchfellbernie, durch die Magen-Darm in die Brusthöhle
eintreten kann, gegeben ist. Zwei in diesem Sinne beobachtete Fälle werden
dann beschrieben. Im Anschluss daran bespricht Verf. die Operations-
möglichkeiten der Zwerchfellhernien. Bredow, Ronsdorf.
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser. 145
271. Albert Entenener, Über Gasempyeme. Zschr. f. ärztl. Fort-
bild. 1917 Nr. 3.
E. bespricht ausführlich 9 Fälle von Gasempyemen, die im Anschluss
an Schussverletzungen des Brustkorbes mit und ohne Verletzung der Lunge
entstanden sind. Das Primäre war in allen Fällen ein traumatischer
Hämothorax, der durch Infektion von anaeroben gasbildenden Bazillen
putride zersetzt wurde. Die gasbildenden Bazillen, die identisch sind mit
den Erregern der Gasphlegmone, gelangen in den meisten Fällen durch
den Schusskanal in den Bluterguss, eine Infektion von der Lunge aus
ist sehr selten. Die Infektion tritt 4 Tage bis 3 Wochen nach der Ver-
wuncung auf. Klinisch treten neben den gewöhnlichen Empyemerscheinungen
sehr bald die Erscheinungen fortschreitender Gasbildung in den Vorder-
grund: starke Verdrängung des Mediastinums, Herzens und Zwerchfells,
starke Dispnoe. Entscheidend ist die Probepunktion. Die Therapie be-
steht in möglichst frühzeitiger, breiter Öffnung. Die Prognose ist ernst,
Von den 9 Fällen starben 5. Berlin, Schömberg.
272. Krauss, Verschlimmerung einer fungösen Erkrankung des
Kniegelenks durch einen Unfall. Fortschr. d. Med., 20. Aug.
1916.
Oberregierungsrat Krauss (Reutlingen) beschreibt den ziemlich ver-
wickelten Fall der angeblichen Verschlimmerung einer fungösen Erkrankung
des Kniegelenks durch einen Unfall, der in Verdrehung des Knies durch
Abstürzen oder Abrutschen von einer Leiter bestand. Das Verwickelte
des Falles liegt eigentlich nur darin, dass weder die Art der Verletzung
rechtzeitig sichergestellt, noch auf das zeitliche Einsetzen der Verschlimmerung
früh genug geachtet wurde. Alle Weiterungen und Schwierigkeiten der
Beurteilung bätten sonst leicht vermieden werden können. Die Wichtigkeit
auf diese beiden Punkte bei Zeiten zu achten, kann nicht oft genug be-
tont werden, da hier immer wieder gefehlt wird. Meissen,
273. Freund und Schwaer, Zwerchfellhernie und Pyopneumo-
thorax nach Lungenschuss. M. m. W. 63.1916 S. 1532—1534.
Ausführliche Beschreibung einer Zwerchfellhernie, die nach einer
Schussverletzung und nach einem sich daran anschliessenden Pyopneumo-
thorax entstanden ist. Bredow, Ronsdorf.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser.
274. Jahresbericht für den Norwegischen Nationalverein gegen
die Tuberkulose für das Jahr 1915. Meddelelen for den norske
nationalforening mat tuberkulosen VI Nr. 22.
Birger-Överland,
275. Daus, Die Militärlungenheilstätte Juditten (Ostpr.). Zschr.
J. Tbe. 26 H. 6.
Eingehende Schilderung der sanitären und ärztlichen Einrichtungen
der Heilstätte nebst Ausführungen über die geübten Behandlungsmethoden.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
internat. Centralbl. f. Tuberkulone-Forschung. 11. 10
È ae a a a a
146 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser.
276. Jahn Mjóen, Jahresbericht des neuen Sanatorium Grefaen
(Norwegen) für das Jahr 1915. Tidsskrift f. d. norske læge-
Jorening 1917 Nr. 3.
Tägliche Mittelbelegung 60 Pat.
Pneumothoraxbehandlung ist wie früher in geeigneten Fällen ange-
wandt worden. Lichtbäder sind im ganzen Jahre versucht worden. Die
künstliche Höhensonne (Quarzlampe mit ultravioletten Strahlen) ist doch
verlassen worden, weil die Bebandlung keine guten Resultate gab. In
einigen Fällen schadete die Behandlung nur. Birger-Overland.
277. M. Holmboe, Staatszuschuss an Rekonvaleszenten aus den
Tuberkulosesanatorien. Meddelelen fra den norske national-
forening mat tuberkulosen VI Nr.21. Birger-Øverland.
278. Heymann, Walderholungsstätte ohne Verpflegung. Tbc.-
Fürs.-Bl. 1916 Nr. 9.
Vor 3 Jahren wurde in Köthen eine Walderholungsstätte für Lungen-
kranke eröffnet, die nur in der wärmeren Jahreszeit und nur am Tage
geöffnet ist und keine Verpflegung gewährt. Viele Besucher zeigten Ge-
wichtszunahme und allgemeine Besserung. Die Kosten sind gering.
Rehs, Davos.
279. Bochalli, Auszug aus dem Bericht über das Kaiserin
Auguste Viktoria-Sanatorium für lungenkranke Frauen des,
Mittelstandes für die Zeit vom 1. Juli 1913 bis 31. Dezember
1914. Tbe.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 8.
Seit Beginn des Jahres 1914 steht das Sanatorium mit 92 Betten
zur Verfügung, nachdem es am 29. Juni 1913 mit 40 Betten eingeweiht
war. Im Vordergrunde der Behandlung stand die hygienisch-diätetische
Methode. Bei der spezifischen Behandlung mit Koch’scher Bazillen-
emulsion und Tuberkulin Rosenbach konnten keine überraschenden Er-
folge erzielt werden, allerdings wurden auch nie Schädigungen bemerkt.
Empfehlung der Anlegung des künstlichen Pneumothorax in Fällen von
hauptsächlich einseitiger Tuberkulose. Relıs, Davos.
280. Litzner, Wer gehört — vom ärztlichen und sozialen Stand-
punkt betrachtet — in die Lungenheilstätte? Zschr. f. Tbc. 26
Verf. kommt zu folgendem Schluss:
1. Vom ärztlichen Standpunkt aus betrachtet gehören weder die ab-
gelaufenen, noch die nichttuberkulösen Spitzenerkrankungen — für sie ist
es sogar besser, sie bleiben der Anstalt fern — noch die auf probatorische
Tuberkulininjektion nur mit einer Allgemeinreaktion reagierenden Fälle ohne
einwandfrei festgestellten klinischen, für eine aktive Tuberkulose sprechenden
Befund in die Heilstätte.
2. Vom sozialen Standpunkt aus ist es nicht richtig, für die sub 1
erwähnten Fälle den teuren Heilstättenapparat in Bewegung zu setzen; da
wäre es schon allein mit Rücksicht auf die Familieninfektion besser, diese
Betten soweit möglich — evtl. in besonderen Abteilungen — den schweren
Fällen des II. und III. Stadiums zu überlassen, die von den Kranken-
häusern doch nur ungern aufgenommen werden.
Dr mn un = er er ng am
Tuberkulose und Krieg. 147
3. Für probatorische Injektion kommt nur das Koch’sche Alttuber-
kulin in Betracht.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
g) Tuberkulose und Krieg.
281. 0. Müller, Konstitution und Kriegsdienst. Med. Kl. 1917
Nr. 15.
M. wünscht das Wesen der Konstitution im Sinne der Martius’schen
Definition erfasst zu wissen: „Die Konstitution des einzelnen ist die Art
seiner speziellen physiologischen (oder natürlich auch pathologischen) Reaktion
auf äussere Eiuflüsse“ oder: „Die Konstitution ist die Art der spezifischen
Reaktion des Subjekts auf das Objekt“. Die abnorme Konstitution Äussert
sich am deutlichsten in Gestalt der Diathesen: 1. die exsudative Diathese.
2. die lymphatische Diathese und 3. die neuroarthritische Diathese. Die
Diathesen sind hauptsächlich Erscheinungen des Kindesalters, lassen sich
aber häufig durch das ganze Leben verfolgen. „Das gemeinsame Charak-
teristikum vieler Diathesensymptome ist ihr rasches, krisenartiges Kommen
und Gehen, ibr gehäuftes Auftreten in Zeiten bestimmtet Ernährungs-
bedingungen, namentlich auch bei scheinbar besonders gutem Ernährungs-
zustand, und endlich die Verbindung von somatischen und psychisch-
nervösen Erscheinungen.“ Die Diathetiker werden, sofern sie nicht schwerere
Erscheinungen überhaupt vor der Einstellung in den Militärdienst be-
wahren, unter den ungünstigen Lebensbedingungen des Kriegsdienstes
früher oder später erkranken. Sache des Arztes ist es, die Diathetiker
auf den Posten zu stellen, wo sie der Allgemeinheit am längsten und
besten nützen können. Aus dem Gebiet der exsudativen Diathese sind die
Vagotoniker im allgemeinen felddienstfähig, dagegen sind die Leute mit
Bronchialasthma und der asthmoiden Bronchitis nur arbeitsverwendungs-
fähig. Grosse Vorsicht verlangen die Fälle von Störungen des Gleich-
gewichts der Drüsen innerer Sekretion. Von den Lympbatikern vertragen
viele die Abhärtung des Kriegsdienstes recht gut, andere reaktivieren im
Felde ihre latente Tuberkulose, wieder andere neigen infolge ihres krank-
haft veränderten Iymphatischen Rachenringes zu allen möglichen akuten
Infektionskrankheiten. Auch sind viele Lymphatiker wegen ihres Tropfen-
herzens wenig leistungsfähig. Zur Gruppe der Neuroarthritiker gehören
die Neuro- und Psychopathen, zahlreiche Stoffwechselkranke (Gicht, Diabetes,
Fettleibigkeit), Leute mit deformierender Arthritis, Steinbildungen in Gallen-
blase und Nierenbecken, Präsklerose und Sklerose des Gefässsystems.
Sie sind alle nur vorsichtig zur Arbeit zu verwenden. Eine solche unter
militärischer Aufsicht stehende Arbeitsverwendung ist für alle konstitutionell
Minderwertigen sehr vorteilhaft, da sie dem erzieherischen Prinzip der Dia-
thesenbehandlung am besten gerecht wird. Berlin, Schömberg.
282. 0. Müller, Tuberkulose und Kriegsdienst. Württ. Korr. Bl.
1917 Nr. 13.
Der Krieg wirkt als anergische Periode: die relative Immunität
gegen die früher erworbene, bis dahin latente Tuberkulose wird häufiger
als im Frieden von innen heraus durchbrochen. Daher die noch immer
zunehmende Fülle von aktiven Tuberkulosen. Schon jetzt ist eine starke
10*
145 Tuberkulose und Krieg.
Steigerung der Morbiditätsziffer für Tuberkulose nachweisbar, auch in der
Zivilpraxis. Der Krieg hat eine Bestätigung gebracht für die Anschauung
von der hämatogenetischen Infektion in der Kindheit.
Die Tuberkulose ist im Krieg nicht nur häufiger, sondern nach den
bis jetzt gewonnenen Eindrücken auch schwerer geworden. Therapeutische
Erfolge im grossen Stil kann nur frühzeitige Diagnose bringen. Für diese
leisten immer noch das beste die altbewährten Methoden: genaue Anamnese,
guter ärztlicher Blick, gründliche physikalische Untersuchung, Beobachtung
von Temperatur und Gewicht. Dem Röntgenbild wird beute zu viel Wert
beigemessen; in der wichtigsten Entscheidung, über aktive oder inaktive
Tuberkulose, hat es einen durchaus fragwürdigen Wert. Ebenso steht es
mit der Sputumuntersuchung; das Fehlen von Bazillen im Auswurf
schliesst keineswegs einen fortschreitenden Prozess aus.
Um die Frage nach der Aktivität oder Inaktivität zu entscheiden,
ist entweder langdauernde Beobachtung nötig, oder das Tuberkulin anzu-
wenden. Die Pirquet’sche Kutanreaktion vermag wohl das Vorhandensein
eines mehr oder minder aktiven Prozesses anzuzeigen, gibt jedoch keine
bestimmte Auskunft über den Sitz dieses Herde. Um hierüber Klar-
heit zu erlangen, muss man die subkutane Tuberkulinprobe anwenden.
M. beginnt mit !/ıo mg Alttuberkulin und steigt in Mindestabständen von
48 Stunden über °/ıo mg, 1 mg auf 5 mg als Höchstdosis. Die Ein-
spritzungen empfehlen sich morgens, damit keine Frühreaktionen übersehen
werden. Die Reaktionserscheinungen sind Unbehagen (nicht immer), Tem-
peratursteigerung; Brösamlen hat eine Vermehrung der Eosinophilen im
Blut nachgewiesen. Die Lokalreaktion an der Stichstelle hat ähnlichen Wert
wie der Pirquet. — Das wichtigste ist die Herdreaktion; sie besteht in
Veränderungen der Dämpfungsverhältnisse und der Auskultationsphäno-
mene. Nötig ist häufige Untersuchung, möglichst 2 malige pro Tag, mit
genaueren Notizen. In M.’s Beobachtungsstation wurden in 90°;o positive
Herdreaktionen festgestellt durch zwei unabhängig voneinander untersuchende
Beobachter!,,. Aber auch diese Metbode kann gelegentlich, wenn auch
selten, versagen. Dann muss längere Beobachtung eintreten, eventuell in
einer Genesungskompagnie. Die subkutane Tuberkulinprobe ist ungefähr-
lich, wenn sie lege artis vollzogen wird bezüglich Dosierung und Kontra-
indikationen (frische Blutung, Nephrities, schwere Neuropathie). [Wenn
man immer wieder in Arbeiten liest, dass als Anfangsdosis 1 mg (!) ge-
wählt wird, braucht man sich über dann auftretende „Tuberkulinschäden“
nicht zu wundern! Ref.]
Die sog. Bewegungstemperatur darf man höchstens als ein Adjuvans
in der Diagnose, nie als entscheidenden Faktor auffassen, da sie auch
bei Nichituberkulösen beobachtet wird.
Was die Therapie betrifft, so sind die üblichen drei Monate in der
Heilstätte zweifellos zu kurz. Um grössten Nutzeffekt zu erreichen, sollen
in die Heilstätte möglichst nur inzipiente Fälle, des ersten oder höchstens
zweiten Turban’schen Stadiums kommen. Bei der Entlassung ist für
zweckmässige Verbältnisse in der nächsten Zeit zu sorgen, unter Mithilfe
der Truppenärzte. Bei den ersten Stadien kommt Entlassung als g. v.
ı) Die Arbeit hierüber, Brösamlen und Referent, wird in der M. m. W.
erscheinen.
Tuberkulose und Krieg. 149
oder a, v. mit eventueller späterer Kriegsverwendungsfähigkeit in Betracht,
bei den zweiten schon häufiger Entlassung als z. u. für einige Monate.
Die dritten Stadien sind in Sammelstellen für Schwertuberkulöse einzu-
weisen, und von dort in häusliche Pflege oder in ein Bezirkskrankenhaus.
Die therapeutische Anwendung des Tuberkulins soll Spezialärzten vor-
behalten bleiben; einen Massstab für die Kur bildet das Verhalten der
Eosinophilen. — Besonders günstige Erfolge sieht man bei Urogenital-
tuberkulose. Bei Peritonitiden kommt vor allem Sonnen- und Röntgen-
therapie in Betracht.
Bei der Begutachtung ist beim Tuberkulösen besondere Berücksich-
tigung des Berufs nötig. Allgemeinzustand, Gewicht und Temperatur ist
mit dem physikalischen und Röntgenbefund abzuwägen. Der offene
Phthysiker ist zu isolieren. Es folgt eine Zusammenfassung der aufge-
stellten Grundsätze, C. Krämer II, Wilhelmsheim.
283. J. Kollarits, Krieg und Tuberkulose. D. m. W. 1917 Nr. 4.
Erwiderung auf den Aufsatz von Tachau (D. m. W, 1916, Nr. 50).
Verf. ist mit Liebe und Tachau der Ansicht, dass tuberkulöse Soldaten
in geschlossene Heilstätten gehören. C. Krämer II, Wilhelmsheim.
284. E. Leschke, Weitere Erfahrungen über die Tuberkulose
im Kriege. Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4.
Bei der Tuberkulose im Kriege handelt es sich meist um eine „meta-
stasierende Autoinfektion durch Exazerbation latenter Herde“ infolge
einer Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit des Körpers. Als äussere
Ursachen kommen für die Entstehung der Tuberkulose 1. Erkältungen
und Infektionskrankheiten, 2. körperliche Überanstreugungen, 3. mangel-
hafte Ernährung, 4. Verwundungen und ö. Gasschädigungen in Betracht.
Sie sind grossenteils nicht spezifisch kriegerischer Natur, kommen jedoch im
Kriege in viel stärkerem Masse zur Geltung. Als innere Ursachen wären
zu nennen: ätiologische Disposition (hereditäre Belastung, früher über-
standene Tuberkuloseerkrankung), konstitutionelle Disposition (Habitus
asthenicus, Status lymphaticus) und Organdisposition (frühen nicht tuber-
kulöse Erkrankungen der Atmungsorgane). Die Ausbreitung der Tuber-
kulose erfolgt in 3/4 der Fälle von der Spitze, in t/s der Fälle vom
Hilus aus. Eine miliare Ausbreitung ist selten. Die Prognose ist nicht
allzu günstig. Wichtig ist eine möglichst frühzeitige Behandlung und so-
fortiger Transport in die Heimat. Für die Diagnostik zweifelhafter Fälle
ist die probatorische subkutane Tuberkulininjektion unerlässlich. Im Vorder-
grund der Behandlung steht die hygienisch-diätetische Kur. Daneben
kommen vorsichtige Tuberkulinbehandlung, Röntgen- und Sonnenbestrah-
lungen in Betracht. Für die militärische Verwendungsfähigkeit Tuber-
kulosekranker sind Ausdehnung und Charakter des Leidens massgebend.
Ulrich Berlin, Schömberg.
‚285. G. S, Banks, Tuberculous cases on active service. Report
to the Burgh Insurance (Committee). The Lancet, 5. Febr. 1916.
Mitteilung über 64 Männer, die vorher in einer Lungenheilanstalt
gepflegt wurden und zur Zeit im Felde stehen. Verf.’s Schlussfolgerung,
dass die Lebensumstände im Felde nicht ungeeignet wären zu einem guten
Allgemeinbefinden der nicht-aktiv-tuberkulösen ist: nur auf wenigen Fakta
gegründet und mindestens voreilig. J. Peerenboom.
150 Tuberkulose und Krieg.
286. Edw. E. Prest, Tuberculosis and the war. The Lancet,
4. März 1916. i
Verf. ist der Meinung, dass gerade im Anfange die Lungentuber-
kulose Heilanstaltsbehandlung erheischt. Die schon weit fortgeschrittenen
Fälle jedoch, die schon eine Zeitlang Infektionsquellen waren, zeigen in der
Anstalt manchmal nur eine geringe oder keine Besserung und deshalb
wird nun die Anstaltsbehandlung auch als ungeeignet für andere Fälle
verurteilt. Ausserdem fangen diese weit fortgeschrittenen Patienten nach
geringer vorübergehender Besserung ihr Familienleben wieder an und sind
also noch während längerer Zeit eine fortwährende Infektionsquelle für
ihre Angehörigen. J. Peerenboom.
287. Assmann, Die militärärztliche Untersuchung und Beurtei-
lung Tuberkulöser im Kriege. D. m. W. 1917 Nr. 6.
Perkussion und Auskultation haben „das Rückgrat für die Beur-
teilung zu bilden“. Die häufigsten Fehldiagnosen mit dieser Methode ent-
stehen bei übersehener Skoliose, ferner bei Herzfehler und Schilddrüsen-
vergrösserung. Letztere kann nicht nur durch Beiseitedrängen der Lungen-
spitze eine Dämpfung verursachen, sondern auch verdächtige Allgemein-
symptome machen. Hauptfrage: liegt inaktive Tuberkulose, oder ein
aktiver Prozess vor? Einen solchen zeigen katarrhalische Erscheinungen,
also besonders deutliche Rasselgeräusche, an. — Das wichtigste, eindeutige
Zeichen einer aktiven Tuberkulose ist natürlich der Bazillennachweis; von
Bedeutung ferner die objektive Feststellung subfebriler Temperaturen.
Es werden dann die spezifischen Untersuchungsmethoden besprochen.
Positiver Pirquet zeigt höchstens bis zum 5. Lebensjahr aktive Tuber-
kulose an, grösseren Wert hat der negative Ausfall. Ähnlich verhält es
sich mit der blossen Fieberreaktion bei der subkutanen Tuberkulininjektion,
wenn auch anzunehmen ist, dass aktive Herde auf geringere, inaktive
auf höhere Dosen reagieren. Von grösserer Wichtigkeit ist die Herd-
reaktion. Aber hierbei ist grosse Selbstkritik nötig. — Bei der Beur-
teilung des Röntgenbefundes ist grosse Vorsicht am Platze. Sehr
verbreitet ist die Diagnose: Hilusdrüsen und Peribronchialstränge bei ganz
normalem Befund. Spitzentrübungen kommen auch bei Skoliose, Struma,
nach Pneumonie etc. vor. Andererseits schliesst ein negativer Röntgen-
befund das Vorhandensein einer geringfügigen Spitzentuberkulose nicht
aus, Den grössten Wert hat der röntgenologische Nachweis einzelner
Herde. Auf die Frage nach der Aktivität oder Inaktivität eines Pro-
zesses vermag das Röntgenbild niemals sicheren Aufschluss zu geben. —
Zusammenfassung: Das praktische Urteil muss sich auf die Gesamtsumme
aller Ergebnisse gründen und vor allem den Allgemeineindruck berück-
sichtigen. Das Urteil „garnisonsverwendungsfähig“ sollte möglichst selten
gefällt werden. Alle aktiven Tuberkulosen, bei denen eine D. B. vor-
liegt, werden der Heilstätte zugeführt, wenn Erfolg zu erwarten ist; alle
aussichtslosen Fälle, und solche, bei welchen eine D. B. nicht in Frage
kommt, werden als d. u. entlassen. — Unter allen Aufnahmen innerhalb
eines halben Jahres, welche wegen Tuberkuloseverdacht eingewiesen wurden,
konnten nur in 43,7°/o, nämlich bei 222 Fällen, tuberkulöse Verände-
rungen nachgewiesen werden; von diesen wurden
52 als k. v. 17 als a. v. im Beruf 35 als d. u.
13 als g. v. 1 als a. v. für Arm.-Dienst 104 als bedürftig
Tuberkulose und Krieg. 151
der Heilstättenbehandlung erklärt. — Eine Umfrage durchschnittlich nach
4—5 Monaten ergab im allgemeinen, dass die Mannschaften der Ent-
scheidung entsprechend verwendet wurden und dass der Gesundheitszustand
befriedigend war. Weitere Nachforschungen sind in Aussicht genommen.
Kraemer II, Wilhelmsheim.
288. Hans Much, Tuberkulose. Allgemeines über Entstehung
und Bekämpfung im Frieden und Krieg. Frgebn. d. Hyg.,
Bakteriol., Immunitätsforsch. u. exper. Ther. 2 S. 628—667.
Entstehung und Heilung der Tuberkulose stehen im engsten Zusammen-
hang mit der Immunität, Tuberkulose-Immunität ist kein dehnbarer Be-
griff wie etwa „Gesamtkonstitution“, sondern eine zu jeder Zeit mittels
der Intrakutanprüfung mit Partialantigenen (mathematische Immunitäts-
analyse) genau messbare Grösse. „Der Tuberkelbazillus wirkt mit Partial-
antigenen. Jedes Partialantigen bildet einen Partialantikörper. Nur die
Summe der nötigen Partialantikörper macht eine wirksame Abwehr mög-
lich, — Neben der bisher fast ausschliesslich beachteten Blutimmunität
gibt es eine viel wichtigere: die Zellimmunität, Die Partialantigengesetze
haben für sie dieselbe Gültigkeit. — Für den Immunisierungserfolg können
sich die getrennten Bestandteile des Erregerleibes gegenseitig ungünstig
beeinflussen.“
Die Ansteckung erfolgt in der Kindheit. Führt sie nicht zum Tode,
so hinterlässt sie eine Immunität, die die meisten Menschen zeit ihres
Lebens vor einer neuen Erkrankung bewahrt. Diese in der Kindheit er-
worbene Immunität wird durch die ständige Berührung mit Tuberkel-
bazillen, der der Kulturmensch ausgesetzt ist, im Laufe der Jahre stets von
neuem ergänzt und. verstärkt. Durch die Prüfung mit Partialantigenen
kann man sich von der ständigen Bewegung im Immunitätszustande über-
zeugen. Während die Zellimmunität in kurzen Zwischenpausen ziemlich
unverändert bleibt, wechselt das Bild der Blutimmunität sehr schnell.
Beim tuberkulösen Menschen bedingt die Immunität den schleichenden
Verlauf der Krankheit. Dagegen nimmt die Krankheit einen schnellen
Verlauf, wenn gar keine Abwehrkörper vorhanden sind. Dies ist beim
Kinde und beim Erwachsenen aus undurchseuchter Gegend häufig der Fall.
Der Grund für die langsame Tuberkulose ist fast stets eine nicht völlig
ausgeheilte Kindheitsansteckung. Daneben kommen für ihre Entstehung
noch zwei weitere Möglichkeiten in Betracht: 1. Die Immunität ist niemals
ganz genügend, Verantwortlich hierfür ist eine zu grosse Erregermenge
bei der ersten Ansteckung oder eine angeborene oder durch mangelhafte
Ernährung in der Säuglingszeit erworbene Schwächlichkeit des Körpers.
2. Eine lange Zeit genügende Immunität wird durchbrochen. (Interkur-
rente Krankheiten, Entwicklungsjahre, Schwangerschaft, schlechte Ernäh-
rung und Wohnungsverhältnisse, Berufsschädlichkeiten, nervöse und
psychische Störungen) Gegenüber den auf endogener Reinfektion be-
ruhenden Erkrankungen spielt eine neue Ansteckung von aussen: eine
ganz untergeordnete Rolle.
Die verschiedenen klinischen Bilder der Hauttuberkulose (tuberkulöses
Geschwür, Lupus, Tuberkulide) sind Ausdrucksformen einer verschieden
starken Zellimmunität der Haut. Auch bei der Hauttuberkulose gehört
die Ansteckung von aussen wegen der sehr starken Zellimmunität der
Haut zu den Seltenheiten.
152 Tuberkulose und Krieg.
Bei der Kriegstuberkulose handelt es sich fast stets um endogene
Reinfektion. Etwa ?/3 der Erkrankten haben bereits früher an Tuber-
kulose gelitten, während '/s anamnestisch : keinerlei Anhaltspunkte für
frühere Tuberkulose bietet. Hier handelt es sich also um früher inaktiv
Tuberkulöse. Der Erkrankung geht stets eine Abnahme der Abwehrkräfte
voraus. Verantwortlich hierfür sind zahlreiche durch den Kriegsdienst
bedingte äussere ‚und innere Schädlichkeiten. Meistens handelt es sich
nur um eine Steigerung und Summation der auch im Frieden herrschenden
ungünstigen Verhältnisse. Als spezifische Kriegsschädigung kommt nur
die nervöse und psychische Erschöpfung in Betracht. Eine wesentliche
Rolle spielt der fieberhafte Bronchialkatarrh für die Abnahme der Par-
tialantikörper.. Das Trauma führt nur dann zu einer fortschreitenden
Tuberkulose, wenn es Tuberkuloseherde unmittelbar trifft. Während bei
der Tuberkulose des Friedens selbst in vorgeschrittenen Fällen meistens
noch Partialantikörper nachweisbar sind, fehlen diese bei der Kriegstuber-
kulose auch in Fällen, die klinisch noch keinen ungünstigen Eindruck
machen, häufig völlig. Allerdings bilden sich bei einem Teil dieser Fälle
unter dem Einfluss der hygienisch-diätetischen Kur wieder Partialantikörper,
go dass sich ihre Prognose wesentlich bessert. Der Rest der Fälle ver-
Jäuft meist rapid.
Auch in die Therapie der Tuberkulose hat die Entdeckung der Par-
tialantigene Licht gebracht. Alle Versuche, die Tuberkulose im Sinne der
passiven Immunisierung durch Sera zu heilen, sind bisher gescheitert und
gind auch völlig aussichtslos, denn die Sera enthalten stets nur einen Teil
der Partialantikörper. Selbst für den Fall, dass ein Scrum verwandt
wird, das mit aufgeschlossenen Tuberkelbazillen gewonnen wird und alle
‚Partialantikörper enthält, kann dies nicht zur Heilung führen, da es nur die
Blutstoffe enthält, die für die Tuberkulose viel wichtigere Zellimmunität
dagegen völlig unberücksichtigt lässt. In diesem Zusammenhang erfährt
Spengler’s J. K. eine vernichtende Verurteilung. Bleibt die aktive
Immunisierung mittels der Vakzientherapie. Auch die Versuche, durch
abgetötete oder abgeschwächte Erreger die Tuberkulose zu heilen, müssen
als gescheitert gelten. Die Tuberkuline enthalten neben den wasserun-
löslichen Fett- und Eiweissstoffen auch die wasserlöslichen Giftstoffe, das
reine Tuberkulin. Dieses ist schädlich, da es die Immunität durchkreuzt
und untergräbt.e. Ausserdem fehlen in den gebräuchlichen Tuberkulinen
einige für die Immunisierung notwendige Stoffe oder sind in nicht brauch-
barer, unaufgeschlossener Form vorhanden. „Eine Tuberkulinkur wird
nur in den Fällen Erfolg baben, wo 1. ein bestimmter Partialantikörper
bei schon anderen vorhandenen Partialantikörpern fehlt, insofern das dazu
gehörige Partialantigen im Tuberkulin in einer für den erkrankten Körper
verwen«baren Form vorhanden ist, und 2. wo durch Tuberkulinbehandlung
die schädliche Giftüberempfindlichkeit aufgehoben wird.“
Ganz anders liegen die Verhältnisse bei der Behandlung mit Jen
Partialantigenen. Einmal komnit hier das wasserlösliche Partialantigen,
das die für die Immunität schädlichen Giftstoffe enthält, überhaupt nicht
zur Verwendung, zum andern können die wasserunlöslichen Partialantigene
— Eiweiss-, Lipoid-Fettsäure-, Neutralfettantigen — einzeln und in ver-
schieden konzentrierter Lösung verwandt werden. Schliesslich werden
sie nur in völlig aufgeschlossener Form gebraucht. Der Gang der Behandlung
Tuberkulose und Krieg. 153
ist folgender: Jeder Behandlung hat eine Prüfung des Immunitätszu-
standes mittels abgestufter Intrakutanimpfungen mit den einzelnen Partial-
antigenen vorauszugehen. Sie lässt erkennen, welcher Partialantikörper
überhaupt fehlt oder unzureichend ist. Durch tausende von Untersuchungen
sind bestimmte Mittelwerte für die Partialimmunität gewonnen. Das Be-
streben der Immuntherapie geht nun darauf hinaus, zunächst den fehlen-
den oder unzureichenden Partialantikörper durch Einspritzung des dazu-
gehörigen Partialantigens in steigender Menge soweit herzustellen, dass
der Mittelwert erreicht ist. Erst wenn dies Ziel erreicht ist, sucht man
durch gleichzeitige Einspritzung aller 3 Partialantigene die Gesamtimmunität
gleichmässig zu heben. Die Kuren müssen je nach der Schwere des Falles
wiederholt werden. Die Erfolge sind sehr vielversprechend. Etwa 90°/o
der Fälle des I. und II. und 46°jo der des III. Stadiums werden erfolg-
reich behandelt. Fehlen sämtliche Partialantikörper, so darf die Partial-
antigentberapie nicht angewandt werden,
Die Immunitätsanalyse hat ergeben, dass der Immunitätsspiegel des
Körpers auch durch die unspezifische Therapie gehoben wird. Dies gilt
sowohl für die hygienisch-diätetische Kur, für Operationen bei chirurgischer
und Lungentuberkulose (Pneumothorax) wie in besonderem Masse für die
Bestrahlung mit Sonnen-, Röntgen- und Quarzlicht. Derartige Behand-
lungsmethoden ermöglichen häufig erst den Beginn der spezifischen Be-
handlung. Berlin, Schömberg.
289. H. Grau, Kriegstrauma und Lungentuberkulose. Tuber-
culosis, Sept. 1916.
G. kommt von allgemeinen Erwägungen über die traumatische Tuber-
kulose und ihre Entstehung auf die Fälle von Tuberkulose, die sich un-
mittelbar an die Brustverletzungen im Kriege, zumal an die Lungenschüsse
anschliessen. Er berichtet über acht Fülle von Brustschuss, die in der
Heilstätte Rheinland in Behandlung waren. Drei davon waren offene
Tuberkulosen, bei den übrigen geringe Veränderungen vorhanden (wie bei
den meisten Menschen!), bei keinem davon kam es zur Entwicklung einer
fortschreitenden Tuberkulose. Von neun Fällen mit stumpfen Verletzungen
des Brustkorbes waren 4 offene Tuberkulose (1 davon miliar). Bei weiteren 4
fanden sich geringe Veränderungen mit gutartigem Verlauf, und 1 war
eine ebenfalls gutartige geschlossene Tuberkulose. Der Prozentsatz aus-
gesprochener Tuberkulose ist im Vergleich mit meinen eigenen Erfahrungen
auffallend hoch. G. regt eine Sammelforschung an. Das zuverlässigste
Material dafür würden die Sterbeakten der Bezirkskommandos sein (Ref.).
` Meissen.
290. Grau, Die Tuberkulosegefahr des Krieges. Tbe.-Fiirs.-Bl.
1917 Nr. 3.
Bei der Tuberkulose wird durch weitverbreitetes Wirken disponierender
Umstände die Erkrankungsziffer erhöht, vermehrte Arbeit in zum Teil unge-
wohnten Berufen vermehrt bei verminderter Ernährung, besonders bei Fehlen
von Fettnahrung, die Tubeıkulosebereitschaft. Heimliche Schlachtungen ohne
Fleischbeschau können eine Quelle der Ansteckung werden. Die Zahl der
Tuberkuloseansteckungen und -todesfälle bei Kindern hat während des
Krieges zugenommen, ebenso bei den arbeitenden Frauen. Da die dis-
ponierenden Momente auch nach dem Kriege noch fortbestehen werden,
- [= o am e oi o a aM‘ ooul
154 Tuberkulose und Krieg.
müssen die Tuberkuloseabwehrmassnahmen schon jetzt mit allen Kräften
gefördert werden. Rehs, Davos.
291. A.J. Cemach, Die Unterbringung tuberkulöser Soldaten im
vorgeschrittenen Stadium. M. m. W. 1917 Nr. 4.
Es ist gelungen, der Kriegsseuchen Herr zu werden. Dadurch sind
Kräfte und Mittel frei geworden und es ist daher an der Zeit, mit der-
selben wissenschaftlichen Rüstung und der gleichen Tatkraft einer weiteren
Seuche entgegenzutreten — der Tuberkulose.
Im Kriege wird die Ausbreitung der Tuberkulose durch mannigfache
Umstände begünstigt und beschleunigt. Latente Herde werden manifest,
bestehende leichte Spitzenprozesse werden zur progredienten Phthise.
Ausserdem werden Gesunde in Massen infiziert (die Frage der Reinfektion
muss einer Revision unterzogen werden). Solche Leute erfreuten sich früher
der besten Gesundheit (was natürlich das Vorhandensein eines latenten
Herdes nicht ausschliesst) und erkrankten erst im Kriege unter subjektiven
Symptomen. Die Kranken und Verwundeten an der Abteilung des Verf.s
wurden unterschiedslos einer diagnostischen Tuberkulomuzin-Injektion unter-
zogen. Im Sommer 1915 reagierten 14—25%o, im Winter 18—28°/o
und im Sommer 1916 22—45°/o! Das stete Anwachsen der Muzinempfind-
lichkeit spiegelt die rasch zunehmende Ausbreitung der Tuberkulose wieder,
die sprunghafte Steigerung der letzten Zeit fübrt Verf. auf die Einberufung
der mindertauglichen, früher zurückgestellten Mannschaften zurück.
Es ist höchste Zeit zur Abwehr, doch darf dieselbe weder öffentlicher
Wohltätigkeit, noch privater Initiative überlassen bleiben, sie muss vielmehr
ebenso zentralisiert und einheitlich organisiert werden, wie die Bekämpfung
der akuten Seuchen. Unterschätzung der Tuberkulose als Kriegsseuche
widerspricht dem militärischen Interesse. In diesem Erschöpfungskriege
gewinnt die Ökonomie des Menschenmateriales neben der Streckung aller
anderen Vorräte eine überragende Bedeutung. Die Tuberkulose gehört in
das Verzeichnis der Kriegsseuchen. Sie lässt sich infolge ihrer Chronizität
nicht ganz ausrotten wie die Cholera, ihre Ausbreitung kann nur gehemmt
werden. Was gelingen kann ist: die Verhütung der Übertragung
der Krankheit auf Gesunde. Der Krieg hat uns hiezu eine Waffe
in die Hand gegeben, die wir früher vermisst haben, die aber jetzt nahezu
gar nicht ausgenützt wird, das ist die durch die militärische Organisation
gegebene Möglichkeit der Isolierung.
Der Zweck dieses Artikels ist der Hinweis auf die Gefahr der von
den Schwertuberkulösen ausgehenden Infektion. Viel gefährlicher als die
jetzt seltenen und leicht kenntlichen des letzten Stadiums sind die weitaus:
zahlreicheren Kranken des zweiten Stadiums, welche unerkannt und oft
den eigenen Zustand verkennend sich frei unter den Gesunden bewegen.
Die Entfernung dieser Fälle aus der Truppe ist der wichtigste Teil der
Aufgabe. Bei der Truppe Aufklärung (Merkblätter). Abschiebung durch
den Truppenarzt aller Leute mit suspekten Beschwerden und nicht ein-
deutigem Befunde als „tuberkuloseverdächtig“ zwecks weiterer Untersuchung
nach rückwärts. Erste Sortierung bei der Divisionssanitätsanstalt oder im
Feldspital. Wirklich Verdächtige grundsätzlich ins Hinterland. Absonde-
rung beim Transport. In den Spitälern des Hinterlandes müsste dann
die endgültige Trennung der leichten, mittelschweren und schweren Fälle
erfolgen. Die Voraussetzung hiefür — grosse Anzahl zweckentsprechender
Tuberkulose und Krieg. 155
Krankenanstalten — ist bisher noch nicht gegeben. Nach den bisherigen
Ergebnissen ist das Gros der Militärspitäler dieser Aufgabe nicht nur nicht
gewachsen, sondern im Gegenteile, es fördert die Ausbreitung der Tuber-
kulose durch Spitalinfektion. Auf der Abteilung des Verf.’s konnte
dieser bereits eine Anzahl von solchen im Spitale erworbener Infektionen
beobachten. Desbalb müsste die Durchmusterung der Kranken vor allem
in Quarantänestationen erfolgen; als solche könnten die bereits für
die Kriegsseuchen vorhandenen Anstalten verwendet werden. Die Diagnose
wird auf Grund der Sputum- und Fieberkontrolle, ferner durch
das Röntgenverfahren und durch spezifische Injektionen (Verf.
empfiehlt besonders das Tuberkulomuzin) gestellt. (Die physikalische Unter-
suchung verlangt Verf. merkwürdigerweise nur für jene Fälle, bei denen
Tuberkulomuzin kontraindiziert ist, sowie für „alle unsicheren Fälle“.)
Auf diese Weise würden alle Tuberkulösen durchgesiebt. Latente
Fälle, deren Zahl auf etwa ?/s des so identifizierten Materials geschätzt wird,
wären zu Hilfsdiensten zu bestimmen. Für offene Tuberkulose müssten
Spezialanstalten aus staatlichen Mitteln errichtet werden. Wäre die Tuber-
kulose als Kriegsseuche nicht so unterschätzt, so wäre die Errichtung eines
grossen zentralen „Kriegsspitales“ im Mittelgebirge die Frage weniger Monate.
Es könnten aber auch bereits bestehende Spitäler adaptiert werden.
Den fortgeschrittenen Phthisikern müsste durch entsprechende Ver-
ordnungen der \Veg zur Truppe ganz gesperrt werden. Prognostisch un-
günstige Fälle sind dauernd zu internieren und entsprechend zu behandeln.
Besserungsfähige Fälle wären nach Entlassung aus der Spitalsbehandlung
— vorausgesetzt, dass sie sicher keimfrei sind — ihrem bürgerlichen Berufe
zurückzugeben oder zu leichtem Hinterlandsdienste zu verwenden. Zur
Entscheidung muss hauptsächlich das Urteil des behandelnden Arztes
massgebend sein. |
Die Ausführung seiner Vorschläge hält Verf. für einfacher als die
Bekämpfung der akuten Seuchen. Er schliesst mit den Worten: „Hoffentlich
wird recht bald eingesehen werden, dass auch ein energischer Feldzug gegen
die Kriegstuberkulose zu einer dringenden, unabweislichen Notwendigkeit
geworden ist.“ A, Baer, Sanatorıum Wienerwald.
292. Bekämpfung der Tuberkulose, Errichtung von Fürsorge-
stellen. Erlass des k. k. Ministeriums des Innern vom 2. Januar
1917. Osterr. Arztekammerbl. 1917 Nr. 8.
„Die grosse Ausbreitung der Tuberkulose unter den heimkehrenden
Kriegern sowie unter der Bevölkerung des Hinterlandes, zumal unter den
Kindern, lässt es dringend notwendig erscheinen, den Kampf gegen die
Tuberkulose auf der ganzen Linie aufzunehmen und neben der Errich-
tung von Anstalten der verschiedenen Art (Tuberkuloseabteilungen bei
Krankenanstalten, Lungenheilstätten, Erholungsheime usw.) die Fürsorge-
bewegung kräftig zu fördern, wo sie schon vorhanden ist, und neu ins
Leben zu rufen, wo Ansätze dazu noch nicht besteben.“
Dieser dankenswerte Erlass, der geeignet ist, die durch den Krieg
s0 machtvoll geförderte Antituberkulosebewegung in Österreich zu unter-
stützen, gibt in 14 Punkten den Anhalt für die Organisation der Für-
sorgebewegung. Hervorgehoben sei folgendes: Als unbedingt notwendige
Funktionäre der Fürsorgestellen werden bezeichnet ein Fürsorgearzt (im
Haupt- oder Nebenamt) und eine Fürsorgeschwester (nur im Hauptamt),
a O
156 Tuberkulose und Krieg.
beide entsprechend besoldet. Zur Errichtung sind ausser den bestehenden
Vereiniguugen, die sich der Tuberkulosebekämpfung widmen, berufen:
die autonomen Faktoren (Land, Gemeinde), die Österr. Gesellschaft vom
Roten Kreuz, die Krankenkassen und ähnliche Institutionen. Die Kosten für
Errichtung und Betrieb werden mit 10000 K. jährlich angenommen, wozu
staatliche Hilfe leider nur „fallweise in Erwägung gezogen“ wird. Die
einzelnen Stellen werden einer Bezirkszentrale, alle diese in einen Lande
einer Landeszentrale für Tuberkulosefürsorge unterstellt und die Gesamt-
organisation wird ihre Zusammenfassung im Ministerium des Innern finden,
Für die Wirksamkeit werden folgende Richtlinien angegeben: Die Unter-
suchung des Kranken bat sich auch auf die Feststellung des mikrosko-
pischen Befundes zu erstrecken; Behandlung kommt den Fürsorgestellen
ebenfalls zu, soweit die Kranken nicht anderweitig in Behandlung stehen
(auch spezifische Behandlung); im übrigen wird sich die ärztliche Leistung
vorwiegend auf die Krankheitsverhütung erstrecken (Abgabe iu
entsprechende Anstalten, Isolierung innerhalb der Familie, Erziehung zur
Reiulichkeit, Versorgung des Auswurfes, Förderung der richtigen Ernäh-
rung), sowie auf Über wachungder aus den Anstalten Entlassenen. Durch
Anlegung eines Grundbuches werden die Tuberkulösen evident geführt für
spätere statistische Verwertung. „Die Fürsorgestellen sind als Anstalten
der öffentlichen Gesundheitspflege und nicht als einfache Abgabestellen
für Lebens- oder gar Geldmittel aufzufassen.“ Die Militärverwaltung wird
ersucht, zu veranlassen, dass die wegen Tuberkulose beurlaubten oder
superarbitrierten Heeresangehörigen den politischen Behörden zur Verstän-
digung der Fürsorgestellen bekanntgegeben werden. Für entsprechende
Vorbildung der Fürsorgeärzte werden Stipendien und Fortbildungskurse
in Aussicht genommen. Es werden nur körperlich geeignete und ent-
sprechend ausgebildete Schwestern angestellt, für welche ein angemessenes
Gebalt, Versorgung im Erkrankungsfalle und angemessene Ruhebezüge
vorzusehen sind, Geschulte Desinfektoren werden zur Mitwirkung heran-
gezogen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
293. Beschorner, Ein Beitrag zur Ernährungsfrage der Tuber-
kulösen im Kriege. Tuberculosis, Dezember 1916.
Übersichtliche Angaben und Anleitungen, wie man in der gegenwärtigen
Kriegszeit den besonderen Nahrungsbedarf des Tuberkulösen nach Möglich-
keit genügen kann. Die unrichtige Annahme, dass Gewichtszunahme und
Besserung der tuberkulösen Krankheitsvorgänge gleichbedeutend seien, ist
schon vor dem Krieg oft, freilich vergeblich gerügt worden. Jn den
Lungenheilstätten hat man aber jetzt die Erfahrung gemacht, dass die
Heilerfolge nicht schlechter geworden sind, obwohl die Gewichtszunahmen
fehlen oder hinter denen der Friedenszeit zurückstehen. Beschorner's
Beitrag ist nützlich und wertvoll. Es hätte vielleicht etwas deutlicher be-
tont sein müssen, wer eigentlich der gemeinte „Tuberkulöse“ ist, für den
ein besonderer Nahrungsbedarf biologisch begründet ist. Was geht nicht
alles unter dem Namen „tuberkulös“! Leute, bei denen eine leichte
Spitzendämpfung „herausgeklopft“ ist, ebenso wie die ausgesprochen aktiven
Fälle, die wirklich bedürfiigen! Und selbst diese haben ein Kostmass,
wie es noch immer sogar in .manchen Lehrbüchern vorgeschrieben ist,
ganz gewiss nicht nötig. Der Krieg mag manchem Tuberkulösen hart
ee at Tan
wm
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 15%
zusetzen, im ganzen aber lehrt er uns, dass wir in manchen Dingen in
arge Übertreibung geraten waren. Meissen.
294. H. Weicker, Über die Beschäftigung und Beaufsichtigung
der lungenkranken Mannschaften in der Lungenheilstätte.
Zschr. f. Tbe. 27 H. 5.
Die Bewegungs-, Beschäftigungs- und Arbeitstherapie muss in den
Lungenheilstätten weiter ausgebaut werden als bisher. Sie ist einmal er-
forderlich wegen der Muskelübung, Stoffwechselanregung, besseren Immuni-
sierung sowie aus psychischen Gründen und zum andern, um den Patienten
vor Selbstschädigung durch Leichtsinn in der Liegekurfreien Zeit zu be-
wahren. Deshalb ist eine strenge, planmässige Aufsicht unbedingtes Er-
fordernis. Sie ist in militärischen Genesungsheimen am besten durchzu-
führen. Als Beschäftigungsarten kommen in Betracht: Freiübungen,
Spaziergänge, Beschäftigung im Wald, Garten, Feld, Wicse und in ver-
schiedenen Werkstätten der Anstalt. Da die Kur in den Volksheilstätten
12 Wochen dauert und diese Kurdauer im allgemeinen auch für die
Militärgenesungsheime vorgesehen ist, empfiehlt es sich, die Patienten in
vier Gruppen einzuteilen, und zwar derart, dass die I. Gruppe die Patienten
der 1.—3. Woche, die II. Gruppe die Patienten der 4.—b. Woche usf.
umfasst. Gruppe I hat 4, Gruppe Il 3, Gruppe III 2 und Gruppe IV
1 Liegekuren. Je nach der Krankenzahl sind die einzelnen Gruppen in
so und soviel Kolonnen zu je 10 Mann einzuteilen. Die Aufsicht in
jeder Kolonne führt ein Unteroffizier oder Gefreiter. Bettlägerige werden
in die Gruppen nicht einrangiert. Die Einteilung in die vier verschiedenen
Gruppen ist nicht allein von der Zeit der Kur, sondern vor allem von
dem Zustand der Patienten abhängig, so dass manche, nachdem sie der
I. Gruppe, der Beobachtungsgruppe, angehört haben, sofort etwa der
Il. Gruppe überwiesen werden können, andere wieder längere Zeit in
einer der ersten Gruppen bleiben müssen. In den einzelnen Gruppen
selbst lässt sich durch die Untereinteilung in Kolonnen die Beschäftigungs-
therapie noch weiter individunlisieren., Als Arbeit, bzw. Beschäftigung,
kommen je nach der Jalıreszeit in Betracht: Schneebeseitigung, Schnee-
mannbau, Nistkästenbau in’der Tischlerei, Kulturanpflanzungen im Walde,
leichte Holzarbeiten, Garten-, Feld- und \Wiesenarbeiten leichter Art u.
del. m. Die Abende sollen durch Vorträge, Gesangsübungen u. dgl.
ausgefüllt werden. Berlin, Schömberg.
II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
18. Hans Seiler- Aug:burg, Die Tuberkulose nach der Todesursachen-.
Erkrankungs- und Versicherungsstatistik und ihre Bedeutung für die
Volkswirtschaft. insbesondere für das Versicherungswesen. ZEryän-
zungshefle zum Deutschen Statistischen Zentralblatt. Heft 9. Verlag von B, G,
Teubner in Leipzig und Berlin 1916. 9, Seiten. Preis 3.60 IM.
Die Tuberkulosestatistik stösst naturgemäss auf grosse Schwierigkeiten. Eine
für das kanze deutsche Reich geltende Anzeigepflicht für Tuberkußoseerkrankungen
besteht nicht. Das Kaiserliche Gesundheitsamt stelit eine Statistik auf, welche
158 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
aber in der Hauptsache Todesursachenstatistik ist. Auch diese muss ungenau
sein. Teils fehlt überhaupt ärztliche Behandlung, teils wird die Diagnose nicht
gestellt, oder der Kranke unterliegt schliesslich einer interkurrierenden Krankheit,
obwohl die Tuberkulose letzten Endes als eigentliche Todesursache angesehen werden
muss. Die besten Resultate ergeben die Aufzeichnungen der Heilanstalten, Kran-
kenkassen, staatlichen und privaten Versicherungen usw. Im Laufe der Jahre
wird mit Wahrscheinlichkeit all dieses statistische Material mit grösserer Genauig-
keit bearbeitet werden, wenn erst einmal die Wichtigkeit der statistischen Erhebungen
dem Arzt in Fleisch und Blut übergegangen sein wird, aber es lassen sich doch
schon heute aus den vorliegenden Zahlen wichtige Schlüsse auf die Entstehung
und Ausbreitung der Tuberkulose ziehen, welche der Bekämpfung der Erkrankung
zum Nutzen sein können. — In deutschen Orten mit 15000 und mehr Einwohnern
starben von 100000 Einwohnern in den Jahren 1871 bis 1881 durchschnittlich
357,7 (an Lungenschwindsucht allein), von 1907 bis 1911 184,3 (an Tuberkulose
überhaupt). In der Gegenwart stirbt in Deutschland jeder 11. Mensch an Tuber-
kulose, im erwerbsfähigen Alter (15 bis 60 Jahre) jeder 4. Die Tuberkulosesterb-
lichkeit im allgemeinen geht jedoch in den europäischen Ländern zurück. Als
Ursache hierfür ist die auf Grund der Entdeckung des Tuberkelbazillus einsetzende
energische Bekämpfung der Erkrankung durch hygienische und soziale Mass-
nahmen anzusehen. Wichtige Aufschlüsse gibt die Beteiligung der Tuberkulose
an Alter und Geschlecht. Alkoholiker zeigen gegenüber der Allgemeinheit eine
geringere Sterblichkeit an Tuberkulose. Es mag dies damit zusammenhängen,
dass für die Berufe, die zum Alkoholismus zu neigen pflegen, wie Steinsetzer,
Erdarbeiter, Hilfsarbeiter im Maurer- und Gastwirtsgewerbe, Brauer u. a., eine be-
sonders kräftige Konstitution erforderlich ist, welche der 'Tuberkulose erheblichen
Widerstand entgegenzusetzen vermag. Dass Beruf, Wohlstand, soziale Lage und
Rasse einen gewaltigen Eınfluss auf die Tuberkulose-Mortalität ausüben, ergibt
die Statistik mit Klarheit. — Ähnliche Ergebnisse zeitigt die Statistik der Tuber-
kuloseerkrankungen. Sie stützt sich auf die Angaben der Krankenkassen, unter
denen die Leipziger Ortskrankenkasse wertvolles Material liefert, und die Heil-
anstalten. Die Zahl der Behandelten hat ausserordentlich zugenommen. Die
Behandlungsdauer ist gesunken, die Heilerfolge sind trotzdem besser geworden,
dafür sind aber auch die Behandlungskosten für den einzelnen Kranken bedeutend
gestiegen. — Die Reichsversicherung hat alles Interesse daran, jeden Kranken
möglichst frühzeitig zur Wiederherstellung seiner Erwerbsfühigkeit einem geeig-
neten Heilverfahren zuzuführen. Durch die Angestelltenversicherung kommt diese
Wohltat weiten Kreisen zugute. Die privaten Lebensversicherungsanstalten haben
sich jedoch bisher in der Mehrzahl dem Gedanken der Lebensverlängerung durch
eine entsprechende Kur gegenüber ablehnend verhalten. Daher sind diese Ver
sicherten im Erkrankungsfalle auf sich selbst angewiesen und können dadurch in
grosse Not geraten. Andererseits weigert sich die Versicherung sogar, Personen
mit beginnenden Erkrankungen oder solche mit phthisischem Habitus in die Ver-
sicherung aufzunehmen, es sei denn, dass sie eine sehr erheblich höhere Prämie ent-
richten. Es gibt jetzt schon Versicherungen, die besondere Abteilungen für derartige
Personen haben. Aber im allgemeinen wird auch das private Versicherungswesen
sich weiter ausbauen müssen und dadurch wird die Reichsversicherung an dem
Kampfe gegen die Tuberkulose in hervorragendem Masse Anteil gewinnen.
Hans Müller.
19. Medizinalstatistische Nachrichten. Siebenter Jahrgang. 1915/1916. 2. Heft.
Das Heft bringt Zusammenstellungen über:
1. Die Sterblichkeit der Gesamtbevölkerung des Preuss. Staates nach Todes-
ursachen und Altersklassen im Jahre 1914.
2. Die Sterblichkeit der Kreisbevölkerung des Preuss. Staates nach Todes-
ursachen und Altersklassen im Jahre 1914.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 159
3. Verschiedenes. Die Krankenversicherung in Preussen und im Deutschen
Reich im Jahre 1913, zur Taubstummenstatistik in Preussen am 1. I. 1915
und die Sterblichkeit an Tuberkulose in Preussen in den Jahren 1876—1914.
1914 (1913) starben in Preussen 766828 (620455) Personen, von 10000 Ein-
wohnern an Tuberkulose 13,87 °/o (13,65 °/o), an Lungenentzündung 11,84 0/0 (12,03 °/o),
an Krankheiten der Atmungsorgane 8,29 /o (7,85 %/o).
Werden die übertragbaren Krankheiten allein ig Betrachi gezogen, so ergibt
sich, dass an ihnen 151542 gleich 19,75°%/o (145801—23,51°/6) Personen gestorben
sind, darunter an Tuberkulose 58577 — 7,64 °/0 (56 861—9,16°/o).
Verfolgt man die Sterbeziffer bis 1875 zurück, so war sie am höchsten für
1875 mit 26,3 (auf Tausend lebende Personen berechnet). Die Sterbeziffer für
1914 stellt sich auf 18,2. Die günstigste Sterbeziffer mit 14,9 hat sich seit 1875
für das Jahr 1913 ergeben. Das Jahr 1911 mit der Sterbeziffer 17,2 zeigt einen
. vorübergehenden Rückschlag, der durch die ungewöhnliche Sommerhitze verur-
sacht war.
Die hohe Sterbeziffer im Berichtsjahr ist hauptsächlich auf den Krisg zurtck-
zuführen.
Hinsichtlich der Sterbeziffer in den einzelnen Regierungsbezirken steht der
Landespvlizeibezirk Berlin mit 14,6 vom 1000 aller Lebenden am günstigsten da.
Die Sterbefälle an Tuberkulose sind von 1876—1914 von 79770 auf 58577
zurückgegangen. Das sind 21193 oder 26,57°,o weniger.
Bei den Männern ist die Zahl von 43723 auf 30218 gesunken, das sind
13505 oder 30,89 °,o, bei den Frauen von 36047 auf 28359, das sind 7688 oder
21,33°/o weniger.
Bei der Berechnung der Sterbefälle an Tuberkulose auf 10000 Lebende ist
die Sterbeziffer von 30,95 °/o im Jahre 1876 auf 13,37% 0 im Berichtsjahr gefallen,
bei den Männern von 34,41 "o auf 14,470, bei den Frauen von 27,59% 0 auf 13,29° 0.
Die Sterbeziffer ist im allgemeinen bei den Männern ungünstiger als bei den
Frauen, dagegen gestaltete sich der Rückgang der Sterblichkeit bei dan Männern
günstiger als bei den Frauen. Die Abnahme der Tuberkulose in Preussen ist im
grossen und ganzen eine stetige. Schellenberg, Ruppertshain i.T.
20. Anti- Tuberculosis Bulletin. Published monthly by the Philippine Islands
Anti-Tuberculosis Society, Manila, member of the Nutional Association for the
Study and Prevention of Tuberculosis, U.S.4.
Diese Monatsschrift wird seit 1915 zu Manila von der Gesellschaft zur Be-
kämpfung der Tuberkulose auf den Philippinen ia englischer und spanischer
Sprache herausgegeben. Wie aus der Überschrift ersichtlich, ist die Gesellschaft
ein Glied der grossen Vereinigung zur Erforschung und Bekämpfung der Tuber
kulose in den Vereinigten Staaten. Das „Bulletin“ hat sich die Erziehung zum
Kampf gegen die Tuberkulose auf den von den Amerikanern glücklich eingeheimsten
und den Spaniern entrissenen Philippinischen Inseln zur sicher löblichen Aufgabe
gestellt, indem es in gemeinverständlicher Form über das Wesen, die Gefahren
und die Mittel zur Verhütung und Bekämpfung der’ Tuberkulose belehren will.
Mit dem besten Verständnis soll Jebbaftere Teilnahme und kräftige Mitarbeit an
der Weltbewegung gegen die Tuberkulose auch auf diesen Inseln geweckt werden,
wo die Krankheit anscheinend recht verbreitet ist, ihre Bekämpfung aber noch
sehr im argen liegt.
Die Schriftleitung des Zentralblattes stellte dem Ref. eine Anzahl Nummern
des 2. Jahrganges (1916) zur Verfügung. Wie sich schon aus dem Zweck ergibt,
den das Bulletin verfolgt, wird man wissenschaftliche Abhandlungen, die Neues
zu bringen versuchen, darin vergeblich suchen, so dass der Referent als solcher
kaum etwas zu tun findet. Es muss aber anerkannt werden, dass die Monatschrift
ihre Aufgabe recht geschickt zu lösen bestrebt ist, und ihre Belehrungen über
alle Fragen aus dem Gebiete der Tuberkulose in anregender, knapper und ver-
160 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
ständlicher Form bringt. Mehr kann ja in einem halbwilden Lande vorläufig
nicht getan und nicht erwartet werden. Man muss den Unternelimern aufrichtig
guten Erfolg wüuschen.
An Schwierigkeiten scheint es nicht zu fehlen, wie aus einem Artikel des
Herausgebers „Pessimism versus Optimism* in der Oktobernummer 1916 hervor-
geht. Der Artikel wendet sich gegen Äusserungen eines „Pessimisten“ in der
spanischen Zeitung „La Vanguardia*, der die Bestrebungen der Anti-Tuberculosis
Society herabgesetzt hatte. Die Erwiderung sieht in dem Angriff klugerweise
zunächst das Interesse an der guten Sache, und betont, dass man selten zu prak-
tischen Ergebnissen gelangt, wenn man sein Ziel zu hoch steckt. Er tadelt aber
die Angriffe gegen eine gemeinnützige Vereinigung, bei der nur der Sekretär
einen bezahlten Posten hat, während alle übrigen nur für den Zweck Mühe und
Arbeit auf sich nehmen. Man müsse sich einstweilen bescheiden, an grössere
und bekanntere Aufgaben für die Wohlfahrt der Bevölkerung könne man nur
allmählich und mit der Zeit herangehen. Das würde aber ganz von selbst kommen,
wenn man auf dem begonnenen Wege weiterschreite, noch vorhandene Mängel
oder Fehler würden sich beseitigen und vermeiden lassen.
Die wissenschaftliche Ausbeute der vorliegenden Nummern ist, wie gesagt,
nicht nennenswert. Es handelt sich um kürzere Belehrungen und Erörterungen
über die verschiedenen Fragen aus dem Gebiet der Tuberkulose, wie wir sie seit
Jahrzehnten bei uns kennen, wie sie uns längst geläufig sind, die aber dort den
Leuten erst eingeprägt und verständlich gemacht werden müssen. Vielfach sind
sie aus amerikanischen Zeitschriften entnommen. Witze, Scherze, sogar kleine
Theaterstücke aus dem Gebiet der Tuberkulose im Leben spielen ausserdem eine
Rolle: Man muss immer festhalten, dass gemeinverständliche Belehrung beab-
sichtigt ist.
Als Beispiel mögen die Gewohnheitsregeln der „Illinois Open-air Crusaders“
angeführt sein, die im Bulletin abgedruckt sind. Diese „Crusaders“ sind Vereine
von Schulkindern im Staate Illinois als „Kreuzfabrer* gegen die Tuberkulose:
Sorge für frische Luft bei der Arbeit und beim Spiel.
Lebe soviel wie möglich im Freien.
Schlafe mit offenen Fenstern oder auf der Veranda.
Atme durch die Nase mit geschlossenem Mand.
Bade täglich, mindestens aber einmal wöchentlich.
Halte die Kleider rein und heil.
Sitze stets aufrecht in der Schule.
Hilf dem Lehrer den Schulraum sauber und luftig halten.
Fordere auch im Kino (moving-picture show), dass der Saal rein und luftig sei (!).
Reinige deine Zähne, zumal abends vor dem Schlafengehen.
Dulde keinen Schmutz oder Abfall auf deiner Strasse.
Vermeide sorgsam auf öffentlighen Strassen und Plätzen auszuspucken.
Iss reichlich gute Nahrung.
Bitte Angehörige und Freunde, dass sie dir helfen, diese Regeln zu halten.
Trage stets dein Abzeichen und singe das Freiluft-Kreuzfahrer Lied.
(Open-air Crusader Song.)
Meissen, Essen.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A, Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer
Ärstlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Hamburg.
Redaktion:
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wittbg.
Dr. Oskar de la Camp
o. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Klinik,
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Verlag
Curt Kabitzsch Verlag,
Würzburg.
Ludwigstrasse 231/4.
11. Jahrg.
Ausgegeben am 30. Juni 1917.
—. —
Nr. 6.
——
Inhalt
zum XII. Sonderheft über Literatur zur Lungenkollapstherapie.
Adams, A. 187.
Aubert 190.
Bard, L. 182,
Barjou 189.
Bernard 182.
Beschorner 201.
Billon, L. 185,
Birke 207.
Bochalli 205, 207.
v. Bonsdorff, A. 185.
Brecke 206.
Bull, P. 186.
Büttner 183.
Carleton, H. 187.
Carpi, U. 190.
Castaigne 190.
Colebrok 182,
Cordier 185.
Courmont, P. 189.
Curschmann 245, 207.
Devie, A, 185.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen bezielien sieh auf die Seiten.)
Dumarest, F. 192. ı Krause, A. K. 180,
Evans, D G. 187. | Krogh 178.
Freudenfeld 202. i Kronberger, H. 188.
Freymuth 206. | Leuret, E. 190.
Galeotti 178. | Liebe 207.
da Cardi, A. 184. 'v. Linden 200.
Gaudy 191. | Lindhard 178.
Geinitz, R. 183. | Macri 178.
Gwerder, J. 185. | Morland, E. 187.
Heim, F. 183, 133. | Murard, Ch. 192.
Henriques, V. 179. | Muttray 208.
Hervc 187, 192. | v. Noorden, C. 195.
i Birseb, J S. 183.
Jacobaeus 188.
Jeanneret-Minkine 18%,
| 188,
Kaminer, S. 195.
Kirchner 201.
Kofred, A. 154,
Köhler, F. 2ul.
' Kraemer, C. 197.
| Palasse, E. 1%.
Paraf 182. l
Pearson, 8. V. 187.
Perrin, M. 190.
ı de Pfeffel, C. 181.
| Pischinger 203, 206
Real, C, 183.
| Rist 181.
I. Übersichtsbericht.
ı Packard, E. N. jr. 191.
| Ritter 204.
' Robinson, 8, 192.
| Rohrer, F. 177.
| Rollier, A. 199.
| Roubier, Ch. 192.
| Ruediger 2%0°.
| Rundle, C. 182.
v. Scheibner 207.
ı Singer, H. 157.
: Spengler, L. 163, 193.
: Starekloff 206.
Sterling, S. 184.
Strauss 208.
Tomaszowski, Z. 180.
! Wallgren, A. 192.
Warburg, O. 177.
Wehmer 206.
Wichmann 203.
Windrath, F. 188.
Winterstein, H. 179.
Ziegler 205.
Lucius Spengler-Davos, Kritische Übersicht über den derzeitigen Stand der Frage
der plastischen Operationen bei Lungentuberkulose.
II. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Normale und pathologische Physiologie,
295. Rohrer, Die Grösse des schädlichen
Raumes der Atemwege. — 29. Warburg,
Über dıe Rolle des Eisens in der Atmung des
Seeigeleis nebst Bemerkungen über einige durch
Eisen beschleunigte Oxydationen. — 297. Ga-
leotti und Macri, Über die Perspiratio in-
sensibilis unter normalen und pathologischen
Bedingungen. — 298. Krogh und Lindhard,
Über die von den Respirationsbewogungen
bedingten Schwankungen des Gaswechsels und
Blutstroms in den Lungen des Menschen, —
299. Henriques, Untersuchungen Über die
Verbrennung in den Luugen und einige Be-
merkungen über die Bestimmung der Gase des
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11.
Blutes. — 300. Winterstein, Neue Unter-
suchungen über die physikalisch -chemische
Regulierung der Atmung.
b) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie.
| 301. Tomaszowski, Histologische Ver-
| änderungen der normalen und mit Tuberkulose
infizierten Lunge unter dem Einfluss des künst-
| lichen Pneumothorax. — 302. Krause, Some
| unusual eonsequences ofartifieial pneumothorax.
I — 208. Rist et Pfeffel, Exsudats & Cosino-
philes et aA mastzellen au cours du pneumo-
thorax. — 304. Bernard et Paraf, L'origine
des «panchements pleuraux consécutifs aux
pneumothorax chez les tubereuleux. — 305.
11
162
Colebrok, The evolution of artifieial pneumo-
thorax in the treatment of phthisis. — 306.
Rundle, Pleural effusion following artificial
pneumothorax.
c) Dingnose und Prognore.
307. Bard, Des conditions de prodnetion
du souffle amphorique dans le pneumothorax
artificiel. 308. Heim und Jeanneret-
Minkine, Les pseudoräles fibrineux. — 509.
Real, Ergebnisse der physikalischen Uhter-
suchung bei der Kollapslunge nach Pneumo-
thorax und Thorakoplastik. — 310. Heim und
Joanneret-Minkine, Les räles propares,
causes d’errenr dans l'auscultation des tuber-
culeux. 311. Hirsch, Roentgenographic
control of tbe pneumothorax treatment of
pulmonary tuberculosis. — 312. Büttner-
Wobst, Die Fraenkel-Albrecht'sche Eintei-
lung der chronischen Lungentuberkulose im
Röntgenbild. — 313. Kofred, Uber die Ar-
beitsfühigkeit der Patienten, behandelt mit
künstlichen: Pneumothorax. — 314. Sterling,
Beitrag zum künstlichen Pneumothorax. —
315. A. da Gardi, Il pneumotorace simidio
diagnostico nell’ esame radiologico dei feriti al
torace,
d) Indikationen und Therapie.
316. Gwerder, Eutspannungspneumo-
thorax auf Grund symptomatischer Indikation.
— 317. Cordier et Devie, L'nsufflation
d'une caverne pulmonaire au cours do l'opéra-
tion de Forlanini. — 318, Billon, Considera-
tions sur 100 cas de pneumothorax artiliviel
antiseptiquo dans la tuberculose pulmonaire, —
319. Windrath, Beitrag zur Pneumothorax-
behandlung gefahrdrohender Blutungen.
320. Bull, Die extrathorakale Thorakoplastik
als Behandlung der Lungentuberkulose.
321. v. Bonsdorff, Erfahrungen bei der Be-
handlung des tuberkulösen (spontanen) Pneu-
mothorax.
e) Technik.
322. Morland, The technic of artifieial
pneumothorax. — 323, 324. Adams, Pearson,
Local anaesthesia ìn artificial pneumothorax —
325. Hervé., De lexcision galvanique des
brides pleurales au cours des traitements par
le pneumothorax. 326. Carleton and
Inhalt.
Evans, The induction of a'tifieial pneumo-
thorax. — 327, Singer, Zur Empyembehand-
lung mittelst Kanüle. — 328. Kronberger,
Zur Theorie und Technik der extrapleuralen
Thorakoplastik. — 329. Jacobaeus, Endo-
pleurale Operationen unter der Leitung des
Thorakoskopes.
f) Klinische Falle.
330. Geinitz, Beitrag zur Frage des
Chylotborax und Zur Therapie des tuberku-
lösen Chylothorax. 331. Courmont et
Barjou, Pneumothorax sileneieux: pleuresie
purulente, evacuation avec injertion d'azote
Gucrison. — 332. Castaigne, Pneumothorax
complet symptömes fonctionels. — 333. Perrin,
Pueumothorax artificiel compliqué de pneumo-
thorax à soupape et de perforation spontanée
de la paroi thoracique. — 334. Carpi, Un caso
di tisi pulmonare curato colla toracoplastica
extrapleuriea. — 335 Palnsse, Pneumothorax
avec omphyseme souscoutandg spontane chez
un tuberculeux,. — 336. Leuret et Aubert,
Seconde observation de suppuration pleuro-
pulmonaire avec hémoptysies graves traitce et
gucrie par le pneumothorax artificiel. — 337,
Gaudy, Un cas de pyo-pnenmothorax putride
à évolution aigvë au cours d'une tuberculose
pulmonaire. — 338. Packard jr., Gangrene of
the lung following artiticial pneumothorax. —
339. Wallgren, Uber Spontanpnenmoihorax
als eine zu dem künstlichen Pneumothorax
hinzutretende Komplikation.
g) Allgemeines.
340. Hervé, Aperçu sur une nouvelle
thérapeutique de la tuberculose pulmonairo
pneumothorax et heliotherapie. — 341. Du-
marest et Murard, Cinq ans đe pratique
du pneumothorax artificiel, Resultate. — 342.
Murard, Les complications pleurales du
pneumothorax artificiel. — 313. Roubier, Le
pneumothorax tuberculeux bilatéral. 344.
Robinson, Thoracie diseases, tlıe status of
surgical therapy.
h) Bibliographie.
345. Spengler, Arbeiten über Lungen-
kollapstherapie.
III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
21. C v. Noorden und S. Kaminer, | experimentellen Tuberkulose des Meerschwein-
Krankheiten und Ehe. 22. C. Kraemer,
Das Tuberkulin. 23. A. Rollier, Die
Sonnenbehandlung. Ihre therapeutische und
soziale Bedeutung. 24, Gräfin v. Linden,
Erfabrungen der Kupferbehandlung bei der
—
IV. Kongress- und
6. 21. Generalversammlung des Deutschen
Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuber-
kulose am 23. Mai 1917 in Berlin. 7. Ver-
sammlung des Vereins der Lungenheilanstait»-
ehens und bei den verschiedenen Formen der
Tuberkulose dos Menschen. — 25. F. Kühler,
Die Tuberkuloseforschung in den Kriegsjabren.
— 26. Eine nene amerikanische Zeitschrift: The
American Review of Tuberculosis.
Vereinsberichte.
Ärzte in Berlin am 2%. Mai 1917. — 8 Sitzung
des Lupus- Ausschusses des Deutschen Zentral-
komitees zur Bekümpfung der Tuberkulose am
23. Mai 1917 in Berlin.
Übersichtebericht. 163
L. Übersiehtsbericht.
—
Kritische Übersicht über den derzeitigen Stand der Frage
der plastischen Operationen bei Lungentuberkulose.
Von Lucius Spengler-Davos.
Quincke empfabl im Jahre 1888 zur Behandlung der „chronischen
infiltrierenden“ Form der Lungentuberkulose, sowie besonders der tuber-
kulösen Kavernen die Mobilisation der Brustwand durch Rippenresektion.
Die Resektion wurde vorn ausgeführt.
Unabhängig von Quincke trat Karl Spengler in den Jahren
1890/91 mit der Anregung an die Öffentlichkeit, bei der kavernösen Phthise
den Thorax durch eine „extrapleurale Thorakoplastik“ zu mobilisieren.
Die Ausdehnung der Plastik solle der Schwere und der Ausdehnung der
bestehenden Lungenerkrankung entsprechen. Der Eingriff wurde hinten
auf Grund des „Periskapularschnittes“ ausgeführt. Um Wirbelsäulever-
krümmungen zu vermeiden, durchschnitt Karl Spengler die frei präpa-
rierten Rippen dicht vor dem Tuberkulum, hinter dem Angulus costae,
nachdem Periost und die umgebenden Weichteile durch eine unter die
Rippe geführte und mit Kraft hinter die Resektionsstelle gezogene Gaze-
schleife zurückgedrängt worden waren.
Turban vertrat 1899 die Meinung, dass „eine an beliebiger Stelle
vorgenommene Verkleinerung der Brustwand dem ganzen Innenraum der
betreffenden Seite zugute komme“. Eine Eindellung der unteren Partie
bewirke indirekt auch eine Retraktion der Spitze. Dies trifft sicherlich
nicht zu bei bestehender Pleuraobliteration, für die Spitze auch nicht bei
freiem Pleuraspalt und für die übrigen Thoraxpartien nur bei freiem
Pleuraspalt (Thoraxeinengung über Empyemhöhlen). Es geht dies sowohl
aus den gemachten Erfahrungen als auch besonders aus den experimentellen
Untersuchungen Edens hervor. Eden konnte bei freiem Pleuraspalt
einen Kollaps der Spitze selbst dann nicht beobachten, wenn die Plastik
bis zur dritten Rippe (einschliesslich) hinaufreicht.
Die günstigen Erfolge der Behandlung der einseitigen Lungentuber-
kulose mittelst der funktionellen Rubigstellung der Lunge durch den arti-
fiziellen Pneumothorax sind unbestritten. Wo ausgedehnte Pleuraverwach-
sungen bestehen, ist diese Behaudlungsmethode jedoch nicht durchführbar.
Brauer gab uns nun in seinen „Erfahrungen und Überlegungen zur
Lungenkollapstheräpie“, die Antwort auf die Frage, in welcher Weise solche
Fälle einer erfolgreichen, chirurgischen Behandlung zugänglich gemacht
werden können. Hier tritt au Stelle des Pneumothorax die ausgedehnte,
extrapleurale Thorakoplastik. „Sie muss, falls sie den gleichen
Effekt ausüben soll, wie ein gut gelungener, grosser Pneumothorax ent-
sprechend gross sein; sie ist eine Form der Lungenkollapsmethode. Sie hat
nicht nur den Zweck, eine Anregung zu weiterer Schrumpfung zu geben,
sie soll — wie die Pneumothoraxtherapie — die Lunge ruhig stellen und
kollabieren Jassen.“
Die Erfahrung lehrt untrüglich, dass der komplette künstliche Pneumo-
thorax die besten Resultate zeitigt. Dabei sei die Möglichkeit nicht bestritten,
1]*
164 Übersichtsbericht.
gelegentlich auch durch einen partiellen Kollaps einen guten Erfolg er-
reichen zu können. Folgerichtig hätten wir also von der totalen extra-
pleuralen Thorakoplastik, wie eie ursprünglich in Form der totalen
Entknochung von Brauer empfohlen und von Friedrich ausgeführt
wurde, also von der vollständigen funktionellen Ruhigstellung der Lunge
durch diesen Eingriff, dasselbe Resultat zu erwarten. Dies ist jedoch, ganz
abgesehen von der Schwere dieser das Leben bedrohenden Operation, nicht
zutreffend. Die totale Thoraxentknochung, ohne Erhaltung des Periosts,
beraubt die Thoraxwand jeder Stütze. Sie bedingt paradoxes Atmen,
Mediastinalflattern und Zirkulationsstörungen. Die kranke Lunge ist wohl
auf ein Minimum kollabiert, aber nicht ruhiggestellt, sondern zufolge der
paradoxen Atmung in ständiger Bewegung.
Um die Gefahren der totalen Brauer-Friedrich’schen Plastik
zu umgehen und dabei doch einen vollständigen Kollaps zu erzielen,
änderte Brauer die Form und Technik vollständig, wobei es ihm in der
Tat gelang, die krankseitige Thoraxbhälfte „plastisch umzuformen“, Becker
hat die Technik dieser Thorakoplastik, die Brauer selbst ausführt, ein-
gehend beschrieben. Brauer operiert meist zweizeitig und zerlegt den
Eingriff in mehrere Teile. Lokalanästhesie nach Schumacher. Um dem
Zwerchfell einen grösseren Halt zu geben, lässt er die 10. Rippe womög-
lich stehen. Wegen der Aspirationsgefahr soll zuerst der untere Abschnitt
und dann erst der obere komprimiert werden.
Die untere Plastik umgreift gewöhnlich die 4. bis 9. Rippe ein-
schliesslich. Hinten muss bei der Resektion der Rippen ganz weit über
den Angulus hinübergegangen werden, während vorn etwas längere Rippen-
stümpfe stehen bleiben, um die Gefahr einer zu starken Mediastinalver-
schiebung zu beseitigen. Das Periost bleibt völlig erhalten, indem die
Rippenstücke von vorn und hinten durch quer über die Rippe verlaufende
Schnitte trocken aus ihm abgelöst werden. Die ganze Muskel- und
Periostmasse bleibt unter dem nicht abgetrennten Lappen.
Im zweiten Eingriff wird die 3. und 2. Rippe vom hinteren Schnitt
her durchgezogen, und von der ersten Rippe entfernt Brauer ein 3—4 cm
grosses Stück. Um einen minimalen Muskeldefekt zu setzen, verläuft der
vordere Schnitt entsprechend dem Faserverlauf des Pectoralis.
Die Vorteile dieser Form der Totalplastik bestehen im Fehlen
jeder Funktionsstörung am Arm zufolge des kleineren Wundgebietes, der
Erhaltung der Interkostalmuskeln, der Nerven und Gefässe, sowie der
weitgehenden Schonung der Muskulatur. Die Entstellung des Kranken
ist eine geringe. Das Absinken der Schulter fehlt, denn sie ist in die
Tiefe eingepflanzt und daher gestützt. Der Kollaps der Lunge ist ein
idealer und, da eine Rippenneubildung stattfindet, erfolgt völlige Fixie-
rung des Skelettes in der gewünschten Lage. Es tritt kein paradoxes
Atmen, kein Mediastinalflattern auf.
Der extrapleuralen Thorakoplastik ist stets der Pneumothorax-
versuch vorauszuschicken, denn nur er gibt sicheren Aufschluss
über den Zustand der Pleura. -Nicht obliterierte Abschnitte der Pleura
erschweren die Operation in dem Sinne, als mit ihrer Grösse die Gefahr
des Einreissens der Pleura costalis zunimmt. Reisst sie ein, so entsteht
dadurch ein Operationspneumothorax, eine Komplikation, die den Kranken
um so mehr gefährdet, je grösser der Pneumothorax wird und je grösser
Übersichtsbericht. 165
die der Plastik zugrunde liegende Lappenbildung ist. Durch Anwendung
des Druckdifferenzverfahrens ist einem solchen Zwischenfall am erfolgreich-
sten zu begegnen.
Ursprünglich empfahl Friedrich bei seiner grossen Totalplastik rasches
Öperieren und entfernte von einem Schede’schen Lappenschnitt aus die
10. bis 2. Rippe von der Wirbelsäule bis zum vorderen Knorpelansatz. Er
liess bei seinen ersten Fällen die 1. Rippe stehen, von der Voraussetzung
ausgehend, dass eine genügende Einengung des Spitzengebietes durch eine
nachträgliche Senkung der ersten Rippe erfolgen würde. Diese Senkung
kann jedoch nicht immer erwartet werden (Sauerbruch, Harras), wovon
auch ich mich bei zwei meiner von Friedrich operierten Fälle überzeugte,
An Stelle der Resektion der 1. Rippe setzte Friedrich später die Apikolyse,
die stumpfe, manuelle Lösung der Pleura costalis rings um die ganze Lungen-
kuppe herum. Doch auch hiervon kam er zurück und resezierte auch die
1. Rippe. Rippenperiost und Interkostalmuskulatur werden entfernt. Später
empfahl Friedrich langsames Operieren, Stehenlassen eines Teiles des
Rippenperiosts sowie eines vorderen Rippenabschnittes.
Die von einem axillären Längsschnitt aus vorgenommene Plastik
wurde schon von Carl Spengler mit Recht als wenig wirkungsvoll ab-
gelehnt, ebenso von Sauerbruch.
Um dieGefalhren dereinzeitigen,ausgedehnten Operation
zu umgehen, zerlegte sie Sauerbruch in zwei Teile, dabei von dem
Standpunkt ausgehend, dass über das ein- oder mehrzeitige Vorgehen der
Kräftezustand des Kranken und die Leistungsfähigkeit des Operierenden
entscheiden solle. Zur Umgehung der Aspirationsgefahr wurde dabei prin-
zipiell mit vollem Recht der erste Eingriff über dem Unterlappen vorge-
nommen. Der zweite Eingriff, über dem Oberlappen, wird in der Regel
von einem paravertebralen oder auch vorn von einem parasternalen Schnitt
aus ausgeführt, wobei jedoch ein genügender Kollaps nur durch ausgedehnte
Rippenresektion zu erreichen ist. Sauerbruch geht nach der folgenden
Methode vor, dabei, wie wir später sehen werden, mit gutem Grunde be-
tonend, dass es eine typische Operation für alle Fälle nicht gebe,
„Von einem paravertebralen Bogenschnitt (Hakenschnitt) aus werden
die unteren Rippen von hinten her in einer Ausdehnung von 15 bis 20 cm
entfernt, die resezierten Stücke der oberen Rippen werden nach oben hin
allmählich kürzer. Es lässt sich mit dieser Technik ein guter Kollaps er-
zielen, der noch dadurch verstärkt werden konnte, dass die Skapula mit
ihrem medialen Rande unter die paravertebral stehen gebliebenen Rippen-
stümpfe verlagert wurde. Der endgültige Kollaps war aber nicht so voll-
ständig wie bei der Brauer-Friedrich’schen Totalplastik. Wo maxi-
male Retraktion und Ruhigstellung nötig erscheinen, empfiehlt sich die
Brauer-Friedrich’sche Plastik in zwei Sitzungen.“ Sauerbruch’s
Methode erfordert die Resektion der 1. bis 10., event. 11. Rippe.
Mit der Wilms’schen „Pfeilerresektion“ kann eine Thoraxein-
engung, wie sie als Ersatz des künstlichen Pneumothorax gedacht ist, nicht
erreicht werden. Der Effekt der Pfeilerresektion ist gering und sie ist des-
halb nur da indiziert, wo es sich bei den schon vorhandenen Schrumpfungen
bloss um eine Entspannung oder eine „Anregung zu weiterer Schrumpfung“
handelt. Wilms sah denn auch selbst ein, dass seine Methode für schwere
Erkrankungen nicht genüge. Er resezierte zufolgedessen immer grössere
166 Übersichtsbericht.
Rippenstücke und dehnte die Resektion immer weiter nach unten, d. h. auch
auf die 9., 10. und sogar 11. Rippe aus. Damit wurde aus der Pfeiler-
resektion eine Plastik, wie sie Sauerbruch übt.
Etwas bessere Resultate liefert die Pfeilerresektion bei freiem Pleura-
spalt, also bei der Einengung von Empyemhöhlen, wofür sie schon von
Boiffin empfohlen wurde. Wie gering die durch die Pfeilerresektion er-
reichte Verkleinerung des Brustraumes ist, zeigt Eden durch seine Tier-
experimente.
Es ist wohl selbstverständlich, dass die oben besprochenen Typen
der extrapleuralen Thorakoplastik in Form und Ausdehnung
jedem einzelnen Falle angepasst werden müssen. Es gilt dies besonders
für grosse Unterlappenkavernen, die erfolgreich nur durch eine totale
Brauer-Friedrich’sche Plastik über den entsprechenden Abschnitten
oder durch die oben beschriebene Brauersche Plastik mit Erhaltung des
Rippenperiosts erfolgreich beeinflusst werden können. Sodann gab ich schon
früher (Korrespondenzblatt für Schweizer Arzte 1913, Nr 33) der Ansicht
Ausdruck, dass trotz Resektion der 1. Rippe und Resektion der Clavicula
das schwierigste Problem der Thorakoplastik die ausreichende Beeinflussung
kortikaler Spitzenkavernen bleibt. Solche Kavernen kollabieren zufolge der
genannten Eingriffe nur in den allerseltensten Fällen völlig. Husten und
Auswurf bleiben bestehen und der Kranke ist wegen des Misserfolges un-
tröstlich. In einzelnen Fällen vergrösserten sich zufolge der Operations-
reaktion die Kavernen sogar nach unten hin. Die in zwei solcher Fälle
von einem Axillarschnitt aus vorgenommene sekundäre Apikolyse mit Aus-
füllung der entstandenen Höhle durch eine Paraffinplombe hatten den
entmutigenden Erfolg, dass die Plomben ausgestossen wurden und die
Kavernen trotz Tamponade mit all ihren Symptomen wieder in Erscheinung
traten,
Phthisen mit kortikalen Spitzenkavernen können nach meinem
Dafürhalten auf dem Wege der Plastik nur dann dauernd günstig beein-
flusst werden, wenn in der folgenden Weise vorgegangen wird. Es muss
unbedingt zweizeitig operiert werden und zwar wegen der durch die gleich
zu erwähnende Art der Ausschaltung der Spitzenkavernen in vermehrtem
Masse bestehenden Gefahr der Aspiration. Zweckmässig, ja notwendig
wird auch die vorgängige Entleerung der Kaverne durch Quincke’sche
Lagerung sein. Sodann soll die vorausgeschickte untere Plastik ein
Ausweichen der durch die obere Plastik betroffenen Lungenpartien
nach unten hin möglichst hindern. Der untere Eingriff muss mit
Rücksicht auf Umfang und Form wohl der bestehenden Erkrankung
angepasst werden, darf jedoch die Thoraxwand im Interesse des Effektes
der oberen Plastik ihrer Stütze nicht berauben. Das Rippenperiost
muss daher, besonders beim ausgedehnten Eingriff, nach Möglichkeit
erhalten bleiben. Ich erinnere an Brauer’s Vorgehen. Ein bewegliches
Mediastinum bringt aus demselben Grunde unserem Vorschlag Nachteile,
ein derbes Mediastinum dagegen Vorteile. — Nach einigen Wochen folgt
dem ersten unteren Eingriff der obere. Dabei wird paravertebral vorge-
gangen und durch eine etwas ausgedehntere Resektion auch der ersten
und zweiten Rippe genügend Raum geschaffen, um die Spitze soweit
ablösen zu können, als es die Grösse der Kaverne angezeigt erscheinen
lässt. Die nachfolgende Tamponade garantiert den gewünschten Kollaps.
Übersichtsbericht. 167
Wird der Brauer’schen Plastik die Ablösung der Spitze mit nachfolgender
Tamponade beigefügt, so entspricht sie unserem Vorschlag.
Bestehen bei einer für die Pneumothoraxbehandlung in Frage kom-
menden Lungentuberkulose Kavernen, so müssen wir stets mit der Tatsache
rechnen, dass im Gebiete der Kaverne so solide Pleuraverwachsungen be-
stehen, dass sie einen Erfolg der genannten Behandlungsmethode in Frage
stellen können. Bekanntlich werden die ältesten und derbsten Pleura-
verwachsungen in der Regel in den Lungenspitzen gefunden.
In den oberen Abschnitten der Lunge lokalisieren sich auch meist
die kavernösen Prozesse. So trifft es leider recht oft zu, dass der Erfolg
der Pneumothoraxbehandlung an dem Bestehen mehr oder weniger ausge-
dehnter, unlösbarer Pleuraadhäsionen in der Thoraxkuppe oder gar im
Bereiche des ganzen Oberlappeus scheitert, indem in den durch den ge-
setzten Lungenkollaps unbeeinflussbaren Gebieten diejenigen Krankheits-
prozesse etabliert sind, dìe das Krankheitsbild beherrschen. Man ist davon
zurückgekommen, den bestehenden unwirksamen Pneumothorax eingehen
zu lassen und danach die kranke Lunge durch eine grosse Plastik zum
Kollaps zu bringen, denn es hat sich gezeigt, dass der Vorschlag von Sauer-
bruch und Elving, in solchen Fällen bei bestehendem Pneumo-
thorax eine lokale Plastik anzulegen, grosse Vorteile bietet.
Auch Wilms empfiehlt unter solchen Verhältnissen die Pfeilerresektion.
Die Vorteile sind einleuchtend. Der basale Pneumothorax schliesst die
Aspirationsgefahr aus und wir kommen meist mit einer lokalen, wenig
ausgedehnten Plastik zum Ziele. Das Operieren über bestehendem Pneu-
mothorax ergibt auch da gute Erfolge, wo wandständige und grosse
Kavernen eine Plastik mit Ablösung der Lungenspitze und nachfolgender
Tamponade erfordern, wovon ich mich an meinem eigenen Krankenmaterial
wiederholt überzeugen konnte. Von Vorteil ist es, wenn Pleura und Mittel-
fell durch das lange Bestehen des Pneumothorax resistent geworden sind.
— Vor der Operation muss der Druck im Pneumothoraxraum herabgesetzt
werden (Muralt), da die durch sie bedingte Einengung der oberen Thorax-
partien den Druck im Pneumothoraxraum erhöht. Auch empfieblt Muralt
mit Recht die Vornabme wiederholter Druckprüfungen in der ersten Zeit nach
der Operation, um einem Überdruck durch Entnahme von Gas vorbeugen
zu können. Sodann ist der Pneumothorax während längerer Zeit (etwa
ein Jahr lang), so zu unterhalten, dass sich die unteren Lungenpartien
gauz allmählich wieder entfalten können. Dabei dürfen keine stark
negativen Druckwerte im Pneumothoraxraum entstehen, weil solche die
kollabierte Oberlappeukaverne an ihrem definitiven Zusammenfallen und
Ausheilen hindern würden.
Noch günstiger liegen die Verhältnisse für eine über dem Oberlappen
unter den soeben besprochenen Bedingungen auszuführende lokale Plastik,
wenn im Pneumothoraxraum ein Exsudat besteht oder früher bestanden
hat. Die mechanischen Vorbedingungen sind günstiger. Das unter dem
Einfluss des Exsudates starr gewordene Mediastinum weicht weniger aus
und die derbe Pleura gibt dem Druck von oben weniger nach. Auf der
anderen Seite verlangen jedoch die starren intrapleuralen Verbältnisse
eine sorgfältige Regulierung des Druckes im Pnenmothoraxraum vor und
nach der Operation. Das Exsudat muss vor dem Eingriff auf ein Minimum
reduziert werden und sein akutes Stadium seit geraumer Zeit abgelaufen sein,
168 Übersichtsbericht.
Nicht selten dehnen sich die unteren Partien der, Lunge iu einem
Pneumothoraxexsudat, besonders mit der Resorption desselben, vorzeitig
wieder aus. Tritt, was glücklicherweise selten der Fall ist, „Schwarten-
schrumpfung“ hinzu, so kann der Erfolg der Pneumothoraxtherapie nicht
nur in Frage gestellt, sondern der Zustand der zu früh wieder ausge-
dehnten unteren Lungenpartie sich so verschlimmern, dass eine Unter-
lappenplastik notwendig wird (Muralit).
Wir empfahlen einem Kranken die lokale Oberlappenplastik
verbunden mit Ablösung der Lungenspitze und nachfolgender Tamponade
unter folgenden Umständen. Bei dem Patienten war nach langjährigem
Kurgebrauch ein doppelseitiger Prozess vollständig ausgeheilt bis auf eine
Kaverne in der Spitze der rechten Lunge. Diese Diagnose stützte sich
auf eine über viele Monate ausgedehnte genaue Beobachtung. Da der
aus 2 bis 3 bazillenhaltigen Ballen bestehende tägliche Auswurf sich in
keiner Weise änderte, die Kaverne nicht kleiner wurde und dem Kranken
die Möglichkeit eines langen weiteren Kurgebrauches benommen war, führte
Sauerbruch vor 1!/s Jahren die geplante Operation aus. Aspiration
erfolgte bei der geringen Sputummenge nicht. Der Patient verlor Husten
und Auswurf völlig und ist seit einem Jahre voll arbeitsfähig. In diesem
Falle bestand ohne Zweifel auch die Indikation für eine Paraffinplombe.
Ich lehnte jedoch dieses Verfahren ab mit Rücksicht auf die Tatsache,
dass die Plomben nicht allzu selten früher oder später ausgestossen werden
oder sich senken.
Um erkrankte Oberlappenpartien zum Kollaps zu bringen, führte
Tuffier schon 1910 die Pneumolyse aus. Er löste nach Resektion
der zweiten Rippe die Lungenspitze extrapleural ab und unterhielt den
geschaffenen Hohlraum durch Stickstoffnachfüllungen, wovon er jedoch
bald zurückkam. Er setzte an Stelle dieses Vorgehens die Fettplombe.
G. Baer empfiehlt die Pneumolyse mit sofort nachfolgender Pa-
raffin-Vioform-Bismut-Plombe Das Paraffin wird nicht resorbiert und
ist stets zur Verfügung, heilt aber nicht ein, bleibt also Fremdkörper.
Das Fett heilt ein, wirkt daher nach einer gewissen Zeit nicht mehr als
Fremdkörper, unterliegt aber wohl deshalb einer teilweisen Resorption
oder bindegewebigen Umwandlung. Ausserhalb der Kliniken stösst die
Beschaffung des nötigen Fetts oft auf Schwierigkeiten.
Dass sowohl Fettplomben als Paraffinplomben gelegentlich ausge-
stossen werden, ist ohne weiteres zu erwarten. Einmal kann trotz aller
Sorgfalt, besonders bei grossen Plomben, eine Infektion von aussen erfolgen.
Ferner schliesst die extrapleurale Pneumolyse Verletzungen der Pleura,
die sie bakteriendurchlässig machen, nicht aus. Es kommt aber auch zu
aseptischen Ausstossungen zufolge des Fremdkörperreizes, was bei der Pa-
raffinplombe häufiger der Fall sein dürfte als bei der Fettplombe.
Bei dreien meiner Patienten wurden Plomben gesetzt, bei zweien eine
Paraffinplombe und einmal eine Fettplombe. Die letztere sitzt nach zwei
Jahren noch, zeigt jedoch Zeichen von Resorption. Die Paraffinplomben
wurden beide bald ausgestossen, wobei sich herausstellte, dass die eine
die Wand der durch sie komprimierten Kaverne usuriert hatte. Einen
ähnlichen Fall sah Jessen. Sauerbruch beobachtete unter 28 Pa-
raffioplomben 7 Ausstossungen und Tuffier unter 14 Fettplomben
Übersichtebericht. 169
4 Ausstossungen, während Wilms auf 5 Fettplomben keine Ausstossung
zu verzeichnen hat.
Ist es zu einer Ausstossung der Plombe gekommen, so wird die extra-
pleurale Höhle locker tamponiert (Sauerbruch). Handelte es sich um
eine Plombe als selbständige Operation, so kann man nach Schluss der
Wunde eine Resektion folgen lassen. War die ausgestossene Plombe
dagegen als Ergänzungsoperation einer Plastik ausgeführt, so muss die
Tamponade nach und nach etwas fester gemacht werden, um dem Aus-
dehnungsbestreben der Lunge entgegenzuwirken. — Dieses Ausdehnungs-
bestreben der Lunge beinträchtigt naturgemäss den Effekt jeder Pneumolyse, .
der keine Plombierung des entstandenen Hohlraumes folgt.
Wenn wir uns ins Gedächtnis zurückrufen, welche Anforderungen
wir eingangs an die Lungenkollapstherapie stellten, und uns zugleich ver-
gegenwärtigen, dass der Effekt einer Plombe im wesentlichen von ihrer
Grösse abhängt, mit ihrer Grösse jedoch die ihr anhaftenden Gefahren
(Infektion, Verdrängungserscheinungen, Ausgestossenwerden usw.) wachsen,
so resultiert für ihre Anwendung eine recht bescheidene Indikations-
breite.
G. Baer hat die Indikationen in seiner Arbeit vom Jahre 1914
wesentlich anders gefasst als in der von 1913, wo er noch sagt: „Die
Operation ist gedacht als eine Ergänzung resp. Erweiterung des Lungen-
chirurgiegebietes bei Tuberkulose, in einer Reihe von Fällen als ein voll-
wertiger Ersatz der bisher geübten thorakoplastischen Operationen mit
gleicher Indikationsbreite.“ Im Jahre 1914 steckt sich Baer „bescheide-
nere Ziele und wählt nur die Herdtuberkulose der Lungen als Angriffs-
objekt aus“. Er versteht darunter Fälle mit räumlich beschränkten, gut
abgegrenzten Herden, sei es mit oder ohne Kavernenbildung, bei denen
sehr ausgesprochene Schrumpfungstendenz besteht und aktive progrediente
Prozesse ausgeschlossen werden können. „Durch partielle Ausschaltung
der Lunge, nur soweit sie krank ist“, will Baer lokale Krankheitsherde
der definitiven Heilung zuzuführen suchen. Dass bei dieser Indikations-
stellung mit der Plombe gelegentlich Erfolge erzielt werden, sei nicht
bestritten. Vergessen wir jedoch nicht, dass es sich dabei nicht um einen
eigentlichen Lungenkollaps handelt, sondern um eine Eindellung der Lunge.
An Versuchen, im Pneumothoraxraum bestehenden Ver-
wachsungen durch einen intrapleuralen chirurgischen Eingriff
beizukommen, fehlt es nicht. Es handelt sich dabei vornehmlich um
strangartige Adhärenzen. Es ist bekannt, dass in solchen Strängen Käse-
herde und zusammengepresste Kavernen gefunden wurden und dass sie
meist zahlreiche, oft grosse Blutgefäsee enthalten, Saugman erlebte
nach doppelter Unterbindung und Durchtrennung einer solchen band-
förmigen Adhäsion eine tödliche Blutung in den Pneumothoraxraum,
Jessen ging in einem solchen Falle vom Interkostalschnitt aus ähnlich
vor. Es erfolgte eine Infektion der Pleura. Jacobaeus durchtrennt
unter Leitung des Thorakoskops kaustischh Sauerbruch glückte die
intrapleurale Ablösung mehr flächenhafter Adhbärenzen wiederholt mit
vollem Erfolge.
Der Besprechung der thorakoplastischen Operationen, die
bei tuberkulösen Pleuraergüssen in Frage kommen, muss ich
einige Bemerkungen vorausschicken über die weitgebende Änderung der
170 Übersichtsbericht.
Ansichten, die sich besonders in den letzten Jahren über die klinische
Bedeutung der Pleuraergüsse, sowie über die der Pleura zukommende
Resistenz gegenüber Bakterien vollzogen hat. Durch die Beobachtungen
einer Reihe von Autoren ist es erwiesen, dass der tuberkulöse, pleuritische
Erguss auf den Verlauf der Grundkrankheit in sehr vielen Fällen eine
günstige Wirkung ausübt. Hierbei spielt einmal die rein mechanische
Wirkung eine Rolle, andererseits sind aber auch biologisch-serologische
Faktoren im Spiel. Durch die Pleurareaktion werden biochemische Stoffe
gebildet, die den Krankbheitsverlauf günstig beeinflussen. Nach H. Königer
erlangen die mechanischen Verhältnisse erst dort eine grössere Bedeutung,
wo die chemische Pleurawirkung zurücktritt, nämlich in den vorgeschrit-
tenen und rasch fortächreitenden Fällen von Tuberkulose.
Ferner konnte Nötzel (zitiert bei H. Königer) durch seine Ex-
perimente den Beweis liefern, dass der gesunden Pleura eine sehr
grosse natürliche Resistenz gegenüber Bakterien zukommt, sowie dass nicht
nur die operative Eröffnung des Pleuraraumes (offener Pneumothorax)
sondern auch der geschlossene Pneumothorax von einer gewissen mittleren
Grösse ab diese natürliche Resistenz erheblich vermindert.
Nach diesen Erfahrungstatsachen und Feststellungen, die für die
Behandlung der Pleuraergüsse von grosser Bedeutung sind, hätten wir
also in jedem einzelnen Falle abzuwägen, ob wir von den mechanischen
Verhältnissen oder der chemischen Pleurawirkung mehr Vorteile zu er-
warten haben. Es gehört nicht in den Rahmen unserer Zeilen festzu-
stellen, in welchen Fällen von exsudativer Pleuritis und unter welchen
Umständen die einfache Punktionsbehandlung oder der teilweise Ersatz
des Ergusses durch Stickstoff indiziert ist. Dagegen müssen wir uns etwas
eingehender beschäftigen mit der Behandlung des sterilen, tuberku-
lösen Empyems im geschlossenen Pleuraraum. Wo es immer angeht,
sollte der Versuch gemacht werden, diese Ergüsse konservativ zu behan-
deln. Es gelang mir in zwei Fällen von nur seit kurzer Zeit bestehenden,
steril gewordenem Empyem durch wiederholtes Abpunktieren kleiner Ex-
sudatmengen das Leiden zur Heilung zu bringen. Parallele Fälle bekomnit
man oft zu sehen im Verlaufe der Pneumothoraxbehandlung. Selbst unter
stürmischen Erscheinungen aufgetretene, mischinfizierte Pneumothoraxex-
sudate werden unter der konservativen Behandlung nach und nach steril,
dicken ein und formen sich schliesslich plastisch um zu einer dicken
Schwarte. Gelingt es nicht, ein steriles tuberkulöses Empyem durch die
einfache Punktion zu heilen, so sind die wiederholt abgelassenen Exsudat-
mengen jeweilen durch entsprechend kleinere Mengen Gas zu ersetzen.
Über auf diesem Wege erreichte Heilungen haben verschiedene Autoren
berichtet. Der Erfolg hängt dabei im wesentlichen ab von dem Alter
des Empyems und damit vom Zustande, d. h. der noch bestebenden
Elastizität der Pleura pulmonalis, sowie vom Zustande der Empyemlunge.
Je älter das Empyem ist, desto derber sind in der Regel die Pleura-
schwarten, je schwerer die tuberkulöse Erkrankung der Lunge, desto
geringer ihre \Wiederentfaltungsfähigkeit und somit um so wahrscheinlicher
das Zurückbleiben einer Empyemresthöhle Um aus dem sterilen Empyem
nicht ein infiziertes zu machen, empfehlen wir in solchen Fällen nicht
die Dauerdrainage nach Bülau oder Perthes, sondern eine über dem
geschlossenen Empyem auszuführende Thorakoplastik, welches Verfahren
Übersichtsbericht. 171
für die Heilung der kranken Lunge und der Empyemresthöhle die gün-
stigsten Aussichten bietet. Dabei wird vorgegangen, wie folgt.
Einige Tage vor der Plastik wird das Empyem ausgiebig abpunktiert
und dabei der Erguss derart durch Gas ersetzt, dass am Schluss dieses
Eingriffes im Pleuraraum ein stark negativer Druck vorhanden ist. Meist
gelingt es nur auf diese Weise, das Empyem bis auf kleine Reste zu
entfernen. Nach der Plastik ist durch Ablassen von Gas der Druck im
Pneumothoraxraum so zu regulieren, wie in den oben beschriebenen Fällen
von Plastik über einem bestehenden basalen Pneumothorax (vergl. S. 167).
Die vor der Plastik gesetzte Gasblase orientiert uns vor dem Röntgen-
schirm über Form und Grösse der Empyemhöhle, was die richtige Be-
messung der in Frage stehenden Thoraxeinengung erleichtert. Resorbiert
sich nun das sterile Empyem nicht spontan, so kann es nachträglich ab-
punktiert werden.
In ihren Grundzügen ist die soeben besprochene operative Behand-
lungsmethode des tuberkulösen Empyems schon vor 25 Jahren von
Karl Spengler empfohlen und in 8 Fällen ausgeführt worden (vergl.
Deutsch. med. Wochenschr. 1903, Nr. 18 u. 19).
Die sterilen tuberkulösen Exsudate können sekundär in-
fiziert werden. Bei nicht allzu schwerer Infektion ist ein Versuch mit
der konservativen Behandlung angezeigt. Wo es jedoch zu gefabrdrohenden
Allgemeinerscheinungen konmt, ist die frühzeitige Eröffnung der Brust-
höhle und Ablassen des Eiters mit anschliessender Drainage ebenso indi-
ziert wie beim nichttuberkulösen Empyem. Die plastische Behandlung
hat möglichs bald nachzufolgen.
Die im künstlich erzeugten Pneumothorax auftretenden
Ergüsse, auch die mischinfizierten, müssen streng konservativ behandelt
werden. In dieser Richtung gemachte Erfahrungen haben eine ziemlich
allgemeine Einigung der Ansichten gezeitigt. Auf die Behandlung dieser
Exsudate kann hier nicht näher eingetreten werden. Es sei nur erwähnt,
dass selbst sehr schwere Infektionen durch wiederholt ausgeführte Aus-
waschungen der Pleurahöhle mit grossen Mengen (3—5 Liter) physiologischer
Kochsalzlösung oder !j» bis 1P/ooiger Lysoformlösung oder noch sicherer
mit einer wässerigen sterilen Lösung von Jod 1,0 und Jodkali 2,0 auf
10,000 beseitigt werden können. Wir umgenen so die Nachteile der
Dauerdrainage oder der breiten Eröffnung der Pleurahöhle. Diese beiden
Verfahren verwandeln den geschlossenen Pneumothorax in einen offnen,
womit man auf die Vorteile der Lungenkollapstherapie verzichtet und den
Kranken vor die Frage einer später notwendig werdenden schweren pla-
stischen Einengung des 'Thoraxraumes und der damit verbundenen Entstel-
lung stellt. — Gelingt es jedoch nicht, das Exsudat von der Mischinfektion
zu befreien, so ist, falls es der Allgemeinzustand des Kranken erlaubt,
auch hier (vergl. S. 171) nach möglichster Verkleinerung des Ergusses
durch Punktion folgenden Tages eine den bestehenden Verhältnissen in
ihrer Ausdehnung anzupassende, extrapleurale Plastik anzuschliessen. Wir
vermeiden so eine Infektion der grossen Plastikwunde. Nach geheilter
Plastik ist die Empyemhöhle breit zu eröffnen.
Den Exsudaten im offenen Pleuraraum ist allen gemeinsam,
dass die Pleurahöhle eine Kommunikation nach aussen besitzt. Sie ent-
stehen in verschiedener Weise. Entweder ist ein tuberkulöses Exsudat
172 Übersichtsbericht.
in den Bronchialbaum eingebrochen oder der Eiter fand an einer günstigen
Stelle der Brustwand einen Weg nach aussen. In anderen Fällen brach
eine Kaverne in den Brustfellraum durch und erzeugte einen spontanen
Pneumothorax. Auch kommt es gelegentlich zu einem Kavernendurch-
bruch in einen künstlich angelegten Pneumothorax. Es entsteht dann
ebenfalls ein Exsudat. Alle diese Ergüsse müssen nach ihrer Entstehung
als infiziert angesehen werden. Nur ausnahmsweise bleiben sie während
kurzer Zeit steril.
Nach erfolgem Durchbruch eines Empyems nach aussen
kann nur eine Rippenresektion genügend Öffnung schaffen. Der weitere
Verlauf entscheidet über die Notwendigkeit einer plastischen Einengung
des Pleuraraumes.
Entsteht beim Durchbruch eines tuberkulösen Empyems durch
die Lunge eine grosse Lungenfistel, so erfolgt nicht selten Aspiration von
Eiter in gesunde Lungenabschnittee Auch unterhält die weite Kommuni-
kation mit dem Bronchialbaum eine ständige Gefahr wiederholter Infektion.
Der inspiratorische Luftstrom reisst Keime von aussen und von der Durch-
bruchstelle in den Pieuraraum hinein. Das Ablassen der Flüssigkeit
durch Punktion ist ungenügend, sie sammelt sich rasch wieder an. Nur
die breite Eröffnung der Pleurahöhle durch Rippenresektion schafft Ab-
hilfe. Sie wirkt bei schwerer Infektion direkt lebensrettend. Nach erfolgter
ausreichender Kräftigung des Kranken und Behebung der Infektion der
restierenden Empyemböhle wird diese durch die extrapleurale Thoraxplastik
zum Schwinden gebracht.
Ist jedoch in solchen Fällen von Empyema necessitatis die Lungen-
fistel nicht gross und die Infektion des Ergusses noch keine schwere, so
gibt die alsbald ausgeführte Plastik nach vorausgegangener ausgiebiger
Beseitigung «des Exsudates durch Punktion sehr gute Resultate, wovon ich
mich in zwei Fällen überzeugen konnte. Zufolge der thoraxeinengenden
Plastik schliesst sich die Lungenfistel, wir haben es nun mit einem Empyem
im geschlossenen Pleuraraum zu tun, es wird wieder steril und durch
vorsichtiges Abpunktieren zur Heilung gebracht. Beim Abpunktieren
ist daran zu denken, dass.durch Erzeugen eines zu hohen
negativen, intrapleuralen Druckes die Lungenfistel wieder
anfgerissen wird.
Unter besonders stürmischen Erscheinungen tritt in der Regel der
Kavernendurchbruch in einen bestehenden künstlichen
Pneumothorax auf. Hier kommt es schnell zu einer meist sehr
virulenten Eiterbildung in der Pleurahöhle, an der fast alle Kranken
zugrunde gehen. Forlanini’s Fälle, acht an der Zahl, erlagen alle
dieser Komplikation. Allgemein werden diese Kranken als für die
chirurgische Behandlung ungeeignet angesehen. Trotz Resektion eines
Rippenstückes erholen sie sich oft nicht so weit, dass ihnen danach eine
ausgedehnte Thorakoplastik zugemutet werden darf. Bei einem unserer
Kranken gelang es jedoch Sauerbruch, nach erfolgter, frühzeitiger
Rippenresektion der schweren Infektion Herr zu werden und vollständige
Heilung durch eine nachträgliche ausgedehnte Plastik zu erreichen.
Einige weitere Fälle von Kaveruendurchbruch in einen bestehenden
künstlichen Pneumothorax brachte Sauerbruch ebenfalls zur Heilung.
Der Verlauf war, kurz skizziert, der folgende: Die Infektion der Pleura
Übersichtsbericht. 173
war nicht so schwer, dass eine Eröffnung des Pneumothoraxraumes uner-
lässlich erschien. Das Exsudat wurde teilweise durch die Lungenfistel
ausgehustet, auch ab und zu künstlich entleert, sammelte sich aber rasch
wieder an. Das Fieber bestand fort, war meist hoch, hektisch, und der
Allgemeinzustand verschlechterte sich. Nach meinem Vorschlage wurde
der folgende Operationsplan festgelegt und ausgeführt. Einige Tage nach
ausgiebiger Abpunktierung des Exsudates folgt eine ausgedehnte extra-
pleurale Thorakoplastik über den unteren Partien des Brustkorbes mit
möglichst starker Eindellung, Nach etwa 2—3 Wochen wird wiederum
nach vorheriger Entleerung des Exsudates durch Punktion der obere
Abschnitt des Brustraumes durch Thoraxresektion verkleinert. Oft wird
man noch eine dritte Sitzung anschliessen müssen. Durch dieses Verfahren
gelang es, die Brusthöhle so einzuengen, dass sich entweder kein Exsudat
mehr bildete oder Reste desselben durch Eröffnung der Empyemhöhle
und diese durch Abtragung neugebildeter Rippenspangen zur Heilung ge-
bracht wurden. Dieses Vorgehen schränkt die Gefahr des grossen Ein-
griffes und der Infektion des Wundgebietes ganz erheblich ein, was für
die meist stark heruntergekommenen Kranken von ausschlaggebender Be-
deutung sein kann.
Ist mit dem Auftreten eines spontanen, tuberkulösen Pneu-
mothorax die Bildung eines schwer infizierten Ergusses verbunden, so
liegt dasselbe klinische Bild vor, wie beim Durchbruch einer Kaverne in
den künstlichen Pneumothorax und ist somit auch dieselbe Behandlung
indiziert.
Die Indikation und Kontraindikationen für die extrapleu-
rale Thorakoplastik decken sich im Prinzip mit den Indikationen und
Kontraindikationen für den künstlichen Pneumothorax, nur ist für diesen
der freie Pleuraspalt Vorbedingung, für jene eine möglichst vollständige
Pleurasynechie.e Für die Plastik sollten jedoch die Indikationen und
Kontraindikationen, und zwar besonders für die ausgedehnte Plastik, noch
schärfer und präziser umrissen werden als für den artifiziellen Pneumo-
thorax, will man von schweren Enttäuschungen verschont bleiben. Ich
sprach es wiederholt aus: Der in der Behandlung der Lungentuberkulose
mit der Lungenkollapstherapie sich geltend machende allzu grosse Eifer
ist zu bedauern. Die Kranken sollten, bevor man zu dieser Behandlungs-
methode greift, während ausreichend langer Zeit klinisch genau beobachtet
werden und zwar sowohl unter veränderten klimatischen Verhältnissen
als auch unter veränderten Lebensbedingungen. Diese leiten bei mancher
Tuberkulose so auffallende Besserungen ein, dass sich das ganze Krank-
heitsbild ändert. Eine Plastik sollte aber nur ausgeführt werden, nachdem
man zu der Überzeugung der Aussichtslosigkeit jeder anderen Behandlungs-
methode gekommen ist.
Die einer grossen extrapleuralen Thorakoplastik anhängenden Ge-
fahren, die durch sie bedingte Entstellung und der ab und zu ausbleibende
Erfolg werden wohl allseitig anerkannt. Mit einem kleinen Eingriff be-
gnügt man sich daher in jenen Fällen, die ausgedehnte Schrumpfungs-
erscheinungen zufolge „energischer natürlicher Heilungsbestrebungen“ zeigen,
bei denen also „der Narbenzug der schrumpfenden Lunge“ schon zufolge
eines partiellen Lungenkollapses einen guten Erfolg ausreichend garantiert.
Wo jedoch die Zeichen der Schrumpfungstendenz weniger ausgesprochen
174 Übersichtsbericht.
sind oder ganz fehlen, wo das Resultat der physikalischen Untersuchungs-
methoden und der klinische Verlauf auf geringe oder keine Heilungstendenz
oder gar auf eine progressive Form der Erkrankung schliessen lassen, da
muss man stets zu einem Eingriff raten, der einen möglichst vollständigen
Kollaps verspricht. Andernfalls bleibt der Misserfolg sicherlich nicht aus.
Um den Nachteilen und Misserfolgen zu begegnen, die den zur Zeit
geübten Formen der extrapleuralen Thorakoplastik anhaften, schlug
Kronberger kürzlich eine Thorakoplastik mit alternierender Resektion
vor. „Sie ist derart auszuführen, dass der Thorax in Breiten von je ein
bis zwei Interkostalräumen mobilisiert wird und dass dementsprechend da-
zwischen je ein oder zwei Rippen vollständig stehen bleiben.“ — Wir
vermögen nach den in dieser Schrift zum Ausdruck gekommenen Grund-
prinzipien der Lungenkollapstherapie den Ausführungen Kronberger’s
nicht zu folgen.
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— m —— - - e
Normale und pathologische Physiologie. 177
Il. Referate.
—
a) Normale und pathologische Physiologie.
295. Fritz Rohrer, Die Grösse des schädlichen Raumes der
Atemwege. Pflüger’s Arch. 164. 1916. H. 4—6. S. 295—302.
Zunächst verteidigt Verf. seine in früheren Arbeiten (ibid. Bd. 162)
niedergelegten Ergebnisse, sowie seine Methodik der Messung der Bronchen
gegen Einwände von Loewy. Der schädliche Raum bei der Atmung
ist nach Verf. eine sehr variable Grösse. In einem untersuchten Falle
berechnete Verf. die anatomische Grösse des schädlichen Raumes zu 150 ccm
für die Atemwege nahe dem Kollapszustand. Unter Berücksichtigung des
Verhaltens der Bronchen bei der Lungendehnung ergab sich ein Wert
von 182 ccm für einen mittleren Dehnungszustand der Atemwege. Zwischen
maximaler Exspiration (160 ccm) und maximaler Inspiration (200 ccm)
ändert sich also die Grösse um 40 cem, Die Grösse des schädlichen
Raumes scheint dem Körpergewicht proportional zu sein. Die physio-
logisch wirksame Grösse des schädlichen Raumes ist abhängig von der
Atemtiefe. Bei gewöhnlicher Atemtiefe (500 ccm) sind etwa ®/ıo des schäd-
lichen Raumes, also etwa 165 cem physiologisch wirksam; für eine Atem-
tiefe von 240 ccm sind ca. 147 ccm wirksam. Die indirekte Bestimmung
der physiologisch wirksamen Grösse des schädlichen Raumes aus Unter-
suchungen des Lungengaswechsels gibt für gewöhnliche Atemtiefe einen
Mittelwert von 164 ccm. Hohe Werte, wie sie für grosse Atemvolumina
erhalten werden, sind nach Verf. abzulehnen, da hier die Vorbedingung
für die Anwendung der indirekten Methode, die gleichmässige Durch-
mischung von Atemluft und Lungenluft fehl. Rob. Lewin, Berlin.
296. 0. Warburg, Über die Rolle des Eisens in der Atmung
des Seeigeleis nebst Bemerkungen über einige durch Eisen
beschleunigte Oxydationen. (Aus der zoologischen Station in
Neapel.) Hoppe-Seyler’s Zs:hr. f. physiol. Chemie 32 S. 231.
Auf Grund zahlreicher Versuche mit Eiern von Strongylocentratus
lividus in selbstkonstruierten Atmungsgläschen nach Art der Bancroft-
Haldane’schen Blutgasbestimmung kommt Verf. zu dem Ergebnis, dass
Eisensalz, in Oxydul- und Oxydform, in sehr geringen Mengen zugesetzt,
oxydationsbeschleunigend wirkt und für kurze Zeit eine höhere CO,-Pro-
duktion hervorruft. Der Mehrverbrauch von Sauerstoff wird — ein
Zeichen, dass ihm die gleichen chemischen Prozesse zugrunde liegen wie
der gewöhnlichen Atmung — durch ein Narkotikum, Aethylurethan, fast
um den gleichen Betrag gehemmt wie die Atmung.
Auch auf Lezithin wirkt Eisen oxydationsbeschleunigend, desgl. auf
sein Spaltungsprodukt die Linolensäure oder wohl durch diese auf jenes.
Während aber das System Fe-Lecithin durch Säuren in seiner Oxydations-
geschwindigkeit sehr erheblich verstärkt wird, geschieht dies beim System
Fe-Linolensäure durch Basen und zwar nur anfänglich. Sebr bedeutend
ist die Beschleunigung der Oxydation bei Weinsäure durch Fe, sie wird
durch Neutralsalze beeinflusst.
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 12
16
> .sjoleg!®
od patholegi h? i wii ;
Normale ? \ \orstoffatmung im Zi lst eine
ss „auf: die Sau" prte Sauerstoff wird primär
| Verf. stellt dr TO mungsproH un ie 3 ae
z a Nee: Jer georbiertem ungschemie“, die „ PAMER R ; SUDE
pierka em oder Ape der AM ung des katalytisch unwirksamen
on nentali Tas durch orschiedenen Peroxyd- und Superoxyd-
ee echtes de Te Standpunkt. |
Feran? Ane imung YOP en Fr. W. Massur, Stettin.
pi Über die Perspiratio insensibilis unter
ee sl Fologischen Bedingungen. Biochem. Zschr. 67
-> 8 rmä en
SH 1. er bei der Perspiratio inseneibilis durch die Haut
Zwecks Me nssermenge wurde ein Apparat nach Art einer photo-
‚usgeschiedenen >te konstruiert mit bekannter Öffnungsgrösse und auf
hen Kasse Calciumchloridblöcken. Durch Vergleich der
i phisc D ‘ten
ka Boden ich Tragen des Apparats auf der Haut liess sich
Wägungen Y teinheit von der Flächeneinheit ausgedünstete Wassermenge
die in der m ergaben sich dabei folgende Resultate: I. Die Hautver-
berechnen. verschiedenen Körperteilen ist verschieden, am grössten an
dunstunß kien Teilen wie am Kopf und an den Händen, geringer auf
de a Rücken, in den übrigen Gegenden ziemlich übereinstimmend
Brust Waser pro qdem und Stunde. Eine konstante Übereinstimmung
0,12 an der Zahl der Schweissdrüsen und Grösse der Perspiration besteht
zu Es ist daher wahrscheinlich, dass auch durch die Hornschichten
ee eine gewisse Menge Wasserdampf hindurchgeht. II. Die Per-
insensibilis schwankt bei verschiedenen gesunden Personen bei
cher Zeit, Temperatur und Hautgegend nur wenig. Bei ca. 200 dürfte
sie pro gdem und Stunde 0,12 g betragen. Mit Zunahme der Temperatur
nimmt auch sie zu. III Bei Fieberkranken ist die Perspiratio insensi-
bilis nicht nur während der Deferveszenz, sondern auch während der Akme
in der Regel gesteigert und erreicht dann oft 0,20 g und mehr pro qdem
und Stunde. Auch zeigt sie sprungweise Schwankungen, die im allge-
meinen der Körpertemperatur nicht entsprechen und hauptsächlich von
den hier sehr instabilen Kreislaufbedingungen der Haut abhängen. Dass
bei Lungenkranken infolge der bekannten Steigerung der Ausscheidung
des Wassers und des Kohlensäureanhydrids die Hautfunktion einiger-
massen die veränderte Lungenfunktion ersetzen könne, ist eine „kaum
anzunehmende Hypothese“. Fr. W. Massur, Stettin.
298. Krogh und Lindhard, Über die von den Respirations-
bewegungen bedingten Schwankungen des Gaswechsels und
nn in den Lungen des Menschen. Biochem. Zschr. 59
. 260.
Die Zusammenfassung der Ergebnisse der mit zahlreichen Tabellen
und Kurven versehenen Arbeit stellt den Lungengaswechsel als grossen
respiratorischen Schwankungen unterworfen hin. Die Sauerstoffaufnahme,
dem Blutstrom proportional, ist bei vorwiegend diaphragmatischer Atmung
während der Inspiration erhöht, während der Exspiration erniedrigt. Bei
kostaler Atmung ist sie infolge der abdominellen Druckschwankung
während der Exspiration erhöht.
Normale und pathologische Physiologie. 179
Die Kohlensäureausscheidung ist intensiver während der Inspiration,
als während der Exspiration, bei welcher sie stark und ständig abnimmt,
wogegen sie bei vermehrtem Blutstrom wächst.
Fr. W. Massur, Stettin.
299. V. Henriques, Untersuchungen über die Verbrennung in
den Lungen und einige Bemerkungen über die Bestimmung
der Gase des Blutes. Biochem. Zschr. 71 S. 481.
An einer Reihe von Versuchen weist Verf. nach, dass die Bestim-
mung der Blutgase von defibriniertem Blut oder Oxalatblut mit grosser
Genauigkeit erfolgen kann, wenn das Blut während der Probeentnahme
dauernd in Bewegung gehalten und schnell entnommen wird. Bei der
Entnahme direkt aus den Gefässen von Tieren, denen Hirudin intravenös
injiziert ist, sind die Resultate schlechtere, da infolge der Hirudinwirkung
die Blutkörperchen das Bestreben haben, zu Boden zu sinken und die
Blutproben daher „keine durchaus einheitlichen“ sind. Blut aus dem
r. Herzen und der Art. pulmonal. hat den gleichen Gebalt an Kohlen-
eäure und Sauerstoff.
Die gleichzeitige Bestimmung der CO,-Ausscheidung und O,-Auf-
nahme durch die Lungen und des Gasgehaltes des in die Lungen ein-
strömenden und aus ihnen kommenden Blutes, dessen Menge vorher für
die Zeiteinheit festgestellt ist, führt zu dem Ergebnis, dass ein besonderer
Verbrennungsprozess in der Lunge nicht stattfindet.
Fr. W. Massur, Stettin.
300. H. Winterstein, Neue Untersuchungen über die physika-
lisch-chemische Regulierung der Atmung. Biochem. Zschr. 70
S. 45.
An 8 an Kaninchen ausgeführten Versuchen weist W. nach, dass
nicht der Sauerstoffmangel, nicht die Kohlensäure eine „spezifisch“ er-
regende Wirkung auf die Atmung ausüben, sondern allein die Wasser-
stoffionenkonzentration des Blutes die chemische Regulierung der Atmung
besorgt und diese umgekehrt die Reaktion des Blutes konstant zu halten
hat. Bei Infusion von Säure (Salz-, Schwefel-, Phosphor-, Essig-, Milch-
und Kohlensäure) in die Vena jugularis des Tiers und gleichzeitiger
Messung der veränderten Lungenventilation, Wasserstoffionenkonzentrátion
und CO,-Tension des Blutes zeigte sich nämlich als Beweis seiner oben-
erwähnten „Reaktionstheorie“, dass die Steigerung der Lungenventilation,
die bei Säureinfusion, und die Herabsetzung derselben, die bei Laugen-
infusion beobachtet wurden, jedesmal von einer gleichsinnigen Änderung
der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes begleitet waren, dass dagegen
die CO,-Tension sich ganz ungleichmässig dazu verhielt und bei Säure-
infusion gerade eine entgegengesetzte Änderung zeigte, bei Laugeninfusion
aber eine viel geringere Übereinstimmung mit der Änderung der Lungen-
ventilation darbot, als wie die Wasserstoffionenkonzentration.
Wenn auch der direkte Nachweis dafür nicht erbracht werden konnte,
so ist doch anzunehmen, dass die „Reaktionstheorie“ wie für die Kohlen-
säuredyspnoe auch für die O,-Mangel-Dyspnoe zu Recht besteht. Die
„Hochgebirgs“- und die ihr analoge „Arbeitsdyspnoe“ sind allein durch
die entsprechende Änderung der Blutreaktion bedingt.
Fr. W. Massur, Stettin.
12°
178 Normale und pathologische Physiologie.
Verf. stellt die Theorie auf: die Sauerstoffatmung im Ei ist eine
Eisenkatalyse; der „im Atmungsprozess verzehrte Sauerstoff wird primär
von gelöstem oder adsorbiertem Ferroion aufgenommen“, Sie erklärt eine
„fundamentale Tatsache der Atmungschemie“, die „bemmende Wirkung
kleinster Blausäuremengen durch Bildung des katalytisch unwirksamen
Ferrocyanion“ und beleuchtet die verschiedenen Peroxyd- und Superoxyd-
theorien der Atmung von einem neuen Standpunkt.
Fr. W. Massur, Stettin.
297. Galeotti und Macri, Über die Perspiratio insensibilis unter
normalen und pathologischen Bedingungen. Biochem. Zschr. 67
S. 471.
Zwecks Messung der bei der Perspiratio insensibilis durch die Haut
ausgeschiedenen Wassermenge wurde ein Apparat nach Art einer photo-
graphischen Kassette konstruiert mit bekannter Öffnungsgrösse und auf
dem Boden befestigten Calciumchloridblöcken, Durch Vergleich der
Wägungen vor und nach Tragen des Apparats auf der Haut liess sich
die in der Zeiteinheit von der Flächeneinheit ausgedünstete Wassermenge
berechnen. Es ergaben sich dabei folgende Resultate: I. Die Hautver-
dunstung an verschiedenen Körperteilen ist verschieden, am grössten an
den unbedeckten Teilen wie am Kopf und an den Händen, geringer auf
Brust und Rücken, in den übrigen Gegenden ziemlich übereinstimmend
0,12 g Wasser pro qdem und Stunde. Eine konstante Übereinstimmung
zwischen der Zahl der Schweissdrüsen und Grösse der Perspiration besteht
nicht. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch durch die Hornschichten
der Haut eine gewisse Menge Wasserdampf hindurchgeht. II. Die Per-
spiratio insensibilis schwankt bei verschiedenen gesunden Personen bei
gleicher Zeit, Temperatur und Hautgegend nur wenig. Bei ca. 20° dürfte
sie pro qdcm und Stunde 0,12 g betragen. Mit Zunahme der Temperatur
nimmt auch sie zu. III. Bei Fieberkranken ist die Perspiratio insensi-
bilis nicht nur während der Deferveszenz, sondern auch während der Akme
in der Regel gesteigert und erreicht dann oft 0,20 g und mehr pro qdem
und Stunde Auch zeigt sie sprungweise Schwankungen, die im allge-
meinen der Körpertemperatur nicht entsprechen und hauptsächlich von
den hier sehr instabilen Kreislaufbedingungen der Haut abhängen. Dass
bei Lungenkranken infolge der bekannten Steigerung der Ausscheidung
des Wassers und des Kohlensäureanhydrids die Hautfunktion einiger-
massen die veränderte Lungenfunktion ersetzen könne, ist eine „kaum
anzunehmende Hypothese“. Fr. W. Massur, Stettin.
298. Krogh und Lindhard, Über die von den Respirations-
bewegungen bedingten Schwankungen des (Gaswechsels und
Blutstroms in den Lungen des Menschen. Biochem. Zschr. 59
S. 260.
Die Zusammenfassung der Ergebnisse der mit zahlreichen Tabellen
und Kurven versehenen Arbeit stellt den Lungengaswechsel als grossen
respiratorischen Schwankungen unterworfen hin. Die Sauerstoffaufnahme,
dem Blutstrom proportional, ist bei vorwiegend diaphragmatischer Atmung
während der Inspiration erhöht, während der Exspiration erniedrigt. Bei
kostaler Atmung ist sie infolge der abdominellen Druckschwankung
während der Exspiration erhöht.
Normale und pathologische Physiologie. 179
Die Kohlensäureausscheidung ist intensiver während der Inspiration,
als während der Exspiration, bei welcher sie stark und ständig abnimmt,
wogegen sie bei vermehrtem Blutstrom wächst.
Fr. W. Massur, Stettin.
299. V. Henriques, Untersuchungen über die Verbrennung in
den Lungen und einige Bemerkungen über die Bestimmung
der Gase des Blutes. Biochem. Zschr. 71 S. 481.
An einer Reihe von Versuchen weist Verf. nach, dass die Bestim-
mung der Blutgase von defibriniertem Blut oder Oxalatblut mit grosser
Genauigkeit erfolgen kann, wenn das Blut während der Probeentnahme
dauernd in Bewegung gehalten und schrell entnommen wird. Bei der
Entnahme direkt aus den Gefässen von Tieren, denen Hirudin intravenös
injiziert ist, sind die Resultate schlechtere, da infolge der Hirudinwirkung
die Blutkörperchen das Bestreben haben, zu Boden zu sinken und die
Blutproben daher „keine durchaus einheitlichen“ sind. Blut aus dem
r. Herzen und der Art. pulmonal. hat den gleichen Gebalt an Kohlen-
säure und Sauerstoff.
Die gleichzeitige Bestimmung der CO,-Ausscheidung und O,-Auf-
nahme durch die Lungen und des Gasgehaltes des in die Lungen ein-
strömenden und aus ihnen kommenden Blutes, dessen Menge vorher für
die Zeiteinheit festgestellt ist, führt zu dem Ergebnis, dass ein besonderer
Verbrennungsprozess in der Lunge nicht stattfindet.
Fr. W. Massur, Stettin.
300. H. Winterstein, Neue Untersuchungen über die physika-
lisch-chemische Regulierung der Atmung. Biochem. Zschr. 70
S. 45.
An 8 an Kaninchen ausgeführten Versuchen weist W. nach, dass
nicht der Sauerstoffmangel, nicht die Kohlensäure eine „spezifisch“ er-
regende Wirkung auf die Atmung ausüben, sondern allein die Wasser-
stoffionenkonzentration des Blutes die chemische Regulierung der Atmung
besorgt und diese umgekehrt die Reaktion des Blutes konstant zu halten
hat. Bei Infusion von Säure (Salz-, Schwefel-, Phosphor-, Essig-, Milch-
und Kohlensäure) in die Vena jugularis des Tiers und gleichzeitiger
Messung der veränderten Lungenventilation, Wasserstoffionenkonzentration
und CO,-Tension des Blutes zeigte sich nämlich als Beweis seiner oben-
erwähnten „Reaktionstheorie“, dass die Steigerung der Lungenventilation,
die bei Säureinfusion, und die Herabsetzung derselben, die bei Laugen-
infusion beobachtet wurden, jedesmal von einer gleichsinnigen Änderung
der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes begleitet waren, dass dagegen
die CO,-Tension sich ganz ungleichmässig dazu verhielt und bei Säure-
infusion gerade eine entgegengesetzte Änderung zeigte, bei Laugeninfusion
aber eine viel geringere Übereinstimmung mit der Änderung der Lungen-
ventilation darbot, als wie die Wasserstoffionenkonzentration.
Wenn auch der direkte Nachweis dafür nicht erbracht werden konnte,
so ist doch anzunehmen, dass die „Reaktionstheorie“ wie für die Kohlen-
säuredyspnoe auch für die O,-Mangel-Dyspnoe zu Recht besteht. Die
„Hochgebirgs“- und die ihr analoge „Arbeitsdyspnoe“ sind allein durch
die entsprechende Änderung der Blutreaktion bedingt.
Fr. W. Massur, Stettin.
12*
180 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
b) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
301. Z. Tomaszewski, Histologische Veränderungen der nor-
malen und mit Tuberkulose infizierten Lunge unter dem
Einfluss des künstlichen Pneumothorax. Beitr. z. Klin. d.
Tbc. 36. 1916 H. 18. 1.
Die Kompression der Lunge gelingt beim Kaninchen leichter als
beim Hunde und ist am stärksten im Oberlappen. In den Lungen ent-
wickelt sich ein peribronchiales Granulationsgewebe und eine Verdickung
der Pleura. Die Lymphspalten werden erweitert, der Blutgehalt herab-
gesetzt. Intravenös injizierte Tuberkelbazillen entwickeln sich in der
kollabierten Lunge eben so gut wie in der gesunden. Eine Übertragung
dieser Befunde auf den Menschen ist nur mit grossem Vorbehalt möglich.
Entscheidend für die Bewertung der Kollapsbehandlung beim Menschen
ist und bleibt die klinische Erfahrung. Leschke (Berlin).
302. Allen K. Krause, Some unusual consequences of artificial
pneumothorax. (12. Jahres- Versammlung der National Asso-
ciation for the Study and Prevention of Tuberculosis, Washing-
ton 1916).
Bericht aus Saranac Lake über 5 Fälle von künstlichem Pneumo-
thorax mit Autopsie.
Fall 1. 26jäbr. Patientin mit aktiver Lungentuberkulose erhielt perio-
dische Insufflationen von Nov. 1911 bis Jan. 1913. Kurz nach der
letzten Insufflation von 250 ccm Stickstoff traten heftige Schmerzen und’
Pfeifen in der betreffenden Seite auf. Die Temperatur ging in die Höhe
und zum ersten Male wurde amphorisches Atmen gehört. 3 Wochen
später wurde Eiter aspiriert, welcher Tuberbazillen enthielt. Tod 30 Tage
nach der letzten Insufflation. Autopsie: Eine grosse Höhle des Ober-
lappens war in den Pleuraraum durchgebrochen. Der untere Teil der
Lunge war so atelektatisch verhärtet und mit fibrösem Gewebe durchsetzt,
dass eine Wiederausdehnung ausgeschlossen war.
Fall 2. 27jähr. Mann mit akuter Lungentuberkulose erhielt vom
4. Jan. 1915 bis 22. Nov. 1915 27 N-Insufflationen. Ende Februar
entwickelten sich Schmerzen und Kurzatmigkeit und die Zeichen eines
spontanen Pneumothorax. Exitus am 4. Jan. 1916. Autopsie: Per-
foration einer grossen Kaverne des Oberlappens in den Pleuraraum zwischen
fingerdicken Adhäsionen.
Fall 3. 21jähr. Mann, welcher im Aug. 1914 eine Lungenblutung
hatte, wurde im Sept. 1914 mit leichten Zeichen und Symptomen in das
Trudeau Sanatorium aufgenommen. Von Okt. an hatte er heftige grössere
Blutungen und der Auswurf war beständig blutig gefärbt. Die Erkrankung
wurde mehr und mehr florid. Am 2. Juni 1915 erhielt er auf Wunsch
350 ccm. Stickstoff in die linke Seite. Er fühlte sich wohl bis zum
nächsten Tag, wo er plötzlich einen heftigen, stechenden Schmerz in der
linken Seite verspürte, erbrach und kollabiertee Eine Punktion ergab
Blut. Exitus am 4. Juni, vierzehn Stunden nach dem Einsetzen der
akuten Symptome und 36 Stunden nach der ersten und einzigen Insuf-
flation von Gas. Autopsie: Iu der linken Pleurahöhle 2 Liter geronnenes
Blut. Keine Anzeichen dafür, dass die Lunge durch die Nadel ange-
Pa
—
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 181
stochen war. Phthisie florida mit zahlreichen, kleinen, frischen Höhlen,
von’ denen eine subpleural dicht neben einem im Öperlappen gelegenen
Adhäsionsstrang durchgebrochen war und sowohl die Blutung als auch
den Luftaustritt verursacht hatte.
Fall 4. 41jähr. Mann mit forgeschrittener Lungentuberkulose crhielt
am 20. Febr. 1914 die erste Einblasung; nach der dritten klagte er über
heftige Schmerzen in der Nähe des Nadelstiches.. Am 3. März war Flüssig-
keit in der Brust, die sich allmählich vermehrte. Am 25. April begann
Patient ®/s Liter übelriechenden grünen Auswurfs auszuhusten; dieser
hielt in verminderter Menge an, Temperatur war unregelmässig, Puls stark
beschleunigt und Metallklang war auf der linken Seite zu hören ohne
Atemgeräusch. Tod am 15. Mai. Autopsie: Enorme verdickte Pleura
mit zahlreichen Adhäsionen. In der Pleurahöble ungefähr 1 Liter braune
putride Flüssigkeit. Die ganze Lunge gangränös mit vielen grossen
Löchern nach der Pleurahöhle zu.
Fall 5. Bei einer 26jähr. Frau wurde wegen fortgeschrittener Lungen-
tuberkulose am 5. März 1912 künstlicher Pneumothorax eingeleitet. Sie
erhielt bis zum 24. April 1915 86 Einblasungen in die linke Seite und
die Krankheit kam zum Stillstand. Ende April 1915 traten Zeichen von
Aktivität der Erkrankung auf der rechten Seite auf. Der allgemeine
Zustand verschlimmerte sich. Am 30. Okt. wurden wegen unangenehmer
Sensationen in der linken Seite 250 ccm Gas in die immer noch freie
Pleurahöble eingeführt. Diese letzte Insufflation brachte keine Erleichte-
rung. Patientin starb an Entkräftung am 24, Jan. 1916. Autopsie:
Die linke Lunge stark kollabiert und geschrumpft, auffallend hart und
mit dieken Schwarten bedeckt. Grosse Kaverne im ÖOberlappen, ausge-
breitete Fibrose und Käseherde. Wiederausdehnung der Lunge wäre un-
möglich gewesen.
Epikrise: In den 3 ersten Fällen bestanden Höhlen, welche bis an
die Pleura heranreichten; dieselbe war stark verdünnt und in der un-
mittelbaren Nachbarschaft befanden sich straffe Verwachsungen, welche
die betreffende Lungenpartie an der Brustwand festhielten. Die Ein-
führung von Gas presste die Lunge zurück und spannte die Verwachsungen,
aber auch gleichzeitig die die Kaverne bedeckende, verdünnte Pleura.
Eine plötzliche Zunahme des Druckes von innen oder von aussen bringt
die Pleura zum Platzen.
Fall 1 und 5 scheinen zu beweisen, dass langdauernder (1 Jahr oder
darüber) vollständiger Kolups atelektatische Indurationen hervorrufen kann,
welche eine Wiederausdehnung der Lunge unmöglich machen.
Mannheimer, New York.
303. Rist et C. de Pfeffel, Exsudats & eosinophiles et à mast-
zellen au cours du Pneumothorax. Bull. de la Soc. d'études
scientifiques sur la tuberculose 1914 Nr. 3 8. 53. (Referiert nach
Le Pneumothorax thérapeutique Vol. 2 Nr.1 Mai 1916.)
Die Verff. fanden bei der Untersuchung von Pleuraexsudaten im
Gefolge von künstlichem Pneumothorax, dass das mikroskopische Bild
zunächst von eosinophilen Zellen beherrscht wird, neben denen einige
Mastzellen auftreten. Allmählich zeigen sich im Laufe der Entwicklung
des Exsudats in immer steigender Menge Lymphozyten, welche schliess-
132 Diagnose und Prognose.
lich das herrschende Element bilden. Der Eosinophilie des Exsudats ent-
spricht oft eine relative Eosinophilie des Blutes. Ein ähnliches Bild kann
auch bei Ergüssen im Gefolge von spontanem Pneumothorax und bei
spontanen tuberkulösen Rippenfellentzündungen zur Beobachtung kommen.
Leunenschloss.
304. Bernard et Paraf, L’origine des epanchements pleuraux
consécutifs aux pneumothorax chez les tuberculeux. Presse
méd. 1914 Nr. 18. (Ref. nach Le Pneumothorax thérapeulique
Vol. 1 Nr. 1u.2 Aug. 1914.)
Aus einer Untersuchung von 9 Fällen von spontanem und 14 Fällen
von künstlichem Pneumothorax schliessen die Verff., dass die Ursache
der Entstehung von Pleuraexsudaten im Gefolge von künstlicbem Pneu-
mothorax allein die Infektion mit den Koch’schen Bazillen ist. Die
Sekundärinfektion erscheint ihnen bedeutungslos für die Entstehung des
Ergusses. Leunenschloss.
305. L. Colebrok, The evolution of artificial pneumothorax in
the treatment. of phthisis. St. Mary’s Hospital Gazette, Jan.
1914. (Ref. nach Le Pneumothorax thérapeutique Vol. 1 Nr.
1u. 2 Aug. 1914.)
Im Anschluss an die Ideen von Carson und Morgan kommt der
Verf. zu dem Schluss, dass der Heileffekt bei der Pneumothorax-Behand-
lung auf der Entspannung des die erkrankte Partie umgebenden Lungen-
gewebes beruht. Ein partieller Pneumothorax wirkt, wenn er diese
Bedingung erfüllt, ebenso günstig, wie ein totaler. Es besteht dabei die
Möglichkeit, beiderseits einen partiellen Pneumothorax zu setzen, wenn
man mit der nötigen Vorsicht zu Werke geht. Dieses Verfahren erscheint
dem Verf. kaum gefährlicher als die Herstellung eines totalen einseitigen
Pneumothorax. Leunenschloss.
306. C. Rundle, Pleural effusion following artificial pneumo-
thorax. Med. Journ., 24. Jan. 1914.
Nach den Erfahrungen des Verf. bildet sich nicht selten erat 6 Mo-
nate nach Beginn der Pneumothorax-Behandlung ein Pleuraexsudat.
Leunenschloss.
c) Diagnose und Prognose.
307. L. Bard, Des conditions de production du souffle amphorigue
dans le pneumothorax artificiel. Revue méd. de la Suisse
Romande, Nov./Dez. 1916 S. 677—684.
Das Entstehen amphorischer Erscheinungen beim Pneumothorax hängt
in erster Linie vom Zustande der durch den Pneumothorax komprimierten
Lunge ab und erst in zweiter Linie vom Grade des interpleuralen Druckes.
Je intensiver und ausgedehnter die auf der Pneumothoraxseite liegende
Lunge erkrankt ist, desto sicherer werden amphorische Phänomene bei
der Auskultation nachweisbar sein. Es hat also das Auftreten amphori-
scher Geräusche über einem Pneumothorax für die Prognose eine un-
günstige Bedeutung. ‘ Neumann, Schatzalp.
Diagnose und Prognose. 183
308 F. Heim und Jeanneret-Minkine, Les pseudoräles fibri-
neux. (Contribution a l’etude de l’empyeme.) Revue méd.
de la Suisse Romande, Nov./Dez. 1916 S. 716—719.
Pseudo-Rasselgeräusche können über einem Empyeme gehört werden,
besonders wenn das Empyem ein doppelseitiges ist; doch auch bei sehr
beweglichem Mediastinum und ausgedehnt den Thoraxwänden anliegendem
eitrigen Exsudat können Rasselgeräusche vernommen werden, da in beiden
Fällen die fibrinösen Auflagerungen auf der Pleura costalis gezerrt und
gedehnt werden und dabei Rasseln vortäuschen können.
Neumann, Schatzalp.
309. C. Real, Ergebnisse der physikalischen Untersuchung bei
der Kollapslunge nach Pneumothorax und Thorakoplastik.
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1916. H.2 S. 197.
Die Pneumothoraxbehandlung führt zu Retraktion und Nachschleppen
der kranken Seite, verminderter Zwerchfellverschiebung, abgekürztem Schall,
verstärktem Fremitus, verschärftem bis bronchialem Atmen, oft auch zu
dauernden, zähen, trockenen Rasselgeräuschen. Nach Wiederausdehnung
der Lunge gehen diese Zeichen zur Norm zurück, Die Lungenerschei-
nungen bei Thoraxplastik sind die gleichen und entsprechen dem Grade
der Iuungenschrumpfung. Leschke, Berlin.
310. F. Heim und M. Jeanneret-Minkine, Les räles propages,
causes d’erreur dans l’auscultation des tuberculeux. Revue
med. de la Suisse Romande, 20. Juli 1916 Nr. 7 S. 411—421.
Durch Vergleichung des Lungenstatus vor und nach Anlegung eines
künstlichen Pneumothorax bei Lungentuberkulösen studieren die Verf.
die differential-diagnostischen Merkmale der nach der relativ gesunden
Lunge fortgeleiteten Rasselgeräusche, Neumann, Schatzalp.
311. J. S. Hirsch, Roentgenographie control of the pneumo-
thorax treatment of pulmonary tuberculosis. Med. Record,
10. Juni 1916.
Man sollte die Pneumothoraxbehandlung nicht ohne Röntgenoskopie
und Röntgenographie durchführen. Dieselben sollten zu drei verschiedenen
Zeiten vorgenommen werden: 1. Präliminär, um die Ausdehnung der
Krankheit und den Platz des Einstiches festzustellen. 2. Während und
nach der Injektion. 3. Im weiteren Verlauf, um folgende Punkte zu
konstatieren: Ausdehnung des Kollapses und der Wiederausdehnung der
Lunge, Zustand der Pleura, Verlagerung des Herzens und Mediastinal-
inhaltes, Lage und Bewegung des Zwerchfells, Gegenwart von subkutanem
Empbysem und schliesslich Einfluss der Behandlung auf die Erkrankung.
Diese Beobachtungen müssen von Zeit zu Zeit wiederholt und verglichen
werden. Mannheimer, New York.
312. Büttner-Wobst, Die Fraenkel-Albrecht’sche Einteilung der
chronischen Lungentuberkulose im Röntgenbild. Fortschr.
a. d. Geb. d. Röntgenstr. 24 H. 4.
Das Fraenkel-Albrecht’che Einteilungsschema der chronischen
Lungentuberkulose in eine zirrhotische, knotige und pneumonische Form
lässt sich auch durch das Röntgenbild stützen.
184 Diagnose und Prognose.
Die zirrhotische Form: Eingesunkensein der erkrankten Partien. Enge
Interkostalräume, steiler stehende Rippen oder aber Verziehung der Weich-
teile nach dem Ort der Erkrankung zu. Vikariierendes Emphysem der
‚ gesunden Lungenabschnitte. Strangförmige Schattengebungen, oft vom
Hilus aus strablenförmig nach der kranken Spitze zu ziehend.
Die knotige Form: Keine Einziehung, fleckige, weicher konturierte
Schattengebungen, teilweise konfluierend.
Die pneumonische Form: Flächenhafte Verschattung grosser Bezirke,
ohne Schrumpfungserscheinungen. M. Türk, Frankfurt a. M.
313. A. Kofred, Über die Arbeitsfähigkeit der mit künst-
lichem Pneumothorax behandelten Patienten. Ugeskrift for
Lager 1916 Nr. 44.
Im Volkssanatorium bei Silkeborg (Dänemark) sind in den Jahren
1908—1916 200 Patienten (alles Männer) mit künstlichem Pneumothorax
behandelt worden.
Bei 110 (Gruppe 1) ist die Behandlung durchgeführt; bei 90 (Gruppe 2)
gelang es nicht, einen effektiven Pneumothorax zu bilden.
Das Material der beiden Gruppen ist wesentlich gleichartig: alle
Männer, schwere Fälle. 60°/o der ersten Gruppe, 38°/o der zweiten
waren febrile, dagegen war die Krankheitsdauer beziehungsweise 1 und
2 Jahre; das weitere Schicksal war für 8 der ersten, 7 der zweiten
Gruppe unbekannt. Von den zurückbleibenden 102 der ersten Gruppe
wurden 33 = 31,3°/o arbeitsfähig, 33 = 31,3°/o nicht arbeitsfähig, 36 =
37,4°/o sind gestorben. Von den 83 der zweiten Gruppe wurden 12
arbeisfähig = 14,4°/o, 23 = 27,7°/o nicht arbeitsfähig, 48 = 57,9 °/o sind
gestorben.
Man sieht also ein deutliches Übergewicht von arbeitsfähigen zu-
gunsten der Pneumothoraxbehandelten.
Die Behandlung hat für die Mehrzahl 1—2 Jahre lang gedauert;
für 9 ist sie nicht abgeschlossen, für 24 ist sie abgeschlossen, und Jas
Resultat für 9 /g—1 Jahr lang kontrolliert, für 7 1—2 Jahre, für 3
2—3 Jahre, für 5 mehr als 3 Jahre.
8 von den arbeitefähigen sind Kontorarbeiter oder Lehrer, 7 sind
Handwerker, 3 Handlungsdiener, 2 Maschinenarbeiter, 9 arbeiten auf dem
Lande, 4 in der Stadt. Die meisten sind voll arbeitsfähig.
Der Verf. meint, dass man auch bei Patienten der arbeitenden Klasse
die Pneumothoraxbehandlung anwenden kann.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
314. S. Sterling, Beitrag zum künstlichen Pneumothorax. Beitr.
2. Klin. d. Tbc. 36. 1916. H. 2 S. 267.
Zur Ausheilung einer einseitigen Tuberkulose genügt unter Umständen
eine sehr kleine Gasblase. Man muss unterscheiden zwischen kurativem
und nur symptomatischem Erfolg. E. Leschke, Berlin.
315. Ambrogio da Gardi, Il pneumotorace simidio diagnostico
nell’ esame radiologico dei feriti al torace. Le Pneumothorax
thérapeutique Bd. 2 Nr. 1 Mai 1916.
Da Gardi empfiehlt die Anwendung des künstlichen Pneumothorax
als diagnostisches Hilfsmittel bei der radiologischen Untersuchung von
Indikationen und Therapie. 185
Tboraxverletzungen. Ohne den Patienten — bei gewissenhafter Durch-
führung der Forlaninischen Technik — irgendwie zu gefährden, ist die
Methode, abgesehen von ihrem nach da Gardis Erfahrungen grossen
diagnostischen Wert auch in therapeutischer Hinsicht empfehlenswert, da
sie geeignet ist, zur Verhütung von Pleuraverwachsungen bei penetrierenden
Wunden beizutragen und die Heilungstendenz von Lungenverletzungen
zu erhöhen. Leunenschloss, Frauenbain.
d) Indikationen und Therapie.
316. J. Gwerder, Über Entspannungspneumothorax auf Grund
symptomatischer Indikation. Zschr. f. Tbe. 27 H. 5.
G. berichtet über eine Reihe von Fällen schwerer beiderseitiger Tuberku-
lose, bei denen er ınittelst des „symptomatischen“ Entspannungspneumothorax
ausgezeichnete Erfolge erzielt hat. Der „symptomatische Pneumothorax“
ist entweder ein Entspannungspneumothorax ohne Kompression zur Be-
einflussung der von den Hauptherden herrührenden Symptome, er wirkt
in diesen Fällen in erster Linie entgiftend. In anderen Fällen kommt
es darauf an, den „symptomatischen Pneumothorax“ verbunden mit ört-
licher Kompression so zu lokalisieren, dass bestimmte Schubherde, z. B.
Kavernen, ausgeschaltet werden. In all diesen Fällen bildet eine schwere
Erkrankung der anderen Seite keine Kontraindikation. Strenge Indivi-
dualisierung und sorgfältige Auswahl der zur Entspannung heranzuziehenden
Herde sind erforderlich. Berlin, Schömberg.
317. Cordier et A. Devie, L’insufflation d’une caverne pulmo-
naire au cours de l'opération de Forlanini. Soc. médicale
des hôp. de Lyon. Lyon médical 1914 Nr. 25 S. 1403. (Ref.
nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Mai 1916.)
Bei dem Versuch, einen künstlichen Pneumothorax anzulegen, wurde
das Gas versehentlich in eine bei der Radioskopie infolge einer darüber
befindlichen Pleuraschwarte nicht aufgefundene Kaverne geleitet. Bei der
Sektion zeigte sich die Kaverne vollständig ausgetrocknet. Die Verff.
empfeblen daraufhin den Versuch, durch Einleitung von Stickstoff direkt
in eiternde Kavernen, die Wände derselben auszutrocknen.
Leunenschloss.
318. L. Billon, Considerations sur 100 cas de pneumothorax
artificiel antiseptique dans la tuberculose pulmonaire. Gaz.
des hôp. 1914 Nr. 42. (Ref. nach Le Pneumothorax thérapeu-
tique Bd. 2 Nr. 1 Mai 1916.)
Verf. empfehlt die Methode Forlanini’s unter gleichzeitiger An-
wendung der Antisepsis mittels Einführung von Gomenol in den Pleura-
raum. Kontraindiziert ist das Verfahren bei schwerem komplikatorischen
Darmkatarrh und bei Emphysem, sowie bei Frauen während der Periode.
Beginnende oder auch schwerere Affektion der anderen Seite bilden seiner
Ansicht nach keine absolute Kontraindikation. In 80°/o der Fälle traten
pleuritische Exsudate auf, welche aber bei Anwendung von Gomenol
niemals eitrigen Charakter annahmen. Leunenschloss.
186 Indikationen und Therapie.
319. Fr. Windrath, Ein Beitrag zur Pneumothoraxbehandlung
gefahrdrohender Blutungen. Med. Klin. 1917 H. 3.
Ein Patient mit fibrokavernöser Phthise des rechten Unterlappens
und starken pleuritischen Verwachsungen "bekommt eine Hämoptoe, die
am 3. Tage bedrohlichen Charakter annimmt. Daher künstlicher Pneu-
mothorax. Erst beim 6. Versuch gelangt die Nadel in einen freien Pleura-
spalt. Anfangsdruck —8—4. Es gelingt nur 75 ccm N. mit dem
Enddruck + 3-+6 einzulassen. Die Füllungen werden in den nächsten
48 Stunden 6 mal wiederholt und es werden unter allmählicher Steigerung
schliesslich 300 cem N. mit dem Enddruck 4 30 -+-36 eingelassen. Danach
steht die Blutung. Das Röntgenbild zeigt eine Gasblase, die von der Höhe
der rechten Zwerchfellkuppe bis zur Konvexität der 5. Rippe reicht. Der
Pneumothorax wird weiter unterhalten. Seit einiger Zeit arbeitet Patient
unter dauerndem Wohlbefinden als Maschinist. Berlin, Schömberg.
320. Peter Bull, Die extrapleurale Thorakoplastik als Behand-
lung der Lungentuberkulose. Norsk Mag. f. Lagevidenskapen
1917 Nr. 3.
Der Verf. fasst seine Erfahrungen über die Thorakoplastik bei
Lungentuberkulose wie folgt zusammen:
1. Bei einseitigen oder wesentlich einseitigen Tuberkulosen, die nicht mit
einer rationellen effektativen Behandlung, auch nicht Pneumothorax geheilt
werden, kann man bei extrapleuraler Thorakoplastik gute Resultate erzielen.
2. Die Resektion der Costae darf in Lokalanästhesie und mit einem
paravertebralen Schnitt ausgeführt werden, so dass man den hintersten
Teil der 11. (oder 10.) bis 2. Çostae entfernen kann.
3. Die Operation muss nur nach Besprechung mit dem behandelnden
Arzt ausgeführt werden, nachdem dieser durch eine längere Zeit den
Patienten beobachtet hat, so dass er sich eine wohlbegründete Meinung
über die Prognose des Falles gemacht hat.
4. Es ist notwendig, dass die privat praktizierenden Ärzte Kenntnis
von den Indikationen und Resultaten der extrapleuralen Thorakoplastik
haben. Keiner darf es nun unterlassen, dazu geeigneten Patienten diese
Chance zu eröffnen. Birger-Overland.
321. A. v. Bonsdorff, Erfahrungen bei der Behandlung des
tuberkulösen (spontanen) Pneumothorax. Finska Läkarsäll-
skapeis Handlingar Bd. 58 Sept. 1916.
Im Nummela-Sauatorium wurden (in 12 Jabren) 19 Fälle von spon-
tanem Pneumothorax (1 davon bei Lungengangrän) = 0,9°%/o von 2300
Lungentuberkulosen beobachtet, In 1 Falle wurde die Luft spontan resor-
biert, in noch 1 aspiriert (4 Aspirationen innerhalb 3 Tagen), in allen:
übrigen Exsudatbildung. Zwei septische Exsudate starben 5—8 Tage nach
der Thorakotomie,. 4 serös-seropurulente starben 4—18 Tage, noch 2 solche
2—6 Monate nach dem Pneumothorax. Von 4 Fällen, nach Lucius
Spengler behandelt, trat in 2 trotz Rezidiven während 2 Jahren be-
deutende Verbesserung ein. Eine Kombination von Spengler’s Serothorax
mit nach dem Lungenfistel-Verschluss durchgeführten Aspiration mit
Potain und Kompression mit stickstoffkünstlichem Pneumothorax wurde
in 3 Fällen versucht und führte in 1 Falle zur Heilung nach 1 Jahre.
Tillgren, Stockholm.
Technik. 187
e) Technik.
322. E. Morland, The technie of artificial pneumothorax. Brit.
Med. Journ., 13. Dez. 1913; ref. nach Le Pneumothorax thera-
peutique Bd.1 Nr. 1u.2 Aug. 1914.
Verf. empfiehlt den Gebrauch von dünnen Pliatinnadeln. Abgesehen
von dem Vorteil der geringeren Schmerzhaftigkeit und der leichten Des-
infizierbarkeit durch die Flamme, glaubt der Verf. die Tatsache, dass er
bei 83 Fällen von künstlichem Pneumothorax nicht ein einziges Exsudat
gesehen hat zum Teil auf den Gebrauch der dünnen Platinnadeln zurück-
führen zu können. Leunenschloss, Frauenhain.
323. A. Adams, Local anaesthesia in artificial pneumothorax.
Brit. Med. Journ., 14. Febr. 1914; ref. nach Le Pneumothorax
thérapeutique Bd. 1 Nr. 1 u. 2 Aug. 1914.
Verf. empfiehlt die Anwendung der Lokalanästhesie vor Einführung
der Nadel. Er verwendet die Braun’sche Platinnadel.
Leunenschloss, Frauenhain.
324. S. Vere Pearson, Local anaesthesia in artificial pneumo-
thorax. Brit. Med. Journ., 31. Jan. 1914 ; ref. nach Le Pneumo-
thorax thérapeutique Bd. 1 Nr. 1 u. 2 Aug. 1914.
Verf. kommt an Hand von fast 300 Fällen zu dem Schluss, dass
die Lokalanästhesie nur bei der ersten Einführung der Nadel notwendig ist.
Leunenschloss, Frauenhain.
325. Hervé, De l’excision galvanique des brides pleurales au
cours des traitement par le pneumothorax.
H. schlägt die galvanokaustische Durchschneidung von strangarligen
Pleuraverwachsungen vor in Fällen, in denen diese Verwachsungen die
Entwicklung eines vollständigen Pneumothorax verhindern. Er hat die
Methode bisher in 3 Fällen angewandt, in 2 Fällen mit gutem Erfolg;
bei dem 3. Fall musste er das Verfahren wegen des Auftretens eines
Pleuraexsudats unterbrechen. Leunenschloss, Frauenhain.
326. H. Carleton and D. G. Evans, The induction of artificial
pneumothorax. Brit. Med. Journ., 13. Dez. 1913; ref. nach
Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 1 Nr. 1 u. 2 Aug. 1914.
Bericht über Technik des Pneumothoraxverfahrens. Verf. hält Lokal-
anästhesie bei der Einführung der Nadel für überflüssig.
Leunenschloss, Frauenhain.
327. H. Singer, Zur Empyembehandlung mittelst Kanüle. D.m.W.
1917 Nr. 2.
Verf. bringt im Anschluss an die Veröffentlichung von Rüdel in
der M. m. W, 1916, Nr. 33, über „Behandlung mittels Kanüle“, seinen
vor 10 Jahren erfundenen „Draintrokar“ in Erinnerung, mit dem er gute
Erfahrungen gemacht hat. Metapneumonische Empyeme heilen ausnahmslos,
tuberkulöse Empyeme lassen zuweilen langdauernde Fisteln zurück, was
auch nach Rippenresektion vorkommt. Der Draintrokar wird von der
Firma Peter Fischer in Budapest in 3 Grössen angefertigt.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.,
188 Klinische Fälle.
328. Hans Kronberger, Zur Theorie und Technik der extra-
pleuralen Thorakoplastik, D. m. W. 1917 Nr. 10.
Eine Indikation für Thorakoplastik besteht: 1. wenn der Patient
obne chirurgischen Eingriff voraussichtlich zugrunde gehen würde, 2. wenn
die Lungenerkrankung einseitig und ausgedehnt ist, 3. wenn die Anlegung
eines Pneumotborax infolge von Adbäsionen nicht mehr möglich ist. Vor-
bedingung ist ausreichend guter Kräftezustand des Patienten; ferner, dass
die eine der beiden Lungen praktisch soweit gesund ist, dass sie den
postoperativ erhöhten Anforderungen an Respiration und Zirkulation wahr-
scheinlich entsprechen kann. Kontraindiziert ist die Thorakoplastik, wenn
ein grosser Teil der zu operierenden Lunge derbkäsig-pneumonisch infil-
triert ist. Der wenig befriedigende Erfolg ausgedehnter Plastiken ist nach
Verf. allein auf Rechnung der bisher üblichen Methoden zu setzen: Die
am meisten geübten sind die nach Brauer-Friedrich, Wilms und
Sauerbruch, deren Prinzipien und Technik kurz besprochen werden.
Die Hauptgefahren sind u. a. Aspirationspneumonie in der operierten
oder gesunden Lunge, spezifisch tuberkulöse Pneumonie der gesunden Seite
durch Ansaugen des Sputums, hypostatische Pneumonie der operierten
Lunge. Zur Verbesserung der Resultate müssen die analogen, natürlichen
Heilungsprozesse zum Masstab des Handelns genommen werden. Die
natürliche Heilungsmöglichkeit wird vor allem durch das Mass der Schrump-
fungsprozesse, nicht durch den Grad der Thoraxdeformierung gegeben;
die Entwicklung von Narbengewebe begünstigen besonders ausreichende
Angriffs- und Stützpunkte für den Schrumpfungsprozess. Verf. empfiehlt
auf Grund seiner Überlegungen und Beobachtungen eine Thorakoplastik
mit alternierender Rippenresektion, derart, dass der Thorax in Breiten
von je 1 bis 2 Interkostalräumen mobilisiert wird und dementsprechend
je 1 oder 2 Rippen dazwischen erhalten bleiben. Nach Besprechung der
Vorzüge dieser Methode wird eine weitgehende Prüfung ihres praktischen
Wertes vorgeschlagen. C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
329. Jacobaeus, Endopleurale Operationen unter der Leitung
des Thorskoskopes. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 35. 1915. H.1. 8.1.
Verf. berichtet über 9 Fälle, in denen es ihm gelungen ist, unter
Leitung des Thorakoskopes strangförmige Adhäsioner, die den Kollaps
der Lunge bei der Pneumothoraxbehandlung verhinderten, zu durchbrennen
und damit einen vollständigen Lungenkollaps zu erzielen. In 3 Fällen
kam es zu kleinen Blutungen, in 3 anderen zu einer serösen Pleuritis,
in einem Falle zu einer frischen Knötchenaussaat auf der Pleura. Wenn
das Anwendungsgebiet der Methode auch ein recht kleines ist, bedeutet
sie in geeigneten Fällen doch einen grossen Fortschritt der Bebandlung,
zumal die Einführung des Thorakoskopes wie des Galvanokauters von
zwei kleinen Inzisionsstellen aus leicht in Lokalanästhesie gelingt.
E. Leschke, Berlin.
e) Klinische Fälle.
330. Rudolf Geinitz, Beitrag zur Frage des Chylothorax.
D. m. W. 1916 Nr. 29. — Derselbe, Zur Therapie des
tuberkulösen Chylothorax. D. m. W. 1917 Nr. 16.
Nach kurzer Übersicht über die vorhandene Literatur und die be-
Klinische Fälle. 189
stehenden Theorien, die an Ort und Stelle nachzulesen ist, wird Verlauf
und Tberapie eines interessanten Falles von Chylothorax beschrieben, der
in der neuen Heilanstalt zu Schömberg zur Beobachtung kam. Es handelt
sich um einen 42 Jahre alten Mann, bei dem seit 7 Jahren offene Ober-
lappentuberkulose bestand. Es kam zu einem hohen pleuritischen Erguss;
das Exsudat war klar, serös, steril, ergab im Tierversuch Tuberkulose (1909).
Bei den Punktionen wurde stets eine entsprechende Stickstoffmenge nach-
geblasen. Bei der Entlassung bestanden geringe Reste von Exsudat rechts,
die rechte Lunge war stark geschrumpft, der übrige Raum war Pneu-
mothorax. 1913 ergab eine ambulante Punktion trübseröse Flüssigkeit
mit Fettkörnchen und Cholesterinkristallen, Lymphocyten, einzelnen Tu-
berkelbazillen: also Umwandlung in recht chylöses Exsudat. 1915 Ver-
schlechterung des Befindens. Punktion ergab eine homogene, weisslich
gelbe Flüssigkeit mit unzählig vielen Fettkügelchen in feinster Verteilung,
Detritus, Cholesterinkrystallen; chemisch reichlich Eiweiss, kein Zucker.
Tuberkelbazillen konnten weder mikroskopisch noch im
Tierversuch mehr nachgewiesen werden.
Es hatte sich also im Verlauf von 7 Jahren ein tuberkulöses, rein
seröses Exsudat bei bestebendem künstlichem Pneumothorax in ein typisch
chylöses, tuberkelbazillenfreies umgewandelt. Als Grund für diese Um-
wandlung spricht Verf. in erster Linie die allmählich, besonders durch
das lange Bestehen des Pneumothorax hervorgerufene starke Veränderung
der Pleura und der Zirkulationsverhältnisse in ihren Lymph- und Chylus-
gefässen an, die auch auf dem Röntgenbild deutlich zum Ausdruck kommt;
er sieht darin auch einen Hinweis auf die Notwendigkeit vorsichtiger
Indikationsstellung bei der Anlegung des künstlichen Pneumothorax über-
haupt. Für das Verschwinden der Tuberkelbazillen macht Verf. den
reichlichen Fettgebalt verantwortlich. Eine spezifische Entzündungsart
als Entstehungsart des Chylothorax wird abgelehnt.
Die Prognose wurde ernst gestellt; durch einfaches Abpunktieren,
sogar unter Nachfüllung von Stickstoff, war bis dahin ein Verschwinden
des Exsudates nicht zu erreichen gewesen. Es wurde deshalb zur Thorako-
plastik geraten.
Entgegen dieser Prognose trat nun doch, ohne Thorakoplastik, Bes-
serung ein. Die Behandlung bestand in Abpunktionen des Ergusses unter
Regulierung des Innendrucks, neben der Allgemeinbehandlung. Das
Röntgenbild, Januar 1917, zeigte, dass der Pneumothoraxraum verschwunden
ist; die Lunge hat sich völlig angelegt unter starker Schrumpfung und
Schwartenbildung; der Erguss ist fast völlig verschwunden. Der Chylo-
thorax kann also als relativ geheilt angesehen werden. Der Lungenbefund
der anderen Seite ist stationär geworden. Der Mann wurde als beschränkt
arbeitsfähig entlassen. C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
331. Paul Courmont et Barjou, Pneumothorax silencieux:
pleurésie purulente, évacuation avee injection d’azote. Gue-
rison. Gazette médicale de Paris, 1. April 1914 S. 97; ref.
nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Mai 1916.
Bericht über einen Fall von spontanem Pyopneumothorax bei einem
63jähr. Kranken, der durch Insufflation von Stickstoff geheilt wurde.
Leunenschloss, Frauenhain.
190 Klinische Fälle.
332. Castaigne, Pneumothorax complet sans symptömes fonctio-
nels. Soc. medic. des hôpitaux de Paris, 22. Mai 1914; ref.
nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Nr. 1 Mai 1916.
C. berichtet über einen Fall von spontanem Pneumothorax im Ver-
laufe einer Tuberkulose der rechten Lungenspitze und der Hilusdrüsen,
welcher reaktionslos ohne das Auftreten eines Exsudats heilte.
Leunenschloss, Frauenhain.
333. M. Perrin, Pneumothorax artificiel compliqué de pneumo-
thorax à soupape et de perforation spontanée de la paroi
thoracique. Province médicale 1914 Nr.27 S. 291; ref. nach
Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Nr. 1 Mai 1916.
Verf. berichtet über einen Fall von künstlichem Pneumothorax, der
infolge von Pleuraverwachsungen nicht voll zur Entwicklung kam. Es
bildete sich eine Lungenperforation. Nach längerem Krankenlager trat
der Tod ein. Leunenschloss, Frauenhair.
334. U. Carpi, Un caso di tisi pulmonare curato colla toraco-
plastica extrapleurica. Le Pneumothorax therapeutique Bd. 2
Nr. 1 Mai 1916.
Verf. berichtet über einen Fall von schwerer, kavernöser, einseitiger
Phthise des linken Oberlappens mit progressivem Verlauf, bei dem infolge
ausgedehnter Pleuraverwachsungen die Entwicklung eines ausreichenden
künstlichen Pneumothorax nicht gelang. Er wandte daraufhin die totale
Thorakoplastik nach Sauerbruch mit dem Erfolge einer langsamen, fort-
schreitenden, fibrösen Reparation an. Er kommt auf Grund seines Falles
zu dem Schluss, dass der Heilefekt sowohl der Thorakoplastik wie auch
des Pneumothorax auf die Immobilisation der Lunge nicht auf direkte
oder indirekte Kompression der Kavernen zurückzuführen ist. In Fällen
von schweren Lungenprozessen mit gleichzeitigen ausgedehnten Pleuraver-
wachsungen empfiehlt er statt des künstlichen Pneumothorax die Thorako-
plastik. Leunenschloss, Frauenhain.
335. E. Palasse, Pneumothorax avec emphyseme souscoutane
spontane chez un tuberculeux. Lyon medical 1914 Nr. 3
S. 109,
Verf. berichtet über einen Fall von Lungentuberkulose, bei dem sich
im Anschluss an einen Pyopneumothorax ein ausgedehntes subkutanes
Emphysem bildete. Leunenschloss, Frauenhain.
336. E. Leuret et Aubert, Seconde observation de suppuration
pleuropulmonaire avec hémoptysies graves traitée et guérie
par le pneumothorax artificiel, Gaz. hebdom. des Sc. med.
de Bordeaux 1914 Nr.26; ref. nach Le Pneumothorax théra-
peutique Bd. 2 Mai 1916.
Es handelt sich nach Angabe der Verf. um einen Fall von nicht
tuberkulöser eitriger Rippenfellentzündung und Lungenabszess mit schweren
Lungenblutungen. Der künstliche Pneumothorax wurde während des Ver-
laufs einer schweren Hämoptoe eingeleitet. Das Resultat war ein sehr
Klinische Fälle. 191
gutes. Ihre Beobachtung lässt ihrer Ansicht nach „in interessanter Weise
die bämostatische Bedeutung der Forlanini’schen Methode hervortreten.“
Leunenschloss, Frauenhain.
337. Ch. Gaudy, Un cas de pyo-pneumothorax putride à evolution
aigue au cours d’une tuberculose pulmonaire. Bulletin de
la Soc. d'études scientifiques sur la tuberculose 1914 Nr.2; ref.
nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Mai 1916.
Verf. bericht über einen Fall von alter zum Stillstand gekommener
Lungentuberkulose, der nach einem plötzlichen Rückfall unter Entwicklung
eines Pyopneumothorax in 8 Tagen einen tödlichen Verlauf nahm.
Leunenschloss, Frauenhain.
338. E. N. Packard, jr., Gangrene of the lung following arti-
ficial pneumothorax. Amer. Journ. Med. Sc., Juni 1916.
Bei einem 41jährigen Mann mit fortgeschrittener aktiver Tuberkulose
des grösseren Teils der linken Lunge und wahrscheinlich des oberen Teils
der rechten wurde ein künstlicher Pneumothorax angelegt, in der Hoffnung,
das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten. 7 Einblasungen von Stick-
stoff blieben ohne Erfolg. 9 Tage nach der letzten Einblasung spuckte
der Patient plötzlich eine grosse Menge stark faulen, grünlichen Auswurfs
aus. Derselbe bestand aus Eiter, zahlreichen säurefesten Bazillen, Oidium
albicans, Staphylococcus pyogenes aureus und einem Gram-negativen Ba-
zillus, welcher ein wie Methan riechendes Gas produzierte. Dieser Auswurf
hielt 3 Wochen lang an und wurde allmählich schokoladefarben und wäs-
serig, als Patient starb. Bei der Autopsie fanden sich einzelne frische
Tuberkel an der Oberfläche der Leber, vergrösserte, teilweise käsige mesen-
teriale Lymphknoten und folgende Veränderungen am Thorax. Das Herz
war bis in die Mittellinie verschoben, die linke Lunge gegen die Wirbel-
säule zusammengefallen. Die Pleura enthielt ungefähr 1 Liter brauner, faul-
riechender Flüssigkeit. Die kollabierte linke Lunge war grau-grün und
schmierig weich; Spitze und Basis waren mit der Umgebung verwachsen.
In die Pleurahöhle mündeten 5 grosse Höhlen, aus deren Öffnungen Fetzen
von brandigem Lungengewebe hervorragten. Die parietale Pleura war 2
bis 3 mm dick, die viszerale war derb und beide waren grau grün und mit
schmierigem Exsudate bedeckt. Das Lungengewebe war überall schwammig
und gräulich-grün. Ein Schnitt durch die Spitze zeigte Herde von Ver-
käsung und Infiltration. Die rechte Lunge enthielt Tuberkel und kleine
Verdichtungsherde, Verwachsungen der Spitze und eine rauhe, glanzlose
Pleura. Die Bronchien und Blutgefässe waren nicht verschlossen. Obwohl
bis jetzt noch kein Fall von Gangrän der Lunge im Anschluss an künst-
lichen Pneumothorax in der Literatur berichtet ist, so scheint doch bier
der Lungenkollaps die unmittelbare Ursache des Gangräns zu sein, und
zwar lässt sich folgender Zusammenhang annehmen: Es handelte sich um
eine rasch zerfallende Lunge mit oberflächlich gelegenen Höhlen und mehr
weniger ausgedehnter Nekrose des Lungengewebes infolge obliterativer End-
arteritis, Der Kollaps der Lunge beschränkte die Blutzufuhr und be-
schleunigte die Nekrose. Durch die Gegenwart von Fäulniskeimen in der
tuberkulösen Lunge trat Fäulnis ein und in den nekrotischen Bezirken Gan-
grän. Dann erfolgte Ruptur der Lunge und das pleuritische Exsudat wurde
faul und ätzend. Mannheimer, New York.
192 Allgemeines.
339. A. Wallgren, Über Spontanpneumothorax als eine zu
dem künstlichen Pneumothorax hinzutretende Komplikation.
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1916. H. 3. S. 319.
Unter Zugrundelegung von 2 eigenen und 7 fremden Fallen erörtert
Verf. die Möglichkeit der Entstehung eines spontanen Pneumothorax bei
der künstlichen Pneumothorax-Behandlung durch Stichläsion, durch Reissen
einer Verwachsung, Perforation eines Herdes, Platzen einer schwachen Lun-
genstelle, Durchbruch eines Empyems in die Lunge.
Erich Leschke, Berlin.
g) Allgemeines.
340. Hervé, Aperçu sur une nouvelle thérapeutique de la tuber-
culose pulmonaire pneumothorax et héliothérapie. Bulletin
de la Soc. d'études scientifiques sur la tuberculose 1914 Nr. 1;
ref. nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Nr.1 Mai 1916.
H. empfiehlt zur Unterstützung der Heilwirkung des Pneumothorax-
verfahrens in den Fållen, bei denen der Erfolg auf sich warten lässt, Sonnen-
bäder anzuwenden. Leunenschloss, Frauenhain.
341. F. Dumarest et Ch. Murard, Cing ans de pratique du
pneumothorax artificiel. Résultats. Bulletin médical 1914 Nr.2
S. 15; ref. nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Nr.1
Mai 1916.
Die Verff. fassen ihre Erfahrungen über ein Material von 98 Fällen —
fast nur schweren progressiven — dahin zusammen, dass der künstliche
Pneumothorax „die wirksamste Waffe im Kampfe gegen einseitige käsige
destruktive Fälle von Lungentuberkulose ist“,
Leunenschloss, Frauenhain.
342. Ch. Murard, Les complications pleurales du pneumothorax
artificiel. La Province medicale 1914 Nr. 12 $. 126; ref. nach
Le Pneumothorax therapeutique Bd.2 Nr. 1 Mai 1916.
Verff. gibt eine Übersicht über die verschiedenen Formen, den Verlauf
und die Behandlung der im Gefolge von künstlichem Pneumothorax auf-
tretenden Rippenfellentzündungen. Leunenschloss, Frauenhain.
343. Ch. Roubier, Le pneumothorax tuberculeux bilateral. Revue
de medecine Nr.5 Mai 1913: ref. nach Le Pneumothorax thera-
peulique Ba. 1 Nr. 1u.2 Aug. 1914.
R. berichtet an Hand eines selbst beobachteten und weiterer 13 aus
der Literatur gesammelter Fälle über Ätiologie, Pathogenese, Anatomie und
Symptomatologie des doppelseitigen tuberkulösen Pneumothorax.
Leunenschloss, Frauenhain.
344. S. Robinson, Thoracic diseases, the status of surgical
therapy. Journ. of the Amer. Med. Assoc., 19. Aug. 1916.
Eine vorzügliche Übersicht des gegenwärtigen Standes der Thoraxchi-
rurgie von einem Mitglied der Mayo-Klinik. Der Autor spricht sich über
das Verhältnis des Chirurgen zum Internisten in folgender Weise aus:
n_
Lu
Bibliographie. 193
In keiner Körperregion ist ein enges Zusammenarbeiten von Internisten
und Chirurgen so notwendig wie in der Pleurahöhle. Der erstere braucht
manchmal den letzteren, aber der letztere kann ohne den Beistand des
ersteren nicht auskommen. „Betrachtet uns Thoraxchirurgen als Eure Diener
und nicht ale Eure Stellvertreter, als Eure Konsultanten und nicht als
Eure Konkurrenten.“ Wenn ein akutes Empyem nach einer Rippenresektion
und Drainage nicht heilt, so ist chirurgische Revision notwendig, Man
entferne ein kleines Gewebestückchen von der Drainageöffnung und unter-
suche dasselbe mikroskopisch auf Tuberkel. Kulturen und Tierimpfungen
mit eitrigem tuberkulösen Sekret gaben selten über das Bestehen von Tuber-
kulose Aufschluss. Der tuberkulöse Patient ist von vornherein ein schlechtes
chirurgisohes Risiko und die Exstirpation des tuberkulösen Lungengewebes
gibt ganz besonders entmutigende Resultate. Man versucht, die tuberkulöse
Lunge zu kollabieren durch extrapleurale Plastik, Pleuropneumolysis oder
Resektion mehrerer Rippen. Man soll mit solch radikalen und gefähr-
lichen Experimenten warten, bis man mehr über den Wert des künstlichen
Piieumothorax weiss. Vermittels des letzteren werden ungefähr 13°/, der
fortschreitenden Fälle zum Stillstand gebracht und 40 °/o symptomatisch ge-
bessert. Verf. lenkt die Aufmerksamkeit auf die seltenen Fälle von kaltem
Abszess der Brustwand hin. Fluktuierende Schwellungen, gewöhnlich an
der vorderen Brustwand, ohne Rötung oder Druckempfindlichkeit, brechen
auf oder werden inzidiert und entleeren Eiter und späterhin ein blutig
wässriges Sekret. Stereoskopische Röntgenaufnahmen geben eine umschrie-
bene Pleuritis. Bei der Exzision oder Resektion zeigt sich ein feiner Fistel-
gang, der zur äusseren Fläche der parietalen Pleura führt. Die Rippen
sind nicht nekrotisch; Bazillen oder Tuberkel lassen sich nicht nachweisen.
Trotzdem sieht die Läsion wie eine tuberkulöse aus. Heilung kann nur
erzielt werden durch gründliche Drainage oder Exzision nebst Durchführung
der gewöhnlichen hygienisch-diätetischen Behandlung der Tuberkulose.
Mannheimer, New York.
h) Bibliographie.
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————— __ nn
eg m
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 195
II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
21. C. v. Noorden und S. Kaminer, Krankheiten und Ehe. Darstel-
lung der Beziehungen zwischen Gesundheitsstörungen und Ehegemein-
schaft, begründet von Senator und Kaminer. Zweite, vermehrte und neu
bearbeitete Auflage. Leipzig 1916 bei Georg Thieme. 1111 S.
Seit der ersten Auflage des Werkes, die vor 12 Jahren erschien, sind eine
Reihe der beteiligten Autoren, vor allem Senator, dann Hoffa, Mendel,
Kossmann und Ewald, durch den Tod abberufen. An Senator’s Stelle ist
v. Noorden getreten, der ausserdem das Kapitel Stoffwechselkrankheiten ver-
fasst hat. Die Bedeutung des Klimas, der Rasse und Nationalität ist durch
Moszkowski bearbeitet, Menstruation, Schwangerschaft, Wochenbett und Lak-
tation durch Schrader, die Erkrankungen des Gefässapparates durch His und
Külbs, die Geisteskrankheiten durch Hoche, die endokrinen Drüsen durch
Porges, die Vererbung von Sprachstörungen durch Gutzmann. Martius bat
einen Abschnitt über den Familienbegriff und die genealogische Vererbungslehre,
Dietrich über die Statistik der Geburtziffer in den Kulturstaaten, Heller über
Krankheit und Ehetrennung geschrieben.
Der Abschnitt „Krankheiten der Atmungsorgane und Ehe“ ist wie früher von
Kaminer bearbeitet. Er setzt seinen Ausführungen die Tatsache voraus, dass
die tuberkulöse Lungenerkrankung heilbar ist, dass aber eine Stellung einer
einigermassen sicheren Vorhersage schwierig und Sache genauer klinischer Beob-
achtung ist. Es ist deshalb für den Arzt ebenso verantwortungsvoll, eine Ehe
zu verbieten, ala zu gestatten. Besonders wird auf die verschlimmernde Bedeu-
tung hingewiesen, die die Ehe in sozialer Beziehung häufig für den Arbeiter hat.
Mit Recht betont K. auch den Anteil, den die Frau unter unseren heutigen
Verhältnissen am Berufsleben hat, ein Umstand, dessen Folgen sich auch in der
Ehe stark bemerkbar machen müssen.
Die Übersicht der statistischen Arbeiten ergibt zweifellos, dass bei jeder
tuberkulösen Frau die Empfängnis eine schwere Gefahr für Gesundheit und Leben
bedeutet. Diese Gefahr ist in den ersten Monaten der Schwangerschaft sehr gross,
in den letzten Monaten geringer, wird aber dann am grössten im Wochenbett.
Ganz besonders wichtig sind die ungünstigen Einwirkungen der Entbindung selbst,
die sich in Form akuter Verschlimmerungen durch Aspiration und miliare Aussaat
geltend machen können. Ebenso schwere Folgen hat das Stillen tuberkulöser
Frauen, dem Kaminer also völlig ablelınend gegenübersteht. Die Ansicht
Schlossmann’s von der glücklichen Anregung des Stoffwechsels tuberkulöser
Mütter durch das Stillen erscheint nach Theorie und Praxis anfechtbar.
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Gefahr der Ansteckung des anderen
Ehegatten, mit der nach den Arbeiten von Weinberg und Jakob u. Pann-
witz gerechnet werden muss. Als Übertragungsweg kommt bei den Verhältnissen
des engen häuslichen Zusammenwohnens in erster Linie die Auswurfansteckung
in Betracht. Für die Nachkommenschaft ist besonders wichtig, dass gewisse
Körpereigenschaften vererbt werden können, die in späteren Lebensjahren die
Entstehung einer Tuberkulose begünstigen. K. fasst seinen Standpunkt in dieser
Frage dahin, dass, nur wenn Vater oder Mutter im Augenblick der Befruchtung
die Anlage zur Tuberkulose gehabt haben, die Möglichkeit einer Übertragung der
Anlage oder die Wahrscheinlichkeit ihrer Vererbung anzunehmen sei — eine
Fassung, die vor missverständlicher Deutung nicht ganz sicher ist. „Wenn man
den höberen Standpunkt der Kausalität für das Allgemeinwohl zukünftiger Ge-
schlechter als berechtigt anerkennt“ — wird man die Ehe, oder zum mindesten
die Fortpflanzung belasteter Individuen so weit wie möglich zu verhindern suchen.
(Diese Frage wird in der Praxis eine Abwägung von Fall zu Fall unter Berück-
13*
1% Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
sichtigung der Familienvorgeschichte und der Körperanlage des Einzelnen erfahren
müssen, Ref.)
Mit noch grösserer Bestimmtheit wird der berechtigte Standpunkt der
Ablehnung der Ehe bei schon tuberkulös Erkrankten vertreten, wobei in frischen
Fällen die Ebe absolut verworfen, in älteren, anscheinend geheilten, eine Karenz-
zeit von 3 Jahren als Mindestbediugung angesehen wird, und der Mann wie üblich,
eine etwas andere Beurteilung als die Frau erfährt. (Hier hätte etwas mehr der
klinische Begriff der Aktivität und der Charakter der einzelnen Erkrankung her-
vortreten müssen. Ref.) |
Bei Tuberkulose eines Ehegatten ist vernünftige Vorbeugung erforderlich.
Wird eine tuberkulöse Frau schwanger, so ist von Fall zu Fall zu entscheiden. In
vorgeschrittenen Fällen, wo die Vorhersage sehr schlecht ist, und die Operation
keinen Nutzen für die Verlängerung des mütterlichen Lebens verspricht, ist Ab-
warten angezeigt. Hierher gehören leider fast alle Keblkopftuberkulosen. In allen
Füllen, wo in der Schwangerschaft eine auf deren Rechnung zu setzende Ver-
schlimmerung eintritt, wo aber sonst die Möglichkeit der Heilung oder jahre-
langer Besserung gegeben ist, ist die Einleitung des Abortes angezeigt. Niemals
aber wird die Schwangerschaft nur auf ein einziges Anzeichen, z. B. Gewichts-
abnahme hin, unterbrochen werden dürfen.
Auch die künstliche Frühgeburt hält K. im ersten Stadium der Tuberkulose
in manchen Fällen noch für gerechtfertigt (Pankow und Küpferle). Für diese
Fälle stellt er die Forderung des vaginalen Kaiserschnittes auf (!).
Der Frage der Heilstättenbehandlung Schwangerer steht K. unbedingt ab-
lehnend gegenüber, wenigstens für alle Fälle, in denen ein schädigender Einfluss der
Schwangerschaft vorhanden ist. (Andere Fälle dürften kaum in Frage kommen.
Ref.) Er will die Heilstättenkur hauptsächlich nach der Unterbrechung der
Schwangerschaft eingeleitet wissen. (Die bier angeschnittene Frage ist nicht nur
für das Leben vieler Frauen, sondern auch für die Allgemeinheit so wichtig, dass
die Aufstellung neuer Sammelforschungen mit grössten Zahlen aus verschiedenen
sozialen Schichten zur weiteren Klärung dringend erforderlich und sehr ver-
dienstlich erscheint. Ref.) Seinen Standpunkt fasst K. zum Schluss in die For-
derung zusammen, dass die staatlich notwendigen Massnahmen zur Behebung des
Geburtenrückganges vor der Tuberkulose Halt machen müssen,
Das Bronchialasthma kann weder beim Manne noch bei der Frau als ein
zwingendes Ehehindernis angesehen werden. Das gilt aber wohl, wenn sich die
chronischen Folgezustände lange bestehenden Asthmas eingestellt haben. Auch
ist die Art und Häufigkeit der Anfälle von Bedeutung. Die Anzeige zur Ein-
leitung des Abortes ist nur dann gegeben, wenn die Anzahl und Dauer der An-
fülle sıch während der Schwangerschaft in lebenbedrohender Weise vermehrt.
Zum Schlusse finden die weniger wichtigen chronischen Bronchial- und
Lungenerkrankungen ihre kurze Beurteilung.
Einige Bemerkungen sind zu den Ausführungen des Verf. nachzutragen, Die
klinische Festlegung des Begriffes Phthise auf die Fälle mit Mischinfektion ist
wohl nicht angängig. Es dürfte sich der Standpunkt Aschoffs betr. der Be-
zeichnungen „Tuberkulose“ und „Plhthise* zu allgemeiner Annahme empfehlen.
(Zeitschr. f. Tub. Bd. 26. H. 1—4.)
Auf 8. 337 wird bebauptet, dass ungemein häufig eine beinahe charakte-
ristische Begleiterscheinung der Tuberkulose die krankhafte Steigerung des Ge-
schlechtstriebes ist. Die Angabe ist nach der Erfahrung vieler Autoren — vgl.
z.B. Cornet u.a. — in dieser allgemeinen Fassung sicher unhaltbar. Ebenso darf
der Satz sicher für die Jetztzeit nicht unwidersprochen bleiben, dass tuberkulöse
Arbeiter eine Anzahl von Kindern in die Welt zu setzen pflegen, die nicht im
Verhältnis zu ihrem Einkommen steht.
Bei der Frage der Wartezeit bis zur Eheerlaubnis wird bemerkt, dass nach
den Kenntnissen von der Biologie des Tuberkelbazillus seine Lebensfähigkeit im
menschlichen Körper während eines Zeitraumes von drei Jahren nicht aus-
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 197
geschlossen werden kann. — Nach den Untersuchungen von Lubarsch und
von Lydia Rabinowitsch muss die Lebensfähigkeit doch als viel länger
angenommen werden. Die Frage darf hier nicht lauten: Leben noch Tuberkel-
bazillen irgendwo? sondern: Ist nach ärztlicher Voraussicht eine klinische Aus-
heilung mit einiger Sicherheit anzunehmen ?
Aber das sind kleine Ausstellungen an der im übrigen umfassenden und
guten Darstellung, die das schwierige Kapitel der Beziehungen von Tuberkulose
und Ehe durch Kaminer erfährt.
Die Frage, ob mit Hauttuberkulose Behaftete heiraten dürfen, wird von
Lederman in dem Abschnitte Hautkrankheiten und Ehe ausführlich behandelt.
Bemerkenswert ist, dass L. hier auch die Bedeutung der Tuberkulineinspritzung
für die Beurteilung des Hautprozesses und für die Nachforschung nach etwaigen
sonst im Körper vorhandenen Prozessen hervorhebt.
Im übrigen kann auf die einzelnen Abschnitte nicht ausführlich eingegangen
werden. Sie bringen aus berufener Feder und in teilweise vorzüglicher Bebandlung
eine Darstellung dieser für den Arzt im täglichen Leben der Praxis immer erneut
wichtigen Fragen. Sie geben darüber hinaus eine grosse Zahl von Anregungen.
Besunders ist auch die ausführlichere Behandlung des Geburtenrückganges und
der Rassenfragen zu begrüssen. In allen diesen Fragen, in denen dem Arzte eine
wichtige Rolle für das Wohl des einzelnen Kranken und des Volkes zukommt,
ist ihm das vorliegende Werk als ein Ratgeber zu empfehlen, dem recht weite
Verbreitung zu wünschen ist.
Erstrebenswert wäre nur, dass bei der Abfassung medizinischer Arbeiten
endlich einmal mit der Einschränkung des Gebrauches der Fremdwörter Ernst
gemacht würde. Viele Wörter werden ja unvermeidlich bleiben, die eigentlichen
Fachausdrücke. Andere aber, in denen mauche Verfasser geradezu schwelgen —
Postulat, Kumulierung, illustrieren, konstatieren, eventuell, antikonzeptionell,
Liberalität, — es liessen sich viele Seiten füllen, oft mit wahren Ungeheuern an
Länge, sprachlicher Bildung und Klang — sollten langsam aber tatkräftig getilzt
werden. H. Grau, Rheinland-Honnef.
22. C. Kraemer, leit. Arzt der Tuberkulose-Abteilung Res. L. III. Stuttgart,
Das Tuberkulin in der militärischen Begutachtung und Behandlung
der Tuberkulose, nebst kurzer Technik. Stuttgart, Verlag von Ferd. Encke.
338.
Diejenige Art und Weise der Begutachtuug und Behandlung der Tuberkulose
in der Armee ist die beste, aus der die meisten Leute mit voller Kriegsverwendungs-
fähigkeit nebst der grösstmöglichen Gewähr für deren Dauerhaftigkeit hervorgehen.
K. sieht die Tuberkulindiagnose und Behandlung als diese beste Art und Weise
an. Er konnte nicht weniger als zwei Drittel der tuberkulinbehandelten Tuber-
kulösen unmittelbar als felddienstfähig entlassen, mit melır oder weniger Gewähr,
dass sie vor dem Rückfall der Tuberkulose geschützt bleiben,
K. beginnt mit einer Kritik des anderorts geübten Auswahlverfahrens. Die
Fraenkel-Albrechtsche Einteilung der Lungenphthise lehnt er ab. Es ist ihm
sicher darin beizustimmen, dass diese Einteilung noch nicht so wesentlichen Fort-
schritt gegenüber der alten bedeutet. Sie versagt für die eigentlich wichtigsten,
die Frühfälle. Weniger verständlich erscheint die von K. ausgesprochene Ansicht,
dass die Röntgenuntersuchung für die Frühdiagnose der Tuberkulose entbehrlich ist.
Für Heereszwecke unterscheidet K. zwischen geschlossener (I) und offener
(II) Tuberkulose. Er will sie auch durch dis physikalische Untersuchung sofort
und mit annähernd vollkommener Sicherheit unterscheiden dadurch, dass I in der
Hauptsache die perkutorischen, II dagegen die auskultatorischen Befunde darbietet.
Eigentümlich ist die von K. gegebene Verwischung der Begriffe offene und ge-
schlossene Tuberkulose: er führt z. B. geschlossene Tuberkulosen (mit rein per-
kutorischem Befunde) mit Bazillen im Auswurf auf, die aber Jie Bazillen verlieren
und die Felddienstfähigkeit wieder erlangen. Es ist sicher für den allgemeinen
195 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
G«brauch nicht angängig, ein solches Bild zu zeichnen und solche früheren
Bazillenträger sogar als felddienstfähig zu entlassen.
Gegenstand der Behandlung mit Aussicht auf Wiederherstellung der Dienst-
fähigkeit ist die geschlossene Tuberkulose (s. oben). Diese geschlossene Tuber-
kulose ist nach K. in der Hauptsache eine Hilustuberkulose. An ihr leiden nach
seiner früher aufgestellten Berechnung etwa 85°/s der mit tuberkulöser oder
tuberkuloseverdächtiger Erkrankung eingelieferten Mannschaften. Die Hilustuber-
kuluse ist am besten erkennbar aus den Dämpfungen, die sich zwischen Wirbelsäule,
Spina und Angulus scapulae finden. Diese Dämpfungen sind überaus häufig. Sie
schwinden nach völlig durchgeführter Tuberkulinkur.
Die Entscheidang über den Fall gibt die Tuberkulinprüfung. Auf die Herd-
reaktion, von deren Auftreten er sich zwar öfters überzeugen konnte (aber nicht
von ihrer prognostischen Bedeutung) ist kein besonderer Wert zu legen. Grund-
sätzlich zu verwerfen ist die Tuberkulinprüfung mittelst einmaliger Einspritzung
von 1 mg, die eine Versündigung gegen den Geist der Tuberkulindiagnose dar-
stellt. Das Tuberkulin soll so angewendet werden, dass der Arzt in der öfters
von K. geschilderten Weise stets „in Fühlung mit der Tuberkulose“ bleibt. Es soll
eine Tuberkulinauslese bewirken, die zugleich zur Behandlung überleitet.
Die Heilstätten sind, solange sie das Tuberkulin nicht in der den einzelnen
Formen der Tuberkulose entsprechenden Weise anwenden, der Ort für die Be-
handlung der offenen, aber nicht der geschlossenen Tuberkulosen. Die ge-
schlossenen sollen in erster Linie mit Tuberkulin behandelt werden. Für diese
Versorzung der zur Beobachtung aufgenommenen Heeresangehörigen wird ein
Schema gegeben, nach dem seit Februar 1915 bei über 1000 Soldaten in dem von
K. geleiteten Lazarett verfahren worden ist. Über die angewandte diagnostisch-
therapeutische Technik für die geschlossene Lungentuberkulose wird in einem
basonderen letzten Abschnitte berichtet, in dem auch die Theorie der Tuberkulin-
wirkung in einleitenden Worten abgehandelt wird. Das Endziel der Tuberkulin-
wirkung ist eine Vertreibung der Immunität durch Abheilung der tuberkulösen
Herde, wie das aus früheren Arbeiten des Verf. bekannt ist. Bei der Durchführung
der Kur sind bei der geschlossenen Tuberkulose leichte Reaktionen unentbehrlich.
Genauere Anweisungen für die Dosierung werden gegeben. Das Nichtmehr-
reagieren tuberkulöser Kranker ist aber der biologische Abschluss der Tuberkulinkur.
Das ist in kurzem der Inhalt des K.’schen Büchleins. Es ist anregend ge-
schrieben, wie alle Arbeiten K.’s, bringt eine Fülle wertvoller Gedanken und ver-
anlasst immer wieder zum Nachdenken. Ein entschiedenes Verdienst K. ist es,
auf die Beachtung der Hilusbefunde hingewiesen zu haben, deren Vorkommen
durch die neueren Untersuchungen Ranke’'s sehr gestützt wird. Ebenso ist
seine überzeugungstreue Verfechtung der Tuberkulinanwendung bemerkenswert
und geeignet, immer wieder zu Versuchen in geeigneten Fällen anzuregen.
Allein daneben können eine Reihe von erheblichen Bedenken gegenüber
seinen Ausführungen nicht unterdrückt werden. Zunächst die Hilusdämpfungen!
Sie sind sicher oft vorhanden. Aber die Fehlerquellen sind zahlreich: Skoliose,
runder Rücken, stark entwickelte Muskulatur, besonders einseitig entwickelte.
Wenn die auskultatorischen Erscheinungen, wie bei dem von K. aufgestellten
Begriff der geschlossenen Tuberkulose fehlen und die Tuberkulineinspritzung
keine Herdreaktion ergibt, wer will da den Mut haben, das Vorhandensein einer
tuberkulösen Erkrankung anzunehmen? Es ist doch nicht zu leugnen, dass
eine positive Tuberkulinallgemein-, besonders Fieberreaktion sich bei sehr zahl-
reichen Gesunden findet. Ich habe bei jahrelanger Durchprüfung aller aufge-
nommenen Kranken auf einer inneren Klinik mit der Pirquet’schen Reaktion ungemein
oft die lebhaftesten Reaktionen gerade bei ganz gesunden, völlig unverdächtigen
Menschen finden können. Würden die nicht auch auf subkutane Tuberkulinein-
verleibung lebhafte Allgemein- oder Fieberreaktion gezeigt haben? Wenn wir
ausser auf subjektive Erscheinungen nur auf Hilusdämpfung und Tuberkulinreaktion
ohne Herdreaktion die Diagnose Tuberkulose gründen, so wird man uns den
a.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 199
Vorwurf machen, dass wir Tuberkuloseinfizierte, aber nicht Tuberkulosekranke
behandeln.
Für die Frage des biologischen Abschlusses der Tuberkulinbehandlung, der
ein theoretisch einleuchtender und verführerischer Gedanke ist, wäre unbedingt
das Vorliegen von zahlreichen systematischen Nachprüfungen nötig.
Hier liegt die Hauptschwäche der Ausführungen K.'s die ihm selbst nicht
entgangen ist (vgl. S. 31). Die Hauptfrage ist, ob denn im Gegensatz zu dem
Wiederabfall so vieler früheren Heilstättenpfleglinge nun die von ihm wieder zur
Truppe geschickten leute dort besser ausgehalten haben. Nicht der Schluss-
befund des behandelnden Arztes, sondern die Statistik über den Dauererfolg kann
da erst entscheiden.
K. verfügt unter den lebenden Ärzten sicher mit über die grösste Erfahrung
im Gebrauch des Tuberkulins. Er würde, worauf ich schon früher hingewiesen
habe, sich ein Verdienst erwerben und der Sache des Tuberkulins einen grossen
Dienst erweisen, wenn er eine recht umfangreiche fortlaufende Reihe seiner
Tuberkulinfälle mit klinischen Angaben, Dosenfolge und Dauererfolg ausführlich
veröffentlichen würde. Nur ein solches Tuberkulinbuch könnte eine überzeugende
Kraft haben und ein wertvoller Führer für den Arzt werden,
H. Grau, Rheinland - Honnef.
23. August Rollier, Die Sonnenbehandlung. Ihre therapeutische und
soziale Bedeutung. Verlag von A. Franke, Bern. 55 S. Preis M. 1.50.
Die kurze, recht lesenswerte Schrift behandelt in anregender Form, frei von
allem übertriebenen Optimismus die therapeutische und soziale Bedeutung der
Sonnenbehandlung. Der Toleranzgrad gegenüber den Sonnenstrahlen ist bei den
einzelnen sehr verschieden. Alter, Allgemeinzustand, Verhalten des (Gefäss- und
Nervensystems der Patienten sind für die Reaktion des Organismus auf die
Sonnenbestrahlung von grosser Bedeutung. Daher ist es wichtig, die Bestrahlung
äusserst vorsichtig zu dosieren und in streng abgestuften Etappen vorzugehen,
bis völlige Gewöhnung eingetreten ist. Die Heliotherapie wird kombiniert mit
orthopädischen Massnahmen, die für die verschiedenen Lokalisationen der chirur-
gischen Tuberkulose ausführlich besprochen werden. Am günstigsten sind die
Erfolge bei geschlossener Tuberkulose. Die bei offener chirurgischer Tuberkulose
fast stets bestehende Mischinfektion erschwert die Heilung ungeheuer, ja macht
sie manchmal völlig unmöglich. Daher kann vor operativen Eingriffen nicht
genug gewarnt werden. R. bespricht die Erfolge der Heliotherapie bei den ver-
schiedenen Formen der chirurgischen Tuberkulose, die bezüglich Funktion, Kos-
metik und Dauer denen jeder anderen Therapie wesentlich überlegen sind. Zur
Beantwortung der Frage nach der Dauer der Erfolge lässt R. aus der Fülle seiner
Erfahrungen eine Reihe von Patienten an unserem geistigen Auge vorüberziehen,
die vor vielen Jahren in recht traurigem, vielfach hoffnungslosem Zustande nach
Leysin kamen, nach spätestens 2jähriger Behandlung geheilt entlassen wurden
und seitdem ununterbrochen in ihrem Beruf tätig sind und sich des besten Wohl-
befindens erfreuen. Auch gegenüber nichttuberkulösen, chirurgischen Affektionen
hat sich die Sonnenbehandlung bewährt. Um die geheilten Patienten an den
Übergang vom Hochgebirge zur Ebene, von Ruhe zur Arbeit zu gewöhnen und
80 Rückfälle zu vermeiden, sind an verschiedenen Orten der Schweiz Arbeits-
und Landwirtschaftskolonnen für Rekonvaleszenten eingerichtet. Hier bleiben
die Patienten noch einige Monate und arbeiten täglich mehrere Stunden in den
verschiedenen Werkstätten, im Feld und Garten. Schon während der Kur werden
die Patienten nach Möglichkeit angehalten, leichte Handarbeiten zu machen. Die
Arbeitskur hat sich in moralischer wie finanzieller Hinsicht bewährt, da die
Patienten imstande sind, wenigstens einen Teil ihres Lebensunterhaltes selbst zu
verdienen. Schliesslich verdient die Sonnen- und Luftkur auch weiteste Beachtunz
als Prophylaktikum für zur Tuberkulose prädisponierte Kinder. Diesem Zweck
dienen verschiedene Kinderkolonien in der Schweiz, wo die Kinder möglichst
20 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
völlig im Freien unterrichtet werden. Aufgabe der Ärzte ist es, die Laien auf
die hohe therapeutische und soziale Bedeutung der Sonnenbehandlung aufmerksam
zu machen. Berlin, Schömberg.
24. Gräfin v. Linden, I. Erfahrungen der Kupferbehandlung bei der ex-
perimentellen Tuberkulose des Meerschweinchens und bei den ver-
schiedenen Formen der Tuberkulose des Menschen. — II. Die bisherigen
Ergebnisse der Kupferbehandlung bei Nematodenerkrankungen mit
besonderer Berücksichtigung der experimentellen Trichinose. — Ver-
öfentlichungen aus dem Gebiet der Medizinalverwaltung. 6. Bd. 6. Jahrg. Ver-
lagsbuchhandlung Richard Schoetz. Preis 3 M.
l]. Versuche am Meerschweinchen:
Zahlreiche, jahrelange Versuche, die experimentelle Meerschweinchentuber-
kulose durch Kupferbehandlung zu beeinflussen, haben zu dem Ergebnis geführt,
dass „der akute Prozess zu einem chronischen, die progrediente Tuberkulose zu
einer stationären wird.“ Dieser Schluss wird durch folgende Tatsachen bewiesen:
Die Kupferbehandlung führt nach kurzer Temperatursteigerung zu völliger Ent
fieberung, die wochen- und monatelang anhält. Die mit Kupfer behandelten Tiere
erreichen ein wesentlich höheres Gewicht als die Kontrolltiere. Die Nachkommen-
schaft der mit Kupfer behandelten Tiere ist qualitativ und quantitativ besser.
Die Lebensdauer der mit Kupfer behandelten Tiere beträgt das Doppelte der
durchschnittlichen Lebensdauer und bis zum Siebenfachen des Maximums der
Kontrolltiere. 30°/o aller Versuchstiere werden durch die Kupferbehandlung soweit
günstig beeinflusst, dass der zum Stillstand gekommene tuberkulöse Prozess
Aussicht auf allmähliche Ausheilung bietet.“ Die Kupferbehandlung führt „zu
einem Absterben der Infektionserreger, einer Rückbildung der für die tuberkulöse
Infektion charakteristischen Gewebselemente und einer fibrösen Umbildung der
Herde.“ Die besten Resultate erzielt die subkutane Behandlung mit hohen An-
fangsdosen von 3—5 mg Cr. Die Kupfereinspritzungen führen häufig ganz analog
den Tuberkulinreaktionen zu Allgemein- und Herdreaktionen. Bei Kaninchen ge-
lingt es, diese durch prophylaktische Kupfergaben gegen eine spätere Infektion
gänzlich zu schützen oder aber die Erkrankung äusserst zu mildern. Zum Schluss
erwähnt v. L. die Arbeiten anderer Autoren über dieselbe Materie. Teils bestätigen
sie ihre eigenen Resultate, teils kommen sie zu entgegengesetzten Ergebnissen.
In letzterem Falle hält v. L. die Schlüsse dieser Autoren für nicht erwiesen oder
irrtümlich. —
2. Versuche am Menschen:
Die Versuche zahlreicher Autoren, die menschliche Tuberkulose mit Kupfer
zu behandeln, haben im allgemeinen einen günstigen Erfolg gehabt. Die besten
Resultate wurden bei der Haut- und Knochentuberkulose erzielt, weil es hier
möglich ist, die Kupfersalze in Form der Lecutylsalbe in unmittelbare Berührung
mit dem Krankheitsherd zu bringen. Bisher unheilbare Fälle wurden geheilt.
Die Wirkung der Kupfersalze muss eine spezifische genannt werden, da das
Kupfer nur das tuberkulös kranke Gewebe zerstört, das gesunde aber intakt lässt
und zur Narbenbildung anregt. Die Resultate, die die Kupfertherapie bei der
Lungentuberkulose erzielt hat, sind weniger augenfällig, sie lassen sich in folgenden
Sätzen zusammenfassen: „Die Kupfertherapie ergibt bei schweren chronischen
oder subakuten fieberfreien, subfebrilen oder leicht fiebernden Fällen gute Erfolge.
Daher werden alte fibröse Phthisen nicht wesentlich beeinflusst, und bei progre-
dienten, fieberhaften Erkrankungen kann die Kupfertherapie wenigstens bei intra-
venöser Behandlung zu ungünstigen Resultaten führen.“ Intravenöse Dosen von
über 5 mg Kupfer erzeugen bei akuten Prozessen Allgemein- und Herdreaktionen.
Geringere intravenöse Dosen sowie intramuskuläre, subkutane, perkutane und
interne Verabreichung rufen keinerlei Reaktionen hervor. Die intravenöse Be-
handlung ist bei fieberhaften Fällen kontraindiziert. Die interne Behandlung
eignet sich für die ambulante Praxis. Irgendwelcte schädlichen Wirkungen, die
No
Kongress- und Vereinsberichte. 201
als Intoxikationserscheinungen aufzufassen wären, wurden nicht beobachtet. Die
Kupferbehandlung hat sich in manchen Fällen als letztes Hilfsmittel bewährt.
Auch bei der Urogenitaltuberkulose hat die perkutane und interne Kupferbehand-
lung recht günstige Erfolge erzielt. —
Auf die Besprechung der zweiten, in diesem Heft erschienenen Arbeit über
die Kupferbehandinng bei Nematodenerkrankungen müssen wir in dieser Zeit-
schrift verzichten. Berlin, Schömberg.
25. F. Köhler, Die Tuberkuloseforschung in den Kriegsjahren. Ergeb-
nisse der Tuberkuloseforschung. Heft 5. ZBepertorienverlag Leipzig.
Im 5. Heft seiner „Ergebnisse der 'Tuberkuloseforschung“ referiert K. die
wichtigsten Tuberkulosearbeiten des Jahres 1914 aus folgenden Gebieten: Drüsen,
Lymphogranulomatose, Schilddrüse; Verdauungstraktus; Perikard, Herz, Gefäss-
system; Peritoneum, Leber, Niere; Genitalorgane; Generationsvorgänge und
Schwangerschaft. Berlin, Schömberg.
26. Eine neue amerikanische Zeitschrift, welche sich ausschliesslich
mit Tuberkulose befasst, ist erschienen: The American Review of Tuber-
cnlosis. Sie ist das Organ der National Association for the Study and
Prevention of Tuberculosis. Dr. Allen K. Krause von Baltimore ist der
Herausgeber. Die Zeitschrift erscheint monatlich im Verlag von 2419 Green-
mount Avenue, Baltimore. Mannheimer, New York.
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
m_m
6. 21. Generalversammlung des Deutschen Zentralkomitees zur
Bekämpfung der Tuberkulose am 23. Mai 1917 in Berlin.
Berichterstatter: Liebe-Waldhof-Elgershausen.
Aus der Begrüssungsansprache des stellvertretenden Vorsitzenden Ministerial-
direktor Kirchner ist zu erwähnen, dass die Tuberkulose durch die Kriegsver-
hältnisse seit 1914 ständig im Zunehmen ist. Deutschland, das mit seinen
Kampfmitteln gegen diese Volksseuche immer vorbildlich war, darf — wie im
Felde jede kleine Schlappe — diese Tatsache offen besprechen. Denn sie wird,
ohne übermässig zu schrecken, eine Mahnung sein, mit allen Kräften alle Mittel
anzuwenden und auszubauen, die im Gegenstosse das Eindringen dieses Gegners
in unsere Stellungen wieder beseitigen.
Nachdem durch den Generalsekretär, Oberstabsarzt Dr. Helm, die geschäft-
lichen Angelegenheiten verlesen und erledigt worden waren, folgte der Doppel-
vortrag: Berufsberatung und Arbeitsvermittlung unter besonderer
Berücksichtigung der Kriegsbeschädigten.
Oberstabsarzt Dr. Beschorner-Dresden: Hat schon im Frieden die Berufs-
beratung Schwierigkeiten gemacht, so noch mehr im Kriege. In Dresden hat sich
aber dabei die „vorbeugende Arbeitserhaltung“* ganz besonders bewährt. Schon
vor Einleitung der Kurmassnahmen wird versucht, dem Kranken sein bisheriges
Arbeitsverhältnis für die Zeit nach der Kur zu erhalten. Diese vorbeugende
Arbeitserhaltung lässt sich auch bei Kriegsbeschüdigten durchführen, wenn man
auf die Stellung zurückgreift, die der Kranke vor Eintritt ins Militär innehatte.
Abgesehen von dieser nicht immer möglichen vorbeugenden Tätigkeit muss auch
sonst der Gesichtspunkt der möglichsten Berufserhaltung gelten. Die Schwierig-
keiten, in die der Kranke wie der Berater gerade durch die Eigenart der Tuber-
kulose versetzt werden, sind dabei nicht zu verkennen. Wenn wirklich ein
Berufswechsel gewünscht oder für erforderlich gehalten wird, so bedarf es
202 Kongress- und Vereinsberichte.
eines besonders erfahrenen Beraters. Denn es ist leicht, jemanden aus seinem
Berufe heraus-, schwer ihn in einen anderen hineinzubringen. Die Vorbedingung
guter Zentralisation und einheitlicher Ausgestaltung der Massnahmen ist beim
12. Armeekorps vorbildlich erfüllt. Es wird schon in den Lazaretten und Heil-
stätten vorgearbeite. Schon in den Urlaub nehmen die Kranken ein Merkblatt
mit. Ein ausführlicher Fragebogen wird während der Behandlung ausgefüllt;
später baut sich auf ıhn die endgültige Beratung auf. Daheim übernimmt der
Heimatverein („Heimatdank“) die weiteren Bemühungen. Durch unermüdliche
Aufklärung muss gearbeitet, muss auch jeder unberechtigte Anspruch auf „Ar-
beitsunfähigkeit* beseitigt werden. Aber auch — und manchmal hier ganz besonders
— bei den Arbeitgebern ist Aufklärung nötig. Die Vereine gehen auch an die
Errichtung von Arbeitsstätten für Kleintierzucht und Gartenbau heran. So wird
(in den verhältnismässig kleinen Verhältnissen) Mustergültiges geleistet, das man
trotzdem immer weiter auszubauen bereit ist.
Geh. Regierungsrat Dr. Freudenfeld-Strassburg hatte Leitsätze verteilt.
A. Berufsberatung:
I. Kein Beruf ist ganz einwandfrei, jeder. hat seine Schädlichkeiten. So hängt
viel ab von den hygienischen Einrichtungen des Betriebe, sowie vom Verhalten des
Lungenkranken, ob er in einem ungünstigen Berufe gedeiht oder von einem günstigen
keinen Vorteil hat. Bei der Berufsberatung muss man sich damit zufrieden geben,
einen verhältnismässig unschädlichen Beruf zu empfehlen.
Beispielsweise ist es wichtig, ob ein Schuhmacher nur neue Schuhe macht
oder viel mit alten beschäftigt wird. (Noch deutlicher das Beispiel der Weiss-
binder, ob nur Neues gemacht wird oder viel alte Wände abzukratzen sind;
Maurer, ob Neubau oder Abreissen alter Gebäude; Polsterer: neue Möbel, alte
aufarbeiten! Ref.)
II. Berufswechsel ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Ein Hauptgewicht ist
auf vorbeugende Erhaltung der alten Arbeitsstelle zu legen. Auch die Rück-
kehr in die alten Verhältnisse erfordert nach Abschluss der Heilstättenkur in vielen
Fällen eine Eingewöhnung in die Arbeitstätigkeit. Der Rat eines Berufswechsels ist
wertlos, wenn nicht Mittel und Wege geboten werden können, ihn zu befolgen.
Hier sind Zwischenglieder zu schaffen, für die das Oldenburgische Arbeits-
genesungsheim Sannum die Musterstätte ist. Dieses ist nur für landwirtschaftliche
Arbeiten. Es ist aber in diese Arbeitsgenesungsheime auch forstwirtschaftliche,
gärtnerische und — als Neues, vielleicht Bedenken Erregendes — Werkstätten-
arbeit einzuführen. Nach Muster der „Gewöhnungswerkstätten‘ von Lohmann
in Köln sind ausgewählte Leute mit Holzbearbeitung, Feinmechanik, Uhrmacherei
für grössere Uhren, Korbflechterei beschäftigt. Es gehört dazu ein gewisser Mut.
Aber alle Bedenken lassen sich überwinden, wenn sich das Heim lediglich in den
Dienst der Nachbehandlung stellt, wenn Arzt und Lehrer geradezu als „Spezialist
für Nachbehandlung“ verständnisvoll zusammenarbeiten. Dann wird die Arbeits-
therapie eine Bereicherung der Lungentherapie. Theoretischer Unterricht, Ein-
richtungen für Hygiene, für Jugend- und Volksspiele sollen dabei nicht fehlen.
Die Arbeit muss als wichtiger Teil des Heilverfahrens und deshalb als Pflicht
betrachtet werden. Vor Beginn unterschreibt der Kranke eine Zustimmungser-
klärung. Eine gewisse Entlohnung kann stattfinden. (Das sind also alle die
Grundsätze, die von uns schon seit langem für die Arbeitstlierapie in den Heil-
stätten aufgestellt werden. Ref.).') In dem dritten Leitsatze werden dem Heim
aber noch weitere Aufgaben zugeschrieben:
Ill. Dem Zwecke der Berufsberatung und der Zurückführung in Berufsarbeit
dient am besten das methodisch einzurichtende und zu leitende ‚„Arbeitsgenesungs-
heim“. Dasselbe hat vier Aufgaben zu erfüllen:
1, diejenigen, denen ihre alte Arbeitsstelle offengehalten ist, in wenigen Wochen
wieder an Arbeitstätigkeit zu gewöhnen,
ı, Vgl. Liebe, Die mechanische und psychische Behandlung der Tuberkulösen
besonders in Heilstätten. München 1909,
an a
Ao o oo
Kongress- und Vereinsberichte. 203
2. diejenigen, die zwar bei demselben Arbeitgeber wieder eintreten wollen, aber
den Arbeitsplatz wechseln müssen, für diese Berufsbildung vorzubereiten,
3. denjenigen, welche den Beruf wechseln müssen, hierfür einige Vorbil-
dung zu bieten,
4, ungelernte Arbeiter in bestimmten beruflichen Arbeitsverrichtungen anzu-
lernen.
B. Arbeitsvermittlung. Je besser darin gearbeitet wird, desto leicht-
fertiger wird der Arbeiter, kümmert sich selbst nicht mehr. Das ist eben ein
Nachteil, der jeder sozialen Fürsorge anhaftet. Hauptbedingung ist genaue Rege-
lung und Ineinanderarbeiten, damit nicht für einen mehrmals, für andere gar nicht
gesorgt wird. Die Leitsätze hierüber lauten (mit unwesentlichen Kürzungen):
1. Von der Absicht der Aufnahme eines Heilbedürftigen in eine Lungenheil-
stätte oder von der bereits erfolgten Aufnahme setzt die Vers.-Anstalt die Tub.-Fürs.-
Stelle in Kenntnis. Sie veranlasst sie hierbei, sich mit dem Arbeitgeber in Verbindung
zu setzen, um dem Pfleglinge die alte Arbeitsstelle zu sichern. Wenn für den Wohn-
sitz oder Betriebsort des Pfleglings eine Fürs.-Stelle nicht besteht, so sendet die
Vers.-Anst. unmittelbar an den Arbeitgeber ein Schreiben!) mit dem Zusatze der
Bitte, ob er bereit sei.
2. Fünf Wochen vor dem voraussichtlichen Zeitpunkte der Entlassung aus der
Heilstätte fragt die Vers.-Anstalt bei der Fürs.-Stelle an (wenn eine solche nicht
vorhanden ist, durch Vermittlung des Heilstättenarztes, bei dem Patienten), ob dem
Pfleglinge die alte Arbeitsstelle gesichert bleibe. Wird die Anfrage bejaht, so gilt
die Vermittlungsfürsorge für die Vers.-Anstalt als erledigt. Wird sie verneint, so
wird der Heilstättenarzt aufgefordert, sich darüber auszusprechen, ob voraussichtlich
eine Nachbehandlung im Arbeitsgenesungsheim in Betracht komme oder sofortige
Wiederaufnahme der Berufstätigkeit. Im letzteren Falle wird der Heilstättenarzt
gebeten, einen Fragebogen !) auszufüllen und einzusenden, woraufhin die Vers.-Anstalt
die Sache der Fürs.Stelle zur weiteren Behandlung übergibt, oder, wenn eine solche
nicht besteht, unmittelbar mit dem öffentlichen Arbeitsuachweis in Verbindung tritt.
3. Von der (a) Entlassung aus der Heilstätte, von der (b) Einweisung in das
Arbeitsgenesungsheim und von der (c) Entlassung aus demselben setzt die Vers.-Anstalt
die Fürs.-Stelle (oder Gemeinde) in Kenntnis. Im Falle der Entlassung (a und c)
ersucht sie die Fürs.-Stelle (Gemeinde) um Mitteilung, ob die Arbeitstätigkeit wieder
aufgenommen ist. _
4. Bei (b) Überweisung in ein Arbeitsgenesungsheim teilt die Versicherungs-
anstalt demselben mit, ob und inwieweit die Wiederaufnahme der Arbeit in der alten
Arbeitsstelle gesichert ist oder neue Schritte erforderlich sind. Sie veranlasst die-
selbe, je nach Verlauf des Aufenthalts im Einvernehnen mit dem Pflegling und der
Fürsorgestelle Schritte zu tun und über das Ergebnis derselben Mitteilung zu machen.
5. Bei Kriegsbeschädigten richtet die Versicherungsanstalt die Anfragen zu 2
statt an die Fürsorgestelle (Gemeinde) an den Kreis- oder Ortsausschuss der Kriegs-
beschädigtenfürsorge. Dabei wird dem Ausschuss die Adresse einer etwa bestehenden
Fürsorgestelle angegeben und ihm empfohlen, seine Fürsorgemassnahmen im Einver-
nehmen mit derselben zu treffen.
Der Krieg hat hier Anregungen gegeben, die weit über diese Zeit hinaus
wirken werden. Es wird sich, geklärt durch die Anforderungen dieser harten
Zeit, eine Organisation entwickeln, die besser sein wird, als die in der Zeit vor
dem Weltkriege erst im Ansatze vorhandene. (Eine Aussprache über die Vorträge
fand nicht statt.)
-
i. Versammlung der Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte in
Berlin am 24. Mai 1917.
Berichterstatter: Liebe- Waldhof-Elgershausen.
In ernsten, der grossen Zeit würdigen Worten eröffnete der Vorsitzende,
San.-Rat Dr. Pischinger-Lohr, die Versammlung. Er wies darauf hin, dass auch
die deutschen Lungenheilanstalten und ihre Ärzte, auch wenn sie nicht im Felde
!) Muster waren beigefügt.
204 Kongress- und Vereinsberichte.
stehen, Kriegsdienst zu leisten haben, dass sich gerade im Kriege gezeigt hat, wie
unentbehrlich die deutschen Lungenheilanstalten zur Unterbringung und Behand-
lung Lungenkranker (Soldaten und bürgerlich Kranker) sind und dass ihre Be-
deutung nach dem Kriege erst recht bestehen bleibe, um ein Überhandnehmen
der Schwindsucht in unserem Vaterlande zu verhüten. Die Lungenheilanstaltsärzte
wissen wohl, dass das deutsche Lungenheilanstaltswesen noch in vielen Einzel-
heiten ausgebaut werden muss und sind eifrig bedacht, an seiner Entwicklung
mitzuwirken; aber die vielfachen, nach ganz verschiedenen Richtungen geübten
Kritiken am deutschen Lungenheilanstaltswesen führen leicht zur Zersplitterung;
sie können auch nur an den Heilanstalten selbst auf ihre praktische Durchführ-
barkeit geprüft werden, und sie bringen besonders die allgemeine Gefahr mit sich,
dass sie im Urteile der Allgemeinheit den Grundwert des deutschen Lungenheil-
anstaltswesens erschüttern, das mit dem gewaltigen Aufbau der deutschen Wohl-
fahrt untrennbar verbunden ist.
Nach Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten, besonders auch der Frage
der Begründung eines Archivs, sowie der Begrüssung des als Gast anwesenden
Generalsekretärs des deuischen Zentralkomitees, Oberstabsarzt Dr. Helm, der sich
in den Ernährungsschwierigkeiten der letzten Zeit als warmer Freund der Heil-
stätten bewährt hat, sprach zuerst
Ritter-Edmundsthal über Tuberkulindiagnostik: Nichts Neues kann
gesagt werden. Aber immer wieder muss Durchsprechen und Durchdenken diese
Frage klären. Denn wir sind im Gegensatze zu manchen anderen nicht der
Meinung, das3 hier schon etwas Fertiges vorliege. Es bedarf noch vieler Studien
und Beobachtungen; ja, wir — stehen geradezu wieder vor einem Anfange. Ein
ehrliches, aber auch ein ehrendes Bekenntnis für eine derartige sachkundige Ver-
sammlung.
Theoretisches: Die Tuberkulinreaktion (TR-R) ist eine Abwehrmassregel
eines bereits infizierten Körpers gegen eine zweite Infektion; sie wird erklärt
durch Auflösung der im TR noch vorlıandenen Bazillentrümmer (Arbeitshypothese).
Das Wichtigste an der (subkutanen) Impfung ist die Möglichkeit einer Herdreaktion.
Fällt diese subkutane Impfung positiv aus, so war schon einmal Infektion da,
Zeichen einer (behandlungsbedürftigen) Erkrankung ist sie nicht. Sie beweist aber,
dass der reagierende Körper eine gewisse Immunisationskraft besitzt. Negativer
Ausfall (bei Erwachsenen): die Reaktionskraft fehlt oder der Herd ist in hohem
Masse inaktiv, ja verheilt. (Bei genügend hohen Gaben sehr selten. [Vergl. dazu
Kraemers Lehre von der Behandlung bis zur Anergie. Ref.]). Restlos geklärt,
frei von Überraschungen ist diese Frage noch keineswegs. Auch aktive Tuber-
kulose kann vereinzelt negativ reagieren. (Anders bekanntlich beim Kinde: positiv
ist frische Infektion, die Sorgfalt erheischt, negativ ist Noch-Freiheit von Tuber-
kulose.) Ä i
Die uns wichtigste Frage ist die nach der klinischen Bedeutung der nach-
gewiesenen Infektion für den Körper; welche ärztlichen Massnahmen erfordert sie?
Sofort treten uns die Begriffe „aktiv“ und „inaktiv“ entgegen, vielfach — zu
Unrecht — gleichgesetzt mit „behandlungsbedürftig“ und „nicht behandlungsbe-
dürftig“. (Wie wichtig jetzt für Kriegstuberkulöse!). Nicht ganz Saclıkundige
scheinen anzunehmen, dass aktiv und inaktiv ganz leicht zu trennende Krank-
heitebilder seien. Das trifft nur in einzelnen ausgesprochenen Fällen zu. Sonst
bestehen allerlei, auch individuelle Verschiedenheiten. Die Begriffe sind und
werden fliessend bleiben. Das ist eine die Schwierigkeiten für den Arzt erhöhende
Tatsache. Noch unklarer wird dies, wenn man aktiv = behandlungsbedürftig setzt
und umgekehrt, denn dabei müssen wirtschaftlich- und hygienisch-individuelle
Verhältnisse mit in Betracht gezogen werden. Diese Begriffe sind also nicht wissen-
schaftlich abgegrenzt, sondern mehr gangbare, aber wenig wertvolle Scheidemünze.
Welche Schlussfolgerungen dürfen denn nun wir aus der positiven TR-R
ziehen? Bei frischen Infektionen tritt bei kleineren Gaben schon TR-R ein,
als bei älteren. Leider bestehen vielfach frische und ältere Herde nebeneinander,
T
Kongress- und Vereinsberichte. 205
meist kleine frische in grösseren älteren. Das verwirrt das Bild. Trotzdem gilt
der obige Satz grundsätzlich. Und weiter: frische Herde sind meist aktiv. Immer-
hin besagt das noch nichts für die Behandlungsfähigkeit. Deshalb setzt sich der
einzelne eine obere Reaktionsgrenze, Ritter 5 mmg, in der TR-R „Aktivität“
meldet!),
Besonderer Wert ist auf die Herdreaktion gelegt worden. Dass der
Herd tuberkulöds ist, zeigt sie an, nicht aber dass er aktiv ist. In dem Auf-
satze von Brösamlen und Kraemer (Münch. med. Wochenschr. 1917, Nr. 20)
„Über Tuberkulindiagnostik der Lungentuberkulose* ist behauptet worden, dass
Herdreaktion = aktiv = behandlungsbedürftig sei. Ein Beweis ist nicht einmal
versucht worden. Nimmt man genügend viel TR, so kann auch ein alter inaktiver
Herd reagieren. Dazu kommt die Unsicherheit des Nachweises einer Herdreaktion
überhaupt, der sehr subjektiv ist. Ritter kommt zu folgenden Schlüssen:
„Fasso ich meine Ansicht über die klinische Bedeutung der Tuberkulin-
reaktion zusammen, so möchte ich folgendes sagen:
1. Durch die Hautreaktion und durch die allgemeine Reaktion bei der Sub-
kutanreaktion wird die tuberkulöse Infektion eines Körpers sicber erwiesen.
2. Durch eine sicher erkannte Herdreaktion ist der Sitz der Erkrankung
einwandfrei zu bestimmen.
3. Die Begriffe der aktiven und inaktiven Tuberkulose sind nicht scharf
zu unterscheiden, sondern gehen ineinander über.
4. Je geringer die Tuberkulinmenge ist, die zur Auslösung einer Reaktion
nötig ist, gleichgültig, ob es sich um eine allgemeine oder um eine Herdreaktion
handelt, um so aktiver erscheint die Erkrankung.
5. Über die Behandlungsbedürftigkeit eines Falles sagt die Tuberlinreaktion
an sich nichts aus.
Während die ersten beiden Sätze als sicherer wissenschaftlicher Besitz gelten
können, sind die andern drei Sätze wissenschaftlich nicht klar beweisbar, aber
durch theoretische Erwägungen und praktische Erfahrungen doch sehr wahr-
scheinlich gemacht.“
Aus der sehr anregenden, ausfübrlichen Aussprache seien einzelne wichtige
Sätze berichtet.
Bochalli-Lostau: Der Pirquet besitzt keine diagnostische Bedeutung, wie
man noch in Gutachten liest. Der Vorwurf, dass die Heilstätten Nichttuberkulöse
aufnehmen, trifft den überweisenden Arzt. Denn es ist sehr schwer, einen solchen
(der sich als krank auf 3 Monate frei gemacht hat) nach 4 Wochen wieder heim-
zuschicken (Sehr richtig! Ref.). Die Herdreaktion ist durclaus nicht so sicher
nachweisbar, wie Brösamlen und Kraemer annelımen; bei 48 positiven All-
gemeinreaktionen sah B. 12 Herdreaktionen, und auch nur auskultatorisch. Vor-
kommende Schädigungen verbieten die TR-Diagnostik für die allgemeine Praxis.
Ziegler-Heidehaus-Hannover: Nicht die TB in der Emulsion und die
Tıümmer im Alttuberkulin sind das Wirksame, sondern — nach Koch — die
Toxine. Much’s Ansicht verdient mehr Beachtung. Der Kranke reagiert positiv,
wenn er Immnnstoffe hat; demnach kann auch ein vollkommen Gesunder reagieren.
Wenn das richtig ist, müssen wir unsere Anschauungen prüfen. — Kranke mit
chronischer Bronchitis und ähnlichen Erkrankungen reagieren auf TR, ohne Tu-
berkulose zu haben. Daher wendet Z. die TR-Diagnostik nur noch bei Tuberku-
lösen ohne solche Nebenerkrankungen an, (Auch Gonorrhöe reagiert, wie
bekanntlich chronische nach TR aufflackert).
Curschmann-Friedrichsheim: Alle Fälle, die schon einmal TR bekamen,
reagieren positiv. Sichere Aktivität ist bei solchen nur anzunehmen, wenn Rassel-
geräusche auftreten. Es ist sehr schwer, Herdreaktion nachzuweisen. Das Sputum-
eiweiss wächst oft dabei von Spuren zu über 2°/. Im allgemeinen kommt C.
1) Diese Grenze ist ganz individuell. Frage: wie soll sie allgemeingültig festge-
setzt werden. Zwischenruf, der humoristischen Beifall hervorruft: Abstimmung.
206 Kongress- und Vereinsberichte.
von der hohen Bewertung der TR-Diagnostik immer mehr zurück. Auch Pneumo-
koniosen reagieren. Wert hat nur der negative Ausfall. Die wichtige Frage der
Behandlungsnotwendigkeit darf das Tuberkulin allein nie entscheiden.
Muttray-Moltkefels: Die Schädigungen nach TR werden überschätzt.
Pleuritis, Blutung usw. kommt doch auch sonst oft vor, kann also auch mit der
TR-Anwendung zeitlich, nicht kausal zusammenfallen. Das Sputumeiweiss (s.
Curschmann) nimmt auch sonst zu und ab, wenn man viel untersucht.
Starckloff-Müllrose: Nach TR werden vorher nicht vorhandene TB
gefunden. Doch kommt das auch ohne TR sonst oft vor.
Freymuth-Neubabelsberg: Es gibt ältere „Grenzfälle der Behandlungs- k
bedürftigkeit“, in denen auf recht hohe Dosen keine Reaktion eintritt, obwohl sie
klinisch als behandlungsbedürftig erscheinen.
Pischinger-Lobr gibt Proben von fehlerhafter Diagnostik mit Tuberkulin-
einspritzung vor der Aufnahme in die Heilanstalten, wobei der Ausfall der
Tuberkulinprobe in seiner Bedeutung überschätzt wurde oder die Methode der
Tuberkulineinspritzung im Interesse der Kranken bedenklich war. Zwei Fälle
seien hier herausgegriffen:
„R., früher mebrfach Blut gespuckt, Tuberkulineinspritzung 0,3 mg, darauf
40,3 Fieber, nach 6 Tagen wiederum dieselbe Dosis, nach 6 weiteren Tagen aber.
mals 1 mg!“
„K., Keine Schallverkürzung; R. o. verschärftes Atmen; auf 3. Probeein-
spritzung von 5 mg 38,4; also Tuberkulose, Heilverfahren notwendig.“
Mehrere Redner beschäftigten sich mit der TR-Reaktion bei Soldaten und
den betreffenden Vorschriften.
Aus Ritters Schlusswort: Chronische Bronchitiden usw. (Ziegler) gehen
erfahrungsgemäss oft mit Tuberkulose der Hilusdrüsen und Pleuritiden einher,
so dass also tuberkulöse Grundlage (und daher Reaktion) recht wohl bestehen
kann. Das Auftreten von TB nach TR (Starckloff), oder besser das Auffinden
ist oft auch Zufall. Ausserdem fragt es sich ja, ob solches Auftreten eine Ver-
schlechterung bedeutet. — Die Grenzfälle (Freymuth) lässt man aın besten
unbehandelt in den alten Verhältnissen und beobachtet den weiteren Verlauf.
Erst Verschlechterung soll sie in die Heilstätte führen.
Im ganzen: eine wissenschaftlich-ernst angefasste Behandlung der Frage,
in der — im Gegensatze zu „Längst-Fertigen* — die Notwendigkeit unermüd-
lichen Weiterforschens und -lernens allseitig anerkannt wurde.
«Wehmer-Uörbersdorf: Heliotherapie.
Aus der literarischen Fehde, die sich an die Wehmer’sche Antikritik der
von Ministerialdirektor Kirchner zur vorjährigen Generalversammlung des
D. Zentr.-Komitees an den deutschen Heilstätten geübten Kritik anschloss, wollen
die Heilstättenärzte Nutzen ziehen. Diese beschäftigen sich schon längst mit der
Frage. Stürtz wohl mit zuerst, Liebe hat schon vor 20 Jahren als erster
das Luftbad eingeführt. In Freiburg 1913 wurde die Frage besprochen; noch
bestanden ungeklärte Punkte. Dann kam der Krieg und hielt weiteren Meinungs-
austausch auf. Der obige Vorwurf traf die deutschen Ärzte somit zu Unrecht.
Denn die Frage will gründlich studiert sein. Wie Prof. Krafft (Weisser Hirsch)
in einer Flugschrift dargelegt hat, kann starke Besonnung schädlich wirken.
Auch diese Frage muss ernsthaft bearbeitet werden, denn „wir gehören — wie
beim Tuberkulin — nicht zu denen, die mit ihrem Urteile immer schon fertig sind“.
Brecke-Überruh gibt zu, dass Lungenkranke durch Licht geschädigt werden
können. Doch darf das nicht etwa zum Verwerfen des Verfahrens führen. Er
gibt dann eine längere Darlegung der Theorie der Lichtwirkung. Persönlich
wendet er Licht an seit langem bei Pleuritis, später vorsichtig auch bei Lungen-
tuberkulose, seit 1911 in grösserem Umfange. Der Einfluss ist günstig, besserer
Hautturgor, Verschwinden der kalten Füsse, Abhärtung, Besserung des Allgemein-
befindens. Die Frage bedarf der Beantwortung, wieweit Behandlung mit natür-
licher Sonne in Deutschland möglich ist.
T
»
ee nee
Kongress- und Vereinsberichte. 207
Birke-Görbersdorf: Die Wirkung ist bei Pleuritis ganz ausgezeichnet.
Vielleicht ist folgende Beobachtung beachtungswert. Bald nach dem zügellosen
Sonnengenusse des Frühjahrs traten zahlreiche Blutungen auf. (Das Sonnenbad
ist aber weder „zügellos*, noch wird es, wie es wohl bei dieser eigenmächtigen
Art geschah, in Kleidern genommen. Man kann vor dieser unvernünftigen Be-
sonnung nicht genug warnen. Ref.)
Bochalli-Lostau sah auch Blutungen, allerdings bei Leuten, die auch
vorher schon geblutet hatten.
Liebe- Waldhof-Elgershausen weist darauf hin, dass man noch gar nicht
wisse, wie eigentlich die Lungenblutungen entstehen. Deshalb kann man ohne
weiteres auch nicht Blutungen auf Sonnenbäder beziehen. Er knüpft hieran einen
Hinweis auf die „neue“ Behandlung der Blutungen (z.B. Sophus Bang, Brauer’s
Beiträge 37, 1—2). Vielleicht kommt die Zeit, in der wir uns allmählich diesen
jetzt noch fast unheimlich anmutenden Anschauungen anschliessen.
Der von Ritter befürwortete Antrag Liebe’s wird angenommen, eine
Rundfrage über den jetzigen Stand der Heliotherapie in den deutschen Lungen-
heilstätten zu veranstalten und das Ergebnis zu einer Denkschrift zu verarbeiten.
Liebe wird damit beauftragt.
Ruediger-Bad Sodenthal: Die Tuberkulinbehandlung nach Ponn-
dorf (vergl. Münch. med. Wochenschr. 1914, Nr. 14). R. behandelte 100 Fälle
so und sah gute Erfolge. Er kommt soeben von persönlicher Rücksprache mit
P. aus Weimar. Das Verfahren besteht darin, 40 kreuz- und querlaufende seichte
Risse in den Oberarm zu machen und in diese reines Alttuberkulin einzubringen.
Ausser kleinen Temperaturerhöhungen bis 37,4 sahen weder P. noch R. Schädlich-
keiten. Behandelt wird zuerst nach 3, dann nach 4, dann nach 6 Wochen. Eine
anfängliche Quaddel verschwindet bald, Rötung, Schwere im Arm, Schwellung
der Achseldrüsen tritt auf. Bald folgt sehr gutes Befinden. P. sah nach den
Impfungen nie mehr eine Blutung. (2500 Fälle!)
v. Scheibner-Ambrock hat 4—500 Fülle behandelt und zwar ausschliess-
lich schwere. Er ist sehr zufrieden. Ungünstige Fälle reagieren nicht. Manch-
mal treten doch Temperaturen bis 40° auf, dann nach jeder Impfung. 38° ist
keine Seltenheit. Ein Fall endete letal (post? propter ?).
Curschmann-Friedrichsheim unterliess die begonnenen Impfungen wieder,
da die Kranken über fürchterliche Schmerzen klagten. Das hat, wie Ruediger
im Schlusswort sagt, am Präparat gelegen.
Der kleine Kreis konnte auf eine äusserst lebhafte, anregende Versammlung
zurückblicken, die alle Mühen des jetzigen Reisens wert war. Der Fremdenhof
Excelsior sorgte für Erholung in gemeinsamem Mittagessen. Gerade die in der
Kriegszeit meist einsam arbeitenden Heilstättenärzte empfanden die Zusammen-
kunft als Erfrischung und Ermutigung zu weiterem Durchhalten,
8. Sitzung des Lupus-Ausschusses des Deutschen Zentralkomitees
zur Bekämpfung der Tuberkulose am Mittwoch den 23. Mai
vorm. 9!/3 Uhr in Berlin.
Unter dem Vorsitz des Direktors der Medizinalabteilung des Ministeriums
des Innern Professor Dr. Kirchner trat heute vormittag der Lupus-Ausschuss
des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose
zu einer Sitzung zusammen, die von etwa 30—40 Mitgliedern besucht war. Unter
den Erschienenen befanden sich die Professoren Buschke, Berlin, Frieboes,
Rostock, Friedrich, Kiel, Lesser, Berlin, ferner Oberpräsident v. Hegel,
Magdeburg, Geh. Oberregierungsrat Dr. Richter, Berlin (als Vertreter des preussi-
schen Kultusministers), Geheimrat Dietz, Darmstadt, Geheimrat May, München,
Geheimer Rat Weber, Dresden.
208 Kongress- und Vereinsberichte.
Nach einer kurzen Begrüssung durch den Vorsitzenden erstattete der Schrift-
führer Oberstabsarzt Helm den Geschäftsbericht unter Hinweis auf den gedruckt
vorliegenden Bericht des Tuberkulose-Zentralkomitees. Im Anschluss daran
fanden Wahlen zum Lupusausschuss statt. Sodann sprachen Arthur Strauss,
Barmen, und Wichmann, Hamburg, über Erfolge und Aussichten der Chemo-
therapie des Lupus.
Strauss ging davon aus, dass eine Heilung des Lupus auf chemothera-
peutischem Wege durch die Widerstandsfähigkeit der Tuberkelbazillen, ihre geringe
Zahl im lupösen Gewebe und die Gefässarmut des Lupusknötchens sehr erschwert
sei. Der Lupus könne deshalb wahrscheinlich nur durch ein chemotherapeutisches
Mittel wirksam behandelt werden, das nicht nur seine Herde und Bazillen auf
innerlichem Wege zu treffen, sondern sie auch unter Entfaltung einer gewissen
Reiz- oder Ätzwirkung zu zerstören vermöge. Unter den bisher geprüften Mitteln
hätten das Salvarsan und das Aurum kalium cyanatum versagt. Hingegen hätte
das Kupfer nicht nur bei der experimentellen Prüfung durch Gräfin v. Linden
eine besondere Affinität zu den Tuberkelbazillen und dem tuberkulösen Gewebe
gezeigt, sondern sich auch namentlich in einer Lezithinverbindung, dem soge-
nannten Lekutyl, als ein spezifisch wirkendes örtliches Heilmittel bewährt, welches
zu schöner glatter Vernarbung auch auf grossen Flächen führt. Selbstverständlich
kämen auch Rückfälle vor und seien die Ergebnisse von einer richtigen Durch-
führung der Behandlung abhängig. Auch für die Schleimhaut- und chirurgische
Tuberkulose bewähre sich das Kupfer sehr. Indessen habe seine Wirksamkeit
bei Einverleibung in die Blutbahn noch nicht befriedigt. Um diesem Mangel ab-
zuhelfen, hat der Vortragende die äusserliche Anwendung des Kupfers in zabl-
reichen Fällen mit einer Lichtbehandlung (Quarzlampenbestrahlung) verbunden
und dadurch auch in schweren, aussichtslos erscheinenden Fällen noch ausge-
zeichnete Ergebnisse erzielt, die seiner Ansicht nach an Tiefenwirkung der des
Finseulichtes gleichkommen, aber mit geringerem Aufwand an Zeit und Kosten
zu erreichen sind. Zur vorbeugenden Behandlung der Skrofulose im Kindes-
alter schlägt er Versuche mit Kupfermilch vor.
Wichmann berichtet auf Grund seiner Erfahrungen in der Hamburger
Lupusheilstätte, dass mit der innerlichen Anwendung des Kupfers bei Hauttuber-
kulose co gut wie nichts erreicht sei; die bei äusserlicher Anwendung des Kupfers
erzielten Erfolge bewiesen nur, dass das Kupfer ein gutes elektiv wirkendes Ätzmittel
sei, der Beweis seiner spezifischen Wirkung auf die Tuberkelbazillen stehe noch
aus. Auch die Verbindung von Borcholin mit Kupfersalzen habe ebenso wie die
Anwendung von Borcholin allein keine grössere Bedeutung gewonnen. Arsen
habe in Fällen von hämatogener Hauttuberkulose günstize Wirkung gezeigt. Bei
den durch Quecksilber und Jod günstig beeinflussten Fällen seien Kombinationen
von Lupus mit Syphilis nicht ausgeschlossen. Von den Goldpräparaten seien die
Versuche mit Aurum kalium cyanatum nicht ermutigend ausgefallen. Auch von
der Kantharidinverbindung und dem Natriumsalz einer Aminoaurophenolkarbon-
säure seien bisher nur vereinzelte Erfolge zu verzeichnen gewesen. Die Chemo-
therapie des Lupus befinde sich noch im Versuchsstadium, was sich aus der
besonderen Widerstandsfähigkeit des Tuberkelbazillus gegenüber dem mensch-
lichen Gewebe erkläre.
An die Vorträge schloss sich eine kurze Erörterung an.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr.G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A, Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
berausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
o. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion: Verlag
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wtrbg.
Ludwigstrasse 231/..
IL Jahre.
Amrein, O. 218.
v. Baumgarten 225.
Belin 234.
Blümel, S. 214.
Eochalli 231,
Braeuning 233.
Cemach, A. 240,
Chiari, 0. 230,
Cuopf, J. 216.
Combe, M. 217.
Dold, H. 229
McDougall, J, B. 211.
Ebrmann 240.
Faulhaber 215.
Franke 223,
Fürstenau 237.
Grosz. J. 217.
v. Haberer 239,
Harbitz F. 225.
Hart 229.
ı Hofmann 228,
i Hyde, C. L. 21y.
Ausgegeben am 81. Juli 1917.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen bezielien sieh auf die Seiten.)
Hastings, H. 222.
Herxheimer 211.
Hetsch 256.
: Lubarsch, O. 229,
Moissen 229,
Müller 235, 240.
| Neumann, J. 221.
' Nob) 240.
Nocht 239.
. Oppenheim 240.
Orel, P. 2:0.
Otani, M. 221.
Oxenius 232.
Parassin, J. 232.
Peren 237.
. Forges, O. 214.
Randolph 228.
Beichborn 225.
Reitter, C. 212, 23%.
Riess, L. 216.
Rosenbach, F. 224.
Roth 211, 227.
Rumpel 239.
. Schipper 234.
Holmboe, W. 229.
Immelmann 237.
Kapelusch, A. 220.
Kentzler, J. 232.
Kirch, E. 223.
Knack 239.
Koza, G. 221.
Köhler 220, 230.
Kollo 236.
Koväea, J. 218.
Kuthy, D. O. 217.
Lampe, A. E. 210.
Leiser, K. 214.
Liebe 225, 230.
Lo Grasso, H. 219.
Löwy, J. 211.
I. Referate.
. Sehmeisser 225.
Sehmidt, H. 233.
Schnitzler 240.
Schottelius 226.
Schütze 237.
Singer, G. 213,
Sorley, J. 215.
: Stähelin, R. 225.
Staehelin, W. 230.
Strand, Fr. W. 226, 227.
Strasser, J. 223.
Tobiusek, St. 224.
Triebold 232.
Virnich, A. 21%.
Wehmer 231.
Weickardt, B. 223.
Weicker 231.
| Weisz, M. 240.
Wiehmann 258.
Wick, L. 239.
(Die Zahien beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie,
347. Herxheimer und Roth, Zur fei- |
neren Struktur und Genese der Epitheloid- |!
zellen und Riesenzellen des Tuberkels. — 348.
McDougall, A study and critieism of the
morphological variations in the nuclei of the
polymorphonuclear neutrophile leucocythes in
pulmonary tuberculosis. — 349. Löw y, Weitere
Beiträge zur Blutzuckerfrage. — 350. Reitter,
Vagotonischer Magen und Tuberkulose. — 351.
Singer, Autonome und vegetutive Magen-
störungen und ihre Beziehungen zur Lungen- |
tuberkulose. — 352. Leiser, Kelıilkopftuber-
kulose im frühen Kindesalter. — 353. Porges
und Blümel, Gastrogene Diarrhöen bei Lun-
gentuberkulose.
b) Ätiologie.
354. Sorley, The granules of tho tubercle
bacillus.
tösen Infiltration
culosa.
c) Diagnose.
25. Faulhaber, Zur Diagnose der nicht
strikturierenden tuberkulösen oder karzinoma-
des Coocum
! 356. Lampe und Cnopf, Serologische Unter-
suchungen bei Lungentuberkulose mit Hilfe der
optischen Methode. — 357. Riess, Über das
sogen. metamorphosierendo Atemgeräusch. —
355. Combe, Frühdiagnose und Behandlung
der Säuglingrstuberkulose. — 359, Kuthy, Die
Zeichen der beginnenden Lungentuberkulose. —
360. Grósz, Zur spezifischen Diagnostik und
Therapie der Kindertuberkulose. — 361, Vir-
nich, Symptomatologie der Meningitis tuber-
ascendens,
d) Therapie.
362. Amrein, Einfluss des Hochgetirges
auf das Fieber der Tuberkulösen. — 363. Ko-
väcs, Über den therapeutischen Wert der
Internat. Centraibl. f. Tuberkulose-Forschung. 11.
14
210 Inhalt.
Ultraviolettstrahlen. — 364. Hyde und Lo
Grasso, Rollier treatment of tuberculosis. —
365. Kapelusch und Orel, Beitrag zur Rönt-
gentherapie der chirurgischen Tuberkulose,
besonders der Gelenks- und Knochenerkran-
kungen. — 366. Köhler, Strahlentherapie der
Tuberkulose. — 367. Otani, Treatment of
tuberculosis with cyanocuprol. — 368. Koga,
Contribution to the chemotherapy of tubercu-
losis. — 369. Neumann, Intralumbale Tuber-
kulinbebandlung der Meningitis tuberculosa, —
870. Hastings, Tuberculosis of the larynx
with special reference to the use of tubereulin.
— 371. Gamble, Tuberculosis of the eye, with
special reference to treatment. — 372. Franke,
Behandlung skrofulöser und tuberkulöser Augen-
erkrankungen nach Ponndorff. — 333. Kirch,
Chirurgische Tuberkulose und ihre modernen
Behandlungsmethoden. — 374. Weickardt,
Die operativen Erfolge in der Behandlung der
Rippen- und Brustbeintuberkulose. — 375. To-
biasek, Die ankylosierende Therapie der
tuberkulösen Koxitis.. — 376. Rosenbach,
Tuberkulose der weiblichen Harnröhre und
Harnblase und ihre chirurgische Behandlung. —
377. v. Baumgarten, Das Tübinger Schutz-
impfungsverfabren gegen Rindertuberkulose und.
seine Wirksamkeit in der Praxis.
e) Prophylaxe.
878. Stähelin, Tuberkulose und 3lilitär-
versicherung. — 379. Reichborn, Nahrung
der Schulkinder. — 380. Harbitz, Die Lebens-
versicherungsgesellschaften und die Tuberku-
loserekonvaleszenten. — 881. Liebe, Eigene
Truppenteile für Tuberkulöse und Schwache. —
382. Schottelius, Chlor-m-Kresole (Sagrotan)
und Sputumdesinfektion. II. — 383. Strand,
Der Arzt und die Berufswahl unserer Kinder. —
384. Ders., Gesundheitspfliege des Schulkindes,
f) Klinische Fälle.
885. Roth, Fall von Morbus Addisonii mit
seltener Atiologie. — 386. Randolph and
Schmeisser, Clinical and pathological study
of two cases of miliary tubereles of the cho-
rioid. — 387. Hofmann, Nierentuberkulose
und Menstruation. — 388. Strasser, Zur Ka-
suistik der Hämoptysis.
g) Allgemeines.
389. Lubarsch, Johannes Orth und die
Tuberkuloseforschung. — 3%. Hart, Elias
Metschnikoff +. — 391. Meissen, Die Versor-
gung der Kriegstuberkulösen im schweizeri-
schen Heer. — 392. Dold, Bücherei dəs Nen-
tralen Guttemplerordens.
h) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstaiten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heime,
393. Holmboe, Jahresbericht des Sana-
toriums Memalien. — 394. Liebe, Arbeitsun-
fähigkeit während der Kur in der Lungenheil-
anstalt. — 395. Liebe, Pädagogische Behand-
lung Lungenkranker in Heilanstalten. — 3%.
Staehelin, Heliotherapie. — 397. Köhler,
Heilstätte Holsterhausen. — 398. Weicker,
Die Militärabteilung im Krankenheim Görbers-
dorf. — 39. Wehmer, Das feldgraue Gör-
bersdorf. — 400. Bochalli, Tätigkeit des
Kaiserin Auguste Viktoria - Sanatoriums. —
401. Jahresbericht der Heilstätte Ramberg. —
402. Parassin, Über Lungenkrauken-Patro-
nagen. — 403. Kentzler, Dispensäre Behand-
lung. — 404. Oxenius, Aufgaben der Für-
sorgestellen. — 405. Triebold, Kriegsbe-
schädigten-Fürsorge. — 406. Schmidt, Ideale
Behandlungsweise Tuberkulöser. — 407. Braeu-
ning, Bedeutung der Krankengeschichten der
Fürsorgestellen. — 408. Belin, Arbeits-
beschaflung für erwerbsbeschränkte Tnberku-
löse. 409. Schipper, Notwendigkeit mecha-
nischer Lüftungseinrichtungen in Jugendheimen.
— 410. Norske nationalforening mat tuber-
kulosen. — 41l. Müller, Tuberkulosefor-
schungsinstitute und Tuberkulosespitäler.
lI. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
27. Kolle und Hetsch, Die experimen-
telle Bakteriologie und die Infektionskrank-
heiten mit besonderer Berücksichtigung der
Immunitätslehre. — 28. O. Clıhiari, Chirurgie
des Kehlkopfes und der Luftröhre. — 29, Für-
stenau, Immelmann wnd Schütze,
Leitfaden des Röntgenverfahrens für das rönt-
genologische Hilfspersonal.
III. Kongress- und Vereinsberichte.
9. Ordentliche Öffentliche Hauptversamm-
lung des Rheinischen Vereins für Öffentliche
Gesundheitspflege am Sonntag den 3. Juni 1917
in Andernach (Hotel Schäfer). — 10. Sitzungen
des Hamburger ärztlichen Vereins vom 5. Juni
1917, 19. Juni 1917 und 3. Juli 1917. —
il. Kaiserl, und Königl. Gesellschaft der Arzts
in Wien. — 12. Wiener Dermatologische Ge-
sellschaft. Sitzung vom 16. Nov. 1916,
Berichtigung.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 211
I. Referate.
iiai BERERSEEGER,
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
347. Herxheimer und Roth, Zur feineren Struktur und
Genese der Epitheloidzellen und Riesenzellen des Tuberkels.
Beitr. z. path. Anat. 61. 1916. H. 1.
An Hand von 12 Fällen kommen Herxheimer und Roth zu
dem Ergebnis, dass die tuberkulöse Riesenzelle durch allerhand Zwischen-
glieder hindurch aus einer einzigen Epitheloidzelle entsteht. Mitosen finden
sich bei der Kernvermehrung, welche zur Bildung der Riesenzellen fübrt,
nicht, sondern amitotische Kernteilungen; eine Protoplasmateilung folgt
nicht. Schon in der Epitheloidzelle, die aus einer Retikulumzelle entsteht,
finden sich Zentralkörperchen mit einer besonders grossen Sphäre im Zentrum
der Zelle. Infolgedessen werden die bis zur Ausbildung der eigentlichen
Riesenzelle sich mehrenden Kerne an den Rand gedrückt, während die
Zentralkörperchen, die auch iu grösserer Zahl vorhanden sind, sich im
Zentrum der Zelle befinden.
Es kann daher von einer zentralen Zellnekrose nicht die Rede sein;
vielmebr erklärt sich die typische Lagerung der Kerne aus der im Zentrum
gelegenen Sphäre mit den Zentralkörperchen.
Später rücken dieselben mehr an den Rand oder gehen unter, und
jetzt kann es offenbar im Zentrum der Riesenzelle zu einer Nekrose
kommen.
Diese ganze Entwicklung in aufsteigender und in absteigender Linie
wird augenscheinlich durch die Tuberkelbazillen bzw. deren Toxine bewirkt.
M. Türk, Frankfurt a. M.
348. John B. McDougall, A study and criticism of the morpho-
logical variations in the nuclei of the polymorphonuclear
neutrophile leucocythes in pulmonary tuberculosis. Brit.
Journ. of Tub. Vol. 11 Nr. 2, April 1917.
Kritische Studie der Arneth’schen Blutbilder und Einteilung der-
selben in verschiedene Klassen. Als gesicherte Tatsache ergebe sich,
dass bei abnehmender Immunität und nahendem Tode die Zellen der
Arneth’schen Klasse I (Zellen mit zwei oder mehr voneinander getrennten
Chromatinklumpen) und II (Zellen mit bandartigem Nukleus ohne Chromatin-
klumpen) überhandnehmen und umgekehrt bei zunehmender Immunität
und sich besserndem Befinden das Blutbad allmählich sein normales Aus-
sehen wieder annehme. Amrein, Arosa.
349. Julius Löwy, Weitere Beiträge zur Blutzuckerfrage. Zbl.
f. inn. Med. 1917 Nr. 21.
Im Verlauf seiner Ausführungen über Blutzucker kommt Verf. auf
die interessanten Beziehungen zwischen Diabetes mellitus und Tuberkulose
zu sprechen. Die beidenProzesse beeinflussen einander beträchtlich; beim
tuberkulösen Prozess tritt Fehlen von Nachtschweissen, geringe Ex-
pektoration, relativ geringes Fieber ein; andererseits, in der Störung des
Kohlehydratstoffwechsels, können Polyurie und Polydypsie verschwinden,
14*
212 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Glykosurie und Hyperglykämie abnehmen, ja es kann sogar die diabetische
Stoffwechselstörung fast gänzlich zum Verschwinden kommen.
In einem solchen Fall betrug der Zuckergehalt des Urins 5—6 ?/o,
der Blutzuckergehalt 0,24°/o, Anfang 1916. Nach 11 Monaten kam der-
selbe Patient wiederum in die Klinik mit einer schweren Lungenblutung.
Die Untersuchung ergab offene Lungentuberkulose; dagegen waren sämt-
liche Symptome des Diab. mellitus verschwunden; die Blut-
zuckerbestimmung ergab 0,145 °/o.
Bei der Sektion dieses Pat. zeigte sich chronische Lungentuberkulose
und eine mässige Atrophie des Pankreas als anatomisches Substrat
des Diab. mellitus, dessen klinische Erscheinungen unter dem Einfluss
des tuberkulösen Virus verschwunden waren.
Für diesen Einfluss des tuberkulösen Virus liegen einige experimen-
telle Grundlagen vor. Injektion des infundibulären Hypophysenextraktes
verursachte bei Individuen mit arthritischer Diathese Glykosurie; diese
blieb aber aus, wenn jene Individuen an progredienter Tuberkulose
erkrankten. Bei adrenalinglykosurischen Kaninchen trat nach künstlicher
Infektion mit Tuberkulose Verminderung der Glykosurie ein.
Ein mässig erhöhter Blutzuckerwert kommt auch ohne Komplikation
mit Diab. mellitus im Laufe tuberkulöser Erkrankungen zur Beobachtung.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
350. Carl Reitter, Vagotonischer Magen und Tuberkulose.
W. kl. W. 1917 Nr. 20,
Infolge Ähnlichkeit der Symptome und Unzulänglichkeit unserer
Untersuchungsmethoden ist die Differentialdiagnose zwischen Ulcus ventri-
culi und gewissen funktionellen Störungen des Magens oft unmöglich.
Unter den letzteren bildet die Vagotonie eine ganz bestimmte Gruppe.
Während der Kriegszeit ist nach den Erfahrungen des Verf.’s die Zahl der
akuteu Magen-Darm-Störungen zurückgegangen, dagegen wuchs die Zahl
der „vagotonischen“ Magenkranken beständig an. Bei diesen fielen zwei
Umstände besonders auf:
1. Auffallende Abmagerung (zum Teile erklärt durch die schlechtere
Ernährung und das zeitweise Erbrechen).
2. Vereinzelte unregelmässig auftretende geringe Temperatursteigerungen.
Dies legte den Verdacht auf Tuberkulose nahe. Klinisch liess sich
nichts nachweisen, dagegen ergab Röntgenuntersuchung des Thorax und
Tuberkulinprobe positive Resultate. Die erstere ergab regelmässig geringe
Veränderungen, nicht gerade immer in den Spitzen, und vor allem
Schatten in der Hilusgegend, wie sie der Bronchialdrüsentuber-
kulose entsprechen. Die Tuberkulinprüfung ergab das überraschende
Resultat, dass die meisten Kranken schon auf kleine, einige auf
grössere, aber noch immer im Bereiche der probatorischen Dosis gelegene,
Tuberkulinmengen reagierten, und zwar allgemein und lokal, letzteres in
Form von — manchmal bis zum Erbrechen — gesteigerten
subjektiven Magenerscheinungen. Nach Ablauf der Reaktion
subjektive Besserung und auffallende Gewichtszunahme. Infolge dieses
letzteren Umstandes begann Verf. bei diesen scheinbar nur
magenkranken Vagotonikern mit einer regelrechten Kur
mit albumosefreiem Tuberkulin Paltauf und erzielte damit
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 213
deutliche und erfreuliche Änderungen: Aufhören des Erbrechens, Nach-
lassen der Schmerzen, grosse Gewichtszunahmen, Wiederkehr der normalen
Pulsfrequenz, Aufblühen der Kranken. Seit einem Jahre verfügt Verf.
über 30 solche Fälle. Verf. beharrt jetzt mehr denn je auf seiner An-
sicht, dass die Diagnose „Neurose“ meist eine Ausrede sei und viele so-
genannte Neurotiker an der Unzulänglichkeit unseres positiven medizinischen
Wissens leiden.
In der Richtung dieser gewonnenen Erfahrungen angestellte patho-
logisch-anatomische Untersuchungen ergaben, dass bei tuberkulösen
Veränderungen der Hilus-, der peribronchialen und para-
trachealen Drüsen die Nervi vagi sehr häufig schwere Ver-
änderungen infolge Fixation durch periadenitisches Ge-
webe erleiden. Histologisch erwies sich der Nerv bald eingemauert,
bald verzogen, bald bis in sein inneres Gefüge von Bindegewebe durch-
setzt. Es ist wahrscheinlich, dass die oben geschilderten Fälle von
Vagotonie ein Vorstadium dieser pathologisch-anatomischen Veränderungen
betreffen; durch Tuberkulinwirkung entsteht eine relativ hyperämische Zone,
wodurch die Festlegung des Nerven gelockert wird. Für diese letztere
Annahme fehlt noch der pathologisch-anatomische Beweis.
Verf. verweist zum Schlusse auf folgende zwei Tatsachen:
1. Bei zahlreichen Fällen von klinischer Vagotonie lassen sich Reste
von früher überstandener Lungen-Hilus-Drüsentuberkulose, die noch nicht
vollständig zur Ausheilung gelangt sind, nachweisen. In diesen Fällen
wirken therapeutische Tuberkulininjektionen ausserordentlich günstig.
2. Die Nervi vagi sind in sehr vielen Fällen von Lungen - Hilus-
Drüsentuberkulose, auch wenn die Tuberkulose intensiv und extensiv nicht
hochgradig ist, makroskopisch in längerer oder kürzerer Strecke an die
Drüsen durch Bindegewebe fixiert, als Endprozess früherer Entzündung.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
35l. Gustav Singer, Autonome und vegetative Magenstörungen
und ihre Beziehungen zur Lungentuberkulose. W. kl. W.
« 1917 Nr. 20.
Zusammenfassung: Es gibt zwei wichtige Formen der Magenerkrankung
bei der Lungentuberkulose: die autonome und die vegetative Form. Die
erstere, die bypertonische Forn, kaun das Symptomenbild des runden
Magen-(Duodenal-)Geschwürs vollkommen imitieren. Die Übereinstimmung
der Symptome geht so weit, dass Blutungen (Hämatemesis und Meläna) -
auch hier vorkommen. Sie beruht auf einem Miterkranken des Vagus im
Gefolge von zentralen Lungenveränderungen und kann durch anatomische
Veränderungen (neuritische Atrophie des Vagusstammes) charakterisiert sein.
Die zweite Form verläuft unter dem Bilde der hartnäckigen Magen-
atonie. Es ist wahrscheinlich, dass beim Zurücktreten des vagotonischen
Einflusses der Tonus im vegetativen System die Oberhand gewinnt. Doch
können überhaupt Störungen im Antagonismus beider Systeme hier für
die Form und Funktionsänderung des Magens verantwortlich sein. Die
zweite Form zeigt durch bäufiges Zusammentreffen mit dem asthenischen
Habitus ihre Zugehörigkeit zu den konstitutionellen Anomalien. Die
klinische Beurteilung und Behandlung dieses Syndroms muss folgerichtig
die Magenerscheinungen als symptomatisch ansehen und neben ihnen der
214 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Grundkrankheit, der tuberkulösen Disposition oder der Erkrankung der
Lungen, voll Rechnung tragen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
352. Kurt Leiser, Kehlkopftuberkulose im frühen Kindesalter.
Inaug.-Diss. Berlin 1916.
Die Larynxtuberkulose im frühen Kindesalter ist fast stets sekundär.
Sie kann jedoch bereits Symptome machen (geringen Husten, chronische
Heiserkeit), wenn die Lungenuntersuchung noch negativ ist. Man wird
hierbei überhaupt erst nach sorgfältigster Untersuchung und Ausschliessung
aller anderen näher liegenden Erkrankungen auf den Gedanken kommen,
dass es sich um eine Tuberkulose handelt. Die Röntgenuntersuchung mit
dem Erscheinen von Drüsenschatten dürfte ein wertvoller Fingerzeig sein.
Pathologisch-anatomisch zeigt sie dasselbe Bild von Ulzerationen mit In--
filtrationen wie bei Erwachsenen. Vielleicht dürften Stenoseerscheinungen
beim Kinde in den ersten Lebensjabren häufiger vorkommen wie bei Er-
wachsenen. Die Erkrankung findet sich hauptsächlich bei der beim Kinde
selteneren ulzerösen Phthise, wodurch ihre Entstehung durch Kontakt-
infektion bei ausgehusteten massenhaften Bazillen erklärbar wird.
Hans Müller.
353. 0. Porges und S. Blümel, Über gastrogene Diarrhöen bei
Lungentuberkulose. W. kl. W. 1916 Nr. 50.
Die Kenntnis der tuberkulösen Diarrhöen ist noch sehr lückenhafı.
Fäzesuntersuchung nach Probekost gestattet die Einteilung derselben in
folgende vier Gruppen:
1. Fälle ohne abnorme Zusammensetzung der Stuhlgänge, einfache
Diarrhöen mit flüssigen oder breiigen Entleerungen.
2. Fälle mit dyspeptischem Stuhlbefund: vermehrte Nahrungsmittelreste
aller Kategorien der Nahrungsmittel, oder einzelner Bestandteile, wie
Fleischreste, Stärkereste, Fettreste usw.
3. Fälle mit Beimengung pathologischer Produkte der Darmschleim-
haut, wie Schleim, Eiter, Blut (katarrhalisch-entzündliche Erkrankungen
des Darmes). :
4. Mischformen mit gleichzeitig dyspeptischem und katarrhalisch-ent-
zündlichem Stuhlbefund.
Diese Einteilung gibt keine spezielle Ätiologie, wohl aber therapeutische
Gesichtspunkte.
Es wurden 200 Fälle von chronischen Diarrhöen bei Lungentuberkulose
untersucht (die Probekost war gegen Ad. Schmidt abgeändert). In der
Mehrzahl der Fälle ergab sich ein dyspeptischer oder dyspeptisch-entzünd-
licher Stuhlbefund. Unter 190 Fällen, bei denen Stuhluntersuchung und
funktionelle Magenprüfung ausgeführt worden war, waren 90 Fälle mit
dyspeptischem Stublbefund. 70 Fälle zeigten normale Verdauung der
Nahrungsmittel, dagegen Beimengung von Schleim, mitunter auch von
Leuko- und Erythrozyten. Die erstgenannten dyspeptischen Fälle waren
der gastrogenen Diarrhöe oder Enterokolitis zuzuweisen. Die Fälle von
dyspeptischem Stuhl waren meist gleichzeitig anazid. Die Anazidität ist
bei fortgeschrittener Tuberkulose ein sehr häufiger Befund (auch ohne
Darmerscheinungen) und ist als die Ursache der Darmsymptome aufzufassen.
Da die meisten an Lungentuberkulose Gestorbenen tuberkulöse Darnı-
geschwüre aufweisen — ob sie nun intra vitam an Diarrhöen litten oder
nt, N
x
Ätiologie. — Diagnose. 215
nicht —, so hat die Diarrhöe nicht als Symptom der Darmtuberkulose
zu gelten, sondern beides sind häufige Komplikationen fortgeschrittener
Lungentuberkulose.
Nach den Resultaten dieser Untersuchungen wurde die Therapie ein-
geleitet. Bei dyspeptischen Fällen wurde eine Diät gegeben, die alle
Nahrungsmittel ausschliesst, welche der Magensalzsäure zu ihrer Auf-
schliessung bedürfen (mit reiner Schonungsdiät wurden keine guten Er-
fahrungen gemacht); ferner Salzsäure oder Salzsäure-Koble. Bei Fällen
mit Schleim in den Stublgängen wurde nur grobes Brot, faserreiches Gemüse
und frisches Obst vermieden, zugleich hohe Einläufe mit Tannin oder
Tierkobleaufschwemmung gemacht. Die Erfolge mit dieser Behandlungs-
methode waren sehr gute. Die Schlussfolgerungen lauten:
Die Diarrhöen bei Lungentuberkulose sind in einem sehr hohen Prozent-
satz gastrogene, bzw. aus solchen entstandene Darmkatarrhe, in einer
Minderzahl der Fälle ausschliesslich Dickdarmkatarrhe, Enterokolitiden
oder einfache Diarrhöen olıne bestimmbare Ursache und Lokalisation.
Die Diarrhöen sind therapeutisch so zu balten wie analoge Affektionen
bei nicht tuberkulösen Kranken. Das Bestehen tuberkulöser Darm-
geschwüre ist keine Kontraindikation dieses Verfahrens und scheint den
Erfolg nicht zu beeinträchtigen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
b) Ätiologie.
354. John Sorley, The granules of the tubercle bacillus. Brit.
Journ. of Tub. Vol. XI Nr.2, April 1917.
Punkto Färbemethoden gibt Verf. der modifizierten Färbung nach
Gram (in Verbindung mit Karbolfuchsin) den Vorzug, nach ihr der
Much’schen-Methode (Methylenblau) und bespricht technische Einzel-
heiten, schildert darauf die Typen des Bazillus und der Granula
(chemische Zusammensetzung und Funktion der Granula — Sporen oder
Sporoide? —), die degenerativen Veränderungen des Tuberkelbazillus etc.
Trotz aller Untersuchungen auch anderer Autoren, wie Kirchenstein u.a,
sei kein Zusammenhang zwischen der Granulaform und dem Verlaufe der
Krankheit vorhanden. Die Gegenwart von Granula bedeute nur einen
Zustand von aktiver Tätigkeit des Bazillus. Amrein, Arosa.
c) Diagnose.
355. Faulhaber, Zur Diagnose der nicht strikturierenden tuber-
kulösen oder karzinomatösen Infiltration des Coecum ascen-
dens. Fortschr. d. Röntgenstr. 24. 1916 H. 4.
Bei zwei Fällen von nicht strukturierender tuberkulöser resp. karzino-
matöser Infiltration des Coecums fehlte röntgenologisch der Stierlin’sche
Befund. Trotzdem ist in derartigen Fällen die Röntgendiagnose möglich,
wenn man°1. die pathologische Kleinheit des Coecum ascendens-Schattens,
2. die abnorme Form und Konturenführung seiner Umgrenzung, 3. die
Starrheit seiner Wandung und 4. die Beschleunigung seiner Entleerung
in Betracht zieht. M. Türk, Frankfurt a. M.
216 Diagnose.
356. A. E. Lampe und J. Cnopt, Serologische Untersuchungen
bei Lungentuberkulose mit Hilfe der optischen Methode.
Fermentforschung 1 H. 3.
Verff. berichten über ihre serologischen Untersuchungen, die sie mit
Hilfe der optischen Methode nach Abderhalden in 53 Fällen teils
klinisch Lungengesunder, teils sicherer Lungentuberkulosen verschiedener
klinischer Formen angestellt haben, um die Frage zu beantworten: „Wie
verhält sich das Serum bei bestimmten, klinisch wohl charakterisierten
Formen der Lungentuberkulose gegenüber Tuberkelbazillenpepton, nor-
malem und tuberkulösem Lungenpepton?* Die Ergebnisse sind folgende:
Bei klinisch Lungengesunden liessen sich im allgemeinen keine Fermente
gegen Pepton aus normaler oder tuberkulöser Lunge und aus Tuberkel-
bazillen nachweisen. Nur bei einzelnen Fällen dieser Art liess sich ein
geringer Abbau feststellen. Es lässt sich nicht entscheiden, ob diese
klinisch gesunden Fälle tatsächlich auch absolut gesund sind. Bei sicheren
Lungentuberkulosen finden sich Fermente gegen Normal-Lungenpepton,
tuberkulöses Lungenpepton und Tuberkelbazillenpepton. Und zwar findet
man bei noch nicht weit fortgeschrittenen Tuberkulosen, bei Tuberkulosen
mit gutem Ernährungszustand die intensiveste Fermentbildung. Mit dem
Fortschreiten des Krankheitsprozesses macht sich eine Abnahme der
fermentativen Kraft des Serums bemerkbar, die bei schwerer Kachexie
und ante finem völlig erlischt. Die Sera der Spitzentuberkulosen, der
zirrhotischen und infibrativen Tuberkulosen bauen das Pepton aller dreier
Substrate in gleicher Weise ab, während die Sera schwerer kavernöser
Phthisen, soweit sie überhaupt noch Fermente bilden, normales und tuber-
kulöses Lungenpepton in gleicher \Weise, Bazillenpepton dagegen gar nicht
oder nur in ganz geringem Grade abbauen. Diagnostisch lassen sich die
serologischen Untersuchungen kaum verwerten, dagegen lassen sich aus
dem Fehlen oder Vorhandensein der Fermente prognostisch einige Schlüsse
ziehen, Berlin, Schömberg.
357. L. Riess, Bemerkungen über das sogenannte metamorpho-
sierende Atemgeräusch. D. m. W. 1917 Nr. 13. (Cfr. Referat
über die Arbeit von Plesch, D. m. W. 1917 Nr. 6.)
Verf. hat etwas andere Erfahrungen gemacht als Plesch. Dieser
identifiziert das metamorphosierende Atemgeräusch mit dem „Souffle voilé‘
von Laennec; Verf. hält an der Definition von Seitz fest, wonach unter
dem metamorphosierenden Atemgeräusch ein Atemtypus zu verstehen ist, bei
dem innerhalb derselben Atemphase das Atemgeräusch mit einer auffallen-
den Plötzlichkeit seinen Charakter wechselt und dabei in dem einen Teil
der Phase die Form eines ausgesprochenen Zischens trägt. Verf. konstatierte
unter 27 Fällen am häufigsten das Umschlagen eines anfänglichen in-
spiratorischen Zischens in ein weiches Bronchialatmen, aber auch umge-
kehrt in der zweiten Phase des Iuspiriums das Hervorgehen des Zischens
aus dem weicheren Atemgeräusch mit einem leichten Peitschenknall ähn-
lichen Klange. Auch im Exspirium fand er, im Gegensatz zu Seitz,
das Metamorphosieren. — Während Plesch das metamorphosierende Atenm-
geräusch von der nacheinanderfolgenden Auskultation verschiedener be-
nachbarter Lungenteile ableitet und für sein Zustandekommen freie Ver-
schieblichkeit der Pleurablätter verlangt, wie auch dieses am häufigsten
Diagnose. 217
an den Stellen der stärksten Pleuraverschiebung, also an den Lungen-
rändern feststellte, fand Verf. dieses Phänomen 22 mal im Oberlappen,
2 mal im Unterlappen bei tuberkulösen Kavernen, wobei also eine Pleura-
verwachsung anzunehmen war. 18mal bestätigte die Sektion diese
Vermutung. Bei der genauen Lungenuntersuchung in 14 Sektionsfällen
fand Verf. fast regelmässig 2—4 Bronchien nalıe aneinander in die Kaverne
offen einmünden,. Er führt dennoch das Metamorphosieren auf ein
wechselndes Klaffen und Schliessen in die Kaverne mündender Bronchien
zurück, wobei anfangs beim Inspirium nur ein enger Kanal, vielleicht nur
ein Bronchus, offensteht, wäbrend die andern kollabiert oder verstopft sind;
dadurch entsteht das Zischen, das Verf. als Stenosegeräusch auffasst; durch
plötzliches Öffnen der anderen Kanäle findet dieses dann, mitunter durch
einen leichten Knall, sein Ende und geht in ein weicheres Atmen über. —
Ausser bei tuberkulösen Prozessen fand Verf. das metamorphosierende
Atemgeräusch noch bei einer bronchiektasischen Kaverne, einer durch
Perforation eines Leberechinokokkus entstandenen Unterlappenhöhle und
merkwürdigerweise bei einem Gangrenherd ohne jeden Luftgehalt; in diesem
Fall wird ein etwas tiefer gelegener ektasierter Bronchus mit dem zu-
führenden engeren Bronchialkanal als Ausgangspunkt für das metamorpho-
sierende Atemgeräusch angenommen. — Das metamorphosierende Atem-
geräusch ist nach Verf. nur im engeren (Seitz’schen) Sinne ein gutes
Kavernensymptom und sollte von ähnlichen Wechselgeräuschen, wie dem
Souffle voilé, getrennt gehalten werden, C. Kraemer II, Wilhelmshein.
358. M. Combe, Frühdiagnose und Behandlung der Säuglings-
tuberkulose. Corr.Bl. f. Sehweiz. Arete 1916 Nr.41 Š. 1307.
Die Säuglingstuberkulose unterscheidet sich von der des späteren
Kindesalters; sie wird gekennzeichnet durch schnellstes Umsichgreifen im
Organismus, bedingt durch das Fehlen allgemeiner Abwehrkräfte und
die ungenügende Ausbildung des Bindegewebes, von dem die lokale Ver-
teidigung abhängt.
Um einen tuberkulösen Säugling zu retten ist also 1. die Diagnose
so früh als irgend möglich zu stellen, 2. die allgemeinen Abwehrkräfte
sind zu heben, 3. die lokalen Abwehrkräfte der Lungen zu stärken.
Lucius Spengler, Davos.
359. D. 0. Kuthy, Die Zeichen der beginnenden Lungentuber-
kulose. Jo Egeczseg 1917 Nr. ò.
Propagandaschrift zur Verbreitung der Kenntnisse über die Initial-
symptome der Lungentuberkulose. Autoreferat.
360. Julius Grósz, Zur spezifischen Diagnostik und Therapie
der Kindertuberkulose. Gyögyävzat 1917 Nr. 6.
Das Alttuberkulin ist in der Kindertuberkulosetherapie ein wertvolles
Hilfsmittel, welches jedoch bloss mit grosser Vorsicht anzuwenden ist.
D. O. Kuthy, Budapest.
361. Alfred Virnich, Zur Symptomatologie der Meningitis
tuberculosa. Inaug.-Diss. Kiel 1916.
Die tuberkulöse Meningitis tritt stets sekundär auf, besonders gern
im Kindesalter, und bier wieder besonders im Frühjahr. Von Erwachsenen
a a‘ IMM
218 Therapie.
werden meist heruntergekommene und schwächliche Individuen befallen,
selten kräftige Personen. Die Infektion der Meningen erfolgt entweder
durch direktes Übergreifen von der Nachbarschaft, oder, weit häufiger, von
ferneren Organen auf dem Blut- und Lymphwege. Von Peron wird auch
Ausbreitung durch den Liquor cerebrospinalis angenommen. Pathologisch-
anatomisch findet man vorwiegend die Basis, in fortgeschrittenen Fällen
regelmässig die Hirnsubstanz in der oberflächlichen Rindenschicht, selten
die Konvexität ergriffen. Meist sind auch die Rückenmarkshäute miter-
krankt. — Die Kardinalsymptome der M. tub. sind: Kopfschmerz als oft
frühestes und regelmässigstes Symptom; starkes Fieber selten im Gegen-
satz zur epidemischen Genickstarre; Nackenstarre als wichtigstes Zeichen,
oft vermisst bei chronisch verlaufenden Fällen [Ref. beobachtete kürzlich
einen akut tödlich verlaufenden Fall von M. tub., bei welchem Nacken-
starre erst sub finem andeutungsweise auftrat]; Hyperästhesie als wertvolles
Frühsymptom; Erbrechen ; psychische Störungen von leichter Unruhe bis
zum tiefen Koma; motorische Reizsymptome, Kernig’sches Zeichen; Rei-
zungs- bzw. Lähmungserscheinungen der basalen Gehirnnerven; bei um-
schriebener Konvexitätsmeningitis in der motorischen Rindenregion Mono-
plegie, Hemiparese, auch Konvulsionen, motorische Aphasie nicht selten;
Puls meist verlangsamt und arbythmisch; Sehnenreflexe stark wechselnd,
Babinsky meist positiv. Diagnostisch sehr wichtig ist das Verhalten des
Liquor cerebrospinalis: hoher Druck, bis 700 in H,O, Pleozytose, vor
allem Lymphozytose, positive Nonne’sche- und Ninhydrinreaktion (N o bel);
Tuberkelbazillennachweis.
Die Gesamtdauer des Krankheitsverlaufes kann mit den Prodromal-
erscheinungen einige Monate betragen; atypische Formen können latent
bleiben oder durch die Erscheinungen eines Primärleidens verdeckt werden
(Oppenheim). Anschliessend werden drei Fälle ausführlich beschrieben,
die in den Grundzügen dem gewöhnlichen Verlauf entsprechen.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
d) Therapie.
362. 0. Amrein-Arosa, Über den Einfluss des Hochgebirges
auf das Fieber der Tuberkulösen. Ann. d. Schweiz. Ges.
f. Baln. u. Klim. 1916 H. 11/12.
Nach Verf. übt das Hochgebirge einen sehr günstigen Einfluss aus
auf das Fieber der Tuberkulösen. Lucius Spengler.
363. J. Kovács, Uber den therapeutischen Wert der Ultraviolett-
strahlen. Ther. Mh. 1917. Nr. 3.
K. bespricht zunächst die bekannten Theorien über die Wirkungs-
weise der ultravioletten Strahlen und ihre Anwendungsweise mittels der
künstlichen Höhensonne. Sodann berichtet er über zahlreiche Erfolge, die
er mit der Quarzlampe bei der Behaudlung verschiedener Organtuberkulosen
und einiger nicht tuberkulöser Krankheiten erzielt hat. Bei der Lungen-
tuberkulose aller drei Stadien trat eine wesentliche subjektive Besserung ein
(Schwinden neuralgischer, myalgischer und pleuraler Schmerzen, Erhöhung
des Appetits, Körpergewichts und Schlafs); Prozesse des I. und I. Stadiums
lassen objektiv Abnahme der Rasselgeräusche, des Hustens und Auswurfs
— m mn
— I eu
»
Es
Therapie. 219
und Schwinden subfebriler Temperaturen erkennen. Diese objektive
Besserung war namentlich in den Fällen nachweisbar, wo die Lungen-
tuberkulose mit anderen Lokalisationen der Tuberkulose vergesellschaftet
war. Bei Erkrankungen der Pleura erwiesen sich die roten Strahlen
wirkungsevoller. Leichte Kehlkopftuberkulosen besserten sich unter direkter
Strahlenbehandlung. Ausgezeichnete Erfolge sah er bei Peritonealtuber-
kulose. Aszites und grosse Tumoren schwanden, Störungen des Magen-
Darmkanals hörten auf, hohe Temperaturen fielen zur Norm ab, Günstige
Erfolge erzielte er bei Knochen- und Weichteiltuberkulose, weniger günstige
bei Haut-, Drüsen- und Gelenktuberkulose. Häufig wurde die Strahlen-
therapie mit der spezifischen Therapie kombiniert, wobei K. die Beobach-
tung machte, dass unter dem Einfluss der Bestrahlung häufig eine Steigerung
der Tuberkulinempfindlichkeit eintrat, die ihn zur Reduzierung der Tuber-
kulindosen oder gar zu völliger Aussetzung des Tuberkulins zwang. Bei
Erkrankungen nichttuberkulöser Natur erwies sich die Quarzlampe be-
sonders wirkungsvoll bei der Nachbehandlung eiternder Wunden. Sie
gelangten in etwa der Hälfte der Zeit zur Reinigung und Vernarbung.
Auch Knochenbrüche heilten unter der Bestrahlung schneller und schmerz-
loser. Berlin, Schömberg.
364. C. L. Hyde and H. Lo Grasso, The Rollier treatment of
tuberculosis. New York Med. Journ., 6. Jan. 1917.
Der Bericht stammt aus dem Adam Memorial Hospital zu Perrysburg,
50 Meilen von Buffalo und 14 Meilen von Lake Erie entfernt, 1650 Fuss
über dem Meeresspiegel. — Die Kinder werden von zwei Lehrern unter-
richtet, welche die Schulbehörde von Buffalo stellt, und zwar soweit wie
möglich im Freien (im offenen Feld oder im Wald), bei schlechtem Wetter
in einer Freiluft-Schule. Wenn sie einmal an die Behandlung gewöhnt
sind, verleben die Patienten die ganzen 24 Stunden im Freien. Im Winter
und bei bewölktem Himmel wird künstliches ultraviolettes Licht in An-
wendung gebracht. Die Resultate haben die Erwartungen weit übertroffen,
nur muss man mit den Sonnenbädern vorsichtig zu Werke gehen. Deswegen
fängt man damit erst 3 bis 10 Tage nach der Aufnahne an und gewöhnt
die Patienten bis dahin allmählich an Luft, Sonne und den Aufenthalt
im Freien. Anfänglich schläft Patient in seinem Zimmer mit weit ge-
öffneten Fenstern und Türen; dann wird das Bett auf die Veranda gerollt,
zuerst auf eine Stunde und allmäblich für die Dauer der gauzen Nacht.
Während dieser Periode werden Temperatur, Puls, Atmung, Urin- und
Blutbefund beobachtet. Erst jetzt ist der Patient für das Sonnenbad
fertig, das gewöhnlich eine halbe Stunde vor dem Mittagessen und nicht
früher als zwei Stunden nachher gegeben wird. Patient liegt dabei im Bett
oder auf einem Liegestuhl. Die Füsse werden immer zuerst bestrahlt;
Fisteln und Geschwüre erst dann, wenn der ganze Körper der Bestrahlung
ausgesetzt war. Patienten dürfen in kühlem Wetter nicht dem Luftzug
ausgesetzt werden. Dies wird durch Wandschirme erreicht und durch
Schutz des Kopfes vermittels einer Kappe; die Augen werden durch farbige
Gläser geschützt. Im Winter, wenn das Wetter angenehm, die Sonne
aber für ein Bad nicht stark genug ist, spielen die Kinder nackt im
Freien; im Sommer gehen sie den ganzen Tag nur mit Badehosen be-
kleidet herum. Diese Behandlung bewährt sich bei fast jeder Art tuber-
kulöser Erkrankung. Mannheimer, New York.
220 Therapie.
365. Alex. Kapelusch und Paul Orel, Ein Beitrag zur
Röntgentherapie der chirurgischen Tuberkulose, besonders
der Gelenks- und Knochenerkrankungen. W. kl. W. 1917
Nr. 18.
Von den konservativen Methoden ist die Heliotherapie die be-
kannteste, sie ist aber leider weder allgemein durchführbar, noch zugänglich.
Die künstliche Höhensonne ist nur ein schwacher Ersatz und für
diesen Zweck bereits verlassen. Trotzdem die Röntgentherapie gegen
die chirurgische Tuberkulose sehr Schönes leistet und trotzdem hierüber
schon viele Arbeiten bestehen, ist sie doch merkwürdigerweise noch immer
nicht allgemein und an erster Stelle angewendet. Die Verff. haben diese
Behandlungsmethode vor drei Jahren in Angriff genommen, doch erst in der
Kriegszeit systematisch und in grösserem Stile durchführen können.
Jugendliche Individuen und unkomplizierte Fälle (ohne Lungentuberkulose)
ergeben bessere Resultate. Es sei ferner hervorgehoben, dass die bei der
Heliotherapie mitwirkenden anderen Vorteile der Heilstättenbehandlung
bei dem Materiale der Verff. nicht zur Geltung kamen, daher die Erfolge
doppelt bewertet werden müssen. Bisher wurden über 300 Fälle behandelt,
Ein grosser Teil der Patienten fühlte sich bereits nach der ersten Be-
strahlung subjektiv besser: Nachlassen der Schmerzen, Abnahme der
Schwellung und Sekretion. Auch objektiv konnten diese Beobachtungen
bestätigt werden: Besserung von Appetit und Körpergewicht, Wiederkehr
der Motilität und Schmerzlosigkeit in der Berufstätigkeit. Bei einzelnen
Patienten kam es zuerst zu einer Reaktion mit kleinen Fiebersteigerungen,
Zunahme der Schmerzen und Sekretion, doch bald lief diese ab und es
stellten sich die oben beschriebenen Heilungsvorgänge ein. Sequester
müssen operativ entfernt werden, worauf ungestörte Heilung zu erwarten
ist. Kalte Abszesse lassen sich gut beeinflussen. Die Verff. lassen es zu .
Spontanperforation kommen, worauf dann die Heilung gut vonstatten geht.
Sie sahen auch Heilung ohne Perforation des Abszesses, Bei nicht zu
weit fortgeschrittenen Gelenksprozessen wird Heilung mit Erhaltung der
Beweglichkeit erzielt, doch erfordert die Nachbehandlung viel Geduld und
Sachkenntnis. Besteht keine Aussicht auf Erhaltung eines beweglichen
Gelenkes, so muss Ankylose in der Stellung angestrebt werden, die für
den Betroffenen die geringsten Nachteile in sich birgt. Besonders rasche
Erfolge sind bei Erkraukungen der Metakarpalien und Metatarsalien zu
erzielen. Bei Spina ventosa stellt sich bereits nach 14 Tagen normale
Figuration langsam wieder her und nach 8 bis 10 Wochen kommt es zur
Ausheilung.
Die Röntgentherapie ist also ein energisches und wirk-
sames Mittel, um einen grossen Teil der chirurgischen
Tuberkulose zu heilen oder bis zur Arbeitsfähigkeit zu
bessern. Die Resultate wären noch um ein Bedeutendes zu verbessern
und manche jetzt als aussichtslos amputierte Extremitäten zu erhalten,
wenn die Möglichkeit bestünde, ausser einer frühzeitigen Inangriffnahme
der Behandlung, die sozialen Verhältnisse der besonders betroffenen Volks-
schichten zu bessern. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
366. F. Köhler, Die Strahlentherapie der Tuberkulose. Der
Praktische Arzt 1917 Nr. 7.
K. berichtet in einer kurzen, zusammenfassenden Übersicht über die
A
Therapie. 221
aus der Tuberkuloseliteratur hinlänglich bekannten Erfolge der Tuber-
kulosebehandlung mittels der natürlichen und künstlichen Sonnen-, der
Radium- und Röntgenbestrahlung, ohne in irgend einem Punkte etwas
Neues zu bringen. Berlin, Schömberg.
367. Morisuke Otani, The treatment of tuberculosis with
eyanocuprol. Journ. of Exper. Med., 1. Aug. 1916.
Bei 18 Fällen von Tuberkulose, welche mit Cyanokuprol behandelt
wurden, waren die Erfolge auffallend gut. Das Präparat hat einen weiteren
Wirkungskreis als Tuberkulin. Die Dosis hängt von der Reaktion ab und
richtet sich nach den Symptomen. Die Höchstdosis von 8,5 cem sollte
nie überschritten werden. Die kürzeste Pause zwischen zwei Einspritzungen
sollte zwei Wochen betragen. Wenn man schon früher wieder einspritzt,
so können Schädigungen eintreten. Der Patient muss sich nach der Ein-
spritzung unbedingt körperlich und geistig ruhig verhalten. Auch lokale
Ruhe des erkrankten Teiles ist nötig. Gleichzeitiger Gebrauch von Jodkali
oder Tuberkulin muss vermieden werden; ebenso sind Aprikosensaft, Gua-
jakol-Präparate und Jodol kontraindiziert. Idiosynkrasien und kumulative
Wirkungen sind nicht beobachtet worden.
Mannheimer, New York.
368. Gensabure Koga, A contribution to the chemotherapy of
tuberculosis. First clinical and experimental report. Journ. of
Exper. Med., 1. Aug. 1916.
Der Einfluss des Cyanokuprols auf tuberkulöse Läsion bei Tieren
scheint sich folgendermassen zu gestalten: Eine einmalige Injektion ist
wirkungslos. Naclı wiederholten Einspritzungen verringert sich die Kon-
gestion und Leukozyten-Infiltration der Herde, käsiges Material wird all-
mählich resorbiert und junges Bivdegewebe bildet sich an der Peripherie.
Die Bazillen nehmen an Zahl ab, bis sie endlich verschwinden. Emulsionen
von Lunge, Leber, Milz und anderen Organen der so behandelten Tiere
wurden in die Bauchhöhle von Meerschweinchen eingespritzt. Einzelne
von diesen entwickelten Tuberkulosen, d. h. nicht alle der mit Cyanokuprol
behandelten Tiere wurden innmunisiert. Die Erfolge des Mittels bei Menschen
sind, wie folgt: Bei Lungen- und chirurgischer Tuberkulose des 1. und
2. Grades zeigt sich bedeutende Besserung oder scheinbare Heilung. Selbst
bei vorgeschrittenen Fällen wird geringer Fortschritt beobachtet. Der
Wert des Präparates kann nur durch längere Beobachtung und weitere
Versuche festgestellt werden. Das Präparat wird intravenös verabreicht
und die Dosis je nach dem Alter und der Konstitution des Patienten
reguliert. Mannheimer, New York.
369. Jacques Neumann, Die intralumbale Tuberkulinbehand-
lung der Meningitis tuberculosa. Med. Klin. 1917 Nr. 11.
Die Versuche, die tuberkulöse Meningitis durch subkutane Tuber-
kulineinspritzungen spezifisch zu behandeln sind nicht nur als erfolglos,
sondern teilweise sogar als verderblich wieder aufgegeben worden. Dem-
gegenüber berichtet Basigalupo über gute Erfolge mit intralumbalen
Tuberkulininjektionen. Von 3 Fällen tuberkulöser Meningitis, die durch
Bazillennachweis im Liquor als solche einwandfrei festgestellt wurden,
heilten 2 nach 2 oder 3 Injektionen völlig aus. Der 3, Fall, der durch
222 Therapie.
eine Miliartuberkulose kompliziert war, kam ad exitum. Immerhin hatten
bier die Injektionen den Rückgang einiger Hirnsymptome zur Folge.
Auf Grund dieser günstigen Resultate hat nun N. 10 Fälle von tuber-
kulöser Meningitis mit intralumbalen Tuberkulininjektionen behandelt.
Alle 10 Fälle kamen ad exitum. Bei 6 Fällen hatten die Injektionen
nicht den geringsten Einfluss. Bei 2 Fällen trat nach kleinen Dosen von
0,5 bis 2 mg Tuberkulin ein- längeres Stationärbleiben des Prozesses ein,
das vielleicht dem Tuberkulin zugute gerechnet werden kann. Bei 2 weiteren
Fällen, denen sofort beim Beginn der Behandlung grosse Dosen von 5 mg
Tuberkulin injiziert wurden, trat vorübergehende, bedeutende Besserung
ein. In Anbetracht der Aussichtslosigkeit jeder sonstigen Therapie, empfiehlt
N. zu versuchen, durch möglichst frühzeitige, hohe Anfangsdosen von 5 mg
Tuberkulin den Krankheitsprozess der Meningen zu kupieren,
Berlin, Schömberg.
370. Hill Hastings, Tuberculosis of the larynx with special
reference to the use of tuberculin. Laryngoscope, Mai 1916.
Larynxtuberkulose ist eine umschriebene Läsion, wahrscheinlich immer
eine Autoinfektion und verläuft chronisch, weil schon ein gewisser Grad
von Widerstandsfähigkeit besteht. In Süd-Kalifornien findet sich Larynx-
tuberkulose in ungefähr 2,1°/o der Fälle Verf. sah nie einen Fall bei
einem Kind.
Bandelier und Roepke behaupten, Larynxtuberkulose niemals
bei Patienten gesehen zu haben, welche mit Tuberkulin behandelt worden
waren. Im Gegensatz dazu führt Verf. zwei eigene Fälle an. Ein Patient
war ein Jahr lang mit Tuberkulin behandelt worden uud entwickelte
typische tuberkulöse Läsion der Epiglottis, eines Stimmbandes und des
Interarytänoidraumen. Der zweite entwickelte tuberkulöse Laryngitis, während
H. ihn in einem Sanatorium mit Tuberkulin behandelte.
Die Indikationen hängen hauptsächlich von der begleitenden Lungen-
affektion ab. Bei vorgeschrittenen Veränderungen der Lunge ist natürlich
Tuberkulin kontraindiziert. Verf. berichtet 8 mit Tuberkulin behandelte
Fälle. 5 davon sind am Leben, 2 sind seit über zwei Jahren ausgeheilt,
2 sind gebessert, stationär und arbeitsfähig, 1 ist noch in Behandlung.
Die 3 übrigen sind gestorben. Trotz der kleinen Anzahl Fälle sind die
Resultate ermutigend. Mannheimer, New York.
371. W. E. Gamble, Tuberculosis of the Eye, with special re-
ference to treatment. The Ophthalmic Record 1916 Nr. 2.
Februar.
Verf. bespricht kritisch in eingehender Weise die tuberkulösen Er-
krankungen des Auges und deren Behandlung, vorzüglich an Hand von
Arbeiten deutscher Autoren. Er behandelt in besonderen Abschnitten die
Diagnose, insbesondere die einzelnen Formen der Tuberkulindiagnostik
(Gefahren der Allgemeinreaktion); die tuberkulöse Form der Neuritis retro-
bulbaris, die Conjunctivitis und Keratitis phlyctaenulosa; die Behandlung,
bezugnehmend auf die Arbeit v. Hippels (Arch. f. Ophth. Bd. 87).
Beigegeben ist eine Tafel (koloriert) einer knötchenförmigen Episcleritis
tuberculosa. Werner Bab, Berlin.
a
Therapie. 223
372. Franke, Zur Behandlung skrofulöser und tuberkulöser
Augenerkrankungen nach Ponndorfl. Zbl. f. Aughlk. 1917
Jan.|Febr. |
Verf. hat ein von Ponndorff empfohlenes Heilungsverfahren der
Tuberkulose (M. m. W. 1914 Nr. 14 u. 15) bei tuberkulösen und
skrofulösen Augenerkrankungen angewendet. Das Verfahren, das „eine
Art Pirquet“ darstellt, besteht darin, dass in 15 bis 25 oberflächliche
Schnitte (im ganzen von der Grösse eines Fünfmarkstückes) am Oberarm
1 bis 2 Tropfen konz. Alttuberkulins, Tuberkelbazillenextrakts oder
eine Emulsion von pulverisierten Bazillen sorgfältig eingerieben wird;
Reaktion meist nach 24 Stunden, zurückbleibende Narben wurden nie
sichtbar.
Für Verf. sind die bisher erreichten Erfolge mit diesem einfachen
Verfahren so ermutigend — er teilt eine Reihe von Krankengeschichten
mit — dass sie geeignet sein dürften, auch andere Kollegen zu Versuchen -
zu veranlassen.
Die Behandlung wurde poliklinisch vorgenommen. Das Verfahren
hat sich nicht als ein Allheilmittel für alle skrofulösen Augenentzün-
dungen gezeigt. Bei häufig rezidierenden Fällen blieben die (skrofulösen)
Kinder relativ lange Zeit von neuen Erkrankungen verschont.
Werner Bab, Berlin.
373. E. Kirch, Die chirurgische Tuberkulose und ihre modernen
Behandlungsmethoden. Tuberculosis, Nov. 1916.
Kirch, der leitende Arzt des Cäcilienheims für Knochen- und Gelenk-
tuberkulose in Hohenlychen, gibt eine. kurze Übersicht über die modernen
Behandlungsmethoden und betont besonders die Wichtigkeit der Licht-
behandlung, die ja ganz besonders „modern“ ist: „Ebenso wie man jetzt
allgemein der Meinung ist, dass man nicht nur auf den Schweizer Alpen,
sondern auch bei uns in der Ebene die Lungentuberkulose heilen kann,
so sind wir auf Grund unserer klinischen Erfahrungen fest davon über-
zeugt, dass wir auch die chirurgische Tuberkulose bei gleichzeitiger Anwen-
dung sämtlicher Heilfaktoren anderer Art im Flachland in ebenso kurzer
Zeit restlos auszuheilen vermögen wie im Hochgebirge.“ Das ist aller
Voraussicht nach vollkommen richtig. Zu wünschen ist nur, dass in dem
gegenwärtig beliebten „Licht- und Sonnenfetischismus“, wie Sahli es aus-
drückt, immerhin etwas mehr steckt als eine übertriebene Mode. Viel
„Mode“ ist aber sicher dabei. Meissen,
374. Bruno Weickardt, Die operativen Erfolge in der Be-
handlung der Rippen- und Brustbeintuberkulose. Inaug.-
Diss. Breslau 1916.
Die Behandlung der Rippen- und Brustbeintuberkulose muss nach
wie vor eine radikal-operative sein. Voraussetzung ist gutes Allgemein-
befinden. Die Resektion weit im Gesunden, wenn möglich ohne Eröffnung
eines etwa bestehenden Abszesses, gibt die besten Resultate. Eine Ge-
neralisierung der Tuberkulose durch den Eingriff ist kaum zu fürchten.
Eine kombinierte Tuberkulin-Röntgen- oder Sonnennachbehandlung nebst
allgemeinen hygienisch-diätetischen Massnahmen erscheint zum vollen Er-
folge notwendig. Auskratzungen des Knochenherdes und Spalten von
Fisteln geben wenig ermunternde Erfolge. Hans Müller.
224 Therapie.
375. St. Tobiasek, Die ankylosierende Therapie der tuberku-
lösen Koxitis. Casopis lékařů českých. 55. 1916 Nr. 32.
Die Therapie der tuberkulösen Koxitis und ihre Erfolge leiden teils
unter der grossen Zahl der therapeutischen Vorschläge, teils unter dem
Mangel genauer Indikationen für die einzelnen Methoden, am meisteu aber
unter dem Umstand, dass die Intensität der klinischen Symptome nicht
immer dem pathologisch-anatomischen Zustand entspricht. Der Autor fand
bei Fällen, die klinisch als leicht imponierten, im unteren Pol des Femur-
kopfes nahe der Epiphysengrenze deutliche tuberkulöse Herde mittels ge-
nauer Skiagraphie; in Fällen, bei denen das Gelenk noch gut funktionierte,
waren die destruktiven Veränderungen oft überraschend weit vorgeschritten.
Die systematische skiagraphische Untersuchung kontrolliert daher nicht nur
die Diagnose, sondern gibt auch einen verlässlichen Indikator für die
Therapie ab. Diese muss eine allgemein roborierende und eine lokale sein.
Sehr zufrieden ist der Autor mit den Injektionen nach Callot, die bei
genauer Beobachtung der Vorschriften stets ein gutes Resultat lieferten.
Das Redressement führt er nur in jenen seltenen Fällen durch, in denen
die Destruktion der Gelenkkörper noch nicht vorgeschritten ist und auch
da nur allmählich und etappenweise. Die Extension kommt für ihn nur
dort in Betracht, wo die Eiterung so heftig ist, dass die Anlegung eines
Gipsverbandes unmöglich ist. Dieser ist unbedingt die beste Methode, um
das Hüftgelenk absolut ruhig zu stellen und zur Ankylosierung zu bringen.
Unter den portativen Apparaten entspricht der von Dollinger am besten
allen Anforderungen.
G. Mühlstein, Prag.
376. F. Rosenbach-Potsdam, Tuberkulose der weiblichen Harn-
röhre und Harnblase und ihre chirurgische Behandlung.
Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4.
R. bespricht zunächst kurz die verschiedenen Ansichten über die des-
zendierende und aszendierende Form der Tuberkulose des Harnsystens
und erörtert dann die Frage einer primären Blasentuberkulose, die von
den meisten Autoren abgelehnt wird. R. führt aus der Literatur ver-
schiedene Fälle an, die das Vorkommen einer primären Blasentuberkulose
wabrscheinlich machen und berichtet ausführlich über einen Fall primärer
Blasen- und Harnröhrentuberkulose aus der eigenen Praxis, der durch
Operation — Exstirpation von Blase und Harnröhre — geheilt ist. Irgend-
welche Zeichen einer gleichzeitig bestehenden Nierentuberkulose haben sich
nach der Operation nicht nachweisen lassen, auch keinerlei sonstige tuber-
kulöse Organerkrankungen. R. bespricht im Anschluss an seinen Fall
die operative Behandlung der Blasentuberkulose: 1. Die palliative Methode
erstrebt die Ausschaltung der Blase durch Nephrostomie, Zystostomie,
Ureterostomie. Sie kommt dann in Frage, wenn fortgeschrittene Nieren-
tuberkulose, sonstige tuberkulöse Organerkrankungen, oder der elende Zu-
stand des Patienten die Radikaloperation verbieten. 2. Die radikale Me-
thode erstrebt die Entfernung der Blase. Sie kommt in Frage bei primärer
Blasentuberkulose und allenfalls bei sehr geringfügiger Nieren- oder sonstiger
Organtuberkulose. Sie ist bisher erst fünfmal ausgeführt worden.
Ulrich Berlin, Schömberg.
—
Prophylaxe. 225
377. v. Baumgarten, Das Tübinger Schutzimpfungsverfahren
gegen Rindertuberkulose und seine Wirksamkeit in der
Praxis. Bertr. z. path. Anat. 63. 1917 H. 2.
An 27 Kälbern des seit Jahren stark mit Tuberkulose behafteten
Viehbestandes der Kgl. Heilanstalt Winnental bei Winnenden in Würt-
temberg wurde ein Schutzimpfungsversuch nach dem Verfahren des Verf.'s
vorgenommen.
Als Impfetoff dienten künstliche Reinkulturen solcher Stämme von
menschlichen Tuberkelbazillen, die selbst in der Menge von 5 cg getrock-
neter Kulturmasse Rindern subkutan einverleibt sich für diese als völlig
unschädlich erwiesen hatten. Zur Immunisierung wurden zuerst 4—5 cg
verwandt, später kleinere Dosen; es fand nur eine einmalige subkutane
Injektion statt.
Die Impflinge waren von ihren 5. bis 6. Lebensmonate ab der natür-
lichen Ansteckung mit Perlsuchbazillen, der früher zahlreiche Tiere des
Winnentaler Viehbestandes zum Opfer fielen, unvermindert ausgesetzt.
Trotzdem ist in über 6 jähriger Beobachtungszeit kein einziges der 27 Impf-
tiere au Tuberkulose gestorben oder in klinischem Sinne tuberkulös ge-
worden, obwohl eine gleichzeitige Anwendung des Bang-Östertag’schen
Verfahrens nicht stattgefunden bat. M. Türk, Frankfurt a.M.
e) Prophylaxe.
378. R.Stähelin, Tuberkulose und Militärversicherung. Corr. Bl.
f. Schweizer Arzte 1916 Nr. 23.
Eignet sich nicht zur kurzen Wiedergabe. Es verlohnt sich, den be-
merkenswerten Artikel im Original nachzulesen.
Lucius Spengler, Davos.
379. Reichborn-Kjennerud, Die Nahrung der Schulkinder.
Meddelelser fra den norske nationalforening mat tuberkulosen VI
Nr. 23.
Der Kaffeegenuss ist sehr schädlich für die Schulkinder.
Birger-®verland.
380. Francis Harbitz, Die Lebensversicherungsgesellschaften
und die Tuberkuloserekonvaleszenten. Meddelelser fra den
norske nationalforening mat tuberkulosen VI Nr. 21.
Birger-®verland.
381. Liebe, Eigene Truppenteile für Tuberkulöse und Schwache.
M. m. W. 63. 1916 S. 1548—1549.
Jeder deutsche Jüngling, der nicht verkrüppelt ist, müsste in Zukunft
durch die Gesundheitsschule der militärischen Ausbildung hindurchgehen.
Wichtig wäre dazu eine bessere gesundheitliche ärztliche Beobachtung der
heranwachsenden Jugend. Die Ergebnisse aller solcher Untersuchungen
wären als Auskunft und Richtschnur in einem Gesundheitsbuche nieder-
zulegen. Die Ausmusterungsergebnisse würden dann viel besser und leichter
sein. Es wäre zu trennen in unbedingt Taugliche, in durchaus Untaug-
liche und in Schonungsbedürftige. Letztere könnten dann unter streng
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 15
226 Prophylaxe.
sachverständig ärztlicher Beobachtung in besonderen Truppenteilen zur
Ausbildung zusammengezogen werden. Bredow, Ronsdorf.
382. Schottelius, Chlor-m-Kresole (Sagrotan) und Sputum-Des-
infektion. II. Zschr. f. Tbe. 26 H. 6.
Das Ergebnis seiner Versuche fasst Verf. folgendermassen zusammen:
i. Das Sagrotan eignet sich zur Sputumdesinfektion besser als das
dreimal so teuere Phobrol.
2. Eine mechanische Mischung des Sputums mit dem Desinfiziens ist
notwendig. Je gründlicher Sputum und Desinfiziens miteinander gemischt
werden, um so rascher tritt die desinfizierende Wirkung ein,
3. Zur Abtötung der Tuberkelbazillen genügt der 24stündige Verbleib
des Auswurfs in einer 10°/o Sagrotanlösung. Sputum und Auswurf zu
gleichen Teilen gemischt.
4. Die von Kirstein erhobenen Bedenken gegen die Benützung des
Sagrotans sind hinfällig, weil Kirstein beim Vergleich des Sagrotans
mit dem Phobrol den verschiedenen Kresolgehalt der beiden Präparate
nicht berücksichtigt und weil er die empfohlene Methode der Aufnahme
des Auswurfs in Sammelgefässen nicht anwendet.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
383. Fr. W. Strand, Der Arzt und die Berufswahl unserer
Kinder. Ein Vortrag. Flugschriften des Bundes zur Erhaltung
und Mehrung der deutschen Volkskraft, hrsg. von Prof. Dr.
E. Abderhalden. Halle a. $. 1916.
Allzu häufig massgebend für die Berufswahl der Kinder ist die soziale
Stellung des Vaters, die Erfahrungen mit Berufen der Verwandten und
Bekannten und viel zu oft wird die Rücksicht auf die körperliche Be-
schaffenheit des Kindes vernachlässigt, der Arzt zu wenig um seinen Rat
bei der Berufswahl gefragt. Besonders der Schularzt, der einen Einblick
hat in die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder ist geeignet,
einen solchen Rat zu erteilen. Der Autor bespricht die Schädigungen des
Kindes durch akute Infektionskrankheiten und wendet sich dann zur
Kindertuberkulose: Sonne, Licht, Luft, hygienische Wobnungsverhältnisse,
vorsichtige Abhärtung, Erholungskuren im Gebirge, Solbad, an der See,
ärztliche Überwachung schlecht entwickelter Kinder, sorgfältige Nach-
behandlung der Kinderkrankheiten, Verbot des Ausspuckens, Isolierung
offener Tuberkulosefälle sind Waffen im Kampfe gegen diese Krankheit.
Berufe, die ein Leben im geschlossenen, engen, stauberfüllten Raum mit
sich bringen, sind schwächlichen, tuberkulosegefährdeten Kindern zu wider-
raten. Grosse Staubentwicklung bringen mit sich die Verarbeitung von
Tabak, Holz, Metallen, Wolle, Seide. Ungeeignet sind ferner der Beruf
des Müllers, Bäckers, Berg- oder Kohlenarbeiters, des Glasschleifers, Stein-
hauers, Zement- und Porzellanarbeiters. Zu widerraten sind Berufe, die
mit Giftwirkung von Gasen oder Metallen einhergehen und solche, die eine
dauernd ungünstige Körperhaltung nötig machen: Schuster, Schneider.
Sehr günstig für tuberkulosegefährdete Kinder wirkt nach der Schulzeit
ein längerer Erholungsaufenthalt, der diese Kinder oft für lange Zeit wieder
den Ansprüchen des Lebens gerecht werden lässt. Anzuraten ist den
Tuberkuloseverdächtigen eine ein- bis zweimalige ärztliche Untersuchung im
Jahr. Geeignet für solche Kinder ist die Tätigkeit in landwirtschaftlichen
Klinieche Fälle. 27
Betrieben, die Laufbahn des Försters, Geometers, Ingenieurs. Im folgenden
gebt der Verf. ein auf die Berufswahl Herzkranker und Kinder mit Stö-
rungen des Seh- und Hörvermögens. Wichtig ist, die Nervosität des Kindes
bei der Berufswahl zu beachten. Es wird die Wahl einer ruhigeren,
sicheren, wenn auch bescheideneren Laufbahn geraten, z. B. eine pensions-
berechtigte Stellung. Es folgt eine Würdigung der einzelnen für nervöse
Kinder in Betracht kommenden Berufe. Besondere Beachtung findet ferner
die Berufswahl der Schwachbegabten. Interessant sind die mit den
Hallenser Hilfsschulkindern gemachten Erfahrungen, die zeigen, wie selten
solche Menschen, später sich selbst überlassen, auch nur einigermassen
brauchbare Arbeit leisten, da es vor allem an der Willenskraft und daher
auch an Ausdauer fehlt. Es wird empfohlen, diese Minderwertigen, die
häufig dem Laster und Verbrechen anheimfallen, in Arbeitslehrkolonien zu-
sammenzufassen, wo sie am ehesten nutzbringende Arbeit leisten und der
Allgemeinheit nicht schaden können. Zum Schluss betont der Autor die
Wichtigkeit der richtigen Berufswahl nicht nur für den einzelnen, sondern
besonders auch im Interesse des Staates, eine Mahnung, die durch den
Ernst der Zeit noch unterstrichen wird. H. Unger-Laissle.
384. Fr. W. Strand, Gesundheitspflege des Schulkindes. Vortrag
ebendaselbst erschienen.
Brennender denn je ist uns heute, da der Krieg die grössten Verluste
an Menschenleben bringt, die Sorge, um die zukünftige Erneuerung der
Volkskraft. Die soziale Fürsorge arbeitet mit an dieser Erneuerung, ins-
besondere die Säuglings- und Jugendfürsorge.. Die Schulhygiene regelt
zum Wohle des Kindes die Dauer des Unterrichts, führt die Schulpausen
ein, die Schulferien, widerrät den Unterricht in den frühen Nachmittags-
stunden. Gerade das Schulkind beansprucht in erhöhtem Masse die ärzt-
liche Fürsorge, da im Gegensatz zum Säuglingsalter die ärztliche Über-
wachung bis zum Schulbegiun eine sehr mangelhafte ist, eo dass dadurch
die Erfolge der Säuglingsfürsorge häufig später vollständig in Frage gestellt
sind. Eingehend werden nun die Fragen der Körperpflege, der Ernährung
und die leichten Störungen besprochen, die für manche Kinder der Schul-
besuch mit sich bringt. Hautpflege (Volksschulbad), Abhärtung, hygienische
Kleidung, Leibesübungen sind Mittel zur Stählung des Körpers. Diese
letztere ist um so wertvoller, als ihre Erlangung gleichzeitig auch zu einer
Willensstählung führt. Ein kräftiger Körper ist auch die beste Waffe
gegen die Infektionskrankheiten. — Zum Wohle des Vaterlandes muss
Jugendfürsorge in immer höherem Masse getrieben werden.
H. Unger-Laissle.
f) Klinische Fälle.
385. Nik. Roth, Ein Fall von Morbus Addisonii mit seltener
Atiologie. W. kl. W. 1917 Nr. 12.
In einem geschilderten Falle trat im Anschluss an rechtsseitige Pneu-
monie ein rechtsseitiger subphrenischer Abszess auf. Dieser griff dann auf
die rechte Nebenniere über; später wurde — wahrscheinlich auf hämato-
genem Wege — auch die linke Nebenniere ergriffen. Dieses Übergreifen
des Abszesses wurde die Ursache zur Entwicklung eines Morbus Addisonii.
Kulturverfahren aus dem Eiter ergab Pneumokokken, A. Baer.
15*
228 Klinische Fälle.
386. Randolph and Schmeisser, A clinical and pathological
study of two cases of miliary tubercles of the chorioid.
The Ophthalmic Record, Januar 1917.
Die Tatsache, dass bisher bei tuberkulösen Affektionen häufig nur in
einem geringen Prozentsatze miliare Tuberkel in der Chorioidea gefunden
wurden, ist darauf zurückzuführen, dass ohne elektrischen Augenspiegel
und nicht häufig genug untersucht wurde. — Es muss daher die Anwen-
dung des elektrischen Augenspiegels, der die Untersuchung erheblich er-
leichtert, gefordert werden, und ein öfteres Spiegeln der Augen, mindestens
2mal am Tage. Auch bei anderen Erkrankungen empfiehlt sich dies,
so bei Morbus Brightii und Blutkrankheiten, vor allem bei perniziöser
Anämie.
In den beiden Fällen handelt es sich im ersten um ein 2jähriges
Mädchen, dessen Vater an Tuberkulose gestorben war. Das Kind war
nie sonst krank gewesen, ausser einem Keuchhusten. Allmählich wurde
es krank, verfiel, bekam Fieber, beschleunigten Puls und Atmung, Er-
brechen, Nackensteifigkeit; einige Tage später zeigte sich in der Spinal-
flüssigkeit ein Netz. Augenhintergrund wurde trübe an den Papillengrenzen ;
4 Tage danach wurden Tuberkel am Hintergrund gefunden.
Fall 2 betraf ein 4 Monate altes Kind, das ebenfalls vorher gesund
war. Beginn der Erkrankung mit Fieber und Husten: es schrie viel und
schlief wenig; Fieber, beschleunigte Atmung; Manifestation der Tuberkulose
am ganzen Körper. Bei der ersten Untersuchung fanden sich Chorioidal-
tuberkel.
Die pathologische Untersuchung bestätigte den Befund makroskopisch
und mikroskopisch; auch Tuberkelbazillen konnten nachgewiesen werden.
In dem ersten Falle handelte es sich um eine allgemeine Miliartuberkulose
mit akuter tuberkulöser Meningitis; im zweiten um allgemeine Miliartuber-
kulose ohne Meningitis. Werner Bab, Berlin.
387. Hofmann, Nierentuberkulose und Menstruation. B. kl. W.
1916 Nr. 45.
Verf. beschreibt einen Fall von Nierentuberkulose, bei dem, wie in
den Fällen von Lenhartz und Scheidemantel, heftiges prämen-
struelles Fieber auftrat, das beim Eintritt der Menses kritisch abfiel. Nach
Entfernung der erkrankten Niere wurden die Menses normal.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
388. J. Strasser, Zur Kasuistik der Hämoptysis. Med. Klin.
1916 Nr. 32.
Ein Patient mit dem Befunde einer abgeheilten Spitzentuberkulose
bekommt im Anschluss an einen Aufenthalt im Röntgenzimmer, wo er
mehreren Durchleuchtungen beigewohnt hat, eine Lungenblutung. S. führt
diese Blutung auf den stechenden Geruch in dem schlecht gelüfteten
Röntgenzimmer zurück. Der starke Ozongehalt, die Entwicklung salpetriger
Säure und die dem Quecksilberunterbrecher entstammenden Petroleum-
dämpfe können Lungenblutungen provozieren. Deshalb ist auf eine ener-
gische Ventilation der Röntgenzimmer zu achten. — Ferner ein Fall von
Simulation einer Hämoptysis. Patient täuschte durch Zerkauen eosinhaltigen
Seidenpapiers Lungenblutungen vor. Berlin, Schömberg.
Allgemeines. 229
g) Allgemeines.
389. 0. Lubarsch, Johannes Orth und die Tuberkuloseforschung.
Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4.
In der Festschrift zu Orth’s 70. Geburtstag würdigt L. durch eine
kritische Besprechung der Tuberkulosearbeiten Orth’s und seiner Schüler
die hohen Verdienste dieses Forschers auf dem Gebiet der Tuberkulose-
forschung. Berlin, Schömberg.
390. Hart, Elias Metschnikoff +. Zschr. f. Tbc. 26 H. 4.
Nekrolog. Weihrauch,
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
391. Meissen, Die Versorgung der Kriegstuberkulösen im
schweizerischen Heer. Zschr. f. Tbe. 26 H. 4.
Verf. gibt einen Überblick über das Gesetz zur Versorgung der
Kriegstuberkulösen im schweizerischen Heere. Im Anschluss daran be.
spricht er die heutige Anschauung über die Entstehung der Phthise und
weist darauf hin, dass eine Superinfektion beim Erwachsenen zu den
Seltenheiten gehört, dass vielmehr die Infektion im Kindesalter erfolgt,
zur Immunität führt, die dann durch „Krankheitsbereitschaft“ später zur
„Reinfektion“ führt.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
392. Herm. Dold, Bücherei des Neutralen Guttemplerordens.
Deutsche Grossloge E. V. Tuberkulose und Alkoholismus.
Vortrag gehalten während der Ausstellung des Tuberkulose-
Wandermuseums im Alten Schloss in Strassburg i. E. Heidel-
berg 1913. 15 5.
Kleiner volkstümlicher Vortrag über die Schäden des Alkoholismus
im allgemeinen. Der Alkoholismus bereitet den Boden für die Tuberkulose
vor. Empfehlung der absoluten Abstinenz als einziges Mittel.
Hans Müller.
h) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
393. Holmboe, W., Jahresbericht aus dem Sanatorium Memalien
für das Jahr 1916. Tidsskrift for den norske lægeforening 1917
Nr. 13.
Die Sonnen- und Lichtbehandlung nimmt im Sanatorium einen immer
hervorragenderen Platz ein. Als künstliche Lichtquelle werden elektrische
Kohlen-Bogenlampen angewandt. Sowohl subjektiv wie objektiv gibt diese
Behandlung bei den Lungenkranken sehr gute Resultate. Die einzige
Kontraindikation scheinen ausgebreitete Bronchitiden mit reichlichen Rassel-
geräuschen und Expektoraten zu sein. Der Verf. ist ganz erstaunt, wie
selten Hämoptysen bei den Patienten des Sanatoriums vorkommen, seit
die Sonnen- und Lichtbehandlung eingeführt ist.
Pneumothoraxbehandlung war im Laufe des Jahres bei 6 von den
aufgenommenen 76 Patienten indiziert und sie gelang bei 5. Bei dem
230 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenbäuser u. -Heime.
sechsten, bei dem ausgebreitete Pleuraadhärenzen bestanden, wurde später
extrapleurale Thorakoplastik angewandt.
Im ganzen ist seit 1909 im Sanatorium Pneumothoraxbehandlung bei
72 von den 578 aufgenommenen Patienten (= 12,4 /o) versucht worden.
Bei 52 konnte Pneumothorax angelegt werden. Extrapleurale Thorakoplastik
ist bei 6 Patienten ausgeführt worden. Von diesen 6 sind 2 gestorben,
3 relativ geheilt und 1 in guter Besserung. Birger-Överland.
394. Liebe, Die Arbeitsunfähigkeit während der Kur in der
Lungenheilanstalt. Med. Klin. 1917 H. 8.
In einer grossen Reihe von Fällen verweigern die Krankenkassen
den Angehörigen der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte, die sich
zur Kur in einer Lungenheilstätte befinden, die Zahlung des Kranken-
geldes, da sie nicht „arbeitsunfähig im Sinne des Krankenversicherungs-
gesetzes“ seien. Nach diesem besteht kein Anspruch auf Krankengeld,
wenn eine Heilmassnahme nur zum Zweck der Vorbeugung, nicht zur
Behebung einer schon vorhandenen Arbeitsunfähigkeit angeordnet ist.
Derartige Entscheidungen der Krankenkassen sind von Oberversicherungs-
ämtern wiederholt bestätigt worden. Demgegenüber lautet eine Revisions-
entscheidung des Reichsversicherungsamtes: „Erwerbsunfähigkeit im Sinne
des K.V.G. liegt auch dann vor, wenn der Versicherte nur auf die Ge-
fahr hin, sein Leiden zu verschlimmern, in seinem bisherigen Berufe fort-
arbeiten könnte.“ Da durch die Verweigerung des Krankengeldes das
psychische Befinden des Patienten recht ungünstig beeinflusst wird, ver-
langt L., dass alle Patienten, die in eine Lungenheilstätte geschickt und
von dem Anstaltsarzt dort behalten werden, als arbeitsunfähig im Sinne
des Krankenversicherungsgesetzes zu gelten haben.
Berlin, Schömberg.
395. @. Liebe, Die pädagogische Behandlung Lungenkranker in
Heilstätten. Zuberculosıs, Sept. 1916.
Angenehm zu lesende Plauderei über ein Thema, das dem Verf.
„liegt“. Die Aufforderung der Schriftleitung, es für die „Tuberculosis“ zu
behandeln, bezeichnet er selber als „das auslösende Moment bei einer
vorbandenen Disposition“. Die Arbeit ist ein echter „Liebe“. Er meint
es ehrlich und bewahrt sich seinen unverwüstlichen Optimismus. Neues
ist natürlich auf dem Gebiete nicht viel zu bringen. Meissen.
396. W. Staehelin, Beiträge zu dem Gebiete der Heliotherapie,
Beitr. z. Klin. d. Tbc. 36. 1916 H.2 $. 181.
Kasuistik sehr schöner und bemerkenswerter Erfolge (mit Abbil-
dungen) aus der Sonnenklinik des Kindersolbades in Dürrheim (Baden,
705 m ü. M.). Leschke, Berlin.
397. Köhler, Der Neubau eines zweiten Hauptgebäudes der Heil-
stätte Holsterhausen bei Werden a. d. Rulır. Tbec.-Fürs.-Bi.
1917 Nr. 1.
Bei dem Neubau ist den Bestrebungen der Reichsversicherungsanstalt,
Lungeukranken des Mittelstandes eine Kur zu ermöglichen, Rechnung
getragen. Rehs, Davos.
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 231
398. Weicker, Über die Militärabteilung im ‚„Krankenheim‘“
Görbersdorf. T’be.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 4.
Im Volkssanatorium „Krankenhein“ sind 150 Betten für Militär-
patienten zur Verfügung gestellt. Die Heilbehandlung erfolgt nach den
Prinzipien der in der Anstalt seit Jahren geübten Praxis. Mit dem Aus-
bau geregelter und erweiterter Beschäftigungstherapie ist begonnen worden;
neben mechanischer Beschäftigung werden Vorträge über aktuelle Themata
und Unterrichtsstunden abgehalten. Es ist durchaus gelungen, die Er-
nährung dauernd abwechslungsreich und zweckentsprechend zu gestalten,
Rehs, Davos.
399. Wehmer, Das feldgraue Görbersdorf. Tbec.-Fürs.-Bl. 1917
Nr. 4.
In der Brehmer’schen Anstalt sind gegen 150 Militärpatienten
untergebracht. Wenn es auch nicht möglich ist, jeden Kranken zur vollen
Gesundung zu bringen, so wird doch durch die Anstaltskur eine weit-
gehende Besserung erzielt; zum mindesten wird eine hygienische Erziehung
erreicht, die den Wiedereintritt in bürgerliche Berufe ermöglicht, Die
ganze Kur wird mit besonderer Rücksichtnahme auf eine möglichst glatte
Überleitung der schwerer erkrankten Patienten in ein tätiges Zivilleben
eingerichtet. In dem Woaldbesitz und dem landwirtschaftlichen Betriebe
der Anstalt ist hinreichende Gelegenheit zur Beschäftigung der Genesenden.
Rehs, Davos.
400. Bochalli, Die Tätigkeit des Kaiserin Auguste Victoria-
Sanatoriums für lungenkranke Frauen des Mittelstandes.
Tuberculosis, Okt. 1916.
Ein Bericht in der üblichen Form über die genannte Heilanstalt zu
Hohenlychen, die 29. Juni 1913 eingeweiht wurde. Bemerkenswert und
anzuerkennen ist die Betonung, dass in die Heilstätten nur aktive Tuber-
kulosen gehören, und zwar „objektiv“ aktive, nicht bloss subjektive. Für
bloss Erholungsbedürftige muss anders gesorgt werden; in eine Lungen-
heilstätte gehören sie nicht. Das ist sehr wichtig. B. äussert sich auch
über das Tuberkulin: Er hat von keiner Form etwas besonders Hervor-
ragendes gesehen, nichts, was man nicht auch durch die hygienisch-
diätetische Behandlung allein erreicht. Auch von den probatorischen
Impfungen mit Alttuberkulin hält er nicht viel: „Wir können es auch
zur Diagnose der aktiven Tuberkulose entbehren.“ Das ist durchaus die
Meinung recht vieler Tuberkuloseärzte; auch Ref. hat sie wiederholt aus-
gesprochen. Den künstlichen Pneumotborax hält B. für ein segensreiches
Mittel in sonst verlorenen Fällen, hat den Eingriff aber nur zweimal zu
machen brauchen, da er „ein verhältnismässig sehr leichtes Kranken-
material“ hat. Würde er ihn häufiger machen und den späteren Verlauf,
nicht bloss die nächste Wirkung beobachten, so würde er wahrscheinlich
auch hier skeptischer urteilen. Meissen.
401. X, Jahresbericht der Pfälzischen Heilstätte für Lungenkranke
bei Ramberg 1915. .
Anfang 1915 standen eine Anzahl Betten leer infolge geringerer
Einweisungen durch die Landesversicherungsanstalten. Später wies die
Militärbehörde in steigendem Masse lungenkranke Soldaten ein. Der
232 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankeühäuser u. -Heime.
Betrieb konnte sodann voll aufrecht erhalten bleiben. — Besondere thera-
peutische Erfahrungen wurden nicht gemacht. Hans Müller.
402. Jos. Parassin, Über Lungenkranken-Patronagen. Tuber-
kulögis 1916 Nr. 9 u. 10.
Die Fürsorgestellen sollten sich mit Patronage-Kommissionen ver-
binden, deren Aufgabe wäre, die ständige Aufsicht und Kontrolle über
die in ihrem Bezirke wohnhaften Lungenkranken und deren Familien
auszuüben. D. O. Kuthy, Budapest.
403. Jul. Kentzler, Die Dispensaire-Behandlung der Lungen-
schwindsucht. Tuberkulózis 1917 Nr. 1—2 u. f.
Eingehende Schilderung der Obliegenheiten der Fürsorgestellen, deren
Aufgaben nach K. sind: 1. die Prophylaxe, 2. die Krankenbebandlung,
3. die materielle Unterstützung. D. O. Kuthy, Budapest.
404. Oxenius, Die Aufgaben der Fürsorgestellen in der Tuber-
kulosebekämpfung. Tbec.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 2 u. 3.
Die gesetzlichen Vorschriften genügen zu einer wirksamen Tuberku-
losebekämpfung nicht, man kann aber gut ohne Zwangsmassregeln aus-
kommen. Die Fürsorgestelle muss die Zentralstelle in dem Kampfe sein,
sie muss in inniger Fühlung mit den praktischen Ärzten arbeiten, von
denen ihr die Kranken zugewiesen werden. Die Arbeit besteht in der
Auskunftserteilung in allen einschlägigen Fragen, in der Belehrung der
Allgemeinheit über die Gefahren der Tuberkulose und andererseits in der
Zerstreuung übergrosser Angstlichkeit, in der direkten Fürsorge. Heilbare
Kranke werden bei geeigneten sozialen Verhältnissen Heilstätten zuge-
führt, was bei Nichtversicherten oft schwierig ist; während der Kur wird
für die Familie gesorgt, danach setzt die Erziehung zur Selbstverantwort-
lichkeit ein. Vorgeschrittene Fälle können nur selten in Krankenhäusern
usw. untergebracht werden, man muss ihnen entsprechende Arbeit und
Unterstützungen verschaffen (Wohnungsgeld). Bei Unbeilbaren steht die
Familienfürsorge im Vordergrund. Der Bau von kleinen, guten und
billigen Wohnungen, in denen der Kranke ein besonderes Zimmer hat,
muss gefördert werden, die Wohnungen müssen zweckentsprechend bewohnt
werden und eingerichtet sein. Betten und Wäsche müssen eventuell leih-
weise zur Verfügung gestellt, Wäsche und Wohnung desinfiziert werden.
Die Angehörigen sind von Zeit zu Zeit zu untersuchen. Für tuberkulöse
Kinder geschieht dasselbe wie bei Erwachsenen, skrofulöse Kinder werden
in Solbäder geschickt, zur Fürsorge für tuberkuloseinfizierte und tuber-
kulosebedrohte, schwächliche Kinder werden alle Organisationen der
Jugendfürsorge herangezogen und in ihren Bestrebungen unterstützt.
Rehs, Davos.
405. Triebold, Kriegsbeschädigten- Fürsorge in Lungenheil-
stätten. Tbc.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 2 u. 4.
Die Beschäftigung der Genesenden ist in den Lungenheilstätten eine
wichtige Frage. Die Kriegsbeschädigten-Fürsorge muss darauf hinarbeiten,
dem Kranken die Last der körperlichen Arbeit zu nehmen, und zwar
müssen bei den Ungelernten die Grundlagen für den ärztlich empfohlenen
Beruf gelegt und besondere Begabungen gepflegt werden, die Kranken
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 233
aus den schwer arbeitenden Berufen sollen für entsprechende Erwerbs-
zweige umgebildet werden. Handfertigkeitsunterricht kommt als reine
Unterhaltung für Lungenkranke nicht als Beschäftigung in Frage, ebenso
nicht die Werkstättenarbeit aus bygienischen Gründen, dagegen plan-
mässiger Unterricht, der genügend Zeit für die Kur lässt. Die Auswahl
der sich freiwillig meldenden Kursusteilnehmer geschieht durch den Arzt.
Neben kaufmännischen, gewerblichen und elektrotechnischen Abteilungen,
deren Ziele naturgemäss spezieller Art sind, wiederholt und befestigt eine
allgemeine Abteilung die durch die Volksschule vermittelten Kenntnisse;
dabei ist der Unterricht dem Leben angepasst und zielt auf die Praxis ab.
Hand in Hand mit der Schule arbeitet die Fürsorgestelle Lippspringe,
die den Heimatorganisationen entsprechende Fürsorgemassnahmen empfiehlt.
Die Schule arbeitet darauf hin, den Kranken möglichst seinem Berufe zu
erhalten, was naturgemäss nicht immer möglich ist; sie will den Willen
zur Genesung stärken und mittelbar die Tuberkulose als Volkskrankheit
bekämpfen, und arbeitet der Rentenpsychose entgegen. Rehs, Davos.
406. H. Schmidt, Ein Vorschlag zur Erzielung einer möglichst
idealen Behandlungsweise staatlich versorgungsberechtigter
Lungentuberkulöser. Tuberculosis, Dezember 1916.
Sch. sucht die Frage zu lösen, wie man eine möglichste Annäherung
an die ideale Behandlung Lungentuberkulöser, d. h. Behandlung und
Überwachung bis zur völligen Heilung ohne oder ohne erhebliche Mehr-
kosten durchführen könne. Er kommt dabei unwillkürlich auf denselben
Gedankengang, den auch Ref. wiederholt vertreten hat, nämlich auf eine
Umgestaltung unseres gegenwärtigen Heilstättenbetriebe, der jedem Nach-
denkenden einleuchten muss: Es hat keinen Sinn, die vielen Leicht-
kranken oder bereits Gekräftigten nach dem gleichen Schema zu behan-
deln wie die wirklich Kranken. Wir müssen noch mehr „individualisieren‘“‘,
müssen die in unseren Lazaretten für sebr viele Kriegsverletzte bewährte
Arbeitsbehandlung, eine Arbeitskur, Beschäftigungskur einführen, die für
sehr viele Kranke weit vernünftiger, weit wirksamer und weit billiger ist.
Wir müssen Heilstätten ganz einfacher Art mit farmartigem Betrieb und
was dazu gehört einrichten, etwa nach dem Vorbild, das der Pastor
v. Bodelschwingh in seinen Bielefelder Anstalten für Nervenkranke
geschaffen hat, und wie es in Amerika auch für Lungenkranke geschehen
is, Dadurch wird auch die Frage der spätern Fürsorge für die Tuber-
kulösen nach der Entlassung in die richtige Bahn geleitet und ihre Lösung
sehr erleichtert. Sch. bringt zwar nichts wesentlich Neues, begründet aber
seinen Vorscblag recht anregend und macht sehr beachtenswerte Vor-
schläge zu seiner Ausführung !). Meissen.
407. Braeuning, Die Bedeutung der Krankengeschichten der
Fürsorgestellen für Praxis und Wissenschaft. Tuberculosis,
Okt. 1916.
B. bedauert mit Recht, dass die Aufzeichnungen der Fürsorgestellen
gewissermassen ein totes Kapital bleiben, obwohl in ihnen sehr wertvolles
Material für die Ausgestaltung der Lehre von der Tuberkulose nieder-
gelegt ist. In der Tat sind die Fürsorgestellen in mancher Hinsicht
nn
!) Dieselbe Arbeit erschien auch im Tuberkulose-Fürsorgeblatt 1917, Nr. 1.
234 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
wichtigere „Forschungsinstitute“ als die Krankenanstalten und Heilstätten,
könnten es wenigstens sein. Sie beobachten den Kranken nicht über
Wochen und Monate, sondern über Jahre und Jahrzehnte, ausserdem
nicht nur zu Zeiten, wo er behandlungsbedürftig ist und behandelt wird.
Der Fürsorgearzt beschäftigt sich ferner nicht nur mit dem Kranken als
solchem, sondern auch mit seinen Angehörigen einschliesslich der gesunden
Mitglieder, und seine Aufgabe ist nicht nur die ärztliche Behandlung im
engern Sinne, sondern auch die Verbesserung der häuslichen Verhältnisse,
der sozialen Lage und der Arbeitsbedingungen des Kranken. Die Für-
sorgestellen wären deshalb vortrefflich in der Lage, gewisse wichtige
Fragen zu bearbeiten und zu lösen. Wenn gleichwohl so wenige wissen-
schaftliche Arbeiten aus ihnen hervorgehen, so liegt das am Mangel an
Arbeitskräften, der wieder mit den ungenügenden Geldmitteln in Beziehung
steht, die dafür verfügbar sind. — Die anregende Arbeit ist auch im
Tuberkulose-Fürsorgeblatt erschienen. Meissen.
408. Belin, Die Arbeitsbeschaffung für erwerbsbeschränkte
Tuberkulöse. Tuberculosis, Sept. 1916.
Belin, Stadtarzt in Strassburg, widmet dieser wichtigen und schwie-
rigen Angelegenheit einige Betrachtungen auf Grund der eigenen Erfah-
rungen. Er meint, dass die Vermittlung durch die Arbeitsnachweise der
richtigste Weg ist, dem Lungenkranken zur Arbeit zu verhelfen. Die
Verwirklichung des schönen Gedankens, hygienische Arbeitsheime für
Tuberkulöse zu gründen, hält er für problematisch. Derartige Arbeits-
stätten sollten aber an Tuberkulosekrankenhäuser oder Invalidenheime
angegliedert werden. Ref. ist der Ansicht, dass in unsern Heilstätten die
Frage der Arbeitsbeschäftigung oder Anleitkur viel eifriger erwogen und
betätigt werden müsste, als es bisher geschieht. Dann würde auch die
Frage der späteren Arbeitsbeschaffung sich viel leichter lösen.
Meissen.
409. Schipper, Über die Notwendigkeit mechanischer Lüftungs-
einrichtungen in Jugendheimen und dergl. Tbe.-Fürs.-Bl.
1917 Nr. 3.
Infolge des langen Kriegszustandes sind die Erziehungsverhältnisse
in vielen Familien ganz andere geworden, infolge der Klagen über zu-
nehmende Zuchtlosigkeit der Jugend wurden die Einrichtungen der Jugend-
fürsorge überall erweitert. Im Sommer hat das Zusammenfübren grosser
Kindermassen keine Bedenken, in der kalten Jahreszeit liegen die Ver-
hältnisse ungünstiger. Die Fensterlüftung genügt nicht, um das Empor-
wirbeln von Staub und Krankheitskeimen hintanzuhalten, Deshalb sollte
bei Vorhandensein von elektrischer Betriebskraft eine mechanische Be-
lüftung vorgesehen werden, die von oben vorgewärmte Luft zuführt und
den gefährlichen Staub niederdrückt. Die Luftabführung erfolgt durch
einen Schacht am Fussboden. Mit der beschriebenen Einrichtung können
auch solche Gebäude leicht versehen werden, die nur vorübergehend zu
Ansammlungen von Kindern benutzt werden. Rehs, Davos.
410. Meddelelser fra den norske nationalforening mat tuberku-
losen ist mit seiner 26. Nummer erschienen.
Inhalt: Bericht des Norwegischen Nationalvereins gegen die Tuber-
a a a a m a nen he
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 235
kulose für das Jahr 1916. — Die öffentliche Tuberkulosearbeit in Nor-
wegen im Jahre 1916. — Die Aufgabe der Schule im Kampfe gegen die
Tuberkulose — Richtschnur für die Tuberkulösen. — Die norwegische
staatliche Geldlotterie. — Neue Sanatorien und Tuberkuloseheime in
Norwegen. — Referate. Birger-®verland.
411. Wilh. Müller-Sternberg (Mähren), Tuberkuloseforschungs-
institute und Tuberkulosespitäler. W. kl. W. 1917 Nr. 9.
Eine gründliche Kenntnis der pathologischen Anatomie, der Klinik
und der Biologie. der Tuberkulose befähigt den Forscher erst, das Übel
an seiner Wurzel anzufassen,
Die grosse Mehrzahl der Tuberkulosetherapeuten ist wegen zu weit
vorgeschrittener Spezialisierung einseitig. Infolgedessen werden grosse
Gesichtspunkte vernachlässigt, so dass von einer grosszügigen Bekämpfung
der Tuberkulose nicht die Rede sein kann. Verf. fordert die Gründung
von Tuberkuloseforschungsinstituten. Die grossen Tuberkulosespitäler
müssen nicht nur klinisch und verwaltungstechnisch, sondern auch in
streng wissenschaftlichem Geiste geleitet werden. Im Anschluss an die-
selben sollten Laboratorien für die Forschung errichtet werden. Ärzte,
Chemiker und Physiker müssen an einem und demselben Institute, das
grosse Ziel der Tuberkuloseheilung im Auge behaltend, zusammenarbeiten.
Die heutige Tuberkulosetherapie hat gewiss schöne Erfolge zu verzeichnen,
doch dürfen wir uns mit den heutigen Methoden noch lange nicht be-
gnügen, sondern müssen eine gewaltige therapeutische Vereinfachung er-
streben. So lange sich der Staat nicht intensiver für das Heilwesen im
exakt wissenschaftlichen Sinne interessiert, können wir ausser vereinzelten
Leistungen keine grossen Fortschritte erwarten. Durch die Prophylaxe
können wir keinen grossen Sieg erwarten, der ist nur denkbar durch
grosszügig vorbereitete Therapie. Überall werden jetzt aus Not und
Mangel an Zeit Tuberkulosespitäler errichtet, oft an klimatisch miserablen
Orten. Den grossen Spitälern fehlt es an spezialistisch geschulten Ärzten
und an genügender Ernährung. Die Arbeit in denselben vollzieht sich
infolgedessen ohne hinreichende Ökonomie und Umsicht. Verf. wünscht,
dass die neutralen Länder (Schweiz, Holland und die skandinavischen
Länder) einen Teil ihrer Tuberkuloseärzte nach Deutschland und Öster-
reich schicken. Hauptsächlich Österreich bedarf deren eine grosse Zahl],
um seine Tuberkulösen in geeignete fachmäunische Behandlung zu geben.
(Anm. des Ref.: Dem Appell des Verf. zur Gründung von For-
schungsinstituten wird man vollen Erfolg wünschen. Auch ist zweifellos
mancher mit Schärfe gerügte Übelstand richtig, z. B. die vielfach eilige
Errichtung von Tuberkulosespitälern ohne geringste Rücksicht auf kli-
matisch-hygienische Forderungen. Andere Bemerkungen des Verf. müssen
aber doch als zu weitgehend Widerspruch erregen, so besonders der
Schluss, in welchem er uns als gar so arm an genügend geschulten
Tuberkuloseärzten hinstellt und das neutrale Ausland um Hilfe anrufen
zu müssen glaubt!) A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
236 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
—
27. Kolle und Hetsch, Die experimentelle Bakteriologie und die In-
fektionskrankheiten mit besonderer Berücksichtigung der Immunitäts-
lehre. Ein Lebrbuch für Studierende, Ärzte und Medizinalbeamte. Bad. II.
4. erweiterte Auflage. Mit 61 farbigen Tafeln und 172 Abbildungen im Text.
Wien 1917. Urban und Schwarzenberg. Geh. M. 22.—, geb. M. 24.50.
Mit dem jetzt erschienenen 2. Bande liegt das ausgezeichnete Lehrbuch der
Bakteriologie nunmehr abgeschlossen in der neuen Auflage vor. Alle bei der Be-
sprechung des ersten Bandes hervorgehobenen Vorzüge des Werkes gelten in
gleichem Masse auch für den zweiten Band, der die Abschnitte über Diphtherie,
Tuberkulose, Botulismus, Ulcus molle, Septikämie der Tiere, Spirochätenkrank-
heiten mit besonderem Eingehen auf die Chemotherapie, Protozoenkrankheiten und
filtrierbaren Virusarten umf.sst. Die neuesten, während des Krieges gewonnenen
Erfahrungen über Fleckfieber, Fünftagefieber, W eil’sche Krankheit u. a. sind dabei
ausführlich berücksichtigt und durch vorzügliche Abbildungen veranschaulicht
worden. Das Kapitel „Tuberkulose“ enthält in prägnanter Kürze alles Wesent-
liche über Bakteriologie und Immunobiologie der säurefesten Bakterien. Bei
manchen bisher vorwiegend als Saprophyten aufgefassten Bakterien, wie dem Bac.
proteus, fusiformis, pyocyaneus u. a. sind die neueren klinischen Befunde über
ihre pathogene Bedeutung als Erreger lokaler wie septischer Allgemeininfektionen
noch nicht genügend berücksichtigt worden, ebenso wie die für die Klinik des
Puerperalfiebers und anderer septischer Infektionen mehr und mehr an Bedeutung
gewinnenden Anaerobier in einer kommenden Auflage einen breiteren Raum bean-
spruchen dürften. — Seinen Zweck, den Lernenden in die Bakteriologie einzuführen
und dem Praktiker in allen wichtigen Fragen ein zuverlässiger Ratgeber zu sein,
erfüllt das Werk in vollstem Masse. Wenn man nach einem guten Lehrbuch der
Bakteriologie gefragt wird, kann man dieses altbewährte Werk gerade in Jer vor-
liegenden Neuauflage nur an allererster Stelle nennen. E. Leschke, Berlin.
28. O. Chiari- Wien, Chirurgie des Kehlkopfes und der Luftröhre.
Neue Deutsche Chirurgie, 19. Band. 1916. Stuttgart, Verlag von Encke.
In Teil 1 dieser ausführlichen und umfangreichen, 450 Seiten fassenden
Monographie gibt Chiari eine detaillierte Darstellung der für den Chirurgen in
Betracht kommenden Operationstechnik im weitesten Sinne, mit besonderer Be-
rücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung, der Prioritätsverhältnisse. und
der Statistik, Fragen, die im ganzen Buch eine besondere Beachtung erfahren.
Die anfänglichen Kapitel handeln über die Untersuchungsmethoden, Wiederbelebung
Asphyktischer, Narkose, Behandlung von Stenosen. Ein weiter Raum ist der
Tracheotomie, ihrer Nachbehandlung, ihren Komplikstionen und dem Verhältnis
zur Intubation gewidmet. Es folgen die Operationen am Kehlkopf, schliesslich die
Plastiken der Trachea.
Im 2. Teil werden die chirurgischen Krankheiten des Kehlkopfes und der
Luftröhre besprochen, Missbildungen, Verletzungen, Fremdkörper, Diphtherie,
katarrhalisch-phlegmonöse Entzündungen. Das 6. Kapitel handelt über die spe-
zifischen entzündlichen Prozesse, Tuberkulose, Lupus, Syphilis, Aktinomykose,
Sklerom, Lepra, Typhus. In den letzten Kapiteln sind die gut- und bösartigen
Neubildungen und die nervösen Erkrankungen des Larynx abgehandelt.
Das Buch ist durch seinen erschöpfenden und übersichtlich geordneten Inhalt,
durch die zahlreichen Abbildungen und infolge einer persönlichen Färbung, die
durch Mitteilung der eignen reichen Erfahrung und der vielen eignen angeführten
Fälle hervorgerufen wird, sowohl zur fliessenden Lektüre als auch als Nachschlage-
werk äusserst geeignet und jedem sich für dieses Gebiet interessierenden Mediziner
warm zu empfeblen. Geinitz, Tübingen.
“
Kongress- und Vereinsberichte. 237
29. Fürstenau, Immelmann und Schütze, Leitfaden des Röntgen-
verfahrens für das röntgenologische Hilfspersonal. Stuttgart 1917.
Verlag von Ferdinand Encke. 438 S. Mit zahlreichen Abbildungen im Text.
Preis geheftet M. 14.—.
Die zweite Auflage des Leitfadens ist bereits drei Jahre nach dem Erscheinen
der ersten notwendig geworden. Das beweist an sich, dass das Buch durchaus
zweckentsprechend ist und grossen Anklang gefunden hat. Wir möchten es
wiederum als wertvollen Führer für das Hilfspersonal in unseren Röntgenlabora-
torien warm empfehlen.
Fürstenau behandelt in klarer Weise den physikalischen Teil und bringt
alles Wichtige aus dem Gebiete der Elektrizitätslehre, soweit es für das Ver-
ständnis des Entstehens der Röutgenstrahlen notwendig ist.
Im praktischen Teil werden von Immelmann und Schütze kurze ana-
tomische Vorbemerkungen gemacht, die der Hilfsarbeiter wissen muss. Es folgen
Einrichtung der Röntgenlaboratorion und die Technik der Durchleuchtungen und
Aufnahmen. Die Wichtigkeit einer sachgemässen Behandlung der Röntgenröhre
wird entsprechend gewürdigt. Eingehend ist das Technische der Röntgentherapie
geschildert. In den Schlusskapiteln kommen das stereoskopische Verfahren und
die Tiefenbestimmung und Lokalisation von Fremdkörpern zur Behandlung. Es
würde zu weit führen, auf Einzelheiten einzugehen. Die Abbildungen sind muster-
gültig und sehr instruktiv. Der Inhalt des Werkes ist so reichhaltig, dass auch
der Arzt, der beginnt, sich näher mit der Technik und der Anwendung der
Röntgenstrahlen zu diagnostischen und Heilzwecken vertraut zu machen, mit
grossem Nutzen das Buch lesen wird. Schröder, Schömberg.
Il. Kongress- und Vereinsberichte.
9. Ordentliche öffentliche Hauptversammlung des Rheinischen
Vereins für öffentliche Gesundheitspflege am Sonntag den 3. Juni
1917 in Andernach (Hotel Schäfer).
(Berichterstatter: Grau-Honnef.)
Peren-Aachen: Wie erhalten wir unsere Schulkinder gesund,
besonders während des Krieges?
In einem modernen Staate ist die Schulgesundbeitspflege von grösster Wich-
tigkeit. Dazu gehört neben den in ihren Anforderungen immer mehr fortschrei-
tenden gesundheitlichen Einrichtungen vor allem die regelmässige schulärztliche
Überwachung der Kinder. Die Sorge für die Überwachung und Beseitigung von
gesundheitlichen Mängeln der Schule ist Sache der Gemeinde. Zwei besonders
wichtige Gobiete der Schulgesundheitspflege sind Schulbäder und Schulzahnpflege.
Auf die Beziehungen der Zahnkaries zur Tuberkulose wird hingewiesen.
Unter den beschränkenden Verhältnissen des Krieges ist sorgsame Pflege
der gesundheitlichen Massnahmen nötig, die weiter durchgeführt werden können,
in erster Linie von Lüftung und Reinlichkeit. Die schulärztliche Überwachung
darf nicht nachlassen. Kriegsschäden sind zu befürchten. Zunächst verwildert
nach den bisherigen Erfahrungen die Jugend leicht. Mangelnde Erziehung und
Aufsicht, Feblen genügend zahlreicher Lehrer, frühes Verdienen, tägliches Erleben
von Wuchern, Hamstern und Schmuggeln wirken entsittlichend. Schule und geist-
liche Erziehung müssen hier eingreifen.
Auf körperlichem Gebiete ist zunächst durch vernünftig geleitete Mehrarbeit
der Kinder besonders in Feld und Garten kein Schaden zu befürchten. Die Frage
238 Kongress- und Vereinsberichte.
der Bekleidung ist ohne wesentliche Bedeutung. Wichtig ist gute Hautpflege.
Die wichtigste Frage ist die der Ernährung. Auf dem Lande herrschte bisher
kein Mangel. In Städten sind Mängel hervorgetreten. Es ist aber zu betonen,
dass ernstliche Schädigungen der Kinder bisirer nicht vorgekommen sind. Die
Schulspeisungen haben sich als ausserordentlich segensgreich erwiesen. Eines der
wichtigsten Mittel zur Hebang des Ernährungszustandes der Grossstadtkinder
ist ihre Hinausbringung auf das Land. Die Durchführung dieser Massregel im
grossen ist ein Ruhmesblatt für die deutsche Landwirtschaft.
Rechtzeitige und tatkräftige Vorbeugung wird imstande sein, auch weiterhin
Schädigungen der Schulkinder durch die Folgen des Krieges zu verhüten.
Land- und Volkskraft. Vortrag Schmittman ausgefallen. Bericht-
erstatter Linden - Bonn, Geschäftsführer des Deutschen Vereins für ländliche
Wohlfahrts- und Heimatpflege, Prov.-Abteilung Rheinprovinz, weist in seinen von
treffenden Beispielen begleiteten Ausführungen darauf hin, dass es auf dem Lande
vielfach an gesundheitlicher Aufklärung nnd Einrichtungen fehle. Er empfahl die
Anstellung ländlicher Pflegerinnen, die bei Krankheiten und Unglücksfällen zur
Verfügung stehen. An derartigen Pflegerinnen sind zur Zeit in der Rheinprovinz
545 vorbanden. Die Landw. Vers.-Anstalt unterstützt die Sache durch Gewährung
von Zuschüssen.,
Örtliche Organisation der Gesundheitspflege auf dem Lande: Berichterstatter
Oberbürgermeister Piecq, M.-Gladbach. Aus den Schulen sollen gesunde Menschen
ins Leben treten. Dazu müssen Ärzte und Verwaltungsbeamte zusammenwirken,
die im Verein mit den Baumeistern das Schulproblem zu lösen haben. Die Or-
ganisation der Gesundheitspflege auf dem Lande ist Sache der ländlichen Bürger-
meister.
In der folgenden Aussprache wies Prof. Krautwig-Cöln darauf hin, dass
die Tuberkulose im Kriege nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Lande
zugenommen habe.
10. Sitzungen des Hamburger ärztlichen Vereins vom 5. Juni 1917,
19. Juni 1917 und 3. Juli 1917.
(Referent: W. Schultz- Hamburg.)
Herr Wichmann berichtet über einen Fall von erfolgreicher „Eigenex-
traktbehandlung“ eines Patienten mit in geschwürigem Zerfall begriffener
Hauttuberkulose der linken Wange und Augenlider. Der Extrakt wurde aus einer
exstirpierten Halsiymphdrüse hergestellt. Es erfolgte tadellose Abheilung mit
Narbenbildung.
Im Anschluss hieran spricht Autor über chemotherapeutische Be-
handlung von Lupus, Haut- und Schleimhauttuberkulose vom Blutwege her.
Nachdem das Kupfer versagt hat, Arsen nur bei Tuberkuliden und Lupus ery-
thematodes Erfolge gezeitigt hat, wurden Versuche mit Goldpräparaten angestellt.
Das Aurum-Kalium cyanatum lässt zwar eine deutliche, aber geringe Beeinflussung
tuberkulöser Prozesse erkennen, hat aber bei grösseren Dosen schädliche Neben-
wirkungen. Mit dem Kantharidin-Äthylendiaminaurozyanid wurde eine gute Rück-
bildung eines Falles von Rachenschleimhauttuberkulose erreicht, doch hat dieses
Mittel bei Lupus versagt, auch ist es nicht unschädlich. Versuche mit dem
Natriumsalz einer Aminoaurophenolkarbonsäure (Höchster Farbwerke, Präparat
Nr. 1423) haben eine sehr starke Affinität zur Tuberkulose ergeben. Bei einem
37 jährigen Mädchen mit primärer ulzeröser Genitaltuberkulose, das jahrelang ver-
geblich behandelt worden war, wurde ein sehr guter Rückgang — praktisch Hei-
lung — erzielt. In einem andern Falle schloss sich eine tuberkulöse Knochenfistel
vorübergehend. In einem weiteren Falle wurde die Abheilung einzelner Lupus
knötchen beobachtet.
Kongress- und Vereinsberichte. 239
Mikroskopisch hat das Gold eine irritierende und neubildende Wirkung auf
die Kapillaren, aber keine spezifische Wirkung auf Tuberkelbazillen. Autor demon-
striert an Lichtbildern die enorme Neubildung von Kapillaren und starke Leuko-
zytose.
In der zweiten Sitzung teilt Herr Knack seine Erfahrungen über Erkran-
kungen nach Gasangriffen mit. Die betreffenden Soldaten bieten oft ganz
geringfügige klinische Symptome, das Ergebnis der physikalischen Untersuchung
ist durchaus uncharakteristisch, stellenweise hört man leises Giemen und Knacken.
Von grosser Wichtigkeit ist die Röntgenuntersuchung. Man sieht zahlreiche Ver-
dichtungen, welche peribronchitischen Prozessen entsprechen. Oft ent-
stehen aber auch ernste Krankheitsbilder mit schweren toxischen Erscheinungen,
Lähmungen, Psychosen, meist wohl im Anschluss an Hirnblutungen. Bemerkens-
wert ist ein Fall, bei dem der Ausbruch einer manifesten Lungentuber-
k ulose einem Gasangriff folgte. Der betreffende Patient hatte sich vor dem An-
griff immer gesund gefühlt und nur selten an einem leichten Bronchialkatarrh
gelitten. Der Gasangriff spielt hier natürlich nur die Rolle des auslösenden Mo-
ments,
In der Sitzung vom 3, Juli berichtet Rumpel: Über Ödem-Erkran-
kungen.
In der Diskussion spricht Herr Nocht über die Folgen der durch die
Kriegsverhältnisse bedingten Ernährungsschwierigkeiten. Die Mortalität
vieler Krankheiten, auch der Tuberkulose, hat in Hamburg namentlich in der
Zeit der grössten Schwierigkeiten, nämlich in den ersten Monaten dieses Jahres,
erheblich zugenommen. Die erhöhte Tuberkulosesterblichkeit ist nicht gleich-
bedeutend mit einer Zunahme der Zahl der Erkrankungen.
11. Kaiserl. und Königl. Gesellschaft der Ärzte in Wien.
(Referent: A. Baer.)
a) Sitzung vom 13. April 1917.
L. Wiek: Zur Behandlung der Tuberkulose mit Partialanti-
genen von Much-Deycke,
Vortr. hat die sogenannte Titrierung mit Partialantigenen bei verschiedenen
Fällen von Lungen-, Kehlkopf-, Drüsen-, Knochentuberkulose vorgenommen. Er
bestätigt die von den Autoren gefundenen Unterschiede in dem Masse und der
Art der Reaktion gegenüber den einzelnen Partialantigenen, und zwar je nachdem
eine schwere oder leichte Erkrankung, eine Tuberkulose der Lungen oder der
äusseren Organe vorliegt. Abgesehen von der Frage nach der spezifischen Natur
dieser Reaktion erhält man ein Bild der Reaktionsfähigkeit des Organismus und
damit auch seiner Abwehrkraft gegenüber der Tuberkulose, wie dies bisher nicht
zu verenschaulichen war. In schweren Fällen versagte auch diese Methode, doch
wird es in den ersten Graden der Krankheit möglich sein, das Fortschreiten des
Prozesses zu verhindern, indem man sich periodenweise durch die Titrierung von
dem Masse des Abwehrvermögens des Organismus überzeugt und dementsprechend
nachhilft, wobei nicht bloss die spezifischen Mittel eine wirksame Behandlung
darstellen, sondern die physikalisch-diätetischen Massnahmen auch allein eine
heilende Wirkung entfalten können. Über die Erfolge der bei Larynxfällen be-
gonnenen Behandlung kann wegen Kürze der Behandlungsdauer noch nichts
Bestimmtes ausgesagt werden.
v. Haberer-Innsbruck berichtet kurz, dass Steyrer Jie Methcde studiert
und sich gute Erfolge von derselben verspricht.
b) Sitzung vom 20. April 1917.
Karl Reitter: Vagotonischer Magen und Tuberkulose (s. Ref.
Nr. 350).
240 Kongress- und Vereinsberichte.
Aussprache:
Gustav Singer (s. Ref. Nr. 351).
Schnitzler: Schon oft sind bei Vagotonikern resp. Tuberkulösen Operationen
unter der Annahme, dass ein Ulcus ventriculi vorliege, gemacht worden. Viel häufiger
ist eine andere Fehldiagnose mit chirurgischer Konsequenz bei latent Tuberkulösen, d. i.
die Diagnose auf sogenannte chronische Appendiziti=m. Vage abdominelle Be-
schwerden, Druckempfindlichkeit in der Ileozökalgegend mit abendlichen Temperatur-
steigerungen haben zu der erwähnten Diagnose und chirurgischer Folgerung geführt.
Gerade diese abendlichen Temperatursteigerungen haben den Redner schon vor Jahren
zur Annahme gedrängt, dass es sich um eine larvierte Tuberkulose handele, Er
empfiehlt als diagnostisches Hilfsmittel für solche Fälle die Ophthalmoreaktion nach
Calmette.
Moritz Weisz betont den grossen Wert der Pirquet’schen Reaktion in der-
artigen Fällen.
12. Wiener Dermatologische Gesellschaft. Sitzung vom 16. Nov. 1916.
(Referent: A. Baer.)
Alex. Cemach berichtet über 5 Fälle von Psoriasis (alle kompliziert
mit Lungentuberkulose), die — unter Vermeidung jeder anderen Therapie —
durch Injektion von Tuberkulomuzin Weleminsky geheilt wurden.
Beim ersten Falle wurde die günstige Wirkung zufällig entdeckt. Bei 3 Fällen
deutliche Herdreaktion in Form eines hellroten Saumes um die Effloreszenzen
unter Zunahme des Juckreizes. In 3 Fällen prompte Heilung nach 3 bis 5 In-
jektionen; in 2 Fällen langsame Heilung (15 bis 18 Injektionen). Bei allen Kranken
bestand das Leiden durch mehrere Jahre und bisherige Behandlung blieb erfolglos.
Weitere 2 Fälle reagierten nicht und blieben unbeeinflusst. Vortragender ist der
Ansicht, dass ein Zusammenhangzwischen Psoriasisund Tuberkulose
sich nicht von der Hand weisen lasse und dass die seinerzeit erfolgte Ablehnung
dieses Standpunktes einer Revision unterzogen werden sollte.
Aussprache: `
Nobl: Die tuberkulöse Atiologie der Psoriasis wurde schon vor vielen Jahren
ventiliert, wiederholt verfochten und als jeder Grundlage entbehrend zurückgewiesen.
Zieler hat nachgewiesen, dass Psoriatiker auf Tuberkulin diagnostisch und therapeutisch
negativ reagieren und dass die Effloreszenzen im Tierversuch keine Tuberkulose hervor-
rufen. Es wird sich erst zu erweisen haben, ob vom Tuberkulomuzin bei gehäufter
Anwendung, auch bei nichttuberkulösen Individuen, gleiche Heileffekte erzielt werden.
Auf keinen Fall ist man berechtigt, spezifische Antigen-Antikörper-
wirkung anzunehmen, da Psoriasis nicht Tuberkulose ist.
Oppenheim: Die supponierte Wirkung des Tuberkulomuzin wäre vielleicht so
zu erklären, dass bei den Tuberkulösen Bazillen im Blute kreisen, in der psoriatischen
Effloreszenz in vermebrter Anzahl deponiert sind und als Antigene auf das Tuberkulo-
muzin spezifisch wirken, wodurch es zu gesteigerter Hyperämie in der Eiffloreszenz
kommt. Damit könnte man das Schwinden der Effloreszenz bei Tuberkulösen erklären.
Müller: Dass es sich bei Psoriasis nicht um Tuberkulide handelt, geht schon
aus der Schnelligkeit der Heilwirkung hervor. M. hält es für sicher, dass in den
vorgestellten Fällen eine unspezifische Proteinkörperreaktion vor-
liegt.
. Ehrmann: Die lokale Reaktion kann wohl auf die Proteinwirkung bezogen
werden, Es wäre notwendig, auch eine Anzahl Psoriatiker zu behandeln, die nicht
tuberkulös sind,
Berichtigung.
In Heft 4 Jahrg. 11 Ref. Nr. 233 Seite 118 Zeile 3 muss es anstatt „ungünstig“
„günstig“ heissen.
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Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
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Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder
Ärztlicher Direktor des Allgem, 0. 8. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg,
I.
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion: Verlag
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Würzburg.
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg.
Ludwigstrasse 231/,.
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11. Jahrg. Ausgegeben am 31. August 1917. Nr. S.
amaaa a = = Sen
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Bosch, 8, E. C. 250. v. Hayek, H. 254. Kronberger, H. 249. Reyn, A. 250, 251.
Carol, W. L. L. 243. Hoffmann, E. 242. Labor, M. 255. Sanders-Azn, J. 247.
Collin, E. 252. Holló 248. Michaëlis, F., 244. Schmidt, V. 252.
v. Dorp-Beucker, D. B.| Holst, A. 248. Mol, C. M. 2353, Schmitz, K. E. F. 245.
252. Hooke, E. 243. Neuhaus 254. Sitsen, A. E. 247.
Ernst, N. P. 251, 251. | Jennicke, E. 242. Oldenburg, Ph. 251. Soein, Ch. 243.
Geigel 244, Kinghorn, H. M. 212. Praetorius, G. 248. Voorhoeve, N. 249.
v. Gils, J. B. F. 246. Kirch, A. 256.
Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie.
412. Hoffmann, Tuberkuloseähnliche
Gewebsveränderungen bei Syphilis, Lepra und
Sporotrichose. — 413. Kinghorn, Appendicitis
and Pulmonary Tubereulosis. — 414. Jennick 0,
Seltene patholcgisch-anatomische Befunde. —
415. Soein, Ausgedehnte Pneumomalacie bei
chronischer Lungentuberkulose. — 418. Carol,
Jets over de beteekenis der Immuniteit, Allergie
en de Moro-reactie voor de Dermatologie. —
417. Hooke, Die Leukozytenformel des Tuber-
kulinpapelblutes. — 418. Geigel, Das Mass
der Lungenlüftung. — 419. Michaölis, Wie
beeinflusst Erhöhung dər Körpertemperatur die
Atmungsfrequenz ?
b) Ätiologie und Verbreitung.
420. Schmitz, Über die säurefesten
Trompetenbazillen. — 421. Rapport van de
Commissie inzake het onderzoek naar de Patho-
genese van de Longtuberkulose. — 422. v.Gils,
Opmerkingen naar Aanleiding van het rapport
der Commissie inzake het onderzoek naar de
Pathogenese der Longtuberkulose. — 423. San-
ders-Azn, Biidrage tot de Kennis omtrent
de Sterfte aan Tuberkulose te Rotterdam over
de jaren 1902-1914. — 424. Sitsen ‚Over
Tuberkulose bij de Inlanders in Nederlandsch-
Indië. — 425. Holst, Die Lungentuberkuiose
im nördlichsten Amte Norwegens, Finmarken.
c) Diagnose und Prognose.
426. Hollo, Budokəsz, Neue Methode zur
Beurteilung subfebriler Temperaturkurven im
Verlaufe der Tuberkulose. — 427. Praetorius,
Tagesschwankung der K örpertemperatur. —
28. Kronberger, Das Prinzip der Gram-
schen Färbung als Grundlage einer prognostisch
allgemein verwertbaren Urinprobe — 429,
Voorhoeve, Köntgenologinche diagnose van
eon kalkhoudende phthisische Caverne in de
borenpool van de nier. — 430. Bosch, Over
de Diazoreactie en de Permangaanreactie bij
tuberculosis pulmonum.
d) Therapie.
431—433. Reyn und Ernst, Anwendung
künstlicher Lichtbäder bei Lupus vulgaris und
bei chirurgischer Tuberkulose. — 434. Olden-
burg, Lichtbehandiung der Tuberkulose —
435. Schmidt, Vorläufige Resultate der Licht-
behandlung bei Lungentuberkulose und ehirur-
gischer Tuberkulose, — 4386, Collin, Eine licht-
biologische Beobachtung. — 437. v. Dorp-
Beucker, Behandeling van verschillende
vormen van Tuberkulose met Zonlicht. — 438.
Mol, Kunstmatig Zonlicht bij Tuberkulose.
0) Tuberkulorne und Krieg.
439. Neuhaus, Behandlung der Kriegs-
nährschäden und der Initialtuberkulose. — 440.
v. Hayek, Die schematische Liegekur bei der
Bebandlung Tuberkulöser leichterer Krankheits-
stadien, speziell bei der Behandlung tuberku-
löser Soldaten. — 441. Labor, Das tuberkulöse
Halslymphom im Kriege. — 442. Kirch, Or-
ganisstorisches zur militärischen Tuberkulosen-
beurteilung. — 443. Ders,, Mitteilungen aus
dem „Genesungsheim“ Abt. Ia.
Internat. Centraibl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 16
242 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Referate.
—
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
412. E. Hoffmann, Tuberkuloseähnliche Gewebsveränderungen
bei Syphilis, Lepra und Sporotrichose. D. m. W. 1917 Nr. 26.
Zusammenfassung: „Tuberkuloide Strukturen kommen im Haut- und
Unterhautgewebe nicht nur bei Tuberkulose, sondern auch bei Syphilis,
Lepra, Sporotrichose und anderen Pilzerkrankungen vor; mitunter kann
durch die Syphilisspirochäte selbst das Bild des Boeck’schen Sarkoids
(Miliarlupoids) hervorgerufen werden.
Nicht nur doch sorgfältige Untersuchungen am Menschen, sondern
auch durch das Experiment am Kaninchenauge ist der Beweis erbracht
worden, dass das Syphilisvirus an sich tuberkelähnliche Gewebsverände-
rungen zu erzeugen vermag. Bei der histologischen Diagnose der Tuber-
kulose müssen diese Erfabrungen zur Verhütung verhängnisvoller Irr-
tümer beachtet werden.“ C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
413. Hugh M. Kinghorn -Saranac Lake N.Y., Appendicitis and
Pulmonary Tuberculosis. Journ. of the Amer. Med. Associa-
tion, 16. Dez. 1916, Bd. 67 S. 1842—1845.
Die Appendizitis tritt bei Lungentuberkulose in derselben Häufigkeit
auf wie bei gesunden Menschen, und zwar hier wie dort am häufigsten
bis zu einem Alter von 30 Jahren. Die Prognose wird durch die Lungen-
tuberkulose nicht wesentlich verschlechtert, vorausgesetzt, dass der All-
gemeinzustand ein günstiger ist. Die Narkose hat auf die Lungener-
krankung Rücksicht zu nehmen, zu empfehlen ist Chloroform in der
Hand eines erfahrenen Narkotiseurs, aber noch besser nach Verf. Meinung,
die Kombination von Lachgas und Sauerstoff. Reine primäre tuberkulöse
Appendizitiden sind sehr selten, reine sekundäre Appendizitiden kommen
schon eher vor, doch sind sie gewöhnlich mit mehr oder weniger ausge-
dehnten tuberkulösen Darmerkrankungen vergesellschaftet. Die Differen-
tialdiagnose zwischen Darmtuberkulose im Bereiche der Ileozökalklappe
und chronischer nichttuberkulöser Appendizitis kann Schwierigkeiten machen.
— Es folgen Auszüge aus Krankengeschichten von 43 Fällen von
Appendizitis bei Lungentuberkulose, von denen 28 operiert wurden. Unter
diesen war der Appendix 7mal tuberkulös erkrankt, in einigen Fällen
ohne nachweisbare Erkrankungen der übrigen Darmabschnitte. Ein Fall
mit ausgedehnter Darmtuberkulose starb 3 Tage nach der Operation,
3 Fälle 4 Monate bis 4 Jahre nach der Operation, während 3 Fälle bis
zum Bericht günstig verliefen. Hans Müller.
414. E. Jennicke, Seltene pathologisch- anatomische Befunde.
D. m. W. 1917 Nr. 25.
2. Zusammentreffen von Magenkrebs und tuberkulöser Perikarditis.
— Das Zusammentreffen von Krebs und Tuberkulose ist an sich schon
selten [einen Fall von bereits inoperablem Magenkrebs bei offener fort-
geschrittener Lungentuberkulose habe ich selbst vor kurzem beobachtet.
Ref.], das von tuberkulöser Perikarditis und Magenkrebs recht ungewöhn-
lich. C. Kraemer II, Wilbelmsheim.,
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 243
415. Ch. Socin, Über ausgedehnte Pneumomalacie bei chronischer
Lungentuberkulose. Zbl. f. Path. 28. 1917 Nr. 4.
Es handelt sich um einen Fall von Lungentuberkulose, der sich
klinisch durch seinen raschen Verlauf ausgezeichnet hatte.
Auffallend am anatomischen Befund im rechten Mittel- und Unter-
lappen sind zwei Punkte: 1. die eigentümliche diffuse Auflockerung des
ganzen Lungengerüstes unter Bestehenbleiben zahlloser sehr dünnwandiger,
miteinander kommunizierender Hohlräume oder zarter, reichverzweigter
Faserbüschel aus feinen, teilweise nekrotischen Gefässen; 2. die starke
Verflüssigung der in dem Maschenwerk eingeschlossenen Käsemassen.
Eine befriedigende Erklärung konnte nicht gegeben werden, da weder
thrombotische Prozesse in den Lungenarterien gefunden wurden, noch die
in grosser Masse nachweisbaren Streptokokken die Verflüssigung herbei-
geführt haben konnten, da Fäulnis nicht vorhanden war; eine fermenta-
tive Zersetzung durch Leukozyten konnte ausgeschlossen werden, da der
Leukozytengehalt nicht beträchtlich war. Auch die chemische Untersu-
chung auf Aminosäuren führte zu keinem Resultat, da aus den Zahlen
für die zwei morphologisch so verschiedenartig veränderten Lungenpartien
nichts hervorging. Werner Bab, Berlin.
416. W. L. L. Carol, Jets over de beteekenis der Immuniteit,
Allergie en de Moro-reactie voor de Dermatologie. Nederl.
Tijdschr. voor Geneesk., 22. April u. 29. April 1916.
Verf. bespricht in ausführlicher Weise die unterschiedlicheu Anschau-
ungen über Immunität und Allergie. Hierauf folgt eine übersichtliche
Zusammenfassung der Ergebnisse der Moro’schen Reaktion bei 50 Fällen
von Hautkrankheiten. Die Reaktion erwies sich mehr spezifisch für die
Tuberkulide als für die Tuberkulosen. Bei Lupus vulgaris war sie ne-
gativ, höchstens schwach positiv; bei Tuberculosis cutis negativ. Bei
Erythema induratum, Lupus pernio und erythematodes, bei Pityriasis
rubra pilaris, Pityriasis lichenoides chronica, bei Pityriasis rosea, Psoriasis,
Erythema nodosum, Neurodermitis, Ekzema,impetigenosum acutum, Ekzema
seborrhoicum folliculare, Lichen tricbophyticus, Verrucae vulgares war sie
negativ. Bei Lichen scrophulosorum ist sie regelmässig positiv; sie wechselt
bei papulonekrotischen Tuberkuliden. Sie kann positiv sein bei Lichen
nitidus. Bei Syphiliden ist sie in der Regel negativ, kann jedoch auch
positiv sein. J. Peerenboom.
417. Edm. Hooke-Komotau, Die Leukozytenformel des Tuber-
kulinpapelblutes. W. kl. W. 1917 Nr. 22.
Die Veränderungen der Leukozytenzahl und des Verhältnisses der
einzelnen Leukozytenformen zueinander (Leukozytenformel) unter dem
Einflusse der tuberkulösen Infektion sind wiederholt studiert worden. Die
Resultate sind nicht übereinstimmend, weil Mischinfektionen aller Art,
spezifische Erkrankung der blutbildenden Apparate selbst, der wechselnde
Immunitätszustand des Organismus das Blutbild jeden Augenblick ver-
ändern können.
Deshalb versuchte der Verf. die Leukozytenformel des Tuberkulin-
papelblutes zu erforschen, in der Erwartung, dadurch vielleicht Anbalts-
16*
244 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie,
punkte über eine Reihe von Fragen, wie Tuberkulinempfindlichkeit,
Aktivität des Prozesses, Prognose zu gewinnen.
1. Impfung mit Alttuberkulin ergab: Das Blut der Tuberkulin-
papel weist in der Regel eine deutliche Vermehrung der Lymphozyten
auf; diese Vermehrung findet sich bei leichten und schweren Fällen in
gleicher Weise und ist von der Konzentration des verwendeten Agens
unabhängig.
2. Impfung mit Bazillenemulsion und
3. mit Partialantigenen ergab ähnliche Verhältnisse,
Es zeigt also das Tuberkulinpapelblut eine mehr oder minder starke
Lympbozytose. Die Eosinophilen zeigen normale Werte. Eine progno-
stische Bedeutung kommt dem Befunde nicht zu.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
418. Geigel, Das Mass der Lungenlüftung. M. m. W. 64. 1917
N. 790—791.
Die spirometrische Messung gibt keinen Aufschluss darūber, zu
welcher mechanischen Leistung die Atmungsorgane eines Menschen
befähigt sind. Das dynamische Mass soll festgestellt werden, das
ist die Menge Luft, die ein Mensch bei Anstrengung und stär-
kerem Luftverbrauch äussersten Falles in der Minute ein- und
ausatmen kann. G. misst diese Luft dadurch, dass er Luft
durch einen Schlauch in ein Trompetenventil blasen lässt, dessen einer
Schenkel in die freie Luft mündet, dessen anderer zum Spirometer führt,
Der zu Prüfende bläst 20 Sekunden lang Luft in den Schlauch, 3 mal
wird Luft in das Spirometer geleitet. Gezäblt werden die Atemzüge in
20 Sek., abgelesen am Spirometer die Summe dreier Atemzüge. Das
Produkt ergibt die Luftzufuhr in 1 Minute (La = die absolute Lungen-
lüftung). Die Zahl der Atemzüge sowie das Volumen sind recht verschieden.
Es lässt sich so aber die Fähigkeit bezüglich der absoluten Lungenlüftung
prüfen und zahlenmässig festlegen.
Um den Atemmechanismus bei grösseren Anstrengungen zu prüfen,
muss die mechanische Arbeit berücksichtigt werden, die vom Körper-
gewicht abhängig ist. Die Menge des benötigten O ist direkt pro-
portional dem Körpergewicht. Daraus ergibt sich: relative Lüftung
(Lr) = ne en Die im Mittel gefundenen Werte betragen
Lr = 0,46 Liter. Soviel stehen für 1 kg Körpergewicht zu Verbrennungs-
prozessen, also zur Leistung mechanischer Arbeit zur Verfügung, wenn
möglichst stark geatmet wird.
Durch diese Berechnung kann die Leistungsfähigkeit eines Mannes
beurteilt werden. Nach G. ergeben alle Werte bis Lr = 0,25 noch volle,
unter 0,25 nicht mehr — jedenfalls zeitlich nicht mehr — volle Ver-
wendbarkeit. Bredow, Ronsdorf.
419. Franz Michaölis, Wie beeinflusst Erhöhung der Körper-
temperatur die Atmungsfrequenz? Inaug.-Diss. Berlin 1916.
Der Einfluss der Körpertemperatur auf die Respirationsfrequenz ist
eine sehr geringer. Die Atniungsfrequenz steigt bei Temperaturanstieg
auf 38 und 399° um 2—3 Atemzüge, auf 40—41° um 3—5 Atemzüge.
Ätiologie und Verbreitung. 245
Es gibt auch Fälle, bei denen sie durch den Temperaturanstieg unbeein-
flusst bleibt,
Durch gleichlaufende Schädigungen des Respirationstraktus oder des
Kreislaufes veranlasst, steigt die Atmungsfrequenz durchschnittlich etwas
mehr an. Hans Müller.
b) Ätiologie und Verbreitung.
420. K.E. F. Schmitz, Über die säurefesten Trompetenbazillen.
I. Mitteilung. Zschr. f. Hyg. 80. 1915.
Verf. geht von der Entdeckung von säurefesten Bazillen in Trom-
peten durch Jacobitz und Kayser aus. Diese Autoren fanden in 27
von 29 Blechinstrumenten grosse Mengen säurefester Bazillen. Von den
mit dem Schleim von 22 Instrumenten gespritzten Meerschweinchen er-
krankte nur ein einziges an Tuberkulose, und dieses eine war mit dem
Schleim aus einer Trompete eines tuberkulösen Musikers gespritzt worden.
Für die Tuberkulosediagnose von grosser Wichtigkeit ist die Tatsache,
dass Jacobitz und Kayser diese eäurefesten Bazillen mehrmals im
Mund- und Rachenschleim von Trompetern nachweisen konnten. Hey-
mann und Seidel beobachteten im Tierversuch Schwellung und Ver-
käsung regionärer Drüsen. Verf. stellt nun fest, dass diese „Trompeten-
bazillen“ nur in benutzten Instrumenten vorkomnen. Er glaubt, dass
die Bazillen bei der Reinigung aus Wasserbähnen in die Trompeten ver-
schleppt werden, oder beim Einschmieren der Ventile mit Butter und an-
deren Fetten in die Trompeten hineingelangen. Die Bazillen wachsen
auf allen glyzerinhaltigen für die Tuberkelbazillen gebräuchlichen Nähr-
böden. Kulturell, morphologisch und in der Färbbarkeit hatten sie grosse
Ähnlichkeit mit Tuberkelbazillen. In dem Verhalten der Säure- bezw.
Alkalibildung kommen die Trompetenbazillen dem Typus humanus nahe,
Weitere Versuche, insbesondere Tierimpfungen, sind noch nicht abgeschlossen.
W. Schultz, Hamburg.
421. Rapport van de Commissie inzake het onderzoek naar de
Pathogenese van de Longtuberkulose. Nederl. Tijdschr. voor
Geneesk., 19. Febr. 1916
Das Komitee (ernannt in der 58. Tagung der Nederl. Mij. tot
bevordering der Geneeskunde) hatte nachstehende Frage zu beantworten:
Unter welchen Umständen führt die tuberkulöse Infektion zum Ausbruch
tuberkulöser Krankheiten, insbesondere der Lungentuberkulose? Die
Arbeit des Komitees (mittelst Fragelisten an mehrere praktische Ärzte
gesandt und von diesen letzteren beantwortet) dauerte 9 Jahre und um-
fasst nun 1510 Fälle, grösstenteils Fälle von Lungentuberkulose.
Schlussfolgerungen:
Das Geschlecht hat offenbar keinen Einfluss. Ein besonderer Einfluss
der Ehe war nicht festzustellen. Das am meisten gefährdete Alter ist
das von 14—40 Jahren. Bei den darauf untersuchten Patienten wurden
Tuberkelbazillen in 56°/o der Fälle gefunden. Die klinischen Beschwerden,
die die Kranken zum Arzt führten, waren in 53°/o der Husten, in 16 °/o
eine Hämoptoe. Nur 36°/o der Patienten suchten ärztliche Hilfe inner-
246 Ätiologie und Verbreitung.
halb eines Monats nach dem ersten Auftreten der Beschwerden; 50°/o
aber konsultierten sogar noch nicht nach einem Jahre für ihre klinischen
Beschwerden den Arzt. In bezug auf den Einfluss der gesellschaftlichen
Lage und der‘ Ernährung erlaubten die Ziffern keine Schlussfolgerung;
In 38°/o von 204 Fällen ging dem Ausbruch der klinischen Erscheinungen
der Tuberkulose eine akute Infektionskrankheit vorher, namentl. in 23%
eine Infiuenza; in 11°/o ging Abortus, Gravidität oder Wochenbett vorher;
6°/o aller Patienten begingen Exzesse in Baccho oder Venere oder im
Sport; nur 28°/o waren Alkoboliker; vielleicht haben auch Mühe und
Sorgen einen gewissen Einfluss. Über den Einfluss von Jugendkrank-
heiten (Keuchhusten usw.) ergab die Statistik keine Anhaltspunkte, Nur
2,52 °/o hatten früher an Knochen- oder Drüsentuberkulose gelitten; dieses
Faktum würde eine Stütze sein für die Auffassung, dass die jugendliche
Knochen- oder Drüsentuberkulose eine gewisse Immunität für Lungentuber-
kulose schafft. Die Skrofulose wird aber besonders besprochen und er-
gab sich als anwesend in der Jugend von 22°/o der Patienten. Kinder-
reichtum der Familie und das Auftreten der Tuberkulose stehen in solcher
Beziehung zueinander, dass die meisten Tuberkulösen aus Familien kommen
mit vielen Kindern. Im allgemeinen erscheint die Tuberkulosegefahr für
die ältesten Kinder aus Familien mit tuberkulösen Eltern am grössten zu
sein. Die Dienstbarkeit jüngerer Mädchen ergibt eich als ein ungünstiger
Faktor. Namentlich bei Mädchen erwies sich ein geringer Appetit als
Krankheitszeichen oder als prädisponierender Faktor. Die Berufe der
Buchdrucker, Lithographen, Holz-, Korkholz-, Strob- und Metallarbeiter,
auch die der Geschäfts- und Handlungsbedienten erwiesen sich als uu-
günstig; der Ackerbau erwies sich, auch für die Frauen, als besonders
günstig. Von den weiblichen Berufsarten erwiesen sich als sehr ungesund
die Berufe der Schneiderinnen, Krankenpflegerinnen und der Dienstboten.
Von den Wohnungsverhältnissen sind besonders wichtig: die unrichtige
Lage der Wohnung (namentlich der Mangel an Sonnenlicht), das Zusam-
menschlafen (in demselben Zimmer oder Bett) zweier oder mehrerer Per-
sonen; insofern eine Infektionsquelle genannt wurde (namentlich 68 °/,)
ergab sich diese in 54°/o als anwesend bei den Hausgenossen. Der Here-
dität soll ein Einfluss nicht ganz und gar abgesprochen werden, wie
gross aber dieser Einfluss ist, ergab sich nicht aus den Ziffern.
J. Peerenboom.
422. J. B. F. v. Gils, Opmerkingen naar Aanleiding van het
rapport der Commissie inzake het onderzoek naar de patho-
genese der Longtuberkulose. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk.,
11. März 1916.
Verf. bemerkt zum oben stehenden Rapport, dass die Sterblichkeit
von Männern und Weibern in den verschiedenen Lebensaltern
ausser acht gelassen ist. Auf Grund einer Statistik von 1239 Todes-
fällen teilt er nun mit, dass die Sterblichkeit in der Jugend bei Frauen
unzweifelbar grösser ist als bei Männern; dass von 20—49 Jahren die
Sterblichkeit bei den beiden Geschlechtern gleich gross ist, aber im
Alter jenseits der 50 Jahre die Sterblichkeit bei Männern überwiegt.
J. Peerenboom.
Ätiologie und Verbreitung. 247
423. J. Sanders-Azn, Bijdrage tot de Kennis omtrent de Sterfte
aan Tuberkulose te Rotterdam over de jaren 1902—1914.
Nederl. Tijdschr. voor Geneesk., 3. Juni 1916.
Von 1000 gestorbenen Männern starben 131, von 1000 gestorbenen
Frauen 124 an Tuberkulose. Die infizierten männlichen Individuen bieten
der Infektion in den ersten Lebensjahren weniger Widerstand als die
weiblichen; in den Pubertätsjahren ist die Widerstandskraft der Frauen
geringer. Im beginnenden Senium überwiegt die Sterblichkeit der Männer.
Bei den Männern zeigt die Sterbelinie einen doppelten Gipfel, und zwar
zwischen dem 20. und 24. und zwischen dem 55. und 59. Lebensjahre;
der Pubertätsgipfel bei den Frauen liegt zwischen dem 15. und 19. Lebens-
jahr, der Altersgipfel zwischen dem 60. und 64, Ausserdem zeigt die
Sterbelinie der Frauen noch je einen Gipfel zwischen dem 30. und 34,
und dem 45. und 49. Jahre. Die Sterblichkeit an Tuberkulose hat abge-
nommen bei den Männern von 210,1 auf 143,3 (31,9 °/o), bei den Frauen
von 176,9 auf 137,2 (22,7°/0). Bei den Frauen unter 20 Jahren ist
die Sterblichkeit um 12°/o, bei den Männern und Frauen zwischen 20,
und 49. Jahr um 48°/o resp. um 19°/o gesunken. Die übrigen Sterbe-
linien zeigen keinen wesentlichen Abfall. Die grösste Zahl der Todes-
fälle an Tuberkulose fällt auf die Monate Februar bis April, nur bei den
Frauen, die das 49. Lebensjahr überschritten haben, fällt die Häufung
auf die Zeit vom November bis Januar. Bemerkenswert, aber zur Zeit
noch völlig unerklärlich, ist die geringe Sterblichkeit bei Juden und Re-
formierten. J. Peerenboom.
424. A. E. Sitsen, Over Tuberculose bij de Inlanders in Neder-
landsch-Indië. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk., 7. Okt. 1916.
Die Tuberkulosesterblichkeit beträgt in Holländisch-Indien 7,7 °?/o der
Gesamtsterblichkeit. Wahrscheinlich ist die Zahl zu niedrig, Eine Zu-
nahme der Tuberkulose ist nicht sicher nachweislich; wenn sie vorkommt,
830 ist wahrscheinlich die zunehmende Verbreitung der Malaria die
Ursache. Durch die Malaria wird die Widerstandskraft geschwächt.
Nur in einem Teil der Fälle sieht man das bekannte Bild der Lungen-
tuberkulose, in den übrigen Fällen treten aber die Läsionen anderer Or-
gane, namentlich der serösen Häute, in den Vordergrund. Von 35 Sektionen
werden die Abweichungen verschiedener Organe beschrieben: 1. Atmungs-
organe: auch hier das bekannte wechselnde Bild der Lungentuberkulose,
im allgemeinem kommen aber öfters die akuten Prozesee namentlich die
tuberkulösen Pneumonien vor. 2. Verdauungsorgane: Niemals ergab sich
eine primäre Darmtuberkulose, ausgiebige Läsionen der Leber sah Verf.
nie. 3. Die serösen Häute waren öfters angegriffen, am meisten das
Bauchfell. 4. Die Lymphdrüsen waren in fast allen Fällen befallen; oft
war die Drüsenschwellung sehr stark, in vielen Fällen sah man eine gewisse
Reihenfolge aneinander geschlossener infizierter Drüsen, am meisten von den
Hilusdrüsen ausgehend nach oben (Halsdrüsen) und nach unten (periaor-
tale Drüsen). 5. Milztuberkulose war in 12 Fällen anwesend. 6. Die
Nierenrinde zeigt öfters wenig zahlreiche Herde, aber niemals sah Verf.
eine ausgedehnte Nierentuberkulose. 7. In bezug auf die latente Tuber-
kulose wurde bei 63 infolge anderer Krankheiten Gestorbenen 10 mal
ein alter Lungenherd gefunden.
248 Diagnose und Prognose.
Den Ausgangspunkt bilden also in der Regel die Lungen und die
Bronchialdrüsen. Der Verlauf scheint in den grösseren Städten (Batavia,
Soerabaja) günstiger zu sein als an anderen Stellen des Landes. Vielleicht
liegt unserer Meinung nach die Ursache hierfür in der stärkeren Rassen-
mischung der Bevölkerung mit Europäern, die mit einer gewissen Immunität
behaftet sind. Zur wirksamen Bekämpfung der Tuberkulose ist zunächst
durch umfangreichere Untersuchungen ihr Verhalten in Indien genauer
festzustellen, gleichzeitig sind die traurigen hygienischen Zustände, in
denen die inländische Bevölkerung lebt, zu bessern. Obenan stebe aber
die Belehrung der jugendlichen Einwohner in bezug auf die zur Zeit noch
ganz und gar fehlenden hygienischen Begriffe. J. Peerenboom.
425. Axel Holst, Die Lungentuberkulose im nördlichsten Amte
Norwegens, Finmarken. Meddelelser fra den norke national-
forening mat tuberkulosen.
Die Tuberkulosesterblichkeit war in den Jahren 1910—1913 im
ganzen Norwegen 1,73 pro Mille, und in Finmarken 2,44. Die Ursachen
der grossen Tuberkulosesterblichkeit in diesem Amte sucht der Verf. in
dem jungfräulichen Boden, der in diesem Amte gegen die in jüngster
Zeit dahin importierte Tuberkulosekrankheit supponiert werden muss.
Auch die schlechte häusliche und private Reinlichkeit dieser Gegenden
spielt gewiss eine Rolle.
Als Massnahmen schlägt der Verf. vor: Die Kranken mit ansteckenden
Formen der Tuberkulose müssen in Tuberkulose- Krankenhäusern isoliert
werden. Solche dürfen nicht in privaten Familien einlogiert werden.
Die Ökonomie der Bevölkerung muss verbessert werden.
Birger-®Overland.
c) Diagnose und Prognose.
426. Hollö, Budukesz, Über eine neue Methode zur Beurtei-
lung subfebriler Temperaturkurven im Verlaufe der Tuber-
kulose. Brauer’s Beitr. 36 H.2.
Verf. versucht, um die Beurteilung mancher suspekten Fieberkurven
zu erleichtern, eine individuelle Definition der normalen Temperatur zu
geben und nennt diejenigen Temperaturen normal, die im entsprechenden
Versuche durch Antipyretika nicht beeinflusst werden. Es wurde eine
grössere Zahl von Kranken und Gesunden mit ähnlichen, gegen die Norm
etwas erhöhten Temperaturkurven durch Antipyretika geprüft; ihre Klas-
sifikation in Subfebrile und Afebrile, die sich aus diesem Versuche im
Sinne der Definition ergab, zeigte sich in genauer Übereinstimmung mit
dem eindeutig gewählten klinischen Befunde. Die Versuchstechnik ist
im Original nachzulesen '), Autoreferat.
427. G. Praetorius, Die Tagesschwankung der Körpertempe-
ratur. D. m. W. 1917 Nr. 27.
Verschiedene Beobachtungen von Kranken und Gesunden weisen
darauf hin, dass ausser der Muskelarbeit und Nahrungsaufnahme noch
andere Ursachen für den typischen Temperaturablauf eine Rolle spielen.
1) H.'s Autoreferat ging uns als Berichtigung und Ergänzung des Referates
von E. Leschke über dieselbe Arbeit (dieses Bl. XI H. 1 S. 11) zu. Red.
IE mr
Diagnose und Prognose, 249
Verf. nahm bei einer Reihe von Patienten vergleichende Tempera-
turmessungen vor beim Wechsel von „Sommerzeit“ und Normalzeit und
teilt zwei typische Fälle mit, bei denen der Temperaturablauf von 4—65»
p. m. im Oktober sich deckt mit dem von 5—6! p. m. im September,
also mit der astronomisch entsprechenden Zeit, während sich die Tem-
peraturen der „Nominalzeiten“ 5—6 denkbar konträr entgegenstehen. Es
scheint also die Temperaturkurve den Wechsel von Sommer- zur Normal-
zeit trotz gleichbleibender Lebensweise nicht mitzumachen, vielmehr mit
der astronomischen Zeit weiterzugehen. Zwei Theorien können zur Deu-
tung herangezogen werden, die „Gewöhnung“ wie sie schon von v. Lie-
bermeister angenommen wurde, und, wie Verf, eher anzunehmen
geneigt ist, die ursächliche Wirkung der Tageszeit selbst, also in letzter
Linie die Abhängigkeit vom Höchststand der Sonne.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
428. Hans Kronberger, Das Prinzip der Gram’schen Färbung
als Grundlage einer prognostisch allgemein verwertbaren
Urinprobe. D. m. W. 1917 Nr. 24.
Zur Ausführung der Reaktion braucht man eine Jodlösung, ent-
haltend: Jod. pur. 1,0, Kal. jod. 2,0, Aqu. dest. 200,0; ausserdem eine
Gentianaviolettlösung, die man dadurch erhält, dass man die konzentrierte,
wässerige Stammlösung dieses Farbstoffes 200fach mit Wasser verdünnt.
Zur Ausführung mischt man in einem Messzylinder von 25 cem:
1. 1 ccm der Jodlösung (aus dunkler Tropfflasche),
2. 10 ccm filtrierten Urin,
‘3. 1 cem der Gentianaviolettlösung (wie bei 1),
4. 10 ccm absoluten Alkohol.
Die Mischung wird kräftig geschüttelt. — Bei normalem Urin
oder von Fällen günstiger Prognose ergibt sich sofort eine blauvio-
lette Färbung. Bei positiver Reaktion tritt eine Rotfärbung, von
scharfem Rotviolett bis zum dunkelsten Karminrot, auf.
Die Reaktion ist positiv bei allen Fällen mit schlechter Prognose:
bei ausgedehnten Phthisen mit hohem Fieber, schwerer Intoxikation
oder ernsthaften Komplikationen, wie Spontanpneumothorax, akuter
Nephritis, schweren Mischinfektionen des Respirationstraktus
usw. — Sie ist meist negativ, wie die Diazoreaktion, bei chronischer
Nephritis mit urämischen Erscheinungen, noch bisweilen kurz vor der Agone.
Die Probe ist nicht selten übereinstimmend mit der Urobilinprobe,
und der Weiss’schen Permanganatprobe; in allen Fällen positiver Diazo-
reaktion war auch die Jod-Gentianaviolettreaktion positiv; ja in manchen
Fällen mit bedenklicher Prognose, in denen die Diazoreaktion negativ
ausfiel, ergab sie noch ein positives Resultat.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
429. N. Voorhoeve, Röntgenologische diagnose van een kalk-
houdende phthisische Caverne in de bovenpool van de nier.
(Sitzungsbericht der Abt. für Heilkunde der Gesellsch. z. Förd. d.
Naturw. u. d. Med. zu Amsterdam.) Ned. Tijdschr. v. Geneesk.,
23. Sept. 1916.
Mitteilung eines Falle, in dem die Wahrscheinlichkeitsdiagnose eines
verkalkten Käseherdes in einer tuberkulösen Kaverne des kranialen
250 Therapie.
Nierenabschnittes gestellt wurde auf Grund der röntgenologischen Unter-
suchung, die ein nicht scharf umschriebenes wenig intensives Schattenbild
von eigentümlicher Gestalt im Nierenpol ergab. J. Peerenboom.
430. S. E. C. Bosch, Over de Diazoreactie en de Pormangaan-
reaktie bij tuberculosis pulmonam. Diss. Amsterdam 1915.
Verfasserin hat bei 315 Patienten während längerer Zeit die Ehr-
lich’sche Reaktion und die von Weisz 1910 beschriebene Permangan-
probe auf ihren prognostischen Wert geprüft. Die Prognose der Fälle,
bei denen eine dieser Reaktionen öfters positiv war, erwies sich als
unzweifelbar infaust; im allgemeinen war hier aber der Verlauf ad malum
auch schon auf Grund der klinischen Zeichen zu erwarten. Auch ergab
sich die Weisz’sche Probe als empfindlicher, die Diazoreaktion aber als
zuverlässiger. Das seltene Auftreten einer positiven Reaktion erwies
sich bei der Permanganprobe nicht immer als prognostisch infaust, bei
der Diazoreaktion aber wohl. J. Peerenboom.
d) Therapie.
431. Axel Reyn, Über die Anwendung der künstlichen Licht-
bäder bei Lupus vulgaris. (Mitteilung aus Finsen’s medizini-
schem Lichtinstitute, Kopenhagen.) Hospitalstidende 1917 Nr. 19.
In Finsen’s Institut in Kopenhagen hat R. Lupus vulgaris mit
künstlichen Lichtbädern, teils Kohlenbogenlicht, teils Quecksilberquarz-
licht behandelt: universelle Bestrahlung bis 2 Stunden täglich, teils in
langsam steigenden Dosen (schwache Bäder), teils gleich in den ersten
Sitzungen Bestrahlung von längerer Dauer, wodurch eine starke Reaktion
erreicht wird (starke Bäder); vorsichtig muss man bei schlechtem Allge-
meinzustande sein. Wenn das Quarzlicht benutzt wird, dann immer in
langsam steigenden Dosen.
Lupus vulgaris wird in den meisten Fällen von der Finsenbehand-
lung sehr gut beeinflusst (Heilungsprozent der frischeren Fälle 72), es
gibt jedoch immer eine Reihe von veralteten Fällen, die refraktär sind,
diese sind besonders mit den Lichtbädern behandelt, doch sind sie alle
zugleich lokal behandelt worden. Weiter wurden so frische Fälle gleich-
zeitig in lokale und universelle Lichtbehandlung genommen.
11 Patienten wurden mit Quarzlicht behandelt: 2 geheilt, 8 gebessert,
1 unverändert.
69 Patienten wurden mit Kohlenbogenlicht behandelt: 52 geheilt,
15 gebessert, 2 unverändert.
Alle diese Fälle sind veraltete Leiden, die längere Zeit hindurch
vergebens mit lokaler Belichtung behandelt sind.
Von den 30 frischen Fällen sind nur 13 genügend behandelt:
10 wurden geheilt.
R. meint, dass Lichtbäder alle zwei Tage genügend sind; die Bäder
müssen so kräftig sein, wie der Patient es vertragen kann.
Die universelle Behandlung ist eine grosse Hilfe bei der Behandlung
des Lupus vulgaris; auf der anderen Seite hat es sich gezeigt, dass die
lokale Lichtbehandlung wohl abgekürzt, aber nicht entbehrt werden kann.
Das Kohlenbogenlicht ist dem Quarzlicht bedeutend überlegen.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
Therapie. 251
432. N. P. Ernst, Über die Anwendung der künstlichen Licht-
bäder bei chirurgischer Tuberkulose. (Mitteilung aus Finsen’s
medizinischem J.ichtinstitut, Kopenhagen.) Hospitalstidende 1917
Nr. 20.
Die Fälle von chirurgischer Tuberkulose sind mit derselben Technik
wie die Fälle von Lupus behandelt. In den meisten Fällen wurde das
Kohlenbogenlicht angewendet.
Tuberkulöse Lymphome: 38, davon geheilt 28, gebessert 7,
unverändert 3.
Tuberkulöse Peritonitis: 6, davon geheilt 5 (4 mit Fisteln
nach einer Operation) gebessert 1.
Tuberkulose der Weichteile: 10, alle geheilt.
Tuberkulose der Knochen und Gelenke: 17 unkomplizierte:
12 geheilt, 4 gebessert, 1 unverändert. 48 kompliziert mit Fisteln,
Ulzerationen, Abszessen : 33 geheilt, 4 gebessert, 11 unverändert.
Ernst braucht wenn möglich keine Immobilisation, kombiniert in
geeigneten Fällen die Lichtbehandlung mit chirurgischer Behandlung.
Er empfehlt die Lichtbehandlung in jedem Falle von chirurgischer
Tuberkulose und er meint, dass es empfehlenswert ist, ein Sanatorium für
diese Patienten unter der Leitung eines chirurgischen ausgebildeten Arztes
zu errichten, am liebsten in der Nähe der Küste.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
433. Reyn und Ernst sammeln in einem Resümee ihre Erfahrungen
mit der Lichtbehandlung auf dem Finseninstitute:
1. Das künstliche chemische Lichtbad in Form vou Kohlenbogen-
lichtbädern kann das Höhensonnenbad ersetzen.
2. Das Licht allein ohne andere klinische Faktoren vermag die
chirurgische Tuberkulose zu heilen.
3. Das Lichtbad ist eine wertvolle Hilfe bei der Behandlung des
Lupus vulgaris. ;
4. Das Koblenbogenlicht ist dem Quecksilber-Quarzlicht überlegen,
und man sollte wenn möglich nur das Kohlenbogenlicht benutzen.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
434. Ph. Oldenburg, Über die Lichtbehandlung der Tuberku-
lose. (Mitteilung aus dem Kindersanatorium bei Kolding Fjord.)
Mitt. des Nationalver. z. Bek. d. Tub. in Dänemark I. 1917.
38 Kinder sind mittelst des Kohlenbogenlichtes (75 Ampères) behandelt
worden; die Indikation ist namentlich eine Lokalisation der chirurgischen
Tuberkulose gewesen; in der Mehrzahl der Fälle haben die Kinder zu-
gleich eine Lungentuberkulose.
| Behandlungsdauer 2 Stunden alle zwei Tage.
33 hatten eine manifeste Lungentuberkulose, 37 hatten eine chirur-
gische Komplikation.
Von den 33 Kindern mit Lungentuberkulose wurde diese bei 21
geheilt, oder bedeutend gebessert, bei 8 gebessert, bei 3 unverändert, bei
1 verschlechtert; es ist die Frage, wie grossen Anteil die Lichtbehandlung
an der Besserung habe, der Meinung des Verfassers nach hat sie bei 14
Kindern sicheren positiven Einfluss gebabt.
252 Therapie.
Eine unbestrittene Wirkung übt die Lichtbehandlung auf die chirur-
gische Tuberkulose, sowohl die kutanen 'Tuberkulide und die Leiden der
Weichteile wie die Affektionen der Knochen, Drüsen und Gelenke;
doch muss die Behandlung mit operativem Verfahren, mit immobilisierender
und ortbopädischer Behandlung kombiniert werden.
Es ist wahrscheinlich, dass die Heilung durch eine kombinierte Wirk-
samkeit der generell und lokal wirkenden Kräfte geschieht, und zweifellos
darf man in der Lichtbehandlung ein wertvolles Hilfsmittel gegen die
Tuberkulose sehen.
Ohne spezielle Erfahrungen über die Wirkung der Quarz-Quecksil-
berlampe zu haben, zieht der Verf. das Kohlenbogenlicht vor, wesentlich
aus dem theoretischen Grund, dass das Kohlenbogenlicht mehr tiefgehend
ist ala das Quarzquecksilberlicht. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
435. Viggo Schmidt, Über die vorläufigen Resultate der Licht-
behandlung bei Lungentuberkulose und chirurgischer Tuber-
kulose. (Mitteilung aus der Tuberkuloseabteilung des Gesunds-
hospitals, Kopenhagen.) Ugeskrift for Lager 1917 Nr. 4.
21 Patienten sind mittelst des Kohlenbogenlichts behandelt,
alle mit Lungentuberkulose, 11 mit komplizierender chirurgischer Tuber-
kulose (Knochen, Gelenke, Drüsen, Weichteile).
Der Haupteindruck war: gute Wirkung auf die Tuberkulose ausser-
halb der Lungen, namentlich auf die offene Tuberkulose mit Fisteln
und Ulzerationen und auf die Drüsentuberkulose; nicht so gute Wirkung
bei der geschlossenen Tuberkulose, Peritonealtuberkulose und Ileozökal-
tuberkulose.
Die Lungentuberkulose wird deutlich langsamer beeinflusst; die
meisten Patienten sind wobl gebessert, ein sicheres Urteil über die Ein-
wirkung der Lichtbehandlung auf die Lungentuberkulose darf der Verf.
aber nicht fällen; weitere Versuche seien anzustellen.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
436. Edv. Collin, Eine lichtbiologische Beobachtung. (Mitteilung
aus dem Küstenhospital bei Ruelsminde, Dänemark.) Ugeskrift for
Leger 1917 Nr. 7.
Während der Behandlnng mit dem Quarz-Qecksilberlichte hat C. die
Beobachtung gemacht, dass die reine Quarzlampe eine nicht so grosse
Hautreaktion (Erythem) hervorruft wie die Quarzlampe + Glühlampen.
Diese Beobachtung hat er auf experimentellen Wege kontrolliert
durch Beleuchtung verschiedener Hautfelder teils mit der Quarzlampe
allein, teils mit der Quarzlampe und Glühlampen, und es zeigte sich,
dass die Beleuchtung mit Quarzlampe und Glühlampen das Erythem
schneller und stärker hervorrief als die Quarzlampe allein. |
C. meint, dass die Glühlampen eine höhere Hauttemperatur hervor-
rufen und dadurch die stärkere Reaktion bedingen.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
437. D. B, van Dorp-Beucker Andreae, Behandeling van
verschillende vormen van Tuberkulose met Zonlicht. (Sitzungs-
bericht der Holländ. Gesellschaft für Thalassotberapie: Mitteilung
Therapie. 253
über Sonnenlichtbehandlung bei Tuberkulose im Seehospiz für Kinder
zu Katwijk.) Ned. Tijdschr. f. Greneesk., 19. Aug. 1916.
Allgemeine und lokale Behandlung wurde angewendet; namentlich
im Anfang fand die Dosierung mit grosser Vorsicht statt. Nach 5jäh-
riger Sonnenlichtbehandlung kommt Verf. zu der Schlussfolgerung, dass
diese Behandlungsweise in vielen Fällen Heilung oder Verkürzung der
Heilungsdauer erzielt, nie sah sie der zufolge einen Schaden, in der Regel
aber eine bedeutende Besserung des Allgemeinzustandes eintreten, obgleich
es auch sehr kranke Kinder gab, bei denen weder die tuberkulösen Herde
noch der Allgemeinzustand von der Sonne beeinflusst wurden. Mit 9
Krankengeschichten illustriert Verf. diese Ergebnisse. Der Allgemeinzustand
besserte sich meistens schon bald nach dem Anfang der allgemeinen Be-
strahlusg, der Appetit wurde grösser, die Klagen über Schmerz und
Mattheit verschwanden, die Muskeln entwickelten sich wieder, auch zeigte
sich öfters eine bedeutende Gewichtszunahme; bei der lokalen Anwendung
nahm in der Regel auch der Schmerz ab, die Fisteln sezernierten weit
weniger, die starren Gelenke zeigten öfters wieder Beweglichkeit; Abzesse
wurden ohne Punktion resorbiert; Sequester wurden rascher ausgestossen,
J. Peerenboom,
438. C. M. Mol, Kunstmatig Zonlicht bij Tuberkulose. (Sitzungs-
bericht der Holländ. Gesellschaft für Pädiatrie.) Nederl. Tijdschr.
for Geneesk., 24. Juni 1916.
Indem Redner sonst mit schönem Resultat das Sonnenlicht anwendet,
hat er jetzt im Sommer bei starker Bewölkung und im Winter die
künstliche Höhbensonne auf ihren Nutzen geprüft. Er benutzte eine
Quarzlanıpe der Quarzlampen Gesellschaft zu Hanau, kombiniert mit dem
Glühlampenringe von Hagemann. In der Regel fand allgemeine Bestrah-
lung statt mit langsam steigender Bestrahlungsdauer, meist ergab sich
ein leichtes Erythem, das Auftreten von Hautblaeen wurde aber verhindert;
die Pigmentation war meistens schön und erwies sich als ein prognostisch
günstiges Zeichen. In einigen Fällen stieg die Körpertemperatur während
der Behandlung an, und öfters trat eine vorübergehende leichte Gewichts-
abnahme ein. Der Einfluss der Behandlung bei lokalen Prozessen war
erkenntlich an einer Verringerung der Schmerzhafligkeit und einer geringeren
Viskosität des Fistelausflusses, der öfters etwas sanguinolent tingiert war,
Guter Erfolg wurde erzielt in 5 Fällen mit Spondylitis, 2 mit Koxitis,
4 mit Peritonitis, 1 mit Beckentuberkulose, 1 mit Gonitis, 5 mit Fuss-
gelenktuberkulose, 5 mit multiplen tuberkulösen Knochenherden, 4 mit
tuberkulöser Lymphadenitis und in 4 leichten Fällen von Lungentuber-
kulose und bei einigen tuberkulösen Hautkrankheiten. In einem Fall
von Lungen- und Bauchfelltuberkulose schien die Behandlung einen
schönen Erfolg zu versprechen, als eine plötzliche Darmperforation den
Tod herbeiführte.e Zwei Fälle mit Amyloidosis, ein Fall mit Spondy-
litis kompliziert durch Kieferankylose, und ein Koxitisfall blieben resul-
tatlos. Bemerkenswert durch die Geschwindigkeit, mit der die Heilung
eintrat, war ein Fall von Spondylitis mit Paraplegie und ein Fall schwerer
Calcaneustuberkulose kombiniert mit Debilitas und chronischem Durchfall.
Redners Schlussfolgerung ist: Das Sonnenlicht gibt am Meere einen
schöneren Erfolg als die Quarzlampe nicht nur bei allgemeiner, sondern
254 Tuberkulose und Krieg.
auch bei lokaler Anwendung unter der Voraussetzung, dass das Wetter
mithilft; nichstdestoweniger ist die Quarzlampe auch am Meere als ein
Gewinn für die konservative Behandlungsweise zu betrachten. Auch bei
Benützung des Ringes von Hagemann gibt es einen qualitativen Unter-
schied zwischen künstlichem und natürlichem Sonnenlicht, indem das
erstgenannte viel mehr reizende Strahlen enthält. J. Peerenboom.
e) Tuberkulose und Krieg.
439. Neuhaus, Zur Behandlung der Kriegsnährschäden und der
Initialtuberkulose. D. m. W. 1917 Nr. 25
Die Kriegsnäbrschäden beruhen weniger auf der zu geringen Menge,
als auf der Einseitigkeit der Ernährung. Das Gesetz von der Ernährung
nach dem Minimum, wie wir es aus der Botanik kennen, dürfte auch beim
Tier und Menschen gelten. Man denke an Skorbut, Beri-Beri! An die
Salzzufuhr wurde zu wenig gedacht. Wenn durch dauernd einseitige
Ernährung das Blutserum verändert wird, so muss der Austausch der
Stoffe zwischen Zelle und Lymphe, der Zellstoffwechsel, leiden.
Verf. sah viel bessere Erfolge bei der Behandlung der Chlorose
mit Eisen und einem organischen Kalkpräparat zusammen, als mit
Eisen allein. Ebenso steht es mit dem Phosphor; auch dieser wirkt ungleich
besser in Verbindung mit Calcium lacticum. Auch bei Behandlung von
Kriegsnährschäden, deren Klagen sich bäufig mit der Chlorose decken,
erzielte Verf. gute Resultate mit Kalzium-Eisen oder Phosphor: Ödeme
schwanden, die Kranken fühlten sich besser und blieben arbeitsfähig.
Verf. bittet alle Kollegen, einen Versuch zu machen, solche Fälle mit
Kalk resp. Kalk-Phosphor zu behandeln.
Zum Schluss empfiehlt Verf. die Kalzium-Eisen- Phosphor Therapie
auch bei initialer Lungentuberkulose. Er sah auch hier immer, z. T.
bedeutende Besserung: nur die Fälle dritten Grades wiesen keine Besserung
auf, Bei diesen Fällen sah Verf. besonders schnellen und schweren Ver-
lauf, wie vor dem Kriege selten.
Was die Theorie dieser Behandlungsweise (mit Cale. lacticum) betrifft,
so denkt Verf. an eine Abspaltung der Milchsäure im Blute, die ja ein
Lokalspezifikum gegen Tuberkulose darstellt, analog der von Liebreich
behaupteten Zerlegung des Chloralhydrats im Blute.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
440. Herm. v. Hayek, Die schematische Liegekur bei der Be-
handlung Tuberkulöser leichterer Krankheitsstadien, speziell
bei der Behandlung tuberkulöser Soldaten. W. kl. W. 1917
Nr. 24.
Verf. wendet sich gegen die schematische Anwendung der Liegekur.
Dass ein Schematisieren in der Therapie überhaupt (nicht nur der Tuber-
kulose) zu verwerfen ist, ist wohl ein allgemein ärztlicher Grundsatz. Es
scheint aber doch, dass der Verf. in seinem Kampfe gegen die „schema-
tische“ Liegekur etwas zu weit geht, indem er dieselbe für gewisse leichte
Formen nahezu gänzlich verwirft. Sollten die Erfahrungen mehrerer
Jahrzehnte in Hunderten von Heilstätten alle falsch sein? Und nur in
einer möglichst „aktiven“ Therapie vorwiegend mit spezifischen Heilmitteln
Tuberkulose und Krieg. 255
sollte der richtige Weg zu finden sein? Der Gedanke, die Leichtkranken,
speziell die lungenkranken Soldaten, mit gewissen Arbeiten zu beschäftigen,
bricht sich ja immer mehr Bahn, aber auch da kann es leicht ein Zuviel
geben! Es gibt auch unerwünschte Herd- und Allgemeinreaktionen! Dass
man es „im allgemeinen jedem Leichtkranken von einigermassen normaler
Intelligenz und Beobachtungsgabe nach entsprechender Aufklärung selbst
überlassen könne, wie weit sich ein Ruhebedürfnis bei ihm geltend macht“
werden wohl wenige erfahrene Tuberkuloseärzte bestätigen. Der Verf.
war — wie er sagt — „ketzerisch“ genug, an seiner Heilstätte über-
haupt keine Liegeballe einzurichten. Für die Patienten, die müde werden
und für solche, die überhaupt grösseres Ruhebedürfnis haben, stehen im
Parke Liegestühle in genügender Anzahl zur Verfügung. Aber wie steht
es damit bei schlechtem Weiter? Ref. ist der Ansicht, dass dem Verf.
weder das Sonnenbad mit Duscheinrichtung, noch die Kegelbahn auf die
Dauer die Liegehalle wird ersetzen können.
Verf. kommt zu folgenden Schlußsätzen:
1. Angerichts der langen Dauer tuberkulöser Erkrankungen muss es ein
Hauptziel für die Behandlung Leichttuberkulöser bleiben, die allgemeine
Widerstandskraft und die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten
auf einer möglichst hohen Stufe zu erhalten. Jede Liegekur verlangt
daher bei solchen Kranken eine individuelle Indikationsstellung. Eine
schematische Handhabung der Liegekur, z. B. nach der Temperaturkurve,
ist zu verwerfen. Symptomatische Erfolge, wie sie eventuell bei solchen
Kranken durch Liegekuren erzielt werden, sind in vielen Fällen nichts
anders als eine unzweckmässige Verschleierung unverändert fortbestebender
Krankheitserscheinungen.
2. Besonders bei Patienten, welche nach kurzer, etwa 2. bis 3 monatiger
Anstaltsbehandlung ohne Möglichkeit einer weiteren ausgiebigen Schonung
wieder grössere körperliche Arbeiten verrichten müssen, ist von jeder längeren
Liegekur nach Möglichkeit abzusehen.
3. In der Behandlung leichttuberkulöser Soldaten sollte aus den an-
geführten Gründen — besonders während des Krieges — die Liegekur
überhaupt nur unter ganz bestimniten individuellen Indikationen Anwendung
finden.
4. Die tberapeutischen Bestrebungen bei der Behandlung leichttuber-
kulöser Soldaten, die noch als irgendwie diensttauglich zu klassifizieren
sind, müssen sich folgende Aufgeben setzen: Möglichste Erhaltung der
körperlichen Leistungsfäbigkeit und rationelle Abhärtung, Bekämpfung der
Krankbeitsursache. Nur auf solcher Grundlage können die Lungenbeil-
stätten für die Wehrkraft des Staates positive Erfolge erzielen.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
441. Marcello Labor, Das tuberkulöse Halsiymphom im Kriege.
W. kl. W. (,„Militärsanitätswesen“‘) 1917 Nr. 27.
Verf. beobachtete unter den Soldaten die Häufung von Fällen mit
tuberkulösen Halslymphomen, welche sich von dem gewohnten Friedens-
bilde dieser Krankheit wesentlich unterschieden. Es handelte sich um
Kranke zwischen 20 und 50 Jabren ohne Zeichen einer Lungenerkrankung,
sowie ohne hereditäre Belastung und ohne auf Tuberkulose verdächtige
Symptome vor der jetzigen Erkrankung. Häufig war die Tonsille ver-
grössert, gerötet und zerklüftet; die Grösse der Geschwülste, welche bis
256 Tuberkulose und Krieg.
in die Klavikulargrube verfolgt werden können, nahm von oben nach unten
zu ab; Abszedierung erfolgte sehr rasch. Das Fieber dauerte längere Zeit
an und allmählich ging das Bild in den altbekannten „Friedenstypus“ über.
Verf. glaubt, dass es sich um eine durch die Kriegsverhältnisse er-
folgte erstmalige frische tuberkulöse exogenelnfektion von
der Tonsille aus handelt. A. Baer, Sanatorium Wienerwald,
442. A. Kirch-Krems, Organisatorisches zur militärischen Tu-
berkulosenbeurteilung. W. kl. W. (,Militärsanitätswesen“)
1917 Nr. 27.
Heilbare Fälle gehören in Lungenbeilstätten, unheilbare in eigene
Schwerkrankenabteilungen. Es gibt aber ausserdem noch eine Reihe Fälle,
bei denen die Beurteilung, ob aktive oder inaktive Tuberkulose — also
militärisch verwendbar oder nicht — sehr schwierig ist. Daher plädiert
Verf. für die Errichtung rein diagnostischer Anstalten für Lungenkranke
(entsprechend den deutschen Beobachtungsabteilungen). Die ambulatorische
Beurteilung Lungenkranker als Norm ist zu verwerfen. Wir dürfen den
inaktiv Tuberkulösen nur als zu der Tätigkeit tauglich bezeichnen, die er
voraussichtlich längere Zeit zu leisten imstande ist, ohne neuerlich zu er-
kranken. Hierzu ist häufig eine Funktionsprüfung notwendig, und zwar
Bewegungstemperatur, Prüfung der Herzfunktion, Blutdruck vor und nach
der Arbeit, Spirometrie, ev. Prüfung der Asthenie der Skelettmuskulatur.
Jeder Bazillenhuster gehört ins Spital; es ist aber notwendig alles
zu tun, um das erreichbare Maximum positiver Befunde zu erhalten. Ein
Tuberkulöser ist erst dann als nichtinfektiös zu bezeichnen, wenn nicht
nur bei wiederholten Untersuchungen keine Bazillen gefunden wurden,
sondern auch der Gesamtbefund die Tuberkulose als geschlossen annehmen
lässt. A. Baer, Sanatorium Wienerwald,
443. A. Kirch-Krems, Mitteilungen aus dem „Genesungsheim‘
Abt. Ia. W. kl. W. 1917 Nr. 22.
Mitteilung einiger Beobachtungen und Erfahrungen aus dem Genesungs-
heim, welches zur Aufnahme von heilbaren Lungentuberkulösen be-
stimmt ist.
Zunächst schildert Verf. treffend die auch anderweitig beobachteten
Schwierigkeiten in der Behandlung des Soldatenmateriales, welches im Gegen-
satz zu den zivilen Heilstättenpatienten nicht das Bestreben hat, tunlichst
bald gesund und „berufsfähig“ zu werden. Daher Schwierigkeiten in der
Befolgung der Hausordnung, Widerstand gegen die Freiluftliegekur, usw.
Beschreibung eines Spucknapfes, nebst Vorrichtung zur Reinigung
desselben, sowie einer wenig modifizierten Dettweiler’schen Spuck-
flasche.
Weiter einige Mitteilungen klinischer Natur allgemeinen Inhaltes.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
Berichtigung.
Auf S. 211 Heft 7 d. Jahrg. Ref. Nr. 348 vorletzte Zeile muss es anstatt
„Blutbad“ „Blutbild“ heissen.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Taberkulose-Forschung
berausgegeben von
tiè
Ia Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder
je Ärstlicher Direktor des Allgem, o. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
: Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg,
u Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
m
i Redaktion : Verlag
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
: Dirig. Arst der Neuen Heilanstalt für Lungenkrauke Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg. Witbg.
11. Jahrg.
Ausgegeben am 30. September 1917.
Ludwigstrasse 232/9.
Nr. 9,
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen bezielien sieh auf die Seiten.)
Abderbalden, E. 278.
Antoniueei, C. 264.
i Baehr, G. 277.
Böttner 281.
van Breemen, J. 259,
: Grote, L. R. 265.
Hamburger 262.
v. Hayek 265.
Hekman, J. 263.
Hofbauer 272.
Brösamlen 262. Höhne 271.
Delepine, 8. 260. Hollós, J. 260.
Ditthorn, Fr, 262. Holth, S. 236.
Dubs 263.
Ebstein 263.
Kankeleit 271.
Karewski, F. 271.
Krautwig 270.
Landis, H. R. M. 274.
Liebe, C. 271.
| Rothschild, D, 258.
Saugmann, Chr. 269.
Schulte, J. 266.
Losch, H. J. 278. Schultz, W. 262.
Löwi, J. 263. Schultz, H. 260.
Montgomery, C. M. 275.| Stocker jr., S. 26.
Ochsenius, K. 273. Taylor, F. E. 259,
Olitzky, P. K. 277. Unverricht, W. 260.
v. Ortner, N. R. 280. Varrier, J. 267.
Pauchet 273. Weicksel 272.
Eckhardt, E. H. 275. Klare 264. Plotz, H. 277. Wideroe. 8. 266.
Effler 271. Klopstock 274. Quincke 272. Wilson, H. 259.
Fejer, J. 261. König 268. Ranft, G. 265. Wolff, O. 273.
Fejes, L. 280. Kowarsky 274. | Reed, J. 5. 274. Woodhead, S. 267.
Grosser 263. Kraemer 262. |
Referate.
(Die Zahlen bezielion sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie,
444. Rothschild, Über tuberkulösen Rheu-
matismus. — 445. van Bremen, Chronisch
rheumatisch Gewrichtalijden in Nederland. —
446. Taylor and Wilson, Value of Arneth's
leucoeythe count in pulmonary tubereulosis. —
447. Schnlz, Über den Wassergehalt des
Blutes bei tuberkulösen Kindern. — 448. Un-
verricht, Einfluss meteorologischer Faktoren
auf das Zustandekommen von Lungenblutungen.
— 49. Hollös, Reflexionen zu den Arbeiten:
0. Mansfeld: „Über unregelmässige Menses*
und E. Scipiades „Über innere Sekretion der
| Orarien®,
b) Ätiologie und Verbreitung.
450. Delepine, Contribution to the study
of delayed or „latent? tuberculous infection. —
451. Fejér, Über die Rolle der chronisch-
infektiösen Krankheiten in der Hervorrufung
von Augenleiden.
e) Diagnose und Prognose.
452-454. Böttner, Brösamlen und |
Kraemer, Hamburger, Tuberkulindia-
Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11.
gnostik, — 455. Ditthorn und Schulz,
Anreicherungsverfahren für den Nachweis von
Tuberkeibazillen im Sputum. — 456. Löwi,
Die Weisz’sche Reaktion.
d) Therapie.
457. Hekman, Behandeling van verschil-
lendo Ziekten met Auto-vaccins. — 458. Eb-
stein, Zur intravenösen Behandiung von
inneren Blutungen mit Kochsalz-Chlorkalzium-
Injektionen. — 459. König, Behandlung der
Lungenblutung mit Digitalis.. — 460 u. 461.
Grosser, Dubs, Koagulen. — 462. Klare,
Kalziunkompretten gegen Nachtschweisse.”—
453. Antonjuceci, Capparoni's Verfahren bei
Behandlung der tuberkulösen Pleuritis und
Peritonitis. 464. Stocker, Chirurgische
Behandlung der tuberkulösen Bauchfellentzün-
dung. — 465. Hayek, Entlastende Wirkung
der Spengler'schen Immunkörper bei febrilen
Tuberkulosen.
e) Klinische Fälle.
466. Grote, Heilung der tuberkulösen
Hirnhautentzündung. — 467. Ranft, Zwereh-
17
258 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie,
fellhernie als Folge eines Lungenschusses. — h) Allgemeines.
488 Schulte, Fall von primärem Bronchial- 47.K t Hygienisch i
karzinom der linken Lunge. — 469. Wideröe, | zwisehen Bait Ts an ns wo
Fall von tuberkulöser Peritonitis. — 470. Holtb, | Offene und geschlossene Tuberkulose. — un.
Fall von Tuberkelbildung in der Iris, Liebe, Einheitliche Zeichensprache bei Unter-
suchung Lungenkranker. — 480. Höhne, Die
e) Tuberkulose und Krieg. Jubiläumsstiftung des Deutschen Lehrervoreins.
471. Symposium: Tuberculosis among com- — 431. Kankeleit, Billige Frübjahrs- und
batants and war-workers. — 472. Woodhead Herbstkuren.
and Varrier, The tubercnlous soldier.
1) Grenzgebiete.
h) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 482. Karewski, Die Aktinomykose der
kulosekrankenhäuser und -Heime. Lunge und Pleara. — 483. Weicksel, Zur
473, Aus deutschen Heilstätten: a) Heil- | Frage der Behandlung des Asthma bronchiale.
stätte Luitpoldheim; b) Lungenheilstätte Kolk- | — 4184. Quincke, Ein Thoraxkompressor. —
witz bei Cottbus. — 478. Zehn Jahre Kampf | 485. Hofbauer, Zur Asthmafrage — 488.
gegen die Lungentuberkulose in Nürnberg. — Wolff, Atemgymnastik. — 487. Pauchst,
475. Saugmann, Mitteilungen aus dem Velje- Behandlung der Pleursfinteln. — 488. Ochse-
fjord - Sanatorium. — 476. Bericht über die nius, Therapie der rezidivierenden Bronchitis.
Tätigkeit 1916-1917 des Nationalvereins zur
Bekämpfung der Tuberkulose in Dänemark. k) Bibliographie.
1I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
3. KlopstoekundKowarsky, Prak- | unter besonderer Berücksichtigung der Jetzt-
tikum der klinischen, chemisch-mikroskopischen | zeit. — 34. H. J. Losch, Die Bewegung der
und bakteriologischen Untersuchungsmethoden, | Bevölkerung Württembergs in den Jahren 1910
— 81. Report of the Henry Phipps Institute bis 1913. — 35. N.R. v. Ortner, Klinische
Philadelphia 1915. — 32, Harry Plotz, Peter Symptomatologie innerer Krankheiten. — 38.
K. Olitzky und George Baehr, Die Atio- | Fejes, Entstehung, Verbreitung und Ver-
logie des Fleckfiebers. — 33. Emil Abder- hütung der Seuchen.
halden, Die Grundlagen unserer Ernährung
l. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
444. David Rothschild, Über tuberkulösen Rheumatismus.
Seine Entstehung und Behandlung. Ther. Mh. 1917 Nr. 4.
Nicht zu verwechseln mit dem eigentlichen tuberkulösen Gelenk-
rheumatismus (Poncet) sind die recht häufigen Rippenfell-Rheumatoiden
und die Head’schen Hyperalgesien bei Phthisikern. Bei den Rippenfell-
Rheumatoiden, die einen hoben Prozentsatz aller Rippenfellentzündungen
begleiten, besteht ein fortgeleitet oder auf refektorischem Wege entstandene
Druck- und Schmerzempfindlichkeit der Haut und Muskulatur des Schulter-
gürtels. Es kann zur Muskelatrophie kommen. Mit Vorliebe sind der
Kukullaris, Pektoralis, Supra- und Infraspinatus und Deltoideus betroffen.
Die Erscheinungen sind äusserst flüchtig. Therapeutisch kommen Jodein-
pinselungen, Schmierseifeneinreibungen, Heftpflasterverbände und innerlich
Salizyl in Betracht. Bei den Head’schen Hyperalgesien handelt es sich
um reflektorisch entstandene Überempfindlichkeiten der Haut und Mus-
kulatur der Brust und Oberarme. Sie gehen parallel mit dem Wieder-
aufflackern der Lungenherde Spasmen in der Muskulatur sind häufig.
Auch echte Neuritiden, die unter dem Bilde der Polyneuritis verlaufen,
kommen bei Phthisikern durch Tuberkuloseintoxikation zur Beobachtung.
Gegenüber diesen Erkrankungen ist der echte tuberkulöse Rheumatismus
selten. Unter 1600 tuberkulösen Soldaten fand Verf. 73mal die Diagnose
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 259
Rheumatismus. Von diesen 78 konnten nur 7 als echte tuberkulöse
Rheumatiker angesprochen werden. Poncet unterscheidet 3 Gruppen
des tuberkulösen Rheumatismus: 1. Arthralgien, 2. akute und subakute
Gelenkentzündungen, welche ähnlich der Polyarthritis verlaufen. Beide
Formen gehen häufig ineinander über. Auch die 2. Form geht meist ohne
Versteifung trotz starker Ergüsse in völlige Heilung über. 3. Die chro-
nischen Gelenkentzündungen. Sie pflegen zur Ankylose des Gelenks und
zur deformierenden Polyarthritis zu führen. Der tuberkulöse Rheumatismus
tritt fast nur bei geschlossener Tuberkulose auf, meist bei fibrösen Formen,
die zur Heilung neigen. Im Vordergrund der Therapie steht die Tuber-
kulinbehandlung, unterstützend wirken Wärme, Bäder, Bier’sche Stauung.
Salizylpräparate sind völlig unwirksam. Berlin, Schömberg.
445. J. van Breemen, Het Chronisch rheumatisch Gewrichts-
lijden in Nederland. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 29. u.
27. Mai 1916.
Auf Grund von 600 Fällen von chronischem Rheumatismus wird
eine Übersicht über die verschiedenen Formen, ihre klinischen Erschei-
nungen und Therapie gegeben. Als zweiten Haupttypus behandelt Verf.
den chronischen Gelenkrheumatismus mit — als erster Unterordnung — den
Fällen, die von den französischen Schriftstellern (namentlich von Poncet)
als „rheumatisme tuberculeux“ beschrieben sind und in der holländischen
Literatur (nach Nolen) „tuberculosis rheumatoides“ genannt werden. Diese
Fälle zeigen öfters eine wenig scharfe Krepitation, beträchtliche periartikuläre
Infiltrationen, Verschlimmerung nach antirheumatischen Badekuren und
Bewegung, Besserung durch Heisse-Luft-Behandlung oder besonders nach
Strahlentherapie und absoluter Ruhe; Massage gibt wechselnde Resultate.
Die Pirquetreaktion kann negativ sein. Als objektives Kennzeichen soll
die Bestimmung des opsoninischen Index brauchbar sein. Selten war bei
diesen Patienten eine klinische Tuberkulose anwesend oder trat eine solche
in der Vorgeschichte der Kranken auf. J. Peerenboom.
446. Frank E. Taylor and Horace Wilson, The value of
Arneth’s leucocythe count in pulmonary tuberculosis. Brit.
Journ. of Tub. Vol. XI Nr. 3, Juli 1917.
Um sich bei ihren Versuchen nicht beeinflussen zu lassen, teilten
sich die Verf. so in die Arbeit, dass der eine die Proben zur Leukozyten-
zählung (Arneth) von in Frage kommenden Patienten entnahm und der
andere ganz unabhängig davon die Färbung und Zählung ausführte. Sie
kamen zu folgenden Schlussfolgerungen: „Wenn grosse „Lävodeviation“
im Blutbild vorhanden ist, so kann kein bleibender grosser Nutzen durch
eine Behandlung erwartet werden als Verlängerung des Lebens. Wenn
keine Lävodeviation vorhanden ist, selbst bei ausgedehnter Erkrankung,
80 ist Wahrscheinlichkeit gegeben, dass der Prozess sich chronisch gestaltet.
Es gibt Fälle, wo ein aktiver Prozess mit Lävodeviation in Bildung eines
fibrösen Prozesses mit Besserwerden des Leukozytenbildes übergehen kann
und dies scheint durch Tuberkulin begünstigt zu werden. — Es scheint,
dass in der Prognosenstellung die Leukozytenverhältnisse nach Arneth
wertvollen Aufschluss geben können.“ (Die spezielle, subtile Methode der
Verf. ist im Original nachzulesen.) Amrein, Arosa.
17*
260 Ätiologie und Verbreitung.
447. Hertha Schulz, Untersuchungen über den Wassergehalt
des Blutes bei tuberkulösen Kindern des 1. und 2. Lebens-
jahres. Dissert. Berlin 1917. (Jahrb. f. Kinderhlk. N. F. 85.)
Beziebungen zwischen Steigerung des Blutwassergehaltes und Aus-
breitung der Tuberkuloseinfektion liessen sich nicht beobachten. Es er-
gaben sich. auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tuberkuloseinfektion
an sich eine Wasseranreicherung des Körpers hervorruft.
Von 7 tuberkulosefreien Kindern zeigten 2 mit exsudativer Diathese
eine leichte Steigerung ihres Wassergehaltes, 5 mit relativ guter Konsti-
tution wiesen einen normalen Blutwassergehalt auf, der nach den Resultaten
der Verf. etwa um 81°/o liegt, bei einem Durchschnittsalter von 7,5 Monaten.
C. Kraemer II, Stuttgart.
448. W. Unverricht, Der Einfluss meteorologischer Faktoren
auf das Zustandekommen von Lungenblutungen. Zschr. f.
Tbc. 27 Nr.5
Auf Grund seiner ar Beobachtungen bei 102 Lungenblutungen kommt
U. zu dem Resultat, dass „den kleinen und rasch aufeinander folgenden
Luftdruckschwankungen und den Veränderungen im luftelektrischen Zu-
stand der Haupteinfluss auf das Zustandekommen von Blutungen bei
Patienten im Hochgebirge zuzuschreiben ist“. Diese kleinen Schwankungen
im Luftdruck und Veränderungen des luftelektrischen Zustandes treten
namentlich bei Luftdruckdepressionen, bei Föhn und bei Südwind auf.
Der absolute und relative Feuchtigkeitsgehalt der Luft spielt beim Auf-
treten der Blutungen keine Rolle. Berlin, Schömberg.
449. Josef Hollós, Reflexionen zu den Arbeiten: ©. Mansfeld
„Über unregelmässige Menses“ und E. Scipiades „Über
innere Sekretion der Ovarien‘“. Orvosi Hetilap 1916 Nr. 46.
H. vertritt von neuem seinen bekannten Standpunkt, laut welchem
die Ursache der unregelmässigen Uterinal-Blutungen oft in einer tuber-
kulösen Intoxikation zu suchen ist. Diese pathologische Erscheinung ist
sodann mittelst L-K.-Behandlung zu beheben. D.O. Kuthy, Budapest.
b) Ätiologie und Verbreitung.
450. S. Delepine, A contribution to the study of delayed or
„latent‘“ tuberculous infection. Brit. Journ. of Tub. Vol. XI
Nr. 3, Juli 1917.
Durch Impfungen am Meerschweinchen studierte Verf. verschiedene
Einwirkungen auf die Virulenz von „tuberkulösen“ Produkten aus mensch-
licher oder boviner Provenienz, namentlich auf tuberkelbazillenhaltige
Milch, indem er solche für eine bestimmte lange Zeit auf niederen Wärme-
graden hielt (unter 6° C) oder hohen Temperaturen aussetzte (65° bis 85°).
Meerschweinchen, die mit so behandelter Milch geimpft wurden, blieben
zunächst anscheinend während einigen Wochen frei von Infektion, wurden
schliesslich aber doch tuberkulös. Diese „verspätete‘“ Infektion wurde be-
obachtet, wenn die Milch erhitzt wurde auf 65° während 180 Min., 70°
während 45 Min., 74° während 30 Min., 76° während 10 Min., 85° während
15 Min. (Verschiebung der Infektionszeit um 2 Monate). Die ausgeführten
Impfversuche ergaben folgende Schlussfolgerungen:
Diagnose und Prognose. 261
. 1. Meerschweinchen, welche mit nicht vorbehandelten stark bazillen-
haltigen Produkten geimpft wurden, entwickelten an der Impfstelle „ex-
tensive“ tuberkulöse Läsionen innerhalb 2 Wochen.
2. Meerschweinchen der gleichen Grösse und unter gleichen Be-
dingungen, welche mit den gleichen bazillenhaltigen Produkten in viel
grösseren Mengen, aber vorher hohen Temperaturen ausgesetzt, geimpft
wurden, zeigten sehr geringfügige Veränderungen an den Impfstellen inner-
halb 11 Wochen.
3. Die Eingeweide und der Grossteil der Lymphdrüsen bei Impfung
mit nicht vorbehandelten Produkten waren der Sitz von ausgedehnten Ver-
änderungen 6 Wochen nachher.
4. Mit vorher erhitzten Produkten ergab die Impfung einige Male
Erkrankung der Eingeweide und Lymphdrüsen in fast gleicher Weise
wie bei Impfung mit nicht vorbehandeltem Material, aber erst nach Ab-
lauf von 11 Wochen.
5. Aus diesen Resultaten sei zu schliessen, dass die meisten erhitzten,
Bazillen zunächst kaum fähig waren, den Leukozytenwiderstand an der
zuerst infizierten Stelle zu besiegen, dass aber einige wohl „entschlüpfen‘“
und durch Wanderzellen weggeführt und dann fähig würden sich zu ver-
vielfältigen und ihre pathogene Kraft zurückzugewinnen.
6. Es scheint auch hervorzugehen, dass die Wiedererlangung der
Virulenz sich um so leichter einstellt, je grösser die Distanz von der
Impfstelle ist, denn während die lokalen Erkrankungen unbedeutend blieben,
zeigten diejenigen in den entfernteren Organen fast die gleiche Extensität
wie bei Impfung mit nicht vorbehandelter Milch.
2. Die Beziehungen zwischen Extensität der tuberkulösen Läsionen
und der Distanz von der Impfstelle legen nahe, an einen Prozess der
Wiederverstärkung der Virulenz zu denken, analog der Produktion
eines „Virus fixe“ bei Passage durch eine Serie von Versuchstieren
(Pasteur). Amrein, Arosa.
451. Julius Fejer, Über die Rolle der chronisch-infektiösen
Krankheiten in der Hervorrufung von Augenleiden. Gyögydszat
1916 Nr. 53.
Die Tukerkulose verursacht am Auge, im Gegensatz zu Skrofulose,
keine akuten, sondern meist sich langsam entwickelnde Erkrankungen mit
torpidem Verlauf. Die einzelnen Formen der Augentuberkulose werden
detailliert geschildert. D. O. Kuthy, Budapest.
c) Diagnose und Prognose.
452. Böttner, Über selteneren Reaktionsverlauf bei der proba-
torischen Tuberkulinimpfung. M. m. W. 64. 1917 8. 444.
B. beschreibt 2 Fälle, die besonders deswegen der Beachtung wert
sind, weil bei diesen nach probatorischen Tuberkulininjektionen (1,0, 3,0
und 5,0 mg) trotz Aufseins keine Temperatursteigerung, wohl aber eine
ausgesprochene Herdreaktion mit positivem Lungenbefund und allge-
meinem Krankheitsgefühl auftrat. Das Ausbleiben der Temperatursteige-
rung lässt sich nicht sicher erklären. Beide Fälle lehren, dass man beim
Ausbleiben der erwarteten Temperatursteigerung nicht ohne weiteres die
Diagnose Tuberkulose fallen lassen darf. Die subjektiven Angaben des
262 Diagnose und Prognose.
Kranken sind zu bewerten. Gründliche und häufigere Lungenunter-
suchungen post injectionem sind, was eigentlich als selbstverständlich an-
zunehmen ist, erforderlich. Bredow, Ronsdorf.
453. Brösamlen und Kraemer, Zur Tuberkulindiagnostik der
Lungentuberkulose. M. m. W. 64. 1917 8. 645—647.
Verf. besprechen die Methoden und Schwierigkeiten der Diagnose-
stellung bei der aktiven, aber geschlossenen Lungentuberkulose In
klinisch zweifelhaften Fällen bedienen sie sich seit Jabren mit Vorteil der
subkutanen Tuberkulininjektionen Alt-Koch in Dosen von 0,1, 0,5, 1,0
und 5,0 mg. Diagnostisch als zuverlässig bewertet wird nur die Herd-
reaktion. Diese äusserte sich bei 330 mit positiver Herdreaktion beob-
achteten Fällen folgendermassen:
1. Durch das Auftreten oder die Zunahme einer Dämpfung mit mehr
oder weniger deutlichen Veränderungen des Atemgeräusches in 128 Fällen,
2. durch Auftreten oder Zunahme einer Dämpfung zusammen mit
Rasselgeräuschen in 168 Fällen,
3. durch Veränderungen des auskultatorischen Befundes allein in
34 Fällen.
Besonders auffällig ist, dass von den Verfassern wieder bei der Fest-
stellung einer Herdreaktion der Perkussion eine beherrschende Rolle zuge-
eprochen wird — im Gegensatz zu der jetzt üblichen Ansicht. Eine Eini-
gung scheint sich über den Wert oder Unwert der Tuberkulindiagnostik
zunächst überhaupt nicht erzielen zu lassen. Die Tuberkulindiagnostik —
ebenso wie die Therapie — wird nach wie vor Ansichtssache der einzelnen
Tuberkuloseärzte sein und bleiben. Bredow, Ronsdorf.
454. Hamburger, Zur Tuberkulindiagnostik der Lungentuber-
kulose. (Bemerkungen zu vorstehender Arbeit von Brösamlen
und Kraemer.) M.m. W. 64. 1917 S. 841.
Im Anschluss an die Arbeit von Brösamlen und Kraemer hebt
H. in kurzen kritischen Worten hervor, dass durch Nachweis einer Herd-
reaktion nur die tuberkulöse Natur eines Herdes, nicht aber die Aktivität
oder Passivität festgestellt wird. Ferner: Eine kumulative Wirkung des
Tuberkulins gibt es nicht. Löwenstein und andere haben diese als Sen-
gibilitätserscheinung in einwandsfreier Weise erkannt.
Bredow, Ronsdorf.
455. Fritz Ditthorn und Werner Schultz-Berlin, Ein An-
reicherungsverfahren für den Nachweis von Tuberkelbazillen
im Sputum. Zbl. f. Bakt. (Orig.) 79 Nr. 4 S. 166.
Das Verfahren besteht darin, dass dem mittels Kalilauge oder Anti-
formin homogenisierten Auswurf ungefähr 1,5 bis 2 cem des 20°. Lig.
ferri oxychlorati auf je 30 ccm Sputum langsam zugesetzt und dabei be-
ständig umgerührt wird. Der sich bildende Niederschlag wird abfiltriert,
mit der schmalen Kante eines Objektträgers abgestreift und dann auf einen
anderen (oder mehrere) Objektiräger fein verteilt, getrocknet und gefärbt.
Der Niederschlag haftet auf dem Glase sehr gut. Dieses Verfahren war
dem Ublenhuth’schen noch überlegen; es erfordert auch verhältnismässig
wenig Zeit. C. Servaes.
ir
~y-
Therapie. 263
456. Josef Löwi, Die Weisz’sche Reaktion. Gyógjászat 1916
Nr. 47.
Die als Ersatz der Diazoreaktion Ehrlich’s empfohlene W eisz’sche
Reaktion hat nach L. keinen praktischen Wert.
D. O. Kutby, Budapest.
d) Therapie.
457. J. Hekman, Over de behandeling van verschillende Ziekten
met Auto-vaccins. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 10. Juni 1916.
Mitteilung über die therapeutische Anwendung von Autovakzinen bei
mehreren Krankheiten u. a. auch bei der sekundären Infektion mit Staphy-
lokokken und Diplokokken bei Lungentuberkulose. Hier waren die
Resultate aber ganz und gar negativ. J. Peerenboom.
458. Ebstein, Zur intravenösen Behandlung von inneren Blu-
tungen mit Kochsalz-Chlorkalzium-Injektionen. M. m. W. 64.
1917 S. 801—803.
Auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt E. zur Stillung von Lungen-
blutungen die intravenöse Injektion von einer Chlorkalzium-Kochsalzlösung
(0,020/0 CaCl, NaCl 10°/)). Wenn diese Therapie ja auch nicht sicher °
wirkt, so gehört sie doch zu den besten. Die Lösung kann in Ampullen
stets vorrätig sein. Bredow, Ronsdorf.
459. König, Beitrag zur Behandlung der Lungenblutung mit
Digitalis. M.m. W. 64. 1917 8.70.
Verf. liefert ein praktisches Beispiel zur neuen Behandlung der
Lungenblutung nach Prof. Jessen, Davos. Eine verhältnismässig leichte
Blutung, die auf keine der bekannten Methoden zum Stehen gebracht
werden konnte, stand prompt am 2. Tage der Digitalisbebandlung.
Bredow, Ronsdorf.
460. Grosser, Koagulen bei Magenblutung und Hämoptoe.
M. m. W. 64. 1917 S. 67—68.
Koagulen Kocher-Fonio in Lösung per os verabreicht wird bei
schweren Magenblutungen als Blutstillungsmittel empfohlen. Das Prä-
parat soll möglichst mit der blutenden Fläche in Berührung gebracht
werden. Auch bei Hämoptoe hat Verf. in einem Falle einen güustigen
Erfolg gesehen, indem er das Mittel direkt in die Lunge, in der Fossa
infraclavicularis einstechend, injizierte. Verf. erklärt bereits selbst, dass
der 'Tierversuch die Unschädlichkeit dieser Methode erst sicher stellen
müsse, Bredow, Ronsdorf.,
461. Dubs, Zur Frage der Stillung von Magenblutungen durch
Koagulen. M. m. W. 64. 1917 S. 279—280.
In diesem Artikel wird die Anregung Grossers, Koagulen bei
abundanter Lungenblutung zur Blutstillung direkt ins kranke Lungenge-
webe zu injizieren, als zu gefährlich zurückgewiesen, um die Methode in
praxi zu verwirklichen. Auf jeden Fall ist die tierexperimentelle Unter-
lage unbedingt erforderlich. , Bredow, Ronsdorf.
264 Therapie.
462. Klare, Kalziumkompretten gegen Nachtschweisse der Phthi-
siker. D. m. W. 1916 Nr. 21.
Die Kalziumchloratumtabletten (MBK) haben sich als gutes
Antibydrotikum erwiesen (anfänglich 3X 1 Tabl., dann zurückgehend),
Brühl, Schönbuch.
463. Cesare Antoniucei, Capparoni’s Verfahren bei Behand-
lung der tuberkulösen Pleuritis und Peritonitis. Z? Poli-
clinico 1916 H. 39.
Capparoni behandelt die exsudative tuberkulöse Pleuritis und Peri-
tonitis mit Einspritzung mit Jodoformglyzerin in die betreffenden Höblen.
Er erklärt sich die guten Erfolge in der Weise, dass sich langsam Jod
abspalte und dieses die Tuberkelbazillen vernichte und die in dem Serum
enthaltenen Toxine verändere, wodurch eine Art Autotuberkulintherapie
zustande komme,
Die Einspritzungen müssen, wenn der Zustand des Kranken es nicht
anders verlangt, ohne vorheriges Ablassen der Flüssigkeit gemacht werden.
Nach der Einspritzung tritt Fieber auf, das seinen Höhepunkt am 2. Tag
erreicht und 57 Tage dauert. Das Exsudat neigt anfangs dazu sich
zu vergrössern, dann nimmt es aber rasch ab und ist gewöhnlich am
20. Tag verschwunden.
Verf. bat auf diese Weise 12 Fälle von exsudativer tuberkulöser
Pleuritis und. 7 Fälle von Peritonitis derselben Beschaffenheit behandelt,
deren Krankengeschichten er bringt. In den 12 Fällen von Pleuritis
erreichte Verf. fast obne Ausnahme einen raschen und günstigen Erfolg.
In 9 Fällen trat nach einer einzigen Einspritzung eine völlige Aufsaugung
des Ergusses ein. In 3 Fällen musste die Einspritzung wiederholt werden,
wonach ebenfalls eine günstige Wendung erfolgte. Alle Kranken befanden
eich, ale Verf. sie nach einiger Zeit wieder sah, in gutem Allgemein-
zustand.
Bei allen 7 Fällen von Peritonitis schwand nach der Einspritzung
der Aszites. Darunter bedurfte es bei 4 Fällen nur 1 Einspritzung von
2—4 g Jodoform, bei 3 Fällen waren 2 Einspritzungen nötig. In einem
sehr schweren Fall musste die Parazentese gemacht werden: Es wurden
über 4 1 Flüssigkeit entleert, der Rest kam unter Anwendung der Helio-
therapie und einer Jod-Arsenkur zur Resorption.
Verf. zieht verhältnismässig kleine Dosen vor (2 g Jodoform), da
hiernach eine weniger lebhafte Reaktion auftritt und eine allzu heftige
Reizung der Serosa, die für den Erfolg nicht nötig ist, vermieden wird.
In 3 Fällen von tuberkulöser Peritonitis zeigten sich im Leibe unregel-
mässige, harte, mehr oder weniger umfangreiche Anschwellungen, die nach
Anwendung der Helio- und Radiotherapie wieder verschwanden.
Galli, Lugano.
(Aus dem Italienischen übersetzt von Ganter, Wormditt.)
464. S. Stocker jr., Beitrag zur chirurgischen Behandlung der
tuberkulösen Bauchfellentzündung. Corr. Bl. für Schweizer
Ärste 1917 Nr. 25 S. 800.
Verf. schlägt das folgende Vorgehen vor. Laparotomie mittels Me-
dianschnitt. Adhäsionen werden mit aller Vorsicht nur so weit gelöst,
—
ER — ea. Bu
$
—m— | —
Klinische Fälle, 265
als es nötig ist, um die ganze freiwerdende Fläche ausgiebig mit einem
in offizinelle Jodtinktur getauchten Tupfer bestreichen zu können, Falls
derbe Adhäsionen stören, scheut sich Verf. nicht, zur besseren Ausbreitung
des Medikaments eine zweite Inzision zu machen. Jodismus tritt nur bei
intaktem, nicht aber bei tuberkulös erkranktem Peritoneum auf, und hat
die Jodapplikation auch keine Verwachsungen zur Folge, wovon sich Verf.
bei an Kaninchen ausgeführten Experimenten überzeugte. Der postopera-
tive Verlauf war durchweg ein erstaunlich guter. Näheres ist im Original
nachzulesen. Im Verlaufe von 4 Jahren wurden 15 Fälle der genannten
Kur unterworfen. Die sofortigen Erfolge, sowie auch besonders die Dauer-
resultate waren sehr günstig, kein Todesfall! Auf Grund einer statisti-
schen Aufstellung seiner Erfolge kommt Verf. zu folgendem Schluss.
„Wir erzielen also bei der Behandlung der tuberkulösen Peritonitis mit
der Laparotomie und Jodtinkturapplikation bessere und zuverlässigere
Resultate, wie mit jeder anderen. Die Einfachheit der Technik lässt nichts
zu wünschen übrig. Es sollen aber die Patienten auf diese Weise be-
handelt werden, bevor sie ihre Widerstandskraft verloren haben. Bei der
geringen Gefabr des Eingriffs und der schlechten Prognose der Krankheit
sind wir berechtigt, die chirurgische Bebandlung in jedem Falle von Peri-
tonitis tuberculosa vorzuschlagen.“ Lucius Spengler, Davos.
465. v. Hayek, Beobachtungen über die entlastende Wirkung
der Spengler’schen Immunkörper (I.K.) bei febrilen Tuber-
kulosen. M. m. W. 64. 1917 S. 46—48.
v. H. beschreibt seine Versuche mit I.K. als Anregung zur neuer-
lichen vorurteilslosen Überprüfung nach möglichst eingehender Orientie-
rung über die Anwendungstechnik. Verf. ist der Meinung, dass IK.
tatsächlich eine spezifische Wirkung gegen die Tb.-Gifte besitzt und in
erster Linie dazu berufen ist, eine wertvolle Ergänzung der aktiv immu-
nisierenden Behandlungsmethoden zu bieten. Besonders bei hochfebrilen
und entkräfteten Schwerkranken, die einer aktiven Reaktion nicht mehr
fähig sind, sei diese passive Immunisierung das letzte und einzige Mittel,
die Tb.-Gifte zu bekämpfen. Schwierig ist für den Anfänger die Dosie-
Tungstechnik, bei der es auf die richtige Kombination der beiden Wir-
kungen des I.K. (der bakteriolytischen und antitoxischen) für den Erfolg
ankommt. Bredow, Ronsdorf.
e) Klinische Fälle.
466. L. R. Grote, Über Heilung der tuberkulösen Hirnhautent-
zündung. Zbl. f. inn. Med. 1917 Nr. 7.
Zusammenfassend sagt Verf.: Es gelang, zwei Fälle von tuberkulöser
Meningitis (Bazillen im Liquor) unter zeitweise täglich ausgeführten Lum-
balpunktionen zur Heilung zu bringen. Es wurden jedesmal durchschnitt-
lich 30—35 ccm Liquor entnommen. Gleichzeitig wurden hohe Dosen
Urotropin mehrere Wochen hindurch gegeben, die die Ausheilung vielleicht
unterstützten. Ausser der Meningitis wiesen die Fälle klinische Zeichen
von Tuberkulose nicht auf. Hans Müller.
467. Gustav Ranft, Zwerchfellhernie als Folge eines Lungen-
Schusses. D. m. W. 1917 Nr. 22.
Beschreibung eines interessanten Falles, der 16 Monate nach erlittenem
266 Tuberkulose und Krieg.
Lungenschuss ad exitum kam. Er wurde 10 Wochen nach der Verwun-
dung bereits wieder als k. v. zum Truppenteil entlassen, kam zum 2. und
3. Mal wieder ins Feld, dazwischen wegen angeblichen Magenkatarrhes
und Beschwerden beim Niesen und Husten einigemal ins Lazarett, und
starb durch hinzugetretene Bronchitis und Pleuritis. Bei der Sektion zeigte
sich das untere Drittel des linken Pleuraraumes fast ganz ausgefüllt vou
einer prall mit dünnflüssigem Kot gefüllten Darmschlinge (Querkolon),
die durch eine für zwei Finger durchgängige Öffnung in die Brusthöhle
sich vorwölbte. Die Darmschlinge war mit dem Zwerchfell fest verwachsen.
Neben der Öffnung im Zwerchfell alte, schwielige Narbe.
Schlussfolgerung: „Man soll bei Lungenschüssen, die im Bereich des
unteren Brustraums liegen, stets an die Möglichkeit einer dadurch be-
dingten Zwerchfellhernie denken. Bestätigt sich der Verdacht, so ist es
nicht angängig, solche Leute als k. v. zu erklären, da eine hinzutretende,
an sich unbedenkliche Erkrankung der Atmungsorgane bei ihnen eventuell
den Tod zur Folge haben kann.“ C. Kraemer IJ, Stuttgart.
468. Jos. Schulte, Ein Fall von primärem Bronchialkarzinom
der linken Lunge in seinem Yerhalten zur klinischen und
röntgenologischen Differentialdiagnose. Dissert. Bonn 1916.
Die physikalische Untersuchung liess bei freiem Gefässsystem und
freiem Mediastinum den Verdacht auf ein Neoplasma der linken Lunge
aufkommen. Die röntgenologische Beobachtung ergab einen grossen, vom
linken Hilus ausgehenden, nach der Peripherie zu wachsenden Tumor. Die
Diagnose Bronchialkarzinom wurde daraufhin nach der Beschreibung von
Arnsperger, die Röntgenuntersuchung der Brustorgane, gestellt. Die-
selbe wurde durch die Autopsie bestätigt. Hans Müller.
469. S. Wideroöe, Ein Fall von tuberkulöser Peritonitis. Norsk
Magazin for Legevidenskaben 1917 Nr. 5.
Birger-®verland.
470. S. Holth, Ein Fall von Tuberkelbildung in der Iris. Norsk
Magazin for Lagevidenskaben 1917 Nr. 5.
Birger-®verland.
f) Tuberkulose und Krieg.
471. Symposium: Tuberculosis among combatants and war-
workers. (Tuberkulose bei Kriegern und Kriegsarbeitern.)
(Umfrage bei Lungenärzten in England.) Brit. Journ. of Tub.,
April 1917, Bd. 11 Nr. 2.
Clifford Albutt: Der Fürsorge für vom Sanatorium Entlassene
ist mehr Beachtung zu schenken.
Philip Boobbyer rügt das jetzige System der Tuberkulosebe-
kämpfung während des Krieges als ungenügend. Es fehle:
1. an genügender Fürsorge für vorgerückte Fälle, welche gerade die
grösste Infektionsgefahr für die Umgebung bieten,
2. am guten Erfolge in den Sanatorien wegen der zu kurzen Kurdauer,
3. an einer entsprechenden Zahl von Freiluft-Arbeitskolonien und
Farmkolonien für aus dem Sanatorium Entlassene,
4. an genügender Kontrolle bei den zu Hause Behandelten.
iR
Tuberkulose und Krieg. 267
Hyslop Thomson: Während auf der einen Seite der aktive Dienst
latente Tuberkuloseherde häufig reaktiviert und neue Infektionen setzt,
wird andererseits durch das stete Leben in freier Luft, geregelte Lebensweise
und körperliche Arbeit im Dienst ein günstiger Einfluss bei Soldaten
mit alten latenten Herden und bei Prädisponierten beobachtet. Besonders
gefährdet sind die Munitionsarbeiter. Der gewöhnlich gewährte Zeit-
raum von 13 Wochen Sanatoriumsbebandlung ist zu kurz. Die Entlassung
aus der Heilstätte ins gewöhnliche Leben eine zu brüske Änderung, so
dass bald Rückfälle folgen. Entlassung aus dem Sanatorium soll erst
erfolgen, wenn a) keine Tuberkelbazillen im Sputum, b) normale Tem-
peraturen auch bei leichterer körperlicher Arbeit vorhanden, c) keine
Rasselgeräusche mehr zu hören, d) keine Tendenz zu Blutungen vorhan-
den ist.
Horace Wilson: Während des Ansturms bei der ersten Rekrutie-
rung haben sich zahlreiche bereits tuberkulös erkrankt Gewesene ein-
schreiben lassen:
1. Solche, welche es aus reinem Patriotismus taten,
2. leicht Kranke, die glaubten, der Aufenthalt in freier Luft sei so
gut wie ein Sanatoriums-Aufenthalt,
3. solche, die dachten, lieber einen schnellen Tod vor dem Feinde zu
suchen, als langsam und unheilbar daheim dahinzusiechen,
4. vorgerückte Fälle, die auf eine Unterstützung ihrer Frauen und
Familien hofften, wenn sie im Dienste sterben.
Im allgemeinen habe der Krieg klärend gewirkt; nichtsuspekte Fälle
wurden erkannt, andere günstig beeinflusst. Nach dem Kriege werde die
gelichtete und gesichtete Bevölkerung weniger günstigen Nährboden für
den Tuberkelbazillus darbieten (? Ref.).
Henry Wilson McConnel schlägt als Schema des Vorgehens vor:
. Sanatoriumsbehandlung für beginnende und sonst geeignete Fälle,
. Fürsorgebehandlung wo nötig,
. Hospitalbehandlunug für vorgerückte Fälle,
. ebenso für chirurgische Tuberkulose,
. nachträgliche Fürsorge nach Entlassung aus der Behandlung,
namentlich in bezug auf Hygiene, entsprechende Beschäftigung und
Anstellung, Aufklärung, Unterricht.
Guthbert G. Welch plädiert für Freiluft-Kinderschulen, überhaupt
für Kinderfürsorge und für Fürsorge der aus der Behandlung Entlassenen,
für bessere Wohnungsverhältnisse auch auf dem Lande und gute Milch-
zufuhr. Amrein, Arosa.
OU U N me
472. Sims Woodhead and Jones Varrier, The tuberculous
soldier. Brit. Journ. of Tub. Vol. XI Nr. 3, Juli 1917.
Die beiden Autoren forschen dem Schicksal des tuberkulösen Kriegers
nach. Von vornherein habe sich die Ansicht überall als zu optimistisch
und unhaltbar ergeben, dass der kontinuierliche Aufenthalt in frischer
Luft im Felde auch auf eine bestehende Tuberkuloseerkrankung günstig
einwirke. Gerade in diesem Kriege sind die Strapazen und Anforde-
rungen an den einzelnen viel zu gross, und Soldaten, welche an Lungen-
tuberkulose leiden, werden sich als wenig wertvoll für die Armee erweisen.
Nach kurzer oder längerer Zeit brechen sie zusammen und verschlechtern
268 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
sich meist hoffnungslos. Vorschläge für Behandlung und Versorgung
der im Krieg tuberkulose-krank gewordenen Soldaten werden gemacht,
wobei die Fürsorge für die vorgerückten Fälle, die Verhütung von weiterer
Ausbreitung durch Infektion ganz besonders berücksichtigt werden sollen.
Ein nationales Schema soll dafür ausgearbeitet werden, unter zu Grunde-
legung der guten Erfahrungen in der Grafschaft Cambridgeshire mit der
Methode der Versicherung der Soldaten, wie sie sich als Tuberkulose-
Versicherung im Zivilleben bewährt bat, mit Fürsorge auch für die ent-
lassenen kranken Soldaten, durch Verwendung derselben in Landwirtschaft,
Gründung von Landwirtschaftskolonien etc. Amrein, Arosa.
g) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
473. Aus deutschen Heilstätten:
a) Ärztlicher Bericht über den Betrieb der Heilstätte Luit-
poldheim im Jahre 1915.
Im Berichtsjahr fanden mehr Soldaten wie im Jahre zuvor Aufnahme
Es wurde hier wie auch in anderen Heilstätten die Betrachtung gemacht,
dass die Soldaten eine ausserordentlich geringe Gewichtszunahme im Ver-
gleich zu den Zivilpatienten zeigten. Die Ursache hierfür ist wohl in
der Hauptsache darin zu suchen, dass die Soldaten in den meisten Fällen
schon Wochen oder gar Monate hindurch in Heimatslazaretten verpflegt
worden sind, so dass das Körpergewicht eine Steigerung kaum noch zu-
lässt. Die Einwirkungen des Kriegsdienstes auf Nervensystem und Ver-
dauungskanal spielen hierbei wohl auch eine gewisse Rolle. Wichtiger
ist wohl noch die Gewöhnung des Soldaten an unmässiges Rauchen, wor-
über ja in den meisten Heilstätten geklagt wird. — Von Anfang Mai
bis Anfang Oktober schliefen 65 Kranke in den Hausliegehallen. — Die
Verpflegung machte naturgemäss viel Schwierigkeit. Von Nährhefe, 2 mal
täglich ein Esslöfel voll in Suppe, wurde ausgiebig Gebrauch gemacht.
Sie wurde gern genommen und bekam den Patienten gut. Sana, Sanella,
Renin, Maismehl, Melban, Gustin, Mondamin, Plantin, Agumameh], Schoko-
ladepulver u. ä. Mittel wurden zur Streckung der Nahrungsmittel ver-
wendet, ohne dass jedoch die Nahrung dadurch kalorienreicher gemacht
werden konnte.
b) Die Lungenheilstätte Kolkwitz bei Cottbus im Jahre 1915.
(Auszug aus dem Verwaltungsbericht des Vorstandes der
Landesversicherungsanstalt Brandenburg fir das Geschäfts-
jahr 1915.)
Der ärztliche Dienst wurde für den im Felde weilenden dirigierenden
Arzt von einem Vertreter versehen. — Die Beschäftigungskur spielt auch
hier eine grössere Rolle. Die Patientinnen wurden mit Aufräumen des
eigenen Zimmers, Arbeiten auf der Krankenstation, Nāhen, Flicken,
Plätten, Tischdecken, Anfertigen von Abschriften im Geschäftszimmer und
vor allem mit Arbeiten im Gemüsegarten und Park beschäftigt. Aufge-
nommen wurden nach Möglichkeit nur leichte Fälle. Von 398 Kranken
während des Berichtsjahres konnten 13 als nichttuberkulös entlassen
werden. Hans Müller.
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 269
474. Zehn Jahre Kampf gegen die Lungentuberkulose in Nürn-
berg. Ein Umriss der Tätigkeit des Vereins zur Bekämpfung
der Tuberkulose in Nürnberg E. V. vom 3. August 1906 bis
3. August 1916 von Dr. S. Flatau, Vorsitzender und Dr.
A. Frankenburger, Oberarzt der Fiürsoi:gestelle.
Auch während des Krieges hat die Fürsorgestelle in Nürnberg den
Kampf gegen die Tuberkulose fortgeführt. Sie hatte die grosse Freude,
in ein neues modern eingerichtetes Heim einziehen zu können, so dass es
möglich wurde, in kürzerer Zeit grössere Arbeitsleistungen zu bewältigen.
Die ganze ausgedehnte Tätigkeit während der letzten 10 Jahre gibt ein
schönes Bild der en der gesamten deutschen Tuberkulose-
bekämpfung. Hans Müller.
475. Chr. Saugman, Mitteilungen aus dem Vejlefjord-Sanatorium.
XVII, 1917. Kopenhagen 1917.
150 Patienten sind entlassen nach durchbschnittlicher Kurdauer von
192 Tagen. Durchschnittliche Gewichtszunahme 4,7 kg. Tuberkelbazillen
wurden bei 72,7°/o nachgewiesen, schwanden bei 47,4°/o. 72 Patienten
hatten Fieber bei der Ankunft, afebril wurden 57.
Der Kurerfolg war bei 78°/o positiv, 43,3°/o der entlassenen wurden
geheilt oder bedeutend gebessert. 22 wurden mit Pneumothoraxartif. behandelt,
bei 8 liess ein Pneumothorax sich nicht bilden.
Das Sanatorium hat die !.ichtbehandlung im grossen Stile aufge-
nommen. Eine Lichthalle mit 2 Kohlenbogenlampen (& 75 Amp.) und
5 Quarz-Quecksilberlampen ist eingerichtet; auf dem Dache befindet sich
eine Anstalt für Sonnenbäder. Das Sanatorium nimmt in Zukunft auch
Patienten mit chirurgischer Tuberkulose auf.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
476. Bericht über die Tätigkeit 1916—1917 des Nationalvereins
zur Bekämpfung der Tuberkulose in Dänemark. Kopen-
hagen 1917.
Aus den 6 dem Nationalverein zugehörenden Sanatorien für Er-
wachsene (Silkeborg, Faxinge für Männer, Skörping, Nakke-
böle, Ry, Haslev für Frauen) sind im ganzen 1230 Patienten entlassen;
574 Männer, 656 Frauen. Die durchschnittliche Behandlungsdauer war
188—172 Tage. Tuberkelbazillen wurden bei 62°/o der Männer, 540/0
der Frauen nachgewiesen. Positive Resultate wurden bei 926 erreicht, als
relativ geheilt oder bedeutend gebessert wurden 645 entlassen. Nebst der
gewöhnlichen bygienisch-diätetischen Behandlung wurde in den Sanatorien
die Behandlung mit Pneumothorax artific., Tuberkulin, Lichtbädern (Quarz-
Quecksilber- oder Kohlenbogenlicht) ausgeübt. Dem Berichte jedes Sana-
toriums ist èine Statistik über die Dauererfolge beigefügt.
Aus dem Kindersanatorium bei Kolding (Julemarkesana-
torium) sind 215 Kinder entlassen. 172 davon hatten manifeste Lungen-
tuberkulose; Behandlungsdauer durchschnittlich 287 Tage. Tuberkel-
bazillen bei 11°/o gefunden. 115 wurden relativ geheilt oder bedeutend
gebessert.
43°/o Kinder waren tuberkuloseverdächtig mit positiver Tuberkulin-
reaktion, sie wurden durchschnittlich 109 Tage behandelt.
270 Allgemeines.
In den Sanatorien für Erwachsene ist die Arbeitstherapie durchge-
führt worden ; die Patienten sind in verschiedenen Arbeiten (Garten-,
Feld-, Werkstättenarbeit) 2—6 Stunden täglich beschäftigt. Im Kinder-
sanatorium ist der Schulunterricht 188 Kindern gegeben; weiter arbeiten
die Kinder mit (Slöjd, Buchbinderei, Gartenarbeit).
290 Kinder mit Skrofulose wurden aus den Küstensanatorien ent-
lassen. 2. für Knaben Nyborg, Hjerting, 2 für Mädchen Faxe,
Kalövig.
Das Pflegeheim bei Ry hat 12 unheilbare Frauen, das bei Faa-
borg 10 beherbergt.
Im Berichte sind weiter Mitteilungen aus den verschiedenen Tuber-
kulosestationen (Fürsorgestellen) im Lande aufgenommen.
Endlich gibt der Bericht Mitteilung von der Ökonomie des National-
vereine. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
h) Allgemeines.
4721. Krautwig, Hygienische Beziehung zwischen Stadt und
Land. Nach einem Vortrag bei der 45. Hauptversammlung des
Rheinischen Vereins für öffentl. Gesundheitspflege am 13. Junt
1914 in Coblenz. Zbl. f. Gesundheitspfl. 34. 1916 H.1u. 2.
Stadt und Land stehen wirtschaftlich und politisch in einem gewissen
Gegensatze. Diese Tatsache darf jedoch nicht zu einer gegenseitigen Be-
kämpfung führen, da beide, Stadt und Land, Industrie und Landwirt-
schaft in fortschreitender Entwicklung das Gedeihen unseres Vaterlandes
ausmachen.
Auch in hygienischer Beziehung bestehen Wechselwirkungen zwischen
Stadt und Land. Wohnung, Ernährung und Arbeit in der Stadt sind der Ge-
sundheit weniger zutrāglich wie auf dem Lande. Fürsorgebestrebungen
baben hier schon frühzeitig eingesetzt, so dass die Sterblichkeitsziffern der
Stadt niedriger sind als die des Landes. Dies hängt nun z.B. damit zu-
sammen, dass das Land mehr Säuglinge und Kleinkinder aufweist, die
eine besonders hohe Sterblichkeit haben, und dass die Sterblichkeitsgefahr
der Frau zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr durch zahlreiche Geburten,
schwere Landarbeit und vor allem Tuberkulose auf dem Lande besonders
gross ist.
Die Gefahr der Typhusverbreitung ist auf dem Lande aus nabelie-
genden Gründen besonders gross. Eine Einschleppung in die Stadt durch
Nahrungsmittel hat in vielen Fällen nachgewiesen werden können, während
die Übertragung von Scharlach und Diphtherie sehr viel seltener ist.
Umgekehrt eind die Städte wieder die Ursache für die Verschleppung von
Geschlechtskrankheiten und Keuchhusten auf das Land, letzteres durch
die Unsitte, noch nicht völlig ausgeheilte Kinder zur Erholung aufs Land
zu schicken.
Tuberkulose und Säuglingssterblichkeit finden sich auf Stadt und
Land gleichmässig verteilt.
Vortragender betont zum Schluss die unbedingte Notwendigkeit eines
Zusammenarbeitens von Stadt und Land durch Zusammenschluss geeigneter
Organisationen zum Kampf gegen Seuchen und Volksschäden, nicht zum
wenigsten durch weiteren Ausbau eines dichten Netzes von Säuglings-
und Tuberkulosefürsorgestellen. Hans Müller.
Grenzgebiete,. 241
478. Effler, Offene und geschlossene Tuberkulose. Zschr. f. Toc.
26 H.6.
Verf. schlägt vor statt der Ausdrücke ‚offene‘ und „geschlossene“
Tuberkulose, die Ausdrücke „Tuberkulose mit“ und „Tuberkulose ohne
Sputum“, da sich jederzeit der Übergang von der „geschlossenen“ in die
„offene Form“ vollziehen kann. „Tuberkulose mit Sputum“ hat für die
Praxis als ansteckende Form zu gelten.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
479. C. Liebe, Einheitliche Zeichensprache bei Untersuchung
Lungenkranker. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1916 S. 315.
Verf. empfiehlt die allgemeine Annahme des Nahmschen Schemas
zur einheitlichen Eintragung der Lungenbefunde.. Wenn man überhaupt
ein Schema anwendet, was ja Geschmacksache ist, sollte man jedenfalls
das Nahm’sche wählen, das vom Deutschen Verein der Heilstättenärzte
angenommen worden ist. Ref.) Leschke, Berlin.
480. Höhne, Die Jubiläumsstiftung des Deutschen Lehrervereins.
Tbe.-Fürs.-Bl. 2. 1916 Nr. 4.
Am 1. I]. 16. ist die Jubiläumsstiftung des deutschen Lehrervereins
ins Leben getreten mit dem Zweck, Mitgliedern des Vereins, die an
Tuberkulose erkrankt sind, Unterstützungen zu gewähren. Für Kurbei-
hilfen für erkrankte Lehrer können jährlich rund 30000 Mk. verwendet
werden. Rehs, Davos.
481. Kankeleit, Billige Frühjahrs- und Herbstkuren. Tbc.-
Fürs.-Bl. 1916 Nr. 7.
Im Pestalozzihaus in Rauschen (Ostsee hat man seit 7 Jabren auch
mit Frühjahrs- und Herbstkuren, neuerdings auch mit Winterkuren gute
Erfahrungen gemacht, ebenso sind die Erfolge des seit 2 Jahren beste-
henden Offiziersgenesungsheims zu allen Jahreszeiten eehr gut. Diese Er-
fahrungen sollten der Allgemeinheit zugute kommen und weniger Bemit-
telten eine billige Kur an der See ermöglicht werden. Im Frühjahr und
Herbst fällt die Kursteuer fort, Wohnung, Bäder usw. sind billiger und
die Verpflegung lässt sich besser regeln als im Sommer bei grossem Fremden-
andrang. Rehs, Davos.
i) Grenzgebiete.
482. F. Karewski-Berlin, Die Aktinomykose der Lunge und
Pleura. Ergebn. d. Chir. u. Orthop. 8. 1914. S. 424.
K. bespricht eingehend in einzelnen Abschnitten die Morphologie und
Biologie des Pilzes, die Ätiologie der Lungenaktinomykose, die patholo-
gische Anatomie, Symptome und Verlauf, Diagnose und Differentialdiagnose,
Prognose und Therapie. Die Differentialdiagnose hat in erster Linie
maligne Tumoren und Tuberkulose zu berücksichtigen. Das Entscheidende
bei der Frühdiagnose ist der Nachweis der typischen Drusen im Auswurf,
der selber sonst kein charakteristisches Verhalten darbietet. Wenn ein
bevorstehender oder vollendeter Durchbruch nach aussen vorliegt, wird
durch Punktion, evtl. mehrfache, resp. Probeinzision die Diagnose ermög-
licht. Ein wichtiges Symptom ist ferner ein Sukkussionsgefühl der
272 Grenzgebiete.
Thoraxanschwellung, das durch Kommunikation mit dem lufthaltigen
Lungengewebe nach Abschluss und Zerstörung der Pleura zustande kommt.
Sehr verdächtig auf Aktinomykose ist heftiger anhaltender Pleuraschmerz
bei verhältnismässig geringem Pleura- und Lungenbefund. Die Röntgen-
diagnostik gibt keine einwandfreie Aufklärung, die Serodiagnostik ist noch
in den Anfängen. Als Therapie kommt nur die schonungslos radikalste
chirurgische Entfernung mit Messer und Paquelin in Frage. Bei der
infausten Prognose sind auch grösste Eingriffe gerechtfertigt. Je eher und
radikaler die Fälle zur Operation kommen, um so besser ist die Heilungs-
. aussicht. Medikamentös kommt nur Jodkali, und auch dieses nur unter-
stützend in Frage. Geinitz, Tübingen.
483. Weicksel, Zur Frage der Behandlung des Asthma bron-
chiale. M. m. W. 64. 1917 S. 278—279.
Die grössten Erfolge bei der Behandlung des Asthma bronchiale ver-
spricht die Psychotherapie. Medikamentös kommen eine Reihe von Mit-
teln in Betracht, die aber ganz individuell sind. Bewährt hat sich im
akuten Anfall die kombinierte Injektion von Adrenalin und Hypophysenex-
trakt. Nach dem Anfall sollen möglichst grosse und möglichst über
einen langen Zeitraum sich erstreckende Dosen von Kalk (täglich bis zu
10—15 g Calcium lacticum!) gegeben werden. Eine besondere Beach-
tung verdient auch die Regelung der Kost, des Stuhlganges usw.
Bei der Blutuntersuchung fand sich nach der Adrenalin- Hypophysin-
Einspritzung stets ein vorübergehendes Abfallen der Eosinophilen und ein
vorübergehendes Steigen der Übergangsformen und grossen Mononukleären.
Aus der Zahl der Eosinopbilen kann auf die Schwere des Asthmaanfalles
geschlossen werden : je grösser die Eosinophilie, desto schwerer das Asthma.
Bredow, Ronsdorf.
484. Quincke, Ein Thoraxkompressor. M. m. W. 63. 1916
S. 1175.
Beschreibung eines Thoraxkonpressors, der sich nach Verf. vor allem
durch Leichtigkeit und Beweglichkeit auszeichnet, so dass er in jeder
Körperstellung angelegt werden kann. Bredow, Ronsdorf.
485. Hofbauer, Zur Asthmafrage. M. m. W. 64. 1917 S. 466
bis 467.
Bei der Mundatmung wird die Feuchtigkeit und Wärme der Schleim-
haut herabgesetzt. Dadurch tritt eine Schädigung des zarten und
empfindlichen Flimmerepitbels ein. Der Schleim trocknet auf der Ober-
fläche ein und ruft, selbst in kleinsten Partikelchen — Kitzel im Halse,
trockenen Hustenreiz und Druck auf der Brust hervor. Von diesen Be-
schwerden bis zum Asthmaanfalle ist aber nur ein Schritt. Leicht erklär-
lich werden durch die Mundatmung die Athmaanfälle in den Morgen-
stunden und bei Temperaturwechsel. Bei letzterem tritt dann noch die
bei Asthmatikern so häufige Neigung zu Katarrhen mit verstärkten An-
fällen hervor.
Die Erfolge der Summtherapie beim Bronchialasthma erklärt Verf.
im allgemeinen nicht nur durch die Bekämpfung der Lungenblähung son-
dern z. T. durch die Ausschaltung der die Bronchialschleimhant reizenden
Mundatmung. Bredow, Ronsdorf.
A
Grenzgebiete. 273
486. 0. Wolff, Über Atemgymnastik. Tulerculosis, Nov. 1916.
Der Verf. singt der verständig und richtig in den geeigneten Fällen
betriebenen Atemgymnastik mit Recht ein Loblied. Niemand wird leugnen,
dass die Ruhe- oder Liegekur ein vortreffliches Kurmittel ist, dem bei der
Lungentuberkulose eine hohe Bedeutung zukommt. Aber sie ist doch nicht
das letzte Wort: Es hat sich noch niemals jemand gesund „gelegen“,
sondern höchstens sein Leben verlängert. Das gesunde Leben wird nicht
ausschliesslich oder auch nur vorwiegend liegend verbracht. Zur Liege-
kur muss also früher oder später, je nach Art des Falles, Bewegung und
Übung ergänzend und schliesslich ablösend hinzutreten, wenn Gesundheit
erreicht werden soll. Da kommt auch die Atemgymnastik zur Geltung.
Verf. sagte manches Gute und Anregende über sie und wird hoffentlich
dazu beitragen, sie etwas mehr in den „Heilplan“ einzustellen ala bisher
üblich ist. Wir müssen aus aller einseitigen Übertreibung heraus, müssen
uns vor allem hüten, irgendwelche an sich gute Methode als die allein
seligmachende anzusehen und zum modischen Schlagwort werden zu lassen.
Meissen.
487, Pauchet-Amiens, Die Behandlung der Pleurafisteln (chro-
nischen Empyems). Nach einem Referat der M. m. W. aus
Presse médicale 1916 Nr.72. M. m. W. 64. 1917 S. 607.
Die Pleurafisteln als Folgeerscheinungen einer Brustwunde oder In-
fektion der Atemwege sind häufig. Ihre Behandlung sollte in den Spitä-
lern nicht vernachlässigt werden. Als Behandlungsmethoden kommen in
Betracht: zunächst vorbereitend: Drainage der tiefstgelegensten Punkte,
Anwendung physikalischer Hilfsmittel wie Sonnenbäder, allgemeine Mas-
sage, Gymnastik etc. und Sicherstellung des Sitzes des Eiterberdes durch
Röntgenstrahlen, dann die Hauptoperation nach Wahl zwischen den
3 folgenden Methoden je nach Art und Lage der Fistel: Rescktion einer
oder mehrerer Rippen, Ablösung der Pleuraschwarte von den Lungen
(Dekortikation nach D&lorme) oder Einführung der Wismutpaste in einen
„wurstförmigen“ Hohlraum. Es soll möglichst nur Lokalanästhesie ange-
wandt werden, die Blutstillung eine vollkommene sein und besonders die
Nachbehandlung überwacht werden. Ev. kann die Operation mehrzeitig
gemacht werden. Bredow, Ronsdorf.
488. K. Ochsenius, Zur Therapie der rezidivierenden Bronchitis
im Kindesalter. D. m. W. 1917 Nr. 26.
Verf. hat mit den seither üblichen Behandlungsmethoden der Bron-
chitis im Kindesalter wenig befriedigende Erfahrungen gemacht. Seit
Czerny wissen wir, dass die Neigung zu exsudativen Prozessen der
Haut- und Schleimhäute im Kindesalter von der Art der Ernährung ab-
hängig ist. Eine grosse Rolle spielt nach Verf. die Darreichung von zu
viel Flüssigkeit, vor allem Milch. Er hat 24 Fälle von rezidivierender
Bronchitis mit konsequenter, und teilweise rigoroser Durstkur behandelt,
und dabei keinen Misserfolg, wohl aber durchgreifende, dauernde Erfolge
gesehen. Die örtliche Behandlung bestand lediglich in der Anwendung
von Nasentropfen (Argent. proteinic., Argent. colloid. aa 0,1; Aqu. dest.
ad 10,0), die Verf. ausserordentliche Dienste geleistet haben.
C. Kraemer II, Stuttgart.
Internat. Centralbi. f, Tuberkulose-Forschung. 11. 18
274 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
k) Bibliographie.
Kirstein, Desinfektion phthisischen Auswurfs. Veröffentl. d. Med. Abteil. des
Ministeriums. Verlag von R. Schötz, Berlin 1916.
B. Weickardt, Die operativen Erfolge in der Behandlung der Rippen- und
Brustbeintuberkulose. Dissert. Breslau 1916.
O Schlesinger, Die Verbreitung der Tuberkulose nach den Ergebnissen der
v. Piryuet'schen Kutanreaktion. Dissert. Berlin 1916.
H. Perl, Die Messung und Beurteilung der Körperkonstitution mittels des
Dynamometers. Dissert. Königsberg 1916.
H. Foetke, Beitrag zur Kenntnis der atmungsregulierenden Wirkung der Lungen-
vagi. Dissert. Königsberg 1916.
Schröder, Schömberg.
I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
30. Klopstock und Kowarsky, Praktikum der klinischen, chemisch-
mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchungsmethoden. Ver-
lag von Urban & Schwarzenberg, Berlin N, 1917. 420 S. Mit zahlreichen
Abbildungen und Tafeln. Preis M. 10.—.
Das bekannte Praktikum ist in vierter, wesentlich umgearbeiteter Auflage |
erschienen. Es enthält wieder in mustergültiger Weise die wichtigsten klinischen, i
chemisch-mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchungsmethoden, die der E
praktische Arzt wissen und beherrschen muss. Wir wollen auch an dieser Stelle
durchaus empfehlend auf das ausgezeichnete Buch hinweisen, welches in kurzer,
klarer Darstellung alles Wichtige bringt und die neuesten Untersuchungsmethoden
eingehend berücksichtigt. Ausser den Untersuchungen der Sekrete der oberen
Luftwege, des Sputums, des Mageninhaltes, der Fäzes und des Harnes, weiter
des Blutes und der Punktionsflüssigkeiten werden in den letzten Kapiteln noch
die bakteriologische Untersuchung bei Erkrankungen der Haut und die gebräuch-
lichen bakteriologischen Untersuchungsmethoden im allgemeinen unter Bringung
von Farbrezepten und Anweisungen für die Darstellung der wichtigsten Nähr-
böden besprochen. Zalılreiche gute Abbildungen und farbige Tafeln erläutern den
Text. Der Leitfaden wird auch in jedem Laboratorium der Lungenheilstätten
voll und ganz seinen Platz behaupten. Schröder, Schömberg.
31. Report ofthe Henry Phipps Institute Philadelphia 1915:
a) H. R. M. Landis and J. S. Reed, Factors affecting the health
of garment makers. (Faktoren, die die Gesundheit der Konfek-
tionsarbeiter angreifen.)
Die Verff. untersuchten die sanitären Verhältnisse in einer grösseren Anzahl A
nordamerikanischer Kontektionsfabriken an zusammen etwa 1000 männlichen und
weiblichen Arbeitern. Sie zeigen, dass die sanitären Einrichtungen, Feuersicherbeit,
Licht, Ventilation, Staubverhütung, Wasch- und Klosetträume usw., in sebr vielen
Fällen ungenügend seien. Ihre Untersuchungen, die durch zahlreiche, sehr instruk-
tive Tabellen deutlich gemacht werden, führen sie zu folgenden Schlüssen:
Mit wenigen Ausnahmen lassen die Fabriken in bezug auf ihre sanitären
Einrichtungen viel zu wünschen übrig und kommen den Staatsgesetzen in dieser
Beziehung nicht nach. Die Wirkungen der persönlichen Hygiene, der Ernährung
und des Schlafes scheinen direkt auf die Ausdehnung von Krankheiten sowohl
bei männlichen als auch bei weiblichen Arbeitern zu wirken, besonders stark aber
2— -
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 275
bei den letzteren. — Wenn man die Beschäftigungsarten als solche betrachtet,
so findet man unter den Männern die Bügler am meisten für solche Allgemein-
krankheiten empfänglich, die als Berufskrankheiten angesprochen werden können,
insbesondere für starke Lidrand- und Bindehautentzündangen und für Beschäf-
tigupgsneurosen. Mit fortschreitendem Alter erhöht sich die Häufigkeit der Berufs-
krankheiten bei den Büglern. — Berufskrankheiten, besonders solche auf Grund
von Muskelüberanstrengungen, sind bei Männern häufiger als bei Frauen, was
indessen guf dem Charakter der Beschäftigungsarten der beiden Geschlechter
beruht. — „Erkältungen“ und ähnliche Allgemeinleiden, die auf äusseren Arbeits-
bedingungen und auf niedriger Lebenshaltung (standard of living) beruhen, findet
sich bei Frauen in grösserer Zahl als bei Männern.
Die Autoren verlangen als praktische Folgen ihrer Untersuchungen, dass
der Arbeitgeber von jedem neu eintretenden Arbeiter fordere, er solle sich ärztlich
untersuchen lassen. Ebenso soll den Arbeitern das Recht zustehen, einen hustenden
Kollegen zur ärztlichen Untersuchung zu zwingen. Was für Heer und Flotte
möglich sei, nämlich dass es Berufskrankheiten in ihnen nicht gäbe, das sei auch
für die Industrie möglich; vorausgesetzt, dass beim Eintritt in ein neues Arbeits-
verhältnis die in Frage kommenden Personen ebenso peinlich genau untersucht
würden wie die Soldaten beim Eintritt ins Heer. Patienten mit Herz- und
Lurgendefekten sind in entsprechende Berufe zu leiten.
Was speziell die Tuberkulose angeht, so ist sie bei den Konfektionsarbeitern
nicht als eigentliche Berufskrankheit, sondern mehr als eine Folge der schlechten
Lebenshaltung der Arbeiter anfzufassen. Infektionen von Arbeiter zu Arbeiter
spielen keine grosse Rolle; in 43 untersuchten Fabriken fanden die Verff nnr ein
einziges Beispiel dafür. Auch die sanitären Übelstände in den Fabriken machen
sich in dieser Beziehung nur wenig geltend. Hingegen sei den die Konstitution
schwächenden Überstunden eine ausschlaggebende Rolle für die Enstehung von
Lungenschwindsucht beizumessen.
b) C. M. Montgomery and E. H. Eckhardt, Pulmonary acustic
phenomena.
In der ausführlichen Arbeit machen die Autoren „den Versuch, den Mechanis-
mus einiger auskultatorischen Phänomene zu beleuchten“. Demjenigen, der sich
für die vielen Einzeluntersuehungen interessiert, ist das Nachlesen der Arbeit im
Original zu empfehlen. Hier seien aus der Zusammenfassung die wichtigsten Er-
gebnisse wiedergegeben.
1. Über den Ursprung der Atemgeräusche.
Vesikuläratmen. Das normale inspiratorische Vesikuläratmen
entsteht im Lungengewebe beim Übergange der Luft von den Endigungen der
kleinsten Bronchien oder der Fortsetzungen in weiter tiefer gelegene Abschnitte.
Für gewöhnlich ist es völlig unabhängig von Atemgeräuschen, die in den oberen
Luftwegen hervorgebracht werden. Das normale exspiratorische Vesikulär-
atmen entsteht, wenn auch nicht ganz, so doch teilweise in den oberen Atem-
wegen.
Bronchialatmen. Inspiratorisches und exspiratorisches Bronchialatmen
entstehen zum grössten Teile in den oberen Luftwegen. Sowohl die bronchiale
Inspiration als auch die Exspiration können beim Vorbeistreichen der Luft zwischen
den normalen Lungenpartien oberhalb und unterhalb der erkrankten Stelle modi-
fiziert werden, d.h, wenn die Luft in der Nachbarschaft desjenigen Bronchus vor-
beistreicht, der den erkrankten Lungenteil versorgt.
Kavernen- und amphorisches Atmen. Diese Atemgeräusche haben
ihren Ursprung in den oberen Luftwegen, ungefähr an denselben Stellen, die für
Entstehung des bronchialen Atmens in Frage kommen. Nur haben wir in den
erkrankten Partien anstatt eines einfachen Bronchus einen Bronchus, der mit
einer Höhle in Verbindung steht. Diese Anordnung modifiziert die Geräusche,
18*
276 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
die ausserhalb der Kaverne entstehen, ohne indessen prinzipiell neue und selb-
ständige Geräusche hervorzurufen. Das Hinein- und Hinausströmen von Luft in
Jie und aus der Kaverne kann für das Hervorbringen von wichtigen Geräuschen
für gewöhnlich — wenn auch nicht immer — vernachlässigt werden.
2. Die Übertragung der Atemgeräusche.
Die Hauptfaktoren, die darauf abzielen, die Intensität der im Thoraxinnern
entstehenden Geräusche auf ihrem Wege zur Peripherie hin abzuschwächen, sind
Diffusion und Reflexion, während die Faktoren der Absorption, Resonanz und
möglicherweise auch der Interferenz in dieser Hinsicht schwächer wirken.
Diffusion des Atemgeräusches ist ein konstanter Vorgang, der baupt-
sächlich in der im Bronchus eingeschlossenen Luft stattfindet. Diffueion ist ein
weit wichtigerer Faktor bei der Abschwächung der im Thoraxinnern entstehenden
Geräusche als gewöhnlich angenommen wird. Oft übernimmt sie die Rolle, die
der Absorption oder der geringen Leitfähigkeit zugeschrieben wird.
Reflexion des Atemgeräusches wirkt abschwächend auf dasselbe. Und
zwar ]. wenn das Atemgeräusch aus den normalen Alveolen an die sie umgebenden
dicbteren Membranen dringt, und 2. wo ein Übergang von einem dichteren
Medium in ein weniger dichtes oder umgekehrt stattfindet, z. B. dort, wo Luft
an Gewebe stösst. Der Intensitätsverlust beim Übergange von Gewebe in-
Flüssigkeit ist verhältnismässig geriug, viel geringer, als für gewöhnlich ange-
nommen wird,
Absorption des Atemgeräusches, d.h. sein Verschwinden als Schallener-
gie, spielt keine wichtige Rolle für die Abschwächung des Atemgeräusches, ob-
gleich man ihr lange eine solche zugedacht hat. In geringem Grade wird das
Atemgeräusch wohl beim Übergange zwischen Medien von verschiedener Dichte
absorbiert, aber der Hauptteil des Intensitätsverlustes wird durch die Diffusion
und Reflexion verursacht.
Normale Lunge. Hier liegen die Verhältnisse so: Die Abschwächung
der Intensität des Atemgeräusches bei seinem Wege durch das Thoraxinnere kommt
vor allem durch Diffusion und Reflexion zustande. Die Reflexion im besonderen
ist wirksam, 1. wenn das Atemgeräusch im Luftinhalte eines Bronchus mit der
Bronchialwand zusammenstösst, zumal in den grösseren Bronchien, 2. wenn das
Geräusch von der Bronchialwand in die Luft der umgebenden Alveolen übergeht,
3. wenn das Atemgeräusch an die straffen Septen innerhalb der Lunge anprallt
und 4., wenn das Atemgeräusch von der lufthaltigen Lunge an die Wand des
Brustkorbes stösst.
Verdichtungen. Abgesehen von dem deutlichen Intensitätsverluste des
Atemgeräusches beim Übergange vom Bronchiallumen auf die Bronchialwand, findet
bei Lungenverdichtung der Hauptverlust auf dem Wege zur Peripherie durch Diffu-
sion und nicht durch Absorption statt. Man kann so verstehen, warum verdichtetes
Lungengewebe gewöhnlich lauteres Atemgeräusch aufweist als normales.
Pleuraerguss. In Fällen mit vermindertem oder aufgehobenem Stimm-
fremitus ist nach Eintritt der Schwingungen in die Flüssigkeit die Diffusion und
nicht die Absorption oder Reflexion die Hauptquelle für den Intensitätsverlust
des Atemgeräusches. Die Verminderung des Geräusches fällt weg und macht
sogar einer wirklichen Vermehrung des Stimmfremitus Platz, wenn die Lunge,
anstatt nur kollabirt und noch lufthaltig zu sein, verdichtet ist. Denn der In-
tensitätsverlust beim Übergange von Lunge in Exsudat ist viel geringer, wenn
das Lungengewebe verdichtet ist, als wenn es noch Luft enthält.
Pneumothorax. Hier sind die Verhältnisse ziemlich parallel denen, die
wir bei Pleuraergüssen finden, vorausgesetzt, dass die Lunge lufthaltig und über-
- all gleichweit von der Brustwand entfernt ist. Während beim Pleuraexsudat der
Intensitätsverlust des Atemgeräusches durch den Übergang der Schwingungen
von Luft in Flüssigkeit hervorgerufen war, kommt er hier durch den Übergang
M
Aa
A
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. etl
von Luft in die Brustwand zustande. Ist die Pneumothoraxlunge verdichtet, so
findet ein sehr starker Intensitätsverlust des Atemgeräusches beim Übergange
von verdichteter Lunge in Luft statt. Besteht eine offene Fistel zwischen einem
Bronchus und der Pneumothoraxhöhle, so pflegt der Stimmfremitus vermehrt zu
sein. Neumann, Baden-Baden.
32. Harry Plotz, Peter K.Olitzky und George Baehr, Die Ätiv-
logie des Fleckfiebers. (Aus dem pathologischen Laboratorium des Mount
Sinai Hospital, New York.) Autorisierte Übersetzung aus dem Englischen
von k. k. Reg.-Arzt Dr. Friedrich Schwarz. Urban und Schwarzenberg,
Berlin-Wien 1917. 80 S. 1 Tafel.
Verff. beschreiben einen von Plotz im Jahre 1914 entdeckten Mikroorga-
nismus als den Erreger sowohl des epidamischen europäischen Fleckfiebers als
auch des milderen amerikanischen Fleckfiebers in Amerika als Brill’s Disease
bekannt. Es handelt sich um einen kleinen unbeweglichen Gram-positiven Bazillus.
Derselbe ist am anaerob und wächst am besten auf 0,5—2°/oigem Glukoseagar in
Form von kleinen Flocken am Gefässboden mit der Tendenz, den Gefässwänden
entlang emporzuwuchern. Der Bazillus konnte in allen untersuchten Fällen von
europäischem Fleckfieber im febrilen Stadium aus dem Blut in Reinkultur gezüchtet
werden. Die serologischen Reaktionen zwischen Bazillus und Patientenserum waren
spezifisch. Komplementbindung fand sich auf der Höhe der Erkrankung von 25
Fällen nur 2mal, sie nahm jedoch während der Entfieberung an Menge zu. Ebenso
traten die Agglutinine während der Entfieberung auf uud erreichten etwa 4 Tage naclı
der Entfieberung ihr Maximum. Ähnlich verhalten sich die Präzipitine, während
Bakteriolysine nicht gefunden wurden. Durch gekreuzte Komplementablenkung
konnte die Identität der aus dem europäischen und aus dem amerikanischen Fleck-
fieber gezüchteten Bazillen nachgewiesen werden. Zum Tierversuch eignen sich
besonders Meerschweinchen und Affen. Es konnten jedoch nur in 33 !/3°/o der
mit Fleckfieberblut geimpften Meerschweinchen aus deren Blute typische Bazillen
gezüchtet werden, was Verff. mit der geringen Menge von Blut, die aus den Meer-
schweinchenherzen steril gewonnen werden konnte, zu erklären suchen. Die auf
diese Weise gewonnenen Kulturen ergeben wiederum die spezifischen Reaktionen.
Je schwerer die Meerschweinchen erkrankt waren, um so höher war der Prozent-
satz an Bazillenbefunden im Blut. In zahlreichen Versuchen an Meerschweinchen,
welche mit europäischem Fleckfieberblut geimpft waren, haben die Verff, wenn
auch alle anderen Organe pathologisch-anatomisch keine Veränderungen aufwiesen,
stets eine deutliche, hauptsächlich auf einer Hypertropbie der Malpighi'schen Körper
beruhende Vergrösserung der Milz gefunden. Durch Tierpassage büssen die Bazillen
ihre Virulenz ein, besonders die aus amerikanischen Fällen gezüchteten Bazillen.
Die Infektiosität des Blutes ist von dem Vorhandensein einer genügenden Anzahl
von Bazillen abhängig.
Verff. haben mit wissenschaftlicher Genauigkeit gearbeitet und haben versucht,
mit Hilfe der modernen bakteroilogischen Untersuchungsmethoden den Beweis zu
erbringen, dass der von Plotz im Jahre 1914 entdeckte Mikroorganismus der Er-
reger sowohl des amerikanischen wie des europäischen Fleckfiebers ist. Die Beweis-
kette erscheint lückenlos. Die Zahl der europäischen Fleckficberfälle, welche zur
Zeit das Hauptinteresse beanspruchen, ist nur gering. Sie beschränkt sich auf
Fälle, von denen die Mehrzahl nach ihrer Rückkelir aus dem Balkankriege zur
Untersuchung kam. Es scheint sich also um nicht ganz frische Fälle gehandelt
zu haben. Es soll hiermit nicht die Diagnose „Europäisches Fleckfieber* be-
stritten werden, nur müssten die Untersuchungen auf eine grössere Anzahl von
frischen Fällen ausgedehnt werden. Mit dem von Ricketts und Wilder beschrie-
benen, jetzt als Rickettsia Prowazeki bezeichneten, Mikroorganismus scheint der
Plotz’sche Bazillus nicht identisch zu sein. Beide Gebilde sind auf verschiedenem
Wege gefunden worden, die Rickettsia Prowazeki mikroskopisch ım Blut und vor
278 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
allem in der Darmwand der Laus. Welcher Organismus der eigentliche Erreger
des Fleckfiebers ist, muss auch fernerhin weiteren Untersuchungen vorbehalten
bleiben. Die vorliegende ernste Arbeit regt zu weiterer Forschung auf dem be-
gangenen Wege an und bildet als solche einen weiteren Schritt zur Erkenntnis
der Ätiologie des Fleckfiebers.
Hans Müller.
33. Emil Abderhalden, Die Grundlagen unserer Ernährung unter
besonderer Berücksichtigung der Jetztzeit. Verlag von Julius Springer,
Berlin 1917. 144 S.
Von dem Gedanken geleitet, dass umfassendere Kenntnisse über unsere
Ernährung, vor allem zur Jetztzeit, in breiten Volksschichten unbedingt erforder-
lich sind, hat Verf., der ausgezeichnete Stoffwechselkenner, vorliegendes Buch
geschrieben. |
Zunächst hat A. darin in geschickter Weise die Grundlagen unserer Ernährung
in theoretischer Hinsicht in knapper, aber doch gut verständlicher Form besprochen:
die anorganischen und organischen Nahrungsstoffe, allgemeiner Stoffwechsel, Zell-
stoffwechsel, Fermenttätigkeit und Verdauung, Methoden der Stoffwechselunter-
suchung. An diese theoretischen und allgemeinen Betrachtungen anschliessend, ist
Verf. den wichtigsten praktischen Fragen unserer Ernährung nähergetreten. Unser
Bedarf an Pflanzen- und Fleischnahrung unter verschiedenen Bedingungen (Ruhe,
Arbeit, Krankheit), Ausnützung der Nahrungsmittel, Ernährung des Säuglings,
des wachsenden Organismus und des Erwachsenen, Folgen einer einseitigen Er-
nährung (Beriberi, Pellagra, Skorbut usw.) sind im wesentlichen die hier behan-
delten Themen. Schliesslich beantwortet Verf. auf Grund der im vorhergehenden
gegebenen Besprechungen die Frage, ob die jetzige Art unserer Ernährung aus-
reichend ist (und zwar, kurz gesagt, dahin, dass unsere Kost wohl in ibrer Zu-
sammensetzung nach dem Vorhandensein der erforderlichen verschiedenen Nah-
rungsstoffe „gut“ ist, dass aber „zu manchen Zeiten unser Bedarf nicht voll
befriedigt werden konnte‘).
Das Buch ist, was hier wohl keines besonderen Hinweises bedarf, unter dem
. neuesten Standpunkte der Forschungsergebnisse gehalten. Um hierfür nur einige
Beispiele zu geben, so sei erwähnt, dass bei der Frage nach unserem Eiweiss-
bedarf auch der neuen Forschungsresultate von Chittenden und Hindhede
gedacht worden ist, und dass die erst jüngst von v. Pirquet vorgeschlagene
Nährwert-Masseinheit „Nem“ (— Nahrungseinheit Milch) bereits Berücksichtigung
gefunden hat.
Wir zweifeln nicht daran, dass sich das Buch mit seiner lebhaften, klaren
und flüssigen Form und streng sachlichen Behandlungsweise viele Freunde er-
werben wird. K. Kautzsch, Höchst a. M.
34. H. J. Losch, Die Bewegung der Bevölkerung Württembergs in den
Jahren 1910—1913. Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landes-
kunde. Stuttgart, Kohlhammer, 1914/15.
Die Ergebnisse der Statistik über die Sterblichkeit an Tuberkulose in
Württemberg hat so Wichtiges gebracht, dass es unbedingt lohnend ist, auf sie
näher einzugehen. Die Tuberkulose ist in die bekannten Untergruppen: Tuber-
kulose der Lungen, Tuberkulose anderer Organe und (von 1904 ab) in die allge-
meine, akute Miliartuberkulose getrennt. — Überblickt man vom Jahre 1899 ab
die Gesamtziffern der Sterblichkeit an Tuberkulose, so ist eine ständige Abnahme,
und zwar bedeutender beim männlichen als beim weiblichen Geschlechte unver-
kennbar. Die Todesfälle an Tuberkulose anderer Organe als die Lungen und an
allgemeiner Miliartuberkulose haben dagegen nicht ab-, im Gegenteil sogar zuge-
nommen. — Auch der Gesamtsterblichkeit gegenüber ging die Sterblichkeit an
Lungentuberkulose (einschliesslich Miliartuberkulose) zurück.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 279
Das Bild wird sofort anders, wenn einzelne Altersgruppen getrennt betrachtet
werden, und zwar deutliche Abnahme bei den höheren Lebensaltern beider Ge-
schlechter, geringe bei dem männlichen in den besten Lebensaltern (15—25, 25—35),
sogar Zunahme der Sterblichkeit bei dem weiblichen dieser Altersgruppen. Die
Zahlen ergeben die Bedeutung der Tuberkulose als Todesursache für die besten
Lebensalter. — Der Verfasser hat nun weiter die Zahl der an Tuberkulose in diesen
wichtigen jüngeren Altersklassen Gestorbenen mit der Gesamtzahl der in diesen
Altersgruppen Lebenden verglichen. Er machte das Ergebnis unmittelbar ver-
gleichbar dadurch, dass er die Grundzahlen für 1899/1900 überall gleich 1000
setzte und für die Jahre 1911/12 den Durchschnitt nahm. Er erhielt dann
folgendes:
Beim männlichen Geschlacht war die Zahl der Opfer der Tuberkulose nur
im Zeitraum 1901—05 höher als die Zahl der durch andere Ursachen Gestorbenen,
sonst zunehmend geringer; beim weiblichen Geschlecht dagegen raffte die Tuber-
kulose zunehmend höhere Opfer dahin. —
Verf. sonderte nun die an Tuberkulose Gestorbenen nach Berufen, um der
Ursache für diese eigenartigen Ergebnisse näherzukommen. Es ergab sich eine
zunehmende Zahl der Opfer an der Tuberkulose in den industriellen Berufen.
Die Fälle von Landwirtschaft im weiteren Sinne und Industrie verhielten sich
1899/1900 wie 1:2, 1911 aber schon wie 1:3.
Macht man die Gliederung der Berufsabteilungen „Landwirtschaft“ und
„Industrie“ nach Altersgruppen, so zeigte sich wieder Abnahme der Zahl der an
Tuberkulose Gestorbenen bei den älteren Gruppen (über 50 Jahre), dagegen bei
den jüngeren Altersklassen (15—35) bei dem männlichen Geschlechte Abnahme
(besonders in der Landwirtschaft), bei dem weiblichen Zunahme (vor allem in
der Industrie). —
Soweit sind in aller Kürze die Ergebnisse der Sterblichkeitsziffern an Tuber-
kulose für den Zeitraum 1899—1912 wiedergegeben. — Im Jahre 1913 war ein
weiterer Rückgang der Tuberkulosesterblichkeit unverkennbar. Er erreicht aber
nur grössere Werte für die höheren Altersschichten als die allgemeine Sterblich-
keit, der er sonst im ganzen etwa gleichkommt. — Auch bei der Betrachtung
der Tuberkulosesterblichkeit nach Berufsabteilungen ergibt sich 1913 ein Rück-
gang gegen den Durchschnitt 1911/13. — Es fehlen aber Vergleichszahlen mit
den an anderen Krankheiten in den einzelnen Berufsgruppen Gestorbenen. —
Die Sterblichkeit an Tuberkulose in Württemberg hat also Wandlungen
gezeigt, die das Nachdenken nach ihren Ursachen in mannigfacher Richtung an-
regen. — Die landläufige Ansicht, die man noch immer wieder in Abhandlungen
und Vorträgen vernimmt, die Tluberkulosesterblichkeit nehme infolge unserer
Bekämpfungsmassnahmen in Deutschland zusehends und regelmässig ab, bedarf
unbedingt einer Richtigstellung. Sobald man die Altersgruppen über kürzere
Zeiträume verteilt, ergibt sich, wie wir sehen, eiu ganz anderes Bild. Die Ge-
schlechter lassen gleichfalls Verschiedenes erkennen. Das weibliche Geschlecht
zeigt in den jüngeren und mittleren Altersgruppen, also den besten, Zunahme an
Tuberkulosesterblichkeit.
Diese statistischen Ergebnisse sind für ung Beweismaterial für die Bedeu-
tung der Disposition für die Entstehung und den Verlauf der Tuberkulose. Die
Exposition dem Erreger gegenüber wird bei beiden Geschlechtern in den beson-
ders betroffenen Altersgruppen (15.—25. und 25.—35. Lebensjahr) nicht wesentlich
verschieden gewesen sein, zumal wir wissen, dass die Infektion fast stets schon
im Kindesalter erfolgt und dann zu einer mehr oder weniger starken Immunität
führt. Die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Individuen dem Krankheitskeime
gegenüber muss den Ausschlag geben.
Das angeerbte Minus der Veranlagung wird bei beiden Geschlechtern gleich
zu setzen sein. Ein weiteres Minus muss beim weiblichen Geschlecht in äusseren
280 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
Einwirkungen gesucht werden. Die physiologischen Funktionen (Menstruation,
Puerperium, Laktation) können nicht massgebend sein — sie waren in den einzelnen
Jahren wohl stets von gleichem Einfluss. Die günstige Einwirkung einer besseren
Volkshygiene, der sozialen Fürsorge und des mächtigen Ausbaus einer ziel-
bewussten Tuberkuloseverhütung und -heilung trifft weiter beide Geschlechter in
gleichem Masse. — Wir werden dahin gefübrt, die Abnahme der Widerstands-
fähigkeit des weiblichen Geschlechts dem Tuberkuloseerreger gegenüber auf die
zunehmend gesteigerte berufliche Betätigung des Weibes zurückzuführen. Es
wäre unbedingt sehr wertvoll, diesen Einflässen durch eingehende statistische
Arbeit noch mehr nachzugehen.
Der Autor hebt selbst die Bedeutung der Widerstandsfähigkeit dem Erreger
gegenüber hervor und regt zu statistischer Bearbeitung der sie bedingenden
Einzelheiten an. — Wir sehen, welche Bedeutung die württembergische Statistik
der Sterblichkeit an Tuberkulose hat, sie weist in vorbildlicher Weise neue Wege
zur Erforschung der Disposition und damit zur Vertiefung unseres Wissens von
der Pathogenese der Tuberkulose. —
Der Krieg mit der zum Teil völligen Verschiebung der sozialen Verhältnisse,
mit der durchaus andersartigen Gestaltung der beruflichen Betätigung beider
Geschlechter würde der Statistik zur Erforschung der Tuberkulose die lohnendsten
Aufgaben zuweisen, die ihrerseits befruchtend auf die Fürsorge, die Prophylaxe |
und Therapie einwirken werden. Schröder, Schömberg,
35. Norbert R. v. Ortner, Klinische Symptomatologie innerer Krank-
heiten. Erster Band. Erster Teil. Bauchschmerzen (schmerzhafte
Bauchaffektionen). Verlag von Urban und Schwarzenberg, Berlin-Wien 1917.
Preis br. M. 15.—, geb. M. 17,50.
Als Frucht langjähriger klinischer Erfahrung bietet Ortner in dem vor-
liegenden Buch den Eingangsband eines Werkes, das die Symptomatologie der
inneren Krankheiten behandeln soll. Der Band enthält eine Fülle von dia-
gnostischen und differentialdiagnostischen Hinweisen, die alle ausschliesslich
auf das subjektive Symptom der Bauchschmerzen Bezug haben. In einzelnen
Abschnitten werden nach topographischen Gesichtspunkten die diffusen und die
lokaligierten Bauchschmerzen behandelt. Das Werk bietet mannigfache Belehrang
und Anregung und sei zum eingehenden Studium auf das Wärmste empfohlen.
Ein sorgfältiges Sachregister erleichtert die Benutzung. Rosenow.
36. Ludwig Fojes- Budapest, Die Entstehung, Verbreitung und Ver-
hütung der Seuchen, mit Erfahrungen aus dem Felde. Urban und
Schwarzenberg. Berlin-Wien 1917. 149 S.
Übersichtliche Zusammenstellung der Infektionskrankheiten unter Berück-
sichtigung der neuesten Erfahrungen. Auch über die Tuberkulose ist in einem
kurzen treffenden Abschnitt mit Besprechung der spezifischen Diagnostik und
Therapie alles Nötige gesagt worden.
Das Büchelchen dürfte in seiner handlichen Form dem Feldarzt in dies-
Lezüglıchen Fragen ein wichtiger Ratgeber sein. Hans Müller.
>
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
——
— rrm eym pe POAT
ana a ca gr ggg — gg EEE
>
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
berausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder
Ärztlicher Direktor des Allgem. o. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Redaktion: Verlag
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Würzburg.
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg. O.-A. Neuenbürg, Wttbg. Ludwigstrasse 23112.
11. Jahrg. Ausgegeben am 31. Oktober 1917. Nr, 10,
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen bezielien sieh auf die Seiten.)
Bardswell, N. D. 29. Gazalbou 287. Lewandowsky 280. Rühl 256.
Beachant. M. 285. Giroux, L. 29]. de Massary, M. E. 287. Rousch 303.
Becker 302. Goldstein 291. Morton, J. M. 290, Salnıs, G. 20.
Bernard, L. 287. Heim 287. Nobl 304. Scherber 303,
Cayet, R. 293. Hess 29). Oppenheim 30%. Schlayer 246.
Collmann 2x9, Heusner, H. L. 295. Perutz 303. Schröder. G. 293,
Craig, F. 300. Hirsch. K. 295. Pollag 2=6. Sergent, E. 280, 29),
Danechau ?*8. Horn, P. 294, Popper 304. Strauss, H. 2%.
Dröge, K. 235. Jorni, G. 297 Poujol 259. Thiem 292.
Etienne, M. G. 287. Köhler, F. 393. Rist, E. 291. Vogel, K. 258.
Freund, R. 208. Kcsteletzky 302. Ruhemann, K. 288. ‚Wagner, C. 200.
I. Nekrolog.
Behring. Von Hans Much.
II. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
1
a) Allgemeine Pathologie und pathol, Anatomie, c) Diagnose und Prognose.
499. Béachant, Les phtisies fibreuses 003. Collmann, Die Färbemethoden nach
pendant la campagne actuelle. — 490. Dröge, Mueh und Ziehl zum Nachweis von Tuberkel-
Einfluss der Tuberkulose auf die chemische bazillen im Gewebe. — 504. Salus, Die Hämo-
Zusammensetzung des Tierkörpers. — 491. Iysinreaktion als Hilfsmittel der Meningitis-
Pollag, Primäre Schilddrüsentuberkulose. — diagnose. — 505. Morton, A rapid method
402. Lewandowsky, Tuberkulose-Immunität for the diagnosis of renal tuberculosis by the
und Tuberkulide. — 493. Rühl, Beiträge zur use of the X-rayed guinea pig. — 508. Ser-
Frage der Tuberkulide und des Lupus erythe- gent, Les signes de la plenrite du sommet et
matodes. lonr valeur dans le diagnostic de la tuberculose
pulmonaire de adulte. L'adenite et la lym-
b) Ätiologie und Verbreitung.
494. Heim, Seltenheit des Lupus und der
Peovriasis in heissen Ländern. -- 495. Gazal-
bou, La tuberculose est de nature myeosique.
— 46. Etienne, Tuberenluose traumatique, —
497.de Massaury, Pleuresie tuberceuleuse con-
sceutive a un traumatisme de gueire. — 495.
Bernard, L'origine traumatique de la tuber-
culose. — 499. Danóchau, Tuberculose pul-
monaire chez les soldats atteints de trauma-
tisme thoracique. -— 5U. Vogel, Trauma und
Gelenktuberkuivose. — 501. Ruhemann, Lun-
gertuverkulose und Betriebsunfali? — 2.
Sergent et Poujol, La tuberculose chez
los indigènes du Tell algérois.
phangite nodulaire sus-elavienlaires. -— 507.
Rist, Les principes du diagnostice rationel de
la tubereulose pulmonaire.
d) Klinische Fiilte.
503. Giraux, Tuberculose pulmonaire
traumatique. — 509, Goldstein, Kıss in der
Lungenspitze nach Hebung einer schweren
Last. Unfall? — 510, Thiem, Lungeutuber-
kulose nach Brustquetschung.
e) Hrilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heime.
511. Aus deutschen Heilstätten. a) Bericht
desHeilstätten- Vereins für den Reg.-Bez. Minden
Internat. Centralbl. f. T'ıberkulose-Farschung. 11. 19
982 Nekrolog.
„Auguste Viktoria-Stift“ 1916. b)G.Schröder, g) Grenzgebiete.
Jahresbericht der Neuon Heilanstalt für Lun- 516. Schlayer, Lungenerkrankungen nicht-
genkranke zu Schömberg. Oberanıt Neuenbürg. tuborkulöser Natur beim Heere. — 517. Jorni,
— 512 Bardswell, A Sanatorium Market | Über das Verhalten der Bronchien Fremdkör-
Garden Colony. — 513. XI. Bericht über die | pern gegenüber. — 518. Hirsch, Zur Lungen-
Tätigkeit des Vereins zur Bekämpfung der naht bei Schussverletzung des Thorax. — 519.
Tuberkulose in Nürnberg. 1916. Freund und Cayet, Wert der Spirometrie
: für die Beurteilung der Lungenschüsse. 520.
f) Allgemeines. . Hess, Lungenschüsse. — 521. Jakob, Be-
5l4. Horn, Zur Invalidenbegutachtung. en handlung der Pneump»nie mit Optochin.
5l5. Heusner, Sonne und Klima im Kampfe |
gegen die Tuberkulose.
1II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
37.H. Strauss, Die Nephritiden, Abriss | sonne. — 40. Beiträge zur Klinik der Infektions-
ihrer Diagnostik und Therapie auf Grund der | kraukheiten und aur Inımunitätsforschuug. —
neueren Forschungsergebnisse. — 38. Frank |; 41. Tuberkulose -Fürsorgeblatt 1917 Nr. 8. —
A. Craig, A study of the housing and social | 42. F. Köhler, Ergebnisse der Tuberkulose-
conditions in selected districts of Philadelphia. | forschung.
|
— 39. Karl Wagner, Die künstliche Höhen-
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
13. Wiener Dermatologische Gesellschaft. | pflege und der VII. Versammlung der Vereini-
Sitzungen vom 25. Jan. und 22. Febr. 1917. — gung der Schulärzte Deutschlands am 16. und
14, Verhandlungen der XV. Jahresversammlung 17. Febr. 1917 in Berlin.
des Deutschen Vereins für Schulgesundheits-
I. Nekrolog.
Behring.
Von Hans Much.
Der Sinn eines Nachrufes ist der einer Würdigung des Verstorbenen.
Diesem Sinne entsprechen aber gerade in unserer Wissenschaft die aller-
wenigsten Nachrufe. Teils eine Überschätzung der Wissenschaft an sich,
teils mangelnder oder abgestumpfter Blick für die wahren Werte des
Menschseins sind daran schuld, dass diese Nachrufe einen wahrhaft ge-
bildeten Geist durchgehends fast nie befriedigen. Zumeist fühlt der Verf.
sehr richtig, dass mit der wissenschaftlichen Leistung ein Lebensgang
nicht erschöpft ist; was man aber dann zur Behebung des völlig einseitigen
Bildes unternimmt, bleibt meist ganz auf der Oberfläche. So kommen
Machwerke heraus, die abgesehen von ihrem häufigen schriftstellerischen
Unwert schiefe und aufgestutzte Bilder bringen. Um einen Charakter
wirklich zu erfassen, muss man schon Künstler sein. Aber ist man selbst
Künstler und fühlt sich in den Charakter so tief wie möglich hinein, so
ist mit einer solchen Studie wiederum den wenigsten gedient. Wenn ich
einen Menschen richtig schildern will, dann kommen zuerst die ethischen
Werte, neben denen alle andern verblassen. Wer aber will die hören?
In unserer verlogenen Zeit so gut wie keiner.
Es gibt nur eine wahre Aristokratie: das ist die der Moral, nicht
die des Geistes. Moralischer Aristokrat kann jeder werden. Deshalb hört
man so ungern von der Ethik reden.
Wenn man dies erwägt, wird es einem nicht sonderbar vorkommen,
dass ein vollendeter Nachruf auf Behring, der dem wissenschaftlichen
Nekrolog. 283
Hurraschreier ob der grossen Leistungen des Verstorbenen besonders reiz-
und ehrenvoll vorkommen mag, höchst schwierig, ja in einer wissenschaft-
lichen Zeitschrift geradezu undurchführbar ist. Der Mensch Behring
war ein äusserst kompliziertes Gebilde Wer ihn nur in seinem letzten
Jahrzehnt sah, wird das kaum glauben; wer ihm aber bis in seine Jugend
nachgebt, urteilt anders. Ich habe selten‘ einen Menschen kennen gelernt,
der verstandesmässig die höchsten Werte des Menschseins so klar
erfasst hatte wie Behring. Dieser scheinbar immer nur den eigenen
Vorteil so kalt berechnende Verstand, hatte sich auch in die Tiefen wahren
Menschentums hinabgesenkt und emsig daraus geschürft. Er wusste sehr
wohl, dass hinter der sichtbaren Persönlichkeit unerkennbar das wahre. Wesen
steht, dessen Pflege einzig und allein unser ganzes Mühen zu gelten hat.
Er war sich darin in seinen besten Jahren eins mit Schopenhauer.
Aber ein heftiger Drang zum Ausleben der flüchtigen Persönlichkeit setzte
ihn in Widerstreit zu Schopenhauer’s Lehre, die er verstandesmässig
so liebte. Und wenn dieser Drang in ihm siegte, so mag allerdings auch
wieder Schopenhauer daran schuld gewesen sein, mit seinem unseligen
Irrtum von der Unveränderlichkeit des Willens in der jeweiligen Menschen-
form. So erkläre ich mir den grossen Widerstreit in Behring’s Brust,
unter dem er wohl selbst am meisten gelitten hat, zum mindesten in den
Jahren der Konsolidierung seiner Willensrichtung.
Wer will nicht zugeben, dass diesen Widerstreit nachzugehen ein
Unternehmen von ebenso grossem Anreiz wie grosser Schwierigkeit ist, dass
aber der Raum einer wissenschaftlichen Zeitschrift viel zu eng dazu ist.
Die grossen Erfolge nach aussen hin spielen bei der Ausprägung der
Behring’schen Willeusrichtung eine nicht geringe Rolle, aber sicherlich
nicht die ausschlaggebende Denn sie bestimmen nicht allererst den
Willen, sondern der Wille bestimmte allererst sie, und nur rückwirkend
hatten sie Einfluss.
Einen Schritt weiter, hinaus über den unseligen Irrtum von der
Unveränderlichkeit der Willensrichtung, und wir hätten vielleicht in dem
so willensstarken Manue nicht nur einen grossen Wissenschaftler, sondern,
was mehr ist, auch einen grossen Menschen zu bewundern.
Bleiben wir hier bei seinen erstaunlichen Leistungen für die Wissen-
schaft.
Die Auffindung und Erzeugung der Gegengifte im Blutserum bedeutet
ohne Zweifel einen Wellenberg in der Wellenbewegung, der die medizi-
nische Kultur ebenso unterworfen ist wie die allgemeine Kultur der Mensch-
heit. Die Kammhöhe dieses Wellenberges zählt mit zu den höchsten, die
in der medizinischen Wissenschaft erreicht worden sind. Ich brauche
bei ihr deshalb nicht länger stehen zu bleiben, da sie wohl allen noch
lebendig vor Augen ist, und da in dieser Zeitschrift besonders Behring’s
Bemühungen für die Tuberkulose gewürdigt werden sollen.
Diese Verdienste erreichen offenbar nicht die Höhe der Entdeckungen
bei Diphtherie und Tetanus. Aber wenn man die Tuberkulose für sich
besonders „betrachtet und auch in ihr das Gesetz der Wellenbewegung --
das von der menschlichen Selbstgefälligkeit in ein Gesetz der Kultur-
entwicklung umgefabelt wurde — verfolgt, so ist Behring’s Leistung
für die Tuberkulosebewegung ebenfalls wieder ein Wellenberg, der keinem
andern nachsteht.
19*
Ist ` Nekrolog.
Es war der Streit um die Artgleichheit der Menschen- und Rinder-
tuberkuloseerreger, der ibn in der Tuberkuloseforschung zuerst auf den
Plan rief. Behring war nicht nur der scharfe Verstand von mathe-
matischer Klarheit, sondern er verfügte zugleich über das vom Augenblick
unbeeinflusste geniale Moment, über die anschauliche, d. h. vereini-
gende Betrachtungsweise, durch die sich das Genie vom Talente: vorteilhaft
unterscheidet. So kann es nicht wundernehmen, dass er ganz für die
Arteinheit eintrat.
Anschauliche Erkenntnis ist die höchste Form der Erkenntnis. Un-
mittelbar aus ihr fliesst, wenn der Wille zu ıhr da ist, die Tat. So auch
hier. Aus der Erkenntnis der Artgleichheit floss die Tat der Rinder-
tuberkuloseschutzimpfung. Sie war nur möglich, wenn das Band zwischen
Menschen- und Rinderstämmen vorher klar erkannt war. Die Menschen-
bazillen bedeuten für die Rinder etwas Ähnliches wie die umgekehrt durch
Rinderdurchgang abgeschwächten Rinderpocken für den Menschen in seinem
Verhältnisse zu den Menschenpocken bedeuten, also einen natürlich ab-
geschwächten, aber artgleichen Ansteckungstof. An kleinen Versuchen
und an Unternehmungen von grösstem Umfange konnte Behring ein-
deutig nachweisen, dass eine Schutzimpfung gegen Rindertuberkulose sehr
wohl möglich ist, Trotzdem sind seine Bemühungen, dies Verfahren
allgemein einzuführen, gescheitert, und zwar mit gutem Grunde, denn der
Schutz ist zu kurz, und die nötige Einverleibung in die Vene schwer
durchzuführen. Auch ist die Einspritzung lebender Erreger keine end-
gültige Lösung des Problems. Behring sah das sehr wohl ein, nachdem
er sich eine Zeitlang allzusehr auf das ursprüngliche, dem Handel über-
gebene Verfahren versteift hatte. ‘Aber er geriet dabei in eine Hast und
Überstürzung, die ihn den rechten Weg verfehlen liessen. Die spätere
Forschung hat dargetan, dass bei Verwendung lebender Erreger die nöti-
gen Partialantigene nicht alle wirksam werden und deshalb der Schutz
nur schwach und flüchtig sein muss. Dies alles aber schmälert der
Behring’schen Endeckung als solcher nicht ibren Wert.
Die Höhe der Leistungen für die Tuberkulose bezeichnet meiner
Meinung nach die anschauliche Erkenntnis der Tuberkuloseansteckung.
Sie ist gar nicht hoch genug zu bewerten. Sie hat mit ihrem dringenden
Hinweis auf die Kindheit bewusst oder unbewusst führend und weisend
bei allen neueren Fortschritten gewirkt, hat uns vor der Bebauung steinigen,
ewig unfruchtbaren Bodens bewahrt und der Forschung ein Ackerland
überwiesen, das sich, wie sich zeigt, vortrefflich bebauen lässt. Zur Er-
forschung der Schwindsuchtentstehung wies Behring noch selber die
ersten Schritte. |
Diesen Erkenntnissen sollte wieder die Tat folgen. Er versuchte
Kindern geeigneten Schutz zu verleihen durch vorgebildete Kräfte, die er
in die Milch tuberkuloseimmuner Tiere zu leiten versuchte. Der an sich
treffliche Gedanke erwies sich als undurchfünrbar. Dann versuchte er,
Tuberkelbazillen so aufzulösen, dass wirksame Schutz- und Heilstoffe
gewonnen würden. Auch der Gedanke der Auflösung war gut, aber die
Ausführung war fieberhaft, ungezügelt. Im festen Vertrauen auf sich
selbst und auf die Kraft seines Willens verlor er den gewonnenen Stoffen
gegenüber alles Urteil, so dass dies Unternehmen mit einem völligen Miss-
erfolge endete.
>
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 285
Nicht nur die Geschichte der Menschheit, sondern auch die des
einzelnen ist Wellenbewegung. Je grösser das Genie, um so höher ge-
meiniglich die Wellenhöhe und um so tiefer die notwendige Wellentiefe.
Nur die ethischen Genies bilden davon eine Ausnahme, da sie das Er-
habenste, die vollkommene Meeresstille erreichen. In Behring’s geistigem
Leben liegt wie so häufig der höchste Wellenberg im Anfang: die Ent-
deckungen bei Diphtherie und Tetanus. Hier war der Wille noch rein auf
das Ziel eingestellt. Bei zunehmendem Erfolge kam von der einen Seite
die Sucht der Zeit, die geschäftliche Ausmünzung der Geistestaten, über
ihn, von der andern ein unbegrenzter Glaube an sich und seine Stärke.
Dadurch wurde die reine Stosskraft des Willens geschwächt. Die zweite
Welle seiner Geistestaten erreichte nicht die Höhe der ersten; aber mit
denen anderer Zeitgenossen verglichen ist sie immerhin von erstaunlicher
Grösse, Sie umfasst die Tuberkulosearbeite Nach dem Wellental der
„Tulase“ wurden dann die Kräfte zum letztenmal angespannt, aber die
Einheitlichkeit der Richtung war aufgelöst, zumal auch die Gesundheit
von Grund aus erschüttert war. Und wenn auch diese Kraftanstrengung
als solche menschlich zu bewundern ist, tatsächlich hat sie nur noch zu
schwachen Erhebungen geführt, die in der grossen See nichts mehr zu
bedeuten haben, bis die Kraft in das Nichts ausfloss, um von dort aus,
an neue Daseinsform gebunden, den Kreislauf von neuem zu beginnen.
I. Referate.
——
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
489. M. Beachant, Les phtisies fibreuses pendant la campagne
actuelle. Réunion médicale de la IV. armée. (Ref. La Presse
médicale 1916 Nr. 29.)
Von 39 vom Verf. während eines Zeitraumes von 6 Monaten beob-
achteten fibrösen Tuberkulosen betrafen die meisten ein Lebensalter über
30 Jahre. Bei 18 Patienten hatten sich schon früher Erscheinungen von
Lungenerkrankung gezeigt. Bei der Hälfte der Fälle erfolgte der Aus-
bruch plötzlich, bei den anderen bestanden schon längere Zeit vorher
Appetitlosigkeit, zunehmende Schwäche und Abmagerung. In 12 Fällen
trat eine Hämoptoe als prämonitorisches Zeichen auf. Die klinische
Untersuchung ergab fast in allen Fällen einen vorgeschrittenen rechts-
seitigen Prozess; auch Muskelatrophie über der erkrankten Spitze und
Überempfindlichkeit derselben zeigten sich fast regelmässig. Während bei
der Hälfte der Fälle die akuten Erscheinungen sich in kurzer Zeit zurück-
bildeten und die Erkrankten als kriegsverwendungsfähig angesehen werden
konnten, war der Verlauf bei der anderen Hälfte ein mehr chronischer;
in diesen Fällen ist natürlich eine militärische Brauchbarkeit in keiner
Form mehr anzunehmen. . Kautz, Hamburg.
490. Karl Dröge, Über den Einfluss der Tuberkulose auf die
chemische Zusammensetzung des Tierkörpers. Pflüger s Arch.
103. 1916 S. 266.
An einer Reihe tuberkulös infizierter Meerschweinchen hat Verf. die
286 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
o
chemische Analyse, besonders im Hinblick auf den Fett- und Wassergehalt
durchgeführt. Bei Untersuchung des Fettgehalts normaler Tiere fand Verf.
beiläufig ein bisher noch nicht beobachtetes Verhalten. Nach der Geburt
zeigen nämlich normale Tiere eine Abnahme des Fettgehalts. Die Be-
ziehungen zwischen der Tuberkulose und dem Fettgehalt sind derart, dass
Tiere, bei denen die tuberkulöse Infektion nicht anging oder ausheilte im
Fettgehalt normal blieben, während bei Ausbreitung der Tuberkulose der
Fettgehalt sank. Hieraus soll man aber nicht schliessen, dass der Fett-
gehalt mit einer hohen Resistenz des Organismus gegen Tuberkulose
gleichbedeutend ist. Fraglich ist es, ob man gegen die Tuberkulose mit
Überernährung ankämpfen kann.
Hinsichtlich des Wassergehalts zeigen schwer tuberkulöse Tiere eine
Steigerung, leichte Fälle eine Verringerung des Woassergehalts. Verf.
nimmt an, dass die Tuberkelbazillen selbst die Wasseranreicherung hervor-
rufen. Wasserreichtum der Gewebe erleichtert ja auch den Bakterien das
Fortleben. Die Therapie hätte somit eine Anreicherung an Wasser zu
verhindern. Der zweite Teil der Arbeit wird nicht erscheinen, da der
Verf. auf dem Felde gefallen ist. _ K. Lewin, Berlin.
491. Pollag, Primäre Schilddrüsentuberkulose. Zul. f. Path. 28.
1917 Nr.9
Verf. wendet sich gegen den verwirrenden Begriff der primären
Schilddrüsentuberkulose, der neuerdings von Schönberg (Zentr. Bl. f.
Pathol. Bd. 27, H. 20) festgehalten wird. Ein Fall von Schilddrüsen-
tuberkulose, der anatomisch als primärer so beweisend anerkannt werden
könnte, dass kein Zweifel mehr möglich wird, ist dem Verf. in der ganzen
mediziniechen Literatur nicht bekannt geworden.
Werner Bab, Berlin.
492. Lewandowsky- Hamburg, Tuberkulose -Immunität und
Tuberkulide. Arch. f. Derm. u. Syph. 73. 1916. H. 1.
Die Tuberkulide werden durch TB verursacht, die meist auf dem
Blutwege in die Haut gelangen und dort durch Immunitätsvorgänge zu-
grunde gehen, wobei je nach der Intensität und Schnelligkeit des Prozesses
bald endzündliches und nekrotisches, bald tuberkuloides Gewebe entsteht.
L. gibt auch die Möglichkeit zu, dass ausser lebenden TB unter Um-
ständen auch tote Bazillen und Bazillentrümmer bei überempfindlichen
Menschen Läsionen vom Charakter der Tuberkulide erzeugen können.
Schnell, Halle.
493. Rühl-Bonn, Beiträge zur Frage der Tuberkulide und des
Lupus erythematodes. Derm. Zschr. 1916 H. 9 u. 10.
R. erweitert das bisherige Bild der Folliklis um einige Punkte:
Sie weicht, in allerdings seltenen Ausnahmen, von ihrem ursprünglichen
Krankheitsbilde ab und nimmt Formen an, die an Peimphigus erinnern,
indem sie einerseits zu Blasen- oder Pustelbildung, andererseits zu Vege-
tationen, zur Tuberculosis verrucosa, führen. Die Folliklis kann ferner
durch Narbenbildung zu Verstümmelung und Verkrüppelung einzelner
Glieder führen. Schliesslich ist bei einzelnen Formen die Lichtempfind-
lichkeit ganz besonders ausgesprochen, so dass man an eine Hydroa vaccini-
forme denken könnte. Im Gegensatz dazu konnte ein günstiges Resultat
Ätiologie und Verbreitung. 287
durch . Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne erzielt werden. Bei einer
derartigen Behandlung ist jedoch abzuwarten, wie die einzelnen Fälle
reagieren, und nur mit äusserst kleinen Dosen zu beginnen.
Bei vier Fällen von Lupus erythematodes konnte der Zusammen-
hang mit Tuberkulose nachgewiesen werden. Trotzdem liegt es dem Verf.
fern, diese Fälle zu verallgemeinern und behaupten zu wollen, dass sämt-
liche ungeklärten Fälle von Lupus erythematodes zur Tuberkulose zu’
rechnen sind. Schnell, Halle.
b) Ätiologie und Verbreitung.
494. Heim-Bonn, Seltenheit des Lupus und der Psoriasis in
heissen Ländern. Derm. Zschr. 1916 H. 6.
“Sowohl in Ägypten, als auch in den deutschen Schutzgebieten und
vermutlich allgemein in den heissen Ländern ist der Lupus eine äusserst
seltene Erscheinung. Vermutlich ist es die starke Sonnenstrahlung, die in
den heissen Ländern den Lupus nicht aufkommen lässt.
Schnell, Halle.
495. Gazalbou, La tuberculose est de nature mycosique. Soc.
de Pathol. comparee (Parıs), 12. Okt. 1915. (Ref. La Presse
médicale 1915 Nr. 54.)
Ein Jahr lang bei gewöhnlicher Temperatur unter Lichtabschluss
aufbewahrte Bazillenkulturen zeigten die Bildung eines Mycels.
Querner, Hamburg.
496. M. G. Etienne, Tuberculose traumatique. Soc. medic. des
höpitaux, Juli 1916. (Ref. La Presse médic. 1916 Nr. 45.)
Im Anschluss an eine Rippenquetschung nach einer Verschüttung
traten bei einem 54 jährigen, kräftigen Pat. Erscheinungen einer Pleuritis
und später einer sich auf die ganze linke Lunge ausdehnenden Tuber-
kulose auf. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem Trauma
und der Lungentuberkulose wird in diesem: Fall offen gelassen.
Kautz, Hamburg.
497. M. E. de Massary, Pleuresie tubereuleuse conseeutive à
un traumatisme de guerre. Soc, medic. des höptt., Juni 1916.
(Ref. La Presse medic. 1916 Nr. 36.)
Nach einer Thoraxschussverletzung mit Hämoptoe entwickelte sich
auf der erkrankten Seite eine serofibrinöse Pleuritis tuberkulöser Natur,
die mittels Autoserotherapie behandelt wurde. Nach 6 Monaten ent-
wickelte sich an den Injektionsstellen ein kalter Abszess. Verf. warnt
vor Anwendung der Autoserotherapie bei nicht absolut keimfreiem Exsudat.
Kautz, Hamburg.
498. L. Bernard, L’origine traumatique de la tuberculose. Soc.
medic. des höpit., Juni 1916. (Ref. La Presse mädic. 191W
Nr. 40.)
Verf. geht dem Zusammenhang zwischen Tuberkulose und Thorax-
verletzung nach mit besonderer Berücksichtigung der Entschädigungs-
pflicht bei Tuberkulose. Wenn auch im allgemeinen das Auftreten einer
258 Ätiologie und Verbreitung.
Tuberkulose nach einem Trauma des Brustkorbes »— Quetschung, Lungen-
schuss u. &. — selten ist, so muss doch, auch bei vorher Jungengesunden
Individuen an das spätere Auftreten einer solchen gedacht werden; in
solchen Fällen darf die ‚réforme I“ den Soldaten nicht versagt werden.
Kautz, Hamburg.
499. Danéchau, Tuberculose pulmonaire chez les soldats atteints
de traumatisme thoracique. Soc. médic. des hôpit., Juli 1916.
(Ref. La Presse médic. 1916 Nr. 43.)
Beobachtungen an lungenschussverletzten Soldaten führten zu folgenden
Ergebnissen: 1. Die Lungentuberkulose gehört nach Lungenschüssen nicht
zu den Ausnahmen; unter 75 Fällen wurde sie 4 mal sicher und 2 mal mit
grosser Wahrscheinlichkeit diagnostiziert. 2. Nach Steckschüssen scheint
sie häufiger aufzutreten als nach Durchschüssen. 3. Der Sitz der Tuber-
kulose ist meist in Höhe resp. in der Nähe des Traumas oder des Ge-
schosses; die Inkubationsdauer richtet sich nach dem Widerstand des
vorher lungengesunden Individuums. 4. Da die klinischen Erscheinungen
nach Lungenschussverletzungen durchaus denen einer Tuberkulose gleichen
können, so ist genaueste Beobachtung und Diagnose in allen Fällen un-
erlässlich, schon im Hinblick auf spätere Ersatzansprüche,
Kautz, Hamburg.
500. K. Vogel, Trauma und Gelenktuberkulose. Arztl. Sachverst.
Ztg. 1917 Nr. 10.
Verf. unterscheidet drei Formen von Gelenktuberkulose. 1. Trau-
matische Entstehung bei einem vollkommen Gesunden oder wenigstens
tuberkulosefreien Menschen. 2. Traumatische Entstehung durch Metasta-
sierung irgendeines okkult oder manifest schon im Körper vorhandenen
tuberkulösen Herdes. 3. Verletzung eines Gelenkes, in dessen Teilen
schon vorher ein latenter tuberkulöser Herd vorhanden war.
Nr. 2 trifft für die meisten Fälle zu.
Die drei Formen können klinisch schwer getrennt werden. Alter und
Gechlecht sind von verschiedenem Einfluss. Die Koxitis ist eine Er-
krankung vorwiegend des Kindesalters, die Knochentuberkulose eine
solche des Jünglingsalters, der Fungus pedis und noch mehr der des
Ellenbogens und des Handgelenkes ist dagegen im reiferen Alter häufiger
als bei Kindern.
Bei der Beurteilung einer Gelenktuberkulose muss man mit der
Prognose sehr vorsichtig sein.
Schellenberg, Heilstätte Ruppertshain i. T.
501. Konrad Ruhemann-Berlin, Lungentuberkulose und Be-
triebsunfall. Arzil. Sachverst. Ztg. 1917 Nr. 12.
Ein Arbeiter hatte in den Jahren 1900 und 1908 durch zwei
Betriebsunfälle Kopfverletzungen sowie Gebirnerschütterung davonge-
tragen und für deren Folgen bis zu seinem Tode Renten von 20 und
800/0 bezogen. Die Renten wurden auf Grund der richterlichen Fest-
stellungen gewährt, dass der erste Unfall Nervenstörungen leichter Art
hervorgerufen hätte, die durch den zweiten Unfall stark verschlimmert
worden wären. Der Mann starb später 14 Jahre nach dem ersten Unfall,
und 6 Jahre nach dem zweiten Unfall an Lungentuberkulose Der be-
Diagnose und Prognose. 259
handelnde Arzt Dr. X gab ein Gutachten über den Zusammenhang des
Todes mit diesen beiden Unfällen ab. Von der Berufsgenossenschaft, bei
der Hinterbliebenen-Ansprüche erhoben wurden, wurde dem Verfasser die
Aufgabe gestellt, sich gutachtlich über den Zusammenhang des Todes mit
den beiden Unfällen zu äussern. Der behaudelnde Arzt hat den Ver-
storbenen erst 10 Monate vor seinem Tode behandelt und bei ihm aus-
gedehnte tuberkulöse Veränderungen in beiden Lungen festgestellt, er sah
ihn .dann wieder drei Monate vor seinem Tode, zu welcher Zeit der Krank-
heitsprozess vorgeschritten war. Ein anderer Gutachter batte bereits fünf
Jahre vor dem Tode eine beginnende rechtsseitige Lungenspitzenerkrankung
festgestellt. Zwei Monate nach dem zweiten Betriebsunfall waren die
Lungen des Verstorbenen noch für gesund befunden worden.
Verf. weist darauf hin, dass die Behandlung des Verstorbenen durch
den behandelnden Arzt Dr. X 14 Jahre nach dem ersten und über
5 Jahre nach dem zweiten eingesetzt hat. Er kann dem behandelnden Arzt
nicht darin beipflichten, dass durch die beiden Unfälle, die nur den Kopt
getroffen haben, eine Schwächung des Organismus stattgefunden habe, die
zur Infektion mit Tuberkelbazillen führen musste. Nach Ansicht des
Verf. waren die Erscheinungen von seiten der Lunge sehr geringfügige,
die tuberkulöse Erkrankung nahm einen schleichenden Verlauf. Verf.
konnte demnach die zum Tode führende Krankheit mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht als Folge der beiden Unfälle anerkennen.
Oberversicherungsamt und Reichsversicherungsamt schlossen sich dem
Inhalt des Gutachtens an, die Schlüsse, die der behandelnde Arzt Dr. X
aus dem Inhalt der Akten gezogen hatte, wurden als nicht ausreichend
begründete Vermutungen abgewiesen.
Schellenberg, Heilstätte Ruppertshain i. T.
502. Edmond Sergent et Poujol, La tuberculose chez les
indigènes du Tell algérois. Soc. de Pathol. exotique (Paris),
12. Mai 1915. (Ref. La Presse médic. 1915 Nr. 88.)
Untersuchungen über die Ausbreitung der Tuberkulose unter den
Eingebornen in Algerien mittels Tuberkulinhautreaktion. Die Unter-
suchungen wurden ausgedehnt auf die arabisch sprechende Bevölkerung
des algerischen Tell. Bei den Kindern betrug das Verhältnis der positiven
Hautreaktion 50 auf 100, bei den Erwachsenen 69,4 auf 100, davon
beim weiblichen Geschlecht 70,1 auf 100, beim männlichen Geschlecht
66,03 auf 100. Querner, Hamburg.
>
ec) Diagnose und Prognose.
503. Collmann-Köln, Die Fürbemethoden nach Much und Ziehl
zum Nachweis von Tuberkelbazillen im Gewebe. Derm.
Zschr. 1916 H. 6.
C. gibt zu, dass mit der Much’schen Färbung leichter T.B. dar-
gestellt werden können als mit der Ziehl’schen; er hält diese Über-
legenheit jedoch nicht für so bedeutend, dass er die Much’sche Methode
als einen Ersatz der Ziehl- Färbung empfehlen kann, zumal die Mög-
lichkeit einer irrtümlichen Deutung bei der Much’schen Färbung ent-
schieden grösser ist. Dort, wo es sich um den Nachweis vereinzelter
29) Diagnose und Prognose.
T. B. handelt, soll man stets sowohl die Färbung nach Ziehl wie die
nach Much anwenden. Schnell, Halle.
504. G. Salus, Die Hämolysinreaktion (Weil-Kufka’sche Reak-
tion) als Hilfsmittel der Meningitisdiagnose. D. m. W. 1917
Nr. 31.
Die Weil-Kafka’sche Probe, welche auf den Nachweis des Vor-
handenseins von Hämolysinen im Liquor bei akuten und tuberkulösen
Meningitiden berubt (infolge der höheren Durchlässigkeit der Hirnhaut-
gefüsse wegen der Entzündung), hat sich Verf. von neuem als „Wertvoller
Beitrag zu den diagnostischen Ermittelungen bei Meningitisverdacht“ er-
wiesen. Es wurden 284 Liquorproben von 206 Fällen untersucht; dar-
unter waren 71 Fälle von Meningitis tuberculosa, 3 von Meningitis
cerebrospinalis epidemica, 1 von Meningitis typhosa, 27 von Meningitis
suppurativa, 2 von Meningitis ungeklärter Ätiologie. In 3 Fällen nur
war das Hämolysin im Liquor nicbt nachzuweisen, was vielleicht durch
kompliziertere Versuchsanordnung noch auszuschalten wäre. — Die Technik
wird genau beschrieben. C. Kraemer II, Stuttgart.
505. J. M. Morton- Boston, A rapid method for the diagnosis
of renal tuberculosis by the use of the X-rayed guinea pig.
Journ. of experim. Med. XXIV, 4. Okt. 1916.
Es gelingt, durch Röntgenbestrahlung den Widerstand der Meer-
schweinchen gegenüber der Tuberkulose zu verringern, und zwar in dem
Sinne, dass, wenn zur Sicherung einer Diagnose eine Tierimpfung vor-
genommen wird, das Resultat derselben in kürzerer Zeit erhalten wird,
als bisher. Während bisher z. B. bei der Nierentuberkulose die Über-
impfung erst nach ca. 5—7 Wochen ein Resultat ergab, kann nach
Röntgenbestrahlung schon nach 8—10 Tagen die Diagnose gestellt werden.
Es ist dabei gleichgültig, ob die Bestrahlung kurz vor oder nach der Über-
Impfung vorgenommen wird. Kautz, Hamburg-Eppendorf.
506. Emile Sergent, Les signes de la pleurite du sommet et
leur valeur dans le diagnostic de la tuberculose pulmonaire
de Padulte. L’adenite et la Iymphangite nodulaire sus-
elavieulaires. La Presse médicale Nr. 47, August 1916.
Verf. gibt eine umfassende Beschreibung aller zum Symptomen-
komplex der Spitzentuberkulose gehörenden klinischen Zeichen. Aus-
kultation, Perkussion und Röntgenuntersuchung lassen mit ziemlicher
Sicherheit den Sitz der Erkrankung erkennen. Differentialdiagnostisch
bedeutungsvoll sind u. a. eine bestehende Anisokorie, über die Verf. schon
wiederholt berichtet hat, und vor allem der Nachweis infraklavikulärer
Drüsenschwellungen. Aus der Konsistenz dieser Drüsenpakete lassen sich
auf das Stadium der Spitzenpleuritis Schlüsse ziehen, was dem rechtzeitigen
Erkennen dieser Drüsenschwellungen einen prognostischen Wert zukommen
lassen würde, Von weiterer Bedeutung namentlich im Hinblick auf das
Entwicklungsstadium der Tuberkulose sind neben den physikalischen Zeichen
die Beobachtung allgemeiner Syniptome, wie des Fiebers, der Anämie,
des Kräfteverlustes, der dyspeptischen Störungen, der Ergebnisse der Tuber-
kulinreaktionen und der Höhe des arteriellen Blutdruckes.
Kautz, Hamburg.
Klinieche Fälle. 291
507. E. Rist, Les principes du diagnostic rationel de la tuber-
culose pulmonaire. La Presse médicale Nr. 39, Juli 1916.
Anlässlich der Nachuntersuchung angeblich tuberkulosekranker Soldaten
konnte Verf. feststellen, dass in einer grossen Zahl von Fällen die
Diagnose „Tukerkulose“ einer genauen, alle Hilfsmittel zur Verfügung
nehmenden Untersuchung nicht stichbielt. Schuld daran war die Be-
schränkung der Untersuchungsmethoden auf Auskultation und Perkussion.
Hieran anknüpfend betont R. den Wert der bakteriologischen und Rönt-
genuntersuchung, die zum Schaden der erkrankten Personen trotz weitest-
gehender Verbreitung von Röntgeninstituten und Laboratorium noch nicht
zum Allgemeingut der untersuchenden Ärzte geworden sind. Abgesehen
von der durch die in kürzester Zeit erhaltene Sicherstellung der Diagnose
gewonnenen Zeit, gelingt es mit grösster Wahrscheinlichkeit, unter den
hustenden Patienten die Tuberkulösen von den Nicht-Tuberkulösen zu
sondern. Verf. konnte unter seinem Material der Verdächtigen über die
Hälfte als nichttuberkulös ausscheiden. Kautz, Hamburg.
d) Klinische Fälle.
503. Léon Giroux, Tuberculose pulmonaire traumatique. Né-
union médic. de la IV. armée, Juli 1916. (Ref. La Presse
médicale Nr. 49, Sept. 1916.
Bei einem bisher lungengesunden Soldaten trat 4 Monate nach
einem rechtsseitigen Lungendurchschuss eine doppelseitige Spitzentuberkulose
auf. Ein zweiter Fall bot 8 Monate nach einem Schrapnellschuss in der
linken Infraklavikulargegend deutliche Zeichen einer auf den Bereich des
Traumas lokalisierten Tuberkulose. Verf. leitet aus diesen beiden Beobach-
tungen zwei Fragen ab, deren Bedeutung für den Zusammenhang zwischen
Trauma und Lungentuberkulose noch weiter nachgegangen werden muss:
-1. Unter welchen Umständen ist ein Trauma für eine spätere Lungen-
tuberkulose verantwortlich zu machen? und 2. Löst ein Trauma nur eine
schon bestehende latente Tuberkulose aus? Kautz, Hamburg.
509. Goldstein- Aachen, Riss in der Lungenspitze nach Hebung
einer schweren Last. Unfall? NMochr. f. Unfallhik. 1917
Nr. 5.
Es handelt sich um eine 27jährige Frau, die nach Heben von
76 Pfd. schweren Granaten Blutspucken in mässigem Grade bekommen
hatte, als dessen Ursache von zwei Vorbegutachtern ein traumatisch ent-
standener Riss in der linken Lungenspitze angenommen wurde. Das
Vorhandensein einer begünstigenden Lungentuberkulose sei nicht auszu-
schliessen. Die Erkrankung sei als Unfallfolge anzusehen. Im Gegen-
satz zu dieser Auffassung kommt Verf. nach seiner klinischen und ins-
besondere röntgenologischen Untersuchung, bei der jede Veränderung in
der Lungenspitze vermisst wurde, zu der Überzeugung, dass das Blut
nicht aus der Lunge stamnite, sondern mit grösster Wahrscheinlichkeit
eine wohl kapilläre Blutung aus dem Rachen vorgelegen hatte. Die
anämische Patientin hatte in ihrer Anamnese durch mehrfache über die
Gebühr starke Menorrhagien bereits eine besonders starke Neigung zu
Blutungen bewiesen.
292 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
Der angebliche Betriebsunfall, Heben einer 76 Pfd. schweren Granate,
sei ale eine nicht über das gewöhnliche Mass herausgehende Arbeits-
leistung auzusehen, und ein Unfallzusammenhang abzulehnen.
Rudolf Geinitz, Tübingen.
510. Thiem-Cottbus, Lungentuberkulose nach Brustquetschung.
Mschr. f. Unfallhik. 1917 Nr. 5
Tb. bespricht einen Fall von typischer traumatischer Lungentuber-
kulose, der in der Begutachtung eine Verschiedenheit der Auffassung er-
kennen lässt. Es ist ein Mann, der bei dem Unfall durch ein zusammer-
brechendes Arbeitsgerüst 4—5 Meter herabstürzte, darunter begraben
wurde und bewusstlos herausgezogen wurde. Nach dauernden wechselnden
Brustbeschwerden kam 8 Monate danach eine sichere Lungentuberkulose
zur Diagnose, an der der Mann 6 Jahre später zugrunde ging. Schul-
beispiel einer traumatischen Phthise. Rudolf Geinitz, Tübingen.
e) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
All. Aus deutschen Heilstätten.
a) Bericht des Heilstätten-Vereins für den Reg.-Bez. Minden
„Auguste Viktoria-Stift‘“ 1916.
Der Krieg ist auf die Zusammensetzung der Kranken der Heilstätte,
sowie auf den Kurerfolg nicht ohne Einfluss gewesen. Es hat sich ge-
zeigt, dass Frauen zu Wiederholungskuren wieder eingeliefert werden
mussten,
die erhöhte Arbeit und die seelischen Erregungen dürften
ein Aufflackern des Krankheitsprozesses hervorgerufen haben. Vor allem
ist auffallenderweise in der Heilstätte die Zahl der Schwerkranken in die
Höhe gegangen. Sie wurden zum Teil in einem derartigen Zustande ein-
geliefert, dass an eine Durchführung der Kur nicht zu denken war,
dass im Gegenteil die ärztliche Behandlung mit allen Kräften darauf
hingerichtet werden musste, die Kranken zur Heimreise wieder trans-
portfähig zu machen. Die ärztliche Leitung sah sich daher genötigt,
den anmeldenden Behörden, Ärzten und Gemeindeschwestern ein Rund-
schreiben zukommen zu iasgan des Inhalts, dass im Interesse der Kranken,
welche durch eine derartige verfehlte Kur in hoffnungslose Verzweiflung
zu geraten pflegen, von der Einweisung von Kranken mit Fieber in den
Nachmittagsstunden Abstand genomnien würde.
Die künstliche Höhensonne wurde bei einer grossen Anzahl von
Kranken, wenn auch nicht mit unmittelbarem heilenden Einfluss auf die
tuberkulösen Lungenstellen, angewendet. Eine günstige Wirkung konnte
jedoch auf das subjektive Besserungsgefühl, die Steigerung des Appetits
usw. festgestellt werden.
Die Ernährungsschwierigkeiten, welche bei der grossen Anzahl der
Kranken (durchschnittlich 272 belegte Betten) nicht unbedeutend waren,
konnten mit Hilfe eigener landwirtschaftlicher Erzeugnisse überwunden
werden. Die Zahl der Magen-Darmstörungen, die früher häufig waren,
ging auffallend zurück. Die Ursache hierfür dürfte auf die Verminderung
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 203
der fäulnisbildenden Eiweisskörper zurückzuführen sein. Die schlacken-
reiche vegetabilische Kost regt die Darmtätigkeit in günstiger Weise an.
Fleisch und Fett mussten zum Teil durch grössere Mengen dieser Vegeta-
bilien, wie süsse Speisen, Hafersuppen, vor allem Grütze, ersetzt werden.
Die Gewichtszunahme war bei dieser Ernährung eine günstige, in 6 Wochen
noch zwischen 5 und 6 Pfund. Ein ernstes Kapitel bilden jedoch die
Schwerkranken und die mit Magen-Darmstörungen Behafteten. Dieselben
vermochten nur in geringer Weise sich der Kriegskost anzupassen. Der
stärkere Eiweiss- und Fettzerfall des „Schwindsüchtigen“ kann nicht durch
vegetabilisches Eiweiss oder Präparate, wie Lebertran, Malzextrakt, Nähr-
hefe u. a. ersetzt werden. Das Allgemeinbefinden verschlechtert sich, das
Gewicht geht zurück, und auch der Lungenbefund zeigt Neigung zum
Fortschreiten. Es scheint dem leitenden Arzt das Fehlen des notwendigen
Fettes für die Schwertuberkulösen zum Verhängnis zu werden, und es
besteht z. Zt. keine Aussicht, dem Übelstand abzuhelfen
Hans Müller.
b) G. Schröder, Jahresbericht der Neuen Heilanstalt für
Lungenkranke zu Schömberg, Oberamt Neuenbürg, nebst
therapeutischen und diagnostischen Bemerkungen. Stutt-
gart 1917.
Im Jahr 1916 wurden, trotz der im ganzen grösseren Zahl von
Schwerkranken, durchschnittlich bessere Erfolge erzielt als in den Vor-
jahren; Verf. führt diese Tatsache auf die längere Kurdauer und auf
die von den Kranken im allgemeinen dem Ernst der Zeit gemäss gezeigte
grössere Gewissenhaftigkeit im Befolgen der ärztlichen Anordnungen zu-
rück. — Von spezifischen Mitteln wurde nur die sensibilisierte Bazillen-
emulsion (Höchst) angewendet in kleinsten Dosen zur Steigerung der
Reaktionsfähigkeit (also zur Erhaltung der Allergie [Ref.]. Diese An-
wendungsweise hat sich als Unterstützungsmittel der allgemeinen Therapie
bewährt. — Von dem Aurocantan sah Verf. einen günstigen Einfluss
auf die Heilung tuberkulöser Larynxherde, weniger auf die Lungentuber-
kulosen. Uuangenehm ist die starke Reizung der kleinsten perivenös in-
jizierten Menge, sowie die nierenreizende Wirkung; der Harn muss ständig
kontrolliert werden.
Die Kalorienwerte, die Schr. auf der IX. Versammlung der Tuber-
kuloseärzte in Berlin, für den unterernährten Tuberkulösen forderte, nämlich
120 g Eiweiss, 125 g Fett, 500 g Kohlehydrate = 3704 Kalorien,
konnte er nicht voll erreichen; trotzdem wurden verhältnismässig hohe
Gewichtszunahmen in den 2 letzten Kriegsjahren erzielt. Dem Mangel
an Eiweiss und Fett wurde durch möglichst reiche Zufuhr von Kohblehydraten
zu steuern gesucht.
Ein Fall von Lungentumor gibt Anlass zu diagnostischen Bemer-
kungen. Bösartige Tumoren der Lunge wurden in den letzten 10 Jahren
häufiger beobachtet als früher. Die subjektiven und objektiven Krank-
heitszeichen sind oft wohl ähnlich, wie die bei chronischer Tuberkulose.
Verdächtig sind harte zervikale Lymphdrüsen. Der physikalische Befund
ist oft völlig atypisch. Besonders beachtenswert ist das Abwärtspulsieren
des Larynx. Im Sputum wurden öfters atypische Zellen, mit Fettkörnchen
enthaltenden, gefunden. Besonders wertvoll ist das Radiogramm; durch
Anlegen eines künstlichen Pneumothorax lässt sich oft der Tumor plastisch
994 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
erkennen. — Die Bronchoskopie ist wegen der Gefahr von Blutungen
mit Vorsicht anzuwenden.
Es folgt ein Anhaug, enthaltend den „Witterungsverlauf des Jahres
1916 für Schömberg, Ob.-A. Neuenbürg” von Reg.-Baumeister A. v. Müller.
C. Kraemer II, Stuttgart.
512. Noel D. Bardswell, A Sanatorium Market Garden Colony.
Brit. Journ. of Tub. Vol. XI Nr. 3, Juli 1917.
Bericht über die Garten- und Farmkolonie in Coppins Green, welche
im Februar 1917 eröffnet wurde, um Patienten, die aus dem Sanatorium
entlassen sind, Gelegenheit zu ländlichen Arbeiten zu geben, welche ihnen
erlaubt, noch länger unter hygienisch guten Bedingungen zu leben und
einen ihrer Gesundheit mehr zuträglichen Beruf zu erlernen.
Amrein, Arosa.
513. XI. Bericht über die Tätigkeit des Vereins zur Bekämpfung
der Tuberkulose (E. V.) in Nürnberg. 1916.
A. Frankenberger bespricht in einem besonderen Aufsatz die
Kriegstuberkulose und die Tuberkulosebekämpfung nach dem Kriege.
Das Jahr 1915 brachte eine Zunabme der vorgeschrittenen Tuberkulose-
fälle, das Jabr 1916 eine weitere Vermehrung derselben. Von einer
Kriegstuberkulose im pathologischen oder pathologisch-anatomischen Sinne
kann man nicht sprechen. Dagegen sind die Entstehungsbedingungen der
Tuberkulose durch den Krieg wesentlich erhöht, und zwar sowohl im
Felde wie auch in der Heimat, so dass man auch von einer Kriegstuber-
kulose der Zivilbevölkerung sprechen kann. Einzelne Fälle, welche einen
besonders schnellen und bösartigen Verlauf nehmen, erwecken den Ver-
dacht einer Erstinfektion. Die Mehrzahl der Fälle dürfte jedoch auf
Wiederaufflackern eines alten Krankheitsprozesses durch die Unbilden des
Krieges zurückzuführen sein. — Der Schwerpunkt der weiteren Tuberku-
losebekämpfung liegt in dem Ausbau der Fürsorgeeinrichtungen, der zweck-
mässigen Unterbringung wirklich Kranker in den Heilstätten sowie in
der Versorgung Austeckender in besonderen Heimstätten. Letzteres gilt
auch für die Kriegsinvaliden. — Der Mangel an Lebensmitteln, vor allem
an Milch, zwang den Verein dazu, an Stelle der Nährmittel mehr und
mehr Bargeld zu verabreichen. — Die Tätigkeit der Fürsorgestelle war
im Berichtsjahre erheblich ausgedehnter wie im Jahre vorher. — Dem
Bericht beigefügt ist ein Umriss der Tätigkeit des Vereins während der
letzten 10 Jahre, welcher bereits an anderer Stelle besprochen ist.
Hans Müller,
f) Allgemeines.
514. Paul Horn, Zur Invalidenbegutachtung. Arell. Sachverst.
Zig. 1917 Nr. 3. i
Das Emphysem ist als Alterserweiterung der Lungen bei den In-
validenrentenbewerbern ausserordentlich häufig und meistens gleichzeitig
neben sonstigen Erscheinungen des vorgerückten Alters festzustellen. In
allgemeinen ist das übliche Altersemphysem nie so zu bewerten, dass die
Versicherten nicht mehr imstande wären, durch leichtere Arbeit „das in-
validenrechtliche Drittel“ zu verdienen.
Allgemeines. 295
10°/o der begutachteten Invalidenfälle litten an — teils offener, teils
geschlossener — Lungentuberkulose. Meist bestanden Infiltrationen einer
oder beider Lungenspitzen mit oder ohne Katarrh. Zur Sicherung der
Diagnose bedürfen neben der Röntgen- und Sputumuntersuchung und der
Tuberkulinprobe noch folgende Momente besonderer Beachtung:
Der Allgemeinzustand,
. das Fehlen und Vorhandensein von Fieber,
. etwaige erbliche Belastung,
. der Grad der Erkrankung hinsichtlich Ausdehnung, Neigung zu
Stillstand oder Progredienz und etwaiger Komplikationen, wie
Tuberkulose anderer Organe.
Die Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz hat 1913 7908 Heil-
verfahren wegen Tuberkulose der Lungen und des Kehlkopfs durch-
geführt. Anträge auf Heilverfahren irgendwelcher Art sind bei ihr 1913
nicht weniger als 25385 eingelaufen.
Bei dem grossen Andrang zu den Lungenheilstätten ist es selbst-
verständlich, dass nur solche Bewerber zur Kur zugelassen werden, die
der Kur wirklich bedürfen und die eine Wiederherstellung ihrer Arbeits-
fähigkeit, gemäss den Bestimmungen der R.V.O., erwarten lassen. Viel-
fach machen sich Beobachtungen in sog. Vorstationen nötig. 1914 wurden
nach dem Gesamtbericht der Versicherungsanstalten den Vorstationen 8314
Versicherte überwiesen. Das Gros der zur Heilstättenkur geeigneten Fälle
stellen die ein- und doppelseitigen Spitzenkatarrhe des I. Stadiums mit
oder ohne Infiltration. Fälle des II. Stadiums sind keine direkte Gegen-
anzeige, ebensowenig Komplikationen mit leichteren Kehlkopfprozessen,
Lymphdrüsen-, Knochen- oder Gelenkaffektionen. Tuberkuloseverdächtige
mit gestörtem Allgemeinbefinden, Anämie und Abmagerung sind zum Heil-
verfahren geeignet, oder doch zum mindesten für Erholungsstätten zu
empfehlen. Völlig geschlossene oder ausgeheilte Prozesse bei gutem Er-
nährungs- und Kräftezustand müssen selbstredend von den Heilstätten-
kuren ausgeschlossen werden.
Gegenstand der Begutachtung waren ferner noch Asthma bronchiale,
Bronchitis chronica und chronische Laryngitis, sowie in einem Fall Ozäna.
Asthma bronchiale dürfte, selbst bei häufigeren Anfällen, im allgemeinen
nicht zur Invalidisierung Anlass geben, ebensowenig chronische Katarrhe
des Kehlkopfes ohne tuberkulöse Grundlage In dem Falle von Ozäna
musste die Invalidenrente zugesprochen werden, da die Arbeitgeber weitere
Beschäftigung ablehnten. Schellenberg, Ruppertshain i. T.
P oo D mt
515. Hans L. Heusner, Sonne und o im Kampfe gegen
die Tuberkulose. Ther. Mh. 1917 Nr.
Nach einem historischen Rückblick auf die ie der Helio-
therapie gibt H. einen kurzen Überblick über die pathologisch-anatomischen
Verhältnisse der Tuberkulose, woraus hervorgeht, dass die Tuberkulose
in der Regel eine Allgemeinerkrankung des Organismus darstellt. Ziel
jeder Therapie muss es daher sein, den Organismus im Kampfe gegen die
Tuberkulose zu kräftigen. Eines der wichtigsten Heilmittel stellt das
Sonnenlicht dar. Da sich die Heilwirkung des Lichtes von der Wirkung
der übrigen klimatischen Faktoren nicht streng trennen lässt, folgt zunächst
eine Übersicht über die hinlänglich bekannten klimatischen Verhältnisse
des Hoch- und Mittelgebirges, des Biunenlandes und der See. Die Sonnen-
296 Grenzgebiete.
strahlen üben eine biochemische Wirkung auf die lebende Zelle aus. Die
wirksamsten Strahlen sind die kurzwelligen, ultravioletten. Sie kommen
im Hochgebirge am meisten zur Geltung, da sie von den tieferen, mit
.Staub, Nebel und Kohlensäure reichlich verunreinigten Luftschichten ab-
sorbiert werden. Der Angriffspunkt der Sonnenstrahlen ist die Haut mit
ihrem dichtverzweigten, oberflächlichen Gefässsystem. „Die Wirkung der
ultravioletten Strahlen können wir uns so vorstellen, dass alle vom Licht
getroffenen Sauerstoffträger des Körpers, vor allem die roten Blutkörper-
chen in den die Haut wie ein dichtes Netz durchziebenden Haargefässen,
ultraviolette Strahlen absorbieren und auf dem Wege der Blutbahn in
das Innere des Körpers tragen. Dadurch wird dem Körper Energie zu-
geführt, die Oxydationsvorgänge werden gesteigert und es kommt zu einem
schnelleren und besseren Abbau intermediärer Stoffwechselprodukte. Das
gibt uns ein Verständnis für die grosse Tiefenwirkung der Strablen,
obwohl dieselben an sich nur bis zum Kapillarkörper der Epidermis ge-
langen, wo sie alsdann das Kapillarnetz erreichen und so die roten
Blutkörperchen.“ Die beste Wirkung erzielt die Sonnenbestrahlung bei
der chirurgischen Tuberkulose. „Die Wunden bedecken sich mit lebhaften
Granulationen und übernarben sich, die Fisteln trocknen ein, die Sequester
werden spontan ausgestossen. .... Die Gelenkfunktion tritt immer von
selbst wieder ein.“ Drüsen resorbieren sich oder schmelzen schnell ein
und heilen dann nach einigen Punktionen ohne entstellende Narben.
Auch viele Fälle von Kehlkopftuberkulose werden günstig beeinflusst.
Bei der Lungentuberkulose eignen sich zur Sonnenbestrahlung am besten
die Kinder und torpide, fieberfreie Fälle Erwachsener des I. und II. Sta-
diums, die bei der gewöhnlichen klimatisch-diätetischen Kur gar keine
oder nur geringe Fortschritte machen. Auch bei fieberfreien, gut genährten
Patienten des III. Stadiums lässt sich durch die Heliotherapie häufig noch
einige Besserung erzielen. Vielversprechend sind die Erfolge bei tuber-
kulöser Peritonitis und bei Urogenitaltuberkulose. Da die Heliotherapie
auch in der Tiefebene äusserşt günstige Resultate erreicht hat, sọ muss
ihr weiterer Ausbau mit aller Entschiedenheit überall, auch in den
Krankenhäuser der Grossstädte, in Angriff genommen werden.
Berlin, Schömberg.
g) Grenzgebiete.
516. Schlayer, Lungenerkrankungen nichttuberkulöser Natur
beim Heere. Wirit. M. Corr. DL 1917 Nr. 30.
Die Bronchialkatarrhe zeigen ein sehr verschiedenartiges Bild. Wohl
am häufigsten sind die postinfektiösen, welche persistieren, anstatt mit
dem Abklingen der Infektionskrankheit abzuheilen. Viel zu häufig
wird Erkältung als Ursache genannt und angenommen. — Meist aus
der Heimat, selten aus dem Feld, kommt die Bronchitis der Lympbhatiker.
— Nahe verwandt sind der Catarrh sec der Franzosen und die eosino-
phile Bronchitis der Neuropathen, welche einen Rudimentzustand von
Asıhma bronchiale darstellt. Solche Leute werden oft als Herzkranke
beurteilt; Klärung bringt die Untersuchung des Sputums, das eosinopbile
Zellen, vereinzelt auch Curschmann’'sche Spiralen und Chark o.t’sche
Kristalle enthält. Hier ist grösste Reserve bei der Beurteilung der D.B.-
Grenzgebiete. 297
Frage am Platze. — Das eigentliche Asthma bronchiale wird häufig
mit der eosinophilen Bronchitis und der hysterischen Atemnot identifiziert.
D.B. ist meist zu verneinen. — Häufig sind die Bronchitiden bei Schwar-
tenbildung und Struma; selten dagegen die Stauungsbronchitis und die
eigentliche Bronchitis chronica muco-purulenta. — Gar nicht selten
kommen Bronchiektasen vor, allermeist durch Schwartenbildung veranlasst ;
auffallend häufig sind sie mit Tuberkulose, zumal des Hilus, kombiniert.
Träger reiner Bronchiektasen sind meist höchstens als Schreiber oder
Ökonomiehandwerker, resp. Techniker in geschlossener Werkstätte zu
verwenden. — Zu Verwechslungen mit Hilustuberkulose führt häufig
die Pneumokoniose durch das Röntgenbild. Überhaupt werden an sich
ganz normale Hilusschatten bei älteren Leuten sehr häufig mit Tuber-
kulose verwechselt. — Einigemal sah Verf. das maligne Granulom.
Pneumonien zeigen manchmal auffallend lang sich hinziehende Lösung.
— Gasvergiftung ist gekennzeichnet durch starke Orthopnoe mit stärkster
Zyanose, oft eigenartige Euphorie, meist spärlichen blutigen Auswurf.
Prognostisch ist hohe Pulsfrequenz schlecht. Nachkrankheiten sind Spät-
pneumonien, Gangrän und Pleuritiden. — Selten sind Tumoren und
Lungenlues. Bei Lokalisation im Oberlappen können beide eine tuber-
kulöse Spitzenaffektion vortäuschen. — Hartnäckige Spitzenkatarrhe
nichttuberkulöser Natur verbleiben manchmal nach infektiösen Bronchi-
tiden. — Kyphoskoliose vermag oft das perkutorische, und auch aus-
kultatorische Bild der Tuberkulose vorzutäuschen.
Zu wenig gewürdigt wird der starre Thorax; ähnliche Atmungs-
behinderungen werden durch Wirbelsäulenversteifung verursacht:
sekundäres Emphysem. Recht selten ist das eigentliche primäre
Emphysem, das seinen Grund in dem Elastizitätsverlust des elastischen
Gewebes hat. — Oft nicht erkannt wird das Bild der doppelseitigen Pleura-
schwartenbildung, die Traube’sche Krankheit. — Mit dem Wieder-
insfeldschicken der Lungenschüsse ist Vorsicht geboten. Sie können
Empyem, Pleuritis, mehrfach auch Zwerchfellbernie im Gefolge haben.
Der früheste Termin der Wiederhinaussendung sollte 3 Monate betragen.
Die Arbeit bringt viele, für den Lungenspezialisten, zumal wenn
er mit Soldaten zu tun hat, höchst wichtige Gesichtspunkte. Mancherlei
Einzelheiten, wie Verwendbarkeit, D.B.-Fragen etc. müssen im Original
nachgelesen werden. C. Kraemer IJ, Stuttgart.
517. G. Jorni, Über das Verhalten der Bronchien Fremdkörpern
gegenüber. Röntgenologischer Befund in einem Fall von oberem
Speiseröhrenkrebs. La radiologia medica 1914 Bd I H. 6.
Verf. schildert einen Fall von Speiseröhrenkrebs, bei dem die rönt-
genologische Untersuchung mit Hilfe von Wismutbrei ergab, dass das
Wismut nach Überwindung der Enge sich teils in der Speiseröhre, teils
in der Luftröhre bis zum Abgang der Bronchialverzweigungen ausge-
breitet hatte. Während der Untersuchung äusserte der Kranke keine
Beschwerden. Am folgenden Tage stellten sich Husten und Auswurf
ein. Die Röntgenuntersuchung zeigte, dass das Wismut fast ganz aus
den Bronchien verschwunden war.
Der Kranke starb 11 Tage nach der Untersuchung unter den Er-
scheinungen eines Kollapses. Bei der Autopsie fand sich ein fibröser
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 20
298 Grenzgebiete. |
Krebs im oberen Teil der Speiseröhre, die er ringförmig umfasste, wobei
er auf die Nervi laryngei superiores drückte. Zwischen Speiseröhre und
Luftröhre bestand keine Verbindung.
: Verf. nimmt an, dass infolge des Druckes auf die Nerven eine
Schädigung der Sensibilität des Kehlkopfes und der Luftröhre zustande
kam, so dass durch Aufheben des Reflexes Wismutbrei ungehindert ein-
dringen konnte.
Ähnliche Fälle wurden, wenn auch selten, von andern Autoren be-
richtet. In dem einen oder andern Fall trat durch das Eindringen des
Wismuts in die Luftwege der Erstickungstod ein. In andern ‘Fällen
kam es zu einer Bronchopneumonie, In einem weiteren Falle bestand
eine Speise-Luftröhrenfistel. Das Wismut wurde spontan in zwei Stunden
durch Husten entleert.
Verf. macht noch einige weitere Bemerkungen über das Verhalten
der Bronchien gegenüber dem Eindringen von Fremdkörpern und erinnert
daran, dass in manchen Fällen durch die Röntgenuntersuchung Fremd-
körper gefunden wurden, die keine oder nur geringe Atemstörungen ver-
ursachten. Verschiedene Fälle konnten, nachdem der Sitz des Fremd-
körpers mit Hilfe der Röntgenstrahlen gefunden war, erfolgreich operiert
werden.
Die Sensibilität der Luftwege gegenüber Fremdkörpern ist individuell
sehr verschieden. Carpi, Lugano.
(Aus dem Italienischen übersetzt von Ganter, Wormditt.)
T—
Thorax. D. m. W. 1917 Nr. 30.
Verf. redet auf Grund eines vorzüglichen Erfolges bei einer lebens-
bedrohlichen Schussverletzung der Lunge, der häufigeren und möglichst
frühzeitigen Anwendung der Lungennaht bei gefährlichen Blutungen das
‘Wort und geht auf die vorhandene Literatur und kurz auf die Technik
der Operation ein. C. Kraemer II, Stuttgart.
519. R. Freund und R. Cayet, Der Wert der Spirometrie für
die "Beurteilung der Lungenschüsse. D. m. W. 1917 Nr. 13.
Zusammenfassung: „Möglichst langes Liegenlassen des Verletzten
im ersten Lazarett; frühzeitiger Abtransport nur bei unkomplizierten
Fällen mit geringer oder fehlender Hämoptoe Frühzeitige Punktion
des pleuralen Ergusses mit oder ohne nachfolgenden künstlichen Pneumo-
thorax und frühzeitig einsetzende tägliche, von geschultem Personal kon-
trollierte Atemübungen. Nicht vor der dritten Woche nach der Verlet-
zung Bestimmung der vitalen Lungenkapazität (Grenzwert) mittelst des
Spirometers. Wiederholung dieser Messungen zur Kontrolle des Heilungs-
verlaufs; jedenfalls Feststellung des Grenzwertes bei der
Entlassung als Vergleichszahl für spätere, nach etwaigem
Erholungsaufenthalte in Gebirgsorten oder nach versuchs-
weiser Wiederaufnahme des Dienstes folgende Nachunter-
suchungen, da die Spirometerwerte als Ergänzung der physikalischen
und Röntgenbefunde, aber in weitaus exakterer Weise als diese den Je-
weiligen Grund der Lungenleistungsfähigkeit anzeigen“.
. f
518. K. Hirsch, Zur Lungennaht bei Schussverletzung des
ô
C. Kraemer II, Stuttgart.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 299
520. Hess, Über Lungenschüsse und ihre Folgezustände; der
künstliche Pneumothorax bei ihrer Behandlung. M. m. W.
64. 1917 S. 1022—1024 u. 1060—1063.
Bei der Therapie der Blutergüsse und anderer Veränderungen nach
Thorax-Lungenschuss wird — im Gegensatz zu früher — wegen event.
unangenehmer Folgen, die sich vor allem durch die Selbstresorption der-
artiger Ergüsse häufig einstellen, ein möglichst frühzeitiges, von Fall zu
Fall zu entscheidendes Eingreifen von grösster Bedeutung sein. Die
kombinierte Methode mit Gaseinblasen scheint vielfach vorteilhaft.
Es wird empfohlen:
1. Ablassen des Blutergusses unter gleichzeitigem Einblasen von Gas
zur Verhütung von Nachblutungen und Verwachsungen.
2. Anlegung eines künstlicben Pneumothorax zur Blutstillung und
Kompression der Lunge.
3. Anlegen eines künstlichen Pneumothorax:
a) bei akuter schmerzhafter Pleuritis zur Beseitignng der Schmerzen
und Verhütung von Verwachsungen, |
b) bei chronischer Pleuritis zum Lösen oder Dehnen der event.
schmerzhaften Verwachsungen. Bredow, Ronsdorf.
521. Jakob, Über die Behandlung der kruppösen Pneumonie
mit Optochin. M. m. W. 64. 1917 S. 1150—1151.
J. rät ab, das Optochin bei der kruppösen Pneumonie zu verwenden,
da es keine spezifische Wirkung habe. Der Nutzen des Optochins stehe
in keinem rechten Verhältnis zu dem Schaden, der durch Gebrauch von
Optochin eintreten kann. Bredow, Ronsdorf.
I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
37. H. Strauss (Berlin). Die Nephritiden, Abriss ihrer Diagnostik und
Therapie auf Grund der neueren Forschungsergebnisse. Berlin 1916.
Verlag von Urban und Schwarzenberg. 208 S. mit 6 Abbildungen.
Wir müssen es Strauss danken, dass er uns seine reichen Erfahrungen
auf dem Gebiete der Pathologie der Nieren in so handlicher und übersichtlicher
Form mitgeteilt hat.
In dem diagnostischen Teile werden in kritischer Weise die neue Einteilung
der Nephritiden (Nephrosen und Nephritiden, topische Diagnostik), die Bedeutung
der Albuminurie und die am Urin und Blute zu erhebenden Befunde einschliess-
lich der Funktionsprüfungen besprochen. Die Darstellung gewinnt ungemein
durch das Persönliche, was in ihr vorheirscht. Überall bringt der Verfasser seine
eigenen Erfahrungen, die er mit den einzelnen Untersuchungsmethoden maclıte,
kritisch und scharf zur Geltung. Er lässt den Leser an seiner auf diesem Ge-
biete geleisteten Arbeit teilnehmen. Der Wert der Funktionsprüfangen für die
Diagnose des einzelnen Falles und ihre Bedeutung für das bessere Verständnis
der Folgezustände der Nierenentzündungen (Herz- und Gefässstörungen, Hydrops,
Urämie und Pseudourämie) werden eingehend in kritischster Form gewürdigt.
Eine differentialdiagnostische Übersicht über die wichtigsten Erscheinungen
der einzelnen Formen der Nierenentzündungen beschliesst diesen Abschnitt. Sie
rekapituliert in trefflicher Kürze das in den diagnostischen Abschnitten Gebotene.
20*
300 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
Strauss zeigte, wie die neueren Untersuchungsmethoden uns das Wesen
und die Folgen der Nierenentzündungen besser haben verstehen lehren. Dadurch
kommen wir auch zu einer zielbewussteren Therapie. — In dem therapeutischen
Teil des Buches spricht zu uns überall der erfahrene Praktiker und Diätetiker.
Die Behandlung muss den einzelnen Formen der verschiedenen Nierenentzün-
dungen, wie sie die diagnostischen Methoden uns erkennen lassen, gerecht zu
werden suchen. — |
Kurze prophylaktische Bemerkungen heschliessen die wertvolle Abhandlung,
die auch der Tuberkulosearzt eingehend studieren sollte. Begegnen ihm doch
bei seinen Kranken die mannigfachsten Formen der Nephritis, die unbedingt einer
zielbewussten Behandlung bedürfen, um der Grundkrankheit wirksam entgegen-
treten zu können. — Schröder, Schömberg.
38. Frank A. Craig, A study of the housing and social conditions
in selected districts of Philadelphia. Philadelphia 1915. 89 8.
Die Wohnungsverhältnisse und die soziale Lage der Bewohner werden in
verschiedenen Distrikten von Philadelphia einer gründlichen Untersuchung unter-
zogen. Hierbei konnten Distrikte ausgewählt werden, welche fast ausnahmslos
von russischen Juden, andere von Italienern oder von Negern bewohnt waren.
1003 Häuser wurden untersucht, welche von 5812 Menschen bewohnt waren.
Das Augenmerk wurde neben der Beschaffenheit und Reinlichkeit der Häuser und
den dazu gehörigen hygienischen Einrichtungen: auf die Höhe der Miete und die
Überfüllung der Mietsräume gerichtet, und zwar stets vergleichsweise bei den
verschiedenen Rassen. 18,2°/o aller Häuser waren zum Wohnen überhaupt un-
geeignet. Es konnte ein Zusammenhang von schlechter Wohnung mit der Aus-
breitung von Tuberkulose, übertragbaren Krankheiten, gastro-intestinalen Krank-
heiten und Kindersterblichkeit festgestellt werden. Die Mieten sind im Verhältnis
zu dem Einkommen der Bevölkerung zum Teil ausserordentlich hoch. Anderer-
seits wenden 12,2 0 der Bevölkerung nur 5°/o oder weniger von ihrem Einkommen
für Miete auf, so dass die Wohnungen entsprechend schlecht sind. Ein grosses
Übel ist das Aftermieter- oder Schlafgängerwesen. Beides trägt zur Überfüllung
der Wohnungen und Verschlechterung der Lebensbedingungen wesentlich bei.
Die Untersuchungen zeigen wiederum die ausserordentliche Wichtigkeit der
Sorge für gesunde Wohnungen durch entsprechende baupolizeiliche Bestimmungen,
wenn der Kampf gegen die Tuberkulose Erfolg versprechen soll
Hans Müller.
39. Karl Wagner, Die künstliche Höhensonne (Quarzlampe) in der
Medizin. (Graz 1917. Dutsch, Ver. Druck. u. Verl,- Anst. Graz, 530 8.
Der erste allgemeine Teil des Wagner’schen Buches behandelt in aus-
führlicher Weise die theoretischen Grundlagen der Behandlung mit der künst-
lichen Höhensonne. Verf. geht von den allgemeinen Funktionen der Zelle aus,
die vielfach in der Wirkung der Fermente ihre Unterstützung finden und mit
Änderungen im physikalischen Verhalten der Zelle, besonders auch auf dem
elektrischen Gebiete, einhergehen. Das Sonnenlicht, das als transversale, elektro-
magnetische Schwingungen aufzufassen ist, wirkt bei der Synthese organischer
Stoffe durch die Pflanzen, bei der dem Blattgrün eine grundlegende Bedeutung
zukommt. Die Annahme ist berechtigt, dass auch die tierischen Farbstoffe ähn-
liche, wichtige Aufgaben zu erfüllen haben.
Die im Innern des Körpers entstehenden Toxine, z. B. die 'Tuberkuline,
werden in die durch Bestrahlung hyperämisch gewordene Haut hineingezogen —
Autotuberkulinisation, spezifisch antitoxische und anaphylaktische Therapie.
W. führt die Begriffe der photogenen, relativen, nichtspezifischen Immunität
und der photogenen Allergie ein und kommt zu dem zweifellos berechtigten
Schlusse, dass bei der Lichtwirkung nicht die entzündliche Reaktion das Wesen
der Vorgänge ausmache, sondern dass sie diesen Rahmen weit überschreitet.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 301
Eine Lichttiefenwirkung ist so erklärlich, dass vor allem die roten Blut-
körperchen die Lichtenergie in sich aufnehmen und in die Tiefe bringen. Als
klinischen Beleg der Tiefenwirkung führt W. — ob ganz mit Reeht, erscheint
fraglich — das Aufhören von Menorrhagien nach äusserer Sonnenbestiahlung an.
— Von grosser Bedeutung ist die Wirkung von Katalysatoren in Verbindung mit
dem Sonnenlichte. —
Es folgt dann die allgemeine Übersicht über die Indikationen, die eigent-
lich mehr eine Übersicht über die Beziehungen der verschiedenen Erkrankungen
zur Haut ist, die im übrigen sehr lesenswert ist. Der behandelnde Arzt soll
sich über den Mechanismus des pathologischen Geschehens und des einzuleitenden
Bebandlungsverfahrens klar werden, ehe er behandelt. Der Elektronenstoss kann
die herabgesetzte Zellfunktion steigern, andererseits auch die erhöhte durch
Stärkung der hemmenden Wirkungen herabsetzen.
Es ist ein grosses Verdienst W.’s, den Versuch gemacht zu haben, die
Lichtwirkung auf ihre bisher erforschten, elementaren Bestandteile zurückzu-
führen und damit unserem Verständnis näher zu bringen. Erst darauf können
sich die Grundlagen einer wissenschaftlichen Behandlung aufbauen. Es ist auch
selbstverständlich, dass das vorliegende Buch diese Aufgaben bei dem gegen-
wärtigen Stande unserer Kenntnisse nicht lösen, sondern nur den Weg zur
Lösung zeigen und beschreiten konnte. Aber dieser wichtige Schritt ist in dem
Buche W.’s gemacht. Im einzelnen ist eine Sichtung der in grosser Fülle ge-
brachten Tatsachen zu wünschen. Für die Tiefenwirkung müssten sichere und
zahlreichere Belege gebracht werden. Auf dem Gebiete der Immunitätswirkungen
dürfen Wir nicht vergessen, wie unsicher wir noch auf dem Wege des Ähnlich-
keitsschlusses und der Annahme vorwärtstasten. Sonst kommen wir in Gefahr,
den Boden gesicherter Tatsachen zu verlassen. —
Der zweite, besondere Teil behandelt zunächst die Technik der Bestrahlung,
das Spektrum des Quarzlichtes und die Einrichtung der künstlichen Höhensonne,
dann in ausführlicher Darstellung die Anwendung der Höhensonne auf dem Ge-
biete der inneren Medizin, der Wundbehandlung, der Gynäkologie, der Haut- und
Geschlechtskrankheiten, der Nerven- und Geisteskrankheiten und der Erkrankungen
des Auges und Ohres. W. geht in jedem Falle von dem neuro-zellulären
Steuerungsmechanismus aus, dessen Tonus durch die Bestrahlungen erhöht
werden soll.
Im einzelnen sieht er in der Skrofulose eines der dankbarsten Behandlungs-
gebiete für die künstliche Höhensonne. Die Grundlage erscheint durch das Ver-
hältnis der Skrofulose zur Tuberkulose gegeben. Eine kombinierte (medikamen-
töse und Strahlen-) Behandlung führt fast in jedem Falle zum Ziele. Die Wir-
kung bei der Tuberkulose sieht Verf. in der Hebung der Fermenttätigkeit (be-
sonders der lipolytischen) und in der oben ausgeführten Autotuberkulinwirkung.
Die Dosierung ist sehr wichtig und erfordert genaueste klinische Beobachtung.
Auch die Örtlichkeit der bestrahlten Haut im Verhältnis zum Ort des Herdes ist
wichtig. Hier wie überall beschränkt sich W. in dankenswerter Weise nicht auf
die Angabe der Höhensonnenbehandlung, sondern entwickelt unter Anführung der
gesamten Therapie einen Heilplan, von dem die Strahlenbehandlung nur ein Teil
ist. Recht gut ist die Ableitung der günstigen Wirkung der Allgemeinbestrah-
lung aus der entgiftenden Wirkung (geteilte Giftmengen!). Bei pleuritischen
Ergüssen im subakuten Stadium sah Verf. in allen Fällen rasche Aufsaugung.
Pneumonie kann nach ihm unter Umständen im Beginn unterdrückt werden.
Auch in diesem besonderen Teil tritt überall das Bestreben des Verfassers
hervor, die wissenschaftliche Ableitung der Wirkung der Quarzlampenbestrahlung
zu finden. Dabei verführt ihn seine grosse Literaturkenntnis oft genug zu
spekulativen Hypothesen. Die Abschnitte über Diabetes, Gicht und Epilepsie
sind treffende Belege dafür. Tatsachen allein können uns helfen. Hier würde
bei einer Neuauflage eine tatkräftige Beschneidung der theoretischen und speku-
302 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
lativen Ausführungen und eine entsprechende Anführung klinischer Erfahrungen
den Wert des Buches sehr erhöhen. Erst dann könnte es ein „Lehrbuch“ werden.
Wünschenswert wäre eine mitleidslose Tilgung der entbehrlichen Fremd-
wörter, deren ein ganzes Heer vorhanden ist, sehr wünschenswert ferner ein
Verzeichnis der angeführten Arbeiten. Alles in allem ist das Lesen des geist-
vollen Buches dem denkenden Arzte, der nicht rein nach der Erfahrung bebandeln
will, sehr zu empfehlen. H. Grau, Honnef.
40. Beiträge zur Klinik der Infektionskrankheiten und zur Immunitäts-
forschung. Bd. 6. Heft 1 u. 2, Juli 1917, C. Kabitzsch Verlag, Würzburg.
Das Heft enthält wertvolle Beiträge über Beobachtungen bei Kriegsseuchen,
so über Typhus (Arneth und Langer), Fleckfieberstudien (Sterling,
Kollert und Finger, Siebert). — In den „Ergebnissen“ behandelt Holler
die Diagnose und Therapie einiger wichtiger Kriegsseuchen (mit besonderer Be-
rücksichtigung der Wirkung der Merck’schen Deuteroalbumase). — Eine Arbeit
von Pfeiffer bringt Mitteilungen über Myelitis und Tollwutschutzimpfung.
Schröder, Schömberg.
41. Tuberkulose-Fürsorgeblatt 1917 Nr. 8.
a) Kosteletzky, Die Vollluftkur.
Unter dem Namen „Vollluftkur* versteht Verf. einen über Tag und Nacht
ausgedehnten Aufenthalt im Freien, der unabhängig von der Witterung, bei
Sommer und Winter, Hitze und Kälte durchgeführt werden soll. In dem ihm
unterstellten Sanatorium Planegg bei München wird die Vollluftkur m dieser
Weise vielfach und mit gutem Erfolge angewandt. Sie erübrigt sich bei ganz
leichten Fällen von Spitzentuberkulose, die auch mit der üblichen Freiluftliegekur
heilen. Das Objekt der Vollluftkur sind die schon etwas fortgeschritteneren,
schwereren Fälle von chronischer Lungenphthise. Kontraindikationen bilden
nur allerschwerste Formen mit nicht mehr ausreichendem Kräftezustand, ferner
Patienten mit Komplikationen, die ein häufiges Verlassen des Bettes nötig machen.
Bei fiebernden Kranken wird die Vollluftliegekur völlig im Bett durchgeführt,
fieberfreie benutzen am Tage den Liegestuhl, der ärztlich vorgeschriebene Spazier-
gang ist ınit der Vollluftkur zu verbinden. Erkältungen sind bei Patienten, die
an die Vollluftkur gewöhnt sind, äusserst selten. Nur bei pleuritischen
Komplikationen ist grosse Vorsicht nötig, da solche Kranke gegen Witte-
rungseinflüsse, Temperaturschwankungen, Wärmeentzug durch Wind besonders
empfindlich sind.
Die Vollluftkur ist in dem Klima Deutschlands überall möglich, wie das
Beispiel der auf der vergleichsweise rauben bayerischen Hochebene etwa 600 m
hochgelegenen Heilstätte des Verf.'s zeigt. Sie lässt sich nicht nur im Sana-
torium, sondern auch Privathaushalt leicht durchführen. Der Gedanke, die Voll-
luftkur dadurch zu ersetzen, dass man den Kranken im Bett bei ständig geöffnetem
Fenster liegen lässt, ist zurückzuweisen, da ein derartiges Vorgehen der Voll-
luftkuar in keiner Weise gleichwertig ist. Der Patient muss so an den Aufent-
halt in der freien Luft gewöhnt sein, dass ihm Zimmerluft in jeder Verdünnung
etwas Verabscheuungswürdiges wird, dass er im Zimmer trotz offener Fenster
nicht mehr atmen kann.
b) Becker, Über die Stadieneinteilung der Tuberkulose.
Die allgemein übliche Turban-Gerhardt’sche Einteilung befriedigt nicht.
Sie versagt überall, wo es sich um die prognostische Beurteilung der Erkrankung
handelt. Ein Fortschritt ist das Einteilungsprinzip, das zuerst von A. Fraenkel-
Badenweiler und später von Albrecht angewandt ist und die anatomische
Natur des Prozesses berücksichtigt. Bei der klinischen Anwendung dieser Ein-
teilung und besonders auch des von Nicol angegebenen Schemas ergeben sich
jedoch nach Ansicht des Verf.’s Schwierigkeiten. Es fragt sich, ob überhaupt
Kongress- und Vereinsberichte. 303
für die klinische Einteilung der Tuberkuloseformen die anatomischen Pro-
zesse einen brauchbaren Massstab geben. Verf. möchte bei der Diagnose der
räumlichen Ausdehnung des Prozesses die Lappeneinteilung fallen lassen, von der
anatomisch festgestellten Tatsache ausgehend, dass sich die Erkrankung in ihrer
Ausdehnung nicht an die Lappengrenze hält. Als individuclles Mass der Aus-
dehnung wird die Faust des Patienten vorgeschlagen. Das erste Stadium wäre
zu setzen bei Erkrankungen bis zur Grösse einer Faust, das zweite bis zu zwei
aneinandergelegten Fäusten, das dritte bei grösseren Herden. Ausserdem soll
angegeben werden, ob der Fall stationär, langsam fortschreitend oder schnell
fortschreitend ist. Herm. Tachau, Heidelberg.
42. F. Köhler, Ergebnisse der Tuberkuloseforschung. — Die Tuber-
kuloseforschung in den Kriegsjahren. IV. Diagnostik. Leipzig
1917, Repetitorium- Verlag.
Zusammenstellung der Literatur mit Referaten über die wichtigeren Ar-
beiten. f Hans Müller.
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
nn
13. Wiener Dermatologische Gesellschaft. Sitzungen vom 25. Januar
und 22. Februar 1917.
(Referent: A. Baer, Sanatorium Wienerwald.)
Perutz demonstriert einen Fall von akut einsetzendem Lupus ery-
thematodes. Erster, ebenfalls akuter Anfall vor etwa °/s Jahren, jetzt plötz-
lich Nachschub mit hohem Fieber. Befallen ist Kopfhaut, Gesicht und Innen-
fläche beider Hände. Das Fieber hat einen septischen Charakter. 0,01 Alt-
tuberkulin veranlasste tagelange Temperaturen von 40°. Ebenso die perkutane
Applikation der Moro’schen Tuberkulinsalbe” -
Rusch demonstriert 1. einen Fall von Koinzidenz eines Lupus vul-
garis und Lupus erythematodes bei einer auch anderweitig tuberkulösen
Frau. 2. Einen Fall von Chilblainlupus bei einem lungenkranken Mädchen.
Scherber demonstriert eine 45jährige Frau mit Lupus erythematodes
disseminatus im Gesicht. Auffallend ist die Lokalisation des Prozesses an
den beiden Händen. Alttuberkulin rief erst in höheren Dosen von 0,001
Reaktion an der Einstichstelle und Temperatursteigerung bis über 38%, aber keine
Reaktion der Krankheitsherde hervor.
Scherber demonstriert (Sitzung vom 22. II. 1917): 1. Fall von Lupus
erythematodes im Gesicht und an den Ohren. Scheibenförmige, rotbraune,
von schmutziggrauen Schuppen gedeckte Herde. Auf 0,5 mg Alttuberkulin un-
deutliche Stich-, keine Allgemein- und Lokalreaktion. 2. Fall von ausgezeich-
neter Heilwirkung der Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne
auf tuberkulöse Geschwürsprozesse, Handtellergrosses Geschwür, durch
Zerfall der kruralen Drüsen am Oberschenkel entstanden. Tägliche Bestrahlung
von 5 bis Schliesslich 40 Minuten. Heilung mit fester Narbe. 3. Fall von
Erscheinungen der kolliquativen Hauttuberkulose mit beson-
derer Lokalisation. Mehrere zum Teile zerfallene Infiltrate der Brusthaut.
Auf Alttuberkulin deutliche Reaktion und Entwickelung eines Infiltrates an der
Stichstelle, deutliche Reaktion aller Herde auf der Brust in Form von lebhafter
Rötung und Schwellung ohne Fieber. Es besteht Infiltration der rechten Lungen-
spitze und Vergrösserung der Hilusdrüsen; die Hautprozesse sind wahrscheinlich
304 Kongress- und Vereinsberichte.
auf hämatogenem Wege von den inneren Herden aus entstanden. 4. Fall von
gleichzeitigem Bestehen verschiedener Formen der Hauttuber-
kulose. Vernarbter Lupusherd; Skrophuloderma, Erytbema induratum Bazin,
auf die Haut übergreifender tuberkulöser Knochenprozess.
Popper: Demonstration eines Falles von an beiden Händen und Füssen
symmetrisch angeordneten, flach elevierten, in die Kutis eingelagerten Tumoren;
an den Unterarmen und Unterschenkeln dem Verlauf der grossen l,ymphstränge
entsprechend mehrere in die Haut eingelagerte bohnengrosse Tumoren. Die Dia-
gnose wird auf benigne Hauttuberkulose gestellt. Es besteht eine nach-
weisbare Spitzenaffektion, Vergrösserung der Hilusdrüsen und bezüglich Tuber-
kulose positive Familienanamnese.
Nobl: Fall von Schleimhauttuberkulose der Unterlippe bei
einem 32jährigen Manne, bei dem ein am Mundwinkel sitzendes bohnengrosses
Geschwür an anderer Stelle als luetisch diagnostiziert und entsprechend behandelt
wurde. Die weitere Entwickelung liess die Diagnose auf Tuberkulose nicht
zweifelhaft bleiben. In den Geschwürsräumen wurden Tuberkelbazillen gefunden.
Oppenheim: Achtjähriges Kind mit Lichen scrophulosorum.
Schwierige Diagnose, die nur mit Rücksicht auf die annähernd gleiche Grösse
der Knötchen, auf die Schuppung und auf die vorhandenen Zeichen einer Tuber-
kulose (Koxitis, I,ymphomata colli) zu stellen war.
14. Verhandlungen der XV. Jahresversammlung des Deutschen
Vereins für Schulgesundheitspflege und der VII. Versammlung der
Vereinigung der Schulärzte Deutschlands am 16. und 17. Februar
1917 in Berlin.
(Ref. nach Zeitschr. f. Schul-Gesundheitspflege, Beiheft 1917, von Hans Müller.)
Das erste Thema behandelt die Einwirkung des Krieges auf die Gesundheit
der Jugend. Bei den Säuglingen und Kindern unter 6 Jahren war eine Einwir-
kung auf den Gesundheits- und Ernährungszustand überhaupt nicht festzustellen.
Bei den Schulkindern und Schulentlassenen, mit Ausnahme der Kinder auf dem
Lande, zeigte sich vom Herbst 1916 ab eine Abnahme des Körpergewichts, ver-
bunden mit körperlicher Schwäche und Unfähigkeit zu angespannter Aufmerk-
samkeit sowie Zunahme von Erkrankungen an Blutarmut, Tuberkulose und
Tukerkuloseverdacht, ansteigend mit der Annäherung an das Alter der Erwach-
senen. (iefäbrdet sind besonders die in der Anlage schwachen oder durch Krank-
heitsanlage geschwächten Kinder, während gesunde Kinder aus gesunder Familie
wenig oder gar nicht unter den Kriegszuständen litten.
Die Versammlung. macht die Regierung auf diese Tatsachen aufmerksam
und fordert für kommende Zeiten der Ernährungsnot Gewährung von Milch für
Kinder jeden Alters, Erweiterung der Schulspeisungen, zahlreiche und lange Ent-
sendungen auf das Land und Gewährung von Brot- und anderen Nahrungsmittel-
zulagen an Jugendliche bis zum Eintritt in den Heeresdienst.
Ferner wird einheitlich für das gesamte deutsche Reich für Volksschulen,
höhere Schulen und Fortbildungsschulen für beide Geschlechter, die Anstellung
von Schulärzten gefordert.
b
—-—- - —— -——— — 1. ——-
Um Einsendung von Mon ographien und Büchern an den Redakteur Dr. G.Schröder,
" dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem,
Krankenhauses Eppendorf in
Dr. Oskar de la Camp
o. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Redaktion: Verlag
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg.
Schömberg. O -A. Neuenhürg. Wtrbg.
Ludwigstrasse 231].
11. Jahrg.
Ansgegeben am 30. November 1917.
Nr. 11.
Inhalt.
zum XIII. Sonderheft über Literatur zur Lungenkollapstherapie.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Arnell, P. 310.
Behring 328.
Breccia, G. 310, 324.
Carpi, U. 320. s
Francke, K. 326, 326.
i Franke, M 309.
Graziadei, B. 315.
Helens. O. 314.
Zandrén, S. 313.
Christensen, A. 320, ı Helm 326.
van Delden, B. 318. Jacobäus, H. H. 319.
Deutsch, F. 30%, - Kalb, O. 318.
Feldmann 313. :Key, E. 319.
I. Kurze
! Khouri, J. 310.
Klare, K. 306.
| Kopciowski, A. 309.
| Kümmelt 328.
| Laba, R. 309.
| Philipowicz, J. 311.
i di Pietro, S. 321.
Reiche 328.
Rohrer, Fr. 308, 309.
Schottmüller 327.
Spengler, I.. 324.
' Swiezynski 320.
' van Voornveld 315.
Wallgren, A. 313.
Winternitz, W. 326.
Zaayer, J. H. 319.
Mitteilung.
Über die Urochromogen- oder Permangan-Reaktion und ihre Bedeutung für die Prognose
der L.uvgentuberkulose. Von Klare.
a
II. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Normale und pathologische Phyrlologie.
522 Rohrer, Bestimmung des Inhalts und
der Oberfläche des Brustraums heim Lebenden.
— 523. Ders., Der Zusammenhang der Atem-
kräfte und ihre Ahhängigkeit vom Dehnungs-
zustand der Atmungsorgane. — 524. Kop-
eciowski, Versuche mit dem Bürgi’schen
Respirationsapparate.
b) Allzemeine Pathologie und pathol. Anatomie,
525. Franke und Laba, Experimentelle
Untersuchungen über den Einfluss des kinst-
lichen Pnenmothorax auf das Kreisiaufsystem
des Hundes, — 526. Deutsch, Hämothorax
und die Ungerinubarkeit des Blutes in der
Pleurahöble — 527 Khouri, Allgemeine Zu-
sammensetzung eines milchsaftähnlichen Rip-
penfellergusses tuberkulöser Natur. — 528.
Arnel), Cholesterin in Pleuraflüssigkeit. —
529. Breccia, Das Anstechen der l.unge und
die Verflüchtixung des Stiekstoffs beim Pneumo-
thorax. — 530. Philipowiez, Über Kom-
plikationen bei Lungenschürsen, Ursachen des
fleberhatten Hämothorax und die Empyem-
bildung
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forse hung. 11.
M ce) Diagnose und Prognose.
531. Wallgren, Ein Beitrag zur Kaver-
nendiagnostik (Parakavernenrasseln). — 532.
Zandren, Beitrag zur Frage über die Diffe-
rentia'diagnose zwischen extrem grossen Ka-
vernen und Pneumothorax. — 533. Feldmann,
Zur Behandlung der Lungentuberkulose mit
dem künstlichen Pneumothorax. — 534. Helens,
Erfahrungen über die Behandlung mittelst des
künstlichen Pneumothorax auf dem Sanatorium
bei Nakkebülle-Fjord.
esse
m nn
d) Indikationen und Therapie,
535. van Voornveld, Tuberkulose und
Schwangerschaft. — 53. Graciadei, Kli-
nische Bemerkungen über die Behandlung der
| Lungentuberkulose mit dem Pneumothorax.
i e) Technik.
537. van Delden, Enkelo mededeelingen
over de Longplombage volgens Baer. — 538,
Kalb, Extrapleurale Pneumolyse mit Plom-
| bierung bei nichttuberkulösen Kavernenbildun-
| gen der Lunge. — 539. Zaayer, Chirurgische
behandeling van Bronchiektasen. — 54). Ja-
21
306 | Kurze Mitteilung.
cobäus und Einar Key, Erfahrungen von
operativen Eingritlen bei Lungentuberkulose.
f) Klinische Fälle.
541. Christansen, Lungen nach extra-
plenraler Thorakoplastik, — 542. Swiez ynski,
Zur Behandlung der Lungentuberkulose mitte!st
künstl Pneumotbhorax — 543 Carpi, Ein Fall
von Lungensehwindsucht, geheilt dureh extra-
pleurale Thorakoplastik.
|
g) Allgemeines.
544 Salvatore di Pietro, Kanu der
Pneumothorax, statt aus therapeutischen Grün-
den, zu Simulationszwecken, um vom Kriegs-
dienst zu bofieien, angelegt werden? — 545.
Breceia, Über den künstlichen Pneumothorax.
h) Bibliographie.
546. L. Spengler, Arbeiten über Lungen-
kollapstherapie.
III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
43. K.Francke, Die menschliche Zelle. —
44. Helm, Zur Tuberkulosebekämpfung 1917.
— 45. Francko, Die Kalkdiät. — 46. Winter-
nitz, Wasserkur und natürliche Immunität.
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
15. Sitzungen des Hamburger ärztlichen Vereins vom 9. X. 1917 und 33. X. 1917.
Ergänzende Mitteilung zum Nachruf über Behring.
l. Kurze Mitteilung.
(Aus der Victoria Luise- Kinderheilstätte Hohenlychen.)
Über die Urochromogen- oder Permangan-Reaktion und ihre
Bedeutung für die Prognose der Lungentuberkulose.
Von Oberarzt Dr. Kurt Klare.
Die Urochromogenreaktion, die dem Prinzip der Ehrlich’schen
Diazorenktion verwandt ist, wurde 1911 von Moritz Weiss angegeben.
Sie tritt dann auf, wenn aus einer lokal begrenzten tuberkulösen Erkran-
kung ein den Geramtorganismus schwer affizierendes Leiden geworden
ist, weshalb der positive Ausfall und das längere Anhalten der Reaktion
stets als ein Signum mali ominis angesehen werden muss.
Die Technik
der Reaktion ist sehr einfach, wesentlich einfacher als die der Ehrlich-
schen Diazoreaktion.
Man gibt in ein Reagenzglas !/s Urin, verdünnt
mit 3 Teilen Wasser, schüttelt um und verteilt diese Mischung in zwei
Rengenzgläser.
Der einen Hälfte fügt man nun 2 bis 3 Tropfen einer
1°/ooigen Kalium permanganicum-Lösung zu. Bei positivem Ausfall der
Reaktion zeigt der verdünnte Urin eine deutlich gelbe Färbung
Die Urochromogenausscheidung ist nach Weiss die Folge einer
Toxämie durch die Toxine des
Tuberkelbazillus.
Meist ist sie, wie
Weiss weiter ausführt, das Symptom eines Massenimportes von Toxinen,
welcher .von so ausgedehnten Lungenveränderungen herrührt, dass schon
daher eine Heilung unmöglich ist.
Bei nicht so schweren Lungenver-
änderungen aber ist sie ein Indikator für die in der Anlage schon vor-
handene Schutzlosigkeit oder geringere Widerstandskraft der Zelle gegen
selbst geringe tuberkulöse Giftmengen.
Bosch gibt an Hand eingehender Untersuchungen im Wilhelmina-
Spital in Amsterdam an, dass 96 °/o der Patienten mit positivem Uro-
Kurze Mitteilung. _ 307
chromogen innerhalb von acht Monaten starben. Tecon prüfte bei 288
Lungentuberkulösen die Permanganreaktion und kommt zu dem Schluss,
dass die Reaktion grosse Vorteile bietet mit Rücksicht auf die Prognose-
stellung. Nach Schnitter ist vor allem die Konstanz der positiven
Reaktion prognostisch zu verwerten. Bei keinem Fall mit konstanter
Urochromogevausscheidung sah er eine objektive Besserung. Alle diese
Fälle zeigten meist nur eine kurze Lebensdauer. Zu dem gleichen Urteil
kommen Tecon und Aimard auf Grund von Untersuchungen an 225
Patienten; sie fassen das Resultat ihrer Beobachtungen dahin zusammen,
dass die positive Reaktion, wenn häufig bei demselben Patienten ange-
troffen, üble Prognose bedeutet.
Syder Nicoloysen stellte vergleichende Untersuchungen über den
Wert der Urochromogen- und der Diazoreaktion an. Bei 140 unter-
suchten Patienten wurde von ihm Diazo 46 mal = 38°/o gefunden, während
Urochromogen 68mal = 48 °/o nachgewiesen wurde. Bei Verdünnungen
fand Nicoloysen, dass Urochromogen in zehnmal so starker Verdün-
nung nachgewiesen werden kann wie Diaz. Da die Urochromogen-
reaktion viel empfindlicher ist, zieht er sie der Diazoreaktion vor,
Unter Berücksichtigung dieser umfangreichen und eirgehenden Be-
obachtungen über die Urochromogenausscheidung Tuberkulöser haben wir
an grösserem Material tuberkulöser Kinder im Verlauf von acht
Monaten ausgedehnte Untersuchungen über den Wert der Urochromogen-
reaktion für die Prognose angestellt, deren Ergebnis wir kurz dahin zu-
sammenfassen möchten, dass der mehrmalige Nachweis des Urochromogen
quoad vitam als ungünstig zu bewerten ist. Wir untersuchten den
Urin von 70 Patienten mit vorgeschrittener Tuberkulose in Intervallen
von 14 Tagen bis 3 Wochen und fanden in allen diesen Fällen eine
konstante positive Reaktion.
Wenn wir auch als Norm für die vorschriftsmässige Ausführung der
Reaktion Jen Zusatz von drei Tropfen Kalium permanganicum gelten
lassen möchten, so wäre darauf hinzuweisen, dass in vielen Fällen schon
ein Tropfen Kalium permangauicum eine deutliche Gelbfärbung gibt und
dass bei Zusatz von weiteren zwei Tropfen die Gelbfärbung intensiver
wird. Gerade aus dieser Zunahme der Gelbfärbung möchten wir eine
Abstufung der Prognose ableiten, indem die Fälle, die bei einem Tropfen
eine deutlich positive Reaktion geben, weit ungünstiger zu bewerten sind
als sulche, welche erst bei Zusatz von drei Tropfen Kalium permanganicum
eine ausgesprochene Gelbfärbung zeigen. Mit der Progredienz des klini-
schen Befundes nimmt die zum Auslösen der positiven Reaktion erforder-
liche Tropfenzahl Kaliunı permanganicum ab.
Von den von uns beobachteten Fällen, die bei einem Tropfen eine
positive Reaktion aufwiesen, starben, soweit wir es bei entlassenen Pa-
tienten verfolgen konnten, fünf innerhalb dreier Monate. |
In Übereinstimmung mit Bosch fanden wir in: Urin eines Patienten
sporadisch eine positive Permanganreaktion, obne dass wir eine Ursache
für dieses zeitweise Auftreten der Reaktion hätten ausfindig machen können.
In einem Falle, der monatelang eine positive Reaktion gezeigt hatte, fehlte
sie wenige Tage ante mortem.
Diese unsere Beobachtungen decken sich mit denen anderer Autoren.
21*
308 Normale und pathologische Physiologie.
Zusammenfassung.
1. Die Urochromogenreaktion ist in der Prognose der Tuberkulose der
Diazoreaktion vorzuziehen, da die Urochromogenreaktion empfind-
licher ist.
2. Der konstante positive Ausfall der Reaktion ist als Folge einer
Toxämie durch Toxine des Tuberkelbazillus aufzufassen und des-
halb prognostisch ungünstig zu bewerten.
3. Je geringer die Tropfenzahl Kalium permanganicum, die zum Aus-
lösen der positiven Reaktion notwendig ist, um so ungünstiger die
Prognose.
Literatur.
M. Weiss, Die Bedeutung des Urochromogens für die Prognose und Therapie
der Lungentuberkulose. Münch. med. Wochenschr 1911. Nr. 25.
Derselbe, Über die Vorstufen des normalen gelben Harnstoffes in ihren Be-
ziehungen zur Diazoreakiion und über eine kolorimetrische Schätzung des
Urochroms sowie des Urochromogens. Biochem. Zeitschr. Bd. 30. H. 5. 1911.
- Derselbe, Über Hilfsmittel bei der Prognosestellung der Lüngentuberküldas;
Wiener klin. Wochenschr. 1913. Nr. 42.
Schnitter, Der Wert des Urochromogennachweises im Vergleich mit der Ehr-
lich’schen Diazoreaktion. Zeitschr. f. Tub. Bd. 71. H. 3.
Syder Nicoloysen, Die Urochromogenreaktion bei Lungentuberkulose. Med.
Revue. Mai 1914. S. 462—469.
Tecon, Die M. Weiss’sche Reaktion bei der Lungentuberkulose. Schweizer
Corr.-BI. 1916. Nr. 47.
Tecon und Aimard, Über den Wert der Reaktion von M. Weiss im Urin
von Lungentuberkulösen. Paris méd. 1913. Nr. 52.
Bosch, Permangan- und Diazoreaktion. Dtsche. med. Wochenschr. 1916. Nr. 1.
Il. Referate.
a) Normale und pathologische Physiologie.
522. Fritz Rohrer, Bestimmung des Inhalts und der Oberfläche
des Brustraums beim Lebenden. Pflüger’s Arch. 165. 1916
Nr. 8—10 S. 445.
Aus den Berechnungen, die im Referat nicht verständlich gemacht
werden können, folgt, dass das Brusthöhlen volumen für erwachsene Männer
nur geringe Schwankungen zeigt. Aus zehn Fällen berechnet Verf. einen
Mittelwert von 5,5 Litern. Es besteht kein Parallelismus zwischen Grösse
des Brustböhlenrolumens und vitaler Kapazität. Die Unabhängigkeit
beider Werte voneinander ist begreiflich, da das Brusthöhlenvolumen in
gewöhnlicher Exrpirationsstellung dem Gleichgewichtszustand der passiven
Atemkräfte entspricht, während die vitale Kapazität von anatomischen
Momenten abhängt: Bewegungsmöglichkeit des Zwerchfells und der Ge-
lenke des Brustkorb. Bei Emphysematikern fand Verf. fast stets bedeu-
tend erhöhte Brusthöhlenvolumina. Robert Lewin, Berlin.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 309
523. Fritz Bohrer, Der Zusammenhang der Atemkräfte und
ihre Abhängigkeit vom Dehnungszustand der Atınungsorgane.
Pflüger's Arch. 165. 1916 H. 8—10 S. 419.
Die Atemkräfte sind messbar durch die Druckdifferenz, der sie
Gleichgewicht halten. Der so bestimmte Manometerwert entspricht der
Kraftgrösse an der Oberflächeneinheit des Brustraums. Für den Zusam-
menhang der Atemkräfte unter statischen Verbältnissen für irgend eine
Flächeneinbeit giht Verf. eine rechnerische Ableitung, die sich hier nicht
referieren lässt. Der Brusthöhleninhalt bringt wie eine ideale Flüssigkeit
alle im Innern und an verschiedenen Stellen seiner Oberfläche wirkenden
Kräfte unter sich zum Ausgleich: innerer und äusserer Spannungsaus-
gleich. Nur zwei kleinere Volumenteile des Brustraumes besitzen eine
Sonderstellung, die medial oberhalb des Hilus gelegenen Lungenabschnitte
bei tiefer Inspiration und Exspiration und die Bluträume des Media-
stinums infolge der Herzmuskeltätigkeit. Die elastische Spannungsresul-
tante ist direkt messbar durch die bei Muskelerschlaffung von ihr bedingte
alveolare Druckdifferenz. Diese Resultante ist abhängig vom Dehnungs-
zustand der Atemorgane, und zwar ist am mittleren, hauptsächlich für
die Atmung wichtigen, 2 Liter umfassenden Dehnungsbereich die elastische
Spannungsresultante eine lineare Funktion des Lungenlufigehalts, d. h.
die Änderung der elastischen Spannung erfolgt hier proportional der
Volumänderung. Die elastische Spannungsresultante ist ferner abhängig
von der Körperlage, indem dabei die Schwermomente je nachdem in ver-
schiedener Richtung wirken. Die maximale inspiratorische und exspira-
torische Kraft ist abhängig vom Dehnungszustand der Atemorgane.
Robert Lewin, Berlin.
524. A. Kopciowski, Versuche mit dem Bürgi’schen Respira-
tionsapparate. Pfliigers Arch. 163. 1916 S. 247.
Der vom Verf. modifizierte Bürgi’sche Apparat ist brauchbar zur
Bestimmung der Koblensäureausscheidung. Verf. weist auch nach, dass
Kokain die Ausscheidung von Kohlensäure bedeutend herabsetzt.
Robert Lewin, Berlin.
b) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
525. Maryan Franke und Roman Laba, Experimentelle
Untersuchungen über den Einfluss des künstlichen Pneumo-
thorax auf das Kreislaufsystem des Hundes. Beitr. z. Klin.
d. Tbc. 37. 1917 H. 1/2. 8.81. _
Pneumothorax kleineren bis mittleren Grades führt zu keiner gröberen
Störung des Kreislaufs,. Die bei besonders groseem Pneumothorax ein-
tretenden Kreislaufstörungen betreffen namentlich die rechte Kammer,
deren Tätigkeit schliesslich abnimmt und aufhört, während die linke
Kammer noch weiterschlägt. Der mittlere Blutdruck bleibt jedoch un-
beeinflusst. E. Leschke, Berlin.
526. Felix Deutsch, Der Hämothorax und die Ungerinnbarkeit
des Blutes in der Pleurahöhle. Zschr. f. klin. Med. 84. 1917
A. 1/2. S. 83.
In 7 Fällen von frischem traumatischem, nicht entzündlichem Häniv-
310 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
thorax untersuchte Verf. 12mal den Inhalt desselben auf seine Gerinn-
barkeit hin. In 5 Versuchen war die Koagulationsfähigkeit völlig ver-
loren gegangen, in 7 stark vermindert. Die Gerinnbarkeit konnte durch
Zusatz von Thrombin und Blutplättchen und nur in je 1 Falle ausschliess-
lich von Kalksalzen bzw. Blutplättchen wiederhergestellt werden, woraus
hervorgeht, dass ihr Verlust in der Thrombinbildung bzw. im Mangel an
Thrombin zu suchen ist. Es ist unwahrscheinlich, dass die Ursache
hiervon in der Berührung des Blutergusses mit dem Pleuraendothel liegt;
Verf. ist vielmehr der Ansicht, dass das Blut in der Brusthöhle nur
teilweise gerinnt, wodurch die Gerinuungsfaktoren aufgebraucht werden.
Dass es nur zu einer teilweisen Gerinnung kommt, ist darauf zurückzu-
führen, dass das Blut „teils durch die Körperbewegung teils durch die
Atnıung mit der Luft gemischt und geschüttelt wird und dadurch die
Störung des Gerinnungsprozesses eintritt“, C. Servaes.
527. Joseph Khouri, Allgemeine Zusammensetzung eines milch-
saftähnlichen Rippenfellergusses tuberkulöser Natur. Zl. de
pharmac. chim. XI 1915 Heft4. (Nach Zbl. f. Biochemie 1917
Juli/ August-Heft S. 194.)
Die schwach alkalische Flüssigkeit vom spez. Gew. 1022 bei 15° €
enthielt im Liter:
Trockensubstanz 18,6 g
Gesamtproteinstoffe 60,9,
Seriu 33,3 „
Serumglobuline, Fibriv, Albumosen u. andere
Eiweisskörper 2,0:
Alkoholische Extr. (Harnstoff, Xanthinkörper) 53,3 „
Ätherische Exır. (Fette usw.) 4,5 y
Lösliche Mineralstoffe 6,2 „
Unlösliche Mineralstoffe Lra
Schröder, Schömberg.
528. Per Arnell, Cholesterin in Pleuraflüssigkeit. Hygiea 1917.
Verf. berichtet über einen Fall von cholesterinhaltiger Pleurafüssig-
keit, entstanden im Zusammenhang mit spontanem Pneumothorax bei
einem Patienten mit tuberkulösen Lungenveränderungen, die wahrschein-
lich von freiem Pleuraraum abgekapselt während einer Zeit von 6 Jahren
bestanden hatte. Das Evsudat war durch fürs blosse Auge sichtbare
glänzende Kristallschuppen getrübt (Cholesterinkristalle). Der Cholesterin-
gehalt der Flüssigkeit, der sich nach jeder Thorakozentese verminderte,
war höchstens 0,41 %/o. Der Zellgehalt war gering. Der klinische Ver-
lauf war chronisch und gutartig. Die Bebandlung bestand in wieder-
holten Thorakozentesen. Arvid Wallgren, Upsala.
529. @. Breceia, Das Anstechen der Lunge und die Verflüch-
tigung des Stiekstoffs beim Pneumothorax. Rivista critica
di Clinica medica 17. 1916. Nr. 4 u. 5.
Verf. bespricht die Möglichkeit, dass beim Anlegen des Pneumo-
thorax der Stickstoff in die Luftwege eindringen könne. Er erwähnt
zwei Fälle, bei denen Stickstoff bis zu 900 cem eingeführt werden konnte.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 311
ohne dass ein Pneumothorax entstand. Es muss also der Stickstoff in
die Alveolen eiugedrungen sein und in den Luftwegen sich verloren
haben. |
Verf. stellt ala Norm auf, dass, wenn die Nadel in der Lunge steckt,
der Druck des Manometeıs um Null herum sich bewegt, vorausgesetzt,
dass keine Verbindung mit den Luftwegen besteht. Ist aber eine solche
vorhanden, so beobachtet man zwar immer Ausschläge der Nadel, aber
sie sind unbeständig, wenn die Atmung angehalten wird. In diesem
letzteren Falle ist keine Gefahr durch die Zufuhr von Gas zu befürchten.
Bemerkung des Schriftleiters: Nach unserer Meinung bildet nicht
der Umfang, sondern die Art des Manometerausschlages ein sicheres Er-
kennungszeichen dafür, wie weit die Nadel in die Lunge eingedrungen ist.
Dringt die Nadel in die Pleurahöhle, so folgt der Ausschlag immer nach
der negativen Seite und nimmt noch zu bei der Einatmung und ab bei
der Ausatmung, ohne aber auf Null zu kommen. Bohrt jedoch die Nadel
festes Lungengewebe an, so erfolgt gar kein Ausschlag, höchstens kann
man einen positiven Druck erhalten, wenn die Nadel in einem grösseren
Gefäss stecken geblieben ist. Gerät die Nadel in eine Alveole, so folgen
die Ausschläge dem Typus der Atmung (negativer Ausschlag bei der
Einatmung, von mehr oder weniger grossem Umfang, je nach der Aus-
dehnungsfähigkeit des Alveolarlumens, und positiver Ausschlag bei der
Ausatmung). In solchen Fällen kann man eine ganze Menge Gas ein-
lassen, das sich dann in den Luftwegen ausbreitet, ohne dass weder Art
noch Umfang des Manometerausschlages sich ändern. Aber der Befund
an sich ist so charakteristisch, dass man ohne weiteres davon Abstand
nehmen wird, Gas einströmen zu lassen. Galli, Lugano.!)
530. Johann Philipowicz, Über Komplikationen bei Lungen-
schüssen, Ursachen des fieberhaften Hämothorax und die
Empyembildung. W. kl. W. 1917 Nr. 19.
Auf Grund eines Materiales von 530 Fällen bespricht Verf. die
Komplikationen bei Lungenschüssen in der ersten Zeit, nicht die
Folgezustände. |
Von Komplikationen, die schon vor dem Schusse bestanden, hat sich
als besonders ungünstig erwiesen die adhäsive Pleuritis der un-
verletzten Seite. Wiederholt war Pneumonie der unverletzten
Seite die Todesursache. (Therapie: Entlastung durch Ablassen des
Hämothorax, Eukalyptol-Mentholi: jektionen.)
Ebenso ungünstig ist eine vor dem Schuss bestandene Bron-
chitis. Dieselbe war einigemal das ätiologische Moment für Empyem-
bildung.
Bei früher durchgemachter Tuberkulose scheint unter Um-
ständen der Schuss ein Aufflackern des alten Prozesses auf der getroffenen
Seite zu bewirken. Alte Pleuritis der getroffenen Seite führte
einmal durch Verblutung zum Tode wegen Unfähigkeit der Lunge, sich
zu retrahieren. Erkrankungen des Herzens sind prognostisch selbstver-
ständlich ungünstig.
) Die mit „Galli, Lugano“ gezeichneten Referate wurden von Ganter,
Wormditt, aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt.
312 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Komplikationen, die durch den Schuss selbst bewirkt werden, sind:
Splitterungen des Thoraxskelettes; sie geben schlechte Prognose.
Bei Splitterung einer Rippe kommt es manchmal zur Bildung eines sub-
periostalen oder epipleuralen „inneren Thoraxwandabszesses“, Dieser führt
gewöhnlich nicht zur Bildung eines Empyems. Therapie: Resektion der
Rippe, Spaltung des Abszesses.
Nicht allzu selten ist die Komplikation mit Verletzungen der
Art. subelavia mit Aneurysmabildung. Wenn nicht die Blu-
tung sofortige Ligatur erheischt (schlechte Prognose), so kann man das
Aneurysma nach eiwa 3 Wochen operativ angehen.
Kombination mit Rückenmarkschüssen ist insofern ungünstig,
als die Operation der Wirbelsäuleverletzung wegen der Jungen u
hinausgeschoben werden muss.
Von den Verletzungen der Lunge selbst und den F bisesrschalnnngen:
Pneumothorax, Hämopneumothorax, Hämothorax ist der
erstere am ernstesten zu nehmen. Wegen der Gefahr des Pneumothorax
sollten auch scheinbar harmlose Lungenschüsse erst nach längerer Zeit —
durchschnittlich nach 10 Tagen — transportiert werden. Dies stösst
jedoch in den vordersten Linien auf unüberwindliche Schwierigkeiten;
deshalb muss diese Forderung auf Lungenschüsse mit schweren Allge-
meinerscheinungen eingeschränkt werden. Der Hämopneumothorax, auch
der geschlossene, zeigt viel Neigung zu Empyembildung.
Aus seinen Erfahrungen über den fieberhaften Hämothorax
erwähnt Verf., dass in 12°/o das Hämatom bakterienbaltig war (Strepto-
kokken). Die Bakterienhaltigkeit besteht jedoch nur an gewissen Stellen,
besonders in der Nähe der Schussöffnung; daher kann die Ursache des
Fiebers unaufgeklärt bleiben, wenn man nicht gerade an einer von diesen
Stellen punktiert. Das Fortschreiten der Infektion gehört nicht zur
Regel und es kommt ohne Eingriff zur Ausheilung. Bei einer Minder-
zahl der Fälle kommt es zur Empyembildung. Gleichzeitig Ver-
schlechterung des klinischen Befundes: Stechen, Verringerung des Appe-
tits, trockene Zunge, andauernd hobe Temperatur, Pulsfrequenz höher als
dieser Temperatur entspricht. Dieses Missverhältnis zwischen Puls
und Temperatur ist prognostisch ungünstig. In diesen Fällen
ist auch bei makroskopisch nicht verändertem Hämatom die Rippen-
resektion angebracht. Eine weitere Ursache des fieberhaften sterilen
Hämotborax ist: abgesacktes Empyem, interlobuläres Empyem
oder Lungenabszess bzw. Lungengangrän. Wichtig ist hier das
Röntgenbild, doch gibt dies manchmal keinen Aufschluss. Dann geschieht
die Diagnose durch Punktion des Schusskauals mit einer 15 cm langen,
dicken Nadel. Manchmal findet man keinen eigentlichen Herd, sondern
eine röhrenförmige, jauchige Einschmelzung des ganzen Schusskanals
(Lungenphlegmone). Diese führt zu Exitus unter septischen Sym-
ptomen. Für die Bildung des Pleuraempyems ist nicht nur die Infektion
des Hämatoms durch den Schuss massgebend, sondern die Infektion kann
auch von innen erfolgen durch Durchwanderung der Bakterien aus dem
Lungenherd in die Pleura.
Folgt Mitteilung von Krankengeschichten.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
Diagnose und Prognose. 313
c) Diagnose und Prognose.
531. Arvid Wallgren, Ein Beitrag zur Kavernendiagnostik
(Parakavernenrassein). Beitr. z. Klin. d. Tbc. 36. 1917 H. 3
S. 359.
In den oberen Lungenteilen hört man häufig ən der Stelle von
Kavernen eine streng lokalisierte Gruppe von Rasselgeräuschen von ver-
schiedener Grösse, oft von subkrepitierender Art, die sich durch ihren
auffallend intensiven Schall auszeichnen und von Friberger als Para-
kavernenrasseln bezeichnet worden sind. Sie besitzen grosse diagnostische
Bedeutung für die Erkennung von Kavernen. (Dass diese klingenden
Rasselgeräusche, auch wenn sie nur kleinblasig oder krepitierend sind,
ein wichtiges Kavernensymptom darstellen, ist eine altbekannte Tatsache,
die nach Ansicht des Ref. die Sonderbezeichnung „Parakavernenrasseln“
unnötig macht.) Erich Leschke, Berlin.
532. Sven Zandren. Beitrag zur Frage über die Differential-
diagnose zwischen extrem grossen Kavernen und Pneumo-
thorax. Nordiskt Medicinskt Arkiv 1917 Bd. 50.
Beschreibung eines Falles von totaler kavernöser Umwandlung der
linken Lunge. Verf. kommt zu folgenden Schlusssätzen. In Fällen von
Pneumothorax, wo der Krankheitsverlauf nicht völlig typisch ist und
besonders bei chronischen Formen muss man stets mit der Möglichkeit
einer grossen, wandständigen Kaverne rechnen. In solchen Fällen darf
die Diagnose Pneumothorax nicht auf das Vorhandensein einer typischen
Anamnese allein oder zufolge des einen oder anderen typischen Pneumo-
thoraxphänomens gestellt werden, sondern erst nach einer sorgfältigen
physikalischen Untersuchung, wobei besonders Bronchophonie und Pektoral-
fremitus berücksichtigt werden müssen. Bei Röntgenuntersuchung kann
man von Pneumothorax und Kaverne völlig gleichartige Bilder erhalten.
In zweifelhaften Fällen dürfte eine Probepunktion, verbunden mit Druck-
messung oder Aussaugung von eventuell vorhandenem Flüssigkeitsinhalt
nebst mikroskopischer Untersuchung desselben zu befürworten sein.
Arvid Wallgren, Upsala.
533. Feldmann, Beitrag zur Behandlung der Lungentuberkulose
mit dem künstlichen Pneumothorax. Rivista critica di Cli-
nica medica 17. 1916 Nr. 24—26.
Die Ergebnisse, die Verf. in 38 Fällen mit dieser Behandlungsart
erzielt hat, lassen aich folgendermassen zusammenfassen: 13 Fälle geheilt
= 34,9 %0; 10 gestorben = 26,3 °/o; in 10 Fällen musste wegen Ver-
wachsungen der Pleura die Behandlung abgebrochen werden; in 4 Fällen
kann Verf. kein bestimmtes Urteil abgeben, da es ihm nicht möglich war,
den weiteren Verlauf der Krankheit zu verfolgen.
Auf Grund dieser seiner eigenen Erfahrungen und der anderer
Autoren glaubt Verf. mit Recht behaupten zu dürfen, dass diese Behand-
lungsart ein wertvolles Heilmittel ist, das aber, wie jedes andere, seine
bestimmten Anzeigen und Gegenanzeigen hat: 1. Der Pneumothorax darf
nur bei einseitigen Veränderungen angewendet werden. 2. Er darf nicht
angewendet werden bei Fällen im Beginn, sondern nur bei solchen, deren
314 Diagnose und Prognose.
Prozess einseitig ist und das 2. Stadium oder den Übergang vom 2. zum
3. Stadium zeigt, vorausgesetzt, dass der Allgemeinzustand gut ist. 3. Die
wichtigste Gegenanzeige bildet, abgesehen von der Doppelseitigkeit des
tuberkulösen Prozesses, das Vorhandensein pleuritischer Verwachsungen.
4. Eine besondere Gegenanzeige ist durch ausserhalb der Lunge gelegene
tuberkulöse Komplikationen und vor allem durch die Darmtuberkulose
gegeben. 5. Krankheiten des Gefässsystems, Lungenemphysem und Splan-
choptose sprechen nicht gegen die Anwendung der Methode, 6. Aus-
geschlossen sind die Formen umschriebener Tuberkulose. 7. Am besten
eignen sich die chronischen Formen, besonders solche im Zustande der
Infiltration oder solche mit nicht zu ausgedehnten und einseitigen destru-
tiven Prozessen.
Verf. bemerkt noch zum Schlusse, dass mit der Abnahme und Un-
schädlichmachung des Auswurfs, die man fast immer mit dem Pneumo-
thorax erreicht, auch die soziale Gefahr vermindert oder beseitigt wird,
die der Kranke für seine Umgebung bildet und die um so grösser ist,
da er nicht von seiner Familie getrennt werden kann. Für den Kranken
selbst ist es um so vorteilhafter, je früher die Behandlung beginnt, immer
unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um das 2. Stadium bandelt. Die
Wahrscheinlichkeit, dass der Prozess sich auf die andere Lunge ausbreitet
oder dass Verwachsungen der Pleura auftreten, ist alsdann geringer,
während man mit grösserer Sicherheit auf die Funktionsfähigkeit der
komprimierten Lunge am Ende der Behandlung wird rechnen können.
Galli, Lugano.
534. 0. Helens, Erfahrungen über die Behandlung mittelst des
künstlichen Pneumothorax auf dem Sanatorium bei Nakke-
‚bölle-Fjord. Mitt. des Nationalvereins zur Bekämpfung der
Tub. in Dänemark. I. — 1917.
In 100 Fällen (alle Frauen) wurde von Helens die Pneumothorax-
behandlung versucht; es misslang bei 34, einen Pneumothorax zu bilden.
Bei 66 kam die linke, bei 34 die rechte Lunge zur Behandlung. Die
12 ersten wurden ad modum Brauer, die folgenden ad modum Forla-
nini-Saugman behandelt. Nach Versuchen mit den verschiedenen
teils scharfen, teils stumpfen Kanülen hat Verf. Saugman’s Nadel
mit Kjer-Petersen’s Modifikation vorgezogen. Während der Behand-
lung sind zwei Fälle von Embolie, doch beide vorübergehend, eingetreten.
Bei 19 0/0 trat die Komplikation eines Exsudats auf (Ätiologie: Erkältung).
3 Fälle machten während der Behandlung eine Gravidität glücklich durch,
in einem Falle wurde der Abortus provoc. eingeleitet.
Augenblickliche Resultate: Temperaturabfall, von 49 febrilen wurden
30 afebril; Verschwinden der 'Tuberkelbazillen bei 24 (40°/o), Abnahme
der Exspektoratmenge; dagegen kam es in einem Teil der Fälle zu
Gewichtsverlust.
Dauerresultate: Die durchschnittliche Beobachtungszeit nach der
Einleitung der Behandlung war 3 Jahre.
Von 66 durchgeführten Fällen waren 23 arbeitsfähig, 6 arbeits-
unfähig, 37 gestorben: 44°/o lebend nach durchschnittlich 3 Jahren.
Von 35 misslungenen waren 22°/o lebend. Von 35 Patienten, bei denen
die Behandlung indiziert, aber nicht geprüft war, waren 28°/o lebend.
a- O ŘE G aee
Indikationen und Therapie. 315
Helens hebt bervor, dass die Dauerresultate wohl nicht sehr her-
vorragend sind, dass er aber doch den Eindruck gewonnen hat, die
Pneumothoraxbehandlung habe in einer Reihe von sonst hoffuungslosen
Fällen zweifellos eine gute, sogar heilende Wirkung gehabt. Er empfiehlt
daher, die Behandlung in geeigneten Fällen zu versuchen.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
d) Indikationen und Therapie.
535. van Voornveld, Tuberkulose und Schwangerschaft. — Neue
Perspektiven für die Behandlung. Corr. BL. für Schweizer
Arzte 1917 Nr. 22.
Verf. formuliert seine persönliche Meinung über den Einfluss der
Schwangerschaft auf Tuberkulose wie folgt. „Gewöhnlich wirkt Schwanger-
schaft nachteilig auf bestehende Lungentuberkulose, oft hat sie keine
nachweisbar gute oder schlechte Wirkung und gar nicht so selten hat sie
sogar einen günstigen Einfluss auf die in Rede stehende Krankheit.“
Verf. glaubt die Ursache der in manchen Fällen beobachteten günstigen
Beeinflussung einer Lungentuberkulose durch Schwangerschaft darin suchen
zu müssen, dass die Schwangerschaft auf die Lungen wie ein langsam
sich ausdehnender, doppelseitiger Pneumotborax wirke. — Der meist ein-
tretende ungünstige Verlauf der Lungentuberkulose nach der Geburt sei
wohi zum Teil bedingt durch die plötzliche Ausdehnung der Lunge nach
der Geburt. — Für die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft
bei Tuberkulö:sen stellt Verf. den folgenden Grundsatz auf: „In allen
Fällen von Gravidität, bei denen wegen bestehender oder diohender
Aktivität der Lungentuberkulose die künstliche Unterbrechung der
Schwangerschaft indiziert ist, soll diese Operation nicht ausgeführt werden,
bevor ein auch in der Pneumothoraxiherapie erfahrener Lungenarzt die
Frage geprüft hat, ob in casu die Jkungentuberkulose nicht durch An-
leguu.g eines künstlichen Pneumothorax zu inaktivieren wäre. Abortus
darf in einem solchen Falle nur eingeleitet werden, wenn die Anlegung
eines künstlichen Pneumothorax nicht indiziert oder nicht möglich ist. —
Zum Schluss berichtet Verf. über den günstigen Verlauf einer Tuber-
kulose, bei der im 6. Monat der Schwangerschaft ein künstlicher Pneumo-
thorax angelegt wurde. Lucius Spengler, Davos.
536. B. Graziadei, Klinische Bemerkungen über die Behandlung
der Lungentuberkulose mit dem Pneumothorax. Rivista eri-
tca di Clinica medica 1916 Nr. 30—32.
Verf. hat im Verlaufe von 7 Jahren bei 60 Tuberkulösen den Pneumo-
thorax angelegt und ausserdem noch viele von anderen Ärzten behandelte
Kranke untersucht. Er richtete sich bei der Anlegung des Pneumothorax
bis in alle Einzelheiten nach den Vorschriften Forlanini’s, und wenn
er dann und wann einmal davon abwich, immer sah er sich wieder
genötigt, auf diese zurückzukommen. Dabei hat Verf. die Überzeugung
gewonnen, dass dieses Heilverfahren eine grössere Ausbreitung verdiente,
da es für eine grosse Anzahl von Kranken, selbst wenn die Krankheit
schon weit fortgeschritten ist, von grösstem Nutzen sei, wobei man in-
dessen den hartnäckigen Charakter der Krankheit, ihren Umfang und
316 Indikationen und Therapie.
auch die mannigfaltigen mit der Behandlung verknüpften Zufälle berück-
sichtigen müsse.
Verf. gebrauchte den neuen Apparat Forlanini’s. Er liess an-
fangs jeden 2.—3. Tag Gas in kleinen Mengen (100—150—200 cem)
einströmen, schliesslich soviel, als der Kranke ertragen konnte (400 bis
500 ccm). Anfangs führte Verf. manchmal 700—800, ja 1000 cem
Stickstoff ein, aber die Erfahrung nötigte ihn zu grösserer Vorsicht, so
dass er 300—500 cem nicht mehr überschritt. Ein einziges Mal stellte
sich als unangenehmer Zufall eine Pleuraeklampsie ein, damals nämlich,
als er, noch wenig erfahren, den alten Apparat verwandte, mit dem das
Gas eingeblasen werden musste. Verf. hält es nicht für nötig, einen
starken Druck auszuüben, ausser da, wo es zähe Verwachsungen zu
beseitigen gilt. Mitunter stach er die Lunge an, was aber ausser etwas
blutigem Auswurf keine weiteren schlimmen Folgen hatte. Ist einmal
die Lunge genügend komprimiert, zo beginnt auch sofort die Besserung,
deren Verlauf mit der Kompression gleichen Schritt bält. Verf. erzielte
in Fällen mit Kavernenbildung, bei denen die untere Hälfte des Brust-
raumes sich als wegsam erwies, rasche und glänzende Erfolge. In einigen
Fällen stellte sich schon eine bemerkenswerte Besserung ein, ebe soviel
Gas eingelassen war, als zu einer nennenswerten Kompression der Lunge
nötig war, ein Umstand, der den Verf. auf den Gedanken brachte, es
müsse noch etwas anderes als die rein mechanische Kompression mit-
wirken. Herzstörungen von einiger Wichtigkeit wurden nicht beobachtet.
Sind starke Verwachsungen vorhanden und erreicht man aufangs nur
einen partiellen Pneumothorax, so gelingt es manchmal durch bäufigere
Einführung kleinerer Mengen Stickstoff doch noch einen vollständigen
Pneumothorax herzustellen. Die Nachfüllungen sollen anfangs in kurzen
Zwischenräumen erfolgen, dann immer seltener werden, so dass sie schliess-
lich nur alle 12—15—20 Tage, oder nur noch einmal im Monat nötig
sind. Ein zu frühzeitiges Aussetzen und zu seltene Nachfüllungen müssen
vermieden werden, da die sich bildenden Verwachsungen, Verdichtungen,
Schrumpfungen die Erneuerung des Pneumothorax, sofern diese wieder
erforderlich sein sollte, erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen.
Bei zwei Kranken trat eine von der komprimierten Lunge ausgehende
Hämoptoe auf. In dem einen zur Sektion gekommenen Falle fauden sich
kleine, offene, mit Blut gefüllte Kavernen an der Lungenspitze.
Während der Behandlung konnte Verf. die Entwicklung der galop-
pierenden Schwindsucht, der Miliartuberkulose und der Meningitis beob-
achten. Eine genaue Statistik über die behandelten Fälle liess sieh nicht
aufstellen, weil ein Teil die Behandlung zu frülı abbrach oder sich sonst-
wie der Beobachtung entzog.e Doch konnte Verf. 20 Heilungen im
klinischen Sinne feststellen, die Fälle befinden sich noch in Beobachtung.
In 6 Fällen war die Heilung abgeschlossen.
Schwierig ist es nach Verf., zu bestimmen, wann man mit der Be-
handlung aufbören soll. In einigen Fällen geschah dies, weil die Ver-
wachsungen eine weitere Einführung des Stickstoffes nicht mehr gestatteten
(2 Fälle), in einem andern Fall hielt der Erguss für sich allein die Lunge
komprimiert, wobei sich der Kranke wohl befand, so dass kein weiterer
Eingriff nötig wurde. Mit der Zeit ging der Erguss zurück, und die
Pleurahöhle schloss sich allmählich,
— eu
Indikationen und Therapie. 317
Bei einigen Kranken musste die Behandlung wiederholt werden,
nachdem sie einige Zeit wegen Auftretens von Husten und wegen des
schlechten Allgemeinbefindens unterbrochen worden war. Die Anzeigen
für die Vornahme des Pneumothorax sind viel umfassender, als die meisten
Ärzte glauben. Alles kommt darauf an, welches therapeutische Ziel wir
uns stecken. Wir können nicht immer Heilung erreichen, aber wir können
den raschen Verlauf der Krankheit hemmen.
Die besten Erfolge erhält man bei jenen im Anfang stehenden Fällen
mit langsamem Verlauf und geringem Fieber und besonders da wieder,
wo die Krankheit einen neuen Abschnitt befallen will. Dabei muss man
immer auf den Zustand der andern Lunge achthaben, besonders wenn die
Krankheit schon längere Zeit dauert. Es ist schwer festzustellen, welcher
Grad der doppelseitigen Erkrankung mit der Anlegung des Pneumothorax
noch verträglich ist. Verf. sah immer wieder, wie sich umschriebene
Infiltrationsherde auf der andern Lunge rasch besserten. Dasselbe gilt
auch von den bronchitischen Erscheinungen.
Der Pneumothorax hat sehr gute Erfolge auch bei Kranken mit
Kavernen, vorausgesetzt, dass die Beteiligung der stellvertretenden Lunge
. nicht zu ausgedehnt und der untere Teil der Pleurahöble wegsam ist.
Auch in akuten Fällen kann man es mit dem Pneumothorax versuchen,
aber hier ist die Gefahr («les Misserfolges, da die Krankheit leicht um sich
greift, grösser. i
Wirkliche Gegenanzeigen bilden zübe und ausgedehnte Verwachsungen
der Pleurablätter, Veränderungen an der Lungenbasis, die galoppierenden
Formen und ausgedehnte doppelseitige Prozesse. Herzklappenfebler geben,
wenn sie kompensiert sind, keine Gegenanzeige ab.
Alsdann kommt Verf. auf die Pleuritiden der Tuberkulösen zu
sprechen, die immer latent verlaufen, aber durch die Anlegung des
Pneumothorax akut werden. Er erörtert weiter ihre Natur, ihre Ursachen,
ihren Verlauf, ibre Folgen und bemerkt zuletzt, dass er im Anschluss an
die beim Pneumothorax aufgetretenen Pleuritiden die Thorakozentese nach,
der japanischen Art ausgeführt habe, d. h. er aspirierte nicht, sondern
liess den Troikart liegen, so dass die Flüssigkeit ablaufen und die um-
gebende Luft ungehindert, ohne Filter, in die Pleurahöhle eintreten konnte,
dann füllte er rasch Stickstoff auf.
Die Behandlung mit dem Pneumothorax darf andere Heilmethoden,
wie die medikamentösen, symptomatischen, hygienisch-diätetischen, nicht
ausschliessen, da diese die Widerstandskraft des Kranken erhöhen.
Nach den Erfahrungen des Verf.’s ist der Pneumothorax die wirk-
samste Behandlungsart der Lungentuberkulose. Man erreicht in einer
grossen Anzahl von Fällen vollständige Heilung, in vielen Fällen wenig-
stens langdauernde Besserungen, von denen auch noch manche zuletzt
vollständig geheilt werden.
Den Schluss der Abhandlung bilden 7 ausführliche Kranken-
geschichten.
Galli, Lugano.
318 $ Technik.
e) Technik.
537. B. van Delden, Enkele mededeelingen over de Long-
plombage volgens Baer. Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 29. Juli
1916. |
Die extrapleurale Pneumolyse mittelst der Vioform-Paraffin-Plombie-
rung kommt in Betracht in den Fällen mit Kavernen der Lungenspitze,
bei denen künstlicher Pneumothorax und Thorakoplastik nur wenig gün-
stige Erfolge bringen. Kontraindikationen sind: Amyloidentartung und das
Positivsein der Diaznreaktion während längerer Zeit bei starker Abmage-
rung und längerdauerndem intermittierendem Fieberverlauf, Die zweite
Lunge braucht nicht ganz gesund zu sein. Auseinandersetzung der Ope-
rationsmethode. Besprechung der Erscheinungen und der Behandlungs-
weise bei Durchbruch der Kavernenwandung und bei Entzündungen
rings um die Plombe. Hierauf bringt Verf. 4 Krankengeschichten von
Patienten, bei deren die Plombierung gute Resultate ergab; auch erwähnt
er zwei Fälle von Plombierung obne Erfolg (namentlich einen Fall mit
akuten Prozessen und eiuen anderen Fall, wo die ganze Lunge krank
war und nur Plombierurg der Lungenspitze stattfand). Weiter erwähnt
Verf. einen Fall mit tödlıcher Blutung aus einem Varix in der Kavernen-
wandung. Schliesslich warnt er vor einer zu kurzdauernden 'Tamponie-
rung der Höhle, damit die Kavernenwände nicht nur zusammengedrückt
werden, sondern auch zusammenwachsen können. J. Peerenboom.
538. O0. Kalb, Extrapleurale Pneumolyse mit Plombierung bei
nichttuberkulösen Kavernenbildungen .der Lunge. D. m. W.
1917 Nr. 7.
Die Heilfaktoren bei der Kollapstherapie der Lungentuberkulose
bestehen in Entepannung und Rubigstellung der erkrankten Lunge, in
Verminderung des Auswurfs, in örtlicher Toxinstauung bei relativer Ent-
‚giftung des Gesamtorganismus und dadurch Besserung des Allgemein-
befindens, und in ungehinderter Schrumpfungsnöglichkeit des kavernösen
Prozesses. Für das Zustandekommen des Lungenkollapses steht neben
dem Pneumothorax (Forlanini-Brauer) und der Entknochung des
Thorax (Friedrich) mit der milderen Form der Wilims’schen Pfeiler-
resektion noch die extrapleurale Prreumolyse mit anschliessender Plombie-
rung zur Verfügung. Gegenüber der Entknochung des Thorax ist diese
ein unverhältnismässig kleiner Eingriff; ihre Technik ist einfach, sie wirkt
nicht entstellend wie die Entknochung, stört nicht den physiologischen
Atemtypus und komprimiert im Gegensatz zum Pneumothorax nur die
kranken und keine gesunden Lungenpartien.
Verf. empfiehlt, dieses Verfahren auch bei kavernösen Prozessen
nichttuberkulöser Natur in Anwendung zu bringen, wenn wegen Schwarten-
bildung ein Pneumotborax nicht möglich ist. Es wird über 3 Fälle
von putrider Bronchitis und bronchiektatischen Kavernen berichtet, von
denen zwei entschieden günstig beeinflusst wurden, während der dritte
wegen allgemeiner ungünstiger Verhältnisse ad exitum kam.
C. Kraemer I], Stuttgart.
po
Technik. 319
539. J. H. Zaayer, Chirurgische behandeling van Bronchiektasen.
Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 19. Febr. 1916.
Nach kurzen geschichtlichen Vorbemerkungen gibt Verf. die Kranken-
geschichten von vier Bronchiektatikern, bei denen, nachdem innere Mittel
versagten, mit gutem Erfolge die Thorakoplastik gemacht wurde. Bei
allen wurde in Seitenlage ein Schnitt nach Schede gemacht, der Haut-
Muskellappen wurde nach oben umgeschlagen, alsdann wurden von 5
oder & Rippen grössere Fragmente von 12—17 cm Länge subperiostal
ausgeschaltet, indem die Rippen jedesmal zuerst hinter dem Angulus
costae durchschnitten wurden. Hierauf wurden das Periost der Rippen
und das Zwischenrippengewebe vom Brustfell gelöst und entfernt. Die
Pleurahöhle blieb unversehrt. Nachdem der Haut-Muskellappen zurück-
geschlagen war, wurde die Wunde mit Etageligaturen geschlossen und
jetzt wurden mit einer festen Weattepelotte die Weichteile durch den De-
fekt. der knöchernen Brustwand hindurch tief nach innen gepresst und in
dieser Lage durch den Druck einer Bandage fixiert gehalten.
Bei der Entlassung aus der Klinik wurde die Wattepelotie ersetzt durch
einen Kautschukschwamm. Der Erfolg war eine klinische Heilung, d.h.
die Sputummenge verringerte sich stark und der widerliche Geruch ver-
schwand. Hierauf folgt eine ausführliche kritische Besprechung der ver-
schiedenen chirurgischen Methoden der Bronchiektasiebehandlung. Der
Verf. hält die Brustwandresektion für die beste Methode; „ihre Heil-
wirkung tritt aber erst dann’ in vollen Umfange auf, wenn die Rippen-
resektion in sehr ergiebiger Weise über den kranken Lungenteilen gemacht
wird, wenn die Interkostalmuskeln und das Periost mitentferut werden
und wenn man nach der Operation dauernd einen Druck auf das Opera-
tionsfeld ausübt“. J. Peerenboom.
540. H. H. Jacobäus und Einar Key, Einige Erfahrungen
von operativen Eingriffen bei Lungentuberkulose. Nordiskt
Medicinskt Arkiv 1916 Bd. 23.
I. Endopleurales Abbrennen von Adhärenzen.
Diese von Jakobäus inaugurierte Operation wird unter Leitung
seines Thorakoskopes ausgeführt (Brauer’s Beiträge 1916 Bd. 35). Die
Operation ist’ jetzt vom Verf. in 15 Fällen ausgeführt worden. 3 von
diesen Fällen, „Versuchs-Fälle“, wo die Operation aus diesem oder jenem
Anlass kein praktisches Resultat gewährte, sind letal verlaufen. 6 Fälle
zeigen einen so augenfällig verbesserten Zustand, dass man wohl auf
künftige Genesung hoffen darf. Die übrigen 6 Patienten sind teils ge-
storben (2), teils ist ihr Zustand noch fraglich. „Stellt man daher einen
Vergleich an zwischen Debet und Kredit der Methode, dann muss man
zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Plus-Seite beträchtlich über-
wiegt und dass es in nicht so wenigen Fällen gelungen ist, dem Patienten
mit dieser Methode eine wesentliche Hilfe zu bringen.“ Nicht nur dicke
Stränge, sondern auch bis zu 10—15 cm breite Membranen sind ent-
fernt worden, ohne dass irgendwelche schwereren Komplikationen hinzu-
getreten wären.
II. Ausschälen der Insertion der Adhärenz an der Brustwand.
In einem Fall ausgeführt. Durch röntgenolozische und thorako-
skopische Untersuchung wurde zuerst genau die Stelle bestimmt, wo die
320 - Klinische Fälle.
Adhärenz an der Brustwand befestigt war. Darauf wurde die Pleura-
höhle so nahe wie möglich an der adhärenten Stelle geöffnet und dann
die Adhärenz extrapleural gelöst. Ferner wurden einige schmälere Ad-
härenzen durchschnitten. Das Operationsresultat war vorzüglich.
III. Thorakoplastik.
Thorakoplastik ist in 13 Fällen ausgeführt. In 8 derselben ist aus-
gebreitete Thorakoplastik in zwei Sitzungen vorgenommen. In einem Fall
wurde nur die erste Sitzung der Operation ausgeführt, da der Patient
einige Zeit nach derselben an einer bösartigen Nephrose zugrunde ging.
In 3 Fällen ist nur partielle Thorakoplastik ausgeführt. In 5 der Fälle
ist bereits eine so grosse Verbesserung erzielt worden, dass man alle
Ursache hat, auf eine vollständige Symptomfreiheit mit wiederhergestellter
Arbeitsfähigkeit für lange Zeit zu hoffen. In 2 Fällen ist die Besserung
in dem einen Fall relativ langsam gegangen, in dem zweiten ist zu kurze
Zeit nach der Operation verflossen, als dass das Resultat beurteilt werden
könnte. Nur in einem Falle ist das Resultat als mittelmässig zu be-
zeichnen. Patient starb infolge Nephrose. .
Alle Krankengeschichten sind sehr ausführlich mitgeteilt.
Arvid Wallgren, Upsala.
f) Klinische Fälle.
54i. A. Christensen, Lungen nach extrapleuraler Thorako-
plastik. Norsk Magazin for Legevidenskaben 1917 Nr. 5.
Eine 2Ujährige Patientin erkrankte August 1915 und wurde in das
Krankenhaus Dezember 1915 aufgenommen. Fieber, Husten, Sputum
mit Tuberkelbazillen. Iu der linken Lunge ein progredienter Prozess.
Im Januar wurde Pneumothoraxbehandlung vergebens versucht. Ende
März Rasselgeräusche in der rechten Lunge. Am 4. April wurde extra-
pleurale Thorakoplastik ausgeführt. Der Zustand besserte sich rasch. Juli-
August wieder Fieber mit rasch fortschreitendem Prozess in der rechten
Lunge. Tod 4.'Oktober 1916. Sektion. Die operierte linke Lunge war im
ganzen adhärent, klein, luftleer, stark komprimiert. Viele Kavernen mit
reinen Wänden, ohne Inbalt. Das Lungengewebe fibrös, mit einigen
käsigen Foci, aber ohne frische Tuberkeln. Mikroskopisch wurden typische
Tuberkel mit reichlichem neugebildeten fibrösen Gewebe nachgewiesen.
Die linke Lunge wog 300 g, die rechte 800 g
Die Operation hatte also guten Erfolg gehabt, aber sie wurde zu
spät ausgeführt. Die Patientin erlag einem progredienten Prozess in der
anderen, nicht operierten Lunge. Birger-®verland.
542. Swiezynski, Beitrag zur Behandlung der Lungentuber-
kulose mittelst künstl. Pneumothorax. Beitr. z. Klin. d. Tbe.
37. 1917 H. 3 S. 175.
Kasuistische Mitteilung. E. Leschke, Berlin.
543. U. Carpi, Ein Fall von Lungenschwindsucht, geheilt durch
extrapleurale Thorakoplastik. Pneumothorax thérapeutique
Bd. II H. 1, 1917.
Verf. berichtet die Krankengeschichte eines Falles von kavernöser
Phthise des linken oberen Lungenlappens, bei welchem die klassischen
Allgemeines. 321
Anzeigen für die Anwendung des künstlichen Pneumothorax gegeben
waren: kavernöse, einseitige Erkrankung, entsprechender Pleurasinus frei.
Durch den Eingriff wurde ein abgesackter Pneumothorax in der antero-
lateralen Gegend gebildet, der die Basis der linken Lunge komprimierte,
aber nicht über die Lungenfurche hinausging und nur eine sehr beschränkte
Wirkung auf die ausgedehnte kavernöse Erkrankung ausübte Die Un-
möglichkeit, die Wirkung des Pneumothorax zu vergrüssern, veranlasste
dazu, ihn — als in diesem Falle zwecklos — aufzugeben. Es wurde
nunmehr Thorakoplastik vorgeschlagen. Durch vollständige extrapleurale
Thorakoplastik nach Sauerbruch wurde Kollaps und Ruhigstellung der
Thoraxwand erreicht. Als Folge dieses Eingriffs ergab die klinische
Untersuchung den Stillstand des destruktiven Prozesses in der Lunge,
an dessen Stelle ein langsam fortschreitender Heilungsprozess des kaver-
nösen Herdes begann.
Verf. bemerkt jedoch, dass die ausgedehnte kavernöse Erkrankung
durch den thorakoplastischen Kollaps, der nie so vollkommen ist wie der
mit Hilfe des Pneumothorax erzielte, nicht als vollständig aufgehoben
betrachtet werden kann. Diese Feststellung gestattet ihm die Schluss-
folgerung, in der Ruhigstellung der Lunge selbst und nicht in der mittel-
baren oder unmittelbaren Kompression der Kaverne den wesentlichen und
grundlegenden Faktor für den Stillstand und die Rückbildung der kaver-
nösen Lungenerkrankung zu sehen, die vor dem operativen Eingriff
bestand.
Die extrapleurale Thorakoplastik entspricht demnach in ihrem End-
zweck den Grundregeln der Kollapstherapie des Pneumothorax und kann
diese letztere mit Erfolg ersetzen in den Fällen, wo das Bestehen aus-
gedehnter pleuritischer Verwachsungen das Anlegen eines Pneumothorax
verhindert. A. Galli, Lugano.
g) Allgemeines.
544. Salvatore di Pietro, Kann der Pneumothorax, statt aus
therapeutischen Gründen, zu Simulationszwecken, um vom
Kriegsdienst zu befreien, angelegt werden. Annali di Cli-
nica medica 1916 Bd.7 H. 1.
Es handelt sich un: die Frage, ob der Pneumothorax bei vollständig
gesunden Leuten, die sich dem Kriegsdienst entziehen wollen, von einem
gewissenlosen Arzte angelegt werden kann, derart, dass das angeblich
kranke Organ der physikalischen Untersuchung unzugänglich wird und
mit diesem Heilverfahren weniger vertraute Ärzte getäuscht werden können.
Dieser Verdacht führte zu ernsten Unzuträglichkeiten, insofern auch
Lungenkranke, denen der Arzt einen Pneumotliorax angelegt batte und
die sich auf dem Wege der Besserung befanden, zum Militärdienst aus-
gehoben wurden, trotz aller ärztlichen Zeugnisse, zum grössten physischen
Schaden der Kranken und zum grössten moralischen Schaden der Ärzte.
Um solch ärgerlichen Vorkommnissen künftig einen Riegel vorzu-
schieben, nahm sich Verf. vor, alle die bezüglichen Fragen einer ein-
gebenden Erörterung zu unterziehen.
Zunächst hebt Verf. die Schwierigkeit hervor, bei Leuten, denen ein
Pneumothorax angelegt ist, die I,ungentuberkulose festzustellen; denn
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 22
3992 Allgemeines.
1. ist es unmöglich, die physikalische Untersuchung vorzunehmen, 2. ver-
schwinden Husten, Auswurf und Bazillen, 3. verschwinden Fieber,
Schweisse und die andern toxischen Symptome, 4. bessert sich das All-
gemeinbefinden. |
Viele Ärzte, die noch wenig Kenntnisse vom Pneumothorax, seinem
Mechanismus und seiner Heilwirkung haben, fürchten die Simulation der
mit dem Pneumothorax behandelten Lungenkranken. Dieser Missstand
schädigt nicht nur die Kranken, und zwingt physisch vollständig unzu-
längliche Leute zum Dienste des Vaterlandes, er wird auch zur Quelle
grosser Gefahren.
Die grösste Schwierigkeit besteht darin, mit den üblichen Unter-
suchungsmitteln den physikalischen Befund der immobilisierten Lunge
festzustellen. Man suchte sich damit zu helfen, dass man die Kranken
solange unter Beobachtung hielt, bis die Lunge entsprechend der Absorp-
tion des Gases ihre Funktion nach und nach wieder aufnahm. Wenn
das auch ein nützliches Mittel für die Ärzte ist, die Erfahrung in der
Pneumotboraxbehandlung haben, so versagt es doch bei jenen, die prak-
tisch mit diesem Verfahren noch nicht gearbeitet haben und die auf
ernste Schwierigkeiten (die Verf. genau erörtert) stossen werden, auch
dann, wenn sie die Wiederaufnahme der Funktion der Lunge abgewartet
haben.
Die Frage, ob Heil- oder Simulations-Pneumothorax, lässt sich in-
direkt dadurch klären, dass nachgeforscht wird, ob der Pneumothorax erst
seit kürzerer Zeit oder schon länger besteht. Dank dem grossen Absorp-
tionsvermögen, über das die Pleura im Anfang verfügt, und dank der
Schnelligkeit, mit der die erst seit kurzem komprimierte und unveränderte
Lunge sich wieder ausdehnt, kehrt in jenem ersten Fall die Funktiorf
der Lunge sofort wieder: 15—20 Tage Beobachtung genügen, dann tritt
wieder das normale weiche Vesikuläratmen ohne irgendwelche abnorme
Nebengeräusche auf. Auch leichtere Veränderungen auf der Lunge
würden sich sofort bemerkbar machen. Besteht hingegen der Pneumo-
thorax schon mehrere Monate, so würde sich infolge der verminderten
Resorptionsfähigkeit der Pleura einerseits und der Wirkung der langen
Kompression der Lunge andererseits die Funktion der Lunge erst viel
später (nach 4—6—8 Wochen) wieder einstellen, so dass erst dann wieder das
Atemgeräusch wahrgenommen werden könnte, das nunmehr jene mehr oder
weniger grossen Veränderungen darbieten würde, die seinerzeit zur An-
legung des Pneumotborax geführt haben. Auch auf der gesunden Lunge
gewinnt das Vesikuläratmen erst allmählich seinen normalen Charakter
wieder. Damit diese Schlussfolgerungen für die Lösung der vorliegenden
Frage nutzbar gemacht werden können, dürfen bei den betreffenden Leuten
keine Nachfüllungen von Gas vorgenommen werden. Um die Beobach-
tungszeit abzukürzen, soll das Gas teilweise abgelassen werden, aber in
Mengen von nicht weniger als 1000 ccm, was unter Umständen in 24
Stunden noch einmal zu wiederholen ist. Nach der Beobachtung soll
man wieder Gas einströmen lassen, um so die Lunge wieder zu immobili-
sieren. Wichtige Fingerzeige für die Diagnose liefert ferner das Verhalten
des Druckes in der Pleurahöhle während der Ablassung des Gases, da
man danach den ungefähren Zeitpunkt der Anlegung des Pneumothorax
und den gegenwärtigen Zustand der Lunge feststellen kann. Handelt es
m A
an l ÃO
Allgemeines. 323
sich aber um einen Simulations-Pneumothorax, mithin um einen noch
nicht lange bestehenden Pneumothorax, so wird in dem Masse, als das
Gas abgelassen wird, der Druck in der Pleurahöhle allmählich fallen,
und um so leichter und rascher wird die I,unge, die ja unversehrt ist
und nur kurze Zeit komprimiert war, ihre ursprüngliche Ausdehnung
‚wieder erlangen. Wo indessen ein Pneunothorax zu therapeutischen
Zwecken angelegt worden ist, ist das Verhalten des Druckes ein wenig
anders. An ibm sind die Veränderungen auf der Lunge und die Wir-
kungen einer längeren Kompression deutlich zu spüren. Die Druck-
senkung in der Pleurahöhle im Vergleich zur abgelassenen Gasmenge ist
um so ausgesprochener, je schwieriger die Wiederausdehnung der Lunge
vor sich geht. Wo es sich um verbreitete und alte Lungenveränderungen
handelt, kann die Druckabnahme auch dann sehr auffallend sein, wenn
nur wenige Kubikzentiıneter Gas abgelassen werden,
Ein weiteres, äusseres Zeichen ausgedehnter Lungenveränderungen
ist in dem Verhalten der Interkostalräume gegeben, indem diese auf der
entsprecheuden Seite tief eingesunken zu sein pflegen.
Es gibt noch zwei Mittel, auf die man sich in zweifelhaften Fällen
mit grösserer Sicherheit verlassen kann: |
Zunächst die pneumatische Kammer Forlanini’s.. Diese Kammer,
in der man durch Zuführen von Luft den Druck auf mehrere Atmo-
ephären heben kann, gestattet dem in ihr befindlichen Kranken, auch mit
der komprimierten Lunge zu atmen, indem so die Druckverhältnisse
zwischen der Pleurahöhle und der Umgebung vertauscht werden. Je
höher der Druck in der pneumatischen Kammer, also auch in den Luft-
wegen des Kranken steigt, um so mehr wird nach und nach der durch
den Pneumothorax in der Pleurahöhle erzeugte Druck von dem endo-
bronchialen Druck überwunden, wodurch es der Lunge möglich wird
sich auszudehnen, trotzdem der Gasdruck in der Pleurahöhle unverändert
bleibt.
Der Beobachter, der sich zugleich mit dem Kranken in die Kammer
einschliesst, kann von Fall zu Fall den für die Wiederaufnahme der
Lungenfunktion nötigen Druck regeln. Und dieser Umstand bildet einen
wichtigen Teil der Beurteilung, vorausgesetzt dass man auf den in der
Pleurahöhle herrschenden Druck achtgegeben hat, der immer vor Eintritt
des Kranken in die Kammer bestimmt werden sollte. Zur Erleichterung
der Beobachtung kann man in manchen Fällen den Druck in der Pleura-
höhle durch vorsichtiges Ablassen von ein wenig Gas vermindern. Das
beste Urteil in der Sache gewinnt man indessen, wenn man auf den
. Charakter der Atemgeräusche achtet, denn diese gewähren, auch wenn es
sich nicht um pathologische Geräusche handelt, die Möglichkeit, hinreichend
sicher zu entscheiden, ob wir es mit einem Simulations-Pneumothorax oder
einem therapeutischen Pneumothorax zu tun haben.
Steht eine pneumatische Kammer nicht zur Verfügung, so nehmen
wir unsere Zuflucht zur Radioskopie, wobei auf folgende Umstände zu
achten ist: 1. Auf den Zustand der Pleura auf seiten des Pneumothorax,
2. auf den Zustand der andern Lunge, 3. auf den Zustand der Lunge
auf seiten des Pneumothorax. Was die Pleura betrifft, so ist festzustellen,
ob sie frei oder verwachsen ist usw. Das Verhalten der andersseitigen
Lunge erfordert eine besondere Aufmerksamkeit, wenn man bedenkt, dass
22%
324 Bibliographie.
in den Fällen von schweren Veränderungen der einen Lunge, die ja eben
die Anlegung des Pneumothorax nötig machten, auch die andere Lunge
kaum je vollständig gesund ist. Eine auch nur geringe Veränderung auf
dieser Lunge lässt den Verdacht eines Simulations-Pneumothorax hinfällig
erscheinen. Wenn aber diese Merkmale fehlen, so muss der Beobachter
seine ganze Aufmerksamkeit auf die dem Pneumothorax unterworfene
Lunge richten. Hierbei ist es notwendig, dass, wenn irgend möglich, die
Lunge durch Ablassen einer hinreichenden Menge Gas wieder vollständig
mobilisiert werde. Hat so die Luft wieder freien Zutritt zur Lunge, so
werden sich ihre Veränderungen, seien sie alt oder frisch, vernarbt oder
aktiv, auf dem Schirm oder der photographischen Platte nachweisen lassen.
Zuletzt führt Verf. einige Fälle an, die, obgleich bei ihnen ein
Pneumothorax angelegt worden war, einberufen worden sind, und macht
auf die schweren Nachteile aufmerksam, die die Kranken durch eine
länger dauernde Unterbrechung der Behandlung erfuhren.
Galli, Lugano.
545. G. Breccia, Über den künstlichen Pneumothorax. Z? Poli-
clinico 1915.
Verf. behandelt in diesem für die Versammlung für innere Medizin
(abgehalten in Genua am 14. IX. 1914) bestimmten Bericht zusammen-
fassend alles das, was er bereits ausführlich in seinem Buche „Il Pneumo-
torace artificiale nella tubercolosi polmonare“ (Rosenberg u. Sellier, Turin
1914) dargestellt hat. Galli, Lugano.
h) Bibliographie.
546. L. Spengler-Davos, Arbeiten über Lungenkollapstherapie.
(Fortsetzung des Literaturverzeichnisses in Nr. 6. Jahrgang XI.
Seite 193 dieses Centralblattes.)
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Sept. 1916.)
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&85. da Gardi, Ambrogio, Il pneumotorace simidio diagnostico nell esame
radiologico dei feriti al torace. (Le Pneumothorax thérapeutique. Bd. 2.
Nr. 1. Mai 1916.) |
s86 Gaudy, Ch., Un cas de pyo-pneumothorax putride à évolution aiguë au
cours dune tuberculose pulmonaire. (Bull. de la Soc. d'études scient. sur
la tuberculose. 1914. Nr. 2.)
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888.
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Windrath, Fr., Ein Beitrag zur Proumöthierasbehandiing gefahrdrohender
Blutungen. (Med. Klinik. 1917. Nr. 3.)
326 Bücherbesprechungen.
Ill. Bücherbesprechungeen.
43. K. Francke, Die menschliche Zelle. II. Aufl. München 1917, im Selbst-
verlage des Verfassers. 196 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. Preis 5 M.
Der Verf. ist Arzt für iunere Leiden in München. Er bringt in dem Buche
einen Niederschlag seiner Forschungen und Beobachtungen am Lebenden. Manclıe
nicht unwichtige Gedanken und Anregungen findet man in der Darstellung,
dagegen leider auch viel Spekulatives, welches sich mit den Ergebnissen der
wissenschaftlichen Forschung nicht vereinbaren lässt. Einige zu diagnostischen
Zwecken angegebene Instrumente des Autors verdienen Beachtung.
Schröder.
44. Helm, Zur Tuberkulosebekämpfung 1917. Berlin, im Verlage des
Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. 1917. 64 Seiten.
Die Schrift enthält die Verhandlungen des Deutschen Zentralkomitees zur
Bekämpfung der Tuberkulose in der 21. Generalversammlung vom 23. Mai 1917.
Der Inhalt ist in unserem Berichte (Heft 6 dieses Jahrgangs S. 201) bereits mit-
geteilt. Wir machen heute noch auf das Merkblatt für‘die Berufsberatung
Tuberkulöser des Ausschusses für Kriegsinvalidenfürsorge der Stadt Dresden
aufmerksam, welches Beachtung verdient (Anlage 3 des Berichtes).
Schröder.
45. K. Francke, Die Kalkdiät. München, O, Gmelin’s Verlag der Ärztlichen
Rundschau 1916, 4. u. 5. Auflage.
In gemeinverständlicher Form behandelt der Verf. die Bedeutung des Kalkes
für unsere Nahrung und die Entwicklung der Menschen und Tiere. Er empfiehlt
dringend zu prophylaktischen und bei mancherlei Krankheitszuständen zu thera-
peutischen Zwecken dauernde Gabe von Kalk mit der Nahrung und zwar in erster
Linie das Chlorkalziambrot, welches 10 °/o Chlorkalzium enthält, oder von einer
10 °pigen, kristallisierten Chlorkalziamlösung täglich 1—2 Teelöffel in Milch,
Kaffee oder Suppen. Das Calcium lacticum und die Kalzantabletten können auch
zweckmässig gebraucht werden. Er schätzt die Präparate als Unterstützungs-
mittel in der Therapie der Skrofulose und Tuberkulose und bei mannigfachen
Formen von Katarrhen der oberen Luftwege. l
Wenn wir auch seinem Optimismus in der Würdigung der Kalktherapie
nicht ganz folgen können, so ist immerhin das Büchlein lesenswert, da Dar-
reichung von Kalk als symptomatisches Mittel auch für die Therapie der Tuber-
kulose eine gewisse Bedeutung hat. Schröder.
46. W. Winternitz, Wasserkur und natürliche Immunität. Verlag ron
G. Thieme, Leipzig 1917. 70 Seiten. Preis 2 M.
Noch kurz vor seinem Tode hat der Altmeister der Hydrotherapie dieses
Büchlein erscheinen lassen. Er fasst darin in kurzen Zügen seine Anschauungen `
über die Bedeutung der Wasserbehandlung bei Infektionskrankheiten zusammen,
wie er sie sich auf Grund einer mehr als fünfzigjührigen Arbeit auf diesem
Gebiete gebildet hat. Aus jeder Zeile spricht also die reiche Erfahrung des
Autors.
Wir wissen, dass durch dosierte thermische Reize die Widerstandsfähigkeit
des Organismus gegen Infektionen gesteigert werden kann, vor allem dann, wenn
eine methodische Wiederholung dieser Reize eintritt. Es treten Hyperleuko-
zytose, Zunahme der Blutalkaleszenz, Vermehrung der Antikörper im Blute ein.
Er zeigt am Typhus, der Tuberkulose und der Cholera, was eine systematisch
Kongress- und Vereinsberichte. 32
durchgeführte Wasserkur zu leisten vermag. Bei der Tuberkulose werden durch
seine Methode Kräftigung der Herzaktion, Erhöhung des Gefäss- und Gewebs-
tonus und damit Hervorrufung einer lokalen, aktiven Hyperämie in den erkrankten
Organen, endlich Kräftigung des ganzen Organismus und Besserung der Blut-
beschaffenheit erreicht. Die Behandlung ist sehr einfach. Sie besteht in der er-
regenden Kreuzbinde, der kalten Abreibung oder dem Regenbad. Diese Dinge
haben auch prophylaktische Bedeutung. Er zeigt weiter im Schlussabschnitt, dass
die Wasserbehandlung günstige Blutveränderungen hervorruft, die in einem
Überwiegen der Neubildung der roten Blutkörperchen und des Hämoglobingehalts
über ihre Zerstörung besteht. Je mehr die Zirkulation angeregt wird, desto leb-
hafter ist die Hämatopoiese. — Das Büchlein wird sicher dazu anregen, der Hydro-
therapie in der Bekämpfung der Infektionskrankheiten auch weiterhin weiteste
Beachtung zu schenken. ` Schröder, Schömberg.
IV. Kongress- und Vereinsberichte.
15. Sitzungen des Hamburger ärztlichen Vereins vom 9. X. 1917
und 23. X. 1917.
(Referent: W. Schultz- Hamburg.)
a) Schottmüller berichtet über seine Erfolge bei der operativen Be-
handlung der Lungentuberkulose. Die Kollapstherapie eignet sich zwar
nur für einseitige und chronisch verlaufende Prozesse, sie ist aber doch viel öfter
indiziert, als man bisher annahm. Besonders bei schweren Fällen liefert sie ganz
vorzügliche Resultate, wie sie mit keiner anderen Therapie zu erzielen sind.
Vortr. stellt die Forderung auf, dass in jedem Falle von Lungentuberkulose
sowohl bei Beginn der Behandlung wie im späteren Verlauf — namentlich bei
Vorhandensein von Kavernen — die Indikationen der Kollapstherapie erwogen
werden. Von den Methoden der operativen Behandlung ist die Phrenikotomie
veraltet, es kommen nur der Pneumothorax, die Apikolyse und die Thorakoplastik
in Frage. — Vortr. stellt drei Fälle vor, die nach diesen Methoden behandelt
worden sind. Der erste Fall betrifft eine Patientin, die sich seit einem Jahre
in Pneumothorexbehandlung befindet. Damals bestand ausgedehnte Dämpfung,
fein- und mittelblasiges Rasseln über den oberen Partien der linken Lunge, im
Röntgenbild Kavernenbildung, im Sputum Tuberkelbazillen. Das Allgemeinbefinden
ist jetzt gut, 10 Pfund Gewichtszunahme; Husten, Auswurf und Nachtschweisse
haben sofort nach der Operation aufgehört. — Zweiter Fall: Patient ist schon
seit Jahren lungenleidend, 1915 wurde bereits eine ausgedehnte Tuberkulose der
linken Lunge mit Kavernenbildung festgestellt. Damals legte Jessen-Davos
einen Pneumothorax an. Infolge pleuritischer Verwachsungen trat jedoch kein
wesentlicher Kollaps ein. Vortr. empfaul nun die Vornahme der Apikolyse. Im
August 1916 resezierte Sudeck-Hamburg-Barmbeck einen Teil der vierten Rippe
und löste die Verwachsungen manuell. Der Erfolg war ausreichender Kollaps
der linken Lunge, die Bazillen schwanden aus dem Sputum, das Fieber hörte auf.
Bei der Nachfüllung war erheblicher Druck notwendig, um die Lauge zu kom-
primieren. — Dritter Fall: Patientin ist ebenfalls seit Jahren lungenleidend und
hatte vergeblich in mehreren Sanatorien Heilung gesucht. 1914 Typhus, seitdem
Verschlimmerung: hohes Fieber, reichlicher Auswurf. Im Dezember 1915 bestand
eine ausgedehnte Tuberkulose der linken Lunge mit Kaverne, Pleuraverwachsungesıı
328 Kongress- und Vereinsberichte.
mit Verzerrung des Herzens und der Traches nach aussen, elender Allgemein-
zustand, die Prognuse war absolut infaust. Auf Vorschlag des Vortr. führte
Sudeck die Thorakoplastik nach Sauerbruch aus. Der Erfolg war ausge-
zeichnet: völliger Kollaps der linken Lunge, Fieberabfall, Verschwinden des
Sputums, Nach einem Erholungsaufenthalt im Taunus ist jetzt der Allgemein-
zustand sehr gut, Patientin hat 12 Pfund an Gewicht zugenommen.
b) Kümmelt bespricht zwei Fälle von lokalisierter, in Form von Kon-
glomerattumoren auftretender Tuberkulose der Leber. Die Diagnose ist
‚. schwierig, Verwechselungen mit Karzinom und Gummata sind häufig. In dem
einen Falle war Ca. hepatis diagnostiziert worden, bei der Laparotomie stellt sich
Tuberkulose heraus. Der Patient ging an Meningitis tuberculosa zugrunde. Vortr.
stellt dann einen Patienten vor, den er durch keilfürmige Resektion des linken
Leberlappens geheilt hat. Der primäre Herd ist nicht nachweisbar.
Herr Reiche teilt sodann die Krankengeschichte einer Frau mit spon-
tanem Pneumothorax mit. Die Frau war 14 Tage vor der Krankenbausauf-
nahme plötzlich an Dyspnoe erkrankt, die seither bestand. Es trat allmählich
Besserung ein, so dass die Frau geheilt entlassen wurde. Nach einem Jahre lieferte
die Patientin bei der Röntgenuntersuchung ein vollkommen normales
Thorsxbild. Ein 'frauma kann in diesem Falle für die Entstehung des Pneumo-
thorax sicher nicht verantwortlich gemacht werden. Vortr. glaubt, dass der
Durchbruch eines kleinen, klinisch und röntgenologisch nicht nachweisbaren, dicht
unter der Pleura befindlichen tuberkulösen Herdes den Pneumothorax verur-
sacht hat.
Ergänzende Mitteilung zum Nachruf über Behring.
(Heft 10 dieses Jahrgangs.)
„Da in dieser Welt der Missverständnisse alles möglich ist, so könnte es
auch möglich sein, dass einer meine Ausführungen über Behring dahin missver-
stehen könnte, der Verstorbene sei eine moralisch minderwertige Persönlichkeit
gewesen. Eine derartige Behauptung liegt mir ganz ferne. Was gesagt werden
sollte, ist folgendes: Behring batte die seltene Begabung, die tiefsten Probleme
der Ethik erkenntnistheoretisch zu erfassen. Eben deshalb ist es zu bedauern,
dass es ihm gleich Schopenhauer nicht gelang, die höchste Erkenntnis in die
Tat umzusetzen und ein Aristokrat der Moral zu werden und damit die höchste
Stufe, die ein Mensch erreichen kann ınd die von so unsagbar wenigen gewonnen
wird, zu erreichen, dass er vielmehr trotz dieser Begabung und bei seiner wissen-
schaftlichen Grösse als Mensch keine Ausnahme bildete von der Mehrzahl der
Menschen.* Much.
ER eisen
Um Einsendung von Mo nographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Sch röder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg. O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Bu a u Han a = nn nn nn
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
0. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Redaktion: Verlag
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg. Ludwigstrasse 231/9.
11. Jahrg.
— e m Mm Me nn
Ausgegeben am 31. Dezember 1917. Nr. 12.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.)
| Gilbert 350.
| Griffith, A. St. 353.
Hälsen, G., 355.
: Hamburger, F. 355.
Dembinski 357 Hellman, T. J. 347.
Deutsch, F. 35x. Hesse 359,
Ellis, H A. 356. v. Hippel 351.
Fuchs- W oliring 352. vw. Jaworski. J. 358.
Geszti. J. 346. I Jvusset, A. 348, 357.
' Kirch, A. 353.
' Köhlisch 352, 352.
: Liehtenstein, A. 340.
' Litzner 357.
Martin, Bl. M. 353.
Mayer, A. 49.
Mol-Sternber., Chr 346.
Müller, H. 330.
Bauchant 35%.
Berg, S. 35%.
Braun, E. 354
Cemach. A. J. 347.
| Müller, W. 346, 348, 348
Nijssen, H. H. 354.
Pettersson, A. 353.
' Reekzeh, P. 8345.
"Toz 357.
Ulrich. K.@354.
Ulrmmei 350, |
Wallgren, A. 347, 35%.
I. Übersichtsbericht.
Der Krieg und die Tuberkulose. $Sammelreferat. Von Hans Müller.
II. Referate.
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Nummern der Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie,
>27. Reckzeh, Tuberkuloseveranlagnng.
— 548. Gesztt, Syinptome der Unrekelmäsnig-
keit der oberen T[horaxanertur. — 549. Müller
und Mol-Sternberxz, Erzeurung experi-
menteller Sklerose mit Albumımnen des Tuber-
kelbazılıus. — 55}. Lichtenstein, Über den
heutigen Stand der Auffassung von Lympho-
granulomatosis. — 55l. Walleren undHell-
man, Beitrag zur Klınik, Anatomie und
Ätiolozie der Lymphogranulomatoso. — 532.
Cemach, Top grapbie der regionären Lymph
drisen des Miıttelohres. 553. W. Müller,
Statische und dynamische Immunität bei Tuber-
kulose. — >54 W. Müller, Neuere Anscenau-
ungen auf dem Gebiete des Lupus. — 555.
Jousset. Etude de la tuberculine. — 556.
Mayer, Klinische und experimentelle Bei-
träge zur Klinik der Typhusschutzimipfung. —
557. Gilbert, Chronische Uveitis und Tuberku-
lide der Regenborenhaut. — 558. v. Hippel,
Tuberkulöse, sympathisierende u. proliferierende
Uveitis unbekannter Ätiologie.
b) Ätiologie und Verbreitung.
559. Köhlisch, Über die Bedeutung der
Mileh fur die Verbreitung der Tuberkulose. —
360). Köbliseh, Die Gefahr des Wohnungs-
staubes für die Entstehung von Inhalatıons-
tuberkulose. — 561. Fuchs-Woltfrinz, Über
die Bedeutung der Rindertuberkelbazıillen für
den Menschen. — 552. Blair M. Martin,
The etfeer ot daylight and drying on the human
and bovine types of tubercie bacılli — 5083.
Kıreb, Zur Atiologie der generalisierten
Lymphome. — 564. l’ette'sson, Über die
Ätıoiogie der primären Dexlutitiounstuberkulose.
— 965. Stanley Griffith, Types of tu-
beree bacili in human tuberculosis. — 566.
Nijssen, Verbreitung der Tuberkulose durch
die Zueht und dureh die Mileb (beim Rind). —
567. Braun. Die Häutixckeit der "Tuberkulose
im Greisenalter, — 568. Ulrich, Beiträge zur
Genese des NMittelohrcholesteatoms. -- 589,
Hamburger, Krieg und Tuberkulose —
570. Hälsen, Wirkungen des Krieges auf
die Sterblichkeitsverhältnisse,
Internat. Centralbl. f. Tubarkulose-Foraehung. 11. 23
330 Übersichtsbericht.
c) Diagnose und Prognose.
571. Wallgren, Fortleitung der Reibe-
geräusche. — 572. Berg, Einige Erfahrungen
über die Anreicherung des Sputums hei Tuber-
kelbazillennachweis. — 073. Ellis, The papil-
lary eutaneous reaction in tubercnlosis. —
574. Jousset, Signification générale des ré-
actions tuberruliniques. — 575. Litzner, Da«
Tuberkulin bei der frübzeitigen Erkennung
der aktiven Lungentuberkulose. — 576. Dem-
binski und Tuz, Versuche über die Unter-
latenten mittelst der Tuberkulinreaktionen mit
Bestimmung des Tuberkulintiters. — 577. v, Ja-
worski, Über die Prognose in der Schwan-
gerschaft hei tuberkulösen Frauen und über
die Bedeutung des sog. Veit'schen Gesetzes
für die Vorhersage. — 578. Deutsch, Zur
Prognose der Lungentuberkulose. — 579. Bau-
chant, Sur une forme de tuberculeuse com-
munément observée aux armees. — 580. Hesse,
Gesichtspunkte zur Beurteilung der Lungen-
schwindsucht für den Militärarzt. — 581. Ul-
seheidung der aktiven Tuberkulese von der rici, Lungentuberkulose und Dienstfähigkeit.
I. Übersiehtsbericht.
Der Krieg und die Tuberkulose.
(Sammelreferat.)
Von Stabsarzt Dr. Hans Müller.
In den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts setzte in der ge-
samten zivilisierten Welt, allem voran in Deutschland, ein energischer Kampf
gegen die grosse Geissel der Menschheit, gegen die Tuberkulose, ein. Die Grund-
züge für diesen Kampf waren in der Entdeckung des Tuberkelbazillus und der
Kenntnis seiner Lebensbedingungen gegeben (Kirchner 39). Der Kampf musste
um so aussichtsvoller erscheinen, als das weitere Studium der Tuberkulose uns die
Gewissheit gab, dass wir es mit einer heilbaren Krankheit zu tun haben. Die
materielle Grundlage für den Kampf bot uns die grosszügige soziale Gesetzgebung
der 80er Jahre, die seit 1911 einen weiteren Ausbau erfahren hat. Die Tuber-
kulosebekämpfung konnte daher mit Stolz vor dem Kriege eine Abnahme der
Tuberkulose in Deutschland verzeichnen (Kirchner 39).
Im Heere war die Tuberkulose dank der reichlichen Auswahl an gesunden
kräftigen Leuten und dank der immer sorgfältiger gewordenen Auslese eine sehr
seltene Erkrankung geworden. Sie betrug im Durchschnitt der letzten Jahre nach
Helm (33) 1,3°/oo. Für Russland betrug sie 3,8 ’/o und für Frankreich sogar 6,8 °;oo.
Obwohl der Feldzug 70/71 nur geringen Einfluss auf die Häufigkeit der Er-
krankung gehabt hat (78), war während des jetzigen gewaltigen Krieges doch eine
Erhöhung der Eıkrankungsziffer zu befürchten. Das Heer war viel grösser im
Vergleich zu dem vorigen Feldzug. Die Heilstätteninsassen eilten zum grössten
Teil zu den Fahnen, ein grosser Teil der Heilstätten wurde geschlossen oder
diente als Verwundetenlazurett, die Fürsorgetätigkeit musste eingestellt werden.
Erst der Aufruf der Kaiserin zur vollen Wiederaufnahme des Kampfes gegen
die Tuberkulose schaffte bier Wandel. Trotzdem ist überall eine Zunahme der
Tuberkulosemorbidität und -Mortalität festzustellen (Scholz 84, v. Jaksch 37,
Ast 2, Rumpf 77), welche auch für die Zeit nach dem Kriege anhalten wird
(Schröder &, Rumpf 77).
Etwas grundlegend Neues auf dem Gebiete der Tuberkulose, insbesondere
eine neue Eıkrankungsform, welche lediglich auf den Krieg zurückgeführt werden
musste, hat uns der Krieg nicht gebracht. Es wird daher auch der Begriff
„Kriegstuberkulose* als irreführend von der Mehrzahl der Autoren abgelehnt
(de la Camp 8, Goldscheider 21 u. a.). Aber trotzdem hat sich der Krieg
als recht fruchtbringend für die 'Tuberkuloseforschung erwiesen. Vor allem ist
die Frage der Entstehung einen bedeutenden Schritt vorwärts gekommen. Der
Krieg wirkte sozusagen als ätiologisches Experiment (Schröder 85, Grau 22),
welches in unzähligen Fällen bewies, dass die Tuberkulose der Erwachsenen in
Übersichtsbericht. 331
': der Hauptsache nicht auf einer primären Infektion, sondern auf einer endogenen
Reinfektion im Sinne der Behring-Römer’schen Lehre beruht.
Eine Zunahme der Erkrankungs- und Sterbeziffer in unserem Heere während
des Krieges besteht zweifellos. Es erklärt sich dies ganz zwanglos schon aus
der Einstellung kranker und krankheitsverdächtiger Personen, wie sie sich unter
den veränderten Verhältnissen des Krieges bei den ungenauen Massenunter-
suchungen (Harries 27, Jaksch 37), vor allem zu Beginn des Krieges, gar
nicht vermeiden liess. Auf welchen Prozentsatz diese Ziffer gestiegen ist, wird
sich naturgemäss erst nach dein Kriege feststellen lassen, da bis jetzt grund-
legende Zahlen nicht verdffentlicht sind. Die vorliegenden Statistiken stammen
lediglich aus Lazaretten und Heilstätten (Hochhaus 35, de la Camp 8). Sie
geben nur das Verhältnis von Tuberkulose zu anderen Erkrankungen, ohne das
Verhältnis von Tuberkulose zur gesunden Truppe berücksichtigen zu können. Die
Erkrankungszunahme scheint sich jedoch nach den Mitteilungen der Autoren
(de la Camp 8, Assmann ], Goldscheider 21, Blümel 4) in erträglichen
Grenzen zu halten.
Im französischen Heere scheint dagegen die Zunahme erheblicher zu sein.
Nach Landouzy (zit. nach Meissen 56) haben sich Hunderte von bis dahin
gesunden Soldaten durch Einstellung von Scharen früher als D. u. entlassener
Reservisten und Landwehrleute angesteckt. Derselbe Autor (Landouzy 44)
rechnet gering auf ein Kriegsjahr auf 3 Millionen Soldaten einen Abgang von
30000 an Tuberkulose. Auch Renon (cit. nach Meissen 56) hat den Eindruck,
als wenn die Tuberkulose sich bei der mobilen Armee ganz bedeutend vermehrt
haben müsse, besonders in der Etappe und in den Ausbildungslagern, weniger an
der Front. In Frankreich sind die Schädigungen durch Tuberkulose um so höher
einzuschätzen, als eine Versorgung der als D. u. entlassenen Tuberkulösen nicht
in dem Masse wie bei uns stattfindet. Dort haben nur diejenigen Versorgungs-
ansprüche, welche sich ihre Krankheit im „befohlenen Dienst“ zugezogen haben,
und die französische Militärverwaltzng geht mit diesem begriff ausserordentlich
engherziz um. |
In England ist die Tuberkulosebekämpfung noch im Werden. Berufene Tuber-
kuloseforscher machen auch dort darauf aufmerksam, dass trotz der viel wich-
tigeren Aufgaben. die der Krieg zeitigt, die Bekämpfung der Tuberkulose nicht
nachlassen darf (94). Angaben über die Tuberkulose ım Heere liegen nicht vor.
Die Entstehungsursachen der Tuberkulose während des Krieges sind mannig-
faltig. Am wenigsten kommt eine primäre exogene Infektion in Fraze. Die Mehr-
zahl der Autoren halten sie für sehr selten (Hochhaus 35, Leschke 46,
Schlesinger &, Moritz 62, Osler 70) oder sosar für nicht vorhanden
(Grau 22, Schröder &5, Kraemer43, Liebe 52, Roepke 74. Géza Gáli 17).
Schröder {85) hat eine primär im Felde entstandene Tuberknlo-e nicht gesehen.
Ardere Autoren halten sie jedoch für möglich, Assmann (l) halt eine Erst-
infektion für mör'ich ın allen Fällen wat Fieber und Bazillen bei vörliz negativer
Röntgenplatte, wıe er sie jetzt im Kriere selten, früher niemal» beobachtet hat.
Golüscheider (21) hat gefunden. dass diejenigen Erkrankten, welche angeblich
© vorher nieht mehr Iunzenleidend waren, gus belasteten Familien stammten Keine
frühere Tuberkulose in der Anamnese fand Much (85) bei !s seiner Kranken,
hält jedoch primäre Infektion nicht tür das Wesentliche. Dagegen findet
Cemach (91, dass Gesunde in Mass-n infiziert werden un! dass daher die Fıage
der Reintektion einer Revision unterzogen werden müsste. Er konnte eine Anzahl
von Spitalerkrankungzen beobachten. Auch Ast (2) hat derarüize Infektionen ge-
sehen, welche davon herrührten, dass anfanes auf den Abteılunzen die Pueu-
moniker von den Tuberl.ulösen nicht getiennt werden konnten. Auch Hayek (31)
gibt Infektion durch exogene Masseninfektion unter 10) Fällen bei 3,8°%o mit
grosser Sicherheit an und glaubt, dass der exogenen tuberkulösen Infektion für
Erwachsene eine grössere bedeutung zukonme, als die in den letzten Jahren viel-
fach vertretenen Ansichten erkennen lassen.
23*
332 Übersichtsbericht.
Die Gefahr einer Unterstandströpfcheninfektion durch das enge Zusammen-
liegen gibt de la Camp zu, hält sie jedoch für selten. Effler (}2) hat die
Durchseuchung von Lagerstroh durch einen offenen Phthisiker feststellen können.
Ähnliche Gefahren drohen den Soldaten nach Helm (83) und Mayer (54) in
durchseuchten Bürgerquartieren- und Rasernen, vor allem in Frankreich, auch
durch Genuss von Butter und Milch in Feindesland (Mayer 54). C. Hart und
Lydia Rabinowitsch (28) finden eine Zunahme von isolierter Mesenterial-
drüsentubeıkuluse während des Krieges, welche sie auf das schlechter gewordene
Tiermaterial zurückführen. Eine Infektion des Menschen mit bovinen Bazillen
kommt nach ihnen weit häufiger vor, als man bis heute anzunehmen geneigt ist,
Auch die jetzt so häufigen heimlichen Schlachtungen ohne tierärztliche Unter-
suchung können nach Grau (24) eine Quelle der direkten Infektion werden.
Es scheint demnach die primäre exogene Infektion bei der Entstehung der
Tuberkulose im Kriege nur eine unwesentliche Rolle zu spielen.
Die meisten Autoren schliessen sich der Behring-Römer’schen Theorie
über die Entstehung der Tuberkulose an, dass nämlich in der Kindheit eine
primäre Infektion stattfindet und dieselbe zur Abheilung kommt, die Tuberkulose
der Erwachsenen jedoch als eine metastasierende Auto- und Reinfektion durch
Exazerbation latenter Herde, ausgelöst durch endogene oder exogene Schädigungen
mannigfacher Art, anzusehen ist (Schröder 85, Roepke 75, de la Camp 8,
Hochhaus 35, Mönckeberg 63, Leschke 46, 47, Kraemer 16, Much 65).
Bei der Tuberkulose im Kriege sind diese Verhältnisse keineswegs andere ge-
worden, Schröder (85) konnte bei allen Kranken nach Vorgeschichte, Verlauf
und objektiver Untersuchung klar feststellen, dass ältere, vorher mehr oder weniger
inaktive latente tuberkulöse Herde, sei es in Drüsen (Tracheobronchialdrüsen)
meistens jedoch im Lungengewebe, schon vorhanden waren. 95—100”o
(Leschke 48), nach Roepke (74) 90°;o aller Soldaten sind bereits beim Eintritt
in den militärischen Dienst tuberkulös infiziert. Die patholozisch-anatomischen
Untersuchungen Mönckebergs (65) an Kombattanten zeigten, dass unter
85 Sektionen bei 31,76°/o Tuberkulose oder zweifellose Residuen derselben ge-
tunden wurden. Unter den an Tuberkulose erkrankten wurden von Much (65)
?:s als früher hereits tuberkulös aufzefunden, von: Hochhaus (35) 40°%o der
Fälle, von Moritz (6l) etwa 55°%0 und von Grau (2) 39°’, während Leschke
(46) bei 40°,o wenigstens früher bestandene Lungenkrankheiten, wie Pneumonie,
Pleuritis, häufig rezidivierende Bronchitiden, nachweisen konnte. Alinlich spricht
sich Goldscheider (21) aus.
Die Reinfektion kann endogen oder exogen erfolgen. Roepke (74) nimmt
eine Reinfektion von Mensch zu Mensch durch Inhaiation au. Die endogene
Reinfektion, gleichbedeutend mit Autoinfektion infolge von individueller Dispo-
sition und schwächenden Kriegsschädigungen, dürfte weitaus am häufigsten seın
(Schröder 85, v. Hayek 31, Roepke 74, Grossborger 25, Moritz 62,
Géza Gáli 17, Much 65).
Die Aktivierung latenter Herde im Sinne Hamburger s, sowie die Ver-
schlimmerung bereits bestehender aktiver Prozesse, welche beide ebenfalls ohne
Frage durch die Eınflüsse des Krieges hervorgerufen werden können (Dietl 10,
leschke 46, Hochhaus 35, Sorgo 88, Ast 2), sind hiervon nicht als prin-
zipiell, sondern nur als graduell verschieden anzusehen. Je weniger auszeheilt und
je ausgedehnter die latente Tuberkulose ist, desto grösser ist die Gefahr einer
Exazerbation bei körperlicher Überanstrengung (Mönckeberg 63). Auch die
schweren Tuberkulosen, welche zum Exitus kamen, konnten durchweg als Ex-
azerbationen älterer und zwar schon weiter vorgeschrittener Erkrankung erkannt
werden (Mönckeberg 63, Hochhaus 35, Moritz 62).
Es sind daher alle diejenigen, welche in der Kindheit eine massige Infektion
durchgemacht haben (Leschke 4%), welche an Drüsentuberkulose oder Spitzen-
tuberkulose gelitten haben, besonders gefährdet (Goldscheider 20).
Übersichtsbericht. 333
Der Krieg hat weiterhin gelehrt, dass die Konstitution bei der Entstehung der
Tuberkulose eine ausschlaggebende Rolle spielt (Sorgo 88). Der in der Kindheit
infizierte und daber latent Tuberkulüse, welcher frei von irgend einer krankhaften
Disposition ist, vermag viel eher die schädigenden Einwirkungen des Feldzuges
zu überstehen, wie der hereditär belastete. Diese letzteren, die sogenannten
hereditär koustitutionell Minderwertigen (Schröder 8, Roepke 74, Gold-
scheider 21) bilden daher auch das Hauptkontingent d«r Erkrankten. Habitus
astbenicus (Leschke 4°), Troptenherz, hochgewölbte Zwerchfellkuppe und Steil-
magen (l,eschke 46), kretismus, hypoplastische Konstitution (Schröder 8),
sowie Diathesen aller Art (exsudative, IJymphatische, neuroarthritische Diathese)
(O. Müller 68) finden wir ausserordentlich häufig in der Vorgeschichte unserer
Kranken.
Ebenso kann eine ÖOrgandisposition durch frühere Lunzeuerkrankungen
(Schröder 85), Bronchitiden (Leschke 46, Ast 2, sowie durch gewerbliche
Schädigungen (Leschke 4h) die Grundlage für die spätere Tuberkulose geben.
Am häufigsten werden Erkältungen (Hochhaus 35, Schröder 85,
Leschke 46, 45, Brion 6) und Durchnässungen (Goldscheider 21) als Ursache
für den Ausbiuch der Tuberkulose angegeben. Nächstdem kommen die zeitweise
fast übermenschlichen Überanstrengungen (Hochhaus 55, Dietl 10, Leschke 48,
Brion 6) und sonstigen Strapazen, die Entbehrungen (Leslie 49), schlechten
Quartiere im Bewegungskiieg, die ungünstigen hygienischen Verhältnisse im
Schützengraben (Leschke 46), das Leben in der Gefangenschaft in Betracht.
Goldscheider (20) schreibt starken Marschleistungen ber Hitze und Staubert-
wickelung einen besonders ungünstigen Einfluss zu.
Infektionskrankheiten. Influenza ähnlichen Erkrankungen (Goldscheider2]),
vor allen langandauernden und schwächenden Darmkatarrhen (Leschke 48,
Grossberger 2), unter diesen besonders ruhrartigen KRatarrhen (Leschke 46)
muss ebenfalls ein erheblicher Einfluss einzeräumt werden. Goldscheider (21)
stellt fest, dass sıch einige Fälie von Tuberkulose nach Typhus entwickelt haben.
Nach Leon Bernard, zit. nach Meissen (56). kann sich im unmitte:baren
Anschluss an Typhus eine akut fortschreitende tödlıch verlaufende Tuberkulose
entwickeln, oder aber es kann nach einem Stadium mit ausgeprägten Typhus-
symptomen ein zweites mit tuberkulösen Erscheinungen, akut oder chronisch, vor-
übergehend oder dauernd auftreten, eine Form, welche von Landouzy als Typho-
bazillose bezeichnet wird. Auch Grau (22) findet, dass Typhus, wie Masern, nur
in geringerem Grade, in seinem natürlichen Verlaufe eine gesteigerte Krankheits-
bereitschaft herbeiführen kaun.
Mangelhafte Ernährung wird von Ast (2) und Grau (22) (bei Unterkiefer-
schüssen mit Erschwerung der Ernährung angegeben (93). Im Bericht des Heil-
stättenvereins für den Reg.-Bez. Minden (93) wird der Mangel an Fett als der
wichtigste Faktor bei der Urterernährung hervorgehoben, eine Tatsache, die all-
gemeine Anerkennung gefunden hat. Einseitige Kohlehyvdraternährung ist nach
Kleinschmidt (40) von ungünstigem Einfluss auf die Tuberkulose. Gross-
berger (25) hat beobachtet. dass langdaucrnde Eiterungen an von dem Thorax
entfernt liegenden Organen durch endogene Reinfektion z. T. schwere Tuberkulose
ausgelöst haben. Der Verlauf war schlecht. Überhaupt kann jede Schwächung
des Körpers (Grossberger 25), suwie nervöse und psychische Erschöpfung
(Much 65), zu einer Tuberkulose führen. Auch Gasschädigungen können ge-
legentlich den Ausbruch einer Tuberkulose veranlassen (Leschke 46).
Viel weniger leicht wie durch diese zum grössten Teil allgemein schädigenden
Einflüsse vermag sieh die Tuberkulose im Anschluss an einen traumatischen Vor-
gang zu entwickeln. Man hatte wohl anfangs geglaubt, dass Schussverletzungen
der Lunge oder der Pleura in viel höherem Prozentsatz zu Tuberkulose führen
würden, wie es tatsächlich der Fall ist. Nach der Mehrzahl der Autoren
(Leschke 46, Schröder 8, Grau 22, Weinberger 92, Hochhaus 35,
Gerhardt 19, Roepke 74, Frischbier 15, Moritz 62) muss eg heute als
334 Übersichtebericht.
ein sehr seltener Vorfall angesehen werden, wenn sich im Anschluss an eine
Schussverletzung eine Tuberkulose entwickelt, welche sich nach dem klinischen
Verlauf und dem pathologisch-anatomischen Bilde als mit der Verletzung im
direkten Zusammenhang stehend erweisen lässt. Grau (23) hat unter 2828 Fällen
8mal unmittelbar anschliessend an die Verletzung eine Lungentuberkulose beob-
achtet und glaubt einen Zusammenhang nicht nur durch krankhafte Veränderungen
an der Einwirkungsstelle des Traumas, sondern auch durch die verbindende Folge
des Krankheitsbildes feststellen zu müssen. Noch weiter geht Rieder (73),
welcher der Meinung ıst, dass die Verschlimmerung einer bestehenden Tuber-
kulose durch Lunzenschuss nicht bezweifelt werden kann und nicht so selten ist,
wie andere Autoren annehmen. Er bat durch das Röntzenbild (2 Fälle) erwiesen,
wie ältere sehr geringfügige tuberkulöse Herde durch Schluss eine stärkere Aus-
breitung erfahren haben. Grau (23) hat unter seinen Fällen 3 Fälle, in denen
sich vereinzelte Spitzeuherde fern von der Schusslinie entwickelt haben. Auch
andere Autoren xeben die Möglichkeit der Aktivierung einer latenten Tuberkulose
durch eine Schussverletzung zu (Schröder 85, Hochhaus 35, Schlesinger 81,
Frischbier 15). Die Entstehung einer Tuberkulose durch Schuss bei einem Ge-
sunden halten Schlesinger (X1), Frischbier (15) und Moritz (62) nicht für
erwiesen. Es hat jedoch den Anschein, als ob sich nur dann eime fortschreitende
Tuberkulose entwickeln würde, wenn das Trauma einen alten Tuberkuloseherd
unmittelbar trifft (Grau 22, Much 6»).
Die Foigeerscheinungen nach Brustschü-sen verdienen weitere Beachtung.
Die Pleuraerkra' kungen haben nach Moritz (62) weit grössere praktische Be-
deutung wie die Lungenerkraukungen selbst. Der Hämothurax wird resorbiert,
der Thoraxin':;slt wird heller und heller und ist schliesslich von einem rein ent-
zündlichen Exsudat nicht mehr zu unterscheiden (Gerhardt 18). Ob im Am.
schluss daran cine sekundäre Tuberkulose entstehen kaun, wird nirgends berichtet.
Die Entstehung einer Lungentuberkulose nach Lungenzerreissungen infolge
von Platzen eiur Granate in unmittelbarer Nähe oder von V\erschüttung ist eben-
falls ein seltenes Ereignis (Grau 22).
Viel häutiger kommt es jedoch nach Verschüttung zu hartnäckigen Bronchitiden.
Im Anschluss daran hat Leschke (46) in seltenen Fällen eine Tuberkulose ent-
stehen sehen. Er sieht einen Zusammenhang nur bei sofortiger Hämoptoe und
lückenloser Aufeinanuerfolge von tuberkulösen Kıankhritserscheinungen für er-
wiesen. Landouzy, zit. nach Meissen (56) will auffallend häufig Tuberkulose
bei früher Tracheotomierten beobachtet haben.
Aussrrordentliche Beachtung verdienen Beubachtungen, wie sie über das
Auftreten von 'Tuberkulose nach Typhusschutzimpfung gemacht sind (Gross-
berger 25). Nach Schröder (85) muss die Typhusschutzimpfung den Traumen
zugerechnet werden. Es wird durch dieselbe ein Manifestwerden latenter Herde
begünstigt (Grau 22). Schröder (85) glaubt, dass die Typhusschutzimpfung
durch die dadurch entstehende l,eukopenie die Widerstandsfähigkeit des Organis-
mus gegenüber dem Tuberkuloseerreger herabsetze. Er hat gefunden, dass von
62 gegen Typhus geimpften Soldaten 46 unter dem Zeichen einer aktiven Tuber-
kulose erkrankten. und zwar 29 innerhalb 4 Wochen nach der Impfung. Dagegen
haben Leschke (46), Hochhaus (35) und Goldscheider (21) niemals im
Anschluss an Typhusimpfunx eine 'Tuberkulose auftreten sehen.
Es hat den Anschein, als ob auch jetzt bei unseren Militärpatienten die
Diagnose Tuberkulose viel zu häufig gestellt würde, analog den aus der Friedens-
zeit her bekannten nicht gerade seltenen: Einweisungen nichttuberkulöser Per-
sonen in die Heilstätten. Jedenfalls geben eine ganze Reihe von Autoren die
Tatsache an, dass bei einem grossen Prozentsatz von den in die militärischen
Beobachtungsstationen und Heilstätten eingewiesenen Soldaten eine Tuberkulose
nicht festgestelit werden konnte. In den Beovbachtungsstationen in Baden
(XIV. A.-K.) fand sich, dass '/s aller angelieferten Soldaten nicht tuberkulös
waren (de la Camp 8). Assmann (l) fand unter den eingewiesenen Fällen
Übersichtsbericht. 335
nur bei 43,7°/o tuberkulöse Veränderungen, seien es aktive, inaktive oder abge-
heilte. Blümel (4) musste bei Mannschaften, welche bei der Aushebung wegen
Lungentuberkulose als D. u. erklärt worden waren, ia 80°/o der Fälle eine tuber-
kulöse Erkrankung verneinen. Auch Goldscheider (21) gibt an, dass ein Teil
der Verdächtigen als gesund befunden wurde.
Die differentialdiagnostischen Schwierigkeiten der beginnenden Lungenspitzen-
tuberkulose sind dieselben wie im Frieden. Die Krönig'sche Kollapsinduration
wird von de la Camp (8), Hochhaus (35), Scholz (84), Horák (36), Ass-
mann (1), Blümel (4) als Fehlerquelle angegeben. de la Camp (8) findet
2 Gruppen von Fehldiagnosen: 1. kompensierte Mitralfehler mit überwiegender
Stenose, die durch den erweiterten linken Vorhof zu einer Kompressionsatelektase
der linken Lungenspitze führen und durch E.ntfaltungsgeräusche beim tiefen Atmen
(Scholz 84) einen beginnenden linksseitigen Lungenspitzenkatarrh vortäuschen
(Assmann |); 2. vor dem Kriege in Heilstätten gewesene Propbylaktiker
(Blümel 4). Eine Reihe von Autoren wenden sich infolgedessen scharf dagegen,
dass eine derartige frühere Heilstättenbehandlung ein Freibrief vom Heeresdienst
wird (Goldscheider 21, Scholz 84). Weiter führen Dämpfungen bei rachiti-
schem Thorax (Horák 36, Assmann |) zur falschen Diagnose. Scholz (84),
Rumpf (77) und Blümel (4) machen auf dıe bekannte Tatsache aufmerksam,
dass eine Schallverkürzung über der rechten Spitze und verschärftes Atemgeräusch
daselbst sehr häufig physiologisch sind. Das erstere kann von stärkerer Muskulatur
herrühren, das letztere wird gewöhnlich von dem normalerweise steileren und
weiteren rechten oberen Bronchus hervorgebracht. Spitzendämpfung bei Schild-
drüsenvergrösserung kann mit begleitenden Basedowsymptomen (l'achykardie, Ab-
magerung, Schweisse) nach Assmann (1) eine Tuberkulose vortäuschen. Eine
ganze Reihe von Fehldiagnosen beruhen auf Bronchitis und Pneumokoniosen (35).
Nichtspezifische Katarrhe können sich bei Influenza besonders lange in der
Spitze festsetzen (Scholz 84). Dass eıne Chlorose (Neuhaus 69) die Diagnose
erschweren kann, wissen wir aus der Friedenspraxis bei jungen Mädchen.
Michaelis (60) weist darauf hin, dass gelegentlich leichteste 'Temperatursteige-
rungen konstanterweise auch bei völlig gesunden l’ersonen vorkommen.
Andererseits macht Kraemer (43) darauf aufmerksam, dass eine Tuberkulose
atypisch unter dem Bilde von anämischen, rheumatischen, nervösen und anderen
Schwächezuständen, leichtem Basedow, unklarem Fieber, Magen-, Darm- und Herz-
beschwerden verlaufen kann, so dass Vorsicht und genaueste Krankheitsbeobach-
tung geboten erscheint.
Jedenfalls lehrt uns der Krieg immer und immer wieder, dass eine Tuber-
kulosediagnose im Beginn nicht durch einmalige Untersuchung zu stellen ist,
jedenfalls nicht durch eine einzige Untersuchungsmethode. Das ganze uns zur
Verfügung stehende diagnostische Rüstzeug muss aufgewendet werden, um die
Diagnose zu sichern. Ausserordentlich wichtig ist eine gute Anamnese (Schröder85,
Hochhaus 35, O. Müller 67), da wir gesehen haben, dass der hervorragendste
Teil aller Erkrankten entweder erblich belastet ist oder bereits in der Jugend
eine Infektion durchgemacht hat. Es ist jedoch notwendig, die Angaben einer
scharfen Kritik zu unterziehen (Hochhaus 35), da aus naheliegenden Gründen
der Kranke oft bestrebt sein wird, eine durchgemachte Bronchitis oder eine harm-
lose Blutung über Gebühr zu unterstreichen. Andererseits leitet erfahrungsgemäss
in einer ganzen Keihe von Fällen (nach Grau (22) in 43°/o) eine Blutung die
Erkrankang ein. Dass aber selbst nach ausgiebigster Hämoptoe in einzelnen
Fällen ein pathologischer Befund nicht erhoben werden konnte, gibt Hochhaus (55)
an und bestätigt dadurch nur die Angaben früherer Autoren. Eine besondere
Neigung zu Erkältungen und Katarrhen muss vielfach als Zeichen bestehender
Lungenerkrankung aufgefasst werden.
Die physikalische Untersuchung bildet trotz aller neueren Methoden noch
stets die wichtigste Methode. Eine gründliche gediegene Untersuchung ist uner-
lässlich (O. Müller 67). Damit kommt man auch in vielen Fällen aus (Brö-
336 Übersichtebericht.
samlen und Kraemer 7). Die Perkussion muss sehr leise vorgenommen werden
(Schröder 85). Der Stand der Lungenspitzen ist nach Goldscheider festzu-
stellen. Die Bestimmung der Krönig’schen Spitzenfelder ist nach Schröder (85)
eines der wertvollsten Zeichen, auch hinsichtlich der Beurteilung des Alters des
Prozesses, während Schneider (83) den perkutorischen Befund über den Spitzen
mit Vorsicht verwertet sehen möchte. Ein weiteres wichtiges Zeichen sieht
Schröder (85) in dem sogenannten Brandenburg’schen Phänomen, Änderung
der Schailqualität nach tiefster Inspiration und. längster Ausatmung. (wold-
scheider (21) verlanet zur einwandfreien physikalischen Diagnose das Vor-
handensein von Katarrh, d. b. den Nachweis von feuchten, wenn auch noch so
spärlichen Rasselgeräuschen. Porges (72) legt einer rexionären Muskelschmerz-
haftigkeit über frischen Lungenherien einen gewissen Wert bei.
Die Köntzendiagnose kann uns in zweifelhaften Fällen weiter helten.
Fränkel (14) scheint jedoch zu weit zu gehen, wenn er sagt. dass es keine
offene, aber auch keine durch andere Krankheitszeichen wahrscheinlich gemachte
geschlossene Tuberkulose gibt, bei der der Röntgenbefund negativ ausıällt. Dieser
Satz wird von den meisten Autoren für unzutreffend erklärt. Assmann (|)
glaubt, dass das Röntzrenverfahren bei Initiallfällen im Stiche liesse, ebenso Hoch-
haus (35). Auch O. Müller (67) und Brösamlen und Kraemer (7) finden,
dass frische, zweifellos aktive Prozesse oft nicht auf der Platte sıchthar sind
trotz gut gelungener Platte. Zur Unterscheidung von älteren und frischen Herden
kann das Röntgenverfahren mit Vorteil herangezogen werden (Rıeder 73), da
alte inaktive Prozesse oft die deutlichsten Bilder geben (Brösamlen und
Kraemer 7). Auch eine Skoliose oder ein Pneumonierest vermag eine Spitzen-
trübung abzugı ben (Assmann 1). Eine falsche Diagnose beruht gelegentlich auf
einer homogenen mit glatten scharfen Rande ım Il. Interkostalraum nach unten
sich absetzenden, insbesondere links anzutreffenden Spitzentrübung, die von
Assmann (l) nach anatomischen Kontrollen auf Einschnürung der Lungenspitzen
durch die A. subclavia zurückgeführt wird. Die Röntgenplatte an und für sich
ist objektiv, die Deutung derse:ben verlangt Jedoch einen besonders erfahrenen
Aızt. Für gewisse Bronchialdrüsenerkrankungen ist das Röntgenbild unerlässlich,
da die physikalische Untersuchung hierbei oft keine Aufklärung bringt (Hoch-
haus 35, Assmann 1, O. Müller 67). Auch diaphragmatische Adhärenzen
werden leicht erkannt und etwaige Schmerzen mit Sicherheit aufgeklärt. (M o sse 64).
Die Hiluszeichnung und die von ibr ausgehenden Stränge dürfen jedoch nicht
überschätzt werden. Bis zu einem gewissen Grade sind sie normal, durch Blut-
gefässe hervorgerufen (Assmann 1). Nur der Nachweis besonderer, durci scharfe
Abgrenzung und grössere Intensität als selbständige Gebilie sich charakterisierender
Schattenflecke innerhalb der Hili oder wenigstens auf den so charakteristischen
Einkerbungen der Randkonturen der Hilusschatten. die den. Berührungs-tellen
zweier nebeneinander liegender Drüsen entsprechen, gestattet nach «demselben
Autor (Assmann }) die Annahme einer tuberkulösen Erkrankung.
Genaue Beobachtung des Gewichts ist von Wichtigkeit (O. Müller 67), eine
Gewichtalinahme ist jedoch bei den heutigen Ernährungsverhältnissen, die auch
in der Truppe je nach dem Aufenthalt und dem Kriegszustand (Stellungskıieg,
Bewegungskrieg) verschieden sind, nicht derartig hoch zu bewerten wie im Frieden.
Wesentlich ist eine objektiv genaue Temperaturmessung (Schröder 85,
Assmann 1, O. Müller 67). Schwankungen über !/ Grad sind verdächtig
(Schröder 85), überhaupt Temperatursteigerungen ohne sonstigen Grund (Gold-
scheider 21). Schröder (85) hält Temperatursteigerung nach Bewegungen,
welche über !/2 Stunde nach wieder eingetretener Ruhe anhalten, häufig für das
Zeichen eines aktiven Prozesses. Nach O. Müller (67) kann diese Erscheinung
wohl als adjuvans bei der Stellung der Diagnose gelten, nie jedoch als ent-
scheidender Faktor. Auch Goldscheider (21) will dieses Zeichen nur bei mani-
fester Lungentuberkulose bewertet wissen.
Übersichtsbericht. 337
Die Tuberkulindiagnostik hat durch den Krieg weitere sehr schätzenswerte
Klärung erfahren. Wenn sich auch noch 2 Ansichten einander gegenüber stehen,
so gewinnen doch die Gegner der probatorischen Anwendung des Tuberkulins an
Boden. Die für die Beurteilung der Dienstfähigkeit so überaus wichtige Frage,
ob eine aktive behandlungsbedürftige Tuberkulose vorliegt oder nicht kann nach
einer Reihe von Autoren (Schröder 85, Goldscheider 21, Bochalli 5),
darunter den meisten Heilstättenärzten, durch die probatorische Tuberkulinimpfung
nicht gelöst werden. Die Herdreaktion, welche der springende Punkt bei der
Tuberkulindiagnostik ist, kann mitunter unabhängig von Aktivität oder Inaktivität
des Herdes eintreten (Schröder 85, Goldscheider 21, Bochalli 5).
Fränkel (14) hält die Tuberkulindiagnostik, wie sie in den Beobachtungsstationen
in Baden geübt wird, nämlich die eimmalige subkutane Einspritzung von I mg
Alttuberkulin, für nicht ausreichend. Sie war nur bei 8 von 2%0 Fällen eindeutig.
Ausserdem ist die Dosis für manche Kranke zu hoch, für andere wieder nicht
beweisend. Auch Assmann (1) lehnt ausgedehnte Anwendung für Zwecke der
militärischen Beurteilung ab. Die sehr genauen Beobachtungen von Bochalli (5)
erweisen den geringen Wert der Tuberkuiindiagnostik. Scholz (54) sieht von
steigenden Dosen ab, da diese auch inaktıve Herde anzuzeigen scheinen und gibt
hiermit die Unzulänzlichkeit des Verfahrens zu.
Auch über Tuberkulinschäden wird immer wieder berichtet, so da-s aus diesem
Grunde schon eine möglichste Einschränkung geboten erscheint (Schröder 8,
Leschke 46, Bochalliı 5 u. a.)
Trotzdem offenbar inaktive Herde mobilisiert werden können, berufen sich
die Anhänger der Tuberkulindiagnostik immer wieder darauf, dass die Herd-
reaktion die sichere Erkennung eines behundlungsbedürftigeun Herdes erlaubt,
Fieber und Allxemeinreaktion dagegen auch beı latenten Herden auftreten können
(Kraemer 43, Assmann 1, O. Müller 67, Brösamlen und Kraemer 7).
Kraemer (43) ist ein eifrixer Verfechter des Tuberkulins. Er möchte dasselbe im
weitesten Massstabe anzeweudet sehen, da es in der Hand eines erfahrenen Arztes
ein sicheres diagnostisches Mittel darstelle Eine Unterscheidung einer aktiven
von einer inaktiven Tuberkulose sei möglıch, da eine rasche Reaktion auf eine
kleine Dosis einen mehr aktiven Prozess anzeige, verschleppte Keaktion auf höhere
Dosis jedoch einen Älteren, weniger aktiven Herd wahrscheinlich mache.
Über die Feststellanz der Herdreaktion bestelit auch unter den Anhängern
der Tuberkulindiagnostık noch keine Übereinstimmung. Assmann (l) lässt bei
grösster kritischer Beurteilung nur einen deutlich auskultatorisch wahrnehmbaren
Befund gelten, während Brösamlen und Kraemer (7) der Perkussion eine be-
herrschende Rolle zuweisen. Goldscheider (21) hält ihnen mit Recht entgegen,
dass bej der Feststellung der Herdieaktion dem subjektiven Ermessen ein zu
weiter Spielraum gelassen wird.
Eine Beeinträchtigung der Tuberkulinempfindlichkeit durch die Schutzimp-
fungen gegen Cholera und Typhus wurde von de la Camp (8) beobachtet.
In zweifelhaften Fällen muss die Uutersuchung auf Tuberkelbazillen mittels
der Antiformin-Anreicherungsmethode verlangt werden (Weinberger 92). Auch
eine Untersuchung auf die grampositiven Formen des Virus (Much'sche Granula)
ist wichtig (Weinberger 92).
Die Beurteilung zweifelhafter Fälle muss dem Facharzt überlassen bleiben,
und zwar am besten in Beobachtungsstationen, wie sie wohl überall eingerichtet
sind (Sorgo 88, Porges 71). Im XIV. A.-K. (Fränkel 14, Scholz 84) be-
steht die nachahmenswerte Einrichtung, dass jeder Kranke, auch völlix einwand-
freie Tuberkulosen, durch die Beobachtungsstationen gehen muss, um dort eine
einem kommissarischen Urteil gleichwertige Beurteilung zu erfahren.
An anderen Stellen scheinen sich Sprechstunden, welche von Fachärzten ge-
leitet sind, bewährt zu haben (Silbergleit. 87).
Einzelne Autoren fanden, dass die Tuberkulose, besonders im Felde, sich mit
einer Pneumonie oder Hämoptoe einleitete (Silbergleit 87, Schlesinger 8l,
339 Übersichtsbericht.
82) (nach Grau (22) 43°% Initialblutungen), und zwar scheinen gerade die
schwersten Fälle einen derartigen Anfang zu nebmen (Silbergleit &7).
Die weitere Ausbreitung der Tuberkulose kann stattfinden:
1. bronchogen, sei es in der Spitze, sei es anderswo, von einem älteren Herde
aus auf Grund einer Erkältungskrankheit bei Husten durch Aussaat in das um-
gebende Gewebe (Schröder 85), oder durch Aspiration in andere Abschnitte der
Lunge. Es können dadurch bronchio-pneumonische käsige Infiltrationen entstehen
(Leschke 46).
2. Jymphogen, vom Hilus aus (nach Leschke (46) ?s der Fälle) fächerförmig
sich ausdehnend in die mittleren Lungenabschnitte (Leschke 48, O. Müller 66,
Roepke 74), oder auch von der Spitze nach abwärts zu verlaufend. Die häufige
brüske Änderung des Lymphstromes in den Lungen durch die Anstrengungen des
Felddienstes erklärt eine solche Ausbreitung (Schröder 85).
3. miliar auf hämatogenem Wege (Schröder 85, Leschk e 46, 48, Roepke
74), scheint seltener zu sein.
Der klinische Verlauf der Taberkulode im Kriege weist einige Besonderheiten
auf (Schlesinger 81). Frische Spitzenkatarrhe mit deutlichen Infiltrationser-
scheinungen nehmen oft einen über Erwarten günstigen Verlauf (Moritz 61,
Goldscheider 21). Nach kurzer Krankenhausbehandlung tritt oft schon eine
auffallende Besserung auf (Schröder 85, Hochhaus 35, Moritz 6l).
Andererseits wird von vielen Seiten berichtet, dass eine ganze Reihe von
Fällen von vornherein schwer einsetzt. rasch progredient wird und unter schweren
Allgemeinerscheinangen und Abmaserung mit oder ohne kurze Kemissionen
(Schlesinger 81) in wenigen Wochen oder Monaten zum Tode führen (de la
Camp 8 Fränkell4, Hochhaus 35, Fischel 13, Leschk« 48, Moritz6l,
Schlesinger 81, 82, Grossberger 25, O. Müller 67, Neuhaus 69, Gold-
scheider 21, Mosse 64). Es scheint sich häufig um Fälle zu handeln, welche
vor dem Kriege nicht krank waren, nach Moritz (6l) unter 10 schweren Fällen 5,
und solche, die durch irgendwelche Schädigungen körperlich heruntergekommen
waren (langdauernde Eiterungen, Grossberger 25). Sehr bald soll es nach Schle-
singer (82; zu Kavernenbilduug kommen. Hayek (31) hält die exogenen In-
fektionen infolge fehlenden Schutzes, durch früher überstandene Infektion für be-
sonders bösartig, da sie rasch zu schweren pneumonischen Infiltrationen und
Karvernenbildung führen. Hochhaus (35) findet dıese schweren Erkrankungen
häufig bei Leuten, welche sich trotz ihrer Krankheit noch eine Zeitlang den
Anstrengungen des Krieges unterzogen haben und sucht hierin eine Erklärung
für die Bösartigkeit des Verlaufes. Ähnlich Leschke (48).
Von Komplikationen ist die mächtige Mitbeteiligung der Halsdrüsen in bei
Erwachsenen ungewöhnlich hohem Prozentsatz, besonders bei den eben erwähnten
schweren Erkrankungen bemerkenswert. Auch der Kehikopf erscheint, hauptsäch-
lich bei den schweren Formen, häufiger wie gewöhnlich affiziert (Hochhaus 35).
Landouzy, zit. nach Meissen (56), fiel dies besonders auf bei Leuten, welche
15—20 Jabre vorher syphilitisch waren. Darmerscheinungen werden von Köhler
(41), Hochhaus (35) und Schlesinger (81, 82) berichtet. Dieselben sind wohl nur
zum geringsten Teil tuberkulös, auf Grund der ım Felde so überaus häufigen Darm-
störungen entstanden, größtenteils sind sie auf andere Infektionen (Typhus,
Dysenterie) zurückzuführen. Weiter werden, selbst schon bei beginnenden Spitzen-
affeklionen, sehr rasch zur Ausbildung kommende multiple Gelenkaffektionen her-
vorgehoben (Schlesinger 81, 82). Hochhaus (35) hat beobachtet, wie in
4 Fällen eine hinzugetretene Angina den Verlauf wesentlich beschleunigt hat.
Nervöse Erscheinungen waren nach Schlesinger (81) häufiger wie im Frieden,
auch will dieser Autor mehrmals Psychosen bei beginnender Lungentuberkulose
beobachtet haben. Von Fischel (13) wird in 7 Fällen eine Kombination mit
Skorbut angegeben.
Die Prognose der rasch progredienten Fälle wird übereinstimmend als absolut
schlecht angegeben (Fischel 13, Brion 6, Schlesinger 82 u. a.) Nach
Übersichtsbericht. 339
Schröder (85) ist sie ungünstig bei hämatogener miliarer Aussaat sowie bei bron-
chogen entstandenen Herden: in den unteren Lappen. Dagegen ist die Prognose
bei geringerer meist Iymphogener Ausbreitung in der Umgexend älterer Spitzen-
herde nicht schlecht, ungünstiger schon bei Ausbreitung von älteren Hilusprozessen
aus (Schröder 85). Bei Lymphatismus pflegt die Tuberkulose gutartig zu vor-
laufen (Leschke 46). Eine frühzeitige sachgemässe Behandlung vermag die
Prognose zu bessern (Schröder 85, Schlesinger 22).
Bei einer Reihe von Fällen wirkt der Dienst im Felde mit dem stän-
digen Aufenthalt in der freien Luft und der guten Beköstigung züustig ein
(Schröder 85, de laCamp 8, Hochhaus 35, Leslie 49, Goldscheider
21, Rumpel 76) und zwar sowohl auf beginnende Spitzenkatarrhe (Hochhaus
35), wie auf die chronische zirrhosierende Phthise (de la Camp 8). Lympha-
tiker vertragen z. T. die Abhärtungen des Kriegsdienstes gut, z. T. reaktivieren sie
im Felde ihre latente Tuberkulose (O. Müller 68).
Die besten Erfolge bei der Behandlung der wieder aktiv gewordenen Tuber-
kulose werden unzweifelhaft durch eine planmässge Heilstättenkur erreicht (Leschke
46, Sorgo 88, Kayserling 38, Grossberger 25, Goldscheider 21). Die
Erfolge Schröder’s (85) überragen sogar die Friedenserfolge. Dabei wird aber
verlangt, dass nur aktive Prozesse in die Heilstätten eingewieseu werden (de la
Camp 8, Goldscheider 21). Die Behandlung soll so frühzeitig wie möglich
einsetzen und genügend lange andauern (Hayek 29).
Im allgemeinen sollen nur Fälle des I. und II. Stadiums in die Heilstätten
geschickt werden (Weinberger 92, O. Müller 67). Scholz (84) will die Heil-
stättenbehandlung auch auf weiter vorgeschrittene Fälle mit guter Heilungstendenz
ausgedehnt wissen,
Die Heeresverwaltung gewährt bekanntlich jedem Tuberkulösen, auch dem
wegen Tuberkulose zur Entlassung kommenden, bei welchem Dienstbeschädigung
vorliegt, eine Heilstättenkur. Dieselbe kann entweder ın den eigentlichen Heil-
stätten gewährt werden, oder die Kranken werden Spezialan-talten oder Tuber-
kulose-Krankenhäusern überwiesen, wie es von verschiedenen Seiten (Kayserling
38, OÖ. Müller 67, Scharl 80) für die unheilbar Kranken geforsert wird. Jeden-
falls lernt der Tuberkulöse während seines Aufenthalts in einer der genannten
Anstalten das Wesen seiner Krankheit und die Verhütung der Verbreitung der-
selben, vor allem die sogenannte Sputumdisziplin kennen, was naturzemäss hygie-
nisch von ausserordentlicher Bedeutung ist (Scholz 84, Kayserling 38).
Mit der Behandlung der Tuberkulose in einem nach Dosquet hergerichteten
Freiluftsaal hat Moritz (61) gute Erfahrungen gemacht. Kirchner (39) verlangt
eine ausgedehntere Anwendung der Sonnenbehandlung in den Heilstätten.
Auch die Tuberkulinbehandlung hat weitere Klärung erfahren. Die Zahl
der Tuberkulintherapeuten, welche das 'Tuberkulin als Allheilmittel ansehen, ist
nicht grösser geworden (Schröder 85). Schröder (85) ist mit einer Reihe von
anderen der Ansicht, dass die Tuberkuline wohl ein Unterstützungsmittel in der °
Behandlung sein können, wenn sie vorsichtig und vorurteilsfrei gebraucht werden.
Doch sind sie entbehrlich, da die Anstaltsbehandlung bei aktiver Tuberkulose
Genügendes leistet. Schlesinger (81) hat bei systematischer Luftliegekur und
Tuberkulin bei 120 Soldaten günstige Resultate gehabt. Nach Leschke(46) können
Temperatursteigerangen durch vorsichtige Tuberkulintherapie beseitigt werden.
Die Anwendung des Alttuberkulins bei stark herabzekommenen Kranken mit höherem
Fieber und bei fortgeschrittenen Prozessen findet in Fischel (13) noch einen Ver-
fechter. Kraemer (43), welcher die diagnostische Kraft des Tuberkulins höher
einschätzt wie die therapeutische, verlangt Lazarettbehandlung und Tuberkulinkur
für die leichteren und leichtesten Fälle von geschlossener Tuberkulose, welche seiner
Meinung nach in der Hauptsache eine Bronchialdrüsentuberkulose ist, da eine
solche Behandlung weit schneller zur Wiederberstellung der Dienstfähigkeit führt
(Hayek 32) wie eine Heilstättenkur. Auch Kayserling (33) fordert die Ge-
währung von Tuberkulinkuren in weitestem Umfang.
340 Übersichtsbericht.
Der Krieg zwingt uns auch zu Einschränkungen in der Ernährungsthberapie
der Tuberkulose. Es hat sich gezeigt, dass von vielen Heilstätten trotz erheblich
eingeschränkter Eiweiss- und Fettzuführung eine stetige Gewichtzunabme ver-
zeichnet werden konnte. Auch Schröder, der früher einer weit über das Er-
fordernis3 einer Mastkur gehenden Ernährung der heruntergekommenen Phthisiker
das Wort redete, ist in seiner Forderung entsprechend der Kriegsernährung zu-
rückgegangen. Da nach ihm das Fett für Tuberkulöse eine gewisse spezifische
Wirkung bat. fordert er auch heute noch 125 g Fett neben 120 g Eiweiss und
500 g Kohlehydrate, zusammen 3700 Kalorien. Der 'luberkulöse, welcher sich im
guten Ernährungszustande befindet, wird sich jedoch mit den Nahrungsmittel-
einschränkungen abfinden müssen und können.
Was die Bentteilung der Dienstfähigkeit anlangt, so haben sich allgemein
anerkannte Grundsätze zebildet. Offene Tuberkulose schliesst selbstverständlich
jezliche militärische Anwendung aus, da sie das Heer gefährdet (Scholz 84,
Porges 71).
Ebenso werden geschlossene aktive Prozesse, welche eines oder mehrere der
Kardinalsymptume der Aktivität aufweisen |Fieber, Bluthusten, starker lokaler
Katarrh, Abmagerung (Fränkel 14:] als „Kr. u.* anzusehen sein (Scholz 84,
Porges 71, Roepke 75. Hayek 32).
Gutartize zırrbotische Formen, darunter auch Schrumpfungsprozesse. inaktive
Prozesse, geringtügige Spitzenkatarıbe werden unter Berücksichtigung des Allge-
meinbetindens. ues Ernährungs- und Kräftezustandes dienstfälig werden, und zwar
garnison- bis kriegsverwendungsfähig (Schröder &5, Weinberger 92, de la
Camp 8 Fischel 13, Leschke 48, Roepke 75, Surgo 8, Porges 71).
Beı Beurteilung als arbeitsverwendungsfähiz ist zu beachten, dass der Armie-
rungsıienst ein Sehr schwerer Dienst ist, zu welchem dıe inaktiven Prozesse
meist nicht fahig sind (Leschke 48).
Die Verwenuung-fähigkeit kann nur von Fall zu Fall aus der Gesamtsumme
der Untersuchungsmethoden und vor allem dem Allgemeineindruck festgestellt
werden (Assmann ]). Die Leistungsfähigkeit im zivilen Verhältnis ist in die
Beurteilung mit einzubeziehen. Die Funktionsprüfung im Dienst oder bei der
Arbeit wird oft die Beurteilung mehr fördern, wie die Beobachtung in viner Beil-
stätte, da bekanntermassen die Aktivitätszeichen in der Ruhe häufig verschwinden
(Sılbereleit 87, Sorxzo 88, Bochalli 5).
Die „Richtlinien fir die militärärztliche Beurteilung der Lunzentuberkulose*,
welche neuerdings vom Kriegsministerium herausgegeben sind, entsprechen diesen
geschilderten Grundsätzen.
Die militärärztlichen Massnahmen erstrecken sich auf die möglichst früh-
zeitige Entfernung der Tuberkulüsen und 'T'uberkuloseverdächtigen (Cemach 9)
vom Truppenteil (Götzl 26, Leschke 48, Unterbringung, Bevbachtung und
Behandlung in Spezialanstalten (Sorgo 88, Harries 27, Kayserling 89S,
` Scharl 80), darunter auch Anstalten für Schwerkranke, und die sachgemässe
Beurteilung, damit eben Dienstfabize dem Heereskörper erhalten bleiben. an-
steckenden Kranken dagegen der Rückweg zur Truppe versperrt wird (Cemach 9).
Zur Verhütung tuberkulöser Infektionen wird eine Meldung eines jeden Krank-
heitsfalles an die Militärbehörde vorgeschlagen (Effler 11). Dies soll vor allem
dazu führen, eine militärische Einguartierung von Wohnungen mit vorgeschrit-
tenen Tuberkulösen fernzuhalten (Helm 34, Mayer 54, Effler 12).
Soll der Kranke als „Kr. u.“ zur Entlassung kommen, wird derselbe von
der Militärbehörde der zivilen Fürsorge überwiesen (Kayserling 38, Har-
ries 27). Es besteht die Gefahr, dass der entlassene Tuberkelbazillen ausschei-
dende Kranke seine Angehörigen und vor allem seine Kinder infiziert (Kayser-
ling 38, Harries 27, Kleinschmidt 40). Derartig infizierte Kinder sind mög-
lichst früh geeigneten Behandlungsmethoden zu unterziehen (K ayserling 38).
Schwerkranke sind entweder bis zum Ende oder bis zu ihrer Heilung in beson-
deren Pflegeanstalten zu belassen (Hayek 29, Jaksch 37, Kayserling 38,
Übersichtsbericht. 341
Scharl £0), oder die Fürsorge hat ihr Augenmerk darauf zu richten, dass diese
Kranken bei ihrer Rückkehr in die, Familie ein besonderes Zimmer oder zum
wenigsten ein eigenes Bett vorfinden (Kayserling 38). Für Arbeitsgelegenheit
ist zu sorgen (Kayserling 38), Beratung beim etwa notwendig werdenden Be-
rufswechsel ist wichtig. eventuell kommt Ansiedelung in besonderen Kolonien in
Frage (Harries 27). Es wird zu diesem Zwecke eine Zentralisierung der jetzigen
Fürsorgebewegung von einzelnen Autoren gefordert (Götzl 26, Hayek 30).
Franz (16) fordert eine besondere Abteilung im Kriegsministerium, welche sich
nur mit der Fürsorge für Kriegstuberkulose beschäftigt.
Diese Massnahmen sind auch nach Beendigung des Krieges weiter fortzu-
setzen und auszubauen (Hayek 29, 30, Grau 24). Hayek (29) fordert dazu
Ambulatorien für spezifische Behandlung. Liebe (50) macht den Vorschlag,
späterhin Leichtlungenkranke in besondere kleine Garnisonen mit güovstigen
äusseren Verhältnissen unter ständiger Beaufsichtigung durch Lungenärzte unter-
zubringen. Er hofft dadurch eine Heilwirkung und Disziplinierung der Lungen-
kranken zu erreichen (Liebe 50, 51).
Eine ständige Verbesserung der hygienischen Verhältnisse, Wohnungs-
bygiene, Nahrungspolitik (Jaksch 37) gehört zur weiteren staatlichen Fürsorge.
Der Krieg hat nicht nur eine Vermehrung der Tuberkulose unter den Kriegs-
teilnehmern hervorgebracht, sondern auch unter der Zivilbevölkerung in der Heimat
hat die Tuberkulosemorbidität und -Mortalität nach dem übereinstimmenden Urteil
vieler Autoren zugenommen (Jaksch 37, Ast 2, O. Müller 67). Die Verliältnisse
des Krieges bringen auch in die Heimat genügend Momente, welche die Entstehung
und Entwicklung einer Tuberkulose begünstigen (Köhler 42). Sorge um den
Ernährer im Felde. die Last der Verantwortung für die Erziehung der Kinder,
die jetzt allein auf der Mutter ruht, schwere ungewohnte Kriegsarbeit (Grau 24),
die Not, die durch den Verlust des Ernährers in die Familie einzieht (Ast 2),
verminderte Einnahme (Mayer 55), vor allen Dingen die Rationierung der
Lebensmittel und die Teuerung mit ıhren Folgen, der Unterernährung (Ast 2),
die hauptsächlich auf den Mangel an Fetten zurückzuführen ist (Grau 24.
Kumpel 76), nas sind alles Dinge, die zur Genüge die Zunahme der Tuberkulose
erklären. Auch das Fehlen der Ärzte dürfte nicht ohne Einfluss darauf seın
(Jaksch 387, Leslie 49, Kleinschmidt 40ı.
Auch unter den Kindern i-t eine Häufung der Tuberkulose festzustellen
(Kleinschmidt 40, Umber 90, Gran 24). Die Gründe hierfür ergeben sich
hereits aus dem oben Gesagten. Eine Anzahl von Kindern wird aus den ver-
schiedenen sozialen Gründen aus dem Hau-e gereben und ist dadurch der Infek-
tion besonders ausgesetzt (Kleinschmidt 40). Die Uberwachung, auch in
ärztlicher Hinsicht, ist nicht mehr dieselbe wie ım Frieden.
Die Literaturübersicht ergibt eine Zunahme der Tuberkulose im Heere und
ìn der Zivilbevölkerung während des Krieges. Wir sehen aber auch, wie alle
berufenen Stellen eifrigst bemüht sind, die Gründe für diese Zunahme gewissen-
haft festzustellen und den Kampf gegen die Tuberkulose mit allen Kräften weiter-
zuführen, so dass zu hoffen steht, dass diese Zunahme nur eine vorübergehende
Erscheinung des Krieges ist.
Literaturverzeichnis.
(Die mit * bezeichneten Aulsätze standen mir nur im Referat zur Verfügune.)
l. Assmann, Die militärärztliche Untersuchung und Beurteilung Tuberk ulöser
im Kriege. Dtsche. med. Wochenschr. 1917. Nr. 6.
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ihrer spezifischen Behandlung. Wiener med. Doktorenkollegium, Vortrag
Juni 1916.
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tuberculeux de la Seine. La Presse Médicale. Nr. 56, 9. X. 1916.
312 Übersichtsbericht.
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*Blümel, Die Fehldiaguose ILungentuberkulose bei Beurteilung der Feld-
dienstfähigkeit. Med. Klin. 1915. Nr. 32.
. Bochalli, Was leistet die sul»kutane Alttuberkulinprobe zur Erkennung der
aktiven Lungentuberkulose bei Erwachsenen? Beitr. z. Klin. d. Tub. Bd. 35.
H. 2.
. *Brion, A., Lungentuberkulose und Krieg. Strassburger med. Ztg. 1915.
H. 3. S. 54.
. Brösamlen und Kraemer, Tuberkulindiagnostik der Lungentuberkulose.
Münch. med. Wochenschr. 1917. Nr. 20.
. *de la Camp, Beobachtungen über Tuberkulose und Krieg. Med. Klin.
1916. Nr. 18,
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Stadium. Wiener med. Wochenschr. 1917. Nr. 4,
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Gerhardt, Über Pleuritis nach Brustschüssen. Münch. med. Wochenschr.
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Derselbe, Über das spätere Schicksal der Lungenverletzten. Münch. med.
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*Goldscheider, Über die Ursachen des günstigen Gesundheitszustandes
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1916. Nr. 1 u. 2.
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4l.
42.
43.
44.
.46.
47.
48.
49.
Übersichtebericht. 343
*Derselbe, Beitrag zur Frage der Tuberkulosebehandlung während des
Krieges und nach dem Kriege. Wiener med. Wochenschr. 1916. Nr. 32.
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Derselbe, Die Versorgung der Kriegstuberkulösen im schweizerischen
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Zeitschr. f. Tub. Bd. 26. H. 4.
Michaelis, Erfahrungen aus einem Heimatslazarett für innere Krankheiten.
Deutsche med. Wochenschr. 1916, S. 248.
344
61.
62.
63.
64.
65.
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70.
21.
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Übersichtsbericht.
Moritz, Über Lungenerkrankungen im Kriege. Zeitschr. f. ärztl. Fortbild.
12. Jahrg. 1915. Nr. 11.
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Mönckeberg, J.G., Tuberkulosebefunde bei Obduktionen von Kombattanten.
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Mosse, M., Nichtinfektiöse innere Krankheiten im Krieg und Frieden.
Deutsche med. Wochenschr. 1916 Nr. 3.
Much, Hans, Tuberkulose. Allgemeines über Entstehung und Bekämpfung
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*Roepke, Tuberkulose und Krieg. Zeitschr. f. Medizinalbeamte. 1915. H. 8.
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2. *Derselbe, Verlauf der Tuberkulose hei Soldaten. Wiener med. Wochen-
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>. Scholz, Walter, Tuberkulose und Heeresdienst. Zeitschr. f. Tub. Bd. 26.
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9. Vers. der Tub.-Ärzte in Berlin.
. Silbergleit, Zweck und Einrichtung von Tuberkulose-Sprechstunden in
den Reservelazaretten; Erfahrungen über Lungentuberkulose nach Kriegs-
dienst. Zeitschr. f. Tub. Bd. 25. H. 4.
Allgemeine Pathologie und”pathologische Anatomie. 345
88. *Sorgo, Josef, Krieg und Tuberkulose unter besonderer Berücksichtigung
der militärärztlichen Begutachtung. Referat zum 5. Österr. Tuberkulosetag.
Wien, 17. Dez. 1916.
89. Tachau, Hermann, Tuberkuloseliteratur im Kriege. Deutsche med.
Wochenschr. 1916. Nr. 50.
90. Umber, Über Tuberkuloseinfektion und Tuberkuloseerkrankung der ersten
Lebensjahre vor dem Krieg und während desselben. Zeitschr. f. Tub. Bd. 27.
H. 1—4.
91. Weicker, Über die Beschäftigung und Beaufsichtigung der lungenkranken
Mannschaften in der Lungenheilstätte. Zeitschr. f. Tub. 1917. Bd. 27. H. 5.
92. *Weinberger, Maximilian, Gesichtspunkte zur Beurteilung der Lungen-
tuberkulose bei Kriegsteilnehmern. Wiener klin. Wochenschr. 1916. Nr. 25.
93. Bericht des Heilstättenvereins für den Reg.-Bez. Minden „Auguste Viktoria-
Stift“ 1916.
94. *Sir Thomas Clifford Allbutt; E. W. Hope; A. Maxwell William-
son; J.C.Thresh; H. Hyslop Thomson; Herbert de Carle Wood-
cock; Jane Walker; J. J. Perkins; Sir John Byers; Major Wal-
dorf Astor: War and the future of the tuberculosis movement. A col-
lection of representative opinions. British Journal of Tuberculosis. Jan. 1916.
Bd. 10. Nr. 1. S. 1—11.
ll. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
547. Paul Reckzeh, Über Tuberkuloseveranlagung. Arch. f.
Kinderhik. 65. 1916 H. 3/4.
Disponierende Faktoren für die Entstehung der Tuberkulose sind
Unterernährung, Überanstrengungen, Krankheiten, erbliche Belastung, sowie
Infektionsgelegenbheit. Der Nachwuchs tuberkulöser Eltern weist eine erhöhte
Tuberkulosemortalität auf. Bei Schulkindern lässt sich nicht statistisch
mit Sicherheit entscheiden, ob die erbliche Belastung oder die Infektion
von grösserem Einflusse ist. Von besonderem Interesse ist das Verhalten
der Geschwisterzahl. Von den Versicherten (Lebensversicherung), die aus
Einkinder- oder Zweikinderehen stammten, starb ein über Erwarten grosser
Bruchteil. Es ist ferner von Interesse, dass die konstitutionelle Schwäche,
welche beim Erwachsenen sich als gesteigerte Hinfälligkeit gegenüber dem
Tuberkuloseerreger kennzeichnet, sich in der Kindheit vielfach als gesteigerte
Empfänglichkeit anderen Infektionskrankheiten gegenüber dokumentiert. Der
Prozentsatz der über 10 Jahre alten an Tuberkulose gestorbenen Geschwister
war bei den späteren Schwindsüchtigen grösser als bei den an anderen
Krankheiten Verstorbenen. Die später an Schwindsucht verstorbenen Ver-
sicherten hatten 11,2°/o ihrer Geschwister an akuten Infektionskrankheiten
in jugendlichem Alter verloren, die an anderen Krankheiten verstorbenen
Versicherten nur 6,2°/. Von Wichtigkeit ist ferner die körperliche Be-
schaffenheit des Individuums selbst, Körperlänge und -gewicht, Brust- und
Bauchumfang. Die konstitutionelle Minderwertigkeit der an Tuberkulose
Gestorbenen ist nicht die Folge, sondern mitwirkende Ursache der tuber-
kulösen Erkrankung. Von geringerer Bedeutung sind die anatomischen
Stigmata der Tuberkulosedisposition. W. Schultz, Hamburg.
Internat, Centraibl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 24
346 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
548. Joseph Geszti, Uber die Symptome der Unregelmässigkeit
der oberen Thoraxapertur. Beitr. z. Klinik d. Tbe. 36. 1917
H. 3 S. 327.
Die Unregelmässigkeiten der oberen Thoraxapertur finden sich bei
einer grossen Zahl der Phthisiker und sind auch durch Inspektion und
Palpation meist zu erkennen. Die abnorme Neigung der Apertur macht
sich kenntlich dadurch, dass von der ersten Rippe nicht nur 2—3, sondern
5—6 cm zu tasten sind und die untere Kante derselben entweder schief
verläuft und mit der 2. Rippe einen spitzen Winkel bildet, oder bei hori-
zontalem Verlauf plötzlich vertikal nach oben abbiegt. Auch der Hand-
griff des Brustbeins wird dabei meist nach hinten gebogen, wodurch der
antero-posteriore Durchmesser verkürzt und der Angulus Ludovici ver-
stärkt wird. Die räumliche Beengung der oberen Apertur macht sich
kenntlich durch die Skoliose des ersten Brustwirbels und einen veränderten
Verlauf der ersten Rippen, so zwar, dass die 2. Rippe knapp unterhalb
des Schlüsselbeins zu tasten ist, die erste Rippe dagegen infolge ihrer
Tieflagerung gar nicht oder nur undeutlich palpabel ist und daher auch
an Stelle des normalen Interkostalraums zwischen den beiden ersten Rippen
nur das stark eingeengte Dreieck zwischen 2. Rippe, Schlüssel- und Brust-
bein tastbar und sichtbar wird. Vom paralytischen Thorax unterscheidet
sich der eingeengte gerade durch das Verhalten des kostoklavikulären Drei-
ecks, das beim ersteren infolge des Herabsinkens der 2. Rippe vergrössert,
beim letzteren dagegen eingeengt ist. Betastet man den ersten Rippen-
knorpel während der ruhigen Atmung, so findet man normalerweise beim
Beginn der Ausatmung ein federhaftes Zurückspringen des beim Einatmen
hochgestiegenen Knorpels, während bei verengter Apertur der Knorpel
nur langsam in die Ruhelage zurückkehrt. Auch die Hebung der Rippe
beim Einatmen ist auf der verengten Seite geringer. Die Anomalien finden
sich häufiger rechts als links und stehen im engsten Zusammenhang mit
der Disposition der verengten Lungenspitze zur Tuberkuloseerkrankung.
E. Leschke, Berlin.
549. Wilh. Müller und Christin Mol-Sternberg, Über die
Erzeugung experimenteller Sklerose mit Albuminen des Tu-
berkelbazillus. W. kl. W. 1917 Nr. 535.
Der Reiz, der durch die Albuminantigene des Tuberkelbazillus auf
die Haut ausgeübt wird, äussert sich bisweilen in einer Sklerose, die nach
ein bis zwei Monaten mit einer Neubildung von Bindegewebe beginnt und
mit einer Verkalkung endet. Fettsäurelipoide und Neutralfette erzeugten
das Phänomen nicht. Röntgenlicht scheint die Erhärtungserscheinungen zu
begünstigen.
Diese Feststellung kann therapeutisch sehr wichtig werden, wenn es
gelingt, mit Tuberkuloalbumin in geeigneter Dosis und Konzentration tuber-
kulöses Granulationsgewebe zu veröden, bindegewebig zu organisieren und
nachträglich zu verkalken. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
550. A. Liechtenstein, Über den heutigen Stand der Auffassung
von Lymphogranulomatosis (Sternberg’s Krankheit). Svenska
tuberculosläkarföreningens förhandlingar 1916. Hygiea 1917.
Eine zusammenfassende Darstellung.
Arvid Wallgren, Upsala.
“ Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 347
551. Arvid Wallgren und Torsten J:son Hellman, Beitrag
zur Klinik, ‘Anatomie und Ätiologie der Lymphogranuloma-
tose. Svenska Läkarsällskapets Handlıngar 1917.
Der Fall betrifft einen Knaben, geboren 1910. Seit 1912 Drüsen-
schwellungen am Halse und in der linken Axille. Der Allgemeinzustand
verschlechterte sich allmählich; Patient begann zu magern und bekam
Fieber. Im Mai 1914 walnussgrosses, ziemlich weiches Lymphom am
Halse und in der linken Axillee Bedeutende Drüsenschatten im Lungen-
hilus. Im Blute Lymphozytose und Eosinophilie, bei normaler Totalan-
zahl weisser Blutzellen. Die Temperatur zeigte Fieberattacken von 3—4
wöchentlicher Dauer. Diazoreaktion +. Die Drüsentumoren reagierten
prompt auf Röntgen und waren beim Exitus, im Oktober 1914, kaum
palpabel. Klinische Diagnose: T,ymphogranulomatosis ? |
Die pathologisch-anatomische Untersuchung ergab einen: Fall von
woblentwickelter Ly mphogranulomatose mit Veränderung in allen unter-
suchten Lymphdrüsen und in der Milz, aber ohne makro- oder mikro-
skopisch nachweisbare Tuberkulose, Dessen ungeachtet konnten in Aus-
strichpräparaten und in Schnitten säurefeste Stäbchen sowohl in Hals-,
Bronchial- und Mesenteriallymphdrüsen als auch in der Milz nachgewiesen
werden. In einer Iymphogranulomatösen Veränderung in der Leber
wurden ausserdem grosse Mengen säurefester Bakterien angetroffen. Meer-
schweinchen- Impfungen zeigen, dass die gefundenen säurefesten Bakterien
als eine Art Tuherkelbazillen aufzufassen waren. Mehrere Generationen
der Meerschweinchen starben nämlich nach Impfung an ausgebreiteter
Tuberkulose. Bei mikroskopischer Untersuchung der veränderten Organe
dieser Tiere fanden sich ausser allgemeiner Tuberkulose auch Herde mit
Sternberg’schen Riesenzellen. Dasselbe Resultat wurde bei Unter-
suchung einer Lymphdrüse eines an humaner Tuberkulose gestorbenen
Meerschweinchens erbalten. Auf einem Teil Substrate wurden von diesem
Falle Reinkulturen säurefester Stäbchen vom Aussehen der Tuberkel-
bazillen erhalten. Arvid Wallgren, Upsala.
552. A. J. Cemach, Beitrag zur Topographie der regionären
Lymphdrüsen des Mittelohres. Mschr. f. Ohrenhlk. 51. 1917
H. 5/6.
Nach einem Überblick über unsere heutigen Kenntnisse der Topo-
graphie der regionären Lymphdrüsen des Mittelohres und deren Lymph-
zufluss berichtet Verf. über einen Fall von Mittelohrtuberkulose, bei dem
sämtliche in Betracht konimenden Lymphdrüsen nacheinander erkrankten.
Nach der bisher herrschenden Ansicht wird die Lymphe der Paukenhöhle
durch das Trommelfell hindurch dem Lymphgebiet des äusseren Gehörganges
beigemengt, von wo sie vorzüglich in die infraaurikuläre, seltener in die
tiefen zervikalen, zuweilen auch noch in die retroaurikulären Drüsen fliesst.
Die präaurikulären Drüsen sollten keinen Zufluss vom Mittelohr haben.
Aus dem vom Verf. mitgeteilten Fall scheint im Gegensatz hierzu
hervorzugehen, dass sämtliche regionären Ohrlymphdrüsen Zufluss von der
Paukenhöhle erhalten. An dem Fall ist weiter bemerkenswert: 1. die
Tatsache, dass die Mastoiddrüsen frühzeitig, früher als die subaurikuläre
Gruppe, ergriffen wurden und 2. der Befund eines dritten im Gewebe
der Parotis liegenden Knotens der präaurikulären Gruppe, der gleichfalls
in Verbindung mit dem Mittelohr stehen dürfte. Brock, Erlangen.
24*
348 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. `
553. Wilh. Müller, Untersuchungen über statische und dyna-
mische Immunität bei Tuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe.
36. 1917 H. 3 S. 291.
Bei der Untersuchung der zellulären Immunität durch die Hautreak-
tion ist zu unterscheiden die statische Immunität, d. h. der bei wieder-
holten Analysen immer wieder gefundene, stationäre Immunitätszustand,
und die dynamische Immunität, d. h. die Kurve der Immunitätsänderung
im Verlaufe der Krankheit resp. der Behandlung. Die alte Beobachtung,
dass Zunahme der Hautempfindlichkeit gegen Tuberkulin prognostisch
günstig, Abnahme prognostisch ungünstig zu bewerten ist, hat Verf. auch
für die Reaktion auf Partialantigene bestätigt gefunden. Durch thera-
peutische Bestrahlungen lässt sich eine Zunahme des Intrakutantiters
(„positive dynamische Immunität“) erzielen. Den „Nachweis dieser Tat-
sache“ bezeichnet Verf. als „eine fundamentale Bereicherung unserer
Kenntnis vom Wesen der Tuberkuloseimmunität“. Auch den Grund der
Tuberkuloseerkrankung glaubt er aufgedeckt zu haben: „Heute erblicke
ich in der Unmöglichkeit, bei künstlicher Reizung der Immunität das Phä-
nomen der positiven dynamischen Immunität zu erzeugen, den wichtigsten
Grund für die Erkrankung an Tuberkulose“. An Stelle der klinischen
Beobachtung des Heilerfolges irgend einer Behandlungsart, z. B. der Strah-
lentherapie, soll die Prüfung der dynamischen Immunität treten. „Die
dauernde Höherstellung der statischen Immunität ist das fundamentalste
‘Problem der ganzen Tuberkulosetherapie“. Nur schade, dass diese wie
alle auf die Tuberkulinhautreaktion oder sogenannte „zelluläre Immunität“
gebauten Theorien eine bisher unbewiesene Petitio principii enthalten,
nämlich ob wirklich die Tuberkulinreaktion einen untrüglichen, adäquaten
Ausdruck der gesamten Abwehrkräfte des Körpers einschliesslich derjenigen
des erkrankten Organs darstellt. E. Leschke, Berlin.
554. Wilh. Müller, Neuere Anschauungen auf dem Gebiete des
Lupus. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 36. 1917 H.3 S. 303.
Strahlenbehandlung des Lupus führt zu einer Verstärkung der Haut-
empfindlichkeit gegen Tuberkulin (Partialantigene), in der Ausdrucksweise
des Verf. zu „positiver dynamischer Immunität“, Die statische Immunität
(d. h. der bei wiederholter Prüfung gefundene Titer der Hautempfindlich-
keit gegenüber den einzelnen Partialantigenen) zeigt beim Lupus kein ein-
heitliches Bild. Nur beim Lupus erythematosus findet sich auffallende
Armut und selbst Fehlen der Reaktion auf die Fettsubstanzen der Tuber-
kelbazillen. E. Leschke, Berlin.
555. A. Jousset, Étude de la tuberculine. Revue de la tuber-
culose 1915. (Referat La Presse médicale 1915 Nr. 56.)
Während bisher die Forscher, welche sich mit der Isolierung des
Koch’schen Tuberkulins beschäftigten, nur darauf ausgingen, das Gift
zu - konzentrieren, das heisst seine Toxizität zu- erhöhen, hat J. in der
Erkenntnis, dass der therapeutische Wert eines bazillären Giftes nicht
allein von der Schwere seiner Wirkungen abhängt, versucht, die Natur
des Tuberkulins festzustellen, um den Experimentatoren eine von unwirk-
samen Substanzen hergestellte Substanz liefern zu können. Er benutzte
zu diesem Zwecke die Fällungsreaktion und die Hautreaktion. Auf Grund
dieser Untersuchungen komnit er zu folgenden Schlüssen:
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 349
1. Das Tuberkulin ist eine einheitliche Substanz.
2. Die wirksam fällende Substanz des Tuberkulins ist ein natürliches
Produkt des Koch’schen Bazillus, ein wahres Autolysat.
3. Das Tuberkulin ist nur in konzentrierter Lösung haltbar.
4. Die Wärme kann die wirksamen Eigenschaften des Tuberkulins
steigern.
5. Das spezifische Prinzip des Tuberkulins ist ein durch Hydrolyse
entstandenes Derivat, der Nukleoalbumine des Bazillus, anschei-
nend nahestehend den Aminosäuren.
‚Die Konzentrationsfähigkeit des Tuberkulins ist begrenzt. Ausserdem
scheint eine Verstärkung seiner Wirksamkeit nicht durchaus günstig zu
sein. Aus diesen Untersuchungen leitet J. die therapeutische Unwirksam-
keit des Tuberkulins ab und erkennt ihm nur diagnostische Bedeutung zu.
Querner, Hamburg.
556. A. Mayer, Klinische und experimentelle Beiträge zur Klinik
der Typhusschutzimpfung. Zschr. f. exper: Path. u. Ther. 19.
1917 H.1.
Bei einer sehr grossen Zahl von typhusschutzgeimpften Soldaten hat
der Verfasser, wie früher andere Autoren auch, vereinzelte Fälle beobachtet,
in denen eben abgeheilte Krankheitszustände sich wieder verschlimmerten
oder bestehende ungünstig beeinflusst wurden. Diese unerwünschten Er-
krankungen waren unabhängig von der Stärke der Impfreaktion. Ver-
hältnismässig häufig exazerbierten akute und chronische Bronchitiden, bei
symptomlosen Asthmatikern traten mehrfach Anfälle kurze Zeit nach der
Impfung auf, chronische Rheumatiker bekamen in einigen Fällen verstärkte
Gelenkschmerzen. Rekonvaleszenten nach akuter uud chronischer Ne-
phritis zeigten zuweilen wieder reichliche Eiweissmengen und pathologischen
Sedimentbefund. In einigen Tagen war der Urinbefund wieder normal.
Relativ häufig waren Exazerbationen und Rezidive bei Neurasthenie und
Hysterie und Neuralgien. Besonders eingehend beschäftigt sich der Verf.
mit den Beziehungen zwischen Typhusschutzimpfung und Lungentuberkulose.
Er fand bei 77°/o aller auf Tuberkulin reagierenden Leuten, dass
auch bei der Schutzimpfung eine Allgemein- und Herdreaktion auftrat,
die ganz der Tuberkulinreaktion glich, wenn die Typhusimpfung vor der
Tuberkulinprobe erfolgte. Folgte die Impfung der Tuberkulinprobe, so
trat eine derartige Reaktion meist dann auf, wenn etwa 3 Wochen zwischen
beiden Impfungen verstrichen waren. Bei längerem Intervall reagierte auf
die Typhusimpfung nur 1/5 aller auf Tuberkulin reagierenden Fälle. Lagen
weniger als 3 Wochen zwischen beiden Impfungen, so blieb auf Typhus-
impfstoff die geschilderte Reaktion aus, Während die Ähnlichkeit der All-
gemeinreaktion bei der Typhusschutzimpfung bereits von früheren Autoren
hervorgehoben wurde, ist die Herdreaktion bisher anscheinend nicht genügend
gewürdigt worden. Die Reaktion bestand im Auftreten mehr oder minder
reichlicher Rasselgeräusche, Zunahme des Auswurfs bezw. Auftreten von
Sputum, das vorher fehlte, Vermehrung des Eiweisses im Sputum und
vor allem fanden sich in einigen Fällen Tuberkelbazillen, die vorher nicht
vorhanden waren. Einigemal trat Albuminurie auf. Meist entstand die
Herdreaktion nach der zweiten Injektion und zwar stets innerhalb 48
Stunden. Die Allgemeinreaktion verlief wie nach Tuberkulininjektionen,
350 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
mit ihr klang die Herdreaktion in 24 Stunden „restlos“ ab. Nach Meinung
des Verf.s war in keinem Fall ein dauernder Schaden entstanden. Er
hält es vor allem für ausgeschlossen, dass etwa Tuberkelbazillen „mobi-
lisiert“ und in die Blutbahn geschwemmt sein könnten. Aktive Tuber-
kulose hält er immerbin aber doch für eine Kontraindikation gegen die
Typhusschutzimpfung. Diese Schlussfolgen stehen also in einem Gegen-
satz zu den Erfahrungen Schröder’s, der auch bei latent tuberkulösen
Soldaten in einem hohen Prozentsatz feststellen konnte, dass sie nach der
Impfung an den Anzeichen einer aktiven Tuberkulose erkrankt waren.
Schröder zog aus diesen Befunden den Schluss, dass die Typhusschutz-
impfung die Tuberkulosebereitschaft des Organismus erhöht habe und hält
es für möglich, dass die nach der Impfung auftretende Leukopenie die
Widerstandsfähigkeit gegen die Tuberkelbazillen: herabsetzt (Württ. med.
Corr.-Blatt 1915). Betrachtet man die Meyer’schen sehr interessanten
Ergebnisse vorurteilslos, so scheinen sie die Schröder’sche Ansicht von
der Möglichkeit einer Gefährdung latent tuberkulöser Soldaten durch die
Typhusschutzimpfung zu stützen. Es kann kaum einem Zweifel unter-
liegen, dass z.’ B. das Erscheinen der vorher nicht vorhandenen Bazillen
nicht anders als durch eine Aktivierung alter tuberkulöser Herde erklärt
werden kann. Es ist deshalb auch nicht recht verständlich, wenn M. in
den betreffenden Fällen zwar die Beeinflussung tuberkulöser Herde durch
die Typbusimpfung zugibt, sie aber für ganz oberflächlich und nicht spe-
zifisch hält, sondern nur eine „Mitreaktion“ geringer Mengen tuberkulöser
Antistoffe bei der Typhusschutzimpfung annimmt. M. fand allerdings,
dass bei Tuberkulösen nach der Typhusschutzimpfung die sonst auftretende
Leukopenie weniger deutlich war. Er erklärt diese Erscheinung ebenso
wie die von ihm beobachtete Hemmung der Agglutination und das Feblen
der Milzschwellung bei Tuberkulosen nach der Typhusvakzination damit,
dass bei Tuberkulösen, die ihre spezifischen Antistoffe in hohem Grade
beanspruchen, die Typhusschutzimpfung mit Bezug auf genannte Erschei-
nungen weniger wirksam ist als bei Gesunden. Für eine solche Annahme
macht er weiter geltend, dass die kutane Tuberkulinreaktion durch die
Typhusschutzimpfung gehemmt wird.
Die tatsächlichen Feststellungen M.’s über die Beziehungen der Typhus-
schutzimpfung zur Tuberkulose sind sicherlich wertvoll. Sie werden aber
in ihrer Deutung vielfach auf Widerspruch stossen, namentlich scheint
es noch keineswegs sicher, ob nicht durch die Typhusschutzimpfung doch
eine dauernde Schädigung latent Tuberkulöser eintreten könnte. Es wäre
deshalb eine diesbezügliche Untersuchung an grossem Material und bei
langer Beobachtungszeit sehr erwünscht. Rosenow.
557. Gilbert, Über chrenische Uveitis und Tuberkulide der
Regenbogenhaut. Arch. f. Augenhlk. 82. 1917 H.3 u. 4.
Besprechung der jüngsten Anschauungen über das Entstehen der
Uveitis und den Zusammenhang mit Tuberkulose. Nicht immer lässt sich
der tuberkulöse Ursprung nachweisen, zumal bei Fehlen von tuberkulösen
Allgemeinsymptomen, aber es lässt sich die Tuberkulose oft noch schwerer
ausschliessen; nicbt einmal das Fehlen des für Tuberkulose charakte-
ristischen histologischen Befundes spricht gegen Tuberkulose. Verf. be-
richtet von zwei Fällen, bei denen der bekannte Aufbau des echten Tu-
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 351
berkels bei sicher tuberkulösen Augenentzündungen fehlte — ebenso wie
bei sicher tuberkulösen Hauterkrankungen.
Verf. schlägt für die Irismetastasen die Einteilung vor:
1. diffuse metastatische Iritis ;
2. herdförmige metastatische Iritis.
Die Tuberkulose tritt meist in der zweiten Form auf. Für die chro-
nische endogene Uveitis (Fuchs) nimmt Verf. die Tuberkulose als eine
der Hauptursachen an; Verf. empfiehlt zur Klarstellung die Untersuchung
mit dem binokularen Mikroskop.
Mitteilung weiterer zwei Fälle, bei denen nur ganz leichte oder
gar keine sonstigen ÖOrganveränderungen tuberkulöser Art nachweisbar
waren, die trotzdem auf kleine Dosen Alttuberkulin leicht allgemein re-
agierten und, abgesehen von einer sehr chronisch verlaufenden Uveitis,
gesund erschienen. Individuen mit solchen gutartigen Tuberkulosen sind
es nun, bei denen die Tuberkulide beobachtet werden, während sie bei
vorgerückter innerer Tuberkulose so gut wie niemals sich finden,
Die Tuberkulide sind nicht als etwas ihrem Wesen nach, sondern
nur graduell Verschiedenes von der Tuberkulose aufzufassen (Phlyctaena
iridis). Die ungemeine Flüchtigkeit verbietet es, die Gebilde als Tuberkel
aufzufassen, Werner Bab, Berlin.
558. E. v. Hippel, Über tuberkulöse, sympathisierende und pro-
liferierende Uveitis unbekannter Atiologie. Anatomische Unter-
suchungen zur Differentialdiagnose dieser Erkrankungen. Arch f.
Ophthalm. 92. 1917 H. 4
v. H. untersuchte die Augen mit chronischer Uveitis anatomisch aus
der Erwägung heraus, ob nicht mancher Fall mit Tuberkulin behandelt
wird, der gar nicht auf Tuberkulose beruht. Die wichtigste Untersuchung
betrifft die anatomische Differentialdiagnose zwischen tuberkulöser und
sympathisierender Uveitis.
Es werden die anatomischen Untersuchungen von 14 Fällen chro-
nischer Uveitis mitgeteilt, erläutert durch Angaben des klinischen Verlaufs
und beigefügter Mikrophotogramme.
Verf. bespricht dann die anatomischen Befunde im einzelnen ausführ-
lich: 7 Fälle sind klinisch als tuberkuloseverdächtig zu bezeichnen,
während 7 klinisch sicher auf Tuberkulose beruhen. In der Mehrzahl
der Fälle, die als verdächtig bezeichnet sind, konnte anatomisch — ohne
dass Tuberkelbazillen nachgewiesen wurden — die Diagnose tuberkulöse
Uveitis sicher gestellt werden. Bei den klinisch einwandfreien Fällen liess
sich 2mal unter 7 Fäilen restlose bindegewebige Vernarbung an Stelle
der spezifischen Infiltration nachweisen. Tuberkulöse Uveitiden bleiben
sicher deshalb so oft zunächst klinisch unaufgeklärt, weil die eigentlich
spezifischen Veränderungen mit Vorliebe ihren Sitz an Stellen haben, die
einer direkten Untersuchung nicht zugänglich sind und nur das Auftreten
der unspezifischen Präzipitate und der Glaskörpertrübungen herbeiführen.
Bei der Erörterung der anatomischen Differentialdiagnose zwischen
tuberkulöser und sympathisierender Erkrankung betont Verf., dass er
einstweilen an der Wesensverschiedenheit der beiden Krankheitsprozesse
Testhalte.
352 Ätiologie und Verbreitung.
Er kommt dann zu der Frage, ob es ausser der tuberkulösen und
sympathisirenden Uveitis noch eine dritte ätiologisch verschiedene Form
von endogener Uveitis gibt, die anatomisch mit den beiden genannten die
weitgehendste Ähnlichkeit besitzt. Verf. rechnet ausser Fällen aus der
Literatur seine Fälle 1 und 2 hierher, verhält sich aber gegenüber der
Annahme einer dritten Form von Uveitis, die ätiologisch unbekannt ist,
ablehnend; diagnostiziert in den erwähnten Fällen bis zum Beweis der
Unrichtigkeit tuberkulöse Uveitis. Werner Bab, Berlin.
b) Ätiologie und Verbreitung.
559. Köhlisch, Über die Bedeutung der Milch für die Verbrei-
tung der Tuberkulose. Zschr. f. Hyg. 81. 1916.
Bericht über intraperitoneale Impfungen von Meerschweinchen mit
teils unverdünnter, teile verdünnter Milch. Bei 23 Versuchen 12 positive
Resultate. Nach Injektion von Bauernmilch traten weniger Erkrankungen
ein ale von Dominialmilcb und Milch aus Grossstadtmolkereien. Das er-
innert an die Angabe v. Behring’s, dass die Zahl der tuberkulösen
Kühe mit der Grösse der Herde nicht nur relativ, sondern absolut wächst.
Es ist sicher, dass gelegentlich grosse Mengen von Tuberkelbazillen in der
Marktmilch vorkommen, doch reicht die Menge der vorhandenen Bazillen
meistens nicht aus, um zu einer Erkrankung zu führen. Verf. glaubt,
dass der Milch eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Ver-
breitung der Tuberkulose nicht zukommt, doch hält er die strengen Mass-
nahmen, die im Kampfe gegen die Tuberkulose für tuberkelbazillenfreie
Marktmilch empfohlen werden, für durchaus gerechtfertigt.
W. Schultz, Hamburg.
560. Köhlisch, Die Gefahr des Wohnungsstaubes für die Ent-
stehung von Inhalationstuberkulose. Zschr. f. Hyg. 51. 1916.
Verf. liess trockenen Staub aus Phthisikerwohnungen durch Meerschwein-
chen einatmen. In 32 Inhalationsversuchen erkrankte kein einziges Tier
an Tuberkulose. Die Rolle der Einatmung von Wohnungsstaub bei der
Verbreitung der Tuberkulose ist früher sehr überschätzt worden. Die Ver-
suche Cornet’s waren nicht beweiskräftig, weil Cornet den Staub mit
feuchten Tupfern aufnahm, so dass auch Tuberkelbazillen, die sich gar
nicht in staubtrockenem Zustand befunden hatten, in das Material gelangen
konnten. Auf Grund des Ergebnisses seiner Inhalationsversuche schliesst
Verf., dass man die Bedeutung des Staubes für die Inhalationstuberkulose
geringer bewerten muss, als man bisher getan. Tröpfchen- und Kontakt-
infektion sind die häufigsten und wichtigsten Übertragungsarten der Tu-
berkulose; Einatmung von trockenem Staub spielt unter den üblichen Woh-
nungsverhältnissen nur eine sehr untergeordnete Rolle.
W. Schultz, "Hamburg.
561. Fuchs-Wolfring, Über die Bedeutung der Rindertuberkel-
bazillen für den Menschen. Corr. Bl. f. Schweizer Arzte 1917
Nr. 32.
Verf. führt als Beweise für die Richtigkeit der C. Spengler’schen
Lehre von der tuberkulösen symbiotischen Doppelinfektion, die sich von
Ätiologie und Verbreitung. 353
Mensch zu Mensch verbreitet, ausser den Elektivzüchtungen beider Typen,
die folgenden Punkte an:
1. Die elektive Giftempfindlichkeit.
2. Die Doppelagglutination und die Doppelpräzipitation.
3. Die bakteriolytischen Versuche Kronberger’s mit den beiden
aus Menschenmaterial gezüchteten Typen.
4. Die im Ultramikroskop von C. Spengler festgestellten optischen
Unterschiede zwischen den verschiedenen Tuberkuloseerregern und
ihren Giften: dem Humanobrevis, Humanolongus und Perlsucht-
bazillus. Lucius Spengler, Davos.
562. Blair M. Martin, The effect of daylight and drying on
the human and bovine types of tubercle bacilli. British
Med. Journ. 1915 S. 110.
Experimentelle Untersuchungen über die Empfindlichkeit der Tuber-
kelbazillen gegenüber atmosphärischen Einflüssen (Tageslicht, Trockenheit)
ergaben eine erhöhte Empfindlichkeit für den bovinen Typus; hieraus er-
klärt sich auch die wesentlich seltenere aerogene Infektion des Menschen
mit dem bovinen Typus. Kautz, Hamburg.
563. A. Kirch, Zur Ätiologie der generalisierten Lymphome.
W. kl. W. 1917 Nr. 31.
Das kurz zusammengefasste Krankheitsbild eines Falles weist folgende
Merkmale auf: Vergrösserte, harte Lymphdrüsen ohne aggressive Wachs-
tumstendenz in verschiedenen Körperregionen. Vergrösserung der Milz,
der Thymus, remittierendes Fieber (nicht konstant), Diazoreaktion im Harn,
neutrophile Leukozytose mit Eosinophilie; also Lympbadenose mit Ver-
mehrung der neutrophilen und eosinophilen Granulozyten.
Ohne mit Sicherheit die Tuberkulose als Ätiologie ausschliessen zu
können, weist Verf. auf die Möglichkeit eines Zusammenhanges der geschil-
derten Erkrankung mit den wiederholten Impfungen mit Typhusvakzine
und Kuhpockenlymphe bei dem Kranken (Soldaten) hin.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
564. Alfred Pettersson, Über die Ätiologie der primüren De-
glutitionstuberkulose. Stenska tuberkulosläkarföreningens för-
handlingar 1916. Hygiea 1917.
7 Fälle von primärer Darm- resp. Mesenterialdrüsentuberkulose patho-
logisch-anatomisch und bakteriologisch untersucht, nebst einer Zusammen-
stellung von bisher in der Literatur publizierten diesbezüglichen Fällen.
Von 118 auf diese Weise untersuchten primären Darm- und Mesenterial-
tuberkulosen waren 61 durch bovine, 57 durch humane Bazillen hervor-
gerufen. Verf. fand in seinen 7 Fällen 5 bovine und 2 humane Bazillen-
stämme. Arvid Wallgren, Upsala.
565. A. Stanley Griffith, Types of tubercle bacilli in human
tuberculosis. Brit. Journ. of Tuberculosis. Vol. XI Nr. 4
Okt. 1917.
Tabellarische Statistik über das Vorkommen verschiedener Typen von
Tuberkelbazillen bei Tuberkulose des Menschen, aus welchen hervorgeht,
dass der höchste Prozentsatz von boviner Infektion bei Tuberkulose der
?
354 Ätiologie und Verbreitung.
Zervikaldrüsen und bei solcher intestinalen Ursprungs (Obduktionsresultate)
sich findet, dass bei Kindern unter 10 Jahren, die an verschiedenen Ursachen
starben, deren tuberkulöse Infektion aber durch den alimentären Traktus
anzunehmen war, sich in 74°/o der bovine Typus vorfand, während bei
Infektion auf respiratorischem Wege (Lungenphthise und Bronchialdrüsen-
tuberkulose) sich nur selten bovine Tuberkelbazillen nachweisen liessen,
dass ferner die bovine Infektion am häufigsten sich bei Kindern unter
5 Jahren zeigt. Amrein, Arosa.
566. H. H. Nijssen, Verbreitung der Tuberkulose durch die
Zucht und durch die Milch (beim Rind). Mittel zur Be-
kämpfung der Tuberkulose. Inaug.-Diss. Bern, 22. Juli 1914.
Gedruckt bei J. Zimmer, Utrecht- Holland 1916.
Die Frage, ob gesund geborene, aber von tuberkulösen Eltern stam-
mende Kälber erblich für tuberkulöse Infektion prädisponieren, wird vom
Verf. verneint. Germinative Infektion (unbefruchtetes Ei infiziert) hält
Verf. für ausgeschlossen und die germinative Infektion (Sperma infiziert
in den Testes) für ziemlich ausgeschlossen. Die intrauterine Infektion
der wachsenden Frucht kommt vor, ist jedoch praktisch von geringer
Bedeutung. Dagegen kommt beim Rind die Verbreitung der Tuberkulose
durch die Milch sehr häufig vor.
Für die Bekämpfung der Tuberkulose beim Rind macht Verf. ein-
gehende, rigorose Vorschläge (Staatshilfe), die im Original nachzulesen
sind. Lucius Spengler, Davos.
567. E. Braun, Die Häufigkeit der Tuberkulose im Greisenalter.
Inaug.-Diss. Basel 1917. Erweiterter Sonderabdruck aus dem
Corr. Bl. f. Schweizer Arzte 1917 Nr. 35.
Vergl. das entsprechende Referat in diesem Centralblatt Bd. 11 H. 1.
Lucius Spengler, Davos.
568. K. Ulrich, Zwei Beiträge zur Genese des Mittelohr-
Cholesteatoms. Zschr. f. Ohrenheilk. Ba. 75 S. 159.
Verf. hat 458 sichere Mittelohrcholesteatome bezüglich ihrer Genese
statistisch bearbeitet; dabei ergab sich, dass 207 Kranke — mehr als 40 Jo
keine ursächliche Erkrankung anzugeben wussten, dass von den 458
Cholesteatomkranken laut Anamnese Status, event. Sektionsbefund 109
= 20°o an Tuberkulose gelitten hatten bzw. noch litten und 114 Pa-
tienten erblich belastet waren. In toto waren mindestens 189 oder
41,2°/o aller Cholesteatomkranken tuberkulös oder infolge hereditärer
Belastung tuberkuloseverdächtig. Dieses Zusammentreffen von Mittelohr-
cholesteaton und Tuberkulose kann nach Verf. kein zufälliges sein.
Wäre die Tuberkulose nur ein ganz zufälliger Nebenbefund, so müssten
sich die Tuberkulösen und Belasteten gleichmässig auf alle bei der
Entstehung des Mittelohrcholesteatoms in Betracht kommenden Affektionen
verteilen; dies ist aber nicht so, sondern gerade bei den Patienten, bei
welchen Anamnese (erstes Auftreten der Mittelohreiterung im Säuglings-
alter obne vorhergehende Allgemeinerkrankung; ohne jegliche subjektiven
Symptome auftretende Otorrhoe im späteren Alter) und Trommelfellbefund
am ehesten auf eine abgelaufene Mittelohrtuberkulose hinweisen, sind bei
+
Ätiologie und Verbreitung. 355
i
weitem die meisten tuberkulösen oder tuberkuloseverdächtigen Individuen
zu treffen; mehr als 63°/o derselben sind tuberkulös oder tuberkulose-
verdächtig. Verf. sieht darin einen Beweis dafür, dass zwischen Tuber-
kulose und Cholesteatom ein enges Abhängigkeitsverbältnis bestehen muss
(zumal die Entstehung von Cholesteatom auf dem Boden tuberkulöser
Mittelohreiterung direkt beobachtet und einwandfrei festgestellt ist), dass
in der Ätiologie der Mittelohrcholesteatome die Otitis media tuberculosa
ganz iu den Vordergrund rückt. Brock, Erlangen.
569.: F. Hamburger, Bemerkungen zum Kapitel Krieg und
Tuberkulose. W. m. W. 1917 Nr. 11.
Bei der Untersuchung von 470 kranken Soldaten, die auf aktive
Tuberkulose nicht verdächtig waren, ergab die Tuberkulinstichreaktion
98 %/o positiv Reagierende.
Die Frage, ob die Tuberkulose bei den Männern dienstpflichtigen
Alters in Österreich während des Krieges zugenommen hat, kann jetzt
noch nicht beantwortet werden. Die Häufung der Tuberkulösen in den
Militärspitälern des Hinterlandes beweist nichts, weil viele Phthisiker, die
sonst über das ganze Reich zerstreut waren, jetzt dort versammelt sind.
Sie sind zum Teile schon krank, zum Teile noch gesund, aber zur
Phthise „bereit“, eingerückt. Ein im Gegenteile hiezu allzu günstiges Bild
könnte man in den Frontspitälern gewinnen. Dort sammeln sich die
frontdiensttauglichen, also besonders gesunden und kräftigen Leute, die nun
krank oder verwundet aus der Front kommen. Dort fand H. auch nicht
viel Tuberkulöse, darunter überwiegend leichtere, rasch heilende Fälle und
nur wenig Bazillenhuster (unter den „Spitzenkatarrben“ weniger als 5 °/o).
Ein richtiges Bild könnte nur eine Statistik ergeben, die für die einzelnen
Kaders bei Musterung, Präsentierung, bei den Ersatz- und Marschforma-
tionen, sowie bei den zugehörigen Front- und Etappentruppen die notwen-
digen Erbebungen machen würde.
Der Felddienst ist für viele infolge des ständigen Lebens im Freien
nützlich, für viele andere sehr schädlich, weil die körperlichen und see-
lischen Anforderungen stärker schädigen, als das Leben im Freien nützt.
Für Erkrankte, die wieder an die Front sollen, empfiehlt H. anfüng-
lich Liegekur und gute Ernährung, später körperliche Vorübung und
Vorbereitung für den Frontdienst. Er stellte zu diesem Zwecke eine
eigene Abteilung auf, die nach vorheriger Durchsiebung unter ärztlicher
Aufsicht den Wetterunbilden ausgesetzt wurde und im Freien arbeitete.
Der praktische Erfolg scheint ein guter gewesen zu sein.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
570. G. Hälsen, Wirkungen des Krieges auf die Sterblichkeits-
verhältnisse. D. m. W. 1917 Nr. 55.
Zusammenfassung:
„1. Die Geburtenzahl hat naturgemäss abgenommen und infolge-
dessen auch die Zahl der gestorbenen Kinder unter einen Jahre, sowohl
absolut als auch im Verhältnis zur Gesamtzahl der Todesfälle; eine
Änderung der Säuglingssterblichkeit aber ist nicht nachzuweisen.
2. Ebenso ist keine Änderung der Sterblichkeit an Tu-
berkulose festzustellen, lediglich an Krebskrankheiten ist eine höhere
Zahl von Todesfällen zu verzeichnen.
356 Diagnose und Prognose.
3. Auch die Gesamisterblichkeitsziffer ist selbst einschliesslich der
Kriegsverluste kaum gestiegen.
4. Andererseits bat die Zahl der Toten über 60 Jahre bedeutend
zugenommen, sowohl absolut wie im Verhältnis der Gesamttodeszahl.
Jedenfalls hat die verringerte Nahrungszufuhr mit all ihren Ersatz-
mitteln bisber bei dem allergrössten Teil der Bevölkerung keinen Einfluss
auf die Sterblichkeitsverhältnisse gewonnen; insbesondere hat der Krieg
keine ungünstige Wirkung auf die Säuglingssterblichkeit hervorgerufen.“
(Die Angaben beziehen sich auf ein Städtchen mit 9000 Einwohnern,
meist Arbeitern.) C. Kraemer II, Stuttgart.
c) Diagnose und Prognose.
571. Arvid Wallgren, Über Fortleitung der Reibegeräusche.
Svenska Läkarsällskapets Handlingar 43. 1917 H. 3.
Es ist häufig möglich, ein Reibegeräusch von einem anderen mittelst
Rhytmus, Tonhöhe u. a. zu unterscheiden. Die Reibegeräusche werden gewöhn-
lich am besten gehört und sind bisweilen palpabel gerade an dem Orte, wo
sie entstanden sind. Sie werden nicht so selten von diesem Ort fortgeleitet,
bisweilen sehr weite Strecken. Dieses Verhalten dürfte die Ursache sein,
dass (fortgeleitete) Reibegeräusche sehr häufig an den Lungenspitzen, wo
sie schwerlich entstehen können, der kleinen Verschiebung der Pleurablätter
zufolge, hörbar sind. Die Fortleitung scheint wenigstens bisweilen vorzugs-
weise in derselben Richtung zu geschehen, wie die Bewegung der Ent-
stehungsstelle des Reibegeräusches an der Lunge während der Respiration.
Arvid Wallgren, Upsala.
572. Sigurd Berg, Einige Erfahrungen über die Anreicherung
des Sputums bei Tuberkelbazillennachweis. Allm. Svenska
Lükartidningen 1917 Nr. 6.
Verf. hat eine vergleichende Untersuchung zwischen der Antiformin-
methode und der von Adam angezeigten Methode (Brauer’s Beitr. Bd. 25)
angestellt. Mit dem Verfahren Adam’s erhielt Verf. eine bedeutend
grössere Anreicherung und damit eine grössere Anzahl positiver Resultate
als mit der Antiforminmethode. A. Wallgren, Upsala.
573. Henry A. Ellis, The papillary cutaneous reaction in tuber-
eulosis. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. XI Nr.4, Okt. 1917.
Verf. möchte durch kutane Tuberkulinimpfung der Frage der
Frühdiagnose der aktiven Erkrankung beikommen. Er wendet die
Skarifikationsmetbode an (6—-9 leichte Skarifikationen durch einen
vorher applizierten Tuberkulintropfen, die Area der Skarifikationen hat
ca. 1 mm Durchmesser) unter Benutzung von P.T.O. (als boviner Test)
konzentriert, und von T.A. in Verdünnungen 1:10, 1:100, 1:500,
1:1000, 1:10000. Unverdünntes T.A. wird wegen zu starker Lokal-
reaktion nicht angewendet.
Auf Grund der auftretenden lokalen Hautreaktionen unterscheidet
er verschiedene Klassen: Hypersensitive (Reaktion bei 1:500 und noch
grösseren Verdünnungen), sensitive (Reaktion bei 1: 100), subsensi-
tive (unter 1:100). Hypersensitive Lungenkranke mit starker Reak-
Diagnose und Prognose. 357
tion sollen besonders ängstlich überwacht werden. Tuberkulin darf nur
in stärksten Verdünnungen und äusserst vorsichtig angewendet werden.
Die Sensitiven, welche bei 1:100 eine deutliche Reaktion aufweisen,
geben die besten Aussichten für erfolgreiche Tuberkulinbehandlung. Bei
den Subsensitiven ist die Reaktion bei nur 1:10 ein prognostisch
schlechtes Zeichen, namentlich wenn die kutane Reaktion dunkel gefärbt
und mit deutlicher Schwellung einhergeht. Das aktive Frühstadium
zeigt Reaktion bei 1:10, hellrot und Schwellung und Reaktion bei 1: 100
hat immer als ein Zeichen von Aktivität aufgefasst zu werden; die
entsprechenden Untersuchungen bei den Rekrutenaushebungen hätten dies
deutlich bewiesen.
Verf. betont, dass ohne die angeführten multipelu Hautreaktionen
eine Einschätzung der Tuberkulose und auch eine erfolgreiche Tuberkulin-
behandlung unmöglich sei. | Amrein, Arosa,
574. Andre Jousset, Signification generale des réactions tuber-
culiniques. Académie de Médecine, 18. Mai 1915. (Ref. La
Presse méđic. 1915 Nr. 23.)
J. zeigt, dass es möglich ist, grosse Tiere, z. B. Kub und Pferd,
mittelst Injektionen löslicher Produkte des Tuberkelbazillus, die völlig von
den Bazillenleibern befreit sind, zu immunisieren. Diese Tiere reagieren
dann, ohne selbst eine Spur tuberkulöser Erkrankung zu zeigen, auf Tuber-
kulin in jeder Anwendungsform, genau wie tuberkulös erkrankte Tiere.
Diese Tatsachen zeigen, dass der Koch’sche Bazillus nur indirekt zur
Sensibilisierung des Organismus beiträgt; die Reaktion wird erzeugt auf
Grund der durch den Bazillus verliehenen Immunität. Die Reaktions-
fähigkeit auf Tuberkulin ist demnach eine Erscheinung der Abwehr und
nicht der Anaphylaxie; daraus erklärt sich das Versagen des Tuberkulins
in diagnostischer und seine Bedeutung in pfognostischer Beziehung.
Querner, Hamburg.
575. Litzner, Das Tuberkulin bei der frühzeitigen Erkennung
der aktiven Lungentuberkulose. M. m. W. 64. 1917 S. 1068
bis 1069.
Das Auftreten von Fieber nach probatorischer Tuberkulininjektion
hat bei Verdacht auf beginnende Tuberkulose keinen beweisenden Wert
für das Vorliegen einer tuberkulösen Erkrankung. Umgekehrt kann bei
Ausbleiben von Fieber trotzdem eine Lungenherdreaktion vorhanden sein.
Beweisend für den Sitz und die Ursache der Erkrankung ist nur die
Lungenherdreaktion. Über die Aktivität des Prozesses entscheidet nur
eine weitere mehrwöchige Beobachtung des Kranken, besonders hinsichtlich
des Befindens und der Leistungsfähigkeit. Bredow, Ronsdorf.
576. Dembinski und Tuz, Versuche über die Unterscheidung
der aktiven Tuberkulose von der latenten mittelst der Tu-
berkulinreaktionen mit Bestimmung des Tuberkulintiters.
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 37. 1917 H. 3 8. 153.
Untersuchungen des Tuberkulintiters an 94 tuberkulösen und Nicht-
tuberkulösen ergaben, dass eine Abgrenzung der aktiven Tuberkulose von
der latenten durch den Tuberkulintiter. nicht möglich ist,
E. Leschke, Berlin.
358 Diagnose und Prognose.
577. Jos. v. Jaworski, Über die Prognose in der Schwanger-
schaft bei tuberkulösen Frauen und über die Bedeutung des
sog. Veit’schen Gesetzes für die Vorhersage. Beıtr. z. Klin.
d. Tbe. 87. 1917 H. 3 S. 163. |
Bei der Unterbrechung der Schwangerschaft wegen Tuberkulose muss
man sich nicht allein nach dem von Veit näher untersuchten Verhalten
des Körpergewichtes richten und nur bei Abnahme desselben die Schwanger-
schaft unterbrechen, sondern auch alle anderen klinischen Zeichen, nament-
lich Temperatur und Organbefund dazu heranziehen.
E. Leschke, Berlin.
578. Felix Deutsch, Zur Prognose der Lungentuberkulose.
W. kl. W. 1917 Nr. 55.
Anfänglich aus theoretischen Überlegungen angestellte Versuche über
die Bedeutung des Verhältnisses des vegetativen Nervensystems für die
Prognose und Behandlungsfähigkeit der Lungentuberkulose hat praktische
Erfolge gezeitig. Dem Verf. scheint daher „mit Recht die Behauptung
aufrecht erhalten zu bleiben, dass ein von Natur aus mit dem ganzen Rüst-
zeug des zur Reizung des sympathischen Nervensystems befähigten Drüsen-
systens ausgestatletes Individuum im Falle einer tuberkulösen Erkrankung
die besten Aussichten auf Behandlungserfolg, respektive Heilung seiner
Krankheit hat, während solche, die von vornherein auf Adrenalin nicht,
jedoch auf die Reizgifte des parasympathischen Systems ausgiebig reagieren,
geringe Chancen auf Heilung oder Eindämmung ihres Prozesses haben,
wenn auch im Beginne der Behandlung die Erkrankung einen noch harm-
losen Charakter zeigen sollte.“
Das Verbalten des vegetativen Nervensystems ist der Ausdruck der
im Organismus sich abspielenden innersekretorischen Vorgänge, welche zu
den bekannten prämonitorischen und pathognomonischen Symptomen führen,
die sich, ohne dass wir die Ursache genau kennen, in Schweissen, Erbrechen,
Reizbarkeit oder Mattigkeit, Blässe des Gesichtes, Temperatursteigerungen
usw. ausdrücken, Erscheinungen, welche einer Übererregung im sympa-
thischen oder parasympathischen Nervensystem entsprechen. Zu Tuber-
kulose besonders neigende Individuen (mit Iymphatischer Konstitution, auch
hereditär Belastete) weisen einen erhöhten Tonus im parasympathischen
System auf. Es war also vor allem auf die den Sympathikus in elek-
tiven Sinne reizenden Drüsen (Schilddrüse, Nebenniere) zu achten. Ver-
suche mit Jodothyrin und Jodothyrintuberkulin ergaben keine eindeutigen
Resultate. Dagegen zeitigten die Bemühungen, die Tuberkulintberapie durch
Adrenalin-, resp. Adrenalin-Atropindarreichung wirksamer zu machen,
günstige Resultate.
Auch andere bakteriell toxische Schädigungen (Dysenterie, Typbus
etc.) beeinflussen vorübergehend das vegetative Nervensystem. Dies tun
also offenbar auch die Stoffwechselprodukte der Koch’schen Baazillen.
Verf. wendet sich gegen Reitter (s. Ref. Nr. 350), der die toxische Ent-
stehung solcher Krankheitsbilder leugnet und mehr eine mechanische Wir-
kung der Hilusdrüsen auf den Vagus annimmt, da es erwiesen ist, dass
die endokrinen Drüsen durch die Tuberkulose toxisch in ihrer Funktion
gestört werden können.
Diagnose und Prognose. 39
Schlussfolgerung: „.... dass bei der Lungentuberkulose eine gute
Ansprechbarkeit des sympathischen Nervensystems und eine ausreichende
Funktion der es erregenden endokrinen Drüsen eine gute Prognose für
den Verlauf der Erkrankung geben und dass das Siuken des sympathischen
Tonus als übles Prognostikum aufzufassen ist. Ob und auf welche Weise
das Zusammenwirken der sympathiktropen Sekrete die schädliche Wirkung
des Tuberkulosegiftes abzuschwächen und damit das Fortschreiten des
Krankheitsprozesses zu hemmen vermag, ist derzeit nicht zu beantworten
und muss durch weitere Untersuchungen erst, bewiesen werden.“
(Der interessante Aufsatz würde durch klarere Sprache wesentlich
gewinnen. Ref.) A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
579. Bauchant, Sur une forme de tuberculeuse communément
observée aux armées, Ref. La Presse médicale 1917 Nr. 19.
B. konnte bei 200 Soldaten, die als tuberkuloseverdächtig einen: grösseren
Sammellazarett zugeführt wurden, einen Symptomenkomplex beobachten, der
eine bestehende Tuberkulose wahrscheinlich machte. Es handelte sich ìn
der Regel um junge Leute, die während des Krieges vorübergehende Lungen-
erscheinungen zeigten. Stets boten sie einen asthenischen Habitus, auf-
fallende Gesichtsblässe und erhebliche Gewichtsabnahme. Es bestand
ein dauernder trockener und stets nachts besonders auftretender Husten.
Im schleimigen Auswurf zeigte sich sehr selten Blut, niemals Tuberkel-
bazillen. Der Sitz der Erkrankung betraf ebenso oft die Spitzen wie die
Basis. Bei der geringsten Anstrengung machte sich starke Kurzluftigkeit
bemerkbar, bisweilen auch schon im Bett. Bei genauester Auskultation
hört man feinstes trockenes Knistern ohne je nachweisbare Schallverkürzung.
Oft sind beide Lungen beteiligt. Bei jüngeren Leuten ergibt die Unter-
suchung des Zwischenschulterraumes fast stete das Vorhandensein tracheo-
bronchialer Drüsen. Desgleichen finden sich axillär und zervikal zahlreiche
Drüsenpakete. Die Röntgenuntersuchung ergibt wechselnde Befunde, meistens
sind die Lungenfelder gleichmässig gut durchleuchtet, mitunter bestehen
geringe Intensitätsunterschiede; stets jedoch besteht Schwellung der Hilus-
drüsen. Alle Fälle fiebern, bleiben jedoch unter 38° mit abendlichen
Steigerungen bis zu 37,80, Keine vermehrte Schweissabsonderung. Dyspep-
tische Beschwerden, Diarrhöen, Herzklopfen, Herabsinken des arteriellen
Blutdrucks, flüchtige Gelenkschmerzen und Kopfschmerz. Die Entwicklung
zeigt meist Besserungen, aber oft erst nach längerer Zeit, in leichteren
Fällen nach ca. 3 Wochen, bei mittelschweren nach 5—10 Wochen und
bei schwereren Fällen nach 2 Monaten. Verf. bält diese Form der 'Tuber-
kulose für eine latente Bazillämie, die als gutartig zu betrachten ist.
Kautz, Hamburg.
580. Hesse, Gesichtspunkte zur Beurteilung der Lungenschwind-
Sucht für den Militärarzt. M. m. W. 64. 1917 S. 1053—55.
H. fand unter dem eingewiesenen Krankenmaterial auf der Beobach-
tungsstation die Diagnose Lungentuberkulose nur in 25°/o bestätigt, In
den übrigen Fällen handelte es sich teils um eine übertriebene Würdigung
der Anamnese und falsche Deutung des physikalischen Befundes, teils um
Erkrankungen der Brustorgane nichttuberkulöser Natur.
— 5
360 Diagnose und Prognose.
Zur Abgrenzung der Tuberkulose gegen die übrigen Lungenerkran-
kungen werden folgende diagnostische Hilfsmittel empfohlen:
1. 8 Tage lang 3 stündliche Messung in der Achselhöhle. Normal
sind Abendtemperaturen bis zu 37,6°C, wenn der betreffende Mensch
ständig Temperaturen über 37,20 C hat.
2. Wiederholte Untersuchungen des Auswurfs auf Tuberkelbazillen
unter Antiforminanreicherung. Bei fehlendem Auswurf hat sich
die Brominhalation als sputumförderndes Mittel bewährt,
3. Die subkutane Tuberkulinprobe, — positiv nur bei vorbandener
Herdreaktion.
4. Die Röntgenphotographie der Lunge. Bredow, Ronsdorf.
581. Ulrici, Lungentuberkulose und i B. kl. W.
1917 Nr. 40.
Bei offener Lungentuberkulose ist auf Dienstunbrauchbarkeit zu
erkennen, erstens wegen der Ansteckungsmöglichkeit für die Kameraden,
zweitens wegen der grösseren Gefahr einer Autoreinfektion. Dafür, dass
Leute mit offener Lungentuberkulose voll dienstfähig sein können, bringt
Verf. Beispiele.
Schwieriger liegen die Verhältnisse bei der geschlossenen Tuberku-
lose. Verf. warnt dabei vor „Überdiagnosen“. Eine Schallverkürzung
über einer Spitze ohne auskultatorischen Befund ist belanglos. Auch der
Wert der Röntgenaufnahme wird vielfach überschätzt, vor allem weil
sie nichts über die Aktivität des etwaigen Herde aussagt. Auch die
Tuberkulindiagnostik ist meist belanglos.
Atemgeräusch und Rasselgeräusche müssen getrennt auskultiert werden ;
vor dem Inspirium muss ausgehustet werden, damit man Rasselgeräusche
besser hört. Fiebermessung ist 2stündlich genau durchzuführen.
Eine geschlossene Lungentuberkulose führt zur Dienstunfähigkeit,
wenn es sich um einen aktiven Prozess handelt (Fieber, Susmaya), oder
wenn erhebliche Dyspnoe vorhanden ist.
Leute mit geschlossener Spitzentuberkulose sind beschränkt garnison-
dienstfähig, wenn sie nur spärliche Rasselgeräusche haben; fehlen die
Rasselgeräusche und sonstige klinische Erscheinungen, so sind die Leute
sogar bedingt kriegsverwendungsfähig.
Ein Heilverfahren ist auch bei vorgeschritteneren Fällen zu versuchen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G.Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg. O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Namenregister.
|
A. Beitzke, H. 68. ' Castaigne 190.
, Belin 234. Cayet, R. 298.
Abderhalden, Emil 278. Bender, C. 114. i Ceelen, W. 67.
Abramowski 84. Benzler 194. Comach, A. 16, 154, 240,
Adam, A. 46. Berg, Sigurd 15, 356. 347.
Adams, A. 187. Berger 81. Chen Hung Hsün 103.
v. Adelung, Ed. 193. Bernard 182. | Chiari, O. 236.
Aimard 308. Bernard, L. 287. Chisholm, Catherine 106.
Alexander, H. 11. Besche, Arent de 11. | Christensen, A. 320.
Altstaedt 142. Beschorner 156. | Cloetta, M. 193.
Aly, Hans 142. Billon, L. 185. . Colebrok, L. 182.
Amrein 193. Biorn-Hansen, E. 1). Collin, E. 110, 252.
Amrein, O. 59, 218. Birke 207. Collmann 289.
Anderes 193. . Blümel, S. 214. Combe, M. 217.
de los Angeles, Sixto 18. ' Bochalli 13, 146, 2035. 207, | Cool, J. L. Me. 54.
Antoniucci, Cesare 264. | 231. Cordier 185.
Arkin, A. 49. | Böttner 261. | Corper, Harry J. 49.
Arnell, Per 310. ` Boit 79. ' Courmont, Paul 189.
Artz 37. Boit, E. 11. ‚Craig, Frank A. 300.
Aschoff, L. 71. y. Bonsdorff, A. 186. ' Crowell, B. Œ. 18.
Assmann 150. ' Bosch 308. Curschmann 205, 207.
Aubert 190. i Bosch, S. E. C. 250. | Czerny 96.
Braeuning 84, 233.
B. | Brandenburg 193, D.
ı Brauer, L. 174.
Bacmeister, Adolf 56, 108. Braun, E. 354. ‚ Danechau 288.
Baehr, George 277. Breceia, G. 310, 324. ‚ Daus 145.
Bähr, Karl 113. Brecke 206. Davidsohn, C. 135.
Bär, G. 174. | Breemen, J. van 259. van Delden, B. 318.
Baldwin, Edward A. 22. | Brösamlen 262. ı Delepine, S. 260.
Baldwin, E. R. 15. | Bronfenbrenner, J. 45. Dembinski 357.
Banks, G. S. 149. Brunk Denechau 93.
Bard 182. o E. 144. ı Deutsch, Felix 309, 358.
Bardswell, Noel, D. 294. | Bürger 74. ' Devie, À. 185.
Barjou 189. Bürgers, J. 43. Deycke 142.
Bartel, J. 70. Büttner-Wobst 183, Dickson, E. C. 13.
Bass, Murray H. 12. Bull, Peter 186. Dieterle, R. R. 133.
Bauschant 359. Burnand, René 77. ' Dietrich 57.
v. Baumgarten 225. Byttner 102. 'Ditthorn, Fritz 262.
Bautzmann, Gustov 53. ! Döblin 95.
Bayer 112. ' Dold, Herm. 229.
Bayer, Hugo 61. C. van Dorp- Beucker, D. B.
Beachant, M. 285. 252.
Becker 174, 302. Carleton, H. 187. Dostal, H. 6.
Beckmann 83. Carol, W. L. L. 243. Dougal John B. Mac 4,
Behring 282. Carpi, U. 190, 320.
Internat. OentralbL f. Tuberkulose-Forschung. Xi. 25
362
Dowd, Ch. M. 132.
Dröge, Karl 282.
Dubs 263.
Dünner, L. 95.
Dumarest, F. 192.
Duvante, L. 39.
E.
Eckhardt, E. H. 275.
Eber, A. 82, 83.
Ebstein 263.
Eden 193.
Eden, R. 174.
Eckardt 118.
Effler 271.
Ehrmann 110.
Eisner, G. 95.
Ellis, Henry A. 356.
Elmendorf 193.
Elmendorf 193.
Elving 175.
Engleson, H. 46.
Entenener, Albert 145.
Ernst 251.
Ernst, N. P. 251.
Etienne, M. G. 287.
Evans, D. G. 187.
Evers 17.
F.
Faulhaber 215.
Fejer, Julius 261.
Fejes, Ludwig 280.
Feldmann 313.
Fishberg, M. 11.
Flatau 91.
Foetke, H. 274.
Francke, K. 326.
Franke 223.
Franke, Maryan 309.
Fränkel, Eugen 68.
Freudenfeld 202.
Freund 145, 194.
Freund, R. 298.
Freymuth 206.
Friedberger, E. 99.
Friedenwald, E. B. 54.
Friedrich, P. L. 174.
Fuchs-Wolfring 352.
Fürbringer 136.
Fürstenau 237.
Funk, E. H. 39.
G.
Galeotti 178.
Gäli, Geza 139.
Gamble, W. E. 222.
Namenregister.
'da Gardi, Ambrogio 184.
| Gaudy, Ch. 191.
| Gazalbou 287.
ı Geigel 244.
(Can Rudolf 188.
| Gerhardt 93.
Heile, B. 109.
Heim 287.
Heim, F. 183.
Heinemann 194.
' Heising, Jos. 80. .
Heitmann, N. 88.
' Gerhartz, H. 101. Helbig 54.
Gerwiener, Fr. 78. Helens, O. 314.
i Geszti, Josef 134, 346. Hellman, Torsten Itsou
Ghou 3. 347.
| Gilbert 350. Helm 326.
| Ve, Gils, J. B. F. 246. Helwig 117.
| Giroux, Léon 290. Henriques, V. 179.
| Glax 118. | Hervé 187, 192.
Gloyne, S. Roodhouse 105. | Herxheimer, G. 69, 211.
Goering 19, 85. Hess 299.
Gold 3. Hetsch 236.
Goldstein 291. i Heusner, Hans L. 295.
Goldstein, L. 136. eyman 146.
Goldthwait, J. E. 50. Heymann, Paula 113.
Gottstein 87. ' Hill, Hastings 16.
Gradi 19.
Hippel, E. von 351.
Hirsch 94.
‚Hirsch, J. S. 183.
Hirsch, K. 298.
| Hofbauer 272.
ı Hoffmann, E. 242.
‚Hofmann 228.
Hofmann, Willy 114.
Graetz, Fr. 14.
Granfelt, H. 42.
Grasso, H. Lo 219.
Grau 1593.
Pa H. 103, 153.
Gray, E. A. 134.
| Graziadei, B. 315.
| Greenfeld 54. Höhne 271.
Greene, G. B. 95. . Hollo, Jul. 11.
Griffith, A. Stanley 353. | Hollos 78.
Gross, Oscar 95. | Hollos, Josef 260.
‚ Grossberger 137. Holmboe, M. 146.
| Grosser 263. Holmboe, W. 229.
Grösz, Julius 217. ‚ Hollö, Budukesz 248.
| Grote, L. R. 265. ' Holst, Axel 248.
‚ Grulee, C. G. 10. Holt, R. Crawshaw 105.
| Gutstein 112, 194. i Holth, S. 266.
' Gwerder, J. 185, 194. Holther, E. T. 21.
Hooke, Edm. 243.
Horan, M. J. 143.
H. Horn, Paul 294.
Howell, W. W. 12.
Hughes, Edmund 106.
Hyde, C. L. 219.
Habetin, Paul 4.
Hälsen, G. 355.
| Haga, Ischio 59.
ı Hamburger 262, 355.
Hamman, L. 194. I.
‚Hammer, Gerhard 45.
‚v. Hansemann, D. 72. Iglauer, S. 143.
| Harbitz, Francis 132, 225. : Illel, Bochor 141.
| Harms, Franz 10. Immelmann 237.
ı Hart 229. Inga, Salves 101.
Hart, C. 71, 76.
| Hartmann 91.
' Hartshorn, W. M. 45. J
‚ Hasselbalch 115.
'Hastings, Hill 222. ‚Jackson, Edward 38.
iv. Hayek 265. ı Jacob 299.
V. Hay ek, Hermann 40, ' Jacobaeus 175, 188.
254. 'Jacobäus, H. H. 319.
ann J. 263. , Jaquerod 101.
Namenregister. | 363
Jaworski von, Josef 358. | Krause, Allen K. 180, | Michelsen, Aug. 21:
Jeanneret, Lucien 86, 87, Krause, F. 194.
108
.Jeanneret-Minkine 183.
Jennicke, E. 242.
Jessen 175, 194.
Johnsson, A. 48.
Johnston, M. R. 10.
Jones, P. C. Varrier 104. | Krompecher, E. 67.
Jones, W. R. 135.
Mjóen, Jahn 146.
Möllers 6, 60, 61, 74.
Mohler, H. K. 39.
| Krauss 136, 145.
| Krautwig 270.
i Kreuser 125. Mohr, H. 52.
' Krischke 86, 91. Mol, C. M. 253.
Krogh 178. Mol Sternberg, Christin
-. Kromayer 96. 346.
Montgomery, C. M. 275.
i Kronberger 13, 194. Moore, S. John 113.
Jomi 297. Kronberger, Hans 2, 175, | Morland, E. 187.
Jousset, André 348, 357. 188, 249. Morse, A. L. 44.
| Kümmelt 328. | Morton, J. J. 138.
Kuthy, D. ©. 217. ' Morton, J. M. 290.
' K. ` v. Kutschera, Adolf 43, 89. | Much, Hans 151, 282.
Müller, Hans 330.
Kahn, J. N. 40. ı Müller, O. 147.
Kahn, M. 45. 1 Müller, Wilhelm 5, 80, 235,
Kahn, M. H. 45. R 346, 348.
Kaiserling, C. 76, 114.
Kalb 194.
Kalb, O. 318.
Kalisky 85.
Kaminer 57. .
Kaminer, S. 195.
Kankeleit 271. ;
Kapelusch, Alex. 220.
Karewski, F. 271.
van de Kasteele 194.
Kathariner 74.
Katzenstein, M. 82.
Kaufmann 112.
Kentzler, Jul. 232.
Kern 3.
Key, Einar 319.
Khouri, Josef 310.
Kieninger, Georg 98.
Kirch, A. 256, 352.
Kirch, E. 223.
Kirchner, M. 88.
Kirstein 274.
Klare 264.
Klopstock 274.
Knott, H. J. 42.
Köhler 230.
Köhler, F. 126, 201, 220, Fubarsch, O. 229.
303.
Köhlisch 352.
König 263.
Königer, H. 175.
Koeppe, L. 51.
Kofred, A. 184.
Koga, Gensaburo 50, 221. Manning, John B. 42,
Kohlhaas 94.
Kollarits, J. 149.
Kolle 236.
Kopciowski, A. 309.
Labatt, Arvid 102.
E os ı Murard, Ch. 192.
Landis, H. R. M. 274, ‚Muttray 206.
Lapham, Mary E. 44.
Leiser, Kurt 214. \
Leschke, E. 149. 2
Leuret, E. 190. |
Lewandowsky 286. >
Lewandowsky, F. 58. an = ; 92]
Lichtenstein, A. 346. Newton R 2
‚Liebe 201, 203, 207, 225. Ņpwton, re
' Liebe, C. 271. Aicoll, A. 143. =
Liebe, G. 230. A oloye, yer 30g
v. Linden, Gräfin 200. S H. 254.
| Lindhard 115, 178. EN den. ©. 195
‚ Litzner 146, 357. nn EAO;
| Löwi, Josef 263.
‚Loewy 176. 0
' Löwy, Julius 211. 2
Muralt, Ludwig von 34,
175.
Negendank, Johanna 95.
Lohmer 55. f
‚ Loose, Otto 23. e Bun 17.
Lorenz 194. chsenius, . 213.
Lorey 194 Oehler 60, 6l, 74.
'Losch, H. J. 278. Oeri, F. 46. z
‚Oldenburg, Ph. 251.
| Olitzky, K. 277.
Olivier, Charlotte 142.
Oppenheim 30.
M. Orel, Paul 220.
ı Orth 73, 74, 135.
Mac Carty, W. C. 39. ‚ v. Ortner, Norbert R. 280.
Macri 178. ‚ Ostrowski 194.
‚Oswald, A. 122.
‚Martin 1796. . ‚ Otani, Morisuke 50,. 221.
ı Martin, Blair M. 353. ' Oxenius 232.
ıde Massary, M. E.,287. `
'Mayer, Arthur 9, 349. `
Kosteletzky 302. Meachen, G. Norman 105. P.
Kovács, J. 218.. -© ı Meissen 229.. r
Kováts, Franz 138. ' Meyer 112. 0, Packard, jr. E. N. 191.
Kowarsky 274. Meyer, E56. Palasse, E. 190.
Kraemer 262. : | Meyer, O. 19. - ; Paraf 182.
Kraemer, C. 14, 77, 197. Michaelis; Franz 244. Parassin, Jos. 232.
25*
364
Parfitt 194.
Pauchet 273.
Pearson, S. Vere 187.
Penzoldt, F. 70.
Peren 237.
Perl, H. 274.
Perrin, M. 190.
Perutz 303.
Pettersson, Alfred 353.
de Pfeffel, C. 181.
Pfleiderer 20.
Philipowicz, Johann 311.
Philippi, H. 79.
Pierce 194.
di Pietro, Salvatore 321.
Pischinger 206.
Plesch, J. 106.
Potz, Harry 277.
Pollag 286.
Popper 304.
Porges 78.
Porges, Otto 62, 214.
Posey, Wm. Campbell 48.
Poujol 289.
Praetorius, G. 248.
Prest, Edw. E. 150.
Q.
Quincke 175, 272.
ge ai a i
R.
Rabinowitsch, L. 67, 76,
102.
Randolph 228.
Ranft, Gustav 265.
Ranke 130.
Ranke, Karl Ernst 35.
Rathbun, W. J. 93.
Real, C. 183.
Reche 92.
Reckzeh, Paul 345.
Reed, J. S. 274.
Reichborn-Kjennerud 225.
Reiche 8, 328.
Reichmann, V. 52.
Reimann, Rudolf 78.
Reitter, Carl 212, 239.
Reyn 251.
Reyn, Axel 250.
Riess, L. 216.
Rist 181.
Rist, E. 291.
Ritter 204.
Riviere, Clive 106.
Robinson, S. 192.
Rockmann, R. 45.
Römer 81.
Roepke 139.
Rohrer, Fritz 177,308, 309.
Namenregister.
Rollier, August 199.
Rolly, Fr. 100.
Roman 3.
Roman, B. 7.
Roper, Charles 22.
Rosenbach, F. 82, 224.
Roth 211.
Roth, Nik. 227.
Rothschild, David 258.
Rühl 286.
Roubier, Ch. 192.
Ruediger 207.
Ruhemann, Konrad 288.
Rundle, C. 182.
Rusch 303.
S.
Sahlgren, E. 139.
von Sahlis, G. 15.
Salus, G. 290.
Salzmann 144.
Sanders-Azn, J. 247.
Sauerbruch 175, 176.
Saugman, Chr. 269.
Scheibe, W. 117.
v. Scheibner 207.
Scherber 303.
Schipper 234.
Schläpfer, Viktor 47.
Schlayer 296.
Schlesinger, Hermann 73.
Schlesinger, O. 274.
Schmeisser 228.
Schmidt 144.
Schmidt, H. 233.
Schmidt, Viggo 252.
Schmitz, K. E. F. 245.
Schnitter 308.
Schnitzler 240.
Schönberg 3.
Schottelius 226.
Schottmüller 327.
Schröder, G. 194, 293.
Schüler 113.
Schütze 237.
Schulte, Jos. 266.
Schultz, Werner 262.
Schultze, M. 19.
Schulz, Hertha 260.
Schumacher 175.
Schut, H. 4.
Schwaer 145, 194.
Scott, James R. 39.
Seiler, Hans 157.
Selter 13, 75.
Selter, H. 43.
Sergent, Edmond 289.
Sergent, Emilie 290.
Seyderhelm 5.
Shively, H. L. 10.
Sigstad, Eimar 21.
| | Simon 90.
; Singer, Gustav 213, 240.
| Singer, H. 187.
Sitsen, A. E. 247.
Snellmann, Henry 42.
Socin, Ch. 243.
v. Sokolowski, A. 47.
Sorgo, Jos. 4.
Sorley, John 215.
Spengler, Lucius 163, 176,
193.
Spengler, Karl 176.
Spitzer 110.
Stähelin, R. 225.
Staehelin, W. 230.
Stahr, H. 69.
Stanley, A. 101.
Starckloff 206.
Staub-Oetiker, H. 37.
Sterling, S. 184, 194.
Stern 17.
Stocker, jr. S. 264.
Stoller 194.
Strand, Fr. W. 226, 227.
Strasser, J. 228.
Strauss 208.
Strauss, H. 299.
Stromeyer, Kurt 108.
Sturmat 92.
Stursberg, H. 125.
Sulek, Rich. 141.
Sundt, Halfdan 21, 47.
Swiezynski 320.
Szczeblewski 92.
T.
Taillens 79.
Taylor, Frank E. 259.
Taylor, H. L. 92.
Tecon 46, 308.
Thiem 54, 136, 292.
Thilenius 96.
Tideström 175.
Tobiášek, St. 224.
Tomaszewski, Z. 180.
Tornóe, D. B. 22.
Triebold 91, 232.
Tuffier 176.
Turban 101, 108, 176.
Tuz 357.
U.
Uhthoff, W. 53.
Ulrich, K. 354.
Ulrici 360. -
Umber, F. 76.
Unverricht, W. 260.
Ustvedt, Yngvar 4l.
Namenregister 365
vV. ı Warnekros, K. 141. Wilson, R. J. 93.
' Weber, F. Parkes 1085. Wilson, U. F. 133.
Varrier, Jones 267. i Wehmer 206, 231. Windrath, Fr. 186.
Veeder, B. S. 10. . Weickardt, Bruno 223, 274. | Wingfield, Rudolphe 22.
Venema, T. A. 100. | Weicker 231. Wingfield, R. C. 115.
Verriotis, Th. 38. ı Weicker, H. 157. Winternitz, W. 326.
Virnich, Alfred 217. | Weicksel 272. Winterstein, H. 179.
Vogel, K. 135, 288. Weigel 107. Wolff, O. 273.
Voorhoeve, N. 249. ı Weiss, M. 308. Woodhead, G. Sims 104,
van Voornveld 315. 'Weith 87. 267.
'Wessler, H. 12. |
‚ Whitbeck, B. H. 55. |
W. ‚ Wichmann 208, 238. | 2.
Wick, L. 239.
Wagner, Karl 300. 'Wideröe, S. 266. Zasyer 194.
Wallgren, A. 41, 192. | Wiewiorowski 194. Zaayer, J. H. 319.
Wallgren, Arvid 313, 347, | Wilde, A. 138. Zadek 73. i
356 Wilmans 139. Zandrén, Sven 313.
Warburg, O. 177. Wilms 143, 176. | Ziegler 13, 205.
366
“ Baöhregister.
Sachregister.
Abkürzungen: L.V. = Literaturverzeichnia, Tbk. = Tuberkulose,
tbk. = tuberkulös, Tbkn. = Taberkulin, Pn.Th. = Pneumothorax.
A.
Abderhalden-Verfahren bei Lungentu-
berkulose 46.
Adria als Kurgebiet 118.
Aktinomykose der Lunge und Pleura |
271.
Albumine des Tuberkelbazillus 346.
Albuminurie beim künstlichen Pneu-
mothorax 194.
Algier, Tuberkulose in 289.
Alkoholismus 73. P
— und Tuberkulose 229.
Alkohol und Tuberkulose 73.
Allergie 14, 243.
Alttuberkulinprobe, subkutane 13.
American Review of Tuberculosis 201.
Ammoniakzahl, reduzierte des Hams
117.
Amphorisches Atmen beim künstlichen
eumothorax 182.
Amyloidose 73.
Anatomie, pathologische, Bedeutung der
für die Lungentuberkulose 71.
Anergie 14.
Anreicherung des Sputums zum Tuber-
kelbazillennachweis 356.
Anreicherungsverfahren 262, 356.
Anti-Tuberculosis Bulletin 159.
en und Lungentuberkulose
42.
Arbeitsbeschaffung für erwerbs-
beschränkte Tuberkulöse 234.
Arbeitsfähigkeit der mit künstlichem
|
|
|
|
Atmungsfrequenz 244.
Atmungsorgane, Dehnungszustand der
309.
Augentuberkulose 38, 48, 54, 222.
Aurum-Kalium cyanatum 17.
Auskultation 106, 275.
Autoserotherapie 1%.
Autovakzine 263.
B.
Bauchaffektionen, schmerzhafte 280.
Bauchschmerzen 280.
Bazillaemie 133, 359.
Behring (Nekrolog) 282, 328.
Bekämpfung der Tuberkulose 155.
Bericht über das Kaiserin Augusta
Viktoria - Sanatorium für lungen-
kranke Frauen des Mittelstandes für
die Zeit vom 1. Juli 1913 bis
31. Dezember 1914 146.
— über die Tätigkeit des Vereins zur
Bekämpfung der Tuberkulose (E. V.)
in Nürnberg 1916 294.
Berufsberatung 201, 202.
Berufswahl unserer Kinder 226.
Beschäftigung und Beaufsichtigung der
lungenkranken Mannschaften in der
Lungenheilstätte 157.
Bevölkerung, Bewegung der, Württem-
bergs 278.
' Bibliographie 23, 324.
Pneumothorax behandelten Patien- `
; ten 184.
Arbeitsunfähigkeit während der Kur in
der Lungenheilanstalt 230.
Arbeitsvermittlung 201, 203.
Archiv für Frauenkunde und Eugenik
24.
Arnethsches Blutbild 211.
bei Lungentuberkulose 259.
Arsen 49.
Asthma bronchiale 272.
Asthmafrage 272.
ln metamorphosierendes
6.
Atemgymnastik 273.
Atmung, physikalisch-chemische Regu-
lierung der 179.
Bijdrage tot de Kennis omtrent de
Sterfte aan Tuberkulose te Rotter-
dam over de jaren 1902—1914 247.
Blastomykosis 13.
: Blut, Ungerinnbarkeit des, in der Pleura-
höhle 309.
' — Wassergehalt des 260.
Blutbild 117.
— bei Lungentuberkulose 101.
Blutgase, Bestimmung der 179.
Blutstrom in den Lungen 178.
Blutungen, innere 263.
— okkulte 139.
Blutuntersuchungen bei Fliegern 5.
Blutzellen, weisse 23.
Blutzucker 211.
Breeze Hospital 56.
Bronchialdrüsentuberkulose 12.
Sachregister.
Bronchialkarzinom 266.
Bronchialverschluss durch Knorpeltrans-
plantation 193.
‚Bronchiektasen, chirurgische Behand-
lung der 194, 319.
Bronchien, Fremdkörper der 297.
Bronchitis, rezidivierende im Kindes-
alter 273.
Brustapertur, obere 134.
Brustbeintuberkulose 223, 274.
Brustraum, Bestimmung des Inhaltes
und der Oberfläche 308.
Brustverletzungen und Tuberkulose 288.
Brustwandmobilisierung 174.
Brustwandnaht 194.
Bücher und Zeitschriften 23.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften
119, 157, 195, 236, 274, 299, 326.
Bücherei des Neutralen Guttempler-
ordens. Deutsche Grossloge, E. V.
228.
Bulbustuberkulose 112.
Bursitis, tuberkulöse 69.
C.
Capparoni’s Verfahren 264.
Chemotherapie 238.
— der Tuberkulose 50, 221.
Chininbehandlung 95.
Chirurgie des Kehlkopfes und der Luft-
röhre 236.
— intrathorakale 176.
Cholesteatom des Mittelohrs 35.
Cholesterin im Pleuraexsudat 310.
Chorioidea, Tuberkel der 228.
Chylothorax 188, 310.
— tuberkulöser 188.
Coecum ascendens 215.
Cyanocuprol 50.
D.
Dänemark, Tuberkulose in 269.
Darmtuberkulose 139, 144, 215.
Deglutitionstuberkulose 353.
Desinfektion phthisischen Auswurfs 274.
Desinfektor, der praktische 126.
Deutsches Zentralkomitee zur Bekämp- '
fung der Tuberkulose am 23. Mai
1917 in Berlin 201.
Diagnose der Tuberkulose 45.
— übereilte der Tuberkulose 11.
Diagnostik der Lungentuberkulose 291.
Diagnostische Schwierigkeiten bei der
ungentuberkulose 78.
Diarrhöen, gastrogene bei Lungentuber-
kulose 214.
Diazoreaktion 78, 250, 308.
Die Tuberkulose nach der Todes-
ursachen-, Erkrankungs- und Ver-
sicherungsstatistik und ihre Be-
'Eiterungen,
367
deutung für die Volkswirtschaft, ins-
besondere für das Versicherungs-
wesen 157.
Digitalis 263.
Dispensaire Behandlung der Lungen-
schwindsucht 232.
Drüsenschwellung, subklavikuläre 290.
Druckdifferenzverfahren 194.
Drüsentuberkulose und Lungentuber-
kulose 44. :
Dynamometer 274.
E.
Eigenextraktbehandlung 238.
Eigenheime für Fürsorgestellen 91.
Einfamilienhaus im Reihenbau 85.
Eingeborenentuberkulose 247.
— in Algier 289.
Einteilung, Fraenkel-Albrecht’ sche 183.
Eisen, Rolle des bei der Atmung 177.
Eiterfieber 136.
Eiterung, perirektale 143.
Lungentuberkulose nach
137.
Elektrokaustik 143.
Emphysem 174.
Empyem 176.
— chronisches 273.
Empvembehandlung mittels Kanüle 187.
Entspannungspneumothorax 185, 194.
Entstehung, Verbreitung und Verhütung
der Seuchen, mit Erfahrungen aus
dem Felde 280.
Epitheloidzellen 211.
Ergebnisse der Tuberkuloseforschung
803.
Ernährung, Grundlagen unserer, unter
besonderer Berücksichtigung der
Jetztzeit 278.
Ernährungsfrage der Tuberkulösen im
Kriege 156.
Erwerbstätigkeit der Tuberkulösen 84.
Erythema nodosum 101.
Espine'sches Zeichen 4.
Eventratio diaphragmatica 113.
Experimentelle Bakteriologie und die
Infektionskrankheiten mit beson-
derer Berücksichtigung der Immu-
nitätslehre 236.
Exposition, tuberkulöse 40.
— — im Kindesalter 41.
F.
Färbemethoden nach Much und Ziehl
289.
Färbung der Tuberkelbazillen 2.
Familien, tuberkulöse 41.
Fieber bei Tuberkulösen 4.
— und Atmung 244.
— und Hochgebirge 218.
-368
Fiebermessung 104.
Finseninstitut 251.
Fleckfieber 277.
Flieger, Blutuntersuchungen bei 5.
Frederiksvern 21.
Frühdiagnose 11, 77.
Frühjahrskuren 271.
Fürsorge für versicherte Lungenkranke
92.
Fürsorgestelle in Nürnberg 91.
Fürsorgestellen 155.
— in der Tuberkulosebekämpfung 232.
G.
Gasempyeme 145.
Gaswechsel 178.
Geburtshilfe 142.
Gelenkrheumatismus, akuter 100.
Gelenktuberkulose 28, 220.
— und Trauma 135, 288.
Genitalfunktion und Lungentuberkulose
der Frau 141.
Genitaltuberkulose, männliche 77.
Geschlecht und Tuberkulosesterblich-
keit 103. j
Gesellschaft der Ärzte in Wien 62, 239.
— für innere Medizin und Kinderheil-
kunde, Wien 1917 127.
Gesundheitspflege des Schulkindes 227.
Glittre (Norwegen) 21.
Glykosidform des Tuberkelbazillus 6.
Görbersdorf, das feldgraue 231. '
Gram’sche Färb 249.
Granula des Tuberkelbazillus 214.
Granuloma coceidioides 13. '
Gynäkologie 142.
H.
Hämatothorax 193, 309, 311.
Hämolysinreaktion (Weil-Kafka’sche
Reaktion) 290.
Hämoptoe 260.
— Behandlung der, mit Digitalis 263.
— — mit Koagulen 263.
— künstlicher Pneumothorax bei 19%.
— Pneumothoraxbehandlung der 186.
Hämoptysis 228.
Hämothorax siehe Hämatothorax.
Halsdrüsentuberkulose 132.
— und Lazarettbehandlung 143.
nn tuberkulöses im Kriege
en igot ärztlicher Verein 126, 238,
Handbuch der Balneologie 57.
Harn 224. je
Harnblasentuberkulose 224.
Harnröhrentuberkulose 224.
Hautemphysem bei Pneumothorax 190.
Sachregister.
Hauterscheinungen bei Tuberkulose
108.
Hauttuberkulose 17, 127.
Heilmethode gegen Erkrankungen der
Lunge und des Herzens 6l.
Heilstätte Luitpoldheim im Jahre 1915
268.
Heilstätten, Mitteilungen aus deutschen
20.
Heilstättenverein für den Reg.-Bez.
Minden ‚Auguste Viktoria-Stift“
1916 292.
Heilungsvorgänge im menschlichen
Körper 23.
Heliotherapie 112, 192, 206, 219, 230,
252.
Herdreaktion 108.
Herbstkuren 271.
Hernia diaphragmatica 265.
Herzbeschwerden nach Lungenschüssen
94.
Hirntumor, tuberkulöser 54.
Hochgebirge 218.
Höhenklima 115.
Höhensonne 300.
— künstliche 112.
— natürliche und die künstliche 96.
Höhlendesinfektion bei Lungenphthise
176.
Holsterhausen bei Werden a. d. Ruhr
230.
Hornhautmikroskop 51.
Hüftgelenkstuberkulose 194.
Hyperthermie durch Tetrahydro-
Naphthylamininjektionen 4.
I.
I. K. 265.
Immunität 8, 243, 286, 326.
— bei chirurgischer Tuberkulose 5.
— bei Tuberkulose 348.
Immunitätsforschung 302.
Impftuberkulose, experimentelle 7.
Infektion mit Tuberkulose 260.
Infektionsversuche mit Tuberkelbazillen
75.
Infektionskrankheiten und Immunitäts-
forschung 302.
Inhalationstheorie 75.
Inhalationstuberkulose 352.
Initialtuberkulose 254.
Innere Sekretion 260.
Interkostalnervenlähmung 175.
Intrakutan-Tuberkulinreaktion bei
Meerschweinchentuberkulose 13.
— nach Römer-Esch 14.
Invalidenbegutachtung 294.
Iris, Tuberkelbildung in der 266.
— Tuüberkulide der 350.
Iritis tuberculosa 51.
Saochregister.
dJ.
Jahresbericht aus dem Sanatorium
Memalien für das Jahr 1916 229.
der Neuen Heilanstalt für Lungen-
kranke zu Schömberg, Oberamt
Neuenbürg 293.
der Pfälzischen Heilstätte für Lun-
ne bei Ramberg 1915 231.
es neuen Sanatorium Grefaen (Nor-
wegen) für das Jahr 1915 146.
für den Norwegischen Nationalverein
gegen die Tuberkulose für das Jahr
1915 145.
Jodoformglyzerin 264.
Jubiläumsstiftung des Deutschen
Lehrervereins 271.
K.
Kaiserin Augusta Viktoria-Sanatorium
für lungenkranke Frauen des Mittel-
standes 231.
Kalkdiät 326.
Kalziumkompretten 264.
Kaninchen, Verwendbarkeit 43.
Karzinom und Tuberkulose 69.
Kavernen, Stickstoffeinblasung in 185.
— und Pneumothorax, Differential-
diagnose 313.
Kavernenbildung, nichttuberkulöse 318.
Kavernenchirurgie 174.
Kavernendiagnostik 313.
Kehlkopftuberkulose 16, 95, 143, 222.
— im frühen Kindesalter 214.
Keratoconjunctivitis phlyctaenulosa bei
Chinesen 103.
Kinder in tuberkulösen Familien 41.
Kinderheilstättenbehandlung 90.
Kindertuberkulose 3, 10, 217, 260, 273.
Kleingartenbau 83.
Kleintierzucht 83.
Kleinwohnungswesen 83.
Klima 295.
Klinik der Lungentuberkulose für Stu-
dierende und Arzte 59.
Klinische Symptomatologie innerer
Krankheiten 280.
Kniegelenktuberkulose und Trauma 145.
Knochentuberkulose 220.
Koagulen 263.
Kochsalz-Chlorkalziuminjektionen 263.
Körpergewicht und Tuberkulose 40.
Körpertemperatur 248.
Kohlenbogenlichtbad 110.
Kollapslunge, physikalische Unter-
suchung der 183.
Kompression der tuberkulösen Lunge
durch Paraffin und Fett 176.
Konfektionsarbeiter 274.
Ko und Vereinsberichte 24, 62,
126, 237, 303, 327,
369
Konjunktiva, Tuberkulose der 53.
Konstitutionsproblem in der Tuber-
kulosefrage 70.
Konstitution und Kriegsdienst 147.
Kostform 93.
Koxitis, tuberkulöse 224.
ne der Fürsorgestellen
Krankenheim Görbersdorf 231.
Krankheit und Charakter 125.
Krankheiten, chronisch-infektiöse 261.
— und Ehe, Darstellung der Beziehun-
gen zwischen Gesundheitsstörungen
und Ehegemeinschaft 195.
Krebs und Tuberkulose 242.
Krieg und Tuberkulose 23, 25, 40,
149, 150.
— — — (Sammelreferat) 149, 330, 355.
Krieger, Tuberkulose bei 266, 359.
Kriegsarbeiter, Tuberkulose bei 266.
Kriegsbeschädigtenfürsorge 232.
Kriegsdienst und Konstitution 147.
Kriegsnährschäden 254.
Kriegstrauma und Lungentuberkulose
153.
Kriegstuberkulöse im schweizerischen
Heer 229.
Künstliche Höhensonne (Quarzlampe)
in der Medizin 300.
Kupferbehandlung 221.
— bei der experimentellen Tuberkulose
des Mcerschweinchens 200.
Kupfer bei Hauttuberkulose 208.
Kutanreaktion 15, 42, 87, 274.
— in einer Landesgemeinde 11.
L.
Land- und Volkskraft 238.
Landeskogen 21.
Laparoskopie 48.
Lebensversicherungsgesellschaften und
die Tuberkulose-Rekonvaleszenten
225.
Lebertuberkulose 328.
— geschwulstartige 68.
Leberzirrhose und Tuberkulose 3.
Lehrbuch der Lungenkrankheiten 56.
Lehrerverein, Jubiläumsstiftung des
Deutschen 271.
Leitfaden des Röntgenverfahrens für das
röntgenologische Hilfspersonal 237.
Lepra 242.
— Behandlung 51.
Leukozytenformel des Tuberkulinpa pel-
blutes 243.
Leukozytin bei der Lungentuberkulose
4, 252.
Lichtbäder bei chirurgischer Tuber-
kulose 251.
— bei Lupus vulgaris 250.
Lichtbehandlung der Tuberkulose 251.
370
Lichtbiologische Beobachtung 252.
-Liechtempfindlichkeit der Tuberkel-
bazillen 353.
Liegekur 254.
a pulmonale, Lymphknoten |
Lips eTA bei den lungenkranken
psp: daten in 91.
Lokalanästhesie 187.
Lüftungseinrichtungen
heimen 234.
Luminiszenzmikroskop 76.
Lunge, Verletzung der, beim Pneumo-
thorax 310.
Lungenabszesse 175.
Lungenaktinomykose 114, 271.
Lungenarterie, Unterbindung der 194.
Lungenchirurgie 174.
Lungendurchblutung und
resorption 193.
Lungenemphysem, operative Erfah-
rungen beim 175.
u en nichttuberkulöser
Natur beim Heere 296.
Lungengangrän 9.
— nach künstlichem Pneumothorax
191.
Tüngenheiltätten 146.
Lungenkollapstherapie 174, 176.
Lungenkranke, pädagogische Behand-
lung 230
Lungenlüftung 244.
Lungennaht 298.
Lungen-Rippenfellverletzungen 93.
Lungenschüsse 94, 145, 194, 265, 298.
— und ihre Folgezustände 299, 311.
Lungenspitze, Riss in der 291.
Lungensyphilis und Lungentuberkulose
139.
Lungentuberkelfärbung mit Kresyl-
violett 135.
Lungentuberkulöse, staatlich versor-
gungsberechtigte 233.
Lungentuberkulose 183.
— Anatomie der 68.
— beginnende 217.
— chirurgische Behandlung der 174,
175, 319, 327.
— fibröse 285.
Lungentuberkuloseformen 101.
— in Finmarken 248.
infolge langdauernder Eiterungen
137.
in Nürnberg 269.
Klassifikation der 22.
Klinik der 193.
nach Brustquetschung 292.
‚nach Trauma 138, 291.
militärärztliche Begutachtung der
359. Ä
plastische Operationen bei 163;
und Dienstfähigkeit 360.
und Lungeneypbihs 139.
in Jugend-
Sauerstoff-
bi
=
|
-Sachregister.
Lungentumoren 95, 19.
Lungenvagus 274.
Lungenverletzte, späteres Schicksal der-
selben 93.
Lungenzirkulation 193.
Lupus 112, 287.
— -Ausschuß des Deutschen Zentral-
komitees zur Bekämpfung der Tuber-
kulose am 23. Mai 1917 207.
— erythematosus 110, 286.
— Neuere Anschauungen über 348.
— vulgaris 110, 250.
Arne eng am Auge 53.
Lymphbew eu
Lymphdrüsentu erkulose 132.
Lymphogranulomatose 67, 98, 346, 347.
Lymphogranulomatosis ( Sternberg sche
Krankheit) 346, 347.
Lymphome, generalisierte 353.
M.
Magenblutung 263.
Magenfunktion 102.
Magenstörungen, autonome und vege-
tative 213.
Magen, vagotonischer 212.
Malaks 42.
Mamma, Tuberkulose der 39.
Massenspeisung 85.
Meddelelser fra den norske national-
forening mat tuberkulosen 234.
Medizinalstatistische Nachrichten 158.
Meerschweinchentuberkulose, experi-
mentelle 99.
„Mehr Licht“ 96.
Meningitis tuberculosa 52, 54, 217, 221,
265, 290.
Menses, unregelmässige 260.
Menstruation u. Nierentuberkulose 228.
Meteorologische Faktoren und Lungen-
blutungen 260.
Methylengrünreaktion des Harnes 79.
Metschnikoff 229.
Milch und Tuberkuloseverbreitung 352,
354.
Militärärztliche Untersuchung und Be-
urteilung Tuberkulöser 150.
Militärlungenheilstätte Juditten (Östpr.)
145.
Miliartuberkulose 113, 133. -
Ministerium des Innern, Veröffentlichung
des preussischen 54.
Mitteilungen aus dem Genesungsheim,
Abt. Ia 256.
Mittelohr, Cholesteatom des 354.
— regionäre Lymphdrüsen des IH
Mittelohrtuberkulose 16.
Mobilisierung von Tuberkelbazillen
Tuberkulin 9, 61, 74. .
Sachregister.
Morbus Addisonii 73, 227.
Much-Formen der Tuberkelbazillen 139.
Muskelempfindlichkeit 78.
N.
Nachtschweisse der Phthisiker 264.
Nah der Schulkinder 225.
Nationalverein zur Bekämpfung der
Tuberkulose in Dänemark 269.
Nebenhoden, Quetschung eines tuber-
kulösen 54.
Nebennieren, Disposition der zur Tuber-
kulose 72.
— Insuffizienz der 73.
— Tuberkulose der 114.
— tuberkulöser Meerschweinchen 4.
Nematodenerkrankungen 200.
Nephrektomie 38. >
Nephritiden, Abriss ihrer Diagnostik und
Therapie auf Grund der neueren
Forschungsergebnisse 299. i
Nernstspaltlampe 51.
Neugeborener, Tuberkulose des 10.
New York City Municipal Sanatorium
93.
Niederländisch- Indien, Tuberkulose in
277.
Nierenkaverne 249.
Nierentuberkulose 290.
— Diagnose der 138.
— traumatische 136.
— und Menstruation 115, 228.
Nöhrings ,B 4“ 80.
Nomenklatur der Phthise 71.
Nürnberg, Lungentuberkulose in 269.
0.
Odiomycosis in Kalifornien 13.
Österreichischer Tuberkulosentag 24.
Okulomotoriuslähmung 113.
Operationen, endopleurale 188.
Opmerkingen naar Aanleiding van het
rapport der Commissie inzake het
onderzoek naar de pathogenese der
Longtuberkulose 246.
Optochin 299.
Ostseeklima 117.
Ovarien, innere Sekretion der 260.
P.
Parakavernenrasseln 313.
Partialantigene 142.
— nach Deycke-Much 15, 81, 239.
— und Tuberkuline 80.
Patienten, Auswahl der — für die Heil-
stätte 146.
Patronagen 232.
i mm ee
lu
371
Penis, tuberkulöse Ulcera am 144.
Peritonitis, tuberkulöse 69, 264, 266.
— — chirurgische Behandlung der 264.
Perkussion 106.
Permanganreaktion 306.
Perspiratio insensibilis 178.
Pfeilerresektion, thorakoplastische 176.
Phagozytose 100, 117.
Philippinen 18.
Phrenikuslähmung 175.
| Plastische Operationen bei Lungen-
tuberkulose 163.
Pleuraadhärenzen 175.
Pleuraexsudate 181, 182.
Pleura, Aktinomykose der 271.
Pleuraexsudat, Cholesterin im 310.
— milchsaftähnliches 310.
— tuberkulöse 176.
Pleurafisteln 273.
Pleurahöhle, Blutung in die 309.
Pleuratumoren 47.
Pleuraverwachsung 187.
Pleuritis 175.
— der Spitze 290.
— exsudative 193.
— tuberkulöse 264, 287.
Pleuro-Pneumolysis 174.
Plombierung 194, 318.
— bei Lungentuberkulosen 174, 176.
— extrapleurale 175.
Pneumokoniose der Metallschleifer 37.
Pneumolyse 175.
— extmpleurale 174, 194, 318.
Pneumomalacie bei chronischer Lungen-
tuberkulose 243.
Pneumonie 9.
— kruppöse 299.
Pneumothorax, künstlicher 180, 182,
184, 185, 190, 299, 309, 313, 314, 315,
320, 324.
— — alsdiagnostisches Hilfsmittel 184,
194.
— — Komplikationen beim 180, 192,
310, 313.
— — zu Simulationszwecken 321.
— A 186, 189, 194, 328.
— Technik des künstlichen 187.
— tuberkulöser, doppelseitiger 192.
Pneumotomie bei Phthise 175.
Ponndorf’sche Behandlung 223.
Präzipitinreaktion 105.
Praktikum der klinischen, chemisch-
mikroskopischen und bakteriologi-
schen Untersuchungsmethoden 274.
i Primäraffekt 35.
Prognose 79, 358.
Prophylaxe 19.
Pseudorasselgeräusche 183.
Pseudotuberkulose beim Menschen 7.
Psoriasis 32, 240, 287.
Psychische Momente,
Pyopneumothorax 191.
— nach Lungenschuss 149.
Bedeutung 108.
Q.
Quarz- Quecksilberlampe 110, 300.
R.
Rapport van de Commissie inzake het
onderzoek naar de Pathogenese van
de Longtuberkulose 245.
Rasselgeräusche, fortgeleitete 183.
Raum, schädlicher 177.
Reibegeräusche, Fortleitung der 856.
Reinfektion 8, 75.
Respirationsapparat, Bürgischer 309.
Respirationsbewegungen 178.
Respirationskrankheiten 174.
Rheinischer Verein für öffentliche Ge-
sundheitspflege 237.
Rheumatismus, chronischer 259.
— Poncet’ scher 258.
— tuberkulöser 258.
Riesenzellen 67, 211.
Rinderimmunisierungen 83.
Rindertuberkelbazillen 352.
Rindertuberkulose 82, 83, 225.
Rippenresektion 175.
Rippentuberkulose 223, 274.
Riviera 118.
Röntgenbestrahlung 138, 290.
Röntgendiagnose 45.
— bei beginnender Tuberkulosg 43.
Röntgendiagnostik 95, 249, 266.
Röntgenkontrolle des künstlichen Pneu-
mothorax 183.
Röntgenographie 183,
Röntgentherapie 220.
Rotes Kreuz 24.
N.
Sägewerke, Tuberkulose in 42.
Säuglingstuberkulose 217.
Sagrotan 226.
Salvarsanbehandlung bei Lungengan-
grän 95.
Sanatorium bei Nakkebölle-Fjord 314.
— Market Garden Colony 294.
Schilddrüse in Physiologie und Patho-
logie 122.
Schilddrüsentuberkulose, primäre 286.
Schilddrüsenveränderungen 37.
Schrumpfnieren, tuberkulöse 3.
Schule und Tuberkulose 86, 87.
Schulkinder 237.
Schussverletzung des Thorax 298.
Schussverletzung des Zwerchfelles 144.
Schwangerschaft und Tuberkulose 141,
315.
Schwindsuchtsbekämpfung 86.
Seeigelei 177.
Sachregister.
Sekretion, innere 260.
Serologie 216.
Seropneumothorax nach Schussverlet-
zung 19.
Seuchen 280.
Skarifikationsmethode der Tuberkulin-
impfung 356.
Sklerose, experimentelle 346.
Skrophuloderma 113.
Soden und seine Kurmittel 96.
Soldaten, tuberkulöse 267.
— Unterbringung tuberkulöser 154.
Sonne und Klima im Kampfe gegen die
Tuberkulose 298.
Sonnenbehandlung, ihre therapeutische
und soziale Bedeutung 199.
Sonnenkur 108.
Sonnenlicht, künstliches 253.
Speicherung von Medikamenten in tu-
berkulösem Gewebe 17.
Spengler’sche Immunkörper 265.
Spirometrie 298.
Spitzen, Erkrankung der bei Lungen-
tuberkulose 70.
Spontanpneumothorax 192.
Sporotrichose 242.
Spuckverbot 18.
Sputum-Desinfektion 226, 274.
Staatszuschuss an Rekonvaleszenten aus
den Tuberkulosesanatorien 146.
Stadieneinteilung 115.
— der Tuberkulose 302.
Stadt und Land, hygienische Beziehung
zwischen 270.
Statistik der Heilbehandlung bei den
Versicherungsanstalten 125.
Sterblichkeitsverhältnisse im Kriege 355.
Steinhusten 54.
Sterilisation und Lungentuberkulose
142
Sternberg’sche Krankheit (Lympho-
granulomatosis) 67, 98, 346.
Strahlenbehandlung 108.
— der chirurgischen Tuberkulose 109.
Strahlentherapie der Tuberkulose 220.
Symposium on tuberculosis 48.
Syphilis 242.
T.
Technik der wichtigsten Eingriffe in der
Behandlung innerer Krankheiten
125.
Temperaturen, subfebrile 47.
| Temperaturkurven, subfebrile 11.
Tetrahydro-Naphthylamininjektionen 4.
Thorakoplastik 174, 183.
— extrapleurale 174, 175, 186, 188, 194,
320.
— partielle 175.
Thorakoskop 188.
Thorakoskopie 48, 175.
Saohregister. 373
Thorakotomie 194. | Tuberkulose, Einfluss der, auf die
Thoraxapertur, obere, Unregelmässigkeit - chemische Zusammensetzung des
der 346. | Tierkörpers 285.
Thoraxbinde 63. | Tuberkuloseähnliche Gewebsverände-
Thoraxchirurgie 175. | rungen 242. |
Thoraxkompressor 272.
Thoraxmissbildung und Felddienstfähig- Ä
keit 94.
Thoraxstarre 175.
Thrombophlebitis 134.
Tierkörper, chemische
zung des 285.
Trauma und Gelenktuberkulose 135,
288.
— und Kniegelenktuberkulose 145.
— und Tuberkulose 52, 135, 287, 288,
291, 292.
Trichinose, experimentelle 200.
Trichophytonpilz 82.
Trompetenbazillen, säurefeste 245.
Trudeau School of Tuberculosis 22.
Truppenteile für Tuberkulöse 225.
Trygstad, Norwegen 21.
Tuberkel der Iris 266.
Tuberkelbazillen, Färbung ders. 2.
— Färbung und Gegenfärbung der 11.
im Gewebe 289.
im Sputum 262.
im strömenden Blut 59, 60.
in Fäces 46, 102.
Infektion mit Typus humanus und
pus bovinus 11.
— Much’sche Formen 139.
Typus der bei menschlicher Tuber-
kulose 6, 353.
Tuberkelbazillenanreicherung 46.
Tuberkelbazillenfette, antigene Eigen-
schaften der 74.
Tuberkelbazillus, Glykosidform des 6.
Tuberkulide 101.
— der Iris 350.
Tuberkulin 4, 9, 74, 348, 357.
-— „‚„Rosenbach‘“ 82.
Tuberkulinbehandlung 221.
— der chirurgischen Tuberkulose 82.
Tuberkulindiagnostik 47, 204.
-— der Lungentuberkulose 262.
Tuberkulinimpfung, probatorische 261.
— in der militärischen Begutachtung
und Behandlung der Tuberkulose 197.
Tuberkulinreaktion, örtliche 107.
Tunerkulintherapie 16, 79.
Tuberkulintiter 357.
Tuberkulose bei Kriegern 260.
bei Kriegsarbeitern 266.
bei Soldaten 267.
-Bekämpfung 18, 151, 155, 326.
— in Minnesotta 92.
chirurgische 108, 220, 223.
der Haut 58.
des Kindesalters 84.
Differentialdiagnose zwischen akti-
ver und latenter 357.
Zusammenset-
Tuberkuloseausschuss der Abteilung
Kriegswohlfahrtspflege des Zentral-
Komitees vom Roten Kreuz 9l.
Tuberkulosebazillen im Herzen 133.
Tuberkulosebehandlung 17.
— febrile 265.
Tuberkuloseforschung in den Kriegs-
jahren 126, 201.
Tuberkuloseforschungsinstitute 235.
Tuberkulosefürsorge 89.
— des Verbandes mittlerer Reichs-
Post- und Telegraphenbeamten 32.
— während des Krieges W.
Tuberkulosefürsorgestelle des Kreisver-
bandes der Vaterländischen Frauen-
vereine des Kreises Johannisburg 92.
Tuberkulosegefahr des Krieger 153.
Tuberkulose, generalisierte 35.
Tuberkulosegesetze 22.
Tuberkulose im Greisenalter 354.
— im Kindesalter 78, 88.
im Kriege 149, 330, 359.
-Immunität 286.
— in Algier 289.
-Infektion beim Kind 10.
-—- — der ersten Lebensjahre 76.
in Dänemark 269.
— in Nürnberg 269.
-- mykotische Natur der 287.
- offene und geschlossene 271.
— primäre, sekundäre und tertiäre 130.
Tuberkulosenbeurteilung, militärische
256.
Tuberkulosespitäler 235.
Tuberkulosesterblichkeit, Verminderung
der 43.
Tuberkulose, traumatische 287.
und Alkohol 74.
- und Alkoholismus 229.
und ihre Bekämpfung
Schweiz 119.
und Kriegsdienst 147.
und Militärversicherung 22».
und Schule 86.
und Schilddrüsenveränderungen 37.
und Schwangerschaft 141, 315, 358.
— und Trauma 135, 136.
-Veranlagung 345.
-- Verbreitung der 274.
Tübinger Schutzimpfungsverfahren 225.
Tumoren, bösartige der Lunge #7.
T.-V.-Sicherung 85.
T.-V.-Stätten 85.
T.-V.-Versicherung 89.
Typhus und Pneumonie 95.
Typhusschutzimpfung 349.
Typus bovinus 76, 102.
in der
374
U.
Ulcera tuberculosa am Dorsum Penis
144.
Ultraviolettstrahlen 218.
Ungerinnbarkeit des Blutes in der Pleura
309.
Urochromogen 308.
— -Reaktion 306, 308.
Uveitis, chronische 350, 351.
V.
Veitsches Gesetz 358.
Vejlefjord-Sanatorium 269.
Verbreitung der Tuberkulose beim Volke
138.
— — — in Bosnien und der Herzego-
wina 27.
Verhandlungen der XV. Jahresversamm-
lung des Deutschen Vereins f. Schul-
gesundheitspflege und der VII. Ver-
sammlung der Vereinigung d. Schul-
ärzte Deutschlands 304.
Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte
203
an. durch ein Artilleriegeschoss
44.
Veröffentlichungen der Robert Koch-
Stiftung zur Bekämpfung der Tuber-
kulose 59.
Verwachsungen, Beseitigung von 175.
Vibroinhalation 62.
Violettes Licht 112.
Vollluftkur 302.
|
Sachregister.
W.
Waaserkür und natürliche Immunität
326.
Wassermann-Reaktion 135.
Weisz’ sche Reaktion 263, 308.
— — bei der Lungentuberkulose 46.
Wiener Dermatologische Gesellschaft.
240, 303.
Wirbeltuberkulose nach Unfall 136.
Wissenschaftlicher Verein der Ärzte zu
Stettin 128.
= Wohlfahrtspflege auf dem Lande 55.
Wohnungen für tuberkulöse Familien
Wohnungshygiene in Philadelphia 300.
Wohnungsstaub und Inhalationstuber-
kulose 352.
Württemberg, Bevölkerungsbewegung
in 278.
Z.
~ Zeichensprache bei Untersuchung Lun-
genkranker 271.
Zeit- und Streitfragen,
therapeutische 139.
Zelle, die menschliche 326.
Zunge, Tuberkulose der 39.
tuberkulose-
; Zwerchfellhernie 145, 265.
i — und Pneumothorax nach Lungen-
schuss 194.
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