UNIVERSITY OF CALIFORNIA
MEDICAL CENTER LIBRARY
SAN FRANCISCO
**
Internationales Lentralblatt a,
für die gesamte
Tuberkulose-Forschung
Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrten
des Jn- und Auslandes
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer Dr.OskardelaCamp Dr. G. Schröder
Ärztlicher Direktor des Allge- o.ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der neuen Heilanstalt
meinen Krankenhauses Eppen- Freiburg, Direktor der medizini- für Lungenkranke, Schömberg,
orf in Hamburg schen Klinik Oberamt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion:
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg.
XII. Jahrgang
E
N
Leipzig und Würzburg
Verlag von Curt Kabitzsch
1918
Alle Rechte,
besonders das der Übersetzung, vorbehalten.
Druck der Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von °
Dr. Oskar de la Camp
o. ð. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Redaktion: Verlag: |
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Vertag,
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wittbg. Ludwigstrasse 281/s.
12. Jahrg. Ausgegeben am 31. Januar 1918. Nr. 1.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
‘Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Alff 28. Dembinski 18. | Kohn, H. 32 Reinhart, A. 15.
Arosenius, E. 16. Dohrn %. Koväcsies, A. 25. Reynier, P. 15.
Bardswell, N. 30. ' Dotzel 12. ı Kraemer, C. II 2. Rothholz 29.
Bechhold 2%. Edin. R. C. 29. : Kraus 31, 32. Sabouraud, R. 14.
Bluhm, A. 26. Faber 12. Krause, W. 17. Sahlgren, E. 21.
Bödiker, E. 12. Fürbringer 31. : Lanz, E. 19. ‚, Schärer 25.
Braun, E 16. ı Geszti, J. 24. Liebe 25. | Schloss 15.
Bredow, F. 14. l Goldscheider 30, 32. v. Linden, M. 21. , Schranz 17.
Budszynski 30. ' v. Hayek, H 21. ! Lindhagen, E. 24. Schürmann, W. 28.
Cantab, P. H. 29. Hirschfeld. F. 32. . Loeper, M. 11. | Sievers, H. 29.
Cemach, A. J. 23. Holmgren, J. 12. ; Lord, F. J. 10. | Spitzer 19.
Chasporel, M. 17. Hotz 23. ' Löwy, J. 13. ` Steiner, L. 15.
Clemens 25. Jacquerod 18. Lüthy, A. 123. ! Strauss 21.
Cox, L. L. 26. Jousset, A. 14. Mayer, A. 31. ' Tuz 11.
Crofton, W. M. 27 Jürgens 32. Orth 25. ‚ Wiehmann 20, 20.
Cronquist 19. . Kinghorn, H. M. 11. ' Ostenfeld, J. 16. ' Zahner 28.
Czerny 31. Klare 28. Pischinger, O. 29. : Zondek 11.
Darier 18. ' Kleinschmidt, H. 27. Rappin, M. 18. : Zülzer 32. ,
Dart, G. H. 2%. Koeppe 10. i l
I. Klinische Fälle.
Zu den Verlaufsformen und der Diagnose der Miliartuberkulose.
I. Referate.,
Von C. Kraemer lI.
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie.
1. Koeppe, Klinische Beobachtungen mit
der Nernstspaltlampe nnd dem Hornhbautmikro-
skop. — 2. Lord, Haemoptysis as symptom. —
3. Zondek, Zur primären Muskeltuberkulose.
— 4 Kinghoru, Appendicitis as a compli-
cation of pulmonary tuberculosis. — 5. Tua,
Beitrag zur Statistik der Pleuraexsudate und
ihre Beziehung zur Tuberkulose. — 6. Loeper,
La perinephrite tubereuleuse. 7. Holm-
gren, Beobachtungen über das Verhältnis der
Krebskranken Tuberkulin gegenüber. — 8. Bö-
diker, Über die Brauchbarkeit des Bitter-
schen Tuberkuloseextraktes für die Wasser-
mann'sche Reaktion. — 9-10. Faber, Dotzel.
Albuminurie nach Bestrahlung mit der künst-
lichen Houhensonne. — 11. Löwy, Fibrinver-
mehrung im menschlichen Blute. — 12. Lüthy,
Verändert die längere Zufuhr von Antipyreticis
die Erregbarkeit des Temperaturzentrums ?
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung.
|
31:
b) Ätiologie und Verbreitung.
13. Sabouraud, Sur l’origine tubercu-
leuse du psoriasis. — 14. Jousset, La ba-
eill&emie tuberculeuse primitive du premier âge.
15. Bredow, Zur Schutzpockenimpfung
tuberkulöser Lungenkranker. — 16. Reynier,
Pathogenie de la fistule anale. — 17. Rein-
hart, Anatomische Untersuchungen über die
Häufigkeit der Tuberkulose. — 18. Steiner,
Tuberculose et soleil tropical. — 19. Schloss,
Zur Epidemiologie und Klinik der Säuglings-
tuberkulose. — 20. Braun, Die Häufigkeit der
Miliartuberkulose im Greisenalter, — 21. Aro-
senius, Tuberkulosemortalität Schwedens
während der Jahre 1911-1914. — 22. Osten-
feld, Häufigkeit der Tuberkulose bei Patienten
über 15 Jahre.
' c) Diagnose.
23. Sehrarz, Zur Färbung der Tuberkel-
bazillen. — 24. Chasporel, Pigment ren-
12. 1
IN.»
14
2 Klinische Fälle.
contré dans les urines de tubefculeux. — 25.
Krause, Einfluss der hereditären Belastung auf
Form und Verlauf der Tuberkulose der Kinder.
d) Therapie.
26. Jacquerod, Valeur de la tuberen-
line dans le traitement de la tuberculose
pulmonaire. — 27. Dembinski, Über den
therapeutischen Wert des Tuberkulins und die
Indikation zu dessen Anwendung. — 28. Rap-
pin, Vaceinothörapie de la tuberculose. —
29. Darier, Traitement des tuberculoses
oculaires. — 30. Spitzer, Die Anwendung
der Deycke-Much'schen Titrierung‘ und Immun-
therapie bei Hauttuberkulose. — 31. Cron-
quist, Tuberkulinstudien bei Kindern. —
32. Lanz, Über die Bedeutung der Haut-
reaktion nach Tuberkulin-Impfungen für Tbe-
rapie und Prophylaxe der Tuberkulose —
|
|
: 45. Clemens und Schärer,
Assanierung der Stadt Debrecen. — 43. Ko-
väesios, Tuberkulose und Wohnung,
4. Liebe, Die Schulen als T.V.-Stätten. —
Ein neuer
Apparat zur Desinfektion des Auswurfs und
der Auswurfgefässe. — 48. Orter, Uber die
Bekämpfung der Tuberkulose. -— 47. Lissant
Cox, The prevention and cure of tuberculosis.
— 48. Bluhm, Die soziale Versicherung im
Lichte der Rassenhygiene. — 49. Crofton,
‘ Prophylactic inoculation against tuberculosis. —
38. Wichmann, Über die Heilwirkung spon- .
taner Antikörperbildung auf äussere und innere
Tuberkulose. -— A. Wichmann, Der heutige
Stand der Chemotherapie der Hauttuberkulose.
35. Strauss, Erfolge und Anssichten der
Chemotherapie des Lupus. — 36. Sahlgren.
Über Enzytolbehandlung der Tuberkulose. —
97. v. Linden, Experimentalforschungen zur
Chemotherapie der Tuberkulose mit Kupfer-
und Methylenblausalzen. — 38. v. Hayek,
Kann die spezifische Tuberkulosetherapie heute
schon für die allgemeine ärztliche Praxis an-
empfohlen werden? — 39. Hotz, Die Be-
handlung chirurgischer Tuberkulosen bei Kriegs-
teilnehmern. — 40. Comach, Über die spe-
zifsche Behandlung der Mittelohrtuberkulose.
e) Prophylaxe.
41. Lindhagen, Anzeigepflicht bei Tu-
berkulose. -- 42. Geszti, Die Tuberkulose-
50. Kleinschmidt, Zur Prophylaxe der
Kindertuberkulose im Kriege. — 51.52. Be ch-
hold, Schürmann, Über Desinfektions-
mittel. ;
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heime.
53. Zahner, Die Prinzregent Luitpold-
Kinderheilstätte bei Scheidegg im Allgäu. —
54. Klare, Kinematographische Vorführungen
in Heilstätten. — 55. Alff, Die Entwickelung
der Bacholter Walderholungsstätte, ein Bei-
trag zum Bau von Walderholungsstätten. —
56. Rothholz, Die Tuberkulosefürsorge der
Landesversicherungsanstalt Berlin in den beiden
Kriegsjahren 1915—1916. — 57. Sievers, Die
Besuche der Fürsorgeschwestern in den Woh-
nungen Lungenkranker. — 58. Pischinger,
9. Jahresbericht der Auskunfts- und Fürsorge-
stelle in Aschaffenburg für das Jahr 1916. —
| 59. Dart, Edin, Cantab, The domiciliary
i
|
|
i
t
i
treatment of pulmonary tuberculosis. — 60.
Budszynski, Dio Arbeitskur in Anstalten
für Lungenkranke. — 6l. Bardswell, An
open-air industrial experiment for tuberculous
cases: The Hairmayres Colony, Lankashire. —
62. Dohrn, Organisation der Tuberkulose-
bekämpfung in kleinen Städten u. auf dem Lande.
III. Kongress- und Vereinsberichte.
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin, Sitzung vom 10. XII. 1917.
IV. Mitteilung
des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose.
I. Klinische Fälle.
Zu den Verlaufsformen und der Diagnose der Miliar-
tuberkulose.
(Aus der Beobachtungsstation für innere Krankheiten von Oberstabsarzt d. L.
Prof. Dr. Schlayer.)
Von Assistenzarzt d. R. Dr. C. Kraemer Il.
(Mit 3 Röntgenabbildungen und 1 Kurve im Text.)
Im folgenden möchte ich über einen Fall von Miliartuberkulose
berichten, der mir in verschiedener Hinsicht bemerkenswert erscheint.
Zunächst möge die Krankengeschichte den Gang der Ereignisse und den
jetzigen Befund zur Anschauung bringen.
Klinische Fälle. .3
*
~ Th. Sch., 20 jähriger Mann. In der Familie ist kein Fall von Tuberkulose
vorgekommen. Pat. selbst gibt an, er habe früher Masern gehabt, sei sonst stets
gesund gewesen. Vom 14. bis 19. Lebensjahr arbeitete er als Schlosser. 9. X. 14.
kam er als Freiwilliger zur Marine, und war dann als Funker auf U-Booten tätig.
Von Mitte Februar 1916 ab begann leichtes Unwohlsein, Appetitlosigkeit und
Müdigkeit einzusetzen; Sch. bemerkte ein allmähliches Dickerwerden des Bauches.
Er meldete sich Anfangs April 1916 krank und kam ins Kriegs-Lazarett B. Dort
wurde tuberkulöse Bauchfellentzüändung festgestellt. Der Leib war aufgetrieben,
mass 81 cm im Umfang, freier Ascites war nachweisbar, die Temperatur subfebril.
Am 22. IV. 16. Operation in Chloroformnarkose: Schnitt in der Linea alba; es
wurden eine grosse Aussaat von Tuberkelknötchen und flächenhafte Verwacbsungen
konstatiert. Der Schnitt wurde darauf ohne weiteren Eingriff geschlossen. An-
schliessend Sonnenbestrahlung. 20. V. 16 Verlegung ins Marine-Lazarett H. inK.
Die dortige Untersuchung ergab: Lungen o. B., Leib aufgetrieben, 77 cm im
Umfang, Ascites nachweisbar, die Temperatur subfebril, Pirquet positiv, Gewicht:
64 kg. Röntgendurchleuchtung: beide Zwerchfelle hochgedrängt, die linke Spitze
etwasdunklerals dierechte. Hämoglobin: 80°. Sch. fühlte sich sehr matt.
Die B-handlung bestand in Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne.
Am 3. VIII. 16 wurde der Pat. ins R.-L. N. verlegt. Der Befund dort ergab:
geringer positiver Lungenbefund (ohne nähere Angaben), Leib aufgetrieben,
84 em im Umfang, kein Ascites, Temperatur subfebril. Behandlung wie seither.
Von dort wurde Sch. in das R.-L. A. verlegt. Gewicht 65 kg, im Auswurf
keine T.B. Lungen: beide Spitzen gedämpft, I. h. v. Rasselgeräusche:
Leib aufgetrieben, gelegentlich Durchfälle und Leibschmerzen. Hier traten zum
erstenmal Beschwerden auf beim Wasserlassen. Im Urin wurden
einzeine Zylinder nachgewiesen. |
Am 8. XIl. 16 zurück verlegt ins R.-L. N. Befund: Leib stark aufgetrieben,
Lungenspitzentuberkulose beiderseitn.
Am 13. XII. 16 zum Truppenteil als kr. u. entlassen. Sch. machte einige
Tage leichten Dienst, und kam wegen der alten Beschwerden ins Erholungs-
heim E. Februar 17 kam er wieder zur Truppe und wurde am 20. III. 17 bis zur
Entlassang nach Hause beurlaubt, wo er immer Fieber und Rückenschmerzen
gehabt haben will. Er meldet sich am 5. VIl. 17 wieder krank und kam von
neuem ins R.-L. N. Die Untersuchung ergab; auf der Lunge keine Rassel-
geräusche, Leib nicht mehr druckempfindlich, leichtes Fieber. Die Röntgen-
durchleuchtung ergab schlechte Verschieblichkeit des rechten Zwerchfells, sonst
keine Besonderheiten. Pat. hatte Schmerzen beim Wasserlassen. Am 18. IX. 17
Verlegung ins Ver.-Laz. K.; hier bestand Fieber, Sch. klagte über Schmerzen in
der Lendenwirbelsäule; der Urin war manchmal trübe, Albumen wurde nicht
nachgewiesen.
Am 18. IX. wurde der Pat. zu uns zur Beobachtung verlegt. Hier trat
unter Darreichung von Pyramidon fast völlige Entfieberung ein. Das Körper-
gewicht sank von 63 kg auf 61'/: kg, um dann wieuer auf 63 kg anzusteigen.
Zur Zeit klagt Pat. nur über Schmerzen im Kreuz beim Bücken, mässigen Husten
und Auswurf, etwas Brennen beim Wasserlassen. Sonst fühlt er sich ganz wohl.
Der heutige Befund ergibt: Verminderter Ernährungszustand, blasses
Aussehen. Muskulatur in mässigem Tonus. Aın Hals einige kleine Lymphome.
Das Nervensystem zeigt etwas erhöhte Erregbarkeit.
Die Lendenwirbel sind ganz wenig prominent, es besteht kein Gibbus, keine
Druckempfindlichkeit, kein Stauchungsschmerz. Röntgenbild der Lendenwirbelsäule
zeigt völlig normalen Befund..
Der Leib weist eine breite, gut verheilte Operatiunsnarbe auf, vom Schwert-
fortsatz bis etwas unterhalb des Nabels reichend. Der Leib ist nicht aufgetrieben,
nirgends druckempfindlich, Ascites ist nicht nachweisbar. Keine abnorme Re-
sistenz. =
4 Klinische Fälle.
Das Herz zeigt den Spitzenstoss an nurmaler Stelle, nicht hebend. Grenzen
und Töne sind o. B. Der Puls ist regelmässig, beschleunigt, und zwar dauernd
mehr als im Verhältnis zur Temperatur, siehe Kurve.
HH HH
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Der Brustkorb ist mittelbreit, etwas flach, macht ganz gute, beiderseits
gleiche Atemexkursionen. Es besteht keine Dyspnoe oder Tachypnoe. Die Zahl
der Atemzüge beträgt durchschnittlich 24. Die Lungengrenzen sind hinten
und vorn beiderseits verschieblich.
Klinische Fälle. 5
Lungenbefund: Rechts ziemlich derbe Schallverkürzung bis unterhalb
Spina, vorn bis zur 2. Rippe. — Scharfes Inspirium, hinten oben etwas verlängertes
Exspirium, bronchovesikuläres Atmen bis Spina, ebenso vorn oben. Bis Spina
sehr spärliches, fein- bis mittelgrosses, nicht klipgendes Rasseln.
Links derbe Schallverkürzung bis unterhalb Spina, ]. vorn Schall über der
ganzen Seite etwas verkürzt. — Sehr scharfes, bronchovesikuläres Atmen. Über
dem Schlüsselbein mässig zahlreiches, mittelgrosses, deutlich klingendes Rasseln,
ebenso hinten bis Spina. i
Der Auswurf ist spärlich, schleimig eitrig, enthält spärliche Tuberkel-
bazillen.
Der Urin ist leicht getrübt, manchmal flockig. Er enthält etwa 1/4°/oo
Albumen, im Sediment reichlich Leukozyten, wenig Erythrozyten, einzelne
Zylinder ; der steril entnommene Urin enthält wiederholt Tuberkelbazillen..— Diazo-
reaktion bleibt negativ. š
Abb. 1.
Im Blut sind keine T. D. nachweisbar; der Hämoglobingehalt beträgt 7200,
die Zahl der Erythrozyten 5 112000, dıe der Leukozyten 9 bis 10000. Das
morphologische Blutbild setzt sich zusammen aus: 71,5°/o Neutrophilen, 18°/o
Lymphozyten, 7°/o Übergangsformen, 2,5°/o Eosinophilen, 1° Mastzellen.
Pirquet bleibt 2 mal negativ.
Die fachärztliche Augenuntersuchung ergibt keine Chorioidealtuberkel.
Die Temperatur ist sehr labil, in den letzten Tagen nicht mehr über 37,4
erhöht (s. Kurve).
Soweit der klinische Befund. Demnach besteht eine alte, wohl sicher aus-
geheilte Bauchfelltuberkulose, ferner offene Lungen- und Nierentuberkulose.
Nun aber das Röntgenbild (Abb. 1). Dieses zeigt eine diffuse miliare Aussaat
in beiden Lungen, das. typische Bild der Miliartuberkulose! Nichts im patho-
logischen Geschehen, noch in dem klinischen Befunde, noch in dem Befinden des
6 Klinische Fälle.
Kranken deutet darauf hin. Es fehlte jedes Zeichen eines akuten Beginns, es
fehlen so ziemlich alle für Miliartuberkulose charakteristischen subjektiven und
objektiven Symptome wie Kopfschmerz, Dyspnoe, Fieber, Chorioidealtuberkel,
um nur die wichtigsten zu nennen. Wohl sind Fälle von fieberlosem
Verlauf in der Literatur beschrieben, meines Wissens zuerst von Joseph
1891, aber doch nicht von so langer Dauer und so ohne alle Beschwerden.
Das ist das Bemerkenswerte an diesem Fall, dass ein Mann mit radio-
logisch so ausgebreiteter Erkrankung in relativ solch gutem Wohlsein sich
befindet. Zwei Erklärungen sind dafür möglich: entweder, es geht das
Röntgenbild sozusagen dem Gang der Dinge voraus, d. h. es zeigt uns
Abb. 2.
jetzt schon die miliaren Knötchen, ehe sie klinisch in die Erscheinung
treten, oder der Mann hat das seltene Glück gehabt, den akuten Anfall
der Miliartuberkulose zu überstehen, dann haben wir alte, mehr oder
weniger ausgeheilte miliare Herdchen vor uns, bezw. die Miliartuberkulose
ist in chronische Phthise übergegangen. Für beide Möglichkeiten sind
Belege in der Literatur vorhanden. Schlayer (im Auftrag Otten's)
beschreibt einen Fall, bei dem „das Röntgenogramm eine völlige Über-
raschung bedeutete“. Also genau wie bei unserem Kranken. Auch
Achelis teilt einen Fall mit, bei dem die Miliartuberkulose schon im
Röntgenbilde in Erscheinung trat, ehe klinische Symptome sich zeigten.
Ebenso berichtet v. Muralt über dieses Vorkommen. In unserem Fall
dürfte dies kaum zutreffen; dafür stand der Kranke zu lange in unserer
und anderer Beobachtung, ohne dass eine Verschlimmerung eingetreten
wäre. Vielmehr wird die zweite Möglichkeit in Betracht kommen, nämlich
Klinische Fälle. 7
dass die Miliartuberkulose einen chronischen Verlauf genommen hat, aus-
geheilt, bezw. in chronische Phthise übergegangen ist. Von solchen Fällen
wird von Cornet, Romberg in Mehrings Lehrbuch, besonders Wun-
derlich berichte. — Wir haben uns in diesem Falle zu der Diagnose
Miliartuberkulose entschlossen nach dem ganzen Verlauf der Dinge; ausser
dem Böntgenbild würde noch das Verhalten des Pulses und eventuell das
Blutbild für Miliartuberkulose sprechen; letzteres soll nach Wack bei
unveränderter Gesamtleukozytenzahl eine Lymphopenie zeigen; dass auch
für das Röntgenbild noch andere Deutungen vorhanden wären, soll unten
noch kurz erörtert werden. Vorher darf ich vielleicht noch die Möglichkeit
oder Wahrscheinlichkeit der Entstehung des Leidens berühren.
Abb. 3.
Ein vorher kerngesunder Mann aus gesunder Familie erkrankt unter
ungewohnten Lebensverhältnissen und Anstrengungen an Bauchfelltuber-
kulose. Man wird nicht fehlgehen, auch in diesem Fall den Ausgang in
einer Mesenterialdrüse zu suchen. Ist nun damals gleichzeitig die Aus-
saat in die Lungen und in die Nieren erfolgt? Dagegen spricht das
Fehlen aller Symptome. Erst 3 Monate später traten die ersten Zeichen
seitens der Lungen, 5 Monate später seitens der Nieren anf. Wahrscheinlich
also erfolgte die Aussaat in die Lungen und in die Nieren nacheinander
in einzelnen Schüben; Cornet beschreibt gerade dieses schubweise Ein-
brechen der Bazillen in die Blutbahn als Entstehungsmöglichkeit der
chronischen Miliartuberkulose. Man könnte dann von einer multiplen
Lokalisation der Tuberkulose sprechen. Die Bauchfelltuberkulose zog sich
lange hin, Gelegenheit zu stets neuen Schüben war also gegeben. Es ist
8 Klinische Pälle.
beachtenswert, dass die durch Ausheilung der: Bauchfelltuberkulose ge-
schaffene Immunität einerseits wohl eine Katastrophe, ‚andererseits aber
nicht das Übergreifen in andere Organe zu verhindern vermochte. Oder
sind lokale und allgemeine Immunität solch verschiedene Dinge?
Das Röntgenbild bedeutete auch in unserem Falle „eine vollkommene
Überraschung“, und ich legte mir daher gleich die Frage vor, ob nicht
ein anderer pathologisch-anatomischer Befund diesem Bilde zugrunde
liegen könne. Zunächst wäre da zu denken an eine auf dem Lymphwege
entstandene disseminierte peribronchitische Tuberkulose. Dass eine solche
das Bild der Miliartuberkulose in hohem Grade nachahmen kann, zeigt
ein von Assmann beschriebener Fall, bei welchem die Röntgenaufnahme
7 Jahre nach einer Hämoptoe mit hoch fieberhaftem Stadium das Bild
der Miliartuberkulose darbot, während der klinisch gesunde Pat. nur eine
geringe Spitzenverdichtung aufwies!). Diese differentialdiagnostische Mög-
lichkeit scheint mir bei unserem Fall nicht ausgeschlossen werden zu
können. Dass Pässler auch bei einer Pseudoleukämie ein der Miliar-
tuberkulose zum Verwechseln ähnliches Bild fand. sei nebenbei erwähnt. -
Des weiteren aber musste sich der Verdacht, angesichts der ana-
ımnestischen Angabe, dass der Pat. 5 Jahre als Schlosser gearbeitet hatte,
auf ein weiteres Bild richten, nämlich das der Pneumokoniosis, bezw. der
Siderosis. Dass diese ein der Miliartuberkulose sehr ähnliches rönıgeno-
logisches Bild machen kann, ist vielfach in der Literatur erwähnt. Ein
Blick auf Abb. 2 und 3 wird dies bestätigen. Abb. 2 stammt von einer
klinisch sicheren Miliartuberkulose, Abb. 3 von einem alten Steinhauer
ohne jeden Anhalt für Tuberkulose, auch anamnestisch und hereditär,
aber mit den typischen Beschwerden der Steinhauerlunge. Die Ähnlichkeit
ist zweifellos sehr gross, und wenn andere Autoren wie Schut, Beltz,
Achelis, Klewitz betonen, dass die einzelnen Fleckchen bei der
Chalikosis grösser und zackiger, derber seien als bei der Miliartuberkulose,
so muss ich dem angesichts der beiden Bilder widersprechen. Ja, ich
meine fast, nach der Beschreibung dieser Autoren würde eher die Stein-
hauerlunge der Miliartuberkulose entsprechen und umgekehrt! Eines nur
kommt deutlich zum Ausdruck, was auch Beltz betont, dass die Miliar-
tuberkulose zuerst die Spitzen und Oberlappen befällt, während die Pneu-
mokoniose die Spitzen relativ frei lässt. i
Auf die Ähnlichkeit gerade der Siderosis mit dem Bilde der Miliar-
tuberkulose wurde ich hingewiesen durch eine Arbeit von Weil, welcher
3 vorzügliche Abbildungen beigegeben sind. Die Siderosis ist in diesem
Falle schon sehr ausgeprägt; man kann sich denken, dass sie in ihrem
Anfangsstadium, wie es bei unserem Kranken der Fall sein müsste, noch
grössere Ähnlichkeit böte. Immerhin ist sie auch so gross genug; man
vergleiche nur mit dem Bilde Weil’s die Abbildung auf Tafel VII im
Atlas von Ziegler und Krause.
Weil hat versucht, das abgelagerte Eisen direkt am Sideroskop
nachzuweisen. Er hält dies für den Grund des Misslingens, dass die
Eisenteilchen infolge chemischer Umwandlung nicht mehr imstande wären,
die Magnetnadel zu beeinflussen. Wie ich mir von dem Phyeiker, Herrn
ı) Allerdings scheint mir der Beweis zu fehlen, dass damals nicht vielleicht
auch eine akute Miliartuberkulose aufgetreten sein kann, die zur Ausheilung kam;
indes kenne ich die Arbeit nur aus dem Referat.
Klinische Fälle. 9
Dr. Glocker, Leiter unseres Röntgenlaboratoriums, dem ich bei dieser
Gelegenheit für seine trefflichen Röntgenaufnahmen meinen besten Dank
sagen möchte, erklären liess, würde dies keine Hinderung bedeuten, viel-
mehr müsse das Sideroskop zu weit von dem Thorax entfernt werden,
damit die weit zerstreuten Eisenteilchen wie ein Punkt wirken könnten,
als dass dann die magnetische Wirkung noch gross genug sei, um einen
Ausschlag hervorzurufen.
Ich suchte nun. zur weiteren Klärung der Diagnose das Sputum
heranzuziehen, indem ich hoffte, im Sputum Eisen durch die Berlinerblau-
reaktion nachweisen zu können. Dies gelang auch tatsächlich, insbesondere
konnten in einzelnen Zellen blaue Körnchen nachgewiesen werden. Leider
aber gab das Sputum auch ganz leichte Guajakreaktion, und ein anderes
Sputum, dem versuchsweise etwas Blut zugesetzt wurde, gab auch leichte
Berlinerblaureaktion. Die Versuche mussten dann unterbrochen werden,
da der Pat. in eine Pflegstätte verlegt wurde. Vielleicht wäre auf diese
Weise doch ein Weg zur Sicherung der Diagnose zu gewinnen.
Die Siderosis liess sich also weder ausschliessen, noch beweisen. Der
Nachweis der blauen Körnchen würde wohl dafür sprechen, immerhin
aber ist es unwahrscheinlich, vor allem auch im Hinblick auf die Bazillen-
ausscheidung im Auswurf und im Urin. Endlich kann ja auch eine
Kombination von Siderosis und Tuberkulose vorliegen; dass die Tuber-
kulose häufig auf dem Boden der Pneumokoniose entsteht, ist bekannt.
Weil spricht von 90°/o sekundärer Tuberkulose bei allen Siderosiser-
krankten. Auch F. v. Müller in Mebring’s Lehrbuch spricht von
häufiger sekundärer Tuberkulose auf dem Boden der Pneumokoniose.
Zusammenfassung: Der. Fall zeigt eine ungewöhnliche Verlaufsform
von Miliartuberkulose, ohne alle klinische Erscheinungen dieser, und ohne
Nachfolgen einer solchen. Man muss in diesem Falle von einer etappen- `
weisen Dissemination sprechen.
Es bleibt mir noch die angenehme Pflicht, Herrn Oberstabsarzt Prof.
Dr. Schlayer für die Anregung zu dieser Arbeit meinen besten Dank
auszusprechen.
Literatur.
Joseph, D. m. W. 1891. S. 28.
Schlayer (Otten), Verh. d. deutsch. Röntg. Ges. Bd. IV. 1908.
Achelis, M. m. W. 1910. S. 1875.
v. Muralt, Ref. in der Zeitschr. f. Tbc. Bd. XXVII. S. 403.
Cornet, Die akute allgemeine Miliartuberkulose. 2. Auflage, 1913.
Romberg, Lehrbuch d. inn. Med. von Mehring. S. 82 ff.
Wunderlich, Die Heilbarkeit der akut. Miliartbc.
Wack, D. Arch. f. klin. Med. 1914. Bd. 115. S. 596.
Assmann, Ref. i. Ztrbl. f. Tbc. IX. Jahrgane. S. 54.
Pässler, ebenda.
Schut, Beitr. z. Klin. d. Tbc. Bd. XXIV. S. 145.
Beltz, Ref. in d. M. m. W. 1914. S. 1706.
Klewitz, ebenda.
W eil, Fortschr. a. d. Geb. d. Röntg.-Strahlen. Bd. XXIV. S. 111.
Ziegler u. Krause, Röntgenatlas der Lungentuberkulose.
F. v. Müller, Lebrb. d. inn. Med. von Mehring. S. 243. 8. Auflage.
>
10 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
II. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
1. Koeppe, Klinische Beobachtungen mit der Nernstspaltilampe
und dem Hornhautmikroskop. 5. Mitteilung. Arch. f. Ophth.
93. 1917 H. 2.
Es konnten 4 Fälle beobachtet werden, bei denen eine sicher bestehende
Tuberkulose der Uvea bezw. der Iris oder Sklera zu Knotenbildungen in
den tieferen Hornhautschichten geführt zu haben schienen, die mithin als
eine sekundäre Tuberkulose der Kornea diagnostiziert werden durfte.
Das Bild des tuberkulösen Hornhautinfiltrats deckt sich im wesent-
lichen mit dem Bilde, das für die Entzündung und das entzündliche Ödem
der Kornea überhaupt entworfen wurde (an anderer Stelle derselben Mit-
teilung. Es kommt jedoch eine diffuse weisse, nicht weiter auflösbare
Färbung des Knotenzentrums hinzu (wahrscheinlich Nekrose des Horn-
hautgewebes bedeutend).
Die tuberkulösen Infiltrate scheinen mit Vorliebe in den tieferen Horn-
hautschichten zu sitzen, ganz im Gegensatz zu den Phlyktänenbildungen.
Therapeutisch liessen sich die tuberkulösen Knotenbildungen in der
durchsichtigen Hornhaut ganz ausgezeichnet und in ca 8—10, bis aller-
höchstens 14 Tagen, durch die vom Verf. empfohlene Bestrahlung mit der
Nernstspaltlampe zum Einschmelzen bezw. völligen Verschwinden mit Hinter-
lassung einer mehr oder weniger zarten Narbe bringen. Verf. rät dabei
aufs Dringendste zu einer täglich 5 Minuten dauernden Bestrahlung mit
dem Lichtkegel der Spaltlampe bei tuberkulöser Keratitie; die Heilung
wird wesentlich beschleunigt im Vergleich zu anderer Behandlung.
Aus Erfolg oder Versagen der Bestrahlungstherapie lassen sich diffe-
rentialdiagnostische Schlüsse ziehen. Werner Bab, Berlin.
2. F.J. Lord, Haemoptysis as symptom, Boston Med. and Surg.
Journ. 1916, 27. Juli.
Verf. studierte die Krankengeschichte von 549 klinischen Fällen von
Hämoptysis und 307 Fällen von Hämoptysis, die zur Autopsie kamen.
In 30 Fällen war das Blutspucken ein initiales Ereignis, welchem weder
Lungen- noch andere Symptome vorangingen oder folgten. Nur Husten mit
oder ohne geringen Auswurf bestand gleichzeitig. 20 davon hatten Tuberkel-
bazillen im Auswurf während der Blutung oder späterhin. Die 10 übrigen
waren Autopsiefälle und 9 davon zeigten ausgeheilte, inaktive oder aktive
Lungentb. Die einzige Ausnahme bildet folgender ungewöhnliche Fall:
Ein 37 jähriger Mann wurde ins Krankenhaus aufgenommen mit Husten
ohne Auswurf, welcher seit 3 Jahren jeden Winter auftrat. Drei Tage
vor der Aufnahme hustete er eine grosse Menge Blut aus und starb
2 Tage nach der Aufnahme an einer wiederholten Blutung. Bei der
Autopsie fanden sich syphilitische Geschwüre der Trachea und Bronchien,
sowie eine Ruptur eines grossen Astes der Pulmonararterie in den rechten
Hauptbronchus. Tuberkulose ist die häufigste Ursache von Hämoptysie.
Unter den 307 Autopsiefällen fand sie sich nur 27 mal. Dies rührt davon
her, dass Patienten im aktiven Stadium der Erkrankung "gewöhnlich nicht
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, 11
in das Massachusetts General Hospital aufgenommen werden. Als zweites
Moment figuriert klinisch chronische Stauung, unter den Autopsiefällen
aber 105 mal. In 100 Fällen war lobäre Pneumonie die Ursache, in
48 Lungen-Infarkt, in 14 nichttuberkulöse Lungeneiterung, in 7 Aorten-
Aneurysma, in 5 Neoplasma, in 1 syphilitische Ulzerationen der Trachea
und Bronchien. Starke Blutung kommt selten vor, ausser bei Lungentuber-
kulose, gelegentlich bei Abszess-Gangrän oder bei Bersten eines Aneurysma.
In der zur Autopsie gekommenen Reihe fand sich kein einziger Fall, in
welchem das Blutspucken als vikariierende Menstruation gedeutet werden
konnte. Dies könnte nur der Fall sein, wenn die Frauen an irgend einer
Lungenaffektion leiden, welche in der Mehrzahl der Fälle tuberkulöser
` Natur ist. Mannheimer, New York.
8. Zondek, Zur primären Muskeltuberkulose. M. m. W. 64.
1917 S. 891.
Die Muskeltuberkulose rührt in der Regel von benachbarten Knochen
und Gelenken her, wobei die Erkrankung auf das intermuskuläre Gewebe
übergreift und spezifische Prozesse hervorruft. Im Gegensatz dazu ist die
primäre Muskeltuberkulose — d. h. die nicht aus der Nachbarschaft fort-
geleitete Erkrankung — äusserst selten. Die Zahl der beschriebenen
Fälle ist gering. Z. hält sich deshalb berechtigt, einen histologisch sicher
gestellten Fall von Tuberkulose der Wadenmuskulatur zu beschreiben.
Bredow, Ronsdorf.
4. Hugh M. Kinghorn, Appendicitis as a complication of
puimonary tuberculosis.
Verf. berichtet, dass in der Zeit von Oktober 1905 bis Dezember
1914 unter 674 sicher festgestellten Fällen von Lungen-Tb. 36 mit Appen-
dizitis kompliziert waren — 5,33°/o, und zwar 6,1°/o bei Männern und 4,27%
bei Frauen. Von diesen 36 Fällen wurden 22 operiert und 14 gesundeten
ohne operativen Eingriff. Ein fulminanter Fall starb 3 Tage nach der
Operation. Tuberkulöse mit akuter Appendizitis sollten genau so behandelt
werden wie nicht tuberkulöse Patienten. Sogar schwache Patienten ver-
trugen die Operation unter Lachgas und Sauerstoff-Narkose gut. Ist aber
die Blinddarmentzündung nicht akut und Patient in geschwächtem Zu-
stand, so sollte die Lungenerkrankung berücksichtigt und die Operation
im Intervall vorgenommen werden. Mannheimer, New York.
5. Tuz, Beitrag zur Statistik der Pleuraexsudate und ihre Be-
ziehung zur Tuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 37. 1917
H. 3 S. 199. |
Von 115 Pleuritiden, die sich unter 1804 Erkrankungen der Luft-
wege fanden, waren 104 serös, 10 eiterig, 1 blutig. 75°/o der serösen
Pleuritiden waren tuberkulös. Die rechte und linke Seite waren gleichhäufig
getroffen (56 und 57 mal, 2 mal beide Seiten). Die meisten Fälle be-
~ trafen Männer von 20 bis 30 Jahren. ‘Erich Leschke, Berlin.
6. Maurice Loeper, La perinephrite tuberculeuse. Soc. med.
des höp., Jan. 1916. Ref. La Presse med. 1916 Nr. 5.
Verf. erinnert an die schon seit langem den Anatomen und Klinikern
bekannte Tatsache der Ausbreitung tuberkulöser Lungenprozesse durch das
12 ` Allgemeine Pathologie. und pathologische Anatomie.
Zwerchfell. Hieraus leitet er einen Symptomenkomplex, „die Perinephritia
tuberculosa“ ab, der imstande ist, eine Reihe der verschiedensten unbe-
stimmten Sensationen des oberen Abdomens, des Magens, der Leber und
des Darms zu klären. Wenn auch bei einer Reihe dieser Art Erkrankungen
ein gutartiger Ausgang erwartet. werden kann, so muss andererseits doch an
die Möglichkeit einer späteren Umbildung in einen diffusen, prognostisch un-
günstigen pleuroperitonealen Prozess gedacht werden. Kautz, Hamburg.
7. J. Holmgren, Beobachtungen über das Verhältnis der
Krebskranken Tuberkulin gegenüber. Hygiea 79. 1917.
Von der von mehreren Autoren gemachten Beobachtung, dass tuber-
kulöse Individuen selten krebskrank werden, ausgehend, kam Verf. auf
den Gedanken, dass die tuberkulöse Infektion oder die tuberkulösen Toxine,
die den Organismus während der Krankheit überschwemmen, vielleicht
einen Schutz gegen das Auftreten des Krebses verursachen, Verf. hat jetzt
untersucht, ob 'Tuberkulin einen therapeutisch günstigen Einfluss auf den
Krebskranken ausübt und wie diese Kranken auf das Tuberkulin reagierten.
Verf. erhielt keinen therapeutischen Effekt mit Tuberkulin. Von 52 Krebs-
kranken reagierten nur 12°/o auf Tuberkulin (Dosen bis zu 200 mg Alt-
tub.) Verf. schlägt dieser Tatsache zufolge vor, Tuberkulin als ein Differen-
tialdiagnostikum zwischen Ulcus und Cancer ventr. zu verwenden.
4
Arvid Wallgren, Upsala.
8. Eduard Bödiker, Über die Brauchbarkeit des Bitter’schen
Tuberkuloseextraktes für die Wassermann’sche Reaktion.
Inaug.-Diss. Breslau 1916.
Der Autor fasst seine Arbeit wie folgt zusammen :
Der von Bitter angegebene tuberkulöse Rinderleberextrakt wurde in
zirka 1700 Fällen bei der Wassermann’schen Reaktion nachgeprüft;
dabei zeigte er in über 10°/o von den übrigen Antigenen abweichende
Resultate.
2. Der tuberkulöse Rinderextrakt hat nur geringe Haltbarkeit.
3. Ein aus einer tuberkulösen Meerschweinchenleber hergestelltes An-
tigen ergab bei etwa 400 untersuchten Fällen in 6°/o nicht übereinstimmende
Befunde mit Luesleber- und Cholesterinherzextrakt. |
4. Die Brauchbarkeit des tuberkulösen Meerschweinchenleberextraktes
ist eine beschränkte. Hans Müller.
9. Faber, Albuminurie nach Bestrahlung mit der künstlichen
Höhensonne. M. m. W. 64. 1917. S. 511.
Verf. beobachtete bei einem jungen gesunden Mann gelegentlich einer
Untersuchung eine Albuminurie. Da 3 Tage zuvor eine 5—6 Minuten
dauernde Bestrahlung des ganzen Körpers mit der künstlichen Höhensonne
stattgefunden hatte, glaubt er, die Bestrahlung dafür verantwortlich machen
zu müssen. Verf. möchte die Anregung zu Nachuntersuchungen geben.
Bredow, Ronsdorf.
10. Dotzel, Albuminurie nach Bestrahlung mit künstlicher
Höhensonne. M. m. W. 64. 1917. 8. 797/698.
Nach entsprechend häufiger und intensiver Bestrahlung mit künstlicher
Höhensonne kann es zu einer toxischen Albuminurie kommen. Nach
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 18
stärkeren Verbrennungen ist diese erst recht zu erwarten. Da diese aber
nicht im Sinne der Behandlung liegen, so kommen diese Albuminurien
nicht in Frage. .
D. erklärt die Albuminurien in einzelnen Fällen durch die Bauchlage
resp. durch die dabei auftretende Lordose. Bredow, Ronsdorf.
11. Julius Löwy (Prag), Über Fibrinvermehrung im mensch-
lichen Blute. Zbl. f. inn. Med. 1916 Nr. 48.
Der Aderlass bewirkt im menschlichen Blute eine Fibrinogenvermehrung,
doch ist dieselbe nicht konstant nachzuweisen. Der Aderlass bewirkt
weiterhin eine Hyperglykämie, so dass Verf. die Vermutung ausspricht, dass
Glykogen- und Fibrinogenvermehrung parallele Vorgänge sind, beide durch
einen die physikalische Zusammensetzung des Blutes ändernden Reiz bedingt.
Ein solcher Reiz wird auch durch parenterale Eiweisszufuhr ausgelöst.
Und zwar ist hierbei die Fibrinogenvermehrung fast immer vorhanden.
Die verschiedenen Eiweisskörper unterscheiden sich durch die Intensität
der Reaktion, so dass hierin vielleicht der Grund für die Spezifität der
einzelnen Eiweissreaktionen zu suchen ist. Hans Müller.
12. A. Lüthy, Verändert die längere Zufuhr von Antipyreticis
die Erregbarkeit des Temperaturzentrums?! Corr.- Bl. f.
Schweizer Arzte 1917 Nr. 43.
Die vom Verfasser vorgenommenen Tierversuche ergeben die folgenden
Tatsachen: .
„Werden Tiere längere Zeit täglich mit selbst hohen Dosen Pyramidon
behandelt, so zeigt das Temperaturzentrum derselben keine Änderung der
Erregbarkeit, indem durch intravenöse Injektion von ß-Tetrahydronaphtyl-
amin und von Heujauche vor und nach der Pyramidonbehandlung die
gleichen Temperatursteigerungen erzielt werden.
Wird durch tägliche Injektion von 8-T bei Tieren regelmässig Fieber
erzeugt und dieses durch ebenfalls tägliche Pyramidongaben therapeutisch
bekämpft, so zeigt sich allmählich eine Abnahme der fiebererzeugenden
Wirkung des #-T. Wird das tägliche Fieber durch Injektion von Heu-
jauche erzeugt, und dann ebenfalls antipyretisch mit Pyramidon bekämpft,
so zeigt sich auch bei längerer Versuchsdauer keine Änderung in der
fiebererregenden Wirkung der gleichen Dosis Heujauche.
Aus diesen Ergebnissen glaube ich für die praktische Anwendung
der Fiebermittel folgende Schlüsse ziehen zu dürfen:
Bei bakteriell bedingten länger dauernden Fieberzuständen stört die
tägliche Antipyrese die Reaktionsfähigkeit des Temperaturzentrums nicht.
Man braucht also nicht zu befürchten, dass durch das Fiebermittel der
Zustand diagnostisch verschleiert werde. Lässt man das Antipyretikum
weg, so wird die Temperatursteigerung wieder genau dem Grade der In-
toxikation entsprechen.
Ist dagegen die Temperatursteigerung bedingt durch eine spezifische,
funktionelle Reizung der Gegend des 4. Ventrikels (#-T), so kann durch
die regelmässige Behandlung mit Antipyreticis die Erregbarkeit dieser Teile
herabgesetzt werden. Vielleicht lassen sich nicht bakteriell bedingte Fieber-
zustände auf diese Weise durch den therapeutischen Erfolg diagnostisch
unterscheiden von den bakteriell bedingten.“
Lucius Spengler, Davos.
14 Ätiologie und Verbreitung.
b) Ätiologie und Verbreitung.
13. R. Sabouraud, Sur l’origine tuberculeuse du psoriasis. La
Presse medicale, 2. Januar 1917.
Die mit Psoriasis behafteten Patienten können in gewisse Kategorien
eingeteilt werden: 1. !/s bis ’/s aller Fälle betrifft Menschen von durchaus
gesunder, selbst kräftiger Konstitution (Morbus fortiorum). 2. Unter den
übrigen findet man junge Menschen vom sog. hypothyreoidischen, Iympha-
tischen, prätuberkulösen Typ. 3. Unter den Erwachsenen betrifft ein
grosser Teil Asthmatiker und solche, die von frühester Kindheit an chronisch
remittierenden Bronchitiden leiden. 4. Weiter betrifft die Psoriasis Indi-
viduen mit allgemeiner Körperschwäche (Ghettotyp) ohne manifeste Tuber-
kulose. 5. Skoliotiker verschiedenen Grades. 6. Gleichzeitig mit der
Psoriasis finden sich rheumatische Erkrankungen (arthropathische Pe.)
7. Häufig findet man auch andere, besonders lichenartige Hautaffektionen von
regionärem oder lokalem Charakter. 8. Schliesslich weisen eine grosse
Zahl Tuberkulöser psoriatische Erkrankungen auf, und zwar zeigt die Pa.
keine fortschreitende Entwicklung bei Verschlimmerung eines anderweitigen
tuberkulösen Leidens und findet sich besonders häufig nach ausgeheilter
Tuberkulose. Verf. hält demnach die Psoriasis für eine Erscheinungsform
jener leichten Form von Tuberkulose, die nie zum Tode führt, die entweder
in langsamer Entwicklung oder schon ausgeheilt ist.
Kautz, Hamburg.
14. Andre Jousset, La bacill&mie tuberceuleuse primitive du
premier äge. Acad. de med., 9. XI. 1915. Ref. La Presse
médicale 1915 Nr. 6.
Im Säuglingsalter werden gelegentlich tuberkulöse Septikämien be-
obachtet, die ohne besondere charakteristische Symptome unter dem Bilde
einer allgemeinen Unterernährung verlaufen. J. will hierin die stets
vorhandene, bisher aber nicht nachgewiesene erste Manifestation einer
jeden späteren kindlichen Tuberkulose erblicken. Kautz, Hamburg.
15. F. Bredow, Zur Schutzpockenimpfung tuberkulöser Lungen-
kranker. D. m. W. 1917 Nr. 27.
Verf. schneidet die Frage an, ob die Massenimpfungen in der Heimat
in den gewerblichen Betrieben ohne ärztliche Auswahl durchgeführt werden
können. Gerade unter den schwächlichen Nichtdienstfähigen, die zurück-
geblieben sind, mag mancher eine latente, oder sogar manifeste Lungen-
tuberkulose haben. Es wird von verschiedenen Forschern angenommen, dass
Pockenkranke eine erhöhte Disposition zur Tuberkulose besitzen. Jeden-
falls hat die Variola sehr häufig schwere Bronchitiden und selbst Pneu-
monien zur Folge, deren Bedeutung für die Lungentuberkulose auf der
Hand liegt. Was für die Pocken gilt, kann auch in eingeschränktem
Masse für die Schutzpockenimpfung — die Vakzine — gelten, die ja nur
eine gemilderte, modifizierte Form der Variola darstellt. Man sei deshalb
mit der Impfung Tuberkulöser vorsichtig; andererseits darf man mit der
Befreiung von der Impfung nicht zu freigiebig sein. Werden Lungen-
kranke im Falle der Gefahr geimpft, so soll im Anschluss an die Impfung
eine gewisse Kontrolle stattfinden.
Ätiologie und Verbreitung. 15
Eine Übertragung der Tuberkulose bei der Schutzpockenimpfung lege
artis ist — trotz der Behauptung der Impfgegner — nicht möglich.
C. Kraemer II, Stuttgart.
16. Paul Reynier, Pathogónie de la fistule anale. Acad. de
méd., 30. TII. 1915. Ref. La Presse médicale 1915 Nr. 14.
Bei 67 Fällen von Analfistel bestanden in der Anamnese in 60 Fällen
tuberkulöse Lungenerkrankungen. Der Zusammenhang mit diesen ist nach
R. durch die Gewohnheit des kindlichen und auch jugendlichen Alters
des Herunterschluckens des Speichels gegeben. Da die Tuberkelbazillen
nicht durch die Magen- und Darmsäfte zerstört werden, ist ihnen die
Möglichkeit zur Ansiedlung auf der Darmschleimhaut gegeben.
Kautz, Hamburg.
17. A. Reinhart, Anatomische Untersuchungen über die Häufig-
keit der Tuberkulose. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte 1917 Nr. 36.
Verf. fand bei seinen Untersuchungen für die Bevölkerung des Kantons
Bern ungefähr dieselben Zahlen, wie sie 1900 von Nägeli an seinem
Zürcher Material aufgestellt wurden. Verf. untersuchte 460 Leichen,
darunter 360 Erwachsene. Lucius Spengler, Davos.
18. L. Steiner-Vevey, Tuberculose et soleil tropical. Revue
médicale de la Suisse romande 1916 Jahrg. 36. Nr. 10.
Verf. hat über 20 Jahre in Surabaya auf Java praktiziert. Er
machte hier unter der tropischen Sonne die auffallende Beobachtung, dass
Knochen- und Gelenktuberkulose sowie Skrofulose ausserordentlich selten
auftreten, während Lungentuberkulose nur wenig seltener wie in Europa
zu finden waren. Wie die Sonne erwiesenermassen eine heilende Wirkung
auf chirurgische Tuberkulose ausübt, so nimmt Verf. auf Grund seiner
Beobachtungen an, dass sie ein vorzügliches Prophylaktikum gegen derartige
Erkrankungen sei. Denn die Eingeborenen laufen von früh an nur wenig
* bekleidet umher. Auf Lungentuberkulose scheint die ‚SOUNENDESTEANNUNE
von geringerem Einfluss zu sein.
Verf. verlangt auch für uns Europäer eine Reform der Lebens-
gewohnheiten und vor allem der Kleidung. Auch unsere Kinder müssen
von früh an ihre Sonnenbäder bekommen. Sie sollen so leicht bekleidet
sein, dass nach Fortfall aller unnötigen Kleidungsstücke stets der Körper
bis zu 50°/o seiner Oberfläche für die Sonnenstrahlen erreichbar bleibt,
Wenn dadurch auch nur gewisse Gruppen der Tuberkulose verhütet werden
können, so ist der Gewinn doch ein ungeheurer. Hans Müller.
19. Schloss, Zur Epidemiologie und Klinik der Säuglingstuber-
kulose. Jb. f. Kinderhlk. 85. 3. F. 835. Bd. 1917.
Durch eine an florider, offener Tuberkulose leidende Pflegerin wurden
im Grossen Friedrich-Waisenhaus von Berlin 13 Säuglinge mit Tuberkulose
infiziert. Es handelte sich in sämtlichen Fällen um reine Inhalations-
tuberkulose 4 von diesen infizierten Kindern erlagen ihrer Tuberkulose,
die übrigen haben den sehr schlechten Winter 1915/16 gut überstanden;
daraus ergibt sich, dass die Prognose der Säuglingstuberkulose nicht
absolut schlecht ist.
Bei der Verfolgung der Tuberkulinreaktionen kommt Verf. zu dem
16 Ätiologie und Verbreitung.
Schluss, dass der prognostische Wert der einzelnen Pirquet’schen Reak-
tionen nur gering ist. M. Türk, Frankfurt a. M.
20. Ernst Braun, Die Häufigkeit der Miliertuberkulose im
Greisenalter. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte 1917 Nr. 55.
Die Miliartuberkulose tritt in allen Lebensaltern, selbst bis ins höchste
Greisenalter, auf. Dass sie die frühen Lebensperioden bevorzugt, ist bekannt.
Ihr Auftreten im Greisenalter ist jedoch häufiger, als allgemein angenommen
wird, denn ihr Verlauf ist in den späten Lebensjahren ein besonders
atypischer, und deshalb die Diagnose in vivo besonders schwierig. Es sind
völlig fieberfreie Fälle beschrieben worden. (Greise sollten bei Verdacht
auf Miliartuberkulose in recto gemessen werden. Ref.) — Im Greisenalter
ist die pulmonale Form der Miliartuberkulose die vorherrschende. — In
der pathologisch-anatomischen Anstalt in Basel kamen während der letzten
'44!/⁄2 Jahre 20397 Leichen zur Sektion. Unter diesen befanden sich
515 Fälle von allgemeiner, akuter Miliartuberkulose des Greisenalters
(60—80 Lebensalter und darüber). Die reichlichste Aussaat zeigten in
72 Fällen die Lungen, in 61 Fällen die Nieren, in 54 Fällen die Milz,
in 53 Fällen die Leber, während die Meningen nur in 7 Fällen mit
miliaren Knötchen besetzt waren u. s. w,
Lucius boei gler, Davos.
21. E. Arosenius, Die Tuberkulosemortalität Schwedens wäh-
rend der Jahre 1911—1914. Stockholm 1917.
Arvid Wallgren, Upsala.
22, J. Ostenfeld, Über die Häufigkeit der Tuberkulose bei Pa-
tienten über 15 Jahre. Mitt. des Nat.-Ver. z. Bek. d. Tub.
in Dänemark. I. 1917.
Während in Dänemark Patienten mit Lungentuberkulose in jedem
Alter und Kinder (unter 15 Jahren) mit chirurgischer Tuberkulose Sana-
torienbehandlung mit gesetzmässiger Unterstützung bekommen können,
bietet das Gesetz keine Unterstützung für erwachsene Patienten mit chirur-
gischer Tuberkulose, auch findet sich nicht ein Sanatorium für solche
Patienten.
Die zunehmende konservative Behandlung der chirurgischen Tuberkulose
kombiniert mit der Lichtbehandlung hat die Frage der Errichtung eines
Sanatoriums und einer Gesetzänderung zugunsten dieser Patienten aktuell
gemacht. .
Das dänische Gesundheitsamt hat, um zu untersuchen, wie viele
erwachsene Patienten mit chirurgischer Tuberkulose sich im Lande befinden,
es Enquete veranstaltet, durch Aussendung von Frageschemata an alle
rzte. Ä
1137 Patienten wurden angezeigt, eine Zahl, die wahrscheinlich als
Minimalzahl aufgefasst werden darf.
Tuberkulose der Knochen und Gelenke bei 652
i5 ‚der Drüsen bei 274
$ des Urogenitalsystems bei 168
5 der Weichteile bei 43
Bei 76 war mehr als eine Lokalisation der Tuberkulose. Von den
1137 waren 519 Männer, @18 Weiber. 21°/o hatten zugleich Lungen-
Diagnose. 17
tuberkulose. 582 wurden zur Zeit im Hospital behandelt. Diese Unter-
suchung zeigt deutlich, dass die Zahl der behandlungsbedürftigen erwachsenen
Patienten mit chirurgischer Tuberkulose so gross ist, dass es berechtigt ist,
ein Spezialsanatorium für diese Patienten zu errichten, wo sie mit gesetz-
mässiger Unterstützung behandelt werden können. Zugleich wird die
Errichtung eines solchen Sanatoriums eine Entlastung der Krankenhäuser
bedeuten. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
c) Diagnose.
23. Schranz, Zur Färbung der Tuberkelbazillen. Zschr. f. ärzil.
Fortb. 14. 1917 Nr. 15.
. Vergleichende Untersuchungen über verschiedene Verfahren der Tu-
berkelbazillenfärbung. Die übliche Methylenblaunachfärbung nach vor-
heriger Färbung mit Karbolfuchsin verdeckt eine grosse Zahl von Tuberkel-
bazillen, daher wird nur kurzdauernde Anwendung einer stark verdünnten
Methylenblaulösung evtl. Weglassen jeder Gegenfärbung empfohlen. Bessere
Ergebnisse werden erzielt mit der Pikrinsäuremethode und mit der Kron-
bergerschen Karbolfuchsin-Jodfärbung ; letztere ist besonders brauchbar
zum Studium der Strukturverhältnisse des Tuberkelbazillus, hat den Nach-
teil, dass auch Leptothrixfäden violett gefärbt werden, was u. U. zu Täu-
schungen Anlass gibt. Für den praktischen Gebrauch verdient den Vor-
zug die Pikrinfärbung; sie hat den Nachteil, dass das Präparat in dicker
Schicht etwas undurchsichtig wird, und dass sie für die Untersuchung
bei künstlichem Licht nicht geeignet ist. Querner.
24. M. Chasporel, Sur un pigment rencontré dans les urines de
tuberculeux. Ref. La Presse medicale, 28. Mai 1917.
Zu 10 cem Urin werden 1 oder 2 Tropfen Fehlingsche Lösung ge-
gossen bis zur Alkaleszenz.. Auftretende intensive Grünfärbung zeigt ein
im Harn Tuberkulöser regelmässig sich findendes Pigment an.
Kautz, Hamburg.
25. Walter Krause, Der Einfluss der hereditären Belastung
auf Form und Verlauf der Tuberkulose der Kinder. Arch.
J. Kinderhlk. 66. 1916 H.12.
Verf. untersucht an der Hand von statistischem Material die Be-
deutung der hereditären Belastung bei der Tuberkulose. Von 46 Fällen
von Meningitis tuberculosa waren nur 9 — 20 °/o erblich belastet. Von
17 Fällen von Miliartuberkulose erwiesen sich 8 — 47°;o als belastet.
Bei der Peritonitis tuberculosa bestand ina 17°/o bei der Lungentuber-
kulose in 56°/o der Fälle erbliche Belastung. Einen tödlichen bzw.
_ ungünstigen Verlauf nahmen bei der Meningitis und Miliartuberkulose
100 °/o, bei der Peritonitis 80 °/o, bei der Tuberc. pulmon. 37°/o der
Fälle. Die Zahl der Todesfälle steht also in umgekehrtem Verhältnis zur
Zahl der hereditär Belasteten. Bei den schweren Formen besteht seltener
erbliche Belastung als bei den chronisch verlaufenden. Er
W. Schultz, Hamburg.
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 2
18 Therapie.
d) Therapie.
26. Jacquerod-Leysin, De la valeur de la tuberculine dans
le traitement de la tuberculose pulmonalre, Schweiz. Rund-
schau f. Med. 1917 Nr. 15.
Verf. verwendet Alttuberkulin und Bazillenemulsion. Von der Über-
legenheit anderer Tuberkuline hat er sich nicht überzeugen können. Wichtig
ist die Auswahl der Fälle: torpide, fieberfreie Tuberkulosen, bei denen
die übliche hygienisch-diätetische Kur keine Fortschritte mehr zeitigt. Die
Anfangsdosis nimmt er ziemlich hoch: 1/10000 mg. Fälle, die diese An-
fangsdosis nicht ertragen, eignen sich nicht zur Tuberkulinbehandlung.
Nach etwa 6 Monaten erreicht er die Dosis von 0,5 g Tuberkulin. In
Fällen, wo die Tuberkulinkur keine Besserung des Lungenbefundes erzielt
hat, beginnt J. nach einer Pause von 2 bis 3 Monaten eine zweite Kur,
diesmal mit Bazillenemulsion, in der gleichen Dosierung wie beim Alt-
tuberkulin. Landolt, Barmelweid.
27. Dembinski, Über den therapeutischen Wert des Tuber-
kulins und die Indikation zu dessen Anwendung. Beitr. z.
Klin. d. Tbe. 37. 191z H. 3 S. 116.
Den biologischen Kriterien (Komplementablenkung, Tuberkulinreaktion,
opson. Index usw.) fehlt die Sicherheit und Genauigkeit, um sie zum Mass-
stabe einer spezifischen Therapie zu machen. Zuverlässig sind einzig die
klinischen Kriterien. Die besten Erfolge der Tuberkulinbehandlung wurden
bei lokaler Tuberkulose erzielt, demnächst bei subfebrilen Fällen des I.
bis II. Stadiums, während Zerfalleprozesse mit hohem Fieber sie kontra-
indizieren. Für die Bevorzugung irgend eines besonderen Tuberkulin-
präparates fehlen alle Anhaltspunkte. Die Anfangsdosis soll minimal
sein, die Steigerung ohne Reaktionen erfolgen, sehr hohe Dosen vermieden
werden. E. Leschke, Berlin.
28. M. Rappin, Vaccinothérapie de la tuberculose. Soc. de Path.
comp. (Ref. La Presse médicale 1915 Nr. 36.)
Auf Grund .experimenteller Untersuchungen ist es R. angeblich ge-
lungen, Bazillenvaccine herzustellen, die nicht nur den Verlauf einer
Tuberkulose günstig zu beeinflussen vermag, sondern auch eine sichere
Prophylaxe darstellt. Im Gegensatz zu anderen infektiösen Keimen ver-
mutet R. beim Tuberkelbazillus, dass er zur Herstellung von Vaccine
benutzt werden könne, auch ohne dass die Virulenz erhalten bleibe.
Kautz, Hamburg.
29. Darier, Traitement des tuberculoses oculaires. Académie de
Médecine, 19. I. 1915. (Ref. La Presse médicale 1915 Nr. 3.)
D. bespricht die Wirksamkeit der verschiedenen Tuberkuline, von
denen das alte Koch’sche T.A. am schwächsten sei; kräftiger wirken
das T.R und das B.E. In ihren Nebenwirkungen unschädlicher seien
das Schweizer T.B.K. (Beranek und Sahli) und das russische „Endotin“,
die ihrerseits an Endotoxinen reich seien. D. empfiehlt, je nach Lage
des Falles durch Gebrauch verschiedener Tuberkuline eine Steigerung
der Wirksamkeit zu erlangen. Kautz, Hamburg.
Therapie. 19
30. Spitzer, Die Anwendung der Deycke-Much’schen Titrierung
und Immuntherapie bei Hauttuberkulose. M. m. W. 64. 1917
S. 1132—34.
Nach ausführlicher Beschreibung der Deycke-Much’schen Titrie-
rung fasst Sp. seine über diese Methode gemachten Erfahrungen dahin
zusammen:
1. Die Titrierung nach Deycke-Much bei Hauttuberkulose ist
eine gänzlich gefahrlose Untersuchungsmethode, die recht differente Er-
gebnisse zeigt, die mit der Konstitution der Kranken oft in unerwartetem
Gegensatze stehen.
2. Das Titrierergebnis erklärt häufig den günstigen oder ungünstigen
Verlauf der Erkrankung.
3. In vielen Fällen dürfte eine prognostische Verwertung des Titrier-
ergebnisses wertvolle klinische Anhaltspunkte geben.
4. Die Antigeninjektion hat in einzelnen Fällen einen anscheinend
günstigen Einfluss auf den Verlauf der Hauttuberkulose gehabt.
Bredow, Ronsdorf.
31. Cronquist, Tuberkulinstudien bei Kindern. Jb. f. Kinder-
heilk. 85. 1917. 3. Folge 35. Bad.
Verf. hat im Malmöer Kinderkraukenhause 395 tuberkulöse Kinder
versorgt, von denen 267 mit Tuberkulinpräparaten und 128 ohne diese
Mittel behandelt worden sind.
Aus der statistischen Zusammenfassung scheint dem Verf. hervorzu-
hen:
= 1. dass die Luftkur auch für die Kindertuberkulose unentbehrlich ist,
. 2. dass die Tuberkulinkur die Zahl der geheilten Winterkinder (Kinder,
die vom 1. Oktober bis 1. April in Behandlung waren), so wesentlich
erhöht, dass sie den Unterschied, der zwischen den mit und ohne Luftkur
behandelten Kindern vorhanden ist, beinahe aufhebt,
3. dass die Tuberkulinpräparate in ihrer jetzigen Gestaltung kein
souveränes Mittel sind. M. Tuch, Frankfurt a. M.
32. E. Lanz, Über die Bedeutung der Hautreaktion nach Tu-
berkulin-Impfungen für Therapie und Prophylaxe der Tuber-
kulose. Corr. Bl. f. Schweizer Ärzte 1917 Nr. 29.
Verf. fasst seine lesenswerten Ausführungen in den folgenden Schluss-
sätzen zusammen:
1. Die fortgesetzten Hautimpfungen mit Tuberkulin üben ebenso
wie die Injektionen Heilwirkungen aus (Abbau des Tuberkulins zu un-
schädlichen Stoffen, Produktion physiologischer Abwehrkräfte, Entgiftung).
2. Durch Verlegung der diese Vorgänge vermittelnden reaktiven Ent-
zündung auf die Hautoberfläche werden die kranken Herde geschont und
schädliche Allgemeinreaktionen vermieden; die kutane Methode verdient
daher den Vorzug vor den Injektionen, welche die Reaktion der Blutbahn
unterbinden.
3. Das Sahli sche Verfahren mit Stichgruppen ist bei genügender
Sicherheit in Dosierung und Steigerung und wegen der Vorteile der Ober-
flächenvergrösserung gegenüber höheren Tuberkulindosen den übrigen
Kutanverfahren überlegen.
2*
20 Therapie.
4. Das Kutauverfahren eignet sich seiner leichten Durchführbarkeit
wegen sowohl zur kurativen Behandlung leichter und symptomatischer
Behandlung schwerer Fälle, besonders aber zur prophylaktischen Behand-
lung in infizierten Wohngemeinschaften (Verhütung des Ausbruchs offener
Tuberkulose, Verminderung der Infektionsgelegenheit).
5. Ein systematischer Sanierungsversuch im grossen mit dieser Me-
thode unter allgemeiner Mitwirkung der Kollegen ist angezeigt und lässt,
wenn mit der nötigen Ausdauer durchgeführt, in absehbarer Zeit einen
sichtbaren Erfolg erwarten.
6. Die physikalisch-diätetische, vorab die Banktoriumekur: verliert
durch eine derartige schärfere Betonung der spezifischen Behandlung nicht
an Bedeutung; beide ergänzen sich gegenseitig.
Lucius Spengler, Davos.
33. Wichmann, Über die Heilwirkung spontaner Antikörper-
bildung auf äussere und innere Tuberkulose. B. kl. W.
1917 Nr. 23.
Verf. beschreibt einen Fall schwerster Lungen- und Kehlkopftuber-
kulose, bei dem die Tracheotomie notwendig wurde. In der Tracheotomie-
wunde entwickelte sich ein Lupus serpiginosus, der langsam bis zum
Nacken vordrang und heilte. Zugleich mit dem Verheilen des Lupus
trat eine so auffällige Besserung des Lungen- und Kehlkopfleidens ein,
dass man fast von einer Ausheilung sprechen konnte. Verf. führt diese
Heilung auf reichliche Antikörperbildung in der lupös erkrankten Haut
zurück. Vielleicht ist diese Antikörperbildung analog der, wie sie bei
Bestrahlung mit der künstlichen Höhensonne: auftritt.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
34. Wichmann, Der heutige Stand der Chemotherapie der
Hauttuberkulose. Übersichtsreferat. M. m. W. 64. 1917 S. 1205
bis 1207.
Mit der internen Verwendung des Kupfers bei menschlicher Haut-
tuberkulose ist so gut wie nichts erreicht worden. Vor allem wirkt es
nicht spezifisch. Mit einer Kombination von Borcholin mit Kupfersalzen
(resp. Borcholin allein) haben nur Mehler und Ascher, die diese
Kombination anwandten, Erfolge gesehen.
Einen spezifischen Einfluss hat ebenfalls das Arsen nicht. Es ist
aber der allgemeine Einfluss auf die Hauternährung von Wert.
Ferner sind durch Hg und IK Heilung bei schweren tuberkulösen
Erkrankungen erzielt. Die Möglichkeit einer Kombination mit Lues ist
aber nicht auszuschliessen.
Mit dem Aurumkaliumzyanatum — allein und auch in Verbindung
mit Tuberkulin — wurden zumeist günstige Beeinflussungen gesehen.
Der Verfasser sah jedoch nicht ermutigende Erfolge.
‚ Von Spiess wurde das Kantharidinäthylendiaminaurozyanid in die
Therapie eingeführt. In fast allen Fällen konnte günstige Beeinflussung
von Kehlkopftuberkulose beobachtet werden. Bei Lupus versagte es dem
Verf, während bei der Schleimhauttuberkulose eine ganz hervorragende
Wirkung verzeichnet werden konnte, die Verf. als spezifisch ansprechen
zu können glaubt.
Therapie. 21
Auch mit Aminoaurophenolkarbonsäure zeigte sich in einem Falle
eine günstige Beeinflussung, in anderen Fällen nur vorübergehende Wirkung.
Nach allem fasst W. sein Urteil dahin zusammen, dass es bisher
eine Chemotherapie nicht gibt. Doch besteht die Hoffnung, auch bei der
Tuberkulose mit der Zeit chemotherapeutische Wirkungen zu sehen.
Bredow, Ronsdorf.
35. Strauss, Erfolge und Aussichten der Chemotherapie des
Lupus. B. kl. W. 1917 Nr. 40.
Verf. zieht aus den vorliegenden Arbeiten und eingehenden eigenen
Untersuchungen folgende Schlüsse:
Nach den bisher gewonnenen Erfahrungen scheint in den Kupfer-
präparaten, und besonders in dem Lekutyl, ein spezifisch wirkendes Ört-
liches Heilmittel nicht nur gegen den Lupus, sondern auch gegen die
Schleimhaut- und chirurgische Tuberkulose gewonnen zu sein. Solange
man im Kupfer kein sicheres, vom Blutwege aus wirkendes Mittel besitzt,
muss die Lichttherapie mit herangezogen werden. Das Kupfer scheint
die immunisatorischen Kräfte des Organismus anzuregen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
36. Ernst Sahlgren, Über Enzytolbehandlung der Tuber-
kulose. Hygiea 1917.
Bericht über einige Fälle von Lymphdrüsentuberkulose bei bestehender
Phthisis, wo Enzytolbehandlung mit angeblich positivem Resultat versucht
worden war. Arvid Wallgren, Upsala.
37. M.v. Linden, Experimentalforschungen zur Chemotherapie
der Tuberkulose mit Kupfer- und Methylenblausalzen. Beiitr.
2. Klin. d. Tbe. 37. 1917 H.1 S.1.
Subkutane Metbylenblaubehandlung führte bei tuberkuloseinfizierten
Meerschweinchen zu einer Verlängerung der Lebensdauer und einer lang-
sameren Entwicklung der tuberkulösen Veränderungen.
E. Leschke, Berlin.
38. Herm. v. Hayek, Kann die spezifische Tuberkulosetherapie
heute schon für die allgemeine ärztliche Praxis anempfohlen
werden? W. kl. W. 1917 Nr. 36.
Die in gewohnt temperamentvoller Weise geschriebenen Betrachtungen
werden vom Verf. wie folgt zusammengefasst:
1. Die spezifische Tuberkulosetherapie hat sich trotz aller Hinder-
nisse und trotz ihres im Verhältnis zur Tuberkulosefrage kurzen Bestandes
zu einem der wichtigsten Faktoren im Kampfe gegen schon bestehende
Tuberkulose entwickelt. Ihre wahre Bedeutung wird noch vielfach nicht
erkannt oder doch wesentlich unterschätzt.
2. Die spezifische Therapie ist scheinbar ein sehr einfaches, tech-
nisch leicht durchführbares Verfahren. In Wirklichkeit jedoch sind
die Voraussetzungen für eine richtige Durchführung mit Fragen ver-
knüpft, die zu den schwierigsten Problemen der gesamten Medizin gehören
und dabei tief in das Leben des einzelnen wie der Allgemeinheit ein-
greifen. Besonders die ambulatorische Durchführung der spezifischen
Therapie setzt Kenntnis dieser Fragen und grössere praktische Übung
voraus.
22 Therapie.
3. Jeder Arzt, der ambulatorisch spezifische Therapie betreiben will,
soll die Verpflichtung übernehmen, sich in diese Schwierigkeiten des
Gegenstandes zu vertiefen. Auch ist jedem zu raten, nicht ambula-
torisch zu beginnen, sondern sich zuerst an täglich beobachteten
Anstaltskranken die nötige Erfahrung zu erwerben.
4. Durch nichts ist die Weiterentwickelung der spezifischen Therapie
mehr gehemmt worden, als durch unrichtige Handhabung und falsche
Voraussetzungen, die aus einer zu oberflächlichen Kenntnis der zu be-
handelnden Krankheit resultieren.
5. Die spezifische Tuberkulosetherapie darf kein einseitiges Spezial-
fach werden, im Gegenteil, eine möglichst grosse Zahl praktischer Ärzte
soll sich mit ihr befassen. Im Interesse der Sache sind aber alle jene
Bestrebungen zu unterlassen, welche die spezifische Behandlung in mecha-
nischer, grob schematischer Form in die allgemeine ärztliche Praxis schon
heute einzuführen versuchen. Vor allem müssen die schematischen Be-
handlungsvorschriften der allen Tuberkulinpräparaten beigelegten Gebrauchs-
anweisungen verschwinden, denn sie erwecken in dem Unerfahrenen den
Eindruck, als wäre die spezifische Therapie ein höchst einfaches, ganz
mechanisch ausführbares Verfahren. |
6. Ärzte, denen Zeit und Gelegenheit zu entsprechender Vertiefung
fehlt, sollten im eigenen Interesse wie auch im. Interesse der Sache sich
mit perkutanen Tuberkulineinreibungen oder mit den üblichen hygienisch-
diätetischen und medikamentösen Massnahmen begnügen, sollten aber auch
die noch immer betriebene, meist jeder eigenen Erfahrung entbehrende
Agitation gegen die spezifische Therapie unterlassen.
7. In der Auswahl der Patienten ist bei der ambulatorischen Behand-
lung heute noch strenge Vorsicht geboten, weniger bezüglich der eigent-
lichen Indikationsstellung, denn mit den heute zur Verfügung stehenden
Methoden können auch vorgeschrittenere Kranke mit einiger Aussicht auf
Erfolg behandelt werden, ale in psychologischer Hinsicht. Jeder spezi-
fisch behandelte Patient ist über das Wesen der Erkrankung und über
das, was er erhoffen kann und was er nicht erwarten darf, kurz aber
gründlich zu belehren.. Patienten, bei welchen schon im voraus eine ent-
sprechende Ausdauer oder die nötige Intelligenz, um die Sachlage zu er-
fassen, ausgeschlossen werden muss, sollten nur dann in ambulatorische
Injektionsbehandlung genommen werden, wenn Aussicht vorhanden ist,
bestehende subjektive Beschwerden rasch zu bessern. Man vermeide vor
allem, für die spezifische Therapie dadurch Propaganda zu machen — wie
es von seiten mancher Enthusiasten tatsächlich geschieht —, dass man
Erfolge in Aussicht stellt, die bei der Tuberkulose überhaupt gar nicht
möglich sind.
8. Für eine allgemeine und rechtzeitige Anwendung der spezifischen
Therapie fehlen heute noch in einem Grossteil der Bevölkerung und zum
Teil auch in der Ärzteschaft die. unbedingt nötigen Voraussetzungen. Nur
ernste und unermüdliche Kleinarbeit kann die Vorbedingungen für eine
grosszügige Weiterentwickelung schaffen. Und nur grosszügige, sich auf
die Allgemeinheit erstreckende Massnahmen versprechen gegenüber der
Tuberkulose einen Erfolg für die Allgemeinheit. („Die volle Bedeutung
der spezifischen Therapie“, sagt der Verf, „wird erst dann ersichtlich
werden, wenn in früherer oder späterer Zukunft alle Tuberkulösen, und vor
Therapie. 23
allem alle tuberkulösen Kinder, von Staats wegen nach streng bio-
logischen Prinzipien eine spezifische Behandlung erhalten werden.“)
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
39. Hotz, Die Behandlung chirurgischer Tuberkulosen bei
Kriegsteilnehmern. M. m. W. 64. 1917 8. 1213—14.
H. bespricht die jetzt üblichen Grundsätze der Behandlung der
chirurgischen Tuberkulosen unter besonderer Berücksichtigung der Strahlen-
therapie. Bredow, Ronsdorf.
40. A. J. Cemach, Über die ——— Behandlung der Mittel-
ohrtuberkulose. Mschr. f. Ohrenhik. 1916 H. 7/8.
Der moderne Heilplan der aktiven Tuberkulose kann folgender-
massen spezifiziert werden: Es gibt zwei bewährte Heilmethoden, - die
hygienisch-diätetische und die spezifische. Sie sollen gleichzeitig angewandt
werden; denn ihre Kombination zeitigt die besten Resultate. Wo diese
‚ Kombination aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist, dort sollen
die spezifisch wirkenden Mittel in Aktion treten. Sicherlich wird man
damit mehr erzielen, als mit allen anderen Behandlungsmethoden, wenn
diese allein angewandt werden.
Von diesen Überlegungen ausgehend, hat Verf. die von den Otologen
bisher verworfene spezifische Behandlung wieder aufgenommen und an
einem Material von 28 Fällen ausprobiert und geprüft. Bisher waren
durch spezifische Behandlung gebesserte oder geheilte Fälle nur vereinzelt
mitgeteilt worden. Verwendet wurde das Tuberkulomuzin von Wele-
minsky, dem neben hoher BPSEINACHET Wirkung absolute Unschädlichkeit
nachgesagt wird.
Absolute Unschädlichkeit möchte Verf. dem Präparat aber doch nicht
zusprechen; aber soviel bat Verf. auch feststellen können, dass das
Tuberkulomuzin ungleich harmloser ist als die meisten Tuberkuline von
gleicher kurativer Leistungsfähigkeit. Wie bei den Tuberkulinen schlecht-
weg, ist auch beim Tuberkulomuzin eine streng individualisierende, ein-
schleichend mit der wirksamen Dosis beginnende und vorsichtig unter
Vermeidung allzu heftiger Reaktionen bis zur Maximaldosis aufsteigende
Injektionsmethode die einzig richtige und zweckmässige. Als Anfangsdosis
wurde gegeben bei Erwachsenen 4—5, bei Kindern 2—3 mg. Weitere
Einzelheiten über Technik und Methode müssen im Original nachgelesen
werden. Die Behandlung soll bis zur Heilung des otitischen Herdes
und darüber hinaus fortgesetzt werden. Das Versuchsmaterial des Verf.
umfasst 28 Fälle, in denen der Nachweis der Tuberkulosenatur des Ohren-
leidens einwandfrei erbracht worden war. Das auffallendste an diesem
Material ist die hohe Zahl der benignen Fälle, 12 von 28 =43°/o. Nur
11 wiesen schweren progredienten Lungenprozess auf. In 6 Fällen konnte
trotz wiederholter Röntgen- und interner Untersuchung keine Tuberkulose
der inneren Organe nachgewiesen werden. Von den 28 Fällen wurden
geheilt 14 = 50°/o, gebessert 5, refraktär verhielten sich 8; 1 Fall stand
zur Zeit der Veröffentlichung noch in Behandlung, war aber bereits weit-
gehend gebessert.
Unter den geheilten ist nur 1 Fall mit schwerer Lungenphthise; in
6 Fällen war an den inneren Organen nichts nachweisbar. In 7 Fällen
24 Prophylaxe.
lag entweder beginnende oder chronisch-indurative Apizitis vor. Seine
Erfahrungen zusammenfassend, kommt Verfasser zu folgenden Schluse-
folgerungen: |
Die Tuberkulose des Ohres ist eine recht bäufige Erkrankung. Sie
wird nicht nur als Komplikation der fortgeschrittenen Lungenphthise be-
obachtet, sondern begleitet auch beginnende Lungenspitzenprozesse und
scheint nicht selten auch primär aufzutreten. Die leichten Ohrtuberku-
losen, inebesondere die reinen tuberkulösen Schleimhauteiterungen obne
Neigung zu Gewebszerfall, kommen häufiger vor als angenommen wird.
Zur Sicherung der Diagnose besitzen wir ein sehr zuverlässiges Mittel
in der histologischen Untersuchung der vorhandenen Granulationen.
Die Tuberkulose des Mittelohres und des Warzenfortsatzes ist durch
spezifische Behandlung mit einem geeigneten Präparat sicher zu beein-
flussen.
Das Tuberkulomuzin ist nach den bei der Behandlung der Ohr-
tuberkulose gemachten Erfahrungen ein Heilmittel von hohem therapeu-
tischem und diagnostisch - prognostischem Wert.
Die Prognose hängt in erster Linie ab von der Reaktionsfähigkeit °
der Körperzellen, die durch die Stichreaktion in einwandfreier Weise an-
gezeigt wird, dann von: der Heilungsfähigkeit der primären Lungenleiden
und endlich von der Ausdehnung der Gewebszerstörung im Ohr selbst.
Von den verschiedenen Typen der Ohrtuberkulose sind die reinen
Schleimhauteiterungen am leichtesten zu beeinflussen, während die ossalen
Prozesse je nach der Ausdehnung eine mehr oder weniger schlechte Pro-
gnose haben.
Zum Schluss warnt Verf. vor zu optimistischen Hoffuungen. Die
fortgeschrittene Tuberkulose ist ein zäher, hartnäckiger Feind; es müssen
alle Heilmittel kombiniert zur Anwendung kommen, um ihn zu besiegen.
Auch bei der Ohrtuberkulose ist von einer Kombination der hygienisch-
diätetischen und klimatischen Behandlung mit Sonnenlicht und Tuberkulo-
muzin das Beste zu erwarten. Brock, Erlangen.
e) Prophylaxe.
41. EmilLindhagen, Anzeigepflicht bei Tuberkulose. Svenska
Läkarsallskapets Handlingar 43. 1917 H. 3.
Nach einer eingehenden Darstellung der Geschichte der Anzeigepflicht
in Schweden, berichtet Verf. über den heutigen Stand der Anzeigepflicht
bei Tuberkulose-Erkrankungen in Skandinavien und den grossen Kultur-
ländern. Er verbreitet sich alsdann über den Wert der Anzeigepflicht und
widerlegt die Einwände, die gegen die Einführung derselben in Schweden
geltend gemacht worden sind. Arvid Wallgren, Upsala.
42. Josef Geszti, Die Tuberkulose-Assanierung der Stadt De-
brecen. Nepegeszseg es Tuberkulögis 1916 Nr. 6, 1917 Nr. 1u. f.
Sachgemässe und praktische Vorschläge zur Einschränkung der Tuber-
kulose in der genannten Stadt Ungarns. Der Leiter der daselbst be-
findlichen Augusta-Heilstätte ist jedenfalls einer der Kompetentesten, die den
Weg einer äbnlichen Assanierung anzubahnen haben.
D. O. Kuthy, Budapest.
Prophylaxe. 25-
43. Alex. Kovácsics, Tuberkulose und Wohnung. Egészség
1916 u. 1917.
Detaillierte Angaben aus der Studie des Verfassers bezüglich der Woh-
nungsverhältnisse in einem Bezirk des Komitats Györ in Ungarn.
D. O. Kuthy, Budapest.
44. Liebe, Die Schulen als T.V.-Stätten. Tdbec.-Fürs.-Bl. 1917
Nr. 1.
Verf. geht über die von Göring verlangte. Prophylaxe für schwäch-
liche, blutarme, skrofulöse Kinder (Anregungen, die Unverricht schon
früher gegeben hat. Ref.) hinaus und schlägt vor, alle Schulen viel mehr
ins Freie zu verlegen und einen grossen Teil des Unterrichts im Freien
abzuhalten, so dass man so überall und für alle Heranwachsenden T.V.-
Stätten hat. Rehs, Davos.
45. Clemens und Schärer, Ein neuer Apparat zur Desinfek-
tion des Auswurfs und der Auswurfgefässe. Tbe.-Fürs.-Bl.
1917 Nr. 34. |
Beschreibung des Apparats, in dem nach der Reinigung der Aus-
wurfsgefässe Auswurf und Gefässe getrennt desinfiziert werden.
Rehs, Davos.
46. Orth, Über die Bekämpfung der Tuberkulose. Tde.- Fürs.-
Bl. 1917 Nr. 5.
Die Bekämpfung der Tuberkulose liegt im Interesse der Gesamtheit,
der Familie, jedes einzelnen; das ganze Volk muss mithelfen. Die Tuber-
kulose entsteht dadurch, dass Bazillen nach der Geburt in den Körper
hineinkommen, der Anlage zur Tuberkulose hat, und ist das Resultat
eines Kampfes zwischen dem eingedrungenen Tuberkelbazillus und dem
menschlichen Körper. Der Kampf muss gegen die Bazillen und gegen
die Anlagen zur Tuberkulose geführt werden. Man muss die Bazillen vom
Körper fern halten, ihre Verbreitung im Körper zu verhindern suchen,
die Bazillen im erkrankten Körper abtöten und die Gifte in ihm un-
schädlich machen. Da namentlich Kinder oft an Perlsucht erkranken,
sind die Kühe tierärztlich zu kontrollieren, ist die Milch zu kochen. Viel
gefährlicher ist die Weiterverbreitung durch den Auswurf Tuberkulöser.
Getrockueter Auswurf kann von Kindern in den Mund gebracht werden,
beim Husten von Tuberkulösen können Speicheltröpfehen von anderen
eingeatmet werden, Tröpfchen können auf Nahrungsmittel fallen. Daher
muss dieser aufgefangen und unschädlich gemacht werden. Durch Ver-
schlucken kann Darmtuberkulose entstehen, deswegen muss das vermieden
werden. Wohnungen Tuberkulöser sollen beim Wechsel desinfiziert werden,
sie sollen besondere Schlafzimmer und eigenes Essgeschirr haben. Die
Erziehung zu medizinischer Reinlichkeit erfolgt durch die Fürsorgestellen.
Die Abtötung der Bakterien im Körper und die Unschädlichmachung ihrer
Gifte ist Sache des Arztes. In der Bekämpfung der Anlage zur Tuber-
kulose ist der Hauptpunkt die Stärkung der Kampfmittel des menschlichen
Körpers durch gewerbehygienische Massnahmen, durch Erholungsstätten
und Heilstätten. Es gibt eine angeborene Anlage zur Tuberkulose, von
einem Eheverbot für Tuberkulose oder Gesundheitszeugnissen als Vorbe-
dingung für Eheschliessungen sind jedoch keine Erfolge zu erwarten.
26 Prophylaxe.
Die Sterblichkeit an Tuberkulöse bei Erwachsenen hat in den letzten
Jahren erheblich abgenommen, es muss unser Bestreben sein, mit den
uns zu Gebote stehenden Mitteln auch bei Kindern dieselben günstigen
Resultate zu erzielen. Rehs, Davos.
47. L. Lissant Cox, The prevention and cure of tuberculosis.
Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. XI Nr. 4, Okt. 1917.
Verf. hält die Verhütung an Tuberkuloseerkrankung für weitaus
wichtiger, wenn auch schwieriger als die Behandlung derselben. Die besten
Aussichten bieten sich 1. durch Unschädlichmachung (Tötung) von infiziertem
Rindvieh, 2. soweit möglich durch Isolierung von tuberkulös Kranken,
3. durch Besserung der Wohnungsverhältnisse des Volkes, 4. durch Er-
ziehung und Belehrung der breiten Massen, 5. durch möglichst ausgedehnte
unentgeltliche Behandlung. Amrein, Arosa.
48. Agnes Bluhm, Die soziale Versicherung im Lichte der
Rassenhygiene. Arch. f. Rassen- u. Gesellsch.-Biol. 12. 1916/17
H. 1.
Nach Schallmayer und Ploetz werden die Erbqualitäten der
Bevölkerung durch das soziale Versicherungswesen verschlechtert, weil die
Versicherungshilfe in erster Linie den körperlich Minderwertigen zugute
kommt. Das stimmt jedoch nur unter der Voraussetzung einer stärkeren
Inanspruchnahme der Versicherung durch die weniger tüchtigen Elemente,
und wenn die Gesundheitsbedrohung der Tüchtigen und Untüchtigen die
gleiche wäre. Das ist aber nicht der Fall. Verf. betont die grosse Be-
deutung der Auslese durch die Berufswahl. Zur Feststellung der kon-
stitutionellen Tüchtigkeit der verschiedenen Berufe gibt es drei Massstäbe:
die Militärtauglichkeit, die Sterblichkeit in der jugendlichen Altersklasse
und das Zahlenverhältnis der freiwilligen zu den Pflichtmitgliedern der
Krankenkassen. Die Sterblichkeit in der jugendlichen Altersklasse, nament-
lich an Tuberkulose, darf als in weitem Umfang von der Konstitution
abhängig gelten. Aus einer Statistik geht hervor, dass elf Berufsarten,
welche eine überdurchschnittliche Militärtauglichkeit aufweisen, sämtlich
eine unterdurchschnittliche Tuberkulosesterblichkeit in der 15—19 jährigen
Altersklasse besitzen. Von sieben bezüglich der Militärtauglichkeit unter-
durchschnittlichen Berufen zeigen vier eine überdurchschnittliche Tuberkulose-
sterblichkeit in der jüngsten Altersklasse. Auf Grund dieser Statistik
weisen zwölf Berufe überdurchschnittliche Konstitutionen auf, von diesen
haben zehn eine überdurchschnittliche Erkrankungshäufigkeit. Von den
sechs unterdurchschnittlich beanlagten Berufsarten sind fünf unterdurch-
schnittlich in der Zahl der Krankhieitsfälle. Die mit geringeren gesund-
heitlichen Erbwerten ausgestatteten Versicherten nehmen also die Hilfe
der Kasse viel seltener in Anspruch als die höherwertigen Konstitutionen.
Wie mit den Krankheitsfällen, so verhält es sich auch mit den Krank-
heitstagen. Die überwertigen Berufe zeigen auch hier überdurchschnitt-
liche Zablen im Gegensatz zu den unterwertigen Berufen. Nicht die erb-
liche Anlage, sondern die Gesundheitsschädigung durch den Beruf gibt
also den Ausschlag. Am deutlichsten tritt der Einfluss einer durch den
Beruf erworbenen Disposition, und zwar zur Tuberkulose, bei den Ver-
tretern der Papierindustrie und Steinbearbeitung zutage durch jhre hohe
Tuberkulosesterblichkeit gerade im höheren Lebensalter. Auch die Un-
Prophylaxe. 27
fallversicherung hat eine rassenhygienisch günstige Wirkung, da sie
den körperlich Tüüchtigen in erster Linie zugute kommt, denn diese sind
Unfällen viel eher ausgesetzt als die Angehörigen der konstitutionell unter-
durchschnittlichen Berufe, wie z. B. die Schneider und Schuhmacher. Die
Invalidenversicherung übt teils einen rassenbygienisch günstigen, teils
einen ungünstigen Einfluss aus. Einen ungünstigen Einfluss übt sie
namentlich hinsichtlich der Tuberkulose aus, da sie eine grosse Zahl
jugendlicher auf Grund erblicher Anlage tuberkulös gewordener Individuen
unterstützt. Doch ist dieser Einfluss viel geringer, als er auf den ersten
Blick erscheint, da diese Individuen meistens nicht zur Ehe gelangen.
Lediglich auf Invalidenrente hin dürfte kaum eine Ehe gegründet werden.
Nach kurzer Streifung der Alters- und Mutterschaftsversicherung
kommt Verf. zu dem Schluss, dass unser soziales Versicherungswesen —
abgesehen von der Invalidenversicherung, bei der die Verhältnisse noch
nicht ganz klargestellt sind — auf die Erbqualitäten der Bevölkerung
eine günstige Wirkung ausübt. Die Gesamtwirkung des Versicherungs-
wesens ist in höhrem Grade rassedienlich als rassseschädigend.
& W. Schultz, Hamburg.
41. W.M. Crofton, Prophylactic inoculation against tuberculosis.
Brit. med. Journ. 1915 N. 629.
Verf. empfiehlt als prophylaktische Massnahme gegen die Ausbreitung
der Tuberkulose eine allgemeine Impfung mit Tuberkulin, um zum min-
desten eine normale Immunität zu erzielen. Besonders seien die Ange-
hörigen schon tuberkulös erkrankter Familien zu berücksichtigen, bei denen
der Widerstand erfahrungsgemäss ein sehr geringer zu sein pflegt. Ex-
perimentelle Untersuchungen haben den Wert und die Unschädlichkeit
dieser Massnahmen ergeben. Auch liesse sich diese Massregel auf die
Kälber ausdehnen, um so die Quelle boviner Infektion auszuschalten.
.Kautz, Hamburg.
50. H. Kleinschmidt, Zur Prophylaxe der Kindertuberkulose
im Kriege. D. m. W. 1917 Nr. 32.
Zusammenfassung: „Die Häufung der Kindertuberkulose infolge des
Krieges ist neben der einseitigen Kohlehydraternäbrung zurückzuführen
auf eine vermehrte Infektionsgelegenheit mit humanen und bo-
vinen Tuberkelbazillen. Für die humane Infektion ergibt sich eine ver-
mehrte Gelegenheit durch die kürzere oder längere Entfernung vieler
Kinder aus dem elterlichen Hausstand, die verschlechterten Wohnungs-
verhältnisse und die Rückkehr im Heeresdienst an Tuberkulose Erkrankter
in die Familie. Für die bovine Infektion ist die verminderte tierärztliche
Kontrolle der Viehbestände und das vielfache Fehlen sachkundiger Stall-
schweizer verantwortlich zu machen. Eine Besserung der bestehenden
Verbältnisse "ist nur durch eine zielbewusste Prophylaxe zu erreichen.
Sie muss vor allem in der Aufklärung aller Lungentuberku-
lösen über die Art ihrer Erkrankung und die ausserordentlich leichte
Übertragbarkeit auf junge Kinder bestehen; es muss ferner eine allge-
meine Warnung vor dem Genuss ungekochter Milch erfolgen;
und schliesslich ist die Zurückhaltung im Felde schwer Erkrankter
in Anstalten zu erwägen.“ C. Kraemer II], Stuttgart.
28 Prophylaxe.
51. Bechhold-Frankfurt, Halbspezifische chemische Desinfek-
tionsmittel. Ein Beitrag zur Kenntnis der biochemischen Eigen-
schaften der Halogennaphtbole. Zschr. f. Hyg. Ba. 84 H. 1.
Es wurden Versuche über die desinfizierende Kraft von Monochlor-
und Tribromnaphtbol angestellt. Das erstere ist ein wirksames Des-
infektionsmittel gegen Tuberkelbazillen, das zweite wirkt besser gegen
Staphylokokken, Streptokokken und Diphtheriebazillen. Die Halbspezifität
wird zu erklären gesucht durch die gegensätzliche Wirkung der Diffusions-
geschwindigkeit und der Absorbierbarkeit. Weiter wurde das Verhalten
der Naphthole gegen Blut und seine Bestandteile geprüft. Je mehr Chlor-
oder Bromatome in dem Molekül vorhanden sind, um so indifferenter
sind sie. Schmitz.
52. W. Schürmann-Halle, Phenolut, eine kolloidale Kresol-
lösung im Desinfektionsversuch. Ebenda.
Wegen der Seifenknappheit ist die Herstellung von Kresolseifen-
lösungen in Frage gestellt. Es wird desbalb von der Firma Elkan-
Charlottenburg ein Präparat in den Handel, gebracht, das aus einer kol-
loidalen Lösung von Kresol besteht und Phenolut genannt wurde Es
enthält 40°/o Rohkresol, also 10 °/o weniger als die Kresolseifenlösung.
Es gibt bis zu 1°/o in Wasser klare Lösungen. Im Versuch erwies sich
das Phenolut der Kresolseifenlösung als unbedingt gleichwertig. Es wird -
für Desinfektion von Wäsche bei Typhus, Ruhr ete. eine 2°Joige Lösung
und eine mindestens 2stündige Einwirkung empfohlen. Desgleichen für
Stühle, wenn sie dünnflüssig sind. Bei geformten Stühlen 10 °%/oig. Für
sporenbaltiges Material eignet sich das Präparat ebensowenig wie Kresol-
seifenlösung. Schmitz.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
53. Zahner, Die Prinzregent Luitpold-Kinderheilstätte bei
Scheidegg im Allgäu. Tbc.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 7.
Die Anstalt, die 120 Betten enthält, liegt 1000 m über dem Meere.
Um Sonnenkuren im Sinne Rolliers zu ermöglichen, sind offene durch-
laufende Terrassen vor den Zimmern in jedem Stock angeordnet, Schul-
unterricht findet in der Anstalt statt. Später soll noch eine landwirtschaft-
liche Schule für genesene Entlassene angeschlossen werden. Die Kur-
erfolge des ersten Jahres waren gut. Rehs, Davos.
54. Klare, Kinematographische Vorführungen in Heilstätten.
Tbe.-Fürs.-Bl. 1917 Nr.7.
Verf. benutzte den Kinox der Firma Ernemann-Dresden, dessen Kosten
nicht gross sind und dessen Handhabung einfach ist. Die Films lieferte
gegen geringe Leihgebühr die Gesellschaft für Volksbildung in Berlin.
Rehs, Davos.
55. Alff, Die Entwickelung der Bacholter Walderholungsstätte,
ein Beitrag zum Bau von Walderholungsstätten. T'bc.- Fürs.-
Bl. 1917 Nr. 6.
Zuerst wurde eine Fürsorgestelle für Tuberkulose ins Leben gerufen,
Prophylaxe. N
auf deren Anregung hin für schwächliche und kränkliche Schulkinder
Sechswochen-Kuren im Krankenhause eingerichtet wurden. Dann wurde
eine Walderholungsstelle gebaut, die jedoch nur für Tagesbetrieb berechnet
war. Nach Anbau eines Schlafsaales konnte dann der Betrieb den ganzen
Sommer über aufrecht erhalten werden, bis schliesslich durch einen weiteren
Umbau die Erholungsstätte für Sommer- und Winterkuren ausgestaltet
wurde. Die Benutzung erfolgt wechselweise durch die verschiedenen Alters-
stufen und Geschlechter innerhalb bestimmter Kurzeiten.
Rehs, Davos.
56. Rothholz, Die Tuberkulosefürsorge der Landesversicherungs-
anstalt Berlin in den beiden Kriegsjahren 1915—1916. Tbc.-
Fürs.-Bl. 1917 Nr. 6.
Im Winter 15/16 ist die Sterblichkeit an Tuberkulose gestiegen. Trotz
der erweiterten Tätigkeit der Fürsorgestellen hat der Umfang der Heil-
verfahren abgenommen, da die Hälfte der vorhandenen Bettenzahl der
Heeresverwaltung zur Verfügung gestellt wurde. Dagegen ist das Heilver-
fahren für Kinder tuberkulöser Eltern erweitert. Die Kinderuntersuchungen
ergeben, dass der allgemeine Körperzustand unter den Ernährungsbeschrän-
kungen nicht sichtbar gelitten hat. Die Landesversicherungsanstalt ist
eifrig bemüht, den langsamen Anstieg der Tuberkulose bei Männern und
Frauen, auch unter den Kriegsbeschädigten mehren sich die Tuberkulösen,
möglichst einzudämmen. Rehs, Davos.
57. Helene Sievers, Die Besuche der Fürsorgeschwestern in
den Wohnungen Lungenkranker. Verlag von (Geidel’s Buch-
druckerei, Chemnitz 1917. í
Die Verfasserin ist Vorsteberin der Auskunfts- und Fürsorgestelle
für Lungenkranke in Chemnitz. Ihre flott geschriebenen Ausführungen
verdienen deshalb Beachtung, weil sie, aus der Praxis hervorgegangen,
einen guten Einblick in die mühevolle Kleinarbeit auf hygienisch-prophy-
laktischem Gebiete geben, deren Bedeutung bei der Tuberkulosebekämp-
fung immer mehr anerkannt wird. Zum Schluss sind einige der im
Chemnitzer Bezirk in Gebrauch befindlichen Merkblätter abgedruckt.
H. Tachau, Heidelberg.
58. Oskar Pischinger, 9. Jahresbericht der Auskunfts- und
Fürsorgestelle in Aschaffenburg für das Jahr 1916. |
Grössere Inanspruchnahme der Fürsorgstelle mehr infolge wirtschaft-
licher Einflüsse als infolge Zunahme der Tuberkulose. Auch die Sterb-
lichkeitsstatistik von Stadt- und Landdistrikt Aschaffenburg für das Jahr
1916 weist noch keine Zunahme der Tuberkulose auf. Es fand eine
ärztliche Belehrung der städtischen Fortbildungsschüler über Tuberkulose
und ihre Verhütung statt. Hans Müller.
59. G. H. Dart, R. C. Edin, P. H. Cantab, The domiciliary
treatment of pulmonary tuberculosis. Brit. Med. Journ. 1916
S. 48.
Verschiedene Gesichtspunkte lassen eine häusliche Versorgung tuber-
kulös Erkrankter nicht ratsam erscheinen. Unter denen, die sich der Be-
obachtung durch die Gemeindeschwestern oder Ärzte entziehen, befinden
30 Kongress- und Vereinsberichte.
sich auch eine grosse Zahl vorgeschrittener und selbst moribunder Fälle,
die für ihre Umgebung eine stete Infektionsgefahr darstellen. Ein Schema
für die Durchführung dieser sozialen Massnahmen ist daher von vornher-
ein verfehlt. | Kautz, Hamburg.
60. Budszynski, Die Arbeitskur in Anstalten für Lungen-
kranke. Beitir. z. Klin. d. Tbe. 57. 1917 H. 3 S. 184.
Die Einführung einer Arbeitekur hat sich in in- und ausländischen
Heilstätten bewährt. Es wäre wünschenswert, ländliche Kolonien für
die aus den Heilstätten Entlassenen zu gründen, wo sie unter günstigen
hygienischen Bedingungen gegen mässige Entschädigung arbeiten könnten,
zumal es in der Regel schwer ist, für solche Kranken entsprechende Be-
schäftigung zu finden. E. Leschke, Berlin.
61. Noël Bardswell, An open-air industrial experiment for
tuberculous cases: The Hairmayres Colony, Lankashire.
Brit. Journ. of Tub. Vol. XI Nr. 4, Oktober 1917.
Beschreibung der Hairmayres- Kolonie in Lankashire (England),
welche gegründet wurde, um Insassen von mit ihr in Verbindung stehenden
Sanatorien möglichst lange Behandlung und zugleich Beschäftigung in
freier Luft zu ermöglichen, mit Einrichtungen für Landarbeiten, Gärtnerei,
Hühner- und Schweinezucht und Försterei. Amrein, Arosa.
62. Dohrn, Zur Organisation der Tuberkulosebekämpfuug in
kleinen Städten und auf dem Lande. T’be.-Fürs.-Bl. 1917
Nr.7.
Es müssen bestimmte unentgeltliche Sprechstunden abgehalten werden,
die ausgiebig bekannt zu geben sind. Am zweckmässigsten ist dabei die
Zusammenarbeit mit dem Krankenhause. Die Fürsorgeschwester muss
sehr gut ausgebildet sein und die Hilfsbedürftigen den Fürsorgestellen
zuführen. Der Fürsorgearzt soll als Schularzt jährlich einmal .die ganzen
Jahrgänge von 6 bis 13 Jahren durchmustern, Schulärzte sollen nach
Möglichkeit angestellt werden. Auf Elternabenden müssen neben Unter-
haltungen aufklärende Vorträge mit Lichtbildern geboten werden.
Rehs, Davos.
Ill. Kongress- und Vereinsberichte.
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin.
Sitzung vom 10. XII. 1917.
(Ref. E. Leschke- Berlin.)
Diagnose und Prognose der Lungentuberkulose vom Stand-
punkte des Praktikers.
Herr Goldscheider (Diagnose) gibt eine Übersicht und kritische Bewer-
tung der verschiedenen Untersuchungsmethoden. Perkussions- und Auskultations-
befund müssen stets gemeinsam bewertet werden, können jeder für sich zu
Täuschungen Anlass geben. Trockene Rasselgeräusche sind von geringerer Be-
Kongress- und Vereinsberichte. 31
deutung als feuchte und namentlich als klingende. Rasselgeräusche ohne perku-
torischen Befund können auch bei Ektasien der Spitzenbronchien vorkommen
(dürften aber nach Ansicht des Ref. in den meisten Fällen angesichts der Selten-
heit nicht tuberkulöser Spitzenaffektion doch auf Tuberkulose beruhen).
Auch syphilitische Lungenherde können zu Verwechslungen Anlass geben.
Für die beginnende Spitzentuberkulose ist die Röntgenuntersuchung von geringerer
Bedeutung als für die Diagnose vorgeschrittener und atypischer Fälle mit Ad-
häsion, Herden, Kavernen. Die Fälle mit subfebrilen Temperaturen erfordern
gründliche Untersuchung und Abgrenzung gegen Anämie, Neurasthenie, Basedo-
woid, Mandelerkrankung, Obstipation, Bronchitis u. a. Die Tuberkulindiagnostik
ist nur mit Vorsicht zu bewerten, auch die Herdreaktion, die zudem schädlich
wirken kann. Die Einteilung der verschiedenen Tuberkuloseformen geschieht in
eine proliferierende, käsig-bronchopneumonische und zirrhotische Form.
Herr Kraus (Prognose): Die Prognosenstellung muss auf der Projektion
aller Erscheinungen in ein nosologisches Einteilungsprinzip geschehen. Die Stadien-
einteilung nach 'lurban-Gerhardt genügt hierfür nicht. Nach Aschoff
und Nicol müssen wir unterscheiden die miliare (lokale und disseminierte),
fokale (azinös-nodöse), die zirrhotische und die käsig-pneumonische Form, wobei
es natürlich Kombinationen und Übergänge gibt. Der Ausdruck „latente Tuber-
kulose“ ist zu vermeiden, da eine solche entweder ausgeheilt oder doch aktiv ist.
Eher kann man von asymptomatischer oder symptomenarmer Tuberkulose sprechen,
“ Von grösster Bedeutung ist die Einteilung der Tuberkulose nach Immuni-
sationsperioden (Ranke). Zunächst entsteht im Kindesalter der Primär-
affekt (Albrecht und Ghon), von dem aus die erste Bronchialdrüseninfektion
sich ausbildet (I. Stadium der normalen Giftempfindlichkeit),. Im II. Stadium der
Überempfindlichkeit folgt die hämatogene oder Iymphogene Progredienz mit
starker entzündlicher Reaktion; im Ill. Stadium der relativen Immunität die
Zerstörung und Zirrhose. Besondere Eigentümlichkeiten des Verlaufs hängen
mit der Konstitution zusammen, z. B. die vom Hilus fächerförmig ausstrablende
Form bei Lymphatismys mit der Neigung zur Beteiligung der serösen Häute. Sie
verlangen eine besondere prognostische Bewertung.
Diskussion:
Herr Czerny: Bei Kindern steht die Lungentuberkulose hinsichtlich ihrer Be-
deutung zurück hinter der Bronchialdrüsentuberkulose, die zwar Folge eines primären
kleinen Lungenherdes ist, der aber meist nicht mehr auffindbar ist. Merkwürdig ist,
dass man auch in den Fällen, wo man einen primären Lungenherd findet, niemals
seine Vergrösserung beobachtet, sondern entweder findet man den kleinen Primäraffekt
oder man findet später gleich eine ausgedehnte Propagation der Tuberkulose (oft an
ganz anderer Stelle).
Die Diagnose der kindlichen Tuberkulose ist darum schwierig, weil Temperatur-
erhöhungen bis 38° auch sonst nicht selten sind und das Röntgenverfahren nur die
grösseren Drüsenpakete darstellt, die den Herzschatten überschreiten. Die Miliar-
tuberkulose wird röntgenologisch oft schon in so frühem Zustand nachweisbar, dass die
Kinder danach noch monatelang sich wohl befinden.
Offene Lungentuberkulose ist bei Kindern selten, kommt aber selbet bei Säug-
lingen vor, aber fast nur in den niederen Kreisen bei Vorliegen einer besonders
massigen Infektion. In höheren Kreisen findet man fast nur Knochen-, Bauchfell-
und Hirnhauttuberkulose.
Die Prognose der kindlichen Tuberkulose ist um so günstiger, je länger sie sym-
ptomenlos verläuft. Heilung einer offenen Tuberkulose bei Kindern konnte C. nur durch
künstlichen Pneumothorax erzielen.
Herr Fürbinger lehnt das Röntgenverfahren nicht ab, wie weiland Albert
Fränkel. Es ist diagnostisch von höchstem Wert. Dennoch kann es zu Irrtümern
führen, so in 2 Fällen, die er mitteilt, von negativem Röntgenbefund bei sicherer
klinisch erkannter Tuberkulose.. Häufig werden auch Verschleierungen und Schatten
im Röntgenbilde überbewertet.
Herr Artur Mayer hat bei 21 unter 300 gesunden Soldaten die rechte Spitze
perkutorisch und röntgenologisch tiefer stehend gefunden. (Leichte Skoliose der Hals-
— ana an
32 Kongress- und. Vereinsberichte.
wirbelsäule? Ref.) Hyperthermien sind häufiger bei Soldaten beobachtet worden,
ohne dass eine Ursache für dieselben aufzufinden ist. |
Herr Zülzer glaubt, dass nach Erkrankungen mit persistierender Leber- und
Milzschwellung wie Scharlach, Malaria, Fleckfieber eine von ihm als „postskarlatinöse‘“‘
bezeichnete Tuberkulose entsteht, die erst nach Beseitigung der Leber- und Milz-
schwellung durch Cbiuin geheilt werden kann. Ausführungen, die die Versammlung
mit Unruhe und Widerspruch aufnahm.
Herr F. Hirschfeld weist darauf hin, dass man durch Anlegen eines Korsettes
die oberen Lungenteile zu stärkerer Atmung zwingen, die unteren dagegen ruhig stellen
kann. Bei Oberlappenherden stellt sich dadurch Verschlimmerung, bei Unterlappen-
herden Besserung der Erscheinungen und Beschwerden ein. (Ref. hält es jedoch in
Übereinstimmung mit autoritativeren Mitgliedern der Versammlung für fraglich, ob das
Korsett dazu berufen ist, unser übriges diagnostisches und therapeutisches Rüstzeug
zu bereichern.)
Herr Jürgens bekämpft die Unterscheidung von offener ünd geschlossener
Tuberkulose. Auch geschlossene Tuberkulosen sind infektiös und können z. B. Kinder
anstecken. Jede aktive Tuberkulose ist vom sozialhygienischen Standpunkt aus als
offen zu betrachten.
Herr Hans Kohn bespricht die Bedeutung der Altersphthise für die Verbreitung
der Tuberkulose, da sie oft übersehen wird.
Herr Goldscheider weist darauf hin, dass in zweifelhaften Fällen der Tierver-
such entscheiden muss, ob ein Sputum infektiös ist. Die Forderung des Herrn Jürgens
dürfte in manchen Fällen zu rigoros sein.
Herr Kraus weist auf die Bedeutung des Czerny’schen Befundes hin, dass
der Primäraffekt niemals durch einfache Proliferation und Vergrösserung zur Lungen-
tuberkulose führt. Beide gehören eben verschiedenen Immunisationsperioden an. Die
klinischen Beobachtungen Czerny’s bilden eine wichtige Stütze der pathologischen
Untersuchungen von Ranke und der verschiedenen Bedeutung der Immunisations-
perioden für die klinische Manifestation der Tuberkuloseinfektion.
IV. Mitteilung.
Lehrgang in der Tuberkulosefürsorge in Berlin.
Die Kommission für den Ausbau des Auskunfts- und Fürsorgestellenwesens
veranstaltet Ende Februar 1918 einen dreiwöchigen Lehrgang für etwa 30—40 Teil-
nehmerinnen zur Ausbildung in der Tuberkulosefürsorge. Beginn des Lehrgangs
am 22. Februar 1918. Zur Teilnahme werden zugelassen staatlich geprüfte
Krankenpflegerinnen — auch Hilfsschwestern vom Roten Kreuz —, Säuglings-,
Wohnungs- und Fabrikpflegerinnen, Mitglieder der Vaterländischen Frauen-Vereine
vom Roten Kreuz und andere Damen, die ihrer Vorbildung nach zur Betätigung
in der sozialen Fürsorge geeignet sind. Der Unterricht: findet im Gebäude der
Landesversicherungsanstalt Berlin, Am Köllnischen Park 3 statt; für Unterkunft
und Verpflegung haben die Teilnehmerinnen selbst zu sorgen.
Anmeldungen sind an die (Geschäftsstelle des Tuberkulose-Zentral-Komitees,
Berlin, Linkstrasse 29 zu richten; mit der Zulassung wird von dort der Arbeits-
plan versandt werden.
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Hamburg.
Redaktion:
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg.
12. Jahrg.
Dr. Oskar de la Camp
0. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Klinik.
.Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Öber-Amt Neuenbürg, Witbg.
Verlag:
Curt Kabitzsch Verlag,
Würzburg.
Ludwigstrasse 23’ /s.
Ausgegeben am 28. Februar 1918,
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.)
: Lara, A. 59.
. Lazarini 50.
Azúa 56.
Barajas 59.
Barnes, H. H. 62.
Baumann, E. 57.
Berka, F. 51.
Bernhard, O 63.
Blanco,’J. 51.
Burkard, O. 61.
Canesa 57.
Chabás, J. 45, 46.
Compaired 59.
Curschmann, H. 58.
Danysz, J. 6l.
| Franz, K. 60.
Friesicke 52.
Gallego, B. 60.
Gamero, G. 50.
Gerhartz 47.
Gomez, M. 52.
‘Gött, Th. 37.
Guerrero, A. 55.
, Gullbring, A. 58
Haydn 52.
Hoke, E. 48.
Hutyra, F. 49.
Küpferle 63.
Leoz 53,
Lilienfeld 69.
Lobo. R. 50.
Lopez, C 57
Mary, A. 46, 56.
Mager, W. 61.
Mayoral, P. 50.
de Mello, Gu. 59.
Montenegro, V. 55.
Morales, N. 51.
Müller, W. 48.
| Neves 47.
' Pasanis 59.
‚ Peset 52
' Ravellat, J. 50.
'van Roojen, P. H. 58.
' Ruedi, Th. 53.
Schloss 49.
i Schneider, H. 62.
Schnirer 64.
| Schönberg, S. 47.
' Trivino, O. 51, 55, 58.
Wilezyński, H. 34.
I. Ubersichtsbericht.
Henryk Wilezynski, Die polnische‘Literatur über Tuberkulose (1914—1917).
II. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. ' ders der Kindertuberkulose. — 72. Schloss,
693.Chabäs, Das Problem der Tuberkulose.
— 64. J. Chabas, Zwei Irrtümer in der Tu-
berkuloseforschung: Anlage unä Vererbung. —
65. A. u. A. Mary, Über einen bısonderen
Bestanilteil des normalen Bluts: rums und seine
Veränderungen bei Tuberkulose. — 66. Neves,
Syphilis und Tuberkulose. -- 67. Schönberg,
Die Beziehungen der Tuberkulose zu Sehrump-
fangsprozessen in Leber und Nieren. — 68.
Gerhartz, Leberschrumpfung mit Aszites
und Milzschwellung a!s Begieiterscheinung der
Tuberkulose. — 69. Hoke, Die Immunitäts-
analyse mit Partialantigenon nach Deycke- Much
bei der Lungentuberkulose. — 70. Müller-
Sternberg, Über den antigenen Charakter
der Tuberkelbazillenfette.
b) Ätiologie und Verbreitung.
71.Hutyra, Die Roile der Tiertuberku-
lose in der Verbreitung der Menschen-, beson-
Internat. Contralbl. f. Tuberkulose-Forschung.
l
I
Uber Tuberkulose. — 73 Lazarini, Klinische
Erfabrungen über die Toleranz gegen humanes
und bovines Tuberkulin. — 74. Ravellat,
Bakteriologie der vorschiedenen krankhaften
Veränderungen bei der experimentellen Tuber-
kulose des Kaninchens und Meerschweinchens.
— 75. Mayoral, Lobo, Gamero, Experi-
mentelle Untersuchungen über Form und Fär-
bung des tuberkulösen Virus. — 76. Morales,
Die Tuberkulose in Bolivia.
c) Diagnose und Prognose.
77. Blaneo, Untersuchung der Struktur
des Tuberkelbazillus durch eine neue Dopprl-
färbemethode. — 78. Trivino, Verminderter
Blutdruck und Tachykardie bei der Tuberkulose.
— 19. Berka, Zur Tuberkelbazillenfärbung. —
8). Peset, Ratschläge für die Homogenisie-
rung des Auswurfs bei der Untersuchung auf
Tuberkelbazillen. — 8i. Haydn, v. Jagic'sche
12. 8
34
Methode der Lungenspitzenperkussion. — 82,
Gomez, Hyperazidität als erstes Synıptom für
Lungentuberkulose. — 883. Friesicke, Dia-
gnostische Erfahrungen an Tuberkulosever-
dächtigen. — 8t. Leoz, Chorioiditis und akute
Meningitis tuberculosa.
d) Therapie.
8. Ruedi, Über operative Behandlung
der Kehlkopftuberkulose. — 86. Trivino,
Nützliches, Unnfitzes und Schädliches in der
Behandlung der Tuberkulose. — 87. Guerrero,
Tuberkulinbehandlung. — 8. Montenegro.
Behandlung der T.ungentuberkulose mit Partial-
antigenen. — 89. Azúa, Behandlung des
Lupus erythematodes und der Syphilis mit
Aurum Kalium cyanatum. — 90. Mary, Be-
handlung der Lungentuberkulose mit Silicium-
präparaten. — 91. Canesa, larmverschluss
im Verlauf der tuberkalösen Peritonitis. —
92. Lopez-Fanjul, Richtlinien für die chir-
urgische Behandlung der Bauchfelltuberkulose
mit Aszites.
e) Klinische Fälle.
93. Gött, Zur Kasuistik ungewöhnlicher
Böntgenhefunde am kindlichen Thoraxmittel-
schatten. — 9. Baumann, Isolierte Axillar-
lähmung bei Spondylitis cervicalis tuberculosa
mit kaltem Abszess. — 95. Gullbring, Fall
von Lungensyphilis. — 9%. van Roojen,
|
|
Übersichtsbericht.
De heelkundige behandeling der tuberkuleuse
Buikvliesontsteking. — 9%. Curschmann,
Diagnose und Tuberkulinbehandlung des tuber-
kulösen Ösophagusgeschwürs — 98. Trivino,
Fall von Lungentuberkulose mit beinahe gänz-
lichem Fehlen von Symptomen. — 9 Com-
paired, Fall von Nasenschleimhauttuberku-
lose. — 100. Barajas, Rezidivierende Pha-
rynxtuberkulose. — 101. Guedes de Mello,
Tuberkulöse Entstehung und Tuberkulintherapie
einiger Augenaffektionen. — 102. Lara, Durch
Neosalvarsan geheilter Fall von Tuberkulose.
kombiniert mit Syphilis. — 103 Pasanis,
Ein Fall von Syphilis und Tuberkulose, gefolgt
von Heilung. — 104. Gallego, Menstruations-
störungen und Tuberkulose; Heilung durch
Tuberkulintherapie.
f) Allgemeines und Grenzgebiete.
105. Franz, Massnahmen der Heeresver-
waltung zur Bekämpfung der Tuberkulose wäh-
rend des Krieges. — 106. Burkard, Der
„Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose in
Steiermark“ im Dienste der Kriegsbeschädigten-
fürsorge. — 107. Danysz, La lutte contre la
tuberculose. — 108, Mager, Die Unterbringung
Tuberkulöser im vorgoschrittenen Krankheits-
stadium. — 109. Barnes, Observations of a
tuberculous patient. — 110, Schneider, Die
Salzbrunner Kronenquelle in der Therapie der
Nieren- und Blasenieiden.
III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
1. Küpferle und Lilienfeld, Grund-
lagen therapeulischer Anwendung von Röntgen-
strahlen. — 2. O. Bernhard, Sonnenlicht-
behandlung in der Chirurgie. — 3. Schnirer,
|
Taschenbuch der Therapie. — 4. „Die Schwester“,
Monatsschrift für die Berufsfortbildung auf dem
gesamten Gebiete der Krankenpflege.
| I. Übersichtsbericht.
Die polnische Literatur über Tuberkulose (1914—1917).
Von Dr. Henryk Wilczyński (Zakopane).
Gestützt auf eigenes Material hat Nowicki (1) ein ausführliches
und interessantes Werk über das Thema: die obere Brustapertur
im Lichte anatomischer Untersuchungen und ihr Verhältnis
zur Tuberkulose, die ihren Ausgangspunkt in den Lungen-
spitzen hat — veröffentlicht. Nach Verarbeitung der einschlägigen
reichen Literatur, erfasst der Autor das Problem systematisch und stati-
stisch, indem er einen entsprechenden Index einführt, wie bei anthropologi-
schen Untersuchungen. Er stellt vier Typen von oberen Öffnungen des
Brustkorbes fest und weist speziell auf ihre Asymmetrie hin: I, die herz-
förmig zusammengedrückte 47°/o, II. die querovale 21°/o, III. die herz-
förmige 13°/o, IV. die längsovale 16°/o. Im Verhältnis zur Tuberkulose
fand er, dass der Typus IV am häufigsten vorkommt, etwas seltener II,
mit verringertem Volumen. Das Volumen jedoch (der Umfang der Öf-
nung) hängt nicht nur von der Länge der Knorpel, sondern auch von
Übersichtebericht. 35
der Länge der Knochenteile der Rippen ab, wobei die häufige Asym-
metrie der Öffnungen auflällt, besonders bei Typus IV. Die Verknöcherung
der Knorpel der ersten Rippe tritt immer von der Knochenseite ein,
gewöhnlich nach dem 40. Lebensjahr und auch häufiger bei Leuten, die
mit Lungenspitzentuberkulose behaftet sind.
Die gelenkartig begrenzte Beweglichkeit in der Verbindung des
Manubrium mit dem.Corpus sterni ist eine gewöhnliche Erscheinung, und
die vorzeitige Verknöcherung dieser Verbindung beeinflusst die Beweglich-
keit der Lungenspitzen. Der Verf. neigt daher der Theorie Freund’s
und den Beobachtungm Rotschild’s zu.
Den Einfluss der Unterbindung der Lungenarterie auf
dieLunge und ihre therapeutische Bedeutung hat Ostrowski
(2) experimentell an Hunden untersucht, die sukzessive in immer grösseren
Zeitabständen getötet wurden. Er konstatiert, dass nach dieser Operation
zuerst eine starke Hyperämie in den Lungenteilen eintritt, deren Arterie
nicht unterbunden ist. Die Lunge mit der unterbundenen Arterie ist an-
fangs anämisch verändert, darauf bilden sich Entzündungsherde und In-
farkte, die in den mittleren Teilen grösser, auf und unter der Pleura
kleiner sind.. Die degenerativen Prozesse in den mittleren Teilen führen
bis zur Nekrose, das subpleurale Bindegewebe dagegen wuchert üppig und
bildet Verwachsungen und pleurogenetische Carnifikation, so dass der
ganze Verlauf an eine langwierige Lungenentzündung mit konsekutiver
Vernarbung (Fibrosis) erinnert. Der Verf. ist der Meinung, dass dieses
Verfahren nach vorherigen Versuchen in der Klinik für die Phthiseo-
therapie von Bedeutung sein könnte.
Gleichfalla experimentell untersuchte an Kaninchen und Hunden
Tomaszewski (3) den Einfluss des Pneumothorax auf die
Lunge des gesunden Tieres (und fügt Bemerkungen über das Ver-
fahren in den Anfangsstadien von Lungenschwindsucht beim Menschen
hinzu). Es zeigte sich, dass es leichter ist, beim Kaninchen einen wirk-
samen Pneumothorax hervorzurufen, und zwar infolge der geringeren Nach-
giebigkeit des “Mediastinums. Überdies wirkt der Druck augenscheinlich
mehr auf den Oberlappen und ruft entzündliche Prozesse um die Gefässe
und Bronchien hervor. Diese Prozesse führen zum Wuchern des Binde-
gewebes. Diese Wucherung kann auch in der Pleura ihren Ursprung
haban, die gleichfalls oft der Entzündung anheimfällt. Untersuchungen
an intravenös mit Tuberkulose infizierten Tieren wiesen fast gar keinen
Unterschied zwischen den Tuberkulose-Erscheinungen in der komprimierten
Lunge oder in der freien auf. Mit Hinsicht auf den Menschen ist der
Verf. der Ansicht, dass ein künstlicher Pneumothorax eher im Anfangs-
stadium von Spitzentuberkulose zweckdienlich wäre, solange das Fehlen
von Verwachsungen einen stärkeren Druck des Oberlappens und die Ent-
wicklung von entzündlichen Veränderungen des Bindegewebes ermöglicht,
während der untere Lappen dabei funktionell verhältnismässig wenig
litte, um so mehr als bei geringeren Veränderungen in den Spitzen die
Dauer des Druckes kürzer sein könnte, als dies bei bereits entwickelter
Tuberkulose nötig ist.
Die Obduktionen haben gleichfalls einige interessante Arbeiten veran-
lasst. Lipski (4) beschreibt ein Geschwür des Zwölffingerdarms
als Weg der tuberkulösen Infektion. In diesem Falle fand er
alte, wenig bemerkbare, ganz verkalkte tuberkulöse Veränderungen in
⸗ 8*
36 Übersichtsbericht.
beiden Lungenspitzen und ein Drüsenpaket an der kleinen Kurvatur des
Magens. Eine der Drüsen dieses Pakets, verkäst und zerfallen, verur-
sachte eine Peritonitis tuberculosa mit tödlichem Ausgang.
In der Pylorusgegend im Zwölffingerdarm sass ein peptisches —
das oben bis zur Serosa, unten bis zur Muskularis reichte. Die mikro-
skopische Untersuchung wies keine tuberkulösen Veränderungen im Bereiche
des Geschwürs selbst auf. Dagegen war die mit dem Darmsegment ge-
fasste, an das Geschwür grenzende Lymphdrüse tuberkulös verändert. Der
Boden des Geschwürs weist ebensowenig fortschreitende entzündliche Er-
scheinungen auf. Das ganze Bild spricht dafür, dass das peptieche Ge-
schwür des Duodeni zur Eintrittspforte für die tuberkulöse Infektion der
Bauchfelldrüsen wurde. Der Verf. weist auf die grosse Seltenheit von
primären tuberkulösen (eschwüren des Magens und des Zwölffingerdarmes
hin (bekannt sind die beiden Fälle Warta’s und Ruge’s). Meistens
sind das sekundäre Geschwüre, die ihre Ursache in akuter, sich generali-
sierender Tuberkulose haben. Die Seltenheit erklärt sich aus der Säure
der Magensäfte. und der schwächeren Entwicklung des Resorptionsapparates
in dem oberen Abschnitte der Verdauungsorgane Zu bedauern ist, dass
in diesem Falle weder das Sputum noch der Schleim der Bronchien auf
die Anwesenheit von Tuberkelbazillen untersucht worden ist. Derselbe
Verf. (5) beschreibt seltenere Formen von Tuberkulose bei
Säuglingen. Er bat in Warschau 276 Kinder im Alter von 1 bis 14
Jahren seziert. In 66 Fällen hat er Tuberkulose festgestellt, d. h. in
24 °/o. Unter dieser Zahl waren 216 Säuglinge, darunter 24 tuberkulöse,
d. h. 11 %0. In den ersten drei Lebensmonaten starben 5, d. h. 2,3 %/o.
Diese Zabl stimmt mit den Daten Binswanger’s überein. Die Statistik
von Glinski in Krakau weist 5,7 Jo Tuberkulose bei Kindern auf, die
in den ersten drei Lebensmonaten starben. Lipski fand am öftesten
die Tuberculosis pulmonum nodosa careosa, auch der Bronchial- und
Tracheobronchialdrüsen. Zu den selteneren rechnet er zwei Fälle von
Tuberculosis pulmonum cavernosa, zwei Fälle von primärer Darmtuber-
kulose und einen Fall von dermatogener Infektion. Im ersten Falle trat
der Tod am 76. Lebenstage ein. Alles wies auf eine Infektion bei Leb-
zeiten hin — von einer schwerkranken Mutter, durch die Luft, denn die
Tuberkulose (kavernös) wurde nur in den Lungen gefunden: caverna
tubere. lobi super. et medii pulm. dextri, tuberc. caseosa nodosa disseminata
pulm. utriusque. Im zweiten Falle — lokalisierte Tuberkulose ausschliess-
licb im intestino ilei und entsprechenden Lynıphdrüsen bei einem 4 monat-
lichen Kinde (Ulcera tuberc. intest, ilei, hyperplasia et caseoficatio partialis
gland. Iymph. mesenterii), und im dritten Falle Tuberculosis caseosa der
Darmdrüsen (hyperplasia et caseoficatio gland. mesenterii) ohne Verände-
rungen im Darme selbst. Der vierte Fall (ein Findelkind) ist eine primäre
Infektion des Unterbautgewebes und der Drüsen durch die Haut in der
rechten Achselhöhle mit darauffolgender allgemeiner Infektion (Tuberc.
miliaris). Das Kind litt an Furunkulose und eben durch eines der Ge-
schwüre in der Achselhöhle drang der Ansteckungsstoff in das Unterhaut-
gewebe und tiefer ein.
Hornowski (6) beschreibt neun Fälle von Tuborkalose der
Hypophyse, die er bei 91 Obduktionen von Geisteskranken ange-
troffen hat und bemerkt, dass diese Erscheinung keineswegs mit Meningitis
Übersichtsbericht. 37
tuberculosa zusammenhängt, sondern einzig auf hämatogenen Wege ent-
standen ist.
Hypophysentuberkulose kann, wie Bednarski (7) angibt, die Ur-
sache von Lähmung aller Augenmuskeln und verminderter
Sehschärfe werden. .In der Literatur sind nur drei ähnliche Fälle be-
kannt, die Uhthoff gesammelt hat (Graefe-Saemisch XI. 2. A. S. 1265).
Der bereits oben erwähnte Ostrowski (8) hatte Gelegenheit, zwei
Fälle von Hauttuberkuliden bei Säuglingen zu beobachten. Die
diagnostische Bedeutung dieser Hautkrankheit hat Hamburger als
erster gewürdigt. In den Fällen des Verfs. fällt die Menge des Aus-
schlags auf, und der Umstand, dass in einem derselben Tuberkelbazillen
auf dem Schnitt des Tuberkulids gefunden wurden.
Einen Fall von Tuberkulose des Rachens bei einem
5jährigen Mädchen beobachtete Tryjarski (9). Das Kind litt an
Lungen- und Drüsentuberkulose; dann trat miliare Tuberkulose des
Rachens auf. Die Diagnose war durch die Ähnlichkeit des Krankheits-
bildes mit: Aphthae, Herpes, Soor, Condylomata lata und sogar Angina
diphtherica erschwert.
Schliesslich führt Frl. Ehrlich (10) einen Fall von ausgebreiteter
kavernöser Lungentuberkulose, Tuberkulose des Bauchfells und der oberen
Luftwege, kompliziert durch eine Thrombose der Schenkelvene bei einem
12 jährigen Mädchen an, bei dem die v. Pirquet’sche Probe negativ
ausfiel. Dieselbe Verf. (11) beschreibt einen von ihr selbst beobachteten
Fall von Hautemphysem bei einem an Lungentuberkulose
leidenden Kinde. Der Ausgangspunkt dieses Hautemphysems waren
geplatzte Lungenbläschen inmitten der Verwachsungen des rechten Rippen-
fells am Mediastinum, von wo es dann auf Gesicht und Nacken über-
ging. Die Verf. führt auch die einschlägige Literatur über diese keines-
wegs häufige Erscheinung an. Hiermit schliesst die Reihe der anatomisch-
pathologischen und kasuistischen auf Obduktionen gegründeten Arbeiten.
Auf dem Gebiete der Diagnostik und Symptomatologie steht Soko-
lowski (12) mit seinem Artikel über die wichtigeren diagnostischen
Fehler bei Erkrankungen der Atmungsorgane in erster Reihe. Seiner
Ansicht nach sind die Fehler erstens der irrationellen Unterrichtsmethode
in Deutschland und Russland zuzuschreiben, wo die Studenten in den
Kliniken chronische Kranke mit schweren Komplikationen oder sehr kom-
plizierte Untersuchungsmethoden sehen, die in der alltäglichen Praxis, be-
sonders in der Provinz, keine Anwendung finden, und zweitens dem Fehlen
von richtig organisierten Polikliniken für ambulante Behandlung. Die
häufigsten Fehler sind: Bronchitis sieca statt Rhinopharyngitis chronica,
Bronchitis diffusa, wo es sich um Störungen des Blutkreislaufs handelt
(Herzklappenfehler, Herzverfettung, Herzmuskelschwäche) oder um Krank-
heiten der Nieren mit Atembeschwerden. Oft wird sogar auf Pneumonia
crouposa statt Pleuritis exsudativa befunden. Sehr häufig werden Empyeme
nicht erkanut. Allzuoft wird die Diagnose auf Lungentuberkulose nur
auf Grund von Blutauswurf gestellt, indem Herzfehler und Sklerose ausser
acht gelassen werden. Betreffs des Fiebers macht er darauf aufmerksam,
dass ausser bei Lungentuberkulose ähnliche Fiebererscheinungen bei
Pyelitis, Tonsillitis eryptogenes und bei chronischen Frauenleiden auf-
treten. Andererseits wird oft auf Emphysem erkannt, wo es sich um
Phtbisis pulmonum cum emphysemate handelt. Auch wird Bronchitis ex
38 Übersichtsbericht.
emphysemate, Asthma professionalis oder stenocardia als Asthma bronchiale
erkannt.
Dziembowski senior (13) weist in seiner Schrift über die
Frühdiagnose der Lungentuberkulose besonders auf die Be-
deutung der einseitigen Pupillenerweiterung hin und die irreführende
Dämpfung in der linken Lungenspitze bei Insufficientia valv. mitralis.
Der Verf. hebt die Wichtigkeit des Temperaturmessens im After und
nach Bewegung hervor. Die Diagnose wird schliesslich erleichtert durch
Untersuchung des Sputums nach der Methode Ziehl-Neelsen-Bacmeister,
sowie durch Inokulation, Röntgen und besonders durch die Tuberkulin-
probe, wobei nach Herden in der Lunge während der Reaktion geforscht
werden muss. (Die letzte Methode halte ich für nicht angezeigt. Ref.)
Koskowski (14) studierte die Hemmung der Haut-Tuber-
kulinreaktion bei infektiösen Krankheiten, besonders bei
Flecktyphus, und zwar fiel die Mantoux-Probe bei 43 von 51 an
Flecktyphus Erkrankten auf der Höhe der Krankheit negativ aus. In
der Rekonvaleszenz aber war sie 49 mal auf 60 Fälle positiv. Die Ur-
sache des Phänomens ist wie auch bei anderen Infektionen nicht genügend
geklärt. Wahrscheinlich verringern verschiedene Toxine die Empfindlich-
keit der Haut dem Tuberkulin gegenüber.
Das Blutspucken behandelt Srebzny (15) eingehend. Ausser
Tuberkulose führt er folgende Krankheiten und Ausgangspunkte an: die
Nasen- und Rachenhöhle, die Zungenwurzel, geschwollene Stimmbänder,
die Trachea, Einatmen von ätzenden Gasen, Blutegel (Italien, Griechen-
land), Aneurysmen, Krampfadern in der Trachea und des Ösophagus bei
Leberzirrhose, Krebs, Angiomen, Arteriosklerose, Herzfehler, Gelbsucht,
Schwangerschaft oder Blutspucken in der der Menstruation entsprechenden
Zeit (besonders aus dem Kehlkopf), Chblorose, Skorbut, Hämophilie, Morb.
Werlhofii, Diabetes, schwerere Infektionsfälle, Phosphorvergiftung, angio-
neurotisches eventuell hysterisches Blutspucken.
Sterling (16) stellt die Frage, wann Fieber für das Symptom
von versteckter Lungentuberkulose gelten kann. Eingangs
schildert er die verschiedenen mit Fieber verlaufenden Krankheiten mit
unsicherer Diagnose, In bezug auf Tuberkulose aber macht er auf folgende
Symptome aufmerksam: Neigung zu Schweiss, leichtes Ermüden, Appetit-
mangel und Dyspepsie, trockener Husten und Heiserkeit, Abnahme und
Schwankungen des Gewichts, Wechsel oder Unbeständigkeit der Gemüts-
verfassung, Anfälle von Herzklopfen, Schmerzen im Brustkasten, dys-
menorrhoische Erscheinungen — alles dies besonders bei Habitus phthisicus.
Rosenfeld (17) beschäftigt sich in seiner Vorlesung über dauernde
Fieberzustände bei Erkrankungen der Mandeln und Drüsen
eingehend mit Diagnose und Therapie der Drüsentuberkulose und hebt die
modernen Methoden wie Röntgen, Tuberkulin, Sonnenkuren usw. hervor.
Das Problem, ob ein Unterschied zwischen Tuberkulose
und Skrofulose besteht, erörtert Szulczewski (18). Seiner
Meinung nach sind die Krankheiten nicht „identisch“, sondern prinzipiell
verschieden, welchen Umstand der Krankheitsverlauf und die Anatomo-
pathologie bestätigen soll. Die Skrofulose nämlich verursacht mehr ex-
sudative und hyperplastische Erscheinungen, die Tuberkulose dagegen
Aplasie und Schwund.
Übersichtsbericht. .- 39
In seiner leider unvollendeten Arbeit über die Prognose bei im
ersten Lebensjabr tuberkulös infizierten Kindern hebt
Progulski (19) besonders die Bedeutung des Hamburger’schen Sym-
ptoms hervor (Tuberkulose des Kindesalters 1912, S. 155}, das er 46 mal
in 90 Fällen beobachtet hat.
Wilczyäski (20) kommt in seiner bündigen Arbeit über die Pro-
gnose bei offener Lungen- und Kehlkopftuberkulose, ge-
stützt auf eigene langjährige Beobachtung, zu dem Schlusse, dass es mög-
lich ist, auf Grund des mikroskopischen Bildes der 'Tuberkelbazillen den
Verlauf der Krankheit vorherzusehen. Und zwar werden die langen,
dünnen, fragmentierten Bazillen bei schweren Formen der Tuberkulose an-
getroffen, die kurzen, durchweg gefärbten dagegen bei leichten. Der Verf.
wirft die Frage auf, ob wir es hier mit mehreren Abarten von Bazillen
zu tun haben, wie z. B. bei Dysenterie, oder mit der sogen. Mutation.
Jedenfalls stellt er fest, dass er eine Heilung des tuberkulösen Prozesses
bei dem Befund von langen, dünnen und fragmentierten Bazillen in seiner
Praxis nicht angetroffen hat.
Im Gebiete der Therapie ist Latkowski (21) zu nennen, der Ver-
fasser eines umfangreichen Werkes über die Rolle der Kalksalze im
Organismus, besonders ihres Einflusses auf Entzündungen
in den serösen Körperhöhlen. Er führt die Werke tüchtiger Ge-
lehrten, wie Loeb über das antagonistische Wirken der Natronione
und Kalkione ann, Hammarsten’s und anderer über das katalytische
Wirken beim Blutgerinnen und bei der Kaseinbildung, über die Rolle
des Kalks bei Tetanie, über die Abhängigkeit des Kalkwechsels von den
Drüsen mit innerer Sekretion, über den günstigen Einfluss von Kalk bei
Bronchialtetanie, über die gesteigerte Reizwirkung auf die Nerven bei
Hunden, denen kalkhaltige Speisen vorenthalten wurden (Quest), und
schliesslich über den Einfluss des Thymus auf die Bildung des Kalks im
Organismus (Basch und Friedleben), und geht dann zur Anwendung
des Kalks bei Tuberkulose über.
Er weist darauf hin, dass bereits im Jahre 1887 Kalk (CaCl,) von
Bell angewandt wurde. In letzter Zeit haben die Forschungen Voor-
hoeve’s Robin’s Theorie von der Demineralisation bei Tuberkulösen
bestätigt. Der Verf. verschrieb Schwindsüchtigen Kalkpräparate, hat
aber — abgesehen von einer Hebung des Allgemeinbefindens und des
Gewichts — keine ausgesprochene Besserung gefunden. Seine Unter-
suchungen (1906) ergaben, dass der Einfluss des Kalks die Kraft der
Herzkontraktionen und den Blutdruck merklich steigert. Weiter beob-
achtete er günstige Resultate bei Anwendung kleiner Dosen bei Blutstürzen
und bei Urämie Auch bei Rippenfellexsudaten konstatierte er gute
Wirkungen, und nimmt im Sinne der Untersuchungen Chiari’s an, dass
Kalk einen verdichtenden Einfluss auf die Zusammensetzung der inter-
zellularen Kittsubstanz hat, und somit auch der Entzündung, speziell den
Exsudaten, entgegenwirkt.
An Hand eines reichen klinischen Materials konnte sich der Verf.
von der die Resorption beschleunigenden Wirkung des Kalkes bei ex-
sudativen Rippenfellentzündungen tuberkulöser Natur überzeugen und von
dem prophylaktischen Werte dieses Mittels — im Hinblick auf Exsudate.
Die Kalksalze haben jedoch keinen Einfluss auf transsudative Prozesse.
Endlich warnt der Verf. vor Anwendung von Kalk bei schwächlichen,
40 Übersichtsbericht.
kachektischen Personen, da hier die Gefahr besteht, dass er die Bildung
‚von Thromben begünstigen könnte. Im Texte finden wir noch die genaue
Beschreibung von 12 Krankheitsfällen, wo die Wirkung des Kalkes auf-
fallend war.
Der Behandlung der „chirurgischen“ Tuberkulose durch
Sonnen- und Luftbäder in unserem (Niederungs-) Klima
redet Wrzesniowski (22) das Wort, bei Erkrankung der Knochen, der
Haut und der Drüsen. Der Verf. ist der Ansicht, dass es zulässig ist,
in der Niederung die Bestrahlung gleich eine halbe Stunde lang dauern
zu lassen. Im Winter wird die Bestrahlung durch die Fensterscheibe vor-
genommen. Er findet, dass die Resultate der Behandlung mit Quarz-
lampen unvergleichlich viel geringer waren als bei Sonnenlicht. Die
ruhige Lage bei der Bestrahlung hält er für überflüssig. Seine Kranken
gehen im Gegenteil umher und vertreiben sich die Zeit mit Spielen.
Chirurgische Eingriffe sieht er als Hilfsmittel bei der Behandlung durch
Sonnenlicht an.
Wiszniewski (23) beschreibt die Methode Calot’s bei Be-
handlung der chirurgischen Tuberkulose, und auf Grund des
Materials im Spital U. 1. F. in Siedlce stellt er eine Statistik auf, die die
Anwendung dieser konservativen Methode empfehlenswert erscheinen lässt.
Selzer (24) hat ein Referat über Friedmann’s Injektionen
veröffentlicht. Er stützt sich auf zwei eigene Fälle und führt 25 in
Zakopane beobachtete an; die Bewertung dieses Mittels ist sehr ungünstig.
Kuczewski (25) endlich popularisiert Dr. Philip’s System der
Tuberkulose-Bekämpfung (Edinburg’sches System) in einer kurzen
und empfehlenden Beschreibung der Organisation der Sanatoriums- und am-
bulanten Behandlung in Verbindung mit streng abgemessener physischer
Arbeit, und veröffentlicht derselbe (26) eine aus der englischen, däni-
schen, amerikanischen und deutschen Literatur geschöpfte Kompilation
über das Thema: „die physische Arbeit als Heilmittel in den
Heilstätten für Tuberkulose im Westen Europas“ mit Hin-
zufügung seiner eigenen Eindrücke von den Sanatorien, welche die Arbeit
als Heilmittel anwenden. z
Die Gerichtsmedizin streift eine Arbeit Sokolowski’s (27) über
den Zusammenhang eines Trauma mit der Entwicklung von
Lungentuberkulose und organischen Herzkrankheiten. Indem der
erfahrene Verf. darauf hinweist, wie schwer es zu beurteilen ist, ob ein
Trauma die Ursache von Tuberkulose war, steht er doch entschieden auf
dem Standpunkte, dass versteckte Tuberkulose oder eine gutartige Form
dieser Krankheit unter dem Einfluss eines Trauma nicht selten einen
bösartigen Verlauf annehmen, was dann den Patienten zu voller Ent-
achädigung berechtigt. Ähnlich verbält es sich mit der Entstehung von
Herzkrankheiten. In beiden Fällen sind genaue Erkundigungen und Be-
obachtung im Spital unerlässlich.
Die so viel Hoffnungen erweckende Frage des künstlichen
Pneumothorax behandeln Debinski (28) und Dluski (29) In
einer gründlichen klinischen Vorlesung schildert der erstere die Technik
des Verfahrens und bespricht die Symptome, die Komplikationen, die In-
dikationen und Resultate, gestützt auf 501 den Fachschriften entnommene
Fälle, die eine Besserung von 7°/o (Ziy’s) bis 72 /ol? (Dluski’s)
Übersichtsbericht. 4l
zeigen, und 27 eigene Fälle von schwerer meistens einseitiger Lungen-
tuberkuloze mit Besserung bei 7 Kranken, deren Kur 4—16 Monate
dauerte. Auf Grund eigener Erfahrung und der reichen einschlägigen
Literatur untersuchte Diuski die theoretischen . Grundlagen des Ver-
fahrens und der Therapie. Die von der Literatur gelieferten Daten zeigen
augenscheinlich, dass individuelle Eigenheiten des Organismus und der
Krankheit selbst massgebender für das Resultat sind als physiologisch-
anatomisch-biologische Gründe. Der Charakter der Verwachsungen, der
Zustand des Mediastinums, die Beweglichkeit der Diaphragmen, der Zu-
stand der dem Drucke nicht ausgesetzten Lunge, schliesslich die Reaktion
des Rippenfells beeinflussen das Resultat in einer Weise, die verschieden
beurteilt wird. Die Art und Weise, wie der Verf. die Daten aus der
Literatur zusammenstellt, scheinen darauf hinzuweisen, dass der Pneumo-
thorax in seinem endlichen, statistischen Resultate, wie auch andere Heil-
verfahren bei schweren Fällen von Tuberkulose unberechenbar, trotzdem
aber zu empfehlen ist. L
Eine klinische Ergänzung der Ausführungen von Dluski ist
das gründliche und ausführliche Werk Sterling’s (30) über den
künstlichen Pneumothorax. Er beurteilt ihn als ein gewaltsames
Verfahren, das hoffnungslos Kranken unter gewissen Umständen das
Leben verlängern kann. Es ist angezeigt, einige wichtige Einzelheiten aus
diesem Werke herauszuheben. Was die Technik des Einstiches anbetrifft
gibt Verf. Forlanini den Vorzug (technisch), d. h. dem Durchstechen
aller Schichten (Brauer nämlich empfiehlt, den Schnitt bis zum Rippen-
fell zu führen). Bei der ersten Insufflation bläst er nicht über 500 ccm
Sauerstoff ein, indem er anfangs alle 2—3 Tage reinsuffliert, später viel
seltener. In bezug auf die Indikationen ist er der Ansicht, dass diese
Methode anzuwenden ist „zur Behandlung von schweren Fällen einer ein-
seitigen Lungentuberkulose, bei denen keine Rippenfellverwachsungen vor-
handen sind, und im besonderen in schweren toxischen Fällen von
chronischer Schwindsucht, wenn andere Massnahmen die Entwicklung der
Krankheit nicht aufhalten konnten, und wenn der Zustand des Kranken
keine neuen Versuche mit konservativen Methoden zulässt, ferner wenn
sich der tuberkulöse Prozess ausschliesslich oder hauptsächlich auf eine
Lunge beschränkt, und der Herd in der minder betroffenen Lunge keinen
fortschreitenden Charakter hat.“ Verf. warnt vor starkem Druck wenn
die Röntgenuntersuchung eine Kaverne in der Nähe der Lungenoberfläche
ergibt. \Veiter macht er darauf aufmerksam, dass, wenn der Tuberkulose-
prozess als solcher in der stark komprimierten Luuge eine Verschlimmerung
erfübrt, die Krankheit unter ganz absonderlichen klinischen Symptomen
verläuft — es tritt eine Kachexie ohne Fieber, Schweiss und Frost auf.
Von den Folgerungen, mit denen er seinen Aufsatz beschliesst, der auf
32 Fällen von Dluski und 55 eigenen (51 °/o Besserung) fusst, ist P. 8
bemerkenswert: „den künstlichen Pneumothorax kann man füglich eine
heroische Heilmethode nennen. Sie zeigt zuweilen beispiellose Resultate,
schliesst aber grosse Gefahren in sich, und zwar: a) die zur Zeit gebräuch-
liche Technik bietet keine Sicherheit gegen Luft-(Gas-) Embolie; b) die
latenten Herde in der anderen Lunge können während der Anwendung
` dieser Methode aktivy werden; c) jede zufällige Erkrankung der anderen
Lunge droht mit der Katastrophe; d) ein hoher Druck droht mit dem
Platzen der Lungenhöhle.“
42 Übersichtsbericht.
Derselbe (31) Autor kritisiert in seinem Artikel: Phthisis in-
cipiens-declarata-consumptiva die bisherige Klassifikation von
Turban, Kuthy, Gerhardt, Nicolle und schlägt seine eigene
vor, als deren Grundlage er anatomisch-pathologische Veränderungen an-
nehmen will und den Umstand, ob die Krankheit stationär ist oder fort-
schreitet. Zu dieser Klassifikation verhält sich Sokolowski (32) ab-
weisend, während sie der Autor (33) verficht. Die Polemik weist die
Schwierigkeit der Klassifikation auf — wegen: Unberechenbarkeit dieser
langdauernden Krankheit, sowohl was ihr Fortschreiten, als auch was ihren
Rückgang anbetrifft. Sokolowski hofft, dass die Röntgenstrahlen auf
diesem Gebiete viel Neues bringen werden.
Dehnel (34) hat eine klinische Vorlesung über die Tuberkulose
der Nieren veröffentlicht. Nach Anführung der Daten der Pathogenese,
pathologischen Anatomie und Symptomatologie kommt er zu der An-
sicht, dass die konservative therapeutische Behandlung nicht hoffnungslos
ist, führt die Beweise und spärlichen Zahlen fremder Autören an, indem
er besonders die Behandlung mit IK von Spengler berücksichtigt und
nicht ansteht zu bebaupten, „dass es nicht angehe den günstigen Einfluss
der internen Therapie gering zu schätzen und durch ziffernmässige Zu-
sammenstellungen (gibt es bessere Beweise? Ref.) den Vorzug der chirurgi-
schen Methoden beweisen zu wollen.“
Zamenhof (35) hat ein Werk über Tuberkulose des Ohres ver-
öffentlicht. Meist sehr bösartig, selten primär bemächtigt sie sich des
ganzen Gehörapparates entweder als Infiltrat oder als exsudativer Prozess,
wobei die Knochen nicht widerstandsfähiger sind als die Membranen.
Das 'Trommelfell erkrankt zuweilen primär — Myringitis tuberculosa.
Klinisch fällt die Schmerzlosigkeit der Anfangsstadien auf und eine un-
verhältnismässige Abstumpfung des Gehörs. In akuten Fällen ist der
Autor für chirurgische Behandlung, wenn der Kranke nicht zu schwach
ist, wie z. B. bei vielherdiger Tuberkulose. Was die spezifischen Heil-
mittel anbetrifft, hebt er die Methode von Cemach hervor, der das
Tuberkulomucin von Weleminsky mit Erfolg angewendet haben soll.
Bernhardt (36) notiert den Zusammenhang von Seborrhoe
und Tuberkulose. Bei seinen Untersuchungen, nämlich an 440 an
Seborrhoe Erkrankten, fand er bei 52°/o Merkmale tuberkulösen Charakters
und ist der Meinung, dass die Tuberkulose wie andere Infektionen und
Digestionsfehler zur Steigerung der Fettdrüsensekretion beiträgt.
Einen ausführlichen Aufsatz über den gegenwärtigen Stand der
Lehre über die Tuberkulose hat Gantz (37) veröffentlicht, in dem
er alle Daten über die Pathogenese dieser Krankheit einer genauen Durch-
sicht unterwirft. Indem er die Heilmethoden anführt, kommt er zu dem
Schlusse, dass die neuen Versuche nicht imstande seien, an Brehmers
Verfahren zu rütteln. Besonders streng kritisiert er die Anwendung von
Tuberkulin, die Impfung von Friedmann, empfiehlt hingegen Sonnen-
kuren, die Röntgenisation mit harten Strahlen, die Anwendung von Kiesel
und gewaltsame Ernährung.
Eine gedrängte Übersicht der Daten über die Tuberkulose, haupt-
sächlich die Lungentuberkulose, und eine Skizze des sozialen Kampfes mit
der Seuche liefert Sterling (38) in seinen Thesen des Kampfes
gegen die Tuberkulose. Er lässt jedoch die Angabe von Quellen
Übersichtsbericht. 43
für die dazu nötigen Mittel und ihre Höhe vermissen, und übergeht die
Probleme des Zivilrechts und des freien Willens des Kranken mit
Schweigen. Sonnenkuren und Tuberkulin hält Verf. für zweckmässig.
Derselbe (39) hat die „Tuberkulose in Lodz“ publiziert,
wo er den Prozentsatz der Todesfälle mit 28,6 °/o angibt. Verf. schildert
die Aufwendungen der Stadt für tuberkulöse Kranke und ist ein An-
hänger der Meldepflicht von offener Tuberkulose und der Isolierung der
Kranken. _ |
Eine längere Vorlesung über das Wesen der Tuberkulose,
ihre Verbreitung und Bekämpfung hat Dluski (40) vorge-
tragen. Sie enthält eine reiche internationale Statistik und hebt mehrere
wichtige historische Momente hervor. Die Behandlung mit Tuberkulinen
wird kaum erwähnt, die Prognose entbehrt der ziffernmässigen Beleuchtung.
Die Tuberkulose erheischt besondere soziale Einrichtungen und eine be-
sondere Gesetzgebung.
Auch Janiszewski (41) hat ein Programm der Bekämpfung
der Tuberkulose in Galizien veröffentlicht mit einem bis ins
kleinste aufgestellten Budget. Aus diesem Werke spricht die ganze
sanitäre Indolenz Österreicha, besonders in dem stiefmütterlich behandelten
Galizien, in dem jährlich 25000 Menschen an Tuberkulose sterben und
eine Viertelmillion an Tuberkulose leidet.
Hewelke (42) tritt in seinem Aufsatz über die Registrierung
von Schwindsüchtigen für die Meldepflicht bei tuberkulösen Er-
krankungen ein, wie sie für audere infektiöse Krankheiten besteht, ver-
langt jedoch, dass die sich hieraus ergebenden Amtshandlungen bei Ein-
haltung des professionalen Geheimnisses weder abstossend noch ab-
schreckend seien. Er ist der Ansicht, dass der Staat verpflichtet werden
muss, tuberkulösen Kranken materielle Hilfe angedeihen zu lassen. Einen
Anlass zum Aufrollen dieses Problems durch den Verf. hat der Beschluss
der Medizinischen Akademie von Paris im Jahre 1913 gegeben.
Aus dem Gebiete des Spitalwesens gibt Sokolowski (43) in der
Arbeit über die Rolle des Krankenhauses im Kampfe gegen
die Tuberkulose seinem Bedauern Ausdruck, dass, obgleich 20 %/o
von den in Spitälern behandelten Kranken Tuberkulöse sind, die öffent-
licben Krankenhäuser in Warschau — ausgenommen dasjenige auf Czyste —
keine besonderen Abteilungen für diese Kranken haben, die im Gegenteil
in den allgemeinen Sälen untergebracht werden. Der Verf. weist auf die
Notwendigkeit hin, ein Spital mit 200 Betten in Warschau zu bauen und
kleinere Sanatorien nach Art des Bromptonhospitals in London und der
Heime (Home) in Norwegen. Bis dieses Postulat verwirklicht wird, emp-
fiehlt er die Einrichtung separater Säle für Tuberkulose in den Spitälern
Kindlein Jesu und Zum heiligen Geist.
Zembrzuski (44) schreibt über die Notwendigkeit der Er-
richtung von Heilstätten für an chirurgischer Tuberkulose
erkrankte Kinder, da in Polen in dieser Richtung nichts getan ist.
Er schlägt den Bau eines Sanatoriums in der Nähe von Warschau vor
nach dem Vorbilde von Hohenlychen bei Berlin.
Kuczewski (45) schildert die Bekämpfung der Tuberkulose
in Skandinavien. Er lobt die Organisation des Kampfes und vor
allem die Teilnahme des Staates und der Gemeinden an den Ausgaben
44 Übersichtsbericht.
für die Behandlung unbemittelter tuberkulöser Kranker. Derselbe (46)
schreibt in einer ausführlichen Kompilation der Ansichten und Zablen
aus der Literatur des laufenden Jahrhunderts über den Rückgang der
Tuberkulose-Sterblichkeit und die Ursachen dieser Er-
scheinung. Derselbe (47) erörtert auch die Frage wie die Militär-
spitäler zum Zwecke des Kampfes mit der Tuberkulose ver-
wendet werden könnten, und glaubt, die Kranken müsssten über
das Wesen der Tuberkulose aufgeklärt werden und würden dann — im
Besitze einer Anzahl auswendig gelernter Regeln — dieses Wissen ins
Land tragen. (Wäre es nicht zweckmässiger, entsprechende Vorträge in
den Schulen zu halten? Ref.)
Chronologisch ist dies das letzte polnische Werk, das über Tuber-
kulose handelt. Hat der Krieg uns vieles genommen, so hat er doch
unsere Ärzte nicht von der Erfüllung ihrer Pflichten zurückhalten können,
die ihnen die Sorge um eine bessere Zukunft auferlegt.
Literatur-Verzeichnis.
1. Pamiętoik Tow. lek. Warsz T. CX | 24. Tygodnik lekarski lwowski Nr. 13,
Z. I, I, 1915—1916. 1914.
2. Przegląd lekarski Nr. 7—10, 1916. | 25. Zdrowie Nr. 5, 1914.
8. Przogląd lekarski Nr. 21—22, 1917. | 26. Przegląd lekarski Nr. 12, 13, 1917.
4, Gazeta lekarska Nr. 43, 1917. 27. Gazeta lekarska Nr. 3—4, 1916.
5. Przeglad Pedyatryczny T. VII, 1915 | 28. Odczyt kliniczny Nr. 242—244.
—1916. 29. Przeglad lekarski Nr. 4—6, 1916.
6. Nowiny lekarskie Nr. 1, 1916. ' 80. Przegląd lekarski Nr. 8—11, 1917.
7. Nowiny lekarskie Nr. 2, 1916. i 81. Przegląd lekarski Nr. 28, 1914.
8. Przegląd lekarski Nr. 30, 1914. 82. Gazeta lekarska Nr. 14, 1914.
9
. Gazeta lekarska Nr. 22, 1914. . Ibidem.
10. Nowiny lekarskie Nr. 5, 1914. 34. Medycyna i kronika lekarska Nr. 22,
11, Gazeta lekarska Nr. 22, 1914. 1914.
12. Medycyna i kronika lekarska Nr.12, | 35. Medycyna i kronika lekarska Nr, 6
œ
go
- 1916. —8, 1917.
13. Nowiny lekarskie Nr. 3, 1917. 36. Gazeta lekarska Nr. 20—22, 1915.
14. Gazeta lekarska Nr. 22, 1916. ' 837. Medycyna i kronika lekarska Nr. 22
15. Medycyna i kronika lekarska Nr. 2, | —27, 1914.
1917. ' 38. Separatdruck Lodz 1917.
16. Przeglad lekarski Nr. 22, 1914. ı 89. Zdrowie, 1917.
17. Przegląd lekarski Nr. 22, 1914. 40. Separatdruck Nowy Targ. 1917.
18. Nowiny lekarskie Nr. 2, 1916. . 41. Separatdruck Krakau Czas 1916.
19. Tygodnik lekarski lwowski Nr. 30, ” 42. Zdrowie Nr. 12, 1916.
31, 1914. | 43. Zdrowie Nr. 7, 1914.
20. Przeglad lekarski Nr. 20, 1917. ' 44, Zdrowie Nr. 3, 1914.
21. Przeglad lekarski, 1914. | 45. Glos lekarzy Nr. 10, 12, 1914.
22 Gazeta lekarska Nr. 16, 1917. 46. Przeglad lekarski Nr. 29, 30, 1914.
23. Gazeta lekarska Nr. 22, 1916. | 47. Przeglad lekarski Nr. 44, 1917.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 45
II. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
63. Chabäs, Das Problem der Tuberkulose. Rev. de Hig. y de
Tub., Jan. — März 1914.
Die Vorstellungen, die man von der Wirkung der tuberkulösen Kräfte
hat, sowie von der Reaktion im Körper, die von ihnen abhängt, sind
noch recht unvollkommen und in manchen Punkten Irrig.
Diese Unvollkommenheit und diese Irrtümer erklären zur Genüge die
falschen Ziele, die man sich im Kampf mit der Tuberkulose gesteckt hatte.
Die klassische Lehre vom Tuberkelbazillus als dem Ursprung der
Krankheit erklärt zahlreiche klinische und epidemiologische Fälle nicht,
die sich im Widerspruch zu ihr befinden, und kann sie auch nicht
erklären.
Die gegenwärtige Anschauung von der prädisponierenden Anlage
ist zu verwerfen. Die Kritik, die der unvergessliche spanische Professor
Letamendi ihr und den Gesetzen, die sie angeblich verursachen sollen,
angedeihen liess, ist ausgezeichnet. In der Tuberkulose ist die Anschauung
von der Prädisposition verhängnisvoll und vollständig irrig. Die Autopsie
au angeblich nicht Tuberkulösen und die Kutanreaktion beweisen, dass
wir alle „angesteckt“ sind. Dies ist eine der zahlreichen Tatsachen, die
der Anschauung über Vererbung und Ansteckung die praktische Bedeutung
nehmen, oder wir müssen beide als unvermeidliche Tatsachen betrachten.
Diesen Gedanken ins praktische Leben übertragen, hiesse aber das menschen-
freundliche Werk der 'Tuberkulosebekämpfung vernichten, indem man sie
in Tuberkulophobie verwandelt.
Solange die alten Anschauungen in der Tuberkuloselehre und der
Gesellschaft herrachen, wird die ärztliche Kunst ihre Zeit vergeuden, un-
fähig durch die gegenwärtigen hygienisch-therapeutischen Mittel den Sieg
zu erringen und ohne sich auf der Suche nach der einzig logischen, radi-
kalen und vollständigen Lösung zu sehen: dem Vakzin.
Die irrigen Anschauungen über gewisse Vorgänge, die man für eine
pathologisch-tuberkulöse Reakticn hielt, erklären es, dass gerade in der
Schwindsuchtslehre die Gesetze der Bakteriotherapie und die Waffen der
Hygiene gründlich versagt haben oder doch nur sehr geringen Erfolg
zeitigten.
Die gegenwärtige strenggläubige Richtung in der Phthisiologie, in
deren Mittelpunkt die Tuberkelbazillen stehen, enthält zahlreiche Wider-
sprüche und Irrtümer, die ihre Unrichtigkeit beweisen. Eine Durch-
arbeitung ist unbedingt erforderlich. Da man in der Wissenschaft nicht
berechtigt ist, an die Unwandelbarkeit eines Dogmas zu glauben, hat auch
niemand das Recht, aus Vorurteil eine ketzerische Anschauung zu ver-
achten. Aus diesem Grunde und auch wegen der Menge und des Werts
der darin enthaltenen experimentalen Arbeit verdient die Ferrän’sche
Theorie nachgeprüft zu werden, denn sie wird täglich von gelehrten Unter-
suchern bestätigt und steht im Einklang mit den klinischen Tatsachen.
Aus all dem vorher Gesagten geht klar hervor, dass die Aufgabe
der Tuberkuloseforschung falsch gelöst ist, also auch die Tuberkulose-
bekämpfung sich in einer neuen Richtung bewegen muss.
46 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Dem Laboratorium, welches die Wahrheit über die Grenzen: der
Wirksamkeit der phthisiogenen Kräfte und der Reaktion im Organismus
entdecken wird, indem es nicht- auf ein Heilmittel gegen Tuberkulose hin-
arbeitet, sondern auf die Prophylaxis vermittels eines Impfstoffe, wird es
vorbehalten sein, das ungeheure Problem zu lösen. Die drei spanischen
Tuberkulose-Kongresse haben hierzu in Anlehnung an Ferrä&n den Weg
gewiesen.
Die Prüfung der geringen Ergebnisse der Tuberkulosebekämpfung in
allen Ländern (in einigen von ihnen, wie z. B. in Frankreich, nimmt die
Tuberkulose sogar zu) zwingt uns dazu, eine neue Richtung einzuschlagen.
In Spanien starben im Jahre 1910 von 19876398 Einwohnern 31070
an Tuberkulose = 1,08°/oo (i. J. 1901 1,02°/o0); auf 100 Todesfälle
überhaupt entfielen 6,81 Todesfälle an Tuberkulose (i. J. 1901 7,31).
(Autoreferat.)
64. d. Chabäs, Zwei Irrtümer in der Tuberkuloseforschung:
Anlage und Vererbung. (Veröff. ın Rev. intern. de la Tub..
Febr. 1914.) Rev. de Hig. y de Tub., April 1914.
Verf. ist der festen Überzeugung, dass der Tag, an dem diese falschen
Ideen (Anlage, spezielle Vererbung, prätuberkulöser Zustand) zerstört
werden, die Tuberkuloseforschung einen Riesenschritt vorwärts bringen
wird. Der wirksame Bazillus ist nicht allein der Tuberkelbazillus, die
Phthisen saprophytischen Ursprungs herrschen vor (Ferrán). Der Tu-
berkel stellt nur eine anatomisch-pathologische Etappe dar, die der phthi-
sischen Entzündung folgt. Dies sind die Hauptpunkte der neuen Theorie.
Es gibt keine „prädisponierenden Ursachen“ (Letamendi); jede
Ursache hat ihre Wirkung, man kann eine Ursache nicht begreifen, die
mit einer Wirkung droht, die doch nicht eintrifft. Die Anlage ist bereits
eine Krankheit, eine Stufe, eine Periode, der Prädisponierte schon
“ein Kranker, ein Tuberkulöser. Wir alle können an Tuberkulose er-
kranken; die Autopsien an Greisen, die Kutanreaktion usw. liefern den
Beweis dafür; wir sind alle „prädisponiert“. (Hier gibt Verf. eine längere
Abhandlung über Anlage.)
Die Vererbung. Das Volk glaubt daran und die Angehörigen
des Kranken erfüllt der Gedanke daran mit Entsetzen. Verschiedene
klinische und experimentelle Untersuchungen leugnen sie jedoch (Verf.
beschreibt einige). Was durch die Vererbung noch am ehesten übertragen
wird, ist die Immunität. Selbst die Statistiken derjenigen, die an Anlage
und Vererbung glauben, wetteifern darin zu beweisen, dass sie nicht vor-
handen sind. (Verf. führt Beispiele an.) An stelle dieser Irrlebren sollte
man die Erscheinungen der Widerstandsfähigkeit gegen die Tuberkulose
erforschen und sich der Impfung zuwenden. | (Autoreferat.)
65. A. u. A. Mary, Über einen besonderen Bestandteil des
normalen Blutserums und seine Veränderungen bei Tuber-
kulose. Rev. de Hig. y Tub., Valencia Dez. 1914.
Bei ultra-mikroskopischer Untersuchung des Blutserums sehen wir
rundliche, stark lichtbrechende Körnchen, einzeln und zu zweien oder
dreien angeordnet, mit lebhafter Brown’scher Molekularbewegung und
beschränkter Vermehrungsfähigkeit. Diese kleinen geformten Gebilde, die
noch nicht beschrieben worden sind, stammen jedenfalls vom Zerfall der
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 47
grossen neutrophilen Myelozyten, die sich also wie einzellige endokrine
Drüsen verhalten.
Die Tätigkeit dieser Körnchen steht in Zusammenhang mit ihrem
Kolloidzustand und besteht in Absorptionsvorgängen. Die Körperchen
binden die toxischen Lipoide, werden opak, gelblich oder schwärzlich,
nehmen an Volumen zu und verlieren die Brown’sche Molekularbe-
wegung.
Im normalen Blut sind diese Körperchen zahlreicher als die Phago-
zyten. Im Blut Tuberkulöser ist man dagegen überrascht von ihrer Sel-
tenheit. Der Übertritt von Galle ins Blut Tuberkulöser beruht also
nicht nur auf Leberstörungen, sondern auch auf dem Mangel an absor-
bierenden Körperchen, die der Unzulänglichkeit des Knochenmarks zuge-
schrieben werden muss, einer Unzulänglichkeit, die mit einer allgemeinen
Abnahme der Mineralien im Körper — hauptsächlich des Phosphors und
des Silieiums — Hand in Hand geht. J. Chab ás.
66. Neves, Syphilis und Tuberkulose. Med. contemp., Lissabon
23. XI. 1918.
Gestützt auf die Anschauungen von Landouzy, Silva Carvalko
u. a., beschreibt Verf. mehrere Beobachtungen, welche die prädisponierende
Beziehung der Syphilis zur Tuberkulose beweisen, und zwar einer Prädis-
ponierung, welche die Tuberkulose zu ihrer im übrigen gutartigen fibrösen
Entwickelung bringt. In allen vom Verf. beschriebenen Fällen waren
über 18 Jahre vor dem Auftreten der Tuberkulose verstrichen.
- J. Chabás.
67. Schönberg, S., Die Beziehungen der Tuberkulose zu
Schrumpfungsprozessen in Leber und Nieren. Corr. Bl. f.
Schweizer Aerzte 1917 Nr. 50 S. 1726.
Auf Grund einer Prüfung des Basler Sektionsmaterials kommt auch
Verf. zu dem Schluss, dass beim Zustandekommen von zirrhotischen
Prozessen in der Leber die Tuberkulose neben anderen ätiologischen Mo-
menten in Frage kommt und in Erwägung gezogen werden muss, und
dass dieser Satz auch für die Nierenschrumpfungen zu recht besteht.
Lucius Spengler-Davos.
68. Gerhartz, Leberschrumpfung mit Aszites und Milz-
schwellung als Begleiterscheinung der Tuberkulose. Zschr.
f. Tbk. Bd. 28 H. 3.
An eigenen Versuchen konnte Verf. nachweisen, dass es mit abge-
schwächten Tuberkelbazillen gelingt, beim Meerschweinchen alle Grade
der Krankheitsdauer mit den verschiedenen klinischen und anatomischen
Bildern der menschlichen Tuberkulose zu erzeugen, insbesondere eine mit
Bindegewebswucherung einhergehende Schrumpfung und Verhärtung der
Leber hervorzubringen. Dabei handelt es sich nicht um das anatomische
Bild der Leberzirrhose, sondern um bindegewebige Wucherungen um
nekrotische tuberkulöse Herde. Unter 15 Fällen von chronisch diffuser
Hepatitis beim Menschen waren 11 mit negativer Pirquet’scher Reaktion.
Unter 80 infiz. Meerschweinchen fand sich 11 mal Aszites und 8 mal
Milzechwellung.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
48 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
69. Edm. Hoke-Komotau, Die Immunitätsanalyse mit Partial-
antigenen nach Deycke-Much bei der Lungentuberkulose.
W. kl. W. 1917 Nr. 50.
Nicht immer gibt der nach dem Much’schen Schema gefundene
'Intrakutantiter die richtige therapeutische Dosis an. In seltenen Fällen
kann die Empfindlichkeit der Haut grösser sein als die der Lunge (Mit-
teilung eines Falles); weit häufiger ist die Empfindlichkeit der Lunge
grösser, als man nach dem Ausfall der Intrakutanreaktion hätte erwarten
müssen. Es geht nicht ohne weiteres an, von dem Immunitätszustand der
Haut auf den der Lunge zu schliessen. Vor allem ist zu bedenken, dass
wir es mit einer kranken Lunge und mit einer gesunden nur unter Fern-
wirkung des tuberkulösen Virus stehenden Haut zu tun haben. Von der
Erwägung ausgehend, dass byperämisches Gewebe anders auf Einverleibung
der Antigene reagieren wird als normal durchblutetes, liess Verf. den
einen Arm des Patienten durch Quarzlampenbestrahlung hyperämisieren
und führte dann die Intrakutanimpfung mit Partialantigenen an beiden
Armen aus. Der hyperämische Arm zeigte nun in allen Fällen eine
fehlende oder doch deutlich geringere Reaktion als der normale. Die
. stark byperämisierte Haut ist also hypo-, bezw. anergisch. Dieses Ver-
hältnis kann man natürlich nicht ohne weiteres auf die durch spezifische
Veränderungen hyperämisierte Lunge übertragen. Verf. zieht nur den
Schluss, dass die diagnostische Impfung mit den Partial-
antigenen nicht immer die für die Behandlung geeignete
Dosis angibt.
Die therapeutische Verwendbarkeit der Much’schen Methode wird
durch diese Ausführungen nicht berührt. Verf. hat mit derselben in einer
stattlichen Zahl von Fällen ganz auffallende Besserungen gesehen. Sie
leistet das, was man von einer Vakzinebehandlung verlangen kann.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
70. Wilh. Müller-Sternberg, Über den antigenen Charakter
der Tuberkelbazillenfette.e W. kl. W. 1917 Nr. 44.
Verf. zieht aus seinen Untersuchungen folgende Schlussfolgerungen:
„1. Die Bestimmungen Bürger’s und Möller’s leiden an’ grosser
methodologischer Unklarheit, indem aus einer ungenügenden Anzahl von
Prämissen Schlussfolgerungen von genereller Bedeutung gezogen werden:
Wenn eine beschränkte Zahl von Tuberkelbazillenfetten nicht reaktiv ist,
so ist damit noch lange nicht ausgemacht, dass es die übrigen auch sind.
2. Da speziell bei Lungentuberkulösen es sehr häufig zu einem
Schwund der Fettantikörper kommt, genügt die kleine Zahl der von
Bürger und Möller gemachten Versuche nicht, um die Existenz der
Fettantikörper zu leugnen. Sie sind überdies nicht überzeugend, da sie
das grosse Gebiet der Immunpathologie des tuberkulösen Menschen voll-
kommen ignorieren und nur an Tieren ausgeführt wurden.
3. Die Existenz der Fettantikörper wurde von Much in seinen
klassischen Untersuchungen „Über Fettantikörper und ihre Bedeutung (mit
besonderer Berücksichtigung der Lepra)“ bereits einwandfrei tierexperimentell
bewiesen, indem er mit den fraglichen Fettkörpern serologisch deutliche
Neutralfett-Antineutralfettreaklionen erhielt, während eine Komplement-
bindung mit Tuberkuloalbumin durchaus ausblieb.
Ätiologie und Verbreitung. 49
4. Meine Intrakutananalysen bei chirurgischer Tuberkulose beweisen
auf immunzellulärem Wege das Vorhandensein von Fettreaktionskörpern
in ca. 20 °/o, wo vollständige Albuminanergie herrscht.
5. Massenimpfungen von 400 Soldaten des österreichischen Heeres
mit Partialantigenen des Tuberkelbazillus ergaben bei ausgesprochener
Albuminanergie gleichzeitige Reaktivität auf M.Tb.F. und M.Tb.N., und
zwar bei Deutschen in 0,9 %/o, bei Böhmen 2,9 °/o, bei Polen 2,9 °/o und
bei Slowenen und Serbokroaten in 3,8 °/o der Fälle.
6. Bei gleichzeitigem Vorhandensein sämtlicher Partialantikörper wird
die Fabel von der Verunreinigung der Fette durch Begleitproteine dadurch
widerlegt, dass, wie vier Analysen es zur Evidenz klarlegen, der Intensi-
tätstiter der Albumine durch die gleich starken Konzentrationen der Fette
übertroffen wird. Das Umgekehrte müsste der Fall sein, insbesondere der
Albumintiter stärker ala der Fettiter sein, wenn die Fettreaktionen auf
Konto des verunreinigenden Begleitproteins zustande kämen. Das ist je-
doch nicht der Fall.“ A. Baer.
'b) Ätiologie und Verbreitung.
71. Franz Hutyra, Die Rolle der Tiertuberkulose in der Ver-
breitung der Menschen-, besonders der Kindertuberkulose.
Tuberkulözis 1917, Mai—Junt.
In erster Reihe ist es die Kindertuberkulose, deren Hervorrufung
zweifelsohne oft der Tiertuberkulose als Infektionsquelle zuzuschreiben ist.
Entsprechende Aufklärung des Volkes und sanitär-prophylaktische Verord-
nungen sind nötig, um die häufigen Ansteckungen zu verhüten.
D. O. Kuthy, Budapest.
72. Schloss, Über Tuberkulose. (Fortsetzung) B. kl. W. 1917
"Nr. 50.
III. Zur Klinik der Säuglingstuberkulose.
Es fand sich als wichtigste Tatsache: die unerwartet geringe Er-
scheinungsweise des tuberkulösen Prozesses und die fehlende Tuberkulose-
erkrankung in den meisten Fällen. Die Infektion selbst machte nicht die
geringste Erscheinung. Das einzige zuverlässige diagnostische Mittel zur
Aufdeckung der stattgehabten Infektion ist die Tuberkulinreaktion (kutan
und intrakutan). Sie beweist natürlich noch keine Tuberkuloseerkrankung.
Das wichtigste diagnostische Hilfsmittel ist die Röntgenuntersuchung, die
aber auch manchmal versagt. Die Prognose ist nicht so ungünstig zu
stellen, wie man bisher annahm; von den infizierten Kindern starb nur
fs, obschon es sich bei der Infektion um zweifellos virulentes Material
handelte; allerdings ist die Infektion nicht massig gewesen, wie das in
der Familie meistens der Fall zu sein pflegt.
Die „Expositionsprophylaxe“ ist weitaus das Wesentlichste bei der
Tuberkulosebekämpfung; sie hat sich auch auf die bovine Infektion zu
erstrecken. Die spezifische Prophylaxe ist noch „ein frommer Wunsch“.
In der Therapie spielt die Ernähruug die Hauptrolle.
Weihrauch,
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 4
50 Ätiologie und Verbreitung.
73. Lazarini, Klinische Erfahrungen über die Toleranz gegen
humanes und bovines Tuberkulin, Rev. de Hig. y de Tub.
Valencia, April 1914.
Die Sensibilität für humanes und bovines Tuberkulin ist sehr ver-
schieden, sowohl bei der Anwendung zu diagnostischen Zwecken als auch
in der Therapie. Diese Unterschiede sind ein klinischer Beweis für die
zweifache Möglichkeit des Ursprungs der Tuberkuloseinfektion.
J. Chab ás.
74. J. Ravellat, Bakteriologie der verschiedenen krankhaften
Veränderungen bei der experimentellen Tuberkulose des
Kaninchens und Meerschweinchens. Rev. de Hig. y de Tub.
Valencia, Sept./Okt. 1914.
Die mit natürlichem tuberkulösem Virus geimpften Kaninchen und
Meerschweinchen zeigen — oder können zeigen — vier verschiedene patho-
logieche Veränderungen: pleuritischen oder peritonealen Erguss; Miliar-
tuberkel; käsig-erweichte Drüsen; Entzündung des Gewebes der Eingeweide.
Bakteriologische Untersuchungen der pathologischen Produkte dieser
verschiedenen Krankheitsformen haben Verf. zu folgender Erkenntnis ge-
führt! sowohl die Flüssigkeit der peritonealen oder pleuritischen Exsudate,
als auch die im Mörser zerriebenen und fein emulgierten Miliartuberkel
und entzündeten Eingeweidegewebe erzeugen, auf Bouillon verimpft, eine
saprophytische Bakterienkultur, die nicht säurefest ist und in wenigen
Tagen angeht. Die Virulenz dieser Bakterien schwankt innerhalb weiter
Grenzen. Bei höchster Virulenz verursachen sie den Tod der Versuchs-
tiere im Laufe weniger Stunden oder Tage, indem sie nur gewöbnliche
Entzündungen hervorrufen. In einem weniger virulenten Zustande verur-
sachen sie Entzündungen der Eingeweide, die sich lange hinziehen; nach
Ablauf einiger Monate erscheinen die Miliartuberkel, die Tuberkelbazillen
enthalten können. In einem völlig avirulenten Zustande endlich — der
auch vorkommt — riefen die Bazillen keinerlei pathologische Verände-
rungen bei den Versuchstieren hervor.
Verf. meint, dass dieser Bazillus der Erreger der Entzündungstuber-
kulose ist, der nicht im Tuberkelbazillus zu suchen ist, da die
Verimpfung seiner Reinkulturen eine reine Granulatioustuberkulose hervorruft.
Die Verimpfung käsiger Substanz aus erweichten Drüsen auf
Serum-Bouillon gibt eine leichte Trübung mit geringem Sediment. Die
mikroskopische Unterauchung zeigt ein kleines Körperchen, das eich weder
nach Gram noch nach Much färben lässt.
Ihres zu geringen und verzögerten Wachstums wegen sind die letzt-
genannten Kulturen nicht mit denen des ersten Virus zu verwechseln.
. J. Chabás.
15 P. Mayoral, R. Lobo und G. Gamero, Experimentelle
Untersuchungen über Form und Färbung des tuberkulösen
Virus. Arbeiten des Städt. Laboratoriums in Madrid. Rev. de
Espec. Med. 1912, VII.
Die klassische Beschreibung des Tuberkelbazillus ist unzureichend.
Ferrán hat als erster gegen den einheitlichen Charakter des Virus pro-
testiert und vier Tuberkulose verursachende Bakterienarten oder Bakterien-
phasen beschrieben.
Diagnose und Prognöse. | 51
Die Verf. geben eine kritische Abhandlung über alle Färbemethoden
des tuberkulösen Virus und schlagen mehrere Abänderungen für die
Färbung nach Ziehl und Much vor. |
` In keinem Falle haben die Verf. M uch’sche Granula gefunden,
‚ausser bei den nach ihrer Modifikation A und C der Ziehl-Färbung
gefärbten Bazillen. Um ein Produkt als tuberkulös ansprechen zu können,
müssen die Granula in Form kleiner Ketten angeordnet sein, dürfen je-
doch nicht mit Streptokokken verwechselt werden. Die Much-Färbung
ist der Ziehl’schen auch nicht überlegen.
Verff. beschreiben vier Virusformen, darunter eine sicher eigene: ein
nicht säurefester, gram-negativer Bazillus oder Kokkus.
Der Koch’sche Bazillus sollte eigentlich Koch’scher Strahlenpilz
heissen. J. Chabäs.
76. Nestor Morales, Die Tuberkulose in Bolivia. Rev. de Hig.
y de Tub., Valencia, April 1914.
In Bolivia (mit Städten in 4000 m Höhe) hat die Tuberkulose in
wenigen Jahren grosse Fortschritte gemacht. Das beweist, dass die grosse
Höhe ihrer Ausbreitung kein Hindernis entgegensetzt. Die akute Form
herrscht bei den Eingeborenen vor. Aus Europa eingeführte Kulturen
verlieren dort an Virulenz. J. Chab ás.
c) Diagnose und Prognose.
77. J. Blanco, Beitrag zur Untersuchung der Struktur des
Tuberkelbazillus durch eine neue Doppelfärbemethode. Re-
vista Clinica de Madrid 1914 H. 15.
Verf. beschreibt seine Methode der Fuchsiubereitung. Färbung kalt
10—15 Sekunden lang, langsames Erhitzen bis zur Dampfentwicklung.
Entfärbung mit Günther (3 g Salzsäure auf 100 Teile Wasser) bei Aus-
strichpäparaten bis zur Erreichung der Rosa-Färbung, bei Kulturen etwas
länger. Gründlich mit Wasser abspülen. Differenzierung zwei Minuten
lang mit 1°/o iger Treopolin-Lösung (Verf. gibt eine Anweisung für die
Bereitung). Waschen. Trocknen. J. Chab ás.
78. 0. Trivino, Verminderter Blutdruck und Tachykardie bei
der Tuberkulose. Espana Médicâ, Madrid 10. Sept. 1914.
Der arterielle Blutdruck und die Pulszahl gehören zu den wichtigsten
diagnostischen Zeichen. Sinken des Blutdrucks und Tachykardie bestätigen
den Befund in zweifelhaften Fällen und deuten auf ungünstige Prognose
in nicht schweren Fällen. Blutdruck und Pulsschläge von annähernd
normalem Typus sind ein günstiges Zeichen. “Verf. führt zahlreiche Fälle
aus seiner langjährigen Erfahrung an. J. Chabäs.
79. F. Berka-Olmütz, Zur Tuberkelbazillenfärbung. W. kl. W.
1917 Nr. 49.
Verf. empfiehlt seine bereits vor 8 Jahren angegebene Färbemethode,
Dieselbe besteht in Färbung mit einer Mischung von alkoholischer Kristall-
violettlösung und Ammoniumkarbonatlösung, Entfärbung durch Salpeter-
säure und Alkohol und Nachfärbung mit Vesuvin.
Die Methode gibt viel bessere Resultate als die übliche Färbung nach
Ziehl. A. Baer.
x 4°
52 Diagnose und Prognose.
80. Peset, Praktische Ratschläge für die Homogenisierung des
Auswurfs bei der Untersuchung auf Tuberkelhazillen. Rev.
de Hig. y de Tub., März 1914.
Es ist nicht richtig, allzugrosses Gewicht auf die Wirkung des Anti-
formins zu legen, auch soll die Lösung weder verstärkt noch erhitzt werden.
Es ist besser zu zentrifugieren, als eine spontane Sedimentierung abzu-
warten. Oft gibt es keine vollständige Trennung des Auswurfs, die
Flüssigkeit bleibt stark getrübt, und das Zentrifugieren gibt einen grösseren
Rückstand.
Da das Zentrifugieren immer einen gewissen Niederschlag hinterlässt,
zentrifugiert Verf. das Homogenisierte 2—3 Minuten lang mit 300—500
Umdrehungen. Sedimente von einer gewissen Menge werden abgegossen,
die Flüssigkeit in ein anderes Glas gegossen. Diese bazillenhaltige Flüssig-
keit wird nochmals 10—15 Minuten lang mit 300 Umdrehungen zentri-
fugiert. Der Niederschlag ist leicht, das Präparat durchsichtig und leicht
zu färben.
Wenn die Untersuchung dieses Niederschlags negativ ausfallen sollte,
versucht man es mit dem ersten, was aber sehr selten notwendig ist.
Fixieren mit Ätheralkohol ist leicht. Man vermeide Abspülen unter Druck.
Eiweiss zum Fixieren ist nicht notwendig. J. Chab ás.
81. Haydn, Die v. Jagic’sche Methode der Lungenspitzenper-
kussion. Zeitschr. f. Tbk. Bd. 28 H. 3.
Schilderung der v. Jagic’schen Methode: a.
Führung einer Horizontalen zwischen 1. und 2. Brustwirbel quer
durch die Fossa supraspinata, Auftragen auf derselben, je 3 Querfinger
von der Medialen nach rechts und links, eines Merkpunktes, Verbindung
dieser beiden Punkte mit der Haargrenze, Perkussion auf den gleichen
Schenkeln des so entstehenden Dreieckes nach oben. Man findet unter
normalen Umständen auf der Höhe des VII. Halswirbels die Schallgrenze.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
82: Martinez Gomez, Die Hyperazidität als erstes Symptom
für Lungentuberkulose. Galicia Medica, 1. XII. 1913.
Bei vielen Kranken ohne Verdauungsstörungen war Hyperaziditāt das
erste Anzeichen der Tuberkulose. Andere, mit einem normalen oder an-
nähernd normalen Magensaft, zeigten Hyperazidität als die ——
bereits zum Ausbruch gekommen war.
Wenn man noch die nervösen Veränderungen in Betracht zieht, ist
der Beginn der Krankheit mit Hyperazidität augenscheinlich. (Verf. führt
mehrere Fälle an) Neben anderen Ursachen ist es oft die Toxikämie,
welche die Sekretion des Magensaftes stört.
Bei einem Patienten mit Hyperazidität sollte man nie vergessen, die
Lungen genau zu untersuchen. J. Chab ás.
83. Friesicke, Diagnostische Erfahrungen an Tuberkulose-
verdächtigen. M. m. W. 64. 1917 S. 1502—1504.
Verf. bespricht kritisch die üblichen Methoden zur Feststellung der
beginnenden, der aktiven oder der inaktiven Lungentuberkulose an Hand
der Erfahrungen auf der Jenenser Beobachtungsstation. Die Einzelheiten
sind bekannt und bedürfen keiner besonderen Besprechung.
Bredow, Ronsdorf.
Therapie. 53
84. Leoz, Chorioiditis und akute Meningitis tuberculosa. Espana
Med., Madrid 28. VIII. 1914.
Die Sehstörungen, die als Begleiterscheinung einer tuberkulösen
Meningitis auftreten, werden öfter für bazillär gehalten, als es in Wirk-
lichkeit der Fall ist, "
Die wichtigsten Erscheinungen der akuten meningitischen Amaurosis
sind vor allem auf eine Neuroretinitis zurückzuführen. Die Netzhaut ist
für Tuberkulose weit weniger empfänglich als die Aderhaut, und wenn
keine Verbindung zwischen ihnen besteht, kann die Aderhaut gesund
bleiben. Dies ist gewöhnlich der Fall bei den tuberkulösen Meningitiden
mit vollkommener Amaurosis ohne intraokulare Tuberkel. Diese beiden
entzündlichen Prozesse können aber trotzdem tuberkulöser Natur sein.
Dauert die Krankheit länger, dann kann man die Tuberkel mit dem
Ophthalmoskop sehen; meist jedoch tritt der Tod früher ein, oder die
Tuberkel verbergen sich hinter der Entzündung.
Verf. berichtet den interessanten Fall eines jungen Mädchens, bei
dem kein Verdacht auf Tuberkulose vorlag und bei dem zwei verschiedene
Prozesse desselben tuberkulösen Ursprungs gleichzeitig auftraten: 1. eine
akute toxische tuberkulöse Chorioiditis ohne Bazillen, die manchmal ohne
Tuberkelbildung in Heilung übergeht, und 2. eine chronische Chorioideal-
tuberkulose mit zahlreichen Tuberkeln. Die Autopsie bestätigte die Dia-
gnose. | J. Chabäs.
d) Therapie.
85. Th. Ruedi-Davos, Beobachtungen aus Davos über opera-
tive Behandlung der Kehlkopftuberkulose. Zschr. f. Ohren-
heilk. Ba. 73 S. 174.
Von den vom Herbst 1908 bis Herbst 1914 vom Verf. in Davos
beobachteten ca. 1000 Fällen von Kehlkopftuberkulose wurden 575 in
1548 Sitzungen endolaryngeal operiert, und zwar wurde in 61 Sitzungen
nur kürettiert, in 168 kürettiert und kauterisiert und 1319 mal nur mit
dem Elektrokauter behandelt. Bei allen Fällen war die Kehlkopftuber-
kulose eine Begleiterscheinung bestehender Lungentuberkulose. Ausge-
schieden von der operativen Behandlung wurde der Lupus laryngis und
die Fälle von miliarer Aussaat.
Die Fälle liessen sich ohne Berücksichtigung des Lungenbefundes
einteilen in 3 Klassen:
1. Klasse. Leichte, d.h. Fälle mit zirkumskript einfachem Herd, ohne
Neigung zu rascher Progredienz und raschem Zerfall = 259.
2. Klasse. Mittelschwere, d. h. Fälle mit zirkumskript mehrfachen
Herden, ohne Neigung zu rascher Progredienz und raschen
Zerfall = 265.
3. Klasse. Schwere, d.h. diffuse Fälle = 51, die wieder zerfallen in
a) diffuse besserungs- bzw. heilungsfähige Fälle mit geringer
Neigung zu rascher Progredienz und raschem Zerfall = 17,
b) diffuse, nur für symptomatische Behandlung geeignete Fälle
mit allgemeiner Progredienz, Fieber, raschem Zerfall, z. T.
mit Perichondritis = 34.
54 Therapie.
Am häufigsten waren erkrankt die Stimmbänder ein- und doppel-
seitig 415 mal, davon 41 mal nur infiltriert, 375 mal ulzeriert. An 2. Stelle
folgte die Interarygegend 314 mal (18 mal nur infiltriert, 296 mal ulzeriert).
An 3. Stelle die Taschenbänder 265 mal (86mal infiltriert, 170 mal
ulzeriert) An 4, Stelle die Arygegend 167 mal (31 mal infiltriert, 136 mal
ulzeriert. An 5. Stelle der Kehldeckel 83mal (16mal infiltriert, 67 mal
ulzeriert).
Von 413 Fällen war ein genauer Lungenbefuud vorhanden; er
bestand:
bei 198 Lungentuberkulosen 1. Klasse:
10Omal I. Stadium der Lungentuberk. nach Turban-Gerhard,
32 99 II. 39 39 9? 9? 93 ”
156 „ IL. , 5 s
bei 184 Iuungentuberkulosen 2. Klasse:
5mal I. Stadium der Lungentuberk. nach Turban-Gerhard,
30 „ II. 9 ” „ „ „ „
149 „ III. „ „ „ „ „ 79
bei 31 Lungentuberkuloseu 3. Klasse:
2mal I. Stadium der Lungentuberk. nach Turban-Gerhard,
3 n II. „ „” „ „
26 99 II. ?9 79 19 ”
Von den zur Beurteilung des Heilerfolges in Betracht kommenden
387 Fällen waren nach mehrmonatlicher Kontrolle nicht oder wenig ge-
bessert 63, gebessert 135, in Heilung 50, geheilt 139. Die Verteilung
auf die 3 Klassen der J,arynxtuberkulose ergibt folgende kleine Tabelle:
1. Nicht oder
wenig gebessert.
” 9 39
19 ”
27 39
2. Gebessert. 3. In Heilung. 4. Geheilt.
I.ungentuberk. 1. Klasse 8 46 37 89
„ Bi ri 42 89 13 48
a 3 p 13 0 0 2
In allen 3 Klassen zusammen 63 135 50 139
Am Schluss der Arbeit kommt Verf. zu folgenden Schlusssätzen:
1. Die Kehlkopftuberkulose ist heilbar.
2. Spontane Besserung und Heilung konnte unter dem Einfluss der
Allgemeinkur in Davos (nicht nur in Davos. Ref.) mehrfach be-
obachtet werden. Es muss aber eine vorherrschende Abhängigkeit
des Verlaufs der Larynxtuberkulose von dem der Lungentuber-
kulose negiert werden. Bei vielen Fällen erwies sich die Allge-
meinkur, sowie die übliche konservative Lokalbehandlung, speziell
auch die Sonnnenbestrahlung trotz Besserung der Lungen als un-
genügend und wirkungslos. Durch operative Therapie konnte ein
erheblicher Teil dieser Kehlkopftuberkulosen dauernd geheilt
werden.
3. Die operative Behandlung der Larynxtuberkulose soll, um post-
operative Schübe in der Lunge zu vermeiden, wo nicht dringende
symptomatische Indikation zu einem Eingriff besteht, grundsätzlich
nur bei fieberlosem, stationär gewordenem Lungenzustand vorge-
nommen werden.
Therapie. 55
4. Die elektrokaustische Behandlung nach Mermond-Siebenmann
mit ihrer breit und tief zerstörenden radikalen Wirkung erwies
sich als bestes Operationsverfahren. Nur für Kehldeckeltuber-
kulose eignet sich besser die Kürettenbehandlung in Form von
Resektion oder Amputation,
5. Die operative Behandlung erzielte in etwas mehr als einem Drittel
der wenigstens 3 Monate nach dem letzten Eingriff untersuchten
Fälle Heilung. Die besten Resultate (52°/o Heilung) gab die
Elektrokaustik der Stimmbandtuberkulose.
6. Die operative Behandlung hatte in mehreren Fällen sehr günstige
‘Beeinflussung der Lungen und des Allgemeinzustandes zur Folge.
7. Die Behauptung, die Kehlkopftuberkulose sei der Hochgebirgskur
allgemein kontraindiziert, ist falsch. Brock, Erlangen.
86. Trivino, Nützliches, Unnützes und Schädliches in der
Behandlung der Tuberkulose. Rev. Ibero-Amer. de Cienc.
Medicas, Juni 1914.
Von dieser Behandlung sprechen, heisst über den Turm zu Babel
reden, wo Unwissenheit und Erfahrung, Geschäftssinn und Wissenschaft
ihre Ergebnisse in anarchistischer Unordnung mengten.
Einen Kranken aufs Land schicken ohne Vorschriften für seine Be-
wegung, Ruhe und Ernährungsweise ist schädlich. Jede Klimaform bat
ihre Indikationen, die Auswahl ist nicht gleichgültig. Die gewöhnliche
Atemgymnastik ist eine Ketzerei, ebenso wie die Überernährung.
Man treibt Missbrauch mit Medikamenten zum Schaden der Wissen-
schaft. In Übereinstimmung mit der abfälligen Kritik, die Chabäs in
seinen „Phthiseo-tberapeutischen Studien“ an dem Missbrauch von Kreosot,
Eukalyptol u. a. Arzneien übt, hält Verf. sie auch für schädlich; Phos-
phorpräparate, Lezithine, Nukleine, Eisenpräparate, Jod, Galvanokaustik
und die moderne Chemotherapie, Chondrotomie und Thorakoplastik sind
überflüssig. Nützlich sind Kalk- und Arsenpräparate, vorsichtige anti-
symptomatische medikamentöse Behandlung, sowie Pneumothorax und
Tuberkulin in entsprechenden Fällen. J. Chabás.
87. A. Guerrero, Tuberkulinbehandlung der Lungentuberku-
lose. La Semana Médica, Buenos Aires 20. XI. 1913.
Sechsjährige Erfahrungen an 266 mit verschiedenen Tuberkulinen
behandelten Fällen aller drei Stadien. ⸗
In allen Stadien sind recht befriedigende Resultate erzielt worden.
Diese Behandlungsmethode ist es, welche uns gegenwärtig die besten
Resultate geliefert hat. J. Chabäs,
88. Verdes Montenegro, Behandlung der Lungentuberkulose
mit Partiulantigenen. Rev. de Hig. y Tub., Valencia Nov./Dee.
1914.
Das Koch’sche Tuberkulin ist bisher noch nicht übertroffen worden.
Trotz der Bemühungen, das tuberkulöse Gift rein anzuwenden, bleibt nur
eine durch Partialantigene bewirkte Tuberkulinbehandlung übrig.
Die Tuberkuline sind trotz ihrer Unvollständigkeit wirksam, wenn
eines der Antigene nicht allzu stark verändert ist. Jeder besondere Fall
erheischt ein bestimmtes Tuberkulin; oft muss man das gleiche Tuber-
56 Therapie.
kulin mehrere Male anwenden, in anderen Fällen dagegen muss man zu
einem anderen Tuberkulin greifen. Denn es gibt Fälle, in denen die
Behandlung unwirksam blieb, weil nicht das richtige Tuberkulin gewählt
wurde. Was diese Fälle betrifft — für die Verf. aus seiner langjährigen
Erfahrung zahlreiche Beispiele anführt —, so ist er der Meinung, dass in
jedem dieser Fälle die pathologische Wirkung eines bestimmten Giftes
vorherrscht, gegen das der Körper sich schlechter verteidigt als gegen .die
anderen.
Die Aufgabe der Behandlung besteht teilweise in der Auswahl eines
Tuberkulins, welches das Antigen enthält, gegen das der Organismus nicht
genügend geschützt ist, um so die Erzeugung von Antikörpern gegen
dasselbe künstlich hervorzurufen. J. Chabäs.
89. Azua, Behandlung des Lupus erythematodes und der Sy-
philis mit Aurum Kalium cyanatum. Actas Dermo-sifiliogr.
Madrid, Jan. 1914.
Im März 1913 begonnene Versuche Die intravenösen Einspritzungen
werden ausgezeichnet vertragen; jedoch ruft ein»versehentlich ausserhalb
der Vene injizierter Tropfen des Mittels heftige Schmerzen und Entzündung
hervor. Die Technik ist dieselbe, wie sie Verf. bei Neosalvarsan anwendet.-
Dosis 0,10 mg bis 8 cg, aber das Maximum von 0,03—0,05 bei
Erwachsenen und 0,01—0,03 bei Kindern darf nicht überschritten werden.
— Verf. beschreibt die Herstellung der Lösungen.
Auf 454 Einspritzungen hat Verf. keinen ernsten Zwischenfall ge-
sehen, weder Nieren- noch Herzstörungen. Nach den Einspritzungen be-
obachtet man bisweilen Fieber, Kopfschmerz, Erbrechen und Durchfall.
Bei 83 °/o überstieg das Fieber nicht 37,5 und stand in keinerlei Beziehung
zur Dosis und Anzahl der Einspritzungen; es hängt vielleicht zusammen
mit der Absonderung der Produkte der kranken Stelle. Der Kopfschmerz
wird durch das Cyan verursacht. Häufig findet Blutandrang nach den
lupösen Stellen und den Lungen statt.
Bei der Hälfte der Fälle von tuberkulösem Lupus wurde Linderung
erreicht ohne vollständige Heilung, aber in kürzerer Zeit als mit anderen
Heilmitteln. Im Verein mit Tuberkulin ist es ohne Zweifel ein nützliches
Heilverfahren.
Bei den anderen Arten von Lupus waren die Resultate glänzender.
J. Chabäs.
90. A. Mary, Behandlung der Lungentuberkulose mit Silicium-
präparaten. Rev. de Hig. y de Tub., Valencia 31. X. 1914.
Im April 1914 hat Kohle (D. m. W.) als neues Heilmittel in der
Phthiseotherapie die Anwendung von Siliciumpräparaten Rn um
die Bildung von Narbengewebe anzuregen.
Hinsichtlich der Priorität muss Verf. bemerken, dass er bereits im
Jahre 1910 schrieb (La Société nouvelle), dass den alkalischen Silikaten,
besonders dem Siliciumkolloid beschieden zu sein scheint, küpftighin eine
bedeutende Rolle in der Therapie zu spielen; ihre Präparate könnten die
Phagozytose anregen, das Blut mineralisieren, die Zellen regenerieren.
Die ersten physiologischen Hinweise über die organische Kieselsäure
und die Rolle des osmotischen Apparates der Siliciumkolloide in den
organischen Elementen verdanken wir Herrera (Mexiko), Leduc und
Klinische Fälle. 57
dem Verf. Seit 1910 berichtet er über subkutane Injektionen von alka-
lischen Silikaten an Tieren und ihm selbst (1913). (Siehe die Arbeit des
Verf. „Die Bedeutung der anorganischen Kolloide“, Paris, Verlag Rousset.)
Verf. hat das reine Siliciumkolloid zu Subkutaninjektionen durch Dialyse
gewonnen; es ist nicht identisch mit dem Laucien’schen Silicion.
Das Heilverfahren der Zukunft wird sich auf Minerale und Kolloide
aufbauen. J. Chabás.
91. Canesa, Darmverschluss im Verlauf der tuberkulösen Peri-
tonitis. Rev. de los Hospit., Montevideo Nov. 1913.
Die tuberkulöse Bauchfellentzündung kann auf verschiedene Weise
Darmverschluss bewirken. Nach ihm richtet sich auch das einzuschlagende
operative Verfahren. Die Eröffnung des Abdomens durch Laparotomie
ist an und für sich schon ein wesentlicher Heilfaktor, sogar für den
Darmverschluss (ein Fall des Verf.) und andere Komplikationen. Wenn
die Art der Komplikationen schwierig zu erkennen ist, kann die ein-
fache Laparotomie Klarheit verschaffen. J. Chabäs.
92. C. Lopez-Fanjul, Neue Richtlinien für die chirurgische
Behandlung der Bauchfelltuberkulose mit Aszites. Rev. de
Med. y Cir. Pract., 28. II. 1914. `
Der Nutzen der Laparotomie erklärt sich aus dem Zusammenwirken
der Phagozytose und der Wirkung des Serums. : Die Operation nach
Alvarez ermöglicht es, dem Bauchfell die grösstmögliche Menge dieser
Heilfaktoren zuzuführen.
Operation: Acht Tage wird je !/s 1 physiologischer Kochsalzlösung
gegeben. Sodann Laparotomie zwecks vollständiger Entleerung der Flüssig-
keit. Die Serosa wird mit Tupfern tamponiert, und ohne Wundverschluss
ein Kompressivverband angeleg. Nach 2 Tagen ist der Verband mit
Pseudomembranen bedeckt, die gelöst werden. Die Serosa erscheint dann
hyperämisch, die Granulationen eingeschmolzen. An den nächsten Tagen
neue Tamponade der Serosa und Lösung der Verwachsungen; am 3.
Tage danach endgültige Wundnaht.
Sieben Kranke sind vollständig geheilt. J. Chabäs.
e) Klinische Fälle.
93. Theodor Gött, Beitrag zur Kasuistik ungewöhnlicher
Böntgenbefunde am kindlichen Thoraxmittelschatten. Zschr.
f. Kinderhlk. 12. 1915 H. 4/5.
Kasuistische Mitteilung zweier Fälle, die im Röntgenbild den Ver-
dacht auf epondylitischen Senkungsabszess nahelegen. Es handelt sich
jedoch in dem einen Falle um einen aus vereiterten Mediastinaldrüsen,
die ins Gewebe des hinteren Mediastinums durchgebrochen waren, her-
stammenden tuberkulösen Abszess; im anderen Falle um eine starre
leukämische Infiltration im Bereich des hinteren Mediastinums bei akuter
Iympbatischer Leukämie. W. Schultz, Hamburg.
94. E. Baumann, Isolierte Axillarlähmung bei Spondylitis cer-
vicalis tuberculosa mit kaltem Abszess. D. m. W. 37. 1917.
Interessanter kasuistischer Beitrag; der Fall wurde durch Operation
geheilt. C. Kraemer II, Stuttgart.
58 Klinische Fälle.
y5. Alf Gullbring, Ein Fall von Lungensyphilis. Hygiea 1916.
Lungensyptiilis wurde sowohl klinisch als pathologisch-anatomisch bei
einer 70jährigen Frau mit seit 10 Jahren bestehenden I,ungenbesch werden
konstatiert. Bringt nichts Neues. A. Wallgren, Upsala.
96. P. H. van Roojen, De heelkundige behandeling der tuber-
kuleuse Buikvliesontsteking. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk.,
29. Mai 1916.
Kurze Besprechung der Indikationen und einige geschichtliche Vor-
bemerkungen; hiernach die Krankengeschichten von 10 Fällen chirurgisch
behandelter tuberkulöser Bauchfellentzündung. Ein Patient starb infolge
einer Darmperforation, für die der voraufgehende Eingriff nicht verant-
wortlich zu machen ist. Bei zwei Fällen entwickelte sich später eine
Lungentuberkulose, und bei einem entstand eine Darmfistel; in zwei Fällen
wurde volle Genesung erzielt. In vier Fällen wurde die Operation auf
eine irrtümliche Diagnosestellung hin (nämlich von Appendicitis acuta,
Ileus, Abdominalabszess und ÖOvarialzyste) gemacht.
'J. Peerenboom.
97. H.Curschmann, Zur Diagnose und Tuberkulinbehandlung
des tuberkulösen Ösophagusgeschwürs. Beitr. z. Klin. d. Tbc.
36. 1917 H. 3 8.313.
Nachdem v. Schroetter 1906 zum ersten Male Tuberkulose der
Speiseröhre ösophagoskopisch bei zwei schweren, tödlich verlaufenen Fällen
festgestellt hat, berichtet C. über einen Fall von Speiseröhrentuberkulose
bei einem 27jährigen Fräulein, die mit 12 Jahren an chronischer Bauch-
felltuberkulose, mit 18 Jahren an trockener Pleuritis und mit 25 Jahren
an tuberkulöser Ulzeration des Gebärmutterhalses gelitten hatte. Ein Jahr
danach entwickelte sich unter Schluckbeschwerden und Abmagerung eine
tuberkulöse Stenose der Speiseröhre mit Dilatation des darüberliegenden
Abschnitter, die durch Tuberkulinbehandlung (T. Rosenbach) zur Aus-
heilung gebracht wurde, nachdem auf probatorische Injektion starke All-
gemein- und Herdreaktion eingetreten war. Es ist dies somit der erste
Fall erfulgreich behandelter Speiseröhrentuberkulose.
E. Leschke, Berlin.
v8. Trivino, Ein interessanter Fall von Lungentuberkulose mit
beinahe gänzlichem Fehlen von Symptomen. Jspana Med.
Madrid, 10. II. 1914.
Es gibt viele Fälle von atypischer Tuberkulose, in denen Befund
und Symptome nicht übereinstimmen. Fall eines jungen Mädchens obne
Husten, wenig Auswurf, kein Bluthusten, weder schlechte Verdauung noch
Fieber oder Schwindel, weder Erbrechen noch Schweisse oder Gewichts-
abnahme, keine Darmstörungen, kein Herzklopfen. Puls 118. Ein wenig
bleiche Gesichtsfarbe. Trotzdem hatte Patientin reichliche Erweichungen in
beiden oberen Lungenlappen, Knisterrasseln ; Tuberkelbazillen im spärlichen
Auswurf. Nach Verlauf von 2 Jahren und ohne dass sich das allgemeine
Bild verändert hätte, Kaverne in der linken Lungenspitze, stärkere Herz-
beschwerden. Der tödliche Ausgang ist zu erwarten. J. Chabäs.
Klinische Fälle. 59
99. Compaired, Fall von Nasenschleimhauttuberkulose mit
Heilung. El Siglo Médico, 7. II. 1914.
20 jäbriges Dienstmädchen, stets gesund, keine erbliche Belastung.
Vor 2 Jahren starkes Kopfweh, gelegentlich heftiges Nasenbluten, Ver-
engung der rechten Nase. Erysipel. Infltration der Nasenscheidewand
und des Pflugscharrbeine, Granulationen im Naseneingang. Untersuchung
eines kleinen Gewebsteilchens. Diagnose: Tuberkulose. Kürettage, Ex-
stirpation der Wucherungen, Galvanokaustik. Rasche lokale Heilung,
Verschwinden der Kopfschmerzen u. a. Symptome. Einige Monate später
andauernde Heilung, kein® allgemeinen Anzeichen von Tuberkulose.
J. Chabäs.
100. Barajas, Rezidivierende Pharynxtuberkulose. Bolet. de
Laring., Otol. y Rinol., Madrid 1914.
27 jährige Kranke, schwanger, sehr abgemagert, Stimmlosigkeit, starke
Schluckbeschwerden; mannigfache kleine Herde im Pharynx und Larynx
mit Infiltration, Geschwürsbildung, Eiter und Tuberkelbazillen; kleine
"Kavernen in den Lungen. Keine Syphilis. _
Ätzen mit 80°/o Milchsäure; Landleben. Gute Besserung. 18 kg
Gewichtszunabme. Normale Entbindung. Keine Tuberkelbazillen im Aus-
wurf mehr. Im folgenden Jahre Rückfall und Heilung; Sputumbefund ne-
gativ. Im letzten Jahre wiederum ein heftiger Rückfall, dem Patientin erliegt.
Fall von Miliartuberkulose mit zeitweiliger Wiederherstellung.
J. Chabäs.
101. Guedes de Mello, Tuberkulöse Entstehung und Tuber-
kulintherapie einiger Augenaffektionen. Tribuna Medica, Rio
Janeira 17. XI. 1913.
Die Zahl der Augenerkrankungen tuberkulösen Ursprungs wächst von
Tag zu Tag. Verf. stellt einen bemerkenswerten Fall von tuberkulöser
Uveitis oder seröser Iritis vor, der allein durch Tuberkulin geheilt wurde
und in dem die Kutanreaktion und andere diagnostische Hilfsmittel
keinen sicheren Anhaltepunkt für die tuberkulöse Entstehung des Lei-
dens gaben. J. Chab ás.
102. A. Lara, Durch Neosalvarsan geheilter Fall von Tuberku-
lose, kombiniert mit Syphilis. Rev. Méd. de Yucatan, Febr.
1914.
Schwächlicher junger Mann von 19 Jahren; Tuberkulose und Alko-
holismus in der Familie; Schanker und andere Anzeichen syphilitischer
Erkrankung an Schleimhäuten und Knochen. Nach einigen Tagen fieber-
hafter Katarrh entsprechend einer Tuberkulose 2. Stadiums. Wassermann
positiv. Tuberkelbazillen im Auswurf.
Neosalvaraan-Einspritzungen während 1!/2 Monaten brachten die syphi-
litischen und tuberkulösen Erscheinungen zum Verschwinden, Wassermann
wurde negativ, die Tuberkelbazillen verschwanden aus dem Auswurf; das
Gewicht stieg von 58 auf 72 kg. J. Chab ás.
103. Pasanis, Ein Fall von Syphilis und Tuberkulose, gefolgt
von Heilung. Espana Médica, Madrid 20. XI. 1913.
Verf. berichtet über einen sehr lehrreichen Fall von Tuberkulose und
Syphilis bei einem 30 jäbrigen Mann. Lungen- und Bauchfelltuberkulose.
60 Allgemeines und Grenzgebiete.
Zunächst Quecksilberbehandlung mit sehr befriedigendem Ergebnis, da
der tuberkulöse Symptomenkomplex verschwand.
Wir können an die Gleichzeitigkeit der beiden Krankheitsprozesse
glauben, da die Syphilis durch ihre fibröse Tendenz der Heilung. der
Tuberkulose den Boden zu bereiten vermag. Vielleicht werden wir ein-
mal die bindegewebsbildenden Toxine der Spirochaeta pallida als phthiseo-
therapeutisches Mittel handhaben können. J. Chabäs.
104. B. Gallego, Menstruationsstöürungen und Tuberkulose;
Heilung durch Tuberkulintherapie. Bev. Ibero- Amer. de Cienc.
Medic., Jan. 1914.
Drei Fälle, in denen die Unregelmässigkeiten der Menstruation die
einzige Manifestation der Tuberkulose waren. Das Tuberkulin klärte die
Sachlage auf. Die Intrakutanprobe ist unentbehrlich in allen Fällen, wo
die Ursache der anormalen Menstruation nicht in den Geschlechtsorganen
nachgewiesen werden kann. J. Chabäs.
f) Allgemeines und Grenzgebiete.
105. Karl Franz, Massnahmen der Heeresverwaltung zur Be.
kämpfung der Tuberkulose während des Krieges. Osterr.
Tbe.-Fürs.-Bl. Jahrg. 1 Nr.1.
Das häufigere Auftreten der Tuberkulose unter den Soldaten ist wohl
meist auf eine Infektion aus der vormilitärischen Zeit zurückzuführen;
allerdings führen Infektionen bzw. Reinfektionen im Heere allem An-
scheine nach ein rascheres Fortschreiten eines bis dahin stillstehenden
Prozesses herbei. Im Anfang des Krieges brachte der ständige Aufenthalt
im Freien manchem Mann mit inaktivem Herde Nutzen; diese Erscheinung
verschwindet mit der langen Dauer des Krieges. Von den Lungenkranken
sind 22°/o schwere Formen mit rapidem Verlauf und zweifelhafter Pro-
gnose, 30°/o sind Kranke mit wenig ausgesprochenen Symptomen und
noch schonungsbedürftige Rekonvaleszente, der Rest — also etwa die
Hälfte — sind mittelschwere Fälle, für die in erster Linie Lungenheil-
stätten in Betracht kommen.
Ein Kriegsministerialerlass ordnete an, dass ausgesprochen tuberkulöse
und zweifelhafte Fälle zur Beobachtung in eine Militärsanitätsanstalt
kommen und hier bis zur Klärung bleiben, Kranke mit offener Tuber-
kulose bleiben bis zur Superarbitrierung im Spital. In bezug auf Kriegs-
verwendbarkeit gelten folgende Gesichtspunkte: a) Alle aktiven, also die
offenen, dann die fortschreitenden, mit Fieber und akuten Herderschei-
nunger einhergehenden (wenn auch geschlossenen) Formen sind zu jedem
Dienst ungeeignet. Sie werden tunlichst bald im Wege der Superabitrie-
rung als derzeit untauglich auf 4 Monate bis 1 Jahr beurlaubt. b) Ge-
schlossene, inaktive, wenig ausgebreitete und ohne akut katarrhalische Er-
scheinungen verlaufende Verdichtungen werden zumeist als wach- oder
hilfsdiensttauglich klassifiziert. c) Frontdiensttauglich sind nur die aus-
geheilten Fälle von Tuberkulose. Da die Entscheidung aktiv oder in-
aktiv, noch mehr aber geheilt oder nur stillstehend oft sehr schwer ist,
empfiehlt es sich, solche Leute durch 3—4 Wochen versuchsweise der
militärischen Ausbildung zu unterziehen und dann wieder spezialärztlich
Allgemeines und Grenzgebiete. 61
zu untersuchen. Eine weitere eingehende Kontrolle in bezug auf Tuber-
kulose findet noch vor Abgang zur Front statt. Da die Zahl von Spezial-
ärzten eine kleine ist, wurden Fortbildungskurse veranstaltet.
Schilderung der im Lauf des Krieges von der Heeresleitung ge-
gründeten oder in Gründung begriffenen Spezialanstalten für Tuberkulose.
Ein Kriegsministerialerlass regelt die Übergabe von tuberkulösen
Soldaten in häusliche Pflege. Dieselbe ist bei offenen Formen nur ge-
stattet, went für private Unterkunft günstige sanitäre Verhältnisse vor-
liegen, die von der politischen Behörde bestätigt sein müssen, Ferner
Anzeigepflicht über alle im Heeresverband stehenden Tuberkulösen an die
zuständige politische Behörde. Wünschenswert erscheint eine allge-
meine Anzeigepflicht.
Zu den getroffenen Massnahmen für den individuellen Schutz
des Soldaten gehören: Erziehung in der Hygiene, Aufklärung durch
Merkblätter u.ä. Für später wird Vertiefung in der hygienischen Aus-
bildung durch systematische Belehrung, Vorträge, Wandermuseen empfohlen.
Die vorstehenden Ausführungen erscheinen besonders beachtenswert
‚ durch die Person des Verf., der nicht nur einer unserer hervorragendsten
Militärärzte ist, sondern auch ein anerkannter Fachmann auf dem Spezial-
gebiet der Tuberkulose. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
106. Otto Burkard, Der „Verein zur Bekämpfung der Tuber-
kulose in Steiermark‘ im Dienste der Kriegsbeschädigten-
fürsorge. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jahrg. 1 Nr. 2.
Schilderung der im Kriege getroffenen Massnahmen: Teilweiser oder
vollständiger Belag der bestehenden Heilstätten durch Soldaten, Erweite-
rung derselben durch Baracken. Hand in Hand mit den Heilstätten
arbeiten eigene Rekonvaleszentenabteilungen und Erholungsheime. Weitere
Gründungen stehen noch im Stadium der Ausarbeitung bzw. Adaptierung.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
107. J. Danysz, La lutte contre la tuberculose. La Presse
médicale, Aug. 1917.
Nach eingehender Besprechung der heute im Kampfe gegen die
Tuberkulose geübten Verfahren — Vakzination, Bakterio- und Serum-
therapie, Chemotherapie, Heilstättenbehandlung — betont Verf. den Wert
gemeinsamen organisatorischen Vorgehens aller sich mit dem Studium und
der Behandlung der Tuberkulose befassenden Stellen. Und zwar ist die
genaue Durchführung eines umfassenden Programms unerlässlich, das
einmal die bisherigen klinischen und experimentellen Ergebnisse besser
auszunutzen gestatten würde, und dann in ausgedehntem Masse die ge-
naue Erforschung vieler bisher noch wenig erkannter Probleme, so nament-
lich aus der Bakteriologie und Chemotherapie, möglich machte. An diesem
Werke müssen in gleicher Weise Bakteriologen, Naturforscher, Chemiker,
Mediziner und Tierärzte mitarbeiten. Kautz, Hamburg.
108. W. Mager-Brünn, Über die Unterbringung Tuberkulöser
im vorgeschrittenen Krankheitsstadium. Deler. Tbe.-Fürs.-Bi.
Jahrg. 1 Nr. 1.
Es ist notwendig, neue’ Anstalten für Tuberkulöse zu schaffen, die
Lungenbheilstästen zu Tuberkulosespitälern für alle Stadien
62 Allgemeines und Grenzgebiete.
der Tuberkulose umzugestalten; Tuberkulosepavillons im
Anschluss an die Zivilkrankenanstalten zu errichten; das Gesetz der
Invaliditätsversicherung muss der 'Tuberkulosebekämpfung ange-
passt werden. Unterbringung der aus dem Felde Zurückgekehrten in
Kriegerheimstätten oder in ländlichen Kolonien wäre ganz
besonders im grossen Massstabe in der Heilbehandlung der Tuberkulose
zur Unterbringung der mit offenem, infektiösem Prozess behafteten Kranken
prophylaktisch und therapeutisch aussichtsvoll. '
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
109. Harald H. Barnes, Observations of a tuberculous patient.
Brit. Journ. of Tub. Vol. XI, 3. Juli 1917.
Verf. gibt vom Standpunkt eines Patienten aus seinen Erfahrungen
und Beobachtungen Ausdruck, erwähnt die Wichtigkeit der Persönlichkeit
des behandelnden Arztes, je nach der die eine oder andere Methode gut
oder schlecht sich bewähre, berührt den Nutzen der abgestuften Arbeit,
von Ruhe und Bewegung („hohe Ruhbetemperaturen treten oft erst 12, 24
oder selbst 36 Stunden nach stattgefundener Bewegung auf“) und den
Nutzen von häufigem Wechsel von Nahrung, Luft, Bebandlungsart und
Milieu, wenn ein hartnäckiges Stationärwerden eingetreten ist.
Amrein, Arosa.
110. H. Schneider, Die Salzbrunner Kronenquelle in der Therapie
der Nieren- und Blasenleiden. Zschr. f. Bulneol. 9. 1916
Nr. 9/10. |
Die Salzbrunner Kronenquelle, deren Indikationsgebiet die Nieren- und
Blasenleiden, die Katarrhe der Atmungs- und Verdauungsorgane, Asthma,
harnsauere Diathese, Gicht, Diabetes mellitus u. a. darstellen, eignet sich
auch bei den Nierenkomplikationen der Lungenphthisiker als
Behandlungsmittel. Verf. verordnete die Kronenquelle bei dem Kranken-
material der Weicker’schen Heilanstalten iu Görbersdorf und erzielte
erfreuliche Erfolge. Bei den meisten Fällen war auf den Gebrauch der
Kronenquelle eine Abnahme, bezw. völliges Verschwinden der pathologi-
schen Harnbestandteile festzustellen. Die geformten Nierenelemente waren
oft schon nach einigen Wochen nicht mehr zu finden, die Epithelien und
Leukozyten hatten sich vermindert, das Eiweiss war gleichfalls beseitigt
oder bis auf Spuren zurückgegangen. Aus den mitgeteilten Krankenge-
schichten geht hervor, dass in Fällen von Nierentuberkulose die
Tuberkelbazillen aus dem Urin verschwanden, auch die sonstigen krank-
haften Erscheinungen im Urin sich verminderten und das Allgemeinbefinden
sich besserte.e Ein lungenphthisischer Patient mit Darmtuberkulose und
Amyloidniere erzielte Normalwerden von Urin und Stuhlgang nach fünf-
wöchiger Trinkkur. Die Kronenquelle ist ein alkalischer Säuerling, der
sich durch hohen Gehalt an Erdalkalien auszeichnet. Besonders reich ist
er an Kalziumhydrokarbonat, wovon er 0,68 g im Liter enthält.
Wilhelm Neumann, z. Z. Baden-Baden.
— — — — —— ——
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 63
Ill. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
1. Küpferle und Lilienfeld, Grundlagen therapeutischer Anwendung
von Röntgenstrahlen. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. de la Camp-
Freiburg. Verlag von Speyer und Kaerner, Freibury i. Br. 64 S.
Die gemeinsame Arbeit eines Arztes und eines Physikers liegt vor uns. Ihr
Zweck war dıe Dosierung der Röntgenstrahlen, vor allem um die Tiefentherapie
auf sicherere Grundlage zu stellen und die verwandte Strahlung genau physikalisch
zu charakterisıeren. — In diesen Dingen waren wir bisher noch sehr ungenau
unterrichtet. Wir konnten uns noch keinen rechten Begriff davon machen, welche
Energien bei Gebrauch von Röntgenstrahlen grosser Härte vom Gewebe aufge.
nommen werden. Zur Messung der Halbwertschicht der härtesten Reststrahlung
bedienten Verff. sich der lonisativonsmethode und fanden, dass die von einer dünnen
Schicht eines Gewebes aufgenommene Strahlenenerg'ıe der am Eintrittsquerschnitt
der Strahlen in das Gewebe iontometrisch mit Hilfe der Luftionisation gemessenen
Intensität, unabhängig von der Härte der Strahlung, direkt proportionel ist. —
Es muss mit homogener Strahlung von konstanter Intensität gearbeitet werden,
die möglichst intensiv zu wählen und deren Härte der Radiosensibilität des zu
bestrahlenden Gewebes und dessen Lage in der Körpertiefe anzupassen ist. —
Die Messmethoden von Kienböck und Sabouraud sind ungenau. —
Es kommen die Messungen bei Induktor- und Gleichrichterbetrieb zur Er-
örterung.
Nur die Lilienfeldröhre gewährleistet eine absolute Konstanz des Betriebes.
Es lässt sich mit ıhr eine homogene, extrem harte Röntgenstrahlung grösster
Intensität herstellen. Es kann eine Reststrahlung bis zu 12 mm Halbwertschicht
bei äusserst geringer Filterung (1,5 mm Aluminium) erzeugt werden. —
Das Konstruktionsprinzip der Lilienfeldröhre wird im Anlıang beschrieben.
— Die Beobachtungen und Untersuchungen der Verfasser bedeuten sicher einen
grossen Fortschritt in der Röntgentherapie und verdienen alle Beachtung.
Schröder, Schömberg.
2. O. Bernhard-St. Moritz, Sonnenlichtbehandlung in der Chirurgie.
Neue deutsche Chirurgie Bd. 23. 256 S. mit 118 Abb. Verlag von F, Enke
in Stuttgart 1917. Preis 14.— Mk.
Der Verf. gehört zu den Begründern der modernen Heliotherapie im Hoch-
gebirge.. — Wir verdanken ihm eine grosse Reihe wertvoller Beobachtungen,
welche die uralte Sonnenlichtbebandlung wissenschaftlich stützen und ausbauen
heifen. Er war also berufen das Thema zu bearbeiten.
Nach einer eingehenden historischen Einleitung über die Sonnenlichtbehand-
lung bespricht er dıe physikalischen kirenschaften des Sonnenlichtes und seine
biologische Wirkung auf Pflanzen und Bakterien, Tiere und Menschen. Es werden
hier besonders die Ergebnisse der Forschung aus den letzten Jahrzchuten ein-
gehend und kritisch behandelt. —
Zusammenfassend kennzeichnet er die Lichtwirkung auf den Menschen kurz
in folgenden Sätzen: Die Blutbildung wird begünstigt, das Zentralnervensystem
und die Psyche werden angeregt, der eintretenden Pıxmentierung spricht er nicht
nur neuen Schutz gegen zu starke Bestrahlung zu, sondern erblickt darin auch
eine Begünstigung der Tiefenwirkung des Lichtes. Er bekennt sich zu der Theorie,
dass Abbauprodukte des Pigments in die Säfte und den Blutkreislauf übergehen und
auf die kıanken Organe günstig einwirken können. — Durch Vermittlung des
Blutes und der Abbauprodukte des Pigments, des Melanins, wird die Lichtwirkung
tiefer gelegenen Organen zugeführt. — Photokatalysatoren können die Lichtwir-
kung steigern. Ibr bekanntester Vertreter ist das Hämatoporphyrın. — Auf
diesen Erkenntnissen baut sich die Lichttherapie auf, die in ihren verschiedenen
64 | Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
Formen, auch unter Zuhilfenahme künstlicher Lichtquellen erörtert wird. — Die
Sonnenlichtbehandlung kann nach Verf. am erfolgreichsten im Hochgebirge durch-
geführt werden. Sie wird im günstigsten Sinne unterstützt von den allgemeinen
Wirkungen des Hochgebirges auf den Menschen; die Eigenschaften dieser Wir-
kungen kommen zur Besprechung. —
Im speziellen Teil des Werkes behandelt der Autor die Indikationen für
die Sonnenlichtbehandlung in der Chirurgie und Dermatologie (Wunden, Akne,
Psoriasis u. a.), die Technik der Anwendung und die Ergebnisse dieser Therapie.
Einen sehr breiten Abschnitt nimmt hier die Tuberkulose ein. Gerade auf diesem
Gebiete verfügt der Verf. über grosse eigene Erfahrungen. — Vereinigung von
Sonnen- und allgemeiner klimatischer Behandlung, unterstützt durch orthopädische
Massnahmen und operative Eingriffe nach strengsten Indikationen, ergab glänzende
Heilungsergebnisse, die er an einer grossen Reihe von Fällen verschiedenster
Formen äusserer Tuberkulose auch bildlich schildert. — Verf. stellt Normalien
für die Einrichtung von Sonnenkuranstalten auf; er fordert Volksheilstätten für
chirurgisch Tuberkulöse. Er fordert weiter physiologische Institute im Gebirge
zur Eıforschung der Lichtwirkung auf den Menschen.
Es ist erklärlich, dass er gemäss seinem Arbeitsort die im Hochgebirge
erzielten Ergebnisse der Lichtbehandlung wesentlich höher einschätzt, als wie sie
in tiefer gelegenen Plätzen erreicht werden können, obwohl er die Möglichkeit
einer Lichtbehandlung auch dort zugibt. Eine Reihe von Autoren, die über eigene
Erfahrungen verfügen, ist anderer Ansicht. Es liegen bereits Veröffentlichungen
vor, die über sehr gute Kurerfolge mit Lichtbehandlung an tiefer gelegenen
Plätzen berichten. Diese Ansichten kommen bei B. nicht zur genügenden Wür-
digung. An der Dosierung der Strahlentherapie ist noch viel zu arbeiten. Es
wird Kranke geben, denen geringere Reize dienlicher sind, als sie im Hochgebirge
gegeben werden. — .
Das Buch bietet aber trotzdem sehr viel. Jeder Arzt wird von seinem
Studium befriedigt sein, weil nus ihm ein Praktiker mit grosser eigener Erfahrung
spricht. — Eine Reihe von Röntgenbildern und ein reichhaltiges Literaturver-
zeichnis beschliessen das Werk. Schröder, Schömberg.
2. Schnirer, Taschenbuch der Therapie. C. Kabitzsch, Verlag, 1918.
Das Büchlein ist trotz des Krieges in etwas grösserem Umfange als im Vor-
jahre erschienen und kann seiner geschickten Zusammenstellung und seines
durcbaus brauchbaren Inhaltes wegen weiter warm empfohlen werden. Es wird in
mancherlei Fragen, besonders für den Praktiker, ein guter therapeutischer Rat-
geber bleiben.. Schröder.
3. „Die Schwester“. Monatsschrift für die Berufsfortbildung aut! dem ge-
` samten Gebiete der Krankenpflege. Herausgegeben von P. Mollenhauer und
Elsa Hilliger. Verlag Julius Springer, Berlin. Preis vierteljährl, 1.50 Mk.
Diese neue Zeitschrift hat sich zur Aufgabe gestellt, ausschliesslich die be-
rufliche Fortbildung unserer Schwestern za pflegen. Sie entspricht entschieden
einem Bedürfnis, da die bereits vorhandenen Zeitschriften für Schwestern mehr
religiösen, organisatorischen oder sozialen Zwecken dienen. Das neue Blatt ver-
fügt über einen Stab tüchtiger Mitarbeiter. Das vorliegende 1. Heft zeigt durch
seinen reichhaltigen Inhalt, dass die Zeitschrift imstande sein wird, die. beruflich
tätigen Schwestern und Krankenpflegerinnen auf allen Gebieten der Kranken- und
Wohlfahrtspflege weiter zu bilden. Es kann auch den Tuberkulose-Ärzten emp-
fohlen werden, das Blatt ihren Schwestern zugänglich zu machen. Schröder.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
o. ð. Professor an der Universität
F a Direktor d. medizinischen
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion: Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arzt der Nowa Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. Ludwigstrasse 2:3?/,.
12. Jahrg. Ausgegeben am 31. März 1918. Nr. 3.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
iDie Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Alfaro. A. 98. : v. Hayek, H. 88. Lange, K. W. 75. iSakheim, J. 73.
Barbosa 82. Helms, O. 82. Lermoyez, M. 75. ıSehaeht, Fr. 95
Bardales 96. , Herford 88. Liebemann, E. 90. Schein 79.
Benischke 81. | Heusner, H. L. 80. Lorenz 75. | Scheller, R. 91.
Bergman, K. 79. ı Hirschfeld, H. 91. Loewy, A. 92. Schloss 70.
Bierhaus, D. 69. Hoeflmayr 91. Maixner, E. 83, Schmitz. E. F. 92.
Böttner, A. 9. ' olitsch, R 74. May, W. 89, Schnaudigel 79.
Burgerstein, L. 89. | Johansson, J. B. 84. Morestin 80. Schok 76.
Curschmann 81. | Johansson, 8. 80. Much 95. Schönfeld 81.
Dörfler 84, Kajava, Y. 72. Müller 69. Schulz 69.
Engelmann 73. Kaulen 92. Müller, W. 77, 89. Sieveking, H. 72.
Feldt 78. Kemsies 88, 89. ' Münzer, E. 77. 'Simon 76.
Fischer J. 9. Keutzler, J. 84. v. Noorden, C. 94. Strandgaard, J. 82.
Fitschen 71. Knorr 71. Petersen, J. 82. Stühmer, A. 98.
Fuld 93, Koch, H. 78. Pettersson 73. Tar, A. 74,
Ghon, A. 67. Koopmann, J. 73. Pfannenstill, S. A. 81. | Thomson. St. Clair 95.
Grau 7). Korányi, A. 83. Pfeiffer, W. 80. Wall, 8. 67.
Grumme %, Kronberger, H. 73. Pick, G. 8. Warner, Ch. 80.
Gyenes, E. 72. Kugler, E. 88. Reich, E. 90. Weihe, F. 74.
Hallé, N. 70. Kulenkamp 92, Römer 95. Weinberg, F. 68.
Hart 69. Ladek, E. 88, Roth, N. 78. ! Weissmann, R. 12.
Wichmann, P. 7
Referate,
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathel. Anatomie.
111. Wall, Über die histologischen Ver-
änderungen in der Lunge des Kindes bei se-
kundärer Aspirationstuberkulose. — 112.Ghon,
Der primäre Lungenherd bei Tuberkulose der
Erwachsenen. — 118. Weinberg, Lympho-
granuloma tuberculosum. — 114. Müller,
Untersuchungen über das tuberkulöse Lym-
phom, mit besonderer Berücksichtigung der
spezifischen Diagnostik und Therapie, sowie der
‘geteilten Tuberkulininjektion. — 115. Schulz,
Untersuchungen über den Wassergehalt des
Blutes bei tuberkulösen Kindern des 1. und
2. Lebensjahres. — 116. Bierhaus, Die Ana-
logien zwischen tuberkulöser und sympatbischer
Ophthalmie. — 117. Hart, Zur Frage der
mechanischen Disposition der Lungenspitzen
zur tuberkulösen Phtbise. — 118. Halle, Les | Häufigkeit der
Internat. Ceontralbl. f. Tuberkulose-Forsebung. 12.
kulose,
conditions de curabilité de la tuberculose rénale
chronique. — 119. Grau,
Wirkung der ultravioletten Strahlen bei Tuber-
Zur Theorie der
b) Ätiologie und Verbreitung.
120. Schloss, Über Tuberkulose. — 121.
Knorr, Beiträge zur primären Zahnfleisch-
tuberkulose nnd zu den Infektionswegen der
Halsdrüsentuberkulose.
Zur Untersuchung des Auswurfs auf Tuberkel-
bazillen. — 128. Fitschen, Körner in nach
Ziehl gefärbten Tuberkelbazillen.
java und Therman, Die Lungenschwind-
sucht bei der Bevölkerung der Papierfabriken
Kymmene, Kuusankoski und Woikka 1914. —
125. Gyenes und Weissmann,
(inaktiven) Tuberkulose —
— 122. Fitschen,
— 124. Ka-
Über die
5
66 Inhalt.
128. Bieveking, Die Tuberkulosesterblich-
keit der Hamburger Kinder bis zum vollendeten
15. Lebensjahr im Zeitraum von 1896—1915.
c) Diagnose und Prognose.
127. Koopmann, Prinzip der Gram’schen
Färbung als Grundlage einer prognostisch all-
gemein verwertbaren Urinprobe — Kron-
berger, Zur Jod-Gentianaviolettreaktion des
Harnes. — 128. Engelmann, Über die Lei-
stungsfähigkeit und Grenzen dor Anreicherungs-
methoden für den Nachweis der Tuberkel-
bazillen im Auswurf. — 129. Pettersson,
Zur Frage der quantitativen Tuberkelbazillen
im Sputum. — 130. Sakheim, Über den
auskultatorischen Lungenbefund bei Anwendung
einer bestimmten Art des Atmens. — 131. Tar,
Diagnostische Bedeutung der passiven Lungen-
verschieblichkeit. — 132. Holitsch, Röntgen-
befunde an tuberkulin-negativen Erwachsenen.
— 1383, Weihe, Die interlobäre Pleuritis im
Kindesalter und ihr röntgenologischer Nach-
weis. — 134. Lorenz, Erkeunung der Koxitis
im Kindesalter. —- 135. Lange, Untersuchungen
über die okkulten Blutungen aus dem Ver-
dauungskanal bei Kranken mit Lungentuber-
kulose. — 136. Lermoyez, Le diagnostic de
l'’otorrhee tuberculeuse. — 137. Simon, Zur
Prognose der offenen Kindertuberkulose.
d) Therapie.
138-143. Wichmann, Schok, Münzer,
Müller, Roth, H. Koch, Spezifische The-
rapie, Tuberkuline (Methoden Ponndorf, Phi-
lippi, Deycke-Much, Beranek). — 144—146.
Feldt, Schnaudigel, Neues Goldpräparat.
— 147-150. Schein, Bergman, Warner,
Heusner, Lichtbehandlung. — 151. Pfeiffer,
Fistelbehandlung durch Vaselin-Einspritzungen
nebst Beobachtungen über die Beck’sche Wis-
mutpaste. — 152. Jobansson, Behandlung
der tuberkulösen Spondylitis mit besonderer
Berücksichtigung der Albee'schen Operation. —
153. Morestin, De l'emploi du formo? dans les
osteo-arthrites tuberculeuses. — 154. Schön-
feld und Benischke, Köntgentherapie der
tuberkulösen Halslymphome. — 155. Pfannen-
still, Behandlung der Larynxtuberkulose
mittelst NaJ und Natriumhypochlorit. — 156.
Cursehmann, Über Grundlagen und Indi-
kationen der Kalziumtherapie.
e) Prophylaxe.
157. Barbosa, Praktische Vorbeugung
bei Tuberkulose.
f) Hellstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heime.
158. Petersen, Jahresbericht des Krab-
besholm Sanatoriums (Dänemark) 1916—1917. —
159. Strandgaard, Jahresbericht des Boserup
Sanatoriums (Kopenhagen) 1916. — 160. Helms,
3 Monate im Sanatorium! — 161. Ladek, Zur
Heilstättenfrage bei chirurgiseher Tuberkulose.
— 162. Korányi, Das System dər Tuberku-
losebekämpfung. — 163. Maixner, Isolier-
stätten für Tuberkulöse. — 164. Johansson,
Über die Verpflegungsetats der Tuberkulose-
krankenhäuser. — 165. Dörfler, Tuberkulose-
türsorge auf dem Lande. — 166. Keutzler,
Die Rolle der Fürsorgestellen im Kampfe gegen
die Tuberkulose. — 167. Pick, Bekämpfung
der Tuberkulose in Stadt und Bezirk Aussig.
— 168. Kugler, Zur Organisation der Tuber-
kulose-Fürsorge. — 169. v. Hayek, Zur Tech-
nik des sozialen Kampfes gegen die Tuberku-
lose, mit besonderer Berüeksichtigung der
Verhältnisse in Österreich.
8) Allgemeines und Grenzgebiete.
170. Herford, Wege unserer heutigen
Tuberkulosebekämpfung. — 171.172. Koemsies,
Ein neuer Tuberkulosefilm. — 173. Burger-
stein, Die Schule für ansteckende tuberku-
löse Kinder in Frederiksberg. — 174. May,
Uber Tuberkulose im Säuglings- und Kindes-
alter. — 175. Müller-Sternberg, Götzl,
Die Errichtung von selbständigen Universitäts-
kliniken und Lehrstühlen für das Tuberkulose-
fach. — 176. Reich, Ein Apparat zur Biut-
entnahme bei Meerschweinchen. — 177. Liebe-
mann, Zur Methodik der Hämoglobinbestim-
mung. — 178. Hoeflmayr, Brief aus Bayern.
— 179. Hirschfeld, Zur makroskopischen
Diagnose der Leukozytose und der Leukämie
im Blute. Die makroskopische Oxydaserrak-
tion. — 180. Scheller, Influenza oder Grippe?
— 181. Kaulen, Einfluss des Flierens auf
das Blutbild bei Meuschen, Kaninchen und
Mäusen. — 182. Schmitz, Die Verwandlungs-
fähigkeit der Bakterien, Experimentelles und
Kritisches mit besonderer Berücksichtigung der
Diphtheriebazillengruppe. — 183. Kulenkamp,
Brief aus Kurland. — 184. Loewy, Uber den
Stoffwechsel im Wüstenklima. — 185. Stüh-
mer, Beitrag zur Behandlung der Pneumonie
mit Optochin. — 186. Fuld, Zur Behandlung
der kruppösen Pneumonie. — 187. Grumme-
Fohrde, Über -die Geführliehkeit der inner-
lichen Joddarreichung bei Quecksilberanwen-
dung am Auge. — 188. Böttner, Über den
Einfluss der Kriegskost auf die Salzsäure-
sekretion des Magens bei magengesunden
Menschen, — 189. v. Noorden und Ilse
Fischer, Über Getreidekeimlinge als Volks-
nahrungsmittel und Nährpräparat. — 1%,
Schacht, Die Sicherstellung der Volksver-
mehrung — 191. Much, Paul Römer. — 102,
St. Clair Thomson, Shakespeare's refe-
rences to consumption, climate, and fresh air.
— 193. Bardales, Einleitung zu meinen
Untersuchungen über die Tuberkulose und das
Klima von Jauja (Peru). Einfluss des Klimas
auf die Tuberkelbazillen. — 194. Alfaro,
Bekämpfung der Tnberkulose in Argentinien.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 67
Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
111. Sven Wall, Über die histologischen Veränderungen in der
Lunge des Kindes’ bei sekundärer Aspirationstuberkulose.
Inaug.-Diss. Dresden 1917.
Die an 51 Kinderlungen ausgeführten Untersuchungen berücksichtigen
nur die Veränderungen, die durch Aspiration von tuberkulösen Produkten
verursacht werden. Verf. unterscheidet unter diesen Veränderungen Bron-
chiolus-, Peribronchiolus-, Infundibulum- und Lobulus-
tuberkulose. Die Bronchiolustuberkulose teilt er weiter ein in
A. käsige Bronchiolitis, mit den Formen der deszendenten (distal-
wärts wandernden) käsigen Bronchiolitis, welche durch Aspiration erweichter,
käsiger Massen verursacht wird, und der aszendenten (proximalwärts wan-
dernden) käsigen Bronchiolitis, welche immer durch eine tuberkulöse,
käsige Infundibulitis entsteht, B. bronchiale Parietaltuberkulose,
bei welcher es sich um spezifische Veränderungen in der Wand des Bron-
chiolus oder der Alveolengänge handelt. Unter Peribronchiolus-
tuberkulose versteht Verf. die tuberkulösen Veränderungen in den
dem Bronchiolus oder den Alveolengängen zugehörigen Alveolen. Auch
diese kommt in zwei Formen vor, nämlich als käsige Peribronchio-
litis und als peribronchiale Parietaltuberkulose. Infundi-
bulumtuberkulose bedeutet die tuberkulösen Veränderungen in den
Infundibulis; sie ist hauptsächlich eine Alveolentuberkulose, aber eine
infundibuläre Alveolentuberkuloge. Auch hier wieder unterscheidet Verf.
zwei Formen: die käsige Infundibulitis und die infundibuläre
Parietaltuberkulose Die Lobulustuberkulose endlich zer-
fällt in käsige Lobulärpneumonie und lobuläre Interstitial-
tuberkulose,
Mehr als diese knappe Einteilung kann im Referat nicht gegeben
werden; es würde sonst bei der sehr umfangreichen, gründlichen patho-
logisch-anatomischen Arbeit den verfügbaren Raum weit überschreiten.
Der Arbeit vorangestellt ist eine ausführliche Literaturzusammenstellung,
sowie eine Beschreibung der Technik der Schnitte und Färbungon,
“C. Kraemer IlI.
112. A. Ghon, Der primäre Lungenherd bei Tuberkulose der
Erwachsenen. Österr. Tub.-Fürs.-Bl. (Ärztl. Beil.) 1917 Nr. 5.
Bei der Sektion von Kindertuberkulose gelingt es fast immer, den
primären Lungenherd zu finden und dabei findet man, dass er gesetz-
mässige Beziehungen zu den Veränderungen der Lymphknoten seines
lymphogenen Abflussgebietes zeigt. Die charakteristischen Veränderungen
der regionären Lymphknoten sind mit dem primären Lungenherd oft die
einzigen tuberkulösen Veränderungen, die bei der Sektion gefunden werden.
Solche Prozesse bei Erwachsenen als Reste juveniler Tuberkuloseinfektion
sieht der pathologische Anatom oft. Es kann aber auch sein, dass der
primäre Lungenherd obsolet wird, während die sekundär veränderten
regionären Lymphknoten noch progrediente tuberkulöse Veränderungen
5’
68 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
aufweisen, die sich in das Iymphogene Abflussgebiet mehr oder weniger
weit vorschieben, ohne dass sonst in den Organen tuberkulöse Verände-
rungen oder Reste solcher vorgefunden werden. Ein häufiger Weg der
Ausbreitung bei der Kindertuberkulose, der auch bei der Tuberkulose der
Erwachsenen manchmal noch gut kenntlich ist, ist der. Weg vom primären
Lungenherd über die regionären Lymphknoten und das lymphogene pul-
monale Abflussgebiet in den venösen Kreislauf und wieder zurück zu
den Lungen (endogenes Iymphoglanduläres Rezidiv),. Eine exogene Re-
infektion wird ziemlich allgemein angenommen; diese ist aber nach An-
sicht des Verf. erst berechtigt, wenn für die endogene Reinfektion keine
Anhaltspunkte bestehen. Klinisch ist man da auf Vermutungen ange-
wiesen, pathologisch-anatomisch ist dies aber in vielen Fällen nachweisbar.
Je eingehender gesucht wird, um so öfter werden bei Tuberkulose der
Erwachsenen Veränderungen vorgefunden, welche dem primären Lungen-
herd bei Kindern entsprechen. Die Infektion mit dem Virus muss nicht
notwendigerweise im Kindesalter erfolgt sein, wiewohl dies am öftesten
der Fall ist; doch handelt es sich auch bei der Infektion nach der
Pubertät — eine primäre Lungeninfektion vorausgesetzt — nicht um
einen prinzipiell ganz anderen Modus der Infektion. Die Seltenheit der
Befunde der Spätinfektion liegt darin, dass sie eben ungldieh seltener
vorkommen als die Infektion im Kindesalter.
Die Arbeit ist mit sehr instruktiven Beispielen von Sektionsbefunden
belegt. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
113. F. Weinberg, Lymphogranuloma tuberculosum. Zschr. f.
klin. M. 85. 1917 Nr. 1/2 §. 99.
Auf Grund von 12 eigenen Beobachtungen von Lymphogranuloma-
tose entwirft W. ein klinisches Bild dieser Krankheit, welches auch obne
Zuhilfenahme der anatomischen Diagnose die Erkennung dieser nicht so
ganz seltenen Krankheit ermöglicht. Im Vordergrund stehen natürlich
die Lymphdrüsenschwellungen, die besonders am Halse oft sehr beträcht-
lich sind; sie fehlten nur in einem Falle W.’s gänzlich. Weiter sind
häufig Leber- und Milzvergrösserung, Hauterscheinungen (Hautjucken, Pig-
mentierungen, auch ikterische Verfärbung), Fieber, vielfach mit Schüttel-
frösten, positive Diazoreaktion, Durchfälle, sowie Verminderung der täy-
lichen Harnmenge. Die Blutuntersuchung ergab nicht selten Leukozytose,
manchmal in beträchtlichem Masse, insbesondere zu Fieberzeiten. Auch
das pathologisch-anatomische Bild ist charakteristisch, namentlich durch
die Drüsenschwellungen, das gesprenkelte Ausgeben der Milz (Porphyr-
milz) und durch den bekannten histologischen Befund (vor allem die
Sternberg’schen Zellen und Riesenzellen). Was nun die Krankheits-
ursache betrifft, so gelang es W., die Streitfrage über die tuberkulöse
Natur der Lymphogranulomatose dadurch zu erledigen, dass er aus einem
reinen Fall von Lymphogranulom den Tuberkelbazillus zu züchten ver-
mochte. In anderen Fällen wurden Much’sche Granula gefunden; in
wieder anderen war histologische Lymphdgranulomatose mit Tuberkulose
vergesellschaftet. Nur 1 Fall (von den untersuchten) fiel völlig negativ
aus. Das Kulturverfahren gelang in 2 Fällen und ergab jedesmal den
Typus humanus. „Das Lymphogranulom ist also nichts anderes, als eine
eigenartige Tuberkulose.“ ; C. Servaes.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 69
111. Müller, Untersuchungen über das tuberkulöse Lymphom,
mit besonderer Berücksichtigung der spezifischen Diagnostik
und Therapie, sowie der geteilten Tuberkulininjektion. Zschr.
f. Tub. Bd. 28 H.2.
Verf., der zahlreiche Fälle von tuberkulösem Lympbom behandelt
haı, gibt folgende anatomische Einteilung:
das gutartige tuberkulöse Lymphogranulom,
. das tuberkulöse Lymphofibrogranulom (partielle Fibrose),
. das tuberkulöse Fibrolymphom (totale Fibrose),
. das tuberkulöse eiterig-käsige Lymphom,
. das tuberkulöse eitrig-käsige Lymphofibrogranulom.
Für die Diagnostik leistet die Tuberkulinreaktion (nur die Herdreak-
tion!) die besten Dienste; ebenso bewährt sich das Tuberkulin thera-
peutisch. Verf. hat 'A.-T. verwendet, Ausserdem wurde die Röntgen-
bestrahlung verwertet. Für die Exstirpation kommt eigentlich nur das
Lymphofibrom in Frage.
Weibrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
mom
115. Schulz, Untersuchungen über den Wassergehalt des Blutes
bei tuberkulösen Kindern des 1. und 2. Lebensjahres. Jb.
J. Kinderhik. 85, 3. Folge 35. Bd., 1917.
Die Untersuchungen, die an 12 tuberkulösen Säuglingen vorgenommen
wurden, ergaben, dass sich keine Beziehungen zwischen Steigerung des
Blutwassergehaltes und Ausbreitung der Tuberkuloseinfektion beobachten
lassen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tuberku-
loseinfektion an sich eine Wasseranreicherung des Körpers hervorruft.
M. Türk, Frankfurt a. M.
:116. Dietrich Bierhaus, Die Analogien zwischen tuberkulöser
und sympathischer Ophthalmie. Inaug.-Diss. Rostock 1917.
Aus einer ziemlich umfassenden Literaturzusammenstellung geht her-
vor, dass die Ähnlichkeit der lokalen Erkrankungen eine recht grosse
ist. Beachtenswert ist die auffallend günstige Einwirkung des Tuberku-
lins auf den Verlauf der sympathischen Ophthalmie; nach Bernheimer
ist diese Wirkung so zu erklären, dass durch das Tuberkulin eine ver-
mehrte Phagozytose ausgelöst würde. Peters sagt: „Für den Fall, dass
wir es mit einem Erreger überhaupt zu tun haben, steht er in seinen
biologischen Eigenschaften dem Tuberkelbazillus wohl ziemlich nahe“.
C. Kraemer II.
117. Hart, Zur Frage der mechanischen Disposition der Lungen-
spitzen zur tuberkulösen Phthise. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 1.
Bei der Sektion eines 43jährigen Mannes fand sich ein Aorten-
aneurysma, das beide Lungenspitzen komprimierte. In beiden Spitzen
fanden sich frische tuberkulöse Herde von ausgesprochen progredientem
Charakter. Die Kompression der Spitzen bildete die günstigen Bedin-
gungen für die Ansiedelung der Tuberkelbazillen. Trotz der venösen
Stauung in den Spitzen, bedingt durch den Druck des Aneurysmas, kam
es zur Ansiedelung von Tuberkelbazillen, ein Beweis für die Wichtigkeit
70 Ätiologie und Verbreitung.
der mechanischen Momente für die Disposition der Lungenspitzen zur
Tuberkulose.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
118. Noël Hallé, Les conditions de curabilité de la tuberculose
rénale chronique. La Presse médicale, 18. März 1917.
Die Pathologie der Nierentuberkulose lässt ia allen Stadien spontane
Heilungsvorgänge erkennen, von der einfachen Einkapselung des tuberku-
lösen Herdes bis zu seinem vollständigen Verschwinden und Persistieren
als fibröses oder verkalktes Knötchen; vom Abschluss einer Kaverne bis
zu ihrer vollständigen Obliteration, bewiesen durch schrumpfende und
narbige Vorgänge in den Nierenpolen. Diese Heilungsvorgänge sind als
sicher erwiesen bei der geschlossenen Form der chronisch parenchymatösen
Tuberkulose; bei der offenen tuberkulösen Pyelitis ist eine Spontanheilung
möglich, jedoch sehr selten. Kautz, Hamburg.
119. Grau, Zur Theorie der Wirkung der ultravioletten Strahien
bei Tuberkulose. M. m. W. 64. 1917 S. 1555—1557.
Die Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne kann eine direkte Reiz-
wirkung auf den tuberkulösen Herd, offenbar auf dem Wege des Kreis-
Jaufs, ausüben. Dabei entstehen Herdreaktionen und Veränderungen im
Immunitätszustande des Körpers. Eine spezifische Wirkung im strengen
Sinne ist damit für die Strahlen nicht behauptet. Nach den Erfahrungen
mit der Allgemeinbestrahlung bei anderweitigen Eiterungen ist sie jeden-
falls nicht wahrscheinlich. Doch scheint erwiesen zu sein, dass eine be-
sondere Affinität der Strahlen zu dem tuberkulösen Herde vorliegt. Jeden-
falle: mag auch bei der Behandlung äusserer Tuberkulosen die Wärme-
hyperämie eine Rolle spielen, so macht sie doch nicht die eigentliche
Wirkung aus, die auf anderem Gebiete liegt. Bredow, Ronsdorf.
b) Ätiologie und Verbreitung.
120. Schloss, Über Tuberkulose. B. kl. W. 1917 Nr. 48 u. 49.
Der grösste Teil aller Menschen jst zur Pubertätszeit mit Tuberkulose
infiziert. Die Annahme, dass die Zahl der Infizierten mit dem Lebens-
alter zunähme, wird zweifelhaft durch die Beobachtungen, die Verf. an
14 Kindern (Säuglingen) gemacht hat, die durch eine tuberkulöse Pflegerin
infiziert waren. Alle Kinder gaben positive Pirquetsche oder Intrakutan-
reaktion. Dabei war die Stärke der Reaktion ausserordentlich verschieden.
Bei nicht ganz genauer Prüfung kann eine solche Reaktion leicht über-
sehen werden, es ist also die Möglichkeit gegeben, dass doch eine grössere
Zahl von Säuglingen infiziert ist, als man früher annahm. Der Begriff
der Disposition zur Tuberkuloseinfektion fällt für die Säuglinge zu-
sammen mit dem Begriff der Exposition. Die Frage der Disposition zur
Tuberkuloseerkrankung ist zum grossen Teil eine Frage der Kon-
stitution. Verf. schildert sodann eine genaue Methodik der Pirquet’schen
Impfung. Die Kutanreaktion erlaubt, gleichgültig, ob stark oder schwach,
nur den Schluss, dass eine Tuberkuloseinfektion stattgefunden hat. Bei
fast sämtlichen mit Tuberkulose infizierten Kindern ist zu irgend einer
Zeit die Kutanreaktion positiv. Wird die Infektion überwunden und
Ätiologie und Verbreitung. 71
erfolgt kein neuer spezifischer Reiz, so geht die Kutanreaktion langsam
zurück und erlischt völlig. Das dauernde Wegbleiben der Kutanreaktion
kann ein Zeichen der Heilung des tuberkulösen Prozesses sein. Es be-
stehen keine gesetzlichen Beziehungen zwischen dem Grad der Tuberkulin-
empfindlichkeit und der Disposition zur Phthise. Wenn die Tuberkulin-
reaktion eine Abwehrreaktion ist, so ist sie nicht ein Zeichen der Kampf-
fähigkeit des Organismus, sondern des Kampfes selbst. Die Annahme,
dass eine Kindheitsinfektion einen gewissen Schutz gegen eine spätere
Erkrankung verleihe, erscheint nicht haltbar ?).
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
121. Ernst Knorr, Beiträge zur primären Zahnfleischtuberku-
lose und zu den Infektionswegen der Halsdrüsentuberkulose,
Inaug.-Diss. Breslau 1917.
Verf, beschreibt 2 Fälle von klinisch primärer Zahnfleischtuberkulose
mit sekundärer Infektion der regionären Halsdrüsen. Mit diesen zweien
kommt die Gesamtzahl der beschriebenen Fälle in der Literatur erst
auf 12; diese Lokalisation ist also sehr selten. Die Krankengeschichten
der übrigen 10 Fälle sind ebenfalls genau angeführt. Der zweite vom
Verf. angeführte Fall endete tödlich mit Meningitis tuberculosa, also
wohl Miliartuberkulose (Ref. In klarer Weise war der Gang der In-
fektion von der Peripherie zu den regionären Lymphdrūsen und in den
Organismus zu verfolgen. Differentialdiagnostisch kommt in erster Linie
in Betracht das Karzinom und die Lues; gegen beides spricht bei der
Tuberkulose die miliare Knötchenaussaat. Die Therapie besteht am besten
in der operativen Ausräumung des primären Herdes am Alveolarfortsatz,
verbunden mit Ausräumung der erkrankten Halsdrüsen; für die Behand-
lung letzterer wird die Röntgentherapie immer mehr mit der operativen
erfolgreich konkurrieren. C. Kraemer II.
122. Fitschen, Zur Untersuchung des Auswurfs auf Tuberkel-
bazillen. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H.1.
Der Kronberger’schen Methode der Tuberkelbazillenfärbung (Karbol-
fuchsin bis zur Dampfbildung, Entfärben mit 15 %/oiger Salpetersäure und
60°/oigem Alkohol, Nachfärbung mit alkoholischer Jodlösung) gebührt
nach den Untersuchungen der Verfasserin kein Vorrang vor der Zieh]-
Neelsen’schen Methode (Erwärmen des Präparates mit Karbolfuchsin
bis zur Dampfbildüng etwa zwei Minuten, Entfärben mit 3°/oigem Salz-
säure-Alkohol, dann Methylenblaunachfärbung).
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
123. Eleonore Fitschen, Körner in nach Ziehl gefärbten Tu-
berkelbazillen. Zbl. f. Bakt. 80. 1917 Nr. 1/3 S. 29.
Die Körner, die man manchmal in den nach Ziehl gefärbten Ba-
zillenleibern findet, sind, wie Verf. nachweist, nicht etwa Sporen, sondern
Kunstprodukte, die durch gewisse Behandlung der Präparate beim Färben
entstehen. Durch ein bestimmtes Verfahren war Verf. jederzeit imstande,
1) Über den Schluss der Arbeit „Schloss“ wurde versehentlich bereits im
Heft 2 Bd. 12 berichtet.
12 Ätiologie und Verbreitung.
die Körner willkürlich hervorzubringen (insbesondere war hierzu nach
der Entfärburg genügend ans Einwirkung von Wasser nötig).
| c. Denver?
124. Y. Kajava, Die aigensekwindsueht bei der Bevölkerung
der Papierfabriken Kymmene, Kuusankoski und Woikka
1914. Finska Läkaresällskarets Handlingar. 56. 1915.
Einar Therman, Die Lungenschwindsucht bei der Ar-
„ . beiterbevölkerung der Fabrikortschaften Kymmene, Kuusan-
koski und Woikka. Finska Läkaresällskapets Handlingar 59.
1917.
Die Arbeiten sind die Ergebnisse zweier Unun über die
Ausbreitung der Tuberkulose in obengenannten Ortschaften; die Unter-
suchungen sind nacheinander in einer Zwischenzeit vou 5—10 Monaten
angestellt.
Kajava fand, dass von 8246 untersuchten Personen 286 — 2,89°/o
schwindsüchtig waren. Von diesen 246 Personen untersuchte Therman
von neuem 232 = 94,1°/o; davon waren 173 = 70,3°/o schwindsüchtig,
dagegen 40 = 16,3°/o zweifelhaft. Bei nicht weniger als 19 Personen,
meinte Therman, war Lungenschwindsucht nicht vorbanden. Er fand
dagegen bei seiner Untersuchung 38 neue Fälle von Lungentuberkulose
und 2 mit zweifelbafiem Lungenbefund, die sämtlich vorher als gesund
gedeutet worden sind. Arvid Wallgren, Upsala.
125. Erwin Gyenes und Richard Weissmann, Über die
Häufigkeit der (inaktiven) Tuberkulose.. W. kl. W. 1918
Nr. 3.
Feststellung der Häufigkeit inaktiver Tuberkulose nach der von
Hamburger ausgearbeiteten Methode der Stichreaktion.
Es wurden 477 auf aktive Tuberkulose unverdächtige internkranke
Soldaten im Alter von 18—50 Jahren untersucht. Das Resultat ergab
467 Reagierende, und zwar schon 435 (= 93?°/o) auf die erste Injektion
von 1 mg Alttuberkulin, dann in rasch fallender Kurve der Rest auf
stärkere Dosen.
Es waren. also 98°/o der Untersuchten bereits tuberkuloseinfiziert.
Diese Methode erscheint absolut verlässlich, indem die 10 tuberkulin-
negativen Leute nach eingetretener Infektionsgelegenheit ohne Ausnahme
deutlich tuberkulinpositiv wurden. _ A.Baer, Sanatorium Wienerwald.
126. Hermann Sieveking,. Die Tuberkulosesterblichkeit der
Hamburger Kinder bis zum vollendeten 15. Lebensjahr im
Zeitraum von 1896—1915. D. m. W. 1917 Nr. 40.
Der erheblichen Abnahme der Tuberkulosesterblichkeit im ersten
Lebensjahre steht eine verbältnismässig geringe in den späteren Lebens-
jahren gegenüber. Die erhöhte Tuberkulosesterblichkeit des Kleinkinder-
alters im Jahre 1915 ist wohl schon als eine Kriegserscheinung anzu-
sprechen. C. Kraemer II.
Diagnose und Prognose.. 73
c) Diagnose und Prognose.
127. J. Koopmann, Das Prinzip der Gram’schen Färbung als
Grundlage einer prognostisch allgemein vonwertbaren Urin-
probe. D. m. W. 1917. Nr. 43.
H. Kronberger, Zur Jod- Gentianaviolettreaktion des
Harnes. Ebenda; Erwiderung auf vorstehende Arbeit.
Koopmann hält die Reaktion für ganz wertlos in prognostischer
Hinsicht, da sie auf der Farbenmischung allein beruhe. Kronberger
hält-an dem prognostischen Wert seiner Probe fest; er fand sie durchaus
nicht in jedem dunkeln, konzentrierten Urin positiv (vrgl. das Referat im
Zentralbl. XI, 8. | = C. Kraemer Il.
128. Engelmann, Über die Leistungsfühigkeit und Grenzen der
Anreicherungsmethoden für den Nachweis der Tuberkel-
bazillen im Auswurf. D. m. W. 1918 Nr. 1.
Ergebnisse: 1. Im frischen Ausstrichpräparat findet man bei richtiger
Technik am schnellsten und sichersten auch vereinzelte Tuberkelbazillen.
2. Von den Anreicherungsverfahren ist das beste das von Ditthorn
und Schulz angegebene (Ausfällungsverfahren mit Eisenchloridlösung).
Das Ausstrichpräparat gibt nur einen gewissen Anhaltspunkt für die
absolute Bazillenzahl der Tagesmenge, für diesen Zweck sind die An-
reicherungsmethoden unentbehrlich; im übrigen sind sie zur Kontrolle des
Ausstrichpräparates von Wichtigkeit. C. Kraemer IL
129. Fredrik Pettersson, Zur Frage der quantitativen Bestim-
mung der Tuberkelbazillen im Sputum. Svenska Läkaresell-
.. skapets Handlingar 43. 1917 H. 3.
Um ein genaues Mass der Menge der Tuberkelbazillen im Sputum
der Phthisiker zu erhalten, wurde folgende Methode von Pettersson
geprüft. Der Auswurf wird in Antiformin aufgelöst. Nachdem die Sus-
pension möglichst homogen gemacht worden ist, werden von derselben
Proben genommen, mit passender Menge Essigsäure neutralisiert und ver-
dünnt und mit einer Suspension versetzt, welche eine gewisse Anzahl von
Leukozyten enthält. Nachdem diese Mischung homogenisiert ist, werden
Tropfen davon genommen, auf Öbjektträger fixiert und nach, Ziehl-
Neelsen gefärbt. Mit Berücksichtigung des Verbältnisses zwischen
der Anzahl der im Präparat befindlichen Bazillen und ‘der der Leuko-
zyten ist dann die Menge der ersteren zu berechnen. Nach den Ver-
suchen, welche ausgeführt worden sind, mögen bazillenreiche Sputa zehn-
fache Millionen per Kubikzentimeter enthalten, und auch in Sputa, welche
ala bazillenarm gelten, mögen Hunderttausende von Bazillen per Kubik-
zentimeter vorhanden sein. Arvid Wallgren, Upsala, .
130. Jeanette Sakheim, Über den auskultatorischen Lungen-
befund bei Anwendung einer bestimmten Art des Atmens,
D. m. W. 1917 Nr. 49.
Man lässt den Patienten bei offenem Munde in kurzen und stoss-
weisen Atemzügen Luft holen. Dadurch ‚wird das Inspirium kürzer als
sonst, das Exspirium und die Atempause lang. Vorteile: Das bronchiale
74 Diagnose und Prognose.
Atemgeräusch wird verschärft und zischender, das unbestimmte Atmen
lauter und deutlicher, das amphorische hohler und höher. Die bronchiti-
schen Geräusche werden verstärkt, die klingenden Rasselgeräusche er-
scheinen, in allen Formen, besonders deutlich, das pleuritische Reiben
wird vorteilhaft verstärkt; pleuritische Adhäsionen werden durch deut-
liches Knarren auf der Höhe des Inspiriums bemerkt. — Es werden dann
einige Beispiele angeführt, welche den Vorteil der Methode dartun sollen.
(Neu ist die Methode nicht; an unserer Beobachtungsstation [Prof. Schlayer]
wird sie z. B. seit langem geübt; man kann übrigens auch zu viel, nicht
nur zu wenig auf den Lungen hören! [Ref.)). C. Kraemer II.
131. Alois Tar, Diagnostische Bedeutung der passiven Lungen-
verschieblichkeit. D. m. W. 1917 Nr. 51.
Bei Bauchlage tritt eine passive Verschiebung der hinteren Lungen-
grenzen ein, wobei dann die Exspirationsgrenze in Bauchlage etwa der
Inspirationsgrenze in Stellung entspricht. — Anfangsprozesse, welche die
aktiven Exkursionen noch nicht beeinflussen, setzen schon die passive
Verschieblichkeit durch geringere Verminderung der Elastizität herab.
Wichtig sind die Fälle des einseitigen Ausbleibens der passiven Ver-
schiebung; sie deuten, besonders bei erhaltener aktiven Verschiebung in
aufrechter Stellung, auf einen Infiltrationsherd. Das Verfahren bedeutet
auch eine feinere Verwertung der aktiven Verschiebung; eine in auf-
rechter Stellung kaum auffallende Hemmung zeigt sich in Bauchlage
markant. C. Kraemer II.
132. Rud. Holitsch, Röntgenbefunde an tuberkulin-negativen
Erwachsenen. W. kl. W. 1918 Nr. 1.
13 ständig tuberkulin-negative Soldaten (Injektionen von 0,1—100 mg
Tuberkulin) wurden röntgenologisch untersucht. Von diesen hatten nur 4
einen Befund, der vom Normalen nichts Abweichendes enthält. Alle
anderen wiesen verschiedene Veränderungen auf, die man sonst als Sym-
ptome von Lungentuberkulose anzusehen gewohnt ist: z. B. Differenz in
der Abschattung oder Grösse der Apikalfelder, stark verdichtete Hilus-
schatten, von denen auffalleud stärkere Stränge nach der Peripherie zogen,
kalkhaltige Herde in denselben (sechsmal), Verwachsungen im Sinus pleuro-
costalis usw. Aus diesen Befunden schliesst Verf., „dass die Lungenauf-
nahmen bestimmt nichttuberkulöser Erwachsener fast in der Hälfte aller
Fälle solche Veränderungen zeigen, welche man sonst als Symptome von
(beginnender) Lungentuberkulose zu deuten gewohnt ist. Es können sogar
mehrere solcher Veränderungen auf einem Bilde sichtbar sein, ohne dass
Tuberkulose vorhanden ist.“
(Wirklich beweisend wären da wohl nur Obduktionsbefunde mit ge-
nauester a Durchsuchung!)
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
133. F. Weihe, Die interlobäre Pleuritis im Kindesalter und
ihr röntgenologischer Nachweis. Zschr. f. Kinderhlk. 13. 1915
H. 112.
Autor sah in zwei Jahren 8 Fälle von interlobärer Pleuritis.
Das Krankheitsbild bietet grosse diagnostische Schwierigkeiten, da der
Diagnose und Prognose. 75
physikalische Lungenbefund meist sehr gering oder gänzlich negativ ist.
Den Ausschlag gibt die Röntgenuntersuchung. Es findet sich im IV. Inter-
kostalraum ein dem interlobären Spalt entsprechender bleistiftdicker
Strang, der nach unten haarscharf begrenzt ist, und an den sich oben
ein dreieckiger, nach der lateralen Thoraxwand ansteigender, weniger inten-
siver Schatten anschliesst. Ätiologisch kommt neben Tuberkulose vor
allem die Pneumonie in Frage. W. Schultz, Hamburg.
134. Lorenz, Erkennung der Koxitis im Kindesalter. Zschr. f.
ärzil. Fortbild. 1918 Nr.2.
Die Koxitis ist in 95°/o der Fälle eine tuberkulöse. Das Initial-
symptom ist eine allgemeine Einschränkung der Beweglichkeit durch
Muskelspasmen in erster Linie nach der Seite der Abduktion. Bei der be-
ginnenden Koxitis ist das kranke Bein fast immer das verlängerte; im
späteren Stadium (Zerstörung) finden wir Verkürzung, Flexion, Adduktion
und Aussenrollung. Die Schmerzen werden ausgelöst durch Zerrung der
erkrankten Synovialis, nicht den Druck der erkrankten Gelenkkörper
gegeneinander; beweisend dafür sind die Schmerzanfälle im tiefen Schlaf,
wo der Muskelspasmus aufhört und durch kleinste Bewegungen eine
schmerzhafte Zerrung der Synovialis eintritt. Der Schmerz bei beginnender
Koxitis wird meist in die Leiste, die Innenseite des Oberschenkels oder
Koniekehle verlegt. Gegen die nächtlichen Schmerzanfälle wirkt am besten
eine feste Spica coxae, verstärkt dürch zwei feuchte Badeschwämme, die
beim Austrocknen hart werden und als fixierende Schienen wirken.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde.
135. K. W. Lange, Untersuchungen über die okkulten Blutungen
aus dem Verdauungskanal bei Kranken mit Lungentuberku-
lose. Ugeskrift for Læger 1917 Nr. 33.
Bei 163 Kranken mit Lungentuberkulose wurden die Fäzes durch
die Benzidinprobe (Wagner’s Modifikation) untersucht. Die Patienten
waren während der Untersuchung auf fleischfreier Diät. Bei 30 war die
Probe positiv, von diesen hatten 16 klinische Symptome einer Darm-
tuberkulose.
Bei 31 wurde die Darmtuberkulose bei der Sektion nachgewiesen;
bei 16 von diesen war die Benzidinprobe positiv. Eine positive Reaktion
spricht für die Gegenwart einer Darmtuberkulose, während eine negative
eine solche nicht ausschliesst, weil die tuberkulösen Ulcera nur geringe
Neigung zur Blutung haben. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
136. M. Lermoyez, Le diagnostic de l’otorrhee tuberculeuse.
La Presse médicale, Juli 1917.
Während die Klinik der Otitiden im allgemeinen nur eine Tuberku-
lose annehmen lässt, kann die sichere Diagnose nur im Laboratorium ge-
stellt werden. Zu den Wahrscheinlichkeitssymptomen gehören der schleichende
Beginn der Erkrankung, die paradoxe, von Zeit zu Zeit auftretende Taub-
heit, intermittierende Fazialisparese. Otoskopisch erkennt man bleiche, oft
verhärtete Granulationen, die bisweilen zur Nekrose und Osteomyelitis
des Felsenbeins führen. Kurettage, Kauterisation, Atzen mit Chbromsäure,
überhaupt stark antiseptische Spülungen führen leicht zu einer bleibenden
76 ~ Therapie,
Fistelbildung, die ebenso wie die vorhergenannten, eine Tuberkulose wahr-
scheinlich machenden Herderkrankungen, spontan, häufig sogar erst nach
Aufhören jeglicher reizenden Behandlung ausheilen können. Die klinische
Diagnose wird durch die mikroskopische und bakteriologische Untersuchung
des Sekrets, durch operative Ergebnisse und den Tierversuch bestätigt.
Auch der Ausgang der Tuberkulinreaktion kann direkt oder indirekt zur
Sicherstellung der Diagnose herangezogen werden. Kautz, Hamburg.
137. Simon, Zur Prognose der offenen Kindertuberkulose. Zschr.
f. Tbe. Bd. 28 H.4.
Offene Lungentuberkulose galt bisher bei Kindern als prognostisch
völlig ungünstig. Auf Grund seines Materials teilt Verf. diese Ansicht
nicht; er hatte nach 2 Jahren 71,80/o Todesfālle und 17,90/0 Besse-
rungen. Wichtig für die Diagnose sind Ausbreityng und Form der
Krankheit, Temperatur und Puls, Alter, Geschlecht, Konstitution und
Komplikationen. Bei günstigem Verlaufe ist die erste Kur möglichst
lange auszudehnen, am besten so lange, als die Infektiosität andauert. Von
der spezifischen Therapie rät Verf. dringend ab, da er nur Verschlech-
terungen davon gesehen hat!!!
| Weihrauch, Hamburg. ..Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
d) Therapie.
138. P. Wichmann, Die kutane Tuberkulinbehandlung nach
Ponndorf. D. m. W. 1917 Nr.42. °
Die Ponndorf’sche Methode bedeutet einen Fortschritt in der Tu-
. berkulosebehandlung. Die Ergebnisse mit dieser Methode sind besser als
die der üblichen Injektionsmethode [die Beobachtungen stammen von
Lupuskranken. (Ref.). Ein weiterer Vorteil gegenüber den sonstigen
Tuberkulinanwendungen besteht darin, dass die Toxinwirkung des Tuber-
kulins viel weniger in Erscheinung tritt. „Die Haut scheint wie ein Filter
zu wirken.“ Die Gefahr einer Aktivierung des Herdes ist sehr gering.
Die Ponndorf’sche Methode stellt kein allgemeines Heilmittel
gegen Tuberkulose dar;. nur einem geringen Prozentsatz Tuberkulöser
dürfte sie Heilung, einem grösseren Besserung bringen.
C. Kraemer II.
139. Schok, Die Behandlung des Menstruationsfiebers durch
kleinste Dosen Tuberkulin nach der Methode von Philippi.
Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 4.
Zur Beseitigung des Meustruationsfiebers verwendet Verf. Koch’sche
Bazillen-Emulsion unter Vermeidung aller allgemeinen Reaktionen und
Temperatursteigerungen. Liegt Verdacht auf eine Herdreizung vor, so
wird die gleiche Dosis nach Abklingen aller Erscheinungen wiederholt.
Bei der geringsten Allgemeinreaktion wird mit der Dosis zurückgegangen.
. An der Hand von Krankengeschichten und Tabellen erläutert Verf.
das Verfahren, das mit der Injektion kleinster Dosen (1/s Millionstel Milli-
gramm) beginnt. Das Verschwinden des Menstruationsfiebers ging meistens
Hand in Hand mit einer Besserung des Allgenıeinbefindens; in manchen
Fällen wurde auch das Sputum bazillenfrei.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
Therapie. 1
140. Egmont Münzer- Prag, Zur modernen Therapie tuber-
kulöser Erkrankungen. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. (Ärztl. Beil.)
1917 Nr. 5.
Nach einem historischen Rückblick kommt Verf. auf das Tuberkulin
zu sprechen. Er hält die diagnostische Tuberkulininjektion für einen
gefährlichen Eingriff, der möglichst vermieden werden sollte, hat aber gegen
die Durchführung der Tuberkulinkur in der vorsichtigen, jede intensive
Reaktion vermeidenden Weise nichts einzuwenden, Versuche mit ver-
schiedenen Tuberkulinen haben keinen nennenswerten Unterschied in der
Wirkung der einzelnen Präparate ergeben. Immer wieder führte eine
noch so vorsichtige Tuberkulinkur bei irgend einer vorgeschrittenen Lungen-
tuberkulose zu Verschlimmerung, nur manche fieberfreie Kranke im ersten
Beginn der Lungenerkrankung zeigten Besserung. Allen bisherigen Ver-
suchen, die spezifische Therapie der Tuberkulose zu bessern und wissen-
schaftlich zu begründen blieb der Erfolg versagt; sie alle stellen ein un-
sicheres Herumtasten und Herumprobieren dar: „Fortschritte in der Tuber-
kulosetherapie sind gebunden an Fortschritte im Verständnis der Patho-
genese der tuberkulösen Erkrankungen und ihrer Heilungsvorgänge“. Mit
den Partialantigenen nach Deycke-Much tritt an Stelle der diagnostischen
Injektion die prognostische Immunitätsanalyse. Besprechung der Ergeb-
nisse der Literatur über die Partigene.
In der Therapie der Tuberkulose unterscheiden wir 2 Gruppen von
Mitteln:
1. Die unspezifischen: Licht, Wasser, Luft, Diät, Arzneimittel;
2. Die spezifischen: Die aus dem Tuberkelbazillus gewonnenen Präpa-
rate, die Tuberkulogene. .
Über den Erfolg der angewandten Mittel orientiert die Immunitäts-
analyse. Zur Behandlung selbst werden wir von den spezifischen Mitteln
bei der Lungentuberkulose das M.Tb.R. in Verwendung ziehen dürfen,
da es nach Angaben der Entdecker ganz oder fast ganz ungiftig ist, oder
das an der Hand der Immunitätsanalyse gewählte Gemisch der Partial-
antigene. Bei tuberkulösen Lymphomen kommt das albumosefreie Tuber-
kulin in Betracht, das viel weniger giftig ist, als das A.T. Koch’s.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
141. Wilh. Müller, Die Bedeutung der geteilten Tuberkulin-
injektion für die spezifische Therapie der Tuberkulose. Osterr.
Tbe.-Fürs.-Bl. (Arztl. Beil.) 1917 Nr. 5.
Die Wirkung der geteilten Tuberkulineinverleibung ist eine auffallend
günstige. Die gefürchtete Fieberreaktion wird ganz ausgeschaltet oder ab-
geschwächt, auch die Stich-, Allgemein- und Herdreaktion werden beträcht-
lich herabgemindert, daher sind die schädigenden ONMER DEN weit
geringere.
Zur Beurteilung der Wirkungsfähigkeit der Methode wurden ganz
besonders temperaturempfindliche Kranke ausgesucht, bei denen die Wieder-
holung der gleich starken Injektion erfahrungsgemäss regelmässig hohe
Fieberausschläge verursacht hatte. Durch die Methode der geteilten Injek-
tion kann die Tuberkulinbehandlung viel rascher durchgeführt werden,
auch kann man bis zu einer Konzentration ansteigen, die bei einfacher
Injektion von vielen überhaupt nicht vertragen, würde. Für sehr tem-
78 Therapie.
peraturempfindliche Kranke wird erst durch diese Methode die Tuberkulin-
behandlung möglich. Die Versuche mit der geteilten Injektion gelangen
gleicherart bei den verschiedensten Tuberkulinen.
Theoretisch ergibt sich aus diesen Resultaten, dass ein Teil des Tuber-
kulins bereits am Orte der Injektion gebunden und wesentlich verändert
wird. Der Organismus analysiert gewissermassen jedes Tuberkulin und
verwertet je nach Bedarf seine nützlichen immunisatorischen Bestandteile,
während er die unbrauchbaren zurückweist.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
142. Nikolaus Roth-Rozsahegy, Erfahrungen mit der Tuber-
kulintherapie. W. kl. W. 1918 Nr. 4.
300 Kranke wurden zur Hälfte mit Alttuberkulin, zur Hälfte mit
Beraneck’s Tuberkulin behandelt. Es konnte in einem wesentlichen Pro-
zentsatz (Alttuberkulin 64°/o, Beraneck 580/0) Besserung des vorher
stagnierenden Zustandes beobachtet werden. Zwischen den beiden Tuber-
kulinen war kein Unterschied zu konstatieren, die Erfolge waren indivi-
duell verschieden (Verschiedenheit der Verteidigungsfähigkeit der einzelnen
Organismen)... Die Gewichtszunahme während der Kur entsprach nicht
immer einer Besserung und umgekehrt schloss ein Gewichtsstillstand oder
sogar Abnahme nicht Stationärwerden des Prozesses aus.
Fest steht, dass eine mit genügender Vorsicht durchgeführte Tuberkulin-
kur unschädlich ist und nach aller Wahrscheinlichkeit heilungfördernd
wirkt. Die praktische Erfahrung zeigt, dass das Tuberkulin neben der
hygienisch-diätetischen und symptomatischen Behandlung in entsprechenden
Fällen und mit der nötigen Kontrolle ‚benützt werden kann.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
143. Herbert Koch, Die Tuberkulinbehandlung im Kindesalter.
Zbl. f. Kinderhlk. 13. 1915 H. 1/2.
Autor hat 45 Fälle mit Alttuberkulin Koch bezw. albumosefreiem
Tuberkulin behandelt. Die Dosen wurden in geometrischer Progression
nach v. Pirquet gesteigert. Anfangsdosis 0,001 mg A.T. bezw. 0,01 mg
A.T.F. Enddosis 1,0 mg A.T. bezw. 10,0 mg A.T.F. Das Tuber-
kulin wurde in einer grösseren Flüssigkeitsmenge (10—20 ccm) injiziert,
die Injektionsstelle oft gewechselt. In 38 Fällen erzielte die Behandlung
ein günstiges Ergebnis. W. Schultz, Hamburg.
144. Feldt, Krysolgan, ein neues Goldpräparat gegen Tuberku-
lose. B. kl. W. 1917 Nr. 46.
Verf. stellt folgende Leitsätze auf: |
1. Zur spezifischen Behandlung der Tuberkulose wurde das neutral
reagierende Alkalisalz einer komplexen aromatischen Goldsäure mit ein-
wertigem Gold hergestellt (unter Ausschaltung der Cyan-Gruppe).
2. Goldpräparate wirken bei Tuberkulose in biologischer Hinsicht
entwickelungshemmend auf den Erreger, anregend und beschleunigend auf
die Bildung der spezifischen und normalen Schutzkörper.
| 3. In chemisch-physikalischer Hinsicht wirken Gold und strahlende
Energie beschleunigend, katalytisch auf die Oxydationsvorgänge, die im
Therapie. 79
tuberkulösen Kranken darniederliegen, d. b. durch Stoffwechselgifte des
Erregers gehemmt sind.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
145. ©. Schnaudigel, Organische Goldpräparate in der Augen-
heilkunde. Klin. Mbl. f. Augenhlk. 59. 1917, Sept.— Okt.
Verf. behandelte 53 Fälle von tuberkulösen Augenerkrankungen mit
dem von Spiess und Feldt hergestellten Goldpräparat 1423, das
gegenüber dem Aurocantan derselben Autoren einen wesentlichen Fort-
schritt aufweist, da die Nebenwirkungen des Präparate 1423 geringer sind
als bei dem alten Präparat. Zusammenfassend kritisiert Verf. seine Ver-
suche wie folgt; „Das Präparat ist zweifellos ein spezifisch auf die
tuberkulösen Erkrankungen des Sehorgans wirkendes Mittel,
das in geeigneten Fällen sogar eine überraschende Wirkung entfaltet.
Seine Wirkung kann der des Tuberkulins gleichgerichtet sein, das Tuber-
kulin aber auch mit grossem Nutzen ersetzen, wenn es unwirksam ist“.
Klare, Hohenlychen.
146. Schnaudigel, Behandlung tuberkulöser Erkrankungen des
Auges mit organischen Goldpräparaten. Med. Klin. 1917.
Nr. 39. |
Verf. benutzte ein Goldpräparat, bei dem die Cyangruppe des Auro-
cantans durch einen neutraleren Körper ersetzt ist. Als Nebenwirkungen
bei der intravenösen Injektion treten Störungen im Allgemeinbefiuden auf,
Müdigkeit, Energielosigkeit, selten Fieber. Nach anfänglicher Verschlech-
terung des Krankheitsbildes wurden z. T. überraschende Erfolge beobachtet.
Die Wirkung des Präparats kann der des Tuberkulins gleichgerichtet sein,
kann sie aber auch ersetzen, wenn dieses versagt. Rehs, Davos.
147. Schein, Die Lichtbehandlung chirurgischer Tuberkulose
vom sozialen Standpunkte. Tbec.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 5.
Die Lichtbehandlung facht den torpid verlaufenden tuberkulösen
Prozess an und beschleunigt den Verlauf von Destruktion und Reparation.
Die reparativen Vorgänge gewinnen die Oberhand, der ganze Organismus
wird günstig beeinflusst und die spontane Heilungstendenz von zahlreichen
chronisch verlaufenden Fällen von Knochen-, Gelenk-, Drüsen- und Haut-
tuberkulose wird wesentlich gefördert. Es handelt sich bei den vom Verf.
‚behandelten Fällen um ausschliessliche Lichtstrahlenwirkung, da die Patien-
ten im übrigen völlig im alten Milieu weiterlebten. Die tonisierende und
roborierende Wirkung der natürlichen Sonnenbäder und künstlichen Licht-
bäder auf den ganzen Organismus gewinnt für die Armen- und Kassen-
praxis eine besondere Bedeutung, da im Anschluss an Krankenkassen-
Ambulatorien und Polikliniken ohne grosse Kosten derartige Bäder an-
geschlossen werden können, wo eine grössere Anzahl von Kranken gleich-
zeitig bestrahlt werden können. Ä Rebs, Davos.
148. Kjell Bergman, Sonnenlichtbehandlung der Knochen- und
Gelenktuberkulose. Allmänna Svenska Läkartidningen 1917
"Nr. 19. |
Eine zusammenfassende Darstellung. Ä a
— Ä Arvid Wallgren, Upsala.
80 Therapie.
149. Charlotte Warner, Heliotherapy in Great Britain, Becords
of an Experiment. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. XI Nr. 4,
Oktober 1917. |
Bericht über gute Erfahrungen mit Heliotberapie, nach System Rollier,
in Englands Klima, (in Abergale, an der Nord-West-Küste).
Amrein, Arosa.
150. Hans L. Heusner, Theoretische Bemerkungen zur Helio-
therapie. D. m. W. 1917 Nr. 35.
Ausführliche theoretische Erörterungen über natürliche und künstliche
Strahlenwirkung, welche an Ort und Stelle nachgelesen werden müssen.
„Nicht darauf kommt es an, dass wir die Sonne nachahmen. Was sie
uns gibt, werden wir ausnützen, und was sie uns versagt, so gut es geht,
durch unsere künstlichen Strahlenquellen zu ersetzen suchen.“
C. Kraemer II.
151. Walther Pfeiffer, Fistelbehandlung durch Vaselin-Ein-
spritzungen nebst Beobachtungen über die Beck’sche Wis-
mutpaste. Inaug.-Diss. Leipzig 1917.
Dass die Fistelbehandlung mit der Beck’schen Wismutpaste recht
gute Erfolge zeitigt, ist nicht abzuleugnen. Man hat aber später empirisch
und experimentell erkannt, dass das wirksame Agens in der Paste nicht
das Wismut, sondern das Vaselin ist. Das amerikanische Vaselin regt
besonders kräftig zur Bindegewebswucherung an. Verf. berichtet: über
einige Fälle, in denen durch Vaselininjektionen ein Fistelschluss erzielt
werden konnte. In einem Falle von Empyemfistel wirkte die Injektion
direkt lebensrettend, da der Kranke, welcher durch die langwierige Eite-
rung zum Skelett abgemagert war, sich nach Schluss der Fistel zusehends
erholte und vollständig wieder hergestellt wurde. Hans Müller.
152. Sven Johansson, Über die Behandlung der tuberkulösen
Spondylitis mit besonderer Berücksichtigung der Albee’schen
Operation. Hygiea 1917.
Verf. hat 12 Fälle von Spondylitis nach der Albee’schen Methode
operiert: 6 Mädchen und 6 Knaben, der jüngste 3 Jahre, der älteste
12 Jahre. Ein Fall führte 41/2 Monate nach der Operation zu Mors an
Miliartuberkulosee. In den übrigen Fällen hält Verf. das Resultat für
zufriedenstellend. Die Fälle, die gegenwärtig als am geeignetsten zur
Operation nach dieser Methode angesehen werden, eind teils akute Fälle
ohne Deformität, wo der Prozess so lokalisiert ist, dass sonst die Ent-
stehung einer Gibbusbildung zu erwarten ist, teils fortgeschrittene Fälle
mit Deformität, doch erst nachdem diese auf unblutigem Wege so voll-
ständig als möglich korrigiert worden ist. Arvid Wallgren, Upsala.
153. Morestin, De l’emploi du formol dans les ost&o-arthrites
tuberculeuses. Société de Chirurgie vom 3. Februar 1915.
(Ref. La Presse médicale 1915 Nr. 6.)
M. stellt 2 Kranke vor, welche an Tumor albus des Handgelenkes
schwer erkrankt waren und welche beide in wenigen Monaten durch eine
Reihe von Formolinjektionen in die erkrankten Partien bis zur fast voll-
Therapie. gl
ständigen Gebrauchsfähigkeit des Handgelenkes geheilt wurden. Zwar
waren in beiden Fällen Auskratzungen voraufgegangen, welche jedoch
ohne Erfolg geblieben waren. Querner, Hamburg-Barmbeck.
154. Schönfeld und Benischke, Röntgentherapie der tuber-
kulösen Halsiymphome. Med. Klin. 1917 Nr. 40.
Verf. fassen ihre Erfahrungen wie folgt zusammen: Die Wirkung
der Röntgenstrahlen auf die tuberkulösen Lymphome ist eiße so sichere
und vortreffliche, wenn die Methode der Tiefentherapie in Anwendung ge-
bracht wird, dass man dieser Behandlungsweise in akuten wie chronischen
Fällen vor jeder anderen den Vorzug einräumen muss. Die Heilung geht
sicher und in nicht zu langsamem Tempo vor sich, Fisteln können viel
schneller als durch andere Massnahmen zum Versiegen gebracht werden.
Die abgelaufene Erkrankung ist nach aussen nicht zu erkennen und wenn
sie mit Narbenbildung ausbeilt, ergibt sich auch hier ein glänzender Er-
folg in kosmetischer Beziehung. Ferner ist auch nicht zu gering zu ver-
anschlagen, dass die Behandlung ganz schmerzlos vor sich geht, den
Patienten also die Angst erspart wird, und sie für gründliche Behandlung
zugänglicher macht. Rehs, Davos.
155. 8. A. Pfannenstill, Über die Behandlung der Larynx-
tuberkulose mittels Naj und Natriumhypochlorit. Nordisk
Tidsskrift för Terapi 1917.
Pfannenstill hat sein Heilverfahren in der Weise abgeändert, dass er
jetzt die Inhalation des Wasserstoffsuperoxyds oder Ozons durch die
der Hypochloritlösung (!/;—1°/o „Dakins Lösung“), welche auch das Jod
im Gewebe frei macht, ersetzt. Die Behandlung erfolgt derart, dass der
Kranke täglich zweimal 1 g NaJ per os bekommt; dann den ganzen
Tag über, mit nur kleinen Pausen, Einatmung von Hypochloritlösung
mittels eines Inhalationsapparates (sog. „Ulbrichs rafraichisseur“ von Stein-
metz & Knetsch, Cassel). Diese Methode hat vor der vorherigen das voraus,
dass sie niemals die Schleimhäute reizt und sie ist einfach und billig im Ge-
brauch. Der Verf. teilt 3 Fälle von Larynxtuberkulose mit Ulzerationen und
Infiltrationen im Larynx (davon 1 Fall in einem vorgeschrittenen Stadium
der Krankheit) mit, die in 1—6 Monaten durch die oben geschilderte
Behandlungsmethode geheilt worden sind, trotz der ziemlich fortgeschrittenen
Lungentuberkulose. Arvid Wallgren, Upsala.
156. Hans Curschmann, Über Grundlagen und Indikationen
der Kalziumtherapie. Sonderabdruck a. d. Sitzungsber. u. Ab-
handl. d. naturf. Ges. zu Rostock. Bd. 7. 1917.
Verf. nimmt folgende pharmakodynamischen Haupteigenschaften und
Indikationen des Calciums an: 1. Es vermag erregungsvermindernd auf
das gesamte Nervensystem, vor allem auf das motorische, periphere Neuron
zu wirken; 2. es fördert die Blutgerinnung; 3. es vermindert die
Permeabilität der Gefässwände. Bei Haemoptoe sah C. nach Calcium-
darreichung recht befriedigende Erfolge, indem er das stets per os
gegebene Calcium mit Gelatine kombinierte, Von äusserst
günstigem Einfluss erwies sich die Kalktherapie weiter bei Bronchialasthma
und Heuasthma (Ref. kann als „alter“ Heufieberleidender aus eigenster
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 6
82 Prophylaxe. — Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten usw.
Erfahrung dem beistimmen). Gegeben wurde Calcium in Form des Cal-
cium chlorat, 4—6 gr bei Erwachsenen, 3—4 gr bei Kindern. Von
Patentpräparaten werden Glycalcium eflfervescens Ritsert und Kalzan emp-
fohlen. Die beste Wirkung sah Verf. bei' Dauerdarreichung von
Calcium. Nebenwirkungen wurden selbst bei jahrelanger Darreichung
nicht beobachtet. Klare, Hohenlychen.
` e) Prophylaxe.
157. Barbosa, Praktische Vorbeugung bei Tuberkulose. Tri-
buna Méd., Rio Janeiro IX. 1914.
Die Ausbreitung und der epidemische Charakter der Tuberkulose
machen es notwendig, die Vorbeugung zu individualisieren, Darum
haben die Sanatorien als soziale Vorbeugungswaffe versagt. Die Dispen-
sarien, Hygiene und Behandlung eines jeden einzelnen, die Isolierung der
Kranken, die obligatorische Anzeigepflicht, das sind die besten Mittel.
J. Chabäs.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
158. Ivar Petersen, Jahresbericht des Krabbesholm Sana-
toriums (Dänemark) 1916—1917.
Entlassen wurden 239 (beiderlei Geschlechts), I. Stadiums 36, II. Stad.
89, IIL Stad. 114. Die mittlere Kurdauer betrug 179 Tage, die mittlere
Gewichtszunahme 4,7 kg. Relativ geheilt wurden 6, relativ gebessert 43,
gebessert 73, unverändert 58, verschlechtert 44, 15 starben. Tuberkel-
bazillen wurden bei 72°/o nachgewiesen, schwanden bei 19).
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
159. J. Strandgaard, Jahresbericht des Boserup Sanatoriums
(Kopenhagen) 1916.
Entlassen wurden 294 (beiderlei Geschlechts), I. Stad. 109, II. Stad.
90, III. Stad. 95. Durchschnittliche Kurdauer betrug 176 Tage. Relativ
geheilt wurden 87, relativ gebessert 39, gebessert 85, unverändert 41, ver-
schlechtert 39, 3 starben. Die durchschnittliche Gewichtszunahme betrug
4,5 kg. Tuberkelbazillen wurden bei 65,5 °/o nachgewiesen, schwanden bei
12°/o. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
160. Otto Helms, 3 Monate im Sanatorium! Ugeskrift for
Lager 1917 Nr. 42.
Als Leiter eines Sanatoriums in Dänemark 'zieht der Verf. gegen
die sowohl unter dem Publikum als auch unter den Ärzten verbreitete
Ansicht, dass eine Lungentuberkulose nach einem Aufentbalt von 3 Monaten
im Sanatorium geheilt werden könne, zu Felde. Selbst leicht angegriffene
Kranke müssen beträchtlich länger in Behandlung bleiben, um Arbeits-
fähigkeit zu erwerben. Der dazu hotwendige Platz wird gewonnen,
wenn die Schwerkranken in Hospitälern oder in Invalidenheimen aufge-
nommen werden. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 83
161. Eduard Ladek, Zur Heilstättenfrage bei chirurgischer
Tuberkulose. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 6.
Mehrere Heilstätten für chirurgische Tuberkulose im Hochgebirge
sind projektiert, durch den Krieg ist der Bau jedoch verzögert worden.
Dadurch wird viel kostbare Zeit, aber auch noch weit Kostbareres, näm-
lich Leben und Gesundheit vieler Menschen, verloren.
Verf. plädiert daher dafür, die Stationen für chirurgisch-tuberkulöse
Soldaten an der Adriaküste zu errichten, wo viele Häuser am Meere leicht
und vor allem bald adaptiert werden können. Sind dann einmal die
Höbenstationen errichtet, so könnten sie die Tätigkeit der gedachten Be-
helfsanstalten übernehmen. Wahrscheinlich wird man aber dann gerne
beide Arten der Heilstätten erhalten, weil die Zahl der behandlungsbe-
dürftigen Kranken eine sehr grosse sein wird.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
162. Alex. Koranyi, Das System der Tuberkulosebekämpfung.
Tuberkulözis 1917, Sept.— Okt.
Vor allem sind Twuberkulose-Spitäler, resp. Spitalsabteilungen für
Tuberkulose nötig. Dieselben sind dezentralisiert zu errichten, ein jedes
Spital bloss für einen bestimmten Bezirk. Ihre Krankenaufnahme sollte
ausschliesslich durch die Fürsorgestellen erfolgen. Nebenbei sollten in
Dörfern Isolierhäuser (nach Muster der norwegischen Tuberkuloseheime)
geschaffen werden. Weiter ist die Zahl der Heilstätten zu erhöhen und
mit Erholungsstätten für den Sommer zu ergänzen. Ebenso ist eine
weitere Entwicklung des Fürsorgestellen-Netzes im ganzen Lande unent-
behrlich. Auch eine Landeszentrale für die Ausbildung von Tuberkulose-
Ärzten und Fürsorgepersonal ist als höchst erwünscht zu bezeichnen.
D. O. Kuthy, Budapest.
163. Emmerich Maixner, Isolierstätten für Tuberkulöse.
Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 3.
Die Heilstätten, auch wenn sie so zahlreich sind wie in Deutschland,
können bloss als Teilbekämpfung bezeichnet werden. Die Bemühungen
um eine erfolgreiche Bekämpfung der Tuberkulose müssen sich den je-
weiligen Verhältnissen anpassen und demnach in mehrfacher Richtung
betätigen.
Die Fürsorge um die Schwertuberkulösen ist eine der
wichtigsten Vorbedingungen einer erfolgreichen Tuberku-
losebekämpfung. Die Tuberkulose ist nicht nur im Heere, sondern auch
in der Zivilbevölkerung durch den Krieg in rascher Ausbreitung begriffen,
sowohl infolge der durch Entlassung erkrankter Soldaten in die Familie
hineingetragenen Infektion, als auch infolge gesunkener Widerstandskraft,
Der Schutz der Bevölkerung kann wesentlich nur durch Isolierung der
Kranken erzielt werden. Die private Fürsorge muss naturgemäss versagen,
dieselbe muss breit angelegt und autoritativ geregelt werden. Bisher wurde
die Pflege und Behandlung der Phthisiker vernachlässigt und dieselben
als Krankenhausballast angesehen. Das muss anders werden. Die
Fürsorge für die Tuberkulösen begann bei den Leichtkranken ; das mensch-
liche Gefühl fordert auch die Sorge um die Schwerkranken. Von den
Isolierstätten als Krankenhausabteilungen muss das Vorurteil abgelöst
6*
84 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
werden, dass sie eine blosse Versorgungsanstalt oder ein Siechenhaus sind;
sie müssen zu Krankenheilstätten umgewandelt werden. Die Behandlung
muss durch spezialistisch ausgebildete Ärzte geleitet werden und darf nicht
eine rein symptomatische sein, wie bisher. Angliederung der Isolierstätten
an die bestehenden Bezirks- und Stadtkrankenhäuser ist aus humanitären
und praktischen Gründen wünschenswert. Gegen Unterbringung aller
Stadien der Tuberkulose in den Isolierstälten ist nichts einzuwenden, es
wäre nur innerhalb der Anstalt Trennung nach der Schwere des
Leidens durchzuführen. Die lIsolierstätte darf unter keiner Bedingung
den Eindruck hervorrufen, dass sie zur Aufnahme von .Unheilbaren und
dem 'Tode Verfallenen bestimmt ist.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
164. J. E. Johansson, Über die Verpflegungsetats der Tuber-
kulosekrankenhäuser. Svenska Nationalföreningen mot Tuber-
kulosen. Krartalsskrıft 12. 1917.
Auf Grund seiner Untersuchungen über die Kost einiger schwedischer
Sanatorien kommt Johansson zu folgenden Schlussfolgerungen.
Die Nahrungszufuhr der Lungentuberkulösen eines Sanatoriums kann
nicht höher als auf 3400 Kalorien getrieben werden. Gewöhnlich wird
dieser Wert von den angenommenen Verpflegungsetats überstiegen. Um
der Verschwendung mit den Speisen vorzubeugen, wäre es angebracht,
dass die täglichen Verpflegungsetats dem wirklichen Bedürfnis angepasst
werden. Die Krankenpflegerinnen müssen instruiert werden, den Speise-
bedarf der Patienten genau zu beobachten und nicht mehr zu requirieren,
als von den Patienten aufgegessen werden kann. Die Patienten müssen
ermahnt werden, nicht mehr zu verlangen, als sie zu geniessen vermögen.
Die Speisenreste werden zu einem folgenden Mahl bereitet. Gestützt auf
ihre Erfahrung über den Verbrauch muss die Küchenvorsteherin die Menge
der für jedes Gericht erforderlichen Esswaren berechnen, so dass so wenig
Speisereste wie möglich entstehen. Fettsammler werden in die Abfluss-
röhren der Küche eingesetzt, um das Fett des Spülwassers zu sammeln
für technischen Gebrauch. Arvid Wallgren, Upsala.
165. Dörfler, Tuberkulosefürsorge auf dem Lande. M. m. W.
64. 1917 S. 1394—1937 u. S. 1429—1431.
Zusammenfassender Vortrag über die zur Zeit üblichen und dringlichsten
Massnahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose in kleinen Städten und
auf dem Lande. Bredow, Ronsdorf.
166. Julius Keutzler, Die Rolle der Fürsorgestellen im Kampfe
gegen die Tuberkulose. Orvoskepzis 1917, August.
Als richtiges Prinzip stellt die Abhandlung den Satz auf: „Während
die Sanatorien, Spitäler und andere Heilanstalten sich mit dem kranken
Menschen beschäftigen, ist die Hauptaufgabe der Fürsorgestellen der Schutz
der Gesunden vor Ansteckung und Erkrankung“. Das Hauptziel: ist stets
die Isolierung der Kranken, eine möglichste Entfernung derselben aus dem
Kreise der Gesunden. D. O. Kuthy, Budapest.
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 85
167. Gottlieb Pick-Aussig, Die Bekämpfung der Tuberkulose
in Stadt und Bezirk Aussig. Osterr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 4.
1895—1905 langsamer Anstieg der 'Tuberkulosetodesfälle, dann (bei
gleichzeitigem Einsetzen der zielbewussten Bekämpfung) Abfall bis 1913;
in diesem Jahr tiefster Stand. 1914—1915 langsames, seit 1916 rapides
Ansteigen der Tuberkulosetodeszahlen.
Im Bezirk Aussig „ist man sich der Gefahr der Tuberkulose allseitig
bewusst und hat das Bestreben, alles anzuwenden, um diese verderblichste
Volksseuche möglichst entschieden mit allen zur Verfügung stehenden
Mitteln zu bekämpfen“. Es bestehen dort schon 2 Lungenheilstätten,
1 Fürsorgestelle, 1 Ferienkoloniee Es wurde bereits eine Bezirkszentrale
gegründet, welche eine zweite Fürsorgestelle gründen und ihr Hauptaugen-
merk einer Besserung der Wohnungsverhältnisse zuwenden will. Ferner
ist ein gemeinsames Zentralbureau (Wohlfahrtsamt) geplant. Durch dieses
werden die zur Verfügung stebenden Mittel planmässig verwendet werden.
Der Bezirk Aussig hat 117000 Einwohner und sollte vielen anderen
Land- und Indutsriebezirken vorbildlich sein.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
168. E. Kugler- Gmunden, Zur Organisation der Tuberkulose-
Fürsorge. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 4.
_ Verf. tritt für ein gesetzlich verpflichtetes Zusammenarbeiten aller
praktischen Ärzte des Fürsorgebezirkes mit den Fürsorgestellen und durch
sie mit den Heilstätten und Heimstätien ein. Der Arzt müsste gesetzlich
verpflichtet sein, alle mit Husten und Auswurf behafteten, verdächtigen
Fälle einer Sputumuntersuchung zu unterziehen (zentrale bakteriologische
Untersuchungsanstalt), die positiven Fälle der Fürsorgestelle zu melden und
mit ihr die notwendigen Schutzmassnahmen treffen oder die Verantwort-
lichkeit für die Durchführung übernehmen. Für Kriegsdauer wäre ein
Zusammenarbeiten der militärärztlichen Behörden mit den Fürsorgestellen
notwendig. Es müssen sofort provisorische Bezirksfürsorgestellen geschaffen
werden, die unmittelbar die aus dem Militärdienste Entlassenen zu über-
nehmen hätten. Durch die militärische Disziplin kann jetzt eine straffe
Organisation der zivilen Fürsorge erzwungen werden. Die Schwierigkeiten
sind nicht zu gross und wären zu überwinden. Auch Fürsorgeschwestern
würden sich aus den vielen tausenden Pflegerinnen unschwer ausfindig
machen lassen; es müsste nur für eine günstige materielle und soziale Lage
derselben gesorgt werden.
Die Einteilung der Tuberkulose schlägt Verf. vor, auf die Prognose
in folgender Weise aufzubauen.
1. Prophylaktiker, anscheinend geheilte Fälle, die noch eine Zeitlang
überwacht werden müssen, Fälle von inaktiver Tuberkulose, die zur Er-
reichung der Dauerheilung zu leichter Erwerbstätigkeit angehalten werden
müssen, Fälle von noch aktiver Tuberkulose, die nach durchgeführter
Heilstättenbehandlung in die Arbeit wieder eingeführt werden müssen.
Hierher dürften nur Fälle von geschlossener Tuberkulose eingereiht werden.
2. Heilstättenfälle, die behandlungsbedürftig sind und eine Ausheilung
erwarten lassen. Hierher gehören auch die leichtesten Fälle von offener
Tuberkulose. Da an eine Unterbringung aller dieser Fälle in eine Heil-
86 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
stätte nicht gedacht werden kann, müssten sie anderwärts heilstättenmässig
behandelt werden.
3. Nicht mehr heilbare, chronisch verlaufende Fälle, welche gutartig
und mild verlaufen, so dass sie noch eine jahrelange Arbeitsfähigkeit er-
warten lassen. Diese wären über hygienisches Verhalten zu belehren,
eventuell in Kriegerheimstätten oder ländlichen Kolonien unterzubringen.
4. Die unheilbaren schweren Fälle. Hier müsste die Fürsorge ent-
scheiden, in welchen Fällen nach den sozialen Verhältnissen die Gefahr
für die Umgebung so gross ist, dass dieselben in Spitäler untergebracht
werden müssen; in allen anderen Fällen wäre über die Durchführung der
hygienischen Notwendigkeiten und genügende Pflege im Hause die Auf-
sicht zu führen, wenn nötig Unterstützung zu gewähren.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
169. Herm. v. Hayek, Zur Technik des sozialen Kampfes gegen
die Tuberkulose, mit besonderer Berücksichtigung der Ver-
hältnisse in Österreich. W. kl. W. 1917 Nr. 46.
Absinken und Ansteigen der Tuberkulose geht mit dem Hochstand
und Tiefstand der allgemeinen sozial-hygienischen Verhältnisse parallel.
Wir dürfen nicht den Kampf gegen die Tuberkulose der Natur überlassen,
wir müssen gegen die Tuberkulose kämpfen und wir können
auch erfolgreich gegen sie kämpfen. Es stehen uns in diesem Kampfe
eine Anzahl Hilfsmittel zur Verfügung, es fehlt aber an einer einheit-
lichen, -zielbewussten Zusammenfassuug und organisatorischen Gliederung
derselben. Die hygienisch-diätetische Therapie ist für die Bekämpfung
der Tuberkulose ale Volksseuche undurchführbar. Dort, wo dieselbe ver-
sucht wurde, hat sie nur zu erfolglosen, sehr kostspieligen Experimenten
geführt. Die spezifische Therapie ist unsere aussichtsreichste
Hauptwaffe gegen die Tuberkulose als Volksseuche, wenn ihre Handhabung
im Grossen einmal organisiert sein wird. Sie stellt zugleich ein sehr
billiges Heilverfahren dar, das ohne grosse Schwierigkeiten, wenn nötig
jahrelang, fortgesetzt werden kann. Die perkutane Tuberkulineinreibung
nach Pe truschky ist überall ohne ärztliche Hilfe durchführbar. Wenn
der Staat das im Grossen tut, was Petruschky im Kleinen getan hat
(Sanierung des Dorfes Hela), so werden wir die Volksseuche Tuberkulose
überwinden. Die perkutane Tuberkulinbehandlung muss staat-
lich organisiert werden, so wie die Blatternimpfung organisiert
worden ist. Die Heilstätten können gewiss sehr gute individuelle
Erfolge erzielen; eine entscheidende Rolle im Kampfe gegen die Tuberku-
lose als Volksseuche ist von ihnen nicht zu erwarten. Auch die Heil-
stätten müssen in eine grosse, einheitliche, in gut zu überblickende Bezirke
dezentralisierte Organisation der Tuberkulosebekämpfung eingefügt werden.
Nur solche Kranke dürfen in eine Heilstätte aufgenommen werden, bei
denen eine tatsächlich drohende Erwerbsunfähigkeit für längere Zeit hinaus-
geschoben werden kann. Die Anzeigepflicht ist für einen zielbe-
wussten Kampf gegen die Tuberkulose eine Notwendigkeit. Sie kann
sich aber nur dann bewähren, wenn sie mit Massnahmen verknüpft ist,
durch die der Kranke gleichzeitig mit der Anzeige auch soziale und ärzt-
liche Hilfe erhält. Ist letzteres nicht der Fall, dann schadet sie nur,
denn der Kranke würde es dann vermeiden, ärztliche Hilfe aufzusuchen.
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u, -Heime. 87
Die Anzeigepflicht darf nicht der erste Schritt des staat-
lichen Eingreifens im Kampfe gegen die Tuberkulose sein,
sondern der letzte. Das wichtigste soziale Kampfmittel gegen die
Tuberkulose ist die Sozialversicherung, die wir in Österreich leider
noch nicht haben. Private Wohltätigkeit mit geringer staatlicher Unter-
stützung genügt nicht.
Bei uns bildet die ambulatorische Behandlung der Tuberkulösen nur
eine Ausnahme und die Heilstättenbehandlung erzielt nur bei einer ver-
schwindenden "Minderzahl der behandlungsbedürftigen Kranken einen
volkswirtschaftlichen Erfolg. Aus der gebieterischen Notwendigkeit für
die vielen unversorgten Kranken wenigstens etwas zu tun, hat sich das
Fürsorgewesen entwickelt. Die deutschen Füürsorgestellen nach dem
Pütter’schen System haben vielfach den ärztlichen Charakter verloren
und sind reine Wohltätigkeits- und Armenunterstützungsinstitute geworden.
Eine solche Fürsorgetätigkeit, bei der die Mehrzahl der Kranken einen
materiellen Vorteil sucht, während Arbeitsfähigkeit und Schutz der Um-
gebung Nebensache bleiben, ist falsche Humanität. Das richtige
Prinzip der Tuberkulosefürsorge ist, dass die Fürsorgetätigkeit
kein Almosen anbietet, sondern das Recht auf Unter- _
stützung gegen eine gemeingefährliche Krankheit. Die Ent-
scheidung bierüber kann nur ein in allen Tuberkulosefragen bewanderter
Arzt treffen; die Fürsorgetätigkeit bedarf daher einer energischen und
straffen ärztlichen Disziplin. Dem Fürsorgeinstitut muss jeder Kranke
überwiesen werden; dasselbe muss sein Sehicksal bis zum Ende oder bis
zur Heilung im Auge behalten und es muss gleichzeitig über alle zur
Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Hilfsmittel orientiert sein.
Verf. stellt folgende Leitsätze als Richtlinien für die Ausgestaltung
und Führung solcher Fürsorgeinstitute auf:
‘1. Das Fürsorgeinstitut muss unter straffer ärztlicher
Leitung stehen, die nach grosszügigen wissenschaftlichen
Grundsätzen vorgeht. Die Seele der Fürsorgestelle muss der Arzt
sein, die Fürsorgeschwester ist nur das ausführende Hilfsorgan.
3. Das Fürsorgeinstitut muss mit den nötigen diagno-
stischen und therapeutischen Hilfsmitteln ausgestattet
sein. Es muss ihm auch eine genügende Zahl von Hilfs-
kräften zur Verfügung stehen. Die Kranken sind nach Möglich-
keit ambulatorisch zu behandeln und in den bedrohten Familien ist in
grosgzügiger Weise die prophylaktische Perkutantherapie nach Petruschky
durchzuführen.
3. Dem leitenden Arzte muss an einem nahe liegenden
Spitale eine entsprechende Beitenzahl zur Verfügung stehen,
wo er ohne bürokratische Umstände Kranke unterbringen
und klinisch beobachten kann. Dies ist für die Diagnose und für
die: Therapie in gewissen Fällen notwendig.
4. Möglichst unmittelbare Koordinierung des Fürsorge-
institutes mit der zuständigen Heilstätte und den Tuberku- .
loseabteilungen der Spitäler. Die Heilstättenplätze sollen nur
durch das Fürsorgeinstitut belegt werden. Umgekehrt müssen die aus
den Heilstätten entlassenen Patienten der Fürsorgestelle übergeben werden.
88
Die Heilstättenkur darf prinzipiell nicht länger dauern, als bis eine am-
bulatorische Behandlung möglich ist.
5. Arbeitsgemeinschaft mit den Krankenkassen.
6. Das Fürsorgeinstitut ist verpflichtet, eine gute Sta-
tistik über Tuberkuloseverbreitung und -gefährdung im zu-
ständigen Bezirke zu führen. Es soll verpflichtet sein, wissen-
schaftliche Tuberkuloseforschung zu treiben.
7. Die Vermittelung materieller Unterstützung muss
durch das Fürsorgeinstitut erfolgen.
Schlusssätze des Verf.’s: „Das, was heute gegen die Tuberkulose am
meisten Erfolg verspricht, ist fleissige Kleinarbeit, dezentralisiert in mög-
lichst viele, leicht zu überblickende Bezirke, aber naoh grosszügigen und
weitblickenden volkewirtschaftlichen Richtlinien. Das praktisch grund-
legende Prinzip muss dabei sein, Hilfsbedürftigkeit und zur Verfügung
stehende Mittel in den einzelnen Bezirken einheitlich zu erfassen und
rationell einander zuzuteilen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
g) Allgemeines und Grenzgebiete.
170. Herford-Görlitz, Die Wege unserer heutigen Tuberkulose-
bekämpfung. Tbc.-Fürs.-Bl. 4. Jy. Nr. 11, Nov. 1917.
In Görlitz bat man vor dem Kriege den Versuch mit einem „Tuber-
kulosehaus“ gemacht, in dem 4 Familien hygienisch einwandfreie Woh-
nungen zu billigem Preise finden sollten, mit einem eigenen, einen be-
sonderen Eingang habenden Zimmer für den Kranken. Es hielt aber
schwer, passende Mieter zu erhalten. Zumal als in dem Hause Todes-
fälle vorgekommen waren, kam es als Sterbehaus in Verruf. Starke
Opposition ging auch von der Nachbarschaft aus, die eine Überschwen-
mung mit Tuberkulosekeimen fürchtete. — Bessere Erfahrungen wurden
mit Schrebergärten gemacht, die an tuberkulöse Familien für ein billiges
Mietgeld abgegeben werden. Sie erfreuen sich grosser Beliebtheit. — Im
Vordergrunde steht die Fürsorge für die Kinder; eine Waldschule, ein
Ferienheim und ein Tag- und Nachtheim für rachitische und skrophulöse
Kinder sind vorhanden. Für die leichteren Tuberkulosen der Erwachsenen.
hat sich die Walderholungsstätte bewährt.
| Herm, Tachau, Heidelberg.
171. Kemsies, Der Tuberkulose-Film des Deutschen Zentral-
komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. Tbe.-Fürs.-Bl.
1917 Nr. 2 u. 5.
Es ist das Gebot der Zeit, jede geeignete Methode zur Abwehr der
Zerstörer der Volksgesundheit in Anwendung zu bringen und die gesund-
heitliche Unterweisung des gesamten Volkes zu fördern. Die hygienischen
Kenntnisse, die durch Mitteilungen, Hinweise und Abbildungen vermittelt
werden, werden ebenso leicht vergessen wie erworben. Methodischer Unter-
richt ist da am Plaize, denn nur ‚Beobachtungen nach Anleitung des
Lehrers und selbständig verarbeitete Urteile liefern die Grundlage für ein
kritisches Wissen. ‘Der Film. scheint berufen, die wichtigsten Tatsachen‘
und Forderungen der Hygiene der Allgemeinheit 'zu vermitteln, Erklä-
Allgemeines. und Grenzgebiete. 89
rungen sind als Text einzuschalten. Dem Zuschauer werden Staub- und
Tröpfcheninfektion, die offene Tuberkulose und ihre Erreger, :die Hilfs-
tätigkeit der Luandesversicherungsanstalt und der Fürsorgestellen, die
Wohnungspflege und die Verhütung der Übertragung, die Heilstättenbe-
handlung und Familienfürsorge an einem praktischen Beispiel gezeigt.
Die Tendenz, die wichtigen Gesundheitsregeln zur Richtschnur für die
eigene Lebensweise zu erheben und sich die eigene Gesundheit zu erhalten,
kann durch einleitende Worte über die Ziele des Deutschen Zentral-
komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose betont werden, ausserdem kann
ein kurzer Vortrag über Allgemeines und Statistik, den Erreger der
Tuberkulose und die Ursachen der Erkrankung, Infektionswege und Er-
scheinungsformen, Erkennung und Behandlung, Verhütung und Bekämp-
fung der Tuberkulose vorausgeschickt werden. — Es folgt die Beschrei-
bung des Films. Rehs, Davos.
172, Ferd. Komsies, Ein neuer Tuberkulosefilm. Tbe.-Fürs.-Bl.
4. Jg. Nr. 11, Nov. 1917.
Der Film: schildert die Geschichte zweier tuberkulosekranker Ärzte,
von denen der eine eine Heilanstalt für Lungenkranke gründet und zur
Bekämpfung der Krankheit beiträgt. Herm. Tachau, Heidelberg.
173. Leo Burgerstein-Wien, Die Schule für ansteekende tuber-
kulöse Kinder in RESSErIEDDETE: Tbe.-Fürs.-Bi. 4. Jg. Nr. 9.
1917.
Die 100000 Einwohner zählende dänische Stadt hat eine Schule
für tuberkulöse, besonders offen-tuberkulöse Kinder errichtet.. Der mög-
lichst im Freien oder bei geöffnetem Fenster stattfindende Unterricht wird
durch Ruhezeiten auf der an das Schulzimmer anstossenden Liegehalle
unterbrochen. Die Schule enthielt bisher 8 Kinder, sie ist für 16 geplant.
Tachau, Heidelberg.
174. w. May, Über Tuberkulose im Säuglings- und Kindesalter.
Tbe.-Fürs.-Bl. 4. Jg. Nr. 9, 1917.
Allgemeinverständlicher Vortrag. | Tac hr au, Heidelberg.
175. .Wilh. Müller-Sternberg, Die Errichtung von selbstän-
digen Universitätskliniken und Lehrstühlen für das Tuber-
.kulosefach. W. kl. W. 1917 Nr. 45. Ä
Alfred Götzl, (Gleicher Titel). W. kl. W. 1917 Nr. 48.
Müller: Der Krieg hat die Zahl der Tuberkulosefälle gewaltig ver-
mehrt. Die Sanitätsbehörden haben - erkannt, dass die Bettenzahl eine
unzureichende ist, .dass die Verschleppung der Seuche eine unheimliche
Ausdehnung annimmt, und „dass das fachmännisch geschulte Ärzte- und
Pflegepersonal zur Behandlung der Tuberkulose bei weitem. nicht in ge-
nügender Menge vorhanden: ist“. „Das Interesse an den tuberkulösen
Erkrankungen, insbesondere an der Lungenschwindsucht, ist bei der Mehr-
heis der Ärste viel zu mangelhäft ausgebildet, jedenfalls nicht entsprechend
der grossen Gefahr, welche diese Krankheit für die menschliche Gesell-
sghaft .bildet.“.. Nur. der-Heilstättenarzt und. der Spezialist haben an der
m:
90 . Allgemeines und Grenzgebiete.
Tuberkulose ein Interesse, in den Krankenhäusern ist dieselbe ein Stief-
kind. Das Interesse an der grossen Sache muss geweckt werden, und
das kann nur auf der Hochschule geschehen. Im Kriege haben
sich „die Ärzte im Tuberkulosefache ihren Aufgaben nicht
oder nur ungenügend gewachsen“ gezeigt. Die grosse Mehrzahl
der ausserhalb der eigentlichen Heilanstalten tätigen Ärzte hat nie eine
exakte praktische und theoretische Schulung in diesem Spezialfache er-
halten. Schon im Frieden war die Zahl der tuberkulosegeschulten Ärzte
viel zu gering, speziell mit Rücksicht auf die Weiterbehandlung der aus
den Heilstätten Entlassenen. „Die Ärzte verschulden demnach
selbst zum Teil die Ausbreitung der Lungenschwindsucht“
„Der grösste Teil der tuberkulosebehandelnden Ärzte ist ohne fach-
männische Ausbildung, die Behandlung ist eine willkürliche und nicht
auf wirkliche Heilgrundsätze gestützt.“ Der praktische Arzt wird vor
Aufgaben gestellt, denen er nicht gewachsen ist. Der Anfang einer
energischen und zielbewussten Tuberkulosebekämpfung muss auf der
Klinik erfolgen. „Es muss die Tuberkuloseklinik und Poliklinik als
selbständiger Zweig der Schulmedizin ins Leben gerufen werden.“ „Die
Hauptsache ist, dass die Wissenschaft von der Tuberkulose ein selb-
ständiges Lehrfach werde und die erforderlichen Lehrstühle — ge-
schaffen werden.“
. Götzl weist es zurück, dass den. Ärzten, wenn auch nur zum Teil
und mittelbar, eine Schuld an dem Umsichgreifen der Tuberkulose bei-
gemessen werde. Wir können nur stolz darauf sein, dass im Militär-
dienste jeder Arzt auf jedem Posten, auf den er gestellt wird, leistet,
was er zu leisten imstande ist.
Die Frage, ob die Tuberkulose als Spezialfach gelehrt werden soll,
erscheint diskutabel. Nur darf dies nicht, wie Müller vorschlägt, bloss
hinsichtlich der Therapie gelten. Ebenso wichtig wäre der Unterricht in
der Pathologie, den physikalischen Untersuchungsmethoden, sowie den
Hilfswissenschaften. Ganz besonders wünschenswert erscheint die A uf-
klärung der Ärzte bezüglich der Tuberkulose als sozialer
Krankheit. Die medizinische Jugend wäre so zu erziehen, dass sie
in dem Tuberkulösen nicht nur den uninteressanten, lästigen „Fall“ sieht,
sondern die Bedeutung des sozialen Milieus für diese Krankheit, für ihre
Verhütung und Behandlung richtig zu schätzen lernt.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
176. F. Reich, Ein Apparat zur Blutentnahme bei Meerschwein-
chen. D. m. W. 1917 Nr. 4.
Verf. beschreibt einen kleinen, von der Firma Seitz für 3 Mark an-
gefertigten Glasapparat, mittelst dessen nach der Art eines Schröpfkopfes
aus dem Meerschweinchenohr 6—8 ccm Blut abgesaugt und direkt in
ein angeschlossenes Zentrifugenröhrchen abgelassen werden können. Diese
Blutentnahme schädigt .das Tier fast gar nicht, und kann alle 3—4 Wochen
wiederholt werden, ` C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
177. E. Liebemann, Zur Methodik der SERBOBLDPIRDERUBUNUNGS
Zbl. f. inn. M. 1917 Nr. 28.
Die Prüfung der Hämoglobinbestimmung mittelst = Skala von
Allgemeines und Grenzgebiete. 91
Tallquist durch Vergleich mit dem Hämometer von Sahli ergab für
die erstere einen durchschnittlichen Fehler von zirka 10°/o, einen maxi-
malen Fehler von 25°/o. Die Methode von Tallquist muss daher selbst
nur für eine oberflächliche Bestimmung als unbrauchbar bezeichnet werden.
C. Kraemer II, Wilbelmsheim.
178. Hoeflmayr, Brief aus Bayern. D. m. W. 1917 Nr. 26.
Auf dem Haustein bei Deggendorf im Bayerischen Wald wurde ein
Sanatorium für Lungenkranke der mittleren Stände errichtet. -Unbe-
mittelten werden sogar aus Vereinsmitteln Freiplätze geboten. Im Jahre
1916 betrug die Zahl der Verpflegungstage 33028.
C. Kraemer II, Wilbelmsheim.
179. H. Hirschfeld, Zur makroskopischen Diagnose der Leuko-
zytose und der Leukämie im Blute. Die makroskopische
Oxydasereaktion. D. m. W. 1917 Nr. 26.
Der makroskopische Nachweis einer, besonders leukämischen, Leuko-
zytenvermehrung lässt sich sehr einfach dadurch ausführen, dass man
einige Tropfen Blut in ein mit gewöhnlichem Wasser gefülltes Reagensglas
bringt. Bei normalem Blut tritt schnell völlige Lösung der Erythrozyten
ein und man erhält eine durchsichtige, rote Flüssigkeit; bei sehr leuko-
zytenreichem Blut bleibt die Mischung trübe und undurchsichtig, weil die
Leukozyten sich nicht lösen, sondern aufquellen. Diese Methode stellt
eine Vereinfachung der von Bittorf, und schon früher von Carl Hirsch
und Eduard Stadler angegebenen dar.
Verf. konnte auch eine neue Reaktion zur makroskopischen Unter-
scheidung von Iympbatischer und myeloider Leukämie im Blut ausarbeiten.
Wenn man einige Tropfen Blut einer myeloischen Leukämie in Wasser
auflöst und nun vorsichtig das zur mikroskopischen Oxydasereaktion
dienende Gemisch (Mischung von gleichen Teilen einer 1°/o igen a-Naphthol-
lösung, die mit 1°/o Kalilauge versetzt ist, und einer 1°/oigen wässerigen
Lösung von Dimethylparaphenylendiamin) überschichtet, so tritt an der
Berührungsstflle momentan ein blauer Ring auf, der sehr schnell tief-
dunkel wird. Auch bei stärkeren Leukozytosen erhält man eine Blau-
färbung, niemals 3 dagegen bei dem Blut einer Iymphatischen Leukämie.
C. Kraemer II, Wilhelmsheim.
180. RB. Scheller, Influenza oder Grippe? D. m. W. 1917 Nr. 32.
Influenza und die heimische Grippe sind klinisch verschiedene Er-
krankungen. Der R. Pfeiffer’sche Iofluenzabazillus ist tatsächlich der
Erreger der Influenza; sie ist ätiologisch scharf zu trennen von anderen,
wenn auch ähnlichen Krankheitsprozessen, die durch Bakterien beschrie-
bener Art, wie z. B. Pneumokokken, Streptokokken und andere hervor-
gerufen werden. — Bei dem von Stephan neuerdings beschriebenen
„neuen Influenzaerreger bei epidemischer Influenza“ handelt es sich besten-
falls um einen neuen Grippeerreger bei heimischer Grippe; ausserdem
findet ibn Verf. stark Gram-beständig, während ihn Stephan als Gram-
negativ bezeichnet. C. Kraemer II.
92 ' Allgemeines und Grenzgebiete.
181. Kaulen, Über den Einfluss des Fliegens auf das Blutbild
bei Menschen, Kaninchen und Mäusen. D. m. W. 1917 Nr. 50.
Zusammenfassung: 1. Bei den meisten Fliegern ist nach 3 Monaten
eine Vermehrung der roten Blutkörperchen und eine Zunahme des Hämo-
globingehaltes des Blutes festzustellen, ohne dass beide in einem Abhängig-
keitsverhältnis zueinander oder zur Flugzeit stehen.
Die Leukozyten bleiben quantitativ normal, qualitativ ist jedoch häufig
eine Lymphozytose nachzuweisen.
2. Ein einzelner Flug ruft keine erkennbaren Veränderungen des
Blutbildes hervor.
3. Unter dem Einfluss des Fliegens scheint bei Mäusen und Kanin-
chen das Blutbild in ähnlicher Weise verändert zu werden wie beim Menschen.
C. Kraemer II.
182. E. F. Schmitz, Die Verwandlungsfähigkeit der Bakterien.
Experimentelles und Kritisches mit besonderer Berücksich-
tigung der Diphtheriebazillengruppe. Habilitationsschrift. Jena
1916.
Durch fortgesetzte Meerschweinchenpassage ist es möglich, Diphtherie-
bazillen nach Morphologie, Färbbarkeit, Kulturwachstum, Traubenzucker-
vergärung und Virulenz die Eigenschaften von Pseudodiphtberiebazillen
zu verleihen. Die typischen Merkmale des Diphtheriebazillus gehen bei
diesem Vorgange nicht sprungweise, sondern allmählich verloren, so dass
nach den ersten Tierpassagen alle Übergänge und Zwischenstufen ge-
funden werden.
Im Komplementablenkungsversuch wird die Verwandtschaft der durch
die Tierpassage veränderten Stämme mit dem ursprünglichen Stamm er-
wiesen. Es handelt sich demnach nicht um eine Umwandlung in eine.
neue Art, Mutation, sondern um eine Veränderung, Variation.
Durch die vorliegenden, exakt ausgeführten und beweiskräftigen Tier-
versuche des Verf. erhält daher die Anschauung, dass Dipbtheriebazillen
und Pseudodiphtheriebazillen einer gemeinsamen Bakteriengruppe angehören,
eine gewichtige Stütze. | | Hans Müller.
183. Kulenkamp, Brief aus Kurland. D. m. W. 1917 Nr. 19.
Die tuberkulöse Durchseuchung der Bevölkerung ist in Kurland,
namentlich in den nördlichen Teilen, wesentlich stärker als in Deutsch-
land. Wenn, wie Verf. hofft, das Land in deutschen Händen bleibt,
harrt der Ärzte und der Verwaltung dort eine schöne Aufgabe.
| C. Kraemer II, Stuttgart.
184. A. Loewy, Über den Stoffwechsel im Wüstenklima. Zschr.
f. Baln. 9. 1916 Nr. 718.
Wurde in früheren Zeiten das Gebiet der Heilanzeigen für einen
Aufenthalt in Ägypten auch weiter gefasst als heute, so kommt das dortige
Klima auch jetzt noch für gichtisch-rheumatische Krankheiten, für gewisse
Formen von Tuberkulose und für Nierenkrankheiten in Betracht.
Als wesentliche Eigentümlichkeiten des ägytischen Klimas stellen sich —
entsprechend seinem Charakter als Wüstenklima — die Trockenheit der
Allgemeines und Grenzgebiete. 93
Luft und die Intensität der Belichtung dar, wobei letztere als Folge der
ersteren zustande kommt. Von der Lichtintensität wird therapeutisch nur
beschränkt Gebrauch gemacht, indem im wesentlichen nur lokale Tuber-
kulosen als Heilobjekte in Frage kommen. Der Besuch Tuberkulöser ist
aber in den letzten Jahren in Ägypten zurückgegangen. Dagegen ist es
die Trockenheit der Luft, deren Wirkung auf den Organismus man in
erster Linie auszunutzen strebt. Für den Aufenthalt in Ägypten kommen
die Wintermonate in Betracht. Als allgemeines Ergebnis der Loewy’schen
Versuche stellt es sich heraus, dass das Wüstenklima die physika-
lische Wasserdampfabgabe von den Lungen aus und mehr noch
von der Haut erheblich steigert. Dabei wird die Schweisspro-
duktion gar nicht oder in nur geringem Masse ängeregt,
und zwar nicht bei Körperruhe, sondern bei schon nicht unbeträchtlicher
körperlicher Arbeit. Eine Nierenentlastung, ganz allgemein
gesprochen, besteht nicht.
Wilhelm Neumann, z. Z. Baden-Baden.
185. A. Stühmer, Beitrag zur Behandlung der Pneumonie mit
Optochin. Med. Klin. 1916 Nr. 49.
Bei anfänglicher Dosierung von 5X 0,25 Optochinum hydrochloricum
über 24 Stunden geteilt, erlebte Verf, nach 9x0,25 g in 48 Stunden
einmal völlige Amaurose mit Akkommodationslähmung mit gleichzeitiger,
etwas früher einsetzender und schnell vorübergehender Hörstörung. Die Er-
scheinungen seitens der Augen bildeten sich nach 48 Stunden wieder rest-
los zurück. Verf. gibt seitdem die jetzt wohl allgemein übliche Dosis
von 6 X0,2 g Optochin und setzt das Mittel sofort aus, sobald sich Ohren-
sausen und Schwächung des Hörvermögens einstellen. Aus dem mässigen
Erfolg der Optochinbehandlung — das Verhältnis der günstigen Fälle
zu den Versagern war in seinem Material 3:2 — schliesst B., dass das
Optochin das Lungengewebe nicht erreicht, sondern dass sich seine Wirk-
samkeit auf die Blutbahn beschränkt. Bei von vornherein stationären
Fällen wirkt es bei frühzeitiger Anwendung günstig, dagegen versagt es
bei allen Fällen, die zum Fortschreiten neigen, besonders bei den Wander-
pneumonien. Die Optochinbehandlung bedeutet keine Besserung der Pro-
gnose der Pneumonie quoad vitam. Berlin, Schömberg.
186. Fuld, Zur Behandlung der kruppösen Pneumonie. Zschr. f.
physik. u. diät. Ther. Bd. 20. H. 1.
Verf. würdigt die verschiedenen zur Behandlung der kruppösen Pneu-
monie empfohlenen Mittel, die alle kein zufriedenstellendes, einwandfreies
Resultat erkennen lassen; das gilt auch von der Serum-, der Kampfer-
und der Optochin- Therapie. Man wird also noch weiter suchen müssen
nach Mitteln, die bei der Behandlung der Pneumonie, wenn auch nur
als Unterstützungsmittel, zu verwenden sind. Das Fazit aller Wand-
lungen, welche die Lehre von der Pneumoniebehandlung durchgemacht
hat, lautet: Ablehnung aller erheblichen Eingriffe und Begünstigung der
Naturheilung. Weihrauch,
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
94 Allgemeines und Grenzgebiete.
187. Grumme-Fohrde, Über die Gefährlichkeit der innerlichen
Joddarreichung bei Quecksilberanwendung am Auge. Besteht
ein Unterschied für verschiedene Jodpräparate? Arch. f. exp.
Pathol. u. Pharm. 77 1914.
Organische Jodverbindungen (Jodtropon) werden sowohl durch den
Urin wie auch durch die Tränenflüssigkeit in weitaus geringerem Prozent-
satz wie die anorganischen Jodsalze ausgeschieden. Die Ausscheidung im
Urin hat Verf. durch die Lesser’sche Kalomelreaktion nachgewiesen, die
Ausscheidung durch die Tränenflüssigkeit bei Kanincben durch Aufstreuen
von Kalomel in den Augenbindehautsack bei innerer Joddarreichung
(Bildung von Quecksilberjodid, welches schwere Entzündungserscheinungen
verursacht). Bei Verfüttern von Jodtropon fielen die Entzündungeer-
scheinungen am Auge bei gleicher Jodgabe weniger schwer aus. Sie halıen
weniger Neigung in die Tiefe zu gehen und bilden sich eher zurück.
Verf. möchte diese Versuche nicht ohne weiteres auf den Menschen
übertragen wissen, regt aber zu weiteren Versuchen au. Da manche
Patienten kritiklos ihre einmal vom Arzte verschriebene Kalomelsalbe
bei neuen Entzündungen der Augenbindehäute wieder anwenden, ohne dass
vielleicht ein zweiter Arzt hiervon etwas weiss, dürfte die Verwendung
von Jodtropon einer sonst mit Sicherheit eintretenden schweren Schädigung
des Auges vorbeugen. Hans Müller.
188. A. Böttner, Über den Einfluss der Kriegskost auf die Salz-
säuresekretion des Magens bei magengesunden Menschen.
Med. Klin. 1917 Nr. 5.
Durch eigene wie anderer Autoren Beobachtungen über das jetzt
recht häufige Auftreten sub- und anacider Magenbeschwerden angeregt,
hat B. bei 64 magengesunden Patienten der Königsberger Poliklinik ‘die
Aziditätsverhältnisse des Magens nach einem Engel’schen Probefrühstück
untersucht. Als Durchschnittswerte fand er für freie Salzsäure 9, für
Gesamtsäuremenge 28, also Werte, die weit hinter der Norm zurück-
bleiben. Die Untersuchung des Duodenalsaftes ergab normale Werte. B.
führt diese auffallend niedrigen Magensäurewerte auf die Kriegskost und
zwar höchstwahrscheinlich auf den Mangel animalischer Nahrung zurück.
Berlin, Schömberg.
189. C. v. Noorden und Ilse Fischer, Über Getreidekeimlinge
als Volksnahrungsmittel und Nährpräparat. Ther. Mh. 1917
Nr. 1. |
Aus den Keimlingen der Roggen- und Weizenkörner, die beim gewöhn-
lichen Mahlverfahren in die Kleie wandern, wird ein Nährpräparat namens
„Materna“ hergestellt. Die Materna ist ein feines gelbes Pulver von süsslichem
und leicht bitterem Geschmack. Die chemische Analyse ergibt unter anderm:
Wasser 10,79 °/o, Stickstoff 5,86 °/o, Stickstoffsubstanz (als Eiweiss berechnet)
36,6 °/0, Fett 9,98 °/o, Zuckerarten -+ Dextrin 12,34 °/o, stärkeartige Stoffe
15,54 0/0, Mineralstoffe 5,14 %/o und Lezithin 1,39 °/o% 100 g Materna
enthalten 360—370 Kalorien. Die Stickstoffverbindungen besitzen wegen
ihrer hohen „biologischen Wertigkeit“ die Fähigkeit, verbrauchtes Körper-
eiweiss zu ersetzen. Die Kohlenhydrate sind in leicht resorbierbarer Form
enthalten. Die Materna hat sich als äusserst brauchbares Nährpräparat
Allgemeines und Grenzgebiete. 95
für Diabetiker erwiesen. Die Mineralstoffe sind reich an Nährsalzen.
50 g Keimlingssubstanz enthalten ebensoviel Nährsalze wie 250 g Roggen-
backmehl. Die Materna ist äusserst gut resorbierbar. Die, Materna wird
Erwachsenen wie Kindern (über 4 Jahre) in Mengen von 50 g pro Tag
auf 3 Portionen verteilt gegeben. Sie soll nicht gekocht werden, sondern .
in beissem Wasser, Kakao, dicken Suppen, Kartoffel-, Gemüse- und Apfel-
breien umgerührt werden. Sie darf überall gegeben werden, wo der Er-
nährungszustand einer Nachhilfe bedarf. Besonders gute Resultate sind
bei schwächlichen Kindern, Anämischen, beginnender Tuberkulose, Schwan-
geren und stillenden ' Frauen beobachtet worden. Da die Getreidekeim-
linge vom Kriegsausschuss zur Speiseölgewinnung wegen ihres hohen Fett-
gehaltes beschlagnahmt sind, kommt nächstens neben dem kalorienreichen
Maternapräparat ein Pulver aus entölten Getreidekeimlingen in den Handel.
Es kommt als eiweissreiches Volksnährungsmittel in Betracht. Die Re-
sorption der entfetteten Keimlingssubstanz bleibt hinter der der Materna
etwas zurück, muss aber auch noch als sehr gut bezeichnet werden.
Berlin, Schömberg.
190. Franz Schacht, Die Sicherstellung der Volksvermehrung.
Arch. f. Frauenkunde u. Eug. 3. 1917 H.3 u. 4.
Die Volksvermehrung muss in den oberen Schiehten der Bevölkerung
einsetzen. Dieselbe durch grössere eheliche Fruchtbarkeit erreichen zu
wollen, erscheint aussichtslos.. Bleibt die Vermebrung der unehelichen
Kinder in den besten Gesellschaftsschichten. Unsere Frauen müssen sich
aus vaterländischen Gründen der höberen Pflicht der Fortpflanzung unter-
ziehen, wie sie nirgends gezögert haben, in aufopferndster Weise sich dem
Vaterlande zur Verfügung zu stellen. Eine Frau, die in der Lage ist,
sich selbst und ibr Kind zu ernähren, soll den Mut haben, der Konven-
tion und der Kirche entgegenzutreten und ihre vaterländische Pflicht zu
erfüllen. Ist der Bann der Konvention erst einmal gebrochen, dann wird
diese - „Selbsterlösung“ der Frau unabsehbaren Segen stiften und Kirche
und Gesetz werden auch hierzu ihre Stellung nehmen müssen.
Der Gedanke ist gross und edel. Aber wo ist da die notwendige
Grenze zu ziehen und wobin soll das führen ? (Ref.).
Hans Müller.
191. Much, Paul Römer. Zschr. f. Tbe. Bd. 25 H. 6.
Nekrolog. Weihrauch,
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
192. Sir St. Clair Thomson, Shakespeare’s references to con-
sumption, climate, and fresh air. Brit. Journ. of Tub. Vol. XI
Nr. 3, Juli 1917.
‘Der bekannte Londoner Laryngologe gibt im Anschluss an die in Eng-
land gefeierte 300. Wiederkehr von Shakespeare’s Todestag (23. April 1916)
eine unterhaltende Zusammenstellung von Zitaten aus des Dichters Werken,
- die zeigt, wie der grosse Brite echon damals die Wichtigkeit von Klima
und frischer Luft bei Erkrankung an Lungenschwindsucht kannte und
hygienisches Verhalten und Reinlichkeit fordert. Wenn er z. B. Corio-
lan (II, 3) folgende Weisung an die Bürger Roms senden lässt:
96 Allgemeines und Grenzgebiete.
„Sagt ihnen, dass sie sich
Abwaschen im Gesicht und ihre Zähne
Rein halten. —“ —
und andererseits wohl der erste britische Monarch, der eine Zahnbürste
- sah, Georg III. war (1738—1820), so dürfte man sich füglich wundern,
dass Shakespeare diese ästhetische Hygiene schon vor 300 Jahren ge-
predigt habe. Amrein, Arosa,
193. Bardales, Einleitung zu meinen Untersuchungen über die
Tuberkulose und das Klima von Jauja (Peru). Einfluss des
Klimas auf die Tuberkelbazillen. Inaug.-Diss. Lima 1914.
Der Einfluss des Klimas von Jauja (einer Stadt in 3000 m Höhe
mit gemässigtem Klima) auf die Tuberkulose unterscheidet sich nicht von
dem anderer Ortschaften.
Das Sonnenlicht ist der einzige klimatische Faktor, der abschwächend
auf die Tuberkulose wirkt oder sie vernichtet. Davon hat sich Verf.
bei zahlreichen angestellten Versuchen überzeugt, bei denen tuberkulöse
Impfstoffe 40 Stunden lang den verschiedenen Einflüssen des Wetters
ausgesetzt wurden und danach Meerschweinchen nicht mehr zu infizieren
vermochten. Direktes Sonnenlicht tötet die Bazillen in viermal kürzerer
Zeit als schwaches oder intensives diffuses Licht.
Temperaturschwankungen der Umgebung üben keinen merklichen
Einfluss auf die Bazillen aus. Während einer 30 tägigen Beobachtungs-
zeit konnte keine Verminderung ihrer Lebensfähigkeit nachgewiesen werden.
Was den Einfluss der Luftdruckschwankungen betrifft, so blieben die
Proben virulent, nachdem sie 51 Stunden dem Sturm ausgesetzt worden
waren. Die Wirkung des Ozons war gleich null. Proben, die 102 Tage
lang im Dunkeln gehalten worden waren, hatten ihre Virulenz bewahrt.
Die Wirkung der Höhe auf Lebensfähigkeit und Virulenz der Bazillen
war ebenfalls gleich null. Die Tuberkulose entwickelt sich genau ebenso
gut im Höhenklima wie in der Ebene.
Verf. zieht seine Schlüsse aus seinen sehr zahlreichen Untersuchungen.
J. Chabäs.
194, Aráoz Alfaro, Bekämpfung der Tuberkulose in Argen-
tinien. Rev. del cir. Méd. Argentina, 1. IX. 1915.
In Argentinien sird der Schaden, den die Tuberkulose anrichtet und
ihre Bekämpfungsmöglichkeiten nicht so ungünstig, wie in anderen Län-
dern, In Argentinien sterben jährlich 10000 Menschen an Tuberkulose, in
' Buenos Aires 2500—3000, d.h. 10°/o der allgemeinen Sterblichkeit;
1,69—1,57 von 1000 Einwohnern.
Die Bekämpfung sollte verstaatlicht werden, nicht nur die Bekämpfung
der Tuberkulose, sondern die einer jeden Ursache für die Schwächung
der VORMEAUDENEE J. Chabäs,
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
Goepel, R. 115. Kraus 126.
v. Koränyi, A. 100, *
v. Pirquet 109, 122.
I. Referate,
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie.
19%. Hart, Über Beziehungen der Bron-
chitis mucinosa plastica bzw. essentiellen Bron-
chitis ibrinosa zur tuberkulösen Lungenphthise.
— 1%. Hartung, Leber und Tuberkulose. —
197. Orth, Über einige Tuberkulosefragen. —
198. Korányi, Zur Methodik der experimen-
tellen Therapie der Tuberkulose. — 199. Kar-
ezag, Künstliche Beeinflussung der Tuberku-
lose-Allergie. — 200. Orszag, Reaktionsfähig-
keit Tuberkulöser. — 201—2038. Begtrup-
Hansen, Hartog, Forssner, Tuberkulose
und Gravidität. — 204. 205. Spiegelberg,
Koch, Fieber und Tuberkulose. — 206. Auf-
recht, Über Erkältung. — 207. Warnecke,
Über Tuberkulose und Basedow-Symptome.
b) Ätiologie und Verbreitung.
208. Landau, Diphtherieähnliche Bazillen
bei chronischer Bronchitis. — 209. Meren-
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder
Ärztlicher Direktor des Allgem. o. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion: Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arst der Neuen Heilanstalt für Würzburg.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. Ludwigstrasse 23?/..
12. Jahrg. Ausgegeben am 30. April 1918. Nr. 4.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Abel 122. Grau 106. Krohne 120. Pöhlmann 111.
Aufrecht 104. Handtmann 112, Kruse, W. 114, Ország, O. 101, 106.
Bacmeister, A. 110, 111.) Hart 98. Kuhn, E. 114. Orth W.
Bälint, R. 118, 119. Hartog, C. M. 103. Kuhne 115. Ranke 116.
Begtrup-Hansen, Th. Hartung 99. Landau 108. Riese 112.
101. Hayward, E. 119. Landegger, M. 113. Roecbelt 116.
Behr 106. Heitmann, N. 112. Langstein 122. Rotky, H. 116.
Böhm 126. Hetsch 125. Lenz 128. Salomon 106.
Burgerstein 123. Jacobs, T. 108. Leu 124. Saxl 112.
Dippe 121. v. Jaksch, R. 119. Lützow 111. Schmidt, F. A. 123.
Ebel, S. 119. Jendrassik, b. 125. Madsen, 8. 110. Schröder 110.
Ebeler, F. 108. Jessen 113, Mager, W. 118, 126. Sorgo, J. 118.
Eber, A. 117. Karczag, L. 100. Merenlender, J. 105. Spiegelberg, H. E. 104.
Engelmann 106. Kirebner 119. Minor, Ch. L. 107. Tandler 120.
Forssner, H. 108. Klare 118. Neubauer, M. 112. Tauffer, W. 121.
Gastpar 124. Koch. H., 104. Neufeld 127. Toleky 126.
Geszti, J. 105. Kölliker 115. Noeggerath 122. Thiele 124.
Glax, J. 119. Petruschky 119. Tillman, J. 107.
Warnecke 105.
lender, Thoraxbau und Lungentuberkulose.
— 210. Geszti, Skoliose und Spitzenerkran-
kung.
ec) Diagnose und Prognose.
211. Salomon und Engelmann, Zur
Differentialdiagnose — Lungentumor. — 212.
Orszäg, Über Diagnostik der Lungentuber-
kulose — 213. Koränyi, Zur Methode der
Lungenspitzenperkussion, — 214. Behr, Vor
getäuschtes Fieber. — 215. Grau, Erfahrungen
über die Begutachtung der Erwerbsfähigkeit
bei Lungentuberkulose. — 216. Tillman, Uber
die Symptomatologie der Herzfehlerlunge.
d) Therapie.
217. Minor, Problem of rest and exercise
in tbe treatment of pulmonary tuberculosis. —
218. Jakobs, Untersuchungen über 16 Fälle
vaginaler Totalexstirpation des graviden Uterus
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forsehung. 12. 7
98 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
ohne Adnexe wegen Lungentuberkulose — lung der Expektorantien der Tuberkulose —
219. Eboler, Tuberkulose und Schwanger- 230. Neubauer, Toramin, ein nichtnarkoti-
schaft unter dem Gesichtspunkt der sozialen sches Hustenmittel. — 231. Riese, Wirkung
Lage. — 220. v. Pirquet, Quantitative Er- des Hypophysenextraktes bei Asthma bron-
nährungstherapie. — 221. Madsen, Die Er- chiale und zur Asthmatheorie. — 232. Jessen
nährungsfrage und die Tuberkulose. — 222. Über Lungenblutung und deren Behandlung. —
Schröder, Über neuere Medikamente und | 233. Klare, Die Kalkther«apie der Hämoptoe.
Nährmittel zur Behandlung der Tuberkulose. — | — 23. Kuhn, Lungentuberkulose und Blut-
223. Baemeister, Über einige praktische | bildungsmittel. — 235-238. Kruse, Goopel,
Fragen aus dem Gebiet der Phthisiotherapie. Kühne, Kölliker, Friedmann's Tuberku-
— 224, 225, Bacmeister, Lützow, Zur losemittel. — 239. Rochelt, Die chirurgisehe
Behandlung des tuberkulüsen Fiebers. — 226. | Behandlung der Lungenschüsse. — 240. Clinical
Pöhlmann, Über Menthol-Eukalyptol-Injek- report on the applications of Eusol. — 241.
tionen bei Lungentuberkulose. — 227. Handt- Rotky, Wirksamkeit der Balsame bei der
mann, Erfahrungen mit dem Opiumpräparat Tuberkulose, — 242. Ranke, Tuberkulose-
„Holopon®, — 228, Saxl, Physostigmin als bekämpfung nach dem Kriege.
Expektorans. —- 229. Heitmann, Die Behand-
1I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
5. A. Eber, Die Tuberkulose der Tiere,
III. Kongress- und Vereinsberichte.
3, Watlenbrüderliche Vereinigung Deutsch- ` 1917 in Baden bei Wien: Il. Tagung vom
lands und Osterreich-Ungarns: I. Tagung der 23.—26. Januar 1918 in Berlin.
medizinischen Abteilungen vom 11.— 13. Oktober |
IV. Mitteilung.
Bemerkung zu der in Nr. 1 Bd. 12 ersehienenen Arbeit über Miliartuberkulose.
l. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
195. Hart, Über Beziehungen der Bronchitis mueinosa plastica
bzw. essentiellen Bronchitis fibrinosa zur tuberkulösen
Lungenphthise. Zschr. f. Tbe. Ba. 28 H. 5.
Auf Grund eigener und vergleichender Untersuchungen kommt Verf.
zu folgenden Schlüssen :
1. In der grossen Mehrzahl der Fälle, vielleicht sogar in allen, ist
die sog. Bronchitis fibrinosa als eine sekundäre Affektion aufzufassen, der
die tuberkulöse Lungenerkrankung ebenso wie andere chronische Lungen-
schädigungen den Boden bereitet hat.
2. Es darf als über jeden Zweifel sichergestellt gelten, dass nicht nur
überhaupt, sondern auch bei der mit Lungentuberkulose kombinierten Form
der sog. Bronchitis fibrinosa die Bronchialausgüsse bald muzinöser, bald
fibrinöser Natur sind.
3. Die aus Schleim als Grundsubstanz bestehenden Gerinnsel ver-
danken ihre Entstebung einer Überproduktion von Schleim durch das
Bronchialepithel oder die Schleimdrüsen oder beide zugleich, ohne dass
sich mit Bestimmtheit ein Einfluss von Tuberkelbazillen und ihren Toxinen
annehmen lässt. Sie kommt in gleicher Weise auch bei anderen chronischen
Lungenveränderungen als den tuberkulösen vor.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 99
4. Ist Schleim die Grundsubstanz der Bronchialausgüsse, so sollte
man nur von einer Bronchitis mucinosa plastica sprechen, die vollständig
der Colica mucosa an die Seite zu stellen ist (Neelsen).
5. Die Entstehung fibrinöser Gerinnsel in den Bronchien bei tuber-
kulöser Lungenerkrankung lässt sich in zweierlei Weise erklären, erstens
durch die kontinuierliche Ausbreitung der fibrinösen Exsudation von den
Alveolen auf die kleinen Bronchien bei käsiger Pneumonie, zweitens durch
die Bildung fibrinöser Pseudomembranen auf der durch den Tuberkel-
bazillus lädierten Bronchialschleimhaut. In solchen Fällen ist es erlaubt,
von einer tuberkulösen Bronchitis fibrinosa zu sprechen.
6. Fibrin und Schleim können zusammen in einer von Fall zu Fall
wechselnden Zusammensetzung die Grundsubstanz der Bronchialausgüsse
bilden. Die Überproduktion von Schleim wirkt zusammen mit der durch
Epitheldefekte ermöglichten fibrinösen Exsudation.
7. Die respiratorische Bronchusbewegung wirkt formgebend auf die
Bronchialausgüsse.
8. Bei der Bildung grosser baumartiger Ausgüsse eines ganzen Bron-
chialgebietes handelt es sich um Grenzfälle, deren Seltenheit sich somit
erklärt. Kleinere Ausgüsse entstehen wahrscheinlich gar nicht so selten
und werden übersehen. Dabei kommt ihnen klinische Bedeutung zweifellos
zu. Die schleimigen Gerinnsel spielen eine Rolle in dem oft schwer er-
klärlichen Wechsel physikalischer Symptome, die fibrinösen hingegen lassen
Schlüsse auf die Ausbreitung des tuberkulösen Prozesses zu.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
196. Hartung, Leber und Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd. 25
H. 5.
Verfasserin beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit die Leberzirrhose
eine tuberkulöse Erkrankung sei; die anatomische Statistik ist zur Beant-
wortung der Frage nicht ausschlaggebend. Nach den Ausfall der Pirquet-
schen Probe kann kein Zweifel bestehen, dass die klinische Leberzirrhose
in der Mehrzahl der Fälle keine tuberkulöse Erkrankung ist.
Für die Frage, inwieweit Toxine der Tuberkelbazillen das Leber-
gewebe schädigen, ist die Probe auf alimentäre Lävulosurie, auf Urobilin-
urie und Urobilinogenurie massgebend,
‘ Von 26 an verschiedenen tuberkulösen Erkrankungen Leidenden er-
gaben 25 eine positive Lävulosurie.
Bei 33 Tuberkulösen wurde die Urobilin- und Urobilinogenausscheidung
geprüft; hier ergab sich kein zweifelsfreies Resultat.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
197. Orth, Über einige Tuberkulosefragen. B. kl. W. 1918 Nr. 4.
Verf. setzt sich als Schüler von Rindfleisch und Virchow mit
deren Lehren über Tuberkulose und Skrofulose auseinander und betont der
Koch’schen Lehre gegenüber die Wichtigkeit des Typus bovinus für die
menschliche Infektion. Es ist Verf. gelungen, bei Meerschweinchen echte
phthisische Veränderungen in der Lunge zu erzeugen, wenn die Tiere vorher
mit Schildkröten-Tuberkelbazillen bebandelt waren. Dieser Umstand ist
wichtig für die Beurteilung der Phthiseogenese beim Menschen. Der Zu-
sammenbang von Trauma und Tuberkulose ist so aufzufassen, dass dem
7*
100 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Trauma nur die Rolle eines auslösenden Momentes in einem schon vorher
tuberkuloseinfizierten Körper zukommt. Am weitaus häufigsten entsteht
eine Lungenschwindsucht beim Erwachsenen von einem Lungenherde aus.
Bei der überwiegenden Mehrzahl der Phthisiker finden sich keine ana-
tomischen Veränderungen im Bereich der Lymphdrüsen des Respirations- und
Verdauungsapparates, eine Tatsache, die gegen die Behring’sche Theorie
der Tuberkuloseentstehung spricht. Der positive Ausfall der Tuberkulin-
probe an der Haut kann nicht nur durch eine bestehende tuberkulöse
Organerkrankung bewirkt werden, sondern auch auftreten, wenn der Orga-
nismus Tuberkelbazillen aufgenommen hat, ohne dass diese zu krankhaften
Veränderungen geführt haben. Eine exogene Infektion Erwachsener be-
steht zweifellos.
Es bleibt zu überlegen, ob eine bovine „Invasion“ mit Tuberkel-
bazillen nicht den Boden vorbereitet für eine Infektion mit humanen Ba-
zillen, die dann zur Lungenschwindsucht führt.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde.
198. Alex, v. Koränyi, Zur Methodik der experimentellen
Therapie der Tuberkulose, Orvosi Hetilap 1917 Nr. 25.
Auf Grund weitgehender Untersuchungen, bei denen dem Verf. seine
Schüler Karczag und Benczúr behilflich waren, gelang es, manche
Faktoren zu bestimmen, wodurch die Allergie von mit Tuberkulose infi-
zierten Meerschweinchen beliebig zu heben oder abzuschwächen ist, und
man war auch in der Lage nachzuweisen, dass diesen Faktoren gegenüber
das tuberkulöse Tier und der tuberkulöse Mensch sich gleichartig benehmen. :
Sonnenlicht und gute Ernährung, Jod, kleine Gaben von Benzol etc. heben
die Allergie, d. h. die Immunkörperproduktion, Mangel an Licht und ent-
sprechender Ernährung, grosse Dosen von Benzol etc. setzen die Allergie
des Körpers herab.
Das Sinken der Allergie nach Morbilli, Typhus usw. geben gute
Fingerzeige dafür, dass Faktoren, welche die Allergie schwächen, zur Tuber-
kulose disponieren und andere, welche die Allergie erböhen, die Resistenz
des Körpers gegenüber der Tuberkulose vermehren. Die die Tuberkulose
günstig beeinflussenden Mittel haben wir daher unter den die Allergie
erhöhenden Agentien zu suchen, ähnlich wie das Mittel gegen Syphilis unter
denjenigen Stoffen, welche die Wassermann’sche Reaktion negativ ge-
stalten können,
Die schönen Untersuchungen zeigten, dass die Reaktionen des tierischen
und menschlichen Organismus auf das Tuberkulosegift (also auch die Krank-
heit, solange sie nicht sehr vorgerückt ist) auch durch nicht spezifische
Faktoren beeinflussbar sind. Damit erweitert sich aber der Rahmen des
ärztlichen Könnens im Bereiche des Kampfes gegen die Infektionskrank-
heiten im allgemeinen. Unsere Waffen vervielfältigen sich und bleiben
nicht bloss auf die Chemo- und Immuntherapie beschränkt.
D. O. Kuthy, Budapest.
199. Ladislaus Karczag, Untersuchungen über die künst-
liche Beeinflussung der Tuberkulose-Allergie. Orvosi Hetilap
1917 Nr. 26.
Auf Grund des im obigen Referat entwickelten Ideenganges von
B. Alexander v. Koränyi wurden auf der III. internen Klinik der Uni-
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 101
versität Budapest mit Zuhilfenahme des Krankenmateriales einer grossen
Militärerholungsstätte in Oberungarn (ärztl. Leiter Benczür) weitangelegte
Untersuchungen bezüglich der künstlichen Beeinflussung der Allergie bei
mit Tuberkulose infizierten Tieren und an Tuberkulose erkrankten Menschen
ausgeführt. 200 Tiere und mehr als 200 Menschen bildeten das Substrat
der Untersuchungen, aus welchen ca. 15000 Protokollaufzeichnungen resul-
tierten. Die Veränderungen der Allergie beurteilte man teils aus dem Ver-
halten der Reaktionsintensität nach intrakutanen Tuberkulinimpfungen, teils
— um schon vor Ablauf der sich nach Römer auf 3 Wochen belaufenden
Inkubationszeit der experimentellen Tuberkulose einen Wegweiser bekommen
zu können — aus der verschiedenen Vergrösserung der inguinalen Lymph-
knoten. Die Allergie-hebende Wirkung des Lichtes, der entsprechenden
Ernährung, den ähnlichen Einfluss von kleinen Benzol- sowie Jodkali-Dosen,
die Allergie.schwächende Wirkung des lichtarmen Milieus, der Unterernäh-
rung, der grossen Benzolgaben, der prä- und postmenstruellen Zeitperiode,
der Typhus-Schutzimpfung etc. wurden in der Arbeit teils graphisch, teils
durch tabellarische Beobachtungsergebnisse illustriert.
D. O. Kuthy, Budapest.
200. Oscar Ország, Einige Erfahrungen bezüglich der Reak-
tionsfähigkeit Tuberkulöser. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 48.
O. beobachtete ein gehäuftes Auftreten von Tonsillitis im Königin
Elisabeth-Sanatorium bei Budapest, wobei 31,5 °/o der Kranken der Männer-
abteilung der Heilstätie (36 von 114) befallen wurden. Die Mandelent-
zündungen traten insbesondere bei den I. Stadien auf (bei 31 von 55),
viel seltener im II. Stadium (bei 4 von 42) und ganz selten im III. Sta-
dium (bei 1 von 17). Die Tonsillen der Schwerlungenkranken zeigten
sich somit gegenüber der äusseren Infektion widerstandsfähiger. Schäd-
liche Folgen konnten nach Abklingen der Hausepidemie nicht konstatiert
werden. — Ein anderes Mal wurden 80 Kranke der männlichen Abteilung
gegen Variola revakziniert. Dabei beobachtete man um so weniger
positive Erfolge, je schwerer das Lungenleiden war. Auf den subjektiven
und objektiven Zustand des Patienten war die Impfung wirkungslos.
O. führte auch Untersuchungen bezüglich des Zusammenhangs zwi-
schen Pockenimpfung und Allergie aus. Dabei zeigte es sich, dass Tuber-
kulin und Pockenvakzine sich gegenseitig absolut nicht beeinflussen. Ver- .
fassers Untersuchungen brachten auch den Beweis, dass kein Grund für
uns vorliegt anzunehmen, dass die Pockenimpfung Disposition für Tuber-
kulose erzeugen oder auf den tuberkulösen Prozess nachteilig einzuwirken
imstande wäre, D. O0. Kuthy, Budapest.
201. Th. Begtrup-Hansen, Lungentuberkulose und Schwanger-
schaft. Bibliotek for Læger 1917.
Die Frage der Einwirkung der Schwangerschaft auf die Lungentuber-
kulose ist noch eine offene. Die Antwort ist von Zeit zu Zeit verschieden,
sogar widersprechend gewesen, indem die Auffassung das Verhältnis von
einem günstigen Einfluss zu einem schädlichen geschwungen hat. Warum
ist nicht eine einstimmige Auffassung eines so alltäglichen Verhältnisses
erreicht ?
Als eine Erklärung könnte man sich denken, dass die Schwanger-
schaft, die Geburt und das Wochenbett eine Reihe verschiedener Phasen
i
102 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
darbieten, die jede ihren Einfluss ausübt, und dass das Endresultat auf
der Stärke und der Dauer der einzelnen Phasen beruhe.
An einem Material von 299 Fällen hat Verf. die Frage aus dem
obengenannten Gesichtspunkte beleuchtet. Die Fälle sind teils im Hospital
(59), teils in Sanatorien (60), teils in Entbindungsanstalten (95) beobachtet,
endlich sind 85 Fälle aus der Literatur mitgenommen. Das Material ist
also so vielseitig wie möglich.
Die erste Frage ist: in welchem Zeitpunkte der Schwangerschaft ent-
steht oder verschlechtert sich eine Phthise? Teilt man die Schwangerschaft
in drei Phasen, à drei Monate, so zeigt es sich, dass die ersten Sym-
ptome der Entstehung oder der Verschlechterung bei 58 ,5 °/0 im ersten,
bei 20,2°/o im zweiten, bei 16,5°/o im dritten Drittel sich zeigen, endlich
bei 4,8°/o im Puerperium.
Wenn man die Entstehung für sich und die Verschlechterung für
sich untersucht, findet man dasselbe Verhältnis.
Der weitere Verlauf der Phthisis während der Schwangerschaft wird
nun untersucht, und es zeigt sich, dass viele der Fälle, die in der ersten
Hälfte der Schwangerschaft eine Verschlechterung gezeigt haben, in der
zweiten Hälfte eine auffallende Neigung zur Besserung zeigen. Die
Besserung äussert sich in Temperaturabfall, Abnahme der Brustsymptome,
besonders aber in einer bedeutenden Gewichtszunahme. Die Besserung ist
am meisten ausgesprochen bei Kranken, die im Hospital oder Sanatorium
behandelt wurden, und wurde beobachtet bei Patienten aller Stadien.
Die Verhältnisse des Puerperiums geben ein anderes Bild: ca. 60 °/o
der Fälle wurden verschlechtert, ca. 30 °/o starben.
Wir haben also drei verschiedene Phasen: eine kritische Periode mit
Tendenz zur Verschlechterung in der ersten Hälfte der Schwangerschaft,
dann eine Periode in der zweiten Hälfte mit Neigung zur Besserung, endlich
im Puerperium eine kritische Periode von ernstem Einfluss.
Wie sind nun diese Verhältnisse zu erklären? Als einen Fingerzeig
zieht Verf. die Temperaturverhältnisse der Frau hervor. Die Temperatur-
kurve der Frau zeigt, wie bekannt, nicht wie die des Mannes eine ebene
Linie, bewegt sich aber in Wellenform: die prämenstruellen Temperatur-
schwankungen mit 'T'emperatursteigerung vor der Menstruation, Temperatur-
abfall während und nach der Menstruation. Während der Schwanger-
schaft ist die Temperaturkurve eine verschiedene in den verschiedenen
Perioden. Während der ersten 3—4 Monate findet man den prämen-
struellen Temperaturtyp, in der letzten Hälfte den postmenstruellen Typ.
Im Puerperium zeigt die Temperaturkurve der ersten 8—10 Tage eine
Steigerung vom prämenstruellen Typ und geht danach in den post-
menstruellen Typ über.
Man sieht also, dass die Perioden mit prämenstruellen Temperaturtyp
dieselben sind, in welchen ein kritischer Einfluss auf eine Tuberkulose
konstatiert wird, ebenso wie die Menstruationsperiode und speziell die
prämenstruelle Periode schon längst als eine kritische Periode angesehen ist.
Man fragt sich nun nach der Ursache der Temperaturverhältnisse.
Verf. verweist hier auf seine Arbeit: Über enara Temperatur-
schwankungen (Beitr. z. Kl. d. Tbe. Bd. 27. H. 3. 1913), resümiert kurz
die da aufgestellten Schlussfolgerungen: Die Temperaturschwankungen sind
die Folge der Stoffwechselvariationen. Teils klinisch, teils experimentell
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 103
ist es nachgewiesen, dass der Eiweissstoffwechsel sich verschieden verhält
in den verschiedenen Perioden der Schwangerschaft: Steigerung des Ei-
weissstoffwechsels in der ersten Hälfte, danach in der zweiten Hälfte eine
Periode mit Tendenz zu Eiweissansatz. Weiter in der ersten Woche des
Puerperiums eine Steigerung des Eiweissstoffwechsels mit Eiweissverlust.
Verf. stellt nun diese Verhältnisse zusammen: in den prämenstruellen
Perioden, in den ersten 3—4 Monaten der Schwangerschaft, im Puerperium
Steigerung des Eiweissstoffwechsels, Auftreten des prämenstruellen Tem-
peraturtyps, klinisch Nachweis eines kritischen Einflusses auf eine chro-
nische Krankheit, wie die Tuberkulose; als Gegensatz dazu die letzte
Hälfte der Schwangerschaft mit Neigung zu Eiweissansatz, mit Temperatur
von postmenstruellem Typ, mit Tendenz zur Besserung einer Tuberkulose.
Vielleicht spielen auch andere Verhältnisse eine Rolle, der Kalkstoffwechsel,
die innere Sekretion, die mechanischen Verhältnisse, aber Verf. meint,
dass der Eiweissstoffwechsel ein Faktor von sehr wichtigem Einfluss ist
und sieht in den angeführten Verhältnissen eine Erklärung des viel-
seitigen Einflusses, den eine Schwangerschaft auf eine Tuberkulose ausübt.
Der therapeutische Schluss ist, dass die konservative Behandlung im
Sanatorium in allen Fällen versucht werden muss, 30owohl während der
Schwangerschaft wie auch nach der Geburt. Doch ist es eine Voraus-
setzung, dass keine zwingende Indikation eines künstlichen Aborts vor-
liege; diese Frage muss in jedem Fall individuell entschieden werden.
.(Autoreferat.)
202. C. M. Hartog, De Tuberkulose van het Strottenhoofd en
Zwangerschap. Ned. Tijdschr. v. (reneesk., 12. Febr. 1916.
Kritische Bemerkungen zu dem Bericht von Kouwer, Vos u. a.
über Kehlkopftuberkulose und Schwangerschaft, indem vom Verf. nochmals
hingewiesen wird auf die Gefahr, in die schwangere Frauen durch eine
gleichzeitig bestehende Kehlkopftuberkulose kommen. Der Hausarzt soll
den Laryngologen benachrichtigen, wenn von ihm Schwangerschaft diagno-
stiziert ist bei einem Patienten mit Kehlkopftuberkulose. Alsdann wird
der Laryngologe bedacht sein auf die Notwendigkeit einer Provocatio
abortus, denn in der Regel wird die vorzeitige Unterbrechung der Schwanger-
schaft indiziert sein. J. Peerenboom.
203. Hjalmar Forssner, Gravidität und Lungentuberkulose.
Allmänna Svenska Läkartidningen 1917 Nr. 21 und 22.
Durch eine eingehende Prüfung in der Literatur beschriebener Unter-
suchungen über dieses Thema und genaue Beobachtung von 157 eigenen
diesbezüglichen Fällen kommt Verf. zu folgenden Schlusssätzen. Es ist
durchaus nicht als bewiesen anzusehen dass Gravidität und Puerperium
den schädlichen Einfluss, der gewöhnlich angenommen wird, auf die
Lungentuberkulose ausübt. Die eigene Erfahrung Verf.s gebt in eine
entgegengesetzte Richtung. Die Kinder der Tuberkulösen haben zwar eine
grosse Mortalität, aber so gross, wie Weinberg meint, ist sie gewiss nicht,
wenigstens nicht in Schweden; die grosse Mortalität beruht wahrscheinlich
nicht auf der Tuberkulose als solcher,» sondern auf sozialen Missverhält-
nissen. Niemand hat bewiesen, dass man durch eine vorzeitige Unterbrechung
der Gravidität den aktiven Lungenprozess günstig beeinflussen kann.
Arvid Wallgren, Upsala.
104 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
204. Hans Emil Spiegelberg, Über Fieber und Tuberkulose
im Kindesalter. Diss. Berlin 1917.
Fieberloser Verlauf ist namentlich bei jüngeren Kindern und in weniger
vorgeschrittenen Stadien der Krankheit häufig, aber auch in rasch tödlich
verlaufenden Fällen nicht selten. Je älter die Kinder sind, desto häufiger
finden Progressionen der Krankheit in Temperatursteigerungen ihren Aus-
druck. Fieberlosigkeit beweist beim Kinde an sich nichts gegen bestehende
fortschreitende Tuberkulose. Deshalb ist die Beschaffenheit der Körper-
temperatur überhaupt nur mit grösəter Kritik für Diagnose und Prognose
heranzuziehen. Der Typ des Fiebers ist am häufigsten die Continua, es
sind. aber bei schleichender Entwickelung besonders der Lungen- und
Bronchialdrüsentuberkulose auch Remissionen aller Grade oft zu beachten,
ohne dass die bei Erwachsenen so pathognostischen geringen remittierenden
und intermittierenden Temperaturerhöhungen beim Kind als Symptom die
gleiche Rolle spielen. C. Kraemer Il.
205. Herbert Koch, Initialfieber der Tuberkulose. Zschr. f.
Kinderhlk. 13. 1915 H. 1/2.
Autor konnte in drei Fällen das früheste Stadium der Tuberkulose,
nämlich die Zeit von der Infektion bis zum Auftreten der ersten Krank-
heitserscheinungen beobachten. In der siebten Woche post infectionem
tritt Fieber auf, das bereits den typischen Charakter des tuberkulösen
Fiebers trägt. Zur selben Zeit wird die kutane Tuberkulinreaktion positiv.
In einem Falle konnte das Auftreten einer Drüsenschwellung am Hilus
zur Zeit der positiven kutanen Reaktion festgestellt werden. Weitere
Symptome wurden nicht beobachtet. W. Schultz, Hamburg.
206. Aufrecht, Über Erkältung. Zschr. f. ärztl. Fortbild. 14.
1917 Nr. 21.
„Durch Abkühlung der Körperoberfläche kann ein anatomisch fest-
stellbarer Prozess herbeigeführt werden, der sich bekundet durch eine Ver-
ringerung der Zabl, also auch Schädigung der weissen Blutkörperchen und
die hiervon abhängige Gerinnung von Fibrin, das vor allem in den Lungen
die feineren Gefässe verstopft. Dieser Prozess macht hauptsächlich das
Wesen der Erkältung aus. Abkühlungistdie Krankheitsursache,
Erkältung ist die krankhafte Veränderung, die durch
Schädigung weisser Blutkörperchen herbeigeführt und
durch Fibringerinnung und Blutaustritte charakterisiert
ist.“ Die geschilderten, als Folge einer Abkühlung unter Umständen
auftretenden Gewebsveränderungen sind als ein sehr wichtiger Faktor für
das Inkrafttreten bakterieller Krankheitserreger anzusehen. Auf diesem
Wege erklärt sich das zweifellos beobachtete Auftreten von kruppöser
Pneumonie unter dem Einfluss einer starken Abkühlung; auch bezüglich
der Lungentuberkulose werden derartige Beobachtungen zitiert, für diese
Fälle präsumiert der Autor das Vorhandensein eines latenten, tuberkulösen
Herdes in der Lunge. i
Als praktische Folgerung fordert der Autor grössere Vorsorge gegen
Luftzug in den Krankensälen. Querner.
Ätiologie und Verbreitung. 105
207. Warnecke, Über Tuberkulose und Basedow - Symptome.
Zschr. f. Tub. Bd.28 H.2.
Zwischen Tuberkulose und Basedow können wechselseitige Beziehungen
bestehen, wobei aber nicht alle nervösen Erscheinungen aus der Basedow-
Symptomgruppe rein tbyreotoxischen Ursprunges sind. Wahrscheinlich
handelt es sich um Störungen der inneren Sekretion, wobei das tuber-
kulöse T>xin die Blutgefässdrüsen schädigt. Dadurch sind — bei dem
innigen Konnex der Drüsen mit innerer Sekretion untereinander und mit
dem vegetativen Nervensystem — Reizzustände gewisser Nervenabschnitte
erklärbar. Daneben besteht die Möglichkeit einer direkten Beeinflussung
des Nervensystems durch die Gifte der Tuberkelbazillen. Warum die
nervösen Erscheinungen meist bei initialen, gutartigen Fällen angetroffen
werden, bleibt eine offene Frage.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
b) Ätiologie und Verbreitung.
208. Landau, Über diphtherieähnliche Bazillen bei chronischer
Bronchitis. B. kl. W. 1917 Nr. 19.
Verf. beschreibt einen Fall von chron. Bronchitis, bei dem sich im
Sputum reichlich stäbchenförmige Bazillen fanden, die sich färberisch wie
Diphtheriebazillen verhielten, sich aber kulturell anders, vor allem in ihrer
Form stark veränderlich verhielten. Auch der Tierversuch ergab, dass
es sich nicht. um echte Diphtheriebazillen handelte. Verf. gibt sodann
einen kurzen Überblick über ähnliche bisher bekannt gewordene Fälle.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
209. I. Merenlender, Thoraxbau und Lungentuberkulose. Diss.
Berlin 1917.
Eine statistische Untersuchung über den Zusammenhang von Thorax-
bau und Lungentuberkulose. Am häufigsten werden die Engbrüstigen-
Mittelbrüstigen von der Lungentuberkulose befallen. „Obwohl die Eng-
brüstigkeit eine der Hauptursachen des Entstehens der Tuberkulose ist,
hat sie sonst keinen wesentlichen Einfluss auf den Weiterverlauf der
Erkrankung.“ Klare, Hohenlychen.
210. Josef Geszti, Skoliose und Spitzenerkrankung. Gyögyäszat
1917 Nr. 42.
Auf Grund seiner Untersuchungen, welche auf die ausserordentliche
Häufigkeit der Skoliose des obersten Teiles der Wirbelsäule zeigten (z. B.
bei einer Gruppe der Kranken des Augusta-Sanatoriums in Debreczen
— 145 lungenkranke Soldaten — 77,9°/o), kommt G. auf die Folgerung,
dass diese obere Skoliose kein sekundärer Vorgang, infolge von Lungen-
und Pleuraveränderungen entstanden, sei, sondern als eine selbständige
Erscheinung betrachtet werden muss, deren Ursache in der anormalen
Entwickelung der Wirbelsäule liege. G. schliesst sich Hart ao, in der
Ansicht, dass die durch die Skoliose bedingte Deformität der oberen Brust-
apertur zu den anatomischen Faktoren zählt, welche die mechanische
Disposition der Lungenspitze zur tuberkulösen Erkrankung bedingen.
D. O. Kuthy, Budapest.
106 Diagnose und Prognose.
c) Diagnose und Prognose.
211. Salomen und Engelmann, Zur Differentialdiagnose Lun-
gentuberkulose — Lungentumor. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 3.
Klinische und pathologisch-anatomische Schilderung eines Falles von
Lungenkarzinom, der anfänglich für Tuberkulose gehalten wurde.
Weihrauch, Harnburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
212. Oscar Orszäg, Über Diagnostik der Lungentuberkulose.
Orvoskepzes 1917, August.
In dem Vortrage, den Verf. auf einem Tuberkulosekurs für Militär-
ärzte hielt, werden der Reihe nach Anamnese, allgemeine Symptome,
physikalische Untersuchungsergebnisse, Thermometrie, Sputumbefund, Aller-
gieuntersuchung, weiter die einzelnen klinischen Formen der Lungentuber-
kulose, deren Komplikationen, ihre Differentialdiagnostik und endlich die
Bestimmung der Aktivität des Prozesses behandelt.
D. OÖ. Kuthy, Budapest.
213. A. v. Korányi, Zur Methode der Lungenspitzenperkussion.
D. m. W. 1918 Nr.7.
Tuberkulöse Lungen verlieren oft schon sehr früh an Dehnbarkeit,
zuerst die erkrankte Spitze. Man bestimmt die Krönig’schen Schallfelder
oder die Goldscheider’sche Spitzenprojektion hinten bei aufrechter und
stark nach vorn gebeugter Körperhaltung. Bei gesunden Spitzen bleibt
das perkutorische Ergebnis dasselbe, während die oberen Grenzen erkrankter
Lungenspitzen abwärts rücken. C. Kraemer II.
214. Behr, Vorgetäuschtes Fieber. M. m. W. C4. 1917 S. 1154
bis 1136.
Der Beitrag Behr’s hat auch für den Lungenarzt besondere Bedeu-
tung. Denn fast Tag für Tag werden in den Heilstätten erhöhte Tem-
peraturen beobachtet, für die häufig eine hinreichende Erklärung fehlt.
Die von B. beschriebenen Fälle mahnen, auch in der Richtung „Vorge-
täuschtes Fieber“ bisweilen zu forschen, Bredow, Ronsdorf.
215. Grau, Erfahrungen über die Begutachtung der Erwerbs-
fähigkeit bei Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbe. Dd. 27 H. 6.
Bei der Bewertung der Erwerbsfähigkeit eines Lungenkranken sind
richtig zu werten:
1. Schmerzen (die manchmal übertrieben sind).
2. Blutungen, die zweifellos auch rein traumatisch, ohne Bestehen
einer Tuberkulose vorkommen können.
3. Der Lungenbefund nach Ausdehnung und Aktivität. Unbedingt
nötig ist eine Röntgenaufnahme schon zum Vergleich für spätere Begut-
achtungen.
4. Der Allgemeinzustand. Zunahme des Gewichtes darf nicht über-
schätzt werden. Die Ausführung körperlicher Arbeit gibt ein Mass für
die Zuverlässigkeit des erreichten Kurerfolges.. Wichtig ist eine genaue
Temperaturmessung (Mund oder Darm). Von Bedeutung ist nach körper-
licher Anstreogung nicht die Höhe der Temperaturreaktion, sondern die
Therapie. 107
Schnelligkeit ihres Abfalles.. Atmung und Kreislauf müssen beobachtet
werden; Labilität des Pulses ist prognostisch wichtig.
5. Andauerndes Vorhandensein von Bazillen im Auswurf bedingt
stets eine Erwerbsbeschränkung von 50°/o.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
216. John Tillman, Über die Symptomatologie der Herzfehler-
lunge. Nordiskt medicinskt Arkiv 1917 Bd. 50 Avdeln.2 Nr. 1
Verf. kommt durch Literaturstudien und Observation von acht eigenen
Fällen zu den folgenden Schlusssätzen. Viele Male, ja vielleicht meistens,
verursacht selbst die hochgradige Herzfehlerlunge, bei Abwesenheit von
Dekompensationszeichen, keine physikalischen oder anderen klinischen Er-
scheinungen, welche mehr direkt ihr Vorbandensein andeuten. Zuweilen
wird nur eine einfache, mehr oder weniger diffuse Bronchitis beobachtet.
Weniger häufig finden wir eine lokalisierte Stethoskopie an den Lungen,
welche Veranlassung geben muss, genau zu erwägen, ob eine den Herz-
fehler komplizierende Tuberkulose vorliegt oder nicht, und hierbei dürften
diagnostische Missgriffe bei ausschliesslich physikalischer Untersuchung
begangen werden. Die klinische Untersuchung der Lungen bei Vorbanden-
sein von Herzfehler, speziell der Mitralstenose, muss daher stets, um als
vollständig bezeichnet werden zu können, durch Röntgenuntersuchung er-
gänzt werden. Erst die Röntgenplatte gestattet uns die Diagnose Herz-
fehlerlungen zu stellen, welcher Art die klinischen Zeichen auch sein mögen;
erst die Röntgen- Aufnahme gestattet hier das Stellen der Diagnose Lungen-
tuberkulose — in abazillären Fällen ohne elastische Fasern — allein oder
in Kombination mit der braunen Induration. Auf der Platte sind meistens
die tuberkulösen Verdichtungen leicht von der diffusen Induration zu unter-
scheiden. | A. Wallgren, Upsala.
d) Therapie.
217. Charl. L. Minor, The problem of rest and exercise in the
treatment of pulmonary tuberculosis; a Plea for less ergo-
phobia. Med. Rec., 7. Okt. 1916.
Ruhe und Bewegung sind die zwei wichtigsten Heilfaktoren in der
Behandlung der Lungentuberkulose. Im Anfang der Behandlung ist immer
Ruhe angezeigt; jedoch haben viele Ärzte die Neigung, die Ruhekur un-
vernünftigerweise in die Länge zu ziehen und machen dadurch ihre Pa-
tienten, deren Prozess zum Stillstand gommen ist, übermässig fett und
schwerfällig.
Die Vorteile der Ruhekur sind: Herabsetzung der Zirkulation, der
Resorption von toxischem Material, der Oxydation, der Temperatur und
des gesteigerten Gewebszerfalles, der Lungen- und Herzarbeit, des Hustens
und Auswurfs; Zunahme des Gewichtes; geistige Beruhigung des Patienten.
Wenn also die Temperatur normal wird, Husten und Auswurf ab-
nehmen, der Puls sich verlangsamt, Gewicht und Kraft zunehmen, dann
sollte die Ruhe aufgegeben und mit körperlicher Übung begonnen werden.
Im Anfang erlaube man nur 1—5 Minuten lange körperliche Bewegungen,
welche um 1—5 Minuten pro Tag verlängert werden, immer unter sorg-
108 Therapie.
fältiger Beobachtung der subjektiven und objektiven Symptome. Bei der
leisesten ungünstigen Reaktion höre man auf. Man fange an mit Auf-
sitzen im Liegestuhl von einer halben Stunde aufwärts und zwar sollen
2/3 der Zeit im Liegen und !/s in sitzender Stellung verbracht werden.
Der Stuhl soll eine flache Lehne haben, damit die Schultern gerade ge-
halten werden. Lesen ist erlaubt; Frauen können auch häkeln, Männer
Patience spielen. Dann kommt Spazierengehen, und wenn der Patient
den Spaziergang bis zu einer Stunde auszudehnen gelernt hat, ohne Schaden
zu erleiden, darf er ausfahren und selbst kutschieren. Zum Schluss kommt
Bergsteigen. Patient muss es lernen, bergauf und -ab zu klettern ohne
Atemnot, Herzklopfen und ohne Gewichtsverlust. Auf diese Weise wird
er dazu erzogen, den Anforderungen des täglichen Lebens gewachsen zu
sein und die goldene Mittelstrasse einzuhalten zwischen furchtsamer Zurück-
haltung und törichter Übertreibung. Mannheimer, New York.
218. Toni Jacobs, Untersuchungen über 16 Fälle vaginaler
'Totalexstirpation des graviden Uterus ohne Adnexe wegen
Lungentuberkulose. Diss. Berlin 1917.
Das Schicksal der tuberkulösen Schwangerschaft ist durch künstliche
Unterbrechung der Schwangerschaft günstiger zu gestalten als ohne Ein-
griff. Der einfache künstliche Abort genügt nicht in allen Fällen. Der
Tubensterilisation und Kastration gegenüber hat die vaginale Totalexstir-
pation des Uterus ohne Adnexe den Vorzug, dass sie einerseits den Körper
von den menstruellen Blutverlusten befreit, andererseits die Frau vor Aus-
fallserscheinungen bewahrt, und doch künftige Schwangerschaften verhütet.
Die Indikation zu allen Sterilisationsmethoden wegen Lungentuberkulose
soll stets akute Lebensgefahr bilden; Vorbedingung ist, dass die Frau
Mehrgebärende ist und lebende Kinder hat. — Die Technik der bespro-
chenen Operation ist einfach (wird kurz beschrieben); sie hat den Vorteil
der Kürze — wenigstens 7 Minuten, Durchschnittsdauer 30 Minuten —
und geringen Blutverlustes.. Von 16 Fällen der Strassman n’schen
Klinik, an denen diese Methode angewandt wurde, wurden gebessert in
bezug auf den Lungenzustand 7 Fälle; unverändert blieben 5 Fälle, 1 Fall
wurde verschlechtert, 3 Fälle starben ; den Folgen der Operation ist jedoch
kein Todesfall zur Last zu legen. Allgemein wurden günstig beeinflusst
12 Fälle, nicht gebessert 4 Fälle; teilt man die Fälle nach Stadien der
Lungenerkrankung ein, so ergibt sich ein noch besseres Resultat: Stad. I
100°/o ‚günstig beeinflusst, Stad. II 60/0 günstig beeinflusst, 40 °/o unge-
bessert. Vielleicht trägt auch die durch die Entfernung des Uterus be-
wirkte Änderung der inneren Sekretion zur Heilung der Tuberkulose bei.
C. Kraemer II, Stuttgart.
219. F. Ebeler, Tuberkulose und Schwangerschaft unter dem
Gesichtspunkt der sozialen Lage. Arch. f. Frauenkunde u.
Eugenik 3. 1917 H. 3 u. 4.
Die soziale Lage allein bei gesunder Mutter darf niemals die Indi-
kation für eine künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft abgeben.
Dagegen sind bei einer tuberkulösen Mutter die sozialen Verhältnisse in
weitestem Masse in Rechnung zu ziehen, da unter günstigen Lebens-
bedingungen bei geeigneter hygienisch-diätetischer Behandlung manche
Therapie. 109
Schädigungen hintangehalten werden können, welche im anderen Falle
unvermeidlich sind und zu den traurigsten Folgen führen können.
\ Hans Müller.
220. v. Pirquet, Quantitative Ernährungstherapie. Ther. Mh.
Jg. 31 H.10, Okt. 1917.
Der Autor geht davon aus, dass der Kernpunkt der Ernährungs-
tberapie, die zielbewusste Dosierung der aufzunehmenden Nährwerte, in
der heutigen Medizin sehr vernachlässigt werde. Er betont die Not-
wendigkeit, unter Umständen die Aufnahme der richtigen Nahrungsmenge
bei Störungen des Appetites entgegen dem spontanen Nahrungsbedürfnis
zu erzwingen, z. B. bei der Ernährung schwächlicher Säuglinge. In der
krankhaften Verminderung des Appetites liegt auch nach der Auffassung
des Autors die hauptsächlichste Gefahr der tuberkulösen Infektion. Die
Abmagerung der Tuberkulösen ist danach kein „geheimnisvoll toxischer
Prozess“, sondern ganz allein durch die verminderte Nahrungsaufnahme
infolge der durch das tuberkulöse Virus verursachten Appetitlosigkeit zu
erklären; zum Beispiel ist der Verfall bei tuberkulöser Meningitis bedingt
durch das Erbrechen und die Nahrungsverweigerung. Kann man einen
Tuberkulösen dazu bringen, die ibm zukommende Nahrungsmenge aufzu-
nehmen, so kann jederzeit sein Gewichtsabfall gehemmt, ja sogar ein
Ansatz erreicht werden. |
Ähnlich liegen die Verhältnisse bei dem nervösen Erbrechen der
Säuglinge. Als Behandlung desselben empfiehlt v. P. die Verminderung
des Nahrungsvolumens, wodurch Magendruok usw., der in solchen Fällen
meist den Grund des Brechreizes bilde, unter Umständen schnell beseitigt
werde, in hartnäckigen Fällen Ersatz des Ausgebrochenen durch erneute
Nahrungsdarreichung.
Die bisher übliche Grundlage der quantitativen Ernährung, die Er-
nährung nach dem Alter des Kindes oder nach dem Körpergewicht ver-
wirft v. P. Nach v. P. richtet sich die Nahrungsaufnahme nicht nach
dem Gewicht, einer 3. Potenz, sondern nach einer 2. Potenz, einer Fläche;
sie steht in Beziehung zur inneren Oberfläche des Darmrohres.
Zum Zweck der Berechnung der erforderlichen Nahrungsmenge ver-
wendet v. P. das Quadrat der Sitzhöhe (Länge von Rumpf und Kopf),
das nach dem Autor beim Menschen in einem bestimmten Verhältnis zum
Körpergewicht steht, ausserdem zahlenmässig ungefähr der resorbierenden
Darmfläche entspricht und somit zur erforderlichen Nahrungsaufnahme in
Beziehung zu bringen ist.
Als theoretisches Grundmass der Nahrungseinheit benutzt v. P. die
menschliche Milch (mit einem Fettgehalt von 3,7 °/o. 1 g der Milch
heisst 1 Nem (Nahrungs-Einheits-Milch oder Nutritions-Elementum). Die
Vielfachen sind das Dekanem (10 Nem), das Hektonem (100 Nem), das
Kilonem (1000 Nem).
Alle Nahrungsmittel werden in ihrem physiologischen Nutzwert auf
Grund dieser Masseinheit mit der Milch verglichen. Der Autor führt
ferner den Begrif des Nahrungs-Maximum, -Minimum, -Optimum ein,
gibt ferner Regeln für den Eiweissgehalt der Nahrung, der zwischen 10
und 20°/o liegen soll, und für die Nahrungszeiten.
110 Therapie.
Autor glaubt mit diesem rationellen System wirtschaftlich grosse
Ersparnisse erzielen zu können. (Eine eingehende theoretische Darstellung
der Grundlagen dieser neuen Ernährungslehre und ihrer praktischen An-
wendung gibt der Autor in seiner Monographie: „System der Ernährung“,
Berlin 1917 bei Julius Springer.) Querner.
221. Sigv. Madsen, Die Ernährungsfrage und die Tuberkulose.
Meddelelser fra den norske nationalforening mat tuberkulosen.
VI. Nr. 23. Birger-Øverland.
422. Schröder, Über neuere Medikamente und Nährmittel Zur
Behandlung der Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 1.
Muss im Original nachgelesen werden. Besonders interessant sind
die Ausführungen über die spezifischen Mittel und ihre Anwendung.
Überzeugend wird dargetan, wie die durch „hohe Dosen“ Tuberkulin er-
zeugte Anergie der Heilung des tuberkulösen Prozesses ganz und gar
nicht förderlich ist.
„Tuberkuloseimmunität ist mit Tuberkulin nicht zu erreichen, — auch
keine antitoxische Immunität.“
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
223. Adolf Bacmeister-St. Blasien, Über einige praktische
Fragen aus dem Gebiet der Phthisiotherapie. Ther. d. Gegenw.
1917 Nr. 5.
B. bringt in der kleinen Zusammenstellung einige für den Praktiker
besonders wertvolle und anscheinend nicht allgemein geläufige diagnostische
und therapeutische Einzelheiten aus dem Gebiete der Lungentuberkulose,
besonders auch der inzipienten in Erinnerung. Einige Punkte seien
angeführt. Als ein wichtiges Frühsymptom erwähnt er z. B. die Ungleich-
heit der Pupillen, bervorgerufen durch Sympathikusreizung infolge von
Spitzenschrumpfung; ferner eine Modifikation der gewöhnlichen Ziehl-
Neelsen-Färbung mittelst Zwischen- und Kontrastfärbung mit Pikrinsäure-
Alkohol-Färbung aa, wodurch man auch noch schwer hüllengeschädigte
Bazillen zur Darstellung bringen könne. Durch Joddarreichung kann
man eine Vermehrung und Verflüssigung von spärlichem oder bisher nicht
vorbandenem Sputum erzielen, ein sehr wichtiges diagnostisches Hilfs-
mittel. Temperaturen können mit Sicherheit nur rektal nachgewiesen
werden; den sogenannten Bewegungstemperaturen ist grosses Gewicht bei-
zumessen. Die diagnostische subkutane Tuberkulininjektion wird viel zu
häufig angewandt. Sie ist nicbt ungefährlich und bei richtiger Ausnützung
des übrigen diagnostischen Apparates wohl meistens entbehrlich. Als
besonders günstiges Zeichen bei der Prognosenstellung ist das Herunter-
gehen der Morgentemperaturen anzusehen. Fiebermittel sind nur in den
dringendsten Fällen bei starker Störung des Allgemeinbefindens zu geben
und dann in möglichst kleinen Dosen. Am liebsten nimmt B. Aspirin
0,25 kombiniert mit Pyramidon 0,05 2—3 mal täglich; auch Diplosal ist
gut. Bei Menstruationsbeschwerden hat ihm Salipyrin, evtl. mit Chinin 0,1,
sehr gute Dienste geleistet. - Gei{nitz, Tübingen.
X Therapie. 111
224. Bacmeister, Zur Behandlung des tuberkulösen Fiebers.
M. m. W. 64. 1917 S. 1361—1363.
Zur Beurteilung der Körpertemperatur ist nur die rektale Messung
zu verwerten. Die obere Normalgrenze ist 37,5°, die normale Morgen-
temperatur muss bei 36,8° liegen. Jeder Mensch jedoch hat seine indi-
viduelle Temperaturkurve, die allein massgebend ist. Eine völlige Ent-
fieberung ist erst nach Erreichung dieser individuellen Linie als erreicht
anzunehmen.
Die Entfieberung eines Tuberkulösen soll zuerst in jedem Falle durch
absolute Bettruhe neben bester klimatischer Versorgung, Ausschaltung
aller Reize und kräftigende Ernährung versucht werden.
Falsch ist es, chronische Temperatursteigerungen, die als solche keine
Beschwerden und schädliche Folgeerscheinungen aufweisen, medikamentös
herabsetzen zu wollen. Zunächst kommt die Allgemeinbehandlung (kli-
matisch-diätetische Kur) in Betracht, dann die hydrotherapeutischen Mass-
nahmen (Kreuzwickel), Eisen-Arsenkuren, Regulierung des Magendarm-
traktus, des Hustens und Auswurfs, schliesslich auch die spezifischen
Massnahmen, wie Tuberkulinkuren, in geeigneten Fällen die Pneumo-
thoraxtherapie, die Thorakoplastiken, die kombinierten Quarzlicht-Röntgen-
bestrahlungen. Ä
In vielen Fällen der schweren Tuberkulosen kommt man aber ohne
fieberherabsetzende Mittel nicht aus. Hier hat sich die Verbindung von
0,05 Pyramidon mit 0,25 Laktophenin bewährte Ein schnellerer und
stärkerer Einfluss, der manchmal erwünscht ist, wird durch die Vereini-
gung von 0,25 Laktophenin und 0,25 Aspirin erzielt, besonders bei akuten
Komplikationen mit hohem Fieber, bei pneumonischen Affektionen, bei
lästiger subjektiver Fieberhitze, ferner bei allen schmerzhaften Erkran-
kungsformen. Bei Menstruationsbeschwerden tuberkulös fiebernder Kranker
ist 0,25 Laktophenin oder 0,05 Pyramidon mit 0,25 Laktophenin von
Vorteil. Auch die Darreichung von kleinen Chininmengen mit Pyramidon
oder Laktophenin zeigte schöne Erfolge. Bredow, Ronsdorf.
225. Lützow, Zur Behandlung des tuberkulösen Fiebers. M.m. W.
64. 1917 S. 1491.
In Bestätigung der guten Wirkungen der medikamentösen Kombina-
tionstherapie des tuberkulösen Fiebers nach Bacmeister teilt L. mit,
dass er seit 7 Jahren mit einer ähnlichen Vereinigung (Pyramidon 1,0,
Aspirin 2,5, Aqu. dest. 200,0) gute Erfolge gesehen hat.
Bredow, Ronsdorf.
226. Pöhlmann, Über Menthol- Eukalyptol - Injektionen bei
Lungentuberkulose. M. m. W. 63. 1916 N. 1452.
In der Belziger Heilstätte wurde in einer Reihe von Fällen die von
Berliner angegebene Behandlung von Lungenkrankheiten mit Menthol-
Eukalyptol-Injektionen vorgenommen. Es wurden anfangs gute Erfolge
erzielt, dann aber häuften sich bei längerer Durchführung der Kuren
ungünstige Nebenwirkungen, wie Schwächeanfälle, Kältegefühl am ganzen
Körper und Pelzigwerden der Arme und Beine, Atemnot, quälender Husten
und Auswurf und in einem Falle eine heftige Bronchitis mit bedeutenden
Temperatursteigerungen. Infolgedessen wurde schliesslich von dieser Be-
handlungsmethode abgesehen. Bredow, Ronsdorf.
112 Therapie.
227. Handtmann, Erfahrungen mit dem Opiumpräparat ‚„‚Holo-
pon‘. Zschr. f. Tbc. Bd.26 H.2.
Die Firma vorm. Dr. H. Byk, Oranienburg, stellt durch „Ultra-
filtration“ (Filtration durch gallertige Membranen) ohne chemische Ein-
griffe auf rein physikalischem Wege aus der Opiumdroge ein Präparat
ber, das in wässeriger Lösung alle wirksamen Bestandteile des Opiums
enthält (Holopon). 10 Teile Holopon entsprechen 1 Teil Opium. Die
Erfolge des Narkotikums bei Leibschmerzen, Hustenreiz, Durchfällen usw.
waren befriedigend. |
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
228. Saxl, Physostigmin als Expektorans. Med. Klin. 1916
Nr. 25.
Die günstige Wirkung des Physostigmin in kleinen Dosen — 2 mal
tägl. Pbysostigmin. salicyl. 0,00075,_Sacch. alb. 0,5 — als Expektorans
beruht auf seiner die Kontraktion der Bronchialmuskulatur anregenden
Eigenschaft. Seine üblen Nebenwirkungen — vermehrte Sekretion der
Bronchialdrüsen, Schweisse, Erbrechen, Durchfälle — kommen bei dieser
Dosierung nicht vor. Bei akuten und chronischen Bronchitiden und
namentlich bei allen Formen der Lungentuberkulose trat bald subjektive
Besserung mit leichtem Abhusten und freierer Atmung ein. Bei astheni-
schen Patienten besserte sich zudem häufig der Appetit. Das Physo-
stigmin eignet sich als Expektorans am besten bei allen Formen der
Lungentuberkulose bei asthenischen Individuen. Berlin, Schömberg.
229. N. Heitmann, Die Behandlung der Expektorantien der
Zu Eulen Tidsskrift for den norske lægeforening 1916
r. 4.
Verf. empfiehlt, dass die Sputa der Tuberkulösen verbrannt oder
womöglich in eine Kloake entleert werden. Die Spucknäpfe müssen
nachher in starker Sodalösung mit einer Bürste peinlich sauber gereinigt
werden. Verf. zieht diese Methode den anderen empfohlenen vor.
Birger-Overland.
230. M. Neubauer, Toramin, ein nichtnarkotisches Hustenmittel.
Med. Klin. 1916 Nr. 52.
Verf. empfiehlt als Ersatz für die narkotischen Hustenmittel (Mor-
phium und seine Derivate) das Toramin, das Ammoniumsalz des Malon-
säuretrichlorbutylesters.. Das Toramin wird stets gut vertragen und ist
frei von Nebenwirkungen. Es wird nach Bedarf bis halbstündlich 1 Ta-
blette in Milch oder Zuckerwasser gegeben. Berlin, Schömberg.
231. Riese, Zur Wirkung des Hypophysenextraktes bei Asthma
bronchiale und zur Asthmatheorie. B. kl. W. 1916 Nr. 29.
Verf. hat bei Asthma bronchiale Hypophysenextrakt (mit und ohne
Adrenalin) gegeben, und zwar mit ausgezeichnetem Erfolg.
Der Anfall als solcher entsteht durch Lähmung der Bronchial-
muskulatur; auf diese Art würde sich auch das Volumen pulmonum
auctum erklären. Nimmt man an — und vieles spricht dafür —, dass
der Sympathikus die Bronchialmuskulatur versorgt, so würde der Hypo-
Therapie. 113
physenextrakt durch Sympathikusreizung die Wiederherstellung des .Muskel-
tonus und damit das Aufhören des Anfalles bewirken.
Auf eben diese Art — 'Wiederherstellung des Tonus — würde das
Räucherpulver, das den Sympathikus reizende Nitrite enthält, wirken.,
Auch die Erscheinung der Curschmann’schen Spiralen fände im Wechsel
des Tonus der Muskulatur seine Erklärung.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
232. Jessen, Über Lungenblutung und deren Behandlung. M.m. W.
63. 1916 S. 857—858.
J. will mit der alten Ansicht, dass bei Lungenblutungen absolute
Ruhe geboten sei, gebrochen wissen. Die grösste Gefahr der Lungen-
blutung ist die Aspirationspneumonie. Dieselbe wird durch absolute Ruhe
in strengster Form oder gar Morphium begünstigt.
Die meisten und schwersten Lungenblutungen treten in voller Ruhe
— mit Vorliebe nachts oder gegen Morgen — auf, unter Bedingungen,
bei denen keine BENMATUEEAEIBerung durch Anstrengungen oder Bewegungen
besteht.
Die Ursache de Lungenblutung ist eine doppelte: Blutung durch
Stauung oder durch Blutdrucksteigerung hervorgerufen. Bei der Stauungs-
blutung muss die Stauung beseitigt werden. Dazu dient leichte Bewegung
und Anregung der Atmung und der ganzen Zirkulation. Im zweiten
Falle sind so viele drucksteigernde Toxine im Blut vorhanden, dass die
Drucksteigerung im kleinen Kreislauf genügt, um die Blutung zustande
kommen zu lassen. Als prognostische Anzeige dient uns hier die Beob-
achtung des Pulses.
Fast alle unsere Massnahmen medikamentöser Art gegen die Lungen-
blutungen sind fraglich in ihrer Wirkung. „Die Blutung tut, was sie will.“
J. behandelt die Lungenblutungen zunächst durch psychische Beein-
flussung. Leichtere Blutungen lässt er ruhig aufstehen. Schwerere können
sich leicht bewegen, obne gerade zu anstrengende Bewegungen zu machen.
Bredow, Ronsdorf.
233. Klare, Die Kalktherapie der Hämoptoe. Zschr. f. Tbe. Bd. 26
H. 6.
Verf. hat 80 Fälle von Hämoptoe mit Kalzan (Kalzium-Natrium-
Laktat) behandelt und folgende Ergebnisse erzielt:
1. Kalzan ist infolge seiner bequemen und angenehmen Darreichung
ein sehr brauchbares Kalkpräparat.
2. Auch nach längerer Darreichung, selbst in hohen Dosen, ruft
‚Kalzan keinerlei nachteilige Nebenwirkungen, wie Magenstörungen, Nieren-
reizungen hervor.
3. Die schon von anderen Autoren von Kalkpräparaten erwiesene
Einwirkung auf die Blutgerinnung wurde auch beim Kalzan festgestellt,
was um so begründeter erscheint, als es selbst die Zuführung grosser
Dosen gestattet.
4. Auch unsere Erfolge der Kalktherapie bei Hämoptoe empfehlen
dringend ihre Anwendung in der jetzt so zweckentsprechenden Dar-
reichungsform.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 8
114 Therapie.
234. E. Kuhn, Lungentuberkulose und Blutbildungsmittel. Zschr.
f. Tbe. Bd. 27 H. 1—4.
Das feinste Blutanregungsmittel ist der Sauerstoffmangel. Hierauf
beruht die Neubildung von Blutelementen bei der Saugmaske, im Höhen-
klima, bei dyspnoischen Zuständen, bei der Arbeit, sowie bei allen krank-
haften, mit Atembehinderung verbundenen Zuständen. Auch die Wirkung
des Aderlassens und der Bluttransfusion als Blutvermehrungsmittel beruht
auf dem O,-Mangel, der bei beiden Massnahmen durch den Ausfall eines
Teils der O,-Träger eintritt. In gleichem Sinne erklärt sich die Wirkung
aller arzneilichen Blutvermehrungsmittel, für die fälschlicherweise ein Reiz
auf die Blutneubildungszentren angenommen wird. Alle diese Mittel
sind nämlich Blutzerstörungsmittel. Dadurch, dass sie einen Teil des
peripheren Blutes zerstören, rufen sie einen Sauerstoffmangel hervor, der
das Knochenmark zur Blutneubildung anregt. Auch die ultravioletten
Strahlen des Sonnenspektrums wirken in gleicher Art blutneubildend.
Diese Tatsache hat K. neuerdings im Tierexperiment durch Verabreichung
von Thorium und Salvarsan, die als Blutbildungsmittel empfohlen werden,
erhärtet. Da die Toxine des Tuberkelbazillus ebenfalls blutzerstörend
wirken und daher das Knochenmark zur Neubildung reizen, erübrigen
sich zur Therapie der Anämie der Tuberkulose alle gebräuchlichen arznei-
lichen Blutanregungsmittel. Die therapeutischen Tuberkulindosen sollen
möglichst klein gewählt werden, da grössere Dosen zu sehr blutzerstörend
wirken. Als die besten Blutbildungsmittel bei Tuberkulösen sind körper-
liche Bewegungen, Höhenklima und vor allem die Saugmaske zu emp-
fehlen. | Ulrich Berlin, Schömberg.
235. W. Kruse, Die Friedmann’sche Heil- und Schutzimpfung
gegen Tuberkulose. D. m. W. 1918 Nr. 6.
Das Friedmann’sche Mittel war früher verunreinigt durch allerlei
fremde Bakterien in den Verkehr gekommen. Die Reinheit des Impf-
stoffes wird jetzt vom Verf. überwacht. Die dem Verf. vor 11/ Jahren
übergebene Kultur ist selbst in der Menge von 60 mg nicht imstande,
Tuberkulose zu erzeugen. Es liegt nicht der geringste Grund
zur Annahme vor, das Friedmann’sche Mittel könne bei
Warmblütern fortschreitende Tuberkulose erzeugen. Eben-
sowenig beim Menschen; selbst bei Neugeborenen entstehen an der Impf-
stelle, und nur an dieser, bloss Knötchen, die später verschwinden.
Der Impfstoff ruft ausser örtlichen auch allgemeine Symptome beim
Menschen hervor, und zwar, wie alle Heil- und Schutzimpfungen, nicht
nur nützliche, sondern gelegentlich auch unangenehme, ja schädliche
Wirkungen, so die entzündliche Erweichung des örtlichen Impfherdes,,
welche als Überempfindlichkeitszeichen aufzufassen ist. Sie kann durch
eine nachträgliche Einspritzung des Mittels ins Blut meist vermieden
werden. Im tuberkulösen Körper tragen alle solche Wirkungen ein be-
sonderes Gepräge, unerhört sind sie nicht und lassen sich in der Regel
vermeiden. Eigentliche Gefahren werden in der Literatur nicht hervor-
gehoben (ich meine doch! Ref.), und Ärzte, welche selbst einen Todesfall
erlebten, liessen sich nicht von der weiteren Verwendung des Mittels
abhalten, woraus Verf. den Schluss zieht, dass der Nutzen der Heilimpfung.
etwaigen Schaden mehr als wettmache.
Therapie. 115
Verf. meint, mit der Entdeckung des Friedmann’schen Mittels sei
ein grosser Schritt voran gemacht worden; es. vereinige Unschädlichkeit
und Wirksamkeit. — Zur Zeit steht die Verwendung zur Heilwirkung
weitaus im Vordergrunde; die bisherigen Versuche über Schutzimpfung
am Meerschweinchen sind vielversprechend. Es gelingt, durch Vorbe-
handlung mit Friedmannbazillen die Krankheitsdauer der Tuberkulose
. bei diesen Tieren ausserordentlich zu verlängern. Von der Schutzimpfung
an 320 Kindern glaubt Friedmann, wie Erich Müller, Erfolge
gesehen zu haben. Die Kriegszeit hat bis jetzt verhindert, den Stoff
ausreichend zu beurteilen. C. Kraemer II.
236. R. Goepel, Vierjährige Erfahrungen mit dem Friedmann-
schen Tuberkulosemittel. D. m. W. 1918 Nr. 6.
Das Friedman n’sche Mittel ist ein streng spezifisches Heilmittel
für die Tuberkulose des Menschen ; es ist bei richtiger Anwendung un-
schädlich und zwar, nach vierjährigen Beobachtungen, dauernd unschäd-
lich. Die besten Resultate unter den chirurgischen Tuberkulosen geben
frische Fälle; ein gleich günstiger Einfluss ist bei beginnender Lungen-
tuberkulose und frischen Nachschüben älterer Lungenaffektionen zu be-
obachten. Auszuschliessen von der Behandlung sind kachektische Kranke,
solche mit allgemeiner Tuberkulose (Meningitis) und multiplen schweren
tuberkulösen Herden. Ein abschliessendes Urteil über die Wirkung der
Impfung lässt sich erst nach vielen Monaten, ja selbst Jahren, abgeben;
Schwankungen im Heilungsvorgang können eintreten. Das absprechende
Urteil der Literatur aus dem Frühjahr 1914 über das Friedmann’sche
Mittel ist vorschnell gewesen. Das Verfahren geht von richtigen wissen-
schaftlichen Grundlagen aus, basiert auf guter Beobachtung und ist des
ernstesten Studiums wert. Die therapeutischen Erfolge gerade in frischen
Fällen, die Unschädlichkeit und die lange Nachwirkung berechtigen zu
der Ansicht, dass das Mittel bei Neugeborenen Schutzwirkung gegen Tuber-
kulose auszuüben vermag. (Die „Unschädlichkeit“ des Mittels dürfte wohl
erst sicher bewiesen werden müssen, ehe das absprechende Urteil von 1914
widerrufen werden kann. [Ref.].) C. Kraemer IlI.
237. Kühne, Therapeutische Erfahrungen mit dem Friedmann-
schen Tuberkuloseheilmittel. B. klin. W. 1918 Nr.7.
Aus 20 beigefügten Krankengeschichten zieht Verf. den Schluss, dass
„bei richtiger, rechtzeitiger Anwendung des Friedman n’schen Mittels,
sowohl bei Lungentuberkulose als auch bei chirurgischer Tuberkulose
Heilresultate erzielt werden, wie sie bei Anwendung der übrigen bisher
üblichen Heilmassnahmen nicht zu erreichen sind“. Die Impfstelle muss
ständig kontrolliert werden, damit die intravenöse Injektion rechtzeitig ein-
setzt; am günstigsten ist es, wenn sich Impfinfiltrate bilden, die allmählich
spontan zurückgehen. Pockenimpfung hat eine ausgesprochen schädliche
Wirkung.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
238. Kölliker, Erfahrungen mit der Tuberkuloseimpfung nach
Friedmann. B. kl. W. 1918 Nr. 7.
Die Friedmann’sche Impfung leistet, wenn sie technisch richtig
durchgeführt wird, mehr als alle anderen Behandlungsmethoden für die
g*
116 Therapie.
Knochen- und Gelenktuberkulose. Nachfolgende Pockenimpfung ist zu
vermeiden, da der Körper diesen Kampf nach zwei Fronten nicht leisten
kann. Am aussichtsreichsten ist das Verfahren in den Anfangsstadien
der Erkrankung. Das Mittel ist völlig unschädlich. Nach der Injektion
des Mittels haben operative Eingriffe zu unterbleiben.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
239. E. Rochelt- Meran, Die chirurgische Behandlung der Lungen-
schüsse. B. kl. W. 1917 Nr. 9.
Bei bedrohlichen Lungenblutungen ist eine Thorakozentese vorzu-
nehmen. Lungenrisse sind zu nähen, Thoraxdefekte zu schliessen. Hämato-
thorax ist in der Regel zu punktieren. A. Baer.
240. Clinical report on the applications of Eusol. Report to the
Medical Research Committee. The Lancet, 5. u. 12. Febr. 1916.
Nicht nur in mehreren Fällen septischer und nicht septischer Ver-
wundungen, sondern auch bei verschiedenartigen Entzündungen (besonders
auch bei Knochentuberkulose anstatt der Jodoform-Bismutpasta) erwies
sich dieses Präparat als ein nicht-giftiges und nicht-reizendes erfolgreiches
Antiseptikum. J. Peerenboom.
241. H. Rotky, Über die Wirksamkeit der Balsame bei der
Tuberkulose. Prager med. Wschr. 1914 S. 523.
Aus den an der v. Jaksch’schen Klinik vorgenommenen Unter-
suchungen zieht Verf. den Schluss, dass die Berliner’sche Menthol-
Eukalyptol-Behandlung bei Lungentuberkulose nur einen befriedigenden
Erfolg erzielen kann, wenn die Erkrankung der Lungen keine grosse
Ausbreitung, namentlich nicht über beide Lungenflügel aufweist, wenn die
Destruktion der Lunge keine hochgradige ist und wenn der Kranke in
seinem Allgemeinzustande nicht zu sehr herabgekommen ist. In gegen-
teiligen Fällen aber, verbunden mit hohem Fieber, wird ein günstiger
Einfluss dieser Behandlung sehr problematischer Natur sein.
In Fällen hingegen, bei welchen die Erkrankung bloss einen kleinen
Bezirk des Lungengewebes ergriffen hat, bei welchen noch der Katarrh
das Krankheitsbild beherrscht, verbunden mit gutem. Ernährungszustand
und guter Reaktionsfäbigkeit des Patienten, da lässt sich mit dieser
Behandlungsmethode unter Umständen etwas erzielen, vorausgesetzt, dass
sie lange Zeit hindurch fortgesetzt wird. Sie hat namentlich für Kranke
solcher Art Bedeutung, bei welchen der Umstände halber klimatische
Kuren usw. nicht in Betracht kommen können. Friedel Pick, Prag.
242. Ranke, Die Tuberkulosebekämpfung nach dem Kriege.
M. m. W. 65. 1918 S. 820—321.
In 27 Leitsätzen fasst R. alle die Punkte zusammen, die unbedingt
zur Tuberkulosebekämpfung notwendig sind. Besonderen Wert legt Verf.
auf die Einführung der Arbeitebehandlung für die nichtfiebernden oder
sonst nicht sicher fortschreitenden Tuberkulosen und auf die Ermöglichung
der — wenigstens teilweisen — Aufnahme der für die Weiterverbreitung
der Ansteckung gefährlichsten Schwerkranken in Spezialanstalten.
Bredow, Ronsdorf.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 117
ll. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
5. A. Eber-Leipzig, Die Tuberkulose der Tiere. (Aus: Lubarsch-
Ostertag, Ergebnisse der allgemeinen Path., Jahrg. XVIII, 2. Abt., 371 S.
Der Bericht bringt die Arbeiten, die in den Jahren 1905—1914 über Tiertuber-
kulose erschienen sind. Er bildet die Fortsetzung des im X. Jabrgang der Ergeb-
nisse veröffentlichten Berichtes. Den Eingang bildet das Arbeitenverzeichnis, das
1677 Nummern umfasst. Obgleich das vorliegende Buch ja selbst ein Sammel-
bericht ist, rechtfertigt es die grosse Wichtigkeit, die den besprochenen Arbeiten
auch für die Lehre von der menschlichen Tuberkulose zukommt, hier einige wich-
tige Tatsachen, die sich aus dem reichhaltigen Sammelberichte Eber’s ergeben,
an einander zu reihen.
Die Rindertuberkulose befindet sich im Deutschen Reiche in zweifelloser Zu-
nahme.
Eine Abtötung der Tuberkelbazillen durch Pasteurisieren ist durchaus nicht
immer sicher. Halbstündiges Erhitzen auf 75° erreicht z. B. nicht sämtliche Keime,
Kefirgärung und normale Säuerung kann den Tuberkelbazillen nichts anhaben.
ber die Ansteckungsfähigkeit der Kindertuberkulose für den Menschen herrscht '
jetzt Übereinstimmung. Auch typische, tödlich verlaufende Lungenphthise kann,
wenn auch nur ausnahmsweise, auf der Ansteckung mit Rindertuberkelbazillen
beruhen. Die beiden Typen, humanus und bovinus, können nicht mehr als Unter-
arten mit beständigen Eigenschaften aufgefasst werden, sondern lediglich als Stand-
ortsvarietäten ein und derselben Art. Übergangsformen und Typenumwandlung
sind nicht zu leugnen.
Die Frage, ob ein gesundes Euter Tuberkelbazillen mit der Milch auszuscheiden
vermag, ist zu bejahen in dem Sinne, dass solche scheinbar gesunden Euter Träger
einer oft sehr schwer auffindbaren Tuberkulose sind, die schon von Anfang an
eine offene zu sein pflegt.
Das Vorkommen plazentarer Übertragung der Tuberkulose gilt als sicher
festgestellt. .
Über die Frage der Ansteckungswege sind die Ansichten ebensowenig ein-
heitliche, wie bisher beim Menschen.
Aus den sehr belangreichen Arbeiten über die Tuberkulose bei den einzelnen
Tierarten sei bier erwähnt, dass für die gar nicht seltene Tuberkulose des Schweines
in erster Linie das Rind, dann das Geflügel und der Mensch als Austeckungsquelle
in Betracht kommen. Der Hund, der ja eine grosse natürliche Widerstandskraft
zeigt, steckt sich sowolıl vom Menschen wie vom Rinde an.
Über die subkutane Tuberkulinprobe scheinen die Ansichten nicht weniger
geteilt zu sein, als in der menschlichen Krankheitslehre. Über die Intrakutan-
reaktion beim Rinde lauten die Ansichten überwiegend günstig. Die Augenprobe
ist zu Massenuntersuchungen geeignet. Tiere, die auf sie reagieren, rind sicher
tuberkulös.
Die Erfahrungen über spezifische Behandlung sind bisher gering. Günstig sind
die Erfahrungen des Tilgungsverfahrens von Bang und von v. Ostertag.
Durch die Bovuvakzination kann die Widerstandsfähigkeit junger Rinder gegen-
über der künstlichen Ansteckung gesteigert werden. Diese Steigerung hält aber
nicht lange vor. Der Beweis ausreichender Schutzkraft gegen die natürliche An-
steckung ist noch nicht erbracht. Die praktischen Erfahrungen sprechen sogar
überwiegend für die ablehnende Meinung. In ähnlicher Weise sind die Ansichten
über die Taurumapschutzimpfung nach der ungünstigen Seite abgeschlossen. Auch
die Urteile über das Klimmer’sche Verfahren lauten überwiegend ungünstig.
Sehr lesenswert sind auch die Zusammenstellungen über die staatlichen Mass-
nahmen zur Bekämpfung der Säugetiertuberkulose. H. Grau, Honnef.
118 Kongress- und Vereinsberichte.
Il. Kongress- und Vereinsberichte.
2. Waffenbrüderliche Vereinigung Deutschlands und Österreich-
Ungarns.
I. Tagung der medizinischen Abteilungen vom 11.—13. Oktober
: 1917 in Baden bei Wien.
(Referent: A. Baer, Sanatorium Wienerwald.)
Professor Rudolf Bälint (Budapest): Behandlung lungenkranker
Soldaten in Kurorten und Heilanstalten (Autoreferat).
Die lungenkranken Soldaten zerfallen vom Gesichtspunkte der Behandlung
und Versorgung in zwei Gruppen: tuberkulöse und nicht tuberkulöse Kranke.
Die Lungentuberkulose muss in Anbetracht der Infektionsgefahr der zivilen Be-
völkerung als Kriegsseuche aufgefasst werden. Es muss gesorgt werden, dass die
an offener Tuberkulose leidenden Kranken ihre Angehörigen nicht infizieren können.
Die unheilbaren Fälle sollten in Abteilungen untergebracht werden, die in
Verbindung mit den städtischen und Komitats-Spitälern aufzustellen wären; die
heilbaren Fälle in Sanatorien, die an geeigneten klimatischen Kurorten zu erbauen
sind. An der relativen Beschränktheit der Nahrungsmittel im Vergleich mit den
Friedenszeiten scheitert die Genesung nicht. Die Kranken sind in den Sanatorien
zu beschäftigen.
In jedem Sanatorium sollten die Kranken mittels volkstümlicher Vorträgen
über die Verhinderung der Krankheitsübertragung belehrt werden. Die Kranken
sollen bis zum Verlust der Aktivität der Krankheit resp. bis der offene Prozess
zum geschlossenen wird, in den Sanatorien gehalten werden. Offene Fälle dürfen
nur unter strengen Kautelen der häuslichen Pflege übergeben werden.
Von anderen Lungenkrankheiten bedürfen pleuritische Adhäsionen einer
klimatischen Behandlung; solche Adhäsionen sind unter anderen sehr oft Über-
bleibsel der Lungenschüsse. Die klimatische Behandlung solcher Fälle ist durch
entsprechende Apparate zu unterstützen.
In klimatischen Kurorten sind ‚ausserdem noch Kranke mit chronischem
Bronchialkatarrh, Emphysem, Asthma bronchiale, sowie auch Rekonvaleszenten
nach akuten Lungenkrankheiten unterzubringen.
Aussprache (referiert nach dem offiziellen Berichte):
Josef Sorgo-Alland: Die Tuberkulösen besitzen nicht nur für Tuberkulin, son-
dern auch für artfremdes Eiweiss eine erhöhte Empfindlichkeit. Tuberkulöse Herde
reagieren auch auf Typhustoxine; eine solche Reaktion kann auch eine Schä-
digung herbeiführen. Tuberkulöse sollten von der Typhusimpfung ausgeschlossen werden ;
da dies aber bei Leuten mit alten tuberkulösen Herden nicht durchführbar ist, so sollen
Typhusgeimpfte durch 14 Tage vom Felddienste befreit werden.
M. Landegpger- Wien: Die Behandlung in den Tuberkulosefürsorgestellen. Da
die Isolierung der Kranken derzeit fast auf unüberwindliche Schwierigkeiten stösst und
auch die Verbesserung der Lebensverhältnisse und Unterstützung mit ausreichender Kost
jetzt oft unmöglich ist, so ist die Fürsorgetätigkeit derzeit zumeist wenig erfolgreich und
beruht hauptsächlich in der Belehrung und Erziehung der Kranken und ihrer Familien
durch die Fürsorgeschwester. Erfreulich sind dagegen die mit spezifischer Therapie er-
zielten Heilerfolge. Vortragender benützte vorwiegend das Tuberkulomuzin, mit welchem
er bei 143 Kranken in 52,5°/o Heilung, in 37°/o Besserung und nur in 10,5°/o keinen
Erfolg erzielte.
Wilhelm Mager-Brünn: Die Unterbringung von mit offener Tuberkulose
Behafteten ist von höchster Wichtigkeit. Es soll aber eine Absonderung in „Sterbe-
häusern“ aus Humanitätsgründen vermieden werden; vielmehr sollen Tuberkulose-
krankenhäuser für alle Stadien geschaffen werden, ebenso sollen die Abteilungen
der ländlichen Krankenhäuser für alle Stadien bestimmt sein. Ferner wünscht Vortr.
Kongress- und Vereinsberichte. 119
Schaffung von ländlichen Kolonien in Form von Kriegerheimstätten für Tuber-
kulöse, wo diese ohne Infektionsgefahr mit ihrer Familie zusammenleben können.
Petruschky- Danzig bestätigt die Erfahrungen Sorgo’s über die besondere
Empfiodlichkeit Tuberkulöser gegen die Typhusschutzimpfung. Die Überempfiadlichkeit
der Tuberkulösen setzt sich aus einer spezifischen und einer nichtspezifischen Kompo-
nente zusammen.
Die Frage, ob Kranke mit geschlossener Tuberkulose im Heeresdienste belassen
werden können, bejaht Verf. unter der Voraussetzung, dass man alle Mittel der Wissen-
schaft anwendet, um die Kranken auch im Dienste leistungsfähig zu erhalten und ihre
Genesung so zu fördern, dass der Ausbruch offener Tuberkulose nicht zu fürchten ist.
Vortr. befürwortet ferner die ausgedehnte Verwendung der für Heereszwecke besonders
geeigneten Methodik der pertukanen Tuberkulineinverleibung.
Julius Glax-Abbazia bemerkt, dass deı Salzgehalt der Luft an der Küste von
Wind und Wetter abhängig ist; bei ruhiger See ist die Seeluft nicht salzhaltiger als
anderwärts und es gibt auch Küstengebiete mit sehr trockener Luft. Deshalb iat es un-
richtig. die Seeluft im allgemeinen als salzhaltig und feucht zu bezeichnen,
Kirchner- Berlin widerspricht Sorgo, dass die Typhusschutzimpfung die
Tuberkulösen schädigen könne; es geht nicht an, 1 g Typhusimpfstofl‘ gleichzusetzen
1 mg Tuberkulin. Die Schonung der typhusgeimpften Soldaten durch 8—14 Tage ist
praktisch undurchführbar. Gegenüber dem Referenten, dass vom hygienischen Stand-
punkte es gut sei, dass jetzt so viele latente Tuberkulosen zu offenen werden, meint
Vortr., dass im Gegenteil die Zunahme der Tuberkulose ein Unglück sei, dem wir mit
aller Energie entgegentreten müssen, Vortr. kann die Unterscheidung in heilbare und
nicht heilbare Fälle nicht gutheissen, sondern man darf nur unterscheiden zwischen
offener und geschlossener Form. Man nıuss aber beide behandeln und zu heilen ver-
suchen. Die offenen müssen aber verhindert werden, die Bazillen auf ihre Umgebung
zu übertragen.
Samuel Ebel-Abbazia betont die Wichtigkeit der Hydrotherapie bei der Be-
kämpfung der Tuberkulose und verweist auf günstige Erfahrungen mit Inhalation ther-
mischer Kontrastreize, nach Analogie der schottischen Dusche.
Rudolf von Jaksch-Prag: Jeder Fall von offener Tuberkulose bedeutet eine
Gefahr für seine Umgebung und ist in eine Tuberkuloseheimstätte zu schicken. Wir
müssen die Tuberkulose im Säuglingsalter bekämpfen, dann wird die
sekundäre Affektion ausbleiben. Solange wir dies nicht zustande bringen,
wird jede Therapie erfolglos bleiben. Das Wichtigste ist die Prophylaxe der Tuber-
kulose im Säuglingsalter.
Rudolf Bálint (Schlusswort) ist mit den Ausführungen Kirchners einver-
standen, von dem er stellenweise missverstanden wurde. Tuberkulöse Soldaten sind in
Sanatorien zu bebandeln; für sehr lange dauernde und unheilbare Fälle sind Baracken
zu errichten, wo diese Fälle getrennt von ihrer Familie, aber doch in deren Nähe be-
handelt werden können,
II. Tagung der ärztlichen Abteilungen der Waffenbrüderlichen
Vereinigungen Deutschlands, Osterreichs und Ungarns
vom 23.—26. Januar 1918 in Berlin.
(Referent: E. Hayward, Charlottenburg.)
In den Tagen des 23.—26. Januar fand in Berlin im Langenbeck-Virchow-
Hause die II. Tagung der ärztlichen Abteilungen der Waffenbrüderlichen Ver-
einigungen Dautschlands, Österreichs und Ungarns statt. Die Veranstaltung, an der
sich zablreiche Ärzte aus allen Teilen Deutschlands beteiligten und zu der weit über
100 Arzte aus den verbündeten Donaumonarchien gekommen waren, nahm in allen
ihren Teilen einen glänzenden Verlauf. War doch als Verliandlungsgegenstand
ein Thema gewählt worden, das nicht nur das ärztliche Interesse aufs höchste
beanspruchte, sondern dessen praktische Bedeutung jedem, der sich mit der Zu-
kunft unseres Volkes und der Mittelmächte überhaupt beschäftigt, klar war.
Für den Verhandlungsgegenstand: „Der Wiederaufbau der Volkskraft
nach dem Kriege“, waren Reduer aller einschlägigen Disziplinen gewonnen
120 'Kongress- und. Vereinsberichte.
worden, deren Namen und Ruf für die sachverständige Behandlung der Fragen
bürgten.
Am Mittwoch, den 23. Januar, hielt die Berliner medizinische Gesellschaft zu
Ehren der Gäste eine ausserordentliche Sitzung ab, in der Kraus-Berlin zunächst
die Erschienenen begrüsste, wobei er auf die zahlreichen gemeinsamen Züge in der
Entwicklung der beiden Länder Deutschland und Österreich hinwies. Nachdem
Tandler-Wien und v. Grösz-Budapest im Namen der österreichischen und
ungarischen Ärzte, sowie Mivisterialdirektor Dr. Kirchner für die deutschen
Ärzte gedankt hatten, hielt Orth-Berlin den Festvortrag „Über Tuberkulose‘.
In den Vordergrund seiner Ausführungen stellte er seine eigenen über eine Reihe
von Jahrzehnten sich erstreckenden Untersuchungen und betonte, dass er im Gegen-
satz zu anderen Forschern stets die Bedeutung der Rindertuberkulose für den |
Menschen gelehrt habe. Auch des Zusammenhangs der Skrofulose und Tuberkulose
wurde eingehend gedacht. Das Vorkommen der traumatischen Lungentuberkulose
ist ausserordentlich selten und wird nur dann beobachtet, wenn irgendwo im
Körper ein latent tuberkulöser Herd sitzt.
Das erste Thema behandelte die Vermehrung und Erhaltung des
Nachwuchses.
Krohne-Berlin erörterte bevölkerungspolitische Probleme und
Ziele.
Zwei Dinge beanspruchen hier unsere grösste Aufmerksamkeit:
Der seit 1900 zu beobachtende bedrohliche Geburtenräckgang im Zusammen-
hang mit den Verlusten von Hunderttausenden im Kriege gefallener Männer und
die noch immer zu hohe Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit.
Der Geburtenrückgang bildet für uns noch keine unmittelbare Gefahr; zwar
wurden bereits in den letzten Jahren vor dem Kriege jährlich 560000 Kinder
weniger geboren als noch um 1900. Doch wird durch den weiteren erschreckenden
Geburtenrückgang während des Krieges und durch die hohe Verlustziffer an Ge-
fallenen die Gefahr einer bedenklichen Verlangsamung unserer Volksvermehrung
oder gar ein Stillstand derselben in greifbare Nähe gerückt. Die Säuglings- und
Kleinkindersterblichkeit bat sich seit 1900 erheblich verringert, ist aber mit
360000 Todesfällen von Säuglingen und Kleinkindern jährlich noch immer zu hoch
und beispielsweise noch weit höher als in England, Frankreich, Italien, den skan-
dinavischen und einigen anderen Ländern.
Darum muss die Freude am Kinderreichtum durch Begünstigung kinderreicher
Familien, Besserung der Wohnungsverhältnisse für unsere bemittelten Volksschich-
ten, durch umfassende Siedlungspolitik, weitgehende Förderung der inneren Kolo-
nisation und vielerlei anderes angeregt werden. Weiterhin ist erforderlich Aus-
bau aller Bestrebungen auf dem Gebiete des Mutter- und Säuglingsschutzes, Reform
des Hebammenwesens, Überwachung des Gesundheitszustandes möglichst aller
Säuglinge und Kleinkinder durch Säuglingsfürsorgestellen, Belehrung der Mütter
und der gesamten weiblichen Jugend über die Grundsätze der Säuglings- und Klein-
kinderpflege, Anstellung einer grossen Zahl von Säuglingspflegerinnen und Für-
sorgerinnen für Familie und Gemeinde, verbesserte Fürsorge für die unehelichen
Kinder und dergleichen mehr.
Tandler-Wien behandelt die Frage der Fürsorge für unseren Nach-
wuchs vom rein sozialen Standpunkt. Der Arzt muss lernen sich auch um die
Standesangelegenheiten des Volkes und das soziale Gefüge der Staaten mehr zu
kümmern als bisher. Unter dem Gesichtswinkel sozialer Bevölkerungspolitik ge-
winnen die Zahlen der Geburten und Sterblichkeit ein besonderes Aussehen.
Aber auch die Einsicht in die ursächlichen Momente der Bevölkerungspolitik wird
eine andere und mit der Erkenntnis der Ursachen des gesamten Prozesses kann
die Behandlung in richtige Bahnen gelenkt werden. Die Bevölkerungspolitik ist
eine Willensäusserung des Gesamtstaates. Die Menschheit befindet sich augen-
blicklich in einem Zustande grosser Menschenbedürftigkeit und es ist klar, dass
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Kongress- und Vereinsberichte. 121
wir alles versuchen müssen, um über diese kritische Zeit hinweg zu kommen. Die
augenblicklich mögliche Hilfe besteht in der Herabdrückung der Sterblichkeits-
ziffer. Es handelt sich vor allem dabei um die Säuglings- und Kindersterblichkeit.
Die Hebung der Aufzuchtsziffer ist aber nicht durch kleinliche Mittelchen zu er-
xeichen, wie z. B. durch grössere oder kleinere Prämien, Steuernachlässe usw.,
ssondern dazu gehören viel radikalere Mittel. Dazu ist in erster Linie eine ver-
zünftige Steuerpolitik, ferner eine Änderung der Agrarpolitik zu rechnen.
Wilhelm Tauffer-Budapest: Mutterschutz und Säuglingsfürsorge
in Ungarn.
Mutterschutz und Säuglingsfürsorge in Ungar» ist neuerdings vom Parlamente
und Regierung als Aufgabe des Staates anerkannt.
Als vorangehende Aufgabe wurde bereits vor 17 Jahren die staatliche Für-
sorge für jede Schwangere und für das verlassene Kind gesetzlich geregelt. Der
Staat gewährt jeder Gebärenden in sämtlichen Kliniken, (Feburtsanstalten und
Spitälern unentgeltliche Niederkunft und Wochenbettpflege, ohne Reklamation der
Verpflegskosten.
Seit 1917 gelten folgende Regierungsbeschlüsse :
I. Es wird anerkannt, dass Mutterschutz und Säuglingsfürsorge im weitesten
Sinne des Wortes Aufgabe des Staates sind. —
II. Es wird erkannt, dass eine entsprechende Fürsorge der Staat nur in Ver-
bindung mit der Gesellschaft zu leisten vermag. —
Ill. Es wird erkannt, dass der Staat mit seiner bürokratischen Schwerfällig-
keit zur Exekutive ungeeignet ist, und dass ein Mittelglied bestehen muss, welches
mit vom Staate liberal übertragener Exekutivgewalt ausgestattet, mit dem wogen-
den Leben in unmittelbarer Berührung steht und bürokratischer Formen bar, die
Fürsorge organisiert, leitet und überwacht. — Dieses Mittelglied stellt der Stefanie-
Bund dar, welcher unter dem Protektorate Ibrer Kaiserlichen und Königlichen
Hoheit der Prinzessin Stefanie entstanden ist und die gross angelegte Organisation
des Mutterschutzes und der Säuglingsfürsorge betreibt. — Eine staatlich organi-
siorte Schwesternschaft, bestehend aus 5—6000 Fürsorgeschwestern, soll das ganze
Land uraspinnen. Die Fürsorgeschwestern geniessen (jetzt in 8, in der nächsten
Zukunft in 18) Schulen unentgeltliche Ausbildung. Ihr Jahresgehalt beträgt je
nach der Anstellung und dem Wirkungskreise entsprechend 300—2500 Kronen.
Die bedeutendste Schöpfung des Stefanie-Bundes ist die Königin-Zita-Anstalt
als Landeszentrale für Mutterschutz und Säuglingsfürsorge. Die Anstalt befolgt
in ihrer Organisation im grossen und ganzen die vorbildlich ausgestalteten Prin-
zipien des Kaiserin Auguste Viktoria-Hauses in Charlottenburg. — Die Königin-
Zita-Anstalt besteht aus einer sozialpolitischen Abteilung, aus einer Gebäranstalt
mit Mütterheim und aus einem Säuglings- und Kleinkinderhospital, weiterhin aus
einer Fürsorgestelle für auswärtige Säuglinge und aus der Erziehungsanstalt für
Fürsorgeschwesternschaft und Fortbildungsschule für Ärzte. — Den einzelnen Ab-
teilungen stehen 3 Fachmänner als Direktoren vor.
In der Hauptstadt Budapest ist die Fürsorge seit 18 Monaten organisiert
und hat vermittels 42 Fürsorgeschwestern bereits 24000 Mütter und Säuglinge
unter ihre Obhut genommen.
Dippe-Leipzig fordert in seinem Vortrag: Säuglings- und Kleinkinder-
schutz; Arzt und Fürsorgerin alle Ärzte auf, an den ausserordentlich be-
deutsamen Fürsorgebestrebungen tatkräftig mitzuarbeiten, aber auch dafür zu
sorgen, dass ihnen dabei allenthalben die gebülhrende Stellung eingeräumt, dass
jede Schädigung der Ärzte an Ansehen und Erwerb sorgsam vermieden wird. Den
Leiter der Mutterberatungsstelle wollen die ansässigen Ärzte aus ibrer Mitte be-
stimmen, und an allen Stellen des ganzen Aufbaues, bis hinaus zu dem dringend
wünschenswerten Reichsamt für Volksgesundheit, soll den Ärzten Sitz und Stimme
ausreichend zugebilligt werden. Die Einzel- und Kleinarbeit der Fürsorgen soll
122 Kongress- und Vereinsberichte.
weiblichen Hilfskräften übertragen werden, die möglichst gut ausgebildet und erst
nach einer strengen Prüfung augestellt werden sollen.
v. Pirquet-Wien hat an der Univ.-Kinderklinik in Wien seit mehreren
Jahren ein Ernährungssystem in Anwendung gebracht, das auf zwei neuen
Prinzipien beruht. Als Nahrungseinheit wird die Milch benützt und der indivi-
duelle Bedarf wird aus der Sitzhöhe berechnet. Die metrische Einheit des Nähr-
werts ist 1 Gramm. einer Durchschnittsmilch von 3,7 Prozent Fettgehalt. Sie
heisst Nem (Nahrungs-Einheit-Milch). Die Vielfachen davon sind das Hektonem
(100 Nem, der Nahrungswert von 100 g Milch) und das Kilonem (1000 Nem, der
Nahrungswert von 1000 g oder rund 1 Liter Milch).
Aus dem Quadrate der Sitzhöhe wird ein Mass der Darmfläche berechnet.
Entsprechend der vom betreffenden Menschen erwarteten Funktion (Wachstum,
Fettzunahme, Bewegung, körperliche Arbeit usw.) wird für jeden Quadratzentimeter
Darmfläche eine bestimmte Anzahl von Milcheinheiten als Tagesnahrung gegeben.
An der Hand einiger Beispiele werden die Erfolge des Systems, das für alle
Altersstufen des Menschen anwendbar ist, gezeigt. |
Redner stellt die Forderung auf, dass der Staat allen Staatsbürgern und
insbesondere den Kindern die notwendige Nahrungsmenge garantiert. Als Mass-
stab hat der Nährwert zu gelten; die Art der Nahrungsmittel, die gegeben werden,
hängt von der wirtschaftlichen Konjunktur ab.
Noeggerath-Freiburg i. Br. referiert über den gegenwärtigen Stand
und den künftigen Ausbau-der Kinderheilkunde in Deutschland.
Erst seit 25 Jahren besteht die erste deutsche Kinderklinik. Eine Schöpfung
Heubner's. Als eindruckvollstes -äusseres Zeichen des Fortschrittes erwähnt
Redner die Umwandlung der offenen und geschlossenen Fürsorgestellen für Säuglinge
aus Sterbeanstalten mit bis zu 90 Prozent Mortalität zu lebensbewahrenden Zentren
der Volkserhaltung. Die wissenschaftliche Pädiatrie hat wesentlich die Wachs-
tumsverhältnisse, den Stoffwechsel und die Infektionskrankheiten studiert. Die
äusseren Lebensbedingungen deutscher Kinderheilkunde sind auch heute noch
dürftig, dies drückt sich am stärksten in den ungenügenden Möglichkeiten zur
Ausbildung der Studierenden und Ärzte auf den Universitäten aus. Die hierzu
notwendigen Vorschläge werden an Hand einer Denkschrift der kinderärztlichen
Hochschullehrer besprochen.
Über normaleundabnorm veranlagte Kinder sprach Czerny-Berlin.
Das normale Kind braucht nur Schutz gegen extreme Armut und gegen In-
fektionskrankheiten, es wächst auch unter ungünstigeren Verhältnissen auf und
entwickelt sich zu einem körperlich /und geistig brauchbaren Menschen. Das
_ kranklaft veranlagte Kind erfordert den ganzen Apparat von Fürsorgeeinrichtungen.
Die Fürsorge kann hier aber nur bessern, niemals normale Verhältnisse schaffen.
Deshalb warnt Czerny vor der Überschätzung mancher Fürsorgebestrebungen.
Langstein-Berlin skizziert in grossen Umrissen die Richtlinien für eine
zielbewusste Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, wie sie in dem Kaiserin Au-
guste Viktoria-Hause zu Charlottenburg erprobt worden sind. —
Als zweites Thema war gewählt: Schutz und Kräftigung der jugend-
lichen Bevölkerung.
Zunächst erläuterte Abel-Jena die Aufgaben und Wege der gesund-
heitlichen Fürsorge für die Jugend.
Die starke, durch den Krieg noch sehr vermehrte Abnahme der Geburten-
ziffer, die Verwaisung vieler Kinder, der wirtschaftliche Rückgang zahlreicher
Familien, die künftigen hohen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit aller Volks-
schichten geben erhöhten Anlass zur gesundheitlichen Fürsorge für das Jugend-
alter, dessen gesundheitliche Zustände noch keineswegs befriedigend sind. Von
allgemein anzustrebenden hygienischen Fortschritten werden besonders schärfere
Bekämpfung der Infektionskrankheiten und Besserung der Wohnungsverhältnisse
Kongress- und Vereinsberichte. 123
Aem heranwachsenden Geschlecht zugute kommen. Die Säuglingsfürsorgestellen
sind zu solchen für kleine Kinder auszubauen, nötig ist die Einführung der
Wrankenversicherung für die Familien, um ärztliche Behandlung kranker Kinder
zu sichern, nötig ferner ärztliche Beaufsichtigung der Kindergärten, Beibehaltung
dies sommerlichen Landanfenthaltes für Stadtkinder, körperliche Ausbildung der
smännlichen Jugend bis zum Heeresdienstalter, Unterweisung der weiblichen Jugend
im Haushaltskunde und Kinderpflege, Alkohol- und Tabakverbot für Jugendliche,
Ersatz des Schlafstellenwesens durch Ledigen- und Lehrlingsheime, gesundheitliche
Unterweisung der Jugend, wie der Mütter.
Leo Burgerstein-Wien sprach ausführlich über körperliche Erziehung
und Schule.
Er zog die einzelnen Schulgattungen in Betracht, betonte die Notwendigkeit
weniger schroffen Überganges im ersten Volksschuljahr und genauerer Erforschung
der Einflüsse dieses Jahres auf die physische Entwickelung des Kindes, sprach
weiter über Anerziehung hygienisch korrekter Sitzarbeitshaltungen in dieser Zeit,
sowie Anlage je einiger Freiluftklassen in neuen städtischen Schulhäusern. —
Hinsichtlich der Fortbildungsschule wies er auf die unabweislichen Reformen be-
züglich körperlicher Erziehung der im Reifungsalter stehenden Jugend hin, auf
Notwendigkeit und Mittel der Erziehung zu richtigen Berufsarbeitshaltungen und
Förderung der Jugendlichen -Vereinigungen zu Zwecken gesunder körperlicher
bung. — Hinsichtlich der höheren Schulgattungen redete er das Wort den Kon-
zessionen des Lehrplanes für die Förderung körperlicher Erziehung und über
exakte Feststellung der bestehenden Belastung.
Der Kriegseinfluss wurde in bezug auf die Folgen der Kriegsernährung und
den voraussichtlich bleibenden Erfolg hinsichtlich gesteigerter Fürsorge für bessere
physische Erziehung der Schuljugend bemerkt. — Hinsichtlich der Ferienkolonien
und Ferienwanderungen schlug Redner Ausnutzung der einschlägigen Wohlfahrts-
einrichtungen auch zur Verminderung der Landflucht vor und gab die Wege an.
Der Hygieneunterricht der Lehrerschaft und Schülerschaft in seiner Be-
ziehung zur körperlichen Erziehung wurde für verschiedene Schulgattuugen kritisch
. erörtert. — Weiter schlug Ref. vor, im Zusammenhang mit dem Charlottenburger
Laboratorium zur Erforschung des Sportes eine Ausdehnung der Aufgaben in dem
Sinne ins Auge zu fassen, dass auch das wissenschaftliche Experiment sowie die
statistische Aufnahme verschiedener mit der Schulung zusammenhängender Punkte
der Lebensführung, Gegenstand der Forschung einer besonderen Abteilung des
neuen Institutes werden möge und skizziert durch Beispiele die Aufgaben, welche
der Forschung hier erwachsen würden,
F. A.Schmidt-Bonn: Körperliche Ertüchtigung der schulentlasse-
nen Jugend in den Entwickelungsjahren von 14—19. |
Die Übergangszeit vom 14. bis zum 19. Jahre ist mit ihren besonderen
Wachstumsverhältnissen entscheidend für den Bestand an Gesundheit, Leistungs-
wie Widerstandskraft im ganzen späteren Dasein. Nach dem 14. Lebensjahre be-
ginnt beim männlichen Geschlecht eine ungemein starke Längen- wie Gewichts-
zunahme (sog. „zweite Streckung*), die im 15. und 16. Lebensjahre, also mitten
in der Lehrlingszeit, ihren Höhepunkt erreicht.
Nach dem 16. Jahre tritt immer mehr das Breitenwachstum in den Vorder-
grund, sowie in ursächlichem Zusammenhange mit der Zunahme des Brustum-
fanges das Wachstum der Lungen, deren Volum um das !/s—!/s fache, sowie des
Herzens, dessen Volum um das Doppelte zunimmt. Der zeitige Abschluss und
die Vollendung dieser Entwickelung bis zum 20. Jahre ist gleichbedeutend mit
starker Widerstandskraft gegen Erkrankung an Tuberkulose. Aus den umfassenden
Erhebungen bei unserem Heere (v. Schjerning) wissen wir, dass von den
Leuten, welche infolge Verzögerung des Wachstums erst mit 21 und 22 Jahren
eingestellt werden können, doppelt so viele, von denen, die erst nach dem
22. Jahre dienstfähig wurden, sogar zweimal so viel an Tuberkulose während
124 Kongress- und Vereinsberichte.
der Dienstzeit erkrankten, als von denen, die mit 20 Jahren schon voll entwickelt
waren. Um die vorhandenen Wachstumsanlagen zeitig zur vollen Entwickelung
zu bringen, bedarf es der entsprechenden Wachstumsanregungen.
Tatsächliche Feststellungen von Matthias und Godin geben den Bestre-
bungen zur Ertüchtigung unserer Jugendlichen durch wirksame Leibesübungen
neues Gewicht. Die Bedeutsamkeit der körperlichen Erziehung in den Jahren
14—19 für die gesamte Volkskraft ist aber derart, dass wir die Anteilnahme der
Jugendlichen nicht weiter als eine freiwillige dem Ermessen der jungen Leute
überlassen dürfen. Vielmehr ist zu fordern, dass ‘ein genügendes Mass körper-
licher Übung allgemein in den Erziehungsplan der Pflichtfortbildungsschule ein-
zubeziehen sei. Dabei sollen aber die grossen Verbände für Leibesübungen wie
für Jugendpflege mitbeteiligt werden, und ihre bewährten Lehrkräfte wie ihre
Einrichtungen an Plätzen und Hallen zu gemeinsamer Arbeit mit der Fortbildungs-
schule zum Besten der vaterländischen Jugend zur Verfügung stellen.
Thbiele-Chemnitz behandelt die Schularzteinrichtung als Mittelpunkt
der körperlichen Jugendfürsorge.
Es ist ein Mangel der jetzigen Schularzteinrichtung in der Volksschule,
dass sie aufhört, wenn der halbflügge junge Mensch in die Lehre und den Erwerb
eintritt. Ebenso verlangt die notwendige körperliche Ertüchtigung der werdenden
Wehrpflichtigen ärztliche Beeinflussung. Sinngemäss ist diese auch für die heran-
wachsende weibliche Jugend nötig. Hier erst liegt die natürliche Grenze der
Schularzteinrichtung. Ihr Beginn ist an den äusserlichen Zeitpunkt der Schul-
pflicht geknüpft, deshalb kommt sie für viele und gerade die schwersten Fälle
körperlicher Schädigung (Rachitis, Skrofulose, Tuberkulose) zu spät. Die Klein-
kinderfürsorge muss eng mit der Schulgesundheitspflege im neuzeitlichen Sinne
verbunden werden. Durch die Impfpflicht ist es möglich, alle Kinder einer ärzt-
lichen Begutachtung zu unterwerfen. An diese müssen sich die schon in der
Schulgesundheitspflege erprobten Folgerungen, vor allem die ärztliche Über-
wachung. anschliessen. Damit wird die Schularzteinrichtung zum Mittelpunkte
der körperlichen Jugendfürsorge und das viel geforderte einheitliche Band für die
Jugendfürsorge überhaupt.
Leu-Berlin: Körperliche Ertüchtigung der Schwerbeschädigten
durch Leibesübungen.
Schon vor dem Kriege war sich der kritische Beobachter darüber klar, dass
die Behandlung Schwerverletzter durch Medikomechanik trotz all ihrer zahllosen
und kostspieligen Apparate durchaus unzureichend war. Frühzeitig, schon wäh-
rend der chirurgischen Behandlung muss daher mit aktiven Bewegungen begonnen
werden; dass der arbeitende Muskel um das 4—5fache blutreicher ist als der
untätige, erklärt ein Heilerfolg. Die Apparatbehandlung erstreckt sich unter
Ruhigstellung des übrigen Körpers meist nur auf ein einzelnes Gelenk, wobei
aktive Muskeltätigkeit und die natürliche Belastung der Gelenkflächen so gut
wie ausgeschaltet werden. Auch die Massage ist nicht geeignet, die natürliche
freie Körperarbeit zu ersetzen; sie ist, wie die Medikomechanik, nur als ein Be-
helfsmittel anzusehen. Nach den Erfahrungen im stellvertretenden IIl. Armee-
korps (Görden) sind die Leibesübungen in jeder Form berufen, im Rahmen der
in Rede stehenden Bestrebungen zur möglichst vollständigen Beseitigung der
Kriegsfolgen neben und nach einer sachgemässen Lazarettbehandlung einen breiten
Raum einzunehmen. — Anschliessend daran erläuterte Mallwitz die durch
anschauliche Films wiedergegebene Behandlungsart Kriegsbeschädigter mittelst
Turnen, Spiel und Sport.
Gastpar- Stuttgart besprach Schularztfragen und ihre Lösung in
Württemberg.
Die Schularzttätigkeit ist nach dem Oberamtsarztgesetz vom 10. Juli 1912
vorbehalten, eine Regelung, die sich ausserordentlich bewährt hat. Die Aus-
führungsbestimmungen zu dem Gesetz übertragen dem Schularzt die Aufsicht über
Kongress- und Vereinsberichte. 125
lie Kinder in sämtlichen Schulen des Landes; ein Unterschied zwischen Volks-
wand höheren Schulen, Knaben- und Mädchenschulen besteht nicht. Die Tätigkeit
des Schularztes greift über den Rahmen der Schule hinaus durch Einbeziehung
der Altersklassen vor dem Schulalter (Krippen, Kindergärten, Kinderhorte) und
erstreckt sich ausserdem auch auf die schulentlassene Jugend (Fortbildungsschule).
Eine besonders wirksame Ausgestaltung der Fürsorge erfolgte einmal durch ihre
planmässige Förderung durch die Gemeinden, durch die Versicherungsanstalt, durch
die Ortskrankenkassen, durch Vereine, sowie durch Stiftungen Privater, welche
zahlreiche und wohlgegründete Fürsorgeeinrichtungen für die Jugend geschaffen
haben, dann durch die gesetzliche Übertragung der ärztlichen Tätigkeit bei dem
Gemeindewaisenrat und Berufsvormund ebenfalls an den Amtsarzt, endlich in
allerjüngster Zeit durch ministerielle Verordnung über die Ausbildung der den
Fürsorgedienst im einzelnen versehenden Schwestern (Fürsorgerinnen).
Das dritte Thema lautete: Herabsetzung der Sterblichkeit durch
zielbewusste Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten.
Hierbei sprach zunächst E. Jendrassik-Budapest über Verhütung und
Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten.
Die Verhütung der einzelnen übertragbaren Krankheiten kann nicht durch
einheitliche Massnahmen geschehen, sondern entsprechend ihrer Natur und der
Art ihres Übertragungsprozesses. Bei der Erwägung dieser Faktoren muss auch
jener Umstand in Betracht kommen, dass die einzelnen Organe eine von anderen
abweichende spezifische, natürliche oder erworbene Immunität haben. Die Im-
munität schützt die meisten Menschen vor der Tuberkulose, deren Mikroben wir
alle ausgesetzt sind. Eine grosse Gefahr bedeutet das Hereınbringen des Strassen-
schmutzes in die Zimmer, wogegen das allgemeine Tragen von Überschuhen, wie
es in manchen Gegenden üblich, Schutz bieten würde. Man hat, da Anzeige-
pflicht und Isolierung gegen die Übertragung der Tuberkulose nicht gut durch-
geführt werden kann, versucht, die Möglichkeit dieser Infektion durch eine inten-
sivere Behandlung der Lungenkranken zu vermindern. Leider wird die derzeit
einzig wirksame Sanatoriumsbehandlung nie in genügender Breite zur Verfügung
stehen, Tuberkulin ist kein Heilmittel gegen Tuberkulose und taugt nicht zur
Verhütung dieser Krankheit. Das beste Mittel ist die Kräftigung der Jugend,
die Assanierung der Wohnungen und Fabrikslokalitäten.
Von Hetsch wurden Massnahmen, die die Heeresverwaltung
bei Beendigung des Krieges zu treffen hat, vorgeschlagen, um die Ein-
schleppung von Seuchen in die Zivilbevölkerung zu verhüten.
Nach der Beendigung des Krieges werden weitgehende Vorsichtsmassnahmen
durchgeführt werden, um Ansteckungsstoffe von der Zivilbevölkerung fernzubalten.
Alle Truppenteile werden vor ihrer Rückführung einer gründlichen, wenn angängig
wiederholten Entlausung unterzogen werden, um das Ungeziefer zu beseitigen,
das das Fleckfieber und das Rückfallfieber überträgt. Vor der Entlassung werden
alle Heeresangehörigen eingehend auf übertragbare Krankheiten untersucht, wobei
alle diejenigen, die eine Infektionskrankheit überstanden haben, besonders berück-
sichtigt werden. Ob und wie lange einzelne Truppenteile geschlossen auf Truppen-
Übungsplätzen oder in ihrem Standort einer Quarantäne zu unterwerfen sind,
wird im Einzelfalle vom Grade und der Art ihrer bisherigen Verseuchung ab-
hängig zu machen sein.
Alle Militärpersonen, bei denen eine übertragbare Krankheit festgestellt wird,
sollen zur Behandlung so lange zurückbebalten werden, bis die Ansteckungsfähig-
keit der Krankheit erloschen ist. Das gilt insbesondere auch für die venerischen
Erkrankungen und trifft ebenso wie für die Soldaten auch für alle Personen zu,
die sich in irgend einem Dienstvertrags- oder Gefolgverhältnis beim kriegführenden
Heer und der Marine befinden. Personen, die Krankheitserreger ausscheiden, ohne
selbst krank zu sein (sog. Keimträger), sollen bei der Entlassung den Landes-
126 Kongress- und Vereinsberichte.
polizeibehörden zwecks weiterer gesundheitlicher Beratung namhaft gemacht
werden. Bei sachgemässem Zusammenarbeiten der Militär- und Zivilbehörden
wird die Gefahr einer Verseuchung der Zivilbevölkerung durch die rückkehrenden
Krieger sicherlich leicht abwendbar sein.
Kraus-Berlin: Bekämpfung der Tuberkulose.
Nach den amtlichen Berichten ist die Tuberkulosesterblichkeit während des
Krieges in der Heimat erheblich gestiegen; dies gilt für alle Klassen mit Aus-
nahme des Säuglingsalters und mit scheinbar etwas schwächerer Beteiligung des
Kleinkindesalters. Daraus erhellt die Notwendigkeit eines schärferen Vorgebens
gegen die Seuche. Als Kliniker betont Kraus besonders die Bedeutung der
Heilfaktoren, was wiederum eine aorgfältige Ermittelung der tuberkulös Ange-
steckten, nötigenfalls durch die Fürsorgestelle voraussetzt. Die Versicherungs-
gesetzgebung müsste bezüglich der Einleitung des Heilverfahrens auch auf Frauen
und Kinder ausgedehnt werden.
Als Hauptträger der Tuberkulosebehandlung können die von den Landes-
versicherungsanstalten unterhaltenen Heilstätten gelten. Mit den durch die Ver-
sicherungsanstalten gewährleisteten Heilverfahren können wir uns, soweit die
rechtlichen Unterlagen in Betracht kommen, zufrieden geben, besonders was
Kurdauer und Wiederholung der Kur betrifft. Im übrigen aber kritisiert Kraus
manche für die Einleitung des Heilverfahrens gewohnheitsgemäss festgehaltenen
Grundsätze, Man sollte z. B. den Unterschied zwischen offener und geschlossener
Tuberkulose nicht so scharf aufrecht erhalten, und zu empfehlen wäre eine
straffere Organisation des Heilverfahrens, am besten durch die Städte, natürlich
im Zusammenhang mit den Landesversicherungsanstalten. Kraus bekennt sich
nach den bisherigen Erfahrungen als Anhänger der Tuberkulinkuren. Das Tuber-
kulin müsste in dem Stadium der Erkrankung angewandt werden, wo man hoffen
kann, die Widerstandsfähigkeit gegen eine weitere Verschlimmerung zu steigern,
und das weist naturgemäss auf die Kinder hin. Aus begreiflichen Gründen will
Kraus diese Frage nur anregen. Daneben sollten auch andere Heilmethoden
auf die Kinder übertragen werden, z. B. die Lichtbehandlung, der künstliche
Pneumothorax, und endlich muss auch die Infektionsmöglichkeit mit allen erdenk-
lichen Mitteln bekämpft werden.
Teleky-Wien gibt in seinem Bericht einen Überblick über die Bekämp-
fung der Tuberkulose in Österreich vor dem Kriege und während des
Krieges. Erst der Krieg bat den Bestrebungen neue Impulse und neue Ziele ge-
geben; auch die Regierung hat sich ‚unter dem Zwange der Kriegsverhältnisse
entschlossen, energisch an der Tuberkulosebekämpfung teilzunehmen. Sie hat
im Laufe der letzten zwei Jahre rund 20 Millionen Kronen hierfür ausgegeben
Gegenwärtig bestehen etwa 230 Heilstättenbetten, und nach Ausführung aller in
Angriff genommenen Projekte wird Österreich über 5600 Betten und eine grössere
Zahl von Fürsorgestellen verfügen.
Mager-Brünn spricht über das Arbeitsgebiet der Fürsorgestellen in
Österreich. Er tritt dafür ein, dass die Tätigkeit der Fürsorgestelle auf eine
breitere Basis gebracht und in dieser auch die Behandlung der Tuberkulösen auf-
genommen und durchgeführt wird, wie das bei den meisten Fürsorgestellen in
Österreich bereits seit Jahren der Fall ist. Dieser Forderung trägt auch ein
Erlass des österreichischen Ministeriums des Innern vom Januar 1917 Rechnung.
Die Fürsorgestelle wird mit dieser Erweiterung ihrer Tätigkeit zu einer Zentrale
im Kampfe gegen die Tuberkulose.
Böhm-Wien schildert eingehend die Bekämpfung der Tuberkulose
in Wien.
Die Sterblichkeit an Tuberkulose ist während des Krieges sprunghaft gestiegen
(von 3,0 auf 1000 Einwohner im Jahre 1913 auf 5,2 pro Mille im Jahre 1917).
Am empfindlichsten sind von dieser Steigerung die Altersgruppen vom 16. bis
Kongress- und Vereinsberichte. 127
zum 60. Lebensjahre betroffen, was der Vortragende mit den durch den Krieg
verursachten Mängeln der Ernährung und mit der gesteigerten Erwerbstätigkeit
erklärt, zu welcher jugendliche Personen und die Frauen infolge des Ausfalles
männlicher Arbeitskräfte gezwungen sind. Im Gegensatz zu dieser Steigerung
zeigt die Tuberkulosesterblichkeit der Kinder im ersten Lebensjahre eine deut-
liche Abnahme (von 6,6 auf 1000 der Lebendgeborenen im Jahre 1913 auf 5,4
pro Mille im Jahre 1917). Diese erfreuliche Erscheinung findet nach der Ansicht
des Redners in der zweckmässigen Ernährung und Pflege der Kinder, für welche
gerade während der Kriegsjahre planmässig und grosszügig gesorgt wurde, ihre
Erklärung. In Wien standen während des Jahres 1917 mehr als 17000 Kinder
in den ersten zehn Lebensmonaten teils in den Fürsorgestellen des städtischen
Jugendamtes, teils bei anderen Körperschaften und Vereinigungen im Fürsorge.
Sodann berichtet Böhm über die in Wien zum Kampfe gegen die T.ıberku-
lose bestehenden Einrichtungen. Zur einheitlichen Leitung derselben wurde eine
Bezirkszentrale für Tuberkulosefürsorge geschaffen, welche unter Vorsitz des
Bürgermeisters die Vertreter aller an dem Kampfe gegen die Tuberkulose be-
teiligten oder daran besonders interessierten Faktoren zu gemeinsamer Arbeit
vereinigt. Diese Zentrale umfasst auch sämtliche Fürsorgestellen für Tuberku-
lose, welchen in Wien ausser der Familienfürsorge auch die fachärztliche Be-
handlung der Kranken obliegt. Zur Unterbringung Tuberkulöser sollen für den
derzeit erhöhten Bedarf ausser dem normalen Belag für Tuberkulose in den
Wiener Krankenanstalten die Spitalsanlagen der während des Krieges geschaffenen
Flüchtlingslager, von welchen einzelne in waldiger Umgebung sehr gut gelegen
sind, Verwendung finden. Für Leichtkranke werden von der Gemeinde Wien
und von der Wiener Bezirkskrankenkasse ausserdem in dem die Stadt Wien in
einer Ausdehnung von 4400 Hektar umgebenden Wald- und Wiesengürtel Wald-
erholungsstätten für 1000 Kranke errichtet. Um die Schwierigkeiten der Kranken-
ernährung während des Krieges möglichst zu vermindern, ist dem Stadtphysikus
eine Beratungsstelle für Ernährung der Kranken angegliedert. Von privater Seite
wird an 6 Abgabestellen Krankenkost verabfolgt. In den Kriegs- und Gemein-
schaftsküchen werden ‚täglich ca. 360000 Personen gespeist.
Mit der im Kampfe gegen die Tuberkulose so bedeutungsvollen Fürsorge
für die heranwachsende Jugend ist in Wien eine besondere Amtsstelle, das
städtische Jugendamt, betraut, mit der Lösung aus der Wohnungsfürsorge sich
ergebender Aufgaben eine eigene Magistratsabteilung, das städtische Wohnungs-
amt, beschäftigt, welchem der amtliche Wohnungsnachweis, die Vorbereitungen
für die Deckung des Wohnungsbedarfs nach dem Kriege sowie die Organisation
einer städtischen Wohnungsaufsicht zugewiesen ist.
Neufeld-Berlin brachte: Neuere Gesichtspunkte in der Bekämpfung
der Tuberkulose.
Er ist der Ansicht, dass bei der Tuberkulosebekämpfung die wissenschaft-
liche Erforschung der Tuberkulose zu kurz gekommen sei. Das ist um so wich-
tiger, als ja von der Anschauung über die Entstehung der Krankheit die erfor-
derlichen Massnahmen abhängig sind. Diese Anschauungen haben im Laufe der
Jahre sich wesentlich geändert. Von den Mitteln, die uns zur Bekämpfung der
Tuberkulose zur Verfügung stehen, hält er für das wichtigste die Fürsorgestellen,
die vor allem auf eine zweckmässige Wohnungshygiene Einfluss zu üben Gelegen-
heit haben. Es muss hierbei vor allem auf die wichtige Infektionsmöglichkeit
durch das ausgehustete Sputum Rücksicht genommen werden. Vor allem sind
heftig hustende 'Tuberkulöse nach Möglichkeit zu isolieren. Die Fürsorgestellen
können auch zur Lösung der Frage beitragen, wie weit unsere Absonderungs-
massnahmen von Erfolg sind. Denn man muss berücksichtigen, dass, wenn der
Arzt und die Fürsorgeschwester zu Tuberkulösen gerufen werden, diese ihre Um-
gebung meist schon infiziert haben. Wichtig scheint die von Petruschky
angewendete ambulante Tuberkulinbehandlung in geeigneten Zentralstellen zu
128 Kongress- und Vereinsberichte.
sein, vor allem der mit Drüsentubdrkulose befallenen Kinder. Diese Zentralstellen
hätten auch die jahrelange Nachprüfung der Behandelten durchzuführen. Wichtig
erscheint auch die Durchführung einer Anzeigepflicht für Tuberkulöse. Weßsent-
lich scheint auch die Frage der Immunität, ob diese durch eine in der Jugend
erworbene Erstinfektion bedingt sei, oder ob dieselbe angeboren oder ver-
erbt ist.
Hier liesse sich vielleicht durch systematische Beobachtung in Waisenhäusern
oder durch wiederholte Untersuchung von Medizinstudenten ein Ausweg finden.
Lenz-Berlin: Bedeutung und Behandlung der Keimträger.
Wir unterscheiden sog. „gesunde Keimträger*, die Krankheitskeime nur
vorübergehend aufnehmen, ohne in typischer Weise zu erkranken, und „Dauer-
ausscheider“, die nach überstandener Krankheit die Krankheitskeime noch wochen-,
monate-, jahrelang, bisweilen bis an ihr Lebensende ausscheiden. Bei fast allen
Krankheiten, deren Erreger wir kennen, sind solche Keimträger nachgewiesen
worden.
Die Bekämpfung der von den Keimträgern ausgehenden Gefahr wäre leicht,
wenn wir Medikamente besässen, durch die es gelänge, die Keimträger von ihren
Infektionskeimen zu befreien. Leider besitzen wir sicher wirkende Mittel noch
nicht. Wir müssen daher durch vorbeugende Massnahmen die gesunde Umgebung
der Keimträger schützen, was vom Vortr. eingehend geschildert wird.
Bedeutende Ausführungen machte v. Wassermann-Berlin über Bekämp-
fung der Tuberkulose. Er erinnert zunächst daran, dass der Tuberkelbazillus eine
gewissen fettigen Substanzen nahestehende Wachshülle besitzt. Es bedarf daher
zur Bekämpfung der Tuberkulose gewisser fermentartiger Stoffe, die gerade diese
wachsartigen, fetthaltigen (lipoiden) Stoffe des Tuberkelbazillusleibes anzugreifen
vermögen. Ein lebender Körper bildet aber um so mehr fermentartige Stoffe, je
mehr Fett ihm selbst zugeführt wird. Im Einklang damit steht die alte Erfah-
rung, dass man die Widerstandsfähigkeit eines tuberkulosebedrohten Körpers
durch reichliche Zufuhr von Fett, Lebertran, Milch, Butter usw., oder auch
geradezu durch eine Mastkur wirksam steigern kann. Die Fette dienen hier
geradezu als Heilmittel. Das Tuberkulin schafft bekanntlich derartige gegen die
Tuberkelbazillen wirksame fermentähnliche Stoffe. Deshalb empfiehlt Wasser-
mann auf das wärmste die breiteste Anwendung des Tuberkulins in den Für-
sorgestellen, um so mehr, als Tuberkulinkuren ohne jede Gefahr ambulant durch-
geführt werden können.
IV. Mitteilung.
Bemerkung zu der in Nr. 1 Bd. 12 erschienenen Arbeit über
Miliartuberkulose.
Den Hauptnachdruck in oben genannter kleiner Arbeit wollte ich auf die
vergleichende Darstellung der Röntgenbilder legen. Leider ist nun deren Repro-
duktion unter den jetzt obwaltenden Verhältnissen so mangelhaft ausgefallen,
dass der Wert der Notiz erheblich darunter leidet. Wer sich daher etwa beson-
ders für die Abbildungen interessieren sollte, dem stehen gerne die Original-
platten im Res.-Lazarett I. Stuttgart, resp. bessere Abzüge zur Besichtigung zur
Verfügung. Dr. C. Kraemer Il, Ass.-Arzt d.R.
Um Einsendung von Mon ographien und Büch ern an den Redakteur Dr. G. Sch röder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
berausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
o. ð. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion: Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag,
Dirig. Arst der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig.
Schömberg, O.-A. Neuenbürg. Wttbg.
EEE D
——— — —
12. Jahrg. Ausgegeben am 31. Mai 1918. Nr. 5.
Inhalt.
— — ‘
Autorenverzeichnis.
{Die Zahlen beziehen aich auf die Seiten.)
Altschul, Th. 118. Grau 147. Loiseleur 146. ı Rivier, C. 153.
Baumann, E. 145. Greves, E. H. 154. Lubarsch 132. | Römer 160.
Besehorner 1%. Grüneberg 160. Melchior 136. Schaumann, J. 132.
Braeuning 149, 151. Gutmann, A. 146, Meyer 140. Siebeck 157.
Brix 136. Gutzeit 138. Mitchell, H. 181. Spaet 135.
Bucher, H. 139. Guy, J. 154. Mönch, G. 145. Spitzer, L. 142.
Büttner- Wobst 147, 157.) Hoineke, A. 156. Moro 157. Steiner 136.
Carling, E. 154. Heinemann 141.
Daley, A. 154. Hirsch 158.
Del6pine, Sh. 152. Kach 157.
Dickinson, W. H. 155. | Kafka 158.
Erdös, A. 140. Kirch 139.
Forday, A. 135.
Fraenkel, A. 151, 157.
Friedrich, W. 141.
Frisch, A. 135.
Gelpke, L. 140.
Ghon, A. 1%, 13%.
Gjessing, H. 146.
Götzel, A. 135.
Kleinmann, H. 181. _
Knepper 14.
Kuthy, D. O. 137, 138.
Landegger, M. 148.
Lembke, H. 139.
Lénart, Z. 146.
Lenoble 136.
Lewandowsky 132.
Mühlmann, E. 142.
Nobécourt 145.
Oehlecker 158.
Ónodi, A. 144.
Pearson, S. V. 154.
Plate 158.
Pleschner 145.
v. Polyák 143.
Querner 158.
Reintart 132.
Rethi, A. 144.
Révész, V. 137.
Richet, Ch. 130.
I. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgem. Pathologie und pathol. Anatomie.
243. Richet, La tuberculose pulmonaire
évolntive, dite fermée, existe-t-elle ? — 244.
Kleinmann, Uber Spondylitis tuberculosa,
Verlauf und Endresultat. — 245. Mitchell,
Primary tuberculosis of the faucial tonsils. —
246. Reintart, Über Kombination von Krebs
und Kropf mit Tuberkulose. — 247. Schau-
mann, Le Lupus pernio et ses rapports avec
les sarcoYdes et la tuberculose. — 248. Lewan-
dowsky, Über rosaceaäbnliche Tuberkulide
des Gesichtes.
b) Ätiologie und Verbreitung.
249. Lubarsch, Über Entstehungsweise,
Infektions- und Verbreitungswege der Tuber-
kulose. — 350. Ghon, Eingangspforten der
Tuberkulose. — 251. Ghon, Lymphknoten-
tuberkulose beim Kinde. — 252. Frisch, Zur
Pathogenese der Tuberkulose im Säuglings-
Strahlmann, E. 140.
Tachau, H. 155.
Thomas, A. G. 152.
Thompson, W. J. 152.
Trimble, A. 153.
Trunk, H. 148.
Varrier-Jones 153.
Vieregge, F. 147.
Walther, W. 141.
Wederhake 138.
Weill, E. 146.
Weleminsky, F. 142.
Wichmann, 158,, 159.
alter. — 253. Spaet, Verbreitung der Tnber-
kulose im Kindesalter und deren Bekämpfung.
— 254. Forday, Tuberkulöser Rheumatismus.
— 255. Götzel, Tuberkulose der Prostata. —
256. Melchior, Tuberkulose als Ursache der
‚ Mastdarmfisteln. — 257. Steiner, Tuberku-
lose im Bezirke Plan und deren Bekämpfung.
c) Diagnose und Prognose.
258. Lenoble, Un pröcoce de peritonite
profonde. — 259. Brix, Bauchdeekenspannung
und Pleuritis. — 560. Révész, Das Stierlin-
sche Röntgensymptom bei ileocökaler Tuber-
kulose. — 261. 262. Kuthy, Bedeutung der
Hilustuberkulose aus dem Gesichtspunkte der
Frühdiagnose der Lungentuberkulose.
d) Theraple.
263. Wederhake, Behandlung der chirur-
gischen Tuberkulose. — 264. Gutzeit, Re-
Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 9
130 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
sektion des kindlichen Handgelenks wege
schwerer Tuberkulose. — 265. 266. Lembke,
Bucher, Erfolge der Operation bei Fällen
von Nierentuberkulose, — 267—270. Kirch,
Meyer, Strahlmann, Erdös, Strahlen-
therapie chirurgischer Tuberkulose. — 271 —274.
Gelpke, Heinemann, Walther, Fried-
rich, Peritonitis tuberculosa und ibre Thera-
pie. — 275. Spitzer, Hauttuberkulose und
ihre Bekämpfung. — 276. Weleminaky,
Behandlung von Psoriasis mit Tuberkulomuzin.
— 277. Mühlmann, Behandlung der Lymph-
arüsentuberkulose Erwachsener. — 278. v. Po-
Iyäk, Intranasale Therapie der Tuberkulose
des Saccus lacrimalis. — 279. Onodi, Be-
handlung der tuberkulösen Erkrankungen der
oberen Luftwege. — 280. Rethi, Behandlung
des Schluckschmerzes bei Kehlkopftuberkulose.
— 281. Plescehner, Fremdkörperextraktion
aus der Pleurahöhle. — 282. Nobecourt,
Jury de Camiers et Tounier, Traite-
ment de pleur&sies par des injections intra-
pleurales de bleu méthbylène.
e) Klinische Fälle.
283. Baumann , lsolierte Tuberkulose der
Dura mater spinalis mit totaler Querschnitts-
läbmung. — 284. Knepper, War dor Sen-
kungsubszess Folge des ein halbes Jahr vorher
stattgehabten Sturzes von der Leiter? — 285.
Mönch, Versehlimmerung der Genitaltuber-
kulose nach operativem Trauma. — 286. Weill
et Loiseleur, Contribution & l'étude de la
tubereulouse pericardite. — 287. Gutmann,
Un cas d’örythöme noueux avec presence de:
bacilles de Koch dans le sang cireulant. —
288. Lenart, Gleichzeitige tuberkulöse und
karzinomatöse Erkrankung des Larynx. —
289. Gjessing, Tuberkulose als Atiologie
der sog. Febris uveo-parotidea. — 2%. Vier-
egge, Fälle von Tuberkulose des Augenlides
und der Bindehaut,
f) Heilstättenwenen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heime.
291.292. Büttner-Wobst, Grau, Über
den Gesundbeitszustand ehemaliger Heilstätten-
patienten. — 293. Trunk, Die schlesische
Lungenheilstätte Oberschaar. — 29%. Alt-
schul, Die Bekämpfung der Tuberkulose,
mit besonderer Berücksichtigung der Verhält-
nisse in Deutschböhmen und Prag. — 29%.
Landegger, Die Behandlung in den Tuber-
kulosefürsorgestellen. — 296. Braeuning,
Erfolge und Misserfolge der Stettiner Für-
sorgestelle für Lungenkranke bei den Kranken
mit offener Tuberkulose. — 297. Beschorner,
Fürsorge für Lungenkranke,
g) Allgemeines.
298. Braeuning, Kritische Berichterstat-
tung über die Tuberkulosebekämpfung. —
299. Fraenkel, Aufgaben der Tuberkulose-
bekämpfung nach dem Kriege. — 300. The
arrest of tuberculosis under war and after war
conditions. — 301. Dickinson, Tuberculesis
and ministry of health.
II. Kongress- und Vereinsberichte.
3. Naturbistorisch - medizinischer Verein,
Heidelberg. Sitzung vom 18. XII. 1917. —
4. Sitzungen des Hamburger Arztlichen Vereins
vom 6. XI. 1917, 20. XI. 1917 und 18. XII. 1917.
— 5. Sitzungen des Hambnrger Arztlichen
Vereins vom 5. und 19. lI. und 5. 111. 1918.
III. Mitteilungen.
Lehrgang in der Tuberkulosefürsorge in
Berlin. — Ausschuss-Sitzung und Generalver-
sammlung des Deutschen Zentral-Komitees zur
Bekämpfung der Tuberkulose. — Tuberkulose-
ärzteversammlung.
Berichtigung.
I. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
243. Charles Richet, La tuberculose pulmonaire évolutive, dite
fermée, existe-t-elle? Za Presse médicale 1917 Nr. 49.
Verf. geht der Frage nach, ob sich die Unterscheidung der Tuber-
kulosen je nacbdem im Sputum Bazillen nachgewiesen werden oder nicht,
als offene oder geschlossene aufrecht erhalten lässt. Die Lungenverände-
rungen, die durchaus von denen der chirurgischen Tuberkulose abweichen,
lassen die von dieser herrührende Einteilung nicht ohne weiteres auf die
Tuberkulose der Lungen anwenden. Abgesehen von den grösseren Bron-
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 131
chialästen berühren die über das ganze Lungengewebe sich erstreckenden
kleinsten Alveolen zum mindesten eine Oberfläche der tuberkulösen Granu-
lationen und schaffen so eine Verbindung mit aussen. Solange nun nicht
bei beginnender Tuberkulose durch einen kräftigeren Hustenstoss, dessen
Erschütterungen sich auch bis in die feinsten alveolären Verzweigungen
fortsetzen, Teile des tuberkulösen Granulationsgewebes geschädigt werden,
vermag bei dem Träger einer solchen Tuberkulose stets das Nichtvor-
handensein von Bazillen im Auswurf festgestellt zu werden. Hinzu kommt
noch, dass die die eigentliche Granulation umgebende Iymphozytäre Zone
in der Regel weniger Bazillen enthält als die letztere, somit Bazillen also
meist erst bei eingetretener Verkäsung in die benachbarten Alveolen aus-
geschwemmt werden. Auf Grund dieser anatomischen Verhältnisse glaubt
sich Verf. zu dem Schluss berechtigt, dass die aktive Lungentuberkulose
von ihrem Beginn an als offene anzusprechen ist, somit den Keim der
Ansteckung stets in sich trägt. Kautz, Hamburg.
244. H. Kleinmann-Bern, Über Spondylitis tuberculosa, Verlauf
und Endresultat. D. Zschr. f. Chir. 141. 1917 H. 5/6 8. 319.
Verf. hat ein sich über 33 Jahre erstreckendes Material von 80
Krankengeschichten auf das Exakteste durchgearbeitet und die einzelnen
in Betracht kommenden Gesichtspunkte in sehr zahlreichen Tabellen ge-
ordnet und in Prozentzahlen ausgedrückt. Die vergleichende Betrachtung
und ihre Schlussfolgerungen beziehen sich auf die Zahl, Schwere, Prognose,
Endresultate und Behandlungsmethoden der Erkrankung und auf die
Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht, zwischen
den einzelnen Jahrzehnten des Lebensalterse, Lokalisation an der Wirbel-
säule, Bedeutung von Abszessbildung, erblicher Belastung und Trauma.
Die Ergebnisse der einzelnen Aufstellungen anzuführen, übersteigt den
Rahmen des Referates. Die ausserordentlich fleissige Arbeit ist eine wert-
volle Bereicherung auf dem Gebiete der Spondylitisfrage.
Geinitz, Tübingen.
245. H. Mitchell, Primary tubereulosis of the faucial tonsils.
Journ. of Pathol. and Bacteriol. 1917. Nr. 21 8. 248—266.
Tuberkulose der Zervikaldrüsen im Anschluss an primäre Tonsillen-
tuberkulose besteht wesentlich häufiger, als im allgemeinen angenommen
wird. Die Diagnose kann nur nach operativer Entfernung der Tonsillen
und der regionären Drüsen durch das Mikroskop oder den Tierversuch
gesichert werden. Und zwar finden sich histologische Veränderungen be-
sonders unter dem oberflächlichen Epithel und in der Nähe der Mün-
dungen der Lakunen, seltener in den tieferen Gewebsschichten. .Als
Ursache für die Tonsillentuberkulose ist in Schottland häufiger tuber-
kulöse Milch als Inhalation menschlicher Tuberkelbazillen anzunehmen.
Von besonderer Wichtigkeit ist daher das Aufkochen der Milch. Thera-
peutisch ist die operative Entfernung der Drüsen und der Tonsillen mit
ihrer Kapsel angezeigt. Tuberkelbazillen vom menschlichen und bovinen
Typus finden sich iu einem geringen Prozentsatz in den Tonsillenkrypten
auch bei solchen Kindern, die sonst keine anderen tuberkulösen Mani-
festationen, weder in den Tonsillen noch anderwärts aufweisen.
Kautz, Hamburg.
v g*
132 Ätiologie und Verbreitung.
246. Reintart, Über Kombination von Krebs und Kropf mit
Tuberkulose. Virch. Arch. Bd. 224 H.3.
Die Zusammenstellung über das Verhältnis von Krebs und Tuber-
kulose wie über Kropf und Tuberkulose stammt aus Sektionsprotokollen
von 1913—1915 und aus Sektionen von 1915 und 1916. Sie umfasst
1073 Leichen, darunter 73 Neugeborene.
Es zeigt sich, dass die Kombination von Krebs und: Tuberkulose
relativ häufig vorkommt; in der Mehrzahl der Fälle handelt ee sich jedoch
um absolut inaktive oder ausgeheilte Tuberkulose. Eine ausgebreitete
Tuberkulose neben einem Karzinom wurde nie konstatiert. Dieser Befund
stimmt mit zahlreichen aus der Literatur bekannten Fällen überein.
Zwischen Karzinom und progredienter Tuberkulose besteht ein Anta-
gonismus.
Hingegen zeigt das Sektionsmaterial, das aus einer exquisiten Kropf-
gegend stammt, dass zwischen Struma und Tuberkulose kein Antagonismus
besteht. Das vom Karzinom abweichende Verhalten der Struma erklärt
sich wohl daraus, dass bei ihrer Genese infektiöse Prozesse oder toxische
Ursachen wirksam sind, für welche der Mensch wohl eine sehr bedeutende
Empfänglichkeit besitzt. M. Türk, Frankfurt a. M.
247. J. Schaumann, Le Lupus pernio et ses rapports avec les
sarcoïdes et la tuberculose. Annales de la dermat. et syphili-
graphie VI. 7. 1917.
Klinische, histologische und hämatologische Befunde an 3 Fällen
von Lupus pernio und Hautsarkoid lassen vermuten, dass es sich um
ein und dasselbe Grundleiden, nämlich tuberkulöse Lymphdrüsenentzün-
dung handle, die sich von der bekannten Form durch ihre universelle
lymphatische Ausbreitung in den Drüsen, Mandeln, Knochenmark, Lungen,
Milz und Leber unterscheide. Die Hautveränderungen stellen sich einmal
als Lupus pernio oder sarkoide Neubildungen und andererseits in pruri-
ginösen Veränderungen dar. Während die eine Form als infektiöses
Granulom, dem Verf. den Namen „Lymphogranuloma benignum“ beilegt,
anzusprechen ist, sind die subkutanen Sarkoide wahrscheinlich tuber-
kulösen Ursprungs. Kautz, Hamburg.
248. F. Lewandowsky, Über rosacesähnliche Tuberkulide des
Gesichtes. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte 1917 Nr. 39.
Verf. beschreibt eingehend eine rosaceaähnliche Erkrankung der Haut
des Gesichtes, die er auf Grund des histologischen Befundes (exzidiertes
Hautstückchen) sowohl als auch auf Grund der nach einer Moro’schen
Salbeneinreibung aufgetretenen Herdreaktion zu den Tuberkuliden rechnet.
Therapie: Tuberkulin, Arsen, ev. Köntgenbestrahlung.
‚Lucius Spengler, Davos.
b) Ätiologie und Verbreitung.
249. Lubarsch, Über Entstehungsweise, Infektions- und Ver-
breitungswege der Tuberkulose. Zschr. f. ärztl. Fortbild. 1918
H.2, 3 u. 6.
Nach der Definition des Wortes „Tuberkulose“, als „alles, was an
krankhaften Veränderungen unter Mitwirkung der Tuberkelbazillen ent-
Ätiologie und Verbreitung. 133
steht“ (Orth), wendet sich Verf. zur Frage, wieviel Tuberkelbazillen zur
Infektion und Krankheitserregung nötig sind. Trotz zahlreicher Versuche
ist diese Frage noch nicht entschieden; die pathologisch-anatomischen
Untersuchungen sprechen aber dafür, dass es dazu entweder vieler wieder-
holter Infektionen oder Infektionen mit sehr zahlreichen und virulenten
Bazillen bedarf.
Unter Disposition versteht Verf. alle Zustände und Anlagen, die `
Voraussetzung der schädigenden Wirkung sind, unter Konstitution die
Zustände, von denen die besondere Reaktionsart des Organismus gegenüber ;
Reizen abhängt.
Für die Disposition lassen sich 3 Gruppen unterscheiden:
1. allgemeine Änderungen des Stoffwechsels (Alkoholismus, Diabetes,
Unterernährung.
2. Änderungen des lokalen Chemismus und der physikalischen
Struktur der Gewebe (entzündliche Prozesse, Influenza, Masern, Keuch-
husten, Anthrakose, Koniosen).
3. Rein mechanische Umstände:
a) Angeborener Thorax phthis.
I. Primäre Anomalien der Thoraxapertur.
II. Abnormes Wachstum der Wirbelsäule.
III. Angeborene Skoliose der Halswirbelsäule.
b) Erworbener Thorax phthisicus.
c) Angeborener Thorax paralyticus (asthenicus),
d) Erworbener Thorax paralyticus (cachecticus).
Das Trauma, das den Brustkorb trifft, schafft nur die Bedingung
für die Ansiedlung schon vorhandener Bazillen.
Impftuberkulose ist einwandfrei festgestellt; meist bleibt sie lokalisiert.
Eine fortschreitende Erkrankung innerer Organe tritt nur ganz aus-
nahmsweise ein. Für die Entstehung der Hauttuberkulose kommt meistens
eine Einimpfung von aussen in Betracht, nur ausnahmsweise der Blut-
und Lymphweg, sowie das Übergreifen von einem tiefer gelegenen Herde.
Die hämatogene Entstehungsweise kommt für Lupus miliaris und die
miliare disseminierte Hauttuberkulose in Betracht; die verschiedenen
Formen der Tuberkulide sind aufzufassen als Überempfindlichkeitsreak-
tionen der Haut tuberkulöser Menschen durch dorthin auf dem Blut- oder
Lymphweg verschleppte Tuberkelbazillen. |
Eine Übertragung der Tuberkulose durch das Sperma kommt nicht
in Betracht, eine plazentare Infektion dagegen ist erwiesen, wenngleich
ihr Bedeutung nicht zukommt. Tuberkelbazillen können in den Körper
eindringen, ohne an der Eingangspforte tuberkulöse Veränderungen her-
vorzurufen. Eine isolierte Lymphknotentuberkulose weist in der Regel
darauf hin, dass die Eingangspforte der Bazillen im Wurzelgebiet der
Lymphknoten war. Eine Infektion der Lungen und anderer innerer
Organe kann auch mittelbar von anderen Organen aus auf dem Blut-
wege erfolgen. Eine chronische Lungentuberkulose entsteht am ehesten,
wenn die Lunge von’ einer relativ geringen Zahl von Bazillen befallen
wird, gleichviel auf welchem Wege diese eindringen.
Aus den pathologisch-anatomischen Untersuchungen ergibt sich, dass
die Annahme einer erheblichen Latenz der Tuberkulose im Säuglingsalter
jeder Grundlage entbehrt, dass im Gegenteil in dieser I,ebenszeit die
134 Ätiologie und Verbreitung.
Tuberkulose eine überwiegende Neigung zum Fortschreiten hat. Die
Latenz von Tuberkelbazillen ist eine Tatsache; sie können vor allem im
Lymphknoten vorhanden sein, ohne dass der Nachweis einer tuberkulösen
Veränderung gelingt. Dass Tuberkelbazillen aus verkalkten und ver-
kreideten Herden noch virulent sein können, ist durch Tierversuch er-
wiesen. Ein Schluss auf die Dauer der Latenz beim Menschen lässt sich
nicht ziehen; wahrscheinlich bedarf es aber zur Ausbildung verkalkter
Herde einiger Jahre.
Die verschiedenen Spielarten der Tuberkelbazillen lassen sich nicht
scharf voneinander trennen; es gibt Übergangsformen. Auch sind die
Typenunterschiede nicht unveränderlich. Ansteckung mit allen Typen
ist für den Menschen möglich.
Sowohl Fütterungs- wie Inhalationstuberkulose kommen vor; etwa
10—15°/o der Tuberkulosefälle im Kindesalter sind auf Infektion vom
Verdauungstraktus zu beziehen, beim Erwachsenen sind es sogar nur
5—6 /o. |
Als Eingangspforte für die tuberkulöse Infektion kommen praktisch
nur die Luft- und Verdauungswege in Betracht. Jede Art von Tuber-
kulose kann primär durch unmittelbare Ansteckung, sowie durch exogene
oder endogene Neuansteckung auf dem Blut- oder Lymphwege erfolgen.
Wahrscheinlich entstehen die rasch verlaufenden Formen durch unmittel-
bare Übertragung von den Luftwegen aus, die mit Vernarbung einher-
gehenden Formen durch Ansteckung von einem älteren Herde.
Die Verbreitung der tuberkulösen Erkrankung im Körper kann er-
folgen durch Impfmetastasenbildung, durch den Lymph- und den Blut-
strom. Eine Miliartuberkulose entsteht in der Regel in drei Stufen:
1. Hineingelangen von Tuberkelbazillen in die Lymph- oder Blutbahn
von einer umschriebenen, oft wenig fortschreitenden Organtuberkulose
aus, 2. Ansiedlung der Tuberkelbazillen in der Innenhaut des Ductus
thorac., der Blut- und Schlagadern oder im Endokard. 3. Wachstum
dieser Herde bis zur Ulcusbildung und damit offene Verbindung zwischen
der grossen Tuberkelansiedelung und dem Blutstrom.
Schrumpfherde innerer Organe, bei denen man Embolie, Thrombose
und Angiosklerose als Entstehungsursache ausschliessen kann, müssen als
tuberkulöse Narben angesehen werden. Die Giftwirkung der Tuberkel-
bazillen äussert sich vor allem in degenerativen Veränderungen innerer
Organe. Weihrauch,
Hamburgische Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
250. A. Ghon- Prag, Eingangspforten der Tuberkulose. Prager
med. Wschr. 1914 8. 369.
In diesem anlässlich des 10jährigen Bestandes des deutschen Zweig-
vereins Prag für Lungenkranke gehaltenen Vortrag bespricht Gh. in
grossen Zügen die Entwicklung der modernen Anschauungen über Ver-
erbung und Erwerbung der Tuberkulose, die in erster Linie als Inhala-
tionskrankheit anzusehen ist. Friedel Pick, Prag.
251. A. Ghon, Zur Bedeutung der Lymphknotentuberkulose beim
Kinde. Prager med. Wschr. 1914 8.75.
Bei einem 1!/2 Jahre alten Kinde, welches wegen Stenoseerschei-
nungen als diphtherieverdächtig ins Kinderspital gekommen war, nach
i u — — — E — —— I ee
Ätiologie und Verbreitung. 135
Iutubation Besserung der Atmung zeigte, aber doch am 2. Tage starb,
ergab die Sektion: Frischer Einbruch eines käsig erweichten haselnuss-
grossen tuberkulösen broncho-pulmonalen Lymphknotens an der vorderen
Fläche des rechten Lungenhilus in den Stammbronchus für den rechten
Oberlappen knapp nach seinem Abgang. Friedel Pick, Prag.
252. A. Frisch-Prag, Zur Pathogenese der Tuberkulose im Säug-
lingsalter. Prager med. Wschr. 1915 $. 201.‘
Entsprechend den Anschauungen seines Lehrers Ghon über die
Verbreitungswege der Tuberkulose analysiert F. den Fall eines 8 Wochen
alten Säuglings und weist nach, dass von einem aerogen entstan-
denen primären Lungenherde die Tuberkulose zunächst Iymphogen
auf derselben Seite weiterging und dann von den Lymphdrüsen dieser
Seite auf die der anderen Seite übergriff, wozu dann noch Kontaktinfek-
tionen derselben Lungenseite und hämatogene der verschiedensten Körper-
organe kamen. Friedel Pick, Prag.
253. Spaet, Über Verbreitung der Tuberkulose im Kindesalter
und deren Bekämpfung. M. m. W. 65. 1918 S. 350— 353.
Der Ausbau unserer Bekämpfungsmassnahmen gegen die Tuberkulose
hat in erster Linie auf die Bekämpfung der Tuberkulose im Kindesalter
hinzuwirken. Bredow, Ronsdorf.
254. Arpäd Forday, Über tuberkulösen Rheumatismus. Buda-
pesti Orvosi Ujsag 1917 Nr. 41.
Bei Latenttuberkulösen kommen oft Gelenkschmerzen vor. Dieselben
können unabhängig von der Tuberkulose sein oder mit letzteren in ätio-
logischem Zusammenhang stehen. In Abwesenheit spezifischer Verände-
rungen ist die ätiologische Diagnose bloss auf Grund des Verlaufs, des
refraktären Verhaltens gegenüber Salizylpräparaten, der Ausbleibung endo-
karditischer Erscheinungen und der Erfolge der spezifischen Therapie zu
stellen. Mit Wahrscheinlichkeit kann man behaupten, dass bei chronischen
Arthritiden mit Ankylose und Deformationen die Tuberkulose oft ala
ätiologische Grundlage vorliegt. D. O. Kuthy, Budapest.
255. A. Götzel- Prag, Die Tuberkulose der Prostata. Prager
med. Wschr. 1914 S. 481.
Je: mehr Aufmerksamkeit man in letzter Zeit, durch v. Baum-
garten angeregt, der Tuberkulose des Harnapparates schenkte, desto
weniger beschäftigte man sich mit der Tuberkulose des männlichen Ge-
schlechtsapparates. Man nahm an, dass die wichtige Tatsache, dass die
hämatogene Tuberkulose im Harnapparate fast ausschliesslich in der Niere
beginnt und nur in der Richtung des Sekretstroms sich verbreitet, ihre
Analogie auch im Geschlechtsapparate findet und vom Nebenhoden aus-
gehend dem Sekretstrome nach aussen folgt. Aber dies entspricht nicht
der Wirklichkeit; die Lehre v. Baumgarten’s gilt nicht für den Ge-
schlechtsapparat des Mannes. Aus der Literatur geht hervor, dass die
Prostata am häufigsten von den Genitalorganen an Tuberkulose erkrankt
häufiger als der Nebenhoden, und dass sie oft genug das einzige Organ
des Geschlechtsapparates ist, das tuberkulös krank gefunden wird. Dies
wird an 17 Präparaten dargelegt, die im pathologisch-anatomischen Institute
136 Diagnose und Prognose,
zu Prag (Vorstand Prof. Ghon) untersucht wurden und gleichzeitig nach-
gewiesen, dass die Tuberkulose im männlichen Genitale sowohl in der
Richtung des Sekretstroms als auch in entgegengesetzter Richtung Aus-
breitung finden kann. Von diesen im Seziersaal gewonnenen Erkennt-
nissen, die auch physiologisch begründet werden, ausgehend, wird eine
Umgestaltung der Klinik der Prostatatuberkulose angeregt. Es wird be-
tont, wie wichtig die frühzeitig gestellte Diagnose ist: man muss öfter an
die Möglichkeit von Prostatatuberkulose denken, besonders in jenen Fällen,
wo ein Urethralausfluss ohne Gonokokken allen Behandlungsmethoden
trotzt. Die rechtzeitige Diagnose sichert bei der heutigen Operations-
technik eine gute Prognose. Friedel Pick, Prag.
256. Melchior, Über die Rolle der Tuberkulose als Ursache der
Mastdarmäisteln. B. kl. W. 1917 Nr. 26.
Verf. hat in 132 Fällen von Mastdarmfistel die Geschichte der Er-
krankten verfolgt; bei den Verstorbenen handelte es sich in 76° um.
Tuberkulose, bei den Überlebenden um 61°/o. Die histologische Unter-
suchung kann auch in Fällen ausgesprochener Tuberkulose versagen,
indem die spezifischen Merkmale der tuberkulösen Mastdarmfistel hinter
den rein entzündlichen Vorgängen zurücktreten. Alle Schlüsse, die aus
klinischem Material gezogen werden, sind nur stichhaltig, wenn ihnen
eine lange Beobachtungszeit zugrunde liegt, da es oft lange dauert, bis
sich die eigentliche Grundkrankbeit (Tuberkulose) zeigt. Negative histo-
logische Befunde gestatten keineswegs, das Vorliegen einer Tuberkulose
auszuschliessen. Alle Angaben über die Spezifität der Mastdarmfisteln
stellen daher nur Minimalwerte dar. Jede Mastdarmfistel, bei der sich
nicht eine spezielle Ätiologie feststellen lässt, ist in dubio als tuberkulös
anzusehen. Weihrauch,
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
257. M. Steiner-Plan, Die Tuberkulose im Bezirke Plan und
deren Bekämpfung. Prager med. Wschr. 1914 8. 133.
In dem industriearmen Bezirke ist die Tuberkulosemortalität nicht
geringer als in Industriebezirken, zeigt aber in den letzten drei Jahren
ein stetiges Sinken. S. erörtert die Ursachen der Häufigkeit der Tuber-
kulose auf dem flachen Lande und deren Verhütungsmöglichkeiten,
| Friedel Pick, Prag.
c) Diagnose und Prognose.
258. Lenoble-Brest, Un precoce de peritonite profonde. Academie
de medicine vom 5. Jan. 1915. (Ref. La Presse medic. 1915.)
L. spricht über seine Untersuchungen über das Ödem der Lumbo-
sakralgegend, welches ein Frübsymptom der chronischen Peritonitis, be-
sonders tuberkulöser, gelegentlich aber auch karzinomatöser Ätiologie
darstellt. Querner, Hamburg-Barmbeck.
259. Brix, Zur Bauchdeckenspannung und Pleuritis. Zschr. f.
ärztl. Fortb. 1917 Nr. 22.
Bauchdeckenspannung bei Pneumonie und Pleuritis kommt oftmals
vor; sie kann zustande kommen:
Diagnose und Prognose. 137
1. ohne Erkrankung des Peritoneums auf reflektorischem Wege;
2. mit Erkrankung des Peritoneums erstens durch fortgeleitete Ent-
zündung von der Pleura auf das Peritoneum; zweitens durch
gleichzeitige Erkrankung von Lunge (Pleura) und Peritoneum,
besonders häufig bei Pneumokokkeninfektion.
Man wird daher die Bauchdeckenspannung_ bei gleichzeitiger Pneu-
monie oder Pleuritis nicht sofort operieren, zumal eine dabei bestehende
Peritonitis meist Neigung zur Selbstheilung zeigt.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
260. Victor Révész, Das Stierlin’sche Röntgensymptom bei
ileocökaler Tuberkulose. Gyögyászat 1917 Nr. 39.
Bekanntlich besteht das Symptom darin, dass während normalerweise
der bismut- oder bariumhaltige Darminhalt in 5—8 Stunden nach dem
Einverleiben den Dünndarm schon völlig verlassen hat, den Dickdarm
aber in seinem ganzen Verlauf ausfüllt, bei indurativ-ulzeröser Tuber-
kulose des Cökums und des Colon ascendens jedoch das Schattenbild
des mit Kontrastmaterial gemengten Darminhalts entsprechend den er-
krankten Partien unterbrochen ist, resp. total fehlt. Erklärung: Der
Darminhalt raste mit einer ungewöhnlichen Schnelligkeit durch die kranke
Intestinalregion und konnte nur diesseits und jenseits der kranken Teile
nachgewiesen werden.
R. fand im Laufe seiner Beobachtungen, dass das positive Silerlin:
sche Symptom richtig darauf hinweist, dass im Coecum ascendens ein
Entzündungs- resp. Ulzerationsprozess vorliegt, und zwar mit grösster
Wahrscheinlichkeit tuberkulöser Natur. Doch eine Abwesenheit des Sym-
pPtoms schliesst das Bestehen einer ähnlichen Erkrankung nicht aus.
| D. O. Kuthy, Budapest.
261. D. 0. Kuthy, Die Bedeutung der Hilustuberkulose aus dem
Gesichtspunkte der Frühdiagnose der Lungentuberkulose.
Budapesti Orvosi Ujság 1918 Nr. 5
Eine klinisch-literarische Studie bezūglich der Lokalisation der be-
ginnenden Lungentuberkulose, deren Resümee sich in folgendem zusammen-
fassen lässt: K. neigt zur Ansicht, dass auch die Lungentuberkulose der
Erwachsenen sehr oft vom Hilus pulmonis ausgeht und sich von hier
aus auf dem Wege der bereits erwiesenen retrograden Lymphströmung
in der Lunge weiterverbreitet in Form einer peribronchialen Lymphangoitis.
Die Lungenspitze erkrankt häufig erst sekundär. Dass den-
noch die Spitzenerkrankungen in der klinischen Wahrnehmung prädomi-
nierten, findet seine Erklärung darin, dass die Kliniker eine genaue physi-
kalische Exploration in beginnenden Fällen auch heute noch fast aus-
nahmslos vorwiegend den Spitzen zu Teil kommen lassen und die mehr
kaudalen Lungenteile nur höchst oberflächlich und oft mit einer für feinere
Bestimmung unfähigen Technik (zu starke Perkussion) untersuchen ; ferner
in dem Umstande, dass die späteren Veränderungen des Oberlappens
eich häufig genug in den Spitzen, in diesen aus funktionellem Gesichtspunkte
„toten Ecken“ der Lunge, rascher entwickeln und damit der Apex die
auffallenderen, gröberen physikalischen Symptome nicht selten eher auf-
zuweisen imstande ist. Autoreferat.
138 | Therapie.
262. D. 0. Kuthy, Über Tuberkulose der Lungenwurzelgegend.
Gyögyäszat 1918 Nr. 11.
Vortrag, gehalten auf der II. Generalversammlung ungarischer Tuber-
kulose-Ärzte in R6zsahegy (Oberungarn) Mai 1917. Betont die Wichtig-
keit einer genauen physikalischen Exploration der Hilusgegend (medialer
Teil der oberen Hälfte des Interskapularraumes), woselbst mittelst gehöriger
Handhabung der Perkussionstechnik (leise Perkussion) und entsprechender
Inachtnahme der auskultatorischen Wahrnehmungen die Radixtuberkulose
der Lungen oft schon vor der Röntgenuntersuchung konstatierbar ist.
Verf. zählt sich zu denjenigen, die die Spitzentuberkulose als häufig
sekundär ansehen und die initialsten Veränderungen der Lungentuber-
kulose nicht zweckmässig in den Spitzen suchen. Der Aufsatz schliesst
mit zwei Sätzen, denen wir hier Raum geben wollen: „Obige Auffassung
bezüglich der Genese der Spitzentuberkulose trägt dazu bei, die Rolle
der Ilymphogenen Lungentuberkulose gegenüber der das Leben mehr
'gefährdenden Inhalationstuberkulose hervorzuheben. Gleichzeitig können
vielleicht unsere Erörterungen auf die recht motivierte Frage antworten,
wie es möglich sei, dass die Tuberkulose selbst in demjenigen Organe,
welches als die Prädilektionsstelle ihres Haftens und ihrer Entwicklung
bekannt ist, so oft in Form einer gutartigen Erkrankung erscheint.“
Autoreferat.
d) Therapie.
263. Wederhake, Neue und alte: Methoden der Behandlung der
chirurgischen Tuberkulose. D. Zschr. f. Chir. 143. 1918
S. 228.
W. schildert sein therapeutisches Vorgehen gegen die chirurgische
Tuberkulose aller Art und Ausdehnung bei einer in den schlechtesten
hygienischen und sozialen Verhältnissen lebenden russisch - polnischen
Klientel. Zunächst genaue Beschreibung der durch Kombination von
Injektionen einer wässerigen 5 °/oigen Tanninlösung vervollständigten Jodo-
formbehandlung bei noch geschlossenen tuberkulösen Abszessen. Die Vor-
teile dieses Vorgehens leuchten entschieden ein. Jedes Auskratzen, Aus-
meisseln und Sequesterentfernen, sowie Drainieren und Tamponieren ist
streng verboten. Es folgt die Behandlungsweise für mischinfizierte offen-
chirurgische Tuberkulosen, gegen die als ausserordentlich wirksames Mittel
das intramuskulär injizierte Terpentinöl und seine Verwandten, der Kampfer
und die Zimtsäure, resp. das zimtsaure Natron = Hetol, sowie lokale
Applikation von Pyrogallol bezeichnet und angewandt werden.
Für die Halsdrüsenbehandlung ist ja auch die von vielen, wenn
nicht den meisten Chirurgen anerkannte Methode der Wahl die Röntgen-
bestrahlung. Operative radikale Entfernung, resp. Amputation kommt nur
in Frage, wenn es sich um eine Indicatio vitalis handelt, d. h. dem
Organismus der ann mit der Infektion nicht mehr zugemutet werden
kann. Geinitz, Tübingen.
264. Gutzeit, Die Berechtigung der Resektion des kindlichen
Handgelenks wegen ——— Tuberkulose. M. m. W. 65.
1918 S. 266 — 267.
G. empfiehlt bei Kaochentuberkulose des Handgelenkes die aus-
Therapie. 139
giebige Resektion trotz der zu befürchtenden Wachstumsverkürzung der
Amputation vorzuziehen, weil die Resektion trotz der Verkürzung noch
ein brauchbares Glied ergeben kann, wie das beschriebene Beispiel zeigt.
Bredow, Ronsdorf.
265. H. Lembke, Ergebnisse der klinisches Untersuchungen und
Erfolge der Operation bei 37 Fällen von Nierentuberkulose.
Zschr. f. urolog. Chir. 4. 1917 H. 1 S. 54.
Fast immer stehen Blasenbeschwerden im Mittelpunkte des Symptom- -
komplexes, zum überwiegenden Teile schon lange vor einer Behandlung.
Diese Beschwerden können Monate bis Jahre zurückliegen. Da, je später
die Patienten in Behandlung kommen, desto stärker die Blase erkrankt
war, so ist anzunehmen, dass bei den lange erkrankten Fällen die Blasen-
erkrankung von Anfang an tuberkulöser Natur war. Im Interesse einer
möglichst günstigen Prognose sollte daher jeder Blasenkatarrh speziell auf
eine etwaige tuberkulöse Natur hin untersucht werden. Indigokarminprobe
der kranken Niere sehr frühzeitig aufgehoben. Alberran’sche Funktions-
prüfung bestätigt die durch die übrigen Untersuchungen gefundenen Daten,
Verf. empfiehlt weiter die Phenolsulfophthaleinprobe und die Nephropyelo-
graphie quasi als anatomische Untersuchungsmethode. Er selbst hat Er-
folge mit der möglichst frühzeitigen Nephrektomie der kranken Niere.
Damit schwindet die Gefahr einer sekundären Infektion der anderen Niere,
während der Blasenkatarrh meist spontan ausheilt. Von den operierten
Fällen starben zwei innerhalb der ersten 6 Monate, weitere fünf nach
1!/a—6 Jahren. Als Dauerheilung können Fälle bezeichnet werden, die
länger ala 4 Jahre gesund bleiben. Der Verlauf der Erkrankung und
die ev. Arbeitsfähigkeit sind in hohem Masse abhängig von der Funktions-
fähigkeit der anderen Niere und dem Grade einer etwa dabei bestehenden
Lungentuberkulose. Über die konservativen Behandlungsmethoden —
Röntgen, Radium, Höhensonne — liegt ein abschliessendes Urteil noch
nicht vor. H. Bratke, Berlin.
266. Hans Bucher, Zur Nephrektomie bei Nierentuberkulose.
Diss. Zürich 1917.
Verf. schliesst seine lesenswerte Arbeit mit der folgenden Zusammen-
fassung: „Wer die Indikation weit stellt und viel Spätfälle operieren
muss, bekommt eine schlechte Statistik. Als Endresultat verzeichnen wir
eine Dauerheilung ‘von 45,85°/o. — Von den 24 Operierten leben zurzeit
noch 11. Sie sind gesund und gehen ihrer Arbeit nach. Es leben
14 Jahre nach der Operation 1 Patient, 12 Jahre nach der Operation
2 Patienten, 11 Jahre, 8 Jahre, 5 Jahre und 4 Jahre nach der Operation
je 1 Patient und 2 Jahre nach der Operation 4 Patienten. Auch unsere
Erfahrungen sprechen dafür, dass die Nephrektomie bei Nierentuberkulose
eine daukbare Operation ist, dass sie um so eher von Erfolg gekrönt ist,
je früher die Kranken dem Chirurgen überwiesen werden.“
Das besprochene Krankenmaterial stammt aus dem Kantonsspital
Münsterlingen (Thurgau), Chefarzt Dr. Konrad Brunner.
Lucius Spengler, Davos.
267. Kirch, Ein Beitrag zur Sonnenbehandlung. M. m. W. 65.
1918 $. 115.
Ausgehend von der bekännten, sensibilisierenden Wirkung fluoreszie-
140 Therapie.
render Substanzen (v. Tappeiner und Jodbauer u. a.) liess K. bei
Kranken mit fistelnden, tuberkulösen Lymphomen die Umgebung der
Fistel mit 1°/o wässeriger Eosinlösung einpinseln und dann besonnen.
K. glaubt — allerdings bei einem geringen Material — gute Erfolge
gesehen zu haben und regt deshalb die Nachprüfung an.
Bredow, Ronsdorf.
268. Meyer, Die Heilungsaussichten der Bauchtuberkulose unter
der Behandlung mit künstlicher Höhensonne. Jahrb. f.
Kinderhlk. 83, Ba. 37 H.2, 1918.
Auf Grund von 57 Patienten im Alter von 1!/a—13 Jahren; die
teils klinisch, teils poliklinisch bebandelt wurden, kommt Verf. zu dem
Resultat, dass das dankbarste Gebiet für die Höhensonnenbestrahlung die -
exsudativen Peritonitiden darstellen. Aber auch bei den Bauchtuberku-
losen, die mit Tumorbildung einhergehen, leistet die Bestrahlung wertvolle
Dienste, und ein Versuch mit dieser Behandlungsmethode ist in jedem
Fall indiziert. Völlig aussichtslos hingegen ist die Bestrahlung bei ulzerösen
Prozessen im Darmkanal. M. Türk, Frankfurt a. M.
269. E. Strahlmann, Die Therapie der Peritonitis tuberculosa
und die Bestrahlung mit Quecksilberquarzlampe (‚künstliche
Höhensonne‘“). Diss. Giessen 1916.
Nach einem Überblick über die Behandlungsmethoden der Peritonitis
tuberc. (Laparotomie, interne Behandlung, spezifische Behandlung) berichtet
Verf. über 10 (!) Fälle von Periton. tuberc., von denen 7 nur mit künst-
licher Höhensonne, 3 mit Bestrahlungen und Tuberkulininjek-
tionen nach Rosenbach behandelt wurden. Es wurden gleichmässig
Abdomen und Rücken bestrahlt, um eine möglichst grosse Allgemein-
wirkung zu erzielen. Alle Patienten konnten nach einer durchschnitt-
lichen Behandlungsdauer von 6—10 Wochen als bedeutend gebessert
entlassen werden; spätere Anfrage ergab in den allermeisten Fällen völliges
Wohlbefinden. Klare, Hobhenlychen.
270. Adolf Erdös, Erfahrungen mit der künstlichen Höhen-
sonne-Behandlung. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 41.
E. fand, dass Ödeme und Fungositäten tuberkulöser Arthritiden unter
Quarzbehandlung nur sehr langsam eine Besserung zeigen, doch stets mit
Amelioration der Bewegungsfähigkeit. Auf tuberkulöse Lymphdrüsen des
Halses hat das „blaue Licht‘ sozusagen keine Wirkung, doch reinigen sich
und granulieren vereiterte und schon eröffnete Drüsen sehr schön. Drüsen-
fisteln schliessen sich schon nach 10—15 maliger Bestrahlung. Kalte
Abszesse bessern sich ebenfalls rasch nach ihrer Eröffnung. Karies ist
eines der dankbarsten Objekte der künstlichen Höhensonnetherapie.
D. O. Kuthy, Budapest.
271. L. Gelpke, Nochmals zur Frage des Wesens und der Be-
handlung des tuberkulösen Aszites. Corr.-Bl. f. Schweizer
Arzte 1918 Nr.2 8. 55.
Verf. begrüsst die Ausführungen S. Stockers (vergl. diese Zeit-
schrift Jahrg. 11, Nr. 9, S. 264) als die erwünschte Reaktion gegen die
einseitige Richtung der physikalischen Behandlung der chirurgischen Tuber-
Therapie. i 141
kulose. Die Erfolge der Sonne seien gewiss hoch erfreulich, allein man
dürfe nicht vergessen, das Beste sei stets, die chirurgische und die physi-
kalische Behandlung zu kombinieren. Dagegen hätte 8. Stocker ver-
gessen hervorzuheben, dass speziell auf dem Gebiete der tuberkulösen
Peritonitis die chirurgische Behandlung nur angezeigt sei, bei alten „ver-
brauchten“ Exsudaten, und dass das Ablassen frischer Ausschwitzungen
in hohem Grade bedenklich sei. Die frischen tuberkulösen Exsudate ent-
halten ein Heilagens gegen die Tuberkulose, nur alte, mehr als 3—5
Monate bestehende „verbrauchte“ Exsudate dürfen abgelassen werden, die
Heilung geschieht aledann von selbst durch Auftreten eines neuen heil-
kräftigen Exsudates. Lucius Spengler, Davos.
272. Heinemann, Beitrag zur operativen Behandlung der tuber-
kulösen Peritonitis. B. kl. W. 1918 Nr. 6.
Ein Fall von doppelseitiger tuberkulöser Pleuritis und Peritonitis,
der -nach mehrfacher Punktion nicht heilte, genas durch Laparotomie.
Es wurde in diesem Falle also nicht nur die durch Laparotomie bekannte
Heilung der Peritonitis, sondern auch der Pleuritis erzielt.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
273. W. Walther, Ein Beitrag zur Adnex- und Peritonealtuber-
kulose unter besonderer Berücksichtigung der Therapie.
Nach einem ausführlichen Überblick über die Symptomatologie be-
spricht Verf. eingehend die Therapie der Adnex- und Peritonitistuberku-
lose. Die Ansichten der Gynäkologen über die Frage, ob operative oder
konservative Behandlung, sind noch geteilt. Unter den konservativen
Behandlungsmethoden werden neben Schmierseifeneinreibungen Helio-
tberapie, Röntgentherapie und Tuberkulinkuren warm empfohlen.
Klare, Hohenlychen.
274. Wilh. Friedrich, Die kombinierte interne Behandlung
der Bauchtuberkulose. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 49—51.
Die eingehende und gewissenhafte Arbeit führt zu folgenden Schluss-
sätzen:
1. Die mit der konservativen Behandlung der Bauchtuberkulose er-
reichten Resultate bleiben nicht hinter den Ergebnissen der chirurgischen
Therapie zurück.
2. Erstere besteht aus einer Kombination der hygienisch-diätetischen
Freiluftbehandlung mit Sapo kalinus- und Tuberkulin-Inunktionen auf die
Bauchhaut, Sonnenbestrahlung, Applikation einer Flanellbauchbandage
für die Nacht und an sonnenscheinlosen Tagen und Hebung der Diurese.
3. Obne Heliotherapie ist der Erfolg minderwertiger.
4, Diese kombinierte Methode Friedrich’s ist um so resultatvoller,
je früher die Behandlung einsetzt.
6. Die Heliotherapie ist auch im Flachlande gut ausführbar und
kann somit weitesten Kreisen der Kranken zugänglich gemacht werden.
6. Es sollen zukünftig Liegehallen resp. Terrassen zur Freiluft-
liegekur in den Spitälern eingerichtet werden.
D. O. Kuthy, Budapest.
142 . Therapie. |
275. Ludw. Spitzer, Die Hauttuberkulose und ihre Bekämpfung.
Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 1 Nr. 2.
Die Zahl der an I;upus Leidenden in Österreich wird auf 40000
geschätzt;. der Kampf gegen diese Krankheit ist daher sehr wichtig.
Rasches Eingreifen im Frühstadium ist sehr wünschenswert, da dann eine
Heilung meist radikal und leicht möglich ist. Leider sieht die Lupus-
heilstätte die Fälle oft erst, wenn sie dem Prozess fast wehrlos gegenüber
steht oder monatelange Mühe zur Heilung aufbringen muss. Nur das
operative und das Ultraviolettverfahren haben den An-
‘spruch Heilmethoden genannt zu werden. Mehrere tausend
Fälle wurden von der Heilstätte bereits geheilt, und jetzt da dieselbe
200 Betten zur Verfügung hat, spricht Verf. die Hoffnung aus, dass die
Ausrottung des Lupus gelingen werde. Wichtige Behelfe sind
Röntgenstrablen und Radium; ferner die Quecksilberdampflampen; dazu
kommt noch eine Reihe Hilfemethoden (Heissluftbrennen, chemische Ätz-
methoden etc... Der scharfe Löffel ist geeignet zur Entfernung hyper-
trophischer Granulationen, als Behandlungsmethode ist er abzu-
lehnen. Nur die Kombination aller Hilfsmittel bei richtiger Indika-
tionsstellung kann gute Dauerresultate ergeben. Bei Verlust an Nase etc.
wird eine entsprechende Gelatineprothese modelliert.
Im zweiten Teile des Aufsatzes schildert Verf. in pietätvoller und
sehr interessanter Weise, wie Lang, der Gründer der Wiener Lupusheil-
stätte und Begründer der wissenschaftlichen Lupusbehandlung, auch die
Fürsorge für die Lupuskranken aus kleinsten Anfängen auf die jetzige
Höhe gebracht hat. Von den angenommenen 40000 Lupösen in Öster-
reich führt die Heilstätte ca. 20000 in Evidenz.
Ä A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
276. Friedr. Weleminsky, Behandlung von Psoriasis mit
Tuberkulomuzin. W. kl. W. 1917 Nr. 46.
9 Fälle von Psoriasis wurden mit Tuberkulomuzin behandelt. 2 er-
wiesen sich als refraktär, 3 heilten nach 4—-8 Injektionen von 4—6 mg
überrascbend leicht (bisher 4 Wochen nach der letzten Injektion noch
keine Rezidive), Bei weiteren 4 besonders schweren Fällen geht die
Heilung langsamer aber doch deutlich vonstatten, insbesondere seit all-
mählich steigende Dosen bis 30 mg angewendet wurden. Stichreaktion
war bei allen, Herdreaktion bei 2, Allgemeinreaktion' (leichtes Fieber)
bei 2 Fällen nach der ersten Injektion nachweisbar. Bei einem zehnten
Falle, welcher seit 13 Jahren an einer sehr schweren universellen Psoriasis
litt, war der Erfolg ungewöhnlich günstig, indem die Erscheinungen im
Gesicht sich nach der ersten Injektion besserten, später (Dosensteigerung
bis 80 mg) auch die Herde am Rumpf und den Extremitäten vollständig
schwanden. Bei Pausen traten allerdings bisher noch Rezidive auf. Verf.
hält den tuberkulösen Ursprung zum mindesten einer grossen Anzahl
von Psoriasisfällen für sicher. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
277. E. Mühlmann, Die Behandlung der Lymphdrüsentuber-
kulose Erwachsener. D. m. W. 1918 Nr. 2.
Die interne Therapie bleibt allermeist ohne Erfolg; besser schon,
aber auch nicht befriedigend, wirkt die Quarzlampenbestrahlung. Die
operable Behandlung liefert ebenfalls oft sehr unbefriedigende Resultate
Therapie. 143
(Mischinfektionen, hässliche Narben). Dagegen muss die Röntgenbehand-
lung z. Z. die Metbode der Wahl genannt werden. Am besten reagiert
die entzündliche hyperplastische Drüse; in 3 bis 4 Sitzungen wird sie
auf Erbsengrösse reduziert; langsamer reagieren verkäste Drüsen. Auch
bei vereiterten Drüsen sind noch gute Ergebnisse zu erzielen. Notwendig
ist härteste Strahlung; es wird soviel auf die Drüsentumoren appliziert,
als die Haut zu ertragen vermag; die Sitzungen werden alle 4 Wochen
wiederholt. — Die Vorteile gegenüber der Operation sind augenfällig:
die Röntgenstrahlen können eine ganze Halspartie auf einmal erfassen,
Rezidive werden dadurch verhütet. Die Narben werden vermieden, die
Arbeitsfähigkeit des Kranken bleibt erhalten, da er nur alle 4 Wochen
1 Stunde kommen muss. Die sehr häufige Akzessoriusverletzung bei der
Operation fällt weg. — Wetterer untersuchte die zurückbleibenden klein-
bohnengrossen Drüsen und fand nie mehr Riesenzellen oder Tuberkel-
knötchen; können aber Drüsen nicht bis Bohnengrösse zurückgebracht
werden, so sind sie leicht vollends durch Operation zu beseitigen, welche
jetzt, da die Randpartien der Drüsen narbig umgewandelt sind, aseptisch
entfernt werden können, ohne zu platzen, wodurch eine Heilung per
primam gewährleistet wird. — Hyperplastische Tumoren können operiert
werden; verkäste und vereiterte Drüsen dürfen nicht operiert werden;
beide Formen sind der Röntgenbehandlung zuzuführen, deren Resultate
kosmetisch und praktisch besser sind. C. Kraemer II.
278. Ludw. v. Polyák, Intranasale Therapie der Tuberkulose
des Saccus lacrimalis. Berichte des Königl. ungarischen Arzte-
vereins in Budapest, März 1918.
Im Falle einer Saccus-Tuberkulose führt der Augenarzt die Total-
exstirpation des Saccus aus, welcher Eingriff auch im Falle des besten
Gelingens den starken Nachteil der Aufhebung der Trävenableitung mit
sich bringt. Es war somit ein dringendes Erfordernis, ein Vorgehen aus-
zuarbeiten, welches nebst Ausrottung der tuberkulösen Herde die Mög-
lichkeit zur Erhaltung der physiologischen Funktionen gibt. Die Er-
fahrungen von v. P. bezüglich der Nasentuberkulose zeigten schon seit
langem, dass durch Präzisität im gründlichen chirurgischen Ausräumen
und gehörige Konsequenz die ausgebreitetsten nasalen Tuberkulosen geheilt
werden können. Natürlich sind die Resultate stets zu kontrollieren, denn
Nachschübe sind nicht selten, doch kommen wir mit wiederholten Kor-
rektionen endlich doch zum Ziele. Die Tuberkulose der Nasenschleimhaut,
ist fast immer gutartig. Die Möglichkeit einer totalen Entfernung der
Herde ist gegeben, anders wie bei Knochen- und Gelenktuberkulose, denn
funktionelle Störungen sind nicht zu befürchten und harte Narben bilden
hier keinen Nachteil. Ganz ähnlich sind die Verhältnisse im Falle der
Saccustuberkulose Hier kann höchstens bei ausgebreiteten äusseren Ver-
änderungen nachträglich ein stärkeres narbiges Ektropium störend wirken,
dasselbe ist aber nachträglich, nach Verheilung der Tuberkulose, mittelst
entsprechender Plastik zu korrigieren.
Die Technik der intranasalen Lakriozystostomie hat v. P. bedeutend
vereinfacht und verbessert. Sein Hauptgrundsatz ist die absolute Aus-
rottung der tuberkulösen Herde. Zu diesem Zwecke verfertigt er ein
grosses Knochenfenster, reseziert einen geräumigen Teil des Proc. frontalis
144 ‚Therapie.
des Oberkieferknochens, sowie des Os lacrimale, d. h. die ganze Fossa
maxillaris samt innerem orbitalen Knochenrand, meist auch den vorderen
Ansatzpunkt der mittleren Nasenmuschel und ev. auch die naheliegenden
Siebbeinzellen. Das so verfertigte Knochenfenster bat mindestens die
Grösse eines 20 Hellerstückes, doch wenn es grösser ist, um so beseer.
‚Die nasale Wand des Saccus ist völlig zu entfernen, die faziale Wand
gründlich abzukratzen. Das äussere Infiltrat ist in intensiver Lokal-
anästhesie mittelst scharfen Löffels peinlichst zu entfernen. Nach der
Operation appliziert man auf die Wunde bis zur Heilung Pyrogallus-
salbe, nach erfolgter Vernarbung wochenlang Quarzlampenbehandlung.
Eventuelle äussere Nachschübe, welche sich meist in Form disseminierter,
manchmal ausserhalb des Operationsterrains auftretender Knoten zeigen,
kratzt man sofort aus und behandelt sie wieder mit Pyrogallus und
Quarzlampe. In der Nasenhöhle selbst wird eine jede neugebildete Granu-
lation sowie narbige Verwachsung ebenfalls einem peinlichen Entfernen
auf chirurgischem Wege unterworfen.
Zur Beurteilung des Dauererfolges richtete v. P., der hervorragende
Leiter der rhinolaryngologischen Abteilung des Neuen Sankt Johannes-
Spitals in Budapest, Fragebriefe an die 31 Kranken, welche mindestens
vor 8 Monaten operiert wurden. 17 Antworten liefen ein. Davon meldeten
die Heilung der Saccustuberkulose 6 Personen, eine Heilung der Nasen-
und Saccustuberkulose 9 Personen, Heilung der Saccustuberkulose und
Besserung der Nasentuberkulose 2 Personen.
Unter den Fällen findet sich auch ein solcher, wo die Heilung be-
reits seit 5 Jahren anhielt, _
Wenn die Patienten es ermöglichen, dass Kontrolle und entsprechende
Anordnungen ausgeführt werden, so ist fast jeder Fall zu heilen.
D. O. Kuthy, Budapest,
279. Adolf Önodi, Die Behandlung der tuberkulösen Erkran-
kungen der oberen Luftwege. Orvoşi Hetilap 1917 Nr. 21—23.
Auf dem ungarischen Tuberkulose-Kongress zu Rózsahegy (Mai 1917)
hielt Prof. O. einen lehrreichen Vortrag über die Tuberkulose der oberen
Luftwege und machte den Vorschlag, dass für die chirurgische Behand-
lung tuberkulöser Larynx- etc. -Affektionen im Königreich Ungarn eine
Zentrale errichtet werde. D. ©. Kuthy, Budapest.
280. Aurelius Rethi, Die Behandlung des Schluckschmerzes
bei Kehlkopftuberkulose. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 27.
Die Ursache des Schluckschmerzes hat R. in der Hypersensibilität
des N. laryngeus superior gefunden. Er machte die Erfahrung, dass die
Schmerzen vorübergehend aufhörten, wenn er auf die Eintrittsstelle des
Nerven einen stärkeren Druck ausübte. Bei der Firma Gastac in Buda-
pest liess er eine Pelotte verfertigen, mit deren Hilfe auf die zwei Schmerz-
punkte je ein Kautschukknopf sich andrückt. Das Instrument verursacht
dem Kranken keine Unannehmlichkeiten und hebt den Schmerz für
einige Zeit auf. Doch einen dauernden Erfolg konnte man bis zur Zeit.
bloss auf operativem Wege erreichen, doch schlägt jetzt R. vor, dieses
Ziel auf dem Wege der stumpfen Quetschung des Nerven anzu-
treten. Das hierzu nötige Instrument (Firma Fischer) ist im Original
‚abgebildet. D. O. Kuthy, Budapest.
Klinische Fälle. | 145
281. Pleschner, Fremdkörperextraktion aus der Pleurahöhle.
M. m. W. 65. 1918 S. 323—324.
Verf. empfiehlt, bei Vorhandensein von Fremdkörpern in der Pleura-
höhle z. B. nach Operationen mit Hilfe eines graden Tubus (Valentines
Endoskop, Ösophagoskop, Rektoskop) durch die Fistelöffnung in die
Pleurahöhle einzugehen und den Fremdkörper dann auf diesem Wege zu
entfernen. Diese Methode sei einfach, leicht und ohne besondere Be-
schwerden für die Kranken. Bredow, Ronsdorf.
282. Nobeöcourt, Jury de Camiers et Tounier, Traitement
des pleuresies par des injeetions intrapleurales de bleu
methylene. Société médicale des hôpitaux, Paris. (Ref. La
Presse médicale 1915 Nr. 33.)
Verff. behandelten eitrige Pleuritiden bei Soldaten ausser durch
Punktionen mit intrapleuralen Injektionen eines Methylenblau °/100, pro
Dosis 10 cem. Von 9 schwererkrankten derartig behandelten Fällen
heilten 8. Die Behandlung muss möglichst frühzeitig einsetzen.
Querner, Hamburg.
e) Klinische Fälle.
283. E. Baumann, Isolierte Tuberkulose der Dura mater spi-
nalis mit totaler Querschnittslähmung. D. Zschr. f. Chir.
143. 1918 H. 3—6 8. 245.
B. teilt einen in der Königsberger Klinik operierten, in der Literatur
bisher noch nicht beschriebenen Fall einer „primären oder richtiger iso-
"lierten“ Duratuberkulose mit. Bei der Operation, die wegen zunehmender
Lähmungserscheinungen indiziert war, fand sich in Höhe des 3. Brust-
wirbels ein 5,7 cm langer tuberkulöser „Granulationstumor“ der Dura an
der Rückseite, der das Rückenmark sattelartig völlig plattgedrückt hatte.
Weder bei der Operation, noch späteren Sektion — die Frau ging an
zunehmenden Lähmungen und ihren Folgen zugrunde — konnte ein
sonstiger primärer Erkrankungsherd gefunden werden. Am Schlusse be-
spricht B. die differentialdiagnostischen Schwierigkeiten und die Indikation
zur Operation und warnt vor zu spätem Eingreifen wegen der zunehmen-
den Gefährdung der nervösen Elemente. Geinitz, Tübingen.
284. Knepper-Düsseldorf, War der Senkungsabszess Folge des
ein halbes Jahr vorher stattgehabten Sturzes von der Leiter
(d.h. eines Betriebsunfalles)? Mschr. f. Unfallhlk. 1917 Nr. 6.
. Besprechung unter ausführlicher Wiedergabe der Akten eines Falles
von Senkungsabszessen amı Oberschenkel bei einem auch sonst tuberkulös
erkrankten Manne, bei dem der kausale Zusammenhang mit einem !/g Jahre
vorher erlittenen Unfall, Quetschung von Schulter und Knie, abgelehnt
wird. Geinitz, Tübingen.
285. G. Mönch, Verschlimmerung der Genitaltuberkulose nach
operativem Trauma. Der Frauenarzt 1917 Nr.9.
Es wird über ‚zwei Fälle von Genitaltuberkulose berichtet, bei denen
nach einem operativen Eingriff (Abrasie) eine Verschlimmerung des tuber-
kulösen Prozesses eintrat. Klare, Hohenlychen.
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 10
146 Klinische Fälle.
286. E. Weill et Loiseleur, Contribution ä l’etude de la tuber-
culeuse pericardite. Soc. medic. des hôpitaux de Paris. (Ref.
La Presse medicale 1916 Nr. 62.)
Der Verlauf eines Falles von tuberkulöser Perikarditis berechtigt zur
Beobachtung von zwei neuen Gesichtspunkten zur Klinik dieser Erkran-
kung. Einmal ist die Röntgenuntersuchung wichtig zur Bestätigung der
Diagnose und dann zur Kontrolle der einzuleitenden Behandlung, dem
artefiziellen Pneumoperikard.. Das mit diesem erreichte vorzügliche Re-
sultat veranlasst die Verl, zur Empfehlung dieser Methode in entsprechen-
den Fällen. Kautz, Hamburg.
287. A. Gutmann, Un cas d’erytheme noueux avec presence de
bacilles de Koch dans le sang eirculant. Paris medical. 1917,
Mat.
Bei einem Fall von Erythema nodosum mit gleichzeitigen schubartig .
auftretenden sehr heftigen Gelenkschmerzen und Temperatursteigerungen
(Poncet’scher Rheumatismus) liessen sich im Blut, das während eines
sehr stürmisch verlaufenden Anfalls entnommen wurde, Tuberkelbazillen
nachweisen. Auch die Untersuchung der Hautknoten ergab das Vor-
bandensein von Bazillen. Während an den übrigen Organen, im be-
sonderen an den Lungen keine Veränderungen nachgewiesen werden
konnten, erwiesen sich die tracheo-bronchialen Drüsen im Röntgenbild als
vergrössert. Verf. ist der Ansicht, dass von den Hilusdrüsen, als Sitz
der primären Erkrankung, die Bazillen nach und nach in die Blutbahn
geschwemmt wurden, wodurch sich die sukzessiven Temperatursieigerungen
und zunehmenden Gelenkschmerzen erklären würden. Kautz, Hamburg.
288. Zoltan Lénárt, Gleichzeitige tuberkulöse und karzinoma-
töse. Erkrankung des Larynx. Orvos: Hetilap, 1918 Nr. 3.
Die Seltenheit des gemeinschaftlichen Vorkommens von Tuberkulose
und Karzinom motiviert die Bekanntmachung des Falles. 56jähr. Mann,
seit 6 Wochen andauernd besser. Keine Schmerzen im Kehlkopf. Sonst
kräftig und „gesund“ Nikotinismus und Alkoholismus. Das linke
Stimmband zeigt sich in seiner ganzen Länge verdickt, rötlich und granu-
liertt. Vorne sind am Stimmbande einzelne graulichweisse Stellen wahr-
nehmbar. Sonst ist die betreffende Chorda vocalis frei beweglich, in der
Umgebung weder Hyperämie, noch andere Entzündungserscheinungen. Im
Halse nichts Abnormes. Keine tuberkulösen Drüsen. Erste klinische
Diagnose: Karzinom, initiale Form. Histologische Diagnose von Prof.
Krompecher: ausgesprochener Epithelkrebs. Operation. Neuere histo-
logische Untersuchung des exstirpierten Materials lehrte, dass auch Tuber-
kulose vorhanden war, indem zwischen Tumorgewebe und Epithelüberzug
typische Tuberkeln ihren Sitz batten. In einem ebenfalls entfernten prä-
laryngealen Drüschen waren bloss tuberkulöse Veränderungen. Hier
fanden sich also die zwei „antagonistischen“ Krankheiten in ein und dem-
selben Organe, ohne aber dass auf Tuberkulose irgend etwas klinisch
hingedeutet bätte. D. O. Kuthy, Budapest.
289. H. Gjessing, Über Tuberkulose als Ätiologie der sog. Febris
uveo-parotidea (Heerford). Klin. Mbl. f. Augenhik. 1918 H.2.
Beschreibung eines Falles von Iridocyclitis tuberculosa mit Mit-
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 147
affektion der Ohrspeicheldrüse. Keine der sonst typischen Paresen der
zerebro-spinalen Nerven. Das 11jährige Kind reagierte auf Alttuberkulin.
Auch andere Beobachtungen der Literatur sprechen für eine tuberkulöse .
Ätiologie der mit subfebrilen Temperaturen, Müdigkeit, doppelseitiger Iritie
bzw. Uveitis und chronischer Parotitis einhergehenden Erkrankung.
H. Bratke, Berlin.
290. Fritz Vieregge, Zwei Fälle von Tuberkulose des Augen-
lides und der Bindehaut. Diss. Giessen 1917.
Im ersten Falle handelt es sich um eine kleine Geschwulstbildung,
welche in Ulzeration übergeht. Im zweiten Falle ebenfalls um eine Ge-
schwulstbildung am oberen Augenlid, welche durch Kontaktinfektion zu
einer Erkrankung des unteren Augenlides geführt hat, die sich in einer
Verdickung mit kleinen gelblichen Knötchen äusserte. Die mikroskopische
Untersuchung ergab in beiden Fällen tuberkulöses Granulationsgewebe.
Exzision der erkrankten Abschnitte führte beidemale zu Heilung.
Hans Müller.
p
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
291. Büttner-Wobst, Über den Gesundheitszustand ehemaliger
Heilstättenpatienten. M. m. W. 65. 1918 8. 156—157.
B.-W. weist auf die grossen Schädigungen hin, die dadurch ent-
stehen, dass Lungengesunde für tuberkulös erklärt und in Heilstätten
eingewiesen werden. Aus dieser Veranlassung hat B.-W. auf der Be-
obachtungsstation im Reservelazarett Heidelberg 361 frühere Heilstätten-
besucher durchmustert und gefunden, dass von diesen 361 nur 160 Ver-
änderungen sicher tuberkulöser oder mit Wahrscheinlichkeit tuberkulöser
Natur an den Lungen hatten. Dabei war der Begriff „Tuberkulose“
weit gefasst. Von den Nichtlungentuberkulösen waren 89 völlig gesund,
d. h. es liess sich die Ursache der früheren Heilstättenbehandlung objektiv
nicht mehr feststellen. Bei 112 ergaben andere Krankheiten und Ano-
malien Anlass, in Fehldiagnose die frühere Indikationsstellung zur Heil-
stättenkur zu suchen. Ferner wurden bei 52 Nichttuberkulösen Wieder-
holungskuren durchgeführt.
B.-W. macht für „die indikationslose Heilstättenkur“ nicht den ein-
zelnen, vielleicht aus grosser Gewissenhaftigkeit überängstlichen Arzt,
sondern das heute herrschende System verantwortlich, das die Kuren nicht
von klinisch exakter Vorbeobachtung abhängig macht.
Den von B.-W. gemachten Ausführungen wird jeder Heilstättenarzt
im Prinzip zustimmen. Dazu bemerken möchte ich aber nocb, dass es
allgemein bekannt ist, dass ein gewisser Prozentsatz von Fehldiagnosen
in die Heilstätten kommt, wie das auch in jeder gut geleiteten Klinik
der Fall ist. Bredow, Ronsdorf.
292. Grau, Über den Gesundheitszustand ehemaliger Heilstätten-
patienten. (Bemerkungen zu der vorstehenden Arbeit von Büttner-
Wobst) M. m. W. 65. 1918 8. 272.
G. wendet sich gegen die Arbeit von B.-W. Mit Rückwärtsdiagnosen
sollte man vorsichtig sein. Wenig ausgedehnte Lungentuberkulosen können
10*
148 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
so ausheilen, dass röntgenologisch später nichts mehr nachzuweisen ist.
Die von B.-W. untersuchten Fälle sind eine Auslese der günstigsten.
Im übrigen bleibt die Tatsache bestehen, dass die Heilstätten schon im
Frieden eine erhebliche Zahl von Nichttuberkulösen enthielten. Eine Besse-
rung ist darin im Kriege nicht eingetreten. Die Ursachen liegen z. T.
in der Tuberkuloseaufklärung, in der Ausbildung der jüngeren Ärzte, im
Mangel an einheitlichen Grundsätzen für die Begutachtung des Arztes
und Obergutachters bei Einweisung in die Heilstätten sowie im Mangel
an hinreichender stationärer Vorbeobachtung, endlich im Fehlen von Er-
holungsheimen für die Nichttuberkulösen und Tuberkuloseverdächtigen.
Bredow, Ronsdorf.
293. Hermann Trunk, Die schlesische Lungenheilstätte Ober-
schaar. Österr. Tbe. -Fürs.-Bl. 1917 Nr. 5.
Mitten im Weltkriege wurde diese Anstalt für 110 Betten vom
Landeshilfsverein für Lungenkranke in Österreichisch-Schlesien errichtet
und im August 1917 dem Betriebe übergeben. Sie ist vorläufig, bis: zu
3 Jahren nach dem Friedensschluss für Soldaten bestimmt. Beschreibung
mit Abbildung. A. Baer.
294. Theodor Altschul-Prag, Die Bekämpfung der Tuberku-
lose, mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in
Deutschböhmen und Prag. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 6.
In Österreich wird die Tuberkulose seit etwa 15 Jahren „bekämpft“,
jedoch bisher mehr auf dem Papier und mit Theorien, daher haben wir
auch nicht die Erfolge, wie in Deutschland, aufzuweisen.
Schilderung der Bemühungen und Leiden der deutschen Tuberkulose-
bekämpfer in Böhmen. Eine fertiggestellte Anstalt musste mit Schaden
an das Land verkauft werden, weil die Mittel zum Betriebe nicht auf-
zubringen waren; kein Heller, aber auch sonst keine Unterstützung von
der Gemeinde Prag; in einer Heimstätte bei Prag können von 36 Betten
nur 14 belegt werden, 22 bleiben leer (!), weil trotz aller Vorstellungen
an höheren und hohen Stellen keine Nahrungsmittel zu erhalten sind.
Eine Fürsorgestelle funktioniert tadellos, weil die Kranken in derselben
materielle Unterstützung erhalten; Gewährung blosser ärztlicher Behand-
lung und Belehrung würde nicht einen einzigen Kranken „anlocken“.
Über Anreguug des Verf. beraten der „Deutsche Armenrat“, der
Verein „Soziale Hilfe“ und der „Deutsche Zweigverein Prag für Lungen-
kranke“ gemeinsam, was sich sehr gut bewährt.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
295. M. Landegger, Die Behandlung in den Tuberkulosefür-
sorgestellen, Der Amtsarzt 1917 Nr. 9—12.
In der Tuberkulosefürsorgestelle im Kaiser Franz Joseph-Ambulatorium
zu Wien wurden vom Verf. ausgedehnte Versuche mit dem von Wele-
minsky (Prag) hergestellten Tuberkulomucin angestellt. (Die An-
sichten über die Frage, ob Fürsorgestellen Therapie treiben sollen, sind
bei uns sehr geteilt! Ref.) Von 143 regelmässig in Behandlung ge-
standenen Fällen ergaben 52,5°/o Heilung, 370/0, Besserung, nur 10,5 °/o
zeigten keinen Erfolg. Einige Fälle von skrofulösen Lymphdrüsen am
Halse wurden unter der Injektionsbehandlung erweicht und verschwanden
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulogekrankenhäuser u. -Heime. 149
bis auf kleine Reste, vorhandene Fisteln schlossen sich. Kehlkopftuber-
kulosen wurden nicht beeinflusst. Wegen seiner einfachen Anwendungs-
weise — von der sehr haltbaren Stammlösung wird am Injektionstage die
Verdünnung in der Spritze selbst hergestellt — tritt Verf. warm für eine
weitere Verbreitung des Tuberkulomucins namentlich in der ambu-
lanten Behandlung der Tuberkulose ein. Klare, Hohenlychen.
296. Braeuning, Die Erfolge und Misserfolge der Stettiner
Fürsorgestelle für Lungenkranke bei den Kranken mit offener
Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 1.
Verf. fasst seine Ergebnisse folgendermassen zusammen:
1. Zur Kenntnis der Fürsorgestellen kommen mit Hilfe der über-
weisenden Ärzte und Behörden vor ihrem Tode 61/0 der offenen Tuber-
kulosen. Vom Beginn der Erkrankung an offener Tuberkulose an jedoch
nur 15°/o. Um möglichst alle Tuberkulösen rechtzeitig der Fürsorgestelle
zuzuführen, ist es nötig, dass die Ärzteschaft immer wieder auf die Auf-
gaben der Fürsorgestellen hingewiesen wird, dass ferner alle Schulkinder
fortlaufend schulärztlich überwacht werden und die erkrankten, verdächtigen
und gefährdeten der Fürsorgestelle gemeldet werden. Dass endlich die.
Meldepflicht für offene Tuberkulöse eingeführt wird und für häufige. Sputum-
untersuchung bei allen Kranken mit Auswurf gesorgt wird.
2. Es gelingt der Fürsorgestelle für Lungenkranke, bei etwa 86°/o
der in eigener Häuslichkeit wohnenden Phthisiker hygienisch einwandfreie
Verhältnisse zu schaffen. Die 14°/, Misserfolge in dieser Hinsicht sind
bedingt in erster Linie durch die Unverständigkeit der Kranken und ihrer
Angehörigen. Um auch diesen Fällen beizukommen, wären besondere
polizeiliche Bestimmungen für die Wohnungen der Schwindsüchtigen not-
wendig und ferner eine amtliche Überwachung aller Wohnungen durch
Wohnungsinspektoren, die mit der Fürsorgestelle Hand in Hand arbeiten.
3. Es ist notwendig und auch praktisch durchführbar, für alle schwerst-
kranken und sterbenden Schwindsüchtigen gute Unterkunft in Kranken-
anstalten zu schaffen, und zwar können diese Tuberkuloseabteilungen so
eingerichtet werden, dass sie nicht in den Ruf von Sterbehäusern kommen.
4. Es gelingt nicht, alle Kinder unter 15 Jahren mit offener Tuber-
kulose dauernd in einer geschlossenen Anstalt unterzubringen. Auch kann
man nicht verhindern, dass diese Kinder mit anderen Kindern spielen,
wohl aber kann man sie vom Schulbesuch fernhalten und dafür sorgen,
dass sie ein eigenes Bett und Schlafzimmer haben.
5. 130/0 der Schlafburschen und Schlafmädchen entzieben sich der
Beobachtung der Fürsorgestelle.e Bei den übrigen Schlafleuten gelingt es
nur in 66°/o der Fälle, hygienisch einwandfreie häusliche Verhältnisse zu
schaffen. Die dauernde Unterbringung in geschlossenen Anstalten ist nur
bei schwerkranken schwindsüchtigen Schlafleuten durchführbar. Eine
polizeiliche Überwachung aller Schlafstellen und ein Handinbandarbeiten
dieser überwachenden Behörden mit der Fürsorgestelle ist notwendig.
6. Die Kinder schwindsüchtiger Eltern, welche unter der Obbut der
Fürsorgestelle geboren werden, können nur etwa während des ersten Jabres
vor der Ansteckung mit Tuberkulose bewahrt werden. Es gelingt nur
ausnahmsweise, entweder das Kind oder den erkrankten Angehörigen
dauernd aus dem Haushalt zu entfernen.
150 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
7. Es ist notwendig, alle Kinder oder Geschwister Offentuberkulöser
fortlaufend ärztlich zu überwachen. Es ist aber nicht nötig, dass diese
Überwachung durch die Fürsorgestelle geschieht, sie kann vielmehr auch
durch die Schulärzte erfolgen, welche nötigenfalls den Fürsorgearzt hin-
zuziehen.
8. Die Behandlung der Tuberkulösen in Anstalten ist in Stettin in
allen nötigen Fällen durchführbar, aber eine, konsequent über eine lange
Zeit durchgeführte Behandlung der Kranken zuhause, stösst in vielen
Fällen auf erhebliche Schwierigkeiten.
9. Die Stettiner Fürsorgestelle ist in der Lage, die wirtschaftlichen
Verhältnisse aller ihrer Schutzbefohlenen so zu gestalten, dass sie hygienisch
und therapeutisch einwandfrei leben können. Die Fürsorgestelle wird
hierin wesentlich dadurch unterstützt, dass die städtischen Behörden be-
schlossen haben, alle Zuwendungen an Tuberkulöse, welche noch nie
Armenpflege angerufen haben, nicht als Armenunterstützung zu betrachten,
und ferner dadurch, dass sie das zu gewährende Mindestmass bei Haus-
haltungen, in denen sich ein Tuberkulöser befindet, höher ansetzen, als in
den Haushaltungen der Almosenempfänger.
10. Etwa 16°/o aller Offentuberkulösen befinden sich in Berufen, in
denen sie das Publikum gefährden, und etwa 28°/o von ihnen in Be-
rufen, in denen sie ihre Mitarbeiter gefährten. Die Fürsorgestelle ist
nur ausnahmsweise in der Lage, hier Abhilfe zu schaffen. Bevor die
Fürsorgestelle in dieser Richtung energisch vorgehen kann, muss noch
sicherer festgestellt werden, in welchen Berufsarten die Tuberkulösen
eine Gefahr für ihre Umgebung bilden.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
297. Beschorner.Dresden, Fürsorge für Lungenkranke. (Aus
dem Protokoll über die XXII. ordentliche Mitgliederversammlung
des Hauptverbandes deutscher ÖOrtskrankenkassen in Dresden,
16.—19. September 1917.)
Die Krankenkassen müssen zur Bekämpfung der Tuberkulose in
weitestem Masse herangezogen werden. Wichtig ist eine gute Aufklärung,
welche auch dahin gehen muss, Nichtversicherungspflichtige zur Versiche-
rung anzuhalten und beim Erlöschen der Pflichtversicherung eine Weiter-
versicherung zu veranlassen, damit in weitestgehendem Masse schon in
gesunden Tagen für Krankbeitsfälle vorgesorgt wird. Der Arzt soll seine
Diagnose prägnant stellen und nicht durch Scheindiagnosen wie „Lungen-
katarrh“ oder „Lungenspitzenkatarrh“ den Erkrankten im Unklaren lassen.
Nur eine aktive Tuberkulose ist der Behandlung bedürftig. In Zweifels-
fällen muss Gelegenheit zu fachärztlicher Beurteilung vorhanden sein.
Auf diese Weise wird es vermieden, dass ungeeignete Fälle in die Heil-
stätten kommen. Fürsorgestellen, Krankenkassen und Versicherungs-
anstalten müssen eng Hand in Hand arbeiten. Das Fürsorgestellennetz
muss weiter ausgearbeitet werden und auch dem Mittelstand in irgend
einer Weise *zugängig sein. Die Darreichung kräftiger Kost an Tuber-
kulösen vermag die Arbeitsfähigkeit zu heben. Die Kriegsküchen sollten
nach dem Kriege als Volks- und Krankenküchen fortbestehen. Kochkurse
sollen das Verständnis für rationelle Speisenzubereitung verbreiten. Über-
wachung der Wohnungsverhältnisse durch die Wohnungsbesucher der
——— —— — — “⸗
Allgemeines. 151
Krankenkassen, Die Schwerlungenkranken müssen in besonderen An-
stalten untergebracht werden. Auch besondere Heilverfahren, wie Pneumo-
thoraxtherapie, Bestrahlung usw., dürfen geeigneten Kranken nicht vor-
enthalten bleiben. Hans Müller,
g) Allgemeines.
298. Braeuning - Stettin, Kritische Berichterstattung über die
Tuberkulosebekämpfung. Tbc.-Fürs.-Bl. Jg. 5 Nr. 1.
Verf. fordert, dass in den Berichten der Fürsorgestellen nicht nur
angegeben wird, in wieviel Fällen die einzelnen Massnahmen angewandt
werden, sondern dass die viel wichtigere Frage beantwortet wird, wie viele
Tuberkulosefälle von der Fürsorgetätigkeit nicht erfasst werden. In Stettin
z. B. waren der Fürsorgestelle nur 397 offene Tuberkulosen bekannt, es
sind aber nach den Statistiken 598 derartige Kranke zu erwarten. Nach
einer Leipziger Statistik wären für Stettin jährlich 1610 Tuberkulose-
neuerkrankungen wahrscheinlich, gemeldet sind aber nur 797. Miets-
zuschüsse und Ausleihung von Betten konnte aus Mangel an Mitteln nur
für offene Tuberkulöse gewährt werden. Es ist anzustreben, dass alle
Tuberkulösen im Krankenhause sterben; in Stettin war das von 317 Todes-
fällen nur bei 130 der Fall. Herm. Tachau, Heidelberg.
299. Albert Fraenkel, Über Aufgaben der Tuberkulosebekämp-
fung nach dem Kriege. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 6 Nr. 12.
Verf. fordert, dass die Heilstätten ohne Rücksicht auf die Wieder-
herstellung der Erwerbsfähigkeit allen heil- und besserungsfähigen ernst-
lich Kranken offen stehen; für die leicht Kranken genügen Erholungs-
heime mit kurzfristigen Kuren; die Schwerkranken gehören in Tuberku-
losekrankenhäuser. Bewährt haben sich die im Bereich des XII. A.-K.
militärischerseits getroffenen Einrichtungen. Allen Heilstättenkuren geht
hier eine Sonderbegutachtung durch Beobachtungsstationen von klinischem
Charakter voraus. Diese Beobachtungsstationen haben zunächst die Auf-
gabe, die vielen nicht an aktiver. Lungentuberkulose Leidenden von den
für sie unnötigen Heilstättenkuren fernzuhalten und ihre militärische
Dienstfähigkeit zu bestimmen und zweitens bei den als krank erkannten
das einzuschlagende Heilverfahren zu bestimmen. In die beiden zur Ver-
fügung stehenden Heilstätten werden fast ausnahmslos Offentuberkulöse
eingewiesen, die nach Beendigung der Kur dann aus dem Heeresdienste
ausscheiden. — Eine Übertragung dieser Einrichtungen auf die Friedens-
tätigkeit ist zu wünschen. Dadurch werden die Heilstätten entlastet und
in die Lage versetzt werden, sich der Kriegsbeschädigtenfürsorge für
Wiederholungskuren zur Verfügung zu halten. Eine geänderte Auslegung
des $ 1269 der Reichsversicherungsordnung ist zu diesem Zwecke Be-
dingung, welche eine Verschiebung der Aufnahme zu den besserungs-
fähigen, aber schwereren Fällen zulässt. — Für die Versorgung Schwer-
kranker sollten alle Landkrankenhäuser entsprechend eingerichtete Tuber-
kuloseabteilungen erhalten, daneben sind für Gegenden mit hoher Tuber-
kulosemorbidität besondere Tuberkulosekrankenhäuser nötig. Diesen
Krankenhäusern wären Abteilungen für kranke Kinder und Schwangere
anzugliedern. — In diagnostischer Beziehung hat sich für die geschlossenen
152 | Allgemeines.
Tuberkulosen das Röntgenverfahren als unentbehrlich erwiesen. Es wird
die Frage aufgeworfen, ob diese wichtige Untersuchungsmethode nicht
durch staatliche oder freiwillige Organe der Tuberkulosebekämpfung dem
Praktiker zugänglich gemacht werden soll. — Grosse Bedeutung kommt
dem Ausbau der Beratungs- und Fürsorgestellen zu, deren Hauptaufgabe
ärztliche und wo nötig, berufliche Beratung bilden soll.
H. Tachau, Heidelberg.
300. The arrest of tuberculosis under war and after war con-
ditions. Brit. Journ. of Tbe. Bd. 12 Nr. 7, Januar 1918.
Eine erneute Umfrage über die Art und Weise wie während des
Krieges und nach demselben die Weiter-Ausbreitung der Tuberkulose
verhütet werden könne:
A. Garrod Thomas: So leicht es ist, Patienten in Sanatorien und
Kolonien zu hygienischem Verhalten anzuleiten, so gross ist die Schwierig-
keit, die in dem Verhalten nach ihrer Rückkehr nach Hause liegt. Dort
werden die Brutstätten für weitere Ausbreitung bestehen bleiben, bis der
Wert der frischen Luft und die Einsicht der Notwendigkeit allgemeiner
hygienischer Vorsichtsmassregeln Gemeingut geworden sind. „Aus jedem
Hause sollte ein Sanatorium gemacht werden.“
William J. Thompson: Die Behandlung von Tuberkulösen in
englischen Sanatorien (wie überall; Ref.) seit dem Ausbruch des Krieges
hat mit immer mehr zunehmenden Schwierigkeiten zu kämpfen, einmal
mit den erhöhten Kosten der Nahrung-, Heizung-, Licht-, Wäschebeschaf-
fung etc. einerseits und den nicht entsprechend gestiegenen Einnahmen.
Dann dadurch, dass viel mehr Schwerkranke den Sanatorien zugewiesen
werden. — Nach dem Krieg werden als wichtigste Punkte im Feldzug
gegen die Tuberkulose bezeichnet: 1. Verhütung der Tuberkuloseinfektion ;
2. genügende Zahl von Sanatorien für Frühfälle; 3. Nachbehandlung
der aus dem Sanatorium entlassenen Fälle; 4. Errichtung von Heimen für
vorgerückte Fälle. |
Sheridan Del&pine: 1. Unter gewöhnlichen Verhältnissen er-
scheint es als wahrscheinlich, dass die Mehrzahl, wenn nicht alle, Er-
wachsenen mit Tuberkelbazillen infiziert sind oder es einmal waren.
2. Bei einer grossen Zahl solcher Infizierten kommt es nur zu unbe-
deutenden Läsionen mit oder ohne Erkennung von Kranksein, wobei eine
Ausheilung spontan stattfindet, wenn die äusseren Bedingungen nicht
ungünstig und die individuellen Widerstandskräfte normale sind.
3. Diejenigen mit normalen Widerstandskräften können die Infektion
überwinden, wenn die äusseren ungünstigen Verhältnisse ausgeschaltet
werden, sofern der Krankheitsprozess nicht weit fortgeschritten ist.
4. SolcH#e mit wenig Resistenzkraft vermögen eventuell unter günstigen
Bedingungen und richtiger Behandlung gebessert oder geheilt zu werden.
5. In der Zeit vor Kriegsausbruch schon wurden Patienten mit be-
ginnenden Krankbeitserscheinungen durch ungünstige äussere Umstände
unheilbar, die sonst heilbar gewesen wären, und bildeten eine stete Quelle
von Ansteckungsgefahr.
6. In Friedenszeiten sind das Zusammenleben mit fortgeschrittenen,
schweren Patienten, ungesunde Beschäftigung, ungenügende Ernährung
und alle mit Armut zusammenhängenden Umstände die Hauptursachen,
Allgemeines. | 153
dass infizierte Personen nicht spontan ausheilen, sondern eine besondere
Behandlung erfordern.
7. In Kriegszeiten mag in einigen Frühfällen das konstante Leben
in freier Luft gut einwirken, aber die ausserordentlichen körperlichen An-
forderungen und die vermehrte Ansteckungsgelegenbeit in Baracken und
Arbeitsstätten vermehren die Zahl der Behandlungsbedürftigen.
8. Ländlicher Aufenthalt mit gesunder Beschäftigung im Gegensatz
zu Fabrikarbeit ist das Zweckmässigste für Frühfälle, die eiuer Spontan-
heilung fähig sind.
9. Die gleiche Lebensweise ist auch für Behandlungsbedürftige zu
empfehlen, vorausgesetzt dass entsprechende klinische Einrichtungen und
Überwachung vorhanden sind.
10. Auch für unheilbare Fälle soll ein Aufenthalt in gesunder Um-
gebung auf dem Lande ermöglicht werden. |
11. Die Ereignisse der letzten drei Jahre haben gezeigt, dass eine
der vornehmsten Pflichten des Staates ist, selber genügend Lebensmittel
hervorzubringen, um die Bevölkerung ernähren zu können, und dass die
tolle Jagd nach dem Gelde dieser Forderung untergeordnet werden muss.
12. Die Bedürfnisse des Staates und der tuberkulös Erkrankten
fordern deutlich, dass ein grosser Teil der Bevölkerung aus den Städten
wieder zurück aufs Land ziehen, und dass das Leben auf dem Lande
verbessert werden sollte.
Andrew Trimble: Die jetzt von der Front zurückkehrenden Soldaten
können eingeteilt werden in solche, welche nie hätten zum Dienst angenommen
werden sollen; solche, die anscheinend geheilt waren und im gewöhnlichen
Leben sogar harte Arbeit verrichten konnten, aber doclı unter den Strapazen
des aktiven Dienstes zusanımenbrachen; Patienten, die vorher unbewusst
und ohne Verdacht darauf eine latente Tuberkulose in sich hatten und die
im Kriegsdienst aktiv wurde; und in neue Fälle tuberkulöser Infektion
von seiten nicht erkannter Tuberkulosekranker, wobei die häufig vor-
handenen Erkrankungen der Bronchien und die in Lagern oft vorkom-
menden epidemischen katarrbalischen Affektionen der Atmungsorgane einen
guten Nährboden für den Tuberkulosebazillus abgeben. Durch diese
neu im Krieg erkrankten oder reaktivierten Fälle werde die Mortalität
an Tuberkulose in den nächsten Jahren steigen, auf der anderen Seite
werde ein ganz besonders energischer Kampf gegen die Tuberkulose auf
breiter Grundlage sich erheben.
Varrier-Jones: Infolge des Krieges ist die Ausbreitung der Tuber-
kuloseerkrankung in der Zivil- und Militärbevölkerung stark gestiegen.
Bei der jetzigen Sanatoriumsbehandlung liegt die eine Schwierigkeit darin,
dass viel zu schwere Fälle in die Heilstätten kommen, solche die eigent-
lich in Spitäler gehören, und dass auf der anderen Seite bei dem Drei-
monatssystem die Zeit viel zu kurz bemessen ist, und die Kranken zu
früh entlassen werden und die Zahl der Stellenlosen im Lande vergrössern.
Genügend langer Aufenthalt in den Sanatorien und Kolonien und Für-
sorge nach der Sanatoriumsentlassung sind notwendig.
Clive Rivier: Zwei Ursachen bedingen in den jetzigen Kriegs-
zeiten die Aktivierung latenter Tuberkulosen: bei den Zivilarbeitern Über-
anstrengung in der Arbeit oft zusammen mit Unterernährung, bei den
Soldaten fortwährende katarrhalische Reizzustände. Das Moment erhöhter
154 Allgemeines.
Ansteckungsgefahr kommt dagegen fast nicht in Frage. Nach der Er-
fahrung des Autors prädominiert in diesen Fällen die Hilus- (oder
zentrale Lungen-) Tuberkulose, was er vor dem Kriege nicht so
gefunden hätte, die ihn an die Kindertuberkulose erinnert und nach seiner
Meinung eine reaktivierte Kindertuberkulose bedeutet. Es sollte nach
ihm auch bei den Soldaten mehr auf die Gelegenheit geschaut werden,
nasse Kleider und Schlafdecken zu trocknen und länger dauernde Er-
kältungen energisch zu behandeln. Die nach dem Kriege in der ganzen
Welt noch lange dauernde Lebensmittelknappheit sei eine Gefahr für
Disponierte.e Auf der anderen Seite werde vielleicht eine Besserung der
allgemeinen Verhältnisse eintreten, wenn die Lebensbedingungen der
arbeitenden Klassen sich heben unter dem Druck ihrer sehr berechtigten
Forderungen und unter Sanktionierung durch das erwachte nationale
Gewissen.
Esther Carling: Wenn nicht die Sorge um die tuberkulösen
Krieger wäre, hätte das Interesse für eine allgemeine Tuberkulosebekämp-
fung während des Krieges wohl gelitten. Die Sanatorien genügen nicht,
die viel gepriesenen Farmkolonien kommen nur für wenige in Betracht
und diese halten eich für zu gesund, um noch unter Kontrolle in Kolonien
zu arbeiten. Der Durchschnittstuberkulöse ist aber nicht tauglich für
Unigrabearbeiten, kann nicht ohne Schaden Säcke heben, Düngerkarren
oder Erntewagen beladen; auch sollte kein Bazillenträger melken. Wenn
er diese Arbeiten nicht tun kann, so ist er der Farmkolonie nicht von
Nutzen. Auch die 7 Tage nacheinander notwendige regelmässige und
grosse Arbeitsleistung mit zu wenig Ruhepausen ist nicht günstig. Jedes
Sanatorium sollte geeignete Patienten unter Dosierung von Arbeit und
Ruhe beschäftigen. Die Kranken der Zivilbevölkerung dürfen bei der
Aufnahme in Sanatorien etc. den kranken Soldaten gegenüber (die schon
durch ihre Pension besser stehen) nicht benachteiligt werden.
John Guy: Während des Krieges ist keine wesentliche Änderung
in der. Bekämpfung der Tuberkulose zu erwarten. Nach dem Kriege
müssen breitere Schichten der ganzen Bevölkerung für die Frage ge-
wonnen werden. Einwandsfreie, beste Milchzufuhr muss überall gewähr-
leistet sein. Eine Rassenverbesserung muss angestrebt werden, durch
Kinderfürsorge, ausgedehnte Errichtung von Freiluftschulen,
mehr Beachtung der körperlichen Pflege während der Schul-
zeit, Belehrung über Mutterschaft und Haushaltsführung,
Schulen für Mütter, häusliche Kontrolle durch Schwestern
und Arzte, Verbesserung der Wohnungsbedingungen.
S. Vere Pearson: Die Hebung der durch den Krieg veränderten
sozialen Missstände ist ausschlaggebend bei der Bekämpfung der
Tuberkulose.
Allen Daley: Während die Frühfälle in den Sanatorien Besse-
rung und Heilung finden, bilden die chronischen Fälle die Hauptschwierig-
keit, und eine Hauptgefahr liegt in der weiteren Ausbreitung durch die
Leichtsinnigkeit solcher chronischen Fälle, welche — wenn die Isolierungs-
möglichkeit zu Hause nicht gegeben ist — durch Gewaltmassnahmen ab-
zusondern sind.
E. Hyla Greves; Viele Soldaten wurden nach nicht genügender
Untersuchung in die Armee eingereiht und ihre latente Tuberkulose dort
— —
* ö— —ñ — —— —— — a ŘE — —
Kongress- und Vereinsberichte. 155
reaktiviert; oder sie waren von Anfang an schon nicht diensttauglich ge-
wesen. Die meisten aus der Armee krank Zurückkommenden sind solche
des ersten Stadiums, welche zunächst in den Sanatorien behandelt werden
sollen, bis der Krankheitsprozess so weit erloschen ist, dass sie unter
günstigen Bedingungen etwas Arbeit leisten können, vor allem in Farm-
kolonien, unter Kontrolle. Jedes Sanatorium sollte einer Arbeitskolonie
sich angliedern. Amrein, Arosa.
301. W. H. Dickinson, Tuberculosis and ministry of health.
Brit. Journ. of Tbc. Bd. 12 Nr. 1, Januar 1918.
1. Die jetzigen Bekämpfungsmethoden (mit gewissen Änderungen)
( Sanatorien, Dispensarien, Kolonien etc.) sind weiters aussichtsreich, müssen
zaber noch weiter ausgebaut werden.
2. Verbesserung der häuslichen Behandlung ist nötig, ferner die Ver-
%hütung von Masseninfektion in den Wohnungen.
3. Die Gesetzgebung hat die Verhütung der Abgabe von tuberkulös
ınfizierter Milch und die Fürsorge für leichtsinnige und hilflose Patienten
zu veranlassen.
4. Bessere Einrichtung für chirurgisch Tuberkulöse (namentlich auch
Kinder) sind erforderlich.
5. Die Arbeitsverhältnisse müssen verbessert, Überarbeit in Fabriken
sollte vermieden werden.
Die Errichtung eines Gesundheitsamtes („Ministry of Health“)
ist zu fordern. Amrein, Arosa.
Il. Kongress- und Vereinsberichte.
3. Naturhistorisch-medizinischer Verein, Heidelberg. Sitzung vom
18. XII. 1917.
(Ref. H. Tach au- Heidelberg.)
Hermann Tachau: Das chemische und biologische Verhalten
der bei der Pneumothoraxtherapie in die Pleurahöhle ein-
geführten Gase.
Vortr. berichtet zunächst über gasanalytische Untersuchungen bei Patienten
mit künstlichem Pneumothorax, die er gemeinsam mit R. Thilenius ausgeführt
hat. Es fanden sich in diesen Untersuchungen charakteristische Unterschiede
in der Gaszusammensetzung bei trockenem Pneumothorax und bei den Fällen
mit einem Pneumothoraxexsudat. Im ersten Falle wurde neben dem Stickstoff,
der stets die Hauptmenge des Gasgemisches ausmachte, 6,5 bis 8,5°/o Kolılensäure ?
und zwischen 2°/o und 6°!o Sauerstoff gefunden. Bei den Exsudatfällen war der
O,-Gehalt geringer (unter 1,0), der CO,-Gehalt bei längerem Bestande des Ex-
sudates höher (über 10°,o bis zu 14°). Nach Resorption des Pneumothorax-
exsudates können sich die Verhältnisse wie bei trockenem Pneumothorax wieder-
herstellen.
Die Gaszusammensetzung in den Exsudatfällen ist so charakteristisch, dass
sie diagnostisch verwertet werden kann, wenn z. B. bei unklarem Fieber das
Exsudat physikalisch noch nicht nachweisbar, eine Röntgenuntersuchung aber aus
irgend einem Grunde (ambulante Behandlung) nicht ausführbar ist. Ausserdem
156 Kongress- und Vereinsberichte.
tritt das Absinken der O,-Werte vielfach schon zu einer Zeit ein, zu der das
Exsudat auch röntgenologisch noch nicht nachweisbar ist. Man muss annehmen,
dass der exsudativen Pleuritis, wie v. Muralt das auf Grund von klinischer
Beobachtung schon geschlossen hatte, eine trockene Entzündung der Pleura
vorausgeht. Kommt es in einem Einzelfalle aus irgend einem Grunde darauf an,
ein Exsudat zu vermeiden, so kann man dieses Ziel vielleicht dadurch erreichen,
dass man die Weiterführung des Pneumothorax aufgibt, sobald sich die Ande-
rung der Gaszusammensetzung bemerkbar macht.
Für die Nachfüllungen wird meist Luft oder Stickstoff benutzt. Vortr. hat,
von theoretischen Überlegungen ausgehend, vorgeschlagen, statt dessen eine
Gasmischung zu verwenden, die in ihrer Zusammensetzung dem
Pneumothoraxgase entspricht. Bei Benutzung einer solchen „körper-
adäquaten* Gasmischung würden einmal die Volumschwankungen vermieden,
die nach Einführung von Luft oder Stickstoff infolge der zum Teil schnell vor
sich gehenden chemischen Umsetzungen eintreten; zweitens wurde daran gedacht,
dass Luft und Stickstoff durch ihre von den Körpergasen abweichende chemisclıe
Zusammensetzung vielleicht einen Reiz auf die Gewebezellen ausüben können,
genau so wie z. B. nichtisotonische Flüssigkeiten.
Bei einem Patienten konnte eine Reizwirkung von Luftnachfüllungen über-
zeugend nachgewiesen werden. Es handelte sich um einen der seltenen Fälle,
in denen nach jeder Nachfüllung mehrtägige Temperatursteigerungen eintraten,
während im übrigen normale Körperwärme bestand. Diese unangenehme Nach-
wirkung der Lufteinfüllungen konnte bei Verwendung einer körperadäguaten Gas-
mischung, die im vorliegenden Falle entsprechend der Zusammensetzung der
Pneumothoraxluft 15°,o CO, enthielt, vermieden werden.
Im allgemeinen lösen die Einfüllungen von Luft oder Stickstoff keine aus-
geprägten Reizerscheinungen aus. Möglicherweise können aber die geringen
Schädigungen der Pleura darch die Einführung der nicht körperadäquaten Gase
mit zu der Häufigkeit der Pneumothoraxpleuritiden beitragen. Es ist zu über-
legen, ob man deshalb zur Pneumothoraxbehandlung nicht ausschliesslich körper-
adiquates Gas verwenden soll.
(Erscheint ausführlicher in Zschr. f. klin. Medizin.)
A. Heineke: Über häufig wiederkehrende Fehldiagnosen. Er-
fahrungen der Beobachtungsabteilung für innere Krankheiten.
Bei der Nachprüfung in der Heidelberger Beobachtungsstation für innere
Krankheiten erwiesen sich 60°o der mit der Diagnose Lungentuberkulose oder
Tuberkuloseverdacht eingewiesenen Leute als lungengesund, d. h. sie hatten bei
entsprechendem Allgemeinzustand eine einwandsfreıe Röntgenplatte und normale
Körpertemperatur in der Ruhe und nach Bewegung. Auch in den Lungenheil-
stätten fanden sich im Frieden vielfach Lungengesunde. H. konnte unter 100
ehemaligen Heilstätteninsassen 59 herausfinden, die nie lungenkrank gewesen
waren. Überhaupt hat sich das Krankenmaterial der Heilstätten, wie an Kurven
erläutert wird, in den letzten Jahren immer mehr nach der Richtung der Leicht-
kranken hin verschoben. Nach dem Ausweis einer Heilstätte hatten z. B. von
600 Kranken des I. Stadiums kaum 10 jemals Temperatursteigerung oder Bazillen
im Auswurf.
Die grosse Zahl der Fehldiagnosen rührt her von einer Überschätzung
— —
geringgradiger physikalischer Befunde. Es kommen sogar ausge- :
sprochene physikalische Befunde ohne Erkrankung der Spitzen vor, andererseits '
können im Röntgenbild nachweisbare ausgedehnte Erkrankungen ohne physikali- '
schen Befund einhergehen. Das Röntgenverfahren ist in allen Fällen
diagnostisch heranzuziehen und von ausschlaggebender Be-
deutung.
An der Hand von Röntgenbildern wird auf die Häufigkeit von Asym-
metrien des Thorax hingewiesen, die zum Teil durch die Inspektion nicht zu
Kongress- und Vereinsberichte. 157
erkennen sind. Solche Abnormitäten geben perkutorische, unter Umständen auch
auskultatorische Befunde.
Auch im klinischen Unterricht muss diesen Feststellungen Rechnung ge-
tragen und das Röntgenverfahren seiner Bedeutung gemäss in den Vordergrund
gestellt werden.
= Besprechung: ;
Moro vermisst unter den diagnostisch wichtigeu Methoden eine Erwähnung des
Tuberkulins. In der Kinderpraxis ist die Tuberkulindiagnostik in der Form des
Pirquet von grosser Bedeutung, wichtiger als das Röntgenverfahren, mit dem man bei
Kindern, solange sich die Erkrankung auf die Bronchialdrüsen lokalisiert, nicht viel
anfangen kann. M. sieht häufig Kinder in der Sprechstunde, die auf Grund eines
röntgenologischen Befundes an den Hilusdrüsen für tuberkulös gehalten und entspre-
chend behandelt werden, die er auf Grund des negativen Ausfalls der Tuberkulin-
reaktion vor einer unnützen weiteren Behandlung bewahren kann.
Büttner-Wobst bemerkt gegenüber Moro, dass die Tuberkulinreak-
tionen beim Erwachsenen diagnostisch wenig Wert besitzen. Die Pirquet-
sche Reaktion fällt fast stets positiv aus, auch wenn keine aktiven Erkrankungen vor-
liegen. Dagegen hat B.-W. einige Fälle beobachtet, in denen die Tuberkulinreaktionen
negativ blieben, trotzdem ein frischer Prozess in der Entwicklung war.
Siebeck: Man darf gegenüber dem Röntgenverfahren die physikalischen Me-
thoden im Unterricht nicht vernachlässigen. Die obligatorische Röntgenaufnahnie ist
nicht unbedingt nötig, es genügt, wenn man die Fälle röntgenologisch untersucht, in
denen die Diagnose noch nicht geklärt ist.
Fraenkel geht auf die historische Entwicklung ein. Vor mehreren Jahrzebnten
waren die Privatheilstätten mit Schwerkranken gefüllt. Damals erscholl der Ruf nach
frühzeitigerer Diagnose. Heute ist man in den entgegengesetzten Febler gefallen;
“ die Untersuchungsmethoden sind so verfeinert, dass sie an die Grenze des über-
haupt Wahrnehmbaren herangehen; man diagnostiziert heute Tuberkulosen bei Gesunden.
Ein grosser Fortschritt ist die Einführung der obligatorischen Röntgenuntersuchung in
der Beobachtungsstatiion. Gerade dadurch, dass wahllos jeder verdächtige Fall mit
Röntgenstrahlen untersucht wurde, sind wertvollste Aufschlüsse erhalten. Besonders ist
der Ausschluss einer tuberkulösen Lungenerkrankung nur zu rechtfertigen, wenn man
sich von dem negativen Befunde der Röntgenuntersuchung überzeugt hat. Das Tuber-
kulin hat demgegenüber für die vorliegende Aufgabe so gut wie nichts geleistet,
4. Sitzungen des Hamburger Ärztlichen Vereins vom 6. XI. 1917,
20. XI. 1917 und 18. XII. 1917.
(Ref. W. Schultz- Hamburg.)
Kach bespricht einen Fall von Tuberkulose des Herzmuskels bei
einer 34jährigen Frau, die wegen Herzklopfens und -stichen aufgenommen war.
Vor vier Jahren hatte sie eine Lungen- und Rippenfellentzündung durchgemacht,
seitdem bestanden Herzbeschwerden, vor allem Anfälle von Beklemmungen. Der
klinische Befund war geringfügig: das Herz war etwas nach links verbreitert,
die Töne rein, aber leise, die Aktion beschleunigt; der Blutdruck betrug 78,60 mm Hg
nach Riva-Rocci, Wassermann war negativ. Diagnose: Myokarditis. Drei Tage
nach der Krankenhausaufnahme waren die Beschwerden geschwunden, am vierten
Tage trat der Exitus ein. Bei der Sektion stellte sich nun heraus, dass das Herz
leicht vergrössert und beide Blätter des Perikards verdickt und miteinander ver-
wachsen waren. Die Wand des rechten Vorhofs und Ventrikels war von einer
Tumormasse durchsetzt, die in Form von bis walnussgrossen Knollen in das
Lumen hervorragte. In geringer Weise war auch der linke Vorhof und Ven-
trikel ergriffen. Makroskopisch dachte man an ein Sarkom des Herzmuskels,
die mikroskopische Untersuchung ergab jedoch Tuberkalose mit Langhans-
schen Riesenzellen und Epitheloidzellen. Tuberkelbazillen und Much’sche Gra-
nula konnten nicht nachgewiesen werden. Da keine weiteren Herde bei der
Autopsie festgestellt wurden, nimmt Vortr. eine primäre Herzmuskeltuberkulose
mit sekundärer Perikarditis an.
158 Kongress- und Vereinsberichte.
In der zweiten Sitzung teilt Kafka die Krankengeschichte eines ge-
heilten Falles von Meningitis tuberculosa mit. Im Liquor wurden keine
Erreger gefunden, doch spricht das Vorhandensein eines tuberkulösen Herdes
sowie das klinische Bild für die tuberkulöse Form. Im Verlauf des Falles wurden
fünf Lumbalpunktionen vorgenommen, deren günstige Wirkung beobachtet wurde.
Vortr. empfiehlt therapeutische Lumbalpunktionen sehr.
In seinem Vortrage über „die Stellung der Radiotherapie unter
den therapeutischen Methoden“ betont Hirsch die Bedeutung der
Röntgentherapie bei der chronischen Lungentuberkulose. Sie ist genau so wichtig
wie die Tuberkulin- und Pneumothoraxbehandlung sowie jede andere Therapie
(? D. Ref.). Die Verhältnisse liegen bei der Lungentuberkulose insofern günstig,
als dieselbe Dosis, die das Granulationsgewebe hemmt, gleichzeitig das Binde-
gewebe fördert.
In der Diskussion (dritte Sitzung) dieses Vortrags teilt Wichmann
seine Erfahrungen über die Verwendung der Röntgenstrahlen in der Therapie der
Tuberkulose mit. Die Röntgenstrahlen wirken nicht auf die Tuberkelbazillen und
auf das tuberkulöse Substrat, sondern nur auf das Iymphatische Gewebe; daher
erzielt man besonders bei Lymphomen und Lupus tumidus gute Erfolge.
Auf dem Gebiet der Lungentnberkulose ist die stationäre und sich chronisch
entwickelnde Phthise Gegenstand der Röntgenbehandlung geworden, doch
hier ist der Wert der Röntgenstrahlen fraglich und nicht erwiesen, da diese
Krankheitsprozesse an sich schon zur Schrumpfung neigen.
5. Sitzungen des Hamburger Ärztlichen Vereins vom 5. und 19. II.,
und 5. III. 1918.
(Ref. W. Schultz- Hamburg.)
Querner bespricht einen Fall von generalisiertem tuberkulösem
Granulom mit einem eigenartigen seit fast zwei Jahren bestehenden Fieber-
typus. Der 33 jährige Patient war bereits 1905 und 1909 wegen tuberkulöser
Hals- bzw. Inguinaldrüsen operiert worden. Er kam 1915 ins Feld und erkrankte
im Herbst erneut an Drüsenschwellungen mit Fieber. Im November 1917 wurde
er in das Barmbecker Krankenhaus aufgenommen. Befund: generalisierte Lymph-
drüsenschwellungen, Katarrh der Hilusgegend; erhebliche Vergrösserung des Hilus
und kleinfleckige Infiltrationen beider Lungenspitzen im Röntgenbild; keine Leuko-
peuie, keine Kaohexie. Auf intensive Röntgenbestrahlung, verbunden mit Arsen-
medikation, gingen die Drüsenschwellungen zurück und fiel die Temperatur zur
Norm ab.
Plate bringt die kasuistische Mitteilung zweier Fälle von Mittelhand-
bzw. Mittelfusstuberkulose, die im hiesigen Klima mit natürlicher Sonnen-
bestrahlung behandelt und wesentlich gebessert worden sind.
Oehlecker spricht über Knochen- und Gelenktuberkulose:
In der Ätiologie der Knochen- und Gelenktuberkulose spielt der Typus
humanus die erste Rolle. Unter 34 Fällen wurden nur ein einziges Mal Rinder-
tuberkelbazillen gefunden. Bei der Halsdrüsen- und der Mesenterialdrüsentuber-
kulose der Kinder wurde ein höherer Prozentsatz mit Typus bovinus festgestellt
(4 Fälle von 14 Halsdrüsentuberkulosen). In den Fällen mit dem Typus bumanus
konnte familiäre Infektion nachgewiesen werden, während alle Patienten mit
Rindertuberkelbazillen früher reichlich ungekochte Milch erhalten hatten. Der
Infektionsweg bei der Knochentuberkulose im Kindesalter geht meistens über die
Bronchialdrüsen.
In diagnostischer Beziehung ist die v. Pirquet’sche Reaktion von
geringer Bedeutung. Brauchbarer ist die Herdreaktion neben der Stich- und All-
gemeinreaktion. Grossen Wert hat die Röntgenuntersuchung, doch gibt sie nicht
Kongress- und Vereinsberichte. 159
den Ausschlag und kann irreleiten. Das Wichtigste bleibt immer eine gute kli-
nische Beobachtung.
Bei der Behandlung der Knochen- und Gelenktuberkulose ist neben
lokalen Massnahmen vor allem auf eine kräftigende Allgemeinbehand-
lung zu achten. Die Anwendung der natürlichen Höhensonne (Bern-
hard und Rollier) ist Allgemeinbehandlung. Der Strahlenreiz trifft die ganze
Körperoberfläche und hat keine direkte lokale Wirkung. Dazu ist das Eindrin-
gungsvermögen, besonders der ultravioletten Strahlen (1 mm), zu gering. Der
Ansicht Rollier’s, dass die Hautpigmentierung von besonderer Bedeutung ist
und dass die Fälle mit guter Pigmentbildung besonders günstig verlaufen, kann
Oehlecker sich nicht anschliessen. Das Pigment soll nach Rollier die
Strahlen zu biologisch wirksamen transformieren, nach Jesionek soll es in die
Blutbahnen eindringen und den tuberkulösen Herd angreifen. Vortr. erhebt Ein-
spruch gegen eine derartige Überschätzung der Heliotherapie. Neben der Höhen-
sonne sind noch andere Faktoren des Höhenklimas an den unzweifelhaften Er-
folgen Rollier’s beteiligt. Glücklicherweise sind diese Erfolge aber nicht an
das Höhenklima gebunden, sondern werden überall da erzielt, wo die Allgemein-
behandlung auf der Höhe ist (Nordheimstiftung in Sahlenburg, Berck an der
Kanalktste).
In unserem Tieflandklima müssen wir die Sonnenbestrahlung, ver-
bunden mit der Freiluftkur, nach Möglichkeit ausnutzen. Es müssen für
diesen Zweck besondere Pavillons errichtet werden mit freien Sonnenliegeballen,
welche mit Glaswänden, die ultraviolettes Licht durchlassen, gegen Wind geschützt
sind und die bei ungünstigem Wetter leicht in künstliche Sonnenlauben umge-
wandelt werden können.
Diese Freilicht- und -luftbehandlung ist wirksam zu unterstützen mit
künstlichen Lichtquellen. Siemens’ Aureollampe mit Glasglocke und
eine noch wenig erprobte Metallfadenlampe (Sonnenbad oder Spektrosollampe
nach Christen) kommen dem Sonnenspektrum am nächsten. Das Quecksilber-
Quarzlicht verdient am wenigsten den Namen „künstliche Höhensonne“.
Neben der gründlichen Allgemeinbehandlung ist die dauernde ortho-
pädisch-chirurgische Überwachung des Leidens unentbehrlich. Absolute
Ruhigstellung und Gipsverbände sind erforderlich. Falls die Herde gut angreif-
bar sind und das Gelenk gefährden, werden sie am besten operiert. Grössere
Operationen kommen nur noch selten vor. Die Bier'sche Stauung, die immer
mit zuviel Bewegung verbunden ist, hat an Bedeutung verloren.
Die Röntgenstrahlen, die viel tiefer in den Krankheitsherd einzudringen
vermögen als die ultravioletten Strahlen, können vielleicht die Heilung unter-
stützen. Vortr. hat freilich keine Erfolge davon gesehen.
Spezifische Kuren sind ratsam, es dürfeu aber keine Herdreaktionen
eintreten. Die Ansicht von Deycke und Much, nach welcher bei den Knochen-
tuberkulosen mehr Fett- und Neutralfettantikörper vorhanden sind, kann Voıtr.
nicht bestätigen.
Der Krieg hat erst im letzten Jahre einen erkennbaren Einfluss auf dem
Gebiet der Knochen- und Gelenktuberkulose ausgeübt. Es kamen eine Reihe
schwerer Fälle, verbunden mit Lungentuberkuluse, aus dem Felde zurück. Bei
der Zivılbevölkerung traten öfter schwere Fälle, seltene Lokalisationen, Ver-
schlimmerungen und Rezidive ein. Diese Erscheinungen beweisen, allerdings auf
negativem Wege, den grossen Wert der Allgemeinbehandlung.
Diskussion:
Wichmann: Die Knochentuberkulose wird vom Typus humanus oder vom
Typus bovinus hervorgerufen je nach der Pathogenese. Die Erfolge der konservativen
Behandlung sind abhängig von der Antikörperproduktion. Das Tuberkulin schafft nur
Tuberkulinantikörper und keine Tuberkuloseantikörper. Es hat in den aller-
seltensten Fällen Einfluss auf die Heilung. Am wirksamsten erweisen: sich die Ponn-
160 Mitteilungen.
dorf’schen Impfungen, die schon vor vielen Jahren durch Münch- Frankfurt a. M.
in die Therapie eingeführt worden sind. Die Behandlung mit Partial-Antigenen nach
Deycke-Much leidet ebenfalls an dem Fehler, dass durch sie keine Tuberkulose-
antikörper entstehen, Die künstlichen Lichtquellen können niemals die natürliche
Sonne ersetzen. Die Radium- und Mesothoriumtherapie ist bei zirkumskripten Herden
mit Fisteln aussichtsvoll. Die chirurgischen Methoden sind ein sehr wesentlicher
Faktor der Bebandlung.
Römer: Die spezifische Therapie ist vor allem imstande, den Allgemeinzustand
der Kranken zu heben. Die Partigenthberapie ist allen anderen spezifischen Methoden
vorzuziehen.
Grüneberg betont den Wert der konservativen Behandlung, die durch das
Sonnenlicht wirksam unterstützt wird. Die orthopädische Behandlung kommt nur für
die Spondylitis in Betracht.
I. Mitteilungen.
Lehrgang in der Tuberkulosefürsorge in Berlin.
Die Kommission für den Ausbau des Auskunfts- und Fürsorgestellenwesens
veraustalıet vom 1. bis 29. Juni einen zweiten, diesmal vierwöchigen Lehrgang
für etwa 30—40 Teilnehmerinnen zur Ausbildung in der Tuberkulosefürsurge.
Zur Teilnahme werden zugelassen staatlich geprüfte Krankenpflegerinnen — auch
Hilfsschwestern vom Roten Kreuz — Säuglings-, Wohnungs- und Fabrikpflegerinnen,
Mitglieder der Vaterländischen Frauen -Vereine vom Roten Kreuz und andere
Damen, die ihrer Vorbildung nach zur Betätigung in der sozialen Fürsorge ge-
eignet sind. Der Unterricht findet im Gebäude der Landesversicherungsanstalt
Berlin, Am Köllnischen Park 3, statt. Für Unterkunft und Verpflegung haben
die Teilnehmerinnen selbst zu sorgen.
Anmeldungen sind bis zum 22. Mai an die Geschäftsstelle des Tuberkulose-
Zentral-Komitees, Berlin, Linkstrasse 29 zu richten. Mit der Zulassung wird von
dort der Arbeitsplan versandt werden.
Die diesjährige Ausschuss-Sitzung des Deutschen Zentral-Komitees
zur Bekämpfung der Tuberkulose findet Sonnabend, den 15. Juni um 10 Uhr
vorm., die Generalversammlung am gleichen Tage, 4 Uhr nachm., im Reichs-
tagsgebäude statt. Auf der Tagesordnung der Ausschuss-Sitzung stehen Vorträge
über chirurgische und Kehlkopftuberkulose (Ref. Bier-Berlin, Friedrich und
Hansen-kiel). In der Generalversammlung wird die Frage der Zusammenarbeit
der Tuberkulosefürsorge mit den anderen Zweigen der Lesundheitspflege (Ref.
Berger-Crefeld und Gottstein-Charlottenburg) als Hauptgegenstand behandelt
werden.
Im Anschluss an diese Sitzungen ist eine Versammlung der Heil-
stättenärzte geplant. Der Vorstand ihrer Vereinigung wird darüber noch
Näheres mitteilen.
Berichtigung.
In der Überschrift des Referates 111 Heft 3 Seite 67 d. Jahrg. muss es
heissen anstatt Kindes „Rindes*, ebenso in der ersten Zeile anstatt Kinder-
lungen „Rinderlungen‘“.
Um Einsendung von Monograp hien und Büchern an den Redakteur Dr. G.Schröder
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher: Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Hamburg.
herausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
0. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Klinik.
Redaktion:
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg.
12. Jahre.
Curt
i
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Verlag:
Kabitzsch,
Leipzig,
Dörrienstr. 16.
Ausgegeben am 30. Juni 1918.
Altstaedt 173.
Bartel, J. 162.
Cobbett, L. 182.
Codet, H. 171.
Csabay, G. 180.
Cursehmann 174.
Czerny, A. 171.
Feldt 177.
Fleury, M. 181.
Frólich 167.
Gáli, G. 172.
Gjessing, H. 175.
Goepel, R. 177.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
:Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Grau 170.
Hainiss, G. 172.
Hansen 179
v. Hayek 176.
ı Hermann 171.
iv. Hoesslin 175.
Hollös, J. 176.
Holmboe, W. 181.
Jessen, F. 177.
: Kaiser, M. 180.
Köhler, F. 183.
Kraomer, C. 171.
Kovaesics, A. 180.
| Kutschera; A. 168.
Kwasek 172.
Lenneberg, R. 167.
Levy-Lenz 170.
: v. Linden 179.
Loeper, M. 171.
| Metousek 171.
ı Müller 173, 182,
Nobeeonrt 165.
Nuttall, Th. E. 181.
Orth, J. 164.
Pekanovich, St. 131.
l.öwenstein-Brill 166.
| l’etersen, V. 176.
Peyre 165.
Piper, F. 167.
Raudnitz, R. W. 174.
: Reiche 163.
Rodenacker 174
Schlötz, C,. 164.
Schmidt, R. 174.
' sStähelin, R. 170.
Tanere 172,
Tbun 178.
| Weinberg, F. 168.
Goldschbeider 171. : Kraus 163, 171.
| Wiesenack, H. 175.
I. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. |
302. Bartel, Beitrag zur Frage nach den
Beziehungen von Körperkonstitution und Tuber-
kulose. — 303. Reiche, Hereditäre Belastung
bei Lungenschwindsucht. — 304. Kraus, Kon-
stitutionelle Schwäche des Herzens. — 305.
Scehlötz, Wachstum und Krankheit. — 3U6.
Orth, Zur Nomenklatur der Tuberkulose. —
37.Nob6scourtetPeyre, Quelques formes
eliniques de tuberculeuse observées chez les
soldats du front. — 308. Löwenstein,
Obduktionsbefunde bei tuberkulinbehandelten
Kindern. — 309. Weinberg, Lymphogranu-
loma tuberculosum. — 310. Lenneberg,
Ausfall der kutanen und intrakutanen Tuber-
kulinreaktion beim Seharlach.
b) Ätiologie und Verbreitung.
3ıl. Frölich, Tuberkulose-Infektion des
Kindesalters. — 312. Piper, Einfluss äusserer
Lebensbedingungen auf die Verbreitung der
Tuberkulose, auf Grund von Erfahrungen in
einem Sammellazarett für tuberkulöse Kriegs-
gefangene. — 313. Kutschera, Ursachen der
Verminderung der Tuberkulose-Sterblichkeit.
e) Diagnose und. Prognose.
314. Grau, Frühdiagnose der Lungen-
tuberkulose. — 315. Lenz, Exakte Diagnose
der beginnenden Lungentubeikulose. — 316.
Stähelin, Röntgenuntersuchung der Lungen-
tuberkulose. — 317. Loeper et Codet, Signe
du trapeze dans la tubereulose pleuro-pulmo-
naire. -- 318. Metousek, Diagnose der Mi-
liartuberkulose. — 319. Hermann, Beiträge
zur differentialen Verwertung der kutanen
Tuberkulinreaktion. — 320. Kraemer, Dosie-
rung diagnostischer Tuberkulineinspritzungen,
— 321. Goldscheider, Diagnose der Lungen-
tuberkulose. — Kraus, Prognosenstellung bei
der Lungentuberkulose. — Czerny, Diagnose
und Prognose der kindlichen Lungentuberku-
lose.
d) Therapie.
322. 323. Hainiss, Kwasek u. Tancré,
Partigenbebandlung der Tuberkulose nach
Deycke-Much. — 324. Géza Gáli, Prognosti-
stisches und Therapeutisches. Wert der Kutan-
impfungen mit Alttuberkulin und Partialanti-
gonen nach Deycke-Much. — 325. Altstaedt,
Behandlung von Nieren- und Peritonealtuber-
Internat. Centralbl. f. Tuberkulone-Forschung. 12. 11
162 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
kulose durch aktive Immunisierung nach
Deycke-Much. — 326. Müller, Behandlung
der Lungentuberkulose mit isolierten Partial-
antigenen und mit dem Partialantigengemisch
M.Tb.R. — 327. Curschmann, Tuberkulose-
Behandlung mit Nastin-Chinolinphosphat. —
328. Rodenacker, Beitrag zum Heilwert
des Tuberkulins.. — 329. 330. R. Schmidt,
Raudnitz, Tuberkulintherapie und Tuberku-
lindiagnostik. — 331. v. Hoesslin, Tuber-
kulin in der Praxis des Arztes. — 332. Wie-
senack, Therapeutische Versuche mit Tuber-
kulinkuren bei Psychosen, — 333. Gjessing,
Tuberkulose des Auges und die Tuberkulin-
bebandlung. — 334. v. Hayek, Erfahrungen
mit Tuberkulomuzin (Weleminsky). — 335.
Hollos, Immunkörperbehandlung der infantilen
Tuberkulose als Mittel zur Bekämpfung der
Tuberkulose. — 836. Petersen, Immunität
bei Tuberkulose. — 337. Jessen, Behandlung
der Lungenschwindsucht. — 338. Feldt. Die
spezifische Behandlung ansteckender Krank-
heiten, insbesondere der Tuberkulose. — 339.
340. Goepe i ‚ Thun, Vierjăbrige Erfahrun-
gen mit dem Friedmann’schen Tuberkulose-
mittel. — 341. 8342. Hansen, v. Linden,
Kupferbehandlung der Tuberkulose.
e) Prophylaxe.
343. Kaiser, Zur Sputumdesinfektion. —
34. Kovacsics, Tuberkulose und Wohnung.
: — 8345. Csabay, Isolierung Lungenschwind-
süchtiger in der Familie.
T) Heilstättenwesen, Fürsorxeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäurer und -Heime.
346. Fleury, Traitement économique des.
tubereuleux dans les hopitaux temporaires. —
347. Pekanovich, Spezialbeilanstalt des
ungarischen Kriegsfürsorgeamtes in Skervar.
— 348, Holmboe, Jahresbericht des Sana-
toriums Mesnalien für das Jahr 1917.
g) Allgemeines.
349. Nuttall, The fature of the anti-
tuberculosis campaign. — 350. Cobbett,
Tuberculosis and the war: Prevention is better
than cure.
II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
6. Müller, Die Grundgesetze der Partial-
reaktivität beim tuberkulösen Menschen. —
7. F. Köhler, „Ergebnisse der Tuberkulose-
forschung“, Heft 7, 1917.
III. Kongress- und Vereinsberichte.
6. Stzungen des Hamburger Ärztlichen Vereins vom 2. IV. und 30. IV. 1918.
IV. Mitteilung.
I. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
302. J. Bartel, Ein Beitrag zur Frage nach den Beziehungen
von Körperkonstitution und Tuberkulose. Tuberculosis 1917
H. 4.
B., der die Bedeutung der Konstitution bei der Entstehung der Tu-
berkulose, namentlich den Lymphatismus und überhaupt die Rolle der
Drüsen mehrfach in wertvollen Arbeiten betont, auch auf das Gesetz von
Kombination und Ausschliessung der verschiedenen Erkrankungen im
Sinne der Lelire Rokitansky’s hingewiesen hat, bringt in der vor-
liegenden Arbeit eine Statistik von Fällen mit offenem Foramen ovale,
die zu erweisen scheint, dass bei ihnen das Bild der Tuberkulose gewisse
nicht zu verkennende Züge aufweist, die vom allgemeinen Verhalten der
Tuberkulose deutlich verschieden sind. Namentlich tritt bei der chroni-
schen Lungentuberkulose eine ausgesprochene Neigung zur schwieligen
Abheilung hervor, ferner überhaupt besondere Form und besonderer Sitz
sonstiger Tuberkulose. Es ist erfreulich, dass ein Gebiet wieder mehr
anerkannt und bearbeitet wird, das infolge eines übertriebenen, oberfläch-
lichen Infektionismus lange ganz vernachlässigt war, obwohl seine Be-
deutung wahrscheinlich weit grösser und wichtiger ist als die Infektion,
edenfalls aber für die wissenschaftliche Erkenntnis unentbehrlich.
Meissen, Essen.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 163
303. Reiche, Zum Kapitel der hereditären Belastung bei Lungen-
schwindsucht. Med. Klin. 1918 Nr. 1.
Verf. vertritt im Gegensatz zu Weinberg und Thiele die Ansicht,
dass bei sicherer Lungenschwindsucht der Eltern eine konstitutionelle
Unterwertigkeit gegenüber der Tuberkulose, eine mangelnde Resistenz gegen
ihr Vorschreiten unter den Nachkommen nicht häufiger angetroffen wird :
als unter den Kindern gesunder Eltern. Die fraglos viel zahlreicheren
Erkrankungen der elterlich Belasteten sind durch die erhöhte Ansteckungs-
möglichkeit in der Familie bedingt. Die allgemein disponierenden, die
individuelle Anlage zur Tuberkulose schaffenden Bedingungen, als welche
anatomische, physiologische, histologische, hämatologische und serologische
Besonderheiten anzusprechen sind, sind unbeeinflusst und unbegünstigt
von der Tatsache, dass eine Tuberkulose bei den Eltern zum manifesten
Ausbruche gekommen war. Rehs, Davos.
304. F. Kraus, Über konstitutionelle Schwäche des Herzens.
D. m. W. 1917 Nr. 37.
Bei der Bedeutung, die konstitutionelle Minderwertigkeiten für die
Entstehung und den Verlauf tuberkulöser Leiden haben, wollen wir etwas
näher auf die lehrreiche Arbeit von Kraus eingehen. Bei ihrem Durch-
lesen werden wir ja eofort an die Lehre Brehmer’s von der Bedeutung
des kleinen Herzens und der Hypoplasie der Gefässe für die Entstehung
und den Verlauf der Lungentuberkulose erinnert. Eigenartigerweise er-
wähnt der Verf. in seiner historischen Einleitung Brehmer überhaupt
nicht, obwohl dessen ganze Lebensarbeit sich auf der Lehre von ‘der
konstitutionellen Schwäche des Herzens aufbaut. Nach eingehenden ana-
tomischen und diagnostischen Betrachtungen zu der vorliegenden Frage
unter besonderer Würdigung der Bedeutung des Röntgenverfahrens für
die Erkennung der Herzgrösse bekennt sich der Verf. zu der Ansicht,
dass es hauptsächlich „kümmernde“ Hochwüchsige sind, bei denen kon-
stitutionelle Herzschwäche angetroflen wird. Es finden sich bei ihnen
anormale Verhältnisse in der Entwicklung des knöchernen Thorax (der
Thoraxform\ im Verhältnis zur Ausbildung «des übrigen Organismus. Es
tritt eine Verkürzung des sekundären Thorax mit allen ihren Folgen für
die in ihm liegenden Eingeweide ein. Es ist nun "nicht gesagt, dass
Hochwüchsige immer eine konstitutionelle Herzschwäche, bedingt durch
Hypoplasie des Herzens und der grossen Gefässe, zu haben brauchen.
Sie können auch normale Verhältnisse dieser Organe zeigen, wie sie aller-
dings viel häufiger die gedrungene Wuchsform aufweist. Wohl aber findet
sich unı so leichter ein Tropfenherz, je mehr der Hochwüchsige kümmert.
Diese Merkmale des „Kümmerns“ sind nach Kraus in erster Linie
folgende: „Stärkere kyphotische Krümmung der Wirbelsäule im Dorsal-
abschnitt mit oder ohne Lendenlordose, starke Rippenneigung nach vorn,
starke Einschnürung des knöchernen Thorax in der Mitte, besondere Enge
der Rippeninterstitien in dieser Gegend, inspiratorisches Breiterwerden der
Interstitien ober- und unterhalb dieser Thoraxpartie, besonders manifest
bei schräger und-Frontaldurchleuchtung, abnormes Nahestehen von Rippen-
bogen und Crista ilei, starkes Vorspringen der Rippenwirbel nach hinten,
Hervortreten der Skapula, Verengerung der oberen Thoraxapertur, Aus-
bleiben der zweiten Hueter’schen Thoraxwachstumsperiode, persistierendes
11*
164 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Tropfenherz, Kleinheit des oberen Bauchhöhlenraumes, allgemeine Muskel-
schwäche, gewisse vegetativ-nervöse und psychische Stigmata“. Es be-
stehen Beziehungen zwischen extremem Hochwuchs und der Funktion der
endokrinen Drüsen, welche eingehender zu erforschen lohnende Aufgaben
der Zukunft sind. Schröder, Schömberg.
305. Carl Schlötz, Wachstum und Krankheit. Schulhygienische
Studien. Zschr. f. Kinderhlk. 13. 19/6 H. 6.
Verf. hat an einer grösseren Anzahl von Schulkindern Körpermessungen
vorgenommen und weist nach, dass das Wachstum krankheitsdisponierend
wirkt. Er legt seinen Betrachtungen das Verhältnis zwischen dem Wachs-
tum einerseits und dem endemischen Kropf, der Tuberkulose, der
orthotischen Albuminurie, der Schulanämie, den Herzanomalien und or-
ganischen Herzkrankheiten, dem Veitstanz, dem Kopfschmerz und der
„generellen Kränklichkeit“ der Schuljahre andererseits zugrunde. Die
krankheitsdisponierende Wirkung des Wachstums wird am besten durch
eine gute Hygiene bekämpft. Die ausführliche Arbeit ist im Original
nachzulesen. | W. Schultz, Hamburg.
306. J. Orth, Zur Nomenklatur der Tuberkulose. Silzungsber.
d. Kgl. Preuss. Akad. d. Wissensch. v. 8. XI. 1917.
Gegen den Namen Lungentuberkulose wurden von jeher gewichtige
Einwände erhoben. Das Wort hat ursprünglich einen morphologischen
Sinn, streng genommen dürfte man damit nur die Formen der Lungen-
schwindsucht bezeichnen, die mit Knötchenbildung einhergehen. Laënnec
glaubte auch in der Tat, dass das verkäste tuberkulöse Gewebe stets aus
tuberkulösen Wucherungen entstände. Wie zuerst Virchow und dann
besonders Orth zeigte, ist diese Annahme nicht richtig; exsudative Pro-
zesse, bei denen knötchenförmige tuberkulöse Wucherungen niemals auf-
treten, spielen bei der Lungenphthise vielmehr eine grosse Rolle. Anderer-
seits kommt Knötchenbildung auch bei anderen Krankheiten vor, z. B. bei
der Syphilis, der Lepra.
Orth hat deshalb 1881 vorgeschlagen, die Bezeichnung Tuberkulose
überhaupt fallen zu lassen. Da man damals enge Beziehungen zwischen
Tuberkulose und Skrofulose annahm, schlug er die Namen Skrofulose
für die Krankheit und Skrophulom für ibr Produkt vor. Besser wäre
vielleicht skrophulöses Granulom.
Kurze Zeit später fand R. Koch den Erreger der Krankheit, und
nannte ihn, dem üblichen Gebrauch folgend, Tuberkelbazillus. Dieser
Name ist, wie Virchow mit Recht hervorhob, kein botanischer, sondern
ein nosologischer.
Beide Bezeichnungen, sowohl die der Krankheit als auch die des
Erregers haben sich inzwischen derart eingebürgert, dass es vergeblich
sein wird, gegen sie vorzugehen. Zudem sind die Namen für viele andere
Erkrankungen und deren Erreger in gleichem Masse angreifbar. Man
spricht von Diphtherie bei Affektionen, die mit einer „Hautbildung“ nichts
zu tAn haben, man bezeichnet mit dem Wort Zirrhose, das ursprünglich
mit Gelbfärbung einhergehende Leberveränderungen bedeutet, Schrumpfung
mit Bindegewebswucherung, in den verschiedensten Organen, man kennt
Scharlach „ohne Exanthem“.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 165
Auch der Vorschlag Aschoff£’s, das Wort Tuberkulose durch Phthise
zu ersetzen und den Erreger als Bacillus phthisicus zu bezeichnen, ist
abzulehnen. Auch mit dem Worte Schwindsucht kann man sinngemäss
nur gewisse Formen der Krankheit bezeichnen, es passt weder für die
Miliartuberkulose, noch für hyperplastische Drüsenerkrankungen. Die
ulzeröse Phthise kommt zudem nicht lediglich durch den Tuberkelbazillus
zustande, sondern unter Mitwirkung anderer Bakterien. Die Bezeichnung
dieser Formen als Tuberkulose lässt sich rechtfertigen, nicht aber umge- `
kehrt die Benennung rein tuberkulöser Veränderungen als phthisisch.
Man hat bei der Tuberkulose streng zu trennen zwischen den exsu-
dativ entzündlichen Veränderungen und den produktiven Granulations-
wucherungen. Nur die ersteren sind als Entzündungen zu bezeichnen.
Für Prozesse der zweiten Form sind Namen wie Lymphadenitis, Bron-
chitis, Peribronchitis zu verwerfen, sie sind als Bronchial-Peribronchial-
Gefässgranulome oder als bronchiale, peribronchiale, interstitielle Tuberku-
lose zu bezeichnen.
Orth unterscheidet also die Bronchitis caseosa von der bronchialen
Tuberkulose, die käsige Pneumonie von der parenchymatösen Tuberkulose
oder der parenchymatösen tuberkulösen Granulombildung.
Immer wird bei Erörterung der Nomenklatur auf die anatomische
Natur und Genese der Prozesse zurückgegriffen. Die Arbeit gibt daher
wesentlich mehr, als ihr Titel besagt, sie gibt einen kurzen Überblick
über die heutige Auffassung der tuberkulösen Veränderungen.
Hermann Tachau, Heidelberg.
307”. Nobécourt et Peyre, Sur quelques formes cliniques de
tuberculeuse observées chez les soldats du front. La Presse
médicale 1917 Nr. 25.
Unter einer grösseren Zahl innerhalb eines Zeitraumes von 16 Mo-
naten unter verschiedenen Diagnosen eingelieferter Soldaten mit akuten
Erkrankungen beobachteten Verff. 2,5°/o tuberkulöse Manifestationen. Die
Fälle verteilten sich ungleichmässig auf die verschiedenen Jahreszeiten
und betrafen zum grössten Teil das 20.—30. Lebensjahr. In einem
Viertel der Fälle liess die Anamnese eine mehr oder weniger weit zurück-
liegende Infektion annehmen. Zu 55°/o waren die Lungen ergriften, zu
25°/o die Pleuren, zu 10°/o das Peritoneum; sehr selten betraf die Er-
krankung die Meningen, den Larynx, die Drüsen und Knochen. Multiple
Prozesse bestanden in einem Drittel der Fälle. Als prädominierendes
Symptom fand sich Fieber, das oft in seinem Verlauf und Dauer an
Typhus oder Paratyphus erinnerte. Mitunter bestanden letztere gleich-
zeitig und wurden durch Blutkulturen entweder bestätigt oder ausge-
schlossen. Selten nur war das Sputum bazillenhaltig, woraus sich nach
den Verff. das häufige Verkennen: der Tuberkulose erklären dürfte. Das
Pleuraexsudat war bis auf einen Fall, in dem es hämorrhagisch war,
serofibrinös und Iymphozytenreich. Peritonitis ging stets mit Pleuritis
einher. Von allen Fällen starben 3,6°/o an tuberkulöser Meningitis oder
Miliartuberkulose; 59°;/o wurden wegen fortschreitender Tuberkulose in
die Heimat verbracht; 34°/o konnten klinisch als geheilt betrachtet werden,
und wurden mit einem Erholungsurlaub entlassen.
Kautz, Hamburg.
166 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
308. Wilhelmine Löwenstein-Brill, Obduktionsbefunde bei
tuberkulinbehandelten Kindern. Zschr. f. Kinderhlk. 16. 1917
H. 3/4.
Kasuistische Wiedergabe der Krankengeschichten und Sektionsproto-
kolle von drei tuberkulinbehandelten Kindern. In zwei Fällen war tuber-
kulöse Meningitis, im dritten Falle akute eitrige Peritonitis die Todesur-
sache. Es gelingt also nicht, mit Tuberkulin eine Immunität gegen miliare
Aussaat von Tuberkelbazilien zu erzielen und das Entstehen von Tuberkel-
knötchen zu verhindern, auch wenn das Tuberkulin in sehr grossen Dosen
reaktionslos vertragen wird. Als Ergebnis der Tuberkulintherapie wurden
aber intensive Heilungsvorgänge bezw. völlige Heilung an
tuberkulösen Herden der verschiedensten Art und Lokalisation festgestellt,
wie sie in so hohem Masse bei nicht spezifisch behandelten Fällen kaum
vorkommen. Auch in Organen, die nicht zu bindegewebiger Proliferation
neigen, waren narbige Veränderungen der Herde und deutliche
Bindegewebsbildung in deren Umgebung nachzuweisen.
W. Schultz, Hamburg.
309. F. Weinberg, Lymphogranuloma tuberculosum. Habili-
tationsschrift. Rostock 1917.
Die Arbeit umfasst 12 Fälle, voop denen 10 in der Rostocker Medi-
zinischen Klinik beobachtet sind. Es wird Wert auf genaue klinische
Darstellung gelegt, und auf Grund derselben versucht, aus der Sympto-
‚matologie die Diagnose der Lymphogranulomatosis aufzubauen. — Das
erste Symptom, das uns den Gedanken an eine Pseudolenkämie nahelegt,
sind die Drüsenschwellungen, die beim Lymphogranulom besonders im
hinteren Halsdreieck auftreten, aber auch alle anderen Gegenden befallen
können. Probeexzision und mikroskopische Untersuchung einer Drüse
sichert die Diagnose — Die Milz ist auch klinisch meist vergrössert,
wenngleich sie nur selten in den Vordergrund tritt, meist besteht auch
eine Vergrösserung der Leber. — In 7 Fällen fand sich starker Pruritus;
charakteristisch ist die von braun ins olive spielende Verfärbung der
Haut. — Ein wichtiges Symptom ist das Fieber, das den Eindruck einer
Infektionskrankheit, eines Rückfallfiebers aufkommen liess; kontinuierliches,
remittierendes und intermittierendes Fieber kommt vor. — Wiederholt war
die Diazoreaktion positiv, in einem Falle fand sich eine Urobilinreaktion,
in einem Falle Eiweiss. — Aus dem Blutbefunde allein kann eine sichere
Diagnose nicht gestellt werden. Das volle Blutbild zeigt nur geringgradige
Änderungen. Oft besteht Leukozytose, meist mit Vermehrung der poly-
morphkernigen. — Auffallend sind häufige profuse Schweissausbrüche. —
Das Alter der Patienten schwankte zwischen 61/2 und 76 Jahren, sieben
Patienten waren zwischen 23 und 37 Jahre alt. — Ein Fall dauerte 5 !/a
Jahre, sonst war der Verlauf meist ein rascher, oft rapider.
Der pathologisch-anatomische Befund ist sehr charakteristisch. Be-
sonders typisch ist die Milz durch ihre grauweissen Einsprenkelungen.
Daneben sind meist die Leber, Lunge, Knochenmark, gelegentlich jede
Organ befallen. Mikroskopisch findet man in diesen Herden polymorphes
Granulationsgewebe, grosse Zellen mit eigenartigem Kern, daneben Riesen-
zellen, die manchmal Langhans’schen Typus zeigen.
Seit Sternberg steht die Frage der tuberkulösen Ätiologie der
Lymphogpanulomatose zur Diskussion. Weinberg hat zur Klärung der-
Ätiologie und Verbreitung. 167
selben Drüsengewebe an Tiere verimpft und hat den Nachweis von
Much’schen Granula und von Tuberkelbazillen im Schnitt und Anti-
forminpräparat versucht. Von 7 untersuchten Fällen war die Tierimpfung
in 6 Fällen positiv. Die entstandenen Veränderungen entsprachen zum
Teil der Lymphogranulomatose, zum Teil waren sie echt tuberkulöser
Natur. Oft gelang der Nachweis Much’scher Granula, in anderen Fällen
auch der echter Tuberkelbazillen, Typus humanus, in den Organverände-
rungen der geimpften Tiere. Wurde Material, in dem nur der Nachweis
von Granulis gelungen war, weiter verimpft, so entstanden echte tuberku-
löse Veränderungen.
Weinberg fasst das Lymphogranulom auf Grund seiner Tierver-
suche als eine besondere Form der Tuberkulose auf, hervorgerufen durch
den Tuberkelbazillus, der aber auf bestimmte Art verändert, nämlich ab-
gesehwächt sein muss. Herm. Tachau, Heidelberg.
310. Robert Lenneberg, Über den Ausfall der kutanen und
intrakutanen Tuberkulinreaktion beim Scharlach. Arch. f.
Kinderhlk. 65. 1916 H. 5/6.
Während der ersten Krankheitstage findet beim Scharlach eine Herab-
setzung der Reaktionsfähigkeit der .Haut gegen Tuberkulin statt. Die
Reaktionsfähigkeit ist nur herabgesetzt und nicht etwa ganz aufgehoben,
denn bei Impfungen mit stärkeren Dosen erreicht man in einer grossen
Zahl von Fällen auch während der ersten Tage bereits eine Reaktion.
Die Reaktion kehrt wieder zwischen dem 5.—10. Krankheitstage.
W. Schultz, Hamburg.
b) Ätiologie und Verbreitung.
311. Theodor Froölich, Die Tuberkulose-Infektion des Kindes-
alters. Norsk Magazin for Legevidenskaben 1918 Nr. 3.
Am 5. Mai 1916 kommt ein Kindermädchen in eine Familie. Seit
20. Mai teilt sie ein Zimmer mit einer 3!/a Jahre alten Tochter der
Familie. 19. Juli wird Tbc. pulm. bei dem Kindermädchen konstatiert.
7. Juli — 9 Wochen nach dem Kommen des Mädchens — fing das Kind
zu kränkeln an. Die Kutanreaktion war positiv. Subfebrilia ohne patho-
logische Physikalia. Seit 30. Juli gesund. Eine 1!/sjährige Schwester
der Patientin wurde von demselben Kindermädchen gewartet, ohne das
Zimmer mit ihm zu teilen. 30. Juli — 12 Wochen nach dem Kommen
des Mädchens — erkrankte auch dieses Kind mit Subfebrilia. Appetit-
mangel etc. 8. August war die Kutanreaktion, die früher negativ war,
positiv geworden. Auch dieses Kind erholte sich nach einigen Wochen.
Diese 2 Fälle sprechen dafür, dass wir unsere Kinder gegen tuber-
kulöse Infektion gut schützen müssen. Birger-Overland.
312. F. Piper, Über den Einfluss äusserer Lebensbedingungen
auf die Verbreitung der Tuberkulose, auf Grund von Ere
fahrungen in einem Sammellazarett für tuberkulöse Kriegs-
gefangene. Diss. Breslau 1918.
Statistische Erhebungen über die Verbreitung der Tuberkulose in
Russland an 4678 lungenkranken russischen Gefangenen führten zu
folgendem Ergebnis: |
168 Ätiologie und Verbreitung.
1. Das Lebensalter zwischen 20 und 30 Jahren stellt den grössten
Anteil der Erkrankungsziffer.
2. Die ländliche Bevölkerung wird in Russland stärker von der
Tuberkulose heimgesucht als die städtische, was seine Erklärung einmal
in dem Überwiegen des Landes gegenüber den Städten hat und zweitens
durch die traurigen hygienischen Verhältnisse auf dem Lande in Russland
begründet ist.
3. Die Bewohner der nördlichen Gebiete Russlands, besonders aber
die des asiatischen Russlands, zeigen eine geringe Disposition für die Er-
krankung an Tuberkulose. Dagegen sind die Bewohner Süd-Russlands
bedeutend empfänglicher.
4. Über ein Viertel der an Tuberkulose Erkrankten hatte vorher,
meist kurz vor dem Kriege oder während desselben, schwere, schwächende
Krankheiten durchgemacht, so dass sie besonders für die Tuberkulose
disponiert waren. Klare, Scheidegg.
313. Ad. Kutschera, Ursachen der Verminderung der Tuberku-
lose-Sterblichkeit. Tuberculosis 1917 H. 1—3.
Ein wertvoller Beitrag zur Beurteilung der Ursachen der Verminde-
rung der Tuberkulose-Sterblichkeit, erläutert durch lehrreiche statistische
Kurven über die Verhältnisse besonders in den verschiedenen Gebieten
Deutschlands und Österreichs. Die Arbeit hat den Vorzug, dass sie
nüchtern und ohne einseitige- Voreingenommenheit die gesamten Bedin-
gungen erwägt, die auf die Tuberkulose-Sterblichkeit Einfluss haben
können. Kutschera fasst seine Ergebnisse in den folgenden Leitsätzen
zusammen:
1. Die Tuberkulose wird einerseits durch Verbesserung der Konsti-
tution und Vermehrung der Widerstandsfähigkeit, andererseits durch Ver-
minderung der Iufektionsgelegenheiten wirksam beschränkt.
2. Die Konstitution wird durch Hebung des Volkswohlstandes und
Kräftigung des Einzelindividuums verbessert.
3. Die Industrialisierung kann unter Umständen zur Verminderung
der Tuberkulose beitragen, und hat in England sowie in Preussen, in
geringerem Grade auch in den österreichischen Grossstädten eine wichtige
Ursache der Abnahme der Tuberkulose gebildet. Die Industrialisierung
hat durch stärkere Zuwanderung in die Grossstädte eine Änderung in
der Zusammensetzung der Bevölkerung zur Folge, und bewirkt anfangs
durch starke Auslese eine Steigerung der Tuberkulose-Sterblichkeit unter
den Leuten, die sich der Industrie zuwenden. Durch Verbesserung der
Konstitution des Nachwuchses und Vermehrung der gesunden und wider-
standsfähigen Leute wird später eine Abnahme der Tuberkulose verursacht,
die aber nur unter der Voraussetzung von Dauer ist, dass die Tuberku-
lose auch unter der Landbevölkerung vermindert wird, aus der der weitere
Zuzug zu den Grossstädten stattfindet.
4. Die Tuberkulose-Sterblichkeit steht in Österreich und in Preussen
in einer Beziehung zur Geburtenziffer, und zwar steigt und fällt sie in
der Regel mit dieser Ziffer. Eine geringere Geburtenzahl hat eine Ver-
minderung der Kindersterblichkeit an Tuberkulose zur Folge, was die
Tuberkuloseziffer beeinflussen kann, weil die Tuberkulose-Sterblichkeit im
1. Lebensjahr verhältnismässig am höchsten ist. Ferner kann angenom-
men werden, dass der zunehmende Wohlstand und die bessere Ernährungs-
Ätiologie und Verbreitung. 169
möglichkeit, die mit einer geringen Kinderzahl verbunden sind, zu einer
Besserung der Konstitution führen, während rasch aufeinander folgende
Kinder häufig eine geringe Widerstandsfähigkeit gegen Tuberkulose be-
sitzen.
5. Die Infektionsgelegenheiten erscheinen bisher durch Vorkehrungen
wenig beeinflusst, Dagegen hatte die Influenza in 1890 in ginigen öster-
reichischen Grossstädten und Ländern eine Verminderung der Tuberku-
lose zur Folge; sie hat durch Vernichtung einer grossen Zahl von Tuber-
kulösen zur Verminderung der Infektionsgelegenheiten beigetragen.
6. Die Vermehrung der Infektionsgelegenheiten hat eine Vermehrung
der Tuberkulose zur Folge. In einigen Gegenden Tirols ist die stark
gesteigerte Tuberkulose-Sterblichkeit wahrscheinlich mit dem Zuzug Tuber-
kulöser zu Kurorten in Zusammenhang zu bringen. Die Verseuchung der
Bevölkerung wird dadurch begünstigt, dass die Kranken in den Kurorten
und Sommerfrischen nicht in geschlossenen Anstalten, sondern in Gast-
häusern und Fremdenheimen untergebracht sind, und dass sich Kranke
in der irrigen Meinung, dass das Klima allein die Heilung der Tuberku-
lose bewirke, zu Erwerbszwecken in solchen Gegenden niederlassen. In
Orten, wo die Kranken in geschlossenen Anstalten untergebracht werden,
ist eine Vermehrung der Tuberkulose unbekannt.
7. Einen deutlich erkennbaren Einfluss auf die Verminderung der
Tuberkulose haben nur Ursachen gehabt, an die man wenig oder gar
nicht gedacht hat. Bei unseren Vorkehrungen gegen die Tuberkulose ist
bisher ein solcher Einfluss auch in Preussen nicht mit Bestimmtheit zu
erkennen gewesen: Versicherungsgesetze, Heilstätten u. dgl. Wir dürfen
deshalb die Hände nicht in den Schoss legen, sondern müssen im Gegen- -
teil unsere Anstrengungen zur Verminderung der Tuberkulose verviel-
fältigen und den epidemiologischen Erfahrungen anpassen. Vor allem
müssen wir trachten, die Infektionsgelegenheiten zu vermindern, und jeder
Vermehrung der Infektionsgelegenheiten mit den schärfsten Mitteln be-
gegnen. Alle Orte, wo eine solche Vermehrung stattfindet, bedürfen unserer
besonderen Sorgfalt.
Einer der grössten Fehler wäre es, die Tuberkulose durch Vermin-
derung der Geburten bekämpfen zu wollen. Das Bewusstsein, dass kinder-
reiche Familien häufig von der Tuberkulose stärker bedroht sind, muss
dahin führen, dass wir solche Hausbaltungen bei der Bekämpfung der
Erkrankung besonders nachhaltig unterstützen, indem wir die Konstitution
der gefährdeten Kinder verbessern helfen.
Man wird den Ausführungen Kutschera’s gern folgen und bei-
pflichten. Dem Ref. will es scheinen, als ob der konstitutionelle Faktor,
d. h. die organische Widerstandsfähigkeit gegen die Wirkungen der tuber-
kulösen Infektion wichtiger ist als die Infektion selbst. Was zu tun ist,
bleibt im grossen und ganzen immer die Gestaltung des Volkswohlstandes
und damit der Volkswohlfahrt und der Volksgesundheit sowie verständige
Unterweisung der Allgemeinheit. Auf dieser Steigerung der Volkswohl-
fahrt durch bessere Ernährungs- und Wohnungsverhältnisse, durch soziale
Gesetzgebung, Säuglingspflege, Schulaufsicht usw. beruht ganz sicher in
allererster Reihe die Möglichkeit und die Tatsache der Abnahme der
Tuberkulose. Die Verminderung wenigstens der schweren Infektionege-
legenheiten kommt damit fast von selbst. Alle und jede Infektion zu
170 | Diagnose und Prognose.
verhindern, ist offenbar unmöglich, und ist nach dem heutigen Stande
unseres Wissens wahrscheinlich nicht einmal wünschenswert: Nur im
Kampf mit der Tuberkulose wird die richtige Widerstandsfähigkeit gegen
die Infektion errungen. Meissen, "Essen.
c) Diagnose und Prognose.
314. Grau, Zur Frühdiagnose der Lungentuberkulose. : Med. Klin.
1917 Nr. 42.
Um die Heilstätten vor Nichttuberkulösen’ zu bewahren, ist die Ein-
richtung grösserer Vorabteilungen unter Leitung eines Gutachters das
beste Mittel. Die leichtesten Fälle sollen Erholungsheimen zugewiesen
werden, die aktiven Erkrankungen den Heilstätten. Neben den Aus-
sonderungsbestrebungen bleibt die Aufgabe bestehen, die Frühdiagnose
der Lungentuberkulose zu erweitern und zu verfeinern. Besonders bei
Heranwachsenden ist auf die Neigung zu Bronchitiden zu achten, ferner
auf lebhafte Wangenröte, auf die durch Bronchialdrüsen bedingten Ver-
änderuugen. Von wesentlicher Bedeutung sind leichte Temperaturerhöhungen
und eine versteckte Labilität der Körperwärme. Die häufigste Tuberkulose-
gifterscheinung ist die Müdigkeit, daneben Stimmschwäche mit Internus-
parese und Augenentzündungen. Die ersten feinen Rasselgeräusche finden
sich meist hinten neben und unter der Schultergräte und vorn in der
Kohlenheim’schen Grube, in zweifelhaften Fällen kann man sie durch
Jod hervorrufen oder deutlich machen. Die Joddosis darf nicht zu hoch
genommen werden, es genügt morgens bis zu 1 g zu geben. Zur Be-
stimmung der Temperatur ist in vielen Fällen die Mundmessung der
Darmmessung vorzuziehen, die Feststellung der Bewegungstemperatur hat
diagnostisch keinen Zweck. Man lege Wert auf sorgfältigste Feststellung
der Vorgeschichte und betrachte den Befund, den man durch wiederholte
Untersuchung gesichert hat, ohne allzu ängstliche Beachtung örtlicher
Einzelergebnisse im Rabmen des klinischen Gesamtbildes.
Rehs, Davos.
315. Levy-Lenz, Die exakte Diagnose der beginnenden Lungen-
tuberkulose. Med. Klin. 1917 Nr. 34.
Verf. stellt für die exakte Diagnose der beginnenden Lungentuberku-
lose folgende Untersuchungsarten als obligatorisch auf: 1. Mindestens
dreimalige Auskultation und Perkussion. 2. Mindestens dreimalige Sputum-
untersuchung mittelst Anreicherungsverfahren. 3. Messung der Temperatur
zwei Tage lang bei Bettruhe und zwei Tage lang bei normaler Tätigkeit.
4. Röntgenuntersuchung, und zwar Durchleuchtung und bei negativem
Ausfall beiderseitige Spitzenaufnahme (Hilusschatten!), 5. Graduell ab-
stufende Tuberkulinprobe und Kontrolle auf Stich-, Allgemein-, Fieber-
und Herdreaktion. Rehs, Davos.
316. R. Stähelin, Die Röntgenuntersuchung der ILungentuber-
kulose. Jahreskurse f. ärztl. Fortbild. 1918 H. 2.
Ausgezeichnete Darstellung der Bedeutung des Röntgenbildes für die
Differentialdiagnose und die beginnende Lungentuberkulose. Für die
letztere warnt er, dem Röntgenbefund eine zu grosse Wichtigkeit bei-
zumessen, weil ja ganz frische Prozesse bekanntlich keine Schatten geben.
Diagnose und Prognose. 171
Auch für die Diagnose der Bronchialdrüsentuberkulose darf das Röntgen-
bild nur mit grosser Vorsicht verwendet werden. P. Weill, Beelitz.
317. M. Loeper et H. Codet, Le signe du trapèze dans la tuber-
culose pleuro-pulmonaire. La Presse médicale 1917 Nr. 45.
Während die Steigerung der myotonischen Kontraktion der beiden
Mm. trapezii auf einen akuten und noch in der Entwicklung befindlichen
Prozess hindeutet, spricht die Herabsetzung derselben für einen mehr
torpiden, oft fibrösen und pleuraleu Prozess. Bei einiger Ausbildung in der
Erkenntnis der myotonischen Reaktion vermag dieselbe dem Diagnostiker
gleichzeitig über Lokalisation, Tiefe, Natur und auch Form einer bestehen-
den Lungentuberkulose Aufschluss zu geben. Kautz, Hamburg.
318. Metousek, Diagnose der Miliartuberkulose. Fortschr. a. d.
Geb. d. Röntgenstr. 25: 1917 H. 3.
An Hand von 2 Fällen bespricht Verf. die bis jetzt veröffentlichte
Literatur über Miliartuberkulogsee Auch in seinen Fällen war es mög-
licb, durch das Röntgenbild den Verdacht auf miliare Eruption zu be-
gründen. Bei einer Exposition von 0,6—0,7 Sekunden gelang es, ein
typisches Bild mit diffuser Verschleierung der I,ungenzeichnung und
distinkten, mehr oder weniger intensiven, grobkörnigen Punkten herzu-
stellen. | M. Türk, Frankfurt a. M.
319. Hermaun, Beiträge zur differentialen Verwertung der
kutanen Tuberkulinreaktion. Jb. f. Kinderhlk. 86. 3. F. 36. Bd.
H. 5 u. 6.
Bei Anwendung von Alt- und Perlsuchttuberkulin zur Kutanreaktion
fand Verf. eine kleine Anzahl von Fällen, die auch bei mehrmaliger
Wiederholung nur auf eines der beiden Tuberkuline reagierte; aber auch
diese reagierten schliesslich noch positiv für beide Reaktionen, wenn man
genügend oft beide Reaktionen anstellte. Die überwiegende Kutanreaktion
kann als Hinweis auf den Typus des Erregers angesehen werden.
M. Türk, Frankfurt a. M.
320. C. Kraemer, Über.die Dosierung diagnostischer Tuberkulin-
einspritzungen. Zschr. f. ärztl. Fortbild. 14. Jg. 1917 Nr. 23.
Autor wendet sich gegen die an manchen Stellen übliche Praxis
der subkutanen Tuberkulindiagnostik, wobei mit einer Injektion von 1 mg
begonnen wird, „einmal weil so über das Wichtigste, die äusserst ver-
schiedene Reaktionsfähigkeit auf kleinste, mittlere oder erst höhere Dosen
nichts zu erfabren ist“ — es können sogar infolge der zu starken Dosen
durch anaphylaktische Momente normale Temperaturen vorgetäuscht
werden — „und dann wegen der dadurch bedingten Gefahr für die
Kranken“. Querner.
321. koldscheider, Diagnose der Lungentuberkulose.
Kraus, Die Prognosenstellung bei der Lungentuberkulose.
A. Czerny, Zur Diagnose und Prognose der kindlichen
Lungentuberkulose. D. m. W. 1918 Nr. 4.
Die Ausführungen sind bereits in Nr. 1, 1918, von Leschke im
Bericht über den „Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu
Berlin, Sitzung vom 10. Dez. 1917“ referiert. C. Kraemer II.
172 Therapie.
d) Therapie.
322. Geza Hainiss, Zur Partigenbehandlung der Tuberkulose
nach Deycke-Much. Gyögyaszat 1917 Nr. 33.
Vorläufige Mitteilung, welche sich auf die Bekanntmachung der
Deycke-Much’schen Prinzipien erstreckt und sich bezüglich der Nutz-
barmachung des Verfahrens sehr hoffnungsvoll ausspricht.
D. O. Kuthy, Budapest.
323. Kwasek und Tanere, Zur Tuberkulosebehandlung mit
Partialantigenen nach Deyceke-Much. D. m. W. 1918 Nr. 7.
Es wurden insgesamt 52 Patienten behandelt. Davon hatten 47
Lungentuberkulose, 4 Urogenitaltuberkulose und 1 eine Drüsentuberkulose.
Alle Lungentuberkulosen hatten, mit 3 Ausnahmen, Bazillen im Auswurf.
Die Behandlungsdauer betrug im Durchschnitt 6 Monate. Die Erfolge
waren: 4 Heilungen (worunter die Verff. das Verschwinden aller objektiv
nachweisbaren Krankheitssymptome verstehen), davon 2 mit bis jetzt
dauerndem Verschwinden des vorher positiven Tuberkelbazillenbefundes. —
Bei 10 fiebernden Patienten Temperaturabfall zur Norm. 9 Gewichts-
zunahmen von 2—6 kg. Die meisten (24) Patienten zeigten unter der
Behandlung einen progredienten Verlauf der Erkrankung. — Hämoptyse
bildet eine Kontraindikation gegen die Behandlung; Verff. sind der Ansicht,
dass der therapeutisch günstige Effekt in der Herabsetzung des Fiebers
besteht; ein Unterschied zwischen M.Tb.R. und den gesonderten Partial-
antigenen war nicht auffällig. — Ihre geringeren Erfolge gegenüber
anderen Mitteilungen führen Verff. darauf zurück, dass ihre Fälle viel
schwerer waren, fast ausschliesslich anıbulatorisch behandelt wurden und
zu Hause unter ungünstigen Bedingungen lebten, endlich auch auf die
verschiedenen Standpunkte in der Beurteilung der Erfolge.
C. Kraemer Il.
324. Géza Gáli, Prognostisches und Therapeutisches. Wert der
Kutanimpfungen mit Alttuberkulin und Partialantigenen nach
Deycke-Much. D. m. W. 1918 Nr.8.
Verf. führte die Kutanimpfung in quantitativer Abstufung nach
Ellermann und Erlandsen, nach der Technik von Sahli, mit Alt-
tuberkulin und M.Tb.R. nebeneinander aus, mit Konzentrationen von
0,5 °/o bis 65°/o. Die Reaktionen werden nach Sahli in 4 Abstufungen
eingeteilt. Die A.T.K.-Reaktionen sind intensiver als die von M.Tb.R.
Im mikroskopischen Bilde ist für beide charakteristisch die Iymphoide
Latenz der Gewebe (Baetel, Ein Kardinalunterschied ist je-
doch zwischen den beiden Präparaten: das Alttuberkulin
ruft neben der produktiven Entzündung auch Exsudation-
Blasenbildung, dem Statum papillare entsprechend, her-
vor, das M.Tb.R. nicht. Wahrscheinlich liegt die Ursache des Unter-
schiedes in dem von Much beschriebenen Giftstoff, der im A.T. vorbanden
ist im M.Tb.R. nicht. — Beide Reaktionen stimmen dagegen darin überein,
dass ihre erste Anwendung keinerlei prognostischen Schluss
zulässt. Die Reaktionen auf die Wiederholung zeigten sehr oft ein
überraschendes, von dem ersten auffallend abweichendes Resultat. Gut-
Therapie. 173
artig verlaufende Fälle reagierten zuerst negativ, bei der ersten Wieder-
holung gut und später sogar intensiv. Die anfängliche Anergie dieser
Fälle ist auf den zeitweiligen Mangel an Antikörpern zurückzuführen,
das entgegengesetzte Verhalten, d. i. die Reaktion der bösartigen Fälle,
auf das erste Mal, ist durch „den Anmarsch der letzten Antikörper-
reserven in die Feuerlinie“ zu erklären. - Über alle Erscheinungen im
Kampf des Organismus mit den Bakterien geben diese systematisch durch-
geführten Kutanimpfungen verschiedener Konzentration ein klares Bild,
deshalb sind sie von grosser diagnostischer Bedeutung. Die Bedeutung
des M.Tb.R. ist noch grösser als die des A.T., weil es rein, ohne die
Immunität schädigende Stoffe, sämtliche Bestandteile des Tuberkelbazillus
enthält, die zur Erzeugung der Immunität notwendig sind. Deshalb re-
agieren oft Fälle auf M.Tb.R., welche auf A,T. nicht reagieren.
Die Partialantigene, systematisch kutan appliziert, können bei geeig-
neten Fällen die Produktion der Antikörper steigern. Die therapeutische
Impftechnik ist im Grunde dieselbe wie die prognostische. Verf. beginnt
mit !/20/oiger Lösung. Die Konzentration wird gesteigert, bis eine febrile
Allgemeinreaktion oder eine exzessive Hautreaktion eintritt. Bei schlecht
reagierenden Fällen kommt oft bei Wiederholung der Impfung an älteren
Impfstellen noch eine intensive Reaktion zustande. — Verf. sah bei gut-
artigen Fällen mit anfänglicher Anergie und schweren toxischen Sym-.
ptomen, auffallende Besserung, ja Schwund der Symptome. Die Ergebnisse
sprechen auch hier für die Partialantigene. C. Kraemer II.
325. Susanne Altstaedt, Behandlung von Nieren- und Peri-
tonealtuberkulose durch aktive Immunisierung nach Deycke-
Much. Zschr. f. Tbe. Ba. 28 H. 6.
An der Hand ausführlicher Krankengeschichten weist Verf. auf die
ausgezeichneten Erfolge hin, die bei Nieren- und Peritonealtuberkulose
mit der Deycke-Much’schen Bebandlung erzielt wurden. Von den,
Nierentuberkulosen wurden 56,25°?/0 völlig geheilt, 31,250/o wesentlich
gebessert, 12,5°/o ungeheilt, ein glänzendes Resultat gegenüber allen
anderen Behandlungsmethoden, zumal es sich meist um schwere Fälle
handelt.
Noch besser sind die Resultate bei Peritonealtuberkulose mit 900,0
Dauererfolg und nur 10°/o Mortalität; hier ist die Deycke-Much’sche
Kur die Methode der Wahl! Eine Punktion des Aszites war nie nötig;
stets verschwand derselbe spontan. Die Behandlungsdauer (6—8 Wochen)
war kürzer als bei der Nierentuberkulose.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
326. Müller, Die Behandlung der Lungentuberkulose mit iso-
lierten Partialantigenen und mit dem Partialantigengemisch
M.Tb.R. M. m. W. 65. 1918 S. 36—37.
Die darniederliegende Fettreaktion wird am vorteilhaftesten durch
die Injektion von M.Tb.R. erreicht, trotzdem mit den isolierten Partial-
antigenen F. und N. bedeutend mehr Fettantigene in den Körper ge-
langen. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegt das daran, dass bei der
Herstellung der Fettsäurelipoide und des Nastins die biologische Reak-
tivität abgeschwächt wird. Bredow, Ronsdorf.
174 Therapıe.
327. Cursehmann, Zur Tuberkulose-Behandlung mit Nastin-
Chinolinphosphat. DB. kl. W. 1918 Nr. 15.
Verf, hat 10 Fälle nach der Methode von Evers mit Nastin-
Chinolinphospbat-Injektionen behandelt. Der Erfolg war ein völlig nega-
tiver. Abgesehen von den subjektiven Beschwerden (Injektionsschmerzen,
Fieber) liess sich nur einmal ‚ein leidlicher Erfolg erzielen. In einem
Falle trat sogar während der Behandlung ein neuer Lungenherd auf.
Es handelte sich um Fälle, die von vornherein keine ungünstige Pro-
gnose boten.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
328. Rodenacker, Beitrag zum Heilwert des Tuberkulins.
Tuberculosis 16. 1917 Nr.7? u. 8.
Rodenacker in Posen ist ein überzeugter Vertreter der Heilwir-
kung des Tuberkulins, und will mit der „anaphylaktisierenden“ Form der
Behandlung, wie er es nennt, d. h. mit der Verwendung sehr kleiner
und seltenen Dosen (alle 17—22 Tage) nicht nur bei Tuberkulose (Lunge,
Knochen, Gelenke), sondern auch bei anderen, nichttuberkulösen Erkran-
kungen vortreffliche Erfolge erreicht haben. „Das Tuberkulin“, so schreibt
er, „scheint denselben Apparat zu beeinflussen, den die natürlichen Heil-
faktoren angreifen, und rückt so an die Seite von Sonne, Hochgebirge
und See.“ Dadurch werde es für eine Klientel, der diese nicht zur Ver-
fügung stehen, zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel. Diese frohe Bot-
schaft ist schon oft verkündet worden, hat aber nicht den rechten Glauben
gefunden, und hält auch der wissenschaftlichen Kritik nicht Stand (Much
u. a). Meissen, Essen.
329. R. Schmidt, Tuberkulintherapie und Tuberkulindiagnostik.
Prager m. W. 1914 Nr.1.
R. Schmidt neigt der Ansicht zu, dass die Heilung der Tüberkolöse
mehr ein zelluläres als ein humorales Problem sei, bekennt sich aber
doch als Anhänger einer vorsichtigen Tuberkulintherapie im „anaphylakti-
sierenden“ Sinne. Er verweist auf Grocco-Poncet’schen Rheumatismus
als auf ein wichtiges Testobjekt spezifischer Therapie.
Er bespricht eine Modifikation von Moro’s Perkutanprobe, lehnt
das Vorkommen von „Fernreaktionen“ und damit auch die Theorie einer
„nervösen Allergie“ ab. Er plaidiert für die Aufnahme von Tuberkulin-
empfindlichkeitskurven, aus welchen sich gelegentlich der Schluss auf
Aktivität des Prozesses ergeben könnte. Durchaus ablehnend verhält sich
R. Schmidt gegen die von C. Spengler inaugurierten Tuberkulin-
schmierkuren.
Verschwinden der spezifischen Reaktionen ist kein Postulat zielbe-
wusster Tuberkulintherapie.
Die unspezifische Quote der Tuberkulinreaktionen wird wenigstens
für die Perkutanreaktion als gering Angre preoa
Friedel Pick, Prag.
320. R. W. Raudnitz-Prag, Zur Tuberkulindebatte im Anschluss
an den Vortrag Prof. R. Schmidt's: Über Tuberkulintherapie
und Tuberkulindiagnostik. Prager m. W. 1914 X. 7.
R. bevorzugt an Stelle der Moro’schen Salbe Tuberkulin-Glyzerin-
Therapıe. 175
mischungen (s. Piesen, dieses Zentralblatt 1910, S. 412), wobei Reaktion
nach wenigen Stunden Zeichen eines ganz akuten, die nach 72 Stunden
auftretende Zeichen eines abgekapselten Herdes ist. Hochrote Farbe ist
meist ein gutes, blasse ein schlechtes Zeichen. R. hat bei vielen hunderten
Reaktionen niemals symmetrische Reaktion der anderen Seite gesehen; bei
Kinderlähmung ist kein Unterscbied in der Reaktion zwischen gesunder
und gelähmter Extremität. In der Tuberkulinbehandlung sieht er auf
Grund zebnjähriger Erfahrung ein den Heilungsvorgang aller zur binde-
gewebigen Abkapselung neigender Prozesse beschleunigendes Verfahren.
Etappenbehandlung mit Alttuberkulin 1/100—10 mg; von den anderen
Tuberkulinen hat R.keinen Vorteil gesehen; dagegen sieht er als wichtige
Unterstützung der Tuberkulinbehandlung Injektionen mit Jodguajakol
(Cantani) oder mit Jodeukalyptol (Berliner) an. Fr. Pick, Prag.
331. v- Hoesslin, Tuberkulin in der Praxis des Arztes. Zschr.
J. Tbe. Bd. 28 H.2.
An der Hand von Krankengeschichten fasst Verf. seine Erfahrungen
folgendermassen zusammen:
1. Tuberkulin gehört, um seine volle heilende und vorbeugende Wir-
kung ausüben zu können, in die Hand des praktischen Arztes.
2. Bei der genauen Beobachtung der Temperatur und aller anderen
Reaktionserscheinungen, und bei vorsichtig gesteigerten Dosen ist es mög-
lich, auch in der Praxis die Tuberkulinkur sehr heilbringend und gänzlich
gefahrlos durchzuführen. Diagnostische Einspritzungen eignen sich nicht
für die Praxis.
3. Fieber bildet keine Kontraindikation an sich. Im Gegenteil, es
gibt viele Tuberkulöse, die nur durch Tuberkulin von ihrem Fieber be-
freit werden können. (Es gibt auch eine Reaktion nach unten, nicht
nur nach oben.)
4. Die Turban-Gerhardt’sche Stadieneinteilung gibt uns keine
Hinweisung auf die Prognose. Auch Kranke III. Stadiums können vielen
Nutzen vom Tuberkulin haben.
5. Alle tuberkulösen Kranken können unmöglich ihre Heilung in
den Heilstätten erwarten. Aus sozialen Gründen ist die Tuberkulinkur
aufs dringendste zur grössten Verallgemeinerung zu empfehlen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
332. Hans Wiesenack, Über therapeutische Versuche mit
Tuberkulinkuren bei Psychosen. Diss. Berlin 1917.
4 Fälle von Schizophrenie blieben völlig unbeeinflusst, 1 Fall wurde
geheilt. Von 2 Fällen schizophrener Hebephrenie wurde einer nur vor-
übergehend während der Kur günstig beeinflusst. Ein Fall von Erschöp-
fungsamentia mit drohendem Übergang in Verblödung wurde geheilt.
Wenn auch die Erfolge noch nicht sehr gross sind, so ist doch das
Tuberkulin bei der oft sehr zweifelhaften Prognose über Psychosen in die
Therapie der Geisteskrankheiten mit aufzunehmen. Hans Müller.
333. Harald Gjessing, Die Tuberkulose des Auges und die
Tuberkulinbehandlung. Tidsskrift for den norske lægeforening
1917 Nr. 24.
Eine Übersicht über die Krankheiten, die von tuberkulöser Natur
176 T'berapie.
sein können, und über ihre Symptomatologie sowie über die Tuberkulin
behandlung, die nach der Meinung des Verf. viel zu gering geschätzt
worden ist. Birger-Överland.
334. v. Hayek, Erfahrungen mit Tuberkulomuzin (Weleminsky)
an einem grossen Krankenmaterial. Zschr. f. Tbe. Bd. 27 H. 6.
Verf. hat 653 Fälle mit UBER RLONRCn behandelt und stellt fol-
gende Leitsätze auf:
1. Tuberkulomucin ist ein für die spezifische Tuberkulosebehandlung
sehr brauchbares Präparat. Es erzeugt bei gemilderter toxischer Allge-
meinwirkung kräftige, therapeutisch sehr gut verwertbare, spezifische Re-
aktionen, so dass sogleich mit therapeutisch voll wirksamen Dosen be-
gonnen werden kann. Nach den bisherigen Erfahrungen erscheint es
jedoch nicht berechtigt, dem Tuberkulomucin bezüglich der immunisatori-
schen Bestrebungen vor anderen Tuberkulinpräparaten irgend eine prin-
zipielle Sonderstellung einzuräumen.
2. Die besten Erfolge sind zu erzielen bei frischeren Fällen des II.
und III. Stadiums mit deutlichen klinischen Erscheinungen, länger be-
stehendem, regelmässig remittierendem Fieber und noch nicht zu schwer
geschädigtem allgemeinen Kräftezustand.
3. Für die Grenze, innerhalb der schwerere Krankheitsprozesse durch
Tuberkulomucin noch gut beeinflussbar sind, ist das Vorhandensein einer
deutlichen Stichreaktion bei Dosen von 5—10 mg ein sehr wertvolles
diagnostisches und prognostisches Zeichen,
4. Leichte afebrile Fälle zeigen verhältnismässig häufig starke All-
gemeinreaktionen, die als diagnostisches Hilfsmittel zum Nachweis aktiver
Tuberkulose wertvoll sind. Ein Schaden lässt sich dabei nicht nach-
weisen. Bei geringeren Anfangsdosen (2—3 mg) treten sie bedeutend
seltener auf ala bei Anfangsdosen von d—6 mg.
5. Als Kontraindikationen gelten: besondere Sensibilität des Kranken,
wiederholte oder protrahierte Allgemeinreaktionen, besonders wenn sie mit
leichtem Gewichtsverlust einhergehen; langsam steigende subfebrile Tem-
peraturen ; vorgeschrittene Stadien, die auf 5--10 mg keine Stichreaktion
aufweisen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
335. Josef Hollös-Szeged, Die Immunkörperbehandlung der
infantilen Tuberkulose als Mittel zur Bekämpfung der Tuber-
kulose. Gyögyäszat 1917 Nr. 29.
H. stellt in seinem Aufsatze folgende Thesen auf: Die schlummernde
Tuberkulose des Kindes ist mittelst I.K. -Behandlung ausnahmslos heilbar.
Die Heilung tritt um so sicherer und schneller ein, je früher die Behand-
lung einsetzt, doch ist auch die manifeste Kindertuberkulose mit Hilfe
der länger andauernden Immunkörpertherapie meist zur völligen Heilung
zu bringen. D. O. Kuthy, Budapest.
336. Valdemar Petersen, Immunität bei Tuberkulose. Biblio-
tek for Læger 1917.
Übersichtsartikel über die Arbeiten der Much’schen Schule.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
Therapie. 177
337. F: Jessen, Zur Behandlung der Lungenschwindsucht. Zbl.
f. inn. Med. 1918 Nr. 2.
Bei der Lungenschwindsucht handelt es sich nicht allein um Lungen-
tuberkulose, sehr bäufig steht die Mischinfektion mit anderen Bakterien im
Vordergrunde; es gelingt im grössten Teil der Fälle, aus dem Auswurf
Pneumo- und Staphylokokken zu züchten, aus welchen Vakzine herge-
stellt werden können.
Mit Einreibung solcher Autovakzine hat Verf. nach seiner Angabe
eine Reihe von glänzenden Erfolgen gesehen, welche durch kurze Kranken-
geschichten belegt werden. Merkwürdig ist, dass Einreibungen besser.
wirken als subkutane Einspritzungen; es beruht’ dies vielleicht auf der
besonderen Fähigkeit der Haut, Antitoxine zu bilden. — Verf. stellt auch
Vakzine aus Tuberkelbazillen her; er findet Laugen zur Aufschliessung
der Bazillen wirksamer als verdünnte Milchsäure. Bei beginnender reiner
Tuberkulose sind mit diesen Vakzinen schöne Erfolge zu erzielen, bei
schweren Fällen sind die Reaktionen oft zu stark. — Die .von Karl
Spengler sogenannte „Begleitinfektion“ ist durch Inhalation mit Men-
thol etc. zu bekämpfen.
Die sich richtig aufbauende Behandlung der Pbthise muss sich also
zusammensetzen aus 1. Bekämpfung der Begleitinfektion, 2. spezifische
Behandlung der Mischinfektion, 3. Bekämpfung der tuberkulösen Kom-
ponente.
Es nimmt wunder, dass Verf. mit keinem Wort auch die doch lange
zurückliegenden Versuche, z. B. Petruscbky’s, der mit seinem Lini-
mentum anticatarrhale u. a. dieselben Wege einschlägt, sowie englischer
und amerikanischer Autoren berührt; bei seinen Erfolgen wird die Zeit
zu entscheiden haben, ob er sie nicht zu optimistisch beurteilt.
C. Kraemer II.
338. Feldt, Die spezifische Behandlung ansteckender Krank-
heiten, insbesondere der Tuberkulose. B. kl. W. 1918 Nr. 10.
Spezifische Heilmittel sind chemische Körper, die die Produktion der
normalen und spezifischen Abwehrkörper steigern, die histologischen Krank-
heitsprodukte zur Abheilung bringen und die Erreger unschädlich machen,
und zwar in Dosen, die für die übrigen Körperzellen nicht nur nicht
giftig sind, sondern (wie die Metallpräparate) einen roborierenden Einfluss
ausüben.
Die Wirkung des Goldes auf die Einschmelzung tuberkulöser Herde
erklärt sich als Aktivierung der intravitalen Autolyse. Eine wesentliche
Komponente der Wirkung des Goldes auf den tuberkulösen Herd liegt
in der katalytischen Eigenschaft des Metalles begründet.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde.
339. R. Goepel, Vierjährige Erfahrungen mit dem Friedmann-
schen Tuberkulosemittel.e. D. Zschr. f. Chir. 144. 1918
H.1uw28.1.
Die Erfahrungen, die G. mit dem Friedmann’schen Mittel, lebende
Schildkrötentuberkelbazillen, bei fast allen Formen der Tuberkulose ge-
macht hat, sind so günstig, dass er die, besonders im Jahre 1914 in der
Literatur von fast allen Seiten ausgesprochene Ablehnung und Warnung
Internat. Oentralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 12
178 Therapie.
vor dem Mittel, als ungerechtfertigt zurückweist. Die Anwendungsweise
des Mittels, das eine aktive Immunisierung erzielt, ist allerdings nicht
einfach und erfordert sowohl eine gründliche Vertiefung in. das Wesen
der Immunisierung und seine spezielle Wirkungsweise, als auch eine exakte
Nachbeobachtung des Patienten. Die ausführlich beschriebene Technik,
Dosierung und Indikation muss im Original nachgelesen werden, hier
seien nur einige Hauptpunkte erwähnt. Der günstige Moment zur Ein-
verleibung des Mittels ist dann, „wenn der Organismus zum ersten Mal
im Kampf gegen den Tuberkulosebazillus versagt“, dann erfährt „der
Körper durch die Einführung des Friedmann’schen Antigens in der
Tat eine sehr bedeutende Steigerung seiner Schutz- und Heilkräfte gegen
die tuberkulöse Erkrankung“. Die an der Stelle der subkutanen Injektion
auftretenden Infiltrate entfalten ihren günstigen und wünschenswerten Ein-
fluss auf die tuberkulöse Erkrankung, wenn sie langsam, stetig und voll-
kommen resorbiert werden. Ein gelegentlich drohender, schädlicher Durch-
bruch kann in den meisten Fällen durch eine intravenöse Nachinjektion
von den gleichen Bazillen in schwächerer Emulsion verhindert werden,
wie Friedmann selber angegeben hat. Doch ist diese Nachinjektion
nur, wenn absolut nötig, indiziert, da die Heilung dadurch beeinträchtigt
wird. Andersartige Impfungen, wie gegen Pocken, Typhus, Cholera oder
Tuberkulinkuren dürfen innerhalb eines Jahres nach der Friedmann-
schen Impfung nicht vorgenommen werden.
Die besten Resultate geben die frischen chirurgischen Tuberkulosen,
ausgeschlossen von der Behandlung sind fortgeschrittene, multiple und
generalisierte Formen. Auch bei Lungentuberkulose hatte er Erfolge.
Am Schlusse wird die Frage einer Schutzimpfung für schwer belastete
Kinder in grösserem Umfang aufgeworfen.
Die Arbeit, der eine grosse Anzahl von Krankengeschichten im Aus-
zug beigefügt ist, bietet viel Interessantes und Anregendes. Wenn die an-
geführten, so auffällig guten Resultate auch fernerhin von andern Autoren
bestätigt werden könnten, wäre in der Tat das Friedmann’sche Mittel
rehabilitiert. Geinitz, Tübingen.
340. Thun, Die nach Friedmann behandelten Fälle von Lungen-
und chirurgischer Tuberkulose 1913—1918. Ther. Mh. 1918
H. 4.
T. berichtet über eine Reihe von Fällen tuberkulöser Erkrankungen,
bei denen er mit dem Fried mann’schen Mittel sehr gute Erfolge erzielt
zu haben glaubt. Er kommt zu dem Schluss, „dass wir in der Fried-
mann’schen Injektion ein Mittel haben, welches geeignete, d. h. nicht
zu weit vorgeschrittene Tuberkulosefälle, und zwar sowohl von Lungen-
tuberkulose wie von Tuberkulose der Knochen, Gelenke und Drüsen, so
auf den Weg zur Heilung wendet, wie kein anderes uns zur Verfügung
stehendes Medikament“.
T. gründet seine Ansicht u. a. besonders auf 6—7 Fälle von Lungen-
tuberkulose, ferner 1 Fall von Bronchialdrüsentuberkulose, ferner 2 Fälle
chirurgischer Tuberkulose: 1 Fall von „käsig zerfallendem Hornhautge-
schwür“, 1 Fall von „sehr suspekter Otitis media“,
Die von T. angeführten klinischen Daten der einzelnen Fälle sind
doch zu spärlich, um ein rechtes Bild des Zustandes vor und nach der
Therapie. | 179
Behandlung zu geben; besonders einige Angaben sind etwas eigenartig
summarisch, z. B. wird im Fall 6 der Zustand der Lungen nach der
Behandlung beschrieben: „Lungen rein“, nachdem vorher angegeben ist:
R. II mit positivem Bazillenbefund, ferner im Falle 14 nach der Behand-
lung „Lungen tadellos“, nachdem vorher: L. II; starke Infiltration des
Oberlappens mit feinblasigen Rg.“. Wenn mit diesen Angaben gesagt
sein soll, dass die betreffende, nicht unbeträchtliche Lungenaffektion, ohne
jegliche Residuen zu hinterlassen, ausgeheilt ist, so ist das sehr auffallend
und bedarf, um überzeugend wirken zu können, doch einer etwas ausführ-
licheren Darstellung. Jegliche Beweiskraft fehlt wohl auch dem einen
Falle von geheiltem, „käsig zerfallendem Hornhautgeschwür‘, ebensowenig
ist überzeugend der „sehr suspekte“ Fall von Otitis media, bei dem nach
der von T. zitierten und anscheinend übernommenen Ansicht des Fach-
arztes „die schnelle Wendung zur Heilung nach der Spritze den Verdacht
der tuberkulösen Natur der Erkrankung bestätige“ (!).
Alles in allem können die Thun’schen Fälle die Ansicht des Autors
von der Wirksamkeit des Friedmann’schen Mittels nicht überzeugend
begründen. Querner, Hamburg.
341. Hansen, Zur Kupferbehandlung der Tuberkulose. Zschr.
f. Medizinalbeamte 1917 Nr. 11. x
Bericht über die Bebandlung von 9 Tuberkulosefällen mit Leukutyl-
salbe und Leukutylpillen. Befinden, Appetit und Schlaf besserten sich
auffallend, auch objektiv war eine Besserung bei Haut- und Knochen-
herden festzustellen. P. Weill, Beelitz,
342. v. Linden, Erfüllt das Kupfer die Forderungen eines spe-
zifisch wirkenden chemotherapeutischen Heilmittels gegen
Tuberkulose? B. kl. W. 1918 Nr. 13.
Nach Ehrlich spricht für die spezifische Wirkung des Salvarsans:
1. seine parasitiside Wirkung, die die Spirochäten abtötet und ihre
Vermehrung hindert;
2. das Freiwerden von Antikörpern durch die Injektion des Sal-
varsans;
3. dass von den Spirochäten Reizstoffe ausgehen, die Verwandtschaft
zum Salvarsan haben und von ihm gebunden werden, so dass das Prä-
parat als Syphilisantitoxin wirken kann.
Nicht spezifisch ist die Einschmelzung des pathologischen Gewebes
und die Epithelproliferation nach Salvarsaninjektion.
Ganz analog verhält sich das Kupfer zum Tuberkelbazillus, wie
sich in vitro und vivo nachweisen lässt, wenn die Reaktion auch lang-
samer verläuft als bei den Spirochäten. Durch Tierversuche wird das
belegt.
Des weiteren spricht für die spezifische Wirkung des Kupfers:
1. die lokalen und allgemeinen Reaktionen, die nach Kupfereinfüh-
rung bei Tuberkulösen beobachtet wurden ;
2.. das Schwinden der Bazillen aus dem Sputum;
3. die Heilungsprozesse in Lunge, Kehlkopf, Blase nach Kupfer-
darreichung.
12*
180 Prophylaxe,
Wenn bei interner, intravenöser oder subkutaner Kupfergabe keine
völligen Heilungen einsejfzen, so spricht das nicht gegen die spezifische
Wirkung des Kupfers; es kann vielmehr seine Ursache haben in der
Schwierigkeit der Zuleitung zum tuberkulösen Herd (Gefässarmut und
Degeneration). Auch die elektive Ätzwirkung des Kupfers, die nur krankes
Gewebe betrifft, spricht für seine spezifische Wirkung. |
Weihrauch,
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde,
e) Prophylaxe.
343. M. Kaiser, Zur Sputumdesinfektione D. m. W. 1918
Nr. 3.
Beschreibung eines thermo-chemischen Verfahrens zur sicheren Des-
infektion von infektiiösem Auswurf, dessen Prinzip in der Erzielung hoher
Wärmegrade durch Zusammenbringen von frischem Ätzkalk mit heissem
Wasser besteht. C. Kraemer IJI.
344. Alexander Kovacsics , Tuberkulose und Wohnung.
Egészség 1917 Nr. 3 u. 4.
Der ausführlichen Arbeit entnehmen wir folgende Schlusssätze: Die
mit Tuberkulose infizierten Wohnungen auf dem Lande sind meist in den
am dichtesten bebauten Teilen der Ortschaft. Sie bestehen meist sus
einem Wohnzimmer, dessen Kubikraum in 37°/o der Fälle unter dem
amtlich festgesetzten Minimum steht. Die Fenstergrösse ist kleiner als
die der nichtinfizierten Wobnungen, der Boden ist permeabel, die Rein-
lichkeit äusserst mangelhaft. D. O. Kuthy, Budapest.
345. G6öza Csabay, Isolierung Lungenschwindsüchtiger in der
Familie. Tuberkulözis, Nov.|Dez. 1917.
Zur Pflege Lungenschwindaüchtiger sei das erste Postulat ein von
der übrigen Wohnung hermetisch abgesondertes Zimmer. Es würde nötig
sein, dass solche Wohnungen zur Verfügung stehen. C. denkt derartige
Wohnungen so zu bekommen, dass zwei bewohnbare Räume voneinander
abgesondert mit separatem Ausgang ins Freie sich in ihnen befinden.
Das Ideal wäre, dass der infektiöse Lungenkranke mit seiner Familie
bloss im Freien in Berührung käme. (Verf. berührt in seiner Arbeit
einen Wundpunkt unserer Tuberkuloseprophylaxis. Auch der wohlhabende
Phthisiker wird zu einem Infektionsfokus, wenn er ausser seinem Extra-
schlafzimmer nicht auch über einen eigenen Tagesraum verfügt und seine
Fränkel’chen Tropfen bei jedem Hustenanfall in den gemeinschaftlichen
Wohnräumen der Familie verstreut, sein infiziertes Taschentuch dort
handhabt und mit den nicht immer bazillenfreien Fingern die gemein-
schaftlich benutzten Gegenstände täglich berührt. Isolierung der infek-
tiösen Kranken ausserhalb oder innerhalb der Familie — aber auch im
letzteren Falle keine scheinbare Isolierung — wäre das eigentliche Er-
fordernis. | D. O0. Kuthy, Budapest.
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 181
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
346. Maurice Fleury, Traitement économique des tuberculeux
dans les hôpitaux temporaires. Acad. de Médec., Fevr. 1916.
(Ref. La Presse médicale 1916 Nr. 11.)
F. schlägt die Errichtung sog. „Aeriums“ vor, die den tuberkulös
Erkrankten, bei denen Aussichten auf Wiederherstellung gegeben sind,
die Möglichkeit geben sollen, über Tag. in frischer Luft Ruhe zu geniessen.
Kautz, Hamburg.
347. Stefan Pekanovich, Die Spezialheilanstalt des ungari-
schen Kriegsfürsorgeamtes in Skervár. Orvosi Hetilap 1917
Nr. 16.
P., derzeit Leiter eines grossen Militärsanatoriums für Tuberkulöse
in der hohen Tätra, wirkte noch vor einem Jahre in Ikervár (West-
ungarn) in einer etwas kleineren Anstalt für geschlossene Tuberkulosen.
Gibt die Beschreibung der Heilstätte. Dieselbe wurde unter seiner Füh-
rung zum grössten Teile von den Kranken selbst eingerichtet. Zur Be-
schäftigung der Pfleglinge dienten verschiedene hygienisch eingerichtete
Werkstätten, sowie Obst- und Gemüsegärtnerei. Im Sanatorium wurden
Kurse für Analphabeten und Vorträge (womöglich im Freien) über Gärt-
nerei und Hygiene abgehalten. Ä D. O0. Kuthy, Budapest.
348. W. Holmboe, Jahresbericht des Sanatoriums Mesnalien
für das Jahr 1917. Tidskrift for den norske lægeforening 1918
Nr. 10.
Die Sonnen- und Lichttherapie wird mit immer grösserem Interesse
von den Patienten umfasst. Von den 115 aufgenommenen Patienten
haben 95 Lichtbäder bekommen, 46 sowohl Licht- wie Sonnenbad, 2 nur
Sonnenbad. Die Lichtbäder werden das ganze Jabr angewandt, bis
2 Stunden täglich. Die Hämoptysen sind seltener geworden, seitdem
diese Behandlung im Sanatorium aufgenommen ist. Von den mit Licht-
und Sonnenbädern im Jahre 1917 behandelten 93 Patienten ist Hämo-
ptyse nur bei einem aufgetreten.
Die Pneumothoraxbehandlung ist an 10 im Jahre aufgenommenen
Patienten versucht worden. Bei 3 misslang diese Behandlung wegen aus-
gebreiteter Adhärenzen.
An einem von den mit Pneumothorax behandelten Patienten wurde
endopleurale kaustische Behandlung mit gutem Erfolg ausgeführt.
Extrapleurale Thorakoplastik ist an 5 Patienten nach misslungener
Pneumothoraxbehandlung gemacht worden. Einer von diesen ist noch in
Behandlung, indem nur die erste Operation ausgeführt ist. Bei den 4
anderen Patienten ist der Erfolg sehr gut gewesen.
Birger-Overland.
g) Allgemeines.
349. Thomas E. Nuttall, The future of the anti-tuberculosis
campaign. Brit. Journ. of Tbc. Ba. 12 Nr. 1, Januar 1918.
Verf. ist der Ansicht, dass eine Verminderung der grossen Mortalität
182 Allgemeines, — Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
an Tuberkulose in England (in England und Wales 50000 Todesfälle
an Tuberkulose pro Jahr; 150000 Personen sind ständig arbeitsunfähig,
schätzungsweise 5000000 infiziert ohne arbeitsunfähig zu sein) nur durch
Verbesserung der Wohnungshygiene (bessere Wohnungen, statt
der Mietskasernen kleine Häuser in Gärten, mehr Räume zum Wohnen)
möglich sein werde, Amrein, Arosa.
350. Louis Cobbett, Tuberculosis and the war: Prevention is
better than cure. Brit. Journ. of Tbe. Bd. 12 Nr.1, Januar
1918.
Die Tuberkuloseerkrankung hat während des Krieges zugenomıren:
die Zahl «er jährlichen Todesfälle an Lungentuberkulo«ee 1913— 1916
steht im Verhältnis von 100, 104, 112 uni 112. Es ist anzunehmen,
dass nach dem Kriege bei geordneteren Verhältnissen sich die Zahlen
wieder bessern. Die jetzigen Sanatorien genügen zur Bekämpfung nicht.
„Vorbeugen ist wichtiger als Heilen“; es müssen die fortgeschrittenen
Fälle abgesondert werden, damit die durch sie bedingte Infektionsgefahr
beseitigt wird. Nicht‘ „Ausstossung“ soll erfolgen, sondern solche Kranke
sollten in Sanatorien aufgenommen werden, die nicht nur gute Heil-
statistiken zeigen, sondern auch unheilbare Kranke aufnehmen und be-
sorgen wollen; es können Heilbare und Unheilbare in den gleichen Sana-
torien behandelt werden. Dazu müssen immer mehr Sanatorien erstellt
werden, die aus kleinen Anfängen zu grösseren Instituten sich auswachsen
mit Arbeitskolonien und Einrichtungen für Arbeitsunfähige etc.
Amrein, Arosa.
Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
6 Wilhelm Müller-Sternberg, Die Grundgesetze der Partial-
reaktivität beim tuberkulösen Menschen., Einführung in die spezifische
Therapie der Tuberkulose mit Partialantigenen des Tuberkelbazillus. Zürich,
Albert Müller’s Verlag, 1918. 68 S.
Der durch seine Arbeiten über die Deycke-Much’schen Partialantigene
bekannte Verf. gibt in der vorliegenden Arbeit eine Zusammenfassung seines
derzeitigen Standpunktes. Die Partialantisene bedeuten danach einen grossen
Fortschritt in der Erkenntnis der Tuberkulose. Die quantitative Intra-
kutananalyse gibt einen Einblick in die Abwelrverhältnisse des Körpers. Es
werden danach die Tuberkulösen in Albumintüchtige und Fetttüchtize gesondert
und ausserdem acht weitere Grundtypen der Partialreaktivität aufgestellt. Nach
einer Mitteilung über Darstellung und Art der Partialantigene, über humorale
und zellulare Immunität wird die Intrakutananalyse genauer geschildert, die eine
qualitative, quantitative und kinetische Immunitätsanlage bildet und über die
Erscheinung der statischen und dynamischen Immunität unterrichtet. Es wird
dann über die biologischen Merkmale der Partialantigene berichtet und dabei
auf die eigenartige Erscheinung der sklerosierenden und verkalkenden Wirkung
des Tuberkuloalbumins besonderer Wert gelegt, ferner auf die gegenseitige Be-
einflussung der Partialautigene im Erreger. Das Tuberkulin oder die verschie-
denen Tuberkuline lassen sich durch eine vergleichende Antigenanalyse erforschen,
einmal mit Hilfe der sogenannten Methode der Therapie, dann durch das soge-
— — — —
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 183
nannte Reaktionsdifferenzverfahren, das die akute Tuberkulinwirkung benutzt.
Danach konnte festgestellt werden, dass sich mit den Tuberkulinen eine deut-
liche Steigerung der Partialreaktivität bewirken lässt. Das Tuberkulin wird also
im Körper genügend aufgeschlussen. Die schädlichen Nebenwirkungen des Tuber-
kulins lassen sich durch die Methode der geteilten Tuberkulininjektionen ver-
mindern oder verhüten. Die neuzeitliche Strahlentherapie bewirkt eine gewaltige
Zunahme des immuntherapeutischen Titers, viel stärker ala die durch Partialanti-
gene hervorgerufene. Am besten wirkt ein kombiniertes Verfahren.
Den Schluss bilden Ausführungen über die sogenannte physiologische und
pathologische Immunität. Sie stellen einen Versuch dar, gewisse schwer erklär-
liche Ergebnisse der Partialantigenforschung, z. B. das Erlöschen der Reaktion
auf eine einzelne Gruppe der Antigene, durch die Beeinflussung des Erregers
durch den kämpfenden Organismus zu erklären. Verf. kommt zu der Über-
zeugung, dass der Organismus noch eine Reihe versteckter Abwehrkräfte besitzt,
die bisber weder humoral noch zellulär nachgewiesen werden können.
Das ist in kurzen Worten der wesentliche Inhalt des anregend geschriebenen
Heftes, das in kurzen Zügen einen Überblick über einen grossen Teil der Lite-
ratur über Partislantigene zu geben geeignet ist. Allerdings kann nicht ver-
schwiegen werden, dass diese Übersicht eine etwas einseitige ist. So besteht in
der Frage der albumintüchtigen Lungentuberkulösen und der fetttüchtigen Chir-
urgischtuberkulösen durchaus keine Übereinstimmung zwischen dem Verf. und
den Urhebern des Partialantigengedankens. Ein gewisser Widerspruch besteht
übrigens bei Müller selbst, wenn er an anderer Stelle die Überzeugung ausspricht,
dass sich der einzelne in der Tuberkuloseabwehr vollkommen individuell ver-
hält, dass sich der eine besser mit Eiweissantikörpern, der andere mit Fettanti-
körpern verteidigt. In diesem Lichte erhalten die 10 aufgestellten Grundtypen
der Partialreaktivität einen zweifelhaften Wert. In demselben Zusammenhange
erscheint es durchaus nicht einleuchtend, dass es die Aufgabe der Therapie sein
soll, bei den angeblich albumintüchtigen Lungentuberkulösen durch das Alttuber-
kulin mit seinen bierfür günstigen Eigenschaften die Albumintüchtigkeit zu ver-
mindern und die Bildung der Fettantikörper zu vermehren, Ebensowenig können
die Ausführungen über die sogenannte Physiologie und Pathologie der Immunität
bei der Tuberkulose befriedigen. Es ist dem Verf. nicht gelungen, die paradoxen
Befunde bei der Partialantigenprüfung — Steigen des Titers durch Antigenüber-
schwemmung und lückenhafte Immunität klinisch Gesunder — in befriedigender
und beweiskräftiger Weise zu erklären.
Nimmt man dazu die Tatsache, dass Verf. im Gegensatz zu Much als
erwiesen ansieht, dass in den bisher gebräuchlichen Tuberkulinen die Antigene
genügend aufgeschlossen sind, und dass sie der Körper daraus mit Vorteil ver-
wenden kann, so erscheint es begreiflich, wenn man schliesslich die Arbeit
Müller’s mit einer Reihe sehr zweifelnder Erwägungen zur Partialantigenfrage
aus der Hand legt.
Wenig erfreulich sind die in grosser Zahl auftretenden, klangvollen neuen
Bezeichnungen: Albumintüchtige, kinetische Immunitätsanalyse, dynamische Im-
munität, Dekompensierung der Antigenwirkung, immunbiologischer Transforıma-
tor usf. „Partialreaktivität“ ist eine unrichtige Wortbildung, „Much festigkeit“
eine wenigstens nicht besonders schöne. H. Grau, Honnef.
7. F. Köhler, „Ergebnisse der Tuberkuloseforschung‘“, Heft 7, 1917.
Leipzig, Repertorien- Verlag.
In dem Heft fährt der Autor fort, das Kapitel „Diagnostik der Tuberkulose“
zu behandeln. Er bringt in aller Kürze Einschläriges zur spezifischen Diagnostik,
Organimpfung, Bazillentypen und ihre Färbemethoden. Schröder.
184 Kongress- und Vereinsberichte. — Mitteilung.
II. Kongress- und Vereinsberichte,
6. Sitzungen des Hamburger Ärztlichen Vereins vom 2. IV.
und 30. IV. 1918.
(Ref. W. Schultz- Hamburg.)
Neumann bringt die kasuistische Mitteilung eines Falles von Konglo-
merattuberkeln des Gehirns. Pat. ging an akuter miliarer Lungentuber-
kulose zugrunde. Die Sektion ergab ausgedehnte tuberkulöse Veränderungen des
Pons und der Grosshirnbrückenschenkel, sowie einen überlıaselnussgrossen Solitär-
tuberkel in der recbten Kleinbirnhemisphäre. Die Gehirntuberkulose war sekundär
von erkrankten Halsdrüsen aus entstanden.
Knack demonstriert einen Fall von Bronchiektasenbildung infolge
eines Fibroms. Bei der Sektion fand sich eine Pneumonie des rechten
Unterlappens mit stellenweise eiteriger Eınschmelzung, ferner starke zylinderische
Bronchiektasenbildung, die auf diesen Lappen beschränkt war. Zwischen oberem
und unterem Hauptbronchus sass in der Wand des letzteren — ins Lumen hinein-
ragend — ein kirschkerngrosser derber Tumor mit kurzem breitem Stiel und
glatter Oberfläche. Der 'Tumor erwies sich histologisch als ein zellarmes Fibrom.
Vortr. glaubt, dass, falls eine Tracheobronchoskopie vorgenommen worden wäre,
die Geschwulst vielleicht operativ bätte entfernt werden können, Er empfieblt
daher, diese Untersuchung in allen Fällen umschriebener Bronchiektasenbildung
vorzunehmen.
J
IV. Mitteilung.
A
In Pavia verstarb im 71. Lebensjahre der Direktor der medizinischen Klinik
Prof. Dr. Forlanini. Er ist bekaunt geworden durch seine Studien über den
künstlichen Pneumothorax, welche Anregung gaben zu einer regen wissenschaft-
lichen Aussprache besonders über die Technik seines Operationsverfahrens. Wenn
auch die Schnittmethode unserer Ansicht nach in mannigfacher Weise seiner
Stichmethode überlegen ist, so hat Forlanini unbestritten das Verdienst, das
Verfahren des künstlichen Pneumothorax durch seine und seiner Schüler Arbeiten
wissenschaftlich ausgebaut und gefördert zu haben. Er war der Begründer und
Herausgeber der Zeitschrift „Der künstliche Poneumothurax“. Unter seiner Füh-
rung bildete. sich eine internationale Vereinigung zur Förderung dieses thera-
peutischen Verfahrens, welche Forlanini’s in italienischer Sprache erscheinende
Zeitschrift in drei Sprachen (deutsch, französisch, italienisch) gedruckt herausgab.
Zusammenfassend brachte Forlanini seine Studien über den künstlichen Pneumo-
thorax in deutscher Sprache in den Ergebnissen der inneren Medizin und Kinder-
heilkunde Bd. 9. 1912. Eine Reihe seiner einschlägigen Arbeiten erschien in
deutschen medizinischen Blättern (vgl. die Biblivgraphien in unseren Sonderheften
über dıe Literatur der Luugeukollapstherapie). Schröder.
Um Einsendung von nMonssrapiien und Büchern an den. Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilaustalı Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
. — — ——
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
berausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
o. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenhauses Eppendorf in
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Redaktion: Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch,
Dirig. Arztder Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig,
Schömb: rg, O.-A. Neuenbürg, Wtibg Dörrienstr. 16.
TE Jahrg. Ausgegeten am 31. Juli 1918. Nr. i.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
‘Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
ı Frischbier 192. Lindhagen. E. 1%.
' Goetal, A. 210. Lipp, H. 197.
| Hamburger, F. 195, £05. | Löwenstein 216.
| Hoke, E. 216. | Mager, W. 209. | Spitzy, H. 208.
| v. Jaksch, R. 208. Mahler, F. 210. |Steiner, L. 196.
i Jerusalem, M. 208. ‚ Metzger 201. ı Strauch 206.
Israeli, P. 209. | Müller, W. 212, 216. | Teloky, L. 208, 209, 210.
Kraus, H. 200. . Ortbner 210, | Tutsch, F, 214.
Kretz, R. 187. | Palmić, J. 206. : Ylppö, A. 191.
Danielski, S. 210. Kuttner, L. 207. ' Parrisius 201. : Wallgren, A. 192, 202.
Dostal, H. 205. | Langer 208. | Pribram, H. 213. | Wichmann. P. 198.
Espinosa, L. 196. ı Larisch, J. 208. Ribbert, H. 189. ' Wick, L. 216.
Fischel, K. 205. ' v. Liebermann, L. 186. |
Adler, E. 216.
Bacmeister, A. 189.
Bail, O. 210.
Bergmann, E. 193.
Beschorner 207.
-Bingel 206.
Brauer, K. 198.
Braeuning 191.
Bünnings 206.
;Sahler, J. 205.
i Schram, Th. 198.
Sochanski, H. 200.
I. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummoern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie.
351. Liebermann, Versuch einer ein-
heitlichen Erklärung der Immunität, Gewebs-
immunität und Immunitätserscheinungen.
852. Kretz, Wenckebaeh, Spitzentuber-
kulose und Thorax phthisieus. 353. 354.
Ribbert. Bacmeister, Über die Ein-
teilung der Lungentuberkulose. — 355. Ylppö,
Klinik und Cytologie der Pleuraerrüsse
356. Braeuning, Offene und geschlossene
Tuberkulose. — 357. Frischbier, Beitrag zu
dem Thema „Lungenschüsse und Lungentuber-
kulose. — 358. Wallgren, Verlauf der Tuber-
kuloseimpfung bei Kaninchen verschiedener
Alter.
b) Ätiologie und Verbreitung.
35. Bergmann, Gefährdung von Kin-
dern durch tuberkulöse Ansteckung. 360.
Hamburger, Extrafamiliäre Tuberkulose-
infektion. — 361. Steiner, Ätiologie und
Propbylaxe der Skrofulose. — 362. Espinosa,
Pathologische Geographie von Ekuador. — 363.
Lindhagen, Tuberkulosemortalität Stock-
holms in den Jahren 1896—1915.
Br a a Er a E EEE NE
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung.
c) Diagnose und Prognose.
364. Lipp, Technik der Tuberkelbazillen-
färbung im Sputum und Harn. — 365. Brauer,
Neues Verfahren zur Anreicherung von Tuber-
kelbazillen im Sputum. — 366. Sehram, Vor-
handensein der Tuberkelbazillen in Fäzes. —
37. Wichmann, Diagnose der Hauttuber-
kulose durch Vergleichung der an Krankheits-
herd und Normalhaut angestellten Intrakutan-
injektion. — 358 Sochanski, Neue Methode
zur raschen Unterscheidung der Exsudate von
den Transsudaten. — 389. Kraus, Vielkäm-
merige Pleuraexsudate im kKöntgenbilde —
370. 371. Parrisius, Metzger, Was leistet
die Bewegungstemperatur für die Frühdiagnose
der Lungentuberkulose? — 372. Wallgren,
Prognose der tuberkulösen Lymphome mit
besonderer Berücksichtigung der Lungentuber-
kulose,
d) Therapie.
373. Fischel, Behandlung der Tuber-
kulose mit Partialantigenen nach Deycke-Much,
— 374 Dostal und Sahler, Bebandlung
mit Tubeıkelbaziilenvakzine t{Tebecin Dortal).
— 375. Hamburger Geteilte Tuberkulin-
12. 13
186 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
injektionen. — 376. 377. Strauch und Bingel, Lungenkranker. — 379. Beschorner, Die
Palmie, Behandlung der Tuberkulose mit Ernährung der Lungentuberkulösen während
dem Friedmann’schen Mittel. — 378. Bünnings, der Kriegszeit. — 380. Kuttner, Zur wei-
Die Beschäftigungstherapie in ihrer Bedeutung | teren Regelung der Krankenernährung während
für die berufliche Um- und Weiterbildung des Krieges.
II. Kongress- und Vereinsberichte.
7. Verhandlungen des VI. Österreichischen Tuberkulosetages, Wien 1918.
I. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
351. L. v. Liebermann, Selektionshypothese. Versuch einer
einheitlichen Erklärung der Immunität, Gewebsimmunität
und Immunitätserseheinungen. D. m. W. 1918 Nr. 12.
Das Wesen der erworbenen Immunität besteht darin, dass
im Kampfe zwischen Virus und Zelle die schwächeren Zellen untergehen,
die stärkeren sich behaupten und mit ihrer, schon eine erhöhte Resistenz
erbenden Nachkommenschaft, eine relative Immunität bedingen. Als Gegen-
stück dazu geschieht die Virulenzsteigerung pathogener Mikro-
ben durch geeignete Tierpassage dadurch, dass im Kampf mit den Zellen
die stärkeren Mikroben und ihre eventuell noch virulenteren Nachkommen
übrig bleiben. Der Grad der Immunität wird demnach abhängen von
der Anzahl der zugrundegegangenen weniger resistenten und der sie er-
setzenden resistenteren Gewebszellen, und darum muss nach schweren
Erkrankungen wie Typhus, Cholera, Pocken, bei welchen mehr nicht resi-
stente Zellen vernichtet werden, höher sein als bei Schutzimpfungen, bei
welchen nur wenige solcher Zellen zugrunde gehen.
Die zerstörten Gewebszellen, welche neben Zellprotoplasma
auch die Reaktionsprodukte zwischen Zellprotoplasma und
Virus enthalten, gelangen durch Resorption ins Blut. In dieser kolloiden
Lösung können die Antikörper noch eine ähnliche Wirkung auf das
Virus enthalten, wie während des Kampfes in den Geweben. Die Anti-
körper müssen für jedes Antigen verschieden zusammen-
gesetzt, also spezifisch sein. Der Umstand, dass jedes Virus von
ihm bevorzugte Gewebe besonders stark angreift, erklärt auch das Zu-
standekommen einer spezifischen Organ- oder Gewebsimmunität,
denn es gehen ja die minder resistenten Zellen gerade jener Organe zu-
grunde, die von dem betreffenden Virus besonders bevorzugt werden.
Auch die spezifischen serologischen Reaktionen sind damit im
allgemeinen verständlich. — Die sog. normalen Antikörper sind unter
physiologischen Verhältnissen, also nicht unter der Wirkung eines be-
stimmten Antigens entstanden, und darum nicht spezifisch. Die Anaphy-
laxie ist eine Fortsetzung des Immunisierungsprozesses. Die Antikörper
werden bis zur Entstehung giftiger Substanzen abgebaut, welche bei Re-
injektion des stärker affinen Antigens freigemacht werden.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 187
Allergie entsteht, wenn ein nicht sehr heftig wirkendes Virus Ge-
webszellen nur oberflächlich angreift, ohne sie zu vernichten. Es kommt
dadurch zu einem Reizzustand, der sich meist erst bei einer Reinjektion
äussert, wobei also der Mechanismus der allergischen Reaktion dem der
Anaphylaxie entspricht. Bei der Kutanreaktion entsteht durch Freiwerden
giftiger Abbauprodukte des erstinjizierten Antigens lokale Hyperämie, bei
Eindringen in die Blutbahn allgemeine Reizung mit Fieber.
Bei der Tuberkuloseallergie komplizieren sich die Verhältnisse
hinsichtlich der Folgen, je nachdem man es mit einem nur allergischen
oder wirklich tuberkulösen Organismus zu tun hat (ist der tuber-
kulöse Organismus, abgesehen von der Anergie der Schwerkranken,
nicht stets allergisch? [Ref.]), Sie kann wegen beschleunigter, deletärer
Wirkung auf Tuberkelbafllen den Effekt einer Immunisierung haben,
bei latenter Tuberkulose oder rezenter Infektion aber auch zu allgemeiner
manifester Erkrankung führen. C. Kraemer II.
352. R. Kretz, Spitzentuberkulose und Thorax phthisicus. I.
K. F. Wenckebach, Spitzentuberkulose und phthisischer
Thorax. IL W. kl. W. 1918 Nr. 14.
Kretz: Nach ziemlich allgemein anerkannter neuerer Theorie der
Phthisiogenese (Freund, Hart, Bacmeister) sind Phthise und Spitzen-
tuberkulose primäre Lokalisationen einer Aspirationstuberkulose, deren
Lokalisation durch die örtliche Disposition der Lunge bei enger und
starrer oberer Thoraxstenose bedingt wurde. Dieser Zusammenhang kann
aber nicht von dominierendem Einfluss sein, da es sichere Phthisen und
Spitzentuberkulosen ohne die charakteristische Thoraxveränderung gibt und
da Spitzentuberkulosen trotz ausgesprochener Skelettveränderung glatt aus-
heilen; es wird ferner an einen Fall von Spitzentuberkulose bei ange-
borener kompletter Spaltbildung des Sternums erinnert; ferner gelang es
durch Aspiration von Tuberkelbazillen beim Meerschweinchen kavernöse
Lungentuberkulose mit typischer Lokalisation in den hinteren oberen
Partien, ohne Vorhandensein von Aperturstenoge, zu erzielen. Jedoch
bedingen Infektion durch Einatmung und Lokalisation vorwiegend in den
Lungenoberlappen einander nicht, sondern können nur zusammentreffen,
andererseits kann aber ulzeröse Oberlappentuberkulose auch als Folge
einer Infektion auftreten, die nicht in die Lunge hinein stattfindet, wobei
die verschiedenen Invasionsmethoden dieselbe Prävalenz der hinteren oberen
Lungenabschnitte für die Entwickelung der Tuberkulose in den Lungen
zeigen. Kretz stellt folgende Hypothese der Entstehung der typischen
Spitzentuberkulose auf:
a) Eintritt von Tuberkelbazillen in den Organismus ohne Verletzung,
b) Rasch eintretende aber kurz dauernde Bakteriämie,
c) Deponierung der Bazillen in den Lymphdrūsen, ohne Erzeugung
einer anatomisch kenntlichen Tuberkulose, nach Verarbeitung der Bazillen
im Lymphgewebe, Auftreten einer Reaktionsänderung (eventuell richtige
antibakterielle Immunität),
d) Ausschwemmen der restlichen Tuberkelbazillen via Ductus thora-
cicus in das Blut des Cava superior-Gebietes,
e) Abfangen der Bazillen, die in die oberen Pulmonalarterienäste
gelangen, in den Lungenkapillaren des sensibilisierten Tieres,
13*
188 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
f) Entstehen der pneumonischen Form der Lungentuberkulose im
embolischen Herde, der eine Metastase erster Ordnung darstellt,
g) Einschmelzung des käsigen Herdes.
Auf diese Weise wird Lungentuberkulose auftreten müssen, und da,
wie Verf. schon öfter zeigen konnte, kleine Emboli aus der oberen
Hohlvene typisch in die oberen Pulmonaläste einschiessen,
so muss immer Spitzentuberkulose nachfolgen. Da nicht der
Invasionsherd für die Lokalisation der Lungentuberkulose massgebend
ist, beweisen die Lungenherdenichts für dielnfektion durch
Inhalation, stehen aber mit dieser Annahme auch nicht im
Widerspruch.
Die Lungentuberkulose ist wohl beim Menschen zualler-
meist durch Einatmung erworben, aber die Lungenherde
sind keine „Primäraffekte“ der aspirierten Bazillen, viel-
mehr ist der Lungenherd als Metastase erster Ordnung in
der Lunge des sensibilisierten Organismus anzusehen.
Wenckebach: W. führt Argumenterein klinischer Natur gegen
die sogenannte anatomische Disposition der Lungenspitze infolge Thorax-
anomalien an und gruppiert dieselben unter folgenden 3 Punkten:
1. Die Berechtigung der Annahme eines Habitus phthisicus. Nach
seiner im Laufe der Jahre gewonnenen Überzeugung ist der flache (para-
Iytische) Thorax eine Rasseneigentümlichkeit und ergibt keine Dis-
position zur Tuberkulose. Im Elsass z. B. ist die Tuberkulosemorbidität
und -mortalität die höchste im ganzen deutschen Reiche, und trotzdem ist
dort der flache Thorax nahezu niemals zu finden.
2. Gegen die Bedeutung der verringerten Beweglichkeit der Rippen
als Prädisposition für fortschreitende Lungentuberkulose sprechen die
modernen Erfahrungen mit Pneumothorax und Rippenresektion. Diese
therapeutischen Massnahmen erzielen mit Erfolg genau das, was die
Freund’sche Schule als schädlich und für die fortschreitende Tuber-
kulose als disponierend darstellt. Die von Hart angenommene durch die
Anomalie hervorgerufene Minderwertigkeit des darunter gelegenen Lungen-
gewebes ist alles weniger als nachgewiesen.
3. Das zahlenmässige Verhältnis der Thoraxanomalien zur Spitzen-
tuberkulose in der Praxis. Die Röntgenplatte, besonders das stereoskopische
Verfahren, ermöglicht, diese Untersuchungen am lebenden Menschen vor-
zunehmen. Langjährige Anwendung dieser Methode hat W. die Über-
zeugung geschenkt, dass namentlich die Verknöcherung des ersten Rippen-
knorpels, aber auch sonstige Anomalien der oberen Thoraxapertur mit
der Phthisiogenese ungefähr nichts zu tun haben.
Unter 238 Fällen von Lungentuberkulose zeigten 35,7°/o überhaupt
keine Spur einer Verknöcherung, 26,5°/o eine beginnende Verknöcherung,
die schon beim gesunden 30jährigen die Norm ist; also 61,75°/jo zeigten
keine irgendwie bedeutende Verknöcherung und nur 17,2°/o zeigten die
vollkommene Umwandlung des ersten Rippenknorpels. Noch deutlicher
zeigte sich dieses Verhältnis bei 171 Fällen von Spitzentuberkulose bei
jugendlichen Individuen (15—30 J.), bei welchen in 86,3°/o der Ver-
knöcherungsprozess keine Rolle spielte und nur in 1,5°/o eine vollständige
Verknöcherung nachweisbar war. Man kann somit die Rippen-
knorpelveränderungen unmöglich. alsirgend einen wichtigen
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 189
Faktor für die Disposition der Lungenspitzen gegenüber
Tuberkulose halten. Dies gilt ebenfalls für die von Hart in den
Vordergrund gebrachten Anomalien des ersten Rippenringes. Spieltder
knöcherne Thorax mit, so muss auch der normal gebaute
Thorax Eigenschaften besitzen, welche diese Prädisposition
bedingen. l A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
353. H. Ribbert, Über die Einteilung der Lungentuberkulose.
D. m. W. 1918 Nr. 13.
Verf. wendet sich zuerst in eingehender pathologisch-anatomischer
Beweisführung gegen die von Nikol gebrauchte Bezeichnung „azinöse
Phthise“; es handelt sich vielmehr stets um Prozesse in den Bron-
chiolen und in deren Umgebung. Damit fällt auch der, wieder von
Nikol gebrauchte Ausdruck „azinös-nodöse Phthise“. Ebenso
hält Verf. die Nikol’sche Einteilung in konglomerierende nodöse
und konfluierende Form, deren erstere wieder in die interstitielle
und die parenchyimfüllende Form zerfällt, nicht für befriedigend. „Hier
ist überall fliessender Übergang.“ ,
Auch die Aschoff’sche Einteilung in tuberkulöse, produktive
und käsig-exsudative Phthise hält Verf. nicht für konsequent.
Auch in der ersten Form spielt anfangs die Exsudation eine mass-
gebende Rolle.
An eine gute Einteilung müssen verschiedene Anforderungen gestellt
werden; sie muss leicht übersichtlich, leicht verständlich und drittens nach
einheitlichen Gesichtspunkten vorgenommen sein.
Die charakteristischen Formen der Tuberkulose sind richtig zum Aus-
druck gebracht in der Albrecht-Fraenkel’schen Einteilung in:
erstens die indurierenden, zirrhotisch-abheilenden, zweitens die knotig-
bronchial und peribronchial fortschreitenden und drittens die käsig-pneu-
monischen Prozesse. Aber die Herde der zweiten Gruppe unterscheiden
sich nicht durch ihren Sitz an den Bronchien von den anderen, denn sie
entstehen alle an derselben Stelle, nicht wie Albrecht sagt, bronchial
und peribronchial, sondern in den Bronchioli respiratorii und deren Um-
gebung. Die Einteilung ist aber möglich nach der Zusammensetzung und
umfasst nach diesen Gesichtspunkten in der ersten Gruppe die zirrhoti-
schen, vernarbenden, in der zweiten die granulierend-exsuda-
tiven, in der dritten die exsudativen Formen (Ribbert). Die Pro-
zesse der ersten Gruppe verlaufen langsam und gutartig, die der zweiten
nehmen hinsichtlich der Prognose eine mittlere Stellung ein, die der dritten
entwickeln sich schnell zu dem Bilde der Phthisis florida. Zur Stellung
der Prognose muss es dem Arzt möglich sein, die 3 Formen auseinander
zu halten. Die Röntgenstrahlen leisten in dieser Hinsicht bis jetzt noch
nicht genügendes; bei geeigneter Anwendung der Bestrahlung können
vielleicht in Zukunft die verschiedenen Formen damit erkannt werden.
C. Kraemer IJ, Stuttgart.
354. A. Bacmeister, Die Nomenklatur und Einteilung der
Lungentuberkulose vom Standpunkte des Praktikers. D. m. W.
1918 Nr. 13.
Die Turban-Gehrhardt’sche Stadieneinteilung versagt in klinischer
und pathologisch-anatomischer Beziehung vollkommen. Einen grossen
190 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Fortschritt bedeutete demgegenüber die Albrecht-Fraenkel’sche Ein-
teilung, sowie die von Aschoff und Nikol (cfr. Referat über die Rib-
bert’sche Arbeit [Ref.]), welche folgendes Schema aufstellten: 1. Miliare
Phtbise — Miliartuberkulose (lokal oder disseminiert); 2. lokale Phthise
(nodös-lobäre), a) azinös- nodöse, b) lobulär-käsige Phthise; 3. diffuse
Phthise, a) zirrbotische Phthise, b) käsig-pneumonische Phthise. Aber
auch diese Einteilungen beruhen auf rein pathologisch - anatomischen
Grundlagen, sagen nichts aus über den klinischen Charakter, ob
progredient, stationär oder zurückgebend und sind deshalb nicht für eine
klinisch erschöpfende Gruppierung zu verwerten. Die erste Frage für
den Kliniker ist der Reaktionszustand, der sich in der Art des
klinischen Verlaufes der Krankheit ausspricht. Verf. unter-
scheidet hier folgende Formen: 1. Die progrediente Tuberkulose,
Zeichen: Fieber, Abnahme, elastische Fasern, Blutungen, allgemeine
toxische Beschwerden. 2. Die stationäre Tuberkulose. 3. Die zur
Latenz neigende Tuberkulose. Zeichen: Zurückgehen der klini-
schen Erscheinungen physikalisch und symptomatisch. 4. Die latente
Tuberkulose = klinisch geheilte Fälle. — Latenz bezeichnet im
Sinne des Verf’s die abgelaufene Infektionsperiode, beschränkt
sich also auf abgelaufene Prozesse und schliesst nicht das primär-
„latente“ Inkubationsstadium mit ein.
Diese Kategorien nehmen nun aber noch keine Rücksicht auf die
pathologischen Veränderungen. Aus einer klinisch brauchbaren Einteilung
muss unbedingt auch die Art des pathologischen Prozesses hervorgehen,
sowie der Grundcharakter der morphologischen Veränderungen, wie er
sich in den klinischen Symptomen wiederspiegelt. Dieser
Forderung entspricht die Albrecht-Fraenkel’sche Einteilung, die
Aschoff-Nikol’sche ist Verf. für den klinischen Gebrauch bereits zu
kompliziert; er ist mit de la Camp für eine Vereinigung beider Schemata,
wonach indurierende, disseminierteund diffus konfluierende
(nach Verf. aber „diffus pneumonische“) Prozesse zu unterscheiden wären.
Eine glatte Trennung von offener und geschlossener Tuber-
kulose ist unmöglich; die Forderung, jede progrediente Tuberkulose als
offene zu betrachten, ist klinisch durchaus gerechtfertigt. Andererseits
gibt es zahlreiche Fälle von Tuberkulose, vor allem bei den stationären
Formen, welche dauernd bazillenfrei bleiben. Verf. möchte aber doch
aus vorwiegend sachlichen Gründen an dieser Umschreibung (in offene
und geschlossene Tuberkulose) festhalten, wobei man sich nur klar sein
muss, dass irgend ein prognostisches oder diagnostisches Kriterium in dieser
Bezeichnung allein nicht liegt.
Aus einer guten klinischen Einteilung muss aber auch die Ausdeh-
nung der Krankheit hervorgehen. Die von Aschoff-Nikol vor-
geschlagene Einteilung der Lunge in kraniale und kaudale Teile ist für
klinische Zwecke zu summarischh Am besten wird die natürliche
topographische Gliederung der Lunge zur Lokalisierung und Be-
grenzung der tuberkulösen Prozesse benützt, wobei es für die klinische °
Beurteilung keine ausschlaggebende Rolle spielt, dass die Ausbreitung der
Lungentuberkulose sich nicht genau an die Lappenbegrenzung hält. Es
kann dem Rechnung getragen werden durch die Bezeichnung „im Bereich
des Oberlappens“ etc.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 191
Verf. stellt nun nach den genannten Gesichtspunkten folgendes
klinisches Einteilungsprinzip auf (unter Ausschluss der Miliar-
tuberkulose):
I. II. III. IV.
Progrediente |Indurierende Tbe., Offene Tbc., | Spitze (mitKavernenbildung)
Tbe., disseminierte, | geschlossene Hilus ö
stationäre, |pneumonische (broncho- im Bereich; | O’'Lappen š
zur Latenz pneumonische, lobulär- ~ |M Lappen g
neigende, pneumonische) U’Lappen r
latente, (rechts — links)
Aus jeder senkrechten Reihe ist im einzelnen Fall die passende Be-
zeichnung zu nehmen, also z. B. progrediente, disseminierte, offene Tuber-
kulose im Bereich des rechten Oberlappens (mit Kavernenbildung) und
der linken Spitze und Hilus.
Für statistische Zwecke kann je nach deren Bestimmung die erste
oder zweite senkrechte Reihe herangezogen werden, für wissenschaftliche
und speziell klinische Zwecke muss unbedingt sowohl der klinische Ver-
lauf wie der pathologisch-anatomische Charakter berücksichtigt werden,
was durch Vereinigung der beiden ersten senkrechten Reihen erreicht
wird, also z. B. progrediente, broncho- pneumonische, oder indurierende,
latente Form.
Dieser Vorschlag des Verf.’s ermöglicht tatsächlich, — allzu weit-
gehende Spezialausbildung zu erfordern, eine für den Kliniker weit mehr
befriedigende Einteilung, als die seitherigen Schemata, welche doch in
erster Linie für den pathologischen Anatomen von Wichtigkeit sind.
C. Kraemer II, Stuttgart.
355. Arvo Ylppö, Zur Klinik und Cytologie der Pleuraergüsse,
vor allem der serösen, im Säuglingsalter. Zschr. f. Kinder-
heilk. 17. 1918 Heft 3/4.
Seröse Pleuraergüsse kommen im Säuglingsalter relativ häufig vor.
Die Menge des Exsudats ist meist gering und nur durch Punktion nach-
zuweisen. Unter den zelligen Eiemeuten der Ergüsse bilden die mono-
nukleären Zellen einen auffallend hohen Prozentsatz. Diese Zellen
stammen zum grössten Teil vom Pleuraepithel ab. Die polynukleären
Zellen nehmen bei fortgesetzter Resorption des Exsudats an Zahl ab, so
dass schliesslich nur noch mononukleäre Zellen gefunden werden. Die
mononukleären Zellen sind anscheinend einer besonders energischen Phago-
zytose fähig. Prinzipielle ätiologische Unterschiede zwischen eitriger und
seröser Pleuritis bestehen nicht. W. Schultz, Hamburg.
356. Braeuning, Offene und geschlossene Tuberkulose. Bemer-
kungen zu dem gleichnamigen Aufsatz von Dr. Effler. Zschr.
f. Tbe. Bd. 27 H. 6.
Verf. wendet sich gegen die Forderung Effler’s, jeden Tuberkulösen,
der Auswurf hat, als ansteckend zu betrachten. Wollte man sich Effler’s
Forderung anschliessen, so müsste das Personal der Fürsorgestellen sehr
vermehrt werden, ausserdem würde es für viele Kranke eine schwere
192 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
soziale Schädigung bedeuten. Oft wird auch die Diagnose „Tuberkulose“
gestellt, wo keine vorliegt. In jedem zweifelhaften Falle müsste eben
der Tierversuch zur Entscheidung herangezogen werden.
[Eutgegnung (Effler): "Aktive, noch nicht sicher geheilte Lungen-
tuberkulose soll als infektiös betrachtet werden, wenn noch Sputum aus
den tiefen Luftwegen vorhanden ist, auch wenn dieses keine Tuberkel-
bazillen enthält.)
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
357. Frischbier, Ein weiterer Beitrag zu dem Thema „Lungen-
schüsse und Lungentuberkulose‘. Zschr. f. Tbc. Bd. 29 H. 1.
An der Hand früherer und kürzlich angestellter Untersuchungen
kommt Verf. zu dem Schlusse, dass eine Entstehung einer echten primären
Tuberkulose im Anschluss an ein Trauma nicht vorkommt, dass viel-
mehr eine an ein Trauma sich anschliessende Tuberkulose aufzufassen
ist als das Wiederaufflackern eines bis dahin latent gebliebenen tuber-
kulösen Herdes. Eine Aktivierung einer Lungentuberkulose durch einen
Lungenschuss ist relativ selten. á
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
358. Arvid Wallgren, Über den Verlauf der Tuberkulose-
impfung bei Kaninchen verschiedener Alter. (Vorläufige Mit-
teilung.) Upsala Läkareforenings Förhandlingar Bd. 238. 1918.
In einer ganzen Reihe von Arbeiten hat man während der letzten
20—30 Jahre gewissermassen glaubhaft gemacht, dass das Iymphoide
"Gewebe und die Lymphozyten einen günstigen Einfluss auf die Resistenz
gegen Tuberkulose ausüben könnten. Ein endgültiger Beweis hierfür
dürfte jedoch kaum erbracht worden sein. Um zur Aufklärung dieser
Frage beizutragen, hat Verf. dieselbe von einem andern Gesichtspunkt aus
zu behandeln versucht. Der Gedankengang ist dabei folgender: ist das
Iymphoide Gewebe für den Kampf des Organismus gegen die Tuberkulose
von der Bedeutung, wie man hat glauben machen wollen, so dürfte man
auch erwarten, dass der Schutz gegen die tuberkulöse Infektion, den dieses
dadurch gewährt, bei solchen Irdividuen, wo dies Gewebe mehr entwickelt
ist, grösser ist, als bei solchen, wo dieses weniger entwickelt ist.
In seiner Inaugural-Dissert. hat Hellman (Upsala Läkareförenings
Förhandlingar 1914) nachgewiesen, wie die relative Menge des lymphoiden
Gewebes beim Kaninchen unmittelbar nach der Geburt am kleinsten ist,
und wie sie bis zur Pubertät (etwa im Alter von 5 Monaten) ziemlich
schnell zunimmt, worauf sie wiederum allmählich abnimmt. Mit Hülfe
dieser Angaben hat man somit eine Möglichkeit, eine vergleichende experi-
mentelle Untersuchung darüber vorzunehmen, wie sich verschiedene Alters-
klassen von Kaninchen mit verschiedener Menge lymphoiden Gewebes
bei Tuberkuloseinfektion verhalten. Wäre es der Fall, dass die relative
Menge Iymphoiden Gewebes für’ die Widerstandskraft des Tieres gegen
die experimentelle Tuberkuloseinfektion eine Rolle spielte, so müsste man
auch erwarten können, dass die jüngsten Tiere das Impfen am schlechtesten,
die fünf Monate alten am besten und die ältesten Tiere wiederum etwas
schlechter vertrügen, notabene wenn die Kaninchen mit derselben Menge
Tuberkelbazillen pro kg Körpergewicht geimpft werden.
Ätiologie und Verbreitung. 193
Es wurden 2 verschiedene solche Versuche ausgeführt. Bei dem ersten
Versuch wurden 8 Tiere (je zwei im Alter von über 12, 9, 7, und
2 Monaten) mit 3 mg pro kg Körpergewicht humaner Tuberkelbakterien
einer 5 Wochen alten Kultur geimpft. Bei dem zweiten Versuch wurden
35 Tiere (in Altersgruppen von über 12, 11, 8, 6, 3!/2, 21/2, 2, 1!/2,
und ®/4 Monaten) 'mit einer ebenso grossen Dosis boviner Tuberkelbakterien
einer 6 Wochen alten Kultur geimpft.
Das Resultat des ersten Versuches war, dass die 6 ältesten Tiere
(1—12 Mon. alt) alle tuberkulöse Veränderungen der Lungen zeigten, bei
den beiden 2 Monate alten Tieren hingegen fehlten diese. Diese beiden
Tiere reagierten sowohl lokal auf der Impfstelle als in den regionären
Lymphdrüsen stärker ale die übrigen 6 auf das Impfen. Die Tiere
wurden nach 4 Monaten getötet. |
Das Resultat des andern Versuches war, dass sämtliche Tiere in-
folge der Tuberkuloseimpfung starben ; die ältesten und die-jüngsten lebten
die längste, die mittleren Alters (2!/2, 31/2 und 4 Mon.) die kürzeste Zeit
nach der Impfung. Verf. meint, dieser Sachverhalt spreche dagegen, dass
die relative Menge des Iymphoiden Gewebes der Tiere, die am grössten
ist bei den Tieren, die die kürzeste Zeit nach der Impfung lebten, von
grosser Bedeutung für die Resistenz gegen Tuberkulose bei den Tieren ist.
Dieses Resultat spricht ebenfalls dagegen, dass ausschliesslich das Alter
den jungen Organismus weniger widerstandskräftig gegen Tuberkulose macht
als den der Erwachsenen (vergl. Pollak, Bergman). Nach Ver-
fassers Ansicht ist es wahrscheinlich, dass die Intensität der Infektion, der
die kleinen Kinder von seiten eines tuberkulösen Vaters oder Mutter aus-
gesetzt sind, die Ursache ist, weshalb die Tuberkulose bei ihnen einen
ungewöhnlich malignen Verlauf hat. (Autoreferat.)
b) Ätiologie und Verbreitung.
359. Emanuel Bergman, Die Gefährdung von Kindern dureh
tuberkulöse Ansteckung. Ein Beitrag zur Frage über die Ent-
stehung, Ausbreitung und Vorbeugung der Tuberkulose Diss.
Upsala 1918.
Der Untersuchung liegt ein Material von 1004 Kindern, die sich
aus 233 tuberkulösen Familien rekrutierten, zugrunde. Die grosse Mehr-
zahl derselben sind arme Arbeiterfamilien in Upsala. Im allgemeinen
wohnen diese Leute sehr eng, auch lassen die Wohnungen in anderer
Hinsicht oft manches zu wünschen übrig, In 64,8°;o der tuberkulösen
Familien ist eins der Eltern lungenkrank; beide Eltern sind in 10,30,0
lungenkrank, nur der Vater in 22,3°/o und ‚nur die Mutter in 32,2%.
In 18°o der Familien war die Ansteckungsquelle ein anderer lungen-
kranker Verwandter und in 17,2°/o Nichtverwandte. Während sich die
Ansteckungsquelle bei 171 Familien in der Wohnung nachweisen liess
(73,4°/o) wurde dieselbe ausserhalb der Wohnung in 62 Fällen gefunden
(26,6 °/o).
Von den 1004 Kindern waren 212 gestorben, davon 82 (= 8,2°/o der
lebend geborenen und 38,7 °/o der tot geborenen). Unter den Knaben ist die
Tuberkulosesterblichkeit in den ersten 7 Lebensjahren namentlich im Alter
194 ` ` Ätiologie und Verbreitung.
von 0—4 Jahren grösser als die der Mädchen. In den Schuljahren und
bei Erwachsenen ist die Tuberkulosesterblichkeit beim weiblichen Geschlecht
überwiegend. Im Verhältnis zu der ganzen Anzahl Kinder und der An-
zahl Todesfälle an Tuberkulose ist die Tuberkulosesterblichkeiti während
des ersten Lebensjahres am grössten (1,4°/0o bezw. 17,1°/0); sie nimmt
mit zunehmendem Alter ab. Die Tuberkulosesterblichkeit ist in Familien
mit doppelter parentaler Ansteckung mehr als doppelt so gross als in
Familien mit nonparentaler Ansteckung (17,3°/o bezw. 7,2°/o sämtlicher
Kinder innerhalb derselben Ansteckungskategorie).
Von den tuberkulösen Erkrankungen nimmt als Todesursache in den
ersten 7 Lebensjahren die Meningitis, nach dem siebenten Jahre die Lungen-
tuberkulose eine dominierende Stellung ein.
In 73 Familien, wo eins der Eltern an Lungenschwindsucht gestorben
ist, ist die Tuberkulosesterblichkeit unter den 306 Kindern 13,1 Jo, während
sie in 78 Familien, wo eins der Eltern lungenkrank ist, aber noch lebt,
4,90/o (der 365 Kinder) ist.
Von den 1004 Kindern der tuberkulösen Familien sind 792 (78,9 °/o)
noch am Leben. Ungefähr !/3 derselben (36,2°/o) befindet sich im Schul-
alter, eine etwas kleinere Anzahl (29,4°/o) im Alter von 16—25 Jahren
und 11,7°/o sind über 25 Jahre alt. Von den 792 noch am Leben be-
findlichen haben sich bei mehr als !/s oder 27,1 °%/o Anzeichen von Tuberkulose
gefunden. Bei ?/s’ liessen sich keine sicheren Anzeichen erkennen. Die
Tuberkulosemorbidität ist bei Kindern im Schulalter am grössten (35,9°/o).
In diesem Alter ist die Tuberkulosemorbidität unter den Knaben grösser
als unter den Mädchen. In den übrigen Altern ist sie beim weiblichen
Geschlecht am grössten. Von den Überlebenden, die doppelt parental
exponiert waren, haben sich bei 39,7°/o tuberkulöse Symptome gezeigt,
unter den parental Exponierten bei 28,5°/o, und unter den nonparental
Exponierten bei 24,7°%/o. Die ganze Anzahl Tuberkulöser (Toter und
Lebender) ist unter den doppelt parental Exponierten 43,3°/o, unter den
parental Exponierten 30,4 °/o und unter den nonparental Exponierten 29,9 /o.
Von den 1004 Kindern, die die Untersuchung umfasst, sind 518,
d. h. über die Hälfte bereits im ersten Lebensjahre tuberkulöser An-
steckung ausgesetzt gewesen. Von diesen wiederum ist der grössere Teil
(350) seit der Geburt tuberkulöser Ansteckung ausgesetzt gewesen. Die
Tuberkulosesterblichkeit beträgt bei den im ersten Lebensjahre Exponierten
bis zu 12°/o. Von den 698 in den 4 ersten Lebensjahren Exponierten
sind 82—=11,8°/o an Tuberkulose gestorben. Die Tuberkulosesterblichkeit
ist auf die in jedem der ersten 4 Lebensjahre Exponierten ziemlich
gleichmässig verteilt. Unter denen, die erst nach dem vierten
Lebensjahre tuberkulöser Ansteckung ausgegesetzt waren,
ist kein Todesfall an Tuberkulose eingetroffen. Von den
395 Überlebenden, die im ersten Lebensjahre tuberkulöser Ansteckung
ausgesetzt worden sind, haben sich bei 33,4°/d, d. h. bei 1/3 tuberkulöse
Symptome gezeigt. Bei den in den 4 ersten Lebensjahren Exponierten
ist dıe Tuberkulosemorbidität recht beträchtlich; bei ungeführ !/s derselben
haben sich somit tuberkulöse Symptome gezeigt. Bei den erst in den drei
späteren Jahren Exponierten haben sich etwa bei !/s tuberkulöse Symptome
gezeigt. Bei Exposition nach dem siebenten Lebensjahre ist
kein Fall von Tuberkulose vorgekommen.
Ätiologie und Verbreitung. 195
In 4 Fällen sind Kinder lungenkranker Eltern bei der Geburt aus
ihrem Elternbaus entfernt worden und in einer tuberkulosefreien Umgebung
aufgewachsen. Bei keinem dieser Kinder haben sich bisher tuberkulöse
Symptome gezeigt, während mehrere von den Geschwistern, die im Eltern-
haus verblieben sind, tuberkulös geworden und teilweise an Tuberkulose
gestorben sind. Ebenso sind ein paar Kinder, die nach dem Tode ihrer
lungenkranken Väter geboren und auf diese Weise der Ansteckung ent-
gangen sind, gesund geblieben.
Am Ende der 350 Seiten starken Arbeit kommt Verf. zu folgenden
Schlusssätzen über die Vorbeugung der Tuberkulose Beim Bekämpfen
der Tuberkulose muss den Kindern die grösste Aufmerksamkeit gewidmet
werden. Ist in einer armen Arbeiterfamilie eins der Eltern lungenkrank,
so müssen die Kinder unmittelbar nach der Geburt aus dem Elternhaus
entfernt werden. Dies ist die einzige wirklich effektive Art, die Kinder
solcher Familien zu schützen. Die erste Zeit sollten -die Kinder am liebsten
in Säuglingsheimen und später in von dem Staate, der Gemeinde oder auf
privatem Wege eingerichteten Kinderkolonien untergebracht werden, und
zwar bis sie das vierte und lieber noch bis sie das siebente Lebensjahr
erreicht haben. Die Tuberkulose ist eine soziale Krankheit, deren Be-
kämpfung eingreifende soziale und auch wohl rassenhygienische Massregeln
erfordert. „Arvid Wallgren, Upsala.
360. Franz Hamburger-@Graz, Über extrafamiliäre Tuberku-
loseinfektion. Osterr. Tub.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 8.
Die meisten Menschen werden schon in der Kindheit und zwar in der
Mehrzahl der Fälle in der Familie angesteckt. Dieser intrafamiliären
Ansteckung kann man die extrafamiliäre gegenüberstellen. Letztere
teilt Verf. in die extrafamiliäre sensu strictori ein, die ausser-
halb der eigenen Wohnung erfolgt und in die „Einbruchsinfektion“,
die wohl in der Familie, jedoch durch fremde in die Familie eintretende
Bazillenhuster erfolgt. Die intrafamiliäre Infektion ist gewöhnlich nicht
zu vermeiden, aber für die Vermeidung der extrafamiliären bietet sich für
die Fürsorgestelle ein Erfolg versprechendes Feld der Tätigkeit. Die
Infektion „tuberkulosereiner“ Familien durch solche Ein-
dringlinge sollte mit aller Energie bekämpft werden. Da es
sich meist um alleinstehende Verwandte handelt, die wegen Pflege-
bedürftigkeit in der Familie Aufnahme finden, so sind diese und die
Familie entsprechend zu belehren und solche Kranke vor allen anderen
im Spitale unterzubringen oder, wenn dies untunlich ist, in Familien ohne
Kinder. Noch gefährlicher sind die erwerbsfähigen Bazillenhuster, da
diese unverdächtig erscheinen und leichter Aufnahme in eine Familie finden.
Dies sind besonders Aftermieter, Dienstboten, Hauslehrer, Hebammen
u. dgl. Endlich kommt die Form der extrafamiliären Infektion in Betracht,
bei der die Kinder in Anstalten angesteckt werden (Gebärhäuser,
Kinderspitäler, Bewahranstalten, - Kindergärten, Schulen, etc). Bei der
extrafamiliären Infektion durch erwerbsunfähige, pflege-
bedürftige Personen könnte die Fürsorgetätigkeit schon
jetzt sehr Erspriessliches leisten, wenn Arzt und Fürsorgerin dar-
auf Bedacht nehmen, und vor allem einen Unterschied machen zwischen
Kranken, die schon in einer Familie mit Kindern leben und solchen, die
196 Ätiologie und Verbreitung.
im Begriffe stehen, Aufnahme in einer solchen Familie zu suchen. Bei
den erwerbsfähigen Bazillenhustern könnte nur eine gesetz-
liche Regelung (Einschränkung) der Freizügigkeit solcher
Individuen wirksam sein (Lungengesundheitszeugnis!,. Doch kann auch
da die Fürsorgestelle durch entsprechende Belehrung Einiges leisten.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
361. L. Steimer, Zur Ätiologie und Prophylaxe der Skrofulose.
Arch. f. Kinderhlk. 66. 1918 H. 5.6.
Verf. hat im Laufe seiner 20 jährigen Tätigkeit als Augenarzt in
Surabaya (Java) die Beobachtung gemacht, dass dort bei den Einge-
borenen sowohl wie bei den Europäern die Skrofulose äusserst selten
auftritt. Dagegen ist die Tuberkulose in Forın der Lungenschwindsucht
auf Java ebensosehr verbreitet wie in Europa. Verf. führt die Selten-
heit der Skrofulose auf. Java auf die intensive Sonnen- und Luft-
wirkung zurück, die durch die leichte bzw. fehlende Bekleidung in den
Tropen ermöglicht wird. Wahrscheinlich kommt der Haut eine noch
unbekannte Funktion zu, indem sie durch eine Art innerer Sekretion die
Gesundheit des übrigen Körpers und namentlich des Iymphatischen Systems
beeinflusst. Die Skrofulose ist eine Störung des Körpers und besonders
des Iymphatischen Systems, wodurch dessen Widerstandskraft gegen ver-
schiedene Noxen und speziell gegen die tuberkulöse Infektion herabgesetzt
wird und deren Ursache in einer durch übermässige Kleidung lahm-
gelegten Hautfunktion gelegen ist. Autor fordert daher weitestgebende
Ausnützung von Licht, Luft und Sonne für die Jugend und zwar pro-
phylaktisch, bevor sie an Skrofulose erkrankt ist. Eine entsprechende
Kleiderreform ist unbedingt erforderlich. W. Schultz, Hamburg.
362. L. Espinosa-Tamayo, Über die pathologische Geographie
von Ekuador. Arch. f. Schiffs- und Tropen-Hyg. 21. 1917
H. 17. |
Die Tuberkulose ist an der Küste sehr verbreitet, ın der andischen
Region selten. Die Luifgentuberkulose ist die am häufigsten auftretende
Form. In der Stadt Guayaquil ist sie diejenige Krankheit, die die meisten
Todesfälle verursacht. Die Lepra ist selten, nur einige Herde bestehen
in der andischen Gegend und an der Küste. Über die geographische
Verbreitung der übrigen Krankheiten ist im Original nachzulesen.
W. Schultz, Hamburg.
363. Emil Lindhagen, Die Tuberkulosemortalität Stockholms
in den Jahren 1896—1915. Hygiea S0. 1918.
Im grossen ganzen kann man die Veränderungen, die die Mortalitäts-
ziffern der Tuberkulose in jenem Zeitraum in Stockholm erfahren haben,
folgendermassen zusammenfassen: beträchtlich sinkende Todeszahl im Kindes-
alter bis zum Alter von 15 Jahren sowie in dem Alter von über 40 Jahren,
dagegen allmählich steigende Todeszahl in dem Alter von 15—40 Jahren,
wobei das Verhältnis erbeblich ungünstiger für das weibliche als für das
männliche Geschlecht sich gestaltet; sowohl für Frauen wie Männer am
ungünstigsten ist die Tuberkulosesterblichkeit im Alter von 20—30 Jahren,
ein wenig günstiger in den Jahren 15—20 und relativ am günstigsten
in den Jahren 30—40.
Diagnose und Prognose. 197
Die Tuberkulosesterblichkeit in °/oo jahresweise in den Jahren
1896—1915.
ie iR ad Diem
lt = | zwischen
Alter | l und 4
je 1896—1900 1001—1905 sc 1906 1910 | 1911—1915 | 1 jo
ve u eg eg en au
Sämtlich | 332 | 297 ` 296 26.7 | —19,6
0-15 360 | 312 : 23 23.2 — 35,5
15—40 28,6; 280 , 299 | 294 + 2,8
über 40 38,3 | 813 ; 294 Bl | 0 — 845
i
Die Tuberkulosesterblichkeit in sämtlichen Altern ist alao ein stetiges
Fallen und das gilt sowohl für das männliche wie das weibliche Geschlecht,
aber im Lichte der näheren Beurteilung der Todeszahlen in den verschiedenen
Altern zeigen sich die Veränderungen der Mortalität weit ungünstiger.
Betreffend die lebenskräftigsten Alter (zwischen 15 und 40 Jahren) ist
nämlich in Stockholm durch die Antituberkulosearbeit die Tuberkulose-
sterblichkeit nicht von der Stelle gekommen. Es scheint fast mehr, als
ob die Ausbreitung der Tuberkulose in diesem Alter nicht vermindert ist,
sondern dass die Krankheit eher eine Neigung zum vermehrten Umsich-
greifen zeigt. Arvid Wallgren, Upsala.
c) Diagnose und Prognose.
364. Hans Lipp, Zur Technik der Tuberkelbazillenfärbung im
Sputum und Harn. Derm. Wschr. 1918 Nr.2.
Die Ziehl-Neelsen’sche Färbung versagt in manchen Fällen. Ver-
fasser empfiehlt:
a) Karbolfuchsin-Tropäolinmethode:
1. Fixierung, Auftragen von Karbolfuchsin und vorsichtiges Erwärmen
bis zur Dampfbildung, Abspülen in Wasser.
2. Eutfärbung in salzsaurem Alkohol (Acid. hydrochl. 6,0; Alkohol
abs. 210,0; aq. dest. ad 300).
3. Gegenfärbung- mit gesättigter alkoholischer Tropäolinlösung, etwa
5 Tropfen 5—10 Sekunden, Abspülen in Wasser.
4. Trocknen zwischen Fliesspapier.
Die Hülle der Tuberkelbazillen und die Bazillensplitter sind blass-
rot bis rot, die intrabazillären Granula sind dunkelrot, der Grund des
Präparates dunkelgelbrötlich.
b) Die Kronberg’sche Karbolfuchsin-Jodmethode.
1. Wie oben, Präparat erkalten lassen (ohne abzuspülen). -
2. Wie oben.
3. Aufgiessen von offizineller Jodtinktur, die mit dem vierfachen
Volumen 60°/o Alkohols verdünnt ist. Wirkung: wenige Minuten.
4. Abspülen der Jodlösung mit starkem Wasserstrahl (sichere Ver-
meidung von Niederschlägen durch Jodausfällung). Trocknen.
Bei dieser Färbemethode keine kompakten Stäbchen, sondern alle
Säurefesten erscheinen granuliert, innerhalb einer blassroten oder rosa ge-
färbten Hülle deutlich dunkelrote oder violette, meist glänzende, scharf
gezeichnete Granula.
198 Diagnose und Prognose.
c) Karbolfuchsin-Jodsalzsäurefärbung nach Perges.
1. Karbolfuchsinfärbung wie oben.
2. Entfärbung und zugleich Kontrastfärbung in Rp. Tinct. jodi 92,0;
Acid. hydrochl. conc. 8,0, einige Minuten eingelegt, abgespült, getrocknet.
Die Tuberkelbazillen erscheinen rot mit schwarzen Granulis auf gelb- -
lichem Grunde.
Diese Methode ergibt um 10°/o häufiger positive Resultate als die
Färbung nach Ziehl-Neelsen und erübrigt das zeitraubende Anti-
forminverfahren. |
d) Der Nachweis der Tuberkelbazillen im Harn, zur Frühdiagnose
der Urogenitaltuberkulose.
Sediment von etwa 100 ccm der Tagesmenge. Wird am besten mit
Pappenheim’scher Korallinfärbung gefärbt.
Man färbt 5 Minuten mit Karbolfuchsin, taucht ohne Abspülung
in folgende Lösung:
Korallin 1 g, alkoholische gesättigte Methylenblaulösung 100 g,
' Glyzerin 20 g. Das Eintauchen geschieht 3—5 mal. Das Korallin ent-
färbt alle Stäbchen mit Ausnahme der Tuberkelbazillen. Literatur.
'P. von der Porten, Hamburg.
365. K. Brauer, Ein neues Verfahren zur Anreicherung von
Tuberkelbazillen im Sputum. D. m. W. 1918 Nr. 10.
Zusamenfassung: „Es wird ein neues Verfahren zur Aureicherung
von Tuberkelbazillen im Sputum mittelst Aluminiumsulfats und Ammoniaks
gegeben, wobei letzteres gleichzeitig zur Homogenisierung dient. Das neue
Verfahren ist nicht nur wegen der grösseren Zahl der positiven Ergebnisse,
sondern auch hinsichtlich der einfachen Handhabungsweise den meisten
andern Verfahren, sogar dem Uhlenhuth’schen überlegen. Es führt
demnach schneller zum Ziel und erleichtert wegen der guten Sichtbarkeit
und Färbbarkeit des Ausstrichs die mikroskopische Untersuchung.
| C. Kraemer II.
366. Thomas Schram, Über das Vorhandensein der Tuberkel-
bazillen in Fäzes. Norsk Magazin for Lægevidenskaben 1918
Nr. 6.
Die Äthermethode nach Reh ist zu klinischem Gebrauch einfach
und zuverlässig und ist den gewöhnlichen Ausstrichsmethoden sehr vor-
zuziehen. Die Tuberkelbazillen werden in den Fäzes sehr oft bei vorge-
schrittenen, speziell febrilen Phthisen gefunden. Als diagnostisches Hilfs-
mittel bei erwachsenen Phthisikern ist die Fäzesuntersuchung von wenig
praktischer Bedeutung. Von 27 Fällen, bei denen der Verfasser Tuberkel-
bazillen im Sputum nicht fand, gelang es ihm in 3 Tuberkelbazillen in
den Fäzes nachzuweisen, Birger-®Overland, Bergen.
367. P. Wichmann, Die Diagnose der Hauttuberkulose durch
Vergleichung der im Krankheitsherd und Normalhaut ange-
stellten Intrakutaninjektion. Derm. Wschr. 1917 Nr. 38.
Da der direkte Nachweis der Tbc. im Schnitt, Kulturverfahren oder
Tierversuch nur selten gelingt, sind wir zur Diagnose auf die Antikörper-
reaktion, Tuberkulinreaktion angewiesen. Da die Tuberkulinreaktion noch
Diagnose und Prognose, 199
bei Lepra auftritt, die bei Lues durch Jadassohn beobachteten 3 Fälle
nicht einwandfrei sind, ist die lokale Tuberkulinreaktion in praxi spezifisch.
Der negative Ausfall beweist nichts, da das Tuberkulin durch Narben-
gewebe abgehalten werden kann, oder verändert an die kranke Stelle
kommt. Grosse Dosen wären also notwendig; die Methoden nach Ponn-
dorf, Pirquet oder Moro geben oft negativen Ausfall bei sicherer
Hauttuberkulose. Jedoch macht Wolf-Eisner darauf aufmerksam,
dass der Pirquet im Krankeitsherd noch positiv ausfällt, bei negativem
Ausfall in der Normalhaut; ähnliche Beobachtungen sind auch von
-anderer Seite bei Moro und Pirquet berichtet. Jedoch ist die Reaktion
aus oben genannten Gründen zu inkonstant.
Es bleibt also nur die Methode der intrakutanen Injektion,
vorausgesetzt, dass die gleichen Mengen gespritzt werden. Über diese
fälschlich nach Mantoux genannte, von Mendel zuerst geübte Methode
liegen noch wenig Erfahrungen beim Menschen vor. Jedoch liegen grosse
Erfahrungen bei Tieren vor. Es werden nun kurz die Arbeiten von
Rönner, Beitrag z. Klin. d. Tbc. 1909 Bd. 12, von Esch, Beitrag z.
Klin. d. Tbc. 1909 Bd. 14, von Selter, M.m. W. 1912 Nr. 39 und
Graetz, Veröffentlich. d. Robert Koch Stiftung 1916 Heft 11 bis 12
referiert,
Die Schlüsse für innere Tuberkulose aus diesen Tierversuchen sind:
1. die positive Reaktion zeigt das Vorhandensein von Tuberkulose, der
negative Ausfall beweist nicht das Gegenteil. 2. Die Schnelligkeit des
Eintritts und die Intensität der Reaktion sind der Schwere des Tuber-
kuloseprozesses proportional.
Von diesen Erfahrungen ausgehend wurde vom Verfasser die Methode
auf die Dermatose angewandt, indem er zwecks Diagnosenstellung die
gleiche Menge im Krankheitsherd und in der Normalhaut injiziert; je
kleiner die Tuberkulinmenge, um so deutlicher die Differenz. In Abzug
zu bringen ist der traumatische Effekt, der in 48 Stunden fast immer so
gut wie verschwunden ist, gerade wenn die Tuberkulin-Reaktion am deut-
lichsten ist Die Dosis der Injektion beim Erwachsenen ist 0,1—0,01 mg,
bei Kindern 0,01—0,001 mg Alttuberkulin in 0,1 ccm physiologischer Koch-
salzlösung. Eine Kontrollinjektion mit physiologischer Kochsalzlösung zur
Beobachtung des traumatischen Effektes ist mit symmetrischer Lokalisation
notwendig. Die Reaktion ist positiv bei Rötung und Schwellung, an die
sich Quaddelbildung, selten eine derbere Papel anschliessen kann. Nur
wenn der Krankheitsherd bei gleicher Beschickung deutlich stärker reagiert
als die Normalhaut, ist die Reaktion positiv.
Einige Einschränkungen: Bei stärkerer Vaskularisation kann
am Krankheitsherd eine stärkere Reaktion auftreten, und besagt dann
nur, dass das Individuum mit Tuberkulose in Berührung gekommen ist,
ohne über die Natur des Hautherdes zu unterrichten. Dann kann das
Tuberkulin an sich als Trauma wirken und leicht empfindliche Haut-
affektionen entzündlich reizen, oder beides zusammentreffen. Andererseits
kann ein stark narbiger Tuberkelherd schwächer reagieren, infolge der
Unmöglichkeit, das Tuberkulin bei den Narbengeweben in gleicher Menge
an die Krankheitsherde zu bringen; oder es kann das Trauma der physio-
logischen Kochsalzlösung im Herde Tuberkulin freimachen und eine ver-
wendbare Reaktion erzeugen. Verfasser betont:
200 Diagnose und Prognose.
Je ausgesprochener und progredienter der Tbc.-Hautherd ist, desto
offenbarer ist die Differenz zwischen Herd und Normalhautreaktion. Zur
Illustration der Methode und ihrer Zuverlässigkeit bringt Verfasser eine
Kasuistik von 59 Fällen in 4 Gruppen.
Gruppe I: Lupus und andere Formen der Hauttuberkulose. Von
24 Lupusfällen sind 20 positiv. Bei 4 Fällen hindert Narbenbildung
die Reaktion. Bei 3 Fällen scheinen Unregelmässigkeiten in der Anti-
körperbildung oder Beschlagnahme der Antikörper durch innere Tuber-
kulose vorgelegen zu haben. Bei einem frischen Falle scheint die Anti-
körperbildung noch nicht genügend eingesetzt zu haben.
Gruppe Il: Tuberkulose der Nasenschleimhaut (2 Fälle) reagieren
prompt. i
Gruppe III: Lupus erythematodes. Von 11 Fällen ergaben 9 Fälle
den positiven Ausfall. Ein Fall durch Narben behindert, ein Fall bat
noch keine Antikörper gebildet. (Ein positiver Fall mit Lupus gemischt.)
Gruppe IV: Exantheme der Tuberkulose (6 Fälle), Alle positiv
(darunter eine Acne rosacea und ein Granuloma annulare).
Gruppe V: Nicht tuberkulöse Dermatose. (9 Fälle) sämtlich negativ.
Folgt Literaturangabe. P. von der Porten, Hamburg.
368. Heinr. Sochanski- Lemberg, Neue Methode zur raschen
Unterscheidung der Exsudate von den Transsudaten. W. kl. W.
1918 Nr. 18.
Es ist allgemein bekannt, dass sich Exsudate durch grössere Eiweiss-
menge und höheres spezifisches Gewicht von Transsudaten unterscheiden.
Für rasche Differenzierung ist dies jedoch nicht verwendbar. Die geringere
Basizität der Exsudate gegenüber den Transsudaten ist eine Folge der
Anwesenheit von sauren Substanzen in den ersteren. Verf. verwendete
Phenolphthalein, dessen schwach alkalische Lösung zur schnellen
Unterscheidung benützt werden kann. 9 ccm des Reagens mit 1 cem
Punktionsflüssigkeit gemischt, ergibt komplette Färbung nur dann, wenn
diese Flüssigkeit ein Exsudat ist. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
369. H. Kraus, Über vielkämmerige Pleuraexsudate im Röntgen-
bilde. W. kl. W. 1918 Nr. 18.
Mehrkämmerige Pleuraexsudate sind auch im Röntgenbilde als solche
nicht erkennbar. Erst bei Eintritt von Luft aus Anlass eines künstlichen
Pneumothorax werden die einzelnen mit Flüssigkeit teilweise gefüllten
Kammern sichtbar und bieten mit den freien mehrfachen Flüssigkeits-
niveaux das charakteristische Bild. Drei Fälle von Lungentuberkulose
werden als Typen verschiedener Entstehungsarten der multilokulären Ex-
sudate angeführt:
1. Bei bestehendem wegen Lungentbe. angelegtem Pneumothorax kam
es zu Exsudatbildung und später zu netzförmigen Verklebungen resp. Ab-
sackungen mit (3) sichtbaren Flüssigkeitsspiegeln.. 2. Als Folge einer
alten auch iuterlobär lokalisierten Pleuritis Verwachsungen der Rippen-
fellblätter, dann Anlegung des Pneumothorax, zum Schluss Exsudatbildung
in den mehrfachen Taschen der Adhäsionen; fünf Taschen sichtbar. 3. Be-
stehen alter pleuraler Adhäsionen über der tuberkulösen Lunge, deren imaginäre
Hohlräume durch später auftretendes Exsudat erfüllt werden, endlich Ein-
blasen von Luft, wodurch die (acht) Säcke erkennbar werden.
Diagnose und Prognose. 201
Die einzelnen Säcke dürften durch bloss enge ventilartig sich schliessende
Kanäle verbunden gewesen sein, da sonst die Flüssigkeit abgelaufen wäre.
Ob ausser den mit Exsudat zum Teil gefüllten Hohlräumen noch solche
vorhanden waren, die nach unten zu weit offen, daher leer und unsichtbar
waren, war nicht konstatierbar aber wahrscheinlich. (Autoreferat.)
370. Parrisius, Was leistet die Bewegungstemperatur für die
Frühdiagnose der Lungentuberkulose? Zschr. f. Tbe. Bd. 29.
In eingehender Würdigung der vorliegenden Literatur und an Hand
eigener Versuche kommt Verf. zu folgenden Schlüssen :
1. Aus dem Ansteigen der Körpertemperatur nach Bewegung darf
nicht auf einen krankhaften Prozess geschlossen werden. Selbst Tem-
peraturen von 38,0 und wenig darüber nach 1!/s stündigem Spaziergang
werden von Gesunden erreicht, wenn auch nicht so häufig wie von Kranken.
Für Tuberkulose ist dies Symptom in grösserem Massstabe nicht patho-
gnostisch verwertbar.
2. Im allgemeinen fällt die Körpertemperatur, die nach der Bewegung
gestiegen ist, in l/» ständiger Ruhezeit wieder zur Norm ab. Jedoch komnit
auch schon beim Gesunden ab und zu ein verzögerter Abfall vor. Sehr
viel häufiger ist der verzögerte Abfall der Temperatur bei Kranken.
3. Besteht dringender Verdacht auf tuberkulöse Erkrankung der
Lungen, so darf man immerhin mit äusserster Vorsicht und unter Berück-
sichtigung aller oben angeführten Krankheiten, namentlich der ungemein
verbreiteten Neurasthenie und etwa vorhandener Hypertrophie der Tousillen
und des Lungenemphysems bei positivem Ausfall des Versuches, d. h. bei
verzögertem Abfall der Bewegungstemperatur zur Norm und höherer Be-
wegung-temperatur als 38,0 eher geneigt sein, den Prozess für aktiv als
für torpid anzusehen. | |
Aus dem negativen Ausfall, also geringerer Bewegungstemperatur
als 38,0 und prompter Rückkehr der Temperatur zur Norm in 1/2 Stunde
darf keineswegs der Schluss gezogen werden, dass keine oder eine torpide
Tuberkulose vorliegt.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
371. Metzger, Über die Bewegungstemperaturen bei Lungen-
tuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd.29 H.1.
Verf. kommt durch eigene Versuche und Besprechung der Literatur
zu folgenden Schlüssen :
1. Die Temperatur steigt nach Gehen sowohl beim Gesunden wie beim,
Rekonvaleszenten und Tuberkulösen, bei Rekonvaleszenten und Tuber-
kulösen jedoch meistens höher als bei den Gesunden, Die Ursache hierfür
ist, dass der Gesunde geübt, seine Wärmeregulierung gut ausgebildet ist,
während der Rekonvaleszent infolge der eben überstandenen Krankheit,
der Tuberkulöse, weil er sich schonen muss, ungeübt ist.
2. Die physiologisch erhöhte Bewegungstemperatur kehrt beim Ge-
sunden nach 1/3 stündiger Ruhe im allgemeinen wieder zur Norm zurück.
Der Temperaturabfall nach Probemarsch nimmt bei Tuberkulösen bäufiger
als bei anderen Leuten mehr als !/s Stunde in Anspruch. Besonders ist
das bei den ungeübten Tuberkulösen der Fall. Daraus geht hervor, dass
die Verzögerung des Temperaturabfalles nicht allein auf Tuberkulose
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 14
202 Diagnose und Prognose.
zurückgeführt werden darf, sondern dass auch der Mangel an Übung
eine Rolle dabei spielt.
Immerhin sieht man beim Vergleich einer grösseren Anzahl von
tuberkulösen und nichttuberkulösen Menschen, dass die Bewegungstem-
peratur der Tuberkulösen im allgemeinen langsamer abfällt. Aber es gibt
zuviel Ausnahmen davon, als dass man im Einzelfalle berechtigt wäre,
einen verzögerten Temperaturabfall als Tuberkulosesymptom zu verwerten.
Man kann höchstens sagen, dass er den Verdacht auf Tuberkulose ver-
stärken kann, wenn andere Ursachen (andere Krankheiten. oder Mangel
an Übung) fehlen. Diese auszuschliessen wird oft schwer sein.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
372. Arvid Wallgren, Über die Prognose der tuberkulösen
Lymphome mit besonderer Berücksichtigung der Lungen-
tuberkulose. Diss. Upsala 1918. Upsala Läkareförenings
Förhandlingar Bd. 23. 1918.
Verf. hat eine Untersuchung des Gesundheitszustandes bei Individuen,
die vor 10—30 Jahren an tuberkulösen Lymphomen operiert worden sind,
mit besonderer Berücksichtigung der Lungen unternommen. Das Material
bestand aus 526 Fällen, die während der Jahre 1885—1905 in der
Chirurgischen Klinik in Upsala operiert worden waren. 244 Personen
sind ausserhalb des Regierungsbezirkes Upsala ansässig und wegen Ver-
kehrsschwierigkeiten verhindert gewesen, sich zwecks Nachuntersuchung in
Upsala einzustellen; sie sind daher ausgelassen. Zur Nachuntersuchung
gelangten somit 282 Fälle; Verf. erhielt durch die resp. Pfarrämter die
Adressen von 251 derselben. Von diesen 251 Fällen wiederum sind
129 vom Verf. persönlich oder in einigen Fällen von anderen Ärzten
untersucht worden. 95 sind gestorben, und zwar haben sich die Todes-
ursachen (in den meisten Fällen durch ärztliche Atteste) feststellen lassen.
Die Verhältnisse beim Aufenthalt im Krankenhaus und bei der Nach-
untersuchung gehen aus folgender Tabelle hervor:
Bei der Nachuntersuchung :
|
é n g = a
; aa) 2 | “ |58| 8%
Beim Aufenthalt im Krankenhaus: „| 8 | £ |g] E2
as: ©, 5 |35|8%3
aan
z ——
|
Individuen mit gesunden Lungen . 79 63 9
5 2 0
Ohne angegebene Lungenbefunde . | 108 83 13 3 5 4
Der Lungentuberkulose Verdächtige 8 3 5 0 0 0
Lungentuberkulöse . . . ... 29 9 19 1 0 0
| | 224 |158 | 4 | 9| 7| 4
Was die Frequenz der Lungentuberkulose bei Lymphomerkrankungen
anbetrifft, so geht aus dem Material hervor, dass wenigstens 16,5°0/o beim
Aufenthalt im Krankenhaus mit Lungentuberkulose behaftet waren. Dass
diese 16,5°/o wirklich an Lungentuberkulose gelitten haben, lässt sich
durch die Resultate der Nachuntersuchung kontrollieren; es zeigte sich
Diagnose und Prognose. 203
hierbei nämlich, dass fast sämtliche (37) von denen, die beim Aufenthalt
im Krankenhause als Lungenschwindsüchtige oder als verdächtige Lungen-
schwindsüchtige angesehen wurden, entweder in der Zwischenzeit an
Lungentuberkulose gestorben sind (23) oder andauernd manifeste Tuber-
kulose (1) oder Anzeichen von durchgemachten tuberkulösen Prozessen (8)
aufweisen. Durch Zusammenstellung der erhaltenen Frequenz von Lungen-
schwindsüchtigen unter den Lymphomkranken mit den Zahlen früherer
Nachuntersucher (15 °/o Lungentuberkulose bei 941 Lymphompatienten)
zieht Verf. den Schlusssatz, dass Lungentuberkulose bei den Individuen,
die an Lymphomen leiden, bäufiger ist als bei anderen.
Die Nachuntersuchung ergab, dass 36 Individuen — dem ärztlichen
Attest nach — an Lungentuberkulose gestorben sind und 6 an dieser
Krankheit leiden. Wenn auch der eine oder der andere Fall nicht — wie
das Todesattest angibt — an Lungentuberkulose sondern an einer nicht
tuberkulösen Krankheit gelitten hat, so dürfte doch hieraus hervorgehen,
dass diese Frequenz Lungenschwindsüchtiger (42 von 224) bedeutend
höher ist als es bei zuvor gesunden Individuen der Fall ist. Dieser Sach-
verhalt tritt noch deutlicher hervor, wenn man auch die Fälle zu den
Lungenschwindsüchtigen rechnet, die dem ärztlichen Atteste nach an
Miliartuberkulose gestorben sind (9 Fälle, Aus obenstehendem geht
hervor, dass man bei Nachuntersuchung von Individuen, bei denen sich
tuberkulöse Lymphome gezeigt haben, eine höhere Prozentzahl Lungen-
tuberkulose findet als bei solchen, die zuvor nicht mit Lymphomen be-
haftet gewesen sind. Indessen hebt Verf. als seine Ansicht hervor, dass
diese grosse Frequenz der Lungentuberkulose unter den Lymphomkranken .
nicht besagen muss, dass Lymphome die Ursache der Lungentuberkulose
gewesen sind. Verf. stützt sich hierbei auf eine Reihe von von anderen Ver-
fassern ausgeführten Untersuchungen (u. a. Ghon, .Hedre&n, Beitzke,
Schlenker, Harbitz, de Besche, Ungermann), aus denen hervor-
zugehen scheint, dass eine gleichseitige von aussen erfolgende Infektion
der Lunge und Halsdrüsen häufig ist und ferner, dass nicht selten bei
Fällen mit gleichseitiger Lungen-Bronchial- und Halsdrüsentuberkulose,
die Tuberkulose in den Lungen älteren Datums ist als die Halsdrüsen-
tuberkulose.
Die Untersuchung gewährt keine Stütze für die u. a. von Marfan
vertretene Ansicht, dass Lymphome das Risiko für die Entstehung von
Lungenschwindsucht herabsetzen könnten. Von 79 Individuen, die beim
Aufenthalt im Krankenhaus bei gewöhnlicher klinischer Untersuchung
als nicht lungenkrank angesehen wurden, waren 9 bei der Nachunter-
suchung an Lungentuberkulose erkrankt bezw. gestorben; d. h. ungefähr
jedes neunte Individuum. U. a. ist indessen zu beachten, einerseits dass
man tuberkulöse Lungenveränderungen während des Aufenthaltes im
Krankenhause nicht mit absoluter Sicherheit als ausgeschlossen ansehen
kann, andererseits die hygienischen Verbältnisse (u. a. Exposition für
Tuberkulose), in denen die Lymphomkranken häufig leben.
Es fehlen jedoch nicht ganz Anzeichen, die vielleicht darauf deuten,
dass Lymphome zuweilen das Risiko für die Entstehung der Lungen-
tuberkulose herabsetzen können. Verf. erwäbnt hier den vom Verf. selbst
u. a. (Cotton, Quinquaud) unabhängig voneinander beobachteten
Umstand, dass in einer tuberkulösen Familie eiuige Kinder an Lungen-
14*
204 Diagnose und Prognose.
tuberkulose erkrankt und gestorben sind, während andere an Lymphomen
erkrankt, die Lungen aber gesund geblieben sind. Als eine Stütze hier-
. für kann vielleicht auch der Umstand angesehen werden, dass in einer
Abteilung für Lungenschwindsüchtige, Lymphome verhältnismässig selten
sind. Verf. fand unter 878 Kranken nur 14, die angegeben hatten,
dass Drüsenschwellungen, allem Anschein nach tuberkulöse Lynıphome,
vor der Entstehung der Lungentuberkulose vorgekommen sind. Auch der
Umstand, dass Lungentuberkulose und tuberkulöse Lymphome nach einigen
Verfassern betreffs der Frequenz nicht selten ein entgegengesetztes Ver-
halten zeigen — wo Lungentuberkulose häufig vorkommt, kommt Hals-
drüsentuberkulose weniger häufig vor und umgekehrt — kann vielleicht
ebenfalls darauf deuten, dass Lymphome zuweilen in gewissem Grade das
Risiko für die Entstehung der Lungentuberkulose herabsetzen können.
Von 23 beim Aufenthalt im Krankenhause an Lungentuberkulose
leidenden Lymphomkranken (Bluthusten, Spitzenrasseln usw.) wurde bei
der Nachuntersuchung (13—25 Jahre später) festgestellt, dass eines der
Individuen 16 Jahre nach dem Aufenthalt im Krankenhaus dem ärztlichen
Attest nach an „Bronchialpneumonia“ gestorben ist, und dass bei 8 An-
zeichen von manifester Tuberkulose feblten; bei allen fanden sich indessen
Anzeichen eines alten Lungenprozesses.. Der (Giesundheitszustand war bei
der Nachuntersuchung ausgezeichnet und sie waren völlig arbeitafähig.
Von diesen 9 Fällen waren 5 beim Aufenthalt im Krankenhaus 30 Jahre
alt oder darunter, d. h. sie standen in dem Alter, wo die Widerstandskraft
gegen Lungentuberkulose am geringsten ist.
Die Dauer der Phthisis in den tödlich verlaufenden Fällen konnte
mit einigermassen sicheren Anhaltspunkten bei 12 (von 17 Toten) fest-
gestellt werden; natürlich handelt es sich nur um Minimizahlen. Durch-
schnittlich ist die Dauer der Lupgentuberkulose bei diesen 12 Lungen-
schwindsüchtigen etwa 5 Jahre gewesen. Von diesen 12 Fällen waren
bei dem Aufenthalt im Krankenhause 6 unter 16 Jahren und nur 3
über 30 Jahre alu Einer der Lymphomfälle, der beim Aufenthalt im
Krankenhaus an Lungentuberkulose litt, starb 5 Jahre, nach dem Ausbruch
der Lungentuberkulose, infolge eines Unglücksfalles; die Sektion ergab
pur ganz kleine Spitzenveränderungen. Alle (5) bei der vom Verf. selbst
ausgeführten Nachuntersuchung noch lebenden Lungenschwindsüchtigen
waren völlig arbeitsfähig, sie hatten ein ausgezeichnetes Allgemeinbefinden
und kaum irgendwelche subjektiven Symptome ihrer Krankheit. Ein Fall
litt bei der Nachuntersuchung nach Bericht des Hausarztes an einer lang-
wierigen, sehr chronisch verlaufenden Lungentuberkulose. Aus dem ganzen
Verhalten der Lungentuberkulose bei diesem Lymphomkranken zieht Verf.
den Schlusssatz, dass die Lungentuberkulose bei den Lymphomkranken
dieses Materials nicht selten auffallend symptomfrei und ausserdem oft
gutartig verläuft.
Was das Verhalten der Lungentuberkulose den Lymphomrezidiven
gegenüber betrifft, so zeigte sich, dass bei der Nachuntersuchung von
16 Fällen 'mit Lungentuberkulose bei 12 ein Rezidiv eingetreten war, von
134 Fällen, die bei der Nachuntersuchung gesunde Lungen hatten, nur.
bei 49. Es scheint also, als ob die rein lokale Prognose für Lymphome
mit der Proguose für Individuen hinsichtlich Lungentuberkulose überein-
stimme, (Autoreferat.)
Therapie. 205
d) Therapie.
373. Karl Fischel, Über die Behandlung der Tuberkulose mit
Partialantigenen nach Deycke-Much. W.kl. W. 1918 Nr. 10-12.
1. Die quantitative Immunitätsanalyse nach Deycke-Much gewährt
wertvolle diagnostische und pr>gnostische Anhaltspunkte und ist als Mass-
stab für den Erfolg einer Behandlung und sowohl als Grundlage für die
Tuberkulintberapie als auch für die Behandlung mit den Partialantigenen
von grosser Bedeutung.
2. Bezüglich der Resultate kann die Methode durchaus in Konkurrenz
mit der Tuberkulintberapie treten, bei den proliferatıven und proliferativ-
exsudativen Formen der Tuberkulose lassen sich bessere Erfolge als mit
der bisherigen spezifischen Therapie erzielen, bei den indurativen Pro-
zessen, bei denen alle Antikörper vorhanden oder zur Entwickelung ge-
bracht sind, ist eine Kombination mit folgender Tuberkulinbehandlung
am Platze.
3. Bei der Beurteilung des Intrakutantiters sind nicht allein die re-
agierenden Konzentrationen, sondern auch Intensität und zeitlicher Ablauf
der Reaktionen zu berücksichtigen.
4. Bei Neigung zu Fibrose ist der Prozentsatz der gleichzeitigen An-
wesenheit aller Antikörper am höchsten; je mehr die Exsudation in Er-
scheinung tritt, desto häufiger fehlen einzelne Antikörper, insbesondere
F und N.
6. Die in nicht lebenswichtigen Organen lokalisierte Tuberkulose
scheint mit einer hohen zellulären Immunität einherzugehen.
6. Aus der Berücksichtigung der Immunitätsanalyse und der proba-
torischen Tuberkulinimpfung ergeben sich für die Beurteilung Tuberkulose-
verdächtiger wichtige Anhaltspunkte bezüglich der Tauglichkeit für be-
stimmte militärische Dienste. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
374. Herm. Dostal und Josef Sahler, Über die Behandlung
von chirurgischer Tuberkulose mit Tuberkelbazillenvakzine
(Tebecin Dostal). W. kl. W. 1918 Nr. 14.
Von der Erwägung ausgehend, dass die Säurefestigkeit des Tuberkel-
bazillus zugleich die Erzeugung einer wirksamen Vakzine verhindert,
züchtete D. eine von der Säurefestigkeit befreite Reinkultur von Tuberkel-
bazillen durch Lösung der „wachsartigen“ Substanz mittels Glykosid-
Saponins. Die möglichst polyvalente Vakzine wurde Tebecin genaunt und
wird in Dosen von 0,1 cem, rasch steigend bis 2 ccm und darüber,
injiziert. Aus 7 mitgeteilten Krankengeschichten wird der Scbluss gezogen,
dass ein abschliessendes Urteil über die Wirkung der Tebecinbehandlung
derzeit noch nicht abgegeben werden kann, doch die beobachteten Besserungen
zum Teil derartige waren, dass eine Überprüfung der Wirkung des Prä-
parates an einem grösseren Krankenmaterial wünschenswert erscheint“.
A, Baer, Sanatorium Wienerwald.
375. F. Hamburger-Graz, Über geteilte Tuberkulininjektionen.
W. kl. W. 1918 Nr. 14. |
Kurze Bemerkung zu der Arbeit Müller (s. Ref. ds. J. Nr. 141).
Müller hat „ohne Rücksicht auf die eingetretene Reaktion und häufig
noch vor deren vollständigem Abklingen eine wesentlich höhere Tuber-
206 Therapie.
kulinmenge als zuvor eingespritzt“. Trotzdem war infolge Teilung der
Injektion die Reaktion wesentlich geringer, als bei Injektion der gleichen
Dosis im ganzen. Hamburger weist nub darauf hin, dass die Re-
aktionsfähigkeit im Anschluss an eine stärkere Reaktion in den nächsten
Tagen stark berabgesetzt ist (negative Phase), während die positive Phase
erst mehrere Tage später eintritt. Müller habe erst den Beweis zu
liefern, dass für seine Beobachtungen bei geteilter Injektion diese Er-
klärung ausgeschlossen werden kann.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
376. Strauch und Bingel, Zur Behandlung der Tuberkulose
mit dem Friedmann’schen Mittel. D. m. W. 1918 Nr. 13.
Die Verf. konnten keinerlei Einwirkung des Mittels, weder im
günstigen noch im ungünstigen Sinne, auf die tuberkulöse Erkrankung
beobachten, und stehen ihm nach ihren Erfahrungen durchaus skeptisch
gegenüber. C. Kraemer II.
377. J. Palmié, Ältere und neuere Erfahrungen über das Fried-
mann’sche Tuberkulosemittel.e D. m. W. 1918 Nr. 15.
Das Friedmann’sche Heilmittel gegen Tuberkulose ist für den
Menschen unschädlich und ungiftig. Die Reinheit ist durch die Über-
wachung von autoritativer Seite gewährleistet. Eine spezifische Einwirkung
auf tuberkulöse Prozesse ist Tatsache. Besonders gut eignen sich für die
Behandlung frische Gelenk- und Knochenerkrankungen, weiche Drüsen-
geschwülste, Hoden- und Nebenhodentuberkulose, auch Bauchfell-, Darm-
und Mastdarmtuberkulosen. Eine einmalige Einspritzung genügt in den
meisten Fällen, um eine heilende Dauerwirkung auszulösen. — Störend
auf den Heilverlauf wirken andere differente Mittel, auch nach der er-
folgten Impfung vorgenommene chirurgische Eingriffe, sowie interkurrente
Infektionskrankheiten. — Die Beschaffenheit des Impfinfiltrates muss
dauernd überwacht werden, da der Impfherd tatsächlich in engstem Zu-
sammenhang mit dem Erfolg steht. C. Kraemer IlI.
378. Bünnings, Die Beschäftigungstherapie in ihrer Bedeutung
für die berufliche Um- und Weiterbildung Lungenkranker.
Tbe.-Fürs.-Bl. 10. Jg. Nr. 10.
Oberleutnant Bünnings ist sachlicher Leiter der Kriegsbeschädigten-
Fortbildungsschule der Militärlungenheilstätte Lippspringe. Er bat sich
besonders mit der Berufsumschulung während der Heilstättenkur befasst.
Die tabellarische Zusammenstellung, in der Grund und Art des Berufs-
wechsels bei einer Anzahl von Berufen angegeben ist, ist von grossem
Interesse. Wegleitend war dabei das Ziel, „die denkbar grösste Nutz-
barmachung für das Wirtschaftsleben zu erreichen unter Berücksichtigung
der Kriegswirtschaft im Einklang mit den Forderungen des Heilverfahrens
(Beschäftigungstherapie).“ Während des Unterrichts wird durch ärztliche
berwachung festgestellt, ob die Teilnahme einen schädigenden Einfluss
auf das Heilverfahren ausübt. Besonderes Gewicht wird dabei auf die
Verfolgung der Temperaturschwankungen gelegt. Während des Unterrichts
wird zeitweise gemessen und der Temperaturabfall während einer 30-
minutigen Ruhe verfolgt. Anfangs waren die eintretenden Temperatur-
Therapie. 207
steigerungen dabei höher als später bei erfolgter Gewöhnung. — Von den
700 Lazarettinsassen nehmen 20°/o an diesen Kursen teil (freiwillige
Meldung, ärztliche Beaufsichtigung). Eine Erweiterung des Betriebes, der
bisher ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel aufrecht erhalten wurde,
ist dringend zu wünschen. Herm. Tachau, Heidelberg.
379. Beschorner, Die Ernährung der Lungentuberkulösen |
während der Kriegszeit. Tuberculosis 16. 1917 Nr. 9.
Beschorner macht eine Reihe von guten Vorschlägen, wie man
die Schwierigkeiten der Ernährung unserer Tuberkulösen, die der Krieg
mit sich bringt, vermindern und umgehen, wie man sogar aus der Not
eine Tugend machen kann. Der Tuberkulöse muss ausreichend ernährt
werden, falls er nicht Schaden leiden soll. ‘Aber das hat der Krieg be-
reits gelehrt, wenn mans nicht schon vorher wusste, dass das Ziel einer
vernünftigen Ernährung nicht sein kann, den Kranken, womöglich, ohne
jede Rücksicht auf Art und Grad seines Falles, möglichst an Gewicht
zunehmen zu lassen, sondern ihn kräftiger und widerstandsfähiger zu
machen: Saft und Kraft soll er gewinnen. Die Kriegszeit ist, was die
Ernährungsfrage der Tuberkulösen anbetrifft, wie ein gross angelegter Ver-
such. Die Aufgabe ist, wie führen wir auch unter den gegenwärtigen Ver-
hältnissen den Kranken dem Optimum seines Ernährungsstandes zu. Viel-
leicht wird das für manchen Schwerkranken nicht möglich sein, aber
diese „Auslese“ ist schliesslich nicht allzu schlimm, mag sie auch im
einzelnen Falle hart sein. Der Krieg wird zweifellos auch auf den Ge-
bieten der Tuberkulose der gute Lehrmeister sein, der nieht nur Werte
zerstört, sondern auch Werte schafft. Meissen, Essen.
380. L. Kuttner, Zur weiteren Regelung der Krankenernährung
während des Kriegs. D. m. W. 1918 Nr. 8 u. 9.
Aus dem ausführlichen, am 18. Januar 1918 in Berlin gehaltenen
Vortrag seien nur die für den Tuberkulosespezialisten wichtigen Teile
berausgegriffen.
Für das vermehrte Auftreten und den schnellen deletären Verlauf der
Tuberkulose kann nicht einzig die herabgesetzte Ernährung verantwortlich
gemacht werden. Sonderzulagen für Kranke können nur aus den All-
gemeinvorräten entnommen werden, deshalb ist strenge Kur wohl nötig.
Oft lassen die ärztlichen Zeugnisse viel zu wünschen übrig; sie dürfen
nicht nur die Bezeichnung „Lungenleiden, Lungenspitzenkatarrh usw.“
führen, sondern es muss aus ihnen hervorgehen, ob offene oder geschlossene
Tuberkulose, ein Abszess oder ausgeheilter Prozess vorliegt, ob Kompli-
kationen, wie Hämoptoe, Fieber bestehen, wie der Allgemeinzustand ist
usw. Innerhalb der Zahl der Tuberkulösen ist wieder zu unterscheiden
zwischen solchen, die besonders reichliche Zulagen brauchen, und solchen,
welchen mit weniger geholfen werden kann. — Bei Berücksichtigung der
Gewichtsabnahme kommt es darauf an, ob sich ein gewisser Gleich-
gewichtszustand einstellt, wie das Gewicht vor Einsetzen der Abnahme
war, wie Körperlänge und Konstitution sind. — Nahrungsmittelzulagen
bedürfen unbedingt alle Kranken, welche ausschliesslich auf flüssige
Kost angewiesen sind, z. B. Kehlkopftuberkulöse. Diesen Kranken ist
208 Kongress- und Vereinsberichte.
Milch zu liefern. — Von den Lungenkranken sind im allgemeinen nur
Lungentuberkulöse mit Zulagen zu berücksichtigen. Die Ernährungs-
therapie steht hier im Vordergrunde der Behandlung; die weiteste Berück-
sichtigung müssen werdende und stillende tuberkulöse Mütter erfahren.
Die Rationen werden nach der Art und Ausdebnung des Leidens,
wohl auch nach der Frage der Arbeitsfähigkeit, zu verteilen sein. Die
Initialfälle der arbeitenden Tuberkulösen benötigen eine quantitative
Steigerung der Nahrungsmittelmengen, die schwerkranken Pbthisiker be-
dürfen häufig nur einer qualitativen Veränderung der Kost, und werden
meist mit Zulagen von Milch und Teigwaren auskommen. Immer muss
die Diagnose „Tuberkulose“ völlig sichergestellt sein. — Von einer Ver-
besserung der Ernährungsverhältnisse allein ist natürlich keine wirksame
Tuberkulosebekämpfung zu erwarten, derselbe Nachdruck ist auf günstige
hygienische und soziale Lebensbedingungen zu legen. Bettlägerige Tuber-
kulöse (offene) sind Heilstätten usw. zu überweisen. Für die Sicherstellung
der Familien der Erkrankten und in Anstalten Aufgenommenen muss
gesorgt werden. |
Endlich sind auch mit Zulagen zu berücksichtigen Personen, welche
durch hereditäre Belastung oder infolge angeborener oder erworbener Dis-
position einer Erkrankung an Tuberkulose besonders ausgesetzt sind.
C. Kraemer II.
I. Kongress- und Vereinsberichte.
*
7. Verhandlungen des VI. Österreichischen Tuberkulosetages,
Wien 1918.
(Referent: A. Baer, Sanatorium Wienerwald.)
i. Joh. Larisch: Der Stand der Tuberkulosebekämpfung
in Österreich.
Ludw. Teleky: Die Tätigkeit des Zentralkomitees zur
Bekämpfung der Tuberkulose.
Berichterstattung.
Wechselrede:
Max Jerusalem betont, dass auch jetzt noch der chirurgischen Tuberku-
lose zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird und macht folgende Vorschläge:
1. Unterbringung der chirurgisch Tuberkulösen in eigenen Spitälern oder Spital-
abteilungen, welche chirurgisch und orthopädisch eingerichtet und von entsprechend
ausgebildeten Ärzten geleitet sein sollen. 2. Aussendung eines Merkblattes an
alle im Militärdienst stehenden Ärzte, enthaltend eine kurze Belehrung über Wesen
und Behandlung der chirurgischen Tuberkulose.
Langer-Prag empfiehlt Aktivierung einer Schöpfung nach dem Muster des
„L'œuvre Grancher*, welche die Unterbringung von Kindern aus tuberkulösen
Familien bei kinderlosen Ehepaaren auf dem Lande bezweckt.
Hans Spitzy empfiehlt als sehr dringend Massnahmen für knochen-
tuberkulöse Kinder. Auch bei den Kursen zur Ausbildung der Fürsorgeärzte sollte
der chirurgischen Tuberkulose ein besonderes Augenmerk zugewendet werden.
R. v. Jaksch-Prag: Es ist notwendig, dass in Österreich Heilanstalten
für Heliotherapie errichtet werden. Im Riesengebirge sind bereits entsprechende
Vorarbeiten im Gange. a
Kongress- und Vereinsberichte. 209
2. Ludw. Teleky: Die Ausbildung der Fürsorgeschwestern.
Die Tuberkulosefürsorgerin braucht krankenpflegerische, allgemein
medizinische Kenntnisse, Kenntnisse aus Hygiene, insbesondere Wohnungs-
bygiene, Kenntnisse der Sozialversicherung, des Armenrechtes, der sozialen
Fürsorge, der sozialen Versicherungseinrichtungen und der Einrichtungen
der Armenfürsorge. Sie muss als Apostel der hygienischen Bildung wirken.
Dazu ist gründlich fundiertes, tief reichendes Wissen nötig; daher ist eine
gründliche Schulung, die nicht spezialistisch sein darf, notwendig. Es
ist dies also kein Beruf für durch den Krieg oder Kriegsfolgen herab-
gekommene Frauen, sondern in der Regel nur für gut geschulte — also
vor allem staatlich diplomierte — Krankenpflegerinnen. Auf Grund der
allgemeinen Ausbildung als Krankenpflegerin und Fürsorgerin soll sich
erst die spezialistische Ausbildung als Tuberkulosefürsorgeschwester ent-
wickeln. Bei uns wird im Gegensatze zu Deutschland die Spezialisierung
in verschiedene Arten der Fürsorge nicht praktisch sein, vielmehr wird
es sich empfehlen, die Fürsorge — namentlich auf dem Lande — in
einer Hand zu vereinigen, indem „Gemeindeschwestern“ Hauskrankenpflege
und allgemeine Fürsorge ausüben. Zur Ausbildung sollen in den Uni-
versitätsstädten im Zusammenhange mit den Pflegerinnenschulen Schulen
für Fürsorgerinnen eingerichtet werden, welche mindestens 3/4 Jahre zu
dauern hätten. Es ist Sache des Staates für diese Ausbildung zu sorgen.
Aufgabe der Staatsverwaltung ist es auch, in der nächsten Zukunft aus
den Scharen der Kriegs-Krankenpflegerinnen die kleine Anzahl Geeigneter
herauszufinden und sie durch unentgeltliche Ausbildungsgelegenbeit und
materielle Besserstellung heranzuziehen, so dass der derzeit bestehende
Mangel an geeigneten Frauen beboben wird. Hiezu ist Beistellung grösserer
staatlicher Mittel notwendig. —
3. W. Mager-Brünn: Über die innere Einrichtung von Für-
sorgestellen. | |
Nach Ansicht des Berichterstatters soll die Fürsorgestelle nicht eine
reine Beratungsstelle und nicht eine reine Behandlungsstelle sein, sondern
sie soll neben der sozialen Fürsorge auch die Behandlung der Kranken
und ibrer Familien betreiben. Nur wenn für die Behandlung der die Für-
sorgestelle Aufsuchenden anderweitig gesorgt wäre, nur dann wäre die
Fürsorgestelle berechtigt, die Behandlung auszuschalten. Da es aber bei
uns an der Armenpflege, an Polikliniken, an Spitalsbetten und an
spezialistisch geschulten Ärzten mangelt, so muss die Fürsorgestelle
die Behandlung übernehmen. Um eine Zersplitterung der Kräfte
zu vermeiden, sollte die Fürsorgestelle gemeinsam von der betreffenden
freien Vereinigung (Vereinigung zur Bekämpfung der Tuberkulose, Rotes
Kreuz, Landeskommission) mit den Krankenkassen geführt werden. Wo
ein Tuberkulosepavillon ist, sollte die Fürsorgestelle an diesen angegliedert
werden, sonst muss sie dort errichtet werden, wo sie von der Arbeiterschaft
leicht und ohne Zeitverlust erreicht werden kann (in der Nähe oder selbst
im Gebäude der Krankenkasse). Weiteres schildert der Berichterstatter
die notwendigen Räumlichkeiten und Einrichtungsgegenstände einer Für-
sorgestelle sowie die Kosten.
Paul Israeli: Die Fürsorgestelle der Societa contro la
tuberculose in Triest. Tiätigkeitsbericht.
210 Kongress- und Vereinsberichte.
Wechselrede zu Punkt 2 und 3:
Orthner-Ried empfiehlt die Aufnahme der Bakterienkunde in den Natur-
geschichtsunterricht der Schulen.
Alfred G@oetzl: Die beste Schulung der Fürsorgeschwestern kann nicht
zu dem gewünschten Erfolge führen, wenn nicht deren ökonomische Unabhängigkeit
durch Gewährung einer entsprechenden Entlohnung sichergestellt ist. Die der-
zeitige Entlohnung ist eine ungenügende. Redner warnt davor,
vom Fürsorgearzte eine allzuspezialistische Ausbildung in der Behandlung
zu verlangen, da darunter die Tätigkeit in sozialer Hinsicht vollkommen ver-
nachlässigt wird.
Sigismund Danielski: Schilderung der Verhältnisse in Galizien.
Philipp Mahler empfiehlt, nicht „Gemeindeschwestern“ anzustellen,
sondern die Schwestern dem Roten Kreuz zu unterstellen.
Ludwig Teleky (Schlusswort): Nicht die Stelle, wo nur behandelt wird,
auch nicht die, wo nur Milch, Speisemarken und Geld verteilt werden, ist eine
Fürsorgestelle.e Nur jene Organisation, die die Mittel der sozialen
Fürsorge verwendet zur zielbewussten Bekämpfung der Tuber-
kulose verdient den Namen Fürsorgestelle —
4. Neuere Tuberkuloseheilmittel:
Oskar Bail-Prag: Über die Grundlagen der Much’schen
Partigenbehandlung der Tuberkulose.
Der Makroorganismus steht dem Mikroorganismus niemals nur rein
leidend gegenüber, sondern er vermag immer, diesen auch tätig zu beein-
flussen. Dies äussert sich in Veränderungen reaktiver Natur an Körper-
zellen und Säften, die sich spezifisch gegen den Erreger richten und zur
Ausbildung eines Körperzustandes führen, den wir als Allergie bezeichnen.
Gerade bei der Tuberkulose ist der allergische Zustand sehr auffallend.
Er äussert sich als Immunität gegen neue Ansteckung. Zugleich ist
aber die Überempfindlichkeit — scheinbar der kontradiktorische
Gegensatz zur Immunität — auch nur eine Äusserung des allergischen
Körperzustandes. Unter den gegenwärtigen Umständen muss so gut wie
jeder Mensch als allergisch im Sinne der Tuberkuloseimmunität bezeichnet
werden. Die allgemeine Durchseuchung des Volkes bedingt auch eine
allgemeine Tuberkuloseallergie. Dieselbe tritt regelmässig ala Immunität
auf, was bewiesen wird dadurch, dass bei der allgemein verbreiteten In-
fektion doch nur ein Bruchteil der Menschen wirklich tuberkulös krank
wird, und dass die Krankheit einen chronischen Verlauf nimmt, wenn
die Immunität nicht zur Ausheilung ausreicht. Begleitet (oder verursacht)
wird die Allergie von der Fähigkeit der Körperzellen und Säfte mit dem
Tuberkuloseerreger durch Bildung von komplementbindenden Antikörpern
zu reagieren. Durch Zuführung von Erregersubstanz wird die Menge der
Antikörper gesteigert; diese ist also als Antigen für die Erzeugung der
Antikörper anzusehen. Much legt nun dar, dass das Tuberkelbazillen-
antigen keine Einheit ist, sondern aus einer Vielbeit von Antigenen
besteht; die Immunität ist aber nur dann eine vollständige, wenn die
ganze Summe der überhaupt möglichen Antigene gebildet wird. Deshalb
schloss Much die Bazillensubstanz auf, damit alle Antigene in gelöster,
und daher leichter wirksamer Form frei werden. Die Partigene Much’s
unterscheiden sich von allen Tuberkulinen dadurch, dass Much die wasser-
löslichen Stoffe auszuscheiden sucht, weil an diese die Giftwirkung der
Tuberkuline gebunden ist und weil dieser Giftstoff die immunisierende
Kongress- und Vereinsberichte. 211
Wirkung der anderen Antigene zu verhindern vermag. Zweifelhaft
ist es, ob die Much’schen Partigene wirklich die letzten, die Ele-
mentarantigene sind. Es ist denkbar, dass die einzelnen Antigene
Muchs noch in andere Partigene zerlegt werden können. Es ist ferner
fraglich, ob A,F,N wirklich antigen rein wirken. Besonders gilt dies
bezüglich F, da ja Fett vielleicht gar nicht antigen wirkt. Die Prüfung
wäre nur auf biologischen Wege möglich. Diese Einwände treffen nur
die Methodik. Bezüglich der grundlegenden Voraussetzungen der Much-
schen Lehre ist besonders hervorzuheben die Betonung der zellu-
lären Immunität. Ref. ist von deren Wichtigkeit bei der Tuberkulose
überzeugt, aber er hält sie nicht für bewiesen. So verlockend die
Forderung der zellulären Immunität von Much dargetan wurde, so hat
er den stichhaltigen Beweis dafür noch nicht geliefert und nur die Eigen-
schaften (Antikörper) des tuberkulös-allergischen Blutes auch für die Zellen
in Anspruch genommen. Es muss auch genau untersucht werden, ob
tatsächlich zwischen Tuberkulin- und Partigenwirkung ein so prinzipieller
Unterschied besteht, wie Much ihn hervorhebt. Von den weiteren Unter-
suchungen Much’s an Giftlösungen (wie seinen Glykurinauflösungen) ist
für die Zukunft noch manches zu erwarten. Die in den Körpersäften
sichergestellten Antikörper wirken zweifellos bakteriolytisch. In den
Geweben verläuft die Bakteriolyse jedenfalls nicht in gleicher Weise; sie
beseitigt auch im günstigsten Falle nur das Leben des Erregers, macht
jedoch nicht dessen Leibesstoffe unwirksam. Bezüglich der Endotoxine
sagt Ref., dass nach neueren Anschauungen nicht der Bazillenleib als
solcher giftig ist, sondern erst das, was der Organismus mit seinen Anti-
körpern aus ihm macht. Es spricht nun alles dafür, dass der Tuberkel-
bazillus ebenfalls in den Kreis derendotoxischen Bazillen
gehört. Gerade hier sieht man, dass der normale Organismus eines
Tieres die grössten Mengen von Bazillen oder Tuberkulin ohne Vergiftungs-
erscheinungen verträgt, während das tuberkulös-allergische Tier durch
winzige Bruchteile der gleichen Bazillen getötet wird. Schon der normale
Organismus hat die Fähigkeit mit vorgebildeten Antikörpern die Bazillen-
substanz anzugreifen, womit ohne Absterben des Erregers ein Giftstoff
frei wird, der zur Ausbildung tuberkulösen Gewebes Veranlassung gibt,
in welchem die Bazillen vor Angriffen bakterizider Säfte geschützt sind.
Innerhalb dieser Herde macht der Tuberkelbazillus eine Umwandlung
durch; denn während einer Infektion beeinflusst nicht nur der Mikro-
den Makroorganismus, sondern er wird auch umgekehrt von diesem be-
einflusst, so dass beide Organismen ihren normalen Zustand verändern
müssen. Diese Folgerung bat Much in seiner Lehre bisher nicht berück-
sichtigt, sie muss aber darin Platz finden. Denn obwohl die sich aus-
bildende Allergie mit Immunität gegen neue Tuberkelbazillen verbunden
ist, hört doch die eigene Tukerkulose nicht auf. Diese Immunität ist
zum Teile bakterizid und beruht auf der Ausbildung von Antikörpern.
Denn der Organismus muss mit Antikörperbildungantworten,
sobald ihn das Antigen in der richtigen Form trifft. Über
den Tuberkulösen ergiesst sich ein Strom von Bazillensubstanz und anderer-
seits von Antikörpern, dadurch dessen Allergie und damit die Immunität
gegen fremde Bazillen aufrechterhaltend und verstärkend, aber machtlos
gegen die einheimischen Erreger, und dabei die Vergiftung und die
212 Kongress- und Vereinsberichte.
Empfindlichkeit gegen die Erregersubstanz steigernd. Es bildet sich leicht
ein Gleichgewichtszustand aus (schleichender Verlauf), bei fortbestebendem
Reizzustand (Reaktion bei Zuführung von Tuberkulin,. Auch gegen die
durch Verarbeitung freigemachten Gifte der Bazillensubstanz tritt eine
Gewöhnung ein, die Ref. noch nicht als Immunität zu bezeichnen wagt
(Gewöhnung an Tuberkulin). Dasselbe kann sich durch die einheimischen
Bazillen ereignen, dann befindet sich der Tuberkulöse anscheinend im
besten Wohlsein.. Das Gleichgewicht besteht darin, dass von
den tuberkulösen Herden aus nicht mehr Bazillensubstanz
geliefert und durch die Antikörper zu Gift verarbeitet wird,
als der erlangten Giftgewöhnung entspricht. Die Gift
gewöhnung kann auf einer wirklichen Antitoxinproduktion beruhen, es
kann aber auch sein, dass die Antikörper das giftige Abbauprodukt der
Bazillensubstanz weiter abbauen und dadurch ungiftig machen. Es ist
wahrscheinlich, dass die Much’sche Analyse der Bazillensubstanz durch
. Hinarbeiten auf die Antikörperentwickelung nicht nur die Fähigkeit des
Körpers entwickelt, die Bazillensubstanz aufzuschliessen, sondern auch die
sich bildenden Giftstoffe abzubauen und damit der tuberkulösen Vergiftung
Herr zu werden. Eine zelluläre Immunität müsste noch mehr leisten,
die Erforschung derselben ist eine zwingende Forderung.
Ref. erwähnt noch, dass nach Much und Müller der spezifische
Vorgang der Antikörperbildung auch durch unspezifische Mittel möglich
ist (Steigerung des Immunitätszustandes durch Strahlentherapie und andere
Heilmittel). Diesen Gedankengang weiter verfolgend, kommt: man zu der
Erkenntnis, dass die gesteigerte Lebenshaltungals Ursache des
Tuberkuloserückganges angesehen werden kann.
Zum Schlusse plädiert Ref. warm für die Errichtung wenigstens
eines lediglich der Tuberkuloseforschung mit grossen Mit-
teln gewidmeten Institutes als wesentliche Forderung der
Tuberkulosebekämpfung in Österreich. —
Wilbelm Müller-Sternberg: Die Grundgesetze der Par-
tialreaktivität beim tuberkulösen Menschen und ihre An-
wendung am Krankenbetit.
Die Intrakutanreaktion befähigt uns zu einer Reihe wichtiger Einblicke
‘ in die Immunität bei Tuberkulose. Reaktivitätssteigerung geht Hand in
Hand mit klinischer Besserung; also prognostisches Hilfsmittel und Kon-
trolle der spezifischen und nichtspezifischen Therapie. Die Partial-
reaktivität ist eine sehr verschiedene, sie kann bei vielen Tuberkulösen,
aber auch bei Gesunden unvollständig sein. Positive dynamische Immunität
kann durch die verschiedensten Heilmethoden (insbesondere spezifische
und Strahlentherapie) erzeugt werden. Die Intrakutananalyse ist ein Mass-
stab für die Veränderungen der zellulären Immunität. Die einzelnen
Partialantigene unterscheiden sich in ihrer Reaktivität: Die Tuberkulo- .
albumine sind 1000 mal so reaktiv wie die Fettsäurelipoide und 10 000 mal
wie das Nastin. Das Tuberkuloalbumin führt zu bindegewebiger Or-
ganisation, die in Verkalkung übergehen kann. Das Fettsäurelipoidgemisch
ist der Träger der Säurefestigkeit. Bei der Lungentuberkulose überwiegt
die Albuminreaktivität (Typus der Albumintüchtigen), bei der
chirurgischen Tuberkulose überwiegt die Fettreaktivität (Typus der Fett-
tüchtigen). Verf. wendet sich der Frage zu, inwieweit die verschiedenen
Kongress- und Vereinsberichte. 213
Partialantigene in den Tuberkulinen entbalten sind und ob sie so weit
aufgeschlossen sind, dass sie zu genügender therapeutischer Entfaltung
kommen. Zur Anstellung der Antigenanalyse der Tuberkuline übt er
2 Methoden. Die Methode der Therapie besteht im Messen der
Partialreaktivität vor, während und nach einer Tuberkulinkur. Die zweite
Methode ist das Reaktionsdifferenzverfahren oder die Schnell-
methode: Einspritzung von Tuberkulin nach einer gemachten zellulären
Immunitätsanalyse, jedoch erst wenn die Partialreaktivität den Höhepunkt
überschritten hat, Mit beiden Methoden konnte M. feststellen, dass mit
dem grössten Teil der heute angewendeten Tuberkuline
eine deutliche Steigerung der Partialreaktivität zu er-
zeugen ist. Die wasserlöslichen Bestandteile der Tuberkuline werden
bei der Partialantigenbehandlung therapeutisch nicht verwertet. Sie machen
die unangenehmen Reaktionen. Verf. verweist auf seine geteilten Tuber-
kulininjektionen, bei denen die schädlichen Nebenwirkungen, besonders
Fieberreaktion, vermieden oder abgeschwächt werden, und die sich besonders
für ambulatorische Behandlung eignen und eine raschere Durchführung
der Tuberkulinkur ermöglichen. Der Einfluss der Strahlentherapie
auf die Immunität bei Tuberkulose ist gekennzeichnet durch
mächtige Steigerung der Partialreaktivität, so dass man von einer Strahlen-
immunisierung sprechen darf. Dies gilt für natürliches Sonnenlicht,
künstliche Höhensonne, Röntgenstrahlen, Finsenlicht, Koblenbogenlicht und
Radiumstrablen. Die Strahlentherapie kann durch Aufschliessung der
Tuberkelbazillen im Organismus wirken unter Ausschwemmung grosser
Mengen Antigene in den Kreislauf und die Gewebszellen, welche zur Ent-
wickelung entsprechender Antikörper führen; sie wäre also dann eine
wahrhaft spezifische Therapie der Tuberkulose. Oder sie wirkt nicht
spezifisch, indem die Reaktionskörper aus einer direkten Wirkung der
Strahlen auf die Körpergewebe entstehen und so ohne Vermittelung der
Tuberkelbazillen Antikörper erzeugt werden. Die höchste Steigerung der
Partialreaktivität und damit die besten klinischen Erfolge erreichen wir durch
Kombination von Strahlentherapie mit spezifischer Therapie.
M. stellt das Gesetz der funktionalen Veränderiichkeit
des Tuberkelbazillus je nach Beschaffenheit des Nähr-
bodens auf. Demnach unterscheidet er immunphysiologische Vor-
gänge, bei welchen der Tuberkelbazillus krank ist, indem er seine bio-
chemische Zusammensetzung ändert und degeneriert, und immunpatho-
logische, bei welchen der Organismus krank und nicht mehr imstande
ist, auf vorhandene Antigene des Tuberkelbazillus mit der Erzeugung
entsprechender Antikörper zu antworten.
Klinisch haben die Partialantigene zweifellos Erfolge zu verzeichnen.
Die Erfolge sind jedoch nach des Vortr. Anschauung nicht
böherwertig, als die der Tuberkulintherapie. Bei Lungen-
tuberkulose ist das Gemisch M.Tb.R. wirksamer als wenn M.Tb.F. und
N. isoliert dargereicht werden. Die besten Erfolge werden erzielt bei
Verwendung der Partialantigentherapie mit den verschiedensten Be-
strahlungsformen. —
Hugo Pribram- Prag: Über die praktische Bedeutung
der Partialantigene.
Vortragender stellt sich 4 Fragen, die er wie folgt, beantwortet:
214 Kongress- und Vereinsberichte.
1. Welche Schädigungen und Gefahren kann die Therapie zur Folge
haben ?
Er sah niemals eine Herdreaktion und ist der Ansicht, dass die Partial-
antigene innerhalb der als wirksam erkannten Dosen einer toxischen
Wirkung entbehren.
2. Welches sind die Indikationen und Kontraindikationen ?
Die Partialantigene sind bei fast allen Formen von Tuber-
kulose indiziert. Selbstverständlich versagen sie bei schweren Former ;
kein Erfolg zu erwarten ist bei Komplikation mit Formen, welche er-
fahrungsgemäss die Prognose sehr trüben (Tuberkulose der Zunge, des
Kehlkopfes, des Darmes), ferner bei Kachektischen. Fieber und Hämoptoe
sind keine Kontraindikation.
3. Welchen Nutzen bringt die Behandlungsmethode ?
Bei Lungentuberkulose sah Vortr. günstige Wirkung auf den
Allgemeinzustand (Steigerung des Appetits, Zunahme des Körper-
gewichtes, Absinken der Temperatur in etwa der Hälfte der fiebernden
Fälle, Abnahme des Auswurfes), dagegen geringere Wirkung auf
den Krankheitsherd selbst, auch nur ausnahmsweise Verschwinden
der Bazillen. Bei Tuberkulose der serösen Häute trat ebenfalls die All-
gemeinwirkung gegenüber der lokalen in den Vordergrund; ein zweifelloser,
durchschlagender Erfolg konnte nicht beobachtet werden. Die besten,
bisweilen überraschenden Erfolge, sah Verf. bei der Tuber-
kulose der Knochen und Gelenke, doch stehen auch hier Glanz-
fällen recht viele Versager gegenüber. Viel weniger gut waren die Erfolge
bei Lymphdrüsentuberkulose. Zusammenfassend sagt Verf., dass kein
Zweifel besteht, dass bei gewissen Formen und Fällen von Tuberkulose
die Partialantigentherapie eine sehr günstige Wirkung ausübt.
4. Die Frage, in wie weit die Partialantigene den Tuber-
kulinen überlegen sind, hält Verf. fürnoch nichtentgültigent-
schieden. Es ist noch hinzuzufügen, dass die Methode vorläufig noch
zu kompliziert, das Instrumentarium zu kostepielig ist, als dass diese Be-
handlungsmethode ein souveränes Mittel zur Bekämpfung der Tuberkulose
darstellen könnte Sie ist als theoretisch interessant und zur
Behandlung einzelner Fälle von Tuberkulose geeignet zu
bezeichnen, spielt jedoch für den Kampf gegen die Tuber-
kulose im grossen eine untergeordnete Rolle Die Partial-
antigentherapie ist eine sehr aussichtsreiche und interessante Methode; das
letzte Wort in der spezifischen Behandlung der Tuberkulose ist jedoch
noch lange nicht gesprochen. —
Fr. Tutsch-Passek: Über die Behandlung der Tuberku-
lose mit Organlipoiden auf Grundlage der Wechselwirkung
zwischen Organzelle und Tuberkelbazillus.
Auf Grund früherer Forschungen kam Verfasser zu dem Schlusse,
dass tuberkulose-resistente Tieresich vondenempfänglichen
Tieren durch das hohe relative und absolute Organgewicht
von Milz, Leber und Herz unterscheiden und dass diese Gewichts-
zahlen um so höher seien, je widerstandsfähiger die Tiergattungen sind.
Die Ausdrücke ‚Resistenz und Disposition“ könnten erst dann chemischen
Inhalt bekommen, wenn die Wechselbeziehungen zwischen der Zellentätigkeit
jener Organe und der 'Tuberkulosetoxin- und Bazillenzerstörung bekannt
Kongress- und Vereinsberichte. 215
sind. Je grösser das Gewicht von Herz, Milz und Leber, desto lebhafter
sind die organischen Oxydationen im Körper, desto widerstandsfähiger ist
das Tier gegenüber der Tuberkulosevergiftung. Seine Ergebnisse zu-
sammenfassend möchte Verf. die angeborene vererbbare Artdisposition
chemisch definieren als Herabsetzung des enzymatischen Oxydations-
vermögens des Organismus, als Insuffizienz des oxydativen Zellenchemismus,
bedingt durch angeborene, vererbbare Kleinheit von Herz, Milz und
Leber.“ Diese Definition gilt auch für die allgemein-generelle Disposition
beim Menschen. Bei diesem kommt dann noch die individuelle und die
ererbte Familiendisposition hinzu. Diese kann auch dauernd oder vorüber-
gehend erworben oder vermehrt werden. Bei Kindern im schulpflichtigen
Alter ist die Sterblichkeit an Tuberkulose am niedrigsten, trotzdem die
Gelegenheit zur Infektion am intensivsten ist, weil die Schutzorgane die
höchsten relativen Gewichtszahlen aufweisen. (Anschliessend plädiert Verf.
für Einrichtung von Kinderheilstätten).. Durch die Arbeiten von Bartel,
Waldvogel und Verf. ist nachgewiesen, dass zwischen der Organ-
zellenmasse (Grösse des Organgewichtes) und der Kraft des natürlichen
Widerstandes des Organismus (Gewebsimmunität) ein innerer Zusammen-
hang besteht, und dass die Leberzelle unter der Toxinwirkung der lebenden
Bazillen bakterizide Stoffe produziert. Die chemische Analyse autolysierten
Leberbreies müsste über das Wesen dieser bakteriziden Stoffe Aufschluss
geben, doch stösst diese Untersuchung auf mannigfache Hindernisse. Der
Tuberkelbazillus verdankt seine Widerstandsfähigkeit dem Schutze durch
Lipoide. Da aber Lipoide am besten wieder durch Lipoide gelöst werden,
so waren die gesuchten bakteriziden Stoffe zunächst in der Reihe der
Lipoidstoffe zu suchen. In der autolysierten Leber sind die Lipoide gegen-
über der frischen auf das 40- bis 50fache vermehrt. Lipoidvermehrung
und Bakteriolyse gehen miteinander Hand in Hand.
Durch die erhöhte Tätigkeit der Milz und des Herzens werden die
Tuberkulosegifte oxydiert und entgiftet; bei intensiver Vergiftung reichen
die ÖOxydationsprozesse zur Giftzerstörung nicht mehr aus. Bei zu
stürmischer Toxinwirkung bezw. Insuffizienz der Organe bleibt die Bildung
der schützenden und bakteriziden Lipoide aus.
Hebung der oxydativen Energie und Vermehrung der
bakteriziden Lipoide sind die Postulate für das thera-
peutische Vorgehen. Diese Postulate erfüllen von den bisherigen
Heilmethoden am besten die Heilstättenbehandlung und die Pneumothorax-
therapie. Tuberkulin wirkt als reaktiver Reiz auf die blutbildenden
Organe. Verf. versuchte das Lipoiddefizit des Organismus
durch subkutane Enjektion der bakteriziden Organlipoide
zu decken. Er verfügt über siebenjährige Erfahrung an 900 Fällen
von Tuberkulose verschiedener Organe. Die Lipoidinjektion führt zu
Zerfall der Bazillen, wodurch bedeutende Mengen von Bazilleneiweiss
frei werden, was durch Überschwemmung des Säftestromes mit Toxinen
zu Störungen der Abwehrkräfte des Blutes und raschem Fortschreiten des
Prozesses führen könnte. Bei progredienten Fällen ist daher eine vor-
sichtige Probeinjektion notwendig. Bei andauernder Temperatursteigerung
muss mit den Injektionen ausgesetzt werden. Schilderung der Methodik,
sowie der scheinbar meistrecht heftigen Herd- und Allgemein-
reaktion zwischen dem 6. und 12., sowie einer Nachreaktion ungefähr
216 Kongress- und Vereinsberichte.
am 21. Tage. Es werden dabei massenhaft verdickte, gequollene, unscharf
begrenzte Bazillen ausgeschieden. Nach einigen Injektionen vermindert
sich die Ausscheidung der Bazillen auffallend, welche Bilder von De-
generation aufweisen. Der Bazillenzerstörung folgt meist Besserung der
Krankheitserscheinungen. Fiebernde Fälle des I. und II. Stadiums ver-
loren ihr Fieber regelmässig, Fälle des III. Stadiums verhältnismässig oft.
Wechselrede:
Ernst Löwenstein: Dass den Much schen Präparaten eine weit geringere
therapentische Wirkung zugespruchen werden muss als den Koch’schen geht aus
folgenden Tatsachen hervor:
l. ist es ein Gesetz in der jamaa eir dass die Immunisierungsresultate
um so schlechter sind, je mehr das Krankheitsagens durch chemische Eingriffe
verändert ist, also weniger Antigen in der Behandlungsflüssigkeit vorhanden ist.
Durch die Much’sche Behandlung des Tuberkelbazillus können ja nur Heilfaktoren
aus demselben verschwinden, keinesfalls aber dazutreten.
2. Much selbst muss zugeben, dass die spezifische Substanz des Tuberkel-
bazillus in lipoidlösenden Mitteln weder völlig löslich, noch völlig fällbar ist;
es ist also auch die 'I’rennung dieser drei Fraktionen völlig unberechtigt.
3. Der Antigengehalt der Koch’schen Präparate ist exakt bestimmbar durch
Auswertung am tubeıkulösen Meerschweinchen; bei den Much’schen Präparaten
sind wir auf die Angaben der Autoren über den Heilwert des Präparates an-
gewiesen; eine objektive Prüfungsmethode gibt es nicht.
4. Das ganze System der Much schen Theorie berubt auf der Prüfung des
Reaktionsbildes der Haut bei intrakutaner Injektion. Auf die Gefahr, aus diesem
Reaktıionsbilde etwas herauszulesen hat Sorgo hingewiesen.
5. fehlt auch jetzt noch jeder Beweis für die therapeutische Wirkung.
Redner warnt nachdrücklichst sich von dem durch Robert Koch
vorzgezeichneten Wege durch gekünstelte, jeder experimentellen
Begründung entbehrende Tatsachen abdrängen zu lassen.
Edmund Hoke-Komotau: Die diarnostische Impfung mit den Partial-
antigenen zeigt nicht immer d.e tür aie Behandlung geeignete Dosis nn. Immuni-
tärszustand der Lunze und der Haut »ind nicht ohne weiteres vergleichbar. Mit
Quarzlampe be-trahlie hyperäm:sche Haut ist. gegen Partialantigene hypuallergisch,
Haut über tuberkuwiö-en Diü-en kann hıyperällergisch sein.
Emil Adler-Salzburg verfügt über &0 mit M.Tb.R. behandelte Fälle und sah
gute Besserung des Allgemeınbefindens, besonders Gewichtszunahmen,
dagegen nie einen in die Augen springenden Einfluss auf die ört-
lichen Krankheitsherde, besonders in den Lungen. Tuberkelbazilien
schwinden sch-inbar schneller als sonst aus dem Sputum.
Ludwig Wick bericht-t über Versuche mit der Partialantigenbehandlung
aus dem Krirgsspital I. In einze ven Fallen waren unzweifelhafte Erfo!ge vor-
handen. Auf die Bemeikunz Müller's zurückgreifend, dass die Strahlenıherapie
die Reaktionsfäh'zke:it eihöht und mit der Anwendung spezifischer Mittel ver-
bunden werden kann, plädiert Regner für die Schatting einer grossen Heilstätte
im Süden, neben den Kionlindsheiistiitten.
Müller (Schlusswort): Polemik gegen Löwenstein.
Um Eınsendung von Mon ogr ap Men und Büchern n an — Redakteur Dr. G. Sch rader,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
. — — — — m — — ——
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Rt. a — — —
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder
Ärztlicher Direktor des Allgem. o. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg,
Hambprg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg.
Redaktion: Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch,
Dirig. Arztder Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig,
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. Dörrienstr. 16.
12. Jahre. Ausgegeben am 31. August 1918. Nr. S.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Archer 240. t Flesch, L. 227. Lindemann, A. Ch. 235. ' Schiemann, O. 230.
Balint. R. 225x, 229. . Flöreken 236. Lubarsch 219. ı Schiff, A. 248.
Bang, 3. 226. | Friedrich 242. - |! Mandl 225. | Schmittmann 232,
Barthel 236, 237. Glaessner, K. 248. Meyer 243. | Schönfeld, W. 219.
Bayer, H. 223. Goldscheider 234. ; Moro 223. | Schröder 226.
Berger 240. | Gottstein 240. | Neisser 242, 244. ‚ Schultzen 242,
Bergstrand, H. 220. Grau, H. 235. | Neufeld, F. 230. ; Schwab, J. B. 225. e
Bielefeldt 232. Hamburger 223, Nöhring 228. ‚ Sorgo 218,
Bier 241. Hansen 243. Oertel 233. | Steinberg 242.
Bochalli 244, 247. Havenstein 233. Pannwitz 246. : Steruberg, M. 248.
Boit, E. 227. Harzer 236. _ — V. 237. ' Suranyi, E. 230.
v. Bókay. A. 229. v. Heimburg 241. ' Petruschky 242. Teleky, L. 227.
Brecke 245. van de Kasteele, R. P. ' Piéry 220. . Thedering 232.
Carol, W. L. L. 224. 224 : Pruszynski 234. ‚ Ulriei 245.
Curschmann 245, 2147. Klare 234. ‚, Pütter 244. ‚ Volkmar 223.
v. Dalmady. Z. 228. Kobert, R. 225. Pynappel 239. Vorhoeve, N. 225.
Deelman. H. T. 222. Koopman, J. 221. ‚ Rabnow 241. i Wederhake 230.
Dekker, C. 23%. Kosteletzky 297. ' Reche 245. . Wehmer 248.
Dohm 230. ' Kraemer 24>. ! Sajet, B. H. 221. ı Weiss, M. 248.
Effler 231, 232. | Leitner, Ph. 225. | Saltet, R. H. 222. Wengler 23%.
Finder 243. ı Liebe, G. 231, 234, 235. | Scharl, P. 231. Wolff 248.
Ziegler 245, 246.
I. Referate.
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Nummern der Referate.)
a) Allzemeine Pathologie und pathologische | b) Ätiologie und Verbreitung.
Anatomie. 386. Koopmann, Bijdrage hot de kennis
van do actiologie der sclerodermie. -- 387. Sajet,
Tuberculosesterfte in Nederland gedurende den
mobilisatie tijd. — 383. Saltet, Sterftestatistick
der tuberculose in Nederland. — 389. Deel-
man. Kankeısterfte naast tuberceulosesterfte
in Nederland gedurende de lautst 30 jaren.
381. Sorgo, Einfluss der Immunisierung '
auf die Lungentuberkulose. — 312, Lubarsch, |
Generalisierto Xanthomatose bei Diabetes. —
383. Sehönfeld, Virulent» Tuberkelbazillen
in der Blutbahn bei Hauttuberkulosen naclı dia-
gnostischen Tuberkulinanwendungen und nach
anderen Bedingungen. — 38}. Bergstrand,
Ein Fall vermutlich kongenitaler Bronchieantasie |
mit tuberkelbazillenähnlichen säurefesten Stäb-
ehen im Sputum. — 355. Piery, Die wieder- |
holt auftretende tuberkulöse Pleuritis. |
c) Diagnose und Proznone.
390-393. Moro, Moro und Volkmar,
Hamburger, van de Kasteele, Ubor
diagnostische Tuberkuliuproben. — 394. Carol,
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 15
218
De waarde van de tuberculoide bouw vool de
dermatologische diagnose. — 395. Vorhoeve,
Paeudoniersteenen. — 3%. Schwab, Diazo-
reaktie eu Prognose bij kindertuberculose.
d) Therapie.
397. Leitner, Über Autoserotherapie. —
398. Kobert, Kieseisäure. — 399. Mandl,
Kalzium. — 400. 401. Nöhring, Schröder,
B IV. — 402, 403. Bang, Boit, Behandlung
der Lungenblutungen. — 404—406. Teleky,
Flesch, Bayer, Lorenz, Teleky, Vibro-
inhalation. — 407. Zoltanv.Dalmady, Die
klimatische Behandlung Lungenkranker. — 408.
Bälint, Behandlung lungenkranker Soldaten
in klimatischen Kurorten und Anstalten. —
409. Zoltän v. Dalmady, Die speziellen
Indikationen der verschiedenen Klimate in der
Tuberkulosetherapie. — 410. v. Bókay, Die
Organisation der balneoklimatotherapeutischen
Versorgung der Kriegsinvaliden in Ungarn. —
4il. Bálint, Die Behandlung lungenkranker
Soldaten in Kurorten.
e) Prophylaxe.
412. Wengler, Bekämpfung der Tuber-
kulose durch Schularzt und Lehrer. - 413.
Surányi, Bekämpfung der Tuberkulose in
den Dörfern. — 414. Dohrn, Organisation der
Tuberkulosebekämpfung in den kleinen Städten
und auf dem Lande. — 415. Neufeld und
Schiemann, Untersuchungen über einige
neue Kresolpräparate.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heinıe.
416. Tuberkulose - Fürsorge des Zentral-
komitees vom Roten Kreuz. — 417. Die Tätig-
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
P &
keit der Adolf vom Rath-Stiftung für Tuber-
kulöse. — 418, Liebe, Die Errichtung einer
Auskunfts- und Fürsorgestelle in Wetzlar. —
419. Scharl, Die Heilstättenbehandlung der
Lungentuberkulose. — 420. Effler, Fürsorge
und Therapie. — 421. Schmittmann, Die
Unterbringung Schwertuberkulüser nach denı
Kriere. — 422. Bielefeldt, Kinderfürsorge
der deutschen Landesversicherungsanstalten. —
423. Thedering, Soziale Lupusfürsorge —
424. Effler, Die Wohlfahrtsstelle West-
preussen. — 425, 426. Deutscher Zweigverein
Prag für Lungenkranke. Rechenschaftsbericht
über das 12. und 13. Vereinsjahr 1915—18 und
über 1917.
g) Allgemeinen.
427. Oertel, Die Mitarbeit der Kranken-
kassen im Kampf gegen die Tuberkulose. —
428. Dekker, Die Tuberkulosebekämpfung in
den Niederlanden Anfang 1916. — 429. Haven-
stein, Über Gewichtszunahme bei Lungen-
kranken im dritten Kriegsjahr. — 430. Klare,
Tuberkulose und Heilmittelschwindel. — 431.
Liebe, Anamnese — 432. Pruszynski,
Die wissenschaftliche Tätigkeit des Dr. A. von
Sokolowski. — 433. Goldscheider, Lungen-
tuberkulose und akademischer Unterricht. —
434. Richtlinien für die militärärztliche Be-
urteilung der Lungentuberkulose. — 435. Grau.
Lücken in der Tuberkulosebekämpfong. —
436. Lindemann, Wohifahrtskunde.
h) Grenzgebiete.
437-440. Flöreken, Barthel, Weder-
hake, Harzer, Lungeuschüsse. — 401.
Pauchet, Brust- (Rippenfell- und Lungen-)
Verletzungen.
U. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
8. J. Bartel- Wien, Pathogenese der
Tuberkulose. Anhang: W. Neumann-Wien,
Der Tuberkelbazillus. — 9. „Tuberkulose*. Or-
gan der Niederländischen Zentralvereinigung
zur Bekämpfung der Tuberkulose. i
III. Kongress- und Vereinsberichte.
8. 22. Generalversammlung des Deutschen
Zentral-Komitees zur Bekämpfung der Tuber-
kulose am 15. Juni 1918 in Berlin. — 9. Aus-
schuss-Sitzung des Zentral-Komitees zur Be-
kämpfunz der Tuberkulose am 15. Juni 1918 in
|
|
i
Berlin. — 10. Versammlung der Vereinigung der
Lungenheilanstaltsärzte am 16. Juni 1918 in
Berlin. — 11. K. u. K. Gesellschaft der Arzte
in Wien, Sitzung vom 1. März 1918.
I. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
381. Sorgo, Einfluss der Immunisierung auf die Lungentuber-
kulose.
Med. Klin. 1918 Nr.8.
Tuberkulöse besitzen nicht nur für Tuberkulin, sondern auch für
andere Bakterientoxine und für artfremdes Eiweiss überhaupt eine erhöhte
Empfindlichkeit, deren Stärke parallel geht der Empfindlichkeit für Tuber-
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 219
kulin. Es ist naheliegend, daran zu denken, dass eine aktive Immuni-
sierung tuberkulöse Herde im Sinne einer Exazerbation beeinflussen kann,
was aber noch nicht eine Schädigung zu bedeuten braucht. Verf. konnte
beobachten, dass tuberkulöse Herde durch Typhustoxin in derselben Weise
wie durch Tuberkulin zur Reaktion zu bringen sind. Schädigungen sind
demnach möglich, namentlich auch indirekt dadurch, dass der durch die
Impfung in Reaktion versetzte Herd noch mehr zum Locus minoris resi-
stentiae wird. Deswegen sollte man prinzipiell, um Schädigungen vorzu-
beugen, die mit Typhustoxin Schutzgeimpften einige Zeit, etwa zwei Wochen,
ruhen lassen. Rehs, Davos.
382. Lubarsceh, Generalisierte Xanthomatose bei Diabetes.
D. m. W. 1918 Nr. 18.
Verf. fand bei seinem Fall von besonders auch an den inneren
Organen, sehr ausgedehnter Xanthomatose als Nebeubefund ausser verkalkter
Tuberkulose einige bronchiale Lymphknoten, einen Tuberkel der Niere
und miliare Tuberkel des Knochenmarks (mikroskopisch) und kommt am
Schluss der Arbeit auf die Beziehungen zwischen Xanthomatose
und Tuberkulose zu sprechen. Sikemeier hat besonders auf die
Häufigkeit dieser Beziehung hingewiesen und glaubt, die in seinem Fall vor-
handene tuberkulöse Leberzirrhose für die Störung des Cholesterinstoff-
wechsels, die zur Xanthombildung führte, verantwortlich machen zu müssen.
Für die Erklärung dieses Zusammentreffens kann nach L. der Diabetes
nicht in Anspruch genommen werden, da gerade bei allen Fällen von
Sikemeier es sich nicht um diabetisches, sondern hepatisches odes ikteri-
sches Xanthom handelte. Nach ihm wird auch der Einfluss des Diabetes
auf den Verlauf der Tuberkulose stark überschätzt; L. fand unter 40 Fällen
von Diabetes 23 mal alte Tuberkulose; nur zweimal war es überhaupt zu
einer einigermassen starken örtlichen Ausbreitung und nur einmal zu rasch
fortschreitender ulzerösen Tuberkulose gekommen, und iv diesem Fall be-
stand starke Lypämie. In dieser Überschwemmung der Körperflüssigkeiten
mit lipoiden Zerfallsstoffen beim generalisierten Xanthom einmal, und in
der Verlangsamung des Saftstroms sieht L. eher die Beziehung zur Tuberku-
lose: diese mag das Liegenbleiben in den Säftestrom hineingelangter
Tuberkelbazillen begünstigen, die erstere ihre stärkere Vermehrung.
C. Kraemer II.
383. W. Schönfeld, Über virulente Tuberkelbazillen in der
Blutbahn bei Hauttuberkulosen nach diagnostischen Tuber-
kulinanwendungen und nach anderen Bedingungen. D. m. W.
1918 Nr. 15. |
Es wurden insgesamt 14 Fälle von Haut- und Schleimhauttuberkulosen
und Tuberkuliden untersucht; in jedem Fall wurde der Tierversuch ge-
macht, 24 Stunden nach jeder subkutanen Tuberkulingabe wurden 20 bis
40 ccm Blut auf mehrere Tiere verimpft. Bei 13 Fällen nun konnten
niemals T.B. im Blute nachgewiesen werden ; ebensowenig ist es gelungen,
deren Auftreten im Blut durch Tuberkulingaben hervorzurufen (Mobili-
sierung). Dagegen zeigte sich bei verschiedenen Versuchsreihen bei der
intrakutanen Tuberkulinprüfung eine Intrakutanreaktion, die nach Römer
und Joseph bei nichttuberkulösen Meerschweinchen niemals vorkommen
soll. Da aber alle Versuchstiere intraperitoneale Gaben von 0,5 bis 1,0
15*
220 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Tuberkulin anstandslos vertrugen, möchte Verf. als wahrscheinlich an-
nehmen, dass fragliche Intrakutanreaktionen bei Meerschweinchen nicht
beweisend sind, um so mehr, als sämtliche Tiere sich bei der: Verimpfung
ihrer Organe als tuberkulosefrei erwiesen.
Verf. kommt zu folgenden Schlüssen: Es ergibt sich aus den Unter-
suchungen, dass T.B. bei Hauttuberkulosen zum mindesten nicht häufig
im Blute vorkommen. Der auch bei Hauttuberkulosen zweifellos erfolgende
Übertritt von T.B. in die Blutbahn ist augenscheinlich sehr beschränkt,
und wahrscheinlich zeitlich noch mehr beschränkt als bei der Tuberkulose
innerer Organe. — Eine Mobilisierung von T.B. (nachweisbar durch deren
Übertritt in die Blutbahn) durch Tuberkulin in den üblichen diagnostischen
Dosen und durch intravenöse Gaben von Aur. Kal. cyanat. hat sich im
Tierexperiment bisher. nicht nachweisen lassen. — Ob eine atypische Intra-
kutanreaktion im Sinne von Römer und Joseph, sowie Selter nur
bei bestehender Tuberkulose vorkommt, erscheint nicht hinreichend erwiesen.
C. Kraemer II.
384. Hilding Bergstrand, Ein Fall vermutlich kongenitaler
Bronchiektasie mit tuberkelbazillenähnlichen säurefesten
Stäbchen im Sputum. Hygiea Bd. 80. 1918.
Verf. beschreibt einen Sektionsfall von Bronchiektasien bei einer
24jährigen Frau. Bei mikroskopischer Untersuchung zeigten die Lungen
das Bild einer eitrigen Bronchitis mit Bronchiektasien und bronchopneu-
monischen Abszessen, ebenso sekundäre, reparatorische Veränderungen.
Das elastische Gewebe zeigte eine hochgradige Atrophie. In dem Lungen-
gewebe kamen Gruppen von stecknadelkopfgrossen miteinander kommuni-
zierenden Hohlräumen, mit kubischem Epithel bekleidet und mit konzen-
trisch gelagerten, glatten Muskelfäden in der Wand, vor; diese Hohlräume
stehen mit umgebenden Lungenalveolen in Verbindung, aber nicht direkt
mit den, Bronchien, was auch durch Serienschnittuntersuchung hervorging.
Verf. sucht zu zeigen, dass diese Zystenräume kongenitale Missbildungen
sind, er lehnt dabei ihre mögliche Entstehung durch einen inflammatori-
schen Prozess in einer emphysematischen Lunge ab, ebenso ihre Natur von
umgewandelten ektatischen Bronchien. Die Missbildung kann möglicher-
weise durch das Annehmen einer fötalen Inflammation erklärt werden.
In Sputumpräparaten der Patientin kamen Massen von tuberkel-
bazillenähnlichen, säurefesten Stäbchen vor; infolgedessen war die klinische
Diagnose auf Tuberculosis pulmonum gestellt. Diese Stäbchen kamen auch
bei der Sektion in sehr grosser Menge in allen Teilen der Lungen vor.
Nach 2!/g Monaten hatten sie ihre Säurefestigkeit verloren und konnten
nicht mehr in dem Bronchialinhalt der in Kayserling’scher Flüssigkeit
aufbewahrten Lungen nachgewiesen werden; auch in Ausstrichpräparaten,
aufgehoben bei der Sektion, konnten sie nach dieser Zeit nicht mehr nach
Ziehl gefärbt werden. Der genannte Pilz, der am meisten einem Strepto-
thrix ähnelte, konnte in Kultur nicht erhalten werden; er war für Meer-
schweinchen und Kaninchen nicht pathogen. |
Arvid Wallgren, Upsala.
385. Piery, Die wiederholt auftretende tuberkulöse Pleuritis.
(Ref. La Presse med. 1916 Nr. 71.) M.m. W. 64. 1917 S. 511.
P. hat eine spezielle klinische und äusserst häufige Form von Lungen-
Ätiologie und Verbreitung. 221
tuberkulose beobachtet, die wiederholt auftretende tuberkulöse Pleuritis,
Merkmale: eine hauptsächlich im Bereich der Lungenfurchen gelegene Ent-
zündung des Rippenfells mit leichter kortikaler Pneumonie bazillärer Natur.
Objektiv ist die Erkrankung schwerer festzustellen; subjektiv sind Fieber
und Seitenstechen vorhanden. Der Anfall verbirgt sich oft auch unter
funktionellen Störungen wie Dyspepsie, Herzpalpitationen usw. und all-
gemeinen Störungen wie Anämie, Abmagerung. Auch kleine Lungen-
blutungen können auftreten. Der Verlauf ist gutartig. Die Heilung tritt
gewöhnlich in 3—4 Wochen ein. Es besteht aber Neigung zu Rückfällen.
Bredow, Ronsdorf.
b) Ätiologie und Verbreitung.
386. J. Koopman, Bijdrage tot de kennis van de aetiologie der
sclerodermie. Nederl. Tijdschrift voor Geneesk., 10. Aug. 1917.
Der Verfasser bespricht die verschiedenen Theorien über die Ätiologie
der Sklerodermie; er nennt vier Gruppen: Gefäss- und Nervenveränderungen,
die Drüsen mit innerer Sekretion und Infektion. Besonders wird die
Infektion mit Tuberkelbazillen als ätiologisches Moment eruiert. Reines
führte folgende Belege für die Verbindung zwischen Sklerodermie und Tuber-
kulose an: 1. sie gehen oft zusammen, 2. durch Tuberkulininjektion ver-
schlimmert sich der Prozess, 3. Einführung eines Stückchens kranker Haut in
den Peritonealraum eines Meerschweinchens lässt das Tier zugrunde gehen
an Tuberkulose. Der Verfasser bespricht nun eine eigene Beobachtung.
Der Schluss dieser Abhandlung ist, dass er die Sklerodermie als eine Krank-
heit sui generis ansieht, doch nur als ein Symptom, das im Verlauf einer
Infektion mit Tuberkelbazillen auftreten kann. Vielleicht kann es auch
als ein Symptom bei anderen Infektionskrankheiten und bei Störungen
der inneren Sekretion entstehen. J. Peerenboom.
387. B. H. Sajet, Tuberculosesterfte in Nederland gedurende den
mobilisatie tijd. Nederl. Tijdschrift v. Geneesk., 9. Juni 1917.
Der Verfasser beginnt mit der Mitteilung, dass die Tuberkulosesterblich-
keit 1916 erheblich zugenommen hat. Dies betrifft sowohl die Lungen-
tuberkulose als die verschiedenen anderen Formen der Tuberkulose. Die
Zabl für 1913 auf 100 stellend, gibt es statistisch für 1916 für das ganze
Reich die Ziffer 118. Amsterdam, Rotterdam und Utrecht zeigen eine
bedeutende Zunahme. Nur ’s Gravenhage macht eine Ausnahme mit
der Zahl 89. Die Abnahme fand statt in 1913—1914, seitdem war in
dieser Stadt ein Stillstand zu konstatieren. Die Sterblichkeit hat in den
letzten Jahren im allgemeinen abgenommen, also bedeutet dieser Stillstand
nur einen Rückgang. Rotterdam zeigt die ungünstigsten Ziffern, die Zunahme
war 30°%0. Weil nun die Sterblichkeit unter günstigen Umständen hätte
abnehmen sollen, ist die Menge der Kriegsopfer für 1916 sehr gross.‘
In Amsterdam hat die Sterblichkeit bei Lungentuberkulose der Männer
von über 40 Jahren zugenommen. Zwischen dem 20. bis 29. Jahr starben
mehr Frauen, indem die Sterblichkeitszahlen für die Zeit vom 10. bis
19. Jahr für Knaben und Mädchen dieselben waren.
Auf welche Ursachen muss die Zunahme nun zurückgeführt werden ?
Die Männer im Militärdienst leben im allgemeinen unter besseren Ver-
222 Ätiologie und Verbreitung.
hältnissen. Die Frauen aber haben grössere Sorgen für den Haushalt.
Die Unmöglichkeit einer guten Ernährung muss an erster Stelle als die
Ursache der Sterblichkeitszzunahme genannt werden. Die Lebensmittel sind
spärlich und teuer. Die Soldatenfrauen bekommen nicht mehr ihren Teil
des Lohnes vom Manne heimgebracht. Sie müssen zufrieden sein mit der
Summe, die ihnen von der Regierung gegeben wird. (Der Gehalt mancher
Soldatenfamilien ist heute grösser als vor der Mobilisation! — Ref.) Die
Ernährung wird also schlechter. Vom Gehalt muss ein sehr grosser Teil
zur Ernährung benutzt werden. Der Verfasser tadelt einigermassen die
dilettantische Auffassung des Kampfes wider die Tuberkulose. Er fordert
mit Nachdruck hinreichende Massnahmen, um diese Volkskrankheit zu
bezwingen.
Zu diesem Aufsatze bemerkt C. Dekker in der Nummer vom 26. Juni,
dass die Sterblichkeitskurve auch in normalen Zeiten Schwankungen zeigt.
Weil die Ursachen dieser Schwankungen bisher noch unbekannt sind,
achtet Dekker es für besser, mit der Beurteilung vorsichtig zu sein.
Antwort an C. Dekker von Sajet in der Nummer vom 30. Juni.
Die Zunahme der Tuberkulosesterblichkeit in den letzten Jahren bleibt eine
Tatsache. Sehr gross ist sie für 1916. Auch im ersten Vierteljahr von
1917 war die Sterblichkeit sehr gross, nämlich 193,7 pro 100000, indem
diese Zahl für 1914 179,3 betrug. Ausser der schlechten Ernährung wird
auch der Mangel an Wohnungen ein Faktor für die \Sterblichkeits-
zunahme sein. J. Peerenboom.
388. R. H. Saltet, Sterftestatistiek der tuberculose in Nederland.
Nederl. Tijdschrift v. Geneesk., 23. Juni 1917.
Dieser Verfasser weist auf die Schwierigkeiten einer guten Statistik
hin. Übereinstimmung wurde erst erreicht auf der Konferenz in Paris im
Jahre 1900, wo man die Batillon’sche Nomenklatur annahm. Seitdem
ist diese noch ein wenig modifiziert worden im Jahre 1909. Mit dieser
Methode kommt man für 1914 für die Tuberkulose auf eine Sterblichkeits-
zahl von 14,0 pro 10000. Diese Zahl hat 1916 zugenommen bis 16,8
pro 10000. Diese Zunahme betrifft die drei Rubriken: Lungentuberkulose,
Gehirntuberkulose und andere Tuberkulose. J. Peerenboom.
389. H. T. Deelman, Kankersterfte naast tuberculosesterfte in
Nederland gedurende de laatste 30 jaren. Nederl. Tijdschrift
v. Geneesk., 18. Okt. 1917.
Beide Krankheiten sind chronische; die Tuberkulose als Todesursache
ist leichter zu diagnostisieren als der Krebs. Der Verfasser gibt nun die
Sterblichkeitsziffern der beiden Krankheiten in den Perioden 1905—09,
1901—05 und 1911—15. Die der Tuberkulose zeigen eine bedeutende
Abnahme, zumal verursacht durch die allgemeinen hygienischen Verbesse-
rungen und die besonderen Massnahmen der Krankheit gegenüber. Die
Krebssterblichkeit hat in den letzten 30 Jahren allmählich erheblich zu-
genommen. Gerade weil die Tuberkulose infektiösen Ursptungs ist, war
die Abnahme durch die genannten Faktoren verursacht, mehr allgemein.
Die Krebssterblichkeit dagegen wechselt sehr und dieses Faktum wird dalıer,
obwohl die Infektiösität des Krebses aus anderen Gründen schon geleugnet
wird, als ein Beleg für die Unwahrscheinlichkeit der Übertragung von
einem Individuum auf das andere eruiert. J. Peerenboom.
Diagnose und Prognose. 223
c) Diagnose und Prognose.
390. Moro, Über den grossen diagnostischen Wert der negativen
Tuberkulinreaktion in der Kinderpraxis. M. m. W. 65. 1918
S. 396 — 397.
Da die sichere Beurteilung radiographischer Lungenaufnahmen bei
Kindern ausserordentliche Schwierigkeiten bietet, so geht M. in der Regel
so vor, dass er neben. der Röntgenaufnahme die Pirquetreaktion anstellt
und dieselbe bei negativem Ausfall 1—2mal wiederholt. Danach spricht
M. das entsprechende Urteil.
Die Frage, ob die negative Reaktion beweisend ist, bejaht M. Aus-
nahmen kommen vor während der Masern und vereinzelt bei anderen hoch-
fieberhaften Infektionskrankheiten, bei hämatogener Überschwemmung des
Organismus mit Bazillen, nach systematischen Tuberkulininjektionen und
bei hochgradig kachektischen Individuen. Die weitere Frage, warum dann
nicht häufiger in der Praxis von der kutanen Probe Gebrauch gemacht
wird, erklärt Verf. mit der mangelhaften Vertrautbeit mit der Technik und
Beurteilung der Pirquet ’schen Impfung, ferner mit der Überschätzung
anderer Methoden, mit dem Misstrauen gegen die Beweiskraft der Tuber-
kulinimpfung selbst und mit der weitverbreiteten Ansicht, dass die kutane
Tuberkulinprobe doch in allen Fällen positiv verläuft. Diese Ansicht
entspringt wahrscheinlich einer missverständlichen Auffassung der Statistik
von Hamburger und Monti, die — mit der weit empfindiicheren Stich-
reaktion am Proletariat der Stadt Wien ausgeführt — sich fast aus-
schliesslich auf Kinder zwischen 11. und 14. Lebensjahr bezieht und 94 /o
positive Resultate aufweist.
M. macht vor der Probe die Angehörigen darauf aufmerksanı, dass
die positire Reaktion nichts oder jedenfalls nicht viel bedeutet, während
es anderseits wichtig sei, eventuell eine negative Reaktion zu ermitteln.
Bredow, Ronsdorf.
391. Moro und Volkmar, Statistischer Bericht über 7000 Tuber-
kulinimpfungen. M. m. W. 65. 1918 S. 397.
An dem Heidelberger Material, das sich vielfach aus Landkindern
zusammensetzt, konnten bei den 10—14 jährigen nur 43,3 0/0, auf der Privat-
station sogar nur 33,3 °/o positive Pirquetreaktionen festgestellt werden —
im früheren Alter entsprechend weniger (s. Statistik). Ferner erwiesen sich
die Tuberkulinimpfungen z. B. bei Feststellungen von Anstaltsinfektionen
als wertvoll. Auch erweiterten sie die Erfahrungen über das Verhalten
der Tuberkulosefestigkeit jenseits des Kindesalteras.
Bredow, Ronsdorf.
392. Hamburger, Über den grossen diagnostischen Wert der
negativen Tuberkulinreaktion in der Kinderpraxis. (Bemer-
kungen zu den vorstehend angeführten Aufsatz Moro’s) M. m. W.
65. 1918 S. 539.
H. hebt wie Moro die grosse praktische Belewing einer negativen
Tuberkulinreaktion hervor. Zur Sicherheit empfiehlt H. spätestens nach
48 Stunden, nachdem die letzte Kutan- oder Perkutanreaktion negativ aus-
gefallen ist, die Heranziehung der exakteren Stichreaktion in der Weise,
dass man zuerst 1/10 mg und dann noch ev. 1,0 mg einspritzt. Auch
å
224 Diagnose und Prognose.
bezüglich des geringen Wertes des Röntgen-Hilusschattens stimmt H. un-
bedingt Moro zu. Bredow, Ronsdorf.
393. R. P. van de Kasteele, De diagnostische tuberkulinrraktie.
Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 15. Sept. 1917.
Als die beste Methode wird hier die intrakutane mit einer Verdünnung
1:10000 empfohlen. Als Reaktion entsteht die Papel, gewöhnlich ist
sie nach 48 Stunden am grössten. In der Grösse hat man ein Mass
für die Tuberkulinempfindlichkeit. Vorteil dieser Methode ist, dass die
Dosierung der Quantität Alttuberkulin genauer durchzuführen ist, auch dass
man besser weiss, was man tut, wenn man das Tuberkulin intrakutan
injiziert, als bei der Pjrquet’schen Reaktion. Die intrakutane Methode
erweist sich auch empfindlicher als die Reaktion von v. Pirquet.
Eine positive Reaktion deutet mit Sicherheit an, dass der Organismus
tuberkulös infiziert ist, obgleich man nicht sagen kann, ob eine latente,
eine anfangende oder eine heilende Tuberkulose besteht. Die negative
Reaktion zeigt die, möglicherweise nur vorübergehende, Abwesenheit von
Antistoffen, doch nicht die Abwesenbeit der Tuberkelbazillen.
Indem die Reaktion nur den Grad der Tuberkulinempfindlichkeit be-
stimmt, sagt sie für die Prognose nichts; man berücksichtige dabei den
allgemeinen Zustand des Organismus. |
Bei der Reaktion spielt die Haut eine aktive Rolle. Neue Injektionen
verursachen ein Wiederaktivwerden verschwundener Reaktionsstellen und
wenn man injiziert in oder in der Höhe einer Stelle, wo früher auch schon
eine Einspritzung gemacht wurde, so wird die Reaktion viel heftiger und
tritt eher auf. Die regionäre Überempfindlichkeit, wie Pisani sie ver-
teidigt, kann Verfasser nicht bestätigen.
Die aktive Rolle der Haut bei der diagnostischen Hautimpfung wird
angenommen und der Verfasser hebt die Möglichkeit hervor, dass die Haut
auch aktiv sein könnte bei der immunisatorischen Impfung mit Tuberkulin.
Er meint in diesem einen Beleg für die intrakutane Methode zu haben.
| J. Peerenboom.
394. W. L. L. Carol, De waarde van de tuberculoide bouw voor
de dermatologische diagnose. Nederl. Tijdschrift v. Geneesk.,
6. Okt. 1917.
Krankengeschichte eines Falles, in welchem die Diagnose auf Tubercu-
losis cutis colliquativa disseminata gestellt wurde. Dafür wurde auch die
Tierprobe verwendet. Verfasser stellt die Frage, ob man auch, wenn die
Tierprobe negativ gewesen wäre, auf Grund des histopathologischen Bildes
die Diagnose verteidigen kann. Er meint, dies bejahen zu können. Er
kommt zu folgendem Schluss: 1. Langhana’sche Riesenzellen und
tuberkuloider Bau kommen auch vor bei anderen Krankheiten als bei der
Tuberkulose, höchstwahrscheinlich ist der Tuberkelbazillus nicht immer die
Ursache, 2. der typische tuberkuloide Bau ist meistens bei der Tuberkulose
zu beobachten und behält seinen diagnostischen \Vert, 3. das typische hiato-
logische Bild unterstützt in einem bestimmten Falle die Diagnose, 4. das Nicht-
finden der Bazillen sowie ein negativer Tierversuch haben keine positive
Beweiskraft und 5. die Langhans’schen Riesenzellen, obwohl sie nicht
spezifisch für die Tuberkulose sind, fordern zur weiteren Forschung dieser
Krankheit auf. J. Peerenboom.
Therapie. | 225
395. N. Vorhoeve, Pseudoniersteenen. Nederl. Tijdschrift v.
Geneesk., 12. Mai 1917. |
Mit Pseudonierensteinen deutet man gegenwärtig Gegenstände oder Ge-
webe an, deren Schatten innerhalb des Nierenradiogrammes fällt und mehr
oder weniger einem Nierensteine ähnlich ist. Man findet sie als extra-
und intrarenale Pseudonierensteine. Extrarenale können im Darme liegen
oder durch einen Schatten eines von weichen Teilen bedeckten Lenden-
wirbels vorgetäuscht werden, ebenso können verkalkte Anhänge der Enden
der 12. Rippe ein einem Nierensteine ähnliches Bild geben. Auch Gallen-
steine und verkalkte I,ymphdrüsen können zu Irrungen führen. Als
Beispiel eines intrarenalen Pseudonierensteines nennt der Verfasser eine
tuberkulöse Kaverne mit verkalktem Käse im oberen Nierenpol, Der
Schatten war sehr eigentümlich wegen seiner geringen Dichte, unregel-
mässigen Form, wenig scharfen Umgrenzung und seiner besonderen Stelle
wegen. Ausserhalb des Schattens beobachtete man eine Rarefikation.
Nachdem die Diagnose auf eine tuberkulöse Kaverne gestellt war, fand
man auch Tuberkelbazillen im Urin. Die Niere wurde exstirpiert, und im
oberen Pol fand man die Kaverne, zum Teil mit käsigen Massen gefüllt.
Zu den intrarenalen Pseudosteinen rechnet man auch die, die auf Nieren-
griess zurückzuführen sind und auch Verkalkungen einer zusammengefallenen
Echinokokkusblase. J. Peerenboom.
396. Johanna B. Schwab, Diazoreaktie en Prognose bij kinder-
tuberculose. Nederl. Tijdschrift v. Geneesk., 31. März 1917.
Bei 100 Kindern mit verschiedenen Formen von Tuberkulose wurde
die Diazoreaktion gebraucht zur Beurteilung der Prognose. Diese Prüfung
erwies die Unsicherheit des Wertes dieser Reaktion. Die Urochromogen-
reaktion gab dasselbe Bild. Es wird also nicht bestätigt, dass diese letzte
Reaktion empfindlicher ist als die Diazoreaktion. J. Peerenboom.
d) Therapie.
397. Philipp Leitner, Über Autoserotherapie. Orvosi Hetilap
1918 Nr. 8.
Bei den tuberkulösen Pleuraexsudaten findet L. zweckmässig, in Inter-
vallen von 5—7 Tagen mittelst Punktion 110—200 cem des Ergusses
zu entfernen und gleichzeitig die Autotherapie in der. Weise anzuwenden,
dass von dem Exsudat vorerst 1 ccm, von der 2.—3. Woche der Bebandlung
an 1,5—2,0 cem dera Kranken subkutan einverleibt werden. Unter dem
Einflusse der Autosero-Therapie sinkt das Fieber gradatim, meist bis zur
Normalen, mindestens aber in die subfebrile Region. Hierbei zeigt sich
auffallende allgemeine Besserung: Hebung des Allgemeingefühles, des
Appetits, usw. Es kann im Notfalle versucht werden, mit Hilfe eines
Exsudates, welches von einem tuberkulösen, jedoch luesfreien Individuum
herstammt, sogar eine Heteroserotherapie auszuführen und zwar nicht
bloss bei tuberkulösen Pleuritidev, sondern auch bei Phthisikern.
D. O. Kuüthy, Budapest.
398. R. Kobert, Über kieselsäurehaltige Heilmittel insonderheit
bei Tuberkulose. Tuberculosis 16. 1917 Nr. 10 u. 11.
Eine eingehende und in mancher Hinsicht anregende Abhandlung
296 Therapie.
unseres bekannten Pharmokologen über die Rolle der Kieselsäure im
Organismus und ihre Verwendung zu Heilzwecken. Die Kieseleäure in
noch ‚unbekannter organischer Bindung ist ein regelmässiger Bestandteil
nicht nur aller bindegewebigen, sondern auch aller epithelialen Gebilde.
Bei der Tuberkulose ist die Fähigkeit, sie in der Lunge in genügender
Menge aufzuspeichern, vermindert. Dadurch verliert das Lungengewebe
seine Widerstandsfähigkeit gegenüber den zerstörenden Vorgängen (Ka-
vernenbildung). Gibt man solchen Kranken täglich mehrmals Kieselsäure
in wasserlöslicher Form, z. B. als Kieselwasser oder kieselsäurehaltigen
Teeaufguss ein, so wird die Widerstandsfähigkeit des Lungengewebes ge-
steigert und fibröse Schwielenbildung ermöglicht. Gleichzeitig wird durch
die zugeführte Kieselsäure eine heilsame Leukozytose angeregt. Beide
Vorgänge zusammen ermöglichen in manchen Fällen noch völlige Aus-
heilung, wo sonst keine Aussicht auf Wiederherstellung besteht. Tier-
versuche beweisen die Richtigkeit dieser Anschauungen. Die Kieselsäure
ist auch entgegen älteren Angaben nicht giftige. Kobert empfiehlt die
Kieselkur besonders für die Kriegszeit als gefahrlos und billig; sie muss
freilich monatelang fortgesetzt werden. Das wäre so schlimm nicht; wenn’s
nur mit der Empfehlung nicht so ist wie mit so vielen anderen Empfeh-
lungen! Indessen „Probieren geht über Kritisieren“. Meissen, Essen.
399, Mandl, Kalzium in der Therapie der Tuberkulose. Zschr.
f. Tbe. Bd. 28 H.5.
Verf. hat das Kalzium als Aqua calcis per os und als Klysma ge-
geben, ferner in 50/o Lösung intravenös. Es wird ohne Nebenerscheinungen
vertragen, stillt die Darrhöen und setzt die Schweisse herab. Bei Hämoptoe
wirkt es intravenös (5°/o Chlorkalziumlösung) augenfällig.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
400. Nöhring, Erwiderung an Schröder. Zschr. f. Tbc. Bd. 28
H. 5.
Polemik gegen Schröder, der „Nöhring’s B. IV“ als Ge.
heimmittel bezeichnet hat und seine Reklame beanstandet hat.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
401. Schröder, Entgegnung auf Nöhring’s Bemerkungen. Zschr.
f. Tbe. Bd. 28 H. 5.
Verf. weist schlagend die Berechtigung seiner Äusserungen über
„Nöhring’s B. IV“ nach.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
402. Sophus Bang, Zur Pathogenese und Behandlung der
Lungenblutungen. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 57. 1917 H. 1/2 S. 19.
Unter 354 vom Verf. beobachteten Initialblutungen bei Lungen-
tuberkulösen betrafen 69°/o Patienten während des Liegene, 15°/o nach
dem Aufrichten oder Aufstehen, und nur 14°/o ausserhalb des Bettes.
Kongestion und Stase spielen für die Pathogenese der Lungenblutung eine
weit grössere Rolle als Körperbewegung. Auch für die Behandlung ist
die bisher meist geübte strenge Immobilisierung unnötig und selbst schädlich,
da sie die Expektoration behindert. Es ist daher besser, die Kranken
ruhig aufsitzen und sich im Bette etwas bewegen zu lassen.
E. Leschke, Berlin.
Therapie. 227
403. E. Boit, Über die Behandlung der Lungenblutung mit
grossen subkutanen Kumpferöldosen. Beitr. z. Klin. d. Tbc.
37. 1917 H. 1/2 S. 95.
Subkutane Injektion von 10 ccm 10°/o Kampferöls setzt den Blut-
druck herab und bringt die Lungenblutung zum Stehen.
E. Leschke, Berlin.
304. L. Teleky, Erfahrungen mit dem Vibroinhalationsapparat.
W. kl. W. 1917 Nr. 36.
In der letzten Zeit wird in Wien viel Reklame vom „Vibro-
inhalationsinstitut“ gemacht, welches seine Apparate für verschiedene Er-
krankungen der Atmungsorgane, insbesondere auch für Lungentuberkulose
empfiehlt. Wirklich wissenschaftliche Arbeiten über den genannten
Apparat sind meines Wissens noch nicht erschienen (die Reklamearbeiten
des Chefarztes des Institutes können wohl nicht als solche bezeichnet
werden). Trotzdem wurde die Behandlung in diesem Institute von sehr
offizieller Stelle (Landesausschuss) begünstigt und auch Kassenpatienten
derselben zugeführt, während das Zentralkomitee zur Bekämpfung der
Tuberkulose in einem Aufruf „Korporationen, Vereine, in der Tuber-
kulosebekämpfung tätige Personen eindringlich davor warnt, auf Grund
derartiger Veröffentlichungen diese Methode als Ersatz für die bisher ge-
übten Methoden der Tuberkulosebehandlung und Bekämpfung anzusehen
und zur Tuberkulosebekämpfung bestimmte Geldmittel zur Unterstützung
dieser Methode aufzuwenden“. |
Deshalb erscheint es dankenswert, dass Teleky den Vibroinhalations-
apparat vorurteilsfrei geprüft hat. Sein ausserordentlich vorsichtig ge-
fasstes Urteil lautet, dasg er unter den von ihm beobachteten wenigen Fällen
keinen einzigen sah, bei dem auch nur mit Wahrscheinlichkeit ein günstiger
Einfluss der Vibroinhalation angenommen werden kann, wäbrend bei
einzelnen die Wirkung eine ungünstige gewesen zu sein scheint. Seine
Erfahrungen mahnen zur Vorsicht, gestatten aber wegen ihrer geringen
Zahl kein abschliessendes Urteil. Die von T. geschilderten Machinationen
des Institutes bei «der Überlassung des Apparates, usw. sind interessant
und mahnen, wie T. sagt, „dass man bei Versuchen mit dem Vibro-
inhalationsapparat auch noch nach anderer Richtung hin vorsichtig sein
soll“. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
405. Jul. Flesch, Meine Erfahrungen mit dem Vibroinhalations-
apparat. W. kl. W. 1917 Nr. 39.
Im Anschluss an den Artikel von Teleky veröffentlicht der Verf.
seine an 50 Fällen gesammelten Erfahrungen, wie folgt:
1. Bei einfachen feuchten Bronchitiden bewirkt die Vibroinhalation
meist Hustenreiz, Vermehrung der Expektoration, Verflüssigung des Se-
kretes, eine Art Mobilisierung der Sekrete.
2. Verminderung der Pulsfrequenz während der Inhalation, offenbar
durch Vagusreiz.
3. Steigerung der Atemfrequenz während der Inhalation, dabei per-
kutorisch nachweisbares Herabrücken der unteren Lungengrenzen, zugleich
merkliche Verkleinerung der Respirationsbreite (auch röntgenologisch nach-
weisbar).
228 | Therapie.
4. Viele Kranke klagen über Spannungsgefühl in der Brust und
Schmerzen am Zwerchfellansatz.
5. Bei Volumen pulmonum auctum wirkt die Inhalation wie Auf-
enthalt in Überdruckluft. Die Atmung wird zusehends kürzer und schwerer,
wie bei Thoraxstarre und hochgradigem Bronchialasthma; zweifellos infolge
Ansammlung von Residualluft, da die Elastizität der 'Alveolarwände in-
folge Überdebnung insuffizient wird (perkutorisch-auskultatorisch und
röntgenologisch nachweisbar.
6. Fiebernde Apizitiden reagierten mitunter mit Zunahme der Tem-
peratur und Blutbeimengung zum Sputum.
7. Die Hauptsache bei der Vibroinhalation bildet das mechanische
Moment, denn ein Unterschied, ob mit Luft allein, oder mit Menthol oder
anderen Medikamenten inhaliert wurde, war nicht nachweisbar.
8. Zweimal beobachtete Verf., dass schwertuberkulöse Kranke im
Anschlusse an die Vibroinhalation (in der Anstalt selbst) an abundanter
Lungenblutung erkrankten.
Zur Behandlung unkomplizierter Bronchitiden ist das Vibroinhalations-
verfahren als Anreger der Ausatmungsgymnastik und als Mobilisator der
Bronchialsekrete bestenfalls geeignet.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
-
406. Hugo Bayer, Zur Frage der Vibroinhalation.
W. Lorenz, Erfahrungen mit dem Vibroinhalationsapparat.
L. Teleky, Erwiderungen auf die Ausführungen H. Bayer’s
und W. Lorenz’. W. kl. W. 1917 Nr. 47.
Polemik des Leiters des Vibıoiuhalationsinstitutes und des Landes-
sanitätsrates gegen den Artikel Teleky’s (s. Ref. 404) und dessen Ent-
gegnung. N A. Baer.
407. Zoltán v. Dalmady, Die klimatische Behandlung Lungen-
kranker. Orvoskepees 1917, August.
Der auf einem Tuberkulose-Kurs für Militärärzte ab sehraliene Vor-
trag enthält unter anderm den sehr lesenswerten Satz: „Das Klima spielt
(in der Behandlung der Lungentuberkulose) nur insofern eine Rolle, in-
dem es einen üppigen J,uftgenuss sichern kann.“ Als das den Ansprüchen
der Praxis am meisten entsprechende Klima wird für Lungenkranke vom
Verf. das Höhenklima anerkannt. D. O. Kuthy, Budapest.
408. R. Bálint, Behandlung lungenkranker Soldaten in klima-
tischen Kurorten und Anstalten. Orvosk&pzes 1917, November.
Im Aufsatze befindet sich die Proposition zur Errichtung dezentrali-
sierter Tuberkuloseabteilungen im Bereiche der Komitats- und Städtischen
Krankenhäuser zum Zwecke einer dauernden Unterbringung unheilbarer
Schwindsüchtiger. Letztere würden dadurch — ein jeder nahe zur Heimat
— nicht den seelisch deprimierenden Eindruck eines Exsilium emplinden
und die Infektionsgefahr bliebe dabei doch bekämpft.
D. O. Kuthy, Budapest.
209. Zoltán v. Dalmady, Die speziellen Indikationen der ver-
schiedenen Klimate in der Tuberkulosetherapie. Budapesti
Orvosi Ujság 1918 Nr.4.
Dem sehr vernünftig-aufrichtigen Artikel D’s entnehmen wir folgende
Therapie. 229
Sätze: „Keine Gattung von Luft besitzt eine direkte Heilwirkung: weder
der „Salzgehalt“ der Seeluft, noch die duftenden Bestandteile der At-
mosphäre der Fichtenwälder, noch das Ozon verfügen über eine direkte
Wirkungskraft auf den tuberkulösen Prozess — bloss die Reinheit der
Luft ist ein Heilfaktor“ usw. Und im Resümee: „Die speziellen Indi-
kationen der einzelnen Klimate werden nicht von der Form oder von
dem Entwickelungsgrade der Tuberkulose bestimmt. Den einzelnen klinischen
Diagnosen und Stadien entsprechen keine besonderen klimato-therapeutischen
Indikationen. Bei dem Vorschlagen einer klimatischen Kur ist ausser der
Krankheit der Kranke selbst (Konstitution, Individualität usw.) zu berück-
sichtigen.“ D. O. Kuthy, Budapest,
410. Arpád v. Bókay, Die Organisation der balneoklimato-
therapeutischen Versorgung der Kriegsinvaliden in Ungarn.
Magyar Balneologiai Ertesitö 1917, November.
Insofern die Tuberkulose eine der häufigsten Ursachen, auch der
Kriegsinvalidität, bildet, ist der Artikel für uns von Interesse. Wir er-
fahren daraus, dass drei Faktoren sich vereinigt haben, um die Heilschätze
der Natur unseren Kriegsinvaliden zuteil kommen zu lassen: 1. das In-
validenfürsorgeamt des Königreichs Ungarn, 2. das ungar. Rote Kreuz
und 3. die Sanitätsleitung der Armee. Nr. 1 besitzt derzeit 18 Anstalten
(mit 16146 Betten), wovon 6 Anstalten teilweise oder ausschliesslich für
Tuberkulöse eingerichtet sind. Die Anstalt in Rozvahegy (Leiter: Dr.
Nikolaus Roth) besitzt 2100 Betten, davon 1300 für Tuberkulöse; die
in Bedzterezebönya (Leiter: Dr. Julius Benezur) hat 2400 Betten nur
für Tuberkulöse; die in Alsotabrafured, Unterschmecks (Leiter: Dr. Stefan
Pekanovich) besitzt 650 Betten ausschliesslich für Tuberkulöse, usw.
Diese Anstalten, deren Einrichtung laut den Ratschlägen Prof. Baron
Alex. Koranyi's geschah, enthalten nicht bloss eine kurative, sondern
auch eine bygienisch-erzieherische Wirkung und zeigten zugleich, dass
auch enorm grosse sanitäre Institutionen für Tuberkulose in Anstaltsform
den Erforderungen einer erspriesslichen hygienisch-diätetischen Therapie
entsprechen können. D. ©. Kuthy, Budapest.
411. R. Bálint, Die Behandlung lungenkranker Soldaten in Kur-
orten. Gyógyászat 1917 Nr. 46.
Vor allem sind zwei Kategorien der durch Lungentuberkulose In-
validen zu trennen: unheilbare und heilbare Tuberkulosen. Erstere, d. h.
die rasch progredienten destruktiven Fälle, sind in Anstalten aus pro-
phylaktischen Gründen usque ad finem vitae zu behalten, während bei
den kurablen Fällen schon eine durchschnittliche dreimonatliche Anstalts-
behandlung (laut Erfahrungen z. B. der Anstalt des ungarischen Invaliden-
fürsorgeamts in Rozvahegy) namhafte Resultate zu geben imstande ist.
Offene Tuberkulosen, die meist eine bedeutend längere Anstaltsbehandlung
erfordern, mögen als solche in ihre Heimat nicht zurückgelassen werden.
(Nach einem jüngst erschienenen Ministerialerlass des ungarischen Mini-
steriums des Innern können offene Tuberkulosen bloss in dem Falle
heimgeschickt werden, wenn die vorhergehende Untersuchung lehrt, dass
der betreffende genügend wohlhabend ist, um zuhause ein separates Wohn-
zimmer und entsprechende Pflege zu bekommen. Auch unter diesen
günstigen Verhältnissen erstreckt sich auf ihn die Kontrolle der hygienischen
230 Prophylaxe.
Behörden und stellt es sich heraus, dass seitens der Kranken oder der
Angehörigen den nötigen prophylaktischen Massregeln nicht Genüge geleistet
wird, so hat die Behörde das Recht, den Kranken zwangsweise in An-
staltsbehandlung zu überweisen. Ref.) D. O. Kuthy, Budapest.
e) Prophylaxe.
412. Wengler, Die Bekämpfung der Tuberkulose durch Schul-
arzt und Lehrer. Zschr. f. Medizinalbeamte 1918 Nr. 8.
Eine Aufforderung an die Lehrer, durch Beobachtung der Kinder vor
allem die tuberkulose verdächtigen Individuen herauszufinden und
diese dann zur Untersuchung dem Schularzt zu überweisen. Für eolche
Kinder mit Tuberkulose-Anlage soll eine Schulspeisung eingerichtet werden.
P. Weill, Beelitz.
413. Eduard Surányi, Zur Frage der Bekämpfung der Tuber-
kulose in den Dörfern. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 24.
Staubbekämpfung, Wohnungshygiene, rationelle Einteilung der Ar-
beitszeit in der Saison der landwirtschaftlichen Arbeit usw. und vor allem
Volksaufklärung durch Zusammenwirken von Gemeindeärzten, Notären
und Schullehrern werden — nicht das erstemal, dennoch nicht über-
flüssigerweise — uns als Waffen der Dorftuberkulose vorgeführt.
D. ©. Kuthy, Budapest.
414. Dohrn, Zur Organisation der Tuberkulosebekämpfung in
kleinen Städten und auf dem Laude. Tuberculosis 1917 Nr. 8.
Dohrn, Kreisarzt in Hannover, fordert zunachst auch für ländliche
Kreise eine bestimmte unentgeltliche ärztliche Sprechstunde. Dem Arzt
zur Seite soll die Fürsorgeriu stehen, die die Hilfsbedürftigen aus ihrem
Bereich der Fürsorgestelle zuführt. Auf dem Lande kann die Fürsorge-
schwester zugleich die Säuglingsfürsorge übernehmen, da die Gefahr einer
Verschleppung der Tuberkulose bei einer geschulten Fürsorgerin sicher
auszuschliessen ist. Der Fürsorgearzt soll zugleich Schularzt sein, und
die Fürsorgerin muss an den schulärztlichen Untersuchungen teilnehmen.
Ferner hält D. die Anstellung eines Schularztes zur wirksamen Tuber-
kulose-Bekänpfung auf dem Lande für dringend erforderlich. Um die
Mittel für diese Aufgabe zu beschaffen, empfiehlt er „Elternabende“, d.h.
nicht bloss einen ärztlichen Vortrag über die Tuberkulose- Bekämpfung,
der nur wenig Zuhörer finden würde, sondern eine Feierlichkeit mit Ge-
sangsvorträgen und Gedichtaufsagen der Kinder, einen Lichtbilder-Vortrag
des Arztes und kaltem Büffet am Schluss, für das die Fürsorgeschwester
freiwillige „Beiträge“ sammelt, die dann zum Besten des Zwecks verkauft
werden. Er hält es für leicht, trotz hohen Eintrittsgeldes, auf diese Weise
einen dichtgefüllten Saal zu bekommen, und wird recht haben, wenn
Arzt und Fürsorgerin so sind wie sie sein können, aber leider nur selten sind.
Der kurze Aufsatz ist aber jedenfalls sehr lesenswert und anregend. '
Meissen, Essen.
415. F. Neufeld und 0. Schiemann, Untersuchungen über
einige neue Kresolpräparate. Zschr. f. Hyg. Bd.S5 H.2 8.193.
Die neuen Mittel Betalysol und Kresotinkresol sind brauchbare,
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, 'Tuberkulusekrankenhäuser u. -Heime. 23]
wenn auch nicht vollkommene, Ersatzmittel für Kresolseifenlösung. Das
erstere wirkt ebensogut wie ein gutes Lysol, das zweite war erheblich
schwächer. In 3°/oiger Lösung töten beide Mittel widerstandsfähige Bak-
terien ohne Sporen innerhalb 2 Stunden ab, desgl. Kleiderläuse in 1 Stunde.
In 5%o iger Lösung sind die Präparate wegen der verminderten Lös-
lichkeit nicht zu verwenden. Zur Händedesinfektion ist nur Betalysol
brauchbar, da das andere stark reizt und die Hände braun färbt.
Beide Präparate erwiesen sich als besser wie Phenolut, da dies aus
verschiedenen Schichten von ungleicher Wirkung besteht. Schmitz.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
416. Tuberkulose-Fürsorge des Zentralkomitees vom Roten Kreuz.
Elfter Bericht über die Tätigkeit des Tuberkuloseausschusses der
Abteilung für Kriegswohlfahrtspflege. Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 H.2.
Es wurden 618 Hilfesuchende mündlich abgefertigt, 430 Gesuche
schriftlich beantwortet. Für 177 Kranke wurden die Kurkosten über-
nommen. An Geldunterstützungen wurden für Fürsorgestellen 1800 Mk.,
für Freibetten in Heilstätten 30091 Mk. — für Unterstützungen 17177 Mk.
ausgegeben. Tachau, Heidelberg.
417. Die Tätigkeit der Adolf vom Rath-Stiftung für Tuberkulöse.
Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 H. 4.
Es wurden 25600 Portionen an 669 Familien unentgeltlich ver-
abfolgt. Die Ausgaben für Nahrungsmittel betrugen 28690 Mk.
Tachau.
418. G. Liebe, Die Errichtung einer Auskunfts- und Fürsorge-
stelle für Tuberkulöse in Wetzlar. Denkschrift.
Unter Berücksichtigung der bisher in der Literatur festgelegten Er-
fahrungen über das Tuberkulose-Fürsorgewesen bespricht Verfasser aus-
führlich Aufgabe und Organisation einer Tuberkulose-Fürsorgestelle, wie
sie im Kreise Wetzlar eingerichtet werden soll. Es wäre wünschenswert,
dass die als Handschrift gedruckte Denkschrift weiteren Kreisen, die sich
mit der Fürsorgetätigkeit befassen, zugänglich gemacht würde, da die
umfassende Arbeit bei der Einrichtung von Fürsorgestellen vielerlei An-
regungen geben könnte. © Klare, Scheidegg.
419. Paul Scharl, Die Heilstättenbehandlung der Lungentuber-
kulose. Orvoskepzes 1917, August.
Der auf einem Tuberkulose-Kurs für Militärärzte gehaltene Vortrag
bebandelte vor allem die Prinzipien und Indikationen der Sanatorien-
Behandlung, dann meritorisch die hygienisch-diätetische Therapie, weiter
die symptomatische Behandlung Lungenkranker in Heilanstalten.
D. OÖ. Kuthy, Budapest.
420. kEffler, Fürsorge und Therapie. Tuberculosis 1917 Nr. 12.
‘ Allgemeine Betrachtungen über das Verhältnis von Fürsorge und
Heilbehandlung bei der Tuberkulose; auch allgemeine Vooschläge, die aber
wesentlich Neues nicht bringen. Meissen, Essen.
232 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heinie.
421. Schmittmann, Die Unterbringung Schwertuberkulöser
nach dem Krieg. Tuberculosis 1917 Nr. 12.
Sch. behandelt diese sehr wichtige und bedeutsame Frage sehr klar
und übersichtlich. Als beste und bewährteste Form der Versorgung solcher
Schwerkranker empfiehlt er mit Recht das Spezialkrankenhaus für Lungen-
leidende aller Stadien. Man muss aber noch einen Schritt weiter gehen
und die möglichst baldige Errichtung von besonderen Tuberkulosekranken-
häusern für alle Formen und Stadien von Tuberkulose fordern: das ist
ein ausserordentlich segensreiches und erstrebenswertes Ziel! Es ist nur
bedauerlich, dass wir solche Tuberkulose-Krankenhäuser nicht schon längst
in viel grösserer Zahl haben. Alle grossen Städte haben ein dringendes
Interesse, solche zu schaffen, schon zur Entlastung der vorhandenen
Krankenhäuser, vor allem aber zu Nutz und Frommen der Kranken, nament-
lich der Schwerkranken und ihrer Umgebung. Meissen, Essen.
422. Bielefeldt, Kinderfürsorge der deutschen Landesversiche-
rungsanstalten. Tuberculosis 1917 H. 5.
Der bekannte und verdiente Verfasser, Direktor der Ländesver-
sicherungsanstalt der Hansastädte, gibt eine Übersicht über die vorbeugenden
Massnahmen der Landesversicherungsanstalten für das Kindesalter. Auch
der furchtbare Krieg hat die zielbewusste und stetige Entwickelung dieses
Zweiges der Arbeiterversicherung nicht wesentlich gehemmt. B. zeigt an
dem Muster des Sanatoriums Gross-Hansdorf, das von den Hansastädten
ins Leben gerufen ist, wie erfreuliche und bedeutungsvolle Erfolge auf
diesem Wege bei den Kindern erreicht werden können. Gross-Hansdorf
scheint freilich mustergültig eingerichtet und geleitet zu sein.
Meissen, Essen.
423. Thedering-Oldenburg, Soziale Lupusfürsorge. Tbe.- Fürs.-
Bl. 1918 Nr. 3.
Die moderne Lupusbehandlung, Finsenbestrahlung, Kupferbehandlung
nach Strauss, Röntgen- und Sonnenbestrahlung wird gemeinverständlich
dargestellt. Die Hauptforderung der Lupusbekämpfung ist aber die Sorge
für die Kinder tuberkulöser Eltern. Wenn wir den Lupus als Volks-
krankheit wirksam bekämpfen wollen, müssen wir uns der skrofulösen
Jugend annehmen. Die öffentliche Tuberkulosefürsorge muss auf diese
Kinder ansgedehnt werden, sie müssen in gesunde Verbältnisse (Kinder-
krankenhäuser) verpflanzt werden, auch nach der Heilung jahrelang über-
wacht werden, Herm. Tachau, Heidelberg.
424. Effler, Die Wohlfahrtsstelle Westpreussen. Tbec.-Fürs.-Bl.
1918 Nr. 3.
Das Nebeneinander vieler voneinander unabhängiger, auf verschie-
denen Gebieten tätiger Wohlfahrtseinrichtungen führt zu Missständen.
Zusammenfassung aber dieser Einrichtung zu einer provinzialen Wohl-
fahrtsstelle, die sich am Sitze des Regierungspräsidenten befinden soll, ist
unbedingt nötig. Herm. Tachau, Heidelberg.
425. Deutscher Zweigverein Prag für Lungenkranke. Rechen-
schaftsbericht über das XII. u. XIII. Vereinsjahr 1915—16.
In den Jahren 1915 und 1916 standen in Vereinspflege 86 Familien
— —
Allgemeines. 233
mit 125 Personen. In der Heimstätte Wran' waren an 164 Tagen im
Jahr 1915 106 Kranke und im Jahr 1916 vom 20. 3.—31. 10. 74 Kranke
untergebracht. Neu war im Berichtsjahr die Errichtung einer Fürsorge-
stelle für Lungenkranke in Prag. Klare, Scheidegg.
426. Deutscher Zweigverein Prag für Lungenkranke. Rechen-
schaftsbericht über das XIV. Vereinsjahr 1917.
Infolge der Schwierigkeiten der J,ebensmittelbeschaffung musste die
Heilstätte Wran geschlossen werden. Erfreulicherweise konnte dagegen
die Prager Fürsorgestelle weiter ausgebaut und mit allen Neuerungen
(Röntgenapparat, Höhensonne) versehen werden. Ein festbesoldeter Für-
sorgearzt wurde angestellt. Von Mitte Mai bis Ende Dezember suchten
417 Kranke die Fürsorgestelle auf, 55 Männer, 104 Frauen, 258 Kiuder.
Klare, Scheidegg.
g) Allgemeines.
427. Oertel, Die Mitarbeit der Krankenkassen im Kampf gegen
die Tuberkulose. Tuberculosis 1917 Nr. 6.
Anregende Darlegungen, ip welchen Richtungen die Krankenkassen
im Dienste der Tuberkulose-Bekämpfung sich zu betätigen in der Lage
sind. Die Reichsversicherungsordnung hat den Krankenkassen durch
8 363 Abt. 1 das Recht zugesprochen, nicht nur Massnahmen zu ergreifen,
die zur Wiederherstellung der Gesundheit des einzelnen Mitgliedes unbedingt
angezeigt erscheinen, sondern auch Kassenmittel für allgemeine‘ Zwecke
der Verhütung, also insbesondere für vorbeugende Massnahmen für die
Gesundheit der Gesamtheit oder eines grössten Teils der Kassenmitglieder
bereitzustellen. Die Krankenkassen sind also gesetzlich durchaus in der
Lage, noch erheblich mehr zu tun als bisher, durch öffentliche belehrende
Vorträge, gute Merkblätter, Einrichtung von Fürsorgestellen, Kuren in
Heilstätten und dergl. Meissen, Essen.
428. ©. Dekker, Die Tuberkulosebekämpfung in den Nieder-
landen Anfang 1916. Tuberculosis 1917 H. 2.
Übersicht über den Stand der Tuberkulose-Bekämpfung (Heilstätten,
Fürsorgestellen usw.) in Holland. Dekker ist Sekretär der Nieder-
ländischen zentralen Vereinigung gegen die Tbe. Die Kriegszeit wirkte
bereits ungünstig auf die Verhältnisse, besonders durch die gesteigerten
Kosten, obwohl der Bericht sich auf die Zeit bis Anfang 1916 bezieht. Es
geschieht aber, was irgendwie möglich ist, um die Bestrebungen hochzuhalten.
Die Tuberkulose-Sterblichkeit zeigte eine kleine Zunahme, die vielleicht
auf den Krieg zu beziehen ist. ! Meissen, Essen.
429. 'Havenstein, Über Gewichtszunahme bei Lungenkranken
= im dritten Kriegsjahr. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 4.
Bei 50 Kranken betrug die Gewichtszunahme für Stad, I: 6,89 kg,
Stad. II: 5,07 kg, Stad. III: 5,59 kg für ein Vierteljahr. Die Kranken
erhielten erhöhte Milch-, Fleisch- und Butterrationen. Eine Erhöhung des
Gewichtes wurde wohl auch dadurch erzielt, dass die Liegezeiten verlängert,
die Spaziergänge verkürzt wurden.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 16
234 Allgemeines.
430. Klare, Tuberkulose und Heilmittelschwindel. Zschr. f. Tbe.
Bd. 28 H. 4.
Zusammenstellung, die im Original nachgelesen werden muss,
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerawalde.
431. Liebe, Die Anamnese. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 37. 1917 H. 1
S. 71.
Jeder Mensch sollte ein Gesundheitsbuch führen, in das von Kind-
heit an alle Erkrankungen und ärztlich wichtigen Befunde eingetragen
werden. Schulärzte und Kassenärzte, Militär- und Hausärzte müssten
angehalten werden, die Eintragungen kurz, aber sachlich zureichend zu
machen. Damit ersparen sich die Ärzte gegenseitig die langwierige und
dennoch oft ungenaue Anamnese und haben für ihr therapeutisches Vor-
gehen von vornherein eine gesicherte Grundlage. Die Lektüre der Ab-
handlung, die die bereits mehrfach gemachten Vorschläge in dieser Richtung
(Frenzel, Pantsch, v. Holwede, Kühner, Trüper, Schreber,
Polz, Gottstein, Unverricht, Jaffe u. a.) ausführlich bespricht,
ist besonders zu empfehlen. Die Einführung eines solchen Gesundbheits-
oder Krankheitsbuches, die ja schliesslich keine unüberwindlichen Schwierig-
keiten mit sich bringt, wäre in der Tat dringend zu wünschen.
‚E. Leschke, Berlin.
432. Pruszynski, Die wissenschaftliche Tätigkeit des Dr. A.
von Sokolowski. Beitr. z. KU. d. Tbc. 37. 1917 H. 3 S. 99.
Die Arbeit leitet das 3. Heft ein, das Sokolowski von seinen
Schülern zum 40jährigen Doktorjubiläum gewidmet worden ist.
E. Leschke, Berlin.
433. Goldscheider, Lungentuberkulose und akademischer
Unterricht. Zschr. f. Tbc. Bd. 29 H.1.
Verf. wendet sich gegen die Forderung eigener Lehrstühle für Tuber-
kulose; im wesentlichen handelt es sich um eine bessere diagnostische
Vorbildung der Studenten auf diesem Gebiete, die am besten in der
inneren Klinik erfolgt. Zu erreichen ist dies Ziel durch häufigere Vor-
stellung von tuberkulösem Krankenmaterial, vielleicht in obligatorischen
Kursen. Ebensowenig wie auf anderen Gebieten, die ein gewisses Mass
von Technik erfordern, kann in der Tuberkulosediagnostik und Therapie
in der kurzeu Zeit des Studiums Erschöpfendes geleistet.werden. Daran
würde auch der Tuberkulose-Lehrstuhl nichts ändern. Der klinische
Unterricht müsste sich allerdings mehr mit allen Tuberkulosefragen befassen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
434. Richtlinien für die militärärztliche Beurteilung der Lungen-
tuberkulose. Erlass des Kriegsministeriums.. Zschr. f. Te.
Dd.28 H. 6.
A. Erkennung der Tuberkulose.
Zur Diagnose Lungentuberkulose muss der Nachweis geführt werden:
1. dass der Untersuchte krank ist,
2. dass er an einem infiltrativen Prozess der Lunge leidet,
3. dass dieser Lungenprozess tuberkulöser Art ist,
4. die Ausdehnung des Krankheitsherdes in den Lungen,
Allgemeines. 235
5. Form der krankhaften Veränderungen,
6. Schwere des Krankbeitsverlaufes.
B. Beurteilung der Kriegsbrauchbarkeit,
Es ist zu berücksichtigen:
1. die Leistungsfähigkeit des Untersuchten, gemessen an den Leistungen,
die er in seinem Zivilberuf noch auszuführen imstande ist,
2. die Wahrscheinlichkeit einer Verschlimmerung durch den Heeres-
dienst, |
3. die Gefahr einer Weiterverbreitung der Krankheit durch Aus-
scheidung von Tuberkelbazillen.
C. Versorgung der im Heeresdienst an Lungentuberkulose Er-
. krankten.
1. Treten bei einem Heeresangehörigen Erscheinungen auf, die den
Verdacht auf Lungentuberkulose erwecken, so ist festzustellen, ob die
‚Krankheitserscheinungen tatsächlich durch Tuberkulose bedingt sind, ob
die Tuberkulose einer Behandlung bedarf, und ob sie von Einfluss ist auf
die Verwendungsfähigkeit des Kranken.
2. Liegt keine Dienstbeschädigung vor, so ist der Kranke zu entlassen ;
liegt eine solche vor, so ist eine Behandlung in geeigneten Lazaretten oder
Lungenheilstätten durchzuführen.
3, Für die Aufnahme in Lungenheilstätten eignen sich nur Fälle,
bei denen:
a) das Bestehen einer Lungentuberkulose sicher oder in hohem Grade
wahrscheinlich ist,
b) der Krankbeitsprozess nicht als völlig inaktiv anzusehen ist,
c) die Krankheit nicht soweit vorgeschritten ist, dass eine Wiederher-
stellung der Garnison- oder Arbeitsverwendungsfäbigkeit oder eine
wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht
zu erwarten ist. |
Die näheren Anweisungen sind im Original nachzulesen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
4356. H. Grau-Honnef, Lücken in der Tuberkulosebekämpfung.
Tbe.- Fürs.-Bl. 1918 Nr. 4.
Auch heute spielt die Verhütung einer Ansteckungsmöglichkeit, be-
sonders wenn es sich um Kinder handelt, eine grosse Rolle. Besonders
Personen mit offener Tuberkulose, die im Nahrungsmittelgewerbe tätig
sind, können grosses Unheil anrichten. Daher sollte, solange eine ge-
setzliche Meldepflicht nicht besteht, versucht werden, auf die Besitzer von
Molkereien und dergl. dahin einzuwirken,, dass sie ihr Persona! regelmässig
untersuchen lassen. Ebenso müssen Dienstmädchen und dergl., die mit
Kindern zu tun haben, überwacht werden, und schliesslich soll man An-
gehörige von Berufen, die erfahrungsgemäss häufig tuberkulöse Erkrankungen
im Gefolge haben, in regelmässigen Zwischenräumen zugleich untersuchen,
um beginnende Erkrankungen sofort aussichtsreich behandeln zu können.
Herm. Tachau, Heidelberg.
436. Anna Charlotte Lindemann, Wohlfahrtskunde Tbe.-
Fürs.-Bl. 1918 Nr. 4.
Die Kriegsjahre haben die Hochachtung vor den arbeitenden Frauen
gesteigert. Eine Hauptbetätigung der Frau ist die Wohlfahrtspflege. Das
16*
236 Grenzgebiete
Wissen, das zur Ausübung dieses Berufes nötig ist, muss zurzeit noch
mühsam zusammengesucht werden. Verf. erörtert die wichtigsten Wohl-
fabrtseinrichtungen. Herm. Tachau, Heidelberg.
h) Grenzgebiete.
437. Flöreken, Die Therapie von 62 Lungenschüssen im Feld-
lazarett, einige Komplikationen bei Lungenschüssen. M.m. W.
65. 1918 S. 148—150.
Bei der Therapie der Lungenschüsse soll man sich im allgemeinen
abwartend verhalten. Sofortige Eingriffe wurden bei bedrohlicher Blutung,
bei Spannungspneumothorax, beim offenen Pneumothorax und bei gefähr-
lichen Lungen-Bauchschüssen erforderlich. Die Prognose ist keineswegs
günstig. Dieselbe wird beherrscht durch eventuelle Infektionen. F. kann
nach seinen Erfahrungen der Ansicht Ritter’s, dass die Pleura auch
bei der Sepsis vollkommen steril bleibe, nicht zustimmen. l
Als praktisch wichtige Komplikationen der Lungenschüsse bespricht
Verf. die Perikarditis, Pneumonie und Tuberkulose. Bredo w, Ronsdorf.
438. Barthel, Steckschuss in der Lunge, Geschoss ausgehustet.
B. kl. W. 1918 Nr. 18.
Mitteilung der.Krankengeschichte eines Mannes, der vom 31. Januar
bis 4. August 1917 ein Infanterie-Geschoss in der Lunge hatte, das un-
regelmässige Beschwerden (Auswurf, Husten, Fieber) verursachte. Das
Geschoss wurde spontan mit dem Auswurf entleert.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
439. Wederhake, Zur Behandlung der Lungenschüsse. Med.
Klin. 1917 Nr. 33.
Verf. fasste seine Erfahrungen in folgenden Sätzen zusammen:
1. Die primäre Sterblichkeit der Lungenschüsse ist auch heute noch
sehr hoch, etwa 40°o. 2. Die sekundäre und tertiäre Sterblichkeit
ist gering, sie beträgt etwa 6°/,. 3. Exakte Lokalisationsdiagnose ist im
Anfange der Behandlung von grösster Wichtigkeit, daher ist möglichst
frühzeitige Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen zu empfehlen. 4. Der
Hämothorax soll punktiert werden. 5. Die Punktion soll nicht vor dem
5. Tage gemacht werden und darf im allgemeinen erst nach 5 Tagen
wiederholt werden. 6. Bei der ersten Punktion sollen 100 cem Punktat
nicht überschritten werden; es sei denn, dass bedrohliche Erscheinungen
dazu nötigen. — Ein Lungenverletzter stirbt selten an der Verletzung
der Lunge, sondern viel öfter an den Komplikationen der mitverletzten
Nachbarorgane. Rehs, Davos.
440. Harzer, Über die Infektion von Lungenschüssen mit an-
aeroben Keimen. M. m. W. 64. 1917 S. 1311—1314.
Eindeutige Fälle von Infektion der Lungen mit Gasbrandbazillen sind
bisher nicht beschrieben. H. hatte nun Gelegenheit, bei einem Fall durch
bakteriologische Untersuchung sowohl die Anwesenheit wie die Ansiedlung
anaërober Keime im Lungengewebe nachzuweisen. Nach der Untersuchung
H’s ist die Widerstandsfähigkeit des Lungengewebes gegenüber den bei
Lungeuschussverletzungen in die Lunge eingetretenen pathologischen
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 237
Anaörobiern keine so allgemeine wie bisher angenommen wurde. Die
Bakterien können sich in der traumatisch geschädigten Lunge ansiedeln
— besonders in nekrotischen Herden und in einem interstitiellen, vor-
wiegend adventitiellen und zirkumbronchialen Ödem in der Umgebung des
Schusskanals. Der hervorgerufene Entzündungsprozess zeigt progressiven
Charakter, der aber im Gegensatz zu dem rapiden Verlauf des Gasbrandes
im Extremitätenmuskel einen langsamen Verlauf hat.
Bredow, Ronsdorf.
441. Vietor Pauchet, Die Brust- (Rippenfell- und Lungen-) Ver-
letzungen. Nach einem Referat der M. m. W. 64. 1917 S. 1255
aus Presse médicale 1917 Nr. 23.
Von diesen Brustverletzungen sterben die Mehrzahl: 30 °/, unmittelbar,
20°, in der Ambulanz, andere etwas später. P. unterscheidet je nach
der Verletzung, schwere, mittelschwere und leichte Fälle, bezüglich der
Behandlung solche, wo unmittelbarer und wo späterer Eingriff notwendig
ist. Bezüglich sofortiger Operation sind Allgemeinzustand, Bekämpfung
des Schocks, Blutung, Infektion zu berücksichtigen. Bei offenen Ver-
letzungen ist oft ein unmittelbarer Eingriff angezeigt,. bei geschlossenen
nur Ruhe und einfache Beobachtung. Die Nachbehandlung wird darin
bestehen, die Kräfte des Kranken zu heben, Lungengymnastik, wenn mög-
lich mittels pneumatischer Kammer, zu treiben, den Beginn der Eiterung
zu überwachen, bei eingekapselter eitriger Pleuritis den Pleuraschnitt zu
machen. Bei operativen Eingriffen ist die paravertebrale Anästhesie, wie
überhaupt in der Chirurgie der Lunge, die Methode der Wahl.
’ Bredow, Ronsdorf.
Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
8. J. Bartel-Wien, Pathogenese der Tuberkulose. Anhang: W. Neu-
mann-Wien, Der Tuberkelbazillus. Verlag von Urban und Schwarzen-
berg, Berlin-Wien 1918. 80 Seiten. Preis 5 M.
Bei den Fortschritten, welche unsere Kenntnisse von der Tuberkulose in den
letzten Jahrzehnten gemacht haben, ıst es sehr dankenswert, dass ein so erfah-
rener Kenner der Pathologie der Tuberkulose wie Bartel in kritischer Weise
das zusammenstellt, was jetzt als bleibend in der Lehre der Pathogenese der
Tuberkulose angesehen werden kann.
Wir stehen nicht mehr auf dem Boden der orthodoxen Bakteriologie, die nur
den Bazillus und sein Wırken kannte. Diese krasse Lehre ist überwunden. Das
Bild der Pathogenese der Tuberkulose wird beherrscht von Immunitätsproblemen
und dem Konstitutionsbegriff. Ihre Wechselbeziehungen zu dem Wirken des Er-
regers beherrschen die Morphologie der Krankheit, die sich in zeitlicher Auf-
einanderfolge von produktiven, nekrotisierenden und exsudativen Komponenten
äussert. Grundbedingung für das Entstehen typischer Tuberkulose sind der
Virulenzgrad des Bazillus und eine bestimmte Empfänglichkeit des von der In-
fektion betroffenen Organismus. Auf dem Boden dieser Lehre müssen dıe tuber-
kulösen Produkte, sei es, dass sie sich in Knötchenbildung, in Riesenzellen oder
exsudativen oder rein entzündlichen Vorgängen äussern, verstanden werden. Nach
Bartel ist die Riesenzelle auch nur ein Tuberkel, bei welchem die endliche Zell:
teilung ausgeblieben ist. Tuberkulöse Exsudate können, wie bekannt, in Ver-
238 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
käsung übergehen. Die Tuberkulose selbst ist als Granulationsgeschwulst, als
ein Granulom bedingt durch den spezifischen Erreger anzusehen. Wir wissen
jetzt auch, dass es rein tuberkulöse Exsudate gibt und dass die Tuberkulose
entzündliche Veränderungen machen kann, bei der es nicht zur typischen Tuberkel-
bildung kommt (tuberculose inflammatoire). Auch die Hodgkin’sche Krankheit
ist vielleicht unter den Äusserungen modifizierter Formen des Tuberkelbazillus
einzureihen. Darüber sind dıe Akten aber noch nicht geschlossen. Wenn nun
dıe Empfänglichkeit des Organismus dem Tuberkelpilz gegenüber nicht einen be-
stimmten Grad erreicht, kann es auch zu einem latenten Stadium der Tuberkulose
kommen. Es können Bazillen ohne nachweisbare tuberkulöse Veränderungen im
‚Iymphatischen Gewebe angetroffen werden. Wir haben es mit der Latenz im
lymphoiden Stadium zu tun. Um diese Dinge zu klären, bedarf es noch eingehender
biologischer Untersuchungen. Sie führen ohne weiteres zur Modifikation des
Eintrittspfortenproblems. Das starre Lokalisationsgesetz von Cornet ist nicht
mehr haltbar. Das sagen uns einwandsfrei andere Versuche unter anderen Versuchs-
bedingungen. Das häufigst exponierte Organ ist auch nicht ımmer das häufig:t
infizierte. Eine bestimmte Organdisposition spielt eıne grössere Rolle als die
Exposition gegenüber dem Erreger. In weniger disponierten Örtlichkeiten kann
der Primärherd zur relativen Ausheilung kommen, um dann in den ferneren Or-
ganen, die grössere Neigung zur Erkrankung zeigen, zu ausgedehnten tuberkulösen
Prozessen zu führen. Auch das Indenvordergrundstellen eines bestimmten Infektions-
weges ist nicht mehr statthaft. Es kommen Fütterungs- und Inhalationsinfektion,
konjunktivale und urogenitale aber auch kongenitale Eintrittspforten in Frage.
Verschiedene Eintrittspforten können miteinander in Wechselbeziehungen treten.
Hinsichtlich der kongenitalen Tuberkulose Baumgarten’s ist noch lange nicht
das letzte Wort gesprochen. Diese Vielseitigkeit des Problems des Eintritts des
Virus in den Körper weist sofort auf die Bedeutung allgemein hygienischer Mass-
nahmen zur Verhütung der Krankheit hin.
Hinsichtlich des zeitlichen Beginnens der Tuberkulose stehen wir wohl jetzt
allgemein auf dem Standpunkt, dass die Krankheit als eine Kinderkrankheit an-
zusehen ist und dass am häufigsten die Infektion bereits im Kindesalter erfolgt.
Für das Menschengeschlecht ist nicht nur der Tuberkelpılz vom bumanen Typ
gefährlich, sondern die Perlsuchtinfektion spielt eine bedeutendere Rolle, als wir
noch vor Jahren angenommen haben.
Die wichtigste Errungenschaft der neueren Tuberkuloseforschung ist das
Wiederindenvordergrundstellen der Bedeutung der Konstitution. Bartel hat auf
diesem Gebiete selbst durch eigene Forschung Wertvolles geleistet. Es sei nur
an seine anatomischen Untersuchungen über den Status thymico-Iymphaticus
erinnert und über die Wechselbeziehungen des Lymphatismus mit den Wirkungen
des Tuberkuloseerregers. Der Habitus phthisicus ıst in den letzten Jahren ein-
gehender neu erforscht. Ihm gliedern sich die Beobachtungen über die Asthenie
eng an
Zusammenfassend kann man also angeben, dass nur eingehende Berücksich-
tigung der Virulenz des Erregers und der Beschaffenheit der von der Infektion be-
troffenen Organe (dispositionelle Konstitutionspathologie) uns für die Zukunft
fördern kann.
Die Bekämpfung der Tuberkulose kann nach Bartel nur durch Ausbau der
allgemeinen Hygiene Erfolge haben.
Im Anhang bespricht Neumann die Lehre von Tuberkelbazillus. Er gibt
kurz die verschiedenen morphologischen Formen an. Nach ihm spricht das
Vorkommen ausschliesslich homogener Bazillen gegen eine frische Tuberkulose;
Zwerchformen deuten bösartigen Krankheitsprozess an, Splitter und fädige Formen
einen gutartigen. Unter den Färbemethuden hat sich ıhm die Weichselbaum’sche
Schnellmethode, welche mit konzentrierter alkoholischer Methylenblaulösung gleich-
_ zeitig entfärbt und gegenfärbt, besonders bewährt. Auch die Berkafärbung mit
Kongress- und Vereinsberichte. 239
Kristallviolettlösung gibt gute Bilder. Hiusichtlich der Bedeutung der Much’schen
Granula können wir ihm nicht ganz zustimmen. Wir haben nie Fälle gefunden.
bei denen im Sputum ausser Much'’schen Granulis nicht auch, allerdings oft nur
nach sehr eingehendem Suchen, vereinzelt säurefeste Bazillen gefunden wurden.
Wir halten es daher nach wie vor für sehr fraglich, ob die Much’schen Granula
als selbständige Formen des Tuberkuloseerrexers angesprochen werden dürfen.
Für die Tierimpfung bevorzugt Neumann die intrahepatale Impfung nach Oppen-
heim. Er gibt zum Schluss noch eine Übersicht über die bekannten saprophy-
tischen, säurefesten Bazillen und ihre Unterscheidung von den pathogenen. Den
Friedmannstamm hält er durchaus nicht für harmlos und unschädlich. Er schildert
die Unterschiede zwischen dem bovinen und humanen Typ. Die Akten sind gleich-
falls noch nicht geschlossen über eine eventuelle Transformation des Typus bovinus
in den Typus humanus oder umgekehrt. Der Kaninchenversuch reicht übrigens
nach unseren Erfahrungen nicht aus, um mit Sicherheit den bovinen Typ von dem
humanen zn unterscheiden. Es sind einwandsfreie Stämme beobachtet, welche
trotz hoher Kaninchenvirulenz zu den humanen gerechnet werden müssen.
Schröder. Schömberg.
9. Tuberkulose. Organ der Niederländischen Zentralvereinigung zur Bekämpfung
der Tuberkulose. Jahrg. 14. 1918. Nr. 1 u. 2.
Pynappel gibt in dem ersten Hefte eine Übersicht über die Organisation des
Kampfes gegen die Tuberkulose in Holland. Es ist dort in erster Linie das Für-
sorgewesen ausgebaut und wird tatkıäftig gehandhabt. Weiter ıichtet man sein
“Augenmerk auf die Kindertuberkulose und vergisst nicht, die Tuberkulose als
soziale Krankheit zu betrachten und entsprechend indirekt zu bestreiten. Die
Vereinigung ist entschlossen, auf diesem Wege weiterzugehen und glaubt bereits
Gutes erreicht zn haben. Auch der gegenwärtige Anstieg der Tuberkulose
sterblichkeit in Holland ist nicht als ein Zeichen der mangelnden Wirksamkeit
des Kampfes gegen die Krankheit seitens der Vereinigung anzusehen. Weiter
bringt das Heft den Bericht über die Jahresversammlung vom 11. XI. 17.,
Im Heft 2 findet sich ein Aufsatz von Nolen, Leiden (Vortrag in der ge-
nannten Sitzung der Vereinigung vom 11. XI. 17). Nolen gibt ein Referat über
die schwebenden Tuberkulose-Immunitätsfragen und ihre Bedeutung für die Be-
kämpfung der Krankheit. An der Hand der bekannten Lehre der Behring'schen
Schule und unserer Kenntnisse von der Verbreitung und dem Verlaufe der Kinder-
tuberkulose weist er mit Recht auf den Wert einer guten Prophylaxe im Kindes-
alter hin. Die Infektionsgelegenheit für das Kind muss so gering wie möglich
gemacht werden. Sein Widerstandsvermögen, also der Titer seiner Immunität,
ist mit allen Mitteln bis zu einem möglichsten Maximum zu steigern. Auf diese
Sätze ist der Bekämpfungsplan gegen die Krankheit aufzubauen.
Das Heft enthält weiter den Abdruck eines Vortrages von Wayenburg,
auf der gleichen Versammlung, der die Entwicklung der Tuberkulosebestreitung
in Holland im Vergleich zu dem Kampf gegen diese Krankheit in Dänemark und
Schweden schildert. Schröder.
MI. Kongress- und Vereinsberichte.
8. 22. General-Versammlung des Deutschen Zentral-Komitees zur
Bekämpfung der Tuberkulose am 15. Juni 1918 in Berlin.
(Referent: G. Liebe- Waldhof-Elgershausen.)
| Nachdem -die geschäftlichen Dinge erledigt waren und Stark -Karlsruhe .-
die Grüsse Ihrer Königl. Hoheit der Grossherzogin Luise von Baden überbracht
hatte, sprach
240 Kongress- und Vereinsberichte.
Berger-Crefeld über Zusammenarbeit der Tuberkulosefürsorge
mit den anderen Zweigen der besundheitspflege. (Es handelt sich
hier bekanntlich um ein namentlich bei Neuerrichtung von Auskunfts- und Für-
sorgestellen wichtiges Problem. Soll man solche Einrichtungen, ebenso die Kreis-
fürsorgerinnen usw., nur oder wenigstens anfangs nur auf Tuberkulose beschränken
oder soll man weiteres hier einbeziehen. Ref.)
Die Tuberkulose nimmt ständig zu, auch wenn man von der jetzt vielleicht
oftmals zu leichten Diagnosestellung absieht. Sie wird nach dem Kriege einen
„Ozean von Arbeit" verursachen. Der Vortragende schilderte dann in einem Gange
durch die gesamte Gesundheitspflege, Krankheitsverhütung und soziale Hygiene
den Zusammenhang aller diesbezüglichen Mängel mit der Tuberkulose und die Not-
wendigkeit, auf all das Rücksicht zu nehmen, wenn man die Tuberkulose wirklich
ernstlich bekämpfen will. Man hat zu beginnen mit der Fürsorge für Säuglinge
und Schwangere, Mutterschutz. Jeder künstliche Abort soll nur durch ein Kolle-
gium beschlossen werden. Stillen der Kinder. Sorge für Uneheliche. Schulen
für tuberkulöse Kinder. Lehrer sollen tuberkulosefrei sein; Schulschwestern, Zahn-
fürsorge, Schularzt, Gesundheitsunterricht in höheren Klassen, in Fortbildungs-
schulen, Frauendienstpflicht.
Fürsorge für Erwachsene besonders hetreffs der Wohnung. In Berlin fielen
50°/o der Tuberkulose-Todesfälle auf Einzimmerwohnungen, 40°'o auf Zweizimmer-
wohnungen! Desinfektion. Nabrungsmittelliygiene. 10°; der Tuberkulose-Todesfälle
auf Angehörige des Nahrungsmittelgewerbes. Auch die Trinker sollen dieser
Fürsorge anvertraut sein. Fabrikhygiene und Fabrikpflegerinnen; diese auch aus
der Zahl der Arbeiterinnen. Fürsorge für Haut- und chirurgische Tuberkulose
(s. Ausschusssitzung); ebenso für Krieger.
So greifen alle diese Zweige ineinander und vereinigen sich zu einem Ganzen.
Ein Nebeneinander hat geradezu etwas Gekünsteltes und bedeutet Kraftver-
schwendung. Vereinigt wird das alles in dem neuen Wohlfahrtsamte. Von da
sollen die einzelnen Strahlen ausgehen. Ehrenamtliche Tätigkeit reicht nicht aus.
Empfehlenswert ist die Schaffung eines Kreiskommunalarztes.
Der Korreferent Gottstein-Charlottenburg weist zuerst darauf hin, dass
sich diese Zusammenfassung des Vorredners nur auf kleine Städte und J,andbezirke
beziehen könne. Für die grössern und Grossstädte ist sie unmöglich. Da handelt
es sich um verschiedene, einzeln entstandene und getrennt zu behandelnde Zweige.
Deshalb muss man teilen, entweder eine allumfassende Tätigkeit bezirksweise
oder in einzelne Zweige dezentralisiert. Erstere Art hat manches für sich. Aber
praktisch empfiehlt sich doch der zweite Weg. Die Charlottenburger Verhältnisse
sind darin vorbildlich. Durch eine umfassende Meldepflicht greifen alle Mass-
nahmen organisch ineinander. Der Fürsorgestelle werden von Ärzten, Kranken-
kassen, Krankenhäusern usw. alle Fälle gemeldet. Und wiederum sind alle An-
ordnungen des Lungenfürsorgeamtes allen in Betracht kommenden Stellen mitzu-
teilen. Einem solchen (grossstädtischen) Lungenfürsorgeamte fallen auch die Unter-
suchungen der Kinder zur Auswahl für die Kinderhorde zu, ferner die Kriegs-
Tuberkulosefürsorge, so dass eine praktisch sehr bewährte Zentralisation eintritt
(es dürfen nicht zuviel fürsorgende Personen in eine Familie kommen!).
In der Erörterung empfiehlt:
Aseher- Harburg die Dreiteilung der Fürsorge, wie sie in Harburg sich bewährt
Fürsorge für Gesundheitspflege durch das Gesundheitsamt, für Erziehung durch die
Kreisschulinspektion, für Kriegsteilnehmer und wirtschaftliche Fragen durch den Land-
rat. Nirgendwo kann man — was Friedrich dem Grossen noch möglich war — das
Ganze mehr übersehen, Teilung ist nötig. Besondere Beachtung muss bei dem jetzigen
Geldwerte die Versorgung mittlerer Beamten verlangen. Die Frage, wie die bisher
nicht Versicherungspflichtigen versorgt werden sollen, steht noch offen. Nimmt man
das Einkommen bis 6000 M. in die Versorgung hinein, so ergibt sich allmählich eine
fast das ganze Volk umfassende Gemeinschaft. Redner schlägt vor, die Kosten für
Kongress- und Vereinsberichte. 241
diese weitreichende Fürsorge durch einen gesetzlichen Zuschlag zur Einkommensteuer
aufzubringen.
Rabnow-Schöneberg hat ein Zusammenarbeiten aller Zweige seit 15 Jahren
durchgeführt durch die „Städtische Deputation für Wohlfahrtspflege‘. Seuchen, Woh-
nung, Ernährung finden Berücksichtigung. Wichtig ist, dass der Vorsitzende ein be-
soldetes ärztliches Magistratsmitglied ist. Man darf diese gewaltige Aufgabe nicht der
privaten Wohltätigkeit überlassen. Die Wohnungsnot wird nach dem Kriege kata-
stropbhal. Wire der Krieg jetzt zu Ende, so würden nach der Statistik in Gross-Berlin
30000 (nach anderer Rechnung sogar 60000) Kleinwohnungen fehlen. Die besten
bisherigen Einrichtungen, unentgeltlicher Wohnungsnachweis, dadurch auch Regelung
des Schlafgängerwesens usw. helfen da nicht. Es fehlt nicht die Einbeitlichkeit, son-
dern es fehlt ein Träger der gesamten sozialen Fürsorge mit finan-
zieller Kraft, unabhängig von aller Bettelei. Staatssekretär Wallraff (der Leiter
der Versammlung) hat früher den Satz aufgestellt: Wir müssen aus dem A pho-
ristischen in der sozialen Fürsorge zum Systematischen kommen.
v. Heimburg führt in seinem Kreise jetzt ein Wohlfahrtsamt ein und bittet, trotz-
dem ihm schon reiche Mittel vom Kreise bewilligt wurden, Staat und Landesversicherungs-
anstalten um kräftige finanzielle Förderung. Der Vorsitzende, Staatssekretär Wallraff,
stellt gegen seine frühere Landratszeit für jetzt ein wesentlich erhöhtes Interesse aller
Beteiligten an solchen Fragen fest, und Miuisterialdirektor Kirchner, der eich dabei
auch gegen die Schaffung von Kreis-Komniunalärzten ausspricht und mitteilt, dass eine
Prüfungsordnung für Kreisfürsorgerinnen in Arbeit sei, stellt möglichste staatliche
Unterstützung in Aussicht.
9. Ausschusssitzung des Deutschen Zentral-Komitees zur Bekämp-
fung der Tuberkulose am 15. Juni 1918 in Berlin.
(Referent: G. Liebe- Waldhof-Elgershausen.)
Es hat sich als Brauch herausgebildet, dass die Ausschusssitzung des D.Z.K.,
die sonst ja nur Minuten dauern würde, ebenso wie die Hauptversammlung wissen-
schaftliche Vorträge bietet. Vielleicht dürfte eine Zusammenlegung, derart, dass
eine kurze geschäftliche Ausschusssitzung der Hauptversammlung vorausginge,
die allen Mitgliedern zugänglich, dann die Vorträge enthielte, viel Zustimmung
finden. Die diesjährige Ausschusssitzung bot zwei Vorträge.
Bier-Berlin: Die Behandlung der sogenannten chirurgischen
Tuberkulose. .
Man stellt sich bei „Tuberkulose“ meist Lungentuberkulose vor. Während
diese ein Gemisch von Krankheiten darstellt, ist die chirurgische Tuberkulose
nur reine T.B.-Infektion. Sie kommt besonders bei Kindern vor. „Chirurgisch“
nannte man sie, weil man sie früber nur mit dem Messer behandelte. Das beste
Beispiel ist die Knochentuberkulose, deren alter Volksname „Knochenfrass“ ihren
Verlauf gut charakterisiert. Man schnitt früher möglichst alles weg, was krank war.
„Man freute sich, wenn man den Menschen nach Jahr und Tag geheilt hatte.
Man hätte auch sagen können: verstümmelt.* Deshalb erhob sich neuerdings
Widerspruch gegen diese Behandlung. Man fand, dass diese Tuberkulose in vielen
Fällen messerlos heilte. Und darum begann man mit hygienischer Behandlung,
Ruhigstellung. In das richtige Fahrwasser aber kam man erst, nachdem Bern-
hard und Rollier die Sonnenbehandlung eingeführt hatten. Sie heilt die chir-
urgische Tuberkulose aus, besonders wenn man andere Mittel damit vereinigt.
Denn man weiss jetzt, dass das, was man wegoperierte, meist gar nicht
der primäre Herd war. Rückfälle waren unvermeidlich. Die Sonne aber trifft
auch die verborgenen Herde. Wie sie wirkt, ist noch nicht klar. Sicher sind
das Wirksame nicht die ultravioletten Strahlen, womit das Problem der Höhen-
wirkung berührt wird. Und was das künstliche Licht anlangt, so verhält es
sich zur Sonne „wie die Havannazigzarre zum Buchenblatte*. (? Ref.)
Darüber, ob man die natürliche Sonne auch bei uns mit Erfolg anwenden
kann, sind seit März 1914 Versuche in Hohenlychen gemacht worden. Seitdem
242 Kongress- und Vereinsberichte.
hat B. keine einzige Resektion von Gelenken wegen Tuberkulose mehr gemacht.
Die Erfolge sind sogar besser als in der Schweiz (was die Gebrauchsfähigkeit
anberrifft), weil noch andere Mittel herangezogen wurden. Von 480 Fällen wurden
332 geheilt, 37 Personen stehen kurz vor der Heilung; nur 4°/o sind gestorben.
Aber noch mehr als Statistik überzeugt der persönliche Eindruck, besonders bei
solchen, die den ganzen Jammer der alten Behandlung kennen.
An derartigen Anstalten aber besteht Mangel. Die chirurgische Tuberkulose
ist das Stiefkind gewesen und ist doch genau so ein soziales Übel, wie die Langen-
tuberkulose. Wir können und müssen nnsere heimische Sonne benutzen. In
Hoheulychen wird man jetzt Versuche auf einem im See schwimmenden Flosse
machen. Man soll vo immer solche Abteilungen an vorhandene Anstalten an-
knüpfen, nicht neue schaffen.
In der Erörterung
bestätigt Petruschky- Danzig diese Ausführungen und hofft, dass Äusserungen
von so autoritativer Stelle, die doch grundstürzend für die Chirurgie sind, dem Grund-
satze Platz schaffen: Messer fort von der chirurgischen Tuberkulose! Das möge auch
vor allem von der Periproktitis gesagt sein.
Schultzen-Berlin bestätigt die guten Erfahrungen aus den Lazaretten. Betrefis
der geographischen Lage werden wir dasselbe durchmachen wie vor 30 Jahren mit den
Lungenbeilstäiten: es wird überall gut sein. Nach dem Kriege wird auch durch
Schjerning in dem vom Fürsten Donnersmark bei Berlia zu gründenden Tuber-
kulose-Forschungs-Institute diese Frage behandelt werden. Auch einzelne Heilstätten
für Lungenkranke sollten solche Abteilungen einrichten }).
Neisser-Stettin: Die Mehrzahl der Chirurgen steht heute schon auf dem Stand-
punkte Bier’s.. Es fehlt eben nur an Gelegenheit zu solcher Behandlung. Es fehlen
Heilstätten für die chirurgische Tuberkulose von Kindern, aber auch von Erwachsenen.
Ob wir immer mit natürlicher Sonne auskommen, ist eine noch unbeantwortete Frage.
Wir müssen wohl die künstliche mit dazu nehmen. Dass sie auch gute Wirkungen
hat, ist bewiesen (z. B. Vulpius). Aber es gehört dazu ein Radiotherapeut, d.h. ein
darin ausgebildeter Arzt, wie man ihn z. B. in Stettin angestellt hat. Und man soll
eine überall vorhandene Möglichkeit beachten und die Dächer der Krankenhäuser
heranziehen,
Ein noch sehr vernachlässigtes Kapitel ist die Drüsentuberkulose, die heute noch
täglich operiert wird. Hier hat aber die Radiotherapie viel bessere Erfolge als das
Messer.
Steinberg- Breslau betont, dass die chirurgische Tuberkulose in den Fürsorge-
stellen zu wenig berücksichtigt worden sei, obwohl man in Breslau eine Zunahme der
chirurgischen Kindertuberkulose beobachtet bat. Man kann grosse Krankenhausbauten
nicht abwarten, kann aber Sonnenbäder mit wenigen Kosten einrichten. Man will in
Breslau eine eigene Fürsorgestelle für chirurgische Tuberkulose mit Röntgenapparat,
Höhensonne und radiotherapeutisch ausgebildetem Chirurgen gründen. In diesem Falle
wird man freilich den Grundsatz durchbrechen müssen, dass die Fürsorgestelle nicht -
behandeln soll.
Im Schlussworte macht Bier noch darauf aufmerksam, dass für Privatkranke
am schlechtesten gesorgt ist. Er warnt nochmals vor Überschätzung des künstlichen
Lichtes, das man mehr entbehren könne, als gemeinhin angenommen. Denn man kann
auch im Winter mit Sonne behandeln.
Sodann sprach Friedrich-Kiel über die Bedeutung der Kehlkopf-
tuberkulose bei der Bekämpfung der Tuberkulose als Volks-
krankheit und die Notwendigkeit ihrer besonderen Behandlung
in Tuberkuloseheimen für Schwerkranke. Das wichtigste Tuberkulose-
Problem der jetzigen Zeit ist die Versorgung der Schwerkranken, die für die
Familie die grösste Gefahr bilden. Die bisher gegründeten Anstalten werden als
„Sterbehäuser“ verabscheut. Daher muss eine besondere Heimstättenbewegung
1) Wenn nur nicht dieser Bettenmangel wäre! So soll man den ‚„Willigen‘‘ Geld
zur Erweiterung für chirurgische Tuberkulose zur Verfügung stellen. Dann werden
derartige Vorschläge über das Stadium der frommen Wünsche himauskommen. L,
Kongress- und Vereinsberichte. 243
eingeleitet werden. Kine Stelle, wo einzusetzen ist, berührt das obige Tbema.
Dabei handelt es sich nicht etwa um eine einseitige Fachfrage. Denn die Larynx-
tuberkulose ist ja stets eine Komplikation gleichzeitiger Lungentuberkulose. Da-
her ist auch ihre statistische Feststellung nicht ganz einfach. Die Zahlen schwanken
von 30,6 °/ bis 2,9 %/0 (in Volksheilstätten). Hieraus ergibt sich schon dio Schwierig-
keit klarer Verhältnisse. Dazu tritt die Fragestellung, ob die Kelilkopfiuberkulose
auch für die Verbreitung der Tuberkulose besondere Bedeutung hat. Das ist der
Fall. Denn der Auswurf der Larynxtuberkulösen ist viel öfter bazillenhaltig, als
bei blosser Lungentuberkulose. Und die viel grössere Häufigkeit des Hustens
erhöht die Gefahr. Die sonst übliche Prophylaxe versagt hier. Und da all dies
noch nicht die nötige Beachtung gefunden hat, gab der Verein deutscher Laryngo
logen die Anregung zu besonderer Fürsorge auf diesem Gebiete. Eine solche
bedarf die Kehlkopftuberkulose als bäufigste Komplikation. Namentlich bedarf
sie auch örtlicher Behandlung. Dann ist sie heilbar, in schweren Fällen wenig-
stens besserungsfähig, abhängig freilich immer von der Schwere der Lungen-
erkrankung. Durch allgemein-therapeutische Massnahmen ist sie nicht heilbar.
Natürlich hat auch ‚hier die Fürsorge möglichst zeitig einzusetzen. Deshalb muss
der Fürsorgestellenarzt laryngologisch gebildet sein. Laryngologie gehört ins
Staatsexamen; bis das so weit ist, sind besondere Kurse für solche Ärzte zu halten.
Die Kranken sind dann in Tuberkulosekrankenhäuser unterzubringen, in die aber
nicht nur Schwerkranke, sondern solche aller Stadien aufgenommen werden
müssen, um den erwähnten Abscheu zu überwinden. Sie sind in jeder geogra-
phischen Lage möglich.
Der Korreferent, Hansen-Kiel, weist darauf hin, dass die Tuberkulose
nach dem Kriege noch mehr steigen wird, teils durch heimkelirende Krieger, teils
auch durch die heimischen Verhältnisse (Ernährung, starke Heranziehung der
Frauen zu schwerer Arbeit, Raubbau an den Müttern und künftigen Müttern).
Wenn erst Arbeitsstörungen kommen und die Löhne fallen, wird das noch viel
schlimmer. Dann muss die Heilfürsorge ganz erhebliche Ausgestaltung erfahren,
allgemein, grosszügig.
Die Hervorhebung der Kehlkopftuberkulose ist lobenswert, man muss ihr
mehr Beachtung schenken. Auch die Landesversicherungsanstalten sollen ihre
Grenzen weiter stecken und Kehlkopfkranke verschicken, am besten in besondere
Krankenheime. (Ganz einfache Anlage, worüber gerade dag Deutsche Zentral-
Komitee Erwägungen anstellen sollte.
[Ein hierzu eingegangener Antrag von Gerber-Königsberg: „Zuziehung der
Laryngologen als Beiräte zu den Fürsorgestellen* wird der Fürsorgekommission
überwiesen.] :
Finder- Berlin erklärt dje bisherige Versorgung der Kehlkopftuberkulösen für
unzulänglich und schildert die Beelitzer Verhältnisse als nachahmenswert, wo ein
Laryngologe (eben F.) den dortigen Arzten als Facharzt beigegeben ist!).
Meyer (Vorsitzender der L.V.A. Brandenburg) berichtet von seiner Anstalt in
Burg Dabor (bei Wittstock), wo — dies jedenfalls etwas sozialhygienisch ungemein
Wichtiges — jeder Kriegsbeschädigte aufgenommen wird, auch wenn er nicht
versichert ist. Ja, die L.V.A. nimmt auch nichtversicherte Nicht-Kriegsbeschä-
l) Im allgemeinen ist wohl der natürlichere Zustand. dass der Heilstättenarzt
so weit laryngologisch ausgebildet ist, dass er seine Kehlkopfkranken in der Regel
selbst behandeln kann. F. wird diesen aber nicht so viel zutrauen. Denn er berichtete
dieser ja nicht nur aus Arzten bestehenden Versammlung, dass er oft Fälle von Kehl-
kopftuberkulose geschen habe, die während langer Heilstättenkur nicht behandelt, ja
nicht einmal untersucht worden seien. Pischinger gab daraufhin die Erklärung ab,
er werde jn der Sonutagsversammlung der Vereinigung der Lungenheilansataltsärzte be-
antragen, Herrn Prof. Finder um Nennung der betreffenden Fälle zu ersuchen, damit
der Verein diesem schweren Vorwurfe nachgehen könne. Das Ergebnis solle dem
D.Z.K. schriftlich übergeben werden. Der Antrag ist gestellt und selbstverständlich
angenommen worden, Die betreffenden Verhandlungen sind im Gange.
244 Kongress- und Vereinsberichte.
digte auf, besonders auch, Kinder, wenn Kreis und Kommune je ein Drittel der
Kosten mit übernehmen, Übrigens findet in grosszügiger Weise die Aufnahme sofort
auf Antrog statt, auch wenn die Kostenfrage vorher noch nicht geregelt ist. Diese
Dinge erheischen dringend weiteren Ausbau, zumal die Kommunen niit ihren Kranken-
häusern viel Schwierigkeiten machen.
Neisser-Stettin: Von der von Friedrich angegebenen Zahl von 34/0 Heilungen
werden viele innere Kliniker, ja auch Laryngologen überrascht sein. Das ist wohl nur
bei sehr frühzeitiger Diagnose denkbar. Aber es gibt doch eine wissenschaftlich be-
gründete Frühdiagnose der Kehlkopftuberkulose noch nicht, — ein Satz, dem später
Brecke-Überruh zustimmt. Daher muss der Schwerpunkt der Diagnose — Entdecken
leichter Beschwerden — verlegt werden in die Fürsorgestellen und zu den gebildeten
Schwestern auf dem Lande. Das Stettiner System ist vorbildlich.
i Pütter (Direktor der Charité) berichtet, dass in Buch jetzt 300 Betten für
schwerere Kranke zur Verfügung stehen. Man darf aber annehmen, dass noch 3000
in Berlin in den Wohnungen stecken. Da ist eine Mitteilung von Flügge tröstlich,
dass genaue neuerdings vorgenoinmene Untersuchungen ganz wenig Tuberkelbazillen
in solchen Wohnungen fanden. Das zeigt 1. die Wichtigkeit gut arbeitender Fürsorge-
schwestern und 2. die Bedeutung der Wohnungsfürsorge.
10. Versammlung der Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte
am 16. Juni 1918 in Berlin (Hotel Excelsior).
(Referent: G. Liebe- Waldhof. Elgershausen.)
Nach begrüssenden Worten des Vorsitzenden, Pischinger, warde der
„Fall Finder“ so erledist, wie es in der Ausschusssitzung (s. o0.) in Aussicht
gestellt worden war. Zuerst sprach
Bochalli: Über den Gesundheitszustand der Heilstätten-
kranken, im Anschluss an die Veröffentlichung von Büttner-
Wobst usw. Hinter diesem unklaren und widerspruchsvollen Titel verbergen
sich wichtige Erörterungen über die „lte schwer-problematische Frage, ob Leicht-
Tuberkulöse oder besser Nicht-Tuberkulose-Kranke in merklicher Anzahl in
die Heilstätten Aufnahme finden, uud was zu tun Sei, eine aktive, behandlungs-
bedürftige, Krankheit darstellende Tuberkulose festzustellen. Vor allem gilt für die
im Titel genannten und für andere Untersuchungen, dass „Rückwärtsdiagnosen*
nach irgendwie beträchtlicher Zeit schwere Bedenken erregen müssen. — Wenn
in der Heilstätte festgestellt wird, dass ein Eingewiesener nicht zu den Genannten
gehört, so soll ‚er entlassen werden (oder, wie das in sehr gut geregelter Weise
die Reichsversicherungsanstalt tut, einer billigeren Erholungsstätte, einem
„Sanatorium“ u. dgl. überwiesen werden. Ref... Leicht sind solche Entlassungen
nicht, nachdem die für krank Befundenen und Wegxgeschickten all ihre Vor-
bereitungen getroffen, oft alle Brücken abgebruchen haben. Und doch kann man
Herzneurosen, Hysterie, inaktive Tuberkulose (die 10 und mehr Prozent ausmachen
sollen) nicht behalten. Entlassen sollen auch werden vollständig aussichtslose Fälle
des 8. Stadiums, wozu viele rasch fortschreitende Kriegstuberkulöse gehören.
Die Ursache für die Über- und Fehldiagnvsen liegt in der durch reichliche
Tuberkulose-Aufklärung erzeugten Überempfindlichkeit bei Kranken und Ärzten.
Überschätzt werden die subjektiven Angaben und der objektive Befund. Klagen
des Patienten, oft vermehrt durch Furcht vor Heredität, stehen fı umgekehrtem
Verhältnisse zum objektiven Befunde'). Oder der Lungenbefund wird überschätzt.
1) Dies niederschreibend, möchte ich doch ausdrücklich auf meine in der Erörte-
rung gemachte Bemerkung hinweisen: in dubio pro reo, wobei der reus hier der Kranke
ist. In jahrzehntelaugem Umgange mit Lungenkranken, die ich — wie schon literarisch
mehrmals dargelegt — zumeist für etwas psycho-pathologisch halte, kommt man zweifel-
los zu der Überzeugung, dass viel unbewusst (psychogen) und auch recht oft manches
bewusst (Wunsch nach Kurverlängerung usw.) übertrieben wird. Und doch: der Arzt
muss in jedem Falle immer wieder zuerst mit der Möglichkeit rechnen, dass die
Kongress- und Vereinsberichte. 245
Rechts hinten oben Dämpfung ist nicht für Tuberkulose beweisend !). Temperaturen
sind nicht beweisend, Neurasthenie auch nicht. Aach die Tuberkulin-Reaktion
nicht. Und das sollte wirklich nicht mehr vorkommen, dass eın Erwachsener auf
Grund eines positiven Pirquet in eine Heilstätte geschickt wird. Aber auch die
sonstige Tub.-Reaktion ist nicht entscheidend, nicht einmal die Herdreaktion. Der
Röntgenbefund will mit grosser Vorsicht verwertet sein. So lässt sich also ein
Irrtum, dass nie eine nicht-aktive Tuberkulose in die Heilstätte kommt, über-
haupt nicht vermeiden. Massgebend ist nur die Erfahrung. Eine Untersuchung
kann unmöglich schon zur Klarheit führen. Die Fürsorgestelle kann hier ein-
greifen; es sollte aber auch von Be®bachtungsstellen allerhäufigster Gebrauch ge-
macht werden, die am besten mit einer Heilstätte zu verbinden sind. Werden
sie aber in ein Krankenhaus verlegt, so soll ihr ein Tuberkulose-Facharzt vorstehen.
Erörterung:
Ziegler-Heidehaus: Der Vorwurf, dass nichtkranke Tuberkulöse aufgenommen
werden, hat eine gewisse Berechtigung. Er trifft aber in erster Linie den einweisenden
Arzt. Er kann unmöglich nach einer Untersuchung ein Urteil fällen (s. o.), während
andererseits die sofortige Entlassung durch den Heilstättenarzt sehr schwierig ist, schon
wirtschaftlich (s. o.) Auch die Beobachtungsststion gibt nieht ohne weiteres volle
Sicherheit. Die L.V. A. Hannover lässt solche Fälle, wenn sie nun einmal aufgenommen
sind, 8 Wochen da, nennt sie Prophylaktiker und führt sie zu Nutz und Frommen
der Statistik ?2) nicht als Tuberkulöse.
Liebe- Waldhof-Elgershausen empfiehlt, solche zweifelhafte oder ganz leicht-
kranke Fälle im Sommer nicht einzuweisen, sondern ihnen nur Winterkuren zu ge-
währen. Daun würde der Sommerandrang entlastet, der begehrte Platz für ernster
Kranke frei, während die im Winter freistehenden Betten zweckentsprechend verwendet
würden ®). — In engem Zusammenhange mit dieser ganzen Frage steht die nach der
Arbeitsfähigkeit der Heilstätten-Insassen, die um so brennender wird, als sogar neuer-
dings Krankenkassen ihre Kontrolleure in die Anstalten schicken, um — also über das
Urteil des Facharztes hinweg! — die Arbeitsfähigkeit oder -unfähigkeit festzustellen.
Ulrici- Waldhaus-Charlottenburg: Von 2000 Heilstätten-Insassen sind 700 Nicht-
tuberkulöskranke gewesen. Behalten wurden sie, weil sie doch sicher erholungsbedürftig
waren. Man muss sie statistisch getrennt führen (s. ob, Ziegler).
Reche-Schmiedeberg: Die L.V.A. Schlesien weist solche Fälle ab als noch
nicht behandlungsbenötigt, mit der Anweisung, den Antrag zu wiederholen, wenn sich
die Sache verschlimmert. (S. ob. meinen Vorschlag des Verweises auf den Winter.)
Kraemer-Stuttgart rügt mit Recht den mehrfach gebrauchten Ausdruck „nicht-
. tuberkulös“ und wünscht dafür „nichttuberkulosekrank*. Auch der Ausdruck „Pro-
phylaktiker“* sei an dieser Stelle gebraucht unwissenschaftlich. Den die T.R.-Diegnostik
verurteilenden Worten des Referenten widerspricht er und schildert sein bekanntes
diagnostisches Vorgehen.
Curschmann-Friedrichsheim macht bierher gehörige vertrauliche Mitteilungen
aus militärbehördlichen Schreiben und wird gebeten, an zuständiger Stelle Aufhebung
des vertraulichen Charakters zu beantragen.
Brecke-ÜUberrub: Dass Nichttuberkulöse so reichlich in Heilstätten kommen,
wie es von verschiedenen Seiten behauptet worden ist, dafür fehlt jeder Beweis, wobei
Klagen doch berechtigt und in einer wirklich krankhaften Ursache begründet sind,
wenn er sie auch noch nicht fand. Wir finden ja mit unseren Methoden durchaus noch
nicht alle Lungenherde mit Sicherheit. Davon und von den damit zusammenhängenden
berraschungen kann wohl jeder ältere Tuberkulosearzt erzählen. L.
1) Wenn uns nur einmal auf einer Versammlung einer eine solche R.-h.-o.-Dämpfung
nichttuberkulöser Art, die sich wie ein roter Faden durch die Literatur durch-
zieht, vordemonstrieren wollte! Um junge Arzte nicht kopfscheu zu machen, muss das
einmal gesagt sein. L.
2?) Denn sonst ist doch wohl kein Unterschied einzusehen? Reel.
9) Im Sommer verlockt die unbeschränkte Möglichkeit, im Walde zu geben, im
Grase zu liegen usw. viel mehr zu Kurwidrigkeiten, als im Winter. (Zumal solange
noch der ganz ungesunde Zustand gemischter Anstalten für beide Geschlechter
besteht.) Deshalb die schwereren, meist auch nach dieser Hinsicht vernünftigeren Fälle
in den Sommer, die leichteren, auch leichtsiunigeren in den, Kurübertretungen mehr
behindernden Winter. L.
246 Kongress- und Vereinsberichte.
nochmals auf die grosse Schwierigkeit der Rückwärtsdiagnuse verwiesen wird (a. ob.
Bochalli). Die in Betracht kommende Frage für den Arzt ist doch jedenfalls:
„Ist der Mensch krank?* (vgl. auch die Anmerkung des Ref.).
Mit wenigen Worten beteiligen sich noch an der Erörterung Elliesen und gegen
ihn nochmals Kraemer, Pischinger, der Generalsekretär des Deutschen Zentral-
Komitees Obeırstabsarzt Dr. Helm über die preussischen militärischen „Richtlinien*
zur Bekämpfung der Tuberkulose, die nicht durchaus die Zustimmung der Fachärzte
fanden, und Bochalli mit einem Schlussworte.
Als zweiter Redner schilderte Pannwitz-Hohenlychen in seinem Vortrage
Siedelungsfragen für Kriegsbeschädigte die Vorteile der neuen, gewiss
meist unbekannten Rentengut- und Kapitalabfindungsgesetze. Die aus dem Felde
Heimkehrenden müssen ein Hüsung mit Kleinviehhof und Garten bekommen.
Dazu müssen alle mitarbeiten, die Ärzte aber sind die berufenen Förderer dieser
Bewegung. Als deren Ausgangspunkt ist die soziale. Wirksamkeit des ver-
storbenen Generalgouverneurs von Belgien, Frhrn. v. Bissing, zu betrachten.
Anfangs gegen die schreckliche Verbreitung der Geschlechtskrankheiten gerichtet,
umfasste sie bald die gesamte soziale Hygiene. Und ein Überschuss blieb für die
Bissingstiftung für Siedelungen (1 Million). Überraschend schnell sind in Deutsch-
land an vielen Orten „Bissingheime* in Angriff genommen worden. Mit jetzt
10000 Mark (früher 6000) kann man ein Häuschen bauen, zu dem 1250 qm Land
gohören. Der Bewohner hat nur 10°jo, also 1000 M. aufzubringen, für das andere
sorgt die Stiftung mit ihren Helfern. Schliesslich können auch Ärzte sich an
solchen (Sammel-)Siedelungen beteiligen. Die Versammlung begrüsst dankend
die in Aussicht gestellte Zusendung der betr. Drucksachen an jeden einzelnen
Tuberkulosearzt.
Ziegler-Heidehaus: Strahlenbehandlung der Tuberkulose. Auf
Grund fünfjäbriger Erfahrung glaubt Redner den Gegenstand — auch mit der er-
forderlichen Selbstkritik — besprechen zu dürfen. Die Sonnenbehandlang, nichts
Neues, wurde nach langem Winterschlafe neu entdeckt. Jetzt sprechen sogar die
Kranken den Wunsch darnach aus, während die Ärzte vorsichtig vorgegangen
sind. Zablreiche Untersuchungen haben die Wirkung cer Strahlen „genügend
geklärt“ (? Ref.): Die Bildung des Pigments aus den roten Blutzellen, wohltuende
Wirkung, Appetit und Schlaf fördernd, örtliche Reaktion, ähnlich wie Tuberkulin,
aber nicht spezifisch, sondern zu denken als Beschleunigung vorhandener natür-
licher Heilungsvorgänge. (Nur das Röntgenlicht hat eine gewisse spezifische
Einwirkung, zerstört krankes Gewebe.)
Wir wenden an Sonne, künstliche Höhensonne und Röntgenstrahlen. Die
Sonne als Ganz- und Teilbestrahlungen. Die Anwendung richtet sich nach Klima
und Höhenlage. In hbalbverdeckten Hallen lässt man liegen, Kinder kann man
auch ständig in der Sonne umherlaufen lassen. Die künstliche Höhensonne ist
ein notwendiger Ersatz, angewendet besonders für äussere Tuberkulose, Bauch-
fell, Pleura, auch mit allgemeiner Wirkung, die aber an die der Sonne nicht
herankommt. Röntgenstrahlen für tuberkulöse Lymphome und Gelenke, Tiefen-
bestrahlung. —
Besonders, namentlich Pigment erzeugend, wirken die ultravioletten Strahlen.
Je mehr Pigment, desto grösser die Wirkung in die Tiefe. Das Pigment wandelt
kurzwellige Strahlen in langwellige um.
Redner kann über zahlreiche eigene Erfahrungen aus seiner Heilstätte Heide»
haus bei Hannover berichten und zeigt zahlreiche gute und lehrreiche Photographien
vor. Es handelt sich da natürlich um chirurgische Tuberkulosen. Aber einmal
gilt es, zu zeigen, dass diese auch bei uns — 60 m Meereshöhe — geheilt werden
können, und zum andern darf man aus den guten Erfolgen bei diesen schliessen,
dass, auch ohne dass man es recht merken kann, Lungentuberkulose günstig be-
einflusst wird. Namentlich bessert sich zweifellos der Allgemeinzustand und die
Psyche. Fieber, mangelhafte Reaktion, Blutung, Einschmelzungsvorgänge der
Lunge bilden Gegenanzeigen. Der Röntgenbestrahlung unterwirft Z. frische Er-
Kongress- und Vereinsberichte. 247
krankungen mit umschriebenen grösseren Herden. 25 X in einer Sitzung, zweimal
wöchentlich, vorn und hinten. 10 mm Aluminium, Messung mit Kienböckatreifen.
Fs liegen 20 während 3-9 Monaten durchgeführte Fälle vor. Schädigung ist
so nicht zu befürchten; kleine Reaktionen wie bei Tuberkulin, ‚„Köntgenkater*“,
kommen vor. Auch hier beobachtet man sehr gute subjektive Besserung. Ein
abschliessendes Urteil ist noch nicht zu geben. Man soll aber diese Therapie
unbedingt in die Heilstätten aufnehmen.
Mit Bestrahlung der Kehlkopfhinterwand hat Z. gute Erfolge; mit 3—5
Minuten anfangend. allmählich länger. Der Larynx reinigt und bessert sich, die
Schmerzen nebmen ab. Besonders günstig liegen die Verhältnisse bei Peritonitis
tuberculosa (mit Sudian kombiniert) und bei Lymphdrüsentumoren. Sonne oder
Höbensonne wirken hier nicht; hierher gehört das Röntgenlicht. Z. unterscheidet
l. grosse fluktuierende Abszesse. Sie werden mit dicker Kanüle punktiert, sọ
lange und so oft, bis sich kein Eiter mehr sammelt. Sind Isröckel da, so wird
ein kleiner Einschnitt gemacht. Jodoformgaze. 2. Noch nicht erweichte Tumoren.
Hier Röntgenstrahlen. a) Kommt es nach reaktiver Schwellung zur Erweichung: = 1.
b) Es kommt zu Verteilung. Die Radikaloperation wird für Gesicht und Hals
abgelehnt, für Achsel und Leisten meist auch, doch kann man da auch anderer
Ansicht sein. Mesenterialtumoren Tiefenstrablung. Hilustumoren: für Strahlen
nicht zugänglich. |
Besonders gute Erfolge bei Knochen und Gelenken. Das hat uns gezeigt,
dass wir die deutsche Sonne ebensogut gebrauchen können, wie die des Hoch-
gebirges, und dass auch die künstliche Höhensonne als Ersatz brauchbar ist. (Vgl.
Bier’s Ausspruch in der Ausschusssitzung.) Natürlich muss man auch hier indi-
vidualiseren, aber schaden kann es nie, wenn man erst Sonne versucht, bevor
man zum Messer greift. Zu beachten, dass lange Eiterung im Körper Amyloid
hervorruft.
Die Frage, ob wir diese Behandlung in die Heilstätten einführen sollen, ist
dahin zu beantworten, dass wir aus den Lungenheilstätten Tuberkulose-
Heilstätten machen müssen; die chirurgische Tuberkulose lässt sich immer
angliedern, schneller und billiger als in eigenen Austalten?).
In der Erörterung, in der Liebe die baldige Fertigstellung der im vorigen
Jahre beschlossenen Lichtdenkschrift aukündigt, teilt Ulrici mit, dass er schon einen
chirurgischen Pavillon habe. Brecke weist auf die Wichtigkeit der (trotz Schröder’s
fleissigen Untersuchungen noch nicht genug bearbeiteten — Ausschuss hierfür! L.)
Klimafrage hin und erklärt die Höhensonne als nicht vollwertigen Ersatz. Elliesen
fordert zu Versuchen mit der Spektrosol-Lampe von Reiniger, Gebbert und Schall auf.
Curschmann: Die Strahlenbehandlung hat bei Lungentuberkulose noch keinen
grossen Erfolg gezeigt. Durch Röntgenstrahlen haben sich die meisten Fälle verschlechtert,
bis man sorgfältiger auswählte: indurierende Spitzenprozesse und Hiluserkrankungenu
geringer Ausdehnung (vgl. Ziegler: für Hilus Röntgen unwirksam). Nun hatte man
bei dreimonatiger Behandlung bessere Erfolge. Post? Propter? Das Auftreten von
eigentümlich knackenden und knarrenden Geräuschen (Pleuraverwachsungen) spricht für
Schrumpfungsvorgänge.
Die Bestrahlung von Kehlköpfen führte zu Autosuggestion und Neurssthenie, wes-
halb man sie wieder aufgab. (Hieran ist sicher viel Wahres, praktisch Beobachtetes! L.)
Bochalli: hat durch Bestrahlung von chronischen Mittelohreiterungen mit künst-
licher Höhensonne gute Erfolge gesehen (wird in der genannten Denkschrift veröffentlicht).
Kosteletzky-Plannegg ist zu der Überzeugung gekommen, dass die Röntgen-
tiefenbestrahlung eine grosse Zukunft besitzt, wenn man sich auch noch im Versuchs-
stadium befindet. Nach anfangs wahlloser Behandlung, wobei man, bisweilen nach
stürmischer Reaktion, auch bei schweren Füllen auffallende Besserungen sah, hat man
nach besserer kritischer Auswahl recht erfreuliche Ergebnisse gehabt.
1) Diese Anregung möge nicht ungehört in den Berichten in der Stille beigesetzt
werden. Sie ist ein ungemein wichtiges Programm, das die Beachtung aller
massgebenden Stellen verdient. L.
248 Kongress- und Vereinsberichte.
Wehmer glaubt. dass die Lichtbehandlung eine Rückwärts-Orientierung im
Liegehallenbau herbeiführen werde, insofern als man die jetzt von den Häusern weg-
gerückten wieder an die Häuser heranbauen werde, um auch die Betten hinauszubringen.
Wolff hält diese Frage noch späterer ausführlicher Erörterung für bedürftig.
(Mit Recht. Denn es werden da wohl zwei verschiedene Dinge verquickt. Die Liege-
hallen wird man nach wie vor besser vom Hause weg, möglichst in den Wald stellen.
Das moderne Heilstättenhaus wird aber Lichbalkons u. dgl. haben müssen. Vgl.
Sarason, Das Freilufthaus; Lehmann, München 1913. Ref.).
Reich an Anregungen, die sich wohl in den nächsten Jahren vielfach in
Pläne und Taten umsetzen werden, gingen die Teilnehmer der Versammlung in
ihre stillen Wälder zurück.
11. K.K. Gesellschaft der Ärzte in Wien, Sitzung vom 1. März 1918.
(Referent: A. Baer, Sanatorium Wienerwald.)
M. Weiss: Welchen Wert hat das Vibroinhalationsverfahren
bei Erkrankungen der Atmungsorgane?
Vortr. gelangt zu folgenden Ergebnissen: 1. Das Vibroinhbalationsverfahren
hat bei Lungentuberkulose keinen Weıt; es ist wegen der Gefahr von Verschlechte-
rungen, besonders Lungenblutungen, abzulehnen. 2. Bei chronischer Bronchitis,
Lungenemphysem und Asthma kann in manchen Fällen eine symptomatische
Besserung eintreten.
Aussprache:
A. Schiff: Die Wirkung der Vibroinhalation bei Asthma, chronischer Bronchitis
und Emphysen war in einer Reihe von Füllen günstig auf die asthmatischen Beschwerden
und die Expektoration. Die Wirknng hielt meist nur für die Dauer der Behandlung an;
chronische Bronchitis uud Emphysen blieben dabei in der Regel unverändert bestehen,
Auf den Verlauf von Tuberkulose ist die Behandlung ohne jeden günstigen Einfluss.
Weder der Lungenbefund, noch der Fieberverlauf wird günstig beeinflusst. Kompli-
kationen (Hämoptoe, Fieberanstieg, Rippenfellreizung) sind nicht Selten. Weder für
die Behandlung, noch für die Bekämpfung der Tuberkulose kommt der Vibroinhalation
eine Bedeutung zu.
K. Glaessner: Das Verfahren wurde in einer Lungenheilstätte an der Front an
ca. 200 Mann geprüft. Der Vorteil seiner Untersuchungen licgt im Vorhandensein liegen-
den Krankenmateriales. G. sah häufig günstige Beeinflussung von Sputummenge und
katarrhalischen Erscheinungen bei akuten uud subakuten Brouchitiden und subjektive
Besserung bei Emphysem und Asthma. Fälle von Lungentuberkulose, chronischer
Bronchitis und Pleuritis verhielten sich völlig refraktär. 4mal unter 45 Fällen Hä-
moptoe im Anschluss an die Inhalation. G. warnt davor, der so laut propagierten neuen
Heilmethode, der bisher jede wissenschaftliche und praktische Grundlage fehle, eine
Berechtigung in der Behandlung der Lungentuberkulose zuzuerkennen.
M. Sternberg: Macht darauf aufmerksam, dass die Apparatur nicht von Dr.
Bayer erfunden ist, sondern die vom Drägerwerk fabrizierten „Eelktrotisch-Kom-
pressoren® mit einer kleinen Vorrichtung darstellt. St. sah bei Asthma und chronische
Bronchitis erhebliche Besserungen.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg. O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
Dr. Ludolph Brauer
Arstlicher Direktor des Allgem.
berausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
o. ö. Professor an der Universität
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
Krankenhauses Eppendorf in
Freiburg, Direktor d. medizinischen
für Lungenkranke Schömberg,
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion: Verlag:
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch,
Dirig. Arztder Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig,
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg.
Dörrienstr. 16.
12. Jahrg.
Ausgegeben am 30. September 1918. B
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sielı auf die Seiten.)
Altstaedt 257. : Galli, B. 274.
} Kimmerle 272.
Norris, Ch. P. 252.
Aufrecht 272. Gerber, P. 262. Kincaid, F. 270. Orth 253.
Bach, H. 277. | Gerhardt 550. Kraus 258. i Payr 280.
Baer, A. 265, 28S. Göpel 278, 280. ' Kroener, M. 259. 'Rabl, L. 274.
Bahrdt 279. Gutstein, M. 260. ‚ Kruse 279. Roepke 276.
Bandolier 276.
Beauchant, M. 251.
Braeuning 266.
Brahm, C. 273.
Burkard, O. 263.
Cammaert, C. A. 253. Holden, O. 270.
Cobet 270. |
Colesehi, L. 255.
Correa, A. 252.
Deuel 279.
Deycke 257.
Francke 271.
‚de Haan, J. 272.
; Hartmanu, S. P. 253.
' Heinecke 279.
' Herzog, F. 254.
Kankeleit 255.
‘ Keschmann, R. 265.
i Kuczewski, A. 260.
Kummer 272.
ı Ladek, Ed. 265.
‚ Landolt, M. 252.
Neumann, W. 250.
: Nonnenbruch 271.
Rosenthal 279.
Schoy, C. 275.
Schultz, 254.
'Squarti 257.
| Hirsch 257. ' Laufer 272. ‚Taubert, G. 262.
. Lindgren, U. 261. i Teleky, L. 2684.
Hyde, Ci. R. 260. Löber, G. 274. |Thiemisch 279.
' Ickert 261. | Loewy, A. 273. Tomasinelli, G, 254.
Imhofer, R. 251. . Mönch, @. L. 261. Vogel 257.
Ingwersen, F. 254. Nebel 230. ı Wein, E. 275.
Wichmann, P. 260.
- Wohlgemuth, J. 273.
I. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie.
442. Gerhardt, Über Tuberkulose —
443. Beauchant, La tuberculose aux arnıces.
-- 444. Imhofer, Kehlkopftuberkulose und
Schwangerschaft. — 445. Norris, Schwanger-
schaft bei Tuberkulösen. — 446 Correa, Rheu-
matismus tuberculosis articularis et abarticu-
laris.
b) Ätiologie und Verbreitung.
447. Landolt, Traumatische Lungentuber-
kulose. — 448. Orth, Trauma und Tuberkulose.
— 449. Hartmann, Tuberkulose der weib-
lichen Geschlechtsorgane. — 450. Cammaert,
Aangeboren tuberculose.
c) Diagnose und Prognose.
451. Ingwersen, Kronberger oder Ziehl-
Neeisen? — 452. Sehultz, Diagnostischer
Wert der negativen Tuberkulinreaktion in der
Kinderpraxis. — 453. Herzog, Diagnose der
chronischen Peritonitis. — 454. Tomasinelli,
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung.
Nachweis kleiner Pleuraergüsse. — 455. Co-
leschi, Röntgenuntersuchung der Lungen-
tuberkulose. — 456. Kankeleit, Deutung
streifenförmiger Schatten neben der Brust-
wirbelsäule im Röntgenbild.
d) Therapie.
457. Neumann, Ambulante Tuberkulin-
therapie. — 458. Hirsch und Vogel,
Partigentherapie bei Hauttuberkulose. — 459.
Deycke und Altstaedt, Behandlung der
Lungentuberkulose mit isolierten Partialanti-
genen und mit dem Partialantigengemisch
M.Tb.R. — 460. Squarti, Nervöse Stauung
bei der tuberkulösen Meningitis und dem
Hydrocephalus. — 461. Kraus, Berechtigte
Indikationen der inneren Medizin für den
künstlichen Abortus. (Kapitel „Tuberkulośe“.)
— 462. Krooner, Beitrag zur Genitaltuber-
kulose. — 463. H yde, Tuberkulðse Peritonitis.
— 464. Gutstein, Behandlung der tuberku-
lösen Diarrhöen.
12. 17
250
e) Klinische Fälle.
465. Wichmann, Ulzeröse Schleimhaut-
tuberkulose der Nase. — 466. Lindgren, Dif-
fuse tuberkulöse Spondylitis. — 467. Moench,
Zur Tuberkulose der Ovarialtumoren. — 468.
lekort, Tuberkulöse Meningitis und Unfall.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heime.
469. Gerber, Selbsttätige Aufklärungs-
arbeit im Kriege. -- 470. Taubert, Patienten-
beschäftigung in Lungenheilstätten. — 471.
Burkard, Tiätigkeitsbericht der Auskunfts-
und Fürsorgestelle für Lungenkranke in Graz.
— 472. Teleky, Organisation der Fürsorge. —
473. Keschmann, Holtei, Erfahrungen
mit Barackenbauten. — 474. Ladek, Bau und
Einrichtung von Liegehallen. — 475. Baer, Ein
Jahr Kriegerheilstätte Wienerwald des Patrio-
tischen Hilfsvereins vom Roten Kreuz f.N.-Ö.
— 4%. Kuczowski, Wie soll man Militär-
spitäler, welche für Lungenkranke bestimmt
sind, im Kampfe gegen die Tuberkulose aus-
nutzen? — 477. Braeuning, Stettiner Für-
sorgestelle für Lungenkranke. — 478. XlI. Be-
rieht über die Tätigkeit des Vereins zur
Bekämpfung der Tuberkulose (E. V.) in Nürn-
berg im Jahre 1917. — 479. Baer, Ein Jahr
Kriegerheilstätte Wienerwald des Patriotischen
Hilfsvereins vom Roten Kreuz für Nieder-Öst.
Allgemeine Pathologie und
pathologische Anatomie.
— 480. Mustersiedolung für Kriegsbeschädigte
Bissiogheim E. V. — 481. Colonies for the
tubereulous. — 482. Kineaid, State control
of tuberculosis. — 483. Holden, The domi-
ciliary treatment of tuberculosis.
g) Grenzgebiete,
484. Cobet, Diagnostik des infizierten
Hämothorax beim Lungenschuss. — 485. Non-
nenbruch, Parapneumonisches Empyem und
das Nachfiebern bei der Pneumonie. — 486— 438.
Franke, Laufer, Kummer, Behandlung
der Pneumonie mit Salizyl und Antipyrin. —
489. de Haan, Die Phagozytose befördernde
bzw. vermindernde Wirkung von Substanzen.
— 4%. Kimmerle, Einige Beobachtungen bei
der Grippe. — 491. Aufree ht, Behandlung
des Keuchhustens. — 492. Über den Gesund-
heitszustand unserer Flotte. — 493. Loewy
und Brahm, Säurevergiftung und Luftver-
dünnung. — 49. Wohlgemuth, Zusammen-
setzung des Blutes und Verhalten des Blut-
druckes im Wüstenklima. 495. Galli,
Hygienischer Trinkbrunnen. — 49%. Löber,
Chronische Erkrankungen der Atemwege und
ihre Behandlung durch methodische Tief-
atmungen. — 497. Rabl, Wüstensanatorium
Bab el Wadi. — 498. Schoy, Die Ursache
der hohen Wärme im Jordantal.
II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
10. Wein, Feststellung und Behandlung
der tuberkulösen Infektion mittels antitoxischer
Heilkörper. — 11. BandelierundRoepke,
Lehrbuch der spezifischen Diagnostik und The-
rapie der Tuberkulose. 9. Aufl. — 12. Bach,
Anleitung und Indikationen für Bestrahlungen
mit der Quarzlampe „Künstliche Höhensonne“.
-— 13. „Süddeutsche medizinische Zeitschrift“.
IH. Kongress- und Vereinsberichte.
12. Sitzung der Medizinischen Gesellschaft zu Leipzig vom 5. und 19. März 1918.
IV. Mitteilung.
I. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
442. Gerhardt, Über Tuberkulose.
bis 560.
M. m. W. 65. 1918 S. 556
Die Kriegszeit hat nur wenig zur Vertiefung unserer Kenntnisse über
die Tuberkulose beigetragen. Immerhin hat sie manche Fragen angeregt.
Verf. bespricht in seinem eingehenden Vortrage den Einfluss des Krieges
auf die Häufigkeit der Tuberkulose, ferner die Frage, wie der Ausbruch
der Tuberkulose herbeigeführt wird. Er weist auf die schwächenden In-
fektionskrankheiten und die nichttuberkulösen Lungenkrankheiten hin.
Besondere Vorsicht hält er bei Beurteilung der Folgen nach Schussver-
letzungen für angebracht.
Eine im Kriege aufgetretene Tuberkulose muss als Dienstbeschädi-
gung anerkannt werden. Schwierigkeiten bereitet einerseits bei vorge-
schrittenen Tuberkulosen die richtige Beurteilung des voraussichtlichen
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 251
weiteren Verlaufs und die daraus abzuleitenden ärztlichen Anordnungen.
Andererseits ist die Erkennung der initialen Phthise schwierig. Die
Frage, ob und wieweit ein Tuberkulöser noch im Heeresdienst verwen-
dungsfähig ist, hängt zum grossen Teil davon ab, ob die Krankheit stationär
oder progredient ist.
Wichtig ist auch zu entscheiden, ob Dienstbeschädigung überhaupt
eingetreten, ist und welcher Grad von Erwerbsbeschränkung vorliegt. Vor
allem muss dafür gesorgt werden, dass die Tuberkulösen in ihrem eigenen
sowie im allgemeinen Interesse nach der Entlassung vom Militär zu nutz-
bringender Arbeit angehalten werden. Alle — besonders aber die nicht
arbeitsfähigen — sollen der bürgerlichen Fürsorge überwiesen werden.
Bredow, Ronsdorf.
443. M. Beauchant, La tuberculose aux armées. La Presse
médicale 47, August 1917.
Verf. beschäftigt sich mit dem Einfluss der Typhus- und Paratyphus-
schutzimpfung, der Gasvergiftung und der Thoraxverletzungen auf die
Entwickelung der Tuberkulose. Bei 2 Soldaten, die in der Vorgeschichte
keine tuberkulösen Symptome geboten hatten, wurden im Anschluss an
die Schutzimpfung Hämoptysen beobachtet. In 3 Fällen entwickelte sich
einige Monate nach einer Gasvergiftung eine aktive Tuberkulose mit posi-
tivem Bazillenbefund. Die genannten Faktoren spielen also bei der Ent-
stehung der Tuberkulose nur eine untergeordnete Rolle. Anders verhält
es sich mit den Thoraxverletzungen im allgemeinen. 4 von 43 Schuss-
verletzungen, die bisher lungengesund waren, boten im Verlauf einiger
Monate nach der Verletzung Symptome einer Lungentuberkulose mit
bazillenhaltigem Auswurf. Einen noch grösseren Prozentsatz an Tuber-
kulose konnte Verf. nach den übrigen Verletzungen des Thorax beob-
achten; er hält das Aufflackern einer latenten Tuberkulose im Anschluss
an ein Trauma für einen Faktor, dem mehr Wert beizulegen ist als bis-
ber allgemein angenommen wurde. Zur Frage der Diensttauglichkeit ent-
scheidet sich B. dahin, dass alle Tuberkulosen, die sich in Entwickelung
befinden, mit und ohne positiven Bazillenbefund, zeitliche oder dauernde
militärische Unbrauchbarkeit bedingen. Besondere Vorsicht beanspruchen
ebenfalls die fibrösen Formen und die Pleuritiden, wenn auch die klini-
schen Erscheinungen zeitweise einen negativen Befund bieten. Auch ge-
heilte Tuberkulosen scheinen für den Militärdienst untauglich, während
dagegen einer beschränkten Verwendung im Hilfsdienst nichts im Wege
steht. Kautz, Hamburg.
444. R. Imhofer-Prag, Der gegenwärtige Stand der Frage der
Kehlkopftuberkulose und Schwangerschaft. Prager med. Wschr.
1914 8. 111.
Verf. hat an der Prager geburtshilflichen Klinik (Prof. Kleinhans)
in 10 Jahren 11 Fälle von Kehlkopftuberkulose bei Gravidität beob-
achtet. Seine Ausführungen resümiert er in drei Punkten: 1. Es besteht
weder klinisch noch pathologisch-anatomisch ein Grund für die Annahme
einer besonderen Prädisposition der Gravida für Larynxtuberkulose, wohl
aber treten im Larynx bei Graviden Veränderungen auf, die das unauf-
haltsame Fortschreiten des Prozesses erklären können. 2. Die Prognose
17*
252 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
ist durchaus ungünstig, eine akute Verschlimmerung (Ödem) ist während
des Geburtsaktes möglich. 3. In Fällen von Kehlkopftuberkulose bei
Gravidität soll ausnahmslos in den ersten Monaten Abortus mit nach-
folgender Tubensterilisation eingeleitet werden; dagegen darf in der zweiten
Hälfte der Gravidität niemals Frühgeburt eingeleitet werden, da diese die
Chancen der Mutter nicht verbessert, die des Kindes aber wesentlich ver-
schlimmert. Gegenüber der prophylaktischen Tracheotomie verhält sich J.
ablehnend. Friedel Pick, Prag.
445. Ch. P. Norris, Schwangerschaft bei Tuberkylösen. Amer.
Journ. of Obst. Bd. 73, Juli 1916.
Soweit es sich nicht um vorgeschrittene Fälle handelt, bedingt die
Tuberkulose weder Neigung zu Unfruchtbarkeit noch zu Fehl- und Früh-
geburten. Ungefähr in 20°/o inaktiver und 70°/o aller vorgeschrittenen
Fälle kommt es zur Exazerbation des Prozesses. Verf. will daher auch
bei schon länger bestehender Inaktivität des Lungenprozesses von einer
Eheschliessung abraten. Die Heiratserlaubnis sollte nur in den Fällen
gegeben werden, in denen eine Erkrankung 1. Grades seit mindestens
2 Jahren inaktiv geworden ist. Allgemein lässt sich die Einwirkung der
Schwangerschaft auf den Lungenprozess nicht voraussagen, muss vielmehr
von Fall zu Fall genau beobachtet werden. Bei ungünstigem Einfluss
empfiehlt sich die Unterbrechung der Schwangerschaft vor dem 5. Monat;
erfolgt dieselbe innerhalb einer Woche nach den ersten Zeichen einer
Verschlimmerung, so kann in 65—70°/o bei entsprechender sorgfältiger
Nachbehandlung auf Besserung gerechnet werden. Bei verspäteter Unter-
brechung ist Besserung selten zu erwarten. Sterilisation ist nur ausnahms-
weise gerechtfertigt. In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft ist ab-
wartende Behandlung, immerhin etwa 2 Wochen ante terminum die Ein-
leitung der Frühgeburt und möglichst schonende wie abgekürzte Entbindung
angezeigt. Stillen ist zu verbieten, die Kinder sind sorgfältig vor Infek-
tion durch die Mutter zu schützen. Verf. stellt sich hiermit im wesent-
lichen auf die heute neun anerkannten Grundsätze.
Kautz, Hamburg.
446. Alsares Correa, Rheumatismus tuberculosis articularis
et abarticularis, Ned. Tijdschr. v. Verloskunde, Vi 'ouwenziekte
en Kinder-Geneeskunde 1916.
Besprechung der Literatur und der verschiedenen Formen der Tu-
berculosis rheumatoides (von den Franzosen auch „rheumatoid tuberculeux
oder maladie de Poncet genannt). Alle Gewebsalterationen, die hier ausser-
halb der Gelenke auftreten, werden von Poncet Rheum. tuberc. abarticu-
laris genannt und der Toxinewirkung auf Rechnung gestellt.
Verf. gibt dann die Krankengeschichte eines geheilten Falles von
Rheumat. tuberc. articularis, kombiniert mit den Erscheinungen einer Peri-
karditis und einer Pleuritis. J. Peerenboom.
b) Ätiologie und Verbreitung.
447. M. Landolt, Traumatische Lungentuberkulose. Schweiz.
Rundschau f. Med. 1917 Nr. 1
Es wird darauf hingewiesen, wie unsicher oft der Kausalzusammen-
hang ist zwischen Lungentuberkulose und einem vorausgegangenen Trauma.
Ätiologie und Verbreitung. 253
Erfahrene Gutachter, wie Liniger, stehen der traumatischen Tuberkulose
überhaupt sehr skeptisch gegenüber. Um den Zusammenhang zwischen
Krankheit und Trauma als nicht bloss möglich, sondern als in hohem
Masse wahrscheinlich erscheinen zu lassen, müssen bestimmte Forderungen
erfüllt sein. Insbesondere ist zu verlangen, dass das Trauma erheblich
gewesen sei und dass Erscheinungen seitens der Lunge möglichst bald
nach dem Unfall einwandfrei festgestellt sind. Von dem Aktenmaterial
der Unfallversicherung „Winterthur“ standen dem Verfasser 16, von der
Unfallversicherung „Zürich“‘ 3 Fälle zur Verfügung. Diese Fälle werden
in Tabellen erläutert. Anschliessend werden 4 selber beobachtete Fälle
erwähnt.
Es zeigt sich bei den letzteren, dass die Versicherung gelegentlich
selbst die bescheidensten und gerechtesten Ausprüche nicht befriedigt. Ein
solcbes Vorgehen rächt sich schliesslich an der betreffenden Versicherungs-
gesellschaft selber, indem Patient und Arzt das Vertrauen zu ihr ver-
lieren. | (Autoreferat.)
448. Orth, Trauma und Tuberkulose. 4 Obergutachten. Zschr. f.
Tbe. Bd. 27 H. 6.
Muss im Original nachgelesen werden.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
449. S.P. Hartmann, Experimentelle Untersuchungen über die
Eingangspforten und die Ausbreitung der Tuberkulose der
weiblichen (eschlechtsorgane. ZX. Kongr. des Nordischen
chirurg. Vereins. Gynäkol. Sektion 1916.
1. Das Entstehen einer Grenitaltuberkulose durch die spontane Wan-
derung der Bazillen durch die Scheide ist sehr zweifelhaft. Die Tierver-
suche (Meerschweinchen), die als Stützen der Theorie von der aufsteigenden
Infektion angeführt werden könnten, sind alle sehr angreif bar.
2. Tierversuche, die als Beweis einer Hinaufwanderung der Bazillen
gegen den Sekretstrom angeführt werden, sind sicher alle falsch gedeutet.
In solchen Fällen gibt es immer Anzeichen dafür, dass das Abfliessen des
Sekretes behindert war, wenn nicht gar die Verbreitung der Infektion
auf dem Lymphwege erfolgt ist.
3. Die Möglichkeit einer primären Genitaltuberkulose, durch die
Kobabition entstanden, lässt sich nicht verneinen. Doch halten die meisten
Fälle dieser Art einer schärferen Kritik nicht stand.
Kautz, Hamburg.
450. C. A. Cammaert, Aangeboren tuberculose. Ned. Tijdschr.
v. (reneesk., 8. Sept. 1917.
In diesem Aufsatz wird hingewiesen auf die Möglichkeit einer intra-
uterinen Infektion. Nicht nur wenn die Mutter eine manifeste Tuberku-
lose hat, sondern auch, wenn die Krankheit latent ist. Bemerkenswert in
dieser Beziehung ist, dass Kinder einer Mutter mit tuberkulösen Brüdern
und Schwestern so oft von der Krankheit befallen werden, obwohl die
Mutter und der Vater ein hohes Alter erreichten. Die Bekämpfung der
Tuberkulose in Holland ist ungenügend. Der Verf. fordert ein Mini-
sterium der Volksgesundheit und mehr kräftige Massregeln als Sanatorien,
Erholungsheime, Revision der Gesundheits- und der Unterrichtsgesetze,
254 Diagnose und Prognose.
Arbeitsverbot für tuberkulöse Lehrer und hygienischen Unterricht der
Kinder.
B. H. Vos macht zu diesem Aufsatz in der Nummer vom 15, Sept.
die Bemerkung, dass man die Eltern sehr gut untersuchen soll, bevor man
die intrauterine Infektion verteidigt. Hierauf erwidert C., dass er einen
Fall konstatiert hat, in dem weder der Vater noch die Mutter tuberkulös
infiziert waren. J. Peerenboom.
c) Diagnose und Prognose.
451. F. Ingwersen, Kronberger oder Ziehl-Neelsen? Zbl. f.
inn. Med. 1918 Nr. 18.
Es wurden 100 tuberkulöse Sputa je nach Kronberger und Ziehl-
Neelsen untersucht. In 19°/o der Fälle gab Kronberger noch ein
positives Resultat, wo Ziehl-Neelsen versagte. Verf. kommt daher zu
dem Schluss, dass die Kron berger- Färbung der Ziehl-Neelsenschen
bedeutend überlegen ist, und dass „keine Sputumuntersuchung auf Tuberkel-
bazillen als vollständig angesehen werden kann, ohne dass Kronberger
angewendet worden ist“. C. Kraemer II.
452. Schultz, Über den grossen diagnostischen Wert der nega-
tiven Tuberkulinreaktion in der Kinderpraxis. M. m. W.
65. 1918 S. 680—681.
Zustimmende Bemerkungen zu der gleichnamigen Arbeit von Prof.
Moro, M. m. W. Jg. 65. 1918. S. 396—397.
Bredow, Ronsdorf.
153. F. Herzog, Zur Diagnose der chronischen Peritonitis.
D. m. W. 1915 Nr. 25.
Verf. möchte die Aufmerksamkeit wieder mehr auf das peritoneale
Reibegeräusch richten, das nach ihm kein seltenes, sondern recht häufiges
Symptom der Peritonitis ist, und zwar gerade bei den Fällen, in denen
andere Symptome fehlen. Er prüft dieses Symptom durch langsames
Eindrücken des Stethoskops; beim Normalen findet sich kein oder nur
ein Darmgeräusch. Ausser bei Peritonitis kommt auch bei abnormaler
Trockenheit des Peritoneums, bei hochgradiger Abmagerung dieses Reibe-
geräusch vor. Die Auskultation leistet nach Verf. im Auffinden des peri-
tonealen Reibens mehr als die Palpation. C. Kraemer I.
454. @&. Tomasinelli, Methode zum Nachweis kleiner Pleura-
ergüsse. La riforma medica 34. 1919 Nr. 25.
Bei kleinen Pleuraergüssen ohne Pneumothorax, die schwer zu dia-
gnostizieren sind, kann man sich mit Vorteil zur frühen Feststellung des
Ergusses seiner Beweglichkeit im Pleuraraume bedienen, die Verf.
— entgegen der vielfach bestehenden Ansicht — als sicher annimmt.
Die geeignetste Lage für die perkutorische Feststellung des Ergusses ist
die Rückenlage des Kranken. Um dabei perkutieren zu können, lässt
man den Kranken am Halse in die Höhe heben, während er sich in der
Lendengegend aufstützt, oder man lässt ihn mit der erkrankten Thorax-
seite über den Bettrand hinausrutschen, während ein Wärter ihn auf der
anderen Seite des Bettes am Arme festhält. In dieser Lage kann man
Diagnose und Prognose. 255
auch mit einem Phonendoskop gut auskultieren und die Verschieblichkeit
des Exsudates feststellen, die sich — mit wenigen Ausnahmen — Wochen
hindurch erhält. Verf. weist mit dieser Methode Exsudate (NB. ohne
Pnoeumothorax!! von 50 cem nach, die sich im Sitzen oder Stehen nicht
herausperkutieren lassen. Wilhelm Neumann.
455. L. Coleschi, Die Röntgenuntersuchung der Lungentuber-
kulose. La rıforma medica 34. 1918 Nr. 26.
Verf. bespricht die röntgenologischen Symptome der Lungenspitzen-
phthise, warnt vor einseitiger Verwertung des Röntgenverfahrens. Die
Röntgenuntersuchung des Hilus hält er für äusserst wichtig, da die Hilus-
erkrankung der Phthise vorausgehe: radiologisch werde also die Behring-
sche Lehre von der Phthiseogenese bestätigt. Verf. unterscheidet auf dem
Röntgenbilde 3 Formen von peribronchialen Strängen: 1. Die Knötchen-
form, bei der die Stränge durch Knötchen unterbrochen werden. Je enger
die Knötchen beieinander stehen, mit umso grösserer Wahsrscheinlichkeit
handelt es sich um eine tuberkulöse Erkrankuug. 2. Die variköse Form
mit groben Strängen: spricht für einen aktiven oder ausgeheilten spezifi-
schen Prozess. 3. Die granuläre Form (wegen der Ähnlichkeit der Stränge
mit granulierten Zylindern), welche am meisten charakteristisch für einen
aktiven tuberkulösen Prozess sein soll. Im weiteren bespricht Verf. die
bekannten Röntgenbilder der konfluierenden und zirrhotischen Formen
der Phthise.
Die Diagnose der exsudativen Pleuritis durch das Röntgenver-
fahren bietet keine Schwierigkeiten, im Gegensatz zu der der trockenen
Pleuritis. Bei den am Diaphragma lokalisierten Formen der letzteren
kommt es zu Verminderung oder Aufhebung der Zwerchfellbewegung und
zum Verschwinden des Sinus. Interlobulärschwarten, die klinisch schwer
festzustellen sind, verraten sich durch einen vom Hilus nach der Peri-
pherie ziehenden scharf begrenzten Streifen. Affektionen der Mediastinal-
pleura sind an Unregelmässigkeiten des Mittelschattens und an Verwach-
sungen zwischen Mediastinum und Perikard zu erkennen. Wichtig für
die Diagnose einer Lungenphthise ist die Beobachtung des Verhaltens der
Atmung und des Herzens vor dem Röntgenschirm. Das William’sche
Symptom hat Verf. nur in Fällen mit Pleuritis diaphragmatica feststellen
können. Das hypoplastische steilgestellte Tropfenherz hält er für einen
sehr wertvollen Hinweis auf eine ungünstige Prognose der Phthise. Bei
manifester Phthise teilt Verf. im Falle eines Auseinanderweichens von
klinischem und Röntgenbefunde dem letzteren grössere Wichtigkeit zu;
bei initialen Fällen ist die Beurteilung aber viel schwieriger.
Wilhelm Neumann.
t56. Kankeleit, Über die Deutung von streifenförmigen Schatten
neben der Brustwirbelsiule im Röntgenbild. (Illustr.) M. m. W.
65. 1915. S. 424—425.
K. weist darauf hin, dass ohne nachweisbare anatomische Verände-
rung der Wirbelsäule oder ihrer Umgebung streifenförmige Schatten neben
der Wirbelsäule, speziell der Brustwirbelsäule, vorkommen, die bei ent-
sprechenden klinischen Symptomen zur Fehldiagnose führen können, Ver-
anlassung zu der Abhandlung gab ein Fall, bei dem die klinische Dia-
enose diffuser Tumor oder tuberkulöse Affektion lautete, während sich als
256 Therapie.
anatomische Diagnose ergab: frische verruköse Endokarditis der Mitralis,
herdförmige akute Myelitis im Brustteil des Rückenmarks.
Bredow, Ronsdorf.
d) Therapie.
457. Wilhelm Neumann, Zur ambulanten Tuberkulintherapie.
Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 11, Arztl. Beil.
Verf. ist auf Grund seiner mehr als 11jährigen intensiven Beschäf-
tigung mit den Tuberkulinen zu einem überzeugten und auch überzeugenden
Anhänger der Tuberkulintherapie geworden.
Aus der langen Dauer einer sehr vorsichtigen, mit minimalen Dosen
beginnenden und nur ganz langsam steigenden Tuberkulinkur, wie sie eben
nur sein soll und darf, ergibt sich auch die Berechtigung und Notwendig-
keit der ambulanten Tuberkulintherapie.
Verf. stellt sich die verschiedenen Lösungen selbst dar und zwar
benützt er gewöhnlich die Originallösung von Alttuberkulin Koch, die er
mit 1/4°/o Karbolwasser in der Konzentration von 1:10—1: 1000000
verdünnt.
Diese Lösungen bezeichnet er mit I (1:10) bis VI (1:1000000).
Die Injektionen werden subkutan in das Unterhautzellgewebe des
Rückens oder der Brust mit einer 1 ccm fassenden und in 20 Teile
geteilten Rekordspritze gegeben.
Bei Fällen, die eine einschneidende Tuberkulosetherapie erfordern, -
deren Diagnose sichergestellt ist, bei denen Hämoptoen das Kranklheits-
bild beherrschen, bei starker Abmagerung, Nierenreizung und starken ner-
vösen Reizerscheinungen, beginnt er gewöhnlich mit */so ccm der Lösung V
(1:100000) und geht nur ganz langsam tastend weiter. — Das kürzeste
Intervall zwischen 2 Injektionen beträgt 4 Tage. Massgebend für das
weitere Tempo sind nicht nur die Temperaturen, sondern auch die Stärke
der lokalen Reaktion und Veränderungen im subjektiven Befinden. — Er
macht gewöhnlich von jeder Verdünnung sechs verschieden starke Injek-
tionen (3/20, 4/20, 6/20, ®/z0, !*/20, 2%/go cem). Ist die Dosis erreicht, welche
gerade schwache Reaktion auslöst, also Erhöhung der Temperatur um
0,1—0,4 Grad über die Norm, dann bleibt er bei ambulanten Kuren bei
Fällen von der oben erwähnten Art auf dieser Dosis so lange, als sie
noch Temperaturerhöhung hervorruft. — Er warnt vor der Meinung, dass
mit Erreichung hoher Tuberkulindosen eine höhere Immunität erreicht
wird und damit eine bessere Heilungsaussicht gegeben sei.
Zwei Fehlerquellen muss man bei der Tuberkulinbebandlung aus-
schalten: Erstens soll man bei jeder Verdünnung eine eigene Spritze be-
nützen, damit nicht dadurch, dass man zuerst eine stärkere und dann
eine schwächere Injektion mit derselben Spritze gibt, durch die unver-
meidlichen, trotz wiederholten Durchspritzens, wenn auch nur in minimalster
Menge, in der Spritze und Nadel haften bleibenden Reste der Tuberkulin-
verdünnung von stärkerer Konzentration mit der folgenden schwächeren
Injektion mehr Tuberkulin einverleibt wird, als man will.
Zweitens muss man dem Umstande Rechnung tragen, dass die Halt-
barkeit der Tuberkuloseverdünnung verschieden ist. — Je schwächer die
Konzentration ist, desto leichter und schneller verdirbt sie. — Bei einer
Therapie. 257
Serie von gleich alten Verdünnungen wird der Sprung Won einer Ver-
dünnung zur nächsten bedeutend grösser sein als nach der Berechnung,
besonders beim Übergang von Lösung I zum Originaltuberkulin. —
Verf. vermeidet deshalb Injektionen aus der Originallösung bei ambula-
torischer Behandlung überhaupt, oder wenn sie sich wirklich nicht ver-
meiden lassen, bereitet er sich vor dem Übergang noch eine ganz frische
Verdünnung I und gibt von dieser vorher noch mehrere Injektionen.
Für die Verdünnungen benützt und empfiehlt er Fläschchen, 15 cem
fassend, mit weitem Halse, die durch eine Gummikappe abgeschlossen
sind. — Diese werden zur Füllung der Spritze mit der Nadel einfach
durchstochen. — Der Stöpsel braucht nicht gelüftet zu werden.
Es gibt jedoch Fälle, bei welchen eine derartige reaktionslose Kur
nicht erwünscht ist; das sind einerseits solche, bei denen die Diagnose,
ob es sich um eine aktive, behandlungsbedürftige Tuberkulose handelt,
nicht feststeht, andererseits ganz chronische Fälle, wo nur Dosen, die eine
Fieberreaktion hervorrufen, Erfolg haben. — Bei liegenden Fällen ver-
abfolgt er zunächst probatorische Injektionen von 0,2 cmm, bei ambu-
lanten von 0,02 cmm und wählt dann nach dem Ausfalle dieser ersten
Injektion die nächste Dosis. — Beim weiteren Vorgehen lässt er jedoch
die gleiche Vorsicht walten, wie bei der reaktionslosen Kur. — Es
folgen zwei Krankengeschichten von Fällen der letzteren Art, bei denen
der Erfolg der Tuberkulosebehandlung ein tatsächlich in die Augen
springender ist.
Bei liegendem Material kennt Verf, abgesehen von den schwersten
hoffnungslosen Fällen, keine Kontraindikationen, bei ambulanter Behand-
lung ist er strenger und stellt 380 Achselmessung als oberste zulässige
Temperatur hin. — Ein Anfänger tut überhaupt gut, bloss Fieberlose,
oder höchstens subfebrile Fälle einer Tuberkulinkur zu unterziehen.
A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö.
458. Hirsch und Vogel, Über Partigentherapie bei Hauttuber-
kulose. M. m. W. 65. 1918 S. 612—613.
Verff. berichten an Hand eines kleinen Materials über die günstigen
Erfahrungen bei Behandlung der Hauttuberkulose mit den Partialanti-
genen. Bredow, Ronsdorf.
459. Deycke und Altstaedt, Die Behandlung der Lungentuber-
kulose mit isolierten Partialantigenen und mit dem Partial-
antigengemisch M.Tb.R. M. m. W. 65. S. 379.
Kurze Entgegnung auf die gleichbenannte Arbeit von W. Müller,
Sternberg, M. m. W. Jg. 65. 1918 S. 36—37 (vgl. Ref. Nr. 326 d. Bd.
8. 123). Bredow, Ronsdorf.
460. Squarti, Die nervöse Stauung bei der tuberkulösen Menin-
gitis und dem Hydrocephalus. Rivista di Clinica pediatrica
1916 H.7?.
Verf. behandelte mit der Bier’schen Stauung 8 Fälle von typischer
tuberkulöser Meningitis. Im Gegensatz zu den Berichten anderer entging
kein Fall dem Tode; doch konnte Verf. im Laufe der Behandlung fest-
stellen, dass der Liquor cerebro-spinalis, der gewöhnlich nach der Lumbal-
punktion rasch wieder ersetzt wurde, sich unter dem Einfluss der venösen
258 Therapie.
Stauung nicht vermehrte, so dass man mit der Lumbalpunktion, die ver-
schiedentlich während und nach Anlegung der Stauungsbinde vorgenommen
wurde, immer nur sehr wenig Liquor gewinnen konnte.
Verf., der glaubt, dass diese Erscheinung nicht mit einer vermin-
derten Sekretion, sondern mit einer vermehrten Absorption des Liquor
cerebro-spinalis zusammenhängen müsse, wollte die gleiche Behandlung
auch bei den verschiedenen Formen des Hydrozephalus, besonders solchen
mit allmählicher Zunahme, versuchen, da es sich gerade beim Hydro-
zephalus um eine behinderte Absorption handelt.
Verf. wählte 3 der schwersten schon mit anderen Verfahren behan-
delten Fälle für die Bier’sche Stauung aus. Das Ergebnis war in
2 Fällen sehr zufriedenstellend, da nach etwa einem Monat eine beier-
kenswerte Abnahme des Ergusses erfolgte, so dass selbst die nervösen
Erscheinungen schwanden. Im 3. Falle bemerkte man eine, wenn auch
nur geringe und vorübergehende Abnahme des l,iquordruckes, wobei auch
die nervösen Störungen etwas zurückgingen und der Kopfumfang in einem
Monat gegenüber dem durchschnittlichen Umfang der vorhergehenden Mo-
nate sich um die Hälfte verkleinerte. Dieser Erfolg findet seine Erklärung
in den für den Hydrozephalus charakteristischen Veränderungen und in
der Wirkung der Stauung. Es ist die veränderte Zirkulation, besonders
die in den Plexus chorioidei, welche die Absorption verhindert und zu
der Ansammlung des Liquors in den Ventrikeln führt. Andrerseits bessert
die venöse Stauung, indem sie das Strombett der Kapillaren vergrössert
und die Venenstämme weitet, den veränderten Blutlauf und fördert die
Absorption. Nach seinen Erfolgen hält Verf. den Schluss für berechtigt,
dass die Bier’sche Stauung als in wirksames Mittel für die Behandlung
les Hydrozephalus anzusehen ist. }) Galli, Lugano.
161. Kraus, Berechtigte Indikationen der inneren Medizin für
den künstlichen Abortus. (Kapitel „Tuberkulose‘.) W. kl. W.
1918 Nr. 1. |
Die Tuberkulose veranlasst. «die häufigste Indikationsstellung für den
künstlichen Abortus in der Praxis (66°/o). Auch ohne direkte Genital-
affektion werden schon im Frühstadium der Tuberkulose die Menses oft
spärlicher, unregelmässiger oder zessieren. Der Tod an Tuberkulose in
der Gravidität ist relativ selten; spontane Unterbrechung der Gravidität
ereignet sich bloss in gauz schweren Fällen, beziehungsweise in der Agonie.
Selbst wiederholte Gravidität braucht keinen ersichtlichen oder dauernden
Schaden zn hinterlassen. Die latente Tuberkulose (90°/o der Fälle) er-
fährt gewöhnlich durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett keine
Verschlechterung; das gleiche gilt sogar für die Hälfte aller Fälle von
manifester Tuberkulose. Bei 45°/s aller Wöchnerinnen (normales Puer-
perium, keine nachweisliche Verschlimmerung der Krankheit) lassen sich
tuberkulöse Veränderungen der Lungen nachweisen. Wichtig ist nicht so
sehr die Ausdehnung des Prozesses, als sein stationäres oder progredientes
Verhalten. Der Beginn der Verschlechterungen des Lungenbefundes fällt
gewöhnlich in die 1. Hälfte der Gravidität. Die erst im Wochenbett ein-
setzenden Verschlechterungen, die viel unheilvoller verlaufen, beruhen
meist auf Einbruch des Prozesses in den Bronchialbaum mit folgender
pneumonischer Verkäsung. Diese Fälle sind aussichtslos.. Miliartuberku-
1) Aus dem Italienischen übersetzt von Ganter, Wormditt.
Therapie. 259
lose ist während Schwangerschaft und Wochenbett selten. Die Verschlech-
terungen in der Gravidität können zum Exitus führen, häufiger aber kommt
es zur Besserung und relativem Stillstand. Einmalige Verschlimmerung
während der Gravidität braucht sich während der nächsten Schwanger-
schaft durchaus nicht zu wiederholen, die Tuberkulose kann vielmehr
stationär bleiben. Habituelles Absterben der Frucht durch mütterliche
Tuberkulose gibt es nicht. Intrauterine Übertragung und Nabelschnur-
infektion sind selten.
Der Einfluss der Gravidität auf den Verlauf der Tuberkulose ist sehr
ungleichmässig und schwer auf längere Zeit hinaus zu übersehen. Die eigent-
lichen Gründe für die Verschlechterung in der Gravidität kennen wir nicht.
Einleitung des künstlichen Abortus bei manifester Tuberkulose in
den ersten 16 Wochen der Gravidität gibt ein günstigeres Resultat als
bei Fehlen der Unterbrechung; die Frage ist aber noch nicht endgültig
entschieden. .Zu spät vorgenommene Unterbrechung, sowie künstlicher
Abort bei akut verlaufenden und zu weit vorgeschrittenen Fällen ist nicht
selten direkt schädlich.
An eine Immunitätsanalyse (Konjunktivalreaktion) darf die Indikation
nicht geknüpft werden. Die Reaktion auf Tuberkulin kann gegen das
Schwangerschaftsende bis zum Erlöschen sinken.
Lupus und Knochentuberkulose sind keine Indikation zur Einleitung
des Abortus, Nierentuberkulose, wenn eine Operation ausgeschlossen ist,
nur nach der Lage des Einzelfalles. Die Nierentuberkulose wird durch
den Abortus nicht gebessert, der richtige Eingriff ist die Entfernung der
kranken Niere.
Auch bei manifester Tuberkulose darf man wegen möglicher Ver-
schlechterung nicht präventiv den Abortus einleiten. Als Aktivitätszeichen
köunen gelten: Offene oder geschlossene Tuberkulose mit Fieber, charak-
teristische Katarrhe mit Gewichts- und Kräfteverlust, beobachtete Aus-
dehnung des Prozesses in den Lungen, Hinzutreten anderweitiger tuber-
kulöser Erkrankungen. Durchaus nicht jede Form der Larynxtuberkulose
erfordert die Einleitung des künstlichen Abortus, da es auch benigne
Formen gibt. Allgemeinzustand und Progression der Tuberkulose ent-
scheiden auch im Verhältnis zur Larynxaffektion.
Jede Frau soll nach dem Abortus einer entsprechenden Tuberkulose-
behandlung (Heilstätte) und Nachuntersuchung unterworfen werden. Die
Unterbrechung der Gravidität ist in der Regel auf die ersten 16 Wochen
zu beschränken. Die künstliche Frühgeburt bietet keine Vorteile vor der
normalen Geburt.
Bei akuten Tuberkulosen und solchen mit grosser Ausdehnung des
Prozesses sollte vom künstlichen Abortus abgesehen werden.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
462. M. Kroener, Beitrag zur Genitaltuberkulose. Arch. f.
Gynäkol. Bd. 15, Febr. 1916.
Die Genitaltuberkulose, welche häufig unter dem Bilde der entzünd-
lichen Adnexerkrankung ausgedehnte Zerstörungen der Genitalorgane mit
grosser Pyosalpinx und Pyovarien verursacht, ist keineswegs als neben-
sächliche, untergeordnete Organerkrankung anzusehen, sondern verursacht
häufig ein recht schweres Krankheitsbild und birgt ständig für den Träger
die Gefahr des Übergreifens auf andere Organe per contiguitatem und
"260 | Klinische Fälle.
der Miliartuberkulose in sich. Aus diesen Gründen ist eine radikale
Entfernung der tuberkulösen Genitalorgane anzustreben, solange die Geni-
talerkrankung das Krankheitsbild beherrscht. Das geschieht am sichersten
durch die Laparotomie, bei welcher stets beide Tuben, beide Ovarien und
der Uterus bis zur Cervix mitzunehmen sind. Nur ausnahmsweise können
Uterus und ein Ovar zurückgelassen werden. Diese Methode garantiert in
den meisten Fällen eine rasche und vollständig subjektive Heilung im
Sinne der Arbeitsfähigkeit und des körperlichen Wohlbefindens und ein
subjektiv einwandfreies Resultat. Kautz, Hamburg.
463. Cl. R. Hyde, Tuberkulöse Peritonitis. Amer. Journ. of Obst.
Dd. 74, März 1916. Ä
Nach einem Hinweis auf die häufigen Fehldiagnosen gibt Verf. das
Ergebnis eigner und aus umfassendem Studium der amerikanischen Lite-
ratur geschöpfter Erfahrung. Die Ausführungen über die Pathologie und
Symptomatologie bieten nichts Neues. Hinsichtlich der Behandlung steht
Verf. auf dem Standpunkt, zwar in jedem Falle die Laparotomie zu -
machen, erkrankte Teile des Genitales oder das ganze Genitale aber nur
dann zu entfernen, wenn nicht ausgedehnte peritoneale Verwachsungen
vorhanden sind. In letzterem Falle soll man sich darauf beschränken,
den Aszites abzulassen und auszutupfen und — nach einem bewährten
Vorschlag McGlinns — 4 g Jodoform in die Bauchhöhle einführen,
die danach vollständig geschlossen wird. Kautz, Hamburg.
464. M. Gutstein-Berlin, Zur Behandlung der tuberkulösen
Diarrhöen. Ther. d. Gegenw. 1917 H. 1.
G. berichtet über ein neues Präparat, Combelen, mit dem er gute
Erfolge bei Durchfällen von Phthisikern gehabt hat. Comibelen ist eine
Mischung zu gleichen Teilen von Etelen (Triazetylgallussäureäthylester)
und Resadol (Resorzinbenzoylkarbonsäureäthylester.. Es sind damit zwei
Komponenten von verschiedener Wirkungsweise, ein Adstringens und ein
Tonus und Peristaltik der Darmmuskulatur herabsetzendes Mittel ver-
einig. Bei den Durchfällen, wo mit Wahrscheinlichkeit keine stärkere
organische Erkrankung tuberkulöser Natur des Darmes vorlag, wirkte das
Mittel ausgezeichnet in Dosen von 3 g. Bei den schwer destruktiven
Phthisen mit ulzerösen Veränderungen des Intestinums konnte nur mit
grossen Dosen, bis 6 g pro die, und auch da nicht zuverlässig, ein Erfolg
erzielt werden. Verf. war dann gezwungen, die altbewährte Bolus alba
oder Opium zu geben. Geinitz, Tübingen.
e) Klinische Fälle.
465. P. Wichmann, Ulzeröse Schleimhauttuberkulose der Nase
mit „bergreifen der Haut. Derm. Wschr. 1917 Nr. 38
Die Veröffentlichung bringt einen Fall von exogen erworbener Tuber-
kulose ohne Beteiligung der inneren Organe; eine genügend starke Im-
munität konnte infolgedessen nicht erworben werden, was sich auch im
mikroskopischen Bilde durch die Spärlichkeit der Plasmazellen ausdrückt.
Der Prozess ist daher in der Nase stark progredient. Die Haut hatte
einen stärkeren Grad von Immunität erworben.
P. von der Porten, Hamburg.
Klinische Fälle. 261
466. Uno Lindgren, Ein Fall von im klinischen Sinne diffuser
tuberkulöser Spondylitis. Hygiea Bd. 80 1918.
Ein 20jähriger Schmied, der vor 6 Jahren Pleuritis gehabt hatte,
bekommt einige Zeit nach der Entstehung von tuberkulösen Ulzerationen
im Pbarynx Schmerzen und andere auf Spondylitis zurückzuführende
Symptome. Nach einiger Zeit Amyloidosis und Mors an Erschöpfung.
Die Sektion zeigte eine disseminierte Rückgrattuberkulose, lokalisiert so-
wohl im Wirbelkörper als in den Bogen und ohne Sequestrierung und
Destruktion. Wahrscheinlich handelt es sich um eine hämatogene Aus-
saat von Tuberkelbazillen; dafür spricht u. a, dass die Herde in der-
selben Entwickelungsstufe waren. Viel des Interessanten bietet die Röntgen-
untersuchung: von diesen mächtigen tuberkulösen Wirbelveränderungen
kam fast nichts mehr zum Vorschein auf der Röntgenplatte. Nur einer
der Wirbel (Th. 7) zeigte etwas Pathologisches, indem er ein wenig vorn
zusammengedrückt war.’ Arvid Wallgren, Upsala.
467. G. L. Moench, Zur Tuberkulose der Ovarialtumoren. Gynäk.
Rundschau 1916 Nr. 1.
Zu den in der Literatur bisher beschriebenen 23 Fällen fügt Verf.
einen weiteren Fall von Tuberkulose und Ovarialkystom hinzu, bei dem
die tuberkulöse Infiltration an einer doppellinsengrossen Stelle durch alle
Schichten der Wand des Ovarialtumors von der äusseren Wand bis fast
an die Innenfläche der Cyste heranreichte.e Ein ursächlicher Zusammen-
hang zwischen Ovarialtumoren und Tuberkulose lässt sich nicht beweisen.
Kautz, Hamburg.
468. Ickert, Tuberkulöse Meningitis und Unfall. Med. Klin.
1918 Nr. 10.
Bericht über einen Fall von tuberkulöser Meningitis, die im An-
schluss an einen Unfall aufgetreten war: Ein Arbeiter wurde von einer
Bretterbude umgerissen, die ihm auf den Kopf und in die Seite fiel. Es
zeigten sich die Zeichen einer bald vorübergehenden, leichten Gehirn-
erschütterung. 5 Tage später trat eine tuberkulöse Hirnhautentzündung
auf, der der Mann am 16. Tage. erlag. Bei der Sektion fanden sich
auch ältere, andere tuberkulöse Herde, ferner in der Inselgegend einige
kleine Tuberkelknötchen, und ausserdem Hydrocephalus internus. Der
Unfall als solcher war imstande, die Bazillen der alten Herde zu mobili-
sieren und sie auf der Hirnhaut als dem Locus minoris resistentiae (Ge-
hirnerschütterung) zur Ansiedelung zu bringen. Die Kürze der Krankheit
spricht nicht gegen den ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall, die
Grösse der Knötchen entsprach der verstrichenen Zeit und der Hirndruck,
die eigentliche Todesursache, war wohl durch die Hirnläsion bedingt und
durch die tuberkulöse Entzündung verursacht. Nimmt man an, dass die
Meningitis schon vor dem Unfall bestanden hat, so hat doch die intra-
kranielle Druckverschiebung infolge des Unfalles im Verein mit den
tuberkulösen Entzündungsprodukten die Bildung des Hydrocephalus und
damit den Tod herbeigeführt. — Derartige Fälle können nur auf Grund
eines genauen Sektionsergebnisses geklärt werden, und die Forderung, dass
bei Todesfällen an tuberkulöser Hirnhautentzündung die Sektion zu er-
folgen hat, wenn eine Entschädigungspflicht in Frage kommt, ist durchaus
berechtigt. Rehs, Davos.
\
262 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heinte.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
469. Paul «erber- Wien, Selbsttätige Aufklärungsarbeit im
Kriege. Osterr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 1 Nr. 10.
Der einerseits mit der militärischen Organisation, andererseits mit
den allgemeinen Massregeln gegen die Kriegsseuchengefahr verbundene
Imperativ zur Ordnung und Reinlichkeit, der Aufenthalt, weniger im
Schützengraben als vielmehr in den verschiedenen Sanitätsanstalten des
gesamten Kriegsgebietes, der Etappe und des Hinterlandes, die aus irgend
einem Grunde wohl jeder zur Kriegsdienstleistung Einberufene passiert,
wird nicht ohne bleibenden Einfluss auf die Lebensweise der Bevölkerung
der Doppelmonarchie, die, wie Verf. sehr richtig bemerkt, bei manchen
Gruppen noch an den Urzustand der Menschheit erinnert, bleiben. Er
muss noch richtunggebend wirken, auch wenn der Zwang aufgehört hat.
Diese selbsttätige Aufklärungsarbeit muss noch unterstützt werden
durch bewusste Aufklärung von seiten der Ärzte bei den verschiedenen
militärischen Formationen und in den verschiedenen Sanitätsanstalten,
zwanglos, in der Form beiläufiger Bemerkungen anlässlich der täglichen .
Visite etc. Ein breiter Raum in diesen belehrenden Gesprächen soll
mit vollem Rechte der Prophylaxe und Bekämpfung der Tuberkulose ge-
widmet sein.
Bezüglich der zahlreichen auf Tuberkuloseabteilungen tätigen weib-
lichen Hilfspflegerinnen schlägt Verf. sowohl im Hinblicke auf den kom-
menden grossen Bedarf in Friedenszeiten als auch auf den Vorteil voraus-
gegangener praktischer Ausbildung vor, in irgend einer Form die Ver-
wendung dieser Kategorie von Pflegepersonen militärischer Anstalten als
Tuberkulose-Fürsorgeschwestern zu ermöglichen. Der Ausführung dieses
in gewisser Hinsicht zweifellos berücksichtigungswerten Vorschlages steht
derzeit noch eine ministerielle Verordnung, die als Bedingung für die
Aufnahme in die Krankenpflegeschule, in der die Fürsorgeschwestern
herangebildet werden, im allgemeinen eine mindestens 3jährige Tätigkeit
als berufsmässige Krankenpflegerin fordert, hindernd im Wege. Referent
ist der Ansicht, dass bei der grossen Förderung, welche gerade die öster-
reichische Regierung allen Bestrebungen zur Bekämpfung der Tuberkulose
zuteil werden lässt, auch hier eine alle Teile befriedigende Lösung ge-
funden werden dürfte. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö.
470. Gustav Tauber t- Sternberg, Über Patientenbeschäftigung
in Lungenheilstätten. Osterr. Tbe.-Fiüirs.-Bl. Jg. 1 Nr. 10.
Nach den Erfabrungen, die Verf. in seiner Tätigkeit in der Lungen-
heilanstalt für heimkehrende Krieger in Sternberg in Mähren gewonnen
hat, vertritt er den heute wohl fast allgemein anerkannten Standpunkt,
dass die Arbeitstherapie in den Lungenheilanstalten einen wertvollen Be-
standteil unserer Rüstkammer für die Bekämpfung und Heilung der
Tuberkulose bildet, unter der Voraussetzung einer strengen Individuali-
sierung und Rücksichtnahme auf die Art und Ausdehnung der Erkran-
kung, die bisherigen Lebenegewohnheiten und die bisherige Berufstätigkeit
des Erkrankten und einer ständigen ärztlichen Beaufsichtigung. Er stellt
einen inhaltsreichen, theoretische und praktische Ausbildung gleichmässig
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 263
berücksichtigenden Lehrplan auf — auch die Musik fehlt in ihm nicht —,
der wohl geeignet ist, die Erreichung des Endzieles, das ist die Erhaltung
und Stärkung körperlicher und geistiger Kräfte und die Ermöglichung
einer Berufsumschulung und -Fortbildung des durch die Krankheit Er-
werbsbeschränkten zu fördern und zu erleichtern. Die Teilnahme an der
Beschäftigung — und hierin nimmt Verf. einen von der Mehrzahl der
Autoren wohl etwas abweichenden Standpunkt ein — soll nur insoferne
eine freiwillige sein, als nur die Wahl der Art der Beschäftigung frei-
gestellt wird. Irgendwie beschäftigen muss sich jeder, der hierzu ärztlich
für geeignet erklärt wird. Als Aneiferungsmittel dienen kleine Geldent-
schädigungen und Ausstellung der geleisteten Arbeiten.
Zur Behebung des derzeit bestehenden Mangels an geeigneten Lehr-
kräften schlägt Verf. die Kommandierung von ‚in militärischen Diensten
stehenden Lehrern an die Patientenschulen vor. Er fordert ferner Auf-
klärung der Kranken über den Zweck und die Wichtigkeit der Beschäf-
tigung während der Kur, über die verschiedenen Schädlichkeiten im Be-
rufe und über die Möglichkeit einer Berufsumschulung. Schliesslich tritt
er für eine Angliederung gärtnerischer und landwirtschaftlicher Betriebe
an die Lungenheilanstalten und Errichtung von Lehrwerkstätten in den-
selben ein, um so Fürsorgeanstalten auszubauen, welche geeignet sind,
den aus der Anstalt Entlassenen die Wiederaufnahme ihres Berufes zu
erleichtern und eine möglichst weitgehende Nutzbarmachung von Kräften
für das Wirtschaftsleben zu bewirken.
Es würde wohl einen grossen Fortschritt in der Tuberkulosetherapie
bedeuten, wenn diese Vorschläge an geeigneter Stelle Beachtung und Ge-
hör fänden. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-O.
471. Otto Burkard, Tätigkeitsbericht der Auskunfts- und Für-
sorgestelle für Lungenkranke in Graz. Österr. Tbe.-Fürs.-Bi.
Jg. 1 Nr. 11.
Der unter diesem anspruchslosen Titel erscheinende Aufsatz ist
eigentlich eine Anleitung, wie man bei der Errichtung von Tuberkulose-
fürsorgestellen vorzugehen hat. Er enthält eine Fülle von wertvollen
prinzipiellen Erörterungen und praktischen Winken und sollte von jedem,
der selbst eine Fürsorgestelle betreiben will, im Originale nadhgelesen werden.
Er beinhaltet folgendes:
Jede Fürsorgestätte bedarf zuerst organisatorischer Arbeit zur mög-
lichst lückenlosen Erfassung aller fürsorgebedürftigen Lungenkranken
und zur Heranziehung aller irgend für Tuberkulosefürsorge in Betracht
kommenden Quellen sozialer Hilfe, Vereine, Wohltätigkeitsinstitute, Be-
hörden etc. i
Die wichtigste Vorbedingung für ein gedeihliches Wirken ist vor
allemi die werktätige Mitarbeit aller Ärzte, in erster Linie der Kranken-
kassenärzte. Zu diesem Zwecke müssen diese durch Wort und Schrift
aufgeklärt — sind doch Ziel und Zweck der ganzen Fürsorgebewegung
zur Zeit noch keineswegs Gemeingut aller Ärzte — und um ihre Mit-
arbeit gebeten werden. Um den Kontakt herzustellen, werden die beban-
delnden Ärzte, gleichgültig, ob sie selbst oder irgend jemand anders den
Kranken überweisen, von allem unterrichtet, was die Fürsorgestelle mit
demselben unternimmt. Ebenso sind die Krankenversicherungsanstalten,
264 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
die auch zur materiellen Unterstützung bereit sind, heranzuziehen, des-
gleichen die öffentlichen und privaten Armenorganisationen, die Schulen
nach entsprechender Aufklärung der Lehrerschaft, die eventuell bestehenden
Fürsorgeeinrichtungen für Kinder, die Gemeindeverwaltungen etc. Mit den
Heilanstalten für Lungenkranke ist behufs Evidenzhaltung der von der
Aufnahme abgewiesenen oder der aus der Heilstättenbehandlung Ent-
lassenen in Fühlung zu treten. Die Sputumuntersuchungen werden im
Hygienischen Universitätsinstitut vorgenommen.
Es folgen statistische Zahlen über die Frequenz der Fürsorgestelle,
die mit Rücksicht auf den kurzen Zeitraum, auf den sie sich erstrecken,
einen sprechenden Beweis für die Notwendigkeit der Errichtung der Grazer
Fürsorgestelle liefern. Auch diese Fürsorgestelle ist, wie alle anderen, in
der vollen Entfaltung ihrer Tätigkeit durch die Schwierigkeit, Kranke,
namentlich Frauen und chirurgisch tuberkulöse Kinder in entsprechenden
Anstalten unterzubringen, und durch die gegenwärtig herrschenden allge-
meinen Lebensverhältnisse behindert.
Nach mehreren beachtenswerten Abänderungsvorschlägen bezüglich
der offiziellen Fürsorgedrucksorten warnt Verf. vor einer kritiklosen. Nach-
ahmung des deutschen Systems. Es muss dem niedrigen Durchschnitts-
niveau intellektueller Bildung und wirtschaftlicher Leistung in Österreich
Rechnung getragen werden. Schliesslich bekennt sich der Verf. zu dem
Standpunkte, dass zu den Aufgaben der Fürsorgestellen auch die Behand-
lung der Tuberkuloseerkrankten gehört. Doch dürfen sie sich darin nicht
erschöpfen, sondern müssen durch ihre Tätigkeit ihren wahren Zweck, die
Tuberkulosefürsorge im weitesten Sinne des Wortes, der Bevölkerung stets
vor Augen halten.
Diese Ausführungen werden beendet mit der zu beherzigenden An-
regung, die neu errichteten Fürsorgestellen, die gewiss unter mannigfach
verschiedenen Voraussetzungen und Bedingungen arbeiten, möchten ihre
Erfahrungen sorgfältig sammeln und zum gegenseitigen 'Austausche in
streng sachlich-kritischer Darstellung inn österreichischen Tuberkulosefür-
sorgeblatt mitteilen. "A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö.
472. Ludwig Teleky- Wien, Zur Organisation der Fürsorge.
Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 1 Nr. 11.
Was dem Verf., der wohl einer der ersten Fachmänner auf den Ge-
biete der sozialen Medizin und Fürsorge ist, notwendig erscheint, um in
ganz Österreich möglichst rasch eine möglichst umfassende Fürsorgetätig-
keit zu schaffen, ist:
Zum Zwecke möglichster Kräfteökonomie möglichste Einheitlichkeit
der Fürsorgetätigkeit, Errichtung lokaler Organisationen allgemeiner Für-
sorge (Tuberkulose, Säuglingsschutz, Kriegsbeschädigtenfürsorge etc.) und
— wo dies augenblicklich nicht möglich ist — Schaffung solcher Ein-
richtungen der spezialisierten Fürsorge, an die sich die übrigen Fürsorge- `
zweige angliedern oder anlehnen können. Vorbedingung dafür ist einer-
seits der mit allen Zweigen der Fürsorge mit entsprechender Gründlichkeit
vertraute Fürsorgearzt, andererseits die hochqualifizierte, auf allen Gebieten
gut ausgebildete, und entsprechend dieser Ausbildung auch materiell gut
gestellte Fürsorgeschwester.
Weiters ist notwendig die Gewinnung weitester Kreise der Bevölke-
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 265
rung zur Mitarbeit, vor allem auch zur Tragung wenigstens eines Teiles
der Kosten der Fürsorge.
Dazu bedarf es unermüdlicher Agitation und Propaganda.
Nach dem Kriegssteuergesetz vom 16. Februar 1918 sind von dieser
Steuer unter gewissen Voraussetzungen Beträge befreit, die. Kriegsfürsorge-
zwecken zugewendet werden. Es hiesse der Fürsorgebewegung eine ergiebige
Einnahmequelle erschliessen, wenn in Ergänzung der bisher erlassenen
Verordnungen, die auf Tuberkulose keine Rücksicht nehmen, auch die den
Tuberkulose- Vereinen und Fürsorgestellen zugewendeten Beiträge als
„Kriegsfürsorgezwecken“ zugewendet angesehen würden.
A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö.
473. Romuald Kesechmann-Storozynetz, Karl Holtei-Enzen-
bach, Erfahrungen mit Barackenbauten. (I u. II.) Österr.
Tbe.-Fürs.-Dl. Jg. 1 Nr. 9.
Keschmann: Nachteile der Baracken: Zu grosse Krankensäle,
schlechte Beheizbarkeit, die Wände sind arge Staubfänger, Ungeziefer,
Undurchführbarkeit einer einwandfreien Raumdesinfektion. Diese Mängel
sind durch Adaptierungen behebbar, so dass Baracken dann bei günstiger
Lage als zur Unterbringung Lungenkranker geeignet bezeichnet werden
können. Minder günstig gelegene Baracken in der Nähe eines Waldes
können als Sommererholungsstätten und Ferienkolonien Verwendung finden.
Holtei: Im Anschluss an die Heilstätte Enzenbach sind 2 Baracken
errichtet und relativ sehr gut ausgestattet worden. Sie haben den Vorteil
der kürzeren Bauzeit und der Billigkeit, doch den Nachteil der grösseren
Empfindlichkeit gesen äussere Wärmeschwankungen, der geringeren Schall-
dichtigkeit und des grösseren Raumerfordernisses (weil man nicht in die
Höhe bauen kann). Hat man die Wahl, so sind feste Bauten
weitaus vorzuziehen: Baracken werden stets ein Notbehelf
bleiben. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
474. Ed. Ladek-Enzenbach, Winke für Bau und Einrichtung
von Liegehallen. Osterr. Tbe.-Fürs.-Di. Jg. 1 Nr. 9.
Winke eines Praktikers, aus Erfahrungen an verschiedenen Anstalten
und Stationen für Lungenkranke gewonnen. In für zukünftige Neu-
errichtungen beherzigenswerier Weise wird auf Vorzüge und Fehler auf-
merksam gamacht. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
475. A. Baer, Ein Jahr Kriegerheilstätte Wienerwald des Patrio-
tischen Hilfsvereins vom Roten Kreuz f. X.O. Osterr. The.-
Fürs.-Bl. Jy. 1 Nr. &.
Beschreibung der Anstalt, Jahresbericht. Autoref.
470. Anton Kucezewski-Zakopane, Wie soll man Militär-
spitäler, welche für Lungenkranke bestimmt sind, im Kampfe
gegen die Tuberkulose ausnutzen? Österr. Tbe.-Fürs.-Bl.
J. 1 Nr, S.
Da der kurze Aufenthalt der durch die militärischen Lungenheil-
anstalten strömenden Kranken die Aufgabe des Arztes ziemlich undankbar
macht, so muss diese Zeit besonders für entsprechende Belehrung ausge-
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 18
266 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
nutzt werden. Nach dem Kriege wird sich eine bessere Gelegenheit für
Belehrung und Propaganda niemals mehr darbieten. Zu diesem Zwecke
führt Verf. kurz dauernde Gespräche mit den Soldaten, in welchen er
ihnen die „10 Gebote der Bekämpfung der Tuberkulose“ erklärt. Ebenso
sollen entsprechend formulierte Ratschläge zur Bekämpfung der Tuberku-
lose in allen Räumen angeschlagen sein.
A. Baer, Sanatorıum Wienerwald.
477. Braeuning, Erfahrungen aus der Stettiner Fürsorgestelle
für Lungenkranke. Österr. Tbec.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 5—7.
Zur Erfüllung der Aufgabe der Fürsorgestelle, die Tuberkulose als
Volkskrankheit zu bekämpfen, muss sich diese bemühen, von allen Tu-
berkulösen Kenntnis zu erhalten und dieselben fortlaufend ärztlich und
hygienisch zu überwachen. Da eine gesetzliche Meldepflicht für Tuberku-
“lose nicht besteht (für Fälle offener Tuberkulose wäre sie sehr wünschens-
wert, für geschlossene kaum durchführbar), so wirken in Stettin zur Auf-
findung alle Behörden, Institute und Personen mit, zu deren Kenntnis die
Tuberkulösen zu gelangen pflegen. Auf diese Weise gelang es, 68°/o der
durch Errechnung gewonnenen Zahl von Kranken mit offener Tuberkulose
zu eruieren. Von Schulkindern gelangten nur 18°/o der errechneten
Zahl, von Krankenkassen 50°% zur Kenntnis der Fürsorgestelle Die
geringe Zahl bei den Schulkindern erklärt sich aus dem Mangel eines
zuverlässigen Schularztsystems, auf dessen Wichtigkeit hingewiesen wird.
Die ungenügende Zahl von Meldungen seitens der praktischen, Kassen-
und Armenärzte erklärt Verf. aus der Überlastung der Ärzte, sowie aus
deren ungenügender Ausbildung in der Frage der Tuberkulose als Volks-
seuche und Erkrankung von "sozialer Bedeutung. Es wäre also sehr
wichtig, dass die Universitäten mehr Zeit auf diese Frage verwenden und
die ärztlichen Fortbildungskurse einen grösseren Umfang annehmen.
Wichtig ist ferner Aufklärung der gesamten Bevölkerung über die Frage
der Tuberkulosefürsorge durch Zeitungsaufsätze, Flugblätter etc.
Zu den sichersten Mitteln der Tuberkulosebekämpfung gehört die
Sanierung des Wohnungswesens, indem einerseits die durch unhygienische
Wohnung geschaffene Disposition zur Erkrankung an Tuberkulose ver-
hindert, andererseits die Infektion von Mitbewohnern durch einen an-
steckenden Tuberkulösen verhütet werden soll. Ersteres ist nur durch
Lösung der gesamten Wohnungsfrage möglich, daher nicht eigentliche
Aufgabe der Tuberkulosefürsorge. Anders steht es mit der Infektions-
verhütung. Hier darf die Fürsorgestelle nicht ruhen, bevor nicht die
Wohnungsfrage hygienisch einwandfrei gelöst ist. Verf. steht auf dem
Standpunkt, dass vor allem nur die offen Tuberkulösen hier in Betracht
gezogen werden können; die geschlossenen kommen erst in zweiter Linie
in Frage, erst wenn alle offenen versorgt sind und insoweit die Mass-
nahmen das Lebensglück des Kranken nicht beeinträchtigen. Als Mindest-
mass an Wohnung stellt Verf. folgende Forderungen auf: Für 1 Kranken
genügt 1 Raum; für 2 Personen 2 Räume; bis zu 5 Personen 3 Räume;
für je 4 weitere Menschen 1 Raum mehr. Mit verhältnismässig geringen
Mitteln (Mietzinszuschüsse an 30 Familien von insgesamt 195 M.) ge-
lang es in 86,5°/o der bekannten Phtbisikerhaushaltungen genügend
grosse Wohnungen zu verschaffen. Die 13,5°/o, bei denen die Sanierung
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 267
nicht möglich war, betrafen z. T. kinderreiche Familien, die keine Woh-
nung finden konnten (notwendig: Erbauung von gesunden Wohnungen
für kinderreiche Familien durch die Gemeinde!), z. T. unverständige
Kranke, welche den Mahnungen keinen Glauben schenkten (notwendig:
polizeiliche Zwangsmassnahmen). Zufriedenstellend war auch der Erfolg
in bezug auf Trennung der Schlafzimmer der Kranken von den Gesunden,
ebenso in bezug auf Befolgung der sonstigen bygienischen Anordnungen
(Gebrauch der Spuckflasche, gesondertes Waschen des Geschirrs, Lüften
und Reinigung der Wohnung etc.), die durch häufige Wohnungsbesuche
der Schwester kontrolliert werden.
Die grösste Infektionsgefahr bildet der sterbende Schwindsüchtige,
besonders beim Zusammenleben mit Kindern, daher ist es eine der wich-
tigsten Aufgaben der Tuberkulosebekämpfung, eine genügende Anzahl
zweckmässiger Anstaltsbetten für 'sterbende Schwindsüchtige zu schaffen.
Eine Gefahr für andere Kinder bilden Kinder mit offener Tuberku-
lose. Dieselben sollten daher dauernd isoliert werden, was sich aber
nicht durchführen lässt. Jedenfalls sind dieselben vom öffentlichen Sehul-
besuche auszuschliessen und für sie ein besonderer Schulunterricht ein-
zuführen. ,
Eine besondere Schwierigkeit für die Fürsorgestelle bilden die in
einer Schlafstelle wohnenden Leute, weil sie ihre Krankheit verheimlichen
müssen, um eine Wohnung zu bekommen. Reichliche Unterstützung
(nicht mit Geld!), Vorsicht im Verkehr seitens der Fürsorgestelle mit
diesen Leuten halfen einigermassen über diese Schwierigkeiten hinweg;
Abhilfe kann jedoch nur amtliche Überwachung sämtlicher Schlafstellen
Hand in Hand mit der Fürsorgestelle bringen.
Eine besondere Sorgfalt gebührt den Kindern, die im Haushalte
eines Schwindsüchtigen geboren sind und aufwachsen.
Was die Therapie betrifft, so ist die prophylaktische Therapie weniger
Aufgabe der Fürsorgestelle. Diese soll wohl mitwirken, doch ist diese
Therapie vorwiegend Sache der Schulärzte, der Gewerbeinspektoren und
Fabrikschwestern, der Walderholungsstätten und Genesungsheime (für Ge-
fährdete, nicht für Tuberkulöse).
Sobald Erkrankung an Tuberkulose festgestellt ist, ist nach des
Verf.s Ansicht Unterbringung in eine Heilanstalt der zweckmässigste
Beginn der Behandlung, ohne Rücksicht ‚auf das Stadium. Dabei spricht
er sich gegen die Trennung in Heilstätten für Leichtkranke und Spital-
'abteilungen für Schwerkranke und für das Tuberkulosekrankenhaus für
Tuberkulöse aller Stadien aus. Als Erbauer und Besitzer der Tuberku-
losekrankenhäuser kommt nur die Gemeinde in Betracht, deshalb empfiehlt
Verf. die Erbauung von städtischen Tuberkulosekranken-
häusern. Für je 100000 Einwohner wären etwa 130 Betten nötig.
Nach Entlassung des Kranken aus der Anstalt ist eine lange dauernde
ambulatorische Weiterbehandlung notwendig. Verf. hält schon seit Jahren
den Standpunkt für richtig, dass die Behandlung eine Aufgabe der Für-
sorgestelle bildet, und neueren Datums ist diese Anschauung bereits ziem-
lich allgemein verbreitet. Allerdings ist Sache der Fürsorgestelle vor
allem die Belehrung in hygienischen Dingen und die Beratung, wie die
Kranken zu zweckmässiger Behandlung kommen; die Fürsorgestelle soll
nicht nur therapeutische Poliklinik werden. Nur wo die ambulatorische
18*
268 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
Behandlung von anderer Seite nicht zuverlässig durchgeführt werden
kann, übernimmt sie der Fürsorgearzt. Wichtig ist die Fühlungnahme
desselben mit den anderen Ärzten. ‘A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
478. XII. Bericht über die Tätigkeit des Vereins zur Bekämpfung
der Tuberkulose (E. V.) in Nürnberg im Jahre 1917. Nürn-
berg 1918.
Flatau, Allgemeiner Bericht: Die Hauptaufgabe des Vereins
erblickt F. in der Erfassung sämtlicher tuberkulosebedrohten jugendlichen
Individuen. Zu diesem Zweck soll das bestehende Kinderwalderholungs-
heim vergrössert werden.
A. Frankenburger, Bericht über die Tätigkeit der Aus-
kunfts- und Fürsorgestelle für Lungenkranke im Jahre 1917.
Es wurden 5611 Personen in den Kreis der Fürsorge gezogen; 3869 Unter-
suchungen und Beratungen vorgenommen. Nicht tuberkulös waren 329
Pfeglinge. An Nahrungsmitteln wurde kondensierte Milch direkt verab-
reicht, sonst in besonderen Fällen Zulagen beantragt.
Nürnberg hatte 1917 646 Todesfälle an Lungentuberkulose, davon
waren 212 (33°/u'!) der Fürsorgestelle bekannt; solche Zahlen geben für
den weiteren Ausbau derartiger Organisationen zu denken, wenn man hin-
zufügt, dass die dortige Fürsorgestelle seit 11 Jabren besteht. F. fordert
deshalb Anzeigepflicht für sämtliche Fälle offener Tuberkulose.
1917 war eine erhebliche Zunahme der Todesfälle an Lungentuber-
kulose festzustellen, gegenüber 1913 um 17°/o, 1916 13,6°/o.
A. Frankenburger, Bericht über das Kindererholungs-
heim Frida Schramm-Stiftung in Rückersdorf im Jahre 1917.
Es wurden 1917 in dem oben erwähnten Walderholungsheim insgesamt
454 Kinder aufgenommen. Die Gewichtszunahmen betrugen durchschnitt-
lich 1,5—2 kg. P. Weill, Strassburg, z. Z. Beelitz.
479. A. Baer, 1918. Ein Jahr Kriegerheilstätte Wienerwald des
- Patriotischen Hilfsvereins vom Roten Kreuz für Nieder-Ost.
bei Pernitz. Tbec.-Frürs.-Bl. 1919 Nr. 9S.
Bericht über die seit 1!/s Jahren im Betrieb befindliche Soldaten-
heilstätte von 60 Betten, die nur für Leichtkranke bestimmt sind.. Die
Kurdauer beträgt 4 Monate, die Behandlung ist die übliche — hygienisch
diätelische, daneben noch Höhensonnen-Anwendung, auch Alttuberkulin,
bei Kehlkopftuberkulose Sonnenlichtbespiegelung nach Sorgo. Die Er-
nährung ist ausreichend, denn es werden mässige Gewichtszunabmen er-
zielt. Freiwillige Arbeitstherapie im Freien und in Werkstätten wurde
mit gutem Erfolge betrieben. Bemerkenswert ist, dass B. den Patienten
das mässige Rauchen im Freien gestattet, ein Punkt, der gewiss Beach-
tung verdient, wenn man die täglichen Übertretungen bei vollständigem
Rauchverbot besonders in den Militärheilstätten in Betracht zieht.
Die Ergebnisse der Behandlung sind befriedigend.. Von 150 leichten
Fällen wurden 152 gebessert, von 66 schweren 32 gebessert entlassen.
P. Weill, Strassburg, z. Z. Beelitz.
4580. Mustersiedelung für Kriegsbeschädigte Bissingheim E. V.
Die Bissingheimvereine Bestreben die Errichtung von Siedelungen für
Kriegsbeschädigte. Es sollen ländliche Arbeitsstätten, aber auch Wohn-
e — — — — ca
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 269
heimstätten für Kriegsbeschädigte geschaffen werden, und zwar ist geplant,
sie inmitten Gesunder, welche ihnen im gedeihlichen Zusammenleben mit
Rat und Tat zur Seite stehen können, anzusiedeln. Der verstorbene Ge-
neralgouverneur von Belgien von Bissing hat die Anregung zu der Vereins-
gründung gegeben. Die Vorarbeiten sind von der Zentrale für soziale
Fürsorge bei dem Generalgouverneur in Belgien geleistet. Der Vorsitzende
der Vereinigung und gleichzeitiger Leiter genannter Zentrale ist Geheim-
rat Prof. Dr. Pannwitz in Hohenlychen. Bisher sind 2 Heimstätten
geplant, die eine in Hohbenlychen und eine im Rheinischen bei Duisburg.
Da diese Bestrebungen sich auch eng an die Tuberkulosefürsorge und
-Bekämpfung anlehnen, ist nur zu hoffen, dass sie allseitiges Verständnis
und Unterstützung finden und nach dem Kriege in weitester Hinsicht aus-
gebaut werden. Schröder.
481. Colonies for the tuberculous. Brit. Journ. of Tuberculosis
Bd. 12 Nr. 2, April 1918.
Eine allgemeine Umfrage (Symposium) bei Fachärzten, wie Clifford
Albutt & Varrier Jones, St. Clair Thomson, Maxwell Wil-
liamson, Killick Millard, (Miss) Jane Walker, Noel Dean
Bardswell, A. Bostock Hill, Thomas D. Lister, A. H. Mac-
pherson, Godfrey Brookes Dixon, W. G. Kinton, Edw. G.
Glover, Niven Robertson, J. E. Esslemont ergibt, dass das
neuerdings in England vielfach vorgeschlagene und diskutierte Problem
der Errichtungen von Kolonien für Tuberkulöse ‘noch sehr der
Aufklärung bedarf und mit den grössten Schwierigkeiten verbunden ist.
Nicht zahlreiche Fälle eignen sich von vorneherein zur Beschäftigung in
Kolonien, wenn auch der Begriff weiter als der einer „Farmkolonie“ ge-
fasst wird; es kommen eigentlich nur die leichten Frühfälle dazu in Be-
tracht. Erschwert wird die Durchführung dadurch, dass sich viele Patienten
nicht leicht zu einem Wechsel der Beschäftigung entschliessen und eine
begrenzte Anpassungsfähigkeit für einen solchen Wechsel in Betracht zu
ziehen ist, dass für die Faniilie während der Abwesenheit des Mannes in
der Kolonie und für eine adäquate Beschäftigungsmöglichkeit nach dem
„Training“ in derselben gesorgt werden muss. Dadurch, dass nur Leicht-
kranke in Kolonien geschickt werden, ist dem Gros der Tuberkulose-
‚erkrankten, denjenigen, die nur. etwa 30—50°/o Arbeitsfähigkeit besitzen,
nichts getan. Ihre Absonderung sollte aber schon aus Gründen der In-
fektionsgefahr für die Umgebung erst recht erfolgen.
Was nach einer Sanatoriumskur und nach Entlassung aus einer
Arbeitskolonie mit den Patienten geschieht („after cure“) ist zudem äusserst
wichtig. Zudem darf nie eine Arbeitskolonie etwa als „billige Arbeits-
maschine“ ausgenützt werden oder gar als rentierendes Anhängsel an
ein Sanatorium dienen müssen. Um auf breiter Basis grosse Kolonien
für mehrere Hunderte von Kranken zu schaffen, ergeben sich Schwierig-
keiten verschiedenster Art: die wirklielı ganz leichten Frühfälle dazu zu
gewinnen, diese solange dort zu behalten (unter Aufgabe der persönlichen
Freiheit des einzelnen) bis ein Erlöschen der Krankheit sicher erfolgt ist,
die Trennung der Geschlechter in den Kolonien usw. — Betont wird von
zahlreichen Seiten aber immer wieder, was durch Isolierung einer möglichst
grossen Zahl von Kolonisten der Allgemeinheit inbezug auf Infektions-
gefahr genützt werden könnte. Amrein, Arosa.
270 Grenzgebiete.
482. Frederie Kincaid, State control of tuberculosis. Brit.
Journ. of Tuberculosis Bd. 12 Nr. 2, April 1918.
Wenn auch die staatliche Kontrolle der Tuberkulose eingeführt ist,
so müssen doch allgemeine Gesichtspunkte über die Handhabung
derselben gegeben werden. In England herrscht bei der Beobachtung der
gesetzlichen Anzeigepflicht z. B. kein einheitliches Vorgehen: einige Ärzte
melden schon suspekte Fälle an, andere nur solche mit positivem Bazillen-
befund. Genaue Richtlinien inbezug auf Hausbehandlung, Fürsorgetätig-
keit, Aufnahmen in Sanatorien und Spitäler sind zu geben. Notwendig
ist die weitere staatliche Kontrolle über die als tuberkulös Gemel-
deten, eine obligatorische Absonderung infektiöser Fälle, eine
obligatorische Behandlung derselben etc. Der Krieg hätte die
Möglichkeit gegeben, unter militärischer Disziplin und Autorität eine staat-
liche Kontrolle über alle Krankheitsfälle in der männlichen Bevölkerung
auszuüben. Die bei sorgfältiger Untersuchung für den Dienst als untaug-
lich Befundenen hätten nicht entlassen werden sollen, sondern sie hätten
unter militärischer Aufsicht stehen und weiter beobachtet werden müssen.
Verf. erwartet von dem in England projektierten „Gesundheitsministerium“
vor allem Berücksichtigung der Kinderfürsorge, des körperlichen
„training“, der Wohnungsfrage, Ernährung, und als wichtigstes
die obligatorische Trennung und Behandlung von allen an
Tuberkulose Erkrankten. Amrein, Arosa.
483. Oskar Holden, The domiciliary treatment of tuberculosis.
Brit. Journ. of Tuberculosis Bd. 12 Nr. 2, April 1918.
Nach Verf. wird zu viel Sorge den Frühfällen zugewendet unter Be-
nachteiligung der fortgeschritteneren. Mehr ala 60°/o der in England
bestehenden Sanatorien nehmen nur Frühfälle auf. Für fortgeschrittenere
Kranke gibt es nur wenige Spitäler und in einigen Spitälern werden
leichte und schwere Fälle nebeneinander untergebracht.
Die Infektionsgefahr erstreckt sich nach Holden auf das Sputum
und auf die Fäzes, in welchen er von 100 Fällen in 83 Tuberkel-
bazillen, auch kulturell, nachweisen konnte. Dies ist bei den zu Hause
behandelten Kranken nicht zu vergessen. — Für die Hausbehand-
lung kommen folgende Kategorien von Patienten in Betracht: 1. Solche,
die noch arbeiten und nicht willens sind, sieb an eine Fürsorgestelle oder
an ein Sanatorium zu wenden, 2. solche, die durch Fürsorgestellen oder
ein Sanatorium behandelt wurden, aber sich verschlechterten, 3. solche,
die schon bei der ersten Untersuchung als zu krank befunden wurden,
um in Sanatorien aufgenommen oder von Fürsorgestellen weiter behandelt
zu werden. So wie die Hausbehandlung der Tuberkulösen zurzeit durch-
geführt werde, bedeute sie eine konstante Gefahr für die Allgemeinheit.
Amrein, Arosa.
g) Grenzgebiete.
484. Cobet, Zur Diagnostik des infizierten Hämothorax beim
Lungenschuss. M. m. W. 65. 1918 8. 18—20.
Eine erhebliche Temperatursteigerung nach Lungenschuss, die länger
als 5 Tage dauert, oder erneuter Temperaturanstieg nach bereits erfolgtem
Grenzgebiete. 271
Absinken weisen auf eine komplizierende Erkrankung hin. Die Ursache
des Fiebers ist nach Ausschluss von Nebenerkrankungen in der Regel in
einer Infektion im Bereich des Schusskanals zu suchen. Bei der vor-
zunehmenden Lokalisation derselben kommen folgende Möglichkeiten in
Betracht:
1. Infektion der Brustwand.
2. Infektion der Pleura und zwar:
a) die totale Infektion eines bestehenden Hämothorax,
b) die Infektion einer umschriebenen abgegrenzten Stelle der Pleura.
3. Die Infektion im Schusskanal der Lunge selbst.
Die Feststellung der Infektion der Brustwand und des Schusskanals
der Lunge selbst bietet keine besonderen Schwierigkeiten. Dagegen bedarf
die Frage, ob ein bestehender Hämothorax infiziert ist, besonderer Be-
achtung. Nach C. kommt der bakteriologischen Untersuchung der Punktions-
flüssigkeit eines Hämothorax ein entscheidender Einfluss auf die Beur-
teilung des einzelnen Falles nicht zu. Wertvoller ist das zytologische
Verhalten. Im sterilen Erguss nehmen die Erythrozyten an Zahl dauernd
erheblich ab, bleiben aber erhalten. Die Leukozytenzahl schwankt zwischen
1000—10000 im Kubikmillimeter. Das prozentuale Verhältnis der ein-
zelnen Leukozytenformen ändert sich gesetzmässig. Die Struktur der poly-
nukleären Leukozyten zeigt vielfach Besonderheiten. Kern und Granu-
lationen sind gut färbbar, scharf und klar, häufig aber sehen die Zellen
wie gequollen aus und enthalten im Innern eine Anzahl heller Stellen
(Vakuolen ?. Ab und zu finden sich in den Leukozyten einzelne wohl
nicht mehr lebensfähige Bakterien. Beim Zentrifugieren der Punktions-
flüssigkeit scheiden sich die Erythrozyten als dunkelrotes Sediment ab,
darüber steht ein klares gelbliches Serum.
Beim virulent infizierten Bluterguss dagegen sind, wenn im Ausstrich
nennenswerte Mengen von Bakterien vorhanden sind, die Erythrozyten
ganz oder fast ganz zerstört, das Hämoglobin ist in das Serum über-
getreten. Die Leukozyten (zumeist in Zerfall begriffene neutrophile poly-
nukleäre) sind meist erheblich vermehrt — bis zu 20000 im Kubikmiilli-
meter. Durch Zentrifugieren sind die charakteristischen Veränderungen des
infizierten Hämothorax festzustellen: Aus dem infizierten Bluterguss scheiden
sich die Leukozyten als gelbes Sediment aus, dem höchstens bei unvoll-
ständiger Auflösung noch ein kleiner Teil von roten Blutkörpern bei-
gemischt ist, darüber steht ein durch aufgelösten Blutfarbstoff rot gefärbtes
Serum. Bredow, Ronsdorf.
485. Nonnenbruch, Über das parapneumonische Empyem und
das Nachflebern bei der Pneumonie. (Illustr.) M. m. W. 64.
1917 8. 885— 886.
Das parapneumonische Empyem braucht den Pneumonieverlauf nicht
zu beeinflussen. In der Regel ist chirurgische Behandlung nicht nötig.
Auch ohne Eiterung kann es bei einer Pueumonie zu langem Nach-
fiebern kommen, wenn die begleitende Pleuritis stark ausgebildet ist, oder
wenn die Lösung eine verzögerte ist. Bredow, Ronsdorf,
486. Franke, Behandlung der Pneumonie mit Salizyl und Anti-
pyrin. M. m. W. 65. 1918 S. 8—10.
F. empfiehlt an Hand von einigen Beispielen zur Behandlung der
272 Grenzgebiete. .
Pneumonie — besonders der Influenzapneumonie — eine Mischung von
'Salizyl und Antipyrin in folgender Weise: Infus. fol. digital. 1,5: 150,0,
Natr. salicyl. 7,0, Antipyrin 3,0, M.D.S. 2stündlich einen Esslöffel. Verf.
hat mit dieser Medikation ausgezeichnete Erfolge gesehen.
Bredow, Ronsdorf.
487. Laufer, Behandlung der Pneumonie mit Salizyl und Anti-
pyrin. M. m. W. 65. 1918 S$. 161.
Zustimmung zu den günstigen Erfolgen mit der Digitalis-Natrium-
salizylat-Antipyrin-Behandlung der Pneumonie nach Prof. Franke (M.m.W.
65. 1918 8. 8). Bredow, Ronsdorf.
485. Kummer, Zur Behandlung der Pneumonie mit Salizyl-
Antipyrin, M. m. W. 65. 1918 S. 244.
Bestätigung der von Franke beobachteten günstigen Wirkung der
Salizyl-Antipyrin-Medikation bei Pneumonie. Bredow, Ronsdorf.
489. J. de Haan, ‚Über die die Phagozytose befördernde bzw.
vermindernde Wirkung von Substanzen. D. m. W. 1918
Nr. 5. (Cf. Referat im Zbl. f. Tbe. Bd. 11 H. 4.)
Polemische Entgegnung auf die Arbeit Venema’s in der D. m. W.
1917 Nr. 2. Nach Verf. ist das Hamburger’sche Verfahren für bio-
logische Phagozytoseuntersuchungen vollkommen zuverlässig und liefert
genaue Resultate. C. Kraemer Il.
490. Kimmerle, Einige Beobachtungen bei der Grippe. Beitr.
2. Klin. d. Inf. Krkh. 6. 1918 H. 3i4. |
Aus seinen Kriegserfahrungen bringt der Verfasser einiges über die
Grippe; vor allem interessieren seine diagnostischen Bemerkungen. Zu
der Diagnose Influenza ist der Nachweis des Pfeiffer’schen Bazillus
nicht unbedingt notwendig. Das klinische Bild klärt sie genügend. Auf-
treten von Urobilin im Urin am 3.—5. Tage der Erkrankung spricht
nach dem Autor für Grippe. Weiter sind Symptome wie Leukopenie,
langsamer Puls, Milztumor, positiver Ausfall der Wiedal’schen Reaktion
auch bei der Grippe vorkonımende Erscheinungen. Bei der Differential-
diagnose: Grippe und Typhus muss daran gedacht werden. Der Verfasser
schildert dann weiter in Kürze das klinische Bild beobachteter Grippe-
fälle. Schröder.
491. Aufrecht, Zur Behandlung des Keuchhustens. B. kl. W.
1918 Nr. 4. ,
Verf. behandelt die an Keuchhusten erkrankten Kinder mit absoluter
Bettruhe und hat damit ausgezeichnete Erfolge erzielt. Die Hustenanfälle
wurden milder und seltener und Erbrechen beim Husten kam kaum mehr
vor. Dadurch wurden naturgemäss auch die Ernäbrungsverhältnisse
günstiger. Auch ist das Auftreten einer Pneumonie sehr viel geringer;
weiterbin ist die Gefahr der Infektion gesunder Kinder eine viel kleinere.
Medikamentös wurde nur ein leichtes Ipekakuana-Infus gegeben.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
Grenzgebiete. 273
492. Über den Gesundheitszustand unserer Flotte. Arch. f. Schiffs-
u. Tropen-Hyg. 21. 1917 H. 4/5.
Statistische Erhebungen über den Krankenzugang bei unseren See-
streitkräften während der beiden ersten Kriegsjahre haben gezeigt, dass
die Zahlen der Kriegsjabre — mit geringen Ausnahmen — günstiger sind
als die Friedensjahre. Der Gesamtkrankenzugang betrug 315,15 bzw.
2837,719°/oo in den beiden ersten Kriegsjahren gegen 410,86 °/oo im Frieden.
Was die Tuberkulose angeht, so betrug der Zugang an Lungentuber-
kulose 1,39 bzw. 1,64 gegen 1,23°/oo, an Tuberkulose anderer Organe
0,44 bzw. 0,48 gegen 0,62 °/oo im Frieden. Ausser der Lungentuberkulose
weisen nur einige akute Infektionskrankheiten eine gegen die Friedenszeit
erhöhte Zugangsziffer auf (Scharlach, Diphtherie und Typhus abdominalis).
Alle übrigen Erkrankungen haben im Kriege einen geringeren Zugang
als im Frieden. Besonders auffällig ist der Unterschied bei den Krankheiten
der Atmungsorgane (35,87 bezw. 27,00 gegen 44,83°/oo) und der Ernäh-
rungsorgane (56,48 bzw. 56,35 gegen 78,45 °/00). Dieses Ergebnis beweist
den Wert der getroffenen hygienischen Massnahmen sowie Güte des Menschen-
materials unserer Flotte. W. Schultz, Hamburg.
493. A. Loewy und C. Brahm, Säurevergiftung und L.uftver-
dünnung. Biochem. Zschr. 79. 1917. S. 224.
Die Verfasser fanden bei einem Hunde, der unter Sauerstoffmangel
gehalten wurde, und gleichzeitig innerlich Salzsäure erhielt, dass die Menge
des ausgeschiedenen Ammoniaks, sehr hoch blieb, während die Ausschei-
dung an Gesamtstickstoff zunehmend sank. Mehr als die Hälfte, bis zu
zwei Drittel der ganzen Harnstickstoffmenge waren Ammoniak. Man muss
die gesteigerte Ammoniakausscheidung als Neutralisationsvorgang zur Ab-
sättigung saurer Produkte ansehen. Es trat also infolge der Luftverdün-
nung eine wirkliche Säureintoxikation ein. Schröder, Schömberg.
494. I. Wohlgemuth, Über die Zusammensetzung des Blutes
und über das Verhalten des Blutdruckes im Wüstenklima.
Biochem. Zschr. 79. 1917 8. 290 u. f.
Anlässlich einer Expedition nach Ägypten zur Erforschung des
Wüstenklimas wurde bei 3 Versuchspersonen übereinstimmend eine Zu-
nahme der roten Blutzellen gefunden, der eine mässige Zunahme der
weissen Blutzellen und eine entsprechende des Hämoglobins parallel gingen.
Die Ursache dieser Veränderungen ist in der starken Belichtung zu suchen.
Eine Konzentrationsänderung des Blutes trat in nennenswertem Masse
nicht ein. Eine gesteigerte Kochsalzausscheidung durch die Haut wurde
nicht gefunden. Die Zunahme der Wasserabgabe durch die Haut er-
folgte durch gesteigerte physikalische Verdunstung des Wasserdampfes.
Das Blut hielt mit grosser Zähigkeit auch in der Wüste seine Kochsalz-
konzentration feet. Das gleiche konnte vom Blutzucker ermittelt werden.
Auch hier wurden die Werte, auf die das Blut sich eingestellt hat, fest-
gehalten. Ein Absinken des Blutdruckes wurde dagegen regelmässig be-
obachtet und folgendermassen erklärt: infolge der hohen Lufitemperatur
und der intensiven Bestrahlung trat eine mächtige Hyperämie der Haut
ein, wodurch das Blut mehr nach der Peripherie abströmt. Die Abnahme
2374 Grenzgebiete.
des Blutdruckes wird bei manchen chronischen Nephritiden von Nutzen
sein, dagegen ist ihre Ursache für Herzschwäche nicht unbedenklich.
Schröder, Schömberg.
495. B. Galli-Valerio, Hygienischer 'Trinkbrunnen. Arch. f.
Schiffs- u. Tropen-Hyg. 1917 H. 11/12.
Die bisher gebräuchlichen der öffentlichen Benutzung dienenden Trink-
brunnen sind nicht einwandfrei, da durch sie die Übertragung von Krank-
heitskeimen gefördert wird. Hat der Brunnen keinen Becher, so berühren
die Leute die Öffnung der Röhre mit den Lippen. Ist ein Becher vorhanden,
so vermag dieser in noch höherem Grade Infektionen zu verbreiten. So hat
u. a. Huhs an dem Rande eines Wasserglases eine Platinöse bazillen-
haltiken Sputuns fein verrieben und antrocknen lassen. Darauf wurde
das Glas zehn Min, in Sodalösung gelegt, mit der Hand abgerieben, in
Wasser gespült und mit einem sterilen Tuche kräftig trocken gerieben.
Dann wurde der obere Rand mit einem angefeuchteten sterilen Tupfer
abgerieben und intraperitoneal auf ein Meerschweinchen verimpft. Zoepke
und Huhs konnten in acht von elf Fällen experimentelle Meerschwein-
chentuberkulose erzeugen’ durch die Trinkreste aus dem gemeinsamen
Abendmahlskelch. Verf. beschreibt nun eine den hygienischen Forde-
rungen entsprechende ganz einfache Trinkbrunneneinrichtung, bei der durch
Druck auf einen Hebel der. Wasserstrahl direkt in den Mund des Trin-
kenden schiesst. = W. Schultz, Hamburg.
496. @. Löber-Bad Sulza, Chronische Erkrankungen der Atem-
wege und ihre Behandlung durch methodische Tiefatmungen.
Zschr. f. Buln. 10. 1917 Nr. 15/16.
Verf. befürwortet systematisches Tiefatmen zur Beseitigung der Ver-
engerung des Nasenrachenraumes sowie durch Blutarmut, Schwäche und
Funktionsuntüchtigkeit der Atemmuskulatur verursachten schädlichen Folgen.
Bei oberflächlicher Atmung seien die hinteren oberen Bronchialäste nahezu
ausser Funktion gesetzt und „bilden damit den besten Nährboden und
Prädilektionsstellen für Ansiedlungen von Bakterien und insbesondere des
Tuberkelbazillus.“ Aus der Gruppe der obengenannten Krankheiten rekru-
tiere sich infolgedessen auch vorwiegend die I,ungentuberkulose, und zwar
meistens komplizierte Fälle.
Atemübungen sind „bei allen Fällen indiziert, wo das Blut einer aus-
giebigen Lüftung, Lungen und Herz einer erhöhten Sauerstoffzufuhr be-
dürfen, z. B. bei Blutarmut, Herzmuskelschwäche, Neigung zu Katarrhen
der Luftwege, Emphysem, Asthma, beginnender Tuberkulose.“ Hingegen
ist bei Lungenkranken, die zu Lungenblutungen neigen, und bei Arterio-
sklerose Vorsicht am Platze. Auch bei Asthma sind neben der üblichen
medikamentösen Therapie Atemübungen zu empfehlen.
Wilh. Neumann, Baden-Baden.
497. L. Rabl, Wüstensanatorium Bab el Wadi. Zschr. f. Baln.
10. 1918. Nr. 23/24.
Beschreibung des deutschen Wüstensanatoriums Bab el Wadi, sechs
Kilometer nordöstlich von Assuan in Oberägypten gelegen. Die dort
herrschende grosse Trockenheit der Luft (oft nur 4°/o rel. Feuchtigkeit
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 275
wirkt sehr stark auf die Wasserabgabe des Körpers, die nicht so sehr
durch die Schweissdrüsen als vielmehr durch die Lunge vor sich geht.
Als Beispiel führt Verf. an, dass er am 28. März 1914 von 12 Uhr
mittags bis 9 Uhr abends 5400 gemessene ccm Wasser zu sich nahm,
ohne während dieser Zeit einen Tropfen Urin zu lassen. Das Hauptkur-
mittel ist die Heliotherapie, die während der langen regenlosen Winterzeit
voll ausgenutzt werden kann und stets mit vorsichtiger Dosierung ange-
wendet wird. Ganz vorzügliche Heilerfolge will der Autor gehabt haben
bei der Behandlung der Knochen- und Drüsentuberkulose. Ferner sah
er günstige Beeinflussung durch das Wüstenklima bei Katarrhen der oberen
Luftwege, bei Asthma bronchiale, bei Arthritiden, besonders Arthritis defor-
mans. Sekundäre Nierenerkrankungen nach Infektionskrankheiten, wie
Influenza, Scharlach, Diphtherie, Sepsis usw. kommen schneller und sicherer
zur Heilung. Die Behandlung der parenchymatösen chronischen Nephritis
im Wüstenklima bleibt ohne Erfolg, die der interstitiellen Nephritis ist hier
geradezu kontraindiziert. Wilhelm Neumann.
498. C. Schoy, Die Ursache der hohen Wärme im Jordantal.
Zschr. f. Baln. 10. 1918 Nr. 19/20.
Bei der Untersuchung der Frage, wieso gerade im Jordantale eine
höhere Temperatur als im übrigen Palästina herrsche, kommt Verf. zu
folgendem Ergebnis: „Die hohe Wärme, insbesondere des südlichen Jordan-
tales, erklärt sich am ungezwungensten aus der (adiabatischen) Volumen-
verkleinerung, welcher föhnartig ins Ghor niedersinkende Luftmassen dadurch
unterliegen, dass die zumeist vegetationslose tiefe Talsohle stärker erwärmt
wird, als die für die Mittagsonne nicht günstig gelegenen Berghänge. Und
da es sich von Haus aus schon um ziemliche warme niedersteigende Luft
handelt, so erreicht dieser eigentümliche Erwärmungsprozess einen unge-
wöhnlichen hohen Grad. Die föhnartig beschaffene Luft des Jordantales
ist ihrerseits wieder die Vorbedingung grosser Heiterkeit des Himmels
und enormer Lufttrockenheit. Das exzeptionelle Klima des Ghors würde
sicher stark reduziert, falls die ganze Tiefebene durch künstliche Bewässe-
rung eine zusammenhängende Pflanzendecke erhielte.“
Das südliche Jordantal, im besonderen Jericho, kann in seiner gün-
stigen Wirkung auf Lungen-, Gicht und Nierenkranke selbst mit Assuan
in Wettbewerb treten. Die föhnartigen Winde wirken zwar unangenehm
auf den menschlichen Organismus, dagegen dürfte der hohe Luftdruck
zu Jericho Herabstimmen der Funktionen des Nervensystems, ruhigen Schlaf
und verlangsamte Blutbewegung zur Folge haben. Wilh. Neumann.
— — — — — —
I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
10. Emanuel Wein-Budapest, Feststellung und Behandlung der tuber-
kulösen Infektion mittels antitoxischer Heilkörper. Urban & Schwarzen-
berg, Berlin-Wien, 1915. VIII und 608 S.
Verf. geht bei seinen Ausführungen von dem Begriffe der tuberkulösen Er-
krankung aus. Der Gegensatz, der bisher grundsätzlich zwischen tuberkulöser
Infektion und Erkrankung gezogen wurde, ist zu verwerfen. Der Gesunde reagiert
aicht auf Tuberkulin. Derjenige, der nach dem Ausfall der Reaktionen in noch
276 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
nachweisbaren Kontakt mit der Tuberkulose steht, ist auch tuberkulös krank.
Unser bisheriger Standpunkt kannte nur die handgreiflichen tertiären Erkran-
kungen. Es muss unsere Aufgabe sein, die Frühformen zu erkennen, die aus-
nahmslos heilbar sind.
Als spezifische Mittel zur Diagnose und Therapie der Taberkulose verwendet
Verf. das Marmorekserum und vor allem das I.K. Spenglers. Das I.K.
soll bei jedem verdächtigen Fall zunächst diagnostisch verwendet werden. Die
erste Wirkung ist die Entgiftung, allgemeine und örtliche. Die zweite, nicht
regelmässig eintretende Folge ist die von Wein sogenannte automatische Reak-
tion am Herde und allgemein. Sie kann zu Schädigungen führen und muss sorg-
fältig überwacht werden. Die antitoxischen Mittel steigern die Abwehrfähigkeit
des Organismus. Für die Behandlung werden allgemeine und besondere Regeln
aufgestellt. Der grössere Teil des Buches ist endlich der Behandlung der ein-
zelnen Krankheitsformen, besonders der ungewöhnlichen und bisher nicht richtig
als tuberkulös erkannten gewidmet.
Leider steht das umfangreiche Werk des Verf. auf tönernen Füssen. Die
Spezifität der antitoxischen Heilkörper betrachtet er als durch Marmorek und
Spengler erwiesen. Er verzichtet daher auf ihren Beweis. Auf ebenso schwachen
Füssen steht augenscheinlich die örtliche Entgiftung und die Entstehung der ört-
lichen automatischen Reaktion. Auch die theoretischen Betrachtungen über die
angeblichen kapsellösenden Eigenschaften der antitoxischen Mittel können nicht
überzeugen. Und nun die Krankenberichte der Behandlungsfälle! Das Überwiegen
der subjektiven vom Kranken angegebenen Erscheinungen, die völlige Gleichstel-
lung des post und propter hoc sind für sie bezeichnend. So wird aus einem
Ziehen in den Ohren, einem Schmerz in der Portio uteri, einem Kribbeln in der
Haut, die am Tage nach der |. K.-Behandlung auftreten, alsbald das Vorhanden-
sein versteckter Herde in Ohren, Portio und Haut gefolgert. Man lese nur die
Krankengeschichte des Falles von Lues, lange Zeit mit I.K. behandelt, S. 46,
oder des Sarkoms, gleichfalls mit I.K. behandelt, bei denen der Verf. an dem
tuberkulösen Mischcharakter der Erkrankung festhält trotz alles offensichtlichen
therapeutischen Versagens, nur weil die Erscheinungen angeblich zeitweise von
LK. günstig beeinflusst wurden. So sind die Berichte vielfach Muster völliger
Urteilslosigkeit und erschüttern den Glauben des Lesers an das übrige.
An diesem unerfreulichen Gesamteindruck vermag der Gedankenreichtum
des Buches nichts zu ändern. Ein Verdienst des Verf. ist es, nachdrücklich auf
die Verbreitung der tuberkulösen Ätiologie unter den bis dahin als nicht tuber-
kulös angesehenen Erkrankungen hingewiesen zu haben, wenn er auch hier, wie
erwähnt, vielfach jede Kritik vermissen lässt. H. Grau, Honnef.
1l. Bandelier und Roepke, Lehrbuch der spezifischen Diagnostik
und Therapie der Tuberkulose. Nevnte Auflaye. Mit 25 Temp.-Kurven
auf 7 lith. Tafeln, 2 farbigen lith. Tafeln und 6 Textabbildungen. Würzburu
1918. C. Kabitzsch’s Verlag. XI und 448 S.
Die vorliegende neunte Auflage des Buches ist die zweite, die während des
Krieges erscheint, ein Zeichen, dass sich das bekannte Buch auch weiterhin in
steigendem Masse der Verbreitung unter der Ärzteschaft erfreut.
Sowohl in dem theoretischen als im praktischen Teil ist das Buch durch
die neuesten Ergebnisse der Forschung vervollständigt. Die Literaturerscheinungen
der letzten Zeit sind berücksichtigt, soweit sie wesentlichen Wert beanspruchen
können. Es mag hier gestattet sein, den Standpunkt, den die Verf. betreffs der
Tuberkulinwirkung einnehmen, kurz darzustellen. Danach ist die Tuberkulin-
reaktion ein anaphylaktischer Vorgang. Die positive Reaktion bei subkutaner
Injektion entscheidet allein für sich nur die Tatsache des Vorhandenseins einer
Tuberkulose. Die Entscheidung darüber, wer unter den Reagierenden tuberku-
losekrank und behandlungsbedürftig ist, geben Vorgeschichte und klinischer Be-
fund. Behandlungsbedürftig ist, wer bei gutem subjektivem Befinden eine Herd-
—
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 277
reaktion aufweist oder wer ohne Herdreaktion eine positive Vorgeschichte und
verdächtigen Lungenbefund hat. Die subkutane Reaktion ist also nur im Verein
mit der klinischen Untersuchung zu benutzen. Ein Widerspruch scheint übrigens
unterlaufen zu sein, wenn es auf S. 102 heisst: Die subkutane 'Tuberkulinreaktion
als solche sagt über die Aktivität oder Inaktivität des Prozesses überhaupt nichts
Sicheres nus — und auf S. 130: Man muss daraus schliessen, dass die in den
Lungenspitzen auftretende Herdreaktion tatsächlich auf frische, aktive Lungen-
tuberkulose hinweist.
Hervorgehoben wird — sicher mit Recht — dass die von A. Fraenkel ın
seiner Lazarettätigkeit geübte diagnostische Verwendung von einer einmaligen
Injektion von 0,001 ccm Alttuberkulin eine ganz willkürliche Dosierung ist. Der
Ansicht der Verff., dass die 'Tuberkulinreaktion das entscheidende Diagnostikum
für die Erkennung der Frühtuberkulose ist, möchte Ref. wenigstens in dem Sinne
beistimmen, dass zwar die Tuberkulindiagnostik auch nicht alle Zweifel löst (be-
sonders wo die Herdreiktion vermisst wird), dass‘ aber bei grundsätzlicher Ab-
lehnung der Tuberkulinprobe man sich in noch mehr Fällen damit begnügen
muss, sie als nur tuberkuloseverdächtig in der Schwebe zu lassen.
Bei der spezifischen Therapie sind besonders gorgfältig auch die anderweitigen
Verfahren der Tuberkulosetherapie behandelt, so die Chemotherapie. Die Kupfer-
behandlung erfährt die bisher offenbar walılverdiente Ablehnung.
Das Vorgehen der Verff. hei der Tuberkulinbehandlung ist unverändert:
Beginn mit kleinen Gaben. Vermeidung der Überempfindlichkeit, wie andererseits
höherer Reaktionen, sorgfältige Gabenwahl und Beobachtung, Verhütung der Gift-
überlastung, Erreichung hoher Giftfestigket bzw. möglichst lange Fortführung
der behandlung.
Sorgfältiz sind auch die sämtlichen anderen spezifischen Verfahren berichtet.
Die Nachprüfung der Deycke-Much'schen Behandlungsart ergab den Vertt., dass
das Verfahren keinen Fortschritt in der spezifischen Therapie bedeutet und wenig-
stens für die schweren Fälle hinter der Tuberkulintherapie zurückbleibt, ganz
abgesehen von der verwickelten Handhabung. Wenn zudem die Verff. keinen
Zusammenhang zwischen dem Ausfall der Intrakutanreaktion und der spezifischen
Bewertung des Krankheitszustandes im Einzelfalle finden können, so müssen
solche Urteile aus dem Munde so erfahrener Autoren schwer gegen die Grund-
lagen des Verfahrens in die Wagschale fallen. Dem Friedmann'schen Mittel‘
wird die Möglichkeit anderer Beurteilung nach erneuter Prüfung otten gehalten.
Das Urteil über Spenglers I.K. lautet nach wie vor ablehnend.
Noch sei die Bemerkung gestattet, dass hie und da der aus der Jugendzeit
der Tuberkulinanwendung stammende polemische Charakter etwas zu sehr her-
vortritt, der bei einer neuen Auflage vielleicht eine Milderung und Glättung er-
fahren könnte.
Das ausgezeichnete Buch vermittelt dem Leser ein abzerundetes und mit
umfassender Literaturverwertung geschriebenes, überzeugend wirkendes Bild des
Tuberkulinverfahrens, das dem Lernenden eine willkommene Anleitung geben
und auch den Gegner und Zweifler immer wieder anregen und zu neuer gewissen-
after Prüfung auffordern wird. H. Grau, Honnef.
12. Hugo Bach-Bad Elster, Anleitung und Indikationen für Bestrah-
Inngen mit der Quarzlampe „Künstliche Höhensonne“. Mit 7S Abbil-
dungen im Text. Vierte ergänzte Aufiage. Würzburg und Leipzig 1915. Ver-
lag von Curt Kabitzsch. 128 S.
Unter den bisher über die Quarzlampe erschienenen Schriften ist für den
Arzt, der sich kurz über Theorie des Verfahrens und seine Indikationen unter-
richten will, die Bach’sche Anleitung zweifelles die geeignetste und übersicht-
lichste. Bereits in vierter Auflage -- in einem Zeitraum von 4 Jahren — liegt
das Werkchen vor uns, gewiss ein Beweis einmal für die grosse Verbreitung,
278 Kongress- und Vereinsberichte.
die die Quarzlampenbehandlung in den Kriegsjahren gewonnen hat, dann aber
auch ein sicheres Zeichen für den Wert der Bach’schen Anleitung.
Die neueste Auflage enthält wieder verschiedene Umarbeitungen und Er-
gänzungen, vor allem berücksichtigt Verf. eingehender die Dosierung, auch er-
scheint mir das Buch durch Anfügung des umfassenden Literaturverzeichnisses
wesentlich wertvoller. Was die hier besonders interessierende Tuberkulose be-
trifft, so wird dieses Kapitel, unter Würdigung der neueren Literatur, eingehend
besprochen, sowohl die Anwendung der Quarzlampe bei der chirurgischen als .
auch bei der Lungentuberkulose. Verf. weist erneut darauf hin, dass für die
Quarzlichttherapie der Lungentuberkulose nur Starkbestrahlungen in Frage
kommen. Gleich die erste Bestrahlung soll Starkbestrahlung sein. Als
zweckmässig hat es sich erwiesen, 2 Lampen zu benützen, deren eine an einem
Drahtseil hängt, das über eine Rolle an der Decke läuft. deren andere auf einem
Stativ steht. Auf diese Weise lässt sich jede Entfernung leicht herstellen. Der
Patient sitzt auf einem Stuhl ohne Rückenlehne, mit zwei Armstiützen, so zwischen
den Lampen, dass Brust und Rücken voll bestrahlt werden.
Der Ansicht des Verf.'s, dass initiale Hämoptoe keine Kontraindikation der
Quarzlichttherapie gibt, kann ich nicht beistimmen, wie m. E. die Anschauungen
des Verf.’s über die Wirkung der künstlichen Höhensonne bei Lungentuberkulose
im ganzen etwas zu optimistisch sind. Eine Besserung chronischer Begleitkatarrhe
durch Quarzlichtbestrahlungen ist in vielen Fällen nicht zu verkennen, aber ein
direkter Einfluss auf den tuberkulösen Prozess (Tiefenwirkung) ist
m. E. unter keinen Umständen anzunehmen. Klare, Scheidegg.
13. Neue Zeitschriften.
In München erscheint seit Juni 1913 ein nenes Organ, betitelt „Süddeutsche
medizinische Zeitschrift“. Für die Schriftleitung zeichnet verantwortlich
O. P. Stöger, München. Nach der ganzen Anlage und dem Aufbau des Blattes
scheinen wir es hier mit einer Propagandazeitschrift für neue Heilmittel zu tun
zu haben, und sind die in dem Blatte erscheinenden Aufsätze (in Nr. 1 findet
man allein 9 therapeutische Arbeiten) entsprechend mit Vorsicht zu bewerten.
Es ist bedauerlich, dass ernstzunehmende grosse Heilmittelfirmen und sogar Kur-
anstalten durch Vergebung von Anzeigen dieses Blatt unterstützen, für dessen
Erscheinen bei der gegenwärtigen Papiernot doch wirklich kein Bedürfnis vorlag.
Schröder.
Ill. Kongress- und Vereinsberichte.
12. Sitzung der Medizinischen Gesellschaft zu Leipzig vom 5. und
19. März 1918.
Referat des Protokolls M. m. W. 65. 1918 S. 661, 715—717 und 745—746.
(Ref.: Bredo w -Ronsdorf.)
Erfahrungen mit dem Friedmann’schen Tuberkulosemittel.
Göpel hat sich bei dem Studium der Wirkungsweise des Friedmann-
schen Tuberkulosemittels von der sicheren und spezifischen Heilkraft und von
der Unschädlichkeit desselben überzeugt, hat aber auch die Notwendigkeit seiner
individuellen Anwendung zu würdigen gelernt. Die spezifische Wirkung geht
aus der mehr oder weniger regelmässigen Abhängigkeit einer Besserung und
Heilung nach der ungestörten Annahme des Impfstoffes durch den Körper und
aus den beobachteten Fällen hervor, in denen offensichtlich nach und durch die
Kongress- und Vereinsberichte. 279
!
Impfung ein günstiger Einfluss eintrat. Die Schwierigkeit der Behandlung beruht
darauf, dass der Körper aus sich heraus aus dem künstlichen Antigen Schutz-
stoffe herstellen muss, wozu schwer tuberkulöse und geschwächte Individuen
nicht fähig sind. Andererseits können kräftige Individuen die Heilwirkung da-
durch aufheben, dass sie den Überschuss des eingeführten Antigens zur allergi-
schen resp. anaphylaktischen Ausstossung bringen. Eine strenge Individualisierung
ist notwendig. Wiederimpfungen kommen, wenn überhaupt, erst nach Monaten
und Jahren in Frage.
Durch interkurrente Krankheiten und namentlich durch die Pockenimpfung
kann die Wirkung der Impfung vorübergehend oder dauernd ausgelöscht werden.
Die besten Erfolge hat G. bei den ganz ‚frischen Erkrankungen jedwedJer Organe
— besonders aber bei ganz frischen Gelenk- und Lungentuberkulosen — gesehen.
Wechselnd waren die Erfolge bei der Lymphdrüsentuberkulose. (Ausführliche
Arbeit: D. Zeitschr. f. Chirurg. 144. H. 1.)
In der sich dem Vortrag G.’s anschliessenden Aussprache berichten Heinecke
und Rosenthal über die an der chirurgischen Poliklinik gesammelten Erfahrungen.
Beide haben bei ihrem Material neben Misserfolgen auch Erfolge gesehen. H. hält
sich aber wegen der relativ kurzen Beobachtungszeit zu einem endgültigen Urteil nicht
berechtigt. R. sah beim Vergleich der Erfolge der bisherigen Behandlung (Rosenbach,
Röntgen und chirurgisch-orthopädische) mit der Friedmann’schen diese bei den fort-
schreitenden und schweren Fällen zu ungunsten Friedmann’s ausfallen. Bei den
frischeren Erkrankungen zeigte sich jedoch eine deutliche Überlegenheit, j
Thiemisch regt die Frage an, ob die Friedmann’sche Methode durch Ein-
fachheit, Billigkeit oder Schnelligkeit des Erfolges der bisherigen Behandlung überlegen
sei, denn die in der Klinik bei deu chirurgischen Tuberkulosen erzielten Erfolge mit
Stauung und Bestrahlungen müssen als ganz überwiegend günstig bezeichnet werden.
Ebenso seien die Erfolge mit der Strahlenbehandlung und mit der Lungenkollapstherapie
bei der TLungentuberkulose der Kinder bei ganz oder stark überwiegend einseitigen
tuberkulösen Affektionen bemerkenswert. Zur Beurteilung des Wertes des Fried-
mann'schen Mittels gehöre wohl ein grosses und lange fort beobachtetes Material. Von
allergrösster Tragweite erscheint es Thiemisch, wenn das Friedimann’sche Mittel
in ausgedehntem Masse zu prophylaktischen Zwecken verwendet werden könnte,
Deuel sah bei seinem Lungenmaterial — seine Erfahrungen reichen fast 5 Jahre
zurück — frischere, in einer begrenzten Lungenpartie lokalisierte Fälle und Exazer-
bationen älterer Fälle gewöhnlich in Monaten zu solider Heilung kommen. In schwe-
reren Fällen trat die Besserung des Allgemeinbefindens zumeist auffallend schnell ein.
Eine dauernde Entgiftung schien jedoch nicht immer vorzuliegen. Auffallend war,
dass bei Erreichung von Stillstand oder Besserung der Erkrankungen eine Anderung
der pbysikalischen Erscheinungen nicht zu erreichen war. Nach seiner Erfahrung dürfen
in Heilung begriffene Fälle nicht injiziert werden, da sie genügend Antikörper besitzen,
und mit einer Abszedierung des Impfdepots antworten würden. Die Vorteile gegenüber
dem Tuberkulin etc. liegen in der Dauerwirkung, in dem Zusammenwirken der vitalen
Kräfte der lebenden Bazillen und in dem Fehlen einer Beeinträchtigung durch physi-
kalische oder chemische Abschwächungsmittel. Gewisse Schädigungen wurden fast immer
durch eine zu hohe Dosierung erzielt.
Bahrdt mahnt zur Vorsicht, da ja nach Göpel selbst noch Schädigungen auf-
treten könnten
1. bei der zweiten, der intravenüösen Injektion,
2. wenn nach der Impfung Masern, Influenza und Anginen etc. erworben wurden,
3. weil man nach der Impfung mit Friedmann’'schem Mittel von einer Kuh-
pockenimpfung absehen müsse.
Kruse weist vor allem auf die Wichtigkeit und die Schwierigkeit der richtigen
Dosierung des Mittels hin. Das ist Sache der Erfahrung. Ebenso wichtig ist die Art
der Einverleibung, die subkutan erfolgen müsse.
Die Gefahr der Verunreinigung des Mittels sei beseitigt Auch sonst sei die An-
nahme einer besonderen Schädlichkeit unbegründet, wie das die Tierversuche und die
Erfahrungen am Menschen gezeigt haben. Die Frage, ob und in welchem Umfang:
eine Schutzimpaung gelingt, stehe noch offen. Die Aussichten dazu seien nicht un-
günstig.
280 Kongress- und Vereinsberichte.
Payr führt die grossen Unterschiede in den Ergebnissen Göpel’s und Heinecke's
z. T. auf das verschiedene Krankenmaterial zurück. Das poliklinische Material H.’s ist
bei weitem schlechter. Im übrigen ist die Beurteilung des Heilerfolges einer Behandlungs-
methode bei chirurgischer Tuberkulose oft sehr schwierig und erfordert grosse persön-
liche Erfahrung. P. hält den Zeitpunkt für eine möglichst objektive Prüfung zurzeit
wegen der Ernährungsschwierigkeiten ete. für nicht geeignet.
Nebel rät, weitere Versuche mit dem Friedmann’schen Mittel in der Allge-
meinpraxis erst dann vorzunehmen, wenn durch einwandfreie Versuche am Tier fest-
gestellt ist, dass das Friedmann’sche Mittel hier mehr leistet als die früheren Impf-
verfahren und somit begründete Aussicht bietet, auch beim Menschen günstige Schutz-
und Heilwirkungen auszulösen.
Im Schlusswort fasst Göpel seine Ausführungen dahin zusammen, dass es ihm
vor allem darauf aukam, zu zeigen, was unter günstigen Umständen mit der Fried-
wann’schen Methode zu erreichen ist. Dass auch von anderen Erfolge neben Miss-
erfolgen erzielt sind, habe die Aussprache ergeben. Die Methode bedürfe noch weiter-
hin des Ausbaues. Zwei Tatsachen ständen indessen fest:
1. dass das Friedmann’sche Vakzine eine spezifische Heilwirkuug auszuüben
vermag und
2, dass sich die Friedmann'sche Kultur auch für den Meuschen als avirulent
erwiesen hat.
Was ferner die Leistungsfähiekeit anbetrifft, so hat sich gezeigt, dass die Methode
für einzelne Organe — z.B. Hoden- und Nebenhodentuberkulose, Wirbel- und Rippen-
tuberkulose, die offeue Gelenktuberkulose und nach Operationen zurückrebliebene nicht
zur Heilung gelangende Fisteln — bei richtiger Anwendung allen anderen Verfahren
überlegen ist. Ferner ist dies auch für die ganz frischen tuberkulösen Erkrankungen
jedweder Organe der Fall, vor allem der beginnenden Lungentuberkulose.
Die anderen Methoden aber, mit denen die einzelnen Erfolge erzielt haben, empfiehlt
er, nicht aufzugeben.
IV. Mitteilung.
Ill. Lehrgang in der Tuberkulosefürsorge in Berlin.
Die Kommission für den Ausbau des Auskunfts- und Fürsorgestellenwesens
veranstaltet vom 21. Oktober bis 16. November wieder einen vierwöchigen Lehr-
gang für etwa 30- -40 Teilnehmerinnen zur Ausbildung in der Tuberkulosefürsorge.
Zur Teilnahme werden zugelassen staatlich geprüfte Krankenpflegerinnen — auch
Hilfsschwestern vom Roten Kreuz —, Säuglings-, Wohnungs- und Fabrikpflege-
rinnen, Mitglieder des Vereins vom Roten Kreuz, der Vaterländischen Frauen-
vereine und andere Damen, die ihrer Vorbildung nach zur Betätigung in der
sozialen Fürsorge geeignet sind. Der Unterricht findet im Gebäude der Landes-
versicherungsanstalt Berlin, am Köllnischen Park 3, statt. Er ist unentgeltlich.
Für Unterkunft und Verpflegung dagegen haben die Teilnehmerinnen selbst zu
sorgen; auf Antrag weiden Beihülfen hierfür gewährt.
Anmeldungen sind bis zum 12. Oktober an die Geschäftsstelle des Tuber-
kulose-Zentral-Komitees, Berlin, Linkstr. 29, zu richten. Mit der Zulassung wird
von dort der Arbeitsplan versandt werden.
Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, 0.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Krankenbauses Eppendorf in
Hamburg.
berausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
o. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Redaktion:
Dr. G. Schröder
Dirig. Arztder Neuen Heilanstak für Lungenkranke
Schömb rg, O.-A. Neuenbürg, Wtibg
Dr. G. Schröder
Dirig. Arst der Neuen Heilanstak
für Lungenkranke Schömberg,
Klinik Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Verlag:
Curt Kabitzsch,
Leipzig,
Dörrienstr. 16.
12. Jahrg.
Adler, E. 307.
Alomar 284.
Aoki 291.
Babes 289.
Bacmeister 309.
Balwin 292.
Bang 292.
Becquerel 285.
Belfanti 288,
Benians 287.
Bergel 290.
Berglund, V. 300.
Berilani 293.
Besançon 285.
Besredka 283.
Bierette 291.
Binder 292.
Bochalli 312.
Bongert 292,
Bontemps 287.
Boudin 285.
Brauer, L. 309.
Buri 292.
Burnet 291.
Calmette 290, 293.
Chausse 287.
Constantini 237.
Corper 235, 286, 288.
Day 234.
De'ille 284.
Dieterlen 292.
Dietrich 305.
Dold 290.
Dolde, A. 299.
Donges 287.
Ausgegeben am 31. Oktober 1918.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.)
Dostal 290, 292, 293.
Dubois, M. 298.
Eber 290.
Ender 293.
Feldt 286.
Forran 293.
Finck 286.
Fraser 291, 292.
Friedmann 293.
Fronin 283, 285.
Galliard, L. 306.
Gammon 284.
Gideon 285.
Gosio 288.
Götzl, A. 306.
Hafermann 29.
Hayek 300.
Helm 311.
Himmelberger 292.
Immelmann 303.
Jacobitz 293.
Jerie, J. 299.
Jobling 285.
Jupille 283.
Kaiser 293.
Keilty 283.
Kendall 284.
Kirchenstein 289,
Knoll 259.
Koznicwski 288.
Kraus 308.
Krause 292.
Kronberger 28%.
Lebon, H. 301.
Leschke 292.
vanDorp-Beucker,A.300.! Levy 305.
Tuberkelbazillus.
Lewis 292.
Lienhard, O. 303.
Lindemann 290, 291.
v. Linden 286.
Lindner 292.
Lockemann 284, 299.
Löwenstein 2%.
Malm 289. 290.
Massol 293.
Mayer 281.
Merklen 301.
Milani 286.
v. Möller, Friis 292.
Möllers 291.
Much 289, 290, 293.
Neufeld 290
Oliver. Tb. 300.
Orth 300.
Panoupoulos, G. Th.
304 ‘
Panzer 288.
Parinaud 291.
Petersen 285.
Petersen, Hjalmar 291.
Petroff 283.
Philibert 285.
Pischinger, 0. 308.
Puntoni 2*8.
Rabinowitsch 293,
Rappin 286.
van Ree, A. 30%.
Rotte 291.
Salimbeni 288.
Santon 284, 286.
Schaeffer 284.
Schieck 291.
I. Ubersichtsbericht.
K.E.F. Schmitz, Die wichtigsten Arbeiten betreffend Biologie und Morphologie des
II. Referate.
Anatomie,
499. Dubois, Zusammenwirken von Milz,
Schilddrüse und Knochenmark. — 500. Dolde,
Nr. 10,
v. Schmid, W. 307.
Schmitz, K. E. F. 282,
293.
Sehornagel 292.
Schröder-Mietzsch 291.
Schürmann 292.
Seemann 304.
Sherman 287, 289.
Shiga 302.
Sieber 289.
Smith, Th. 287, 291.
Spengler 289.
v.Spindler-Engelsen 287.
Stumpf, H. B. 305.
Tamura, Sakae 288.
Terroine 281.
Tichy, F. 303.
Tietze 287.
Turrö 28t.
v. Unruh 302.
alotti 283.
Vaudremer 285.
Vysin, W. 306.
Wahler, A. 305.
Walker 284.
Wankel 291.
Weber 292.
Wedensky 284.
Wells 285.
Wherry 28ł, 289.
White 284.
Wick, L. 307.
de Witt 287.
Zeller 292.
Ziehl 20.
i Zuek 292.
(Die Zahlen beziehen sieh auf die Nummern der Referate.)
a) Allgemeine Pathologie und pathologische
Polynukleose bei der Miliartuberkulose und
über die Veränderung der Leukozytenzahl und
Leukozytenformel in der Agone. — 501. Jerie,
Tuberkulöser Abszess des Corpus luteum.
Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12.
19
282
b) Ätiologie und Verbreitung.
502. Lockemann, Biologie der Tuberkel-
bazillen. Einfluss des Alters der Stammkultur
auf den Verlauf des Wachstums der Abimpf-
kulturen. — 503-505. Oliver, Berglund,
Orth, Trauma und Tuberkulose. — 506.
Hayek, Offene und geschlossene Tuberkulose.
— 507. van Dorp-Beucker Andreoae,
Eenige gesichtspunten over het verband tus-
schen alkobol en tuberkulose.
c) Diagnose und Prognose.
. 508. Merklen, Tubereulose ineipiente. —
509. Lebon, Diminution de la transparence
normale des sommets du poumon dans la
tuberculose.
d) Therapie.
510. Shiga, Untersuchungen über Tuber-
kulosetherapie. — 511. v. Unruh, Résultats
du traitement de la tuberculose par une médi-
eation dötruisant le bacille. — 512. Lienhard,
Über kutane Tuberkulinbehandlung nach Ponn-
dorf. — 513. Tichy, Spengler's Präparat I.K.
in der Therapie der Tuberkulose. — 514. Im-
melmann, Köntgenologische Erfahrungen
mit Friedmann’s Mittel gegen Tuberkulose, —
515. Panoupoulos, New treatment of tuber-
eulosis. — v. Ree, X-Strahlenbebandeling de
Übersichtsbericht.
chirurgische tuberculose. — 517. Seemann
Die Behandlung der Lymphdrüsentuberkulose
— 518. Levy, Beeinflussung der Körpertem
peratur durch Quarzlicht bei Tuberkulösen. —
519. Stumpf, Erfahrungen mit der Quarz-
Quecksilber- Lampe in der Bebandlung von
chirurgischer Tuberkulose.
e) Klinische Fälle.
520. Dietrich, Ein eigenartiges periplen-
ritisches Empyem. — 521. Wahler, Primäre
Magentuberkulose. — 522. Galliard, Lungen-
krebs. — 523. Vysin, Kontraktur der geraden
Bauchmuskeln bei Tuberkulose.
f) Heilstättenwenen, Fürsorgeanstalten, Tuber-
kulosekrankenhäuser nnd -Heime.
524. Götzl, Die Tuberkulosefürsorge-
stellen in Wien. — 525. Wick, Schaffung einer
Tuberkulose-Heilstätte im Süden unserer Mon-
archie. — 526. Adler, Während der Kriegs-
zeit aufgeführte Bauten zum Kampfe gegen
die Tuberkulose im Lande Salzburg. — 527.
v.Schmid, Die Heilstätte Tentschach — ein
Provisorium. — 528. Pischinger, 9. Jahres-
bericht der Auskunfts- und Fürsorgestelle für
Lungenkrankein Aschaffenburg für das Jahr 1917.
g) Allgemeines.
529. Kraus, Tuberkulosebekämpfung.
III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
14. Bacmeister, Die hausärztliehe Be-
handlung der beginnenden Lungentuberkulose,.
— 15. Brauer-Hamburg, Die Ruhr, ihr Wesen
und ihre Behandlung. — 16. Helm, Über den
Stand der Tuberkulose-Bekämpfung im Früh-
jahr 1918.
IV. Mitteilungen.
Die Tätigkeit der Lupuskommission im Jahre 1917. — G. Liebe, Berichtigung. — Druck-
feblerberichtigung.
J. Übersiehtsbericht.
Die wichtigsten Arbeiten betreffend Biologie und Morpho-
logie des Tuberkelbazillus.
Von Privatdozent Dr. K. E. F. Schmitz.
Der vorliegende Übersichtsbericht berücksichtigt die wichtigsten Ar-
beiten über Biologie und Morphologie des Tuberkelbazillus in den Jahren
1912 bis 1915. In den folgenden Jahren werden die Tuberkulosearbeiten-
immer spärlicher, was wohl in den besonders ungünstigen Verhältnissen
begründet sein mag, die der Krieg gerade für die langwierigen Tuberku-
losearbeiten hervorrief. Auch mebhrten sich für die spätere Kriegszeit die
Schwierigkeiten der Literaturbeschaffung, besonders für die ausländische
Literatur so gewaltig, dass deren Zusammenstellung besser einem späteren
Zeitpunkt überlassen bleibt.
Auch für die berücksichtigte Literatur waren diese Schwierigkeiten
nicht gering. Besonders die Arbeiten von der Feindesseite konnten viel-
fach nicht im Original eingesehen werden, es mag auch möglich sein,,
Übersichtsbericht. 283
dass Lücken unterlaufen sind. An der redlichen Absicht, alles zu er-
reichen, was erreichbar war, hat es mir jedenfalls nicht gefehlt.
Im folgenden sind die Arbeiten in verschiedene Abteilungen unter-
gebracht, als erste und wichtigste:
Die Kultur des Tuberkelbazillus.
Die bekanntlich sehr schwierige Züchtung hat auch im Berichtszeit-
raume Anregung zu neuen besseren Verfahren gegeben. Zunächst wurde
von Besredka (1) ein Eiernährboden angegeben, der aus Fleischwasser
—- 20°/0 Eigelb + 20°/o Eiweisslösung besteht, ohne Zusatz von Salz,
Pepton oder Glycerin, auf dem ein üppiges Wachstum der Tuberkelbazillen
stattfinde. Gemeinsam mit Jupille (3, 4) wurde dann von dem gleichen
Autor eine Eibouillon ungefähr der gleichen Zusammensetzung angegeben.
Auf 10 Teile peptonfreie Bouillon 2 Teile Eiereiweisslösung und 1 bis
2 Teile Eigelblösung. Auf diesem Nährboden sollen die Tuberkelbazillen
bereits nach 2 Tagen Wachstum zeigen und sich die Typen verschieden
verhalten. Der Typus bumanus bildet kleine Schollen, der bovinus zähe
‘ Fäden. Diese Eibouillon lässt sich des weiteren (4) auch zu Agar ver-
arbeiten. Dieser Nährboden besitzt die Fähigkeit, auch andere schwer
züchtbare Bakterien gut zur Kultur zu bringen, wie Keuchhustenbazillen,
Pneumokokken usw. |
Ebenfalls ein Eiernährboden wird von Petroff (5) angegeben, der
aber in erster Linie zur direkten Züchtung der Tuberkelbazillen aus dem
Sputum dienen soll. Er besteht aus 2 Teilen eines Gemisches von Weiss-
und Gelbei und einem Teil aus rohem Fleisch ausgepresstem Saft. Hierzu
wird Gentianaviolett im Verbältnis 1: 10000 zugesetzt und bei 85 Grad
erstarren gelassen. Es ergibt sich ein schwach lila gefärbter Nährboden.
Der Zusatz des Gentinaviolett erfolgt, um die Kokken am Wachstum zu
hindern, die Tuberkelbazillen werden davon nicht geschädigt. Um jedoch
die Tuberkelbazillen direkt aus dem Sputum zu züchten ist eine Vorbe-
handlung des Auswurfes nötig. Es wird dieser zunächst 20 bis 30 Minuten
. in 3%oiger Natronlauge homogenisiert, dann mit Salzsäure neutralisiert,
zentrifugiert und der Bodensatz zur Kultur benützt. Soll die Züchtung
aus Fäzes erfolgen, so wird der Stuhl zunächst mit Wasser verrieben und
durch Gaze filtriert. Nach Zusatz von Kochsalz bis zur Absättigung wird
nach halbstündigem Sedimentieren die obenstehende Schicht abgehoben,
mit gleichen Teilen 3°/oiger Natronlauge versehen und 3 Stunden bei
37° geschüttelt, dann wie oben.
Keilty (6) hat mit dieser Methode gute Erfolge gehabt und Verf.
kann dies ebenfalls bestätigen. K. gibt noch an, dass die Neutralisation
nur bis zu schwach alkalischer Reaktion gehen soll.
Frouin (7) konnte feststellen, dass zunehmende Alkaleszens dem
Wachstum der Tuberkelbazillen auf allen Nährböden schädlich ist. Eine
Glyzerinbouillon aus Kartoffeln mit Laktosegehalt soll ein sehr günstiges
Kulturmedium sein.
Valletti (8) gibt ein Medium an, das aus Agar, Bouillon und Koch-
salz besteht, dem noch Kuhmilchserum zugesetzt wird. Das Kuhmilchserum
wird gewonnen durch Ansäuern der Milch mit einigen Tropfen Essigsäure
und Aufkochen. Auf diesem Nährboden wächst Typus bovinus üppig,
Typus humanus zeigt kein nennenswertes Wachstum. .
19
284 Übersichtsbericht.
Turró und Alomar (9) prüften, welche Kartoffelsorten sich für
Tuberkulosekulturen am meisten eignen. Am vorzüglichsten erwies sich die
holländische Kartoffel. Die Verff. bereiteten auch eine Kartoffelbouillon,
indem sie Kartoffelstücke mit dem doppelten Gewicht 5°/oigen Glyzerin-
wassers 10 Minuten im Autoklaven mazerierten. Wenn 2°/o Agar zuge-
geben wurden, ergab sich ein guter fester Nährboden.
Wedensky (10) gibt ein neues Verfahren an, um die Tuberkel-
bazillen unmittelbar aus dem menschlichen oder tierischen Organismus zu
züchten. Ein kleines, steril entnommenes, tuberkulöses Organstückchen
wird mit einem Seidenfaden auf die Oberfläche einer 5°/sigen Glyzerin-
bouillon gehängt. Nach 1 bis 2 Wochen wachsen die Tuberkelbazillen
an der Oberfläche aus.
a Santon (11) gibt eine Nährlösung an, die Asparagin, Glyzerin,
Zitronensäure, Phosphor, Schwefel und Eisen enthält.
White und Gammon (12) züchteten die Tuberkelbazillen auf Nähr-
böden, in denen Fette emulgiert waren. Sie benutzten hierzu Olivenöl,
Palmöl, Leinöl, Rinderfett, Menschenfett, Butter und Paraffin. Es zeigten
sich bemerkenswerte Unterschiede. Der Typus humanus wuchs am besten
auf Menschenfett- und Butteragar, auf dem Olivenölagar schlechter als
auf gewöhnlichem Glyzerinagar. Der Typus bovinus wuchs am besten
auf Menschenfett-, Olivenöl- und Butteragar. Auf Paraffin- und Rinder-
fettagar wuchsen beide Typen spärlich. Die Kulturen auf Menschenfett-
agar sahen ölig aus und waren viel säurefester.
Delille, Mayer, Schaeffer und Terroine (13) studierten, welches
diejenigen Stoffe in der Peptonbouillon sind, die gutes Wachstum erzeugen.
Sie zeigten, dass eine einzige Monoaminosäure, das Glykokoll, genügt.
Wird dem Glykokoll noch eine Diaminosäure, das Arginin, zugefügt, so
genügt diese Lösung vollständig zur Kultur.
Löwenstein (14) stellte fest, dass in eiweissfreien Nährböden Kalium,
Natrium, Chlor und Schwefel nicht notwendig sind. Die Tuberkelbazillen
waren gut züchtbar auf einem Nährboden, der 6 p. M. Amoninmphoaphat
und 40 p. M. Glyzerin enthielt,
Lockemann (15) prüfte das Wachstum der Tuberkelbazillen auf
eiweissfreien Nährböden und konnte feststellen, dass nach einigen Wochen
dauernder Gewichtezunahme die Kulturen wieder abnehmen, anscheinend
durch Autolyse. Die periodische Wägung ist ein guter quantitativer Mass-
stab des Wachstums. Während des Wachstums auf eiweissfreien Nähr-
böden traten Eiweisssubstanzen auf. Der Säuretiter zeigt verschiedene
Verlaufskurven je nach den Nährlösungen.
Wherry (16) beobachtete auf verschiedenen Nährböden Schwankungen
der Form und der Säurefestigkeit. Aus verschiedenen Stoffen wurden Fett-
körper gebildet.
Kendall, Day und Walker (17—26) studierten den Stoffwechsel
in der Tuberkulosekultur. Weder Dextrose noch Mannit noch Glyzerin-
zusatz zur Bouillon vermochte die Proteinzersetzung zu hemmen. In der
ersten bis dritten Woche der Kultur nahm die Menge des Ammoniaks
zu, später trat eine Abnahme ein, ohne dass die Ursache erkennbar war.
Zur Prüfung dieser Verhältnisse arbeiteten die Verff. mit schnellwachsenden
avirulenten humanen Tuberkelbazillen. Die Aziditätskurve war typisch.
Weiter wurden diese Stämme auf einem lipoidfreien Nährboden ge-
züchtet. Das Pepton war zu diesem Zweck wochenlang mit Äther, Alko-
Übersichtsbericht. 285
hol, Azeton und Petroläther extrahiert worden. Das Ammoniak zeigt in
diesem Nährboden jedoch das gleiche Verhalten. Die Bazillen besassen
auch normale Säurefestigkeit. Es müssen also die säurefesten Lipoide
aus Eiweissderivaten gebildet werden.
Auf eiweissfreiem Nährboden, der nur Asparagin, Dinatriumphosphat,
Kochsalz, Zucker und Glyzerin enthielt, wuchsen die Bazillen ebenso säure-
fest wie gewöhnlich. Der Ammoniakgehalt wird hier zuerst vermehrt, später
vermindert. Aus diesen Stoffen werden also nicht nur die stickstoffhaltigen
Bestandteile, sondern auch die Fett- und Wachssubstanzen aufgebaut. Es
bildete sich auch eine muzinartige Substanz.
Auch auf einem Nährboden, bei dem das Asparagin weggelassen war
und statt des Dinatriumphosphats Diammoniumphosphat gegeben war, trat
Wachstum ein, wobei der Ammoniakgehalt stark vergfingert wurde.
In den Kulturen verschiedener säurefester Bakterien, darunter auch
Geflügeltuberkulose-, Smegma-, Gras- und Leprabazillen, war eine Lipase
nachweisbar. Sie erwies sich als thermostabil (100°) und diffundierte nicht
durch Kollodiummembranen. Es ist unentschieden, ob sie durch Autolyse
oder durch Sekretion erzeugt wird. Sie wird auch auf ganz einfachen
Nährböden gebildet. Die Lipase ist dann am reichlichsten vorhanden, wenn
die Ammoniakbildung am stärksten ist.
Nach Jobling und Petersen (27) enthalten die Tuberkelbazillen
ungesättigte Fettsäuren, die für die Verkäsung zu beschuldigen sind.
Dieselben zeigen in verkästem Zustande antitryptische und antileuko-
proteolytische Eigenschaften.
Wells, Gideon und Corper (28) fanden in der Leibessubstanz von
Tuberkelbazillen Lipase, die der Lipase des Säugetiergewebes sehr ähnlich ist.
Frouin (29) studierte den Einfluss der seltenen Erden auf das
Wachstum der Tuberkelbazillen.. Iet in einem Nährboden nur eine ein-
fache Stickstoffverbindung vorhanden, so sind zum Wachstum der Tuberkel-
bazillen Magnesiumsalze notwendig. ‚Auch sonst fördern kleine Mengen
seltener Erden, z. B. Vanadium, Cerium, Lanthana, Neodym usw. das
Wachstum. Vanadium fördert zum Unterschiede von den andern auch in
grösseren Mengen. |
Becquerel (30) studierte den Einfluss des Uraniums und Thoriums
und konnte ungefähr dasselbe feststellen. Förderung des Wachstums bei
einer optimalen Dosis, bei Steigerung derselben Schädigung des Wachstums.
Was das Uranium anlangt, so konnte Frouin (31) nicht dieselben
Beobachtungen machen, Uran hemmt auch in kleinen Mengen das Wachstum.
Besançon, Philibert und Boudin (32) suchten nach der ein-
fachsten brauchbaren Kulturflüssigkeit. Es ist notwendig: Phosphor, Stick-
stoff, Magnesium, Kali und Glyzerin. Etwas saure Reaktion ist von Vor-
teil. Das Kalium kann nicht ersetzt werden, auch nicht durch Natrium,
ebenso unumgänglich notwendig ist Magnesium. Asparagin, Laktose und
Natriumcitrat sind sehr günstig für das Wachstum.
Die nächsten zitierten Arbeiten beschäftigen sich vorzugsweise mit
der Einwirkung von verschiedenen Stoffen auf die Kulturen von Tuberkel-
bazillen. Das Gemeinsame der hier verfolgten Zwecke ist meist die Auf-
findung von chemotherapeutisch wirksamen Körpern.
Vaudremer (33) setzte Tuberkelbazillen während 24 Stunden einem
Extrakt von Aspergillus niger aus. Wenn die Mazeration diese Zeit über
bei 399 vorgenommen wurde, waren die Bazillen nachher nicht mehr
286 Übersichtsbericht.
pathogen. Weiterhin wurden (34) tuberkulöse Meerschweinchen mit dem
Aspergillus-Extrakt gespritzt. Einige lebten bedeutend länger als die Kon-
trolltiere und andere zeigten; als sie nach 6 Monaten getötet wurden, keiner-
lei tuberkulöse Veränderungen. Menschenversuche verliefen unregelmässig.
Rappin (35) beobachtete, dass verschiedene Bazillen, z. B. subtilis,
Megatherium, den Tuberkelbazillen Schaden zufügen können. Er versuchte
infolgedessen mit Kulturfiltraten dieser Bazillen die Tuberkelbazillen zu
beeinflussen, und behauptet Erfolge damit gehabt zu haben. .
Santon (36 und 37) studierte die Einwirkung von Gold, Silber
und Wismut. Goldsalze lassen überhaupt kein Wachstum zu. Silbersalze
hemmen das Wachstum in schwachen Lösungen. Wismut in der Konzen-
tration 1:150 000.
Cor per (38) liess Natriumsulphozyanat (Rhodannatrium) auf Tuberkel-
bazillen einwirken. Eine 1°/oige Lösung vermochte während 48 Stunden
keine Abtötung hervorzurufen. Ebensowenig 0,1°/oige während 7 Tagen.
Dagegen ist es bei intravenöser Einspritzung für Kaninchen in der Dosis
von 0,4—0,6 g pro Kilogramm tödlich.
| v. Linden (39) beschreibt, dass die Tuberkelbazillen Kupfer aus
wässrigen Lösungen anreissen und aufspeichern, ebenso aus Nährböden.
Der Tuberkelbazillus ist für Kupfer tausendmal empfindlicher als andere
Bazillen. In der Konzentration 1:1000000 werden Tuberkelbazillen noch
im Wachstum gehemmt. Unter dem Einfluss des Kupfers quellen die
Bakterien, verlieren die säurefeste Hülle, das Plasma wird gekörnelt,
schliesslich aufgelöst. Kupfer ist für Tuberkelbazillen 13 mal giftiger als
für Meerschweinchen.
In einer Entgegnung betont Feldt (40), dass er kein elektives Auf-
nehmen des Kupfers durch Tuberkelbazillen beobachten konnte. Das Kupfer
hemmt die Entwickelung des Tuberkelbazillus in den Verdünnungen 1:5000
bis 1:50000 sehr viel schwächer als das Goldeyan. Es ist für das Tier
giftiger als für die Tuberkelbazillen.
de Witt (41) studierte den Einfluss von Methylenblau auf das Tu-
berkelbazillenwachstum. Typus humanus wird dadurch am Wachstum ge-
hindert. Selen und Tellur im Methylenblaumolekül verstärkte diese Wirkung
nicht. Methylenblau dringt auch in den Tuberkel ein und färbt die
lebenden Baazillen.
Derselbe Autor (42) machte Versuche mit Trypanrot und Trypan-
blau. 1°/oige Lösung tötete Tuberkelbazillen während 24 Stunden nicht
ab. Silber und Eisen im Farbstoffmolekül gab keine Änderung. Diese
Körper dringen leicht in den Tuberkel ein, nicht aber in die Bazillen.
Kupfer-Trypanblau durchdringt auch den Tuberkel schlecht.
Milani (43) unterwarf Tuberkulosekulturen der Radiumbestrahlung
und konnte eine abschwächende Wirkung beobachten, deren Grad mit
der Strahlenqualität im Zusammenhang steht. Bei den geimpften Tieren
konnten zweierlei Veränderungen hauptsächlich beobachtet werden. Erstens
akut-kongestive Erscheinungen, zweitens sklerotische Alterationen. Letztere
wurden verursacht von Bazillen, die den £#-Strahlen, erstere die den
»-Strahlen unterworfen waren.
Puntoni (44) fand hingegen keine Einwirkung des Radiums auf
die Tuberkulosekulturen.
Nach Finck (45) werden Tuberkelbazillen in feuchtem Medium bei
nnigem Kontakt mit Sauerstoff (Ozon) gehemmt.
Übersichtsbericht. 287
Abtötende Mittel.
Benians (46) studierte den Einfluss von Toluol, Xylol und Benzol
auf Tuberkelbazillen. Das letztere wirkt am stärkten.
de Witt und Sherman (47) bestimmten die abtötenden Eigen-
schaften von verschiedenen chemischen Mitteln. Phenol 5°/o und 1°/o
tötet in 5 Minuten, Formaldehyd 1°/o in einer Stunde, 0,1°/o in 24 Stunden.
Äthylalkohol 250/0 in einer Stunde, Azeton, Chloroform und Äther hatten
nur sehr schwache Wirkung. Desgleichen Toluol und Jod. Sublimat 0,1°/o
tötete in 1 Stunde, 0,001°/o in 24 Stunden, Goldchlorid 0,005 °/o, Gold-
trieyanid 0,1°/o, Silbernitrat 0,025°/o und Kupferchlorid 5'/o töteten in
24 Stunden. Die Tuberkelbazillen erwiesen sich gegenüber Phenol, Formal-
dehyd und Metallsalzen empfindlicher als Kokken.
Auflösungsversuche und Widerstandsfähigkeit.
Bontemps (48) machte Auflösungsversuche mit Neurin und ver-
schiedenen Säuren. Das Neurin gab auch bei 56° keine vollständige
Lösung, nur die Fette wurden aufgelöst. Milch-, Zitronen- und Weinsäure
in 50°/oiger Lösung ergaben bei 56° gleichmässige Verflüssigung, fast
ebenso Pepsinsalzsäure. Alkalische Trypsinlösung war wirkungslos.
Donges (49) fand Stämme, die gegen Antiformin sehr resistent
sind und erst nach 12 bis 24 stündiger Einwirkung von 100°/oigem Anti-
formin ihre Virulenz verlieren. Humanus und bovinus können sich gegen
Antiformin völlig gleich verhalten.
v. Spindler-Engelsen (50) machte vergleichende Untersuchungen
über die Widerstandsfähigkeit verschiedener säurefester Bakterien gegen
Antiformin. Es fanden sich mikroskopische Veränderungen, Variationen
der Färbbarkeit und des Aussehens,. Es konnten hiernach 2 Gruppen
unterschieden werden.
1. Smegmabazillen, Baz. Möller und Baz. Tobler werden in 15 °/o
Antiformin iņ einer halben Stunde gelöst.
2. Tuberkelbazillen: a) Blindschleichentuberkulose wird in 25 °/o Antif.
in 24 Stunden nicht vollständig gelöst, wohl aber in 50?/o. Humanus und
bovinus widerstehen selbst in 50 °/o Antiformin 4 Tage lang der Auflösung,
Chauss& (51) bestimmte die Lebensfähigkeit von Tuberkelbazillen
in kleinsten Sputumtröpfehen. Er fand dieselben bei 15 bis 20° im
diffusen Tageslicht 30 bis 40 Tage lebend. Bei 10 bis 15° 50 Tage. Im
Dunkeln 60 Tage, im Brutschrank 4 Tage.
Costantini (52) beobachtete die Veränderungen, die die Tuberkel-
bazillen eingehen, wenn sie in die verschiedenen Tiere gespritzt werden.
Die stärksten Veränderungen erfuhren sie bei Hunden, die geringsten bei
Kaninchen. Es zeigt sich zuerst Vakuolisierung und Verlust der Säure-
festigkeit, die granulären Formen nehmen zu, die säurefesten ab. Daraus
lässt sich schliessen, dass die Muchschen Granula kein besonderes Virus,
sondern nur abgeschwächte Formen darstellen.
Tietze (53) untersuchte die Haltbarkeit von intravenös in Schlacht-
tiere eingespritzten Bovinusbazillen. Wenn grosse Mengen gegeben wurden,
konnten sie bis zu 23 Tagen im Blut und in der Muskulatur nachge-
wiesen werden. Kleinere Mengen verschwanden innerhalb 7 bis 9 Tagen.
Die Haltbarkeit der Tuberkelbazillen in der Kultur ist sehr gross.
Wie Th. Smith (54) feststellte, bleiben Kulturen im Eisschrank bis zu
288 Übersichtsbericht.
19 Monaten infektiös. Die Wachstumsfähigkeit auf Glyzerinagar erlischt
jedoch bedeutend früher. Der bovine Typ war widerstandsfähiger als der
humane, wahrscheinlich weil der letztere mehr Säure erzeugt.
Die Beurteilung, ob Kulturen noch lebensfähig sind, ist beim Tu-
berkelbazillus besonders schwierig. Von Gosio war deswegen die Selenit-
und Telluritreduktionsprobe angegeben worden.
Belfanti (55) prüfte dieselbe nach und fand, dass Menschen-, Rinder-
und Hühnertuberkelbazillen Kaliumtellurit in wenigen Stunden reduzieren.
Neben der reduzierenden Wirkung vollzieht sich aber auch ein synthetischer
Prozess, es bilden sich Verbindungen mit Knoblauchgeruch (Tellurine).
Weiter wurde diese Methode von Corper (56) nachgeprüft. Auch
er fand sie für Reinkulturen verwendbar. Im hängenden Tropfen aus
0,2°/o Natriumtelluritlösung wird etwas von der Kultur verrieben. Es
tritt dann in !/e bis 2 Stunden Schwärzung ein. Natriumtellurit tötet die
Tuberkelbazillen in 0,01°/o Lösung nicht ab und in 0,001°/o Lösung
wirkt es nicht entwicklungshemmend.
Chemische Zusammensetzung der ‚Taberkolbunilien.
Die chemische Zusammensetzung wurde meist durch Auflösungsver-
suche festzustellen gesucht.
Salimbeni (57) verwendete zu diesem Zwecke Mono-, Di- und Tri-
chlorhydrin. Die ersten beiden Körper lösen bei niederer Temperatnr eine
Fettsubstanz heraus, die in Azeton löslich ist, eine Wachessubstanz, die in
Chloroform löslich ist, wird von diesen beiden Körpern jedoch nicht iso-
liert. Das Trichlorhydrin löst beide Substanzen. Besonders dies letztere
Mittel tötet die Bazillen sehr rasch ab und verwandelt sie in amorphe
Massen. Unter der Einwirkung der Chlorhydrine, besonders des Trichlor-
hydrins, verlieren die Tuberkelbazillen auch die Säurefestigkeit.
Panzer (58) beschreibt besonders die Fettsubstanzen des Tuberkel-
bazillus. Es ergab sich Fehlen von Cholesterin, wohl aber war ein anderer
höherer Alkohol vertreten, ein Teil desselben ist in freiem Zustande vor-
handen. Mit Alkobol wurde eine harzige, Fehlinglösung reduzierende
Substanz erhalten. Heisses Wasser entzog eine gummiäbnliche, schwefel-,
stickstoff- und phosphorfreie Substanz. Schliesslich ergaben sich noch:
eine pektinartige Substanz, ein resistenter Eiweisskörper und eine kohlen-
hydratähnliche, chitinartige Substanz.
Kozniewski (59) extrahierte getrocknete Tuberkelbazillen in 96°/o
Alkohol oder Methylalkohol und dann im Soxhletapparat mit heissem
Aceton. Er erhielt 2 Arten von Lipoiden. Erstens ein alkohollösliches
braunes Gemisch von Fettsäuren, Lezithin, Farbstoffen und aromatischen
Körpern in der Menge von 2 bis 3°/o. Zweitene zu 20 bis 24/0 einen
azetonlöslichen, weissen, schwerverseifbaren Körper, wahrscheinlich ein Fett-
säureesther (Laurinsäureesther des Dodecylalkohols). Mit Salzsäure oder
Schwefelsäure (3 bis 5 °/o) bei 40° wurde ein Kohlehydrat erhalten, wahr-
scheinlich eine Hemizellulose. Das polarisierte Licht wurde nicht gedreht.
Chitin konnte nicht nachgewiesen werden, da Behandlung mit konzen-
trierter Salzsäure kein Glukosamin ergab. Die Säurefestigkeit beruht nicht
auf Fett- und Weachssubstanzen, sondern ist eine spezifische Eigenschaft
des Kohlehydrats, das eine Art Membran bildet.
Sakae Tamura (60—62) untersuchte den Tuberkelbazillus im Ver-
gleich zu anderen Bakterien, insbesondere das Mucobacterium lactis. Die
Übersichtsbericht. 289
Protoplasmabausteine dieser beiden sind im wesentlichen dieselben, wie
bei böheren Lebewesen. Der Ätherextrakt aus Tuberkelbazillen enthält
keine Phosphatide. Darauf folgende Alkoholextraktion in der Wärme er-
gibt ein Diaminomonophosphatid. Weiter findet sich noch ein hochmole-
kularer Alkohol Mykol. Die Säurefestigkeit und Grampositivität beruhen
auf Anwesenheit dieses Alkohols. Von Purinkörpern wurden Adenin und
Hypoxanthin gefunden. Von Eiweissbausteinen Arginin, Histidin, Lysin,
Phenylalanin, Prolin, Valin, Tyrosin und Tryptophan. Aus kurzen, ein-
fachen, offenen Kohlenstoffketten vermag der Tuberkelbazillus aromatische
Körper zu bilden. Schliesslich ist noch I-Arabinose vorhanden.
Sherman (63) versuchte die Tuberkelbazillen mit Fettfarbstoffen
zu färben, namentlich aus der Sudanreihe. Versuche an zertrümmerten
Tuberkelbazillen bestätigten die Annahme, dass die Säurefestigkeit von
der Unversehrtheit der Bazillen abhängig ist. Die fettigen Bestandteile
sind nicht die Ursache für die säurefeste Färbung.
Malm (64) fand, dass die Tuberkelbazillen in eiweissfreien Nähr-
böden Eiweiss erzeugen, selbst wenn Schwefel fehlt. Ferner einen albu-
moseähnlichen Stoff. In diesen Lösungen ist Tuberkulin als weisses Pulver
durch Alkohol fallbar. Das Tuberkulin ist ‘ein Stoffwechselprodukt,
Sieber (65) behandelte 1 g Tuberkelbazillen mit etwa 300 ccm
Wasserstoffsuperoxyd !/2°/oig im Autoklaven bei 143° (3 Atmosphären).
Das Produkt war vollständig wasserklar, Tuberkelbazillen oder deren Reste
nicht mehr nachzuweisen.
Morphölogie.
Es würde den Rahmen dieser Übersicht überschreiten, hier alle die
Arbeiten aufzuzählen, welche sich mit der Auffindung und der Häufigkeit
der Much’schen Granula beschäftigen. An sonstigen morphologischen
Beobachtungen ist folgendes bemerkenswert.
Wherry (66) behauptet, auf gewissen Nährböden, besonders solchen,
die 2% Methyl-, Äthyl-, Propyl-, Butyl- oder Amylalkohol enthalten,
sollen die Tuberkelbazillen leicht Sporen bilden.
Kirchenstein (67, 68) veröffentlicht weitere Beobachtungen mit
seiner Strukturmethode und der Pikrinmethode Spengler’s. Er unter-
scheidet 4 verschiedene Formen: 1. die Vollstäbchen, Form intakt und
gleichmässig gefärbt. 2. hüllengeschädigte Bazillen nicht gleichmässig und
heller gefärbt. 3. Splitterstäbchen, stark zerfallen gleich Much’s granu-
lierten Stäbchen. 4. Die Einzelsplitter gleich Much’s isolierte Granula.
Diese letzteren hält er für Sporen. Aus ihnen sollen sich die jungen
Bazillen bilden. Alle diese Formen stehen in Zusammenhang mit dem
Immunkörpergehalt des Organismus. Die Sporen (69) sind nicht so wider-
standsfähig wie andere bekannte Sporen. Am besten sind sie darstellbar
mit der Pikrinjodosmiummethode, eine Verbindung des Spengler’schen
Pikrinverfahrens und der Kronberger’schen Jodmethode. Dabei werden
nach der Pikrinfärbung die Präparate 20 bis 30 Sekunden einer alko-
bolischen Jodjodkaliumlösung ausgesetzt und dann für 15 Sekunden Os-
miumdämpfen. Spülen, Trocknen.
Auch Knoll (70) hält die granuläre Form für eine resistentere Wuchs-
form des Tuberkelbazillus.
Babes (71) beschreibt metachromatische Körperchen, die er bereits
1883 fand und die mit den Much’schen Granulis identisch sein sollen.
t
290 Übersichtsbericht.
Dostal (72) berichtet über die sogenannten Glykosidformen des
Tuberkelbazillus.. Werden Tuberkelbazillen auf Glyzerinserum gezüchtet,
dem 5 bis 10°/o Saponinum depuratum zugesetzt eind, so sind schon.
nach zwei Übertragungen makroskopische Veränderungen der -Kulturen
‘erkennbar. Sie werden stärker gewulstet, feuchter und gelber. Später
wachsen ganz zarte durchsichtige Rasen. Mikroskopisch zeigt sich Verlust
der Säurefestigkeit und Gramfestigkeit.
Bergel (73) studierte den Abbau der Tuberkelbazillen in der Bauch-
höhle der weissen Maus von ihrer vollentwickelten Gestalt bis zu den
letzten Resten. Der vollentwickelte Tuberkelbazillus ist schlank und stark
säure- und alkoholfest durch einen Wachsmantel. Unter diesem Wachs-
mantel liegt eine mattrot färbbare Substanz, die säure- und alkohol-
schwächer ist und aus Fettsäure-Lipoidgemisch besteht, in die stark säure-
feste, aus Wachs bestehende, intensiv rote Körnchen in Reihenform ein-
gelagert sind. Es sind dies die Umhüllungen der nach Much färbbaren
Körnchen, die manchmal durch zarte Fäden verbunden sind. Innerhalb
dieser Schicht liegt der eiweisshaltige Kern, der sich weder nach Much
noch nach Ziehl, sondern mit der Gegenfarbe färbt. Es ist ein zartes
Stäbchen mit Körnchen, die die Konturen des Stäbchens oft überragen.
Typentrennung.
Am meisten interessiert hier immer noch die Differenzierung von
Typus humanus und bovinus. Die Ansichten der Autoren stehen sich
noch immer schroff gegenüber.
Auf der einen Seite behauptet Calmette (74), Malm (75, 76) und
Eber (77, 78) die Einheit der Tuberkelbazillen. Letzterer besagt,
dass junge Rinder wenn sie mit nicht rindervirulentem Material, also
sogenanntem Typus humanus, gespritzt wurden, doch in einigen Fällen
Bauchfellknötchen bekämen. Die Reinkultur aus den ersten Knötchen
hätte zwar eine erhöhte, aber noch nicht typische Rindervirulenz. Die
späteren Passagen waren hochgradig virulent. Bei zwei Fällen ist die
Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass das Ausgangsmaterial
bereits ausschliesslich bovine Tuberkelbazillen waren. Bei 5 Fällen trifft
aber sicher eine solche Vermutung nicht zu, und es bestehen auch keine
zwingenden Gründe, dass eine Mischkultur vorhanden gewesen sei. Eber
betrachtet die verschiedenen Typen als Standortsvarietäten, die sich um-
wandeln können.
Demgegenüber betont Lindemann (79), dass die biologischen Eigen-
schaften des Tuberkelbazillus sehr beständig seien. Umzüchtung der ver-
schiedenen Typen sei bisher nicht bewiesen. Nur bei langer Fortzüchtung
ergibt sich manchmal Virulenzverminderung, die durch Tierpassage wieder
behoben werden kann.
Neufeld, Dold und Lindemann (80) prüften des weiteren die
Methode Ebers nacb. Bei 13 Kälbern konnten sie keine Umwandlung
feststellen. Sie schliessen, dass Ebers Stamm eine Mischkultur ge-
wesen sei,
Lindemann (81) untersuchte dann die Möglichkeit, Mischkulturen
zu entmischen. Und zwar 1. durch Tierpassage, 2. durch Weiterzüchten
auf Glyzerinnährboden und 3. durch Serumplattenaussaat. Die erste Art
eignet sich für den Typus bovinus (Kaninchen), die zweite für den hu-
Übersichtsbericht. 291
manus, da derselbe auf Glyzerinnährböden schneller wuchert als bovinus.
Es gelang auf diese Weise noch eine Trennung, wenn die Typen im
Verhältnis 1: 50 gemischt waren. Bei der bekannten Kultur Schröder-
Mietzsch war kein reiner Typus herauszuzüchten, obwohl hier Verf. sogar
das dritte, beste Verfahren, die Abimpfung von Einzelkolonien anwandte.
Es ist dies der einzige Stamm, der eine atypische Virulenz besitzt, ohne
eine Mischkultur zu sein. Hühnern gegenüber war dieser Stamm avirulent.
Um die Typen zu trennen, gibt Fraser (82) eine lokale Reaktion
beim Kaninchen an. Impfung in ein Kniegelenk mit bovinus gibt eine
intensive Reaktion mit akuter synovialer Tuberkulose. Einspritzung von
humanus ergibt nur Verdickung der Synovia ohne Gewichtsverlust.
Wankel (83) prüfte an 45 Kulturen die Smith’sche Reaktions-
kurve. 11 Humanusstämme gaben die richtige Kurve, 6 Humanus ver-
hielten sich wie Bovinus, bildeten keine Säure. 15 bovine Stämme bil-
deten keine Säure, 4 bildeten Säure und einer nahm eine Zwischen-
stellung ein.
= Aoki (84) bestimmte das Verhalten der Ratten gegenüber den Typen.
Von 35 mit Typus bovinus gespritzten wurden 9 tuberkulös, von 46 mit
Typus humanus gespritzten 42.
Petersen Hjalmar (85) empfiehlt die intraokulare Impfung und
Schieck (86) die Erzeugung einer Hornhaut- und lIristuberkulose am
Kaninchenauge zur Differenzierung. Einspritzung von Bovinus in die
Carotis communis ergibt eine fortschreitende Tuberkulose des Auges auf
der gleichen Seite, Typus humanus ist unwirksam.
Die nächsten Arbeiten suchen die Typenfrage durch empirische Fest-
stellung derselben beim erkrankten Organismus zu lösen. Burnet (87)
prüfte die Erreger von 26 Gelenk- und Knochentuberkulosen, 23 Drüsen-
tuberkulosen, 10 Hauttuberkulosen, 16 Lungen-, Nieren- und Meningen-
tuberkulosen. In keinem Falle wurde Bovinus gefunden.
Rotte und Bierotte (88) untersuchten 28 Lupusfällee 23 waren
von humanus verursacht, 4 von bovinus und 1 Fall von beiden.
Lindemann (89) bestimmte den Typus bei der spontanen Tuber-
kulose der Affen, durch Untersuchung von 5 tuberkulösen Tieren. 3 mal
fand sich Bovinus und 2 mal Humanus. Die von den letzteren verur-
sachten Tuberkulosen waren weit schwerere Fälle. Humanus scheint also
für Affen grössere Virulenz zu besitzen. Derselbe Verf. (90) untersuchte
den Auswurf von 41 Tuberkulösen auf den Typus der ausgeworfenen
Bazillen. Er fand 40 mal den Typus humanus und 1mal eine Mischung
von humanus und bovinus. Er stellte ferner die bisher in der Literatur
bekannt gewordenen Untersuchungen zusammen, die sich auf nahezu
800 Fälle belaufen. Darunter waren 3 mal Perlsuchtbazillen gefunden
worden.
Möllers (91) stellte den Typus der Tuberkelbazillen bei Pari-
naud’scher Erkrankung fest. Von 3 Kranken gewann er 2 Kulturen.
Beide waren Typus humanus. Einwandfreier Nachweis von bovinus ist
bisher bei Parinaud’scher Erkrankung noch nicht gelungen.
Der gleiche Verf. (92) untersuchte 12 Knochen- und Gelenktuberku-
losen. Es liess sich nur Typus humanus feststellen. Es sind jetzt im
ganzen 163 Fälle Knochen- und Gelenkstuberkulose untersucht worden.
Unter diesen fand sich nur 4 mal Typus bovinus. In auffälligem Gegen-
293 Übersichtsbericht.
satz dazu stehen Fraser’s Ergebnisse in Edinburg, der unter 70 Fällen
41 mal Typus bovinus fand. Vielleicht sind dafür örtliche Verhältnisse
zu beschuldigen.
Weber und Dieterlen (93) untersuchten auch in 10 Fällen den
Auswurf, sie fanden nur Typus humanus,
Lewis (94) fand bei einem Lungen- und Hauttuberkulosefall in
der Haut bovine, im Sputum humane Bazillen. Bei einem zweiten Falle
wurden aus 6 tuberkulösen Halsdrüsen 12 verschiedene Kulturen des
Typus humanus gezüchtet.
Schürmann und Buri (95) fanden in 17 Fällen aus Drüsen und
Knochen nur Typus humanus. Die direkte Übertragung von tuberku-
lösem Gewebe auf Kaninchen erwies sich für die Typentrennung als
geeignet.
Schornagel (96) züchtete aus 8 Hundetuberkulosefällen 2 Bovinus-
stämme, die schlecht wuchsen, 4 Bovinus- und 2 nicht definierbare Stämme.
Einen besonders hohen Grad von Virulenz fanden Hafermann und
Binder (97) bei der sog. strahligen Verkäsung.
Verschiedenes.
In Form und Anordnung abweichende Bazillen fand v. Friis
Möller (98) bei einer Brustfellentzüändung. Nach einer Meerschweinchen-
passage verhielten sich diese Bazillen jedoch typisch.
Zuck und Zeller (99) versuchten nach der Bang’schen Versuchs-
methode eine Umwandlung von Säugetier- in Hühnertuberkelbazillen, doch
ohne Erfolg. Ebenso verlief der Bongert’sche Versuch durch Einblasen
in die Trachea von Vögeln.
Himmelberger (100) konnte Geflügeltuberkulose auf Kartoffeln,
Bananen, weissen Rüben, Möhren und roten Garteprüben mit Glyzerin-
zusatz zur Kultur bringen. Kälber konnten damit infiziert werden.
Leschke (101) studierte die verwandtschaftlichen Beziehungen des
Tuberkelbazillus. Er konnte durch Vorbehandlung mit anderen säure-
festen Bazillen bei Meerschweinchen Tuberkulinüberempfindlichkeit her-
vorrufen und tuberkulöse Tiere sind gegen andere säurefeste Bazillen
überempfindlich. Besonders nahe sind die Leprabazillen verwandt. Die
spezifischen tuberkulösen Antikörper werden aber nur durch Tuberkel-
bazillen gebunden. Die nicht pathogenen säurefesten sind jedoch unter-
einander näher verwandt als mit den Tuberkelbazillen.
Auch Krause und Balwin (102) stellten biologische Beziehungen
zwischen Tuberkelbazillen und anderen Säurefesten fest. Meerschweinchen,
die mit Typus humanus, bovinus, Vogeltuberkelbazillen, Smegma-, Thimo-
thee- und Bautterbazillen sensibilisiert waren, erlagen regelmässig dem ana-
phylaktischen Shock, wenn eine dieser Arten noch einmal einverleibt wurde.
Kontrollinjektionen von Bac. subtilis machten nie Symptome,
Lindner (103) untersuchte die Thimotheebazillen in ihrem Verhalten
zum Tuberkelbazillus. Er fand sie nicht pathogen, aber auch nicht schützend
und nicht heilend.
Dostal (104) ist es gelungen, Tuberkelbazillen in kokkenähnliche
nicht säurefeste Granula zu verwandeln. Eine solche Kultur gibt beim
Kaninchen keine Infektion, wohl aber lässt sich ein Immunserum ge-
winnen.
Übersichtsbericht. 298
Nach Dostal und Ender (105) gelingt es ebenso auch die Kalt-
blütertuberkelbazillen zu differenzieren.
Rabinowitsch (106) untersuchte das Friedmann’sche Tuberku-
loseheilmittel. Es fanden sich in 6 Röhrchen Verunreinigungen. Der
säurefeste Bazillus wuchs bei 37° gut, verhielt sich also anders wie
Schildkrötentuberkulose. Bei Verimpfung grösserer Mengen gab es bei
Kaninchen schwache Veränderungen, wie wenn Typus humanus verimpft
worden wäre.
Schmitz (107). züchtete die von Jacobitz und Kaiser in Trom-
peten aufgefundenen säurefesten Trompetenbazillen. Dieselben verhielten
sich färberisch genau wie Tuberkelbazillen, wuchsen aber viel rascher
und in feuchterem Rasen, nur auf Glyzerinnäbrböden bei Zimmertempe-
ratur und bei 37°. Sie verhielten sich avirulent. Die Säurekurve zeigte
Ähnlichkeit mit der des Typus humanus.
Bertani (108) fand bei Schweinen, Rindern, Tauben im Kote drei
verschiedene säurefeste Bazillen. Die Säurefestigkeit war nur teilweise.
Einer stand mit seinen Eigenschaften zwischen Streptothrix und Pseudo-
dipbtherie. Die beiden anderen waren koliähnlich, alle drei nicht pathogen.
Ferran (109) behauptet, mit einem nicht säurefesten Bazillus, den
er für identisch mit-.den Much’schen Granulis hält, Tuberkulose bervor-
rufen zu können. Diese Kultur soll aus säurefesten Tuberkelbazillen
entstanden sein. Calmette und Massol (110) prüften die Versuche
nach, die geimpften Meerschweinchen blieben aber gesund.
Verzeichnis der Arbeiten.
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bacteria II. ebenda p. 423.
Dieselben, The metabolism of certain rapidly growing human tubercle
bacilli in a modified Uschinsky medium. Studies in acid-fast bacteria IlI.
ebenda p. 428.
Dieselben, The metabolism of certain rapidly growing human tubercle
bacilli in media with inorganic salts as sources of nitrogen. Studies in acid-
fast bact. IV. ebenda p. 433.
Dieselben, The metabolism of „leprabacillus“, grass bacillus and smegma
bacillus in plain, dextrose, mannite and glycerin broths. ebenda p. 449.
. Dies eIben, The occurence of a soluble lipase in broth cultures of tubercle
bacilli and other acid-fast bacteria. Studies in acid-fast bact. VI, ebenda
p. 443.
. Dieselben, The relative activity of the soluble lipase and lipase liberted
during autolysis of certain rapidly growing tubercle bacilli. Studies in acid-
fast bact. VII. ebenda p. 451.
Dieselben, Observations on the specifity and thermostability of the lipase
developed during the growth of a rapidly growing tubercle bacilli in media
of varied composition. Studies in acid-fast bact. VIII, ebenda p. 455.
Dieselben, A comparison of the curves of lipolytic activity and proteo-
lysis of certain rapidly growing tubercle bacilli in media of varied compo-
sition. Studies in acid-fast bact. IX, ebenda p. 462.
Dieselben, A comparison of the curves of lipolytic activity and proteo-
lysis of certain acidfast bacilli in nutrient broths. Studies in acid-fast bact.
X, ebenda p. 467.
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38.
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41.
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Übersichtsbericht. 295
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Tuberkelbazillus ausserhalb und innerhalb des Organismus. Berlin. klin.
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Übersichtsbericht. 2397
Neufeld, Dold und Lindemann, Über Passageversuche mit mensch-
lichem Tuberkulosematerial nach der Methode von Eber. Zentralbl. f. Bakt.
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Wankel, Die Th. Smith’sche Reaktionskurve als Hilfsmittel zur Differen-
zierung humaner und boviner Tuberkelbazillen. Deutsche med. Wochenschr.
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Aoki, Über das Verhalten der Ratte gegenüber Tuberkelbazillen vom Typus
humanus und Typus bovinus. Zeitschr.. f. Hyg. 1913. Bd. 75. p. 62.
Petersen Hjalmar, Untersuchungen über Tuberkelbazillen. Zeitschr. f.
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bazillas durch Erzeugung experimenteller Hornhaut- und Iristuberkulose am
Kaninchenauge etc. Veröff. d. Rob. Koch-Stiftung 1913. H. 5/7.
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bei Lupus vulgaris. Deutsche med. Wochenschr. 1912. p. 163.
Lindemann, Über den Typus der Tuberkelbazillen bei der spontanen
Tuberkulose der Affen. Deutsche med. Wochenschr. 1912. p. 1921.
. Derselbe, Untersuchungen über den Typus der in dem Auswurfe Lungen-
kranker vorkommenden Tuberkelbazillen. Tub.-Arb. a. d. K. G.-A. 1913.
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Möllers, Über den Typus der Tuberkelbazillen bei Parinaud’scher Er-
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Derselbe, Die Ätiologie der Knochen- und Gelenkstuberkulose. Deutsche
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Weber und Dieterlen, Untersuchungen über den Typus der im Auswurf
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behufs Differenzierung des Typus bumanus und des Typus bovinus. Korre-
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Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung 12. 20
298 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
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Klin. d. Tub. 1914. Bd. 31. p. 320.
102. Krause und Baldwin, Some new biologic. relations between berde
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103. Lindner, Einige Heil- und Immunisierungsversuche mit Timotheebazillen
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104. Dostal, Über die morphologischen Grundlagen einer möglichen Tuberku-
losetherapie. Wien. med. Wochenschr. 1913. Nr. 12.
105. Dostal und Ender, Zur Differenzierung säurefester Bakterien (Kaltblüter-
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106. Rabinowitsch, Beitrag zur bakteriologjschen Kenntnis des Friedmann-
schen Tuberkulosemittels. Deutsche med. Wochenschr. 1914. p. 686.
107. K. E. F. Schmitz, Über die säurefesten Trompetenbazillen. Zeitschr. f. Hyg.
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108. Bertani, Beitrag zur Kenntnis der säurefesten, im Kote einiger Wirbel-
tiere anzutreffenden Bazillen. Zentralbl. f. Bakt. Or. 1913. Bd. 72. p. 270.
109. Ferran, Sur la culture d’un second antigöne non acido-resistant et para-
site obligé contenu dans le virus tuberculeux naturel. Compt. rend. de soc.
de biol. 1912. T. 73. p. 106. und Bull. de la soc. de biol. 1912. 5. VII.
110. Callmette et Massol, Recherches sur le bac. tuberculigène de Ferran.
Compt. rend. soc. de biol. 1913. T. 74. p. 21.
ll. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
499. Marcel Dubois, Über das Zusammenwirken von Milz,
Schilddrüse und Knochenmark. (XXXI. Mitteil. der Beitr.
zur Physiologie der Drüsen. Von Leon Asher.) Biochem.
Zeitschr. Jg. 82. 1917 8. 141.
Von den Ergebnissen vorerwähnter Arbeit dürften an dieser Stelle
die Resultate der Versuche über den Einfluss der experimentellen Dys-
pnoe auf das Blutbild interessieren. Nachdem festgestellt worden war,
dass in bezug auf Blutbildung zwischen Milz und Schilddrüse ein gewisser
Antagonismus besteht, und zwar derart, dass die Schilddrüse eine erregende,
die Milz aber eine hemmende Rolle auf das blutbildende Knochenmark
ausübt, untersuchte Verf. auch den Einfluss des durch einen experimentell
erzeugten Sauerstoffmangel hervorgerufenen Reizes auf das Blutbild. Die
experimentelle Dyspnoe wurde zu diesen Versuchen durch Injektion von
Ag. amygdalarum amararum (Cyanwasserstoffwirkung!) am Kaninchen be-
wirkt. Beim normalen Tier ergab sich eine kurzdauernde, aber ziemlich
beträchtliche Abnahme von Hämoglobin und Erythbrozyten; beim splen-
ektomierten Tier war der Sturz geringer, aber die Regeneration ging nach
wenigen Tagen etwas über die Norm hinaus. Beim schilddrüsenlosen Tiere
ist die Wirkung der experimentellen Dyspnoe erst dann zu beobachten,
wenn auch noch die Milz entfernt worden ist. In Verbindung mit anderen
Befunden spricht diese Tatsache dafür, dass die Reizungsfähigkeit des
Knochenmarks durch Thyreoidektomie vermindert wird.
Ätiologie und Verbreitung. 299
Der erzeugte Sauerstoffmangel veränderte das weisse Blutbild im Sinne
einer Lymphozytose und zwar beim intakten, beim doppelt operierten, schild-
drüsenlosen und milzfreien Tier wesentlich, beim splenektomierten dagegen
nur wenig und beim thyreopriven Tier nicht augenscheinlich. Auch diese
Versuchsergebnisse sprechen dafür, dass die Wirkungen von Milz und
Schilddrüse auf die hämatopoietischen Organe antagonistisch verlaufen.
K. Kautzsch, Höchst a. M., z. Z. Davos.
500. A. Dolde, Über die Bedeutung der Polynukleose bei der
Miliartuberkulose und über die Veränderung der Leukozyten-
zahl und Leukozytenformel in der Agone. Diss. Strassburg
îi. E. 1917.
Nachprüfung der von Matthes aufgestellten Behauptung, dass die
bei der Miliartuberkulose nachweisbare neutropbile Leukozytose von dia-
gnostischer Bedeutung sei. Es wurde zur Vermeidung der Verdauungs-
leukozytose kurz vor der Mittags- oder Abendmahlzeit gezählt. In den
beobachteten Fällen von Miliartuberkulose fand sich eine Leukozytose bei
66/0, fast ausnahmslos auch prozentuale Erhöhung der Neutrophilen.
Dieser Befund ist differentialdiagnostisch wichtig gegenüber der Leuko-
penie beim Typhus.
Bei den terminalen Stadien der Lungentuberkulose fand sich in
88°/o neutrophile Leukozytose Endlich wurden noch maligne Neubil-
dungen, chronische Nephritiden und Herzfehler, chronische Bronchitiden
und Pneumonien untersucht und auch hier Polynukleose festgestellt. Die
letztere ist also keineswegs für Miliartuberkulose typisch, man findet sie
bei den meisten akuten Infektionskrankbheiten.
Kurz vor dem Tode ist fast in allen Fällen Polynukleose feststellbar.
D.' glaubt, dass durch Einwandern von Bakterien ins Blut erhöhter Reiz
auf das Knochenmark hervorgerufen oder eine solche Schädigung gesetzt
wird, dass auch unreife Elemente in den Kreislauf gelangen.
P, Weill, Strassburg (Els.), z. Z. Beelitz.
501. J. Jerie, Tuberkulöser Abszess des Corpus luteum. Obornik
lekarsky XVII. 1916 Nr. 5 u. 6.
Es handelte sich um einen tuberkulösen Solitärabszess des Ovariums,
der im Corpus luteum lokalisiert war. Verf. nimmt sekundäre Tuberku-
lose auf Grund hämatogener Verschleppung an; die tuberkulöse Erkran-
kung der Tube scheint ihm jüngeren Datums zu sein und dürfte auf
lymphogenem Wege im Sinne Cohnheim’s entstanden sein; vielleicht
aber ist sie gleichzeitig mit dem Abszess hämatogen aus einem versteckten
Herd in der Lunge oder in den peribronchialen Lymphdrüsen entstanden ;
nur bot der Bluterguss in den Follikel einen besseren Nährboden für die
Bazillen dar. Kautz, Hamburg.
b) Ätiologie und Verbreitung.
502. Lockemann, ‚Beiträge zur Biologie der Tuberkelbazillen.
2. Mitteilung: Uber den Einfluss des Alters der Stammkultur
auf den Verlauf des Wachstums der Abimpfkulturen. D. m. W.
1918 Nr. 26.
Die ausführliche Arbeit erscheint in den „Veröffentlichungen der
Robert Koch-Stiftung“. C. Kraemer II.
20*
300 Ätiologie und Verbreitung.
503. Th. Oliver, Traumatism and tuberculosis. Brit. Med. Journ.
1915 8. 919.
Über den Zusammenhang zwischen Trauma und Tuberkulose äussert
sich OÖ. wie folgt: Eine Tuberkulose kann sich bei einem bis zum Zeit-
punkt des Traumas vollständig lungengesunden Individuum entwickeln.
Eine latente Tuberkulose kann durch das Trauma ausgelöst werden; und
zwar lokalisiert sich die Tuberkulose auf die betroffene Seite, unabhängig
davon, ob der Tuberkelbazillus von irgend woher im Körper dorthin ge-
wandert ist, oder ob das Trauma einen schon vorher bestehenden tuber-
kulösen Prozess wieder aufflackern lässt. Besonderer Berücksichtigung
bedarf die organische Gesamtkonstitution, namentlich im Hinblick auf
lokale oder allgemeine Immunität. Das Trauma kann hier als ein den
Widerstand herabsetzender Faktor angesehen und für die Entwickelung
und den Verlauf der Erkrankung entscheidend werden.
Kautz, Hamburg.
504. ViktorBerglund, Trauma und Lungentuberkulose. All-
männa Svenska Läkartidningen 1917 Nr. 25.
Ein Vortrag mit Mitteilung über drei eigene Fälle.
Arvid Wallgren, Upsala.
505. Orth, Trauma und Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd. 28
H. 3.
4 Obergutachten, die im Original nachgelesen werden müssen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
506. Hayek, Offene und geschlossene Tuberkulose. Zschr. f. Tbc.
Bd.28 H.3.
Verf. kommt zu folgenden Schlüssen:
Die Unterscheidung zwischen „offener“ und „geschlossener“ Tuberku-
lose ist vom Standpunkt genauer Terminologie mangelhaft. Bei allen
grosszügigen Massnahmen im Kampfe gegen die Tuberkulose müssen wir
dennoch an dieser Einteilung festhalten, da sie uns eine brauchbare Grund-
lage gibt für die Bekämpfung der unstreitig gefährlichsten Infektions-
quellen. Bei der Einteilung in „Tuberkulose mit und ohne Sputum“
werden eine ganze Zahl nicht tuberkulöser Kranker als infektiös ange-
sprochen. Weihrauch,
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
507. B. van Dorp-Beucker Andreae, Eenige gesichtspunten
over het verband tusschen alkohol en tuberkulose. Stztzungs-
bericht vom 15. Mai 1916 des Vereins für Arzte-Abstinenzler.
N. T. v. GŒ., 1. Sept. 1917.
Hinweisend auf verschiedene Statistiken über das Verhältnis zwischen
Alkohol und Tuberkulose schliesst der Verf. folgendermaßen: Der Einfluss
des Alkohols ist unzweifelhaft ungünstig, sowohl für den Trinker als für
seine Kinder. Der Alkoholgebrauch und noch stärker der Missbrauch
entzieht dem Haushalt soviel Geld, dass nicht genug übrig bleibt für
eine genügende, gute Ernährung. Überdies ist der Einfluss des Alkohol-
missbrauches vor der Konzeption und der der Mutter während der
Schwangerschaft sehr fatal für das körperliche und das geistige Wohl-
Diagnose und Prognose. 201
befinden des Kindes. Ausserdem werden diese leichter von verschiedenen
Krankheiten, auch von der Tuberkulose, befallen. Der Trinker selbst
empfindet den schwächenden Einfluss, besonders durch seine verminderte
Widerstandsfähigkeit für Infektionskrankheiten. Der Alkohol wirkt also
als schädigendes Moment. Es wird kein Beleg beigebracht werden können,
dass der Alkohol einen spezifisch heilsamen Einfluss auf die Tuberkulose
ausüben konnte. Der Alkohol ist nicht unentbehrlich, wie früher von
vielen gemeint wurde. (Also nichts Neues. — Bef.).
G. Peerenboom.
c) Diagnose und Prognose.
508. Merklen, Tuberculose incipiente. Diagnostic de nature et
d’evolution. Paris médical 1918 Nr. 5.
Bei Verdacht auf Lungentuberkulose sind der systematischen Unter-
suchung drei Fragen zugrunde zu legen: 1. Bietet die Untersuchung der
Lungen einen pathologischen Befund? 2. Wenn ja, beruht dieser auf
einer Tuberkulose? und 3. Ist die Tuberkulose im Fortschreiten? Die
erste Frage ist dadurch berechtigt, dass die Diagnose nur auf lokalen
Symptomen sich aufbaut. Verf. gibt hierzu zahlreiche Beispiele für Ver-
änderungen auf den Lungen, die nichts mit der Tuberkulose zu tun
haben. Zur Entscheidung der zweiten Frage sind wiederum verschiedene
Möglichkeiten zu berücksichtigen: a) Der Einfluss der Nasen- und Mund-
atmung. b) Nasopharyngeale Prozesse — Septumdeviation, Muschelbyper-
tropbie, adenoide Vegetationen, Pharyngitiden — imponieren oft als tuber-
kulöse Manifestationen. c) Veränderungen in den oberen Luftwegen, lokaler
oder generalisierter Natur, gehen häufig mit Husten und schleimig-katar-
rhalischen und schleimig-eitrigen Absonderungen einher, die ihrerseits Ände-
rungen des Atemgeräusches über den Lungenspitzen zur Folge haben
können. d) Rauhes und verschärftes Atemgeräusch kann durch Vergrösse-
rung der tracheo-bronchialen Drüsen hervorgerufen sein. e) Ursache für
Fehldiagnosen sind weiterhin Asymmetrien und Anomalien des Thorax.
f) Das Überstehen eitriger Pleuritiis mit sekundärer Adhäsion und
Schrumpfung verändert die physikalischen Symptome wesentlich. g) Auch
die Modifikationen des Atemtypus bei Habitus asthenicus sind zu be-
rücksichtigen. Im Gegensatz zu diesen Fehlerquellen bei der Diagnose
der Tuberkulose ist darauf zu achten, dass die Tuberkulose oft unter den
Erscheinungen einer diffusen Bronchitis, eines mehr oder weniger generali-
sierten Emphysems und pleuro-pulmonaler Stauungserscheinungen verlaufen
kann, Zur Entscheidung endlich der dritten Frage nach dem Stadium
der Tuberkulose ist die spontane und Druckschmerzhaftigkeit der Lungen-
spitzen heranzuziehen. Nach einigen Betrachtungen über die Spitzen-
pleuritis glaubt sich Verf. zu dem Schluss berechtigt, dass die einzig
sichere Entscheidung der Diagnose auf Tuberkulose nur durch lokale
Symptome, diejenige über den Entwickelungszustand derselben nur auf
Grund allgemeiner Zeichen erhalten werden kann. Kautz, Hamburg.
509. H. Lebon, Diminution de la transparence normale des som-
mets du poumon dans la tuberculose. La Presse médicale
1918 Nr. 9 8.78.
Auch die genaueste Röntgenuntersuchung der Lungenspitzen vermag
302 Therapie.
oft nicht die Frühdiagnose einer Tuberkulose zu sichern. In den meisten
Fällen röntgenologisch erkennbarer Veränderungen in den Spitzenfeldern
vermag auch die übrige physikalische Untersuchung den Krankheitsprozess
zu enthüllen. Verf. hält es daher für durchaus zweifelhaft, dass radio-
logische Merkmale den positiven Ergebnissen der Auskultation vorher-
gehen können. Weiterhin ist auch die Röntgenuntersuchung nicht frei
von subjektiven Irrtümern, selbst bei genauester Innehaltung der Technik.
So berechtigt bei Fehlen jeglicher auskultatorischer Merkmale die Ab-
dunkelung eines oder beider Spitzenfelder auch nicht zur bestimmten
Stellung der Diagnose auf Tuberkulose. Die Sicherung derselben kann
nur durch Beobachtung aller physikalischen und röntgenologischen Ergeb-
nisse erhalten werden. Kautz, Hamburg.
d) Therapie.
510. Shiga, Untersuchungen über Tuberkulosetherapie.. The
Kitasato Archives of exper. médecine 1917 Nr. 1.
Verf. untersuchte die Einwirkung einer Anzahl Anilinfarben und einer
Salvarsankupferverbindung auf die Entwickelung der Tuberkulose. Bei
den ersteren ergab der Tierversuch bei Anwendung von Metoxylderivaten
(Fuchsinverbindung), im besonderen des Trichlorjodmetoxylrosanilins, eine
deutliche Verringerung tuberkulöser Prozesse, verglichen mit Kontrolltieren.
Ähnlich günstig wirkte das Salvarsankupfer im Tierversuch. Beim Menschen
traten nach intravenöser Injektion von 0,01 pro dosi bis zu einer Gesamt-
menge von 0,8 sowohl lokale wie allgemeine Nebenerscheinungen — Er-
brechen, Fieber, vorübergehende Albuminurie — auf. Auch Versuche bei
Leprakranken zeitigten günstige Erfolge, deutliche Abnahme der Lepra-
knoten und Rückgang der anästhetischen Zonen. Beim Lupus war der
Erfolg nur vorübergehend. Lungentuberkulose im 1. und 2. Stadium
wurde am günstigsten beeinflusst. Häufig verschwanden die Bazillen aus
dem Sputum. So günstig der Einfluss im allgemeinen war, so lassen mit-
unter beobachtete bedrohliche Zustände, die nach intravenöser Injektion
von Salvarsankupfer, dessen Giftigkeit dreimal geringer als die des Sal-
varsans sein soll, gewisse Vorsicht und Auswahl der Fälle ratsam scheinen.
Kautz, Hamburg.
511. v. Unruh, Résultats du traitement de la tuberculose par
une médication détruisant le bacille. Medical record. Ref.
La Presse médicale 1918 Nr. 23.
Die vorgeschlagene medikamentöse Behandlung stützt sich auf das
wirksame Prinzip zweier Pflanzen, der Echinacea angustifolia und der
Inula helenium. Die Wirkung der ersteren äussert sich in Bekämpfung
der septischen Prozesse und Entfernung der Toxine aus dem Organismus:
Wirkungen, die sich in einer Erhöhung des opsonischen Index und Ver-
besserung der Arneth’schen Ziffern kennzeichnen. Die wirksame Sub-
stanz der Inula, das Inulin oder Hellenin, soll eine spezifische Wirkung
auf die Tuberkulose ausüben, die in einer Verminderung der Nachtschweisse
und Verringerung des Hustens und der Auswurfmenge besteht. In vitro
hemmt eine Lösung des Inulins 1:10000 die Entwickelung einer Bazillen-
kultur, durch Lösung der Lipoidkapsel. Beide Mittel werden in kolloidaler
Therapie. 308
Suspension intramuskulär und intravenös injiziert. Im Anschluss daran
pflegt sofort vermehrte Puls- und Atmungsfrequenz, Temperaturerhöhung,
Gesichtsrötung für die Dauer weniger Minuten aufzutreten. Später nimmt
zunächst der Hustenreiz und die Auswurfmenge zu, für die Dauer meh-
rerer Stunden, nach welchen die Patienten eine wesentliche Erleichterung
verspüren. Nur bei vorgeschrittenen Fällen treten schwerere Allgemein-
erscheinungen auf, die eine weitere Anwendung der Mittel verbieten. Von
200 so behandelten Fällen wurden 100 beginnende geheilt, d. h. 100%.
Bei etwas vorgeschrittenen Fällen betrug die Heilungsziffer 50°/0. Der
Beobachtungszeitraum beträgt 2 Wochen bis 18 Monate. Die Erfolge
betrafen sowohl Fälle von Lungentuberkulose wie auch Knochen-, Gelenk-,
Nieren- u. a. Tuberkulosen. Die klinischen Beobachtungen stützen sich
auf Tierversuche, die bei 10 von 15 tuberkuloseinfizierten Fällen ein
positives Ergebnis erzielten. Kautz, Hamburg.
512. Otto Lienhard, Über kutane Tuberkulinbehandlung nach
Ponndorf. Diss. Leipzig 1918. |
In der Heilstätte Vogelsang nahm L. an 89 weiblichen Lungen-
kranken Impfungen mit Alttuberkulin nach Ponndorf vor. „Die grosse
Mehrzahl der also behandelten Kranken antwortete mit mehr oder minder
groß&er Temperatursteigerung, die sich in recht vielen Fällen leider zum
Dauerfieber auswuchs, oder sogar mit Herdreaktionen, was sich durch das
plötzliche Auftreten von Hämoptysen in unmittelbarem Anschlusse an die
Impfungen genügsam dokumentierte. Von 89 Patienten gelang es daher
nur in 24 Fällen, die Behandlung weiter zu führen.“ Auch bei diesen
zeigten sich öfters Temperatursteigerungen.
„Von den 24 Patienten, bei denen die Behandlung zu einem ge-
wissen Abschluss gebracht werden konnte, konnten 6 stark gebessert,
4 leidlich gebessert und 4 gebessert werden, während in 5 Fällen eine
Verschlimmerung festgestellt werden musste. Der Rest verhielt sich
refraktär.“
Wir können demnach dem Verf. beistimmen, wenn er sein Urteil
dahin zusammenfasst, dass nach seinen Erfahrungen „die kutane Tuber-
kulinbehandlung nach Ponndorf keine Bereicherung der spezifischen
Therapie der Tuberkulose, speziell der Lungentuberkulose, darstellt“,
Jos. Heising, Bad Lippspringe.
513. F. Tichý, Spengler’s Präparat I.K. in der Therapie der
Tuberkulose. Časopis lékařů českých 1917 Nr. 28.
Der Autor injizierte bei 30 Fällen von Lungentuberkulose in ver-
schiedenen, jedoch nicht in den vorgeschrittensten Stadien das Speng-
ler’sche I.K.-Präparat und hat damit ermutigende Resultate erzielt.
Schädliche Wirkungen hat er nicht beobachtet und kann gleich anderen
Beobachtern keine Kontraindikationen aufstellen. Bei hohem Fieber sah
er, wenn er rasch zu grossen Dosen überging, guten Erfolg.
G. Mühlstein, Prag.
514. Immelmann, Röntgenologische Erfahrungen mit Fried-
mann’s Mittel gegen Tuberkulose, B. kl. W. 1918 Nr. 33.
Verf. gibt die Beschreibung von je 10 Röntgenbildern von Knochen-
und Lungentuberkulose, die vor und nach der Behandlung mit dem Fried-
304 Therapie.
mann’schen Mittel aufgenommen sind. Nach seiner Ansicht sind daraus
Anzeichen fortschreitender Heilung, bedingt durch das Friedmann’sche
Mittel, nachweisbar.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
515. Georges Th. Panoupoulos-Athen, New treatment of
tuberculosis. Proceedings of the Royal Society of Medicins
Bd. 9 Nr.7, Mai 1916.
Verf. schlägt eine Zerstörung der Tuberkelbazillen vor mit Ozon.
Das Ozon würde in den Lungen entstehen, wenn reiner Sauerstoff ein-
geatmet wird und gleichzeitig harte Röntgenstrahlen auf den Thorax ein-
wirken. Stickstoff darf nicht in den Lungen anwesend sein, dieser würde
nur von den Röntgenstrahlen oxydiert werden und das Stickstoffoxyd
würde die Gewebe schädigen. Allererst findet während 5 Minuten Ein-
atmung reinen Sauerstoffs statt, alsdann fängt auch die gleichzeitige Rönt-
genbestrahlung an.
Um der Verbrennung der Haut vorzubeugen, benützt man Alumi-
nium-Schutzplatten. Die Dauer jeder Sitzung ist 10—20 Minuten.
Erstens ist der Erfolg der Zusammenwirkung des Ozons und des
Sauerstoffes und der radioaktiven Strahlen zu verdanken; diese erzeugt
eine stärkere Oxydation der Bestandteile des Blutes, hierzu entfalten auch
die Röntgenstrahlen ihre katalysatorische Wirkung.
Zweitens ist auch der Einfluss auf die Tuberkeln und die Tuberkel-
bazillen selbst von grossem Nutzen. J. Peerenboom.
516. A. van Ree, X-Strahlenbehandeling de chirurgische tuber-
culose. N. T. v. G., 1. Sept. 1917.
Tuberkelbazillen werden von den X-Strahlen nicht getötet, ihre Wachs-
tumsfähigkeit wird nicht beeinträchtigt und ihre Virulenz nimmt vermutlich
nicht ab. Doch hat der Verf. gute Resultate mit der Behandlung erreicht,
besonders bei den Lymphomen. Die tiefen Prozesse sind noch nicht gut
zu beurteilen, auch weil ihre Verbreitung weder vor, noch zurzeit, noch
nach der Behandlung genau zu bestimmen ist. Die oberflächlichen Lymph-
drüsenpakete wurden bestrahlt und von den 48 'Fällen wurden 35 völlig
geheilt. Besserung trat auf in 11 Fällen. Die übrigen 2 Fälle sind noch
nicht gut zu beurteilen. Also ist die Bestrahlung besser als die Exstir-
pation; nur wenn die operative Behandlung ein kleines Lymphom betrifft,
bei dem die Operation leicht und mit Lokalanästhesie durchzuführen ist,
indem die Heilung per primam intentionem zu erwarten ist, zieht der
Verf. diese der Bestrahlung vor. Rezidive sah er noch nicht nach X-Strahlen-
behandlung.
Wiewohl dieses Verfahren bei Knochen- und Gelenktuberkulose nicht
so erfolgreich ist, sah der Verf. doch gute Resultate, besonders wenn der
Prozess lokalisiert war in den kleinen Röhrenknochen an Fuss und Hand.
Er warnt übrigens vor der Bestrahlung bei kleinen Kindern.
J. Peerenboom.
517. Seemann, Die Behandlung der Lymphdrüsentuberkulose.
Bemerkungen zu dem — von Mühlmann in D. m. W.
1918 Nr. 2.
Verf. stimmt Mühlmann in seiner Wertschätzung der Röntgen-
Klinische Fälle. 305
therapie der Drüsentuberkulose vor den operativen Methoden vollkommen
bei. Freilich fehlt es neben der allgemeinen Anerkennung für die Rönt-
genbehandlung oft auch an der nötigen Einrichtung; deshalb wären Am-
bulatorien für Röntgenbehandlung einzurichten.
Stichinzisionen bei Abszessen hält Verf. im Gegensatz zu Mühl-
mann nicht für indiziert. Die alte Punktions- und Injektionsbehandlung
kalter Abszesse ergibt überraschende Erfolge und kann die Röntgentherapie
wirksam unterstützen. C. Kraemer II.
518. Levy, Beeinflussung der Körpertemperatur durch Quarz-
licht bei Tuberkulösen. M. m. W. 65. 1918 S. 269.
L. veröffentlicht 3 Fälle von Lungentuberkulose, bei denen er nach
Quarzlichtbädern Temperatursteigerungen gesehen haben will. In anderen
Fällen beobachtete er starke Tagesschwankungen. Eine Gesetzmässigkeit
konnte nicht festgestellt werden. Bredow, Ronsdorf.
519. H. B. Stumpf, Einige Erfahrungen mit der Quarz-Queck-
silber-Lampe in der Behandlung von chirurgischer Tuber-
kulose. Tidschrift for den norske lægeforening 1918 Nr. 6.
12 Krankengeschichten, die gute Resultate von der Behandlung mit
der Q.-Q.-L. aufweisen. Birger-Øverland.
e) Klinische Fälle.
520. Dietrich, Ein eigenartiges peripleuritisches Empyem. (Illust.)
M. m. W. 65. 1918 8. 508—509.
Beschreibung eines Falles von peripleuritischem Empyem, d. h. eines
Abszesses, der zwischen Brustwand und Pleura costalis gelegen war. Aus-
gegangen war dieses Empyem von einem paranephritischen Abszess und
fübrte schliesslich zu allgemeiner Staphylokokkensepsis.
Bredow, Ronsdorf.
521. A. Wahler, Über primäre Magentuberkulose. Diss: Bres-
` lau 1918.
Zu sechs ausfūhrlich besprochenen bekannten Fällen von primärer
Magentuberkulose wird noch ein siebenter mitgeteilt, der bereits von
Severin veröffentlicht worden ist. Es handelt sich um einen 28 jährigen
Soldaten, der stark abgemagert war. Bei der Magenausheberung kamen
noch 45—100 ccm Speisereste vom Vortage zum Vorschein; nach Probe-
frühstück blieben Rückstände bis 400 cem. Freie HCI, Pepsin u. Pepsinogen
fehlten, Milchsäurereaktion war stark positiv. Im Mageninhalt wurden
lange Bazillen, Hefezellen, keine Sarzine festgestellt, die Salomon’sche
Magenkarzinomprobe war positiv, röntgenologisch bestand Magenektasie.
Als noch ein kleiner Tumor rechts neben dem Nabel aufgetreten war,
wurde die Diagnose auf Pyloruskarzinom gestellt. Bei der Operation war
der Pylorus tumorartig verdickt, Drüsen geschwollen, namentlich an der
kleinen Kurvatur; Knötchenbildung auf der Serosa. Magenresektion und
Gastroenterostomia posterior wurden ausgeführt, es erfolgte prompt
Heilung.
Histologisch zeigte der Tumor Verbreiterung der Submukosa, polypen-
306 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenbäuser u. -Heime.
artige Wulstung und Geschwürsbildung. Typische Epitheloidtuberkel und
Riesenzellen auch in den benachbarten Lympbhdrüsen.
In anderen Organen waren keine Symptome für eine tuberkulöse
Erkrankung nachweisbar. P. Weill, Strassburg (Els.), z. Z. Beelitz.
522. L. Galliard, Lungenkrebs. Bull. de la Soc. med.’ des höp.,
Paris 1918 Nr. 8. Nach einem Referat in Le Journal 1918
Nr. 24.
Im vorliegenden Falle wurde die Diagnose des primären Lungen-
karzinoms auf Grund des Röntgenbildes gestellt. Es bestand partieller
Pneumothorax. Wegen einer gleichzeitig vorhandenen eiterigen Pleuritis
wurde eine Operation ausgeführt. Der Patient lebte noch ein Jahr, ent-
sprechend dem langsamen Wachstum des Lungenkrebses.
Wilhelm Neumann.
523. W. Vyšin, Kontraktur der geraden Bauchmuskeln bei
Tuberkulose. Časopis lékařů českých 1916 Nr. 53.
Der Autor beschreibt folgende, noch nirgends beschriebene Beobach-
tung: Bei einem 19jährigen, seit einem Jahr an rasch fortschreitender
Lungentuberkulose leidenden Studenten stellte sich, als sich der Kranke
behufs Untersuchung aus der Rückenlage aufsetzte, plötzlich eine schmerz-
hafte Kontraktur der geraden Bauchmuskeln ein, die ihn zwang, in die
Rückenlage zurückzukehren. Man sah deutlich die Konturen der Muskel-
bündel zwischen den Inscriptiones tendineae; die Muskeln hoben sich
gegen die Umgebung deutlich ab. Der Zustand dauerte eine Stunde und
soll schon früher einmal aufgetreten sein. Der Kranke vermied fortan
ängstlich das Aufsetzen. Nach 3 Wochen überredete der Autor den
Kranken, sich wenigstens auf die Seite zu legen. Sofort trat wieder die
schmerzhafte Kontraktur ein, die wiederum eine Stunde dauerte. Von da
an behielt der Kranke bis zu seinem 5 Monate später erfolgenden Tod
die Rückenlage bei. — Der Autor nimmt an, dass es sich um einen
lokalen Krampf infolge Reizung des kortiko-spinalen Neurons gehandelt
habe, vielleicht um Tetanie, die sich von den lokalen Krämpfen nicht
gut abgrenzen lasse. G. Mühlstein, Prag.
f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
524. A. Götzl, Die Tuberkulosefürsorgestellen in Wien. Österr.
Tbc.-Fürs.-Bl. Jg. 1 Nr. 12.
Nach Besprechung verschiedener Mängel in der Organisation und in
der Führung der Tuberkulosefürsorgestellen fasst Verf., der als ärztlicher
Leiter mehrerer Fürsorgestellen und durch seine administrative Tätigkeit
in der Tuberkulosefürsorgebewegung in Österreich wohl berufen ist, ein
massgebendes Urteil abzugeben, seine Ausführungen wie folgt zusammen:
1. Es ist notwendig, dass jene Vereine, die Fürsorgestellen betreiben, für
diese grössere Mittel selbst aufbringen und verwenden. Eine Änderung
in der Organisation dieser Vereine entsprechend ihrem grossen Wirkungs-
kreise ist unerlässlich. 2. Die Krankenkassen sollten nur unter Voraus-
setzung zur Mitarbeit in Fragen der allgemeinen Organisation herange-
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 307
zogen worden, dass sie es aufgeben, ihre Sonderinteressen zu verfolgen
und Fürsorgestellen tatsächlich subventionieren, event. errichten. 3. Vor
allem wäre es Aufgabe der Gemeinde, in jenen Bezirken, die bisher ohne
Fürsorgestellen geblieben sind, solche zu errichten, oder deren Errichtung
und Betrieb ausgiebig zu fördern. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-O.
525. L. Wick, Entwurf zur Schaffung einer Tuberkulose-Heil-
stätte im Süden unserer Monarchie. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl.
Jg. 1 Nr. 12.
Die Ausführungen des Verf’s klingen in folgende Anträge aus:
1. Es ist für die Kriegsbeschädigten, welche an Tuberkulose leiden, eine
Heilstätte in jenem Teile des Küstenlandes am Meere zu schaffen, welcher
bereits subtropisches Klima besitzt. 2. Diese Heilstätte dient, ohne die
Tuberkulose’ der Drüsen und Knochen ganz auszuschliessen, hauptsächlich
zur Behandlung der Lungentuberkulosen. Dieselbe besteht a) aus einer
geschlossenen Anstalt mit Sanatoriumscharakter für die schwereren Krank-
heitsformen, b) aus einer um diese als ihrem Zentrum liegenden Kolonie
für die leichteren oder leicht gewordenen Fälle. 3. Diese Heilstätte wird
das ganze Jahr über betrieben und unterliegt der Aufenthalt in ihr keiner
zeitlichen Beschränkung, ausser der, dass er endigt, sobald der Heilzweck,
d. i. die Heilung oder die Erwerbsfähigkeit erreicht ist, letztere mindestens
in dem Grade, dass der gute Zustand höchstens durch unvorhbergesehene
bedeutendere Schädlichkeiten wieder gestört werden könnte. Errichter dieser
Heilstätte soll der Staat Österreich sein, event. mit Unterstützung privater
Wohltätigkeit. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö.
526. E. Adler, Bericht über die während der Kriegszeit aufge-
führten Bauten zum Kampfe gegen die Tuberkulose im Lande
Salzburg. II. Teil. Osterr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 2 Nr. 1.
Zwei halbpermanente Baracken wurden im Anschluss an eine Lungen-
heilstätte mit dem geringen Kostenaufwande von 3200 Kr. pro Bett erbaut,
ausserdem wurden zwei festgebaute Tuberkulose-Sonderabteilungen im An-
schlusse an schon bestehende öffentliche Krankenhäuser errichtet. Als
Dauerform für das Hochgebirge empfiehlt‘ Verf. nur feste Bauten, event.
in Barackenform und sollte man nach Aufhören der gegenwärtig herr-
schenden schwierigen Bauverhältnisse wohl nur zu diesen wieder zurück-
kehren. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö,
527. W. v. Schmid, Die Heilstätte Tentschach — ein Provi-
sorium. Aus der k. u. k. Nachbehandlungsanstalt für Kriegs-
beschädigte Kärntens in Klagenfurt. Osterr. Tbc.-Fürs.-Bl. Jg. 2
Nr. 1.
Das einem feindlichen Ausländer gehörige Schloss Tentschach bei
Klagenfurt in Kärnten wird auf Kriegsdauer als provisorische Heilstätte
für lungenkranke Soldaten verwendet. Wir finden in ihr alles, was eine
moderne Lungenheilstätte aufweisen soll: Liegehallen, Heliotherapie in
allen ihren verschiedenen Anwendungsformen, Sputumdesinfektion, Bäder,
Beschäftigungstherapie, Unterrichtskurse etc. Die verschiedenen Tuber-
kulinpräparate werden verwendet. Es fehlt auch nicht an aufklärenden
Vorträgen in Form von ungezwungenen Besprechungen über die Tuber-
kulose, deren Bekämpfung und Prophylaxe. Ganz offen erwähnt der
308 Allgemeines.
Verf. auch mehrere Mängel dieser Anstalt, die in ihrer gegen Nordwind
nicht genügend geschützten Lage und dem etwas altertümlichen Bau be-
gründet sind. Dass diese Mängel nicht schwer ins Gewicht fallen, be-
weisen die sehr guten Heilerfolge.e Der Verf. zeigt in seiner Veröffent-
'lichung, dass auch relativ geringe Mittel gepaart mit Überzeugung, gutem
Willen und Einsicht in der Bekämpfung der Tuberkulose Erspriessliches
leisten können. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-O.
528. Oskar Pischinger, 9. Jahresbericht der Auskunfts- und
Fürsorgestelle für Lungenkranke in Aschaffenburg für das
Jahr 1917.
Es hat eine Zunahme der Fürsorgebedürftigkeit weiter Kreise sowie
eine deutliche Zunahme der Tuberkulosemorbidität und Mortalität statt-
‘gefunden. Die Zunahme hat in gleicher Weise die ländliche und die
städtische Bevölkerung ergriffen, die „Kriegskost“ ist demnach nicht als
die alleinige Ursache dieser Erscheinung anzuschuldigen. Den Hauptbe-
'standteil der Fürsorgetätigkeit bildete die ausgiebigere Nahrungsmittelver-
sorgung entsprechend den neuen ministeriellen Verfügungen.
Hans Müller.
g) Allgemeines,
529. Kraus, Tuberkulosebekämpfung. Zschr. f. Tbc. Bd.29 H.2.
Verf. fordert zur energischen Bekämpfung der Tukerkulose eine Zen-
tralisierung des Fürsorgewesens mit möglichster Erfassung aller Tuberku-
lösen und mit Tuberkulose Infizierten. Dazu müssen den Fürsorgestellen
öffentliche Mittel bereitstehen. Die Grundsätze, nach denen die Versiche-
rungsanstalten bei der Auswahl für ein Heilverfahren vorgehen, sind an-
zunehmen. Abzulehnen ist aber die Turban-Gerhard’sche Stadien-
Einteilung; an ihre Stelle muss eine vorwiegend prognostische Klassih-
kation treten (Albrecht-Fraenkel; Aschoff-Nikol; Periodenein-
teilung nach Ranke). Ranke unterscheidet: 1. den Primäraffekt (Periode
der normalen Giftempfindlichkeit); 2. Stadium der mehr oder weniger akut
fortschreitenden Prozesse in der Lunge, den Lymphknoten und im Körper
(Periode der Giftüberempfindlichkeit); 3. Stadium der langsamen Zerstö-
rung der Lungen (Periode der relativen Immunität). Um die Menschen,
die mit Tuberkulose angesteckt sind, in ihrer Resistenz soweit zu stärken,
dass die zweite Periode nicht eintritt, muss deren Behandlung beginnen,
sobald die Pirquetprobe positiv ausfällt. Charakteristisch für den Primär-
affekt ist die Affektion der Hiluslymphknoten und die perilymphoide
Entzündung. Die Hilusdrüsenaffektion der zweiten Periode (endo- oder
exogene Reinfektion) ist von leicht ersichtlich anderer Art. Man braucht
sich also nicht nur an die Tuberkulinempfindlichkeit zu halten.
Zur Resistenzsteigerung dient die Tuberkulinbehandlung (Bazillen-
emulsion). Nur langjährige Beobachtung kann feststellen, ob die Prozent-
zahl der später an klinisch manifester und progredienter Tuberkulose Er-
krankenden bei den in der Kindheit oder in der Jugend Vorbehandelten
wesentlich geringer ist.
Daneben müssen alle anderen Mittel zur Bekämpfung der Tuberku-
lose (Pneumothoraxtherapie, Höhensonne etc.) herangezogen werden.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 309
Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
— — —
14. Adolf Bacmeister, Die hausärztliche Behandlung der beginnenden
Lungentuberkulose. Jena 1918. 32 S. Geh. M. 0,80.
Ein Heftchen, das dem Nichtfacharzt in kurzer bestimmter Weise Richt-
linien für die häusliche Behandlung der Lungentuberkulose gibt. Spezifische
Therapie, Pneumothoraxtherapie und Thorakoplastik sowie Strahlentherapie werden
so weit gestreift, dass sie den praktischen Arzt genügend instruieren. Zum Schluss
wird zur Erreichung einer besseren Verständigung zwischen Hausarzt und Anstalts-
arzt in bezug auf den augenblicklichen Zustand und den Verlauf der Erkrankung
auf einen bereits in der Deutschen med. Wochenschrift 1918, Nr. 13, gemachten
Vorschlag zur Einteilung und Nomenklatur der Lungentuberkulose hingewiesen,
welcher, wie es heute von allen Seiten angestrebt wird, den Verlauf, den Cha-
rakter der pathologisch-anatomischen Veränderungen, den Bazillenbefund und den
Sitz, sowie die Ausdehnung der Erkrankung berücksichtigt. Das Heftchen sei
zur Förderung des Interesses für die Taberkulosebekämpfung allen jungen Kollegen
warm empfohlen. Hans Müller.
15. L. Brauer-Hamburg-Eppendorf, beratender innerer Kliniker bei einer
Heeresgruppe, Die Ruhr, ihr Wesen und ihre Behandlung. Fischer’s
medizinische Buchhandlung, U. Kornfeld, Berlin 1918. 115 S.
Die Erfahrung des Krieges hat gelehrt, dass vielfach von hervorragenden
Fachgelehrten, die während des Krieges beim Feldheer in beratenden Stellen als
‘ Innere, Chirurgen oder Hygieniker verwendet werden, wissenschaftlich hochwertige
Abhandlungen veröffentlicht werden, die dann nur von einer im Verhältnis zum
Wert der Arbeit kleinen Zahl Fachgenossen gelesen werden. Der Arzt im Schützen-
graben jedenfalls, der in seiner weltabgeschnittenen Tätigkeit die meiste Anregung
braucht, um nicht in seinem nicht hoch genug zu bewertenden Kampf der Krank-
heitsverhütung zu erlahmen, liest diese Arbeiten nicht, weil er aus ihnen nicht
den Nutzen, den er braucht, den praktischen, zieben kann. Ganz anders ist es
um die vorliegende neue Arbeit von Brauer, die Rulır, ihr Wesen und ihre
Behandlung, bestellt. Diese hat praktischen Wert, sogar den allergrössten, und
Jeder, der wie ich vier Jahre vor dem Feind gestanden hat und die Wünsche
kennt, die nach einer alles zusammenfassenden Darstellung dieses wichtigen
Krankbeitsbildes zielen, wird die Arbeit mit grösster Dankbarkeit begrüssen.
Sie ist wirklich aus dem Feld für das Feld unter rein praktischen Gesichtspunkten
geschrieben, was sie aber nicht hindert, in bestimmten Abschnitten rein wissen-
schaftlich-forschend zu sein. Etwas, was als Nachteil aussehen könnte, will ich
gleich vorweg nehmen. Grössere und sehr wichtige Teile der Arbeit, z. B. die
Prophylaxe, sind auf die besonderen Verhältnisse des südlichen und südöstlichen
Kriegsschauplatzes zugeschnitten. Das erhöht einerseits den Wert der Arbeit für
die in dieser Gegend kämpfenden Heeresteile, setzt ihn andererseits für den der-
zeitig besonders beanspruchten Westen herab. Es lässt. sich aber nicht ändern,
da es eben in den Erfahrungen von B., die dort unten besonders vielseitig sind,
begründet liegt. Man merkt der Arbeit auf jeder Seite an, dass der Verf., was
an sich für jeden in Feldverhältnissen Erfahrenen gar nicht selbstverständlich
ist, die Ruhr an allen Orten, in allen Phasen ihres Auftretens kennt, dass er zu
diesem Zweck mit allen Stellen, an denen die Ruhr zur Behandlung kommen
kann, in steter Fühlung gelebt hat, dass er nicht, wie es vielfach der Fall ist,
sich nur um die Ruhrkranken in den Kriegslazaretten gekümmert hat, sondern
ein reger Besucher der 'Truppenärzte und der vorderen Sanitätsformationen war.
Nur so kann eine von praktischen Gesichtspunkten aus zu schreibende Arbeit
entstehen, und vor allem, das ist doch immer das Wesentlichste, Nutzen stiften.
So kann man im Interesse des Dienstes nur lebhaft wünschen, dass die Arbeit
in die Hand jedes Arztes im Felde kommt, da sie, soweit es menschenmöglich
310 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
ist, alles enthält, was er braucht und mit klassischer Schilderung anregende
Sprache verbindet. B. hebt in der Einleitung als Mangel das Fehlen eines Lite-
raturverzeichnisses hervor. Ich glaube nicht, dass dieser Mangel sehr stark
empfunden werden wird, da in der Abhandlung, an allen wichtigen Stellen ver-
streut sich die notwendigen Angaben über die einschlägige Literatur recht reich-
haltig finden.
Als sehr wesentlich empfinde ich bei meinen eigenen Erfahrungen folgendes,
worum es sich draussen im Feld bei der Behandlung der Ruhrfragen stets ge-
dreht hat. Soll man alle Ruhrkranken zurückschicken oder möglichst vorne
behalten und behandeln? Diese Frage ist für die Entscheidung der Verwendbar-
keit und bleibende Verwendungsmöglichkeit der Truppe von grösster Bedeutung
und für Arzt und 'Truppenführer gleich wichtig. B. gibt darauf die eindeutige
Antwort, dass für die ganze Rubrbekämpfung die Hauptverantwortung und auch
die grösste Aussicht auf Erfolg beim Truppenarzt liege, der durch die Art seiner
Dienstregelung am allerersten befähigt ist, den Ausbruch von Epidemien zu ver-
hüten und wenn einmal Erkrankungen da sind, durch sofort einsetzende ener-
gische Behandlung — wenn nötig auch Serumtherapie in der Revierkranken-
stube — schwerere Störungen zu verhüten. Hand in Hand damit geht die Frage
der Transportschäden. Akute Ruhrkranke sind schlecht transportfähig, müssen
also in den vorderen Sanitätsformationen jedenfalls bis zum Eintritt der Trans-
portfäliigkeit verbleiben. B. stellt sich direkt auf den Standpunkt, dass von der
Art des Eingreifens des Arztes ganz wesentlich der Verlauf der Erkrankung ab-
hängt, weil die Ruhr im Anfangsstadium viel leichter als später der Einwirkung
zugänglich ist. Wertvoll ıst die Arbeit auch dadurch, dass B. Anregungen spe-
zieller Art für weitere Forschungen gibt. Er wirft folgende Fragen auf: Die
Mischruhr, die noch keineswegs genügend bearbeitet oder sogar entschieden wäre,
Einbeitlichkeit der Ruhramöbe, am besten unter Beteiligung eines Zoologen zu
lösen, Grösse der Zeitspanne zwischen Beginn der Amöbenruhr und Auftreten
des Leberabszesses, Ruhrseptikämie, Fehlen der initialen toxischen Vasomotoren-
schädigung bei Amöbenruhr, Ausscheidungserkrankungen des Dickdarms.
Im einzelnen hat B. den Stoff folgendermassen geteilt, in: Krankheitsbild
bei Bazillenrubr, Amöbenruhr, Mischrubr, sporadische Ruhr-Quincke, Leber-
abszess, Pathologische Anatomie, Ätiologie, Pathogenese, Epidemiologie, Diagnose,
Differentialdiagnose, Prognose, Prophylaxe, Therapie. Auf einzelnes einzugehen,
ist unmöglich. Ich möchte nur einzelne Punkte hervorheben.
Besonders gelungen finde ich die klare Hervorhebung der Einteilung der
Bazillenruhr in ein toxämisches Stadium und in die Colitis haemorrhagica als
eine erst auf die Toxämie folgende Schädigung. Der Dickdarm wird in dieser
Beziehung als „Darmniere* aufgefasst, jede Colitis als Ausscheidungserkrankung
des Dickdarms. Die Kranken leiden in den schwersten akuten Stadien, obwohl
sie über massenhafte Darmentleerungen klagen, doch tatsächlich an Verstopfung.
Das ist auch ganz einleuchtend. Der Dickdarm entleert sich zwar, aber Spasmen
halten die eigentlichen Kotmassen im oberen Kolon und noch im Dünndarm zu-
rück. Für dıe Bekämpfung unerlässlich ist ein regelrechtes Handinhandarbeiten
des Bakteriologen — im Felde des Kriegrhygienikers, der neben seiner bygieni-
schen Ausbildung hier vor allem Bakteriologe sein muss — mit dem Kliniker,
und zwar nicht in der Gestalt, dass ihm die Präparate übersandt werden, sondern
dass er im engsten Zusammenarbeiten mit dem Kliniker am Krankenbett un-
mittelbar nach der Entnahme des Materials am besten mit einem Glasstäbchen
aus dem Rektum unmittelbar untersucht, wie es übrigens im Westen in meinem
Erfahrungskreis verschiedentlich mit bestem Erfolg durchgeführt wurde. Dies
gilt sowohl für Bazillen- wie für Amöbenruhr. Dass die Untersuachungsmethoden
anfangs angeblich so häufig versagt haben, lag sicherlich mit an den äusseren
Verhältnissen und gerade daran, dass eben vielfach die Untersuchungen nicht so
rationell wie gesagt durchgeführt wurden. In den positiven Befunden ergaben
sich unter dieser Berücksichtigung Unterschiede von 15 und 50°. Weitere
Mitteilungen. 311
Schwierigkeiten ergab allerdings das Versagen der Nährböden. Man ist am
Krankenbett völlig ausserstande, aus der Art des klinischen Verlaufes auf die
kulturellen Eigenschaften des jeweiligen Ruhrerregers zu schliessen. Das ist auch
nicht entscheidend, weit entscheidender für Ablauf und Ausgang der Krankheit
ist die Widerstandsfähigkeit des Kranken und — nochmals gesagt — frühein-
setzende Behandlung. Für die Diagnose ausschlaggebend ist dər Symptomen-
komplex, die Ergebnisse des Laboratoriums und die epidemiologischen Zusammen-
hänge. Die Abschnitte über Prophylaxe und Therapie sind besonders reichhaltig.
Sie gehen nur von den praktischen Gesichtspunkten des Truppenarztes aus und
arbeiten nur mit den Hilfsmitteln, die ihm zu Gebote stehen. Böhnke's Dysbakta
wird gelobt. Im Rahmen der Prophylaxe werden als notwendig und erprobt
empfohlen: Merkblätter für Arzt und Truppenführer über Ruhrerkrankung,
-Bekämpfung und -Behandlung, Nahrungsmittelbehandlung, Lehrküchenbetrieb.
Der letztere soll in ständigen Kursen die I'ruppenköche zu rationeller Ausnützung
der Rohstoffe, abwechslungsreicher Bereitung der Kost, Herstellung der Kıanken-
kost (wir nannten das letztere bei uns im Westen Diätküchen, wie sie bei jedem
Truppenteil vorhanden waren) erziehen. Die vielen therapeutischen Einzelheiten
können leider nicht wiedergegeben werden. Nur Wesentliches! B. tritt für eine
Frühbehandlung in der Revierkrankenstube mit darmreinigender Kur ein, er er-
kennt die Haupttätigkeit des Truppenarztes darin und in der klinischen Pro-
phylaxe mit Seuchen nach beginnenden Fällen, der Behandlung in sofortiger
Schonung, Diätregulierung und Einleitung der Darmreinigung. B. glaubt, dass
bei zweckmässigem Vorgehen hierdurch die Krankheit kuriert werden kann und
jedenfalls der Entwickelung schwerer Störungen vorgebeugt wird. Medikamentös
gibt B. bei Amöbenruhr als Spezificum Ipecacuanha-Präparate oder Emetin und
auch Kalomel zur gründlichen Darmreinigung, bei Bazillenruhr die Sera möglichst
frühzeitig, Calomel bei Bazillenruhr lieber nicht oder jedenfalls mit grosser Vor-
sicht, weil die zur Resorption gelangenden (Juecksilberverbindungen beim Durch-
gang durch die bereits geschädigten und daher reaktionsfähigeren Dickdarm-
schleimhäute diese unter Umständen noch mehr angreifen. Bolus alba und auch
Tierkohle sind zwecklos. Besonders genau ist die Diätetik behandelt. Ich hebe
noch hervor, dass B. der Statistik bei Ruhr im allgemeinen keinen Wert beimisst.
Sie ist ungenau, muss geradezu ungenau sein, weil über die Abgrenzung des Be-
griffes Ruhr die Akten noch lange nicht geschlossen sind und daher die einen
ihren Berechnungen ganz verschiedene Grundlagen geben als die anderen.
Deist, Stuttgart.
16. Helm, Über den Stand der Tuberkulose-Bekämpfung im Frühjahr
1918. Geschäftsbericht des Deutschen Zentralkomitees zur Bekünpfung der
Tuberkulose. Berlin 1918.
In diesem uns jetzt vorliegenden Bericht bekommen wir wieder eine sehr
gute Übersicht über alle Bestrebungen gegen die Tuberkulose, die im Jahre 1917
in Deutschland verwirklicht worden sind. Trotz des Krieges, der immer mehr
alles beeinflusst, hat die Tuberkulosebekämpfung keinen Stillstand erfahren
sondern ist im Gegenteil immer mehr ausgebaut worden. Das Fürsorgewesen hat
vor allem Fortschritte gemacht. Der Bericht ıst besonders wegen der veröffent-
lichten amtlichen Erlasse zur Förderung der 'Tuberkulosebekämpfung wichtig. Er
ist daher für jeden, der in diesem Kampfe mitwirkt, unentbehrlich. Schröder.
IV. Mitteilungen.
Die Tätigkeit der Lupuskommission im Jahre 1917.
Die Lupuskommission des Deutschen Zentralkomitees zur Be-
kämpfung der Tuberkulose hat auch im Berichtsjabre 1917 nach den bisherigen
312 Berichtigung.
bewährten Grundsätzen gearbeitet. Erfreulicherweise ist in der Zahl der Heil-
verfahren gegenüber den Jahren 1915 und 1916 wieder ein Fortschritt zu ver-
zeichnen. Es wurden 1917 gauz oder teilweise auf Kosten der Lupuskommission
insgesamt 253 Kranke behandelt (gegenüber 192 Kranken im Jahre 1915 und
157 Kranken im Jahre 1916), darunter 40 Männer, 164 Frauen und 49 Kinder.
Die von der Lupuskommission aufgewandten Kosten belaufen sich auf insgesamt
18 198,33 Mk., von anderen Kostenträgern wurden 39807,24 Mk. aufgebracht. Von
den Kranken konnten 100 geheilt, 139 gebessert und 13 ungeheilt entlassen werden.
Ein Kranker ist verstorben.
Von den Kranken konnten demnach mehr als ein Drittel geheilt entlassen
werden, bei dem grösseren Teil wurde wesentliche Besserung bis zur Herstellung
der Erwerbsfähigkeit erzielt. Die Behandlungsdauer bei Kranken, die sich einem
ständigen Heilverfahren unterwarfen, schwankte in der Regel zwischen 2—5 Mo-
naten. Bei vielen Kranken konnte die Behandlung ambulant durchgeführt werden,
so dass die Aufnahme immer nur für einige Tage zu erfolgen brauchte. Häufig
traten Rückfälle ein, die innerhalb des Jahres wiederholte Behandlungen er-
forderten.
Es darf hierbei nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Lupuakom-
mission vornehmlich solche Kranken berücksichtigt, deren Leiden sich noch im
Anfangsstadium befindet und Heilung oder wesentliche Besserung bis zur Her-
stellung der Erwerbsfähigkeit erwarten lässt. Untersuchung und Behandlung hat
in den von der Lupuskommission bekanntgegebenen Lupusheilanstalten zu er-
. folgen. Die Höhe der Beihilfen richtet sich nach dem Umfang der zu erwartenden
Kosten ; sie beträgt im allgemeinen ein Viertel bis ein Drittel der Gesamtkosten.
An die Gewährung ist die Bedingung geknüpft, dass die Restkosten von anderen
Stellen (Kreis, (semeinde, Landesversicherungsanstalten, Krankenkassen, Wohl-
fahrtsvereine, Angehörigen oder dergl.) sichergestellt werden. Es darf hierbei
nochmals darauf hingewiesen werden, dass für die Fürsorge der Lupuskommission
nur solche Fälle in Betracht kommen, deren Anmeldung rechtzeitig, d. h. vor
Beginn der Behandlung erfolgt ist, so dass der Lupuskommission Gelegenheit ge-
geben wird, bei der Einleitung des Heilverfahrens mitzuwirken und sich vorher
über die zu bewilligende Beihilfe schlüssig zu machen.
An alle für die Lupusbekämpfung interessierten Stellen ergeht die Bitte,
die Bestrebungen der Lupuskommission durch rechtzeitige Mitteilung unbehan-
delter Lupuskranker freundlicht unterstützen zu wollen.
nn nn
Berichtigung.
Herr Dr. Bochalli wünscht berichtigt zu sehen, dass sein Vortrag zur
Versammlung der deutschen Lungenheilanstaltsärzte (s. S. 244 in Nr. 8) nicht,
wie die gedruckte Einladung und daraufhin mein Bericht falsch angeben, sondern
‚Über den Gesundheitszustand ehemaliger Heilstättenpatienten“ gehandelt habe.
.ch habe also versehentlich das „ehemalige“ weggelassen. Unklar — im Ver-
hältnis zum Inhalte, der eben viel mehr bot — bleibt der Titel trotzdem.
Dr. G. Liebe.
Druckfehlerberichtigungen.
In Nr.5 S. 132 anstatt „Reintardt“ Reinhardt.
In Nr. 6 S. 171 anstatt „Metousek* Netousek.
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.— e —7 — — —— —— ——— ⸗ — — ⸗— ·
Um Einsendung von Mono graphien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröd er,
dirig. Arzt der neuen Heilaustalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung
herausgegeben von
Dr. Oskar de la Camp
o. ö. Professor an der Universität
Freiburg, Direktor d. medizinischen
Dr. G. Schröder
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt
für Lungenkranke Schömberg,
Dr. Ludolph Brauer
Ärztlicher Direktor des Allgem.
Kraffkenhauses Eppendorf in
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg.
Redaktion: Verlag: |
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch,
Dirig. Arztder Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig,
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. Dörrienstr. 16.
12. Jahrg. Ausgegeben am 81. Dezember 1918. Nr. 11/12.
Inhalt.
Autorenverzeichnis.
(Die Zahlen bezieben sich auf die Seiten.)
Abramowski 329.
Altstaedt 347.
Bauer, Ad, 380.
Bencze, J. 331.
Beschorner 346.
du Bois, H. 8342.
v. Borosini, A. 348.
Bräuning 335,
Campbell, Th. 314/5.
Chotzen, J. 320/21.
Cursehmann 327/8.
Detzel, 1,. 342.
Deuel 323.
Dietl, K. 323/4.
Ebrenborg 346.
Eiselt, R. 232/3.
Fellner 347/8.
Finder 351.
Fraenkel, E. 315.
Fronz, E. 349.
Gaffikin, P. J. 332.
Glax 338/9.
Glover, E. Q 317.
Götz), A 348/9.
Graeffner 839.
Graetzer 339.
Grau 336.
Häcker, V. 321.
Hansen, S. 320.
v. Hayek, H. 819/20.
Herford 330.
Hertz, R. 334.
Hofbauer 339/40
Holter, K. 349/50.
v. Jaksch, K. 342.
Kankeleit 323.
Klare 346.
Klimaszewski, W. 343,
Klopstock-Kowarsky _
842.
Köhler 328.
Kohn, A. 345/6.
Kölsch, Fr. 343,
Kraus 335/6.
Kretzer 316.
Kronenberg, E. 340/41.
Krukenberg, G. 342.
| Kruse, W. 816/7.
Liebmann, E. 822/3.
Loewy, A. 338.
Lukes, R. 350.
Malinowski, A. 342.
Martius, M. 322.
Mickel 826.
Much 315.
Müller 346.
Neech, J. T. 835.
Netousek, M. 324.
Neufeld 338.
Neumann, W. 326.
v. Niedner 826.
Orthner, F. 350.
Pannwitz, H. 836/7.
Pape 325.
Papp, S. 326.
Pekanoviech, St. 381.
Petersen, J. 834.
Petruschky 346.
Pick, F. 841.
Piper, Fr. 342.
Pöppelmann 342.
I. Referate.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.)
Popper, H. 3%.
Quincke 324.
Robertson, N. 328/7.
Rössle 315/6.
Saugmann. Ohr. 333,
Schill, E. 325.
Schmiegelow, E. 815.
Seholz 331/2.
Schoner 316.
Skutetzky, A. 326.
Sokolow 817/8.
| Sutherland, H. 332.
Tachau 326,
Taubert, G. 328.
Teleky 348.
Tbausing, H. 329/30.
Thiele 331.
Thode 335, 346/7.
Weinberg 320.
Wieting 242.
Wildbolz, H. 818/9.
Zadek 330/1.
Ziegler, K. 342.
a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie.
530. Campbell, A suggested classification
of pulmonary tuberculosis. — 531. Schmie-
gelow, Beitrag zur Pathologie der Bronchial-
drüsentuberkulose. — 532. Fraenkel und
Much, Uber Lymphogranulomatose. — 583,
Rössle. Lungensyphilis der Erwachsenen. —
534. Kretzer und Schoner, Zur Kenntnis
der bämorrhagischen Pleuritis. — 535. Kruse,
Friedmann'sche Schutzimpfung von Säuglingen
gegen Tuberkulose. — 536. Glo ver, Tubercu-
losis and Toxaemia. — 537. Sokolow, Patho-
genese und Therapie der männlichen Genital-
tuberkulose. — 538. Wildbolz, Nachweis von
Tuberkulose-Antigenen im Urin Tuberkulöser.
— 6539. v. Hayek, Die Lehre von der „tuber-
kulösen Disposition”. — 540. 540a. Sören
Hansen, Weinberg, Über die Minder-
wertigkeit der erstgeborenen Kinder. — 541.
Chotzen, Vorkommen und Bedeutung der
Scapula scaphoidea — 542. Häcker, Annahme
einer erblichen Übertragung körperlicher
Kriegsschäden. — 543. Martius, Wissenschaft
und Ethik als Grenzhüter der Eugenetik.
b) Diagnose und Prognone.
544. Liebmann, Methodik der mikro-
skopischen Untersuchung des Auswurfe. —
645. Kankeleit, Deutung von streifenför-
migen Schatten neben der Brustwirbelsäule im
Röntgenbild. — 546. Dietl, Diagnostische Er-
fahrungen an Tuberkuloseverdächtigen. — 547.
Popper, Methode der Lungenspitzenperkus-
sion. — 548. Quincke, Messung der Körper-
wärme. — 549. Netousek, Symptomatologie
der solitären Tuberkel des Rückenmarke. —
550. Schill, Erfahrungen bei der Beurlaubung
von leichteren I,ungenkranken.
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 2
314
c) Therapie.
551. Skutetzky, Tuberkulomuzin. — 552.
658. Deuel, Pape, Friedmann’sehes Mittel
gegen Lungentuberkulose. — 554 556. Neu-
mann. v Niedner, Die Ausserbettbehandlung
der Lungenblutung. — 556 557. Tachau und
Mickel, Papp, Ruhe und Bewegung in der
Behandlung der Lungenkranken. — 558. Ro-
bertson, Diagnosis and treatment of hämo-
ptysis in cases of pulmonary tuberculosis —
. 559. Curschmann, Verordnung von Mor-
phium bei l.ungentuberkulose. — 560. Köhler,
Tuberkulosebebandlung unter dem Kriegsein-
fluss.
i : d) Prophylaxe.
661. Taubert, Wohnungsfürsorge für
Lungenkranke. — 562, Abramowski, Sepa-
ration der Schwindsüchtigen. — 563. Thau-
sing, Über eine Voraussetzung allor Tuber-
kulosebekämpfung. — 564. Herford, Gesund-
beitliche Kinderfürsorge am Heimatort. — 565.
Bauer, Wesentliche Punkte der Tuberkulose-
Hygiene.
‚e) Krieg und Tuberkulose.
666. Zadek, Entstehung und Verlauf der
Lungentuherkulose im Kriege. — 567. Peka-
novich, Fürsorge der lungenkranken Soldaten
nach dem Kriege. — 568. Beneze, Lungentuber-
kulose und die Militärdienstfähigkeit. — 569.
Thiele, Ergebnisse der neuzeitlichen Tuber-
kuloseforschung und das Mannschaftsversor-
gungsgesetz. — 570, Scholz, Dienstbeschä-
digung bei Lungentuberkulose. — 571. Suther-
land, Tuberculosis and the war. — 572.
Gaffikin, Tuberculous army recruit. — 573.
Eiselt, Einfluss des Kriegsdienstes auf den
Verlauf und die Komplikationen der Tuber-
kulose.
r) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten. Tuber-
kulosekrankenhäuser und -Heime.
674. Saugmann, Mitteilung aus dem
Vejlefjord-Sanatorium. — 575. Petersen,
Inhalt.
Jahresbericht des Krabbeshoims-Sanatoriums
Dänemark. — 576. Hertz, Jahresbericht des
Küstenbospitals bei Refnäs. — 577. Der Natio-
nalverein zur Bekämpfung der Tuberkulose in
Dänemark. — 578. Neech, Scheme for the
housing of consumptive families — 579 VII.
Jahresbericht des Vereins zur Bekämpfung der
Tuberkulose in Stettin. Geschäftsjahr 1917.
g) Aligemeinex.
580. Kraus, Bekämpfung der Tuherku-
lose. — 581 Grau, Statistische Verwertung
von Tuberkulosefäilen in klinischen Berichten.
e— 582. Pannwitz, Die Ansiedlung von
Kriegsbeschädigten vom Standpunkt der
Sozialbygiene. — 583. Jahresbericht der Be-
triebskrankenkasse der .ilgomeinen Elektrizi-
täts-Gesellschaft und Tochtergesellschaft in
Berlin für 1916. — 584. Neufeld. Über einige
Gesichtspunkte der Tuberkulvsebekämpfung. —
585. Loewy, Ersatz einzelner Klimate durch
andere auf Grund ihrer physiologischen Wir-
kungen. — 586. Glax, Möglichkeit des Ersatzes
der Heiltaktoren in den Kur- und Badeorten
des feindlichen Auslandes durch österreichisch-
ungarische Mineralquellen und Kurorte. — 587.
Graetzer, Heilquellen und Kurorte Bulga-
riens. — 588. Graeffner, Brauchen wir Kur-
und Erholungsorte des feindlichen Auslandes ?
h) Grenzgebiete,
589. Hofbauer, Folgen der Brustschüsse.
— 59%. Kronenberg, Einfluss der Kriegs-
schädigungen auf Erkrankungen der Nase und
der oberen Luftwege. — 591. Pick, Erkran-
kungen durch Kampfgase. — 592. v. Jaksch,
M’rrous Banti und Milztuberkulose. — 593.
Pöppelmann, Ein ungewöhnlicher Brust-
schuss. — 59%. Wieting, Leitsätze für die
Schussverletzungen der Brustwand und Lungen.
i) Bibliographie.
II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
17. Klopstock-Kowarsky, Praktikum
der klinischen chemischen, mikroskopischen
und bakteriologischen Untersuchungsmethoden.
— 18. Fr. Kölsch, Der Milzbrand. — 19, A.
v. Borosini, Das Fletschern und die Magen-
frage. — 20. W. Klimaszewski, Die mo-
derne Tuherkulosebekämpfung nnd ihre Waffen.
— 21. Statistisches Jahrbuch der Sehweiz, her-
ausgegeben vom eidgenössischen statistischen
Büreau. 26. Jg. 1917. — 22. Medizinalstatistische
Nachrichten. 1915—16. — 23. A. Kohn, Unsere
Wobnungsuntersuchungen im Jahre 1917. —
24. Klare, „Gebt den Kindern Sonne!* —
25. Aus dem Deutschen Tuberkulose-Fürsorge-
Blatt 1918. Nr 5-10. — 26. Österreichisches
Tuberkulose-Fürsorge-Blatt 19'8. Nr. 2-4. —
27. Fachzeitschrift für Krankenpflegerinnen und
Fürsorgeschwestern,
III. Mitteilung.
I. Referate.
a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
530. Thompson Campbell, A suggested classification of pul-
monary tuberculosis.
The Lancet, 10. Jan. 1916.
Obgleich die Stadieneinteilung von Turban-Gerhardt manchmal
sich als unzulänglich erwies, kommt nach Verf. die von Inman vorge-
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 315
schlagene Einteilung sogar einfachen wissenschaftlichen Forderungen nicht
nach, indem sie die Ausbreitung der Gewebsläsionen ganz und gar ausser
Acht lässt. Er erblickt in der Einteilung nach Inman mit Hinzufügung
der Ziffern A—D zur Anzeige des Resultats der Behandlung keinen Nutzen
für die Einteilung der Patienten, die zum ersten Mal untersucht und be-
handelt werden.
Campbell benützt die Einteilung Turban-Gerhardt’s mit Hin-
zufügung der Ziffern A—B zur Andeutung der Aktivität des Krankheits-
prozesses und der allgemeinen Funktionsstörung J. Peerenboom.
531. E. Schmiegelow, Beitrag zur Pathologie der Branchial-
drüsentuberkulose. Hospitalstidende 1918 Nr. 5—6.
Mit 4 Observationen ale Grundlage zieht der Verf. die Linien der
Anatomie und Pathologie der Bronchialdrüsentuberkulose und hebt her-
vor, dass die direkte Tracheobronchoskopie sehr nützlich ist, teils für
die Diagnose, teils für die Behandlung derjenigen Stenosen, die von einer
Kompression der Bronchien oder der Trachea durch ein Glandulapaket
herrühren, eventuell mit der Perforation der Glandula in den Bronchus kom-
binier. Im letzten Falle ist es möglich, durch direkte Aspiration das
Sekret aus dem Bronchus zu entleeren und dadurch eine Erstickung zu
verhindern. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
532. E. Fraenkel und H. Much, Über Lymphogranulomatose.
B. kl. W., 14. Okt. 1918. |
Beide Autoren stellen infolge missverständlicher Auffassung ihrer .
Stellungnahme ihren Standpunkt über den Zusammenhang der Lympho-
granulonıatose mit der Tuberkulose nochmals klar. Es bestehen drei
Möglichkeiten der Erklärung. Entweder sind die granulären Formen mög-
licherweise identisch mit dem Tuberkuloseerreger, oder sie stellen eine be- :
sondere Art des Tuberkulosevirus dar, was wahrscheinlicher ist. Die dritte
Möglichkeit ist die, dass der Erreger mit dem eigentlichen Tuberkulose-
virus gar nichts zu tun hat, sondern höchstens ein entfernter Verwandter
von ihm ist. Die Lymphomatosis granulomatosa ist eine Infektionskrank-
heit, die durch granuläre Stäbchen hervorgerufen wird. Diese sind anti-
formiufest, aber nicht säurefest; durch verschärfte Gramfärbung kann
man sie zur Darstellung bringen. Sie stehen dem Tuberkulosevirus zum
mindesten sehr nahe. Deist, Stuttgart.
533. Rössle, Über die Lungensyphilis der Erwachsenen. (Illustr.)
M. m. W. 65. 1918 S. 992 — 94.
Die Lungensyphilis der Erwachsenen ist wenig bekannt, in bezug
auf ihre Häufigkeit und Wichtigkeit wird sie unterschätzt. Sie ist
schwierig mit Sicherheit zu diagnostizieren und vor allem schwierig gegen
Tuberkulose abzugrenzen. Der Nachweis der Erreger und damit der un-
bedingte Beweis, dass die jeweiligen Veränderungen syphilitischer Herkunft
sind, ist nicht zu erbringen. Die Frühstadien der Krankheit sind nicht
zu erfassen. Die Diagnose ist verhältnismässig leicht, wenn gleichzeitig
andere schwerere luetische Organerkrankungen anzutreffen sind.
Ob die Lungensyphilis aus dem fötalen Leben als chronische Ent-
zündung in spätere Jahre mitgeschleppt werden und vielleicht in charak-
teristischer Weise ausheilen kann, ist unsicher.
21?
316 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Die gröbsten Formen der Lungensyphilis, die kavernöse syphilitische
. Lungenphthise und die gummöse, grobknotige Form, sind selten. Fine
syphilitische Lungenkaverne zu erkennen, dürfte unmöglich sein. Für
die Diagnose der Gummiknoten stehen leidliche differential-diagnostische
Erkennungszeichen gegenüber den Tuberkeln zur Verfügung. Verkalkungen.
kommen nicht vor. Die einfache grobe syphilitische Verschwielung der
Lunge ist häufiger. Als besondere Form sind die seltenen syphilitischen
Bronchiektasien nicht aufzufassen.
Die wichtigste Form nach Häufigkeit und Eigenart ist die interstitielle
Pneumonie (indurative Lungensyphilis Orth, skleröse Lungensyphilis
Mauriac). Das Bild derselben besteht in entzündlicher Verdickung der
Alveolarwände mit und ohne Syphilome, in tiefer subepithelialer Wand-
entzündung der Bronchien, sowie des Begleitgewebes der Bronchien und
Gefässe, in Bildung gestrickter, meist heller, oft geradezu sehnig glän-
zender Narben. R. konnte 25 Fälle’ dieser Form pathologisch-anatomisch
feststellen. Davon ist klinisch kein einziger Fall diagnostiziert worden.
Bredow, Ronsdorf.
534. Kretzer und Schoner, Beitrag zur Kenntnis der hämor-
rhagischen Pleuritis. M. m. W. 65. 1918 S. 653—654.
Es wurden eine Reihe von hämorrhagischen Pleuritiden beobachtet,
die klinisch und ätiologisch eine Sonderstellung einzunehmen scheinen.
Diese Pleuritiden traten als primäre Erkrankungen — mehrmals mit Peri-
karditis kompliziert — bei verschiedenem Alter, bei verschiedener Kon-
stitution und allgemeinem Gesundheitszustand auf. Die Kranken waren
meist elend, in der Ernährung beruntergekommen und anämisch, fast alle
hatten Ödeme und Dyspnoe. Temperatur gegen 380. Besonders charakte-
ristisch war das Exsudat: es enthielt 6—10°/o Hämoglobin nach Sahli.
Bakteriologisch erwiesen sich die untersuchten Exsudate als steril. Da
sonst bei hämorrbagischen Pleuritiden irgendwelche Konstitutionsanomalien
oder sonstige den Organismus schwächende Krankheiten voranzugehen
pflegen, was hier nicht der Fall war, so müssen die beobachteten Pleuri-
tiden als zu einer besonderen Gruppe gehörend und durch eine besondere
Infektion hervorgerufen aufgefasst werden. Bredow, Ronsdorf.
536. W. Kruse, Über die Friedmann’sche Schutzimpfung von
Säuglingen gegen Tuberkulose. B. kl. W., 14. Okt. 1918.
Nach Ansicht des Verf.’s sind die von Friedmann gefundenen,
von Schildkröten stammenden Bazillen ein Mittel, das in richtiger Weise
angewendet, für Warmblüter vollständig unschädlich ist und gleichzeitig
starke immunisierende Kräfte besitzt. Der bisherige Beweis sind die
Tausende von Heilimpfungen an Menschen und Heil- und Schutzimpfungen
an kleinen und grossen Tieren. Jedoch können Erfahrungen am Tier
allein nie für menschliche Verhältnisse massgebend sein. Friedmann
hat deshalb von November 1911 bis November 1912 insgesamt 319 Kinder
schutzgeimpft. Kruse stellt die Ergebnisse in dieser Arbeit zusammen.
Das weitere Schicksal der Kinder wurde seit der Impfung mit Hilfe der
Sıandesämter und persönlicher Nachforschung bei Müttern, Pflegeeltern
usw. erforscht. Für 260 Kinder konnten so brauchbare Unterlagen ge-
wonnen werden, nur der Verbleib von 59 Kindern war nicht mehr zu
ermitteln. Friedmann benutzte zu den Schutzimpfungen möglichst
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 317
Neugeborene, weil man bei ihnen annehmen kann, dass sie noch nicht
mit Tuberkulose in Berührung gekommen sind und deswegen noch keine
eigenen Schutzstoffe gegen Tuberkulose gebildet haben, also den künst-
lichen Schutz notwendig haben. Unter den Neugeborenen werden weiter
solche aus tuberkulösen Familien mit Vorliebe ausgewählt. Von den 319
geimpften Kindern waren 53 durchschnittlich 3,3° Monate, die übrigen
durchschnittlich 3—4 Tage alt. 90°/o waren unehelich geboren, alle
stammten aus der niedrigsten sozialen Schicht, nicht wenige aus Familien,
die nachweislich mit Tuberkulose belastet waren. Der Pirquet wurde
meistens vorher gemacht, war gewöhnlich völlig negativ. Die Impfung
bestand darin, dass 0,1 ccm des starken Impfstoffes in die Muskeln hinter
dem Trochanter eingespritzt wurde. Allgemeine Störungen traten dabei
nicht auf, häufig fanden sich Knoten von Erbsen- bis Kirschengrösse, die
teils schneller, teils langsamer verschwanden. In einzelnen ausführlichen
Tabellen weist der Verf. nun nach, dass gegenüber der gewöhnlichen
Sterblichkeit und der besonderen Tuberkulosesterblichkeit diese nach
Friedmann schutzgeimpften Kinder wesentlich niedrigere Sterblichkeits-
ziffern aufweisen, wobei besonders hoch angerechnet werden muss, dass
diese Kinder den sozial niedrigsten Schichten angehörten, in denen in der
Regel eine höhere als die gewöhnliche und Tuberkulosesterblichkeit herrscht.
Diese Versuche stellen somit der Friedman n’schen Schutzimpfung
ein gutes Zeugnis aus. Kruse empfiehlt die Schutzimpfung von Neu-
geborenen nach Friedmann als ein neues aussichtsreiches und völlig
unschädliches Mittel zur Tuberkulosebekämpfung. In erster Linie wäre
sie bei Kindern anzuwenden, die durch Tuberkulose der Umgebung be-
sonders gefährdet sind, und vielleicht auf alle unehelich Gebgrenen aus-
zudehnen. Kruse glaubt, dass durch einmalige Impfung ein wesentlicher
Schutz für die ersten 5 Lebensjahre erreicht wird. Eine spätere W ieder-
holung kommt dann in Frage. Zunächst wird man sich wohl auf die
Heilimpfung beschränken. Diese ist umso aussichtsreicher, je früher man
‚impft, je mehr man sich also der Schutzimpfung nähert.
Deist, Stuttgart.
536. Edward G. Glover, Tuberculosis and Toxaemia. Brit.
-~ Journ. of Tub., Juli 1918 Nr. 3
In vielen Fällen von tuberkulöser Lungenerkrankung sind die physi-
kalischen Symptome unbedeutend im Vergleich zu den schweren Störungen
des Allgemeinbefindens, des Stoffwechsels etc. Solche können durch Er-
krankungen nicht tuberkulöser Art im Verdauungstraktus (Pyorrhoea
alveolaris, Nasenerkrankung, adenoide Wucherungen, Tonsillenerkran-
kungen, Sinusitis, Dyspepsie, Magendilatation, Gallenblasenentzündungen,
Koprostasen, Obstipation, chronische Kolitis etc.) ausgelöst werden, ferner
durch krankhafte Zustände im hämatopoetischen System, der Geschlechts-
organe ete. Wenn die Symptome von seiten der Lunge bei bestehender
Toxämie nicht genügend Klärung, bringen, sollen alle Organe und Systeme
genau untersucht werden. Amrein, Arosa.
537. Sokolow, Pathogenese und Therapie der männlichen
Genitaltuberkulose. Schweiz. Rundschau f. Med. 1917 Nr. 19.
Von den männlichen Genitalorganen neigt am meisten zu Tuberku-
lose: der Nebenhoden. Der Streit, ob die Genitaltuberkulose sich zentri-
d
318 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
petal (Hoden - Vas deferens-Samenblasen -Prostata) oder zentrifugal ent-
wickle, ist noch nicht entschieden. Tierexperimente und klinische Beob-
achtungen lassen beide Annahmen zu. Für zentripetale Ausbreitung
spricht der Umstand, dass bei Nebenhodentuberkulose der Bamenleiter
am distalen Ende in der Regel stärker erkrankt ist als am vesikalen.
Iın Tierexperimente gelang es Baumgarten leicht, vom Nebenhoden
aus eine Tuberkulose des Vas deferens und der Samenblasen zu erzeugen;
hingegen gelang es ihm nie eine Nebenhodentuberkulose von der Urethra
aus zu erzeugen.
Andererseits ist eine zentrifugale Infektion nicht ausgeschlossen, in-
dem man experimentell antiperistaltische Kontraktionen des Vas de-
ferens hervorrufen kann. Auffallend ist ferner, dass der Nebenhoden
häufiger erkrankt als der Hoden. Die Anhänger der „zentripetalen“
Theorie erklären dies daraus, dass er besser durchblutet sei, als der
Nebenhoden, und dass die gewundenen Kanälchen des letzteren ganz be-
sonders günstige Schlupfwinkel für den Tuberkelbazillus darstellen. Für
zentrifugale Ausbreitung der männlichen Genitaltuberkulose spricht schliess-
lich auch die überaus häufige Erkrankung der Prostata, sei es isoliert oder
kombiniert mit Nebenhodentuberkulose.
Für die Therapie ist vor allem Vermeidung sexueller Exzesse wichtig;
Gonorrhoe begünstigt die Entstehung einer Genitaltuberkulose Radikale
Kastration soll nur bei schweren Fällen zur Anwendung kommen.
Landolt, Barmelweid.
538. H. Wildbolz, Über den Nachweis von Tuberkulose-Anti-
genen im Urin Tuberkulöser. Corr.-Bl. f. Schweizer Arete
1918 Nr. 36 S. 1221.
„Nach den bereits recht zahlreichen Untersuchungen von Wildbolz
erscheint es möglich, im Urin Tuberkulöser Tuberkulose-Antigene durch
eine einfache Hautreaktion nachzuweisen. Wird der Urin eines Tuberku-
lösen im Vakuum bei 60—70° auf 10—20 Volumen-Prozent eingedampft
und ein Tropfen davon in die Haut des Kranken selbst oder in die Haut
eines andern Tuberkulösen injiziert, so entsteht an der Impfstelle nach
1—2 Tagen ein deutliches Infiltrat mit Rötung der Haut, gleich wie bei
Tuberkulininjektionen. Die Reaktion zeigt sich nicht nur bei Tuberkulose
der Harnorgane, sondern bei jedem irgendwo im Körper gelegenen floriden
Tuberkuloseherd, gleichgültig, ob der Urin eiterhaltig ist oder nicht. Der
Urin gesunder Menschen oder solcher mit nur latenten Tuberkuloseherden
erzeugt bei gleicher Verimpfung keine Hautreaktion. Auffällig ist, dass
bei doppelseitiger Nierentuberkulose mit stark geschädigter Nierenfunktion
trotz des Gehaltes des Urins an Tuberkelbazillen die Hautreaktion bei
den vier von Wildbolz untersuchten Fällen negativ ausfiel. Möglicher-
weise wurde dies dadurch bedingt, dass die in den Harnorganen durch
Zerfall der Tuberkelbazillen entstandenen Tuberkuloseantigene von der
ulzerierten Schleimhaut der Harnwege rasch resorbiert wurden und von
den stark erkrankten Nieren nicht wieder ausgeschieden werden konnten.
Bei der Infektion der Harnwege durch Kolibakterien und Staphylo-
kokken erzeugt der eingedampfte und dadurch sicher steril gemachte Urin
bei Verimpfung in die Haut des Produzenten nie ein Infiltrat, wohl. aber
ab und zu eine Rötung der Impfstellen. Diese von der typischen Tu-
berkulosereaktion leicht zu unterscheidende Hautrötung entsteht nur in
„Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 318
der Haut des Infektionsträgers, während sie auf der Haut eines anderen
Gesunden mit Koli oder Staphylokokken nicht Infizierten vollkommen
ausbleibt.
Durch diese Urinreaktion an der Haut wird wahrscheinlich nicht nur
die Diagnose der Tuberkulose der Harnorgane erleichtert, die Reaktion
wird vielleicht auch wertvolle Dienste leisten in der prognostischen Be-
urteilung ausserhalb der Harnorgane gelegener Tuberkuloseherde, weil sie
offenbar nur deutlich positiv ausfällt, solange der tuberkulöse Herd noch
florid ist, dagegen fehlt, wenn der Tuberkuloseherd latent geworden ist.
Vielleicht wird es auch möglich, beim Vieh durch den Antigen-
nachweis in der Milch (Ophtbalmoreaktion) die Diagnose florider Tuber-
kuloseherde in und ausserhalb der Milchdrüse nachzuweisen. Dahin zielende
Versuche sind eingeleitet.“ Lucius Spengler, Davos.
539. Herm. v. Hayek, Die Lehre von der ‚„tuberkulösen Dis-
position‘ — ein Hemmnis für eine erfolgreiche Tuberkulose-
bekämpfung. W. kl. W. 1918 Nr. 20.
Die Dispositionslehre begeht den Fehler, in einseitiger Weise nur den
von der Tuberkulose angegriffenen menschlichen Körper zu berücksichtigen,
während sie die Tuberkulose selbst gewissermassen als quantitativ und
qualitativ konstante Grösse annimmt. Heute wissen wir, dass so manche
Erscheinungen, die bisher als „tuberkulöse Disposition“ galten, bereite
Kennzeichen und Folgen bestehender Tuberkulose sind. Das Schicksal
der Tuberkulösen wird in weitgehendem, ja vielfach ausschlaggebendem
Masse von den Immunitätsverhältnissen bestimmt. , Der Begriff der Dis-
position ist ein Sammelbegriff für die Folgezustände aller möglichen
Schädlichkeiten und für’älle physiologischen und pathologischen Eigen-
tümlichkeiten der Organe, welche die Widerstandskraft gegen eine Krank-
heit in irgend einer Weise herabsetzen. In dieser allgemeinen Fassung
können wir die „Disposition“ auch für die Tuberkulose gelten lassen, für
eine exakte Erkenntnis der tuberkulösen Pathogenese ist aber damit nichts
gewonnen. Wir haben keine Berechtigung, eine irgendwie spezifische tuber-
kulöse Disposition anzunehmen. Die angeblich „spezifisch tuberkulöse“
Disposition ist nur deshalb so häufig, weil eben die Tuberkulose so ver-
. breitet ist. Auch der Begriff der „örtlichen Organdisposition“ der Lungen-
spitzen für Tuberkulose scheint nicht glücklicb. Die „Disposition“ bei
Tuberkulose ist zu einem stehenden Schlagworte geworden, die Folgen
davon sind schwerwiegend, weil es sich tatsächlich um eine grobe Ver-
wechslung von Ursache und Wirkung handelt. In der Praxis kennt man
nur die tertiäre Tuberkulose, die Erkenntnis der sekundären gilt schon
als Frühdiagnose und alles, was in die primäre Tuberkulose fällt, wird
als tuberkulöse Disposition bezeichnet.
„Wenn die Tuberkulose in den leicht heilbaren An-
fangsstadien immer nur als „Disposition“ erklärt wird, bis
sie ein schwer heilbares Stadium erreicht hat, und wenn
sich die Mehrzahl der Ärzte an diesen falschen Standpunkt
gewöhnt hat, so heisst das nicht weniger, als dass wir uns
selbst die grundlegende Basis für eine aussichtsreiche Be-
kämpfung der Tuberkulose entzogen haben.“ Erst wenn der
. Leitsatz einer wirklichen Frühdiagnose und Frühbehandlung durchge-
drungen sein wird, wird die Lehre von der „tuberkulösen Disposition“
320 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomıe,
abgelöst werden durch die Lehre von der primären und sekundären Tu-
berkulose. Ebenso wie es keine „luetisch Disponierten“ mit positivem
Wassermann gibt, gibt es auch keine „tuberkulös Disponierten‘“ mit posi-
tivem Pirquet. Die „Disposition“ eines mit Tuberkulose infizierten Menschen,
ein Phthisiker zu werden, ist in der Hauptsache schwacher Durchseuchungs-
widerstand, schlechte Immunität. Dies ist deshalb etwas grundverschie-
denes, weil der Begriff der Disposition bestehende Tuberkulose ausschliesst,
während der Begriff der Immunität bestehende Tuberkulose voraussetzt.
Die Dispositionslebre bei der Tuberkulose ist in die ihr zukommenden
Grenzen zurückzuweisen, oder ganz fallen zu lassen, denn sie lenkt nur
die Aufmerksamkeit von denm Gegner ab, den wir zu bekämpfen haben.
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
540. Sören Hansen-Kopenhagen, Über die Minderwertigkeit
der erstgeborenen Kinder. Arch. f. Rassen- u. Ges. Biol.
1913 Jg. 10 H. 6 XN. 701.
Das Ergebnis der an der Tuberkuloseabteilung des Öresundhospitals
und des Boserup-Sanatoriuma angestellten Untersuchungen geht im wesent-
lichen dahin, dass eine Minderwertigkeit der Erstgeborenen fraglos in
bezug auf Tuberkulose besteht. Andererseits nimmt die Lebenstüchtigkeit
danach mit der steigenden Geburtsnummer ab, ein Verhalten, das mit
dem über die Minderwertigkeit der Erstgeborenen Festgestellten im Wider-
streit steht. Die „Brehmer’sche Disposition“ findet mithin in den Er-
gebnissen Hansens eine gewisse Stütze. Blumenfeld.
540a. Weinberg-Stuttgart, Über die Frage der Minderwertigkeit
der Erstgeborenen. Arch. f. Rassen- u. Gesellsch.-Biol. 1913
H. 2 S. 193.
Weinberg macht gegen die Untersuchungsmethode Hansen’s Ein-
wendungen. Nach seiner statischen Untersuchungsmethode erscheint die
starke Belastung der Erstgeborenen teils wesentlich geringer, teils ver-
schwindet sie und geht in eine Überbelastung der letzten Kinder über.
Blumenfeld.
541. J. Chotzen-Breslau, Über Vorkommen und Bedeutung der
Scapula scaphoidea. B. kl. W., 7. Okt. 1918.
Bei der Scapula scaphoidea ist das Schulterblatt dergestalt verändert,
‘dass der vertebrale Rand nicht wie normal konvex, sondern konkav ver-
läuft. Dadurch wird das ganze Schulterblatt schmäler, der untere Winkel
spitzer, der Winkel zwischen Spina und Basis scapulae aus einem stumpfen
zu einem rechten Winkel. Diese Veränderung galt bisher hauptsächlich
als vergesellschaftet mit hereditärer Lues. Der Verf. hat nun 400 Kinder
der Breslauer Hilfsschulen untersucht und dabei 59°/o Scapula scaphoidea
gefunden. Bei dieser Zahl sind auch leichtere Grade mitgerechnet; wenn
man nur ganz ausgesprochene Einbuchtungen in Betracht zieht, ergeben
sich 33°/o. Bei solchen Kinderuntersuchungen ist Lues hereditaria immer
nur gewissermassen als Wahrscheinlichkeitsdiagnose zu stellen, nicht alle
Anhaltspunkte sind eindeutig. Bei 22°/o der Kinder mit Scapula scapho-
idea war Lues hereditaria anzunehmen. Daraus ergibt sich, dass nach
den Untersuchungen des Verf.’s die Lues heredit. sicherlich nicht die
Hauptrolle spielt. Viel grösser ist die Beteiligung der Rachitis = 53 /o.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 321
Weiter kommen in Betracht erbliche Belastungen: Alkoholismus 12 °/o,
schwere Nervenkrankheiten (Epilepsie) 100/0, Tuberkulose 10°/o. Inter-
essant ist, dass der Verf. später im Felde Gelegenheit hatte, 550 Mann-
schaften aller Altersklassen, Grade und Weaffengattungen in einem Er-
holungsheim zu untersuchen. Davon hatten 19°/o diese Schulterblattver-
änderungen. Und nun ergab sich, dass bei diesem kriegsdiensttüchtigen
Menschenmaterial keiner dabei war, bei dem man auch nur bei weitester
Wahrscheinlichkeit Lues heredit. annehmen konnte. Dagegen war bei
37°/o Rachitis anamnestisch sicher zu stellen. Erbliche Belastung durch
Nervenkrankheiten trat ganz zurück, Tuberkulose dagegen war mehr be-
teiligt, mit 18°/. Am hauptsächlichsten findet sich also nach diesen
Untersuchungen die Scapula scaphoidea im Verein mit Rachitis.
Deist, Stuttgart.
542. V. Häcker, Die Annahme einer erklichen Übertragung
körperlicher Kriegsschäden. Arch. f. Frauenkunde u. Fuq.
4. Bd. 1918 H.1u. 2.
Der Verf. stellt die Fragen: Können die gewaltigen direkten und
indirekten Wirkungen, welche die Kriegseinflüsse auf Körper und Seele
ausüben, auch noch auf die ungeborenen Generationen Einfluss baben ?
Ist die Erholung des Volkes von den Wirkungen eines mehrjährigen
Krieges auf die Betroffenen selbst und auch auf die Nachkommenschaft
zu vollkommener Leistungsfähigkeit in Frage gestellt? In rein ärztlichen
Kreisen besteht hierüber noch keine eindeutige Klarheit, zur Klärung
haben die Pathologen Ribbert und Orth und der Kliniker Martius
beigetragen. Die Erforschungen der menschlichen Erblichkeitserscheinungen
sind in grossem Umfang von den Ergebnissen der zoologischen und bota-
nischen Vererbungslehre abhängig. Die neue Forschung stimmt allgemein
darin überein, dass Übertragungen von Verletzungen und Verstümmelungen
(Amputationen) im Lamack’schen Sinne nicht stattfinden. Es hat dafür
auch schon vor dem Kriege Beweise gegeben. Hunde, denen man die
Schwänze kupierte, bekommen immer wieder Junge mit normalen Schwänzen.
Weitere Beispiele sind die rituellen Beschneidungen und die früher üb-
lichen Fussverkrüppelungen der Chinesinnen. Wie es mit der Erblichkeit
funktioneller Abänderungen (Gebrauch, Nichtgebrauch eines Organs) und
psychischer Neuerwerbe steht, ist eine Frage. Wie ist es nun um eine
allgemeine Schädigung des Fortpflanzungslebens bestellt, die sich infolge
Unterernährung oder Erschütterung des Nervensystems derart äussert,
dass die Qualitäten der Nachkommen im Sinne einer Verschlechterung
beeindusst werden ohne entsprechende Änderung bei den unmittelbar be-
troffenen Eltern? An Beispielen der Zoologie ist nachgewiesen, dass ver-.
änderte Aussenbedingungen die chemisch-physikalischen Verhältnisse der
betroffenen Individuen (Osmose der Gewebszellen, Stoffwechsel) beeinflussen
und dass in mittelbarer Weise dadurch auch die Keimzellen aus ihrem
Gleichgewichtszustand gebracht und im Keimplasma abgeändert werden.
Die Keimzellen werden nur indirekt durch die Aussenbedingungen indu-
ziert (exoblastogene oder idiokinetische Abänderungen). Diese Änderungen
können noch innerhalb der normalen Variationsbreite der Art liegen, aber
auch durch ungünstigere Einwirkungen zu Anomalien anatomischer oder
pbysiologischer Art fübren (Hemmungsbildung, Degenerationszeichen).
Inwieweit die Kriegsverhältnisse (Unterernährung der Eltern, verstärkte
322 | Diagnose und Prognose.
Berufspflichten, Sorgen, Aufregungen) solche Veränderungen bedingen
können, ist noch ganz ungeklärt, zumal da auf botanischem und zoologi-
schem Gebiet erst Anhaltspunkte zu vergleichender Betrachtung zu ent-
stehen beginnen. Sicher scheint zu sein, dass dem Keimplasma ein grösseres
Erholungs- oder Regenerationsvermögen zugeschrieben werden muss, dass
damit das Keimplasma, welches abgeartet ist und sich in diesem Defekte-
zustand Generationen hindurch erhielt, die ursprünglichen Qualitäten in
harmonischer Verbindung wiederzugewinnen imstande ist. Das gleiche
sollte dann für Anomalien von ausgesprochen pathologisch - degenerativer
Natur gelten müssen. Darin würde ausser der Wirkung von Blutmischung
und natürlicher Auslese allein schon durch Wiedereintritt günstiger Lebens-
bedingungen die Möglichkeit zu einem neuen Aufstieg — einer Plasma-
umkehr — gegeben sein. Für die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme
sprechen auch geschichtliche Erwägungen. Deutschland könnte sich sonst
nach dem 30 jährigen Kriege nicht mehr erholt haben.
Deist, Stuttgart.
543. Martha Martius-Rostock, Wissenschaft und Ethik als
Grenzhüter der Eugenetik. Arch. f. Frauenkunde u. Eug.
4. Da. 1918 H.1u.2.
Das einfache Kleid der Tatsachen in der etwas dunklen Arbeit ist
reich mit allgemeinen, naturphilosophischen, religiösen, rassehygienischen
Verbrämungen verziert. Schält man die Tatsachen heraus, ergibt sich
folgende. Darwin und sein Nachfahre Galton lassen eine allmähliche
Höherzüchtung des Menschengeschlechts möglich erscheinen. Weiss-
mann (Chromosomentheorie) hält eine Möglichkeit der Vererbung erwor-
bener Eigenschaften entgegen Lamarck für ausgeschlossen, er prokla-
miert die Kontinuität des Keimplasmas. Die Lehre von Martius ver-
mittelt zwischen Weissmann und der Notwendigkeit, die Entstehung
der Arten zu erklären. Nach Martius hat in vorgeschichtlichen Jabr-
hunderten eine Vererbung erworbener Eigenschaften stattgefunden. Dies
hat zum Entwickelungsaufbau der Arten beigetragen. Die Menschheit ist
nun auf dem Weg der Höberentfaltung artfest geworden, sie verwertet
Lebenseinflüsse erblich nicht mehr.
Die Verfasserin spricht dann von Zeichen des Niederganges in unserem
Vaterland, die dieselben seien wie in Rom und Griechenland zur Zeit
ihres Unterganges. Diese Schäden bei uns seien soziologischer Art und
„durch die freie Entschliessung des einzelnen unter dem Einfluss des Kul-
turlebens entstanden“. Die freie Entschliessung eines sittlich gehobenen
Volkes müsste dann auf eugenischem Wege eine Heilung dieser Schäden
ermöglichen. Die Arbeit klingt aus in dem Satze: „Deutschland wird
niemals zu besiegen, zu vernichten sein, wenn eine gewissenhafte Fort-
pflanzungsverantwortung im Volke Wurzel schlägt“. Deist, Stuttgart.
b) Diagnose und Prognose.
544. E. Liebmann, Zur Methodik der mikroskopischen Unter-
suchung des Auswurfs. B. kl. W., 14. Okt. 1918.
In der Hämatologie hat fast ganz allgemein das gefärbte Präparat
das ungefärbte verdrängt. Im Gegensatz dazu untersucht man den Aus-
wurf fast stets ungefärbt. Und doch muss es oft ale wichtig gelten, die
Diagnose und Prognose. 323
einzelnen Sputumbestandteile näher zu differenzieren, als es im ungefärbten
Präparat möglich ist. Der Verf. hat nun eine Methode ausgearbeitet, die
die technischen Schwierigkeiten der Färbung von Auswurfpräparaten
leichter überwinden lässt. Er benützt dazu die feuchte Fixation deshalb,
weil bei der Eintrocknung von Sputumausstrichen die ursprünglichen
Zellformen stark entstellt werden. Die Technik ist folgende: das Sputum
wird in sterilen Petrischalen aufgefangen. Durch Betrachten über ver-
schieden gefārbtem Grund kann man sich alle Einzelheiten vor Augen
führen. Dann wird das zu untersuchende Stück auf sorgfältig gereinigtem
Objektträger mit 2 Nadeln nach Art der Zupfpräparate ausgebreitet oder,
wenn es flüssig genug ist, mit geschliffenem Objektträger ausgestrichen.
Druck darf nicht angewendet werden, weil sonst Zerrbilder entstehen.
Die Fixation erfolgt unmittelbar nach dem Ausstrich, am besten mit ab-
solutem Methylalkohol 3—5 Minuten lang. Gefärbt können dann die
Präparate nach den gleichen Grundsätzen wie die aufgezogenen histologi-
schen Schnitte werden. Für das Studium der Kerne empfiehlt sich Fär-
bung mit Hämatoxylin-Eosin. Zur Darstellung der eosinophilen Granula
nimmt man May-Grünwald’sche Lösung zu gleichen Teilen mit destil-
liertem Wasser (20 Minuten), der Lösung setzt man zur besseren Kern-
färbung 2 Tropfen polychromes Metbylenblau zu. Weiterbehandlung der
so gefärbten Präparate erfolgt durch Entwässern im steigenden Alkohol,
Aufhellen in Xylol, Einschliessen in Kanadabalsam.
Die Bilder der so gefärbten Präparate stimmen naturgemäss mit
denen der bisherigen Trockeupräparate nicht völlig überein. Diese Unter-
schiede werden an Hand von Abbildungen gezeigt. Besonders eignet sich
das Verfahren für die Darstellung der Curschmann’schen Spiralen.
Deist, Stuttgart.
545. Kankeleit, Über die Deutung von streifenförmigen Schatten
neben der Brustwirbelsäule im BRöntgenbild. (Nachtrag zur
Arbeit M. m. W. 1918 Nr. 16 S. 424.) D. m. W. 65. 1918 S. 822.
K. hatte in einem Aufsatz darauf hingewiesen, dass die streifen-
föürmigen Schatten neben der Brustwirbelsäule im Röntgenbilde ohne
nachweisbare anatomische Veränderung der Wirbelsäule oder ibrer Um-
gebung vorkommen und bei gegebenen klinischen Symptomen zur Fehl-
diagnose führen können. K. hat seine Röntgenphotographien den Herren
Geh. Prof. Sommerfeld und Prof. Wagner gezeigt. Beide haben die
streifenförmigen Schatten neben der Brustwirbelsäule für zweifellos physi-
kalisch reell erklärt und die etwaige Mitwirkung Mach’scher Streifen
abgewiesen. Eine physikalische Erklärung des beschriebenen Phänomens
steht noch aus. Bredow, Ronsdorf.
546. Karl Dietl, Bemerkungen zu Friesicke: Diagnostische Er-
fahrungen an Tuberkuloseverdächtigen. W. kl. W. 1918
Nr. 25.
Vom Bazillenbefund im Sputum darf die Prognose nicht abhängig
gemacht werden. Einerseits findet man beginnende, sicher aktive Pro-
zesse ohne Tuberkelbazillen, andererseits gibt es Fälle mit Bazillen im
Auswurf, die man nicht deshalb allein als aktiv-progredient ansehen
kann, sondern nur unter Berücksichtigung der übrigen Symptome, nament-
lich des Verhaltens der Temperatur. Die Stichreaktion sagt für die Dia-
324 Diagnose und Prognose.
gnose „aktive Tuberkulose“ weniger, für die Diagnose „Tuberkulose über-
haupt“ mehr als die Kutanreaktion. Es ist vielleicht möglich, aus dem
Vergleiche der Intensität des Ausfalles von Kutan- und Stichreaktion
Schlüsse auf die Aktivität des Prozesses zu ziehen. : Gegenüber Friesecke
(M. m. W. 1917 Nr. 64; Ref. 83 S. 52 d. Jgs.) betont Verf. die Spezifität
der Stichreaktion; ferner weist er auf die Wichtigkeit von Temperatur-
steigerungen nach geringer körperlicher Anstrengung, sowie bei Bett-
lägerigen nach Injektion einer kleinen Tuberkulindosis bin. Ä
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
547. H. Popper, Zur Methode der Lungenspitzenperkussion.
D. m. W. 1918 Nr. 17.
Verf. betont die Wichtigkeit der respiratorischen Spitzenper-
kussion; normalerweise verschiebt sich die Grenze der Lungenspitze um
ungefähr 1!/s cm nach oben. Verwachsungen der Lungenspitze, Schwielen
oder Infiltrationen in dieser äussern sich durch eine Herabsetzung oder
Aufhebung dieser Verschiebung. Mit Wahrscheinlichkeit handelt es sich
nicht um eine wirkliche respiratorische Verachiebung der Lungenspitze,
sondern um ein durch die vermehrte Luftfüllung hervorgerufenes Phänomen.
C. Kraemer IlI.
548. Quineke, Zur Messung der Körperwärme. M. m. W. 65.
1918 S. 766—767.
Q. empfiehlt wieder die Temperaturmessung des ĦHarnstrahles als
Ergänzung und unter Umständen als brauchbaren Ersatz.
Bredow, Ronsdorf.
549. M. Netousek, Zur Symptomatologie der solitären Tuberkel
des Rückenmarks. Časopis lékařů českých. 1918 Nr. 87—39.
Auf Grund eines klinisch, anatomisch und histologisch genau unter-
suchten Falles hält der Autor folgende Symptome für charakteristisch:
1. Typische Symptome einer medullären Neubildung bei generalisierter
Tuberkulose der Lungen, der I,ymphknoten und des Extremitätenskeletts.
2. Transitorische Dissoziation der Sensibilität mit konsekutiver totaler
Analgesie an den Extremitäten, die eine atrophische Parese mit spontanen
echmerzhaften Spasmen nach vorangegangenem neuralgischem Stadium
infolge Wurzelreizung aufweisen. 3. Progressiver Verlauf trotz Therapie
ohne Störungen in der anavesikalen Sphäre und ohne Dekubitus. 4. Exitus
an Lurgentuberkulose ohne uro- oder dermatoseptische Komplikationen.
Der Tuberkel sass im Bereich des D XI, D XII und der angren-
zenden Partie des Lendenmarks im Bereich des LI. Die Degeneration
betraf in aufsteigender Richtung: 1. in den Goll’schen Strängen den
proximalen Anteil des Brustmarks und das Halsmark, in den Burdach-
schen Strängen den distalen Anteil des Brustmarks; 2. die aufsteigenden
spinozerebellaren Bahnen in den Seitensträngen; 3. die Randpartie der
Vorderstränge. In absteigender Richtung: 1. die Pyramidenbahnen der
Seitenstränge bis zum Sakralmark; 2. in den Hintersträngen das ovale
Feld Flechsig’s, den ventralen Abschnitt der Hinterstränge in der Um-
gebung der hinteren Kommissur; 3. das Löwenthal’sche Bündelchen
links; 4. in den Vordersträngen die Umgebung der vorderen Kommissur.
G. Mübhlstein, Prag.
Therapie. 325
250. Emerich Schill- Rózsahegy, Erfahrungen bei der Beurlau-
bung von leichteren Lungenkranken. Eine statistische Studie.
M. kl. W. 1917 Nr. 35 (Beil. Militärsanitäiswesen).
Untersuchungen an 60 Kranken, welche zweimal nach Hause beur-
laubt wurden. Ein beträchtlicher Teil derselben kehrte mit subfebrilen
Temperaturen zurück. Aus seinen — für eine Statistik wohl zu kleinen
— Zahlen zieht Verf. den Schluss, dass leichtere Fälle von Lungen-
krankheit nur dann als arbeitsfähig betrachtet werden können, wenn
nach drei vollkommen fieberfrei verbrachten Monaten die
wiederholte Aktivitätsprobe (Temperaturmessung vor und nach
1/a—1 stündigem Spaziergang) negativ ausfällt. (Dieselbe Arbeit
erschien auch im Orvosi Hetilap 1917, 38).
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
c) Therapie.
551. Alex. Skutetzky, Die Behandlung der Tuberkulose mit
Tuberkulomuzin „Weleminsky*. W. kl. W. 1918 Nr. 22.
Dem Tuberkulomuzin räumt Verf. neben sehr günstiger Wirkung bei
schweren spitalbedürftigen Lungenkranken eine besonders bevorzugte Stel-
lung bei der ambulatorischen Behandlung der Lungentuberkulose ein. In
4 Jahren an Friedens- und Kriegsmaterial erzielte Verf. an etwa 300
Fällen günstige und gleichmässige Resultate. Deutliche Stichreaktion bei
der Anfangsdosis von 4 mg gibt gute, fehlende auch bei höheren Dosen
schlechte Prognose. Gegenanzeigen gegen die Behandlung bestehen nicht.
Schilderung der Technik. Verf. empfiehlt ausgedehnte ambulatorische An-
wendung und zu diesem Zwecke die Errichtung von möglichst zahlreichen
Ambulatorien. Geeignet für die Behandlung sind die Fälle des I. und
II. sowie die reaktionsfähigen des III. Stadiums. Meist fällt das Fieber
sehr bald ab, dann kommt es zu Steigerung des Appetits, Hebung des
Körpergewichts, es fallen die Pulszahlen, endlich Besserung der klinischen
Erscheinungen. Für die Behandlung nicht geeignete Fälle sind gekenn-
zeichnet durch fehlende Stichreaktion und dadurch, dass trotz Fieberab-
fall und Bebserung des Appetiis weder eine Beeinflussung der erhöhten
Pulszahl, noch Körpergewichtszunahme eintritt und dass die Leukozyten-
zahl keine erhebliche Vermehrung erfährt,
A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
552. Deuel, Beitrag zur Kenntnis des Friedmann’schen Mittels
gegen Lungentuberkulose. M. m. W. 65. 1918 S. 763—765.
D. fasst seine 4 !/s jährigen Erfahrungen mit dem Friedmann’schen
Mittel dahin zusammen:
1. Durch dasselbe werden frische Fälle und frische Exazerbationen
älterer Fälle von Lungentuberkulose auffallend günstig beeinflusst.
3. Schwere Fälle von Lungentuberkulose werden in einem grossen
Prozentsatz günstig beeinflusst. Bredow, Ronsdorf.
553. Pape, Beiträge zur Kenntnis des Friedmann’sehen Mittels
gegen Lungentuberkulose. M. m. W. 65. 1918 8. 769—763.
P. veröffentlicht seine mit dem Friedmann’schen Mittel gemachten
günstigen Resultate, die er innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren ge-
326 Therapie,
macht hat. Er stimmt den Veröffentlichungen von Göpel usw. zu.. Neues
bringt der Artikel nicht. Bredow, Ronsdorf.
554. W. Neumann, Die Ausserbettbehandlung der Lungen-
blutung. D. m. W. 1918 Nr. 15.
Verf., welcher seit 1915 die Ausserbettbebandlung der Hämoptoe
vertritt, führt einen neuen Fall an, der geradezu das Bild eines typiscben
‚wohlgelungenen Experiments bot. In fünf aufeinanderfolgenden Nächten
- löste bei dem Patienten das Schlafen im Bett, selbst bei erhöhtem Ober-
körper, Rückfälle einer Lungenblutung aus. Konsequentes Ausserbett-
bleiben liess nach weniger als zweimal 24 Stunden das Blut aus dem
Auswurfe völlig verschwinden. C. Kraemer Il.
555. v. Niedner, Die Ausserbettbehandlung der Lungenblutung.
D. m. W. 1918 Nr. 23.')
v. N. hat sich ebenfalls in vielen Fällen von durch Stauung er-
zeugter Blutung von dem Erfolg der Digitalistberapie, wie der Neu-
mann’schen Lehnstuhlbebandlung überzeugen können, möchte aber in
Erinnerung bringen, dass Blutungen doch auch durch Arrosion von Ge-
fässen vorkommen, für welche die alte Behandlung mit Ruhigstellung,
Sedativis, Gerinnungsbeförderung ihre Berechtigung bebält.
C. Kraemer II.
556. Tachau und Mickel, Ruhe und Bewegung in der Behand-
-lung des fieberkranken Lungenkranken. D. m. W. 1918
Nr. 26.
Die Verff. haben die Dauer des Temperaturabfalles, nach vorüber-
gehender Steigerung durch Bewegung, beim Gesunden und Kranken
(Tukerkulösen) im Stehen, Sitzen und Liegen untersucht. Beim Gesunden
fiel die Temperatur ausnahmslos in !/2stündiger Ruhe, auch im Stehen,
wieder ab, während sich beim Kranken zeigte, dass nur im Liegen rascher
und meist völliger Temperaturabfall eintrat. Der Tuberkulöse muss also
zum Ausruhen nach körperlichen Anstrengungen eine liegende Stellung
einnehmen, und diese länger einhalten als der Gesunde die sitzende, um
die gleiche Erholung zu erzielen. Aus der Beobachtung der Körperwärme
nach Anstrengungen und vor allem der Art und Dauer ihres Abfalles
lässt sich also das für den einzelnen Kranken nötige Mass von Bewegung
und Ruhe ableiten und danach auch bis zu einem gewissen Grade seine
Arbeitsfähigkeit bestimmen. C. Kraemer II.
557. Samuel Papp, Ruhe und Bewegung als Heilfaktoren.
Magyar Balneologiai Értesito 1917.
Es wird auch die Frage der Ruhekur bei Lungenkranken besprochen.
Ihre Vorteile werden anerkannt. D. O. Kuthy, Budapest.
558. Niven Robertson, The diagnosis and treatment of Hämo-
ptysis in cases of pulmonary tuberculosis. Brit. Journ. of
Tub., Juli 1918, Nr. 3.
Blutungen, die nicht von der Lunge kommen: Epistaxis,
Pharynxblutungen, Blutungen aus der Trachea, aus dem Verdauungs-
1) Vergl. Referat über die Arbeit Neumann’s in D. m. W. 1918 Nr. 15.
Therapie. 327
traktus (Zahnfleisch, Ösophagus, Magen [Blut aus dem Magen zeigt saure,
aus der Lunge alkalische Reaktion]), aus dem Zirkulationssystem (Aneurysma-
blutungen aus der Trachea), Blutungen bei Blutkrankbeiten und akuten
Fieberkrankbheiten, Hysterie.
Bei Blutungen aus der Lunge selber sind differentialdiagnostisch
auszuschliessen: Lungentumoren, Echinokokkus (Röntgenaufnahmen 1), Sy-
philis (Wassermann !), Embolie.
Bei Behandlung der Lungenblutungen sind zu beachten:
1. Gefahr der Arpbyxie, 2. Synkope, 3. eigentlicher Shock, 4. Verhütung
sekundärer Aspbyxie.
Bei Gefahr ‘der Asphyxie kein Aufrichten des Patienten oder
Sitzen desselben, da dann Akkumulation des Blutes in den untern Lungen-
partien stattfindet: Niederlegen des Patienten in „Schaefer’s Position“:
Flachliegen und künstliche Atmung, evtl. Tieferlegen des Kopfes und
Höherlegen der Beine. Bei Synkope: Sauerstoff-Inhalationen zusammen
mit subkutaner Darreichung von Strychnin oder Digitalis, Aufseizen des
Patienten, kein Morphium. Morphium und Strychnin schliessen sich aus,
je nach dem Verhalten des Pulses, der Farbe des Patienten, des Grades
der Asphyxie und der Blutung das eine oder andere. Bei richtigen
Shockerscheinungen: Wärmezufuhr, heisse Flaschen, Decken, evtl.
Adrenalin oder intravenöse Einspritzungen von Pituitrin. „Bei der Be-
kämpfung der Asphyxie darf man nicht so weit gehen, dass Synkope auf-
tritt, bei Synkope nicht so weit, dass neuerdings Blutung und Asphyxie
sich einstellen.“
Nachbehandlung, Verhütung einer sekundären As-
phyxie: Bei nicht akut bedrohlichen Erscheinungen und Aushusten von
Blutkoagula Morphium, aber nicht kritiklos und in zu grossen Dosen,
abwechselnd mit Expektorantien (Gefahr von Aspirationepneumonien, und
sekundärer Asphyxie, häufig die Folge von zu viel Morpbium). Mund-
pflege, Nasenpflege, (dadurch Verhütung sekundärer septischer
Bronchopneumonien). Während der ersten 24 Stunden nach frischer
Blutung wenig Nahrungszufuhr, nur Wasser, dann neben Eiswasser
gelatinöse Nahrung, Fleischsaft; Kohlehydrate, die Flatulenz verursachen,
sind auszuschliessen. Patient soll ruhig und der Blutdruck niedrig ge-
halten werden (Kalomel von Zeit zu Zeit, morgens ein salinisches Wasser).
Länger als 2—3 Tage soll man aber, selbst bei fortbestehender Blutung,
mit fester Nahrung nicht zuwarten. Ärzte und Pflegepersonal mit
akuten Erkältungskrankheiten (Schnupfen etc.) sollen fernbleiben. Keine
Besuche, kein Kaffee, kein Tee, kein Alkohol.
Bei hobem Blutdruck vasodilatorische Mittel, Natr. nitr., Trinitrin-
Tabletten, Inhalation von Amylnitrit, Calc. lactic. NaCl in 5—10°],
isotonischen Lösungen intravenös, bei mässigen Blutungen Injektion von
ile grain (= 0,015 g) Morphium und 1/2 grain (== 0,03 g) Emetin. Bei
einseitiger Erkrankung Heftplasterfxation, evtl. künstlicher Pneumothorax.
Amrein, Arosa.
559. Cursehmann, Über die Verordnung von Morphium bei
Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbc. Bd. 29 H.1.
Jede Sekretstauung bei Lungentuberkulose ist unbedingt zu ver-
meiden, da die Tuberkelbazillen sich im stagnierenden Sekret vermehren
328 Prophylaxe.
und so zu Metastasen vom Lumen der Bronchien aus führen können.
Daher ist die Darreichung von Morphium, auch bei Blutungen, unbedingt
zu verwerfen. Die Ruhigstellung der Lunge durch den Pneumothorax
wirkt grösstenteils durch die Verminderung der Absonderung. Eben wegen
der erschwerten Sekretentleerung ist die Prognose der Unterlappentuber-
kulose ungünstiger als die der Spitzen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
560. Köhler, Zur Tuberkulosebehandiung unter dem Kriegs-
einfluss. Zschr. f. ärztl. Fortbild. 1918 H. 4.
Bei den Kriegstuberkulosen handelt es sich meist um metastasierende
Autoinfektionen oder um das Aufflackern alter Herde, sehr viel seltener
um additionelle Infektionen von aussen. Die Anstrengungen des Krieges
bewirken eine anergische Periode, die durch gehäufte Impfungen verstärkt
werden kann. Bei den Ansteckungen muss dem Nachweis einer durch-
gemachten Heilstättenkur mehr Beachtung geschenkt werden; denn wenn
eine kurze Kriegsdienstzeit auch einen günstigen Einfluss haben kann,
so wirkt eine längere Tätigkeit im Felde offenbar ungünstig. Zweifellos
hat im Heere sowohl, wie in der Heimat die Tuberkulose eine Zunahme
erfahren. Da ausserdeutsche Kurorte und Heilanstalten zur Behandlung
nicht in Frage kommen, so muss den Tuberkulösen Gelegenheit geboten
werden, in der Heimat eine Kur in einer geschlossenen Anstalt zu
machen; wie die Erfahrung gelehrt hat, ist das physikalisch-diätetische
Heilverfahren in der Anstalt das beste Kurmittel. Die üblichen Auf-
enthalte in offenen Kurorten, oft bei mangelhaften hygienischen Ein-
richtungen, sind zu verwerfen. l
Es werden also neue Anstalten gebaut werden müssen, vor allem
auch für den Mittelstand; die Einleitung dieser Organisation erfolgt
zweckmässig von einer Zentralstelle aus. |
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
e) Prophylaxe. |
561. G. Taubert, Beitrag zur Frage der Wohnungsfürsorge für
Lungenkranke. Österr. T’be.-Fürs.-Bl. Jg. 2. Nr. 1.
Zur Behebung des Spitalsbettenmangels für schwer Lungenkranke macht
Verf. folgenden Vorschlag: In jedem von zahlreichen (und kinderreichen)
ärmeren Wohnparteien bewohnten Miethause ist eine aus mehreren Räumen’
bestehende Wohnung als Hausspital einzurichten (im äussersten Falle
wenigstens für mehrere Häuser eine solche Wohnung) und sind in diesem
alle an offener Tuberkulose leidenden Schwerkranken solange unter-
zubringen, bis deren Aufnahme in ein Krankenhaus erfolgen kann. —
Die Schwierigkeiten, welche sich der Durchführung dieser Massregel ent-
gegenstellen, Widerstände des Hauseigentümers, des Kranken selbst,
Schwierigkeiten der Beschaffung geeigneter Räume bei der derzeitigen
Wohnungsknappheit, verkennt Verf. nicht, doch hält er sie nach ent-
sprechender Aufklärung der Bevölkerung und bei energischem und strengem
Vorgehen von Seite der Behörden nicht für unüberwindbar. Die innere
Einrichtung eines solchen Hausspitales hat möglichst einfach zu sein;
den ärztlichen Dienst versehen der betreffende Kassen-, Armen- oder
Prophylaxe. | 329
Fürsorgearzt; für die Kosten haben der Staat und die Gemeinden, ev.
die Fürsorgevereine etc. aufzukommen. |
Abgesehen davon, dass der Referent daran zweifelt, dass sich diese
Schwierigkeiten tatsächlich überwinden lassen werden, lassen sich auch
prinzipielle Bedenken über die Zweckmässigkeit dieser Idee nicht ganz
unterdrücken. Bei .der gegenwärtigen Spitalsbettennot, für die in abseh-
barer Zeit auch keine wesentliche Abhilfe zu gewärtigen ist, dürften die
meisten der diesen Hausspitälern übergebenen Schwertuberkulösen wohl
bis zu ihrem Tode in denselben verbleiben. Es würde also eine neue
Art von Sterbehäusern entstehen, die man heute wohl ziemlich allgemein
verwirft. Ausserdem ist zu befürchten, dass bei dieser Form der Unter-
bringung von schwer Lungenkranken auch ihr Hauptzweck, die Isolierung
von der Familie und besonders den am meisten gefährdeten kleinen
Kindern nicht ganz erreicht würde. Es lässt sich keine spitalsmässige .
Disziplin und Ordnung einhalten, infolge der allzugrossen Bequemlichkeit
würden die Krankenbesuche sehr grosse und gefährliche Dimensionen an-
nehmen. Es kann nur immer und immer wieder die Forderung erhoben
werden: Es müssen aus Öffentlichen Mitteln entweder im Anschlusse an
schon bestehende Krankenanstalten oder selbstständig eigene Tuberkulose-
spitäler für alle Formen und Grade dieser Krankheit errichtet werden.
Alle anderen Notauskunftsmittel sind nur Stückwerk und höchstens ge-
eignet, die Erfüllung dieser Hauptforderung als nicht so akut und wichtig
erscheinen zu lassen und dadurch zu verzögern. Ebenso notwendig ist
es, dass eine vernünftige und moderne Bauhygiene das derzeitige Wohnungs-
elend lindert. Für solche Zwecke müssen eben die notwendigen Geld-
mittel aufgebracht werden, ebenso wie sie für weiß weniger wichtige auf-
gebracht werden. A. Pagazhnik, Gutenstein N.-O.
562. Abramowski, Die Separation der Schwindsüchtigen.
Fortschr. d. Med. 1917/1918 Nr. 23/24.
Abramowsky fordert strenge Trennung der neugeborenen Kinder
bis zum Alter von 1!/s Jahren von der an offener Tuberkulose leidenden
Mutter und überhaupt von ansteckender Umgebung. Bei älteren Kindern
ist grosse Vorsicht nötig, aber die Trennung braucht nicht mehr so ganz
streng zu sein, weil bereits eine gewisse Immunität erreicht ist, mehr Ab-
wehrkräfte zur Verfügung stehen. Diese oft gehörten Vorschläge sind
theoretisch ganz richtig, wie aber sollen sie praktisch allgemein durch-
geführt werden! Da gibts leider häufig genug unüberwindliche Schwierig-
keiten, zumal jetzt in der Kriegszeit. Auch ist die ganze Frage doch
noch nicht richtig geklärt: Eine gewisse Infektion ist doch auch wieder
nötig, um die Schutzkräfte des Organismus zu entwickeln. Sonst kanns
den separierten Kindern leicht gehen wie den Angehörigen wilder Völker,
wenn sie mit der Kultur in Berührung kommen. Ein Problem erzeugt
leider immer neue Probleme. | Meissen.
563. Heinr. Thausing, Über eine Voraussetzung aller Tuber-
kulosebekämpfung. W. kl. W. 1918 Nr. 45.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Wohnungsnot die Be-
kämpfung der Tuberkulose als Volkskrankheit illusorisch macht. Die
Lösung der Wohnungsfrage, die nichts anderes ist als die uralte Boden-
rechtsfrage, wäre Tuberkulosetherapie in allergrossartigstem Masstabe.
Internat. Oentralbl. f. Tuberkulose-Forschung 12. 22
— —
330 Krieg und Tuberkulose.
Es müsste der Grund und Boden nach seinem Werte, nicht nach seinem
Ertrage besteuert werden, dann würde die missbräuchliche Verwendung
zur Spekulation. verhütet werden. „Müsste der Urbesitzer oder der Grund-
stückspekulant den baureifen Boden nach seinem Werte versteuern, so
fiele die Grundrente genau um die Höhe der Steuer und dementsprechend
auch der Preis des Platzes.“ Durch schonenden Beginn und weiteren
Ausbau der Bodenwertsteuer neben den anderen Steuern würde in wenigen
Jahrzehnten die heutige Grundrente im Verhältnis zum Werte des Bodens
als Wohn- und Arbeitsstätte gar nicht mehr in Betracht kommen und
der Boden wäre so gut wie frei, unterdessen könnten dann die anderen
Steuern abgebaut werden. „Der Boden käme ganz von selbst in die
fleissigsten und tüchtigsten Hände und es wäre nicht mehr lohnend ihn
spekulativ so lange zu sperren, bis er nur mehr ekle Zinskasernen trägt,
diese Brutstätten der Tuberkulose.“ Ohne die Bodenwertsteuer hält Verf.
den Kampf gegen die Tuberkulose als Volkskrankheit für gänzlich
aussichtelos. A. Baer, Sanatorium Wienerwald.
564. Herford, Gesundheitliche Kinderfürsorge am Heimatort
M. m. W. 65. 1918 S. 595— 597.
. H. empfiehlt die Gründung von kleinen Anstalten für die gesund-
heitliche Fürsorge der Kinder am heimischen Ort. Als besondere Vor-
züge zählt er auf, dass mehr Kinder alsdann erfasst werden können, dass
billiger gearbeitet werden kann, Heimweh vermieden wird, die Behandlung
und die Kurdauer besser in der Hand behalten werden. Derartige An-
stalten — ohne Luxus gehalten — sollen natürlich nur zur Ergänzung
der auswärtigen Anstalten dienen. Bredow, Ronsdorf.
565. Ad. Bauer, Wesentliche Punkte der Tuberkulose-Hygiene.
Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 1u. 2.
Gemeinverständliche Darstellung. H. Tachau, Heidelberg.
° d) Krieg und Tuberkulose.
566. Zadek, Beiträge zur Entstehung und zum Verlauf der
Lungentuberkulose im Kriege. M. m. W. 64. 1917 S. 1635
bis 1638. ý
Die Lungentuberkulosen, die bei vorher kräftigen und gesunden
Soldaten aus unbekannten und allgemeinen Ursachen auftreten, weisen
von vornherein einen ganz überwiegend progressiven Charakter auf. Im
Gegensatz dazu herrschen unter den bereits früher Lungenkranken, im
Heeresdienst wiederum an Tuberkulose Erkrankten die schweren Formen
nicht in demselbeu Masse vor. Bei den ursprünglich Lungengesunden
verhalten sich die schweren Tuberkulosen zu den leichten wie 5,5 : 1, bei
den früher bereits Kranken wie 2:1.
Vorurteilslos betrachtet scheint es, als ob die wirklichen Infektionen
(Reinfektionen!) und primären Erkrankungen an Lungentuberkulose im
Kriege häufiger sind und ihre Prognose schlechter ist, als man gemeinhin
anzunehmen geneigt ist, während die Exazerbationen und Manifestationen
von Disponierten, ebenfalls zahlreich und frühzeitig in die Erscheinung
tretend, milderen Verlauf zeigen.
Auffällig ist ferner nach dem Material des Verfassers, dass die
Krieg und Tuberkulose. 331
traumatischen Tuberkulosen bei bis dahin anamnestisch Lungengesunden
prozentual viel bäufiger und vor allem klinisch prognostisch schlechter
sind als bei den mit Tuberkulose Belasteten und bereits früher Lungen-
kranken.
Die Folgerungen des Verf’s bedürfen der N — an einem
grösseren Material, das vor allem nicht wie das Material einer Lungen-
fürsorge einseitig sein darf. Immerhin gibt der Aufsatz manche An-
regung. Bredow, Ronsdorf.
567. Stefan Pekanovich, Aufgaben bezüglich der Fürsorge
der liungenkranken Soldaten nach dem Kriege. Budapesti
Orvosi Ujsák 1918 Nr. 32.
Die Fälle wären vor allem nach ihrem Sputumbefund in zwei Haupt-
gruppen einzuteilen. Diejenigen mit negativem Befund könnten heim-
geschickt werden. Die mit Bazillen sollte man in den Militäranstalten
4 — 6—8 Wochen beobachten, ob sich der Zustand bessert oder ver-
echlimmert, evtl. stagniert. Die aussichtslosen und sich verschlimmernden
Fälle würden weiter in Anstaltsbehandlung bleiben; die stagnierenden
und sich bessernden Fälle wären dagegen in Erholungsstätten mit ent-
sprechender Beschäftigung der Pfleglinge unterzubringen.
D. O. Kuthy, Budapest.
568. Julius Beneze, Die Lungentuberkulose und die Militär-
dienstfähigkeit. Orvos Képzés 1917, August.
Die richtige Auffassung der Frage, welche der Abhandlung innewohnt,
lässt sich durch folgenden Satz kurzweg beleuchten. „Betrachten wir die
Fälle nicht mit einer Voreingenommenbheit; glauben wir nicht, dass bloss
der Habitus phtbisicus mit seinem flachen paralytischen Thorax zur An-
siedlung des Tuberkelpilzes einen günstigen Boden liefert, sondern es leite
uns in der Beurteilung des Einzelfalles stets der gründlich erhobene ob-
jektive Befund und die sorgsamste Beobachtung des betreffenden Indivi-
duums bei Anwendung sämtlicher zu Gebote stahender Hilfsmittel der
Diagnostik. D. O. Kuthy, Budapest.
569. Thiele, Die Ergebnisse der neuzeitlichen Tuberkulose-
forschung und das Mannschaftsversorgungsgesetz vom 31. V.
1906. D. m. W. 1918 Nr. 3.
Zusammenfassung: Wenn auch das Mannschaftsversorgungs-
gesetz zugunsten tuberkulöser Heeresentlassener in weitgehender Weise
Anwendung findet, ist eine grundsätzliche Berücksichtigung der Ergebnisse
der neuzeitlichen Tuberkuloseforschung bei einer Neubearbeitung des
Gesetzes dringend erwünscht. Schwerkranke Tuberkulöse sind im hinblick
auf den Schutz ihrer Kinder vor Ansteckung solange als möglich oder
dauernd in Heimstätten zurückzubehalten. Den Angehörigen soll eine
„Heimstättenzulage“ gewährt werden. C. Kraemer II.
570. Scholz, Zur Frage der Dienstbeschädigung bei Lungen-
tuberkulose. Med. Klin. 1917 Nr. 38. `
Die Lungentuberkulose kann im Dienste durch frische Infektion oder
durch Aktivwerden eines latenten Herdes, der nie Erscheinungen gemacht
hat, entstehen. In den meisten Fällen wird es durch eingehende Unter-
99%
332 Krieg und Tuberkulose.
suchung gelingen festzustellen, ob es sich um einen frischen Prozess
handelt, anamnestischen Angaben ist dabei weniger Wert beizumessen.
* Unmöglich kann die Entscheidung bei schnell fortschreitenden Prozessen
sein, für die Praxis hat das aber keine Bedeutung, da solchen Fällen
die böchste Rente zuzuerkennen ist. Bei Verschlimmerungen von alten
Leiden kann der Zustand durch ein Heilverfahren meist so weit gebessert
werden, dass er dem vor dem Diensteintritt nahezu oder ganz gleichkommt.
Es ist dann die Rente niedriger zu bemessen. Rehs, Davos.
571. Halliday Sutherland, Tuberculosis'and the war. The
Lancet, 3. Juni 1916.
Es gibt viele tuberkulöse Soldaten, die als dienstuntauglich ohne
Ruhegehalt entlassen wurden, in dem die direkte Kausalbeziebung zwischen
ihrer Tuberkulose und dem Kriegsdienste nicht vorhanden war. Verf. ist
nun der Meinung, dass nichtedestoweniger manche von ihnen pensions-
berechtigt sind, namentlich diejenigen, die anzeigen können, dass sie
während der letzten 6 Monate vor der Werbung durch Arbeit ihr Lebens-
bedürfnis erworben haben.
Obne Ruhegehalt sollen nur diejenige entlassen werden, die einer
aktiven Lungenläsion wegen offenbar als Bürger schon arbeitsuntauglich
waren.
Die Behörden sind nicht berechtigt, denen allen eine Pension vorzu-
enthalten, die schon vor dem Kriege amtlich als tuberkulös einge-
schrieben waren, denn diese amtliche Einschreibung gehört zum ärzt-
lichen Berufsgeheimnis und darf deshalb nicht öffentlich zum Nachteile
der Eingeschriebenen verwendet werden. J. Peerenboom.
572. P. Jacob Gaffikin, The tubereulous army recruit. Brit.
Journ. of Tub. Jg. 12 Nr. 1 Jan. 1918.
Während auf der einen Seite von der guten Einwirkung des Lebens
an der Front auf frühere Patienten gesprochen wird und man sich mit
solcben guten „Erfolgen“ entlassener Kranken brüstet, hat Verf. nur eine
schlechte Einwirkung des Kriegsdienstes auf frühere Kranke an der West-
front selber beobachtet. Die Hauptursache bildet dafür nach ihm das
Fehlen von genügender Ruhe. Genügender Schlaf ist kaum da („Schützen-
grabenschlaf“ ist nicht das, was ein auch ausgeheilter Phthisiker braucht).
der Rekrutierung sei mehr Gewicht auf die Anamnese zu legen.
Amrein, Arosa.
573. R. Eiselt, Einfluss des Kriegsdienstes auf den Verlauf und
die Komplikationen der Tuberkulose, Časopis lékařů českých.
1918 Nr. 5.
Der innige Kontakt der Krieger, die mangelhaften bygienischen Ein-
richtungen, besonders bein Stellungskrieg, die körperlichen Anstrengungen
u. dergl. begünstigen die Infektion mit Tuberkulose. Der Autor be-
handelte 927 tuberkulöse Krieger. Sehr selten bedingen Lungenschüsse
die Entstehung der traumatischen Tuberkulose (6 eigene Fälle). Öfters
(57 Fälle) kommt es nach Kontusionen des Thorax zu Hämoptoe. Selten
flammt die Tuberkulose im Felde selbst. auf, so dass der Kranke mit
hohem Fieber abgeschoben werden muss. Diese Fälle verlaufen bösartig.
Hauttuberkulose kommt selten vor, von Knochentuberkulose sah E. nur
Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 333
2 Fälle. Dagegen bildete die Larynxtuberkulose 13 °/o seines (Sanatoriums-)
Materials. Die Pbarynxtuberkulose hat im Krieg zugenommen. Exsudative
Pleuritiden sah E. in 15°/o seiner Fälle, davon war die Hälfte älteren
Datums und nur 7°/o entstanden im Felde, die restlichen im Hinterland.
Auch bier hatte das Trauma eine grosse Rolle. Eine viel grössere An-
zahl von Fällen (47°/o) litt an trockener Pleuritis. Drüsentuberkulose
kombiniert mit Lungentuberkulose sah E. in 39°/o, meist waren es Hals-
lymphome mit Tendenz zur Eiterung. Zwei Fälle litten an Addison’scher
Krankheit, ein Fall an Tuberkulose der Zunge, bedingt durch einen
kariösen Zahn, zwei Fälle an essentiellem Bronchialasthma, ein Fall an
Emphysem.
Fast charakteristisch für Kriegstuberkulose ist die häufige Kompli-
kation mit Herzaffektionen. Zumeist handelt es sich um Dilatation des
linken Herzens (41 Fälle) infolge der übermässigen körperlichen An-
strengungen. Zirkumskripte Dilatation des rechten Herzens (15 Fälle)
sind häufiger, die Folge von Kreislaufstörungen in der tuberkulösen
Lunge. Ermündungsherz wurde in 7 Fällen beobachte. Das ganze
Herz war 18 mal, der rechte Vorhof 3mal dilatier. 12°%o der Fälle
zeigten eine Hypoplasie des Herzens, in 2 Fällen wurde eine tuberkulöse
.chronisch-plastische Perikarditis und in einem Falle eine exsudative Peri-
karditis gefunden. Am grössten war die Zahl der Herzneurosen: in 46
Fällen handelte es sich um Herzneurose, in 180 Fällen um ein nervöses
Herz. Bei 3 Fällen wurden Head’sche hyperästhetische Zonen in Form
eiförmiger Hautbezirke in der Umgebung der linken Brustwarze konstatiert;
sie deckten sich zum Teil mit der Herzdämpfung. Interessant war ein
Fall von Erythromelalgie mit Herzneurose bei einem schweren Neur-
astheniker, kompliziert mit lokaler Asphyxie beider Oberextremitäten. —
Infektionskrankheiten beeinflussen ungünstig den Verlauf der Tuberkulose,
speziell die Dysenterie (15°/e der Fälle des Autors) und die Malaria
(15 Fälle). G. Mühlstein, z. Z. im Felde.
e) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose-
krankenhäuser und -Heime.
574. Chr. Saugman, Mitteilung aus dem Vejlefjord-Sanatorium.
XIII. Jahresbericht 1917. Kopenhagen 1918. /
Entlassen wurden 151 Patienten mit aktiver Lungentuberkulose,
Y9 mit chirurgischer Tuberkulose I. Stad. 19, II. Stad. 35, IIE. Stad.
97; Von diesen 151 wurden 16 als geheilt, 61 als bedeutend gebessert,
49 als gebessert entlassen, während 17 unverändert oder verschlechtert
waren und 8 starben. Durchschnittliche Kurdauer 212 Tage. Durch-
schnittliche Gewichtszunahme 5,2 kg. Tuberkelbazillen wurden bei 73,5°/0
konstatiert, sie schwanden bei 25 °/o.
Neben der gewöhnlichen Behandlung wurde bei 28 Patienten die
Behandlung mit Pneumothorax artif. durchgeführt, während sie bei 9
misslang; bei 5 von diesen wurde eine thorakoplastische Operation aus-
geführt. Eine Reihe Patienten wurden mit Licbtbädern und Röntgen-
bestrahlung behandelt.
9 Fälle mit ausschliesslich chirurgischer Tuberkulose wurden mit
universellen Lichtbädern behandelt (teils Kohlenbogenlicht teils Quarz-
Quecksilberlicht) mit gutem Erfolg. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
334 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime.
575. Ivar Petersen, Jahresbericht des Krabbesholms-Sana-
toriums Dänemark 1917—18. Kopenhagen 1918.
‚Entlassen 222; I. Stad. 49, II. Stad, 89, III. Stad. 84. Relativ
geheilt 10, bedeutent gebessert 49, gebessert 68, unverändert 64, ver-
schlechtert 23, gestorben 8. Durchschnittliche Kurdauer 158 Tage.
Tuberkelbazillen bei 57°/o gefunden, sie schwanden bei 21°/o. Durch-
schnittliche Gewichtszunahme 5,0 kg. Der Bericht schliesst mit einer
Dauerstatistik. Begtrup-Hansen, Silkeborg.
576. Rolf Hertz, Jahresbericht des Küstenhospitals bei Refnäs
(Dänemark) 1917—I8. Kopenhagen 1918.
Das Hospital hat 150 Plätze für Kinder, die an skrofulöser und -
chirurgischer Tuberkulose leiden. Neben der gewöhnlichen teils hygienisch-
diätetischen, teils chirurgischen Behandlung werden natürliche und künst-
liebe Lichtbäder benützt. Entlassen 212, wovon als geheilt 192. -
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
577. Der Nationalverein zur Bekämpfung der Tuberkulose in
Dünemark. Jahresbericht 1917—18. Kopenhagen 1918.
Die Arbeit ist im ganzen wie früher betrieben worden, obwohl die’
schwierigen Verhältnisse sich auf mancherlei Weise geltend gemacht haben.
Nach Erwähnung der ökonomischen Verhältnisse werden die Berichte
der verschiedenen Fürsorgestellen mitgeteilt und danach die Jahresberichte
der Sanatorien:
Silkeborg-Sanatorium (173 Männer: 314 entlassen; I. Stad. 92,
II. Stad. 97, III. Stad. 125. Relativ geheilt 100, bedeutend gebessert 79,
gebessert 68, unverändert und verschlechtert 60, gestorben 7. Durch-
schnittliche Kurdauer 182 Tage. Durchschnittliche Zunahme 5,5. Tuberkel-
bazillen bei 66/0.
Ry-Sanatorium (26 Frauen): 73 entlassen; I. Stad. 21, II. Stad. 31,
III. Stad. 21. Relativ gebessert 15, bedeutend gebessert 29, gebessert
15, unverändert und verschlechtert 10, gestorben 4. Tuberkelbazillen bei
51°/o, durchschnittliche Zunahme 5,5.
Haslev-Sanatorium (24 Frauen): Entlassen 50; I. Stad. 18, II.
Stad. 19, III. Stad. 13 nach durchschnittlicher Kurdauer von 151 Tagen.
Relativ gebessert 14, bedeutent gebessert 19, gebessert 6, unverändert und
verschlechtert 21, gestorben O0. Tuberkelbazillen bei 48°/o. Durch-
- schnittliche Zunabme 6,4. |
Skörping-Sanatorium (127 Frauen): Entlassen 247; I. Stad. 114,
II. Stad. 61, III. Stad. 72. Relativ geheilt 56, bedeutend gebessert 29, ge-
bessert 87, unverändert und verschlechtert 70, gestorben 5. Kurdauer
164 Tage. Durchschnittliche Zunahme 5,2 kg. Tuberkelbazillen bei 47,3.
Nakkeböell-Sanatorium (124 Frauen): 225 entlassen: I. Stad. 97,
II. Stad. 37, III. Stad. 91. Relativ geheilt 80, bedeutend gebessert 45,
gebessert 41, unverändert und verschlechtert 53, gestorben 6. Kurdauer
191 Tage. Tuberkelbazillen bei 59%.
Faxinge-Sanatorium (121 Männer): Entlassen 257; I. Stad. 89,
II. Stad. 57. II. Stad. 111. Relativ gebessert 59, bedeutend gebessert 64,
gebessert 77, unverändert und verschlechtert 51, gestorben 6. Kurdauer
163 Tage. Tuberkelbazillen bei 73,5°/0. Gewichtszunahme 3,7.
Allgemeines. 335
Yulemarke-Sanatorium bei Koldingfjord (153 Kinder): Entlassen
211 mit manifester Tuberkulose der Lungen; I. Stad. 116, II. Stad. 75,
III. Stad. 20. Relativ geheilt 107, bedeutend gebessert 38, gebessert 39,
unverändert und verschlechtert 18, gestorben 9. Tuberkelbazillen bei 15 °/o.
Kurdauer 206, Gewichtezunahme 2,5 kg. 43 Kinder waren suspekt,
entlassen als gesund wurden 38 nach 70 Tagen.
Im Jabre 1917 ist eine Abteilung für Kinder unter 2 Jahren er-
öffnet.
Jedem Berichte ist eine Dauerstatistik angeschlossen. Zum Schluss
Bericht des Betriebs der 4 Küstensanatorien für Kinder mit Skrofulose
leichteren Grades und der 2 Pßegehäuser für Frauen.
Begtrup-Hansen, Silkeborg.
578. James T. Neech, A scheme for the housing of consump-
tive families. Brit. Journ. of Tub., Juli 1918, Nr. 8.
Vorschläge, mit Planskizzen, für (einstöckige) Wohnstätten (billiges
Barackensystem) für tuberkulöse oder zur Tuberkulose disponierte Fa-
milien. Amrein, Arosa.
579. VII. Jahresbericht des Vereins zur Bekämpfung der Tuber-
kulose in Stettin. Geschäftsjahr 1917.
Thode, Die Loslösung der Tuberkulosefürsorge aus der öffentlichen
Armenpflege: Seit 1. April 1917 ist die Tuberkulosefürsorge ganz von
der Armenpflege getrennt. Es ist ein besonderes Tuberkulose-Dezernat
eingerichtet worden.
Bräuning, Ärztlicher Bericht: Das oben erwähnte Tuberkulose-
Dezernat hat sich sehr bewährt. Es wurden 17823 ärztliche Unter-
suchungen vorgenommen. 57°/o aller Kranken wurden durch die Ärzte
überwiesen. 78°/o sämtlicher offenen Tuberkulösen waren der Fürsorge-
stelle bekannt; eine relativ hohe Zahl, wenn man die Berichte anderer
Städte vergleicht; von den Kindern allerdings nur 18°/o.
Interessant sınd die Ergebnisse der Tuberkulosebehandlung in Baracken.
Bei schwerer Kranken versagten sie vollständig, weil zuviel Erkältungs-
krankheiten auftraten. P. Weill, Strassburg, z. Z. Beelitz.
f) Allgemeines.
580. Kraus, Bekämpfung der Tuberkulose. Zschr. f. ärztl. Fort-
bild. 1918 Nr. 19.
Während des Krieges ist die Tuberkulosesterblichkeit stark gestiegen,
ebenso die Zahl der Tuberkuloseansteckungen und -erkrankungen.
Die Tuberkuloseheilung wird sich stützen müssen auf: Fürsorgestellen,
Heilstätten, Heimstätten, Spezialabteilungen an Krankenhäusern, Wald-
erholungsstätten, Ferienkolonien, Solbäder, Seehospize etc.
Das Heilverfahren der Landesversicherungsanstalten kann als Träger
der Heilstättenbewegung gelten. Zufriedenstellend sind die Bestimmungen
über Kurdauer und Wiederholungskuren. Nur aktive Tuberkulose soll
in Heilstätten behandelt werden. Die Turban-Gerhardt’sche Stadien-
einteilung soll der pathologisch-anatomischen Gruppierung (Albrecht-
Fränkel und Aschoff-Nicol) weichen. Der Unterschied von offener
und geschlossener Tuberkulose wird noch zu sehr betont.
336 Allgemeines.
Die Tuberkulosetherapie und Prophylaxe muss schon in der Kindheit
beginnen; dazu kann die 'l'uberkulintberapie dienen in allen ihren Formen.
Daneben muss das ‚physikalisch-diätetische Heilverfahren, Pneumothorax-
und Heliotherapie herangezogen werden.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
581. Grau, Die statistische Verwertung von Tuberkulosefällen
in klinischen Berichten. Zschr. f. Tbe. Bd. 29 H.3.
Um Erfolgsberichte über Tuberkulose vergleichen zu können, bedarf
es einer einheitlichen Aufstellung derselben. Nichtsichertuberkulöse und
Nichttuberkulöse müssen ausscheiden; Tuberkuloseverdächtige besonders
geführt werden. Zur Einteilung empfiehlt Verf. nach Würdigung der ein-
zelnen Systeme (Turban-Gerhardt; Fraenkel-Albrecht; Aschoff-
Nicol) folgende Einteilung.
I. Leichte Erkrankungen: umschriebene, klinisch-gutartige Herdbil-
dungen, nicht bis über erste Rippe und Schulterhlattgräte hinausgehend,
ebenso umschriebene Herdbildungen an anderen Stellen der Lunge.
II. Mittelschwere, noch günstige Erkrankungen: alle über I hinaus-
gehenden Erkrankungen mit vorwiegender Neigung zur Schrumpfung, ohne
Rücksicht auf die räumliche Ausdehnuug (mit Ausnahme der Endstadien
und der Fälle mit erheblicher Höhlenbildung); alle übrigen Erkrankungen,
bei denen die Neigung zum chronischen Verlauf überwiegt und bei denen
der ergriffene Bezirk über den Raum von der Grösse eines Lappens
(2 x !/a oder !/s u. ?/s) nicht wesentlich hinausgeht,
III. Schwere, zweifelhafte Erkrankungen: alle weiter als II gehenden
Fälle, soweit sie nicht zur letzten Gruppe gehören.
IV. Schwerste, ungünstigste Erkrankungen: akut verbreitete Aussaat,
pneumonische Formen, erhebliche Höhlenbildung.
Vergleiche über Verschwinden der Tuberkelbazillen im Auswurf sind
nur möglich, wenn eine mehrfach angestellte Untersuchung dies Ergebnis
zeitigt, oder wenn längere Zeit kein Auswurf mehr besteht. Zur Fest-
stellung der Tuberkelbazillen im Auswurf ist ein Anreicherungsverfahren
nicht erforderlich. |
Der Begrift Entfieberung ist klar.
Die Veränderungen des örtlichen Befundes ist von grösstem Wert.
Im allgemeinen sind dieselben bei einer dreimonatlichen Kur gering, da
sich der örtliche Befund nur langsam ändert bezüglich des Atemgeräusches
und der Schallverkürzung.
An die Stelle des „geheilt“ sollte stets „gebessert‘ gesetzt werden. Zur
des Enderfolges sollen nur die drei Gruppen behaltenwerden:
. voll und voraussichtlich dauernd erwerbsfähig,
5 beschränkt, beziehungsweise voraussichtlich nur mit Unterbrechungen
erwerbefähig,
3. erwerbsunfähig.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
582. Hanns Pannwitz, Die Ansiedlung von Kriegsbeschädigten
vom Standpunkt der Sozialhygiene. Hohenlychen 1918. Selbst-
verlag der Mustersiedlung Bissingheim. 58 8.
Der Verf. war, wie er im Vorwort schreibt, der Zentrale für soziale
Fürsorge beim Generalgouverneur in Belgien, für die die Ausstellung für
Allgemeines. 337
soziale Fürsorge Brüssel 1916 besonderen Einfluss hatte (das deutsche
Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose hat hier auch ausgestellt),
als Adjudant zugeteilt. Er bespricht auf Grund der. Erfahrungen in
diesem Arbeitsgebiet die Notwendigkeit der Anlage von Kriegerheimstätten
für die zurückkehrenden Krieger und die Kriegsbeschädigten und wendet
dies Thema erschöpfend nach allen Seiten, als da sind Ethik, Rasse-
hygiene, Gesetzgebung, Soziologie, Hygiene usw.; Anlage, Einrichtung,
Art der Benutzung dieser Heimstätten, die Gewinnung und Auswahl der
Siedler wird eingehend, teilweise an Hand der Schilderung der Muster-
siedlung Bissingheinı, naclı dem verstorbenen Generalgouverneur von Belgien
genannt, besprochen. Mir scheint das Wesentliche zu sein, dass der Verf.
mit klaren Worten die Forderung erhebt, dass bei allen diesen Fragen
und ibrer Durchführung und Überwachung der Arzt entsprechend der
Bedeutung seiner Wissenschaft nicht nur mitberatend, sonderu auch
entscheidend und mitausführend und mitüberwachend gehört wird. Teil-
weise ist diese Forderung durch einen Erlass des preussischen Ministers
des Innern vom Mai 1918 betreffend die Mitwirkung der Medizinal
beamten bei Siedelungswerken anerkannt. Bei Begründung der Sozial-
versicherung ist der Einfluss des Arztes zu kurz und vor allem zu spät
gekommen. Dies muss für jetzt und später vermieden werden. Der
Hygieniker ist bei der Anlage und Einrichtung der Siedlungen unent-
bebrlich.” Bei der Überwachung der Wohnungen und Beobachtung auf
gesundheitswidrige Benützung wird er mitzuentscheiden haben. Den Woh-
nungsämtern (in grossen Gemeinden) und Wohnungsausschüssen (in kleinen
Gemeinden) sind auch ärztliche Mitglieder beizugeben. Ob die Wohnungs-
ausschüsse, wie der Verf. ‚meint, dem roten Kreuz oder dem vaterläudi-
schen Frauenverein angeschlossen werden sollen, scheint nur noch eine
Frage zu sein. Mir würde ebenso wie bei den Wohnungsämtern ein
städtischer oder staatlicher Anschluss besser gefallen. Dass die Siedler,
besonders die Kriegsbeschädigten, fortlaufend ärztlich behandelt werden
müssen, Hand in Hand mit Massnahmen der entlassenden militärischen
Behörden (Syphilis!) ist selbstverständlich. Fürsorgestellen unter Leitung
von Ärzten und reichlicher Verwendung von Fürsorgeschwestern werden
am Platze sein. Besonders interessiert hier noch, dass in diesen Heim-
stätten auch sogenannte „Haussanatorien“ vorgesehen sind. Sie bezwecken
die Einrichtung eines einzelnen für sich abgeschlossenen Zimmers mit
Glasveranda für einen lungenkranken Familienangehörigen. Es soll damit
seine möglichste Absonderung von den anderen Familienmitgliedern und
seine möglichst gute Unterbringung (Licht, Luft) erreicht werden. Der
vordere Teil des Zimmers ist durch einen Glasverschlag als Liegeraum
- ausgebildet. Die Fenster des Liegeraumes gehen über die ganze Vorder-
und eine Seitenwand und reichen bis unmittelbar unter die Decke, so
dass Luft in Fülle bis in die hintersten Wiukel des Krankenzimmers
dringen kann. Dies ist in der Kriegerheimstätte — Sonnenhäuser — in
Chemnitz bereits durchgeführt. Deist, Stuttgart.
583. Jahresbericht der Betriebskrankenkasse der Allgemeinen
Klektrizitäts-Gesellschaft und Tochtergesellschaft in Berlin
für 1916. |
Die Tuberkulosemortalität betrug bei Männern 34,47°/o, bei Frauen
38,83°/o aller Todesfälle. Krankheitsstatistik ist nicht angegeben.
Hans Müller.
338 Allgemeines.
584. Neufeld, Über einige Gesichtspunkte der Tuberkulose-
bekämpfung. Zschr. f. Tbc. Bd. 29 H.2.
Verf. tritt der Ansicht entgegen, dass das Sinken der Erkrankungs-
und Sterbeziffer an Tuberkulose durch die Besserung unserer sozialen
Verhältnisse bedingt sei; auch die Heilstätten sind nur von begrenztem
Einfluss. Am wichtigsten sind zur Bekämpfung der Tuberkulose die Für-
sorgestellen mit ihrer Wohnungshygiene und der Belehrung von Kranken
und Angehörigen. Wohnungsdesinfektion beim Wohnungswechsel ist wün-
schenswert. |
Auch bei schon bestehender Infektion ist eine weitere fortgesetzte
Einatmung von Bazillen schädlich. Zu versuchen ist die ambulante Tu-
berkulinbehandlung nach Petruschy, da das Tuberkulin zweifellos eine
Heilwirkung besitzt. Am wichtigsten ist aber die Absonderung der schwer
hustenden Tuberkulösen; deshalb müssen wir auch die Anzeigepflicht für
offene Tuberkulose erreichen.
Die Behring-Römer’sche Lehre von der Entstehung und Immuni-
tät bei der Tuberkulose ist wahrscheinlich, aber nicht bewiesen. Eine
Lösung dieser Frage liesse sich vielleicht durch Studium in unseren Ko-
lonien erreichen.
Als Anhang folgt ein Merkblatt für Tuberkulose.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde.
585. A. Loewy, Über den Ersatz einzelner Klimate durch andere
auf Grund ihrer physiologischen Wirkungen. Zschr. f. Baln.
11. Jg. 1918 Nr. 3/4.
In bezug auf Heilbäder ist Deutschland völlig unabhängig vom Aus-.
lande; anders verhält es sich mit den klimatischen Kurorten. Zwar
werden durch die Kurorte Österreichs viele Mängel ausgeglichen, immer-
hin fehlen uns auch dann noch einzelne Klimate. — Das Höhenklima
wirkt durch seine starke Besonnung, die wir auch in der Wüste finden,
und durch die Anregung zur Blutbildung und zum Eiweissansatz. Letztere
könnten wir in den österreichischen Alpenländern erzielen, die mehr als
bisher zu Heilzwecken herangezogen werden müssten. Als Ersatz für die
Kurorte der französischen und italienischen Riviera, die für Winter- und
Frühjahrskuren in Frage kamen, bleiben uns die österreichische Adria-
küste und die ihr vorgelagerten Inseln. Die südlichen Küsten des Mittel-
meeres, Algier, Tunis, sowie Madeira, Azoren usw. müssen heute durch
die dalmatinische Küste ersetzt werden. Für Nierenkranke ist das Wüsten-
klima im allgemeinen nicht mehr anerkannt, legt man aber Wert auf ein
solches, so würden als Ersatz heute nur die türkischen Provinzen Asiens
in Betracht kommen: das Innere Kleinasiens, das armenische Hochland,
Teile von Syrien. Winterkuren lassen sich in diesen Ländern jedoch
nicht ausführen. | Wilhelm Neumann.
586. Glax, Über die Möglichkeit des Ersatzes der Heilfaktoren
in den Kur- und Badeorten des feindlichen Auslandes durch
österreichisch-ungarische Mineralquellen und Kurorte. Zschr.
f. Baln. 11. Jg. 1918 Nr. 7/8.
Verf. zeigt, dass alle Gruppen von Mineralquellen in der österreichisch-
ungarischen Monarchie vertreten sind. Auch subalpine und alpine Kur-
Grenzgebiete. ' 339
orte erosser Anzalıl. Abbazia, Loorana, Brioni, Lussin,
m Lido und Rimini konkurrieren. Die klimati-
‘gnen sich als Übergangsplätze im Frühjahr und
Ausnahme von ILuussin — keine Winterkurorte
Erst in Dalmatien, in der Gegend von Sette
* der Insel Lissa erreicht oder übertrifft die
a Remo. Die heutigen Verkehrsmittel nach
end, auch fehlt es au kurörtlichen Einrich-'
n Bestrebungen, diesem Mangel abzuhelfen,
8 Wilhelm Neumann.
5E \ien und Kurorte Bulgariens. Zschr.
c 7/8.
o „algarien sehr verbreitet; sie stellt 30°/o
aller f . suchten die Kranken Heilung nur in den kleineren
Klöst „sc es zwei Sanatorien für Tuberkulöse; eines in Trojan
(50 B .,„ das zweite, 35 km von Sofia entfernt, in einer Bergschlucht
des Iskertales (200 Betten). Die Höhenlage beträgt 500 bzw. 600 m.
Die Meeresküste des bulgarischen Thraziens, namentlich das Bad Dedea-
- gatsch, ist in bezug auf Klima und Vegetation der Riviera gleichzustellen.
In der Arbeit finden sich weiter viele interessante Angaben über die
Kurorte und Heilquellen Bulgariens. Wilhelm Neumann.
588. Graeffner, Brauchen wir Kur- und Erholungsorte des
feindlichen Auslands? Zschr. f. Baln. 11. Jg. 1918 Nr. 5/6.
Verf. ist der Ansicht, dass die deutschen Kurorte grundsätzlich für
jeden Bedarf genügen und dass im Einzelfalle hinter den deutschen zu-
nächst die Kurorte der Verbündeten und — falls diese sich als unge-
eignet erweisen sollten — die Kurorte neutraler Staaten in Betracht
kommen. |Dass diese Ansichten — wenigstens in klimatologischer
Hinsicht — unzutreffend sind, kommt daher, dass der Verf. seine wissen-
echaftliche Objektivität in diesem Aufsatze dem politischen Eifer zum
Opfer bringt. Für uns Ärzte gilt nach wie vor der Satz: Salus’ aegroti
suprema lex! D. Ref.] | Wilhelm Neumann.
g) Grenzgebiete.
589. Hofbauer, Folgen der Brustschüsse. Zschr. f. ärztl. Fort-
bild. 1918 Nr. 17 u. 18.
Dicke Schwarten und ausgebreitete Atelektaseu als Folgen mangel-
hafter Resorption der durch den Brustschuss erzeugten Blutung führen
zu der Forderung, diese pleuralen Ergüsse bald und möglichst ausgiebig
zu entleeren, ohne dass mau dabei aber sicher ist, die Kranken vor den
Folgen solcher Verwachsungen zu bewahren. Oft tritt bei leisester Beu-
gung des Oberkörpers heftiger Schmerz ein; stets fand sich dann eine
Anheftung des Zwerchfells auf der verletzten Seite hoch oben an der
lateralen Thoraxwand, mit völligem Verschwinden des phreniko-kostalen
Winkels. Röntgenologisch wird diese Formveränderung des Zwerchfells
erst auf der Inspiration oder Exspiration sichtbar.
Die Resorption im Pleuraraum kann angebahnt werden nur durch
Atemübungen, da die respiratorische Bewegung der Brustwand der aus-
340 - Grenzgebiete.
schlaggebende Faktor für die Aufsaugung im Pleuraraum ist; auch der
= nicht seltene gleichzeitig vorhandene Pneumothorax lässt sich so günstig
beeinflussen. .
Die Insuffizienz der respiratorischen Brustwandbewegungen ist Ursache
der den Ort der Verletzung umgebenden Atelektasen, wie man es auch
guf dem Röntgenbild sehen kann. Atelektasen, die entfernt vom Sitze
der Verletzung liegen, finden sich immer im Hilus, weil hier die Atem-
'bewegung die Lunge am wenigsten bewegt.
Das Vorkommen von Atelektasen, Rasselgeräuschen, ja selbst Häm-
optoe, beweist noch keine tuberkulöse Infektion, kann vielmehr eine
Reizung der Bronchialschleimhaut durch Mundatmung als Ursache haben,
zumal wenn die Erscheinungen bei nasaler Atmung verschwinden.
Sekundär kommt es an diesen atelektatischen Stellen leicht zu einer
tuberkulösen Affektion, weil sie, wie die Lungenspitzen, infolge der Brust-
wandverletzung geringere Atemexkursionen machen.
Eine Aktivierung des alten tuberkulösen Prozesses in der Lunge
durch Schussverletzung findet nur selten statt; die manchmal auftretende
Hämoptoe hat ihre Ursache in der traumatischen Zerreissung des das
Projektil umgebenden Lungengewebes, ausgelöst durch die mangelhaft mit-
gemachte respiratorische Bewegung des Fremdkörpers.
Schmerzen bei glatt verheiltem Durcbschuss werden ausgelöst durch
Zerrung des narbigen Stranges, der Ein- und Ausschuss verbindet.
Lungenblähung findet sich häufig nach Schussverletzungen, auch ohne
ausgebreitete Zerstörung des Gewebes.
Störungen des Kreislaufes werden öfters durch extrakardiale Ver-
wachsungen ausgelöst. |
Formveränderungen am Thorax stellen sich bei Verwachsungen des
Zwerchfells ein und zwar hängt die Schulter auf der erkrankten Seite;
zugleich bildet sich eine Skoliose mit Konkavität nach der kranken .
Seite aus.
Am Zwerchfell machen sich als Felge von Verwachsungen statische
und kinetische Störungen bemerkbar; auch nervöse Ausfallserscheinungen
von seiten der Schulterarmmuskulatur finden sich vor; erklärt als reflek-
torische Schonung wegen Verwachsungsschmerzes.
Steckschüsse sind exspektativ zu behandeln. Die dabei restierenden
Schmerzen sind teils Verwachsungsschmerzen, teils lokale Reizerschei-
nungen durch die respiratorische Bewegung in der Umgebung des Fremd-
körpers; ebenso erklärt sich die Neigung zu Hämoptoe.
Blei- oder Arsenvergiftung liess sich niemals nachweisen.
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Sıemerswalde.
590. E. Kronenberg, Der Einfluss der Kriegsschädigungen auf
Erkrankungen der Nase und der oberen Luftwege. Zschr.
f. Laryng. Bd. 8 H. 5 Juli 1918.
Auf diesem Gebiet ist stets schwer zu entscheiden, was als Kriegs-
schädigung aufzufassen ist und was sich unabhängig davon an Krank-
heitserscheinungen entwickelt. Diese Entscheidung hat nicht nur wissen-
schaftliche, sondern auch wegen der Rente hohe praktische soziale Be-
deutung. Massgebend kann oft nur die Krankengeschichte sein, auch
für die Frage, ob es sich um Neuauftreten, Wiederauftreten oder Ver-
Grenzgebiete. 341
schlimmerung handelt, deshalb sorgfältig erhobene- Anamnese mit fort-
laufender Ergänzung, sobald sich Neues von Bedeutung ergibt. Entgegen
der wahrscheinlichen Annahme, dass infolge der grösseren Erkältungs-
möglichkeit die Erkrankungen der oberen Luftwege durch die Kriegsein-
flüsse eine, erhebliche Steigerung erfahren müssten, stellt der Verf. dies
auf Grund seiner Erfahrungen, die seiner Meinung nach Anspruch auf
allgemeine Bedeutung haben, in Abrede. Diese Erkrankungen sind so-
wohl nicht häufiger als auch nicht schwerer als im Frieden. Auffallend
war dem Verf. die geringe Zahl und Gutartigkeit der Erkrankungen der
Nasennebenhöhlen, der akuten Erkrankungen des Mittelohrs, der Pauken-
höhle und ihrer Nebenräume. Lungenentzündungen und Pleuritiden
möchte der Verf. nicht mit der Heimat vergleichen, weil diese im Felde
infolge der besonderen Verhältnisse (örtliche Umstände) häufig herdartig
auftraten, was einen Vergleich verbietet. Die Erkrankungen der oberen
Luftwege haben gegenüber der Heimat weder an Häufigkeit noch an
Schwere zugenommen, eher ist das Gegenteil der Fall, obwohl die Er-
krankungsmöglichkeit infolge der starken Gelegenheit zur Erkältung er-
heblich gewachsen ist. Die Begründung dieser günstigen Verbältnisse
erkennt der Verf. darin, dass durch das Leben im Felde verschiedene
Schädlichkeiten des Heimatlebens (Industriestaub) aufgehoben sind, da
die Leute sich dauernd im Freien aufhalten, sorgfältig hygienisch über-
wacht werden, und infolge ihrer gehobenen psychischen Verfassung im
Felde widerstandsfähiger sind. Im engen Zusammenhang damit steht,
dass bei diesen Erkrankungen die Frage der Dienstbeschädigung weniger
häufig zu bejahen sein wird. Der Verf. hebt hierbei nochmals ‘den Wert
einer exakten Krankengeschichte hervor. Zur Tuberkulose äussert er sich
im speziellen folgendermassen: Fälle offener Tuberkulose werden, sobald
erkannt, von dem Heer ausgesondert. Trotzdem lässt es sich nicht ver-
meiden, dass einzelne sich lange Zeit dem Nachweis entzieben. Und da
ist es wieder bemerkenswert, dass gelegentlich sichere Tuberkulosen bei
Leuten in- sehr gutem Ernäbrungszustand festgestellt wurden, von denen
man auf Nachfrage erfuhr, dass Allgemeinzustand und Ernährung sich
im Kriege beträchtlich gehoben hatten. Deist, Stuttgart.
591. F. Pick, Über Erkrankungen durch Kampfgase. Zbl. f. inn.
Med. 1918 Nr. 20. ;
Die ersten Erscheinungen sind immer Atemnot, Hustenreiz, Übelkeit,
manchmal Bewusstlosigkeit; anschliessend treten auf heftige Hustenanfälle
mit reichlichem Auswurf, mitunter Fieber und Erscheinungen herdweiser
Lungenentzündung. Später bleibt gewöhnlich das Bild einer mehr
oder weniger trockenen Bronchitis mit Blähung, mit sehr intensiven
Brustschmerzen neben den Erscheinungen der allgemeinen Vergiftung.
Die anderen geschilderten Nachkrankheiten betreffen andere Organe als
die Lunge. Auffallenderweise ist die Tuberkulose nicht unter den Folgen
der Gasvergiftung erwähnt, Ref. sah bis jetzt immerhin einige Fälle, bei
denen die Aktivierung einer bis dahin völlig erscheinungslosen alten
Spitzen- oder Hilustuberkulose mit Sicherheit auf eine Gasvergiftung
zurückzuführen war, was ja angesichts der oben geschilderten Erschei-
nungen seitens der Respirationsorgane auch nicht wundernehmen kann.
C. Kraemer II.
342 | Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
592. K. v. Jaksch, Morbus Banti und Milztuberkulose. Zbl. f.
inn. Med. 1918 Nr. 26.
Sehr interessante Verheilung eines Falles von (histologisch festge-
stellter) Milztuberkulose, welche die nach Banti benannte Symptomentria,
Anäınie, Leukopenie und Milztumor hervorgerufen hatte. Die Milz wurde
operativ entfernt, und der Herr ist seither (über 3 Jahre) völlig gesund
und arbeitsfähig. Möglicherweise wurde er durch die Operation auch vor
einer ihm drohenden allgemeinen tuberkulösen Erkrankung bewahrt.
C. Kraemer II.
593. Pöppelmann, Ein ungewöhnlicher Brustschuss. D. m. W.
1918 Nr. 22.
Interessanter käsuistischer Beitrag. Es handelte sich nach Ansicht
des Verf. um vorübergehende Lähmung des linken Nervus phrenicus,
wodurch zunächst ein verblüffendes Bild entstanden war.
i C. Kraemer II.
594. Wieting, Leitsätze für die Schussverletzungen der Brust-
wand und Lungen. D. m. W. Nr. 21—23.
Nicht für kurzes Referat geeignet. C. Kraemer II.
h) Bibliographie.
1. A.du Bois, Beitrag zur Röntgenhehandlung tuberkulöser Drüsen und Knochen-
erkrankungen. Diss. Giessen 1917.
2. A. Malinowski, Zur Klinik und Pathologie des primären Lungensarkoms
Diss. Berlin 1917.
3. G. Krukenberg, Miliartuberkulose im Anschluss an Entbindung, ausgehend
von einer Genitaltuberkulose. Diss. Berlin 1917.
4. Karl Ziegler, Über einen eingeheilten Fremdkörper in der Lunge nach
Stichverletzung und seine Beziehungen zur l,ungentuberkulose. Diss. Königs-
berg: 1917.
5. Fr. Piper, Über den Einfluss Ausserer Lebensbedingungen auf die Verbrei-
tung der Tuberkulose auf Grund von Erfahrungen im neuen Sammellager
für tuberkulöse Kriegsgefangene. Diss. Breslau 1918.
6. L. Detzel, Ein Beitrag zur Beziehung der Mikulicz’schen Erkrankung zur
Tuberkulose der Tränendrüsen. Diss. Freiburg i. Br. 1918.
Schröder.
Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
,—
17. Klopstock-Kowarsky, Praktikum der klinischen chemischen,
mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchungsmethoden.
Fünfte Auflage. 1918. Mi 36 Textabbildungen und 24 farb. Tafeln. Urban
& Schwarzenberg, Berlin-Wien. Xl u. 5028. Geb. M. 15.—.
Der Umfang des wertvollen Praktikums ist wieder vermehrt worden; alle
neueren und erprobten Untersuchungsmethoden haben Aufnahme gefunden. Die
rasche Aufeinanderfolge der Neuauflagen zeigt zur Genüge, welchen Anklang das
Werk gefunden hat und dass es seinen xewollten Zweck voll erfüllt. Gute farbige
Tafeln mikroskopischer Bilder finden sich im Anhang des Buches, auch die Ab-
— — Be, —
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 343
bildungen im Text sind durchaus zweckentsprechend. Wir können das Buch da-
her auch weiterhin als ein gutes Hilfsmittel bei den Arbeiten im Laboratorium
wärmstens empfeblen. Schröder.
18. Fr. Kölsch, Der Milzbrand. Völler’s Verlag Natur und Kultur. München
1918.
Gute gemeinverständliche Darstellung unserer Kenntnisse von Milzbrand.
Die Bedeutung der Milzbrandinfektion als Nutztiererkrankung, ihre Gefahr für
den Menschen, weiter Bekämpfungsmassnahmen werden in kurzen Zügen treffend
geschildert. Schröder
19. A. v. Borosini, Das Fletschern und die Magenfrage. Ernährungs-
ABC als Grundlage aller Körperkultur. Erster Teil. Verlag von Holze
& Pahl in Dresden. Geh. M. 2.—.
Das kleine flottzeschriebene Schriftchen, das sich gegen unsere falsche Er-
nährung in den Friedeusjahren wendet: und auf die Bedeutung des Kauens und
der Dıät hinweist, gibt auch dem Arzte mancherlei Anregungen, wenn man auch
dem Verfasser in allem nicht wird beistimmen können. So erscheint es doch arg
übertrieben, was Veriasser auf Seite 82 schreibt: „Es ist meine volle Überzeugung,
dass diejenigen, die bei Zeiten beginnen, ihr Leben nach- den in diesem Buche ge-
gebenen Anweisungen einzurichten, weder Krebs noch Blinddarmentzündung,
noch Gicht noch irgend eine andere Stoffwechselkrankheit bekommen, selbst vor
Seuchen im bohem Masse geschützt sind... .“ Klare, Scheidegg.
20. W. Klimaszewski- München, Die moderne Tuberkulose-Bekänp-
fung und ihre Waffen. Eine Zusammenfassung der wirksamsten
neueren Heilmethoden, Mineralisierung und Desinfektion des Blutes,
Selbstimmunisierung und Insolation. Verlag von Holze & Pahl, Dresden.
Beim Lesen des Schriftchens wird einem nicht recht klar, für welche Leser-
kreise das Büchlein bestimmt sein soll. Der Arzt muss es ablehnen, denn dass
Tuberkulose mit Sapo Entbacterini. Essentia Entbacterini, Tinctura Entbacterini,
Lungentee oder Ameisensäure geheilt werden soll, kann ihm der Verfasser nicht
glauben machen. Dem Laien bietet es ausser einigen — es soll das anerkannt
werden — guten Ratschlägen, z.B. über Bettruhe beı Temperatursteigerungen, nichts
Neues. Alles in allem ein Büchlein, wie wir sie häufig als Beigabe zu markt-
schreierisch empfohlenen Spezialpräparaten (vergleiche die Reklame mit Pulmann-
tee) finden. Klare, Scheidegg.
21. Statistisches Jahrbuch der Schweiz, herausgegeben vom eidgenössi-
schen statistischen Bureau. 26. Jahrg. 1917. Bern, 1918. Buchdruckerei
Stämpfle & (ie. Konmissionsverlag A. Francke, Bern. 371 S. Fr. 3.—.
Im Jahre 1918 wurde der 26. Jahrgang des Statistischen Jahrbuchs der Schweiz
über das Jahr 1917, ein über alle Fragen des volkswirtschaftlichen Lebens und
der verwandten Gebiete bis in das Einzelnste Auskunft gebendes Werk von hohem
Gehalt, herausgegeben. Ein ausführlicher Quellennachweis als Wegweiser für
das weitere Studium ist dem vorliegenden Jahrgang zum erstenmal beigefügt.
Aus dem reichen Inhalt ist folgendes hier Interessante herauszuheben.
In dem Abschnitt Bevölkerungsbewegung sind für das Jahr 1916 in den
Kantonen der Schweiz inszesanıt 50623 verschiedene Todesursachen aufge-
führt, davon betreffen 5188 = 10,246°/ Lungentuberkulose, 2221 = 4,386)
andere tuberkulöse Krankheiten.
Die wichtigsten Kantone mit den Zahlen für Lungentuberkulose (an erster
Stelle) und andere tuberkulöse Krankheiten (an zweiter Stelle) folgen: Bern
935, 397, Zürich 585, 233, Vaud 497, 183, St. Gallen 410, 201, Genf 300, 96,
Aargau 297, 133, Tessin 237, 106, Freiburg 212, 112, Valaıs 201, 76, Neufchatel
183, 75, Basel-Stadt 177, 65, Graubünden 177, 80, Soloıhurn 167, 67, Luzern 163, 12,
344 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
Thurgau 140, 57. Alle übrigen Kantone haben Zahlen unter 100, 50. Die niedrigsten
Zahlen sind für den Kanton Oberwalden 14, 6.
Angesichts der engen Beziehungen zwischen "Tuberkulose und Skrofulose sei
erwähnt, dass Skrofulose als Todesursache im Jahre 1916 in den Kantonen 20 mal,
in den Städten 2mal gezählt worden ist.
Jahreszusammenstellungen aus den Jahren 1907—1916 ergeben, dass in dieser
Zeit die Lungentuberkulose als Todesursache mit ganz geringen Schwankungen
von €063 Fällen im Jahre 1907 = 10,25°/o bei der Summe von 59182 Todesur-
sachen auf 5188 = 10,246 °/o im Jahr 1916 heruntergegangen ist. Bei den übrixeu
tuberkulösen Krankheiten ist ebenfalls mit geringfügigen Schwankungen von 1907
mit 2765 Fällen = 4,67°/o bis 1915 mit 2061 Fällen eine dauernde Abnahme vor-
handen. Im Jahr 1916 ist dann wieder eine Zunahme bis 2221 = 4,386°/o ein-
getreten. Die Jabresschwankungen bei Skrofuluse in den Kantonen sind beträcht-
lich, die höchste Zahl stellt: das Jahr 1911 mit 70, die niedrigste das Jahr 1916
mit 20 Fällen, in den Städten sind sie noch grösser, sie bewegen sich zwischen
1 Fall im Jahr 1917 und 18 Fällen im Jahr 1912.
In den Städten der Schweiz (= städtische Gemeinden mit mehr als 10000
Einwohnern, ist der Tod unter 6276 Todesfällen des Jahres 1916 1522 mal durch
Lungentuberkulose = 24,25°o und 582mal durch andere tuberkulöse
Krankheiten = 9,27°/o hervorgerufen. Den Hauptanteil tragen folgende Städte
(Zahlen für Lungentuberkulose an erster, die für andere tuberkulöse Krankheiten
an zweiter Stelle): Genf 264, 74, Zürich 235, 87, Basel 169, 62, Bern 152, 76,
Lausanne 107, 23, St. Gallen 101, 5l, Luzern 48, 34, alle übrigen weisen Zahlen
unter 50, 34 auf. Die niedrigsten Zahlen zeigt Arbon mit 8, 4.
Der Abnahme der Lungentuberkulose und der anderen tuberkulösen Krank-
heiten in den Kantonen entspricht die Abnahme in den Städten. Die Zahl der
Lungentuberkulosen fällt mit 1612 Fällen im Jahr 1907 = 21,64"/o von 7449
Gesamttodesursachen dauernd auf 1522 Fälle im Jahr 1916. Die andern tuber-
kulösen Krankheiten fallen von 697 Fällen im Jahr 1907 = 9,35°/» „uf 528 im
Jahr 1915 und steigen im Jahr 1916 wieder auf 582 Fälle. Der Unterschied
zwischen der Häufigkeit der Tuberkulose in Kanton und Stadt, der sich in den
Verhältniszahlen (bei Lungentuberkulose 10,246°/o gegen 24,25°/u und anderen
tuberkulösen Krankheiten 4,386 °/o gegen 9,27 °/,) ausprägt, ist beträchtlich.
Im Abschnitt Moral und Hygiene ist unter Gesundheitswesen nachgewiesen,
dass in den einzelnen Monaten des Jahres 1917 in den hauptsächlichsten Kranken-
anstalten der Schweiz 90784 Kranke Neuaufnahme gefunden haben. Dar-
unter befanden sich 2936 Kranke mit Lungenschwindsucht == 8,2%°/. und
2988 Kranke mit anderen tuberkulösen Krankheiten = 8,29°/. Die
grössten Ziffern zeigen bei Lungentuberkulose folgende Monate: März mit 334,
Mai mit 330, April mit 271, Juni mit 270, Januar mit 256, August mit 248, Februar
und Juli mit 244 Fällen, bei anderen tuberkulösen Krankheiten folgende Monate:
Mai mit 390, März mit 319, April mit 286, Juni mit 269, August mit 256, Februar
mit 255, Januar mit 22% Fällen.
Die Aufnahmefähigkeit der schweizerischen Krankenanstalten ist in den
letzten Jahren ganz beträchtlich gestiegen. Im Jahre 1908 betrug die Summe der
Aufnahme noch 65846 und hat dann mit Schwankungen zu Kriegsbeginn im Jahr
1917 den Höhepunkt mit 90784 Aufnahmen erreicht. Der Steigerung der Ge-
samtaufnahme entsprechend ist auch die Aufnahmezahl der Lungentuberkulösen
seit 1908 (abgesehen von den natürlichen Schwankungen zu Kriegsbeginn) dauernd
grösser geworden, sie betrug 1903 2425 Kranke, 1917 2936 Kranke. Dagegen
sind die Zahlen für andere tuberkulöse Krankheiten unter Schwankungen ungefähr
gleich geblieben: 1908 2926 Kranke, 1917 2988 Kranke. Verbältnismässig aber
hat sowohl die Aufuahme von Lungenschwindsüchtigen als auch von anderweitig
. tuberkulös Erkrankten abgenommen. lm Jahr 1908 stellte die Lungenphthise
3,680, die anderen tuberkulösen Krankheiten 4,43°'o der Totalaufnahmen. Diese
Zahlen minderten sich 1917 auf 3,23°o und 3,29 °/o.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 345
Von allgemein Interessantem sind noch die Zahlen über klimatische Ver-
hältnise hervorhebenswert, die unter dem Gesichtspunkt Davos besondere Bedeu-
tung für uns gewinnen. Eingehend behandelt ist Witterung, Niederschlag, Tenıpe-
ratur, Bewölkung, Sonnenscheindauer. Es folgen die Zahlen Temperatur und
Sonnenscheindauer der Station Davos:
| |
r
|
2 *
8 e |
4 3 3 g S g £
5 2 N = — g g S © D
c „m I bs 2 g = a0 Os > 8
a © [> e 5 = 5 © hl © ©
Eu = < = be 2 < un © Z A
— —
Temperatur.
Monatsmittel und Abweichungen vom Normalstand in * Cels.
a) = Monatsmittel. b) = Abweichung vom Normalstand.
1916
a) | —4,8 | —4,6 Tie] 2,6 | 7,9 8,3! 11,3 o 6 6, 01 8, len
b) 2,4! 0,3 16} 0,4 | 11 —20 —0,8 | —0,8 | —2,0 5| —0,2 1,7
1917
a) ? , —1,2 9,7 a 001 12, 11,3 | 10,4 0,9 —3,1 — 8,9
b) | —1,6 | —2,7 | —1,1 | —8,4 | 2,9 —?2,6 | —1,7 | —3,1
Sonne mt in Stunden
1916
|! 109 | 92 | 116 | 184 | 183 | 157 | 171 | 202 | 187 | 145 | 73 7
1917
81 | 140 | 147 | 123 | 217 | 209 | 197 | 210 | 227 | 115 | 116 | 93
Wissenswert ist schliesslich, dass auch in der Schweiz seit Kriegsbeginn
die Milcherzeugung und damıt Hand in Hand die der Milchprodukte wesentlich
vermindert wurde. Die Milcherzeugung (berechnet in Mill. 9) die 1914 den Höhe-
punkt von 26,7 erreicht hatte, ist 1917 bis auf 20,8 herunter gegangen und wurde
für 1918 sogar nur noch auf 18,0. geschätzt. Deist, Stuttgart.
22. Medizinal-statistische Nachrichten 1915—16, 7. Jahrg., Heft 8 u. 4.
Das 3. Heft bringt statistische Angaben über die Sterblichkeit in der Kreis-
bevölkerung des preussischen Staates nach Todesursachen und Altersklassen im
Jahre 1914, über Mord und 'l'odschlag, Hinıichtungen und Selbstmorde in Preussen
im Jahre 1914, über Geburten, Eheschliessungen und Todeställe in Preussen im
4. Vierteljahr 1914 und unter der Rubrik „Verschiedenes“ über die Sterblichkeit
an wichtigen übertragbaren Kinderkrankheiten in Preussen in den Jahren 1876
bis 1915.
(Heft 4.) Statistische Angaben über die Sterblichkeit in der Kreisbevölkerung
Preussens nach Todesursachen und Altersklassen im Jahre 1914, über die töd-
lichen Verunglückungen, über die Heilanstalten in Preussen im Jahre 1914 und
unter der Rubrik „Verschiedenes“ über die Säuglingssterblichkeit nach Todes-
ursachen auf 1000 lebende Säuglinge berechnet in den Jahren 1910 —14.
In den allgemeinen Heilanstalten wurden 1914 im ganzen 114621 Tuber-
kulöse behandelt. Von ihnen lıtten an Lungentuberkulose 88135, an Tuberkulose
anderer Organe 21888, an Skrofulose 4598. Von den Behandelten starben 13928,
davon an Lungentuberkulose 11734. Schellenberg, Ruppertshain.
23. A. Kohn, Unsere Wohnungsuntersuchungen im Jahre 1917. Im Auf-
trage des Vorstandes der Allgemeinen Ortskrankenkasse der Stadt Berlin.
Berlin 1918.
Zu kurzer Besprechung ungeeignete, hauptsächlich statistische Zusammen-
stellung der Wohnverhältnisse der Angehörigen der A. K. K. Berlin. Auch hier
Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung,. 12. 23
346 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
ergibt sich wieder das bekannte Wohnungselend der Grossstadt: Fehlen des not
wendigen Luftraums, überfüllte Räume, hygienisch unmögliche Dach- und Keller-
geschosse usw. P. Weill, Strassburg (z. Z. Beelitz).
24. Klare, „Gebt den Kindern Sonne!“ Berlin, Verlag des Deutschen
Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose.
Mit guten Bildern ausgestattete volkstümliche Propagandaschrift für Luft-
und Sonnenbehandlung auch der gesunden Jugend.
P. Weill, Strassburg (z. Z. Beelitz). -
25. Aus dem Deutschen Tuberkulose-Fürsorge-Blatt 1918 Nr. 5—10. (Ref.
Schwermann- Alpirsbach.)
Müller: Lehrwerkstätten an Lungenheilanstalten.
Beschreibung der in der Lungenheilanstalt Lippspringe eingerichteten Werk-
stätten, teils zur Umlernung in einen neuen Beruf, teils zur Wiedergewöhnung
an die Arbeit in den letzten Wochen der Kurzeit, immer natürlich im Einklang
mit dem ärztlich vorgeschriebenen Heilplan und unter ärztlicher Kontrolle.
Beschorner: Wiedereintritt in die Krankenversicherung der
aus dem Heeresdienst entlassenenresp. beurlaubten tuberkulösen
Kriegsteilnehmer.
In 9 Leitsätzen, die im Original nachgelesen werden müssen,. gibt Verf. eine
Anleitung zur Wiedererlangung der Versorgung erkrankter tuberkulöser Heeres-
angehöriger durch die Kassen.
Ehrenberg: Über die Walderholungsstätten Cassel.
Kurze Beschreibung über den Betrieb in den Walderholungsstätten an der
Hand von Bildern.
Petruschky: Weitere Erfahrungen über spezif. Perkutan-
behandlung.
Das zuerst von Spengler angewandte und vom Verf. weiter ausgebaute
Verfahren der spezif. Behandlung durch Einreiben von Tuberkulinpräparaten in
die Haut entspricht allen Anforderungen für ein Verfahren zur Bekämpfung der
Tuberkulose als Volkskrankheit: Einfachheit, Unschädlichkeit und Wohlfeilheit.
P. verwendet im Gegensatz zu der Partigenbehandlung nach Deycke-
Much alle Teilantigene in einem Präparat und benutzt zwei Präparate:
Linimentum anticatarrhale; Tuberkulin-Liniment.
In Anwendung kommen nur ganz kleine Aufangsdosen, ähnlich wie bei
Tuberkulin Koch, da es anfangs häufig vorgekommen ist, dass trotz keiner sicht-
baren Reaktion (lemperaturerhöhung etc.) doch allmählich eine Toxinüberlastung
aufgetreten ist (Kopfschmerzen, Müdigkeit, Gewichtsabnahme).
Nach 8&jähriger Erfahrung kommt P. zu dem Resultat, dass „die so not-
wendige Massenbehandlung im Primärstadium der Tuberkulose möglich wird, um
dem Ausbruch offener Tuberkulose mehr und mehr vorzubeugen.“ Die für die
praktische Anwendung der Präparate notwendigen Richtlinien müssen im Original
nachgelesen werden und sind bei der Handelsgesellschaft deutscher Apotheker in
Berlin erhältlich.
Verf. selbst hat, soweit sich das vorliegende Material statistisch verwerten lässt,
99°/ mit Aussicht auf Dauererfulg bei geschlossener und 30—33°,0 bei offener
Tuberkulose behandelt. Die grundlegende Bedingung für diese Erfolge sind plan-
mässig durcbgeführte „Etappenkuren* durch mehrere Jahre. Mit allen Kräften
muss die Frübbehandlung der infizierten Kinder gefordert werden, damit die
Entstehung neuer ansteckender Fälle allmählich gänzlich verhütet wird. Aufgabe
der Fürsorgestellen wird die frühzeitige Auffindung der Infizierten sein und die ;
„Fürsorge für rechtzeitige und wirksame Behandlung“.
Thode: Loslösung der Tuberkulosefürsorge aus der öffent-
lichen Armenpflege.
Seit 1. April 1917 ist in Stettin die Tuberkulosefürsorge aus der öffentlichen
` a
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 347
Armenrpflege losgelöst, und erhalten alle wegen Tuberkulose einer öffentlichen
Hilfe bedürftigen Personen diese Hilfe aus besonderen städtischen Mitteln. Diese
Loslösung ist einmal deshalb als Fortschritt zu begrüssen, als viele Leute sich
wegen der damit verbundenen Rechtsminderung scheuen, die öffentliche Armen-
pflege in Anspruch zu nehmen; dann aber auch, da die Armenpflege eben nur
den Mittellosen Hilfe angedeihen lassen kann, eine Tatsache, die sich mit einer
verständnisvollen Tuberkulosefürsorge nicht vereinbaren lässt.
Durch diese Loslösung werden alle Hemmnisse, die einer sachgemässen
Tuberkulosefürsorge im Wege stehen, möglichst beseitigt. Die Kranken werden
auch hier in gewissem Umfang zur Bestreitung der Kosten herangezogen, aber
mit Fortfall der armenrechtlichen Folgen; dieser Kostenanschlag wird aber sofort
festgesetzt, so dass die frühere Furcht vor ——— Inanspruchnahme in un-
bekannter Höhe ebenfalls fortfällt.
Nachruf auf Gaffky, den Mitarbeiter Kochs.
Altstaedt: Die diagnostische Tätigkeit der Tuberkulose-
fürsorgestelle Lübeck.
Hauptaufgabe der Tuberkulosefürsorgestellen ist, Erkrankte rechtzeitig in
Behandlung zu bringen. Persönliche Fühlungnahme auch bei noch so beschränkter
Zeit wichtig, es darf keine Massenarbeit in der Fürsorgestelle geleistet werden,
denn dabei würden geräde leichte, beginnende Fälle übersehen. Die Hauptfrage
heisst ja immer: Ist die Tuberkulose aktiv oder inaktiv. Die Hauptfälle rekrutieren
sich aus den Leuten mit zweifelhafter Tuberkulose. Die probatorische Tuberkulir-
injektion hat heute ihre Bedeutung für die Diagnose verloren. Das einzige Mittel,
zu entscheiden, ob es sich um einen aktiven oder inaktiven Prozess handelt, ist
- die Beobachtung des Kranken längere Zeit hindurch, während deren die Be-
treffenden in Arbeit stehen, ein Mittel, das die Fürsorgestelle vor den Beobachtungs-
stationen voraus hat.
Eine zu häufige Untersuchung der Kranken könnte vermieden werden, wenn
sich die Versicherungsanstalten und Kassen auf das Urteil des 'l'uberkulosearztes
verlassen würden.
A. kommt zu den Schlussfolgerungen, dass in 2 Stunden höchstens 25 Unter-
suchungen vorgenommen werden sollten, dass die Diagnose des Fürsorgearztes
bei Beobachtung des in Arbeit stehenden Kranken jeder anderen Diagnose über-
legen ist. Ferner leitet die Fürsorgestelle Kleinarbeit für Versicherungsanstalten
und Kassen und macht Tuberkulosebeobachtungsstationen überflüssig.
Tuberkulosefürsorge des Zentralkomitees vom Roten Kreuz.
12. Bericht über die Tätigkeit der Tuberkuloseausschüsse der Abteilung für
Kriegswohlfahrtspflege.
26. Österreichisches Tuberkulose - Fürsorge -Blatt 1918 Nr. 2—4. (Ref.
Pogazhnik-Gutenstein.)
Fellner: Randbemerkungen zur Fürsorge heimkehrender
Krieger. (Aus der staatl. Lungenheilanstalt in Sternberg.)
Anknüpfend an einen neuen Erlass des Kriegsministeriums über die Abgabe
von lungenkranken Soldaten in Heilanstalten und häusliche Pflege, der im all-
gemeinen von Fachärzten freudigst begrüsst wurde und zweifellos einen be-
deutenden Schritt nach vorwärts bedeutet, macht F. auf verschiedene Mängel,
die sich der klaglosen Durchführung dieses Erlasses entgegenstellen, aufmerksam.
Es ist ja tatsächlich haarsträubend, wenn es bei der heutigen Spitalsbettennot
beispielsweise vorkommen kanı, dass infolge bureaukratischer Schwerfälligkeit
in einer Lungenheilanstalt mit 1250 Betten nur die halbe Anzahl von Betten
belegt ist und auch diese nicht nur mit für die Anstaltsbehandlung geeigneten
Fällen, sondern zum Teile auch mit schweren, verlorenen Fällen oder überhaupt
nicht Tuberkulösen. Weiter bemängelt Verf. mit Recht auch die späte Zuweisung
von Kranken, die bei rechtzeitiger Abgabe in eine Anstalt noch hätten gerettet
23?
348 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
werden können, und schliesslich auch die ganz ungenügende Tuberkuloseaufklärung
der Soldaten.
Eine bessere und einheitlichere Organisation erweist sich im Interesse der
Tuberkulosebekämpfung und Fürsorge als dringend notwendig und macht Verf.
hiezu mehrere beherzigenswerte Vorschläge.
Teleky: Die Sorge für tuberkulöse Kriegsbeschädigte.
Auch Teleky gibt Anregungen, wie das nach den schon erwähnten letzten
behördlichen Verordnungen sehr langwierige Verfahren bei der Abgabe von
lungenkranken Soldaten in Anstaltsbehandlung oder häusliche Pflege abgekürzt
werden könnte.
A. Götzl: Die Anzeigepflicht bei Tuberkulose,
Die Tuberkulosesterblichkeit hat in den letzten Kriegsjabren erheblich zu-
genommen. G. prüft unter Verwendung der einschlägigen Literatur und An-
führung interessanter historischer Daten und statistischer Tabellen eine der vielen
vorgeschlagenen Abwehrmassregeln gegen das Überhandnehmen der Lungen-
tuberkulose, die Anzeigepflicht, einerseits auf die Richtigkeit ihrer theoretischen
Grundlage, andererseits untersucht er, ob und unter welchen Verhältnissen die
äusseren Bedingungen gegeben sind, unter denen die als berechtigt anerkannte
Forderung nach Einführung der Anzeigepflicht bei dieser Erkrankung ihre Er-
füllung ermöglicht.
In der historischen Entwickelung der Anschauungen über die Tuberkulose,
die erst seit den grundlegenden Arbeiten Koch’s durch experimentelle Forschung
begründete festere Formen annahmen, entwickelten sich auch die Anschauungen
über die Anzeigepflicht in verschiedener Richtung. Der Anzeige von Tuberkulose-
todesfällen kann von dem Standpunkte ausgehend, dass es sich bei der Tuber-
kulose um ein Pandemie handelt und dass eine Infektion des Kulturmenschen
schon in der frühesten Jugend stattbat, ein gewisser Wert im Rabmen aller der
Eindämmung der Tuberkuluse dienenden Abwehrmassregeln insoferne nicht ab-
gesprochen werden, als durch sie die Aufmerksamkeit auf die durch das lange
vorangehende Siechtum gefährdete Umgehung gelenkt wird oder — wenn der
Todesfall zum Wohnungswechsel der Familie führt — durch die Desinfektion der
Wohnung auch die späteren Bewohner geschützt werden, unter der Voraussetzung
natürlich, dass diese Anzeigen auch überall durchgeführt werden. Dies ist nun
aber auch dort, wo die Anzeigepflicht schon seit vielen Jahren gesetzlich an-
geordnet ist, wie z B. in Dänemark, nicht durchwegs der Fall und wird vielfach
der Mangel einer ärztlichen Totenbeschau als Ursache hierfür angegeben. Anderer-
seits erübrigt sie sich dorf, wo ein geregeltes Beschauwesen besteht, d.h. alle
Todesfälle mit Angabe der Todesursache der Behörde anzuzeigen sind. Sie kann
in richtiger Weise nur auf dem Wege einer gleichmässig durchgeführten ärzt-
lichen Behandlung aller Kranken erzielt werden.
Noch viel komplizierter gestaltet sich die Anzeige von Tuberkulosekrank-
heitsfällen. Welche Erkrankungsfälle von Tuberkulose sollen angezeigt werden ?
Die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen lauten in den verschiedenen
Ländern verschieden. Fast ausschliesslich steht die Lungen- und Kehlkopf-
tuberkulose im Vordergrund der Diskussion. Doch scheint die gesetzestechnische
richtige Erfassung der zur Anzeige verpflichtenden Stadien der Lungen- und
Kehlkopftubeıkulose grosse Schwierigkeiten geboten zu haben
Auch bei der Rücksichtnahme auf die äusseren sozialen Verbältnisse be-
wegte man sich bei der Normierung der Anzeigepflicht in verschiedenen Richtungen.
In manchen Verordnungen wird die Anzeigepflicht gefordert bei Wohnungswechsel,
in anderen bei Abgabe von Tuberkulösen in Heilanstalten oder Entlassung der-
selben aus denselben. Die Verordnung für das Königreich Sachsen und auch in
andern Ländern setzt wieder die Anzeigepflicht fest, wenn sich die Kranken in
Privatkrankenanstalten, in Armen- oder Siechenhäusern, in Herbergsschlafstellen,
in Pensionaten u. dgl. befinden. Andererseits findet man häufig das Bestreben
ausgedrückt, eine Anzeigepflicht für solche Kranke festzusetzen, die überhaupt
—
Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 349
in schlechten Wohnverhältnissen leben. Seltener finden Berufs- und Arbeits-
verhältnisse entsprechende Berücksichtigung. Es gibt vereinzelte Bestimmungen
über die Anzeigepflicht von Tuberkulösen in Schulen, von solchen, die im
Nahrungsmittelgeweiıbe beruflich tätig sind; alle diese Bestimmungen sind teil-
weise mangelhaft, teilweise undurchführbar, jedenfalls nicht einheitlich. Verf.
erörtert nun an der Hand eines reichen statistischen Materials aus allen Ländern
die Frage, was mit der Anzeige erreicht werden kann bzw. erreicht wurde und
fasst seine ungemein gründlichen und interessanten Ausführungen in folgende
Schlusssätze zusammen:
1. Weder die Resultate der medizinischen Forschung noch die sozialen Be-
dingungen, unter denen die Anzeige der Tuberkulose erfolgen soll, konnten in
den Verfügungen bisher in gesetztechnisch einwandfreier Weise zum Ausdrucke
gebracht werden.
2. Wie alle anderen Massnahmen ist die Anzeige nur als ein unterstützendes
Mittel zur Abwehr der Tuberkulese anzusehen, das den Einfluss allgemein
wirkender, sozialökonomischer Momente, der sich in erhöhter Tuberkulosemortalität
äussert, nicht aufzuwiegen vermag.
$. Die Statistik ist vorläufig nicht imstande, den einwandfreien Beweis
dafür zu erbringen, dass der Durchführung der Anzeigen bei Tuberkulose ein
Einfluss auf die Tuberkulosesterblichkeit zukommt.
4. Das Ausmass, in dem die Anzeige — sei es die freiwillige, sei es die
zwangsweise — durchgeführt wird, hängt im wesentlichen von dem Kulturniveau
der Bevölkerung sowie davon ab, inwieweit sonstige, der Eindämmung der
Tuberkulose dienende Einrichtungen und Vorkehrungen vorhanden sind. Nur als
Mittel zum Zweck, nicht aber als Selbstzweck kann sie dem Verständnisse der
Bevölkerung näher gebracht werden.
E. Fronz: Zur Bekämpfung der Tuberkulose.
Eine energische Aufforderung zur Organisation zum Kampfe gegen die
Tuberkulose. — In erster Linie sind die offenen, ansteckungsfähigen Tuberkulösen
durch Unterbringung in „Heilanstalten“, wo sie, soweit es ihr Zustand gestattet,
auch Besserung oder Heilung finden können, unschädlich zu machen. Einen
vorläufigen und teilweisen Ersatz für die vielen hierzu fehlenden Anstalten sieht
Verf. in den von Taubert vorgeschlagenen Isolierabteilungen in Häusern mit
Kleinwohnungen und zwar ergänzt er diesen Vorschlag dahin, diese lIsolier-
abteilungen mögen auf dem höchsten Teile des Hauses mit allen Vorzügen von
Licht und Luft angebracht werden. Einen ähnlichen Vorschlag machte Verf.
schon im Jahre 1910 bei der Internationalen Tuberkulosekonferenz in Brüssel.
Die geschlossenen Fälle von Lungentuberkulose können zumeist dem Gebiete
der Fürsorgestelle allein überlassen bleiben. Eine genaue Registrierung, Ordnung
der grossen Masse der Tuberkulosefälle, Gruppierung in offene und geschlossene
Formen etc. ist notwendig. Was die Heilung selbst der Tuberkulose betrifft, so
ist diese der Hauptsache nach eine Frage der Wohnung und der Ernährung, also
eine allgemeine soziale Frage.
K. Holter: Die Ernährungsfrage in den Lungenheilstätten.
Die Schwierigkeiten in der Approvisionierung der Volkslungenheilstätten
steigern sich von Tag zu Tag. Einen leıder sehr deutlichen Ausdruck finden
diese Schwierigkeiten dariu, dass die Gewichtszunahmen der Pfleglinge stets ge-
ringer werden, ja fast ganz aufgehört haben. Die Heilstätten sind heute mit ihrer
Verpflegung an jener unteren Grenze angelangt, von welcher an ihr Nutzen über-
haupt in Frage gestellt erscheint. Dass nicht der Mangel an Lebensmitteln allein
an diesem Übelstande schuld trägt, beweist der Umstand, dass es Kurorte und
Sanatorien gibt, die für eine viel grössere Zahl von Personen reichlich versorgt
sind. Verf. stellt die berechtigte Forderung, dass die an Zahl geringen mittel-
losen in den Volksheilstätten untergebrachten Lungenkranken nicht schlechter
gestellt sein sollen als die vielen reichen Leute, welche oft nicht einmal krank,
850 Bücherbesprechungen und Zeitschriften.
- sondern nur erholungsbedürftig sind. Die Lungenheilstätten müssen dieselbe
Stellung eingeräumt erhalten wie die bevorzugten Kurorte. Nötig sind ferner
Geldzuschüsse zur Aufbesserung der Verpflegung und erhöhte Zuweisung von
rationierten Lebensmitteln. Bei Nichterfüllung dieser Forderungen müsste allen
Ernstes an die Schliessung der Heilstätten gedacht werden.
R. Luke: Mitteilung eines Versuches, die Aufgaben der Für-
sorgestellen für Tuberkulose im Bezirke Wildenschwert und
Senftenberg in Böhmen durch Selbsthilfe durchzuführen.
In der Tätigkeit der Fürsorgestellen auf dem Lande, wie sie jetzt nach den
ministeriellen Verordnungen geübt wird, sieht Verf. einen Übelstand darin, dass
„die Arzte selten ihre Kranken zu einem anderen Arzte und zu spät senden“.
„Die Genesenden gehen womöglich bald in die Arbeit und haben dann weder
Zeit noch Lust zu einer längeren systematischen Kur, wenn die sogenannte
ökonomische Heilung eingetreten ist.“
| Er macht Vorschläge, von deren Durchführung er bessere Erfolge erwartet.
Die wesentlichsten von diesen sind: Allen Distriktsärzten ist die Möglichkeit zu
bieten, die Technik der spezifischen Behandlung der Tuberkulose kennen zu
lernen, damit sie dieselbe einmal wöchentlich in ihrer Ordinationsstunde durch-
führen können. Die Funktionen der Fürsorgeschwester übernehmen die Kon-
trolleure der Krankenkassen (!) und die Samariterabteilungen der Feuerwehren,
für Frauen, Mädchen und Kinder die besten und begabtesten Absolventinnen von
kurzen Gesundheitskursen, die jährlich für Frauen und Mädchen, hauptsächlich
für weibliche Feuerwehrmitglieder, veranstaltet werden sollen.
Es liesse sich wohl manches gegen diese Vorschläge einwenden. Doch steckt
die ganze Tubeıkulosefürsorgebewegung, namentlich die anf dem Lande, noch zu
sehr in den Kinderschuhen und sind gerade die derzeitigen Verhältnisse für eine
volle Entfaltung ihrer Tätigkeit und Wirksamkeit zu ungünstig, um heute schon
ein endgültiges Urteil darüber, wie sie am besten betrieben werden soll, abgeben
zu können. Darum dürfte es vorläufig wenigstens am besten sein, sicb an die
von bewährten Fachmännern nach reiflicher Überlegung gegebene Richtschnur
zu halten. Doch ist jede neue Anregung, auch wenn sie sich nicht bewähren
sollte, wertvoll. Es wird die Zeit kommen, wo man mehr Erfahrung besitzt und
an die Sichtung aller gemachten Änderungsvorschläge und Annahme der geeigneten
und Ablehnung der ungeeigneten wird treten können.
F. Orthner: Volksunterricht in der Bakteriologie.
Alle Ärzte, die sich mit der Bekämpfung der Tuberkulose beschäftigen,
begegnen bei dieser Tätigkeit einem schier unüberwindlichen Hindernis, der ganz
allgemeinen Unwissenheit der grossen Masse bezüglich der Ursachen und Ver-
breitungswege der Tuberkulose und der Krankheiten überheupt. Wenn auch in- -
folge der Aufklärungsarbeit der letzten Jahre das Wissen von der Existenz von
Bakterien als Krankheitserreger in weitere Kreise der Bevölkerung gedrungen
ist, so fehlt es doch noch an dem richtigen Verständnis und namentlich der
praktischen Nutzanwendung dieses Wissens im täglichen Leben. Deshalb fordert
Verf. mit vollem Rechte einen diesbezüglichen Unterricht, natürlich in primitivster
Form, schon in den ersten Volksschulklassen, in den höheren Klassen und
Schulen kann ja dieser Unterricht dann detaillierter werden. Damit wäre gleich-
zeitig der Grund gelegt für eine allgemeine Gesundheitslehre, in deren Rahmen
auch die ersten Warnungen vor den Geschlechtskrankheiten in passender und
unauffälliger Weise Platz finden könnten.
Verf. schliesst seine sehr einleuchtenden Ausführungen mit der Bitte an
die Männer der Wissenschaft, welche heute im Kampfe gegen die Tuberkulose
und die anderen Volkskrankheiten eine führende Rolle spielen, ihren ganzen Ein-
fuss dahin geltend zu machen, dass die Unterrichtsbehörde der Bakterienkunde
spät aber endlich den geziemenden Platz im Lehrplane der Volks- und Mittel-
schulen anweise.
Mitteilung. 361
27. Fachzeitschrift für Krankenpflegerinnen und Fürsorgeschwestern,
herausgegeben vom Fachverband der diplomierten Krankenpflegerinnen und
Fürsorgeschwestern. (Ref. Pogazhnik, Gutenstein.)
Die Gründung dieser Zeitschrift, die als Beiblatt des Österr. Tuberkulose-
fürsorgeblattes erscheint, hat einem vielseitig empfundenen Bedürfnisse entsprochen.
Sie hat sich zur Aufgabe gestellt, einerseits die berechtigten Iüteressen der
Krankenpflegerinnen und Fürsorgerinnen zu vertreten, andererseits denselben
alles für ihren Beruf Wissenswerte zu übermitteln, sie fortzubilden und mit allen
Neuerungen vertraut zu machen. Die beiden ersten Hefte sind erschienen und
enthalten einen lesenswerten Aufsatz des Leiters der Krankenpflegerinnenschule
in Wien, Hofr. Dr. E. Meder „Über Krankenpflegeschulen“, der die historische
Entwickelung des Krankenpflegewesens in Österreich schildert.
Ill. Mitteilung.
Professor Dr. Finder, Berlin, hatte sich in der Ausschuss-Sitzung des
Deutschen Zentral-Komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose in Berlin am 15. VI. 18.
im Anschluss an den Vortrag von Prof. Dr. Friedrich ‚die Bedeutung der
Kehlkopftuberkulose bei der Bekämpfung der Tuberkulose als Volkskrankheit und
die Notwendigkeit ihrer besonderen Behandlung in den Tuberkulose Heimen für
Schwerkranke scharf verurteilend über die Behandlungsart der Kehlkopftuberku-
lösen in Lungenheilanstalten geäussert. Die Vereinigung der Lungenheilanstalts-
ärzte wollte Jaut Beschluss ihrer Versammlung am 16. VI. 18. den Vorwürfen
Prof. Dr. Finders in der Weise nachgehen, dass sie sich nähere Auskünfte
- über die Krankheitsfälle erbat, welche Herrn Prof. Dr. Finder Anlass zu seinen
ins einzelne gehenden Äusserungen gegeben hatten. Die Vereinigung war dabei
von dem Bestreben ausgegangen, durch Prüfung dieser Fälle eine sachliche Erör-
terung und Klarheit der dabei in betracht kommenden Verhältnisse zu erreichen
und damit eine Verbesserung der Behandlungsweise der Kehlkopftuberkulösen
in den Lungenheilanstalten zu dienen. Prof. Dr. Finder hat sich aber zu einer
Hergabe der erbetenen Auskünfte nicht bereit erklärt und wir sehen daher keinen
anderen Weg gegen die von ihm erhobenen Vorwürfe Stellung zu nebmen als
durch die folgende Erklärung, welche in den Druckbericht der Ausschuss-Sitzung
aufgenommen werden wird.
Erklärung.
, Die Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte hat sich mit den
Äusserungen des Herrn Prof. Dr. Finder’) über die Kehlkopfbehandlung in den
Lungenheilanstalten in ihrer Versammlung am 16. Juni und weiterhin bei einer
Zusammenkunft ihrer unterzeichneten Vertreter am 13. Sept. in Frankfurt a. M.,
welch letzterer Herr Geheimrat Prof. Dr. Spiess als liebenswürdig und dankens.
wert beratender Gast beiwohnte, eingehend beschäftigt und die unterzeichneten
Vertreter der Vereinigung sehen sich biernach zu folgender Erklärung veranlasst.
Die Äusserungen des Herrn Prof. Dr. Finder stellen einen schweren Vor-
wurf gegen die Gesamtheit der deutschen Lungenbeilanstaltsärzte dar, da sie in-
folge ihrer allgemeinen Fassung und ihrer Unprüfbarkeit sie alle betreffen. Wären
die Äusserungen in einer geschlossenen Fachärzte-Versammlang gefallen, so hätte
sich die dankensweıte Gelegenheit geboten die Angelegenheit näher zu besprechen
I) Vergl. Bericht über die Ausschuss-Sitzung der Deutschen Zentral-Komitees
Frühjahr 1918. Heft. 8. Jhrg. S. 241.
352 Mitteilung.
und die vielen Umstände, die etwa zur Erklärung der zugrunde liegenden Tat-
sachen, besonders unter den gegenwärigen Verhältnissen in betracht kommen
mögen, ausführlich darzulegen. Das war aber damals nicht möglich und wenn-
gleich Herr Prof. Dr. Finder in einem Briefe, den er am 22. Juli an den Erst-
unterzeichneten richtete, bedauernd anerkannte, dass seine Äusserungen Anlass zu
einer missverständlichen Auffassung im Sinne ihrer Verallgemeiuerung geben
könnten, so enthebt uns dies nicht der Pflicht, gegen dieselben im Namen der
deutschen Lungenheilanstaltsärzte entschieden Einspruch zu erheben, da die
Vorwürfe in der Allgemeinheit und Form, wie sie erhoben wurden, sicherlich für
die deutschen Lungenheilanstalten nicht zutreffen.
Die deutschen Lungenheilanstaltsärzte sind voll überzeugt von der unbe
dingten Notwendigkeit. die Kehlkopftuberkulosen, wie alle Erscheinungsformen
der Tuberkulose so zweckdienlich wie nur möglich zu behandeln. Ist es auch
für ung, da wir fortgesetzt und eingehend nicht nur die sicherlich wichtigste
und schlimmste Form der Tuberkulose, die Lungentuberkulose sondern den ganzen
tuberkulösen Menschen beobachten und behandeln, etwas Selbstverständ-
liches, dass wir jede Äusserung der Krankheit als wesentlich für die Gesamt-
beurteilung und für die Behandlung des Kranken betrachten und danach unser
Handeln einrichten. Wir sind rnderseits auch von der Tatsache durchdrungen,
dass die Behandlung der Tuberkulösen, der Lungentuberkulösen wie überhaupt
aller Formen, in Anstalten und ausserhalb derselben noch nichts Abgeschlossenes,
Vollkommenes ist, sondern dass sie beträchtlich und vielfältig ausgebaut und
verbessert werden muss. Welch grosse Bedeutung für die Bekämpfung der
Tuberkulose überhaupt die Kehlkopftuberkulose hat, das legt ung gegenwärtig das
wesentlich reichlichere Zuströmen Kehlkopftuberkulöser in den letzten Kriegs-
jahren furchtbar nahe und wir begrüssen die Ausführungen des Herrn Prof. Dr.
Friedrich im Interesse der besseren Versorgung der Kehlkopftuberkulösen
auf das lebhafteste.e Es wird Gegenstand unserer besonders eingehenden Ver-
handlungen in der Vereinigung sein, in wiefern die Behandlung’der Kehlkopf-
tuberkulösen in den bestehenden Heilanstalten noch zweckdienlicher ausgestaltet
werden kann. Es werden dabei manche Einzelfragen zu erörtern sein, z. B.
welche Erscheinungsformen der Kehlkopftuberkulose in den Heilanstalten über-
haupt einer besonderen Behandlung bedürfen, welche Wirkung klimatische Ein-
flüsse bei der Heilstättenbehandlung auf die Kehlkopftuberkulose haben; gegen
die Beiordnung eines auswärtigen Laryngologen zur Behandlung der Keblkopf-
tuberkulösen in den Heilanstalten werden wohl gewichtige Bedenken erhoben
werden. Bei der Behandlung all dieser Fragen werden wir uns der Mithilfe be-
währtester Fachmänner versichern. Wir wollen ja mit den Laryngologen wie
überhaupt mit allen, welche mithelfen können, gemeinsam den furchtbaren, jetzt
doppelt furchtbaren Feind „Tuberkulose“ zu Leibe rücken, um ihn gemeinsam
zu bekämpfen und zu besiegen. Aber der Weg, den Herr Prof. Dr. Finder mit
seinen Äusserungen eingeschlagen hat, war für solch gedeihliches Zusammenwirken
nicht glücklich.
Sanitätsrat Dr. O. Pischinger, Luitpoldheim Lohr a. M.
Dr. Ritter, Edmundsthal-Siemerswalde bei Hamburg.
Dr. Schellenberg, Ruppertshain i. Taunus.
Sanitätsrat Dr. Liebe, Waldhof-Elgershausen.
Dr. Schröder, Neue Heilanstalt Schömberg bei Wildbad.
Dr. Bredow, Ronsdorf i. Rhld.
i Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder,
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten.
Namenregrister.
——
A. Becquerel 285.
Bednarski 37.
Begtrup-Hansen, Th. 101.
‚Behr 106.
Belfanti 288.
‘Bencze, Julius 331.
Benians 287.
Benischke 81.
‘Bergel 290.
Berger 240.
Berglund, Viktor 300.
Abel 122.
Abramowski 3829.
Adler, E. 307.
Adler, Em:l 216.
Alfara, Aráoz 96.
Alff 28.
Alomar 284.
Altschul, Theodor 148.
Altstaedt 257, 347,
Altstaedt, Susanne 173.
Aoki 291.
Arosenius, E. 16.
Ascher 210.
Aufrecht 104, 272.
Azúa 56.
Bergmann, Kjell 79.
Bergstrand, Hilding 220.
Berka, F. 51.
Bernhardt 42.
Bernhard, O. 63.
Bertani 293.
Besançon 285.
B. Beschorner 150, 207, 346.
Besıedka, A. 293,
Babes 289. Bielefeldt 232.
Bach, Hugo 277. 241.
Bacmeister 111. Bierhaus, Dietrich 69.
Bacmeıster, Adolf 110, 189, | Bierotte 291.
309.
ı Binder 292.
Baer, A. 265, 268. Bingel 206.
Bahrdt 279. Blanco, J. 51.
Bail, Oskar 210. Bluhm, Agnes 26.
Bálint, R. 228, 229. i Bochalli 214, 246, 247, 312.
Bálint, Rudolf 118, 119. Bòdiker, Eduard 12.
Balwın 292. ‚Böhm 126
Böttner, A. 94.
du Bois, H. 342.
Boit, E. 227.
v. Bokay, Arpád 229.
v. Borvsini, A. 343.
Boudin 285.
Bontemps 287.
Bandelier 276.
Bang. Sophus 226.
Barajas 59
Barbusa 82.
Bardales 96.
Bardswell, No&l 30.
Barnes, Harald, H. 62.
Bartel; J. 162, 237.
Barthel 236.
Bauer, Ad. 330.
Baumann, E. 57, 145.
Bayer, Hugo 228. |
Beauchant, M. 251. Braun, Ernst 16.
Bechhold 28. Brecke 244, 245, 247.
Internat. Centralbl. f, Tuberkulose-Forschung. 12.
266, 335.
Brahm, C. 273.
| Brauer, K. 198.
| Brauer, L. 309.
Bergmann, Emanuel 193.
Braeuning 149, 151, 191,
Bredow, F. 14.
Brix 136.
Bucher, Hans 139.
Budszynski ?0.
‚Bünnings 206.
Büttner 147.
Büttner-Wobst 157.
Burgerstein, Leo 89, 123,
Buri 292.
Burkard, Otto 61, 263.
Burnet 291.
C.
Calmette 290, 293.
de Camiers, Jury 145.
Cammaert, C. A. 253.
Campbell. Thompson 314.
Canesa 57.
Cantab, P. H. 29.
Carling, Esther 154.
Carol, W. L. L. 224.
Cemach, A. J. 28.
Chabás, J. 46.
Chabás 45.
Chasporel, M. 17.
Chaussé 287.
Chotzen, J. 320.
Clemens 25.
Cobbet, Louis 182.
Cobet 270. .
Cudet, H. 171.
Coleschi, L. 255.
Compaired 59.
Corper 235, 286, 288.
Correa, Alsares 252.
Costantini 237.
Crofton, W. M. 27.
Cronquist 19.
Csabay, Geza 180.
Curschmann 174, 245, 247,
327.
Curschmann, H. 58, 81.
| Czerny 81, 122.
| Czerny, A. 171.
24
354
D.
Daley, Allen 154.
v. Dalmady, Zoltän 228.
Danielski, Sigismund 210.
Danysz, J. 61.
Darier 13.
Dart, G. H. 29.
Da 284.
Debinski 18.
Deelmann, H. T. 222.
Dehnel 42.
Dekker, C. 233.
Delepine, Sheridan 152.
Delille 284.
Dembinski 18.
Detzel, L. 342.
Deuel 279, 325.
Deycke 257.
Dıickinson, W. H. 155.
Dieterlen 292.
Dietl, Karl 323.
Dietrich 305.
Dippe 121.
Diuski 40, 43.
Dörfler 84.
Dohrn 30, 280.
Dold 290.
Dolde, A. 299.
Donges 287.
vn mer -Beucker,Andreae,
Dostal 290, 292, 293.
Dostal, Herm. 205.
Dutzel 12.
Dubois, Marcel 298.
Dziembowski 38.
E.
Ebel, Samuel 119.
Ebeler, F. 108.
Eber 290.
Effler 231, 232.
Ehrenberg 346.
Ehrlich (Frl.) 37.
Eiselt, R. 332.
Elliesen 246.
Ender 293.
Engelmann 73, 106.
Erdös, Adolf 140.
Espinosa, L. 196.
F.
Faber 12.
Feldt 78. 177, 236.
Fellner 347.
Ferran 293.
Finck 286.
Namenregister.
| Finder 243, 851.
Fischel, Karl 205.
Fischer, Ilse 94.
Fitschen 71.
Fitschen, Eleonore 71.
lesch, Jul. 227.
Fleury, Maurice 181.
Flörcken 236.
Forday, Arpád 135.
Forssner, Hjalmar 103.
Fraenkel 157.
Fraenkel, Alibert 151.
Fraenkel, E. 315.
Franke 271.
Franz, Karl 60.
Friedrich 242.
Friediich, Wilh. 141.
Friesicke 52.
Frisch, A. 135.
Frischbier 192.
Fröhlich, Theodor 167.
Fronz, E 349.
Frouin 283, 285.
Fürbinger 81.
Fuld 93.
G.
Gaffikin, P. Jacob 832.
Gáli, Géza 172.
Gallego, B. 60.
Galli, B. 274.
Galliard, L. 306.
Gámero, G. 50.
Gammon 284.
Gantz 42.
Gastpar 124.
Gelpke, L. 140.
Gerber 243.
Gerber, Paul 262.
Gerhardt 250.
Geihartz 47.
Geszti, Josef 24, 105.
Ghon, A. 67, 134.
Gideon 285.
Gjessing, H. 146, 175.
Glaessner, K. 248.
Glax 3:38.
Glax, Julius 119.
Göpel 280.
| Goepel, R. 115, 177.
Götzel, A. 135.
Gött, Theodor 57.
| Götzl, A. 206, 348.
| Götzl, Alfred '89, 210.
| Gomez, Martinez 52.
i Gottstein 240.
| Grarffner 339.
| (sraetzer 339.
Grau 70, 106, 147, 170, 336.
| Grau, H. 235.
Glover, Edward G. 317.
Goldscheider 30, 171, 234.
Greves, E. Hyla 154.
Grüneberg 160.
Grumme 94.
Guerrero, A. 55.
Gullbring, Alf 58.
Gutmann, A. 148.
Gutstein, M. 260.
Gutzeit 138.
Guy, John 154.
Gyenes, Erwin 72.
H.
|de Haan, J. 272.
Häcker, V. 321.
Hafermann 292.
Hainiss, G6za 172.
Hallé, Noël 70.
Hamburger 223.
Hamburger, F. 205.
Hamburger, Franz 195.
Handtmann 112.
Hansen 179, 243.
Hansen, Sören 320.
Hartmann, S. P. 253.
Hart 69, 98.
Hartog, C. M. 103.
Harzer 236.
Hartung 99.
Havenstein 233.
Haydn 52.
Hayek 300.
v. Hayek 176.
v. Hayek, Herm. 21,86, 319.
Heineke, A. 156.
Heinemann 141.
Heitmann, N. 112.
v. Heimburg 241.
Heinecke 279.
Helm 246, 311.
Helms, Otto 82.
Herford 88, 330.
Hermann 171.
Hertz, Reif 334.
Herzog, F. 254.
Hetsch 125.
Heusner, Hans L. 80.
Hewelke 43.
Himmelberger 292, 297.
Hirsch 158.
Hirschfeld, F. 32.
Hirschfeld, H. 91.
Hjalmar, Petersen 291.
Hoeflmayr 91.
v. Hoesslin 175.
Hofbauer 339.
Hoke, Edm. 48, 216.
Holden, Oskar 270.
| Holitsch, Rud. 74.
i Hollós, Josef 176.
Holmboe, W. 181.
Holmgren, J. 12.
| Holtei, Karl 265.
Holter, K. 349.
Hornowski 36.
Hotz 23.
Hutyra, Franz 49.
Hyde, Cl. R. 260.
I.
Ickert 261.
Imhofer, R. 251.
Immelmann 3083.
Ingwersen, F. 354.
Israeli, Paul 208.
J.
Jacobs, Toni 108.
Jacquerod 18.
v. Jaksch, R. 208, 842.
von Jaksch, Rudolf 119.
Janiszewski 43.
Jerie, J. 299.
Jerusalem, Max 208.
Jessen 113.
Jessen, F. 177.
Jobling 285.
Johansson, J. E. 84.
Johansson, Sven 80.
Jousset, André 14.
Jürgens 32.
Jupille 283.
-
K.
Kach 157.
Kaiser, M. 180.
Kajava, V. 72.
Kankeleit 255, 323.
Karczag. Ladislaus 100.
van de Kasteele, R. P. 224.
Kaulen 92.
Keilty 283.
Kemsies 88.
Kemsies, Ferd.
Kendall 284.
Keschmann, Romuald 265. |
Keutzler, Julius 84.
Kimmerle 272.
Kincaid, Frederic 270.
Kinghorn, Hugh M. 11.
Kirch 139.
Kirchenstein 289.
Kirchner 119.
Klare 28, 113, 234, 346.
Kleinmann, H. 131.
Kleinschmidt, H. 27.
Klimaszewski, W. 343.
Klopstock-Kowarsky 342.
Knack 184.
Knepper 145.
Knoll 289.
Knorr, Ernst 71.
Kobert, R. 225.
89.
— — — — — — — — — — es
Namenregister.
ı Koch, Herbert 78, 104.
Koch, Robert 216.
Köhler 328.
Köhler, F. 183.
Kölliker 115.
Kölsch, Fr. 343,
Koeppe 10.
Kohn, A. 345.
Kohn, Hans 32.
| Koo mann, J. 73, 221.
v — Alex. 83, 100,
Koskowski 38.
Kosteletzky 247.
Kovacsics, Alex. 25, 180.
Kozniewski 288.
‘ Kraemer 245, 246.
' Kraemer, C 171.
Kraus 31, 32, 126, 171, 258,
308, 335.
Kraus, F. 163.
Kraus, H. 200.
Krause 292.
Krause, Walter 17.
! Kretz, R. 187.
Kretzer 316.
Kroener, M. 259.
Krohne 120.
| Kronberger 254.
Kronenberg, E. 340.
Krukenberg, G. 342.
| Kruse 279.
‚ Kruse, W. 114, 316.
ı Kuczewski 40, 43.
Kuczewski, Anton 265.
Kühne 115.
Kugler, E. 85.
Kuhn, E. 114.
Kulenkamp 92.
Kummer 272.
Küpferle 63.
Kuthy, D. O. 137, 138.
Kutschera, Ad. 168.
Kuttner, L. 207.
Kwasek 172.
L.
| Ladek, Eduard 83, 260.
Landau 105.
Landegger, M. 118, 148.
Landoit, M. 252.
Lange, K. W. 75.
Langer 208.
Langstein 122.
Lanz, E. 19.
Lara, A. 59.
Larisch, Joh. 208.
Laufer 212.
! Latkowski 39.
| Lazarini 50.
| Lebon, H. 301.
| Leitner, Philipp 225.
355
| Lembke, H. 139.
Lénárt, Zoltan 146.
| Lenneberg, Robert 167.
Lenoble 136.
Lenz 128.
Leoz 583.
Lermoyez, M. 75.
Leschke 292.
Leu 124.
Levy 305.
Levy-Lenz 170.
Lewandowaky, F. 132.
Lewis 292.
Liebe 25, 234, 245, 247.
Liebe, G. 231.
Liebemann, E. 90.
v. Liebermann, L. 186.
Liebmann, E. 322.
Lienhard, Otto 303.
Lilienfeld 63.
Lindemann ?90, 291.
Lindemann, Anna Charlotte
235.
v. Linden 286.
v. Linden, M. 21, 179.
Lindgren, Uno 261.
Lindbagen, Emil 24, 196.
Lindner 292.
Lipp, Hans 197.
Lipski 35.
— — L. 26.
Löber, G. 274.
Lobo, R. 50.
Lockemann 284, 299.
Loeper, Maurice 11, 171.
Loewy, A. 273, 338.
Loiseleur 146.
Lopez, C. 57.
Lord, F. J. 10.
| Lorenz 75.
| Lorenz, W. 228.
Löwenstein 216, 284.
Löwenstein, Ernst 216.
! Löwenstein, Wilhelmine
6.
: Lowy, A. 92.
'Löwy, Julius 13.
' Lubarsch 132, 219.
Dur R. 350.
Lüthy, A. 13.
| Lützow 111.
M..
Madsen, Sigv. 110.
Mager, W. 61, 118, 126, 209.
' Mahler, Philipp 210.
Maixner, Emmerich 83.
Malinowski, A. 342.
Malm 2*9, 290.
| Mandl 226.
Martius, Martha 322.
Mary, A. 56.
24*
356
Mary, A. und A. 46.
Massol 293. |
May, W. 89.
Mayer 281.
Mayoral, P. 50.
Me chior 136.
de Mello, Guedes 59.
Merenlender, I. 105.
Merklen 301.
Metousek 171.
Metzger 201.
Meyer 140, 243.
Mickel 326.
Milani 286.
Minor, Charl. L. 107.
Mitchell, H. 131.
Moench, G. L. 261.
v. Möller, Friis 292.
Möllers 291.
Mönch, G. 145.
Morales, Nester 51.
Morestin £0.
Moro 157, 223.
Much 95, 216.
Much, H. 315.
Mühlmann, E. 142.
Müller 69, 173, 346.
Müller, Wilh. 48, 77, 89,
182, 212.
Münzer, Egmont 77.
N.
Nebel 280..
Neech, James T. 335.
Neisser 242, 244.
Netousek, M. 324.
Neubauer, M. 112.
Neufeld 127, 290, 338.
Neufeld, F. 230
Neumann 184.
Neumann, W. 326.
Neumann, Wilhelm 256.
Neves 47.
v. Niedner 326.
Nobecourt 145. 169.
Noeggerath 122.
Nöhring 226.
Nolen 239.
Nonnenbruch 271.
v. Noorden, C. 94.
Norris, Ch. P. 252.
Nowicki 34.
Nuttall, Thomas E. 181.
O.
Oehlecker 158.
Oertel 233.
Oliver, Th. 300.
Ónodi, Adolf 144.
Ország, Oscar 101, 106.
Orth 25, 99, 253, 300.
Namenregister.
Orth, J. 164.
Orthner 210.
Orthner, F. 350.
Ostenfeld, J. 16.
Ostrowski 35.
P.
| Palmie. J. 206.
Pannwitz 246.
Pannwitz, Hanns 336.
Panoupoulos, Georges Th.
304.
Panzer 288.
Pape 325.
Papp, Samuel a
Parrisius 201.
Pasanis 59.
| Pauchet, Victor 237.
0.
Pearson, S. Vere 154.
Pekanovich, Stefan 18],
331
Peset 52, ,
Petersen 285.
Petersen, Ivar 82, 384.
Petersen, Valdemar 176.
Petroff 283.
Petruschky 119, 242, 346.
Pettersson, Fredrik 78.
Peyre 165.
Pfannenstill, S. A. 81.
Pfeiffer Walther 80.
Philibert 285.
Pick, F. 841.
Pick, Gottlieb 85.
Piéry 220.
Piper, F. 167, 342.
v. Pirquet 109, 122.
Pischinger 244, 246.
Pischinger, Oskar 29, 308.
Plate 158.
Pleschner 145.
Pöhlmann 111.
Pöppelmann 342.
olyák, Ludw. 143.
Popper, H. 324.
Pribram, Hugo 213.
Progulski 39.
Pruszynski 234.
Pütter 244.
Puntoni 286.
Pynappel 239.
Q.
Querner 158.
Quincke 324.
R.
Rabinowitsch 293, 298.
Rabl, L. 274.
Rabnow 241.
Ranke 116.
Rappin 286.
Rappin, M. 18.
| Raudnitz, R. W. 174.
Ravellat, J. 50.
Reche 245.
van Ree, A. 304.
Reich, F. 90:
Reiche 163.
Reinhardt, A. 15.
Reintart 132.
Rethy, Aurelius 144.
Révész, Victor 137.
Reynier, Paul 15.
Ribbert, H. 189.
Richet, Charles 130.
Riese 112.
Rivier, Clive 152.
Robertson, Niven 326.
Rochelt, E. 116.
Rodenacker 174.
Roepke 276.
Römer 160.
Römer, Paul 95.
van Roojen, P. H. 58.
Rosenfeld 38.
Rosenthal 279.
Rössle 315.
Roth, Nikolaus 78.
Rothbholz 29.
Rotky, H. 116.
Rotte 291.
Ruedi, Th. 583.
S.
i Sabourand, R. 14.
Sahler, Josef 205.
Sahlgren, Ernst 21.
Sajet, B. H. 221.
Sakheim, Jeanette 73.
Salimbeni 298.
| Salomon 106.
Saltet, R. H. 222.
Santon 284, 286.
Sarason 248.
Saugmann, Chr. 333.
Saxl 112.
Schacht, Franz 9.
Schaeffer 284.
Schärer 25.
Scharl, Paul. 231.
i Schaumann, J. 132.
Schein 79.
Scheller, R. 91.
Schieck 291.
Schiemann, O. 230.
Schiff, A. 248.
Schill, Emerich 325.
Schloss 15, 49, 70.
Schlötz, Carl 164.
v. Schmid. W. 307.
| Schmidt, F. A. 123.
Schmidt, K. 174.
Schmiegelow, E. 315.
Schmittmann 232.
Schmitz 293.
Schmitz, E. F. 92, 282.
Schnaudigel, O. 79.
Schneider, H. 62.
Schnirer 64.
Schönberg, S. 47.
Schönfeld 81.
Schönfeld, W. 219.
Schok 76.
Scholz 331.
Schoner 316.
Schornagel 292.
Schoy, C. 275.
Schram, Thomas 198.
Schranz 17.
Schröder 110, 226.
Schürmann 292.
Schürmann, W. 28.
Schultz 254.
Schultzen 242.
Schulz 69.
Schwab, Johanna B. 225.
Seemann 304.
Selzer 40.
Shermann 287, 289.
Shiga 302.
‚Siebeck 157.
. Sieber 289.
Sieveking, Hermann 72.
Sievers, Helene 29.
Simon 76.
Skutetzky, Alex. 325.
Smith, Th. 287. ,
Sochanski, Heinr. 200.
Sokolow 817.
Sokoluwski 57, 40, 43.
von Sokolowski, A. 234.
Sorgo 218.
Sorgo, Josef 118.
Spaet 135.
Spiegelberg, Hans Emil 104.
v. Spindler-Engelsen 287.
Spitzer 19.
Spitzer, Ludw. 142.
Spitzy, Hans 208.
Squarti 257.
Srebzny 38.
Stähelin, R. 170.
Steinberg 242.
Steiner, L. 15, 196.
Steiner, M. 136.
Sterling 38, 41.
Sternberg, M. 248.
Strahlmann, E. 140.
Strandgaard, J. 82.
Strauch 206.
Strauss 21.
Stühmer, A. 93.
|
|
|
i
|
l
i
— — — — —
— —— — — — — — — — — — — — — — — — —
Namenregister.
Stumpf, H. B. 305.
Suränyi, Eduard 230.
Sutherland, Halliday 882,
Szulczewski 38.
T.
Tachau 326.
Tachau, Hermann 155.
Tamura, Sakae 288.
Tancre 172.
Tandler 120.
Tar, Alois 74.
Taubert, G. 328.
Taubert, Gustav 262.
Teuffer, Wilbelm 121.
Teleky 126, 348.
Teleky, L. 22:, 228.
Teleky, Ludw. 208, 209,
210, 264.
Terroine 284.
Thausing, Heinr. 329.
Thedering 232.
Therman, Einar 72.
Thiele 124, 331.
Thiemisch 279.
Thode 335, 346.
Thomas, A. Garrod 152.
Thompson, William J. 152.
Thomson, Clair 95.
Thun 178.
Tichy, F. 303.
Tietze 287.
Tıllmann, John 107.
Tomaczewski 35.
Tomasinelli, G. 254.
Tounvier 145.
Trimble, Andrew 153.
Trivino 55, 58.
Trivino, ©. 51.
Trunk, Hermann 148.
Turró 284.
Tutsch, Fr. 214.
Tuz 11.
U.
Ulrici 245, 247.
v. Unruh 302.
V.
Valletti 283.
Varıier-Jones 153.
Vaudremer 285.
Verdes 55.
Vogel 257.
Volkmar 223.
Vieregge, Fritz 147.
Vorhoeve, N. 225.
VySin, W. 306.
357
W.
Wahler, A. 305.
Walker 284.
Wall, Sven 67.
Wallgren, Arvid 192, 202.
Wankel 291.
Warnecke 105.
Warner, Charlotte 80.
Walther, W. 141.
v. Wassermann, 128.
Wayenburg 239.
Weber 292.
Wedensky 284.
Wederhake 138, 236.
Wehmer 248.
Weihe, F. 74.
Weill, E. 146.
Wein, Emanuel 275.
Weinberg 320.
Weinberg, F. 68, 166.
Weiss, M. 248.
Weissmann, Richard 72.
Weleminsky, Friedr. 142.
Wells 285.
Wenckebach, K. F. 187.
Wengler 230.
Wherry 2%, 289.
W hite 284.
Wichmann 20, 158, 159.
Wichmann, P. 76, 198, 260.
Wick, L. 307.
Wick, Ludwig 216.
Wiesenack, Hans 175.
Wieting 342.
Wilezynski 89.
Wilczynski, Henryk 34.
Wildbolz, H. 318.
Wiszniewski 40.
de Witt 286, 287.
Wohlgemuth, J. 273.
Wolff 248.
Wrzesniowski 40.
Y.
Ylppö, Arvo 191.
Z.
Zadek 330.
Zamenhof 42.
Zahner 28.
Zeller 292.
Zembrzuski 43.
Ziegler 245, 246.
Ziegler, Karl 342.
Ziehl-Neelsen 254.
Zondek 11.
Zuck 292.
Zülzer 32.
Sachregister.
Sachregister.
A.
Abortus, künstlicher 258.
Abszess, panaphrenitischer 305.
Adnex, Abk. 141.
Adolf vom Rath-Stiftung für Tuber-
kulöse 231.
Aerium 181.
Agone 299.
Akademischer Unterricht 234.
Albee’sche Operation 80.
Albuminurie nach Bestrahlung mit künst-
licher Höbensonne 12.
Alkohol und Tuberkulose
Alterspbthise 32.
Alttuberkulin 172.
Anaeroben 236.
Anamnese 234.
Anlage 46. |
Anreicherungsmethoden 73.
Ansiedelung von Kriegsbeschädigten 336.
Antiformin 295.
Antigene im Urin 318.
Antikörperbildung 20.
Antipyretica 13.
Antipyrin 271, 272.
Anzeigepflicht bei Tuberkulose 24, 348.
Appendicitis als Komplikation der
Lungentuberkulose 11.
Arbeit als Heilmittel in den Heilstätten
für Tuberkulose 40.
Arbeitskur in Anstalten für Lungen-
kranke 30.
Argentinien, Tuberkulose in 96.
Aspirationstuberkulose 67.
Asthmabronchiale 112.
Asthmatheorie 112.
Aszites 57.
—, tuberkulöser 140.
Aufklärungsarbeit im Kriege 262.
Augenaffektionen 59.
Augenlid, T'uberkulose des 147.
Augentuberkulose 18.
Auge, Tuberkulose des 175.
Auskunfts-u. Fürsorgestellein Aschaffen-
burg für das Jalır 1916 29.
Aurum Kalium cyanatum 56.
Auskultation 73.
Ausserbettbehandlung der Lungen-
blutung 326.
Auswurf, Desinfektion des 25.
Autoserotherapie 225.
Axillarlähmung 57.
800.
.
— — — — — — — — nn
— — — — — — — — —
— · — — — — — — — —— — — —
B.
Bacholter, Walderholungsstätte 28.
Balsame, Wirksamkeit der 116.
Barackenbauten 265.
Basedow’sche Krankheit 105.
Bauchdeckenspannung und Pleuritis 136.
Bauchmuskeln, Kontraktar der graden
bei Tuberkulose 306.
Bauchtuberkulose 141.
— kombinierte interne Behandlung der
141.
Bauten zum Kampfe gegen die Tuber-
kulose 307.
Bayern, Brief aus 91.
Bazillaemie 14.
Bazillen, diphtherieähnliche 105.
Bazillus Möller 287.
— Tobler 287.
Beck’sche Wismuthpaste 80.
Bekämpfung der Tuberkulose 25, 48, 61,
83, 88, 126, 127, 148, 151, 181, 308,
311, 329, 335, 839, 343, 849.
Bekämpfung der Tuberkulose während
des Krieges 60.
— der übeıtragbaren Krankheiten 125.
Belastung, hereditäre 17, 163.
Berichtigung 160, 312.
Beruf bei Lungenkranken 206.
Beschäftigung der Kranken 262.
Beschältigungstberapie 206.
Betriebskrankenkasse der Allgemeinen
Elektrizitäts-Gesellschaft 337.
Beurlaubung von leichteren Lungen-
kranken 325.
Bevölkerung, Schutz und Kräftigung der
jugendlichen 122.
Bevölkerungspolitische Probleme 120.
Bewegung als Heilfaktor 326.
— in der Behandlung der fieberkranken
Lungenkranken 326.
Bewegungstemperatur 201.
Bier'sche Stauung 257.
Bindehaut, Tuberkulose der 147.
Bitter’scher 'Tuberkuloseextrakt 12.
Blasenleiden 62.
Blutbild 92.
Blutbildungsmittel 114.
Blutdruck 51, 273.
Blutentnahme bei Meerschweinchen 90.
Blutserum bei Tuberkulose 46.
Blutungen, okkulte 75.
Blut, Wassergehalt des 69.
Bolivia, Tuberkulose in 51
Sachregister.
Boserup Sanatorium (Kopenhagen) 82.
Bronchialdrüsentuberkulose 315.
Bronchiektasenbildung infolge
. Fibroms 184.
Bronchiektasie 220.
Bronchitis, chronische 1095.
—- Fibrinosa 98.
— mucinosa plastica 98.
Brustapertur, obere 34.
Brustschüsse 339, 342.
Bücherbesprechungen und Zeitschriften
63, 117, 182, 237, 275, 309, 842.
Bulgarien 339. |
eines
C.
Chemie der Bakterien 296.
Chemotherapie der Hauttuberkulose 20.
— des Lupus 21.
Chorioiditis 58.
Conjunctivitis tuberculosa 297.
Sorpu luteum, tuberkulöser Abszess des
99.
Cytologie der Pleuraergüsse 191.'
D.
Dänemark, Tuberkulose dasolbst 334.
Darmverschluss 57.
Desinfektionsmittel, halbspezifische,
chemische 28.
Deutscher Zweigverein Prag für Lungen-
kranke 232, 238.
Deutsches Zentralkomitee zur Bekämp-
fung der Tuberkulose 239, 241.
Deycke-Much’sche "Titrierung 19.
Diabetes, Xanthomatose bei 219.
Diagnostische Erfahrungen an Taber-
kuloseverdächtigen 52.
Diagnostische Fehler bei Erkrankungen
der Atınungsorgane 37.
Diarrhöen, tuberkulöse 260.
Diazoreaktion 225.
Dienstbeschädigung bei
kulose 331.
Diphtheriebazillengruppe 92.
Disposition 319.
— mechanische 69.
Dosierung diagnostischer Tuberkulin-
einspritzungen 171.
Drüsentuberkulose 342.
an malen spinalis, Tuberkulose der
Lungentuber-
E.
Echinacea augustifolia 302.
— ogoen für Tuberkelbazillen
3.
Empyem, parapneumonische 271.
— peripleuritisches 305.
Enzytolbelandlung der Tuberkulose 21.
Erblichkeit von Kriegsschäden 321.
G ma iee h E a aaa a a a e G a a A A ia A a ———
|
359
Ergophobie 107.
Erkältung 104.
Erklärung 351.
Ernährungsfrage in den Lungenheil-
stätten 349.
— und die Tuberkulose 110.
Ernährungstherapie 109.
Erstgeborene, Minderwertigkeit der 320.
Bar BIRNEN EN! bei Lungentuberkulose
106.
Erythema nodosum 146.
Erziehung, körperliche 123.
Eugenetik 822.
Eusol 116.
Exsudate 200.
F.
Fachzeitschrift für Krankenpflegerinnen
und Fürsorgeschwestern 351. .
Färbung, Gram’sche 73.
.‚Fäzes, Tuberkelbazillen in 198.
Fehldiagnosen 156.
Feststellung und Behandlung der tuber-
kulösen Infektion mittels antitoxi-
scher Heilkörper 275.
Fibrinvermehrung in menschlichen Blute
3
Fieber 38. $
— tuberkulöses 111.
-— und Tuberkulose 104.
— vorgetäuschtes 106.
Fieberzustände bei Erkrankungen der
Mandeln und Drüsen 38.
Fistelbehandlung durch Vaselin - Ein-
spritzungen 80.
Flecktyphus 38.
Fletschern und die Magenfrage 343.
Flieger 92.
Flotte, Gesundheitszustand unserer 273.
Forlanini 184.
Formolinjektionen 80.
Freilufthaus 248.
Freiluftkur 159.
Fremdkörperextraktion aus dər Pleura-
höhle 145. |
Fremdkörper in der Lunge 342.
Friedmann’sche Heil- und Schutzimpfung
114.
Friedmanns Injektionen 40.
Friedmann’sche Scbützimpfung 316.
— Tuberkulosemittel 115, 177, 178, 206,
278, 303, 325.
Frühdiagnose der Lungentuberkulose 38,
137
Fürsorge für Lungenkranke 150.
Fürsorgeschwestern, Besuche der 29.
Fürsorgestelle der Societa contro la
tuberculose in Triest 209.
Fürsorgestellen, Stettiner 149, 266.
Frühdiagnose 201.
— der Lungentuberkulose 170.
360
Fürsorge der lungenkranken Soldaten
nach dem Kriege 331.
— für die Jugend 122.
— heimkehrender Krieger 317.
— Organisation der 264.
Fürsorgeschwestern, Ausbildung der 209.
Fürsorgestelle für Lungenkranke in
Aschaffenburg 808.
— für Lungenkranke in Graz 263.
— für Tuberkulöse in Wetzlar 231.
Fürsorgestellen 81.
— Einrichtung von 209.
— für Tuberkulöse 350.
— in Österreich 126.
Fürsorge und Therapie 231.
G.
Galizien, Tuberkulose in 43.
Gebt den Kindern Sonne 846.
Geflügeltuberkulose 292.
Grelenktuberkulose 159.
Genitaltuberkulose 145, 259, 317, 342.
Geographie, pathologische 196.
‚Geschlechtsorgane, Tuberkulose der
weiblichen 253.
Gesellschaft der Ärzte in Wien 248,
-Getreidekeiml.nge 94.
Gewebsimmunität 186.
Gewichtszunahme bei Lungenkranken
im dritten Kriegsjahr 233.
Glycalcium effervescens Ritsert 82.
Glykosidformen des Tuberkelbazillus
290, 296.
Gold 78.
Goldpräparate in der Augenheilkunde 79.
Granula, Much’sche 289
Granulom, tuberkulöses 158.
Grippe 272.
'Grundgesetze der Partialreaktivität beim |
tuberkulösen Menschen 182.
H.
Hämoglobinbestimmung 90.
‚Haemoptoe 38, 11%, 226, 326.
— als Symptom 10.
Hämothorax, infizierter beim Lungen-
schuss 270.
Hairmayres Kolonie in Lankashire 30.
Halsdrüsentuberkulose 71.
Halsiymphome, tuberkulöse 81.
——— Ärztlicher Verein 157, 158,
4
‚Hamburg, Tuberkulose in 72.
Handgelenk, Berechtigung der Resektion
des kindlichen 138.
Harn, Tuberkelbazillen im 197.
Hausärztliche Behandlung der beginnen-
den Tuberkulose 309.
Hausbehandlung der "Tuberkulose 270.
Hautemphysem 37
Hautreaktion 19. |
Sachregister.
Hauttuberkulide 37, 198.
Haut- Tuberkulinreaktion, Hemmung der
Hauttuberkulose 19, 20, 142, 219, 224,
97
Heer und Tuberkulose 251.
Heilmittelschwindel 234.
Heilquellen Bulgarıens 339.
HeilstättenbehandInng der Lungentuber-
kulose 231.
Heilstättenkranke,
der 244.
Heilstättenpatienten,
stand ehemaliger‘ 147 147
Heilstätte Tentschach 307.
llellenin 302.
Heliotherapie 80, 139, 208.
Herzfehleriunge 107.
Herz, konstitutionelle Schwäche des 163,
Herzmuskel, "Tuberkulose des 157.
Hilustuberkulose 137.
Hirntuberkel 184.
Höhensonne, künstliche 12, 140, 277.
Holland, Krebssterblichkeit. in 222,
— Tuberkulose-Sterblichkeit in 221, 222.
— Tuberkulose-Bekämpfung in 233.
Holopon 112.
Homogeni ierung des Auswurfs 52.
Hornhautmikroskop 10.
Hornbhauttube: kulose 291.
Hühnertuberkelbazillen 288, 297.
Hundetuberkulose 297.
Hydrolyse der Tuberkelbazillen 286.
Hyperazidität als erstes Symptom der
Lungentuberkulose 52.
Hypophysenextrakt 112.
Gesundheitszustand
Gesundheitszu-
I. K. 303.
Immunisationsperioden (Ranke) 31.
Immunisierung 218.
Immunisierung aktive nach Deycke-
Much 173.
Immunität 186.
— bei Tuberkulose 176.
Immunitätsanalyse 48.
Immunitätserscheinungen 186.
Immunkörperbehandlung 176.
Immuntherapie und Hauttuberkulose 19.
Impfung mit Tuberkulin 27.
latluenza oder Grippe 91.
Initialfieber der Tuberkulose 104.
Intrakutaninjektion 198.
Inula helenium 302.
Inulin 302.
Iristuberkulose 291.
Irrtümer der Tuberkuloseforschung 49.
lsolierstätten für Tuberkulöse 83.
Isolierung 329.
‚Isoliertung Lungenschwindsüchtiger in
der Familie 150.
Sachregister.
J.
Jod-Gentianaviolettreaktion 73.
serdanthal 275.
Juganä. schulentlassene 123.
K.
Kalksalzo im Organismus 39.
Kalktherapie der Hämoptoe 113.
Naltblätertuberkelbazillen 298.
Ralz:: 82.
Kaız.um i> der Therapie dər Tuber-
kulos, 226.
Kalziumthera, io 8i.
Kampferöl gegen Hämsztoe 227.
Kampfgase, Erkrauku@gen durch 341.
Karbolfuchsin- Jodsalzsäure/#rbung 198,
Kehikopfkrebs 146.
Man SDLLADEERnIORE 89, 81, 144, 146,
42
— operative Behandlung der 53.
— und Schwangerschaft 103, 251.
Keimträger 128.
Keuchbusten 272.
Kieselsäurehaltige Heilmittel insonder-
heit bei Tuberkulose 225.
Kinder, abnorm veranlagte 122.
Kinderfürsorge am Heimatort 330.
— der deutschen Landesversicherungs-
anstalten 232.
Kinderheilkunde 122.
Kindertuberkulose 17, 27, 49, 72, 89,
104, 167, 171, 176, 193.
— offene 76.
Kindesalter, Tuberkulose im 135.
Kinematographische Vorführungen in
Heilstätten 28.
Klima 95, 228.
— Einfluss des auf die Tuberkelbazillen
96.
Klimatische Behandlung Lungenkranker
20, ;
Klinische Fälle 2.
Knochenmark 298.
Knochentuberkulose 158.
Knochen- und Gelenktuberkulose 79.
Körperkonstitution und Tuberkulose 162.
Körpertemperatur, Beeinflussung der
urch Quarzlicht 3095.
Körperwärme 324.
Kolonien für Tuberkulöse 269.
Konglomerattuberkel des Gehirns 184.
Kongress- und Vereinsberichte 30, 118,
155, 184, 208, 239, 278.
Kontrolle, staatliche der Tuberkulose 270.
Koxitis im Kindesalter 75.
Krabbesholm Sanatorium (Dänemark)
82, 334.
Krankenhaus, Rolle des im Kampfe
gegen dıe Tuberkulose 43.
Krankenkassen, Mitarbeit der im Kampfe
gegen die Tuberkulose 233.
36l
Krankenversicherung 346.
Krebssterblichkeit in Holland 222,
Krebs und Kropf, Kombination von 132.
— und Tuberkulin 12.
— und Tuberkulose 146.
Kresolpräparate 230.
Kriegerheilstätte Wienerwald des Patrio-
tischen Hilfavereins vom roten Kreuz
für Nieder-Österreich 268.
Kriegsbeschädigte, tuberkulöse 348.
Kriegsinvaliden in Ungarn 229.
Kriegsernährung 207.
Kriegsfürsorgeamt in Skervär 131.
Kriegskost 94.
Krieg und Tuberkulose 152, 182, 332.
Kronberg’sch.. Karbolfuchsin- Jod-
methode ` 97.
K:ysolgan, sin neues Goldpräparat 78.
Küstenhaogj ıtal bei Refnäs 334.
Kupfer 174, 295.
Kupferbe'sandlung der Tuberkulose 179.
Kupfers.lze 21
Kurlanu, Brief aus 92.
Kurorte 338
— Bulgariens 339.
Kütanreaktion 171.
L.
Langhans’'sche Riesenzellen 224.
Larynxtuberkulose 81.
Lebensbedingungen, äussere und Tuber-
kulose 167.
Leber 47.
Leberschrumpfung bei Tuberkulose 47.
Leber und Tuberkulose 99.
Lehrbuch der spezifischen Diagnostik
‘und Therapie der Tuberkulose 276.
Lehrzang in der Tuberkulosefürsorge in
Beılin 160.
Lehrstühle für das Tuberkulosefach 89.
Lehrwerkstätten an Lungenheilanstalten
346.
Leukämie 91.
Leprabazillus 294.
Leukozytenformel 299.
Leukozytose 91.
Lichtbehandlung chirurgischer Tuber-
kulose 79.
Liegehallen 269.
Literatur, polnische über Tuberkulose
(1914—1917) 34.
Lodz, Tuberkulose in 43.
Luftwege, obere 340.
— tuberkulöse Erkrankungen der oberen
144.
Lunge, Fremdkörper der 342.
Lungenarterie, Unterbindung der 35.
Lungenblatungen, Behandlung der 226.
Lungenblutung und deren Behandlung
113
Lungenbeilstätte Oberschaar 148.
Lungenkrebs 306.
362
Lungensarkom 342.
Lungenschüsse 236.
— chirurgische Behandlung der 116.
— Infektion von 236.
— und Lungentuberkulose 192.
Lungenspitzen 301.
Lungenspitzenperkussion 52, 106, 324.
Lungensypbilis 58
— der Erwachsenen 315.
Lungentuberkulöse, Ernährung der 207.
Lungentuberkulose 202, 255.
— Diagnose der 171.
— Diagnostik der 106.
Einteilung der 189.
im Kriege 330.
interessanter Fall von 58.
Prognose der 171.
traumatische 252.
und akademischer Unterricht 234.
und die Militärdienstfähigkeit 331.
vom Standpunkt des Praktikers 30.
Lungentumor 106.
Lungeuverletzungen 237.
Lungenverschieblichkeit 74. |
Lungenwurzelgegend, Tuberkulose der
138
rl A
Lupus, Chemotherapie des 21.
— erythematodes 56.
pernio 132.
— vulgaris 297.
Lupusfürsorge, soziale 232.
Lupuskommission im Jahre 1917 311.
Lymphd: üsentuberkulose 304.
— Erwachsener 143.
Lymphknotentuberkulose beimKinde 134.
Lymphogranulumatose 315.
Lymphogranuloma tuberculosum 68, 166.
Lymphom, tuberkulöses 69, 2u2.
M.
Magentuberkulose, primäre 305.
Mannschaftsversorgungsgesetz 331.
Mastdarmfistel 136.
— Pathogenie der 15.
Medikamente und Nährmittel, neuere
110.
Medizinal-statistische Nachrichten 345.
Medizinische Gesellschaft zu Leipzig
278.
Meldepflicht 43.
Meningitis tuberculosa 53, 158, 261.
Menstruationsfieber 76.
Menstruationsstörungen
kulose 60.
Menthol-Eukalyptol-Injektionen 111.
Methylenblau bei Pleuritis 145.
Methylenblausalze 21, 245.
Mikuliczsche Erkrankung 342.
Militärärztliche Beurteilung der Lungen-
tuberkulose 234.
und Tuber-
— im Greisenalter 16.
Sachregister.
Militärdienstfähigkeit 331.
Milz 298.
Milzbrand 343.
Milztuberkulose 842.
Minderwertigkeit der
Kinder 320.
Mineralquellen, Österr.-ungarische 338.
Ministry of Henlth 155.
Mitteilungen 32, 128, 160, 184, 280,
311, 351.
Mittelhandtuberkulose 158.
Mittelfusstuberkulose 158.
Mittelohrtuberkulose, spezifische Be-
handlung der 23.
Morbus-Banti und Milztuberkulose 342.
Morphium bei Lungentuberkulose 327.
Mucobacterium lactis 288.
Muskeltuberkulose primäre 11.
Mustersiedelung für Kriegsbeschädigte
Bissingleim 268.
Mutterschutz und Säuglingsfürsorge 121.
Myotonische Reaktion 171.
erstgeborenen
N.
Nachfiebern bei der Pneumonie 271.
Nachwuchs, Vermehrung und Erhaltung
des 120.
NaJ 81.
Nase, Einfluss der Kriegsbeschädigungen
auf Erkrankungen 340.
Nasenschleimhauttuberkulose 59, 260.
Nastin-Chinolinphospbat 174.
Natriuambypochlorit 81.
Naturhistorisch - medizinischer
Heidelberg 155.
Neosalvarsan 59.
Nephrektomie bei Nierentuberkulose 139.
Nernstspaltlampe 10.
Niere 47.
Nierenleiden 62.
Nierentuberkulose 42, 70, 139, 173.
Nomenklatur der Lungentuberkulose
189.
— der Tuberkulose 164.
Verein
O.
Obduktionsbefunde bei tuberkulinbe-
handelten Kindern 166.
Organlipoide 214.
sophagusgeschwür, tuberkulöses 58.
Österreich, Tuberkulose-Bekämpfung in
86, 208.
—- Tutkerkulose in 126.
Ohr, Tuberkulose des 42.
Ophthalmıe, sympathische 69.
Otitis media-luberkulose 75.
: Ovarialtumoren, Tuberkulose der 261.
Miliartuberkulose 2, 128, 171, 299, 342. `
Oxydasereaktion 91.
Ozon 304.
Saohregister.
P.
Parinaudsche Erkrankung 291, 297.
a 48, 55, 173, 205, 218,
57.
Partialantigengemisch 257.
Partialantigene nach Deycke-Much 172.
Partialreaktivität 212.
Partigenbehandlung der Tuberkulose 210.
EAL iE ntherapie bei Hauttuberkulose
97.
Pathogenese der Tuberkulose 237.
Pathologie und pathologische Anatomie.
Referate 10.
Perikarditis, tuberkulöse 146.
Perinephritis, tuberkulöse 11, 58.
Peritonitis, tuberkulöse 57, 136, 173,
260.
Perkussion 52.
Peritonitis chronische 254.
— tuberculosa 140, 141.
Perkutanbehandlung 346.
Phagozytose 272.
Pharynxtuberkulose, rezidivierende 59.
A eine kolloidale Kreosollösung
Phthisiotherapie 110.
a incipiens-dclearata consumptiva
Physostigmin als Expektorans 112.
Pigment im Urin Tuberkulöser 17.
Pleuraexsudate 191.
— Nachweis kleiner 254.
— vielkämmerige 200.
— Statistik der 11.
Pleurahöhle, Fremdkörper der 145.
Pleuraverletzungen 237.
Pleuritis 136.
— hämorrhagische 316.
— interlobäre 74.
— Methylenblau bei 145.
— tuberkulöse 220.
Pneumonie 271, 272.
— Behandlung der mit Optochin 93.
— kruppöse 93.
Pueumothorax, Einfluss des auf die
Lunge des gesunden Tieres 35.
Pneumothorax, künstlicher 40, 41.
Pneumothoraxtherapie 155.
Polynukleose 299.
Prinzregent Luitpold-Kinderheilstätte bei
Scheidegg iin Allgäu 28.
Prostata, Tuberkulose der 185.
Pseudonierensteine 225.
Psoriasis, Behandlung von mit Tuber-
kulomuzin 142.
— tuberkulöser Ursprung der 14.
Psychosen, Tuberkulosen bei 175.
Q.
Quarz-Quecksilber-Lampe 805.
Querschnittslähmung 145.
363
R.
Rachen, Tuberkulose des 37.
Radiotherapie 158.
Radiumbestrahlung,
ren der 286.
Rassenhygiene 26.
Keaktionsfähigkeit Tuberkulöser 101.
Referato 10.
Rheumatismus, tuberkulöser 135, 252.
Röntgenbefunde am kindlichen Thorax-
mittelschatten 57.
— an tuberkulin-negativen Erwachse-
nen 74. 2
Röntgenbehandlung der chirurgischen
Tuberkulose 304.
— tuberkulöser Drüsen 342.
Röntgendiagnostik 74, 200, 255, 323.
Tuberkulosekultu-
. Röntgenologische Erfahrungen mit Fried-
manns Mittel gegen Tuberkulose 303.
Röntgentiefenbestrahlung 247.
' Röntgenstrahlen 63, 159.
Röntgentherapie 81.
Röntgenuntersuchung der Lungentuber-
kulose 170.
Rückenmark, Tuberkel des 324.
Ruhe und Übung 107.
Ruhr, ihr Wesen und ihre Behandlung
309.
47
Saccus lacrimalis 143.
Säuglingsalter, Tuberkulose im 135.
Säuglingstuberkulose 15, 39, 49, 89,
191, 316.
Säuglings- und Kleinkinderschutz 121.
Säureintoxikation 273.
Säurevergiltung 273.
Salızyl 271, 272.
Salzbrunner Kronenquelle 62.
Salzsäuresekretion des Magens 94.
Sanatorium Mesnalien 181.
— 3 Monate im 82.
Scapula scaphoidea 320.
Seborrhöe und Tuberkulose 42.
Selektionshypothese 186.
Senkungsahszess 145.
Septikämien 14.
Seuchen, Einschleppung von 125. .
Shakespeare 95.
Alec ungalragen für Kriegsbeschädigte
6
Siliciumpräparate 56.
Skandinavien, Tuberkulose in 48.
Sklerodermie 221.
Skoliose und Spitzenerkrankung 105.
Skrofulose 196.
Smeemabazillen 237.
Soldaten, lunzenkranke 118, 228.
Sonnenbehandlung 139.
Sonnenbestrahluug 159.
Sonnenlicht 298.
364
Sonnenlichtbehandlung 79.
— in der Chirurgie 63.
Sonnen- und Luftbäder 40,
Sozialhygiene 336.
Sputum, Homogenisierung des 52.
Syphilis 56.
— kombiniert mit Tuberkulose 59.
— und Tuberkulose 47.
Scharlach, Tuberkulin - Reaktion beim
167.
Schatten, streifenförmige neben der
Brustwirbelsäule 255, 323.
Schilddrüse 298.
Schleimhauttuberkulose der Nase 260.
Schluckschmerz 144.
Schrumpfungsprozesse
Nieren 47.
Schularzt 230.
Schularzteinrichtung 124.
Schularztfragen 124.
Schule 123.
— für ansteckende tuberkulöse Kinder
in Frederiksberg 89.
Schulen als T. V.- Stätten 25.
Schussverletzungen der Brustwand und
Lungen 342.
in Leber und
Schutzpockenimpfung tuberkulöser Lun-
Benkranker 14.
Schwangerschaft und Kehlkopftuber-
kulose 103, 251.
— und Tuberkulose 101, 103, 108, 252.
Schweden, Tuberkulose-Mortalität in 16.
a Ertüchtigung der
124.
Schwertuberkulðse, Unterbringung 232.
Schwester, Die Monatsschrift 64.
Spektrosol-Lampe von Reiniger. Gebbert
und Schall 247.
Spitzentuberkulose 187.
Splitterfärbungen 296.
Spondylitis 80, 160.
— cervicalis tuberculosa 57.
— tuberculosa 131, 261.
Sputum, Behandlung des 112.
Sputumdesinfektion 180.
Sputum, mikroskopische Untersuchung
des 322.
Stibchen, säurefeste 220.
Staphylokokkensepsis 305.
Statistik der Tuberkulose 336.
Statistisches Jahrbuch der Schweiz 343.
Stauung venöse 257.
Steckschuss in der Lunge 236.
Stierlinsches Röntgensymptom 137.
Stockholm, Tuberkulose in’ 196.
Strahlenbehandlung der Tuberkulose 246.
Strahlen, ultraviolette 70.
T:
Tachykardie bei der T'uberkulose 51.
Taschenbuch der Therapie 64.
Tebecin Dostal 205.
Sachregister.
Temperaturzentrum, Erregbarkeit des
13.
Therapie tuberkulöser Erkrankungen 77.
Tborium 294.
Tımotheebazillen 292.
Thoraxbau und Lungentuberkulose 105.
Thoraxmittelschatten 57.
Thorax phthisicus 187.
Tiefatmungen methodische 274.
Tiertuberkulose 49.
Toleranz gegen Tuberkulin 50.
Tonsililentuberkulose 131.
Toramin, ein nichtnarkotisches Husten-
mittel 112.
Toxämie 317.
Transsudate 200.
Trauma und Meningitis 261.
Trauma und Tuberkulose 40, 145, 252,
253, 300.
Trinkbrunnen 274.
Tropensonne und Tuberkulose 15.
Trompetenbazillen 298.
Tuberkelbazillen 71, 73, 299.
— Anreicherung von 198.
— Färbung der 17, 51, 197.
Tuberkelbazillenfett. 48.
Tüberkelbazillen im Blut 146.
— Färbung der 254.
— im Harn 197.
— in den Fäzes 198.
— in der Blutbahn 219.
— quantitative Bestimmung der 73.
Tuberkelbazillenvakzine 205.
Tuberkelbazillus 237.
— Kultur des 283.
— Morphologie des 282.
— Struktur des 5l.
Tuberkel des Rückenmarks 324,
Tuberkulide des Gesichts 132.
Tuberkulin bovines 50.
Tuberkulöse im vorgeschrittenen Krank-
heitsstadium 6l.
Tuberkulomuzin 142.
— (Weleminsky) 176, 325.
Tuberkulin 18, 157, 166.
Tuberkulinbehandluug 55, 58, 175.
— des Menstruationsfiebers 76.
— ım Kindesalter 78.
— nach Ponndorf 76, 303.
Tuberkulindiagnostik 174, 224.
Tuberkulin, Dosierung 171.
— Heilwert des 174.
— humanes 50.
Tuberkulinimpfungen 223.
Tuberkulin in der Praxis des Arztes 175.
Tuberkulininjektion 69.
— geteilte 77, 205.
Tuberkulinkuren bei Psychosen 175.
Tuberkulin-Reaktion 219.
Tuberkulinreaktion beim Scharlach 167.
‚ — in der Kınderpraxis 223, 254.
— kutane 171.
Tuberkulinstudien bei Kindern 19.
eit deg
reen 17,
se 105.
usten-
239,
Sachregister. 365:
Tuberkulintberapie 60, 78, 174.
— ambulante 256.
Tuberkulose 49, 70, 239, 250.
— Allergie 100
— als Ursache der Mastdarmfisteln 136.
— -Assanierung der Stadt Debrecen 24.
— beginnende 301.
Behandlung der 55, 177.
Tuberkulosebehandlung unter dem
Kriegseinfluss 328.
——— bei Patienten über 15 Jahre
— Bekämpfung der 25, 43, 61, 83, 88,.
126, 127, 148, 151, 181, 308, 3ll,
329, 335. 338, 343, 349,
— Bekämpfung im Kriege 60.
— -Bekämpfung in Dänemark 334,
— -Bekämpfung in den Niederlanden
- Anfang 1916 233.
Tuberkulosebekämpfung in kleinen
Städten und auf dem Lande 30, 230.
— in Milıtärspitälern 265.
— in Österreich 86, 208.
— Lücken in der 235.
— nach dem Kriege 116, 151.
Tuberkulose, Blutserum bei 46.
— chirurgische 23, 40, 43, 79, 83, 138,
205, 208, 241, 305.
— Einteilung der 314.
— der Frontsoldaten 165.
— der Hypophyse 36.
— der Mılz 342.
— der Tiere 117.
— des Auges 175.
— Eingangspforten der 134.
— Entstehungsweise, Infektions- und
- Verbreitungswege der 132.
— experimentelle 50.
— — Therapie der 100.
Tuberkulosefilm des Deutschen Zentral-
komitees zur Bekämpfung der Tuber-
kulose 88, 89
Tuberkuloseforschung, Ergebnis der 183.
Tuberkulosefragen 99.
Tuberkulosefürsorge 240, 346.
— auf dem Lande 84.
— -Blatt 346, 347.
— der Landesversicherungsanstalt Ber-
lin in den beiden Kriegsjahren 1915
bis 1916 29.
— des Zentralkomitees vom Roten Kreuz
— in Berlin, Lehrgang in der 32.
— Lehrgang in der 230.
Tuberkulosefürsorgestelle Lübeck 347.
Tuberkulusefürsorgestellen 148.
— in Waien 306.
Tuberkulose, geschlossene 130.
— Häufigkeit der 15.
Tuberkuloseheilmittel, neuere 210.
Tuberkulo»e-Heilstätte 307.
Tuberkuloseheime tür Schwerkranke 242.
Tuberkulose-Hygiene 380. .
Tuberkulose, il-ocöka'e 137.
— im Bezirke Plan 136. .
Tuberkuloseimpfung bei Kaninchen 192.
Tuberkulose im Säuglings- und Kindes-
alter 89, 135.
— in Argentinien 96.
Tuberkuloseinfektion,extrafamiliäre 195.
Tuberkulose, inaktive 72.
in Bolivia 51.
in Dänemark 334.
in den Dörfern 230.
io Deutsch-Böhmen 148.
-Infektion des Kindesalters 167.
in Galizien 43.
in Lodz 43.
in Österreich 126.
in Skandinavien 48.
in Stadt und Bezirk Aussig 85.
in Wien 126.
kombiniert mit Syphilis 58.
— kongenitale 253.
Tubrrkulosemortalität Schwedens 16.
— Stockholms 196.
Tuberkulose, offene, geschlossene 32,
191, 300
— Organisation der Fürsorge £5.
— primärer Lungenherd bei 67.
rvblem der 45.
— seltenere Formen von bei Säug-
lingen 36.
— spezifische Behandlung der 177.
— Statistik der 336.
— -Sterblichkeit 168.
Tuberkulusesterblichkeit der Hamburger
Kinder 72.
— in Holland 221, 222.
Tuberkulosetherapie 302.
— spezifische 21.
Tubeıkulose und Alkohol 300.
— — Basedow-Symptome 105.
— — künstlicher Abort 258.
— — Krebs 116.
— — Krieg 182, 332.
— — Schwangerschaft 101, 103, 108,
52.
LIIIIITITITI
— — Skrofulose 38.
— — Syphilis 47.
— — Trauma 40, 145, 252, 253, 300.
— — Wohnnng 180.
— Verbreitung der 342.
Tuberkuloseverdächtige 323.
Tuberkulose-Virus, granulöse Form 71.
Tuberkulose, Vorbeugung bei 82.
Typus bovinus 296.
—- humanus 296.
U.
Oberengüng körperlicher Kriegsschäden
321.
Ulcus duodeni 385.
366
Uranium 294.
Urobilin 272.
Uterus, Totalexstirpation des graviden
108.
V;
Vakzinetherapie der Tuberkulose 18.
Vanadium 294.
Vejlefjord-Sanatorium 3383.
Verein für innere Medizin und Kinder-
heilkunde zu Berlin 80.
Yeramikune der Lungenheilanstaltsärzte
‚351.
Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose
in Nürnberg 268.
— — — — — — Steiermark 61.
— — — — — — Stettin 335.
Vererbung 46.
Verkäsung, strablige 292.
— tuberkulöse 294.
Verpflegungsetats der Tuberkulosekran-
kenhäuser 84.
Verhandlungen des VI. Österreichischen
Tuberkulosetages 203.
Versicherung, soziale 26.
Verwandlungsfähigkeit der Bakterien 92.
Vibroinhalationsapparat 227, 228.
Vibroinhalationsverfahren 248.
Virus, tuberkulöses 50.
Vogeltuberkulose 297.
Volksunterricht in der Bakteriologie 350.
Volksvermehrung 95.
|
Saohregister.
W.
Wachstum und Krankheit 164.
Waffenbrüderliche Vereinigung Deutsch-
lands und Österreich-Ungarns 118.
Walderholungsstätte Cassel 346.
Wassermann’sche Reaktion 12.
Wohlfahrtskunde 235.
Wohlfahrtsstelle Westpreussen 232.
Y SSmUDERIRInDEE® für Lungenkranke
28.
Wohnung, Tuberkulose und 25, 180, 835.
Wüstenklima 273.
— Stoffwechsel im 92.
Wüstensanatorium Bab el Wadi 274.
X.
Xanthomatose bei Diabetes, generali-
sierte 219.
Y.
Yulemarke Sanatorium 3385.
Z.
Zahnfleischtuberkulose 71.
Zeitschriften, Neue 278.
Zentral-Komitee zur Bekämpfung der
Tuberkulose 160.
Zichl-Neelsen’sche Färbung 197.
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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