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Full text of "Internationales Centralblatt für die gesamte Tuberkulose-Forschung 11.1917"

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| Jason E. Farber, M.D. 


UNIVERSITY OF CALIFORNIA 
MEDICAL CENTER LIBRARY 
SAN FRANCISCO 










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Internationales Gentralblatt 


für de gesamte — —— 7 
(9 7 


Tuberkulose-Forschung = 


Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrten 
des Jn- und Auslandes 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder 


Ärztlicher Direktor des Allge- o.ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der neuen Heilanstalt 


meinen Krankenhauses Eppen- Freiburg, Direktor der medizini- für Lungenkranke, Schömberg, 
dorf ın Hamburg schen Klinık Oberamt Neuenbürg, Wttbg. 
Redaktion: 
Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der neuen Heilanstalt für Lungenkranke 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. 


Xl. Jahrgang 





Würzburg 
Curt Kabitzsch Verlag 
1917 


[| 


Alle Rechte, 


besonders das der Übersetzung, vorbehalten. 


Druck der König’. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg. 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 
Hamburg. 


Redaktion: 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg. Wirbg. 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 
Klinik. 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 
Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 


Verlag: 


Curt Kabitzsch Verlag, Würzburg. 
Kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler 
Ludwigstrasse 231j.. 





un — 


XI. Jahre. 


Ausgegeben am 31. Januar 1917. 


Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 


(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.) 


Fishberg, N. 11. 
Franz 8, 29. 
Ghon 3. 
Goering 19. 
Goetzl, A. 27. 
Gold 3. 
Graetz, Fr. 14. 
Grulee, C. G. 10. 
Habetın, P. +. 
Hamburger 2. 
Harms, F. 10. 
Hill, H. 16. 
Hollo, J 11. 
Holther, E. T. 21. 
Howell, W. W. 12. 
v. Jaksch 2). 
Johnston, M. R. 10. 
Kellner 29. 
Kern 3. 
i Kobler 27. 


Alexander, H. 11. 
de los Angeles, S. I». 
Baldwin. E. A. 22. 
Baldwin, E. R. 15. 
Bass, M. H. 12. 
Berg, S. 15. 

Berger 29, 

de Besche, A. 11. 
Biórn-Hansen, E. 11. 
v. Bleıweiss, R. 30. 
Bloch 29. 

Bochalli 13. 

Bait, E. 11. 

Cemach, A. 16. 
Crowell, B. C. 15. 
Dickson, E. C. 13. 
Dostal, H. 6. 
MacDougal, J. B. 4. 
Eiselt 32. 

Evers 17. 


Kraemer, C. 14. 

v. Kutschera, R. 31. 
Loose. 0. 23. 
Mayer, A. 9, 24, 31. 
Meyer, E. 5. 
Michelsen 21. 
Mjven, J. 21. 
Möllers 6, 

Müller, W. D. 
Newton R. J. 15. 
Nowak 28, 

Obe stadt, H. 17. 
Pleiderer 2u. 
Porges, O. 26. 
Reiche, F. 8, 
Roman 3, 7. 

Roper, Ch. 22. 

v. Salis. G. 15. 
Schlesinger, H. 25. 


. Schönberg 3. 


I. Kurze Mitteilung. 


Kronberger, H., 


II. Referate. 
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 
b) Ätiologie und Verbreitung. 
10. Möllers, Der Typus der Tuberkel- 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. 


1. Schönberg, Über tuberkulöse Schrumpf- 
nieren. — 2. Kern und Gold, Uber die Be- 
ziehnngen von Leberzirrbose zur Tuberkulose. — 
3 Ghon und Roman, Die Lymphknsten im 
l.igamentum pulmonale und ihre Bedeutung bei 
der Kindertuberkulose. — 4. MacDougall, 
A Study on the Leucocyte Count in Pulmonary 
Tuberculosis. — 5. Schut, Weitere Studien 
über die Hyperthermie durch Tetrahvdro- 
Naphthylamıninjektionen. — 6. Schut, Über 
das Fieber mit besonderer Berücksichtigung 
des Fiebers bei Tuberknlösen. — 7. Sorgo und 
Habetin, Über die Veränderungen in den 
Nebennieren tuberkulöser Mocerschweinchen 
unter dem Einfluss von Tuberkulin. — =». Müller, 
Eine Analyse der Immunität bei chirurgischer 
Tuberkulsoe und der Finfluss nieht spezifischer 
physikalischer Massnahmen auf den Immuni- 
tätszustand. — 9. Meyer und Seyderhelm, 
Uber Blutuntersuchungen bei Fliegern. 


bazillen bei 





menschlicher 


: Schultze, M. 19. 


Schut, H. 4. 
Selter 13. 
Seyderhelm 5, 
sbively, H. L. 10. 
Sigst id, E. 21. 
Sorgo. J. 4, 20. 
Sundt, H. 21. 
Stern 1%. 
Steyrer 2S. 
Teleky 28, 30, 31, 
Tornoe, D. B. 22. 
Veeder, B. S. 10. 
Wagner 31. 
Weleminsky 232. 
Wenkebach 31. 
Wessier, H, 12. 
Wingtield, R. 22. 
Zemah 32. 
Ziegler \. 


Eine Bemerkung zur Tuberkelbazillenfärbung. 


— 


Tuberknlose. 


ll. Dostal, Die Glykosidform dos Tuberkel- 


bazıllus. 


12. Roman, 


Uber einen Fail yvon 


baziilärer Pseudotuberkulose beim Menschen. -- 
13. Zieglor, Infoktionswege experimenteller 
Impttuberkulose, zugleich ein Beitiag zur Lehre 
von der Lymphbewezung. — l4. Reiche., Re- 


infektion und Immun 


ität bei Tuherkulose, — 


15. Mayer, Die angebliche Mobilisierung von 


Tuberkelbazillen 
menschlichen Tuberku 


dureh 


Tuberkulin bei der 


lose. -- 165. urnlee and 


Harms, Tuberculosis as a disease ot the new- 


born. 17. Veeder and Johnston, The 
frequency of infection with the tubercle 
bacillus in childhood. 18. de Besche, 


Simultaneous infection in a child with tuberele 


bacilli of the human 
19. 


Pırquet aus einer Landesgemeinde ohne 


kannte Toderfälle an 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forsehung. XL 


91 


Biorn-Hansen, 


and the bovine type. — 


Untersuchungen à Ja 
bi- 
Tuberkulose, 
l 
mn >| 
213 


2 Kurze Mitteilung. 


c) Diagnose und Prognose. 


20. Alexander, Frühdiagnose der Lungen- 

tuberkulose. — 21. Boit, Über Färbung und 
Gegenfärhnng der Tuberkelbazillen. — 22.H ollo, 
Über eine neue Methode zur Beurteilung sub- 
febriler Temperaturkurven im Verlaufe der 
Lungentuberkulose. — 23. Fishberg, Hasty 
diaenosis of pulmonary tuberculosis. — 24 Ho- 
well, Studies in bronchial glands. — 25. Wess- 
lor anå Bass, Recurrent hilus infiltration, 
an unusual form of tuberculosis in children. — 
26. Dickson, Odiomycosis in California, with 
especial reference to ecccidioidal granuloma. — 
27. Bochalli, Was leistet die subkutane Alt- 
tuberkulinp'obe zur Erkennung der aktiven Lun- 
gentuberkulose bei Erwachsenen ? — 28, Selter, 
Kronberger, Nolter, Der Wert der intra- 
kutan-Tuberkulinreaktion bei Meerschweinchen- 
tuberkulose. — 29. Graetz, Dio Bedeutung der 
intrakntanen Tuberkulinreaktion nach Römer- 
Esch tür dio frühzeitige Feststellung der 
Impftuberkulose bei Meerachweinchen. — 
30. Kraemer, Jst die Allergie oder die 
Anergie das Nñtzlichere für den Kriegsdienst? 
-- 31. v. Salis, 125 Fälle periodisch wieder- 
holter, abgestufter Pirquetreaktionen während 
der Heilstättenkur. 


d) Therapie. 

32. Sigurd Berg, Zur Behandlung der 
Tuberkulose mit Partialantigenen nach Deycke- 
Much. — 33 Baldwin, Therapy as related to 
the immunology of tuberculosis. — 34. Shive- 
ly, Tuberculin therapy. — 35. Hill, Tuber- 
eulosis of the Laryux with special reference 
to the use of Tuberrulin. — 36. Cemach, Über 
die spezifische Behandlung der Mittelohrtuber- 
kulose. — 37. Evers. Zur Tuberkulosebehand- 
lung. — 38. Stern, Über die Speicherung von 


Medikamenten in tuberkulösem Gewebe. — 
39. Oberstadt, Zur Behandlung der Haut- 
tuberkulose mit Aurum-Kalium eyanatum. 


e) Prophylaxe. 

40. Crowell, Tuberculosis and its control. 
— 41. Newton, The enforcement of antispitt- 
ing laws. — 42. Sixto de los Angeles, The 
Antituberculosis Campaign in the Philippine 
islands. — 43. Goering, Zur Vorbeugung der 
Ausbreitung der Tuberkulose. — 44. Schultze, 
Noch einmal „Zur Vorbeugung der Ausbreitung 
der Tuberkulose“. — 45 Goering, Gegen die 
Tuberkulnse. — 46. Pfleiderer, Ein weiterer 
Beitrag zum Kampf gegen die Tuberkuiose. 


f) Hellstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Helme. 

47. Mitteilungen aus deutschen Heilstätten. 
-- 48. Sundt, Jahresbericht des Seehospitals 
Frederiksvern für das Jahr 1. VII. 1915 bis 
30. VI. 1916. — 49. Holther, Das Tuberkulose- 
sanatorium Landeskogen. — 50. Sigstad, 
Das Tuberkulosebeim Trygstad, Norwegen. — 
51. Mjóen und Michelsen, Jahresbericht 
für das Tuberkulosesanatorium Glittre (Nor- 
wegen) für das Jahr 1915. 


g) Allgemeiner. 

52. Cornöe, Wie sind die Paragraphen 6 
und 13 des Norwegisehen Tuberkulosegesetzes 
zu verstehen. — 53. Roper, The Economie 
Assistanco of the Tuberculosis Patient. — 
54. Baldwin, The Trudeau School of Tuber- 
eulosia. — 55. Wingfield, The Classification 
of Cases of Pulmonary Tuberculosis. 


, h) Bibliographie. 
56. Tuberculose et guerre. — 57—63. 


. II. Bücher und Zeitschriften. 
1. Loose, Die (Grundlagen der Heilungsvorgänge im menschlichen Körper. Entstehung 
und Bedeutung der sog. weissen Blutzellen. — 2. Archiv für Frauenkunde und Engenik. - 


3, Das Rote Kreuz. 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 
V. Österreichischer Tuberknlosentag (Ref. Gstrein). 


l. Kurze Mitteilung. 


Eine Bemerkung zur Tuberkelbazillenfärbung. 
Von Dr. Hans Kronberger, Deutsche Heilstätte Davos. 


Nach einem Referat in diesem Zentralblatt (Nr. 10, 1916) hat H. Porges 


in der Gesellschatt der Wiener Ärzte eine neue Färbemethode für 
Tuberkelbazillen demonstriert: Färbung mit dem gebräuchlichen Karbol- 
fuchsin, hierauf zur Entfärbung und Gegenfärbung Salzsäure und alko- 
holische Jodlösung (Jodtinktur) im Gemisch, schliesslich gründliche Spülung 
im Wasserstrah] und Trocknen des Präparates. Ich erlaube mir die Be- 
merkung, dass dieses Verfahren keinesfalls eine neue Methode darstellt, 
sondern lediglich eine unwesentliche Modifikation meiner in den Brauer- 
schen Beiträgen (16. Bd. 2. Heft) angegebenen Karbolfuchsinjod-Methode. 


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Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 3 
Dass Porges zur Entfärbung Salzsäure statt Salpetersäure verwendet, 
dass er ferner die Entfärbungsflüssigkeit gleichzeitig mit der Jodlösung in 
Anwendung bringt, stellt keine prinzipielle Abänderung meiner Färbe- 
methode dar; auch die Abkürzung der Färbeprozedur erübrigt sich bei der 
sehr schnellen Ausführbarkeit der Originalmethode. In der Deutschen 
Heilstätte Davos wenden wir schon seit längerer Zeit, ohne von Porges’ 
Notiz Kenntnis gehabt zu haben, neben meiner Originalmethode die von 
Porges angegebene Modifikation an; sie unterscheidet sich, was Dar- 
stellung der Tuberkuloseerreger und quantitativen Färbungseffekt anlangt, 
in nichts von dem Originalverfahbren, das ebenso wie seine Modifikation 
streng spezifisch nur für die pathogenen Säurefesten ist und sich auch zur 
Färbung von histologischen Schnitten vorzüglich eignet. Auch die günstigen 
Färbungeresultate, die Porges erzielt hat, sprechen für die Überlegenheit 
der Karbolfuchsinjod-Methode anderen Verfahren gegenüber in Überein- 
stimmung mit anderen Urteilen (Lichtenhahn, Kirchenstein, Artur 
Mayer, Leichtweiss, Hygien. Institut zu Freiburg i. B. etc.). 


ll. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


1. Schönberg, Über tuberkulöse Schrumpfnieren. Virch. Arch. 

1915 Bd. 220. 

An Hand einiger Fälle kommt Verf. wie schon frūher zu dem 
Schluss, dass für das Zustandekommen einer Schrumpfniere auch die 
Tuberkulose als ätiologisches Moment herangezogen werden muss. Die 
Tuberkulose kann auf verschiedene Arten in der Niere eine Schrumpfung 
hervorrufen: einmal durch interstitielle Wucherung bei sekundärem Par- 


enchymuntergang, zweitens durch Obturation der Gefässe. 
M. Türk, Frankfurt a. M. 


2. Kern und Gold, Über die Beziehungen von Leberzirrhose 

zur Tuberkulose. Virch. Arch. 1916 Da. 222. 

Auf Grund ihrer Untersuchungsresultate kommen die Verff. zu der 
Ansicht, im Gegensatz zu Schönberg und allen jenen Autoren, die mit 
ihm übereinstimmen, dass die Laönnec’sche Zirrhose in der Mehrzahl der 
Fälle nicht auf eine Infektion mit Tuberkulose zurückzuführen sei. 


M. Türk, Frankfurt a. M. 


3. Ghon und Roman, Die Lymphknoten im Ligamentum pul- 
monale und ihre Bedeutung bei der Kindertuberkulose. Virch. 
Arch. 1915 Bd. 220. 

Bei zwei Fällen von tuberkulösen Prozessen im linken Unterlappen 
fanden sich Veränderungen in den extrapulmonalen Lymphknoten am 
hinteren medialen Rand des linken Unterlappens. 

Diese Lymphknoten gehören weder den bronchopulmonalen noch 
den unteren tracheobronchialen Lymphknoten an. Sie kommen beim Kind 
und Erwachsenen vor, zeigen histologisch den Bau echter Lymphknoten 

1* 


4 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


und sind den bronchialen Lymphknoten zuzurechnen. Nach Ansicht der 
Verff. werden sie am besten als Lymphoglandulae ligamenti pulmonalis 
bezeichnet. M. Türk, Frankfurt a M. 


4. John B. Mae Dougall, A Study on the Leucocyte Count 
in Pulmonary Tuberculosis. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. X 
Nr. 4, Oktober 1916. f 
Eine recht lesenswerte Studie. — Nach den Untersuchungen des 

Verf. sind in Fällen von Mischinfektion die „polymorphonukleären“ 

Leukozyten vorherrschend.. Das Nichtvorhandensein einer Leuknzytose 

schliesst Kavernenbildung aus. In unkomplizierten Tuberkulose Fällen ist 

die Leukozytenzalıl normal. In den „polymorphonukleären“ Leukozyten 
haben wir Gewebszellen, welche sich ausgesprochen feindlich verhalten gegen- 
über dem grössten Teil derjenigen Organismen, welche sekundär den Respi- 
rationstraktus infizieren und das Bronchialsystem schädigen. Die Funktion 
dieser Zellen sollte mehr studiert und ihre Bedeutung in bezug auf Diagnose, 
Prognose und Therapie genauer erkannt werden. Amrein, Arosa. 


5. H. Schut, Weitere Studien über die Hyperthermie dureh 
Tetrahyıdro-Naphthylamininjektionen. Beitr. z. Klin. d. The. 
1915 Bd. 35 H. 1 8.75. 

Durch die Injektion von Tetrahydronaphtylamin kommt es bei 
Kaninchen, Meerschweinchen und Hühnern zu einer Mobilisation des Leber- 
glykogens, das bei Hühnern zu einer Glykosurie oder bei Fehlen der- 
selben zur Hyperthermie führt, bei Kaninchen und Meerschweinchen dagegen 
infolge Verbrennung des Zuckers zur Hyperthermie. Letztere kann bei jungen 
Tieren infolge stärkerer Wärmeabgabe ausbleiben, bei Einpacken in Pelz 
jedoch stets hervorgerufen werden. Bei stark vermindertem Glykogengehalt 
bleibt die Hyperglykämie und Hyperthermie aus. Leschke, Berlin. 


6. H. Schut, Über das Fieber mit besonderer Berücksichtigung 

des Fiebers bei Tuberkulösen. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1915 

Bd. 36 H. 1 S. 91. 

Tuberkulöse Meerschweinchen weisen in der präfebrilen Periode einen 
erböhten Blutzuckergehalt und Glykogenschwund der Leber auf. Beides 
wird bei tuberkulösen Meerschweinchen durch Injektion von Tuberkulin 
oder Tetrahydronaphtylamin mehr verstärkt als bei gesunden. Auch bei 
tuberkulösen Menschen ist der Blutzuckergehalt erhöht. Da Verf. glaubt, 
dass derselbe für das Fieber von so hoher Bedeutung ist, empfiehlt er, 
Fiebernden Caleiumsalze zu geben, welche den Blutzuckergehalt herabdrücken. 
Die Fiebersteigerung kommt durch Reizung des vegetativen Nervensystems 
zustande. Ausserdem würde das Fieber durch Chinin zu bekämpfen 
sein, das zugleich den Vorzug der Eiweissersparnis hat. (Leider haben 
sich diese theoretisch so schön, aber recht einseitig begründeten Vorschläge 
dem Ref. in der Praxis recht wenig bewährt.) E. Leschke, Berlin. 


7. Jos. Sorgo und Paul Habetin, Über die Veränderungen 
in den Nebennieren tuberkulöser Meerschweinchen unter dem 
Einfluss von Tuberkulin. Beitr. 2. Klin. d. Tbc. 1916 Bd. 36 
H.2 8. 153. 

Die Nebennierenrinde zeigt bei tuberkulösen Meerschweinchen Hyper- 
ämie und erhöhte Tuberkulinempfindlichkeie Auch kann es zu paren- 


d 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. g 


chymatöser Degeneration bis zur Nekrose kommen. Bei gesunden Tieren 
ruft Tuberkulin nur geringe Hyperämie hervor. In einigen Fällen liess 
sich Lipoidverminderung erkennen, während das chromaffine Gewebe 
unbeeiuflusst blieb. E. Leschke, Berlin. 


8. Wilhelm Müller, Eine Analyse der Immunität bei chirur- 
gischer Tuberkulose und der Einfluss nicht spezifischer physi- 
kalischer Massnahmen auf den Immunitätszustand. Beitr. z. 
Klin. d. Tbe. 1915 Bd. 34 H.2 S. 111. 

Sonnenlicht-, Quarzlicht- und Röntgenbestrahlungen führen zu einer 
Erhöhung des Immunitätsgrades, der sich in einem Ansteigen des Intra- 
kutantiters bei der Tuberkulinreaktion gegen die Partialantigene kundgibt. 

E. Leschke, Berlin. 


9. E. Meyer und Seyderhelm, Über Blutuntersuchungen bei 

Fliegern. D. m. W. 1916 Nr. 41. 

Blutuntersuchungen bei Fliegern scheinen geeignet zu sein, zur Klä- 
rung der noch immer stritiigen Frage der Beeinflussung der Blutbildung 
durch die Höhe beitragen zu können. M. u. S. haben an 28 Fliegern, 
die mehr als ein Jahr fliegen, bei denen aber zum Teil die letzten Flüge 
lange — bis zu 6 Monaten — zurücklagen (in der Mehrzahl 1—8 Tage), 
Blutuntersuchungen betr. Hämaglobingebalt, Färbeindex, Erythrozyten, 
Leukozyten, Serumeiweisskonzentration, relative Zahlenverhältnisse der ein- 
zelnen Leukozytenarten zueinander angestellt. Sämtliche Fälle zeigen 
deutliche Erhöhung der Hämoglobinwerte, z. T. bis zu 135°/o, nur zwei 
Fälle lagen unter 100 %/o. Ebenso waren die Erythrozytenzahlen im ganzen 
hoch, in allen bis auf 4 Fälle über 5 Millionen, in 1 Fall 6880000. 
Erythrozytenwerte und Hämoglobinwerte gingen nicht parallel. 3 Fälle 
zeigten kernhaltige rote Blutkörperchen. Die Serumeiweisskonzentration 
bewegte sich bei den 24 darauf untersuchten Fällen zwischen 6,5 und 
8,40/o, war also innerhalb der normalen Grenzen. Die höheren Werte 
korrespondierten nicht mit höheren Erythrozytenzahlen oder höheren 
Hämoglobinwerten, öfters divergierten die Werte sogar auffallend. Die 
hohen Hämoglobin- und Erythrozytenwerte können also 
keinesfalls als Eindickungsfolgen erklärt werden. — Eine 
gewisse Leukozytose wurde in 4 Fällen gefunden. Auch dies spricht 
gegen die Eindickungstheorie, da sonst doch auch die Leukozyten ver- 
mehrt sein müssten. Bemerkenswerterweise zeigten 20 von 24 bhetrefls der 
Leukozytenformen ausgezählten Fällen eine deutliche Lymphozytose 
über 30 0/0 bis zu 51 °/o! Über die Bedeutung dieser auffallenden Be- 
funde müssen weitere Untersuchungen Klarheit bringen. — Die Entstehung 
der Erythrozyten- und Hämoglobinwerte fand sich sowohl bei solchen 
Fliegern, die über nervöse Beschwerden klagten, als auch bei völlig ge- 
sunden. Eine Parallele zwischen subjektiven Beschwerden und Höhe der 
Werte bestand nicht. Ein Zusammenhang der Beschwerden mit den 
erhöhten Werten der roten Blutkörperchen und des Hämoglobins liess sich 
nicht feststellen. Auffallenderweise sah man den Leuten ihre hohen Ery- 
throzyten- und Hämoglobinwerte nicht an, wie man in Analogie mit der 
Polycythaemia erwarten sollte; zum Teil erschienen die Leute durch gleich- 
zeitig bestehende peripherische Vasokonstriktion sogar so blass aussehendl, 
dass sie als Anämiefälle diagnostiziert worden waren. — 


6 Ätiologie und Verbreitung. 


M. und S. schliessen aus ihren Untersuchungen, dass sich bei Fliegern, 
die längere Zeit fliegen, eine wirkliche Steigerung der Blutneu- 
bildung einstellt. Auf die Frage, ob die verminderte Sauerstoffepan- 
nung in grösseren Höhen oder ob und welche anderen Ursachen diese 
gesteigerte Blutbildung veranlassen, gehen die Autoren nicht ein. 

Brühl, Schönbuch. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


10. Möllers, Der Typus der Tuberkelbazillen bei menschlicher 
Tuberkulose. D. m. W. 1916 Nr. 33. 
Bis zum Jahre 1914 wurden in allen Weltteilen zusammen 2051 
Fälle menschlicher Tuberkulose auf den Tuberkelbazillentyp in einwand- 
freier Weise untersucht. Von den aus diesen Fällen gewonnenen Rein- 
kulturen gehörten 1848 dem humanen, 149 dem bovinen Typ an; in 
14 Fällen wurden beide Typen zusammen nachgewiesen. Abgesehen von 
12 natürlich ganz klar liegenden Hautinfektionen bei Schlächtern ent- 
fällt der grösste Teil der bovinen Befunde auf solche Fälle, die mit 
Sicherheit oder wenigstens mit grosser Wahrscheinlichkeit als sogenannte 
Fütterungstuberkulose aufzufassen sind, nämlich 114 Fälle von Tuberku- 
lose der Abdominalorgane und der Hals- und Achseldrüsen. Auch bei 
den übrigen Fällen ist die Möglichkeit, dass die Verdauungsorgane die 
Eintrittspforte der Infektion waren, nicht ausgeschlossen. Von den ge- 
samten 189 Fällen mit bovinem Typ betreffen weitaus die meisten — 
151 — Kinder unter 16 Jahren, so dass die Perlsuchtinfektion sich 
in erster Linie als Erkrankung des Kindesalters charakterisiert. 
Der relativ hohe Prozentsatz des bovinen Typs (9,21 °/o aller 2051 unter- 
suchten Fälle) erklärt sich dadurch, dass die meisten Fälle schon von 
vorbinein als der Fütterungstuberkulose verdächtig für diese Untersuchungen 
ausgewählt wurden. Unter Zugrundelegung der Verhältniszahlen der 
Lungentuberkulose zu den Tuberkulosen anderer Organe würde sich etwa 
ein Prozentsatz von 1,8 °/o aller menschlichen Tuberkulosefälle ale Perl- 
suchtinfektion ergeben. — Die auffallend viel höheren Zahlen eng- 
lischer Autoren gegenüber deutschen und norwegischen Untersuchern be- 
dürfen noch näberer Ergründung. Die Grundlehre R. Koch’s, dass 
im Kampfe gegen die Tuberkulose das Hauptgewicht auf 
die Verhütung der Übertragung von Mensch zu Mensch zu 
legen sei, besteht auch weiterhin zu Recht. Immerhin aber 
haben die ausgedehnten, in der ganzen Welt vorgenommenen 
Untersuchungen doch den Beweis geliefert, dass auch die 
Rindertuberkulose eine nicht zu unterschätzende Gefahr 
für den Menschen, speziell für das Kind bedeutet. Es sind 
daber alle Massnahmen der Sanierung der Rindvieh- 
bestände und der Beschaffung einwandfreier Milch auf das 
eifrigste zu unterstützen. Brühl, Schönbuch. 


11. H. Dostal, Die Glykosidform des Tuberkelbazillus. Frankf. 
Zschr. f. Path. 1916 Bd. 19. 
Im Jahre 1913 bat Verf. bereits ein Verfahren angegeben, nach 
welchem sich aus Reinkulturen von Tuberkelbazillen mittels Mazeration 


Ätiologie und Verbreitung. 7 


in physiologischer Kochsalzlösung neue Erscheinungsformen erzielen und 
in Reinkulturen züchten liessen, die nicht säure- und nicht alkoholfest 
waren und sich auch nach der Form, den Wachstumsverhältnissen und 
dem Virulenzgrad von der Stammkultur wesentlich unterschieden. Da 
nach der Ansicht massgebender Fachleute der sterilen Durchführung des 
Versuches zu grosse Schwierigkeiten entgegenstehen, bat Dostal versucht, 
Reinkulturen von Tuberkelbazillen chemischen Einflüssen zu unterwerfen. 
Er setzte den üblichen Glyzerin enthaltenden Nährböden 5—10 Gewichts- 
prozente eines Glykosids des Saponinum depuratum Merck hinzu. 

Von typischen auf Glyzerinagar gewachsenen Stammkulturen, die auf 
Reinheit geprüft waren, wurden zusammenhängende Schollen der typischen 
trockenen Schüppchen mit dem Platinspatel auf feste, meist 10 °/o Saponin- 
Nährböden gebracht. Die Röhrchen wurden mit Guttaperchapapier ver- 
schlossen und die Kulturen waren auf diese Weise mehrere Monate haltbar. 

In Zwischenräumen von mehreren Wochen bis zu Monaten wurden 
die Kulturen in neue Röhrchen von Saponinglyzerinagar übertragen. Man 
fand nach wiederholten Überimpfungen bereits nach 24 Stunden üppiges 
Wachstum. Die Kulturen zeigten nichts mehr von dem charakteristischen . 
Ursprungsrasen, sondern bildeten zarte durchsichtige Rasen. 

Die gefärbten Präparate zeigten nach der 9. Passage keine säurc- 
oder alkoholfesten Stäbchen mehr. M. Türk, Frankfurt a.M. 


12. B. Roman, Über einen Fall von bazillärer Pseudotuberkulose 

beim Menschen. Virch. Arch. 1916 Bd. 222. 

Verf. berichtet über einen seltenen Iufektionsprozess beim Menschen, 
bei dem es sich anatomisch um Veränderungen handelte, die durch Granu- 
lationsbildungen in Form von Knoten und Knötchen gekennzeichnet waren. 
Durch die Feststellung des Erregers eines Gram-negativen, nicht säurefesten, 
kurzen, unbeweglichen Bazillus, der fakultativ anaerob ist, keine Kapseln 
noch Sporen besitzt, auf allen Nährböden ziemlich gut wächst, pathogen: 
für Meerschweinchen, Tauben, Kaninchen und weisse Mäuse ist, konnte 
eine grosse Übereinstimmung mit den von Lorenz, Albrecht und 
Laisava beschriebenen Bazillen, die gleichbedeutend mit dem Pfeiffer- 
schen Bakterium sind, gezeigt werden. 

Auf Grund der ausgeführten serologischen Versuche scheiut es 
berechtigt, den vom Verf. gezüchteten Stamm, der sich ohnedies durch 
seine Pathogenität für Tauben von den anderen Stämmen der Pseudo- 
tuberkulosebazillen unterscheidet, ala eine der Gruppe der Pseudotuber- 
kulosebazillen zugehörige, aber von den anderen Angehörigen der Gruppe 
vorderhand verschiedene Art zu trennen. M. Türk, Frankfurt a.M. 


13. Ziegler, Infektionswege experimenteller Impftuberkulose, 
zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Lymplbewegung. 
M. Kl. 1916 Nr. 41. 

Bisher gilt ala allgemein gultige Regel, dass die parenchymatösen 
Organe, vor allem Leber, Milz und Niere, nur auf dem Blutwege tuber- 
kulös erkranken. Nur für die Lunge erkennt man die lymphogene Infektion 
von den Bronchialdrüsen aus an. Die hämatogene Infektionslehre paren- 
chymatöser Organe stützt sich auf die bis jetzt allgemein gültige Ansicht, 
dass der Lymphstrom konstant peripherwärts von den Organen zu den 
benachbarten Drüsen und von dort weiter zum Hauptlymphgang gerichtet 


5 Ätiologie und Verbreitung. 


ist. Schon Cornet weist demgegenüber auf die Bedeutung lymphogener 
Infektion parenchymatöser Organe hin. Auch Tendeloo tritt auf Grund 
seiner Sektionsergebnisse für die lymphogene Infektion ein. Gleichzeitig 
tritt er gegen die Lehre von der konstanten Stromrichtung der Lymphe 
auf. Diese bewegt sich vielmehr infolge mechanischer Einwirkungen 
(Atmung, Pressen, wechselnde Fülle des Magendarmkanals u. a.) in auf- 
und absteigender, stets wechselnder Richtung in den Lymphbahnen hin 
und her. Es bestehen also wechselseitige Verbindungen zwischen den 
Drüsen des Kopfes, Halses, der Brust- und Bauchhöhle, sowie den retro- 
peritonealen Drüsen. Diese Ansichten Tendeloo'’s fand Z. durch eine 
Reihe von experimentellen Impfungen mit schwach virulentem tuberkulösem 
Material an Meerschweinchen, Kaninchen und Hunden voll bestätigt. 
Er fand, dass sich die Infektion allmählich auf dem Lymphweg ausbreitet 
und dass nach Erkrankung der vorgelagerten Lymphknoten die verschiedenen 
Organe, namentlich Leber, Milz und Lunge, seltener Nieren und Speichel- 
drüsen auf dem Lymphwege erkranken. Bei der Infektion vom mesen- 
terialen und omentalen Gewebe aus erkranken stets zuerst die peripan- 
. kreatischen Lymphknoten und von diesen aus Milz und Leber. Gleichzeitig 
erkranken die Bronchialdrüsen und von diesen aus die Lungen längs der 
peribronchialen und pleuralen Lymphgefässe. Bei der Impfung ins retro- 
pharyngeale Gewebe erkranken zunächst die lokalen Halsdrüsen. Von 
hier aus kam es aufwärts zur Infektion der submentalen Lymphdrüsen 
und des Jympbatischen Hilusgewebes der Speicheldrüsen. Abwärts erkranken 
die supraklavikularen, retrosternalen Lymphknoten, die Bronchialdrüsen 
nebst Lungen und die peripankreatischen Drüsen nebst Leber und Milz. 
Bei der primären Erkrankung der tiefen Halsdrüsen zeigt sich als weiter 
wichtiger Iymphogener Keimverschleppungsweg die Ausbreitung längs des 
Lympbsystems hinter den serösen Häuten auf der Wirbelsäule. Hier 
erkranken hauptsächlich die periaortalen Lymphknoten in der Höhe der 
Nierengefässe und bis abwärts zur Teilung der Aorta. Von den Lymph- 
knoten in der Höhe der Nierengefässe aus erkrankten mehrmals die Nieren. 
Die Herde befinden sich hauptsächlich in der Kapsel und im Hilusgewebe, 
sind also auch Jymphogener Natur. Diese Versuche beweisen also 1. die 
lymphogene Erkrankung parenchymatöser Organe, 2. dass die verschiedenen 
Lymphsysteme in den Körperhöhlen und ausserhalb der serösen Häute 
miteinarder in wechselvoller Verbindung stehen und dass 3. die Strömungs- 
richtung in den Lymphbahnen durchaus inkonstant bald von einem Organ 
weg, bald zu diesem hin gerichtet ist. Ursache dieser inkonstanten Strom- 
richtung sind einmal jene bereits genannten mechanischen Einwirkungen. 
Zum auderen üben ‚die osmotischen Ausgleichbewegungen zwischen Blut 
und Gewebesaft und der Stoffverbrauch und Saftverlust durch (die Tätig- 
keit der Organe einen bestimmenden Einfluss auf Zu- und Abströmen der 
Lymphe aus“. Zum Schluss zeigt Z. an der Hand eines Sektionsprotokolls 
eines an Tb. gestorbenen Mannes, dass die im Tierexperiment gewonnenen 
Resultate auch für den Menschen gelten. Berlin, Schömberg. 


14. F. Reiche, Reinfektion und Immunität bei Tuberkulose. 
M. KI. 1916 Nr. 40. 
An der Hand eines grossen Zahlenmaterials sucht R. klinisch den 
Beweis zu erbringen, dass es sich bei der tuberkulösen Reinfektion fast 


Ätiologie und Verbreitung. tj 


stets um eine exogene, nicht um eine endogene im Sinne Römer’s handelt. 
Die pathologische Anatomie lehrt, dass fast alle Erwachsenen tuberkulös 
infiziert sind. Die Statistik beweist nun, dass diese Infektion bei Kindern 
tuberkulöser Eltern viel häufiger zur Erkrankung führt, als bei erblich 
nichtbelasteten. Ferner zeigt die Statistik, dass der Verlauf der Erkrankung 
bei erblich belasteten und nicht belasteten keinerlei Verschiedenheiten auf- 
weist, d. h. also es gibt keine ererbte Widerstandsschwäche gegenüber der 
Erkrankung. Mithin beruht die viel grössere Erkrankungsziffer erblich 
Belasteter nicht auf erhöhter Disposition, sondern auf erhöhter Exposition. 
Hierfür sprechen, wie die Statistik lehrt, zwei weitere Punkte. 1. Es 
erkranken unter den Kindern Schwindsüchtiger viel häufiger die Mädchen. 
Diese sind aber infolge ihrer vorwiegend häuslichen Beschäftigung der 
Exposition viel stärker ausgesetzt als die Knaben. 2. Die väterliche 
Belastung überwiegt die mütterliche. Dies erklärt die Erfahrung, dass die 
Männer der arbeitenden Klasse infolge Rauchens, Spirituosengenusses und 
ihrer häufig zu Katarrh führenden Arbeitstätigkeit reichlichere Auswurfs- 
mengen haben und in deren Beseitigung viel sorgloser sind als die Frauen. 
Berlin, Schömberg. 


15. Arthur Mayer, Die angebliche Mobilisierung von Tuberkel- 
bazillen durch Tuberkulin bei der menschlichen Tuberkulose. 
Tuberculosis, August 1916. 

Möllers und Öhler sind kürzlich auf Grund eigener Unter- 
suchungen der von anderen Untersuchern aufgestellten Behauptung einer 
solchen Mobilisierung entgegengetreten. Mayer betont, dass andere 
Autoren und er selbst schon früher bewiesen hätten, dass bei tuberkulösen 
Menschen die Mobilisierung von Tuberkelbazillen durch Tuberkulinein- 
spritzungen nicht eintrete, und tadelt, dass Möllers und Öhler die 
Literatur gar nicht anführen. Er hat das biologische Experiment, den 
anaphylaktischen Versuch, verwandt, der viel früher als der anatomische 
Befund die tuberkulöse Infektion beweist und ausserdem unbedingt spezi- 
fisch ist, während der anatomische Versuch zweifelhaft sein kann. L. Ra- 
binowitsch hat nun festgestellt, dass sich im Blut auch hochgradig 
tuberkulöser Meerschweinchen fast nie Tuberkelbazillen nachweisen lassen, 
dass diese sich aber nach Einspritzung von 0,2— 0,3 Alttuberkulin vor- 
finden. Der erste Teil dieser Entdeckung wird freilich von Marmorek 
und Calmette bestritten, die bei tuberkulösen Meerschweinchen, selbst 
bei geringer Ausbreitung der Krankheit, in 70—100°/, virulente Tuberkel- 
bazillen im Blute nachgewiesen haben wollen. Auch Moewes fand 
solche in 64%. Hoge und E. Fischer, sowie A. Mayer selbst 
bestätigen dagegen wieder die L. Rabinowitsch. Da steht also Be- 
hauptung gegen Behauptung, experimentelle „Tatsache“ gegen „Tatsache“! 
Was ist nun richtig! Wunderlich ist auch, dass beim tuberkulösen Meer- 
schweinchen die Bazillen durch Tuberkulin mobilisiert werden können, 
beim tuberkulösen Menschen aber nicht. 

Was sind eigentlich die säurefesten Stäbchen, die man doch recht 
häufig im Blute tuberkulöser Menschen findet! In manchen Fällen sind’s 
doch tiefer lebende Tuberkelbazillen, weil der gewöhnliche Tierversuch 
(Verimpfung) positiv ausfiel. Meist aber sind es, wie auch Mayer sagt 
und wie schon Much betont hat, Tuberkelbazillenleichen andeutende 


10 Ätiologie und Verbreitung. 


Bazillenreste, so dass der Tierversuch notwendig negativ ausfallen muss. 
Also sind die säurefesten Stäbchen doch ursprünglich immer lebende 
Tuberkelbazillen gewesen, die im Blut oder schon bevor sie dorthin ge- 
langten, abgetötet und zerstört wurden. Aber wie gelangten sie ins Blut? 
Vielleicht vom Darm aus wie und mit dem Chylus? 

Mayer bricht zum Schluss noch eine Lanze für die Ungefährlich- 
keit der subkutanen Tuberkulinprobe und -kur. Er wird dadurch nur 
den überzeugen, der überzeugt ist, und nicht anders überzeugt sein will. 
Die Gefährlichkeit des Tuberkulins ist trotz Max Wolff kein Märchen, 
sondern eine von recht vielen inländischen und ausländischen Autoren 
besten Namens bestätigte Tatsache. Diese Form der Tuberkulinprobe ist 
auch überflüssig, weil sie durchaus nicht mehr leistet als der Pirquet in 
geeigneter Form. Meissen, Essen. 


16. C. G. Grulee and Franz Harms, Tuberculosis as a disease 
of the newborn. Amer. Journ. Dis. of Child. Bd. 9 Nr. 4 
April 1915 $. 322. 


Krankengeschichte und Sektionsprotokoll eines Kindes, das am 
9. Tag nach der Geburt starb. Die Mutter hatte eine anscheinend aus- 
geheilte Tb. eines Hüftgelenks, und ausserdem eine Leukorrhoea, in 
welcher Gonokokken nicht nachgewiesen werden konnten. Das Kind 
zeigte am 2. Tage ein unregelmässiges Fieber. Am 3. Tage bekam es 
Krämpfe, die sich bis zum Tode in unregelmässigen Zeitabständen wieder- 
holten. Es bestand auch häufiges Erbrechen. Leber und Milz waren 
vergrössert. Bei der Sektion fand sich Miliartuberkulose aller Organe. 
Die Mesenterialdrüsen waren besonders vergrössert. In der Nähe der 
Gallenblase ein walnussgrosser Tumor, der mit erbsengrossen Knötchen 
übersät war. Die Plazenta wurde nicht untersucht. Die Infektion muss 
durch die Nabelschnur erfolgt sein. Die Mutter verliess das Kranken- 
baus in anscheinend gesundem Zustand. Eingehende Besprechung der 
Diagnose und der bisherigen Fälle der Liiteratur. 

W. A. Gekler, Chicago. 


17. B. S. Veeder and M. R. Johnston, The frequeney of infec- 
tion with the tubercle bacillus in childhood. Amer. Journ. of 
Dis. of Child. Bd. 9 Nr. 6 Juni 1915 S. 478. 


Eine Statistik über Tuberkulinproben an 1321 Kindern in dem 
St. Louis Kinderspital. Die Kinder stammten aus der ärmeren Klasse 
und wohnten in einem dichtbevölkerten Stadtteil, wo die Wohnungsver- 
hältnisse nicht gut waren. Die Zahl der positiven Reaktionen stieg von 
Jahr zu Jahr, und erreichte ihr Maximum zwischen dem 10.—14. Lebens- 
jahr. Im Gegensatz zu Hamburger fanden Verff., dass der Prozent- 
satz der positiv Reagierenden zwischen dem 10.—14. Lebensjahr, inklu- 
sive der Fälle von klinischer Tb, nur 44°/o war, mit Ausschluss der 
letzteren nur 36°/o. Die Stichprobe ergab nur wenig bessere Resultate 
ala die von Pirquetsche. Die Tuberkulinprobe ist bei Kindern eine 
wertvolle Hilfe in der Diagnose. Die Autoren warnen davor, die Pro- 
zentsätze von Hamburger und von Pirquet auf alle grösseren Städte 
anzuwenden. W. A. Gekler, Chicago. 


Diagnose und Prognose. 11 


18. Arent de Besche, Simultaneous infection in a child with 
tubercle bacilli of the human and the bovine type. Journ. of 
Infect. Dis. Bd. 16 Nr. 3 Mai 1915 S. 361. 

Verf. gewann eine atypische Kultur von Tuberkelbazillen, aus einer 
Mesenterialdrüse eines 8 Monate alten Kindes. Die Kultur hatte sowohl 
Eigenschaften des Typus humanus wie solche des Typus bovinus. Er 
konnte von dieser Kultur beide Typen von Tuberkelbazillen züchten und 
durch das Tierexperiment identifizieren. Das Kind muss also mit beiden 
Arten von 'luberkelbazillen infiziert worden sein. 

W. A. Gekler, Chicago. 


19. E. Biorn-Hansen, Untersuchungen à la Pirquet aus einer 
Landesgemeinde ohne bekannte Todesfälle an Tuberkulose. 
Meddelelser fra den norske nationalforening mat tuberkulosen VI. 
Nr. 22. 


Altersgruppen Untersucht Positive Reaktion Negative Reaktion 


Zahl p. °/o Zahl p- °/o 

0—15 17 0 0 17 100 

16—25 10 4 40 6 60 
26—35 q 5 71 2 29 
36—45 6 5 83 1 17 
46—55 4 3 75 1 25 
Summe: 44 17 40 27 60. 


Birger Øverland, Bergen. 


c) Diagnose und Prognose. 


20. H. Alexander, Frühdiagnose der Lungentuberkulose. Beitr. 
z. Klin. d. Tbc. 1916 Bd. 36 H. 1 8.75. 
Eine Einführung für Anfänger. Leschke, Berlin. 


21. E. Boit, Über Färbung und Gegenfürbung der Tuberkel- 
bazillen. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 1916 Bd. 36 H.2 S. 227. 
Verf, empfiehlt zur Entfärbung 15°/o Salpetersäure und Abspülen 

in 60°/o Alkohol und zur Gegenfärbung gesättigte alkohol. Tropaeolin- 

lösung. Bazillen und Splitter rot, Grund gelbrötlich, ohne die Bazillen 
zu überdecken. Leschke, Berlin. 


22. Jul. Hollo, Über eine neue Methode zur Beurteilung sub- 
febriler Temperaturkurven im Verlaufe der Lungentuberkulose. 
Beitr. z. Klin. d. Tb:. 1916 Bd. 36 H.1 8.31. 

Verf. empfiehit zur Unterscheidung harmloser Temperaturerhöhungen 
von solchen, die auf einer aktiven Lungentuberkulose herrühren, die Ver- 
abreichung von 1,5 g Pyramidon. Organisch bedingte Temperatursteige- 
rungen werden davon wenig beeinflusst, während die durch Labilität der 
Wärmeregulation bedingten zur Norm abfallen sollen. Leschke, Berlin. 


23. M. Fishberg, Hasty diagnosis of pulmonary tuberculosis. 
Med. Record, 22. Jan. 1916. 
Ungefähr 80°/o der Fälle, die in deutschen Sanatorien als beginnend 
geführt wurden, stellten sich als gesund oder an anderen Affektionen 


12 Diagnose und Prognose. 


leidend heraus uud konnten an die Front geschickt werden. (??? Referent.) 
Es ist falsch, zu glauben, dass jeder früh erkannte Fall von Tb. zur 
Ausheilung kommt. Es gibt Fälle, die von vornherein bösartig sind und 
jeder Behandlung trotzen. Andererseits ist es bei langsam fortschreitenden, 
chronischen Fällen nicht ratsam die Diagnose zu überstürzen, da hier 
durch Abwarten nicht geschadet werden kann. DBedürftige Phthisiker 
können nicht alle in Sanatorien Unterkunft finden; sie müssen warten, 
ob die Diagnose klar ist oder nicht. Durch übereilte Diagnosen gelangen 
oft Nicht-Tuberkulöse in Sanatorien und nehmen Tuberkulösen den Platz 
weg. Zweifelhafte Fälle sollten für einige Wochen bei ihrer gewohnten 
Beschäftigung beobachtet werden. Man sage ihnen, sie könnten Tb. be- 
kommen, hätten sie aber noch nicht. Die Schwindsucht besteht aus einer 
Anzahl von akuten und eubakuten Anfällen, mit zeitweiligen Unterbrechungen. 
Die Behandlung ist darauf gerichtet, diese Perioden des verhältnismässigen 
Wohlbefindens zu verlängern. Die meisten Fälle von beginnender Tb,., 
die heutzutage in Heilstätten aufgenommen werden, kommen spontan zur 
Ausheilung oder zum Stillstand. Die aktiven Fälle sollten aufgenommen 
werden. Nur so werden die Sanatorien ihre Aufgabe erfüllen. Eine übereilte 
Diagnose von Tb. kann mehr Schaden anrichten, als eine Fehldiagnose 
bei einem aktiven, fortschreitendem Fall. Mannheimer, New York. 


24. W. W. Howell, Studies in bronchial glands. Amer. Journ. 

Dıs. of Child. Bd. 10 Nr. 2, August 1915. 

Verf. hat eine Anzahl Kinder vom Säuglingsalter his zu 13 Jahren 
auf Vergrösserung der bronchialen Lymphknoten untersucht, in einzelnen 
Fällen unter röntgenologischer Kontrolle. Er achtete besonders auf das 
Vorkommen des d’Espine’schen Zeichens. Wo dasselbe positiv war, zeigte ' 
sich immer auf der Platte Schatten von vergrösserten Hilusdrüsen. Der 
perkutorische Nachweis derselben ist sehr schwierig. Unter 505 Schul- 
kindern fanden sich 112 mit positivem d’Espine. Unter 297 Kindern 
im Alter von 6, 7 und 8 Jabren waren 96 positiv = 36 °/o. Diejenigen 
unter den jüngeren Kindern, die ausser dem positiven d’Espine noch 
Blutarmut und Unterernährung zeigten, waren alle einer tuberkulösen In- 
fektion ausgesetzt gewesen. Bei den älteren Kindern mit den gleichen 
Symptomen liess sich gleichfalls die Quelle ‘der Infektion nachweisen. 
Man soll akuten Anschwellungen der Bronchialdrüsen bei akuten Infek- 
tvionskrankheiten keine besondere Bedeutung beimessen, aber chronische 
Vergrösserungen bei Kindern, für die keine andere Ursache nachgewiesen 
werden kann als Tuberkulose ansprechen. W. A. Gekler, Chicago. 


25. H. Wessler and Murray H. Bass, Recurrent hilus infiltra- 
tion, an unusual form of tuberculosis in children. Amer. Journ. 
Dis. of Child. Bd. 11 Nr. 3, März 1916. 

Verff. bringen Röntgenbilder und Beschreibung einer seltenen Form 
von Lungentuberkulose bei Kindern, nämlich remittierender Hilustuberkulose. 
Die Röntgenbilder zeigen einen dreieckigen Schatten, dessen Basis am 
Hilus liegt und dessen Spitze nach der Achselhöhle zu verläuft. Die 
Incisura interlobaris bildet die untere Grenze dieses Schattens. Mit Ab- 
nahme der Symptome (Husten, Fieber, Appetitlosigkeit) verschwand dieser 
Schatten und hinterliess nur vergrösserte Hilusdrüsen und das übliche 


Diagnose und Prognose. 13 


Bild einer interlobären Pieuraschwarte. Nach einer Zeit des Wohlbefindens 
erschienen dieselben Symptome wieder und man bekam ein ähnliches 
Röntgenbild wie bei dem ersten Anfall. Sie halten den Krankheitsprozess 
für eine Infiltration um infizierte und entzündete Hilusdrüsen herum, und 
nicht für ein interlobäres Exsudat, trotz oder vielmehr gerade wegen des 
wechselnden Röntgenbefundes. Kontrolle der Diagnose mittelst Sektion ist 
ausgeschlossen, da der Exitus selten in diesem Stadium eintritt. Die 
Diagnose der anatomischen Verhältnisse ist bis jetzt nur durch Röntgen- 
strahlen zu stellen; die physikalische Untersuchung liefert nur ein sehr 
ungenaues Resultat. Die bezügliche Literatur wird kritisch besprochen. 
W. A. Gekler, Chicago. 


26. E. C. Dickson, Odiomycosis in California, with especial 

reference to coccidioidal granuloma. Arch. of Int. Med. Bd. 16 

Nr. 6, Dez. 1915. 

Im ganzen sind 40 Fälle dieser interessanten Krankbeit bekannt, 
die anscheinend nur in Nord- und Südamerika vorkommt. Die meisten 
Fälle wurden in Kalifornia gefunden. Verf. berichtet über 8 eigene 
Fälle, zum Teil mit Sektionen und über 2 Fälle allgemeiner Blastomy- 
kosis. Er kommt zu dem Schluss, dass Fälle von Granuloma coccidioides 
oft genug beobachtet worden sind, um ein definitives Krankheitsbild auf- 
zustellen. Das Leiden ähnelt der Tb. derart, dass eine Differential- 
diagnose nur mikroskopisch gestellt werden kann. Viele derartige Fälle 
werden klinisch als Tb. diagnostiziert; nach dem spezifischen Erreger 
wird nicht gesucht. Diese Krankheit darf nicht mit Blastomykosis ver- 
wechselt werden. Die meisten Fälle sind gestorben; nur wenige kamen 
spontan zur Heilung. W. A. Gekler, Chicago. 


27. Bochalli, Was leistet die subkutane Alttuberkulinprobe zur 
Erkennung der aktiven Lungentuberkulose bei Erwachsenen? 
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1916 Bd. 36 H. 2 S. 169. 

In 55 Fällen wurde 7mal durch den negativen Ausfall der Probe 
sichere Aufklärung geschafft, während von 48 positiv reagierenden Fällen 
nur 12 auch eine Herdreaktion zeigten und 6 vorübergehend geschädigt 
wurden. Wenn Verf. daraus schliesst, dass die Probe nicht viel leistet, 
so möchte Referent demgegenüber betonen, dass es schon viel wert ist, 
wenn man auf diese Weise in differential-diagnostisch unklaren Fällen die 
Tuberkulose ausschliessen kann. Im übrigen sollte man die Probe 
eben nur dann anwenden, wenn die anderen Untersuchungsmethoden inkl. 
Röntgenverfahren eine sichere Entscheidung nicht ermöglichen. Dann 
wird man niemals schaden (allerdings auch nur selten Herdreaktionen 
bekommen), aber in vielen Fällen den Verdacht der Tuberkulose fester 
begründen, in anderen ihn mit grösserer Wahrscheinlichkeit fallen lassen 
können. Leschke, Berlin. 


28, Selter, Der Wert der Intrakutan-Tuberkulinreaktion bei 
Meerschweinchentuberkulose. D. m. W. 1916 Nr. 3. 
Kronberger, Zur Bewertung der intrakutanen Tuberkulin- 
reaktion. D. m. W. 1916 Nr. 25. 

Selter, Erwiderung zu den vorstehenden Bemerkungen. 
D. m. W. 1916 Nr. 25. 


Die positive Intrakutanreaktion ist entscheidend für die Diagnose 


14 Diagnose und Prognose. 


einer angegangenen Tuberkuloseinfektion.. Der negative Ausfall beweist 
aber nach S. experimenteller Erfahrung nicht das Gegenteil. Erst das 
Sektionsergebnis kann Sicherheit bringen, S. hat bei subkutaner Infek- 
tion mit abgeschwächten Kulturen oder auch mit kleinsten Dosen (2—16 
Bazillen) vollvirulenter Bazillen (subkut. oder durch Iuhalation) zum Teil 
dauernd negative Intrakutanreaktion gesehen, während die Sektion deut- 
liche tuberkulöse Organerkrankung ergab. 

Die interessante Tatsache, dass bei einigen Tieren die anfäng- 
lich positive Intrakutanreaktion später negativ wurde und 
dass bei diesen Tieren die Sektion abgeheilte tuberkulöse Ver- 
änderungen aufdeckte, ist S. geneigt als Beweis spontaner A us- 
heilung der Meerschweinchentuberkulose anzusprechen. 

Kronberger bestreitet die Richtigkeit dieser Auffassung und sieht 
seinerseits in den Selter’schen Befunden — entsprechend dem klassischen 
Koch’schen Versuch — eine Folge des immunisierenden Ein- 
flusses der Intrakutanreaktion, wie ja auch bekanntlich von 
anderer Seite durch öfters wiederholte Kutanreaktion in verschiedener 
Art (Münch, Ponndorf) eine immunisierende Heilwirkung 
versucht und zum Teil erreicht wurde. 

Selter bält K. gegenüber an der Annahme einer spontanen Tu- 
berkulose-Heilung bei seinen Tieren fest, indem er darauf hinweist, dass 
die Tiere zum Teil nur ein einziges Mal, zum Teil nur 2—3mal in län- 
geren Zwischenpausen und zwar teilweise mit negativem Erfolg, der Intra- 
kutanreaktion unterworfen wurden und dass schliesslich auch verschiedene 
Tiere, bei denen die Intrakutanreaktion überhaupt nicht gemacht worden 
war, einen ähnlichen Sektionsbefund abgeheilter tuberkulöser Prozesse 
aufwiesen. Brühl, Schönbuch. 


29. Fr. Graetz, Die Bedeutung der intrakutanen Tuberkulin- 
reaktion nach Römer-Esch für die frühzeitige Feststellung 
der Impftuberkulose der Meerschweinchen, unter besonderer 
Berücksichtigung des diagnostischen Tierversuches bei der 
menschlichen Tuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1916 Bd. 36 
H. 2 S. 99. 

Verf. hat die Brauchbarkeit der intrakutanen Tuberkulinreaktion 
nach Römer-Esch bei diagnostisch geimpften Meerschweinchen an fast 
1000 Tieren geprüft und bestätigt. Ee gelingt damit, bereits 10—12 
Tage nach der Einverleibung tuberkuloseverdächtigen Materiales bei 
Meerschweinchen, im Falle dass eine Tuberkuloseinfektion sich entwickelt, 
das Vorhandensein einer solchen mit Hilfe der Intrakutanreaktion fest- 
zustellen. (Auch Referent kann diese Methode des Tierversuchs als die 
rascheste empfehlen, zumal die spätere Sektion des Meerschweinchens 
immer noch eine Kontrolle ermöglicht.) E. Leschke, Berlin. 


30. C. Kraemer, Ist die Allergie oder die Anergie das Nütz- 
lichere für den Kriegsdienst? Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1916 
Bd. 36 H. 1 S. 57. 

Im Widerspruch zu den herrschenden Anschauungen über die Allergie 
als Ausdruck der (zellulären) Immunität, fordert K. die Durchführung 
einer Tuberkulinkur bis zur Anergie. 140 von ihm untersuchte tuber- 


Therapie. 15 


kulöse Soldaten waren sämtlich allergisch, obwohl sie grossenteils früher 
in Heilstätten waren. Er schliesst daraus, dass Anergie nach einer Tu- 
berkuliukur besser ist als Allergie. Das Experimentum crucis, was aus 
den mit Tuberkulin anergisch gemachten Tuberkulösen wird (namentlich 
im Kriege), bleibt jedoch noch abzuwarten. E. Leschke, Berlin. 


31. G. von Salis, 125 Fälle periodisch wiederholter, abgestufter 

Pirquetreaktionen während der Heilstättenkur. Beitr. z. Klin. 

d. Tbc. 1915 Bd. 36 H.1 8.57. 

Stärkerwerden der Überempfindlichkeit gegen Tuberkulin fand sich 
vorwiegend bei den Fällen mit guter, Schwächerwerden bei denen mit 
schlechter Prognose. Dennoch ist dieses Verhalten nicht durchgängig und 
kann daher im einzelnen Falle nicht als irgendwie ausschlaggebend bei 
der Prognosenstellung bewertet werden, da die Zahl der Ausnahmefälle 
zu gross ist. Namentlich bei Alttuberkulinbehandlung ist Abnahme der 
Reaktionsfähigkeit häufig und ohne üble Vorbedeutung. 

E. Leschke, Berlin. 


d) Therapie. 


32. Sigurd Berg, Zur Behandlung der Tuberkulose mit Partial- 
antigenen nach Deycke-Much. Beitr. z2. Klin. d. Tbe. 1916 
Bd. 36 H. 2 S. 235. 

Nachprüfungen an 14 Fällen des Krankenhauses Sabbatsberg in 
‚Stockholm, darunter 4 im I.—II. Stadium, 6 im III. und 4 mit Tuber- 
kulose anderer Orgaue. Die Krankengeschichten sind ausführlich mitge- 
teilt. Ein regelmässiger Zusammenhang zwischen der Steigerung des 
Intrakutantiters und dem klinischen Verlauf bestand nicht. Wenn auch 
die günstig verlaufenden Fälle meist eine solche aufwiesen, kam es auch 
vor, dass bei hohem Titer der Patient klinisch sich verschlechterte. 
„Irgend eine sichere Einwirkung konnte in den behandelten Fällen nicht 
konstatiert werden.“ E. Leschke, Berlin. 


33. E. R. Baldwin, Therapy as related to the immunology of 

tuberculosis. Med. Record, 18. März 1916. 

Für die Bewertung spezifischer Heilmittel ist die Berücksichtigung der 
natürlichen Widerstandskraft von fundamentaler Bedeutung. Ein Ausdruck 
dereelben ist das Lokalisationsbestreben der Krankheit in der Form des 
Tuberkels, sowie die Entzündung, die sich um den lokalen Herd herum 
bildet, und eine Anzahl Bazillen zugrunde richtet. Man rühre daher 
den lokalen Herd nicht an, wenn man nicht sicher ist, ibn entweder 
mechanisch oder chemisch vollständig zu zerstören. Die Eıfolge der meisten 
Mittel, welche in den letzten 25 Jahren gebraucht worden sind, beruhen 
auf Herdreaktionen, was man am besten bei der Hauttb. verfolgen kann, 
So wirken die Röntgenstrablen, die Bier’sche Stauungshyperämie, Radium, 
Licht ete. Eine zu starke Reaktion ist jedoch gefährlich, epeziell in einem 
gefässreichen Organ, wie die Lunge. Daher bildet eine fortschreitende 
Erkrankung der Lunge eine Kontraindikation für die Anwendung solcher 
Mittel. Wir haben keine Behandlungsmethoden, die die eingekapselten 
Bazillen unschädlich machen. Dieselben können daher immer mal wieder 


16 Therapie. 


durchbrechen und einen neuen Ausbruch der Krankheit erzeugen. Über- 
anstrengungen und Traumen vermögen die gute Wirkung eines Mittels 
wieder zunichte zu machen. Daher muss man sie bei Beurteilung seiner 
Heilwirkung in Betracht zieben. In chemotherapeutischen Tierversuchen 
soll man nicht nur die Veränderungen am Krankheitsherd, sondern auch 
serologische Veränderungen verfolgen. Auf diesem Wege ist Fortschritt 


in der Therapie zu erwarten. Mannheimer, New York. 
34. H.L. Shively, Tuberculin therapy. N. Y. Med. Journ., 8. Jan. 
1916. 


Der Anfänger sollte sich auf ein einziges Präparat beschränken und 
seine eigenen Verdünnungen machen. Im Verlaufe der Behandlung sollen 
die normalen physiologischen Funktionen nicht zu sehr gestört werden. 
Patienten mit schwerer Mischinfektion, Diabetes, Nephritis, miliarer Aus- 
saat reagieren nicht günstig. Tuberkulin eignet sich besonders für Patienten 
mit guter Widerstandakraft, geringem oder fehlendem Fieber, stationär 
oder langsam fortschreitend, die nicht in ein Sanatorium gehen können. 
In Sanatorien gedeihen die mit Tuberkulin behandelten gewöhnlich besser 
als die anderen. Fälle von Lymphdrüsentb. gedeihen besser als Lungen- 
fälle. Tuberkulin kann von jedem sorgfältigen praktischen Arzt angewandt 
werden. Die Reaktionen dürfen nur milde sein. Dosen von Ein-Millionstel 
Milligramm sind wahrscheinlich unwirksam. Mannheimer, New York. 


35. Hastings Hill, Tuberculosis of the Larynx with special 
reference to the use of Tuberculin. Laryngoscope, 5. Mai 1916. 
Tuberkulöse Laryngitis ist fast immer durch Autoinfektion verursacht 

und sie verläuft chronisch, weil ein gewisser Grad von Immunität vorhanden 

ist. In Süd-Californien findet H. 2,1 °/o Larynx-Tb. Nie bat er einen 

Fall bei einem Kinde beobachtet. Er stimmt nicht mit Bandelier und 

Roepke überein, die behaupten, dass mit Tuberkulin behandelte Patienten 

nie Kehlkopf-Tb. entwickeln, und erwähnt 2 Fälle aus eigener Beobachtung. 

Vorgeschrittene Lungen-Tb. ist eine Kontraindikation für Tuberkulin- 

behandlung gleichzeitiger Larynx-Tb. Acht Fälle im 2. oder 3. Stadium 

wurden mit Tuberkulin behandelte Fünf sind am Leben, davon 2 über 

2 Jahre geheilt; 2 gebessert und arbeiten; einer ist noch in Behandlung; 

die anderen 3 starben. Die Erfolge sind ermutigend. 

Mannheimer, New York. 


36. A. Cemach, Über die spezifische Behandlung der Mittel- 

ohrtuberkulose. AMsehr. f. Ohrhlk. 1916 H. 718 $. 430. 

Eine Arbeit, die auch von dem nicht unbedingten Tuberkulivfreunde 
mit Befriedigung gelesen werden dürfte, weil sie mit scharfer Kritik die 
l.eistungsfähigkeit der spezifischen Tuberkulosebehandlung zu erhärten 
bemüht ist. Das Material, das Cemach bearbeitet, ist klein, aber sehr 
sorgfältig beobachtet. Nach den wenig ermutigenden Erfahrungen mit 
anderen Tuberkulinen wählt Cemach zur Behandlung das Tuberkulomuein 
Weleminsky, das sich durch seine grosse Ungiftigkeit auszeichnen soll. 
Als Ergebnis der Beobachtungen ist zu betrachten, dass zur spezifischen 
Behandlung bei Mittelohrtuberkulose sich vorwiegend Fälle mit reinen 
Schleimhautaffektionen bei im übrigen kräftigem Organismus mit guter 
Reaktionsfähigkeit d. h. ohne nennenswerte Grunderkrankung eignen. 


Therapie. 17 


Schwereren progredienten Ohrprozessen scheint auch das Tuberkulomucin 
machtlos gegenüber zu stehen. Birke. 


37. Evers, Zur Tuberkulosebehandlung. B. kl. W. 1916 Nr. 43. 

Verf. berichtet über Versuche mit Injektionen von Nastin und Chinolin- 
phosphat. Das Nastin soll die Wachshülle der Tuberkelbazillen auflösen, 
das Chinolinphosphat die freigelegten Bazillen töten. Das Nastin wird in 
Mengen von 0,25—1 cem einer 1°/o Kaliseifenlösung intravenös gegeben, 
das Chinolinpbosphat in einer 5°/o wässerigen Lösung zu 5—10 ccm in- 
traglutäal gegeben; der Chinolinlösung ist Antipyrin zugesetzt, was die 
Iojektiion fast völlig schmerzlos macht. 

52 Fälle (Krankengeschichten) werden behandelt. Der Erfolg der 
Therapie war folgender: 

1. Rückgang der Temperaturen. 

2. Besserung des physikalischen Lungenbefundes.. Aufhören von 
Husten und Auswurf. Verschwinden der Tuberkelbazillen aus dem Sputum. 

3. Tuberkulöse Drüsen bilden sich völlig zurück. 

4. Ulcera im Kehlkopf und Nase reinigen sich und heilen prompt ab. 

5. Zunahme des Hämoglobingehaltes. Eintreten von Leukozytose 
bis 35000, 

6. Beträchtliche Gewichtszunahme. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


38. ‚Stern, Über die Speicherung von Medikamenten in tuber- 
kulösem Gewebe. Zschr. f. Tbe. Bd. 26 H.4. _ 

Verf. hat Lupusfälle mit Salvarsan behandelt und dabei deutliche 
Lokalreaktionen erzielt, obne jedoch Heilung zu erreichen. Die Wirkung 
des Salvarsans auf tuberkulöse Herde ist zu erklären durch die Ver- 
langsamung des Blutstromes in dem venenarmen lupösen Gewebe, das vor 
allem den Abfluss des Blutes erschwert und damit eine intensivere Beein- 
flussung durch das Medikament erleidet als normales Gewebe. Die Speiche- 
rung eines Medikamentes im Gewebe hängt, wie Verf. an analogen Fällen 
(Salizylsäure bei Arthritis) zeigt, von der Blutverteilung im Gewebe ab. 
Man wird also „chemotherapeutische“ Wirkungen sehr vorsichtig beurteilen 
müssen, solange nicht nachgewiesen ist, dass die Wirkung des Medikamentes 
auf oben beschriebenen Tatsachen beruht. Verf. ist überzeugt, dass die 
Kupferbehandlung beim Lupus mit wirklicher „Chemotherapie“ nichts zu 
tun hat. Dennoch wird man die Anhäufung von Medikamenten in tuber- 
kulöse Gewebe nutzbringend verwerten können. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


39. Hubert Oberstadt, Zur Behandlung der Hauttuberkulose 

mit Aurum-Kalium eyanatum. Dissert. Bonn 1916. 

An Hand der Literatur und nach Beobachtung von 5 Fällen kommt 
Verf. zu folgendem Ergebnis: Die Behandlung der Hauttuberkulose mit 
Aurum-Kalium-cyanatum besteht in einer Änderung der Farbe (weniger 
entzündlicher Ton), einem Rückgang der Infiltrationen, einer Reinigung 
und Epithelisierung ulzerativer Prozesse. Aurum mit Tuberkulin kom- 
biniert lässt diese Effekte rascher eintreten. Bis jetzt ist kein Fall von 
Heilung bekannt. Der therapeutische Effekt bleibt beachtenswert. 

Kurt Theodor Bingler. 
Internat. Centralbl. f. Tuberkuloae-Forsehung. Xi. 2 


IR Prophylaxe. 


e) Prophylaxe. 


40. B. C. Crowell, Tuberculosis and its control. Antiluberculosis 
Bulletin (Philippine Islands), April 1916. 

Es ist anzuerkennen, dass die Nordamerikaner, seit sie die Philippinen 
an sich genommen haben, es an Bemühungen um die Wohlfahrt des 
eroberten Gebietes nicht fehlen lassen. Bereits vor 5 Jahren hat sich auch 
eine Vereinigung zur Bekämpfung der Tuberkulose gebildet (Philippine 
Islands Antituberculosis Society) mit Sitz zu Manila, die eine monatlich 
erscheinende Zeitschrift in englischer und spanischer Sprache herausgibt 
(Antituberculosis Bulletin. In der Aprilnummer von 1916 veröffentlicht 
Crowell, Professor der Pathologie und Bakteriologie an der Universität 
Manila, einen allgemeinen Vortrag über die Aufgaben und Ziele der 
Tuberkulosebekämpfung mit besonderer Rücksicht auf die Verhältnisse 
der Philippinen. Auf diesen Inseln ist die Tuberkulose anscheinend sehr 
verbreitet, und die Voraussetzungen zu ibrer näheren Erforschung und 
allmählichen Beseitigung sind naturgemäss recht schwierig. Crowell 
betont, dass man sich dadurch nicht abschrecken lassen dürfe, und ver- 
sucht gewisse Richtlinien zu geben, nach denen man mit gutem Willen 
und mit der Zeit schon vorwärts kommen würde. Meissen, Essen. 


41. R.J. Newton, The enforcement of antispitting laws. Anti- 
tuberculosis Bulletin (Philippine Islands), June 1916. 
Spuckverbote findet man auch bei uns vielfach angeschlagen, mehr 

in der Form eines Ersuchens zur „Förderung der öffentlicben Gesundheits- 

pflege“. Für besondere Spuckgesetze hat sich noch kein Bedürfnis her- 
ausgesetzt. Anders ist es in Amerika, sei es, dass man dort mehr und 
freier spuckt, sei es, dass dort die Ansteckungsfurcht noch grösser ist. 

Dort bestehen ja auch andere, uns wunderlich scheinende hygienische Gesetze, 

und es kann nicht erstaunen, dass man sie auch auf die Kolonien aus- 

zudehnen sucht. Newton gibt den ausführlichen Entwurf eines Spuck- 
gesetzes (Antispitting Law), dessen Übertretung für jeden Fall mit „nicht 
weniger als 1 und nicht mehr als 5 Dollar“ bestraft wird. Die Hälfte 
der Strafe soll dem zufallen, der den Übeltäter zur Anzeige bringt! 

Man kann die guten Absichten solcher Gesetze loben; ob sie aber etwas 

nützen und ob sie praktisch durchführbar sind, bleibt vorerst 

„weifelhaft. Gemeingefährlich ist doch nur der Bazillenspucker, sonstige 

Spucker sind nur unappetitlich und schlecht erzogen oder rücksichtslos. 

Will man auch das gesetzlich bestrafen ? Meissen, Essen. 


42. Sixto de los Angeles, The Antituberculosis Campaign in 
the Philippine Islands. Antitubereulosis Bulletin (Philippine 
Islands), April 1916. 

Der Verf., ein spanischer Arzt auf den Philippinen, gibt eine Über- 
sicht über die Bestrebungen der Antituberculosis Society im Kampfe gegen 
die „Weisse Pest“ (peste blanca), die auf den Inseln schwere Opfer fordert. 
Die Tuberkulosesterblichkeit für 1914 in Manila ist auf 48,4 von 10000 
Lebenden angegeben, mehr als das Doppelte von Berlin mit 23,1 und 
etwas mehr als in Paris mit 42,5; sie ist also gewaltig gross und scheint 
auch im übrigen auf den Inseln sehr hoch zu sein. Man führt den Kampf 


Prophylaxe. 19 


mit denselben Mitteln wie bei uns: Fürsorgestellen, Heilstätten, öffentliche 
Unterstützung und Belehrung. Die Beschaffung der erforderlichen Gelder 
ist aber schwierig. Besonderen Wert scheint man auf die Errichtung 
eines „Präventoriums“ zu legen, d. h. einer Heilstätte für die Tuberkulose- 
Verdächtigen, Prophylaktiker oder wie man sie nennen will, auch Leicht- 
kranke: Diese Leute brauchen den kostspieligen Apparat einer Heilstätte 
im eigentlichen Sinne nicht, können viel billiger und auch besser versorgt 
werden. Der Gedanke ist sehr richtig und darf auch in Deutschland 
nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden, Meissen, Essen. 


43. koering-Davos, Zur Vorbeugung der Ausbreitung der Tuber- 

kulose. Arzil. V. Bl. 1916 Nr. 1073. 

Die Ausführungen des Herrn Ministerialdirektors Prof. Dr. Kirchner 
auf der Tuberkulose-Versammlung in Berlin’ veranlassen G., Vorschläge 
zur zweckmässigen Tuberkulosebekämpfung zu machen. Er will den An- 
griff vor allen Dingen gegen die Tuberkulose der Jugend gerichtet wissen, 
damit vorbeugend gegen die Tuberkuloseausbreitung wirken und so all- 
mäblich zu einem tuberkulosefreien Geschlecht gelangen. Ohne Zweifel ist 
G. darin zuzustimmen, dass die Tuberkulosebekämpfung bei den Jugend- 
lichen noch manches zu wünschen übrig lässt und energischer angefasst 
werden müsste, doch werden seine Ausführungsvorschläge kaum allseitigen 


Beifall finden. Birke, 


44. M. Scehultze-Posen (z. Z. im Felde), Noch einmal „Zur Vor- 
beugung der Ausbreitung der Tuberkulose“. Arztl. V. Bl. 1916 
Nr. 1080. 


Eine Antwort an Goering aus den Reihen der Praktiker, die auf 
die nicht unbekannten Mängel der derzeit durchgeführten Tuberkulose- 
Bekämpfung hinweist und Vorschläge macht, in welcher Weise möglichst 
wirksam gegen die Tuberkulose vorgegangen werden kann und muss. 

: Birke. 


45. Goering-Davos, Gegen die Tuberkulose. Ärztl. V. Bl. 1916 
Nr. 1080. 


Neue, etwas eingehendere Ausführungen darüber, dass die bisherige 
Tuberkulosebekämpfung nicht zum gewünschten Ziele führen kann und 
dass „die Jugend tuberkulosefrei gemacht werden müsse“. Die praktische 
Durchführung der an sich richtigen Gedauken sieht auf dem Papier nicht 
allzuschwer aus, birgt aber sicherlich recht erhebliche Schwierigkeiten, die 
durch das einzige Wort „Zwangsmassnahmen“ genügend beleuchtet werden. 
Dass der bisherige Kampf gegen die Tuberkulose nicht befriedigende Er- 
gebnisse gehabt hat, weiss jeder, der mit diesen Dingen zu tun hat, es 
ist aber auch bisher noch nicht gelungen, durch gesetzliche Massnahmen 
einen staatlichen Zwang zu erreichen. Gleichwohl können sich die bei 
Kriegsbeginn erreichten Erfolge sehen lassen. Der Kampf richtet sich 
gegen eine chronische Krankheit von meist jahrelanger Dauer, und bei- 
spielloser Ausbreitung, so dass dementsprechend ein Sieg, wenn er über- 
haupt zu erreichen sein sollte, nur sehr langsam und wirklich nur Schritt 
für Schritt erfochten werden kann. Birke. 


9x 


X) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


46. Pfleiderer-Ulm, Ein weiterer Beitrag zum Kampf gegen 
die Tuberkulose. Arztl. V. Bl. 1916 Nr. 1094. 


Mit Freuden sieht man, wie lebhaft an der für unser Volk in dieser 
schweren Zeit besonders wichtigen Frage mitgearbeitet wird. Die in ge- 
drängter Kürze gehaltenen Darlegungen Pfleiderers führen uns nach 
den Äusserungen Goerings mehr auf den Boden der Wirklichkeit und 
haben für die Gegenwart, die die sonst verfügbaren Kräfte der Nation 
vielfach nach anderen Richtungen bindet, den Vorzug, dass sie bald aus- 
gemünzt und in wirkliche Werte umgesetzt werden können. Mit der von 
Pfleiderer empfohlenen Arbeit und Erziehung kaun und muss bei 
unserer Jugend und unseren Kindern bald begonnen werden, um durch 
Entziehung des geeigneten Nährbodens dem Feinde das Dasein zu er- 
schweren und unmöglich zu machen. Dass darüber der direkte Kampf 
wie er bisher geführt wurde und wie er in Zukunft in verbesserter und 
umfangreicherer Form geführt werden soll, nicht vergessen werden darf, 
ist selbstverständlich. Birke. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


47. Mitteilungen aus deutschen Heilstätten. 1. Ber- 
gische Heilstätten für Jlungenkranke Kinder, E. V. 1915/16. — 
2. Neue Heilanstalt für Lungenkranke zu Schömberg, 0.A. 
Neuenbürg. — 3. Heilstätte für Lungenkranke zu Ober- 
kaufungen bei Cassel 1915. — 4. Heilstätte Holsterhausen 
bei Werden-Ruhr 1915. — 5. Auskunfts- und Fürsorgestelle 
für Lungenkranke in Aschaffenburg 1915. — 6. Frankfurter 
verein für Rekonvaleszenten-Anstalten 1914 und 1915. 


Auch die Heilstätten stehen naturgemäss unter dem Zeichen des 
Krieges. Zu Beginn desselben erfolgte eine fluchtähnliche Entleerung 
aus den verschiedensten bekannten Gründen, so dass sich manche von 
ihnen gezwungen sah, den Betrieb wenigstens zeitweise einzustellen. Viele 
stellten sich dann wenigstens eine Zeitlang ganz in den Dienst der Ver- 
wundeten- und Krankenpflege. Im Verlaufe des Jahres 1915 traten 
dann jedoch wohl überall wieder geordnete Verhältnisse ein, es trat das 
Bedürfnis auf, die Tuberkulose wieder einer ordnungsmässigen Behandlung 
zuzuführen. Allmählich füllten sich die Heilstätten wieder, die Militär- 
verwaltung tat das übrige dazu, um die Hilfsquellen der Heilstätten den 
im Felde erkrankten Soldaten zugute kommen zu lassen. Wohl die 
meisten Heilstätten haben eine grössere oder kleinere Anzahl von Betten 
für Heeresangehörige bereitgestellt. So zeigt uns das Jahr 1915 erfreu- 
licherweise fast überall einen Heilstättenbetrieb, der dem Friedensbetrieb 
nahe kommt. 

Die wichtigste Frage bietet heute die Ernährung der Kranken. 
Normen lassen sich nicht aufstellen, wohl jede Heilstätte wird sich in die 
Lage versetzt fühlen, auf eigene Faust zu versuchen, wie sie am besten 
mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln den Erfordernissen der 
Ernährung gerecht wird. Eine beruhigende Tatsache lässt sich aber wohl 
überall feststellen, die notwendig gewordene Herabsetzung der Eiweiss- 





Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. >] 


und Fettmengeu bat es nicht vermocht, die erstrebte Gewichtszunahme 
zu verhindern. Wir finden überall (iewichtszunahmen, wie wir sie im 
Frieder gewohnt sind. 

In der Behandlung der Tuberkulose tritt allmählich die Sonnen- und 
Strablenbebandlung in die Erscheinung, wenn auch erst in vorsichtig 
tastenden Versuchen. Die Ergebnisse sind noch nicht eindeutig genug, 
wenn auch recht ermutigend. Auch die Tuberkulinbehandlung in mancher- 
lei Form bewährt ihre alte Kraft. | 

Wohl überall finden wir das Bestreben, die Lungenkranken nach 
längeren Wochen der Schonung und Erholung zu entsprechenden Arbeiten 
heranzuziehen, um ihnen das Bewusstsein ihrer Leistungsfähigkeit und 
die Freude am Schaffen wieder zu gebeu und ibnen den Übergang in ihr 
alltägliches Arbeitsleben nicht zu schroff und schwer zu gestalten. 

Hans Müller. 


48. Halfdan Sundt, Jahresbericht des Seehospitals Frederiks- 

vern für das Jahr 1. VII. 1915 bis 30. VI. 1916. 

Alle Kinder, die ins Hospital aufgenommen werden, werden mit 
Tuberkulin und Wassermaun untersucht. Durch diese Untersuchungen 
hat es sich erwiesen, dass immer mehrere und mehrere der aufgenon- 
menen Kinder an einer nicht-tuberkulösen Krankheit leiden. Von 78 
Kindern, die in den 5 Jahren 1911—1916 wegen „Coxitis tuberculosa“ 
aufgenommen wurden, hatten 33 = 42,3%, eine Krankheit nicht-tuber- 
kulöser Natur. Sonnentherapie wird viel angewandt. 

Birger Överland. 


49. E. T. Holther, Das Tuberkulosesanatorium Landeskogen. 

Tidsskrift for den norske legeforening 1916 Nr. 23. 

Der Oberarzt beschreibt das neue, im letzten Herbst eröffnete 
Tuberkulosesanatorium im südlichen Norwegen. 120 Betten. Es kostet 
1067000 Kr. Die Elektrizität ist in grossem Masse angewandt. So 
wird das Sanatorium auch durch Elektrizität im Winter erwärmt. 

Birger Øverland. 


50. Eimar Sigstad, Das Tuberkuloseheim Trygstad, Norwegen. 
Tidsskrift for den norske lægeforening 1916 Nr. 23. 
Die Anstalt war seit 1898 privates Tuberkulosesanatorium. Wurde 
im Jahre 1909 von einigen Kommunal-Gemeinden für 50000 Kr. ein- 
gekauft und als Tuberkuloseheim mit 35 Betten geöffnet. 
Birger Øverland. 


5l. John Mjóen und Aug. Michelsen, Jahresbericht für das 
Tuberkulosesanatorium Glittre (Norwegen) für das Jahr 1915. 
Tidsskrift for den norske lægeforening 1916 Nr. 24. 

Das Sanatorium wurde im Jahre 1903 geöffnet, liegt ca. 120 m ü. 
d.M. Hat 53 Betten. Im Jahre 1915 war die Mittelbelegung 52,7 
Patienten. Im ganzen Jahre sind 131 Patienten entlassen worden. 

Birger ®verland. 


Allgemeines. 


g) Allgemeines. 


52. D. B. Tornoe, Wie sind die Paragraphen 6 und 13 des 
Norwegischen Tuberkulosegesetzes zu verstehen? Tidsskrift for 
den norske lægeforening 1916 Nr. 24. Birger Øverland. 


53. Charles Roper, The Economic Assistance of the Tubercu- 
losis Patient. A Note on the Treatment of Tuberculous Cases 

in the County of Cornwall. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. X 

No. 4 Oclobre 1916. 

Bericht über die Avtituberkulose-Tätigkeit in der Grafschaft Cornwall, 
die eine ganz besonders grosse Tuberkulose-Morbidität aufweist. Verf. 
will den Wert der Sanatorien nicht bezweifeln; ein Sanatorium für die 
Grafschaft Cornwall existiert aber noch nicht und die Patienten müssen 
zu Hause behandelt werden. Auf Grund seiner Erfahrungen schlägt er 
vor, bei nicht genügend vorhandenen Mitteln, und namentlich in der 
jetzigen Jahreszeit, statt der Sanatoriumsbehandlung die ihr „nicht weit 
nachstehende“ Hausbehandlung durchzuführen. Amrein, Arosa. 


54. Edward A. Baldwin, The Trudeau School of Tuberculosis. 

Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. X No. 4 Octobre 1916. 

Der kürzlich verstorbene, um die Tuberkulosebekämpfung in Nord- 
amerika hochverdiente Gründer und Arzt der Tuberkulosestation Saranac 
Lake (Staat New-York), Dr. Trudeau, hat spezielle Kurse für Ärzte 
in Sanatorien empfohlen und eingeführt, um besonders die Sanatoriums- 
behandlung mit allen Details zu studieren. Amrein, Arosa. 


55. Rodolphe Wingfield, The Classification of Cases of Pul- 
monary Tuberculosis. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. X 
Nr. 4 Octobre 1916. 

Vorschlag einer neuen Klassifikation der Lungentuberkulose unter 
spezieller Berücksichtigung der konstitutionellen Störungen. Er stellt vier 
Gruppen auf: A. Patienten, die arbeitsfähig sind und es bleiben; B. Ar- 
beitsfähige, die arbeitsunfähig werden; C. Arbeitsunfähige, die arbeitsfähig 
werden; D. Arbeitsunfähige, die es bleiben. Für Kranke, bei denen 
Tuberkelbazillen im Sputum gefunden werden, schlägt der Autor vor, 
folgende Zeichen zu benutzen, die den jeweiligen Zustand ausdrücken sollen: 





In, = in Ruhe fiebernd, 
In, = in Ruhe afebril, nach Bewegung fiehernd, 
In, = nach Bewegung afebril, 


A = arbeitsfähig und bleibend, 
B = arbeitsfähig, arbeitsunfähig werdend, 
C = arbeitsunfähig, arbeitsfähig werdend, 
D = arbeitsunfähig und bleibend. 
990 F ist als Grenze zwischen Afebrilität und Febrilität angenommen, 
in Ruhe gemessen, mindestens ?/s Stunden nach körperlicher Anstrengung. 
Amrein, Arosa. 








Bibliographie. — Bücher und Zeitschriften. 2 


ve 


h) Bibliographie. 


56. Tuberculose et guerre, Paris Médical. Jahrg. 6. Nr. 3, 1916. 


a) P. Lereboullet, La tuberculose dans l'armée d'après Villemin et Kelsch. 
b) P. Lereboullet, Pour les blessés de la tuberculose. 
c) L. Landouzy, La guerre et la tuberculose 1914/1915. 
d) Louis Rénon, La défense sociale contre la tuberculose pendant la 
guerre. 
c) Leon Bernard, Fiövre typhoide et tuberculose. 
I) F. Dumarest et A. Vigné, De lhospitalisation temporaire et eco- 
nomique des tuberculeux de guerre. 
g) H. Grenet, Utilité de la radioscopie, pour la selection rapide des 
tuberculeux aux armées. 
h) Henry Labbé, L'assistance et l'éducation des tuberculeux de la guerre 
dans les stations sanitaires du ministère de l'intérieur. 
i) Albert-W eil, Adénopathies trachéo-bronchiques et projectiles de guerre. 
Die Arbeiten schildern die Verhältnisse der Tuberkulosebekämpfung 
im französischen Heere, die gemessen an den deutschen durchaus rückständig 
sind (vgl. die Arbeit von E. Meissen, Zschr. f. Tub. Bd. 26 H.2 S.81 u. fg.) 
A. Gosslau, Über die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft mit 
Sterilisation bei Tuberkulose der Lungen. Dissert. Jena 1916. 


8. G.Ideler, Symptomatologie der tuberkulösen Meningitis. Dissert. Kiel 1916. 
09. E. Kolle, Beitrag zur Kenntnis der Meningitis bei Tuberkulose und die 


Bedeutung der Mischinfektion dabei, Dissert. Kiel 1916. 


60. Jauaki Nikoloff, Die Röntgentherapie der tuberkulösen Lymphdrüsen des 


Halses und die Frage des Rezidivs. Dissert. Heidelberg 1916. 


61. H. Sutherland, Pulmonary tuberculosis in general practice. London 1916. 


Cassel’s Verlag. 


62. G. Bantzımann, Über einen Fall von Augenbindehauttuberkulose nach einer 


Verletzung durch Schlag mit dem Schwanz einer Kuh. Dissert. Giessen 1916. 


63. T. Jakobs, Untersuchungen über 16 Fälle vaginaler Totalexstirpation des 


sraviden Uterus ohne Adnexe wegen Lungentuberkulose. Diss. Berlin 1916. 


III. Bücher und Zeitschriften. 


fpi 
. 


VBtto Loose, Die Grundlagen der Heilungsvorgänge im menschlichen 
Körper. Entstehung und Bedeutung der sogenannten weissen Bint- 
zellen. Leipzig 1916. Verlag Georg Thieme. Preis 20 M. 

Es ist schwierig, zu dem vorliegenden Werk, dessen Verfasser, wie Prof. 
Peter Bergell in einem Vorwort wmitte.lt, noch vor der Drucklegung verstorben 
ist, kritisch Stellung zu nehmen. In umfangreichen eigenen Untersuchungen hat. 
Loose sich mit dem Ursprung, der Tätigkeit und dem Verbleib der Leukozyten 
und Lymphozyten beschäfiigt. Wie er selbst betont, weichen seine Resultate 
von den allgemein als gültig angeuommenen gewaltig ab. So steht z. B. nach 
seiner Ansicht fest, dass rote Blutkörperchen zu Eiterkörperchen umgewandelt 
werden, dass rote Blutkörperchen zum Aufbau von bestimmten Zellen in Krank- 
heitsprozessen verwendet werden! Diese an einem sehr einseitigen Material 
gewonnenen Ergebnisse — benutzt wurden fast lediglich Zellen, die der Harn- 
röhre entstammten — werden durch eine grosse Zuhl prachtvoll r-produzierter 
farbiger Tafeln zu erhärten gesucht; aber dıe Beweise für die umstürzlerischen 
Behauptungen können trotzdem nicht als erbracht angesehen werden. 
Rosenow. 


24 Kongress- und Vereinsberichte. 


2. Archiv für Frauenkunde und Engenik. Bd. II. Heft 3. 1916. C. Ka- 
bitzech' Verlag. 

Wenn auch in dem Hefte keine Arbeiten enthalten sind, die direkte Be- 
ziehuggen zur Tuberkuloselehre haben, so finden sich so viele indirekte Berüh- 
rungspunkte, dass wir auf das Heft hinweisen müssen. Es kommen sozial- 
bygienische Fragen und Erziehungrprobleme zur Behandlung, deren Studium sich 
auch für den Tuberkulosearzt lohnt: Schacht, Die geringere körperliche und 
geistige Leistungsfähigkeit des Weibes; Bergemann, Sozialpädagogik; Adler. 
Die Frau als Erzieherin; Reich, Gebrechlichkeit und Zivilisation. 

Schröder. 


3. Das rote Kreuz. Zeniralorgan für deutsche Wohlfahrts- und Wohltäligkeits- 
bestrebungen. XXXIV. Jahrg. Nr. 23. (Festausgabe zum 50 jährigen Be- 
stehen des Vaterländischen Frauen-Vereins.) 

Der Vaterländische Frauen-Verein vermag in diesem Jahre auf eine 50 jährige 
segensreiche Tätigkeit zurückzublicken. Von der damaligen Königin Augusta ins 
Leben gerufen, war er zunächst dazu bestimmt, die Leiden des Krieges lindern 
zu helfen. : Die Erfahrungen von 1850/71 haben dazu geführt, dass in rastloser 
Friedensarbeit am Ausbau des Vereins weitergearbeitet werden konnte, so dass 
im jetzigen Kriege eine ausserordentlich erfolgreiche Tätigkeit zur Pflege und 
Fürsorge für Verwundete und Kranke einsetzen konnte. 

Aber nuch segensreicher Friedensarbeiıt auf sozialem Gebiet gab sich der 
Verein während seines langen Bestehens hin. Die ganze freiwillige Wohlfahrts- 
pflege, die sich heute auf den mannigfachsten Gebieten betätigt, ist seine Arbeit. 
Mit den Berufsgenossenschaften, Landesversicherungsanstalten und Krankenkassen 
arbeitet der Verein Hand iu Hand. 

So konnte es nicht ausbleiben, dass der Vaterländische Frauen-Verein auch 
den Kampf gegen die Tuberkulose freudig aufnahm. Zwei grosse Lungenheil- 
stätten, die Frauenheilstätte Vogelsang bei Magdeburg und die Heilstätte für 
Männer und Frauen in Oberkaufungen bei Cassel sowie die Lupusheilanstalt des 
Vaterländischen Frauen-Vereins Graudenz zeugen von der tatkräfıigen Mitarbeit 
des Vereins. Kinderheilanstalten, Seehospize und vor allem die zahlreichen 
Walderholungsstätten sind das Werk der Frauen-Vereine. 

Die wichtigste Aufgabe in der Tuberkulusebekämpfung ist das Herausfinden 
der Erkrankten, ihre Beratung, das Aufsuchen der Familie, kurz die ganze Für- 
sorge für den Kranken und seine Angehörigen. Auf diesem Gebiete hat sich 
hauptsächlich der Vaterländische Frauen-Verein verdient gemacht, indem er einen 
grossen Teil der bestehenden Auskunfts- und Fürsorgestellen für Lungenkranke 
eingerichtet hat. Noch manches bleibt ihm hier zu tun übrig. Er wird sich mit 
Eifer seiner Aufgabe weiterhin annehmen, vor allem, wenn nach dem Feldzuge 
die entlassenen tuberkulösen Solduten weitere Kreise gefährden. Das Zurück- 
gehen der Tuberkulose wird auch seiner Tätigkeit zu verdanken sein. 

Hans Müller. 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 


V. Österreichischer Tuberkulosentag. 
(Ref. Dr. H. Gstrein, Wien.) 
Am 17. Dezember 1916 wurde im Hause der k. k. Gesellschaft der Ärzte 


in Wien der V. österreichische Tuberkulosentag abgehalten. Den Vorsitz in der 
Versammlung führte der Präsident des österreichischen Zentralkomitees zur Be- 


Kongress- und Vereinsberichte. 29 


kämpfung der Tuberkulose Graf Dr. Larisch-Mönich. Er eröftnete die Sitzung 
mit einer Trauerrede für Kaiser Franz Josef, der als Schirmherr der Wissenschaft 
sich auch den Dank jener erworben hat, die gegen die Tuberkulose kämpfen. 
Hierauf erfolgte durch den Vorsitzenden die spezielle Begrüssung der Veıitreter 
der einzelnen Ministerien, der Statthalter und Landesausschüsse. Ferner gedenkt 
er der sich um die Tuberkulosenbekämpfung verdient gemachten Männer, die seit 
der letzten Tuberkulosentagung dahingegangen: Hofrat Lang, Professor Theo- 
dor Pfeiffer, Dr. Heinrich Jungmann, Dr. Josef Winkler, Dr. Her- 
mann Putz. Die Anwesenden erheben sich zum Zeichen der Trauer. Bevor 
der Vorsitzende den Rechenschaftsbericht vorbringt, ruft er ein Hoch auf das 
Herrscherpaar aus, das in der Versammlung lebhaften Widerhall fand. Man 
sandte Huldigungsdepeschen an die Kabinett-kanzlei des Kaisers, an die Erzher- 
zogin Isabella und an den Erzherzog Karl Stephan. 

Hierauf verliest der Vorsitzende den Rechenschaftsbericht, aus dem man 
ersehen konnte, welch ein grosses Friedenswerk mitten im Kriege geschaffen 
wurde. Es werden alle neu errichteten oder im Bau befindlichen Heilstätten 
aufgezählt und was von jeder einzelnen geleistet wird. 

Sodann übernimmt v. Jaksch (Prag) das Wort in der Frage: Krieg und 
Tuberkulose. Er weist nach, dass seit dem Vorjahr die T'uberkulosestei blich- 
keit enorm zugenommen habe. Aus den Statistiken seiner Klinik ist ersichtlich, 
dass die Sterbeziffer, die bis zum Jahre 1912 nur 60 jährlich betragen hat, in 
dirgsem Jahre während der ersten 9 Monate auf 120 angestiegen ist. Des weiteren 
findet man in den Statistiken von 1879—1911, dass 6 Millionen in dieser Zeit an 
Infektionskrankheiten starben. Von diesen 6 Millionen entfielen 3.3 Millionen 
allein auf Tuberkulose. Das sind Zahlen, die noch aus dem Frieden stammen. 
Diese sind während des Krieges und zwar auch bei der Zivilbevölkerung, nament- 
lich aber im zweiten Kriegsjahr, gewaltig gestiegen. Beweis dafür sind folgende 
Zahlen. In den Prager Reservespitälern werden monatlich Berichte über Zahl 
und Ursache aller Todesfälle ausgewiesen. Aus diesen kann man ersehen, dass 
die Tuberkulosesterblichkeit von durchschnittlich 19 %o im letzten Vierteljahr auf 
31 °/o gestiegen ist. Wenn Hedner auf Grund und Ursache dieser traurigen Tat- 
sache eingeht, dann glaubt er am meisten den Umstand dafür verantwortlich zu 
machen, dass zu junge und muskelschwache Individuen assentiert werden. Und 
noch eine zweite Erklärung wäre möglich. Viele Soldaten und Offiziere sind zu 
Beginn des Krieges mit einer relativ leichten Affektion eingerückt: Diese haben 
vielleicht im eısten Krieg-jabre die Strapazen eben noch aurhalten können, jetzt 
aber, nach zweijähriger Dienstzeit, sind sie am Ende ihrer Widerstandskraft an- 
gelangt. Redner wendet sich hierauf der Tuberkulosebekämpfung zu und glaubt 
nur dann für einen Erfolg garantieren zu können, wenn man gleich beim Säug- 
liog mit der Tuberkulosebekämpfung beginnt. Deshalb stellt er den Antrag, dass 
nach beendigtem Kriege alle Soldaten einer genauen Untersuchung unterzogen 
und alle jene zurückbehalten werden sollten, die eine offene Tbe. hätten. Nur 
80 könne die jüngere Generation vor einer noch stärkeren Ausbreitung bewahrt 
werden. Natürlich müsste man für die mit einer offenen Tbc. behafteten Sol- 
daten genügend Vorsorge treffen. Redner ist der Ansicht, dass die nach dem 
Kriege frei werdenden Interniertenlager, die zum Teile äusserst günstig gelegen 
sind, zur Unterbringung dieser Zurückbehaltenen verwendet werden könnten. 
Daselbst wären nun diese so lange zu behalten, bis die Kranken bazillenfrei 
werden. 

Für die starke Zunahme der Tuberkulose bei der Zivilbevölkerung führt er 
zwei Gründe an: 1. den grossen Mangel an Zivilärzten und die Überbürdung der 
wenigen nicht eingerückten und 2, die Knappheit an Lebensmitteln. 

Als nächster Referent ergreift Hermann Schlesinger (Wien) das Wort. 
Das Thema lautet: Der klinische Verlauf der Tuberkulose bei Sol- 
daten. Durch den Krieg werden nach seinen Erfahrungen nur ausnahmsweise 


3% Kongress- und Vereinsberichte. 


bei früher lunzengesunden Soldaten frische Tuberkuloseinfektionen hervorgerufen. 
Auch Brusttraumen, wie Brustschüsse, stumpfe Gewalteinwirkung etc., geben für 
das Zustandekommen der Tuberkulose kein ätiologisches Moment ab. Hingegen 
werden alte Herde, die bereits abgekapselt oder in Ausheilung begriffen sind, 
durch den Krieg und die im Gefolge befindlichen mannigfachen auslösenden 
Faktoren leicht reaktiviert.e. Was den klinischen Verlauf anbelangt, so unter- 
scheidet sich die Kriegstuberknlose nur unwesentlich von der im Frieden. Das 
srosse Material, das zur Verfügung steht, mag es vielleicht mit sich bringen, 
dass einige Besonderheiten im Verlauf häufiger beobachtet werden als im Frieden. 
So sah Redner sehr häufig Remissionen. Terminale Hämoptoe wurde von ihm 
zweimal beobachtet. Auch die Drüsentuberkulose spielt eine etwas grössere Rolle. 
Ebenso wird Gelenkstuberkulose häufig gesehen. Relativ häufige Komplikationen 
sind Magen-Darmerscheinungen, die durch die Achylie, welche so oft bei den vom 
Felde zurückkehrenden Soldaten gefunden wird, begünstigt werden. Recht oft findet 
man in der Anamnese initiale Hämoptoe. Ferner tritt des öfteren gepaart mit der 
Tuberkulose eine hochgradige Nervosität auf. Viermal konnte Redner bei lungen- 
kranken Bosniaken Psychosen sehen, derentwegen diese der Psychiatrie üherwiesen 
werden mussten. Was schliesslich die Prognose anbelangt, so unterscheidet sie 
sich nicht von der Friedenstuberkulose. Auch hier sind die Miliartuberkulose, 
die rasch progredienten Fälle und die akut einsetzenden Unterlappenprozesse 
prognostisch ungünstig. Redner hat seine Erfahrungen über den klini-chen Ver- 
lauf in der von ihm erbauten Kriegerheilstätte für lungenkranke Soldaten in 
Pernitz in N.-Ö., wo bereits 120 Soldaten eine spezifische Behandlung durch- 
gemacht haben, gesammelt. 

Als nächster Referent ergreift Josef Sorgo (Heilanstalt Alland) das Wort. 
Nach seiner Menung trägt die mangelhafte Untersuchung bei der Assentierung 
die Schuld, dass die Tuberkulose unter den Kriegsteilnehmern so stark verbieitet 
ist. Wenn aber bei Soldaten, bei denen bei der Assentierung trotz der sorg- 
fältigsten Untersuchung keine Lungenaffektion nachgewiesen werden konnte, 
dennoch eine solche im Verlaufe dea Krieges manifest wird, go bestehen zu deren 
Erklärung nur zwei Möglichkeiten: 1. kann die Lungenaffektion durch eine frische 
exogene Infektion hervorgerufen worden sein, 2. können Tuberkelbazillen, die bereits 
fıüher in der gesunden Lunge vorhanden waren, ohne irgendwt Iche Erscheinungen 
bervorzurufen, durch die Einwirkung der Kriegsschädlichkeiten unterstützt, ihre 
deletäre Wirkuug entfallen. Dass dem so ist, beweist der Umstand, dass bei 
95°/% der darauf untersuchten Soldaten die Tuberkulinreaktion positiv ausfiel. 
Bei der Abgabe von militärärztlichen Gutachten soll vor aliem auf drei Punkte 
Rücksicht g-nommen werden: 1. auf die Anamnese, ob bereits früher ein aktiver 
Prozess vorhanden war, wenn auch gegenwärtig kein solcher nachgewiesen werden 
kann, 2, auf den Kräfltezustand und 3. auf die Beobachtung während des Dienstes. 
Soldaten, bei denen einmal ein aktiver Prozess konstatiert wurde. sollten nach 
Möglichkeit vom Frontdienst bewahrt bleiben; denn abgekapselte Herde haben 
grosse Tendenz zu rezidivieren. Redner stellt den Antrag, bei denjenigen, die 
eine Anstaltsbehandlung durchgemacht haben, vor ihrer militärischen Wiederver- 
wendung eine Prüfung ihrer Leistungsfähigkeit durchzuführen, z. B. derart, dass 
die betreffenden Patienten Märsche von bestimmter Länge machen und nachher 
kontrolliert wird, wie diese Leistungen vertragen werden. Zum Schlusse will er 
noch die Aufmerksamkeit auf eine von ihm gemachte Beobachtung lenken. Es 
trat nämlich bei 7 vorher subjektiv vollk'mmen Lungengesunden zirka 1';2 Monate 
nach abgelaufenem Typhus eine aktive Tuberkulose mıt Hämoptoe auf. 

Otto Porges (Wien) spricht über die Begutachtung der Tuber- 
kulösen für milıtärische Zwecke. Während im Frieden die Feststellung 
eines tuberkulösen Prozesses gleichbedeutend war mit der Freilassung des Sol- 
daten vom Militär, besteht diese Möglichkeit jetzt in Kriegszeiten nicht, da ein 
solcher Patient, wenn auch nicht zum Frontdienst, so doch zu vielerlei militäri- 


Kongress- und Vereinsberichte. 27 


schen Diensten verwendet werden kann. Es handelt sich nur darum festzustellev, 
welche Arten von Dienstverwendung für Tuberkulöse ohne etwaige Nachteile für 
diese in Betracht kommen. Selbstverständlich sind nur solche Patienten gemeint, 
die keine offene Tuberkulose baben. Redner hat sich um den weiteren Gesund- 
heitszustand aller jener Patienten gekümmert, die von ihm als geheilt entlassen 
wurden, und fast alle von ihnen sind nach kurzem Frontdienst wieder krank 
zurückgekehrt und zwar in viel stärkerem Grade als das erste Mal. Nur ein 
einziger von ihnen hat den Frontdienst bıs 5 Monate wieder vertrazen. Daraus 
ist mit Deutlichkeit zu ersehen, dass Soldaten, bei denen einmal Tuberkulose 
konstatiert wurde, nicht mehr zur Frontdienstleistung verwendet werden sollten. 
Denn die Dienstleistung solcher Kranker steht in keinem Verhältnis zur Grösse 
der Nachteile, die eine Frontdienstrerwendung im Gefolge hat. Diese Nachteile 
bestehen in einer Gefahr für die Person des Kranken selbst, dann für seine Um- 
gebung als Infektionsquelle und nicht zum geringsten in der Last, die er dem 
Staate auferlegt, der sich um seine Wiederherstellung zu bemühen hat. Wenn 
aber diese Leute zu Bewachungsdiensten oder zu Professionsarbeiten, an denen 
beim Militär genügeud Bedarf besteht, verwendet werden, daun leisten sie erstens 
dem Staate wirklich Dienste und sind zweitens bedeutend weniger für die All- 
gemeınheit gefahrvoll, zumal duch deren Gesundheit<zustand le’cht kontrolliert 
werden kann. — Redner stellt den Antrag, dass alle jene Soldaten, bei denen 
einmal ein tuberkulöser Herd festgestellt wurde und die wieder zur Front ein- 
rückend gemacht werden, mit einer Marke oder mit einem Zeichen kenntlich zu 
machen sind, damit der Arzt im Felde sie stets im Auge behält. 

Alfred Goetzl spricht über die Verbreitung der Tuberkulose in 
Bosnien und der Herzegowina. Gerade der jetzige Zeitpunkt wäre für den 
Au-bau jener Massnahmen, die auf die Tuberkulosebekämpfung hinzielen, sehr 
geeignet. Es wäre in Erwägung zu ziehen, ob nicht ein Teil der Kriegsfürsorge- 
massnahmen nutzbringender für die Tuberkulosebekämpfung verwendet werden 
könnte. Nicht nur unter der Zivilbevölkerung, sondern auch unter der aus Bosnien 
stammenden Mannschaft ist die Tuberkulose sehr stark verbreitet. Doch scheint 
nicht der Krieg diese bei den Bosniaken verursacht zu haben. Der Verlauf der 
Tuberkulose bei den Bosniaken ist ein relativ günstiger. Redner betont aber, 
dass bei der Bevölkerung in Bosnien sehr viele Lungenkrankheit-n nicht spe- 
zifischer Natur verbreitet sind, namentlich das jugendliche Eınphysem. Sicher- 
lich segelt ein grosser Teil dieser nicht tuberkulösen Lungenkrankheiten unter 
der Diagnose Tuberkulose. 

Hierauf kommt es über die bisher gehaltenen Vorträge zur Disk ussion, in der 
als erster Kobler (Wien) das Wort ergreift. Er kommt zuerst auf die von H. 
Schlesinger gemachte Beobachtung über den Zusammenhang von Tuberkulose und 
Psychose bei Bosniaken zu sprechen und meint, dass es sich um schwere Formen von 
Neurasthenie, namentlich aber um Melancholie handeln dürfte, was wenig zu verwuadern 
braucht, weun man bedenkt, dass diese Leute fern von ihrer Heimat, in einem voll- 
kommen fremden Milieu, unter ganz veränderten Lebensbedingungen ungewohnte Dienste 
leisten. Sodann nimmt Redner zu den von Sorgo und Porges vorzebrachten An- 
trägen betreflend die militärärztliche Begutacbtung Stellung und will diese dahin ergänzen, 
dass die militärärztliche Begutachtung nicht nur da in Kraft zu tieten hat, wo es sich darum 
handelt, geheilte Anstaltsptleglinge ins Feld zu senden, sondern auch bei den Front- 
dienstuntauglichen. Und hier handelt es sich hauptsächlich um die Rentenabgabe. Man 
glaubt gar nicht, welch grosse Rolle bei der Rentenabgabe die Tuberkulose spielt. 
Nicht weniger als 85°/o aller intern Untauglichen kranken an Tuberkulose. Wenn 
gleich bei der Konstatierung eingegriffen würde und die geeigneten einer Anstalts- 
behandlung zugeführt würden, dann müsste diese grosse Ziffer um ein bemerkenswertes 
sinken. — Goetzl’s Behauptung, dass ein grosser Teil der unter der Diagnose Tuber- 
kulose geführten Bosniaken nichts anderes als jugendliches Emphysem ist, kann Reduer 
nur unterstreichen. Wie gross aber die Disposition der Bosnier für Tuberkulose ist, 
geht daraus hervor, dass alle jene, die früher gesund auswandern, namentlich nach 
Amerika, fast ausschliesslich an Tuberkulose erkrauken und, nach Hause zurückgekehrt, 
den Keim in vorber ganz verschont gebliebenen Gebieten verbreiten. 


IR Kongress- und Vereinsberichte. 


Als nächster beteiligt sich an der Diskussion Generalstabsarzt Frauz. Er 
gibt zu, dass früher tuberkulöse Kranke bei Assentierungen als diensttauglich bezeichnet 
wurden. Im Mai dieses Jahres wurden vom Kriegsministeriam detaillierte Bestimmungen 
gegen diese Ubelstände getroffen. Nach diesen Bestimmungen werden Jugendliche 
nach Tunlichkeit berücksichtigt. Gewiegte Internisten sollen bei der Präsentierung zugegen 
sein, Kranke mit manifester Tuberkulose werden zurückgestellt. Tuberkuloseverdächtige 
sollen zur genaueren Untersuchung an Lungenheilstäiten abgegeben werden. Bei jenen, 
die nur in der Anamnese, nicht aber bei der objektiven Untersuchung eine tuberkulöse 
Affekıion bieten, wird natürlich wie bei sonst gesunden vorgegangen. Bezugnehmend auf 
v. Jaksch’s Antrag bezüglich muskelschwacher Iudividuen, glaubt Redner nicht, dass 
diesem Antrag entsprochen werden kann. Und zwar aus dem Grunde, weil eine ge- 
wöhnliche Hungerkur viele vom Militärdienste befreien würde. Was die Sterblichkeit 
in den MilitArspitälern anbelangt, so ist in letzter Zeit sicher eine Besserung eingetreten. 
Nach den Statistiken in den Militärspitälern betrug im Mai 1916 die Tuberkulose- 
sterblichkeit 6°/o, während sie in den Berichten vom 3. Oktober nur 2'/2°/o beträgt. 
In den Heilstätten sollten für Tuberkulose geschulte Arzte verwendet werden. Aber 
an solchen Arzten ist nicht nur beim Militär, sondern auch im Zivil ein grosser Mangel. 
Deshalb stellt Redner den Antrag, es sollten Kurse von 2—3 Monaten Dauer abgehalten 
werden, die genügen würden, um Ärzte hinreichend spezialistisch auszubilden, 

Hamburger (Wien) hält die Vorstellung über die Häufigkeit der Bazillenhuster 
und der schweren progressiven Fälle im Felde für stark übertrieben. Er gibt zu, dass 
sein Optimismus in dieser Hinsicht vielleicht dadurch zu erklären sei, dass er nur 
während des Sommers Gelegenheit hatte, den Gesundheitszustand der Mannschaft, uuter 
der keine Arbeiterabteilung war, zu beobachten. Auch Redner stimmt dem Vorschlag 
von Sorgo zu, dass die Lungenkranken nach beendigter Heilstättenbehandlung Funk- 
tionsprüfungen unterzogen werden sollten und je nach dem Resultat einer solcheu 
Prüfung bestimmte, ihreın Gesundheitszustand entsprechende Dienstleistungen zugewiesen 
erhalten sollten. Ferner befürwortet Redner auch den Antrag auf Ausbildung von 
Spezialärzten. 

Nowak (Wien) beleuchtet die chirurgische Seite der Tuberkulosebehandlung. 
Viele Tuberkuloseerkrankungen finden nur beim Chirurgen Heilung. Hierzu gehören 
die tbk. Lymphome und die Gelenkstuberkulose. Charakteristisch für letztere ist die 
Multiplizität der Gelenksaffektionen. Die Prognose ist schlecht bei sehr rascher Pro- 
gression im Gegensatz zur Lymphdrüsentuberkulose, wo man die rasche Progression 
nur selten findet. Die Prognose der rasch progredienten multiplen tuberkulösen Gelenks- 
affektion wird aber bedeutend günstiger, wenn die chirurgische Behandlung möglichst 
bald einsetzt, 

Steyrer (Innsbruck): Die Diagnosenstellung bei beginnender Tuberkulose maclıt 
oft grosse Schwierigkeiten. Es wäre deshalb angezeigt, zweifelhafte Fülle an Beobachtungs- 
stationen abzugeben, die mit allen zur genauen Diagnosenstellung erforderlichen Hilfs- 
mitteln ausgerüstet sein sollten. Namentlich eine vollkommene Röntgeneinrichtung. 
Die Beobachtungsdauer sollte eine Woche betragen. Oft bewirke die Röntgenuntersuchung 
Irrtümer im negativen oder positiven Sinne und könne schliesslich auch in unlauterer 
Weise missbraucht werden, was Redner schon des öfteren zu sehen Gelegenheit hatte. 
Deshalb sei die Röntgenuntersuchung nur einem sehr geübten und auch zuverlässigen 
Fachmann anzuveıtrauen. 

Telek y (Wien) kann dem Antrage v. Jaksch bezüglich der Zurückbehaltung 
offener Tuberkulöser nicht zustimmen. Denn erstens würden es diese Leute sehr schmerz- 
lich empfinden, wenn sie bei Friedensschluss noch weiter auf längere Zeit von ihren An- 
gehörigen getrennt bleiben sollten und zweitens würden sie sowieso über kurz oder lang, 
wenn sie nach 3—4 Monaten Heilstättenbehandlung keine Bazillen mehr aushusten, in 
die alten unhygienischen Verhältnisse wieder zurückgekehrt, rezidiv und würden aufs 
neue ibre Umgebung mit ihrer offenen Tuberkulose gefährden. Deshalb empfiehlt 
Redner alle jene, bei denen nach Friedensschluss eine genaue Untersuchung eine oflene 
Tuberkulose ergeben sollte, wohl nach Hause zu lassen, aber daselbst einer Tuberkulnse- 
fürsorgestelle zu überweisen. Redner wendet sich sodann gegen das Unrecht, dass alle 
Mılitärärzte angewiesen werden, die Erwerbsfühigkeit tuberkulöser Kranker in Prozenten 
abzuschätzen. Der allergrösste Teil der Arzte hatte in Friedenszeit nie Gelegenheit, etwas 
Ähnliches zu tun, hat auch gar keinen Überblick über die Arbeitsmöglichkeiten und Arbeits- 
bedingungen eines durch Tuberkulose geschädigten Kriegsteilnehmers, Deshalb schlägt 
Redner vor, zum Zwecke einer gleichmässigen und gerechten Begutachtung eine Zentral- 
stelle zur Ahgabe ärztlicher Gutachten über die Erwerbsfähigkeit der durch Tuberkulose 


Kongress- und Vereinsberichte. 29 


geschädigten Kriegsteilnehmer zu errichten; die Ärzte dieser Zentralstelle müssten 
natürlich in dieser Hinsicht geschult und routiniert sein, 

Bloch (Czaslau) macht auf die in seiner Beobachtungsstation häufig benbachteten 
Lymphdrüsenentzündungen aufmerksam, die er ätiologisch auf schlechte UÜbikations- 
verhältnisse zurückführen möchte, Soldaten mit Lymphdrüsenentzündung können assen- 
tiert und zu geeigneten Diensten verwendet werden, nur sollte man sie in geeigneten, 
lichten, luftigen Zimmern unterbrivugen. 


Hiermit wird für vormittag die Sitzung geschlossen und für */s3 Uhr nach- 
mittags wieder anberaumt. 

Das nächste Hauptthema der Beratung war die Errichtung und Er- 
weiterung von Lungenheilstätten. Das Hauptreferat hatte Mayer 
(Brünn), der zunächst auf die Dringlichkeit der Heilstätten hinwies und auf die 
Notwendigkeit auch unter den derzeitigen schwierigen Verhältnissen zu einer Ver- 
mehrung der Bettenzahl in den Heilstätten zu schreiten. Ein grosses Gewicht 
bei jeder neu zu erbauenden Heilanstalt sei auf eine Tageserholungsstätte zu legen. 
Was die Erhaltunzskosten anbelangt, so ist das ein Punkt, der jetzt während der 
Kriegszeit weniger in Rechnung zu ziehen sei als im kommenden Frieden. Denn 
gegenwärtig ist der grösste Teil durch den Militärbelag gedeckt. Im Frieden 
aber muss er so weit kommen, dass die Tuberkulosefürsorge keine blosse bumanitäre 
Einrichtung, sondern eine geschäftliche sein sollte. Zur Bestreitung der Erhaltungs- 
kosten einer Lungenheilstätte würde es ein grosses Stück beitragen, wenn jede 
Anstalt ihre eigene Wirtschaft (Gemüsegarten, Geflügelhof, eigenes Vieh und 
Molkerei etc.) haben würde. 

Hierauf folgte die Erörterung der bautechnischen Seite. Berger (Wien) 
demonstriert an Lichtbildern der Lungenheilstätte Alland die einzelnen Faktoren, 
auf die bei der Eıbauung einer Lunzenheilstätte unbedingt Rücksicht genommen 
werden muss. Zu d’eseu Faktoren g-hören u. a. Windschutz, Höhenlage, günstige 
Unterbringung der H.izanlagen, Ausnützung der Sonnenseite, Staubfreibeit etc. 
Zum Schlusse erklärt Redner noch den Plan eines kleineren Objektes, einer neu 
zu gıündenden Heilanstalt in Vorarlberg. 


Der nächste Referent Kellner (Brünn) beschäftigt sich mitden Schwierig- 
keiten, die sich beim Bau einer Heilstätte entgegen«stellen. Die 
Schwierigkeiten bestehen gegenwärtig vor allem in der Beschaffung des Bau- 
materials, dann im Mangel an Arbeitskrälten und nicht zuletzt in der kolossalen 
Preissteigerung. Ferner nehmen die Bauschwierigkeiten um so mehr zu, je weiter 
die zu erbauende Anstalt von der Stadt entfernt ist. Diese, eb’n aufgezählten 
Schwierigkeiten biingen es mit sich, dass oft minderwertige Ware verwendet 
wird. Deshalb ist es sehr ratsam, die Erbauung aller jener Institute, deren Er- 
richtung keine momentane Notwendigkeit ist, für spätere Zeiten zu verschichben. 
Die Errichtung von Lungenheilstätten gehört aber zu den aktuellsten Instituten. 
Nach einer Sıatistik von Hofrat Pfeiffer müssen für das österreichische Heer 
allein 15000 Tuberkulosebetten reserviert werden. Anschliessend daran bespricht 
Redner in eingohender Weise alle Bedingungen, die unbedingt bei der Erbauung 
von Lungenbeilstätten genauest zu erwägen sind. 


Franz (Wien): Zur aussichtsreichen Bekämpfung sind zwei Massnahmen 
besonders berücksichtizenswert. Erstens die Ermittlung der Infektionsquelle. 
Jeder Fall von offener Tuberkulose muss isoliert werden. Um das zu erreichen, 
muss unbedingt eine obligatorische gesetzliche Anzeigepflicht gefordert werden, 
natürlich nur dort, wo es sich um aktive Prozesse handelt. Die Gegner dieser 
Ansicht wenden ein, dass durch eine solche Mässregel die Kranken stigmatisiert 
werden und sie hierdurch veranlasst würden, ibre Krankheit geheim zu halten. 
Der Arzt aber ist in Wirklichkeit verpflichtet, den Patienten, wie auch Beine 
Umgebung auf die Grösse der Gefahren, die durch die Nichtbeachtung aller Vor- 
sichtsmassregeln erwachsen, aufmeı ksam zu machen und sollte ohne Sonderinteressen 
jeden geeigneten Fall zur Anzeige bringen. In vielen Ländern besteht bereits 


30 Kongress- und Vereinsberichte. 


die Anzeigepflicht und die grossen Vorteile, die daraus erwachsen, stehen in 
keinem Verhältnis zu den geringen Nachteilen derselben. Die zweite Massnahme 
besteht in der Erziehung der Bevölkerung in der Hygiene. Diese lässt gegen- 
wärtig sehr viel zu wünschen übiig. Man sollte bereits in den Volksschulen mit 
hygienischem Unterricht beginnen und zwar derart, dass in den Lesebüchern 
kleine darauf bezughabende Lesestücke eingeschaltet werden. In den Bürzer- 
und Mittelschulen sollte Hygiene als oblixater Gegenstand eingeschaltet werden, 
Ebenso wäre es sehr wichtig, in den Lehrerseminaren grosses Gewicht auf den 
Unterricht in der Hygiene zu legen. Auch die Kinos sollten zu diesem Zwecke 
herangezogen werden. Auch vor der Mannschaft sollten Vorträge über Hygiene 
gehalten werden. Und schlie:slich alle Drucksorten, die weite Verbreitung 
haben, wie Zeitungen, Kalender, Merkblätter etc. in dieser Hinsicht ausgenützt 
werden. 


Das nächste Referat über die Bedeutung der Frühdiagnose er- 
stattet R. v. Bleiweiss (Laibach). Die grösste Wahrscheinlichkeit auf voll- 
kommene Ausheilung hat die Tuberkulose natürlich nur dann, wenn die Diagnose 
möglichst in den Anfangsstadıen der Erkrankung gestelit wird. Diese Anfangs- 
stadien verlaufen unter verschiedenen Krankbheitsbildern (Neurasthenie, Anämien 
ete.), so dass die Differentialdiagnose oft recht schwierig ist, haben wir doch oft 
bei initialer Hämoptve nicht die geiingsten physikalischen Veränderungen. Des- 
balb ist es notwendig, alle möglichen Hilfsmittel zur Verfeinerung der Diagnose 
heranzuziehen: Eiweissnachweis im Sputum, Bazillennachweis, genaue Temperatur- 
messungen, Röntgenuntersuchung, Tuberkulinreaktion etc. Redner stellt den 
Antrag, bei allen grö-seren Spitälern Tuberkulosestationen einzurichten, wohin alle 
verdächtigen Kranken vom praktischen Arzte geschickt werden könnten. Diese 
Stationen müssten natürlich die entsprechende Einrichtung wie auch einen ge- 
schulten Arzt baben. Der hier untergebrachte Kranke müsste mehrere Tage genau 
beobachtet werden, denn eine ambulatoıische Entscheidung würde nur zu Irrıümern 
führen. Die Kosten einer solchen Station kämen nicht allzuhoch, da die Haupt- 
auslage in der Besuldung des Stationspersonals bestünde. Selbstverständlich 
müsste, wo es nottut, die Station auch die Behandlung übernebmen. Diese muss 
individuell sein. Wo es notwendig ist, muss dem Patienten Berufswechsel an- 
geraten werden, andere geeixnete Fälle müssten in Heilanstalten untergebracht 
werden, andere geeignete Fälle müssten einer ambulatorischen Tuberkuliukur 
unterzogen werden usw. Dem grossen Mangel an geschulten Tuberkulose- Ärzten 
könnte nur durch entsprechende Kurse an den Universitäten abgeholfen werden. 


Ludwig Teleky (Wien) bespricht die Organisation des Kampfes 
gegen die Tuberkulose und betont, dass die Bestrebungen sozialer Fürsorge 
vor dem Kriege in Österreich nicht die entsprechende Unterstützung fanden. 
Noch im Kriege wurde das bekannte Kupelwieser-Projekt seinem Zwecke entfremdet. 
Jetzt hat man die Notwendigkeit intensiver Volksgesundbeitspflege als Giund- 
bedingung für das weitere Gedeihen des Staates erkannt. Die Tuberkulose- Be- 
kämpfung gliedert sich in die Behandlung und in die Verhütung. Wir brauchen 
also Heilstütten und Fürsorgestellen, Heilstätten brauchen wir sofort zur Unter- 
bringung erkrankter Soldaten. Da man sie aber in 2—3 Jahren erst erbauen 
kann, sind Pıovisorien notwendig. Die Tuberkulossfürsorgestellen brauchen eine 
zielbewusste Verwaltung, weil sie son»t zu Milch- und Speisemarkenanstalten 
entarten. Der Staatsverwaltung obliegt die Beschaffung der Geldmittel, die Ver- 
anstaltung der Tuberkulosevorlesungen für Ärzte, von Schulen für Fürsorge- 
schwestern und die Organisation des Kampfes. Dagegen haben die freien Or- 
ganisationen die praktische Durchführung der einzelnen Massnahmen zu übernehmen. 
Ein eigenes Kuratorium hätte die Verwaltung der gesammelten Gelder zu führen 
und dıe Richtlinien der Bekämpfung auszu ırbeiten. Die Ausführung wäre einer 
in jedem Kronlande zu errichtenden Zuhlstelle und den bisherigen Fürsorgeorgani- 
sationen zu übertragen. Die ganze Aktion muss dem Sanitätsdepartement unter- 


Kongress- und Vereinsberichte. 31 


stehen, dem wegen des engen Zusammenhanges mit der Volksgesundheitsplegy 
die gesamte soziale Fürsorge unterstehen sollte. 

Anschliessend daran entspinnt sich eine Diskussion, an der Wenkebach 
(Wien) teilnimmt, Er bestätigt die von Mayer und Kellner aufgeführten Erfahrungen 
und fordert möglichst weitgehende Einschränkung. Er selbst habe erfahren müssen, 
was es heisst, unter den gegenwärtigen Verhältnissen zu bauen. Der Kostenvoranschlag 
einer kleinen Tuberkulosestation für 32 Betten, die er seiner Klinik angliedern will, 
beziffert sich auf 400000 K, dabei benötige er keine besondere Einrichtung, da er ja 
alles an der Klinik besitze. Deshalb sei es das Vernünftigste, denn Holz ist dach ge- 
nügend vorhanden, Baracken zu bauen, wobei man sicher ähnlich gute Erfahrungen 
machen werde wie in Amerika. Es würden dadurch viele Millionen erspart bleiben 
und Tausende von Patienten früher zur Behandlung kommen, 

Mayer (Brünn) spricht für Kokal (Brünn) und hebt nur zwei Punkte hervor, 
die er in allen bisherigen Vorträgen vermisste, dass nämlich bei einer energischen 
Tuberkulosebekämpfung auf zwei Punkte staıkes Gewicht gelegt werden muss und das 
ist erstens eine gehörige Anzahl von Schulärzten und zweitens eine obligatorische 
Wohnungsfürsorge. 

R. v. Kutschera (Innsbruck): Die Tuberkulose ist eine Infektionskrank- 
heit und kann wie jede andere in Epidemien auftreten. Wir haben allerdings 
fast nie Gelegenheit, eine solche Epidemie mitzumachen, aber aus einer Tabelle, 
die Redner demonstrieıt, kann man ersehen, wie in einem Grazer Gefängnis die 
Tuberkulose als Epidemie aufflammte und durch blosse Verdoppelung der Fett- 
ration und Verbesserung der Kost nach kurzer Zeit wieder abflaute. Redner 
macht weiter auf den Parallelismus zwisch?n Tuberkuloserückgang und Geburten- 
rückgang aufmerksam. Aus den zahlreichen Kurven über die Tuberkulosezahl in 
den einzelnen Kronländern ist ersichtlich, dass die 'Tuberkulose seit dem Jahre 
1890, in welchem Jahre überall ein auffallend starker Abfall einsetzte, allmählich 
im Rückgang sei. Des weiteren kann man aus diesen Kurven ersehen, dass die 
Tuberkulose am stärksten in der Bukowina (ca. 50°,o) abgenommen hat, während 
sie in Tırol stark zugenommen hat, namentlich in den Lungenkurorten. Redner 
ist deshalb unbedingt dalür, dass Tuberkalosekranke nur in geschlossenen Heil- 
stätten untergebracht werden. Denn es wäre ein Un-inn, dass das gute Klima 
allein Heilung bringen könne. Nur eine geregelte Heilstättenbehandlung mit allen 
den wohlbegründeten Verordnungen kann allein dıe Heilung bedingen. 

Teleky (Wien) vermisst im Vortrage von Kutschera in den demonstrierten Kurven 
die Danebenstellung der übrigen Erkrankungen der Atmungsorgane, da viele Arzte sich 
aus privaten Gründen scheuen, Tuberkulose als Krankheit respekt. Todesursache an- 
zugeben, sondern als Diagnose irgend eine andere Erkrankung der Atmung-organe 
nennen, Als Redner im Jahre 1904 die Tuberkulosestatistik in der Bukowina studierte, 
fiel ihm auch die abnorm starke Abnahme der Tuberkulose auf. Die Untersuchungen, 
die er deshalb anstellte, stellten fest, dass sich in der Buchführung und Registrierung 
ein grober Febler eingeschlichen habe. 

Auf der Tagesordnung stand ein Vortrag Wagner’s (Wien) über den 
Bau der Tuberkuloseheilstätten. Da er verhindert war, seine Ausfüh- 
rungen persönlich vorzubringen, übermittelte er der Tagung das Referat: Die 
Foitschritte auf kulturellem, wissenschaftlichem und technischem Gebiete haben 
wesentliche Änderungen im Spitalbau und dadurch solche in der Spitalbauordnung 
hervorgerufen. Diese Neuerungen berühren das soziale, hygienische und ökono- 
mische Gebiet hauptsächlich in folgenden Punkten: 1. Die Lage und innere Ein- 
teilung eines Spitals ist der Krankheitsbehandlung anzupassen; 2. jedem Kranken 
ist ein Einzelraum mit eixenem Waschtisch zuzuweisen ; 3. die Korridore 
sind zu Tage- und Speiseräumen auszugestalten; 4. Anordnung von 4—5 Stock- 
werken ist zulässig; 5. statt besonderer Liegehallen für Tuberkulöse sind ge- 
nügend grosse Balkons anzabringen (um die Betten aufzunehmen); die Aussen- 
erscheinung eines Spitals hat den Ausdruck des Frohen und Zuversichtlichen zu 
erhalten. 


32 Kongress- und Vereinsberichte. 


Weleminsky (Prag) spricht über die spezifische Therapie der 
Tuberkulose. Die enorme Ausbreitung der Tuberkulose macht eine Behand- 
lung aller Kranken in Heilstätten unmöglich. Zum Teil spielt auch die Geld- 
frage hier eine grosse Rolle. Deshalb muss eine Auswahl getroffen werden und 
in erster Linie die Nichtarbeitsfähigen und die offenen Formen der Tuberkulose 
wegen der grossen Infektionsgefahr berücksichtigt werden. Die anderen Kranken 
sollen ambulant oder privat behandelt werden, um nach Tunlichkeit zu verhindern, 
dass die Kranken für ihre Umgebung eine Infektionsquelle abgeben, oder dass 
sie arbeitsunfähig werden, Für diese Art der Behandlung ist das beste Mittel 
eine Tuberkulinkur, unterstützt durch eine entsprechende Ernährung. Die Erfolge, 
die Redner damit sah, sind die beste Empfehlung für eine ausgedehnte Verbrei- 
tung dieser Behandlungsart. 

Eiselt (Prag) spricht über die Erfolge der Heilstätte in Plesch. 
Er beschreibt eingehend den Bau und die Einrichtung des Sanatoriums, sowie 
den Desinf-ktionsmodus. Was die Behandlung anbelangt, so ist diese entweder 
eine byg'enisch-diätetische, oder eine Köntgenbehandlung, oder eine spezifische 
(Tuberkulın). Häufig werden diese auch kombiniert. Für Tuberkulinbehandlung 
verwendet er entweder Alt-Tuberkulin oder Bazillenemulsion. Mit den Tuberkulin- 
kuren erzielte Redner gute Resultate. Er ist ein Anhänger der langsamen, ein- 
schleichenden Methode. Er verwendet Tuberkulin auch in Einreibungen und intern 
in Pılleuform. Sehr schöne Erfolge wurden auch mit der Höhensonnenbehand- 
lung sowohl bei der Lungen- als auch Larynxtuberkulose gesehen. Chirurgische 
Kehlkopfeingriffe werden nach Möglichkeit vermieden. 

ZJemah (Wien) spricht über den Zusammenhang der Tuberkulose 
und der Psoriasis. Psoriasis gehört unbedingt zu den Krankbeitserscheinungen 
der Tuberkulose. Schon der Umstand spricht dafür, dass die Psoriasis durch 
eine spezifische Therapie vollkommen ausgebeilt werden kann. Am meisten ver- 
wendet Redner das Tuberkulomuzin (Weleminsky); es hat eine lohe anti- 
toxische Wirkung und führt schneller als alle anderen Präparate zur Entfieberung. 
5 Fälle von Psoriasis heilte Redner durch Tuberkulomuzin, nachdem bereits viele 
andere Therapien feblgeschlagen hatten. Kin Fall heilte nach 3 Injektionen, nach 
16 Monaten trat kein Rezidiv auf. In einem zweiten Falle trat ebenfalls nach 
jahrelanger verg-biicher Behandlung nach wenigen Injektionen Heilung ein. In 
einem dritten Falle schwand bereits nach einer Injektion die Psoriasis, die vor- 
her 12 Jahre lang bestand. — Wenn auch Redner aus diesen Tatsachen keine 
dogmatische Schlussfolgerung ziehen will, so sind doch diese Fälle geeignet, 
einen Zusammenhang zwischen Tuberkulose und Psoriasis wahrscheinlich er- 
scheinen zu lassen. Dafür spricht vor allem das Auftreten von Herdreaktion 
und zweitens der Heilerfolg der Tuberkulinbehandlung. 

Als letzter Referent spricht Federn (Wien) über den Zusammenhang 
zwischen Tuberkulose und Körperkonstitution. 

(Der Iuhalt dieses Vortrages konnte nicht verstanden werden, da Redner 
wegen seines hohen Alters sehr leise sprach.) 

Hierauf wurde die Tagung vom Vorsitzenden Grafen Larisch mit Dankes- 
worten an die Vortragenden geschlossen. 


Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


e 





Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


0.ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 
Klinik. 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 
Ober-Amt Neuenbürg, Wittbg. 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem, 
Krankenhauses Eppendorf in 
Hamburg. 


Redaktion: 
Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg. 


Verlag: 


Curt Kabitzsch Verlag, Würzburg. 
Kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler 
Ludwigstrasse 231/js. 





11. Jahrg. 


Ausgegeben am 28. Februar 1917. 





Nr, > 


— 





Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.) 


Adam, A. 46. 
Amrein, 0. 5%, 
Arkin, A. 40. 

Artz 37. 

Bacmeister, A. 56. 
Baldwin, E. R. 49. 
Bantzmann, G. 53. 
Bayer, H. 6l. 
Bowditch, V. Y. 48. 
MacBrayer, L. B. 49. 
Bronfenbrenner, J. 45. 
Brown, L. 49. 
Bürgers, J. 43. 
Campbell Posey 48. 
Maclarty, W. C, 39. 
MacCool, J. L. 54. 
Corper, H. J. 49. 


' Friedenwald, E. B. 54. 
‚ Fröschels 64. 
' Funk, E. H. 39. 
Goldthwait, J. E. 50. 
` Granfelt, H. 42. 
. Greenfeld, W. 54. 
: Haga, J. 59. 
Hammer, G. 45. 
. Hartshorn, W. M. 45. 
v. Hayek, H. 40. 
' Holbig 54. 
Hofbauer, L, 64. 
Jackson, Ed. 35. 
Jacobs, H. B. 49. 
Johnsson, A. 48, 
Kalın, J. N. 40. 
Kahn, M. 45. 


| 


Koeppe, L. 51. 

! v. Kutschera, A. 4:. 
Lapham, M. E. 44. 

' Lowandowsky, F. ox. 
Lohmer 55, 

: Manning, J. B. 42. 

` Minor, C. L. 49. 
Mohler, H. K. 39. 
Mohr, H. 52. 
Möllers 60, ôl. 
‚Morse, A. L. 44. 
‘v. Muralt, L. 34. 

: Oehler 60, 6l. 

Oeri, F. 40. 

Otami. M. 50. 
Palmer, G. T. 49. 
Peters, L. S. 48. 


‘ Reichmann, V. 52, 
Rockmann, R. 45. 

-v. Ruck, K. 4%. 

' Schläpfer, V. 47. 

Scott, J. R. 39. 

Selter, H. 43. 

' Snellmann, H. 42. 

v. Sokolowski, A. 43. 

Sorgo, J. 63. 

Staub-Oetiker, H. 37. 

: Sundt, H. 47. 

, Takaro, R. ol. 

‚ Teecon 46. 

T iem 54. 

Uhthoff, W. 53. 

Ullmann, F. 63. 

Ustvedt, Y. 41. 


Crozier, J. P. 49, ' Kahn, M. H. 45. Porges, O. 62, 6$. Verriotis, Th. 3%. 
Dietrich 57. : Kaminer 57. Pottenger, F, M. 49. Wallgren, A. 41. 
Durante, L. 39. . Knott, H. J. £2. 


Engleson, H. 46. Koga, G. 50. 


I. 


Ludwig von Muralt . 


` Ranke, K. E. 35. ' Whitbeck, B. H. 5o. 
: Ravenel, M. P. 49. i 


Nekrolog. 


1I. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Rceferate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol, Anatomie, 
64. Ranke, Primäreffekt, sekundäre und 


} 


besonderen Verhältnissen des Kıieges. 
74. Wallgron, kin Vergleich zwischen Lun- 


tertiäre Stadien der Lungentuberkulose auf&rund gentuberkulösen und Gesunden hinsichtlich 
von bhistolog. Untersuchungen der Lymphdrüsen tuberkulöser Exposition im Kindesalter. — 


der Lunzenpforte. — 65. Staub-OVetiker, 
Die Pneumokoniose der Metallschleifer, 
64. Artz, Beitrag zur Frage der Beziehungen 
zwischen Tuberkulose und Schilddrüsenverände- 
rungen. — 67. Jackson, Intraocular Tubercu- 
losis. — 88. Verriotis, Über die vom Ureter- 
stumpf nach Nepbrektomie wegen Tuberkulose 
ausgehenden Komplikationen und ihre Behand- 
lung. — 69. Durante und MacCarty, Tuber- 
eulosis of breast; report of ten cases. 
30. Scott, Tuberculosis of the tongue. 
7l. Mohler aud Funk, Gastrie function in 
pulmonary tuberculosis. — 72. Kahn, Pulmo- 
nary tuberculosis and body weight. 


— 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


75. Ustvedt, Die Kinder in den tubøerkulösen 
Familien in Kristiania. 16. Manning and 
Knott, A clinical study of 225 cbildren in 
relation to tuberculous exposure controled by 
v. Pirquet. — 77. Granfelt, Untersuchungen 
über Jdas Vorkommen der Tuberkulose ın dem 
Kirchspiel Malaks. — 78. Snellman, Studien 
über das Vorkommen der Tuberkulose unter 
dem an den Sägewerken der Holzwarenbetriebs- 
aktienzesellschaft Kemi beschäftigten Personal 
nebst Familien. 9. v. Kutschera, Ur- 
sachen der Verminderung der Tuberkulose- 
sterblichkeiten. — 80. Selter und Bürgers, 
Über die Verwendbarkeit der Kaninchen zu 
Arbeiten mit monschlichen Tuberkelhazillen. 


_— 


c) Diagnose und Prognose. 


13. v. Hayek. Über tuberkulöse Exposition SI. The Roentgenographie diagnosis of 
uud exogene tuberkulöse Infektion unter den early pulmonary tubereulosis. — 82, Murse, 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Fers:hung. 11. 3 


9 


D'’Espine's sign in childhood, — 83. Lapham. 
Tbe relation of tuberculosis of the bronchial 
glands to the diagnosis of tuberculosis of the 
lungs. — ŝ4. Hartshorn, The Röntgen ray 
in the diagnosis of pulmonary conditions in 
children - 5. Bronfenbrenner, Kahn, 
Roekman and M. Kahn, Further studies of 
biological methods for the diagnosis of tuber- 
eulosis. — 36. Hammer, Uber die Frühdia- 
znose der Miliartuberkulese durch das Röntgen- 
hild. — 57. Adam, Eine Methode zur 'luberkel- 
bazillenanreicherung in Liquor cerebrospinalis, 
Exsudat, Blut, Sputum und Organen. -— 88. En- 
sleson, kin Beitrag zur Frage vom Vorkom- 
“ men der Tuberkelbazillen in den Fäzes. Eine 
neue Methode zum Nachweis derselben. 
0, VQeri, Abderhalden-Verfahren bei Lungen- 
tuberkulose., — 90. Tecon, Die Moritz Weisz- 
sche Reaktion bei der Lunzentuberkulose. 
91. Sundt, Über die Tuberkulindiagnostik bei 
der sogen. cn Tuberkulose bei Kin- 
dern. 92, Schläpfer, Über die Bedentunz 
der nn Temperaturen für die Diagnose 
der beginnenden Luiigentuberkulose. — 23. von 
Sokolowski, Zur Diagnose der bösartiten 
Neubildungen der Lunge n. Pleura — 94. Camp- 
hell Posey, A consideration of some of the 
ocular conditions dependent upon tuberculosis 
and systematie gonorrhoea. — 95. Johnsson, 
Beitrag zur Kenntnis der Laparo- und Thorako- 
skopie. 


d) Therapie. 


Nekrolog. 


tubereulous organism, — 98. Goldthwaith, 
Anatomie form and posture, important factors 
in the treatment of pulmonary tuberculosis. — 
99. Koga, Chemotherapy of tuberculosis. — 
Otani, Treatment of tuberculosis with cyano- 
euprol. — Takaro., Treatment of leprosy with 
cyanocuprol. — 100. Koeppe, Klinische Be- 
obachtungen mit der Nernstspaltlampe und dem 
Hornhautmikreskop. 


e) Klinische Fülle. 

101. Mohr, Spontanheilung einer nach 
Trauma entstandenen Hodentuberkulose. — 1uz2. 
Reichmann, Über tuberkulöse Hirnhautent- 
zündnngen. 103. Bautzmann, Fall xon 
Augenbindehauttuberkulose. — 104. Uhthofi, 
Fali von Tuberkulose der Konjunktiva des 
oberen Lides. 105. MeCool, Ocular tuber- 
ceulosis and its treatment. 106. Frieden- 
wald and Greenfeld, Tubereulous tumor 
of the brain. 107. Helbig, Ein Fall von 
Steinhusten. — 108. Thiem, Tuberkulöse Hirn- 
hantentzündung. 

f) Prophylaxe. 

109. Veröffentlichung des Preuss. Ministe- 
riums des Innern vom 24. XIL 1916. 110. 
Lohmer, Anfgaben, Ziele und Organisation 
der gesundheitlichen Wohlfahrtspflege auf dem 
Lande. 


x) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und Heime. 


Ill. Whitbeck, A review of the ten 
years’ work at Sea Breeze Hospital for surgical 
tuberculons, 


96. Symposium on tuberenlosis. — 97.Arkin 
and Corper, ho tubereuloidal action of ar- 
senie compounds and their distribution in the 


III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


lichungen der Robert Koch-Stiftung zır Be- 
kämpfung der Tuberkulose. — 9. Hugo Bayer- 
Wien, Eine neue Heilmethode gegen Erkran- 
kungen der Lunge nnd des Herzens, — 10 Die 
Vibroinhalation, Therapeutische Mitteilungen 
aus den Heilinstituten flir Vibroinhialation. 


4. A. Batmeister, Lehrbuch der Lungen- 
krankbeiten., Dietrich und Kaminer, 
Handbuch der Balnevlogie. — 6. F. Lewan- 
dowsky, Die Tuberkulose der Haut. 
7.O. Amrein, Klinik der Lungentuberkulose 
für Studierende und Ärzte -- 8 Veröffent- | 


en J 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 


2. K. u. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien, Sitzung vom 15. Dezember 1015, 


l. Nekrolog. 


Ludwig von Muralt 


Kaum 48 Jahre alt erreichte ihn in Zürich im Elternhause auf dem 
Wege der Pflichterfüllung der Tod. Als sich Muralt am 16. Januar 1917 
morgens früh im Bette erhob, um mit einem Kranken die geplante Reise 
nach Heidelberg auszuführen, traf ihn ein Hirnschlag, dem er schon nach 

12 Stunden erlag. Mitten aus der umfassendsten beruflichen und wissen- 
schaftlichen Tätigkeit wurde er den Seinen, seinen Freunden und seinem 
Wirkungskreise viel zu früh entrissen. Zu kurze Zeit war es ihm be- 
schieden, auf der in rasch ansteigender Linie erreichten Höhe zu wirken, 
dafür blieb er aber von dem Abstieg des Alters verschont. 

Muralt war Dozent für Neurologie an der Universität in Zürich, als 
ihn vor ungefähr 14 Jahren ein Leiden ergriff, das ihn zwang das Hoch- 


wu 
wi 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


gebirge aufzusuchen und sich dort ein Arbeitsfeld zu schaffen. Fest und 
klar, ohne jedoch einseitig zu werden, war sein Sinnen auf ein Ziel ge- 
richtet, das er überraschend schnell erreichte. Infolge seiner hervorragenden 
Eigenschaften als Arzt und Mensch erfreute er sich in dem neuen Wirkungs- 
kreise bald des vollen Vertrauens seiner Kranken und infolge seiner 
klassischen Arbeiten, besonders auf dem Gebiete der Lungenkollapstherapie, 
eines hohen Ansehens unter seinen Kollegen des Inlandes und des Aus- 
landes. Während 10 Jahre stand das „Sanatorium Davos-Dorf“ unter 
seiner Leitung; seit dem 1. Oktober 1916 war Muralt Chefarzt des 
Turbanschen Sanatoriums.. Muralt war ein geschätztes Mitglied der 
schweizerischen neurologischen Gesellschaft, er war Präsident des Ärzte- 
vereins des Kantons Graubünden und damit Mitglied der schweizerischen 
Ärztekammer. Er gehörte zu den Gründern des Davoser Sanatoriunıs- 
Ärztevereins und war dessen Vorsitzender. Als dem Mitarbeiter dieses 
Blattes sind ihm diese Zeilen gewidmet. Unter uns Davoser Ärzten lässt 
Muralt eine fühlbare Lücke zurück. L. Sp. 


ll. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 
64. Karl Ernst Ranke, Path. Univ.-Instit. München, Primäraffekt, 


sekundäre und tertiäre Stadien der Lungentuberkulose auf 

Grund von histologischen Untersuchungen der Lymphdrüsen 

der Lungenpforte. II. Teil: Lungenerkrankungen bei gene- 

ralisierter Tuberkulose und isolierter Phthise. D. Arch. f. 

klin. AT. I 1916 H. 406 8. 297. 

In diesem Teile seiner grossangelerten Arbeit bringt R. seine 
histologischen ae über generalisierte Tuberkulose sowie über 
die isolierte Plhthise, die er an einer Reihe von Fällen eingehend dar- 
legt. „Bei der W aei des Gegenstandes rechtfertigt sich wohl ein 
näheres Eingehen. Voraufzuschicken ist die Feststellung, dass alle drei 
Formen -(Primäraffekt, generalisierte Tuberkulose und isolierte Phthise), 
unabhängig vom Lebensalter sind, d. b. also in jedem Lebensalter vor- 
kommen. 

Das charakteristische Merkmal für die generalisierte Tuber- 
kulose ist die hämatogenc Metastasierung. Besonders bemerkenswert 
ist das Verhalten der Drüsen: Man hat hier zwei völlig voneinander 
verschiedene Stadien zu unterscheiden, die Verf. als sekundäre und tertiäre 
bezeichnet. In der sekundären Periode überschreitet die Krankheit 
die äusseren Drüsengrenzen, die sie in der Primärperiode gewissermassen 
respektiert hat und breitet sich rasch unter ungemein heftiger und peri- 
fokaler Entzündung und rascher Verkäsung der sich bildenden grossen 
Herde in der Umgebung aus. Dieser Vorg: ang Ist jedoch nicht nur bei 
den kompakten Drüsen der Primärperiode vorhanden, sondern auch bei 
den Drüsen aus dem Wurzelgebiet der hämatogenen Metastasen. In 
späterer Zeit, der tertiären Periode, tritt dageren die Erkrankung der 
regionären Drüsen auff: allend zurück: Es bilden sich nur noch torpide 


3” 


36 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Herde, die perifokale Entzündung tritt mehr und mehr zurück, auch 
kommt es nicht mehr zur Abkapselung. Histologisch findet man in der 
sekundären Periode die Drüsen völlig verkäst, im Gegensatz zur primären 
Periode, in der zwar die Drüsen makroskopisch auch das Bild völliger 
Verkäsung geben, untersucht man sie jedoch mikroskopisch, so findet 
man im Käse eingebettet stets noch Reste von Drüsensubstanz. Auch die 
sogen. „Kartoffeldrüse‘“, die aus einem Gemenge von Käse und mehr oder 
weniger bindegewebigen Faserresten besteht, gehört in die sekundäre Periode. 
Diese letztere ist also ausgezeichnet durch die Giftempfindlichkeit, weshalb 
Verf. sie wohl auch als „anaphylaktisierende Periode“ bezeichnet. Sie 
steht im scharfen Gegensatz zur tertiären Periode und noch mehr zu der 
nun zu besprechenden isolierten Phthise, die beide der Ausdruck einer 
ausgesprochenen Immunität sind. 

Die isolierte Phthise ist nicht etwa eine zeitliche Fortsetzung des 
tertiären Stadiums der generalisierten Tuberkulose; sie geht vielmehr aus 
dem Primäraffekt, gewissermassen nach Überspringung des sekundären und 
tertiären Stadiums, unmittelbar hervor, ist jedoch von ersterem durch eine 
meist lange Latenzperiode getrennt. Es handelt sich dabei offenbar um 
leichte Infektionen. Ihr Merkmal ist die endobronchiale Aus- 
breitung, während Blut- und Lymphbahn als Verschleppungswege ge- 
sperrt sind. Die Erklärung dieser merkwürdigen Tatsache ist zu finden 
in der diese Krankheitsform auszeichnenden humoralen Immunität. Die 
in die Blut- und Lymphwege geratenen Bazillen werden hier unschädlich 
gemacht. Charakteristisch sind wiederum die Drüsenveränderungen. Wenn 
auch im allgemeinen die Bazillen durch die Lymphe vernichtet werden, so 
kommen doch einzelne geschädigte, aber noch nicht abgetötete Keime in die 
Drüsen, vermögen hier zwar noch geringe Wucherungen, aber keine fort- 
schreitenden Vorgänge mehr auszulösen. Dementsprechend findet man bei 
der isolierten Phthise in den Drüsen nur spärliche, kleinste meist sub- 
miliare Knötchen ohne perifokale Entzündung; keine Umwandlung in 
Bindegewebe, keine Abkapselung, keine Verkalkung, nur zuweilen zentrale 
kleine Käseherdchen; keine Tendenz zur Weiterentwicklung. Eine Unter- 
scheidung von frischen und alten Herden ist nicht möglich. In der Lunge 
selbst finden wir eine chronische, auf sie selbst beschränkt bleibende Er- 
krankung. Die Ausbreitung — endobronchial s. oben! — erfolgt teils 
per continuitatem, teils in Metastasen. Sie führt durch Zusammenfliessen 
und beständiges Weiterwachsen der Herde zu ausgedehnten Zerstörungen 
sowie auch zur typischen Miterkrankung des Auswurf ausführenden Kanal- 
systems im engeren und weiteren Sinne, also sowohl der Luftröhre, des 
Rachens, der Nase, des Mundes wie auch — durch Verschlucken! — des 
Magen-Darms. Die Blutgefässe bleiben selbst bei völliger Verkäsung ihrer 
Umgebung durchgängig und veröden vielfach erst, wenn die äusseren 
Lagen des Gefüssrohrs bereits verkäst sind. Dadurch entsteht die Ge- 
fahr der Zerreissung und sich anschliessender schwerer Blutungen bei 
Zerrungen oder Anstrengungen. Das ganze Bild der isolierten Phthise 
zeigt uns, dass sie nur infolge disponierender Geschehnisse, die eine all- 
gemeine Schwäche bewirken, zustande kommen kann. Bei ihrem aus- 
gesprochen chronischen Verlauf gibt sie der Therapie, insbesonders auch 
der chirurgischen, die besten Handhaben. (Vergl. Ref. 631, Bd. X, 
S. 322.) C. Servaes. 





Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 37 


65. H. Staub-Oetiker, Zürcherische Heilstätte für Lungenkranke 
in Wald, Die Pneumokoniose der Metallschleifer. D. Arch. 

f. klin. Med. 119. 1916 S. 469. 

Verf. untersuchte 15 Metallschleifer einer Maschinenfabrik, die in 
einem Zeitraume von 5—38 Jahren als Polierer oder Schleifer daselbst 
tätig gewesen waren. Das Schleifverfahren in der betr. Fabrik war der- 
artig, dass die Metallstücke zunächst auf feuchtem Wege aut Sandsteinen 
geschliffen und dann mit natürlichem Schmirgel auf trockenen Wege ab- 
gerieben wurden; das dabei häufig notwendige Zurichten der Sandsteine 
verursachte viel Staub. Nur 2 von den 15 Arbeitern klagten über Husten, 
Atemnot und Schmerzen, die anderen waren beschwerdefrei. Abgesehen 
von den beiden 'ersten, die an sekundärer Tuberkulose litten, war das 
Ergebnis der physikalischen Untersuchung so gut wie negativ. Ganz 
anders die Röntgenplatte. Diese zeigte in den leichtesten Fällen ver- 
stärkte Hilusschatten, Hilusdrüsen und verstärkte Strangbildungen, auch 
einzelne kleine runde Fleckchen. Letztere nehmen nun beim weiteren 
Fortschreiten der Krankheit an Zahl immer mehr zu, so dass die Platte 
ein netz- oder wabenartiges Aussehen erhält; die dichtesten Flecken be- 
finden sich in der Lungenwurzel und den unteren Teilen der Lunge, 
während die oberen etwas freier erscheinen. Die vom Verf. beigegebenen 
Abbildungen sollen dies genauer darstellen; doch da sie die Platten nicht 
zu ersetzen vermögen, so nimmt es nicht wunder, dass sie das zu Er- 
läuternde nicht vollkommen genug wiedergeben. Die Abbildungen erinnern 
wenigstens durchaus an Bilder von Hilustuberkulose und von diffuser grob- 
knotiger Tuberkulose. Auf den Platten mag das anders sein. Ob das 
Rönigenverfahren, wie Verf. angibt, die Krankheitserkennung über alle 
Zweifel sichert, namentlich auch im Hinblick auf mögliche Tuberkulose, 
erscheint Ref, auf Grund eigener Erfahrungen, aber auch unter Berück- 
sichtigung des unlängst von Stepp aus der Giessener medizinischen 
Klinik veröffentlichten Falls (M. Kl. 1916. 22) fraglich. Auch andere 
Ansichten des Verf. vermag Ref. nicht zu teilen, eine nähere Ausführung 
verbietet sich jedoch hier. Im übrigen entsprechen die pathologischen Er- 
gebnisse dieser Arbeit — makroskopisch wie mikroskopisch — den bis- 
herigen Kenntnissen über die Cnalikosis. Vorbeugend empfiehlt Verf. 
andere Schleif- und Polierverfahren und vollkommenere Einrichtungen, 
namentlich auch in bezug auf die Staubentfernung. C. Servaes. 


66. Artz, Beitrag zur Frage der Beziehungen zwischen Tuber- 
kulose und Schilddrüsenveränderungen. Inaug.-Diss. Wirz- 
burg 1916. 

Auf Grund mikroskopischer Untersuchungen 'sind in neuerer Zeit 
mehrere, besonders französische Gelehrte zur Ansicht gelangt, dass die 
Schilddrüse bei verschiedenen Infektionskrankheiten verschieden reagiert. 
Typische Veränderungen fand man bei der Tuberkulose. Und zwar zeigte 
sich vornehmlich eine Vermehrung des Bindegewebes. Andere bestreiten 
dies. Um eventuelle Beziehungen zwischen Tuberkulose und Schilddrüsen- 
veränderungen zu klären, stellte Verf. Tierversuche an. Er injizierte 
Kaninchen wiederholt jeden 2. Tag 1—3 mg Koch’sches Alttuberkulin 
unter die Haut des Rückens. Nach 3 Tagen begann ein Teil derselben 
träger zu werden, nach weiteren 3 Tagen zeigten sich Gewichtsverluste 
bis zu 400 g, 4 Tiere starben in 10 Tagen, 3 später. Die anderen er- 


D? 
holten sich in 3—4 Wochen. Einige reagierten gar nicht. 


DS Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Nach Chloroformtötung der Tiere wurden die Schilddrüsen sofort 
exstirpiert, in 10°/o Formalinlösung gelegt und nach Behandlung mit 
96°/o und absolutem Alkohol in Paraffin eingebettet. Die mikroskopische 
Untersuchung ergab keine wesentlichen Schilddrüsenveränderungen der 
infizierten Tiere; besonders das Bindegewebe war nicht übernormal ent- 
wickelt. Dieses, wie die Grösse der Follikel und ihr Kolloidgehalt wichen 
nicht deutlich von den Organen der Kontrolltiere ab, ja eines von diesen 
zeigte sogar ausser Gewichtsabnabme an seiner Schilddrüse Degenerations- 
erscheinungen, wie sie bei den infizierten Tieren vorkamen. Die „tat 
sächlich beobachteten Abweichungen vom normalen Bild: Stärkere Füllung 
der Gefässe, Desquamation der Follikelepithelien, Lymphozyten im 
Zwischengewebe‘“ bezeichnet Verf. „als eine sekundäre Erscheinung in dem 
durch die Tuberkulininjektion geschädigten Organismus“. Versuchsdauer 
bis 122 Tage. Resultat: Verf. schliesst sich de Quervains Ansicht an, 
„dass die Tuberkulose mit besonderer Vorliebe eine Vermehrung des Binde- 
gewebes bedingt, ohne damit sagen zu wollen, dass es sich um eine spezifische 
Wirkung der Tuberkulose dabei hanelt“. Fr. W. Massur, Stettin. 


67. Edward Jackson-Denver, Intraocular Tubereulosis. The 

Ophthalmic Record 1916 Nr. 1 

Jackson betont die Wichtigkeit der Entdeckung des Tuberkel- 
bazillus für die Diagnose und Therapie der Tuberkulose. Die Bazillen 
lassen sich leichter in den akuten Fällen nachweisen als in chronischen. 
Zusammenstellungen beweisen das. Können keine Bazillen nachgewiesen 
werden, so entstehen selten Zweifel an der Diagnose der chronischen 
Affektionen, wenn die Symptome, der klinische Verlauf und der histolo- 
gische Befund berücksichtigt werden. Die Tuberkulinproben sind unzu- 
verlässig: Calmette ist verlassen, bringt zuweilen Verschlimmerung der 
Augenaffektionen, v. Pirquet ist bei Erwachsenen nicht beweisend; am 
besten ist noch die mehrfache Injektion von Alttuberkulin. 

Auftreten von Miliartuberkulose der Chorioidea bei Meningitis; für die 
Prognose bedeutsam. Jessop fand sie in 50°/o der Fälle post mortem. 

Die Beziehung der Retinalaffektionen zur Tuberkulose sind dunkler. 
Es mag zuviel sein, wenn man wiederholte Glaskörperblutungen und 
Retinitis proliferans stets auf Tuberkuiose zurückführt. Aber Bazillen- 
und histologische Befunde, allgemeine und lokale Reaktion auf Tuber- 
kulininjektionen und der Verlauf sowie die Erfolge der Behandlung zeigen, 
dass dies doch häufig der Fall sein kann. 

Bezüglich der Tuberkulinbehandlung rät Verf. die Injektionen nicht 
öfter als einmal die Woche, am besten je eine alle 4 Wochen vorzu- 
nehmen. Die geringste Temperatursteigerung und stärkere lokale Reaktionen 
sollen vermieden werden; die Dosen sollen klein sein. 

Hervorzuheben sei, dass die Fälle von Chorioidal- und Retinaltuber- 
kulose nicht selten seien und besonders bei Personen auftreten, die an- 
scheinend in bester Gesundheit sind. Werner Bab, Berlin. 


65. Th. Verriotis, Über die vom Ureterstumpf nach Nephr- 
ektomie wegen Tuberkulose ausgehenden {nn und 
ihre Behandlung. Zschr. f. Urol. 9. 1915 S. 2 

Der Ureterstumpf kann der Ausgangspunkt von o Fisteln 
und Abszessen sein, auch von Empvemen, die die Symptome der Pyo- 


Gi) 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 3 


nephrose vortäuschen; auch kann von ihm Pyurie mit oder ohne Tuberkel- 
bazillenausscheidung ausgeben. Fisteln kommen vor, erstens als solche, 
die den Stumpf zur Ursache haben und nur mit der Wunde in Ver- 
bindung stehen; und zweitens als solche, die mit der Blase und mit der 
Wunde durch den Stumpf in Verbindung stehen. Die ersteren sind 
eiterige, die zweiten urinös-eiterige Fisteln. Zuweilen treten auch einige 
Zeit nach vernarbter Nephrektomiewunde die klinischen Symptome einer 
akuten Phlegmone auf: Intermittierender Pyureter und Abszesse. In ge- 
wissen Fällen zeigt sich nach glatter Heilung ein Auftreten von Pyurie 
mit oder ohne Koch’sche Bazillen, ohne dass die Blase erkrankt ist; 
man darf nicht von diesen Beschwerden auf eine andere tuberkulöse 
Niere schliessen, ohne dass man den Ureterstumpf gründlich untersucht 
hat. Die Häufigkeit der Fisteln kann beschränkt werden, wenn man von 
der Drainage durch die Wunde absehen kann. Abszesse müssen geöffnet 
und ausgekratzt werden. Diagnostisch leitet die Cystoskopie gute Dienste. 
Werner Bab, Berlin. 


69. L. Durante and W. C. MacCarty, Tuberculosis of breast; 
report of ten cases. Avn. of Surg., Juni 1916. 

Unter den 10 Fällen von Tb. der Mamma aus der Klinik Dr. 
Mayo’ waren 3, bei denen kein primärer Herd nachweisbar war; 
3 waren mit Tb. der Lunge und 3 mit Tb. der axillären Lymphknoten, 
sowie einer mit einer Pleurokostal-Erkrankung verbunden. — Einer der 
Patienten war ein Mann. Das Alter der Patientinnen schwankte zwischen 
22 und 52 Jahren. — Die linke Brust war 6mal, die rechte 4mal an- 
geeriffen. Die Brustwarze war nur in 2 Fällen eingezogen. — Nur eine 
Patientin klagte über heftige, alle anderen nur über geringe Schmerzen. 
Die überlierende Haut war in 2 Fällen leicht entzündet, in einem Fall 
ulzeriert. Mannheimer, New York. 


wo. James R. Scott, Tuberculosis of the tongue. Amer. Journ. 
Med. Se., Sept. 1916. 

Tuberkulose der Zunge kommt viel häufiger vor als im allgemeinen 
angenommen wird. — Männer sind mehr damit behaftet als Frauen. — 
Man findet dieselbe in allen Altersstufen, doch hauptsächlich zwischen 
dem 40. und 50. Lebensjahre, und zwar in zwei verschiedenen Formen, 
primär und sekundär. Die meisten Fälle sind sekundär. — Klinisch 
erscheint sie unter der Form von Geschwüren, Fissuren, Granulomen und 
Papillomen. — Die Differentialdiagnose hat einfache Geschwüre, Syphilis, 


Karzinom und Epitheliom auszuschliessen. — Die Behandlung ist ent- 
weder medikamentös oder chirurgisch. — Medikamentöse Behandlung gibt 


allerdings wenig Hoffnung auf vollständige Heilung und sollte nur in 
vorgeschrittenen Fällen angewandt werden oder wenn der lokale Prozess 
von einer generalisierten Tuberkulose begleitet ist. — Die rationelle Be- 
handlung ist die chirurgische und besteht in vollständiger Entfernung 
des kranken und eines beträchtlichen Teiles des benachbarten gesunden 
Gewebes. Mannheimer, New York. 


“1. H. K. Mohler and E. H. Funk, Gastrie funetion in pul- 
monary tuberculosis. Aner. Journ. Med. Se.. Sept. 141%. 
Von 1000 Schwindsüchtigen klagten 64,6%, 0 über Magenbeschwerden. 

Dieselben beruhten meistens auf Magenkatarrh mit Ausschluss anderer 


40 Ätiologie und Verbreitung. 


organischer Veränderungen. Die Methode war die der fraktionellen Unter- 
suchung des Mageninhalts in verschiedenen Zeitabschnitten vermittelst des 
Duodenalröhrchens. 22 beginnende und 25 fortgeschrittene Fälle von 
Lungentuberkulose wurden auf diese Weise untersucht. Es zeigte sich, 
dass vom Anfang der Krankheit an die motorische und sekretorische 
Funktion des Magens abnehmen. Hyperazidität ist sehr selten. Die sog. 
prätuberkulöse Dyspepsie ist ein Ausdruck stattgehabter Infektion. Die 
Zeichen verzögerter Verdauung machen sich mit dem Fortschreiten der 
Krankheit mehr und mehr geltend. Das Verschlucken von tuberkulösem 
Auswurf verschlimmert die Symptome. Viszeroptose und Gastrektasie 
sind nicht selten. Mannheimer, New York. 


12. Je N. Kahn, Pulmonary tuberculosis and body weight. 
Med. Rec., April 1916. 

200 Fälle von Lungentuberkulose in allen Stadien wurden im Am- 
bulatorium des Gouverneur-Hospitals (New York) auf ihr Gewicht hin 
besonders beobachtet. Verf. kam zu denselben Schlüssen wie Sommer- 
feld (Berlin): Die Patienten können zunehmen und sogar das normale 
Gewicht von Individuen gleichen Alters überschreiten. Männliche Pa- 
tienten desselben Stadiuns nehmen um so weniger ab, je älter sie sind. 
Frauen aller Altersklassen nehmen nicht ab, ausser wenn sie sich im 
3. Stadium befinden. Mannheimer, New York. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


73. Hermann v. Hayek, Über tuberkulöse Exposition und 
exogene tuberkulöse Infektion unter den besonderen Ver- 
hältnissen des Krieges. W. kl. W. 1917 Nr. 1, 2 (Beil. 
„Miitärsanitätswesen“). 

Verf. kann sich Schröder nicht anschliessen, nach welchem die 
ausschliessliche Ursache der Tuberkulose der Kriegsteilnehmer die endo- 
gene Reinfektion ist. Für die meisten Fälle ist dies zwar wahrscheinlich, 
in manchen Fällen ist diese Annahme aber willkürlich und nicht zu be- 
weisen. Audere Fälle weisen aber mit grosser Sicherheit auf eine exo- 
gene primäre Infektion hin, 

Die Gefahr einer massigen exogenen Infektion ist unter den Verhält- 
nissen des Krieges grösser als in normalen Verhältnissen. Trotz aller 
Massnahmen gibt es noch immer eine grosse Zahl Bazillenspucker unter 
den Truppen im’ Felde Dazu kommen die oft unhygienischen Wohnungs- 
verhältnisse, die Disposition infolge von Erkältungs- und Verdauungs- 
krankheiten, Überanstrengung, zeitweise Unterernährung. Auch im Hinter- 
lande liegen die Verhältnisse oft nicht besser: Gewisse ungünstige Dienst- 
leistungen (Monturdepots, Magazine, Kanzleien), weniger reichliche Kost, 
Übikationen, die den hygienischen Anforderungen des. Friedens nicht ent- 
sprechen. 

Die Annahme einer primären Erkrankung durch exogene massige 
Infektion kann nicht allein begründet werden durch Fehlen von heredi- 
tärer Belastung in der Ananınese und Fehlen eines tuberkulösen Habitus. 
Dagegen ist hiefür ein beweiskräftiger Stützpunkt ein bösartiger progre- 
dienter Verlauf mit ziemlich akuter Erkrankung aus voller Gesundheit 


Ätiologie und Verbreitung. 41 


heraus: es fehlt die relative Immunität infolge früher überstandener In- 
fektionen, die allgemeine Widerstandskraft ist durch nicht Eperihsche Dis- 
position geschwächt, 

Verf. stellt also für die Annahme einer primären exogenen Infektion 
folgende Forderungen auf: 

1. Fehlen einer familiären Belastung, 

2. Fehlen eines tuberkuloseverdächtigen Habitus, 

3. Fehlen tuberkuloseverdächtiger Symptome vor der manifesten Er- 
krankung, 

4. Akuter oder relativ akuter Beginn der Erkrankung, 

ö. Progrediente, bösartige Form der Erkrankung oder doch deutliche 
Tendenz zu rascher Proliferation als Zeichen fehlender Immunität durch 
früher überstandene Infektionen. 

Unter diesen strengen Einschränkungen hat Verf. 38 Fälle beobachtet, 
für die ihm die Annahme gerechtfertigt erschien. Dies macht 3,8 °/, seines 
Materiales aus. 

Schlussfolgerungen: 

1. Neben der weitaus häufigeren Autoreinfektion ist auch der exo- 
genen Infektion — speziell unter den Verhältnissen des Krieges — ent- 
schieden eine praktische Bedeutung zuzusprechen, 

2. Deren Bedeutung wird erhöht durch die Bösartigkeit, die in der 
Regel rasch zu schweren pneumonischen Infiltraten, Kavernenbildung und 
miliarer Aussaat führt. 

3. Diese Erfahrungen zeigen, dass wir auch in Friedensverhältnissen 
überall, wo Menschen unter unhygienischen Verhältnissen zusammenleben, 
in der tuberkulösen Exposition auch für Erwachsene eine wichtige Quelle 
tuberkulöser Erkrankungen erblicken müssen. Dieser Infektion muss 
grössere Bedeutung zuerkannt werden, als dies nach den in den letzten 
Jahren mehrfach vertretenen Anschauungen der Fall war. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald, 


74. A. Wallgren, Ein Vergleich zwischen Lungentuberkulösen 
und Gesunden hinsichtlich tuberkulöser Exposition im Kindes- 
alter. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 34. 1915 H.2 8.179 

Untersuchungen an 100 Tuberkulösen und 100 Gesunden ergaben, 
dass tuberkulöse Exposition in der Kindheit sich bei den Tuberkulösen 
in 51°/o, bei den Gesunden in 13°/o fand, Exposition vor dem 5. Jahre 
bei den Kranken in 15°/o, bei den Gesunden nur in 1°/o. Diese Unter- 
suchungen rücken die Bedeutung der Kindheitsinfektion in helles Licht 
und verdienten, an einem grösseren Material eingehend nachgeprüft zu 
werden. E. Leschke, Berlin. 


75. Yngvar Ustvedt, Die Kinder in den tuberkulösen Familien 
in Kristiania. Norsk Magazin for lægevidenskaben 1916 Nr. 10. 
Verf. hat seit 5 Jahren Untersuchungen über die Säuglinge gemacht, 
die in den tuberkulösen Familien geboren sind — in allem 480 Kinder. 
Die Sterblichkeit dieser Kinder war viel grösser als die Gesamt- 
sterblichkeit aller Kinder, und um so grösser, je intimer das Kind mit 
dem Kranken zusammengelebt hat, und am grössten unter den Kindern, 
deren Mütter tuberkulös waren. An Tuberkulose sind doppelt so viele 
unter den Kindern mit tuberkulösen Müttern gestorben als unter denen 


12 Ätiologie und Verbreitung. 


mit tuberkulösen Vätern. Wo Tuberkelbazillen bei den Kranken nach- 
gewiesen wurden, war die Sterblichkeit weit grösser als wo solche nicht 
nachgewiesen wurden. Die Sterblichkeit war sehr viel grösser unter den 
künstlich genährten Kindern als unter den Brustkindern — doch war dieser 
Unterschied am kleinsten unter den Kindern mit tuberkulösen Müttern. 
Die Säuglinge in den tuberkulösen Familien müssen deshalb so früh 
wie nur möglich aus den tuberkulösen Heimen entfernt und isoliert 
werden. Birger-Överland. 


76. John B. Manning and H. J. Knott, A clinical study of 
228 children in relation to tuberculous exposure controled 
by von Pirquet. Amer. Journ. Dis. of Child. Dd. 10 Nr. 
Nor. 1915. 

Verff. beobachteten während einer Zeit von 2 Jahren 228 Kinder 
vom 1.—15. Lebensjahr in einer Poliklinik in Seattle. Der Prozentsatz 
der auf Tuberkulin reagierenden Kinder, die nicht aus einer tuberkulösen 
Umgebung stammen, ist nicht halb so gross als der solcher Kinder, die 
mit tuberkulösen Personen in Berührung gekommen sind. Im ganzen 
reagierten nur 42,9V/u. Bei der Einfachheit der Kutanprobe können 
Verschiedenheiten in ihrer Ausführung nicht als Erklärung für diese nie- 
drige Zitfer angenommen werden. Die Zahlen von Hamburger und 
von Pirquet (95 resp. 93°/o) gelten also nicht für alle Städte. Hier- 
bei spielen Klima, allgemeiner Wohlstand und Wohnungsverhältnisse eine 


entscheidende Rolle. W. A. Gekler, Chicago. 


17. H. Granfelt, Untersuchungen iber das Vorkommen der 
Tuberkulose in dem Kirchspiel Malaks. Finska Läëkaresdll- 
skapels Handlingar 5S. 1916 Dez. 

Von 3868 untersuchten Personen (Gesamtzahl der Kirchspiel- Be- 
wohner 3960) vom Bauernstande an der ostbottnischen Küste, waren 4,17, u 
von Lungentuberkulose (inklusive 1,4°’o aktiver Tuberkulose), 0,62 von 
Hals- und Drüsen-, 0,52 von Knochen- und Gelenktuberkulose befallen. 
Die Lungentuberkulose war unter den Jrwachsenen in 30,30°,o, bei 
Kindern unter 15 Jahren in 13,35°%o aktiv. Tillgren, Stockholm. 


7S. Henry Snellman, Studien über das Vorkommen der Tuber- 
kulose unter dem an den Siigewerken der Holzwarenbetriebs- 
aktiengesellschaft Kemi beschäftigten Personal nebst Familien. 
Finska Läkaresällskapets Handlingar 58. 1916 Aug. 

Unter den 1273 männlichen und 1135 weiblichen Personen fand sich 
Lzungentuberkulose bei 3,95°/» speziell hoch, 8,05 bei den erwachsenen 
Frauen, bei erwachsenen Männern 4,85°/o, Drüsentuberkulose bei 2,28 %/o 
(3,10°jo bei den Kindern).  Frequenzprozeut für die in tuberkulösenı 
Milieu lebenden betrug 6,652 Lungentuberkulose und 4,75 Drüsentuber- 
kulose gegen 3,38 bzw. 1,76 für die übrigen. Disponierend schienen be- 
sonders Masern und Keuchhusten bei denselben Kinde vorkommend, Ja- 
veegen nicht Zahnkaries für Drüsentuberkulose. Im übrieen dürfte mangel- 
Halo Verständnis oder Gleichgültigkeit der Tuberkuloseinfektion gegenüber, 
sowie unzweckmässige E rnährung, enge Wolhnverhältnisse und Überan- 
strengung der Hausmolter zur Verbreitung beitragen. 

Tillgren, Stoekholm. 


Diagnose und Prognose. 43 


79. Adolf v. Kutschera, Ursachen der Verminderung der 
Tuberkulosesterblichkeiten. W. kl. W. 1917 Nr. 3. 


Schlusssätze des Vortrages am V. Tuberkulosetag in Wien. 
A. Baer. 


80. H. Selter und J. Bürgers, Über die Verwendbarkeit der 
Kaninchen zu Arbeiten mit menschlichen Tuberkelbazillen. 

: Zbl. f. Bakt. (Orig.) 78. 1916 H.4 $S. 288. 

Kaninchen sind, wie die Untersuchungen der Verf. ergaben, bei An- 
steckungsversuchen mittelst Einatmung und Einfütterung der Tuberkel- 
bazillen vom Typus humanus in die Blutbahn, selbst bei grössten Dosen, 
nahezu unempfindlich. Sie sind daher für experimentelle Arbeiten mit 
menschlicher Tuberkulose, insbesondere auch zu therapeutischen Versuchen, 
nicht zu gebrauchen. C. Servaes. 


c) Diagnose und Prognose. 


81. The Roentgenographie diagnosis of early pulmonary tubercu- 

losis. Aus einem Leitartikel im N. Y. Med. Journ., 15. Juli 1916. 

Vielen Klinikern ist der Fortschritt auf dem Gebiet der Röutgeno- 
lorie unbekannt. Amerikanische Forscher baben sich auf diesem Arbeits- 
feld besonders hervorgetan, z. B. Case, Cole, Carman, George, 
Pfabler, Crane, Dunham, Hickey, Caldwell u. a — Man ist 
zu der Überzeugung gekommen, dass Röntgenstrahlen unentbehrlich sind, 
um ein wahrheitsgetreues Bild von den Veränderungen in der Lunge zu 
erzielen, klinische Feststellungen zu bestätigen und die Frühdiagnose der 
Tb. zu erleichtern. 

Seit ca. 6 Jahren hat Kennon Dunham in Cincinnati seine ganze 
Arbeitskraft dem Studium von Röntgenuntersuchungen der Lungentuber- 
kulose, speziell im Frühstadium, gewidmet. Im Jahre 1911 brachte die 
Zeitschrift „Bulletin of the Johns Hopkins Hospital“ Artikel von Dun- 
ham, Boardman und Wolman über diesen Gegenstand, und zwar 
erschienen Dunham'’s Ansichten so radikal, dass viele seiner Kollegen 
sich nicht dazu bekehren konnten. Aber D. liess sich dadurch nicht 
irre machen. Er verfolgte seine Arbeit mit unbehindertem Eifer uni 
veröffentlichte seinen neuesten Standpunkt im März 1916 im „American 
Journal of Roentgenology“. 

D. erklärt, dass der baumartige Schatten, den man auf gewöhnlichen 
Brustplatten wahrnimmt, sich aus Arterie, Bronchus, Vene, Lynphge- 
füssen und deren Binderewebe zusammensetzt. Arterie und DBronchus 
nebst ihren Lymphgefässen verlaufen von der Wurzel nach der Peripherie 
der Lunge oft so nahe beisammen, dass sie sich kreuzen oder bedecken. 
Eine grössere Vene begleitet jeden Ilauptbronchus, jedoch viel weiter 


entfernt von demselben als die betreffende Arterie.e — Bei Lungentuber- 
kulose sind diese baumartigen Schatten in charakteristischer Weise ver- 
ändert. — D. hält die linealen Schatten für die grösseren Bronchien mit 


ihren Gefässen und die abnorme Verdichtung des Schattens für Einlage- 
rungen von Tuberkeln. Die Tb scheint sich also im Verlaufe der Bron- 
chien zu verbreiten und die Tuberkel durchbrechen anscheinend, auch 
wenn sie noch sehr klein sind, die Bronchialwand. 


H Diagnose und Prognose. 


Die individuellen Tuberkel lassen sich zwar wegen ihrer Winzigkeit 
nicht röntgenographisch darstellen, wohl aber eine grössere Aussaat im 
Verlaufe des Bronchialbaumes. Dieselbe erstreckt sich in Form eines 
Fächers oder Kegels vom Hilus zur Pleura, vermehrt die Dichtigkeit des 
Lungengewebes und verändert die normale Zeichnung so, dass sie „wie 
durch eine Wolke verwischt“ oder „marmoriert“ oder „durch einen dichten 
Schatten ersetzt wird, durchkreuzt von mehreren Verästelungen“. Diese 
Veränderungen zeigen sich bei stereoskopischer Aufnahme schon zu einer 
Zeit, wo die gewöhnliche physikalische Untersuchung negativ ist. 

Die röntgenographische Untersuchung allein erlaubt aber nicht die 
Folgerung, dass diese Flecke in der Nähe des Hilus Tb. bedeuten; sie 
können durch irgend eine anderweitige Entzündung verursacht sein. — 
Auch über die Aktivität des Prozesses geben die Röntgenstrahlen keinen 
Aufschluss. Man hat sich bis jetzt über die Bedeutung dieser Befunde 
noch nicht einigen können. — Röntgenologen und Ärzte schliessen sich 
mehr und mehr D.’s Ansichten an. Seine Untersuchungen, speziell seine 
stereoskopischen Aufnahmen verdienen allgemeine Beachtung. 

Mannheimer, New York. 


82. A. L. Morse, D’Espine’s sign in childhood. Amer. Journ. 

Dis. of Child., April 1910. 

M. studierte das D’Espine’sche Zeichen bei 666 Kindern seiner 
Privatpraxis wäbrend der letzten 3 Jahre. Bei 626 oder 94°/o der Fälle 
zeigte sich der Wechsel im Klang der Stimme zwischen dem 7. Hals- 
und dem 1. Brustwirbel. Die charakteristische Flüsterstimme war nur 
bei 40 Kindern zu hören = 6°/o. Das Zeichen ist also bei Kindern 
der vermögenderen Klasse selten, und zwar ganz ungewöhnlich vor dem 
5. Lebensjahre, am häufigsten zwischen dem 8. und 9. D’Espine hat 
mit seiner ursprünglichen Annahme recht, dass normalerweise eich der 
Klang der Stimme zwischen dem 7. Hals- und dem 1. Brustwirbel ändert. 
Vom D’Espine’schen Zeichen kann man also nur sprechen, wenn 
unterhalb des 7. Halswirbels die gesprochene oder Flüsterstimme bron- 
chial wird. Mannheimer, New York. 


83. Mary E. Lapham, The relation of tuberculosis of the bron- 
chial glands to the diagnosis of tuberculosis of the lungs. 
Med. Kec., 19. Aug.-1916. 

Man kann nie das Vorhandensein von Tb. ausschliessen, bis man 
sicher ist, dass die bronchialen Lymphdrüsen frei sind. Peribronchiale 
Infiltrationen, die vom Hilus ausgehen, brauchen keine Lungensymptome 
hervorzurufen. Wenn diese Infiltrate die Lufiwege erreichen und kom- 
primieren, so wird dadurch der Luftstrom behindert und wir haben ab- 
geschwächtes Atemgeräusch; gleichzeitig lauten, vollen Perkussionsschall, 
weil die Luft nicht entweichen kann. Beim Weiterschreiten des Prozesses 
bilden sich atelektatische Bezirke. Wenn tuberkulöse Lympbknoten auf 
die Luftröhre und Bronchien drücken, so kann eine Stenose entstehen, 
welche mehr die Exspiration als die Inspiration behindert. Dies zeigt sich 
als exspiratorische Dyspnoe und weiterhin ala Asthma und Emphysem. 
Auch können sich im weiteren Verlauf Erweiterungen der Bronchien 
bilden, welche einen reichlichen, eiterigen Auswurf, ohne Tuberkelbazillen, 
liefern. An der Stelle des grössten Druckes wird die Bronchialschleim- 


mn m o ‘M U 





Diagnose und Prognose. 45 


haut hyperämisch und blutet leicht. Diese Blutungen können sich 

wiederholen. Um also Tb. auszuschliessen, muss man die Röntgenunter- 

suchungen und die Tuberkulinproben zur Hilfe nehmen. 
Mannbeimer, New York. 


84. W. M. Hartshorn, Tho Röntgen ray in the diagnosis of 
pulmonary conditions in children. Amer. Journ. Dis. of Child. 
Bid. 9. Nr.5, Mai 1915. 

An einer Reihe von klinischen Fällen zeigt der Verf., wie unent- 
behrlich das Röntgenverfahren in der Lungendiagnose ist. Fir hebt her- 
vor, dass nicht nur bei Tb., sondern auch bei nicht tuberkulösen Lungen- 
erkrankungen die Röntgenplatte eine viel genauere Diagnose der anato- 
mischen Veränderungen ermöglicht, als die gewöhnliche physikalische 
Untersuchung. Zum Beispiel bei Pneumonie fand er oft einen Schatten 
auf der Platte Stunden oder sogar einige Tage, ehe die physikalische 
Untersuchung eine Diagnose erlaubte. W. A. Gekler, Chicago. 


85. J. Bronfenbrenner, 'M. H. Kahn, R. Rockman and 
M. Kahn, Further studies of biological methods for the 
diagnosis of tuberculosis. Arch. of Int. Med., 15. April 1916. 


Weitere Studien über den Wert biologischer Methoden für die Diagnose 
Jer Tuberkulose führten zu folgenden Schlüssen : 

Tuberkulin Besredka gibt die besten Resultate bei der Komplement- 
Ablenkung. Die Reaktion scheint spezifisch zu sein, obwohl die Probe 
in einer gewissen Anzahl klinisch nicht tuberkulöser Fälle positiv aus- 
fällt. Bei wenigstens 87°/o wurde der positive Ausfall auch mit anderen 
Antigenen erreicht. Die einzelnen Proben des Besredka’schen Tuber- 
kulins, obwohl gleichmässig hergestell, haben nicht den gleichen spezi- 
fischen Wert; namentlich in ihrem Gehalt an Lipinen weichen sie von 
einander ab. — Man muss jede Spur von Lipin entfernen, bevor man 
das Präparat zur Komplementbildung benutzt. Dies kann durch fett- 
lösende Mittel geschehen, einfacher aber ist es, den Protein-Anteil durch 
Präzipitation zu trennen. 

Die einzelnen Proben von Tuberkulin können aber auch quantitativ 
variieren, und zwar anscheinend, weil in dem Antikörper Stammspezifität 
vorhanden ist. Aus letzterer, erklärt sich der Umstand, dass verschiedene 
Forscher so abweichende Resultate bei der Komplementablenkung in der 
Diagnose der Tb. erhalten haben. 

Verff. haben das Auftreten der Urochromogenreaktion und der Kom- 
plementbilduug in den verschiedenen Stadien der Krankheit verglichen 
und gefunden, dass eine negative Serumreaktion neben einer positiven 
Urochromogenreaktion eine ungünstige Prognose bedeutet. 

Mannheimer, New York. 


86. Gerhard Hammer, Über die Frühdiagnose der Miliartuber- 

kulose durch das Röntgenbild. Inaug.-Diss. München 1916. 

Die Erkennung einer beginnenden Miliartuberkulose stösst in einer 
Reihe von Fällen auf Schwierigkeiten. Differential-diagnostisch kommen 
die verschiedensten anderen Erkrankungen in Betracht. Das Krankheits- 
bild ist oft so wenig ausgeprägt, dass die Diagnose nur vermutungsweise 
gestellt werden kann. Im einzelnen Fällen ist es gelungen, eine miliare 


46 Diagnose und Prognose. 


Tuberkelaussaat in den Lungen röntgenologisch zur Darstellung zu bringen. 
Das Bild ist ein recht charakteristisches; Feinste weiche, bis hirsekorn- 
grosse Herdschatten über grosse Abschnitte oder die ganze Lunge verteilt, 
dazwischen lufthaltiges Gewebe. Verwechslungen sind möglich mit Stein- 
hauerlunge, starkem Pigmentgehalt der Lunge, u. a. Anthrakose, disse- 
minierter Tuberkulose, disseminierter Karzinose und Sarkomatose. Die mit- 
geteilten Beobachtungen aus der Klinik beweisen die Wichtigkeit des 
Röntgenverfahrens als diagnostisches Hilfsmittel. Hans Müller. 


87. A. Adam, Eine Methode zur Tuberkelbazillenanreicherung 
in Liquor cerebrospinalis, Exsudat, Blut, Sputum und Or- 
ganen. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1915 H.1 8. 123. 


Verf. löst zuerst in 1°/o Milchsäure, daun in !/s°;o Natronlauge 
auf (statt mit Antiformin) und zentrifugiert darauf die Bazillen ab. 
E. Leschke, Berlin. 


85. H. Engleson, Ein Beitrag zur Frage vom Vorkommen der 
Tuberkelbazillen in den Fäzes. Eine neue Methode zum 
Nachweis derselben. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 385. 1915 H. 1 
Yeol., 

Ein Vergleich der Antiforminmethode mit der W asser- À thermethode 
von Reh (Verrühren des Kotes mit destilliertem Wasser, Schütteln mit 
Äther, Zentrifugieren des abgegossenen Äthers) ergab, dass von 37 Fällen 
beide Methoden das gleiche Resultat gaben, in 3 Fällen jedoch nur die 
Reh’sche Methode. Statt der Verarbeitung der Fäzes empfiehlt Verf., 
mit einer löffelförmig ausgebuchteten Hohlsonde etwas Rektalschleim aus- 
zukratzen und nach dem Ausstreichen auf dem ÖObjektträger direkt zu 
färben. Von 60 untersuchten Fällen ergab die Schabemethode des Verf. 
57 positive Bazillenbefunde, die Reh’sche dagegen nur 44. Sollten sich 
diese Befunde auch weiterhin bestätigen, dürfte die Schabemethode in 
der Tat nicht nur die einfachste, sondern auch die beste Methode zum 
Nachweis der Tuherkelbazillen im Stuhl sein. Leschke, Berlin. 


89. F. Veri, Abderhalden - Verfahren bei Lungentuberkulose. 
UI. Mitteilung. Beitr. 2. Klin. d. Tbe. 35. 1915 H. 1 8.05, 
Verf. glaubt, dass das Dialysierverfahren die Unterscheidung von 
Lungen- und Bronchialdrüsentuberkulose ermöglicht. Von 40 Lungen- 
tuberkulösen bauten 38 eines oder mehrere der Lungenpräparate ab. Es 
wurden stets 4 Lungenpräparate geprüft (Spitzeninduration, Bronchopneu- 
monie, Verkäsung, Peribronchitis) und ein Bronchialdrüsenpräparat. Im 
Ausfall der Reaktionen bei den verschiedenen Lungenpräparaten liess sich 
im allgemeinen keine Gesetzmässigkeit erkennen, nur wurde Gewebe aus 
der Umgebung einer Kaverne von Kranken des II. und III. Stadiums 
häufiger abgebaut. Leschke, Berlin. 


90. Teeon, Die Moritz Weisz’sche Reaktion bei der Lungen- 
tuberkulose, Schweiz. Corr. DI. 1916 Nr. 47 8. 1595. 

T. unterwarf die Moritz Weisz’sche Reaktion bei 288 Lungen- 
tuberkulösen der Nachprüfung und kommt zu dem Schlusse, dass diese 
Reaktion grosse Vorteile biete mit Rücksicht auf die Prognosestellung. — 

Lucius Spengler-Davos. 


Z -— ~ - - PB J E dih EEEN SURRA 


Diagnose und Prognose. 4 
91. Halfdan Sundt, Über die Tuberkulindiagnostik bei der 
sogenannten chirurgischen Tuberkulose bei Kindern. Zschr. 

f. orthopäd. Chir. 30. 1916 H. 1. 

Sundt, der als leitender Arzt des Küstenhospitals für skrofulo- 
tuberkulöse Kinder bei Fredriksvärn in Norwegen über ein erhebliches 
Krankenmaterial von chirurgischen Tuberkulosen verfügt, führt unter An- 
führung von zahlreichen Krankengeschichten den Nachweis, dass eine 
sogar wiederholte negative v. Pirquet’sche Reaktion bei Kindern nicht 
aktive Tuberkulose ausschliesst, dass positive Stichreaktion (Escherich) 
event. durch das beigefügte Antiseptikum (Phenol) hervorgerufen werden 
könne; dass auf die sogenannte Herdreaktion bei chirurgischer Tuberkulose 
selbst bei höchsten Dosen kein Verlass sei, da er sie oft bei sicher vor- 
handener, auch durch nachherige Operation bestätigter, Tuberkulose ver- 
misste, auch wenn vorher positiv auf Tuberkulin durch Lokal-Allgemein- 
und Temperatur-Reaktion reagiert war; ferner, dass auch durch wiederholte 
Dosen eine Reaktion nicht zu erzwingen sei, da dadurch eine gewisse 
Immunisierung, im Gegensatz zu der xielfach behaupteten Sensibilisierung 
einträte, Schliesslich weist er noch darauf hin, dass eine bestehende Lues die 
Reaktionsfähigkeit auf Tuberkulin herabsetze. Rud. Geinitz, Tübingen. 


92. Viktor Schläpfer, Über die Bedeutung der subfebrilen 
Temperaturen für die Diagnose der beginnenden Lungen- 
tuberkulose. Zschr. f. klin. M. 88. 1916 H. 3/4 S. 159. 
Verf. suchte die Frage zu lösen, welche krankhaften Zustände mit 

subfebrilen Temperaturen einhergehen. Zu diesem Zwecke suchte er sich 
Gewissheit über das Schicksal von solchen Kranken zu beschaffen, die vor 
10 Jahren während ihrer Behandlung in der Klinik erhöhte Körperwärme 
(37,1—37,9° C in axilla) gehabt hatten. Unter den 400 Kranken, die 
hier in Betracht kamen, konnten aber nur 88 nachuntersucht bzw. sichere 
Mitteilungen über ihre Todesursache erlangt werden. Da ergab sich nun 
folgendes: Bei 41 °/u wurde schon vor 10 Jahren die Diagnose auf Lungen- 
tuberkulose gestellt; hierzu kommen noch 10°,o, bei denen die Nachunter- 
suchung tuberkulöse Lungenveränderung ergab. Insgesamt waren also 
bei mehr als 50°'o die subfebrilen 'Temperaturen auf Lungentuberkulose 
zurückzuführen. Von der ersten Gruppe war inzwischen ein Drittel ver- 
storben, von der zweiten dagegen, die bei der Nachuntersuchung erst 
lungenkrank gefunden wurde, nur ein Fünftel; die anderen waren zum 
guten Teil nur leichtkrank. Was nun die übriebleibenden Kranken mit 
subfebriier Temperatur betrifft, so litten sie an folgenden krankhaften Zu- 
ständen: Magengeschwür, Bleichsucht, Neurasthente und Hysterie, Stuhl- 
verhaltung, Erschöpfungszustände, Muskelrheumatismus und Nervenschmer- 
zen. Verf. sucht die Erklärungen für die einzelnen zu geben. Er schliesst 
aus seinen Untersuchungen, dass Kranke mit subfebriler Körperwärme in 
erster Reihe tuberkuloseverdächtig sind, dass es aber zunächst nicht nötig 
ist, eine Kur bei ihnen einzuleiten, falls man sie nur über viele Jahre 
hinaus in Beobachtung behält. C. Servaes. 


93. ÅA. v. Sokolowski, Zur Diagnose der bösartigen Neubil- 
dungen der Lunge und Pleura. Jrir. z. Klin. d. Tbe. 85. 
1916 H.2 Š. 205. 

Zur Diagnose der malignen Neubildungen der Lunge soll man stets 





48 Therapie. 

Röntgenverfahren, Bronchoskopie und Lungenpunktion heranziehen. Wenn 

bei bedeutendem Kräfteverfall die physikalischen Lungenerscheinungen 

keine sichere Diagnose ermöglichen, wird man in vielen Fällen mit der 

Annahme einer bösartigen Neubildung der Lungen nicht fehlgeben. 
Leschke, Berlin. 


94. Wm. Campbell Posey, A consideration of some of the 
ocular conditions dependent upon tuberculosis and systematic 
gonorrhoea., The Ophthalmic Record 1916 Januar. 

Da häufig bei der Augentuberkulose keine anderen Manifestationen 
der Tuberkulose festgestellt werden können, so muss die Diagnose durch 
die Tuberkulinprobe erhärtet werden. Werner Bab. 


95. A. Johnsson, Beitrag zur Kenntnis der Laparo- und Tho- 
rakoskopie. Finska Läkaresällskapets Handlingar 1916 Mai 
Bd. 58. 

Mit Jacobaeus’ Laparoskopie wurden u. a. tuberkulöse Peritonitiden 
untersucht, die entzündlichen Veränderungen traten deutlich hervor, und 
in ein paar Fällen wurden auch tuberkelähnliche Knötchen beobachtet. 
Nach Lufteinblasen unterblieb in 1 Falle die vorher nach einfacher Punk- 
tion rezidivierende Exsudation. Auch mit „der Jacabaeus’schen Thora- 
koskopie‘ erschienen — bei idiopathischen Pleuritiden — tuberkelähnliche 
Knötchen. Verf. hält diese Methode für einen beachtenswerten Beitrag 
zu den diagnostischen Hilfsmitteln. Tillgren, Stockholm. 


d) Therapie. 


96. Symposium on tuberculosis. Dufalo Med. Journ., Juni 1916. 


Das Buffalo Medical Journal schickte folgende Fragen an bekannte 
Tuberkulose-Ärzte: 

1. Hängt tuberkulöse Infektion von der Virulenz der Bazillen oder 

von der Empfänglichkeit des Patienten ab? 

2. Hat irgend ein Medikament einen direkten Einfluss auf die 

Krankheit? 

3. Worin besteht die therapeutische Wirkung von Tuberkulinen ? 

Nachstehende Antworten liefen ein: 

V. Y. Bowditch, Boston, Mass.: Das Beweismaterial spricht mehr zu- 
gunsten der Empfänglichkeit des Patienten als für Virulenz der Bazillen. 
Es gibt keine medikamentöse Behandlung ausser Tuberkulin, welches in 
ausgesuchten Fällen und in richtiger Dosierung sowie bei ständiger Über- 
wachung von grossem Nutzen ist. 

L. S. Peters, Albuquerque, N.-M.: Die Empfänglichkeit des Pa- 
tienten ist wichtiger. Ausser symptomatischen Mitteln sind Einspritzungen 
von Eisenarsen und Strychnin angezeigt. Ein Bazillenprodukt ist nur 
wertvoll, wenn es die lebenden Keime enthält. 

K. von Ruck, Ashville, N.-C.: Es ist zur Zeit unmöglich, Emp- 
fänglichkeit und Virulenz auseinander zu halten. Beide Faktoren sind 
relativ. — Die einzige medikamentöse Behandlung, die von Wert ist, 
besteht in Anwendung von Bazilenderivaten, Dieselben geben nicht nur 


bessere Resultate im Vergleich mit Kontrollfällen, sondern verhindern 
auch Rückfälle. 


> — -- 


m — re — 


Therapie. 49 


E. R. Baldwin, Saranac Lake, N.-Y.: In manchen Fällen ist die 
Virulenz des Bazillus Schuld daran, dass der Patient keine Widerstands- 
kraft entwickelt. Alle Menschen sind für den Bazillus empfänglich, 
wenn er ih die richtige Stelle eingepflanzt wird; jedoch ist die Wider- 
standsfähigkeit der Gewebe noch ein ungelöstes Geheimnis. Tuberkulin 
empfiehlt sich bei Haut- und Drüsentuberkulose, sowie bei Lungenfällen 
ohne Fieber, jedoch müssen dieselben sorgfältig ausgesucht werden. 

L. Brown, Saranac Lake, N.-Y.: Beide Faktoren sind von Wich- 
tigkeit. Einige wenige Patienten bessern sich wundervoll unter Tuber- 
kulin, die Mehrzahl jedoch nicht. 

G. T. Palmer, Springfield, Ill.: Die Empfänglichkeit des Kranken 
ist bei weitem wichtiger. Das einzige Heilmittel, und zwar nur bei nicht 
aktiven Fällen, ist Tuberkulin. Ambulante Fälle zeigten oft auffallende 
Besserung, während im Sanatorium keine Erfolge beobachtet wurden. — 
Tuberkulin sollte nicht routinemässig gebraucht werden. 

H. B. Jacobs, Baltimore: Die individuelle Empfänglichkeit ist 
zweifellos wichtiger. — Bei einer kleinen Anzahl von Fällen beschleunigt 
Tuberkulin die Heilung und bürgt für die Dauer derselben. 

L. B. McBrayer, Sanatorium of N.-C.: Es ist besonders wichtig, 
Infektionsherde zu entfernen. Nicht virulente Bazillen erzeugen keine 
Tb., wohl aber die gewöhnlichen Formen, wenn sie lange genug ein- 
wirken. Bazillenderivate haben sich als wertlos erwiesen. 

C. L. Minor, Ashville, N.-C.: Wir könnten die Mortalität badentend 
verringern, wenn wir die Lebenskraft der besonders empfänglichen Opfer 
aufrecht erhielten. Wir können die Virulenz der Bazillen nicht beein- 
flussen. Es gibt kein Specifikum für die Krankheit, aber in einer kleinen 
Anzahl von Fällen ist Tuberkulin höchst wirksam, 

M. P. Ravenel, Columbia, Mo.: Beide Faktoren sind wichtig. Wir 
können aber mehr praktischen Nutzen erzielen, wenn wir die Wider- 
standskraft des Individuums erhöhen. Tuberkulin ist das einzige Medika- 
ment, das sich bei richtiger Auswahl von Nutzen gezeigt hat. 

F. M. Pottenger, Monrovia, Cal.: Konstitutionelle Empfänglich- 
keit spielt eine grosse Rolle, jedoch verstehen wir den Mechanismus der- 
selben immer noch nicht; ebensowenig den der lokalen Empfänglichkeit. 
Alle Heilverfabren wirken nur indirekt auf die Tb. ein. - Wenn man den 
ganzen Bazillus den Körperzellen in Lösung einverleiben könnte, so wäre 
das Ziel der spezifischen Heilung viel näher gerückt. 

J. P. Crozier, Griffith, Philadelphia: Man versuche, Infektionen zu 
vermeiden und beseitige lokale Reizzustände, welche Empfänglichkeit ver- 
ursachen. Der Wert von Bazillenderivaten ist zweifelhaft. 

Mannheimer, New York. 


97. A. Arkin and Harry J. Corper, The tuberculocidal action 
of arsenic compounds and their distribution in the tuberculous 
organism. The Journ. of Infect. Dis. 18 Nr. 4 p. 885, 
April 1916. 

Im Verlaufe ihrer Versuche über Chemotherapie haben Verff. ver- 
schiedene Arsenpräparate im ierexperiment ausprobiert. Sie finden 
Sodiumarsenit in Verdünnung von 0,19,0—0,0001°o und eacodylsaures 
Natron in Lösungen von 2 %u—0,002°/o ohne bakterizide Wirkung auf 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 4 


50 Therapie. 


Tuberkelbazillen (in 24 Stunden bei einer Temperatur von 37° Cı. 
Quecksilber-Cacodylat in Verdünnung von 1°/o—0,001°/o hat keim- 
tötende Wirkung auf menschliche Tuberkelbazillen in 24 Stunden bet 
einer Temperatur von 37°. Diese Wirkung rührt wahrschänlich von 
dem Quecksilber und nicht von dem Arsen in dem Präparat ber. Atoxy], 
Arsacetin und Neosalvarsan in Lösungen von 1°/0o—0,001°;o sind nicht 
imstande, menschliche Tuberkelbazillen in 24 Stunden bei 37° zu töten. 
Diese Verbindungen haben gar keine spezifische Wirkung auf den mensch- 
lichen Tuberkelbazillus. Ihr eventueller Wert beruht auf ihrer günstigen 
Wirkung auf den Allgemeinzustand. Arsenik in der Form von einfachen 
kristallinischen Salzen, wie Sodium arsenit., cacodylsaurem Natron, Atoxyl, 
Arsacetin und Neosalvarsan, tuberkulösen Tieren parenteral zugeführt. 
wird in Leber, Lungen, Nieren, Blut, Milz und tuberkulösen Geweben in 
ungefähr gleicher Konzentration gefunden. Es liess sich nieht nach- 
weisen, dass diese Substanzen sich in den tuberkulösen Geweben an- 
häufen. Natriumstannat in Lösungen von 1°/o entfaltet keine bakterizide 
Wirkung auf menschliche Tuberkelbazillen, sogar nicht nach 48 Stunden 
im Brutschrank,. W. A. Gekler, Chicago. 


98. J. E. Goldthwait, Anatomie form and posture, important 
factors in the treatment of pulmonary tuberculosis. Boston 

Med. and Surg. Journ.. 20. Juli 1916. 

Verschiedene Typen von anatomischen Formen haben ihre eigene, 
mehr oder weniger bestimmte Krankheitsmöglichkeit. — Schlanke Typen. 
auch als angeborene Splanchuoptose bekannt, trifft man besonders häufig 
bei Tuberkulösen. — Schuld hieran trägt teilweise Unterernährung, öfter 
aber die ganze Art des Körperbaues.. Diese Menschen gewöhnen sich 
eine Haltung an, bei welcher die Rippen niedriger liegen und die Brust 
sich abflacht durch Herabsinken der Vorderfläche oder Einziehung der 
seitlichen Rippen. In beiden Fällen wird die Atmung beeinträchtigt. 
Die Brust dehnt sich nur selten vollkommen aus, die Zirkulation in den 
Lungen leidet und die Ernährung der Bauchorgane ist wegen mangel- 
hafter Bewegung des Zwerchfells gestört. Auch das Herz und die im- 
neren Sekretionen werden geschädigt. 

Die Körperhaltung muss in der Weise verbessert werden, dass Brust- 
und Bauchatmung so normal wie möglich von statten gehen. Dies kann 
nur dann ermöglicht werden, wenn der Rumpf vollständig gerade gehalten 
wird, sowohl beim Sitzen als beim Stehen; der Körper darf in der Taille 
nicht gebeugt werden. Auch beim Liegen muss diese Lage beibehalten 
werden, was durch Weglassen von Kissen erreicht wird. Es ist «daher 
ratsam, bei Lungentuberkulose einen Geradehalter gebrauchen zu lassen. 
Wenn notwendig, sollte beim Aufrechtsitzen der ltücken durch Zuhilfe- 
nahme eines Brettes gerade gehalten werden. Man fange mit «dieser Be- 
handlung schon in der Kindheit an. Mannheimer, New-York. 


99. Gensaburo Koga, A contribution to the chemotherapy of 
tubereulosis. First experimental report. 
Derselbe, A contribution to the chemotherapy of tuber- 
eulosis. First clinical report. 
Morisuke Otani, The treatment of tubereulosis with eyano- 
euprol. 


Therapie. al 


-~ R. Takaro, The treatment of leprosy with ceyanocuprol. 

The Journ. of Exper. Med. Vol. 24 Nr. 2, Aug. 1916. 

Die Tageszeitungen vom 2. August brachten die Kunde von der 
Entdeckung eines spezifischen Heilmittels gegen Tb. und Lepra. Die An- 
kündigung stützte sich auf die August-Nummer des Journal of Experi- 
mental Medicine, die ganz aus Berichten japanischer Forscher über diesen 
Gegenstand besteht. Seit Ehrlich und Hata hat man vielfach nach 
einem chemischen Heilmittel für Tb. gesucht. Man hat einiges Beweis- 
material für die spezifische Einwirkung von Kupfer und Cyan auf Tu- 
berkelbazillen. Koga fand, dass künstlich infizierte Tiere, welche mit 
einer Kupfer-Cyan-Verbindung wiederholt intravenös eingespritzt worden 
waren, Heilungsvorgänge in den Läsionen zeigten. Der Grad dieser 
Heilungsvorgänge ist indessen nicht bestimmt ausgemacht. Emulsionen 
von inneren Organen dieser anscheinend geheilten Tiere wurden Meer- 
schweinchen in die Bauchhöhle eingeführt. Einige derselben entwickelten 
Tb. Koga berichtet dann über 63 Patienten in den verschiedenen Stadien von 
Tb. Lungentuberkulose im 1. und 2. Stadium wird durch das Präparat 
(Cyanocuprol) bedeutend gebessert oler anscheinend geheilt, im 3. Stadium 
günstig beeinflusst. Otani berichtet über 18 Fälle Er hält Cyano- 
cuprol für auffallend wirksam und prophezeit ihm eine viel ausgiebigere 
Anwendung als dem Tuberkulin. Die Dosis richtet sich nach Alter und 
Konstitution des Patienten und nach der Reaktion. Höchstdosis 8,5 cem. 
Eingespritzt wird alle 2 Wochen intravenös. Körperliche und geistige 
Ruhe und auch lokale Ruhe des erkrankten Teiles ist unerlässlich. 
Takano benutzte das Präparat bei 6 Leprafällen mit scheinbar gün- 
stigem Erfolg. Die Herstellung des Präparates ist einigermassen in Ge- 
heimnis gehüllt. Es ist nach Koga ein Doppelsalz von Kupfer und 
Cyankalium in der Verdünnung von 1:2000, welches so hergestellt ist, 
dass die Bildung von freiem Cyan-Wasserstoff mit Umwandlung in ameisen- 
saures Kalium und Ammonium verhindert wird. Es wird nicht gesagt, 
worin diese spezifische Manipulation besteht, auch nicht, in welchem Ver- 
hältnis die konstituierenden Elemente verbunden werden. Weitere Berichte 
und Bestätigungen sind abzuwarten, Mannheimer, New York. 


100. I. Koeppe, Klinische Beobachtungen mit der Nernstspalt- 
lampe und dem Hornhautmikroskop. 2. Mitteilung: Über Iritis 
tuberculosa nebst Bemerkungen über therapeutische Erfolge 
durch Bestrahlung mit der Lampe. Arch. f. Ophthalm. 92 
H.1 (16. Sept. 1916). 

Ausführliche Beschreibung der Veränderungen an der Hinterfläche 
der Kornea im Kammerwasser und an der Iris bei Iridoeyelitis tubercu- 
losa. Die Hauptbedeutung für die Fortschritte in der Diagnose mittels 
der Nernstspaltlampe liegt darin, dass wir zur Diagnose Iritis schon bei 
Betrachtung der Hornhauthinterfläche in einer so frühen Zeit gelangen 
können, wie es mit dem Hornhautmikroskop allein bislang nicht möglich 
war. In bezug auf die tuberkulöse Åtiologie der Iritis erlaubt diese Art 
allerdings nur Mutmassung, ohne Sicherheiten zu geben. Verf. beschreibt 
21 Fälle, in denen die Diagnose auf diese Weise gestellt und durch an- 
dere Methoden bestätigt wurde. Die Nernstspaltlampe wurde bei allen 
Fällen — ausser Tuberkulinkur — therapeutisch — 8—10 Bestrah- 


4* 


52 Klinische Fälle. 


lungen — mit gutem Erfolge angewendet. Die Heilwirkung der Behaud- 
lung beruht nach Ansicht des Verf. auf reiner Licht- und kaum auf 
Wärmewirkung. Werner Bab. 


e) Klinische Fälle. 


101. H. Mohr- Bielefeld, Spontanheilung einer nach Trauma ent- 
standenen Hodentuberkulose. Mschr. f. Unfallhlk. 21.1914 Nr.1. 


Mohr berichtet über einen Fall von klinisch einwandfreier Tuber- 
kulose des rechten Hodens mit Übergreifen auf Nebenhoden und Samen- 
strang bei einem leichttuberkulösen Mann, die 8 Wochen nach einem Stoss 
gegen die Genitalien auftrat und zur Fistelbildung führte. Unfallfolge 
anerkannt. Operation wird verweigert. Ausgang in Spontanheilung ohne 
jede Behandlung innerhalb der nächsten Jahre. Geinitz, Tübingen. 


102. V. Reichmann. Über zwei unter dem Bilde einer Hirn- 
geschwulst verlaufende tuberkulöse Hirnhautentzündungen, 
nebst Bemerkungen zur Frage über die Entstehung und 
Ausbreitung der Meningitis tuberculosa. (Aus der medizin. 
Klinik zu Jena, Direktor Prof. Dr. Stinzing) D. Zschr. f. 
Nervenhlk. 52 H. 112 S. 28. 


Unter dem klinischen Bild von Hirngeschwülsten verliefen in der 
medizinischen Klinik zu Jena im Jahre 1913 zwei Fälle von tuberkulöser 
Hirnhautentzündung mit folgendem Befund: 

I. Fall: 4jähriger Knabe, eine Woche zuvor an Schmerzen in Kopf 
und Brust erkrankt. In wenigen Tagen entwickeln sich totale Anakusie 
und Aphasie sowie Parese der Beine. Bald darauf treten Ophthalmoplegie 
erst links, dann rechts sowie Parese der Arme hinzu. Choreiforme Arm- 
bewegungen. Beiderseitige Stauungspapille. Sensorium klar. Keine Nacken- 
starre, Benommenheit, Fieber. Annahme eines tb. Prozesses am frontalen 
Ende der Brücke am Beginn der Grosshirnstielee Lumbalpunktion: Li- 
quordruck von 370 mm Wasser, klar mit Stich ins Grünliche, Nonne I 
stark +, Zellenzahl 566 - 11/32, hauptsächlich Lymphozyten, Tuberkel- 
bazillen gefunden. Tod im Kollaps nach 2 Tagen. 

Sektion: Lungenhilusdrüsen und linker Oberlappen tuberkulös, spär- 
liche Miliartuberkulose. Rarefikation des Schädeldaches, Tuberkulöse 
Meningitis au der Basis mit frischeren und älteren Prozessen. Während 
die jüngsten auf der Med. oblongata durch Exsudat und Desquamation 
gekennzeichnet sind, dominieren bei den älteren am Pons mässige Rund- 
zellenintiltrate um die Gefässe und es kommt bereits zur Bildung von 
Granulomen. Die ältesten Prozesse an den weichen Häuten der Gross- 
hirnstiele zeichnen sich durch völliges Fehlen der Zellen in den Piamaschen 
aus. Als Folge des durch die groben Gefässveränderungen erschwerten 

Blut- und Lymphabflusses zeigt sich hochgradiges Ödem und schliessliche 
Erweichung der Grosshirnstiele Veränderung der Hirnsubstanz nach Art 
der Randenzephalitis und -nıyelitis. 

I. Fall: 36jährige Frau, Krankheitsbeginn mit Kopfschmerz und 
Schwindel vor Monaten, binzu tritt Erbrechen. Stärkerer Schwindel macht 
Steben und Gehen unmöglich. Aufnahme in die Klinik. Lungen gesund, 
Temperatur stets unter 37,3%. Geringe Mydriasis, geringe Ataxie. Patellar- 


Klinische Fälle. 33 


reflexe fehlen zuweilen, Achillessehnenreflexe stets. Beiderseitige Stauungs- 
papille. Nahrungsaufnahme infolge sofortigen Erbrechens unmöglich. Ra- 
pide Abmagerung. Hirnpunktion des rechten Seitenventrikels. Liquordruck 
185 mm Wasser. 10 ccm wasserklarer Liquor werden abgelassen. Eiweiss- 
gehalt vermehrt. Zellgehalt 64 - 11/32, hauptsächlich Lymphozyten. My- 
driasis verschwindet, Zustand bessert sich erheblich. Nach 3 Tagen wieder 
schlechter. Noch zweimal Seitenkammerpunktionen. Nach dem letztenmal 
kommt Kranke bald in einen komatösen Zustand. Azeton und Azetessig- 
säure erscheinen im Urin. Exitus 2 Tage nach Auftreten tonischer 
Krämpfe in Gesicht und beiden Armen. 

Klinische Diagnose: Kleinhirntumor, kein Zeichen für Tuberkulose. 
Sektionsergebnis: Konglomerattuberkel der weichen Häute des Gehirns 
an der Basis, des Hirns und der Adergeflechte. Starke Ependymitis gra- 
nularis; subchronischer Hydrozephalus internus; mässige Abplattung der 
Hirnwindungen. 

Im folgenden erörtert Verf. das Zustandekommen der gewöhnlichen 
tuberkulösen Meningitis auf hämatogenem und Iymphogenem Wege und 
den Grund ihres Lieblingssitzes zwischen Chiasma opticum und Pons, um 
zum Schluss auf die Entwicklung der Tuberkulose in beiden obigen Fällen 
näher einzugehen. Fr. W. Massur, Stettin. 


103. Gustav Bautzmann, Über einen Fall von Augenbinde- 
hauttuberkulose nach einer Verletzung durch Schlag mit dem 
Schwanz einer Kuh. Inaug.-Diss. Giessen 1916. 

Die Augenbindehauttuberkulose ist eine relativ seltene Erkrankung, 
deren Entstehung in den meisten Fällen auf mechanischem Wege zu er- 
klären ist. Im vorliegenden Falle entstand 14 Tage nach einer Verletzung 
durch Schlag mit dem Schwanz einer Kuh bei einem jungen Stallschweizer, 
dessen rechte Lungenspitze suspekt war, eine Rötuug, Schwellung und 
Konötchenbildung auf der Bindehaut des Augenlides, welche sich später 
pathologisch - anatomisch als Tuberkulose erwies. Ein Zusammenhang 
zwischen der Verletzung und der Erkrankung erscheint sehr wahrscheinlich. 
Das Virus könnte sich am Schwanz der Kulı befunden haben, oder der 
Verletzte könnte sich dasselbe nachträglich durch seine Finger oder das 
Taschentuch eingeimpft haben. Die Möglichkeit einer hämatogenen Ent- 
stehung bei bestehender Lungentuberkulose wird gestreift. Auffallend erscheint 
die ausserordentlich kurze Inkubationszeit (Ref.). Hans Müller. 


104. W. Uhthoff, Ein Fall von Tuberkulose der Konjunktiva 
des oberen Lides, kombiniert mit ILymphangiombildung. 

Ki. Mbl. f. Augenhlk. 1916 Juli-Augustheft S. S. 

Erste Mitteilung dieser Kombination in der Literatur. Fall eines 
8jährigen Mädchens, bei dem seit Geburt eine Schwellung des linken 
Oberlides bestand. Die mikroskopische Untersuchung eines zu thera- 
peutischen Zwecken exzidierten Stückes der Geschwulst ergab Tuberkel- 
knoten und tuberkulöse Infiltration in einem lymphangiektatischen Gewebe. 
In den Lymphektasien fanden sich die Lympbräume vielfach leer, z. T. 
aber auch mit fibrillärem und homogenem geronnenen Inhalt gefüllt 
(geronnene Lymphe). Verf. meint, dass die Lymphangiektasien als ange- 
borene anzuseben sind, da Schwellung und Pıosis des oberen Lides schon 
von Geburt an bestand. Im Bereich dieser Lymphangiombildung muss später 


54 Prophylaxe. 


als eħmem Locus minoris resistentiae eine tuberkulöse Infektion erfolgt sein. 
Eine andere Lokalisation der Tuberkulose oder Heredität war nicht nach- 
zuweisen. Günstiger Erfolg durch Bestrahlungstherapie. Werner Bab. 


105. J. L. McCool, Some observations on ocular tuberculosis 
and its treatment. The Ophlhalmic Record, Januar 1916. 
Mitteilung von 9 Fällen (in der Pacific Coast Oto-Ophth. Society, 

San Francisco), betreffend die verschiedenen äusseren und inneren tuber- 

kulösen Affektionen des Auges. Werner Bab. 


106. E.B. Friedenwald and W. Greenfeld, Tuberculous tumor 
of the brain, a report of a case and brief summary of the 
literature. Amer. Journ. Dis. of Child. 9 Nr. 6, Juni 1915. 

Verff. bringen Krankengeschichte und Sektionsbefund eines Falles 
von multiplem Hirntumor. Die mikroskopische Untersuchung der Hirn- 
tuberkel sowie der Bronchialdrüsen zeigte grosse Mengen von Tuberkel- 
bazillen in den Wänden, sowie auch in dem Lumen der Gefässe. Es 
ist dies der erste Fall, in dem ein derartiger mikroskopischer Befund bei 
tuberkulösen Hirntumoren festgestellt worden ist. Die Literatur wird 
kurz besprochen. W. A. Gekler, Chicago. 


107. Helbig, Ein Fall von Steinhusten. (Aus der inneren Abteilung 
des Elisabeth-Krankenhauses Halle a. S. — Prof. Dr. Winternitz.) 
M. m. W. 8. 1483— 1484. 

Eine alte ö8jährige Frau hatte mehrere Hustenanfälle, bei denen sie 
Steine von verschiedener Grösse (s. Orig.-Abb.) aushustete Das histo- 
logische Bild zeigte neben einem kalkhaltigen Gewebe überall typische, 
grobfleckige Knochenstruktur mit Knochenkanälchen und bei ganz schwacher 
Vergrösserung Anordnung in Lamellen. In der Mitte des Gesichtsfeldes 
sind deutliche typische Knochenkörperchen mit ihren vielfach verästelten 
Ausläufern, den Knochenkanälchen, zu sehen. Zur Ätiologie der Gebilde 
muss wahrscheinlich angenommen werden, dass durch Metaplasie verkalkter 
Lungenherde oder Bronchialdrüsen die Verknöcherung entstanden ist. 

Bredow-Ronsdorf. 


108. Thiem-Cottbus, Tuberkulöse Hirnhautentzündung durch 
Quetschung eines tuberkulösen Nebenhodens hervorgerufen. 
Meschr. f. Unfalllik. 22. 1915 Nr. © 5. 17%. 

Im Gegensatz zu dem Urteil mehrerer Vorbegutachter bejaht Thiem 
den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer (Juetschung von Hoden 
und Nebenhoden, wodurch alte tuberkulöse Herde daselbst aufgeflackert 
seien, mit der 2 Monate nach der nötig gewordenen operativen Semikastra- 
tion aufgetretenen und auch durch die Sektion bestätigten tuberkulösen 
Meningitis. Komplizierend bei der Begutachtung hatte gewirkt, dass auch 
eine Tuberkulose der Nieren vorlag. (reinitz, Tübingen. 


f) Prophylaxe. 
109, Veröffentlichung des Preussisechen Ministeriums des Innern 
vom 24. XL. 1916. Das Rote Kreuz Nr. 26 v. 24. NII. 1916. 
Aus Berichten der Regierungspräsidenten geht hervor, dass in fast 
allen Lungenheilstätten eine einwandfreie Vernichtung der Tuberkelbazillen 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 55 


durch Auskochen des Auswurfs oder durch Dampfdesinfektion stattfindet, 
während die auch in Lungenheilstätten vielfach geübte mechanische Rei- 
nigung der Speigläser und Spuckflaschen unter Zuhilfenahme von Des- ` 
infektionsmitteln und heissem Wasser nicht ausreicht und das Personal 
nicht unerbeblich gefährdet. In den übrigen Krankenanstalten liegt die 
Beseitigung des Auswurfs Schwindsüchtiger noch sehr im argen. Die 
gewöhnlich angewandten Desinfektionsmittel (Sublimat 5°/o, Kresolseifen- 
lösung 2,5—1U%u u. a.) genügen allein nicht zur sicheren Vernichtung 
der Tuberkelbazillen im Innern von zähen Auswurfballen, wenn nicht 
durch vorherige Einwirkung einer 2°/juigen Soda- oder einer 1°/nigen 
Antiforminlösung ihrer Wirkung vorgearbeitet wird. Zu verwerfen ist unter 
allen Umständen die Entleerung undesinfizierten Auswurfs in Abort oder 
Kanalisation. Empfohlen werden Versuche mit den Phenolderivaten Pho- 
brol, Grotan und Sagrotan bei gleichzeitiger Anwendung von Antiformin 
(Kirstein). In erster Linie soll in Krankenhäusern und Lungenheilstätten 
Verbrennung oder Auskochen des Auswurfs und Dampfdesinfektion ange- 
wandt werden. Stehen keine besonderen Apparate (Kirchner, Heim u.a.) 
zur Verfügung, so genügen auch grosse Kochtöpfe mit Siebeinsatz, auf 
welchen die Speigläser mit Inhalt und die Spuckflaschen gelegt werden. - 
Dabei ist die Benützung von Küchenöfen zum Auskochen grundsätzlich 
zu vermeiden. Die Speigläser an den Krankenbetten sollen mit Deckel 
und Handgriff versehen sein. Leunenschloss, Frauenbain. 


110. Lohmer-Cöln, Aufgaben, Ziele und Organisation der gesund- 
heitlichen Wohlfahrtspflege auf dem Lande. Zbl. f. Gesdhtsp/l. 

1916 H. 1,2. 

Die gesundheitliche Wohlfahrtspflege auf dem Lande muss unter 
kluger Benützung aller bereits bestehenden Organisationen und Wohlfahrts- 
einrichtungen mit Rücksicht auf die Eigenart der Bevölkerung nach Mög- 
lichkeit zentralisiert werden. Die geeignetsten Persönlichkeiten für die 
Leitung dieser Zentrale sind der Landrat und der Kreisarzt. Als aus- 
führende Persönlichkeit ist eine ausgebildete, geschulte Kreisfürsorgesch wester 
unerlässlich. Und zwar muss dieselbe auf allen Gebieten der Fürsorge, 
Tuberkulose-, Säuglings-, Wöchnerinnen-, Wohnungsfürsorge usw. usw. 
gleichmässig ausgiebig ausgebildet sein, da sich die einzelnen Gebiete der 
Fürsorge nicht ohne Schaden für die gesamte Wohlfahrtspflege vonein- 
ander trennen lassen. Eine welterfahrene Kreisfürsorgeschwester wird mit 
Klugheit und Takt die ihr gebotenen Mittel zur Anwendung bringen, wird 
sich bald das Vertrauen der ländlichen Bevölkerung erringen und wird 
so die Seele der gesamten Wohlfabrtspflege auf dem Lande werden können. 
Für gebildete Frauen mit offenem Blick und warmem Herzen dürfte der 
Beruf einer solchen Fürsorgeschwester ein neues weites Feld zu sozialer 
Betätigung werden. Hans Müller. 


£) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkalose- 
krankenhäuser und -Heinie. 

111. B. H. Whitbeek, A review of the ten years’ work at Sea 
Breeze Hospital for surgical tuberculous, Amer. Journ. of 
Orthoped. Surg., Mörz 1916. 

Während der ersten zehn Jahre seines Bestehens wurden im Sea 

Breeze Hospital zu Coney Island 262 Fälle behandelt. Hiervon starben 


56 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


38; 9 wurden von den Eltern nach einem mehrtägigen Aufenthalt nach 
Hause genommen; 7 wurden als nicht tuberkulös entlassen; bei 123 ist 
der Krankbeitsprozess zum Stillstand gekommen; 10 wurden als gebessert 
entlassen und 43 sind noch im Hospital. Unter den Kindern waren 
viele mit vorgeschrittener Krankheit, mit amyloider Degeneration, und 
sogar ein moribunder Fall. 24 von den ersten 100 Aufnahmen starben, 
und zwar 4 an Lungentuberkulose, 18 an Amyloid, 1 an Sarkom (nicht 
Tuberkulose). Unter den übrigen 162 gab es bloss 14 Todesfälle, 2 an 
allgemeiner Miliartuberkulose, 3 an Amyloid; und 4 geheilt entlassene 
starben nachträglich, und zwar 2 an Scharlach, Masern, Diphtherie und 
Unfall. Unter den als stationär Entlassenen war bei 17 die Wirbel- 
säule ergriffen, bei 22 das Hüftgelenk, bei 12 das Knie, bei 7 das 
Sprunggelenk, bei 2 die Schulter, bei 4 der Ellbogen, bei 1 der Kiefer, 
bei 2 die Finger, bei 2 das Handgelenk und bei 2 mehr als ein Gelenk. 
Unter den 10 als gebessert entlassenen Fällen waren bei 4 die Lymph- 
knoten, bei 2 die Hüfte, bei 1 das Knie, bei 1 das Sprunggelenk und 
bei 2 mehr als 1 Gelenk erkrankt. 2 davon hatten eiternde Fisteln 
beim Eintritt. 49 von den als geheilt Entlassenen batten beim Eintritt 
-eiternde Fisteln, welche zur Zeit geschlossen sind. \Vährend der Winter- 
zeit erhielten die Kinder Schulunterricht im Zimmer mit weit offenen 
Fenstern. Die Schulbehörde stellte die Lehrer. Die Fisteln heilten am 
echnellsten unter Seebädern und Sonnenbestrahlung. Um das Baden zu 
ermöglichen, werden die Gelenke mit orthopädischen Apparaten anstatt 
mit Gipsverbänden behandelt. Die Schienen werden mit Gummi bedeckt, 
so dass sie vor dem Baden nicht abgenommen zu werden brauchen. 
Sonnenbestrahlung kann nur an warmen Sommertagen angewendet werden, 
weil Kinder den Einfluss von Wind nicht gut vertragen. Auch werden 
viele unruhig, wenn sie an feuchten Tagen der Sonne ausgesetzt werden. 
Bei Psoasabszess wurde horizontale Ruhelage verordnet. In einigen 
Fällen erfolgte Resorption. Grosse Abszesse werden. entweder aspiriert 
mit nachfolgender Einspritzung von Calot’s Lösung oder inzidiert, der 
Eiter langsam ausgedrückt und die Wunde aseptisch vernäht. Letztere 
Behandlung zeigte bessere Erfolge. Wirbelsäulen-Tuberkulose wurde mit 
Knochentransplantation behandelt. Lungenfälle wurden nicht zugelassen, 
weil sie von der Seeluft nicht günstig beeinflusst werden. Wenn Lungen- 
symptome während des Aufenthaltes erschienen, wurde Patient entlassen. 
Mannheimer, New York. 


Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


4. Adolf Bacmeister, Lehrbuch der Lungenkrankheiten. Mit Sr Tert- 
abbildungen und 4 jarbigen Tafeln. Leipzig 1916. Verlag von Georg Thieme. 
Bacmeister, der als langjähriger Assistent der Freiburger medizinischen Klinik 

und jetziger Leiter des Sanatoriums St. Blasien über grosse eigene Erfahrungen 
verfügt und dem wir mannigfache Bereicherung unserer Kenntnisse der Pathogenese 
und Therapie der Tuberkulose zu verdanken haben, hat sich der Aufgabe unter- 
zogen, die Lungenerkrankungen zusammenfassend darzustellen. Wie er im Vor- 
wort hetont, verfolgt sein bereits im August 1914 abgeschlossenes Lehrbuch haupt- 
sächlich praktische Zwecke. Deshalb ist auf Literaturangaben verzichtet und die 
Technik der Röntgendiagnostik mit Recht unberücksichtigt geblieben; andererseits 


-a 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. D 


habena die diagnostischen Methoden, soweit sie der praktische Arzt beherrschen 
muss, eine sebr ausführliche Beschreibung erfahren. Stellenweise ist der Verf. 
in diesem Bestreben wobl sogar etwas zu weit gegangen. Es muss doch die 
Kenntnis der grundlegenden perkutorischen und auskultatorischen Phänomene bei 
dem Leser eines solchen Lehrbuches vorausgesetzt werden. Sätze wie etwa der: 
„Die gesunde Lunge ist aus zahlreichen kleinsten lufthaltigen Kämmerchen, den 
— Alveolen — zusammengesetzt* (S. 15), „die Lungen gliedern sich in Lappen“ 
(S. 20), gehören doch weit mehr in einen Leitfaden der Perkussion und Aus- 
kultation, als ın ein Lebrbuch der Lungenkrankheiten. Auch sonst hat die Ab- 
sicht des Verf., dem Praktiker möglichst genaue diagnostische Hinweise zu geben, 
zur Aufnahme von Methoden und Krankheiten geführt, die an sich zu den Lungen- 
krankheiten nur lose Beziehungen haben. So erscheint die eingehende Erörterung 
der Maserndiagnostik (mit der übrigens wenig gelungenen Abbildung der Koplick- 
schen Flecke) und der Typhusdiagnose beim Kapitel der Bronchitis doch wohl 
weit hergeholt, so praktisch wichtig auch die Technik der Blutentnahme für die 
Widal’sche Reaktion und die Blutkultur beim .Typhus ist. Gleiche Bedenken 
sind geltend zu machen gegen die Angaben über die Färbung der Spirochaete 
pallida im Kapitel der Lungensyphilis: Bei der klinischen Diagnose der Lungen- 
syphilis kommt doch eine Färbung der Spirochaete nicht in Frage. Derartige Bei- 
spiele für eine nicht genügend scharfe Umgrenzung des Stoffes liessen sich noch 
eine ganze Anzahl anführen. Auf der anderen Seite fehlen wieder Dinge, die 
zweckmässig erwähnt worden wären, bzw. die eine ausführliche Darstellung ver- 
dient hätten, wie die Pleuratumoren, die auf knapp einer Seite abgehandelt werden. 

Das Lehrbuch ist mit Textabbildungen und farbigen Tafeln reichlich aus- 
gestattet. Die meisten Tafeln sind gelungen und gut reproduziert. Finzeine 
schlechte Abbildungen (so z. B. das ganz unnatürliche Bild einer Pirquet’schen 
Kutanreaktion) sollten bei einer Neuauflage durch bessere ersetzt werden. Auch 
die Wiedergabe der Röntgenbilder ist nicht immer einwandfrei. Die Zahl der 
Röntgenbilder könnte bei der grossen Bedeutung der Röntgenphotographie meines 
Erachtens noch erheblich vermehrt werden. 

Dass im übrigen die Darstellung bei einem Autor wie Bacmeister flüssig 
und klar ist, braucht nicht betont zu werden. Man merkt auf jeder Seite den 
erfahrenen Kliniker, der mit anerkennenswertem didaktischen Geschick den 
Lernenden in das Gebiet der Lungenkrankheiten einführt. Es ist deshalb zu er- 
warten, dass das Bacmeister’sche Lehrbuch eine weite Verbreitung bei Ärzten 
und Studierenden finden wird, die im Interesse gut fundierter Kenntnisse auf 
diesem für den Praktiker so ausserordentlich wichtigen Gebiet sehr zu wünschen wäre. 

G. Rosenow. 


ð Dietrich und Kaminer, Handbuch der Balneologie. Band I, mit 

S59 Abbild. und 1 Tafel. Leipzig 1916, Verlag Georg Thieme. Preis M. 14.—. 

Die Zentralstelle für Balnevlogie hat es unternommen, in einem grosszügigen 
Werk von 6 Bänden, von denen uns der l. Band vorliegt, die schon zu hoher 
Blüte gelangten wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiete der Balneologie 
und Klimatologie in ihren Ergebnissen zu sammeln und den Ärzten zugänglich zu 
machen. Es ist dieser Plan um so mehr zu begrüssen, weil die Balneologie 
und Klimatologie in manchen Ärztekreisen immer noch etwas stiefmütterlich 
behandelt werden. So werden manche, auch vielleicht aus den Kreisen der Tuber- 
kuloseürzte sich wundern, dass wir in unserem Fachblatte das Handbuch besprechen. 
Aber gerade für die Tuberkulose-Fachärzte haben Balneologie und Klimatologie 
eine viel grössere Bedeutung als im allgemeinen angenommen wird. Für wie 
viele Begleitsymptome und Komplikationen der chronischen Tuberkulose der 
Lungen gebrauchen wir nicht eine Reihe von Mineralwässern und Bäderkuren! 
Welche gewichtige Rolle spielen weiter klimatologische Fragen für unsere Dis- 
ziplin, die noch in sehr vielen Punkten, was die Tuberkulose anlanzt, der Klärung 
haıren! Jeder Tuberkulosearzt muss demnach das grosse Werk der Zentralstelle 
mit Freuden begrüssen. Er erhält dadurch die Möglichkeit, sich über alle ein- 


DY Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


schlägigen wissenschaftlichen Fragen rasch zu unterrichten und wird angeregt zu 
eigener Forschung auf diesem Gebiete. 

Die einzelnen Abschnitte in dem Handbuch sind von Fachleuten bearbeitet. 
In Band [ kommen die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Balneologie und 
Klimatologie in Behandlung. So finden wir nach einem einleitenden Abriss der 
Balneologiegeschichte von Alfred Martin mit sehr instruktiven Bildern die 
Geologie der Mineralquellen und Thermen, der Mineralmoore und Mineralschlamme 
von Keilhack bearbeitet. Die Chemie der Gewässer, Moore und Mineral- 
schlamme ist in den ersten 2 Kapiteln von Thiesing, Hintz und Grünhut 
bearbeitet und zwar hat Thiesing das indifferente Wasser behandelt, die beiden 
anderen genannten Forscher haben sich in sehr eingehender Weise mit den 
chemischen Eigenschaften der Mineralwasser, -Moore und -Schlamme befasst. In 
einem 3. Kapitel dieses chemischen Abschnittes wırd das Meerwasser von Merz 
besprochen. Wenn auch der Inhalt dieser einleitenden Abschnitte den Ärzten 
etwas fern liegt, so werden sie doch nach vielfachen Richtungen durch die muster- 
gültigen Abhandlungen belehrt und unterrichtet. Man findet alles darin, was zum 
Verständnis der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Mineralbäder 
und Mineralschlamme nötig ist. 

Im Abschnitt C des Bandes kommt dann die Physik des Klimas zur Be- 
handlung. In diesen Kapiteln nähern wir uns schon mehr rein ärztlichen Fragen. 
Jeder Arzt, der klimatologische Studien machen will, hat sich zunächst über die 
physikalischen Eigenschaften des Klimas eingeliend zu unterrichten. Er findet ia 
der Arbeit von Alt alles Nähere über die physikalischen Verhältnisse der einzelnen 
Klimafaktoren. Die Physik der Sonnenbestrahlung ist in bekannter, mustergültiger 
Weise von Dorno, Davos. der darin ja über ganz besonders eingehende Erfah- 
rungen verfügt, bearbeitet worden. Das Radium und die radioaktiven Substanzen 
kommen in einem kurzen Schlusskapitel aus der Feder von Marckwald zur 
Besprechung. 

Wir sehen mit Interese den folgenden Bänden des grossen Werkes entgegen, 
in denen die Balneo-Plıysiologie, die allgemeine und spezielle Klimato-Physiologie, 
endlich die allgemeine Therapie der Kurorte, Kurorthygiene und Balneographie von 
sachkundigster Seite bearbeitet werden sollen. -- 

Das Werk wird nach seiner Vollendung ein Denkmal deutschen Fleisses und 
deutscher wissenschaftlicher Gründlichkeit darstellen, zumal es sich auf wissen- 
schaftlichen Forschungen eines Gebietes aufbaut, die vorwiegend in Deutschland 
und Österreich gemacht wurden. Schröder, Schömberg. 


6. F.Lewandowsky. Die Tuberkulose der Haut. Berlin 1916, Verlug 
von Julius Springer. 233 8. mit 115 Abbild. und 12 Tafeln. JPreis M. 22.— 
Das Werk ist ein spezieller Teil aus dem grösseren Kapitel der Tuberkulose, 

die ihierseits zu dem grösseren Sammelwerke einer Enzyklopädie der klinischen 
Medizin gehört (herausgegeben von Langstein, v. Noorden, v. Pirquet und 
Schittenhelm). Aus dem allgemeinen Teil sind hervorzuheben die besonders lehr- 
reichen Kapitel, in denen wir die Beweise für die tuberkulöse Natur einer Hauter- 
krankung, die Disposition, die Infektionswege und die Immunitätslehre finden. Der 
spezielle Teil berührt in der Einführung die Streitfrage der Nomenklatur, die ja 
bedauerlicherweise wie diejenige noch mancher anderer dermatologischen Affektionen 
vieles zu wünschen übrıg lässt. Ausdrücke wie Aknitis werden z. B. noch immer 
von der Wissenschaft mitgeschleppt. Der eigentliche Inhalt wird in drei Haupt- 
gruppen abgehandelt, nämlich in Formen progredienter Einzelherde, in exanthe- 
matischen Formen und Krankheiten unsicherer Ätiologie. Unter die erste Gruppe 
gehört der Lupus vulgaris mit seinen Varietätenformen, die verruköse und die 
kolliquative Tuberculosis cutis und die ulzeröse 'l'uberkuluse. In der zweiten Gruppe 
finden wir unter anderen die Milliartuberkulose, den Licben scrofulosorum und 
die papulo-nekrotischen Tuberkulide. Aus der dritten Gruppe sei die wichtigste 
Erkrankung, der Lupus erythematodes hervorgehoben. Einige fälschlich zur 'Tuber- 
kulose gerechnete Erkrankungen sind ihr angegliedert. Der therapeutische Teil 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. D9 


gibt eine Übersicht über die Behandlung der inneren und der chirurgischen Tuber- 
kulose. Die Behandlung der Hauttuberkulose zerfällt in biologische, chemische, 
physikalische und chirurgische Methoden. Von den chemischen Methoden sind 
als modern hervorgehoben: Salvarsan, Gold, Cholin und Kupfer. Aus der physi- 
kalischen Therapie findet die Licht-, Röntgen- und Radiumbehandlung besondere 
Beachtung. Zahlreiche Abbildungen und farbige Tafeln nach Moulagen und 
klinischem Material, mikroskopische Zeichnungen und Mikrophotogramme sind 
dem Texte reichlich beigegeben. 

Der trotz aller wissenschaftlichen Gründlichkeit flüssige Stil macht das 
Studium des Buches mühelos und spannend. Eine wohltuende Objektivität lässt 
in strittigen Fragen jede Auffassung zu ihrem Rechte kommen. Die Kapitel der 
Disposition, der Immunitätslebre und der modernsten Bebandlungsmethoden er- 
öffnen bei aller Vorsicht des Urteils anregende Aussichten auf künftige Möglich- 
keiten und Lösungen. F. B. Solger, Rostock. 


7. 0. Amrein-Orosa, Klinik der Lungentuberknlose für Studierende 
und Ärzte. Mit 11 Abbildungen. 150 S. Bern 1917, Verlag von A. Franke. 
Das anregend geschriebene Werk wird den Studierenden und manchem 
praktischen Arzte ein willkommenes Nachschlagebuch sein. Das ganze ist über- 
sichtlich geordnet, in 12 verschiedene Kapitel eingeteilt und mit Autorenregister, 
Sachregister und Ortsregister versehen. Ein Abschnitt bespricht auch „den 
heutigen Stand der Tuberkulosebekämpfung* und ein anderer „Die wichtigsten 
Untersuchungen im Laboratorium“ (Dr. Heinz). Lucius Spengler. 


S. Veröffentlichungen der Robert Koch-Stiftung zur Bekämpfung der 
Tuberkulose. Bd. 2 H. 1. Tihiemes Verlag, Leipzig 1916. 


a) Ischio Haga. Uber das Vorkommen und den Nachweis von 
Tuberkelbazillen im strömenden Blute. 

Nach einem kurzen Referat über die Arbeiten früherer Autoren und die 
dabei angewandten Untersuchungsmethoden (mikroskopische Metiioden, Tierversuch) 
stellt Haga in ausführlichen Tabellen die einander widersprechenden Ergebnisse 
nach Autoren, nach den engverwandten Methoden und denı Stadium der Erkran- 
kung der untersuchten Patienten geordnet zusammen. Bei seinen eigenen mikro- 
skopischen Untersuchungen wendet er die Scheitter’sche Methode in eigener 
Modifikation an. Besonderen Wert legt er auf die jedesmalige frische Herstellung 
des destillierten \Vassers und sämtlicher benützter Lösungen, auf die Untersuchung 
der angewandten Lösungen auf etwa in ihnen vorhandene säurefeste Stäbchen 
und anf die peinlichste Reinigung der benützten Gläser, Objektträger usw. Aus 
vergleichenden Vorversuchen ergibt sich, dass Tuberkelbazillen im Blut bis herab 
zu einer Menge von 0,00001 mg nachweisbar sind, während der Tierversuch noch 
genauer zu sein scheint, besonders wenn mehrere Versuchstiere gebraucht werden. 

Die eigenen Untersuchungen des Verfassers erstrecken sich zunächst auf 
108 Blutproben von 105 Menschen, von denen 75 an Lungentuberkulose verschie- 
denen Grades und 6 an Tuberkulose anderer Organe eıkrankt waren. Bei 22 lag 
nur 'Tuberkuloseverdacht vor. Unter den 75 an Lungentubeikulose Erkrankten 
gehörten 35 klinisch dem [. Stadium und je 20 dem Il. und Iil. Stadium an. Es 
wurde in jedem Fall gleichzeitig die mikroskopische Untersuchung nach der modi- 
fizierten Scheitter'schen Methode und der Tierversuch an je 3—4 Meerschweinchen 
ausgeführt. Der Ausdruck „mikroskopisch-pesitiv“ wird von Haga bei seinen 
Untersuchungen in dem Sinne eines positiven Befundrs von tuberkelbazillen- 
ähnlichen, siuretesten Stäbchen gebraucht. ohne dass dabei zunächst über die 
wahre Natur dieser Stäbchen ein Urteil gefällt wird. Unter den 35 Fällen des 

1. Stadiums war das Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung 10 mal (23,6% o) 
positiv, während der Tierversuch Smal (22,8 /u: positiv ausfiel. Das Resultat der 
beiden Methoden deckt sich aber nur in 4 Fällen. Die Blutuntersuchung der 
20 Fälle des II. Stadiums war 5Amal (25°) mikroskopisch und 6mal 1300/9 im 
Tierversuch positiv. Das Resultat deckte sich in 5 Fällen. Unter den 20 Fällen 


60 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


des III. Stadiums war die mikroskopische Untersuchung 8mal (40°/o) und der 
Tierversuch 8mal (40°/o) positiv. Das Ergebnis stimmte aber nur in 5 Fällen 
überein. Die 6 Blutuntersuchungen in Fällen von Erkrankungen anderer Organe 
ergaben lınal mikroskopisch und 2mal im Tierversuch einen positiven Befund. 
Unter den 22 zur Zeit der Blutuntersuchung auf Tuberkulose verdächtigen Fällen, 
von denen allerdings bei einigen später eiue andere Diagnose gestellt wurde, war 
die Blutuntersuchung in einem (im Tierversuch negativen) Fall mikroskopisch 
positiv, 3mal im Tierversuch positiv. Die Tuberkulinreaktion war bei 10 Kranken 
positiv ausgefallen, wobei aber nur 2mal das Ergebnis der Tuberkulinreaktion 
mit dem des Tierversuchs übereinstimmte. 

Insgesamt war also in 103 Fällen die Blutuntersuchung 25 mal (24,2°;o) mi- 
kroskopisch, 27 mal (26,2°/o) im Tierversuch positiv. Dieses Ergebnis steht in 
schroffem Gegensatz zu den Untersuchungen von Liebermeister, Kurashige 
u.a., welche bei 100° aller an Tuberkulose Erkrankten positiven Bazillenbefund 
im Blute hatten und infolgedessen das Wesen der tuberkulösen Erkrankung in 
einer primären Bakteriämie suchten. Nach den Untersuchungen Hagas steigt 
im allgemeinen die Häufigkeit der positiven Blutbefunde mit der Schwere der Er- 
krankung. Ein prognostischer Rückschluss auf die Schwere der Erkrankung lässt 
sich jedoch aus dem Bazillenbefund des Blutes zur Zeit nicht ziehen. Die oben 
erwähnte Differenz zwischen den Resultaten der mikroskopischen Blutuntersu- 
chungen und denen des Tierversuchs vermag der Verfasser nicht endgültig zu klären. 
Massgebend ist für ıhn nur das positive Ergebnis des Tierversuchs. Dagegen ist 
der negative Ausfall des Tierversuchs nicht beweisend, wie aus Parallelversuchen 
mit mehreren Tieren hervorgeht. Die mikroskopische Untersuchung des Blutes 
allein ohne den gleichzeitigen Tierversuch hat diagnostisch keinen Wert, weil es 
zur Zeit noch nicht gelingt, schwerwiegende Fehlerauellen mit Sicherheit zu ver- 
meiden. ;Die beobachteten säurefesten Stäbchen können aus den angewandten 
Lösungen (bei Haga selbst vermieden) stammen oder sonst durch unsaubere Be- 
handlung von aussen ins Blut gelangt sein, oder aber durch die Schleimhäute des 
Atmungs-, Verdauungs- und Urogenitalapparates ins Blut eingedrungen sein. 
Schliesslich können sie auch bei ungenügender Entfärbung noch rot gebliebene 
Organpartikelchen darstellen. Dagegen kann sich Haga nicht den von Kalın 
gemachten Angaben anschliessen, dass „die roten Blutkörperchenhüllen und Eiweiss- 
körper des Blutes oder Fihrins bei der Untersuchung mit der Scheitter'schen 
Metliode ein den Tuberkelbazillen ähnliches Gebilde darstellen können.“ 

Verf. gibt dann noch Tabellen über die Obduktionsprotokolle der benützten 
Versuchstiere. 48 Blutuntersuchungen an 12 künstlich mit humanen Tuberkel- 
bazillen infizierten Meerschweinchen waren 13mal (27,1°o) mikroskopisch und 
13mal im Tierversuch positiv, wobei das Ergebnis in 11 Fällen übereinstimmte. 
Hierbei fällt im Gegensatz zur menschlichen Tuberkulose gleich am Anfang der 
Infektion ein verbältnismässig hoher Prozentsatz der Blutuntersuchungen positiv 
aus. Nach erfolgter Abnahme in den folgenden Wochen steigt der Prozentsatz 
der positiven Ergebnisse kurz vor dem Tode wieder an. Haga erklärt das durch 
den Unterschied zwischen einer leichten spontanen Infektion des Menschen und 
der künstlichen, starken, subkutanen des Meerschweinchens. 

Je 3 Blutproben von mit Perlsuchtbazillen infizierten Kaninchen und Rindern 
ergaben je 2mal ein positives Ergebnis im Tierversuch, während 8 Blutunter- 
suchungen von mit humanen Tuberkelbazillen infizierten Kaninchen negativ 
ausfielen, 


b) Möllers und Oehler, Die Tuberkelbazillen im strömenden Blut. 


Die Verfasser haben Blutuntersuchungen mittels des Tierversuches bei 105 
an Tuberkulose (vornehmlich Lungentuberkulose) Erkrankten angestellt und hatten 


in 9 Fällen == 8,57 °%o ein positives Resultat und zwar 
bei 62 Kranken des I. Stadiums in 2 Fällen = 3,2°o 
za E „ nn. z „4 „, ==11,8°% 


Ss: A E „ Mm. i „9 se ee Vak 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 61 


Unter den Erkrankten des I. Stadiums befinden sich einige nur Tuberkulose- 
verdächtige und einige an Tuberkulose anderer Organe Erkrankte. 74 Fälle wurden 
1mal, 30 2mal, einer 3mal untersucht. Bei jeder Blutentnahme wurde das defi- 
brinierte Blut des Kranken in der Regel auf 3 Meerschweinchen subkutan verimpft. 
Die mikroskopische Untersuchung wurde wegen der Unzuverlässigkeit der Me- 
thode unterlassen. Im ganzen waren bei den 9 positiven Fällen 13 Meerschweinchen 
an Tuberkulose erkrankt. Alle Versuchstiere, welche nicht vorher eingingen, 
wurden nach Ablauf von 2—3 Monaten einer intraperitonealen Tuberkulinprobe 
von 200 mg Alttuberkulin unterzogen. Bei 5 von den erkrankten 13 Meer- 
schweinchen fanden sich nur leicht vergrösserte Lymphdrüsen, in einem Fall ein- 
zelne verdächtige Knoten in der Milz, so dass erst durch Weiterimpfung auf neue 
Meerschweinchen die Diagnose gesichert werden konnte. Nur bei 5 Meerschweinchen 
fand sich das übliche Obduktionsbild der fortgeschrittenen Impftuberkulose. Dieser 
auffallend leichte atypische Verlauf der Impftuberkulose in 8 von 13 Fällen ver- 
anlasst die Verf. unter Hinweis auf ähnliche Ergebnisse früberer Autoren (Feyer- 
abend, Vallée, Neufeld, Calmette u. a.) zu der Mahnung, dass die Auf- 
merksamkeit sich mehr als bisher einer genauen Durchsicht des Obduktionsbefundes 
zuwenden möge, damit eine falsche Deutung des Obduktionsergebnisses vermieden 
wird. Nur durch Weiterimpfung auf neue Meerschweinchen ist in manchen Fällen 
die Diagnose mit Sicherheit zu stellen. Nach Ansicht der Verf. kommt dem 
„Tuberkelbazillennachweis im Blute weder prognostisch noch diagnostisch eine 
praktisch verwertbare Bedeutung zu, da der Nachweis von Tuberkelbazillen im 
Blut nur in einem verhältnismässig geringen Prozentsatz aller Tuberkulosen mit 
Sicherheit möglich ist“. 

c) Möllers und Oehler, Zur Fragsa der Mobilisierung der Tuberkel- 
bazillen durch Tuberkulin. 

Nach eingehenden Referaten über die Arbeiten anderer Autoren in dieser 
Frage berichten die Verfasser über 54 eigene Blutuntersuchungen mittels des 
Tierversuches. Bei 32 an Lungentuberkulose aller 3 Stadien erkrankten Patienten 
fand eine 2malige Blutuntersuchung, vor den Tuberkulineinspritzungen einerseits 
und auf der Höhe der Tuberkulinreaktion andererseits, statt mit dem Ergebnis, 
dass vor der Tuberkulineinspritzung 3 Fälle = 9,4°/o, auf der Höhe der Tuber- 
kulinreaktion 2 Fälle = 6,25°/ ein positives Ergebnis zeigten. Bei weiteren 
22 Fällen, bei denen nur eine einmalige Untersuchung auf der Höhe der Tuber- 
kulinreaktion stattfand, war das Ergebnis durchweg negativ. 

Die Verf. schliessen aus ihren Untersuchungen, dass „die Tuberkulinein- 
spritzung als solche nicht von einem ausschlaggebenden Einfluss auf das Auftreten 
von Tuberkelbazillen im strömenden Blut ist“. Leunenschloss, Frauenbhain. 


9. Hugo Bayer-Wien, Eine neue Heilmethode gegen Erkrankungen 
der Lunge und des Herzens. Im Selbstverlag. 46 S. Preis K. 1,20. 

In der Berliner Klinischen Wochenschrift 1913 Nr. 47 hat Verf. bereits 
seinen Apparat beschrieben, mit welchem er aus einer Saug- und Druckpumpe 
vermittels eines Schlauches atmosphärische Heissluft unter rhythmischer Kom- 
pression einatmen lässt. Die eingeatmete Luft wird filtriert und kann zwecks 
Inhalation durch eine eingeschaltete Trommel mit Medikamenten beschickt werden. 
Das Verfahren soll eine mechanische Erweiterung verstopfter Bronchiolen und 
Alveolen bezwecken, eine gewisse Endomassage ausüben und die Expektoration 
anregen. Dass dadurch bei chronischer Bronchitis eine gewisse Lungendrainage 
erzielt wird und dadurch einer Atelektasenbildung und Induration vorgebeugt wird, 
erscheint einleuchtend. Auch bei echtem Asthma könnte diese Therapie von 
Nutzen sein. Bei Stauungen im Lungeukreislauf wäre eine Entlastung des Herzens 
wohl denkbar. Bedenklicher scheint die vorgeschlagene Therapie bei Eimphysem 
zu Sein, wo gerade das Gegenteil, nämlich eine oberflächliche Inspiration und eine 
forcierte Exspiration erwünscht ist. — Bei chronischer Lungentuberkulose hält B. 
sein, Vibroinhalation genanntes, Verfahren nicht nur für eine Ergänzung der üb- 
lichen Heilmethoden, sondern sogar für einen vollwertigen Ersatz derselben. Er 


62 Kongress- und Vereinsberichte. 


geht von der Ansicht aus, dass die Anschauung, die Lungentuberkulose könnte 
durch Rubhigstellung der Lunge zur Ausheilung gelangen, eine irrige sei. Die Tat- 
sache, dass die Tuberkulose in der durch ihre anatomische Lage zur relativen 
Ruhigstellung verurteilten Lungenspitze ihre Prädilektionsstelle hat, spräche gegen 
diese Anschauung. Er will im Gegenteil eine Durchlüftung der befallenen Lungen- 
partien herbeiführen. Die tuberkulösen Sekrete sollen dadurch einen Abfluss er- 
halten, Infiltrate sollen zerfallen und sich gegen das gesunde Gewebe abgrenzen. 
Die Gefahr einer Dissemination von Keimen in gesunden Lungenpartien hält Verf. 
nicht für erheblich, da durch den ständigen Luftstrom für Entfernung derselben 
gesorgt sei. Beigefügte Krankengeschichten sollen einen Beleg für den Erfolg 
der Therapie bilden. 

Verf. befindet sich mit seinen Anschauungen und seiner T'herapie im geraden 
Gegensatz zu den heutigen langerprobten Heilmethoden gegen die Lungentuber- 
kulose. Sein Verfahren bedarf daher noch gründlichster Nachprüfung und kritischer 
Beurteilung von seiten erfahrener Lungentherapeuten, um das Brauchbare an der 
neuen Heilmethode von dem Unbrauchbaren zu sondern. Hans Müller. 


10. Die Vibroinhalation. Therapeutische Mitteilungen ans den Heilinsti- 
tuten für Vibroinhalation. Herausgeber: Heilinstitut für Vıibroinhalation. 
Redakteur: Huyo Bayer. 1. Jahrg. 1916. Nr. 1. 16 S. 

Das leftchen enthält in der Hauptsache Krankengeschichten von Patienten, 
welche mit der vom Verf. angegebenen Vibroinhalation behandelt sind. Im übrigen 
ist auf das im vorhergehenden Referate besprochene Schriftchen verwiesen. 

Hans Müller. 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 


2. K. u. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien. Sitzung vom 
15. Dezember 1916 (vergl. W. kl. W. 1917, 3). 
(Ref. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.) 


Otto Porges: Über eine Behandlungsmethode der Lungen- 
tuberkulose. In den letzten Jahren haben die vom Verf. sogenannten „mecha- 
nischen Behandlungsmethoden“ der Lungentuberkulose eine gewisse Bedeutung 
erlangt. Dabei steht die Behandlung mit künstlichem Pneumothorax nach For- 
lanini und Brauer scheinbar im Widerspruch mit den Bestrebungen, die darauf 
ausgehen, die erkrankte Lunge zu mobilisieren (Freund). Ein Ausweg aus diesen 
Widersprüchen ergibt sich, wenn man annimmt, dass die bereits erkrankte Lunge 
durch Rubigstellung geheilt werden kann, dass aber die mangelhaft bewegte Lunge 
häufiger erkrankt (leichteres Haften des 'Tuberkelbazillus infolge verlangsamten 
Luft-, Blut- und Lymphstromes). Bei bereits erkrankter Lunge trägt beschleunigte 
Lymphströmung nur zur Verschleppung und Ausbreitung des Virus bei. Daher 
heilt die Tuberkulose in den minder bewegten Lungenspitzen auch leichter aus, 
als in den anderen Lungenpartien. Es empfiehlt sich also eine gesteigerte 
Ventilation, eine Atemgymnastik als Vorbeugungsmassnahme gegen die 
Infektion, dagegen muss für die bereitserkrankte Lunge Ruhigstellung 
gefordert werden. 

Von diesen Gesichtspunkten suchte Veif. ein Verfahren, welches die 
Beweglichkeit der erkrankten Lungenpartien einschränkt, die 
Bewegung der nicht erkrankten Lungenteile steigert. Esergibt sich 
besonders das Bedürfnis, die so häufigen doppelseitigen Oberlappenaffektionen 
der Therapie der Ruhigstellung zuzuführen. P. suchte nun ein Verfahren, welches 
die thorakale Atmung hintanhält, die Zwerchfellbewegung steigert. Belastung 
des Thorax mit Sandsäcken, Anlegung eines Gipskorsetts wirkten scheinbar günstig, 
wurden aber von den Patienten nicht gut vertragen. Schliesslich liess Verf. eine 


Kongress- und Vereinsberichte. 63 


Thoraxbinde anfertigen. Dieselbe besteht aus 4—5 parallel genühten Gürteln, 
die um den 'horax geschnallt werden. Hosenträgerartige Achselbänder verhindern, 
um die Schulter gelegt, Verschiebung der Binde und Hebung der oberen Thorax- 
apertur. Vor Einleitung der Behandlung wird der Kranke durch den Arzt und 
mit Hilfe von auf die Brust gelegten Sandsäcken an die diaphragmatische Atmung 
gewöhnt. Dann werden die oberen Gürtel allmählich möglichst fest angezogen, 
die unteren loser geschnallt gelassen. Die meisten Kranken vertragen das an- 
dauernde Tragen der Binde (auch im Schlafe) gut, fühlen sich wohl, Bruststechen 
und Ziehen hört auf. Die Binde ist zwar nicht imstande die thorakale Atmung 
gänzlich bintanzuhalten, sie hemmt aber und erschwert die Thoraxbewegungen, 
so dass der Patient sich gewöhnt — später auch ohne Binde — rein diaphrag- 
matisch zu atmen. Dies ist besonders gut im Röntgeuschirm zu schen. 

Zur Behandlung wurden nur solche Kranke herangezogen, welche trotz 
monatelanger hygienisch-diätetischer Behandlung Tendenz zur Progredienz der 
Krankheit zeigten. Die Indikation bilden naturgen:äss nur Oberlappenprozesse. 

Mitteilung von Krankengeschichten. 

Zusammengefasst ergibt sich folgendes Rasultat: 

Von 21 in Behandlung gezogenen Fällen wurden 10 gebessert, 4 blieben 
bisher unverändert, 1 Fall verweigerte die Weiterbehandlung und wurde nach 
anfänglicher Besserung rückfüllig. Bei keinem Falle Verschlechterung. 11 vor 
der Behandlung fieberhafte Fälle wurden sämtlich entfiebert. 11 von 17 wiesen 
vorher Tuberkelbazillen auf und waren nachher bazillenfrei. Bei 11 Fällen Bes- 
serung des Auswurfs, des auskultatorischen Befundes, namhafte Gewichtszunabmen. 
Ausserdem wurde die Binde bei 5 Fällen von andauernder llämoptoe angewendet, 
bei 4 davon sistierte dieselbe in 1—2 Tagen. 

Das Heilverfahren scheint günstige Erfolge zu zeitigen, ist leicht und ge- 
fahrlos anzuwenden und verursacht sicher keine Nachteile, ist also in das Arsenal 
der Watlen gegen die Tuberkulose aufzunehmen. 

Diskussion zu dem vorstehenden Vortrag: 

FE. Ullmann: Nachdem der Atmungstypus des Mannes ein abdominaler, der des 
Weibes ein thorakaler ist, müssten sich Unterschiede zugunsten des männlichen Ge- 
schlechtes geltend machen. Doch ist nach einer Statistik in Wien im Zeitraume 
von 25 Jahren «as Verhältnis 2:3 zu nnennsten der Manner. Es müsste aber doch, 
insoferne der therapeutitche Vorschlag des Herrn Porges eine wissenschäftliche Basis 
haben soll, die Statistik in Betracht gezogen werden, 

J. Sorgo pflichtet der theoretischen Voraussetzung der Methode bei, dass für 
erkrankte Lungen Ruhiestellunz erwünscht und von günstigem Einfluss sei (Lierekur. 
Sorgo hat die Porges’sche Bandage in einigen Fällen ausprobiert und zwar dureh- 
wegs an Männern die gut diaphrawınal atmeten, Dieser Atemtypus wurde dureh 
die Bandage verstärkt, jedoch bei gleichzeitig verstärkter Atmung der oberhalb der 
Bandage gelegenen Thoraxabschnitte, besonders bei tiefer Atmung und bei Körper- 
bewegung. Mit Rücksicht auf die vorwiegende Lokalisation der Tuberkulose in den 
Spitzen, bewirkt die Porges’sche Methode das Gegenteil von dem, was sie erstrebt, 
namlich nicht Rubigstelluug, sondern verstärkte Atmung im Bereiche der oberen Thorax- 
abschnitte. Bei den von Porges erzielten Erfolgen stehen wir vor der Alternative, 
entweder die Berechtigung der Ruhetherapie oder den Zusammenhang zwischen den 
klinischen Eriolgen und der anzewendeten Therapie in Zweilel ziehen zu müssen. Da 
Sorgo dem ersteren Zweifel nieht Raum geben will, muss er eher vermuten, dass die 
von Porxres beobachteten Erfolge nieht mit der Therapie in Zusammenhang stehen. Es 
gibt kanm etwas Schwierigeres, a's den KEitlekt einer Bebandlungsmethode bei der ehro- 
nischen Lunzenphthise individuell richtig zu beurteilen. Auch weun man, wie Porges, 
die Vorsicht geübt hat, die Kranken zunächst längere Zeit zu beobachten, ebe man eine 
Therapie einleitet, darf man nicht alle Erfolge auf die nene Therapie zurückiuhren. 
Aus den demonstrierten Fieberkurven glaubt Sorgo schon eine Neirung zur Entfieberung 
zur Zeit, als die Behandlunesmerhode einsetzte, ersehen zu haben, Wenn man den 
chronischen Verlauf, die vorhandene natürliche Heilungstendenz der besserungstfühiren 
Prozesse {mit ausgesprochener Neigung zur Bindegrewebsbildung). die Beeinflussbarkeit 
des Prozesses durch viele unbekannte äussere und innere Vorzänge in Betracht zieht, 
sv muss man sagen, dass eine kasuistisch einwandfreie Beweisführung für die Wirkung 
therapeutischer Massnahmen zumeist unmöglich ist. Der Zusammenhang der Porges- 


61 Kongress- und Vereinsberichte. 


schen Erfolge mit der Therapie ist also keineswegs erwiesen, ja sogar sehr unwalır- 
scheinlich. Man kann aus den Mitteilungen schliessen, dass die Behandlung den 
Kranken nicht geschadet habe, es sei auch die Möglichkeit zugegeben, dass sie in 
einzelnen Fällen nützt, indem die Patienten veranlasst werden, sich ruhig zu verhalten, 
oder bei schrumpfenden Prozessen an der Basis durch die der Schrumpfung entgegen- 
arbeitende Verminderung der inspiratorischen Dehnung des Thorax. Eine Schädigung 
ist denkbar durch die Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, bei rezenten Prozessen 
durch besonders verstärkte Atmung der apikalen Thoraxteile oder bei schrumpfenden 
Spitzenprozessen durch die starke respiratorische Dehnung. Die Methode kann in 
einzelnen Fällen nützlich sein, darf aber nicht wahllos angewendet werden, etwa als 
Ersatz der Freiluft-Ruhekur. Auf Grund einer günstigen Beobachtung empfiehlt Sorgo 
Versuche bei Emphysematikern, 

Fröschels empfiehlt für Fälle, welche die Porges'sche Bandage nicht ver- 
tragen, Atemgymnastik, welche in vielen Gesangschulen geübt wird und bezweckt, die 
Brustatmuug zu vermeiden. l 

Ludwig Hofbauer (Autoreferat): Je nach den klinischen Symptomen und 
dem Sitz der Erkrankung wird die Atmungstherapie bei Lungentuberkulose ver- 
schieden sich gestalten. Ob Ruhigstellung oder respiratorische Betätigung anzu- 
wenden ist, hängt von den vorherrschenden Symptomen ab. Bei Fieber, Schweiss, 
Abmagerung empfiehlt sich Ruhigstellung des Herdes belıufs möglichster Aus- 
schaltung der zu starken, diese Symptome auslösenden Resorption giftiger Sub- 
stanzen aus dem Krankheitsherde (Autotuberkulinisation?); sonst aber allmählich 
(unter Kontrolle des Thermometers und der Wage!) gesteigerte Heranziehung des 
Herdes zur Atemtätigkeit beliufs Steigerung seiner Widerstandsfähigkeit vermittelst 
der so erzielten Erhöhung seiner Lüftung und Durchblutung. Zu lange ausgedehnte 
Ausschaltung von der Atmung verbindet sich aus diesen Gründen zwar mit Ent- 
fieberung und Gewichtszunahme, jedoch mit Progredienz der lokalen Zerfaller- 
scheinungen und Giftaufstapelung in der Peripherie des Herdes, 

Da die verschiedenen Lungenanteile starke funktionelle Differenzen auf- 
weisen, muss bei Auswahl der Methode die Lage des Herdes Berücksichtigung 
finden. Die Hiluspartien z. B. werden nur bei respiratorischer Lokomotion des 
Herzens, daher nur bei Niedertreten des Centrum tendineum des Zwerchfells ge: 
lüftet; daher kommt auch ihre starke Disposition zur tuberkulösen Erkrankung 
und der letzteren Steigerung bei Verflachung der Atmung z. B. infolge von 
Mundatmung. 

Porges (Schlusswort): Gegenüber Ullmann betont Porges die Verschieden- 
heit der Lebensweise, Beschäftigung und somatischen Beschaffenheit der beiden Ge- 
schlechter, welche keine Schlussiolgeruugen zulassen. Mit Sorgo stimmt er darin 
überein, dass die erkrankte Lunge ruhig zu stellen sei. Da Sorgo zugibt, dass die 
abdominale Atmung durch die Binde gesteigert werde, so könne nicht auch gleichzeitig 
die thorakale Atmung gesteigert werden (Überventilation). Bei ungeübten Patienten. 
namentlich wenn die Binde falsch angelegt ist, hat es mitunter den Anschein, als ob 
die obere Thoraxapertur verstärkte Exkursionen ausführen würde. Der Ventilations- 
effekt dieser Bewegung ist geringfügig, da oft nach Anlegen der Binde vorher hörbar 
gewesene Rasselgeräusche verschwinden. Bei richtiger Anlegung der Binde gelingt es 
leicht, die Patienten zu richtiger Atınung zu erziehen. Der Effekt der Ruhigstellung 
jst bedeuiend, auch liegt der Wert der Binde darin, dass besonders die gesteigerte Atmung 
beim Husten gedämpft wird und dass durch ihre Wirkung körperliche Arbeit, rasche 
Bewegung, sowie überhaupt alles was die Ventilation steigert, unmöglich gemacht wird. 
Zur Behandlung wurden nur lange beobachtete Fälle, die keine Besserung aufwiesen. 
herangezogen und auch mit den Schlussfolgerungen längere Zeit gewartet. Wenn es 
sieh aber zeigt, dass mit einer gewissen Regelmässigkeit nach Bindenbehandlung 
Besserungen erfolgen, dass bei vorher progredienten Fällen keine Verschlechterung zu 
verzeichnen ist, dann ist man berechtigt der Bindenbehandlung diese Besserung zuzu- 
schreiben. Die Methode ist nur eine Behandlungsmethode, wobei alle bisherigen 
Verfahren ihre Geltung behalten. Sie ist an gewisse Indikationen geknüpft: Ober- 
lappenherde mit katarrhalischen Erscheinungen. Es fällt Porges nicht ein, jeden 
Spitzenkatarrh mit der Binde behandeln zu wollen. 





Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig, Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 





+ 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


berausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder 











Ärstlicher Direktor des Allgem. o. 6. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heılanstait 
Kranzenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg, 
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttog. 
e 
Redaktion : Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg. 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg. Ludwigstrasse Zölj,. 
11, Jahrg. Ausgegeben am 31. März 1917. Nr. 3. 


————— L - 





Inhalt. 


. Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 
Abramowski 4. Friinkel, E. 68. ‚ Katzenstein, M. 82. Reehe 92. 
Aschoff, L. 71. Gerhardt 9. Kirchner, M. 88. Reimann, R. 78. 
Bartel, J. 70. “ Gerwiener, Fr. 78. Koblhaas 94. ‚ Römer 81. 
Beckmann 8%. : Goering 8. ı Kraemer C. 77. ' Rosenbach, F. &2. 
Beitzke, H. En. Gotistein, A. N7. Krisct:ke 86, 9L "Sehlesinger, H. 73. 
Berger S1. Greene, G. B. 95. ı Kınmayer 96. . Selter 75. 
Boit 79. ' Grass, O 95. Krompecher, E. 6T. ' Sımon 90, 
Braeuning %4. | v. Hansemann, D. 72. ` Kutschera, Ad. 89. .Stahr, H. 69. 
Brunk 9%. Hart, C. 71. 76. Möllers 74. | Sturmat 42. 
Bürxer 74. , Hartmann 91. Müller, W 80 Szezeblewski 92. 
Burnand, R. 77. Heising, J. 80. ‚Negndank, J. 95. Taillens 79 
Coolen, W. 67. Heıtmarn, N. 88. Ochler 74. | Taylor, H. L. 92. 
Czerny 96. H rxheimer, G. 69. "Orth 73, 74. Thilenius 96. 
Dene»chau 9%. ı Hirsch 94. : Penzoldt, F. 50. ; Triebold 91. 
Döblin 95. | Hollós 78. Philippi, H. 79. ' Umber, F. 76. 
Dünner, L. 95. Jeanneret, L. 85, 87. Porges 73. Weith 87. 
Eber, A 2, 53, Kaiserling, C. Tv. R+bınowitsch, L. 67, 76. Wilson, R. J. 93. 
Eisner, G. 92. Kalısky 85. ‚ Rathbun, W. J. vi. . Zadek 73. 
Flatau 91. Kathariner F4. | 
Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie., ' 123. Scehlesinger, Subakute Insuffizienz 


112. Krompecher, Über die Reteili- der Nebennieren bei Amyloidıse. nebst Be- 
gung des Endotliels und des Blutes bei der | merkungen über den Morbus Addisonii. — 
Bildung turerkulöser und sonstiger intravasku- ; 124. Orth, Alkohol und Tuberkulose. — 125. 
lärer Riesenzellen. — 113 Ceelen und Ra- Zadek. Alkoholismus nnd Tuberkulose — 
binowitsch, Über Lymphogıanulomatose 126 Orth, Erwiderung zu vorstehendem 
und ihre Beziehung zur Tuberkulose — 114. | Artikel (Zadek). — 127 Kathariner, Tu- 
Beitzke, Zur Anatomie der Lungentuber- | berkulnse und Alkohol. — 128. Bürger und 
kulose. -— 115 Fränkel, Über geschwulst- Möllers, Untersuchungen über antigene 
artige Lebertuberkulose. 116. Stahr, Über Eizenschaften der Tuberkelbazilienfette.. — 
isolierte tuberkulöse Peritonitis und Bursitis 12% Möllers un Oehler, Zur Frage der 
und über tuberkulöse Zysten. — 117. Herx- Mobilisierung der Tuberkelbazillen durch 
heimer, Über Karzinom und Tuberkulose — : Tuberkulin. 

118. Penzoldt, Beitrag zur Erklärung der z 

vorwiegenden Erkrankung der Spitzon bei b) Atiologie und Verbreitung. 
Lungeniuberkulose. — 119, Bartel, Das Kon- ! 130. Selter, Reinfektion und Immunität 
stitutionsproblem in der Tuberkulosefrage. — \ bei Tuberknlose. — 131. Selter, Infektions- 


120. Aschoff, Zur Nomenklatur der Phthise. versuche mit kleinen Tuberkelbazilleumengen 
— 121 Hart, Über die Bedeutuug und die ° mit besonderer Berücksi: htizunz des Inbala- 
Leistungen der pathologischen Anatomie für ' tionsweges. — 132 Umber, Über die Tu- 


die Erforschung und Bekämpfung der Tuber-  berkuluseinfektion und Tuberkuloseerkrankung 
kulose, — 12} v. Hansemann, Die Dis- -> der ersten Lebensjahre vor dem Krieg und 
position der Nebennieren zur Tuberkulose. — während desselben. — 133. Hart und Ra- 


Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 5 


66 


binowitsch, Beitrag zu der Frage nach 
der Häufigkeit der Infektion des Menschen mit 
dem Typus bovinus des Tuberkelbazillun in 
den Kriegsjıhren. — 134. Kaiserling, Über 
die Unterscheidung von Tuberkelbazillen im 
Luminiszenzmikroskop. — 135. Kraemer, 
Zur Ausbreitung der männlichen Genitaltuber- 
kulose. 


c) Diagnose und Prognone. 


1386. Burnand, Le diagnostic clinique 
et pratique de la tuberculose pulmonaire dé- 
butante. — 137. Gerwiener, Über einige 
diagnostische Schwierigkeiten bei der Lungen- 
tuberkulose. — 138. Hollós, Erkennung und 
Heilung der Tuberkulose im Kindesalter. — 
139. Porges, Die Bedeutung der regionären 
Muskelempfindlichkeit für die Diagnose der 
Tuberkulose. — 140. Reimann, Klinische 
Beobachtungen über die Ehrlich'sche Diazo- 
reaktion. — 141. Boit, Über die Methylen- 
grünreaktion des Harnes. — 142. Taillens, 
Le pronostic de la tuberculose pulmonaire. 


d) Therapie. 


143. Philippi, Die Anwendung des Tu- 
berkulins durch den praktischen Arzt im 
Rahmen der allgemeinen Behandlung der Lun- 
gentuberkulose. — 144. Heising, Nöhring's 
„B 4“, ein neues Heilmittel gegen Iuberkulose? 
— 145. Müller, Partialantigene und Tuber- 
kuline. — 146. Römer und Berger, Zur 
Behandlung der Tuberkulose mit Partialanti- 
gonen nach Deycke-Much. — 147. Rosenbach, 
Zur Bolle des Trichophytonpilzes bei Tuber- 
kulin „Rosenhach“. — 148 Katzenstein, 
Beitrag zur Tuberkulinbehandlung der sogen, 
chirurgischen Tubes kulose. — 149. Eber, Die 
Bekämpfung der Rindertuberkulose durch 
Schutzimpfung. — 150. Eber, Was lehren die 


vom Veterinärinstitut der Universität Leipzig 


in der Praxis ausgeführten Rinderimmunisie- 
rungen über die Bed»utung der Schutzimpfung 
für die Bekämpfung der Rindertuberkulose? 


e) Prophylaxe. 


151. Beckmann, Kleinwohnungswesen in 
Verbindung mit Kleintierzucht und Kleingarten- 
bau. — 152. Braeuning, Die Erwerbstätigkeit 
der Tuberkulösen. — 153. Abramowski, 
Die Verbreitung der Kenntnis vom Wesen der 
Tuberkulose, in besonderen derjenigen des 
Kindesalters im Volke. — 154. Kalisky, 
Massen-peisung. — 155. Das kleinste Einfami- 
lienhaus in Beihenbau. — 156 Goering, 
T.-V.-stätten, T.-V -Sicherung und T.-V.-Ver- 
sicherung. — 157 Krischke, Ein Vorschlag 
zur Schwindsuchtsbekämpfung auf dem Lande. 
— 158 Jeanneret, Tuberculose et Ecole, — 
169. Weith, A propos du Pirquet dans les 
écoles de Lausanne. — 160. Jeanneret, A 


‚burg. — 174. Reche, 


Inbalt. 


propos du Pirquet dans les écoles de Lausanne; 
Réponse à Mr. le Dr. Weith. — 161. Gott- 
stein, Schule und Tuberkulose. — 162. 
Kirchner, Die Tuberkulose im Kindesalter. 
— 163. Heitmann, Über Wohnungen für 
tuberkulöse Familien. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heime. 


164. Kutsehera, Tuberkulosefürsorge. — 
165. Simon, Form und Ergebnisse der Kinder- 
heilstättenbehandlung. — 166. Tuberkulosefür- 
sorge während des Krieges. — 167. Zusammen- 
stellung der Aufwendungen des Tuberkulose- 
ausschusses der Abteilung Kriegswohlfahrts- 
pflege des Zentralkomitees vom Roten Kreuz. — 
168. Triebold, Bei den lungenkranken Sol- 
daten in Lippspringe. — 189 Hartmann, 
Genügt die heutige Fürsorge für unsere un- 
bemittelten Lungenkrenken den an sie ge- 
stellten Anforderungen? — 170. Flatau, Die 
neue Fürsorge- und Auskunftsstelle des Ver- 
eins zur Bekämpfung der Tuberkulose in Nürn- 
berg. — 171. Krischke, Eigenheime für Für- 
sorgestellen. — 172. Szceblewski, Die 
Tuberkulosefürsorge des Verbandes mittlerer 
Reichs-Post- und -Telegraphenbeaniten. — 178. 
Sturmat. Kriegstätigkrit der Tuberkulose- 
fürsorgestelle des Kreisverbandes der Vater- 
ländischen Frauenvereine des Kreises Johannis- 
Erfahrungen in der 
Fürsorge für versicherte Lungenkranke. 
175. Taylor, A review of Minnesota's anti- 
tuberculosis work. — 176. Wilson and Rath- 
bun, A study on food and fuel value of the 
dietary at the New York City Municipal Sana- 
torium. 


g) Allgemeines und Grenzgebiete. 


177. Deneehau, Über die weiteren Fol- 
gen der durch Kriegsgeschosse verursachten 
Lungen-Rippenfell-Verletzungen. — 178. Ger- 
hardt, Uber das spätere Schicksal der 
Lungenverletzten. — 179. Kohlhaas, Herz- 
beschwerden nach Lungenschüssen. — 180. 
Hirsch. Zur Eutstebung und Verhütung von 
Lungenabszessen und -empyemen nach Lungen- 
schüssen — 151. Brunk, Über angeborene 
Thoraxmissbildung und Felddienstfähigkeit. — 
182. Negendank, Beitrag zur Kasuistik der 
Lungentumoren mit besonderer Berücksichti- 
gung des Röntgenbefundes. — 183. Gross, 
Erfolgreiche Behandlung der Lunzengangrän 
mit Saivarsan. — 184. Dünner und Eisner, 
Die Behandlung der Pneumonie. — 185. DÖ- 
blin, Typhus und Pneumonie. — 186. Greene, 
Laryngeal Tuberculosis. — 187. Thilenius, 
Soden und seine Kurmittel. — 185. Kro- 
mayer, „Mehr Licht“. — 188. Czerny, Die 
natürliche und die künstliche Höhensonne. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 67 


Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


112. E. Krompecher, Über die Beteiligung des Endothels und 
des Blutes bei der Bildung tuberkulöser und sonstiger intra- 
vaskulärer Riesenzellen. Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4. 

Die wesentliche Rolle bei der Bildung intravaskulärer Riesenzellen 
spielen die Endothelien. Die Kerne der Riesenzellen entstehen aus- 
schliesslich aus den Endothelzellenkernen. Anders verhält es sich mit 
dem Plasmaleib der intravaskulären Riesenzellen. Das eine Mal ent- 
steht er nur aus aufquellenden, miteinander verschmelzenden Endothel- 
zellen obne Beteiligung des Blutes. Diese Riesenzellen kommen sowohl 
bei Tuberkulose wie bei Tumoren und nichtspezifischen produktiven Ent- 
zündungen vor. Das andere Mal entsteht der Plasmaleib der Riesen- 
zellen durch Verschmelzung des Endothelzellenplasmas mit Blutpfröpfen, 
die nicht aus Hyalin bestehen. Diese Riesenzellen sind bedeutend 
grösser als die ersteren. Sie kommen ebenfalls bei Tuberkulose und 
Tumoren vor. Die Riesenzellen bei Tuberkulose haben relativ wenige, 
kleine, ovale, kranzartig an der Peripherie angeordnete Kerne, die Riesen- 
zellen nicht spezifischer Entzündungen und der Tumoren haben dagegen 
häufig 100 und mehr Kerne ohne kranzartige Anordnung. Schliesslich 
wird erwähnt, dass auch das Serosaendothel zur Bildung von Riesen- 
zellen befähigt ist. Ulrich Berlin, Schömberg. 


113. W. Ceelen und L.Babinowitsch, Uber Lymphogranulo- 
matose und ihre Beziehung zur Tuberkulose. Zschr. f. Tbc. 27 
H. 1—4. 

Verff. unterstützen den Vorschlag Orth’s, eine Reihe von Er- 
krankungen des hämatopoetischen Systems, die makroskopisch häufig sehr 
ähnlich, mikroskopisch aber recht verschieden sind, mit dem Namen 
Hämato- oder Hämoblastose zu bezeichnen. Die Hämoblastosen werden 
je nachdem, ob sie mit oder ohne spezifischen Blutbefund einhergehen, 
in „leukämische“ und „aleukämische“ eingeteilt. Die aleukämischen Hämo- 
blastosen zeigen zwei histologisch sehr differente Formen: 1. Das maligne 
aleukämische Lymphom stellt eine reine Hyperplasie der Iymphozytären 
Elemente und zwar der kleinen Lymphozyten dar. Es tritt generalisiert 
oder mehr lokalisiert auf. In ersterer Form ist es mit der alten Cohn- 
heim’schen Pseudoleukämie identisch, wähernd die lokalisierte Form dem 
Kundrat’schen Lymphosarkom entrpricht. Mit der Tuberkulose steht das 
maligne aleukämische Lymphom in keinem Zusammenbang. 2. Die 
Lymphogranulomatose ist eine chronisch-entzündliche Form der aleukä- 
mischen Hämoblastose. Charakteristisch für’ sie ist das Auftreten eines 
polymorphzelligen Granulationsgewebes, das Neigung zur Bindegewebs- 
bildung zeigt. Sie entspricht der alten Hodgkin’schen Krankheit. Die 
Lympbograuulomatose gehört zu den infektiösen Granulomen, ihr Erreger 
ist noch nicht bekannt. Zur Tuberkulose steht sie in keiner direkten 
ätiologischen, vielleicht aber in verwandtschaftlicher Beziehung. Als be- 
sondere Untergruppe der aleukämischen Hämoblastose wären gewisse 


Hr 


68 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Formen von Tuterkulose und Syphilis zu nennen, deren Erreger bekannt 
sind, die aber makroskopisch das Bild der Hämoblastose zeigen. Beige- 
fügt sind die ausführlichen Befunde histologischer und bakteriologischer 
Untersuchungen von 22 Fällen Hämoblastose, 

Ulrich Berlin, Schömberg. 


114. H. Beitzke, Zur Anatomie der Lungentuberkulose. Zschr. 

f. Tbe. 27 H. 1—4. 

Es ist das Verdienst Nicol’s, erneut auf die Bedeutung des Lungen- 
azinus für die Entstehung und Klassifikation der Lungentuberkulose hin- 
gewiesen zu haben. Unter Azinus versteht man „die Gesamtheit der aus 
einem Bronchiolus respiratorius hervorgehenden Alveolargänge, gewöhnlich 
2—3 an der Zahl“. Der tuberkulöse Prozess entwickelt sich in der 
Mehrzahl an der Teilungsstelle des Bronchiolus respiratorius in die Al- 
veolargänge und ergreift von hier aus peripherwärts mehr oder weniger 
den ganzen Azinus. Diese azinösen Herde beherrschen manche Fornien 
der Lungentuberkulose geradezu. Die azinösen Herde liegen entweder 
einzeln oder in Gruppen beieinander. Produktive und exsudative Pro- 
'zesse gehen bei ihrer Bildung nebeneinander her. Meist ist das Lumen 
der Alveolargänge von einem käsigen Exsudat, das in ein tuberkulöses 
Granulationsgewebe eingehüllt ist, ausgefüllt. Je chronischer und gut- 
artıger der Prozess ist, desto reichlicher findet sich das Granulationsge- 
webe. Das Granulationsgewebe pflegt das elastische Alveolargerüst echnell 
zu zerstören, während die elastischen Elemente in dem exsudativ-entzünd- 
lichen Kern erhalten bleiben. Das Granulationsgewebe verfällt entweder 
auch von innen her der Verkäsung oder es bildet sich in narbiges Binde- 
gewebe um und kapselt die käsig-exsudative Entzündung ein. Letzteres 
pflegt bei den chronischen Prozessen in den Jungenspitzen der Fall zu 
sein. Die schnell verlaufenden Fälle von Lungentuberkulose lassen kaum 
einen granulierenden Saum um das käsige Exsudat erkennen. Bei den 
azinösen Herden mit fehlender oder geringer Granulation breitet sich die 
Entzündung häufig auch zentralwärts in Form einer käsigen Bronchitis 
aus. Von den granulationsreichen azinösen Herden ziehen dagegen bäufig 
Reihen von submiliaren Tuberkeln im periarteriellen Gewebe nach der 
Lungenwurzel zu, die gelegentlich unter Verkäsung in die kleinen Bron- 
chien einbrechen. Verf. hofft, dass diese Feststellungen über die azinösen 
Herde zu einer neuen, den klinischen wie pathologischen Anforderungen 
gerecht werdenden Klassifikation der tuberkulösen Lungenveränderungen 
fübren, Ulrich Berlin, Schömberg. 


115. Eugen Fränkel, Über geschwulstartige Lebertuberkulose. 

Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 

Nach einer kurzen Übersicht über die seltenen Fälle geschwulst- 
artiger Lebertuberkulose in der Literatur bespricht F. ausführlich einen 
solchen von ihm beobachtet£n Fall. Es handelt sich um eine Frau mit 
einer Geschwulst unterm rechten Rippenbogen. Eine klinische Diagnose 
konnte nicht gestellt werden. Die Probelaparotomie ergab einen inope- 
rablen Lebertumor, konnte aber über seine Natur keinen Aufschluss er- 
geben. Die mikroskopische Untersuchung eines durch Probeexzision ge- 
wonnenen Stückes ergab die tuberkulöse Natur der Geschwulst (Miliar- 
tuberkel mit Langhans schen Riesenzellen und kernlosem Zentrum, 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 69 


Tuberkelbazillen +). Patientin starb bald darauf an tuberkulöser Menin- 
giti. Die Sektion ergab ausgedehnte Tuberkulose beider Lungen, der 
Mesenterialdrüsen und Meningen. Die Leber ist stark vergrössert, die 
Oberfläche glatt, mehrfach vorgebuckelt. Der Querschnitt zeigt mehrere 
kleine und 3 apfelgrosse, aus gelben, trockenen, fast strukturlosen, kä- 
sigen Massen bestehende Geschwülste mit bindegewebiger Kapsel. Mikro- 
skopisch sind überall Langhans’sche Riesenzellen und einige Miliar- 
tuberkel nachweisbar. Tuberkelbazillen sind spärlich vorhanden. Es 
handelt sich hier, wie wohl auch in den anderen Fällen, um eine sekun- 
däre Tuberkulose der Leber. Die histologische Diagnose ist leicht, allen- 
falls können die grossknotigen tuberkulösen Herde anfangs mit sarkoma- 
tösen Veränderungen verwechselt werden. Die klinische Diagnose ist 
unmöglich, der Kliniker muss nur an die Möglichkeit einer Tuberkulose 
denken. Die Prognose ist stets ernst. Frühzeitige Operation soll in 
manchen Fällen günstige Erfolge erzielen. 
Ulrich Berlin, Schömberg. 


116. H. Stahr, Über isolierte tuberkulöse Peritonitis und Bursitis 
und über tuberkulöse Zysten. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 


Bei der Besprechung der tuberkulösen Peritonitis und Bursitis und 
tuberkulöser Zysten kommt St. zu folgenden Ergebnissen. Allen drei 
Erkrankungen gemeinsam ist, dass grössere, stagnierende oder doch wenig 
bewegte Flüssigkeitsmengen exsudativer oder transsudativer Natur einen 
günstigen Nährboden für den Tuberkelbazillus darstellen und dadurch 
eine primäre oder metastatische tuberkulöse Erkrankung begünstigen. 
Eine primäre isolierte tuberkulöse Peritonitis kommt beim Menschen kaum 
vor. Es dürfte sich bei solchen scheinbar isolierten Peritoniliden wohl 
stets um eine Metastasierung einer unscheinbaren tuberkulösen Erkran- 
kung der Luftzufübrungswege handeln. Die Anreicherungsflüssigkeit bildet 
hierbei ein Aszites, der häufig durch eine Leberzirrhose verursacht wird. 
Ziemlich häufig ist die isolierte tuberkulöse Bursitis, doch -dürfte sie tat- 
sächlich noch viel häufiger sein, als sie beobachtet wird, da sie sowohl 
dem Kliniker wie Pathologen leicht entgeht. Sekundär können vom 
Schleimbeutel aus Knochen und Gelenk erkranken. Die bei Schleim- 
beuteln so häufig beobachteten traumatischen Entzündungen disponieren 
diese für die tuberkulöse Erkrankung. Von einer Prädilektion bestimmter 
Schleimbeutel für die Tuberkulose kann nicht gesprochen werden. Auch 
blastomatöse Zysten des Ovariums können leicht twuberkulös erkranken. 

Ulrich Berlin, Schömberg. 


117. 6. Herxheimer, Über Karzinom und Tuberkulose. Zschr. 
f. Tbe. 27 H. 1—4. 


Bei der Kombination von Karzinom und Tuberkulose bestehen drei 
Möglichkeiten : 1. Beide Erkrankungen gehen ohne Abhängigkeitsver- 
hältnis nebeneinander her. 2. Die Tuberkulose ist das Primäre, auf 
ihrem Boden (präkarzeröse Veränderung) entsteht das Karzinom. 3. Das 
Karzinom ist das Primäre und schafft die Disposition zur Tuberkulose. 
Für alle drei Möglichkeiten führt H. eigene Fülle bezw. solche aus der 
Literatur an. H. veröffentlicht nun 5 Fälle von Leber- und Mamma- 
karzinom bezw. Karzinommetastasen, bei denen er im innigen Zusammen- 


70 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


hang mit älteren Karzinomknoten, in deren Stroma zahlreiche, submiliare, 
echten Tuberkeln völlig gleichende Epitheloidzellanhäufungen mit Riesen- 
zellen mit deutlich randständigen Kernen und mit beginnender Nekrose 
fand. Diese Zellanhäufungen fanden sich nur im Zusammenhang mit dem 
Krebsgewebe, während das eigentliche Leber- und Mammagewebe stets 
frei davon war. Auch in den übrigen Organen befanden sich keinerlei 
nachweisbare tuberkulöse Veränderungen. Tuberkelbazillen konnten in 
den Zellanhäufungen nicht nachgewiesen werden. Da es sich noch dazu 
um Organe handelt — Leber, Mamma —, die primär höchst selten an 
Tuberkulose erkranken, nimmt H. an, dass es sich in diesen Fällen gar 
nicht um echte vom Tuberkelbazillus hervorgerufene Tuberkel, sondern 
um sogenannte Pseudotuberkel handelt, wie sie als Reaktionen auf Fremd- 
körpereinwirkungen entstehen. Als Fremdkörper kommen in diesen 
Fällen gewebsschädigende chemische Stoffe in Betracht, die von den Krebs- 
zellen produziert werden. Ulrich Berlin, Schömberg. 


118. F. Penzoldt, Beitrag zur Erklärung der vorwiegenden Er- 
krankung der Spitzen bei Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbc. 
27 H. 1—4. 

Zur Erklärung der frühzeitigen und vorwiegenden Erkrankung der 
Spitzen bei Lungentuberkulose Erwachsener will P. neben den bekannten 
morphologischen Veränderungen physiologische Einflüsse, die aus der ge- 
ringeren Atemtätigkeit der Spitzen resultieren, in höherem Masse berück- 
sichtigt wissen, als eg bisher geschehen ist. Die geringere Atemtätigkeit 
der Spitzen ist dadurch bedingt, dass sich die Weichteile, die sie bedecken, 
nicht so ausdehnen können wie die knöcherne Thoraxwand. Die ge- 
ringere Ausdehnung der Spitzen gegenüber den übrigen Lungenabschnitten 
lässt sich perkutorisch wie röntgenologisch nachweisen. Sie führt zur 
Atelektasenbildung, Anämie und Verlangsamung des Lymphstroms. Diese 
Folgezustände der geringeren Atemtätigkeit begünstigen eine frühzeitige 
Ansiedlung der Bazillen in den Spitzen, gleichgültig ob sie auf dem Luft-, 
Blut- oder Lymphwege dorthin gelangen, und ein Fortschreiten der Er- 
krankung. Hierzu kommt noch, dass bei heftigen Hustenstössen häufig 
infektiöses Material in die Spitzen hineingetrieben wird und hier zur An- 
siedlung kommt. Ulrich Berlin, Schömberg. 


119. J. Bartel, Das Konstitutionsproblem in der Tuberkulose- 
frage. Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4. | 


B. erschöpft sich in allgemeinen Betrachtungen über das Konstitu- 
tionsproblem im allgemeinen und seine Bedeutung für die Tuberkulose 
im besonderen. Er verweist ausführlich auf Rokitansky als den Be- 
gründer der Konstitutionslehre und bricht eine Lanze für dessen „Krasen- 
und Exklusionslehre“. Zum Schluss bringt er einiges Tatsächliches über 
die Beziehungen zwischen Tuberkulose und Konstitution. Er verweist auf 
den Zusammenhang zwischen Tuberkulose und Status thymicolympha- 
ticus, auf die Wechselbeziehungen zwischen Tuberkulose und Eklampsie, 
Tuberkulose und Konkrementbildung (Cholelithiasis), Tuberkulose und 
Karzinom und Tuberkulose und Persistenz embryonaler Zustände (na- 
mentlich Hernien). Ulrich Berlin, Schömberg. 


—— 


to nAAL mm nd Venen er 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. “1 


120. L. Aschoff, Zur Nomenklatur der Phthise. Zschr. f. Tbe. 
27 H. 1—4. 

Virchow und Orth haben schon vor mehreren Dezennien vorge- 
schlagen, die Bezeichnungen Tuberkulose für die Krankheit und Tuberkel- 
bazillus für den Pilz fallen zu lassen. Orth’s Vorschlag, die Worte 
Skrofulose für die Krankheit, Skrofulom für das produktiv entzündliche 
Produkt derselben und Bac. phthisiens seu Kochi für den Erreger ein- 
zuführen, ist nicht durchgegangen. A. schlägt deshalb für die Gesamtheit 
der tuberkulösen Erkrankungen den Namen Phthisis und für ihren Er- 
reger den Namen Bac. phthisiens seu Kochi vor. Der Tuberkel sei 
ebenso ein Produkt der Phthise wie das Gumma ein Produkt der Syphilis. 
Phthisis bedeutet in diesem Sinne nicht Lungenschwindsucht, sondern 
Schwindsucht überhaupt. Man hätte dann von einer Phthise der ver- 
schiedensten Organe zu sprechen. Wird jedoch — was anzunehmen ist 
— eine solche Verallgemeinerung des Namens Phthise abgelehnt, so 
bleibt derselbe für die Lungentuberkulose anwendbar. Jeder kleinste be- 
ginnende Herd wäre als Primärinfekt der Phthise zu bezeichnen, gleich- 
gültig welchen anatomischen Charakter er trägt. Je nach Art des Krank- 
heitsprozesses würde man eine „tuberkulöse Phthise mit Prävalenz der 
Tuberkelneubildungen von einer entzündlichen Phthise mit Prävalenz der 
entzündlichen Veränderungen“ unterscheiden. Diesen anatomischen Formen 
entsprechen auch klinische Formen. In Anbetracht der zurzeit gebräuch- 
lichen, äusserst zahlreichen klinischen wie pathologisch-anatomischen Namen 
für die verschiedensten Prozesse muss die Forderung aufgestellt werden, 
dass die Bezeichnung „tuberkulös“ nur für die produktiven Prozesse, für 
die übrigen die Bezeichnung „käsig-exsudativ‘ angewandt wird. Wir 
hätten also eine „tuberkulöse“ und eine „käsig-exsudative“ Phbthise. Erstere 
zerfällt in folgende Formen: Interstitielle Tuberkulose (Miliartuberkulose), 
azintöse Tuberkulose, azinös-nodöse Phthise und zirrhotische Phthise; 
letztere: azinöse käsige Pneumonie, lobuläre käsige Pneumonie und 
lobäre käsige Pneumonie. 

Von bakteriologischer Seite wird neuerdings die Phthise nach Immuni- 
sationsperioden eingeteilt. So unterscheidet Ranke die 3 Perioden der 
normalen Giftempfindlichkeit, der Giftüberempfindlichkeit und die der 
relativen Immunität. Ulrich Berlin, Schömberg. 


121. C. Hart, Über die Bedeutung und die Leistungen der patho- 
logischen Anatomie für die Erforschung und Bekämpfung 

der Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 

Gegenüber den Verdiensten, die sich die Bakteriologie seit Ent- 
deckung des Tuberkelbazillus um die Tuberkuloseforschung und Bekämp- 
fung erworben bat, ist es höchst wichtig, auf die hohe Bedeutung bin- 
zuweisen, die der pathologischen Anatomie auf diesem Gebiete zukommt. 
Lange bevor die Ergebnisse der Tuberkulinimpfungen bekannt wurden, 
hat die pathologische Anatomie die Häufigkeit tuberkulöser Erkrankungen 
beim Menschen nachgewiesen. Ihr allein ist es aber möglich, zugleich 
genaue Aufschlüsse über Sitz und Charakter der Herde, über die Er- 
krankungsfornıen der verschiedensten Alters- und Berufsklassen u. dergl. 
zu geben. Sie hat erwiesen, dass die amtliche Tuberkulosestatistik, die 
sich auf die amtlichen Todesscheine stützt, die Tuberkulose zu häufig als 
Todesursache angibt, dass viele Menschen, deren Tuberkulose angeblich 


12 - Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


vor Jahren durch Heilstättenbehandlung völlig geheilt worden ist, über- 
baupt niemals tuberkulosekrank gewesen sind. Auch die Frage, ob das 
Zurückgehen der Tuberkulose-Sterblichkeit darauf beruht, dass die Zahl 
der überhaupt Infizierten kleiner wird, oder dass ein früheres Ausheilen 
des Herdes stattfindet, wird der Pathologe entscheiden. Die Pathologie 
hat die Verschiedenheit der durch den Tuberkelbazillus hervorgerufenen 
morphologischen Veränderungen in der Lunge erforscht (Tuberkel, Gra- 
nulation, Verkäsung, Exsudation, Nekrose), Die Einteilung der Pbtbisis 
in verschiedene Formen berubt auf anatomischer Basis. Durch den ana- 
tomischen Nachweis der Plazentartuberkulose ist das Vorkommen kongeni- 
taler Tuberkulose gesichert. Äusserst wichtig sind die Ergebnisse der 
Pathologie für die Erforschung des Infektionsweges der Tuberkulose. Von 
grösster Bedeutung für die Infektionspforte sind die regionären Lymph- 
drüsen. So bilden für Herde in den Halsdrüsen stets die Tonsillen oder 
die oberen Atem- und Verdauungswege, für Herde in den Tracheobron- 
chialdrüsen stets die Lungen, für Herde in den Mesenterialdrüsen stets 
der Darm die Eintrittspforte des Virus, Die Lunge ist die häufigste 
Eintrittspforte, dem Darm komnit auch bei Kindern bei weitem nicht die 
gleiche Bedeutung für die primäre Iufektion zu. Die Tuberkulose des 
Kindesalters ist vorwiegend eine primäre aerogene bezw. Aspirations- 
tuberkulose der Lungen. Der Primärherd stellt manchmal eine kleinste 
Bronchopneumonie dar. Bei hämatogener Entstehung ist der Nachweis 
eines extirapulmonalen Herdes erforderlich. Die Infektion der Lungen 
vom Darm aus ist selten. Auf Grund der aerogenen Kındertuberkulose 
soll auch für den Erwachsenen eine aerogene also exogene Infektion an- 
genommen werden. Die Römer’sche endogene Reinfektion lässt sich 
anatomisch nicht begründen. Die endogene Reinfektion vermag nicht die 
Prädilektion der Lungenspitzen für die tuberkulöse Erkrankung zu er- 
klären. Ausserdem gelingt es dem Pathologen häufig, trotz sorgfältigster 
systematischer Durchsuchung, nicht einen älteren Herd, der die Voraus- 
setzung für eine endogene Reiufektion ist, nachzuweisen. Mit der Ab- 
lehnung der Reinfektion fallen auch die Mutmassungen über die relative 
Immunität. H. lehnt diese Römer’sche Lehre auf Grund seiner patho- 
logisch-anatomischen Erfahrungen ab. Desgleichen Orth. Die Phthisio- 
genese lässt sich durch eine erworbene Immunität nicht erklären, wohl 
aber durch die anatomisch begründete Lehre von der allgemeinen und 
Organdisposition. Die Bedeutung der Dispositionslehre für die Tuber- 
kulose knüpft sich an die Namen Rokitansky, Beneke, Birch- 
Hirschfeld, Orth, v. Hansemann, Freund und Hart. Das 
Problem der Phthisiogenese ist gleichbedeutend mit dem Prohlem der 
Disposition der Lungenspitzen. Die Lehren von der ererbten Koustitution 
und der erworbenen Disposition sollten Gemeingut aller Ärzte werden. 
Schliesslich hat die Pathologie auch auf die Therapie der Lungentuber- 
kulose befruchtend gewirkt, Beobachtungen am Sektionstisch bildeten 
den Ausgang für die moderne Kollapstherapie. 
Ulrich Berlin, Schömberg. 


122. D. v. Hansemann, Die Disposition der Nebennieren zur 
Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 


H. hat eine Reihe von Fällen seziert, bei denen sich eine ausge- 
dehnte Verkäsung beider Nebennieren fand, ohne dass sonst tuberkulöse 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, 13 


ÖOrganerkrankungen nachweisbar waren. Die Bazillen hatten sich also in 
den geschütztesten und verstecktesten Organen des Körpers angesiedelt. 
Da nun die Nebennieren von Haus aus für die Tuberkulose nicht dis- 
poniert sind, muss man, wenn man auf dem Standpunkt steht, dass zur 
Erkrankung neben der Infektion die Disposition erforderlich ist, annehmen, 
dass die Nebennieren die Disposition erst durch irgend eine Krankheit 
erlangt haben. Nie kann die Addison’sche Krankheit, die ja im allge- 
meinen auf einer Verkäsung der Nebennieren beruht, auch durch eine 
entzündliche Atrophie der Nebennieren hervorgerufen werden. Dieses 
seltene Vorkommen hat H. 4—5mal beobachtet. Diese Atrophie führt 
zum gänzlichen Schwund der Rindensubstanz. Ausserdem sind derartige 
Nebennieren völlig fettarm, selbst mikroskopisch lassen sich in ihnen 
keine oder pur ganz vereinzelte Fetttropfen nachweisen. H. glaubt nun, 
dass diese Atrophie die Nebennieren zur tuberkulösen Erkrankung dis- 
poniert, und dass diese Disposition auf dem mangelnden Fettgehalt beruht, 
da bekanntlich Fettansatz und tuberkulöse Erkrankung in einem gewissen 
Antagonismus stehen. Ulrich Berlin, Schömberg. 


123. Hermann Schlesinger, Subakute Insuffizienz der Neben- 
nieren bei Amyloidose, nebst Bemerkungen über den Morbus 
Addisonii. W. kl. W. 1917 Nr. 4. 

Schlussfolgerung: „Aus unserer Beobachtung geht somit die bisher 
nicht bekannte Tatsache hervor, dass das Bild des Morbus Addisonii 
auaser durch die bisher bekannten anatomischen Veränderungen der 
Nebennieren (Tuberkulose, Syphilis, Zirrbose, Atrophie) auch durch diffuse 
Amyloidose bedingt sein kann. Die negative Tuberkulinreaktion und die 
Wabrscheinlichkeit einer allgemeinen Amyloidose könnten vielleicht die 
Diagnose ermöglichen.“ A. Baer. 


124. Orth, Alkohol und Tuberkulose. B. kl. W. 1916 Nr. 30. 
Verf. weist an der Hand statistischen Materiales nach, daas eine 
überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden ist, dass die Alkoholiker 
als solche der Tuberkulose gegenüber günstiger gestellt waren als die Ge- 
samtheit. Daraus folgert er, dass der Alkohol nicht in der Phthiseo- 
therapie verbannt zu werden braucht, sondern dass der Arzt sich des- 
selben sehr wohl als Antituberkulosums bedienen kann. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


125. Zadek, Alkoholismus und Tuberkulose. DB. kl. W. 1916 

Nr. 36. 

Bemerkungen kritischer Natur zu dem gleichnamigen Vortrage Orth’s. 

„Über die Wertung des Alkohols bei der Entstehung, dem Verlauf 
und der Behandlung der Tuberkulose kann nicht der pathologische Anatom 
entscheiden, sondern der Kliniker und Praktiker.“ 

Orth hat bewiesen: nicht, dass der Alkohol in mässigen Dosen bei 
der Tuberkulose nützt und deshalb vom Arzt als Antituberkulosum ohne 
Scheu verwendet werden darf, sondern, dass der Säufer in bezug auf die 
Tuberkulose besser daran ist als der mässige Trinker (nicht als der Nüch- 
terne, wie Orth schliessı)! 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


74 Allgemeine Pathologie und pathologische Anstomie. 


126. Orth, Erwiderung zu vorstehendem Artikel (Zadek). 
B. kl. W. 1916 Nr. 36. 
Verf. hält seine Ansicht gegenüber der Kritik Zadek’s aufrecht. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


127. Kathariner, Tuberkulose und Alkohol. Zschr. f. Tbe. 26 
H. 4. 


Bereits besprochen unter Kongress- und Vereinsberichten in Bd. 10 
Nr. 12 S. 382—383. 


128. Bürger und Müllers, Untersuchungen über antigene Eigen- 
schaften der Tuberkelbazillenfette. D. m. W. 1916 Nr. 51. 


Gegenüber Deycke und Much ist es den Autoren nicht ge- 
lungen, in exakt ausgeführten Versuchen mit Extrakten, die mit sicher 
wasserfreien Extraktionsstoffen (Azeton, Petroläther [45° Siedepunkt), 
Aether sulf., Alcohol absol., Alkoholchloroformgemisch nacheinander je 
8 Tage lang) aus absolut trockenen, mehrere Jahre in Schwefelsãure- 
exsikkator aufbewahrten, auf eiweissfreiem Nährboden gewachsenen Tuber- 
kelbazillen Fette oder fettartige Substanzen mit antigenen 
Eigenschaften zu gewinnen. Wahrscheinlich waren die bisher als 
antigen wirksam beschriebenen Tuberkelbazillenfette durch Bazillenproteine 
oder andere in wasserfreien Extraktionsmitteln unlösliche Substanzen ver- 
unreinigt. Angesichts der gleichmässigen Resorptionsgeschwindigkeit von 
Tuberkelbazillenfetten im gesunden und im tuberkulöse Organismus balten 
Autoren auch die Anwesenheit eines lipolytischen Antikörpers gegen die 
hochmolekularen Alkohole (Fettalkohole) des Bazillenleibes für wenig wahr- 
scheinlich, Brühl, Schönbuch. 


129. Möllers und Oehler, Zur Frage der Mobilisierung der 
Tuberkelbazillen durch Tuberkulin. D. m. W. 1916 Nr. 15. _ 


M. und O. haben die praktisch so wichtige Frage, ob durch Tuber- 
kulineinspritzungen beim tuberkulösen Menschen der Übertritt der Bazillen 
in das strömende Blut begünstigt oder hervorgerufen werden kann, durch 
Untersuchungen an 54 Patienten nachgeprüft. Bei 22 Patienten (10 F, 
5 II, 7 III) wurde einmal, auf der Höhe einer Tuberkulinreaktion, bei 
32 (171, 14 II, 1 III) zweimal, vor der ersten Einspritzung und auf der 
Höhe einer Resktion, Blut untersucht. Bei 3 dieser letzten Serie wurden 
bei der ersten Untersuchung (vor der Einspritzung) Bazillen gefunden, 
nicht aber bei der zweiten auf der Höhe der Reaktion. Umgekehrt bei 
2 anderen anfangs negativer, dann positiver Befund. Bei diesen beiden 
verlief die Erkrankung tödlich, Ebenso aber auch bei 9 anderen, bei 
denen keine Bazillen im Blut gefunden worden waren. Der Übertritt von 
Bazillen ins Blut wird also durch Tuberkulineinspritzungen weder be- 
günstigt noch verhindert. Von einer Mobilisierung der Tuberkel- 
bazillen kann sicher keine Rede sein und demgemäss ist auch die Behaup- 
tung, dass durch Tuberkulineinspritzungen infolge der Mobilisierung der 
Tuberkelbazillen erhebliche Schädigungen der Patienten eintreten könnten, 
nicht als erwiesen zu betrachten. Brühl, Schönbuch. 


Ätiologie und Verbreitung. 75 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


130. Selter, Reinfektion und Immunität bei Tuberkulose. D. m. W. 
1916 Nr. 10. 

Auf Grund von Infektionsversuchen (subkutan, intravenös und In- 
balation) mit vollvirulenten und mit älteren Kulturen kommt S. zur 
Ablehnung der speziell von Römer und Much verfochtenen 
Anschauung, dass die im Mannesalter auftretende Lungen- 
tuberkulose vornehmlich Folge einer metastasierenden 
Autoinfektion sei und nur ausnahmsweise Folge einer von 
aussen kommenden Infektion. Zu weiterer Erforschung dieser 
Verhältnisse müsste nicht Reinfektion während der Erstinfektion sondern 
nach überstandener Erstinfektion dienen. Das Meerschweinchen gilt 
im allgemeinen für zu tuberkuloseempfänglich, um eine Erstinfektion zu 
übersteben. Aber es ist S. gelungen, mit schwacher Infektion mittelst alter 
Kulturen eine sehr langsam und nicht tödlich verlaufende sondern aus- 
heilende Tuberkulose bei Meerschweinchen zu erzeugen; derart infizierte 
Tiere haben sich dann gegenüber einer Reinfektion so verbalten wie nicht 
infizierte; nur bei subkutaner Reinfektion machte sich an der Injektions- 
stelle eine gewisse Immunität geltend. Brühl, Schönbuch. 


131. Selter, Infektionsversuche mit kleinen Tuberkelbazillen- 
mengen mit besonderer Berücksichtigung des Inhalations- 
weges. D. m. W. 1916 Nr. 20. 

Die bislang in der experimentellen Tuberkuloseforschung angewandte 
Methode der Bestimmung der Infektionsgrösse (Verdünnungen eines Milli- 
gramms einer beliebigen Tuberkelbazillenkultur) ermöglicht kein quanti- 
tativ vergleichbares Arbeiten. Die Injektionsdose sollte stets nach ihrem 
Bazillengebalt nahe unter dem Mikroskop ausgezählt sein. $S. beschreibt 
sein Vorgehen genau. Ein gutes Kriterium für die Ausbreitung einer 
Infektion beim Meerschweinchen ist das Gewicht der Milz. Eine Ver- 
mehrung von 0,2 g kann nach S. als Zeichen einer angehenden Tuber- 
kuloseinfektion gedeutet werden, falls andere Infektionen auszuschliessen 
sind. Längeres Halten der Kultur bei 37° schwächt die Wirksamkeit ab. 
Als sicher tödliche Dosis können nach S. noch 10 Baazillen gelten. 
Bei kleineren Mengen (bis zu 1 virulenten Bazillus herab) kommt beim 
Meerschweinchen eine Tuberkulose zustande, die sich nicht 
generalisiert, sondern lokal bleibt und ausheilen kann. 
Aehnlich wirken Bazillen älterer Kulturen, selbst in grösseren Mengen, 
Inhalationsversuche ergaben das bemerkenswerte Resultat, dass beim Meer- 
schweinchen ebenso kleine Bazillenmengen bei der Inhalation wie bei der 
subkutanen oder intravenösen Infektion (5 ev. nur 1 Bazillus) genügen, 
um eine tuberkulöse Erkrankung herbeizuführen. Merkwürdig war, 
dass die Bronchialdrüsen sich kaum verkalkt zeigten. Von 
den drei Möglichkeiten, wie eine Inhalationstuberkulose zustande kommen 
kann, 

1. primäres Haften der Bazillen auf der Lungenschleimhaut, 

2. Durchwandern der Lungenschleimbaut und Haften in den Bronchial- 
drüsen und von dort retrograde Infektion der Lunge, 

3. symptomloses Durchwandern von Lunge und Bronchialdrüsen und 

Eindringen in die Blutbahn; von dort aus Infektion der Organe, 


76 Ätiologie und Verbreitung. 


entscheidet sich S, auf Grund eigever Versuchsbefunde (negative Befunde 
in Lunge und Bronchialdrüsen, Vergrösserung der Milz und positive Intra- 
kutanreaktion) für die letztere. Die Milz ala das tuberkuloseempfindlichste 
Organ des Meerschweinchens fängt die Bazillen ah, und vou der Milz 
aus erfolgt hämatogen die Infektion der anderen Organe, vor allem der 
Lunge, die S. stets früher erkraukt gefunden hat als die Bronchialdrüsen, 
Leber und Nieren. Nur bei grösseren Infektionsdosen fand S. bei seinen 


Inhalationsversuchen auch „primäre“ Lungenherde. 
Brühl, Schönbuch. 


132. F. Umber, Über die Tuberkuloseinfektion und Tuberkulose» 
erkrankung der ersten Lebensjahre vor dem Krieg und 
während desselben. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 

U. weist an der Hand des Materials aus der Kinderabteilung seines 
Krankenhauses erneut auf die hekannte Tatsache hın, dass sich die Tu- 
berkuloseinfektion mit den zunehmenden Lebensjahren bedeutend häuft, 
während die Tuberkuloseerkrankung der infizierten Kinder sowie die Sıerb- 
lichkeit in den höheren Jahresklaxsen erheblich abnimmt. Daher ist’ es 
ein dringendes Erfordernis der Tuberkulosebekänipfung, den Säugling vor 
der Infektion zu schützen. Gleichzeitig berichtet er über einen Fall kou- 
genitaler Tuberkulose. Das am 1. XIl. 1914 von einer phthisischen 
Frau geborene Kind wurde sofort nach der Geburt von der Mutter ge- 
trennt. Am 18. XII. war bereits die Pirquet’sche Reaktion positiv. 
Am 27. 11. 1915 starb das Kind an Milıartuberkulose. 

Ulrich Berlin, Schömberg. 


133. C. Hart und L. Rabinowitsch, Beitrag zu der Frage 
nach der Häufigkeit der Infektion des Menschen mit dem 
Typus bovinus des Tuberkelbazillus in den Kriegsjahren. 
Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 

In den Frieden»jahren 1910—14 betrug die Zahl der Fälle isolierter 
Mesenterialdrüsentuberkulose im Durchschnitt 0,8°/o der Sektionsfälle des 
Augusta-Vıktoria-Krankenhauses, während sie in den Krieg-jahren 1915 
bis 1916 2,59°/o betrug. Da es sich in diesen Fällen um eine durch 
den Darm erfolgte Infektion handelt, liegt der Gedanke nahe, dass der 
Krieg zu einer Erhöhung der Infektionsgefahr durch den Genuss tuberkel- 
bazillenhaltiger Milch oder von tuberkulösen Schlachttieren herrührenden 
Fleisches geführt hat. Tatsächlich brachte die bakteriologische Unter- 
suchung den Nachweis, dass von den bakteriologisch untersuchten Fällen 
der Mesenteriallymphdrüsen- und Darmtuberkulose 83,4°/ durch den 
Typus bovinus infiziert waren. Der Zusammenhang dieser hoben Zahl 
mit dem Krieg ist wahrscheinlich. Sicher aber ist div hohe Bedeutung 


des Typus bovinus für die Tuberkuloseinfektion des Menschen. 
Ulrich Berlin, Schönberg. 


134. C. Kaiserling, Über die Unterscheidung von Tuberkel- 
bazillen im Luminiszenzmikroskop. Zschr. f. Tbc. 27 H.1 
bis 4. 
K. gibt zunächst eine ausführliche Beschreibung des Luminiszenz- 
mikroskops und seiner Handhabung und berichtet sodann über seine Unter- 
suchungsergebnisse der verschiedenen Tuberkelbazillentypen mittelst dieses 


Diagnose und Prognose. Ü 


Mikroskops. Die Bazillen des Typus humanus leuchten in einem weiss- 
lichvioletten Blau, die des Typus bovinus in einem grünlichen Blau und 
die der Fischtuberkulose in einem reinen Himmelblau. Diese Farben- 
unterschiede waren bei den verschiedensten Versuchen konstant und 
deutlich. Ulrich Berlin, Schömberg. 


135. C. Kraemer, Zur Ausbreitung der männlichen Genital- 
tuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 1915 35 H. 1 $. 119. 
Verf. vertritt gegenüber Simmonds die Auffassung, dass es keine 
testipetale Entstehung der Hodentuberkulose von der Prostata und Samen- 
blase aus gibt, und dass diese Auffassung auch im Einklang steht mit 
der Erfahrung der Chirurgen, dass nach Entfernung des kranken tuber- 
kulösen Hodens in 80°/o der Fälle Dauerheilung erzielt wird. 
Leschke, Berlin. 


c) Diagnose und Prognose. 


136. René Burnand, Le diagnostic clinique et pratique de la 
tuberculose pulmonaire débutante. Revue médicale de la 
Suisse Romande, 20. Feb. 1916 S. 73—115. 

Im ersten Teile seiner Arbeit unterzieht der Verfasser die traditio- 
nellen klinisch-diagnostischen Merkmale, die zur Diagnose Lungentuber- 
kulose führen sollten, einer scharfen Kritik. Besonders richtet er sich 
gegen die Schule Prof. Grancher’s, dessen Lehren er als zu verein- 
facht, zu dogmatisch exklusiv verwirft,. — Im zweiten Teile der vor- 
liegenden Studie entwickelt der Autor seine Forderungen einer klinisch- 
praktischen Diagnose der Lungentuberkulose. — Der praktische Arzt 
darf sich nicht mit der Untersuchung der Lungen allein begnügen, bei 
Verdacht auf Tuberkulose sind alle Organe uud deren Erscheinungen zu 
kontrollieren. Des weiteren kommt es darauf an, nach Feststellung des 
Vorhandenseins einer Lungentuberkulose deren nähere Eigenschaften zu 
untersuchen und vor allem Sıcherheit über den aktiven oder inaktiven 
Zustand derselben zu erlangen. Die Erscheinungen der latenten Lungen- 
tuberkulose werden eingehend besprochen, nachdem auch auf die wichtigeren 
anamnestischen Angaben über Heredität, früheren Gesundheitszustand, 
Habitus usw. kurz aufmerksam gemacht worden ist. Aus klinisch-prak- 
tischen Gründen wird die Lungentuberkulose nach den am Anfange der 
Entwicklung markantesten, klinischen Erscheinungen eingeteilt in 

1. Tuberkulose, welche von der Lunge oder von den Bronchien 
ausgeht, 

2. Tuberkulose mit Ausgang von der Pleura aus, 

3. Tuberkulose der Brustorgane, welche von den Lymphdrüsen 
ausgeht, 

4. Tuberkulose der Brustorgane, welche sich nur durch Allgemein- 
symptome bemerkbar’ macht, und 

5. abortive Tuberkulose, 

Die klinischen Erscheinungen dieser fünf Klassen der Lungen- 
tuberkulose werden im einzelnen besprochen. Vom anatomisch-patho- 
logischen Standpunkt aus lässt sich eine solche, rein auf die äusseren 
Erscheinungen des klinischen Verlaufes basierende Einteilung nicht ver- 
teidigen. Neumann, Schatzalp. 


78 Diagnose und Prognose. 


137. Fr. Gerwiener, Über einige diagnostische Schwierigkeiten 
bei der Lungentuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 35. 1916 
H. 3 8.285. 

Bei einigen tuberkulösen Soldaten wurde nur durch das Röntgen- 
bild ein stärker ausgebildeter tuberkulöser Prozess (gwöhnlich vom Hilus 
ausgehend) gefunden, der sich der physikalischen Untersuchung mehr oder 
weniger entzogen hatte. Leschke, Berlin. 


138. Hollós, Erkennung und Heilung der Tuberkulose im Kindes- 

alter. Zschr. f. Tbc. 26 H.5. 

Nach einleitenden Bemerkungen über die Entstehung und Ver- 
breitung der Tuberkulose im Kindesalter bespricht Verf. verschiedene 
Merkmale der latenten Tuberkulose wie: Anämie, Neurasthenie, Neurose, 
Rheumatismus, Appetitlosigkeit, Störungen des Verdauungstraktes und 
Entwicklungsstörungen. Zur Behandlung der Tuberkulose fordert er: 

1. Verhinderung der wiederholten Ansteckungen, 

2. Erzielung einer erhöhten Widerstandsfähigkeit, 

3. Einleitung einer regelmässigen spezifischen Behandlung. Für 
diese kommt nach Verf. nur Spengler’s I.K. in Betracht, ‚mit dem es 
(nach Angabe des Verf.!!) gelingt, die latente Tuberkulose gänzlich zu 
heilen!!!!! Eine Kontraindikation gegen I.K. gibt es nicht. (Die Wertung 
des I.K. dürfte wohl auf recht energischen Widerspruch stossen. D. Ref.) 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde.. 


139. Porges, Die Bedeutung der regionären Muskelempfindlich- 
keit für die Diagnose der Tuberkulose. D. m. W. 1916 
Nr. 37. 

P. fand bei einer grossen Anzahl von Lungentuberkulosen eine durch 
Druckempfindlichkeit nachweisbare Hyperästhesie der dem erkrankten 
Lungenteil segmentär zugeordneten Muskulatur, die unabhängig ist von 
pleuritischen Veränderungen. Probatorische Tuberkulineinspritzung ergab 
auf der überempfindlichen klinisch unverdächtigen Seite deutliche Herd- 
reaktion. Oft trat die vorher nur angedeutete Druckempfindlichkeit der 
Muskulatur (meist des Trapezius, aber auch des Pectoralis major, des Ska- 
lenus und der Interkostalmuskeln) nach einer probatorischen Injektion erst 
deutlich hervor. P. nimmt für die Überempfindlichkeit dieselbe Erklärung 
an, die Pottenger für die von ilım beobachtete Muskelrigidität annimmt; 
eine Neuritis in den sensiblen Muskelnerven infolge der Lungenerkrankung. 

Brühl, Schönbuch. 


140. Rudolf Reimann, Klinische Beobachtungen über die Ehr- 
lich’sche Diazoreaktion. Inaug.-Diss. Leipzig 1916. 

Die Resultate an einem grossen Krankenmaterial stimmen im grossen 
und ganzen mit den Befunden älterer Autoren überein. 9 Fälle von 60 
bei fibrinöser Pneumonie waren positiv. Dieselben zeichneten sich da- 
durch vor den anderen aus, dass bei ihnen, sei es durch erbliche Be- 
lastung, sei es durch eine positive Tuberkulinreaktion oder, bei Kindern, 
positive Pirquetreaktion, der Verdacht auf eine latente Tuberkulose be- 
stand. Weiter handelt es sich stets um ÖOberlappenpneunonien, entweder 
von Anfang an oder nach Fortschreiten des Krankheitsprozesses vom 
Unterlappen auf den Oberlappen. Komplikationen bestanden nicht. Es 


Therapie. 19 


verdienen beide Beobachtungen entschieden Beachtung. Der Verlauf war 
bei den positiven Fällen .nicht ungünstiger wie bei anderen. Bei Tuber- 
kulose besitzt die positive Reaktion eine gewisse Bedeutung bei der Miliar- 
tuberkulose, wenu nämlich die objektiven Symptome nicht klar ausge- 
sprochen sind. Bei den übrigen Formen der Tuberkulose, bei denen sie 
ja bekanntlich erst auftritt wenn die objektiven Krankheitszeichen keinen 
Zweifel in der Diagnose mehr aufkommen lassen, spricht eine konstant 
positive und starke Diazoreaktion für den sehr progredienten Charakter 
der Erkrankung und gibt eine üble Prognose. Die positive Diazoreaktion 
scheint mit dem Auftreten von Fiebersteigerungen in einer gewissen Be- 
ziehung zu stehen. Bei hektischem Fieber war morgens bei normaler 
Temperatur die Reaktion negativ, abends bei hohem Fieber aber positiv. 
Ebenso konnte bei künstlicher Herabsetzung der Temperatur durch Pyrami- 
dongaben ein Negativwerden der Reaktion beobachtet werden. Beim Typhus 
bewährte die Reaktion ihren alten diagnostischen Wert. Hans Müller. 


141. Boit, Über die Methylengrünreaktion des Harnes. (Aus dem 

Sanatorium Schatzalp-Davos.) M. m. W. 63. 1916 $. 1515. 

5 Tropfen einer Methylenblaulösung (0,1:100,0) zu 5 ccm Harn 
zugesetzt, rufen gewöhnlich Blaufärbung, bisweilen Grünfärbung des Harnes 
hervor. Bei positiver Meıhylengrünreaktion ist der Harn dunkelgelb 
bis dunkelrot gefärbt, leicht getrübt bis trübe, selten klar. Reaktion 
meistens sauer, seltener amphoter oder alkalisch, das spezifische Gewicht 
schwankt zwischen 1018—1025. Eine positive Reaktion findet sich bei 
schwerer Lungentuberkulose in Verbindung mit Kehlkopf- oder Darm- 
tuberkulose. Die beobachteten Fälle mit konstanter positiver Methylen- 
grünreaktion kamen innerhalb von zirka 2—6 Wochen zum Exitus. 

Bredow, Ronsdorf. 


142. Taillens, Le pronostic de la tuberculose pulmonaire. Revue 
médicale de la Suisse Romande, 20. Nov. 1915 S. 742—768. 
Die Prognose für den an Lungentuberkulose Erkrankten ist als eine 
günstige anzunehmen, wenn die fibröse Form der Krankheit vorherrscht, 
das Gewicht ein zunelimendes ist, kein Fieber und nur geringe Auswurfs- 
mengen besteben und der Blutdruck ein normaler oder wenig erniedrigter 
ist, — Ungünstig ist die Prognose für die Lungenkranken bei geschwürig- 
käsigen Prozessen, besonders wenn dieselben von Fieber mit ausgesprochenen 
morgendlichen Temperaturremissionen, von Gewichtsabnahme und habitueller 
oder gar zunehmender Erniedrigung des Blutdruckes begleitet sind. Die 
Stellung der Prognose wird bei einzelnen an Lungentuberkulose erkrankten 
Menschen auch dem erfahrenen Arzte ein nur nach längerer Beobachtung 
des einzelnen Patienten schwer zu lösendes Problem bleiben. 
Neumann, Schatzalp. 


d) Therapie. 


143. H. Philppi-Davos, Die Anwendung des Tuberkulins durch 
den praktischen Arzt im Rahmen der allgemeinen Behand- 
lung der Lungentuberkulose. Separatabdruck aus dem Schweiz. 
Medizinalkalender 1917. 

Die kleine Schrift des bekannten Verf. ist deshalb so lesenswert, weil 


80 Therapie. 


er auf Grund reichlicher praktischer Erfahrung an grösserem Krankenmaterial 
zu einer unseres Erachtens durchaus richtigen Beurteilung des Wertes des 
Tuberkulins für die Diagnose und Therapie der Tuberkulose gekommen 
ist. Er ist bei der Tuberkelbazillenemulsion Koch’s geblieben und ver- 
wendet sie nur in kleinsten Dosen, stets festhaltend an dem Grundsatz, 
dass es wichtig ist, die Tuberkulinempfindlichkeit des Behandelten nicht 
nur zu erhalten, sondern möglichst zu steigern. Seine Dosenfolge ist aus 
der Schrift zu ersehen. Mit seinem Verfahren hat er auch bei Chronisch- 
Fiebernden Gutes erreicht und glaubt, dass die Behandlung die Ent- 
fieberung begünstigt. Die von anderer Seite immer noch wieder sehr ge- 
lobte schnelle und hochimmunisierende Methode bis zur völligen Reaktions- 
losigkeit des Kranken verwirft er, wie wir glauben, mit vollem Recht. 
Er bricht auch den Stab über die Bedeutung der probatorischen Tuber- 
kulinimpfung zur Sicherung der Diagnose einer aktiven Tuberkulose. Er 
hat die Erfahrung gemacht, dass auch inaktive Prozesse durch solche 
Tuberkulinproben aktiviert werden können. Er vermisst den Nutzen der 
Probe und fürchtet mit Recht ihre Schäden. Es werden kurze Anweisungen 
in der Schrift gegeben, wie man die Diagnose „aktive Tuberkulose“ durch 
die klinische Beobachtung und Untersuchung mit annähernder Sicherheit 
zu stellen vermag. Das Studium der kurzen Abhandlung sei jedem 
Praktiker, aber auch jedem Tuberkulosearzt deshalb besonders empfohlen, 
weil sie in durchaus kritischer Weise das Thema behandelt und sich auf 
grosser persönlicher Erfahrung aufbaut. Schröder, Schömberg. 


144. Jos. Heising, Nöhring’s „B 4“, ein neues Heilmittel 
gegen Tuberkulose? Beitr. z. Kl. d. Tbe. 3C 1916 H. 1 S. 91. 
Nöhrungs „B,“ ist ein bisher nicht isolierter und noch nicht identi- 
fizierter Bestandteil der Galle, der durch Salzsäurebehandlung und Natron- 
laugefällung der Galle gewonnen wird. Injektionen an 24 Fällen zeigten, 
dass das Mittel unschädlich ist. Dass es eine gewisse Wirkung ausübt, 
geht aus den subjektiven Allgemein- und Herdreaktionen hervor, die sich 
auch zuweilen in vorübergehender Vermehrung des Auswurfs äusserten. 
Trotzdem Verf. dem Mittel schon aus theoretischen Gründen begreiflicher- 
weise zunächst skeptisch gegenüberstand, konnte er doch bei 6 Fällen (25 °/o) 
so deutliche und besonders gute Besserungen erzielen, dass er eine weitere 
Nachprüfung empfiehlt. E. Leschke, Berlin. 


o 


145. Wilhelm Miiller, Partialantigene und Tuberkuline. W. 
kl. W. 191? Nr.5. 

Verf. stützt sich auf Erfahrungen mit albumosefreiem Tuberkulin, 
Alttuberkulin Koch und den Deycke-Much’schen Partialantigenen. In 
der spezifischen Tuberkuloseforechung sind streng zu unterscheiden die 
reaktiven ungiftigen und die reaktiven giftigen Substanzen. 

1. Die ungittigen reaktiven Bestandteile der Tuberkuline. Dies sind 
jene, mit denen man klinisch die zelluläre Immunitätsanalyse anstellt und 
die für den Koch’schen Tierversuch unbrauchbar sind. Das sind die 
Partialantigene M. Tb. A., M. Tb. F. und M. Tb. N., die grob chemisch 
als Eiweissgemisch, Fettsäurelipoidgemisch und als Tuberkulonastin 
(Neutralfett + Fettalkohol) bekannt sind. Es ist noch unbekannt, in 
welcher Form sie in den Tuberkulinen und ob überhaupt in allen vor- 
handen sind. Sicher ist, dass der Organismus nicht in jedem Falle, in 


Therapie. 81 


welchem er die isolierten Partialantigene verwertet, dies auch mit den 
durch Tuberkulin eingebrachten tut, nach Much, weil sie dort in unauf- 
geschlossener Form vorkommen. Durch Verabreichung von A., F. und N. 
werden die Summe oder nur ein Teil oder gar keine Antikörper produziert, 
Nach Much wäre in der nur teilweisen Antikörperbildung ein unzweifel- 
haftes Unvermögen der Immunität, das Wesen der Erkrankung zu er- 
blicken. Die reaktiven ungiftigen Körper lösen nie schwere toxische Er- 
scheinungen aus, geben keine heftigen Herd- und Allgemeinreaktionen. 
Sie sind weniger spezifisch als Jie giftigen und beeinflussen mehr die 
Abwehrkraft des Organismus als das Virus. 

2. Die giftigen reaktiven Bestandteile der Tuberkuline. Diese sind 
die Bestandteile des bei Darstellung des obigen gewonnenen Filtrates; sie 
bewirken den positiven Ausfall des Koch’schen Meerschweinchenversuches. 
Bei der Immunisierung gegen Tuberkulose sind sie nicht erforderlich, so- 
gar schädlich. Das toxische Partialantigen ist schuld an vielen Miss- 
erfolgen der Tuberkulintberapie. In anderen Fällen besorgt der Organismus 
selbst die Entziehung der nötigen Partialantigene aus dem Tuberkulin 
und weist die überflüssigen zurück. Nach der klinischen toxischen Wir- 
kung müssen wir annehmen, dass im Tuberkulin mehrere spezifische 
toxische Komponenten vorhanden sind. Mit den geteilten Tuber- 
kulininjektionen konnte Verf. eine Bindung des Temperaturgiftes des 
albumosefreien Tuberkulins bewirken, während andere Gifte in den Kreis- 
lauf gelangten. (Wenn man nämlich eine Tuberkulinmenge, welche die Reiz- 
schwelle überschreitet und Fieber erzeugt, halbiert, an zwei verschiedenen 
Körperstellen injiziert, so wird das Fieber vermieden, während andere 
Tuberkulinreaktionen zur Beobachtung gelangen. Dies ist auch praktisch 
bei empfindlichen und fiebernden Kranken wichtig.) Dies ist ein deut- 
licher Beweis für das Vorhandensein von mehreren toxischen Komponenten. 
Das albumosefreie Tuberkulin ist wesentlich weniger giftig als das Alt- 
tuberkulin; daher ist letzteres dem ersteren in therapeutischer Hinsicht 
unterlegen. Eine nach 1/2 Jahre nach Behandlung mit albumosefreiem 
Tuberkulin angestellte zelluläre Immunitätsanalyse mit Deycke-Much’schen 
Partialantigenen ergab eine auffallende Armut an Eiweissantikörpern. Es 
werden nämlich diesem Tuberkulin mit dem Entzuge der Albumosen auch 
wichtige, nicht giftige, und für die Immunisierung wichtige Partialantigene 
entzogen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


146. Römer und Berger, Zur Behandlung der Tuberkulose mit 
Partialantigenen nach Deycke-Much. D. m. W. 1916 Nr. 21. 
Nach kurzer Auseinandersetzung der bekannten Anschauungen Deycke 

und Much’s und Erläuterung der Technik der Partialantigengewinnung und 
ihrer therapeutischen Anwendung berichten R. und B. über ca. 100 Fälle 
(meist Lungentuberkulose der verschiedenen Stadien) die von ihnen teils 
mittelst der einfachen Methode mit M. Tb. R. (Rückstand, in dem alle Partial- 
antigene enthalten sind), teils mit den durch die Intrakutanreaktion als mangel- 
haft nachgewiesenen Partialantigenen behandelt wurden. Die Anfangedose der 
täglich vorgenommenen Einspritzungen wurde gegenüber Deycke und Much 
kleiner genommen. — 1 ccm der niedrigsten Verdünnung (1: 10000 Mill.) 
sehr langsame Steigerung. Die Temperaturen (Fieber ist keine Gegen- 
indikation) sanken langsanı ab. Der Auswurf nimmt nach anfänglicher 
Vermehrung oft erheblich ab, bleibt aber in anderen Fällen auch unver- 

Internat. Contralbl. f. Tuberkulose-Forsehung. 11. 6 


82 Therapie. 


ändert. Die Bazillen im Sputum nahmen ab, aber nur in einem Fall (!) 
wurde das Sputum bazillenfrei. Die Rasselgeräusche wurden geringer 
und die Dämpfungen hellten sich auf. Allgemeinbefinden und Körper- 
gewicht hob sich, Nachtschweisse schwanden, der Hämoglobingehalt 
stieg. Kontrolliert wurde der Erfolg durch Iutrakutanreaktion, die eine 
Steigung des Titers ergab. Als besonders gut heben R. und B. die 
Erfolge bei Tuberkulose der serösen Häute hervor. Auch bei Knochen- 
tuberkulose hatten die Autoren gute Erfolge. Sie glauben, dass die Be- 
handlung mit Partialantigenen die geeignetste Methode für den Hausarzt 
darstelle. (Die berichteten Erfolge scheinen nicht geeignet, eine Über- 
legenheit der beschriebenen Methode beweisen zu können. Ref.) 
Brühl, Schönbuch. 


147. F. Rosenbach, Zur Rolle des Triehophytonpilzes bei Tu- 
berkulin „Rosenbach“. Zschr. f. Tbc. 27 H. 1-4. 

R. sucht die Bedenken, die von verschiedenen Seiten gegen sein 
Tuberkulin wegen der Herstellung mit Hilfe des Trichophyton geäussert 
worden sind, zu zerstreuen. So halten vıele Ärzte das an der Injektions- 
stelle des Tuberkulins auftretende, mit starken Eutzündungserscheinungen 
einhergehende Infiltrat für eine Wirkung von Trichophytonprodukten. Durch 
verschiedene Impfversuche hat R. nachgewiesen, dass der Flüssigkeit von 
Trichophytonkulturen keinerlei giftige oder entzündungserregende Eigen- 
schaften anhaften, dass daher die örtlichen Reaktionen durch Tuberkulin 
„Rosenbach“ nichts mit dem Trichophyton zu tun haben. Zum andern 
wendet R. sich gegen die Annahme, dass durch die Art der Herstellung 
des Tuberkulin „Rosenbach“ nur eine abgeschwächte Tuberkulinwirkung 
erzielt werde, Durch den Nachweis des elektiven Abbaus der Nähr- 
böden durch den Trichophytonpilz sucht R. zu beweisen, dass es sich 
auch gegenüber den Tuberkelbazıllen um einen elektiven Abbau durch 
den Trichophyton handle, wobei die Stoffe, die die Reaktionen und Heil- 
wirkungen bei den Tuberkulösen verursachen, verschont bleiben. 

Ulrich Berlin, Schömberg. 


148. M. Katzenstein, Beitrag zur Tuberkulinbehandlung der 
sog. chirurgischen Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 
R. berichtet über eine Reihe von Heiluugen chirurgıscher Tuberkulose 
durch Behandlung mit Alttuberkulin. Er hebt besonders die schuelle 
Heilung zahlreicher solcher Tuberkulosen bei Soldaten gegenüber seinen 
früheren Erfahrungen aus der Friedenspraxis hervor und sieht die Ursache 
dieser günstigen Erfolge in dem wesentlich besseren Allgemeinbefinden 
dieser Kranken. Ulrich Berlin, Schömberg. 


149. A. Eber, Die Bekämpfung der Rindertuberkulose durch 
Schutzimpfung. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 

E. unterwirft die recht umfangreiche Literatur über die Schutzimpfung 
bei der Rindertuberku!ose einer ausführlichen, kritischen Untersuchung, 
deren Ergebnis er in folgende Schlusssätze zusammenfasst: 1. Die Wider- 
standsfähigkeit junger Rinder gegenüber einer künstlichen Infektion mit 
virulenten Tuberkelbazillen kann durch Vorbehandlung mit Tuberkel- 
bazillen der verschiedensten Herkunft und Virulenz vorübergehend erhöht 
werden. 2. Stärke und Dauer dieses künstlichen Impfschutzes sind ausser 


Therapie. 83 


von der individuellen Disposition des Impflings auch von der Beschaffen- 
heit des Impfstoffes und von der Art seiner Anwendung (subkutane, intra- 
venöse und stomachale Einverleibung) abbängig. 3. Bei der Verwendung 
lebender Tuberkelbazillen bleiben die schutzgeimpften Tiere eine mehr 
oder minder lange Zeit Träger der eingeimpften Tuberkelbazillen. 4. Über 
den Wert eines Schutzimpfverfahrens für die Bekämpfung der Rindertuber- 
kulose kann nur die Praxis entscheiden, da es keine Methode der künst- 
lichen Infektion gibt, die einen sicheren Rückschluss auf das Verhalten 
der Impflinge gegenüber der natürlichen enzootischen Tuberkuloseansteckung 
(Stallinfektion) gestattet. 5. Der negative Ausfall der Tuberkulinprobe 
ist bei schutzgeimpften Rindern kein Beweis für das Fehlen einer tuber- 
kulösen Herderkrankung, einerlei, ob es sich um Tiere handelt, die von 
vornherein nicht auf Tuberkulin reagierten, oder um solche, die erst im 
Anschluss an die Schutzimpfung zu reagieren aufgehört haben. Eber schon 
ist man berechtigt, die positive Tuberkulinreaktion als beweirend für das Vor- 
bandensein tuberkulöser Herderkrankungen anzusehen, vorausgesetzt, dass 
die Tuberkulinprobe erst eine gewisse Zeit (mindestens 7—8 Monate) nach 
der Schutzimpfung vorgenommen wird. 6. Es gibt zur Zeit kein Schutzimpf- 
verfahren, welches imstande ist Rindern einen ausreichenden Schutz gegen 
die natürliche Tuberkuloseansteckung zu verleihen. Auch die bei der An- 
wendung einzelner Impfstoffe gelegentlich zu beobachtende Heilwirkung auf 
bereits vorhandene tuberkulöse Prozesse ist kein Faktor, mit dem bei der 
Bekämpfung der Rindertuberkulose ernstlich gerechnet werden kann.“ 
Ulrich Berlin, Schömberg. 


150. A. Eber-Leipzig, Was lehren die vom Veterinärinstitut der 
Universität Leipzig in der Praxis ausgeführten Rinder- 
immunisierungen über die Bedeutung der Schutzimpfung für 
die Bekämpfung der Rindertuberkulose? Zbl. f. Bakt. (Orıg.) 
78. 1916 H.5 S. 321. 

Die umfassenden Versuche des Verf., in einer grösseren Anzahl 
Stallungen durch Rinderschutzimpfungen mit Bovovakzin, Tauruman, Anti- 
phymatol und den Heymanp’schen Schilfsäckchen eine Assanierung her- 
beizuführen, hatten keine befriedigenden Ergebuisse. Eine Zurückdämmung 
der Perlsuchterkrankungen im Rindviehbestande gelang nur dort, wo gleich- 
zeitig auch prophylaktisch-bygienuische Massnahmen durchgeführt wurden. 
Die praktischen Erfahrungen sprachen jedoch nicht dafür, dasa dieses 
kombinierte Tuberkuloseschutzverfahren etwa wirksamer wäre als die Durch- 
führung der prophylaktisch-hygienischen Massnahmen für sich allein. Was 
die Heilwirkung des Antiphymatols und der Heymans’schen Schilf- 
säckchen betrifft, so konnte dieselbe in einigen Fällen zweifellos festge- 
stellt werden, in anderen wiederum versagte sie, so dass auch mit diesem 
Umstande, bei der Bekämpfung der Rindertuberkulose ernetlich nicht ge- 
rechnet werden kann. 


C. Servaes. 
e) Prophylaxe. 
151. Beckmann, Kleinwohnungswesen in Verbindung mit Klein- 


tierzucht und Kleingartenbau. Tbc.-Fürs.-Bl. 1916 H.4. (Aus 
dem Westf. Wohnungsbl., Münster, 1915 H. 12.) 


Verfasser macht den Vorschlag, die Sesshaftmachung der kriegs- 
6*r 


S4 Prophylaxe. 


invaliden Industriearbeiter durch Errichtung von Eigenheimen zu fördern, 
in denen Kleintierzucht und Kleingartenbau als Nebenerwerb betrieben 
werden können. Die an ihrer Gesundheit geschädigten Invaliden haben 
dadurch Gelegenheit, sich in ihrer freien Zeit im Freien zu bewegen, ferner 
erzeugen sie einen grossen Teil ihres Bedarfes an Lebensmitteln selber und 
entlasten dadurch den Markt, und schliesslich wird ihuen bei intensiver 
Kultur evtl. der Anbau von Gemüse usw. für den Markt möglich. Um 
Fehlschläge zu vermeiden, muss den Ansiedlern rechtzeitig die Erfahrung 
von Fachleuten zugängig gemacht werden. Das könute dadurch ermög- 
licht werden, dass in jeder Provinz eine Versuchs- und Lehranstalt, ver- 
bunden mit einem Erholungsheim, errichtet wird, in das Rekonvaleszenten 
aufgenommen werden, die für eine solche Kleinsiedlung in Betracht kommen. 
Derart ausgebildete Leute errichten an geeigneten Stellen eine Musterfarm 
und stehen ihrerseits anderen mit Rat und Tat zur Seite. 
Rehs, Davos. 


152. Braeuning, Die Erwerbstätigkeit der Tuberkulösen. Tbe.- 

Fürs.-Bl. 1916 Nr. 5. 

1. Beschaffung von Arbeit ohne Rücksicht auf gesundheitliche Ver- 
hältnisse. Die häufige Klage, dass aus Heilstätten Entlassene schwerer 
Arbeit finden als andere Leute, ist nach den Erfahrungen des Verfassers 
meist hinfällig. In den wenigen Ausnahmefällen genügte fast immer ein 
ärztliches Zeugnis, um die vorliegenden Bedenken zu beseitigen. 

2. Beschaffung gesunder Arbeit für Lungenkranke. Die „leichte 
Arbeit“, die die Kranken oft bei ihrem alten Arbeitgeber finden, genügt 
nur in wenigen Fällen den ärztlichen Anforderungen, auch heute noch sind 
recht viele industrielle und gewerbliche Betriebe nicht gesundheitlich ein- 
wandfrei eingerichtet. Stellen als Parkwächter usw. sind nicht in ge- 
nügender Zahl vorhanden und auch zu gering bezahlt, während die in 
Frage kommenden Lungenkranken oft eine Familie zu versorgen haben 
und jahrlang bei gesunder Arbeit aushalten sollen. Diesen Ausfall an 
Verdienst kann man da, wo reichlich Mittel vorhanden sind, ersetzen. 
Ideal liegen die Verhältnisse, da, wo für die Beschäftigung Lungenkranker 
besondere Betriebe eingerichtet sind, z. B. in den Halberstädter Gärtnereien. 

3. Vermeidung der Ausbreitung der Tuberkulose durch die Arbeit 
der Lungenkranken. Berufe, in denen Leute mit offener Tuberkulose 
eine Gefahr für das Publikum bilden, müssten für diese gesetzlich ver- 
boten werden. Um ihre Mitarbeiter nicht zu gefährden, dürften offene 
Tuberkulöse nur an hygienisch einwandfreien Stellen arbeiten. Die Kranken 
müssen dazu erzogen werden, mit ihrem Auswurf vorsichtig umzugehen, 
und das Publikum dazu, vorsichtige Kranke zu achten und nicht zu ächten. 

Rehs, Davos. 


153. Abramowski, Die Verbreitung der Kenntnis vom Wesen 
der Tuberkulose, im besonderen derjenigen des Kindesalters 

im Volke. Tbec.-Fürs.-Bl. 2 Nr. 4. 

Um dem Volk eine richtige Vorstellung vom Wesen der Tuber- 
kulose zu geben, muss einmal die Tagespresse, insonderheit die kleinen 
Blätter, in Anspruch genommen werden. Ferner müssen die Fürsorge- 
ärzte öfter in Lehrerversammlungen über das Thema sprechen und ihnen 
die Materie mundgerecht machen. Schliesslich empfiehlt es sich, in den 


Prophylaxe. 55 


Fürsorgestätten Vätern und Müttern regelmässig allgemein verständliche 
Vorträge über die Tuberkulose, insbesondere die des Kindesalters, zu halten. 
Es folgt eine kurze Schilderung, in welcher Weise und in welchem Um- 
fange diese am besten gebandhabt werden. Rehs, Davos. 


(Dieselbe Arbeit erschien auch in Tuberkulosis Bd. 15 H. 5 
Mai 1916.) 


154. Kalisky, Massenspeisung. Tbe.-Fürs-Bl. 1916 Nr. ®. 


Bei der herrschenden Lebensmittelknappheit und den hohen Preisen 
sind für die Beurteilung der Frage: Massenepeisung oder Einzelbaushalt? 
zwei Gesichtspunkte massgebend: die grösstmöglichste Sparsamkeit mit 
Lebensmitteln und die ausreichende und rationelle Ernährung des Volkes. 
Dass mit der Massenspeisung eine Geldereparnis verbunden ist, ist neben- 
sāchlich. Das preussische Ministerium des Innern hat empfohlen, Volks- 
küchen einzurichten oder ihren Betrieb zu erweitern und die Einführung 
fahrbarer Küchen zu versuchen. Es soll dabei eine nahrhafte gemischte 
Kost gereicht werden, die zur völligen Sättigung und Ernährung aus- 
reicht. Es bestehen solche Küchen unter der Regie teils von Städten, teils 
von Wohlfahrtsevereinen oder unter der von beiden. Ein Raum zur Ein- 
nahme des Essens ist nicht erforderlich, dies kann nach Hause oder in 
die Fabriken geholt werden. Die Rentabilität ist gesichert, wenn der 
Materialverbrauch etwa 730/o des Gesamtumsatzes ausmacht. Gut geführte 
Küchen gaben für 30—50 Pf. viermal wöchentlich Fleisch mit Gemüse 
und Kartoffeln, Suppen und Puddings für 10 Pf., die Menge beträgt 
3/a bis 1 Liter, man kann von einer ausreichenden Ernährung sprechen. 
Die fahrbaren Küchen erfreuen sich eines regen Zuspruchs, es handelt 
sich hier um eine ausgesprochene Kriegseinrichtung, deren Anschaffungs- 


kosten möglichst gering sein sollten. Rehs, Davos. 
155. Das kleinste Einfamilienhaus im Reihenbau. Tbe.-Fürs.-Bl. 
1916 Nr. 11. 


Das Haus erfüllt folgende Anforderungen: 1. Zwei gegenüberliegende 
Seiten stehen der Einwirkung von Sonne und Wind offen. 2. Die Fenster 
sind an zwei gegenüberliegenden Seiten des Hauses angeordnet, Quer- 
lüftung ist möglich. 3. Jede Wohnung hat einen Garten. 4. Wohnräume 
und Küche liegen zu ebener Erde. — Alle schweren Mängel der Miete- 
kaserne sind vermieden, Relıs, Davos. 


156. Goering, T.-V.-Stätten, T.-V.-Sicherung und T.-V.-Ver- 

sicherung. Tbe.- Fürs.-Bl. 1916 Nr. 11. 

Die Tuberkulose lässt sich nur durch eine umfassende Jugendfürsorge 
bekämpfen: Die Lungen eines jeden Kindes müssen während der Schul- 
zeit überwacht werden, erkrankte Kinder müssen während der Schulzeit 
80 beeinflusst werden, dass sie die Schule gesund verlassen, kranke Er- 
wachsene müssen dem Koutakt mit Jugendlichen entzogen werden. Alle 
schwächlichen Kinder werden in Tuberkulosevorbeugungsstätten (T.-V.- 
Stätten) behandelt, im Laufe der durchschnittlich 10 Schuljahre wird es 
möglich sein, sie zu gesunden, widerstandsfähigen Menschen zu machen. 
Die Mittel hierfür müssten durch private Spenden und evtl. durch eine 
Jugendtuberkulose-Versicherung aufgebracht werden. Die Überwachung 
müsste durch hauptamtliche Schulärzte geschehen. Rehs, Davos. 


S6 Prophylaxe. 


157. Krischke, Ein Vorschlag zur Schwindsuchtsbekämpfung 
auf dem Lande. Tbc.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 12. 

Durch die gesetzliche Bestimmung, dass bei Lungen- und Kehlkopf- 
tuberkulose nur der Todesfall zu melden ist, wird auf dem Lande, wo 
keine Fürsorgestellen bestehen, die Tuberkulosebekämpfung sehr erschwert. 
Es müsste z. B. in Lehrerkreisen nach Helferinnen gesucht werden, die 
der Krankheit nachspüren. Der von diesen gesammelte Stoff würde die 
Grundlage für die weitere Fürsorge bilden. Rehs, Davos. 


158. Lucien Jeanneret, Tuberculose et Ecole. Revue médicale 

de la Suisse Romande, 20. Aug. 1916 K. 449—479. 

Im Kampfe gegen die Tuberkulose bietet die Schule den Punkt, wo 
wir am vorteiihaftesten den Hebel ansetzen können. In den Schulen 
lassen sich die Tuberkulösen und die Tuberkulose-Gefährdeten zuerst ent- 
decken. In den ersten sechzehn Lebensjahren infiziert sich jeder Mensch 
mit Tuberkulose, die grosse Mehrzahl der Infizierten bildet in sich die 
notwendige Abwehr, bleibt gegen eine weitere Infektion spezifisch sensi- 
bilisiert. Bei relativ wenigen Menschen gelingt infolge von ungünstigen 
Lebensbedingungen die Überwindung der Primärinfektion nicht vollkommen, 
die in den Lymphdrüsen eingeschlossenen Tuberkelbazillen: sind nicht ab- 
getötet, sondern bleiben konstant aktiv oder werden periodisch aktiver, 
und geben autogene Tuberkuline in den Kreislauf ab. Solche Menschen 
sind die Kinder, bei denen das Verhältnis zwischen Körperlänge und 
Körpergewicht ein schlechtes, deren blasses, schwächliches und zartes 
Aussehen zum Aufpassen warnt. 

Leicht abnorme Temperaturverhältnisse und Blutbilder, Störungen 
der Verdauung zeigen sich bei solchen Kindern ganz besonders nach 
Anstrengungen und Ermüdung. Die von Pirquet’sche Reaktion ist 
deutlich positiv und die Röntgendurchleuchtung stützt weiter den klinischen 
Befund. Solche an leichter aktiver Tuberkulose leidenden Kinder können 
diesen Zustand ganz überwinden und in die Gruppe der bloss tuberkulös 
sensibilisierten übergehen, oder aber sie überwinden dieses Stadium nicht 
und werden Kandidaten der Spätformen der Tuberkulose: der offenen 
Tuberkulose der Erwachsenen, usw. Die Hauptformen der tuberkulösen 
Evolution (tracheobronchiale Adenopathie, Skrofulose, geschlossene und 
offene Lungentuberkulose, die Tuberkulose der Knochen, der Gelenke und 
des Peritoneunss) werden vom Verfasser in Beziehung auf das schul- 
pflichtiige Kind durchgesprochen. Darauf kommt derselbe auf die in den 
Schulen einzuführenden Methoden zur Aufspürung der aktiven Tuber- 
kulose bei den Schulkindern. Über jedes Schulkind soll ein Gesund- 


heitsbericht geführt werden, in welchem der Lehrer unter Kontrolle des 
Schularztes 


das Gewicht jeden Monat, 
. die jedes Halbjahr vorzunehmenden Körpermessungen, 
. eine Beschreibung des Aussehens des Kindes (Anämie usw.), 
. die Fähigkeit zur Arbeit, 
. besondere Beobachtungen und 
. das Resultat der bei jedem Kinde vorzunehmenden v. Pirquet- 
schen Hautreaktion einzutragen hat. 
Der Verfasser legt grossen Wert darauf, dass ein jedes Schulkind 
dieser Reaktion unterworfen wird, um den Moment der ersten tuberku- 


a mun- 


- 


—r 


Prophylaxe. 87 


lösen Infektion feststellen zu können. Die v. Pirquet’sche Probe soll, 
solange ein Kind negativ darauf reagiert, jedes Jahr* wiederholt werden; 
nachdem die Reaktion einmal bei einem Kinde positiv ausgefallen, ist 
eine Wiederholung an demselben Kinde nicht mehr notwendig. 

Forderungen: 

An offener Tuberkulose leidende Lebrer müssen rücksichtslos aus 
der Schule entfernt werden. Genaue Durchführung der von der Hygiene 
verlangten Vorschriften für moderne Schulhäuser, der Reinlichkeit der 
Schulkinder selbst (Duschen, Mundpflege), Belehrung des Lehrpersonals 
über Mittel und Wege zur Bekämpfung der Tuberkulose, damit dieselben 
indirekt (nicht durch angsterzeugende direkte Aufklärung der Kinder 
selbst) die Kinder zu schützen verstehen. Vermeidung der Überbürdung 
in der Schule durch grössere Individualisierung der Arbeitsforderung. 
Leichte Hausaufgaben besser als zu lange dauernde Schulstunden. — 
Wichtig die Unterbrechung der Schulstunden mit Erholungspausen im 
Freien, während denen auch die Schulstuben gut gelüftet werden sollen. 
Ferien auf dem Lande. Kontrolle der Ernährung und Nachhilfe für arme 
Schulkinder. Vorbeugende Sonnenkuren für schwächliche Kinder. Für 
alle Kinder Turnübungen im Freien, bei entblösstem Oberkörper, wobei 
besonders genau auf Atemübungen gesehen werden soll. 

Schwächliche Schulkinder sollen nur des Morgens Unterricht in den 
Schulstuben erhalten, Nachmittags sollen dieselben regelmässig an der 
freien Luft (Liegehalle) Ruhekur machen, evtl. mit Sonnenbad, Atem- 
gymnastik mit Frejübungen und Spiele betreiben. Für die’Durchführung 
der Atemgymnastik gibt der Verfasser ganz genaue Vorschriften. Für 
alle Schulkinder verlangt er, dass pro Tag eine Stunde im Freien ge- 
turnt werde, Für Kinder, bei denen noch eine aktive geschlossene Tu- 
berkulose anzunehmen ist, sollten Spezialklassen eingerichtet werden. Es 
sind etwa drei Prozent aller Schulkinder, die da in Frage kämen. — Bei 
weiter vorgeschrittener, aber nicht offener Tuberkulose sollten auf dem 
Lande, in der Nähe der Stadt, Schulsanatorien errichtet werden. Kinder 
mit offener Lungentuberkulose und mit anderen ernsten Formen der Tuber- 
kulose gehören in spezielle Fürsorgeheime. Neumann, Schatzalp. 


159. Weith-Lausanne, A propos du Pirquet dans les ecoles de 
Lausanne. Jèevue médicale de la Suisse Romande, 20. Sept. 
1916 $. 538— 553. 

Die Arbeit richtet sich gegen die Anregung Dr. Jeannerets, bei 
allen Schulkindern in Lausanne die Pirquet’sche Reaktion vorzunehmen. 
Neumann, Schatzalp. 


160. Lucien Jeanneret, A propos du Pirquet dans les ecoles 
de Lausanne: Réponse à Mr. le Dr. Weith. Revue médicale 
de la Suisse Romande, 20. Okt. 1916 8. 648—651. 
Replik auf obige Arbeit uuter Aufrechthaltung der Forderung auf 
obligatorische Vornahme der Pirquet’schen Probe bei allen Schulkindern. 
Neumann, Schatzalp. 


161. A. Gottstein, Schule und Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27 
H. 1—4. 
Die zahlreichen Untersuchungen der Schulärzte über die Verbreitung 


88 Prophylaxe. 


der Tuberkulose im schulpflichtigen Alter haben zu folgendem Ergebnis 
geführt: „Die Tuberkulose ist im schulpflichtigen Alter ausserordentlich 
viel häufiger als in den vorangehenden und folgenden Altern, sie bat aber 
eine andere Lokalisation, weniger in den serösen Häuten und Knochen 
als in den jüngeren Altersklassen, weniger in den Lungen als in den 
folgenden Altern, sie ist hier in der Mehrzahl ruhend, kennzeichnet sich 
klinisch durch Verzögerung des Wachstums und durch Störungen der 
Blutbildung, wird selten aktiv und führt noch seltener zum Tode.“ Sehr 
wesentlich für eine wirksame Bekämpfung der Tuberkulose ist eine ver- 
ständige Zusammenarbeit zwischen Schularzt und Schulverwaltung einer- 
seits und zwischen Schul- und Lungenfürsorgearzt andererseits. Besonders 
wichtig sind positive Befunde an den Schulkindern für deren jüngere 
Geschwister, denen die gewonnenen Resultate durch Vermittlung der 
Fürsorgeärzte zugute kommen sollen. Da die Tuberkulose-Sterblichkeit 
jenseits des Schulalters äusserst stark zunimmt, ist es im Interesse der 
Volksgesundheit höchst erforderlich, die Erfahrungen, die die Schule im 
Kampf gegen die Tuberkulose gewonnen hat, auch auf die Fortbildungs- 
schulen zu übertragen. Ulrich Berlin, Schömberg. 


162. M. Kirchner, Die Tuberkulose im Kindesalter. Zschr. f. 
Tbe. 27 H. 1—4. 

Trotz der Mängel des Seuchengesetzes ist die Tuberkulosesterblich- 
keit in den letzten 35 Jahren, dank der Einrichtung der Medizinal- 
untersuchungsanstalten, der Heilstätten, der Auskunfts- und Fürsorge- 
stellen, des deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose 
und ähnlicher sozialer Einrichtungen in Preussen um 58°/o zurückge- 
gangen. Dieser Rückgang trifft jedoch, wie die Statistik zeigt, für die 
Tuberkulosesterblichkeit im Kindesalter nicht zu. Es sind daher ener- 
gische Massnahmen für die Bekämpfung der Tuberkulose im Kindesalter 
erforderlich. Sie müssen in erster Linie in der Familie, in zweiter Linie 
in der Schule getroffen werden. Als solche Massnahmen sind in der 
Familie anzustreben: Entfernung offen lungenkranker Mitglieder aus der 
Familie in zu errichtende Lungenheimstätten für Schwerkranke, Desinfek- 
tion der Wohnung. Ist die Eutfernung der Kranken nicht möglich, so 
sollen sie nach Möglichkeit isoliert oder die gesunden Kinder wie in 
Schweden in besonderen Heimen untergebracht werden. Bessere ärztliche 
Fürsorge namentlich in der Armenpraxis. Massnahmen in der Schule: 
Allgemeine Einführung von Schulärzten, Einrichtung von Schulbädern, 
Ferienkolonien, Pflege von Sport, Turnen und Turnspielenr, Ausbau von 
Kinderlungenheilstätten, Waldschulen und Walderbolungsstätten. 

Ulrich Berlin, Schömberg. 


163. N. Heitmann, Über Wohnungen für tuberkulöse Familien. 
N. Magazin f. lægevidenskaben 1917 Nr. 1. 

Die tuberkulöse Krankheit ist im grossen eine Wohnungskrankheit. 
Verf. schlägt darum vor, dass die medizinische Gesellschaft in Kristiania 
die Initiative ergreift, um die Wohnungsfrage für die Tuberkulösen prak- 
tisch zu lösen. 

Falls die Gesellschaft 10°/o des nötigen Kapitals zuwege verschafft, 
wird gewiss die Konmunal-Gemeinde für die restierenden 90°/o garan- 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, 'Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 39 


tieren, Verf. meint auch, dass der Staat ein solches Unternehmen unter- 
stützen darf in gleicher Weise wie er andere hygienische Massnahmen 
unterstützt. Birger-®verland. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


164. Ad. Kutschera, Tuberkulosefürsorge. Tuberculosis, August 

1916. 

Eine recht gute Übersicht über die Bestrebungen zur Versorgung 
der Tuberkulösen, mit besonderer Rücksicht auf die Verhältnisse in Öster- 
reich: Kutschera ist Stattbaltereirat und Landes-Sanitätsreferent in 
Innsbruck. Er berechnet für Österreich in den letzten Jahrzehnten all- 
jährlich 80—90000 Todesfälle durch Tuberkulose; die Abnahme ist ver- 
hältniemässig gering gewesen. Diesen Todesfällen würde eine Zahl von 
etwa 1000000 behandlungsbedürftiigen Kranken und von 300000 ge- 
fährdeten Personen entsprechen. Auf die Bebandlungsbedürftigen rechnet 
er 200000 bettlägerige Schwerkranke, 300000 nicht bettlägerige Arbeits- 
unfähige und 500000 Kranke mit aktiver geschlossener Tuberkulose, 
deren Arbeitsfähigkeit nur vorübergehend gestört ist, die aber einer Be- 
handlung bedürfen, um nicht dauernd arbeitsunfähig zu werden. Diese 
letzte Gruppe ist der Liebling der Heilstätten, weil sie dadurch die Zahl 
ihrer Heilerfolge ganz wesentlich zu steigern und ihre Statistik zu ver- 
bessern vermögen. Es sind aber auch die Kranken, „die ebenso gut und 
unter Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit ambulatorisch behandelt und da- 
durch bei wesentlich geringeren Kosten in annähernd ebenso grosser Zahl 
geheilt werden können wie in den Heilstätten“. Dasselbe ist von vielen 
Seiten verlangt worden, dass die Heilstätten für Kranke des 2. und 3. 
Stadiums mit Bazillenbefund bestimmt werden; für Tuberkuloseverdacht 
und Tuberkulose des 1. Stadiums ohne Bazillenbefund, sowie überhaupt 
für Kranke mit geschlossener Tuberkulose sind die teueren Heilstätten 
überflüssig. 

Dieser Gedanke ist ernstester Erwägung wert. Es ist offenbar nicht 
möglich, soviel Heilstätten zu schaffen, dass darin alle Tuberkulösen ver- 
sorgt werden könnten, selbst in Deutschland, dem Lande der Heilstätten, 
nicht, wo wir trotz an sich geringerer Tuberkulosebäufigkeit mit ähnlichen 
‚grossen Zahlen rechnen müssen. Aber wir können die Tuberkulosefür- 
sorge viel rascher und billiger und vielleicht noch wirksamer organisieren 
als wir Heilstätten schaffen können. Kutschera will die ärztliche Be- 
handlung in die Tätigkeit der Fürsorgestellen aufnehmen, die man in 
Deutschland ausgeschieden, um Konflikte mit den Haus- und Kassen- 
ärzten zu vermeiden. Er meint, dass diese allerdings vorhandene Schwie- 
rigkeit sich recht wohl beseitigen lasse, wenn man möglichst alle Ärzte 
in die Organisation der Fürsorgestellen einbezögee Kutschera hat be- 
sonders in Deutschland die Wahrnehmung gemacht, dass nur ein kleiner 
Bruchteil der Tuberkulösen die Fürsorgestellen in Anspruch nimmt, und 
zwar meist gar nicht in der Absicht, um der Tuberkulose in ihrer Um- 
gebung vorzubeugen, sondern um sich Vorteile wie Wohnungsgeldzuschüsse, 
Milchmarken oder Geldzuwendungen zu verschaffen. Die Fürsorge ist 
also dort eher eine Armenversorgung als eine Hilfe zur Heilung und 


90 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


Vorbeugung der Krankheit. Diese Beobachtung ist zweifellos richtig. 
Kutschera fordert von der Fürsorge mehr, und zwar soll sie 1. Leicht- 
kranke ambulatorisch heilen, 2. Schwerkranke isolieren, und 3. die Ge- 
fährdeten ständig überwachen. Kutschera ist Anhänger der Tuber- 
kulinbehandlung, und meint, dass der Beweis für die Möglichkeit und 
Zweckmässigkeit ihrer ambulatorischen Durchführung im grössten Mass- 
stabe in Wıen in vielen grossen Krankenkassen, besonders aber bei den 
österreichischen Staatsbahnen erbracht worden sei. 

Hier werden ihm gleichwohl keineswegs alle Ärzte beipflichten, min- 
destens aber den Ergebnissen dieser spezifischen Behandlung recht 
skeptisch gegenüberstehen. Dagegen ist seine Anregung zu einer erwei- 
terten Organisation der Fürsorgestellen auch für uns in Deutschland sehr 
beachtenswert, und noch mehr ist es der Gedanke einer Umgestaltung 
oder Ergänzung unserer Heilstätten. Für die vielen Prophylaktiker, 
Verdächtigen und Leichtkranken, die sie jetzt beherbergen, lässt sich 
viel einfacher, billiger und wahrscheinlich auch viel wirksamer sorgen. 
Gerade wie für eine Masse unserer Verwundeten die Wiederbeschäftigung 
mit geeigneter Arbeit, die Arbeitbehandlung weit mehr leistet als end- 
loses Umherliegen in den Lazaretten mit medikomechanischer Behandlung, 
Elektrisieren u. dergl., so ist für die genannten „Tuberkulösen“ eine 
frischere und aktivere Behandlung mit geeigneter Arbeitsbetätigung weit 
nützlicher. Die bisherige Methode erzieht solche Leute oft geradezu zur 
Ängstlichkeit und Übertreibung; die träge Liegekur und das ewige 
Schwatzen über Krankheit ist schuld daran. Meissen, Essen. 


165. Simon, Form und Ergebnisse der Kinderheilstättenbehand- 
lung. Tuberculosis, Juni- und Juliheft 1916. 

Eine lehrreiche und lesenawerte Arbeit des Leiters der Kinderheilstätte 
Aprath, die die Besonderheiten der Tuberkulose des Kindesalters und ihre 
Behandlung im allgemeinen und in Hinsicht auf das Verfahren in Apratb 
klar und übersichtlich vorführt. Wir können hier auf Einzelheiten nicht 
eingehen. Wichtig erscheint die Erfahrung, dass die einseitige Betonung 
der Lierekur bei Kindern und ebenso die allzu ängstliche Überschätzung 
kleiner Temperatursteigerungen nicht recht am Platze ist. Sollte das aber 
nicht auch für eine grosse Zahl der Insassen von Heilstätten für Er- 
wachsene gelten! Vielleicht wird der Krieg hier der Lehrmeister, wie es 
auf dem Gebiete der Ernährung der Tuberkulösen unter dem Zwange der 
Umstände noch deutlicher hervortritt. Es gibt da sicher manches zu lernen! 

Den Ausführungen Simon’s über den Kurplan und die Beschäftigung 
der kranken Kinder wird man gerne folgen. Der Tuberkulinbehandlung misst 
er keine wesentliche Bedeutung bei, Licht- und Luftbehandlung verdrängen 
mehr und mehr die alten Wasserverordnungen, von den Röntgenstrahlen 
erwartet oder erhofft er brauchbare Hilfe bei den schweren, offenen Krank- 
heitsformen. M-n. 


166. Tuberkulosefürsorge während des Krieges. Siebenter Bericht 
über die Tätigkeit der vom Tuberkuloseausschuss der Abteilung für 
Kriegswohlfahrtspflege des Zentral-Komitees vom Roten Kreuz ein- 
gerichteten Auskunfitsstelle für Tuberkulöse. Tbe.-Fürs.-Bl. 1916 
Nr. 6. 

Die Inanspruchnahme der Auskunftsstelle hielt sich im Berichtszeitraum 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heine. 91 


vom 21. II. bis 20. V. 1916 ungefähr auf gleicher Höhe wie im voran- 
gegangenen Vierteljahr. Barheihilfen waren in erhöhten Masse erforder- 
lich. Die Unterbringung der Kranken in Heilstätten usw. wurde dadurch 
ermöglicht, dass den betreffenden Anstalten Beihilfen zur Erhöhung des 
Freistellenfonds gezahlt oder den Kranken die Kosten wieder erstattet 
wurden. Zahlreichen Kranken wurde Übernahme der Kosten für kürzere 
Zeit gewährt. Rehs, Davos. 


167. Zusammenstellung der Aufwendungen des Tuberkuloseaus- 
schusses der Abteilung Kriegswohlfahrtsyflege des Zentral- 
Komitees vom Roten Kreuz. Tbec.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 6. 

Rehs, Davos. 


168. Triebold, Bei den lungenkranken Soldaten in Lippspringe. 
Tbe.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 6. 

Den in Lippspringe befindlichen Soldaten, durchschnittlich 700, stehen 
sämtliche Kurmittel zur Verfügung. Unterrichtskurse mit einer allgemeinen, 
gewerblichen und kaufmännischen Abteilung sind eingerichtet, ausserdem 
praktisch-theoretische Kurse für Soldaten, die in Rücksicht auf ihre 
Krankheit Gärtner oder Landwirt werden wollen. Rehs, Davos. 


169. Hartmann, Genügt die heutige Fürsorge für unsere un- 
bemittelten Lungenkranken den an sie gestellten Anforde- 
rungen? Zschr. f. Tbe. 25 H. 6. 

Verf. glaubt, dass das Heilstättenwesen wohl imstande sei, der Tuber- 
kulosenot zu steuern, wenn folgende Massnahmen beachtet werden: 

1. Baldige Entfernung von Nichttuberkulösen und Fällen von in- 
aktiver Tuberkulose, die einer Heilstättenkur nicht bedürfen, aus den Lungen- 
heilstätten und, falls Behandlung nötig ist, Überweisung in geeignete An- 
stalten wie Erholungsheime, Nervenheilstätten u. dgl., die wieder für 
solche Kranke freizugeben sind. 

2. Aufnahme auch vorgeschrittener Fälle von Tuberkulose in Lungen- 
heilstätten unter Verlängerung der Kurzeit, wenn dadurch Aussicht auf 
Wiedererlangung der Arbeitsfühigkeit besteht. 

3. Unterbringung weit vorgeschrittener Fälle, die in absehbarer Zeit 
nicht wieder arbeitsfühig werden oder bei denen das Ableben bald zu 
erwarten ist, in Krankenhäuser oder Invalidenheime — bei offener Tuber- 
kulose nötigenfalls unter Anwendung von Zwangsmassnahmen. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


170. Flatau, Die neue Fürsorge- und Auskunftsstelle des Vereins 
zur Bekämpfung der Tuberkulose in Nürnberg. Tbz.- Fürs.- 


Bl. 1916 Nr. 10. Rebs, Davos. 
171. Krischke, Eigenheime für Fürsorgestellen. Tbe.-Fürs.-Bl. 
1916 Nr. 10. 


Besonders für Zeiten mit Nahrungsmittelmangel wären für die Fürsorge- 
stellen Eigenheime von grossem Nutzen, in denen Gemüse gezogen und 
Ziegen und Hühner gehalten werden können. Die Bewirtschaftung kann 
Leichtlungenkranken oder Kriegsinvaliden mit landwirtschaftlichen Kennt- 
nissen übertragen werden, zur Hilfe können Kinder mit Anwartschaft auf 
Waldschulen usw. herangezogen werden. Rehs, Davos. 


92 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


172. Szezeblewski, Die Tuberkulosefürsorge des Verbandes 
mittlerer Reichs-Post- und -Telegraphenbeamten. T'bc.- Fürs.- 
Bl. 1916 Nr. 11. 

Der Verband mittlerer Reichs-Post- und -Telegraphenbeamten hat als 
erster unter den Fach- und Standesvereinen eine umfassende Tuberkulose- 
fürsorge für seine Mitglieder und deren Angehörige geschaffen. Bei Inan- 
 spruchnahme der Unterstützungsmittel der Postverwaltung und des Ver- 
bandes kann jeder Kranke selbst eine längere Heilstättenkur durchführen. 
Von der Errichtung einer eigenen Heilstätte wurde abgesehen, vielmehr 
werden die vorhandenen Mittel als Unterstützungen für Kuren in selbst zu 
wählenden Heilstätten verteilt. In den Kreis- und Bezirksvereinen ist die 
Organisation und Leitung der Tuberkulosefürsorge Beiräten übertragen, die 
Beratung erfolgt nach dem Muster der Auskunfts- und Fürsorgestellen. Es 
wird darauf hingewirkt, dass die Kranken sich einer gründlichen Heil- 
stättenkur unterzieben, dass die Familienangehörigen sich untersuchen 
lassen, dass tuberkuloseverdächtige und -bedrohte Kinder zu einem Auf- 
enthalt in Erholungsheimen usw. geschickt werden. Die Tuberkulosebeiräte 
und die Verbandszeitung wirken aufklärend über Wesen, Verlauf usw. der 
Tuberkulose. .  Rehs, Davos. 


173. Sturmat, Kriegstätigkeit der Tuberkulosefürsorgestelle des 
Kreisverbandes der Vaterländischen Frauenvereine desKreises 
Johannisburg. Tbc.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 11. 

Nach Vertreibung der Russen ist die Tätigkeit der Fürsorgestelle im 
Kreise Johbannisburg unter erschwerenden Umständen wieder aufge- 
nommen worden. Die Wohnungsverhältnisse und Verbindungen sind 
schlecht, die Landbewohner hygienischen Anordnungen wenig zugänglich. 
Die Zahl der Kranken ist durch die Flucht erheblich vergrössert, die 
Mehrkosten wurden aus dem Flüchtlingsfond gedeckt. Nahrungsmittel 
wurden mehr als üblich verteilt. Der Kiefernwald, in dem das im Roh- 
bau fertig gestellte Tuberkuloseheim lag, ist zerstört. Rehs, Davos. 


174. Reche, Erfahrungen in der Fürsorge für versicherte Lungen- 
kranke. Zschr. f. Tbc. 26 H. 6. 

Verf. bespricht die Massnahmen zur Behandlung Tuberkulöser. An 
erster Stelle stehen Lungenheilstätten und Walderholungstätten. Bei der 
Wichtigkeit der richtigen Auswabl empfiehlt Verf. eine sorgfältige Dia- 
gnostik, die sich auf Anamnese, klinischen Befund, Röntgenuntersuchung 
und Tuberkulininjektion zu stützen hat. Die Kurdauer soll nur bei pro- 
gnostisch günstigen Fällen mehr als 3 Monate betragen. Schwerkranke 
sollen in Spezial-Tuberkulosekrankenhäusern untergebracht, oder tunlichst 
räumlich isoliert werden; unter Umständen sind die am meisten gefähr- 
deten Familienmitglieder (Kinder) in geeigneten Pflegestellen unterzu- 
bringen, wie dies der Breslauer Verein zur Fürsorge für unbemittelte 
Lungenkranke tut. Ausserordentlich wichtig ist die Anzeigepflicht für 
alle Fälle offener Tuberkulose. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


175. H. L. Taylor, A review of Minnesota’s anti-tuberculosis 
work. St. Paul Med. Journ., Juni 1915. 
Nichts Neues. Mannheimer, New York. 


Allgemeines und Grenzgebiete. 93 


176. R. J. Wilson and W. J. Rathbun, A study on food and 
fuel value of the dietary at the New York City Municipal 
Sanatorium. Journ. Amer. Med. Ass., 3. Juni 1916. 

Eine Untersuchung der Nahrungsfrage im New-Yorker städtischen 
Sanatorium zu Otisville mit Rücksicht auf Sparsamkeit und Nährwert 
ergab folgendes: Das Auslassen von Fleisch und Eiern aus dem Früh- 
stück und deren Ersatz durch Milch ist vollkommen gerechtfertigt. Die 
Diät muss hohen kalorischen Wert haben, soll aber im allgemeinen auf 
drei Mahlzeiten beschränkt sein. Männer essen verhältnismässig mehr; 
jedoch nehmen Frauen mehr an Gewicht zu. Vermeidung von häufigen 
Wiederholungen im Speisezettel ist wünschenswert. Sehr empfehlenswert 
ist ein 4 wöchentlicher Speisezettel, der auf folgende Weise gebraucht 
wird. Für die ersten vier Wochen beginnt man mit der ersten Woche 
und endet mit der vierten; für die nächsten vier Wochen beginnt man 
mit der zweiten und endet mit der ersten, usw. Auf diese Weise wird 
es fast: unmöglich für die Patienten, zu raten, was auf den Tisch kommt. 
Zwei Arten von Gemüse gebe es ausser Kartoffeln, zu Mittag und Abend. 
Es ist ratsam eine Kombination abzuändern, sobald die Patienten ihrer 
überdrüssig werden. Kleine Anfangsportionen mit so vielen nachfolgenden 
als gewünscht, sind den Patienten angenehm und sparsamer. Die Ver- 


‚ schwendung übrigbleibender Reste ist in Tuberkuloseanstalten notwen- 


digerweise grösser als in anderen Anstalten. Behandlung von Kindern 

in besonderen Räumen, aber in Verbindung mit Erwachsenen ist durch- 

führbar, und mit Rücksicht auf grössere Sparsamkeit empfehlenswert. 
Mannheimer, New York. 


g) Allgemeines und Grenzgebiete. 


177.Denechau-Angers, Über die weiteren Folgen der durch 

Kriegsgeschosse verursachten Lungen-Rippenfell-Verletzungen. 

Referiert nach einem Referat aus der Presse medicale 1916 Nr. 42. 

M. m. W. 1916 S. 1443. 

Bei der grossen Mehrzahl der alten Brustverletzungen bleiben eine 
Reihe von nachweisbaren physikalischen Erscheinungen zurück. In mehr 
als der Hälfte dieser Fälle sind die Symptome durch Lungengymnastik 
und allmähliche Abhärtung besserungsfähig und daher mit dem aktiven 
Heeresdienste wohl vereinbar. Immerhin können diese, meist geringen, 
Erscheinungen von Schmerz, Stechen und seltener Husten mit oder ohne 
Auswurf usw. später zu Komplikationen führen, die gewöhnlich infektiöser 
Natur sind. Die am meisten gefürchtete Komplikation, die Lungenfell- 
Rippenfell-Tuberkulose, kann sich in Form einer eiterigen Pleuritis, von 
Abszess, von Gangrän einstellen, meist aber als einfache Eiterung, die in 
Anfällen den alten Geschossgang befällt. Diese latente oder offenkun- 
dige Infektion ist die grosse Gefahr der intrapulmonären Geschosse, die 
die Entfernung dieser Projektile rechtfertigt. Auch dann noch bleibt 
Beobachtung und ev. weitere physikalische oder andere Therapie nötig. 

Bredow, Ronsdorf. 
178.Gerhardt, Über das spätere Schicksal der Lungenverletzten, 

M. m. W. 1916 S. 1669—1671. 


Die durchschnittliche Heilungsdauer der nicht infizierten Fälle betrug 
2—3 Monate, 


94 Allgemeines und Grenzgebiete. 


Pleurablutung und nachfolgende Pleuritis findet sich bei mindestens 
°/ der Fälle. Für den Verlauf und das klinische Bild ist Pleurabetei- 
ligung wichtiger als die der Lunge. 

Die Pleuritis nach Brustschüssen soll von der 2. Woche ab nach 
den üblichen Regeln behandelt werden. Der Transport bei Brustver- 
wundeten soll möglichst spät erfolgen. 

Klini-ch nachweisbare Infiltrationen der Lunge am Schusskanal sind 
selten. Brustschüsse geben nur selten Anlass zur Entwickelung von 
Tuberkulose. 

Anfänglicher Lufteintritt in die Pleura beeinflusst die Dauer und 
Verlaufsweise der Heilung nur wenig, falls nachträgliche Iufektion 
ausbleibt. 

Von den mit Pleuraeiterung komplizierten Fällen wird etwa der 
dritte Teil im Verlauf eines halben Jahres wieder dienstfähig. Der 
Heilungsverlauf erfolgt durch Operation schneller und sicherer als ohne 
Operation. Bredow, Rousdorf. 


179.Kohlhaas, Herzbeschwerden nach Lungenschüssen. (Aus der 

inneren Abteilung des Ludwigrpitals in Sıuugart.) M. m. W. 1916 

8. 1598. 

Die Heızbeschwerden nach Lungenschüssen beruhen oft auf Ver- 
wachsungen des Herzbeutels mit dem Rippenfell. Sie können aber auch 
auf Verwachsungen der beiden Hlerzbeutelblätter beruhen. Diese Ver- 
wachsungen bilden sich an Stellen, an denen die Blätter durch einen 
Hämothorax einige Zeit aneinandergelegt waren; beim Nachlassen des 
Hämothoraxdruckes dehnen sich die entstandenen WVerklebungen zu 
Sträugen. Diese geben zu Herzgeräuschen, Tönen und zu Herzbe- 
schwerden Anlass. Die fasersioffige oder eiterize Herzbeutelentzündung 
entsteht bei Lungenschüssen ohne Herzbeutelentzündung durch unmiittel- 
bare Keimübertragung, die durch das infolge des Hämothorax.ruckes 
bewirkte Aneinanderliegen bzw. Aneinanderpressen der Lymphapalten des 
Rippenfells und Herzbeutels verständlich ist. Bredow, Ronsdorf. 


180. Hirseh, Zur Entstehung und Verhütung von Lungen- 
abszessen und -empyemen nach Lungenschüssen. M. m. W. 
1916 $. 1468. 

H. fasst seine Beobachtungen über die Infektion der Lungenschüsse 
dahin zusammen: 
1. a) Primär geschieht die Infektion von der Einschussöffnung aus 
durch das eindringende Geschoss, Tuchfetzen usw. und tritt im 
Laufe der ersten Woche in die Erscheinung. 
b) Als Spätinfektion geschieht die Infektion vom Bronchialbaum 
aus durch Luftübertragung und tritt im Laufe der dritten 
Woche auf. 
2. Sie lüsst sich durch Absonderung der Lungenschüsse verhüten. 
Bredow, Ronsdorf. 

181. Brunk, Über angeborene Thoraxmissbildung und Felddienst- 
fähigkeit. (Aus dem Pathologischen Institut der Städt. Kranken- 
anstalt Kiel) (Dlustr.) M. m. W. 1916 S. 1406. 

B. beschreibt einen missgebildeten Thorax, bei dem linkerseits von 
der 6.—7. Rippe an abwärts ein Defekt bestebt. Die Rippen sind ver- 


Allgemeines und Grenzgebiete. 9 


kürzt und enden frei. Die 8. Rippe verläuft ganz horizontal nach vorn 
und endet in: der Magengegend, etwa 3 querfingerbreit von der Mittel- 
linie, frei. Die übrigen Rippen sind ebenfalls bier verkürzt und frei 
endigend (Röntgenbilder. Ein Muskeldefekt schien nicht vorzuliegen. 
Patient war mit dieser Missbildung ca. 10 Monate ohne wesentliche Be- 
schwerden felddienstfähig. Alsdann trat eine Magenblutung auf, deren 
Ätiologie nicht sicher entschieden wurde. Bredow, Ronsdorf. 


182. Johanna Negendank, Beitrag zur Kasuistik der Lungen- 
tumoren mit besonderer Berücksichtigung des Röntgen- 
befundes. (Aus der I. Medizinischen Klınik zu München.) /naug.- 
Diss. 1916. 

Das Röntgenverfahren ist für die Erkennung von primären und 
sekundären Lungentumoren von grösstem Werte, ohne dass jedoch da- 
durch die übrigen Untersuchungsverfahren an Wichtigkeit verlieren. 
Andererseits gibt es aber wieder Fälle von Lungentumoren, die nur durch 
das Röntgenbild erkannt werden können. 12 Fälle, darunter 9 primäre 
Lungenutumoren und 3 Lungenmetastasen werden eingehend berprochen. 

Hans Müller. 


183. Oscar Gross, Erfolgreiche Behandlung der Lungengangrän 
mit Salvarsan. Ther. d. Gegenw. Dez. 1916. H. 12. 

G. hat, durch eine mündliche Angabe Brauer’s veranlasst, 6 Lungen- 
gangränfälle mit Neosalvarsaninfusionen (Gesamtdosis ca. 2,5 bis 2,7 g, 
d.h. ca. 0,9 g in dreimaliger Dosis) behandelt, und damit bei der sonst 
ja so wenig zu beeinflussenden Krankheit ganz erstaunliche Erfolge ge- 
sehen. Bei den schnell entstandenen, akut verlaufenden Fällen sah er 
völlige Heilung in kurzer Zeit, bei den mehr chronischen wesentliche 
Besserung. Wahrscheinlich reagieren die Fülle mit Spirillen- und Spiro- 
chätenätiologie gut, ehe sie durch Mischinfektion kompliziert werden. 

Geinitz, Tübingen. 


184. L. Dünner und G. Eisner, Die Behandlung der Pneu- 
monie, 2. Mitteilung: Die Chininbehandiung per os. Ther. 

d. Gegenw. 1916. H. 7. 

Autoren vergleichen die von anderer Seite als gleichwertig oder besser, 
weil gefahrloser bezeichnete Chininmedikation bei Pneumonie mit der 
Optochindarreicbung, wie sie bisher mit bestem Erfolg von ibnen geübt 
wurde, Es wurden der bisherigen Dosierung von Optochin entsprechend 
6mal 0,2 g Chinin per os in 24 Stunden, also alle 4 Stunden auch 
nachts, gegeben. Verff. sahen dabei keinen nennenswerten Unterschied 
gegen die gewöhnliche symptomatische Therapie. Geinitz, Tübingen. 


185. Döblin, Typhus und Pneumonie. B. kl. W. 1916. Nr. 43. 
Verf. weist an der Hand von Krankengeschichten darauf hin, wie 
häufig im Kriege Typhusfälle mit schweren pneumonischen Verän- 
derungen einhergehen. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


186. G. B. Greene, Laryngeal Tuberculosis. South. Med. Journ., 
Nov. 1915. 


Nichts Neues. Mannheimer, New York. 


96 Allgemeines und Grenzgebiete. 


187. Thilenius-Soden a. T., Soden und seine Kurmittel. Vor- 
trag, gehalten auf der XVI. Deutschen Ärztlichen Studienreise. 
Zschr. f. Baln. 1916 Nr. 23/24. 

Die therapeutische Verwertung der Kurmittel Sodens ist bei solchen 
Kranken am Platze, deren Konstitution eine schonende Behandlung er- 
fordert. So besonders von Rekonvaleszenten verschiedener Krankheiten, 
wenn die Reaktionskraft besonderer Berücksichtigung bedarf. Hierher 
gehören die erethischen Konstitutionen mit den gerade ihnen eigen- 
tümlichen Krankheiten, ferner das grosse Heer von Nasen-, Rachen- und 
Kehlkopfkatarrben, besonders die Pharyngitis sicca mit ihren oft quälenden 
Symptomen; ferner der einfache Bronchialkatarrh, das Asthma, Eınphysem 
und besonders die Stauungskatarrhe, die Residuen der Pneumonie und 
Pleuritis, die nicht allein durch Inhalationen, sondern auch zugleich durch 
die Sprudelbäder günstig beeinflusst werden. Früher wurden viele Tuber- 
kulöse nach Soden geschickt, da es als warmer Kurort galt. Indessen 
ist durch die Bemühungen der dortigen Ärzte die Zahl der Tuberkulösen 


in Soden bedeutend zurückgegangen. Wilhelm Neumann. 
188. Kromayer-Berlin, „Mehr Licht“. Zschr. f. Baln. 1915 
Nr. 15/16. 


Für die künstliche Lichtbehandlung dient als bester Sonnenersatz 
die Quarzlampe, von.der es zwei Formen gibt: die nach dem Verf. be- 
nannte Kromayer-Lampe und die sog. künstliche Höhensonne. Die 
Indikationen für die Lichtbehandlung lassen sich in zwei Gruppen zu- 
sammenfassen: 1. Allgemeinwirkungen. Hierher gehören: Anregung des 
Stoffwechsels, vorteilhaft bei allen „Dyskrasien“ von der Bleichsucht bis 
zur Gicht, nervöse Störungen und Erschöpfungszustände. Selbst schwere 
Gewebsstöruungen, z. B. Tuberkulose, können indirekt beeinflusst und zur 
Heilung gebracht werden. 2. Lokale Wirkungen: Hier unterscheidet man 
die Anwendung des Lichtes mit oder ohne Kompression des bestrahlten 
Gewebes. Bei ersterer werden z. B. vermittelst der ÖOriginal-Finsen- 
apparate Blut und (Giewebssaft weggepresst: sie kommt zur Beseitigung 
schwerer chronischer Gewebsentzündung oder Gewebsneubildung (Lupus, 
Tuberkulose, Kankroid usw.) in Betracht. Bei letzterer werden die Licht- 
strahlen schon in den obersten Hautschichten absorbiert: sie ist nicht 
imstande, Lupus, Tuberkulose, Kankroid usw. zu heilen, kommt für Haut- 
krankheiten in Frage. Ausserdem leistet sie gute Dienste, wenn es gilt, 
Granulationsbildung in Wunden anzuregen. Wilhelm Neumann. 


189. Czerny, „Die natürliche und die künstliche Höhensonne‘“. 
Zschr. f. physik. diät. Ther. 20 H. 5. 

Rollier gibt an, dass bei einer Varizellenepidemie, die durch Sonnen- 
bäder pigmentierten Kranken nicht infiziert wurden. Verf. sah hingegen 
bei einem mit künstlicher Höhensonne bestrahlten Kinde Varizellen fast 
ausschliesslich auf den pigmentierten Hautstellen. Danach wäre die 
Pigmentation durch die natürliche Höhensonne nicht gleichwertig der- 
jenigen durch künstliche Höhensonne. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 











Um Einsendung vo von MöndEr aphien und Büchern an an den Redakteur Dr. € G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Internationales Centralblatt für Taberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 


Dr. Oskar de la Camp 


0.ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 








Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Hoslanstalt 


für Lungenkrauke Schömberg, 


Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 
Redaktion: Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Dirig. Arst der Neuen Heilanstalt fir Lungenkranke Würzburg. 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttox. 


Ludwigstrasse 231/4. 








11. Jahrg. 








Ausgegeben am 80. April 1917. 


: Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 


Amrein, O. 121. 
Bachmann, E. 120. 
Baemeister, H 108. 
Pähr, K. 118 
Bayer 112. 

Benda, C. 114 
Bernbard, O. 121. 
Burnand, R. 121. 
Byttner, J. 102. 
Chisholm, C, 196. 
Collin, E. 110. 
Cramer, A. 120. 
Demiéville, P. 120. 
Eekardt 118. 
Egger, F. 2 
Ehiminn 110. 
Friedberger, E. 99, 
Ganzuillet, F. 119. 
Gerhartz, H. 101. 
Giax 118, 

Grau, H., 103. 


' Griffith, A. St. 101. 
_Gutstein 112. 

Guyo 121. 

. Hasseldalch 115. 
Heile, B. 109. 

' Helwig 117. 
Heymann, Paula 113. 
Hofwann, W. 114, 
Holt. R. Cr. 105. 
Howald 121. 

Hisin, Ch. H. 108. 
Hughes, F. 106. 
Inga, 8. 101. 
Jadassohn 121. 
Jaqnerod 101. 
Jeanneret, L. 108. 
Jones, P. C. Y. 10%. 
Kaiserling. C. 114. 
Käser, J. 121. 
Kaufmann 112. 
Keller, H. 120. 


ı Kieninger, G. 9». 

: Köhler, F. 126. 

: Kreuser 125 
 Kürsteiner, W. 119, 
Labatt, A. 102. 
Leb»t 121. 
Lindhard 115. 
Meachen, G. N. 105. 
. Meyer 112. 

| Meyer, H. O. 128. 

- Moore, S. J. 113. 

. Norin 121, 
Mühlmann 128. 
Neumann, E. 121. 
Nobl, G. 127. 
Olivier, Ch. 119, 
Olivier, E. 119. 
Oswald, A. 122. 
Plesch, J. 106. 


Rabinowitseh, L. 102. 


I. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 





— 


Nr. 4. 





Riviere, Cl. 103. 
Rolliar, A. 121. 


- Roliy, Fr. 100. 


Rosdhouse Gloyne, 8. 
105. 

Scheibe, W. 

Schüler 113. 


117. 


-Sermet 119, 
Som ner, M 119, 


Spitzer 110. 
Stromeyer, K. 108 


Stursberz, H. 125. 


Tecon 121. 

Turban 101, 103, 
Venoma, T. A 160. 
Weber, F. P, 105. 
Weigel 107. 
Wichmann 126. 
Wingfield, R. C. 115. 
Woodhead, G. S. 104. 


A) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. ' 


180. Kieninger, Beziehung der Lympho- 
Granulomatose zur Tuberkulose — 191, Fried- 
berger, Experimentelle Meerschweinchen- 
tuberkulose. — 192. Venema, Phazozytose- 
befö-dernde bzw. -vermindernde Wirkung von 
Substanzen. — 103, Roll y, Beziehungen des 
akuten Gelenkrheumatismus zur Tuberkulose. — 
194. Turban, Beobachtung des Blutbildes bei 
Lungentuberkulosa. — 15. Gerhartz, Abgren- 
zung der Lu: gentuberkuloseformen nach klini- 
schen, hauptsächlich röntgenolozischen Zeichen. 
- 1%. Jaquerod, Ftude sur les relations 
eliniquss existant entre Vcrytheme noucux et 
la tuberenlose. — 197. Inga, Entwicklung der 
Tuberkuiideforschung. 


b) Atiologie und Verbreitung. 


198. Griffith, Investigations of Strains 
of Tuhercle Baeilli derved from Spmtum. — 
199. Rabinowitsch, Bedeutung der Rinder- 


Internat. Contralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 


bazillen für den Menschen. — 29. Labatt 
uni Byttner, Über den Zusammenhang 
zwischen der Magenfunktion und dem Vorkom- 
men von Tuberkelbazillen in den Fäzes. — 
Zul. Grau, Gesehlecht und Tuberkulosesterb- 
lieltkeit. — 202. Chen Huug Hsün, Bakterio- 
lozische und klinische Untersuchungen über 
die Keratoconjunetivitis phlyctaenulosa bei 
Chinesen. 


c) Diagnose und Prognose. 


23. Woodhead and Jones, Investi- 
gations on clinical Thermometi y, — 204. Rood- 
house Gloyne, On tho Precipitin-Roaction 
in Tuberculous Fluids. 205 208. Holt, 
Weber and Norman Meachen. Clive 
Riviere, Chisholm, Hughes, The 
Significance of cervical capillary Markings. — 
209. Plesch, Perkussion und Auskultation, — 
210. Weigel, Neue objektive Meihode zur 
Prüfung der örtlichen Tuberkulinreaktion. — 


m 
í 


9S 


21. Stromeyer, Diagnostische und pro- 
wnostische Bedeutung der Herdreaktivu nach 
'Tuberkulineinspritzungen bei  chirurgischer 
Tuberkulose. 2312. Turban, Bedeutung 
psychischer Momente für den Verlauf der 
Lungentuberkulose. 


d) Therapie. 

23—22). Jeanneret, Bacmeister, 
Heile, Colin, Spitzer, Ehrmann, 
Kaufmann, Meyer, Gutstein, Strahlen- 
therapie (bei Lungentuberkulose, Lupus usw.) 


e) Klininche Fälle. 

333, Bayer, Knötchea in der Conjunctiva 
hulbi bei Bulbustuberkulose. — 223, Moore, 
Acute General Tubereulosis with Left Oculo- 
motor Paralysis after Measles. — 24. Hey- 
mann, Gutartige chronische Miliartuberkulose 
und ihre Differentialdiagnose. :— 225, Schüler, 
Eventratio diaphragmatica bei einem Fall von 
Lungentuberkulose. — 9%. Bähr, Skrophulo- 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


derma des ersten Lebensjahres. — 227. Kaiser- 

ling, Missbildung und verborgene Tuberku- 

lose der Nebennieren eines Erwachsenen. 

238. Hofmann, Nierentuberkulose und Men- 
‚ strvation. — 229. Ben da, Ein Fall von kind- 
: licher Lungenaktinomykose. 


f) Allgemeines uni Grenzgebiete. 


230. Wingfield, A suggested Classifica- 
tion of Pulmonary Tuberculosis. — 231. Hassel- 
balch und Lindhard, Zur experimentellen 
Physiologie dea Höhenklimas. — 232. Schei be, 
Einfluss des Ostaceklimas auf den Organismus 
von Binnenlandbewohnern. — 233. Helwig, 
Einfluss mineralischer Lösung auf das Blutbild 
und die Phagozytose. — 234. Glax, Können 
die Küsten und Inseln des österreichisch unga- 
tischen Adriagehietes unseren Kranken cinen 
vollwertigen Ersatz bieten für die Kurorte der 
ı italienischen und französischen Riviera? 
| 935. Bekardt, Die Adria als Kurgebiet. 


— 


I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


11. Die Tuberkulose und ihre Bekämpfung 
in der Schweiz. — 12. å. Oswald, Die schild- 
Arüso in Physiologie und Pathologie. — 13. H. 
Stuisberg. Pechnik der wichtigsten Eingriffe 
in der Behandlunz innerer Krankheiten. 
14. Kreuser, Krankheit und Charakter. — 


© 15. Statistik der Heilbehandlung bei den Ver- 
. sieherungsanstalten und Sonderanstalten der 
Invalıdenversirherung für das Jahr 1915. 
18. Der praktische besinfektur. — 17. Köhler, 
Die Tuberkuloseforschung ın den Kriegsjahren. 


III. Kongress- und Vereinsberichte. 


3. 
Vereins vom 
4. Mitteilnngen 


Sitzungen deg Hamburger ärztlichen 
238. Ni. 1916 und 28 Jl. 1917. — 
der Gesellschaft für innere 


Medizin und Kinderheilkunde, Wien 1917, Nr.1. 
— 5. Wissenschaftlit her Verein der Arte zu 
, Stettin. Sitzung vom 7. XL 1910. 


I. Referate. 


a) Allgémeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


190. Georg Kieninger, 


Beziehung der Lympho-Granulomatose zur 
(Sonderdruck aus „Arbeiten auf dem G 
Anatomie und Bakteriologıe aus 


Diss. Tübingen. 
der pathologischen 


logisch-anatomischen Institut zu Tübingen 


Histologische Untersuchungen über die 


Tuberkulose. 
ebele 
dem patho- 
“ Bd. 9 N. 397—412. 


Verlag von 5S. Hirzel in Leipzig, 1916.) 


Der Verf. bringt vier Fälle von Lympho 
Er beschreibt gen 
und hat das pathologische Gewebe selbst 
Untersuchung unterzogen. 


H odgkin’sche Krankheit). 
und die Ergebnisse der Sektionen 
einer eingehenden histologischen 
Untersuchungen zieht er 


folgende Schlussfolgerun 


.Granulomatose (sogenannte 
au den klinischen Verlauf 


Aus diesen 


gen: „Während die drei 


ersten Fälle nur das typische Lymphogranulomgewebe (Sternberg’sches 


Granulationsgewebe mit sein 
aufweisen, zeigt der vierte Fall ein 
typischem Tuberkelgewebe. 
(20°/o der Fälle), dass 


en Umwan« 


Diese Kombination 
hieraus allein schon auf einen Zusammenbang 


llungsstufen in derbes Bindegewebe) 
der von Granulom- und 
ist im ganzen so häufig 


Nebeneinan 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 99 


zwischen Tuberkulose und Jaymphogranulomatosis geschlossen werden kann. 
Noch sicherer wird dieser Zusammenhang, wenn, wie zum Teil auch im 
vorliegenden Falle, deutliche Übergünge zwischen beiden Gewebsarten be- 
obachtet werden. Als ein Zeugnis für einen derartigen Übergang betrachtet 
er auch den von ihm in den ersten drei Fällen seiner Beobachtung er- 
hobenen Befund von Riesenzellen, welche morphologisch eine Mittelstellung 
zwischen den Sternberg’schen und den Langhans’schen Riesenzellen 
einnehmen. 

So kommt er unter Mitberücksichtigung der Untersuchungsergebnisse 
von Fraenkel und Much, sowie namentlich der Resultate der Impf- 
experimente, insbesonders derjenigen von Lichtenstein, die durch neue- 
stens im Bübinger pathologischen Institute gemachte Erfahrungen bestätigt 
werden, zu dem Schluss, „dass die sog. I,ymphogranulomatose nichts anderes 
ist als eine modifizierte Tuberkulose.“ Schröder, Schömberg. 


191. E. Friedberger, Beiträge zur experimentellen Meer- 
sehweinchentuberkulose. D. m. W. 1917 Nr. 2. 

Die Anaphylaxie hat weitgehende Beziehungen zu den Infektions- 
krankheiten. Versuche mit Vibrio Metschnikoff zeigten, dass hier 
ceteris paribus die gleichen Gesetzmässigkeiten- gelten wie für die Eiweiss- 
anaphylaxie (mit Serumeiweiss), wobei jedoch relativ sehr hohe Dosen von 
Bakterieneiweiss injiziert werden mussten. Trotzdem blieb der anaphylak- 
tische Index beträchtlich zurück hinter dem mit amorphem Eiweiss, speziell 
Hammelserum, zu erzielenden; das liegt wohl an der schweren Resorption 
der morphologischen Gebilde. 

Beim Versuch mit Tuberkelbazillen zeigte sich, dass die tödliche 
Dosis für das normale Tier verhältnismässig hoch ist; durch Vorbehand- 
lung mit Tuberkelbazillen wurde ein anaphylaktischer Index von 10 erzielt. 
Im Fieberversuch mit untertödlichen Dosen zeigten die Tuberkelhazillen 
dieselbe Wirkung wie das Serumeiweiss: Temperatursenkung, obere Konstanz- 
grenze, Fieber, untere Konstanzgrenze. Verf. kam zu dem Ergebnis, dass 
„das Tuberkelbazilleneiweiss für das normale Tier kaum giftiger ist als 
das Hammel- oder gar das Rinderserum, während bei der (intraperitonealen) 
Reinjektion am präparierten Tier im typischen anapbylaktischen Ver- 
such es sogar ungiftiger erscheint als das Hammelserum“. Das aufgelöste 
Bakterieneiweiss an sich ist nicht giftig, sondern wird erst giftig unter 
‚dem Einfluss der Körpersäfte, speziell im infizierten Organismus. 

Auch passiv, durch Vorbehandlung mit Antituberkuloseserum „Mar- 
burg“ und „Höchst“, sowie mit dem Serum tuberkulöser Menschen, konnte 
Verf. die Überempfindlichkeit gegenüber Tuberkelbazillenemulsionen auf 
das normale Meerschweinchen übertragen, und zwar sowohl gegenüber 
der tödlichen Dosis wie der Fieberdosis; es tritt, wohl je nach der Dosis 
und dem Antikörpergehalt der Sera, Temperatursenkung oder Fieber ein. 

Schon früher konnte Verf. aus kleinen Mengen von Tuberkelbazillen 
nach Zusatz von normalem Meerschweinchenserum ein akut tödliches Gift, 
das „Analphylatoxin“ erzielen. Auch mit diesem wurden Versuche an 
normalen und tuberkuloseinfizierten Tieren angestellt; vom normalen Tier 
wurde eine Dosis von 3,5 Anaphylatoxin ohne Krankheitssymptome ver- 
tragen, während beim infizierten Tier schon 1,0 sofort Krankheitssymptome 
und subakuten Tod hervorrief. — Therapeutische Versuche mit diesem 
Gift sind aussichtsvoll und werden fortgesetzt werden. 


-. 
l r 


100 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Belädt man eine Fieber erzeugende Dosis von Tuberkelbazillen wieder- 
holt hintereinander mit Antituberkuloseserum, so lässt sich die temperatur- 
steigernde Wirkung der Tuberkelbazillen bei intraperitonealer Zufuhr am 
Meerschweinchen aufheben. Auch Multipla der Fieberdosis lassen sich 
durch Multipla des Antiserums bis zu einem gewissen Grade beeinflussen. 

C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


192. T.A. Venema(Groningen), Über die phagozytosebefördernde 
bzw. -vermindernde Wirkung von Substanzen. D. m. W. 
1917 Nr. 2 

Über die Wirkung der verschiedenen Substanzen, welche die Phago- 
zytose beeinflussen, geben die Meinungen der Autoren weit auseinander. 

Während z. B. P. Delbet und Karajanopoulo, wie H. E. Eggers 

beim Magnesium (MgCi,) einen steigenden Einfluss feststellen konnten, 

bleibt dieser Stoff nach H. J. Hamburger wirkungslos; andererseits 
fand Hamburger im Kalzium (CaCl,) eine phagozytosebefördernde Sub- 
stanz, während dieses nach Eggers ohne Einfluss ist. Ähnlich verhält 
es sich mit andern, z. B. oxydierenden Substanzen. — Woher kommen 

(diese Verschiedenheiten ? Verf. findet den Grund hierfür vor allem in der 

angewandten Methode, und wendet sich gegen die von Hamburger 

verwendete. Während nach dem Leishman-Wright’schen Prinzip 
die Anzahl der Körperchen bestimmt wird, welche durch eine bestimmte 

Menge (z. B. 100) weissen Blutzellen aufgenommen worden ist, stellt 

Hamburger die Prozentzahl der Leukozyten, welche phagozytiert haben, 

als das Mass für den Grad der Phagozytose dar. Es leuchtet ein, dass 

auf letzterem Wege wohl die eventuelle, durch die Substanz, z. B. MgCl,, 
bewirkte höhere Zabl von aufnehmenden Leukozyten gefunden wird, aber 
nicht die eventuelle Steigerung der Phagozytose der einzelnen Leukozyten. 

Es wird zur Erläuterung ein Beispiel angeführt, in welchem nach der 

Methode von Leishman-Wright eine Zunahme der Phagozytose um 

100°/o, nach der von Hamburger eine solche von 5°,o gefunden wird. 

Verf. bezeichnet die mit der Hamburger’schen Methode gefundenen 

Resultate im allgemeinen als unzuverlässig. 

C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


193. Fr. Rolly, Beziehungen des akuten a 
zur Tuberkulose. Arztl. Fortbildung 1917. Nr. 

Die Anhänger der Poncet’schen Schule erklären jede En Gelenk- 
erkrankung bei einem tuberkulösen Individuum für tuberkulös.. Dagegen 
ist entschieden Einspruch zu erheben. Man muss zwei Krankbheitsbegriffe 
auseinanderhalten: 1. Die Polyarthritis rheumatica acuta, die mit einer 
Tuberkulose vergesellschaftet ist. Es handelt sich hier um eine blosse 
Koinzidenz beider Krankheiten. Diese Fälle sind selten. 2. Die Poly- 
arthritis tuberculosa acuta, die dem „Rhumatisme tuberculeux articulaire“ 
Poncet’s entspricht. Sie kann dem akuten Gelenkrheumatismus namentlich 
im Anfang sehr ähnlich sehen. Für die tuberkulöse Natur der Gelenk- 
affektion sprechen folgende klinische Merkmale: Das Allgemeinbefinden 
ist bei der Poncet’schen Krankheit viel stärker alteriert, der Verlauf 
der Gelenkerscheinungen ist viel schleppender, endokarditische Erschei- 
nungen fehlen gänzlich, die Unwirksamkeit der Salizylsäure. Verschiedene 
Autoren berichten über histologische Unterschiede des Exsudats der Ge- 


Ätiologie und Verbreitung. 101 


lenke bei beiden Krankheiten. Doch sind diese Befunde sehr vorsichtig 
zu verwerten. Positive Resultate der kutanen und subkutanen Tuberkulin- 
reaktionen beweisen absolut nicht die tuberkulöse Natur der Gelenk- 
affektionen, da eine Organtuberkulose nebenbei bestehen kann. Auch 
gleichzeitig auftretende tuberkulöse Komplikationen seitens der Pleura und 
des Perikards sprechen noch nicht unbedingt für die tuberkulöse Natur 
der Gelenkerkrankung. Der Verlauf des akuten Gelenkrheumatismus, 
der bei tuberkulösen Individuen auftritt, wird durch die Tuberkulose gar 
nicht beeinflusst, noch die allgemein gute Prognose getrübt. 
Berlin, Schömberg. 


194. Turban, Zur Beobachtung des Blutbildes bei Lungentuber- 
kulose. Zschr. f. Tbe. 26 H. 4. 


Verf. gibt ein Schema zur Untersuchung des Blutbildes. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


195. H. Gerhartz, Die Abgrenzung der Lungentuberkulose- 
formen nach klinischen, hauptsächlich röntgenologischen 
Zeichen. Beitr. 2. Klin. d. Tbe. 34. 1915 H. 2 S. 191. 

Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen, wie sie pathologisch- 
anatomisch in so glücklicher Weise von Nikol durchgeführt worden ist, 
lässt sich auch klinisch ermöglichen, namentlich auf Grund der Röntgen- 
befunde. Verf. unterscheidet die kleinknotige, disseminierte, die gross- 
knotige, die homogenherdige, die vom Hilus ausgehende, die zirrhotische, 
die atypische (diabetische) Tuberkulose ùnd die Typhobazillose (Landouzvy). 

E. Leschke, Berlin. 


196. Jaquerod-Leysin, Etude sur les relations cliniques exi- 
stant entre l’erytheme noueux et la tuberculose. Revue médicale 
de la Suisse Romande, 20. Juni 1916 S. 8546—3523. 

Das Erythema nodosum ist der Ausdruck einer vorübergehenden 
Aktivierung eines seit mebr oder weniger langer Zeit latent gewesenen 
Herdes. Die Krankheit verläuft akut und ist deren Prognose eine günstige. 
Es besteht kein Grund zur Annahme, dass bei den latent Tuberkulösen 
das Aufireten eines Erythema nodosum eine weitere Aktivierung anderer 
tuberkulöser Herde verursache. Neumann, Schatzalp. 


197. Salves Inga, Über die Entwicklung der Tuberkulide- 
forschung. Tidsskrift for den norske lageforening 1917 Nr. 6. 
| Birger-Overland. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


198. A. Stanley Griffith, Investigations of Strains of Tuberele 
Bacilli derived from Sputum. The Lancet, 1. April 1916. 
Mitteilung über Tuberkelbazillenstämme vom Verf. mit Antiformin 
unmittelbar aus Sputa gezüchtet. Während bei Lupus oftmals Tuberkel- 
bazillen gezüchtet wurden, deren Typus (humaner oder boviner T.) hin- 
sichtlich der Virulenz für Kaninchen ganz und gar unbestimmt blieb, 
gibt Verf. hier auch vier Fälle von [Lungentuberkulose, in denen der 
Typus sich als unbestimmt erwies in ITinsicht auf die Kultureigensehaften, 


102 Ätiologie und Verbreitung. 


Die Virulenz war die der typischen humanen Stämme. Die Stämme unter- 
schieden sich aber von dem humanen Typus in ihrem Wachstum auf 
Glyzerinagar, Kartoffeln und Brot, und zeigten alsdann die Eigenschaften 
des bovinen Typus. Diese Eigenschaften erhalten sich über 2!/.—3 Jahre 
hindurch; auch nach Tierpassage. Verf. nennt sie atypische humane 
Tuberkelbazillen und ist der Meinung, dass der fortwährende Gebrauch 
der oben erwähnten Nährböden erforderlich ist, damit diese atypischen 
Stämme nicht übersehen werden. Als wichtiges Differentialdiagnostikum 
zwischen bovinem und humanem Typus betrachtet Verf. die Bildung des 
gelben Pigmentes beim Wachstum auf Rinderserun. Es ergaben sich als 
Resultat der Züchtung in 212 Fällen von Lungentuberkulose: 4 atypische 
humane und 3 typische bovine Stämme, die übrigen waren typisch humane 
Stämme. Schliesslich gibt Verf. ein Expos@ des Kulturverfahrens. 
J. Peerenboom, Leiden. 


199. Lydia Rabinowitsch, Über die Bedeutung der Rinder- 
bazillen für den Menschen. B. kl. W. 1917 Nr. 4. 


Unter Hinweis auf die hohe Bedeutung des Rinderbazillus für die 
Tuberkuloseinfektion des Menschen, die Orth stets verfochten hat, teilt 
R. 20 weitere ausgesuchte Tuberkulosefälle mit, bei denen sich 10 mal 
Rinderbazillen fanden. Es handelte sich um 11 Fälle kindlicher Ab- 
dominaltuberkulose, bei denen ?7mal (70/0) der bovine Typ gefunden 
wurde, um 7 Fälle Lymphdrüsentuberkulose, darunter 6 Kinder, bei denen 
2mal, und zwar bei Kindern der bovine Typ gefunden wurde, und um 
2 Fälle von Lungentuberkulose Erwachsener. Hier wurden bei dem einen 
in einer Mesenterialdrüse Rinderbazillen nachgewiesen. Die Zunahme der 
Tuberkuloseerkrankungen in den ersten Lebensjahren sowie die grössere 
Häufigkeit der Rinderbazilleninfektion ist für die Kriegsjahre gegenüber 
den Friedensjahren bereits an anderer Stelle nachgewiesen. Es muss da- 
her der Infektion durch Milch und ihre Produkte im Kampf gegen die 
Tuberkulose eine grössere Aufmerksamkeit geschenkt werden. 

Berlin, Schömberg. 


200. Arvid Labatt und John Byttner, Einige Versuche über 
den Zusammenhang zwischen der Magenfunktion und dem 
Vorkommen von Tuberkelbazillen in den Fäzes. Zsehr. f. 
Tbe. 27 H. 5. 

Die meisten Tuberkelbazillen in den Fäzes stammen von verschlucktem 
Sputum her. Um festzustellen, ob die Funktion des Magens (Azidität 
und Motilität) irgend welchen Einfluss auf Tuberkelbazillen ausübt, wurden 
folgende Versuche angestellt. Zu 5 cem nativen Magensafts mit normalen 
Aziditätswerten wurden sagokorngrosse Klumpen stark bazillenhaltigen 
Sputums hinzugefügt und die Röhrchen 2, 3, 4, 6, 9 und 12 Stunden im 
Brutschrank stehen gelassen. Mit dem in steriler, physiologischer Koch- 
salzlösung aufgeschwemmten zentrifugierten Bodensatz wurden von jeder 
Aufschwemmung je 3 Meerschweinchen intraperitoneal geimpft und nach 
6 Wochen obduziert. In den ersten 4 Versuchsreihen (Digestionsdauer 
2—6 Stunden) wurden sämtliche Tiere tuberkulös infiziert. In der 5. Reihe 
(Digestionsdauer 9 Stunden) wurden 2 Tiere, in der 6. Reihe (Digestions- 
dauer 12 Stunden) wurde 1 Tier von je 3 Tieren infiziert. Also nicht 


rum amao 


Ätiologie und Verbreitung. 10: 


einmal nach 12stündiger Einwirkung des Magensaftes hatten die Bazillen 
vollständig ihre Virulenz verloren. Untersuchungen an Patienten, die 
sämtlich Tuberkelbazillen im Sputum hatten, ergaben, dass von solchen 
mit normaler oder erhöhter Azidität 84,5 °/o, mit herabgesetzter Azidität 
67°/o und mit Achylie 74°/o, von solchen mit normaler Motilität des 
Magens 90°/o, mit verzögerter Leerung des Magens &0°/o Tuberkelbazillen 
in den Fäzes hatten. Es ist also kein Einfluss der Magenfunktion auf 
das Vorkommen von Tuberkelbazillen in den Fäzes nachweisbar. 
Berlin, Schömberg. 


. 201. H. Grau, Geschlecht und Tuberkulosesterblichkeit. Zschr. 


f. Tbe. 27 H. 5. 

Orth weist in einer Statistik über die Häufigkeit der Tuberkulose 
bei beiden Geschlechtern nach, dass die Tuberkulosesterblichkeit in den 
letzten Jahrzehnten beim Manne wesentlich mehr abgenommen hat als 
bei der Frau. Er erklärt diese Tatsache durch den Einfluss der Gewerbe- 
hygiene. Dem widerspricht G,; denn die Vorteile der Gewerbehygiene 
kommen der Frau ebenso zugute wie dem Manne. Er sieht vielmehr 
das Wesentliche in dem Unterschied der Sterblichkeitsabnabme in dem ge- 
ringen Rückgang der Sterblichkeitsziffer der Frau. G. erklärt diese Tat- 
sache aus dem Umstande, dass in den letzten Jahrzehnten — wie er stati- 
stisch nachweist — die Berufstätigkeit der Frau viel stärker zugenommen 
hat als die des Mannes und dass dies besonders in gesundheitlich weniger 
zuträglichen Berufsarten der Fall ist. Diese Bewegung, die infolge des 
Krieges noch in starkem Fortschreiten ist, muss die gesamte Volksgesund- 
beit gefährden. G. fordert deshalb weitere Verbesserungen in der Berufs- 
hygiene sowie sportliche körperliche Ausbildung der Mädchen in der 
Schule und nach der Entlassung aus der Schule. 

Berlin, Schömberg. 


202. Chen Hung Hsün (Schanghai), Bakteriologische und 
klinische Untersuchungen über die Keratoconjunetivitis phlye- 
taenulosa bei Chinesen. Klin. Mbl. f. Aughlk. 1916. November 
bis Dezember. 

Die genaue Untersuchung von 100 poliklinisch zur Behandlung 
kommenden Fällen von Conjunctivitis phlyctaenulosa ergab, dass die 
Krankheit bei den Chinesen keineswegs hauptsächlich das kindliche und 
jugendliche Alter bevorzugt. Der Hauptanteil der Erkrankungen (42°/o) 
entfiel auf Personen zwischen 20 und 30 Jahren. 

Fin Zusammenhang mit typischer Skrofulose liess sich nur in einem 
Fall (1/0) nachweisen; bei 11 Fällen (11°/o) fanden sich Andeutungen 
von skrofulöser Diathese; die grosse Mehrzahl der Patienten war sonst 
völlig gesund. Skrofulose scheint unter Chinesen überhaupt relativ selten 
zu sein, obgleich (nach den Erfahrungen von Dold) die Tuberkulose unter 
der chinesischen Bevölkerung Schanghais noch häufiger ist wie unter der 
europäischen. — Eine ätiologische Beziehung der Staphylokokken zu der 
Conjunctivitis phlyctaenulosa scheint nicht zu bestehen. 

Werner Bab, Berlin. 


104 Diagnose und Prognose. 


c) Diagnose und Prognose. . 


203. G. Sims Woodhead and P. C. Varrier Jones, Investi- 
gations on clinical Thermometry. The Lancet, 22. Jan, 5., 

12., 26. Febr. und 4. März 1916. 

Ein grosser Aufsatz über die kontinuierliche und quasi-kontinuierliche 
Temperaturaufzeichnung bei gesunden und kranken — besonders auch 
bei tuberkulösen .— Menschen und Tieren. Geschichtliche Vorbemer- 
kungen; ausführliche Beschreibung der benutzten Thermometer und Regi- 
strierapparate, d. h. der thermoelektrischen Nadeln von Gamgee und derer 
vom Verf., des elektrischen Widerstandsthermometers von Callendar, 
des photographischen Registrierapparates von Gamgee und des Draht- 
registrierapparates von Hor. Darwin. 

Der letzte Apparat gibt eine quasi-kontinuierliche "Temperaturauf- 
zeichnung, indem er die Lage der Galvanometernadel an unterschiedenen 
kurz aufeinanderfolgenden Momenten aufzeichnet. (Verff. benutzten bei 
ihren Untersuchungen die Apparate Callendar’s und H. Darwin’e.) 
Die Auseinandersetzung der Kalibrierungsmethode und eine Gebrauchs- 
anweisung beendigen den technischen Teil. 

Temperaturkurven gesunder Menschen werden veröffentlicht, an denen 
Verff. das tägliche Maximum und Minimum und die Einflüsse der Muskel- 
arbeit, des Schlafes, der Speiseaufnahme und des Alters darlegen. 

Darauf folgen mehrere Kurven tuberkulöser Patienten. Bemerkens- 
wert ist hier, dass obgleich sich stündlich grosse Temperaturänderungen 
ergeben, doch im grossen ganzen die täglichen Variationen angezeigt 
bleiben. Die Injektion von 0,001 mg Tuberkulin (Koch) ergab in einem 
weit fortgeschrittenen Falf von Lungenphthisis eine Temperatursteigerung 
fast sofort nach der Einspritzung. Verff. sind der Meinung, dass bei 
der gebräuchlichen klinischen Methode der Temperaturaufnabme dieser An- 
stieg übersehen wird, 

Eine Kurve eines Patienten mit tuberkulöser Peritonitis bietet die un- 
gewöhnliche Beobachtung einer Hauttemperatur, die während eines ganzen 
Tages höher war als die Rektaltemperatur. Als Resultat mehrerer Wahr- 
nehmungen ergibt es sich, dass nach Muskelanstrengung die Körper- 
temperatur gewisser Patienten oft hinuntergeht, anstatt zu steigen. 

Nach Autoinokulation durch Arbeit oder nach Tuberkulininjektion 
würde eine Unstandhaftigkeit der Körperwärme mehr beweisend sein als 
ein grosser Temperaturanstieg. Die Unregelmässigkeit des Temperatur- 
verlaufs hat namentlich grosse Wichtigkeit, wenn ein langdauerndes Hoch- 
bleiben der Eigenwärme hinzutritt. Dieses Hochbleiben verursacht in der 
Kurve solch eine Zeichnung, dass die Verf. hier von einem Tuberkulin- 
plateau reden. 

Nun wird auch die Auffassung von Weinert, Zuntz und Benedict 
über Temperatursteigerungen bei gesunden Menschen nach Muskelanstren- 
gung besprochen. Verf. sind der Meinung, dass eine solche Erhöhung 
der Eigenwärme nicht notwendig eine Bestätigung der Diagnose „Tuber- 
kulose“ ist, sondern dass in diesem Falle der Typus der kontinuierlichen 
Temperaturkurve eine bessere Auskunft gibt als die gebräuchliche Tempe- 
raturmessung mit (@uecksilberthermometern. Betreffend der Tuberkulin- 


Diagnose und Prognose. 105 


diagnostik werden schliesslich noch Kurven gesunder und tuberkulöser 
Rinder bei Tuberkulineinspritzung veröffentlicht. 

Nicht nur bei Tuberkulose sondern auch bei anderen Krankheiten 
(Typhus, Paratyphus, Pneumonie) wird nach V. das Studium der konti- 
nuierlichen 'Temperaturkurve, kombiniert mit sorgfältiger klinischer Beob- 
achtung, sich als nützlich erweisen. J. Peerenboom, Leiden. 


204. S. Roodhouse Gloyne, A Note on tlıe Preeipitin-Reaction 

in Tuberculous Fluids. The Lancet, 15. April 1916. 

Eine Anwendung der Präzipitationsreaktion auf die Punktions- 
flüssigkeit bei Pleuritis exsudativa serosa, damit die mögliche taberkulöse 
Ätiologie entdeckt werde. Als Antigen wird vom Verf. Koch’s Altıuber- 
kulin benützt. In 4 unzweifelbar tuberkulösen Fällen war die Reaktion 
3mal positiv, in 14 unsicheren Fällen war die Reaktion 5 mal positiv und 
2mal war der Ausschlag zweifelhaft. Verf. selbst ist der Meinung, dass 
. die Zahl der Fälle noch zu gering und die Technik noch anfechtbar ist. 
J. Peerenboom, Leiden. 


205. R. Crawshaw Holt, The Significance of cervical capillary 
Markings. The Lancef, 4. März 1916. 

Verf. richtet die Aufmerksamkeit der Kliniker auf gewisse, an der 
Oberfläche der Haut liegende rote Flecke, die sich bei Lungentuberkulose 
in der Nähe der Wirbelsäule zeigen würden. Die Flecke sind entweder 
geradlinige oder unregelmässig rundliche oder sie zeigen die Gestalt eines 
Ypsilons oder eine Radspeichenzeichnung. Sie sind den Gefässzeichnungen 
hei örtlichen Gefässerweiterungen ähnlich. Sie treten meistens an einer 
oder an beiden Seiten des siebenten Hals- oder des ersten Brustwirbels 
auf, Sie stellen eine Abnormität dar, die Verf. nur bei Lungentuberkulose 
sah. Er gesteht ja die Möglichkeit des Auftretens bei anderen Krank- 
heiten zu, dies sollte aber noch festgestellt werden. 

Von statistischen Fakta leitet Verf. die folgenden Schlussfolgerungen 
her: bei 80 %/o der anscheinend tuberkulösen Kinder wird von dem fünften 
Lebensjahre die Regio (Bezirk) der hinteren Lungenspitze infiziert; diese 
Infektion führt zu einer Pleuraverdickung und diese letztere verursacht 
eine Überfüllung der Hautgefässe. Die Flecke sind bei Kindern von 
5—15 Jahren die Zeichen einer gewissen Immunität. Die älteren Patienten 
mit diesen Flecken haben weniger oft Tuberkelbazillen in ihren Sputa 
und zeigen auch einen schöneren Ausgang der Tuberkulin- und der all- 
gemeinen Therapie. | 

Kritik und Zustimmung in den folgenden drei Referaten. 

J. Peerenboom, Leiden. 


206. F. Parkes Weber, G. Norman Meachen, The Signi- 
ficance of cervical capillary Markings. The Lancet, 11. Mörz 
1916. 

Kritik zu vorstehenden Aufsatz ? 

Weber lenkt die Aufmerksamkeit auf seine vor 12 Jahren ver- 
ößentlichte Mitteilung über Hautteleangiektasien. Die Teleangiektasien 
treten, obgleich sie überall anwesend sein können, besonders oft am Rücken 
und neben der Wirbelsäule auf. Er ist der Meinung, dass sie bei 500% 
gesunden jungen Leuten da sind. 


166 Diagnose und Prognose. 


Meachen betrachtet die Flecke als gute Hilfsmittel zur Frühdiagnose 
der Lungentuberkulose Er ist der Meinung, dass die Lungenläsionen 
mittels vasomotorischer Nervenwirkung die Erweiterung der Hautgefässe 
verursachen können. J. Peerenboom, Leiden. 


207. Clive Riviere, The Lancet, 25. März 1916. 


Riviere hat ebenfalls die Hautteleangiektasien bei gesunden jungen 
Menschen gesehen. Er veröffentlicht dazu noch Fakta, die anzeigen sollen, 
dass bei den Menschen mit Flecken öfter Anschwellung der intrathorakalen 
Lymphdrüsen gefunden wurde. Die Drüsenschwellung wurde diagnosti- 
ziert an erweiterten Thorakaladern und paravertebraler Dämpfung des 
Lungenperkussionsschalls. Ausserdem wurden die Teleangiektasien bei 
41°/» der Kiuder tuberkulöser Familien und nur bei 23°/o der Kinder 
gesunder Familien gefunden. Auch dieses Faktum würde den Gedanken 
erregen, dass eine Schwellung intrathorakaler Lymphdrüsen die Ursache 
dieser Gefässerweiterungen sei, gleichwie sonstiger Erweiterungen der 
Thorakaladern. 

Bei Untersuchung der Fälle mit unleugbaren Erscheinungen der 
tracheo-bronchialen Lymphdrüsenschwellung erhellte aber, dass die Tele- 
angiektasien hier öfter fehlten als anwesend waren. Verf. schätzt denn 
auch den diagnostischen Wert der Flecken als gering ein; es wäre 
denn, dass man annehmen möchte, dass die Flecken bei ganz gesunden 
Kindern wenigstens eine Infektion mit Tuberkelbazillen anzeigen. Diese 
Annahme ist aber praktisch nutzlos, denn es handelt sich nicht darum, 
ob jemand tuberkelbazillen- oder tuberkelfrei ist, sondern ob er krank 
ist infolge der Infektion mit Tuberkelbazillen. 

- J. Peerenboom, Leiden. 


208. Catherine Chisholm, Edmund Hughes, The Signi- 
ficance of cervical capillary Markings. The Lancet. 8. April 
1916. | 

Krik zu dem Aufsatz Crawshaw Holt’s, 

Chisholm untersuchte gesunde junge Frauen und Mädchen. In 
der Mehrzahl der Fälle fehlten die Flecke. Aber in den Fällen, in denen 
es die Flecke gab, waren mit wenigen Ausnahmen entweder die Zeichen 
einer gebeilten Tuberkulose da, oder es ergab die Jugendgeschichte eine 
Bronchitis oder Lungenentzündung. 

Hughes untersuchte 250 Kinder verschiedenen Alters und ist ge- 
neigt zu verneinen, dass die Teleangiektasien verursacht werden durch 
Druck auf tieferliegende Adern oder durch lokale Vasomotoren wirkung. 
Er ist vielmehr der Meinung, dass die Flecke — die überall auf dem 
Leibe auftreten können — ihre Ursache haben in örtlichen mechanischen 
Verhältnissen, wie Druck und Reibung von Kleidern auf hervorragenden 
Hautpartien und in der Reibung von zwei Hautoberflächen übereinander. 
Auch konstitutionelle Eigenschaften der Haut würden eine Rolle spielen. 

J. Peerenboom, Leiden. 


209, J. Pleseh, Zur Lehre der Perkussion und Auskultation. 
D. m. W. 1917 Nr. 6. | 


Für den Ungeübten, welchem die Perkussion mit dem Finger aus 
freiem Gelenk Schwierigkeiten macht, empfiehlt Verf. den Perkussions- 


un | - 
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Diagnose und Prognose. 107 


schlag mit dem abgespreizten Daumen mittels leichten Supinations- .und 
Pronationsbewegungen des Unterarms. Der Plessimeterfinger wird zunächst 
mit der Kuppe auf den Körper aufgesetzt; sodann wird die Handfläche 
der Fingerkuppe genähert, wobei der Finger im 1. Interphalangealgelenk 
rechtwinkelig gebeugt, im 2. Interphalangealgelenk gestreckt wird. 

Das Geräusch des gesprungenen Topfes (Münzenklirren, Bruit de pot 
félé) kommt zustande beim Beklopfen eines Hohlraums mit enger Öffnung, 
der von elastischem Gewebe umgeben ist, und zwar durch eine doppelte 
Luftbewegung: das schnelle Hinaustreiben und schnelle Zurücksaugen der 
Luft. Grundbedingung für sein Zustandekommen ist, dass die zwei Pleura- 
blätter fest aneinander fixiert werden und der Thorax elastisch ist. Das 
Münzenklirren ist charakteristisch für eine vorübergehende (physiologische) 
oder dauernde (pathologische) Fixation der Lunge an der elastischen Thorax- 
wand bei erschlafftem Lungengewebe, oder wenn sich ein Hohlraum in 
der Lunge befindet. 

Für das Zustandekommen des metamorphosierenden Atemgeräusches 
dagegen ist Bedingung, dass keine Verwachsung der Pleurablätter vor- 
handen ist. Dieses kommt klinisch daun vor, wenn bei freier Beweglichkeit 
der Lungen im lufthaltigen relaxierten Lungengewebe sich luftleere Inseln 
oder Kavernen befinden. 

Das vesikuläre Atemgeräusch ist nicht, wie Baar behauptete, ein 
fortgeleitetes laryngo-tracheales Geräusch, sondern entsteht nach Verf. 
durch die rasche inspiratorische Luftströmung einerseits autochthon in den 
Alveolen und durch die Erweiterung der Lungenalveolen andererseits, wie 
durch verschiedene Experimente bewiesen wird. — Das verschärfte Vesikulär- 
atmen ist lauter als das weiche. Ist das Atemgeräusch über der Lungen- 
spitze ebenso laut, oder noch lauter als das über den mittleren und unteren 
Partien der Lunge, dann haben wir es sicher mit einer pathologisch ver- 
änderten Spitze zu tun. C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


210, Weigel, Eine neue objektive Methode zur Prüfung der ört- 
lichen Tuberkulinreaktion. M. Kl. 1917 H. 6. 

Um den Unsicherheiten bei der Diagnose örtlicher Tuberkulinreaktionen, 
wie sie durch die subjektiven Elemente bei der Perkussion und Auskultation 
allzu leicht entstehen, zu entgehen, teilt W. die ganze Lunge in verschie- 
dene Schallfelder ein, deren jedes in seiner ganzen Ausdehnung die gleiche 
Tonböhe besitzt. Diese Schallfelder — Spitzenschallband, Vorder-, Mittel- 
und unteres Schallfeld — zeichnet er mittels einer Hauttinte nach sorg- 
fältigeter Perkussion mit dem Plessimeterperkussionsstab vor der Tuberkulin- 
injektion auf dem Thorax der Patienten ein. Bei positiver Reaktion zeigt 
sich nach der Einspritzung eine deutliche Einengung der Schallfelder um 
l, 2 oder mehr Zentimeter. Die Auskultation ergab ar diesen Stellen meist 
weiches, verschärftes, positiv-bronchiales Atmen oder stark abgeschwächtes 
Atmen mit verlängerten Exspirium. Rasselgeräusche waren nicht zu hören. 
Wichtig ist ferner, dass sich Perkussion und Auskultation nach Ablauf 
der Reaktion wieder auf den Zustand vor der Einspritzung zurückbilden. 
Die örtlichen Reaktionen können auch ohne Temperatursteigerungen ver- 
laufen. Die Patienten müssen die auf die Einspritzung folgenden 4—5 Tage 
regelmässig perkutiert werden. Die Methode deckt selbst kleine Herde auf 
und gibt einen befriedigenden Aufschluss über die Ausdehnung des Prozesses, 

Berlin, Schömberg, 


108 Therapie. 


211. Kurt Stromeyer, Die diagnostische und prognostische Be- 
deutung der Herdreaktion nach Tuberkulineinspritzungen 
bei chirurgischer Tuberkulose. M. Kl. 1917 H. 7. 


Von einer 1°/o oder 1 °/oo Lösung Koch’schen Alttuberkulins werden 
1; 5 und zweimal je 10 mg Alttuberkulin injiziert. Die Herdreaktion 
pflegt 8—12 Stunden nach der Injektion aufzutreten. Sie besteht in 
Rötung und Schwellung der erkrankten Partie, lokaler Temperatursteige- 
rung, Druckschmerz und bei Gelenkerkrankungen in Funktionsbehinderung, 
Stauch- und Zugschmerz. Die Injektion ist trotz der hohen Dosen völlig 
ungefährlich. Alle geschlossenen chirurgischen Tuberkulosen reagieren 
positiv, die fistelnden Fälle reagieren zur grössten Mehrheit positiv. Alle 
nichttuberkulösen und ausgeheilten Fälle reagieren negativ. 

Berlin, Schömberg. 


212. Turban, Zur Frage der Bedeutung psychischer Momente 
für den Verlauf der Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbe. 26 
H. 4. 


Verf. hat bei zwei stationären Lungentuberkulosen eine starke Ver- 
mebrung des Auswurfquantums nach seelischen Erregungen gesehen, ebenso 
eine Verschlechterung des Blutbildes. Die Einwirkung seelischer Depressionen 
auf die Funktion der kranken Zellen und ihre Schutzvorrichtungen kann 
eine direkte sein, sich aber auch indirekt auf dem Umwege der Unter- 
ernährung geltend machen. Auch nichttuberkulöse, infizierte, langsam 
heilende Wunden können in ihrem Heilungsverlauf beeinflusst werden. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


d) Therapie. 


213. Lucien Jeanneret, La cure de soleil preventive. Revue 
médicale de la Suisse Romande, 20. April 19160. S. 219—229. 


Die bei jedem Kinde früher oder später eintretende Primärinfektion 
mit Tuberkulose wird von einigen schlecht überstanden. In den Schulen 
von Lausanne wurde 1915 methodisch nach solchen Kindern gesucht und 
dieselben unter ärztliche Kontrolle genommen. Die Schulstunden wurden 
eingeschränkt, dafür regelmässig Sonnenbäder mit Atemübungen, abwechselnd 
mit Liegekur im Freien eingeschaltet. Die Resultate waren ausgezeichnete: 
die Kinder nahmen im Mittel an Gewicht 825 g, an Brustumfang 2,03 cm 
in sieben Wochen zu, das Allgemeinbefinden zeigte mit geringen Ausnahmen 
eine auffallende Besserung. Neumann, Schatzalp. 


214. A. Bacmeister, Erfahrungen über die Strahlenbehandlung 
der menschlichen Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbe. 27 
H. 1—4. 3 


Die tierexperimentellen Studien, auf die sich die Strahlenbehandlung 
der I,ungentuberkulose gründet, haben ergeben, dass harte, filtrierte 
Röntgenstrahlen das zellreiche, proliferierende Granulationsgewebe zer- 
stören und in Narbengewebe umwandeln, dass sie aber nicht den Tu- 
berkelbazillus selbst tretfen, nekrotisierende und verkäsende Prozesse und 
Karzinome nicht heilen, sondern im Gegenteil ungünstig beeinflussen. 
Hieraus ergibt sich für die Indikationsstellung, dass sich für die Röntgen- 


Therapie. 109 


bestrahlung nur Fälle stationärer und chronisch entwickelnder Phthise 
mit langsamer Ausbreitungstendeuz eignen. B. verfügt jetzt über 123 
abgeschlossene Fälle. Bestrahlt wurden nur solche Fälle, die nach län- 
gerer Beobachtung unter der klimatisch-diätetischen Kur nicht die ge- 
wünschte Heilung zeigten. Für die Auswahl waren Form und Charakter, 
nicht die Ausdehnung der Erkrankung massgebend, so dass alle 3 Stadien 
unter den Fällen vertreten sind. B. teilt die 123 Fälle in 3 Gruppen 
ein: 1. 40 Fälle stationärer, bereita zur Latenz neigender Phthise. Ge- 
schlossene Tuberkulose. Bei allen führte, wie bereits gesagt, die klima- 
tisch-diätetische Kur nicht zum gewünschten Erfolg. Alle 40 Fälle 
konnten mit völlig latentem Befunde entlassen werden. 2. 60 Fälle 
offener stationärer und langsam progredienter Tuberkulose 24 Fälle 
wurden völlig berufsfähig mit latentem Befunde entlassen, 19 wurden 
wesentlich gebessert entlassen, 9 zeigten keine Beeinflussung, bei 8 zeigte 
der Prozess dauernde Verschlechterung. 3. 23 fieberhafte Fälle mit 
kavernösen und akut-progressen Erkrankungen. 3 Fälle reagierten gut, 
während sich die übrigen 20 unter der Bestrahlung verschlechterten. 
Diese Erfolge und Misserfolge zeigen den Wert, die Wirkungsweise und 
Grenzen der Röntgenbestrahlung, „Die Röntgenstrahlen können nur ein 
langsam sich entwickelndes Granulationsgewebe in Narben überführen, 
versagen aber bei sehr virulenten Formen der Erkrankung und in allen 
Fällen, wo eine exsudativ-käsige Form zum Zerfall führt.“ Die Röntgen- 
bestrablung soll nur im Rahmen einer allgemeinen Kur vom fachmännisch 
ausgebildeten Arzt durchgeführt werden. Die Dosierung der Strahlen 
muss individuell geschehen, sie ist Erfahrungssache. Bewährt hat sich 
die Kombination der Röntgenbestrahlung mit dem Quarzlicht, doch kommt 
dem letzteren eine spezifische Wirkung nicht zu. Die Erfolge beruhen 
teils auf einer durch Hyperämisierung der Haut bedingten Entlastung 
der Lungen, die zu einer Abschwellung der Schleimhaut der Bronchien 
führt, teils auf einer Beeinflussung der immunisatorischen Schutzkräfte 
des Körpers. Wie diese zustande kommt, ist noch nicht geklärt. 
Ulrich Berlin, Schömberg. 


215. B. Heile, Zur Strahlenbehandlung der chirurgischen Tuber- 
kulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 

Wie die Wirkung der Jodoformbehandlung bei kalten Abszessen, so 
beruht auch die Wirkung der Röntgen- und Höhensonnenbestrahlung bei 
chirurgischer Tuberkulose auf der Anlockung von Zellen mit Auslösung 
ihrer Endofermente. Diese Fermente lösen die Abszesse, Lymphknoten 
und Fungus auf und resorbieren sie. Die günstigen Erfolge der Hoch- 
gebirgssonne sind allgemein anerkannt. Dagegen ist die Röntgenbestrah- 
lung chirurgischer Tuberkulose noch ein umstrittenes Gebiet. Am meisten 
liefert die Röntgenbestrahlung in der Behandlung hyperplastischer Drüsen. 
Die Höhensonne kann wegen ihrer geringen Tiefeuwirkung nur bei Er- 
kraukungen der Haut und oberflächlichen Drüsen verwendet werden. 
Hier liefert sie Gutes. Durch künstliche Hyperämisierung lässt sich die 
Wirkung der Röntgenstrahlen steigern. Besonders günstig ist der Erfolg 
der Röntgenbehandiung beim Fungus, viel weniger bei Fisteln. Das 
Blutbild gibt keine Anhaltspunkte über die Aussichten einer einreleiteten 
Bestrahlungstherapie. Neben der örtlichen Behandlung muss die Allge- 


110 Therapie. 


meinbehandlung berücksichtigt werden. Als Ersatz für den Aufenthalt 
im Hochgebirge empfehlen sich allgemeine Bestráhlungen mit der künst- 
lichen Höhensonne. Es folgen eine Reihe Krankengeschichten. 

Ulrich Berlin, Schömberg. 


216. E. Collin, Über die Behandlung der Tuberkulose mit der 
Quarz-Quecksilberlampe. Jahresbericht 1915 des Kiistenhospitals 
Yuclaminde Dänemark. 

Im Küstenhospital Yuclaminde ist eine Reihe von Patienten (Kinder) 
mit Tuberkulose ausserhalb der Lungen: Tuberc. cutan., glandular., Ar- 
tritis und Östitis tuberec. durch die Bestrahlung mit Quarz-Quecksilber- 
licht behandelt worden. Die Bestrahlung ist teils lokal, teils regionär, 
teils universal 1!/g Stunden lang täglich gegeben. 

Von 16 Pat. mit Adenitis ulcerat. sind 13 geheilt, 3 gebessert, 


» 4 „ „ Adenitis simplex „ — ,„ 4 7 

„ 17 „ „ Ostitis fistulosa „ 11 ,„ D „ 1 unverändert 
„ 4&4 „ „ Coxitis fistulosa „ — , 3 „o 1 3 

» 7 a »„» Spondylitis » Eu 2 w B j 

99 4 19 39 Artritis tuberc. 99 T 39 2 39 ee 9 


Mehrere Fälle von Ulcera tubere., Lupus, Serofuloderma, Eczema scroful., 
Photophobia sind gut beeinflusst. 

Als gut geeignet für die Behandlung hält Verf. die offenen ober- 
flächlichen tuberkulösen Leiden und die offenen (fistulösen) Knochengelenk- 
leiden. Dagegen zeigen die geschlossenen Affektionen grössere Resistenz.’ 
Vielleicht könnte das Kohlenbogenlicht in solchen Fällen bessere Resultate 
erzeugen. Begtrup Hansen, Silkeborg. 


217. Spitzer, Über die Anwendung des Kohlenbogenlichtbades . 
bei primären und sekundären Tuberkulosen der Haut und 
Schleimhaut. (Aus der Wiener Lupusheilstätte). (Illustr.) M. m. W. 
63. 1916 S. 1541—1543. 

Das Kohlenbogenlicht ist ein hervorragendes Heilmittel gegen die 
Hauttuberkulose. Erstaunlich “ist die Wirkung auf akute tuberkulöse 
Geschwürsbildung der Mundschleimhaut, sowie auf die mehr chronische 
Form. Die Einrichtung ist wegen ihrer Einfachheit von jeder dermato- 
logischen Station leicht zu beschaffen. Eine Warteperson zur Einstellung 
und evtl. zur Aufsicht genügt. Zufälle störender Art haben sich nach 
keiner Richtung ergeben, Die Zahl der nötigen Lichtbäder wechselt von 
ca. 50—100. Bredow, Ronsdorf. 


218. Ehrmann, Zur Kenntnis der kombinierten radio-thera- 
peutischen und medikamentösen Behandlung des Lupus vul- 
garis und erythematosus. Strahlentherapie 7 H. 2. 

Verf. hat seither bei Lupus die 33°/o Resorzinpastenbehandlung 
allein, sodann in Verbindung mit Röntgenbestrahlung geübt. Seit etwa 
3 Jahren kombiniert er nun neben der Röntgenbestrahlung auch die mit 
Radium. 

I. Lupus vulgaris. Die initialen Fälle sind bei genauer Durchführung 
der Resorzinpastentherapie ohne irgendwelche sonstige Therapie der Heilung 


Therapie. 111 


zugänglich. Intoxikationen kommen nicht vor, wenn sich die Konzentration 
der Paste auf 331/3°/o beschränkt. Auch bei den ganz flachen, in der 
Tiefenausdehnung über das Stratum reticulare nicht hinausgreifenden Formen, 
die nicht ulzerieren, muss darauf gesehen werden, dass die jeweils behandelte 
Fläche über Manneshandgrösse nicht hinausgeht, was übrigens in allen 
Fällen zu berücksichtigen ist. Die Resorzinpastentherapie muss sehr sorg- 
fältig durchgeführt werden. 

Die Kombination mit mittelharten Röntgenstrablen führt rascher zum 
Ziel. Die Bestrahlung soll immer dann vorgenommen werden, wenn die 
oberflächlichen Schichten durch Resorzin aufgeätzt und die Schwarten ab- 
gerieben sind. Dasselbe gilt von der Radiumbestrahlung. Für mittel- 
grosse Lupusfälle genügt zumeist dieses Verfahren, doch ist an jenen 
Stellen, wo der Lupus die Tendenz zur Umwandlung in L. verrucosus 
hat, sowie dort, wo der Lupus den Charakter des Tumidus annimmt, 
starke Radiumbestrahlung sowie die Hollündersche Heissiuft-Verätzung 
zur Abkürzung des Verfahrens empfehlenswert. Wenn diese Fälle auch 
die Schleimhaut der Nase, bzw. des Mundes betreffen, kann für die untersten 
Partien der Nasenschleimhaut mit Vorteil ebenfalls die Resorzinbehandlung 
verwendet werden. Für die weiter hinaufreichenden Lupusaffektionen ist 
Radiumbehandlung, die Pfannenstill’sche Methode, sowie Verätzung 
mit Milchsäure namentlich in jenen Fällen heranzuziehen, wo eine Kom- 
bination mit „tuberkulösen Geschwüren“ vorliegt. — Bei ganz ausgedehnten 
Lupusfällen wird im allgemeinen dasselbe zu gelten haben, nur dass be- 
sonders wuchernde oder verruköse Stellen nach einigen Serien von Resorzin- 
pastenbehandlung, soweit sie nicht durch dieses Verfahren zum Schwinden 
gebracht worden sind, mit Holländer’schem Heissluftverfahren zerstört 
werden. — Das operative Verfahren hat überall dort Platz zu greifen, 
wo der Lupus ein scharf umschriebenes Hautstück einnimmt und keine 
besondere Tendenz zum Weiterschreiten hat, Es soll immer erst vor- 
genommen werden, wenn man sich durch probatorische A.T.-Injektion über 
das Vorhandensein noch latenter Lupusknötchen orientiert hat. Die von 
Herxheimer-Altmann empfohlene Salvarsan-Tuberkulin-Therapie führt 
zuweilen zu vorübergehender Besserung des Krankheitsbildes; Verf. hat 
aber nie eine besondere Beeinflussung desselben gesehen. 


II. Lupus erythematosus. Bei diesem soll nicht eine Gewehbsdestruktion 
verhindert, sondern der lokale chronische oder subakute oberflächliche Ent- 
zündungsprozess zur Rückbildung veranlasst werden, sowie sein Fortschreiten 
verhindert und die durch ihn gesetzte Entstellung vermieden werden. Für 
scharf umschriebene isolierte und spärliche Herde (L. eryth. discoides) hat 
sich folgendes Verfahren in vielen Fällen sehr bewährt. Unter lokaler 
Chloräthylanästhesie werden mit einem Skalpell Bruchteile eines Millimeters 
voneinander entfernte parallele und senkrecht einander kreuzende Schnittchen 
in die Haut geführt, die bis in das Stratum retieulare reichen. Nach 
geschebener Blutsullung wird 15°/o Collemplastr. Pyrogalloli oxydulat. 
aufgelegt, und zwar 4—5 Tage früh und abends. Danach wird entweder 
mit indifferenten Salben oder Salicylpflaster verbunden. Von Resorzin- 
pastenbehandlung sah Verf. ebensowenig einen Erfolg wie von Röntgen- 
oder Radiumbestrahlung. Wirksamer ist die Bestrahlung mit der Quarz- 
lampe. Liess. 


112 Klinieche Fälle. 


219. Kaufmann, Beitrag zur Lupusbehandlung mit künstlicher 
Höhensonne. Zschr. f. Tbe. 26. H. 5. 


Kasuistische Mitteilung eines Falles von Lupus faciei, der allein 
durch Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne und physik.-diatät. Beband- 
lung nahezu zur Heilung gebracht wurde. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


220. Meyer-Leysin, Der Einfluss der Sonnenbehandlung auf 
die Lungentuberkulösen. Correspondenzbl. f. Schweizer Arzte 
1916 Nr. 47 Ñ. 1594. 


M. exponiert der Sonne den ganzen Körper und betrachtet Lungen- 
blutungen als keine Kontraindikation. Er ist mit seinen Resultaten auch 
bei der Lungentuberkulose zufrieden. Lucius Spengler, Davos. 


221. Gutstein, Die Behandlung der Lungentuberkulose mit ultra- 
violettem Licht. D. m. W. 1916 Nr. 18. 


G. hat 28 röntgenologisch und klinisch genau kontrollierte Fälle der 
Bestrahlung mit ultraviolettem Licht unterworfen, beginnend mit 1 m 
Abstand bis 60 cm und in einer Bestrahlungsdauer von je 3 Minuten 
bis zu 3 Stunden pro Sitzung. Höchstzahl der Einzelbestrahlungen 60 
mit 110 Stunden Gesamtdauer. Von Allgemeinwirkungen fiel auf baldige 
Besserung des Allgemeinbefindens und gute Beruhigung von Brust- und 
Rückenschmerzen. Husten und Auswurf, Temperatur, Gewicht, Verhalten 
der Tuberkelbazillen im Sputum und schliesslich der klinische Befund 
und das Röntgenbild ergaben in einer Reihe von Fällen Veränderungen 
nach der guten Seite hin, die G. geneigt ist, auf den Einfluss der Be- 
strahlungen zurückzuführen. Blutuntersuchungen bei 18 Patienten ergaben 
gegenüber 7 bestrahlten nicht Lungenkranken eine gewisse Ver- 
mehrung der roten Blutkörperchen und des Blutfarbstoffs. Eine erhebliche 
Vermehrung der Lymphozyten war bemerkeuswerterweise bei einem 
Teil der Kranken sowohl als auch der nicht Lungenkranken nach den 
Bestrahlungen nachgewiesen. Trotzdem G. von den Bestrahlungen einen 
nicht geringen Nutzen für die Lungentuberkulose erhofft (nicht direkt 
bakterienschädigend sondern indirekt durch Erhöhung der Widerstands- 
kraft gegenüber den Bakteriengiften) warnt er verständigerweise vor einer 
(leider schon reichlich vorhandenen [Ref.]) Überschätzung ihrer Leistungs- 
fähigkeit. (Über dasselbe Thema schrieb Verf. in den Beitr. z. Klin. d. 
Tuberk. Bd. 35, H. 3, 1916.) Brühl, Schönbuch. 


e) Klinische Fälle. 


222, Bayer, Über Eruption flüchtiger Knötchen in der Conjunc- 
tiva bulbi bei Bulbustuberkulose. Klin. Mbl. f. Aughlk. 1916. 
Nov.—Dez. 

Mitteilung von zwei Fällen, in denen flüchtige Knötchen in der 
Conjunetiva bulbi auftraten, denen Verf. auf Grund der Anamnese, des 
klinischen und des histologischen Befundes eine tuberkulöse Ätiologie zu- 
schreibt. Diese Knötchen sind nicht mit Phlyktänen zu verwechseln; in 
einen der beiden Fälle traten sie mit Phlyktänen zusammen auf. Ob es 
sich bei diesen Gebilden um echte Tuberkel oder um entzündliche Bildungen 


Klinische Fälle. 113 


resp. indirekte Reaktionsprodukte („Tuberkulide“) handelt, war durch die 
histologischen Befunde noch nicht in vollem Umfauge zu entscheiden. 
Für die Frage, ob es sich bei den Phlyktänen auch um eine echt tuber- 
kulöse Ätiologie handelt, waren die Befunde nicht ohne weiteres zu ver- 
werten; zum Unterschied von den molkigen, schnell sich erweichenden 
und öffnenden Phlyktänen kamen die hier erwähnten Knötchen ohne 
solchen Zerfall zum Ablauf. Werner Bab, Berlin, 


223. S. John Moore, Acute General Tuberculosis with Left 
Oculo-motor Paralysis after Measles. The Lancet, 26. Febr. 
1916. 

Ein Fall von allgemeiner Miliartuberkulose mit linksseitiger Okulo- - 
motoriuslähmung nach Morbilli bei einem 4!/2 Jahre alten Mädchen, 
Das Kind bekam Morbilli mit Bronchopneumonien und plötzlich 

. darauf eine Totallähmung des dritten Hirnnerven. Bei der Obduktion 

erwiesen sich viele Organe und Organteile als tuberkulös, u. a. auch der 

basale Teil der Gehirnbäute Es fanden sich keine Läsionen weder in 
den zentralen Kernen noch im intrakraniellen Verlauf des Okulomotorius. 

Der Inhalt der Orbita wurde aber nicht untersucht. 

| J. Peerenboom, Leiden. 


224. Paula Heymann, Über gutartige chronische Miliartuber- 
kulose und ihre Differentialdiagnose. Inaug.-Diss. Berlin 1916. 
Die Erkrankung begann mit einem länger dauernden Fieberstadium 
ohne objektiven Befund. Auch bakteriologisch und serologisch liess sich 
nichts feststellen. Später traten knotige, zum Teil zu Abszessbildung 
neigende Infiltrate in den Weichteilen, in der Haut und im Periost auf, in 
denen schliesslich Tuberkelbazillen festgestellt wurden. Jetzt finden sich 
auch schwere röntgenologisch nachweisbare Lungenveränderungen, welche 
die Diagnose Miliartuberkulose sicherten. Differentialdiagnostisch wurden 
Lues und Sporotrichose in Erwägung gezogen. Die einschlägigen Unter- 
suchungen ergaben aber weiter keine Anhaltspunkte — Die Infiltrate 
kamen und gingen und waren zum Teil nach zweijähriger Dauer noch 
nicht abgeheilt. 11 Monate Jang bestand Fieber, trotzdem war das All- 
gemeinbefinden und der Ernährungszustand gut. Das Fieber ging allmäh- 
lich herunter, die Infiltrate blieben teilweise, zum Teil gingen sie auch in 
sezernierende Fisteln über. — Ob die auffallende Gutartigkeit einer der- 
artigen Erkrankung auf eine erhöhte Widerstandskraft des Körpers gegen 
Infektionen oder auf die Beteiligung des Typus bovinus an der Infektion 
zurückgeführt werden muss, bleibt dahingestellt. Hans Müller. 


225. Schüler, Eventratio diaphragmatica bei einem Fall von 
Lungentuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 36. 1916 H. 2 
S. 231. 
Kasuistik. 45 Tuberkulöse mit liuksseitiger Eventratio. Röntgenbild. 
E. Leschke, Berlin. 


226. Karl Bähr, Das Skrophuloderma des ersten Lebensjahres, 
ein Beitrag zur Beurteilung therapeutischer Erfolge bei 
Tuberkulose. JInaug.- Diss. Göttingen 1913. 

Vier Fälle von spontaner und dauernder Ausheilung von im ersten 

Lebensjahre entstandenen zum Teil sehr zahlreichen Skrophulodermata. 

Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 8 


114 Klinische Fälle. 


Diese Ausheilung beweist, dass das Verschwinden eines Skrophulodermas 
und wahrscheinlich auch anderer tuberkulöser Herde kein 'Testobjekt für 
den Wert einer Tuberkulinbehandlung abgeben kann. Hans Müller. 


227. CarlKaiserling, Missbildung und verborgene Tuberkulose 
der Nebennieren eines Erwachsenen. B. kl. W. 1917 H. 4. 


Pat., Soldat, ist längere Zeit wegen allgemeiner Schwäche und Magen- 
beschwerden — Erbrechen, Druckschmerz — in Lazaretibehandlung. 
Klinische Diagnose lautet: nervöses Magenleiden. Unter dem Zeichen zu- 
nehmender Herzschwäche tritt nach Verschlimmerung des Magenleidens 
der Exitus ein. Die Sektion ergibt folgenden Befund: Chronische fibröse 
Tuberkel der linken Lungenspitze, chronisch-parenchymatöse Gastritis, 
frische peptische Duodenalgeschwüre, Hyperplasie des Iymphatischen Appa- 
rates mit grossem Thymus. „Beiderseite an Stelle der Nebennieren ein 
leicht bräuulich gefärbtes, mit derben Bindegewebszügen durchsetztes Fett- 
gewebe, in dem sich links ein sehr kleiner trockener, rechts zwei kaum 
erbsengrosse käsige Herde und einige graue Körper finden.“ Die mikro- 
skopische Untersuchung ergibt, dass sich links an Stelle der Nebenniere 
eine auffallend kleine, tuberkulös erkrankte Beizwischenniere befindet. 
Rechts besteht eine verkäsende Tuberkulose der hypoplastischen Neben- 
niere. Die ausfallenden Zellen sind durch eine sehr vergrösserte Bei- 
zwischenniere und eine unregelmässig gebaute Beinebenniere, die beide frei 
von Tuberkulose sind, ersetzt. Auffallend ist, dass der Pat. trotz dieses 
geringen N ebennierengewebes niean Addison ’schen Symptomen gelitten hat. 

Berlin, Schömberg. 


228. Willy Hofmann, Nierentuberkulose und Menstruation. 
B. kl. W. 1916 Nr. 45. H. 4. 


Lenhartz hat auf den Zusammenhang zwischen Pyelitis und Men- 
strustion im Sinne heftiger, hoch fieberhafier prämenstrueller Anfälle hin- 
gewiesen. H. veröffentlioht einen Fall rechtsseitiger Nierentuberkulose, 
der ebenfalls mit sehr schweren, hoch fiebernden prämenetruellen Anfällen 
einherging. Mit Einsetzen der Blutung hörten die schweren Allgemein- 
und Lokalerscheinungen sofort auf. Die Menses, die vor der Erkrankung 
stets regelmässig gewesen war, trat jetzt anteponierend auf, wie dies ja 
auch bei sonstiger Organtuberkulose häufig beobachtet wird. Nach Ent- 
fernung der tuberkulösen Niere nahmen die Perioden wieder einen normalen 
Verlauf. Berlin, Schömberg. 


229. C. Benda, Ein Fall von kindlicher Lungenaktinomykose, 
der klinisch für Tuberkulose angesprochen wurde. Zschr. f. 
Tbe. 27 H. 1—4. 


B. berichtet über einen Fall von Lungenaktinomykose bei einem 
12jährigen Knaben, der mit der klinischen Diagnose Lungentuberkulose 
zur Sektion kam. Die Sektion ergab eine Aktinonıykose des rechten 
Unterlappens, die sich hauptsächlich auf das mediale Pleurablatt, das 
Mediastiinum und den Herzbeutel ausgebreitet hatte. Das vordere Media- 
stinum bildete eine derbe, grosse Geschwulst aus wabigem Gewebe. Die 
Züge bestehen aus Bindegewebe und Granulationsgewebe, die Holılräume 
sind von einem dickflüssigem, hellgelben Eiter ausgefüllt, in dem sich 


Allgemeines und’ Grenzgebiete. 115 


Aktinomyzes-Körner befinden. Der Herzbeutel ist mit der Herzoberfläche 
fest verwachsen, die aktinomykotischben Infiltrate reichen am rechten Atrium 
bis in die Muskulatur hinein. — Der Truncus brachiocephalicus sinister 
ist von den Geschwulstmassen umlagert und fest mit ihnen verwachsen. 
Sein Lumen ist von einem derben, grauen Thrombus ausgefüllt, in dem 
jedoch keine Strahlenpilzmassen nachweisbar sind. Auch an der Ein- 
mündungsstelle der Vena azygos in die Cava superior befindet sich ein 
kleiner Thrombus. Ulrich Berlin, Schömberg. 


f) Allgemeines und Grenzgebiete. 


230. R. C. Wingfield, A suggested Classification of Pulmonary 
Tuberculosis. The Lancet, 20. Mai 1916. 


Um die Vergleichung der Erfahrungen und Resultate der unter- 
schiedenen Fürsorgestellen zu erleichtern, schlägt Verf. eine einheitliche 
Stadieneinteilung aller Patienten an allen Orten vor. Diese Einteilung 
soll den folgenden Bedingungen entsprechen: | 

1. Sie soll kurz sein und gegründet auf exakte klinische Fakta. 

2. Diese Fakta sollen leicht zu erhalten seın. 

3. Die Einteilung soll von allen Veränderungen infolge persönlicher 

Auffassung oder Vorurteil frei sein. 

Die Einteilung von Turbau-Gerhardt entspricht nicht der dritten 
Bedingung, die von Philips nicht der zweiten und jene von Walter 
weder der zweiten noch der dritten. Am meisten empfehlenswert findet 
Verf. die Einteilung von Inman, die abhängig ist von dem Verhältnis 
der Temperatur: die erste Gruppe zeigt Fieber in der Ruhe; die zweite 
Gruppe ist fieberfrei in der Ruhe, zeigt aber Fieber bei Bewegungen; die 
dritte Gruppe ist immer fieberfrei. Da in der dritten Gruppe schr ver- 
schiedene Fälle zusammenstehen, sucht Verf. die Einteilung zu ergänzen 
durch den Zusatz einer Einteilung nach der Tauglichkeit zur Arbeit. Den 
Gruppenziffern Inman’s fügt Verf. die nachfolgenden Buchstaben zu: 

A bedeutet Patient ist arbeitstauglich und bleibt tauglich. 


B „ N „ Arbeitsuntauglich und wird „ 

C „ " „ arbeitstauglich » „» untauglich. 

D 5 > „ arbeitsuntauglich „ bleibt „ 

Verf, ist der Meinung, dass die Art der täglichen Arbeit hier wenig 
Bedeutung hat. J. Peerenboom, Leiden. 


23L. Hasselbalch und Lindhard, Zur experimentellen Physio- 
logie des Höhenklimas. II. Mitteilung (I. im Skandinavischen 
Archiv für Physiologie 1911 Bd. 25). (Aus dem Laboratorium des 
Finsen-Instituts, Kopenhagen.) Biochem. Zschr. 68 8.205. 


Zur physiologischen Analyse des Höhenklimas verwandten H. und L. 
ein zu diesem Zweck eigens konstruiertes pneumatisches Kabinett, das die 
zu untersuchenden Klimafaktoren vereinzelt und kombiniert dosieren liess 
und ausser mit den nötigen wissenschaftlichen Apparaten mit einem ge- 
wissen Komfort ausgestatiet war, der ein körperliches und seelisches Wohl- 
befinden der Versuchspersonen auf Tage, Wochen, ja evtl. Monate ge- 
währleisten sollte. Nach eingehender Beschreibung des Kabinetts, dessen 


g* 


116 Allgemeines und Grenzgebiete. 


Luftdruck durch zwei Gäde'sche Kapselpumpen zwischen 300 und 1200 mm 
variieren kann und seiner Apparate, folgen die Ergebnisse der ersten 
Versuche, die teils in einer Reduktion des Totaldrucks, also einer Herbei- 
fübrung von Sauerstoffmangel, allein, teils in Zufügung eines weiteren 
Faktors, der Arbeit bestanden. Es ergab sich aus ihnen, dass die Luft- 
verdünnung (O,-Druckherabsetzung) allein die wesentlichsten physio- 
logischen Wirkungen des Höhenklimas ausmacht, dass die Akklimatisierung 
für den niedrigen O,-Druck ein individuell verschieden, allmählich ver- 
laufender Prozess ist, für dessen Grad die Erniedrigung der alveolaren 
CO,-Spannung als Mass genommen und der durch Muskelkraft wohl nicht 
beschleunigt werden kann und dass endlich die Grösse des respiratorischen 
Stoffwechsels unabhängig von der reinen Luftverdünnung ist. 


III. Mitteilung. Biochem. Zschr. 68 S. 295. 


Bei einem weiteren Versuch brachte die Versuchsperson 26 Tage im 
pneumatischen Kabinett zu. Es galt in einer Vorperiode von 4 Tagen 
bei normalem Druck die Ausgangswerte der zu untersuchenden Funktionen 
festzustellen; in weiteren 4 Tagen wurde der Luftdruck stufenweise auf 
450 mm herabgesetzt, nach völliger Akklimatisierung wurde Muskelarbeit 
‚und später ultraviolettes Licbt (Höhensonne) „hinzudosiert“ und endlich 
‚in einer 4tägigen Nachperiode bei normalem Druck etwaige Nachwirkungen 
gesucht. Hauptgegenstand der Untersuchungen: Mechanismus der Akkli- 
matisation an die Sauerstoffarmut der Atmosphäre. 

Ergebnisse: Allgemeinbefinden befriedigend, die 6. Nacht (Druck- 
reduktion auf 484 mm) brachte ausgesprochene Bergkrankheit, die sich 
bald verlor, um bei der endgültigen Druckreduktion auf 455 mm in leichtem 
Anfall wiederzukehren. Besserung des Schlafs durch das Lichtbad (Höhen- 
sonne). Wiederherstellung des Normaldrucks als grosse Behaglichkeit 
empfunden. | 

Die vermehrte Alveolarventilation wird bei Sauerstoffarmut allein 
hauptsächlich durch Frequenzerhöhung, bei Sauerstoffarmut nebst Ultra- 
violettlichtwirkung hauptsächlich durch Vertiefung der Atmung erzielt. 
Die Grösse des O,-Verbrauchs ist unabhängig von der O,-Armut und dem 
Licht. Die Steigerung des Ruhestoffwechsels im Hochgebirge kann eine 
Nachwirkung der Arbeit sein. Die Pulsfrequenz ist erhöht, unbeeinflusst 
durch Licht und Arbeit; eine Angewöhnung ist nicht zu bemerken. Auch 
die Hämoglobinwerte sind erhöht und bleiben auch während der Nach- 
periode erhöht. Die Arbeit hat anscheinend bei diesem Versuch die Ak- 
klimatisierung günstig beeinflusst; das Licht könnte vielleicht die Akkli- 
matisation an niedrige O,-Drucke befördern. Beachtenswert ist die bei 
der Druckreduktion aufgetretene Abnahme der Ammoniakausscheidung 
im Harn, dessen Aminosäurengehalt konstant blieb. 


IV. Mitteilung. Biochem. Zschr. 74 8.1. 


Die Beobachtung der Erniedrigung der NH,-Produktion bei O,-Mangel 
wird in einer Reihe von Versuchen geprüft und für richtig befunden. 
Durch sie wird die Höhenklima-,Azidose“ erklärt. Bei O,-Drucksteigerung 
fand sich sowohl Vermehrung der Ammoniakproduktion als auch der al- 
veolaren CO,-Spannung. „Die Ammoniakproduktion kann nur in Ver- 
bindung mit der aktuellen Reaktion des Harns richtig beurteilt werden". 


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Allgemeines und Grenzgebiete. 117 


Der Sauerstofldruck beeinflusst die Grösse des respiratorischen Stoffwechsels 
nicht; nur bei Bergkrankheit besteht eine „Erhöhung des Grundumsatzes“ 
bis zum Eintritt der Akklimatisation. Änderungen des respiratorischen 
Stoffwechsels stehen in keiner Beziehung zu den „Änderungen der Puls- 
frequenz mit variiertem Sauerstoffdruck“. 


V. Mitteilung: Die ‚reduzierte Ammoniakzahl‘“ des Harns bei 
Sauerstoffmangel. Biochem. Zschr. 74 $. 48. 

Während bei Eintritt einer echten Azidose die „reduzierte Ammoniak- 
zahl“ des Harns (Näheres s. Abhandlung) regelmässig erhöht wird, zeigt 
sie sich bei der „relativen Azidose'‘ des Höhenklimas, mit anderen Worten 
bei O,-Armut der Atmosphäre, herabgesetzt. Und zwar erfolgt die sstufen- 
weise im Verlauf einiger Tage und besteht noch eine Zeitlang nach Auf- 
hören des O,-Mangels.. Die Verminderung der Ammoniakproduktion ist 
vop „heilbringender“ Wirkung auf den „an Sauerstoffmangel leidenden 
Menschen“. Fr. W. Massur, Stettin. 


232. W. Scheibe-Stolpmünde a. d. Ostsee, Über den Einfluss des 
Ostseeklimas auf den Organismus von Binnenlandbewohnern. 
Zschr. f. Baln. 1915 Nr. 7/8. 

Interessante Eigenbeobachtungen, die der Verf, nach seiner Über- 
siedlung aus einem subalpinen Höhenklima in 600 m Höhe nach dem 
Seeklima der Ostseeküste an sich ‘und seiner Familie zu machen Gelegen- 
heit hatte. Da in den ersten drei Monaten (März bis Mai) Seebäder 
noch nicht genommen werden konnten, handelte es sich um reine Wir- 
kungen der Seeluft. Diese bestanden in erheblicher Steigerung des 
Appetitter, Schlafes, Stoffwechsels und der körperlichen Leistungsfähigkeit. 
Bei der Gatiin des Verf., die weniger als die übrigen Mitglieder der 
Familie an die Luft gekommen war, zeigten sich die beschriebenen Ein- 
wirkungen des neuen Lebens an der See am wenigsten ausgeprägt. 
Klimatische Kuren an der Ostsee eignen sich mithin auch für solche 
Fälle von allgemeiner Schwäche, Unterernährung, Schlaffheit der Gewebe 
und Schlaflosigkeit, bei denen der gleichzeitige Gebrauch von Bädern aus 
irgend einem Grunde nicht angezeigt ist. In Zeiten, in denen die Wasser- 
temperatur der Ostsee bereits zu niedrig zum Baden ist (unter 15° Celsius), 
können dort noch klimatische Kuren unternommen werden. 

Wilhelm Neumann. 


233. Helwig-Swinemünde, Der Einfluss mineralischer Lösung 
auf das Blutbild und die Phagozytose. Zschr. f. Baln. 191> 
Nr. 5,0. 

Angeregt durch die Befunde anderer Autoren, die nach dem Trinken 
von kieselsauren Wässern Vermehrung der Leukozyten und erhöhte Kern- 
reifung fanden, sowie durch die überraschenden Ergebnisse der Vernarbungs- 
versuche von Rössle und Kahle bei schwerster Tuberkulose beobachtete 
Verf. die Wirkung der Kieselsäure an grösserem Material. Er fand nach 
Trinkkuren mit Glashäger Mineralquelle (Kieselbrunnen und Siliziumheil- 
quelle) starke Vermehrung der polymorphkernigen Leukozyten, die sich 
auch nach beendeter Kur bis zu einem gewissen Grade erhielt. Fernerhin 
eine Verschiebung des Arneth’schen Blutbildes nach rechte, d. h. Zunahme 


11S Allgemeines und Grenzgebiete. 


der reiferen, kerngeteilteren, widerstandsfähigeren Kernformen. Es zeigte 
sich auch ein nicht unerbebliches Sinken der Lympbozyten, was Verf. 
im Gegensatz zu Baer-Davos und anderen anscheinend als ungünstig 
ansieht. Der opsonische Index erfuhr eine deutliche Steigerung. Ob eine 
Kieselsäurelösung oder ein derartiger Mineralbrunnen komplexer Zusammen- 
setzung und in welchen Konzentrationsmengen einen sichtbaren Einfluss 
auf die Wundheilung ausübt, wie naclı den Vernarbungsergebnissen 
von Rössle anzunehmen wäre, konnte Verf. bisher nicht untersuchen. 
Dem Anscheine nach hält er es für wahrscheinlich. Ä 
Wilhelm Neumann. 


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Glax-Abbazia, Können die Küsten und Inseln des öster- 
reichisch-ungarischen Adriagebietes unseren Kranken einen 
vollwertigen Ersatz bieten für die Kurorte der italienischen 
und französischen Riviera? Zschr. f. Buln. 1916 Nr. 19/20. 


Verf. bejaht die im Titel aufgestellte Frage unbedingt. Einerseits 
und besonders aus politischen Gründen, anderseits aus klimatischen. 
Das dalmatinisch-istrianische Gebiet sei viel wärmer als die gegenüber- 
liegende italienische Küste um Genua herum, die Ponente allerdings über- 
treffe wieder das Adriagebiet. Die klimatischen Vorzüge Dalmatiens hbe- 
ruhen ausserdem auf geringen interdiurnen Wärmeschwankungen, relativ 
hoher und gleichmässiger Luftfeuchtigkeit und dem fast vollständigen 
Fehlen der kalten Fallwinde mit ihren Trockenheitsextremen. Als Über- 
gangsstationen zum wärmeren Dalmatien werden die Insel Lussin uni 
insbesondere die Kurorte Abbazia, Lovrana und Brioni genannt. Zur 
Erschliessung der dalmatinischen Kurorte müssen von der Regierung 
Bahnen gebaut werden. Es wird an der Hand von Zahlen gezeigt, 
welche grossen Vorteile der österreichisch-ungarischen Regierung durch 
diese Bahnbauten zufliessen würden. Wilhelm Neumann. 


235. Ecekardt-Essen, Die Adrian als Kurgebiet. Zschr. f. Daln. 
1916 Nr. 1/2. 

Als Beweis für den Vorteil der Adria gegenüber der italienischen 
liiviera als Kurgebiet zitiert Verf. eine Stelle aus Hellpach’s Buch 
„Die geopsychischen Erscheinungen“. Hellpach teilt dort mit, dass 
zwischen dem tonischen und dem sinnlichen Einflusse eines sonnigen 
Frühlingstages eiue gewisse Divergenz bestehen kann, die zu Unlust- 
gefüblen zu führen vermag und bringt als Beispiel die „nervösen“ Be- 
schwerden eines an der Riviera weilenden Kurgastes bei schönem Wetter. 
E. benutzt diese Stelle, um darzutun, dass im Gegensatz zur Riviera an 
der Adria mit ihrer grösseren Feuchtigkeit solche „Rivierawirkungen“ nicht 
auftreten. Es heisst das aber, Hellpach nicht seiner Meinung gemäss 
zitieren. Denn erstens spricht Hellpach von Rivierareisenden allgemein 
als von „sudwärts Wechselnden“ und zweitens setzt er die ‚nervösen“ 
Beschwerden nicht auf das Konto irgend einer speziellen Riviera, sondern 
auf das des „Frühlingswetters“ überhaupt „bei raschem Eintritt vom 
Norden ber“ Also für die Adria ebenso gültig wie für die italienische 
oder französiche Riviera. | i 

3s wäre wirklich wünschenswert, dass diejenigen, die ihrer an sich 


begründeten politischen Abneigang gegen die italienische Riviera litera- 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 119 


rischen Ausdruck geben wollen, sich wissenschaftlicher Begründungen, die 
nicht ernstester Prüfung standzuhalten vermögen, im Interesse der ärzt- 
lichen Erkenntnis enthielten. Wilhelm Neumann. 


Il. Büeherbespreehungen und Zeitschriften. 


il. Die Tuberkulose und ihre Bekämpfung in der Schweiz. Sammlung von 
Aufsätzen, herausgegeben von der Schweizerischen Zentralkommission zur Bekämp- 
Jung der Tuberkulose. Bern, Verlag von A. Franke, 1917. 605 Seiten, 


Im September 1914 sollten in Bern die „Internationale Tuberkulose-Kon- 
ferenz* sowie der „Internationale Tuberkuluse-Kongress* tagen. Der Vorsteher 
. deg Schweizerischen Gesundheitsamtes, der leider vor einem Jahre verstorbene 
Dr. med. J. F. Schmid erhielt als Präsident der schweizerischen Zentralkom- 
mission zur Bekämpfung der Tuberkulose den Auftrag, eine illustrierte, in den 
'Landessprachen abgefasste Festschrift vorzubereiten, herauszugeb-n und den 
Teilnehmern der genannten Konferenzen überreichen zu lassen. Da kam der 
Weltkrieg und stellte d«s Erscheinen des bexzonnenen Werkes in Frage. Nun 
ist es aber dem Ausschuss der schweizerischen Zentralkommisston doch gelunzen, 
die Schrift erscheinen zu lassen, „damit sie, wenn auch nicht als Festschrift, so 
doch als Autklärungs-chrift den in der Schweiz gegen die Tuberkulose Hilfe 
suchenden und den um die antituberkulösen Einrichtungen des Landes sich in- 
teressierenden Personen gute Dienste leisten künne*. Viele der zahlreichen Ar- 
beiten verschiedener Autoren haben unzweifelhaft bleibenden Wert. — 

F., Ganguillet (vom Schweizerischen Gesundheitsamt) orientiert uns 
(deutsch) in ausserordentlich sachlicher und übersichtlicher Weise in vier ver- 
schiedenen Arbeiten über die folgenden Gegenstände; 

l. Die Verbreitung der Tuberkulose in der Schweiz. 

Aus den Zusammenstellungen des Verf. darf man schliessen, „dass an der 
Behauptung, die Lungenschwindsucht werde durch d:e Höhenlage günstig beein- 
husst, etwas Wahres ist. dass die letztere jedoch nicht allein den Ausschlag gibt, 
sondern dass nnch andere Faktoren, wıe die Beschäftigung der Bevölkerung, mit- 
wirken“. Die Tuberkulusesterblichkeit geht in der Schweiz erst seit dem Jahre 
189) zurück. Der Rückgang beträgt von 1890-1913 ziıka 34"o. — Sehr inter- 
essant sind die statistischen Angıben über die TTuberkulosesterblichkeit in den 
einzelnen Gemeinden, über den Kınluss der landwirtschaftlichen Beschäftigung, 
sowie fiber die Verteilung der Tuberkulosetodes-fälle nach Altersklassen, nach 
Geschlecht und nach den wichtigsten Lokalisationen. 

2. Organisation der Tuberkulosebekämpfung in der Schwesz. 
3. Tätigkeit der Behörden gegen die "Tuberkulose in der Schweiz. 
4. Kurerfolge der schweizerischen Volksheilstätten. — 

Fräulein Dr. med. M. Sommer und Melle Sermet geben uns Aufschluss 
über die Tätigkeit der Frauen im Kampfe gegen die Tuberkulose in der Schweiz, 

Eine reicbe Fülle von ivstruktiven und beherzigunzswerten Mitteilungen 
enthält die Arbeit von Dr. Eugen Olivier-Lausanne über „Die Bekämpfung 
der Tuberkulose der Kindheit“. Dasselbe gilt von den umfassenden Aus- 
einandersetzungen der Frau Dr. med. Ch. Olivier in Lausanne über „Die 'Tu- 
berkuluse und die Wolinung in der Schweiz*. — 

Dr. med. W. Kürsteiner-Bern berichtet in zwei getrennten Abhand- 
lungen über 


120 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


1. Tuberkulose und Schule. 
2. Tuberkulose und Beruf. 

Gestützt auf ein grosses stutistisches Material kommt Verf. zum Schluss, 
dass bei der Entstehung der Lungentuberkulose in der Schweiz neben der sozialen 
Lage, der Wohnung, der Veranlagung, der Infektiunsgelegenheit u. a. m. auch 
der Beruf eine Rolle spielt, und zwar so, dass Beschäftigung mit Blei und mi- 
neralischem Staub, Arbeit in geschlossenen engen Räumen, grosse Hitze und 
Trockenheit der Luft, sitzende Stellung und gebückte Haltung bri der Arbeit, 
vermehrte Gelegenheit zu übermässigem Alkoholg»nuss die Entstehung der Schwind- 
sucht begünstigen, Arbeit im Freien, Muskelbetätigung und ein gewisser Grad 
von Luttfeuchtigkeit davor bewahren. — 


Dr. H. Keller-Rheinfelden: Anstalten und Einrichtungen zur Verhütung 
der Tuberkulose in der deutschen Schweiz: Ferienkolonien, Ferienlieime, Kinder- 
heime, Kinderheilstätten, Solbäder usw. 

Un das gefährdete Kind vor Tuberkulose zu schützen, sollen die Vorbeu- 
gungsmassnahmen schon vor der Geburt beginnen. Aufnahme Schwangerer, die 
in ungünstigen Verhältnissen leben, schon geraume Zeit vor der Entbindung in . 
Anstalten. Die Mutter ist zum Stillen anzuhalten. Das eidgenössische Kıanken- 
versicherungsgesetz hat ein Stillgeld vorgesehen. In gleichem Sinne wirkt auch 
der schweizerische Verein für Kinder- und Frauenschutz. In Zürich und Bern 
bestehen Mütter- und Säuglingsheime. Ferner enthalt das schweizerische Kranken- 
versicherungsgesetz Bestimmungen für Krankenpflege auch für Kinder unter 14 
Jahren. Die 'Tuberkuloseverhüturg wird sodann wesentlich gefördert durch die 
in den meisten grösseren Gemeinden der Schweiz bestehende Einrichtung der 
Schulärzte. Sehr entwickelt ist in der Schweiz der zweckmässige Turnunterricht, 
das Kadettenwesen und der militärische Vorunterricht. In neuerer Zeit sind eine 
ganze Anzahl von Walderholungsstätten und Waldschulen, zum Teil verbunden 
mit Duschen, Sol- und Meersalzbädern entstanden. Viele gefährdete Kinder 
werden auch auf dem Lande bei gesunden Familien in günstigen Wohnungsver- 
hältnissen versorgt. Die Ferienversorgung der Schulkinder in Ferienkolonien, 
Ferienheimen u. dergl. erstreckte sich im Jahre 1912 auf 10637 Kinder der 
deutschen Schweiz. — Es bestehen sodann in der Schweiz, meist im Hochge- 
birge, 10 Schulsanatorien uud in den Niederungen 4 Landerziehungsheime. — 
Es folgt zum Schluss die Zusammenstellung und Beschreibung der zahlreichen 

a) Heime für arme und wenig bemittelte Kinder. 

b) Heime für bemittelte Kinder. 

c) Kinderheilstätten und Sanatorien für kranke, arme, wenig bemittelte 
und bemittelte Kinder. 

d) Privatheilanstalten für bemittelte Kinder. 


Über dasselbe Thema berichtet für die welsche Schweiz Dr. Alex. 
Cramer-Genf: 
„Les ®uvres antituberculeuses prophylactiques de la Suisse romande et 
italienne.* — 


Dr. H. Keller- Rheinfelden: Die Solbadbehandlung, ibre Erfolge bei der 
Verbütung und Behandlung der Tuberkulose. — Die Solbadbehandiung erstreckt 
sich in der Hauptsache auf Herderkrankungen tuberkulöser Natur in den 
Drüsen, Knochen und Gelenken, im Peritoneum, Sexualapparat und in der Haut. 
Bei 3181 Kindern beobachtete Keller (Kurdauer 28 Tage) eine mittlere Gewichts- 
zunahme von 5,7%o des Anfangsgewichtes, und bei 241 untersuchten Kindern 
eine mittlere Vermehrung des Hämoglobingehaltes von 11,6°/. — Von 3815 
Fällen von geschlossener Tuberkulose wurden durch die Solbadkur in Rhein- 
felden geheilt und gebessert 3761, nicht gebessert 54. — 


Über die Tuberkulosefürsorgestellen der Schweiz berichten: 
Dr. med. E. Bachmann, Zürich und Prof. Dr. P. Demigville, Lausanne. 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 121 


Die deutsche Schweiz besitzt 9 Volksheilstätten mit gegen 1000 Betten 
die welsche Schweiz 4 Volksheilstätien mit zirka 320 Betten. Über ihre Ent- 
stebLung, Lage, Erstellungs- und Betriebskosten, ihre Einrichtungen und Kurer- 
folge usw. berichten für die deutsche Schweiz Dr. J. Käser und für die welsche 
Schweiz Dr. R. Burnand. — | 

O. Amrein beschreibt ganz kurz „Arosa als Höhenkurort für Tuberkulose- 
behendlunx* und erwähnt das unter seiner Leitung stehende neu erbaute Sana- 
torium Altein. — 

Dr. Ed. Neumann - Schatzalp -Davos erstattet eingebend und objektiv 
Bericht über „Davos und seine Privatsanatorien“. Die Arbeit ist versehen mit 


zahlreichen guten Illustrationen aus alter und neuer Zeit. Alle Sanatorien sind - 


in Wort und Bild wiedergegeben. Der Entstehung, Entwicklung und Geschichte 
des Kurortes folgen inter-ssante klimat- logische Mitteilungen. — Die sanitäts- 
polizeilichen Vorschriften (obligatorische Desinfektion usw.) der Landschalt Davos 
werden im Wortlaut.wıedergegrben. Davos besitzt allgemein durchgeführte Spül- 
kanalisation und Müllverbrennung, ferner eine Gemeinde-Wasserversorgung, ein 
neues grosses, modern eingerichtetes Krankenhaus, ein Absonderungshaus und 
allgeus in durchgeführte elektrische Beleuchtung. Die Zentialmulkerei ist ein 
Musterinstitut. Die ihr zugeführte Milch stammt ausschliesslich von auf Tuber- 
kulose uutersuchten Kühen. — Die Gemeinde besitzt ein modern eingerichtetes 
Schlachthaus. — 

Dr. Morin schildert die Kurorte (Leysin, Montana nnd Ambri-Piotta) und 
Sanatorien der französischen und italienischen Schweiz. — 


Die Heliotherapie und ihre Entwicklung in der deutschen 
Schweiz von Dr. O. Bernhard-St. Moritz. 

Schon im Jabre 1841 behandelte der damalige Davoser Landschaftsarzt 
Dr. Rüede chirurgische Tuherkulose erfolgreich mit Sonnenbädern. Bernhard 
begann im Jahre 1886 in seinem Krankentiaus in Samaden mit der Einführung 
der Heliotherapie. Sein verdienstvolles Arbeiten anf diesem Gebiete ist bekannt. 

Die Heliotherapie der chirurgischen Tuberkulose in der fran- 
zösischen Schweiz von Dr. A. Rollier und Dr. Guye in Leysin. 

Rollier’s Arbesten auf diesem Gebiete sind bekannt. — 


Tuberkulose-Spitäler und Tuberkulose-Abteilungen in der 
Schweiz von Dr. Howald-Burgdorf. 

Im Genfer Kantonsspital sind 82 Betten ausschliesslich zur Aufnahme von 
Tuberkulösen bestimmt. Tub»rkulösen Kındern sind im Kinderspital 8 Betten 
und im Hôpital Gourgas 6 Betten reserviert. Das Kantonsspital in Lausanne 
besitzt im „Pavillon Bourget“ ein modern eingerichtetes Sanatorıum (42 Betten) 
für erwachsene Lungenkranke. Das Bürgerspital in Basel erbaut auf dem Lande 
ein H.us für Lungenkranke. Das Kantonsspital in Zürich isoliert seine Lungen- 
kranken seit 1834 zweckmässix in besonderen Baracken. Solothurn und Luzern 
verfügen über besondere Tuberkuloseabteilungen mit Liegehalien. Dasselbe gilt 
für Liestal, Olten, Münsterlingen (Thurgau), Schaffhausen, St. Gallen, Glarus und 
Winterthur. Die Stadt Bern verfügt über 140 Betten für Tuberkulöse. Ausser- 
dem bestehen im Kanton Bern auf dem Lande eine ganze Anzahl von Tuberku- 
losepavillons in Verbindung mit Bezirksspitälern. 

Major Dr. Lebet: Tuberkulose und Armee. 

Prof. Jadassohn: Lupursbekämpfung in der Schweiz. 

Tuberkuloseforschung in der Schweiz (Bibliographie der in der 
Schweiz oder von Schweizern verfassten Schriften) von Prof. Dr. F. Egger in 
Basel zusammengestelit für die deutsche Schweiz und von Dr. Tecon in Leysin 


für die welsche Schweiz. — 
Lucius Spengler, Davos. 


122 Bücherbesprechungen und Zeitechriften. 


12. A. Oswald, Zürich, Die Schilddrüse in ee und Pathologie. 
Leipzig, Verlag von Veit u. Ko., 1916. Preis geh. 


Keine erschöpfende Darstellung soll es sein, die O. in seiner von eingehender 
Arbeit zeugenden Abhandlung gibt, mehr eine durch 17jährige Tätigkeit auf 
diesem Gebiet gesicherte kritische Beurteilung unserer derzeitigen Vorstellungen 
über die Hauptfr gen des Kapitels Sch Iddrüse. 

In dem ersten. physi loxischen Teil nimmt die Schilderung des vom Verf. 
als wirksames Sekret der Thyreoidea entdeckten Stoffes, des Jodthyreoglo- 
bulins, in Art und Wirkung den breitesten Raum ein. Fand Baumaun 1895 
im hochmolekularen Jodothyrin das wırksame Arens d-s Schilddrüsensekrets, so 
kam O. auf Grund seiner Unter-uchungen zu dem Resultat, dass jenes gar nicht 
als solches in der Drüse vorkomme, sondern „ein Zersetzungs- und teilweise 
Umwandlung-produkt des eigentlichen Schilddrüsensekrets* sei und vielmehr ein 
jeodha'tiges Globulin, das Jodthyıeoglubulin, der gesuchte Körper sei, der alle bis- 
her der Schilddrüse zugeschriebenen phystolagischen Eigenschaften besässe. So 
soll er u. a. in kleinsten Dosen das Myxödem (sporadischen Kretiniısmus) günstig 
berinflussen bzw. heilen (tolsen 2 Fälle) und auch bei Kachexia thyreopriva im 
stande sein, im Gegen-atz zum Jodo:hyrin, das ausser bei Myxödem des Menschen 
auch bei strumipriver Kachexie nach nicht totaler Entfernung der Struma seine 
Wirkung eutfaltet, die völlıg exstirpierte Thyreoidea beim Tier zu ersetzen, wo- 
mit es die Schilddiüse „zum Prototyp einer innersekretorischen Drüse“ macht. 
Aus mehreren angeführten Tierversuchen geht hervor, dass das Jodthyreoglobulın 
die dem Jodothyrin abgesprochene Wirkung „uf die Errexzbarkeit des Vagıs und 
Depressor einerseits und des Sympathiıkus (Vasokonstriktoren) andererseits im 
Sınne einer Reizung hat. Voraussetzung hierbei ist jedoch, dass der Jodgehalt 
ein bestimmtes Mass b: trägt, während andererseits das jodfreie Präparat sich als 
unwirksam erweist. Andere aus der Schilddıü-e gewinnbare Sıoffe besitzen keine 
dieser Eigenschaften, wie auch Jod, Jodverbindungen und selbst jodierte Eiweiss- 
körper keinen Einfluss anf Herz- und Blutgefässserven, Verbreunungsjrozesse 
und auf das Myxödem haben. Das wirksame ist eben die Konfigurwıon des 
Moleküls. — Das Jod ist stets an das Tuyreoglobulin gebunden; es gibt keinen 
anderen in der Schilddrüse vorg- bildeten jodhaltigen Körper als das Judthyreo- 
globulin. Dieses und ein Nukleoproteid bilden das Kolloid. 

Die Menze des aus einer mittelgrossen T'hyreoidea gewinnbaren Jodthy reo- 
globulıns beträgt einge Gramm, sein Jodgehait beim Menschen 0,2"/ ım ge- 
sunden Organ. Dieser ıst dem Kolloidreichtum umgekehrt praporliena! und wächst 
int Zufuhr von Jod in der Nahrung bis auf 0,50%. 

Wenig weiss man bisher über den Bindungsort des Jods im Molekül Jod- 
thyreoglobulin. Verf. vermutet ihn am Stickstoff. Dem „Phosphor* in der 
Schilddrüse, den Kocher in ein gewisses Verhältnis zum Jodgehalt gesetzt hat, 
misst er nur sekundäre Bedeutung zu und betont, dass es sich dabei um orga- 
nisch gebundene Phbos},horsäure handele, nicht etwa um ionisierten Phosphor. 

Zu den oben erwäbnten Eigenschaften des Jodthyreoglobuliıns, die man füg- 
lich als die der Schilddrüse bezeichnen kann, kommen noch die Beeinflussung 
des Stoffumsatzes, des Organ- und Körperwachstums und der Psyche (gemeinsam 
nit der Tuyınus). Die Anregung zur Sekretion erfolgt durch das Nervensystem 
direkt, in dem die Ihyreoidea wie die anderen innersekretorischen Drüsen als 
Einschaltorgan, Verstäikungrapparal, „Multiplikator“ fungiert ur d zwar besonders 
für das vegetative Nervensystem. ©. geht nun, ohne viel Neues zu bringen, auf 
das Kapitel Epithelkörperchen ein, um dann in den zweiten, pathologischen 
Tel einzutreten. 





Myxödem. Eine Reaktion des Körpers auf ein Zuweniz an Schilddrüse, 
sei es durch Fehlen, sei es dureh Insuffizienz dieser. Thyreoidalmedikation hilft, 
sulange sie stattfindet. Nur bei Thyreoaplasie dürfte eine Korrelationsstörung 
anderer Drüsen (vielleicht der Thymus) die Ursache ihres Versagens bilden. Die 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 123 


myxödemstösen Hautveränderungen bedürfen noch der Erforschung. — Eine recht 
häufige Erkranknng ist der (benigne) Hypethyreoidismus — die mildeste 
Form des Myxödems — namentlich in der Kinderpraxis, der prompt auf Thyreo- 
idalbebandlung reagiert. Umgekehrt darf man aber bei gutem Erfolg viner 
solchea — ja die Zellprozerse fürdernden — Tuerapie nicht für alle möglichen 
Krankbeitserscheinungen eine Hypothyreose verantwortlich machen. — Eine 
Hypofunktion der Epithelkörperchen äussert sich bekanntermassen in Tetanie. 

Der Hyperthyreoidismus scheint sich nach den bisherigen Forschungs- 
ergebnissen stets mit einer Vergrösserung des Organs zu vergesellschaften, 
Superfunktion ohne diese ins Reich der Hypothese zu gehören. In seinen milden 
Formen bei Pubertät und Gravidität dürfte er auch schon etwas Patholo: isches 
darstellen, in der. ausgespruochenen Form verdankt er sein Dasein dem über- 
mässigen Gebrauch von Schilddrüsenpräparaten und Jıd. Letzteres kann den 
Organismus viel eher schädigen als eine unrichtige Schilddrüsemedikation, selbst 
in kleinsten Dosen. Im wesentlichen wird duch das Jod die Sekıetbildung und 
-ausscheidung angeregt. Allerdings ist dazu eine gewisse Disposition — Verf. 
sucht sie im geschädigten Nervensystem — notwendig. 

Einen breiteren Raum nimmt die Besprechung des Morbus Basedowii 
ein, des Gezenstücks zum Myxöden sowohl in symptomatischer wie in ätiolo- 
gischer Beziehung nuch Möbius. In leızterer stellt nun Verf. eine eigene Theorie 
auf: Vielfach beobachte man ein zeitlich früheres Auftreten der Ba- (besonders 
Herz-) symptome als das der Struma oder eine der Stärke der Symptome nicht 
entsprechende Kleinheit derselben. Es bleibe in diesem Falle nur der Einwand 
des Bestehens einer rein funktionellen Struma. Ein Dysthyreoidismus im Simne 
Möbius’ sei nicht anzunehmen, wie die meisten hierüber angestellten Versuche 
ergeben hätten. Die Hyperttyreose endlich könne nur in den Fü:len zum Base- 
dow führen, in welchen sie einen durch ein lädi rtes Nervensystem dafür prä- 
formierten Boden finde, und mehr noch beim sekundären Basedow, wo sie 
durch ihıe lange Dauer das Nervensystem in einen Reizzustand versetze. Dieser 
betieffe vorwiegend das sympathische Gebiet. Widersprüche gegen diese alte 
Sympathbıkustheorie weiss Verf. glaubhaft zu beseitigen, indem er zur schwierigen 
Erklärung der Augenliderphänomene das autonome Nervensystem (Vagus, Ukulo- 
motors usw.) mitheranzieht. Ja, auch hinsichtlich der Strumabildung kommt er 
über den N, laryngeus und Vagus zu einem Reizzustand des autonomen Nerven- 
systems und stellt sie dadurch als sekundäre Erscheinung hin. Die übrigen 
Basedowsymptome reiht er dann widerspruchslos in sein Schema ein. Er 
nimmt eine Tonuserhöhung in beiden Nervensystemen an, deren „Legensätzlich- 
keit sich nicht ala durchgehend“ erwiesen habe. Die Schilddrüse wirke im Sinne 
eines Circulus vitiosus, indem sie das gereizte Nervensystem ihreiseits durch 
Sekretüberschwemmunz reize und von ihm neue Reize empfange, bis durch 
chirurgische Behandlung der „Multiplikator* ausgeschaltet werde und damit auch 
das geschädigte Nervensystem zur Ruhe komme. Statt der alten thiyreogenen 
Theorie stellt O. also einen ‚primären neurotischen keizzustand* als 
Ursache des Basedow auf. Brim sekundären Basedow (Kropfherz) verdiene die 
chronische Hyperthyreose eine grössere genetische Würdizung. — Eiger artiz ist 
die in &0°% aller und 100" der schweren Baseldowfälle beabachtete Thymus- 
persistenz, deren Beziehungen zur Schiltdiüse noch nieht geklärt siud, die aher 
als aggravierendes Moment hier zu gelten hat. Trotz seiner niederen ursàch- 
lichen Bewertung der Ühyresidea beim Morbus Basedowii hält Verf. doch die 
chirurgische Behandlung in sehr vielen Fallen für indiziert, will aber auch die 
inneren Massnahmen „bicht ganz zur Seite“ gesteht haren. 

Es folgt die Be-prechung des Kropfes. Die Struma ist eine in Funktions- 
hypertrophie befindliche Schuldirü-se. Welches ist nun aber ihre Ursache” Kropf: 
wasser, Kropfbrunnen haben bis in die neueste Zeit ihre Geltung gehabt, wenn 
auch einz-Ine Stimmen sich dagegen erhoben. Man machte auch gewisse Boden- 
formationen für eine strumigene Wirkung besonders verantwortlich, Drese 


124 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


Theorie hat sich aber nicht balfen können, Durch „exquisite Kropffamilien“ in 
Kropfzentren, in denen alle Bewohner das gleiche Trinkwasser genossen, wurde 
man darauf geführt, dass das kropferzeugende Agens im Milieu, in der Woh- 
nungrgemeinschaft zu suchen ist und „der persönliche Verkehr das Hnuptmoment 
für die Übertragung des Kropfes abgibt“ (Infektion durch Kontakt?). Begünstigt 
wird die Ausbreitung durch mangelhafte Hygiene in vom Verkehr abgeschlossenen 
Dörfern, Orten mit dunklen, schattigen Wohnungen und einer an alten Sitten 
und Gebräuchen zäh haftenden Bevölkerung. Auf den Einwand, weshalb denn 
die hygienisch viel besser gestellten Städte eine so hohe Kropfzabl aufweisen, 
gibt O. nur die Antwort: es sei schwer „einem Kontagium beizukommen, das 
man noch nicht kennt, und von dem man noch nicht weiss, wo es zu suchen 
- ist“. Von Bedeutung ist es, dass Kretine anscheinend das Virus beherbergen. 
Wo und wie dies aber angreift, ist noch nicht bekannt. Ebenso ignorieren wir 
die Bedingungen, die einmal zu einer mehr hyperplastischen, ein andermal zu 
einer Kolloidstruma führen. Auch beim Kropf können thyreotoxische Symptome 
auftreten. 

Eng verbunden mit der Struma ist der endemische Kretinismus. 
Seine Ähnlichkeit mit dem kindlichen Myxödem führte zu der am weitexten ver- 
breiteten Ansicht, es handle sich im wesentlichen hierbei um eine Hypotbyreose. 
Die unvollständige Übereinstimmung der Leiden hat aber zur Anfechtung der 
Theorie geführt. So steht dem propoitionieıten Zwergwuchs beim Myxöden ein 
disproportionierter beim Kretinismus gegenüber, hier sind die Hautveränderungen 
weniger konstant und mehr welk als geschwollen, desgle'chen die psychischen 
Alterationen, die ganz fehlen können. Dafür treten des öfteren Gehörstörungen 
auf, Taubstummbheit, die das Myxödem wieder nicht aufweist. Ist hier aber 
das Fehlen der Schilddrüse etwas Typisches, so findet mun sie dort sogar oft 
hypertrophisch. — Die Auffassung. dıe Insuffizienz der mütterlichen Schilddrüse 
könne beim Fötus Kretinismus auslösen, weist Verf. durch den Einwand zurück, 
dieser trete ja erst in den eısten Lebensjahren auf und sei kein kongenitales 
Leiden. Tierversuche in dieser Richtung verliefen gleichfalls ergebnıslos — 
Thyreoidalmedikation weist auch beim endemischen Kretinismus Erfolge auf, 
freilich kommt es sehr darauf an, ob nicht eine andere der innersekreturischen 
Drüsen in Mitleidenschaft gezogen ist. In diesen Fällen erweist sie sich oft als 
unwirksam. Immerhin kann man an einer Erklärung des endemischen Kretinis- 
mus als Hypothyreose festhalten, ohne seine vulls Identität mit künstlichem 
Hypo- oder Athyrevidismus zu verlangen, da die erwähnten Unterschiede nicht 
„80 prinzipieller Natur“ sind, als dass sie dies ausschlössen. Die besten Erfolge 
auf Schilddrüsenmedikation zeigten Kretinen, die eine verkleinerte Tuyroidea auf- 
wiesen, während solche mit Kropf sie kaum oder gar nicht darboten. 

Was nun die Genese und Ursache des Kretinismus anbelangt, so werfen 
die Untersuchungen Kutschera’s ein eigenartiges Licht darauf. Wie beim 
Kropf ist auch hier die Wohnungsgemeinschaft verantwortlich zu machen, doch 
handelt es sich diesmal nicht um die Örtlichkeit, das Haus an sich, sondern um 
die Berührung mit Kretinen. Kinder einer kretinischen Mutter bleiben gesund, 
wenn sie in ein nicht von Kretinen bewohntes Haus gebracht werden, verfallen 
aber dem Kretinismus, wenn sie bei der Mutter belassen werden. Es hat viel 
für sich, hierbei an eine Infektionskrankheit zu denken und Kropf und Kretinis- 
mus als Symptome des gleichen Leidens mit nur graduellen Unterschieden an- 
zusehen. 

Zum Schluss weist Verf. auf den Schaden hin, den die Kretinenkrankheit 
für ein Volk bedeute. Arbeitsfähigkeit, Militärtauglichkeit und geistige Fähig- 
keiten würden durch sie vermindert. — Zu bedauern ist nur, dass, wenngleich 
O. auf Vollständigkeit keinen Anspruch macht, in dem 88 Seiten starken, etwas 
mangelhaft broscbierten Büchlein, dio immer weiter: s Interesse findenden Fragen 
der Schilddrüsentuberkulose und des Verhaltens der Schilddrüse bei Lungentuber- 
kulose keine Besprechung erfahren. Fr. W. Massur, Stettin. 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 125 


15. H, Stursberg-Bonn. Technik der wichtigsten Eingriffe in der Be- 
handlung innerer Krankheiten. Ein Leitfaden für Studierende und Ärzte 
mit 45 Abbildungen im Text. Bonn 1917. A. Marcus und E. Webers Verlag. 
Preis geh. M. 5,40, geb. M. 6,40. 

Das kleine Buch behandelt die Technik der Punktionen und Injektionen, 
Drainage, der Sondenuntersuchung und Therapie der Speiseröhre und des Magens, 
den Katheterismus und die einfachen örtlichen Behandlungsmetboden der Harnblase. 
Es sind stets nur wenige einfache Verfahren angegeben. Die Darstellung ist 
klar, die Textfiguren grösstenteils anschaulich. Rosenow. 


l4. Kreuser, Krankheit und Charakter. Verlag Strecker und Schroeder. 

Stuttgart 1916. 

Nach einer kurzen Darlegung der Zusammenhänge von leiblichen und 
seelischeom Werdegang schildert der Verfasser den Einfluss von Krankheiten auf 
die sittliche Persönlichkeit, „Gestörte Lebensvorgänge lösen stets veränderte 
Empfindungen aus.“ Sie beemflussen das Seelenleben und die Eigenart des 
Menschen meistens in ungünstigem Sione. Aus der Geschichte ist dıe entsitt- 
lichende Wirkung der Volksseuchen auf die gesamte Bevölkerung bekannt 
(Schwarzer Tod im 14. Jahrhundert). Eine gewisse „sittliche Schwäche in der 
Erbolungszeit“ zeigt sich vielfach auch bei Einzelindividuen nach der Überwindung 
überıragbarer Krankheiten, z. B. des Typhus. Die fortschreitende Beeinträchtigung 
des Aligemeinbefindens ist bei den chronischen Infektiunskrankheiten, vor allem 
bei der Lungentuberkulose die Ursache der psychischen Veränderungen, deren 
Grad je nach der Eigenart des Erkrankten verschieden ist. Abnahme der Leistungs- 
fähigkeit, Gleichgültigkeit, Mangel an Verantwortlichkeitszefühl, Verdrossenheit 
sind in vielen Fällen mehr und mehr hervortretende Charaktereigenschaften des 
Tuberkulösen. Verf. hält für möglich, dass bei chronischen Lungenerkraukungen 
durch den ungenügenden Gasaustausch eine Rückstauung von Kohlensäure im 
Blut und auf Gıund davon eine Ab-tumpfung des Nervensystems erfolgt. Das 
verzweifelte Angstgefühl des Asthmaanfalles brıngt leicht auch in der anfalls- 
freien Zeit eine stärkere Betonung des Selbsterhaltungstriebes mit sich und macht 
den Kranken ungerecht gegen andere und schwach gegen sich selbst. 

Verf, bebandelt dann nacheinander den Einfluss der Bauchkrankheiten, der 
Stoffwechselkrankheiten, der Vergiftungen — unter ihneu auch den gewohnheits- 
mässigen Gebrauch des Morphiums — sowie der Geschlechtskrankheiten und 
sonstiger Störungen des Geschlechtslebens auf Gemütsleben und Charakterbildung 
des Menscheu. Missstaitungen und Gebrechen, Kraukheiten der Sinnesorgane 
and der Haut, chirurgische Erkrankungen und Unfallfolzen werden ebenfalls kurz 
behandelt. Ausführliches berichtet der Verf. über Nerven- und Geisteskrank- 
heiten. Ein näheres Eingehen auf die Ausführungen über die einzelnen Krank- 
heitsgruppen würde hier zu weit führen. Am Schlusse bringt der Verf. noch 
ein Kapitel] über Abwehr und Abhilfe der infolge des Einflusses von Krankheiten 
zu befürchtenden Charakterschäden. Leunenschloss, Frauenhain. 


15. Statistik der Heilbehandlung bei den Versicherungsanstalten und 
Sonderanstalten der Invalidenversicherung für das Jahr 1915. Bear- 
beitet im Reichsversicherungsamt. Amtliche Nachrichten des Reichsver- 
sicherungsamts 1916. 1. Beiheft. 

Im Berichtsjahr war naturzemäss die Zabi der an Lungen- und Kehlkopf- 
tuberkulose behandelten Versicherten weit geringer wie in den Vorjahren. Die 
Kosten der Heilbehandlung waren dementsprechend ebenfalls geringer. Die Durch- 
schnitt-kosten für den Verpfl«gungstag haben sich seit 1897 in regelmässiger 
Weise gesteigert, so dass der Anstieg von 1913 auf 1914 auf 1915 nicht über 
Gebühr ist. Gemäss 8 1274 der R. V. O. wurden mit Genehmigung der Aufsichts- 
behörde wiederum reichlich Mittel zur Verhütung vorzeitiger Invalidität und zur 
Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse der Versicherten aufgewendet. Sie 


126 Kongress- und Vereinsberichte. 


dienten für die Gemeindekrankenpflege, zur Errichtung von Heilstätten, zur Er- 
richtung und zum Unterhalte von Walderholungsstätten, von Auskunfts- und 
Fürsorgestellen für Lungenkranke, zur Entseuchung von Wohnungen und für 
andere Zwicke. Für Kriegswohlfahrtszwecke, die nicht zum geringsten Teile 
lungenkrank«n Personen zugute kamen, wurden ebenfalls gemäss $ 1274 R.V.O, 
erhebliche Summen ausg-geben. Das Netz der Vorstationen zur Fernhaltung 
unzeeigneter Personen (nicht tuberkulöse, zu weit vorgeschrittene) von den Heil- 
stätten wurde weiter auszebaut, Durchgangsstationen sorgten für ein geeignetes 
Unterkommen während der Wartezeit. Tuberkulöse und g.fährdete Kınder, die 
Waısen- oder Rentenempfanger sind, konnten in grüsserem U’mfange Heilstütten 
oder Erholungsheimen überwiesen werden. 

Die Heilerfolge waren gut. 87°;o der Männer und 91°/o der Frauen wurden 
nach abgeschlossener Heilbehandlung gemäss $ 1255 R. V.O. als erwerbsfähig 
entlassen. Hans Müller. 


16. Der praktische Desinfektor. Organ des Deutschen Desinjektoienbundes, 

Verlag E. Deleiter. Dresden. Abonnementapreis M. 3 jührlieh. 

Die Zeitschrift, von der uns Nr. 1 des neuen Jahrganges vorliegt, hat gewiss 
auch Bedeutung für die Tuberkuloseprophylaxe, da sie zur umfassenderen Bildung 
unserer Desinfektoren beiträgt. 

Sie wird ihren Stuff durch allgemein-verständliche Abhandlungen aus dem 
Gebiete der Sterilisation und Laboratoriumsforschung bereichern. Schröder. 


17. F. Köhler, Die Tuberknloseforschung in den Krirgsjahren. Ergebnisse 
der Tuberkuloseforschung. 1917. II. 4. Bepetitorien-Verlag Leipzig. 

Im 4. Ileft seiner „Ergebnisse der Tuberknloseforschung“ bringt K. Referate 
über die wichtigsten pathulogisch-anatomischen und Hhysikalischen: Arbeiten des 
Jahres 1914 aus dem Gebiet der Tuberkulose. Die Referate sınd übersichtlich 
nach den einzelnen Organen geordnet. Berlin, Schömberg. 


H. Kongress- und Vereinsberichte. 


3. Sitzungen des Hamburger ärztlichen Vereins vom 28. XL. 1916 
und 28. II. 1917. 
(Ref. Rumpf, Altona.) 


In der ersten Sitzung stellt Herr Wichmann 

l. eine Kranke vor, bei der es nach einer bazillären Lungentuberkuluse zu 
einem aufsteizenden Kehlkopfprozess gekomn.ien war, der vor Jahren die Tracheo- 
tomie nötig machte. Von der Tracheotumi-wunde aus wurde die Haut infiziert 
in Form eines Lupus serpiginosus. Diese Hautaffektion heilte teıla spontan, 
teils durch Strahlentherapie und gleichzeitig heilte die Lungen- und Kehlkopt- 
tuberkulose vollkommen aus. Der Fall ist bemerkenswert, weil er die Anti- 
körperwirkung der Haut auf die Bazilleninvasion illustriert. Die 
Bedeutung dieses Vorganges ist praktisch von grösster Wichtigkeit: die Ponndor'ft- 
sche Behundlung basiert auf ihr, ist aber noch viel zu weg allgemein bekannt. 

2. Exantheme der Tuberkulose. 

2) Ein 9jähriges Mädchen mit disseminiertem fleckenförmigen mit zentralen 
narbigen Depressionen einhergehenden Ausschlag im Gesicht und an den Ex- 
tremiıtäten, 

b) Eine 35 jährige Patientin mit symmetrisch unterhalb der Augen und in 
der Schlüfengegend angeordneten hlauroten, pastösen Herden von Linsen- bis 
Markstückgrösse (Angiolupoid). 


‚Kongress- und Vereinsberichte. | 127 


c) Einen Il jährigen Knaben mit auf beiden Händen symmetrisch entwickelten, 
serpiginösen, aus Papeln zusammengesetzten Herden. Der Fall wurde als Granu- 
loma annulare von Dr. Brinitzer diagnostiziert. 

In allen 3 Fällen a), b), c) bestand hereditäre Belastung mit Tuberkulose; 
die lokale Tuberkulinreaktion erwies sich als stark positiv; sıe wurde in Form 
der vergleichenden Intrakutanreaktion in Normalhaut und Krankheitsherd aus- 
geführt. Autor hat diese Methode seit 1 Jahr in der Weise ausgrarbeitet, dass 
er bei Kindern für jede Injektion ł/⁄100 bis !/ıooo mg, bei Erwachsenen ?/io bis 
tio mg Alttuberkulin in je 0,1 ccm Flüssigkeit einspritzt. Zum Vergleich wird 
ferner physiologische Kuchsalzlösung in gleicher Flüssigkeitsmenge in Normal- 
haut und Kranklıeitsherd eingespritzt. 

-Zur Diagnose der Tuberkulide ist diese Methode un so wertvoller, als es 
ja nur hörh»t selten gelingt, die Bazillen nachzuweisen. Bei Anwendung der 
gubkutanen Reaktion würden grosse Dosen nötig sein, um die 'Tuherkulide zur 
Reaktion zu bringen. Dirse Methode ist daher (besonders bei Kindern!) gefähr- 
lich und besser nicht anzuwenden. Die kutauen Reaktionen ergeben ein unzu- 
verlässiges Resultat, da sie nicht quantitativ verwertbar sind. 

Histologisch zeigt nur der Fall a einen deutlich tubeskuloiden Bau mit Er- 
weichbungsherden. Im Falle b und c ist dieser Bau nur angedeutet. 

In der zweiten Sitzung stellt Herr P. Wichmann ein 14 jähr. Mädchen 
vor, das seit dem 2. Lebensjahr einen vorgeschrittenen Gesichtslupus aufwies. 
Das untere Drittel der Nase, die Oberlippe waren zerfre-sen: beiderseits bestanden 
Hornhautgeschwüre, sowie eine starke Eutzündung der Lider. Infolge der be- 
stehenden Lichtscheu war Sehen fast unmöglich, so dass das Mädchen auf Führung 
angewiesen war. Das Kınd ist lediglich mit Tuberku.inimpfung nach Ponndorf 
behandelt worden, welche im Verlauf von 5 Monaten 4 mal durchgeführt wurde 
und Zeigt jetzt eine ideale Abheilung bis auf relativ geringe Lupus- 
reste; Äusserlich hat keine Behandlung stattzefunden, Histologisch 
sieht man, wie ein neugebildetes Jymphozytenreiches Granulationsgewebe gegen 
die tuberkulösen Herde vord:ingt. 

Im ganzen wurden 55 Kranke mit Haut-, Schleimbaut- und Knochentuber- 
kulose der Behandlung nach Ponndorf unterzogen; in Y Fällen fand eine deut- 
liche glinstige Beeinflussung der Tuberkulose statt. Eine derartige erfolgreiche 
Einwirkung wie in dem oben dargelegten Falle hat Autor auf Grund seiner Er- 
fahrungen bei anderen Tuberkulinmethoden nicht feststellen können, auch muss 
betont werden, dass diese Methode ungefährlich ist. Wenn im Vergleich zu den 
von Ponndorf veröffentlichten Ergebnissen die Anzahl der günstigen Erfahrungen 
procentualiter geringer ist, so kann dies nicht nur in dem verschi-denartigen 
Material bedingt sein, sondern liegt in dem einer jeden Tuberkulinmethode eigenen 
Fehler begründet, dass nicht immer ein Tuberkurin verwandt wird, auf welches 
die Rez: ptoren der Tluberkulose-Antikörper des betr. Patienten passen. 

Autor verwendet daher seit Monaten zur B-handlung einen Extrakt, der 
aus den Lymphdrüsen des betr Patienten selbst hergestellt ist. (Aktive und 
passive Immuni-ierung durch „Eigen Extraktbehandlung“). Demonstriert 
wird ein 24jühriger junger Mann, der einen Lupus der Nase aufwies und nun 
durch Verabfolgung ein-s aus seiner exstirpierten submeutalen Lymphdrüse ge- 
wonnenen Extraktes geheilt ist. 


4. Mitteilungen der Gesellschaft für innere Medizin und Kinder- 
heilkunde, Wien 1917, Nr. 1. 
(Ref. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.) 

G. Nobl: Seltenere Formen der Hauttuberkulose und Ent- 
wicklungshemmungen der Haut. 

Vortr. ist der Meinung, dass die allzemeiue Decke den Zusammenhang mit 
dem Gesamtorganısmus noch Dicht gänzlich einzebüsst hat, was die Demon- 
stration von Hauıkranken in der Gesellschaft für innuere Medizin rechtfertigt. 


125 Kongress- und Vereinsberichte. 


Demonstration von Akrodermatitis atrophicans = fortschreitender 
Hautschwund. Ergriffen ist die Haut der Beine bis zur Darmbeinhöhe. Livides 
Aussehen, papierdünne Beschaffenheit und Transparenz der Haut; das Durch- 
schimmern der Venen ist auf Rarefizierung der Kutis zu beziehen. Die dem 
schleichenden Entzündungsprozess eigene Beeinträchtigung des elastischen Ge- 
webes wird von manchen Autoren auf dio Einwirkung des tuberkulösen Virus 
bezogen; bewiesen jst diese These nicht. 

Weiters Demonstration von 2 Fällen von Erythema induratum Bazin 
(Tuberculosis indurativa.) Im Fettgewebe sitzende Granulome, welche von throm- 
botischen Venen höherer Ordnung den Ausgang nehmen. Die Knoten zeigen z. T. 
typisch tuberkulösen Bau, z. T. die Sıruktur einfacher entzündlicher Bildungen. 
Bazillennachweis und Tierimpfung gelingen selten; dagegen häufig Einbergehen 
mit anderen einwandfreien tuberkulösen Läsionen (Lupus, Serophuloderma, papulo- 
nekrotisches ‘uberkulid, etc.). Über die spezifische Natur des Leidens kann honte 
kein Zweifel besteben, doch gibt es ganz ähnliche Krankheitsbilder, die mit der 
Tuberkulose nichts zu tun haben. 

Nicht ganz sicher in der Zugehörigkeit zur Tuberkulose ist die Frkrankung 
eines weiteren demonstrierten Falles von Sarkoid-Boeck oder benignem 
Miliarlupoid. Mehrere bis haselnussgrosse, glatte, glänzende, bläulich schim- 
mernde derbe Knoten. Ähnliche Einlagerungen gingen vor 1 Jahr auf Arsen 
restlos zurück. Seit mehreren Monaten Nachschübe. Boeck hält an der tuber- 
kulösen Natur des Leidens fest. 


5. Wissenschaftlicher Verein der Ärzte zu Stettin. Sitzung vom 
7. XI. 1916. Nach Berl. Klin. Wochenschr. 1917, Nr. 9. en) 
(Ref. Berlin, Schömberg) 


Mühlmann berichtet über die ausgezeichneten Erfolge der Röntgen- 
bestrahlung bei einem Fall von Tuberkulose des linken Kniegelenkes und des 
If. Metakaıpus der linken Hand eines 16jährigen Knaben. 

H. O. Meyer: Zur Pathologie der Tuberkulose. 

Die Hauptinfektionspforte sind die Lungen. Daneben kommen im Kindes- 
alter die oberen Luftwege und der Darm in geringstem Masse in Betracht. Die 
Ansiedelung der Bazillen findet in der Lunge direkt durch Aspiration statt. Die 
primären Herde entstehen dann auf hämatogenem Wege. Im Blute sind Tuberkel- 
bazillen nur bei fortschreitender Tuberkulose nachweisbar. Der sicherste Nach- 
weis geschieht durch Meerschweinchenimpfung. Für das Vorhanden:-ein einer 
erworbenen relativeu Immunität und ihren Einfluss auf den Verlauf der chroni- 
schen Tuberkulose sprechen die Ergebnisse der Pirquet’schen Rraktion bei 
Kindern, sowie der verschiedene Verlauf der Tuberkulose bei Erwachsenen und 
Kindern, bei Kultur- und Naturvölkern. Die Lehre von der endogenen Reinfektion 
muss als widerlegt gelten. Ebenso unhaltbar ist die Freund-Hart’sche Lehre 
für die Erklärung der Disposition der Lungenspitzen, wie die neuen Untersuchungen 
von Schultze und Ulrici zeigen. Beachtung verdienen dagegen die Lehren 
Tendeloos zur Erklärung der primären Lokalisation und weiteren Ausbreitung 
der Tuberkulose. Nicols Ansicht von der intraalveolären und intrabronchialen 
Ausbreitung der Tuberkulose bedarf noch der Nachprüfung. 

In der Diskussion spricht Neisser über die Wiederheim sche Theorie 
und die Bacwmeister’schen Tierversuche. Hierzu bemerkt H. O. Meyer, dass auch 
der Wiederheim’schen Theorie für die Erklärung der Spitzendisposition keine Be- 
deutung zukäme, Die Bacmeister’schen Tierversuche sind zu grob, um ohne 
weiteres auf die Verhältnisse bei der Eintstehung der menschlichen Spitzentuberkulose 
übertragen zu werden, 


Um Einsendung von Monographien. und Büchern an modei Redakteur Dr. G. Schröder: 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O0.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten, 








- AR > _ zn 200 on on 











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Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


-Dr. Ludolph Brauer 


Dr. Oskar de la Camp 


Dr. G. Schröder 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 0. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 


Krankenhauses Eppendorf in 


Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg, 








Hamburg. Klinik. | Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
Redaktion: Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg. 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg. 


Ludwigstrasse 231/,. 


nn EET EREE 


11. Jahrg. 








Ausgegeben am 81. Mai 1917. Nr, 5. 
ąÄ— 





Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.) 


Altstaedt 142, Fürbrinzer 136. 
Aly. H. 142. Gáli, G. 139. 
Assmann 150. Geszti, J. 134. 
Banks, G. 8. 149. Goldstein, I.. 136. 
Beschorner 156. Grau, H. 153. 
Bochalli 146. Giray, E. A 13. 
Brousgaard, F. 144. Grossberker 137. 
Cemach, A. J. 154. Harbitz, F. 132. 


Daus 145. Heymann 146 
Davidsohn, C. 135, Holmbae 140. 
Deycko 142, Horan, M. J. 143. 
Dieterle, R. R. 133. lglauer, 8. 143. 
Dowd, Ch. M. 132. Mel, B. 141. 
Entenener, A. 143. Joues. W. R. 135. 


Freund 145. Kollarits, J. 149. 


Koväts, F. 138. 


. Litzner 146. 


Sahlgren, E. 130, 
Salzmann 144. 
Schmidt 144. 
Schwaer 145. 
Seiler, H. 157. 
Sulek, R. 141. 


Krauss 136, 145. 
Leschke, E. 139. 


Miven, J. 146. 
Morton, J. J. 138. 


: Much, H. 151. : Thiem 135. 


Müller, O. 147. 
Nicoll, A 113. 
Olivier, Ch. 142. 


Vogel, K. 135. 
Warnekros, K. 141. 
Weirker, H. 157. 


Orth 135, Wilde, A. 178. 

. Prest, E. E. 150. ‚ Wilmans 139, 
Ranke 130. ' Wilms 143. 
Roecpke 139. Wilson, U. F. 133. 


I. Beferate. 


(Die Zahlen bezielien sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allzemeine Pathologie und pathol. Anatomie, 


23. Ranke, Primäre, sekundüre und ter- 
tiäre Tuberkulose des Menschen. — 237. Har- 
bitz, Die Tuberkulose der Lymphdrüsen und 
ihr Zusammenhang mit der Lungentuberkulose. 
238, Dowd, Tuberculosis of the cervical lym- 
phatics. — 239, Dieterl e, Tuberele bacilli in 
heart clots in miliary tuberculosis. — 240. Wil- 
son, Bacillemia in taberculosis. — 241. Gra y, 
Thrombophlebitis in the tuberenlous. — 242. 
Geszti, Symptomatologio der Veränderungen 
an der oberen Brustapertur. — 243. David- 
sohn, Lungentuberkelfärbung mit Kresylvio- 
lett. — Jones, The Wassermann reaction in 
251 tuberculous cases. 


b) Ätiologie und Yerbreitung. 


245. Orth, Trauma und Tuberkulose, — 
246. Vogel, Trauma und Gelenktuberkulose. — 
247. Krauss, Entstehung oder Verschlimme- 
Füng einer tuberkulösen Erkrankung der Wirbel- 
säule durch Unfall. — 243. Goldstein, Tuber- 
kulöse Erkrankung und Tod — Unfallfolge? — 
249. Thiem, Aufflackern alter Tuberkulose- 


1 


| 


herde infolge schweren Eiterfiebers. — 230. 
Fürbringer, Zur Frage der traumatischen 
Nierentuberkulose. — 25l. Grossberger, 
Otiene Luugentuberkulose infolge langdauernder 
Eiterungen vom Thorax entfernt liewender 
Körperteile. — 252. Wilde, Lungentuberku- 
lose als Folge eines über dreiviertel Jahre 
zurückliegenden Unfalls anerkannt. — 233, 
Kovats, Die Verbreitung der Tuberkulose 
bein Volke. 


c) Diagnose und Prognose. 


254. Morton, A rapid method for the 
diagnosis of renal tuberculosis by the use of 
the X-rayed guinea pig. -- 255. Sahlgren, 
Okkulte Blutungen bei Darmtuberkulose. — 
238. Gäli, Die klinische und prognostische 
Bedoutung der Much-Formen der Tuberkel- 
bazillen. — 257. Wilmans, Lungentuberku- 
lose oder Lungensyphilis ? 


d) Therapie. 


258. Roepke, Tuberkulosetherapeutische 
Zeit- und Streitfragen, — 259, Sulek, Tubor- 


Internat. Centralbl. f, Tuberkulose-Forschung. 11. | 9 


130 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


kulose und Schwangerschaft. — 260. Illel, Jahr 1915. — 275. Daus, Die Militärlungen- 
Lungentuberkulose bei gleichzeitiger Schwan- | heilstätte Juditten (Ostpr.). — 276. Mjoen, 
gerschaft. — 261. Warnekros, Ausschaltung | Jahresbericht des neuen Sanatorium Grefaen 
der Genitalfunktion und ihr Einfluss auf die (Norwegen) für das Jahr 1915. — 277. Holm- 
Lungentuberkulose der Frau. — 262. Olivier, boe, Rekonvaleszenten aus den Tuberkulose- 
Tuberculose pulmonaire et stérilisation. — 263. sanatorien. — 278.Heymann, Walderholungs- 
Aly, Sperifische Therapie und Diagnostik der | stätte ohne Verpflegung. — 279. Bochalli, 
Tuberkulose in Geburtshilfe und Gynäkologie. | Bericht über das Kaiserin Auguste Viktoria- 
— 264. Deyceke und Altstaedt, Tuberku- | Sanatorium für Jungenkranke Frauen des Mittel- 
losebehandlung mit Partialantigenen. — 265. standes für die Zeit vom 1. Juli 1913 bis 31. 
Wilms, Halsdrüsentuberkulose und Lazarett- Dezember 1914. — 280. Litzner, Wer gehört 
behandlung. — 266. Nicoll und Horan, Cli- in die Lungenheilstätte? 

nical notes from the first surgical division of 


Sea View Hospital. — 267. Iglauer, A plea g) Tuberkulose und Krieg. 


for the electro-cautery in the treatment of | Sl. Müller. Konstitution und Kriegs- 
laryngoal tuberculosis | dienst. — 282. Derselbe, Tuberkulose und 
$ ‚ Kriegsdienst. — 283, Kollarits, Krieg und 

6) Klinische Fane: | Tuberkulose. — 284. Leschke, Weitere Er- 

268. Bruusgaard, Ulcera tuberkulosa  fahrungeu über die Tuberkulose im Kriege. — 

am Dorsum Penis. Lymphstrang-Taberkulose. — : 283, Banks, Tuberculous cases on active ser- 


29. Salzmann, Eigentümliche Verletzung vice. — 286, Prest, Tuberculosis and the war. 
durch ein Artilleriegeschoss, dadurch primäre In 287. Assmann, Die militärärztliche Unter- 
Darmtuberkulose. — 270. Schmidt, Zwerch- | suchung und Beurteilung Tuberkulöser im 
fellschussverletzungen. — 271, Entenener, | Kriege. — 288. Much, Tuberkulose. — 289. 
Über Gasempyeme. — 212. Krauss, Ver- . Grau, Kriegstrauma und Lungentuberkulase. — 
schlimmerung einer fungösen Erkrankung des 290. Derselbe, Die Tuberkulosegefahr des 
Kniegelenks durch einen Unfall.— 273. Freund ; Krieges. — 291. Cemach, Die Unterbringung 
und Schwaer, Zwerchfellbernie und Pyo-  tuberkulöser Soldaten im vorgeschrittenen 
pneumothorax nach Lungenschuss, Stadium. — 292. Bekämpfung der Tuberkulose, 
“ Errichtung von Fürsorgestellen. — 293. Be- 
schorner, Beitrag zur Ernährungsfrage der 
Tuberkulösen im Kriege. — 294. Weicker 

Beschäftigung und Beaufsichtigung der Jungen- 
kranken Mannschaften in der Lungenheilstätte. 


f) Heilstättenwesen, Fürnorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhiüuser. 

274. Jabresbericht für den Norwegischen 

Nationalverein gegen die Tuberkulose für das 


lI. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


18. H. Seiler, Die Tuberkulose nach der Nachrichten. Siebenter Jahrgang. 1915/1916. 
Todesursachen-, Erkrankungs- und Versiche- 2. Heft. — %. Anti-Tuberculosis Bnlletin. 
rungsstatistik und ihre Bedeutung für die | Published by the Philippine Islands Anti- 
Volkswirtschaft, insbesondere für das Ver- | Tuberculosis Society, Manila. 
sicherungswesen. — 19. Medizinalstatistische 


nn nn 


I. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


236. Ranke, Primäre, sekundäre und tertiäre Tuberkulose des 
Menschen. M. m. W. 1917 8. 305—508. 

R. setzt in seinem Vortrage — (gehalten im ärztlichen Verein Mün- 
chen) — seine bekannten Studien über die primäre, sekundäre und tertiäre 
Tuberkulose des Menschen in sehr lesenswerter \Veise auseinander: 

Sobald eine Erkrankung anatomisch kenntlich ist, handelt es sich 
immer schon um eine in sich geschlossene Gruppe von Veränderungen, 
die R. als den primären Komplex bezeichnet. Dieser primäre Komplex 
(primäres Stadium der Tuberkulose) setzt sich zusammen aus einem Pri- 
märaffekt an der Infektionsstelle und aus den zugehörigen Metastasen in 
den abfübrenden Lymphbahnen. Hier können sich überall tuberkulöse 
Herde und Herdchen bilden. Dabei gelten zwei Gesetze: 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 131 


1. Die Drüsenmetastasen verbreiten sich in den bintereinanderfolgenden 
Lymphdrüsen weiter, aber der Grad der Erkrankung nimmt mit 
der Entfemung des Herdes ab, solange es sich um einen isolierten 
Komplex handelt. 

2. Das Gesamtvolumen der Drüsenmetastasen erreicht oder übertrifft 
das Volumen des Primäraffektes. 

Histologisch kann als bewiesen angesehen werden, dass exsudative 
und proliferative Vorgänge bei jeder tuberkulösen Veränderung immer Hand 
in Hand gehen, Beim primären Stadium der Tuberkulose beginnt die Entwick- 
lung zunächst mit einer Exsudation, dann überwiegt aber die Proliferation. 
Es entwickelt sich ein typisches tuberkulöses Granulationsgewebe mit allen 
Folgeerscheinungen: Wuchern, Quellen, Verfall der Bindegewebszellen etc. 
Schliesslich befällt den ganzen primären Komplex eine eigenartige fibrös- 
hyaline Umwandlung. Nekrotische Partien verkalken und versteinern. 

Im sekundären fortschreitenden Stadium treten zwei neue Züge hervor: 
1. Die Ausbildung hämatogener Metastasen und 2. das zeitweise Auf- 
treten einer akuten exsudativen Entzündung in den Randzonen bis dahin 
ausgebildeter Herde an Stelle der Wucherungsvorgänge. Der Entzündung 
folgt dann die Erweichung und der Durchbruch, aber auch die Resorption 
als neue typische Heilungsform kann eintreten. Mit den Durchbrüchen 
tritt dann neben der Verbreitung auf dem Lymph- und Blutwege die 
Metastasierung in alle pröformierten Röhren- und Höhlensysteme (die 
sog. intrakanalikuläre Metastasierung) ein. So kommt die Tuberkulose 
in ein Stadium der Generalisation. 

Wichtig ist ferner, dass im sekundären Stadium häufig ein Einbruch 
von toxischen Substanzen in das Blut erfolgt, nachdem öfters Tuberkulide 
auf der Haut, schmerzhafte Schwellungen oder Entzündungen beobachtet 
werden, Dieses II. Stadiura ist dem exanthematischen Stadium der akuten 
Infektionskrankheiten, aber auch z. B. der Lues, nahe analog. 

Im tertiären Stadium und in den Übergangsformen treten die spon- 
tanen Giftempfindlichkeitsreaktionen zurück. Eine zunehmende Unemp- 
findlichkeit und eine sich allmählich entwiekelnde Immunität tritt in den 
Vordergrund. In der Hauptsache sind es wiederum zwei Veränderungen, 
die sich dabei nach und nach einstellen: 1. das allmähliche Zurücktreten 
der humoralen Metastasierungen und 2. das Zurücktreten der akuten 
perifokalen exsudativen Reaktionen. Bei letzteren können aber das 
Kontaktwachstum und mit ihm die intrakanalikuläre Metastasierung im 
Organ selbst ungestört fortbestehen. 

Die histologische Untersuchung der Lymphdrüsen ergibt, dass die 
Iymphogene Metastasierung selbst in den nächstgelegenen Drüsen, wenn 
nicht ganz ausbleibt, so doch abortiv geworden ist. Das Wachstum der 
Zellen um die Tuberkel verhält sich wie die Wucherungen um leblose 
Fremdkörper. Den in die Drüsen abtransportierten Bazillen fehlt in 
diesem Stadium die Fähigkeit, sich zu vermehren und Gifte zu produ- 
zieren. Hier rind die sicheren Spuren einer humoralen Immunität. 

Mit dem Hervortreten der Folgen dieser bumoralen Immunität nimmt 
die generelle Empfänglichkeit der Organe zu tuberkulösen Erkrankungen 
ab. Der Einfluss zu Organdispositionen tritt hervor. 

R. weist dann noch darauf hin, dass die Veränderungen der che- 
misch-physikalischen Grundlage des tuberkulösen Prozesses, die den ein- 


gr 


—_— -m 


132 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


zelnen Etappen entsprechen, nicht sprungweise erfolgen, sondern allmählich. 
Hervorzuheben sei auch, dass nicht jede menschliche Tuberkulose alle 
diese möglichen Stadien durchlaufen muss. Bredow, Ronsdorf. 


237. Francis Harbitz, Über die Tuberkulose der Lymphdrüsen 
und ihren Zusammenhang mit der Lungentuberkulose. Det 
norske videnskapsselskaps skrifter, maltem.-naturv. Klasse 1916 
Nr. 14. 

Das Material entstammt den letzten 15 Jahren und umfasst im 
ganzen 2906 Obduktionen. Unter diesen obduzierten Fällen waren 203 
(7°/o), wo man eine erhebliche, vermutlich primäre, weit vorgeschrittene 
Lymphdrüsentuberkulose fand [unter den obduzierten Erwachsenen 127 
Fälle (5°/o), unter den Kindern 76 Fälle (18,2%). 

Die Gruppe der generell verbreiteten Lymphdrüsentuberkulose wird 
einer genaueren Analyse bezüglich ihres Ursprungs unterworfen. In An- 
sehung der Kinder nimmt der Autor an, dass ein Teil der Fälle einer 
primären Iymphogenen, von der einen Lymphdrüsengruppe zur anderen 
fortschreitenden (bisweilen auch in mehreren Gruppen gleichzeitig auf- 
tretenden) Infektion zuzuschreiben ist; die meisten Fälle aber sind auf 
die erste Infektion einiger Lymphdrüsen zurückzuführen, von denen aus 
die weitere Ausbreitung durch das Blut (auf hämatogenem Wege) sowohl 
nach den meisten Lymphdrüsen wie auch den inneren Organen hin erfolgt. 

Bei Erwachsenen kann die Infektion allerdings auf verschiedenen 
Wegen und zu verschiedenen Zeiten stattfinden, doch verhältnismässig 
selten. Viel allgemeiner ist eine Jymphogene, allmähliche, innerhalb des 
Lymphdrüsensystems von Gruppe zu Gruppe erfolgende Verteilung oder 
Verbreitung, und in vielen Fällen ist auch_bei Erwachsenen eine Infek- 
tion auf hämatogenem Wege in Erwägung zu ziehen, und zwar besonders, 
wenn sich die erste Infektion einer Lymphdrüsengruppe bis auf die Kinder- 
jahre zurückführen lässt. Birger-ÖOverland. 


238. Ch. M. Dowd, Tuberculosis of the cervical lymphatics; a 
study of 687 cases. Journ. A. M. A., 12. Aug. 1916. 

Die Arbeit stützt sich auf 687 Fälle von Tuberkulose der zervikalen 
Lymphknoten, welche vom Verf. oder seinen Assistenten während der 
letzten 22 Jahre operiert und meistens weiter verfolgt wurde. Sie sind 
in drei verschiedene Gruppen eingeteilt: 

452 Fälle gehören dem ersten Stadium an, d. h. die Iufektion war 
von den Gaumenmandeln ausgegangen und hatte zur Entzündung ver- 
schieden grosser Partien von Drüsen geführt. Das durchschnittliche Alter 
dieser Gruppe war 8,3 Jahre. 67 Patienten wurden 6 bis 20 Jahre 
lang weiter beobachtet; 23 bis ins sechste Jahr; 36 bis ins fünfte, 53 
bis ins vierte; 62 bis ins dritte, 65 bis ins zweite und 49 bis ins erste 
Jahr. 98 konnten nicht weiter verfolgt. werden. 91°jo aller dieser 
Patienten waren bei der letzten Untersuchung anscheinend geheilt; 8,75 °/o 
hatten leichte Rückfälle, 0,25°/o (ein Patient) war an interkurrierendem 
Typhus gestorben. 8°/o von all den Vorgenannten hatten während der 
Beobachtungsdauer sekundäre Operationen durchgemacht. Die Erfolge 
bei diesen Patienten sind trotz schlechter hygienischer Verhältnisse so 
befriedigend, wie man sie nur von einer Operation wünschen kann. Park 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 133 


und Krumwiede untersuchten die entfernten Lymphknoten und fanden 
den Typus bovinus in 16 ®/,°/o von Patienten im Alter von 5 bis 16 Jahren. 

Die zweite Gruppe bestand aus Patienten, welche Drüsen entlang 
der ganzen Jugularvene und entlang dem Rande des Kukularis batten 
mit Abszessbildung. Es waren 185 Patienten in den durchschnittlichen 
Alter von 15,9 Jabren. 29 davon wurden 6 bis 20 Jahre lang weiter 
beobachtet, 11 bis zu sechs, 18 bis zu füuf, 14 bis zu vier, 24 bis zu 
drei, 19 bis zu zwei und 10 bis zu einem Jahr. 60 entzogen sich der 
weiteren Beobachtung. 68,2 °/o waren bei der letzten Untersuchung schein- 
bar geheilt, 23,8 °/o hatten kichte Rückfälle 55°/o davon waren an interkur- 
rierenden Krankheiten, teilweise an Tuberkulose gestorben. 28!/,°/o hatten 
zwei oder mehr Operationen durchgemacht. Diese Erfolge stehen weit 
hinter denen der ersten Gruppe zurück. 

Gruppe drei umfasst diffuse Erkrankungen der Lymphknoten und 
tuberkulöse Läsionen an anderen Körperteilen. Die Erfolge waren nicht 
sehr befriedigend, jedoch immerhin ermutigend, da ungefähr ein Drittel 
derselben nach verschiedenen Operationen anscheinend geheilt blieben. 
Unter Operation ist Entfernung der ganzen erkrankten Partie verstanden, 
nicht bloss Eröffnung eines Abszesses. Bei der Operation berücksichtige 
man die normale Anatomie des Halses und vermeide Verletzung, der 
Nerven. Viele Lymphknoten sind einfach hyperplastisch und nicht tuber- 
kulös im wahren Sinne des Wortes. Mannheimer, New York. 


239. R. R. Dieterle, Tubercle bacilli in heart clots in miliary 
tuberculosis. Journ. of Infect. Dis. XIX Nr. 2, Aug. 1916. 
Bei einem Falle von chronischer myelogener Leukämie entwickelte sich 
eine Tuberkulose der zervikalen Lymphknoten und davon ausgehend aus- 
gebreitete miliare Aussaat (Haut, Endokardium). Im Venenblut des rechten 
Herzens fanden sich vier Tuberkelbazillen in 60 Ausstrichen. 
Mannheimer, New York. 


240. U. F. Wilson, Bacillemia in tuberculosis as shown by 
examination of post-mortem clots from heart. Journ. of 
Inject. Dis. XIX Nr. 2, Aug. 1916. 

Verf. untersuchte Blutgerinnsel vom Herzen in einem Falle von all- 
gemeiner Miliartuberkulose, in welchem die Aussaat ungewöhnlich reichlich 
und die Tuberkel relativ jung waren. Patientin, eine Frau von 52 Jahren, 
erkrankte am 21. Oktober 1914 mit allgemeinem Unbehagen, Fieber und 
leichtem Frösteln, zunehmender Toxämie, rasch fortschreitender Anämie, 
Schwäche und Atemnot, aber ohne Zeichen von Lokalisation. Sie starb 
am 29. Nov. 1914. Bei der Autopsie wurden tuberkulöse Läsionen in 
fast allen Organen gefunden. Die weissen Gerinnsel und das Blut vom 
rechten Herzen wurden in Sublimat fixiert, sorgfältig gewaschen und in 
Paraffin eingebettet. Die Schnitte wurden ohne Entfernung des Paraffins auf 
warmes Karbolfuchsin entbracht, gefärbt, mit Methylenblau gegengefärbt, 
gewaschen, auf dem ÖObjektträger getrocknet und in Balsam eingelegt, 
nachdem das Paraffin durch Erwärmen und Xylol entfernt war. Nur vier 
typische, schlanke, mit Knospen versehene, säurefeste Stäbchen wurden 
in dem Gerinnsel gefunden. Schnitte der tuberkulösen Läsionen der übrigen 
Organe wurden in derselben Weise gefärbt und zeigten ähnliche säure- 
feste Bazillen in den fokalen Nekrosen in ungeheurer Zahl. Wenn die 


134 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


übrigen 9 Zehntel des Herzblutes und Gerinnsels dieselbe Anzahl von 
Bazillen enthielten als das Zehntel, welches zur Untersuchung verwandt 
wurde, so waren zur Zeit des Todes in dem Herzen ungefähr 40 Bazillen 
vorhanden. Da die Erkrankung sehr akut verlief und die Bazillen in 
grossen Mengen im Körper verbreitet wurden, konnten sich zu einer ge- 
wissen Zeit nur wenige Bazillen im Blute befinden; dieselben lassen sich 
nur sehr schwer durch Ausstriche, Kulturen oder Tierimpfungen nach- 
weisen. Die Aussichten, Bazillen im strömenden Blute von leichteren 
Fällen von Miliartuberkulose oder von gewöhnlicher Lungentuberkulose 
nachzuweisen, sind natürlich noch viel geringer. 
Mannheimer, New York. 


241. E. A. Gray, Thrombophlebitis in the tuberculous, with 
autopsy. Med. Rec., 7. Okt. 1916. 


Thrombopblebitis wurde 7 mal unter 1400 Fällen von Tuberkulose 
im Chicago Fresh Air Hospital beobachtet; 3 bei Männern und 4 bei 
Frauen. Die 4 Frauen waren im vorgeschrittenen Stadium. Die Saphena 
war in 5 Fällen ergriffen, und zwar beiderseitig. In einem zur Autopsie 
gekommenen Falle, einer 30jährigen Frau mit chronischer, weit vorge- 
schrittener Lungenerkrankung, erstreckte sich die Thrombose in die Venae 
illacae und die Cava inferior. Diese Patientin starb, während die Phlebitis 
noch aktiv war. Eine Frau hatte Phlebitis des Armes, welche sich in die 
Jugularis externa fortpflanzte. Diese Patientin besserte sich nach Aus- 
tritt aus dem Krankenhaus, starb aber nach einigen Monaten. Ein Mann 
befindet sich wohl unter künstlichem Pneumothorax. Der zweite Mann 
ist invalid, hat aber keine Symptome von seiten der Venen mehr. Der 
dritte Mann hat sich von der Lungenaffektion erholt und zeigt nur ver- 
dickte Venen im Unterhautgewebe. In dem zur Autopsie gekommenen 
Falle konnten Tuberkelbazillen in dem Thrombus mit Karbolfuchsin nicht 
nachgewiesen werden, wohl aber mit Pikrinsäure einige Bazillen in dem 
Thrombus der Vena cava und ein Bazillus in der Intima der Vena 
jliaca. Mit der Much’schen Färbung fanden sich in vielen Schnitten der 
Hohlvene Granula. Mannheimer, New York. 


242. Josef Geszti, Symptomatologie der Veränderungen an der 
oberen Brustapertur. Orvosi Hetilap 1916 Nr. 45 —47. 


Eingehende Untersuchungen über die pathologischen Veränderungen 
des knöchernen Ringes, welcher die obere Brustöffnung bildet, sowie der 
benachbarten Teile der kranialen T'horaxpartien. Der Reihe nach werden 
die Symptome der abnormen Schiefstellung (Neigung) der oberen Brust- 
öffnung, die Erscheinungen der räumlichen Verengung der nämlichen Apertur, 
sowie die Symptomatologie der funktionellen Störungen derselben mit 
scharfer Beobachtung geschildert. Da Verf. unter vielen Hundert hierauf 
untersuchten Lungenkranken kaum einige fand, bei denen keine der be- 
schriebenen Veränderungen der oberen 'Thoraxapertur vorhanden gewesen 
wäre, wurde er in der Auffassung befestigt, dass die von ihm geschil- 
derten Abnormitäten mit der individuellen Disposition zur Lungentuberkulose 
in engem Zusammenhang stehen. Ja, sollte man zukünftig die Verbält- 
nisse der oberen Brustöffnung auch bei den noch als gesund geltenden 
genauer beachten, so könnte man Fingerzeige für die Feststellung der 


yet 


Ätiologie und Verbreitung. 135 


erhöhten Disposition zu einer Erkrankung der Lungenspitzen an Tuberkulose 
erlangen. D. O. Kuthy, Budapest. 


243. C. Davidsohn, Lungentuberkelfärbung mit Kresylviolett. 
Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4. 
Kresylviolett eignet sich hervorragend zur Färbung der Übergangs- 
stufen von lebend-entzündeten zum tot-nekrotischen Gewebe tuberkulöser 
Lungen. Ulrich Berlin, Schömberg. 


244. W. BR. Jones, The Wassermann reaction in 251 tuberculous 
cases. Med. Rec., 2. Sept. 1916. 

Unter 251 unausgewählten Fällen, welche in die Tuberkulose-Klinik 
von Seattle kamen, gaben 73 eine positive und 178 eine negative 
Wassermann-Reaktion. Der Prozentsatz der positiven und negativen Reaktion 
war der gleiche bei beiden Geschlechtern, und zwar 70°/o Männer und 
73°/o Frauen. Das durchschnittliche Alter war 33; der jüngste Patient, 
ein Mädchen von 16 Jahren und der älteste, ein Mann von 70 Jahren. 

Mannheimer, New York. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


245. Orth, Trauma und Tuberkulose, Zschr. f. Tbe. 26 H. 4. 


Vier Obergutachten, die im Original nachgelesen werden müssen. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde. 


246. K. Vogel, Trauma und Gelenktuberkulose. Fortschr. d. M., 
20. Jan. 1917. | 

Ein lesenswerter Beitrag zur Lehre von der traumatischen Gelenk. 
tuberkulose, die noch manche streitige Punkte enthält. Die traumatische 
Gelenktuberkulose kann nach V. (früher in Bonn, jetzt in Dortmund) 
bei bis dahin vollkommen gesunden oder wenigstens tuberkulosefreien 
Menschen auftreten (auf dem Blutwege). In den weitaus meisten Fällen aber 
handelt es sich um traumatische Metastasierung eines okkult oder manifest 
bereits vorhandenen 'tuberkulösen Herdes. Eine dritte Form kommt da- 
durch zustande, dass ein Traumia ein Gelenk trifft, in dem, vor allem in 
den Epipbysenknochen, schon vorher ein latenter tuberkulöser Herd sass. 
Klinisch sind die drei Formen schwer zu trennen. Was die Art der an- 
geschuldigten Traumen anlangt, so bedingt nach V. ein leichtes Trauma 
die Erkrankung eher und viel häufiger als heftige Einwirkungen; schon 
ein einmaliges leichtes Trauma kann genügen, Dass Gelenktuberkulose 
auch nach schweren Traumen entstehen kann, soll aber nicht geleugnet 
werden. 

Was die „Brücke“ von Erscheinungen zwischen Unfall und Erkran- 
kungen hetrifft, so meint V., man dürfe sich auf ein solches Schema, so- 
wohl bezüglich der Zeit als der deutlich erkennbaren Zeichen nicht allzu- 
sehr festlegen. Er führt einen charakteristischen Fall dafür an, deren er 
mehrere gesehen haben will. Es muss von Fall zu Fall entschieden werden, 
je nach Befund und Zuverlässigkeit der Angaben. 

Zum Schluss kommt V. auf die Bedeutung des Traumas für das 
Auftreten von Rezidiven früherer Gelenktuberkulosen (Fungus) und für 


136 Ätiologie und Verbreitung. 


die Metastasierung fungöser Prozesse vom Gelenk aus in den übrigen 
Körper. Meissen. 


247. Krauss-Reutlingen, Entstehung oder Verschlimmerung einer 
tuberkulösen Erkrankung der Wirbelsäule durch einen an- 
geblich beim Montieren einer nn geschehenen Unfall. 
Mschr. f. Unfallhik. 1916 Nr. 

Ausgedehnte Mitteilung des ae einschlägigen Aktenmaterials 
über einen Fall, wo längere Montagearbeiten in gebückter Haltung als 
Unfall und Ursache für eine Wirbeltuberkulose beansprucht wird. Ur- 
sächlicher Zusammenhang und auch Verschlimmerung wurden abgelehnt, 
da besagte Tätigkeit weder im juristischen Sinne, noch im medizinischen 
als Unfall oder Gewerbekrankheit anzusehen ist. Geinitz, Tübingen. 


248. I. Goldstein-Aachen, Tuberkulöse Erkrankung und Tod — 

Unfallfolge? Mschr. f. Unfallhlk. 1916 Nr. 10 

Es handelt sich um einen jungen Menschen, bei dem eine tuberkulöse 
Fussgelenksentzündung nach Betriebstrauma entstanden, durch Amputation 
geheilt und entsprechend entschädigt war. Pat. erkrankte dann fast eiu 
Jahr später an Tuberkulose des Beckens und der benachbarten Organe 
und kam daran im Laufe der nächsten 11 Monate ad exitum. Jm Gegen- 
satz zu drei anderen Begutachtern, auf deren Urteil hin die Hinterbliebenen- 
rente bewilligt war, lehnt Verf. den ursächlichen Zusammenhang dieser 
zweiten zum Tode führenden Erkrankung mit dem Unfall mit Recht ab. 

Geinitz, Tübingen. 


249. Thiem-Cottbus, Aufflackern alter Tuberkuloseherde infolge 
schweren, durch einen Unfall hervorgerufenen Kiterfiebers. 
Mschr. f. U nfalthik. 1915 Nr. 11. 

Es handelt sich um einen Mann, der durch Sturz von einem Dach 
eine komplizierte Fuss- und Unterschenkelfraktur davongetragen hatte, die 
zur Vereiterung kam, die Amputation nötig werden liess und auch noch eine 
metastatische Vereiterung eines Handgelenkes verursachte. Fast drei Jahre 
nach dem Unfall trat eine doppelseitige Nebenhodentuberkulose und eine 
tuberkulöse Mastdarmfistel auf, sowie eine eigentümliche Anschwellung des 
Stumpfes, die von Th. mit grosser Wahrscheinlichkeit auch als tuberkulöser 
Natur angesprochen wird. Der unter den Zeichen. von Marasmus bald 
eingetretene Tod wird von Th. als Unfallfolge beurteilt, da durch das 
Eiterfieber latente Tuberkuloseherde reaktiviert worden wären und zur 
Aussaat und weiteren tuberkulösen Erkrankung, die den Tod verursachte, 
geführt hätten. Geinitz, Tübingen, 


250. Fürbringer, Zur Frage der traumatischen Nierentuber- 

kulose. Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 

Bei der Häufigkeit der Nierentuberkulose ist die Seltenheit ihres 
traumatischen Ursprungs im Vergleich zu sonstigen traumatischen Nieren- 
erkrankungen und zur traumatischen Lungentuberkulose auffallend. In 
der Literatur finden sich 13 Fälle, bei denen durch ein Trauma eine 
Nierentuberkulose direkt verursacht oder aus der Latenz in das akute 
Stadium gerückt ist. Als Trauma kommen Quetschungen und schwere 
subkutane Sprengungen durch Stoss, Sprung, Sturz oder körperliche An- 


enan 


Ätiologie und Verbreitung. 137 


strengungen in Betracht. So gelang es auch im Tierexperiment Nieren- 
tuberkulose zu erzeugen. Den Tieren wurden nach digitaler Quetschung 
der Nieren oder vorübergehender Kompression ihrer Gefässe und des Harn- 
leiters Tuberkelbazillen intravenös und subkutan injiziert. Pels-Leusden 
gelang es durch Injektion von Tuberkelbazillen in die Nierenarterien 
Nierentuberkulose zu erzeugen. Er schliesst daraus: „es sei eine Kontusion 
oder sonstige örtliche Schädigung des Organs nicht nötig, vielmehr mög- 
lich, dass das irgendeinen tuberkulösen Herd im Körper treffende Trauma 
vermöge einer Verschleppung von mobil gemachten bazillenhaltigen Ge- 
webstrümmern in die Blutbahn nun Nierentuberkulose erzeuge“. F. be- 
richtet über einen Fall, bei dem der begutachtende Arzt die Abhängig- 
keit einer tödlich verlaufenen Nierentuberkulose von einem den Hoden 
betreffenden Unfall als wahrscheinlich angenommen hat. F. hat in 
‚seinem Obergutachten diese Abhängigkeit verneint. Der Unfallverletzte 
hatte sich durch Sturz eine Quetschung des Hodens zugezogen und im 
Anschluss hieran eine Hodentuberkulose bekommen, die die Kastration 
erforderlich machte. 17 Monate nach dem Unfall starb er an einer Nieren- 
tuberkulose. Zur Zeit der Operation bestanden keinerlei Zeichen einer 
tuberkulösen Blasenerkrankung. F. lehnt daher eine Abhängigkeit der 
Erkrankung der Niere von der Hodentuberkulose im Sinne eines aszen- 


dierenden Prozesses ab und schliesst sich der Ansicht Israels an, dass 
es sich in solchem Falle — gleichzeitige Tuberkulose der Niere und des 
Genitalapparats bei Intaktheit der Blase — um zwei voneinander unab- 


hängige, auf hämatogenem Wege entstandene Aflektionen handle Auch 
einen Zusammenhang von Nierentuberkulose und Hodentrauma im Sinne 
des Versuchsergebnisses von Pels- Leusden, dass nämlich durch die 
Queischung bazillenhaltige Gewebsbröckel aus dem Hoden auf der Blut- 
bahn in die Niere gelangt sind, lehnt F. ab, da die Lunge nicht erkrankı 
ist. Nierentuberkulose hat aller Wahrscheinlichkeit nach bereits zur Zeit 
des Unfalls bestanden. Ulrich Berlin, Schömberg. 


251. Grossberger, Offene Lungentuberkulose infolge lang- 
dauernder Eiterungen vom Thorax entfernt liegender Körper- 
teile. M. m. W. 64. 1917 S. 429—480. 

Im Tuberkulosekrankenhaus der Stadt Stettin wurden 5 Fälle von 
offener Lungentuberkulose beobachtet, bei denen eine langdauernde Eite- 
rung als Ursache für die entstandene Tuberkulose angesehen wurde. Als 
Gründe des ursächlichen Zusammenbanges werden folgende Punkte genannt: 

1. 4 Fälle sind nicht familiär belastet, 

2. 5 waren vor ihrer Verwundung nie brustkrank, ; 

3. die Eiterung dauerte so lange, dass eine erhebliche Schwächung 
des Körpers sehr wahrscheinlich ist, 

4. die Tuberkulose entwickelte sich unmittelbar im Anschluss an die 
Eiterung, 


5. die Tuberkulose entstand bei günstiger Ernährung und Pflege im 
Lazarett, 


6. die Kranken hatten den Feldzug selbst ohne Beschwerden von 
seiten der Lunge ausgehalten. 
Aus diesen Gründen ergeben sich nun folgende Folgerungen: 


1. Lang andauernd-eiternde Wunden auch fern vom Thorax sind 
imstande eine Tuberkulose der Lungen auszulösen, 


138 Diagnose und Prognose. 


2. sorgfältige Isolierung aller Schwerverwundeten und Geschwächten 
von Kranken mit offener Tuberkulose ist notwendig, 

3. jede Prophylaxe ist streng durchzuführen, 

4. Kriegsdienstbeschädigung ist in diesen Fällen für die Tuberkulose 
anzunehmen. Bredow, Ronsdorf. 


252. A. Wilde, Lungentuberkulose als Folge eines über drei- 
viertel Jahre zurückliegenden Unfalls anerkannt. Med. Kl. 
1917 Nr. 11. 

Bei einem Manne tritt °/ Jahr nach einem Unfall — 6 m tiefer 
Sturz auf dierechte Seite, Bruch des rechten Arme, Quetschung der rechten 
Hüfte — plötzlich ein schwerer Bluthusten auf. Über dem rechten Unter- 
lappen besteht Dämpfung mit abgeschwächtem Atemgeräusch und reich- 
lichen Rasselgeräuschen. Da der Pat. vor dem Unfall nach seinen An- 
gaben niemals lungenkrank gewesen ist, ist die Erkrankung als direkte 
Folge des Unfalls anzusehen. Es ist anzunehmen, dass der Unfall durch 
Kontusion der rechten Brusthälfte zu einer Schädigung des Lungengewebes 
geführt hat, wodurch für die tuberkulöse Infektion ein günstiger Boden 
geschaffen wurde. Berlin, Schömberg. 


253. Franz Kovats, Die Verbreitung der Tuberkulose beim 
Volke, ihre Ursachen und Therapie. Gyögyöszat 1917 Nr. 
2 u. 3. 

Bezüglich der Therapie kommt K. zu dem Ergebnis, dass die hygienisch- 
diätetische Behandlung zur therapeutischen Bekämpfung der Volkstuber- 
kulose nicht genüge. Die Tuberkulintherapie ist hingegen fähig, manche 
Krankbeitsfälle zu bessern, ihren Verlauf zu mildern, ja sogar zu heilen. 
Es wäre nötigin jedem Bezirk mit kleinen Spitälern verbundene Dispensaires 
zu errichten, wo die Patienten behufs Einschulung für eine kürzere Frist 
Aufnahme finden könnten, nachher aber ambulant mit Tuberkulin behandelt 
werden sollten. D. O: Kuthy, Budapest. 


c) Diagnose und Prognose. 


254. J. J. Morton, A rapid method for the diagnosis of renal 
tuberculosis by the use of the X-rayed guinea pig. Journ. of 
Experim. Med., Okt. 1916. 

Nach den Beobachtungen von Murphy und Ellis werden weisse 
Mäuse durch Röntgenbestrahlung empfänglicher für Infektionen mit bovinen 
Bazillen als normale Tiere. Verf. bestrahlte Meerschweinchen verschieden 
lang und verschieden stark, um zu sehen, ob ihr Widerstand gegen tuber- 
kulöse Infektion dadurch herabgesetzt werden könnte. Diese Tiere ver- 
trugen grosse Dosen von Röntgenstrahlen, ohne Schaden zu erleiden. Die 
weissen Blutkörperchen nahmen nach einer massiven Bestrahlung um die 
Hälfte ab, ganz besonders die lymphoiden Zellen. Wenn diesen Tieren 
tuberkulöser Urin eingespritzt wurde, so entwickelten sie ausgesprochene 
tuberkulöse Läsion in viel kürzerer Zeit als normale Meerschweinchen. 
Dieser Erfolg trat ein, gleichgültig ob die Einimpfung vor oder nach 
der Bestrahlung stattgefunden hatte. Wenn die Tiere 10 Tage nach der 
Einimpfung getötet wurden, so fanden sich Läsionen hauptsächlich in Leber, 
Milz und mesenterialen Lymphknoten. Mannheimer, New York. 


Therapie. 139 


255. E. Sahlgren, Okkulte Blutungen bei Darmtuberkulose. 

Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1916 H. 3 S. 295. 

In 40 Fällen von Darmgeschwüren fiel die Blutprobe 32 mal positiv 
aus, unter 120 Tuberkulösen mit und ohne Darmerscheinungen 88 mal. 
Die Guajakprobe ist nicht empfindlich genug, vielmehr muss man die 
Benzidin- oder Phenolphthalinprobe anwenden. Leschke, Berlin. 


256. Geza Gali, Die klinische und prognostische Bedeutung der 
Much- Formen der Tuberkelbazillen. Orvosi Hetilap 1917 
Nr.5 u. 6. 

Diese Bedeutung ist auf Grund der Untersuchungen G.’s sehr hoch 
zu bewerten. Durch den Nachweis der Much’schen Granula wird die 
spezifische Diagnose in manchen Fällen erhärtet. Bezüglich der Prognose 
kommt der tüchtige Leiter der Erzherzog Josef-Heilstätte in Bek6&3-Gyula 
zu demselben Ergebnis, zu welchem Ref. und Pekänovich in einer 
gemeinscbaftlichen Arbeit früher gelangten, d. h. dass das Vorhandensein 
der Much-Granula auf eine Benignität des Falles hinweist. 

| D. O. Kuthy, Budapest. 


257. Wilmans, Lungentuberkulose oder Lungensyphilis? M.m. W. 

63. 1916 S. 1481—1482. 

W. weist auf die Wichtigkeit der Differentialdiagnose zwischen Lungen- 
tuberkulose und Lungensyphilis hin. Als Beweis der Wichtigkeit führt 
Verf. verschiedene Krankengeschichten an. Katarrhalische Lunganerkran- 
kungen bei fehlendem Bazillenbefund sollten Veranlassung sein, nicht nur 
an Tuberkulose zu denken. Von grosser Bedeutung sind Nebenbefunde 
wie Augenmuskellähmungen, Iritis, Keratitis, Knochendellen am Kopf, 
Defekte an der Nase etc. Röntgendurchleuchtung dürfte differentialdia- 
gnostisch unsicher sein ausser bei Verkalkungen. Von Bedeutung ist 
die Wassermann’sche Reaktion, Bredow, Ronsdorf. 


d) Therapie. 


258. Roepke, Tuberkulosetherapeutische Zeit- und Streitfragen. 
Zschr. f. Bahnärzte .1917 Nr. 2. 

Äusserungen über mehrere tuberkulosetherapeutische Gesichtspunkte, 
soweit sie auf die praktische versicherungstechnische Stellungsnahme zum 
Heilverfahrenantrag von entscheidendem Einfluss sind. 

1. Höhenlage eines Kurortes. Das Klima spielt in der Tuber- 
kulosetherapie eine grosse Rolle, wenn auch unsere heutigen Kenntnisse 
von dem Einfluss der einzelnen klimatischen Faktoren auf den tuber- 
kulosekranken Organismus noch rechte Lücken aufweisen. Mit Recht 
wird betont, dass es eine spezifische Einwirkung eines Klimas oder ein 
bestimmtes Klima für Tuberkulose nicht gibt, dass der Phthisiker in jedem 
Klima gesund werden kann. Wenn auch das Hochgebirge den Prophylak- 
tikern und den fieberfreien, fibrösen Formen der Lungentuberkulose be- 
sondere Vorteile bringen kann, so müssten sie erst durch klinische Be- 
obachtungen für die Kur im höheren Gebirge herausgesucht werden. Das 
ist aber als zeitraubend und kostspielig abzulehnen. 

2. Die freien Kurorte. Verf. nimmt ihnen gegenüber einen ab- 
lehnenden Standpunkt ein, namentlich gegenüber der kalkhaltigen Trink- 


140 Therapie. 


quelle des Bades Lippspringe Er hält die Mineralwasser-Trinkkuren für 
zulässige, aber entbehrliche Unterstützungsmittel einer hygienisch-diä- 
tetischen Kur. 

Den Standpunkt, dass die Heilquelle die Hauptsache und hygienisch- 
diätetische Kuren Nebensache seien, verurteilt er, womit man auch im 
vollsten Masse einverstanden sein kann. Die erzieherische Behandlung 
der Tuberkulosekranken in der geschlossenen Anstalt muss ungleich höher, 
als das freie Badeleben in den Kurorten, eingeschätzt werden. Die Ver- 
sicherungsträger sollten Kuren nur dort gewähren, wo durch richtige Aus- 
nützung der anerkannten Kurmittel der bestmögliche Heilerfolg erzielt 
werden kann. Für freie Kurorte mit Trinkkureinrichtungen sind am besten 
die Tuberkuloseformen geeignet, die mit nichttuberkulösen, chronischen, 
mehr oder weniger diffusen Katarrhen oder mit Emphysem und chronischer 
Bronchitis, oder mit Unterlappenprozessen, auch Bronchiektasien, oder mit 
Überbleibseln von trockenen und nassen Rippenfellentzändungen kompliziert 
sind. Von den offenen Tuberkulosen sind höchstens noch die hygienisch 
geschulten, charakterfesten, fieberfreien Kranken geeignet, die eine unüber- 
windliche Abneigung gegen die geschlossene Anstalt haben, die überernährt 
sind und an leichter Eiweiss- und Zuckerausscheidung leiden. 

3. Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne. Die Wirkung 
der Höhensonne beschränkt sich in der Hauptsache auf die Besserung 
bezüglich Beseitigung subjektiver Beschwerden, die Höhensonne vermag 
eine Beeinflussung des tuberkulösen Lungengewebes keinesfalls. Die Höhen- 
sonne ist für die Behandlung der Lungentuberkulose nicht notwendig. 

4. Die Röntgenbestrahlung. Nach den heute geltenden An- 
sichten ist die Röntgenbestrahlung in der Tuberkulosetherapie in der Haupt- 
sache entweder überflüssig oder erfolglos. Die Röntgentherapie bei tuber- 
kulösen Komplikationen der Lungentuberkulose (Drüsen-, Knochen- und 
Gelenkprozesse) ist ohne Bedenken anzuwenden. 

5. Die ambulante Strahlenbehandlung. Verf. nimmt einen 
völlig ablehnenden Standpunkt ein und spricht mit Recht die Befürchtung 
aus, dass Lungenkranke im Vertrauen auf die Heilwirkung der künstlichen 
Höhensonne die richtige Zeit für die Anwendung einer Heilstättenkur ver- 
streichen lassen und dass ihre Lungentuberkulose weiter fortschreitet. 

6. Die hydrotherapeutischen Massnahmen. Der Kranke 
muss sich während der Kur so an die Wasserbehandlung gewöhnen, dass 
er sie auch nach der Kur in irgend einer Form fortsetzt und sich dadurch 
dauernd abhärte. Den Versicherungsträgern ist zu empfehlen, den Be- 
handlungsstätten ihrer lungenkranken Versicherten die methodische Hydro- 
therapie zur besonderen Pflicht zu machen. 

7. Die allgemeine hygienische Schulung. Die Ausführung 
bietet nichts Neues, nur muss auf einen Widerspruch hingewiesen werden, 
Verf. verbietet mit vollem Recht das Ausspucken in die Taschentücher 
und bei der Besprechung der Hustendisziplin empfiehlt er, das Taschen- 
tuch, nicht die Hand, vor den Mund zu halten. Gerade bei den Husten- 
stössen werden tuberkulöse Auswurfteilchen mit grosser Heftigkeit in das 
vorgehaltene Taschentuch entleert, die nach dem Antrocknen den Träger, 
wie die Umgebung, in der gleichen Weise gefährden können. 

8. DieLungenheilstätten. Der therapeutische Wert der deutschen 
Lungenbheilstätten für die Kranken ist ebenso hoch einzuschätzen wie ihr 


Therapie. 141 


prophylaktischer Wert gegenüber der Allgemeinheit. Der Faktor, dass 
mindestens 20°/o der Kranken, die beim Eintritt ia die Heilstätte Tuberkel- 
bazillen im Auswurf nachweisen liessen, sie bazillenfrei verlassen, ist von 
grosser Beweiskraft für die Bedeutung der Heilstätten im Kampfe gegen 
die Tuberkulose. 

9. Die ambulante Behandlung mit Tuberkulin. Den Aus- 
führungen des Verf.’s über die Bedeutung der ambulanten Tuberkulin- 
behandlung für die Versicherungsträger, kann sich Ref. nicht in allen 
Punkten anschliessen. Die Ansicht, dass ambulante Tuberkulinbebandlung 
ein Heilverfahren vollständig ersetzen kann, dürfte wohl nicht allgemein 
geteilt werden. Die Berechtigung, dass die Versicherungsträger die Kosten 
für die Bebandiung und für etwaige bare Auslagen des Kranken (Fahrt 
zum Arzt) übernehmen, dürfte ebenfalls nicht in allen Fällen bestehen. 

Schellenberg, Ruppertshain i. T. 


259. Rich. Sulek, Tuberkulose und Schwangerschaft. Inuug.- 
Diss. Strassburg 1916. 

Bei manifester aktiver Lungentuberkulose ist, gleichgültig in welchem 
Monat, die Unterbrechung der Schwangerschaft indiziert. Die besten 
Resultate ergaben Erkrankungen im I. Stadium (Turban-Gerhardt). 
Von 38 operierten Fällen konnten 33 im Verlaufe von 1 Monat bis 
8 Jahren nachgeprüft werden. Von 19 Fällen im I. Stadium wurden 
18 gebessert, 1 blieb gleich, von 12 Fällen im II. Stadium wurden 8 ge- 
bessert, 3 blieben gleich und 1 ist gestorben. Von 2 Fällen im III. Stadium 
starben beide. (Material der Strassburger Hebammenschule und Privat- 
praxis von H. W. Freund.) 

Empfohlen wird die H. W. Freund’sche Operation, welche durch 
Unterbindung und Resektion der Tuben wohl eine Sterilisation erreicht, 
aber auch der Frau eine Funktionsfähigkeit ihrer Geschlechtsorgane zurück- 
lässt, so dass sie sich nicht verstümmelt und minderwertig vorzukommen 
braucht, Hans Müller. 


260. Bochor Illel, Beitrag zur Frage der Lungentuberkulose 
bei gleichzeitiger Schwangerschaft. Jnaug.-Diss. Jena. 

Von 32 in der Volksheilstätte Carolagrün beobachteten tuberkulösen 
Schwangeren waren den Stadien nach 4 im ersten bis zweiten, 16 im 
zweiten und 4 im zweiten bis dritten Stadium. Es kommt zu günstigem 
Ergebnis der Kur. 15 als erwerbs- bzw. als arbeitsfähig, 16 gebessert, 
2 mit zweifelhaftem Erfolg. Günstige Gewichtszunahmen, bis zu 14,5 kg 
während der Kur. Komnit zum Schlusse, dass eine tuberkulöse Schwangere, 
deren Gewichtszunahme grösser ist als Kind 4 Plazenta, als durch die 
Schwangerschaft nicht gefährdet zu betrachten ist. Tritt für Heilstätten- 
behandlung geeigneter Fälle ein. Kurt Theodor Bingler. 


261. K. Warnekros, Die Ausschaltung der Genitalfunktion und 
ihr Einfluss auf die Lungentuberkulose der Frau. Zschr. 

f. The. 27 H. 1—4. 

Die Lungentuberkulose der Frau macht häufig die Unterbrechung 
der Schwangerschaft erforderlich. Da nach einer blossen Ausräumung 
oft eine neue Konzeption erfolgt und auch eine mit der Ausräumung ver- 
bundene Sterilisation das Fortschreiten des I,ungenleidens häufig nicht auf. 


142 Therapie. 


hält, empfiehlt W. die in der Bum m’schen Klinik schon seit Jahren geübte 
Totalexstirpation des Uterus und beider Ovarien. Dadurch werden einmal 
die den kranken Körper schwächenden menstruellen Blutungen beseitigt, 
zum anderen wird die Lungentuberkulose durch deır durch die Kastration 
bedingten Fettansatz direkt günstig beeinflusst. W. bespricht die Indikations- 
stellung und die Stimmen, die sich für und gegen diese Operation erhoben 
haben. Er hat die 34 Fälle, die seit 1908 in der Bumm’schen Klinik 
operiert worden sind und deren letzter bereits zwei Jahre zurückliegt, einer 
genauen Nachuntersuchung unterzogen. In allen Fällen handelte es sich 
um schwere Erkrankungen der Lungen. 1 Fall ist kurz nach der Operation, 
7 weitere sind meist im Laufe des nächsten Jahres gestorben. In 9 Fällen 
liess sich bei der Nachuntersuchung überhaupt kein pathologischer Befund 
mehr erheben. 13 Fälle zeigten die Erscheinungen einer ausgeheilten 
Tuberkulose und nur 4 Fälle zeigten noch geringe katarrhalieche Er- 
scheinungen, Das subjektive Befinden war in allen Fällen günstig, alle 
Frauen konnten ihren Haushalt versorgen und grossenteils noch andere 
schwere körperliche Arbeit verrichten. Ulrich Berlin, Schömberg. 


262, Charlotte Olivier, Tuberculose pulmonaire et sterilisa- 
tion. Étude à propos de neuf cas, observés au dispensaire anti- 
tuberculeux de la policlinique universitaire de Lausanne. Revue 
médicale de la Suisse Romande, 20. Nov. 1915 S. 799—813. 
Bei der tuberkulösen Multipara der Arbeiterklasse ist neben der 

künstlichen Unterbrechung der Schwangerschaft die Sterilisation vorzu- 

nehmen. In allen Fällen hat die Vornahme der Sterilisation günstig auf 
den weiteren Verlauf der Lungentuberkulose gewirkt. 
Neumann, Schatzalp. 


263. Hans Aly, Spezifische Therapie und Diagnostik der Tuber- 
kulose in Geburtshilfe und Gynäkologie. Inaug.-Diss. Frei- 
burg 1916. 

Verf. zieht aus der Literatur über das angegebene Thema den Schluss, 
dass das Tuberkulin ein wünschenswertes Hilfsmittel der Therapie in Ge- 
burtshilfe und Gynäkologie bildet, dass es aber als Diagnostikum keinerlei 
Bedeutung besitzt. - Hans Müller. 


264. Deycke und Altstaedt, Weitere Erfahrungen in der 
Tuberkulosebehandlung mit Partialantigenen, M. m. W. 64. 
1917. 8. 273—277. 

Verff. besprechen die Erfolge, die sie in 5jähriger Krankenhaustätig- 
keit bei der Tuberkulosebehandlung mit den Partialantigenen — kurz Parti- 
gene — der Tuberkelbazillen gesehen haben. Nach ihrer Statistik sind 
die Erfolge bei der Behandlung der Lungentuberkulose am auffälligsten. 
Von 192 Fällen des I. Stadiums (nach Turban) sind bei allen = 100°/Jo 
positive Anfangserfolge und von 50 Fällen sind bei 47 = 94°/o Dauer- 
erfolge = völlige Arbeits- und Erwerbsfähigkeit erzielt worden. Allerdings 
ist die Zeitdauer des Dauererfolges noch etwas kurz gefasst und erstreckt 
sich auf 3,2 und 1 Jahr (= 9,21 und 17 = 4). 

Entsprechend dem I. Stadium fanden sich beim II. Stadium 84 von 
91 — 920/0 Anfangs- und 23 von 27 = 85’/u Dauererfolge. Ungün- 


Therapie. 143 


stiger stellten sich die Verhältnisse im III. Stadium: 156 von 236 Fällen 
—= 66°/o Anfangs- und 28 von 83 Fällen = 34°;o Dauererfolge. 


Durch die Einwirkung des Partigenverfahrens verloren 66,6°/o des IL, 
64,7°/o des II. und 10,5°/o des III. Stadiums die Bazillen aus dem Aus- 
wurf. Eine besondere Beachtung dürfte die Entfieberung sämtlicher Tuber- 
kulöser (nicht nur Lungenkranker) verdienen — es wurden 76 von 91 
— 84°/o entfiebert. Die Gewichtszunahmen wurden günstig beeinflusst. 


Von den übrigen Tuberkulosen werden die Meningeal- und Darmtuber- 
kulosen zur Partigentherapie nicht für geeignet gehalten. Das übrige 
Material ist noch recht gering. 


Nach allem dürften die Erfolge der Verff, manch einen zur Nach- 
prüfung veranlassen. Vor zu grossem Optimismus ist von vornherein zu 
warnen. Vor allem sind die Dauererfolge von einem grösseren Zeitraum 
abzuwarten. Bredow, Ronsdorf. 


265. Wilms, Halsdrüsentuberkulose und Lazarettbehandlung. 
M. m. W. 64. 1917 S. 29. 


W. begegnete bei Besuch eines mit chirurgischer Tuberkulose belegten 
Militärlazarettes der Tatsache, dass von einzelnen Chirurgen noch immer 
Exstirpationen von Halsdrüsen vorgenommen werden und hebt an Hand 
dieser Tatsache die glänzenden Erfolge der Röntgentherapie hervor, die 
das operative Verfahren durchaus in den Schatten stellt. Die Vorzüge 
der Röntgenbehandlung bestehen darin, dass 1. gewissermassen eine Immu- 
nisierung gegen erneute Infektion stattfindet und 2. dass die Behandlung 
ambulant durchgeführt werden kann. Punkt 1 folgert sich daraus, dass 
im Gegensatz zum cbirurgischen Verfahren Rezidive fast nie beobachtet 
werden. Bredow, Ronsdorf. 


266. A. Nicoll und M. J. Horan, Clinical notes from the first 
surgical division of Sea View Hospital. N. Y. Med. Journ., 

24. Juni 1916. 

Verff. beschreiben aus der chirurgischen Abteilung des Sea View 
Hospitals (N. Y. City) Fälle von ausgedehnter perirektaler Eiterung, aus- 
gedehnter Drüsenvereiterung am Hals mit Fistelbildung alter und frischer 
abdominaler Tuberkulose. Sie wollen damit beweisen, dass man durch 
gründliche Resektion selbst älterer und ausgedehnter tuberkulöser Herde 
lokale Heilung erzielen und die gleichzeitig bestehende Lungenaffektion 
bedeutend bessern kann. Mannheimer, New York. 


267. S. Iglauer, A plea for the electro-cautery in the treatment 
of laryngeal tuberculosis. The Laryngoscope, Okt. 1916. 
Eine warme Befürwortung der elektrokaustischen Behandlung der 
Larynxtuberkulose. Patienten mit gleichzeitiger aktiver Lungentuberkulose 
sind ausgeschlossen. Verf. operiert mit dem Suspensions-Laryngoskop unter 
Kokain-Skopalamin-Morphin-Anästhesie. Nach der Operation werden Eis- 
umschläge gemacht, Eispillen und Orthoform-Insufflationen verabreicht. — 
Gefährliches kollaterales Ödem tritt selten ein. Kaempfer, New York, 


144 | Klinische Fälle. 


e) Klinische Fälle. 


268. E. Bruusgaard, Ulcera tuberkulosa am Dorsum Penis. 
Lymphstrang-Tuberkulose. Norsk Magaz. f. Lægevidenskapen 
1917 Nr. 3. , 

Ein 27jähriger Arbeiter mit zwei 6 X< 4 cm grossen Ulzerationen am 
Dorsum penis, die als luetische angesehen wurden, sich aber als tuber- 
kulöse erwiesen. Seit zwei Jahren war der Pat. wegen tuberkulöser Epidi- 
dymitis bzw. Orchitis behandelt worden. Damals wurden auch Tuberkel- 
bazillen im Urin nachgewiesen. Verf. nimmt an, dass die Krankheit 
wie eine Tuberkulose eines Lymphgefässes angefangen hat. 

Birger-®verland. 


269. Salzmann, Eigentümliche Verletzung durch ein Artillerie. 
geschoss, dadurch primäre Darmtuberkulose. D. m. W. 1916 
Nr. 6. i 


Ein angeblich durch ein blindes Artilleriegeschoss an der rechten 
Schulter getroffener, dann lange bewusstloser Musketier zeigte neben einer 
Wunde auf der rechten Schulter und einem über die Brust verlaufenden 
blutunterlaufenen Streifen erhebliche Motilitätsstörungen beider Arme, 
Störungen im linken Fazialisgebiet und Störungen der Sprache. Es wurde 
eine Gehirnblutung infolge des schweren Falles angenommen, als zentral 
bedingt wurden die Sprach- und die Fazialisstörungen angesehen, die Be- 
wegungsstörungen der Arme als funktionell. Nach völliger Wiederher- 
stellung der Sprache und leichter Besserung der Bewegungsstörungen traten 
Atrophien in Arm- und Handmuskulatur auf, dann Kopfschmerzen, Übel- 
keit, plötzlich Fieber, Durchfall, Katarrhalerscheinungen auf beiden Lungen, 
Exitus. Die Sektion ergab einmal, dass die Verletzung nicht durch ein 
blindes, sondern durch ein scharfes Geschoss bewirkt war, das in der linken 
seitlichen Halsmuskulatur sass und den linken Plexus brachialis komprimierte. 
Rechts ein thrombosiertes traumatisches Aneurysma der Subklavia, das den 
rechten Plexus drückte. Dadurch war der Nervenbefund erklärt. Ausser- 
dem fand sich als Ursache des Todes eine Perforation eines frischen tuber- 
kulösen Geschwüres im Ileum neben älteren gereinigten Geschwüren. In 
der Lunge keine tuberkulösen Herde, nur frische diffuse katarrhalische 
Bronchitis mit kleineren bronchopneumonischen Herden. 

Es liegt also hier einer der seltenen Fälle von primärer Darm- 
tuberkulose vor. S. glaubt, dass die Infektion erst nach der Verwun- 
dung erfolgt ist. Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Verletzung 
und Tuberkulose nimmt S. nicht an. Brühl, Schönbuch. 


270. Schmidt, Über einige Zwerchfellschussverletzungen. M.m.W. 
64. 1917 8. 62—04. 


Die rechtsseitigen Verletzungen des Zwerchfelles sind einfacher und 
prognostisch günstiger, weil hier kompaktere Massen wie Leber, Niere, 
Nierenkapsel vorgelagert sind, während links die Gefahr der Komplikation 
durch eine Zwerchfellbernie, durch die Magen-Darm in die Brusthöhle 
eintreten kann, gegeben ist. Zwei in diesem Sinne beobachtete Fälle werden 
dann beschrieben. Im Anschluss daran bespricht Verf. die Operations- 
möglichkeiten der Zwerchfellhernien. Bredow, Ronsdorf. 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser. 145 


271. Albert Entenener, Über Gasempyeme. Zschr. f. ärztl. Fort- 
bild. 1917 Nr. 3. 

E. bespricht ausführlich 9 Fälle von Gasempyemen, die im Anschluss 
an Schussverletzungen des Brustkorbes mit und ohne Verletzung der Lunge 
entstanden sind. Das Primäre war in allen Fällen ein traumatischer 
Hämothorax, der durch Infektion von anaeroben gasbildenden Bazillen 
putride zersetzt wurde. Die gasbildenden Bazillen, die identisch sind mit 
den Erregern der Gasphlegmone, gelangen in den meisten Fällen durch 
den Schusskanal in den Bluterguss, eine Infektion von der Lunge aus 
ist sehr selten. Die Infektion tritt 4 Tage bis 3 Wochen nach der Ver- 
wuncung auf. Klinisch treten neben den gewöhnlichen Empyemerscheinungen 
sehr bald die Erscheinungen fortschreitender Gasbildung in den Vorder- 
grund: starke Verdrängung des Mediastinums, Herzens und Zwerchfells, 
starke Dispnoe. Entscheidend ist die Probepunktion. Die Therapie be- 
steht in möglichst frühzeitiger, breiter Öffnung. Die Prognose ist ernst, 
Von den 9 Fällen starben 5. Berlin, Schömberg. 


272. Krauss, Verschlimmerung einer fungösen Erkrankung des 
Kniegelenks durch einen Unfall. Fortschr. d. Med., 20. Aug. 
1916. 

Oberregierungsrat Krauss (Reutlingen) beschreibt den ziemlich ver- 
wickelten Fall der angeblichen Verschlimmerung einer fungösen Erkrankung 
des Kniegelenks durch einen Unfall, der in Verdrehung des Knies durch 
Abstürzen oder Abrutschen von einer Leiter bestand. Das Verwickelte 
des Falles liegt eigentlich nur darin, dass weder die Art der Verletzung 
rechtzeitig sichergestellt, noch auf das zeitliche Einsetzen der Verschlimmerung 
früh genug geachtet wurde. Alle Weiterungen und Schwierigkeiten der 
Beurteilung bätten sonst leicht vermieden werden können. Die Wichtigkeit 
auf diese beiden Punkte bei Zeiten zu achten, kann nicht oft genug be- 
tont werden, da hier immer wieder gefehlt wird. Meissen, 


273. Freund und Schwaer, Zwerchfellhernie und Pyopneumo- 
thorax nach Lungenschuss. M. m. W. 63.1916 S. 1532—1534. 
Ausführliche Beschreibung einer Zwerchfellhernie, die nach einer 

Schussverletzung und nach einem sich daran anschliessenden Pyopneumo- 

thorax entstanden ist. Bredow, Ronsdorf. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser. 


274. Jahresbericht für den Norwegischen Nationalverein gegen 
die Tuberkulose für das Jahr 1915. Meddelelen for den norske 
nationalforening mat tuberkulosen VI Nr. 22. 

Birger-Överland, 


275. Daus, Die Militärlungenheilstätte Juditten (Ostpr.). Zschr. 
J. Tbe. 26 H. 6. 
Eingehende Schilderung der sanitären und ärztlichen Einrichtungen 
der Heilstätte nebst Ausführungen über die geübten Behandlungsmethoden. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


internat. Centralbl. f. Tuberkulone-Forschung. 11. 10 


È ae a a a a 


146 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser. 


276. Jahn Mjóen, Jahresbericht des neuen Sanatorium Grefaen 
(Norwegen) für das Jahr 1915. Tidsskrift f. d. norske læge- 
Jorening 1917 Nr. 3. 

Tägliche Mittelbelegung 60 Pat. 

Pneumothoraxbehandlung ist wie früher in geeigneten Fällen ange- 
wandt worden. Lichtbäder sind im ganzen Jahre versucht worden. Die 
künstliche Höhensonne (Quarzlampe mit ultravioletten Strahlen) ist doch 
verlassen worden, weil die Bebandlung keine guten Resultate gab. In 
einigen Fällen schadete die Behandlung nur. Birger-Overland. 


277. M. Holmboe, Staatszuschuss an Rekonvaleszenten aus den 
Tuberkulosesanatorien. Meddelelen fra den norske national- 
forening mat tuberkulosen VI Nr.21. Birger-Øverland. 


278. Heymann, Walderholungsstätte ohne Verpflegung. Tbc.- 
Fürs.-Bl. 1916 Nr. 9. 

Vor 3 Jahren wurde in Köthen eine Walderholungsstätte für Lungen- 
kranke eröffnet, die nur in der wärmeren Jahreszeit und nur am Tage 
geöffnet ist und keine Verpflegung gewährt. Viele Besucher zeigten Ge- 
wichtszunahme und allgemeine Besserung. Die Kosten sind gering. 

Rehs, Davos. 


279. Bochalli, Auszug aus dem Bericht über das Kaiserin 
Auguste Viktoria-Sanatorium für lungenkranke Frauen des, 
Mittelstandes für die Zeit vom 1. Juli 1913 bis 31. Dezember 
1914. Tbe.-Fürs.-Bl. 1916 Nr. 8. 

Seit Beginn des Jahres 1914 steht das Sanatorium mit 92 Betten 
zur Verfügung, nachdem es am 29. Juni 1913 mit 40 Betten eingeweiht 
war. Im Vordergrunde der Behandlung stand die hygienisch-diätetische 
Methode. Bei der spezifischen Behandlung mit Koch’scher Bazillen- 
emulsion und Tuberkulin Rosenbach konnten keine überraschenden Er- 
folge erzielt werden, allerdings wurden auch nie Schädigungen bemerkt. 
Empfehlung der Anlegung des künstlichen Pneumothorax in Fällen von 
hauptsächlich einseitiger Tuberkulose. Relıs, Davos. 


280. Litzner, Wer gehört — vom ärztlichen und sozialen Stand- 
punkt betrachtet — in die Lungenheilstätte? Zschr. f. Tbc. 26 

Verf. kommt zu folgendem Schluss: 

1. Vom ärztlichen Standpunkt aus betrachtet gehören weder die ab- 
gelaufenen, noch die nichttuberkulösen Spitzenerkrankungen — für sie ist 
es sogar besser, sie bleiben der Anstalt fern — noch die auf probatorische 
Tuberkulininjektion nur mit einer Allgemeinreaktion reagierenden Fälle ohne 
einwandfrei festgestellten klinischen, für eine aktive Tuberkulose sprechenden 
Befund in die Heilstätte. 

2. Vom sozialen Standpunkt aus ist es nicht richtig, für die sub 1 
erwähnten Fälle den teuren Heilstättenapparat in Bewegung zu setzen; da 
wäre es schon allein mit Rücksicht auf die Familieninfektion besser, diese 
Betten soweit möglich — evtl. in besonderen Abteilungen — den schweren 
Fällen des II. und III. Stadiums zu überlassen, die von den Kranken- 
häusern doch nur ungern aufgenommen werden. 


Dr mn un = er er ng am 


Tuberkulose und Krieg. 147 


3. Für probatorische Injektion kommt nur das Koch’sche Alttuber- 
kulin in Betracht. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


g) Tuberkulose und Krieg. 


281. 0. Müller, Konstitution und Kriegsdienst. Med. Kl. 1917 

Nr. 15. 

M. wünscht das Wesen der Konstitution im Sinne der Martius’schen 
Definition erfasst zu wissen: „Die Konstitution des einzelnen ist die Art 
seiner speziellen physiologischen (oder natürlich auch pathologischen) Reaktion 
auf äussere Eiuflüsse“ oder: „Die Konstitution ist die Art der spezifischen 
Reaktion des Subjekts auf das Objekt“. Die abnorme Konstitution Äussert 
sich am deutlichsten in Gestalt der Diathesen: 1. die exsudative Diathese. 
2. die lymphatische Diathese und 3. die neuroarthritische Diathese. Die 
Diathesen sind hauptsächlich Erscheinungen des Kindesalters, lassen sich 
aber häufig durch das ganze Leben verfolgen. „Das gemeinsame Charak- 
teristikum vieler Diathesensymptome ist ihr rasches, krisenartiges Kommen 
und Gehen, ibr gehäuftes Auftreten in Zeiten bestimmtet Ernährungs- 
bedingungen, namentlich auch bei scheinbar besonders gutem Ernährungs- 
zustand, und endlich die Verbindung von somatischen und psychisch- 
nervösen Erscheinungen.“ Die Diathetiker werden, sofern sie nicht schwerere 
Erscheinungen überhaupt vor der Einstellung in den Militärdienst be- 
wahren, unter den ungünstigen Lebensbedingungen des Kriegsdienstes 
früher oder später erkranken. Sache des Arztes ist es, die Diathetiker 
auf den Posten zu stellen, wo sie der Allgemeinheit am längsten und 
besten nützen können. Aus dem Gebiet der exsudativen Diathese sind die 
Vagotoniker im allgemeinen felddienstfähig, dagegen sind die Leute mit 
Bronchialasthma und der asthmoiden Bronchitis nur arbeitsverwendungs- 
fähig. Grosse Vorsicht verlangen die Fälle von Störungen des Gleich- 
gewichts der Drüsen innerer Sekretion. Von den Lympbatikern vertragen 
viele die Abhärtung des Kriegsdienstes recht gut, andere reaktivieren im 
Felde ihre latente Tuberkulose, wieder andere neigen infolge ihres krank- 
haft veränderten Iymphatischen Rachenringes zu allen möglichen akuten 
Infektionskrankheiten. Auch sind viele Lymphatiker wegen ihres Tropfen- 
herzens wenig leistungsfähig. Zur Gruppe der Neuroarthritiker gehören 
die Neuro- und Psychopathen, zahlreiche Stoffwechselkranke (Gicht, Diabetes, 
Fettleibigkeit), Leute mit deformierender Arthritis, Steinbildungen in Gallen- 
blase und Nierenbecken, Präsklerose und Sklerose des Gefässsystems. 
Sie sind alle nur vorsichtig zur Arbeit zu verwenden. Eine solche unter 
militärischer Aufsicht stehende Arbeitsverwendung ist für alle konstitutionell 
Minderwertigen sehr vorteilhaft, da sie dem erzieherischen Prinzip der Dia- 
thesenbehandlung am besten gerecht wird. Berlin, Schömberg. 


282. 0. Müller, Tuberkulose und Kriegsdienst. Württ. Korr. Bl. 
1917 Nr. 13. 

Der Krieg wirkt als anergische Periode: die relative Immunität 
gegen die früher erworbene, bis dahin latente Tuberkulose wird häufiger 
als im Frieden von innen heraus durchbrochen. Daher die noch immer 
zunehmende Fülle von aktiven Tuberkulosen. Schon jetzt ist eine starke 


10* 


145 Tuberkulose und Krieg. 


Steigerung der Morbiditätsziffer für Tuberkulose nachweisbar, auch in der 
Zivilpraxis. Der Krieg hat eine Bestätigung gebracht für die Anschauung 
von der hämatogenetischen Infektion in der Kindheit. 

Die Tuberkulose ist im Krieg nicht nur häufiger, sondern nach den 
bis jetzt gewonnenen Eindrücken auch schwerer geworden. Therapeutische 
Erfolge im grossen Stil kann nur frühzeitige Diagnose bringen. Für diese 
leisten immer noch das beste die altbewährten Methoden: genaue Anamnese, 
guter ärztlicher Blick, gründliche physikalische Untersuchung, Beobachtung 
von Temperatur und Gewicht. Dem Röntgenbild wird beute zu viel Wert 
beigemessen; in der wichtigsten Entscheidung, über aktive oder inaktive 
Tuberkulose, hat es einen durchaus fragwürdigen Wert. Ebenso steht es 
mit der Sputumuntersuchung; das Fehlen von Bazillen im Auswurf 
schliesst keineswegs einen fortschreitenden Prozess aus. 

Um die Frage nach der Aktivität oder Inaktivität zu entscheiden, 
ist entweder langdauernde Beobachtung nötig, oder das Tuberkulin anzu- 
wenden. Die Pirquet’sche Kutanreaktion vermag wohl das Vorhandensein 
eines mehr oder minder aktiven Prozesses anzuzeigen, gibt jedoch keine 
bestimmte Auskunft über den Sitz dieses Herde. Um hierüber Klar- 
heit zu erlangen, muss man die subkutane Tuberkulinprobe anwenden. 
M. beginnt mit !/ıo mg Alttuberkulin und steigt in Mindestabständen von 
48 Stunden über °/ıo mg, 1 mg auf 5 mg als Höchstdosis. Die Ein- 
spritzungen empfehlen sich morgens, damit keine Frühreaktionen übersehen 
werden. Die Reaktionserscheinungen sind Unbehagen (nicht immer), Tem- 
peratursteigerung; Brösamlen hat eine Vermehrung der Eosinophilen im 
Blut nachgewiesen. Die Lokalreaktion an der Stichstelle hat ähnlichen Wert 
wie der Pirquet. — Das wichtigste ist die Herdreaktion; sie besteht in 
Veränderungen der Dämpfungsverhältnisse und der Auskultationsphäno- 
mene. Nötig ist häufige Untersuchung, möglichst 2 malige pro Tag, mit 
genaueren Notizen. In M.’s Beobachtungsstation wurden in 90°;o positive 
Herdreaktionen festgestellt durch zwei unabhängig voneinander untersuchende 
Beobachter!,,. Aber auch diese Metbode kann gelegentlich, wenn auch 
selten, versagen. Dann muss längere Beobachtung eintreten, eventuell in 
einer Genesungskompagnie. Die subkutane Tuberkulinprobe ist ungefähr- 
lich, wenn sie lege artis vollzogen wird bezüglich Dosierung und Kontra- 
indikationen (frische Blutung, Nephrities, schwere Neuropathie). [Wenn 
man immer wieder in Arbeiten liest, dass als Anfangsdosis 1 mg (!) ge- 
wählt wird, braucht man sich über dann auftretende „Tuberkulinschäden“ 
nicht zu wundern! Ref.] 

Die sog. Bewegungstemperatur darf man höchstens als ein Adjuvans 
in der Diagnose, nie als entscheidenden Faktor auffassen, da sie auch 
bei Nichituberkulösen beobachtet wird. 

Was die Therapie betrifft, so sind die üblichen drei Monate in der 
Heilstätte zweifellos zu kurz. Um grössten Nutzeffekt zu erreichen, sollen 
in die Heilstätte möglichst nur inzipiente Fälle, des ersten oder höchstens 
zweiten Turban’schen Stadiums kommen. Bei der Entlassung ist für 
zweckmässige Verbältnisse in der nächsten Zeit zu sorgen, unter Mithilfe 
der Truppenärzte. Bei den ersten Stadien kommt Entlassung als g. v. 


ı) Die Arbeit hierüber, Brösamlen und Referent, wird in der M. m. W. 
erscheinen. 


Tuberkulose und Krieg. 149 


oder a, v. mit eventueller späterer Kriegsverwendungsfähigkeit in Betracht, 
bei den zweiten schon häufiger Entlassung als z. u. für einige Monate. 
Die dritten Stadien sind in Sammelstellen für Schwertuberkulöse einzu- 
weisen, und von dort in häusliche Pflege oder in ein Bezirkskrankenhaus. 

Die therapeutische Anwendung des Tuberkulins soll Spezialärzten vor- 
behalten bleiben; einen Massstab für die Kur bildet das Verhalten der 
Eosinophilen. — Besonders günstige Erfolge sieht man bei Urogenital- 
tuberkulose. Bei Peritonitiden kommt vor allem Sonnen- und Röntgen- 
therapie in Betracht. 

Bei der Begutachtung ist beim Tuberkulösen besondere Berücksich- 
tigung des Berufs nötig. Allgemeinzustand, Gewicht und Temperatur ist 
mit dem physikalischen und Röntgenbefund abzuwägen. Der offene 
Phthysiker ist zu isolieren. Es folgt eine Zusammenfassung der aufge- 
stellten Grundsätze, C. Krämer II, Wilhelmsheim. 


283. J. Kollarits, Krieg und Tuberkulose. D. m. W. 1917 Nr. 4. 


Erwiderung auf den Aufsatz von Tachau (D. m. W, 1916, Nr. 50). 
Verf. ist mit Liebe und Tachau der Ansicht, dass tuberkulöse Soldaten 
in geschlossene Heilstätten gehören. C. Krämer II, Wilhelmsheim. 


284. E. Leschke, Weitere Erfahrungen über die Tuberkulose 
im Kriege. Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4. 

Bei der Tuberkulose im Kriege handelt es sich meist um eine „meta- 
stasierende Autoinfektion durch Exazerbation latenter Herde“ infolge 
einer Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit des Körpers. Als äussere 
Ursachen kommen für die Entstehung der Tuberkulose 1. Erkältungen 
und Infektionskrankheiten, 2. körperliche Überanstreugungen, 3. mangel- 
hafte Ernährung, 4. Verwundungen und ö. Gasschädigungen in Betracht. 
Sie sind grossenteils nicht spezifisch kriegerischer Natur, kommen jedoch im 
Kriege in viel stärkerem Masse zur Geltung. Als innere Ursachen wären 
zu nennen: ätiologische Disposition (hereditäre Belastung, früher über- 
standene Tuberkuloseerkrankung), konstitutionelle Disposition (Habitus 
asthenicus, Status lymphaticus) und Organdisposition (frühen nicht tuber- 
kulöse Erkrankungen der Atmungsorgane). Die Ausbreitung der Tuber- 
kulose erfolgt in 3/4 der Fälle von der Spitze, in t/s der Fälle vom 
Hilus aus. Eine miliare Ausbreitung ist selten. Die Prognose ist nicht 
allzu günstig. Wichtig ist eine möglichst frühzeitige Behandlung und so- 
fortiger Transport in die Heimat. Für die Diagnostik zweifelhafter Fälle 
ist die probatorische subkutane Tuberkulininjektion unerlässlich. Im Vorder- 
grund der Behandlung steht die hygienisch-diätetische Kur. Daneben 
kommen vorsichtige Tuberkulinbehandlung, Röntgen- und Sonnenbestrah- 
lungen in Betracht. Für die militärische Verwendungsfähigkeit Tuber- 
kulosekranker sind Ausdehnung und Charakter des Leidens massgebend. 

Ulrich Berlin, Schömberg. 


‚285. G. S, Banks, Tuberculous cases on active service. Report 
to the Burgh Insurance (Committee). The Lancet, 5. Febr. 1916. 
Mitteilung über 64 Männer, die vorher in einer Lungenheilanstalt 
gepflegt wurden und zur Zeit im Felde stehen. Verf.’s Schlussfolgerung, 
dass die Lebensumstände im Felde nicht ungeeignet wären zu einem guten 
Allgemeinbefinden der nicht-aktiv-tuberkulösen ist: nur auf wenigen Fakta 
gegründet und mindestens voreilig. J. Peerenboom. 


150 Tuberkulose und Krieg. 


286. Edw. E. Prest, Tuberculosis and the war. The Lancet, 

4. März 1916. i 

Verf. ist der Meinung, dass gerade im Anfange die Lungentuber- 
kulose Heilanstaltsbehandlung erheischt. Die schon weit fortgeschrittenen 
Fälle jedoch, die schon eine Zeitlang Infektionsquellen waren, zeigen in der 
Anstalt manchmal nur eine geringe oder keine Besserung und deshalb 
wird nun die Anstaltsbehandlung auch als ungeeignet für andere Fälle 
verurteilt. Ausserdem fangen diese weit fortgeschrittenen Patienten nach 
geringer vorübergehender Besserung ihr Familienleben wieder an und sind 
also noch während längerer Zeit eine fortwährende Infektionsquelle für 
ihre Angehörigen. J. Peerenboom. 


287. Assmann, Die militärärztliche Untersuchung und Beurtei- 
lung Tuberkulöser im Kriege. D. m. W. 1917 Nr. 6. 

Perkussion und Auskultation haben „das Rückgrat für die Beur- 
teilung zu bilden“. Die häufigsten Fehldiagnosen mit dieser Methode ent- 
stehen bei übersehener Skoliose, ferner bei Herzfehler und Schilddrüsen- 
vergrösserung. Letztere kann nicht nur durch Beiseitedrängen der Lungen- 
spitze eine Dämpfung verursachen, sondern auch verdächtige Allgemein- 
symptome machen. Hauptfrage: liegt inaktive Tuberkulose, oder ein 
aktiver Prozess vor? Einen solchen zeigen katarrhalische Erscheinungen, 
also besonders deutliche Rasselgeräusche, an. — Das wichtigste, eindeutige 
Zeichen einer aktiven Tuberkulose ist natürlich der Bazillennachweis; von 
Bedeutung ferner die objektive Feststellung subfebriler Temperaturen. 
Es werden dann die spezifischen Untersuchungsmethoden besprochen. 
Positiver Pirquet zeigt höchstens bis zum 5. Lebensjahr aktive Tuber- 
kulose an, grösseren Wert hat der negative Ausfall. Ähnlich verhält es 
sich mit der blossen Fieberreaktion bei der subkutanen Tuberkulininjektion, 
wenn auch anzunehmen ist, dass aktive Herde auf geringere, inaktive 
auf höhere Dosen reagieren. Von grösserer Wichtigkeit ist die Herd- 
reaktion. Aber hierbei ist grosse Selbstkritik nötig. — Bei der Beur- 
teilung des Röntgenbefundes ist grosse Vorsicht am Platze. Sehr 
verbreitet ist die Diagnose: Hilusdrüsen und Peribronchialstränge bei ganz 
normalem Befund. Spitzentrübungen kommen auch bei Skoliose, Struma, 
nach Pneumonie etc. vor. Andererseits schliesst ein negativer Röntgen- 
befund das Vorhandensein einer geringfügigen Spitzentuberkulose nicht 
aus, Den grössten Wert hat der röntgenologische Nachweis einzelner 
Herde. Auf die Frage nach der Aktivität oder Inaktivität eines Pro- 
zesses vermag das Röntgenbild niemals sicheren Aufschluss zu geben. — 
Zusammenfassung: Das praktische Urteil muss sich auf die Gesamtsumme 
aller Ergebnisse gründen und vor allem den Allgemeineindruck berück- 
sichtigen. Das Urteil „garnisonsverwendungsfähig“ sollte möglichst selten 
gefällt werden. Alle aktiven Tuberkulosen, bei denen eine D. B. vor- 
liegt, werden der Heilstätte zugeführt, wenn Erfolg zu erwarten ist; alle 
aussichtslosen Fälle, und solche, bei welchen eine D. B. nicht in Frage 
kommt, werden als d. u. entlassen. — Unter allen Aufnahmen innerhalb 
eines halben Jahres, welche wegen Tuberkuloseverdacht eingewiesen wurden, 
konnten nur in 43,7°/o, nämlich bei 222 Fällen, tuberkulöse Verände- 
rungen nachgewiesen werden; von diesen wurden 

52 als k. v. 17 als a. v. im Beruf 35 als d. u. 

13 als g. v. 1 als a. v. für Arm.-Dienst 104 als bedürftig 


Tuberkulose und Krieg. 151 


der Heilstättenbehandlung erklärt. — Eine Umfrage durchschnittlich nach 
4—5 Monaten ergab im allgemeinen, dass die Mannschaften der Ent- 
scheidung entsprechend verwendet wurden und dass der Gesundheitszustand 
befriedigend war. Weitere Nachforschungen sind in Aussicht genommen. 
Kraemer II, Wilhelmsheim. 


288. Hans Much, Tuberkulose. Allgemeines über Entstehung 
und Bekämpfung im Frieden und Krieg. Frgebn. d. Hyg., 

Bakteriol., Immunitätsforsch. u. exper. Ther. 2 S. 628—667. 

Entstehung und Heilung der Tuberkulose stehen im engsten Zusammen- 
hang mit der Immunität, Tuberkulose-Immunität ist kein dehnbarer Be- 
griff wie etwa „Gesamtkonstitution“, sondern eine zu jeder Zeit mittels 
der Intrakutanprüfung mit Partialantigenen (mathematische Immunitäts- 
analyse) genau messbare Grösse. „Der Tuberkelbazillus wirkt mit Partial- 
antigenen. Jedes Partialantigen bildet einen Partialantikörper. Nur die 
Summe der nötigen Partialantikörper macht eine wirksame Abwehr mög- 
lich, — Neben der bisher fast ausschliesslich beachteten Blutimmunität 
gibt es eine viel wichtigere: die Zellimmunität, Die Partialantigengesetze 
haben für sie dieselbe Gültigkeit. — Für den Immunisierungserfolg können 
sich die getrennten Bestandteile des Erregerleibes gegenseitig ungünstig 
beeinflussen.“ 

Die Ansteckung erfolgt in der Kindheit. Führt sie nicht zum Tode, 
so hinterlässt sie eine Immunität, die die meisten Menschen zeit ihres 
Lebens vor einer neuen Erkrankung bewahrt. Diese in der Kindheit er- 
worbene Immunität wird durch die ständige Berührung mit Tuberkel- 
bazillen, der der Kulturmensch ausgesetzt ist, im Laufe der Jahre stets von 
neuem ergänzt und. verstärkt. Durch die Prüfung mit Partialantigenen 
kann man sich von der ständigen Bewegung im Immunitätszustande über- 
zeugen. Während die Zellimmunität in kurzen Zwischenpausen ziemlich 
unverändert bleibt, wechselt das Bild der Blutimmunität sehr schnell. 
Beim tuberkulösen Menschen bedingt die Immunität den schleichenden 
Verlauf der Krankheit. Dagegen nimmt die Krankheit einen schnellen 
Verlauf, wenn gar keine Abwehrkörper vorhanden sind. Dies ist beim 
Kinde und beim Erwachsenen aus undurchseuchter Gegend häufig der Fall. 
Der Grund für die langsame Tuberkulose ist fast stets eine nicht völlig 
ausgeheilte Kindheitsansteckung. Daneben kommen für ihre Entstehung 
noch zwei weitere Möglichkeiten in Betracht: 1. Die Immunität ist niemals 
ganz genügend, Verantwortlich hierfür ist eine zu grosse Erregermenge 
bei der ersten Ansteckung oder eine angeborene oder durch mangelhafte 
Ernährung in der Säuglingszeit erworbene Schwächlichkeit des Körpers. 
2. Eine lange Zeit genügende Immunität wird durchbrochen. (Interkur- 
rente Krankheiten, Entwicklungsjahre, Schwangerschaft, schlechte Ernäh- 
rung und Wohnungsverhältnisse, Berufsschädlichkeiten, nervöse und 
psychische Störungen) Gegenüber den auf endogener Reinfektion be- 
ruhenden Erkrankungen spielt eine neue Ansteckung von aussen: eine 
ganz untergeordnete Rolle. 

Die verschiedenen klinischen Bilder der Hauttuberkulose (tuberkulöses 
Geschwür, Lupus, Tuberkulide) sind Ausdrucksformen einer verschieden 
starken Zellimmunität der Haut. Auch bei der Hauttuberkulose gehört 
die Ansteckung von aussen wegen der sehr starken Zellimmunität der 
Haut zu den Seltenheiten. 


152 Tuberkulose und Krieg. 


Bei der Kriegstuberkulose handelt es sich fast stets um endogene 
Reinfektion. Etwa ?/3 der Erkrankten haben bereits früher an Tuber- 
kulose gelitten, während '/s anamnestisch : keinerlei Anhaltspunkte für 
frühere Tuberkulose bietet. Hier handelt es sich also um früher inaktiv 
Tuberkulöse. Der Erkrankung geht stets eine Abnahme der Abwehrkräfte 
voraus. Verantwortlich hierfür sind zahlreiche durch den Kriegsdienst 
bedingte äussere ‚und innere Schädlichkeiten. Meistens handelt es sich 
nur um eine Steigerung und Summation der auch im Frieden herrschenden 
ungünstigen Verhältnisse. Als spezifische Kriegsschädigung kommt nur 
die nervöse und psychische Erschöpfung in Betracht. Eine wesentliche 
Rolle spielt der fieberhafte Bronchialkatarrh für die Abnahme der Par- 
tialantikörper.. Das Trauma führt nur dann zu einer fortschreitenden 
Tuberkulose, wenn es Tuberkuloseherde unmittelbar trifft. Während bei 
der Tuberkulose des Friedens selbst in vorgeschrittenen Fällen meistens 
noch Partialantikörper nachweisbar sind, fehlen diese bei der Kriegstuber- 
kulose auch in Fällen, die klinisch noch keinen ungünstigen Eindruck 
machen, häufig völlig. Allerdings bilden sich bei einem Teil dieser Fälle 
unter dem Einfluss der hygienisch-diätetischen Kur wieder Partialantikörper, 
go dass sich ihre Prognose wesentlich bessert. Der Rest der Fälle ver- 
Jäuft meist rapid. 

Auch in die Therapie der Tuberkulose hat die Entdeckung der Par- 
tialantigene Licht gebracht. Alle Versuche, die Tuberkulose im Sinne der 
passiven Immunisierung durch Sera zu heilen, sind bisher gescheitert und 
gind auch völlig aussichtslos, denn die Sera enthalten stets nur einen Teil 
der Partialantikörper. Selbst für den Fall, dass ein Scrum verwandt 
wird, das mit aufgeschlossenen Tuberkelbazillen gewonnen wird und alle 
‚Partialantikörper enthält, kann dies nicht zur Heilung führen, da es nur die 
Blutstoffe enthält, die für die Tuberkulose viel wichtigere Zellimmunität 
dagegen völlig unberücksichtigt lässt. In diesem Zusammenhang erfährt 
Spengler’s J. K. eine vernichtende Verurteilung. Bleibt die aktive 
Immunisierung mittels der Vakzientherapie. Auch die Versuche, durch 
abgetötete oder abgeschwächte Erreger die Tuberkulose zu heilen, müssen 
als gescheitert gelten. Die Tuberkuline enthalten neben den wasserun- 
löslichen Fett- und Eiweissstoffen auch die wasserlöslichen Giftstoffe, das 
reine Tuberkulin. Dieses ist schädlich, da es die Immunität durchkreuzt 
und untergräbt.e. Ausserdem fehlen in den gebräuchlichen Tuberkulinen 
einige für die Immunisierung notwendige Stoffe oder sind in nicht brauch- 
barer, unaufgeschlossener Form vorhanden. „Eine Tuberkulinkur wird 
nur in den Fällen Erfolg baben, wo 1. ein bestimmter Partialantikörper 
bei schon anderen vorhandenen Partialantikörpern fehlt, insofern das dazu 
gehörige Partialantigen im Tuberkulin in einer für den erkrankten Körper 
verwen«baren Form vorhanden ist, und 2. wo durch Tuberkulinbehandlung 
die schädliche Giftüberempfindlichkeit aufgehoben wird.“ 

Ganz anders liegen die Verhältnisse bei der Behandlung mit Jen 
Partialantigenen. Einmal komnit hier das wasserlösliche Partialantigen, 
das die für die Immunität schädlichen Giftstoffe enthält, überhaupt nicht 
zur Verwendung, zum andern können die wasserunlöslichen Partialantigene 
— Eiweiss-, Lipoid-Fettsäure-, Neutralfettantigen — einzeln und in ver- 
schieden konzentrierter Lösung verwandt werden. Schliesslich werden 
sie nur in völlig aufgeschlossener Form gebraucht. Der Gang der Behandlung 


Tuberkulose und Krieg. 153 


ist folgender: Jeder Behandlung hat eine Prüfung des Immunitätszu- 
standes mittels abgestufter Intrakutanimpfungen mit den einzelnen Partial- 
antigenen vorauszugehen. Sie lässt erkennen, welcher Partialantikörper 
überhaupt fehlt oder unzureichend ist. Durch tausende von Untersuchungen 
sind bestimmte Mittelwerte für die Partialimmunität gewonnen. Das Be- 
streben der Immuntherapie geht nun darauf hinaus, zunächst den fehlen- 
den oder unzureichenden Partialantikörper durch Einspritzung des dazu- 
gehörigen Partialantigens in steigender Menge soweit herzustellen, dass 
der Mittelwert erreicht ist. Erst wenn dies Ziel erreicht ist, sucht man 
durch gleichzeitige Einspritzung aller 3 Partialantigene die Gesamtimmunität 
gleichmässig zu heben. Die Kuren müssen je nach der Schwere des Falles 
wiederholt werden. Die Erfolge sind sehr vielversprechend. Etwa 90°/o 
der Fälle des I. und II. und 46°jo der des III. Stadiums werden erfolg- 
reich behandelt. Fehlen sämtliche Partialantikörper, so darf die Partial- 
antigentberapie nicht angewandt werden, 

Die Immunitätsanalyse hat ergeben, dass der Immunitätsspiegel des 
Körpers auch durch die unspezifische Therapie gehoben wird. Dies gilt 
sowohl für die hygienisch-diätetische Kur, für Operationen bei chirurgischer 
und Lungentuberkulose (Pneumothorax) wie in besonderem Masse für die 
Bestrahlung mit Sonnen-, Röntgen- und Quarzlicht. Derartige Behand- 
lungsmethoden ermöglichen häufig erst den Beginn der spezifischen Be- 
handlung. Berlin, Schömberg. 


289. H. Grau, Kriegstrauma und Lungentuberkulose. Tuber- 
culosis, Sept. 1916. 

G. kommt von allgemeinen Erwägungen über die traumatische Tuber- 
kulose und ihre Entstehung auf die Fälle von Tuberkulose, die sich un- 
mittelbar an die Brustverletzungen im Kriege, zumal an die Lungenschüsse 
anschliessen. Er berichtet über acht Fülle von Brustschuss, die in der 
Heilstätte Rheinland in Behandlung waren. Drei davon waren offene 
Tuberkulosen, bei den übrigen geringe Veränderungen vorhanden (wie bei 
den meisten Menschen!), bei keinem davon kam es zur Entwicklung einer 
fortschreitenden Tuberkulose. Von neun Fällen mit stumpfen Verletzungen 
des Brustkorbes waren 4 offene Tuberkulose (1 davon miliar). Bei weiteren 4 
fanden sich geringe Veränderungen mit gutartigem Verlauf, und 1 war 
eine ebenfalls gutartige geschlossene Tuberkulose. Der Prozentsatz aus- 
gesprochener Tuberkulose ist im Vergleich mit meinen eigenen Erfahrungen 
auffallend hoch. G. regt eine Sammelforschung an. Das zuverlässigste 

Material dafür würden die Sterbeakten der Bezirkskommandos sein (Ref.). 
` Meissen. 


290. Grau, Die Tuberkulosegefahr des Krieges. Tbe.-Fiirs.-Bl. 
1917 Nr. 3. 

Bei der Tuberkulose wird durch weitverbreitetes Wirken disponierender 
Umstände die Erkrankungsziffer erhöht, vermehrte Arbeit in zum Teil unge- 
wohnten Berufen vermehrt bei verminderter Ernährung, besonders bei Fehlen 
von Fettnahrung, die Tubeıkulosebereitschaft. Heimliche Schlachtungen ohne 
Fleischbeschau können eine Quelle der Ansteckung werden. Die Zahl der 
Tuberkuloseansteckungen und -todesfälle bei Kindern hat während des 
Krieges zugenommen, ebenso bei den arbeitenden Frauen. Da die dis- 
ponierenden Momente auch nach dem Kriege noch fortbestehen werden, 


- [= o am e oi o a aM‘ ooul 


154 Tuberkulose und Krieg. 


müssen die Tuberkuloseabwehrmassnahmen schon jetzt mit allen Kräften 
gefördert werden. Rehs, Davos. 


291. A.J. Cemach, Die Unterbringung tuberkulöser Soldaten im 
vorgeschrittenen Stadium. M. m. W. 1917 Nr. 4. 

Es ist gelungen, der Kriegsseuchen Herr zu werden. Dadurch sind 
Kräfte und Mittel frei geworden und es ist daher an der Zeit, mit der- 
selben wissenschaftlichen Rüstung und der gleichen Tatkraft einer weiteren 
Seuche entgegenzutreten — der Tuberkulose. 

Im Kriege wird die Ausbreitung der Tuberkulose durch mannigfache 
Umstände begünstigt und beschleunigt. Latente Herde werden manifest, 
bestehende leichte Spitzenprozesse werden zur progredienten Phthise. 
Ausserdem werden Gesunde in Massen infiziert (die Frage der Reinfektion 
muss einer Revision unterzogen werden). Solche Leute erfreuten sich früher 
der besten Gesundheit (was natürlich das Vorhandensein eines latenten 
Herdes nicht ausschliesst) und erkrankten erst im Kriege unter subjektiven 
Symptomen. Die Kranken und Verwundeten an der Abteilung des Verf.s 
wurden unterschiedslos einer diagnostischen Tuberkulomuzin-Injektion unter- 
zogen. Im Sommer 1915 reagierten 14—25%o, im Winter 18—28°/o 
und im Sommer 1916 22—45°/o! Das stete Anwachsen der Muzinempfind- 
lichkeit spiegelt die rasch zunehmende Ausbreitung der Tuberkulose wieder, 
die sprunghafte Steigerung der letzten Zeit fübrt Verf. auf die Einberufung 
der mindertauglichen, früher zurückgestellten Mannschaften zurück. 

Es ist höchste Zeit zur Abwehr, doch darf dieselbe weder öffentlicher 
Wohltätigkeit, noch privater Initiative überlassen bleiben, sie muss vielmehr 
ebenso zentralisiert und einheitlich organisiert werden, wie die Bekämpfung 
der akuten Seuchen. Unterschätzung der Tuberkulose als Kriegsseuche 
widerspricht dem militärischen Interesse. In diesem Erschöpfungskriege 
gewinnt die Ökonomie des Menschenmateriales neben der Streckung aller 
anderen Vorräte eine überragende Bedeutung. Die Tuberkulose gehört in 
das Verzeichnis der Kriegsseuchen. Sie lässt sich infolge ihrer Chronizität 
nicht ganz ausrotten wie die Cholera, ihre Ausbreitung kann nur gehemmt 
werden. Was gelingen kann ist: die Verhütung der Übertragung 
der Krankheit auf Gesunde. Der Krieg hat uns hiezu eine Waffe 
in die Hand gegeben, die wir früher vermisst haben, die aber jetzt nahezu 
gar nicht ausgenützt wird, das ist die durch die militärische Organisation 
gegebene Möglichkeit der Isolierung. 

Der Zweck dieses Artikels ist der Hinweis auf die Gefahr der von 
den Schwertuberkulösen ausgehenden Infektion. Viel gefährlicher als die 
jetzt seltenen und leicht kenntlichen des letzten Stadiums sind die weitaus: 
zahlreicheren Kranken des zweiten Stadiums, welche unerkannt und oft 
den eigenen Zustand verkennend sich frei unter den Gesunden bewegen. 
Die Entfernung dieser Fälle aus der Truppe ist der wichtigste Teil der 
Aufgabe. Bei der Truppe Aufklärung (Merkblätter). Abschiebung durch 
den Truppenarzt aller Leute mit suspekten Beschwerden und nicht ein- 
deutigem Befunde als „tuberkuloseverdächtig“ zwecks weiterer Untersuchung 
nach rückwärts. Erste Sortierung bei der Divisionssanitätsanstalt oder im 
Feldspital. Wirklich Verdächtige grundsätzlich ins Hinterland. Absonde- 
rung beim Transport. In den Spitälern des Hinterlandes müsste dann 
die endgültige Trennung der leichten, mittelschweren und schweren Fälle 
erfolgen. Die Voraussetzung hiefür — grosse Anzahl zweckentsprechender 


Tuberkulose und Krieg. 155 


Krankenanstalten — ist bisher noch nicht gegeben. Nach den bisherigen 
Ergebnissen ist das Gros der Militärspitäler dieser Aufgabe nicht nur nicht 
gewachsen, sondern im Gegenteile, es fördert die Ausbreitung der Tuber- 
kulose durch Spitalinfektion. Auf der Abteilung des Verf.’s konnte 
dieser bereits eine Anzahl von solchen im Spitale erworbener Infektionen 
beobachten. Desbalb müsste die Durchmusterung der Kranken vor allem 
in Quarantänestationen erfolgen; als solche könnten die bereits für 
die Kriegsseuchen vorhandenen Anstalten verwendet werden. Die Diagnose 
wird auf Grund der Sputum- und Fieberkontrolle, ferner durch 
das Röntgenverfahren und durch spezifische Injektionen (Verf. 
empfiehlt besonders das Tuberkulomuzin) gestellt. (Die physikalische Unter- 
suchung verlangt Verf. merkwürdigerweise nur für jene Fälle, bei denen 
Tuberkulomuzin kontraindiziert ist, sowie für „alle unsicheren Fälle“.) 

Auf diese Weise würden alle Tuberkulösen durchgesiebt. Latente 
Fälle, deren Zahl auf etwa ?/s des so identifizierten Materials geschätzt wird, 
wären zu Hilfsdiensten zu bestimmen. Für offene Tuberkulose müssten 
Spezialanstalten aus staatlichen Mitteln errichtet werden. Wäre die Tuber- 
kulose als Kriegsseuche nicht so unterschätzt, so wäre die Errichtung eines 
grossen zentralen „Kriegsspitales“ im Mittelgebirge die Frage weniger Monate. 
Es könnten aber auch bereits bestehende Spitäler adaptiert werden. 

Den fortgeschrittenen Phthisikern müsste durch entsprechende Ver- 
ordnungen der \Veg zur Truppe ganz gesperrt werden. Prognostisch un- 
günstige Fälle sind dauernd zu internieren und entsprechend zu behandeln. 
Besserungsfähige Fälle wären nach Entlassung aus der Spitalsbehandlung 
— vorausgesetzt, dass sie sicher keimfrei sind — ihrem bürgerlichen Berufe 
zurückzugeben oder zu leichtem Hinterlandsdienste zu verwenden. Zur 
Entscheidung muss hauptsächlich das Urteil des behandelnden Arztes 
massgebend sein. | 

Die Ausführung seiner Vorschläge hält Verf. für einfacher als die 
Bekämpfung der akuten Seuchen. Er schliesst mit den Worten: „Hoffentlich 
wird recht bald eingesehen werden, dass auch ein energischer Feldzug gegen 
die Kriegstuberkulose zu einer dringenden, unabweislichen Notwendigkeit 
geworden ist.“ A, Baer, Sanatorıum Wienerwald. 


292. Bekämpfung der Tuberkulose, Errichtung von Fürsorge- 
stellen. Erlass des k. k. Ministeriums des Innern vom 2. Januar 
1917. Osterr. Arztekammerbl. 1917 Nr. 8. 

„Die grosse Ausbreitung der Tuberkulose unter den heimkehrenden 
Kriegern sowie unter der Bevölkerung des Hinterlandes, zumal unter den 
Kindern, lässt es dringend notwendig erscheinen, den Kampf gegen die 
Tuberkulose auf der ganzen Linie aufzunehmen und neben der Errich- 
tung von Anstalten der verschiedenen Art (Tuberkuloseabteilungen bei 
Krankenanstalten, Lungenheilstätten, Erholungsheime usw.) die Fürsorge- 
bewegung kräftig zu fördern, wo sie schon vorhanden ist, und neu ins 
Leben zu rufen, wo Ansätze dazu noch nicht besteben.“ 

Dieser dankenswerte Erlass, der geeignet ist, die durch den Krieg 
s0 machtvoll geförderte Antituberkulosebewegung in Österreich zu unter- 
stützen, gibt in 14 Punkten den Anhalt für die Organisation der Für- 
sorgebewegung. Hervorgehoben sei folgendes: Als unbedingt notwendige 
Funktionäre der Fürsorgestellen werden bezeichnet ein Fürsorgearzt (im 
Haupt- oder Nebenamt) und eine Fürsorgeschwester (nur im Hauptamt), 


a O 


156 Tuberkulose und Krieg. 


beide entsprechend besoldet. Zur Errichtung sind ausser den bestehenden 
Vereiniguugen, die sich der Tuberkulosebekämpfung widmen, berufen: 
die autonomen Faktoren (Land, Gemeinde), die Österr. Gesellschaft vom 
Roten Kreuz, die Krankenkassen und ähnliche Institutionen. Die Kosten für 
Errichtung und Betrieb werden mit 10000 K. jährlich angenommen, wozu 
staatliche Hilfe leider nur „fallweise in Erwägung gezogen“ wird. Die 
einzelnen Stellen werden einer Bezirkszentrale, alle diese in einen Lande 
einer Landeszentrale für Tuberkulosefürsorge unterstellt und die Gesamt- 
organisation wird ihre Zusammenfassung im Ministerium des Innern finden, 
Für die Wirksamkeit werden folgende Richtlinien angegeben: Die Unter- 
suchung des Kranken bat sich auch auf die Feststellung des mikrosko- 
pischen Befundes zu erstrecken; Behandlung kommt den Fürsorgestellen 
ebenfalls zu, soweit die Kranken nicht anderweitig in Behandlung stehen 
(auch spezifische Behandlung); im übrigen wird sich die ärztliche Leistung 
vorwiegend auf die Krankheitsverhütung erstrecken (Abgabe iu 
entsprechende Anstalten, Isolierung innerhalb der Familie, Erziehung zur 
Reiulichkeit, Versorgung des Auswurfes, Förderung der richtigen Ernäh- 
rung), sowie auf Über wachungder aus den Anstalten Entlassenen. Durch 
Anlegung eines Grundbuches werden die Tuberkulösen evident geführt für 
spätere statistische Verwertung. „Die Fürsorgestellen sind als Anstalten 
der öffentlichen Gesundheitspflege und nicht als einfache Abgabestellen 
für Lebens- oder gar Geldmittel aufzufassen.“ Die Militärverwaltung wird 
ersucht, zu veranlassen, dass die wegen Tuberkulose beurlaubten oder 
superarbitrierten Heeresangehörigen den politischen Behörden zur Verstän- 
digung der Fürsorgestellen bekanntgegeben werden. Für entsprechende 
Vorbildung der Fürsorgeärzte werden Stipendien und Fortbildungskurse 
in Aussicht genommen. Es werden nur körperlich geeignete und ent- 
sprechend ausgebildete Schwestern angestellt, für welche ein angemessenes 
Gebalt, Versorgung im Erkrankungsfalle und angemessene Ruhebezüge 
vorzusehen sind, Geschulte Desinfektoren werden zur Mitwirkung heran- 
gezogen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


293. Beschorner, Ein Beitrag zur Ernährungsfrage der Tuber- 
kulösen im Kriege. Tuberculosis, Dezember 1916. 


Übersichtliche Angaben und Anleitungen, wie man in der gegenwärtigen 
Kriegszeit den besonderen Nahrungsbedarf des Tuberkulösen nach Möglich- 
keit genügen kann. Die unrichtige Annahme, dass Gewichtszunahme und 
Besserung der tuberkulösen Krankheitsvorgänge gleichbedeutend seien, ist 
schon vor dem Krieg oft, freilich vergeblich gerügt worden. Jn den 
Lungenheilstätten hat man aber jetzt die Erfahrung gemacht, dass die 
Heilerfolge nicht schlechter geworden sind, obwohl die Gewichtszunahmen 


fehlen oder hinter denen der Friedenszeit zurückstehen. Beschorner's 


Beitrag ist nützlich und wertvoll. Es hätte vielleicht etwas deutlicher be- 
tont sein müssen, wer eigentlich der gemeinte „Tuberkulöse“ ist, für den 
ein besonderer Nahrungsbedarf biologisch begründet ist. Was geht nicht 
alles unter dem Namen „tuberkulös“! Leute, bei denen eine leichte 
Spitzendämpfung „herausgeklopft“ ist, ebenso wie die ausgesprochen aktiven 
Fälle, die wirklich bedürfiigen! Und selbst diese haben ein Kostmass, 
wie es noch immer sogar in .manchen Lehrbüchern vorgeschrieben ist, 
ganz gewiss nicht nötig. Der Krieg mag manchem Tuberkulösen hart 


ee at Tan 


wm 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 15% 


zusetzen, im ganzen aber lehrt er uns, dass wir in manchen Dingen in 
arge Übertreibung geraten waren. Meissen. 


294. H. Weicker, Über die Beschäftigung und Beaufsichtigung 
der lungenkranken Mannschaften in der Lungenheilstätte. 
Zschr. f. Tbe. 27 H. 5. 

Die Bewegungs-, Beschäftigungs- und Arbeitstherapie muss in den 
Lungenheilstätten weiter ausgebaut werden als bisher. Sie ist einmal er- 
forderlich wegen der Muskelübung, Stoffwechselanregung, besseren Immuni- 
sierung sowie aus psychischen Gründen und zum andern, um den Patienten 
vor Selbstschädigung durch Leichtsinn in der Liegekurfreien Zeit zu be- 
wahren. Deshalb ist eine strenge, planmässige Aufsicht unbedingtes Er- 
fordernis. Sie ist in militärischen Genesungsheimen am besten durchzu- 
führen. Als Beschäftigungsarten kommen in Betracht: Freiübungen, 
Spaziergänge, Beschäftigung im Wald, Garten, Feld, Wicse und in ver- 
schiedenen Werkstätten der Anstalt. Da die Kur in den Volksheilstätten 
12 Wochen dauert und diese Kurdauer im allgemeinen auch für die 
Militärgenesungsheime vorgesehen ist, empfiehlt es sich, die Patienten in 
vier Gruppen einzuteilen, und zwar derart, dass die I. Gruppe die Patienten 
der 1.—3. Woche, die II. Gruppe die Patienten der 4.—b. Woche usf. 
umfasst. Gruppe I hat 4, Gruppe Il 3, Gruppe III 2 und Gruppe IV 
1 Liegekuren. Je nach der Krankenzahl sind die einzelnen Gruppen in 
so und soviel Kolonnen zu je 10 Mann einzuteilen. Die Aufsicht in 
jeder Kolonne führt ein Unteroffizier oder Gefreiter. Bettlägerige werden 
in die Gruppen nicht einrangiert. Die Einteilung in die vier verschiedenen 
Gruppen ist nicht allein von der Zeit der Kur, sondern vor allem von 
dem Zustand der Patienten abhängig, so dass manche, nachdem sie der 
I. Gruppe, der Beobachtungsgruppe, angehört haben, sofort etwa der 
Il. Gruppe überwiesen werden können, andere wieder längere Zeit in 
einer der ersten Gruppen bleiben müssen. In den einzelnen Gruppen 
selbst lässt sich durch die Untereinteilung in Kolonnen die Beschäftigungs- 
therapie noch weiter individunlisieren., Als Arbeit, bzw. Beschäftigung, 
kommen je nach der Jalıreszeit in Betracht: Schneebeseitigung, Schnee- 
mannbau, Nistkästenbau in’der Tischlerei, Kulturanpflanzungen im Walde, 
leichte Holzarbeiten, Garten-, Feld- und \Wiesenarbeiten leichter Art u. 
del. m. Die Abende sollen durch Vorträge, Gesangsübungen u. dgl. 
ausgefüllt werden. Berlin, Schömberg. 


II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


18. Hans Seiler- Aug:burg, Die Tuberkulose nach der Todesursachen-. 
Erkrankungs- und Versicherungsstatistik und ihre Bedeutung für die 
Volkswirtschaft. insbesondere für das Versicherungswesen. ZEryän- 
zungshefle zum Deutschen Statistischen Zentralblatt. Heft 9. Verlag von B, G, 
Teubner in Leipzig und Berlin 1916. 9, Seiten. Preis 3.60 IM. 

Die Tuberkulosestatistik stösst naturgemäss auf grosse Schwierigkeiten. Eine 
für das kanze deutsche Reich geltende Anzeigepflicht für Tuberkußoseerkrankungen 
besteht nicht. Das Kaiserliche Gesundheitsamt stelit eine Statistik auf, welche 


158 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


aber in der Hauptsache Todesursachenstatistik ist. Auch diese muss ungenau 
sein. Teils fehlt überhaupt ärztliche Behandlung, teils wird die Diagnose nicht 
gestellt, oder der Kranke unterliegt schliesslich einer interkurrierenden Krankheit, 
obwohl die Tuberkulose letzten Endes als eigentliche Todesursache angesehen werden 
muss. Die besten Resultate ergeben die Aufzeichnungen der Heilanstalten, Kran- 
kenkassen, staatlichen und privaten Versicherungen usw. Im Laufe der Jahre 
wird mit Wahrscheinlichkeit all dieses statistische Material mit grösserer Genauig- 
keit bearbeitet werden, wenn erst einmal die Wichtigkeit der statistischen Erhebungen 
dem Arzt in Fleisch und Blut übergegangen sein wird, aber es lassen sich doch 
schon heute aus den vorliegenden Zahlen wichtige Schlüsse auf die Entstehung 
und Ausbreitung der Tuberkulose ziehen, welche der Bekämpfung der Erkrankung 
zum Nutzen sein können. — In deutschen Orten mit 15000 und mehr Einwohnern 
starben von 100000 Einwohnern in den Jahren 1871 bis 1881 durchschnittlich 
357,7 (an Lungenschwindsucht allein), von 1907 bis 1911 184,3 (an Tuberkulose 
überhaupt). In der Gegenwart stirbt in Deutschland jeder 11. Mensch an Tuber- 
kulose, im erwerbsfähigen Alter (15 bis 60 Jahre) jeder 4. Die Tuberkulosesterb- 
lichkeit im allgemeinen geht jedoch in den europäischen Ländern zurück. Als 
Ursache hierfür ist die auf Grund der Entdeckung des Tuberkelbazillus einsetzende 
energische Bekämpfung der Erkrankung durch hygienische und soziale Mass- 
nahmen anzusehen. Wichtige Aufschlüsse gibt die Beteiligung der Tuberkulose 
an Alter und Geschlecht. Alkoholiker zeigen gegenüber der Allgemeinheit eine 
geringere Sterblichkeit an Tuberkulose. Es mag dies damit zusammenhängen, 
dass für die Berufe, die zum Alkoholismus zu neigen pflegen, wie Steinsetzer, 
Erdarbeiter, Hilfsarbeiter im Maurer- und Gastwirtsgewerbe, Brauer u. a., eine be- 
sonders kräftige Konstitution erforderlich ist, welche der 'Tuberkulose erheblichen 
Widerstand entgegenzusetzen vermag. Dass Beruf, Wohlstand, soziale Lage und 
Rasse einen gewaltigen Eınfluss auf die Tuberkulose-Mortalität ausüben, ergibt 
die Statistik mit Klarheit. — Ähnliche Ergebnisse zeitigt die Statistik der Tuber- 
kuloseerkrankungen. Sie stützt sich auf die Angaben der Krankenkassen, unter 
denen die Leipziger Ortskrankenkasse wertvolles Material liefert, und die Heil- 
anstalten. Die Zahl der Behandelten hat ausserordentlich zugenommen. Die 
Behandlungsdauer ist gesunken, die Heilerfolge sind trotzdem besser geworden, 
dafür sind aber auch die Behandlungskosten für den einzelnen Kranken bedeutend 
gestiegen. — Die Reichsversicherung hat alles Interesse daran, jeden Kranken 
möglichst frühzeitig zur Wiederherstellung seiner Erwerbsfühigkeit einem geeig- 
neten Heilverfahren zuzuführen. Durch die Angestelltenversicherung kommt diese 
Wohltat weiten Kreisen zugute. Die privaten Lebensversicherungsanstalten haben 
sich jedoch bisher in der Mehrzahl dem Gedanken der Lebensverlängerung durch 
eine entsprechende Kur gegenüber ablehnend verhalten. Daher sind diese Ver 
sicherten im Erkrankungsfalle auf sich selbst angewiesen und können dadurch in 
grosse Not geraten. Andererseits weigert sich die Versicherung sogar, Personen 
mit beginnenden Erkrankungen oder solche mit phthisischem Habitus in die Ver- 
sicherung aufzunehmen, es sei denn, dass sie eine sehr erheblich höhere Prämie ent- 
richten. Es gibt jetzt schon Versicherungen, die besondere Abteilungen für derartige 
Personen haben. Aber im allgemeinen wird auch das private Versicherungswesen 
sich weiter ausbauen müssen und dadurch wird die Reichsversicherung an dem 
Kampfe gegen die Tuberkulose in hervorragendem Masse Anteil gewinnen. 


Hans Müller. 


19. Medizinalstatistische Nachrichten. Siebenter Jahrgang. 1915/1916. 2. Heft. 
Das Heft bringt Zusammenstellungen über: 
1. Die Sterblichkeit der Gesamtbevölkerung des Preuss. Staates nach Todes- 
ursachen und Altersklassen im Jahre 1914. 


2. Die Sterblichkeit der Kreisbevölkerung des Preuss. Staates nach Todes- 
ursachen und Altersklassen im Jahre 1914. 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 159 


3. Verschiedenes. Die Krankenversicherung in Preussen und im Deutschen 
Reich im Jahre 1913, zur Taubstummenstatistik in Preussen am 1. I. 1915 
und die Sterblichkeit an Tuberkulose in Preussen in den Jahren 1876—1914. 


1914 (1913) starben in Preussen 766828 (620455) Personen, von 10000 Ein- 
wohnern an Tuberkulose 13,87 °/o (13,65 °/o), an Lungenentzündung 11,84 0/0 (12,03 °/o), 
an Krankheiten der Atmungsorgane 8,29 /o (7,85 %/o). 

Werden die übertragbaren Krankheiten allein ig Betrachi gezogen, so ergibt 
sich, dass an ihnen 151542 gleich 19,75°%/o (145801—23,51°/6) Personen gestorben 
sind, darunter an Tuberkulose 58577 — 7,64 °/0 (56 861—9,16°/o). 

Verfolgt man die Sterbeziffer bis 1875 zurück, so war sie am höchsten für 
1875 mit 26,3 (auf Tausend lebende Personen berechnet). Die Sterbeziffer für 
1914 stellt sich auf 18,2. Die günstigste Sterbeziffer mit 14,9 hat sich seit 1875 

für das Jahr 1913 ergeben. Das Jahr 1911 mit der Sterbeziffer 17,2 zeigt einen 
. vorübergehenden Rückschlag, der durch die ungewöhnliche Sommerhitze verur- 
sacht war. 


Die hohe Sterbeziffer im Berichtsjahr ist hauptsächlich auf den Krisg zurtck- 
zuführen. 

Hinsichtlich der Sterbeziffer in den einzelnen Regierungsbezirken steht der 
Landespvlizeibezirk Berlin mit 14,6 vom 1000 aller Lebenden am günstigsten da. 

Die Sterbefälle an Tuberkulose sind von 1876—1914 von 79770 auf 58577 
zurückgegangen. Das sind 21193 oder 26,57°,o weniger. 

Bei den Männern ist die Zahl von 43723 auf 30218 gesunken, das sind 
13505 oder 30,89 °,o, bei den Frauen von 36047 auf 28359, das sind 7688 oder 
21,33°/o weniger. 

Bei der Berechnung der Sterbefälle an Tuberkulose auf 10000 Lebende ist 
die Sterbeziffer von 30,95 °/o im Jahre 1876 auf 13,37% 0 im Berichtsjahr gefallen, 
bei den Männern von 34,41 "o auf 14,470, bei den Frauen von 27,59% 0 auf 13,29° 0. 

Die Sterbeziffer ist im allgemeinen bei den Männern ungünstiger als bei den 
Frauen, dagegen gestaltete sich der Rückgang der Sterblichkeit bei dan Männern 
günstiger als bei den Frauen. Die Abnahme der Tuberkulose in Preussen ist im 
grossen und ganzen eine stetige. Schellenberg, Ruppertshain i.T. 


20. Anti- Tuberculosis Bulletin. Published monthly by the Philippine Islands 
Anti-Tuberculosis Society, Manila, member of the Nutional Association for the 
Study and Prevention of Tuberculosis, U.S.4. 


Diese Monatsschrift wird seit 1915 zu Manila von der Gesellschaft zur Be- 
kämpfung der Tuberkulose auf den Philippinen ia englischer und spanischer 
Sprache herausgegeben. Wie aus der Überschrift ersichtlich, ist die Gesellschaft 
ein Glied der grossen Vereinigung zur Erforschung und Bekämpfung der Tuber 
kulose in den Vereinigten Staaten. Das „Bulletin“ hat sich die Erziehung zum 
Kampf gegen die Tuberkulose auf den von den Amerikanern glücklich eingeheimsten 
und den Spaniern entrissenen Philippinischen Inseln zur sicher löblichen Aufgabe 
gestellt, indem es in gemeinverständlicher Form über das Wesen, die Gefahren 
und die Mittel zur Verhütung und Bekämpfung der’ Tuberkulose belehren will. 
Mit dem besten Verständnis soll Jebbaftere Teilnahme und kräftige Mitarbeit an 
der Weltbewegung gegen die Tuberkulose auch auf diesen Inseln geweckt werden, 
wo die Krankheit anscheinend recht verbreitet ist, ihre Bekämpfung aber noch 
sehr im argen liegt. 

Die Schriftleitung des Zentralblattes stellte dem Ref. eine Anzahl Nummern 
des 2. Jahrganges (1916) zur Verfügung. Wie sich schon aus dem Zweck ergibt, 
den das Bulletin verfolgt, wird man wissenschaftliche Abhandlungen, die Neues 
zu bringen versuchen, darin vergeblich suchen, so dass der Referent als solcher 
kaum etwas zu tun findet. Es muss aber anerkannt werden, dass die Monatschrift 
ihre Aufgabe recht geschickt zu lösen bestrebt ist, und ihre Belehrungen über 
alle Fragen aus dem Gebiete der Tuberkulose in anregender, knapper und ver- 


160 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


ständlicher Form bringt. Mehr kann ja in einem halbwilden Lande vorläufig 
nicht getan und nicht erwartet werden. Man muss den Unternelimern aufrichtig 
guten Erfolg wüuschen. 

An Schwierigkeiten scheint es nicht zu fehlen, wie aus einem Artikel des 
Herausgebers „Pessimism versus Optimism* in der Oktobernummer 1916 hervor- 
geht. Der Artikel wendet sich gegen Äusserungen eines „Pessimisten“ in der 
spanischen Zeitung „La Vanguardia*, der die Bestrebungen der Anti-Tuberculosis 
Society herabgesetzt hatte. Die Erwiderung sieht in dem Angriff klugerweise 
zunächst das Interesse an der guten Sache, und betont, dass man selten zu prak- 
tischen Ergebnissen gelangt, wenn man sein Ziel zu hoch steckt. Er tadelt aber 
die Angriffe gegen eine gemeinnützige Vereinigung, bei der nur der Sekretär 
einen bezahlten Posten hat, während alle übrigen nur für den Zweck Mühe und 
Arbeit auf sich nehmen. Man müsse sich einstweilen bescheiden, an grössere 
und bekanntere Aufgaben für die Wohlfahrt der Bevölkerung könne man nur 
allmählich und mit der Zeit herangehen. Das würde aber ganz von selbst kommen, 
wenn man auf dem begonnenen Wege weiterschreite, noch vorhandene Mängel 
oder Fehler würden sich beseitigen und vermeiden lassen. 

Die wissenschaftliche Ausbeute der vorliegenden Nummern ist, wie gesagt, 
nicht nennenswert. Es handelt sich um kürzere Belehrungen und Erörterungen 
über die verschiedenen Fragen aus dem Gebiet der Tuberkulose, wie wir sie seit 
Jahrzehnten bei uns kennen, wie sie uns längst geläufig sind, die aber dort den 
Leuten erst eingeprägt und verständlich gemacht werden müssen. Vielfach sind 
sie aus amerikanischen Zeitschriften entnommen. Witze, Scherze, sogar kleine 
Theaterstücke aus dem Gebiet der Tuberkulose im Leben spielen ausserdem eine 
Rolle: Man muss immer festhalten, dass gemeinverständliche Belehrung beab- 
sichtigt ist. 

Als Beispiel mögen die Gewohnheitsregeln der „Illinois Open-air Crusaders“ 
angeführt sein, die im Bulletin abgedruckt sind. Diese „Crusaders“ sind Vereine 
von Schulkindern im Staate Illinois als „Kreuzfabrer* gegen die Tuberkulose: 

Sorge für frische Luft bei der Arbeit und beim Spiel. 
Lebe soviel wie möglich im Freien. 
Schlafe mit offenen Fenstern oder auf der Veranda. 
Atme durch die Nase mit geschlossenem Mand. 
Bade täglich, mindestens aber einmal wöchentlich. 
Halte die Kleider rein und heil. 
Sitze stets aufrecht in der Schule. 
Hilf dem Lehrer den Schulraum sauber und luftig halten. 
Fordere auch im Kino (moving-picture show), dass der Saal rein und luftig sei (!). 
Reinige deine Zähne, zumal abends vor dem Schlafengehen. 
Dulde keinen Schmutz oder Abfall auf deiner Strasse. 
Vermeide sorgsam auf öffentlighen Strassen und Plätzen auszuspucken. 
Iss reichlich gute Nahrung. 
Bitte Angehörige und Freunde, dass sie dir helfen, diese Regeln zu halten. 
Trage stets dein Abzeichen und singe das Freiluft-Kreuzfahrer Lied. 
(Open-air Crusader Song.) 
Meissen, Essen. 


Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A, Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 














Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärstlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 
Hamburg. 


Redaktion: 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wittbg. 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 
Klinik, 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 
Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 


Verlag 


Curt Kabitzsch Verlag, 
Würzburg. 
Ludwigstrasse 231/4. 








11. Jahrg. 


Ausgegeben am 30. Juni 1917. 


—. — 


Nr. 6. 





—— 





Inhalt 


zum XII. Sonderheft über Literatur zur Lungenkollapstherapie. 


Adams, A. 187. 
Aubert 190. 

Bard, L. 182, 
Barjou 189. 
Bernard 182. 
Beschorner 201. 
Billon, L. 185, 
Birke 207. 
Bochalli 205, 207. 


v. Bonsdorff, A. 185. 


Brecke 206. 

Bull, P. 186. 
Büttner 183. 
Carleton, H. 187. 
Carpi, U. 190. 
Castaigne 190. 
Colebrok 182, 
Cordier 185. 
Courmont, P. 189. 


Curschmann 245, 207. 


Devie, A, 185. 


Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen bezielien sieh auf die Seiten.) 


Dumarest, F. 192. ı Krause, A. K. 180, 
Evans, D G. 187. | Krogh 178. 
Freudenfeld 202. i Kronberger, H. 188. 
Freymuth 206. | Leuret, E. 190. 
Galeotti 178. | Liebe 207. 
da Cardi, A. 184. 'v. Linden 200. 
Gaudy 191. | Lindhard 178. 
Geinitz, R. 183. | Macri 178. 
Gwerder, J. 185. | Morland, E. 187. 
Heim, F. 183, 133. | Murard, Ch. 192. 
Henriques, V. 179. | Muttray 208. 
Hervc 187, 192. | v. Noorden, C. 195. 
i Birseb, J S. 183. 
Jacobaeus 188. 
Jeanneret-Minkine 18%, 
| 188, 
Kaminer, S. 195. 
Kirchner 201. 
Kofred, A. 154, 
Köhler, F. 2ul. 
' Kraemer, C. 197. 


| Palasse, E. 1%. 
Paraf 182. l 
Pearson, 8. V. 187. 

Perrin, M. 190. 

ı de Pfeffel, C. 181. 

| Pischinger 203, 206 

Real, C, 183. 

| Rist 181. 





I. Übersichtsbericht. 


ı Packard, E. N. jr. 191. 


| Ritter 204. 

' Robinson, 8, 192. 

| Rohrer, F. 177. 

| Rollier, A. 199. 

| Roubier, Ch. 192. 

| Ruediger 2%0°. 

| Rundle, C. 182. 

v. Scheibner 207. 

ı Singer, H. 157. 

: Spengler, L. 163, 193. 
: Starekloff 206. 
Sterling, S. 184. 
Strauss 208. 
Tomaszowski, Z. 180. 


! Wallgren, A. 192. 





Warburg, O. 177. 
Wehmer 206. 
Wichmann 203. 
Windrath, F. 188. 
Winterstein, H. 179. 
Ziegler 205. 


Lucius Spengler-Davos, Kritische Übersicht über den derzeitigen Stand der Frage 
der plastischen Operationen bei Lungentuberkulose. 


II. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Normale und pathologische Physiologie, 


295. Rohrer, Die Grösse des schädlichen 
Raumes der Atemwege. — 29. Warburg, 
Über dıe Rolle des Eisens in der Atmung des 
Seeigeleis nebst Bemerkungen über einige durch 
Eisen beschleunigte Oxydationen. — 297. Ga- 
leotti und Macri, Über die Perspiratio in- 
sensibilis unter normalen und pathologischen 
Bedingungen. — 298. Krogh und Lindhard, 
Über die von den Respirationsbewogungen 
bedingten Schwankungen des Gaswechsels und 
Blutstroms in den Lungen des Menschen, — 
299. Henriques, Untersuchungen Über die 
Verbrennung in den Luugen und einige Be- 
merkungen über die Bestimmung der Gase des 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 


Blutes. — 300. Winterstein, Neue Unter- 
suchungen über die physikalisch -chemische 
Regulierung der Atmung. 


b) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. 


| 301. Tomaszowski, Histologische Ver- 
| änderungen der normalen und mit Tuberkulose 

infizierten Lunge unter dem Einfluss des künst- 
| lichen Pneumothorax. — 302. Krause, Some 
| unusual eonsequences ofartifieial pneumothorax. 
I — 208. Rist et Pfeffel, Exsudats & Cosino- 
philes et aA mastzellen au cours du pneumo- 
thorax. — 304. Bernard et Paraf, L'origine 
des «panchements pleuraux consécutifs aux 
pneumothorax chez les tubereuleux. — 305. 


11 


162 


Colebrok, The evolution of artifieial pneumo- 
thorax in the treatment of phthisis. — 306. 
Rundle, Pleural effusion following artificial 
pneumothorax. 


c) Dingnose und Prognore. 


307. Bard, Des conditions de prodnetion 
du souffle amphorique dans le pneumothorax 
artificiel. 308. Heim und Jeanneret- 
Minkine, Les pseudoräles fibrineux. — 509. 
Real, Ergebnisse der physikalischen Uhter- 
suchung bei der Kollapslunge nach Pneumo- 
thorax und Thorakoplastik. — 310. Heim und 
Joanneret-Minkine, Les räles propares, 
causes d’errenr dans l'auscultation des tuber- 
culeux. 311. Hirsch, Roentgenographic 
control of tbe pneumothorax treatment of 
pulmonary tuberculosis. — 312. Büttner- 
Wobst, Die Fraenkel-Albrecht'sche Eintei- 
lung der chronischen Lungentuberkulose im 
Röntgenbild. — 313. Kofred, Uber die Ar- 
beitsfühigkeit der Patienten, behandelt mit 
künstlichen: Pneumothorax. — 314. Sterling, 
Beitrag zum künstlichen Pneumothorax. — 
315. A. da Gardi, Il pneumotorace simidio 
diagnostico nell’ esame radiologico dei feriti al 
torace, 


d) Indikationen und Therapie. 


316. Gwerder, Eutspannungspneumo- 
thorax auf Grund symptomatischer Indikation. 
— 317. Cordier et Devie, L'nsufflation 
d'une caverne pulmonaire au cours do l'opéra- 
tion de Forlanini. — 318, Billon, Considera- 
tions sur 100 cas de pneumothorax artiliviel 
antiseptiquo dans la tuberculose pulmonaire, — 
319. Windrath, Beitrag zur Pneumothorax- 
behandlung gefahrdrohender Blutungen. 
320. Bull, Die extrathorakale Thorakoplastik 
als Behandlung der Lungentuberkulose. 
321. v. Bonsdorff, Erfahrungen bei der Be- 
handlung des tuberkulösen (spontanen) Pneu- 


mothorax. 


e) Technik. 


322. Morland, The technic of artifieial 
pneumothorax. — 323, 324. Adams, Pearson, 
Local anaesthesia ìn artificial pneumothorax — 
325. Hervé., De lexcision galvanique des 
brides pleurales au cours des traitements par 
le pneumothorax. 326. Carleton and 


Inhalt. 


Evans, The induction of a'tifieial pneumo- 
thorax. — 327, Singer, Zur Empyembehand- 
lung mittelst Kanüle. — 328. Kronberger, 
Zur Theorie und Technik der extrapleuralen 
Thorakoplastik. — 329. Jacobaeus, Endo- 
pleurale Operationen unter der Leitung des 
Thorakoskopes. 


f) Klinische Falle. 


330. Geinitz, Beitrag zur Frage des 
Chylotborax und Zur Therapie des tuberku- 
lösen Chylothorax. 331. Courmont et 
Barjou, Pneumothorax sileneieux: pleuresie 
purulente, evacuation avec injertion d'azote 
Gucrison. — 332. Castaigne, Pneumothorax 
complet symptömes fonctionels. — 333. Perrin, 
Pueumothorax artificiel compliqué de pneumo- 
thorax à soupape et de perforation spontanée 
de la paroi thoracique. — 334. Carpi, Un caso 
di tisi pulmonare curato colla toracoplastica 
extrapleuriea. — 335 Palnsse, Pneumothorax 
avec omphyseme souscoutandg spontane chez 
un tuberculeux,. — 336. Leuret et Aubert, 
Seconde observation de suppuration pleuro- 
pulmonaire avec hémoptysies graves traitce et 
gucrie par le pneumothorax artificiel. — 337, 
Gaudy, Un cas de pyo-pnenmothorax putride 
à évolution aigvë au cours d'une tuberculose 
pulmonaire. — 338. Packard jr., Gangrene of 
the lung following artiticial pneumothorax. — 
339. Wallgren, Uber Spontanpnenmoihorax 
als eine zu dem künstlichen Pneumothorax 
hinzutretende Komplikation. 


g) Allgemeines. 


340. Hervé, Aperçu sur une nouvelle 
thérapeutique de la tuberculose pulmonairo 
pneumothorax et heliotherapie. — 341. Du- 
marest et Murard, Cinq ans đe pratique 
du pneumothorax artificiel, Resultate. — 342. 
Murard, Les complications pleurales du 
pneumothorax artificiel. — 313. Roubier, Le 
pneumothorax tuberculeux bilatéral. 344. 
Robinson, Thoracie diseases, tlıe status of 


surgical therapy. 


h) Bibliographie. 
345. Spengler, Arbeiten über Lungen- 
kollapstherapie. 


III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


21. C v. Noorden und S. Kaminer, | experimentellen Tuberkulose des Meerschwein- 


Krankheiten und Ehe. 22. C. Kraemer, 
Das Tuberkulin. 23. A. Rollier, Die 
Sonnenbehandlung. Ihre therapeutische und 
soziale Bedeutung. 24, Gräfin v. Linden, 
Erfabrungen der Kupferbehandlung bei der 


— 


IV. Kongress- und 


6. 21. Generalversammlung des Deutschen 
Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose am 23. Mai 1917 in Berlin. 7. Ver- 
sammlung des Vereins der Lungenheilanstait»- 





ehens und bei den verschiedenen Formen der 
Tuberkulose dos Menschen. — 25. F. Kühler, 
Die Tuberkuloseforschung in den Kriegsjabren. 
— 26. Eine nene amerikanische Zeitschrift: The 
American Review of Tuberculosis. 


Vereinsberichte. 


Ärzte in Berlin am 2%. Mai 1917. — 8 Sitzung 
des Lupus- Ausschusses des Deutschen Zentral- 
komitees zur Bekümpfung der Tuberkulose am 
23. Mai 1917 in Berlin. 


Übersichtebericht. 163 


L. Übersiehtsbericht. 


— 


Kritische Übersicht über den derzeitigen Stand der Frage 
der plastischen Operationen bei Lungentuberkulose. 


Von Lucius Spengler-Davos. 


Quincke empfabl im Jahre 1888 zur Behandlung der „chronischen 
infiltrierenden“ Form der Lungentuberkulose, sowie besonders der tuber- 
kulösen Kavernen die Mobilisation der Brustwand durch Rippenresektion. 
Die Resektion wurde vorn ausgeführt. 

Unabhängig von Quincke trat Karl Spengler in den Jahren 
1890/91 mit der Anregung an die Öffentlichkeit, bei der kavernösen Phthise 
den Thorax durch eine „extrapleurale Thorakoplastik“ zu mobilisieren. 
Die Ausdehnung der Plastik solle der Schwere und der Ausdehnung der 
bestehenden Lungenerkrankung entsprechen. Der Eingriff wurde hinten 
auf Grund des „Periskapularschnittes“ ausgeführt. Um Wirbelsäulever- 
krümmungen zu vermeiden, durchschnitt Karl Spengler die frei präpa- 
rierten Rippen dicht vor dem Tuberkulum, hinter dem Angulus costae, 
nachdem Periost und die umgebenden Weichteile durch eine unter die 
Rippe geführte und mit Kraft hinter die Resektionsstelle gezogene Gaze- 
schleife zurückgedrängt worden waren. 

Turban vertrat 1899 die Meinung, dass „eine an beliebiger Stelle 
vorgenommene Verkleinerung der Brustwand dem ganzen Innenraum der 
betreffenden Seite zugute komme“. Eine Eindellung der unteren Partie 
bewirke indirekt auch eine Retraktion der Spitze. Dies trifft sicherlich 
nicht zu bei bestehender Pleuraobliteration, für die Spitze auch nicht bei 
freiem Pleuraspalt und für die übrigen Thoraxpartien nur bei freiem 
Pleuraspalt (Thoraxeinengung über Empyemhöhlen). Es geht dies sowohl 
aus den gemachten Erfahrungen als auch besonders aus den experimentellen 
Untersuchungen Edens hervor. Eden konnte bei freiem Pleuraspalt 
einen Kollaps der Spitze selbst dann nicht beobachten, wenn die Plastik 
bis zur dritten Rippe (einschliesslich) hinaufreicht. 

Die günstigen Erfolge der Behandlung der einseitigen Lungentuber- 
kulose mittelst der funktionellen Rubigstellung der Lunge durch den arti- 
fiziellen Pneumothorax sind unbestritten. Wo ausgedehnte Pleuraverwach- 
sungen bestehen, ist diese Behaudlungsmethode jedoch nicht durchführbar. 
Brauer gab uns nun in seinen „Erfahrungen und Überlegungen zur 
Lungenkollapstheräpie“, die Antwort auf die Frage, in welcher Weise solche 
Fälle einer erfolgreichen, chirurgischen Behandlung zugänglich gemacht 
werden können. Hier tritt au Stelle des Pneumothorax die ausgedehnte, 
extrapleurale Thorakoplastik. „Sie muss, falls sie den gleichen 
Effekt ausüben soll, wie ein gut gelungener, grosser Pneumothorax ent- 
sprechend gross sein; sie ist eine Form der Lungenkollapsmethode. Sie hat 
nicht nur den Zweck, eine Anregung zu weiterer Schrumpfung zu geben, 
sie soll — wie die Pneumothoraxtherapie — die Lunge ruhig stellen und 
kollabieren Jassen.“ 

Die Erfahrung lehrt untrüglich, dass der komplette künstliche Pneumo- 
thorax die besten Resultate zeitigt. Dabei sei die Möglichkeit nicht bestritten, 


1]* 


164 Übersichtsbericht. 


gelegentlich auch durch einen partiellen Kollaps einen guten Erfolg er- 
reichen zu können. Folgerichtig hätten wir also von der totalen extra- 
pleuralen Thorakoplastik, wie eie ursprünglich in Form der totalen 
Entknochung von Brauer empfohlen und von Friedrich ausgeführt 
wurde, also von der vollständigen funktionellen Ruhigstellung der Lunge 
durch diesen Eingriff, dasselbe Resultat zu erwarten. Dies ist jedoch, ganz 
abgesehen von der Schwere dieser das Leben bedrohenden Operation, nicht 
zutreffend. Die totale Thoraxentknochung, ohne Erhaltung des Periosts, 
beraubt die Thoraxwand jeder Stütze. Sie bedingt paradoxes Atmen, 
Mediastinalflattern und Zirkulationsstörungen. Die kranke Lunge ist wohl 
auf ein Minimum kollabiert, aber nicht ruhiggestellt, sondern zufolge der 
paradoxen Atmung in ständiger Bewegung. 

Um die Gefahren der totalen Brauer-Friedrich’schen Plastik 
zu umgehen und dabei doch einen vollständigen Kollaps zu erzielen, 
änderte Brauer die Form und Technik vollständig, wobei es ihm in der 
Tat gelang, die krankseitige Thoraxbhälfte „plastisch umzuformen“, Becker 
hat die Technik dieser Thorakoplastik, die Brauer selbst ausführt, ein- 
gehend beschrieben. Brauer operiert meist zweizeitig und zerlegt den 
Eingriff in mehrere Teile. Lokalanästhesie nach Schumacher. Um dem 
Zwerchfell einen grösseren Halt zu geben, lässt er die 10. Rippe womög- 
lich stehen. Wegen der Aspirationsgefahr soll zuerst der untere Abschnitt 
und dann erst der obere komprimiert werden. 

Die untere Plastik umgreift gewöhnlich die 4. bis 9. Rippe ein- 
schliesslich. Hinten muss bei der Resektion der Rippen ganz weit über 
den Angulus hinübergegangen werden, während vorn etwas längere Rippen- 
stümpfe stehen bleiben, um die Gefahr einer zu starken Mediastinalver- 
schiebung zu beseitigen. Das Periost bleibt völlig erhalten, indem die 
Rippenstücke von vorn und hinten durch quer über die Rippe verlaufende 
Schnitte trocken aus ihm abgelöst werden. Die ganze Muskel- und 
Periostmasse bleibt unter dem nicht abgetrennten Lappen. 

Im zweiten Eingriff wird die 3. und 2. Rippe vom hinteren Schnitt 
her durchgezogen, und von der ersten Rippe entfernt Brauer ein 3—4 cm 
grosses Stück. Um einen minimalen Muskeldefekt zu setzen, verläuft der 
vordere Schnitt entsprechend dem Faserverlauf des Pectoralis. 

Die Vorteile dieser Form der Totalplastik bestehen im Fehlen 
jeder Funktionsstörung am Arm zufolge des kleineren Wundgebietes, der 
Erhaltung der Interkostalmuskeln, der Nerven und Gefässe, sowie der 
weitgehenden Schonung der Muskulatur. Die Entstellung des Kranken 
ist eine geringe. Das Absinken der Schulter fehlt, denn sie ist in die 
Tiefe eingepflanzt und daher gestützt. Der Kollaps der Lunge ist ein 
idealer und, da eine Rippenneubildung stattfindet, erfolgt völlige Fixie- 
rung des Skelettes in der gewünschten Lage. Es tritt kein paradoxes 
Atmen, kein Mediastinalflattern auf. 

Der extrapleuralen Thorakoplastik ist stets der Pneumothorax- 
versuch vorauszuschicken, denn nur er gibt sicheren Aufschluss 
über den Zustand der Pleura. -Nicht obliterierte Abschnitte der Pleura 
erschweren die Operation in dem Sinne, als mit ihrer Grösse die Gefahr 
des Einreissens der Pleura costalis zunimmt. Reisst sie ein, so entsteht 
dadurch ein Operationspneumothorax, eine Komplikation, die den Kranken 
um so mehr gefährdet, je grösser der Pneumothorax wird und je grösser 


Übersichtsbericht. 165 


die der Plastik zugrunde liegende Lappenbildung ist. Durch Anwendung 
des Druckdifferenzverfahrens ist einem solchen Zwischenfall am erfolgreich- 
sten zu begegnen. 

Ursprünglich empfahl Friedrich bei seiner grossen Totalplastik rasches 
Öperieren und entfernte von einem Schede’schen Lappenschnitt aus die 
10. bis 2. Rippe von der Wirbelsäule bis zum vorderen Knorpelansatz. Er 
liess bei seinen ersten Fällen die 1. Rippe stehen, von der Voraussetzung 
ausgehend, dass eine genügende Einengung des Spitzengebietes durch eine 
nachträgliche Senkung der ersten Rippe erfolgen würde. Diese Senkung 
kann jedoch nicht immer erwartet werden (Sauerbruch, Harras), wovon 
auch ich mich bei zwei meiner von Friedrich operierten Fälle überzeugte, 
An Stelle der Resektion der 1. Rippe setzte Friedrich später die Apikolyse, 
die stumpfe, manuelle Lösung der Pleura costalis rings um die ganze Lungen- 
kuppe herum. Doch auch hiervon kam er zurück und resezierte auch die 
1. Rippe. Rippenperiost und Interkostalmuskulatur werden entfernt. Später 
empfahl Friedrich langsames Operieren, Stehenlassen eines Teiles des 
Rippenperiosts sowie eines vorderen Rippenabschnittes. 

Die von einem axillären Längsschnitt aus vorgenommene Plastik 
wurde schon von Carl Spengler mit Recht als wenig wirkungsvoll ab- 
gelehnt, ebenso von Sauerbruch. 

Um dieGefalhren dereinzeitigen,ausgedehnten Operation 
zu umgehen, zerlegte sie Sauerbruch in zwei Teile, dabei von dem 
Standpunkt ausgehend, dass über das ein- oder mehrzeitige Vorgehen der 
Kräftezustand des Kranken und die Leistungsfähigkeit des Operierenden 
entscheiden solle. Zur Umgehung der Aspirationsgefahr wurde dabei prin- 
zipiell mit vollem Recht der erste Eingriff über dem Unterlappen vorge- 
nommen. Der zweite Eingriff, über dem Oberlappen, wird in der Regel 
von einem paravertebralen oder auch vorn von einem parasternalen Schnitt 
aus ausgeführt, wobei jedoch ein genügender Kollaps nur durch ausgedehnte 
Rippenresektion zu erreichen ist. Sauerbruch geht nach der folgenden 
Methode vor, dabei, wie wir später sehen werden, mit gutem Grunde be- 
tonend, dass es eine typische Operation für alle Fälle nicht gebe, 

„Von einem paravertebralen Bogenschnitt (Hakenschnitt) aus werden 
die unteren Rippen von hinten her in einer Ausdehnung von 15 bis 20 cm 
entfernt, die resezierten Stücke der oberen Rippen werden nach oben hin 
allmählich kürzer. Es lässt sich mit dieser Technik ein guter Kollaps er- 
zielen, der noch dadurch verstärkt werden konnte, dass die Skapula mit 
ihrem medialen Rande unter die paravertebral stehen gebliebenen Rippen- 
stümpfe verlagert wurde. Der endgültige Kollaps war aber nicht so voll- 
ständig wie bei der Brauer-Friedrich’schen Totalplastik. Wo maxi- 
male Retraktion und Ruhigstellung nötig erscheinen, empfiehlt sich die 
Brauer-Friedrich’sche Plastik in zwei Sitzungen.“ Sauerbruch’s 
Methode erfordert die Resektion der 1. bis 10., event. 11. Rippe. 

Mit der Wilms’schen „Pfeilerresektion“ kann eine Thoraxein- 
engung, wie sie als Ersatz des künstlichen Pneumothorax gedacht ist, nicht 
erreicht werden. Der Effekt der Pfeilerresektion ist gering und sie ist des- 
halb nur da indiziert, wo es sich bei den schon vorhandenen Schrumpfungen 
bloss um eine Entspannung oder eine „Anregung zu weiterer Schrumpfung“ 
handelt. Wilms sah denn auch selbst ein, dass seine Methode für schwere 
Erkrankungen nicht genüge. Er resezierte zufolgedessen immer grössere 





166 Übersichtsbericht. 


Rippenstücke und dehnte die Resektion immer weiter nach unten, d. h. auch 
auf die 9., 10. und sogar 11. Rippe aus. Damit wurde aus der Pfeiler- 
resektion eine Plastik, wie sie Sauerbruch übt. 

Etwas bessere Resultate liefert die Pfeilerresektion bei freiem Pleura- 
spalt, also bei der Einengung von Empyemhöhlen, wofür sie schon von 
Boiffin empfohlen wurde. Wie gering die durch die Pfeilerresektion er- 
reichte Verkleinerung des Brustraumes ist, zeigt Eden durch seine Tier- 
experimente. 

Es ist wohl selbstverständlich, dass die oben besprochenen Typen 
der extrapleuralen Thorakoplastik in Form und Ausdehnung 
jedem einzelnen Falle angepasst werden müssen. Es gilt dies besonders 
für grosse Unterlappenkavernen, die erfolgreich nur durch eine totale 
Brauer-Friedrich’sche Plastik über den entsprechenden Abschnitten 
oder durch die oben beschriebene Brauersche Plastik mit Erhaltung des 
Rippenperiosts erfolgreich beeinflusst werden können. Sodann gab ich schon 
früher (Korrespondenzblatt für Schweizer Arzte 1913, Nr 33) der Ansicht 
Ausdruck, dass trotz Resektion der 1. Rippe und Resektion der Clavicula 
das schwierigste Problem der Thorakoplastik die ausreichende Beeinflussung 
kortikaler Spitzenkavernen bleibt. Solche Kavernen kollabieren zufolge der 
genannten Eingriffe nur in den allerseltensten Fällen völlig. Husten und 
Auswurf bleiben bestehen und der Kranke ist wegen des Misserfolges un- 
tröstlich. In einzelnen Fällen vergrösserten sich zufolge der Operations- 
reaktion die Kavernen sogar nach unten hin. Die in zwei solcher Fälle 
von einem Axillarschnitt aus vorgenommene sekundäre Apikolyse mit Aus- 
füllung der entstandenen Höhle durch eine Paraffinplombe hatten den 
entmutigenden Erfolg, dass die Plomben ausgestossen wurden und die 
Kavernen trotz Tamponade mit all ihren Symptomen wieder in Erscheinung 
traten, 

Phthisen mit kortikalen Spitzenkavernen können nach meinem 
Dafürhalten auf dem Wege der Plastik nur dann dauernd günstig beein- 
flusst werden, wenn in der folgenden Weise vorgegangen wird. Es muss 
unbedingt zweizeitig operiert werden und zwar wegen der durch die gleich 
zu erwähnende Art der Ausschaltung der Spitzenkavernen in vermehrtem 
Masse bestehenden Gefahr der Aspiration. Zweckmässig, ja notwendig 
wird auch die vorgängige Entleerung der Kaverne durch Quincke’sche 
Lagerung sein. Sodann soll die vorausgeschickte untere Plastik ein 
Ausweichen der durch die obere Plastik betroffenen Lungenpartien 
nach unten hin möglichst hindern. Der untere Eingriff muss mit 
Rücksicht auf Umfang und Form wohl der bestehenden Erkrankung 
angepasst werden, darf jedoch die Thoraxwand im Interesse des Effektes 
der oberen Plastik ihrer Stütze nicht berauben. Das Rippenperiost 
muss daher, besonders beim ausgedehnten Eingriff, nach Möglichkeit 
erhalten bleiben. Ich erinnere an Brauer’s Vorgehen. Ein bewegliches 
Mediastinum bringt aus demselben Grunde unserem Vorschlag Nachteile, 
ein derbes Mediastinum dagegen Vorteile. — Nach einigen Wochen folgt 
dem ersten unteren Eingriff der obere. Dabei wird paravertebral vorge- 
gangen und durch eine etwas ausgedehntere Resektion auch der ersten 
und zweiten Rippe genügend Raum geschaffen, um die Spitze soweit 
ablösen zu können, als es die Grösse der Kaverne angezeigt erscheinen 
lässt. Die nachfolgende Tamponade garantiert den gewünschten Kollaps. 


Übersichtsbericht. 167 


Wird der Brauer’schen Plastik die Ablösung der Spitze mit nachfolgender 
Tamponade beigefügt, so entspricht sie unserem Vorschlag. 

Bestehen bei einer für die Pneumothoraxbehandlung in Frage kom- 
menden Lungentuberkulose Kavernen, so müssen wir stets mit der Tatsache 
rechnen, dass im Gebiete der Kaverne so solide Pleuraverwachsungen be- 
stehen, dass sie einen Erfolg der genannten Behandlungsmethode in Frage 
stellen können. Bekanntlich werden die ältesten und derbsten Pleura- 
verwachsungen in der Regel in den Lungenspitzen gefunden. 

In den oberen Abschnitten der Lunge lokalisieren sich auch meist 
die kavernösen Prozesse. So trifft es leider recht oft zu, dass der Erfolg 
der Pneumothoraxbehandlung an dem Bestehen mehr oder weniger ausge- 
dehnter, unlösbarer Pleuraadhäsionen in der Thoraxkuppe oder gar im 
Bereiche des ganzen Oberlappeus scheitert, indem in den durch den ge- 
setzten Lungenkollaps unbeeinflussbaren Gebieten diejenigen Krankheits- 
prozesse etabliert sind, dìe das Krankheitsbild beherrschen. Man ist davon 
zurückgekommen, den bestehenden unwirksamen Pneumothorax eingehen 
zu lassen und danach die kranke Lunge durch eine grosse Plastik zum 
Kollaps zu bringen, denn es hat sich gezeigt, dass der Vorschlag von Sauer- 
bruch und Elving, in solchen Fällen bei bestehendem Pneumo- 
thorax eine lokale Plastik anzulegen, grosse Vorteile bietet. 
Auch Wilms empfiehlt unter solchen Verhältnissen die Pfeilerresektion. 
Die Vorteile sind einleuchtend. Der basale Pneumothorax schliesst die 
Aspirationsgefahr aus und wir kommen meist mit einer lokalen, wenig 
ausgedehnten Plastik zum Ziele. Das Operieren über bestehendem Pneu- 
mothorax ergibt auch da gute Erfolge, wo wandständige und grosse 
Kavernen eine Plastik mit Ablösung der Lungenspitze und nachfolgender 
Tamponade erfordern, wovon ich mich an meinem eigenen Krankenmaterial 
wiederholt überzeugen konnte. Von Vorteil ist es, wenn Pleura und Mittel- 
fell durch das lange Bestehen des Pneumothorax resistent geworden sind. 
— Vor der Operation muss der Druck im Pneumothoraxraum herabgesetzt 
werden (Muralt), da die durch sie bedingte Einengung der oberen Thorax- 
partien den Druck im Pneumothoraxraum erhöht. Auch empfieblt Muralt 
mit Recht die Vornabme wiederholter Druckprüfungen in der ersten Zeit nach 
der Operation, um einem Überdruck durch Entnahme von Gas vorbeugen 
zu können. Sodann ist der Pneumothorax während längerer Zeit (etwa 
ein Jahr lang), so zu unterhalten, dass sich die unteren Lungenpartien 
gauz allmählich wieder entfalten können. Dabei dürfen keine stark 
negativen Druckwerte im Pneumothoraxraum entstehen, weil solche die 
kollabierte Oberlappeukaverne an ihrem definitiven Zusammenfallen und 
Ausheilen hindern würden. 

Noch günstiger liegen die Verhältnisse für eine über dem Oberlappen 
unter den soeben besprochenen Bedingungen auszuführende lokale Plastik, 
wenn im Pneumothoraxraum ein Exsudat besteht oder früher bestanden 
hat. Die mechanischen Vorbedingungen sind günstiger. Das unter dem 
Einfluss des Exsudates starr gewordene Mediastinum weicht weniger aus 
und die derbe Pleura gibt dem Druck von oben weniger nach. Auf der 
anderen Seite verlangen jedoch die starren intrapleuralen Verbältnisse 
eine sorgfältige Regulierung des Druckes im Pnenmothoraxraum vor und 
nach der Operation. Das Exsudat muss vor dem Eingriff auf ein Minimum 
reduziert werden und sein akutes Stadium seit geraumer Zeit abgelaufen sein, 


168 Übersichtsbericht. 


Nicht selten dehnen sich die unteren Partien der, Lunge iu einem 
Pneumothoraxexsudat, besonders mit der Resorption desselben, vorzeitig 
wieder aus. Tritt, was glücklicherweise selten der Fall ist, „Schwarten- 
schrumpfung“ hinzu, so kann der Erfolg der Pneumothoraxtherapie nicht 
nur in Frage gestellt, sondern der Zustand der zu früh wieder ausge- 
dehnten unteren Lungenpartie sich so verschlimmern, dass eine Unter- 
lappenplastik notwendig wird (Muralit). 


Wir empfahlen einem Kranken die lokale Oberlappenplastik 
verbunden mit Ablösung der Lungenspitze und nachfolgender Tamponade 
unter folgenden Umständen. Bei dem Patienten war nach langjährigem 
Kurgebrauch ein doppelseitiger Prozess vollständig ausgeheilt bis auf eine 
Kaverne in der Spitze der rechten Lunge. Diese Diagnose stützte sich 
auf eine über viele Monate ausgedehnte genaue Beobachtung. Da der 
aus 2 bis 3 bazillenhaltigen Ballen bestehende tägliche Auswurf sich in 
keiner Weise änderte, die Kaverne nicht kleiner wurde und dem Kranken 
die Möglichkeit eines langen weiteren Kurgebrauches benommen war, führte 
Sauerbruch vor 1!/s Jahren die geplante Operation aus. Aspiration 
erfolgte bei der geringen Sputummenge nicht. Der Patient verlor Husten 
und Auswurf völlig und ist seit einem Jahre voll arbeitsfähig. In diesem 
Falle bestand ohne Zweifel auch die Indikation für eine Paraffinplombe. 
Ich lehnte jedoch dieses Verfahren ab mit Rücksicht auf die Tatsache, 
dass die Plomben nicht allzu selten früher oder später ausgestossen werden 
oder sich senken. 


Um erkrankte Oberlappenpartien zum Kollaps zu bringen, führte 
Tuffier schon 1910 die Pneumolyse aus. Er löste nach Resektion 
der zweiten Rippe die Lungenspitze extrapleural ab und unterhielt den 
geschaffenen Hohlraum durch Stickstoffnachfüllungen, wovon er jedoch 
bald zurückkam. Er setzte an Stelle dieses Vorgehens die Fettplombe. 


G. Baer empfiehlt die Pneumolyse mit sofort nachfolgender Pa- 
raffin-Vioform-Bismut-Plombe Das Paraffin wird nicht resorbiert und 
ist stets zur Verfügung, heilt aber nicht ein, bleibt also Fremdkörper. 
Das Fett heilt ein, wirkt daher nach einer gewissen Zeit nicht mehr als 
Fremdkörper, unterliegt aber wohl deshalb einer teilweisen Resorption 
oder bindegewebigen Umwandlung. Ausserhalb der Kliniken stösst die 
Beschaffung des nötigen Fetts oft auf Schwierigkeiten. 


Dass sowohl Fettplomben als Paraffinplomben gelegentlich ausge- 
stossen werden, ist ohne weiteres zu erwarten. Einmal kann trotz aller 
Sorgfalt, besonders bei grossen Plomben, eine Infektion von aussen erfolgen. 
Ferner schliesst die extrapleurale Pneumolyse Verletzungen der Pleura, 
die sie bakteriendurchlässig machen, nicht aus. Es kommt aber auch zu 
aseptischen Ausstossungen zufolge des Fremdkörperreizes, was bei der Pa- 
raffinplombe häufiger der Fall sein dürfte als bei der Fettplombe. 


Bei dreien meiner Patienten wurden Plomben gesetzt, bei zweien eine 
Paraffinplombe und einmal eine Fettplombe. Die letztere sitzt nach zwei 
Jahren noch, zeigt jedoch Zeichen von Resorption. Die Paraffinplomben 
wurden beide bald ausgestossen, wobei sich herausstellte, dass die eine 
die Wand der durch sie komprimierten Kaverne usuriert hatte. Einen 
ähnlichen Fall sah Jessen. Sauerbruch beobachtete unter 28 Pa- 
raffioplomben 7 Ausstossungen und Tuffier unter 14 Fettplomben 


Übersichtebericht. 169 


4 Ausstossungen, während Wilms auf 5 Fettplomben keine Ausstossung 
zu verzeichnen hat. 

Ist es zu einer Ausstossung der Plombe gekommen, so wird die extra- 
pleurale Höhle locker tamponiert (Sauerbruch). Handelte es sich um 
eine Plombe als selbständige Operation, so kann man nach Schluss der 
Wunde eine Resektion folgen lassen. War die ausgestossene Plombe 
dagegen als Ergänzungsoperation einer Plastik ausgeführt, so muss die 
Tamponade nach und nach etwas fester gemacht werden, um dem Aus- 
dehnungsbestreben der Lunge entgegenzuwirken. — Dieses Ausdehnungs- 
bestreben der Lunge beinträchtigt naturgemäss den Effekt jeder Pneumolyse, . 
der keine Plombierung des entstandenen Hohlraumes folgt. 

Wenn wir uns ins Gedächtnis zurückrufen, welche Anforderungen 
wir eingangs an die Lungenkollapstherapie stellten, und uns zugleich ver- 
gegenwärtigen, dass der Effekt einer Plombe im wesentlichen von ihrer 
Grösse abhängt, mit ihrer Grösse jedoch die ihr anhaftenden Gefahren 
(Infektion, Verdrängungserscheinungen, Ausgestossenwerden usw.) wachsen, 
so resultiert für ihre Anwendung eine recht bescheidene Indikations- 
breite. 

G. Baer hat die Indikationen in seiner Arbeit vom Jahre 1914 
wesentlich anders gefasst als in der von 1913, wo er noch sagt: „Die 
Operation ist gedacht als eine Ergänzung resp. Erweiterung des Lungen- 
chirurgiegebietes bei Tuberkulose, in einer Reihe von Fällen als ein voll- 
wertiger Ersatz der bisher geübten thorakoplastischen Operationen mit 
gleicher Indikationsbreite.“ Im Jahre 1914 steckt sich Baer „bescheide- 
nere Ziele und wählt nur die Herdtuberkulose der Lungen als Angriffs- 
objekt aus“. Er versteht darunter Fälle mit räumlich beschränkten, gut 
abgegrenzten Herden, sei es mit oder ohne Kavernenbildung, bei denen 
sehr ausgesprochene Schrumpfungstendenz besteht und aktive progrediente 
Prozesse ausgeschlossen werden können. „Durch partielle Ausschaltung 
der Lunge, nur soweit sie krank ist“, will Baer lokale Krankheitsherde 
der definitiven Heilung zuzuführen suchen. Dass bei dieser Indikations- 
stellung mit der Plombe gelegentlich Erfolge erzielt werden, sei nicht 
bestritten. Vergessen wir jedoch nicht, dass es sich dabei nicht um einen 
eigentlichen Lungenkollaps handelt, sondern um eine Eindellung der Lunge. 

An Versuchen, im Pneumothoraxraum bestehenden Ver- 
wachsungen durch einen intrapleuralen chirurgischen Eingriff 
beizukommen, fehlt es nicht. Es handelt sich dabei vornehmlich um 
strangartige Adhärenzen. Es ist bekannt, dass in solchen Strängen Käse- 
herde und zusammengepresste Kavernen gefunden wurden und dass sie 
meist zahlreiche, oft grosse Blutgefäsee enthalten, Saugman erlebte 
nach doppelter Unterbindung und Durchtrennung einer solchen band- 
förmigen Adhäsion eine tödliche Blutung in den Pneumothoraxraum, 
Jessen ging in einem solchen Falle vom Interkostalschnitt aus ähnlich 
vor. Es erfolgte eine Infektion der Pleura. Jacobaeus durchtrennt 
unter Leitung des Thorakoskops kaustischh Sauerbruch glückte die 
intrapleurale Ablösung mehr flächenhafter Adhbärenzen wiederholt mit 
vollem Erfolge. 

Der Besprechung der thorakoplastischen Operationen, die 
bei tuberkulösen Pleuraergüssen in Frage kommen, muss ich 
einige Bemerkungen vorausschicken über die weitgebende Änderung der 


170 Übersichtsbericht. 


Ansichten, die sich besonders in den letzten Jahren über die klinische 
Bedeutung der Pleuraergüsse, sowie über die der Pleura zukommende 
Resistenz gegenüber Bakterien vollzogen hat. Durch die Beobachtungen 
einer Reihe von Autoren ist es erwiesen, dass der tuberkulöse, pleuritische 
Erguss auf den Verlauf der Grundkrankheit in sehr vielen Fällen eine 
günstige Wirkung ausübt. Hierbei spielt einmal die rein mechanische 
Wirkung eine Rolle, andererseits sind aber auch biologisch-serologische 
Faktoren im Spiel. Durch die Pleurareaktion werden biochemische Stoffe 
gebildet, die den Krankbheitsverlauf günstig beeinflussen. Nach H. Königer 
erlangen die mechanischen Verhältnisse erst dort eine grössere Bedeutung, 
wo die chemische Pleurawirkung zurücktritt, nämlich in den vorgeschrit- 
tenen und rasch fortächreitenden Fällen von Tuberkulose. 

Ferner konnte Nötzel (zitiert bei H. Königer) durch seine Ex- 
perimente den Beweis liefern, dass der gesunden Pleura eine sehr 
grosse natürliche Resistenz gegenüber Bakterien zukommt, sowie dass nicht 
nur die operative Eröffnung des Pleuraraumes (offener Pneumothorax) 
sondern auch der geschlossene Pneumothorax von einer gewissen mittleren 
Grösse ab diese natürliche Resistenz erheblich vermindert. 

Nach diesen Erfahrungstatsachen und Feststellungen, die für die 
Behandlung der Pleuraergüsse von grosser Bedeutung sind, hätten wir 
also in jedem einzelnen Falle abzuwägen, ob wir von den mechanischen 
Verhältnissen oder der chemischen Pleurawirkung mehr Vorteile zu er- 
warten haben. Es gehört nicht in den Rahmen unserer Zeilen festzu- 
stellen, in welchen Fällen von exsudativer Pleuritis und unter welchen 
Umständen die einfache Punktionsbehandlung oder der teilweise Ersatz 
des Ergusses durch Stickstoff indiziert ist. Dagegen müssen wir uns etwas 
eingehender beschäftigen mit der Behandlung des sterilen, tuberku- 
lösen Empyems im geschlossenen Pleuraraum. Wo es immer angeht, 
sollte der Versuch gemacht werden, diese Ergüsse konservativ zu behan- 
deln. Es gelang mir in zwei Fällen von nur seit kurzer Zeit bestehenden, 
steril gewordenem Empyem durch wiederholtes Abpunktieren kleiner Ex- 
sudatmengen das Leiden zur Heilung zu bringen. Parallele Fälle bekomnit 
man oft zu sehen im Verlaufe der Pneumothoraxbehandlung. Selbst unter 
stürmischen Erscheinungen aufgetretene, mischinfizierte Pneumothoraxex- 
sudate werden unter der konservativen Behandlung nach und nach steril, 
dicken ein und formen sich schliesslich plastisch um zu einer dicken 
Schwarte. Gelingt es nicht, ein steriles tuberkulöses Empyem durch die 
einfache Punktion zu heilen, so sind die wiederholt abgelassenen Exsudat- 
mengen jeweilen durch entsprechend kleinere Mengen Gas zu ersetzen. 
Über auf diesem Wege erreichte Heilungen haben verschiedene Autoren 
berichtet. Der Erfolg hängt dabei im wesentlichen ab von dem Alter 
des Empyems und damit vom Zustande, d. h. der noch bestebenden 
Elastizität der Pleura pulmonalis, sowie vom Zustande der Empyemlunge. 
Je älter das Empyem ist, desto derber sind in der Regel die Pleura- 
schwarten, je schwerer die tuberkulöse Erkrankung der Lunge, desto 
geringer ihre \Wiederentfaltungsfähigkeit und somit um so wahrscheinlicher 
das Zurückbleiben einer Empyemresthöhle Um aus dem sterilen Empyem 
nicht ein infiziertes zu machen, empfehlen wir in solchen Fällen nicht 
die Dauerdrainage nach Bülau oder Perthes, sondern eine über dem 
geschlossenen Empyem auszuführende Thorakoplastik, welches Verfahren 


Übersichtsbericht. 171 


für die Heilung der kranken Lunge und der Empyemresthöhle die gün- 
stigsten Aussichten bietet. Dabei wird vorgegangen, wie folgt. 

Einige Tage vor der Plastik wird das Empyem ausgiebig abpunktiert 
und dabei der Erguss derart durch Gas ersetzt, dass am Schluss dieses 
Eingriffes im Pleuraraum ein stark negativer Druck vorhanden ist. Meist 
gelingt es nur auf diese Weise, das Empyem bis auf kleine Reste zu 
entfernen. Nach der Plastik ist durch Ablassen von Gas der Druck im 
Pneumothoraxraum so zu regulieren, wie in den oben beschriebenen Fällen 
von Plastik über einem bestehenden basalen Pneumothorax (vergl. S. 167). 
Die vor der Plastik gesetzte Gasblase orientiert uns vor dem Röntgen- 
schirm über Form und Grösse der Empyemhöhle, was die richtige Be- 
messung der in Frage stehenden Thoraxeinengung erleichtert. Resorbiert 
sich nun das sterile Empyem nicht spontan, so kann es nachträglich ab- 
punktiert werden. 

In ihren Grundzügen ist die soeben besprochene operative Behand- 
lungsmethode des tuberkulösen Empyems schon vor 25 Jahren von 
Karl Spengler empfohlen und in 8 Fällen ausgeführt worden (vergl. 
Deutsch. med. Wochenschr. 1903, Nr. 18 u. 19). 

Die sterilen tuberkulösen Exsudate können sekundär in- 
fiziert werden. Bei nicht allzu schwerer Infektion ist ein Versuch mit 
der konservativen Behandlung angezeigt. Wo es jedoch zu gefabrdrohenden 
Allgemeinerscheinungen konmt, ist die frühzeitige Eröffnung der Brust- 
höhle und Ablassen des Eiters mit anschliessender Drainage ebenso indi- 
ziert wie beim nichttuberkulösen Empyem. Die plastische Behandlung 
hat möglichs bald nachzufolgen. 

Die im künstlich erzeugten Pneumothorax auftretenden 
Ergüsse, auch die mischinfizierten, müssen streng konservativ behandelt 
werden. In dieser Richtung gemachte Erfahrungen haben eine ziemlich 
allgemeine Einigung der Ansichten gezeitigt. Auf die Behandlung dieser 
Exsudate kann hier nicht näher eingetreten werden. Es sei nur erwähnt, 
dass selbst sehr schwere Infektionen durch wiederholt ausgeführte Aus- 
waschungen der Pleurahöhle mit grossen Mengen (3—5 Liter) physiologischer 
Kochsalzlösung oder !j» bis 1P/ooiger Lysoformlösung oder noch sicherer 
mit einer wässerigen sterilen Lösung von Jod 1,0 und Jodkali 2,0 auf 
10,000 beseitigt werden können. Wir umgenen so die Nachteile der 
Dauerdrainage oder der breiten Eröffnung der Pleurahöhle. Diese beiden 
Verfahren verwandeln den geschlossenen Pneumothorax in einen offnen, 
womit man auf die Vorteile der Lungenkollapstherapie verzichtet und den 
Kranken vor die Frage einer später notwendig werdenden schweren pla- 
stischen Einengung des 'Thoraxraumes und der damit verbundenen Entstel- 
lung stellt. — Gelingt es jedoch nicht, das Exsudat von der Mischinfektion 
zu befreien, so ist, falls es der Allgemeinzustand des Kranken erlaubt, 
auch hier (vergl. S. 171) nach möglichster Verkleinerung des Ergusses 
durch Punktion folgenden Tages eine den bestehenden Verhältnissen in 
ihrer Ausdehnung anzupassende, extrapleurale Plastik anzuschliessen. Wir 
vermeiden so eine Infektion der grossen Plastikwunde. Nach geheilter 
Plastik ist die Empyemhöhle breit zu eröffnen. 

Den Exsudaten im offenen Pleuraraum ist allen gemeinsam, 
dass die Pleurahöhle eine Kommunikation nach aussen besitzt. Sie ent- 
stehen in verschiedener Weise. Entweder ist ein tuberkulöses Exsudat 


172 Übersichtsbericht. 


in den Bronchialbaum eingebrochen oder der Eiter fand an einer günstigen 
Stelle der Brustwand einen Weg nach aussen. In anderen Fällen brach 
eine Kaverne in den Brustfellraum durch und erzeugte einen spontanen 
Pneumothorax. Auch kommt es gelegentlich zu einem Kavernendurch- 
bruch in einen künstlich angelegten Pneumothorax. Es entsteht dann 
ebenfalls ein Exsudat. Alle diese Ergüsse müssen nach ihrer Entstehung 
als infiziert angesehen werden. Nur ausnahmsweise bleiben sie während 
kurzer Zeit steril. 

Nach erfolgem Durchbruch eines Empyems nach aussen 
kann nur eine Rippenresektion genügend Öffnung schaffen. Der weitere 
Verlauf entscheidet über die Notwendigkeit einer plastischen Einengung 
des Pleuraraumes. 

Entsteht beim Durchbruch eines tuberkulösen Empyems durch 
die Lunge eine grosse Lungenfistel, so erfolgt nicht selten Aspiration von 
Eiter in gesunde Lungenabschnittee Auch unterhält die weite Kommuni- 
kation mit dem Bronchialbaum eine ständige Gefahr wiederholter Infektion. 
Der inspiratorische Luftstrom reisst Keime von aussen und von der Durch- 
bruchstelle in den Pieuraraum hinein. Das Ablassen der Flüssigkeit 
durch Punktion ist ungenügend, sie sammelt sich rasch wieder an. Nur 
die breite Eröffnung der Pleurahöhle durch Rippenresektion schafft Ab- 
hilfe. Sie wirkt bei schwerer Infektion direkt lebensrettend. Nach erfolgter 
ausreichender Kräftigung des Kranken und Behebung der Infektion der 
restierenden Empyemböhle wird diese durch die extrapleurale Thoraxplastik 
zum Schwinden gebracht. 

Ist jedoch in solchen Fällen von Empyema necessitatis die Lungen- 
fistel nicht gross und die Infektion des Ergusses noch keine schwere, so 
gibt die alsbald ausgeführte Plastik nach vorausgegangener ausgiebiger 
Beseitigung «des Exsudates durch Punktion sehr gute Resultate, wovon ich 
mich in zwei Fällen überzeugen konnte. Zufolge der thoraxeinengenden 
Plastik schliesst sich die Lungenfistel, wir haben es nun mit einem Empyem 
im geschlossenen Pleuraraum zu tun, es wird wieder steril und durch 
vorsichtiges Abpunktieren zur Heilung gebracht. Beim Abpunktieren 
ist daran zu denken, dass.durch Erzeugen eines zu hohen 
negativen, intrapleuralen Druckes die Lungenfistel wieder 
anfgerissen wird. 

Unter besonders stürmischen Erscheinungen tritt in der Regel der 
Kavernendurchbruch in einen bestehenden künstlichen 
Pneumothorax auf. Hier kommt es schnell zu einer meist sehr 
virulenten Eiterbildung in der Pleurahöhle, an der fast alle Kranken 
zugrunde gehen. Forlanini’s Fälle, acht an der Zahl, erlagen alle 
dieser Komplikation. Allgemein werden diese Kranken als für die 
chirurgische Behandlung ungeeignet angesehen. Trotz Resektion eines 
Rippenstückes erholen sie sich oft nicht so weit, dass ihnen danach eine 
ausgedehnte Thorakoplastik zugemutet werden darf. Bei einem unserer 
Kranken gelang es jedoch Sauerbruch, nach erfolgter, frühzeitiger 
Rippenresektion der schweren Infektion Herr zu werden und vollständige 
Heilung durch eine nachträgliche ausgedehnte Plastik zu erreichen. 

Einige weitere Fälle von Kaveruendurchbruch in einen bestehenden 
künstlichen Pneumothorax brachte Sauerbruch ebenfalls zur Heilung. 
Der Verlauf war, kurz skizziert, der folgende: Die Infektion der Pleura 


Übersichtsbericht. 173 


war nicht so schwer, dass eine Eröffnung des Pneumothoraxraumes uner- 
lässlich erschien. Das Exsudat wurde teilweise durch die Lungenfistel 
ausgehustet, auch ab und zu künstlich entleert, sammelte sich aber rasch 
wieder an. Das Fieber bestand fort, war meist hoch, hektisch, und der 
Allgemeinzustand verschlechterte sich. Nach meinem Vorschlage wurde 
der folgende Operationsplan festgelegt und ausgeführt. Einige Tage nach 
ausgiebiger Abpunktierung des Exsudates folgt eine ausgedehnte extra- 
pleurale Thorakoplastik über den unteren Partien des Brustkorbes mit 
möglichst starker Eindellung, Nach etwa 2—3 Wochen wird wiederum 
nach vorheriger Entleerung des Exsudates durch Punktion der obere 
Abschnitt des Brustraumes durch Thoraxresektion verkleinert. Oft wird 
man noch eine dritte Sitzung anschliessen müssen. Durch dieses Verfahren 
gelang es, die Brusthöhle so einzuengen, dass sich entweder kein Exsudat 
mehr bildete oder Reste desselben durch Eröffnung der Empyemhöhle 
und diese durch Abtragung neugebildeter Rippenspangen zur Heilung ge- 
bracht wurden. Dieses Vorgehen schränkt die Gefahr des grossen Ein- 
griffes und der Infektion des Wundgebietes ganz erheblich ein, was für 
die meist stark heruntergekommenen Kranken von ausschlaggebender Be- 
deutung sein kann. 

Ist mit dem Auftreten eines spontanen, tuberkulösen Pneu- 
mothorax die Bildung eines schwer infizierten Ergusses verbunden, so 
liegt dasselbe klinische Bild vor, wie beim Durchbruch einer Kaverne in 
den künstlichen Pneumothorax und ist somit auch dieselbe Behandlung 
indiziert. 

Die Indikation und Kontraindikationen für die extrapleu- 
rale Thorakoplastik decken sich im Prinzip mit den Indikationen und 
Kontraindikationen für den künstlichen Pneumothorax, nur ist für diesen 
der freie Pleuraspalt Vorbedingung, für jene eine möglichst vollständige 
Pleurasynechie.e Für die Plastik sollten jedoch die Indikationen und 
Kontraindikationen, und zwar besonders für die ausgedehnte Plastik, noch 
schärfer und präziser umrissen werden als für den artifiziellen Pneumo- 
thorax, will man von schweren Enttäuschungen verschont bleiben. Ich 
sprach es wiederholt aus: Der in der Behandlung der Lungentuberkulose 
mit der Lungenkollapstherapie sich geltend machende allzu grosse Eifer 
ist zu bedauern. Die Kranken sollten, bevor man zu dieser Behandlungs- 
methode greift, während ausreichend langer Zeit klinisch genau beobachtet 
werden und zwar sowohl unter veränderten klimatischen Verhältnissen 
als auch unter veränderten Lebensbedingungen. Diese leiten bei mancher 
Tuberkulose so auffallende Besserungen ein, dass sich das ganze Krank- 
heitsbild ändert. Eine Plastik sollte aber nur ausgeführt werden, nachdem 
man zu der Überzeugung der Aussichtslosigkeit jeder anderen Behandlungs- 
methode gekommen ist. 

Die einer grossen extrapleuralen Thorakoplastik anhängenden Ge- 
fahren, die durch sie bedingte Entstellung und der ab und zu ausbleibende 
Erfolg werden wohl allseitig anerkannt. Mit einem kleinen Eingriff be- 
gnügt man sich daher in jenen Fällen, die ausgedehnte Schrumpfungs- 
erscheinungen zufolge „energischer natürlicher Heilungsbestrebungen“ zeigen, 
bei denen also „der Narbenzug der schrumpfenden Lunge“ schon zufolge 
eines partiellen Lungenkollapses einen guten Erfolg ausreichend garantiert. 
Wo jedoch die Zeichen der Schrumpfungstendenz weniger ausgesprochen 


174 Übersichtsbericht. 


sind oder ganz fehlen, wo das Resultat der physikalischen Untersuchungs- 
methoden und der klinische Verlauf auf geringe oder keine Heilungstendenz 
oder gar auf eine progressive Form der Erkrankung schliessen lassen, da 
muss man stets zu einem Eingriff raten, der einen möglichst vollständigen 
Kollaps verspricht. Andernfalls bleibt der Misserfolg sicherlich nicht aus. 


Um den Nachteilen und Misserfolgen zu begegnen, die den zur Zeit 
geübten Formen der extrapleuralen Thorakoplastik anhaften, schlug 
Kronberger kürzlich eine Thorakoplastik mit alternierender Resektion 
vor. „Sie ist derart auszuführen, dass der Thorax in Breiten von je ein 
bis zwei Interkostalräumen mobilisiert wird und dass dementsprechend da- 
zwischen je ein oder zwei Rippen vollständig stehen bleiben.“ — Wir 
vermögen nach den in dieser Schrift zum Ausdruck gekommenen Grund- 
prinzipien der Lungenkollapstherapie den Ausführungen Kronberger’s 
nicht zu folgen. 


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Übersichtsbericht. 175 


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Derselbe, Pfeilerresektion oder Plombierung bei Lungentuberkulose. (Münchn. 
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— m —— - - e 


Normale und pathologische Physiologie. 177 


Il. Referate. 


— 


a) Normale und pathologische Physiologie. 


295. Fritz Rohrer, Die Grösse des schädlichen Raumes der 
Atemwege. Pflüger’s Arch. 164. 1916. H. 4—6. S. 295—302. 
Zunächst verteidigt Verf. seine in früheren Arbeiten (ibid. Bd. 162) 
niedergelegten Ergebnisse, sowie seine Methodik der Messung der Bronchen 
gegen Einwände von Loewy. Der schädliche Raum bei der Atmung 
ist nach Verf. eine sehr variable Grösse. In einem untersuchten Falle 
berechnete Verf. die anatomische Grösse des schädlichen Raumes zu 150 ccm 
für die Atemwege nahe dem Kollapszustand. Unter Berücksichtigung des 
Verhaltens der Bronchen bei der Lungendehnung ergab sich ein Wert 
von 182 ccm für einen mittleren Dehnungszustand der Atemwege. Zwischen 
maximaler Exspiration (160 ccm) und maximaler Inspiration (200 ccm) 
ändert sich also die Grösse um 40 cem, Die Grösse des schädlichen 
Raumes scheint dem Körpergewicht proportional zu sein. Die physio- 
logisch wirksame Grösse des schädlichen Raumes ist abhängig von der 
Atemtiefe. Bei gewöhnlicher Atemtiefe (500 ccm) sind etwa ®/ıo des schäd- 
lichen Raumes, also etwa 165 cem physiologisch wirksam; für eine Atem- 
tiefe von 240 ccm sind ca. 147 ccm wirksam. Die indirekte Bestimmung 
der physiologisch wirksamen Grösse des schädlichen Raumes aus Unter- 
suchungen des Lungengaswechsels gibt für gewöhnliche Atemtiefe einen 
Mittelwert von 164 ccm. Hohe Werte, wie sie für grosse Atemvolumina 
erhalten werden, sind nach Verf. abzulehnen, da hier die Vorbedingung 
für die Anwendung der indirekten Methode, die gleichmässige Durch- 
mischung von Atemluft und Lungenluft fehl. Rob. Lewin, Berlin. 


296. 0. Warburg, Über die Rolle des Eisens in der Atmung 
des Seeigeleis nebst Bemerkungen über einige durch Eisen 
beschleunigte Oxydationen. (Aus der zoologischen Station in 
Neapel.) Hoppe-Seyler’s Zs:hr. f. physiol. Chemie 32 S. 231. 
Auf Grund zahlreicher Versuche mit Eiern von Strongylocentratus 

lividus in selbstkonstruierten Atmungsgläschen nach Art der Bancroft- 

Haldane’schen Blutgasbestimmung kommt Verf. zu dem Ergebnis, dass 

Eisensalz, in Oxydul- und Oxydform, in sehr geringen Mengen zugesetzt, 

oxydationsbeschleunigend wirkt und für kurze Zeit eine höhere CO,-Pro- 

duktion hervorruft. Der Mehrverbrauch von Sauerstoff wird — ein 

Zeichen, dass ihm die gleichen chemischen Prozesse zugrunde liegen wie 

der gewöhnlichen Atmung — durch ein Narkotikum, Aethylurethan, fast 

um den gleichen Betrag gehemmt wie die Atmung. 

Auch auf Lezithin wirkt Eisen oxydationsbeschleunigend, desgl. auf 
sein Spaltungsprodukt die Linolensäure oder wohl durch diese auf jenes. 
Während aber das System Fe-Lecithin durch Säuren in seiner Oxydations- 
geschwindigkeit sehr erheblich verstärkt wird, geschieht dies beim System 
Fe-Linolensäure durch Basen und zwar nur anfänglich. Sebr bedeutend 
ist die Beschleunigung der Oxydation bei Weinsäure durch Fe, sie wird 
durch Neutralsalze beeinflusst. 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 12 


16 


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Wägungen Y teinheit von der Flächeneinheit ausgedünstete Wassermenge 
die in der m ergaben sich dabei folgende Resultate: I. Die Hautver- 
berechnen. verschiedenen Körperteilen ist verschieden, am grössten an 
dunstunß kien Teilen wie am Kopf und an den Händen, geringer auf 
de a Rücken, in den übrigen Gegenden ziemlich übereinstimmend 
Brust Waser pro qdem und Stunde. Eine konstante Übereinstimmung 
0,12 an der Zahl der Schweissdrüsen und Grösse der Perspiration besteht 
zu Es ist daher wahrscheinlich, dass auch durch die Hornschichten 
ee eine gewisse Menge Wasserdampf hindurchgeht. II. Die Per- 
insensibilis schwankt bei verschiedenen gesunden Personen bei 
cher Zeit, Temperatur und Hautgegend nur wenig. Bei ca. 200 dürfte 
sie pro gdem und Stunde 0,12 g betragen. Mit Zunahme der Temperatur 
nimmt auch sie zu. III Bei Fieberkranken ist die Perspiratio insensi- 
bilis nicht nur während der Deferveszenz, sondern auch während der Akme 
in der Regel gesteigert und erreicht dann oft 0,20 g und mehr pro qdem 
und Stunde. Auch zeigt sie sprungweise Schwankungen, die im allge- 
meinen der Körpertemperatur nicht entsprechen und hauptsächlich von 
den hier sehr instabilen Kreislaufbedingungen der Haut abhängen. Dass 
bei Lungenkranken infolge der bekannten Steigerung der Ausscheidung 
des Wassers und des Kohlensäureanhydrids die Hautfunktion einiger- 
massen die veränderte Lungenfunktion ersetzen könne, ist eine „kaum 


anzunehmende Hypothese“. Fr. W. Massur, Stettin. 


298. Krogh und Lindhard, Über die von den Respirations- 
bewegungen bedingten Schwankungen des Gaswechsels und 
nn in den Lungen des Menschen. Biochem. Zschr. 59 

. 260. 

Die Zusammenfassung der Ergebnisse der mit zahlreichen Tabellen 
und Kurven versehenen Arbeit stellt den Lungengaswechsel als grossen 
respiratorischen Schwankungen unterworfen hin. Die Sauerstoffaufnahme, 
dem Blutstrom proportional, ist bei vorwiegend diaphragmatischer Atmung 
während der Inspiration erhöht, während der Exspiration erniedrigt. Bei 
kostaler Atmung ist sie infolge der abdominellen Druckschwankung 


während der Exspiration erhöht. 


Normale und pathologische Physiologie. 179 


Die Kohlensäureausscheidung ist intensiver während der Inspiration, 
als während der Exspiration, bei welcher sie stark und ständig abnimmt, 
wogegen sie bei vermehrtem Blutstrom wächst. 

Fr. W. Massur, Stettin. 


299. V. Henriques, Untersuchungen über die Verbrennung in 
den Lungen und einige Bemerkungen über die Bestimmung 

der Gase des Blutes. Biochem. Zschr. 71 S. 481. 

An einer Reihe von Versuchen weist Verf. nach, dass die Bestim- 
mung der Blutgase von defibriniertem Blut oder Oxalatblut mit grosser 
Genauigkeit erfolgen kann, wenn das Blut während der Probeentnahme 
dauernd in Bewegung gehalten und schnell entnommen wird. Bei der 
Entnahme direkt aus den Gefässen von Tieren, denen Hirudin intravenös 
injiziert ist, sind die Resultate schlechtere, da infolge der Hirudinwirkung 
die Blutkörperchen das Bestreben haben, zu Boden zu sinken und die 
Blutproben daher „keine durchaus einheitlichen“ sind. Blut aus dem 
r. Herzen und der Art. pulmonal. hat den gleichen Gebalt an Kohlen- 
eäure und Sauerstoff. 

Die gleichzeitige Bestimmung der CO,-Ausscheidung und O,-Auf- 
nahme durch die Lungen und des Gasgehaltes des in die Lungen ein- 
strömenden und aus ihnen kommenden Blutes, dessen Menge vorher für 
die Zeiteinheit festgestellt ist, führt zu dem Ergebnis, dass ein besonderer 
Verbrennungsprozess in der Lunge nicht stattfindet. 

Fr. W. Massur, Stettin. 


300. H. Winterstein, Neue Untersuchungen über die physika- 
lisch-chemische Regulierung der Atmung. Biochem. Zschr. 70 
S. 45. 

An 8 an Kaninchen ausgeführten Versuchen weist W. nach, dass 
nicht der Sauerstoffmangel, nicht die Kohlensäure eine „spezifisch“ er- 
regende Wirkung auf die Atmung ausüben, sondern allein die Wasser- 
stoffionenkonzentration des Blutes die chemische Regulierung der Atmung 
besorgt und diese umgekehrt die Reaktion des Blutes konstant zu halten 
hat. Bei Infusion von Säure (Salz-, Schwefel-, Phosphor-, Essig-, Milch- 
und Kohlensäure) in die Vena jugularis des Tiers und gleichzeitiger 
Messung der veränderten Lungenventilation, Wasserstoffionenkonzentrátion 
und CO,-Tension des Blutes zeigte sich nämlich als Beweis seiner oben- 
erwähnten „Reaktionstheorie“, dass die Steigerung der Lungenventilation, 
die bei Säureinfusion, und die Herabsetzung derselben, die bei Laugen- 
infusion beobachtet wurden, jedesmal von einer gleichsinnigen Änderung 
der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes begleitet waren, dass dagegen 
die CO,-Tension sich ganz ungleichmässig dazu verhielt und bei Säure- 
infusion gerade eine entgegengesetzte Änderung zeigte, bei Laugeninfusion 
aber eine viel geringere Übereinstimmung mit der Änderung der Lungen- 
ventilation darbot, als wie die Wasserstoffionenkonzentration. 

Wenn auch der direkte Nachweis dafür nicht erbracht werden konnte, 
so ist doch anzunehmen, dass die „Reaktionstheorie“ wie für die Kohlen- 
säuredyspnoe auch für die O,-Mangel-Dyspnoe zu Recht besteht. Die 
„Hochgebirgs“- und die ihr analoge „Arbeitsdyspnoe“ sind allein durch 
die entsprechende Änderung der Blutreaktion bedingt. 

Fr. W. Massur, Stettin. 


12° 


178 Normale und pathologische Physiologie. 


Verf. stellt die Theorie auf: die Sauerstoffatmung im Ei ist eine 
Eisenkatalyse; der „im Atmungsprozess verzehrte Sauerstoff wird primär 
von gelöstem oder adsorbiertem Ferroion aufgenommen“, Sie erklärt eine 
„fundamentale Tatsache der Atmungschemie“, die „bemmende Wirkung 
kleinster Blausäuremengen durch Bildung des katalytisch unwirksamen 
Ferrocyanion“ und beleuchtet die verschiedenen Peroxyd- und Superoxyd- 
theorien der Atmung von einem neuen Standpunkt. 

Fr. W. Massur, Stettin. 


297. Galeotti und Macri, Über die Perspiratio insensibilis unter 

normalen und pathologischen Bedingungen. Biochem. Zschr. 67 

S. 471. 

Zwecks Messung der bei der Perspiratio insensibilis durch die Haut 
ausgeschiedenen Wassermenge wurde ein Apparat nach Art einer photo- 
graphischen Kassette konstruiert mit bekannter Öffnungsgrösse und auf 
dem Boden befestigten Calciumchloridblöcken, Durch Vergleich der 
Wägungen vor und nach Tragen des Apparats auf der Haut liess sich 
die in der Zeiteinheit von der Flächeneinheit ausgedünstete Wassermenge 
berechnen. Es ergaben sich dabei folgende Resultate: I. Die Hautver- 
dunstung an verschiedenen Körperteilen ist verschieden, am grössten an 
den unbedeckten Teilen wie am Kopf und an den Händen, geringer auf 
Brust und Rücken, in den übrigen Gegenden ziemlich übereinstimmend 
0,12 g Wasser pro qdem und Stunde. Eine konstante Übereinstimmung 
zwischen der Zahl der Schweissdrüsen und Grösse der Perspiration besteht 
nicht. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch durch die Hornschichten 
der Haut eine gewisse Menge Wasserdampf hindurchgeht. II. Die Per- 
spiratio insensibilis schwankt bei verschiedenen gesunden Personen bei 
gleicher Zeit, Temperatur und Hautgegend nur wenig. Bei ca. 20° dürfte 
sie pro qdcm und Stunde 0,12 g betragen. Mit Zunahme der Temperatur 
nimmt auch sie zu. III. Bei Fieberkranken ist die Perspiratio insensi- 
bilis nicht nur während der Deferveszenz, sondern auch während der Akme 
in der Regel gesteigert und erreicht dann oft 0,20 g und mehr pro qdem 
und Stunde Auch zeigt sie sprungweise Schwankungen, die im allge- 
meinen der Körpertemperatur nicht entsprechen und hauptsächlich von 
den hier sehr instabilen Kreislaufbedingungen der Haut abhängen. Dass 
bei Lungenkranken infolge der bekannten Steigerung der Ausscheidung 
des Wassers und des Kohlensäureanhydrids die Hautfunktion einiger- 
massen die veränderte Lungenfunktion ersetzen könne, ist eine „kaum 
anzunehmende Hypothese“. Fr. W. Massur, Stettin. 


298. Krogh und Lindhard, Über die von den Respirations- 
bewegungen bedingten Schwankungen des (Gaswechsels und 
Blutstroms in den Lungen des Menschen. Biochem. Zschr. 59 
S. 260. 

Die Zusammenfassung der Ergebnisse der mit zahlreichen Tabellen 
und Kurven versehenen Arbeit stellt den Lungengaswechsel als grossen 
respiratorischen Schwankungen unterworfen hin. Die Sauerstoffaufnahme, 
dem Blutstrom proportional, ist bei vorwiegend diaphragmatischer Atmung 
während der Inspiration erhöht, während der Exspiration erniedrigt. Bei 
kostaler Atmung ist sie infolge der abdominellen Druckschwankung 
während der Exspiration erhöht. 


Normale und pathologische Physiologie. 179 


Die Kohlensäureausscheidung ist intensiver während der Inspiration, 
als während der Exspiration, bei welcher sie stark und ständig abnimmt, 
wogegen sie bei vermehrtem Blutstrom wächst. 

Fr. W. Massur, Stettin. 


299. V. Henriques, Untersuchungen über die Verbrennung in 
den Lungen und einige Bemerkungen über die Bestimmung 

der Gase des Blutes. Biochem. Zschr. 71 S. 481. 

An einer Reihe von Versuchen weist Verf. nach, dass die Bestim- 
mung der Blutgase von defibriniertem Blut oder Oxalatblut mit grosser 
Genauigkeit erfolgen kann, wenn das Blut während der Probeentnahme 
dauernd in Bewegung gehalten und schrell entnommen wird. Bei der 
Entnahme direkt aus den Gefässen von Tieren, denen Hirudin intravenös 
injiziert ist, sind die Resultate schlechtere, da infolge der Hirudinwirkung 
die Blutkörperchen das Bestreben haben, zu Boden zu sinken und die 
Blutproben daher „keine durchaus einheitlichen“ sind. Blut aus dem 
r. Herzen und der Art. pulmonal. hat den gleichen Gebalt an Kohlen- 
säure und Sauerstoff. 

Die gleichzeitige Bestimmung der CO,-Ausscheidung und O,-Auf- 
nahme durch die Lungen und des Gasgehaltes des in die Lungen ein- 
strömenden und aus ihnen kommenden Blutes, dessen Menge vorher für 
die Zeiteinheit festgestellt ist, führt zu dem Ergebnis, dass ein besonderer 
Verbrennungsprozess in der Lunge nicht stattfindet. 

Fr. W. Massur, Stettin. 


300. H. Winterstein, Neue Untersuchungen über die physika- 
lisch-chemische Regulierung der Atmung. Biochem. Zschr. 70 
S. 45. 

An 8 an Kaninchen ausgeführten Versuchen weist W. nach, dass 
nicht der Sauerstoffmangel, nicht die Kohlensäure eine „spezifisch“ er- 
regende Wirkung auf die Atmung ausüben, sondern allein die Wasser- 
stoffionenkonzentration des Blutes die chemische Regulierung der Atmung 
besorgt und diese umgekehrt die Reaktion des Blutes konstant zu halten 
hat. Bei Infusion von Säure (Salz-, Schwefel-, Phosphor-, Essig-, Milch- 
und Kohlensäure) in die Vena jugularis des Tiers und gleichzeitiger 
Messung der veränderten Lungenventilation, Wasserstoffionenkonzentration 
und CO,-Tension des Blutes zeigte sich nämlich als Beweis seiner oben- 
erwähnten „Reaktionstheorie“, dass die Steigerung der Lungenventilation, 
die bei Säureinfusion, und die Herabsetzung derselben, die bei Laugen- 
infusion beobachtet wurden, jedesmal von einer gleichsinnigen Änderung 
der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes begleitet waren, dass dagegen 
die CO,-Tension sich ganz ungleichmässig dazu verhielt und bei Säure- 
infusion gerade eine entgegengesetzte Änderung zeigte, bei Laugeninfusion 
aber eine viel geringere Übereinstimmung mit der Änderung der Lungen- 
ventilation darbot, als wie die Wasserstoffionenkonzentration. 

Wenn auch der direkte Nachweis dafür nicht erbracht werden konnte, 
so ist doch anzunehmen, dass die „Reaktionstheorie“ wie für die Kohlen- 
säuredyspnoe auch für die O,-Mangel-Dyspnoe zu Recht besteht. Die 
„Hochgebirgs“- und die ihr analoge „Arbeitsdyspnoe“ sind allein durch 
die entsprechende Änderung der Blutreaktion bedingt. 

Fr. W. Massur, Stettin. 


12* 


180 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


b) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


301. Z. Tomaszewski, Histologische Veränderungen der nor- 
malen und mit Tuberkulose infizierten Lunge unter dem 
Einfluss des künstlichen Pneumothorax. Beitr. z. Klin. d. 
Tbc. 36. 1916 H. 18. 1. 


Die Kompression der Lunge gelingt beim Kaninchen leichter als 
beim Hunde und ist am stärksten im Oberlappen. In den Lungen ent- 
wickelt sich ein peribronchiales Granulationsgewebe und eine Verdickung 
der Pleura. Die Lymphspalten werden erweitert, der Blutgehalt herab- 
gesetzt. Intravenös injizierte Tuberkelbazillen entwickeln sich in der 
kollabierten Lunge eben so gut wie in der gesunden. Eine Übertragung 
dieser Befunde auf den Menschen ist nur mit grossem Vorbehalt möglich. 
Entscheidend für die Bewertung der Kollapsbehandlung beim Menschen 
ist und bleibt die klinische Erfahrung. Leschke (Berlin). 


302. Allen K. Krause, Some unusual consequences of artificial 
pneumothorax. (12. Jahres- Versammlung der National Asso- 
ciation for the Study and Prevention of Tuberculosis, Washing- 
ton 1916). 


Bericht aus Saranac Lake über 5 Fälle von künstlichem Pneumo- 
thorax mit Autopsie. 

Fall 1. 26jäbr. Patientin mit aktiver Lungentuberkulose erhielt perio- 
dische Insufflationen von Nov. 1911 bis Jan. 1913. Kurz nach der 
letzten Insufflation von 250 ccm Stickstoff traten heftige Schmerzen und’ 
Pfeifen in der betreffenden Seite auf. Die Temperatur ging in die Höhe 
und zum ersten Male wurde amphorisches Atmen gehört. 3 Wochen 
später wurde Eiter aspiriert, welcher Tuberbazillen enthielt. Tod 30 Tage 
nach der letzten Insufflation. Autopsie: Eine grosse Höhle des Ober- 
lappens war in den Pleuraraum durchgebrochen. Der untere Teil der 
Lunge war so atelektatisch verhärtet und mit fibrösem Gewebe durchsetzt, 
dass eine Wiederausdehnung ausgeschlossen war. 

Fall 2. 27jähr. Mann mit akuter Lungentuberkulose erhielt vom 
4. Jan. 1915 bis 22. Nov. 1915 27 N-Insufflationen. Ende Februar 
entwickelten sich Schmerzen und Kurzatmigkeit und die Zeichen eines 
spontanen Pneumothorax. Exitus am 4. Jan. 1916. Autopsie: Per- 
foration einer grossen Kaverne des Oberlappens in den Pleuraraum zwischen 
fingerdicken Adhäsionen. 

Fall 3. 21jähr. Mann, welcher im Aug. 1914 eine Lungenblutung 
hatte, wurde im Sept. 1914 mit leichten Zeichen und Symptomen in das 
Trudeau Sanatorium aufgenommen. Von Okt. an hatte er heftige grössere 
Blutungen und der Auswurf war beständig blutig gefärbt. Die Erkrankung 
wurde mehr und mehr florid. Am 2. Juni 1915 erhielt er auf Wunsch 
350 ccm. Stickstoff in die linke Seite. Er fühlte sich wohl bis zum 
nächsten Tag, wo er plötzlich einen heftigen, stechenden Schmerz in der 
linken Seite verspürte, erbrach und kollabiertee Eine Punktion ergab 
Blut. Exitus am 4. Juni, vierzehn Stunden nach dem Einsetzen der 
akuten Symptome und 36 Stunden nach der ersten und einzigen Insuf- 
flation von Gas. Autopsie: Iu der linken Pleurahöhle 2 Liter geronnenes 
Blut. Keine Anzeichen dafür, dass die Lunge durch die Nadel ange- 


Pa 


— 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 181 


stochen war. Phthisie florida mit zahlreichen, kleinen, frischen Höhlen, 
von’ denen eine subpleural dicht neben einem im Öperlappen gelegenen 
Adhäsionsstrang durchgebrochen war und sowohl die Blutung als auch 
den Luftaustritt verursacht hatte. 

Fall 4. 41jähr. Mann mit forgeschrittener Lungentuberkulose crhielt 
am 20. Febr. 1914 die erste Einblasung; nach der dritten klagte er über 
heftige Schmerzen in der Nähe des Nadelstiches.. Am 3. März war Flüssig- 
keit in der Brust, die sich allmählich vermehrte. Am 25. April begann 
Patient ®/s Liter übelriechenden grünen Auswurfs auszuhusten; dieser 
hielt in verminderter Menge an, Temperatur war unregelmässig, Puls stark 
beschleunigt und Metallklang war auf der linken Seite zu hören ohne 
Atemgeräusch. Tod am 15. Mai. Autopsie: Enorme verdickte Pleura 
mit zahlreichen Adhäsionen. In der Pleurahöble ungefähr 1 Liter braune 
putride Flüssigkeit. Die ganze Lunge gangränös mit vielen grossen 
Löchern nach der Pleurahöhle zu. 

Fall 5. Bei einer 26jähr. Frau wurde wegen fortgeschrittener Lungen- 
tuberkulose am 5. März 1912 künstlicher Pneumothorax eingeleitet. Sie 
erhielt bis zum 24. April 1915 86 Einblasungen in die linke Seite und 
die Krankheit kam zum Stillstand. Ende April 1915 traten Zeichen von 
Aktivität der Erkrankung auf der rechten Seite auf. Der allgemeine 
Zustand verschlimmerte sich. Am 30. Okt. wurden wegen unangenehmer 
Sensationen in der linken Seite 250 ccm Gas in die immer noch freie 
Pleurahöble eingeführt. Diese letzte Insufflation brachte keine Erleichte- 
rung. Patientin starb an Entkräftung am 24, Jan. 1916. Autopsie: 
Die linke Lunge stark kollabiert und geschrumpft, auffallend hart und 
mit dieken Schwarten bedeckt. Grosse Kaverne im ÖOberlappen, ausge- 
breitete Fibrose und Käseherde. Wiederausdehnung der Lunge wäre un- 
möglich gewesen. 

Epikrise: In den 3 ersten Fällen bestanden Höhlen, welche bis an 
die Pleura heranreichten; dieselbe war stark verdünnt und in der un- 
mittelbaren Nachbarschaft befanden sich straffe Verwachsungen, welche 
die betreffende Lungenpartie an der Brustwand festhielten. Die Ein- 
führung von Gas presste die Lunge zurück und spannte die Verwachsungen, 
aber auch gleichzeitig die die Kaverne bedeckende, verdünnte Pleura. 
Eine plötzliche Zunahme des Druckes von innen oder von aussen bringt 
die Pleura zum Platzen. 

Fall 1 und 5 scheinen zu beweisen, dass langdauernder (1 Jahr oder 
darüber) vollständiger Kolups atelektatische Indurationen hervorrufen kann, 
welche eine Wiederausdehnung der Lunge unmöglich machen. 

Mannheimer, New York. 


303. Rist et C. de Pfeffel, Exsudats & eosinophiles et à mast- 
zellen au cours du Pneumothorax. Bull. de la Soc. d'études 
scientifiques sur la tuberculose 1914 Nr. 3 8. 53. (Referiert nach 
Le Pneumothorax thérapeutique Vol. 2 Nr.1 Mai 1916.) 


Die Verff. fanden bei der Untersuchung von Pleuraexsudaten im 
Gefolge von künstlichem Pneumothorax, dass das mikroskopische Bild 
zunächst von eosinophilen Zellen beherrscht wird, neben denen einige 
Mastzellen auftreten. Allmählich zeigen sich im Laufe der Entwicklung 
des Exsudats in immer steigender Menge Lymphozyten, welche schliess- 


132 Diagnose und Prognose. 


lich das herrschende Element bilden. Der Eosinophilie des Exsudats ent- 
spricht oft eine relative Eosinophilie des Blutes. Ein ähnliches Bild kann 
auch bei Ergüssen im Gefolge von spontanem Pneumothorax und bei 
spontanen tuberkulösen Rippenfellentzündungen zur Beobachtung kommen. 
Leunenschloss. 


304. Bernard et Paraf, L’origine des epanchements pleuraux 
consécutifs aux pneumothorax chez les tuberculeux. Presse 
méd. 1914 Nr. 18. (Ref. nach Le Pneumothorax thérapeulique 
Vol. 1 Nr. 1u.2 Aug. 1914.) 


Aus einer Untersuchung von 9 Fällen von spontanem und 14 Fällen 
von künstlichem Pneumothorax schliessen die Verff., dass die Ursache 
der Entstehung von Pleuraexsudaten im Gefolge von künstlicbem Pneu- 
mothorax allein die Infektion mit den Koch’schen Bazillen ist. Die 
Sekundärinfektion erscheint ihnen bedeutungslos für die Entstehung des 
Ergusses. Leunenschloss. 


305. L. Colebrok, The evolution of artificial pneumothorax in 
the treatment. of phthisis. St. Mary’s Hospital Gazette, Jan. 
1914. (Ref. nach Le Pneumothorax thérapeutique Vol. 1 Nr. 
1u. 2 Aug. 1914.) 

Im Anschluss an die Ideen von Carson und Morgan kommt der 
Verf. zu dem Schluss, dass der Heileffekt bei der Pneumothorax-Behand- 
lung auf der Entspannung des die erkrankte Partie umgebenden Lungen- 
gewebes beruht. Ein partieller Pneumothorax wirkt, wenn er diese 
Bedingung erfüllt, ebenso günstig, wie ein totaler. Es besteht dabei die 
Möglichkeit, beiderseits einen partiellen Pneumothorax zu setzen, wenn 
man mit der nötigen Vorsicht zu Werke geht. Dieses Verfahren erscheint 
dem Verf. kaum gefährlicher als die Herstellung eines totalen einseitigen 
Pneumothorax. Leunenschloss. 


306. C. Rundle, Pleural effusion following artificial pneumo- 
thorax. Med. Journ., 24. Jan. 1914. 


Nach den Erfahrungen des Verf. bildet sich nicht selten erat 6 Mo- 
nate nach Beginn der Pneumothorax-Behandlung ein Pleuraexsudat. 
Leunenschloss. 


c) Diagnose und Prognose. 


307. L. Bard, Des conditions de production du souffle amphorigue 
dans le pneumothorax artificiel. Revue méd. de la Suisse 
Romande, Nov./Dez. 1916 S. 677—684. 


Das Entstehen amphorischer Erscheinungen beim Pneumothorax hängt 
in erster Linie vom Zustande der durch den Pneumothorax komprimierten 
Lunge ab und erst in zweiter Linie vom Grade des interpleuralen Druckes. 
Je intensiver und ausgedehnter die auf der Pneumothoraxseite liegende 
Lunge erkrankt ist, desto sicherer werden amphorische Phänomene bei 
der Auskultation nachweisbar sein. Es hat also das Auftreten amphori- 
scher Geräusche über einem Pneumothorax für die Prognose eine un- 
günstige Bedeutung. ‘ Neumann, Schatzalp. 


Diagnose und Prognose. 183 


308 F. Heim und Jeanneret-Minkine, Les pseudoräles fibri- 
neux. (Contribution a l’etude de l’empyeme.) Revue méd. 
de la Suisse Romande, Nov./Dez. 1916 S. 716—719. 


Pseudo-Rasselgeräusche können über einem Empyeme gehört werden, 
besonders wenn das Empyem ein doppelseitiges ist; doch auch bei sehr 
beweglichem Mediastinum und ausgedehnt den Thoraxwänden anliegendem 
eitrigen Exsudat können Rasselgeräusche vernommen werden, da in beiden 
Fällen die fibrinösen Auflagerungen auf der Pleura costalis gezerrt und 
gedehnt werden und dabei Rasseln vortäuschen können. 

Neumann, Schatzalp. 


309. C. Real, Ergebnisse der physikalischen Untersuchung bei 
der Kollapslunge nach Pneumothorax und Thorakoplastik. 
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1916. H.2 S. 197. 


Die Pneumothoraxbehandlung führt zu Retraktion und Nachschleppen 
der kranken Seite, verminderter Zwerchfellverschiebung, abgekürztem Schall, 
verstärktem Fremitus, verschärftem bis bronchialem Atmen, oft auch zu 
dauernden, zähen, trockenen Rasselgeräuschen. Nach Wiederausdehnung 
der Lunge gehen diese Zeichen zur Norm zurück, Die Lungenerschei- 
nungen bei Thoraxplastik sind die gleichen und entsprechen dem Grade 
der Iuungenschrumpfung. Leschke, Berlin. 


310. F. Heim und M. Jeanneret-Minkine, Les räles propages, 
causes d’erreur dans l’auscultation des tuberculeux. Revue 
med. de la Suisse Romande, 20. Juli 1916 Nr. 7 S. 411—421. 


Durch Vergleichung des Lungenstatus vor und nach Anlegung eines 
künstlichen Pneumothorax bei Lungentuberkulösen studieren die Verf. 
die differential-diagnostischen Merkmale der nach der relativ gesunden 
Lunge fortgeleiteten Rasselgeräusche, Neumann, Schatzalp. 


311. J. S. Hirsch, Roentgenographie control of the pneumo- 
thorax treatment of pulmonary tuberculosis. Med. Record, 
10. Juni 1916. 


Man sollte die Pneumothoraxbehandlung nicht ohne Röntgenoskopie 
und Röntgenographie durchführen. Dieselben sollten zu drei verschiedenen 
Zeiten vorgenommen werden: 1. Präliminär, um die Ausdehnung der 
Krankheit und den Platz des Einstiches festzustellen. 2. Während und 
nach der Injektion. 3. Im weiteren Verlauf, um folgende Punkte zu 
konstatieren: Ausdehnung des Kollapses und der Wiederausdehnung der 
Lunge, Zustand der Pleura, Verlagerung des Herzens und Mediastinal- 
inhaltes, Lage und Bewegung des Zwerchfells, Gegenwart von subkutanem 
Empbysem und schliesslich Einfluss der Behandlung auf die Erkrankung. 
Diese Beobachtungen müssen von Zeit zu Zeit wiederholt und verglichen 
werden. Mannheimer, New York. 


312. Büttner-Wobst, Die Fraenkel-Albrecht’sche Einteilung der 
chronischen Lungentuberkulose im Röntgenbild. Fortschr. 
a. d. Geb. d. Röntgenstr. 24 H. 4. 
Das Fraenkel-Albrecht’che Einteilungsschema der chronischen 
Lungentuberkulose in eine zirrhotische, knotige und pneumonische Form 
lässt sich auch durch das Röntgenbild stützen. 


184 Diagnose und Prognose. 


Die zirrhotische Form: Eingesunkensein der erkrankten Partien. Enge 
Interkostalräume, steiler stehende Rippen oder aber Verziehung der Weich- 
teile nach dem Ort der Erkrankung zu. Vikariierendes Emphysem der 
‚ gesunden Lungenabschnitte. Strangförmige Schattengebungen, oft vom 
Hilus aus strablenförmig nach der kranken Spitze zu ziehend. 

Die knotige Form: Keine Einziehung, fleckige, weicher konturierte 
Schattengebungen, teilweise konfluierend. 

Die pneumonische Form: Flächenhafte Verschattung grosser Bezirke, 
ohne Schrumpfungserscheinungen. M. Türk, Frankfurt a. M. 


313. A. Kofred, Über die Arbeitsfähigkeit der mit künst- 
lichem Pneumothorax behandelten Patienten. Ugeskrift for 
Lager 1916 Nr. 44. 

Im Volkssanatorium bei Silkeborg (Dänemark) sind in den Jahren 
1908—1916 200 Patienten (alles Männer) mit künstlichem Pneumothorax 
behandelt worden. 

Bei 110 (Gruppe 1) ist die Behandlung durchgeführt; bei 90 (Gruppe 2) 
gelang es nicht, einen effektiven Pneumothorax zu bilden. 

Das Material der beiden Gruppen ist wesentlich gleichartig: alle 
Männer, schwere Fälle. 60°/o der ersten Gruppe, 38°/o der zweiten 
waren febrile, dagegen war die Krankheitsdauer beziehungsweise 1 und 
2 Jahre; das weitere Schicksal war für 8 der ersten, 7 der zweiten 
Gruppe unbekannt. Von den zurückbleibenden 102 der ersten Gruppe 
wurden 33 = 31,3°/o arbeitsfähig, 33 = 31,3°/o nicht arbeitsfähig, 36 = 
37,4°/o sind gestorben. Von den 83 der zweiten Gruppe wurden 12 
arbeisfähig = 14,4°/o, 23 = 27,7°/o nicht arbeitsfähig, 48 = 57,9 °/o sind 
gestorben. 

Man sieht also ein deutliches Übergewicht von arbeitsfähigen zu- 
gunsten der Pneumothoraxbehandelten. 

Die Behandlung hat für die Mehrzahl 1—2 Jahre lang gedauert; 
für 9 ist sie nicht abgeschlossen, für 24 ist sie abgeschlossen, und Jas 
Resultat für 9 /g—1 Jahr lang kontrolliert, für 7 1—2 Jahre, für 3 
2—3 Jahre, für 5 mehr als 3 Jahre. 

8 von den arbeitefähigen sind Kontorarbeiter oder Lehrer, 7 sind 
Handwerker, 3 Handlungsdiener, 2 Maschinenarbeiter, 9 arbeiten auf dem 
Lande, 4 in der Stadt. Die meisten sind voll arbeitsfähig. 

Der Verf. meint, dass man auch bei Patienten der arbeitenden Klasse 
die Pneumothoraxbehandlung anwenden kann. 

Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


314. S. Sterling, Beitrag zum künstlichen Pneumothorax. Beitr. 
2. Klin. d. Tbc. 36. 1916. H. 2 S. 267. 
Zur Ausheilung einer einseitigen Tuberkulose genügt unter Umständen 
eine sehr kleine Gasblase. Man muss unterscheiden zwischen kurativem 
und nur symptomatischem Erfolg. E. Leschke, Berlin. 


315. Ambrogio da Gardi, Il pneumotorace simidio diagnostico 
nell’ esame radiologico dei feriti al torace. Le Pneumothorax 
thérapeutique Bd. 2 Nr. 1 Mai 1916. 

Da Gardi empfiehlt die Anwendung des künstlichen Pneumothorax 
als diagnostisches Hilfsmittel bei der radiologischen Untersuchung von 


Indikationen und Therapie. 185 


Tboraxverletzungen. Ohne den Patienten — bei gewissenhafter Durch- 
führung der Forlaninischen Technik — irgendwie zu gefährden, ist die 
Methode, abgesehen von ihrem nach da Gardis Erfahrungen grossen 
diagnostischen Wert auch in therapeutischer Hinsicht empfehlenswert, da 
sie geeignet ist, zur Verhütung von Pleuraverwachsungen bei penetrierenden 
Wunden beizutragen und die Heilungstendenz von Lungenverletzungen 
zu erhöhen. Leunenschloss, Frauenbain. 


d) Indikationen und Therapie. 


316. J. Gwerder, Über Entspannungspneumothorax auf Grund 
symptomatischer Indikation. Zschr. f. Tbe. 27 H. 5. 


G. berichtet über eine Reihe von Fällen schwerer beiderseitiger Tuberku- 
lose, bei denen er ınittelst des „symptomatischen“ Entspannungspneumothorax 
ausgezeichnete Erfolge erzielt hat. Der „symptomatische Pneumothorax“ 
ist entweder ein Entspannungspneumothorax ohne Kompression zur Be- 
einflussung der von den Hauptherden herrührenden Symptome, er wirkt 
in diesen Fällen in erster Linie entgiftend. In anderen Fällen kommt 
es darauf an, den „symptomatischen Pneumothorax“ verbunden mit ört- 
licher Kompression so zu lokalisieren, dass bestimmte Schubherde, z. B. 
Kavernen, ausgeschaltet werden. In all diesen Fällen bildet eine schwere 
Erkrankung der anderen Seite keine Kontraindikation. Strenge Indivi- 
dualisierung und sorgfältige Auswahl der zur Entspannung heranzuziehenden 
Herde sind erforderlich. Berlin, Schömberg. 


317. Cordier et A. Devie, L’insufflation d’une caverne pulmo- 
naire au cours de l'opération de Forlanini. Soc. médicale 
des hôp. de Lyon. Lyon médical 1914 Nr. 25 S. 1403. (Ref. 
nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Mai 1916.) 


Bei dem Versuch, einen künstlichen Pneumothorax anzulegen, wurde 
das Gas versehentlich in eine bei der Radioskopie infolge einer darüber 
befindlichen Pleuraschwarte nicht aufgefundene Kaverne geleitet. Bei der 
Sektion zeigte sich die Kaverne vollständig ausgetrocknet. Die Verff. 
empfeblen daraufhin den Versuch, durch Einleitung von Stickstoff direkt 
in eiternde Kavernen, die Wände derselben auszutrocknen. 

Leunenschloss. 


318. L. Billon, Considerations sur 100 cas de pneumothorax 
artificiel antiseptique dans la tuberculose pulmonaire. Gaz. 
des hôp. 1914 Nr. 42. (Ref. nach Le Pneumothorax thérapeu- 
tique Bd. 2 Nr. 1 Mai 1916.) 


Verf. empfehlt die Methode Forlanini’s unter gleichzeitiger An- 
wendung der Antisepsis mittels Einführung von Gomenol in den Pleura- 
raum. Kontraindiziert ist das Verfahren bei schwerem komplikatorischen 
Darmkatarrh und bei Emphysem, sowie bei Frauen während der Periode. 
Beginnende oder auch schwerere Affektion der anderen Seite bilden seiner 
Ansicht nach keine absolute Kontraindikation. In 80°/o der Fälle traten 
pleuritische Exsudate auf, welche aber bei Anwendung von Gomenol 
niemals eitrigen Charakter annahmen. Leunenschloss. 





186 Indikationen und Therapie. 


319. Fr. Windrath, Ein Beitrag zur Pneumothoraxbehandlung 
gefahrdrohender Blutungen. Med. Klin. 1917 H. 3. 

Ein Patient mit fibrokavernöser Phthise des rechten Unterlappens 
und starken pleuritischen Verwachsungen "bekommt eine Hämoptoe, die 
am 3. Tage bedrohlichen Charakter annimmt. Daher künstlicher Pneu- 
mothorax. Erst beim 6. Versuch gelangt die Nadel in einen freien Pleura- 
spalt. Anfangsdruck —8—4. Es gelingt nur 75 ccm N. mit dem 
Enddruck + 3-+6 einzulassen. Die Füllungen werden in den nächsten 
48 Stunden 6 mal wiederholt und es werden unter allmählicher Steigerung 
schliesslich 300 cem N. mit dem Enddruck 4 30 -+-36 eingelassen. Danach 
steht die Blutung. Das Röntgenbild zeigt eine Gasblase, die von der Höhe 
der rechten Zwerchfellkuppe bis zur Konvexität der 5. Rippe reicht. Der 
Pneumothorax wird weiter unterhalten. Seit einiger Zeit arbeitet Patient 
unter dauerndem Wohlbefinden als Maschinist. Berlin, Schömberg. 


320. Peter Bull, Die extrapleurale Thorakoplastik als Behand- 
lung der Lungentuberkulose. Norsk Mag. f. Lagevidenskapen 
1917 Nr. 3. 

Der Verf. fasst seine Erfahrungen über die Thorakoplastik bei 
Lungentuberkulose wie folgt zusammen: 

1. Bei einseitigen oder wesentlich einseitigen Tuberkulosen, die nicht mit 
einer rationellen effektativen Behandlung, auch nicht Pneumothorax geheilt 
werden, kann man bei extrapleuraler Thorakoplastik gute Resultate erzielen. 

2. Die Resektion der Costae darf in Lokalanästhesie und mit einem 
paravertebralen Schnitt ausgeführt werden, so dass man den hintersten 
Teil der 11. (oder 10.) bis 2. Çostae entfernen kann. 

3. Die Operation muss nur nach Besprechung mit dem behandelnden 
Arzt ausgeführt werden, nachdem dieser durch eine längere Zeit den 
Patienten beobachtet hat, so dass er sich eine wohlbegründete Meinung 
über die Prognose des Falles gemacht hat. 

4. Es ist notwendig, dass die privat praktizierenden Ärzte Kenntnis 
von den Indikationen und Resultaten der extrapleuralen Thorakoplastik 
haben. Keiner darf es nun unterlassen, dazu geeigneten Patienten diese 
Chance zu eröffnen. Birger-Overland. 


321. A. v. Bonsdorff, Erfahrungen bei der Behandlung des 
tuberkulösen (spontanen) Pneumothorax. Finska Läkarsäll- 
skapeis Handlingar Bd. 58 Sept. 1916. 

Im Nummela-Sauatorium wurden (in 12 Jabren) 19 Fälle von spon- 

tanem Pneumothorax (1 davon bei Lungengangrän) = 0,9°%/o von 2300 

Lungentuberkulosen beobachtet, In 1 Falle wurde die Luft spontan resor- 


biert, in noch 1 aspiriert (4 Aspirationen innerhalb 3 Tagen), in allen: 


übrigen Exsudatbildung. Zwei septische Exsudate starben 5—8 Tage nach 
der Thorakotomie,. 4 serös-seropurulente starben 4—18 Tage, noch 2 solche 
2—6 Monate nach dem Pneumothorax. Von 4 Fällen, nach Lucius 
Spengler behandelt, trat in 2 trotz Rezidiven während 2 Jahren be- 
deutende Verbesserung ein. Eine Kombination von Spengler’s Serothorax 
mit nach dem Lungenfistel-Verschluss durchgeführten Aspiration mit 
Potain und Kompression mit stickstoffkünstlichem Pneumothorax wurde 
in 3 Fällen versucht und führte in 1 Falle zur Heilung nach 1 Jahre. 
Tillgren, Stockholm. 


Technik. 187 


e) Technik. 


322. E. Morland, The technie of artificial pneumothorax. Brit. 
Med. Journ., 13. Dez. 1913; ref. nach Le Pneumothorax thera- 
peutique Bd.1 Nr. 1u.2 Aug. 1914. 

Verf. empfiehlt den Gebrauch von dünnen Pliatinnadeln. Abgesehen 
von dem Vorteil der geringeren Schmerzhaftigkeit und der leichten Des- 
infizierbarkeit durch die Flamme, glaubt der Verf. die Tatsache, dass er 
bei 83 Fällen von künstlichem Pneumothorax nicht ein einziges Exsudat 
gesehen hat zum Teil auf den Gebrauch der dünnen Platinnadeln zurück- 
führen zu können. Leunenschloss, Frauenhain. 


323. A. Adams, Local anaesthesia in artificial pneumothorax. 
Brit. Med. Journ., 14. Febr. 1914; ref. nach Le Pneumothorax 
thérapeutique Bd. 1 Nr. 1 u. 2 Aug. 1914. 

Verf. empfiehlt die Anwendung der Lokalanästhesie vor Einführung 
der Nadel. Er verwendet die Braun’sche Platinnadel. 
Leunenschloss, Frauenhain. 


324. S. Vere Pearson, Local anaesthesia in artificial pneumo- 
thorax. Brit. Med. Journ., 31. Jan. 1914 ; ref. nach Le Pneumo- 
thorax thérapeutique Bd. 1 Nr. 1 u. 2 Aug. 1914. 

Verf. kommt an Hand von fast 300 Fällen zu dem Schluss, dass 
die Lokalanästhesie nur bei der ersten Einführung der Nadel notwendig ist. 
Leunenschloss, Frauenhain. 


325. Hervé, De l’excision galvanique des brides pleurales au 
cours des traitement par le pneumothorax. 

H. schlägt die galvanokaustische Durchschneidung von strangarligen 
Pleuraverwachsungen vor in Fällen, in denen diese Verwachsungen die 
Entwicklung eines vollständigen Pneumothorax verhindern. Er hat die 
Methode bisher in 3 Fällen angewandt, in 2 Fällen mit gutem Erfolg; 
bei dem 3. Fall musste er das Verfahren wegen des Auftretens eines 
Pleuraexsudats unterbrechen. Leunenschloss, Frauenhain. 


326. H. Carleton and D. G. Evans, The induction of artificial 
pneumothorax. Brit. Med. Journ., 13. Dez. 1913; ref. nach 
Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 1 Nr. 1 u. 2 Aug. 1914. 
Bericht über Technik des Pneumothoraxverfahrens. Verf. hält Lokal- 
anästhesie bei der Einführung der Nadel für überflüssig. 
Leunenschloss, Frauenhain. 


327. H. Singer, Zur Empyembehandlung mittelst Kanüle. D.m.W. 
1917 Nr. 2. 

Verf. bringt im Anschluss an die Veröffentlichung von Rüdel in 
der M. m. W, 1916, Nr. 33, über „Behandlung mittels Kanüle“, seinen 
vor 10 Jahren erfundenen „Draintrokar“ in Erinnerung, mit dem er gute 
Erfahrungen gemacht hat. Metapneumonische Empyeme heilen ausnahmslos, 
tuberkulöse Empyeme lassen zuweilen langdauernde Fisteln zurück, was 
auch nach Rippenresektion vorkommt. Der Draintrokar wird von der 
Firma Peter Fischer in Budapest in 3 Grössen angefertigt. 

C. Kraemer II, Wilhelmsheim., 





188 Klinische Fälle. 


328. Hans Kronberger, Zur Theorie und Technik der extra- 
pleuralen Thorakoplastik, D. m. W. 1917 Nr. 10. 

Eine Indikation für Thorakoplastik besteht: 1. wenn der Patient 
obne chirurgischen Eingriff voraussichtlich zugrunde gehen würde, 2. wenn 
die Lungenerkrankung einseitig und ausgedehnt ist, 3. wenn die Anlegung 
eines Pneumotborax infolge von Adbäsionen nicht mehr möglich ist. Vor- 
bedingung ist ausreichend guter Kräftezustand des Patienten; ferner, dass 
die eine der beiden Lungen praktisch soweit gesund ist, dass sie den 
postoperativ erhöhten Anforderungen an Respiration und Zirkulation wahr- 
scheinlich entsprechen kann. Kontraindiziert ist die Thorakoplastik, wenn 
ein grosser Teil der zu operierenden Lunge derbkäsig-pneumonisch infil- 
triert ist. Der wenig befriedigende Erfolg ausgedehnter Plastiken ist nach 
Verf. allein auf Rechnung der bisher üblichen Methoden zu setzen: Die 
am meisten geübten sind die nach Brauer-Friedrich, Wilms und 
Sauerbruch, deren Prinzipien und Technik kurz besprochen werden. 
Die Hauptgefahren sind u. a. Aspirationspneumonie in der operierten 
oder gesunden Lunge, spezifisch tuberkulöse Pneumonie der gesunden Seite 
durch Ansaugen des Sputums, hypostatische Pneumonie der operierten 
Lunge. Zur Verbesserung der Resultate müssen die analogen, natürlichen 
Heilungsprozesse zum Masstab des Handelns genommen werden. Die 
natürliche Heilungsmöglichkeit wird vor allem durch das Mass der Schrump- 
fungsprozesse, nicht durch den Grad der Thoraxdeformierung gegeben; 
die Entwicklung von Narbengewebe begünstigen besonders ausreichende 
Angriffs- und Stützpunkte für den Schrumpfungsprozess. Verf. empfiehlt 
auf Grund seiner Überlegungen und Beobachtungen eine Thorakoplastik 
mit alternierender Rippenresektion, derart, dass der Thorax in Breiten 
von je 1 bis 2 Interkostalräumen mobilisiert wird und dementsprechend 
je 1 oder 2 Rippen dazwischen erhalten bleiben. Nach Besprechung der 
Vorzüge dieser Methode wird eine weitgehende Prüfung ihres praktischen 
Wertes vorgeschlagen. C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


329. Jacobaeus, Endopleurale Operationen unter der Leitung 

des Thorskoskopes. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 35. 1915. H.1. 8.1. 

Verf. berichtet über 9 Fälle, in denen es ihm gelungen ist, unter 
Leitung des Thorakoskopes strangförmige Adhäsioner, die den Kollaps 
der Lunge bei der Pneumothoraxbehandlung verhinderten, zu durchbrennen 
und damit einen vollständigen Lungenkollaps zu erzielen. In 3 Fällen 
kam es zu kleinen Blutungen, in 3 anderen zu einer serösen Pleuritis, 
in einem Falle zu einer frischen Knötchenaussaat auf der Pleura. Wenn 
das Anwendungsgebiet der Methode auch ein recht kleines ist, bedeutet 
sie in geeigneten Fällen doch einen grossen Fortschritt der Bebandlung, 
zumal die Einführung des Thorakoskopes wie des Galvanokauters von 
zwei kleinen Inzisionsstellen aus leicht in Lokalanästhesie gelingt. 

E. Leschke, Berlin. 


e) Klinische Fälle. 


330. Rudolf Geinitz, Beitrag zur Frage des Chylothorax. 
D. m. W. 1916 Nr. 29. — Derselbe, Zur Therapie des 
tuberkulösen Chylothorax. D. m. W. 1917 Nr. 16. 


Nach kurzer Übersicht über die vorhandene Literatur und die be- 


Klinische Fälle. 189 


stehenden Theorien, die an Ort und Stelle nachzulesen ist, wird Verlauf 
und Tberapie eines interessanten Falles von Chylothorax beschrieben, der 
in der neuen Heilanstalt zu Schömberg zur Beobachtung kam. Es handelt 
sich um einen 42 Jahre alten Mann, bei dem seit 7 Jahren offene Ober- 
lappentuberkulose bestand. Es kam zu einem hohen pleuritischen Erguss; 
das Exsudat war klar, serös, steril, ergab im Tierversuch Tuberkulose (1909). 
Bei den Punktionen wurde stets eine entsprechende Stickstoffmenge nach- 
geblasen. Bei der Entlassung bestanden geringe Reste von Exsudat rechts, 
die rechte Lunge war stark geschrumpft, der übrige Raum war Pneu- 
mothorax. 1913 ergab eine ambulante Punktion trübseröse Flüssigkeit 
mit Fettkörnchen und Cholesterinkristallen, Lymphocyten, einzelnen Tu- 
berkelbazillen: also Umwandlung in recht chylöses Exsudat. 1915 Ver- 
schlechterung des Befindens. Punktion ergab eine homogene, weisslich 
gelbe Flüssigkeit mit unzählig vielen Fettkügelchen in feinster Verteilung, 
Detritus, Cholesterinkrystallen; chemisch reichlich Eiweiss, kein Zucker. 
Tuberkelbazillen konnten weder mikroskopisch noch im 
Tierversuch mehr nachgewiesen werden. 

Es hatte sich also im Verlauf von 7 Jahren ein tuberkulöses, rein 
seröses Exsudat bei bestebendem künstlichem Pneumothorax in ein typisch 
chylöses, tuberkelbazillenfreies umgewandelt. Als Grund für diese Um- 
wandlung spricht Verf. in erster Linie die allmählich, besonders durch 
das lange Bestehen des Pneumothorax hervorgerufene starke Veränderung 
der Pleura und der Zirkulationsverhältnisse in ihren Lymph- und Chylus- 
gefässen an, die auch auf dem Röntgenbild deutlich zum Ausdruck kommt; 
er sieht darin auch einen Hinweis auf die Notwendigkeit vorsichtiger 
Indikationsstellung bei der Anlegung des künstlichen Pneumothorax über- 
haupt. Für das Verschwinden der Tuberkelbazillen macht Verf. den 
reichlichen Fettgebalt verantwortlich. Eine spezifische Entzündungsart 
als Entstehungsart des Chylothorax wird abgelehnt. 

Die Prognose wurde ernst gestellt; durch einfaches Abpunktieren, 
sogar unter Nachfüllung von Stickstoff, war bis dahin ein Verschwinden 
des Exsudates nicht zu erreichen gewesen. Es wurde deshalb zur Thorako- 
plastik geraten. 

Entgegen dieser Prognose trat nun doch, ohne Thorakoplastik, Bes- 
serung ein. Die Behandlung bestand in Abpunktionen des Ergusses unter 
Regulierung des Innendrucks, neben der Allgemeinbehandlung. Das 
Röntgenbild, Januar 1917, zeigte, dass der Pneumothoraxraum verschwunden 
ist; die Lunge hat sich völlig angelegt unter starker Schrumpfung und 
Schwartenbildung; der Erguss ist fast völlig verschwunden. Der Chylo- 
thorax kann also als relativ geheilt angesehen werden. Der Lungenbefund 
der anderen Seite ist stationär geworden. Der Mann wurde als beschränkt 
arbeitsfähig entlassen. C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


331. Paul Courmont et Barjou, Pneumothorax silencieux: 
pleurésie purulente, évacuation avee injection d’azote. Gue- 
rison. Gazette médicale de Paris, 1. April 1914 S. 97; ref. 
nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Mai 1916. 

Bericht über einen Fall von spontanem Pyopneumothorax bei einem 
63jähr. Kranken, der durch Insufflation von Stickstoff geheilt wurde. 
Leunenschloss, Frauenhain. 


190 Klinische Fälle. 


332. Castaigne, Pneumothorax complet sans symptömes fonctio- 
nels. Soc. medic. des hôpitaux de Paris, 22. Mai 1914; ref. 
nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Nr. 1 Mai 1916. 


C. berichtet über einen Fall von spontanem Pneumothorax im Ver- 
laufe einer Tuberkulose der rechten Lungenspitze und der Hilusdrüsen, 
welcher reaktionslos ohne das Auftreten eines Exsudats heilte. 

Leunenschloss, Frauenhain. 


333. M. Perrin, Pneumothorax artificiel compliqué de pneumo- 
thorax à soupape et de perforation spontanée de la paroi 
thoracique. Province médicale 1914 Nr.27 S. 291; ref. nach 
Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Nr. 1 Mai 1916. 


Verf. berichtet über einen Fall von künstlichem Pneumothorax, der 
infolge von Pleuraverwachsungen nicht voll zur Entwicklung kam. Es 
bildete sich eine Lungenperforation. Nach längerem Krankenlager trat 
der Tod ein. Leunenschloss, Frauenhair. 


334. U. Carpi, Un caso di tisi pulmonare curato colla toraco- 
plastica extrapleurica. Le Pneumothorax therapeutique Bd. 2 
Nr. 1 Mai 1916. 

Verf. berichtet über einen Fall von schwerer, kavernöser, einseitiger 
Phthise des linken Oberlappens mit progressivem Verlauf, bei dem infolge 
ausgedehnter Pleuraverwachsungen die Entwicklung eines ausreichenden 
künstlichen Pneumothorax nicht gelang. Er wandte daraufhin die totale 
Thorakoplastik nach Sauerbruch mit dem Erfolge einer langsamen, fort- 
schreitenden, fibrösen Reparation an. Er kommt auf Grund seines Falles 
zu dem Schluss, dass der Heilefekt sowohl der Thorakoplastik wie auch 
des Pneumothorax auf die Immobilisation der Lunge nicht auf direkte 
oder indirekte Kompression der Kavernen zurückzuführen ist. In Fällen 
von schweren Lungenprozessen mit gleichzeitigen ausgedehnten Pleuraver- 
wachsungen empfiehlt er statt des künstlichen Pneumothorax die Thorako- 
plastik. Leunenschloss, Frauenhain. 


335. E. Palasse, Pneumothorax avec emphyseme souscoutane 
spontane chez un tuberculeux. Lyon medical 1914 Nr. 3 
S. 109, 
Verf. berichtet über einen Fall von Lungentuberkulose, bei dem sich 
im Anschluss an einen Pyopneumothorax ein ausgedehntes subkutanes 
Emphysem bildete. Leunenschloss, Frauenhain. 


336. E. Leuret et Aubert, Seconde observation de suppuration 
pleuropulmonaire avec hémoptysies graves traitée et guérie 
par le pneumothorax artificiel, Gaz. hebdom. des Sc. med. 
de Bordeaux 1914 Nr.26; ref. nach Le Pneumothorax théra- 
peutique Bd. 2 Mai 1916. 

Es handelt sich nach Angabe der Verf. um einen Fall von nicht 
tuberkulöser eitriger Rippenfellentzündung und Lungenabszess mit schweren 
Lungenblutungen. Der künstliche Pneumothorax wurde während des Ver- 
laufs einer schweren Hämoptoe eingeleitet. Das Resultat war ein sehr 


Klinische Fälle. 191 


gutes. Ihre Beobachtung lässt ihrer Ansicht nach „in interessanter Weise 
die bämostatische Bedeutung der Forlanini’schen Methode hervortreten.“ 
Leunenschloss, Frauenhain. 


337. Ch. Gaudy, Un cas de pyo-pneumothorax putride à evolution 
aigue au cours d’une tuberculose pulmonaire. Bulletin de 
la Soc. d'études scientifiques sur la tuberculose 1914 Nr.2; ref. 
nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Mai 1916. 

Verf. bericht über einen Fall von alter zum Stillstand gekommener 
Lungentuberkulose, der nach einem plötzlichen Rückfall unter Entwicklung 
eines Pyopneumothorax in 8 Tagen einen tödlichen Verlauf nahm. 

Leunenschloss, Frauenhain. 


338. E. N. Packard, jr., Gangrene of the lung following arti- 
ficial pneumothorax. Amer. Journ. Med. Sc., Juni 1916. 

Bei einem 41jährigen Mann mit fortgeschrittener aktiver Tuberkulose 
des grösseren Teils der linken Lunge und wahrscheinlich des oberen Teils 
der rechten wurde ein künstlicher Pneumothorax angelegt, in der Hoffnung, 
das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten. 7 Einblasungen von Stick- 
stoff blieben ohne Erfolg. 9 Tage nach der letzten Einblasung spuckte 
der Patient plötzlich eine grosse Menge stark faulen, grünlichen Auswurfs 
aus. Derselbe bestand aus Eiter, zahlreichen säurefesten Bazillen, Oidium 
albicans, Staphylococcus pyogenes aureus und einem Gram-negativen Ba- 
zillus, welcher ein wie Methan riechendes Gas produzierte. Dieser Auswurf 
hielt 3 Wochen lang an und wurde allmählich schokoladefarben und wäs- 
serig, als Patient starb. Bei der Autopsie fanden sich einzelne frische 
Tuberkel an der Oberfläche der Leber, vergrösserte, teilweise käsige mesen- 
teriale Lymphknoten und folgende Veränderungen am Thorax. Das Herz 
war bis in die Mittellinie verschoben, die linke Lunge gegen die Wirbel- 
säule zusammengefallen. Die Pleura enthielt ungefähr 1 Liter brauner, faul- 
riechender Flüssigkeit. Die kollabierte linke Lunge war grau-grün und 
schmierig weich; Spitze und Basis waren mit der Umgebung verwachsen. 
In die Pleurahöhle mündeten 5 grosse Höhlen, aus deren Öffnungen Fetzen 
von brandigem Lungengewebe hervorragten. Die parietale Pleura war 2 
bis 3 mm dick, die viszerale war derb und beide waren grau grün und mit 
schmierigem Exsudate bedeckt. Das Lungengewebe war überall schwammig 
und gräulich-grün. Ein Schnitt durch die Spitze zeigte Herde von Ver- 
käsung und Infiltration. Die rechte Lunge enthielt Tuberkel und kleine 
Verdichtungsherde, Verwachsungen der Spitze und eine rauhe, glanzlose 
Pleura. Die Bronchien und Blutgefässe waren nicht verschlossen. Obwohl 
bis jetzt noch kein Fall von Gangrän der Lunge im Anschluss an künst- 
lichen Pneumothorax in der Literatur berichtet ist, so scheint doch bier 
der Lungenkollaps die unmittelbare Ursache des Gangräns zu sein, und 
zwar lässt sich folgender Zusammenhang annehmen: Es handelte sich um 
eine rasch zerfallende Lunge mit oberflächlich gelegenen Höhlen und mehr 
weniger ausgedehnter Nekrose des Lungengewebes infolge obliterativer End- 
arteritis, Der Kollaps der Lunge beschränkte die Blutzufuhr und be- 
schleunigte die Nekrose. Durch die Gegenwart von Fäulniskeimen in der 
tuberkulösen Lunge trat Fäulnis ein und in den nekrotischen Bezirken Gan- 
grän. Dann erfolgte Ruptur der Lunge und das pleuritische Exsudat wurde 
faul und ätzend. Mannheimer, New York. 


192 Allgemeines. 


339. A. Wallgren, Über Spontanpneumothorax als eine zu 
dem künstlichen Pneumothorax hinzutretende Komplikation. 
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1916. H. 3. S. 319. 


Unter Zugrundelegung von 2 eigenen und 7 fremden Fallen erörtert 
Verf. die Möglichkeit der Entstehung eines spontanen Pneumothorax bei 
der künstlichen Pneumothorax-Behandlung durch Stichläsion, durch Reissen 
einer Verwachsung, Perforation eines Herdes, Platzen einer schwachen Lun- 
genstelle, Durchbruch eines Empyems in die Lunge. 

Erich Leschke, Berlin. 


g) Allgemeines. 


340. Hervé, Aperçu sur une nouvelle thérapeutique de la tuber- 

culose pulmonaire pneumothorax et héliothérapie. Bulletin 

de la Soc. d'études scientifiques sur la tuberculose 1914 Nr. 1; 

ref. nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Nr.1 Mai 1916. 

H. empfiehlt zur Unterstützung der Heilwirkung des Pneumothorax- 

verfahrens in den Fållen, bei denen der Erfolg auf sich warten lässt, Sonnen- 
bäder anzuwenden. Leunenschloss, Frauenhain. 


341. F. Dumarest et Ch. Murard, Cing ans de pratique du 
pneumothorax artificiel. Résultats. Bulletin médical 1914 Nr.2 
S. 15; ref. nach Le Pneumothorax thérapeutique Bd. 2 Nr.1 
Mai 1916. 

Die Verff. fassen ihre Erfahrungen über ein Material von 98 Fällen — 
fast nur schweren progressiven — dahin zusammen, dass der künstliche 
Pneumothorax „die wirksamste Waffe im Kampfe gegen einseitige käsige 
destruktive Fälle von Lungentuberkulose ist“, 

Leunenschloss, Frauenhain. 


342. Ch. Murard, Les complications pleurales du pneumothorax 
artificiel. La Province medicale 1914 Nr. 12 $. 126; ref. nach 
Le Pneumothorax therapeutique Bd.2 Nr. 1 Mai 1916. 
Verff. gibt eine Übersicht über die verschiedenen Formen, den Verlauf 
und die Behandlung der im Gefolge von künstlichem Pneumothorax auf- 
tretenden Rippenfellentzündungen. Leunenschloss, Frauenhain. 


343. Ch. Roubier, Le pneumothorax tuberculeux bilateral. Revue 
de medecine Nr.5 Mai 1913: ref. nach Le Pneumothorax thera- 
peulique Ba. 1 Nr. 1u.2 Aug. 1914. 

R. berichtet an Hand eines selbst beobachteten und weiterer 13 aus 
der Literatur gesammelter Fälle über Ätiologie, Pathogenese, Anatomie und 
Symptomatologie des doppelseitigen tuberkulösen Pneumothorax. 

Leunenschloss, Frauenhain. 


344. S. Robinson, Thoracic diseases, the status of surgical 
therapy. Journ. of the Amer. Med. Assoc., 19. Aug. 1916. 
Eine vorzügliche Übersicht des gegenwärtigen Standes der Thoraxchi- 

rurgie von einem Mitglied der Mayo-Klinik. Der Autor spricht sich über 

das Verhältnis des Chirurgen zum Internisten in folgender Weise aus: 


n_ 





Lu 


Bibliographie. 193 


In keiner Körperregion ist ein enges Zusammenarbeiten von Internisten 
und Chirurgen so notwendig wie in der Pleurahöhle. Der erstere braucht 
manchmal den letzteren, aber der letztere kann ohne den Beistand des 
ersteren nicht auskommen. „Betrachtet uns Thoraxchirurgen als Eure Diener 
und nicht ale Eure Stellvertreter, als Eure Konsultanten und nicht als 
Eure Konkurrenten.“ Wenn ein akutes Empyem nach einer Rippenresektion 
und Drainage nicht heilt, so ist chirurgische Revision notwendig, Man 
entferne ein kleines Gewebestückchen von der Drainageöffnung und unter- 
suche dasselbe mikroskopisch auf Tuberkel. Kulturen und Tierimpfungen 
mit eitrigem tuberkulösen Sekret gaben selten über das Bestehen von Tuber- 
kulose Aufschluss. Der tuberkulöse Patient ist von vornherein ein schlechtes 
chirurgisohes Risiko und die Exstirpation des tuberkulösen Lungengewebes 
gibt ganz besonders entmutigende Resultate. Man versucht, die tuberkulöse 
Lunge zu kollabieren durch extrapleurale Plastik, Pleuropneumolysis oder 
Resektion mehrerer Rippen. Man soll mit solch radikalen und gefähr- 
lichen Experimenten warten, bis man mehr über den Wert des künstlichen 
Piieumothorax weiss. Vermittels des letzteren werden ungefähr 13°/, der 
fortschreitenden Fälle zum Stillstand gebracht und 40 °/o symptomatisch ge- 
bessert. Verf. lenkt die Aufmerksamkeit auf die seltenen Fälle von kaltem 
Abszess der Brustwand hin. Fluktuierende Schwellungen, gewöhnlich an 
der vorderen Brustwand, ohne Rötung oder Druckempfindlichkeit, brechen 
auf oder werden inzidiert und entleeren Eiter und späterhin ein blutig 
wässriges Sekret. Stereoskopische Röntgenaufnahmen geben eine umschrie- 
bene Pleuritis. Bei der Exzision oder Resektion zeigt sich ein feiner Fistel- 
gang, der zur äusseren Fläche der parietalen Pleura führt. Die Rippen 
sind nicht nekrotisch; Bazillen oder Tuberkel lassen sich nicht nachweisen. 
Trotzdem sieht die Läsion wie eine tuberkulöse aus. Heilung kann nur 
erzielt werden durch gründliche Drainage oder Exzision nebst Durchführung 
der gewöhnlichen hygienisch-diätetischen Behandlung der Tuberkulose. 

Mannheimer, New York. 


h) Bibliographie. 


345. L. Spengler-Davos, Arbeiten über Lungenkollapstherapie. 
(Fortsetzung des Literaturverzeichnisses in Nr, 12, Jahrgang X, 
Seite 372 «dieses Centralblattes.) 

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(Bern 1917, Verlag von A. Franke.) 

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851. Dieselben, Der Beweis für die Kontraktilität der Lungengefässe und die 
Beziehung zwischen Lungendurchblutung und Sauerstoffresorption. (Arch. 
f. exper. Path. u. Pharm. 1916. Bd. 79. S. 301.) 

852. Brandenburg, Über die Umformung der oberflächlichen Herzdämpfung 
und die paravertebrale Dämpfung bei exsudativer Pleuritis. (Med. Klin. 
1916. Nr. 32.) 

853. Eden, Bronchialverschluss durch Knorpeltransplantation. (Deutsche med. 
Wochenschr. 1917. Nr. 7. S. 222.) 

854. Elmendorf, Über Wiederinfusion nach Punktion eines frischen Hämato- 
thorax. (Münch. med. Wochenschr. 1917. Nr. 1. S. 36.) 


internat. Centraibl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 13 


194 


855. 
856. 


857, 


258. 
809, 
860. 
861. 
862, 
863. 


864. 


865. 
866. 
867. 
868. 
869. 
870. 
871. 


872. 
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Bibliographie. 


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(Corr. Bl. f£. Schweizer Ärzte. 1916. Nr. 48.) 

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blatt. Jahrg. 10. Nr. 9. S. 275. 

Van de Kasteele, Die Folgen des künstlichen Pneumothorax für die 
Atmung dea Kindes. (Nederl. Maandschrift voor verloskunde en vrouwen- 
ziekten eu vour Kinderziekten. 1916. V. 4. S. 16.) 

Wiewiorowski, Behandlung des offenen Pueumothorax mit sofortiger 
Brustwandnaht. (Centralbl. f. Chir. 1916. Nr. 51.) 

Zaayer, J.H., Chirurgische Behandlung der Bronchiektasen. (Nederl. Tijd- 
schrift voor Geneeskunde. 1916. Nr. 8, 


————— __ nn 
eg m 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 195 


II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


21. C. v. Noorden und S. Kaminer, Krankheiten und Ehe. Darstel- 
lung der Beziehungen zwischen Gesundheitsstörungen und Ehegemein- 
schaft, begründet von Senator und Kaminer. Zweite, vermehrte und neu 
bearbeitete Auflage. Leipzig 1916 bei Georg Thieme. 1111 S. 


Seit der ersten Auflage des Werkes, die vor 12 Jahren erschien, sind eine 
Reihe der beteiligten Autoren, vor allem Senator, dann Hoffa, Mendel, 
Kossmann und Ewald, durch den Tod abberufen. An Senator’s Stelle ist 
v. Noorden getreten, der ausserdem das Kapitel Stoffwechselkrankheiten ver- 
fasst hat. Die Bedeutung des Klimas, der Rasse und Nationalität ist durch 
Moszkowski bearbeitet, Menstruation, Schwangerschaft, Wochenbett und Lak- 
tation durch Schrader, die Erkrankungen des Gefässapparates durch His und 
Külbs, die Geisteskrankheiten durch Hoche, die endokrinen Drüsen durch 
Porges, die Vererbung von Sprachstörungen durch Gutzmann. Martius bat 
einen Abschnitt über den Familienbegriff und die genealogische Vererbungslehre, 
Dietrich über die Statistik der Geburtziffer in den Kulturstaaten, Heller über 
Krankheit und Ehetrennung geschrieben. 

Der Abschnitt „Krankheiten der Atmungsorgane und Ehe“ ist wie früher von 
Kaminer bearbeitet. Er setzt seinen Ausführungen die Tatsache voraus, dass 
die tuberkulöse Lungenerkrankung heilbar ist, dass aber eine Stellung einer 
einigermassen sicheren Vorhersage schwierig und Sache genauer klinischer Beob- 
achtung ist. Es ist deshalb für den Arzt ebenso verantwortungsvoll, eine Ehe 
zu verbieten, ala zu gestatten. Besonders wird auf die verschlimmernde Bedeu- 
tung hingewiesen, die die Ehe in sozialer Beziehung häufig für den Arbeiter hat. 
Mit Recht betont K. auch den Anteil, den die Frau unter unseren heutigen 
Verhältnissen am Berufsleben hat, ein Umstand, dessen Folgen sich auch in der 
Ehe stark bemerkbar machen müssen. 

Die Übersicht der statistischen Arbeiten ergibt zweifellos, dass bei jeder 
tuberkulösen Frau die Empfängnis eine schwere Gefahr für Gesundheit und Leben 
bedeutet. Diese Gefahr ist in den ersten Monaten der Schwangerschaft sehr gross, 
in den letzten Monaten geringer, wird aber dann am grössten im Wochenbett. 
Ganz besonders wichtig sind die ungünstigen Einwirkungen der Entbindung selbst, 
die sich in Form akuter Verschlimmerungen durch Aspiration und miliare Aussaat 
geltend machen können. Ebenso schwere Folgen hat das Stillen tuberkulöser 
Frauen, dem Kaminer also völlig ablelınend gegenübersteht. Die Ansicht 
Schlossmann’s von der glücklichen Anregung des Stoffwechsels tuberkulöser 
Mütter durch das Stillen erscheint nach Theorie und Praxis anfechtbar. 

Nicht zu vernachlässigen ist auch die Gefahr der Ansteckung des anderen 
Ehegatten, mit der nach den Arbeiten von Weinberg und Jakob u. Pann- 
witz gerechnet werden muss. Als Übertragungsweg kommt bei den Verhältnissen 
des engen häuslichen Zusammenwohnens in erster Linie die Auswurfansteckung 
in Betracht. Für die Nachkommenschaft ist besonders wichtig, dass gewisse 
Körpereigenschaften vererbt werden können, die in späteren Lebensjahren die 
Entstehung einer Tuberkulose begünstigen. K. fasst seinen Standpunkt in dieser 
Frage dahin, dass, nur wenn Vater oder Mutter im Augenblick der Befruchtung 
die Anlage zur Tuberkulose gehabt haben, die Möglichkeit einer Übertragung der 
Anlage oder die Wahrscheinlichkeit ihrer Vererbung anzunehmen sei — eine 
Fassung, die vor missverständlicher Deutung nicht ganz sicher ist. „Wenn man 
den höberen Standpunkt der Kausalität für das Allgemeinwohl zukünftiger Ge- 
schlechter als berechtigt anerkennt“ — wird man die Ehe, oder zum mindesten 
die Fortpflanzung belasteter Individuen so weit wie möglich zu verhindern suchen. 
(Diese Frage wird in der Praxis eine Abwägung von Fall zu Fall unter Berück- 


13* 


1% Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


sichtigung der Familienvorgeschichte und der Körperanlage des Einzelnen erfahren 
müssen, Ref.) 

Mit noch grösserer Bestimmtheit wird der berechtigte Standpunkt der 
Ablehnung der Ehe bei schon tuberkulös Erkrankten vertreten, wobei in frischen 
Fällen die Ebe absolut verworfen, in älteren, anscheinend geheilten, eine Karenz- 
zeit von 3 Jahren als Mindestbediugung angesehen wird, und der Mann wie üblich, 
eine etwas andere Beurteilung als die Frau erfährt. (Hier hätte etwas mehr der 
klinische Begriff der Aktivität und der Charakter der einzelnen Erkrankung her- 
vortreten müssen. Ref.) | 

Bei Tuberkulose eines Ehegatten ist vernünftige Vorbeugung erforderlich. 
Wird eine tuberkulöse Frau schwanger, so ist von Fall zu Fall zu entscheiden. In 
vorgeschrittenen Fällen, wo die Vorhersage sehr schlecht ist, und die Operation 
keinen Nutzen für die Verlängerung des mütterlichen Lebens verspricht, ist Ab- 
warten angezeigt. Hierher gehören leider fast alle Keblkopftuberkulosen. In allen 
Füllen, wo in der Schwangerschaft eine auf deren Rechnung zu setzende Ver- 
schlimmerung eintritt, wo aber sonst die Möglichkeit der Heilung oder jahre- 
langer Besserung gegeben ist, ist die Einleitung des Abortes angezeigt. Niemals 
aber wird die Schwangerschaft nur auf ein einziges Anzeichen, z. B. Gewichts- 
abnahme hin, unterbrochen werden dürfen. 

Auch die künstliche Frühgeburt hält K. im ersten Stadium der Tuberkulose 
in manchen Fällen noch für gerechtfertigt (Pankow und Küpferle). Für diese 
Fälle stellt er die Forderung des vaginalen Kaiserschnittes auf (!). 

Der Frage der Heilstättenbehandlung Schwangerer steht K. unbedingt ab- 
lehnend gegenüber, wenigstens für alle Fälle, in denen ein schädigender Einfluss der 
Schwangerschaft vorhanden ist. (Andere Fälle dürften kaum in Frage kommen. 
Ref.) Er will die Heilstättenkur hauptsächlich nach der Unterbrechung der 
Schwangerschaft eingeleitet wissen. (Die bier angeschnittene Frage ist nicht nur 
für das Leben vieler Frauen, sondern auch für die Allgemeinheit so wichtig, dass 
die Aufstellung neuer Sammelforschungen mit grössten Zahlen aus verschiedenen 
sozialen Schichten zur weiteren Klärung dringend erforderlich und sehr ver- 
dienstlich erscheint. Ref.) Seinen Standpunkt fasst K. zum Schluss in die For- 
derung zusammen, dass die staatlich notwendigen Massnahmen zur Behebung des 
Geburtenrückganges vor der Tuberkulose Halt machen müssen, 

Das Bronchialasthma kann weder beim Manne noch bei der Frau als ein 
zwingendes Ehehindernis angesehen werden. Das gilt aber wohl, wenn sich die 
chronischen Folgezustände lange bestehenden Asthmas eingestellt haben. Auch 
ist die Art und Häufigkeit der Anfälle von Bedeutung. Die Anzeige zur Ein- 
leitung des Abortes ist nur dann gegeben, wenn die Anzahl und Dauer der An- 
fülle sıch während der Schwangerschaft in lebenbedrohender Weise vermehrt. 

Zum Schlusse finden die weniger wichtigen chronischen Bronchial- und 
Lungenerkrankungen ihre kurze Beurteilung. 

Einige Bemerkungen sind zu den Ausführungen des Verf. nachzutragen, Die 
klinische Festlegung des Begriffes Phthise auf die Fälle mit Mischinfektion ist 
wohl nicht angängig. Es dürfte sich der Standpunkt Aschoffs betr. der Be- 
zeichnungen „Tuberkulose“ und „Plhthise* zu allgemeiner Annahme empfehlen. 
(Zeitschr. f. Tub. Bd. 26. H. 1—4.) 

Auf 8. 337 wird bebauptet, dass ungemein häufig eine beinahe charakte- 
ristische Begleiterscheinung der Tuberkulose die krankhafte Steigerung des Ge- 
schlechtstriebes ist. Die Angabe ist nach der Erfahrung vieler Autoren — vgl. 
z.B. Cornet u.a. — in dieser allgemeinen Fassung sicher unhaltbar. Ebenso darf 
der Satz sicher für die Jetztzeit nicht unwidersprochen bleiben, dass tuberkulöse 
Arbeiter eine Anzahl von Kindern in die Welt zu setzen pflegen, die nicht im 
Verhältnis zu ihrem Einkommen steht. 

Bei der Frage der Wartezeit bis zur Eheerlaubnis wird bemerkt, dass nach 
den Kenntnissen von der Biologie des Tuberkelbazillus seine Lebensfähigkeit im 
menschlichen Körper während eines Zeitraumes von drei Jahren nicht aus- 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 197 


geschlossen werden kann. — Nach den Untersuchungen von Lubarsch und 
von Lydia Rabinowitsch muss die Lebensfähigkeit doch als viel länger 
angenommen werden. Die Frage darf hier nicht lauten: Leben noch Tuberkel- 
bazillen irgendwo? sondern: Ist nach ärztlicher Voraussicht eine klinische Aus- 
heilung mit einiger Sicherheit anzunehmen ? 

Aber das sind kleine Ausstellungen an der im übrigen umfassenden und 
guten Darstellung, die das schwierige Kapitel der Beziehungen von Tuberkulose 
und Ehe durch Kaminer erfährt. 

Die Frage, ob mit Hauttuberkulose Behaftete heiraten dürfen, wird von 
Lederman in dem Abschnitte Hautkrankheiten und Ehe ausführlich behandelt. 
Bemerkenswert ist, dass L. hier auch die Bedeutung der Tuberkulineinspritzung 
für die Beurteilung des Hautprozesses und für die Nachforschung nach etwaigen 
sonst im Körper vorhandenen Prozessen hervorhebt. 

Im übrigen kann auf die einzelnen Abschnitte nicht ausführlich eingegangen 
werden. Sie bringen aus berufener Feder und in teilweise vorzüglicher Bebandlung 
eine Darstellung dieser für den Arzt im täglichen Leben der Praxis immer erneut 
wichtigen Fragen. Sie geben darüber hinaus eine grosse Zahl von Anregungen. 
Besunders ist auch die ausführlichere Behandlung des Geburtenrückganges und 
der Rassenfragen zu begrüssen. In allen diesen Fragen, in denen dem Arzte eine 
wichtige Rolle für das Wohl des einzelnen Kranken und des Volkes zukommt, 
ist ihm das vorliegende Werk als ein Ratgeber zu empfehlen, dem recht weite 
Verbreitung zu wünschen ist. 

Erstrebenswert wäre nur, dass bei der Abfassung medizinischer Arbeiten 
endlich einmal mit der Einschränkung des Gebrauches der Fremdwörter Ernst 
gemacht würde. Viele Wörter werden ja unvermeidlich bleiben, die eigentlichen 
Fachausdrücke. Andere aber, in denen mauche Verfasser geradezu schwelgen — 
Postulat, Kumulierung, illustrieren, konstatieren, eventuell, antikonzeptionell, 
Liberalität, — es liessen sich viele Seiten füllen, oft mit wahren Ungeheuern an 
Länge, sprachlicher Bildung und Klang — sollten langsam aber tatkräftig getilzt 
werden. H. Grau, Rheinland-Honnef. 


22. C. Kraemer, leit. Arzt der Tuberkulose-Abteilung Res. L. III. Stuttgart, 
Das Tuberkulin in der militärischen Begutachtung und Behandlung 
der Tuberkulose, nebst kurzer Technik. Stuttgart, Verlag von Ferd. Encke. 
338. 

Diejenige Art und Weise der Begutachtuug und Behandlung der Tuberkulose 
in der Armee ist die beste, aus der die meisten Leute mit voller Kriegsverwendungs- 
fähigkeit nebst der grösstmöglichen Gewähr für deren Dauerhaftigkeit hervorgehen. 
K. sieht die Tuberkulindiagnose und Behandlung als diese beste Art und Weise 
an. Er konnte nicht weniger als zwei Drittel der tuberkulinbehandelten Tuber- 
kulösen unmittelbar als felddienstfähig entlassen, mit melır oder weniger Gewähr, 
dass sie vor dem Rückfall der Tuberkulose geschützt bleiben, 

K. beginnt mit einer Kritik des anderorts geübten Auswahlverfahrens. Die 
Fraenkel-Albrechtsche Einteilung der Lungenphthise lehnt er ab. Es ist ihm 
sicher darin beizustimmen, dass diese Einteilung noch nicht so wesentlichen Fort- 
schritt gegenüber der alten bedeutet. Sie versagt für die eigentlich wichtigsten, 
die Frühfälle. Weniger verständlich erscheint die von K. ausgesprochene Ansicht, 
dass die Röntgenuntersuchung für die Frühdiagnose der Tuberkulose entbehrlich ist. 

Für Heereszwecke unterscheidet K. zwischen geschlossener (I) und offener 
(II) Tuberkulose. Er will sie auch durch dis physikalische Untersuchung sofort 
und mit annähernd vollkommener Sicherheit unterscheiden dadurch, dass I in der 
Hauptsache die perkutorischen, II dagegen die auskultatorischen Befunde darbietet. 
Eigentümlich ist die von K. gegebene Verwischung der Begriffe offene und ge- 
schlossene Tuberkulose: er führt z. B. geschlossene Tuberkulosen (mit rein per- 
kutorischem Befunde) mit Bazillen im Auswurf auf, die aber Jie Bazillen verlieren 
und die Felddienstfähigkeit wieder erlangen. Es ist sicher für den allgemeinen 


195 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


G«brauch nicht angängig, ein solches Bild zu zeichnen und solche früheren 
Bazillenträger sogar als felddienstfähig zu entlassen. 

Gegenstand der Behandlung mit Aussicht auf Wiederherstellung der Dienst- 
fähigkeit ist die geschlossene Tuberkulose (s. oben). Diese geschlossene Tuber- 
kulose ist nach K. in der Hauptsache eine Hilustuberkulose. An ihr leiden nach 
seiner früher aufgestellten Berechnung etwa 85°/s der mit tuberkulöser oder 
tuberkuloseverdächtiger Erkrankung eingelieferten Mannschaften. Die Hilustuber- 
kuluse ist am besten erkennbar aus den Dämpfungen, die sich zwischen Wirbelsäule, 
Spina und Angulus scapulae finden. Diese Dämpfungen sind überaus häufig. Sie 
schwinden nach völlig durchgeführter Tuberkulinkur. 

Die Entscheidang über den Fall gibt die Tuberkulinprüfung. Auf die Herd- 
reaktion, von deren Auftreten er sich zwar öfters überzeugen konnte (aber nicht 
von ihrer prognostischen Bedeutung) ist kein besonderer Wert zu legen. Grund- 
sätzlich zu verwerfen ist die Tuberkulinprüfung mittelst einmaliger Einspritzung 
von 1 mg, die eine Versündigung gegen den Geist der Tuberkulindiagnose dar- 
stellt. Das Tuberkulin soll so angewendet werden, dass der Arzt in der öfters 
von K. geschilderten Weise stets „in Fühlung mit der Tuberkulose“ bleibt. Es soll 
eine Tuberkulinauslese bewirken, die zugleich zur Behandlung überleitet. 

Die Heilstätten sind, solange sie das Tuberkulin nicht in der den einzelnen 
Formen der Tuberkulose entsprechenden Weise anwenden, der Ort für die Be- 
handlung der offenen, aber nicht der geschlossenen Tuberkulosen. Die ge- 
schlossenen sollen in erster Linie mit Tuberkulin behandelt werden. Für diese 
Versorzung der zur Beobachtung aufgenommenen Heeresangehörigen wird ein 
Schema gegeben, nach dem seit Februar 1915 bei über 1000 Soldaten in dem von 
K. geleiteten Lazarett verfahren worden ist. Über die angewandte diagnostisch- 
therapeutische Technik für die geschlossene Lungentuberkulose wird in einem 
basonderen letzten Abschnitte berichtet, in dem auch die Theorie der Tuberkulin- 
wirkung in einleitenden Worten abgehandelt wird. Das Endziel der Tuberkulin- 
wirkung ist eine Vertreibung der Immunität durch Abheilung der tuberkulösen 
Herde, wie das aus früheren Arbeiten des Verf. bekannt ist. Bei der Durchführung 
der Kur sind bei der geschlossenen Tuberkulose leichte Reaktionen unentbehrlich. 
Genauere Anweisungen für die Dosierung werden gegeben. Das Nichtmehr- 
reagieren tuberkulöser Kranker ist aber der biologische Abschluss der Tuberkulinkur. 

Das ist in kurzem der Inhalt des K.’schen Büchleins. Es ist anregend ge- 
schrieben, wie alle Arbeiten K.’s, bringt eine Fülle wertvoller Gedanken und ver- 
anlasst immer wieder zum Nachdenken. Ein entschiedenes Verdienst K. ist es, 
auf die Beachtung der Hilusbefunde hingewiesen zu haben, deren Vorkommen 
durch die neueren Untersuchungen Ranke’'s sehr gestützt wird. Ebenso ist 
seine überzeugungstreue Verfechtung der Tuberkulinanwendung bemerkenswert 
und geeignet, immer wieder zu Versuchen in geeigneten Fällen anzuregen. 

Allein daneben können eine Reihe von erheblichen Bedenken gegenüber 
seinen Ausführungen nicht unterdrückt werden. Zunächst die Hilusdämpfungen! 
Sie sind sicher oft vorhanden. Aber die Fehlerquellen sind zahlreich: Skoliose, 
runder Rücken, stark entwickelte Muskulatur, besonders einseitig entwickelte. 
Wenn die auskultatorischen Erscheinungen, wie bei dem von K. aufgestellten 
Begriff der geschlossenen Tuberkulose fehlen und die Tuberkulineinspritzung 
keine Herdreaktion ergibt, wer will da den Mut haben, das Vorhandensein einer 
tuberkulösen Erkrankung anzunehmen? Es ist doch nicht zu leugnen, dass 
eine positive Tuberkulinallgemein-, besonders Fieberreaktion sich bei sehr zahl- 
reichen Gesunden findet. Ich habe bei jahrelanger Durchprüfung aller aufge- 
nommenen Kranken auf einer inneren Klinik mit der Pirquet’schen Reaktion ungemein 
oft die lebhaftesten Reaktionen gerade bei ganz gesunden, völlig unverdächtigen 
Menschen finden können. Würden die nicht auch auf subkutane Tuberkulinein- 
verleibung lebhafte Allgemein- oder Fieberreaktion gezeigt haben? Wenn wir 
ausser auf subjektive Erscheinungen nur auf Hilusdämpfung und Tuberkulinreaktion 
ohne Herdreaktion die Diagnose Tuberkulose gründen, so wird man uns den 


a. 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 199 


Vorwurf machen, dass wir Tuberkuloseinfizierte, aber nicht Tuberkulosekranke 
behandeln. 

Für die Frage des biologischen Abschlusses der Tuberkulinbehandlung, der 
ein theoretisch einleuchtender und verführerischer Gedanke ist, wäre unbedingt 
das Vorliegen von zahlreichen systematischen Nachprüfungen nötig. 

Hier liegt die Hauptschwäche der Ausführungen K.'s die ihm selbst nicht 
entgangen ist (vgl. S. 31). Die Hauptfrage ist, ob denn im Gegensatz zu dem 
Wiederabfall so vieler früheren Heilstättenpfleglinge nun die von ihm wieder zur 
Truppe geschickten leute dort besser ausgehalten haben. Nicht der Schluss- 
befund des behandelnden Arztes, sondern die Statistik über den Dauererfolg kann 
da erst entscheiden. 

K. verfügt unter den lebenden Ärzten sicher mit über die grösste Erfahrung 
im Gebrauch des Tuberkulins. Er würde, worauf ich schon früher hingewiesen 
habe, sich ein Verdienst erwerben und der Sache des Tuberkulins einen grossen 
Dienst erweisen, wenn er eine recht umfangreiche fortlaufende Reihe seiner 
Tuberkulinfälle mit klinischen Angaben, Dosenfolge und Dauererfolg ausführlich 
veröffentlichen würde. Nur ein solches Tuberkulinbuch könnte eine überzeugende 
Kraft haben und ein wertvoller Führer für den Arzt werden, 

H. Grau, Rheinland - Honnef. 


23. August Rollier, Die Sonnenbehandlung. Ihre therapeutische und 
soziale Bedeutung. Verlag von A. Franke, Bern. 55 S. Preis M. 1.50. 


Die kurze, recht lesenswerte Schrift behandelt in anregender Form, frei von 
allem übertriebenen Optimismus die therapeutische und soziale Bedeutung der 
Sonnenbehandlung. Der Toleranzgrad gegenüber den Sonnenstrahlen ist bei den 
einzelnen sehr verschieden. Alter, Allgemeinzustand, Verhalten des (Gefäss- und 
Nervensystems der Patienten sind für die Reaktion des Organismus auf die 
Sonnenbestrahlung von grosser Bedeutung. Daher ist es wichtig, die Bestrahlung 
äusserst vorsichtig zu dosieren und in streng abgestuften Etappen vorzugehen, 
bis völlige Gewöhnung eingetreten ist. Die Heliotherapie wird kombiniert mit 
orthopädischen Massnahmen, die für die verschiedenen Lokalisationen der chirur- 
gischen Tuberkulose ausführlich besprochen werden. Am günstigsten sind die 
Erfolge bei geschlossener Tuberkulose. Die bei offener chirurgischer Tuberkulose 
fast stets bestehende Mischinfektion erschwert die Heilung ungeheuer, ja macht 
sie manchmal völlig unmöglich. Daher kann vor operativen Eingriffen nicht 
genug gewarnt werden. R. bespricht die Erfolge der Heliotherapie bei den ver- 
schiedenen Formen der chirurgischen Tuberkulose, die bezüglich Funktion, Kos- 
metik und Dauer denen jeder anderen Therapie wesentlich überlegen sind. Zur 
Beantwortung der Frage nach der Dauer der Erfolge lässt R. aus der Fülle seiner 
Erfahrungen eine Reihe von Patienten an unserem geistigen Auge vorüberziehen, 
die vor vielen Jahren in recht traurigem, vielfach hoffnungslosem Zustande nach 
Leysin kamen, nach spätestens 2jähriger Behandlung geheilt entlassen wurden 
und seitdem ununterbrochen in ihrem Beruf tätig sind und sich des besten Wohl- 
befindens erfreuen. Auch gegenüber nichttuberkulösen, chirurgischen Affektionen 
hat sich die Sonnenbehandlung bewährt. Um die geheilten Patienten an den 
Übergang vom Hochgebirge zur Ebene, von Ruhe zur Arbeit zu gewöhnen und 
80 Rückfälle zu vermeiden, sind an verschiedenen Orten der Schweiz Arbeits- 
und Landwirtschaftskolonnen für Rekonvaleszenten eingerichtet. Hier bleiben 
die Patienten noch einige Monate und arbeiten täglich mehrere Stunden in den 
verschiedenen Werkstätten, im Feld und Garten. Schon während der Kur werden 
die Patienten nach Möglichkeit angehalten, leichte Handarbeiten zu machen. Die 
Arbeitskur hat sich in moralischer wie finanzieller Hinsicht bewährt, da die 
Patienten imstande sind, wenigstens einen Teil ihres Lebensunterhaltes selbst zu 
verdienen. Schliesslich verdient die Sonnen- und Luftkur auch weiteste Beachtunz 
als Prophylaktikum für zur Tuberkulose prädisponierte Kinder. Diesem Zweck 
dienen verschiedene Kinderkolonien in der Schweiz, wo die Kinder möglichst 


20 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


völlig im Freien unterrichtet werden. Aufgabe der Ärzte ist es, die Laien auf 
die hohe therapeutische und soziale Bedeutung der Sonnenbehandlung aufmerksam 
zu machen. Berlin, Schömberg. 


24. Gräfin v. Linden, I. Erfahrungen der Kupferbehandlung bei der ex- 
perimentellen Tuberkulose des Meerschweinchens und bei den ver- 
schiedenen Formen der Tuberkulose des Menschen. — II. Die bisherigen 
Ergebnisse der Kupferbehandlung bei Nematodenerkrankungen mit 
besonderer Berücksichtigung der experimentellen Trichinose. — Ver- 
öfentlichungen aus dem Gebiet der Medizinalverwaltung. 6. Bd. 6. Jahrg. Ver- 
lagsbuchhandlung Richard Schoetz. Preis 3 M. 


l]. Versuche am Meerschweinchen: 

Zahlreiche, jahrelange Versuche, die experimentelle Meerschweinchentuber- 
kulose durch Kupferbehandlung zu beeinflussen, haben zu dem Ergebnis geführt, 
dass „der akute Prozess zu einem chronischen, die progrediente Tuberkulose zu 
einer stationären wird.“ Dieser Schluss wird durch folgende Tatsachen bewiesen: 
Die Kupferbehandlung führt nach kurzer Temperatursteigerung zu völliger Ent 
fieberung, die wochen- und monatelang anhält. Die mit Kupfer behandelten Tiere 
erreichen ein wesentlich höheres Gewicht als die Kontrolltiere. Die Nachkommen- 
schaft der mit Kupfer behandelten Tiere ist qualitativ und quantitativ besser. 
Die Lebensdauer der mit Kupfer behandelten Tiere beträgt das Doppelte der 
durchschnittlichen Lebensdauer und bis zum Siebenfachen des Maximums der 
Kontrolltiere. 30°/o aller Versuchstiere werden durch die Kupferbehandlung soweit 
günstig beeinflusst, dass der zum Stillstand gekommene tuberkulöse Prozess 
Aussicht auf allmähliche Ausheilung bietet.“ Die Kupferbehandlung führt „zu 
einem Absterben der Infektionserreger, einer Rückbildung der für die tuberkulöse 
Infektion charakteristischen Gewebselemente und einer fibrösen Umbildung der 
Herde.“ Die besten Resultate erzielt die subkutane Behandlung mit hohen An- 
fangsdosen von 3—5 mg Cr. Die Kupfereinspritzungen führen häufig ganz analog 
den Tuberkulinreaktionen zu Allgemein- und Herdreaktionen. Bei Kaninchen ge- 
lingt es, diese durch prophylaktische Kupfergaben gegen eine spätere Infektion 
gänzlich zu schützen oder aber die Erkrankung äusserst zu mildern. Zum Schluss 
erwähnt v. L. die Arbeiten anderer Autoren über dieselbe Materie. Teils bestätigen 
sie ihre eigenen Resultate, teils kommen sie zu entgegengesetzten Ergebnissen. 
In letzterem Falle hält v. L. die Schlüsse dieser Autoren für nicht erwiesen oder 
irrtümlich. — 

2. Versuche am Menschen: 

Die Versuche zahlreicher Autoren, die menschliche Tuberkulose mit Kupfer 
zu behandeln, haben im allgemeinen einen günstigen Erfolg gehabt. Die besten 
Resultate wurden bei der Haut- und Knochentuberkulose erzielt, weil es hier 
möglich ist, die Kupfersalze in Form der Lecutylsalbe in unmittelbare Berührung 
mit dem Krankheitsherd zu bringen. Bisher unheilbare Fälle wurden geheilt. 
Die Wirkung der Kupfersalze muss eine spezifische genannt werden, da das 
Kupfer nur das tuberkulös kranke Gewebe zerstört, das gesunde aber intakt lässt 
und zur Narbenbildung anregt. Die Resultate, die die Kupfertherapie bei der 
Lungentuberkulose erzielt hat, sind weniger augenfällig, sie lassen sich in folgenden 
Sätzen zusammenfassen: „Die Kupfertherapie ergibt bei schweren chronischen 
oder subakuten fieberfreien, subfebrilen oder leicht fiebernden Fällen gute Erfolge. 
Daher werden alte fibröse Phthisen nicht wesentlich beeinflusst, und bei progre- 
dienten, fieberhaften Erkrankungen kann die Kupfertherapie wenigstens bei intra- 
venöser Behandlung zu ungünstigen Resultaten führen.“ Intravenöse Dosen von 
über 5 mg Kupfer erzeugen bei akuten Prozessen Allgemein- und Herdreaktionen. 
Geringere intravenöse Dosen sowie intramuskuläre, subkutane, perkutane und 
interne Verabreichung rufen keinerlei Reaktionen hervor. Die intravenöse Be- 
handlung ist bei fieberhaften Fällen kontraindiziert. Die interne Behandlung 
eignet sich für die ambulante Praxis. Irgendwelcte schädlichen Wirkungen, die 


No 


Kongress- und Vereinsberichte. 201 


als Intoxikationserscheinungen aufzufassen wären, wurden nicht beobachtet. Die 
Kupferbehandlung hat sich in manchen Fällen als letztes Hilfsmittel bewährt. 
Auch bei der Urogenitaltuberkulose hat die perkutane und interne Kupferbehand- 
lung recht günstige Erfolge erzielt. — 

Auf die Besprechung der zweiten, in diesem Heft erschienenen Arbeit über 
die Kupferbehandinng bei Nematodenerkrankungen müssen wir in dieser Zeit- 
schrift verzichten. Berlin, Schömberg. 


25. F. Köhler, Die Tuberkuloseforschung in den Kriegsjahren. Ergeb- 
nisse der Tuberkuloseforschung. Heft 5. ZBepertorienverlag Leipzig. 

Im 5. Heft seiner „Ergebnisse der 'Tuberkuloseforschung“ referiert K. die 
wichtigsten Tuberkulosearbeiten des Jahres 1914 aus folgenden Gebieten: Drüsen, 
Lymphogranulomatose, Schilddrüse; Verdauungstraktus; Perikard, Herz, Gefäss- 
system; Peritoneum, Leber, Niere; Genitalorgane; Generationsvorgänge und 
Schwangerschaft. Berlin, Schömberg. 


26. Eine neue amerikanische Zeitschrift, welche sich ausschliesslich 
mit Tuberkulose befasst, ist erschienen: The American Review of Tuber- 
cnlosis. Sie ist das Organ der National Association for the Study and 
Prevention of Tuberculosis. Dr. Allen K. Krause von Baltimore ist der 
Herausgeber. Die Zeitschrift erscheint monatlich im Verlag von 2419 Green- 
mount Avenue, Baltimore. Mannheimer, New York. 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 


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6. 21. Generalversammlung des Deutschen Zentralkomitees zur 
Bekämpfung der Tuberkulose am 23. Mai 1917 in Berlin. 
Berichterstatter: Liebe-Waldhof-Elgershausen. 


Aus der Begrüssungsansprache des stellvertretenden Vorsitzenden Ministerial- 
direktor Kirchner ist zu erwähnen, dass die Tuberkulose durch die Kriegsver- 
hältnisse seit 1914 ständig im Zunehmen ist. Deutschland, das mit seinen 
Kampfmitteln gegen diese Volksseuche immer vorbildlich war, darf — wie im 
Felde jede kleine Schlappe — diese Tatsache offen besprechen. Denn sie wird, 
ohne übermässig zu schrecken, eine Mahnung sein, mit allen Kräften alle Mittel 
anzuwenden und auszubauen, die im Gegenstosse das Eindringen dieses Gegners 
in unsere Stellungen wieder beseitigen. 

Nachdem durch den Generalsekretär, Oberstabsarzt Dr. Helm, die geschäft- 
lichen Angelegenheiten verlesen und erledigt worden waren, folgte der Doppel- 
vortrag: Berufsberatung und Arbeitsvermittlung unter besonderer 
Berücksichtigung der Kriegsbeschädigten. 

Oberstabsarzt Dr. Beschorner-Dresden: Hat schon im Frieden die Berufs- 
beratung Schwierigkeiten gemacht, so noch mehr im Kriege. In Dresden hat sich 
aber dabei die „vorbeugende Arbeitserhaltung“* ganz besonders bewährt. Schon 
vor Einleitung der Kurmassnahmen wird versucht, dem Kranken sein bisheriges 

Arbeitsverhältnis für die Zeit nach der Kur zu erhalten. Diese vorbeugende 
Arbeitserhaltung lässt sich auch bei Kriegsbeschüdigten durchführen, wenn man 
auf die Stellung zurückgreift, die der Kranke vor Eintritt ins Militär innehatte. 
Abgesehen von dieser nicht immer möglichen vorbeugenden Tätigkeit muss auch 
sonst der Gesichtspunkt der möglichsten Berufserhaltung gelten. Die Schwierig- 
keiten, in die der Kranke wie der Berater gerade durch die Eigenart der Tuber- 
kulose versetzt werden, sind dabei nicht zu verkennen. Wenn wirklich ein 
Berufswechsel gewünscht oder für erforderlich gehalten wird, so bedarf es 








202 Kongress- und Vereinsberichte. 


eines besonders erfahrenen Beraters. Denn es ist leicht, jemanden aus seinem 
Berufe heraus-, schwer ihn in einen anderen hineinzubringen. Die Vorbedingung 
guter Zentralisation und einheitlicher Ausgestaltung der Massnahmen ist beim 
12. Armeekorps vorbildlich erfüllt. Es wird schon in den Lazaretten und Heil- 
stätten vorgearbeite. Schon in den Urlaub nehmen die Kranken ein Merkblatt 
mit. Ein ausführlicher Fragebogen wird während der Behandlung ausgefüllt; 
später baut sich auf ıhn die endgültige Beratung auf. Daheim übernimmt der 
Heimatverein („Heimatdank“) die weiteren Bemühungen. Durch unermüdliche 
Aufklärung muss gearbeitet, muss auch jeder unberechtigte Anspruch auf „Ar- 
beitsunfähigkeit* beseitigt werden. Aber auch — und manchmal hier ganz besonders 
— bei den Arbeitgebern ist Aufklärung nötig. Die Vereine gehen auch an die 
Errichtung von Arbeitsstätten für Kleintierzucht und Gartenbau heran. So wird 
(in den verhältnismässig kleinen Verhältnissen) Mustergültiges geleistet, das man 
trotzdem immer weiter auszubauen bereit ist. 

Geh. Regierungsrat Dr. Freudenfeld-Strassburg hatte Leitsätze verteilt. 

A. Berufsberatung: 

I. Kein Beruf ist ganz einwandfrei, jeder. hat seine Schädlichkeiten. So hängt 
viel ab von den hygienischen Einrichtungen des Betriebe, sowie vom Verhalten des 
Lungenkranken, ob er in einem ungünstigen Berufe gedeiht oder von einem günstigen 
keinen Vorteil hat. Bei der Berufsberatung muss man sich damit zufrieden geben, 
einen verhältnismässig unschädlichen Beruf zu empfehlen. 

Beispielsweise ist es wichtig, ob ein Schuhmacher nur neue Schuhe macht 
oder viel mit alten beschäftigt wird. (Noch deutlicher das Beispiel der Weiss- 
binder, ob nur Neues gemacht wird oder viel alte Wände abzukratzen sind; 
Maurer, ob Neubau oder Abreissen alter Gebäude; Polsterer: neue Möbel, alte 
aufarbeiten! Ref.) 

II. Berufswechsel ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Ein Hauptgewicht ist 
auf vorbeugende Erhaltung der alten Arbeitsstelle zu legen. Auch die Rück- 
kehr in die alten Verhältnisse erfordert nach Abschluss der Heilstättenkur in vielen 
Fällen eine Eingewöhnung in die Arbeitstätigkeit. Der Rat eines Berufswechsels ist 
wertlos, wenn nicht Mittel und Wege geboten werden können, ihn zu befolgen. 

Hier sind Zwischenglieder zu schaffen, für die das Oldenburgische Arbeits- 

genesungsheim Sannum die Musterstätte ist. Dieses ist nur für landwirtschaftliche 
Arbeiten. Es ist aber in diese Arbeitsgenesungsheime auch forstwirtschaftliche, 
gärtnerische und — als Neues, vielleicht Bedenken Erregendes — Werkstätten- 
arbeit einzuführen. Nach Muster der „Gewöhnungswerkstätten‘ von Lohmann 
in Köln sind ausgewählte Leute mit Holzbearbeitung, Feinmechanik, Uhrmacherei 
für grössere Uhren, Korbflechterei beschäftigt. Es gehört dazu ein gewisser Mut. 
Aber alle Bedenken lassen sich überwinden, wenn sich das Heim lediglich in den 
Dienst der Nachbehandlung stellt, wenn Arzt und Lehrer geradezu als „Spezialist 
für Nachbehandlung“ verständnisvoll zusammenarbeiten. Dann wird die Arbeits- 
therapie eine Bereicherung der Lungentherapie. Theoretischer Unterricht, Ein- 
richtungen für Hygiene, für Jugend- und Volksspiele sollen dabei nicht fehlen. 
Die Arbeit muss als wichtiger Teil des Heilverfahrens und deshalb als Pflicht 
betrachtet werden. Vor Beginn unterschreibt der Kranke eine Zustimmungser- 
klärung. Eine gewisse Entlohnung kann stattfinden. (Das sind also alle die 
Grundsätze, die von uns schon seit langem für die Arbeitstlierapie in den Heil- 
stätten aufgestellt werden. Ref.).') In dem dritten Leitsatze werden dem Heim 
aber noch weitere Aufgaben zugeschrieben: 

Ill. Dem Zwecke der Berufsberatung und der Zurückführung in Berufsarbeit 
dient am besten das methodisch einzurichtende und zu leitende ‚„Arbeitsgenesungs- 
heim“. Dasselbe hat vier Aufgaben zu erfüllen: 

1, diejenigen, denen ihre alte Arbeitsstelle offengehalten ist, in wenigen Wochen 
wieder an Arbeitstätigkeit zu gewöhnen, 


ı, Vgl. Liebe, Die mechanische und psychische Behandlung der Tuberkulösen 
besonders in Heilstätten. München 1909, 


an a 


Ao o oo 


Kongress- und Vereinsberichte. 203 


2. diejenigen, die zwar bei demselben Arbeitgeber wieder eintreten wollen, aber 
den Arbeitsplatz wechseln müssen, für diese Berufsbildung vorzubereiten, 

3. denjenigen, welche den Beruf wechseln müssen, hierfür einige Vorbil- 
dung zu bieten, 

4, ungelernte Arbeiter in bestimmten beruflichen Arbeitsverrichtungen anzu- 
lernen. 


B. Arbeitsvermittlung. Je besser darin gearbeitet wird, desto leicht- 
fertiger wird der Arbeiter, kümmert sich selbst nicht mehr. Das ist eben ein 
Nachteil, der jeder sozialen Fürsorge anhaftet. Hauptbedingung ist genaue Rege- 
lung und Ineinanderarbeiten, damit nicht für einen mehrmals, für andere gar nicht 
gesorgt wird. Die Leitsätze hierüber lauten (mit unwesentlichen Kürzungen): 


1. Von der Absicht der Aufnahme eines Heilbedürftigen in eine Lungenheil- 
stätte oder von der bereits erfolgten Aufnahme setzt die Vers.-Anstalt die Tub.-Fürs.- 
Stelle in Kenntnis. Sie veranlasst sie hierbei, sich mit dem Arbeitgeber in Verbindung 
zu setzen, um dem Pfleglinge die alte Arbeitsstelle zu sichern. Wenn für den Wohn- 
sitz oder Betriebsort des Pfleglings eine Fürs.-Stelle nicht besteht, so sendet die 
Vers.-Anst. unmittelbar an den Arbeitgeber ein Schreiben!) mit dem Zusatze der 
Bitte, ob er bereit sei. 

2. Fünf Wochen vor dem voraussichtlichen Zeitpunkte der Entlassung aus der 
Heilstätte fragt die Vers.-Anstalt bei der Fürs.-Stelle an (wenn eine solche nicht 
vorhanden ist, durch Vermittlung des Heilstättenarztes, bei dem Patienten), ob dem 
Pfleglinge die alte Arbeitsstelle gesichert bleibe. Wird die Anfrage bejaht, so gilt 
die Vermittlungsfürsorge für die Vers.-Anstalt als erledigt. Wird sie verneint, so 
wird der Heilstättenarzt aufgefordert, sich darüber auszusprechen, ob voraussichtlich 
eine Nachbehandlung im Arbeitsgenesungsheim in Betracht komme oder sofortige 
Wiederaufnahme der Berufstätigkeit. Im letzteren Falle wird der Heilstättenarzt 
gebeten, einen Fragebogen !) auszufüllen und einzusenden, woraufhin die Vers.-Anstalt 
die Sache der Fürs.Stelle zur weiteren Behandlung übergibt, oder, wenn eine solche 
nicht besteht, unmittelbar mit dem öffentlichen Arbeitsuachweis in Verbindung tritt. 

3. Von der (a) Entlassung aus der Heilstätte, von der (b) Einweisung in das 
Arbeitsgenesungsheim und von der (c) Entlassung aus demselben setzt die Vers.-Anstalt 
die Fürs.-Stelle (oder Gemeinde) in Kenntnis. Im Falle der Entlassung (a und c) 
ersucht sie die Fürs.-Stelle (Gemeinde) um Mitteilung, ob die Arbeitstätigkeit wieder 
aufgenommen ist. _ 

4. Bei (b) Überweisung in ein Arbeitsgenesungsheim teilt die Versicherungs- 
anstalt demselben mit, ob und inwieweit die Wiederaufnahme der Arbeit in der alten 
Arbeitsstelle gesichert ist oder neue Schritte erforderlich sind. Sie veranlasst die- 
selbe, je nach Verlauf des Aufenthalts im Einvernehnen mit dem Pflegling und der 
Fürsorgestelle Schritte zu tun und über das Ergebnis derselben Mitteilung zu machen. 

5. Bei Kriegsbeschädigten richtet die Versicherungsanstalt die Anfragen zu 2 
statt an die Fürsorgestelle (Gemeinde) an den Kreis- oder Ortsausschuss der Kriegs- 
beschädigtenfürsorge. Dabei wird dem Ausschuss die Adresse einer etwa bestehenden 
Fürsorgestelle angegeben und ihm empfohlen, seine Fürsorgemassnahmen im Einver- 
nehmen mit derselben zu treffen. 


Der Krieg hat hier Anregungen gegeben, die weit über diese Zeit hinaus 
wirken werden. Es wird sich, geklärt durch die Anforderungen dieser harten 
Zeit, eine Organisation entwickeln, die besser sein wird, als die in der Zeit vor 
dem Weltkriege erst im Ansatze vorhandene. (Eine Aussprache über die Vorträge 
fand nicht statt.) 


- 


i. Versammlung der Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte in 
Berlin am 24. Mai 1917. 
Berichterstatter: Liebe- Waldhof-Elgershausen. 


In ernsten, der grossen Zeit würdigen Worten eröffnete der Vorsitzende, 
San.-Rat Dr. Pischinger-Lohr, die Versammlung. Er wies darauf hin, dass auch 
die deutschen Lungenheilanstalten und ihre Ärzte, auch wenn sie nicht im Felde 


!) Muster waren beigefügt. 


204 Kongress- und Vereinsberichte. 


stehen, Kriegsdienst zu leisten haben, dass sich gerade im Kriege gezeigt hat, wie 
unentbehrlich die deutschen Lungenheilanstalten zur Unterbringung und Behand- 
lung Lungenkranker (Soldaten und bürgerlich Kranker) sind und dass ihre Be- 
deutung nach dem Kriege erst recht bestehen bleibe, um ein Überhandnehmen 
der Schwindsucht in unserem Vaterlande zu verhüten. Die Lungenheilanstaltsärzte 
wissen wohl, dass das deutsche Lungenheilanstaltswesen noch in vielen Einzel- 
heiten ausgebaut werden muss und sind eifrig bedacht, an seiner Entwicklung 
mitzuwirken; aber die vielfachen, nach ganz verschiedenen Richtungen geübten 
Kritiken am deutschen Lungenheilanstaltswesen führen leicht zur Zersplitterung; 
sie können auch nur an den Heilanstalten selbst auf ihre praktische Durchführ- 
barkeit geprüft werden, und sie bringen besonders die allgemeine Gefahr mit sich, 
dass sie im Urteile der Allgemeinheit den Grundwert des deutschen Lungenheil- 
anstaltswesens erschüttern, das mit dem gewaltigen Aufbau der deutschen Wohl- 
fahrt untrennbar verbunden ist. 

Nach Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten, besonders auch der Frage 
der Begründung eines Archivs, sowie der Begrüssung des als Gast anwesenden 
Generalsekretärs des deuischen Zentralkomitees, Oberstabsarzt Dr. Helm, der sich 
in den Ernährungsschwierigkeiten der letzten Zeit als warmer Freund der Heil- 
stätten bewährt hat, sprach zuerst 

Ritter-Edmundsthal über Tuberkulindiagnostik: Nichts Neues kann 
gesagt werden. Aber immer wieder muss Durchsprechen und Durchdenken diese 
Frage klären. Denn wir sind im Gegensatze zu manchen anderen nicht der 
Meinung, das3 hier schon etwas Fertiges vorliege. Es bedarf noch vieler Studien 
und Beobachtungen; ja, wir — stehen geradezu wieder vor einem Anfange. Ein 
ehrliches, aber auch ein ehrendes Bekenntnis für eine derartige sachkundige Ver- 
sammlung. 

Theoretisches: Die Tuberkulinreaktion (TR-R) ist eine Abwehrmassregel 
eines bereits infizierten Körpers gegen eine zweite Infektion; sie wird erklärt 
durch Auflösung der im TR noch vorlıandenen Bazillentrümmer (Arbeitshypothese). 
Das Wichtigste an der (subkutanen) Impfung ist die Möglichkeit einer Herdreaktion. 
Fällt diese subkutane Impfung positiv aus, so war schon einmal Infektion da, 
Zeichen einer (behandlungsbedürftigen) Erkrankung ist sie nicht. Sie beweist aber, 
dass der reagierende Körper eine gewisse Immunisationskraft besitzt. Negativer 
Ausfall (bei Erwachsenen): die Reaktionskraft fehlt oder der Herd ist in hohem 
Masse inaktiv, ja verheilt. (Bei genügend hohen Gaben sehr selten. [Vergl. dazu 
Kraemers Lehre von der Behandlung bis zur Anergie. Ref.]). Restlos geklärt, 
frei von Überraschungen ist diese Frage noch keineswegs. Auch aktive Tuber- 
kulose kann vereinzelt negativ reagieren. (Anders bekanntlich beim Kinde: positiv 
ist frische Infektion, die Sorgfalt erheischt, negativ ist Noch-Freiheit von Tuber- 
kulose.) Ä i 

Die uns wichtigste Frage ist die nach der klinischen Bedeutung der nach- 
gewiesenen Infektion für den Körper; welche ärztlichen Massnahmen erfordert sie? 
Sofort treten uns die Begriffe „aktiv“ und „inaktiv“ entgegen, vielfach — zu 
Unrecht — gleichgesetzt mit „behandlungsbedürftig“ und „nicht behandlungsbe- 
dürftig“. (Wie wichtig jetzt für Kriegstuberkulöse!). Nicht ganz Saclıkundige 
scheinen anzunehmen, dass aktiv und inaktiv ganz leicht zu trennende Krank- 
heitebilder seien. Das trifft nur in einzelnen ausgesprochenen Fällen zu. Sonst 
bestehen allerlei, auch individuelle Verschiedenheiten. Die Begriffe sind und 
werden fliessend bleiben. Das ist eine die Schwierigkeiten für den Arzt erhöhende 
Tatsache. Noch unklarer wird dies, wenn man aktiv = behandlungsbedürftig setzt 
und umgekehrt, denn dabei müssen wirtschaftlich- und hygienisch-individuelle 
Verhältnisse mit in Betracht gezogen werden. Diese Begriffe sind also nicht wissen- 
schaftlich abgegrenzt, sondern mehr gangbare, aber wenig wertvolle Scheidemünze. 

Welche Schlussfolgerungen dürfen denn nun wir aus der positiven TR-R 
ziehen? Bei frischen Infektionen tritt bei kleineren Gaben schon TR-R ein, 
als bei älteren. Leider bestehen vielfach frische und ältere Herde nebeneinander, 


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Kongress- und Vereinsberichte. 205 


meist kleine frische in grösseren älteren. Das verwirrt das Bild. Trotzdem gilt 
der obige Satz grundsätzlich. Und weiter: frische Herde sind meist aktiv. Immer- 
hin besagt das noch nichts für die Behandlungsfähigkeit. Deshalb setzt sich der 
einzelne eine obere Reaktionsgrenze, Ritter 5 mmg, in der TR-R „Aktivität“ 
meldet!), 

Besonderer Wert ist auf die Herdreaktion gelegt worden. Dass der 
Herd tuberkulöds ist, zeigt sie an, nicht aber dass er aktiv ist. In dem Auf- 
satze von Brösamlen und Kraemer (Münch. med. Wochenschr. 1917, Nr. 20) 
„Über Tuberkulindiagnostik der Lungentuberkulose* ist behauptet worden, dass 
Herdreaktion = aktiv = behandlungsbedürftig sei. Ein Beweis ist nicht einmal 
versucht worden. Nimmt man genügend viel TR, so kann auch ein alter inaktiver 
Herd reagieren. Dazu kommt die Unsicherheit des Nachweises einer Herdreaktion 
überhaupt, der sehr subjektiv ist. Ritter kommt zu folgenden Schlüssen: 

„Fasso ich meine Ansicht über die klinische Bedeutung der Tuberkulin- 
reaktion zusammen, so möchte ich folgendes sagen: 

1. Durch die Hautreaktion und durch die allgemeine Reaktion bei der Sub- 

kutanreaktion wird die tuberkulöse Infektion eines Körpers sicber erwiesen. 

2. Durch eine sicher erkannte Herdreaktion ist der Sitz der Erkrankung 
einwandfrei zu bestimmen. 

3. Die Begriffe der aktiven und inaktiven Tuberkulose sind nicht scharf 
zu unterscheiden, sondern gehen ineinander über. 

4. Je geringer die Tuberkulinmenge ist, die zur Auslösung einer Reaktion 
nötig ist, gleichgültig, ob es sich um eine allgemeine oder um eine Herdreaktion 
handelt, um so aktiver erscheint die Erkrankung. 

5. Über die Behandlungsbedürftigkeit eines Falles sagt die Tuberlinreaktion 
an sich nichts aus. 

Während die ersten beiden Sätze als sicherer wissenschaftlicher Besitz gelten 
können, sind die andern drei Sätze wissenschaftlich nicht klar beweisbar, aber 
durch theoretische Erwägungen und praktische Erfahrungen doch sehr wahr- 
scheinlich gemacht.“ 

Aus der sehr anregenden, ausfübrlichen Aussprache seien einzelne wichtige 
Sätze berichtet. 

Bochalli-Lostau: Der Pirquet besitzt keine diagnostische Bedeutung, wie 
man noch in Gutachten liest. Der Vorwurf, dass die Heilstätten Nichttuberkulöse 
aufnehmen, trifft den überweisenden Arzt. Denn es ist sehr schwer, einen solchen 
(der sich als krank auf 3 Monate frei gemacht hat) nach 4 Wochen wieder heim- 
zuschicken (Sehr richtig! Ref.). Die Herdreaktion ist durclaus nicht so sicher 
nachweisbar, wie Brösamlen und Kraemer annelımen; bei 48 positiven All- 
gemeinreaktionen sah B. 12 Herdreaktionen, und auch nur auskultatorisch. Vor- 
kommende Schädigungen verbieten die TR-Diagnostik für die allgemeine Praxis. 

Ziegler-Heidehaus-Hannover: Nicht die TB in der Emulsion und die 
Tıümmer im Alttuberkulin sind das Wirksame, sondern — nach Koch — die 
Toxine. Much’s Ansicht verdient mehr Beachtung. Der Kranke reagiert positiv, 
wenn er Immnnstoffe hat; demnach kann auch ein vollkommen Gesunder reagieren. 
Wenn das richtig ist, müssen wir unsere Anschauungen prüfen. — Kranke mit 
chronischer Bronchitis und ähnlichen Erkrankungen reagieren auf TR, ohne Tu- 
berkulose zu haben. Daher wendet Z. die TR-Diagnostik nur noch bei Tuberku- 
lösen ohne solche Nebenerkrankungen an, (Auch Gonorrhöe reagiert, wie 
bekanntlich chronische nach TR aufflackert). 

Curschmann-Friedrichsheim: Alle Fälle, die schon einmal TR bekamen, 
reagieren positiv. Sichere Aktivität ist bei solchen nur anzunehmen, wenn Rassel- 
geräusche auftreten. Es ist sehr schwer, Herdreaktion nachzuweisen. Das Sputum- 
eiweiss wächst oft dabei von Spuren zu über 2°/. Im allgemeinen kommt C. 

1) Diese Grenze ist ganz individuell. Frage: wie soll sie allgemeingültig festge- 
setzt werden. Zwischenruf, der humoristischen Beifall hervorruft: Abstimmung. 


206 Kongress- und Vereinsberichte. 


von der hohen Bewertung der TR-Diagnostik immer mehr zurück. Auch Pneumo- 
koniosen reagieren. Wert hat nur der negative Ausfall. Die wichtige Frage der 
Behandlungsnotwendigkeit darf das Tuberkulin allein nie entscheiden. 

Muttray-Moltkefels: Die Schädigungen nach TR werden überschätzt. 
Pleuritis, Blutung usw. kommt doch auch sonst oft vor, kann also auch mit der 
TR-Anwendung zeitlich, nicht kausal zusammenfallen. Das Sputumeiweiss (s. 
Curschmann) nimmt auch sonst zu und ab, wenn man viel untersucht. 

Starckloff-Müllrose: Nach TR werden vorher nicht vorhandene TB 
gefunden. Doch kommt das auch ohne TR sonst oft vor. 

Freymuth-Neubabelsberg: Es gibt ältere „Grenzfälle der Behandlungs- k 
bedürftigkeit“, in denen auf recht hohe Dosen keine Reaktion eintritt, obwohl sie 
klinisch als behandlungsbedürftig erscheinen. 

Pischinger-Lobr gibt Proben von fehlerhafter Diagnostik mit Tuberkulin- 
einspritzung vor der Aufnahme in die Heilanstalten, wobei der Ausfall der 
Tuberkulinprobe in seiner Bedeutung überschätzt wurde oder die Methode der 
Tuberkulineinspritzung im Interesse der Kranken bedenklich war. Zwei Fälle 
seien hier herausgegriffen: 

„R., früher mebrfach Blut gespuckt, Tuberkulineinspritzung 0,3 mg, darauf 
40,3 Fieber, nach 6 Tagen wiederum dieselbe Dosis, nach 6 weiteren Tagen aber. 
mals 1 mg!“ 

„K., Keine Schallverkürzung; R. o. verschärftes Atmen; auf 3. Probeein- 
spritzung von 5 mg 38,4; also Tuberkulose, Heilverfahren notwendig.“ 

Mehrere Redner beschäftigten sich mit der TR-Reaktion bei Soldaten und 
den betreffenden Vorschriften. 

Aus Ritters Schlusswort: Chronische Bronchitiden usw. (Ziegler) gehen 
erfahrungsgemäss oft mit Tuberkulose der Hilusdrüsen und Pleuritiden einher, 
so dass also tuberkulöse Grundlage (und daher Reaktion) recht wohl bestehen 
kann. Das Auftreten von TB nach TR (Starckloff), oder besser das Auffinden 
ist oft auch Zufall. Ausserdem fragt es sich ja, ob solches Auftreten eine Ver- 
schlechterung bedeutet. — Die Grenzfälle (Freymuth) lässt man aın besten 
unbehandelt in den alten Verhältnissen und beobachtet den weiteren Verlauf. 
Erst Verschlechterung soll sie in die Heilstätte führen. 

Im ganzen: eine wissenschaftlich-ernst angefasste Behandlung der Frage, 
in der — im Gegensatze zu „Längst-Fertigen* — die Notwendigkeit unermüd- 
lichen Weiterforschens und -lernens allseitig anerkannt wurde. 

«Wehmer-Uörbersdorf: Heliotherapie. 

Aus der literarischen Fehde, die sich an die Wehmer’sche Antikritik der 
von Ministerialdirektor Kirchner zur vorjährigen Generalversammlung des 
D. Zentr.-Komitees an den deutschen Heilstätten geübten Kritik anschloss, wollen 
die Heilstättenärzte Nutzen ziehen. Diese beschäftigen sich schon längst mit der 
Frage. Stürtz wohl mit zuerst, Liebe hat schon vor 20 Jahren als erster 
das Luftbad eingeführt. In Freiburg 1913 wurde die Frage besprochen; noch 
bestanden ungeklärte Punkte. Dann kam der Krieg und hielt weiteren Meinungs- 
austausch auf. Der obige Vorwurf traf die deutschen Ärzte somit zu Unrecht. 
Denn die Frage will gründlich studiert sein. Wie Prof. Krafft (Weisser Hirsch) 
in einer Flugschrift dargelegt hat, kann starke Besonnung schädlich wirken. 
Auch diese Frage muss ernsthaft bearbeitet werden, denn „wir gehören — wie 

beim Tuberkulin — nicht zu denen, die mit ihrem Urteile immer schon fertig sind“. 

Brecke-Überruh gibt zu, dass Lungenkranke durch Licht geschädigt werden 
können. Doch darf das nicht etwa zum Verwerfen des Verfahrens führen. Er 
gibt dann eine längere Darlegung der Theorie der Lichtwirkung. Persönlich 
wendet er Licht an seit langem bei Pleuritis, später vorsichtig auch bei Lungen- 
tuberkulose, seit 1911 in grösserem Umfange. Der Einfluss ist günstig, besserer 
Hautturgor, Verschwinden der kalten Füsse, Abhärtung, Besserung des Allgemein- 
befindens. Die Frage bedarf der Beantwortung, wieweit Behandlung mit natür- 

licher Sonne in Deutschland möglich ist. 


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Kongress- und Vereinsberichte. 207 


Birke-Görbersdorf: Die Wirkung ist bei Pleuritis ganz ausgezeichnet. 
Vielleicht ist folgende Beobachtung beachtungswert. Bald nach dem zügellosen 
Sonnengenusse des Frühjahrs traten zahlreiche Blutungen auf. (Das Sonnenbad 
ist aber weder „zügellos*, noch wird es, wie es wohl bei dieser eigenmächtigen 
Art geschah, in Kleidern genommen. Man kann vor dieser unvernünftigen Be- 
sonnung nicht genug warnen. Ref.) 

Bochalli-Lostau sah auch Blutungen, allerdings bei Leuten, die auch 
vorher schon geblutet hatten. 

Liebe- Waldhof-Elgershausen weist darauf hin, dass man noch gar nicht 
wisse, wie eigentlich die Lungenblutungen entstehen. Deshalb kann man ohne 
weiteres auch nicht Blutungen auf Sonnenbäder beziehen. Er knüpft hieran einen 
Hinweis auf die „neue“ Behandlung der Blutungen (z.B. Sophus Bang, Brauer’s 
Beiträge 37, 1—2). Vielleicht kommt die Zeit, in der wir uns allmählich diesen 
jetzt noch fast unheimlich anmutenden Anschauungen anschliessen. 

Der von Ritter befürwortete Antrag Liebe’s wird angenommen, eine 
Rundfrage über den jetzigen Stand der Heliotherapie in den deutschen Lungen- 
heilstätten zu veranstalten und das Ergebnis zu einer Denkschrift zu verarbeiten. 
Liebe wird damit beauftragt. 

Ruediger-Bad Sodenthal: Die Tuberkulinbehandlung nach Ponn- 
dorf (vergl. Münch. med. Wochenschr. 1914, Nr. 14). R. behandelte 100 Fälle 
so und sah gute Erfolge. Er kommt soeben von persönlicher Rücksprache mit 
P. aus Weimar. Das Verfahren besteht darin, 40 kreuz- und querlaufende seichte 
Risse in den Oberarm zu machen und in diese reines Alttuberkulin einzubringen. 
Ausser kleinen Temperaturerhöhungen bis 37,4 sahen weder P. noch R. Schädlich- 
keiten. Behandelt wird zuerst nach 3, dann nach 4, dann nach 6 Wochen. Eine 
anfängliche Quaddel verschwindet bald, Rötung, Schwere im Arm, Schwellung 
der Achseldrüsen tritt auf. Bald folgt sehr gutes Befinden. P. sah nach den 
Impfungen nie mehr eine Blutung. (2500 Fälle!) 

v. Scheibner-Ambrock hat 4—500 Fülle behandelt und zwar ausschliess- 
lich schwere. Er ist sehr zufrieden. Ungünstige Fälle reagieren nicht. Manch- 
mal treten doch Temperaturen bis 40° auf, dann nach jeder Impfung. 38° ist 
keine Seltenheit. Ein Fall endete letal (post? propter ?). 

Curschmann-Friedrichsheim unterliess die begonnenen Impfungen wieder, 
da die Kranken über fürchterliche Schmerzen klagten. Das hat, wie Ruediger 
im Schlusswort sagt, am Präparat gelegen. 

Der kleine Kreis konnte auf eine äusserst lebhafte, anregende Versammlung 
zurückblicken, die alle Mühen des jetzigen Reisens wert war. Der Fremdenhof 
Excelsior sorgte für Erholung in gemeinsamem Mittagessen. Gerade die in der 
Kriegszeit meist einsam arbeitenden Heilstättenärzte empfanden die Zusammen- 
kunft als Erfrischung und Ermutigung zu weiterem Durchhalten, 


8. Sitzung des Lupus-Ausschusses des Deutschen Zentralkomitees 
zur Bekämpfung der Tuberkulose am Mittwoch den 23. Mai 
vorm. 9!/3 Uhr in Berlin. 


Unter dem Vorsitz des Direktors der Medizinalabteilung des Ministeriums 
des Innern Professor Dr. Kirchner trat heute vormittag der Lupus-Ausschuss 
des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose 
zu einer Sitzung zusammen, die von etwa 30—40 Mitgliedern besucht war. Unter 
den Erschienenen befanden sich die Professoren Buschke, Berlin, Frieboes, 
Rostock, Friedrich, Kiel, Lesser, Berlin, ferner Oberpräsident v. Hegel, 
Magdeburg, Geh. Oberregierungsrat Dr. Richter, Berlin (als Vertreter des preussi- 
schen Kultusministers), Geheimrat Dietz, Darmstadt, Geheimrat May, München, 
Geheimer Rat Weber, Dresden. 


208 Kongress- und Vereinsberichte. 


Nach einer kurzen Begrüssung durch den Vorsitzenden erstattete der Schrift- 
führer Oberstabsarzt Helm den Geschäftsbericht unter Hinweis auf den gedruckt 
vorliegenden Bericht des Tuberkulose-Zentralkomitees. Im Anschluss daran 
fanden Wahlen zum Lupusausschuss statt. Sodann sprachen Arthur Strauss, 
Barmen, und Wichmann, Hamburg, über Erfolge und Aussichten der Chemo- 
therapie des Lupus. 

Strauss ging davon aus, dass eine Heilung des Lupus auf chemothera- 
peutischem Wege durch die Widerstandsfähigkeit der Tuberkelbazillen, ihre geringe 
Zahl im lupösen Gewebe und die Gefässarmut des Lupusknötchens sehr erschwert 
sei. Der Lupus könne deshalb wahrscheinlich nur durch ein chemotherapeutisches 
Mittel wirksam behandelt werden, das nicht nur seine Herde und Bazillen auf 
innerlichem Wege zu treffen, sondern sie auch unter Entfaltung einer gewissen 
Reiz- oder Ätzwirkung zu zerstören vermöge. Unter den bisher geprüften Mitteln 
hätten das Salvarsan und das Aurum kalium cyanatum versagt. Hingegen hätte 
das Kupfer nicht nur bei der experimentellen Prüfung durch Gräfin v. Linden 
eine besondere Affinität zu den Tuberkelbazillen und dem tuberkulösen Gewebe 
gezeigt, sondern sich auch namentlich in einer Lezithinverbindung, dem soge- 
nannten Lekutyl, als ein spezifisch wirkendes örtliches Heilmittel bewährt, welches 
zu schöner glatter Vernarbung auch auf grossen Flächen führt. Selbstverständlich 
kämen auch Rückfälle vor und seien die Ergebnisse von einer richtigen Durch- 
führung der Behandlung abhängig. Auch für die Schleimhaut- und chirurgische 
Tuberkulose bewähre sich das Kupfer sehr. Indessen habe seine Wirksamkeit 
bei Einverleibung in die Blutbahn noch nicht befriedigt. Um diesem Mangel ab- 
zuhelfen, hat der Vortragende die äusserliche Anwendung des Kupfers in zabl- 
reichen Fällen mit einer Lichtbehandlung (Quarzlampenbestrahlung) verbunden 
und dadurch auch in schweren, aussichtslos erscheinenden Fällen noch ausge- 
zeichnete Ergebnisse erzielt, die seiner Ansicht nach an Tiefenwirkung der des 
Finseulichtes gleichkommen, aber mit geringerem Aufwand an Zeit und Kosten 
zu erreichen sind. Zur vorbeugenden Behandlung der Skrofulose im Kindes- 
alter schlägt er Versuche mit Kupfermilch vor. 

Wichmann berichtet auf Grund seiner Erfahrungen in der Hamburger 
Lupusheilstätte, dass mit der innerlichen Anwendung des Kupfers bei Hauttuber- 
kulose co gut wie nichts erreicht sei; die bei äusserlicher Anwendung des Kupfers 
erzielten Erfolge bewiesen nur, dass das Kupfer ein gutes elektiv wirkendes Ätzmittel 
sei, der Beweis seiner spezifischen Wirkung auf die Tuberkelbazillen stehe noch 
aus. Auch die Verbindung von Borcholin mit Kupfersalzen habe ebenso wie die 
Anwendung von Borcholin allein keine grössere Bedeutung gewonnen. Arsen 
habe in Fällen von hämatogener Hauttuberkulose günstize Wirkung gezeigt. Bei 
den durch Quecksilber und Jod günstig beeinflussten Fällen seien Kombinationen 
von Lupus mit Syphilis nicht ausgeschlossen. Von den Goldpräparaten seien die 
Versuche mit Aurum kalium cyanatum nicht ermutigend ausgefallen. Auch von 
der Kantharidinverbindung und dem Natriumsalz einer Aminoaurophenolkarbon- 
säure seien bisher nur vereinzelte Erfolge zu verzeichnen gewesen. Die Chemo- 
therapie des Lupus befinde sich noch im Versuchsstadium, was sich aus der 
besonderen Widerstandsfähigkeit des Tuberkelbazillus gegenüber dem mensch- 
lichen Gewebe erkläre. 


An die Vorträge schloss sich eine kurze Erörterung an. 





Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr.G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A, Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 





Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 


berausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 


Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
Redaktion: Verlag 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg. 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wtrbg. 





Ludwigstrasse 231/.. 





IL Jahre. 


Amrein, O. 218. 
v. Baumgarten 225. 
Belin 234. 
Blümel, S. 214. 
Eochalli 231, 
Braeuning 233. 
Cemach, A. 240, 
Chiari, 0. 230, 
Cuopf, J. 216. 
Combe, M. 217. 
Dold, H. 229 


McDougall, J, B. 211. 


Ebrmann 240. 
Faulhaber 215. 
Franke 223, 
Fürstenau 237. 
Grosz. J. 217. 
v. Haberer 239, 
Harbitz F. 225. 
Hart 229. 





ı Hofmann 228, 


i Hyde, C. L. 21y. 


Ausgegeben am 81. Juli 1917. 


Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen bezielien sieh auf die Seiten.) 


Hastings, H. 222. 
Herxheimer 211. 
Hetsch 256. 


: Lubarsch, O. 229, 
Moissen 229, 
Müller 235, 240. 
| Neumann, J. 221. 
' Nob) 240. 

Nocht 239. 
. Oppenheim 240. 
Orel, P. 2:0. 
Otani, M. 221. 
Oxenius 232. 
Parassin, J. 232. 
Peren 237. 
. Forges, O. 214. 
Randolph 228. 
Beichborn 225. 
Reitter, C. 212, 23%. 
Riess, L. 216. 
Rosenbach, F. 224. 
Roth 211, 227. 
Rumpel 239. 
. Schipper 234. 





Holmboe, W. 229. 


Immelmann 237. 
Kapelusch, A. 220. 
Kentzler, J. 232. 
Kirch, E. 223. 
Knack 239. 

Koza, G. 221. 
Köhler 220, 230. 
Kollo 236. 

Koväea, J. 218. 
Kuthy, D. O. 217. 
Lampe, A. E. 210. 
Leiser, K. 214. 
Liebe 225, 230. 

Lo Grasso, H. 219. 
Löwy, J. 211. 


I. Referate. 











. Sehmeisser 225. 


Sehmidt, H. 233. 
Schnitzler 240. 
Schottelius 226. 
Schütze 237. 
Singer, G. 213, 
Sorley, J. 215. 


: Stähelin, R. 225. 


Staehelin, W. 230. 
Strand, Fr. W. 226, 227. 
Strasser, J. 223. 
Tobiusek, St. 224. 
Triebold 232. 

Virnich, A. 21%. 
Wehmer 231. 
Weickardt, B. 223. 
Weicker 231. 


| Weisz, M. 240. 


Wiehmann 258. 
Wick, L. 239. 


(Die Zahien beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie, 


347. Herxheimer und Roth, Zur fei- | 
neren Struktur und Genese der Epitheloid- |! 
zellen und Riesenzellen des Tuberkels. — 348. 
McDougall, A study and critieism of the 
morphological variations in the nuclei of the 
polymorphonuclear neutrophile leucocythes in 
pulmonary tuberculosis. — 349. Löw y, Weitere 
Beiträge zur Blutzuckerfrage. — 350. Reitter, 
Vagotonischer Magen und Tuberkulose. — 351. 
Singer, Autonome und vegetutive Magen- 
störungen und ihre Beziehungen zur Lungen- | 
tuberkulose. — 352. Leiser, Kelıilkopftuber- 
kulose im frühen Kindesalter. — 353. Porges 
und Blümel, Gastrogene Diarrhöen bei Lun- 


gentuberkulose. 


b) Ätiologie. 
354. Sorley, The granules of tho tubercle 


bacillus. 


tösen Infiltration 


culosa. 


c) Diagnose. 


25. Faulhaber, Zur Diagnose der nicht 
strikturierenden tuberkulösen oder karzinoma- 
des Coocum 
! 356. Lampe und Cnopf, Serologische Unter- 
suchungen bei Lungentuberkulose mit Hilfe der 
optischen Methode. — 357. Riess, Über das 
sogen. metamorphosierendo Atemgeräusch. — 
355. Combe, Frühdiagnose und Behandlung 
der Säuglingrstuberkulose. — 359, Kuthy, Die 
Zeichen der beginnenden Lungentuberkulose. — 
360. Grósz, Zur spezifischen Diagnostik und 
Therapie der Kindertuberkulose. — 361, Vir- 
nich, Symptomatologie der Meningitis tuber- 


ascendens, 


d) Therapie. 


362. Amrein, Einfluss des Hochgetirges 
auf das Fieber der Tuberkulösen. — 363. Ko- 


väcs, Über den therapeutischen Wert der 
Internat. Centraibl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 


14 


210 Inhalt. 


Ultraviolettstrahlen. — 364. Hyde und Lo 
Grasso, Rollier treatment of tuberculosis. — 
365. Kapelusch und Orel, Beitrag zur Rönt- 
gentherapie der chirurgischen Tuberkulose, 
besonders der Gelenks- und Knochenerkran- 
kungen. — 366. Köhler, Strahlentherapie der 
Tuberkulose. — 367. Otani, Treatment of 
tuberculosis with cyanocuprol. — 368. Koga, 
Contribution to the chemotherapy of tubercu- 
losis. — 369. Neumann, Intralumbale Tuber- 
kulinbebandlung der Meningitis tuberculosa, — 
870. Hastings, Tuberculosis of the larynx 
with special reference to the use of tubereulin. 
— 371. Gamble, Tuberculosis of the eye, with 
special reference to treatment. — 372. Franke, 
Behandlung skrofulöser und tuberkulöser Augen- 
erkrankungen nach Ponndorff. — 333. Kirch, 
Chirurgische Tuberkulose und ihre modernen 
Behandlungsmethoden. — 374. Weickardt, 
Die operativen Erfolge in der Behandlung der 
Rippen- und Brustbeintuberkulose. — 375. To- 
biasek, Die ankylosierende Therapie der 
tuberkulösen Koxitis.. — 376. Rosenbach, 
Tuberkulose der weiblichen Harnröhre und 
Harnblase und ihre chirurgische Behandlung. — 
377. v. Baumgarten, Das Tübinger Schutz- 


impfungsverfabren gegen Rindertuberkulose und. 


seine Wirksamkeit in der Praxis. 


e) Prophylaxe. 


878. Stähelin, Tuberkulose und 3lilitär- 
versicherung. — 379. Reichborn, Nahrung 
der Schulkinder. — 380. Harbitz, Die Lebens- 
versicherungsgesellschaften und die Tuberku- 
loserekonvaleszenten. — 881. Liebe, Eigene 
Truppenteile für Tuberkulöse und Schwache. — 
382. Schottelius, Chlor-m-Kresole (Sagrotan) 
und Sputumdesinfektion. II. — 383. Strand, 
Der Arzt und die Berufswahl unserer Kinder. — 
384. Ders., Gesundheitspfliege des Schulkindes, 


f) Klinische Fälle. 


885. Roth, Fall von Morbus Addisonii mit 
seltener Atiologie. — 386. Randolph and 


Schmeisser, Clinical and pathological study 
of two cases of miliary tubereles of the cho- 
rioid. — 387. Hofmann, Nierentuberkulose 
und Menstruation. — 388. Strasser, Zur Ka- 
suistik der Hämoptysis. 


g) Allgemeines. 


389. Lubarsch, Johannes Orth und die 
Tuberkuloseforschung. — 3%. Hart, Elias 
Metschnikoff +. — 391. Meissen, Die Versor- 
gung der Kriegstuberkulösen im schweizeri- 
schen Heer. — 392. Dold, Bücherei dəs Nen- 
tralen Guttemplerordens. 


h) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstaiten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heime, 


393. Holmboe, Jahresbericht des Sana- 
toriums Memalien. — 394. Liebe, Arbeitsun- 
fähigkeit während der Kur in der Lungenheil- 
anstalt. — 395. Liebe, Pädagogische Behand- 
lung Lungenkranker in Heilanstalten. — 3%. 
Staehelin, Heliotherapie. — 397. Köhler, 
Heilstätte Holsterhausen. — 398. Weicker, 
Die Militärabteilung im Krankenheim Görbers- 
dorf. — 39. Wehmer, Das feldgraue Gör- 
bersdorf. — 400. Bochalli, Tätigkeit des 
Kaiserin Auguste Viktoria - Sanatoriums. — 
401. Jahresbericht der Heilstätte Ramberg. — 
402. Parassin, Über Lungenkrauken-Patro- 
nagen. — 403. Kentzler, Dispensäre Behand- 
lung. — 404. Oxenius, Aufgaben der Für- 
sorgestellen. — 405. Triebold, Kriegsbe- 
schädigten-Fürsorge. — 406. Schmidt, Ideale 
Behandlungsweise Tuberkulöser. — 407. Braeu- 
ning, Bedeutung der Krankengeschichten der 
Fürsorgestellen. — 408. Belin, Arbeits- 
beschaflung für erwerbsbeschränkte Tnberku- 
löse. 409. Schipper, Notwendigkeit mecha- 
nischer Lüftungseinrichtungen in Jugendheimen. 
— 410. Norske nationalforening mat tuber- 
kulosen. — 41l. Müller, Tuberkulosefor- 
schungsinstitute und Tuberkulosespitäler. 


lI. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


27. Kolle und Hetsch, Die experimen- 
telle Bakteriologie und die Infektionskrank- 
heiten mit besonderer Berücksichtigung der 
Immunitätslehre. — 28. O. Clıhiari, Chirurgie 


des Kehlkopfes und der Luftröhre. — 29, Für- 
stenau, Immelmann wnd Schütze, 
Leitfaden des Röntgenverfahrens für das rönt- 
genologische Hilfspersonal. 


III. Kongress- und Vereinsberichte. 


9. Ordentliche Öffentliche Hauptversamm- 
lung des Rheinischen Vereins für Öffentliche 
Gesundheitspflege am Sonntag den 3. Juni 1917 
in Andernach (Hotel Schäfer). — 10. Sitzungen 
des Hamburger ärztlichen Vereins vom 5. Juni 


1917, 19. Juni 1917 und 3. Juli 1917. — 
il. Kaiserl, und Königl. Gesellschaft der Arzts 
in Wien. — 12. Wiener Dermatologische Ge- 
sellschaft. Sitzung vom 16. Nov. 1916, 


Berichtigung. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 211 


I. Referate. 


iiai BERERSEEGER, 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


347. Herxheimer und Roth, Zur feineren Struktur und 
Genese der Epitheloidzellen und Riesenzellen des Tuberkels. 
Beitr. z. path. Anat. 61. 1916. H. 1. 


An Hand von 12 Fällen kommen Herxheimer und Roth zu 
dem Ergebnis, dass die tuberkulöse Riesenzelle durch allerhand Zwischen- 
glieder hindurch aus einer einzigen Epitheloidzelle entsteht. Mitosen finden 
sich bei der Kernvermehrung, welche zur Bildung der Riesenzellen fübrt, 
nicht, sondern amitotische Kernteilungen; eine Protoplasmateilung folgt 
nicht. Schon in der Epitheloidzelle, die aus einer Retikulumzelle entsteht, 
finden sich Zentralkörperchen mit einer besonders grossen Sphäre im Zentrum 
der Zelle. Infolgedessen werden die bis zur Ausbildung der eigentlichen 
Riesenzelle sich mehrenden Kerne an den Rand gedrückt, während die 
Zentralkörperchen, die auch iu grösserer Zahl vorhanden sind, sich im 
Zentrum der Zelle befinden. 

Es kann daher von einer zentralen Zellnekrose nicht die Rede sein; 
vielmebr erklärt sich die typische Lagerung der Kerne aus der im Zentrum 
gelegenen Sphäre mit den Zentralkörperchen. 

Später rücken dieselben mehr an den Rand oder gehen unter, und 
jetzt kann es offenbar im Zentrum der Riesenzelle zu einer Nekrose 
kommen. 

Diese ganze Entwicklung in aufsteigender und in absteigender Linie 
wird augenscheinlich durch die Tuberkelbazillen bzw. deren Toxine bewirkt. 

M. Türk, Frankfurt a. M. 


348. John B. McDougall, A study and criticism of the morpho- 
logical variations in the nuclei of the polymorphonuclear 
neutrophile leucocythes in pulmonary tuberculosis. Brit. 
Journ. of Tub. Vol. 11 Nr. 2, April 1917. 

Kritische Studie der Arneth’schen Blutbilder und Einteilung der- 
selben in verschiedene Klassen. Als gesicherte Tatsache ergebe sich, 
dass bei abnehmender Immunität und nahendem Tode die Zellen der 
Arneth’schen Klasse I (Zellen mit zwei oder mehr voneinander getrennten 
Chromatinklumpen) und II (Zellen mit bandartigem Nukleus ohne Chromatin- 
klumpen) überhandnehmen und umgekehrt bei zunehmender Immunität 
und sich besserndem Befinden das Blutbad allmählich sein normales Aus- 
sehen wieder annehme. Amrein, Arosa. 


349. Julius Löwy, Weitere Beiträge zur Blutzuckerfrage. Zbl. 

f. inn. Med. 1917 Nr. 21. 

Im Verlauf seiner Ausführungen über Blutzucker kommt Verf. auf 
die interessanten Beziehungen zwischen Diabetes mellitus und Tuberkulose 
zu sprechen. Die beidenProzesse beeinflussen einander beträchtlich; beim 
tuberkulösen Prozess tritt Fehlen von Nachtschweissen, geringe Ex- 
pektoration, relativ geringes Fieber ein; andererseits, in der Störung des 
Kohlehydratstoffwechsels, können Polyurie und Polydypsie verschwinden, 


14* 


212 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Glykosurie und Hyperglykämie abnehmen, ja es kann sogar die diabetische 
Stoffwechselstörung fast gänzlich zum Verschwinden kommen. 

In einem solchen Fall betrug der Zuckergehalt des Urins 5—6 ?/o, 
der Blutzuckergehalt 0,24°/o, Anfang 1916. Nach 11 Monaten kam der- 
selbe Patient wiederum in die Klinik mit einer schweren Lungenblutung. 
Die Untersuchung ergab offene Lungentuberkulose; dagegen waren sämt- 
liche Symptome des Diab. mellitus verschwunden; die Blut- 
zuckerbestimmung ergab 0,145 °/o. 

Bei der Sektion dieses Pat. zeigte sich chronische Lungentuberkulose 
und eine mässige Atrophie des Pankreas als anatomisches Substrat 
des Diab. mellitus, dessen klinische Erscheinungen unter dem Einfluss 
des tuberkulösen Virus verschwunden waren. 

Für diesen Einfluss des tuberkulösen Virus liegen einige experimen- 
telle Grundlagen vor. Injektion des infundibulären Hypophysenextraktes 
verursachte bei Individuen mit arthritischer Diathese Glykosurie; diese 
blieb aber aus, wenn jene Individuen an progredienter Tuberkulose 
erkrankten. Bei adrenalinglykosurischen Kaninchen trat nach künstlicher 
Infektion mit Tuberkulose Verminderung der Glykosurie ein. 

Ein mässig erhöhter Blutzuckerwert kommt auch ohne Komplikation 
mit Diab. mellitus im Laufe tuberkulöser Erkrankungen zur Beobachtung. 

C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


350. Carl Reitter, Vagotonischer Magen und Tuberkulose. 
W. kl. W. 1917 Nr. 20, 


Infolge Ähnlichkeit der Symptome und Unzulänglichkeit unserer 
Untersuchungsmethoden ist die Differentialdiagnose zwischen Ulcus ventri- 
culi und gewissen funktionellen Störungen des Magens oft unmöglich. 
Unter den letzteren bildet die Vagotonie eine ganz bestimmte Gruppe. 
Während der Kriegszeit ist nach den Erfahrungen des Verf.’s die Zahl der 
akuteu Magen-Darm-Störungen zurückgegangen, dagegen wuchs die Zahl 
der „vagotonischen“ Magenkranken beständig an. Bei diesen fielen zwei 
Umstände besonders auf: 

1. Auffallende Abmagerung (zum Teile erklärt durch die schlechtere 
Ernährung und das zeitweise Erbrechen). 

2. Vereinzelte unregelmässig auftretende geringe Temperatursteigerungen. 


Dies legte den Verdacht auf Tuberkulose nahe. Klinisch liess sich 
nichts nachweisen, dagegen ergab Röntgenuntersuchung des Thorax und 
Tuberkulinprobe positive Resultate. Die erstere ergab regelmässig geringe 
Veränderungen, nicht gerade immer in den Spitzen, und vor allem 
Schatten in der Hilusgegend, wie sie der Bronchialdrüsentuber- 
kulose entsprechen. Die Tuberkulinprüfung ergab das überraschende 
Resultat, dass die meisten Kranken schon auf kleine, einige auf 
grössere, aber noch immer im Bereiche der probatorischen Dosis gelegene, 
Tuberkulinmengen reagierten, und zwar allgemein und lokal, letzteres in 
Form von — manchmal bis zum Erbrechen — gesteigerten 
subjektiven Magenerscheinungen. Nach Ablauf der Reaktion 
subjektive Besserung und auffallende Gewichtszunahme. Infolge dieses 
letzteren Umstandes begann Verf. bei diesen scheinbar nur 
magenkranken Vagotonikern mit einer regelrechten Kur 
mit albumosefreiem Tuberkulin Paltauf und erzielte damit 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 213 


deutliche und erfreuliche Änderungen: Aufhören des Erbrechens, Nach- 
lassen der Schmerzen, grosse Gewichtszunahmen, Wiederkehr der normalen 
Pulsfrequenz, Aufblühen der Kranken. Seit einem Jahre verfügt Verf. 
über 30 solche Fälle. Verf. beharrt jetzt mehr denn je auf seiner An- 
sicht, dass die Diagnose „Neurose“ meist eine Ausrede sei und viele so- 
genannte Neurotiker an der Unzulänglichkeit unseres positiven medizinischen 
Wissens leiden. 

In der Richtung dieser gewonnenen Erfahrungen angestellte patho- 
logisch-anatomische Untersuchungen ergaben, dass bei tuberkulösen 
Veränderungen der Hilus-, der peribronchialen und para- 
trachealen Drüsen die Nervi vagi sehr häufig schwere Ver- 
änderungen infolge Fixation durch periadenitisches Ge- 
webe erleiden. Histologisch erwies sich der Nerv bald eingemauert, 
bald verzogen, bald bis in sein inneres Gefüge von Bindegewebe durch- 
setzt. Es ist wahrscheinlich, dass die oben geschilderten Fälle von 
Vagotonie ein Vorstadium dieser pathologisch-anatomischen Veränderungen 
betreffen; durch Tuberkulinwirkung entsteht eine relativ hyperämische Zone, 
wodurch die Festlegung des Nerven gelockert wird. Für diese letztere 
Annahme fehlt noch der pathologisch-anatomische Beweis. 

Verf. verweist zum Schlusse auf folgende zwei Tatsachen: 

1. Bei zahlreichen Fällen von klinischer Vagotonie lassen sich Reste 
von früher überstandener Lungen-Hilus-Drüsentuberkulose, die noch nicht 
vollständig zur Ausheilung gelangt sind, nachweisen. In diesen Fällen 
wirken therapeutische Tuberkulininjektionen ausserordentlich günstig. 

2. Die Nervi vagi sind in sehr vielen Fällen von Lungen - Hilus- 
Drüsentuberkulose, auch wenn die Tuberkulose intensiv und extensiv nicht 
hochgradig ist, makroskopisch in längerer oder kürzerer Strecke an die 
Drüsen durch Bindegewebe fixiert, als Endprozess früherer Entzündung. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


35l. Gustav Singer, Autonome und vegetative Magenstörungen 
und ihre Beziehungen zur Lungentuberkulose. W. kl. W. 
« 1917 Nr. 20. 


Zusammenfassung: Es gibt zwei wichtige Formen der Magenerkrankung 
bei der Lungentuberkulose: die autonome und die vegetative Form. Die 
erstere, die bypertonische Forn, kaun das Symptomenbild des runden 
Magen-(Duodenal-)Geschwürs vollkommen imitieren. Die Übereinstimmung 
der Symptome geht so weit, dass Blutungen (Hämatemesis und Meläna) - 
auch hier vorkommen. Sie beruht auf einem Miterkranken des Vagus im 
Gefolge von zentralen Lungenveränderungen und kann durch anatomische 
Veränderungen (neuritische Atrophie des Vagusstammes) charakterisiert sein. 

Die zweite Form verläuft unter dem Bilde der hartnäckigen Magen- 
atonie. Es ist wahrscheinlich, dass beim Zurücktreten des vagotonischen 
Einflusses der Tonus im vegetativen System die Oberhand gewinnt. Doch 
können überhaupt Störungen im Antagonismus beider Systeme hier für 
die Form und Funktionsänderung des Magens verantwortlich sein. Die 
zweite Form zeigt durch bäufiges Zusammentreffen mit dem asthenischen 
Habitus ihre Zugehörigkeit zu den konstitutionellen Anomalien. Die 
klinische Beurteilung und Behandlung dieses Syndroms muss folgerichtig 
die Magenerscheinungen als symptomatisch ansehen und neben ihnen der 


214 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Grundkrankheit, der tuberkulösen Disposition oder der Erkrankung der 
Lungen, voll Rechnung tragen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


352. Kurt Leiser, Kehlkopftuberkulose im frühen Kindesalter. 
Inaug.-Diss. Berlin 1916. 
Die Larynxtuberkulose im frühen Kindesalter ist fast stets sekundär. 
Sie kann jedoch bereits Symptome machen (geringen Husten, chronische 
Heiserkeit), wenn die Lungenuntersuchung noch negativ ist. Man wird 
hierbei überhaupt erst nach sorgfältigster Untersuchung und Ausschliessung 
aller anderen näher liegenden Erkrankungen auf den Gedanken kommen, 
dass es sich um eine Tuberkulose handelt. Die Röntgenuntersuchung mit 
dem Erscheinen von Drüsenschatten dürfte ein wertvoller Fingerzeig sein. 
Pathologisch-anatomisch zeigt sie dasselbe Bild von Ulzerationen mit In-- 
filtrationen wie bei Erwachsenen. Vielleicht dürften Stenoseerscheinungen 
beim Kinde in den ersten Lebensjabren häufiger vorkommen wie bei Er- 
wachsenen. Die Erkrankung findet sich hauptsächlich bei der beim Kinde 
selteneren ulzerösen Phthise, wodurch ihre Entstehung durch Kontakt- 
infektion bei ausgehusteten massenhaften Bazillen erklärbar wird. 
Hans Müller. 


353. 0. Porges und S. Blümel, Über gastrogene Diarrhöen bei 

Lungentuberkulose. W. kl. W. 1916 Nr. 50. 

Die Kenntnis der tuberkulösen Diarrhöen ist noch sehr lückenhafı. 
Fäzesuntersuchung nach Probekost gestattet die Einteilung derselben in 
folgende vier Gruppen: 

1. Fälle ohne abnorme Zusammensetzung der Stuhlgänge, einfache 
Diarrhöen mit flüssigen oder breiigen Entleerungen. 

2. Fälle mit dyspeptischem Stuhlbefund: vermehrte Nahrungsmittelreste 
aller Kategorien der Nahrungsmittel, oder einzelner Bestandteile, wie 
Fleischreste, Stärkereste, Fettreste usw. 

3. Fälle mit Beimengung pathologischer Produkte der Darmschleim- 
haut, wie Schleim, Eiter, Blut (katarrhalisch-entzündliche Erkrankungen 
des Darmes). : 

4. Mischformen mit gleichzeitig dyspeptischem und katarrhalisch-ent- 
zündlichem Stuhlbefund. 

Diese Einteilung gibt keine spezielle Ätiologie, wohl aber therapeutische 
Gesichtspunkte. 

Es wurden 200 Fälle von chronischen Diarrhöen bei Lungentuberkulose 
untersucht (die Probekost war gegen Ad. Schmidt abgeändert). In der 
Mehrzahl der Fälle ergab sich ein dyspeptischer oder dyspeptisch-entzünd- 
licher Stuhlbefund. Unter 190 Fällen, bei denen Stuhluntersuchung und 
funktionelle Magenprüfung ausgeführt worden war, waren 90 Fälle mit 
dyspeptischem Stublbefund. 70 Fälle zeigten normale Verdauung der 
Nahrungsmittel, dagegen Beimengung von Schleim, mitunter auch von 
Leuko- und Erythrozyten. Die erstgenannten dyspeptischen Fälle waren 
der gastrogenen Diarrhöe oder Enterokolitis zuzuweisen. Die Fälle von 

dyspeptischem Stuhl waren meist gleichzeitig anazid. Die Anazidität ist 
bei fortgeschrittener Tuberkulose ein sehr häufiger Befund (auch ohne 
Darmerscheinungen) und ist als die Ursache der Darmsymptome aufzufassen. 

Da die meisten an Lungentuberkulose Gestorbenen tuberkulöse Darnı- 
geschwüre aufweisen — ob sie nun intra vitam an Diarrhöen litten oder 


nt, N 


x 


Ätiologie. — Diagnose. 215 


nicht —, so hat die Diarrhöe nicht als Symptom der Darmtuberkulose 
zu gelten, sondern beides sind häufige Komplikationen fortgeschrittener 
Lungentuberkulose. 

Nach den Resultaten dieser Untersuchungen wurde die Therapie ein- 
geleitet. Bei dyspeptischen Fällen wurde eine Diät gegeben, die alle 
Nahrungsmittel ausschliesst, welche der Magensalzsäure zu ihrer Auf- 
schliessung bedürfen (mit reiner Schonungsdiät wurden keine guten Er- 
fahrungen gemacht); ferner Salzsäure oder Salzsäure-Koble. Bei Fällen 
mit Schleim in den Stublgängen wurde nur grobes Brot, faserreiches Gemüse 
und frisches Obst vermieden, zugleich hohe Einläufe mit Tannin oder 
Tierkobleaufschwemmung gemacht. Die Erfolge mit dieser Behandlungs- 
methode waren sehr gute. Die Schlussfolgerungen lauten: 

Die Diarrhöen bei Lungentuberkulose sind in einem sehr hohen Prozent- 
satz gastrogene, bzw. aus solchen entstandene Darmkatarrhe, in einer 
Minderzahl der Fälle ausschliesslich Dickdarmkatarrhe, Enterokolitiden 
oder einfache Diarrhöen olıne bestimmbare Ursache und Lokalisation. 
Die Diarrhöen sind therapeutisch so zu balten wie analoge Affektionen 
bei nicht tuberkulösen Kranken. Das Bestehen tuberkulöser Darm- 
geschwüre ist keine Kontraindikation dieses Verfahrens und scheint den 
Erfolg nicht zu beeinträchtigen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


b) Ätiologie. 


354. John Sorley, The granules of the tubercle bacillus. Brit. 
Journ. of Tub. Vol. XI Nr.2, April 1917. 


Punkto Färbemethoden gibt Verf. der modifizierten Färbung nach 
Gram (in Verbindung mit Karbolfuchsin) den Vorzug, nach ihr der 
Much’schen-Methode (Methylenblau) und bespricht technische Einzel- 
heiten, schildert darauf die Typen des Bazillus und der Granula 
(chemische Zusammensetzung und Funktion der Granula — Sporen oder 
Sporoide? —), die degenerativen Veränderungen des Tuberkelbazillus etc. 
Trotz aller Untersuchungen auch anderer Autoren, wie Kirchenstein u.a, 
sei kein Zusammenhang zwischen der Granulaform und dem Verlaufe der 
Krankheit vorhanden. Die Gegenwart von Granula bedeute nur einen 
Zustand von aktiver Tätigkeit des Bazillus. Amrein, Arosa. 


c) Diagnose. 


355. Faulhaber, Zur Diagnose der nicht strikturierenden tuber- 
kulösen oder karzinomatösen Infiltration des Coecum ascen- 
dens. Fortschr. d. Röntgenstr. 24. 1916 H. 4. 


Bei zwei Fällen von nicht strukturierender tuberkulöser resp. karzino- 
matöser Infiltration des Coecums fehlte röntgenologisch der Stierlin’sche 
Befund. Trotzdem ist in derartigen Fällen die Röntgendiagnose möglich, 
wenn man°1. die pathologische Kleinheit des Coecum ascendens-Schattens, 
2. die abnorme Form und Konturenführung seiner Umgrenzung, 3. die 
Starrheit seiner Wandung und 4. die Beschleunigung seiner Entleerung 
in Betracht zieht. M. Türk, Frankfurt a. M. 


216 Diagnose. 


356. A. E. Lampe und J. Cnopt, Serologische Untersuchungen 
bei Lungentuberkulose mit Hilfe der optischen Methode. 
Fermentforschung 1 H. 3. 


Verff. berichten über ihre serologischen Untersuchungen, die sie mit 
Hilfe der optischen Methode nach Abderhalden in 53 Fällen teils 
klinisch Lungengesunder, teils sicherer Lungentuberkulosen verschiedener 
klinischer Formen angestellt haben, um die Frage zu beantworten: „Wie 
verhält sich das Serum bei bestimmten, klinisch wohl charakterisierten 
Formen der Lungentuberkulose gegenüber Tuberkelbazillenpepton, nor- 
malem und tuberkulösem Lungenpepton?* Die Ergebnisse sind folgende: 
Bei klinisch Lungengesunden liessen sich im allgemeinen keine Fermente 
gegen Pepton aus normaler oder tuberkulöser Lunge und aus Tuberkel- 
bazillen nachweisen. Nur bei einzelnen Fällen dieser Art liess sich ein 
geringer Abbau feststellen. Es lässt sich nicht entscheiden, ob diese 
klinisch gesunden Fälle tatsächlich auch absolut gesund sind. Bei sicheren 
Lungentuberkulosen finden sich Fermente gegen Normal-Lungenpepton, 
tuberkulöses Lungenpepton und Tuberkelbazillenpepton. Und zwar findet 
man bei noch nicht weit fortgeschrittenen Tuberkulosen, bei Tuberkulosen 
mit gutem Ernährungszustand die intensiveste Fermentbildung. Mit dem 
Fortschreiten des Krankheitsprozesses macht sich eine Abnahme der 
fermentativen Kraft des Serums bemerkbar, die bei schwerer Kachexie 
und ante finem völlig erlischt. Die Sera der Spitzentuberkulosen, der 
zirrhotischen und infibrativen Tuberkulosen bauen das Pepton aller dreier 
Substrate in gleicher Weise ab, während die Sera schwerer kavernöser 
Phthisen, soweit sie überhaupt noch Fermente bilden, normales und tuber- 
kulöses Lungenpepton in gleicher \Weise, Bazillenpepton dagegen gar nicht 
oder nur in ganz geringem Grade abbauen. Diagnostisch lassen sich die 
serologischen Untersuchungen kaum verwerten, dagegen lassen sich aus 
dem Fehlen oder Vorhandensein der Fermente prognostisch einige Schlüsse 
ziehen, Berlin, Schömberg. 


357. L. Riess, Bemerkungen über das sogenannte metamorpho- 
sierende Atemgeräusch. D. m. W. 1917 Nr. 13. (Cfr. Referat 
über die Arbeit von Plesch, D. m. W. 1917 Nr. 6.) 

Verf. hat etwas andere Erfahrungen gemacht als Plesch. Dieser 
identifiziert das metamorphosierende Atemgeräusch mit dem „Souffle voilé‘ 
von Laennec; Verf. hält an der Definition von Seitz fest, wonach unter 
dem metamorphosierenden Atemgeräusch ein Atemtypus zu verstehen ist, bei 
dem innerhalb derselben Atemphase das Atemgeräusch mit einer auffallen- 
den Plötzlichkeit seinen Charakter wechselt und dabei in dem einen Teil 
der Phase die Form eines ausgesprochenen Zischens trägt. Verf. konstatierte 
unter 27 Fällen am häufigsten das Umschlagen eines anfänglichen in- 
spiratorischen Zischens in ein weiches Bronchialatmen, aber auch umge- 
kehrt in der zweiten Phase des Iuspiriums das Hervorgehen des Zischens 
aus dem weicheren Atemgeräusch mit einem leichten Peitschenknall ähn- 
lichen Klange. Auch im Exspirium fand er, im Gegensatz zu Seitz, 
das Metamorphosieren. — Während Plesch das metamorphosierende Atenm- 
geräusch von der nacheinanderfolgenden Auskultation verschiedener be- 
nachbarter Lungenteile ableitet und für sein Zustandekommen freie Ver- 
schieblichkeit der Pleurablätter verlangt, wie auch dieses am häufigsten 





Diagnose. 217 


an den Stellen der stärksten Pleuraverschiebung, also an den Lungen- 
rändern feststellte, fand Verf. dieses Phänomen 22 mal im Oberlappen, 
2 mal im Unterlappen bei tuberkulösen Kavernen, wobei also eine Pleura- 
verwachsung anzunehmen war. 18mal bestätigte die Sektion diese 
Vermutung. Bei der genauen Lungenuntersuchung in 14 Sektionsfällen 
fand Verf. fast regelmässig 2—4 Bronchien nalıe aneinander in die Kaverne 
offen einmünden,. Er führt dennoch das Metamorphosieren auf ein 
wechselndes Klaffen und Schliessen in die Kaverne mündender Bronchien 
zurück, wobei anfangs beim Inspirium nur ein enger Kanal, vielleicht nur 
ein Bronchus, offensteht, wäbrend die andern kollabiert oder verstopft sind; 
dadurch entsteht das Zischen, das Verf. als Stenosegeräusch auffasst; durch 
plötzliches Öffnen der anderen Kanäle findet dieses dann, mitunter durch 
einen leichten Knall, sein Ende und geht in ein weicheres Atmen über. — 
Ausser bei tuberkulösen Prozessen fand Verf. das metamorphosierende 
Atemgeräusch noch bei einer bronchiektasischen Kaverne, einer durch 
Perforation eines Leberechinokokkus entstandenen Unterlappenhöhle und 
merkwürdigerweise bei einem Gangrenherd ohne jeden Luftgehalt; in diesem 
Fall wird ein etwas tiefer gelegener ektasierter Bronchus mit dem zu- 
führenden engeren Bronchialkanal als Ausgangspunkt für das metamorpho- 
sierende Atemgeräusch angenommen. — Das metamorphosierende Atem- 
geräusch ist nach Verf. nur im engeren (Seitz’schen) Sinne ein gutes 
Kavernensymptom und sollte von ähnlichen Wechselgeräuschen, wie dem 
Souffle voilé, getrennt gehalten werden, C. Kraemer II, Wilhelmshein. 


358. M. Combe, Frühdiagnose und Behandlung der Säuglings- 
tuberkulose. Corr.Bl. f. Sehweiz. Arete 1916 Nr.41 Š. 1307. 

Die Säuglingstuberkulose unterscheidet sich von der des späteren 
Kindesalters; sie wird gekennzeichnet durch schnellstes Umsichgreifen im 
Organismus, bedingt durch das Fehlen allgemeiner Abwehrkräfte und 
die ungenügende Ausbildung des Bindegewebes, von dem die lokale Ver- 
teidigung abhängt. 

Um einen tuberkulösen Säugling zu retten ist also 1. die Diagnose 
so früh als irgend möglich zu stellen, 2. die allgemeinen Abwehrkräfte 
sind zu heben, 3. die lokalen Abwehrkräfte der Lungen zu stärken. 

Lucius Spengler, Davos. 


359. D. 0. Kuthy, Die Zeichen der beginnenden Lungentuber- 
kulose. Jo Egeczseg 1917 Nr. ò. 
Propagandaschrift zur Verbreitung der Kenntnisse über die Initial- 
symptome der Lungentuberkulose. Autoreferat. 


360. Julius Grósz, Zur spezifischen Diagnostik und Therapie 
der Kindertuberkulose. Gyögyävzat 1917 Nr. 6. 
Das Alttuberkulin ist in der Kindertuberkulosetherapie ein wertvolles 
Hilfsmittel, welches jedoch bloss mit grosser Vorsicht anzuwenden ist. 


D. O. Kuthy, Budapest. 


361. Alfred Virnich, Zur Symptomatologie der Meningitis 
tuberculosa. Inaug.-Diss. Kiel 1916. 
Die tuberkulöse Meningitis tritt stets sekundär auf, besonders gern 
im Kindesalter, und bier wieder besonders im Frühjahr. Von Erwachsenen 


a a‘ IMM 


218 Therapie. 


werden meist heruntergekommene und schwächliche Individuen befallen, 
selten kräftige Personen. Die Infektion der Meningen erfolgt entweder 
durch direktes Übergreifen von der Nachbarschaft, oder, weit häufiger, von 
ferneren Organen auf dem Blut- und Lymphwege. Von Peron wird auch 
Ausbreitung durch den Liquor cerebrospinalis angenommen. Pathologisch- 
anatomisch findet man vorwiegend die Basis, in fortgeschrittenen Fällen 
regelmässig die Hirnsubstanz in der oberflächlichen Rindenschicht, selten 
die Konvexität ergriffen. Meist sind auch die Rückenmarkshäute miter- 
krankt. — Die Kardinalsymptome der M. tub. sind: Kopfschmerz als oft 
frühestes und regelmässigstes Symptom; starkes Fieber selten im Gegen- 
satz zur epidemischen Genickstarre; Nackenstarre als wichtigstes Zeichen, 
oft vermisst bei chronisch verlaufenden Fällen [Ref. beobachtete kürzlich 
einen akut tödlich verlaufenden Fall von M. tub., bei welchem Nacken- 
starre erst sub finem andeutungsweise auftrat]; Hyperästhesie als wertvolles 
Frühsymptom; Erbrechen ; psychische Störungen von leichter Unruhe bis 
zum tiefen Koma; motorische Reizsymptome, Kernig’sches Zeichen; Rei- 
zungs- bzw. Lähmungserscheinungen der basalen Gehirnnerven; bei um- 
schriebener Konvexitätsmeningitis in der motorischen Rindenregion Mono- 
plegie, Hemiparese, auch Konvulsionen, motorische Aphasie nicht selten; 
Puls meist verlangsamt und arbythmisch; Sehnenreflexe stark wechselnd, 
Babinsky meist positiv. Diagnostisch sehr wichtig ist das Verhalten des 
Liquor cerebrospinalis: hoher Druck, bis 700 in H,O, Pleozytose, vor 
allem Lymphozytose, positive Nonne’sche- und Ninhydrinreaktion (N o bel); 
Tuberkelbazillennachweis. 

Die Gesamtdauer des Krankheitsverlaufes kann mit den Prodromal- 
erscheinungen einige Monate betragen; atypische Formen können latent 
bleiben oder durch die Erscheinungen eines Primärleidens verdeckt werden 
(Oppenheim). Anschliessend werden drei Fälle ausführlich beschrieben, 
die in den Grundzügen dem gewöhnlichen Verlauf entsprechen. 

C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


d) Therapie. 


362. 0. Amrein-Arosa, Über den Einfluss des Hochgebirges 
auf das Fieber der Tuberkulösen. Ann. d. Schweiz. Ges. 
f. Baln. u. Klim. 1916 H. 11/12. 
Nach Verf. übt das Hochgebirge einen sehr günstigen Einfluss aus 
auf das Fieber der Tuberkulösen. Lucius Spengler. 


363. J. Kovács, Uber den therapeutischen Wert der Ultraviolett- 
strahlen. Ther. Mh. 1917. Nr. 3. 

K. bespricht zunächst die bekannten Theorien über die Wirkungs- 
weise der ultravioletten Strahlen und ihre Anwendungsweise mittels der 
künstlichen Höhensonne. Sodann berichtet er über zahlreiche Erfolge, die 
er mit der Quarzlampe bei der Behaudlung verschiedener Organtuberkulosen 
und einiger nicht tuberkulöser Krankheiten erzielt hat. Bei der Lungen- 
tuberkulose aller drei Stadien trat eine wesentliche subjektive Besserung ein 
(Schwinden neuralgischer, myalgischer und pleuraler Schmerzen, Erhöhung 
des Appetits, Körpergewichts und Schlafs); Prozesse des I. und I. Stadiums 
lassen objektiv Abnahme der Rasselgeräusche, des Hustens und Auswurfs 


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Es 


Therapie. 219 


und Schwinden subfebriler Temperaturen erkennen. Diese objektive 
Besserung war namentlich in den Fällen nachweisbar, wo die Lungen- 
tuberkulose mit anderen Lokalisationen der Tuberkulose vergesellschaftet 
war. Bei Erkrankungen der Pleura erwiesen sich die roten Strahlen 
wirkungsevoller. Leichte Kehlkopftuberkulosen besserten sich unter direkter 
Strahlenbehandlung. Ausgezeichnete Erfolge sah er bei Peritonealtuber- 
kulose. Aszites und grosse Tumoren schwanden, Störungen des Magen- 
Darmkanals hörten auf, hohe Temperaturen fielen zur Norm ab, Günstige 
Erfolge erzielte er bei Knochen- und Weichteiltuberkulose, weniger günstige 
bei Haut-, Drüsen- und Gelenktuberkulose. Häufig wurde die Strahlen- 
therapie mit der spezifischen Therapie kombiniert, wobei K. die Beobach- 
tung machte, dass unter dem Einfluss der Bestrahlung häufig eine Steigerung 
der Tuberkulinempfindlichkeit eintrat, die ihn zur Reduzierung der Tuber- 
kulindosen oder gar zu völliger Aussetzung des Tuberkulins zwang. Bei 
Erkrankungen nichttuberkulöser Natur erwies sich die Quarzlampe be- 
sonders wirkungsvoll bei der Nachbehandlung eiternder Wunden. Sie 
gelangten in etwa der Hälfte der Zeit zur Reinigung und Vernarbung. 
Auch Knochenbrüche heilten unter der Bestrahlung schneller und schmerz- 
loser. Berlin, Schömberg. 


364. C. L. Hyde and H. Lo Grasso, The Rollier treatment of 

tuberculosis. New York Med. Journ., 6. Jan. 1917. 

Der Bericht stammt aus dem Adam Memorial Hospital zu Perrysburg, 
50 Meilen von Buffalo und 14 Meilen von Lake Erie entfernt, 1650 Fuss 
über dem Meeresspiegel. — Die Kinder werden von zwei Lehrern unter- 
richtet, welche die Schulbehörde von Buffalo stellt, und zwar soweit wie 
möglich im Freien (im offenen Feld oder im Wald), bei schlechtem Wetter 
in einer Freiluft-Schule. Wenn sie einmal an die Behandlung gewöhnt 
sind, verleben die Patienten die ganzen 24 Stunden im Freien. Im Winter 
und bei bewölktem Himmel wird künstliches ultraviolettes Licht in An- 
wendung gebracht. Die Resultate haben die Erwartungen weit übertroffen, 
nur muss man mit den Sonnenbädern vorsichtig zu Werke gehen. Deswegen 
fängt man damit erst 3 bis 10 Tage nach der Aufnahne an und gewöhnt 
die Patienten bis dahin allmählich an Luft, Sonne und den Aufenthalt 
im Freien. Anfänglich schläft Patient in seinem Zimmer mit weit ge- 
öffneten Fenstern und Türen; dann wird das Bett auf die Veranda gerollt, 
zuerst auf eine Stunde und allmäblich für die Dauer der gauzen Nacht. 
Während dieser Periode werden Temperatur, Puls, Atmung, Urin- und 
Blutbefund beobachtet. Erst jetzt ist der Patient für das Sonnenbad 
fertig, das gewöhnlich eine halbe Stunde vor dem Mittagessen und nicht 
früher als zwei Stunden nachher gegeben wird. Patient liegt dabei im Bett 
oder auf einem Liegestuhl. Die Füsse werden immer zuerst bestrahlt; 
Fisteln und Geschwüre erst dann, wenn der ganze Körper der Bestrahlung 
ausgesetzt war. Patienten dürfen in kühlem Wetter nicht dem Luftzug 
ausgesetzt werden. Dies wird durch Wandschirme erreicht und durch 
Schutz des Kopfes vermittels einer Kappe; die Augen werden durch farbige 
Gläser geschützt. Im Winter, wenn das Wetter angenehm, die Sonne 
aber für ein Bad nicht stark genug ist, spielen die Kinder nackt im 
Freien; im Sommer gehen sie den ganzen Tag nur mit Badehosen be- 
kleidet herum. Diese Behandlung bewährt sich bei fast jeder Art tuber- 
kulöser Erkrankung. Mannheimer, New York. 


220 Therapie. 


365. Alex. Kapelusch und Paul Orel, Ein Beitrag zur 
Röntgentherapie der chirurgischen Tuberkulose, besonders 
der Gelenks- und Knochenerkrankungen. W. kl. W. 1917 
Nr. 18. 

Von den konservativen Methoden ist die Heliotherapie die be- 
kannteste, sie ist aber leider weder allgemein durchführbar, noch zugänglich. 
Die künstliche Höhensonne ist nur ein schwacher Ersatz und für 
diesen Zweck bereits verlassen. Trotzdem die Röntgentherapie gegen 
die chirurgische Tuberkulose sehr Schönes leistet und trotzdem hierüber 
schon viele Arbeiten bestehen, ist sie doch merkwürdigerweise noch immer 
nicht allgemein und an erster Stelle angewendet. Die Verff. haben diese 
Behandlungsmethode vor drei Jahren in Angriff genommen, doch erst in der 
Kriegszeit systematisch und in grösserem Stile durchführen können. 
Jugendliche Individuen und unkomplizierte Fälle (ohne Lungentuberkulose) 
ergeben bessere Resultate. Es sei ferner hervorgehoben, dass die bei der 
Heliotherapie mitwirkenden anderen Vorteile der Heilstättenbehandlung 
bei dem Materiale der Verff. nicht zur Geltung kamen, daher die Erfolge 
doppelt bewertet werden müssen. Bisher wurden über 300 Fälle behandelt, 
Ein grosser Teil der Patienten fühlte sich bereits nach der ersten Be- 
strahlung subjektiv besser: Nachlassen der Schmerzen, Abnahme der 
Schwellung und Sekretion. Auch objektiv konnten diese Beobachtungen 
bestätigt werden: Besserung von Appetit und Körpergewicht, Wiederkehr 
der Motilität und Schmerzlosigkeit in der Berufstätigkeit. Bei einzelnen 
Patienten kam es zuerst zu einer Reaktion mit kleinen Fiebersteigerungen, 
Zunahme der Schmerzen und Sekretion, doch bald lief diese ab und es 
stellten sich die oben beschriebenen Heilungsvorgänge ein. Sequester 
müssen operativ entfernt werden, worauf ungestörte Heilung zu erwarten 


ist. Kalte Abszesse lassen sich gut beeinflussen. Die Verff. lassen es zu . 


Spontanperforation kommen, worauf dann die Heilung gut vonstatten geht. 
Sie sahen auch Heilung ohne Perforation des Abszesses, Bei nicht zu 
weit fortgeschrittenen Gelenksprozessen wird Heilung mit Erhaltung der 
Beweglichkeit erzielt, doch erfordert die Nachbehandlung viel Geduld und 
Sachkenntnis. Besteht keine Aussicht auf Erhaltung eines beweglichen 
Gelenkes, so muss Ankylose in der Stellung angestrebt werden, die für 
den Betroffenen die geringsten Nachteile in sich birgt. Besonders rasche 
Erfolge sind bei Erkraukungen der Metakarpalien und Metatarsalien zu 
erzielen. Bei Spina ventosa stellt sich bereits nach 14 Tagen normale 
Figuration langsam wieder her und nach 8 bis 10 Wochen kommt es zur 
Ausheilung. 

Die Röntgentherapie ist also ein energisches und wirk- 
sames Mittel, um einen grossen Teil der chirurgischen 
Tuberkulose zu heilen oder bis zur Arbeitsfähigkeit zu 
bessern. Die Resultate wären noch um ein Bedeutendes zu verbessern 
und manche jetzt als aussichtslos amputierte Extremitäten zu erhalten, 
wenn die Möglichkeit bestünde, ausser einer frühzeitigen Inangriffnahme 
der Behandlung, die sozialen Verhältnisse der besonders betroffenen Volks- 
schichten zu bessern. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


366. F. Köhler, Die Strahlentherapie der Tuberkulose. Der 
Praktische Arzt 1917 Nr. 7. 
K. berichtet in einer kurzen, zusammenfassenden Übersicht über die 


A 


Therapie. 221 


aus der Tuberkuloseliteratur hinlänglich bekannten Erfolge der Tuber- 
kulosebehandlung mittels der natürlichen und künstlichen Sonnen-, der 
Radium- und Röntgenbestrahlung, ohne in irgend einem Punkte etwas 
Neues zu bringen. Berlin, Schömberg. 


367. Morisuke Otani, The treatment of tuberculosis with 
eyanocuprol. Journ. of Exper. Med., 1. Aug. 1916. 

Bei 18 Fällen von Tuberkulose, welche mit Cyanokuprol behandelt 
wurden, waren die Erfolge auffallend gut. Das Präparat hat einen weiteren 
Wirkungskreis als Tuberkulin. Die Dosis hängt von der Reaktion ab und 
richtet sich nach den Symptomen. Die Höchstdosis von 8,5 cem sollte 
nie überschritten werden. Die kürzeste Pause zwischen zwei Einspritzungen 
sollte zwei Wochen betragen. Wenn man schon früher wieder einspritzt, 
so können Schädigungen eintreten. Der Patient muss sich nach der Ein- 
spritzung unbedingt körperlich und geistig ruhig verhalten. Auch lokale 
Ruhe des erkrankten Teiles ist nötig. Gleichzeitiger Gebrauch von Jodkali 
oder Tuberkulin muss vermieden werden; ebenso sind Aprikosensaft, Gua- 
jakol-Präparate und Jodol kontraindiziert. Idiosynkrasien und kumulative 
Wirkungen sind nicht beobachtet worden. 

Mannheimer, New York. 


368. Gensabure Koga, A contribution to the chemotherapy of 
tuberculosis. First clinical and experimental report. Journ. of 
Exper. Med., 1. Aug. 1916. 

Der Einfluss des Cyanokuprols auf tuberkulöse Läsion bei Tieren 
scheint sich folgendermassen zu gestalten: Eine einmalige Injektion ist 
wirkungslos. Naclı wiederholten Einspritzungen verringert sich die Kon- 
gestion und Leukozyten-Infiltration der Herde, käsiges Material wird all- 
mählich resorbiert und junges Bivdegewebe bildet sich an der Peripherie. 
Die Bazillen nehmen an Zahl ab, bis sie endlich verschwinden. Emulsionen 
von Lunge, Leber, Milz und anderen Organen der so behandelten Tiere 
wurden in die Bauchhöhle von Meerschweinchen eingespritzt. Einzelne 
von diesen entwickelten Tuberkulosen, d. h. nicht alle der mit Cyanokuprol 
behandelten Tiere wurden innmunisiert. Die Erfolge des Mittels bei Menschen 
sind, wie folgt: Bei Lungen- und chirurgischer Tuberkulose des 1. und 
2. Grades zeigt sich bedeutende Besserung oder scheinbare Heilung. Selbst 
bei vorgeschrittenen Fällen wird geringer Fortschritt beobachtet. Der 
Wert des Präparates kann nur durch längere Beobachtung und weitere 
Versuche festgestellt werden. Das Präparat wird intravenös verabreicht 
und die Dosis je nach dem Alter und der Konstitution des Patienten 
reguliert. Mannheimer, New York. 


369. Jacques Neumann, Die intralumbale Tuberkulinbehand- 
lung der Meningitis tuberculosa. Med. Klin. 1917 Nr. 11. 


Die Versuche, die tuberkulöse Meningitis durch subkutane Tuber- 
kulineinspritzungen spezifisch zu behandeln sind nicht nur als erfolglos, 
sondern teilweise sogar als verderblich wieder aufgegeben worden. Dem- 
gegenüber berichtet Basigalupo über gute Erfolge mit intralumbalen 
Tuberkulininjektionen. Von 3 Fällen tuberkulöser Meningitis, die durch 
Bazillennachweis im Liquor als solche einwandfrei festgestellt wurden, 
heilten 2 nach 2 oder 3 Injektionen völlig aus. Der 3, Fall, der durch 


222 Therapie. 


eine Miliartuberkulose kompliziert war, kam ad exitum. Immerhin hatten 
bier die Injektionen den Rückgang einiger Hirnsymptome zur Folge. 
Auf Grund dieser günstigen Resultate hat nun N. 10 Fälle von tuber- 
kulöser Meningitis mit intralumbalen Tuberkulininjektionen behandelt. 
Alle 10 Fälle kamen ad exitum. Bei 6 Fällen hatten die Injektionen 
nicht den geringsten Einfluss. Bei 2 Fällen trat nach kleinen Dosen von 
0,5 bis 2 mg Tuberkulin ein- längeres Stationärbleiben des Prozesses ein, 
das vielleicht dem Tuberkulin zugute gerechnet werden kann. Bei 2 weiteren 
Fällen, denen sofort beim Beginn der Behandlung grosse Dosen von 5 mg 
Tuberkulin injiziert wurden, trat vorübergehende, bedeutende Besserung 
ein. In Anbetracht der Aussichtslosigkeit jeder sonstigen Therapie, empfiehlt 
N. zu versuchen, durch möglichst frühzeitige, hohe Anfangsdosen von 5 mg 
Tuberkulin den Krankheitsprozess der Meningen zu kupieren, 
Berlin, Schömberg. 


370. Hill Hastings, Tuberculosis of the larynx with special 
reference to the use of tuberculin. Laryngoscope, Mai 1916. 


Larynxtuberkulose ist eine umschriebene Läsion, wahrscheinlich immer 
eine Autoinfektion und verläuft chronisch, weil schon ein gewisser Grad 
von Widerstandsfähigkeit besteht. In Süd-Kalifornien findet sich Larynx- 
tuberkulose in ungefähr 2,1°/o der Fälle Verf. sah nie einen Fall bei 
einem Kind. 

Bandelier und Roepke behaupten, Larynxtuberkulose niemals 
bei Patienten gesehen zu haben, welche mit Tuberkulin behandelt worden 
waren. Im Gegensatz dazu führt Verf. zwei eigene Fälle an. Ein Patient 
war ein Jahr lang mit Tuberkulin behandelt worden uud entwickelte 
typische tuberkulöse Läsion der Epiglottis, eines Stimmbandes und des 
Interarytänoidraumen. Der zweite entwickelte tuberkulöse Laryngitis, während 
H. ihn in einem Sanatorium mit Tuberkulin behandelte. 

Die Indikationen hängen hauptsächlich von der begleitenden Lungen- 
affektion ab. Bei vorgeschrittenen Veränderungen der Lunge ist natürlich 
Tuberkulin kontraindiziert. Verf. berichtet 8 mit Tuberkulin behandelte 
Fälle. 5 davon sind am Leben, 2 sind seit über zwei Jahren ausgeheilt, 
2 sind gebessert, stationär und arbeitsfähig, 1 ist noch in Behandlung. 
Die 3 übrigen sind gestorben. Trotz der kleinen Anzahl Fälle sind die 
Resultate ermutigend. Mannheimer, New York. 


371. W. E. Gamble, Tuberculosis of the Eye, with special re- 
ference to treatment. The Ophthalmic Record 1916 Nr. 2. 
Februar. 

Verf. bespricht kritisch in eingehender Weise die tuberkulösen Er- 
krankungen des Auges und deren Behandlung, vorzüglich an Hand von 
Arbeiten deutscher Autoren. Er behandelt in besonderen Abschnitten die 
Diagnose, insbesondere die einzelnen Formen der Tuberkulindiagnostik 
(Gefahren der Allgemeinreaktion); die tuberkulöse Form der Neuritis retro- 
bulbaris, die Conjunctivitis und Keratitis phlyctaenulosa; die Behandlung, 
bezugnehmend auf die Arbeit v. Hippels (Arch. f. Ophth. Bd. 87). 
Beigegeben ist eine Tafel (koloriert) einer knötchenförmigen Episcleritis 
tuberculosa. Werner Bab, Berlin. 


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Therapie. 223 


372. Franke, Zur Behandlung skrofulöser und tuberkulöser 
Augenerkrankungen nach Ponndorfl. Zbl. f. Aughlk. 1917 
Jan.|Febr. | 
Verf. hat ein von Ponndorff empfohlenes Heilungsverfahren der 

Tuberkulose (M. m. W. 1914 Nr. 14 u. 15) bei tuberkulösen und 

skrofulösen Augenerkrankungen angewendet. Das Verfahren, das „eine 

Art Pirquet“ darstellt, besteht darin, dass in 15 bis 25 oberflächliche 

Schnitte (im ganzen von der Grösse eines Fünfmarkstückes) am Oberarm 

1 bis 2 Tropfen konz. Alttuberkulins, Tuberkelbazillenextrakts oder 

eine Emulsion von pulverisierten Bazillen sorgfältig eingerieben wird; 

Reaktion meist nach 24 Stunden, zurückbleibende Narben wurden nie 

sichtbar. 

Für Verf. sind die bisher erreichten Erfolge mit diesem einfachen 
Verfahren so ermutigend — er teilt eine Reihe von Krankengeschichten 
mit — dass sie geeignet sein dürften, auch andere Kollegen zu Versuchen - 
zu veranlassen. 

Die Behandlung wurde poliklinisch vorgenommen. Das Verfahren 
hat sich nicht als ein Allheilmittel für alle skrofulösen Augenentzün- 
dungen gezeigt. Bei häufig rezidierenden Fällen blieben die (skrofulösen) 
Kinder relativ lange Zeit von neuen Erkrankungen verschont. 

Werner Bab, Berlin. 


373. E. Kirch, Die chirurgische Tuberkulose und ihre modernen 
Behandlungsmethoden. Tuberculosis, Nov. 1916. 

Kirch, der leitende Arzt des Cäcilienheims für Knochen- und Gelenk- 
tuberkulose in Hohenlychen, gibt eine. kurze Übersicht über die modernen 
Behandlungsmethoden und betont besonders die Wichtigkeit der Licht- 
behandlung, die ja ganz besonders „modern“ ist: „Ebenso wie man jetzt 
allgemein der Meinung ist, dass man nicht nur auf den Schweizer Alpen, 
sondern auch bei uns in der Ebene die Lungentuberkulose heilen kann, 
so sind wir auf Grund unserer klinischen Erfahrungen fest davon über- 
zeugt, dass wir auch die chirurgische Tuberkulose bei gleichzeitiger Anwen- 
dung sämtlicher Heilfaktoren anderer Art im Flachland in ebenso kurzer 
Zeit restlos auszuheilen vermögen wie im Hochgebirge.“ Das ist aller 
Voraussicht nach vollkommen richtig. Zu wünschen ist nur, dass in dem 
gegenwärtig beliebten „Licht- und Sonnenfetischismus“, wie Sahli es aus- 
drückt, immerhin etwas mehr steckt als eine übertriebene Mode. Viel 
„Mode“ ist aber sicher dabei. Meissen, 


374. Bruno Weickardt, Die operativen Erfolge in der Be- 
handlung der Rippen- und Brustbeintuberkulose. Inaug.- 
Diss. Breslau 1916. 

Die Behandlung der Rippen- und Brustbeintuberkulose muss nach 
wie vor eine radikal-operative sein. Voraussetzung ist gutes Allgemein- 
befinden. Die Resektion weit im Gesunden, wenn möglich ohne Eröffnung 
eines etwa bestehenden Abszesses, gibt die besten Resultate. Eine Ge- 
neralisierung der Tuberkulose durch den Eingriff ist kaum zu fürchten. 
Eine kombinierte Tuberkulin-Röntgen- oder Sonnennachbehandlung nebst 
allgemeinen hygienisch-diätetischen Massnahmen erscheint zum vollen Er- 
folge notwendig. Auskratzungen des Knochenherdes und Spalten von 
Fisteln geben wenig ermunternde Erfolge. Hans Müller. 


224 Therapie. 


375. St. Tobiasek, Die ankylosierende Therapie der tuberku- 
lösen Koxitis. Casopis lékařů českých. 55. 1916 Nr. 32. 


Die Therapie der tuberkulösen Koxitis und ihre Erfolge leiden teils 
unter der grossen Zahl der therapeutischen Vorschläge, teils unter dem 
Mangel genauer Indikationen für die einzelnen Methoden, am meisteu aber 
unter dem Umstand, dass die Intensität der klinischen Symptome nicht 
immer dem pathologisch-anatomischen Zustand entspricht. Der Autor fand 
bei Fällen, die klinisch als leicht imponierten, im unteren Pol des Femur- 
kopfes nahe der Epiphysengrenze deutliche tuberkulöse Herde mittels ge- 
nauer Skiagraphie; in Fällen, bei denen das Gelenk noch gut funktionierte, 
waren die destruktiven Veränderungen oft überraschend weit vorgeschritten. 
Die systematische skiagraphische Untersuchung kontrolliert daher nicht nur 
die Diagnose, sondern gibt auch einen verlässlichen Indikator für die 
Therapie ab. Diese muss eine allgemein roborierende und eine lokale sein. 
Sehr zufrieden ist der Autor mit den Injektionen nach Callot, die bei 
genauer Beobachtung der Vorschriften stets ein gutes Resultat lieferten. 
Das Redressement führt er nur in jenen seltenen Fällen durch, in denen 
die Destruktion der Gelenkkörper noch nicht vorgeschritten ist und auch 
da nur allmählich und etappenweise. Die Extension kommt für ihn nur 
dort in Betracht, wo die Eiterung so heftig ist, dass die Anlegung eines 
Gipsverbandes unmöglich ist. Dieser ist unbedingt die beste Methode, um 
das Hüftgelenk absolut ruhig zu stellen und zur Ankylosierung zu bringen. 
Unter den portativen Apparaten entspricht der von Dollinger am besten 
allen Anforderungen. 

G. Mühlstein, Prag. 


376. F. Rosenbach-Potsdam, Tuberkulose der weiblichen Harn- 
röhre und Harnblase und ihre chirurgische Behandlung. 
Zschr. f. Tbe. 27 H. 1—4. 


R. bespricht zunächst kurz die verschiedenen Ansichten über die des- 
zendierende und aszendierende Form der Tuberkulose des Harnsystens 
und erörtert dann die Frage einer primären Blasentuberkulose, die von 
den meisten Autoren abgelehnt wird. R. führt aus der Literatur ver- 
schiedene Fälle an, die das Vorkommen einer primären Blasentuberkulose 
wabrscheinlich machen und berichtet ausführlich über einen Fall primärer 
Blasen- und Harnröhrentuberkulose aus der eigenen Praxis, der durch 
Operation — Exstirpation von Blase und Harnröhre — geheilt ist. Irgend- 
welche Zeichen einer gleichzeitig bestehenden Nierentuberkulose haben sich 
nach der Operation nicht nachweisen lassen, auch keinerlei sonstige tuber- 
kulöse Organerkrankungen. R. bespricht im Anschluss an seinen Fall 
die operative Behandlung der Blasentuberkulose: 1. Die palliative Methode 
erstrebt die Ausschaltung der Blase durch Nephrostomie, Zystostomie, 
Ureterostomie. Sie kommt dann in Frage, wenn fortgeschrittene Nieren- 
tuberkulose, sonstige tuberkulöse Organerkrankungen, oder der elende Zu- 
stand des Patienten die Radikaloperation verbieten. 2. Die radikale Me- 
thode erstrebt die Entfernung der Blase. Sie kommt in Frage bei primärer 
Blasentuberkulose und allenfalls bei sehr geringfügiger Nieren- oder sonstiger 
Organtuberkulose. Sie ist bisher erst fünfmal ausgeführt worden. 


Ulrich Berlin, Schömberg. 


— 


Prophylaxe. 225 


377. v. Baumgarten, Das Tübinger Schutzimpfungsverfahren 
gegen Rindertuberkulose und seine Wirksamkeit in der 
Praxis. Bertr. z. path. Anat. 63. 1917 H. 2. 

An 27 Kälbern des seit Jahren stark mit Tuberkulose behafteten 
Viehbestandes der Kgl. Heilanstalt Winnental bei Winnenden in Würt- 
temberg wurde ein Schutzimpfungsversuch nach dem Verfahren des Verf.'s 
vorgenommen. 

Als Impfetoff dienten künstliche Reinkulturen solcher Stämme von 
menschlichen Tuberkelbazillen, die selbst in der Menge von 5 cg getrock- 
neter Kulturmasse Rindern subkutan einverleibt sich für diese als völlig 
unschädlich erwiesen hatten. Zur Immunisierung wurden zuerst 4—5 cg 
verwandt, später kleinere Dosen; es fand nur eine einmalige subkutane 
Injektion statt. 

Die Impflinge waren von ihren 5. bis 6. Lebensmonate ab der natür- 
lichen Ansteckung mit Perlsuchbazillen, der früher zahlreiche Tiere des 
Winnentaler Viehbestandes zum Opfer fielen, unvermindert ausgesetzt. 
Trotzdem ist in über 6 jähriger Beobachtungszeit kein einziges der 27 Impf- 
tiere au Tuberkulose gestorben oder in klinischem Sinne tuberkulös ge- 
worden, obwohl eine gleichzeitige Anwendung des Bang-Östertag’schen 
Verfahrens nicht stattgefunden bat. M. Türk, Frankfurt a.M. 


e) Prophylaxe. 


378. R.Stähelin, Tuberkulose und Militärversicherung. Corr. Bl. 
f. Schweizer Arzte 1916 Nr. 23. 
Eignet sich nicht zur kurzen Wiedergabe. Es verlohnt sich, den be- 
merkenswerten Artikel im Original nachzulesen. 
Lucius Spengler, Davos. 


379. Reichborn-Kjennerud, Die Nahrung der Schulkinder. 
Meddelelser fra den norske nationalforening mat tuberkulosen VI 
Nr. 23. 
Der Kaffeegenuss ist sehr schädlich für die Schulkinder. 
Birger-®verland. 


380. Francis Harbitz, Die Lebensversicherungsgesellschaften 
und die Tuberkuloserekonvaleszenten. Meddelelser fra den 
norske nationalforening mat tuberkulosen VI Nr. 21. 

Birger-®verland. 


381. Liebe, Eigene Truppenteile für Tuberkulöse und Schwache. 
M. m. W. 63. 1916 S. 1548—1549. 


Jeder deutsche Jüngling, der nicht verkrüppelt ist, müsste in Zukunft 
durch die Gesundheitsschule der militärischen Ausbildung hindurchgehen. 
Wichtig wäre dazu eine bessere gesundheitliche ärztliche Beobachtung der 
heranwachsenden Jugend. Die Ergebnisse aller solcher Untersuchungen 
wären als Auskunft und Richtschnur in einem Gesundheitsbuche nieder- 
zulegen. Die Ausmusterungsergebnisse würden dann viel besser und leichter 
sein. Es wäre zu trennen in unbedingt Taugliche, in durchaus Untaug- 
liche und in Schonungsbedürftige. Letztere könnten dann unter streng 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 15 


226 Prophylaxe. 


sachverständig ärztlicher Beobachtung in besonderen Truppenteilen zur 
Ausbildung zusammengezogen werden. Bredow, Ronsdorf. 


382. Schottelius, Chlor-m-Kresole (Sagrotan) und Sputum-Des- 
infektion. II. Zschr. f. Tbe. 26 H. 6. 

Das Ergebnis seiner Versuche fasst Verf. folgendermassen zusammen: 

i. Das Sagrotan eignet sich zur Sputumdesinfektion besser als das 
dreimal so teuere Phobrol. 

2. Eine mechanische Mischung des Sputums mit dem Desinfiziens ist 
notwendig. Je gründlicher Sputum und Desinfiziens miteinander gemischt 
werden, um so rascher tritt die desinfizierende Wirkung ein, 

3. Zur Abtötung der Tuberkelbazillen genügt der 24stündige Verbleib 
des Auswurfs in einer 10°/o Sagrotanlösung. Sputum und Auswurf zu 
gleichen Teilen gemischt. 

4. Die von Kirstein erhobenen Bedenken gegen die Benützung des 
Sagrotans sind hinfällig, weil Kirstein beim Vergleich des Sagrotans 
mit dem Phobrol den verschiedenen Kresolgehalt der beiden Präparate 
nicht berücksichtigt und weil er die empfohlene Methode der Aufnahme 
des Auswurfs in Sammelgefässen nicht anwendet. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


383. Fr. W. Strand, Der Arzt und die Berufswahl unserer 
Kinder. Ein Vortrag. Flugschriften des Bundes zur Erhaltung 
und Mehrung der deutschen Volkskraft, hrsg. von Prof. Dr. 
E. Abderhalden. Halle a. $. 1916. 

Allzu häufig massgebend für die Berufswahl der Kinder ist die soziale 
Stellung des Vaters, die Erfahrungen mit Berufen der Verwandten und 
Bekannten und viel zu oft wird die Rücksicht auf die körperliche Be- 
schaffenheit des Kindes vernachlässigt, der Arzt zu wenig um seinen Rat 
bei der Berufswahl gefragt. Besonders der Schularzt, der einen Einblick 
hat in die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder ist geeignet, 
einen solchen Rat zu erteilen. Der Autor bespricht die Schädigungen des 
Kindes durch akute Infektionskrankheiten und wendet sich dann zur 
Kindertuberkulose: Sonne, Licht, Luft, hygienische Wobnungsverhältnisse, 
vorsichtige Abhärtung, Erholungskuren im Gebirge, Solbad, an der See, 
ärztliche Überwachung schlecht entwickelter Kinder, sorgfältige Nach- 
behandlung der Kinderkrankheiten, Verbot des Ausspuckens, Isolierung 
offener Tuberkulosefälle sind Waffen im Kampfe gegen diese Krankheit. 
Berufe, die ein Leben im geschlossenen, engen, stauberfüllten Raum mit 
sich bringen, sind schwächlichen, tuberkulosegefährdeten Kindern zu wider- 
raten. Grosse Staubentwicklung bringen mit sich die Verarbeitung von 
Tabak, Holz, Metallen, Wolle, Seide. Ungeeignet sind ferner der Beruf 
des Müllers, Bäckers, Berg- oder Kohlenarbeiters, des Glasschleifers, Stein- 
hauers, Zement- und Porzellanarbeiters. Zu widerraten sind Berufe, die 
mit Giftwirkung von Gasen oder Metallen einhergehen und solche, die eine 
dauernd ungünstige Körperhaltung nötig machen: Schuster, Schneider. 
Sehr günstig für tuberkulosegefährdete Kinder wirkt nach der Schulzeit 
ein längerer Erholungsaufenthalt, der diese Kinder oft für lange Zeit wieder 
den Ansprüchen des Lebens gerecht werden lässt. Anzuraten ist den 
Tuberkuloseverdächtigen eine ein- bis zweimalige ärztliche Untersuchung im 
Jahr. Geeignet für solche Kinder ist die Tätigkeit in landwirtschaftlichen 


Klinieche Fälle. 27 


Betrieben, die Laufbahn des Försters, Geometers, Ingenieurs. Im folgenden 
gebt der Verf. ein auf die Berufswahl Herzkranker und Kinder mit Stö- 
rungen des Seh- und Hörvermögens. Wichtig ist, die Nervosität des Kindes 
bei der Berufswahl zu beachten. Es wird die Wahl einer ruhigeren, 
sicheren, wenn auch bescheideneren Laufbahn geraten, z. B. eine pensions- 
berechtigte Stellung. Es folgt eine Würdigung der einzelnen für nervöse 
Kinder in Betracht kommenden Berufe. Besondere Beachtung findet ferner 
die Berufswahl der Schwachbegabten. Interessant sind die mit den 
Hallenser Hilfsschulkindern gemachten Erfahrungen, die zeigen, wie selten 
solche Menschen, später sich selbst überlassen, auch nur einigermassen 
brauchbare Arbeit leisten, da es vor allem an der Willenskraft und daher 
auch an Ausdauer fehlt. Es wird empfohlen, diese Minderwertigen, die 
häufig dem Laster und Verbrechen anheimfallen, in Arbeitslehrkolonien zu- 
sammenzufassen, wo sie am ehesten nutzbringende Arbeit leisten und der 
Allgemeinheit nicht schaden können. Zum Schluss betont der Autor die 
Wichtigkeit der richtigen Berufswahl nicht nur für den einzelnen, sondern 
besonders auch im Interesse des Staates, eine Mahnung, die durch den 
Ernst der Zeit noch unterstrichen wird. H. Unger-Laissle. 


384. Fr. W. Strand, Gesundheitspflege des Schulkindes. Vortrag 
ebendaselbst erschienen. 

Brennender denn je ist uns heute, da der Krieg die grössten Verluste 
an Menschenleben bringt, die Sorge, um die zukünftige Erneuerung der 
Volkskraft. Die soziale Fürsorge arbeitet mit an dieser Erneuerung, ins- 
besondere die Säuglings- und Jugendfürsorge.. Die Schulhygiene regelt 
zum Wohle des Kindes die Dauer des Unterrichts, führt die Schulpausen 
ein, die Schulferien, widerrät den Unterricht in den frühen Nachmittags- 
stunden. Gerade das Schulkind beansprucht in erhöhtem Masse die ärzt- 
liche Fürsorge, da im Gegensatz zum Säuglingsalter die ärztliche Über- 
wachung bis zum Schulbegiun eine sehr mangelhafte ist, eo dass dadurch 
die Erfolge der Säuglingsfürsorge häufig später vollständig in Frage gestellt 
sind. Eingehend werden nun die Fragen der Körperpflege, der Ernährung 
und die leichten Störungen besprochen, die für manche Kinder der Schul- 
besuch mit sich bringt. Hautpflege (Volksschulbad), Abhärtung, hygienische 
Kleidung, Leibesübungen sind Mittel zur Stählung des Körpers. Diese 
letztere ist um so wertvoller, als ihre Erlangung gleichzeitig auch zu einer 
Willensstählung führt. Ein kräftiger Körper ist auch die beste Waffe 
gegen die Infektionskrankheiten. — Zum Wohle des Vaterlandes muss 


Jugendfürsorge in immer höherem Masse getrieben werden. 
H. Unger-Laissle. 


f) Klinische Fälle. 


385. Nik. Roth, Ein Fall von Morbus Addisonii mit seltener 
Atiologie. W. kl. W. 1917 Nr. 12. 

In einem geschilderten Falle trat im Anschluss an rechtsseitige Pneu- 
monie ein rechtsseitiger subphrenischer Abszess auf. Dieser griff dann auf 
die rechte Nebenniere über; später wurde — wahrscheinlich auf hämato- 
genem Wege — auch die linke Nebenniere ergriffen. Dieses Übergreifen 
des Abszesses wurde die Ursache zur Entwicklung eines Morbus Addisonii. 
Kulturverfahren aus dem Eiter ergab Pneumokokken, A. Baer. 

15* 


228 Klinische Fälle. 


386. Randolph and Schmeisser, A clinical and pathological 
study of two cases of miliary tubercles of the chorioid. 
The Ophthalmic Record, Januar 1917. 


Die Tatsache, dass bisher bei tuberkulösen Affektionen häufig nur in 
einem geringen Prozentsatze miliare Tuberkel in der Chorioidea gefunden 
wurden, ist darauf zurückzuführen, dass ohne elektrischen Augenspiegel 
und nicht häufig genug untersucht wurde. — Es muss daher die Anwen- 
dung des elektrischen Augenspiegels, der die Untersuchung erheblich er- 
leichtert, gefordert werden, und ein öfteres Spiegeln der Augen, mindestens 
2mal am Tage. Auch bei anderen Erkrankungen empfiehlt sich dies, 
so bei Morbus Brightii und Blutkrankheiten, vor allem bei perniziöser 
Anämie. 

In den beiden Fällen handelt es sich im ersten um ein 2jähriges 
Mädchen, dessen Vater an Tuberkulose gestorben war. Das Kind war 
nie sonst krank gewesen, ausser einem Keuchhusten. Allmählich wurde 
es krank, verfiel, bekam Fieber, beschleunigten Puls und Atmung, Er- 
brechen, Nackensteifigkeit; einige Tage später zeigte sich in der Spinal- 
flüssigkeit ein Netz. Augenhintergrund wurde trübe an den Papillengrenzen ; 
4 Tage danach wurden Tuberkel am Hintergrund gefunden. 

Fall 2 betraf ein 4 Monate altes Kind, das ebenfalls vorher gesund 
war. Beginn der Erkrankung mit Fieber und Husten: es schrie viel und 
schlief wenig; Fieber, beschleunigte Atmung; Manifestation der Tuberkulose 
am ganzen Körper. Bei der ersten Untersuchung fanden sich Chorioidal- 
tuberkel. 

Die pathologische Untersuchung bestätigte den Befund makroskopisch 
und mikroskopisch; auch Tuberkelbazillen konnten nachgewiesen werden. 
In dem ersten Falle handelte es sich um eine allgemeine Miliartuberkulose 
mit akuter tuberkulöser Meningitis; im zweiten um allgemeine Miliartuber- 
kulose ohne Meningitis. Werner Bab, Berlin. 


387. Hofmann, Nierentuberkulose und Menstruation. B. kl. W. 
1916 Nr. 45. 

Verf. beschreibt einen Fall von Nierentuberkulose, bei dem, wie in 
den Fällen von Lenhartz und Scheidemantel, heftiges prämen- 
struelles Fieber auftrat, das beim Eintritt der Menses kritisch abfiel. Nach 
Entfernung der erkrankten Niere wurden die Menses normal. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


388. J. Strasser, Zur Kasuistik der Hämoptysis. Med. Klin. 
1916 Nr. 32. 


Ein Patient mit dem Befunde einer abgeheilten Spitzentuberkulose 
bekommt im Anschluss an einen Aufenthalt im Röntgenzimmer, wo er 
mehreren Durchleuchtungen beigewohnt hat, eine Lungenblutung. S. führt 
diese Blutung auf den stechenden Geruch in dem schlecht gelüfteten 
Röntgenzimmer zurück. Der starke Ozongehalt, die Entwicklung salpetriger 
Säure und die dem Quecksilberunterbrecher entstammenden Petroleum- 
dämpfe können Lungenblutungen provozieren. Deshalb ist auf eine ener- 
gische Ventilation der Röntgenzimmer zu achten. — Ferner ein Fall von 
Simulation einer Hämoptysis. Patient täuschte durch Zerkauen eosinhaltigen 
Seidenpapiers Lungenblutungen vor. Berlin, Schömberg. 


Allgemeines. 229 


g) Allgemeines. 


389. 0. Lubarsch, Johannes Orth und die Tuberkuloseforschung. 
Zschr. f. Tbc. 27 H. 1—4. 

In der Festschrift zu Orth’s 70. Geburtstag würdigt L. durch eine 

kritische Besprechung der Tuberkulosearbeiten Orth’s und seiner Schüler 

die hohen Verdienste dieses Forschers auf dem Gebiet der Tuberkulose- 


forschung. Berlin, Schömberg. 
390. Hart, Elias Metschnikoff +. Zschr. f. Tbc. 26 H. 4. 
Nekrolog. Weihrauch, 


Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


391. Meissen, Die Versorgung der Kriegstuberkulösen im 
schweizerischen Heer. Zschr. f. Tbe. 26 H. 4. 


Verf. gibt einen Überblick über das Gesetz zur Versorgung der 
Kriegstuberkulösen im schweizerischen Heere. Im Anschluss daran be. 
spricht er die heutige Anschauung über die Entstehung der Phthise und 
weist darauf hin, dass eine Superinfektion beim Erwachsenen zu den 
Seltenheiten gehört, dass vielmehr die Infektion im Kindesalter erfolgt, 
zur Immunität führt, die dann durch „Krankheitsbereitschaft“ später zur 
„Reinfektion“ führt. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


392. Herm. Dold, Bücherei des Neutralen Guttemplerordens. 
Deutsche Grossloge E. V. Tuberkulose und Alkoholismus. 
Vortrag gehalten während der Ausstellung des Tuberkulose- 
Wandermuseums im Alten Schloss in Strassburg i. E. Heidel- 
berg 1913. 15 5. 

Kleiner volkstümlicher Vortrag über die Schäden des Alkoholismus 

im allgemeinen. Der Alkoholismus bereitet den Boden für die Tuberkulose 

vor. Empfehlung der absoluten Abstinenz als einziges Mittel. 

Hans Müller. 


h) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


393. Holmboe, W., Jahresbericht aus dem Sanatorium Memalien 
für das Jahr 1916. Tidsskrift for den norske lægeforening 1917 
Nr. 13. 

Die Sonnen- und Lichtbehandlung nimmt im Sanatorium einen immer 
hervorragenderen Platz ein. Als künstliche Lichtquelle werden elektrische 
Kohlen-Bogenlampen angewandt. Sowohl subjektiv wie objektiv gibt diese 
Behandlung bei den Lungenkranken sehr gute Resultate. Die einzige 
Kontraindikation scheinen ausgebreitete Bronchitiden mit reichlichen Rassel- 
geräuschen und Expektoraten zu sein. Der Verf. ist ganz erstaunt, wie 
selten Hämoptysen bei den Patienten des Sanatoriums vorkommen, seit 
die Sonnen- und Lichtbehandlung eingeführt ist. 

Pneumothoraxbehandlung war im Laufe des Jahres bei 6 von den 
aufgenommenen 76 Patienten indiziert und sie gelang bei 5. Bei dem 


230 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenbäuser u. -Heime. 


sechsten, bei dem ausgebreitete Pleuraadhärenzen bestanden, wurde später 
extrapleurale Thorakoplastik angewandt. 

Im ganzen ist seit 1909 im Sanatorium Pneumothoraxbehandlung bei 
72 von den 578 aufgenommenen Patienten (= 12,4 /o) versucht worden. 
Bei 52 konnte Pneumothorax angelegt werden. Extrapleurale Thorakoplastik 
ist bei 6 Patienten ausgeführt worden. Von diesen 6 sind 2 gestorben, 
3 relativ geheilt und 1 in guter Besserung. Birger-Överland. 


394. Liebe, Die Arbeitsunfähigkeit während der Kur in der 
Lungenheilanstalt. Med. Klin. 1917 H. 8. 

In einer grossen Reihe von Fällen verweigern die Krankenkassen 
den Angehörigen der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte, die sich 
zur Kur in einer Lungenheilstätte befinden, die Zahlung des Kranken- 
geldes, da sie nicht „arbeitsunfähig im Sinne des Krankenversicherungs- 
gesetzes“ seien. Nach diesem besteht kein Anspruch auf Krankengeld, 
wenn eine Heilmassnahme nur zum Zweck der Vorbeugung, nicht zur 
Behebung einer schon vorhandenen Arbeitsunfähigkeit angeordnet ist. 
Derartige Entscheidungen der Krankenkassen sind von Oberversicherungs- 
ämtern wiederholt bestätigt worden. Demgegenüber lautet eine Revisions- 
entscheidung des Reichsversicherungsamtes: „Erwerbsunfähigkeit im Sinne 
des K.V.G. liegt auch dann vor, wenn der Versicherte nur auf die Ge- 
fahr hin, sein Leiden zu verschlimmern, in seinem bisherigen Berufe fort- 
arbeiten könnte.“ Da durch die Verweigerung des Krankengeldes das 
psychische Befinden des Patienten recht ungünstig beeinflusst wird, ver- 
langt L., dass alle Patienten, die in eine Lungenheilstätte geschickt und 
von dem Anstaltsarzt dort behalten werden, als arbeitsunfähig im Sinne 
des Krankenversicherungsgesetzes zu gelten haben. 

Berlin, Schömberg. 


395. @. Liebe, Die pädagogische Behandlung Lungenkranker in 
Heilstätten. Zuberculosıs, Sept. 1916. 

Angenehm zu lesende Plauderei über ein Thema, das dem Verf. 
„liegt“. Die Aufforderung der Schriftleitung, es für die „Tuberculosis“ zu 
behandeln, bezeichnet er selber als „das auslösende Moment bei einer 
vorbandenen Disposition“. Die Arbeit ist ein echter „Liebe“. Er meint 
es ehrlich und bewahrt sich seinen unverwüstlichen Optimismus. Neues 
ist natürlich auf dem Gebiete nicht viel zu bringen. Meissen. 


396. W. Staehelin, Beiträge zu dem Gebiete der Heliotherapie, 
Beitr. z. Klin. d. Tbc. 36. 1916 H.2 $. 181. 
Kasuistik sehr schöner und bemerkenswerter Erfolge (mit Abbil- 
dungen) aus der Sonnenklinik des Kindersolbades in Dürrheim (Baden, 
705 m ü. M.). Leschke, Berlin. 


397. Köhler, Der Neubau eines zweiten Hauptgebäudes der Heil- 
stätte Holsterhausen bei Werden a. d. Rulır. Tbec.-Fürs.-Bi. 
1917 Nr. 1. 
Bei dem Neubau ist den Bestrebungen der Reichsversicherungsanstalt, 
Lungeukranken des Mittelstandes eine Kur zu ermöglichen, Rechnung 
getragen. Rehs, Davos. 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 231 


398. Weicker, Über die Militärabteilung im ‚„Krankenheim‘“ 
Görbersdorf. T’be.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 4. 

Im Volkssanatorium „Krankenhein“ sind 150 Betten für Militär- 
patienten zur Verfügung gestellt. Die Heilbehandlung erfolgt nach den 
Prinzipien der in der Anstalt seit Jahren geübten Praxis. Mit dem Aus- 
bau geregelter und erweiterter Beschäftigungstherapie ist begonnen worden; 
neben mechanischer Beschäftigung werden Vorträge über aktuelle Themata 
und Unterrichtsstunden abgehalten. Es ist durchaus gelungen, die Er- 
nährung dauernd abwechslungsreich und zweckentsprechend zu gestalten, 

Rehs, Davos. 


399. Wehmer, Das feldgraue Görbersdorf. Tbec.-Fürs.-Bl. 1917 

Nr. 4. 

In der Brehmer’schen Anstalt sind gegen 150 Militärpatienten 
untergebracht. Wenn es auch nicht möglich ist, jeden Kranken zur vollen 
Gesundung zu bringen, so wird doch durch die Anstaltskur eine weit- 
gehende Besserung erzielt; zum mindesten wird eine hygienische Erziehung 
erreicht, die den Wiedereintritt in bürgerliche Berufe ermöglicht, Die 
ganze Kur wird mit besonderer Rücksichtnahme auf eine möglichst glatte 
Überleitung der schwerer erkrankten Patienten in ein tätiges Zivilleben 
eingerichtet. In dem Woaldbesitz und dem landwirtschaftlichen Betriebe 
der Anstalt ist hinreichende Gelegenheit zur Beschäftigung der Genesenden. 

Rehs, Davos. 


400. Bochalli, Die Tätigkeit des Kaiserin Auguste Victoria- 
Sanatoriums für lungenkranke Frauen des Mittelstandes. 
Tuberculosis, Okt. 1916. 

Ein Bericht in der üblichen Form über die genannte Heilanstalt zu 
Hohenlychen, die 29. Juni 1913 eingeweiht wurde. Bemerkenswert und 
anzuerkennen ist die Betonung, dass in die Heilstätten nur aktive Tuber- 
kulosen gehören, und zwar „objektiv“ aktive, nicht bloss subjektive. Für 
bloss Erholungsbedürftige muss anders gesorgt werden; in eine Lungen- 
heilstätte gehören sie nicht. Das ist sehr wichtig. B. äussert sich auch 
über das Tuberkulin: Er hat von keiner Form etwas besonders Hervor- 
ragendes gesehen, nichts, was man nicht auch durch die hygienisch- 
diätetische Behandlung allein erreicht. Auch von den probatorischen 
Impfungen mit Alttuberkulin hält er nicht viel: „Wir können es auch 
zur Diagnose der aktiven Tuberkulose entbehren.“ Das ist durchaus die 
Meinung recht vieler Tuberkuloseärzte; auch Ref. hat sie wiederholt aus- 
gesprochen. Den künstlichen Pneumotborax hält B. für ein segensreiches 
Mittel in sonst verlorenen Fällen, hat den Eingriff aber nur zweimal zu 
machen brauchen, da er „ein verhältnismässig sehr leichtes Kranken- 
material“ hat. Würde er ihn häufiger machen und den späteren Verlauf, 
nicht bloss die nächste Wirkung beobachten, so würde er wahrscheinlich 
auch hier skeptischer urteilen. Meissen. 


401. X, Jahresbericht der Pfälzischen Heilstätte für Lungenkranke 
bei Ramberg 1915. . 
Anfang 1915 standen eine Anzahl Betten leer infolge geringerer 
Einweisungen durch die Landesversicherungsanstalten. Später wies die 
Militärbehörde in steigendem Masse lungenkranke Soldaten ein. Der 


232 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankeühäuser u. -Heime. 


Betrieb konnte sodann voll aufrecht erhalten bleiben. — Besondere thera- 
peutische Erfahrungen wurden nicht gemacht. Hans Müller. 


402. Jos. Parassin, Über Lungenkranken-Patronagen. Tuber- 

kulögis 1916 Nr. 9 u. 10. 

Die Fürsorgestellen sollten sich mit Patronage-Kommissionen ver- 
binden, deren Aufgabe wäre, die ständige Aufsicht und Kontrolle über 
die in ihrem Bezirke wohnhaften Lungenkranken und deren Familien 
auszuüben. D. O. Kuthy, Budapest. 


403. Jul. Kentzler, Die Dispensaire-Behandlung der Lungen- 
schwindsucht. Tuberkulózis 1917 Nr. 1—2 u. f. 
Eingehende Schilderung der Obliegenheiten der Fürsorgestellen, deren 
Aufgaben nach K. sind: 1. die Prophylaxe, 2. die Krankenbebandlung, 
3. die materielle Unterstützung. D. O. Kuthy, Budapest. 


404. Oxenius, Die Aufgaben der Fürsorgestellen in der Tuber- 

kulosebekämpfung. Tbec.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 2 u. 3. 

Die gesetzlichen Vorschriften genügen zu einer wirksamen Tuberku- 
losebekämpfung nicht, man kann aber gut ohne Zwangsmassregeln aus- 
kommen. Die Fürsorgestelle muss die Zentralstelle in dem Kampfe sein, 
sie muss in inniger Fühlung mit den praktischen Ärzten arbeiten, von 
denen ihr die Kranken zugewiesen werden. Die Arbeit besteht in der 
Auskunftserteilung in allen einschlägigen Fragen, in der Belehrung der 
Allgemeinheit über die Gefahren der Tuberkulose und andererseits in der 
Zerstreuung übergrosser Angstlichkeit, in der direkten Fürsorge. Heilbare 
Kranke werden bei geeigneten sozialen Verhältnissen Heilstätten zuge- 
führt, was bei Nichtversicherten oft schwierig ist; während der Kur wird 
für die Familie gesorgt, danach setzt die Erziehung zur Selbstverantwort- 
lichkeit ein. Vorgeschrittene Fälle können nur selten in Krankenhäusern 
usw. untergebracht werden, man muss ihnen entsprechende Arbeit und 
Unterstützungen verschaffen (Wohnungsgeld). Bei Unbeilbaren steht die 
Familienfürsorge im Vordergrund. Der Bau von kleinen, guten und 
billigen Wohnungen, in denen der Kranke ein besonderes Zimmer hat, 
muss gefördert werden, die Wohnungen müssen zweckentsprechend bewohnt 
werden und eingerichtet sein. Betten und Wäsche müssen eventuell leih- 
weise zur Verfügung gestellt, Wäsche und Wohnung desinfiziert werden. 
Die Angehörigen sind von Zeit zu Zeit zu untersuchen. Für tuberkulöse 
Kinder geschieht dasselbe wie bei Erwachsenen, skrofulöse Kinder werden 
in Solbäder geschickt, zur Fürsorge für tuberkuloseinfizierte und tuber- 
kulosebedrohte, schwächliche Kinder werden alle Organisationen der 
Jugendfürsorge herangezogen und in ihren Bestrebungen unterstützt. 

Rehs, Davos. 


405. Triebold, Kriegsbeschädigten- Fürsorge in Lungenheil- 
stätten. Tbc.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 2 u. 4. 

Die Beschäftigung der Genesenden ist in den Lungenheilstätten eine 
wichtige Frage. Die Kriegsbeschädigten-Fürsorge muss darauf hinarbeiten, 
dem Kranken die Last der körperlichen Arbeit zu nehmen, und zwar 
müssen bei den Ungelernten die Grundlagen für den ärztlich empfohlenen 
Beruf gelegt und besondere Begabungen gepflegt werden, die Kranken 





Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 233 


aus den schwer arbeitenden Berufen sollen für entsprechende Erwerbs- 
zweige umgebildet werden. Handfertigkeitsunterricht kommt als reine 
Unterhaltung für Lungenkranke nicht als Beschäftigung in Frage, ebenso 
nicht die Werkstättenarbeit aus bygienischen Gründen, dagegen plan- 
mässiger Unterricht, der genügend Zeit für die Kur lässt. Die Auswahl 
der sich freiwillig meldenden Kursusteilnehmer geschieht durch den Arzt. 
Neben kaufmännischen, gewerblichen und elektrotechnischen Abteilungen, 
deren Ziele naturgemäss spezieller Art sind, wiederholt und befestigt eine 
allgemeine Abteilung die durch die Volksschule vermittelten Kenntnisse; 
dabei ist der Unterricht dem Leben angepasst und zielt auf die Praxis ab. 
Hand in Hand mit der Schule arbeitet die Fürsorgestelle Lippspringe, 
die den Heimatorganisationen entsprechende Fürsorgemassnahmen empfiehlt. 
Die Schule arbeitet darauf hin, den Kranken möglichst seinem Berufe zu 
erhalten, was naturgemäss nicht immer möglich ist; sie will den Willen 
zur Genesung stärken und mittelbar die Tuberkulose als Volkskrankheit 
bekämpfen, und arbeitet der Rentenpsychose entgegen. Rehs, Davos. 


406. H. Schmidt, Ein Vorschlag zur Erzielung einer möglichst 
idealen Behandlungsweise staatlich versorgungsberechtigter 
Lungentuberkulöser. Tuberculosis, Dezember 1916. 

Sch. sucht die Frage zu lösen, wie man eine möglichste Annäherung 
an die ideale Behandlung Lungentuberkulöser, d. h. Behandlung und 
Überwachung bis zur völligen Heilung ohne oder ohne erhebliche Mehr- 
kosten durchführen könne. Er kommt dabei unwillkürlich auf denselben 
Gedankengang, den auch Ref. wiederholt vertreten hat, nämlich auf eine 
Umgestaltung unseres gegenwärtigen Heilstättenbetriebe, der jedem Nach- 
denkenden einleuchten muss: Es hat keinen Sinn, die vielen Leicht- 
kranken oder bereits Gekräftigten nach dem gleichen Schema zu behan- 
deln wie die wirklich Kranken. Wir müssen noch mehr „individualisieren‘“‘, 
müssen die in unseren Lazaretten für sebr viele Kriegsverletzte bewährte 
Arbeitsbehandlung, eine Arbeitskur, Beschäftigungskur einführen, die für 
sehr viele Kranke weit vernünftiger, weit wirksamer und weit billiger ist. 
Wir müssen Heilstätten ganz einfacher Art mit farmartigem Betrieb und 
was dazu gehört einrichten, etwa nach dem Vorbild, das der Pastor 
v. Bodelschwingh in seinen Bielefelder Anstalten für Nervenkranke 
geschaffen hat, und wie es in Amerika auch für Lungenkranke geschehen 
is, Dadurch wird auch die Frage der spätern Fürsorge für die Tuber- 
kulösen nach der Entlassung in die richtige Bahn geleitet und ihre Lösung 
sehr erleichtert. Sch. bringt zwar nichts wesentlich Neues, begründet aber 
seinen Vorscblag recht anregend und macht sehr beachtenswerte Vor- 
schläge zu seiner Ausführung !). Meissen. 


407. Braeuning, Die Bedeutung der Krankengeschichten der 
Fürsorgestellen für Praxis und Wissenschaft. Tuberculosis, 
Okt. 1916. 

B. bedauert mit Recht, dass die Aufzeichnungen der Fürsorgestellen 
gewissermassen ein totes Kapital bleiben, obwohl in ihnen sehr wertvolles 
Material für die Ausgestaltung der Lehre von der Tuberkulose nieder- 
gelegt ist. In der Tat sind die Fürsorgestellen in mancher Hinsicht 


nn 





!) Dieselbe Arbeit erschien auch im Tuberkulose-Fürsorgeblatt 1917, Nr. 1. 


234 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


wichtigere „Forschungsinstitute“ als die Krankenanstalten und Heilstätten, 
könnten es wenigstens sein. Sie beobachten den Kranken nicht über 
Wochen und Monate, sondern über Jahre und Jahrzehnte, ausserdem 
nicht nur zu Zeiten, wo er behandlungsbedürftig ist und behandelt wird. 
Der Fürsorgearzt beschäftigt sich ferner nicht nur mit dem Kranken als 
solchem, sondern auch mit seinen Angehörigen einschliesslich der gesunden 
Mitglieder, und seine Aufgabe ist nicht nur die ärztliche Behandlung im 
engern Sinne, sondern auch die Verbesserung der häuslichen Verhältnisse, 
der sozialen Lage und der Arbeitsbedingungen des Kranken. Die Für- 
sorgestellen wären deshalb vortrefflich in der Lage, gewisse wichtige 
Fragen zu bearbeiten und zu lösen. Wenn gleichwohl so wenige wissen- 
schaftliche Arbeiten aus ihnen hervorgehen, so liegt das am Mangel an 
Arbeitskräften, der wieder mit den ungenügenden Geldmitteln in Beziehung 
steht, die dafür verfügbar sind. — Die anregende Arbeit ist auch im 
Tuberkulose-Fürsorgeblatt erschienen. Meissen. 


408. Belin, Die Arbeitsbeschaffung für erwerbsbeschränkte 
Tuberkulöse. Tuberculosis, Sept. 1916. 

Belin, Stadtarzt in Strassburg, widmet dieser wichtigen und schwie- 
rigen Angelegenheit einige Betrachtungen auf Grund der eigenen Erfah- 
rungen. Er meint, dass die Vermittlung durch die Arbeitsnachweise der 
richtigste Weg ist, dem Lungenkranken zur Arbeit zu verhelfen. Die 
Verwirklichung des schönen Gedankens, hygienische Arbeitsheime für 
Tuberkulöse zu gründen, hält er für problematisch. Derartige Arbeits- 
stätten sollten aber an Tuberkulosekrankenhäuser oder Invalidenheime 
angegliedert werden. Ref. ist der Ansicht, dass in unsern Heilstätten die 
Frage der Arbeitsbeschäftigung oder Anleitkur viel eifriger erwogen und 
betätigt werden müsste, als es bisher geschieht. Dann würde auch die 
Frage der späteren Arbeitsbeschaffung sich viel leichter lösen. 

Meissen. 


409. Schipper, Über die Notwendigkeit mechanischer Lüftungs- 
einrichtungen in Jugendheimen und dergl. Tbe.-Fürs.-Bl. 
1917 Nr. 3. 

Infolge des langen Kriegszustandes sind die Erziehungsverhältnisse 
in vielen Familien ganz andere geworden, infolge der Klagen über zu- 
nehmende Zuchtlosigkeit der Jugend wurden die Einrichtungen der Jugend- 
fürsorge überall erweitert. Im Sommer hat das Zusammenfübren grosser 
Kindermassen keine Bedenken, in der kalten Jahreszeit liegen die Ver- 
hältnisse ungünstiger. Die Fensterlüftung genügt nicht, um das Empor- 
wirbeln von Staub und Krankheitskeimen hintanzuhalten, Deshalb sollte 
bei Vorhandensein von elektrischer Betriebskraft eine mechanische Be- 
lüftung vorgesehen werden, die von oben vorgewärmte Luft zuführt und 
den gefährlichen Staub niederdrückt. Die Luftabführung erfolgt durch 
einen Schacht am Fussboden. Mit der beschriebenen Einrichtung können 
auch solche Gebäude leicht versehen werden, die nur vorübergehend zu 
Ansammlungen von Kindern benutzt werden. Rehs, Davos. 


410. Meddelelser fra den norske nationalforening mat tuberku- 
losen ist mit seiner 26. Nummer erschienen. 


Inhalt: Bericht des Norwegischen Nationalvereins gegen die Tuber- 


a a a a m a nen he 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 235 


kulose für das Jahr 1916. — Die öffentliche Tuberkulosearbeit in Nor- 
wegen im Jahre 1916. — Die Aufgabe der Schule im Kampfe gegen die 


Tuberkulose — Richtschnur für die Tuberkulösen. — Die norwegische 
staatliche Geldlotterie. — Neue Sanatorien und Tuberkuloseheime in 
Norwegen. — Referate. Birger-®verland. 


411. Wilh. Müller-Sternberg (Mähren), Tuberkuloseforschungs- 
institute und Tuberkulosespitäler. W. kl. W. 1917 Nr. 9. 


Eine gründliche Kenntnis der pathologischen Anatomie, der Klinik 
und der Biologie. der Tuberkulose befähigt den Forscher erst, das Übel 
an seiner Wurzel anzufassen, 

Die grosse Mehrzahl der Tuberkulosetherapeuten ist wegen zu weit 
vorgeschrittener Spezialisierung einseitig. Infolgedessen werden grosse 
Gesichtspunkte vernachlässigt, so dass von einer grosszügigen Bekämpfung 
der Tuberkulose nicht die Rede sein kann. Verf. fordert die Gründung 
von Tuberkuloseforschungsinstituten. Die grossen Tuberkulosespitäler 
müssen nicht nur klinisch und verwaltungstechnisch, sondern auch in 
streng wissenschaftlichem Geiste geleitet werden. Im Anschluss an die- 
selben sollten Laboratorien für die Forschung errichtet werden. Ärzte, 
Chemiker und Physiker müssen an einem und demselben Institute, das 
grosse Ziel der Tuberkuloseheilung im Auge behaltend, zusammenarbeiten. 
Die heutige Tuberkulosetherapie hat gewiss schöne Erfolge zu verzeichnen, 
doch dürfen wir uns mit den heutigen Methoden noch lange nicht be- 
gnügen, sondern müssen eine gewaltige therapeutische Vereinfachung er- 
streben. So lange sich der Staat nicht intensiver für das Heilwesen im 
exakt wissenschaftlichen Sinne interessiert, können wir ausser vereinzelten 
Leistungen keine grossen Fortschritte erwarten. Durch die Prophylaxe 
können wir keinen grossen Sieg erwarten, der ist nur denkbar durch 
grosszügig vorbereitete Therapie. Überall werden jetzt aus Not und 
Mangel an Zeit Tuberkulosespitäler errichtet, oft an klimatisch miserablen 
Orten. Den grossen Spitälern fehlt es an spezialistisch geschulten Ärzten 
und an genügender Ernährung. Die Arbeit in denselben vollzieht sich 
infolgedessen ohne hinreichende Ökonomie und Umsicht. Verf. wünscht, 
dass die neutralen Länder (Schweiz, Holland und die skandinavischen 
Länder) einen Teil ihrer Tuberkuloseärzte nach Deutschland und Öster- 
reich schicken. Hauptsächlich Österreich bedarf deren eine grosse Zahl], 
um seine Tuberkulösen in geeignete fachmäunische Behandlung zu geben. 


(Anm. des Ref.: Dem Appell des Verf. zur Gründung von For- 
schungsinstituten wird man vollen Erfolg wünschen. Auch ist zweifellos 
mancher mit Schärfe gerügte Übelstand richtig, z. B. die vielfach eilige 
Errichtung von Tuberkulosespitälern ohne geringste Rücksicht auf kli- 
matisch-hygienische Forderungen. Andere Bemerkungen des Verf. müssen 
aber doch als zu weitgehend Widerspruch erregen, so besonders der 
Schluss, in welchem er uns als gar so arm an genügend geschulten 
Tuberkuloseärzten hinstellt und das neutrale Ausland um Hilfe anrufen 
zu müssen glaubt!) A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


236 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


— 


27. Kolle und Hetsch, Die experimentelle Bakteriologie und die In- 
fektionskrankheiten mit besonderer Berücksichtigung der Immunitäts- 
lehre. Ein Lebrbuch für Studierende, Ärzte und Medizinalbeamte. Bad. II. 
4. erweiterte Auflage. Mit 61 farbigen Tafeln und 172 Abbildungen im Text. 
Wien 1917. Urban und Schwarzenberg. Geh. M. 22.—, geb. M. 24.50. 

Mit dem jetzt erschienenen 2. Bande liegt das ausgezeichnete Lehrbuch der 
Bakteriologie nunmehr abgeschlossen in der neuen Auflage vor. Alle bei der Be- 
sprechung des ersten Bandes hervorgehobenen Vorzüge des Werkes gelten in 
gleichem Masse auch für den zweiten Band, der die Abschnitte über Diphtherie, 
Tuberkulose, Botulismus, Ulcus molle, Septikämie der Tiere, Spirochätenkrank- 
heiten mit besonderem Eingehen auf die Chemotherapie, Protozoenkrankheiten und 
filtrierbaren Virusarten umf.sst. Die neuesten, während des Krieges gewonnenen 
Erfahrungen über Fleckfieber, Fünftagefieber, W eil’sche Krankheit u. a. sind dabei 
ausführlich berücksichtigt und durch vorzügliche Abbildungen veranschaulicht 
worden. Das Kapitel „Tuberkulose“ enthält in prägnanter Kürze alles Wesent- 
liche über Bakteriologie und Immunobiologie der säurefesten Bakterien. Bei 
manchen bisher vorwiegend als Saprophyten aufgefassten Bakterien, wie dem Bac. 
proteus, fusiformis, pyocyaneus u. a. sind die neueren klinischen Befunde über 
ihre pathogene Bedeutung als Erreger lokaler wie septischer Allgemeininfektionen 
noch nicht genügend berücksichtigt worden, ebenso wie die für die Klinik des 
Puerperalfiebers und anderer septischer Infektionen mehr und mehr an Bedeutung 
gewinnenden Anaerobier in einer kommenden Auflage einen breiteren Raum bean- 
spruchen dürften. — Seinen Zweck, den Lernenden in die Bakteriologie einzuführen 
und dem Praktiker in allen wichtigen Fragen ein zuverlässiger Ratgeber zu sein, 
erfüllt das Werk in vollstem Masse. Wenn man nach einem guten Lehrbuch der 
Bakteriologie gefragt wird, kann man dieses altbewährte Werk gerade in Jer vor- 
liegenden Neuauflage nur an allererster Stelle nennen. E. Leschke, Berlin. 


28. O. Chiari- Wien, Chirurgie des Kehlkopfes und der Luftröhre. 

Neue Deutsche Chirurgie, 19. Band. 1916. Stuttgart, Verlag von Encke. 

In Teil 1 dieser ausführlichen und umfangreichen, 450 Seiten fassenden 
Monographie gibt Chiari eine detaillierte Darstellung der für den Chirurgen in 
Betracht kommenden Operationstechnik im weitesten Sinne, mit besonderer Be- 
rücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung, der Prioritätsverhältnisse. und 
der Statistik, Fragen, die im ganzen Buch eine besondere Beachtung erfahren. 
Die anfänglichen Kapitel handeln über die Untersuchungsmethoden, Wiederbelebung 
Asphyktischer, Narkose, Behandlung von Stenosen. Ein weiter Raum ist der 
Tracheotomie, ihrer Nachbehandlung, ihren Komplikstionen und dem Verhältnis 
zur Intubation gewidmet. Es folgen die Operationen am Kehlkopf, schliesslich die 
Plastiken der Trachea. 

Im 2. Teil werden die chirurgischen Krankheiten des Kehlkopfes und der 
Luftröhre besprochen, Missbildungen, Verletzungen, Fremdkörper, Diphtherie, 
katarrhalisch-phlegmonöse Entzündungen. Das 6. Kapitel handelt über die spe- 
zifischen entzündlichen Prozesse, Tuberkulose, Lupus, Syphilis, Aktinomykose, 
Sklerom, Lepra, Typhus. In den letzten Kapiteln sind die gut- und bösartigen 
Neubildungen und die nervösen Erkrankungen des Larynx abgehandelt. 

Das Buch ist durch seinen erschöpfenden und übersichtlich geordneten Inhalt, 
durch die zahlreichen Abbildungen und infolge einer persönlichen Färbung, die 
durch Mitteilung der eignen reichen Erfahrung und der vielen eignen angeführten 
Fälle hervorgerufen wird, sowohl zur fliessenden Lektüre als auch als Nachschlage- 
werk äusserst geeignet und jedem sich für dieses Gebiet interessierenden Mediziner 
warm zu empfeblen. Geinitz, Tübingen. 


“ 


Kongress- und Vereinsberichte. 237 


29. Fürstenau, Immelmann und Schütze, Leitfaden des Röntgen- 
verfahrens für das röntgenologische Hilfspersonal. Stuttgart 1917. 
Verlag von Ferdinand Encke. 438 S. Mit zahlreichen Abbildungen im Text. 
Preis geheftet M. 14.—. 

Die zweite Auflage des Leitfadens ist bereits drei Jahre nach dem Erscheinen 
der ersten notwendig geworden. Das beweist an sich, dass das Buch durchaus 
zweckentsprechend ist und grossen Anklang gefunden hat. Wir möchten es 
wiederum als wertvollen Führer für das Hilfspersonal in unseren Röntgenlabora- 
torien warm empfehlen. 

Fürstenau behandelt in klarer Weise den physikalischen Teil und bringt 
alles Wichtige aus dem Gebiete der Elektrizitätslehre, soweit es für das Ver- 
ständnis des Entstehens der Röutgenstrahlen notwendig ist. 

Im praktischen Teil werden von Immelmann und Schütze kurze ana- 
tomische Vorbemerkungen gemacht, die der Hilfsarbeiter wissen muss. Es folgen 
Einrichtung der Röntgenlaboratorion und die Technik der Durchleuchtungen und 
Aufnahmen. Die Wichtigkeit einer sachgemässen Behandlung der Röntgenröhre 
wird entsprechend gewürdigt. Eingehend ist das Technische der Röntgentherapie 
geschildert. In den Schlusskapiteln kommen das stereoskopische Verfahren und 
die Tiefenbestimmung und Lokalisation von Fremdkörpern zur Behandlung. Es 
würde zu weit führen, auf Einzelheiten einzugehen. Die Abbildungen sind muster- 

gültig und sehr instruktiv. Der Inhalt des Werkes ist so reichhaltig, dass auch 
der Arzt, der beginnt, sich näher mit der Technik und der Anwendung der 
Röntgenstrahlen zu diagnostischen und Heilzwecken vertraut zu machen, mit 
grossem Nutzen das Buch lesen wird. Schröder, Schömberg. 


Il. Kongress- und Vereinsberichte. 


9. Ordentliche öffentliche Hauptversammlung des Rheinischen 
Vereins für öffentliche Gesundheitspflege am Sonntag den 3. Juni 
1917 in Andernach (Hotel Schäfer). 

(Berichterstatter: Grau-Honnef.) 


Peren-Aachen: Wie erhalten wir unsere Schulkinder gesund, 
besonders während des Krieges? 

In einem modernen Staate ist die Schulgesundbeitspflege von grösster Wich- 
tigkeit. Dazu gehört neben den in ihren Anforderungen immer mehr fortschrei- 
tenden gesundheitlichen Einrichtungen vor allem die regelmässige schulärztliche 
Überwachung der Kinder. Die Sorge für die Überwachung und Beseitigung von 
gesundheitlichen Mängeln der Schule ist Sache der Gemeinde. Zwei besonders 
wichtige Gobiete der Schulgesundheitspflege sind Schulbäder und Schulzahnpflege. 
Auf die Beziehungen der Zahnkaries zur Tuberkulose wird hingewiesen. 

Unter den beschränkenden Verhältnissen des Krieges ist sorgsame Pflege 
der gesundheitlichen Massnahmen nötig, die weiter durchgeführt werden können, 
in erster Linie von Lüftung und Reinlichkeit. Die schulärztliche Überwachung 
darf nicht nachlassen. Kriegsschäden sind zu befürchten. Zunächst verwildert 
nach den bisherigen Erfahrungen die Jugend leicht. Mangelnde Erziehung und 
Aufsicht, Feblen genügend zahlreicher Lehrer, frühes Verdienen, tägliches Erleben 
von Wuchern, Hamstern und Schmuggeln wirken entsittlichend. Schule und geist- 
liche Erziehung müssen hier eingreifen. 

Auf körperlichem Gebiete ist zunächst durch vernünftig geleitete Mehrarbeit 
der Kinder besonders in Feld und Garten kein Schaden zu befürchten. Die Frage 


238 Kongress- und Vereinsberichte. 


der Bekleidung ist ohne wesentliche Bedeutung. Wichtig ist gute Hautpflege. 
Die wichtigste Frage ist die der Ernährung. Auf dem Lande herrschte bisher 
kein Mangel. In Städten sind Mängel hervorgetreten. Es ist aber zu betonen, 
dass ernstliche Schädigungen der Kinder bisirer nicht vorgekommen sind. Die 
Schulspeisungen haben sich als ausserordentlich segensgreich erwiesen. Eines der 
wichtigsten Mittel zur Hebang des Ernährungszustandes der Grossstadtkinder 
ist ihre Hinausbringung auf das Land. Die Durchführung dieser Massregel im 
grossen ist ein Ruhmesblatt für die deutsche Landwirtschaft. 

Rechtzeitige und tatkräftige Vorbeugung wird imstande sein, auch weiterhin 
Schädigungen der Schulkinder durch die Folgen des Krieges zu verhüten. 


Land- und Volkskraft. Vortrag Schmittman ausgefallen. Bericht- 
erstatter Linden - Bonn, Geschäftsführer des Deutschen Vereins für ländliche 
Wohlfahrts- und Heimatpflege, Prov.-Abteilung Rheinprovinz, weist in seinen von 
treffenden Beispielen begleiteten Ausführungen darauf hin, dass es auf dem Lande 
vielfach an gesundheitlicher Aufklärung nnd Einrichtungen fehle. Er empfahl die 
Anstellung ländlicher Pflegerinnen, die bei Krankheiten und Unglücksfällen zur 
Verfügung stehen. An derartigen Pflegerinnen sind zur Zeit in der Rheinprovinz 
545 vorbanden. Die Landw. Vers.-Anstalt unterstützt die Sache durch Gewährung 
von Zuschüssen., 


Örtliche Organisation der Gesundheitspflege auf dem Lande: Berichterstatter 
Oberbürgermeister Piecq, M.-Gladbach. Aus den Schulen sollen gesunde Menschen 
ins Leben treten. Dazu müssen Ärzte und Verwaltungsbeamte zusammenwirken, 
die im Verein mit den Baumeistern das Schulproblem zu lösen haben. Die Or- 
ganisation der Gesundheitspflege auf dem Lande ist Sache der ländlichen Bürger- 
meister. 

In der folgenden Aussprache wies Prof. Krautwig-Cöln darauf hin, dass 
die Tuberkulose im Kriege nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Lande 
zugenommen habe. 


10. Sitzungen des Hamburger ärztlichen Vereins vom 5. Juni 1917, 
19. Juni 1917 und 3. Juli 1917. 


(Referent: W. Schultz- Hamburg.) 


Herr Wichmann berichtet über einen Fall von erfolgreicher „Eigenex- 
traktbehandlung“ eines Patienten mit in geschwürigem Zerfall begriffener 
Hauttuberkulose der linken Wange und Augenlider. Der Extrakt wurde aus einer 
exstirpierten Halsiymphdrüse hergestellt. Es erfolgte tadellose Abheilung mit 
Narbenbildung. 

Im Anschluss hieran spricht Autor über chemotherapeutische Be- 
handlung von Lupus, Haut- und Schleimhauttuberkulose vom Blutwege her. 
Nachdem das Kupfer versagt hat, Arsen nur bei Tuberkuliden und Lupus ery- 
thematodes Erfolge gezeitigt hat, wurden Versuche mit Goldpräparaten angestellt. 
Das Aurum-Kalium cyanatum lässt zwar eine deutliche, aber geringe Beeinflussung 
tuberkulöser Prozesse erkennen, hat aber bei grösseren Dosen schädliche Neben- 
wirkungen. Mit dem Kantharidin-Äthylendiaminaurozyanid wurde eine gute Rück- 
bildung eines Falles von Rachenschleimhauttuberkulose erreicht, doch hat dieses 
Mittel bei Lupus versagt, auch ist es nicht unschädlich. Versuche mit dem 
Natriumsalz einer Aminoaurophenolkarbonsäure (Höchster Farbwerke, Präparat 
Nr. 1423) haben eine sehr starke Affinität zur Tuberkulose ergeben. Bei einem 
37 jährigen Mädchen mit primärer ulzeröser Genitaltuberkulose, das jahrelang ver- 
geblich behandelt worden war, wurde ein sehr guter Rückgang — praktisch Hei- 
lung — erzielt. In einem andern Falle schloss sich eine tuberkulöse Knochenfistel 

vorübergehend. In einem weiteren Falle wurde die Abheilung einzelner Lupus 
knötchen beobachtet. 





Kongress- und Vereinsberichte. 239 


Mikroskopisch hat das Gold eine irritierende und neubildende Wirkung auf 
die Kapillaren, aber keine spezifische Wirkung auf Tuberkelbazillen. Autor demon- 
striert an Lichtbildern die enorme Neubildung von Kapillaren und starke Leuko- 
zytose. 

In der zweiten Sitzung teilt Herr Knack seine Erfahrungen über Erkran- 
kungen nach Gasangriffen mit. Die betreffenden Soldaten bieten oft ganz 
geringfügige klinische Symptome, das Ergebnis der physikalischen Untersuchung 
ist durchaus uncharakteristisch, stellenweise hört man leises Giemen und Knacken. 
Von grosser Wichtigkeit ist die Röntgenuntersuchung. Man sieht zahlreiche Ver- 
dichtungen, welche peribronchitischen Prozessen entsprechen. Oft ent- 
stehen aber auch ernste Krankheitsbilder mit schweren toxischen Erscheinungen, 
Lähmungen, Psychosen, meist wohl im Anschluss an Hirnblutungen. Bemerkens- 
wert ist ein Fall, bei dem der Ausbruch einer manifesten Lungentuber- 
k ulose einem Gasangriff folgte. Der betreffende Patient hatte sich vor dem An- 
griff immer gesund gefühlt und nur selten an einem leichten Bronchialkatarrh 
gelitten. Der Gasangriff spielt hier natürlich nur die Rolle des auslösenden Mo- 
ments, 

In der Sitzung vom 3, Juli berichtet Rumpel: Über Ödem-Erkran- 
kungen. 

In der Diskussion spricht Herr Nocht über die Folgen der durch die 
Kriegsverhältnisse bedingten Ernährungsschwierigkeiten. Die Mortalität 
vieler Krankheiten, auch der Tuberkulose, hat in Hamburg namentlich in der 
Zeit der grössten Schwierigkeiten, nämlich in den ersten Monaten dieses Jahres, 
erheblich zugenommen. Die erhöhte Tuberkulosesterblichkeit ist nicht gleich- 
bedeutend mit einer Zunahme der Zahl der Erkrankungen. 


11. Kaiserl. und Königl. Gesellschaft der Ärzte in Wien. 
(Referent: A. Baer.) 


a) Sitzung vom 13. April 1917. 


L. Wiek: Zur Behandlung der Tuberkulose mit Partialanti- 
genen von Much-Deycke, 

Vortr. hat die sogenannte Titrierung mit Partialantigenen bei verschiedenen 
Fällen von Lungen-, Kehlkopf-, Drüsen-, Knochentuberkulose vorgenommen. Er 
bestätigt die von den Autoren gefundenen Unterschiede in dem Masse und der 
Art der Reaktion gegenüber den einzelnen Partialantigenen, und zwar je nachdem 
eine schwere oder leichte Erkrankung, eine Tuberkulose der Lungen oder der 
äusseren Organe vorliegt. Abgesehen von der Frage nach der spezifischen Natur 
dieser Reaktion erhält man ein Bild der Reaktionsfähigkeit des Organismus und 
damit auch seiner Abwehrkraft gegenüber der Tuberkulose, wie dies bisher nicht 
zu verenschaulichen war. In schweren Fällen versagte auch diese Methode, doch 
wird es in den ersten Graden der Krankheit möglich sein, das Fortschreiten des 
Prozesses zu verhindern, indem man sich periodenweise durch die Titrierung von 
dem Masse des Abwehrvermögens des Organismus überzeugt und dementsprechend 
nachhilft, wobei nicht bloss die spezifischen Mittel eine wirksame Behandlung 
darstellen, sondern die physikalisch-diätetischen Massnahmen auch allein eine 
heilende Wirkung entfalten können. Über die Erfolge der bei Larynxfällen be- 
gonnenen Behandlung kann wegen Kürze der Behandlungsdauer noch nichts 
Bestimmtes ausgesagt werden. 

v. Haberer-Innsbruck berichtet kurz, dass Steyrer Jie Methcde studiert 
und sich gute Erfolge von derselben verspricht. 


b) Sitzung vom 20. April 1917. 


Karl Reitter: Vagotonischer Magen und Tuberkulose (s. Ref. 
Nr. 350). 


240 Kongress- und Vereinsberichte. 


Aussprache: 

Gustav Singer (s. Ref. Nr. 351). 

Schnitzler: Schon oft sind bei Vagotonikern resp. Tuberkulösen Operationen 
unter der Annahme, dass ein Ulcus ventriculi vorliege, gemacht worden. Viel häufiger 
ist eine andere Fehldiagnose mit chirurgischer Konsequenz bei latent Tuberkulösen, d. i. 
die Diagnose auf sogenannte chronische Appendiziti=m. Vage abdominelle Be- 
schwerden, Druckempfindlichkeit in der Ileozökalgegend mit abendlichen Temperatur- 
steigerungen haben zu der erwähnten Diagnose und chirurgischer Folgerung geführt. 
Gerade diese abendlichen Temperatursteigerungen haben den Redner schon vor Jahren 
zur Annahme gedrängt, dass es sich um eine larvierte Tuberkulose handele, Er 
empfiehlt als diagnostisches Hilfsmittel für solche Fälle die Ophthalmoreaktion nach 
Calmette. 

Moritz Weisz betont den grossen Wert der Pirquet’schen Reaktion in der- 


artigen Fällen. 


12. Wiener Dermatologische Gesellschaft. Sitzung vom 16. Nov. 1916. 
(Referent: A. Baer.) 


Alex. Cemach berichtet über 5 Fälle von Psoriasis (alle kompliziert 
mit Lungentuberkulose), die — unter Vermeidung jeder anderen Therapie — 
durch Injektion von Tuberkulomuzin Weleminsky geheilt wurden. 
Beim ersten Falle wurde die günstige Wirkung zufällig entdeckt. Bei 3 Fällen 
deutliche Herdreaktion in Form eines hellroten Saumes um die Effloreszenzen 
unter Zunahme des Juckreizes. In 3 Fällen prompte Heilung nach 3 bis 5 In- 
jektionen; in 2 Fällen langsame Heilung (15 bis 18 Injektionen). Bei allen Kranken 
bestand das Leiden durch mehrere Jahre und bisherige Behandlung blieb erfolglos. 
Weitere 2 Fälle reagierten nicht und blieben unbeeinflusst. Vortragender ist der 
Ansicht, dass ein Zusammenhangzwischen Psoriasisund Tuberkulose 
sich nicht von der Hand weisen lasse und dass die seinerzeit erfolgte Ablehnung 
dieses Standpunktes einer Revision unterzogen werden sollte. 


Aussprache: ` 

Nobl: Die tuberkulöse Atiologie der Psoriasis wurde schon vor vielen Jahren 
ventiliert, wiederholt verfochten und als jeder Grundlage entbehrend zurückgewiesen. 
Zieler hat nachgewiesen, dass Psoriatiker auf Tuberkulin diagnostisch und therapeutisch 
negativ reagieren und dass die Effloreszenzen im Tierversuch keine Tuberkulose hervor- 
rufen. Es wird sich erst zu erweisen haben, ob vom Tuberkulomuzin bei gehäufter 
Anwendung, auch bei nichttuberkulösen Individuen, gleiche Heileffekte erzielt werden. 
Auf keinen Fall ist man berechtigt, spezifische Antigen-Antikörper- 
wirkung anzunehmen, da Psoriasis nicht Tuberkulose ist. 

Oppenheim: Die supponierte Wirkung des Tuberkulomuzin wäre vielleicht so 
zu erklären, dass bei den Tuberkulösen Bazillen im Blute kreisen, in der psoriatischen 
Effloreszenz in vermebrter Anzahl deponiert sind und als Antigene auf das Tuberkulo- 
muzin spezifisch wirken, wodurch es zu gesteigerter Hyperämie in der Eiffloreszenz 
kommt. Damit könnte man das Schwinden der Effloreszenz bei Tuberkulösen erklären. 

Müller: Dass es sich bei Psoriasis nicht um Tuberkulide handelt, geht schon 
aus der Schnelligkeit der Heilwirkung hervor. M. hält es für sicher, dass in den 
vorgestellten Fällen eine unspezifische Proteinkörperreaktion vor- 
liegt. 
. Ehrmann: Die lokale Reaktion kann wohl auf die Proteinwirkung bezogen 
werden, Es wäre notwendig, auch eine Anzahl Psoriatiker zu behandeln, die nicht 
tuberkulös sind, 


Berichtigung. 


In Heft 4 Jahrg. 11 Ref. Nr. 233 Seite 118 Zeile 3 muss es anstatt „ungünstig“ 
„günstig“ heissen. 








m en m —— mm 
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


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Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder 


Ärztlicher Direktor des Allgem, 0. 8. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg, 








I. 


Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
Redaktion: Verlag 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Würzburg. 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. 


Ludwigstrasse 231/,. 


= mm-R-RBR mm m nn 


11. Jahrg. Ausgegeben am 31. August 1917. Nr. S. 
amaaa a = = Sen 


Inhalt. 





Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 


Bosch, 8, E. C. 250. v. Hayek, H. 254. Kronberger, H. 249. Reyn, A. 250, 251. 

Carol, W. L. L. 243. Hoffmann, E. 242. Labor, M. 255. Sanders-Azn, J. 247. 

Collin, E. 252. Holló 248. Michaëlis, F., 244. Schmidt, V. 252. 

v. Dorp-Beucker, D. B.| Holst, A. 248. Mol, C. M. 2353, Schmitz, K. E. F. 245. 
252. Hooke, E. 243. Neuhaus 254. Sitsen, A. E. 247. 

Ernst, N. P. 251, 251. | Jennicke, E. 242. Oldenburg, Ph. 251. Soein, Ch. 243. 

Geigel 244, Kinghorn, H. M. 212. Praetorius, G. 248. Voorhoeve, N. 249. 

v. Gils, J. B. F. 246. Kirch, A. 256. 


Referate. 
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. 


412. Hoffmann, Tuberkuloseähnliche 
Gewebsveränderungen bei Syphilis, Lepra und 
Sporotrichose. — 413. Kinghorn, Appendicitis 
and Pulmonary Tubereulosis. — 414. Jennick 0, 
Seltene patholcgisch-anatomische Befunde. — 
415. Soein, Ausgedehnte Pneumomalacie bei 
chronischer Lungentuberkulose. — 418. Carol, 
Jets over de beteekenis der Immuniteit, Allergie 
en de Moro-reactie voor de Dermatologie. — 
417. Hooke, Die Leukozytenformel des Tuber- 
kulinpapelblutes. — 418. Geigel, Das Mass 
der Lungenlüftung. — 419. Michaölis, Wie 
beeinflusst Erhöhung dər Körpertemperatur die 
Atmungsfrequenz ? 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


420. Schmitz, Über die säurefesten 
Trompetenbazillen. — 421. Rapport van de 
Commissie inzake het onderzoek naar de Patho- 
genese van de Longtuberkulose. — 422. v.Gils, 
Opmerkingen naar Aanleiding van het rapport 
der Commissie inzake het onderzoek naar de 
Pathogenese der Longtuberkulose. — 423. San- 
ders-Azn, Biidrage tot de Kennis omtrent 
de Sterfte aan Tuberkulose te Rotterdam over 
de jaren 1902-1914. — 424. Sitsen ‚Over 
Tuberkulose bij de Inlanders in Nederlandsch- 
Indië. — 425. Holst, Die Lungentuberkuiose 
im nördlichsten Amte Norwegens, Finmarken. 


c) Diagnose und Prognose. 


426. Hollo, Budokəsz, Neue Methode zur 
Beurteilung subfebriler Temperaturkurven im 





Verlaufe der Tuberkulose. — 427. Praetorius, 
Tagesschwankung der K örpertemperatur. — 

28. Kronberger, Das Prinzip der Gram- 
schen Färbung als Grundlage einer prognostisch 
allgemein verwertbaren Urinprobe — 429, 
Voorhoeve, Köntgenologinche diagnose van 
eon kalkhoudende phthisische Caverne in de 
borenpool van de nier. — 430. Bosch, Over 
de Diazoreactie en de Permangaanreactie bij 
tuberculosis pulmonum. 


d) Therapie. 

431—433. Reyn und Ernst, Anwendung 
künstlicher Lichtbäder bei Lupus vulgaris und 
bei chirurgischer Tuberkulose. — 434. Olden- 
burg, Lichtbehandiung der Tuberkulose — 
435. Schmidt, Vorläufige Resultate der Licht- 
behandlung bei Lungentuberkulose und ehirur- 
gischer Tuberkulose, — 4386, Collin, Eine licht- 
biologische Beobachtung. — 437. v. Dorp- 
Beucker, Behandeling van verschillende 
vormen van Tuberkulose met Zonlicht. — 438. 
Mol, Kunstmatig Zonlicht bij Tuberkulose. 


0) Tuberkulorne und Krieg. 

439. Neuhaus, Behandlung der Kriegs- 
nährschäden und der Initialtuberkulose. — 440. 
v. Hayek, Die schematische Liegekur bei der 
Bebandlung Tuberkulöser leichterer Krankheits- 
stadien, speziell bei der Behandlung tuberku- 
löser Soldaten. — 441. Labor, Das tuberkulöse 
Halslymphom im Kriege. — 442. Kirch, Or- 
ganisstorisches zur militärischen Tuberkulosen- 
beurteilung. — 443. Ders,, Mitteilungen aus 
dem „Genesungsheim“ Abt. Ia. 


Internat. Centraibl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 16 


242 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Referate. 


— 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


412. E. Hoffmann, Tuberkuloseähnliche Gewebsveränderungen 
bei Syphilis, Lepra und Sporotrichose. D. m. W. 1917 Nr. 26. 
Zusammenfassung: „Tuberkuloide Strukturen kommen im Haut- und 
Unterhautgewebe nicht nur bei Tuberkulose, sondern auch bei Syphilis, 
Lepra, Sporotrichose und anderen Pilzerkrankungen vor; mitunter kann 
durch die Syphilisspirochäte selbst das Bild des Boeck’schen Sarkoids 
(Miliarlupoids) hervorgerufen werden. 

Nicht nur doch sorgfältige Untersuchungen am Menschen, sondern 
auch durch das Experiment am Kaninchenauge ist der Beweis erbracht 
worden, dass das Syphilisvirus an sich tuberkelähnliche Gewebsverände- 
rungen zu erzeugen vermag. Bei der histologischen Diagnose der Tuber- 
kulose müssen diese Erfabrungen zur Verhütung verhängnisvoller Irr- 
tümer beachtet werden.“ C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


413. Hugh M. Kinghorn -Saranac Lake N.Y., Appendicitis and 
Pulmonary Tuberculosis. Journ. of the Amer. Med. Associa- 
tion, 16. Dez. 1916, Bd. 67 S. 1842—1845. 

Die Appendizitis tritt bei Lungentuberkulose in derselben Häufigkeit 
auf wie bei gesunden Menschen, und zwar hier wie dort am häufigsten 
bis zu einem Alter von 30 Jahren. Die Prognose wird durch die Lungen- 
tuberkulose nicht wesentlich verschlechtert, vorausgesetzt, dass der All- 
gemeinzustand ein günstiger ist. Die Narkose hat auf die Lungener- 
krankung Rücksicht zu nehmen, zu empfehlen ist Chloroform in der 
Hand eines erfahrenen Narkotiseurs, aber noch besser nach Verf. Meinung, 
die Kombination von Lachgas und Sauerstoff. Reine primäre tuberkulöse 
Appendizitiden sind sehr selten, reine sekundäre Appendizitiden kommen 
schon eher vor, doch sind sie gewöhnlich mit mehr oder weniger ausge- 
dehnten tuberkulösen Darmerkrankungen vergesellschaftet. Die Differen- 
tialdiagnose zwischen Darmtuberkulose im Bereiche der Ileozökalklappe 
und chronischer nichttuberkulöser Appendizitis kann Schwierigkeiten machen. 
— Es folgen Auszüge aus Krankengeschichten von 43 Fällen von 
Appendizitis bei Lungentuberkulose, von denen 28 operiert wurden. Unter 
diesen war der Appendix 7mal tuberkulös erkrankt, in einigen Fällen 
ohne nachweisbare Erkrankungen der übrigen Darmabschnitte. Ein Fall 
mit ausgedehnter Darmtuberkulose starb 3 Tage nach der Operation, 
3 Fälle 4 Monate bis 4 Jahre nach der Operation, während 3 Fälle bis 
zum Bericht günstig verliefen. Hans Müller. 


414. E. Jennicke, Seltene pathologisch- anatomische Befunde. 

D. m. W. 1917 Nr. 25. 

2. Zusammentreffen von Magenkrebs und tuberkulöser Perikarditis. 
— Das Zusammentreffen von Krebs und Tuberkulose ist an sich schon 
selten [einen Fall von bereits inoperablem Magenkrebs bei offener fort- 
geschrittener Lungentuberkulose habe ich selbst vor kurzem beobachtet. 
Ref.], das von tuberkulöser Perikarditis und Magenkrebs recht ungewöhn- 
lich. C. Kraemer II, Wilbelmsheim., 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 243 


415. Ch. Socin, Über ausgedehnte Pneumomalacie bei chronischer 
Lungentuberkulose. Zbl. f. Path. 28. 1917 Nr. 4. 


Es handelt sich um einen Fall von Lungentuberkulose, der sich 
klinisch durch seinen raschen Verlauf ausgezeichnet hatte. 

Auffallend am anatomischen Befund im rechten Mittel- und Unter- 
lappen sind zwei Punkte: 1. die eigentümliche diffuse Auflockerung des 
ganzen Lungengerüstes unter Bestehenbleiben zahlloser sehr dünnwandiger, 
miteinander kommunizierender Hohlräume oder zarter, reichverzweigter 
Faserbüschel aus feinen, teilweise nekrotischen Gefässen; 2. die starke 
Verflüssigung der in dem Maschenwerk eingeschlossenen Käsemassen. 

Eine befriedigende Erklärung konnte nicht gegeben werden, da weder 
thrombotische Prozesse in den Lungenarterien gefunden wurden, noch die 
in grosser Masse nachweisbaren Streptokokken die Verflüssigung herbei- 
geführt haben konnten, da Fäulnis nicht vorhanden war; eine fermenta- 
tive Zersetzung durch Leukozyten konnte ausgeschlossen werden, da der 
Leukozytengehalt nicht beträchtlich war. Auch die chemische Untersu- 
chung auf Aminosäuren führte zu keinem Resultat, da aus den Zahlen 
für die zwei morphologisch so verschiedenartig veränderten Lungenpartien 
nichts hervorging. Werner Bab, Berlin. 


416. W. L. L. Carol, Jets over de beteekenis der Immuniteit, 
Allergie en de Moro-reactie voor de Dermatologie. Nederl. 
Tijdschr. voor Geneesk., 22. April u. 29. April 1916. 


Verf. bespricht in ausführlicher Weise die unterschiedlicheu Anschau- 
ungen über Immunität und Allergie. Hierauf folgt eine übersichtliche 
Zusammenfassung der Ergebnisse der Moro’schen Reaktion bei 50 Fällen 
von Hautkrankheiten. Die Reaktion erwies sich mehr spezifisch für die 
Tuberkulide als für die Tuberkulosen. Bei Lupus vulgaris war sie ne- 
gativ, höchstens schwach positiv; bei Tuberculosis cutis negativ. Bei 
Erythema induratum, Lupus pernio und erythematodes, bei Pityriasis 
rubra pilaris, Pityriasis lichenoides chronica, bei Pityriasis rosea, Psoriasis, 
Erythema nodosum, Neurodermitis, Ekzema,impetigenosum acutum, Ekzema 
seborrhoicum folliculare, Lichen tricbophyticus, Verrucae vulgares war sie 
negativ. Bei Lichen scrophulosorum ist sie regelmässig positiv; sie wechselt 
bei papulonekrotischen Tuberkuliden. Sie kann positiv sein bei Lichen 
nitidus. Bei Syphiliden ist sie in der Regel negativ, kann jedoch auch 
positiv sein. J. Peerenboom. 


417. Edm. Hooke-Komotau, Die Leukozytenformel des Tuber- 
kulinpapelblutes. W. kl. W. 1917 Nr. 22. 


Die Veränderungen der Leukozytenzahl und des Verhältnisses der 
einzelnen Leukozytenformen zueinander (Leukozytenformel) unter dem 
Einflusse der tuberkulösen Infektion sind wiederholt studiert worden. Die 
Resultate sind nicht übereinstimmend, weil Mischinfektionen aller Art, 
spezifische Erkrankung der blutbildenden Apparate selbst, der wechselnde 
Immunitätszustand des Organismus das Blutbild jeden Augenblick ver- 
ändern können. 

Deshalb versuchte der Verf. die Leukozytenformel des Tuberkulin- 
papelblutes zu erforschen, in der Erwartung, dadurch vielleicht Anbalts- 


16* 


244 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, 


punkte über eine Reihe von Fragen, wie Tuberkulinempfindlichkeit, 
Aktivität des Prozesses, Prognose zu gewinnen. 

1. Impfung mit Alttuberkulin ergab: Das Blut der Tuberkulin- 
papel weist in der Regel eine deutliche Vermehrung der Lymphozyten 
auf; diese Vermehrung findet sich bei leichten und schweren Fällen in 
gleicher Weise und ist von der Konzentration des verwendeten Agens 
unabhängig. 

2. Impfung mit Bazillenemulsion und 

3. mit Partialantigenen ergab ähnliche Verhältnisse, 

Es zeigt also das Tuberkulinpapelblut eine mehr oder minder starke 
Lympbozytose. Die Eosinophilen zeigen normale Werte. Eine progno- 
stische Bedeutung kommt dem Befunde nicht zu. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


418. Geigel, Das Mass der Lungenlüftung. M. m. W. 64. 1917 

N. 790—791. 

Die spirometrische Messung gibt keinen Aufschluss darūber, zu 
welcher mechanischen Leistung die Atmungsorgane eines Menschen 
befähigt sind. Das dynamische Mass soll festgestellt werden, das 
ist die Menge Luft, die ein Mensch bei Anstrengung und stär- 
kerem Luftverbrauch äussersten Falles in der Minute ein- und 
ausatmen kann. G. misst diese Luft dadurch, dass er Luft 
durch einen Schlauch in ein Trompetenventil blasen lässt, dessen einer 
Schenkel in die freie Luft mündet, dessen anderer zum Spirometer führt, 
Der zu Prüfende bläst 20 Sekunden lang Luft in den Schlauch, 3 mal 
wird Luft in das Spirometer geleitet. Gezäblt werden die Atemzüge in 
20 Sek., abgelesen am Spirometer die Summe dreier Atemzüge. Das 
Produkt ergibt die Luftzufuhr in 1 Minute (La = die absolute Lungen- 
lüftung). Die Zahl der Atemzüge sowie das Volumen sind recht verschieden. 
Es lässt sich so aber die Fähigkeit bezüglich der absoluten Lungenlüftung 
prüfen und zahlenmässig festlegen. 

Um den Atemmechanismus bei grösseren Anstrengungen zu prüfen, 
muss die mechanische Arbeit berücksichtigt werden, die vom Körper- 
gewicht abhängig ist. Die Menge des benötigten O ist direkt pro- 
portional dem Körpergewicht. Daraus ergibt sich: relative Lüftung 
(Lr) = ne en Die im Mittel gefundenen Werte betragen 
Lr = 0,46 Liter. Soviel stehen für 1 kg Körpergewicht zu Verbrennungs- 
prozessen, also zur Leistung mechanischer Arbeit zur Verfügung, wenn 
möglichst stark geatmet wird. 

Durch diese Berechnung kann die Leistungsfähigkeit eines Mannes 
beurteilt werden. Nach G. ergeben alle Werte bis Lr = 0,25 noch volle, 
unter 0,25 nicht mehr — jedenfalls zeitlich nicht mehr — volle Ver- 
wendbarkeit. Bredow, Ronsdorf. 





419. Franz Michaölis, Wie beeinflusst Erhöhung der Körper- 
temperatur die Atmungsfrequenz? Inaug.-Diss. Berlin 1916. 
Der Einfluss der Körpertemperatur auf die Respirationsfrequenz ist 
eine sehr geringer. Die Atniungsfrequenz steigt bei Temperaturanstieg 
auf 38 und 399° um 2—3 Atemzüge, auf 40—41° um 3—5 Atemzüge. 


Ätiologie und Verbreitung. 245 


Es gibt auch Fälle, bei denen sie durch den Temperaturanstieg unbeein- 
flusst bleibt, 

Durch gleichlaufende Schädigungen des Respirationstraktus oder des 
Kreislaufes veranlasst, steigt die Atmungsfrequenz durchschnittlich etwas 
mehr an. Hans Müller. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


420. K.E. F. Schmitz, Über die säurefesten Trompetenbazillen. 
I. Mitteilung. Zschr. f. Hyg. 80. 1915. 


Verf. geht von der Entdeckung von säurefesten Bazillen in Trom- 
peten durch Jacobitz und Kayser aus. Diese Autoren fanden in 27 
von 29 Blechinstrumenten grosse Mengen säurefester Bazillen. Von den 
mit dem Schleim von 22 Instrumenten gespritzten Meerschweinchen er- 
krankte nur ein einziges an Tuberkulose, und dieses eine war mit dem 
Schleim aus einer Trompete eines tuberkulösen Musikers gespritzt worden. 
Für die Tuberkulosediagnose von grosser Wichtigkeit ist die Tatsache, 
dass Jacobitz und Kayser diese eäurefesten Bazillen mehrmals im 
Mund- und Rachenschleim von Trompetern nachweisen konnten. Hey- 
mann und Seidel beobachteten im Tierversuch Schwellung und Ver- 
käsung regionärer Drüsen. Verf. stellt nun fest, dass diese „Trompeten- 
bazillen“ nur in benutzten Instrumenten vorkomnen. Er glaubt, dass 
die Bazillen bei der Reinigung aus Wasserbähnen in die Trompeten ver- 
schleppt werden, oder beim Einschmieren der Ventile mit Butter und an- 
deren Fetten in die Trompeten hineingelangen. Die Bazillen wachsen 
auf allen glyzerinhaltigen für die Tuberkelbazillen gebräuchlichen Nähr- 
böden. Kulturell, morphologisch und in der Färbbarkeit hatten sie grosse 
Ähnlichkeit mit Tuberkelbazillen. In dem Verhalten der Säure- bezw. 
Alkalibildung kommen die Trompetenbazillen dem Typus humanus nahe, 
Weitere Versuche, insbesondere Tierimpfungen, sind noch nicht abgeschlossen. 


W. Schultz, Hamburg. 


421. Rapport van de Commissie inzake het onderzoek naar de 
Pathogenese van de Longtuberkulose. Nederl. Tijdschr. voor 
Geneesk., 19. Febr. 1916 


Das Komitee (ernannt in der 58. Tagung der Nederl. Mij. tot 
bevordering der Geneeskunde) hatte nachstehende Frage zu beantworten: 
Unter welchen Umständen führt die tuberkulöse Infektion zum Ausbruch 
tuberkulöser Krankheiten, insbesondere der Lungentuberkulose? Die 
Arbeit des Komitees (mittelst Fragelisten an mehrere praktische Ärzte 
gesandt und von diesen letzteren beantwortet) dauerte 9 Jahre und um- 
fasst nun 1510 Fälle, grösstenteils Fälle von Lungentuberkulose. 

Schlussfolgerungen: 

Das Geschlecht hat offenbar keinen Einfluss. Ein besonderer Einfluss 
der Ehe war nicht festzustellen. Das am meisten gefährdete Alter ist 
das von 14—40 Jahren. Bei den darauf untersuchten Patienten wurden 
Tuberkelbazillen in 56°/o der Fälle gefunden. Die klinischen Beschwerden, 
die die Kranken zum Arzt führten, waren in 53°/o der Husten, in 16 °/o 
eine Hämoptoe. Nur 36°/o der Patienten suchten ärztliche Hilfe inner- 


246 Ätiologie und Verbreitung. 


halb eines Monats nach dem ersten Auftreten der Beschwerden; 50°/o 
aber konsultierten sogar noch nicht nach einem Jahre für ihre klinischen 
Beschwerden den Arzt. In bezug auf den Einfluss der gesellschaftlichen 
Lage und der‘ Ernährung erlaubten die Ziffern keine Schlussfolgerung; 
In 38°/o von 204 Fällen ging dem Ausbruch der klinischen Erscheinungen 
der Tuberkulose eine akute Infektionskrankheit vorher, namentl. in 23% 
eine Infiuenza; in 11°/o ging Abortus, Gravidität oder Wochenbett vorher; 
6°/o aller Patienten begingen Exzesse in Baccho oder Venere oder im 
Sport; nur 28°/o waren Alkoboliker; vielleicht haben auch Mühe und 
Sorgen einen gewissen Einfluss. Über den Einfluss von Jugendkrank- 
heiten (Keuchhusten usw.) ergab die Statistik keine Anhaltspunkte, Nur 
2,52 °/o hatten früher an Knochen- oder Drüsentuberkulose gelitten; dieses 
Faktum würde eine Stütze sein für die Auffassung, dass die jugendliche 
Knochen- oder Drüsentuberkulose eine gewisse Immunität für Lungentuber- 
kulose schafft. Die Skrofulose wird aber besonders besprochen und er- 
gab sich als anwesend in der Jugend von 22°/o der Patienten. Kinder- 
reichtum der Familie und das Auftreten der Tuberkulose stehen in solcher 
Beziehung zueinander, dass die meisten Tuberkulösen aus Familien kommen 
mit vielen Kindern. Im allgemeinen erscheint die Tuberkulosegefahr für 
die ältesten Kinder aus Familien mit tuberkulösen Eltern am grössten zu 
sein. Die Dienstbarkeit jüngerer Mädchen ergibt eich als ein ungünstiger 
Faktor. Namentlich bei Mädchen erwies sich ein geringer Appetit als 
Krankheitszeichen oder als prädisponierender Faktor. Die Berufe der 
Buchdrucker, Lithographen, Holz-, Korkholz-, Strob- und Metallarbeiter, 
auch die der Geschäfts- und Handlungsbedienten erwiesen sich als uu- 
günstig; der Ackerbau erwies sich, auch für die Frauen, als besonders 
günstig. Von den weiblichen Berufsarten erwiesen sich als sehr ungesund 
die Berufe der Schneiderinnen, Krankenpflegerinnen und der Dienstboten. 
Von den Wohnungsverhältnissen sind besonders wichtig: die unrichtige 
Lage der Wohnung (namentlich der Mangel an Sonnenlicht), das Zusam- 
menschlafen (in demselben Zimmer oder Bett) zweier oder mehrerer Per- 
sonen; insofern eine Infektionsquelle genannt wurde (namentlich 68 °/,) 
ergab sich diese in 54°/o als anwesend bei den Hausgenossen. Der Here- 
dität soll ein Einfluss nicht ganz und gar abgesprochen werden, wie 
gross aber dieser Einfluss ist, ergab sich nicht aus den Ziffern. 
J. Peerenboom. 


422. J. B. F. v. Gils, Opmerkingen naar Aanleiding van het 
rapport der Commissie inzake het onderzoek naar de patho- 
genese der Longtuberkulose. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk., 
11. März 1916. 


Verf. bemerkt zum oben stehenden Rapport, dass die Sterblichkeit 
von Männern und Weibern in den verschiedenen Lebensaltern 
ausser acht gelassen ist. Auf Grund einer Statistik von 1239 Todes- 
fällen teilt er nun mit, dass die Sterblichkeit in der Jugend bei Frauen 
unzweifelbar grösser ist als bei Männern; dass von 20—49 Jahren die 
Sterblichkeit bei den beiden Geschlechtern gleich gross ist, aber im 
Alter jenseits der 50 Jahre die Sterblichkeit bei Männern überwiegt. 

J. Peerenboom. 


Ätiologie und Verbreitung. 247 


423. J. Sanders-Azn, Bijdrage tot de Kennis omtrent de Sterfte 
aan Tuberkulose te Rotterdam over de jaren 1902—1914. 
Nederl. Tijdschr. voor Geneesk., 3. Juni 1916. 

Von 1000 gestorbenen Männern starben 131, von 1000 gestorbenen 
Frauen 124 an Tuberkulose. Die infizierten männlichen Individuen bieten 
der Infektion in den ersten Lebensjahren weniger Widerstand als die 
weiblichen; in den Pubertätsjahren ist die Widerstandskraft der Frauen 
geringer. Im beginnenden Senium überwiegt die Sterblichkeit der Männer. 
Bei den Männern zeigt die Sterbelinie einen doppelten Gipfel, und zwar 
zwischen dem 20. und 24. und zwischen dem 55. und 59. Lebensjahre; 
der Pubertätsgipfel bei den Frauen liegt zwischen dem 15. und 19. Lebens- 
jahr, der Altersgipfel zwischen dem 60. und 64, Ausserdem zeigt die 
Sterbelinie der Frauen noch je einen Gipfel zwischen dem 30. und 34, 
und dem 45. und 49. Jahre. Die Sterblichkeit an Tuberkulose hat abge- 
nommen bei den Männern von 210,1 auf 143,3 (31,9 °/o), bei den Frauen 
von 176,9 auf 137,2 (22,7°/0). Bei den Frauen unter 20 Jahren ist 
die Sterblichkeit um 12°/o, bei den Männern und Frauen zwischen 20, 
und 49. Jahr um 48°/o resp. um 19°/o gesunken. Die übrigen Sterbe- 
linien zeigen keinen wesentlichen Abfall. Die grösste Zahl der Todes- 
fälle an Tuberkulose fällt auf die Monate Februar bis April, nur bei den 
Frauen, die das 49. Lebensjahr überschritten haben, fällt die Häufung 
auf die Zeit vom November bis Januar. Bemerkenswert, aber zur Zeit 
noch völlig unerklärlich, ist die geringe Sterblichkeit bei Juden und Re- 
formierten. J. Peerenboom. 


424. A. E. Sitsen, Over Tuberculose bij de Inlanders in Neder- 

landsch-Indië. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk., 7. Okt. 1916. 

Die Tuberkulosesterblichkeit beträgt in Holländisch-Indien 7,7 °?/o der 
Gesamtsterblichkeit. Wahrscheinlich ist die Zahl zu niedrig, Eine Zu- 
nahme der Tuberkulose ist nicht sicher nachweislich; wenn sie vorkommt, 
830 ist wahrscheinlich die zunehmende Verbreitung der Malaria die 
Ursache. Durch die Malaria wird die Widerstandskraft geschwächt. 
Nur in einem Teil der Fälle sieht man das bekannte Bild der Lungen- 
tuberkulose, in den übrigen Fällen treten aber die Läsionen anderer Or- 
gane, namentlich der serösen Häute, in den Vordergrund. Von 35 Sektionen 
werden die Abweichungen verschiedener Organe beschrieben: 1. Atmungs- 
organe: auch hier das bekannte wechselnde Bild der Lungentuberkulose, 
im allgemeinem kommen aber öfters die akuten Prozesee namentlich die 
tuberkulösen Pneumonien vor. 2. Verdauungsorgane: Niemals ergab sich 
eine primäre Darmtuberkulose, ausgiebige Läsionen der Leber sah Verf. 
nie. 3. Die serösen Häute waren öfters angegriffen, am meisten das 
Bauchfell. 4. Die Lymphdrüsen waren in fast allen Fällen befallen; oft 
war die Drüsenschwellung sehr stark, in vielen Fällen sah man eine gewisse 
Reihenfolge aneinander geschlossener infizierter Drüsen, am meisten von den 
Hilusdrüsen ausgehend nach oben (Halsdrüsen) und nach unten (periaor- 
tale Drüsen). 5. Milztuberkulose war in 12 Fällen anwesend. 6. Die 
Nierenrinde zeigt öfters wenig zahlreiche Herde, aber niemals sah Verf. 
eine ausgedehnte Nierentuberkulose. 7. In bezug auf die latente Tuber- 
kulose wurde bei 63 infolge anderer Krankheiten Gestorbenen 10 mal 
ein alter Lungenherd gefunden. 


248 Diagnose und Prognose. 


Den Ausgangspunkt bilden also in der Regel die Lungen und die 
Bronchialdrüsen. Der Verlauf scheint in den grösseren Städten (Batavia, 
Soerabaja) günstiger zu sein als an anderen Stellen des Landes. Vielleicht 
liegt unserer Meinung nach die Ursache hierfür in der stärkeren Rassen- 
mischung der Bevölkerung mit Europäern, die mit einer gewissen Immunität 
behaftet sind. Zur wirksamen Bekämpfung der Tuberkulose ist zunächst 
durch umfangreichere Untersuchungen ihr Verhalten in Indien genauer 
festzustellen, gleichzeitig sind die traurigen hygienischen Zustände, in 
denen die inländische Bevölkerung lebt, zu bessern. Obenan stebe aber 
die Belehrung der jugendlichen Einwohner in bezug auf die zur Zeit noch 
ganz und gar fehlenden hygienischen Begriffe. J. Peerenboom. 


425. Axel Holst, Die Lungentuberkulose im nördlichsten Amte 
Norwegens, Finmarken. Meddelelser fra den norke national- 
forening mat tuberkulosen. 

Die Tuberkulosesterblichkeit war in den Jahren 1910—1913 im 
ganzen Norwegen 1,73 pro Mille, und in Finmarken 2,44. Die Ursachen 
der grossen Tuberkulosesterblichkeit in diesem Amte sucht der Verf. in 
dem jungfräulichen Boden, der in diesem Amte gegen die in jüngster 
Zeit dahin importierte Tuberkulosekrankheit supponiert werden muss. 
Auch die schlechte häusliche und private Reinlichkeit dieser Gegenden 
spielt gewiss eine Rolle. 

Als Massnahmen schlägt der Verf. vor: Die Kranken mit ansteckenden 
Formen der Tuberkulose müssen in Tuberkulose- Krankenhäusern isoliert 
werden. Solche dürfen nicht in privaten Familien einlogiert werden. 

Die Ökonomie der Bevölkerung muss verbessert werden. 

Birger-®Overland. 


c) Diagnose und Prognose. 


426. Hollö, Budukesz, Über eine neue Methode zur Beurtei- 
lung subfebriler Temperaturkurven im Verlaufe der Tuber- 
kulose. Brauer’s Beitr. 36 H.2. 

Verf. versucht, um die Beurteilung mancher suspekten Fieberkurven 
zu erleichtern, eine individuelle Definition der normalen Temperatur zu 
geben und nennt diejenigen Temperaturen normal, die im entsprechenden 
Versuche durch Antipyretika nicht beeinflusst werden. Es wurde eine 
grössere Zahl von Kranken und Gesunden mit ähnlichen, gegen die Norm 
etwas erhöhten Temperaturkurven durch Antipyretika geprüft; ihre Klas- 
sifikation in Subfebrile und Afebrile, die sich aus diesem Versuche im 
Sinne der Definition ergab, zeigte sich in genauer Übereinstimmung mit 
dem eindeutig gewählten klinischen Befunde. Die Versuchstechnik ist 
im Original nachzulesen '), Autoreferat. 


427. G. Praetorius, Die Tagesschwankung der Körpertempe- 
ratur. D. m. W. 1917 Nr. 27. 
Verschiedene Beobachtungen von Kranken und Gesunden weisen 
darauf hin, dass ausser der Muskelarbeit und Nahrungsaufnahme noch 
andere Ursachen für den typischen Temperaturablauf eine Rolle spielen. 


1) H.'s Autoreferat ging uns als Berichtigung und Ergänzung des Referates 
von E. Leschke über dieselbe Arbeit (dieses Bl. XI H. 1 S. 11) zu. Red. 


IE mr 





Diagnose und Prognose, 249 


Verf. nahm bei einer Reihe von Patienten vergleichende Tempera- 
turmessungen vor beim Wechsel von „Sommerzeit“ und Normalzeit und 
teilt zwei typische Fälle mit, bei denen der Temperaturablauf von 4—65» 
p. m. im Oktober sich deckt mit dem von 5—6! p. m. im September, 
also mit der astronomisch entsprechenden Zeit, während sich die Tem- 
peraturen der „Nominalzeiten“ 5—6 denkbar konträr entgegenstehen. Es 
scheint also die Temperaturkurve den Wechsel von Sommer- zur Normal- 
zeit trotz gleichbleibender Lebensweise nicht mitzumachen, vielmehr mit 
der astronomischen Zeit weiterzugehen. Zwei Theorien können zur Deu- 
tung herangezogen werden, die „Gewöhnung“ wie sie schon von v. Lie- 
bermeister angenommen wurde, und, wie Verf, eher anzunehmen 
geneigt ist, die ursächliche Wirkung der Tageszeit selbst, also in letzter 
Linie die Abhängigkeit vom Höchststand der Sonne. 

C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


428. Hans Kronberger, Das Prinzip der Gram’schen Färbung 
als Grundlage einer prognostisch allgemein verwertbaren 
Urinprobe. D. m. W. 1917 Nr. 24. 

Zur Ausführung der Reaktion braucht man eine Jodlösung, ent- 
haltend: Jod. pur. 1,0, Kal. jod. 2,0, Aqu. dest. 200,0; ausserdem eine 
Gentianaviolettlösung, die man dadurch erhält, dass man die konzentrierte, 
wässerige Stammlösung dieses Farbstoffes 200fach mit Wasser verdünnt. 

Zur Ausführung mischt man in einem Messzylinder von 25 cem: 

1. 1 ccm der Jodlösung (aus dunkler Tropfflasche), 
2. 10 ccm filtrierten Urin, 

‘3. 1 cem der Gentianaviolettlösung (wie bei 1), 

4. 10 ccm absoluten Alkohol. 

Die Mischung wird kräftig geschüttelt. — Bei normalem Urin 
oder von Fällen günstiger Prognose ergibt sich sofort eine blauvio- 
lette Färbung. Bei positiver Reaktion tritt eine Rotfärbung, von 
scharfem Rotviolett bis zum dunkelsten Karminrot, auf. 

Die Reaktion ist positiv bei allen Fällen mit schlechter Prognose: 
bei ausgedehnten Phthisen mit hohem Fieber, schwerer Intoxikation 
oder ernsthaften Komplikationen, wie Spontanpneumothorax, akuter 
Nephritis, schweren Mischinfektionen des Respirationstraktus 
usw. — Sie ist meist negativ, wie die Diazoreaktion, bei chronischer 
Nephritis mit urämischen Erscheinungen, noch bisweilen kurz vor der Agone. 

Die Probe ist nicht selten übereinstimmend mit der Urobilinprobe, 
und der Weiss’schen Permanganatprobe; in allen Fällen positiver Diazo- 
reaktion war auch die Jod-Gentianaviolettreaktion positiv; ja in manchen 
Fällen mit bedenklicher Prognose, in denen die Diazoreaktion negativ 


ausfiel, ergab sie noch ein positives Resultat. 
C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


429. N. Voorhoeve, Röntgenologische diagnose van een kalk- 
houdende phthisische Caverne in de bovenpool van de nier. 
(Sitzungsbericht der Abt. für Heilkunde der Gesellsch. z. Förd. d. 
Naturw. u. d. Med. zu Amsterdam.) Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 
23. Sept. 1916. 

Mitteilung eines Falle, in dem die Wahrscheinlichkeitsdiagnose eines 
verkalkten Käseherdes in einer tuberkulösen Kaverne des kranialen 


250 Therapie. 


Nierenabschnittes gestellt wurde auf Grund der röntgenologischen Unter- 
suchung, die ein nicht scharf umschriebenes wenig intensives Schattenbild 
von eigentümlicher Gestalt im Nierenpol ergab. J. Peerenboom. 


430. S. E. C. Bosch, Over de Diazoreactie en de Pormangaan- 
reaktie bij tuberculosis pulmonam. Diss. Amsterdam 1915. 
Verfasserin hat bei 315 Patienten während längerer Zeit die Ehr- 
lich’sche Reaktion und die von Weisz 1910 beschriebene Permangan- 
probe auf ihren prognostischen Wert geprüft. Die Prognose der Fälle, 
bei denen eine dieser Reaktionen öfters positiv war, erwies sich als 
unzweifelbar infaust; im allgemeinen war hier aber der Verlauf ad malum 
auch schon auf Grund der klinischen Zeichen zu erwarten. Auch ergab 
sich die Weisz’sche Probe als empfindlicher, die Diazoreaktion aber als 
zuverlässiger. Das seltene Auftreten einer positiven Reaktion erwies 
sich bei der Permanganprobe nicht immer als prognostisch infaust, bei 
der Diazoreaktion aber wohl. J. Peerenboom. 


d) Therapie. 


431. Axel Reyn, Über die Anwendung der künstlichen Licht- 
bäder bei Lupus vulgaris. (Mitteilung aus Finsen’s medizini- 
schem Lichtinstitute, Kopenhagen.) Hospitalstidende 1917 Nr. 19. 

In Finsen’s Institut in Kopenhagen hat R. Lupus vulgaris mit 
künstlichen Lichtbädern, teils Kohlenbogenlicht, teils Quecksilberquarz- 
licht behandelt: universelle Bestrahlung bis 2 Stunden täglich, teils in 
langsam steigenden Dosen (schwache Bäder), teils gleich in den ersten 
Sitzungen Bestrahlung von längerer Dauer, wodurch eine starke Reaktion 
erreicht wird (starke Bäder); vorsichtig muss man bei schlechtem Allge- 
meinzustande sein. Wenn das Quarzlicht benutzt wird, dann immer in 
langsam steigenden Dosen. 

Lupus vulgaris wird in den meisten Fällen von der Finsenbehand- 
lung sehr gut beeinflusst (Heilungsprozent der frischeren Fälle 72), es 
gibt jedoch immer eine Reihe von veralteten Fällen, die refraktär sind, 
diese sind besonders mit den Lichtbädern behandelt, doch sind sie alle 
zugleich lokal behandelt worden. Weiter wurden so frische Fälle gleich- 
zeitig in lokale und universelle Lichtbehandlung genommen. 

11 Patienten wurden mit Quarzlicht behandelt: 2 geheilt, 8 gebessert, 
1 unverändert. 

69 Patienten wurden mit Kohlenbogenlicht behandelt: 52 geheilt, 
15 gebessert, 2 unverändert. 

Alle diese Fälle sind veraltete Leiden, die längere Zeit hindurch 
vergebens mit lokaler Belichtung behandelt sind. 

Von den 30 frischen Fällen sind nur 13 genügend behandelt: 
10 wurden geheilt. 

R. meint, dass Lichtbäder alle zwei Tage genügend sind; die Bäder 
müssen so kräftig sein, wie der Patient es vertragen kann. 

Die universelle Behandlung ist eine grosse Hilfe bei der Behandlung 
des Lupus vulgaris; auf der anderen Seite hat es sich gezeigt, dass die 
lokale Lichtbehandlung wohl abgekürzt, aber nicht entbehrt werden kann. 
Das Kohlenbogenlicht ist dem Quarzlicht bedeutend überlegen. 

Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


Therapie. 251 


432. N. P. Ernst, Über die Anwendung der künstlichen Licht- 
bäder bei chirurgischer Tuberkulose. (Mitteilung aus Finsen’s 
medizinischem J.ichtinstitut, Kopenhagen.) Hospitalstidende 1917 
Nr. 20. 


Die Fälle von chirurgischer Tuberkulose sind mit derselben Technik 
wie die Fälle von Lupus behandelt. In den meisten Fällen wurde das 
Kohlenbogenlicht angewendet. 

Tuberkulöse Lymphome: 38, davon geheilt 28, gebessert 7, 
unverändert 3. 

Tuberkulöse Peritonitis: 6, davon geheilt 5 (4 mit Fisteln 
nach einer Operation) gebessert 1. 

Tuberkulose der Weichteile: 10, alle geheilt. 

Tuberkulose der Knochen und Gelenke: 17 unkomplizierte: 
12 geheilt, 4 gebessert, 1 unverändert. 48 kompliziert mit Fisteln, 
Ulzerationen, Abszessen : 33 geheilt, 4 gebessert, 11 unverändert. 

Ernst braucht wenn möglich keine Immobilisation, kombiniert in 
geeigneten Fällen die Lichtbehandlung mit chirurgischer Behandlung. 
Er empfehlt die Lichtbehandlung in jedem Falle von chirurgischer 
Tuberkulose und er meint, dass es empfehlenswert ist, ein Sanatorium für 
diese Patienten unter der Leitung eines chirurgischen ausgebildeten Arztes 
zu errichten, am liebsten in der Nähe der Küste. 

Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


433. Reyn und Ernst sammeln in einem Resümee ihre Erfahrungen 
mit der Lichtbehandlung auf dem Finseninstitute: 


1. Das künstliche chemische Lichtbad in Form vou Kohlenbogen- 
lichtbädern kann das Höhensonnenbad ersetzen. 

2. Das Licht allein ohne andere klinische Faktoren vermag die 
chirurgische Tuberkulose zu heilen. 

3. Das Lichtbad ist eine wertvolle Hilfe bei der Behandlung des 
Lupus vulgaris. ; 

4. Das Koblenbogenlicht ist dem Quecksilber-Quarzlicht überlegen, 
und man sollte wenn möglich nur das Kohlenbogenlicht benutzen. 

Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


434. Ph. Oldenburg, Über die Lichtbehandlung der Tuberku- 
lose. (Mitteilung aus dem Kindersanatorium bei Kolding Fjord.) 
Mitt. des Nationalver. z. Bek. d. Tub. in Dänemark I. 1917. 


38 Kinder sind mittelst des Kohlenbogenlichtes (75 Ampères) behandelt 
worden; die Indikation ist namentlich eine Lokalisation der chirurgischen 
Tuberkulose gewesen; in der Mehrzahl der Fälle haben die Kinder zu- 

gleich eine Lungentuberkulose. 
| Behandlungsdauer 2 Stunden alle zwei Tage. 

33 hatten eine manifeste Lungentuberkulose, 37 hatten eine chirur- 
gische Komplikation. 

Von den 33 Kindern mit Lungentuberkulose wurde diese bei 21 
geheilt, oder bedeutend gebessert, bei 8 gebessert, bei 3 unverändert, bei 
1 verschlechtert; es ist die Frage, wie grossen Anteil die Lichtbehandlung 
an der Besserung habe, der Meinung des Verfassers nach hat sie bei 14 
Kindern sicheren positiven Einfluss gebabt. 


252 Therapie. 


Eine unbestrittene Wirkung übt die Lichtbehandlung auf die chirur- 
gische Tuberkulose, sowohl die kutanen 'Tuberkulide und die Leiden der 
Weichteile wie die Affektionen der Knochen, Drüsen und Gelenke; 
doch muss die Behandlung mit operativem Verfahren, mit immobilisierender 
und ortbopädischer Behandlung kombiniert werden. 

Es ist wahrscheinlich, dass die Heilung durch eine kombinierte Wirk- 
samkeit der generell und lokal wirkenden Kräfte geschieht, und zweifellos 
darf man in der Lichtbehandlung ein wertvolles Hilfsmittel gegen die 
Tuberkulose sehen. 

Ohne spezielle Erfahrungen über die Wirkung der Quarz-Quecksil- 
berlampe zu haben, zieht der Verf. das Kohlenbogenlicht vor, wesentlich 
aus dem theoretischen Grund, dass das Kohlenbogenlicht mehr tiefgehend 
ist ala das Quarzquecksilberlicht. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


435. Viggo Schmidt, Über die vorläufigen Resultate der Licht- 
behandlung bei Lungentuberkulose und chirurgischer Tuber- 
kulose. (Mitteilung aus der Tuberkuloseabteilung des Gesunds- 
hospitals, Kopenhagen.) Ugeskrift for Lager 1917 Nr. 4. 

21 Patienten sind mittelst des Kohlenbogenlichts behandelt, 
alle mit Lungentuberkulose, 11 mit komplizierender chirurgischer Tuber- 
kulose (Knochen, Gelenke, Drüsen, Weichteile). 

Der Haupteindruck war: gute Wirkung auf die Tuberkulose ausser- 
halb der Lungen, namentlich auf die offene Tuberkulose mit Fisteln 
und Ulzerationen und auf die Drüsentuberkulose; nicht so gute Wirkung 
bei der geschlossenen Tuberkulose, Peritonealtuberkulose und Ileozökal- 
tuberkulose. 

Die Lungentuberkulose wird deutlich langsamer beeinflusst; die 
meisten Patienten sind wobl gebessert, ein sicheres Urteil über die Ein- 
wirkung der Lichtbehandlung auf die Lungentuberkulose darf der Verf. 
aber nicht fällen; weitere Versuche seien anzustellen. 

Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


436. Edv. Collin, Eine lichtbiologische Beobachtung. (Mitteilung 
aus dem Küstenhospital bei Ruelsminde, Dänemark.) Ugeskrift for 
Leger 1917 Nr. 7. 


Während der Behandlnng mit dem Quarz-Qecksilberlichte hat C. die 
Beobachtung gemacht, dass die reine Quarzlampe eine nicht so grosse 
Hautreaktion (Erythem) hervorruft wie die Quarzlampe + Glühlampen. 

Diese Beobachtung hat er auf experimentellen Wege kontrolliert 
durch Beleuchtung verschiedener Hautfelder teils mit der Quarzlampe 
allein, teils mit der Quarzlampe und Glühlampen, und es zeigte sich, 
dass die Beleuchtung mit Quarzlampe und Glühlampen das Erythem 
schneller und stärker hervorrief als die Quarzlampe allein. | 

C. meint, dass die Glühlampen eine höhere Hauttemperatur hervor- 
rufen und dadurch die stärkere Reaktion bedingen. 

Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


437. D. B, van Dorp-Beucker Andreae, Behandeling van 


verschillende vormen van Tuberkulose met Zonlicht. (Sitzungs- 
bericht der Holländ. Gesellschaft für Thalassotberapie: Mitteilung 


Therapie. 253 


über Sonnenlichtbehandlung bei Tuberkulose im Seehospiz für Kinder 

zu Katwijk.) Ned. Tijdschr. f. Greneesk., 19. Aug. 1916. 

Allgemeine und lokale Behandlung wurde angewendet; namentlich 
im Anfang fand die Dosierung mit grosser Vorsicht statt. Nach 5jäh- 
riger Sonnenlichtbehandlung kommt Verf. zu der Schlussfolgerung, dass 
diese Behandlungsweise in vielen Fällen Heilung oder Verkürzung der 
Heilungsdauer erzielt, nie sah sie der zufolge einen Schaden, in der Regel 
aber eine bedeutende Besserung des Allgemeinzustandes eintreten, obgleich 
es auch sehr kranke Kinder gab, bei denen weder die tuberkulösen Herde 
noch der Allgemeinzustand von der Sonne beeinflusst wurden. Mit 9 
Krankengeschichten illustriert Verf. diese Ergebnisse. Der Allgemeinzustand 
besserte sich meistens schon bald nach dem Anfang der allgemeinen Be- 
strahlusg, der Appetit wurde grösser, die Klagen über Schmerz und 
Mattheit verschwanden, die Muskeln entwickelten sich wieder, auch zeigte 
sich öfters eine bedeutende Gewichtszunahme; bei der lokalen Anwendung 
nahm in der Regel auch der Schmerz ab, die Fisteln sezernierten weit 
weniger, die starren Gelenke zeigten öfters wieder Beweglichkeit; Abzesse 
wurden ohne Punktion resorbiert; Sequester wurden rascher ausgestossen, 

J. Peerenboom, 


438. C. M. Mol, Kunstmatig Zonlicht bij Tuberkulose. (Sitzungs- 
bericht der Holländ. Gesellschaft für Pädiatrie.) Nederl. Tijdschr. 
for Geneesk., 24. Juni 1916. 


Indem Redner sonst mit schönem Resultat das Sonnenlicht anwendet, 
hat er jetzt im Sommer bei starker Bewölkung und im Winter die 
künstliche Höhbensonne auf ihren Nutzen geprüft. Er benutzte eine 
Quarzlanıpe der Quarzlampen Gesellschaft zu Hanau, kombiniert mit dem 
Glühlampenringe von Hagemann. In der Regel fand allgemeine Bestrah- 
lung statt mit langsam steigender Bestrahlungsdauer, meist ergab sich 
ein leichtes Erythem, das Auftreten von Hautblaeen wurde aber verhindert; 
die Pigmentation war meistens schön und erwies sich als ein prognostisch 
günstiges Zeichen. In einigen Fällen stieg die Körpertemperatur während 
der Behandlung an, und öfters trat eine vorübergehende leichte Gewichts- 
abnahme ein. Der Einfluss der Behandlung bei lokalen Prozessen war 
erkenntlich an einer Verringerung der Schmerzhafligkeit und einer geringeren 
Viskosität des Fistelausflusses, der öfters etwas sanguinolent tingiert war, 
Guter Erfolg wurde erzielt in 5 Fällen mit Spondylitis, 2 mit Koxitis, 
4 mit Peritonitis, 1 mit Beckentuberkulose, 1 mit Gonitis, 5 mit Fuss- 
gelenktuberkulose, 5 mit multiplen tuberkulösen Knochenherden, 4 mit 
tuberkulöser Lymphadenitis und in 4 leichten Fällen von Lungentuber- 
kulose und bei einigen tuberkulösen Hautkrankheiten. In einem Fall 
von Lungen- und Bauchfelltuberkulose schien die Behandlung einen 
schönen Erfolg zu versprechen, als eine plötzliche Darmperforation den 
Tod herbeiführte.e Zwei Fälle mit Amyloidosis, ein Fall mit Spondy- 
litis kompliziert durch Kieferankylose, und ein Koxitisfall blieben resul- 
tatlos. Bemerkenswert durch die Geschwindigkeit, mit der die Heilung 
eintrat, war ein Fall von Spondylitis mit Paraplegie und ein Fall schwerer 
Calcaneustuberkulose kombiniert mit Debilitas und chronischem Durchfall. 
Redners Schlussfolgerung ist: Das Sonnenlicht gibt am Meere einen 
schöneren Erfolg als die Quarzlampe nicht nur bei allgemeiner, sondern 


254 Tuberkulose und Krieg. 


auch bei lokaler Anwendung unter der Voraussetzung, dass das Wetter 
mithilft; nichstdestoweniger ist die Quarzlampe auch am Meere als ein 
Gewinn für die konservative Behandlungsweise zu betrachten. Auch bei 
Benützung des Ringes von Hagemann gibt es einen qualitativen Unter- 
schied zwischen künstlichem und natürlichem Sonnenlicht, indem das 
erstgenannte viel mehr reizende Strahlen enthält. J. Peerenboom. 


e) Tuberkulose und Krieg. 


439. Neuhaus, Zur Behandlung der Kriegsnährschäden und der 
Initialtuberkulose. D. m. W. 1917 Nr. 25 


Die Kriegsnäbrschäden beruhen weniger auf der zu geringen Menge, 
als auf der Einseitigkeit der Ernährung. Das Gesetz von der Ernährung 
nach dem Minimum, wie wir es aus der Botanik kennen, dürfte auch beim 
Tier und Menschen gelten. Man denke an Skorbut, Beri-Beri! An die 
Salzzufuhr wurde zu wenig gedacht. Wenn durch dauernd einseitige 
Ernährung das Blutserum verändert wird, so muss der Austausch der 
Stoffe zwischen Zelle und Lymphe, der Zellstoffwechsel, leiden. 

Verf. sah viel bessere Erfolge bei der Behandlung der Chlorose 
mit Eisen und einem organischen Kalkpräparat zusammen, als mit 
Eisen allein. Ebenso steht es mit dem Phosphor; auch dieser wirkt ungleich 
besser in Verbindung mit Calcium lacticum. Auch bei Behandlung von 
Kriegsnährschäden, deren Klagen sich bäufig mit der Chlorose decken, 
erzielte Verf. gute Resultate mit Kalzium-Eisen oder Phosphor: Ödeme 
schwanden, die Kranken fühlten sich besser und blieben arbeitsfähig. 
Verf. bittet alle Kollegen, einen Versuch zu machen, solche Fälle mit 
Kalk resp. Kalk-Phosphor zu behandeln. 

Zum Schluss empfiehlt Verf. die Kalzium-Eisen- Phosphor Therapie 
auch bei initialer Lungentuberkulose. Er sah auch hier immer, z. T. 
bedeutende Besserung: nur die Fälle dritten Grades wiesen keine Besserung 
auf, Bei diesen Fällen sah Verf. besonders schnellen und schweren Ver- 
lauf, wie vor dem Kriege selten. 

Was die Theorie dieser Behandlungsweise (mit Cale. lacticum) betrifft, 
so denkt Verf. an eine Abspaltung der Milchsäure im Blute, die ja ein 
Lokalspezifikum gegen Tuberkulose darstellt, analog der von Liebreich 
behaupteten Zerlegung des Chloralhydrats im Blute. 

C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


440. Herm. v. Hayek, Die schematische Liegekur bei der Be- 
handlung Tuberkulöser leichterer Krankheitsstadien, speziell 
bei der Behandlung tuberkulöser Soldaten. W. kl. W. 1917 
Nr. 24. 


Verf. wendet sich gegen die schematische Anwendung der Liegekur. 
Dass ein Schematisieren in der Therapie überhaupt (nicht nur der Tuber- 
kulose) zu verwerfen ist, ist wohl ein allgemein ärztlicher Grundsatz. Es 
scheint aber doch, dass der Verf. in seinem Kampfe gegen die „schema- 
tische“ Liegekur etwas zu weit geht, indem er dieselbe für gewisse leichte 
Formen nahezu gänzlich verwirft. Sollten die Erfahrungen mehrerer 
Jahrzehnte in Hunderten von Heilstätten alle falsch sein? Und nur in 
einer möglichst „aktiven“ Therapie vorwiegend mit spezifischen Heilmitteln 


Tuberkulose und Krieg. 255 


sollte der richtige Weg zu finden sein? Der Gedanke, die Leichtkranken, 
speziell die lungenkranken Soldaten, mit gewissen Arbeiten zu beschäftigen, 
bricht sich ja immer mehr Bahn, aber auch da kann es leicht ein Zuviel 
geben! Es gibt auch unerwünschte Herd- und Allgemeinreaktionen! Dass 
man es „im allgemeinen jedem Leichtkranken von einigermassen normaler 
Intelligenz und Beobachtungsgabe nach entsprechender Aufklärung selbst 
überlassen könne, wie weit sich ein Ruhebedürfnis bei ihm geltend macht“ 
werden wohl wenige erfahrene Tuberkuloseärzte bestätigen. Der Verf. 
war — wie er sagt — „ketzerisch“ genug, an seiner Heilstätte über- 
haupt keine Liegeballe einzurichten. Für die Patienten, die müde werden 
und für solche, die überhaupt grösseres Ruhebedürfnis haben, stehen im 
Parke Liegestühle in genügender Anzahl zur Verfügung. Aber wie steht 
es damit bei schlechtem Weiter? Ref. ist der Ansicht, dass dem Verf. 
weder das Sonnenbad mit Duscheinrichtung, noch die Kegelbahn auf die 
Dauer die Liegehalle wird ersetzen können. 

Verf. kommt zu folgenden Schlußsätzen: 

1. Angerichts der langen Dauer tuberkulöser Erkrankungen muss es ein 
Hauptziel für die Behandlung Leichttuberkulöser bleiben, die allgemeine 
Widerstandskraft und die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten 
auf einer möglichst hohen Stufe zu erhalten. Jede Liegekur verlangt 
daher bei solchen Kranken eine individuelle Indikationsstellung. Eine 
schematische Handhabung der Liegekur, z. B. nach der Temperaturkurve, 
ist zu verwerfen. Symptomatische Erfolge, wie sie eventuell bei solchen 
Kranken durch Liegekuren erzielt werden, sind in vielen Fällen nichts 
anders als eine unzweckmässige Verschleierung unverändert fortbestebender 
Krankheitserscheinungen. 

2. Besonders bei Patienten, welche nach kurzer, etwa 2. bis 3 monatiger 
Anstaltsbehandlung ohne Möglichkeit einer weiteren ausgiebigen Schonung 
wieder grössere körperliche Arbeiten verrichten müssen, ist von jeder längeren 
Liegekur nach Möglichkeit abzusehen. 

3. In der Behandlung leichttuberkulöser Soldaten sollte aus den an- 
geführten Gründen — besonders während des Krieges — die Liegekur 
überhaupt nur unter ganz bestimniten individuellen Indikationen Anwendung 
finden. 

4. Die tberapeutischen Bestrebungen bei der Behandlung leichttuber- 
kulöser Soldaten, die noch als irgendwie diensttauglich zu klassifizieren 
sind, müssen sich folgende Aufgeben setzen: Möglichste Erhaltung der 
körperlichen Leistungsfäbigkeit und rationelle Abhärtung, Bekämpfung der 
Krankbeitsursache. Nur auf solcher Grundlage können die Lungenbeil- 
stätten für die Wehrkraft des Staates positive Erfolge erzielen. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


441. Marcello Labor, Das tuberkulöse Halsiymphom im Kriege. 
W. kl. W. (,„Militärsanitätswesen“‘) 1917 Nr. 27. 

Verf. beobachtete unter den Soldaten die Häufung von Fällen mit 
tuberkulösen Halslymphomen, welche sich von dem gewohnten Friedens- 
bilde dieser Krankheit wesentlich unterschieden. Es handelte sich um 
Kranke zwischen 20 und 50 Jabren ohne Zeichen einer Lungenerkrankung, 
sowie ohne hereditäre Belastung und ohne auf Tuberkulose verdächtige 
Symptome vor der jetzigen Erkrankung. Häufig war die Tonsille ver- 
grössert, gerötet und zerklüftet; die Grösse der Geschwülste, welche bis 


256 Tuberkulose und Krieg. 


in die Klavikulargrube verfolgt werden können, nahm von oben nach unten 
zu ab; Abszedierung erfolgte sehr rasch. Das Fieber dauerte längere Zeit 
an und allmählich ging das Bild in den altbekannten „Friedenstypus“ über. 
Verf. glaubt, dass es sich um eine durch die Kriegsverhältnisse er- 
folgte erstmalige frische tuberkulöse exogenelnfektion von 
der Tonsille aus handelt. A. Baer, Sanatorium Wienerwald, 


442. A. Kirch-Krems, Organisatorisches zur militärischen Tu- 
berkulosenbeurteilung. W. kl. W. (,Militärsanitätswesen“) 
1917 Nr. 27. 

Heilbare Fälle gehören in Lungenbeilstätten, unheilbare in eigene 
Schwerkrankenabteilungen. Es gibt aber ausserdem noch eine Reihe Fälle, 
bei denen die Beurteilung, ob aktive oder inaktive Tuberkulose — also 
militärisch verwendbar oder nicht — sehr schwierig ist. Daher plädiert 
Verf. für die Errichtung rein diagnostischer Anstalten für Lungenkranke 
(entsprechend den deutschen Beobachtungsabteilungen). Die ambulatorische 
Beurteilung Lungenkranker als Norm ist zu verwerfen. Wir dürfen den 
inaktiv Tuberkulösen nur als zu der Tätigkeit tauglich bezeichnen, die er 
voraussichtlich längere Zeit zu leisten imstande ist, ohne neuerlich zu er- 
kranken. Hierzu ist häufig eine Funktionsprüfung notwendig, und zwar 
Bewegungstemperatur, Prüfung der Herzfunktion, Blutdruck vor und nach 
der Arbeit, Spirometrie, ev. Prüfung der Asthenie der Skelettmuskulatur. 

Jeder Bazillenhuster gehört ins Spital; es ist aber notwendig alles 
zu tun, um das erreichbare Maximum positiver Befunde zu erhalten. Ein 
Tuberkulöser ist erst dann als nichtinfektiös zu bezeichnen, wenn nicht 
nur bei wiederholten Untersuchungen keine Bazillen gefunden wurden, 
sondern auch der Gesamtbefund die Tuberkulose als geschlossen annehmen 
lässt. A. Baer, Sanatorium Wienerwald, 


443. A. Kirch-Krems, Mitteilungen aus dem „Genesungsheim‘ 
Abt. Ia. W. kl. W. 1917 Nr. 22. 

Mitteilung einiger Beobachtungen und Erfahrungen aus dem Genesungs- 
heim, welches zur Aufnahme von heilbaren Lungentuberkulösen be- 
stimmt ist. 

Zunächst schildert Verf. treffend die auch anderweitig beobachteten 
Schwierigkeiten in der Behandlung des Soldatenmateriales, welches im Gegen- 
satz zu den zivilen Heilstättenpatienten nicht das Bestreben hat, tunlichst 
bald gesund und „berufsfähig“ zu werden. Daher Schwierigkeiten in der 
Befolgung der Hausordnung, Widerstand gegen die Freiluftliegekur, usw. 

Beschreibung eines Spucknapfes, nebst Vorrichtung zur Reinigung 
desselben, sowie einer wenig modifizierten Dettweiler’schen Spuck- 
flasche. 

Weiter einige Mitteilungen klinischer Natur allgemeinen Inhaltes. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


Berichtigung. 
Auf S. 211 Heft 7 d. Jahrg. Ref. Nr. 348 vorletzte Zeile muss es anstatt 
„Blutbad“ „Blutbild“ heissen. 








Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Internationales Centralblatt für Taberkulose-Forschung 


berausgegeben von 








tiè 
Ia Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder 
je Ärstlicher Direktor des Allgem, o. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
: Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg, 
u Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
m 
i Redaktion : Verlag 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
: Dirig. Arst der Neuen Heilanstalt für Lungenkrauke Würzburg. 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg. Witbg. 





11. Jahrg. 


Ausgegeben am 30. September 1917. 








Ludwigstrasse 232/9. 








Nr. 9, 





Inhalt. 





Autorenverzeichnis. 


(Die Zahlen bezielien sieh auf die Seiten.) 


Abderbalden, E. 278. 
Antoniueei, C. 264. 

i Baehr, G. 277. 
Böttner 281. 

van Breemen, J. 259, 


: Grote, L. R. 265. 
Hamburger 262. 
v. Hayek 265. 
Hekman, J. 263. 
Hofbauer 272. 


Brösamlen 262. Höhne 271. 
Delepine, 8. 260. Hollós, J. 260. 
Ditthorn, Fr, 262. Holth, S. 236. 


Dubs 263. 
Ebstein 263. 


Kankeleit 271. 
Karewski, F. 271. 


Krautwig 270. 
Landis, H. R. M. 274. 
Liebe, C. 271. 


| Rothschild, D, 258. 
Saugmann, Chr. 269. 
Schulte, J. 266. 

Losch, H. J. 278. Schultz, W. 262. 

Löwi, J. 263. Schultz, H. 260. 

Montgomery, C. M. 275.| Stocker jr., S. 26. 

Ochsenius, K. 273. Taylor, F. E. 259, 

Olitzky, P. K. 277. Unverricht, W. 260. 

v. Ortner, N. R. 280. Varrier, J. 267. 

Pauchet 273. Weicksel 272. 


Eckhardt, E. H. 275. Klare 264. Plotz, H. 277. Wideroe. 8. 266. 
Effler 271. Klopstock 274. Quincke 272. Wilson, H. 259. 
Fejer, J. 261. König 268. Ranft, G. 265. Wolff, O. 273. 
Fejes, L. 280. Kowarsky 274. | Reed, J. 5. 274. Woodhead, S. 267. 
Grosser 263. Kraemer 262. | 

Referate. 


(Die Zahlen bezielion sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie, 


444. Rothschild, Über tuberkulösen Rheu- 
matismus. — 445. van Bremen, Chronisch 
rheumatisch Gewrichtalijden in Nederland. — 
446. Taylor and Wilson, Value of Arneth's 
leucoeythe count in pulmonary tubereulosis. — 
447. Schnlz, Über den Wassergehalt des 
Blutes bei tuberkulösen Kindern. — 448. Un- 
verricht, Einfluss meteorologischer Faktoren 
auf das Zustandekommen von Lungenblutungen. 
— 49. Hollös, Reflexionen zu den Arbeiten: 
0. Mansfeld: „Über unregelmässige Menses* 
und E. Scipiades „Über innere Sekretion der 

| Orarien®, 


b) Ätiologie und Verbreitung. 

450. Delepine, Contribution to the study 
of delayed or „latent? tuberculous infection. — 
451. Fejér, Über die Rolle der chronisch- 
infektiösen Krankheiten in der Hervorrufung 
von Augenleiden. 


e) Diagnose und Prognose. 


452-454. Böttner, Brösamlen und | 


Kraemer, Hamburger, Tuberkulindia- 


Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 


gnostik, — 455. Ditthorn und Schulz, 
Anreicherungsverfahren für den Nachweis von 
Tuberkeibazillen im Sputum. — 456. Löwi, 
Die Weisz’sche Reaktion. 


d) Therapie. 


457. Hekman, Behandeling van verschil- 
lendo Ziekten met Auto-vaccins. — 458. Eb- 
stein, Zur intravenösen Behandiung von 
inneren Blutungen mit Kochsalz-Chlorkalzium- 
Injektionen. — 459. König, Behandlung der 
Lungenblutung mit Digitalis.. — 460 u. 461. 
Grosser, Dubs, Koagulen. — 462. Klare, 
Kalziunkompretten gegen Nachtschweisse.”— 
453. Antonjuceci, Capparoni's Verfahren bei 
Behandlung der tuberkulösen Pleuritis und 
Peritonitis. 464. Stocker, Chirurgische 
Behandlung der tuberkulösen Bauchfellentzün- 
dung. — 465. Hayek, Entlastende Wirkung 
der Spengler'schen Immunkörper bei febrilen 
Tuberkulosen. 


e) Klinische Fälle. 


466. Grote, Heilung der tuberkulösen 
Hirnhautentzündung. — 467. Ranft, Zwereh- 


17 


258 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, 


fellhernie als Folge eines Lungenschusses. — h) Allgemeines. 

488 Schulte, Fall von primärem Bronchial- 47.K t Hygienisch i 
karzinom der linken Lunge. — 469. Wideröe, | zwisehen Bait Ts an ns wo 
Fall von tuberkulöser Peritonitis. — 470. Holtb, | Offene und geschlossene Tuberkulose. — un. 


Fall von Tuberkelbildung in der Iris, Liebe, Einheitliche Zeichensprache bei Unter- 
suchung Lungenkranker. — 480. Höhne, Die 
e) Tuberkulose und Krieg. Jubiläumsstiftung des Deutschen Lehrervoreins. 
471. Symposium: Tuberculosis among com- — 431. Kankeleit, Billige Frübjahrs- und 
batants and war-workers. — 472. Woodhead Herbstkuren. 
and Varrier, The tubercnlous soldier. 
1) Grenzgebiete. 


h) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 482. Karewski, Die Aktinomykose der 
kulosekrankenhäuser und -Heime. Lunge und Pleara. — 483. Weicksel, Zur 
473, Aus deutschen Heilstätten: a) Heil- | Frage der Behandlung des Asthma bronchiale. 
stätte Luitpoldheim; b) Lungenheilstätte Kolk- | — 4184. Quincke, Ein Thoraxkompressor. — 
witz bei Cottbus. — 478. Zehn Jahre Kampf | 485. Hofbauer, Zur Asthmafrage — 488. 
gegen die Lungentuberkulose in Nürnberg. — Wolff, Atemgymnastik. — 487. Pauchst, 
475. Saugmann, Mitteilungen aus dem Velje- Behandlung der Pleursfinteln. — 488. Ochse- 
fjord - Sanatorium. — 476. Bericht über die nius, Therapie der rezidivierenden Bronchitis. 
Tätigkeit 1916-1917 des Nationalvereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose in Dänemark. k) Bibliographie. 


1I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


3. KlopstoekundKowarsky, Prak- | unter besonderer Berücksichtigung der Jetzt- 
tikum der klinischen, chemisch-mikroskopischen | zeit. — 34. H. J. Losch, Die Bewegung der 
und bakteriologischen Untersuchungsmethoden, | Bevölkerung Württembergs in den Jahren 1910 
— 81. Report of the Henry Phipps Institute bis 1913. — 35. N.R. v. Ortner, Klinische 
Philadelphia 1915. — 32, Harry Plotz, Peter Symptomatologie innerer Krankheiten. — 38. 
K. Olitzky und George Baehr, Die Atio- | Fejes, Entstehung, Verbreitung und Ver- 
logie des Fleckfiebers. — 33. Emil Abder- hütung der Seuchen. 
halden, Die Grundlagen unserer Ernährung 


l. Referate. 





a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


444. David Rothschild, Über tuberkulösen Rheumatismus. 
Seine Entstehung und Behandlung. Ther. Mh. 1917 Nr. 4. 
Nicht zu verwechseln mit dem eigentlichen tuberkulösen Gelenk- 
rheumatismus (Poncet) sind die recht häufigen Rippenfell-Rheumatoiden 
und die Head’schen Hyperalgesien bei Phthisikern. Bei den Rippenfell- 
Rheumatoiden, die einen hoben Prozentsatz aller Rippenfellentzündungen 
begleiten, besteht ein fortgeleitet oder auf refektorischem Wege entstandene 
Druck- und Schmerzempfindlichkeit der Haut und Muskulatur des Schulter- 
gürtels. Es kann zur Muskelatrophie kommen. Mit Vorliebe sind der 
Kukullaris, Pektoralis, Supra- und Infraspinatus und Deltoideus betroffen. 
Die Erscheinungen sind äusserst flüchtig. Therapeutisch kommen Jodein- 
pinselungen, Schmierseifeneinreibungen, Heftpflasterverbände und innerlich 
Salizyl in Betracht. Bei den Head’schen Hyperalgesien handelt es sich 
um reflektorisch entstandene Überempfindlichkeiten der Haut und Mus- 
kulatur der Brust und Oberarme. Sie gehen parallel mit dem Wieder- 
aufflackern der Lungenherde Spasmen in der Muskulatur sind häufig. 
Auch echte Neuritiden, die unter dem Bilde der Polyneuritis verlaufen, 
kommen bei Phthisikern durch Tuberkuloseintoxikation zur Beobachtung. 
Gegenüber diesen Erkrankungen ist der echte tuberkulöse Rheumatismus 
selten. Unter 1600 tuberkulösen Soldaten fand Verf. 73mal die Diagnose 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 259 


Rheumatismus. Von diesen 78 konnten nur 7 als echte tuberkulöse 
Rheumatiker angesprochen werden. Poncet unterscheidet 3 Gruppen 
des tuberkulösen Rheumatismus: 1. Arthralgien, 2. akute und subakute 
Gelenkentzündungen, welche ähnlich der Polyarthritis verlaufen. Beide 
Formen gehen häufig ineinander über. Auch die 2. Form geht meist ohne 
Versteifung trotz starker Ergüsse in völlige Heilung über. 3. Die chro- 
nischen Gelenkentzündungen. Sie pflegen zur Ankylose des Gelenks und 
zur deformierenden Polyarthritis zu führen. Der tuberkulöse Rheumatismus 
tritt fast nur bei geschlossener Tuberkulose auf, meist bei fibrösen Formen, 
die zur Heilung neigen. Im Vordergrund der Therapie steht die Tuber- 
kulinbehandlung, unterstützend wirken Wärme, Bäder, Bier’sche Stauung. 
Salizylpräparate sind völlig unwirksam. Berlin, Schömberg. 


445. J. van Breemen, Het Chronisch rheumatisch Gewrichts- 
lijden in Nederland. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 29. u. 
27. Mai 1916. 

Auf Grund von 600 Fällen von chronischem Rheumatismus wird 
eine Übersicht über die verschiedenen Formen, ihre klinischen Erschei- 
nungen und Therapie gegeben. Als zweiten Haupttypus behandelt Verf. 
den chronischen Gelenkrheumatismus mit — als erster Unterordnung — den 
Fällen, die von den französischen Schriftstellern (namentlich von Poncet) 
als „rheumatisme tuberculeux“ beschrieben sind und in der holländischen 
Literatur (nach Nolen) „tuberculosis rheumatoides“ genannt werden. Diese 
Fälle zeigen öfters eine wenig scharfe Krepitation, beträchtliche periartikuläre 
Infiltrationen, Verschlimmerung nach antirheumatischen Badekuren und 
Bewegung, Besserung durch Heisse-Luft-Behandlung oder besonders nach 
Strahlentherapie und absoluter Ruhe; Massage gibt wechselnde Resultate. 
Die Pirquetreaktion kann negativ sein. Als objektives Kennzeichen soll 
die Bestimmung des opsoninischen Index brauchbar sein. Selten war bei 
diesen Patienten eine klinische Tuberkulose anwesend oder trat eine solche 
in der Vorgeschichte der Kranken auf. J. Peerenboom. 


446. Frank E. Taylor and Horace Wilson, The value of 
Arneth’s leucocythe count in pulmonary tuberculosis. Brit. 
Journ. of Tub. Vol. XI Nr. 3, Juli 1917. 

Um sich bei ihren Versuchen nicht beeinflussen zu lassen, teilten 
sich die Verf. so in die Arbeit, dass der eine die Proben zur Leukozyten- 
zählung (Arneth) von in Frage kommenden Patienten entnahm und der 
andere ganz unabhängig davon die Färbung und Zählung ausführte. Sie 
kamen zu folgenden Schlussfolgerungen: „Wenn grosse „Lävodeviation“ 
im Blutbild vorhanden ist, so kann kein bleibender grosser Nutzen durch 
eine Behandlung erwartet werden als Verlängerung des Lebens. Wenn 
keine Lävodeviation vorhanden ist, selbst bei ausgedehnter Erkrankung, 
80 ist Wahrscheinlichkeit gegeben, dass der Prozess sich chronisch gestaltet. 
Es gibt Fälle, wo ein aktiver Prozess mit Lävodeviation in Bildung eines 
fibrösen Prozesses mit Besserwerden des Leukozytenbildes übergehen kann 
und dies scheint durch Tuberkulin begünstigt zu werden. — Es scheint, 
dass in der Prognosenstellung die Leukozytenverhältnisse nach Arneth 
wertvollen Aufschluss geben können.“ (Die spezielle, subtile Methode der 
Verf. ist im Original nachzulesen.) Amrein, Arosa. 


17* 


260 Ätiologie und Verbreitung. 


447. Hertha Schulz, Untersuchungen über den Wassergehalt 
des Blutes bei tuberkulösen Kindern des 1. und 2. Lebens- 
jahres. Dissert. Berlin 1917. (Jahrb. f. Kinderhlk. N. F. 85.) 

Beziebungen zwischen Steigerung des Blutwassergehaltes und Aus- 
breitung der Tuberkuloseinfektion liessen sich nicht beobachten. Es er- 
gaben sich. auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tuberkuloseinfektion 
an sich eine Wasseranreicherung des Körpers hervorruft. 

Von 7 tuberkulosefreien Kindern zeigten 2 mit exsudativer Diathese 
eine leichte Steigerung ihres Wassergehaltes, 5 mit relativ guter Konsti- 
tution wiesen einen normalen Blutwassergehalt auf, der nach den Resultaten 
der Verf. etwa um 81°/o liegt, bei einem Durchschnittsalter von 7,5 Monaten. 

C. Kraemer II, Stuttgart. 


448. W. Unverricht, Der Einfluss meteorologischer Faktoren 

auf das Zustandekommen von Lungenblutungen. Zschr. f. 

Tbc. 27 Nr.5 

Auf Grund seiner ar Beobachtungen bei 102 Lungenblutungen kommt 
U. zu dem Resultat, dass „den kleinen und rasch aufeinander folgenden 
Luftdruckschwankungen und den Veränderungen im luftelektrischen Zu- 
stand der Haupteinfluss auf das Zustandekommen von Blutungen bei 
Patienten im Hochgebirge zuzuschreiben ist“. Diese kleinen Schwankungen 
im Luftdruck und Veränderungen des luftelektrischen Zustandes treten 
namentlich bei Luftdruckdepressionen, bei Föhn und bei Südwind auf. 
Der absolute und relative Feuchtigkeitsgehalt der Luft spielt beim Auf- 
treten der Blutungen keine Rolle. Berlin, Schömberg. 


449. Josef Hollós, Reflexionen zu den Arbeiten: ©. Mansfeld 
„Über unregelmässige Menses“ und E. Scipiades „Über 
innere Sekretion der Ovarien‘“. Orvosi Hetilap 1916 Nr. 46. 

H. vertritt von neuem seinen bekannten Standpunkt, laut welchem 
die Ursache der unregelmässigen Uterinal-Blutungen oft in einer tuber- 
kulösen Intoxikation zu suchen ist. Diese pathologische Erscheinung ist 
sodann mittelst L-K.-Behandlung zu beheben. D.O. Kuthy, Budapest. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


450. S. Delepine, A contribution to the study of delayed or 
„latent‘“ tuberculous infection. Brit. Journ. of Tub. Vol. XI 
Nr. 3, Juli 1917. 

Durch Impfungen am Meerschweinchen studierte Verf. verschiedene 
Einwirkungen auf die Virulenz von „tuberkulösen“ Produkten aus mensch- 
licher oder boviner Provenienz, namentlich auf tuberkelbazillenhaltige 
Milch, indem er solche für eine bestimmte lange Zeit auf niederen Wärme- 
graden hielt (unter 6° C) oder hohen Temperaturen aussetzte (65° bis 85°). 
Meerschweinchen, die mit so behandelter Milch geimpft wurden, blieben 
zunächst anscheinend während einigen Wochen frei von Infektion, wurden 
schliesslich aber doch tuberkulös. Diese „verspätete‘“ Infektion wurde be- 
obachtet, wenn die Milch erhitzt wurde auf 65° während 180 Min., 70° 
während 45 Min., 74° während 30 Min., 76° während 10 Min., 85° während 
15 Min. (Verschiebung der Infektionszeit um 2 Monate). Die ausgeführten 
Impfversuche ergaben folgende Schlussfolgerungen: 


Diagnose und Prognose. 261 


. 1. Meerschweinchen, welche mit nicht vorbehandelten stark bazillen- 
haltigen Produkten geimpft wurden, entwickelten an der Impfstelle „ex- 
tensive“ tuberkulöse Läsionen innerhalb 2 Wochen. 

2. Meerschweinchen der gleichen Grösse und unter gleichen Be- 
dingungen, welche mit den gleichen bazillenhaltigen Produkten in viel 
grösseren Mengen, aber vorher hohen Temperaturen ausgesetzt, geimpft 
wurden, zeigten sehr geringfügige Veränderungen an den Impfstellen inner- 
halb 11 Wochen. 

3. Die Eingeweide und der Grossteil der Lymphdrüsen bei Impfung 
mit nicht vorbehandelten Produkten waren der Sitz von ausgedehnten Ver- 
änderungen 6 Wochen nachher. 

4. Mit vorher erhitzten Produkten ergab die Impfung einige Male 
Erkrankung der Eingeweide und Lymphdrüsen in fast gleicher Weise 
wie bei Impfung mit nicht vorbehandeltem Material, aber erst nach Ab- 
lauf von 11 Wochen. 

5. Aus diesen Resultaten sei zu schliessen, dass die meisten erhitzten, 
Bazillen zunächst kaum fähig waren, den Leukozytenwiderstand an der 
zuerst infizierten Stelle zu besiegen, dass aber einige wohl „entschlüpfen‘“ 
und durch Wanderzellen weggeführt und dann fähig würden sich zu ver- 
vielfältigen und ihre pathogene Kraft zurückzugewinnen. 

6. Es scheint auch hervorzugehen, dass die Wiedererlangung der 
Virulenz sich um so leichter einstellt, je grösser die Distanz von der 
Impfstelle ist, denn während die lokalen Erkrankungen unbedeutend blieben, 
zeigten diejenigen in den entfernteren Organen fast die gleiche Extensität 
wie bei Impfung mit nicht vorbehandelter Milch. 

2. Die Beziehungen zwischen Extensität der tuberkulösen Läsionen 
und der Distanz von der Impfstelle legen nahe, an einen Prozess der 
Wiederverstärkung der Virulenz zu denken, analog der Produktion 
eines „Virus fixe“ bei Passage durch eine Serie von Versuchstieren 
(Pasteur). Amrein, Arosa. 


451. Julius Fejer, Über die Rolle der chronisch-infektiösen 
Krankheiten in der Hervorrufung von Augenleiden. Gyögydszat 
1916 Nr. 53. 

Die Tukerkulose verursacht am Auge, im Gegensatz zu Skrofulose, 
keine akuten, sondern meist sich langsam entwickelnde Erkrankungen mit 
torpidem Verlauf. Die einzelnen Formen der Augentuberkulose werden 
detailliert geschildert. D. O. Kuthy, Budapest. 


c) Diagnose und Prognose. 


452. Böttner, Über selteneren Reaktionsverlauf bei der proba- 
torischen Tuberkulinimpfung. M. m. W. 64. 1917 8. 444. 
B. beschreibt 2 Fälle, die besonders deswegen der Beachtung wert 
sind, weil bei diesen nach probatorischen Tuberkulininjektionen (1,0, 3,0 
und 5,0 mg) trotz Aufseins keine Temperatursteigerung, wohl aber eine 
ausgesprochene Herdreaktion mit positivem Lungenbefund und allge- 
meinem Krankheitsgefühl auftrat. Das Ausbleiben der Temperatursteige- 
rung lässt sich nicht sicher erklären. Beide Fälle lehren, dass man beim 
Ausbleiben der erwarteten Temperatursteigerung nicht ohne weiteres die 
Diagnose Tuberkulose fallen lassen darf. Die subjektiven Angaben des 


262 Diagnose und Prognose. 


Kranken sind zu bewerten. Gründliche und häufigere Lungenunter- 
suchungen post injectionem sind, was eigentlich als selbstverständlich an- 
zunehmen ist, erforderlich. Bredow, Ronsdorf. 


453. Brösamlen und Kraemer, Zur Tuberkulindiagnostik der 
Lungentuberkulose. M. m. W. 64. 1917 8. 645—647. 

Verf. besprechen die Methoden und Schwierigkeiten der Diagnose- 
stellung bei der aktiven, aber geschlossenen Lungentuberkulose In 
klinisch zweifelhaften Fällen bedienen sie sich seit Jabren mit Vorteil der 
subkutanen Tuberkulininjektionen Alt-Koch in Dosen von 0,1, 0,5, 1,0 
und 5,0 mg. Diagnostisch als zuverlässig bewertet wird nur die Herd- 
reaktion. Diese äusserte sich bei 330 mit positiver Herdreaktion beob- 
achteten Fällen folgendermassen: 

1. Durch das Auftreten oder die Zunahme einer Dämpfung mit mehr 
oder weniger deutlichen Veränderungen des Atemgeräusches in 128 Fällen, 

2. durch Auftreten oder Zunahme einer Dämpfung zusammen mit 
Rasselgeräuschen in 168 Fällen, 

3. durch Veränderungen des auskultatorischen Befundes allein in 
34 Fällen. 

Besonders auffällig ist, dass von den Verfassern wieder bei der Fest- 
stellung einer Herdreaktion der Perkussion eine beherrschende Rolle zuge- 
eprochen wird — im Gegensatz zu der jetzt üblichen Ansicht. Eine Eini- 
gung scheint sich über den Wert oder Unwert der Tuberkulindiagnostik 
zunächst überhaupt nicht erzielen zu lassen. Die Tuberkulindiagnostik — 
ebenso wie die Therapie — wird nach wie vor Ansichtssache der einzelnen 
Tuberkuloseärzte sein und bleiben. Bredow, Ronsdorf. 


454. Hamburger, Zur Tuberkulindiagnostik der Lungentuber- 
kulose. (Bemerkungen zu vorstehender Arbeit von Brösamlen 
und Kraemer.) M.m. W. 64. 1917 S. 841. 


Im Anschluss an die Arbeit von Brösamlen und Kraemer hebt 
H. in kurzen kritischen Worten hervor, dass durch Nachweis einer Herd- 
reaktion nur die tuberkulöse Natur eines Herdes, nicht aber die Aktivität 
oder Passivität festgestellt wird. Ferner: Eine kumulative Wirkung des 
Tuberkulins gibt es nicht. Löwenstein und andere haben diese als Sen- 
gibilitätserscheinung in einwandsfreier Weise erkannt. 
Bredow, Ronsdorf. 


455. Fritz Ditthorn und Werner Schultz-Berlin, Ein An- 
reicherungsverfahren für den Nachweis von Tuberkelbazillen 

im Sputum. Zbl. f. Bakt. (Orig.) 79 Nr. 4 S. 166. 

Das Verfahren besteht darin, dass dem mittels Kalilauge oder Anti- 
formin homogenisierten Auswurf ungefähr 1,5 bis 2 cem des 20°. Lig. 
ferri oxychlorati auf je 30 ccm Sputum langsam zugesetzt und dabei be- 
ständig umgerührt wird. Der sich bildende Niederschlag wird abfiltriert, 
mit der schmalen Kante eines Objektträgers abgestreift und dann auf einen 
anderen (oder mehrere) Objektiräger fein verteilt, getrocknet und gefärbt. 
Der Niederschlag haftet auf dem Glase sehr gut. Dieses Verfahren war 
dem Ublenhuth’schen noch überlegen; es erfordert auch verhältnismässig 
wenig Zeit. C. Servaes. 


ir 


~y- 


Therapie. 263 


456. Josef Löwi, Die Weisz’sche Reaktion. Gyógjászat 1916 
Nr. 47. 


Die als Ersatz der Diazoreaktion Ehrlich’s empfohlene W eisz’sche 
Reaktion hat nach L. keinen praktischen Wert. 
D. O. Kutby, Budapest. 


d) Therapie. 


457. J. Hekman, Over de behandeling van verschillende Ziekten 
met Auto-vaccins. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 10. Juni 1916. 
Mitteilung über die therapeutische Anwendung von Autovakzinen bei 
mehreren Krankheiten u. a. auch bei der sekundären Infektion mit Staphy- 
lokokken und Diplokokken bei Lungentuberkulose. Hier waren die 
Resultate aber ganz und gar negativ. J. Peerenboom. 


458. Ebstein, Zur intravenösen Behandlung von inneren Blu- 
tungen mit Kochsalz-Chlorkalzium-Injektionen. M. m. W. 64. 
1917 S. 801—803. 


Auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt E. zur Stillung von Lungen- 
blutungen die intravenöse Injektion von einer Chlorkalzium-Kochsalzlösung 
(0,020/0 CaCl, NaCl 10°/)). Wenn diese Therapie ja auch nicht sicher ° 
wirkt, so gehört sie doch zu den besten. Die Lösung kann in Ampullen 
stets vorrätig sein. Bredow, Ronsdorf. 


459. König, Beitrag zur Behandlung der Lungenblutung mit 
Digitalis. M.m. W. 64. 1917 8.70. 


Verf. liefert ein praktisches Beispiel zur neuen Behandlung der 
Lungenblutung nach Prof. Jessen, Davos. Eine verhältnismässig leichte 
Blutung, die auf keine der bekannten Methoden zum Stehen gebracht 
werden konnte, stand prompt am 2. Tage der Digitalisbebandlung. 

Bredow, Ronsdorf. 


460. Grosser, Koagulen bei Magenblutung und Hämoptoe. 
M. m. W. 64. 1917 S. 67—68. 


Koagulen Kocher-Fonio in Lösung per os verabreicht wird bei 
schweren Magenblutungen als Blutstillungsmittel empfohlen. Das Prä- 
parat soll möglichst mit der blutenden Fläche in Berührung gebracht 
werden. Auch bei Hämoptoe hat Verf. in einem Falle einen güustigen 
Erfolg gesehen, indem er das Mittel direkt in die Lunge, in der Fossa 
infraclavicularis einstechend, injizierte. Verf. erklärt bereits selbst, dass 
der 'Tierversuch die Unschädlichkeit dieser Methode erst sicher stellen 
müsse, Bredow, Ronsdorf., 


461. Dubs, Zur Frage der Stillung von Magenblutungen durch 
Koagulen. M. m. W. 64. 1917 S. 279—280. 

In diesem Artikel wird die Anregung Grossers, Koagulen bei 
abundanter Lungenblutung zur Blutstillung direkt ins kranke Lungenge- 
webe zu injizieren, als zu gefährlich zurückgewiesen, um die Methode in 
praxi zu verwirklichen. Auf jeden Fall ist die tierexperimentelle Unter- 
lage unbedingt erforderlich. , Bredow, Ronsdorf. 


264 Therapie. 


462. Klare, Kalziumkompretten gegen Nachtschweisse der Phthi- 
siker. D. m. W. 1916 Nr. 21. 
Die Kalziumchloratumtabletten (MBK) haben sich als gutes 


Antibydrotikum erwiesen (anfänglich 3X 1 Tabl., dann zurückgehend), 
Brühl, Schönbuch. 


463. Cesare Antoniucei, Capparoni’s Verfahren bei Behand- 
lung der tuberkulösen Pleuritis und Peritonitis. Z? Poli- 
clinico 1916 H. 39. 

Capparoni behandelt die exsudative tuberkulöse Pleuritis und Peri- 
tonitis mit Einspritzung mit Jodoformglyzerin in die betreffenden Höblen. 
Er erklärt sich die guten Erfolge in der Weise, dass sich langsam Jod 
abspalte und dieses die Tuberkelbazillen vernichte und die in dem Serum 
enthaltenen Toxine verändere, wodurch eine Art Autotuberkulintherapie 
zustande komme, 

Die Einspritzungen müssen, wenn der Zustand des Kranken es nicht 
anders verlangt, ohne vorheriges Ablassen der Flüssigkeit gemacht werden. 
Nach der Einspritzung tritt Fieber auf, das seinen Höhepunkt am 2. Tag 
erreicht und 57 Tage dauert. Das Exsudat neigt anfangs dazu sich 
zu vergrössern, dann nimmt es aber rasch ab und ist gewöhnlich am 
20. Tag verschwunden. 

Verf. bat auf diese Weise 12 Fälle von exsudativer tuberkulöser 
Pleuritis und. 7 Fälle von Peritonitis derselben Beschaffenheit behandelt, 
deren Krankengeschichten er bringt. In den 12 Fällen von Pleuritis 
erreichte Verf. fast obne Ausnahme einen raschen und günstigen Erfolg. 
In 9 Fällen trat nach einer einzigen Einspritzung eine völlige Aufsaugung 
des Ergusses ein. In 3 Fällen musste die Einspritzung wiederholt werden, 
wonach ebenfalls eine günstige Wendung erfolgte. Alle Kranken befanden 
eich, ale Verf. sie nach einiger Zeit wieder sah, in gutem Allgemein- 
zustand. 

Bei allen 7 Fällen von Peritonitis schwand nach der Einspritzung 
der Aszites. Darunter bedurfte es bei 4 Fällen nur 1 Einspritzung von 
2—4 g Jodoform, bei 3 Fällen waren 2 Einspritzungen nötig. In einem 
sehr schweren Fall musste die Parazentese gemacht werden: Es wurden 
über 4 1 Flüssigkeit entleert, der Rest kam unter Anwendung der Helio- 
therapie und einer Jod-Arsenkur zur Resorption. 

Verf. zieht verhältnismässig kleine Dosen vor (2 g Jodoform), da 
hiernach eine weniger lebhafte Reaktion auftritt und eine allzu heftige 
Reizung der Serosa, die für den Erfolg nicht nötig ist, vermieden wird. 
In 3 Fällen von tuberkulöser Peritonitis zeigten sich im Leibe unregel- 
mässige, harte, mehr oder weniger umfangreiche Anschwellungen, die nach 
Anwendung der Helio- und Radiotherapie wieder verschwanden. 

Galli, Lugano. 


(Aus dem Italienischen übersetzt von Ganter, Wormditt.) 


464. S. Stocker jr., Beitrag zur chirurgischen Behandlung der 
tuberkulösen Bauchfellentzündung. Corr. Bl. für Schweizer 
Ärste 1917 Nr. 25 S. 800. 

Verf. schlägt das folgende Vorgehen vor. Laparotomie mittels Me- 
dianschnitt. Adhäsionen werden mit aller Vorsicht nur so weit gelöst, 


— 


ER — ea. Bu 
$ 


—m— | — 


Klinische Fälle, 265 


als es nötig ist, um die ganze freiwerdende Fläche ausgiebig mit einem 
in offizinelle Jodtinktur getauchten Tupfer bestreichen zu können, Falls 
derbe Adhäsionen stören, scheut sich Verf. nicht, zur besseren Ausbreitung 
des Medikaments eine zweite Inzision zu machen. Jodismus tritt nur bei 
intaktem, nicht aber bei tuberkulös erkranktem Peritoneum auf, und hat 
die Jodapplikation auch keine Verwachsungen zur Folge, wovon sich Verf. 
bei an Kaninchen ausgeführten Experimenten überzeugte. Der postopera- 
tive Verlauf war durchweg ein erstaunlich guter. Näheres ist im Original 
nachzulesen. Im Verlaufe von 4 Jahren wurden 15 Fälle der genannten 
Kur unterworfen. Die sofortigen Erfolge, sowie auch besonders die Dauer- 
resultate waren sehr günstig, kein Todesfall! Auf Grund einer statisti- 
schen Aufstellung seiner Erfolge kommt Verf. zu folgendem Schluss. 
„Wir erzielen also bei der Behandlung der tuberkulösen Peritonitis mit 
der Laparotomie und Jodtinkturapplikation bessere und zuverlässigere 
Resultate, wie mit jeder anderen. Die Einfachheit der Technik lässt nichts 
zu wünschen übrig. Es sollen aber die Patienten auf diese Weise be- 
handelt werden, bevor sie ihre Widerstandskraft verloren haben. Bei der 
geringen Gefabr des Eingriffs und der schlechten Prognose der Krankheit 
sind wir berechtigt, die chirurgische Bebandlung in jedem Falle von Peri- 
tonitis tuberculosa vorzuschlagen.“ Lucius Spengler, Davos. 


465. v. Hayek, Beobachtungen über die entlastende Wirkung 
der Spengler’schen Immunkörper (I.K.) bei febrilen Tuber- 
kulosen. M. m. W. 64. 1917 S. 46—48. 

v. H. beschreibt seine Versuche mit I.K. als Anregung zur neuer- 
lichen vorurteilslosen Überprüfung nach möglichst eingehender Orientie- 
rung über die Anwendungstechnik. Verf. ist der Meinung, dass IK. 
tatsächlich eine spezifische Wirkung gegen die Tb.-Gifte besitzt und in 
erster Linie dazu berufen ist, eine wertvolle Ergänzung der aktiv immu- 
nisierenden Behandlungsmethoden zu bieten. Besonders bei hochfebrilen 
und entkräfteten Schwerkranken, die einer aktiven Reaktion nicht mehr 
fähig sind, sei diese passive Immunisierung das letzte und einzige Mittel, 
die Tb.-Gifte zu bekämpfen. Schwierig ist für den Anfänger die Dosie- 
Tungstechnik, bei der es auf die richtige Kombination der beiden Wir- 
kungen des I.K. (der bakteriolytischen und antitoxischen) für den Erfolg 
ankommt. Bredow, Ronsdorf. 


e) Klinische Fälle. 


466. L. R. Grote, Über Heilung der tuberkulösen Hirnhautent- 
zündung. Zbl. f. inn. Med. 1917 Nr. 7. 

Zusammenfassend sagt Verf.: Es gelang, zwei Fälle von tuberkulöser 
Meningitis (Bazillen im Liquor) unter zeitweise täglich ausgeführten Lum- 
balpunktionen zur Heilung zu bringen. Es wurden jedesmal durchschnitt- 
lich 30—35 ccm Liquor entnommen. Gleichzeitig wurden hohe Dosen 
Urotropin mehrere Wochen hindurch gegeben, die die Ausheilung vielleicht 
unterstützten. Ausser der Meningitis wiesen die Fälle klinische Zeichen 
von Tuberkulose nicht auf. Hans Müller. 


467. Gustav Ranft, Zwerchfellhernie als Folge eines Lungen- 
Schusses. D. m. W. 1917 Nr. 22. 
Beschreibung eines interessanten Falles, der 16 Monate nach erlittenem 


266 Tuberkulose und Krieg. 


Lungenschuss ad exitum kam. Er wurde 10 Wochen nach der Verwun- 
dung bereits wieder als k. v. zum Truppenteil entlassen, kam zum 2. und 
3. Mal wieder ins Feld, dazwischen wegen angeblichen Magenkatarrhes 
und Beschwerden beim Niesen und Husten einigemal ins Lazarett, und 
starb durch hinzugetretene Bronchitis und Pleuritis. Bei der Sektion zeigte 
sich das untere Drittel des linken Pleuraraumes fast ganz ausgefüllt vou 
einer prall mit dünnflüssigem Kot gefüllten Darmschlinge (Querkolon), 
die durch eine für zwei Finger durchgängige Öffnung in die Brusthöhle 
sich vorwölbte. Die Darmschlinge war mit dem Zwerchfell fest verwachsen. 
Neben der Öffnung im Zwerchfell alte, schwielige Narbe. 
Schlussfolgerung: „Man soll bei Lungenschüssen, die im Bereich des 
unteren Brustraums liegen, stets an die Möglichkeit einer dadurch be- 
dingten Zwerchfellhernie denken. Bestätigt sich der Verdacht, so ist es 
nicht angängig, solche Leute als k. v. zu erklären, da eine hinzutretende, 
an sich unbedenkliche Erkrankung der Atmungsorgane bei ihnen eventuell 
den Tod zur Folge haben kann.“ C. Kraemer IJ, Stuttgart. 


468. Jos. Schulte, Ein Fall von primärem Bronchialkarzinom 
der linken Lunge in seinem Yerhalten zur klinischen und 
röntgenologischen Differentialdiagnose. Dissert. Bonn 1916. 

Die physikalische Untersuchung liess bei freiem Gefässsystem und 
freiem Mediastinum den Verdacht auf ein Neoplasma der linken Lunge 
aufkommen. Die röntgenologische Beobachtung ergab einen grossen, vom 
linken Hilus ausgehenden, nach der Peripherie zu wachsenden Tumor. Die 

Diagnose Bronchialkarzinom wurde daraufhin nach der Beschreibung von 

Arnsperger, die Röntgenuntersuchung der Brustorgane, gestellt. Die- 

selbe wurde durch die Autopsie bestätigt. Hans Müller. 


469. S. Wideroöe, Ein Fall von tuberkulöser Peritonitis. Norsk 
Magazin for Legevidenskaben 1917 Nr. 5. 
Birger-®verland. 


470. S. Holth, Ein Fall von Tuberkelbildung in der Iris. Norsk 
Magazin for Lagevidenskaben 1917 Nr. 5. 
Birger-®verland. 


f) Tuberkulose und Krieg. 


471. Symposium: Tuberculosis among combatants and war- 
workers. (Tuberkulose bei Kriegern und Kriegsarbeitern.) 
(Umfrage bei Lungenärzten in England.) Brit. Journ. of Tub., 
April 1917, Bd. 11 Nr. 2. 

Clifford Albutt: Der Fürsorge für vom Sanatorium Entlassene 
ist mehr Beachtung zu schenken. 
Philip Boobbyer rügt das jetzige System der Tuberkulosebe- 
kämpfung während des Krieges als ungenügend. Es fehle: 
1. an genügender Fürsorge für vorgerückte Fälle, welche gerade die 
grösste Infektionsgefahr für die Umgebung bieten, 
2. am guten Erfolge in den Sanatorien wegen der zu kurzen Kurdauer, 
3. an einer entsprechenden Zahl von Freiluft-Arbeitskolonien und 
Farmkolonien für aus dem Sanatorium Entlassene, 
4. an genügender Kontrolle bei den zu Hause Behandelten. 


iR 


Tuberkulose und Krieg. 267 


Hyslop Thomson: Während auf der einen Seite der aktive Dienst 
latente Tuberkuloseherde häufig reaktiviert und neue Infektionen setzt, 
wird andererseits durch das stete Leben in freier Luft, geregelte Lebensweise 
und körperliche Arbeit im Dienst ein günstiger Einfluss bei Soldaten 
mit alten latenten Herden und bei Prädisponierten beobachtet. Besonders 
gefährdet sind die Munitionsarbeiter. Der gewöhnlich gewährte Zeit- 
raum von 13 Wochen Sanatoriumsbebandlung ist zu kurz. Die Entlassung 
aus der Heilstätte ins gewöhnliche Leben eine zu brüske Änderung, so 
dass bald Rückfälle folgen. Entlassung aus dem Sanatorium soll erst 
erfolgen, wenn a) keine Tuberkelbazillen im Sputum, b) normale Tem- 
peraturen auch bei leichterer körperlicher Arbeit vorhanden, c) keine 
Rasselgeräusche mehr zu hören, d) keine Tendenz zu Blutungen vorhan- 
den ist. 

Horace Wilson: Während des Ansturms bei der ersten Rekrutie- 
rung haben sich zahlreiche bereits tuberkulös erkrankt Gewesene ein- 
schreiben lassen: 

1. Solche, welche es aus reinem Patriotismus taten, 

2. leicht Kranke, die glaubten, der Aufenthalt in freier Luft sei so 
gut wie ein Sanatoriums-Aufenthalt, 

3. solche, die dachten, lieber einen schnellen Tod vor dem Feinde zu 
suchen, als langsam und unheilbar daheim dahinzusiechen, 

4. vorgerückte Fälle, die auf eine Unterstützung ihrer Frauen und 

Familien hofften, wenn sie im Dienste sterben. 

Im allgemeinen habe der Krieg klärend gewirkt; nichtsuspekte Fälle 
wurden erkannt, andere günstig beeinflusst. Nach dem Kriege werde die 
gelichtete und gesichtete Bevölkerung weniger günstigen Nährboden für 
den Tuberkelbazillus darbieten (? Ref.). 

Henry Wilson McConnel schlägt als Schema des Vorgehens vor: 

. Sanatoriumsbehandlung für beginnende und sonst geeignete Fälle, 

. Fürsorgebehandlung wo nötig, 

. Hospitalbehandlunug für vorgerückte Fälle, 

. ebenso für chirurgische Tuberkulose, 

. nachträgliche Fürsorge nach Entlassung aus der Behandlung, 
namentlich in bezug auf Hygiene, entsprechende Beschäftigung und 
Anstellung, Aufklärung, Unterricht. 

Guthbert G. Welch plädiert für Freiluft-Kinderschulen, überhaupt 

für Kinderfürsorge und für Fürsorge der aus der Behandlung Entlassenen, 

für bessere Wohnungsverhältnisse auch auf dem Lande und gute Milch- 
zufuhr. Amrein, Arosa. 


OU U N me 


472. Sims Woodhead and Jones Varrier, The tuberculous 
soldier. Brit. Journ. of Tub. Vol. XI Nr. 3, Juli 1917. 
Die beiden Autoren forschen dem Schicksal des tuberkulösen Kriegers 
nach. Von vornherein habe sich die Ansicht überall als zu optimistisch 
und unhaltbar ergeben, dass der kontinuierliche Aufenthalt in frischer 
Luft im Felde auch auf eine bestehende Tuberkuloseerkrankung günstig 
einwirke. Gerade in diesem Kriege sind die Strapazen und Anforde- 
rungen an den einzelnen viel zu gross, und Soldaten, welche an Lungen- 
tuberkulose leiden, werden sich als wenig wertvoll für die Armee erweisen. 
Nach kurzer oder längerer Zeit brechen sie zusammen und verschlechtern 


268 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


sich meist hoffnungslos. Vorschläge für Behandlung und Versorgung 
der im Krieg tuberkulose-krank gewordenen Soldaten werden gemacht, 
wobei die Fürsorge für die vorgerückten Fälle, die Verhütung von weiterer 
Ausbreitung durch Infektion ganz besonders berücksichtigt werden sollen. 
Ein nationales Schema soll dafür ausgearbeitet werden, unter zu Grunde- 
legung der guten Erfahrungen in der Grafschaft Cambridgeshire mit der 
Methode der Versicherung der Soldaten, wie sie sich als Tuberkulose- 
Versicherung im Zivilleben bewährt bat, mit Fürsorge auch für die ent- 
lassenen kranken Soldaten, durch Verwendung derselben in Landwirtschaft, 
Gründung von Landwirtschaftskolonien etc. Amrein, Arosa. 


g) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


473. Aus deutschen Heilstätten: 
a) Ärztlicher Bericht über den Betrieb der Heilstätte Luit- 
poldheim im Jahre 1915. 


Im Berichtsjahr fanden mehr Soldaten wie im Jahre zuvor Aufnahme 
Es wurde hier wie auch in anderen Heilstätten die Betrachtung gemacht, 
dass die Soldaten eine ausserordentlich geringe Gewichtszunahme im Ver- 
gleich zu den Zivilpatienten zeigten. Die Ursache hierfür ist wohl in 
der Hauptsache darin zu suchen, dass die Soldaten in den meisten Fällen 
schon Wochen oder gar Monate hindurch in Heimatslazaretten verpflegt 
worden sind, so dass das Körpergewicht eine Steigerung kaum noch zu- 
lässt. Die Einwirkungen des Kriegsdienstes auf Nervensystem und Ver- 
dauungskanal spielen hierbei wohl auch eine gewisse Rolle. Wichtiger 
ist wohl noch die Gewöhnung des Soldaten an unmässiges Rauchen, wor- 
über ja in den meisten Heilstätten geklagt wird. — Von Anfang Mai 
bis Anfang Oktober schliefen 65 Kranke in den Hausliegehallen. — Die 
Verpflegung machte naturgemäss viel Schwierigkeit. Von Nährhefe, 2 mal 
täglich ein Esslöfel voll in Suppe, wurde ausgiebig Gebrauch gemacht. 
Sie wurde gern genommen und bekam den Patienten gut. Sana, Sanella, 
Renin, Maismehl, Melban, Gustin, Mondamin, Plantin, Agumameh], Schoko- 
ladepulver u. ä. Mittel wurden zur Streckung der Nahrungsmittel ver- 
wendet, ohne dass jedoch die Nahrung dadurch kalorienreicher gemacht 
werden konnte. 


b) Die Lungenheilstätte Kolkwitz bei Cottbus im Jahre 1915. 
(Auszug aus dem Verwaltungsbericht des Vorstandes der 
Landesversicherungsanstalt Brandenburg fir das Geschäfts- 
jahr 1915.) 

Der ärztliche Dienst wurde für den im Felde weilenden dirigierenden 
Arzt von einem Vertreter versehen. — Die Beschäftigungskur spielt auch 
hier eine grössere Rolle. Die Patientinnen wurden mit Aufräumen des 
eigenen Zimmers, Arbeiten auf der Krankenstation, Nāhen, Flicken, 
Plätten, Tischdecken, Anfertigen von Abschriften im Geschäftszimmer und 
vor allem mit Arbeiten im Gemüsegarten und Park beschäftigt. Aufge- 
nommen wurden nach Möglichkeit nur leichte Fälle. Von 398 Kranken 
während des Berichtsjahres konnten 13 als nichttuberkulös entlassen 
werden. Hans Müller. 





Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 269 


474. Zehn Jahre Kampf gegen die Lungentuberkulose in Nürn- 
berg. Ein Umriss der Tätigkeit des Vereins zur Bekämpfung 
der Tuberkulose in Nürnberg E. V. vom 3. August 1906 bis 
3. August 1916 von Dr. S. Flatau, Vorsitzender und Dr. 
A. Frankenburger, Oberarzt der Fiürsoi:gestelle. 


Auch während des Krieges hat die Fürsorgestelle in Nürnberg den 
Kampf gegen die Tuberkulose fortgeführt. Sie hatte die grosse Freude, 
in ein neues modern eingerichtetes Heim einziehen zu können, so dass es 
möglich wurde, in kürzerer Zeit grössere Arbeitsleistungen zu bewältigen. 
Die ganze ausgedehnte Tätigkeit während der letzten 10 Jahre gibt ein 
schönes Bild der en der gesamten deutschen Tuberkulose- 
bekämpfung. Hans Müller. 


475. Chr. Saugman, Mitteilungen aus dem Vejlefjord-Sanatorium. 

XVII, 1917. Kopenhagen 1917. 

150 Patienten sind entlassen nach durchbschnittlicher Kurdauer von 
192 Tagen. Durchschnittliche Gewichtszunahme 4,7 kg. Tuberkelbazillen 
wurden bei 72,7°/o nachgewiesen, schwanden bei 47,4°/o. 72 Patienten 
hatten Fieber bei der Ankunft, afebril wurden 57. 

Der Kurerfolg war bei 78°/o positiv, 43,3°/o der entlassenen wurden 
geheilt oder bedeutend gebessert. 22 wurden mit Pneumothoraxartif. behandelt, 
bei 8 liess ein Pneumothorax sich nicht bilden. 

Das Sanatorium hat die !.ichtbehandlung im grossen Stile aufge- 
nommen. Eine Lichthalle mit 2 Kohlenbogenlampen (& 75 Amp.) und 
5 Quarz-Quecksilberlampen ist eingerichtet; auf dem Dache befindet sich 
eine Anstalt für Sonnenbäder. Das Sanatorium nimmt in Zukunft auch 
Patienten mit chirurgischer Tuberkulose auf. 

Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


476. Bericht über die Tätigkeit 1916—1917 des Nationalvereins 
zur Bekämpfung der Tuberkulose in Dänemark. Kopen- 
hagen 1917. 


Aus den 6 dem Nationalverein zugehörenden Sanatorien für Er- 
wachsene (Silkeborg, Faxinge für Männer, Skörping, Nakke- 
böle, Ry, Haslev für Frauen) sind im ganzen 1230 Patienten entlassen; 
574 Männer, 656 Frauen. Die durchschnittliche Behandlungsdauer war 
188—172 Tage. Tuberkelbazillen wurden bei 62°/o der Männer, 540/0 
der Frauen nachgewiesen. Positive Resultate wurden bei 926 erreicht, als 
relativ geheilt oder bedeutend gebessert wurden 645 entlassen. Nebst der 
gewöhnlichen bygienisch-diätetischen Behandlung wurde in den Sanatorien 
die Behandlung mit Pneumothorax artific., Tuberkulin, Lichtbädern (Quarz- 
Quecksilber- oder Kohlenbogenlicht) ausgeübt. Dem Berichte jedes Sana- 
toriums ist èine Statistik über die Dauererfolge beigefügt. 

Aus dem Kindersanatorium bei Kolding (Julemarkesana- 
torium) sind 215 Kinder entlassen. 172 davon hatten manifeste Lungen- 
tuberkulose; Behandlungsdauer durchschnittlich 287 Tage. Tuberkel- 
bazillen bei 11°/o gefunden. 115 wurden relativ geheilt oder bedeutend 
gebessert. 

43°/o Kinder waren tuberkuloseverdächtig mit positiver Tuberkulin- 
reaktion, sie wurden durchschnittlich 109 Tage behandelt. 


270 Allgemeines. 


In den Sanatorien für Erwachsene ist die Arbeitstherapie durchge- 
führt worden ; die Patienten sind in verschiedenen Arbeiten (Garten-, 
Feld-, Werkstättenarbeit) 2—6 Stunden täglich beschäftigt. Im Kinder- 
sanatorium ist der Schulunterricht 188 Kindern gegeben; weiter arbeiten 
die Kinder mit (Slöjd, Buchbinderei, Gartenarbeit). 

290 Kinder mit Skrofulose wurden aus den Küstensanatorien ent- 
lassen. 2. für Knaben Nyborg, Hjerting, 2 für Mädchen Faxe, 
Kalövig. 

Das Pflegeheim bei Ry hat 12 unheilbare Frauen, das bei Faa- 
borg 10 beherbergt. 

Im Berichte sind weiter Mitteilungen aus den verschiedenen Tuber- 
kulosestationen (Fürsorgestellen) im Lande aufgenommen. 

Endlich gibt der Bericht Mitteilung von der Ökonomie des National- 
vereine. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


h) Allgemeines. 


4721. Krautwig, Hygienische Beziehung zwischen Stadt und 
Land. Nach einem Vortrag bei der 45. Hauptversammlung des 
Rheinischen Vereins für öffentl. Gesundheitspflege am 13. Junt 
1914 in Coblenz. Zbl. f. Gesundheitspfl. 34. 1916 H.1u. 2. 

Stadt und Land stehen wirtschaftlich und politisch in einem gewissen 
Gegensatze. Diese Tatsache darf jedoch nicht zu einer gegenseitigen Be- 
kämpfung führen, da beide, Stadt und Land, Industrie und Landwirt- 
schaft in fortschreitender Entwicklung das Gedeihen unseres Vaterlandes 
ausmachen. 

Auch in hygienischer Beziehung bestehen Wechselwirkungen zwischen 
Stadt und Land. Wohnung, Ernährung und Arbeit in der Stadt sind der Ge- 
sundheit weniger zutrāglich wie auf dem Lande. Fürsorgebestrebungen 
baben hier schon frühzeitig eingesetzt, so dass die Sterblichkeitsziffern der 
Stadt niedriger sind als die des Landes. Dies hängt nun z.B. damit zu- 
sammen, dass das Land mehr Säuglinge und Kleinkinder aufweist, die 
eine besonders hohe Sterblichkeit haben, und dass die Sterblichkeitsgefahr 
der Frau zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr durch zahlreiche Geburten, 
schwere Landarbeit und vor allem Tuberkulose auf dem Lande besonders 
gross ist. 

Die Gefahr der Typhusverbreitung ist auf dem Lande aus nabelie- 
genden Gründen besonders gross. Eine Einschleppung in die Stadt durch 

Nahrungsmittel hat in vielen Fällen nachgewiesen werden können, während 
die Übertragung von Scharlach und Diphtherie sehr viel seltener ist. 

Umgekehrt eind die Städte wieder die Ursache für die Verschleppung von 

Geschlechtskrankheiten und Keuchhusten auf das Land, letzteres durch 

die Unsitte, noch nicht völlig ausgeheilte Kinder zur Erholung aufs Land 

zu schicken. 

Tuberkulose und Säuglingssterblichkeit finden sich auf Stadt und 
Land gleichmässig verteilt. 

Vortragender betont zum Schluss die unbedingte Notwendigkeit eines 
Zusammenarbeitens von Stadt und Land durch Zusammenschluss geeigneter 
Organisationen zum Kampf gegen Seuchen und Volksschäden, nicht zum 
wenigsten durch weiteren Ausbau eines dichten Netzes von Säuglings- 
und Tuberkulosefürsorgestellen. Hans Müller. 


Grenzgebiete,. 241 


478. Effler, Offene und geschlossene Tuberkulose. Zschr. f. Toc. 

26 H.6. 

Verf. schlägt vor statt der Ausdrücke ‚offene‘ und „geschlossene“ 
Tuberkulose, die Ausdrücke „Tuberkulose mit“ und „Tuberkulose ohne 
Sputum“, da sich jederzeit der Übergang von der „geschlossenen“ in die 
„offene Form“ vollziehen kann. „Tuberkulose mit Sputum“ hat für die 
Praxis als ansteckende Form zu gelten. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


479. C. Liebe, Einheitliche Zeichensprache bei Untersuchung 
Lungenkranker. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 35. 1916 S. 315. 
Verf. empfiehlt die allgemeine Annahme des Nahmschen Schemas 
zur einheitlichen Eintragung der Lungenbefunde.. Wenn man überhaupt 
ein Schema anwendet, was ja Geschmacksache ist, sollte man jedenfalls 
das Nahm’sche wählen, das vom Deutschen Verein der Heilstättenärzte 
angenommen worden ist. Ref.) Leschke, Berlin. 


480. Höhne, Die Jubiläumsstiftung des Deutschen Lehrervereins. 
Tbe.-Fürs.-Bl. 2. 1916 Nr. 4. 

Am 1. I]. 16. ist die Jubiläumsstiftung des deutschen Lehrervereins 
ins Leben getreten mit dem Zweck, Mitgliedern des Vereins, die an 
Tuberkulose erkrankt sind, Unterstützungen zu gewähren. Für Kurbei- 
hilfen für erkrankte Lehrer können jährlich rund 30000 Mk. verwendet 
werden. Rehs, Davos. 


481. Kankeleit, Billige Frühjahrs- und Herbstkuren. Tbc.- 
Fürs.-Bl. 1916 Nr. 7. 

Im Pestalozzihaus in Rauschen (Ostsee hat man seit 7 Jabren auch 
mit Frühjahrs- und Herbstkuren, neuerdings auch mit Winterkuren gute 
Erfahrungen gemacht, ebenso sind die Erfolge des seit 2 Jahren beste- 
henden Offiziersgenesungsheims zu allen Jahreszeiten eehr gut. Diese Er- 
fahrungen sollten der Allgemeinheit zugute kommen und weniger Bemit- 
telten eine billige Kur an der See ermöglicht werden. Im Frühjahr und 
Herbst fällt die Kursteuer fort, Wohnung, Bäder usw. sind billiger und 
die Verpflegung lässt sich besser regeln als im Sommer bei grossem Fremden- 
andrang. Rehs, Davos. 


i) Grenzgebiete. 


482. F. Karewski-Berlin, Die Aktinomykose der Lunge und 
Pleura. Ergebn. d. Chir. u. Orthop. 8. 1914. S. 424. 

K. bespricht eingehend in einzelnen Abschnitten die Morphologie und 
Biologie des Pilzes, die Ätiologie der Lungenaktinomykose, die patholo- 
gische Anatomie, Symptome und Verlauf, Diagnose und Differentialdiagnose, 
Prognose und Therapie. Die Differentialdiagnose hat in erster Linie 
maligne Tumoren und Tuberkulose zu berücksichtigen. Das Entscheidende 
bei der Frühdiagnose ist der Nachweis der typischen Drusen im Auswurf, 
der selber sonst kein charakteristisches Verhalten darbietet. Wenn ein 
bevorstehender oder vollendeter Durchbruch nach aussen vorliegt, wird 
durch Punktion, evtl. mehrfache, resp. Probeinzision die Diagnose ermög- 
licht. Ein wichtiges Symptom ist ferner ein Sukkussionsgefühl der 


272 Grenzgebiete. 


Thoraxanschwellung, das durch Kommunikation mit dem lufthaltigen 
Lungengewebe nach Abschluss und Zerstörung der Pleura zustande kommt. 
Sehr verdächtig auf Aktinomykose ist heftiger anhaltender Pleuraschmerz 
bei verhältnismässig geringem Pleura- und Lungenbefund. Die Röntgen- 
diagnostik gibt keine einwandfreie Aufklärung, die Serodiagnostik ist noch 
in den Anfängen. Als Therapie kommt nur die schonungslos radikalste 
chirurgische Entfernung mit Messer und Paquelin in Frage. Bei der 
infausten Prognose sind auch grösste Eingriffe gerechtfertigt. Je eher und 
radikaler die Fälle zur Operation kommen, um so besser ist die Heilungs- 
. aussicht. Medikamentös kommt nur Jodkali, und auch dieses nur unter- 
stützend in Frage. Geinitz, Tübingen. 


483. Weicksel, Zur Frage der Behandlung des Asthma bron- 
chiale. M. m. W. 64. 1917 S. 278—279. 

Die grössten Erfolge bei der Behandlung des Asthma bronchiale ver- 
spricht die Psychotherapie. Medikamentös kommen eine Reihe von Mit- 
teln in Betracht, die aber ganz individuell sind. Bewährt hat sich im 
akuten Anfall die kombinierte Injektion von Adrenalin und Hypophysenex- 
trakt. Nach dem Anfall sollen möglichst grosse und möglichst über 
einen langen Zeitraum sich erstreckende Dosen von Kalk (täglich bis zu 
10—15 g Calcium lacticum!) gegeben werden. Eine besondere Beach- 
tung verdient auch die Regelung der Kost, des Stuhlganges usw. 

Bei der Blutuntersuchung fand sich nach der Adrenalin- Hypophysin- 
Einspritzung stets ein vorübergehendes Abfallen der Eosinophilen und ein 
vorübergehendes Steigen der Übergangsformen und grossen Mononukleären. 
Aus der Zahl der Eosinopbilen kann auf die Schwere des Asthmaanfalles 
geschlossen werden : je grösser die Eosinophilie, desto schwerer das Asthma. 

Bredow, Ronsdorf. 


484. Quincke, Ein Thoraxkompressor. M. m. W. 63. 1916 
S. 1175. 


Beschreibung eines Thoraxkonpressors, der sich nach Verf. vor allem 
durch Leichtigkeit und Beweglichkeit auszeichnet, so dass er in jeder 


Körperstellung angelegt werden kann. Bredow, Ronsdorf. 
485. Hofbauer, Zur Asthmafrage. M. m. W. 64. 1917 S. 466 
bis 467. 


Bei der Mundatmung wird die Feuchtigkeit und Wärme der Schleim- 
haut herabgesetzt. Dadurch tritt eine Schädigung des zarten und 
empfindlichen Flimmerepitbels ein. Der Schleim trocknet auf der Ober- 
fläche ein und ruft, selbst in kleinsten Partikelchen — Kitzel im Halse, 
trockenen Hustenreiz und Druck auf der Brust hervor. Von diesen Be- 
schwerden bis zum Asthmaanfalle ist aber nur ein Schritt. Leicht erklär- 
lich werden durch die Mundatmung die Athmaanfälle in den Morgen- 
stunden und bei Temperaturwechsel. Bei letzterem tritt dann noch die 
bei Asthmatikern so häufige Neigung zu Katarrhen mit verstärkten An- 
fällen hervor. 

Die Erfolge der Summtherapie beim Bronchialasthma erklärt Verf. 
im allgemeinen nicht nur durch die Bekämpfung der Lungenblähung son- 
dern z. T. durch die Ausschaltung der die Bronchialschleimhant reizenden 
Mundatmung. Bredow, Ronsdorf. 


A 


Grenzgebiete. 273 


486. 0. Wolff, Über Atemgymnastik. Tulerculosis, Nov. 1916. 


Der Verf. singt der verständig und richtig in den geeigneten Fällen 
betriebenen Atemgymnastik mit Recht ein Loblied. Niemand wird leugnen, 
dass die Ruhe- oder Liegekur ein vortreffliches Kurmittel ist, dem bei der 
Lungentuberkulose eine hohe Bedeutung zukommt. Aber sie ist doch nicht 
das letzte Wort: Es hat sich noch niemals jemand gesund „gelegen“, 
sondern höchstens sein Leben verlängert. Das gesunde Leben wird nicht 
ausschliesslich oder auch nur vorwiegend liegend verbracht. Zur Liege- 
kur muss also früher oder später, je nach Art des Falles, Bewegung und 
Übung ergänzend und schliesslich ablösend hinzutreten, wenn Gesundheit 
erreicht werden soll. Da kommt auch die Atemgymnastik zur Geltung. 
Verf. sagte manches Gute und Anregende über sie und wird hoffentlich 
dazu beitragen, sie etwas mehr in den „Heilplan“ einzustellen ala bisher 
üblich ist. Wir müssen aus aller einseitigen Übertreibung heraus, müssen 
uns vor allem hüten, irgendwelche an sich gute Methode als die allein 
seligmachende anzusehen und zum modischen Schlagwort werden zu lassen. 

Meissen. 


487, Pauchet-Amiens, Die Behandlung der Pleurafisteln (chro- 
nischen Empyems). Nach einem Referat der M. m. W. aus 
Presse médicale 1916 Nr.72. M. m. W. 64. 1917 S. 607. 


Die Pleurafisteln als Folgeerscheinungen einer Brustwunde oder In- 
fektion der Atemwege sind häufig. Ihre Behandlung sollte in den Spitä- 
lern nicht vernachlässigt werden. Als Behandlungsmethoden kommen in 
Betracht: zunächst vorbereitend: Drainage der tiefstgelegensten Punkte, 
Anwendung physikalischer Hilfsmittel wie Sonnenbäder, allgemeine Mas- 
sage, Gymnastik etc. und Sicherstellung des Sitzes des Eiterberdes durch 
Röntgenstrahlen, dann die Hauptoperation nach Wahl zwischen den 
3 folgenden Methoden je nach Art und Lage der Fistel: Rescktion einer 
oder mehrerer Rippen, Ablösung der Pleuraschwarte von den Lungen 
(Dekortikation nach D&lorme) oder Einführung der Wismutpaste in einen 
„wurstförmigen“ Hohlraum. Es soll möglichst nur Lokalanästhesie ange- 
wandt werden, die Blutstillung eine vollkommene sein und besonders die 
Nachbehandlung überwacht werden. Ev. kann die Operation mehrzeitig 
gemacht werden. Bredow, Ronsdorf. 


488. K. Ochsenius, Zur Therapie der rezidivierenden Bronchitis 
im Kindesalter. D. m. W. 1917 Nr. 26. 


Verf. hat mit den seither üblichen Behandlungsmethoden der Bron- 
chitis im Kindesalter wenig befriedigende Erfahrungen gemacht. Seit 
Czerny wissen wir, dass die Neigung zu exsudativen Prozessen der 
Haut- und Schleimhäute im Kindesalter von der Art der Ernährung ab- 
hängig ist. Eine grosse Rolle spielt nach Verf. die Darreichung von zu 
viel Flüssigkeit, vor allem Milch. Er hat 24 Fälle von rezidivierender 
Bronchitis mit konsequenter, und teilweise rigoroser Durstkur behandelt, 
und dabei keinen Misserfolg, wohl aber durchgreifende, dauernde Erfolge 
gesehen. Die örtliche Behandlung bestand lediglich in der Anwendung 
von Nasentropfen (Argent. proteinic., Argent. colloid. aa 0,1; Aqu. dest. 
ad 10,0), die Verf. ausserordentliche Dienste geleistet haben. 

C. Kraemer II, Stuttgart. 


Internat. Centralbi. f, Tuberkulose-Forschung. 11. 18 





274 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


k) Bibliographie. 


Kirstein, Desinfektion phthisischen Auswurfs. Veröffentl. d. Med. Abteil. des 
Ministeriums. Verlag von R. Schötz, Berlin 1916. 

B. Weickardt, Die operativen Erfolge in der Behandlung der Rippen- und 
Brustbeintuberkulose. Dissert. Breslau 1916. 

O Schlesinger, Die Verbreitung der Tuberkulose nach den Ergebnissen der 
v. Piryuet'schen Kutanreaktion. Dissert. Berlin 1916. 

H. Perl, Die Messung und Beurteilung der Körperkonstitution mittels des 
Dynamometers. Dissert. Königsberg 1916. 

H. Foetke, Beitrag zur Kenntnis der atmungsregulierenden Wirkung der Lungen- 
vagi. Dissert. Königsberg 1916. 

Schröder, Schömberg. 


I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 





30. Klopstock und Kowarsky, Praktikum der klinischen, chemisch- 
mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchungsmethoden. Ver- 
lag von Urban & Schwarzenberg, Berlin N, 1917. 420 S. Mit zahlreichen 
Abbildungen und Tafeln. Preis M. 10.—. 

Das bekannte Praktikum ist in vierter, wesentlich umgearbeiteter Auflage | 
erschienen. Es enthält wieder in mustergültiger Weise die wichtigsten klinischen, i 
chemisch-mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchungsmethoden, die der E 
praktische Arzt wissen und beherrschen muss. Wir wollen auch an dieser Stelle 
durchaus empfehlend auf das ausgezeichnete Buch hinweisen, welches in kurzer, 
klarer Darstellung alles Wichtige bringt und die neuesten Untersuchungsmethoden 
eingehend berücksichtigt. Ausser den Untersuchungen der Sekrete der oberen 
Luftwege, des Sputums, des Mageninhaltes, der Fäzes und des Harnes, weiter 
des Blutes und der Punktionsflüssigkeiten werden in den letzten Kapiteln noch 
die bakteriologische Untersuchung bei Erkrankungen der Haut und die gebräuch- 
lichen bakteriologischen Untersuchungsmethoden im allgemeinen unter Bringung 
von Farbrezepten und Anweisungen für die Darstellung der wichtigsten Nähr- 
böden besprochen. Zalılreiche gute Abbildungen und farbige Tafeln erläutern den 
Text. Der Leitfaden wird auch in jedem Laboratorium der Lungenheilstätten 
voll und ganz seinen Platz behaupten. Schröder, Schömberg. 


31. Report ofthe Henry Phipps Institute Philadelphia 1915: 


a) H. R. M. Landis and J. S. Reed, Factors affecting the health 
of garment makers. (Faktoren, die die Gesundheit der Konfek- 
tionsarbeiter angreifen.) 


Die Verff. untersuchten die sanitären Verhältnisse in einer grösseren Anzahl A 
nordamerikanischer Kontektionsfabriken an zusammen etwa 1000 männlichen und 
weiblichen Arbeitern. Sie zeigen, dass die sanitären Einrichtungen, Feuersicherbeit, 
Licht, Ventilation, Staubverhütung, Wasch- und Klosetträume usw., in sebr vielen 
Fällen ungenügend seien. Ihre Untersuchungen, die durch zahlreiche, sehr instruk- 
tive Tabellen deutlich gemacht werden, führen sie zu folgenden Schlüssen: 

Mit wenigen Ausnahmen lassen die Fabriken in bezug auf ihre sanitären 
Einrichtungen viel zu wünschen übrig und kommen den Staatsgesetzen in dieser 
Beziehung nicht nach. Die Wirkungen der persönlichen Hygiene, der Ernährung 
und des Schlafes scheinen direkt auf die Ausdehnung von Krankheiten sowohl 
bei männlichen als auch bei weiblichen Arbeitern zu wirken, besonders stark aber 


2— - 





Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 275 


bei den letzteren. — Wenn man die Beschäftigungsarten als solche betrachtet, 
so findet man unter den Männern die Bügler am meisten für solche Allgemein- 
krankheiten empfänglich, die als Berufskrankheiten angesprochen werden können, 
insbesondere für starke Lidrand- und Bindehautentzündangen und für Beschäf- 
tigupgsneurosen. Mit fortschreitendem Alter erhöht sich die Häufigkeit der Berufs- 
krankheiten bei den Büglern. — Berufskrankheiten, besonders solche auf Grund 
von Muskelüberanstrengungen, sind bei Männern häufiger als bei Frauen, was 
indessen guf dem Charakter der Beschäftigungsarten der beiden Geschlechter 
beruht. — „Erkältungen“ und ähnliche Allgemeinleiden, die auf äusseren Arbeits- 
bedingungen und auf niedriger Lebenshaltung (standard of living) beruhen, findet 
sich bei Frauen in grösserer Zahl als bei Männern. 

Die Autoren verlangen als praktische Folgen ihrer Untersuchungen, dass 
der Arbeitgeber von jedem neu eintretenden Arbeiter fordere, er solle sich ärztlich 
untersuchen lassen. Ebenso soll den Arbeitern das Recht zustehen, einen hustenden 
Kollegen zur ärztlichen Untersuchung zu zwingen. Was für Heer und Flotte 
möglich sei, nämlich dass es Berufskrankheiten in ihnen nicht gäbe, das sei auch 
für die Industrie möglich; vorausgesetzt, dass beim Eintritt in ein neues Arbeits- 
verhältnis die in Frage kommenden Personen ebenso peinlich genau untersucht 
würden wie die Soldaten beim Eintritt ins Heer. Patienten mit Herz- und 
Lurgendefekten sind in entsprechende Berufe zu leiten. 

Was speziell die Tuberkulose angeht, so ist sie bei den Konfektionsarbeitern 
nicht als eigentliche Berufskrankheit, sondern mehr als eine Folge der schlechten 
Lebenshaltung der Arbeiter anfzufassen. Infektionen von Arbeiter zu Arbeiter 
spielen keine grosse Rolle; in 43 untersuchten Fabriken fanden die Verff nnr ein 
einziges Beispiel dafür. Auch die sanitären Übelstände in den Fabriken machen 
sich in dieser Beziehung nur wenig geltend. Hingegen sei den die Konstitution 
schwächenden Überstunden eine ausschlaggebende Rolle für die Enstehung von 
Lungenschwindsucht beizumessen. 


b) C. M. Montgomery and E. H. Eckhardt, Pulmonary acustic 

phenomena. 

In der ausführlichen Arbeit machen die Autoren „den Versuch, den Mechanis- 
mus einiger auskultatorischen Phänomene zu beleuchten“. Demjenigen, der sich 
für die vielen Einzeluntersuehungen interessiert, ist das Nachlesen der Arbeit im 
Original zu empfehlen. Hier seien aus der Zusammenfassung die wichtigsten Er- 
gebnisse wiedergegeben. 

1. Über den Ursprung der Atemgeräusche. 

Vesikuläratmen. Das normale inspiratorische Vesikuläratmen 
entsteht im Lungengewebe beim Übergange der Luft von den Endigungen der 
kleinsten Bronchien oder der Fortsetzungen in weiter tiefer gelegene Abschnitte. 
Für gewöhnlich ist es völlig unabhängig von Atemgeräuschen, die in den oberen 
Luftwegen hervorgebracht werden. Das normale exspiratorische Vesikulär- 
atmen entsteht, wenn auch nicht ganz, so doch teilweise in den oberen Atem- 
wegen. 

Bronchialatmen. Inspiratorisches und exspiratorisches Bronchialatmen 
entstehen zum grössten Teile in den oberen Luftwegen. Sowohl die bronchiale 
Inspiration als auch die Exspiration können beim Vorbeistreichen der Luft zwischen 
den normalen Lungenpartien oberhalb und unterhalb der erkrankten Stelle modi- 
fiziert werden, d.h, wenn die Luft in der Nachbarschaft desjenigen Bronchus vor- 
beistreicht, der den erkrankten Lungenteil versorgt. 

Kavernen- und amphorisches Atmen. Diese Atemgeräusche haben 
ihren Ursprung in den oberen Luftwegen, ungefähr an denselben Stellen, die für 

Entstehung des bronchialen Atmens in Frage kommen. Nur haben wir in den 
erkrankten Partien anstatt eines einfachen Bronchus einen Bronchus, der mit 
einer Höhle in Verbindung steht. Diese Anordnung modifiziert die Geräusche, 


18* 


276 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


die ausserhalb der Kaverne entstehen, ohne indessen prinzipiell neue und selb- 
ständige Geräusche hervorzurufen. Das Hinein- und Hinausströmen von Luft in 
Jie und aus der Kaverne kann für das Hervorbringen von wichtigen Geräuschen 
für gewöhnlich — wenn auch nicht immer — vernachlässigt werden. 


2. Die Übertragung der Atemgeräusche. 


Die Hauptfaktoren, die darauf abzielen, die Intensität der im Thoraxinnern 
entstehenden Geräusche auf ihrem Wege zur Peripherie hin abzuschwächen, sind 
Diffusion und Reflexion, während die Faktoren der Absorption, Resonanz und 
möglicherweise auch der Interferenz in dieser Hinsicht schwächer wirken. 

Diffusion des Atemgeräusches ist ein konstanter Vorgang, der baupt- 
sächlich in der im Bronchus eingeschlossenen Luft stattfindet. Diffueion ist ein 
weit wichtigerer Faktor bei der Abschwächung der im Thoraxinnern entstehenden 
Geräusche als gewöhnlich angenommen wird. Oft übernimmt sie die Rolle, die 
der Absorption oder der geringen Leitfähigkeit zugeschrieben wird. 


Reflexion des Atemgeräusches wirkt abschwächend auf dasselbe. Und 
zwar ]. wenn das Atemgeräusch aus den normalen Alveolen an die sie umgebenden 
dicbteren Membranen dringt, und 2. wo ein Übergang von einem dichteren 
Medium in ein weniger dichtes oder umgekehrt stattfindet, z. B. dort, wo Luft 
an Gewebe stösst. Der Intensitätsverlust beim Übergange von Gewebe in- 
Flüssigkeit ist verhältnismässig geriug, viel geringer, als für gewöhnlich ange- 
nommen wird, 

Absorption des Atemgeräusches, d.h. sein Verschwinden als Schallener- 
gie, spielt keine wichtige Rolle für die Abschwächung des Atemgeräusches, ob- 
gleich man ihr lange eine solche zugedacht hat. In geringem Grade wird das 
Atemgeräusch wohl beim Übergange zwischen Medien von verschiedener Dichte 
absorbiert, aber der Hauptteil des Intensitätsverlustes wird durch die Diffusion 
und Reflexion verursacht. 

Normale Lunge. Hier liegen die Verhältnisse so: Die Abschwächung 
der Intensität des Atemgeräusches bei seinem Wege durch das Thoraxinnere kommt 
vor allem durch Diffusion und Reflexion zustande. Die Reflexion im besonderen 
ist wirksam, 1. wenn das Atemgeräusch im Luftinhalte eines Bronchus mit der 
Bronchialwand zusammenstösst, zumal in den grösseren Bronchien, 2. wenn das 
Geräusch von der Bronchialwand in die Luft der umgebenden Alveolen übergeht, 
3. wenn das Atemgeräusch an die straffen Septen innerhalb der Lunge anprallt 
und 4., wenn das Atemgeräusch von der lufthaltigen Lunge an die Wand des 
Brustkorbes stösst. 

Verdichtungen. Abgesehen von dem deutlichen Intensitätsverluste des 
Atemgeräusches beim Übergange vom Bronchiallumen auf die Bronchialwand, findet 
bei Lungenverdichtung der Hauptverlust auf dem Wege zur Peripherie durch Diffu- 
sion und nicht durch Absorption statt. Man kann so verstehen, warum verdichtetes 
Lungengewebe gewöhnlich lauteres Atemgeräusch aufweist als normales. 

Pleuraerguss. In Fällen mit vermindertem oder aufgehobenem Stimm- 
fremitus ist nach Eintritt der Schwingungen in die Flüssigkeit die Diffusion und 
nicht die Absorption oder Reflexion die Hauptquelle für den Intensitätsverlust 
des Atemgeräusches. Die Verminderung des Geräusches fällt weg und macht 
sogar einer wirklichen Vermehrung des Stimmfremitus Platz, wenn die Lunge, 
anstatt nur kollabirt und noch lufthaltig zu sein, verdichtet ist. Denn der In- 
tensitätsverlust beim Übergange von Lunge in Exsudat ist viel geringer, wenn 
das Lungengewebe verdichtet ist, als wenn es noch Luft enthält. 

Pneumothorax. Hier sind die Verhältnisse ziemlich parallel denen, die 
wir bei Pleuraergüssen finden, vorausgesetzt, dass die Lunge lufthaltig und über- 
- all gleichweit von der Brustwand entfernt ist. Während beim Pleuraexsudat der 
Intensitätsverlust des Atemgeräusches durch den Übergang der Schwingungen 
von Luft in Flüssigkeit hervorgerufen war, kommt er hier durch den Übergang 


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Bücherbesprechungen und Zeitschriften. etl 


von Luft in die Brustwand zustande. Ist die Pneumothoraxlunge verdichtet, so 
findet ein sehr starker Intensitätsverlust des Atemgeräusches beim Übergange 
von verdichteter Lunge in Luft statt. Besteht eine offene Fistel zwischen einem 
Bronchus und der Pneumothoraxhöhle, so pflegt der Stimmfremitus vermehrt zu 
sein. Neumann, Baden-Baden. 


32. Harry Plotz, Peter K.Olitzky und George Baehr, Die Ätiv- 
logie des Fleckfiebers. (Aus dem pathologischen Laboratorium des Mount 
Sinai Hospital, New York.) Autorisierte Übersetzung aus dem Englischen 
von k. k. Reg.-Arzt Dr. Friedrich Schwarz. Urban und Schwarzenberg, 
Berlin-Wien 1917. 80 S. 1 Tafel. 


Verff. beschreiben einen von Plotz im Jahre 1914 entdeckten Mikroorga- 
nismus als den Erreger sowohl des epidamischen europäischen Fleckfiebers als 
auch des milderen amerikanischen Fleckfiebers in Amerika als Brill’s Disease 
bekannt. Es handelt sich um einen kleinen unbeweglichen Gram-positiven Bazillus. 
Derselbe ist am anaerob und wächst am besten auf 0,5—2°/oigem Glukoseagar in 
Form von kleinen Flocken am Gefässboden mit der Tendenz, den Gefässwänden 
entlang emporzuwuchern. Der Bazillus konnte in allen untersuchten Fällen von 
europäischem Fleckfieber im febrilen Stadium aus dem Blut in Reinkultur gezüchtet 
werden. Die serologischen Reaktionen zwischen Bazillus und Patientenserum waren 
spezifisch. Komplementbindung fand sich auf der Höhe der Erkrankung von 25 
Fällen nur 2mal, sie nahm jedoch während der Entfieberung an Menge zu. Ebenso 
traten die Agglutinine während der Entfieberung auf uud erreichten etwa 4 Tage naclı 
der Entfieberung ihr Maximum. Ähnlich verhalten sich die Präzipitine, während 
Bakteriolysine nicht gefunden wurden. Durch gekreuzte Komplementablenkung 
konnte die Identität der aus dem europäischen und aus dem amerikanischen Fleck- 
fieber gezüchteten Bazillen nachgewiesen werden. Zum Tierversuch eignen sich 
besonders Meerschweinchen und Affen. Es konnten jedoch nur in 33 !/3°/o der 
mit Fleckfieberblut geimpften Meerschweinchen aus deren Blute typische Bazillen 
gezüchtet werden, was Verff. mit der geringen Menge von Blut, die aus den Meer- 
schweinchenherzen steril gewonnen werden konnte, zu erklären suchen. Die auf 
diese Weise gewonnenen Kulturen ergeben wiederum die spezifischen Reaktionen. 
Je schwerer die Meerschweinchen erkrankt waren, um so höher war der Prozent- 
satz an Bazillenbefunden im Blut. In zahlreichen Versuchen an Meerschweinchen, 
welche mit europäischem Fleckfieberblut geimpft waren, haben die Verff, wenn 
auch alle anderen Organe pathologisch-anatomisch keine Veränderungen aufwiesen, 
stets eine deutliche, hauptsächlich auf einer Hypertropbie der Malpighi'schen Körper 
beruhende Vergrösserung der Milz gefunden. Durch Tierpassage büssen die Bazillen 
ihre Virulenz ein, besonders die aus amerikanischen Fällen gezüchteten Bazillen. 
Die Infektiosität des Blutes ist von dem Vorhandensein einer genügenden Anzahl 
von Bazillen abhängig. 


Verff. haben mit wissenschaftlicher Genauigkeit gearbeitet und haben versucht, 
mit Hilfe der modernen bakteroilogischen Untersuchungsmethoden den Beweis zu 
erbringen, dass der von Plotz im Jahre 1914 entdeckte Mikroorganismus der Er- 
reger sowohl des amerikanischen wie des europäischen Fleckfiebers ist. Die Beweis- 
kette erscheint lückenlos. Die Zahl der europäischen Fleckficberfälle, welche zur 
Zeit das Hauptinteresse beanspruchen, ist nur gering. Sie beschränkt sich auf 
Fälle, von denen die Mehrzahl nach ihrer Rückkelir aus dem Balkankriege zur 
Untersuchung kam. Es scheint sich also um nicht ganz frische Fälle gehandelt 
zu haben. Es soll hiermit nicht die Diagnose „Europäisches Fleckfieber* be- 
stritten werden, nur müssten die Untersuchungen auf eine grössere Anzahl von 
frischen Fällen ausgedehnt werden. Mit dem von Ricketts und Wilder beschrie- 
benen, jetzt als Rickettsia Prowazeki bezeichneten, Mikroorganismus scheint der 
Plotz’sche Bazillus nicht identisch zu sein. Beide Gebilde sind auf verschiedenem 
Wege gefunden worden, die Rickettsia Prowazeki mikroskopisch ım Blut und vor 


278 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


allem in der Darmwand der Laus. Welcher Organismus der eigentliche Erreger 
des Fleckfiebers ist, muss auch fernerhin weiteren Untersuchungen vorbehalten 
bleiben. Die vorliegende ernste Arbeit regt zu weiterer Forschung auf dem be- 
gangenen Wege an und bildet als solche einen weiteren Schritt zur Erkenntnis 
der Ätiologie des Fleckfiebers. 

Hans Müller. 


33. Emil Abderhalden, Die Grundlagen unserer Ernährung unter 
besonderer Berücksichtigung der Jetztzeit. Verlag von Julius Springer, 
Berlin 1917. 144 S. 

Von dem Gedanken geleitet, dass umfassendere Kenntnisse über unsere 
Ernährung, vor allem zur Jetztzeit, in breiten Volksschichten unbedingt erforder- 
lich sind, hat Verf., der ausgezeichnete Stoffwechselkenner, vorliegendes Buch 
geschrieben. | 

Zunächst hat A. darin in geschickter Weise die Grundlagen unserer Ernährung 
in theoretischer Hinsicht in knapper, aber doch gut verständlicher Form besprochen: 
die anorganischen und organischen Nahrungsstoffe, allgemeiner Stoffwechsel, Zell- 
stoffwechsel, Fermenttätigkeit und Verdauung, Methoden der Stoffwechselunter- 
suchung. An diese theoretischen und allgemeinen Betrachtungen anschliessend, ist 
Verf. den wichtigsten praktischen Fragen unserer Ernährung nähergetreten. Unser 
Bedarf an Pflanzen- und Fleischnahrung unter verschiedenen Bedingungen (Ruhe, 
Arbeit, Krankheit), Ausnützung der Nahrungsmittel, Ernährung des Säuglings, 
des wachsenden Organismus und des Erwachsenen, Folgen einer einseitigen Er- 
nährung (Beriberi, Pellagra, Skorbut usw.) sind im wesentlichen die hier behan- 
delten Themen. Schliesslich beantwortet Verf. auf Grund der im vorhergehenden 
gegebenen Besprechungen die Frage, ob die jetzige Art unserer Ernährung aus- 
reichend ist (und zwar, kurz gesagt, dahin, dass unsere Kost wohl in ibrer Zu- 
sammensetzung nach dem Vorhandensein der erforderlichen verschiedenen Nah- 
rungsstoffe „gut“ ist, dass aber „zu manchen Zeiten unser Bedarf nicht voll 
befriedigt werden konnte‘). 

Das Buch ist, was hier wohl keines besonderen Hinweises bedarf, unter dem 
. neuesten Standpunkte der Forschungsergebnisse gehalten. Um hierfür nur einige 
Beispiele zu geben, so sei erwähnt, dass bei der Frage nach unserem Eiweiss- 
bedarf auch der neuen Forschungsresultate von Chittenden und Hindhede 
gedacht worden ist, und dass die erst jüngst von v. Pirquet vorgeschlagene 
Nährwert-Masseinheit „Nem“ (— Nahrungseinheit Milch) bereits Berücksichtigung 
gefunden hat. 

Wir zweifeln nicht daran, dass sich das Buch mit seiner lebhaften, klaren 
und flüssigen Form und streng sachlichen Behandlungsweise viele Freunde er- 


werben wird. K. Kautzsch, Höchst a. M. 


34. H. J. Losch, Die Bewegung der Bevölkerung Württembergs in den 
Jahren 1910—1913. Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landes- 
kunde. Stuttgart, Kohlhammer, 1914/15. 

Die Ergebnisse der Statistik über die Sterblichkeit an Tuberkulose in 
Württemberg hat so Wichtiges gebracht, dass es unbedingt lohnend ist, auf sie 
näher einzugehen. Die Tuberkulose ist in die bekannten Untergruppen: Tuber- 
kulose der Lungen, Tuberkulose anderer Organe und (von 1904 ab) in die allge- 
meine, akute Miliartuberkulose getrennt. — Überblickt man vom Jahre 1899 ab 
die Gesamtziffern der Sterblichkeit an Tuberkulose, so ist eine ständige Abnahme, 
und zwar bedeutender beim männlichen als beim weiblichen Geschlechte unver- 
kennbar. Die Todesfälle an Tuberkulose anderer Organe als die Lungen und an 
allgemeiner Miliartuberkulose haben dagegen nicht ab-, im Gegenteil sogar zuge- 

nommen. — Auch der Gesamtsterblichkeit gegenüber ging die Sterblichkeit an 

Lungentuberkulose (einschliesslich Miliartuberkulose) zurück. 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 279 


Das Bild wird sofort anders, wenn einzelne Altersgruppen getrennt betrachtet 
werden, und zwar deutliche Abnahme bei den höheren Lebensaltern beider Ge- 
schlechter, geringe bei dem männlichen in den besten Lebensaltern (15—25, 25—35), 
sogar Zunahme der Sterblichkeit bei dem weiblichen dieser Altersgruppen. Die 
Zahlen ergeben die Bedeutung der Tuberkulose als Todesursache für die besten 
Lebensalter. — Der Verfasser hat nun weiter die Zahl der an Tuberkulose in diesen 
wichtigen jüngeren Altersklassen Gestorbenen mit der Gesamtzahl der in diesen 
Altersgruppen Lebenden verglichen. Er machte das Ergebnis unmittelbar ver- 
gleichbar dadurch, dass er die Grundzahlen für 1899/1900 überall gleich 1000 
setzte und für die Jahre 1911/12 den Durchschnitt nahm. Er erhielt dann 
folgendes: 

Beim männlichen Geschlacht war die Zahl der Opfer der Tuberkulose nur 
im Zeitraum 1901—05 höher als die Zahl der durch andere Ursachen Gestorbenen, 
sonst zunehmend geringer; beim weiblichen Geschlecht dagegen raffte die Tuber- 
kulose zunehmend höhere Opfer dahin. — 


Verf. sonderte nun die an Tuberkulose Gestorbenen nach Berufen, um der 
Ursache für diese eigenartigen Ergebnisse näherzukommen. Es ergab sich eine 
zunehmende Zahl der Opfer an der Tuberkulose in den industriellen Berufen. 
Die Fälle von Landwirtschaft im weiteren Sinne und Industrie verhielten sich 
1899/1900 wie 1:2, 1911 aber schon wie 1:3. 

Macht man die Gliederung der Berufsabteilungen „Landwirtschaft“ und 
„Industrie“ nach Altersgruppen, so zeigte sich wieder Abnahme der Zahl der an 
Tuberkulose Gestorbenen bei den älteren Gruppen (über 50 Jahre), dagegen bei 
den jüngeren Altersklassen (15—35) bei dem männlichen Geschlechte Abnahme 
(besonders in der Landwirtschaft), bei dem weiblichen Zunahme (vor allem in 
der Industrie). — 

Soweit sind in aller Kürze die Ergebnisse der Sterblichkeitsziffern an Tuber- 
kulose für den Zeitraum 1899—1912 wiedergegeben. — Im Jahre 1913 war ein 
weiterer Rückgang der Tuberkulosesterblichkeit unverkennbar. Er erreicht aber 
nur grössere Werte für die höheren Altersschichten als die allgemeine Sterblich- 
keit, der er sonst im ganzen etwa gleichkommt. — Auch bei der Betrachtung 
der Tuberkulosesterblichkeit nach Berufsabteilungen ergibt sich 1913 ein Rück- 
gang gegen den Durchschnitt 1911/13. — Es fehlen aber Vergleichszahlen mit 
den an anderen Krankheiten in den einzelnen Berufsgruppen Gestorbenen. — 


Die Sterblichkeit an Tuberkulose in Württemberg hat also Wandlungen 
gezeigt, die das Nachdenken nach ihren Ursachen in mannigfacher Richtung an- 
regen. — Die landläufige Ansicht, die man noch immer wieder in Abhandlungen 
und Vorträgen vernimmt, die Tluberkulosesterblichkeit nehme infolge unserer 
Bekämpfungsmassnahmen in Deutschland zusehends und regelmässig ab, bedarf 
unbedingt einer Richtigstellung. Sobald man die Altersgruppen über kürzere 
Zeiträume verteilt, ergibt sich, wie wir sehen, eiu ganz anderes Bild. Die Ge- 
schlechter lassen gleichfalls Verschiedenes erkennen. Das weibliche Geschlecht 
zeigt in den jüngeren und mittleren Altersgruppen, also den besten, Zunahme an 
Tuberkulosesterblichkeit. 

Diese statistischen Ergebnisse sind für ung Beweismaterial für die Bedeu- 
tung der Disposition für die Entstehung und den Verlauf der Tuberkulose. Die 
Exposition dem Erreger gegenüber wird bei beiden Geschlechtern in den beson- 
ders betroffenen Altersgruppen (15.—25. und 25.—35. Lebensjahr) nicht wesentlich 
verschieden gewesen sein, zumal wir wissen, dass die Infektion fast stets schon 
im Kindesalter erfolgt und dann zu einer mehr oder weniger starken Immunität 
führt. Die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Individuen dem Krankheitskeime 
gegenüber muss den Ausschlag geben. 

Das angeerbte Minus der Veranlagung wird bei beiden Geschlechtern gleich 
zu setzen sein. Ein weiteres Minus muss beim weiblichen Geschlecht in äusseren 


280 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


Einwirkungen gesucht werden. Die physiologischen Funktionen (Menstruation, 
Puerperium, Laktation) können nicht massgebend sein — sie waren in den einzelnen 
Jahren wohl stets von gleichem Einfluss. Die günstige Einwirkung einer besseren 
Volkshygiene, der sozialen Fürsorge und des mächtigen Ausbaus einer ziel- 
bewussten Tuberkuloseverhütung und -heilung trifft weiter beide Geschlechter in 
gleichem Masse. — Wir werden dahin gefübrt, die Abnahme der Widerstands- 
fähigkeit des weiblichen Geschlechts dem Tuberkuloseerreger gegenüber auf die 
zunehmend gesteigerte berufliche Betätigung des Weibes zurückzuführen. Es 
wäre unbedingt sehr wertvoll, diesen Einflässen durch eingehende statistische 
Arbeit noch mehr nachzugehen. 

Der Autor hebt selbst die Bedeutung der Widerstandsfähigkeit dem Erreger 
gegenüber hervor und regt zu statistischer Bearbeitung der sie bedingenden 
Einzelheiten an. — Wir sehen, welche Bedeutung die württembergische Statistik 
der Sterblichkeit an Tuberkulose hat, sie weist in vorbildlicher Weise neue Wege 
zur Erforschung der Disposition und damit zur Vertiefung unseres Wissens von 
der Pathogenese der Tuberkulose. — 

Der Krieg mit der zum Teil völligen Verschiebung der sozialen Verhältnisse, 
mit der durchaus andersartigen Gestaltung der beruflichen Betätigung beider 
Geschlechter würde der Statistik zur Erforschung der Tuberkulose die lohnendsten 
Aufgaben zuweisen, die ihrerseits befruchtend auf die Fürsorge, die Prophylaxe | 
und Therapie einwirken werden. Schröder, Schömberg, 





35. Norbert R. v. Ortner, Klinische Symptomatologie innerer Krank- 
heiten. Erster Band. Erster Teil. Bauchschmerzen (schmerzhafte 
Bauchaffektionen). Verlag von Urban und Schwarzenberg, Berlin-Wien 1917. 
Preis br. M. 15.—, geb. M. 17,50. 

Als Frucht langjähriger klinischer Erfahrung bietet Ortner in dem vor- 
liegenden Buch den Eingangsband eines Werkes, das die Symptomatologie der 
inneren Krankheiten behandeln soll. Der Band enthält eine Fülle von dia- 
gnostischen und differentialdiagnostischen Hinweisen, die alle ausschliesslich 
auf das subjektive Symptom der Bauchschmerzen Bezug haben. In einzelnen 
Abschnitten werden nach topographischen Gesichtspunkten die diffusen und die 
lokaligierten Bauchschmerzen behandelt. Das Werk bietet mannigfache Belehrang 
und Anregung und sei zum eingehenden Studium auf das Wärmste empfohlen. 
Ein sorgfältiges Sachregister erleichtert die Benutzung. Rosenow. 


36. Ludwig Fojes- Budapest, Die Entstehung, Verbreitung und Ver- 
hütung der Seuchen, mit Erfahrungen aus dem Felde. Urban und 
Schwarzenberg. Berlin-Wien 1917. 149 S. 

Übersichtliche Zusammenstellung der Infektionskrankheiten unter Berück- 
sichtigung der neuesten Erfahrungen. Auch über die Tuberkulose ist in einem 
kurzen treffenden Abschnitt mit Besprechung der spezifischen Diagnostik und 
Therapie alles Nötige gesagt worden. 

Das Büchelchen dürfte in seiner handlichen Form dem Feldarzt in dies- 
Lezüglıchen Fragen ein wichtiger Ratgeber sein. Hans Müller. 


> 





Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 








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Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


berausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder 


Ärztlicher Direktor des Allgem. o. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg, 
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 
Redaktion: Verlag 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Würzburg. 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke 


Schömberg. O.-A. Neuenbürg, Wttbg. Ludwigstrasse 23112. 








11. Jahrg. Ausgegeben am 31. Oktober 1917. Nr, 10, 
Inhalt. 
Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen bezielien sieh auf die Seiten.) 

Bardswell, N. D. 29.  Gazalbou 287. Lewandowsky 280. Rühl 256. 
Beachant. M. 285. Giroux, L. 29]. de Massary, M. E. 287. Rousch 303. 
Becker 302. Goldstein 291. Morton, J. M. 290, Salnıs, G. 20. 
Bernard, L. 287. Heim 287. Nobl 304. Scherber 303, 
Cayet, R. 293. Hess 29). Oppenheim 30%. Schlayer 246. 
Collmann 2x9, Heusner, H. L. 295. Perutz 303. Schröder. G. 293, 
Craig, F. 300. Hirsch. K. 295. Pollag 2=6. Sergent, E. 280, 29), 
Danechau ?*8. Horn, P. 294, Popper 304. Strauss, H. 2%. 
Dröge, K. 235. Jorni, G. 297 Poujol 259. Thiem 292. 
Etienne, M. G. 287. Köhler, F. 393. Rist, E. 291. Vogel, K. 258. 
Freund, R. 208. Kcsteletzky 302. Ruhemann, K. 288. ‚Wagner, C. 200. 


I. Nekrolog. 


Behring. Von Hans Much. 


II. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


1 


a) Allgemeine Pathologie und pathol, Anatomie, c) Diagnose und Prognose. 


499. Béachant, Les phtisies fibreuses 003. Collmann, Die Färbemethoden nach 





pendant la campagne actuelle. — 490. Dröge, Mueh und Ziehl zum Nachweis von Tuberkel- 
Einfluss der Tuberkulose auf die chemische bazillen im Gewebe. — 504. Salus, Die Hämo- 
Zusammensetzung des Tierkörpers. — 491. Iysinreaktion als Hilfsmittel der Meningitis- 
Pollag, Primäre Schilddrüsentuberkulose. — diagnose. — 505. Morton, A rapid method 
402. Lewandowsky, Tuberkulose-Immunität for the diagnosis of renal tuberculosis by the 
und Tuberkulide. — 493. Rühl, Beiträge zur use of the X-rayed guinea pig. — 508. Ser- 
Frage der Tuberkulide und des Lupus erythe- gent, Les signes de la plenrite du sommet et 
matodes. lonr valeur dans le diagnostic de la tuberculose 

pulmonaire de adulte. L'adenite et la lym- 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


494. Heim, Seltenheit des Lupus und der 
Peovriasis in heissen Ländern. -- 495. Gazal- 
bou, La tuberculose est de nature myeosique. 
— 46. Etienne, Tuberenluose traumatique, — 
497.de Massaury, Pleuresie tuberceuleuse con- 
sceutive a un traumatisme de gueire. — 495. 
Bernard, L'origine traumatique de la tuber- 
culose. — 499. Danóchau, Tuberculose pul- 
monaire chez les soldats atteints de trauma- 
tisme thoracique. -— 5U. Vogel, Trauma und 
Gelenktuberkuivose. — 501. Ruhemann, Lun- 
gertuverkulose und Betriebsunfali? — 2. 
Sergent et Poujol, La tuberculose chez 
los indigènes du Tell algérois. 


phangite nodulaire sus-elavienlaires. -— 507. 
Rist, Les principes du diagnostice rationel de 
la tubereulose pulmonaire. 


d) Klinische Fiilte. 


503. Giraux, Tuberculose pulmonaire 
traumatique. — 509, Goldstein, Kıss in der 
Lungenspitze nach Hebung einer schweren 
Last. Unfall? — 510, Thiem, Lungeutuber- 
kulose nach Brustquetschung. 


e) Hrilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heime. 


511. Aus deutschen Heilstätten. a) Bericht 
desHeilstätten- Vereins für den Reg.-Bez. Minden 


Internat. Centralbl. f. T'ıberkulose-Farschung. 11. 19 


982 Nekrolog. 


„Auguste Viktoria-Stift“ 1916. b)G.Schröder, g) Grenzgebiete. 
Jahresbericht der Neuon Heilanstalt für Lun- 516. Schlayer, Lungenerkrankungen nicht- 
genkranke zu Schömberg. Oberanıt Neuenbürg. tuborkulöser Natur beim Heere. — 517. Jorni, 
— 512 Bardswell, A Sanatorium Market | Über das Verhalten der Bronchien Fremdkör- 
Garden Colony. — 513. XI. Bericht über die | pern gegenüber. — 518. Hirsch, Zur Lungen- 
Tätigkeit des Vereins zur Bekämpfung der naht bei Schussverletzung des Thorax. — 519. 
Tuberkulose in Nürnberg. 1916. Freund und Cayet, Wert der Spirometrie 
: für die Beurteilung der Lungenschüsse. 520. 
f) Allgemeines. . Hess, Lungenschüsse. — 521. Jakob, Be- 

5l4. Horn, Zur Invalidenbegutachtung. en handlung der Pneump»nie mit Optochin. 


5l5. Heusner, Sonne und Klima im Kampfe | 
gegen die Tuberkulose. 


1II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


37.H. Strauss, Die Nephritiden, Abriss | sonne. — 40. Beiträge zur Klinik der Infektions- 
ihrer Diagnostik und Therapie auf Grund der | kraukheiten und aur Inımunitätsforschuug. — 
neueren Forschungsergebnisse. — 38. Frank |; 41. Tuberkulose -Fürsorgeblatt 1917 Nr. 8. — 
A. Craig, A study of the housing and social | 42. F. Köhler, Ergebnisse der Tuberkulose- 
conditions in selected districts of Philadelphia. | forschung. 

| 


— 39. Karl Wagner, Die künstliche Höhen- 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 


13. Wiener Dermatologische Gesellschaft. | pflege und der VII. Versammlung der Vereini- 
Sitzungen vom 25. Jan. und 22. Febr. 1917. — gung der Schulärzte Deutschlands am 16. und 
14, Verhandlungen der XV. Jahresversammlung 17. Febr. 1917 in Berlin. 
des Deutschen Vereins für Schulgesundheits- 





I. Nekrolog. 


Behring. 
Von Hans Much. 


Der Sinn eines Nachrufes ist der einer Würdigung des Verstorbenen. 
Diesem Sinne entsprechen aber gerade in unserer Wissenschaft die aller- 
wenigsten Nachrufe. Teils eine Überschätzung der Wissenschaft an sich, 
teils mangelnder oder abgestumpfter Blick für die wahren Werte des 
Menschseins sind daran schuld, dass diese Nachrufe einen wahrhaft ge- 
bildeten Geist durchgehends fast nie befriedigen. Zumeist fühlt der Verf. 
sehr richtig, dass mit der wissenschaftlichen Leistung ein Lebensgang 
nicht erschöpft ist; was man aber dann zur Behebung des völlig einseitigen 
Bildes unternimmt, bleibt meist ganz auf der Oberfläche. So kommen 
Machwerke heraus, die abgesehen von ihrem häufigen schriftstellerischen 
Unwert schiefe und aufgestutzte Bilder bringen. Um einen Charakter 
wirklich zu erfassen, muss man schon Künstler sein. Aber ist man selbst 
Künstler und fühlt sich in den Charakter so tief wie möglich hinein, so 
ist mit einer solchen Studie wiederum den wenigsten gedient. Wenn ich 
einen Menschen richtig schildern will, dann kommen zuerst die ethischen 
Werte, neben denen alle andern verblassen. Wer aber will die hören? 
In unserer verlogenen Zeit so gut wie keiner. 

Es gibt nur eine wahre Aristokratie: das ist die der Moral, nicht 
die des Geistes. Moralischer Aristokrat kann jeder werden. Deshalb hört 
man so ungern von der Ethik reden. 

Wenn man dies erwägt, wird es einem nicht sonderbar vorkommen, 
dass ein vollendeter Nachruf auf Behring, der dem wissenschaftlichen 





Nekrolog. 283 


Hurraschreier ob der grossen Leistungen des Verstorbenen besonders reiz- 
und ehrenvoll vorkommen mag, höchst schwierig, ja in einer wissenschaft- 
lichen Zeitschrift geradezu undurchführbar ist. Der Mensch Behring 
war ein äusserst kompliziertes Gebilde Wer ihn nur in seinem letzten 
Jahrzehnt sah, wird das kaum glauben; wer ihm aber bis in seine Jugend 
nachgebt, urteilt anders. Ich habe selten‘ einen Menschen kennen gelernt, 
der verstandesmässig die höchsten Werte des Menschseins so klar 
erfasst hatte wie Behring. Dieser scheinbar immer nur den eigenen 
Vorteil so kalt berechnende Verstand, hatte sich auch in die Tiefen wahren 
Menschentums hinabgesenkt und emsig daraus geschürft. Er wusste sehr 
wohl, dass hinter der sichtbaren Persönlichkeit unerkennbar das wahre. Wesen 
steht, dessen Pflege einzig und allein unser ganzes Mühen zu gelten hat. 
Er war sich darin in seinen besten Jahren eins mit Schopenhauer. 
Aber ein heftiger Drang zum Ausleben der flüchtigen Persönlichkeit setzte 
ihn in Widerstreit zu Schopenhauer’s Lehre, die er verstandesmässig 
so liebte. Und wenn dieser Drang in ihm siegte, so mag allerdings auch 
wieder Schopenhauer daran schuld gewesen sein, mit seinem unseligen 
Irrtum von der Unveränderlichkeit des Willens in der jeweiligen Menschen- 
form. So erkläre ich mir den grossen Widerstreit in Behring’s Brust, 
unter dem er wohl selbst am meisten gelitten hat, zum mindesten in den 
Jahren der Konsolidierung seiner Willensrichtung. 

Wer will nicht zugeben, dass diesen Widerstreit nachzugehen ein 
Unternehmen von ebenso grossem Anreiz wie grosser Schwierigkeit ist, dass 
aber der Raum einer wissenschaftlichen Zeitschrift viel zu eng dazu ist. 
Die grossen Erfolge nach aussen hin spielen bei der Ausprägung der 
Behring’schen Willeusrichtung eine nicht geringe Rolle, aber sicherlich 
nicht die ausschlaggebende Denn sie bestimmen nicht allererst den 
Willen, sondern der Wille bestimmte allererst sie, und nur rückwirkend 
hatten sie Einfluss. 

Einen Schritt weiter, hinaus über den unseligen Irrtum von der 
Unveränderlichkeit der Willensrichtung, und wir hätten vielleicht in dem 
so willensstarken Manue nicht nur einen grossen Wissenschaftler, sondern, 
was mehr ist, auch einen grossen Menschen zu bewundern. 

Bleiben wir hier bei seinen erstaunlichen Leistungen für die Wissen- 
schaft. 

Die Auffindung und Erzeugung der Gegengifte im Blutserum bedeutet 
ohne Zweifel einen Wellenberg in der Wellenbewegung, der die medizi- 
nische Kultur ebenso unterworfen ist wie die allgemeine Kultur der Mensch- 
heit. Die Kammhöhe dieses Wellenberges zählt mit zu den höchsten, die 
in der medizinischen Wissenschaft erreicht worden sind. Ich brauche 
bei ihr deshalb nicht länger stehen zu bleiben, da sie wohl allen noch 
lebendig vor Augen ist, und da in dieser Zeitschrift besonders Behring’s 
Bemühungen für die Tuberkulose gewürdigt werden sollen. 

Diese Verdienste erreichen offenbar nicht die Höhe der Entdeckungen 
bei Diphtherie und Tetanus. Aber wenn man die Tuberkulose für sich 
besonders „betrachtet und auch in ihr das Gesetz der Wellenbewegung -- 
das von der menschlichen Selbstgefälligkeit in ein Gesetz der Kultur- 
entwicklung umgefabelt wurde — verfolgt, so ist Behring’s Leistung 
für die Tuberkulosebewegung ebenfalls wieder ein Wellenberg, der keinem 
andern nachsteht. 


19* 


Ist ` Nekrolog. 


Es war der Streit um die Artgleichheit der Menschen- und Rinder- 
tuberkuloseerreger, der ibn in der Tuberkuloseforschung zuerst auf den 
Plan rief. Behring war nicht nur der scharfe Verstand von mathe- 
matischer Klarheit, sondern er verfügte zugleich über das vom Augenblick 
unbeeinflusste geniale Moment, über die anschauliche, d. h. vereini- 
gende Betrachtungsweise, durch die sich das Genie vom Talente: vorteilhaft 
unterscheidet. So kann es nicht wundernehmen, dass er ganz für die 
Arteinheit eintrat. 

Anschauliche Erkenntnis ist die höchste Form der Erkenntnis. Un- 
mittelbar aus ihr fliesst, wenn der Wille zu ıhr da ist, die Tat. So auch 
hier. Aus der Erkenntnis der Artgleichheit floss die Tat der Rinder- 
tuberkuloseschutzimpfung. Sie war nur möglich, wenn das Band zwischen 
Menschen- und Rinderstämmen vorher klar erkannt war. Die Menschen- 
bazillen bedeuten für die Rinder etwas Ähnliches wie die umgekehrt durch 
Rinderdurchgang abgeschwächten Rinderpocken für den Menschen in seinem 
Verhältnisse zu den Menschenpocken bedeuten, also einen natürlich ab- 
geschwächten, aber artgleichen Ansteckungstof. An kleinen Versuchen 
und an Unternehmungen von grösstem Umfange konnte Behring ein- 
deutig nachweisen, dass eine Schutzimpfung gegen Rindertuberkulose sehr 
wohl möglich ist, Trotzdem sind seine Bemühungen, dies Verfahren 
allgemein einzuführen, gescheitert, und zwar mit gutem Grunde, denn der 
Schutz ist zu kurz, und die nötige Einverleibung in die Vene schwer 
durchzuführen. Auch ist die Einspritzung lebender Erreger keine end- 
gültige Lösung des Problems. Behring sah das sehr wohl ein, nachdem 
er sich eine Zeitlang allzusehr auf das ursprüngliche, dem Handel über- 
gebene Verfahren versteift hatte. ‘Aber er geriet dabei in eine Hast und 
Überstürzung, die ihn den rechten Weg verfehlen liessen. Die spätere 
Forschung hat dargetan, dass bei Verwendung lebender Erreger die nöti- 
gen Partialantigene nicht alle wirksam werden und deshalb der Schutz 
nur schwach und flüchtig sein muss. Dies alles aber schmälert der 
Behring’schen Endeckung als solcher nicht ibren Wert. 

Die Höhe der Leistungen für die Tuberkulose bezeichnet meiner 
Meinung nach die anschauliche Erkenntnis der Tuberkuloseansteckung. 
Sie ist gar nicht hoch genug zu bewerten. Sie hat mit ihrem dringenden 
Hinweis auf die Kindheit bewusst oder unbewusst führend und weisend 
bei allen neueren Fortschritten gewirkt, hat uns vor der Bebauung steinigen, 
ewig unfruchtbaren Bodens bewahrt und der Forschung ein Ackerland 
überwiesen, das sich, wie sich zeigt, vortrefflich bebauen lässt. Zur Er- 
forschung der Schwindsuchtentstehung wies Behring noch selber die 
ersten Schritte. | 

Diesen Erkenntnissen sollte wieder die Tat folgen. Er versuchte 
Kindern geeigneten Schutz zu verleihen durch vorgebildete Kräfte, die er 
in die Milch tuberkuloseimmuner Tiere zu leiten versuchte. Der an sich 
treffliche Gedanke erwies sich als undurchfünrbar. Dann versuchte er, 
Tuberkelbazillen so aufzulösen, dass wirksame Schutz- und Heilstoffe 
gewonnen würden. Auch der Gedanke der Auflösung war gut, aber die 
Ausführung war fieberhaft, ungezügelt. Im festen Vertrauen auf sich 
selbst und auf die Kraft seines Willens verlor er den gewonnenen Stoffen 
gegenüber alles Urteil, so dass dies Unternehmen mit einem völligen Miss- 
erfolge endete. 


> 
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 285 


Nicht nur die Geschichte der Menschheit, sondern auch die des 
einzelnen ist Wellenbewegung. Je grösser das Genie, um so höher ge- 
meiniglich die Wellenhöhe und um so tiefer die notwendige Wellentiefe. 
Nur die ethischen Genies bilden davon eine Ausnahme, da sie das Er- 
habenste, die vollkommene Meeresstille erreichen. In Behring’s geistigem 
Leben liegt wie so häufig der höchste Wellenberg im Anfang: die Ent- 
deckungen bei Diphtherie und Tetanus. Hier war der Wille noch rein auf 
das Ziel eingestellt. Bei zunehmendem Erfolge kam von der einen Seite 
die Sucht der Zeit, die geschäftliche Ausmünzung der Geistestaten, über 
ihn, von der andern ein unbegrenzter Glaube an sich und seine Stärke. 
Dadurch wurde die reine Stosskraft des Willens geschwächt. Die zweite 
Welle seiner Geistestaten erreichte nicht die Höhe der ersten; aber mit 
denen anderer Zeitgenossen verglichen ist sie immerhin von erstaunlicher 
Grösse, Sie umfasst die Tuberkulosearbeite Nach dem Wellental der 
„Tulase“ wurden dann die Kräfte zum letztenmal angespannt, aber die 
Einheitlichkeit der Richtung war aufgelöst, zumal auch die Gesundheit 
von Grund aus erschüttert war. Und wenn auch diese Kraftanstrengung 
als solche menschlich zu bewundern ist, tatsächlich hat sie nur noch zu 
schwachen Erhebungen geführt, die in der grossen See nichts mehr zu 
bedeuten haben, bis die Kraft in das Nichts ausfloss, um von dort aus, 
an neue Daseinsform gebunden, den Kreislauf von neuem zu beginnen. 


I. Referate. 


—— 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


489. M. Beachant, Les phtisies fibreuses pendant la campagne 
actuelle. Réunion médicale de la IV. armée. (Ref. La Presse 
médicale 1916 Nr. 29.) 

Von 39 vom Verf. während eines Zeitraumes von 6 Monaten beob- 
achteten fibrösen Tuberkulosen betrafen die meisten ein Lebensalter über 
30 Jahre. Bei 18 Patienten hatten sich schon früher Erscheinungen von 
Lungenerkrankung gezeigt. Bei der Hälfte der Fälle erfolgte der Aus- 
bruch plötzlich, bei den anderen bestanden schon längere Zeit vorher 
Appetitlosigkeit, zunehmende Schwäche und Abmagerung. In 12 Fällen 
trat eine Hämoptoe als prämonitorisches Zeichen auf. Die klinische 
Untersuchung ergab fast in allen Fällen einen vorgeschrittenen rechts- 
seitigen Prozess; auch Muskelatrophie über der erkrankten Spitze und 
Überempfindlichkeit derselben zeigten sich fast regelmässig. Während bei 
der Hälfte der Fälle die akuten Erscheinungen sich in kurzer Zeit zurück- 
bildeten und die Erkrankten als kriegsverwendungsfähig angesehen werden 
konnten, war der Verlauf bei der anderen Hälfte ein mehr chronischer; 
in diesen Fällen ist natürlich eine militärische Brauchbarkeit in keiner 
Form mehr anzunehmen. . Kautz, Hamburg. 


490. Karl Dröge, Über den Einfluss der Tuberkulose auf die 
chemische Zusammensetzung des Tierkörpers. Pflüger s Arch. 

103. 1916 S. 266. 
An einer Reihe tuberkulös infizierter Meerschweinchen hat Verf. die 


286 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 
o 


chemische Analyse, besonders im Hinblick auf den Fett- und Wassergehalt 
durchgeführt. Bei Untersuchung des Fettgehalts normaler Tiere fand Verf. 
beiläufig ein bisher noch nicht beobachtetes Verhalten. Nach der Geburt 
zeigen nämlich normale Tiere eine Abnahme des Fettgehalts. Die Be- 
ziehungen zwischen der Tuberkulose und dem Fettgehalt sind derart, dass 
Tiere, bei denen die tuberkulöse Infektion nicht anging oder ausheilte im 
Fettgehalt normal blieben, während bei Ausbreitung der Tuberkulose der 
Fettgehalt sank. Hieraus soll man aber nicht schliessen, dass der Fett- 
gehalt mit einer hohen Resistenz des Organismus gegen Tuberkulose 
gleichbedeutend ist. Fraglich ist es, ob man gegen die Tuberkulose mit 
Überernährung ankämpfen kann. 

Hinsichtlich des Wassergehalts zeigen schwer tuberkulöse Tiere eine 
Steigerung, leichte Fälle eine Verringerung des Woassergehalts. Verf. 
nimmt an, dass die Tuberkelbazillen selbst die Wasseranreicherung hervor- 
rufen. Wasserreichtum der Gewebe erleichtert ja auch den Bakterien das 
Fortleben. Die Therapie hätte somit eine Anreicherung an Wasser zu 
verhindern. Der zweite Teil der Arbeit wird nicht erscheinen, da der 


Verf. auf dem Felde gefallen ist. _ K. Lewin, Berlin. 
491. Pollag, Primäre Schilddrüsentuberkulose. Zul. f. Path. 28. 
1917 Nr.9 


Verf. wendet sich gegen den verwirrenden Begriff der primären 
Schilddrüsentuberkulose, der neuerdings von Schönberg (Zentr. Bl. f. 
Pathol. Bd. 27, H. 20) festgehalten wird. Ein Fall von Schilddrüsen- 
tuberkulose, der anatomisch als primärer so beweisend anerkannt werden 
könnte, dass kein Zweifel mehr möglich wird, ist dem Verf. in der ganzen 
mediziniechen Literatur nicht bekannt geworden. 


Werner Bab, Berlin. 


492. Lewandowsky- Hamburg, Tuberkulose -Immunität und 
Tuberkulide. Arch. f. Derm. u. Syph. 73. 1916. H. 1. 

Die Tuberkulide werden durch TB verursacht, die meist auf dem 
Blutwege in die Haut gelangen und dort durch Immunitätsvorgänge zu- 
grunde gehen, wobei je nach der Intensität und Schnelligkeit des Prozesses 
bald endzündliches und nekrotisches, bald tuberkuloides Gewebe entsteht. 
L. gibt auch die Möglichkeit zu, dass ausser lebenden TB unter Um- 
ständen auch tote Bazillen und Bazillentrümmer bei überempfindlichen 
Menschen Läsionen vom Charakter der Tuberkulide erzeugen können. 

Schnell, Halle. 


493. Rühl-Bonn, Beiträge zur Frage der Tuberkulide und des 

Lupus erythematodes. Derm. Zschr. 1916 H. 9 u. 10. 

R. erweitert das bisherige Bild der Folliklis um einige Punkte: 
Sie weicht, in allerdings seltenen Ausnahmen, von ihrem ursprünglichen 
Krankheitsbilde ab und nimmt Formen an, die an Peimphigus erinnern, 
indem sie einerseits zu Blasen- oder Pustelbildung, andererseits zu Vege- 
tationen, zur Tuberculosis verrucosa, führen. Die Folliklis kann ferner 
durch Narbenbildung zu Verstümmelung und Verkrüppelung einzelner 
Glieder führen. Schliesslich ist bei einzelnen Formen die Lichtempfind- 
lichkeit ganz besonders ausgesprochen, so dass man an eine Hydroa vaccini- 
forme denken könnte. Im Gegensatz dazu konnte ein günstiges Resultat 


Ätiologie und Verbreitung. 287 


durch . Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne erzielt werden. Bei einer 
derartigen Behandlung ist jedoch abzuwarten, wie die einzelnen Fälle 
reagieren, und nur mit äusserst kleinen Dosen zu beginnen. 

Bei vier Fällen von Lupus erythematodes konnte der Zusammen- 
hang mit Tuberkulose nachgewiesen werden. Trotzdem liegt es dem Verf. 
fern, diese Fälle zu verallgemeinern und behaupten zu wollen, dass sämt- 


liche ungeklärten Fälle von Lupus erythematodes zur Tuberkulose zu’ 


rechnen sind. Schnell, Halle. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


494. Heim-Bonn, Seltenheit des Lupus und der Psoriasis in 
heissen Ländern. Derm. Zschr. 1916 H. 6. 

“Sowohl in Ägypten, als auch in den deutschen Schutzgebieten und 
vermutlich allgemein in den heissen Ländern ist der Lupus eine äusserst 
seltene Erscheinung. Vermutlich ist es die starke Sonnenstrahlung, die in 
den heissen Ländern den Lupus nicht aufkommen lässt. 

Schnell, Halle. 


495. Gazalbou, La tuberculose est de nature mycosique. Soc. 
de Pathol. comparee (Parıs), 12. Okt. 1915. (Ref. La Presse 
médicale 1915 Nr. 54.) 

Ein Jahr lang bei gewöhnlicher Temperatur unter Lichtabschluss 
aufbewahrte Bazillenkulturen zeigten die Bildung eines Mycels. 
Querner, Hamburg. 


496. M. G. Etienne, Tuberculose traumatique. Soc. medic. des 
höpitaux, Juli 1916. (Ref. La Presse médic. 1916 Nr. 45.) 
Im Anschluss an eine Rippenquetschung nach einer Verschüttung 
traten bei einem 54 jährigen, kräftigen Pat. Erscheinungen einer Pleuritis 
und später einer sich auf die ganze linke Lunge ausdehnenden Tuber- 
kulose auf. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem Trauma 
und der Lungentuberkulose wird in diesem: Fall offen gelassen. 
Kautz, Hamburg. 


497. M. E. de Massary, Pleuresie tubereuleuse conseeutive à 
un traumatisme de guerre. Soc, medic. des höptt., Juni 1916. 
(Ref. La Presse medic. 1916 Nr. 36.) 

Nach einer Thoraxschussverletzung mit Hämoptoe entwickelte sich 
auf der erkrankten Seite eine serofibrinöse Pleuritis tuberkulöser Natur, 
die mittels Autoserotherapie behandelt wurde. Nach 6 Monaten ent- 
wickelte sich an den Injektionsstellen ein kalter Abszess. Verf. warnt 
vor Anwendung der Autoserotherapie bei nicht absolut keimfreiem Exsudat. 

Kautz, Hamburg. 


498. L. Bernard, L’origine traumatique de la tuberculose. Soc. 
medic. des höpit., Juni 1916. (Ref. La Presse mädic. 191W 
Nr. 40.) 
Verf. geht dem Zusammenhang zwischen Tuberkulose und Thorax- 
verletzung nach mit besonderer Berücksichtigung der Entschädigungs- 
pflicht bei Tuberkulose. Wenn auch im allgemeinen das Auftreten einer 


258 Ätiologie und Verbreitung. 


Tuberkulose nach einem Trauma des Brustkorbes »— Quetschung, Lungen- 
schuss u. &. — selten ist, so muss doch, auch bei vorher Jungengesunden 
Individuen an das spätere Auftreten einer solchen gedacht werden; in 
solchen Fällen darf die ‚réforme I“ den Soldaten nicht versagt werden. 
Kautz, Hamburg. 


499. Danéchau, Tuberculose pulmonaire chez les soldats atteints 
de traumatisme thoracique. Soc. médic. des hôpit., Juli 1916. 
(Ref. La Presse médic. 1916 Nr. 43.) 

Beobachtungen an lungenschussverletzten Soldaten führten zu folgenden 
Ergebnissen: 1. Die Lungentuberkulose gehört nach Lungenschüssen nicht 
zu den Ausnahmen; unter 75 Fällen wurde sie 4 mal sicher und 2 mal mit 
grosser Wahrscheinlichkeit diagnostiziert. 2. Nach Steckschüssen scheint 
sie häufiger aufzutreten als nach Durchschüssen. 3. Der Sitz der Tuber- 
kulose ist meist in Höhe resp. in der Nähe des Traumas oder des Ge- 
schosses; die Inkubationsdauer richtet sich nach dem Widerstand des 
vorher lungengesunden Individuums. 4. Da die klinischen Erscheinungen 
nach Lungenschussverletzungen durchaus denen einer Tuberkulose gleichen 
können, so ist genaueste Beobachtung und Diagnose in allen Fällen un- 
erlässlich, schon im Hinblick auf spätere Ersatzansprüche, 

Kautz, Hamburg. 


500. K. Vogel, Trauma und Gelenktuberkulose. Arztl. Sachverst. 

Ztg. 1917 Nr. 10. 

Verf. unterscheidet drei Formen von Gelenktuberkulose. 1. Trau- 
matische Entstehung bei einem vollkommen Gesunden oder wenigstens 
tuberkulosefreien Menschen. 2. Traumatische Entstehung durch Metasta- 
sierung irgendeines okkult oder manifest schon im Körper vorhandenen 
tuberkulösen Herdes. 3. Verletzung eines Gelenkes, in dessen Teilen 
schon vorher ein latenter tuberkulöser Herd vorhanden war. 

Nr. 2 trifft für die meisten Fälle zu. 

Die drei Formen können klinisch schwer getrennt werden. Alter und 
Gechlecht sind von verschiedenem Einfluss. Die Koxitis ist eine Er- 
krankung vorwiegend des Kindesalters, die Knochentuberkulose eine 
solche des Jünglingsalters, der Fungus pedis und noch mehr der des 
Ellenbogens und des Handgelenkes ist dagegen im reiferen Alter häufiger 
als bei Kindern. 

Bei der Beurteilung einer Gelenktuberkulose muss man mit der 
Prognose sehr vorsichtig sein. 

Schellenberg, Heilstätte Ruppertshain i. T. 


501. Konrad Ruhemann-Berlin, Lungentuberkulose und Be- 

triebsunfall. Arzil. Sachverst. Ztg. 1917 Nr. 12. 

Ein Arbeiter hatte in den Jahren 1900 und 1908 durch zwei 
Betriebsunfälle Kopfverletzungen sowie Gebirnerschütterung davonge- 
tragen und für deren Folgen bis zu seinem Tode Renten von 20 und 
800/0 bezogen. Die Renten wurden auf Grund der richterlichen Fest- 
stellungen gewährt, dass der erste Unfall Nervenstörungen leichter Art 
hervorgerufen hätte, die durch den zweiten Unfall stark verschlimmert 
worden wären. Der Mann starb später 14 Jahre nach dem ersten Unfall, 
und 6 Jahre nach dem zweiten Unfall an Lungentuberkulose Der be- 


Diagnose und Prognose. 259 


handelnde Arzt Dr. X gab ein Gutachten über den Zusammenhang des 
Todes mit diesen beiden Unfällen ab. Von der Berufsgenossenschaft, bei 
der Hinterbliebenen-Ansprüche erhoben wurden, wurde dem Verfasser die 
Aufgabe gestellt, sich gutachtlich über den Zusammenhang des Todes mit 
den beiden Unfällen zu äussern. Der behaudelnde Arzt hat den Ver- 
storbenen erst 10 Monate vor seinem Tode behandelt und bei ihm aus- 
gedehnte tuberkulöse Veränderungen in beiden Lungen festgestellt, er sah 
ihn .dann wieder drei Monate vor seinem Tode, zu welcher Zeit der Krank- 
heitsprozess vorgeschritten war. Ein anderer Gutachter batte bereits fünf 
Jahre vor dem Tode eine beginnende rechtsseitige Lungenspitzenerkrankung 
festgestellt. Zwei Monate nach dem zweiten Betriebsunfall waren die 
Lungen des Verstorbenen noch für gesund befunden worden. 

Verf. weist darauf hin, dass die Behandlung des Verstorbenen durch 
den behandelnden Arzt Dr. X 14 Jahre nach dem ersten und über 
5 Jahre nach dem zweiten eingesetzt hat. Er kann dem behandelnden Arzt 
nicht darin beipflichten, dass durch die beiden Unfälle, die nur den Kopt 
getroffen haben, eine Schwächung des Organismus stattgefunden habe, die 
zur Infektion mit Tuberkelbazillen führen musste. Nach Ansicht des 
Verf. waren die Erscheinungen von seiten der Lunge sehr geringfügige, 
die tuberkulöse Erkrankung nahm einen schleichenden Verlauf. Verf. 
konnte demnach die zum Tode führende Krankheit mit an Sicherheit 
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht als Folge der beiden Unfälle anerkennen. 

Oberversicherungsamt und Reichsversicherungsamt schlossen sich dem 
Inhalt des Gutachtens an, die Schlüsse, die der behandelnde Arzt Dr. X 
aus dem Inhalt der Akten gezogen hatte, wurden als nicht ausreichend 
begründete Vermutungen abgewiesen. 

Schellenberg, Heilstätte Ruppertshain i. T. 


502. Edmond Sergent et Poujol, La tuberculose chez les 
indigènes du Tell algérois. Soc. de Pathol. exotique (Paris), 
12. Mai 1915. (Ref. La Presse médic. 1915 Nr. 88.) 
Untersuchungen über die Ausbreitung der Tuberkulose unter den 
Eingebornen in Algerien mittels Tuberkulinhautreaktion. Die Unter- 
suchungen wurden ausgedehnt auf die arabisch sprechende Bevölkerung 
des algerischen Tell. Bei den Kindern betrug das Verhältnis der positiven 
Hautreaktion 50 auf 100, bei den Erwachsenen 69,4 auf 100, davon 
beim weiblichen Geschlecht 70,1 auf 100, beim männlichen Geschlecht 
66,03 auf 100. Querner, Hamburg. 
> 


ec) Diagnose und Prognose. 


503. Collmann-Köln, Die Fürbemethoden nach Much und Ziehl 
zum Nachweis von Tuberkelbazillen im Gewebe. Derm. 
Zschr. 1916 H. 6. 

C. gibt zu, dass mit der Much’schen Färbung leichter T.B. dar- 
gestellt werden können als mit der Ziehl’schen; er hält diese Über- 
legenheit jedoch nicht für so bedeutend, dass er die Much’sche Methode 
als einen Ersatz der Ziehl- Färbung empfehlen kann, zumal die Mög- 
lichkeit einer irrtümlichen Deutung bei der Much’schen Färbung ent- 
schieden grösser ist. Dort, wo es sich um den Nachweis vereinzelter 


29) Diagnose und Prognose. 


T. B. handelt, soll man stets sowohl die Färbung nach Ziehl wie die 
nach Much anwenden. Schnell, Halle. 


504. G. Salus, Die Hämolysinreaktion (Weil-Kufka’sche Reak- 
tion) als Hilfsmittel der Meningitisdiagnose. D. m. W. 1917 
Nr. 31. 

Die Weil-Kafka’sche Probe, welche auf den Nachweis des Vor- 
handenseins von Hämolysinen im Liquor bei akuten und tuberkulösen 
Meningitiden berubt (infolge der höheren Durchlässigkeit der Hirnhaut- 
gefüsse wegen der Entzündung), hat sich Verf. von neuem als „Wertvoller 
Beitrag zu den diagnostischen Ermittelungen bei Meningitisverdacht“ er- 
wiesen. Es wurden 284 Liquorproben von 206 Fällen untersucht; dar- 
unter waren 71 Fälle von Meningitis tuberculosa, 3 von Meningitis 
cerebrospinalis epidemica, 1 von Meningitis typhosa, 27 von Meningitis 
suppurativa, 2 von Meningitis ungeklärter Ätiologie. In 3 Fällen nur 
war das Hämolysin im Liquor nicbt nachzuweisen, was vielleicht durch 
kompliziertere Versuchsanordnung noch auszuschalten wäre. — Die Technik 
wird genau beschrieben. C. Kraemer II, Stuttgart. 


505. J. M. Morton- Boston, A rapid method for the diagnosis 
of renal tuberculosis by the use of the X-rayed guinea pig. 
Journ. of experim. Med. XXIV, 4. Okt. 1916. 

Es gelingt, durch Röntgenbestrahlung den Widerstand der Meer- 
schweinchen gegenüber der Tuberkulose zu verringern, und zwar in dem 
Sinne, dass, wenn zur Sicherung einer Diagnose eine Tierimpfung vor- 
genommen wird, das Resultat derselben in kürzerer Zeit erhalten wird, 
als bisher. Während bisher z. B. bei der Nierentuberkulose die Über- 
impfung erst nach ca. 5—7 Wochen ein Resultat ergab, kann nach 
Röntgenbestrahlung schon nach 8—10 Tagen die Diagnose gestellt werden. 
Es ist dabei gleichgültig, ob die Bestrahlung kurz vor oder nach der Über- 
Impfung vorgenommen wird. Kautz, Hamburg-Eppendorf. 


506. Emile Sergent, Les signes de la pleurite du sommet et 
leur valeur dans le diagnostic de la tuberculose pulmonaire 
de Padulte. L’adenite et la Iymphangite nodulaire sus- 
elavieulaires. La Presse médicale Nr. 47, August 1916. 
Verf. gibt eine umfassende Beschreibung aller zum Symptomen- 

komplex der Spitzentuberkulose gehörenden klinischen Zeichen. Aus- 

kultation, Perkussion und Röntgenuntersuchung lassen mit ziemlicher 

Sicherheit den Sitz der Erkrankung erkennen. Differentialdiagnostisch 

bedeutungsvoll sind u. a. eine bestehende Anisokorie, über die Verf. schon 

wiederholt berichtet hat, und vor allem der Nachweis infraklavikulärer 

Drüsenschwellungen. Aus der Konsistenz dieser Drüsenpakete lassen sich 

auf das Stadium der Spitzenpleuritis Schlüsse ziehen, was dem rechtzeitigen 

Erkennen dieser Drüsenschwellungen einen prognostischen Wert zukommen 

lassen würde, Von weiterer Bedeutung namentlich im Hinblick auf das 

Entwicklungsstadium der Tuberkulose sind neben den physikalischen Zeichen 

die Beobachtung allgemeiner Syniptome, wie des Fiebers, der Anämie, 

des Kräfteverlustes, der dyspeptischen Störungen, der Ergebnisse der Tuber- 
kulinreaktionen und der Höhe des arteriellen Blutdruckes. 
Kautz, Hamburg. 


Klinieche Fälle. 291 


507. E. Rist, Les principes du diagnostic rationel de la tuber- 
culose pulmonaire. La Presse médicale Nr. 39, Juli 1916. 
Anlässlich der Nachuntersuchung angeblich tuberkulosekranker Soldaten 
konnte Verf. feststellen, dass in einer grossen Zahl von Fällen die 
Diagnose „Tukerkulose“ einer genauen, alle Hilfsmittel zur Verfügung 
nehmenden Untersuchung nicht stichbielt. Schuld daran war die Be- 
schränkung der Untersuchungsmethoden auf Auskultation und Perkussion. 
Hieran anknüpfend betont R. den Wert der bakteriologischen und Rönt- 
genuntersuchung, die zum Schaden der erkrankten Personen trotz weitest- 
gehender Verbreitung von Röntgeninstituten und Laboratorium noch nicht 
zum Allgemeingut der untersuchenden Ärzte geworden sind. Abgesehen 
von der durch die in kürzester Zeit erhaltene Sicherstellung der Diagnose 
gewonnenen Zeit, gelingt es mit grösster Wahrscheinlichkeit, unter den 
hustenden Patienten die Tuberkulösen von den Nicht-Tuberkulösen zu 
sondern. Verf. konnte unter seinem Material der Verdächtigen über die 
Hälfte als nichttuberkulös ausscheiden. Kautz, Hamburg. 


d) Klinische Fälle. 


503. Léon Giroux, Tuberculose pulmonaire traumatique. Né- 
union médic. de la IV. armée, Juli 1916. (Ref. La Presse 
médicale Nr. 49, Sept. 1916. 


Bei einem bisher lungengesunden Soldaten trat 4 Monate nach 
einem rechtsseitigen Lungendurchschuss eine doppelseitige Spitzentuberkulose 
auf. Ein zweiter Fall bot 8 Monate nach einem Schrapnellschuss in der 
linken Infraklavikulargegend deutliche Zeichen einer auf den Bereich des 
Traumas lokalisierten Tuberkulose. Verf. leitet aus diesen beiden Beobach- 
tungen zwei Fragen ab, deren Bedeutung für den Zusammenhang zwischen 
Trauma und Lungentuberkulose noch weiter nachgegangen werden muss: 
-1. Unter welchen Umständen ist ein Trauma für eine spätere Lungen- 
tuberkulose verantwortlich zu machen? und 2. Löst ein Trauma nur eine 
schon bestehende latente Tuberkulose aus? Kautz, Hamburg. 


509. Goldstein- Aachen, Riss in der Lungenspitze nach Hebung 

einer schweren Last. Unfall? NMochr. f. Unfallhik. 1917 

Nr. 5. 

Es handelt sich um eine 27jährige Frau, die nach Heben von 
76 Pfd. schweren Granaten Blutspucken in mässigem Grade bekommen 
hatte, als dessen Ursache von zwei Vorbegutachtern ein traumatisch ent- 
standener Riss in der linken Lungenspitze angenommen wurde. Das 
Vorhandensein einer begünstigenden Lungentuberkulose sei nicht auszu- 
schliessen. Die Erkrankung sei als Unfallfolge anzusehen. Im Gegen- 
satz zu dieser Auffassung kommt Verf. nach seiner klinischen und ins- 
besondere röntgenologischen Untersuchung, bei der jede Veränderung in 
der Lungenspitze vermisst wurde, zu der Überzeugung, dass das Blut 
nicht aus der Lunge stamnite, sondern mit grösster Wahrscheinlichkeit 
eine wohl kapilläre Blutung aus dem Rachen vorgelegen hatte. Die 
anämische Patientin hatte in ihrer Anamnese durch mehrfache über die 
Gebühr starke Menorrhagien bereits eine besonders starke Neigung zu 
Blutungen bewiesen. 


292 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


Der angebliche Betriebsunfall, Heben einer 76 Pfd. schweren Granate, 
sei ale eine nicht über das gewöhnliche Mass herausgehende Arbeits- 
leistung auzusehen, und ein Unfallzusammenhang abzulehnen. 

Rudolf Geinitz, Tübingen. 


510. Thiem-Cottbus, Lungentuberkulose nach Brustquetschung. 

Mschr. f. Unfallhik. 1917 Nr. 5 

Tb. bespricht einen Fall von typischer traumatischer Lungentuber- 
kulose, der in der Begutachtung eine Verschiedenheit der Auffassung er- 
kennen lässt. Es ist ein Mann, der bei dem Unfall durch ein zusammer- 
brechendes Arbeitsgerüst 4—5 Meter herabstürzte, darunter begraben 
wurde und bewusstlos herausgezogen wurde. Nach dauernden wechselnden 
Brustbeschwerden kam 8 Monate danach eine sichere Lungentuberkulose 
zur Diagnose, an der der Mann 6 Jahre später zugrunde ging. Schul- 
beispiel einer traumatischen Phthise. Rudolf Geinitz, Tübingen. 


e) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


All. Aus deutschen Heilstätten. 


a) Bericht des Heilstätten-Vereins für den Reg.-Bez. Minden 
„Auguste Viktoria-Stift‘“ 1916. 

Der Krieg ist auf die Zusammensetzung der Kranken der Heilstätte, 
sowie auf den Kurerfolg nicht ohne Einfluss gewesen. Es hat sich ge- 
zeigt, dass Frauen zu Wiederholungskuren wieder eingeliefert werden 
mussten, 





die erhöhte Arbeit und die seelischen Erregungen dürften 
ein Aufflackern des Krankheitsprozesses hervorgerufen haben. Vor allem 
ist auffallenderweise in der Heilstätte die Zahl der Schwerkranken in die 
Höhe gegangen. Sie wurden zum Teil in einem derartigen Zustande ein- 
geliefert, dass an eine Durchführung der Kur nicht zu denken war, 
dass im Gegenteil die ärztliche Behandlung mit allen Kräften darauf 
hingerichtet werden musste, die Kranken zur Heimreise wieder trans- 
portfähig zu machen. Die ärztliche Leitung sah sich daher genötigt, 
den anmeldenden Behörden, Ärzten und Gemeindeschwestern ein Rund- 
schreiben zukommen zu iasgan des Inhalts, dass im Interesse der Kranken, 
welche durch eine derartige verfehlte Kur in hoffnungslose Verzweiflung 
zu geraten pflegen, von der Einweisung von Kranken mit Fieber in den 
Nachmittagsstunden Abstand genomnien würde. 

Die künstliche Höhensonne wurde bei einer grossen Anzahl von 
Kranken, wenn auch nicht mit unmittelbarem heilenden Einfluss auf die 
tuberkulösen Lungenstellen, angewendet. Eine günstige Wirkung konnte 
jedoch auf das subjektive Besserungsgefühl, die Steigerung des Appetits 
usw. festgestellt werden. 

Die Ernährungsschwierigkeiten, welche bei der grossen Anzahl der 
Kranken (durchschnittlich 272 belegte Betten) nicht unbedeutend waren, 
konnten mit Hilfe eigener landwirtschaftlicher Erzeugnisse überwunden 
werden. Die Zahl der Magen-Darmstörungen, die früher häufig waren, 
ging auffallend zurück. Die Ursache hierfür dürfte auf die Verminderung 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 203 


der fäulnisbildenden Eiweisskörper zurückzuführen sein. Die schlacken- 
reiche vegetabilische Kost regt die Darmtätigkeit in günstiger Weise an. 
Fleisch und Fett mussten zum Teil durch grössere Mengen dieser Vegeta- 
bilien, wie süsse Speisen, Hafersuppen, vor allem Grütze, ersetzt werden. 
Die Gewichtszunahme war bei dieser Ernährung eine günstige, in 6 Wochen 
noch zwischen 5 und 6 Pfund. Ein ernstes Kapitel bilden jedoch die 
Schwerkranken und die mit Magen-Darmstörungen Behafteten. Dieselben 
vermochten nur in geringer Weise sich der Kriegskost anzupassen. Der 
stärkere Eiweiss- und Fettzerfall des „Schwindsüchtigen“ kann nicht durch 
vegetabilisches Eiweiss oder Präparate, wie Lebertran, Malzextrakt, Nähr- 
hefe u. a. ersetzt werden. Das Allgemeinbefinden verschlechtert sich, das 
Gewicht geht zurück, und auch der Lungenbefund zeigt Neigung zum 
Fortschreiten. Es scheint dem leitenden Arzt das Fehlen des notwendigen 
Fettes für die Schwertuberkulösen zum Verhängnis zu werden, und es 
besteht z. Zt. keine Aussicht, dem Übelstand abzuhelfen 
Hans Müller. 


b) G. Schröder, Jahresbericht der Neuen Heilanstalt für 
Lungenkranke zu Schömberg, Oberamt Neuenbürg, nebst 
therapeutischen und diagnostischen Bemerkungen. Stutt- 
gart 1917. 

Im Jahr 1916 wurden, trotz der im ganzen grösseren Zahl von 
Schwerkranken, durchschnittlich bessere Erfolge erzielt als in den Vor- 
jahren; Verf. führt diese Tatsache auf die längere Kurdauer und auf 
die von den Kranken im allgemeinen dem Ernst der Zeit gemäss gezeigte 
grössere Gewissenhaftigkeit im Befolgen der ärztlichen Anordnungen zu- 
rück. — Von spezifischen Mitteln wurde nur die sensibilisierte Bazillen- 
emulsion (Höchst) angewendet in kleinsten Dosen zur Steigerung der 
Reaktionsfähigkeit (also zur Erhaltung der Allergie [Ref.]. Diese An- 
wendungsweise hat sich als Unterstützungsmittel der allgemeinen Therapie 
bewährt. — Von dem Aurocantan sah Verf. einen günstigen Einfluss 
auf die Heilung tuberkulöser Larynxherde, weniger auf die Lungentuber- 
kulosen. Uuangenehm ist die starke Reizung der kleinsten perivenös in- 
jizierten Menge, sowie die nierenreizende Wirkung; der Harn muss ständig 
kontrolliert werden. 

Die Kalorienwerte, die Schr. auf der IX. Versammlung der Tuber- 
kuloseärzte in Berlin, für den unterernährten Tuberkulösen forderte, nämlich 
120 g Eiweiss, 125 g Fett, 500 g Kohlehydrate = 3704 Kalorien, 
konnte er nicht voll erreichen; trotzdem wurden verhältnismässig hohe 
Gewichtszunahmen in den 2 letzten Kriegsjahren erzielt. Dem Mangel 
an Eiweiss und Fett wurde durch möglichst reiche Zufuhr von Kohblehydraten 
zu steuern gesucht. 

Ein Fall von Lungentumor gibt Anlass zu diagnostischen Bemer- 
kungen. Bösartige Tumoren der Lunge wurden in den letzten 10 Jahren 
häufiger beobachtet als früher. Die subjektiven und objektiven Krank- 
heitszeichen sind oft wohl ähnlich, wie die bei chronischer Tuberkulose. 
Verdächtig sind harte zervikale Lymphdrüsen. Der physikalische Befund 
ist oft völlig atypisch. Besonders beachtenswert ist das Abwärtspulsieren 
des Larynx. Im Sputum wurden öfters atypische Zellen, mit Fettkörnchen 
enthaltenden, gefunden. Besonders wertvoll ist das Radiogramm; durch 
Anlegen eines künstlichen Pneumothorax lässt sich oft der Tumor plastisch 


994 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


erkennen. — Die Bronchoskopie ist wegen der Gefahr von Blutungen 
mit Vorsicht anzuwenden. 
Es folgt ein Anhaug, enthaltend den „Witterungsverlauf des Jahres 
1916 für Schömberg, Ob.-A. Neuenbürg” von Reg.-Baumeister A. v. Müller. 
C. Kraemer II, Stuttgart. 


512. Noel D. Bardswell, A Sanatorium Market Garden Colony. 

Brit. Journ. of Tub. Vol. XI Nr. 3, Juli 1917. 

Bericht über die Garten- und Farmkolonie in Coppins Green, welche 
im Februar 1917 eröffnet wurde, um Patienten, die aus dem Sanatorium 
entlassen sind, Gelegenheit zu ländlichen Arbeiten zu geben, welche ihnen 
erlaubt, noch länger unter hygienisch guten Bedingungen zu leben und 
einen ihrer Gesundheit mehr zuträglichen Beruf zu erlernen. 

Amrein, Arosa. 


513. XI. Bericht über die Tätigkeit des Vereins zur Bekämpfung 
der Tuberkulose (E. V.) in Nürnberg. 1916. 

A. Frankenberger bespricht in einem besonderen Aufsatz die 
Kriegstuberkulose und die Tuberkulosebekämpfung nach dem Kriege. 
Das Jahr 1915 brachte eine Zunabme der vorgeschrittenen Tuberkulose- 
fälle, das Jabr 1916 eine weitere Vermehrung derselben. Von einer 
Kriegstuberkulose im pathologischen oder pathologisch-anatomischen Sinne 
kann man nicht sprechen. Dagegen sind die Entstehungsbedingungen der 
Tuberkulose durch den Krieg wesentlich erhöht, und zwar sowohl im 
Felde wie auch in der Heimat, so dass man auch von einer Kriegstuber- 
kulose der Zivilbevölkerung sprechen kann. Einzelne Fälle, welche einen 
besonders schnellen und bösartigen Verlauf nehmen, erwecken den Ver- 
dacht einer Erstinfektion. Die Mehrzahl der Fälle dürfte jedoch auf 
Wiederaufflackern eines alten Krankheitsprozesses durch die Unbilden des 
Krieges zurückzuführen sein. — Der Schwerpunkt der weiteren Tuberku- 
losebekämpfung liegt in dem Ausbau der Fürsorgeeinrichtungen, der zweck- 
mässigen Unterbringung wirklich Kranker in den Heilstätten sowie in 
der Versorgung Austeckender in besonderen Heimstätten. Letzteres gilt 
auch für die Kriegsinvaliden. — Der Mangel an Lebensmitteln, vor allem 
an Milch, zwang den Verein dazu, an Stelle der Nährmittel mehr und 
mehr Bargeld zu verabreichen. — Die Tätigkeit der Fürsorgestelle war 
im Berichtsjahre erheblich ausgedehnter wie im Jahre vorher. — Dem 
Bericht beigefügt ist ein Umriss der Tätigkeit des Vereins während der 
letzten 10 Jahre, welcher bereits an anderer Stelle besprochen ist. 

Hans Müller, 


f) Allgemeines. 


514. Paul Horn, Zur Invalidenbegutachtung. Arell. Sachverst. 

Zig. 1917 Nr. 3. i 

Das Emphysem ist als Alterserweiterung der Lungen bei den In- 
validenrentenbewerbern ausserordentlich häufig und meistens gleichzeitig 
neben sonstigen Erscheinungen des vorgerückten Alters festzustellen. In 
allgemeinen ist das übliche Altersemphysem nie so zu bewerten, dass die 
Versicherten nicht mehr imstande wären, durch leichtere Arbeit „das in- 
validenrechtliche Drittel“ zu verdienen. 


Allgemeines. 295 


10°/o der begutachteten Invalidenfälle litten an — teils offener, teils 
geschlossener — Lungentuberkulose. Meist bestanden Infiltrationen einer 
oder beider Lungenspitzen mit oder ohne Katarrh. Zur Sicherung der 
Diagnose bedürfen neben der Röntgen- und Sputumuntersuchung und der 
Tuberkulinprobe noch folgende Momente besonderer Beachtung: 

Der Allgemeinzustand, 

. das Fehlen und Vorhandensein von Fieber, 

. etwaige erbliche Belastung, 

. der Grad der Erkrankung hinsichtlich Ausdehnung, Neigung zu 
Stillstand oder Progredienz und etwaiger Komplikationen, wie 
Tuberkulose anderer Organe. 

Die Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz hat 1913 7908 Heil- 
verfahren wegen Tuberkulose der Lungen und des Kehlkopfs durch- 
geführt. Anträge auf Heilverfahren irgendwelcher Art sind bei ihr 1913 
nicht weniger als 25385 eingelaufen. 

Bei dem grossen Andrang zu den Lungenheilstätten ist es selbst- 
verständlich, dass nur solche Bewerber zur Kur zugelassen werden, die 
der Kur wirklich bedürfen und die eine Wiederherstellung ihrer Arbeits- 
fähigkeit, gemäss den Bestimmungen der R.V.O., erwarten lassen. Viel- 
fach machen sich Beobachtungen in sog. Vorstationen nötig. 1914 wurden 
nach dem Gesamtbericht der Versicherungsanstalten den Vorstationen 8314 
Versicherte überwiesen. Das Gros der zur Heilstättenkur geeigneten Fälle 
stellen die ein- und doppelseitigen Spitzenkatarrhe des I. Stadiums mit 
oder ohne Infiltration. Fälle des II. Stadiums sind keine direkte Gegen- 
anzeige, ebensowenig Komplikationen mit leichteren Kehlkopfprozessen, 
Lymphdrüsen-, Knochen- oder Gelenkaffektionen. Tuberkuloseverdächtige 
mit gestörtem Allgemeinbefinden, Anämie und Abmagerung sind zum Heil- 
verfahren geeignet, oder doch zum mindesten für Erholungsstätten zu 
empfehlen. Völlig geschlossene oder ausgeheilte Prozesse bei gutem Er- 
nährungs- und Kräftezustand müssen selbstredend von den Heilstätten- 
kuren ausgeschlossen werden. 

Gegenstand der Begutachtung waren ferner noch Asthma bronchiale, 
Bronchitis chronica und chronische Laryngitis, sowie in einem Fall Ozäna. 
Asthma bronchiale dürfte, selbst bei häufigeren Anfällen, im allgemeinen 
nicht zur Invalidisierung Anlass geben, ebensowenig chronische Katarrhe 
des Kehlkopfes ohne tuberkulöse Grundlage In dem Falle von Ozäna 
musste die Invalidenrente zugesprochen werden, da die Arbeitgeber weitere 
Beschäftigung ablehnten. Schellenberg, Ruppertshain i. T. 


P oo D mt 


515. Hans L. Heusner, Sonne und o im Kampfe gegen 
die Tuberkulose. Ther. Mh. 1917 Nr. 

Nach einem historischen Rückblick auf die ie der Helio- 
therapie gibt H. einen kurzen Überblick über die pathologisch-anatomischen 
Verhältnisse der Tuberkulose, woraus hervorgeht, dass die Tuberkulose 
in der Regel eine Allgemeinerkrankung des Organismus darstellt. Ziel 
jeder Therapie muss es daher sein, den Organismus im Kampfe gegen die 
Tuberkulose zu kräftigen. Eines der wichtigsten Heilmittel stellt das 
Sonnenlicht dar. Da sich die Heilwirkung des Lichtes von der Wirkung 
der übrigen klimatischen Faktoren nicht streng trennen lässt, folgt zunächst 
eine Übersicht über die hinlänglich bekannten klimatischen Verhältnisse 
des Hoch- und Mittelgebirges, des Biunenlandes und der See. Die Sonnen- 


296 Grenzgebiete. 


strahlen üben eine biochemische Wirkung auf die lebende Zelle aus. Die 
wirksamsten Strahlen sind die kurzwelligen, ultravioletten. Sie kommen 
im Hochgebirge am meisten zur Geltung, da sie von den tieferen, mit 
.Staub, Nebel und Kohlensäure reichlich verunreinigten Luftschichten ab- 
sorbiert werden. Der Angriffspunkt der Sonnenstrahlen ist die Haut mit 
ihrem dichtverzweigten, oberflächlichen Gefässsystem. „Die Wirkung der 
ultravioletten Strahlen können wir uns so vorstellen, dass alle vom Licht 
getroffenen Sauerstoffträger des Körpers, vor allem die roten Blutkörper- 
chen in den die Haut wie ein dichtes Netz durchziebenden Haargefässen, 
ultraviolette Strahlen absorbieren und auf dem Wege der Blutbahn in 
das Innere des Körpers tragen. Dadurch wird dem Körper Energie zu- 
geführt, die Oxydationsvorgänge werden gesteigert und es kommt zu einem 
schnelleren und besseren Abbau intermediärer Stoffwechselprodukte. Das 
gibt uns ein Verständnis für die grosse Tiefenwirkung der Strablen, 
obwohl dieselben an sich nur bis zum Kapillarkörper der Epidermis ge- 
langen, wo sie alsdann das Kapillarnetz erreichen und so die roten 
Blutkörperchen.“ Die beste Wirkung erzielt die Sonnenbestrahlung bei 
der chirurgischen Tuberkulose. „Die Wunden bedecken sich mit lebhaften 
Granulationen und übernarben sich, die Fisteln trocknen ein, die Sequester 
werden spontan ausgestossen. .... Die Gelenkfunktion tritt immer von 
selbst wieder ein.“ Drüsen resorbieren sich oder schmelzen schnell ein 
und heilen dann nach einigen Punktionen ohne entstellende Narben. 
Auch viele Fälle von Kehlkopftuberkulose werden günstig beeinflusst. 
Bei der Lungentuberkulose eignen sich zur Sonnenbestrahlung am besten 
die Kinder und torpide, fieberfreie Fälle Erwachsener des I. und II. Sta- 
diums, die bei der gewöhnlichen klimatisch-diätetischen Kur gar keine 
oder nur geringe Fortschritte machen. Auch bei fieberfreien, gut genährten 
Patienten des III. Stadiums lässt sich durch die Heliotherapie häufig noch 
einige Besserung erzielen. Vielversprechend sind die Erfolge bei tuber- 
kulöser Peritonitis und bei Urogenitaltuberkulose. Da die Heliotherapie 
auch in der Tiefebene äusserşt günstige Resultate erreicht hat, sọ muss 
ihr weiterer Ausbau mit aller Entschiedenheit überall, auch in den 
Krankenhäuser der Grossstädte, in Angriff genommen werden. 
Berlin, Schömberg. 


g) Grenzgebiete. 


516. Schlayer, Lungenerkrankungen nichttuberkulöser Natur 

beim Heere. Wirit. M. Corr. DL 1917 Nr. 30. 

Die Bronchialkatarrhe zeigen ein sehr verschiedenartiges Bild. Wohl 
am häufigsten sind die postinfektiösen, welche persistieren, anstatt mit 
dem Abklingen der Infektionskrankheit abzuheilen. Viel zu häufig 
wird Erkältung als Ursache genannt und angenommen. — Meist aus 
der Heimat, selten aus dem Feld, kommt die Bronchitis der Lympbhatiker. 
— Nahe verwandt sind der Catarrh sec der Franzosen und die eosino- 
phile Bronchitis der Neuropathen, welche einen Rudimentzustand von 
Asıhma bronchiale darstellt. Solche Leute werden oft als Herzkranke 
beurteilt; Klärung bringt die Untersuchung des Sputums, das eosinopbile 
Zellen, vereinzelt auch Curschmann’'sche Spiralen und Chark o.t’sche 
Kristalle enthält. Hier ist grösste Reserve bei der Beurteilung der D.B.- 


Grenzgebiete. 297 


Frage am Platze. — Das eigentliche Asthma bronchiale wird häufig 
mit der eosinophilen Bronchitis und der hysterischen Atemnot identifiziert. 
D.B. ist meist zu verneinen. — Häufig sind die Bronchitiden bei Schwar- 
tenbildung und Struma; selten dagegen die Stauungsbronchitis und die 
eigentliche Bronchitis chronica muco-purulenta. — Gar nicht selten 
kommen Bronchiektasen vor, allermeist durch Schwartenbildung veranlasst ; 
auffallend häufig sind sie mit Tuberkulose, zumal des Hilus, kombiniert. 
Träger reiner Bronchiektasen sind meist höchstens als Schreiber oder 
Ökonomiehandwerker, resp. Techniker in geschlossener Werkstätte zu 
verwenden. — Zu Verwechslungen mit Hilustuberkulose führt häufig 
die Pneumokoniose durch das Röntgenbild. Überhaupt werden an sich 
ganz normale Hilusschatten bei älteren Leuten sehr häufig mit Tuber- 
kulose verwechselt. — Einigemal sah Verf. das maligne Granulom. 
Pneumonien zeigen manchmal auffallend lang sich hinziehende Lösung. 
— Gasvergiftung ist gekennzeichnet durch starke Orthopnoe mit stärkster 
Zyanose, oft eigenartige Euphorie, meist spärlichen blutigen Auswurf. 
Prognostisch ist hohe Pulsfrequenz schlecht. Nachkrankheiten sind Spät- 


pneumonien, Gangrän und Pleuritiden. — Selten sind Tumoren und 
Lungenlues. Bei Lokalisation im Oberlappen können beide eine tuber- 
kulöse Spitzenaffektion vortäuschen. — Hartnäckige Spitzenkatarrhe 


nichttuberkulöser Natur verbleiben manchmal nach infektiösen Bronchi- 
tiden. — Kyphoskoliose vermag oft das perkutorische, und auch aus- 
kultatorische Bild der Tuberkulose vorzutäuschen. 

Zu wenig gewürdigt wird der starre Thorax; ähnliche Atmungs- 
behinderungen werden durch Wirbelsäulenversteifung verursacht: 
sekundäres Emphysem. Recht selten ist das eigentliche primäre 
Emphysem, das seinen Grund in dem Elastizitätsverlust des elastischen 
Gewebes hat. — Oft nicht erkannt wird das Bild der doppelseitigen Pleura- 
schwartenbildung, die Traube’sche Krankheit. — Mit dem Wieder- 
insfeldschicken der Lungenschüsse ist Vorsicht geboten. Sie können 
Empyem, Pleuritis, mehrfach auch Zwerchfellbernie im Gefolge haben. 
Der früheste Termin der Wiederhinaussendung sollte 3 Monate betragen. 

Die Arbeit bringt viele, für den Lungenspezialisten, zumal wenn 
er mit Soldaten zu tun hat, höchst wichtige Gesichtspunkte. Mancherlei 
Einzelheiten, wie Verwendbarkeit, D.B.-Fragen etc. müssen im Original 
nachgelesen werden. C. Kraemer IJ, Stuttgart. 


517. G. Jorni, Über das Verhalten der Bronchien Fremdkörpern 
gegenüber. Röntgenologischer Befund in einem Fall von oberem 
Speiseröhrenkrebs. La radiologia medica 1914 Bd I H. 6. 
Verf. schildert einen Fall von Speiseröhrenkrebs, bei dem die rönt- 

genologische Untersuchung mit Hilfe von Wismutbrei ergab, dass das 

Wismut nach Überwindung der Enge sich teils in der Speiseröhre, teils 

in der Luftröhre bis zum Abgang der Bronchialverzweigungen ausge- 

breitet hatte. Während der Untersuchung äusserte der Kranke keine 

Beschwerden. Am folgenden Tage stellten sich Husten und Auswurf 

ein. Die Röntgenuntersuchung zeigte, dass das Wismut fast ganz aus 

den Bronchien verschwunden war. 
Der Kranke starb 11 Tage nach der Untersuchung unter den Er- 
scheinungen eines Kollapses. Bei der Autopsie fand sich ein fibröser 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 20 


298 Grenzgebiete. | 


Krebs im oberen Teil der Speiseröhre, die er ringförmig umfasste, wobei 
er auf die Nervi laryngei superiores drückte. Zwischen Speiseröhre und 
Luftröhre bestand keine Verbindung. 

: Verf. nimmt an, dass infolge des Druckes auf die Nerven eine 
Schädigung der Sensibilität des Kehlkopfes und der Luftröhre zustande 
kam, so dass durch Aufheben des Reflexes Wismutbrei ungehindert ein- 
dringen konnte. 

Ähnliche Fälle wurden, wenn auch selten, von andern Autoren be- 
richtet. In dem einen oder andern Fall trat durch das Eindringen des 
Wismuts in die Luftwege der Erstickungstod ein. In andern ‘Fällen 
kam es zu einer Bronchopneumonie, In einem weiteren Falle bestand 
eine Speise-Luftröhrenfistel. Das Wismut wurde spontan in zwei Stunden 
durch Husten entleert. 

Verf. macht noch einige weitere Bemerkungen über das Verhalten 
der Bronchien gegenüber dem Eindringen von Fremdkörpern und erinnert 
daran, dass in manchen Fällen durch die Röntgenuntersuchung Fremd- 
körper gefunden wurden, die keine oder nur geringe Atemstörungen ver- 
ursachten. Verschiedene Fälle konnten, nachdem der Sitz des Fremd- 
körpers mit Hilfe der Röntgenstrahlen gefunden war, erfolgreich operiert 
werden. 

Die Sensibilität der Luftwege gegenüber Fremdkörpern ist individuell 
sehr verschieden. Carpi, Lugano. 


(Aus dem Italienischen übersetzt von Ganter, Wormditt.) 


T— 


Thorax. D. m. W. 1917 Nr. 30. 


Verf. redet auf Grund eines vorzüglichen Erfolges bei einer lebens- 
bedrohlichen Schussverletzung der Lunge, der häufigeren und möglichst 
frühzeitigen Anwendung der Lungennaht bei gefährlichen Blutungen das 
‘Wort und geht auf die vorhandene Literatur und kurz auf die Technik 
der Operation ein. C. Kraemer II, Stuttgart. 


519. R. Freund und R. Cayet, Der Wert der Spirometrie für 
die "Beurteilung der Lungenschüsse. D. m. W. 1917 Nr. 13. 


Zusammenfassung: „Möglichst langes Liegenlassen des Verletzten 
im ersten Lazarett; frühzeitiger Abtransport nur bei unkomplizierten 
Fällen mit geringer oder fehlender Hämoptoe Frühzeitige Punktion 
des pleuralen Ergusses mit oder ohne nachfolgenden künstlichen Pneumo- 
thorax und frühzeitig einsetzende tägliche, von geschultem Personal kon- 
trollierte Atemübungen. Nicht vor der dritten Woche nach der Verlet- 
zung Bestimmung der vitalen Lungenkapazität (Grenzwert) mittelst des 
Spirometers. Wiederholung dieser Messungen zur Kontrolle des Heilungs- 
verlaufs; jedenfalls Feststellung des Grenzwertes bei der 
Entlassung als Vergleichszahl für spätere, nach etwaigem 
Erholungsaufenthalte in Gebirgsorten oder nach versuchs- 
weiser Wiederaufnahme des Dienstes folgende Nachunter- 
suchungen, da die Spirometerwerte als Ergänzung der physikalischen 
und Röntgenbefunde, aber in weitaus exakterer Weise als diese den Je- 
weiligen Grund der Lungenleistungsfähigkeit anzeigen“. 


. f 
518. K. Hirsch, Zur Lungennaht bei Schussverletzung des 
ô 

C. Kraemer II, Stuttgart. 





Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 299 


520. Hess, Über Lungenschüsse und ihre Folgezustände; der 
künstliche Pneumothorax bei ihrer Behandlung. M. m. W. 
64. 1917 S. 1022—1024 u. 1060—1063. 

Bei der Therapie der Blutergüsse und anderer Veränderungen nach 
Thorax-Lungenschuss wird — im Gegensatz zu früher — wegen event. 
unangenehmer Folgen, die sich vor allem durch die Selbstresorption der- 
artiger Ergüsse häufig einstellen, ein möglichst frühzeitiges, von Fall zu 
Fall zu entscheidendes Eingreifen von grösster Bedeutung sein. Die 
kombinierte Methode mit Gaseinblasen scheint vielfach vorteilhaft. 

Es wird empfohlen: 

1. Ablassen des Blutergusses unter gleichzeitigem Einblasen von Gas 
zur Verhütung von Nachblutungen und Verwachsungen. 

2. Anlegung eines künstlicben Pneumothorax zur Blutstillung und 
Kompression der Lunge. 

3. Anlegen eines künstlichen Pneumothorax: 

a) bei akuter schmerzhafter Pleuritis zur Beseitignng der Schmerzen 
und Verhütung von Verwachsungen, | 

b) bei chronischer Pleuritis zum Lösen oder Dehnen der event. 
schmerzhaften Verwachsungen. Bredow, Ronsdorf. 


521. Jakob, Über die Behandlung der kruppösen Pneumonie 
mit Optochin. M. m. W. 64. 1917 S. 1150—1151. 

J. rät ab, das Optochin bei der kruppösen Pneumonie zu verwenden, 
da es keine spezifische Wirkung habe. Der Nutzen des Optochins stehe 
in keinem rechten Verhältnis zu dem Schaden, der durch Gebrauch von 
Optochin eintreten kann. Bredow, Ronsdorf. 


I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 





37. H. Strauss (Berlin). Die Nephritiden, Abriss ihrer Diagnostik und 
Therapie auf Grund der neueren Forschungsergebnisse. Berlin 1916. 
Verlag von Urban und Schwarzenberg. 208 S. mit 6 Abbildungen. 

Wir müssen es Strauss danken, dass er uns seine reichen Erfahrungen 
auf dem Gebiete der Pathologie der Nieren in so handlicher und übersichtlicher 
Form mitgeteilt hat. 

In dem diagnostischen Teile werden in kritischer Weise die neue Einteilung 
der Nephritiden (Nephrosen und Nephritiden, topische Diagnostik), die Bedeutung 
der Albuminurie und die am Urin und Blute zu erhebenden Befunde einschliess- 
lich der Funktionsprüfungen besprochen. Die Darstellung gewinnt ungemein 
durch das Persönliche, was in ihr vorheirscht. Überall bringt der Verfasser seine 
eigenen Erfahrungen, die er mit den einzelnen Untersuchungsmethoden maclıte, 
kritisch und scharf zur Geltung. Er lässt den Leser an seiner auf diesem Ge- 
biete geleisteten Arbeit teilnehmen. Der Wert der Funktionsprüfangen für die 
Diagnose des einzelnen Falles und ihre Bedeutung für das bessere Verständnis 
der Folgezustände der Nierenentzündungen (Herz- und Gefässstörungen, Hydrops, 
Urämie und Pseudourämie) werden eingehend in kritischster Form gewürdigt. 

Eine differentialdiagnostische Übersicht über die wichtigsten Erscheinungen 
der einzelnen Formen der Nierenentzündungen beschliesst diesen Abschnitt. Sie 
rekapituliert in trefflicher Kürze das in den diagnostischen Abschnitten Gebotene. 


20* 


300 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


Strauss zeigte, wie die neueren Untersuchungsmethoden uns das Wesen 
und die Folgen der Nierenentzündungen besser haben verstehen lehren. Dadurch 
kommen wir auch zu einer zielbewussteren Therapie. — In dem therapeutischen 
Teil des Buches spricht zu uns überall der erfahrene Praktiker und Diätetiker. 
Die Behandlung muss den einzelnen Formen der verschiedenen Nierenentzün- 
dungen, wie sie die diagnostischen Methoden uns erkennen lassen, gerecht zu 
werden suchen. — | 

Kurze prophylaktische Bemerkungen heschliessen die wertvolle Abhandlung, 
die auch der Tuberkulosearzt eingehend studieren sollte. Begegnen ihm doch 
bei seinen Kranken die mannigfachsten Formen der Nephritis, die unbedingt einer 
zielbewussten Behandlung bedürfen, um der Grundkrankheit wirksam entgegen- 
treten zu können. — Schröder, Schömberg. 


38. Frank A. Craig, A study of the housing and social conditions 
in selected districts of Philadelphia. Philadelphia 1915. 89 8. 

Die Wohnungsverhältnisse und die soziale Lage der Bewohner werden in 
verschiedenen Distrikten von Philadelphia einer gründlichen Untersuchung unter- 
zogen. Hierbei konnten Distrikte ausgewählt werden, welche fast ausnahmslos 
von russischen Juden, andere von Italienern oder von Negern bewohnt waren. 
1003 Häuser wurden untersucht, welche von 5812 Menschen bewohnt waren. 
Das Augenmerk wurde neben der Beschaffenheit und Reinlichkeit der Häuser und 
den dazu gehörigen hygienischen Einrichtungen: auf die Höhe der Miete und die 
Überfüllung der Mietsräume gerichtet, und zwar stets vergleichsweise bei den 
verschiedenen Rassen. 18,2°/o aller Häuser waren zum Wohnen überhaupt un- 
geeignet. Es konnte ein Zusammenhang von schlechter Wohnung mit der Aus- 
breitung von Tuberkulose, übertragbaren Krankheiten, gastro-intestinalen Krank- 
heiten und Kindersterblichkeit festgestellt werden. Die Mieten sind im Verhältnis 
zu dem Einkommen der Bevölkerung zum Teil ausserordentlich hoch. Anderer- 
seits wenden 12,2 0 der Bevölkerung nur 5°/o oder weniger von ihrem Einkommen 
für Miete auf, so dass die Wohnungen entsprechend schlecht sind. Ein grosses 
Übel ist das Aftermieter- oder Schlafgängerwesen. Beides trägt zur Überfüllung 
der Wohnungen und Verschlechterung der Lebensbedingungen wesentlich bei. 

Die Untersuchungen zeigen wiederum die ausserordentliche Wichtigkeit der 
Sorge für gesunde Wohnungen durch entsprechende baupolizeiliche Bestimmungen, 
wenn der Kampf gegen die Tuberkulose Erfolg versprechen soll 

Hans Müller. 


39. Karl Wagner, Die künstliche Höhensonne (Quarzlampe) in der 
Medizin. (Graz 1917. Dutsch, Ver. Druck. u. Verl,- Anst. Graz, 530 8. 
Der erste allgemeine Teil des Wagner’schen Buches behandelt in aus- 

führlicher Weise die theoretischen Grundlagen der Behandlung mit der künst- 

lichen Höhensonne. Verf. geht von den allgemeinen Funktionen der Zelle aus, 
die vielfach in der Wirkung der Fermente ihre Unterstützung finden und mit 

Änderungen im physikalischen Verhalten der Zelle, besonders auch auf dem 

elektrischen Gebiete, einhergehen. Das Sonnenlicht, das als transversale, elektro- 

magnetische Schwingungen aufzufassen ist, wirkt bei der Synthese organischer 

Stoffe durch die Pflanzen, bei der dem Blattgrün eine grundlegende Bedeutung 

zukommt. Die Annahme ist berechtigt, dass auch die tierischen Farbstoffe ähn- 

liche, wichtige Aufgaben zu erfüllen haben. 

Die im Innern des Körpers entstehenden Toxine, z. B. die 'Tuberkuline, 
werden in die durch Bestrahlung hyperämisch gewordene Haut hineingezogen — 
Autotuberkulinisation, spezifisch antitoxische und anaphylaktische Therapie. 
W. führt die Begriffe der photogenen, relativen, nichtspezifischen Immunität 
und der photogenen Allergie ein und kommt zu dem zweifellos berechtigten 
Schlusse, dass bei der Lichtwirkung nicht die entzündliche Reaktion das Wesen 
der Vorgänge ausmache, sondern dass sie diesen Rahmen weit überschreitet. 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 301 


Eine Lichttiefenwirkung ist so erklärlich, dass vor allem die roten Blut- 
körperchen die Lichtenergie in sich aufnehmen und in die Tiefe bringen. Als 
klinischen Beleg der Tiefenwirkung führt W. — ob ganz mit Reeht, erscheint 
fraglich — das Aufhören von Menorrhagien nach äusserer Sonnenbestiahlung an. 
— Von grosser Bedeutung ist die Wirkung von Katalysatoren in Verbindung mit 
dem Sonnenlichte. — 

Es folgt dann die allgemeine Übersicht über die Indikationen, die eigent- 
lich mehr eine Übersicht über die Beziehungen der verschiedenen Erkrankungen 
zur Haut ist, die im übrigen sehr lesenswert ist. Der behandelnde Arzt soll 
sich über den Mechanismus des pathologischen Geschehens und des einzuleitenden 
Bebandlungsverfahrens klar werden, ehe er behandelt. Der Elektronenstoss kann 
die herabgesetzte Zellfunktion steigern, andererseits auch die erhöhte durch 
Stärkung der hemmenden Wirkungen herabsetzen. 

Es ist ein grosses Verdienst W.’s, den Versuch gemacht zu haben, die 
Lichtwirkung auf ihre bisher erforschten, elementaren Bestandteile zurückzu- 
führen und damit unserem Verständnis näher zu bringen. Erst darauf können 
sich die Grundlagen einer wissenschaftlichen Behandlung aufbauen. Es ist auch 
selbstverständlich, dass das vorliegende Buch diese Aufgaben bei dem gegen- 
wärtigen Stande unserer Kenntnisse nicht lösen, sondern nur den Weg zur 
Lösung zeigen und beschreiten konnte. Aber dieser wichtige Schritt ist in dem 
Buche W.’s gemacht. Im einzelnen ist eine Sichtung der in grosser Fülle ge- 
brachten Tatsachen zu wünschen. Für die Tiefenwirkung müssten sichere und 
zahlreichere Belege gebracht werden. Auf dem Gebiete der Immunitätswirkungen 
dürfen Wir nicht vergessen, wie unsicher wir noch auf dem Wege des Ähnlich- 
keitsschlusses und der Annahme vorwärtstasten. Sonst kommen wir in Gefahr, 
den Boden gesicherter Tatsachen zu verlassen. — 

Der zweite, besondere Teil behandelt zunächst die Technik der Bestrahlung, 
das Spektrum des Quarzlichtes und die Einrichtung der künstlichen Höhensonne, 
dann in ausführlicher Darstellung die Anwendung der Höhensonne auf dem Ge- 
biete der inneren Medizin, der Wundbehandlung, der Gynäkologie, der Haut- und 
Geschlechtskrankheiten, der Nerven- und Geisteskrankheiten und der Erkrankungen 
des Auges und Ohres. W. geht in jedem Falle von dem neuro-zellulären 
Steuerungsmechanismus aus, dessen Tonus durch die Bestrahlungen erhöht 
werden soll. 

Im einzelnen sieht er in der Skrofulose eines der dankbarsten Behandlungs- 
gebiete für die künstliche Höhensonne. Die Grundlage erscheint durch das Ver- 
hältnis der Skrofulose zur Tuberkulose gegeben. Eine kombinierte (medikamen- 
töse und Strahlen-) Behandlung führt fast in jedem Falle zum Ziele. Die Wir- 
kung bei der Tuberkulose sieht Verf. in der Hebung der Fermenttätigkeit (be- 
sonders der lipolytischen) und in der oben ausgeführten Autotuberkulinwirkung. 
Die Dosierung ist sehr wichtig und erfordert genaueste klinische Beobachtung. 
Auch die Örtlichkeit der bestrahlten Haut im Verhältnis zum Ort des Herdes ist 
wichtig. Hier wie überall beschränkt sich W. in dankenswerter Weise nicht auf 
die Angabe der Höhensonnenbehandlung, sondern entwickelt unter Anführung der 
gesamten Therapie einen Heilplan, von dem die Strahlenbehandlung nur ein Teil 
ist. Recht gut ist die Ableitung der günstigen Wirkung der Allgemeinbestrah- 
lung aus der entgiftenden Wirkung (geteilte Giftmengen!). Bei pleuritischen 
Ergüssen im subakuten Stadium sah Verf. in allen Fällen rasche Aufsaugung. 
Pneumonie kann nach ihm unter Umständen im Beginn unterdrückt werden. 

Auch in diesem besonderen Teil tritt überall das Bestreben des Verfassers 
hervor, die wissenschaftliche Ableitung der Wirkung der Quarzlampenbestrahlung 
zu finden. Dabei verführt ihn seine grosse Literaturkenntnis oft genug zu 
spekulativen Hypothesen. Die Abschnitte über Diabetes, Gicht und Epilepsie 
sind treffende Belege dafür. Tatsachen allein können uns helfen. Hier würde 
bei einer Neuauflage eine tatkräftige Beschneidung der theoretischen und speku- 


302 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


lativen Ausführungen und eine entsprechende Anführung klinischer Erfahrungen 
den Wert des Buches sehr erhöhen. Erst dann könnte es ein „Lehrbuch“ werden. 
Wünschenswert wäre eine mitleidslose Tilgung der entbehrlichen Fremd- 
wörter, deren ein ganzes Heer vorhanden ist, sehr wünschenswert ferner ein 
Verzeichnis der angeführten Arbeiten. Alles in allem ist das Lesen des geist- 
vollen Buches dem denkenden Arzte, der nicht rein nach der Erfahrung bebandeln 
will, sehr zu empfehlen. H. Grau, Honnef. 


40. Beiträge zur Klinik der Infektionskrankheiten und zur Immunitäts- 
forschung. Bd. 6. Heft 1 u. 2, Juli 1917, C. Kabitzsch Verlag, Würzburg. 
Das Heft enthält wertvolle Beiträge über Beobachtungen bei Kriegsseuchen, 
so über Typhus (Arneth und Langer), Fleckfieberstudien (Sterling, 
Kollert und Finger, Siebert). — In den „Ergebnissen“ behandelt Holler 
die Diagnose und Therapie einiger wichtiger Kriegsseuchen (mit besonderer Be- 
rücksichtigung der Wirkung der Merck’schen Deuteroalbumase). — Eine Arbeit 
von Pfeiffer bringt Mitteilungen über Myelitis und Tollwutschutzimpfung. 
Schröder, Schömberg. 


41. Tuberkulose-Fürsorgeblatt 1917 Nr. 8. 
a) Kosteletzky, Die Vollluftkur. 

Unter dem Namen „Vollluftkur* versteht Verf. einen über Tag und Nacht 
ausgedehnten Aufenthalt im Freien, der unabhängig von der Witterung, bei 
Sommer und Winter, Hitze und Kälte durchgeführt werden soll. In dem ihm 
unterstellten Sanatorium Planegg bei München wird die Vollluftkur m dieser 
Weise vielfach und mit gutem Erfolge angewandt. Sie erübrigt sich bei ganz 
leichten Fällen von Spitzentuberkulose, die auch mit der üblichen Freiluftliegekur 
heilen. Das Objekt der Vollluftkur sind die schon etwas fortgeschritteneren, 
schwereren Fälle von chronischer Lungenphthise. Kontraindikationen bilden 
nur allerschwerste Formen mit nicht mehr ausreichendem Kräftezustand, ferner 
Patienten mit Komplikationen, die ein häufiges Verlassen des Bettes nötig machen. 
Bei fiebernden Kranken wird die Vollluftliegekur völlig im Bett durchgeführt, 
fieberfreie benutzen am Tage den Liegestuhl, der ärztlich vorgeschriebene Spazier- 
gang ist ınit der Vollluftkur zu verbinden. Erkältungen sind bei Patienten, die 
an die Vollluftkur gewöhnt sind, äusserst selten. Nur bei pleuritischen 
Komplikationen ist grosse Vorsicht nötig, da solche Kranke gegen Witte- 
rungseinflüsse, Temperaturschwankungen, Wärmeentzug durch Wind besonders 
empfindlich sind. 

Die Vollluftkur ist in dem Klima Deutschlands überall möglich, wie das 
Beispiel der auf der vergleichsweise rauben bayerischen Hochebene etwa 600 m 
hochgelegenen Heilstätte des Verf.'s zeigt. Sie lässt sich nicht nur im Sana- 
torium, sondern auch Privathaushalt leicht durchführen. Der Gedanke, die Voll- 
luftkur dadurch zu ersetzen, dass man den Kranken im Bett bei ständig geöffnetem 
Fenster liegen lässt, ist zurückzuweisen, da ein derartiges Vorgehen der Voll- 
luftkuar in keiner Weise gleichwertig ist. Der Patient muss so an den Aufent- 
halt in der freien Luft gewöhnt sein, dass ihm Zimmerluft in jeder Verdünnung 
etwas Verabscheuungswürdiges wird, dass er im Zimmer trotz offener Fenster 
nicht mehr atmen kann. 


b) Becker, Über die Stadieneinteilung der Tuberkulose. 


Die allgemein übliche Turban-Gerhardt’sche Einteilung befriedigt nicht. 
Sie versagt überall, wo es sich um die prognostische Beurteilung der Erkrankung 
handelt. Ein Fortschritt ist das Einteilungsprinzip, das zuerst von A. Fraenkel- 
Badenweiler und später von Albrecht angewandt ist und die anatomische 
Natur des Prozesses berücksichtigt. Bei der klinischen Anwendung dieser Ein- 
teilung und besonders auch des von Nicol angegebenen Schemas ergeben sich 
jedoch nach Ansicht des Verf.’s Schwierigkeiten. Es fragt sich, ob überhaupt 


Kongress- und Vereinsberichte. 303 
für die klinische Einteilung der Tuberkuloseformen die anatomischen Pro- 
zesse einen brauchbaren Massstab geben. Verf. möchte bei der Diagnose der 
räumlichen Ausdehnung des Prozesses die Lappeneinteilung fallen lassen, von der 
anatomisch festgestellten Tatsache ausgehend, dass sich die Erkrankung in ihrer 
Ausdehnung nicht an die Lappengrenze hält. Als individuclles Mass der Aus- 
dehnung wird die Faust des Patienten vorgeschlagen. Das erste Stadium wäre 
zu setzen bei Erkrankungen bis zur Grösse einer Faust, das zweite bis zu zwei 
aneinandergelegten Fäusten, das dritte bei grösseren Herden. Ausserdem soll 
angegeben werden, ob der Fall stationär, langsam fortschreitend oder schnell 
fortschreitend ist. Herm. Tachau, Heidelberg. 


42. F. Köhler, Ergebnisse der Tuberkuloseforschung. — Die Tuber- 
kuloseforschung in den Kriegsjahren. IV. Diagnostik. Leipzig 
1917, Repetitorium- Verlag. 

Zusammenstellung der Literatur mit Referaten über die wichtigeren Ar- 
beiten. f Hans Müller. 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 


nn 


13. Wiener Dermatologische Gesellschaft. Sitzungen vom 25. Januar 
und 22. Februar 1917. 


(Referent: A. Baer, Sanatorium Wienerwald.) 


Perutz demonstriert einen Fall von akut einsetzendem Lupus ery- 
thematodes. Erster, ebenfalls akuter Anfall vor etwa °/s Jahren, jetzt plötz- 
lich Nachschub mit hohem Fieber. Befallen ist Kopfhaut, Gesicht und Innen- 
fläche beider Hände. Das Fieber hat einen septischen Charakter. 0,01 Alt- 
tuberkulin veranlasste tagelange Temperaturen von 40°. Ebenso die perkutane 
Applikation der Moro’schen Tuberkulinsalbe” - 

Rusch demonstriert 1. einen Fall von Koinzidenz eines Lupus vul- 
garis und Lupus erythematodes bei einer auch anderweitig tuberkulösen 
Frau. 2. Einen Fall von Chilblainlupus bei einem lungenkranken Mädchen. 

Scherber demonstriert eine 45jährige Frau mit Lupus erythematodes 
disseminatus im Gesicht. Auffallend ist die Lokalisation des Prozesses an 
den beiden Händen. Alttuberkulin rief erst in höheren Dosen von 0,001 
Reaktion an der Einstichstelle und Temperatursteigerung bis über 38%, aber keine 
Reaktion der Krankheitsherde hervor. 


Scherber demonstriert (Sitzung vom 22. II. 1917): 1. Fall von Lupus 
erythematodes im Gesicht und an den Ohren. Scheibenförmige, rotbraune, 
von schmutziggrauen Schuppen gedeckte Herde. Auf 0,5 mg Alttuberkulin un- 
deutliche Stich-, keine Allgemein- und Lokalreaktion. 2. Fall von ausgezeich- 
neter Heilwirkung der Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne 
auf tuberkulöse Geschwürsprozesse, Handtellergrosses Geschwür, durch 
Zerfall der kruralen Drüsen am Oberschenkel entstanden. Tägliche Bestrahlung 
von 5 bis Schliesslich 40 Minuten. Heilung mit fester Narbe. 3. Fall von 
Erscheinungen der kolliquativen Hauttuberkulose mit beson- 
derer Lokalisation. Mehrere zum Teile zerfallene Infiltrate der Brusthaut. 
Auf Alttuberkulin deutliche Reaktion und Entwickelung eines Infiltrates an der 
Stichstelle, deutliche Reaktion aller Herde auf der Brust in Form von lebhafter 
Rötung und Schwellung ohne Fieber. Es besteht Infiltration der rechten Lungen- 
spitze und Vergrösserung der Hilusdrüsen; die Hautprozesse sind wahrscheinlich 


304 Kongress- und Vereinsberichte. 


auf hämatogenem Wege von den inneren Herden aus entstanden. 4. Fall von 
gleichzeitigem Bestehen verschiedener Formen der Hauttuber- 
kulose. Vernarbter Lupusherd; Skrophuloderma, Erytbema induratum Bazin, 
auf die Haut übergreifender tuberkulöser Knochenprozess. 

Popper: Demonstration eines Falles von an beiden Händen und Füssen 
symmetrisch angeordneten, flach elevierten, in die Kutis eingelagerten Tumoren; 
an den Unterarmen und Unterschenkeln dem Verlauf der grossen l,ymphstränge 
entsprechend mehrere in die Haut eingelagerte bohnengrosse Tumoren. Die Dia- 
gnose wird auf benigne Hauttuberkulose gestellt. Es besteht eine nach- 
weisbare Spitzenaffektion, Vergrösserung der Hilusdrüsen und bezüglich Tuber- 
kulose positive Familienanamnese. 

Nobl: Fall von Schleimhauttuberkulose der Unterlippe bei 
einem 32jährigen Manne, bei dem ein am Mundwinkel sitzendes bohnengrosses 
Geschwür an anderer Stelle als luetisch diagnostiziert und entsprechend behandelt 
wurde. Die weitere Entwickelung liess die Diagnose auf Tuberkulose nicht 
zweifelhaft bleiben. In den Geschwürsräumen wurden Tuberkelbazillen gefunden. 

Oppenheim: Achtjähriges Kind mit Lichen scrophulosorum. 
Schwierige Diagnose, die nur mit Rücksicht auf die annähernd gleiche Grösse 
der Knötchen, auf die Schuppung und auf die vorhandenen Zeichen einer Tuber- 
kulose (Koxitis, I,ymphomata colli) zu stellen war. 


14. Verhandlungen der XV. Jahresversammlung des Deutschen 

Vereins für Schulgesundheitspflege und der VII. Versammlung der 

Vereinigung der Schulärzte Deutschlands am 16. und 17. Februar 
1917 in Berlin. 

(Ref. nach Zeitschr. f. Schul-Gesundheitspflege, Beiheft 1917, von Hans Müller.) 


Das erste Thema behandelt die Einwirkung des Krieges auf die Gesundheit 
der Jugend. Bei den Säuglingen und Kindern unter 6 Jahren war eine Einwir- 
kung auf den Gesundheits- und Ernährungszustand überhaupt nicht festzustellen. 
Bei den Schulkindern und Schulentlassenen, mit Ausnahme der Kinder auf dem 
Lande, zeigte sich vom Herbst 1916 ab eine Abnahme des Körpergewichts, ver- 
bunden mit körperlicher Schwäche und Unfähigkeit zu angespannter Aufmerk- 
samkeit sowie Zunahme von Erkrankungen an Blutarmut, Tuberkulose und 
Tukerkuloseverdacht, ansteigend mit der Annäherung an das Alter der Erwach- 
senen. (iefäbrdet sind besonders die in der Anlage schwachen oder durch Krank- 
heitsanlage geschwächten Kinder, während gesunde Kinder aus gesunder Familie 
wenig oder gar nicht unter den Kriegszuständen litten. 

Die Versammlung. macht die Regierung auf diese Tatsachen aufmerksam 
und fordert für kommende Zeiten der Ernährungsnot Gewährung von Milch für 
Kinder jeden Alters, Erweiterung der Schulspeisungen, zahlreiche und lange Ent- 
sendungen auf das Land und Gewährung von Brot- und anderen Nahrungsmittel- 
zulagen an Jugendliche bis zum Eintritt in den Heeresdienst. 

Ferner wird einheitlich für das gesamte deutsche Reich für Volksschulen, 
höhere Schulen und Fortbildungsschulen für beide Geschlechter, die Anstellung 
von Schulärzten gefordert. 


b 
—-—- - —— -——— — 1. ——- 








Um Einsendung von Mon ographien und Büchern an den Redakteur Dr. G.Schröder, 
" dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem, 
Krankenhauses Eppendorf in 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 





für Lungenkranke Schömberg, 
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 
Redaktion: Verlag 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg. 


Schömberg. O -A. Neuenhürg. Wtrbg. 


Ludwigstrasse 231]. 








11. Jahrg. 


Ansgegeben am 30. November 1917. 


Nr. 11. 





Inhalt. 


zum XIII. Sonderheft über Literatur zur Lungenkollapstherapie. 


Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 


Arnell, P. 310. 
Behring 328. 
Breccia, G. 310, 324. 
Carpi, U. 320. s 


Francke, K. 326, 326. 
i Franke, M 309. 
Graziadei, B. 315. 
Helens. O. 314. 


Zandrén, S. 313. 


Christensen, A. 320, ı Helm 326. 
van Delden, B. 318. Jacobäus, H. H. 319. 
Deutsch, F. 30%, - Kalb, O. 318. 
Feldmann 313. :Key, E. 319. 

I. Kurze 


! Khouri, J. 310. 
Klare, K. 306. 

| Kopciowski, A. 309. 

| Kümmelt 328. 

| Laba, R. 309. 

| Philipowicz, J. 311. 

i di Pietro, S. 321. 
Reiche 328. 


Rohrer, Fr. 308, 309. 
Schottmüller 327. 

Spengler, I.. 324. 

' Swiezynski 320. 

' van Voornveld 315. 
Wallgren, A. 313. 
Winternitz, W. 326. 
Zaayer, J. H. 319. 


Mitteilung. 


Über die Urochromogen- oder Permangan-Reaktion und ihre Bedeutung für die Prognose 


der L.uvgentuberkulose. Von Klare. 


a 


II. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Normale und pathologische Phyrlologie. 


522 Rohrer, Bestimmung des Inhalts und 
der Oberfläche des Brustraums heim Lebenden. 
— 523. Ders., Der Zusammenhang der Atem- 
kräfte und ihre Ahhängigkeit vom Dehnungs- 
zustand der Atmungsorgane. — 524. Kop- 
eciowski, Versuche mit dem Bürgi’schen 
Respirationsapparate. 


b) Allzemeine Pathologie und pathol. Anatomie, 


525. Franke und Laba, Experimentelle 
Untersuchungen über den Einfluss des kinst- 
lichen Pnenmothorax auf das Kreisiaufsystem 
des Hundes, — 526. Deutsch, Hämothorax 
und die Ungerinubarkeit des Blutes in der 
Pleurahöble — 527 Khouri, Allgemeine Zu- 
sammensetzung eines milchsaftähnlichen Rip- 
penfellergusses tuberkulöser Natur. — 528. 
Arnel), Cholesterin in Pleuraflüssigkeit. — 
529. Breccia, Das Anstechen der l.unge und 
die Verflüchtixung des Stiekstoffs beim Pneumo- 
thorax. — 530. Philipowiez, Über Kom- 
plikationen bei Lungenschürsen, Ursachen des 
fleberhatten Hämothorax und die Empyem- 
bildung 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forse hung. 11. 


M ce) Diagnose und Prognose. 

531. Wallgren, Ein Beitrag zur Kaver- 
nendiagnostik (Parakavernenrasseln). — 532. 
Zandren, Beitrag zur Frage über die Diffe- 
rentia'diagnose zwischen extrem grossen Ka- 
vernen und Pneumothorax. — 533. Feldmann, 
Zur Behandlung der Lungentuberkulose mit 
dem künstlichen Pneumothorax. — 534. Helens, 
Erfahrungen über die Behandlung mittelst des 


künstlichen Pneumothorax auf dem Sanatorium 
bei Nakkebülle-Fjord. 


esse 
m nn 


d) Indikationen und Therapie, 

535. van Voornveld, Tuberkulose und 
Schwangerschaft. — 53. Graciadei, Kli- 
nische Bemerkungen über die Behandlung der 
| Lungentuberkulose mit dem Pneumothorax. 


i e) Technik. 


537. van Delden, Enkelo mededeelingen 
over de Longplombage volgens Baer. — 538, 
Kalb, Extrapleurale Pneumolyse mit Plom- 
| bierung bei nichttuberkulösen Kavernenbildun- 
| gen der Lunge. — 539. Zaayer, Chirurgische 

behandeling van Bronchiektasen. — 54). Ja- 


21 


306 | Kurze Mitteilung. 


cobäus und Einar Key, Erfahrungen von 
operativen Eingritlen bei Lungentuberkulose. 


f) Klinische Fälle. 


541. Christansen, Lungen nach extra- 
plenraler Thorakoplastik, — 542. Swiez ynski, 
Zur Behandlung der Lungentuberkulose mitte!st 
künstl Pneumotbhorax — 543 Carpi, Ein Fall 
von Lungensehwindsucht, geheilt dureh extra- 
pleurale Thorakoplastik. 


| 


g) Allgemeines. 

544 Salvatore di Pietro, Kanu der 
Pneumothorax, statt aus therapeutischen Grün- 
den, zu Simulationszwecken, um vom Kriegs- 
dienst zu bofieien, angelegt werden? — 545. 
Breceia, Über den künstlichen Pneumothorax. 


h) Bibliographie. 


546. L. Spengler, Arbeiten über Lungen- 
kollapstherapie. 


III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


43. K.Francke, Die menschliche Zelle. — 


44. Helm, Zur Tuberkulosebekämpfung 1917. 


— 45. Francko, Die Kalkdiät. — 46. Winter- 
nitz, Wasserkur und natürliche Immunität. 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 
15. Sitzungen des Hamburger ärztlichen Vereins vom 9. X. 1917 und 33. X. 1917. 


Ergänzende Mitteilung zum Nachruf über Behring. 


l. Kurze Mitteilung. 


(Aus der Victoria Luise- Kinderheilstätte Hohenlychen.) 


Über die Urochromogen- oder Permangan-Reaktion und ihre 


Bedeutung für die Prognose der Lungentuberkulose. 
Von Oberarzt Dr. Kurt Klare. 


Die Urochromogenreaktion, die dem Prinzip der Ehrlich’schen 
Diazorenktion verwandt ist, wurde 1911 von Moritz Weiss angegeben. 


Sie tritt dann auf, wenn aus einer lokal begrenzten tuberkulösen Erkran- 


kung ein den Geramtorganismus schwer affizierendes Leiden geworden 
ist, weshalb der positive Ausfall und das längere Anhalten der Reaktion 


stets als ein Signum mali ominis angesehen werden muss. 


Die Technik 


der Reaktion ist sehr einfach, wesentlich einfacher als die der Ehrlich- 


schen Diazoreaktion. 


Man gibt in ein Reagenzglas !/s Urin, verdünnt 


mit 3 Teilen Wasser, schüttelt um und verteilt diese Mischung in zwei 


Rengenzgläser. 


Der einen Hälfte fügt man nun 2 bis 3 Tropfen einer 


1°/ooigen Kalium permanganicum-Lösung zu. Bei positivem Ausfall der 
Reaktion zeigt der verdünnte Urin eine deutlich gelbe Färbung 
Die Urochromogenausscheidung ist nach Weiss die Folge einer 


Toxämie durch die Toxine des 


Tuberkelbazillus. 


Meist ist sie, wie 


Weiss weiter ausführt, das Symptom eines Massenimportes von Toxinen, 
welcher .von so ausgedehnten Lungenveränderungen herrührt, dass schon 


daher eine Heilung unmöglich ist. 


Bei nicht so schweren Lungenver- 


änderungen aber ist sie ein Indikator für die in der Anlage schon vor- 
handene Schutzlosigkeit oder geringere Widerstandskraft der Zelle gegen 
selbst geringe tuberkulöse Giftmengen. 

Bosch gibt an Hand eingehender Untersuchungen im Wilhelmina- 
Spital in Amsterdam an, dass 96 °/o der Patienten mit positivem Uro- 


Kurze Mitteilung. _ 307 


chromogen innerhalb von acht Monaten starben. Tecon prüfte bei 288 
Lungentuberkulösen die Permanganreaktion und kommt zu dem Schluss, 
dass die Reaktion grosse Vorteile bietet mit Rücksicht auf die Prognose- 
stellung. Nach Schnitter ist vor allem die Konstanz der positiven 
Reaktion prognostisch zu verwerten. Bei keinem Fall mit konstanter 
Urochromogevausscheidung sah er eine objektive Besserung. Alle diese 
Fälle zeigten meist nur eine kurze Lebensdauer. Zu dem gleichen Urteil 
kommen Tecon und Aimard auf Grund von Untersuchungen an 225 
Patienten; sie fassen das Resultat ihrer Beobachtungen dahin zusammen, 
dass die positive Reaktion, wenn häufig bei demselben Patienten ange- 
troffen, üble Prognose bedeutet. 

Syder Nicoloysen stellte vergleichende Untersuchungen über den 
Wert der Urochromogen- und der Diazoreaktion an. Bei 140 unter- 
suchten Patienten wurde von ihm Diazo 46 mal = 38°/o gefunden, während 
Urochromogen 68mal = 48 °/o nachgewiesen wurde. Bei Verdünnungen 
fand Nicoloysen, dass Urochromogen in zehnmal so starker Verdün- 
nung nachgewiesen werden kann wie Diaz. Da die Urochromogen- 
reaktion viel empfindlicher ist, zieht er sie der Diazoreaktion vor, 


Unter Berücksichtigung dieser umfangreichen und eirgehenden Be- 
obachtungen über die Urochromogenausscheidung Tuberkulöser haben wir 
an grösserem Material tuberkulöser Kinder im Verlauf von acht 
Monaten ausgedehnte Untersuchungen über den Wert der Urochromogen- 
reaktion für die Prognose angestellt, deren Ergebnis wir kurz dahin zu- 
sammenfassen möchten, dass der mehrmalige Nachweis des Urochromogen 
quoad vitam als ungünstig zu bewerten ist. Wir untersuchten den 
Urin von 70 Patienten mit vorgeschrittener Tuberkulose in Intervallen 
von 14 Tagen bis 3 Wochen und fanden in allen diesen Fällen eine 
konstante positive Reaktion. 

Wenn wir auch als Norm für die vorschriftsmässige Ausführung der 
Reaktion Jen Zusatz von drei Tropfen Kalium permanganicum gelten 
lassen möchten, so wäre darauf hinzuweisen, dass in vielen Fällen schon 
ein Tropfen Kalium permangauicum eine deutliche Gelbfärbung gibt und 
dass bei Zusatz von weiteren zwei Tropfen die Gelbfärbung intensiver 
wird. Gerade aus dieser Zunahme der Gelbfärbung möchten wir eine 
Abstufung der Prognose ableiten, indem die Fälle, die bei einem Tropfen 
eine deutlich positive Reaktion geben, weit ungünstiger zu bewerten sind 
als sulche, welche erst bei Zusatz von drei Tropfen Kalium permanganicum 
eine ausgesprochene Gelbfärbung zeigen. Mit der Progredienz des klini- 
schen Befundes nimmt die zum Auslösen der positiven Reaktion erforder- 
liche Tropfenzahl Kaliunı permanganicum ab. 

Von den von uns beobachteten Fällen, die bei einem Tropfen eine 
positive Reaktion aufwiesen, starben, soweit wir es bei entlassenen Pa- 
tienten verfolgen konnten, fünf innerhalb dreier Monate. | 

In Übereinstimmung mit Bosch fanden wir in: Urin eines Patienten 
sporadisch eine positive Permanganreaktion, obne dass wir eine Ursache 
für dieses zeitweise Auftreten der Reaktion hätten ausfindig machen können. 
In einem Falle, der monatelang eine positive Reaktion gezeigt hatte, fehlte 
sie wenige Tage ante mortem. 

Diese unsere Beobachtungen decken sich mit denen anderer Autoren. 


21* 


308 Normale und pathologische Physiologie. 


Zusammenfassung. 


1. Die Urochromogenreaktion ist in der Prognose der Tuberkulose der 
Diazoreaktion vorzuziehen, da die Urochromogenreaktion empfind- 
licher ist. 

2. Der konstante positive Ausfall der Reaktion ist als Folge einer 
Toxämie durch Toxine des Tuberkelbazillus aufzufassen und des- 
halb prognostisch ungünstig zu bewerten. 

3. Je geringer die Tropfenzahl Kalium permanganicum, die zum Aus- 
lösen der positiven Reaktion notwendig ist, um so ungünstiger die 
Prognose. 


Literatur. 


M. Weiss, Die Bedeutung des Urochromogens für die Prognose und Therapie 
der Lungentuberkulose. Münch. med. Wochenschr 1911. Nr. 25. 

Derselbe, Über die Vorstufen des normalen gelben Harnstoffes in ihren Be- 
ziehungen zur Diazoreakiion und über eine kolorimetrische Schätzung des 
Urochroms sowie des Urochromogens. Biochem. Zeitschr. Bd. 30. H. 5. 1911. 

- Derselbe, Über Hilfsmittel bei der Prognosestellung der Lüngentuberküldas; 
Wiener klin. Wochenschr. 1913. Nr. 42. 

Schnitter, Der Wert des Urochromogennachweises im Vergleich mit der Ehr- 
lich’schen Diazoreaktion. Zeitschr. f. Tub. Bd. 71. H. 3. 

Syder Nicoloysen, Die Urochromogenreaktion bei Lungentuberkulose. Med. 
Revue. Mai 1914. S. 462—469. 

Tecon, Die M. Weiss’sche Reaktion bei der Lungentuberkulose. Schweizer 
Corr.-BI. 1916. Nr. 47. 

Tecon und Aimard, Über den Wert der Reaktion von M. Weiss im Urin 
von Lungentuberkulösen. Paris méd. 1913. Nr. 52. 

Bosch, Permangan- und Diazoreaktion. Dtsche. med. Wochenschr. 1916. Nr. 1. 


Il. Referate. 


a) Normale und pathologische Physiologie. 


522. Fritz Rohrer, Bestimmung des Inhalts und der Oberfläche 
des Brustraums beim Lebenden. Pflüger’s Arch. 165. 1916 
Nr. 8—10 S. 445. 

Aus den Berechnungen, die im Referat nicht verständlich gemacht 
werden können, folgt, dass das Brusthöhlen volumen für erwachsene Männer 
nur geringe Schwankungen zeigt. Aus zehn Fällen berechnet Verf. einen 
Mittelwert von 5,5 Litern. Es besteht kein Parallelismus zwischen Grösse 
des Brustböhlenrolumens und vitaler Kapazität. Die Unabhängigkeit 
beider Werte voneinander ist begreiflich, da das Brusthöhlenvolumen in 
gewöhnlicher Exrpirationsstellung dem Gleichgewichtszustand der passiven 
Atemkräfte entspricht, während die vitale Kapazität von anatomischen 
Momenten abhängt: Bewegungsmöglichkeit des Zwerchfells und der Ge- 
lenke des Brustkorb. Bei Emphysematikern fand Verf. fast stets bedeu- 
tend erhöhte Brusthöhlenvolumina. Robert Lewin, Berlin. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 309 


523. Fritz Bohrer, Der Zusammenhang der Atemkräfte und 
ihre Abhängigkeit vom Dehnungszustand der Atınungsorgane. 
Pflüger's Arch. 165. 1916 H. 8—10 S. 419. 

Die Atemkräfte sind messbar durch die Druckdifferenz, der sie 
Gleichgewicht halten. Der so bestimmte Manometerwert entspricht der 
Kraftgrösse an der Oberflächeneinheit des Brustraums. Für den Zusam- 
menhang der Atemkräfte unter statischen Verbältnissen für irgend eine 
Flächeneinbeit giht Verf. eine rechnerische Ableitung, die sich hier nicht 
referieren lässt. Der Brusthöhleninhalt bringt wie eine ideale Flüssigkeit 
alle im Innern und an verschiedenen Stellen seiner Oberfläche wirkenden 
Kräfte unter sich zum Ausgleich: innerer und äusserer Spannungsaus- 
gleich. Nur zwei kleinere Volumenteile des Brustraumes besitzen eine 
Sonderstellung, die medial oberhalb des Hilus gelegenen Lungenabschnitte 
bei tiefer Inspiration und Exspiration und die Bluträume des Media- 
stinums infolge der Herzmuskeltätigkeit. Die elastische Spannungsresul- 
tante ist direkt messbar durch die bei Muskelerschlaffung von ihr bedingte 
alveolare Druckdifferenz. Diese Resultante ist abhängig vom Dehnungs- 
zustand der Atemorgane, und zwar ist am mittleren, hauptsächlich für 
die Atmung wichtigen, 2 Liter umfassenden Dehnungsbereich die elastische 
Spannungsresultante eine lineare Funktion des Lungenlufigehalts, d. h. 
die Änderung der elastischen Spannung erfolgt hier proportional der 
Volumänderung. Die elastische Spannungsresultante ist ferner abhängig 
von der Körperlage, indem dabei die Schwermomente je nachdem in ver- 
schiedener Richtung wirken. Die maximale inspiratorische und exspira- 
torische Kraft ist abhängig vom Dehnungszustand der Atemorgane. 

Robert Lewin, Berlin. 


524. A. Kopciowski, Versuche mit dem Bürgi’schen Respira- 

tionsapparate. Pfliigers Arch. 163. 1916 S. 247. 

Der vom Verf. modifizierte Bürgi’sche Apparat ist brauchbar zur 
Bestimmung der Koblensäureausscheidung. Verf. weist auch nach, dass 
Kokain die Ausscheidung von Kohlensäure bedeutend herabsetzt. 

Robert Lewin, Berlin. 


b) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


525. Maryan Franke und Roman Laba, Experimentelle 
Untersuchungen über den Einfluss des künstlichen Pneumo- 
thorax auf das Kreislaufsystem des Hundes. Beitr. z. Klin. 
d. Tbc. 37. 1917 H. 1/2. 8.81. _ 

Pneumothorax kleineren bis mittleren Grades führt zu keiner gröberen 
Störung des Kreislaufs,. Die bei besonders groseem Pneumothorax ein- 
tretenden Kreislaufstörungen betreffen namentlich die rechte Kammer, 
deren Tätigkeit schliesslich abnimmt und aufhört, während die linke 
Kammer noch weiterschlägt. Der mittlere Blutdruck bleibt jedoch un- 
beeinflusst. E. Leschke, Berlin. 


526. Felix Deutsch, Der Hämothorax und die Ungerinnbarkeit 
des Blutes in der Pleurahöhle. Zschr. f. klin. Med. 84. 1917 
A. 1/2. S. 83. 


In 7 Fällen von frischem traumatischem, nicht entzündlichem Häniv- 


310 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


thorax untersuchte Verf. 12mal den Inhalt desselben auf seine Gerinn- 
barkeit hin. In 5 Versuchen war die Koagulationsfähigkeit völlig ver- 
loren gegangen, in 7 stark vermindert. Die Gerinnbarkeit konnte durch 
Zusatz von Thrombin und Blutplättchen und nur in je 1 Falle ausschliess- 
lich von Kalksalzen bzw. Blutplättchen wiederhergestellt werden, woraus 
hervorgeht, dass ihr Verlust in der Thrombinbildung bzw. im Mangel an 
Thrombin zu suchen ist. Es ist unwahrscheinlich, dass die Ursache 
hiervon in der Berührung des Blutergusses mit dem Pleuraendothel liegt; 
Verf. ist vielmehr der Ansicht, dass das Blut in der Brusthöhle nur 
teilweise gerinnt, wodurch die Gerinuungsfaktoren aufgebraucht werden. 
Dass es nur zu einer teilweisen Gerinnung kommt, ist darauf zurückzu- 
führen, dass das Blut „teils durch die Körperbewegung teils durch die 
Atnıung mit der Luft gemischt und geschüttelt wird und dadurch die 
Störung des Gerinnungsprozesses eintritt“, C. Servaes. 


527. Joseph Khouri, Allgemeine Zusammensetzung eines milch- 
saftähnlichen Rippenfellergusses tuberkulöser Natur. Zl. de 
pharmac. chim. XI 1915 Heft4. (Nach Zbl. f. Biochemie 1917 
Juli/ August-Heft S. 194.) 

Die schwach alkalische Flüssigkeit vom spez. Gew. 1022 bei 15° € 
enthielt im Liter: 


Trockensubstanz 18,6 g 
Gesamtproteinstoffe 60,9, 
Seriu 33,3 „ 
Serumglobuline, Fibriv, Albumosen u. andere 

Eiweisskörper 2,0: 
Alkoholische Extr. (Harnstoff, Xanthinkörper) 53,3 „ 
Ätherische Exır. (Fette usw.) 4,5 y 
Lösliche Mineralstoffe 6,2 „ 
Unlösliche Mineralstoffe Lra 

Schröder, Schömberg. 


528. Per Arnell, Cholesterin in Pleuraflüssigkeit. Hygiea 1917. 


Verf. berichtet über einen Fall von cholesterinhaltiger Pleurafüssig- 
keit, entstanden im Zusammenhang mit spontanem Pneumothorax bei 
einem Patienten mit tuberkulösen Lungenveränderungen, die wahrschein- 
lich von freiem Pleuraraum abgekapselt während einer Zeit von 6 Jahren 
bestanden hatte. Das Evsudat war durch fürs blosse Auge sichtbare 
glänzende Kristallschuppen getrübt (Cholesterinkristalle). Der Cholesterin- 
gehalt der Flüssigkeit, der sich nach jeder Thorakozentese verminderte, 
war höchstens 0,41 %/o. Der Zellgehalt war gering. Der klinische Ver- 
lauf war chronisch und gutartig. Die Bebandlung bestand in wieder- 
holten Thorakozentesen. Arvid Wallgren, Upsala. 


529. @. Breceia, Das Anstechen der Lunge und die Verflüch- 
tigung des Stiekstoffs beim Pneumothorax. Rivista critica 
di Clinica medica 17. 1916. Nr. 4 u. 5. 
Verf. bespricht die Möglichkeit, dass beim Anlegen des Pneumo- 
thorax der Stickstoff in die Luftwege eindringen könne. Er erwähnt 
zwei Fälle, bei denen Stickstoff bis zu 900 cem eingeführt werden konnte. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 311 


ohne dass ein Pneumothorax entstand. Es muss also der Stickstoff in 
die Alveolen eiugedrungen sein und in den Luftwegen sich verloren 
haben. | 

Verf. stellt ala Norm auf, dass, wenn die Nadel in der Lunge steckt, 
der Druck des Manometeıs um Null herum sich bewegt, vorausgesetzt, 
dass keine Verbindung mit den Luftwegen besteht. Ist aber eine solche 
vorhanden, so beobachtet man zwar immer Ausschläge der Nadel, aber 
sie sind unbeständig, wenn die Atmung angehalten wird. In diesem 
letzteren Falle ist keine Gefahr durch die Zufuhr von Gas zu befürchten. 


Bemerkung des Schriftleiters: Nach unserer Meinung bildet nicht 
der Umfang, sondern die Art des Manometerausschlages ein sicheres Er- 
kennungszeichen dafür, wie weit die Nadel in die Lunge eingedrungen ist. 
Dringt die Nadel in die Pleurahöhle, so folgt der Ausschlag immer nach 
der negativen Seite und nimmt noch zu bei der Einatmung und ab bei 
der Ausatmung, ohne aber auf Null zu kommen. Bohrt jedoch die Nadel 
festes Lungengewebe an, so erfolgt gar kein Ausschlag, höchstens kann 
man einen positiven Druck erhalten, wenn die Nadel in einem grösseren 
Gefäss stecken geblieben ist. Gerät die Nadel in eine Alveole, so folgen 
die Ausschläge dem Typus der Atmung (negativer Ausschlag bei der 
Einatmung, von mehr oder weniger grossem Umfang, je nach der Aus- 
dehnungsfähigkeit des Alveolarlumens, und positiver Ausschlag bei der 
Ausatmung). In solchen Fällen kann man eine ganze Menge Gas ein- 
lassen, das sich dann in den Luftwegen ausbreitet, ohne dass weder Art 
noch Umfang des Manometerausschlages sich ändern. Aber der Befund 
an sich ist so charakteristisch, dass man ohne weiteres davon Abstand 
nehmen wird, Gas einströmen zu lassen. Galli, Lugano.!) 


530. Johann Philipowicz, Über Komplikationen bei Lungen- 
schüssen, Ursachen des fieberhaften Hämothorax und die 
Empyembildung. W. kl. W. 1917 Nr. 19. 

Auf Grund eines Materiales von 530 Fällen bespricht Verf. die 
Komplikationen bei Lungenschüssen in der ersten Zeit, nicht die 
Folgezustände. | 

Von Komplikationen, die schon vor dem Schusse bestanden, hat sich 
als besonders ungünstig erwiesen die adhäsive Pleuritis der un- 
verletzten Seite. Wiederholt war Pneumonie der unverletzten 
Seite die Todesursache. (Therapie: Entlastung durch Ablassen des 
Hämothorax, Eukalyptol-Mentholi: jektionen.) 

Ebenso ungünstig ist eine vor dem Schuss bestandene Bron- 
chitis. Dieselbe war einigemal das ätiologische Moment für Empyem- 
bildung. 

Bei früher durchgemachter Tuberkulose scheint unter Um- 
ständen der Schuss ein Aufflackern des alten Prozesses auf der getroffenen 
Seite zu bewirken. Alte Pleuritis der getroffenen Seite führte 
einmal durch Verblutung zum Tode wegen Unfähigkeit der Lunge, sich 
zu retrahieren. Erkrankungen des Herzens sind prognostisch selbstver- 
ständlich ungünstig. 

) Die mit „Galli, Lugano“ gezeichneten Referate wurden von Ganter, 
Wormditt, aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt. 


312 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Komplikationen, die durch den Schuss selbst bewirkt werden, sind: 
Splitterungen des Thoraxskelettes; sie geben schlechte Prognose. 
Bei Splitterung einer Rippe kommt es manchmal zur Bildung eines sub- 
periostalen oder epipleuralen „inneren Thoraxwandabszesses“, Dieser führt 
gewöhnlich nicht zur Bildung eines Empyems. Therapie: Resektion der 
Rippe, Spaltung des Abszesses. 


Nicht allzu selten ist die Komplikation mit Verletzungen der 
Art. subelavia mit Aneurysmabildung. Wenn nicht die Blu- 
tung sofortige Ligatur erheischt (schlechte Prognose), so kann man das 
Aneurysma nach eiwa 3 Wochen operativ angehen. 


Kombination mit Rückenmarkschüssen ist insofern ungünstig, 
als die Operation der Wirbelsäuleverletzung wegen der Jungen u 
hinausgeschoben werden muss. 


Von den Verletzungen der Lunge selbst und den F bisesrschalnnngen: 
Pneumothorax, Hämopneumothorax, Hämothorax ist der 
erstere am ernstesten zu nehmen. Wegen der Gefahr des Pneumothorax 
sollten auch scheinbar harmlose Lungenschüsse erst nach längerer Zeit — 
durchschnittlich nach 10 Tagen — transportiert werden. Dies stösst 
jedoch in den vordersten Linien auf unüberwindliche Schwierigkeiten; 
deshalb muss diese Forderung auf Lungenschüsse mit schweren Allge- 
meinerscheinungen eingeschränkt werden. Der Hämopneumothorax, auch 
der geschlossene, zeigt viel Neigung zu Empyembildung. 


Aus seinen Erfahrungen über den fieberhaften Hämothorax 
erwähnt Verf., dass in 12°/o das Hämatom bakterienbaltig war (Strepto- 
kokken). Die Bakterienhaltigkeit besteht jedoch nur an gewissen Stellen, 
besonders in der Nähe der Schussöffnung; daher kann die Ursache des 
Fiebers unaufgeklärt bleiben, wenn man nicht gerade an einer von diesen 
Stellen punktiert. Das Fortschreiten der Infektion gehört nicht zur 
Regel und es kommt ohne Eingriff zur Ausheilung. Bei einer Minder- 
zahl der Fälle kommt es zur Empyembildung. Gleichzeitig Ver- 
schlechterung des klinischen Befundes: Stechen, Verringerung des Appe- 
tits, trockene Zunge, andauernd hobe Temperatur, Pulsfrequenz höher als 
dieser Temperatur entspricht. Dieses Missverhältnis zwischen Puls 
und Temperatur ist prognostisch ungünstig. In diesen Fällen 
ist auch bei makroskopisch nicht verändertem Hämatom die Rippen- 
resektion angebracht. Eine weitere Ursache des fieberhaften sterilen 
Hämotborax ist: abgesacktes Empyem, interlobuläres Empyem 
oder Lungenabszess bzw. Lungengangrän. Wichtig ist hier das 
Röntgenbild, doch gibt dies manchmal keinen Aufschluss. Dann geschieht 
die Diagnose durch Punktion des Schusskauals mit einer 15 cm langen, 
dicken Nadel. Manchmal findet man keinen eigentlichen Herd, sondern 
eine röhrenförmige, jauchige Einschmelzung des ganzen Schusskanals 
(Lungenphlegmone). Diese führt zu Exitus unter septischen Sym- 
ptomen. Für die Bildung des Pleuraempyems ist nicht nur die Infektion 
des Hämatoms durch den Schuss massgebend, sondern die Infektion kann 
auch von innen erfolgen durch Durchwanderung der Bakterien aus dem 
Lungenherd in die Pleura. 

Folgt Mitteilung von Krankengeschichten. 


A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


Diagnose und Prognose. 313 


c) Diagnose und Prognose. 


531. Arvid Wallgren, Ein Beitrag zur Kavernendiagnostik 
(Parakavernenrassein). Beitr. z. Klin. d. Tbc. 36. 1917 H. 3 
S. 359. 


In den oberen Lungenteilen hört man häufig ən der Stelle von 
Kavernen eine streng lokalisierte Gruppe von Rasselgeräuschen von ver- 
schiedener Grösse, oft von subkrepitierender Art, die sich durch ihren 
auffallend intensiven Schall auszeichnen und von Friberger als Para- 
kavernenrasseln bezeichnet worden sind. Sie besitzen grosse diagnostische 
Bedeutung für die Erkennung von Kavernen. (Dass diese klingenden 
Rasselgeräusche, auch wenn sie nur kleinblasig oder krepitierend sind, 
ein wichtiges Kavernensymptom darstellen, ist eine altbekannte Tatsache, 
die nach Ansicht des Ref. die Sonderbezeichnung „Parakavernenrasseln“ 
unnötig macht.) Erich Leschke, Berlin. 


532. Sven Zandren. Beitrag zur Frage über die Differential- 
diagnose zwischen extrem grossen Kavernen und Pneumo- 
thorax. Nordiskt Medicinskt Arkiv 1917 Bd. 50. 


Beschreibung eines Falles von totaler kavernöser Umwandlung der 
linken Lunge. Verf. kommt zu folgenden Schlusssätzen. In Fällen von 
Pneumothorax, wo der Krankheitsverlauf nicht völlig typisch ist und 
besonders bei chronischen Formen muss man stets mit der Möglichkeit 
einer grossen, wandständigen Kaverne rechnen. In solchen Fällen darf 
die Diagnose Pneumothorax nicht auf das Vorhandensein einer typischen 
Anamnese allein oder zufolge des einen oder anderen typischen Pneumo- 
thoraxphänomens gestellt werden, sondern erst nach einer sorgfältigen 
physikalischen Untersuchung, wobei besonders Bronchophonie und Pektoral- 
fremitus berücksichtigt werden müssen. Bei Röntgenuntersuchung kann 
man von Pneumothorax und Kaverne völlig gleichartige Bilder erhalten. 
In zweifelhaften Fällen dürfte eine Probepunktion, verbunden mit Druck- 
messung oder Aussaugung von eventuell vorhandenem Flüssigkeitsinhalt 
nebst mikroskopischer Untersuchung desselben zu befürworten sein. 

Arvid Wallgren, Upsala. 


533. Feldmann, Beitrag zur Behandlung der Lungentuberkulose 
mit dem künstlichen Pneumothorax. Rivista critica di Cli- 
nica medica 17. 1916 Nr. 24—26. 


Die Ergebnisse, die Verf. in 38 Fällen mit dieser Behandlungsart 
erzielt hat, lassen aich folgendermassen zusammenfassen: 13 Fälle geheilt 
= 34,9 %0; 10 gestorben = 26,3 °/o; in 10 Fällen musste wegen Ver- 
wachsungen der Pleura die Behandlung abgebrochen werden; in 4 Fällen 
kann Verf. kein bestimmtes Urteil abgeben, da es ihm nicht möglich war, 
den weiteren Verlauf der Krankheit zu verfolgen. 

Auf Grund dieser seiner eigenen Erfahrungen und der anderer 
Autoren glaubt Verf. mit Recht behaupten zu dürfen, dass diese Behand- 
lungsart ein wertvolles Heilmittel ist, das aber, wie jedes andere, seine 
bestimmten Anzeigen und Gegenanzeigen hat: 1. Der Pneumothorax darf 
nur bei einseitigen Veränderungen angewendet werden. 2. Er darf nicht 
angewendet werden bei Fällen im Beginn, sondern nur bei solchen, deren 


314 Diagnose und Prognose. 


Prozess einseitig ist und das 2. Stadium oder den Übergang vom 2. zum 
3. Stadium zeigt, vorausgesetzt, dass der Allgemeinzustand gut ist. 3. Die 
wichtigste Gegenanzeige bildet, abgesehen von der Doppelseitigkeit des 
tuberkulösen Prozesses, das Vorhandensein pleuritischer Verwachsungen. 
4. Eine besondere Gegenanzeige ist durch ausserhalb der Lunge gelegene 
tuberkulöse Komplikationen und vor allem durch die Darmtuberkulose 
gegeben. 5. Krankheiten des Gefässsystems, Lungenemphysem und Splan- 
choptose sprechen nicht gegen die Anwendung der Methode, 6. Aus- 
geschlossen sind die Formen umschriebener Tuberkulose. 7. Am besten 
eignen sich die chronischen Formen, besonders solche im Zustande der 
Infiltration oder solche mit nicht zu ausgedehnten und einseitigen destru- 
tiven Prozessen. 

Verf. bemerkt noch zum Schlusse, dass mit der Abnahme und Un- 
schädlichmachung des Auswurfs, die man fast immer mit dem Pneumo- 
thorax erreicht, auch die soziale Gefahr vermindert oder beseitigt wird, 
die der Kranke für seine Umgebung bildet und die um so grösser ist, 
da er nicht von seiner Familie getrennt werden kann. Für den Kranken 
selbst ist es um so vorteilhafter, je früher die Behandlung beginnt, immer 
unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um das 2. Stadium bandelt. Die 
Wahrscheinlichkeit, dass der Prozess sich auf die andere Lunge ausbreitet 
oder dass Verwachsungen der Pleura auftreten, ist alsdann geringer, 
während man mit grösserer Sicherheit auf die Funktionsfähigkeit der 
komprimierten Lunge am Ende der Behandlung wird rechnen können. 

Galli, Lugano. 


534. 0. Helens, Erfahrungen über die Behandlung mittelst des 
künstlichen Pneumothorax auf dem Sanatorium bei Nakke- 
‚bölle-Fjord. Mitt. des Nationalvereins zur Bekämpfung der 
Tub. in Dänemark. I. — 1917. 

In 100 Fällen (alle Frauen) wurde von Helens die Pneumothorax- 
behandlung versucht; es misslang bei 34, einen Pneumothorax zu bilden. 
Bei 66 kam die linke, bei 34 die rechte Lunge zur Behandlung. Die 
12 ersten wurden ad modum Brauer, die folgenden ad modum Forla- 
nini-Saugman behandelt. Nach Versuchen mit den verschiedenen 
teils scharfen, teils stumpfen Kanülen hat Verf. Saugman’s Nadel 
mit Kjer-Petersen’s Modifikation vorgezogen. Während der Behand- 
lung sind zwei Fälle von Embolie, doch beide vorübergehend, eingetreten. 
Bei 19 0/0 trat die Komplikation eines Exsudats auf (Ätiologie: Erkältung). 
3 Fälle machten während der Behandlung eine Gravidität glücklich durch, 
in einem Falle wurde der Abortus provoc. eingeleitet. 

Augenblickliche Resultate: Temperaturabfall, von 49 febrilen wurden 
30 afebril; Verschwinden der 'Tuberkelbazillen bei 24 (40°/o), Abnahme 
der Exspektoratmenge; dagegen kam es in einem Teil der Fälle zu 
Gewichtsverlust. 

Dauerresultate: Die durchschnittliche Beobachtungszeit nach der 
Einleitung der Behandlung war 3 Jahre. 

Von 66 durchgeführten Fällen waren 23 arbeitsfähig, 6 arbeits- 


unfähig, 37 gestorben: 44°/o lebend nach durchschnittlich 3 Jahren. 


Von 35 misslungenen waren 22°/o lebend. Von 35 Patienten, bei denen 
die Behandlung indiziert, aber nicht geprüft war, waren 28°/o lebend. 


a- O ŘE G aee 


Indikationen und Therapie. 315 


Helens hebt bervor, dass die Dauerresultate wohl nicht sehr her- 
vorragend sind, dass er aber doch den Eindruck gewonnen hat, die 
Pneumothoraxbehandlung habe in einer Reihe von sonst hoffuungslosen 
Fällen zweifellos eine gute, sogar heilende Wirkung gehabt. Er empfiehlt 
daher, die Behandlung in geeigneten Fällen zu versuchen. 

Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


d) Indikationen und Therapie. 


535. van Voornveld, Tuberkulose und Schwangerschaft. — Neue 
Perspektiven für die Behandlung. Corr. BL. für Schweizer 
Arzte 1917 Nr. 22. 


Verf. formuliert seine persönliche Meinung über den Einfluss der 
Schwangerschaft auf Tuberkulose wie folgt. „Gewöhnlich wirkt Schwanger- 
schaft nachteilig auf bestehende Lungentuberkulose, oft hat sie keine 
nachweisbar gute oder schlechte Wirkung und gar nicht so selten hat sie 
sogar einen günstigen Einfluss auf die in Rede stehende Krankheit.“ 
Verf. glaubt die Ursache der in manchen Fällen beobachteten günstigen 
Beeinflussung einer Lungentuberkulose durch Schwangerschaft darin suchen 
zu müssen, dass die Schwangerschaft auf die Lungen wie ein langsam 
sich ausdehnender, doppelseitiger Pneumotborax wirke. — Der meist ein- 
tretende ungünstige Verlauf der Lungentuberkulose nach der Geburt sei 
wohi zum Teil bedingt durch die plötzliche Ausdehnung der Lunge nach 
der Geburt. — Für die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft 
bei Tuberkulö:sen stellt Verf. den folgenden Grundsatz auf: „In allen 
Fällen von Gravidität, bei denen wegen bestehender oder diohender 
Aktivität der Lungentuberkulose die künstliche Unterbrechung der 
Schwangerschaft indiziert ist, soll diese Operation nicht ausgeführt werden, 
bevor ein auch in der Pneumothoraxiherapie erfahrener Lungenarzt die 
Frage geprüft hat, ob in casu die Jkungentuberkulose nicht durch An- 
leguu.g eines künstlichen Pneumothorax zu inaktivieren wäre. Abortus 
darf in einem solchen Falle nur eingeleitet werden, wenn die Anlegung 
eines künstlichen Pneumothorax nicht indiziert oder nicht möglich ist. — 

Zum Schluss berichtet Verf. über den günstigen Verlauf einer Tuber- 
kulose, bei der im 6. Monat der Schwangerschaft ein künstlicher Pneumo- 
thorax angelegt wurde. Lucius Spengler, Davos. 


536. B. Graziadei, Klinische Bemerkungen über die Behandlung 
der Lungentuberkulose mit dem Pneumothorax. Rivista eri- 
tca di Clinica medica 1916 Nr. 30—32. 

Verf. hat im Verlaufe von 7 Jahren bei 60 Tuberkulösen den Pneumo- 
thorax angelegt und ausserdem noch viele von anderen Ärzten behandelte 
Kranke untersucht. Er richtete sich bei der Anlegung des Pneumothorax 
bis in alle Einzelheiten nach den Vorschriften Forlanini’s, und wenn 
er dann und wann einmal davon abwich, immer sah er sich wieder 
genötigt, auf diese zurückzukommen. Dabei hat Verf. die Überzeugung 
gewonnen, dass dieses Heilverfahren eine grössere Ausbreitung verdiente, 
da es für eine grosse Anzahl von Kranken, selbst wenn die Krankheit 
schon weit fortgeschritten ist, von grösstem Nutzen sei, wobei man in- 
dessen den hartnäckigen Charakter der Krankheit, ihren Umfang und 


316 Indikationen und Therapie. 


auch die mannigfaltigen mit der Behandlung verknüpften Zufälle berück- 
sichtigen müsse. 

Verf. gebrauchte den neuen Apparat Forlanini’s. Er liess an- 
fangs jeden 2.—3. Tag Gas in kleinen Mengen (100—150—200 cem) 
einströmen, schliesslich soviel, als der Kranke ertragen konnte (400 bis 
500 ccm). Anfangs führte Verf. manchmal 700—800, ja 1000 cem 
Stickstoff ein, aber die Erfahrung nötigte ihn zu grösserer Vorsicht, so 
dass er 300—500 cem nicht mehr überschritt. Ein einziges Mal stellte 
sich als unangenehmer Zufall eine Pleuraeklampsie ein, damals nämlich, 
als er, noch wenig erfahren, den alten Apparat verwandte, mit dem das 
Gas eingeblasen werden musste. Verf. hält es nicht für nötig, einen 
starken Druck auszuüben, ausser da, wo es zähe Verwachsungen zu 
beseitigen gilt. Mitunter stach er die Lunge an, was aber ausser etwas 
blutigem Auswurf keine weiteren schlimmen Folgen hatte. Ist einmal 
die Lunge genügend komprimiert, zo beginnt auch sofort die Besserung, 
deren Verlauf mit der Kompression gleichen Schritt bält. Verf. erzielte 
in Fällen mit Kavernenbildung, bei denen die untere Hälfte des Brust- 
raumes sich als wegsam erwies, rasche und glänzende Erfolge. In einigen 
Fällen stellte sich schon eine bemerkenswerte Besserung ein, ebe soviel 
Gas eingelassen war, als zu einer nennenswerten Kompression der Lunge 
nötig war, ein Umstand, der den Verf. auf den Gedanken brachte, es 
müsse noch etwas anderes als die rein mechanische Kompression mit- 
wirken. Herzstörungen von einiger Wichtigkeit wurden nicht beobachtet. 
Sind starke Verwachsungen vorhanden und erreicht man aufangs nur 
einen partiellen Pneumothorax, so gelingt es manchmal durch bäufigere 
Einführung kleinerer Mengen Stickstoff doch noch einen vollständigen 
Pneumothorax herzustellen. Die Nachfüllungen sollen anfangs in kurzen 
Zwischenräumen erfolgen, dann immer seltener werden, so dass sie schliess- 
lich nur alle 12—15—20 Tage, oder nur noch einmal im Monat nötig 
sind. Ein zu frühzeitiges Aussetzen und zu seltene Nachfüllungen müssen 
vermieden werden, da die sich bildenden Verwachsungen, Verdichtungen, 
Schrumpfungen die Erneuerung des Pneumothorax, sofern diese wieder 
erforderlich sein sollte, erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. 


Bei zwei Kranken trat eine von der komprimierten Lunge ausgehende 
Hämoptoe auf. In dem einen zur Sektion gekommenen Falle fauden sich 
kleine, offene, mit Blut gefüllte Kavernen an der Lungenspitze. 


Während der Behandlung konnte Verf. die Entwicklung der galop- 
pierenden Schwindsucht, der Miliartuberkulose und der Meningitis beob- 
achten. Eine genaue Statistik über die behandelten Fälle liess sieh nicht 
aufstellen, weil ein Teil die Behandlung zu frülı abbrach oder sich sonst- 
wie der Beobachtung entzog.e Doch konnte Verf. 20 Heilungen im 
klinischen Sinne feststellen, die Fälle befinden sich noch in Beobachtung. 
In 6 Fällen war die Heilung abgeschlossen. 

Schwierig ist es nach Verf., zu bestimmen, wann man mit der Be- 
handlung aufbören soll. In einigen Fällen geschah dies, weil die Ver- 
wachsungen eine weitere Einführung des Stickstoffes nicht mehr gestatteten 
(2 Fälle), in einem andern Fall hielt der Erguss für sich allein die Lunge 
komprimiert, wobei sich der Kranke wohl befand, so dass kein weiterer 
Eingriff nötig wurde. Mit der Zeit ging der Erguss zurück, und die 
Pleurahöhle schloss sich allmählich, 


— eu 


Indikationen und Therapie. 317 


Bei einigen Kranken musste die Behandlung wiederholt werden, 
nachdem sie einige Zeit wegen Auftretens von Husten und wegen des 
schlechten Allgemeinbefindens unterbrochen worden war. Die Anzeigen 
für die Vornahme des Pneumothorax sind viel umfassender, als die meisten 
Ärzte glauben. Alles kommt darauf an, welches therapeutische Ziel wir 
uns stecken. Wir können nicht immer Heilung erreichen, aber wir können 
den raschen Verlauf der Krankheit hemmen. 


Die besten Erfolge erhält man bei jenen im Anfang stehenden Fällen 
mit langsamem Verlauf und geringem Fieber und besonders da wieder, 
wo die Krankheit einen neuen Abschnitt befallen will. Dabei muss man 
immer auf den Zustand der andern Lunge achthaben, besonders wenn die 
Krankheit schon längere Zeit dauert. Es ist schwer festzustellen, welcher 
Grad der doppelseitigen Erkrankung mit der Anlegung des Pneumothorax 
noch verträglich ist. Verf. sah immer wieder, wie sich umschriebene 
Infiltrationsherde auf der andern Lunge rasch besserten. Dasselbe gilt 
auch von den bronchitischen Erscheinungen. 


Der Pneumothorax hat sehr gute Erfolge auch bei Kranken mit 
Kavernen, vorausgesetzt, dass die Beteiligung der stellvertretenden Lunge 
. nicht zu ausgedehnt und der untere Teil der Pleurahöble wegsam ist. 
Auch in akuten Fällen kann man es mit dem Pneumothorax versuchen, 
aber hier ist die Gefahr («les Misserfolges, da die Krankheit leicht um sich 
greift, grösser. i 

Wirkliche Gegenanzeigen bilden zübe und ausgedehnte Verwachsungen 
der Pleurablätter, Veränderungen an der Lungenbasis, die galoppierenden 
Formen und ausgedehnte doppelseitige Prozesse. Herzklappenfebler geben, 
wenn sie kompensiert sind, keine Gegenanzeige ab. 


Alsdann kommt Verf. auf die Pleuritiden der Tuberkulösen zu 
sprechen, die immer latent verlaufen, aber durch die Anlegung des 
Pneumothorax akut werden. Er erörtert weiter ihre Natur, ihre Ursachen, 
ihren Verlauf, ibre Folgen und bemerkt zuletzt, dass er im Anschluss an 
die beim Pneumothorax aufgetretenen Pleuritiden die Thorakozentese nach, 
der japanischen Art ausgeführt habe, d. h. er aspirierte nicht, sondern 
liess den Troikart liegen, so dass die Flüssigkeit ablaufen und die um- 
gebende Luft ungehindert, ohne Filter, in die Pleurahöhle eintreten konnte, 
dann füllte er rasch Stickstoff auf. 


Die Behandlung mit dem Pneumothorax darf andere Heilmethoden, 
wie die medikamentösen, symptomatischen, hygienisch-diätetischen, nicht 
ausschliessen, da diese die Widerstandskraft des Kranken erhöhen. 


Nach den Erfahrungen des Verf.’s ist der Pneumothorax die wirk- 
samste Behandlungsart der Lungentuberkulose. Man erreicht in einer 
grossen Anzahl von Fällen vollständige Heilung, in vielen Fällen wenig- 
stens langdauernde Besserungen, von denen auch noch manche zuletzt 
vollständig geheilt werden. 

Den Schluss der Abhandlung bilden 7 ausführliche Kranken- 
geschichten. 

Galli, Lugano. 


318 $ Technik. 


e) Technik. 


537. B. van Delden, Enkele mededeelingen over de Long- 
plombage volgens Baer. Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 29. Juli 
1916. | 


Die extrapleurale Pneumolyse mittelst der Vioform-Paraffin-Plombie- 
rung kommt in Betracht in den Fällen mit Kavernen der Lungenspitze, 
bei denen künstlicher Pneumothorax und Thorakoplastik nur wenig gün- 
stige Erfolge bringen. Kontraindikationen sind: Amyloidentartung und das 
Positivsein der Diaznreaktion während längerer Zeit bei starker Abmage- 
rung und längerdauerndem intermittierendem Fieberverlauf, Die zweite 
Lunge braucht nicht ganz gesund zu sein. Auseinandersetzung der Ope- 
rationsmethode. Besprechung der Erscheinungen und der Behandlungs- 
weise bei Durchbruch der Kavernenwandung und bei Entzündungen 
rings um die Plombe. Hierauf bringt Verf. 4 Krankengeschichten von 
Patienten, bei deren die Plombierung gute Resultate ergab; auch erwähnt 
er zwei Fälle von Plombierung obne Erfolg (namentlich einen Fall mit 
akuten Prozessen und eiuen anderen Fall, wo die ganze Lunge krank 
war und nur Plombierurg der Lungenspitze stattfand). Weiter erwähnt 
Verf. einen Fall mit tödlıcher Blutung aus einem Varix in der Kavernen- 
wandung. Schliesslich warnt er vor einer zu kurzdauernden 'Tamponie- 
rung der Höhle, damit die Kavernenwände nicht nur zusammengedrückt 
werden, sondern auch zusammenwachsen können. J. Peerenboom. 


538. O0. Kalb, Extrapleurale Pneumolyse mit Plombierung bei 
nichttuberkulösen Kavernenbildungen .der Lunge. D. m. W. 
1917 Nr. 7. 


Die Heilfaktoren bei der Kollapstherapie der Lungentuberkulose 
bestehen in Entepannung und Rubigstellung der erkrankten Lunge, in 
Verminderung des Auswurfs, in örtlicher Toxinstauung bei relativer Ent- 
‚giftung des Gesamtorganismus und dadurch Besserung des Allgemein- 
befindens, und in ungehinderter Schrumpfungsnöglichkeit des kavernösen 
Prozesses. Für das Zustandekommen des Lungenkollapses steht neben 
dem Pneumothorax (Forlanini-Brauer) und der Entknochung des 
Thorax (Friedrich) mit der milderen Form der Wilims’schen Pfeiler- 
resektion noch die extrapleurale Prreumolyse mit anschliessender Plombie- 
rung zur Verfügung. Gegenüber der Entknochung des Thorax ist diese 
ein unverhältnismässig kleiner Eingriff; ihre Technik ist einfach, sie wirkt 
nicht entstellend wie die Entknochung, stört nicht den physiologischen 
Atemtypus und komprimiert im Gegensatz zum Pneumothorax nur die 
kranken und keine gesunden Lungenpartien. 


Verf. empfiehlt, dieses Verfahren auch bei kavernösen Prozessen 
nichttuberkulöser Natur in Anwendung zu bringen, wenn wegen Schwarten- 
bildung ein Pneumotborax nicht möglich ist. Es wird über 3 Fälle 
von putrider Bronchitis und bronchiektatischen Kavernen berichtet, von 
denen zwei entschieden günstig beeinflusst wurden, während der dritte 
wegen allgemeiner ungünstiger Verhältnisse ad exitum kam. 


C. Kraemer I], Stuttgart. 


po 


Technik. 319 


539. J. H. Zaayer, Chirurgische behandeling van Bronchiektasen. 

Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 19. Febr. 1916. 

Nach kurzen geschichtlichen Vorbemerkungen gibt Verf. die Kranken- 
geschichten von vier Bronchiektatikern, bei denen, nachdem innere Mittel 
versagten, mit gutem Erfolge die Thorakoplastik gemacht wurde. Bei 
allen wurde in Seitenlage ein Schnitt nach Schede gemacht, der Haut- 
Muskellappen wurde nach oben umgeschlagen, alsdann wurden von 5 
oder & Rippen grössere Fragmente von 12—17 cm Länge subperiostal 
ausgeschaltet, indem die Rippen jedesmal zuerst hinter dem Angulus 
costae durchschnitten wurden. Hierauf wurden das Periost der Rippen 
und das Zwischenrippengewebe vom Brustfell gelöst und entfernt. Die 
Pleurahöhle blieb unversehrt. Nachdem der Haut-Muskellappen zurück- 
geschlagen war, wurde die Wunde mit Etageligaturen geschlossen und 
jetzt wurden mit einer festen Weattepelotte die Weichteile durch den De- 
fekt. der knöchernen Brustwand hindurch tief nach innen gepresst und in 
dieser Lage durch den Druck einer Bandage fixiert gehalten. 
Bei der Entlassung aus der Klinik wurde die Wattepelotie ersetzt durch 
einen Kautschukschwamm. Der Erfolg war eine klinische Heilung, d.h. 
die Sputummenge verringerte sich stark und der widerliche Geruch ver- 
schwand. Hierauf folgt eine ausführliche kritische Besprechung der ver- 
schiedenen chirurgischen Methoden der Bronchiektasiebehandlung. Der 
Verf. hält die Brustwandresektion für die beste Methode; „ihre Heil- 
wirkung tritt aber erst dann’ in vollen Umfange auf, wenn die Rippen- 
resektion in sehr ergiebiger Weise über den kranken Lungenteilen gemacht 
wird, wenn die Interkostalmuskeln und das Periost mitentferut werden 
und wenn man nach der Operation dauernd einen Druck auf das Opera- 
tionsfeld ausübt“. J. Peerenboom. 


540. H. H. Jacobäus und Einar Key, Einige Erfahrungen 
von operativen Eingriffen bei Lungentuberkulose. Nordiskt 
Medicinskt Arkiv 1916 Bd. 23. 

I. Endopleurales Abbrennen von Adhärenzen. 

Diese von Jakobäus inaugurierte Operation wird unter Leitung 
seines Thorakoskopes ausgeführt (Brauer’s Beiträge 1916 Bd. 35). Die 
Operation ist’ jetzt vom Verf. in 15 Fällen ausgeführt worden. 3 von 
diesen Fällen, „Versuchs-Fälle“, wo die Operation aus diesem oder jenem 
Anlass kein praktisches Resultat gewährte, sind letal verlaufen. 6 Fälle 
zeigen einen so augenfällig verbesserten Zustand, dass man wohl auf 
künftige Genesung hoffen darf. Die übrigen 6 Patienten sind teils ge- 
storben (2), teils ist ihr Zustand noch fraglich. „Stellt man daher einen 
Vergleich an zwischen Debet und Kredit der Methode, dann muss man 
zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Plus-Seite beträchtlich über- 
wiegt und dass es in nicht so wenigen Fällen gelungen ist, dem Patienten 
mit dieser Methode eine wesentliche Hilfe zu bringen.“ Nicht nur dicke 
Stränge, sondern auch bis zu 10—15 cm breite Membranen sind ent- 
fernt worden, ohne dass irgendwelche schwereren Komplikationen hinzu- 
getreten wären. 

II. Ausschälen der Insertion der Adhärenz an der Brustwand. 

In einem Fall ausgeführt. Durch röntgenolozische und thorako- 
skopische Untersuchung wurde zuerst genau die Stelle bestimmt, wo die 


320 - Klinische Fälle. 


Adhärenz an der Brustwand befestigt war. Darauf wurde die Pleura- 
höhle so nahe wie möglich an der adhärenten Stelle geöffnet und dann 
die Adhärenz extrapleural gelöst. Ferner wurden einige schmälere Ad- 
härenzen durchschnitten. Das Operationsresultat war vorzüglich. 

III. Thorakoplastik. 

Thorakoplastik ist in 13 Fällen ausgeführt. In 8 derselben ist aus- 
gebreitete Thorakoplastik in zwei Sitzungen vorgenommen. In einem Fall 
wurde nur die erste Sitzung der Operation ausgeführt, da der Patient 
einige Zeit nach derselben an einer bösartigen Nephrose zugrunde ging. 
In 3 Fällen ist nur partielle Thorakoplastik ausgeführt. In 5 der Fälle 
ist bereits eine so grosse Verbesserung erzielt worden, dass man alle 
Ursache hat, auf eine vollständige Symptomfreiheit mit wiederhergestellter 
Arbeitsfähigkeit für lange Zeit zu hoffen. In 2 Fällen ist die Besserung 
in dem einen Fall relativ langsam gegangen, in dem zweiten ist zu kurze 
Zeit nach der Operation verflossen, als dass das Resultat beurteilt werden 
könnte. Nur in einem Falle ist das Resultat als mittelmässig zu be- 
zeichnen. Patient starb infolge Nephrose. . 

Alle Krankengeschichten sind sehr ausführlich mitgeteilt. 

Arvid Wallgren, Upsala. 


f) Klinische Fälle. 


54i. A. Christensen, Lungen nach extrapleuraler Thorako- 
plastik. Norsk Magazin for Legevidenskaben 1917 Nr. 5. 
Eine 2Ujährige Patientin erkrankte August 1915 und wurde in das 
Krankenhaus Dezember 1915 aufgenommen. Fieber, Husten, Sputum 
mit Tuberkelbazillen. Iu der linken Lunge ein progredienter Prozess. 
Im Januar wurde Pneumothoraxbehandlung vergebens versucht. Ende 
März Rasselgeräusche in der rechten Lunge. Am 4. April wurde extra- 
pleurale Thorakoplastik ausgeführt. Der Zustand besserte sich rasch. Juli- 
August wieder Fieber mit rasch fortschreitendem Prozess in der rechten 
Lunge. Tod 4.'Oktober 1916. Sektion. Die operierte linke Lunge war im 
ganzen adhärent, klein, luftleer, stark komprimiert. Viele Kavernen mit 
reinen Wänden, ohne Inbalt. Das Lungengewebe fibrös, mit einigen 
käsigen Foci, aber ohne frische Tuberkeln. Mikroskopisch wurden typische 
Tuberkel mit reichlichem neugebildeten fibrösen Gewebe nachgewiesen. 
Die linke Lunge wog 300 g, die rechte 800 g 
Die Operation hatte also guten Erfolg gehabt, aber sie wurde zu 
spät ausgeführt. Die Patientin erlag einem progredienten Prozess in der 
anderen, nicht operierten Lunge. Birger-®verland. 


542. Swiezynski, Beitrag zur Behandlung der Lungentuber- 
kulose mittelst künstl. Pneumothorax. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 
37. 1917 H. 3 S. 175. 
Kasuistische Mitteilung. E. Leschke, Berlin. 


543. U. Carpi, Ein Fall von Lungenschwindsucht, geheilt durch 
extrapleurale Thorakoplastik. Pneumothorax thérapeutique 
Bd. II H. 1, 1917. 
Verf. berichtet die Krankengeschichte eines Falles von kavernöser 
Phthise des linken oberen Lungenlappens, bei welchem die klassischen 


Allgemeines. 321 


Anzeigen für die Anwendung des künstlichen Pneumothorax gegeben 
waren: kavernöse, einseitige Erkrankung, entsprechender Pleurasinus frei. 
Durch den Eingriff wurde ein abgesackter Pneumothorax in der antero- 
lateralen Gegend gebildet, der die Basis der linken Lunge komprimierte, 
aber nicht über die Lungenfurche hinausging und nur eine sehr beschränkte 
Wirkung auf die ausgedehnte kavernöse Erkrankung ausübte Die Un- 
möglichkeit, die Wirkung des Pneumothorax zu vergrüssern, veranlasste 
dazu, ihn — als in diesem Falle zwecklos — aufzugeben. Es wurde 
nunmehr Thorakoplastik vorgeschlagen. Durch vollständige extrapleurale 
Thorakoplastik nach Sauerbruch wurde Kollaps und Ruhigstellung der 
Thoraxwand erreicht. Als Folge dieses Eingriffs ergab die klinische 
Untersuchung den Stillstand des destruktiven Prozesses in der Lunge, 
an dessen Stelle ein langsam fortschreitender Heilungsprozess des kaver- 
nösen Herdes begann. 

Verf. bemerkt jedoch, dass die ausgedehnte kavernöse Erkrankung 
durch den thorakoplastischen Kollaps, der nie so vollkommen ist wie der 
mit Hilfe des Pneumothorax erzielte, nicht als vollständig aufgehoben 
betrachtet werden kann. Diese Feststellung gestattet ihm die Schluss- 
folgerung, in der Ruhigstellung der Lunge selbst und nicht in der mittel- 
baren oder unmittelbaren Kompression der Kaverne den wesentlichen und 
grundlegenden Faktor für den Stillstand und die Rückbildung der kaver- 
nösen Lungenerkrankung zu sehen, die vor dem operativen Eingriff 
bestand. 

Die extrapleurale Thorakoplastik entspricht demnach in ihrem End- 
zweck den Grundregeln der Kollapstherapie des Pneumothorax und kann 
diese letztere mit Erfolg ersetzen in den Fällen, wo das Bestehen aus- 
gedehnter pleuritischer Verwachsungen das Anlegen eines Pneumothorax 
verhindert. A. Galli, Lugano. 


g) Allgemeines. 


544. Salvatore di Pietro, Kann der Pneumothorax, statt aus 
therapeutischen Gründen, zu Simulationszwecken, um vom 
Kriegsdienst zu befreien, angelegt werden. Annali di Cli- 
nica medica 1916 Bd.7 H. 1. 

Es handelt sich un: die Frage, ob der Pneumothorax bei vollständig 
gesunden Leuten, die sich dem Kriegsdienst entziehen wollen, von einem 
gewissenlosen Arzte angelegt werden kann, derart, dass das angeblich 
kranke Organ der physikalischen Untersuchung unzugänglich wird und 
mit diesem Heilverfahren weniger vertraute Ärzte getäuscht werden können. 
Dieser Verdacht führte zu ernsten Unzuträglichkeiten, insofern auch 
Lungenkranke, denen der Arzt einen Pneumotliorax angelegt batte und 
die sich auf dem Wege der Besserung befanden, zum Militärdienst aus- 
gehoben wurden, trotz aller ärztlichen Zeugnisse, zum grössten physischen 
Schaden der Kranken und zum grössten moralischen Schaden der Ärzte. 

Um solch ärgerlichen Vorkommnissen künftig einen Riegel vorzu- 
schieben, nahm sich Verf. vor, alle die bezüglichen Fragen einer ein- 
gebenden Erörterung zu unterziehen. 

Zunächst hebt Verf. die Schwierigkeit hervor, bei Leuten, denen ein 
Pneumothorax angelegt ist, die I,ungentuberkulose festzustellen; denn 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 22 


3992 Allgemeines. 


1. ist es unmöglich, die physikalische Untersuchung vorzunehmen, 2. ver- 
schwinden Husten, Auswurf und Bazillen, 3. verschwinden Fieber, 
Schweisse und die andern toxischen Symptome, 4. bessert sich das All- 
gemeinbefinden. | 


Viele Ärzte, die noch wenig Kenntnisse vom Pneumothorax, seinem 
Mechanismus und seiner Heilwirkung haben, fürchten die Simulation der 
mit dem Pneumothorax behandelten Lungenkranken. Dieser Missstand 
schädigt nicht nur die Kranken, und zwingt physisch vollständig unzu- 
längliche Leute zum Dienste des Vaterlandes, er wird auch zur Quelle 
grosser Gefahren. 

Die grösste Schwierigkeit besteht darin, mit den üblichen Unter- 
suchungsmitteln den physikalischen Befund der immobilisierten Lunge 
festzustellen. Man suchte sich damit zu helfen, dass man die Kranken 
solange unter Beobachtung hielt, bis die Lunge entsprechend der Absorp- 
tion des Gases ihre Funktion nach und nach wieder aufnahm. Wenn 
das auch ein nützliches Mittel für die Ärzte ist, die Erfahrung in der 
Pneumotboraxbehandlung haben, so versagt es doch bei jenen, die prak- 
tisch mit diesem Verfahren noch nicht gearbeitet haben und die auf 
ernste Schwierigkeiten (die Verf. genau erörtert) stossen werden, auch 
dann, wenn sie die Wiederaufnahme der Funktion der Lunge abgewartet 
haben. 

Die Frage, ob Heil- oder Simulations-Pneumothorax, lässt sich in- 
direkt dadurch klären, dass nachgeforscht wird, ob der Pneumothorax erst 
seit kürzerer Zeit oder schon länger besteht. Dank dem grossen Absorp- 
tionsvermögen, über das die Pleura im Anfang verfügt, und dank der 
Schnelligkeit, mit der die erst seit kurzem komprimierte und unveränderte 
Lunge sich wieder ausdehnt, kehrt in jenem ersten Fall die Funktiorf 
der Lunge sofort wieder: 15—20 Tage Beobachtung genügen, dann tritt 
wieder das normale weiche Vesikuläratmen ohne irgendwelche abnorme 
Nebengeräusche auf. Auch leichtere Veränderungen auf der Lunge 
würden sich sofort bemerkbar machen. Besteht hingegen der Pneumo- 
thorax schon mehrere Monate, so würde sich infolge der verminderten 
Resorptionsfähigkeit der Pleura einerseits und der Wirkung der langen 
Kompression der Lunge andererseits die Funktion der Lunge erst viel 
später (nach 4—6—8 Wochen) wieder einstellen, so dass erst dann wieder das 
Atemgeräusch wahrgenommen werden könnte, das nunmehr jene mehr oder 
weniger grossen Veränderungen darbieten würde, die seinerzeit zur An- 
legung des Pneumotborax geführt haben. Auch auf der gesunden Lunge 
gewinnt das Vesikuläratmen erst allmählich seinen normalen Charakter 
wieder. Damit diese Schlussfolgerungen für die Lösung der vorliegenden 
Frage nutzbar gemacht werden können, dürfen bei den betreffenden Leuten 
keine Nachfüllungen von Gas vorgenommen werden. Um die Beobach- 
tungszeit abzukürzen, soll das Gas teilweise abgelassen werden, aber in 
Mengen von nicht weniger als 1000 ccm, was unter Umständen in 24 
Stunden noch einmal zu wiederholen ist. Nach der Beobachtung soll 
man wieder Gas einströmen lassen, um so die Lunge wieder zu immobili- 
sieren. Wichtige Fingerzeige für die Diagnose liefert ferner das Verhalten 
des Druckes in der Pleurahöhle während der Ablassung des Gases, da 
man danach den ungefähren Zeitpunkt der Anlegung des Pneumothorax 
und den gegenwärtigen Zustand der Lunge feststellen kann. Handelt es 


m A 
an l ÃO 


Allgemeines. 323 


sich aber um einen Simulations-Pneumothorax, mithin um einen noch 
nicht lange bestehenden Pneumothorax, so wird in dem Masse, als das 
Gas abgelassen wird, der Druck in der Pleurahöhle allmählich fallen, 
und um so leichter und rascher wird die I,unge, die ja unversehrt ist 
und nur kurze Zeit komprimiert war, ihre ursprüngliche Ausdehnung 
‚wieder erlangen. Wo indessen ein Pneunothorax zu therapeutischen 
Zwecken angelegt worden ist, ist das Verhalten des Druckes ein wenig 
anders. An ibm sind die Veränderungen auf der Lunge und die Wir- 
kungen einer längeren Kompression deutlich zu spüren. Die Druck- 
senkung in der Pleurahöhle im Vergleich zur abgelassenen Gasmenge ist 
um so ausgesprochener, je schwieriger die Wiederausdehnung der Lunge 
vor sich geht. Wo es sich um verbreitete und alte Lungenveränderungen 
handelt, kann die Druckabnahme auch dann sehr auffallend sein, wenn 
nur wenige Kubikzentiıneter Gas abgelassen werden, 

Ein weiteres, äusseres Zeichen ausgedehnter Lungenveränderungen 
ist in dem Verhalten der Interkostalräume gegeben, indem diese auf der 
entsprecheuden Seite tief eingesunken zu sein pflegen. 

Es gibt noch zwei Mittel, auf die man sich in zweifelhaften Fällen 
mit grösserer Sicherheit verlassen kann: | 

Zunächst die pneumatische Kammer Forlanini’s.. Diese Kammer, 
in der man durch Zuführen von Luft den Druck auf mehrere Atmo- 
ephären heben kann, gestattet dem in ihr befindlichen Kranken, auch mit 
der komprimierten Lunge zu atmen, indem so die Druckverhältnisse 
zwischen der Pleurahöhle und der Umgebung vertauscht werden. Je 
höher der Druck in der pneumatischen Kammer, also auch in den Luft- 
wegen des Kranken steigt, um so mehr wird nach und nach der durch 
den Pneumothorax in der Pleurahöhle erzeugte Druck von dem endo- 
bronchialen Druck überwunden, wodurch es der Lunge möglich wird 
sich auszudehnen, trotzdem der Gasdruck in der Pleurahöhle unverändert 
bleibt. 

Der Beobachter, der sich zugleich mit dem Kranken in die Kammer 
einschliesst, kann von Fall zu Fall den für die Wiederaufnahme der 
Lungenfunktion nötigen Druck regeln. Und dieser Umstand bildet einen 
wichtigen Teil der Beurteilung, vorausgesetzt dass man auf den in der 
Pleurahöhle herrschenden Druck achtgegeben hat, der immer vor Eintritt 
des Kranken in die Kammer bestimmt werden sollte. Zur Erleichterung 
der Beobachtung kann man in manchen Fällen den Druck in der Pleura- 
höhle durch vorsichtiges Ablassen von ein wenig Gas vermindern. Das 
beste Urteil in der Sache gewinnt man indessen, wenn man auf den 
. Charakter der Atemgeräusche achtet, denn diese gewähren, auch wenn es 
sich nicht um pathologische Geräusche handelt, die Möglichkeit, hinreichend 
sicher zu entscheiden, ob wir es mit einem Simulations-Pneumothorax oder 
einem therapeutischen Pneumothorax zu tun haben. 

Steht eine pneumatische Kammer nicht zur Verfügung, so nehmen 
wir unsere Zuflucht zur Radioskopie, wobei auf folgende Umstände zu 
achten ist: 1. Auf den Zustand der Pleura auf seiten des Pneumothorax, 
2. auf den Zustand der andern Lunge, 3. auf den Zustand der Lunge 
auf seiten des Pneumothorax. Was die Pleura betrifft, so ist festzustellen, 
ob sie frei oder verwachsen ist usw. Das Verhalten der andersseitigen 
Lunge erfordert eine besondere Aufmerksamkeit, wenn man bedenkt, dass 


22% 


324 Bibliographie. 


in den Fällen von schweren Veränderungen der einen Lunge, die ja eben 
die Anlegung des Pneumothorax nötig machten, auch die andere Lunge 
kaum je vollständig gesund ist. Eine auch nur geringe Veränderung auf 
dieser Lunge lässt den Verdacht eines Simulations-Pneumothorax hinfällig 
erscheinen. Wenn aber diese Merkmale fehlen, so muss der Beobachter 
seine ganze Aufmerksamkeit auf die dem Pneumothorax unterworfene 
Lunge richten. Hierbei ist es notwendig, dass, wenn irgend möglich, die 
Lunge durch Ablassen einer hinreichenden Menge Gas wieder vollständig 
mobilisiert werde. Hat so die Luft wieder freien Zutritt zur Lunge, so 
werden sich ihre Veränderungen, seien sie alt oder frisch, vernarbt oder 
aktiv, auf dem Schirm oder der photographischen Platte nachweisen lassen. 

Zuletzt führt Verf. einige Fälle an, die, obgleich bei ihnen ein 
Pneumothorax angelegt worden war, einberufen worden sind, und macht 
auf die schweren Nachteile aufmerksam, die die Kranken durch eine 


länger dauernde Unterbrechung der Behandlung erfuhren. 
Galli, Lugano. 


545. G. Breccia, Über den künstlichen Pneumothorax. Z? Poli- 
clinico 1915. 

Verf. behandelt in diesem für die Versammlung für innere Medizin 
(abgehalten in Genua am 14. IX. 1914) bestimmten Bericht zusammen- 
fassend alles das, was er bereits ausführlich in seinem Buche „Il Pneumo- 
torace artificiale nella tubercolosi polmonare“ (Rosenberg u. Sellier, Turin 
1914) dargestellt hat. Galli, Lugano. 


h) Bibliographie. 


546. L. Spengler-Davos, Arbeiten über Lungenkollapstherapie. 
(Fortsetzung des Literaturverzeichnisses in Nr. 6. Jahrgang XI. 
Seite 193 dieses Centralblattes.) 

879. Bard, L., Des conditions de production du souffle amphorique dans le 
pneumothorax artificiel. (Revue med. de la Suisse Romande. Nov.’Dez. 1916. 
Seite 677.) 

880. Bernard et Paraf, L'origine des epanchements pleuraux consscutifs aux 
pneumothorax chez les tuberculeux. (Presse med. 1914. Nr. 18.) 

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(spontanen) Pneumothorax. (Finska Läkarsällskapets Handlingar. Bd. 58. 
Sept. 1916.) 

882, Bull, Thorakoplastik. (Norsk. Mag. f. Lægevid. Bd. 78. H. 3.) 

883. Colebrok, L., The evolution of artificial pneumothorax in the treatment 
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884. Franke und Laba, Experimentelle Untersuchungen über den Einfluss des 
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Klin. d. Tub. 1917. Bd. 37. H. 1 u. 2.) 

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radiologico dei feriti al torace. (Le Pneumothorax thérapeutique. Bd. 2. 

Nr. 1. Mai 1916.) | 

s86 Gaudy, Ch., Un cas de pyo-pneumothorax putride à évolution aiguë au 
cours dune tuberculose pulmonaire. (Bull. de la Soc. d'études scient. sur 
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med. Wochenschr. 1917. Nr. 16. S. 495 und ebenda 1916. Nr. 29.) 


888. 
889. 


890. 


891. 
892. 
893. 


894. 


895. 


896. 


897. 


898. 
899. 


900. 


901. 


902. 


903. 
904. 


905. 


906. 


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Warstat, Einfluss der einseitigen Extraktion der Interkostalnerven auf 
die Lunge und ihre tuberkulöse Erkrankung. (Deutsche Zeitschr. f. Chir. 
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Windrath, Fr., Ein Beitrag zur Proumöthierasbehandiing gefahrdrohender 
Blutungen. (Med. Klinik. 1917. Nr. 3.) 


326 Bücherbesprechungen. 


Ill. Bücherbesprechungeen. 


43. K. Francke, Die menschliche Zelle. II. Aufl. München 1917, im Selbst- 
verlage des Verfassers. 196 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. Preis 5 M. 


Der Verf. ist Arzt für iunere Leiden in München. Er bringt in dem Buche 
einen Niederschlag seiner Forschungen und Beobachtungen am Lebenden. Manclıe 
nicht unwichtige Gedanken und Anregungen findet man in der Darstellung, 
dagegen leider auch viel Spekulatives, welches sich mit den Ergebnissen der 
wissenschaftlichen Forschung nicht vereinbaren lässt. Einige zu diagnostischen 
Zwecken angegebene Instrumente des Autors verdienen Beachtung. 

Schröder. 


44. Helm, Zur Tuberkulosebekämpfung 1917. Berlin, im Verlage des 
Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. 1917. 64 Seiten. 


Die Schrift enthält die Verhandlungen des Deutschen Zentralkomitees zur 
Bekämpfung der Tuberkulose in der 21. Generalversammlung vom 23. Mai 1917. 
Der Inhalt ist in unserem Berichte (Heft 6 dieses Jahrgangs S. 201) bereits mit- 
geteilt. Wir machen heute noch auf das Merkblatt für‘die Berufsberatung 
Tuberkulöser des Ausschusses für Kriegsinvalidenfürsorge der Stadt Dresden 
aufmerksam, welches Beachtung verdient (Anlage 3 des Berichtes). 

Schröder. 


45. K. Francke, Die Kalkdiät. München, O, Gmelin’s Verlag der Ärztlichen 
Rundschau 1916, 4. u. 5. Auflage. 


In gemeinverständlicher Form behandelt der Verf. die Bedeutung des Kalkes 
für unsere Nahrung und die Entwicklung der Menschen und Tiere. Er empfiehlt 
dringend zu prophylaktischen und bei mancherlei Krankheitszuständen zu thera- 
peutischen Zwecken dauernde Gabe von Kalk mit der Nahrung und zwar in erster 
Linie das Chlorkalziambrot, welches 10 °/o Chlorkalzium enthält, oder von einer 
10 °pigen, kristallisierten Chlorkalziamlösung täglich 1—2 Teelöffel in Milch, 
Kaffee oder Suppen. Das Calcium lacticum und die Kalzantabletten können auch 
zweckmässig gebraucht werden. Er schätzt die Präparate als Unterstützungs- 
mittel in der Therapie der Skrofulose und Tuberkulose und bei mannigfachen 
Formen von Katarrhen der oberen Luftwege. l 

Wenn wir auch seinem Optimismus in der Würdigung der Kalktherapie 
nicht ganz folgen können, so ist immerhin das Büchlein lesenswert, da Dar- 
reichung von Kalk als symptomatisches Mittel auch für die Therapie der Tuber- 
kulose eine gewisse Bedeutung hat. Schröder. 


46. W. Winternitz, Wasserkur und natürliche Immunität. Verlag ron 

G. Thieme, Leipzig 1917. 70 Seiten. Preis 2 M. 

Noch kurz vor seinem Tode hat der Altmeister der Hydrotherapie dieses 
Büchlein erscheinen lassen. Er fasst darin in kurzen Zügen seine Anschauungen ` 
über die Bedeutung der Wasserbehandlung bei Infektionskrankheiten zusammen, 
wie er sie sich auf Grund einer mehr als fünfzigjührigen Arbeit auf diesem 
Gebiete gebildet hat. Aus jeder Zeile spricht also die reiche Erfahrung des 
Autors. 

Wir wissen, dass durch dosierte thermische Reize die Widerstandsfähigkeit 
des Organismus gegen Infektionen gesteigert werden kann, vor allem dann, wenn 
eine methodische Wiederholung dieser Reize eintritt. Es treten Hyperleuko- 
zytose, Zunahme der Blutalkaleszenz, Vermehrung der Antikörper im Blute ein. 
Er zeigt am Typhus, der Tuberkulose und der Cholera, was eine systematisch 


Kongress- und Vereinsberichte. 32 


durchgeführte Wasserkur zu leisten vermag. Bei der Tuberkulose werden durch 
seine Methode Kräftigung der Herzaktion, Erhöhung des Gefäss- und Gewebs- 
tonus und damit Hervorrufung einer lokalen, aktiven Hyperämie in den erkrankten 
Organen, endlich Kräftigung des ganzen Organismus und Besserung der Blut- 
beschaffenheit erreicht. Die Behandlung ist sehr einfach. Sie besteht in der er- 
regenden Kreuzbinde, der kalten Abreibung oder dem Regenbad. Diese Dinge 
haben auch prophylaktische Bedeutung. Er zeigt weiter im Schlussabschnitt, dass 
die Wasserbehandlung günstige Blutveränderungen hervorruft, die in einem 
Überwiegen der Neubildung der roten Blutkörperchen und des Hämoglobingehalts 
über ihre Zerstörung besteht. Je mehr die Zirkulation angeregt wird, desto leb- 
hafter ist die Hämatopoiese. — Das Büchlein wird sicher dazu anregen, der Hydro- 
therapie in der Bekämpfung der Infektionskrankheiten auch weiterhin weiteste 
Beachtung zu schenken. ` Schröder, Schömberg. 


IV. Kongress- und Vereinsberichte. 


15. Sitzungen des Hamburger ärztlichen Vereins vom 9. X. 1917 
und 23. X. 1917. 


(Referent: W. Schultz- Hamburg.) 


a) Schottmüller berichtet über seine Erfolge bei der operativen Be- 
handlung der Lungentuberkulose. Die Kollapstherapie eignet sich zwar 
nur für einseitige und chronisch verlaufende Prozesse, sie ist aber doch viel öfter 
indiziert, als man bisher annahm. Besonders bei schweren Fällen liefert sie ganz 
vorzügliche Resultate, wie sie mit keiner anderen Therapie zu erzielen sind. 
Vortr. stellt die Forderung auf, dass in jedem Falle von Lungentuberkulose 
sowohl bei Beginn der Behandlung wie im späteren Verlauf — namentlich bei 
Vorhandensein von Kavernen — die Indikationen der Kollapstherapie erwogen 
werden. Von den Methoden der operativen Behandlung ist die Phrenikotomie 
veraltet, es kommen nur der Pneumothorax, die Apikolyse und die Thorakoplastik 
in Frage. — Vortr. stellt drei Fälle vor, die nach diesen Methoden behandelt 
worden sind. Der erste Fall betrifft eine Patientin, die sich seit einem Jahre 
in Pneumothorexbehandlung befindet. Damals bestand ausgedehnte Dämpfung, 
fein- und mittelblasiges Rasseln über den oberen Partien der linken Lunge, im 
Röntgenbild Kavernenbildung, im Sputum Tuberkelbazillen. Das Allgemeinbefinden 
ist jetzt gut, 10 Pfund Gewichtszunahme; Husten, Auswurf und Nachtschweisse 
haben sofort nach der Operation aufgehört. — Zweiter Fall: Patient ist schon 
seit Jahren lungenleidend, 1915 wurde bereits eine ausgedehnte Tuberkulose der 
linken Lunge mit Kavernenbildung festgestellt. Damals legte Jessen-Davos 
einen Pneumothorax an. Infolge pleuritischer Verwachsungen trat jedoch kein 
wesentlicher Kollaps ein. Vortr. empfaul nun die Vornahme der Apikolyse. Im 
August 1916 resezierte Sudeck-Hamburg-Barmbeck einen Teil der vierten Rippe 
und löste die Verwachsungen manuell. Der Erfolg war ausreichender Kollaps 
der linken Lunge, die Bazillen schwanden aus dem Sputum, das Fieber hörte auf. 
Bei der Nachfüllung war erheblicher Druck notwendig, um die Lauge zu kom- 
primieren. — Dritter Fall: Patientin ist ebenfalls seit Jahren lungenleidend und 
hatte vergeblich in mehreren Sanatorien Heilung gesucht. 1914 Typhus, seitdem 
Verschlimmerung: hohes Fieber, reichlicher Auswurf. Im Dezember 1915 bestand 
eine ausgedehnte Tuberkulose der linken Lunge mit Kaverne, Pleuraverwachsungesıı 


328 Kongress- und Vereinsberichte. 


mit Verzerrung des Herzens und der Traches nach aussen, elender Allgemein- 
zustand, die Prognuse war absolut infaust. Auf Vorschlag des Vortr. führte 
Sudeck die Thorakoplastik nach Sauerbruch aus. Der Erfolg war ausge- 
zeichnet: völliger Kollaps der linken Lunge, Fieberabfall, Verschwinden des 
Sputums, Nach einem Erholungsaufenthalt im Taunus ist jetzt der Allgemein- 
zustand sehr gut, Patientin hat 12 Pfund an Gewicht zugenommen. 


b) Kümmelt bespricht zwei Fälle von lokalisierter, in Form von Kon- 
glomerattumoren auftretender Tuberkulose der Leber. Die Diagnose ist 
‚. schwierig, Verwechselungen mit Karzinom und Gummata sind häufig. In dem 
einen Falle war Ca. hepatis diagnostiziert worden, bei der Laparotomie stellt sich 
Tuberkulose heraus. Der Patient ging an Meningitis tuberculosa zugrunde. Vortr. 
stellt dann einen Patienten vor, den er durch keilfürmige Resektion des linken 
Leberlappens geheilt hat. Der primäre Herd ist nicht nachweisbar. 

Herr Reiche teilt sodann die Krankengeschichte einer Frau mit spon- 
tanem Pneumothorax mit. Die Frau war 14 Tage vor der Krankenbausauf- 
nahme plötzlich an Dyspnoe erkrankt, die seither bestand. Es trat allmählich 
Besserung ein, so dass die Frau geheilt entlassen wurde. Nach einem Jahre lieferte 
die Patientin bei der Röntgenuntersuchung ein vollkommen normales 
Thorsxbild. Ein 'frauma kann in diesem Falle für die Entstehung des Pneumo- 
thorax sicher nicht verantwortlich gemacht werden. Vortr. glaubt, dass der 
Durchbruch eines kleinen, klinisch und röntgenologisch nicht nachweisbaren, dicht 
unter der Pleura befindlichen tuberkulösen Herdes den Pneumothorax verur- 
sacht hat. 


Ergänzende Mitteilung zum Nachruf über Behring. 
(Heft 10 dieses Jahrgangs.) 


„Da in dieser Welt der Missverständnisse alles möglich ist, so könnte es 
auch möglich sein, dass einer meine Ausführungen über Behring dahin missver- 
stehen könnte, der Verstorbene sei eine moralisch minderwertige Persönlichkeit 
gewesen. Eine derartige Behauptung liegt mir ganz ferne. Was gesagt werden 
sollte, ist folgendes: Behring batte die seltene Begabung, die tiefsten Probleme 
der Ethik erkenntnistheoretisch zu erfassen. Eben deshalb ist es zu bedauern, 
dass es ihm gleich Schopenhauer nicht gelang, die höchste Erkenntnis in die 
Tat umzusetzen und ein Aristokrat der Moral zu werden und damit die höchste 
Stufe, die ein Mensch erreichen kann ınd die von so unsagbar wenigen gewonnen 
wird, zu erreichen, dass er vielmehr trotz dieser Begabung und bei seiner wissen- 
schaftlichen Grösse als Mensch keine Ausnahme bildete von der Mehrzahl der 
Menschen.* Much. 








ER eisen 


Um Einsendung von Mo nographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Sch röder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg. O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Bu a u Han a = nn nn nn 














Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


0. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 


Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 
Redaktion: Verlag 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg. 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg. Ludwigstrasse 231/9. 











11. Jahrg. 


— e m Mm Me nn 


Ausgegeben am 31. Dezember 1917. Nr. 12. 


Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 


(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.) 


| Gilbert 350. 

| Griffith, A. St. 353. 
 Hälsen, G., 355. 

: Hamburger, F. 355. 
Dembinski 357 Hellman, T. J. 347. 
Deutsch, F. 35x. Hesse 359, 

Ellis, H A. 356. v. Hippel 351. 
Fuchs- W oliring 352. vw. Jaworski. J. 358. 
Geszti. J. 346. I Jvusset, A. 348, 357. 


' Kirch, A. 353. 

' Köhlisch 352, 352. 

: Liehtenstein, A. 340. 

' Litzner 357. 
Martin, Bl. M. 353. 
Mayer, A. 49. 
Mol-Sternber., Chr 346. 
Müller, H. 330. 


Bauchant 35%. 
Berg, S. 35%. 
Braun, E. 354 
Cemach. A. J. 347. 


| Müller, W. 346, 348, 348 
Nijssen, H. H. 354. 
Pettersson, A. 353. 

' Reekzeh, P. 8345. 

"Toz 357. 

Ulrich. K.@354. 
Ulrmmei 350, | 
Wallgren, A. 347, 35%. 


I. Übersichtsbericht. 


Der Krieg und die Tuberkulose. $Sammelreferat. Von Hans Müller. 


II. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sieh auf die Nummern der Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie, 


>27. Reckzeh, Tuberkuloseveranlagnng. 
— 548. Gesztt, Syinptome der Unrekelmäsnig- 
keit der oberen T[horaxanertur. — 549. Müller 
und Mol-Sternberxz, Erzeurung experi- 
menteller Sklerose mit Albumımnen des Tuber- 
kelbazılıus. — 55}. Lichtenstein, Über den 
heutigen Stand der Auffassung von Lympho- 
granulomatosis. — 55l. Walleren undHell- 
man, Beitrag zur Klınik, Anatomie und 
Ätiolozie der Lymphogranulomatoso. — 532. 
Cemach, Top grapbie der regionären Lymph 
drisen des Miıttelohres. 553. W. Müller, 
Statische und dynamische Immunität bei Tuber- 


kulose. — >54 W. Müller, Neuere Anscenau- 
ungen auf dem Gebiete des Lupus. — 555. 
Jousset. Etude de la tuberculine. — 556. 


Mayer, Klinische und experimentelle Bei- 
träge zur Klinik der Typhusschutzimipfung. — 
557. Gilbert, Chronische Uveitis und Tuberku- 
lide der Regenborenhaut. — 558. v. Hippel, 
Tuberkulöse, sympathisierende u. proliferierende 
Uveitis unbekannter Ätiologie. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


559. Köhlisch, Über die Bedeutung der 
Mileh fur die Verbreitung der Tuberkulose. — 
360). Köbliseh, Die Gefahr des Wohnungs- 
staubes für die Entstehung von Inhalatıons- 
tuberkulose. — 561. Fuchs-Woltfrinz, Über 
die Bedeutung der Rindertuberkelbazıillen für 
den Menschen. — 552. Blair M. Martin, 
The etfeer ot daylight and drying on the human 
and bovine types of tubercie bacılli — 5083. 
Kıreb, Zur Atiologie der generalisierten 
Lymphome. — 564. l’ette'sson, Über die 
Ätıoiogie der primären Dexlutitiounstuberkulose. 
— 965. Stanley Griffith, Types of tu- 
beree bacili in human tuberculosis. — 566. 
Nijssen, Verbreitung der Tuberkulose durch 
die Zueht und dureh die Mileb (beim Rind). — 
567. Braun. Die Häutixckeit der "Tuberkulose 
im Greisenalter, — 568. Ulrich, Beiträge zur 
Genese des NMittelohrcholesteatoms. -- 589, 
Hamburger, Krieg und Tuberkulose — 
570. Hälsen, Wirkungen des Krieges auf 
die Sterblichkeitsverhältnisse, 


Internat. Centralbl. f. Tubarkulose-Foraehung. 11. 23 


330 Übersichtsbericht. 


c) Diagnose und Prognose. 


571. Wallgren, Fortleitung der Reibe- 
geräusche. — 572. Berg, Einige Erfahrungen 
über die Anreicherung des Sputums hei Tuber- 
kelbazillennachweis. — 073. Ellis, The papil- 
lary eutaneous reaction in tubercnlosis. — 
574. Jousset, Signification générale des ré- 
actions tuberruliniques. — 575. Litzner, Da« 
Tuberkulin bei der frübzeitigen Erkennung 
der aktiven Lungentuberkulose. — 576. Dem- 
binski und Tuz, Versuche über die Unter- 


latenten mittelst der Tuberkulinreaktionen mit 
Bestimmung des Tuberkulintiters. — 577. v, Ja- 
worski, Über die Prognose in der Schwan- 
gerschaft hei tuberkulösen Frauen und über 
die Bedeutung des sog. Veit'schen Gesetzes 
für die Vorhersage. — 578. Deutsch, Zur 
Prognose der Lungentuberkulose. — 579. Bau- 


chant, Sur une forme de tuberculeuse com- 


munément observée aux armees. — 580. Hesse, 
Gesichtspunkte zur Beurteilung der Lungen- 
schwindsucht für den Militärarzt. — 581. Ul- 


seheidung der aktiven Tuberkulese von der rici, Lungentuberkulose und Dienstfähigkeit. 


I. Übersiehtsbericht. 


Der Krieg und die Tuberkulose. 
(Sammelreferat.) 
Von Stabsarzt Dr. Hans Müller. 


In den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts setzte in der ge- 
samten zivilisierten Welt, allem voran in Deutschland, ein energischer Kampf 
gegen die grosse Geissel der Menschheit, gegen die Tuberkulose, ein. Die Grund- 
züge für diesen Kampf waren in der Entdeckung des Tuberkelbazillus und der 
Kenntnis seiner Lebensbedingungen gegeben (Kirchner 39). Der Kampf musste 
um so aussichtsvoller erscheinen, als das weitere Studium der Tuberkulose uns die 
Gewissheit gab, dass wir es mit einer heilbaren Krankheit zu tun haben. Die 
materielle Grundlage für den Kampf bot uns die grosszügige soziale Gesetzgebung 
der 80er Jahre, die seit 1911 einen weiteren Ausbau erfahren hat. Die Tuber- 
kulosebekämpfung konnte daher mit Stolz vor dem Kriege eine Abnahme der 
Tuberkulose in Deutschland verzeichnen (Kirchner 39). 

Im Heere war die Tuberkulose dank der reichlichen Auswahl an gesunden 
kräftigen Leuten und dank der immer sorgfältiger gewordenen Auslese eine sehr 
seltene Erkrankung geworden. Sie betrug im Durchschnitt der letzten Jahre nach 
Helm (33) 1,3°/oo. Für Russland betrug sie 3,8 ’/o und für Frankreich sogar 6,8 °;oo. 

Obwohl der Feldzug 70/71 nur geringen Einfluss auf die Häufigkeit der Er- 
krankung gehabt hat (78), war während des jetzigen gewaltigen Krieges doch eine 
Erhöhung der Eıkrankungsziffer zu befürchten. Das Heer war viel grösser im 
Vergleich zu dem vorigen Feldzug. Die Heilstätteninsassen eilten zum grössten 
Teil zu den Fahnen, ein grosser Teil der Heilstätten wurde geschlossen oder 
diente als Verwundetenlazurett, die Fürsorgetätigkeit musste eingestellt werden. 
Erst der Aufruf der Kaiserin zur vollen Wiederaufnahme des Kampfes gegen 
die Tuberkulose schaffte bier Wandel. Trotzdem ist überall eine Zunahme der 
Tuberkulosemorbidität und -Mortalität festzustellen (Scholz 84, v. Jaksch 37, 
Ast 2, Rumpf 77), welche auch für die Zeit nach dem Kriege anhalten wird 
(Schröder &, Rumpf 77). 

Etwas grundlegend Neues auf dem Gebiete der Tuberkulose, insbesondere 
eine neue Eıkrankungsform, welche lediglich auf den Krieg zurückgeführt werden 
musste, hat uns der Krieg nicht gebracht. Es wird daher auch der Begriff 
„Kriegstuberkulose* als irreführend von der Mehrzahl der Autoren abgelehnt 
(de la Camp 8, Goldscheider 21 u. a.). Aber trotzdem hat sich der Krieg 
als recht fruchtbringend für die 'Tuberkuloseforschung erwiesen. Vor allem ist 
die Frage der Entstehung einen bedeutenden Schritt vorwärts gekommen. Der 
Krieg wirkte sozusagen als ätiologisches Experiment (Schröder 85, Grau 22), 
welches in unzähligen Fällen bewies, dass die Tuberkulose der Erwachsenen in 


Übersichtsbericht. 331 


': der Hauptsache nicht auf einer primären Infektion, sondern auf einer endogenen 
Reinfektion im Sinne der Behring-Römer’schen Lehre beruht. 

Eine Zunahme der Erkrankungs- und Sterbeziffer in unserem Heere während 
des Krieges besteht zweifellos. Es erklärt sich dies ganz zwanglos schon aus 
der Einstellung kranker und krankheitsverdächtiger Personen, wie sie sich unter 
den veränderten Verhältnissen des Krieges bei den ungenauen Massenunter- 
suchungen (Harries 27, Jaksch 37), vor allem zu Beginn des Krieges, gar 
nicht vermeiden liess. Auf welchen Prozentsatz diese Ziffer gestiegen ist, wird 
sich naturgemäss erst nach dein Kriege feststellen lassen, da bis jetzt grund- 
legende Zahlen nicht verdffentlicht sind. Die vorliegenden Statistiken stammen 
lediglich aus Lazaretten und Heilstätten (Hochhaus 35, de la Camp 8). Sie 
geben nur das Verhältnis von Tuberkulose zu anderen Erkrankungen, ohne das 
Verhältnis von Tuberkulose zur gesunden Truppe berücksichtigen zu können. Die 
Erkrankungszunahme scheint sich jedoch nach den Mitteilungen der Autoren 
(de la Camp 8, Assmann ], Goldscheider 21, Blümel 4) in erträglichen 
Grenzen zu halten. 

Im französischen Heere scheint dagegen die Zunahme erheblicher zu sein. 
Nach Landouzy (zit. nach Meissen 56) haben sich Hunderte von bis dahin 
gesunden Soldaten durch Einstellung von Scharen früher als D. u. entlassener 
Reservisten und Landwehrleute angesteckt. Derselbe Autor (Landouzy 44) 
rechnet gering auf ein Kriegsjahr auf 3 Millionen Soldaten einen Abgang von 
30000 an Tuberkulose. Auch Renon (cit. nach Meissen 56) hat den Eindruck, 
als wenn die Tuberkulose sich bei der mobilen Armee ganz bedeutend vermehrt 
haben müsse, besonders in der Etappe und in den Ausbildungslagern, weniger an 
der Front. In Frankreich sind die Schädigungen durch Tuberkulose um so höher 
einzuschätzen, als eine Versorgung der als D. u. entlassenen Tuberkulösen nicht 
in dem Masse wie bei uns stattfindet. Dort haben nur diejenigen Versorgungs- 
ansprüche, welche sich ihre Krankheit im „befohlenen Dienst“ zugezogen haben, 
und die französische Militärverwaltzng geht mit diesem begriff ausserordentlich 
engherziz um. | 

In England ist die Tuberkulosebekämpfung noch im Werden. Berufene Tuber- 
kuloseforscher machen auch dort darauf aufmerksam, dass trotz der viel wich- 
tigeren Aufgaben. die der Krieg zeitigt, die Bekämpfung der Tuberkulose nicht 
nachlassen darf (94). Angaben über die Tuberkulose ım Heere liegen nicht vor. 

Die Entstehungsursachen der Tuberkulose während des Krieges sind mannig- 
faltig. Am wenigsten kommt eine primäre exogene Infektion in Fraze. Die Mehr- 
zahl der Autoren halten sie für sehr selten (Hochhaus 35, Leschke 46, 
Schlesinger &, Moritz 62, Osler 70) oder sosar für nicht vorhanden 
(Grau 22, Schröder &5, Kraemer43, Liebe 52, Roepke 74. Géza Gáli 17). 
Schröder {85) hat eine primär im Felde entstandene Tuberknlo-e nicht gesehen. 
Ardere Autoren halten sie jedoch für möglich, Assmann (l) halt eine Erst- 
infektion für mör'ich ın allen Fällen wat Fieber und Bazillen bei vörliz negativer 
Röntgenplatte, wıe er sie jetzt im Kriere selten, früher niemal» beobachtet hat. 
Golüscheider (21) hat gefunden. dass diejenigen Erkrankten, welche angeblich 

© vorher nieht mehr Iunzenleidend waren, gus belasteten Familien stammten Keine 
frühere Tuberkulose in der Anamnese fand Much (85) bei !s seiner Kranken, 
hält jedoch primäre Infektion nicht tür das Wesentliche. Dagegen findet 
Cemach (91, dass Gesunde in Mass-n infiziert werden un! dass daher die Fıage 
der Reintektion einer Revision unterzogen werden müsste. Er konnte eine Anzahl 
von Spitalerkrankungzen beobachten. Auch Ast (2) hat derarüize Infektionen ge- 
sehen, welche davon herrührten, dass anfanes auf den Abteılunzen die Pueu- 
moniker von den Tuberl.ulösen nicht getiennt werden konnten. Auch Hayek (31) 
gibt Infektion durch exogene Masseninfektion unter 10) Fällen bei 3,8°%o mit 
grosser Sicherheit an und glaubt, dass der exogenen tuberkulösen Infektion für 
Erwachsene eine grössere bedeutung zukonme, als die in den letzten Jahren viel- 
fach vertretenen Ansichten erkennen lassen. 


23* 


332 Übersichtsbericht. 


Die Gefahr einer Unterstandströpfcheninfektion durch das enge Zusammen- 
liegen gibt de la Camp zu, hält sie jedoch für selten. Effler (}2) hat die 
Durchseuchung von Lagerstroh durch einen offenen Phthisiker feststellen können. 
Ähnliche Gefahren drohen den Soldaten nach Helm (83) und Mayer (54) in 
durchseuchten Bürgerquartieren- und Rasernen, vor allem in Frankreich, auch 
durch Genuss von Butter und Milch in Feindesland (Mayer 54). C. Hart und 
Lydia Rabinowitsch (28) finden eine Zunahme von isolierter Mesenterial- 
drüsentubeıkuluse während des Krieges, welche sie auf das schlechter gewordene 
Tiermaterial zurückführen. Eine Infektion des Menschen mit bovinen Bazillen 
kommt nach ihnen weit häufiger vor, als man bis heute anzunehmen geneigt ist, 
Auch die jetzt so häufigen heimlichen Schlachtungen ohne tierärztliche Unter- 
suchung können nach Grau (24) eine Quelle der direkten Infektion werden. 

Es scheint demnach die primäre exogene Infektion bei der Entstehung der 
Tuberkulose im Kriege nur eine unwesentliche Rolle zu spielen. 

Die meisten Autoren schliessen sich der Behring-Römer’schen Theorie 
über die Entstehung der Tuberkulose an, dass nämlich in der Kindheit eine 
primäre Infektion stattfindet und dieselbe zur Abheilung kommt, die Tuberkulose 
der Erwachsenen jedoch als eine metastasierende Auto- und Reinfektion durch 
Exazerbation latenter Herde, ausgelöst durch endogene oder exogene Schädigungen 
mannigfacher Art, anzusehen ist (Schröder 85, Roepke 75, de la Camp 8, 
Hochhaus 35, Mönckeberg 63, Leschke 46, 47, Kraemer 16, Much 65). 
Bei der Tuberkulose im Kriege sind diese Verhältnisse keineswegs andere ge- 
worden, Schröder (85) konnte bei allen Kranken nach Vorgeschichte, Verlauf 
und objektiver Untersuchung klar feststellen, dass ältere, vorher mehr oder weniger 
inaktive latente tuberkulöse Herde, sei es in Drüsen (Tracheobronchialdrüsen) 
meistens jedoch im Lungengewebe, schon vorhanden waren. 95—100”o 
(Leschke 48), nach Roepke (74) 90°;o aller Soldaten sind bereits beim Eintritt 
in den militärischen Dienst tuberkulös infiziert. Die patholozisch-anatomischen 
Untersuchungen Mönckebergs (65) an Kombattanten zeigten, dass unter 
85 Sektionen bei 31,76°/o Tuberkulose oder zweifellose Residuen derselben ge- 
tunden wurden. Unter den an Tuberkulose erkrankten wurden von Much (65) 
?:s als früher hereits tuberkulös aufzefunden, von: Hochhaus (35) 40°%o der 
Fälle, von Moritz (6l) etwa 55°%0 und von Grau (2) 39°’, während Leschke 
(46) bei 40°,o wenigstens früher bestandene Lungenkrankheiten, wie Pneumonie, 
Pleuritis, häufig rezidivierende Bronchitiden, nachweisen konnte. Alinlich spricht 
sich Goldscheider (21) aus. 

Die Reinfektion kann endogen oder exogen erfolgen. Roepke (74) nimmt 
eine Reinfektion von Mensch zu Mensch durch Inhaiation au. Die endogene 
Reinfektion, gleichbedeutend mit Autoinfektion infolge von individueller Dispo- 
sition und schwächenden Kriegsschädigungen, dürfte weitaus am häufigsten seın 
(Schröder 85, v. Hayek 31, Roepke 74, Grossborger 25, Moritz 62, 
Géza Gáli 17, Much 65). 

Die Aktivierung latenter Herde im Sinne Hamburger s, sowie die Ver- 
schlimmerung bereits bestehender aktiver Prozesse, welche beide ebenfalls ohne 
Frage durch die Eınflüsse des Krieges hervorgerufen werden können (Dietl 10, 
leschke 46, Hochhaus 35, Sorgo 88, Ast 2), sind hiervon nicht als prin- 
zipiell, sondern nur als graduell verschieden anzusehen. Je weniger auszeheilt und 
je ausgedehnter die latente Tuberkulose ist, desto grösser ist die Gefahr einer 
Exazerbation bei körperlicher Überanstrengung (Mönckeberg 63). Auch die 
schweren Tuberkulosen, welche zum Exitus kamen, konnten durchweg als Ex- 
azerbationen älterer und zwar schon weiter vorgeschrittener Erkrankung erkannt 
werden (Mönckeberg 63, Hochhaus 35, Moritz 62). 

Es sind daher alle diejenigen, welche in der Kindheit eine massige Infektion 
durchgemacht haben (Leschke 4%), welche an Drüsentuberkulose oder Spitzen- 
tuberkulose gelitten haben, besonders gefährdet (Goldscheider 20). 


Übersichtsbericht. 333 


Der Krieg hat weiterhin gelehrt, dass die Konstitution bei der Entstehung der 
Tuberkulose eine ausschlaggebende Rolle spielt (Sorgo 88). Der in der Kindheit 
infizierte und daber latent Tuberkulüse, welcher frei von irgend einer krankhaften 
Disposition ist, vermag viel eher die schädigenden Einwirkungen des Feldzuges 
zu überstehen, wie der hereditär belastete. Diese letzteren, die sogenannten 
hereditär koustitutionell Minderwertigen (Schröder 8, Roepke 74, Gold- 
scheider 21) bilden daher auch das Hauptkontingent d«r Erkrankten. Habitus 
astbenicus (Leschke 4°), Troptenherz, hochgewölbte Zwerchfellkuppe und Steil- 
magen (l,eschke 46), kretismus, hypoplastische Konstitution (Schröder 8), 
sowie Diathesen aller Art (exsudative, IJymphatische, neuroarthritische Diathese) 
(O. Müller 68) finden wir ausserordentlich häufig in der Vorgeschichte unserer 
Kranken. 

Ebenso kann eine ÖOrgandisposition durch frühere Lunzeuerkrankungen 
(Schröder 85), Bronchitiden (Leschke 46, Ast 2, sowie durch gewerbliche 
Schädigungen (Leschke 4h) die Grundlage für die spätere Tuberkulose geben. 

Am häufigsten werden Erkältungen (Hochhaus 35, Schröder 85, 
Leschke 46, 45, Brion 6) und Durchnässungen (Goldscheider 21) als Ursache 
für den Ausbiuch der Tuberkulose angegeben. Nächstdem kommen die zeitweise 
fast übermenschlichen Überanstrengungen (Hochhaus 55, Dietl 10, Leschke 48, 
Brion 6) und sonstigen Strapazen, die Entbehrungen (Leslie 49), schlechten 
Quartiere im Bewegungskiieg, die ungünstigen hygienischen Verhältnisse im 
Schützengraben (Leschke 46), das Leben in der Gefangenschaft in Betracht. 
Goldscheider (20) schreibt starken Marschleistungen ber Hitze und Staubert- 
wickelung einen besonders ungünstigen Einfluss zu. 

Infektionskrankheiten. Influenza ähnlichen Erkrankungen (Goldscheider2]), 
vor allen langandauernden und schwächenden Darmkatarrhen (Leschke 48, 
Grossberger 2), unter diesen besonders ruhrartigen KRatarrhen (Leschke 46) 
muss ebenfalls ein erheblicher Einfluss einzeräumt werden. Goldscheider (21) 
stellt fest, dass sıch einige Fälie von Tuberkulose nach Typhus entwickelt haben. 
Nach Leon Bernard, zit. nach Meissen (56). kann sich im unmitte:baren 
Anschluss an Typhus eine akut fortschreitende tödlıch verlaufende Tuberkulose 
entwickeln, oder aber es kann nach einem Stadium mit ausgeprägten Typhus- 
symptomen ein zweites mit tuberkulösen Erscheinungen, akut oder chronisch, vor- 
übergehend oder dauernd auftreten, eine Form, welche von Landouzy als Typho- 
bazillose bezeichnet wird. Auch Grau (22) findet, dass Typhus, wie Masern, nur 
in geringerem Grade, in seinem natürlichen Verlaufe eine gesteigerte Krankheits- 
bereitschaft herbeiführen kaun. 

Mangelhafte Ernährung wird von Ast (2) und Grau (22) (bei Unterkiefer- 
schüssen mit Erschwerung der Ernährung angegeben (93). Im Bericht des Heil- 
stättenvereins für den Reg.-Bez. Minden (93) wird der Mangel an Fett als der 
wichtigste Faktor bei der Urterernährung hervorgehoben, eine Tatsache, die all- 
gemeine Anerkennung gefunden hat. Einseitige Kohlehyvdraternährung ist nach 
Kleinschmidt (40) von ungünstigem Einfluss auf die Tuberkulose. Gross- 
berger (25) hat beobachtet. dass langdaucrnde Eiterungen an von dem Thorax 
entfernt liegenden Organen durch endogene Reinfektion z. T. schwere Tuberkulose 
ausgelöst haben. Der Verlauf war schlecht. Überhaupt kann jede Schwächung 
des Körpers (Grossberger 25), suwie nervöse und psychische Erschöpfung 
(Much 65), zu einer Tuberkulose führen. Auch Gasschädigungen können ge- 
legentlich den Ausbruch einer Tuberkulose veranlassen (Leschke 46). 

Viel weniger leicht wie durch diese zum grössten Teil allgemein schädigenden 
Einflüsse vermag sieh die Tuberkulose im Anschluss an einen traumatischen Vor- 
gang zu entwickeln. Man hatte wohl anfangs geglaubt, dass Schussverletzungen 
der Lunge oder der Pleura in viel höherem Prozentsatz zu Tuberkulose führen 
würden, wie es tatsächlich der Fall ist. Nach der Mehrzahl der Autoren 
(Leschke 46, Schröder 8, Grau 22, Weinberger 92, Hochhaus 35, 
Gerhardt 19, Roepke 74, Frischbier 15, Moritz 62) muss eg heute als 


334 Übersichtebericht. 


ein sehr seltener Vorfall angesehen werden, wenn sich im Anschluss an eine 
Schussverletzung eine Tuberkulose entwickelt, welche sich nach dem klinischen 
Verlauf und dem pathologisch-anatomischen Bilde als mit der Verletzung im 
direkten Zusammenhang stehend erweisen lässt. Grau (23) hat unter 2828 Fällen 
8mal unmittelbar anschliessend an die Verletzung eine Lungentuberkulose beob- 
achtet und glaubt einen Zusammenhang nicht nur durch krankhafte Veränderungen 
an der Einwirkungsstelle des Traumas, sondern auch durch die verbindende Folge 
des Krankheitsbildes feststellen zu müssen. Noch weiter geht Rieder (73), 
welcher der Meinung ıst, dass die Verschlimmerung einer bestehenden Tuber- 
kulose durch Lunzenschuss nicht bezweifelt werden kann und nicht so selten ist, 
wie andere Autoren annehmen. Er bat durch das Röntzenbild (2 Fälle) erwiesen, 
wie ältere sehr geringfügige tuberkulöse Herde durch Schluss eine stärkere Aus- 
breitung erfahren haben. Grau (23) hat unter seinen Fällen 3 Fälle, in denen 
sich vereinzelte Spitzeuherde fern von der Schusslinie entwickelt haben. Auch 
andere Autoren xeben die Möglichkeit der Aktivierung einer latenten Tuberkulose 
durch eine Schussverletzung zu (Schröder 85, Hochhaus 35, Schlesinger 81, 
Frischbier 15). Die Entstehung einer Tuberkulose durch Schuss bei einem Ge- 
sunden halten Schlesinger (X1), Frischbier (15) und Moritz (62) nicht für 
erwiesen. Es hat jedoch den Anschein, als ob sich nur dann eime fortschreitende 
Tuberkulose entwickeln würde, wenn das Trauma einen alten Tuberkuloseherd 
unmittelbar trifft (Grau 22, Much 6»). 

Die Foigeerscheinungen nach Brustschü-sen verdienen weitere Beachtung. 
Die Pleuraerkra' kungen haben nach Moritz (62) weit grössere praktische Be- 
deutung wie die Lungenerkraukungen selbst. Der Hämothurax wird resorbiert, 
der Thoraxin':;slt wird heller und heller und ist schliesslich von einem rein ent- 
zündlichen Exsudat nicht mehr zu unterscheiden (Gerhardt 18). Ob im Am. 
schluss daran cine sekundäre Tuberkulose entstehen kaun, wird nirgends berichtet. 

Die Entstehung einer Lungentuberkulose nach Lungenzerreissungen infolge 
von Platzen eiur Granate in unmittelbarer Nähe oder von V\erschüttung ist eben- 
falls ein seltenes Ereignis (Grau 22). 

Viel häutiger kommt es jedoch nach Verschüttung zu hartnäckigen Bronchitiden. 
Im Anschluss daran hat Leschke (46) in seltenen Fällen eine Tuberkulose ent- 
stehen sehen. Er sieht einen Zusammenhang nur bei sofortiger Hämoptoe und 
lückenloser Aufeinanuerfolge von tuberkulösen Kıankhritserscheinungen für er- 
wiesen. Landouzy, zit. nach Meissen (56) will auffallend häufig Tuberkulose 
bei früher Tracheotomierten beobachtet haben. 

Aussrrordentliche Beachtung verdienen Beubachtungen, wie sie über das 
Auftreten von 'Tuberkulose nach Typhusschutzimpfung gemacht sind (Gross- 
berger 25). Nach Schröder (85) muss die Typhusschutzimpfung den Traumen 
zugerechnet werden. Es wird durch dieselbe ein Manifestwerden latenter Herde 
begünstigt (Grau 22). Schröder (85) glaubt, dass die Typhusschutzimpfung 
durch die dadurch entstehende l,eukopenie die Widerstandsfähigkeit des Organis- 
mus gegenüber dem Tuberkuloseerreger herabsetze. Er hat gefunden, dass von 
62 gegen Typhus geimpften Soldaten 46 unter dem Zeichen einer aktiven Tuber- 
kulose erkrankten. und zwar 29 innerhalb 4 Wochen nach der Impfung. Dagegen 
haben Leschke (46), Hochhaus (35) und Goldscheider (21) niemals im 
Anschluss an Typhusimpfunx eine 'Tuberkulose auftreten sehen. 

Es hat den Anschein, als ob auch jetzt bei unseren Militärpatienten die 
Diagnose Tuberkulose viel zu häufig gestellt würde, analog den aus der Friedens- 
zeit her bekannten nicht gerade seltenen: Einweisungen nichttuberkulöser Per- 
sonen in die Heilstätten. Jedenfalls geben eine ganze Reihe von Autoren die 
Tatsache an, dass bei einem grossen Prozentsatz von den in die militärischen 
Beobachtungsstationen und Heilstätten eingewiesenen Soldaten eine Tuberkulose 
nicht festgestelit werden konnte. In den Beovbachtungsstationen in Baden 
(XIV. A.-K.) fand sich, dass '/s aller angelieferten Soldaten nicht tuberkulös 

waren (de la Camp 8). Assmann (l) fand unter den eingewiesenen Fällen 


Übersichtsbericht. 335 


nur bei 43,7°/o tuberkulöse Veränderungen, seien es aktive, inaktive oder abge- 
heilte. Blümel (4) musste bei Mannschaften, welche bei der Aushebung wegen 
Lungentuberkulose als D. u. erklärt worden waren, ia 80°/o der Fälle eine tuber- 
kulöse Erkrankung verneinen. Auch Goldscheider (21) gibt an, dass ein Teil 
der Verdächtigen als gesund befunden wurde. 

Die differentialdiagnostischen Schwierigkeiten der beginnenden Lungenspitzen- 
tuberkulose sind dieselben wie im Frieden. Die Krönig'sche Kollapsinduration 
wird von de la Camp (8), Hochhaus (35), Scholz (84), Horák (36), Ass- 
mann (1), Blümel (4) als Fehlerquelle angegeben. de la Camp (8) findet 
2 Gruppen von Fehldiagnosen: 1. kompensierte Mitralfehler mit überwiegender 
Stenose, die durch den erweiterten linken Vorhof zu einer Kompressionsatelektase 
der linken Lungenspitze führen und durch E.ntfaltungsgeräusche beim tiefen Atmen 
(Scholz 84) einen beginnenden linksseitigen Lungenspitzenkatarrh vortäuschen 
(Assmann |); 2. vor dem Kriege in Heilstätten gewesene Propbylaktiker 
(Blümel 4). Eine Reihe von Autoren wenden sich infolgedessen scharf dagegen, 
dass eine derartige frühere Heilstättenbehandlung ein Freibrief vom Heeresdienst 
wird (Goldscheider 21, Scholz 84). Weiter führen Dämpfungen bei rachiti- 
schem Thorax (Horák 36, Assmann |) zur falschen Diagnose. Scholz (84), 
Rumpf (77) und Blümel (4) machen auf dıe bekannte Tatsache aufmerksam, 
dass eine Schallverkürzung über der rechten Spitze und verschärftes Atemgeräusch 
daselbst sehr häufig physiologisch sind. Das erstere kann von stärkerer Muskulatur 
herrühren, das letztere wird gewöhnlich von dem normalerweise steileren und 
weiteren rechten oberen Bronchus hervorgebracht. Spitzendämpfung bei Schild- 
drüsenvergrösserung kann mit begleitenden Basedowsymptomen (l'achykardie, Ab- 
magerung, Schweisse) nach Assmann (1) eine Tuberkulose vortäuschen. Eine 
ganze Reihe von Fehldiagnosen beruhen auf Bronchitis und Pneumokoniosen (35). 
Nichtspezifische Katarrhe können sich bei Influenza besonders lange in der 
Spitze festsetzen (Scholz 84). Dass eıne Chlorose (Neuhaus 69) die Diagnose 
erschweren kann, wissen wir aus der Friedenspraxis bei jungen Mädchen. 
Michaelis (60) weist darauf hin, dass gelegentlich leichteste 'Temperatursteige- 
rungen konstanterweise auch bei völlig gesunden l’ersonen vorkommen. 

Andererseits macht Kraemer (43) darauf aufmerksam, dass eine Tuberkulose 
atypisch unter dem Bilde von anämischen, rheumatischen, nervösen und anderen 
Schwächezuständen, leichtem Basedow, unklarem Fieber, Magen-, Darm- und Herz- 
beschwerden verlaufen kann, so dass Vorsicht und genaueste Krankheitsbeobach- 
tung geboten erscheint. 

Jedenfalls lehrt uns der Krieg immer und immer wieder, dass eine Tuber- 
kulosediagnose im Beginn nicht durch einmalige Untersuchung zu stellen ist, 
jedenfalls nicht durch eine einzige Untersuchungsmethode. Das ganze uns zur 
Verfügung stehende diagnostische Rüstzeug muss aufgewendet werden, um die 
Diagnose zu sichern. Ausserordentlich wichtig ist eine gute Anamnese (Schröder85, 
Hochhaus 35, O. Müller 67), da wir gesehen haben, dass der hervorragendste 
Teil aller Erkrankten entweder erblich belastet ist oder bereits in der Jugend 
eine Infektion durchgemacht hat. Es ist jedoch notwendig, die Angaben einer 
scharfen Kritik zu unterziehen (Hochhaus 35), da aus naheliegenden Gründen 
der Kranke oft bestrebt sein wird, eine durchgemachte Bronchitis oder eine harm- 
lose Blutung über Gebühr zu unterstreichen. Andererseits leitet erfahrungsgemäss 
in einer ganzen Keihe von Fällen (nach Grau (22) in 43°/o) eine Blutung die 
Erkrankang ein. Dass aber selbst nach ausgiebigster Hämoptoe in einzelnen 
Fällen ein pathologischer Befund nicht erhoben werden konnte, gibt Hochhaus (55) 
an und bestätigt dadurch nur die Angaben früherer Autoren. Eine besondere 
Neigung zu Erkältungen und Katarrhen muss vielfach als Zeichen bestehender 
Lungenerkrankung aufgefasst werden. 

Die physikalische Untersuchung bildet trotz aller neueren Methoden noch 
stets die wichtigste Methode. Eine gründliche gediegene Untersuchung ist uner- 
lässlich (O. Müller 67). Damit kommt man auch in vielen Fällen aus (Brö- 


336 Übersichtebericht. 


samlen und Kraemer 7). Die Perkussion muss sehr leise vorgenommen werden 
(Schröder 85). Der Stand der Lungenspitzen ist nach Goldscheider festzu- 
stellen. Die Bestimmung der Krönig’schen Spitzenfelder ist nach Schröder (85) 
eines der wertvollsten Zeichen, auch hinsichtlich der Beurteilung des Alters des 
Prozesses, während Schneider (83) den perkutorischen Befund über den Spitzen 
mit Vorsicht verwertet sehen möchte. Ein weiteres wichtiges Zeichen sieht 
Schröder (85) in dem sogenannten Brandenburg’schen Phänomen, Änderung 
der Schailqualität nach tiefster Inspiration und. längster Ausatmung. (wold- 
scheider (21) verlanet zur einwandfreien physikalischen Diagnose das Vor- 
handensein von Katarrh, d. b. den Nachweis von feuchten, wenn auch noch so 
spärlichen Rasselgeräuschen. Porges (72) legt einer rexionären Muskelschmerz- 
haftigkeit über frischen Lungenherien einen gewissen Wert bei. 

Die Köntzendiagnose kann uns in zweifelhaften Fällen weiter helten. 
Fränkel (14) scheint jedoch zu weit zu gehen, wenn er sagt. dass es keine 
offene, aber auch keine durch andere Krankheitszeichen wahrscheinlich gemachte 
geschlossene Tuberkulose gibt, bei der der Röntgenbefund negativ ausıällt. Dieser 
Satz wird von den meisten Autoren für unzutreffend erklärt. Assmann (|) 
glaubt, dass das Röntzrenverfahren bei Initiallfällen im Stiche liesse, ebenso Hoch- 
haus (35). Auch O. Müller (67) und Brösamlen und Kraemer (7) finden, 
dass frische, zweifellos aktive Prozesse oft nicht auf der Platte sıchthar sind 
trotz gut gelungener Platte. Zur Unterscheidung von älteren und frischen Herden 
kann das Röntgenverfahren mit Vorteil herangezogen werden (Rıeder 73), da 
alte inaktive Prozesse oft die deutlichsten Bilder geben (Brösamlen und 
Kraemer 7). Auch eine Skoliose oder ein Pneumonierest vermag eine Spitzen- 
trübung abzugı ben (Assmann 1). Eine falsche Diagnose beruht gelegentlich auf 
einer homogenen mit glatten scharfen Rande ım Il. Interkostalraum nach unten 
sich absetzenden, insbesondere links anzutreffenden Spitzentrübung, die von 
Assmann (l) nach anatomischen Kontrollen auf Einschnürung der Lungenspitzen 
durch die A. subclavia zurückgeführt wird. Die Röntgenplatte an und für sich 
ist objektiv, die Deutung derse:ben verlangt Jedoch einen besonders erfahrenen 
Aızt. Für gewisse Bronchialdrüsenerkrankungen ist das Röntgenbild unerlässlich, 
da die physikalische Untersuchung hierbei oft keine Aufklärung bringt (Hoch- 
haus 35, Assmann 1, O. Müller 67). Auch diaphragmatische Adhärenzen 
werden leicht erkannt und etwaige Schmerzen mit Sicherheit aufgeklärt. (M o sse 64). 
Die Hiluszeichnung und die von ibr ausgehenden Stränge dürfen jedoch nicht 
überschätzt werden. Bis zu einem gewissen Grade sind sie normal, durch Blut- 
gefässe hervorgerufen (Assmann 1). Nur der Nachweis besonderer, durci scharfe 
Abgrenzung und grössere Intensität als selbständige Gebilie sich charakterisierender 
Schattenflecke innerhalb der Hili oder wenigstens auf den so charakteristischen 
Einkerbungen der Randkonturen der Hilusschatten. die den. Berührungs-tellen 
zweier nebeneinander liegender Drüsen entsprechen, gestattet nach «demselben 
Autor (Assmann }) die Annahme einer tuberkulösen Erkrankung. 

Genaue Beobachtung des Gewichts ist von Wichtigkeit (O. Müller 67), eine 
Gewichtalinahme ist jedoch bei den heutigen Ernährungsverhältnissen, die auch 
in der Truppe je nach dem Aufenthalt und dem Kriegszustand (Stellungskıieg, 
Bewegungskrieg) verschieden sind, nicht derartig hoch zu bewerten wie im Frieden. 

Wesentlich ist eine objektiv genaue Temperaturmessung (Schröder 85, 
Assmann 1, O. Müller 67). Schwankungen über !/ Grad sind verdächtig 
(Schröder 85), überhaupt Temperatursteigerungen ohne sonstigen Grund (Gold- 
scheider 21). Schröder (85) hält Temperatursteigerung nach Bewegungen, 
welche über !/2 Stunde nach wieder eingetretener Ruhe anhalten, häufig für das 
Zeichen eines aktiven Prozesses. Nach O. Müller (67) kann diese Erscheinung 
wohl als adjuvans bei der Stellung der Diagnose gelten, nie jedoch als ent- 
scheidender Faktor. Auch Goldscheider (21) will dieses Zeichen nur bei mani- 
fester Lungentuberkulose bewertet wissen. 


Übersichtsbericht. 337 


Die Tuberkulindiagnostik hat durch den Krieg weitere sehr schätzenswerte 
Klärung erfahren. Wenn sich auch noch 2 Ansichten einander gegenüber stehen, 
so gewinnen doch die Gegner der probatorischen Anwendung des Tuberkulins an 
Boden. Die für die Beurteilung der Dienstfähigkeit so überaus wichtige Frage, 
ob eine aktive behandlungsbedürftige Tuberkulose vorliegt oder nicht kann nach 
einer Reihe von Autoren (Schröder 85, Goldscheider 21, Bochalli 5), 
darunter den meisten Heilstättenärzten, durch die probatorische Tuberkulinimpfung 
nicht gelöst werden. Die Herdreaktion, welche der springende Punkt bei der 
Tuberkulindiagnostik ist, kann mitunter unabhängig von Aktivität oder Inaktivität 
des Herdes eintreten (Schröder 85, Goldscheider 21, Bochalli 5). 
Fränkel (14) hält die Tuberkulindiagnostik, wie sie in den Beobachtungsstationen 
in Baden geübt wird, nämlich die eimmalige subkutane Einspritzung von I mg 
Alttuberkulin, für nicht ausreichend. Sie war nur bei 8 von 2%0 Fällen eindeutig. 
Ausserdem ist die Dosis für manche Kranke zu hoch, für andere wieder nicht 
beweisend. Auch Assmann (1) lehnt ausgedehnte Anwendung für Zwecke der 
militärischen Beurteilung ab. Die sehr genauen Beobachtungen von Bochalli (5) 
erweisen den geringen Wert der Tuberkuiindiagnostik. Scholz (54) sieht von 
steigenden Dosen ab, da diese auch inaktıve Herde anzuzeigen scheinen und gibt 
hiermit die Unzulänzlichkeit des Verfahrens zu. 

Auch über Tuberkulinschäden wird immer wieder berichtet, so da-s aus diesem 
Grunde schon eine möglichste Einschränkung geboten erscheint (Schröder 8, 
Leschke 46, Bochalliı 5 u. a.) 

Trotzdem offenbar inaktive Herde mobilisiert werden können, berufen sich 
die Anhänger der Tuberkulindiagnostik immer wieder darauf, dass die Herd- 
reaktion die sichere Erkennung eines behundlungsbedürftigeun Herdes erlaubt, 
Fieber und Allxemeinreaktion dagegen auch beı latenten Herden auftreten können 
(Kraemer 43, Assmann 1, O. Müller 67, Brösamlen und Kraemer 7). 
Kraemer (43) ist ein eifrixer Verfechter des Tuberkulins. Er möchte dasselbe im 
weitesten Massstabe anzeweudet sehen, da es in der Hand eines erfahrenen Arztes 
ein sicheres diagnostisches Mittel darstelle Eine Unterscheidung einer aktiven 
von einer inaktiven Tuberkulose sei möglıch, da eine rasche Reaktion auf eine 
kleine Dosis einen mehr aktiven Prozess anzeige, verschleppte Keaktion auf höhere 
Dosis jedoch einen Älteren, weniger aktiven Herd wahrscheinlich mache. 

Über die Feststellanz der Herdreaktion bestelit auch unter den Anhängern 
der Tuberkulindiagnostık noch keine Übereinstimmung. Assmann (l) lässt bei 
grösster kritischer Beurteilung nur einen deutlich auskultatorisch wahrnehmbaren 
Befund gelten, während Brösamlen und Kraemer (7) der Perkussion eine be- 
herrschende Rolle zuweisen. Goldscheider (21) hält ihnen mit Recht entgegen, 
dass bej der Feststellung der Herdieaktion dem subjektiven Ermessen ein zu 
weiter Spielraum gelassen wird. 

Eine Beeinträchtigung der Tuberkulinempfindlichkeit durch die Schutzimp- 
fungen gegen Cholera und Typhus wurde von de la Camp (8) beobachtet. 

In zweifelhaften Fällen muss die Uutersuchung auf Tuberkelbazillen mittels 
der Antiformin-Anreicherungsmethode verlangt werden (Weinberger 92). Auch 
eine Untersuchung auf die grampositiven Formen des Virus (Much'sche Granula) 
ist wichtig (Weinberger 92). 

Die Beurteilung zweifelhafter Fälle muss dem Facharzt überlassen bleiben, 
und zwar am besten in Beobachtungsstationen, wie sie wohl überall eingerichtet 
sind (Sorgo 88, Porges 71). Im XIV. A.-K. (Fränkel 14, Scholz 84) be- 
steht die nachahmenswerte Einrichtung, dass jeder Kranke, auch völlix einwand- 

freie Tuberkulosen, durch die Beobachtungsstationen gehen muss, um dort eine 
einem kommissarischen Urteil gleichwertige Beurteilung zu erfahren. 

An anderen Stellen scheinen sich Sprechstunden, welche von Fachärzten ge- 
leitet sind, bewährt zu haben (Silbergleit. 87). 

Einzelne Autoren fanden, dass die Tuberkulose, besonders im Felde, sich mit 
einer Pneumonie oder Hämoptoe einleitete (Silbergleit 87, Schlesinger 8l, 


339 Übersichtsbericht. 


82) (nach Grau (22) 43°% Initialblutungen), und zwar scheinen gerade die 
schwersten Fälle einen derartigen Anfang zu nebmen (Silbergleit &7). 

Die weitere Ausbreitung der Tuberkulose kann stattfinden: 

1. bronchogen, sei es in der Spitze, sei es anderswo, von einem älteren Herde 
aus auf Grund einer Erkältungskrankheit bei Husten durch Aussaat in das um- 
gebende Gewebe (Schröder 85), oder durch Aspiration in andere Abschnitte der 
Lunge. Es können dadurch bronchio-pneumonische käsige Infiltrationen entstehen 
(Leschke 46). 

2. Jymphogen, vom Hilus aus (nach Leschke (46) ?s der Fälle) fächerförmig 
sich ausdehnend in die mittleren Lungenabschnitte (Leschke 48, O. Müller 66, 
Roepke 74), oder auch von der Spitze nach abwärts zu verlaufend. Die häufige 
brüske Änderung des Lymphstromes in den Lungen durch die Anstrengungen des 
Felddienstes erklärt eine solche Ausbreitung (Schröder 85). 

3. miliar auf hämatogenem Wege (Schröder 85, Leschk e 46, 48, Roepke 
74), scheint seltener zu sein. 

Der klinische Verlauf der Taberkulode im Kriege weist einige Besonderheiten 
auf (Schlesinger 81). Frische Spitzenkatarrhe mit deutlichen Infiltrationser- 
scheinungen nehmen oft einen über Erwarten günstigen Verlauf (Moritz 61, 
Goldscheider 21). Nach kurzer Krankenhausbehandlung tritt oft schon eine 
auffallende Besserung auf (Schröder 85, Hochhaus 35, Moritz 6l). 

Andererseits wird von vielen Seiten berichtet, dass eine ganze Reihe von 
Fällen von vornherein schwer einsetzt. rasch progredient wird und unter schweren 
Allgemeinerscheinangen und Abmaserung mit oder ohne kurze Kemissionen 
(Schlesinger 81) in wenigen Wochen oder Monaten zum Tode führen (de la 
Camp 8 Fränkell4, Hochhaus 35, Fischel 13, Leschk« 48, Moritz6l, 
Schlesinger 81, 82, Grossberger 25, O. Müller 67, Neuhaus 69, Gold- 
scheider 21, Mosse 64). Es scheint sich häufig um Fälle zu handeln, welche 
vor dem Kriege nicht krank waren, nach Moritz (6l) unter 10 schweren Fällen 5, 
und solche, die durch irgendwelche Schädigungen körperlich heruntergekommen 
waren (langdauernde Eiterungen, Grossberger 25). Sehr bald soll es nach Schle- 
singer (82; zu Kavernenbilduug kommen. Hayek (31) hält die exogenen In- 
fektionen infolge fehlenden Schutzes, durch früher überstandene Infektion für be- 
sonders bösartig, da sie rasch zu schweren pneumonischen Infiltrationen und 
Karvernenbildung führen. Hochhaus (35) findet dıese schweren Erkrankungen 
häufig bei Leuten, welche sich trotz ihrer Krankheit noch eine Zeitlang den 
Anstrengungen des Krieges unterzogen haben und sucht hierin eine Erklärung 
für die Bösartigkeit des Verlaufes. Ähnlich Leschke (48). 

Von Komplikationen ist die mächtige Mitbeteiligung der Halsdrüsen in bei 
Erwachsenen ungewöhnlich hohem Prozentsatz, besonders bei den eben erwähnten 
schweren Erkrankungen bemerkenswert. Auch der Kehikopf erscheint, hauptsäch- 
lich bei den schweren Formen, häufiger wie gewöhnlich affiziert (Hochhaus 35). 
Landouzy, zit. nach Meissen (56), fiel dies besonders auf bei Leuten, welche 
15—20 Jabre vorher syphilitisch waren. Darmerscheinungen werden von Köhler 
(41), Hochhaus (35) und Schlesinger (81, 82) berichtet. Dieselben sind wohl nur 
zum geringsten Teil tuberkulös, auf Grund der ım Felde so überaus häufigen Darm- 
störungen entstanden, größtenteils sind sie auf andere Infektionen (Typhus, 
Dysenterie) zurückzuführen. Weiter werden, selbst schon bei beginnenden Spitzen- 
affeklionen, sehr rasch zur Ausbildung kommende multiple Gelenkaffektionen her- 
vorgehoben (Schlesinger 81, 82). Hochhaus (35) hat beobachtet, wie in 
4 Fällen eine hinzugetretene Angina den Verlauf wesentlich beschleunigt hat. 
Nervöse Erscheinungen waren nach Schlesinger (81) häufiger wie im Frieden, 
auch will dieser Autor mehrmals Psychosen bei beginnender Lungentuberkulose 
beobachtet haben. Von Fischel (13) wird in 7 Fällen eine Kombination mit 
Skorbut angegeben. 

Die Prognose der rasch progredienten Fälle wird übereinstimmend als absolut 
schlecht angegeben (Fischel 13, Brion 6, Schlesinger 82 u. a.) Nach 


Übersichtsbericht. 339 


Schröder (85) ist sie ungünstig bei hämatogener miliarer Aussaat sowie bei bron- 
chogen entstandenen Herden: in den unteren Lappen. Dagegen ist die Prognose 
bei geringerer meist Iymphogener Ausbreitung in der Umgexend älterer Spitzen- 
herde nicht schlecht, ungünstiger schon bei Ausbreitung von älteren Hilusprozessen 
aus (Schröder 85). Bei Lymphatismus pflegt die Tuberkulose gutartig zu vor- 
laufen (Leschke 46). Eine frühzeitige sachgemässe Behandlung vermag die 
Prognose zu bessern (Schröder 85, Schlesinger 22). 

Bei einer Reihe von Fällen wirkt der Dienst im Felde mit dem stän- 
digen Aufenthalt in der freien Luft und der guten Beköstigung züustig ein 
(Schröder 85, de laCamp 8, Hochhaus 35, Leslie 49, Goldscheider 
21, Rumpel 76) und zwar sowohl auf beginnende Spitzenkatarrhe (Hochhaus 
35), wie auf die chronische zirrhosierende Phthise (de la Camp 8). Lympha- 
tiker vertragen z. T. die Abhärtungen des Kriegsdienstes gut, z. T. reaktivieren sie 
im Felde ihre latente Tuberkulose (O. Müller 68). 

Die besten Erfolge bei der Behandlung der wieder aktiv gewordenen Tuber- 
kulose werden unzweifelhaft durch eine planmässge Heilstättenkur erreicht (Leschke 
46, Sorgo 88, Kayserling 38, Grossberger 25, Goldscheider 21). Die 
Erfolge Schröder’s (85) überragen sogar die Friedenserfolge. Dabei wird aber 
verlangt, dass nur aktive Prozesse in die Heilstätten eingewieseu werden (de la 
Camp 8, Goldscheider 21). Die Behandlung soll so frühzeitig wie möglich 
einsetzen und genügend lange andauern (Hayek 29). 

Im allgemeinen sollen nur Fälle des I. und II. Stadiums in die Heilstätten 
geschickt werden (Weinberger 92, O. Müller 67). Scholz (84) will die Heil- 
stättenbehandlung auch auf weiter vorgeschrittene Fälle mit guter Heilungstendenz 
ausgedehnt wissen, 

Die Heeresverwaltung gewährt bekanntlich jedem Tuberkulösen, auch dem 
wegen Tuberkulose zur Entlassung kommenden, bei welchem Dienstbeschädigung 
vorliegt, eine Heilstättenkur. Dieselbe kann entweder ın den eigentlichen Heil- 
stätten gewährt werden, oder die Kranken werden Spezialan-talten oder Tuber- 
kulose-Krankenhäusern überwiesen, wie es von verschiedenen Seiten (Kayserling 
38, OÖ. Müller 67, Scharl 80) für die unheilbar Kranken geforsert wird. Jeden- 
falls lernt der Tuberkulöse während seines Aufenthalts in einer der genannten 
Anstalten das Wesen seiner Krankheit und die Verhütung der Verbreitung der- 
selben, vor allem die sogenannte Sputumdisziplin kennen, was naturzemäss hygie- 
nisch von ausserordentlicher Bedeutung ist (Scholz 84, Kayserling 38). 

Mit der Behandlung der Tuberkulose in einem nach Dosquet hergerichteten 
Freiluftsaal hat Moritz (61) gute Erfahrungen gemacht. Kirchner (39) verlangt 
eine ausgedehntere Anwendung der Sonnenbehandlung in den Heilstätten. 

Auch die Tuberkulinbehandlung hat weitere Klärung erfahren. Die Zahl 
der Tuberkulintherapeuten, welche das 'Tuberkulin als Allheilmittel ansehen, ist 
nicht grösser geworden (Schröder 85). Schröder (85) ist mit einer Reihe von 


anderen der Ansicht, dass die Tuberkuline wohl ein Unterstützungsmittel in der ° 


Behandlung sein können, wenn sie vorsichtig und vorurteilsfrei gebraucht werden. 
Doch sind sie entbehrlich, da die Anstaltsbehandlung bei aktiver Tuberkulose 
Genügendes leistet. Schlesinger (81) hat bei systematischer Luftliegekur und 
Tuberkulin bei 120 Soldaten günstige Resultate gehabt. Nach Leschke(46) können 
Temperatursteigerangen durch vorsichtige Tuberkulintherapie beseitigt werden. 
Die Anwendung des Alttuberkulins bei stark herabzekommenen Kranken mit höherem 
Fieber und bei fortgeschrittenen Prozessen findet in Fischel (13) noch einen Ver- 
fechter. Kraemer (43), welcher die diagnostische Kraft des Tuberkulins höher 
einschätzt wie die therapeutische, verlangt Lazarettbehandlung und Tuberkulinkur 
für die leichteren und leichtesten Fälle von geschlossener Tuberkulose, welche seiner 
Meinung nach in der Hauptsache eine Bronchialdrüsentuberkulose ist, da eine 
solche Behandlung weit schneller zur Wiederberstellung der Dienstfähigkeit führt 
(Hayek 32) wie eine Heilstättenkur. Auch Kayserling (33) fordert die Ge- 
währung von Tuberkulinkuren in weitestem Umfang. 


340 Übersichtsbericht. 


Der Krieg zwingt uns auch zu Einschränkungen in der Ernährungsthberapie 
der Tuberkulose. Es hat sich gezeigt, dass von vielen Heilstätten trotz erheblich 
eingeschränkter Eiweiss- und Fettzuführung eine stetige Gewichtzunabme ver- 
zeichnet werden konnte. Auch Schröder, der früher einer weit über das Er- 
fordernis3 einer Mastkur gehenden Ernährung der heruntergekommenen Phthisiker 
das Wort redete, ist in seiner Forderung entsprechend der Kriegsernährung zu- 
rückgegangen. Da nach ihm das Fett für Tuberkulöse eine gewisse spezifische 
Wirkung bat. fordert er auch heute noch 125 g Fett neben 120 g Eiweiss und 
500 g Kohlehydrate, zusammen 3700 Kalorien. Der 'luberkulöse, welcher sich im 
guten Ernährungszustande befindet, wird sich jedoch mit den Nahrungsmittel- 
einschränkungen abfinden müssen und können. 

Was die Bentteilung der Dienstfähigkeit anlangt, so haben sich allgemein 
anerkannte Grundsätze zebildet. Offene Tuberkulose schliesst selbstverständlich 
jezliche militärische Anwendung aus, da sie das Heer gefährdet (Scholz 84, 
Porges 71). 

Ebenso werden geschlossene aktive Prozesse, welche eines oder mehrere der 
Kardinalsymptume der Aktivität aufweisen |Fieber, Bluthusten, starker lokaler 
Katarrh, Abmagerung (Fränkel 14:] als „Kr. u.* anzusehen sein (Scholz 84, 
Porges 71, Roepke 75. Hayek 32). 

Gutartize zırrbotische Formen, darunter auch Schrumpfungsprozesse. inaktive 
Prozesse, geringtügige Spitzenkatarıbe werden unter Berücksichtigung des Allge- 
meinbetindens. ues Ernährungs- und Kräftezustandes dienstfälig werden, und zwar 
garnison- bis kriegsverwendungsfähig (Schröder &5, Weinberger 92, de la 
Camp 8 Fischel 13, Leschke 48, Roepke 75, Surgo 8, Porges 71). 

Beı Beurteilung als arbeitsverwendungsfähiz ist zu beachten, dass der Armie- 
rungsıienst ein Sehr schwerer Dienst ist, zu welchem dıe inaktiven Prozesse 
meist nicht fahig sind (Leschke 48). 

Die Verwenuung-fähigkeit kann nur von Fall zu Fall aus der Gesamtsumme 
der Untersuchungsmethoden und vor allem dem Allgemeineindruck festgestellt 
werden (Assmann ]). Die Leistungsfähigkeit im zivilen Verhältnis ist in die 
Beurteilung mit einzubeziehen. Die Funktionsprüfung im Dienst oder bei der 
Arbeit wird oft die Beurteilung mehr fördern, wie die Beobachtung in viner Beil- 
stätte, da bekanntermassen die Aktivitätszeichen in der Ruhe häufig verschwinden 
(Sılbereleit 87, Sorxzo 88, Bochalli 5). 

Die „Richtlinien fir die militärärztliche Beurteilung der Lunzentuberkulose*, 
welche neuerdings vom Kriegsministerium herausgegeben sind, entsprechen diesen 
geschilderten Grundsätzen. 

Die militärärztlichen Massnahmen erstrecken sich auf die möglichst früh- 
zeitige Entfernung der Tuberkulüsen und 'T'uberkuloseverdächtigen (Cemach 9) 
vom Truppenteil (Götzl 26, Leschke 48, Unterbringung, Bevbachtung und 
Behandlung in Spezialanstalten (Sorgo 88, Harries 27, Kayserling 89S, 
` Scharl 80), darunter auch Anstalten für Schwerkranke, und die sachgemässe 
Beurteilung, damit eben Dienstfabize dem Heereskörper erhalten bleiben. an- 
steckenden Kranken dagegen der Rückweg zur Truppe versperrt wird (Cemach 9). 
Zur Verhütung tuberkulöser Infektionen wird eine Meldung eines jeden Krank- 
heitsfalles an die Militärbehörde vorgeschlagen (Effler 11). Dies soll vor allem 
dazu führen, eine militärische Einguartierung von Wohnungen mit vorgeschrit- 
tenen Tuberkulösen fernzuhalten (Helm 34, Mayer 54, Effler 12). 

Soll der Kranke als „Kr. u.“ zur Entlassung kommen, wird derselbe von 
der Militärbehörde der zivilen Fürsorge überwiesen (Kayserling 38, Har- 
ries 27). Es besteht die Gefahr, dass der entlassene Tuberkelbazillen ausschei- 
dende Kranke seine Angehörigen und vor allem seine Kinder infiziert (Kayser- 
ling 38, Harries 27, Kleinschmidt 40). Derartig infizierte Kinder sind mög- 
lichst früh geeigneten Behandlungsmethoden zu unterziehen (K ayserling 38). 
Schwerkranke sind entweder bis zum Ende oder bis zu ihrer Heilung in beson- 
deren Pflegeanstalten zu belassen (Hayek 29, Jaksch 37, Kayserling 38, 


Übersichtsbericht. 341 


Scharl £0), oder die Fürsorge hat ihr Augenmerk darauf zu richten, dass diese 
Kranken bei ihrer Rückkehr in die, Familie ein besonderes Zimmer oder zum 
wenigsten ein eigenes Bett vorfinden (Kayserling 38). Für Arbeitsgelegenheit 
ist zu sorgen (Kayserling 38), Beratung beim etwa notwendig werdenden Be- 
rufswechsel ist wichtig. eventuell kommt Ansiedelung in besonderen Kolonien in 
Frage (Harries 27). Es wird zu diesem Zwecke eine Zentralisierung der jetzigen 
Fürsorgebewegung von einzelnen Autoren gefordert (Götzl 26, Hayek 30). 
Franz (16) fordert eine besondere Abteilung im Kriegsministerium, welche sich 
nur mit der Fürsorge für Kriegstuberkulose beschäftigt. 

Diese Massnahmen sind auch nach Beendigung des Krieges weiter fortzu- 
setzen und auszubauen (Hayek 29, 30, Grau 24). Hayek (29) fordert dazu 
Ambulatorien für spezifische Behandlung. Liebe (50) macht den Vorschlag, 
späterhin Leichtlungenkranke in besondere kleine Garnisonen mit güovstigen 
äusseren Verhältnissen unter ständiger Beaufsichtigung durch Lungenärzte unter- 
zubringen. Er hofft dadurch eine Heilwirkung und Disziplinierung der Lungen- 
kranken zu erreichen (Liebe 50, 51). 

Eine ständige Verbesserung der hygienischen Verhältnisse, Wohnungs- 
bygiene, Nahrungspolitik (Jaksch 37) gehört zur weiteren staatlichen Fürsorge. 

Der Krieg hat nicht nur eine Vermehrung der Tuberkulose unter den Kriegs- 
teilnehmern hervorgebracht, sondern auch unter der Zivilbevölkerung in der Heimat 

hat die Tuberkulosemorbidität und -Mortalität nach dem übereinstimmenden Urteil 
vieler Autoren zugenommen (Jaksch 37, Ast 2, O. Müller 67). Die Verliältnisse 
des Krieges bringen auch in die Heimat genügend Momente, welche die Entstehung 
und Entwicklung einer Tuberkulose begünstigen (Köhler 42). Sorge um den 
Ernährer im Felde. die Last der Verantwortung für die Erziehung der Kinder, 
die jetzt allein auf der Mutter ruht, schwere ungewohnte Kriegsarbeit (Grau 24), 
die Not, die durch den Verlust des Ernährers in die Familie einzieht (Ast 2), 
verminderte Einnahme (Mayer 55), vor allen Dingen die Rationierung der 
Lebensmittel und die Teuerung mit ıhren Folgen, der Unterernährung (Ast 2), 
die hauptsächlich auf den Mangel an Fetten zurückzuführen ist (Grau 24. 
Kumpel 76), nas sind alles Dinge, die zur Genüge die Zunahme der Tuberkulose 
erklären. Auch das Fehlen der Ärzte dürfte nicht ohne Einfluss darauf seın 
(Jaksch 387, Leslie 49, Kleinschmidt 40ı. 

Auch unter den Kindern i-t eine Häufung der Tuberkulose festzustellen 
(Kleinschmidt 40, Umber 90, Gran 24). Die Gründe hierfür ergeben sich 
hereits aus dem oben Gesagten. Eine Anzahl von Kindern wird aus den ver- 
schiedenen sozialen Gründen aus dem Hau-e gereben und ist dadurch der Infek- 
tion besonders ausgesetzt (Kleinschmidt 40). Die Uberwachung, auch in 
ärztlicher Hinsicht, ist nicht mehr dieselbe wie ım Frieden. 

Die Literaturübersicht ergibt eine Zunahme der Tuberkulose im Heere und 
ìn der Zivilbevölkerung während des Krieges. Wir sehen aber auch, wie alle 
berufenen Stellen eifrigst bemüht sind, die Gründe für diese Zunahme gewissen- 
haft festzustellen und den Kampf gegen die Tuberkulose mit allen Kräften weiter- 
zuführen, so dass zu hoffen steht, dass diese Zunahme nur eine vorübergehende 

Erscheinung des Krieges ist. 


Literaturverzeichnis. 
(Die mit * bezeichneten Aulsätze standen mir nur im Referat zur Verfügune.) 


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312 Übersichtsbericht. 


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4l. 
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Übersichtebericht. 343 


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Michaelis, Erfahrungen aus einem Heimatslazarett für innere Krankheiten. 
Deutsche med. Wochenschr. 1916, S. 248. 


344 
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66. 
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Übersichtsbericht. 


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Mosse, M., Nichtinfektiöse innere Krankheiten im Krieg und Frieden. 
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*Derselbe, Tuberkulose und Kriegsdienst. Württ. Korr.-Bl. Nr. 13. 


. Derselbe, Konstitution und Kriegsdienst. Med. Klin. 1917. Nr. 15. 


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(Ärztl. Verein Hamburg, 4. V. 1915.) 

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2. *Derselbe, Verlauf der Tuberkulose hei Soldaten. Wiener med. Wochen- 


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>. Scholz, Walter, Tuberkulose und Heeresdienst. Zeitschr. f. Tub. Bd. 26. 


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. Derselbe, Grundsätze der Ernährung Tuberkulöser mit besonderer Berück- 


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. Silbergleit, Zweck und Einrichtung von Tuberkulose-Sprechstunden in 


den Reservelazaretten; Erfahrungen über Lungentuberkulose nach Kriegs- 
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Allgemeine Pathologie und”pathologische Anatomie. 345 


88. *Sorgo, Josef, Krieg und Tuberkulose unter besonderer Berücksichtigung 
der militärärztlichen Begutachtung. Referat zum 5. Österr. Tuberkulosetag. 
Wien, 17. Dez. 1916. 

89. Tachau, Hermann, Tuberkuloseliteratur im Kriege. Deutsche med. 

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90. Umber, Über Tuberkuloseinfektion und Tuberkuloseerkrankung der ersten 
Lebensjahre vor dem Krieg und während desselben. Zeitschr. f. Tub. Bd. 27. 
H. 1—4. 


91. Weicker, Über die Beschäftigung und Beaufsichtigung der lungenkranken 
Mannschaften in der Lungenheilstätte. Zeitschr. f. Tub. 1917. Bd. 27. H. 5. 

92. *Weinberger, Maximilian, Gesichtspunkte zur Beurteilung der Lungen- 
tuberkulose bei Kriegsteilnehmern. Wiener klin. Wochenschr. 1916. Nr. 25. 

93. Bericht des Heilstättenvereins für den Reg.-Bez. Minden „Auguste Viktoria- 
Stift“ 1916. 

94. *Sir Thomas Clifford Allbutt; E. W. Hope; A. Maxwell William- 
son; J.C.Thresh; H. Hyslop Thomson; Herbert de Carle Wood- 
cock; Jane Walker; J. J. Perkins; Sir John Byers; Major Wal- 
dorf Astor: War and the future of the tuberculosis movement. A col- 
lection of representative opinions. British Journal of Tuberculosis. Jan. 1916. 
Bd. 10. Nr. 1. S. 1—11. 


ll. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


547. Paul Reckzeh, Über Tuberkuloseveranlagung. Arch. f. 
Kinderhik. 65. 1916 H. 3/4. 

Disponierende Faktoren für die Entstehung der Tuberkulose sind 
Unterernährung, Überanstrengungen, Krankheiten, erbliche Belastung, sowie 
Infektionsgelegenbheit. Der Nachwuchs tuberkulöser Eltern weist eine erhöhte 
Tuberkulosemortalität auf. Bei Schulkindern lässt sich nicht statistisch 
mit Sicherheit entscheiden, ob die erbliche Belastung oder die Infektion 
von grösserem Einflusse ist. Von besonderem Interesse ist das Verhalten 
der Geschwisterzahl. Von den Versicherten (Lebensversicherung), die aus 
Einkinder- oder Zweikinderehen stammten, starb ein über Erwarten grosser 
Bruchteil. Es ist ferner von Interesse, dass die konstitutionelle Schwäche, 
welche beim Erwachsenen sich als gesteigerte Hinfälligkeit gegenüber dem 
Tuberkuloseerreger kennzeichnet, sich in der Kindheit vielfach als gesteigerte 
Empfänglichkeit anderen Infektionskrankheiten gegenüber dokumentiert. Der 
Prozentsatz der über 10 Jahre alten an Tuberkulose gestorbenen Geschwister 
war bei den späteren Schwindsüchtigen grösser als bei den an anderen 
Krankheiten Verstorbenen. Die später an Schwindsucht verstorbenen Ver- 
sicherten hatten 11,2°/o ihrer Geschwister an akuten Infektionskrankheiten 
in jugendlichem Alter verloren, die an anderen Krankheiten verstorbenen 
Versicherten nur 6,2°/. Von Wichtigkeit ist ferner die körperliche Be- 

schaffenheit des Individuums selbst, Körperlänge und -gewicht, Brust- und 

Bauchumfang. Die konstitutionelle Minderwertigkeit der an Tuberkulose 

Gestorbenen ist nicht die Folge, sondern mitwirkende Ursache der tuber- 

kulösen Erkrankung. Von geringerer Bedeutung sind die anatomischen 

Stigmata der Tuberkulosedisposition. W. Schultz, Hamburg. 
Internat, Centraibl. f. Tuberkulose-Forschung. 11. 24 





346 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


548. Joseph Geszti, Uber die Symptome der Unregelmässigkeit 

der oberen Thoraxapertur. Beitr. z. Klinik d. Tbe. 36. 1917 

H. 3 S. 327. 

Die Unregelmässigkeiten der oberen Thoraxapertur finden sich bei 
einer grossen Zahl der Phthisiker und sind auch durch Inspektion und 
Palpation meist zu erkennen. Die abnorme Neigung der Apertur macht 
sich kenntlich dadurch, dass von der ersten Rippe nicht nur 2—3, sondern 
5—6 cm zu tasten sind und die untere Kante derselben entweder schief 
verläuft und mit der 2. Rippe einen spitzen Winkel bildet, oder bei hori- 
zontalem Verlauf plötzlich vertikal nach oben abbiegt. Auch der Hand- 
griff des Brustbeins wird dabei meist nach hinten gebogen, wodurch der 
antero-posteriore Durchmesser verkürzt und der Angulus Ludovici ver- 
stärkt wird. Die räumliche Beengung der oberen Apertur macht sich 
kenntlich durch die Skoliose des ersten Brustwirbels und einen veränderten 
Verlauf der ersten Rippen, so zwar, dass die 2. Rippe knapp unterhalb 
des Schlüsselbeins zu tasten ist, die erste Rippe dagegen infolge ihrer 
Tieflagerung gar nicht oder nur undeutlich palpabel ist und daher auch 
an Stelle des normalen Interkostalraums zwischen den beiden ersten Rippen 
nur das stark eingeengte Dreieck zwischen 2. Rippe, Schlüssel- und Brust- 
bein tastbar und sichtbar wird. Vom paralytischen Thorax unterscheidet 
sich der eingeengte gerade durch das Verhalten des kostoklavikulären Drei- 
ecks, das beim ersteren infolge des Herabsinkens der 2. Rippe vergrössert, 
beim letzteren dagegen eingeengt ist. Betastet man den ersten Rippen- 
knorpel während der ruhigen Atmung, so findet man normalerweise beim 
Beginn der Ausatmung ein federhaftes Zurückspringen des beim Einatmen 
hochgestiegenen Knorpels, während bei verengter Apertur der Knorpel 
nur langsam in die Ruhelage zurückkehrt. Auch die Hebung der Rippe 
beim Einatmen ist auf der verengten Seite geringer. Die Anomalien finden 
sich häufiger rechts als links und stehen im engsten Zusammenhang mit 
der Disposition der verengten Lungenspitze zur Tuberkuloseerkrankung. 


E. Leschke, Berlin. 


549. Wilh. Müller und Christin Mol-Sternberg, Über die 
Erzeugung experimenteller Sklerose mit Albuminen des Tu- 
berkelbazillus. W. kl. W. 1917 Nr. 535. 

Der Reiz, der durch die Albuminantigene des Tuberkelbazillus auf 
die Haut ausgeübt wird, äussert sich bisweilen in einer Sklerose, die nach 
ein bis zwei Monaten mit einer Neubildung von Bindegewebe beginnt und 
mit einer Verkalkung endet. Fettsäurelipoide und Neutralfette erzeugten 
das Phänomen nicht. Röntgenlicht scheint die Erhärtungserscheinungen zu 
begünstigen. 

Diese Feststellung kann therapeutisch sehr wichtig werden, wenn es 
gelingt, mit Tuberkuloalbumin in geeigneter Dosis und Konzentration tuber- 
kulöses Granulationsgewebe zu veröden, bindegewebig zu organisieren und 
nachträglich zu verkalken. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


550. A. Liechtenstein, Über den heutigen Stand der Auffassung 
von Lymphogranulomatosis (Sternberg’s Krankheit). Svenska 
tuberculosläkarföreningens förhandlingar 1916. Hygiea 1917. 

Eine zusammenfassende Darstellung. 
Arvid Wallgren, Upsala. 


“ Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 347 


551. Arvid Wallgren und Torsten J:son Hellman, Beitrag 
zur Klinik, ‘Anatomie und Ätiologie der Lymphogranuloma- 
tose. Svenska Läkarsällskapets Handlıngar 1917. 

Der Fall betrifft einen Knaben, geboren 1910. Seit 1912 Drüsen- 
schwellungen am Halse und in der linken Axille. Der Allgemeinzustand 
verschlechterte sich allmählich; Patient begann zu magern und bekam 
Fieber. Im Mai 1914 walnussgrosses, ziemlich weiches Lymphom am 
Halse und in der linken Axillee Bedeutende Drüsenschatten im Lungen- 
hilus. Im Blute Lymphozytose und Eosinophilie, bei normaler Totalan- 
zahl weisser Blutzellen. Die Temperatur zeigte Fieberattacken von 3—4 
wöchentlicher Dauer. Diazoreaktion +. Die Drüsentumoren reagierten 
prompt auf Röntgen und waren beim Exitus, im Oktober 1914, kaum 
palpabel. Klinische Diagnose: T,ymphogranulomatosis ? | 

Die pathologisch-anatomische Untersuchung ergab einen: Fall von 
woblentwickelter Ly mphogranulomatose mit Veränderung in allen unter- 
suchten Lymphdrüsen und in der Milz, aber ohne makro- oder mikro- 
skopisch nachweisbare Tuberkulose, Dessen ungeachtet konnten in Aus- 
strichpräparaten und in Schnitten säurefeste Stäbchen sowohl in Hals-, 
Bronchial- und Mesenteriallymphdrüsen als auch in der Milz nachgewiesen 
werden. In einer Iymphogranulomatösen Veränderung in der Leber 
wurden ausserdem grosse Mengen säurefester Bakterien angetroffen. Meer- 
schweinchen- Impfungen zeigen, dass die gefundenen säurefesten Bakterien 
als eine Art Tuherkelbazillen aufzufassen waren. Mehrere Generationen 
der Meerschweinchen starben nämlich nach Impfung an ausgebreiteter 
Tuberkulose. Bei mikroskopischer Untersuchung der veränderten Organe 
dieser Tiere fanden sich ausser allgemeiner Tuberkulose auch Herde mit 
Sternberg’schen Riesenzellen. Dasselbe Resultat wurde bei Unter- 
suchung einer Lymphdrüse eines an humaner Tuberkulose gestorbenen 
Meerschweinchens erbalten. Auf einem Teil Substrate wurden von diesem 
Falle Reinkulturen säurefester Stäbchen vom Aussehen der Tuberkel- 
bazillen erhalten. Arvid Wallgren, Upsala. 


552. A. J. Cemach, Beitrag zur Topographie der regionären 
Lymphdrüsen des Mittelohres. Mschr. f. Ohrenhlk. 51. 1917 
H. 5/6. 

Nach einem Überblick über unsere heutigen Kenntnisse der Topo- 
graphie der regionären Lymphdrüsen des Mittelohres und deren Lymph- 
zufluss berichtet Verf. über einen Fall von Mittelohrtuberkulose, bei dem 
sämtliche in Betracht konimenden Lymphdrüsen nacheinander erkrankten. 
Nach der bisher herrschenden Ansicht wird die Lymphe der Paukenhöhle 
durch das Trommelfell hindurch dem Lymphgebiet des äusseren Gehörganges 
beigemengt, von wo sie vorzüglich in die infraaurikuläre, seltener in die 
tiefen zervikalen, zuweilen auch noch in die retroaurikulären Drüsen fliesst. 
Die präaurikulären Drüsen sollten keinen Zufluss vom Mittelohr haben. 

Aus dem vom Verf. mitgeteilten Fall scheint im Gegensatz hierzu 
hervorzugehen, dass sämtliche regionären Ohrlymphdrüsen Zufluss von der 
Paukenhöhle erhalten. An dem Fall ist weiter bemerkenswert: 1. die 
Tatsache, dass die Mastoiddrüsen frühzeitig, früher als die subaurikuläre 
Gruppe, ergriffen wurden und 2. der Befund eines dritten im Gewebe 
der Parotis liegenden Knotens der präaurikulären Gruppe, der gleichfalls 
in Verbindung mit dem Mittelohr stehen dürfte. Brock, Erlangen. 

24* 


348 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. ` 


553. Wilh. Müller, Untersuchungen über statische und dyna- 
mische Immunität bei Tuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 
36. 1917 H. 3 S. 291. 

Bei der Untersuchung der zellulären Immunität durch die Hautreak- 
tion ist zu unterscheiden die statische Immunität, d. h. der bei wieder- 
holten Analysen immer wieder gefundene, stationäre Immunitätszustand, 
und die dynamische Immunität, d. h. die Kurve der Immunitätsänderung 
im Verlaufe der Krankheit resp. der Behandlung. Die alte Beobachtung, 
dass Zunahme der Hautempfindlichkeit gegen Tuberkulin prognostisch 
günstig, Abnahme prognostisch ungünstig zu bewerten ist, hat Verf. auch 
für die Reaktion auf Partialantigene bestätigt gefunden. Durch thera- 
peutische Bestrahlungen lässt sich eine Zunahme des Intrakutantiters 
(„positive dynamische Immunität“) erzielen. Den „Nachweis dieser Tat- 
sache“ bezeichnet Verf. als „eine fundamentale Bereicherung unserer 
Kenntnis vom Wesen der Tuberkuloseimmunität“. Auch den Grund der 
Tuberkuloseerkrankung glaubt er aufgedeckt zu haben: „Heute erblicke 
ich in der Unmöglichkeit, bei künstlicher Reizung der Immunität das Phä- 
nomen der positiven dynamischen Immunität zu erzeugen, den wichtigsten 
Grund für die Erkrankung an Tuberkulose“. An Stelle der klinischen 
Beobachtung des Heilerfolges irgend einer Behandlungsart, z. B. der Strah- 
lentherapie, soll die Prüfung der dynamischen Immunität treten. „Die 
dauernde Höherstellung der statischen Immunität ist das fundamentalste 
‘Problem der ganzen Tuberkulosetherapie“. Nur schade, dass diese wie 
alle auf die Tuberkulinhautreaktion oder sogenannte „zelluläre Immunität“ 
gebauten Theorien eine bisher unbewiesene Petitio principii enthalten, 
nämlich ob wirklich die Tuberkulinreaktion einen untrüglichen, adäquaten 
Ausdruck der gesamten Abwehrkräfte des Körpers einschliesslich derjenigen 
des erkrankten Organs darstellt. E. Leschke, Berlin. 


554. Wilh. Müller, Neuere Anschauungen auf dem Gebiete des 
Lupus. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 36. 1917 H.3 S. 303. 
Strahlenbehandlung des Lupus führt zu einer Verstärkung der Haut- 
empfindlichkeit gegen Tuberkulin (Partialantigene), in der Ausdrucksweise 
des Verf. zu „positiver dynamischer Immunität“, Die statische Immunität 
(d. h. der bei wiederholter Prüfung gefundene Titer der Hautempfindlich- 
keit gegenüber den einzelnen Partialantigenen) zeigt beim Lupus kein ein- 
heitliches Bild. Nur beim Lupus erythematosus findet sich auffallende 
Armut und selbst Fehlen der Reaktion auf die Fettsubstanzen der Tuber- 
kelbazillen. E. Leschke, Berlin. 


555. A. Jousset, Étude de la tuberculine. Revue de la tuber- 
culose 1915. (Referat La Presse médicale 1915 Nr. 56.) 
Während bisher die Forscher, welche sich mit der Isolierung des 

Koch’schen Tuberkulins beschäftigten, nur darauf ausgingen, das Gift 
zu - konzentrieren, das heisst seine Toxizität zu- erhöhen, hat J. in der 
Erkenntnis, dass der therapeutische Wert eines bazillären Giftes nicht 
allein von der Schwere seiner Wirkungen abhängt, versucht, die Natur 
des Tuberkulins festzustellen, um den Experimentatoren eine von unwirk- 
samen Substanzen hergestellte Substanz liefern zu können. Er benutzte 
zu diesem Zwecke die Fällungsreaktion und die Hautreaktion. Auf Grund 
dieser Untersuchungen komnit er zu folgenden Schlüssen: 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 349 


1. Das Tuberkulin ist eine einheitliche Substanz. 

2. Die wirksam fällende Substanz des Tuberkulins ist ein natürliches 
Produkt des Koch’schen Bazillus, ein wahres Autolysat. 

3. Das Tuberkulin ist nur in konzentrierter Lösung haltbar. 

4. Die Wärme kann die wirksamen Eigenschaften des Tuberkulins 
steigern. 

5. Das spezifische Prinzip des Tuberkulins ist ein durch Hydrolyse 
entstandenes Derivat, der Nukleoalbumine des Bazillus, anschei- 
nend nahestehend den Aminosäuren. 

‚Die Konzentrationsfähigkeit des Tuberkulins ist begrenzt. Ausserdem 
scheint eine Verstärkung seiner Wirksamkeit nicht durchaus günstig zu 
sein. Aus diesen Untersuchungen leitet J. die therapeutische Unwirksam- 
keit des Tuberkulins ab und erkennt ihm nur diagnostische Bedeutung zu. 

Querner, Hamburg. 


556. A. Mayer, Klinische und experimentelle Beiträge zur Klinik 
der Typhusschutzimpfung. Zschr. f. exper: Path. u. Ther. 19. 
1917 H.1. 

Bei einer sehr grossen Zahl von typhusschutzgeimpften Soldaten hat 
der Verfasser, wie früher andere Autoren auch, vereinzelte Fälle beobachtet, 
in denen eben abgeheilte Krankheitszustände sich wieder verschlimmerten 
oder bestehende ungünstig beeinflusst wurden. Diese unerwünschten Er- 
krankungen waren unabhängig von der Stärke der Impfreaktion. Ver- 
hältnismässig häufig exazerbierten akute und chronische Bronchitiden, bei 
symptomlosen Asthmatikern traten mehrfach Anfälle kurze Zeit nach der 
Impfung auf, chronische Rheumatiker bekamen in einigen Fällen verstärkte 
Gelenkschmerzen. Rekonvaleszenten nach akuter uud chronischer Ne- 
phritis zeigten zuweilen wieder reichliche Eiweissmengen und pathologischen 
Sedimentbefund. In einigen Tagen war der Urinbefund wieder normal. 
Relativ häufig waren Exazerbationen und Rezidive bei Neurasthenie und 
Hysterie und Neuralgien. Besonders eingehend beschäftigt sich der Verf. 
mit den Beziehungen zwischen Typhusschutzimpfung und Lungentuberkulose. 

Er fand bei 77°/o aller auf Tuberkulin reagierenden Leuten, dass 
auch bei der Schutzimpfung eine Allgemein- und Herdreaktion auftrat, 
die ganz der Tuberkulinreaktion glich, wenn die Typhusimpfung vor der 
Tuberkulinprobe erfolgte. Folgte die Impfung der Tuberkulinprobe, so 
trat eine derartige Reaktion meist dann auf, wenn etwa 3 Wochen zwischen 
beiden Impfungen verstrichen waren. Bei längerem Intervall reagierte auf 
die Typhusimpfung nur 1/5 aller auf Tuberkulin reagierenden Fälle. Lagen 
weniger als 3 Wochen zwischen beiden Impfungen, so blieb auf Typhus- 
impfstoff die geschilderte Reaktion aus, Während die Ähnlichkeit der All- 
gemeinreaktion bei der Typhusschutzimpfung bereits von früheren Autoren 
hervorgehoben wurde, ist die Herdreaktion bisher anscheinend nicht genügend 
gewürdigt worden. Die Reaktion bestand im Auftreten mehr oder minder 
reichlicher Rasselgeräusche, Zunahme des Auswurfs bezw. Auftreten von 
Sputum, das vorher fehlte, Vermehrung des Eiweisses im Sputum und 
vor allem fanden sich in einigen Fällen Tuberkelbazillen, die vorher nicht 
vorhanden waren. Einigemal trat Albuminurie auf. Meist entstand die 
Herdreaktion nach der zweiten Injektion und zwar stets innerhalb 48 
Stunden. Die Allgemeinreaktion verlief wie nach Tuberkulininjektionen, 


350 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


mit ihr klang die Herdreaktion in 24 Stunden „restlos“ ab. Nach Meinung 
des Verf.s war in keinem Fall ein dauernder Schaden entstanden. Er 
hält es vor allem für ausgeschlossen, dass etwa Tuberkelbazillen „mobi- 
lisiert“ und in die Blutbahn geschwemmt sein könnten. Aktive Tuber- 
kulose hält er immerbin aber doch für eine Kontraindikation gegen die 
Typhusschutzimpfung. Diese Schlussfolgen stehen also in einem Gegen- 
satz zu den Erfahrungen Schröder’s, der auch bei latent tuberkulösen 
Soldaten in einem hohen Prozentsatz feststellen konnte, dass sie nach der 
Impfung an den Anzeichen einer aktiven Tuberkulose erkrankt waren. 
Schröder zog aus diesen Befunden den Schluss, dass die Typhusschutz- 
impfung die Tuberkulosebereitschaft des Organismus erhöht habe und hält 
es für möglich, dass die nach der Impfung auftretende Leukopenie die 
Widerstandsfähigkeit gegen die Tuberkelbazillen: herabsetzt (Württ. med. 
Corr.-Blatt 1915). Betrachtet man die Meyer’schen sehr interessanten 
Ergebnisse vorurteilslos, so scheinen sie die Schröder’sche Ansicht von 
der Möglichkeit einer Gefährdung latent tuberkulöser Soldaten durch die 
Typhusschutzimpfung zu stützen. Es kann kaum einem Zweifel unter- 
liegen, dass z.’ B. das Erscheinen der vorher nicht vorhandenen Bazillen 
nicht anders als durch eine Aktivierung alter tuberkulöser Herde erklärt 
werden kann. Es ist deshalb auch nicht recht verständlich, wenn M. in 
den betreffenden Fällen zwar die Beeinflussung tuberkulöser Herde durch 
die Typbusimpfung zugibt, sie aber für ganz oberflächlich und nicht spe- 
zifisch hält, sondern nur eine „Mitreaktion“ geringer Mengen tuberkulöser 
Antistoffe bei der Typhusschutzimpfung annimmt. M. fand allerdings, 
dass bei Tuberkulösen nach der Typhusschutzimpfung die sonst auftretende 
Leukopenie weniger deutlich war. Er erklärt diese Erscheinung ebenso 
wie die von ihm beobachtete Hemmung der Agglutination und das Feblen 
der Milzschwellung bei Tuberkulosen nach der Typhusvakzination damit, 
dass bei Tuberkulösen, die ihre spezifischen Antistoffe in hohem Grade 
beanspruchen, die Typhusschutzimpfung mit Bezug auf genannte Erschei- 
nungen weniger wirksam ist als bei Gesunden. Für eine solche Annahme 
macht er weiter geltend, dass die kutane Tuberkulinreaktion durch die 
Typhusschutzimpfung gehemmt wird. 

Die tatsächlichen Feststellungen M.’s über die Beziehungen der Typhus- 
schutzimpfung zur Tuberkulose sind sicherlich wertvoll. Sie werden aber 
in ihrer Deutung vielfach auf Widerspruch stossen, namentlich scheint 
es noch keineswegs sicher, ob nicht durch die Typhusschutzimpfung doch 
eine dauernde Schädigung latent Tuberkulöser eintreten könnte. Es wäre 
deshalb eine diesbezügliche Untersuchung an grossem Material und bei 
langer Beobachtungszeit sehr erwünscht. Rosenow. 


557. Gilbert, Über chrenische Uveitis und Tuberkulide der 
Regenbogenhaut. Arch. f. Augenhlk. 82. 1917 H.3 u. 4. 


Besprechung der jüngsten Anschauungen über das Entstehen der 
Uveitis und den Zusammenhang mit Tuberkulose. Nicht immer lässt sich 
der tuberkulöse Ursprung nachweisen, zumal bei Fehlen von tuberkulösen 
Allgemeinsymptomen, aber es lässt sich die Tuberkulose oft noch schwerer 
ausschliessen; nicbt einmal das Fehlen des für Tuberkulose charakte- 
ristischen histologischen Befundes spricht gegen Tuberkulose. Verf. be- 
richtet von zwei Fällen, bei denen der bekannte Aufbau des echten Tu- 





Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 351 


berkels bei sicher tuberkulösen Augenentzündungen fehlte — ebenso wie 
bei sicher tuberkulösen Hauterkrankungen. 

Verf. schlägt für die Irismetastasen die Einteilung vor: 

1. diffuse metastatische Iritis ; 
2. herdförmige metastatische Iritis. 

Die Tuberkulose tritt meist in der zweiten Form auf. Für die chro- 
nische endogene Uveitis (Fuchs) nimmt Verf. die Tuberkulose als eine 
der Hauptursachen an; Verf. empfiehlt zur Klarstellung die Untersuchung 
mit dem binokularen Mikroskop. 

Mitteilung weiterer zwei Fälle, bei denen nur ganz leichte oder 
gar keine sonstigen ÖOrganveränderungen tuberkulöser Art nachweisbar 
waren, die trotzdem auf kleine Dosen Alttuberkulin leicht allgemein re- 
agierten und, abgesehen von einer sehr chronisch verlaufenden Uveitis, 
gesund erschienen. Individuen mit solchen gutartigen Tuberkulosen sind 
es nun, bei denen die Tuberkulide beobachtet werden, während sie bei 
vorgerückter innerer Tuberkulose so gut wie niemals sich finden, 

Die Tuberkulide sind nicht als etwas ihrem Wesen nach, sondern 
nur graduell Verschiedenes von der Tuberkulose aufzufassen (Phlyctaena 
iridis). Die ungemeine Flüchtigkeit verbietet es, die Gebilde als Tuberkel 
aufzufassen, Werner Bab, Berlin. 


558. E. v. Hippel, Über tuberkulöse, sympathisierende und pro- 
liferierende Uveitis unbekannter Atiologie. Anatomische Unter- 
suchungen zur Differentialdiagnose dieser Erkrankungen. Arch f. 
Ophthalm. 92. 1917 H. 4 


v. H. untersuchte die Augen mit chronischer Uveitis anatomisch aus 
der Erwägung heraus, ob nicht mancher Fall mit Tuberkulin behandelt 
wird, der gar nicht auf Tuberkulose beruht. Die wichtigste Untersuchung 
betrifft die anatomische Differentialdiagnose zwischen tuberkulöser und 
sympathisierender Uveitis. 

Es werden die anatomischen Untersuchungen von 14 Fällen chro- 
nischer Uveitis mitgeteilt, erläutert durch Angaben des klinischen Verlaufs 
und beigefügter Mikrophotogramme. 

Verf. bespricht dann die anatomischen Befunde im einzelnen ausführ- 
lich: 7 Fälle sind klinisch als tuberkuloseverdächtig zu bezeichnen, 
während 7 klinisch sicher auf Tuberkulose beruhen. In der Mehrzahl 
der Fälle, die als verdächtig bezeichnet sind, konnte anatomisch — ohne 
dass Tuberkelbazillen nachgewiesen wurden — die Diagnose tuberkulöse 
Uveitis sicher gestellt werden. Bei den klinisch einwandfreien Fällen liess 
sich 2mal unter 7 Fäilen restlose bindegewebige Vernarbung an Stelle 
der spezifischen Infiltration nachweisen. Tuberkulöse Uveitiden bleiben 
sicher deshalb so oft zunächst klinisch unaufgeklärt, weil die eigentlich 
spezifischen Veränderungen mit Vorliebe ihren Sitz an Stellen haben, die 
einer direkten Untersuchung nicht zugänglich sind und nur das Auftreten 
der unspezifischen Präzipitate und der Glaskörpertrübungen herbeiführen. 

Bei der Erörterung der anatomischen Differentialdiagnose zwischen 
tuberkulöser und sympathisierender Erkrankung betont Verf., dass er 
einstweilen an der Wesensverschiedenheit der beiden Krankheitsprozesse 
Testhalte. 


352 Ätiologie und Verbreitung. 


Er kommt dann zu der Frage, ob es ausser der tuberkulösen und 
sympathisirenden Uveitis noch eine dritte ätiologisch verschiedene Form 
von endogener Uveitis gibt, die anatomisch mit den beiden genannten die 
weitgehendste Ähnlichkeit besitzt. Verf. rechnet ausser Fällen aus der 
Literatur seine Fälle 1 und 2 hierher, verhält sich aber gegenüber der 
Annahme einer dritten Form von Uveitis, die ätiologisch unbekannt ist, 
ablehnend; diagnostiziert in den erwähnten Fällen bis zum Beweis der 
Unrichtigkeit tuberkulöse Uveitis. Werner Bab, Berlin. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


559. Köhlisch, Über die Bedeutung der Milch für die Verbrei- 
tung der Tuberkulose. Zschr. f. Hyg. 81. 1916. 

Bericht über intraperitoneale Impfungen von Meerschweinchen mit 
teils unverdünnter, teile verdünnter Milch. Bei 23 Versuchen 12 positive 
Resultate. Nach Injektion von Bauernmilch traten weniger Erkrankungen 
ein ale von Dominialmilcb und Milch aus Grossstadtmolkereien. Das er- 
innert an die Angabe v. Behring’s, dass die Zahl der tuberkulösen 
Kühe mit der Grösse der Herde nicht nur relativ, sondern absolut wächst. 
Es ist sicher, dass gelegentlich grosse Mengen von Tuberkelbazillen in der 
Marktmilch vorkommen, doch reicht die Menge der vorhandenen Bazillen 
meistens nicht aus, um zu einer Erkrankung zu führen. Verf. glaubt, 
dass der Milch eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Ver- 
breitung der Tuberkulose nicht zukommt, doch hält er die strengen Mass- 
nahmen, die im Kampfe gegen die Tuberkulose für tuberkelbazillenfreie 
Marktmilch empfohlen werden, für durchaus gerechtfertigt. 

W. Schultz, Hamburg. 


560. Köhlisch, Die Gefahr des Wohnungsstaubes für die Ent- 
stehung von Inhalationstuberkulose. Zschr. f. Hyg. 51. 1916. 
Verf. liess trockenen Staub aus Phthisikerwohnungen durch Meerschwein- 
chen einatmen. In 32 Inhalationsversuchen erkrankte kein einziges Tier 
an Tuberkulose. Die Rolle der Einatmung von Wohnungsstaub bei der 
Verbreitung der Tuberkulose ist früher sehr überschätzt worden. Die Ver- 
suche Cornet’s waren nicht beweiskräftig, weil Cornet den Staub mit 
feuchten Tupfern aufnahm, so dass auch Tuberkelbazillen, die sich gar 
nicht in staubtrockenem Zustand befunden hatten, in das Material gelangen 
konnten. Auf Grund des Ergebnisses seiner Inhalationsversuche schliesst 
Verf., dass man die Bedeutung des Staubes für die Inhalationstuberkulose 
geringer bewerten muss, als man bisher getan. Tröpfchen- und Kontakt- 
infektion sind die häufigsten und wichtigsten Übertragungsarten der Tu- 
berkulose; Einatmung von trockenem Staub spielt unter den üblichen Woh- 
nungsverhältnissen nur eine sehr untergeordnete Rolle. 
W. Schultz, "Hamburg. 


561. Fuchs-Wolfring, Über die Bedeutung der Rindertuberkel- 
bazillen für den Menschen. Corr. Bl. f. Schweizer Arzte 1917 
Nr. 32. 
Verf. führt als Beweise für die Richtigkeit der C. Spengler’schen 
Lehre von der tuberkulösen symbiotischen Doppelinfektion, die sich von 


Ätiologie und Verbreitung. 353 


Mensch zu Mensch verbreitet, ausser den Elektivzüchtungen beider Typen, 
die folgenden Punkte an: 

1. Die elektive Giftempfindlichkeit. 

2. Die Doppelagglutination und die Doppelpräzipitation. 

3. Die bakteriolytischen Versuche Kronberger’s mit den beiden 
aus Menschenmaterial gezüchteten Typen. 

4. Die im Ultramikroskop von C. Spengler festgestellten optischen 
Unterschiede zwischen den verschiedenen Tuberkuloseerregern und 
ihren Giften: dem Humanobrevis, Humanolongus und Perlsucht- 
bazillus. Lucius Spengler, Davos. 


562. Blair M. Martin, The effect of daylight and drying on 
the human and bovine types of tubercle bacilli. British 
Med. Journ. 1915 S. 110. 

Experimentelle Untersuchungen über die Empfindlichkeit der Tuber- 
kelbazillen gegenüber atmosphärischen Einflüssen (Tageslicht, Trockenheit) 
ergaben eine erhöhte Empfindlichkeit für den bovinen Typus; hieraus er- 
klärt sich auch die wesentlich seltenere aerogene Infektion des Menschen 
mit dem bovinen Typus. Kautz, Hamburg. 


563. A. Kirch, Zur Ätiologie der generalisierten Lymphome. 
W. kl. W. 1917 Nr. 31. 

Das kurz zusammengefasste Krankheitsbild eines Falles weist folgende 
Merkmale auf: Vergrösserte, harte Lymphdrüsen ohne aggressive Wachs- 
tumstendenz in verschiedenen Körperregionen. Vergrösserung der Milz, 
der Thymus, remittierendes Fieber (nicht konstant), Diazoreaktion im Harn, 
neutrophile Leukozytose mit Eosinophilie; also Lympbadenose mit Ver- 
mehrung der neutrophilen und eosinophilen Granulozyten. 

Ohne mit Sicherheit die Tuberkulose als Ätiologie ausschliessen zu 
können, weist Verf. auf die Möglichkeit eines Zusammenhanges der geschil- 
derten Erkrankung mit den wiederholten Impfungen mit Typhusvakzine 
und Kuhpockenlymphe bei dem Kranken (Soldaten) hin. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


564. Alfred Pettersson, Über die Ätiologie der primüren De- 
glutitionstuberkulose. Stenska tuberkulosläkarföreningens för- 
handlingar 1916. Hygiea 1917. 

7 Fälle von primärer Darm- resp. Mesenterialdrüsentuberkulose patho- 
logisch-anatomisch und bakteriologisch untersucht, nebst einer Zusammen- 
stellung von bisher in der Literatur publizierten diesbezüglichen Fällen. 
Von 118 auf diese Weise untersuchten primären Darm- und Mesenterial- 
tuberkulosen waren 61 durch bovine, 57 durch humane Bazillen hervor- 
gerufen. Verf. fand in seinen 7 Fällen 5 bovine und 2 humane Bazillen- 
stämme. Arvid Wallgren, Upsala. 


565. A. Stanley Griffith, Types of tubercle bacilli in human 
tuberculosis. Brit. Journ. of Tuberculosis. Vol. XI Nr. 4 
Okt. 1917. 
Tabellarische Statistik über das Vorkommen verschiedener Typen von 
Tuberkelbazillen bei Tuberkulose des Menschen, aus welchen hervorgeht, 
dass der höchste Prozentsatz von boviner Infektion bei Tuberkulose der 


? 


354 Ätiologie und Verbreitung. 


Zervikaldrüsen und bei solcher intestinalen Ursprungs (Obduktionsresultate) 
sich findet, dass bei Kindern unter 10 Jahren, die an verschiedenen Ursachen 
starben, deren tuberkulöse Infektion aber durch den alimentären Traktus 
anzunehmen war, sich in 74°/o der bovine Typus vorfand, während bei 
Infektion auf respiratorischem Wege (Lungenphthise und Bronchialdrüsen- 
tuberkulose) sich nur selten bovine Tuberkelbazillen nachweisen liessen, 
dass ferner die bovine Infektion am häufigsten sich bei Kindern unter 
5 Jahren zeigt. Amrein, Arosa. 


566. H. H. Nijssen, Verbreitung der Tuberkulose durch die 
Zucht und durch die Milch (beim Rind). Mittel zur Be- 
kämpfung der Tuberkulose. Inaug.-Diss. Bern, 22. Juli 1914. 
Gedruckt bei J. Zimmer, Utrecht- Holland 1916. 


Die Frage, ob gesund geborene, aber von tuberkulösen Eltern stam- 
mende Kälber erblich für tuberkulöse Infektion prädisponieren, wird vom 
Verf. verneint. Germinative Infektion (unbefruchtetes Ei infiziert) hält 
Verf. für ausgeschlossen und die germinative Infektion (Sperma infiziert 
in den Testes) für ziemlich ausgeschlossen. Die intrauterine Infektion 
der wachsenden Frucht kommt vor, ist jedoch praktisch von geringer 
Bedeutung. Dagegen kommt beim Rind die Verbreitung der Tuberkulose 
durch die Milch sehr häufig vor. 

Für die Bekämpfung der Tuberkulose beim Rind macht Verf. ein- 
gehende, rigorose Vorschläge (Staatshilfe), die im Original nachzulesen 
sind. Lucius Spengler, Davos. 


567. E. Braun, Die Häufigkeit der Tuberkulose im Greisenalter. 
Inaug.-Diss. Basel 1917. Erweiterter Sonderabdruck aus dem 
Corr. Bl. f. Schweizer Arzte 1917 Nr. 35. 


Vergl. das entsprechende Referat in diesem Centralblatt Bd. 11 H. 1. 
Lucius Spengler, Davos. 


568. K. Ulrich, Zwei Beiträge zur Genese des Mittelohr- 

Cholesteatoms. Zschr. f. Ohrenheilk. Ba. 75 S. 159. 

Verf. hat 458 sichere Mittelohrcholesteatome bezüglich ihrer Genese 
statistisch bearbeitet; dabei ergab sich, dass 207 Kranke — mehr als 40 Jo 
keine ursächliche Erkrankung anzugeben wussten, dass von den 458 
Cholesteatomkranken laut Anamnese Status, event. Sektionsbefund 109 
= 20°o an Tuberkulose gelitten hatten bzw. noch litten und 114 Pa- 
tienten erblich belastet waren. In toto waren mindestens 189 oder 
41,2°/o aller Cholesteatomkranken tuberkulös oder infolge hereditärer 
Belastung tuberkuloseverdächtig. Dieses Zusammentreffen von Mittelohr- 
cholesteaton und Tuberkulose kann nach Verf. kein zufälliges sein. 
Wäre die Tuberkulose nur ein ganz zufälliger Nebenbefund, so müssten 
sich die Tuberkulösen und Belasteten gleichmässig auf alle bei der 
Entstehung des Mittelohrcholesteatoms in Betracht kommenden Affektionen 
verteilen; dies ist aber nicht so, sondern gerade bei den Patienten, bei 
welchen Anamnese (erstes Auftreten der Mittelohreiterung im Säuglings- 
alter obne vorhergehende Allgemeinerkrankung; ohne jegliche subjektiven 
Symptome auftretende Otorrhoe im späteren Alter) und Trommelfellbefund 
am ehesten auf eine abgelaufene Mittelohrtuberkulose hinweisen, sind bei 


+ 


Ätiologie und Verbreitung. 355 
i 

weitem die meisten tuberkulösen oder tuberkuloseverdächtigen Individuen 
zu treffen; mehr als 63°/o derselben sind tuberkulös oder tuberkulose- 
verdächtig. Verf. sieht darin einen Beweis dafür, dass zwischen Tuber- 
kulose und Cholesteatom ein enges Abhängigkeitsverbältnis bestehen muss 
(zumal die Entstehung von Cholesteatom auf dem Boden tuberkulöser 
Mittelohreiterung direkt beobachtet und einwandfrei festgestellt ist), dass 
in der Ätiologie der Mittelohrcholesteatome die Otitis media tuberculosa 
ganz iu den Vordergrund rückt. Brock, Erlangen. 


569.: F. Hamburger, Bemerkungen zum Kapitel Krieg und 

Tuberkulose. W. m. W. 1917 Nr. 11. 

Bei der Untersuchung von 470 kranken Soldaten, die auf aktive 
Tuberkulose nicht verdächtig waren, ergab die Tuberkulinstichreaktion 
98 %/o positiv Reagierende. 

Die Frage, ob die Tuberkulose bei den Männern dienstpflichtigen 
Alters in Österreich während des Krieges zugenommen hat, kann jetzt 
noch nicht beantwortet werden. Die Häufung der Tuberkulösen in den 
Militärspitälern des Hinterlandes beweist nichts, weil viele Phthisiker, die 
sonst über das ganze Reich zerstreut waren, jetzt dort versammelt sind. 
Sie sind zum Teile schon krank, zum Teile noch gesund, aber zur 
Phthise „bereit“, eingerückt. Ein im Gegenteile hiezu allzu günstiges Bild 
könnte man in den Frontspitälern gewinnen. Dort sammeln sich die 
frontdiensttauglichen, also besonders gesunden und kräftigen Leute, die nun 
krank oder verwundet aus der Front kommen. Dort fand H. auch nicht 
viel Tuberkulöse, darunter überwiegend leichtere, rasch heilende Fälle und 
nur wenig Bazillenhuster (unter den „Spitzenkatarrben“ weniger als 5 °/o). 
Ein richtiges Bild könnte nur eine Statistik ergeben, die für die einzelnen 
Kaders bei Musterung, Präsentierung, bei den Ersatz- und Marschforma- 
tionen, sowie bei den zugehörigen Front- und Etappentruppen die notwen- 
digen Erbebungen machen würde. 

Der Felddienst ist für viele infolge des ständigen Lebens im Freien 
nützlich, für viele andere sehr schädlich, weil die körperlichen und see- 
lischen Anforderungen stärker schädigen, als das Leben im Freien nützt. 

Für Erkrankte, die wieder an die Front sollen, empfiehlt H. anfüng- 
lich Liegekur und gute Ernährung, später körperliche Vorübung und 
Vorbereitung für den Frontdienst. Er stellte zu diesem Zwecke eine 
eigene Abteilung auf, die nach vorheriger Durchsiebung unter ärztlicher 
Aufsicht den Wetterunbilden ausgesetzt wurde und im Freien arbeitete. 
Der praktische Erfolg scheint ein guter gewesen zu sein. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


570. G. Hälsen, Wirkungen des Krieges auf die Sterblichkeits- 
verhältnisse. D. m. W. 1917 Nr. 55. 

Zusammenfassung: 

„1. Die Geburtenzahl hat naturgemäss abgenommen und infolge- 
dessen auch die Zahl der gestorbenen Kinder unter einen Jahre, sowohl 
absolut als auch im Verhältnis zur Gesamtzahl der Todesfälle; eine 
Änderung der Säuglingssterblichkeit aber ist nicht nachzuweisen. 

2. Ebenso ist keine Änderung der Sterblichkeit an Tu- 
berkulose festzustellen, lediglich an Krebskrankheiten ist eine höhere 
Zahl von Todesfällen zu verzeichnen. 


356 Diagnose und Prognose. 


3. Auch die Gesamisterblichkeitsziffer ist selbst einschliesslich der 
Kriegsverluste kaum gestiegen. 

4. Andererseits bat die Zahl der Toten über 60 Jahre bedeutend 
zugenommen, sowohl absolut wie im Verhältnis der Gesamttodeszahl. 

Jedenfalls hat die verringerte Nahrungszufuhr mit all ihren Ersatz- 
mitteln bisber bei dem allergrössten Teil der Bevölkerung keinen Einfluss 
auf die Sterblichkeitsverhältnisse gewonnen; insbesondere hat der Krieg 
keine ungünstige Wirkung auf die Säuglingssterblichkeit hervorgerufen.“ 

(Die Angaben beziehen sich auf ein Städtchen mit 9000 Einwohnern, 
meist Arbeitern.) C. Kraemer II, Stuttgart. 


c) Diagnose und Prognose. 


571. Arvid Wallgren, Über Fortleitung der Reibegeräusche. 
Svenska Läkarsällskapets Handlingar 43. 1917 H. 3. 

Es ist häufig möglich, ein Reibegeräusch von einem anderen mittelst 
Rhytmus, Tonhöhe u. a. zu unterscheiden. Die Reibegeräusche werden gewöhn- 
lich am besten gehört und sind bisweilen palpabel gerade an dem Orte, wo 
sie entstanden sind. Sie werden nicht so selten von diesem Ort fortgeleitet, 
bisweilen sehr weite Strecken. Dieses Verhalten dürfte die Ursache sein, 
dass (fortgeleitete) Reibegeräusche sehr häufig an den Lungenspitzen, wo 
sie schwerlich entstehen können, der kleinen Verschiebung der Pleurablätter 
zufolge, hörbar sind. Die Fortleitung scheint wenigstens bisweilen vorzugs- 
weise in derselben Richtung zu geschehen, wie die Bewegung der Ent- 
stehungsstelle des Reibegeräusches an der Lunge während der Respiration. 

Arvid Wallgren, Upsala. 


572. Sigurd Berg, Einige Erfahrungen über die Anreicherung 
des Sputums bei Tuberkelbazillennachweis. Allm. Svenska 
Lükartidningen 1917 Nr. 6. 

Verf. hat eine vergleichende Untersuchung zwischen der Antiformin- 
methode und der von Adam angezeigten Methode (Brauer’s Beitr. Bd. 25) 
angestellt. Mit dem Verfahren Adam’s erhielt Verf. eine bedeutend 
grössere Anreicherung und damit eine grössere Anzahl positiver Resultate 
als mit der Antiforminmethode. A. Wallgren, Upsala. 


573. Henry A. Ellis, The papillary cutaneous reaction in tuber- 
eulosis. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. XI Nr.4, Okt. 1917. 


Verf. möchte durch kutane Tuberkulinimpfung der Frage der 
Frühdiagnose der aktiven Erkrankung beikommen. Er wendet die 
Skarifikationsmetbode an (6—-9 leichte Skarifikationen durch einen 
vorher applizierten Tuberkulintropfen, die Area der Skarifikationen hat 
ca. 1 mm Durchmesser) unter Benutzung von P.T.O. (als boviner Test) 
konzentriert, und von T.A. in Verdünnungen 1:10, 1:100, 1:500, 
1:1000, 1:10000. Unverdünntes T.A. wird wegen zu starker Lokal- 
reaktion nicht angewendet. 

Auf Grund der auftretenden lokalen Hautreaktionen unterscheidet 
er verschiedene Klassen: Hypersensitive (Reaktion bei 1:500 und noch 
grösseren Verdünnungen), sensitive (Reaktion bei 1: 100), subsensi- 
tive (unter 1:100). Hypersensitive Lungenkranke mit starker Reak- 


Diagnose und Prognose. 357 


tion sollen besonders ängstlich überwacht werden. Tuberkulin darf nur 
in stärksten Verdünnungen und äusserst vorsichtig angewendet werden. 
Die Sensitiven, welche bei 1:100 eine deutliche Reaktion aufweisen, 
geben die besten Aussichten für erfolgreiche Tuberkulinbehandlung. Bei 
den Subsensitiven ist die Reaktion bei nur 1:10 ein prognostisch 
schlechtes Zeichen, namentlich wenn die kutane Reaktion dunkel gefärbt 
und mit deutlicher Schwellung einhergeht. Das aktive Frühstadium 
zeigt Reaktion bei 1:10, hellrot und Schwellung und Reaktion bei 1: 100 
hat immer als ein Zeichen von Aktivität aufgefasst zu werden; die 
entsprechenden Untersuchungen bei den Rekrutenaushebungen hätten dies 
deutlich bewiesen. 

Verf. betont, dass ohne die angeführten multipelu Hautreaktionen 
eine Einschätzung der Tuberkulose und auch eine erfolgreiche Tuberkulin- 
behandlung unmöglich sei. | Amrein, Arosa, 


574. Andre Jousset, Signification generale des réactions tuber- 
culiniques. Académie de Médecine, 18. Mai 1915. (Ref. La 
Presse méđic. 1915 Nr. 23.) 

J. zeigt, dass es möglich ist, grosse Tiere, z. B. Kub und Pferd, 
mittelst Injektionen löslicher Produkte des Tuberkelbazillus, die völlig von 
den Bazillenleibern befreit sind, zu immunisieren. Diese Tiere reagieren 
dann, ohne selbst eine Spur tuberkulöser Erkrankung zu zeigen, auf Tuber- 
kulin in jeder Anwendungsform, genau wie tuberkulös erkrankte Tiere. 
Diese Tatsachen zeigen, dass der Koch’sche Bazillus nur indirekt zur 
Sensibilisierung des Organismus beiträgt; die Reaktion wird erzeugt auf 
Grund der durch den Bazillus verliehenen Immunität. Die Reaktions- 
fähigkeit auf Tuberkulin ist demnach eine Erscheinung der Abwehr und 
nicht der Anaphylaxie; daraus erklärt sich das Versagen des Tuberkulins 
in diagnostischer und seine Bedeutung in pfognostischer Beziehung. 

Querner, Hamburg. 


575. Litzner, Das Tuberkulin bei der frühzeitigen Erkennung 
der aktiven Lungentuberkulose. M. m. W. 64. 1917 S. 1068 
bis 1069. 

Das Auftreten von Fieber nach probatorischer Tuberkulininjektion 
hat bei Verdacht auf beginnende Tuberkulose keinen beweisenden Wert 
für das Vorliegen einer tuberkulösen Erkrankung. Umgekehrt kann bei 
Ausbleiben von Fieber trotzdem eine Lungenherdreaktion vorhanden sein. 

Beweisend für den Sitz und die Ursache der Erkrankung ist nur die 
Lungenherdreaktion. Über die Aktivität des Prozesses entscheidet nur 
eine weitere mehrwöchige Beobachtung des Kranken, besonders hinsichtlich 
des Befindens und der Leistungsfähigkeit. Bredow, Ronsdorf. 


576. Dembinski und Tuz, Versuche über die Unterscheidung 
der aktiven Tuberkulose von der latenten mittelst der Tu- 
berkulinreaktionen mit Bestimmung des Tuberkulintiters. 
Beitr. z. Klin. d. Tbe. 37. 1917 H. 3 8. 153. 

Untersuchungen des Tuberkulintiters an 94 tuberkulösen und Nicht- 
tuberkulösen ergaben, dass eine Abgrenzung der aktiven Tuberkulose von 
der latenten durch den Tuberkulintiter. nicht möglich ist, 

E. Leschke, Berlin. 


358 Diagnose und Prognose. 


577. Jos. v. Jaworski, Über die Prognose in der Schwanger- 
schaft bei tuberkulösen Frauen und über die Bedeutung des 
sog. Veit’schen Gesetzes für die Vorhersage. Beıtr. z. Klin. 
d. Tbe. 87. 1917 H. 3 S. 163. | 


Bei der Unterbrechung der Schwangerschaft wegen Tuberkulose muss 
man sich nicht allein nach dem von Veit näher untersuchten Verhalten 
des Körpergewichtes richten und nur bei Abnahme desselben die Schwanger- 
schaft unterbrechen, sondern auch alle anderen klinischen Zeichen, nament- 
lich Temperatur und Organbefund dazu heranziehen. 

E. Leschke, Berlin. 


578. Felix Deutsch, Zur Prognose der Lungentuberkulose. 
W. kl. W. 1917 Nr. 55. 

Anfänglich aus theoretischen Überlegungen angestellte Versuche über 
die Bedeutung des Verhältnisses des vegetativen Nervensystems für die 
Prognose und Behandlungsfähigkeit der Lungentuberkulose hat praktische 
Erfolge gezeitig. Dem Verf. scheint daher „mit Recht die Behauptung 
aufrecht erhalten zu bleiben, dass ein von Natur aus mit dem ganzen Rüst- 
zeug des zur Reizung des sympathischen Nervensystems befähigten Drüsen- 
systens ausgestatletes Individuum im Falle einer tuberkulösen Erkrankung 
die besten Aussichten auf Behandlungserfolg, respektive Heilung seiner 
Krankheit hat, während solche, die von vornherein auf Adrenalin nicht, 
jedoch auf die Reizgifte des parasympathischen Systems ausgiebig reagieren, 
geringe Chancen auf Heilung oder Eindämmung ihres Prozesses haben, 
wenn auch im Beginne der Behandlung die Erkrankung einen noch harm- 
losen Charakter zeigen sollte.“ 

Das Verbalten des vegetativen Nervensystems ist der Ausdruck der 
im Organismus sich abspielenden innersekretorischen Vorgänge, welche zu 
den bekannten prämonitorischen und pathognomonischen Symptomen führen, 
die sich, ohne dass wir die Ursache genau kennen, in Schweissen, Erbrechen, 
Reizbarkeit oder Mattigkeit, Blässe des Gesichtes, Temperatursteigerungen 
usw. ausdrücken, Erscheinungen, welche einer Übererregung im sympa- 
thischen oder parasympathischen Nervensystem entsprechen. Zu Tuber- 
kulose besonders neigende Individuen (mit Iymphatischer Konstitution, auch 
hereditär Belastete) weisen einen erhöhten Tonus im parasympathischen 
System auf. Es war also vor allem auf die den Sympathikus in elek- 
tiven Sinne reizenden Drüsen (Schilddrüse, Nebenniere) zu achten. Ver- 
suche mit Jodothyrin und Jodothyrintuberkulin ergaben keine eindeutigen 
Resultate. Dagegen zeitigten die Bemühungen, die Tuberkulintberapie durch 
Adrenalin-, resp. Adrenalin-Atropindarreichung wirksamer zu machen, 
günstige Resultate. 

Auch andere bakteriell toxische Schädigungen (Dysenterie, Typbus 
etc.) beeinflussen vorübergehend das vegetative Nervensystem. Dies tun 
also offenbar auch die Stoffwechselprodukte der Koch’schen Baazillen. 
Verf. wendet sich gegen Reitter (s. Ref. Nr. 350), der die toxische Ent- 
stehung solcher Krankheitsbilder leugnet und mehr eine mechanische Wir- 
kung der Hilusdrüsen auf den Vagus annimmt, da es erwiesen ist, dass 
die endokrinen Drüsen durch die Tuberkulose toxisch in ihrer Funktion 
gestört werden können. 





Diagnose und Prognose. 39 


Schlussfolgerung: „.... dass bei der Lungentuberkulose eine gute 
Ansprechbarkeit des sympathischen Nervensystems und eine ausreichende 
Funktion der es erregenden endokrinen Drüsen eine gute Prognose für 
den Verlauf der Erkrankung geben und dass das Siuken des sympathischen 
Tonus als übles Prognostikum aufzufassen ist. Ob und auf welche Weise 
das Zusammenwirken der sympathiktropen Sekrete die schädliche Wirkung 
des Tuberkulosegiftes abzuschwächen und damit das Fortschreiten des 
Krankheitsprozesses zu hemmen vermag, ist derzeit nicht zu beantworten 
und muss durch weitere Untersuchungen erst, bewiesen werden.“ 

(Der interessante Aufsatz würde durch klarere Sprache wesentlich 
gewinnen. Ref.) A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


579. Bauchant, Sur une forme de tuberculeuse communément 
observée aux armées, Ref. La Presse médicale 1917 Nr. 19. 
B. konnte bei 200 Soldaten, die als tuberkuloseverdächtig einen: grösseren 
Sammellazarett zugeführt wurden, einen Symptomenkomplex beobachten, der 
eine bestehende Tuberkulose wahrscheinlich machte. Es handelte sich ìn 
der Regel um junge Leute, die während des Krieges vorübergehende Lungen- 
erscheinungen zeigten. Stets boten sie einen asthenischen Habitus, auf- 
fallende Gesichtsblässe und erhebliche Gewichtsabnahme. Es bestand 
ein dauernder trockener und stets nachts besonders auftretender Husten. 
Im schleimigen Auswurf zeigte sich sehr selten Blut, niemals Tuberkel- 
bazillen. Der Sitz der Erkrankung betraf ebenso oft die Spitzen wie die 
Basis. Bei der geringsten Anstrengung machte sich starke Kurzluftigkeit 
bemerkbar, bisweilen auch schon im Bett. Bei genauester Auskultation 
hört man feinstes trockenes Knistern ohne je nachweisbare Schallverkürzung. 
Oft sind beide Lungen beteiligt. Bei jüngeren Leuten ergibt die Unter- 
suchung des Zwischenschulterraumes fast stete das Vorhandensein tracheo- 
bronchialer Drüsen. Desgleichen finden sich axillär und zervikal zahlreiche 
Drüsenpakete. Die Röntgenuntersuchung ergibt wechselnde Befunde, meistens 
sind die Lungenfelder gleichmässig gut durchleuchtet, mitunter bestehen 
geringe Intensitätsunterschiede; stets jedoch besteht Schwellung der Hilus- 
drüsen. Alle Fälle fiebern, bleiben jedoch unter 38° mit abendlichen 
Steigerungen bis zu 37,80, Keine vermehrte Schweissabsonderung. Dyspep- 
tische Beschwerden, Diarrhöen, Herzklopfen, Herabsinken des arteriellen 
Blutdrucks, flüchtige Gelenkschmerzen und Kopfschmerz. Die Entwicklung 
zeigt meist Besserungen, aber oft erst nach längerer Zeit, in leichteren 
Fällen nach ca. 3 Wochen, bei mittelschweren nach 5—10 Wochen und 
bei schwereren Fällen nach 2 Monaten. Verf. bält diese Form der 'Tuber- 
kulose für eine latente Bazillämie, die als gutartig zu betrachten ist. 


Kautz, Hamburg. 


580. Hesse, Gesichtspunkte zur Beurteilung der Lungenschwind- 
Sucht für den Militärarzt. M. m. W. 64. 1917 S. 1053—55. 
H. fand unter dem eingewiesenen Krankenmaterial auf der Beobach- 
tungsstation die Diagnose Lungentuberkulose nur in 25°/o bestätigt, In 
den übrigen Fällen handelte es sich teils um eine übertriebene Würdigung 
der Anamnese und falsche Deutung des physikalischen Befundes, teils um 
Erkrankungen der Brustorgane nichttuberkulöser Natur. 


— 5 


360 Diagnose und Prognose. 


Zur Abgrenzung der Tuberkulose gegen die übrigen Lungenerkran- 

kungen werden folgende diagnostische Hilfsmittel empfohlen: 

1. 8 Tage lang 3 stündliche Messung in der Achselhöhle. Normal 
sind Abendtemperaturen bis zu 37,6°C, wenn der betreffende Mensch 
ständig Temperaturen über 37,20 C hat. 

2. Wiederholte Untersuchungen des Auswurfs auf Tuberkelbazillen 
unter Antiforminanreicherung. Bei fehlendem Auswurf hat sich 
die Brominhalation als sputumförderndes Mittel bewährt, 


3. Die subkutane Tuberkulinprobe, — positiv nur bei vorbandener 
Herdreaktion. 
4. Die Röntgenphotographie der Lunge. Bredow, Ronsdorf. 


581. Ulrici, Lungentuberkulose und i B. kl. W. 
1917 Nr. 40. 


Bei offener Lungentuberkulose ist auf Dienstunbrauchbarkeit zu 
erkennen, erstens wegen der Ansteckungsmöglichkeit für die Kameraden, 
zweitens wegen der grösseren Gefahr einer Autoreinfektion. Dafür, dass 
Leute mit offener Lungentuberkulose voll dienstfähig sein können, bringt 
Verf. Beispiele. 

Schwieriger liegen die Verhältnisse bei der geschlossenen Tuberku- 
lose. Verf. warnt dabei vor „Überdiagnosen“. Eine Schallverkürzung 
über einer Spitze ohne auskultatorischen Befund ist belanglos. Auch der 
Wert der Röntgenaufnahme wird vielfach überschätzt, vor allem weil 
sie nichts über die Aktivität des etwaigen Herde aussagt. Auch die 
Tuberkulindiagnostik ist meist belanglos. 

Atemgeräusch und Rasselgeräusche müssen getrennt auskultiert werden ; 
vor dem Inspirium muss ausgehustet werden, damit man Rasselgeräusche 
besser hört. Fiebermessung ist 2stündlich genau durchzuführen. 

Eine geschlossene Lungentuberkulose führt zur Dienstunfähigkeit, 
wenn es sich um einen aktiven Prozess handelt (Fieber, Susmaya), oder 
wenn erhebliche Dyspnoe vorhanden ist. 

Leute mit geschlossener Spitzentuberkulose sind beschränkt garnison- 
dienstfähig, wenn sie nur spärliche Rasselgeräusche haben; fehlen die 
Rasselgeräusche und sonstige klinische Erscheinungen, so sind die Leute 
sogar bedingt kriegsverwendungsfähig. 

Ein Heilverfahren ist auch bei vorgeschritteneren Fällen zu versuchen. 


Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G.Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg. O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 





Namenregister. 








| 
A. Beitzke, H. 68. ' Castaigne 190. 
, Belin 234. Cayet, R. 298. 
Abderhalden, Emil 278. Bender, C. 114. i Ceelen, W. 67. 
Abramowski 84. Benzler 194. Comach, A. 16, 154, 240, 
Adam, A. 46. Berg, Sigurd 15, 356. 347. 
Adams, A. 187. Berger 81. Chen Hung Hsün 103. 
v. Adelung, Ed. 193. Bernard 182. | Chiari, O. 236. 
Aimard 308. Bernard, L. 287. Chisholm, Catherine 106. 
Alexander, H. 11. Besche, Arent de 11. | Christensen, A. 320. 
Altstaedt 142. Beschorner 156. | Cloetta, M. 193. 
Aly, Hans 142. Billon, L. 185. . Colebrok, L. 182. 
Amrein 193. Biorn-Hansen, E. 1). Collin, E. 110, 252. 
Amrein, O. 59, 218. Birke 207. Collmann 289. 
Anderes 193. . Blümel, S. 214. Combe, M. 217. 
de los Angeles, Sixto 18. ' Bochalli 13, 146, 2035. 207, | Cool, J. L. Me. 54. 
Antoniucci, Cesare 264. | 231. Cordier 185. 
Arkin, A. 49. | Böttner 261. | Corper, Harry J. 49. 
Arnell, Per 310. ` Boit 79. ' Courmont, Paul 189. 
Artz 37. Boit, E. 11. ‚Craig, Frank A. 300. 
Aschoff, L. 71. y. Bonsdorff, A. 186. ' Crowell, B. Œ. 18. 
Assmann 150. ' Bosch 308. Curschmann 205, 207. 
Aubert 190. i Bosch, S. E. C. 250. | Czerny 96. 
Braeuning 84, 233. 
B. | Brandenburg 193, D. 
ı Brauer, L. 174. 

Bacmeister, Adolf 56, 108. Braun, E. 354. ‚ Danechau 288. 
Baehr, George 277. Breceia, G. 310, 324. ‚ Daus 145. 
Bähr, Karl 113. Brecke 206.  Davidsohn, C. 135. 
Bär, G. 174. | Breemen, J. van 259. van Delden, B. 318. 
Baldwin, Edward A. 22. | Brösamlen 262. ı Delepine, S. 260. 
Baldwin, E. R. 15. | Bronfenbrenner, J. 45. Dembinski 357. 
Banks, G. S. 149. Brunk Denechau 93. 
Bard 182. o E. 144. ı Deutsch, Felix 309, 358. 
Bardswell, Noel, D. 294. | Bürger 74. ' Devie, À. 185. 
Barjou 189. Bürgers, J. 43. Deycke 142. 
Bartel, J. 70. Büttner-Wobst 183, Dickson, E. C. 13. 
Bass, Murray H. 12. Bull, Peter 186.  Dieterle, R. R. 133. 
Bauschant 359. Burnand, René 77. ' Dietrich 57. 
v. Baumgarten 225. Byttner 102. 'Ditthorn, Fritz 262. 
Bautzmann, Gustov 53. ! Döblin 95. 
Bayer 112. ' Dold, Herm. 229. 
Bayer, Hugo 61. C. van Dorp- Beucker, D. B. 
Beachant, M. 285. 252. 
Becker 174, 302. Carleton, H. 187.  Dostal, H. 6. 
Beckmann 83. Carol, W. L. L. 243. Dougal John B. Mac 4, 
Behring 282. Carpi, U. 190, 320. 


Internat. OentralbL f. Tuberkulose-Forschung. Xi. 25 


362 


Dowd, Ch. M. 132. 
Dröge, Karl 282. 
Dubs 263. 

Dünner, L. 95. 
Dumarest, F. 192. 
Duvante, L. 39. 


E. 


Eckhardt, E. H. 275. 
Eber, A. 82, 83. 
Ebstein 263. 

Eden 193. 

Eden, R. 174. 
Eckardt 118. 

Effler 271. 
Ehrmann 110. 
Eisner, G. 95. 

Ellis, Henry A. 356. 
Elmendorf 193. 
Elmendorf 193. 
Elving 175. 
Engleson, H. 46. 


Entenener, Albert 145. 


Ernst 251. 

Ernst, N. P. 251. 
Etienne, M. G. 287. 
Evans, D. G. 187. 
Evers 17. 


F. 


Faulhaber 215. 
Fejer, Julius 261. 
Fejes, Ludwig 280. 
Feldmann 313. 
Fishberg, M. 11. 
Flatau 91. 

Foetke, H. 274. 
Francke, K. 326. 
Franke 223. 

Franke, Maryan 309. 
Fränkel, Eugen 68. 
Freudenfeld 202. 
Freund 145, 194. 
Freund, R. 298. 
Freymuth 206. 
Friedberger, E. 99. 
Friedenwald, E. B. 54. 
Friedrich, P. L. 174. 
Fuchs-Wolfring 352. 
Fürbringer 136. 
Fürstenau 237. 
Funk, E. H. 39. 


G. 


Galeotti 178. 
Gäli, Geza 139. 
Gamble, W. E. 222. 


Namenregister. 


'da Gardi, Ambrogio 184. 
| Gaudy, Ch. 191. 

|  Gazalbou 287. 

ı Geigel 244. 

(Can Rudolf 188. 

| Gerhardt 93. 


Heile, B. 109. 
Heim 287. 

Heim, F. 183. 
Heinemann 194. 

' Heising, Jos. 80. . 
Heitmann, N. 88. 





' Gerhartz, H. 101. Helbig 54. 
Gerwiener, Fr. 78. Helens, O. 314. 
i Geszti, Josef 134, 346. Hellman, Torsten Itsou 


Ghou 3. 347. 

| Gilbert 350. Helm 326. 

| Ve, Gils, J. B. F. 246. Helwig 117. 

| Giroux, Léon 290. Henriques, V. 179. 

| Glax 118. | Hervé 187, 192. 
Gloyne, S. Roodhouse 105. | Herxheimer, G. 69, 211. 





Goering 19, 85. Hess 299. 

Gold 3. Hetsch 236. 

Goldstein 291. i Heusner, Hans L. 295. 
Goldstein, L. 136. eyman 146. 
Goldthwait, J. E. 50. Heymann, Paula 113. 
Gottstein 87. ' Hill, Hastings 16. 
Gradi 19. 


Hippel, E. von 351. 
Hirsch 94. 

‚Hirsch, J. S. 183. 
Hirsch, K. 298. 

| Hofbauer 272. 

ı Hoffmann, E. 242. 
‚Hofmann 228. 
Hofmann, Willy 114. 


Graetz, Fr. 14. 

Granfelt, H. 42. 

Grasso, H. Lo 219. 

Grau 1593. 

Pa H. 103, 153. 

Gray, E. A. 134. 

| Graziadei, B. 315. 

| Greenfeld 54. Höhne 271. 

Greene, G. B. 95. . Hollo, Jul. 11. 

Griffith, A. Stanley 353. | Hollos 78. 

Gross, Oscar 95. | Hollos, Josef 260. 

‚ Grossberger 137. Holmboe, M. 146. 

| Grosser 263. Holmboe, W. 229. 

Grösz, Julius 217. ‚ Hollö, Budukesz 248. 

| Grote, L. R. 265. ' Holst, Axel 248. 

‚ Grulee, C. G. 10. Holt, R. Crawshaw 105. 

| Gutstein 112, 194. i Holth, S. 266. 

' Gwerder, J. 185, 194. Holther, E. T. 21. 
Hooke, Edm. 243. 
Horan, M. J. 143. 

H. Horn, Paul 294. 

Howell, W. W. 12. 

Hughes, Edmund 106. 

Hyde, C. L. 219. 


Habetin, Paul 4. 

 Hälsen, G. 355. 

| Haga, Ischio 59. 

ı Hamburger 262, 355. 

Hamman, L. 194. I. 

‚Hammer, Gerhard 45. 

‚v. Hansemann, D. 72. Iglauer, S. 143. 

| Harbitz, Francis 132, 225. : Illel, Bochor 141. 

| Harms, Franz 10. Immelmann 237. 

ı Hart 229. Inga, Salves 101. 

Hart, C. 71, 76. 

| Hartmann 91. 

' Hartshorn, W. M. 45. J 

‚ Hasselbalch 115. 

'Hastings, Hill 222. ‚Jackson, Edward 38. 

iv. Hayek 265. ı Jacob 299. 

V. Hay ek, Hermann 40, ' Jacobaeus 175, 188. 
254. 'Jacobäus, H. H. 319. 


ann J. 263. , Jaquerod 101. 


Namenregister. | 363 


Jaworski von, Josef 358. | Krause, Allen K. 180, | Michelsen, Aug. 21: 


Jeanneret, Lucien 86, 87, Krause, F. 194. 


108 


.Jeanneret-Minkine 183. 


Jennicke, E. 242. 
Jessen 175, 194. 
Johnsson, A. 48. 
Johnston, M. R. 10. 


Jones, P. C. Varrier 104. | Krompecher, E. 67. 


Jones, W. R. 135. 


Mjóen, Jahn 146. 
Möllers 6, 60, 61, 74. 
Mohler, H. K. 39. 


| Krauss 136, 145. 
| Krautwig 270. 

i Kreuser 125. Mohr, H. 52. 

' Krischke 86, 91. Mol, C. M. 253. 

Krogh 178. Mol Sternberg, Christin 
-. Kromayer 96. 346. 
Montgomery, C. M. 275. 


i Kronberger 13, 194. Moore, S. John 113. 


Jomi 297. Kronberger, Hans 2, 175, | Morland, E. 187. 
Jousset, André 348, 357. 188, 249. Morse, A. L. 44. 
| Kümmelt 328. | Morton, J. J. 138. 
Kuthy, D. ©. 217. ' Morton, J. M. 290. 
' K. ` v. Kutschera, Adolf 43, 89. | Much, Hans 151, 282. 
Müller, Hans 330. 
Kahn, J. N. 40. ı Müller, O. 147. 
Kahn, M. 45. 1 Müller, Wilhelm 5, 80, 235, 
Kahn, M. H. 45. R 346, 348. 


Kaiserling, C. 76, 114. 


Kalb 194. 

Kalb, O. 318. 
Kalisky 85. 
Kaminer 57. . 
Kaminer, S. 195. 
Kankeleit 271. ; 
Kapelusch, Alex. 220. 
Karewski, F. 271. 
van de Kasteele 194. 
Kathariner 74. 
Katzenstein, M. 82. 
Kaufmann 112. 
Kentzler, Jul. 232. 
Kern 3. 

Key, Einar 319. 
Khouri, Josef 310. 
Kieninger, Georg 98. 
Kirch, A. 256, 352. 
Kirch, E. 223. 
Kirchner, M. 88. 
Kirstein 274. 

Klare 264. 
Klopstock 274. 
Knott, H. J. 42. 
Köhler 230. 


Köhler, F. 126, 201, 220, Fubarsch, O. 229. 


303. 
Köhlisch 352. 
König 263. 
Königer, H. 175. 
Koeppe, L. 51. 
Kofred, A. 184. 


Koga, Gensaburo 50, 221. Manning, John B. 42, 


Kohlhaas 94. 
Kollarits, J. 149. 
Kolle 236. 
Kopciowski, A. 309. 


Labatt, Arvid 102. 
E os ı Murard, Ch. 192. 
Landis, H. R. M. 274, ‚Muttray 206. 
Lapham, Mary E. 44. 

Leiser, Kurt 214. \ 
Leschke, E. 149. 2 
Leuret, E. 190. | 
Lewandowsky 286. > 
Lewandowsky, F. 58. an = ; 92] 
Lichtenstein, A. 346. Newton R 2 
‚Liebe 201, 203, 207, 225. Ņpwton, re 

' Liebe, C. 271. Aicoll, A. 143. = 
Liebe, G. 230. A oloye, yer 30g 
v. Linden, Gräfin 200. S H. 254. 

| Lindhard 115, 178. EN den. ©. 195 

‚ Litzner 146, 357. nn EAO; 

| Löwi, Josef 263. 

‚Loewy 176. 0 

' Löwy, Julius 211. 2 


Muralt, Ludwig von 34, 
175. 


Negendank, Johanna 95. 


Lohmer 55. f 
‚ Loose, Otto 23. e Bun 17. 
Lorenz 194. chsenius, . 213. 


Lorey 194 Oehler 60, 6l, 74. 

'Losch, H. J. 278. Oeri, F. 46. z 
‚Oldenburg, Ph. 251. 

| Olitzky, K. 277. 

Olivier, Charlotte 142. 

Oppenheim 30. 


M. Orel, Paul 220. 
ı Orth 73, 74, 135. 
Mac Carty, W. C. 39. ‚ v. Ortner, Norbert R. 280. 


Macri 178. ‚ Ostrowski 194. 
‚Oswald, A. 122. 

‚Martin 1796. . ‚ Otani, Morisuke 50,. 221. 

ı Martin, Blair M. 353. ' Oxenius 232. 

ıde Massary, M. E.,287. ` 

'Mayer, Arthur 9, 349. ` 


Kosteletzky 302. Meachen, G. Norman 105. P. 

Kovács, J. 218.. -© ı Meissen 229.. r 

Kováts, Franz 138. ' Meyer 112. 0, Packard, jr. E. N. 191. 
Kowarsky 274. Meyer, E56. Palasse, E. 190. 
Kraemer 262. : | Meyer, O. 19. - ; Paraf 182. 
Kraemer, C. 14, 77, 197. Michaelis; Franz 244.  Parassin, Jos. 232. 


25* 


364 


Parfitt 194. 
Pauchet 273. 

Pearson, S. Vere 187. 
Penzoldt, F. 70. 

Peren 237. 

Perl, H. 274. 

Perrin, M. 190. 

Perutz 303. 

Pettersson, Alfred 353. 
de Pfeffel, C. 181. 
Pfleiderer 20. 
Philipowicz, Johann 311. 
Philippi, H. 79. 

Pierce 194. 

di Pietro, Salvatore 321. 
Pischinger 206. 

Plesch, J. 106. 

Potz, Harry 277. 

Pollag 286. 

Popper 304. 

Porges 78. 
Porges, Otto 62, 214. 
Posey, Wm. Campbell 48. 
Poujol 289. 

Praetorius, G. 248. 
Prest, Edw. E. 150. 


Q. 
Quincke 175, 272. 


ge ai a i 


R. 


Rabinowitsch, L. 67, 76, 
102. 

Randolph 228. 

Ranft, Gustav 265. 

Ranke 130. 

Ranke, Karl Ernst 35. 

Rathbun, W. J. 93. 

Real, C. 183. 

Reche 92. 

Reckzeh, Paul 345. 

Reed, J. S. 274. 

Reichborn-Kjennerud 225. 

Reiche 8, 328. 

Reichmann, V. 52. 

Reimann, Rudolf 78. 

Reitter, Carl 212, 239. 

Reyn 251. 

Reyn, Axel 250. 

Riess, L. 216. 

Rist 181. 

Rist, E. 291. 

Ritter 204. 

Riviere, Clive 106. 

Robinson, S. 192. 

Rockmann, R. 45. 

Römer 81. 

Roepke 139. 

Rohrer, Fritz 177,308, 309. 


Namenregister. 


Rollier, August 199. 
Rolly, Fr. 100. 

Roman 3. 

Roman, B. 7. 

Roper, Charles 22. 
Rosenbach, F. 82, 224. 
Roth 211. 

Roth, Nik. 227. 
Rothschild, David 258. 
Rühl 286. 

Roubier, Ch. 192. 
Ruediger 207. 
Ruhemann, Konrad 288. 
Rundle, C. 182. 

Rusch 303. 


S. 


Sahlgren, E. 139. 
von Sahlis, G. 15. 
Salus, G. 290. 
Salzmann 144. 
Sanders-Azn, J. 247. 
Sauerbruch 175, 176. 
Saugman, Chr. 269. 
Scheibe, W. 117. 

v. Scheibner 207. 
Scherber 303. 
Schipper 234. 
Schläpfer, Viktor 47. 
Schlayer 296. 
Schlesinger, Hermann 73. 
Schlesinger, O. 274. 
Schmeisser 228. 
Schmidt 144. 
Schmidt, H. 233. 
Schmidt, Viggo 252. 
Schmitz, K. E. F. 245. 
Schnitter 308. 
Schnitzler 240. 
Schönberg 3. 
Schottelius 226. 
Schottmüller 327. 
Schröder, G. 194, 293. 
Schüler 113. 

Schütze 237. 
Schulte, Jos. 266. 
Schultz, Werner 262. 
Schultze, M. 19. 
Schulz, Hertha 260. 
Schumacher 175. 
Schut, H. 4. 
Schwaer 145, 194. 
Scott, James R. 39. 
Seiler, Hans 157. 
Selter 13, 75. 

Selter, H. 43. 
Sergent, Edmond 289. 
Sergent, Emilie 290. 
Seyderhelm 5. 
Shively, H. L. 10. 
Sigstad, Eimar 21. 


| | Simon 90. 


; Singer, Gustav 213, 240. 

| Singer, H. 187. 

Sitsen, A. E. 247. 

Snellmann, Henry 42. 

Socin, Ch. 243. 

v. Sokolowski, A. 47. 

Sorgo, Jos. 4. 

Sorley, John 215. 

Spengler, Lucius 163, 176, 
193. 

Spengler, Karl 176. 

Spitzer 110. 

Stähelin, R. 225. 

Staehelin, W. 230. 

Stahr, H. 69. 

Stanley, A. 101. 

Starckloff 206. 

Staub-Oetiker, H. 37. 

Sterling, S. 184, 194. 

Stern 17. 

Stocker, jr. S. 264. 

Stoller 194. 

Strand, Fr. W. 226, 227. 

Strasser, J. 228. 

Strauss 208. 

Strauss, H. 299. 

Stromeyer, Kurt 108. 

Sturmat 92. 

Stursberg, H. 125. 

Sulek, Rich. 141. 

Sundt, Halfdan 21, 47. 

Swiezynski 320. 

Szczeblewski 92. 


T. 


Taillens 79. 

Taylor, Frank E. 259. 
Taylor, H. L. 92. 
Tecon 46, 308. 

Thiem 54, 136, 292. 
Thilenius 96. 
Tideström 175. 
Tobiášek, St. 224. 
Tomaszewski, Z. 180. 
Tornóe, D. B. 22. 
Triebold 91, 232. 
Tuffier 176. 

Turban 101, 108, 176. 
Tuz 357. 


U. 


Uhthoff, W. 53. 
Ulrich, K. 354. 
Ulrici 360. - 
Umber, F. 76. 
Unverricht, W. 260. 
Ustvedt, Yngvar 4l. 


Namenregister 365 


vV. ı Warnekros, K. 141. Wilson, R. J. 93. 

' Weber, F. Parkes 1085. Wilson, U. F. 133. 
Varrier, Jones 267. i Wehmer 206, 231. Windrath, Fr. 186. 
Veeder, B. S. 10. . Weickardt, Bruno 223, 274. | Wingfield, Rudolphe 22. 
Venema, T. A. 100. | Weicker 231. Wingfield, R. C. 115. 
Verriotis, Th. 38. ı Weicker, H. 157. Winternitz, W. 326. 
Virnich, Alfred 217. | Weicksel 272. Winterstein, H. 179. 
Vogel, K. 135, 288. Weigel 107. Wolff, O. 273. 
Voorhoeve, N. 249. ı Weiss, M. 308. Woodhead, G. Sims 104, 
van Voornveld 315. 'Weith 87. 267. 


'Wessler, H. 12. | 
‚ Whitbeck, B. H. 55. | 
W. ‚ Wichmann 208, 238. | 2. 


Wick, L. 239. 
Wagner, Karl 300. 'Wideröe, S. 266.  Zasyer 194. 
Wallgren, A. 41, 192. | Wiewiorowski 194. Zaayer, J. H. 319. 
Wallgren, Arvid 313, 347, | Wilde, A. 138. Zadek 73. i 
356 Wilmans 139. Zandrén, Sven 313. 


Warburg, O. 177. Wilms 143, 176. | Ziegler 13, 205. 


366 


“ Baöhregister. 


Sachregister. 


Abkürzungen: L.V. = Literaturverzeichnia, Tbk. = Tuberkulose, 
tbk. = tuberkulös, Tbkn. = Taberkulin, Pn.Th. = Pneumothorax. 


A. 


Abderhalden-Verfahren bei Lungentu- 
berkulose 46. 
Adria als Kurgebiet 118. 


Aktinomykose der Lunge und Pleura | 


271. 

Albumine des Tuberkelbazillus 346. 

Albuminurie beim künstlichen Pneu- 
mothorax 194. 

Algier, Tuberkulose in 289. 

Alkoholismus 73. P 

— und Tuberkulose 229. 

Alkohol und Tuberkulose 73. 

Allergie 14, 243. 

Alttuberkulinprobe, subkutane 13. 

American Review of Tuberculosis 201. 

Ammoniakzahl, reduzierte des Hams 
117. 

Amphorisches Atmen beim künstlichen 

eumothorax 182. 

Amyloidose 73. 

Anatomie, pathologische, Bedeutung der 
für die Lungentuberkulose 71. 

Anergie 14. 

Anreicherung des Sputums zum Tuber- 
kelbazillennachweis 356. 

Anreicherungsverfahren 262, 356. 

Anti-Tuberculosis Bulletin 159. 

en und Lungentuberkulose 
42. 

Arbeitsbeschaffung für erwerbs- 
beschränkte Tuberkulöse 234. 

Arbeitsfähigkeit der mit künstlichem 


| 


| 
| 
| 


Atmungsfrequenz 244. 

Atmungsorgane, Dehnungszustand der 
309. 

Augentuberkulose 38, 48, 54, 222. 

Aurum-Kalium cyanatum 17. 

Auskultation 106, 275. 

Autoserotherapie 1%. 

Autovakzine 263. 


B. 


Bauchaffektionen, schmerzhafte 280. 

Bauchschmerzen 280. 

Bazillaemie 133, 359. 

Behring (Nekrolog) 282, 328. 

Bekämpfung der Tuberkulose 155. 

Bericht über das Kaiserin Augusta 
Viktoria - Sanatorium für lungen- 
kranke Frauen des Mittelstandes für 
die Zeit vom 1. Juli 1913 bis 
31. Dezember 1914 146. 

— über die Tätigkeit des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose (E. V.) 
in Nürnberg 1916 294. 

Berufsberatung 201, 202. 

Berufswahl unserer Kinder 226. 

Beschäftigung und Beaufsichtigung der 
lungenkranken Mannschaften in der 
Lungenheilstätte 157. 


Bevölkerung, Bewegung der, Württem- 


bergs 278. 


' Bibliographie 23, 324. 


Pneumothorax behandelten Patien- ` 


; ten 184. 
Arbeitsunfähigkeit während der Kur in 
der Lungenheilanstalt 230. 
Arbeitsvermittlung 201, 203. 
Archiv für Frauenkunde und Eugenik 
24. 
Arnethsches Blutbild 211. 
bei Lungentuberkulose 259. 
Arsen 49. 
Asthma bronchiale 272. 
Asthmafrage 272. 
ln metamorphosierendes 
6. 
Atemgymnastik 273. 
Atmung, physikalisch-chemische Regu- 
lierung der 179. 





Bijdrage tot de Kennis omtrent de 
Sterfte aan Tuberkulose te Rotter- 
dam over de jaren 1902—1914 247. 

Blastomykosis 13. 


: Blut, Ungerinnbarkeit des, in der Pleura- 


höhle 309. 


' — Wassergehalt des 260. 


Blutbild 117. 

— bei Lungentuberkulose 101. 
Blutgase, Bestimmung der 179. 
Blutstrom in den Lungen 178. 
Blutungen, innere 263. 

— okkulte 139. 
Blutuntersuchungen bei Fliegern 5. 
Blutzellen, weisse 23. 
Blutzucker 211. 

Breeze Hospital 56. 
Bronchialdrüsentuberkulose 12. 


Sachregister. 


Bronchialkarzinom 266. 

Bronchialverschluss durch Knorpeltrans- 
plantation 193. 

‚Bronchiektasen, chirurgische Behand- 
lung der 194, 319. 

Bronchien, Fremdkörper der 297. 

Bronchitis, rezidivierende im Kindes- 
alter 273. 

Brustapertur, obere 134. 

Brustbeintuberkulose 223, 274. 

Brustraum, Bestimmung des Inhaltes 
und der Oberfläche 308. 

Brustverletzungen und Tuberkulose 288. 

Brustwandmobilisierung 174. 

Brustwandnaht 194. 

Bücher und Zeitschriften 23. 

Bücherbesprechungen und Zeitschriften 
119, 157, 195, 236, 274, 299, 326. 

Bücherei des Neutralen Guttempler- 
ordens. Deutsche Grossloge, E. V. 
228. 

Bulbustuberkulose 112. 

Bursitis, tuberkulöse 69. 


C. 


Capparoni’s Verfahren 264. 

Chemotherapie 238. 

— der Tuberkulose 50, 221. 

Chininbehandlung 95. 

Chirurgie des Kehlkopfes und der Luft- 
röhre 236. 

— intrathorakale 176. 

Cholesteatom des Mittelohrs 35. 

Cholesterin im Pleuraexsudat 310. 

Chorioidea, Tuberkel der 228. 

Chylothorax 188, 310. 

— tuberkulöser 188. 

Coecum ascendens 215. 

Cyanocuprol 50. 


D. 


Dänemark, Tuberkulose in 269. 
Darmtuberkulose 139, 144, 215. 
Deglutitionstuberkulose 353. 
Desinfektion phthisischen Auswurfs 274. 
Desinfektor, der praktische 126. 


Deutsches Zentralkomitee zur Bekämp- ' 


fung der Tuberkulose am 23. Mai 
1917 in Berlin 201. 

Diagnose der Tuberkulose 45. 

— übereilte der Tuberkulose 11. 

Diagnostik der Lungentuberkulose 291. 

Diagnostische Schwierigkeiten bei der 

ungentuberkulose 78. 

Diarrhöen, gastrogene bei Lungentuber- 
kulose 214. 

Diazoreaktion 78, 250, 308. 

Die Tuberkulose nach der Todes- 
ursachen-, Erkrankungs- und Ver- 
sicherungsstatistik und ihre Be- 


'Eiterungen, 


367 
deutung für die Volkswirtschaft, ins- 
besondere für das Versicherungs- 
wesen 157. 

Digitalis 263. 

Dispensaire Behandlung der Lungen- 
schwindsucht 232. 

Drüsenschwellung, subklavikuläre 290. 

Druckdifferenzverfahren 194. 

Drüsentuberkulose und Lungentuber- 
kulose 44. : 

Dynamometer 274. 


E. 


Eigenextraktbehandlung 238. 

Eigenheime für Fürsorgestellen 91. 

Einfamilienhaus im Reihenbau 85. 

Eingeborenentuberkulose 247. 

— in Algier 289. 

Einteilung, Fraenkel-Albrecht’ sche 183. 

Eisen, Rolle des bei der Atmung 177. 

Eiterfieber 136. 

Eiterung, perirektale 143. 

Lungentuberkulose nach 
137. 

Elektrokaustik 143. 

Emphysem 174. 

Empyem 176. 

— chronisches 273. 

Empvembehandlung mittels Kanüle 187. 

Entspannungspneumothorax 185, 194. 

Entstehung, Verbreitung und Verhütung 
der Seuchen, mit Erfahrungen aus 
dem Felde 280. 

Epitheloidzellen 211. 

Ergebnisse der Tuberkuloseforschung 
803. 


Ernährung, Grundlagen unserer, unter 


besonderer Berücksichtigung der 
Jetztzeit 278. 

Ernährungsfrage der Tuberkulösen im 
Kriege 156. 

Erwerbstätigkeit der Tuberkulösen 84. 

Erythema nodosum 101. 

Espine'sches Zeichen 4. 

Eventratio diaphragmatica 113. 

Experimentelle Bakteriologie und die 
Infektionskrankheiten mit beson- 
derer Berücksichtigung der Immu- 
nitätslehre 236. 

Exposition, tuberkulöse 40. 

— — im Kindesalter 41. 


F. 


Färbemethoden nach Much und Ziehl 
289. 

Färbung der Tuberkelbazillen 2. 

Familien, tuberkulöse 41. 

Fieber bei Tuberkulösen 4. 

— und Atmung 244. 

— und Hochgebirge 218. 


-368 


Fiebermessung 104. 

Finseninstitut 251. 

Fleckfieber 277. 

Flieger, Blutuntersuchungen bei 5. 

Frederiksvern 21. 

Frühdiagnose 11, 77. 

Frühjahrskuren 271. 

Fürsorge für versicherte Lungenkranke 
92. 

Fürsorgestelle in Nürnberg 91. 

Fürsorgestellen 155. 

— in der Tuberkulosebekämpfung 232. 


G. 


Gasempyeme 145. 

Gaswechsel 178. 

Geburtshilfe 142. 

Gelenkrheumatismus, akuter 100. 

Gelenktuberkulose 28, 220. 

— und Trauma 135, 288. 

Genitalfunktion und Lungentuberkulose 
der Frau 141. 

Genitaltuberkulose, männliche 77. 

Geschlecht und Tuberkulosesterblich- 
keit 103. j 

Gesellschaft der Ärzte in Wien 62, 239. 

— für innere Medizin und Kinderheil- 
kunde, Wien 1917 127. 

Gesundheitspflege des Schulkindes 227. 

Glittre (Norwegen) 21. 

Glykosidform des Tuberkelbazillus 6. 

Görbersdorf, das feldgraue 231. ' 

Gram’sche Färb 249. 

Granula des Tuberkelbazillus 214. 

Granuloma coceidioides 13. ' 

Gynäkologie 142. 


H. 


Hämatothorax 193, 309, 311. 

Hämolysinreaktion (Weil-Kafka’sche 
Reaktion) 290. 

Hämoptoe 260. 

— Behandlung der, mit Digitalis 263. 

— — mit Koagulen 263. 

— künstlicher Pneumothorax bei 19%. 

— Pneumothoraxbehandlung der 186. 

Hämoptysis 228. 

Hämothorax siehe Hämatothorax. 

Halsdrüsentuberkulose 132. 

— und Lazarettbehandlung 143. 

nn tuberkulöses im Kriege 


en igot ärztlicher Verein 126, 238, 
Handbuch der Balneologie 57. 

Harn 224. je 
Harnblasentuberkulose 224. 
Harnröhrentuberkulose 224. 
Hautemphysem bei Pneumothorax 190. 


Sachregister. 


Hauterscheinungen bei Tuberkulose 
108. 

Hauttuberkulose 17, 127. 

Heilmethode gegen Erkrankungen der 
Lunge und des Herzens 6l. 

Heilstätte Luitpoldheim im Jahre 1915 
268. 

Heilstätten, Mitteilungen aus deutschen 
20. 

Heilstättenverein für den Reg.-Bez. 
Minden ‚Auguste Viktoria-Stift“ 
1916 292. 

Heilungsvorgänge im menschlichen 
Körper 23. 

Heliotherapie 112, 192, 206, 219, 230, 


252. 
Herdreaktion 108. 
Herbstkuren 271. 
Hernia diaphragmatica 265. 
Herzbeschwerden nach Lungenschüssen 


94. 

Hirntumor, tuberkulöser 54. 

Hochgebirge 218. 

Höhenklima 115. 

Höhensonne 300. 

— künstliche 112. 

— natürliche und die künstliche 96. 

Höhlendesinfektion bei Lungenphthise 
176. 

Holsterhausen bei Werden a. d. Ruhr 
230. 

Hornhautmikroskop 51. 

Hüftgelenkstuberkulose 194. 

Hyperthermie durch Tetrahydro- 
Naphthylamininjektionen 4. 


I. 


I. K. 265. 

Immunität 8, 243, 286, 326. 

— bei chirurgischer Tuberkulose 5. 

— bei Tuberkulose 348. 

Immunitätsforschung 302. 

Impftuberkulose, experimentelle 7. 

Infektion mit Tuberkulose 260. 

Infektionsversuche mit Tuberkelbazillen 
75. 

Infektionskrankheiten und Immunitäts- 
forschung 302. 

Inhalationstheorie 75. 

Inhalationstuberkulose 352. 

Initialtuberkulose 254. 

Innere Sekretion 260. 

Interkostalnervenlähmung 175. 

Intrakutan-Tuberkulinreaktion bei 
Meerschweinchentuberkulose 13. 

— nach Römer-Esch 14. 

Invalidenbegutachtung 294. 

Iris, Tuberkelbildung in der 266. 

— Tuüberkulide der 350. 

Iritis tuberculosa 51. 


Saochregister. 


dJ. 


Jahresbericht aus dem Sanatorium 
Memalien für das Jahr 1916 229. 
der Neuen Heilanstalt für Lungen- 
kranke zu Schömberg, Oberamt 
Neuenbürg 293. 
der Pfälzischen Heilstätte für Lun- 
ne bei Ramberg 1915 231. 
es neuen Sanatorium Grefaen (Nor- 
wegen) für das Jahr 1915 146. 
für den Norwegischen Nationalverein 
gegen die Tuberkulose für das Jahr 
1915 145. 
Jodoformglyzerin 264. 
Jubiläumsstiftung des Deutschen 
Lehrervereins 271. 


K. 


Kaiserin Augusta Viktoria-Sanatorium 
für lungenkranke Frauen des Mittel- 
standes 231. 

Kalkdiät 326. 

Kalziumkompretten 264. 

Kaninchen, Verwendbarkeit 43. 

Karzinom und Tuberkulose 69. 

Kavernen, Stickstoffeinblasung in 185. 

— und Pneumothorax, Differential- 
diagnose 313. 

Kavernenbildung, nichttuberkulöse 318. 

Kavernenchirurgie 174. 

Kavernendiagnostik 313. 

Kehlkopftuberkulose 16, 95, 143, 222. 

— im frühen Kindesalter 214. 

Keratoconjunctivitis phlyctaenulosa bei 
Chinesen 103. 

Kinder in tuberkulösen Familien 41. 

Kinderheilstättenbehandlung 90. 

Kindertuberkulose 3, 10, 217, 260, 273. 

Kleingartenbau 83. 

Kleintierzucht 83. 

Kleinwohnungswesen 83. 

Klima 295. 

Klinik der Lungentuberkulose für Stu- 
dierende und Arzte 59. 

Klinische Symptomatologie innerer 
Krankheiten 280. 

Kniegelenktuberkulose und Trauma 145. 

Knochentuberkulose 220. 

Koagulen 263. 

Kochsalz-Chlorkalziuminjektionen 263. 

Körpergewicht und Tuberkulose 40. 

Körpertemperatur 248. 

Kohlenbogenlichtbad 110. 

Kollapslunge, physikalische Unter- 
suchung der 183. 

Kompression der tuberkulösen Lunge 
durch Paraffin und Fett 176. 

Konfektionsarbeiter 274. 

Ko und Vereinsberichte 24, 62, 
126, 237, 303, 327, 





369 


Konjunktiva, Tuberkulose der 53. 

Konstitutionsproblem in der Tuber- 
kulosefrage 70. 

Konstitution und Kriegsdienst 147. 

Kostform 93. 

Koxitis, tuberkulöse 224. 

ne der Fürsorgestellen 


Krankenheim Görbersdorf 231. 

Krankheit und Charakter 125. 

Krankheiten, chronisch-infektiöse 261. 

— und Ehe, Darstellung der Beziehun- 
gen zwischen Gesundheitsstörungen 
und Ehegemeinschaft 195. 

Krebs und Tuberkulose 242. 

Krieg und Tuberkulose 23, 25, 40, 
149, 150. 

— — — (Sammelreferat) 149, 330, 355. 

Krieger, Tuberkulose bei 266, 359. 

Kriegsarbeiter, Tuberkulose bei 266. 

Kriegsbeschädigtenfürsorge 232. 

Kriegsdienst und Konstitution 147. 

Kriegsnährschäden 254. 

Kriegstrauma und Lungentuberkulose 
153. 

Kriegstuberkulöse im schweizerischen 
Heer 229. 

Künstliche Höhensonne (Quarzlampe) 
in der Medizin 300. 

Kupferbehandlung 221. 

— bei der experimentellen Tuberkulose 
des Mcerschweinchens 200. 

Kupfer bei Hauttuberkulose 208. 

Kutanreaktion 15, 42, 87, 274. 

— in einer Landesgemeinde 11. 


L. 


Land- und Volkskraft 238. 

Landeskogen 21. 

Laparoskopie 48. 

Lebensversicherungsgesellschaften und 
die Tuberkulose-Rekonvaleszenten 
225. 

Lebertuberkulose 328. 

— geschwulstartige 68. 

Leberzirrhose und Tuberkulose 3. 

Lehrbuch der Lungenkrankheiten 56. 

Lehrerverein, Jubiläumsstiftung des 
Deutschen 271. 

Leitfaden des Röntgenverfahrens für das 
röntgenologische Hilfspersonal 237. 

Lepra 242. 

— Behandlung 51. 

Leukozytenformel des Tuberkulinpa pel- 
blutes 243. 

Leukozytin bei der Lungentuberkulose 
4, 252. 

Lichtbäder bei chirurgischer Tuber- 
kulose 251. 

— bei Lupus vulgaris 250. 

Lichtbehandlung der Tuberkulose 251. 


370 


Lichtbiologische Beobachtung 252. 

-Liechtempfindlichkeit der Tuberkel- 
bazillen 353. 

Liegekur 254. 


a pulmonale, Lymphknoten | 


Lips eTA bei den lungenkranken 

psp: daten in 91. 

Lokalanästhesie 187. 

Lüftungseinrichtungen 
heimen 234. 

Luminiszenzmikroskop 76. 

Lunge, Verletzung der, beim Pneumo- 
thorax 310. 

Lungenabszesse 175. 

Lungenaktinomykose 114, 271. 

Lungenarterie, Unterbindung der 194. 

Lungenchirurgie 174. 

Lungendurchblutung und 
resorption 193. 

Lungenemphysem, operative Erfah- 
rungen beim 175. 
u en nichttuberkulöser 

Natur beim Heere 296. 

Lungengangrän 9. 

— nach künstlichem Pneumothorax 
191. 

Tüngenheiltätten 146. 

Lungenkollapstherapie 174, 176. 

Lungenkranke, pädagogische Behand- 
lung 230 

Lungenlüftung 244. 

Lungennaht 298. 

Lungen-Rippenfellverletzungen 93. 

Lungenschüsse 94, 145, 194, 265, 298. 

— und ihre Folgezustände 299, 311. 

Lungenspitze, Riss in der 291. 

Lungensyphilis und Lungentuberkulose 
139. 

Lungentuberkelfärbung mit Kresyl- 
violett 135. 

Lungentuberkulöse, staatlich versor- 
gungsberechtigte 233. 

Lungentuberkulose 183. 

— Anatomie der 68. 

— beginnende 217. 

— chirurgische Behandlung der 174, 
175, 319, 327. 

— fibröse 285. 

Lungentuberkuloseformen 101. 

— in Finmarken 248. 

infolge langdauernder Eiterungen 

137. 

in Nürnberg 269. 

Klassifikation der 22. 

Klinik der 193. 

nach Brustquetschung 292. 

‚nach Trauma 138, 291. 

militärärztliche Begutachtung der 

359. Ä 

plastische Operationen bei 163; 

und Dienstfähigkeit 360. 

und Lungeneypbihs 139. 


in Jugend- 


Sauerstoff- 


bi 


= 


| 


-Sachregister. 


Lungentumoren 95, 19. 

Lungenvagus 274. 

Lungenverletzte, späteres Schicksal der- 
selben 93. 

Lungenzirkulation 193. 

Lupus 112, 287. 

— -Ausschuß des Deutschen Zentral- 
komitees zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose am 23. Mai 1917 207. 

— erythematosus 110, 286. 

— Neuere Anschauungen über 348. 

— vulgaris 110, 250. 

Arne eng am Auge 53. 

Lymphbew eu 

Lymphdrüsentu erkulose 132. 

Lymphogranulomatose 67, 98, 346, 347. 

Lymphogranulomatosis ( Sternberg sche 
Krankheit) 346, 347. 

Lymphome, generalisierte 353. 


M. 


Magenblutung 263. 

Magenfunktion 102. 

Magenstörungen, autonome und vege- 
tative 213. 

Magen, vagotonischer 212. 

Malaks 42. 

Mamma, Tuberkulose der 39. 

Massenspeisung 85. 
Meddelelser fra den norske national- 
forening mat tuberkulosen 234. 
Medizinalstatistische Nachrichten 158. 
Meerschweinchentuberkulose, experi- 
mentelle 99. 

„Mehr Licht“ 96. 

Meningitis tuberculosa 52, 54, 217, 221, 
265, 290. 

Menses, unregelmässige 260. 

Menstruation u. Nierentuberkulose 228. 

Meteorologische Faktoren und Lungen- 
blutungen 260. 

Methylengrünreaktion des Harnes 79. 

Metschnikoff 229. 

Milch und Tuberkuloseverbreitung 352, 
354. 

Militärärztliche Untersuchung und Be- 
urteilung Tuberkulöser 150. 

Militärlungenheilstätte Juditten (Östpr.) 
145. 

Miliartuberkulose 113, 133. - 

Ministerium des Innern, Veröffentlichung 
des preussischen 54. 

Mitteilungen aus dem Genesungsheim, 
Abt. Ia 256. 

Mittelohr, Cholesteatom des 354. 

— regionäre Lymphdrüsen des IH 

Mittelohrtuberkulose 16. 

Mobilisierung von Tuberkelbazillen 
Tuberkulin 9, 61, 74. . 


Sachregister. 


Morbus Addisonii 73, 227. 
Much-Formen der Tuberkelbazillen 139. 
Muskelempfindlichkeit 78. 


N. 


Nachtschweisse der Phthisiker 264. 

Nah der Schulkinder 225. 

Nationalverein zur Bekämpfung der 
Tuberkulose in Dänemark 269. 

Nebenhoden, Quetschung eines tuber- 
kulösen 54. 

Nebennieren, Disposition der zur Tuber- 
kulose 72. 

— Insuffizienz der 73. 

— Tuberkulose der 114. 

— tuberkulöser Meerschweinchen 4. 

Nematodenerkrankungen 200. 

Nephrektomie 38. > 


Nephritiden, Abriss ihrer Diagnostik und 


Therapie auf Grund der neueren 
Forschungsergebnisse 299. i 
Nernstspaltlampe 51. 
Neugeborener, Tuberkulose des 10. 
New York City Municipal Sanatorium 


93. 
Niederländisch- Indien, Tuberkulose in 
277. 
Nierenkaverne 249. 
Nierentuberkulose 290. 
— Diagnose der 138. 
— traumatische 136. 
— und Menstruation 115, 228. 
Nöhrings ,B 4“ 80. 
Nomenklatur der Phthise 71. 
Nürnberg, Lungentuberkulose in 269. 


0. 


Odiomycosis in Kalifornien 13. 

Österreichischer Tuberkulosentag 24. 

Okulomotoriuslähmung 113. 

Operationen, endopleurale 188. 

Opmerkingen naar Aanleiding van het 
rapport der Commissie inzake het 
onderzoek naar de pathogenese der 
Longtuberkulose 246. 

Optochin 299. 

Ostseeklima 117. 


Ovarien, innere Sekretion der 260. 


P. 


Parakavernenrasseln 313. 
Partialantigene 142. 


— nach Deycke-Much 15, 81, 239. 
— und Tuberkuline 80. 
Patienten, Auswahl der — für die Heil- 


stätte 146. 
Patronagen 232. 


i mm ee 


lu 


371 


Penis, tuberkulöse Ulcera am 144. 
Peritonitis, tuberkulöse 69, 264, 266. 
— — chirurgische Behandlung der 264. 
Perkussion 106. 

Permanganreaktion 306. 

Perspiratio insensibilis 178. 
Pfeilerresektion, thorakoplastische 176. 
Phagozytose 100, 117. 

Philippinen 18. 

Phrenikuslähmung 175. 


| Plastische Operationen bei Lungen- 


tuberkulose 163. 

Pleuraadhärenzen 175. 

Pleuraexsudate 181, 182. 

Pleura, Aktinomykose der 271. 

Pleuraexsudat, Cholesterin im 310. 

— milchsaftähnliches 310. 

— tuberkulöse 176. 

Pleurafisteln 273. 

Pleurahöhle, Blutung in die 309. 

Pleuratumoren 47. 

Pleuraverwachsung 187. 

Pleuritis 175. 

— der Spitze 290. 

— exsudative 193. 

— tuberkulöse 264, 287. 

Pleuro-Pneumolysis 174. 

Plombierung 194, 318. 

— bei Lungentuberkulosen 174, 176. 

— extrapleurale 175. 

Pneumokoniose der Metallschleifer 37. 

Pneumolyse 175. 

— extmpleurale 174, 194, 318. 

Pneumomalacie bei chronischer Lungen- 
tuberkulose 243. 

Pneumonie 9. 

— kruppöse 299. 

Pneumothorax, künstlicher 180, 182, 
184, 185, 190, 299, 309, 313, 314, 315, 
320, 324. 

— — alsdiagnostisches Hilfsmittel 184, 


194. 

— — Komplikationen beim 180, 192, 
310, 313. 

— — zu Simulationszwecken 321. 

— A 186, 189, 194, 328. 

— Technik des künstlichen 187. 

— tuberkulöser, doppelseitiger 192. 

Pneumotomie bei Phthise 175. 

Ponndorf’sche Behandlung 223. 

Präzipitinreaktion 105. 

Praktikum der klinischen, chemisch- 
mikroskopischen und bakteriologi- 
schen Untersuchungsmethoden 274. 


i Primäraffekt 35. 


Prognose 79, 358. 

Prophylaxe 19. 
Pseudorasselgeräusche 183. 
Pseudotuberkulose beim Menschen 7. 
Psoriasis 32, 240, 287. 
Psychische Momente, 
Pyopneumothorax 191. 
— nach Lungenschuss 149. 


Bedeutung 108. 





Q. 
Quarz- Quecksilberlampe 110, 300. 


R. 


Rapport van de Commissie inzake het 
onderzoek naar de Pathogenese van 
de Longtuberkulose 245. 

Rasselgeräusche, fortgeleitete 183. 

Raum, schädlicher 177. 

Reibegeräusche, Fortleitung der 856. 

Reinfektion 8, 75. 

Respirationsapparat, Bürgischer 309. 

Respirationsbewegungen 178. 

Respirationskrankheiten 174. 

Rheinischer Verein für öffentliche Ge- 
sundheitspflege 237. 

Rheumatismus, chronischer 259. 

— Poncet’ scher 258. 

— tuberkulöser 258. 

Riesenzellen 67, 211. 

Rinderimmunisierungen 83. 

Rindertuberkelbazillen 352. 

Rindertuberkulose 82, 83, 225. 

Rippenresektion 175. 

Rippentuberkulose 223, 274. 

Riviera 118. 

Röntgenbestrahlung 138, 290. 

Röntgendiagnose 45. 

— bei beginnender Tuberkulosg 43. 

Röntgendiagnostik 95, 249, 266. 

Röntgenkontrolle des künstlichen Pneu- 
mothorax 183. 

Röntgenographie 183, 

Röntgentherapie 220. 

Rotes Kreuz 24. 


N. 


Sägewerke, Tuberkulose in 42. 

Säuglingstuberkulose 217. 

Sagrotan 226. 

Salvarsanbehandlung bei Lungengan- 
grän 95. 

Sanatorium bei Nakkebölle-Fjord 314. 

— Market Garden Colony 294. 

Schilddrüse in Physiologie und Patho- 
logie 122. 

Schilddrüsentuberkulose, primäre 286. 

Schilddrüsenveränderungen 37. 

Schrumpfnieren, tuberkulöse 3. 

Schule und Tuberkulose 86, 87. 

Schulkinder 237. 

Schussverletzung des Thorax 298. 

Schussverletzung des Zwerchfelles 144. 

Schwangerschaft und Tuberkulose 141, 
315. 

Schwindsuchtsbekämpfung 86. 

Seeigelei 177. 


Sachregister. 


Sekretion, innere 260. 

Serologie 216. 

Seropneumothorax nach Schussverlet- 
zung 19. 

Seuchen 280. 

Skarifikationsmethode der Tuberkulin- 
impfung 356. 

Sklerose, experimentelle 346. 

Skrophuloderma 113. 

Soden und seine Kurmittel 96. 

Soldaten, tuberkulöse 267. 

— Unterbringung tuberkulöser 154. 

Sonne und Klima im Kampfe gegen die 
Tuberkulose 298. 

Sonnenbehandlung, ihre therapeutische 
und soziale Bedeutung 199. 

Sonnenkur 108. 

Sonnenlicht, künstliches 253. 

Speicherung von Medikamenten in tu- 
berkulösem Gewebe 17. 

Spengler’sche Immunkörper 265. 

Spirometrie 298. 

Spitzen, Erkrankung der bei Lungen- 
tuberkulose 70. 

Spontanpneumothorax 192. 

Sporotrichose 242. 

Spuckverbot 18. 

Sputum-Desinfektion 226, 274. 

Staatszuschuss an Rekonvaleszenten aus 
den Tuberkulosesanatorien 146. 

Stadieneinteilung 115. 

— der Tuberkulose 302. 

Stadt und Land, hygienische Beziehung 
zwischen 270. 

Statistik der Heilbehandlung bei den 
Versicherungsanstalten 125. 

Sterblichkeitsverhältnisse im Kriege 355. 

Steinhusten 54. 

Sterilisation und Lungentuberkulose 
142 


Sternberg’sche Krankheit (Lympho- 
granulomatosis) 67, 98, 346. 

Strahlenbehandlung 108. 

— der chirurgischen Tuberkulose 109. 

Strahlentherapie der Tuberkulose 220. 

Symposium on tuberculosis 48. 

Syphilis 242. 


T. 


Technik der wichtigsten Eingriffe in der 
Behandlung innerer Krankheiten 
125. 

Temperaturen, subfebrile 47. 


| Temperaturkurven, subfebrile 11. 


Tetrahydro-Naphthylamininjektionen 4. 

Thorakoplastik 174, 183. 

— extrapleurale 174, 175, 186, 188, 194, 
320. 

— partielle 175. 

Thorakoskop 188. 

Thorakoskopie 48, 175. 


Saohregister. 373 
Thorakotomie 194. | Tuberkulose, Einfluss der, auf die 
Thoraxapertur, obere, Unregelmässigkeit - chemische Zusammensetzung des 
der 346. | Tierkörpers 285. 
Thoraxbinde 63. | Tuberkuloseähnliche Gewebsverände- 
Thoraxchirurgie 175. | rungen 242. | 


Thoraxkompressor 272. 


Thoraxmissbildung und Felddienstfähig- Ä 


keit 94. 
Thoraxstarre 175. 
Thrombophlebitis 134. 
Tierkörper, chemische 

zung des 285. 
Trauma und Gelenktuberkulose 135, 

288. 

— und Kniegelenktuberkulose 145. 
— und Tuberkulose 52, 135, 287, 288, 

291, 292. 

Trichinose, experimentelle 200. 
Trichophytonpilz 82. 
Trompetenbazillen, säurefeste 245. 
Trudeau School of Tuberculosis 22. 
Truppenteile für Tuberkulöse 225. 
Trygstad, Norwegen 21. 

Tuberkel der Iris 266. 
Tuberkelbazillen, Färbung ders. 2. 

— Färbung und Gegenfärbung der 11. 
im Gewebe 289. 

im Sputum 262. 

im strömenden Blut 59, 60. 

in Fäces 46, 102. 

Infektion mit Typus humanus und 

pus bovinus 11. 

— Much’sche Formen 139. 

Typus der bei menschlicher Tuber- 
kulose 6, 353. 
Tuberkelbazillenanreicherung 46. 
Tuberkelbazillenfette, antigene Eigen- 

schaften der 74. 

Tuberkelbazillus, Glykosidform des 6. 
Tuberkulide 101. 

— der Iris 350. 

Tuberkulin 4, 9, 74, 348, 357. 

-— „‚„Rosenbach‘“ 82. 
Tuberkulinbehandlung 221. 

— der chirurgischen Tuberkulose 82. 
Tuberkulindiagnostik 47, 204. 

-— der Lungentuberkulose 262. 
Tuberkulinimpfung, probatorische 261. 
— in der militärischen Begutachtung 

und Behandlung der Tuberkulose 197. 
Tuberkulinreaktion, örtliche 107. 
Tunerkulintherapie 16, 79. 
Tuberkulintiter 357. 

Tuberkulose bei Kriegern 260. 

bei Kriegsarbeitern 266. 

bei Soldaten 267. 

-Bekämpfung 18, 151, 155, 326. 

— in Minnesotta 92. 

chirurgische 108, 220, 223. 

der Haut 58. 

des Kindesalters 84. 
Differentialdiagnose zwischen akti- 
ver und latenter 357. 


Zusammenset- 


Tuberkuloseausschuss der Abteilung 
Kriegswohlfahrtspflege des Zentral- 
Komitees vom Roten Kreuz 9l. 


 Tuberkulosebazillen im Herzen 133. 





Tuberkulosebehandlung 17. 

— febrile 265. 

Tuberkuloseforschung in den Kriegs- 
jahren 126, 201. 

Tuberkuloseforschungsinstitute 235. 

Tuberkulosefürsorge 89. 

— des Verbandes mittlerer Reichs- 
Post- und Telegraphenbeamten 32. 

— während des Krieges W. 

Tuberkulosefürsorgestelle des Kreisver- 
bandes der Vaterländischen Frauen- 
vereine des Kreises Johannisburg 92. 

Tuberkulosegefahr des Krieger 153. 

Tuberkulose, generalisierte 35. 

Tuberkulosegesetze 22. 

Tuberkulose im Greisenalter 354. 

— im Kindesalter 78, 88. 

im Kriege 149, 330, 359. 

-Immunität 286. 

— in Algier 289. 

-Infektion beim Kind 10. 

-—- — der ersten Lebensjahre 76. 

in Dänemark 269. 

— in Nürnberg 269. 

-- mykotische Natur der 287. 

- offene und geschlossene 271. 

— primäre, sekundäre und tertiäre 130. 

Tuberkulosenbeurteilung, militärische 
256. 

Tuberkulosespitäler 235. 

Tuberkulosesterblichkeit, Verminderung 
der 43. 

Tuberkulose, traumatische 287. 

und Alkohol 74. 

- und Alkoholismus 229. 

und ihre Bekämpfung 

Schweiz 119. 

und Kriegsdienst 147. 

und Militärversicherung 22». 

und Schule 86. 

und Schilddrüsenveränderungen 37. 

und Schwangerschaft 141, 315, 358. 

— und Trauma 135, 136. 

-Veranlagung 345. 

-- Verbreitung der 274. 

Tübinger Schutzimpfungsverfahren 225. 

Tumoren, bösartige der Lunge #7. 

T.-V.-Sicherung 85. 

T.-V.-Stätten 85. 

T.-V.-Versicherung 89. 

Typhus und Pneumonie 95. 

Typhusschutzimpfung 349. 

Typus bovinus 76, 102. 


in der 


374 


U. 


Ulcera tuberculosa am Dorsum Penis 
144. 

Ultraviolettstrahlen 218. 

Ungerinnbarkeit des Blutes in der Pleura 
309. 

Urochromogen 308. 

— -Reaktion 306, 308. 

Uveitis, chronische 350, 351. 


V. 


Veitsches Gesetz 358. 

Vejlefjord-Sanatorium 269. 

Verbreitung der Tuberkulose beim Volke 
138. 

— — — in Bosnien und der Herzego- 
wina 27. 

Verhandlungen der XV. Jahresversamm- 
lung des Deutschen Vereins f. Schul- 
gesundheitspflege und der VII. Ver- 
sammlung der Vereinigung d. Schul- 
ärzte Deutschlands 304. 

Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte 
203 


an. durch ein Artilleriegeschoss 

44. 

Veröffentlichungen der Robert Koch- 
Stiftung zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose 59. 

Verwachsungen, Beseitigung von 175. 

Vibroinhalation 62. 

Violettes Licht 112. 

Vollluftkur 302. 


| 


Sachregister. 


W. 


Waaserkür und natürliche Immunität 
326. 

Wassermann-Reaktion 135. 

Weisz’ sche Reaktion 263, 308. 

— — bei der Lungentuberkulose 46. 

Wiener Dermatologische Gesellschaft. 
240, 303. 

Wirbeltuberkulose nach Unfall 136. 

Wissenschaftlicher Verein der Ärzte zu 
Stettin 128. 


= Wohlfahrtspflege auf dem Lande 55. 


Wohnungen für tuberkulöse Familien 


Wohnungshygiene in Philadelphia 300. 
Wohnungsstaub und Inhalationstuber- 
kulose 352. 


Württemberg, Bevölkerungsbewegung 
in 278. 


Z. 


~ Zeichensprache bei Untersuchung Lun- 


genkranker 271. 

Zeit- und Streitfragen, 
therapeutische 139. 
Zelle, die menschliche 326. 
Zunge, Tuberkulose der 39. 


tuberkulose- 


; Zwerchfellhernie 145, 265. 
i — und Pneumothorax nach Lungen- 


schuss 194. 





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