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Full text of "Internationales Centralblatt für die gesamte Tuberkulose-Forschung 12.1918"

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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 
MEDICAL CENTER LIBRARY 
SAN FRANCISCO 





** 


Internationales Lentralblatt a, 


für die gesamte 


Tuberkulose-Forschung 


Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrten 
des Jn- und Auslandes 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer Dr.OskardelaCamp Dr. G. Schröder 


Ärztlicher Direktor des Allge- o.ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der neuen Heilanstalt 
meinen Krankenhauses Eppen- Freiburg, Direktor der medizini- für Lungenkranke, Schömberg, 
orf in Hamburg schen Klinik Oberamt Neuenbürg, Witbg. 


Redaktion: 
Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der neuen Heilanstalt für Lungenkranke 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. 


XII. Jahrgang 


E 


N 





Leipzig und Würzburg 


Verlag von Curt Kabitzsch 
1918 


Alle Rechte, 
besonders das der Übersetzung, vorbehalten. 


Druck der Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg. 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von ° 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ð. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 





Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 
Redaktion: Verlag: | 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Vertag, 
Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Würzburg. 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wittbg. Ludwigstrasse 281/s. 








12. Jahrg. Ausgegeben am 31. Januar 1918. Nr. 1. 
Inhalt. 
Autorenverzeichnis. 
‘Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 
Alff 28. Dembinski 18. | Kohn, H. 32 Reinhart, A. 15. 


Arosenius, E. 16. Dohrn %. Koväcsies, A. 25. Reynier, P. 15. 
Bardswell, N. 30. ' Dotzel 12. ı Kraemer, C. II 2. Rothholz 29. 
Bechhold 2%. Edin. R. C. 29. : Kraus 31, 32. Sabouraud, R. 14. 
Bluhm, A. 26. Faber 12. Krause, W. 17. Sahlgren, E. 21. 
Bödiker, E. 12. Fürbringer 31. : Lanz, E. 19. ‚, Schärer 25. 
Braun, E 16. ı Geszti, J. 24. Liebe 25. | Schloss 15. 
Bredow, F. 14. l Goldscheider 30, 32. v. Linden, M. 21. , Schranz 17. 


Budszynski 30. ' v. Hayek, H 21. ! Lindhagen, E. 24. Schürmann, W. 28. 


Cantab, P. H. 29. Hirschfeld. F. 32. . Loeper, M. 11. | Sievers, H. 29. 
Cemach, A. J. 23. Holmgren, J. 12. ; Lord, F. J. 10. | Spitzer 19. 
Chasporel, M. 17. Hotz 23. ' Löwy, J. 13. ` Steiner, L. 15. 
Clemens 25. Jacquerod 18. Lüthy, A. 123. ! Strauss 21. 

Cox, L. L. 26. Jousset, A. 14. Mayer, A. 31. ' Tuz 11. 

Crofton, W. M. 27 Jürgens 32. Orth 25. ‚ Wiehmann 20, 20. 
Cronquist 19. . Kinghorn, H. M. 11. ' Ostenfeld, J. 16. ' Zahner 28. 
Czerny 31. Klare 28. Pischinger, O. 29. : Zondek 11. 
Darier 18. ' Kleinschmidt, H. 27. Rappin, M. 18. : Zülzer 32. , 

Dart, G. H. 2%. Koeppe 10. i l 


I. Klinische Fälle. 


Zu den Verlaufsformen und der Diagnose der Miliartuberkulose. 


I. Referate., 


Von C. Kraemer lI. 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. 


1. Koeppe, Klinische Beobachtungen mit 
der Nernstspaltlampe nnd dem Hornhbautmikro- 
skop. — 2. Lord, Haemoptysis as symptom. — 
3. Zondek, Zur primären Muskeltuberkulose. 
— 4 Kinghoru, Appendicitis as a compli- 
cation of pulmonary tuberculosis. — 5. Tua, 
Beitrag zur Statistik der Pleuraexsudate und 
ihre Beziehung zur Tuberkulose. — 6. Loeper, 
La perinephrite tubereuleuse. 7. Holm- 
gren, Beobachtungen über das Verhältnis der 
Krebskranken Tuberkulin gegenüber. — 8. Bö- 
diker, Über die Brauchbarkeit des Bitter- 
schen Tuberkuloseextraktes für die Wasser- 
mann'sche Reaktion. — 9-10. Faber, Dotzel. 
Albuminurie nach Bestrahlung mit der künst- 
lichen Houhensonne. — 11. Löwy, Fibrinver- 
mehrung im menschlichen Blute. — 12. Lüthy, 
Verändert die längere Zufuhr von Antipyreticis 
die Erregbarkeit des Temperaturzentrums ? 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 


| 


31: 


b) Ätiologie und Verbreitung. 

13. Sabouraud, Sur l’origine tubercu- 
leuse du psoriasis. — 14. Jousset, La ba- 
eill&emie tuberculeuse primitive du premier âge. 
15. Bredow, Zur Schutzpockenimpfung 
tuberkulöser Lungenkranker. — 16. Reynier, 
Pathogenie de la fistule anale. — 17. Rein- 
hart, Anatomische Untersuchungen über die 
Häufigkeit der Tuberkulose. — 18. Steiner, 
Tuberculose et soleil tropical. — 19. Schloss, 
Zur Epidemiologie und Klinik der Säuglings- 
tuberkulose. — 20. Braun, Die Häufigkeit der 
Miliartuberkulose im Greisenalter, — 21. Aro- 
senius, Tuberkulosemortalität Schwedens 
während der Jahre 1911-1914. — 22. Osten- 
feld, Häufigkeit der Tuberkulose bei Patienten 
über 15 Jahre. 


' c) Diagnose. 
23. Sehrarz, Zur Färbung der Tuberkel- 
bazillen. — 24. Chasporel, Pigment ren- 


12. 1 


IN.» 


14 


2 Klinische Fälle. 


contré dans les urines de tubefculeux. — 25. 
Krause, Einfluss der hereditären Belastung auf 
Form und Verlauf der Tuberkulose der Kinder. 


d) Therapie. 


26. Jacquerod, Valeur de la tuberen- 
line dans le traitement de la tuberculose 
pulmonaire. — 27. Dembinski, Über den 
therapeutischen Wert des Tuberkulins und die 
Indikation zu dessen Anwendung. — 28. Rap- 
pin, Vaceinothörapie de la tuberculose. — 
29. Darier, Traitement des tuberculoses 
oculaires. — 30. Spitzer, Die Anwendung 
der Deycke-Much'schen Titrierung‘ und Immun- 
therapie bei Hauttuberkulose. — 31. Cron- 
quist, Tuberkulinstudien bei Kindern. — 
32. Lanz, Über die Bedeutung der Haut- 
reaktion nach Tuberkulin-Impfungen für Tbe- 
rapie und Prophylaxe der Tuberkulose — 


| 
| 


: 45. Clemens und Schärer, 


Assanierung der Stadt Debrecen. — 43. Ko- 
väesios, Tuberkulose und Wohnung, 
4. Liebe, Die Schulen als T.V.-Stätten. — 
Ein neuer 
Apparat zur Desinfektion des Auswurfs und 
der Auswurfgefässe. — 48. Orter, Uber die 
Bekämpfung der Tuberkulose. -— 47. Lissant 
Cox, The prevention and cure of tuberculosis. 
— 48. Bluhm, Die soziale Versicherung im 
Lichte der Rassenhygiene. — 49. Crofton, 


‘ Prophylactic inoculation against tuberculosis. — 


38. Wichmann, Über die Heilwirkung spon- . 


taner Antikörperbildung auf äussere und innere 
Tuberkulose. -— A. Wichmann, Der heutige 
Stand der Chemotherapie der Hauttuberkulose. 
35. Strauss, Erfolge und Anssichten der 
Chemotherapie des Lupus. — 36. Sahlgren. 
Über Enzytolbehandlung der Tuberkulose. — 
97. v. Linden, Experimentalforschungen zur 
Chemotherapie der Tuberkulose mit Kupfer- 
und Methylenblausalzen. — 38. v. Hayek, 
Kann die spezifische Tuberkulosetherapie heute 
schon für die allgemeine ärztliche Praxis an- 
empfohlen werden? — 39. Hotz, Die Be- 
handlung chirurgischer Tuberkulosen bei Kriegs- 
teilnehmern. — 40. Comach, Über die spe- 
zifsche Behandlung der Mittelohrtuberkulose. 


e) Prophylaxe. 


41. Lindhagen, Anzeigepflicht bei Tu- 
berkulose. -- 42. Geszti, Die Tuberkulose- 


50. Kleinschmidt, Zur Prophylaxe der 
Kindertuberkulose im Kriege. — 51.52. Be ch- 
hold, Schürmann, Über Desinfektions- 
mittel. ; 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heime. 


53. Zahner, Die Prinzregent Luitpold- 
Kinderheilstätte bei Scheidegg im Allgäu. — 
54. Klare, Kinematographische Vorführungen 
in Heilstätten. — 55. Alff, Die Entwickelung 
der Bacholter Walderholungsstätte, ein Bei- 
trag zum Bau von Walderholungsstätten. — 
56. Rothholz, Die Tuberkulosefürsorge der 
Landesversicherungsanstalt Berlin in den beiden 
Kriegsjahren 1915—1916. — 57. Sievers, Die 
Besuche der Fürsorgeschwestern in den Woh- 
nungen Lungenkranker. — 58. Pischinger, 
9. Jahresbericht der Auskunfts- und Fürsorge- 
stelle in Aschaffenburg für das Jahr 1916. — 


| 59. Dart, Edin, Cantab, The domiciliary 


i 
| 
| 
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treatment of pulmonary tuberculosis. — 60. 
Budszynski, Dio Arbeitskur in Anstalten 
für Lungenkranke. — 6l. Bardswell, An 
open-air industrial experiment for tuberculous 
cases: The Hairmayres Colony, Lankashire. — 
62. Dohrn, Organisation der Tuberkulose- 
bekämpfung in kleinen Städten u. auf dem Lande. 


III. Kongress- und Vereinsberichte. 
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin, Sitzung vom 10. XII. 1917. 


IV. Mitteilung 


des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. 


I. Klinische Fälle. 


Zu den Verlaufsformen und der Diagnose der Miliar- 
tuberkulose. 
(Aus der Beobachtungsstation für innere Krankheiten von Oberstabsarzt d. L. 
Prof. Dr. Schlayer.) 


Von Assistenzarzt d. R. Dr. C. Kraemer Il. 


(Mit 3 Röntgenabbildungen und 1 Kurve im Text.) 


Im folgenden möchte ich über einen Fall von Miliartuberkulose 
berichten, der mir in verschiedener Hinsicht bemerkenswert erscheint. 
Zunächst möge die Krankengeschichte den Gang der Ereignisse und den 
jetzigen Befund zur Anschauung bringen. 


Klinische Fälle. .3 


* 


~ Th. Sch., 20 jähriger Mann. In der Familie ist kein Fall von Tuberkulose 
vorgekommen. Pat. selbst gibt an, er habe früher Masern gehabt, sei sonst stets 
gesund gewesen. Vom 14. bis 19. Lebensjahr arbeitete er als Schlosser. 9. X. 14. 
kam er als Freiwilliger zur Marine, und war dann als Funker auf U-Booten tätig. 
Von Mitte Februar 1916 ab begann leichtes Unwohlsein, Appetitlosigkeit und 
Müdigkeit einzusetzen; Sch. bemerkte ein allmähliches Dickerwerden des Bauches. 
Er meldete sich Anfangs April 1916 krank und kam ins Kriegs-Lazarett B. Dort 
wurde tuberkulöse Bauchfellentzüändung festgestellt. Der Leib war aufgetrieben, 
mass 81 cm im Umfang, freier Ascites war nachweisbar, die Temperatur subfebril. 
Am 22. IV. 16. Operation in Chloroformnarkose: Schnitt in der Linea alba; es 
wurden eine grosse Aussaat von Tuberkelknötchen und flächenhafte Verwacbsungen 
konstatiert. Der Schnitt wurde darauf ohne weiteren Eingriff geschlossen. An- 
schliessend Sonnenbestrahlung. 20. V. 16 Verlegung ins Marine-Lazarett H. inK. 
Die dortige Untersuchung ergab: Lungen o. B., Leib aufgetrieben, 77 cm im 
Umfang, Ascites nachweisbar, die Temperatur subfebril, Pirquet positiv, Gewicht: 
64 kg. Röntgendurchleuchtung: beide Zwerchfelle hochgedrängt, die linke Spitze 
etwasdunklerals dierechte. Hämoglobin: 80°. Sch. fühlte sich sehr matt. 
Die B-handlung bestand in Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne. 

Am 3. VIII. 16 wurde der Pat. ins R.-L. N. verlegt. Der Befund dort ergab: 
geringer positiver Lungenbefund (ohne nähere Angaben), Leib aufgetrieben, 
84 em im Umfang, kein Ascites, Temperatur subfebril. Behandlung wie seither. 

Von dort wurde Sch. in das R.-L. A. verlegt. Gewicht 65 kg, im Auswurf 
keine T.B. Lungen: beide Spitzen gedämpft, I. h. v. Rasselgeräusche: 
Leib aufgetrieben, gelegentlich Durchfälle und Leibschmerzen. Hier traten zum 
erstenmal Beschwerden auf beim Wasserlassen. Im Urin wurden 
einzeine Zylinder nachgewiesen. | 

Am 8. XIl. 16 zurück verlegt ins R.-L. N. Befund: Leib stark aufgetrieben, 
Lungenspitzentuberkulose beiderseitn. 

Am 13. XII. 16 zum Truppenteil als kr. u. entlassen. Sch. machte einige 
Tage leichten Dienst, und kam wegen der alten Beschwerden ins Erholungs- 
heim E. Februar 17 kam er wieder zur Truppe und wurde am 20. III. 17 bis zur 
Entlassang nach Hause beurlaubt, wo er immer Fieber und Rückenschmerzen 
gehabt haben will. Er meldet sich am 5. VIl. 17 wieder krank und kam von 
neuem ins R.-L. N. Die Untersuchung ergab; auf der Lunge keine Rassel- 
geräusche, Leib nicht mehr druckempfindlich, leichtes Fieber. Die Röntgen- 
durchleuchtung ergab schlechte Verschieblichkeit des rechten Zwerchfells, sonst 
keine Besonderheiten. Pat. hatte Schmerzen beim Wasserlassen. Am 18. IX. 17 
Verlegung ins Ver.-Laz. K.; hier bestand Fieber, Sch. klagte über Schmerzen in 
der Lendenwirbelsäule; der Urin war manchmal trübe, Albumen wurde nicht 
nachgewiesen. 

Am 18. IX. wurde der Pat. zu uns zur Beobachtung verlegt. Hier trat 
unter Darreichung von Pyramidon fast völlige Entfieberung ein. Das Körper- 
gewicht sank von 63 kg auf 61'/: kg, um dann wieuer auf 63 kg anzusteigen. 
Zur Zeit klagt Pat. nur über Schmerzen im Kreuz beim Bücken, mässigen Husten 
und Auswurf, etwas Brennen beim Wasserlassen. Sonst fühlt er sich ganz wohl. 

Der heutige Befund ergibt: Verminderter Ernährungszustand, blasses 
Aussehen. Muskulatur in mässigem Tonus. Aın Hals einige kleine Lymphome. 

Das Nervensystem zeigt etwas erhöhte Erregbarkeit. 

Die Lendenwirbel sind ganz wenig prominent, es besteht kein Gibbus, keine 
Druckempfindlichkeit, kein Stauchungsschmerz. Röntgenbild der Lendenwirbelsäule 
zeigt völlig normalen Befund.. 

Der Leib weist eine breite, gut verheilte Operatiunsnarbe auf, vom Schwert- 
fortsatz bis etwas unterhalb des Nabels reichend. Der Leib ist nicht aufgetrieben, 
nirgends druckempfindlich, Ascites ist nicht nachweisbar. Keine abnorme Re- 
sistenz. = 


4 Klinische Fälle. 


Das Herz zeigt den Spitzenstoss an nurmaler Stelle, nicht hebend. Grenzen 
und Töne sind o. B. Der Puls ist regelmässig, beschleunigt, und zwar dauernd 
mehr als im Verhältnis zur Temperatur, siehe Kurve. 


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Der Brustkorb ist mittelbreit, etwas flach, macht ganz gute, beiderseits 
gleiche Atemexkursionen. Es besteht keine Dyspnoe oder Tachypnoe. Die Zahl 
der Atemzüge beträgt durchschnittlich 24. Die Lungengrenzen sind hinten 
und vorn beiderseits verschieblich. 


Klinische Fälle. 5 


Lungenbefund: Rechts ziemlich derbe Schallverkürzung bis unterhalb 
Spina, vorn bis zur 2. Rippe. — Scharfes Inspirium, hinten oben etwas verlängertes 
Exspirium, bronchovesikuläres Atmen bis Spina, ebenso vorn oben. Bis Spina 
sehr spärliches, fein- bis mittelgrosses, nicht klipgendes Rasseln. 

Links derbe Schallverkürzung bis unterhalb Spina, ]. vorn Schall über der 
ganzen Seite etwas verkürzt. — Sehr scharfes, bronchovesikuläres Atmen. Über 
dem Schlüsselbein mässig zahlreiches, mittelgrosses, deutlich klingendes Rasseln, 
ebenso hinten bis Spina. i 

Der Auswurf ist spärlich, schleimig eitrig, enthält spärliche Tuberkel- 
bazillen. 

Der Urin ist leicht getrübt, manchmal flockig. Er enthält etwa 1/4°/oo 
Albumen, im Sediment reichlich Leukozyten, wenig Erythrozyten, einzelne 
Zylinder ; der steril entnommene Urin enthält wiederholt Tuberkelbazillen..— Diazo- 
reaktion bleibt negativ. š 





Abb. 1. 


Im Blut sind keine T. D. nachweisbar; der Hämoglobingehalt beträgt 7200, 
die Zahl der Erythrozyten 5 112000, dıe der Leukozyten 9 bis 10000. Das 
morphologische Blutbild setzt sich zusammen aus: 71,5°/o Neutrophilen, 18°/o 
Lymphozyten, 7°/o Übergangsformen, 2,5°/o Eosinophilen, 1° Mastzellen. 

Pirquet bleibt 2 mal negativ. 

Die fachärztliche Augenuntersuchung ergibt keine Chorioidealtuberkel. 

Die Temperatur ist sehr labil, in den letzten Tagen nicht mehr über 37,4 
erhöht (s. Kurve). 


Soweit der klinische Befund. Demnach besteht eine alte, wohl sicher aus- 
geheilte Bauchfelltuberkulose, ferner offene Lungen- und Nierentuberkulose. 
Nun aber das Röntgenbild (Abb. 1). Dieses zeigt eine diffuse miliare Aussaat 
in beiden Lungen, das. typische Bild der Miliartuberkulose! Nichts im patho- 
logischen Geschehen, noch in dem klinischen Befunde, noch in dem Befinden des 


6 Klinische Fälle. 


Kranken deutet darauf hin. Es fehlte jedes Zeichen eines akuten Beginns, es 
fehlen so ziemlich alle für Miliartuberkulose charakteristischen subjektiven und 
objektiven Symptome wie Kopfschmerz, Dyspnoe, Fieber, Chorioidealtuberkel, 
um nur die wichtigsten zu nennen. Wohl sind Fälle von fieberlosem 
Verlauf in der Literatur beschrieben, meines Wissens zuerst von Joseph 
1891, aber doch nicht von so langer Dauer und so ohne alle Beschwerden. 
Das ist das Bemerkenswerte an diesem Fall, dass ein Mann mit radio- 
logisch so ausgebreiteter Erkrankung in relativ solch gutem Wohlsein sich 
befindet. Zwei Erklärungen sind dafür möglich: entweder, es geht das 
Röntgenbild sozusagen dem Gang der Dinge voraus, d. h. es zeigt uns 





Abb. 2. 


jetzt schon die miliaren Knötchen, ehe sie klinisch in die Erscheinung 
treten, oder der Mann hat das seltene Glück gehabt, den akuten Anfall 
der Miliartuberkulose zu überstehen, dann haben wir alte, mehr oder 
weniger ausgeheilte miliare Herdchen vor uns, bezw. die Miliartuberkulose 
ist in chronische Phthise übergegangen. Für beide Möglichkeiten sind 
Belege in der Literatur vorhanden. Schlayer (im Auftrag Otten's) 
beschreibt einen Fall, bei dem „das Röntgenogramm eine völlige Über- 
raschung bedeutete“. Also genau wie bei unserem Kranken. Auch 
Achelis teilt einen Fall mit, bei dem die Miliartuberkulose schon im 
Röntgenbilde in Erscheinung trat, ehe klinische Symptome sich zeigten. 
Ebenso berichtet v. Muralt über dieses Vorkommen. In unserem Fall 
dürfte dies kaum zutreffen; dafür stand der Kranke zu lange in unserer 
und anderer Beobachtung, ohne dass eine Verschlimmerung eingetreten 
wäre. Vielmehr wird die zweite Möglichkeit in Betracht kommen, nämlich 


Klinische Fälle. 7 


dass die Miliartuberkulose einen chronischen Verlauf genommen hat, aus- 
geheilt, bezw. in chronische Phthise übergegangen ist. Von solchen Fällen 
wird von Cornet, Romberg in Mehrings Lehrbuch, besonders Wun- 
derlich berichte. — Wir haben uns in diesem Falle zu der Diagnose 
Miliartuberkulose entschlossen nach dem ganzen Verlauf der Dinge; ausser 
dem Böntgenbild würde noch das Verhalten des Pulses und eventuell das 
Blutbild für Miliartuberkulose sprechen; letzteres soll nach Wack bei 
unveränderter Gesamtleukozytenzahl eine Lymphopenie zeigen; dass auch 
für das Röntgenbild noch andere Deutungen vorhanden wären, soll unten 
noch kurz erörtert werden. Vorher darf ich vielleicht noch die Möglichkeit 
oder Wahrscheinlichkeit der Entstehung des Leidens berühren. 





Abb. 3. 


Ein vorher kerngesunder Mann aus gesunder Familie erkrankt unter 
ungewohnten Lebensverhältnissen und Anstrengungen an Bauchfelltuber- 
kulose. Man wird nicht fehlgehen, auch in diesem Fall den Ausgang in 
einer Mesenterialdrüse zu suchen. Ist nun damals gleichzeitig die Aus- 
saat in die Lungen und in die Nieren erfolgt? Dagegen spricht das 
Fehlen aller Symptome. Erst 3 Monate später traten die ersten Zeichen 
seitens der Lungen, 5 Monate später seitens der Nieren anf. Wahrscheinlich 
also erfolgte die Aussaat in die Lungen und in die Nieren nacheinander 
in einzelnen Schüben; Cornet beschreibt gerade dieses schubweise Ein- 
brechen der Bazillen in die Blutbahn als Entstehungsmöglichkeit der 
chronischen Miliartuberkulose. Man könnte dann von einer multiplen 
Lokalisation der Tuberkulose sprechen. Die Bauchfelltuberkulose zog sich 
lange hin, Gelegenheit zu stets neuen Schüben war also gegeben. Es ist 


8 Klinische Pälle. 


beachtenswert, dass die durch Ausheilung der: Bauchfelltuberkulose ge- 
schaffene Immunität einerseits wohl eine Katastrophe, ‚andererseits aber 
nicht das Übergreifen in andere Organe zu verhindern vermochte. Oder 
sind lokale und allgemeine Immunität solch verschiedene Dinge? 

Das Röntgenbild bedeutete auch in unserem Falle „eine vollkommene 
Überraschung“, und ich legte mir daher gleich die Frage vor, ob nicht 
ein anderer pathologisch-anatomischer Befund diesem Bilde zugrunde 
liegen könne. Zunächst wäre da zu denken an eine auf dem Lymphwege 
entstandene disseminierte peribronchitische Tuberkulose. Dass eine solche 
das Bild der Miliartuberkulose in hohem Grade nachahmen kann, zeigt 
ein von Assmann beschriebener Fall, bei welchem die Röntgenaufnahme 
7 Jahre nach einer Hämoptoe mit hoch fieberhaftem Stadium das Bild 
der Miliartuberkulose darbot, während der klinisch gesunde Pat. nur eine 
geringe Spitzenverdichtung aufwies!). Diese differentialdiagnostische Mög- 
lichkeit scheint mir bei unserem Fall nicht ausgeschlossen werden zu 
können. Dass Pässler auch bei einer Pseudoleukämie ein der Miliar- 
tuberkulose zum Verwechseln ähnliches Bild fand. sei nebenbei erwähnt. - 

Des weiteren aber musste sich der Verdacht, angesichts der ana- 
ımnestischen Angabe, dass der Pat. 5 Jahre als Schlosser gearbeitet hatte, 
auf ein weiteres Bild richten, nämlich das der Pneumokoniosis, bezw. der 
Siderosis. Dass diese ein der Miliartuberkulose sehr ähnliches rönıgeno- 
logisches Bild machen kann, ist vielfach in der Literatur erwähnt. Ein 
Blick auf Abb. 2 und 3 wird dies bestätigen. Abb. 2 stammt von einer 
klinisch sicheren Miliartuberkulose, Abb. 3 von einem alten Steinhauer 
ohne jeden Anhalt für Tuberkulose, auch anamnestisch und hereditär, 
aber mit den typischen Beschwerden der Steinhauerlunge. Die Ähnlichkeit 
ist zweifellos sehr gross, und wenn andere Autoren wie Schut, Beltz, 
Achelis, Klewitz betonen, dass die einzelnen Fleckchen bei der 
Chalikosis grösser und zackiger, derber seien als bei der Miliartuberkulose, 
so muss ich dem angesichts der beiden Bilder widersprechen. Ja, ich 
meine fast, nach der Beschreibung dieser Autoren würde eher die Stein- 
hauerlunge der Miliartuberkulose entsprechen und umgekehrt! Eines nur 
kommt deutlich zum Ausdruck, was auch Beltz betont, dass die Miliar- 
tuberkulose zuerst die Spitzen und Oberlappen befällt, während die Pneu- 
mokoniose die Spitzen relativ frei lässt. i 

Auf die Ähnlichkeit gerade der Siderosis mit dem Bilde der Miliar- 
tuberkulose wurde ich hingewiesen durch eine Arbeit von Weil, welcher 
3 vorzügliche Abbildungen beigegeben sind. Die Siderosis ist in diesem 
Falle schon sehr ausgeprägt; man kann sich denken, dass sie in ihrem 
Anfangsstadium, wie es bei unserem Kranken der Fall sein müsste, noch 
grössere Ähnlichkeit böte. Immerhin ist sie auch so gross genug; man 
vergleiche nur mit dem Bilde Weil’s die Abbildung auf Tafel VII im 
Atlas von Ziegler und Krause. 

Weil hat versucht, das abgelagerte Eisen direkt am Sideroskop 
nachzuweisen. Er hält dies für den Grund des Misslingens, dass die 
Eisenteilchen infolge chemischer Umwandlung nicht mehr imstande wären, 
die Magnetnadel zu beeinflussen. Wie ich mir von dem Phyeiker, Herrn 








ı) Allerdings scheint mir der Beweis zu fehlen, dass damals nicht vielleicht 
auch eine akute Miliartuberkulose aufgetreten sein kann, die zur Ausheilung kam; 
indes kenne ich die Arbeit nur aus dem Referat. 


Klinische Fälle. 9 


Dr. Glocker, Leiter unseres Röntgenlaboratoriums, dem ich bei dieser 
Gelegenheit für seine trefflichen Röntgenaufnahmen meinen besten Dank 
sagen möchte, erklären liess, würde dies keine Hinderung bedeuten, viel- 
mehr müsse das Sideroskop zu weit von dem Thorax entfernt werden, 
damit die weit zerstreuten Eisenteilchen wie ein Punkt wirken könnten, 
als dass dann die magnetische Wirkung noch gross genug sei, um einen 
Ausschlag hervorzurufen. 

Ich suchte nun. zur weiteren Klärung der Diagnose das Sputum 
heranzuziehen, indem ich hoffte, im Sputum Eisen durch die Berlinerblau- 
reaktion nachweisen zu können. Dies gelang auch tatsächlich, insbesondere 
konnten in einzelnen Zellen blaue Körnchen nachgewiesen werden. Leider 
aber gab das Sputum auch ganz leichte Guajakreaktion, und ein anderes 
Sputum, dem versuchsweise etwas Blut zugesetzt wurde, gab auch leichte 
Berlinerblaureaktion. Die Versuche mussten dann unterbrochen werden, 
da der Pat. in eine Pflegstätte verlegt wurde. Vielleicht wäre auf diese 
Weise doch ein Weg zur Sicherung der Diagnose zu gewinnen. 

Die Siderosis liess sich also weder ausschliessen, noch beweisen. Der 
Nachweis der blauen Körnchen würde wohl dafür sprechen, immerhin 
aber ist es unwahrscheinlich, vor allem auch im Hinblick auf die Bazillen- 
ausscheidung im Auswurf und im Urin. Endlich kann ja auch eine 
Kombination von Siderosis und Tuberkulose vorliegen; dass die Tuber- 
kulose häufig auf dem Boden der Pneumokoniose entsteht, ist bekannt. 
Weil spricht von 90°/o sekundärer Tuberkulose bei allen Siderosiser- 
krankten. Auch F. v. Müller in Mebring’s Lehrbuch spricht von 
häufiger sekundärer Tuberkulose auf dem Boden der Pneumokoniose. 

Zusammenfassung: Der. Fall zeigt eine ungewöhnliche Verlaufsform 
von Miliartuberkulose, ohne alle klinische Erscheinungen dieser, und ohne 
Nachfolgen einer solchen. Man muss in diesem Falle von einer etappen- ` 
weisen Dissemination sprechen. 

Es bleibt mir noch die angenehme Pflicht, Herrn Oberstabsarzt Prof. 
Dr. Schlayer für die Anregung zu dieser Arbeit meinen besten Dank 
auszusprechen. 


Literatur. 


Joseph, D. m. W. 1891. S. 28. 
Schlayer (Otten), Verh. d. deutsch. Röntg. Ges. Bd. IV. 1908. 
Achelis, M. m. W. 1910. S. 1875. 

v. Muralt, Ref. in der Zeitschr. f. Tbc. Bd. XXVII. S. 403. 
Cornet, Die akute allgemeine Miliartuberkulose. 2. Auflage, 1913. 
Romberg, Lehrbuch d. inn. Med. von Mehring. S. 82 ff. 
Wunderlich, Die Heilbarkeit der akut. Miliartbc. 

Wack, D. Arch. f. klin. Med. 1914. Bd. 115. S. 596. 

Assmann, Ref. i. Ztrbl. f. Tbc. IX. Jahrgane. S. 54. 

Pässler, ebenda. 

Schut, Beitr. z. Klin. d. Tbc. Bd. XXIV. S. 145. 

Beltz, Ref. in d. M. m. W. 1914. S. 1706. 

Klewitz, ebenda. 

W eil, Fortschr. a. d. Geb. d. Röntg.-Strahlen. Bd. XXIV. S. 111. 
Ziegler u. Krause, Röntgenatlas der Lungentuberkulose. 

F. v. Müller, Lebrb. d. inn. Med. von Mehring. S. 243. 8. Auflage. 


> 


10 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


II. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


1. Koeppe, Klinische Beobachtungen mit der Nernstspaltilampe 
und dem Hornhautmikroskop. 5. Mitteilung. Arch. f. Ophth. 

93. 1917 H. 2. 

Es konnten 4 Fälle beobachtet werden, bei denen eine sicher bestehende 
Tuberkulose der Uvea bezw. der Iris oder Sklera zu Knotenbildungen in 
den tieferen Hornhautschichten geführt zu haben schienen, die mithin als 
eine sekundäre Tuberkulose der Kornea diagnostiziert werden durfte. 

Das Bild des tuberkulösen Hornhautinfiltrats deckt sich im wesent- 
lichen mit dem Bilde, das für die Entzündung und das entzündliche Ödem 
der Kornea überhaupt entworfen wurde (an anderer Stelle derselben Mit- 
teilung. Es kommt jedoch eine diffuse weisse, nicht weiter auflösbare 
Färbung des Knotenzentrums hinzu (wahrscheinlich Nekrose des Horn- 
hautgewebes bedeutend). 

Die tuberkulösen Infiltrate scheinen mit Vorliebe in den tieferen Horn- 
hautschichten zu sitzen, ganz im Gegensatz zu den Phlyktänenbildungen. 

Therapeutisch liessen sich die tuberkulösen Knotenbildungen in der 
durchsichtigen Hornhaut ganz ausgezeichnet und in ca 8—10, bis aller- 
höchstens 14 Tagen, durch die vom Verf. empfohlene Bestrahlung mit der 
Nernstspaltlampe zum Einschmelzen bezw. völligen Verschwinden mit Hinter- 
lassung einer mehr oder weniger zarten Narbe bringen. Verf. rät dabei 
aufs Dringendste zu einer täglich 5 Minuten dauernden Bestrahlung mit 
dem Lichtkegel der Spaltlampe bei tuberkulöser Keratitie; die Heilung 
wird wesentlich beschleunigt im Vergleich zu anderer Behandlung. 

Aus Erfolg oder Versagen der Bestrahlungstherapie lassen sich diffe- 
rentialdiagnostische Schlüsse ziehen. Werner Bab, Berlin. 


2. F.J. Lord, Haemoptysis as symptom, Boston Med. and Surg. 

Journ. 1916, 27. Juli. 

Verf. studierte die Krankengeschichte von 549 klinischen Fällen von 
Hämoptysis und 307 Fällen von Hämoptysis, die zur Autopsie kamen. 
In 30 Fällen war das Blutspucken ein initiales Ereignis, welchem weder 
Lungen- noch andere Symptome vorangingen oder folgten. Nur Husten mit 
oder ohne geringen Auswurf bestand gleichzeitig. 20 davon hatten Tuberkel- 
bazillen im Auswurf während der Blutung oder späterhin. Die 10 übrigen 
waren Autopsiefälle und 9 davon zeigten ausgeheilte, inaktive oder aktive 
Lungentb. Die einzige Ausnahme bildet folgender ungewöhnliche Fall: 
Ein 37 jähriger Mann wurde ins Krankenhaus aufgenommen mit Husten 
ohne Auswurf, welcher seit 3 Jahren jeden Winter auftrat. Drei Tage 
vor der Aufnahme hustete er eine grosse Menge Blut aus und starb 
2 Tage nach der Aufnahme an einer wiederholten Blutung. Bei der 
Autopsie fanden sich syphilitische Geschwüre der Trachea und Bronchien, 
sowie eine Ruptur eines grossen Astes der Pulmonararterie in den rechten 
Hauptbronchus. Tuberkulose ist die häufigste Ursache von Hämoptysie. 
Unter den 307 Autopsiefällen fand sie sich nur 27 mal. Dies rührt davon 
her, dass Patienten im aktiven Stadium der Erkrankung "gewöhnlich nicht 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, 11 


in das Massachusetts General Hospital aufgenommen werden. Als zweites 
Moment figuriert klinisch chronische Stauung, unter den Autopsiefällen 
aber 105 mal. In 100 Fällen war lobäre Pneumonie die Ursache, in 
48 Lungen-Infarkt, in 14 nichttuberkulöse Lungeneiterung, in 7 Aorten- 
Aneurysma, in 5 Neoplasma, in 1 syphilitische Ulzerationen der Trachea 
und Bronchien. Starke Blutung kommt selten vor, ausser bei Lungentuber- 
kulose, gelegentlich bei Abszess-Gangrän oder bei Bersten eines Aneurysma. 
In der zur Autopsie gekommenen Reihe fand sich kein einziger Fall, in 
welchem das Blutspucken als vikariierende Menstruation gedeutet werden 
konnte. Dies könnte nur der Fall sein, wenn die Frauen an irgend einer 
Lungenaffektion leiden, welche in der Mehrzahl der Fälle tuberkulöser 


` Natur ist. Mannheimer, New York. 
8. Zondek, Zur primären Muskeltuberkulose. M. m. W. 64. 
1917 S. 891. 


Die Muskeltuberkulose rührt in der Regel von benachbarten Knochen 
und Gelenken her, wobei die Erkrankung auf das intermuskuläre Gewebe 
übergreift und spezifische Prozesse hervorruft. Im Gegensatz dazu ist die 
primäre Muskeltuberkulose — d. h. die nicht aus der Nachbarschaft fort- 
geleitete Erkrankung — äusserst selten. Die Zahl der beschriebenen 
Fälle ist gering. Z. hält sich deshalb berechtigt, einen histologisch sicher 
gestellten Fall von Tuberkulose der Wadenmuskulatur zu beschreiben. 

Bredow, Ronsdorf. 


4. Hugh M. Kinghorn, Appendicitis as a complication of 
puimonary tuberculosis. 

Verf. berichtet, dass in der Zeit von Oktober 1905 bis Dezember 
1914 unter 674 sicher festgestellten Fällen von Lungen-Tb. 36 mit Appen- 
dizitis kompliziert waren — 5,33°/o, und zwar 6,1°/o bei Männern und 4,27% 
bei Frauen. Von diesen 36 Fällen wurden 22 operiert und 14 gesundeten 
ohne operativen Eingriff. Ein fulminanter Fall starb 3 Tage nach der 
Operation. Tuberkulöse mit akuter Appendizitis sollten genau so behandelt 
werden wie nicht tuberkulöse Patienten. Sogar schwache Patienten ver- 
trugen die Operation unter Lachgas und Sauerstoff-Narkose gut. Ist aber 
die Blinddarmentzündung nicht akut und Patient in geschwächtem Zu- 
stand, so sollte die Lungenerkrankung berücksichtigt und die Operation 
im Intervall vorgenommen werden. Mannheimer, New York. 


5. Tuz, Beitrag zur Statistik der Pleuraexsudate und ihre Be- 
ziehung zur Tuberkulose. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 37. 1917 
H. 3 S. 199. | 
Von 115 Pleuritiden, die sich unter 1804 Erkrankungen der Luft- 
wege fanden, waren 104 serös, 10 eiterig, 1 blutig. 75°/o der serösen 
Pleuritiden waren tuberkulös. Die rechte und linke Seite waren gleichhäufig 
getroffen (56 und 57 mal, 2 mal beide Seiten). Die meisten Fälle be- 


~ trafen Männer von 20 bis 30 Jahren. ‘Erich Leschke, Berlin. 


6. Maurice Loeper, La perinephrite tuberculeuse. Soc. med. 
des höp., Jan. 1916. Ref. La Presse med. 1916 Nr. 5. 

Verf. erinnert an die schon seit langem den Anatomen und Klinikern 

bekannte Tatsache der Ausbreitung tuberkulöser Lungenprozesse durch das 


12 ` Allgemeine Pathologie. und pathologische Anatomie. 


Zwerchfell. Hieraus leitet er einen Symptomenkomplex, „die Perinephritia 
tuberculosa“ ab, der imstande ist, eine Reihe der verschiedensten unbe- 
stimmten Sensationen des oberen Abdomens, des Magens, der Leber und 
des Darms zu klären. Wenn auch bei einer Reihe dieser Art Erkrankungen 
ein gutartiger Ausgang erwartet. werden kann, so muss andererseits doch an 
die Möglichkeit einer späteren Umbildung in einen diffusen, prognostisch un- 
günstigen pleuroperitonealen Prozess gedacht werden. Kautz, Hamburg. 


7. J. Holmgren, Beobachtungen über das Verhältnis der 

Krebskranken Tuberkulin gegenüber. Hygiea 79. 1917. 

Von der von mehreren Autoren gemachten Beobachtung, dass tuber- 
kulöse Individuen selten krebskrank werden, ausgehend, kam Verf. auf 
den Gedanken, dass die tuberkulöse Infektion oder die tuberkulösen Toxine, 
die den Organismus während der Krankheit überschwemmen, vielleicht 
einen Schutz gegen das Auftreten des Krebses verursachen, Verf. hat jetzt 
untersucht, ob 'Tuberkulin einen therapeutisch günstigen Einfluss auf den 
Krebskranken ausübt und wie diese Kranken auf das Tuberkulin reagierten. 
Verf. erhielt keinen therapeutischen Effekt mit Tuberkulin. Von 52 Krebs- 
kranken reagierten nur 12°/o auf Tuberkulin (Dosen bis zu 200 mg Alt- 
tub.) Verf. schlägt dieser Tatsache zufolge vor, Tuberkulin als ein Differen- 
tialdiagnostikum zwischen Ulcus und Cancer ventr. zu verwenden. 

4 


Arvid Wallgren, Upsala. 


8. Eduard Bödiker, Über die Brauchbarkeit des Bitter’schen 
Tuberkuloseextraktes für die Wassermann’sche Reaktion. 
Inaug.-Diss. Breslau 1916. 

Der Autor fasst seine Arbeit wie folgt zusammen : 

Der von Bitter angegebene tuberkulöse Rinderleberextrakt wurde in 
zirka 1700 Fällen bei der Wassermann’schen Reaktion nachgeprüft; 
dabei zeigte er in über 10°/o von den übrigen Antigenen abweichende 
Resultate. 

2. Der tuberkulöse Rinderextrakt hat nur geringe Haltbarkeit. 

3. Ein aus einer tuberkulösen Meerschweinchenleber hergestelltes An- 
tigen ergab bei etwa 400 untersuchten Fällen in 6°/o nicht übereinstimmende 
Befunde mit Luesleber- und Cholesterinherzextrakt. | 

4. Die Brauchbarkeit des tuberkulösen Meerschweinchenleberextraktes 
ist eine beschränkte. Hans Müller. 


9. Faber, Albuminurie nach Bestrahlung mit der künstlichen 
Höhensonne. M. m. W. 64. 1917. S. 511. 


Verf. beobachtete bei einem jungen gesunden Mann gelegentlich einer 
Untersuchung eine Albuminurie. Da 3 Tage zuvor eine 5—6 Minuten 
dauernde Bestrahlung des ganzen Körpers mit der künstlichen Höhensonne 
stattgefunden hatte, glaubt er, die Bestrahlung dafür verantwortlich machen 
zu müssen. Verf. möchte die Anregung zu Nachuntersuchungen geben. 

Bredow, Ronsdorf. 


10. Dotzel, Albuminurie nach Bestrahlung mit künstlicher 


Höhensonne. M. m. W. 64. 1917. 8. 797/698. 


Nach entsprechend häufiger und intensiver Bestrahlung mit künstlicher 
Höhensonne kann es zu einer toxischen Albuminurie kommen. Nach 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 18 
stärkeren Verbrennungen ist diese erst recht zu erwarten. Da diese aber 
nicht im Sinne der Behandlung liegen, so kommen diese Albuminurien 
nicht in Frage. . 

D. erklärt die Albuminurien in einzelnen Fällen durch die Bauchlage 
resp. durch die dabei auftretende Lordose. Bredow, Ronsdorf. 


11. Julius Löwy (Prag), Über Fibrinvermehrung im mensch- 
lichen Blute. Zbl. f. inn. Med. 1916 Nr. 48. 


Der Aderlass bewirkt im menschlichen Blute eine Fibrinogenvermehrung, 
doch ist dieselbe nicht konstant nachzuweisen. Der Aderlass bewirkt 
weiterhin eine Hyperglykämie, so dass Verf. die Vermutung ausspricht, dass 
Glykogen- und Fibrinogenvermehrung parallele Vorgänge sind, beide durch 
einen die physikalische Zusammensetzung des Blutes ändernden Reiz bedingt. 
Ein solcher Reiz wird auch durch parenterale Eiweisszufuhr ausgelöst. 
Und zwar ist hierbei die Fibrinogenvermehrung fast immer vorhanden. 
Die verschiedenen Eiweisskörper unterscheiden sich durch die Intensität 
der Reaktion, so dass hierin vielleicht der Grund für die Spezifität der 
einzelnen Eiweissreaktionen zu suchen ist. Hans Müller. 


12. A. Lüthy, Verändert die längere Zufuhr von Antipyreticis 
die Erregbarkeit des Temperaturzentrums?! Corr.- Bl. f. 
Schweizer Arzte 1917 Nr. 43. 

Die vom Verfasser vorgenommenen Tierversuche ergeben die folgenden 
Tatsachen: . 

„Werden Tiere längere Zeit täglich mit selbst hohen Dosen Pyramidon 
behandelt, so zeigt das Temperaturzentrum derselben keine Änderung der 
Erregbarkeit, indem durch intravenöse Injektion von ß-Tetrahydronaphtyl- 
amin und von Heujauche vor und nach der Pyramidonbehandlung die 
gleichen Temperatursteigerungen erzielt werden. 

Wird durch tägliche Injektion von 8-T bei Tieren regelmässig Fieber 
erzeugt und dieses durch ebenfalls tägliche Pyramidongaben therapeutisch 
bekämpft, so zeigt sich allmählich eine Abnahme der fiebererzeugenden 
Wirkung des #-T. Wird das tägliche Fieber durch Injektion von Heu- 
jauche erzeugt, und dann ebenfalls antipyretisch mit Pyramidon bekämpft, 
so zeigt sich auch bei längerer Versuchsdauer keine Änderung in der 
fiebererregenden Wirkung der gleichen Dosis Heujauche. 

Aus diesen Ergebnissen glaube ich für die praktische Anwendung 
der Fiebermittel folgende Schlüsse ziehen zu dürfen: 

Bei bakteriell bedingten länger dauernden Fieberzuständen stört die 
tägliche Antipyrese die Reaktionsfähigkeit des Temperaturzentrums nicht. 
Man braucht also nicht zu befürchten, dass durch das Fiebermittel der 
Zustand diagnostisch verschleiert werde. Lässt man das Antipyretikum 
weg, so wird die Temperatursteigerung wieder genau dem Grade der In- 
toxikation entsprechen. 

Ist dagegen die Temperatursteigerung bedingt durch eine spezifische, 
funktionelle Reizung der Gegend des 4. Ventrikels (#-T), so kann durch 
die regelmässige Behandlung mit Antipyreticis die Erregbarkeit dieser Teile 
herabgesetzt werden. Vielleicht lassen sich nicht bakteriell bedingte Fieber- 
zustände auf diese Weise durch den therapeutischen Erfolg diagnostisch 
unterscheiden von den bakteriell bedingten.“ 

Lucius Spengler, Davos. 


14 Ätiologie und Verbreitung. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


13. R. Sabouraud, Sur l’origine tuberculeuse du psoriasis. La 
Presse medicale, 2. Januar 1917. 


Die mit Psoriasis behafteten Patienten können in gewisse Kategorien 
eingeteilt werden: 1. !/s bis ’/s aller Fälle betrifft Menschen von durchaus 
gesunder, selbst kräftiger Konstitution (Morbus fortiorum). 2. Unter den 
übrigen findet man junge Menschen vom sog. hypothyreoidischen, Iympha- 
tischen, prätuberkulösen Typ. 3. Unter den Erwachsenen betrifft ein 
grosser Teil Asthmatiker und solche, die von frühester Kindheit an chronisch 
remittierenden Bronchitiden leiden. 4. Weiter betrifft die Psoriasis Indi- 
viduen mit allgemeiner Körperschwäche (Ghettotyp) ohne manifeste Tuber- 
kulose. 5. Skoliotiker verschiedenen Grades. 6. Gleichzeitig mit der 
Psoriasis finden sich rheumatische Erkrankungen (arthropathische Pe.) 
7. Häufig findet man auch andere, besonders lichenartige Hautaffektionen von 
regionärem oder lokalem Charakter. 8. Schliesslich weisen eine grosse 
Zahl Tuberkulöser psoriatische Erkrankungen auf, und zwar zeigt die Pa. 
keine fortschreitende Entwicklung bei Verschlimmerung eines anderweitigen 
tuberkulösen Leidens und findet sich besonders häufig nach ausgeheilter 
Tuberkulose. Verf. hält demnach die Psoriasis für eine Erscheinungsform 
jener leichten Form von Tuberkulose, die nie zum Tode führt, die entweder 
in langsamer Entwicklung oder schon ausgeheilt ist. 

Kautz, Hamburg. 


14. Andre Jousset, La bacill&mie tuberceuleuse primitive du 
premier äge. Acad. de med., 9. XI. 1915. Ref. La Presse 
médicale 1915 Nr. 6. 

Im Säuglingsalter werden gelegentlich tuberkulöse Septikämien be- 
obachtet, die ohne besondere charakteristische Symptome unter dem Bilde 
einer allgemeinen Unterernährung verlaufen. J. will hierin die stets 
vorhandene, bisher aber nicht nachgewiesene erste Manifestation einer 
jeden späteren kindlichen Tuberkulose erblicken. Kautz, Hamburg. 


15. F. Bredow, Zur Schutzpockenimpfung tuberkulöser Lungen- 

kranker. D. m. W. 1917 Nr. 27. 

Verf. schneidet die Frage an, ob die Massenimpfungen in der Heimat 
in den gewerblichen Betrieben ohne ärztliche Auswahl durchgeführt werden 
können. Gerade unter den schwächlichen Nichtdienstfähigen, die zurück- 
geblieben sind, mag mancher eine latente, oder sogar manifeste Lungen- 
tuberkulose haben. Es wird von verschiedenen Forschern angenommen, dass 
Pockenkranke eine erhöhte Disposition zur Tuberkulose besitzen. Jeden- 
falls hat die Variola sehr häufig schwere Bronchitiden und selbst Pneu- 
monien zur Folge, deren Bedeutung für die Lungentuberkulose auf der 
Hand liegt. Was für die Pocken gilt, kann auch in eingeschränktem 
Masse für die Schutzpockenimpfung — die Vakzine — gelten, die ja nur 
eine gemilderte, modifizierte Form der Variola darstellt. Man sei deshalb 
mit der Impfung Tuberkulöser vorsichtig; andererseits darf man mit der 
Befreiung von der Impfung nicht zu freigiebig sein. Werden Lungen- 
kranke im Falle der Gefahr geimpft, so soll im Anschluss an die Impfung 
eine gewisse Kontrolle stattfinden. 


Ätiologie und Verbreitung. 15 


Eine Übertragung der Tuberkulose bei der Schutzpockenimpfung lege 
artis ist — trotz der Behauptung der Impfgegner — nicht möglich. 
C. Kraemer II, Stuttgart. 


16. Paul Reynier, Pathogónie de la fistule anale. Acad. de 
méd., 30. TII. 1915. Ref. La Presse médicale 1915 Nr. 14. 


Bei 67 Fällen von Analfistel bestanden in der Anamnese in 60 Fällen 
tuberkulöse Lungenerkrankungen. Der Zusammenhang mit diesen ist nach 
R. durch die Gewohnheit des kindlichen und auch jugendlichen Alters 
des Herunterschluckens des Speichels gegeben. Da die Tuberkelbazillen 
nicht durch die Magen- und Darmsäfte zerstört werden, ist ihnen die 
Möglichkeit zur Ansiedlung auf der Darmschleimhaut gegeben. 

Kautz, Hamburg. 


17. A. Reinhart, Anatomische Untersuchungen über die Häufig- 
keit der Tuberkulose. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte 1917 Nr. 36. 


Verf. fand bei seinen Untersuchungen für die Bevölkerung des Kantons 
Bern ungefähr dieselben Zahlen, wie sie 1900 von Nägeli an seinem 
Zürcher Material aufgestellt wurden. Verf. untersuchte 460 Leichen, 
darunter 360 Erwachsene. Lucius Spengler, Davos. 


18. L. Steiner-Vevey, Tuberculose et soleil tropical. Revue 

médicale de la Suisse romande 1916 Jahrg. 36. Nr. 10. 

Verf. hat über 20 Jahre in Surabaya auf Java praktiziert. Er 
machte hier unter der tropischen Sonne die auffallende Beobachtung, dass 
Knochen- und Gelenktuberkulose sowie Skrofulose ausserordentlich selten 
auftreten, während Lungentuberkulose nur wenig seltener wie in Europa 
zu finden waren. Wie die Sonne erwiesenermassen eine heilende Wirkung 
auf chirurgische Tuberkulose ausübt, so nimmt Verf. auf Grund seiner 
Beobachtungen an, dass sie ein vorzügliches Prophylaktikum gegen derartige 
Erkrankungen sei. Denn die Eingeborenen laufen von früh an nur wenig 
* bekleidet umher. Auf Lungentuberkulose scheint die ‚SOUNENDESTEANNUNE 
von geringerem Einfluss zu sein. 

Verf. verlangt auch für uns Europäer eine Reform der Lebens- 
gewohnheiten und vor allem der Kleidung. Auch unsere Kinder müssen 
von früh an ihre Sonnenbäder bekommen. Sie sollen so leicht bekleidet 
sein, dass nach Fortfall aller unnötigen Kleidungsstücke stets der Körper 
bis zu 50°/o seiner Oberfläche für die Sonnenstrahlen erreichbar bleibt, 
Wenn dadurch auch nur gewisse Gruppen der Tuberkulose verhütet werden 
können, so ist der Gewinn doch ein ungeheurer. Hans Müller. 


19. Schloss, Zur Epidemiologie und Klinik der Säuglingstuber- 

kulose. Jb. f. Kinderhlk. 85. 3. F. 835. Bd. 1917. 

Durch eine an florider, offener Tuberkulose leidende Pflegerin wurden 
im Grossen Friedrich-Waisenhaus von Berlin 13 Säuglinge mit Tuberkulose 
infiziert. Es handelte sich in sämtlichen Fällen um reine Inhalations- 
tuberkulose 4 von diesen infizierten Kindern erlagen ihrer Tuberkulose, 
die übrigen haben den sehr schlechten Winter 1915/16 gut überstanden; 
daraus ergibt sich, dass die Prognose der Säuglingstuberkulose nicht 
absolut schlecht ist. 

Bei der Verfolgung der Tuberkulinreaktionen kommt Verf. zu dem 


16 Ätiologie und Verbreitung. 


Schluss, dass der prognostische Wert der einzelnen Pirquet’schen Reak- 
tionen nur gering ist. M. Türk, Frankfurt a. M. 


20. Ernst Braun, Die Häufigkeit der Miliertuberkulose im 
Greisenalter. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte 1917 Nr. 55. 


Die Miliartuberkulose tritt in allen Lebensaltern, selbst bis ins höchste 
Greisenalter, auf. Dass sie die frühen Lebensperioden bevorzugt, ist bekannt. 
Ihr Auftreten im Greisenalter ist jedoch häufiger, als allgemein angenommen 
wird, denn ihr Verlauf ist in den späten Lebensjahren ein besonders 
atypischer, und deshalb die Diagnose in vivo besonders schwierig. Es sind 
völlig fieberfreie Fälle beschrieben worden. (Greise sollten bei Verdacht 
auf Miliartuberkulose in recto gemessen werden. Ref.) — Im Greisenalter 
ist die pulmonale Form der Miliartuberkulose die vorherrschende. — In 
der pathologisch-anatomischen Anstalt in Basel kamen während der letzten 
'44!/⁄2 Jahre 20397 Leichen zur Sektion. Unter diesen befanden sich 
515 Fälle von allgemeiner, akuter Miliartuberkulose des Greisenalters 
(60—80 Lebensalter und darüber). Die reichlichste Aussaat zeigten in 
72 Fällen die Lungen, in 61 Fällen die Nieren, in 54 Fällen die Milz, 
in 53 Fällen die Leber, während die Meningen nur in 7 Fällen mit 
miliaren Knötchen besetzt waren u. s. w, 

Lucius boei gler, Davos. 


21. E. Arosenius, Die Tuberkulosemortalität Schwedens wäh- 
rend der Jahre 1911—1914. Stockholm 1917. 
Arvid Wallgren, Upsala. 


22, J. Ostenfeld, Über die Häufigkeit der Tuberkulose bei Pa- 
tienten über 15 Jahre. Mitt. des Nat.-Ver. z. Bek. d. Tub. 
in Dänemark. I. 1917. 


Während in Dänemark Patienten mit Lungentuberkulose in jedem 
Alter und Kinder (unter 15 Jahren) mit chirurgischer Tuberkulose Sana- 
torienbehandlung mit gesetzmässiger Unterstützung bekommen können, 
bietet das Gesetz keine Unterstützung für erwachsene Patienten mit chirur- 
gischer Tuberkulose, auch findet sich nicht ein Sanatorium für solche 
Patienten. 

Die zunehmende konservative Behandlung der chirurgischen Tuberkulose 
kombiniert mit der Lichtbehandlung hat die Frage der Errichtung eines 
Sanatoriums und einer Gesetzänderung zugunsten dieser Patienten aktuell 
gemacht. . 

Das dänische Gesundheitsamt hat, um zu untersuchen, wie viele 
erwachsene Patienten mit chirurgischer Tuberkulose sich im Lande befinden, 
es Enquete veranstaltet, durch Aussendung von Frageschemata an alle 

rzte. Ä 

1137 Patienten wurden angezeigt, eine Zahl, die wahrscheinlich als 
Minimalzahl aufgefasst werden darf. 

Tuberkulose der Knochen und Gelenke bei 652 


i5 ‚der Drüsen bei 274 
$ des Urogenitalsystems bei 168 
5 der Weichteile bei 43 


Bei 76 war mehr als eine Lokalisation der Tuberkulose. Von den 
1137 waren 519 Männer, @18 Weiber. 21°/o hatten zugleich Lungen- 


Diagnose. 17 


tuberkulose. 582 wurden zur Zeit im Hospital behandelt. Diese Unter- 
suchung zeigt deutlich, dass die Zahl der behandlungsbedürftigen erwachsenen 
Patienten mit chirurgischer Tuberkulose so gross ist, dass es berechtigt ist, 
ein Spezialsanatorium für diese Patienten zu errichten, wo sie mit gesetz- 
mässiger Unterstützung behandelt werden können. Zugleich wird die 
Errichtung eines solchen Sanatoriums eine Entlastung der Krankenhäuser 
bedeuten. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


c) Diagnose. 


23. Schranz, Zur Färbung der Tuberkelbazillen. Zschr. f. ärzil. 
Fortb. 14. 1917 Nr. 15. 

. Vergleichende Untersuchungen über verschiedene Verfahren der Tu- 
berkelbazillenfärbung. Die übliche Methylenblaunachfärbung nach vor- 
heriger Färbung mit Karbolfuchsin verdeckt eine grosse Zahl von Tuberkel- 
bazillen, daher wird nur kurzdauernde Anwendung einer stark verdünnten 
Methylenblaulösung evtl. Weglassen jeder Gegenfärbung empfohlen. Bessere 
Ergebnisse werden erzielt mit der Pikrinsäuremethode und mit der Kron- 
bergerschen Karbolfuchsin-Jodfärbung ; letztere ist besonders brauchbar 
zum Studium der Strukturverhältnisse des Tuberkelbazillus, hat den Nach- 
teil, dass auch Leptothrixfäden violett gefärbt werden, was u. U. zu Täu- 
schungen Anlass gibt. Für den praktischen Gebrauch verdient den Vor- 
zug die Pikrinfärbung; sie hat den Nachteil, dass das Präparat in dicker 
Schicht etwas undurchsichtig wird, und dass sie für die Untersuchung 
bei künstlichem Licht nicht geeignet ist. Querner. 


24. M. Chasporel, Sur un pigment rencontré dans les urines de 
tuberculeux. Ref. La Presse medicale, 28. Mai 1917. 


Zu 10 cem Urin werden 1 oder 2 Tropfen Fehlingsche Lösung ge- 
gossen bis zur Alkaleszenz.. Auftretende intensive Grünfärbung zeigt ein 
im Harn Tuberkulöser regelmässig sich findendes Pigment an. 

Kautz, Hamburg. 


25. Walter Krause, Der Einfluss der hereditären Belastung 
auf Form und Verlauf der Tuberkulose der Kinder. Arch. 

J. Kinderhlk. 66. 1916 H.12. 

Verf. untersucht an der Hand von statistischem Material die Be- 
deutung der hereditären Belastung bei der Tuberkulose. Von 46 Fällen 
von Meningitis tuberculosa waren nur 9 — 20 °/o erblich belastet. Von 
17 Fällen von Miliartuberkulose erwiesen sich 8 — 47°;o als belastet. 
Bei der Peritonitis tuberculosa bestand ina 17°/o bei der Lungentuber- 
kulose in 56°/o der Fälle erbliche Belastung. Einen tödlichen bzw. 
_ ungünstigen Verlauf nahmen bei der Meningitis und Miliartuberkulose 
100 °/o, bei der Peritonitis 80 °/o, bei der Tuberc. pulmon. 37°/o der 
Fälle. Die Zahl der Todesfälle steht also in umgekehrtem Verhältnis zur 
Zahl der hereditär Belasteten. Bei den schweren Formen besteht seltener 
erbliche Belastung als bei den chronisch verlaufenden. Er 

W. Schultz, Hamburg. 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 2 


18 Therapie. 


d) Therapie. 


26. Jacquerod-Leysin, De la valeur de la tuberculine dans 
le traitement de la tuberculose pulmonalre, Schweiz. Rund- 
schau f. Med. 1917 Nr. 15. 

Verf. verwendet Alttuberkulin und Bazillenemulsion. Von der Über- 
legenheit anderer Tuberkuline hat er sich nicht überzeugen können. Wichtig 
ist die Auswahl der Fälle: torpide, fieberfreie Tuberkulosen, bei denen 
die übliche hygienisch-diätetische Kur keine Fortschritte mehr zeitigt. Die 
Anfangsdosis nimmt er ziemlich hoch: 1/10000 mg. Fälle, die diese An- 
fangsdosis nicht ertragen, eignen sich nicht zur Tuberkulinbehandlung. 
Nach etwa 6 Monaten erreicht er die Dosis von 0,5 g Tuberkulin. In 
Fällen, wo die Tuberkulinkur keine Besserung des Lungenbefundes erzielt 
hat, beginnt J. nach einer Pause von 2 bis 3 Monaten eine zweite Kur, 
diesmal mit Bazillenemulsion, in der gleichen Dosierung wie beim Alt- 
tuberkulin. Landolt, Barmelweid. 


27. Dembinski, Über den therapeutischen Wert des Tuber- 
kulins und die Indikation zu dessen Anwendung. Beitr. z. 
Klin. d. Tbe. 37. 191z H. 3 S. 116. 

Den biologischen Kriterien (Komplementablenkung, Tuberkulinreaktion, 
opson. Index usw.) fehlt die Sicherheit und Genauigkeit, um sie zum Mass- 
stabe einer spezifischen Therapie zu machen. Zuverlässig sind einzig die 
klinischen Kriterien. Die besten Erfolge der Tuberkulinbehandlung wurden 
bei lokaler Tuberkulose erzielt, demnächst bei subfebrilen Fällen des I. 
bis II. Stadiums, während Zerfalleprozesse mit hohem Fieber sie kontra- 
indizieren. Für die Bevorzugung irgend eines besonderen Tuberkulin- 
präparates fehlen alle Anhaltspunkte. Die Anfangsdosis soll minimal 
sein, die Steigerung ohne Reaktionen erfolgen, sehr hohe Dosen vermieden 
werden. E. Leschke, Berlin. 


28. M. Rappin, Vaccinothérapie de la tuberculose. Soc. de Path. 
comp. (Ref. La Presse médicale 1915 Nr. 36.) 

Auf Grund .experimenteller Untersuchungen ist es R. angeblich ge- 
lungen, Bazillenvaccine herzustellen, die nicht nur den Verlauf einer 
Tuberkulose günstig zu beeinflussen vermag, sondern auch eine sichere 
Prophylaxe darstellt. Im Gegensatz zu anderen infektiösen Keimen ver- 
mutet R. beim Tuberkelbazillus, dass er zur Herstellung von Vaccine 
benutzt werden könne, auch ohne dass die Virulenz erhalten bleibe. 

Kautz, Hamburg. 


29. Darier, Traitement des tuberculoses oculaires. Académie de 
Médecine, 19. I. 1915. (Ref. La Presse médicale 1915 Nr. 3.) 
D. bespricht die Wirksamkeit der verschiedenen Tuberkuline, von 
denen das alte Koch’sche T.A. am schwächsten sei; kräftiger wirken 
das T.R und das B.E. In ihren Nebenwirkungen unschädlicher seien 
das Schweizer T.B.K. (Beranek und Sahli) und das russische „Endotin“, 
die ihrerseits an Endotoxinen reich seien. D. empfiehlt, je nach Lage 
des Falles durch Gebrauch verschiedener Tuberkuline eine Steigerung 
der Wirksamkeit zu erlangen. Kautz, Hamburg. 


Therapie. 19 


30. Spitzer, Die Anwendung der Deycke-Much’schen Titrierung 
und Immuntherapie bei Hauttuberkulose. M. m. W. 64. 1917 
S. 1132—34. 

Nach ausführlicher Beschreibung der Deycke-Much’schen Titrie- 
rung fasst Sp. seine über diese Methode gemachten Erfahrungen dahin 
zusammen: 

1. Die Titrierung nach Deycke-Much bei Hauttuberkulose ist 
eine gänzlich gefahrlose Untersuchungsmethode, die recht differente Er- 
gebnisse zeigt, die mit der Konstitution der Kranken oft in unerwartetem 
Gegensatze stehen. 

2. Das Titrierergebnis erklärt häufig den günstigen oder ungünstigen 
Verlauf der Erkrankung. 

3. In vielen Fällen dürfte eine prognostische Verwertung des Titrier- 
ergebnisses wertvolle klinische Anhaltspunkte geben. 

4. Die Antigeninjektion hat in einzelnen Fällen einen anscheinend 
günstigen Einfluss auf den Verlauf der Hauttuberkulose gehabt. 

Bredow, Ronsdorf. 


31. Cronquist, Tuberkulinstudien bei Kindern. Jb. f. Kinder- 
heilk. 85. 1917. 3. Folge 35. Bad. 

Verf. hat im Malmöer Kinderkraukenhause 395 tuberkulöse Kinder 
versorgt, von denen 267 mit Tuberkulinpräparaten und 128 ohne diese 
Mittel behandelt worden sind. 

Aus der statistischen Zusammenfassung scheint dem Verf. hervorzu- 

hen: 
= 1. dass die Luftkur auch für die Kindertuberkulose unentbehrlich ist, 
. 2. dass die Tuberkulinkur die Zahl der geheilten Winterkinder (Kinder, 
die vom 1. Oktober bis 1. April in Behandlung waren), so wesentlich 
erhöht, dass sie den Unterschied, der zwischen den mit und ohne Luftkur 
behandelten Kindern vorhanden ist, beinahe aufhebt, 

3. dass die Tuberkulinpräparate in ihrer jetzigen Gestaltung kein 

souveränes Mittel sind. M. Tuch, Frankfurt a. M. 


32. E. Lanz, Über die Bedeutung der Hautreaktion nach Tu- 
berkulin-Impfungen für Therapie und Prophylaxe der Tuber- 
kulose. Corr. Bl. f. Schweizer Ärzte 1917 Nr. 29. 

Verf. fasst seine lesenswerten Ausführungen in den folgenden Schluss- 
sätzen zusammen: 

1. Die fortgesetzten Hautimpfungen mit Tuberkulin üben ebenso 
wie die Injektionen Heilwirkungen aus (Abbau des Tuberkulins zu un- 
schädlichen Stoffen, Produktion physiologischer Abwehrkräfte, Entgiftung). 

2. Durch Verlegung der diese Vorgänge vermittelnden reaktiven Ent- 
zündung auf die Hautoberfläche werden die kranken Herde geschont und 
schädliche Allgemeinreaktionen vermieden; die kutane Methode verdient 
daher den Vorzug vor den Injektionen, welche die Reaktion der Blutbahn 
unterbinden. 

3. Das Sahli sche Verfahren mit Stichgruppen ist bei genügender 
Sicherheit in Dosierung und Steigerung und wegen der Vorteile der Ober- 
flächenvergrösserung gegenüber höheren Tuberkulindosen den übrigen 
Kutanverfahren überlegen. 


2* 


20 Therapie. 


4. Das Kutauverfahren eignet sich seiner leichten Durchführbarkeit 
wegen sowohl zur kurativen Behandlung leichter und symptomatischer 
Behandlung schwerer Fälle, besonders aber zur prophylaktischen Behand- 
lung in infizierten Wohngemeinschaften (Verhütung des Ausbruchs offener 
Tuberkulose, Verminderung der Infektionsgelegenheit). 

5. Ein systematischer Sanierungsversuch im grossen mit dieser Me- 
thode unter allgemeiner Mitwirkung der Kollegen ist angezeigt und lässt, 
wenn mit der nötigen Ausdauer durchgeführt, in absehbarer Zeit einen 
sichtbaren Erfolg erwarten. 

6. Die physikalisch-diätetische, vorab die Banktoriumekur: verliert 
durch eine derartige schärfere Betonung der spezifischen Behandlung nicht 
an Bedeutung; beide ergänzen sich gegenseitig. 

Lucius Spengler, Davos. 


33. Wichmann, Über die Heilwirkung spontaner Antikörper- 
bildung auf äussere und innere Tuberkulose. B. kl. W. 
1917 Nr. 23. 


Verf. beschreibt einen Fall schwerster Lungen- und Kehlkopftuber- 
kulose, bei dem die Tracheotomie notwendig wurde. In der Tracheotomie- 
wunde entwickelte sich ein Lupus serpiginosus, der langsam bis zum 
Nacken vordrang und heilte. Zugleich mit dem Verheilen des Lupus 
trat eine so auffällige Besserung des Lungen- und Kehlkopfleidens ein, 
dass man fast von einer Ausheilung sprechen konnte. Verf. führt diese 
Heilung auf reichliche Antikörperbildung in der lupös erkrankten Haut 
zurück. Vielleicht ist diese Antikörperbildung analog der, wie sie bei 
Bestrahlung mit der künstlichen Höhensonne: auftritt. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


34. Wichmann, Der heutige Stand der Chemotherapie der 
Hauttuberkulose. Übersichtsreferat. M. m. W. 64. 1917 S. 1205 
bis 1207. 


Mit der internen Verwendung des Kupfers bei menschlicher Haut- 
tuberkulose ist so gut wie nichts erreicht worden. Vor allem wirkt es 
nicht spezifisch. Mit einer Kombination von Borcholin mit Kupfersalzen 
(resp. Borcholin allein) haben nur Mehler und Ascher, die diese 
Kombination anwandten, Erfolge gesehen. 

Einen spezifischen Einfluss hat ebenfalls das Arsen nicht. Es ist 
aber der allgemeine Einfluss auf die Hauternährung von Wert. 

Ferner sind durch Hg und IK Heilung bei schweren tuberkulösen 
Erkrankungen erzielt. Die Möglichkeit einer Kombination mit Lues ist 
aber nicht auszuschliessen. 

Mit dem Aurumkaliumzyanatum — allein und auch in Verbindung 
mit Tuberkulin — wurden zumeist günstige Beeinflussungen gesehen. 
Der Verfasser sah jedoch nicht ermutigende Erfolge. 

‚ Von Spiess wurde das Kantharidinäthylendiaminaurozyanid in die 
Therapie eingeführt. In fast allen Fällen konnte günstige Beeinflussung 
von Kehlkopftuberkulose beobachtet werden. Bei Lupus versagte es dem 
Verf, während bei der Schleimhauttuberkulose eine ganz hervorragende 
Wirkung verzeichnet werden konnte, die Verf. als spezifisch ansprechen 
zu können glaubt. 


Therapie. 21 


Auch mit Aminoaurophenolkarbonsäure zeigte sich in einem Falle 
eine günstige Beeinflussung, in anderen Fällen nur vorübergehende Wirkung. 
Nach allem fasst W. sein Urteil dahin zusammen, dass es bisher 
eine Chemotherapie nicht gibt. Doch besteht die Hoffnung, auch bei der 
Tuberkulose mit der Zeit chemotherapeutische Wirkungen zu sehen. 
Bredow, Ronsdorf. 


35. Strauss, Erfolge und Aussichten der Chemotherapie des 
Lupus. B. kl. W. 1917 Nr. 40. 

Verf. zieht aus den vorliegenden Arbeiten und eingehenden eigenen 
Untersuchungen folgende Schlüsse: 

Nach den bisher gewonnenen Erfahrungen scheint in den Kupfer- 
präparaten, und besonders in dem Lekutyl, ein spezifisch wirkendes Ört- 
liches Heilmittel nicht nur gegen den Lupus, sondern auch gegen die 
Schleimhaut- und chirurgische Tuberkulose gewonnen zu sein. Solange 
man im Kupfer kein sicheres, vom Blutwege aus wirkendes Mittel besitzt, 
muss die Lichttherapie mit herangezogen werden. Das Kupfer scheint 
die immunisatorischen Kräfte des Organismus anzuregen. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


36. Ernst Sahlgren, Über Enzytolbehandlung der Tuber- 
kulose. Hygiea 1917. 
Bericht über einige Fälle von Lymphdrüsentuberkulose bei bestehender 
Phthisis, wo Enzytolbehandlung mit angeblich positivem Resultat versucht 
worden war. Arvid Wallgren, Upsala. 


37. M.v. Linden, Experimentalforschungen zur Chemotherapie 
der Tuberkulose mit Kupfer- und Methylenblausalzen. Beiitr. 
2. Klin. d. Tbe. 37. 1917 H.1 S.1. 

Subkutane Metbylenblaubehandlung führte bei tuberkuloseinfizierten 
Meerschweinchen zu einer Verlängerung der Lebensdauer und einer lang- 
sameren Entwicklung der tuberkulösen Veränderungen. 

E. Leschke, Berlin. 


38. Herm. v. Hayek, Kann die spezifische Tuberkulosetherapie 
heute schon für die allgemeine ärztliche Praxis anempfohlen 
werden? W. kl. W. 1917 Nr. 36. 

Die in gewohnt temperamentvoller Weise geschriebenen Betrachtungen 
werden vom Verf. wie folgt zusammengefasst: 

1. Die spezifische Tuberkulosetherapie hat sich trotz aller Hinder- 
nisse und trotz ihres im Verhältnis zur Tuberkulosefrage kurzen Bestandes 
zu einem der wichtigsten Faktoren im Kampfe gegen schon bestehende 
Tuberkulose entwickelt. Ihre wahre Bedeutung wird noch vielfach nicht 
erkannt oder doch wesentlich unterschätzt. 

2. Die spezifische Therapie ist scheinbar ein sehr einfaches, tech- 
nisch leicht durchführbares Verfahren. In Wirklichkeit jedoch sind 
die Voraussetzungen für eine richtige Durchführung mit Fragen ver- 
knüpft, die zu den schwierigsten Problemen der gesamten Medizin gehören 
und dabei tief in das Leben des einzelnen wie der Allgemeinheit ein- 
greifen. Besonders die ambulatorische Durchführung der spezifischen 
Therapie setzt Kenntnis dieser Fragen und grössere praktische Übung 
voraus. 


22 Therapie. 


3. Jeder Arzt, der ambulatorisch spezifische Therapie betreiben will, 
soll die Verpflichtung übernehmen, sich in diese Schwierigkeiten des 
Gegenstandes zu vertiefen. Auch ist jedem zu raten, nicht ambula- 
torisch zu beginnen, sondern sich zuerst an täglich beobachteten 
Anstaltskranken die nötige Erfahrung zu erwerben. 

4. Durch nichts ist die Weiterentwickelung der spezifischen Therapie 
mehr gehemmt worden, als durch unrichtige Handhabung und falsche 
Voraussetzungen, die aus einer zu oberflächlichen Kenntnis der zu be- 
handelnden Krankheit resultieren. 

5. Die spezifische Tuberkulosetherapie darf kein einseitiges Spezial- 
fach werden, im Gegenteil, eine möglichst grosse Zahl praktischer Ärzte 
soll sich mit ihr befassen. Im Interesse der Sache sind aber alle jene 
Bestrebungen zu unterlassen, welche die spezifische Behandlung in mecha- 
nischer, grob schematischer Form in die allgemeine ärztliche Praxis schon 
heute einzuführen versuchen. Vor allem müssen die schematischen Be- 
handlungsvorschriften der allen Tuberkulinpräparaten beigelegten Gebrauchs- 
anweisungen verschwinden, denn sie erwecken in dem Unerfahrenen den 
Eindruck, als wäre die spezifische Therapie ein höchst einfaches, ganz 
mechanisch ausführbares Verfahren. | 

6. Ärzte, denen Zeit und Gelegenheit zu entsprechender Vertiefung 
fehlt, sollten im eigenen Interesse wie auch im. Interesse der Sache sich 
mit perkutanen Tuberkulineinreibungen oder mit den üblichen hygienisch- 
diätetischen und medikamentösen Massnahmen begnügen, sollten aber auch 
die noch immer betriebene, meist jeder eigenen Erfahrung entbehrende 
Agitation gegen die spezifische Therapie unterlassen. 

7. In der Auswahl der Patienten ist bei der ambulatorischen Behand- 
lung heute noch strenge Vorsicht geboten, weniger bezüglich der eigent- 
lichen Indikationsstellung, denn mit den heute zur Verfügung stehenden 
Methoden können auch vorgeschrittenere Kranke mit einiger Aussicht auf 
Erfolg behandelt werden, ale in psychologischer Hinsicht. Jeder spezi- 
fisch behandelte Patient ist über das Wesen der Erkrankung und über 
das, was er erhoffen kann und was er nicht erwarten darf, kurz aber 
gründlich zu belehren.. Patienten, bei welchen schon im voraus eine ent- 
sprechende Ausdauer oder die nötige Intelligenz, um die Sachlage zu er- 
fassen, ausgeschlossen werden muss, sollten nur dann in ambulatorische 
Injektionsbehandlung genommen werden, wenn Aussicht vorhanden ist, 
bestehende subjektive Beschwerden rasch zu bessern. Man vermeide vor 
allem, für die spezifische Therapie dadurch Propaganda zu machen — wie 
es von seiten mancher Enthusiasten tatsächlich geschieht —, dass man 
Erfolge in Aussicht stellt, die bei der Tuberkulose überhaupt gar nicht 
möglich sind. 

8. Für eine allgemeine und rechtzeitige Anwendung der spezifischen 
Therapie fehlen heute noch in einem Grossteil der Bevölkerung und zum 
Teil auch in der Ärzteschaft die. unbedingt nötigen Voraussetzungen. Nur 
ernste und unermüdliche Kleinarbeit kann die Vorbedingungen für eine 
grosszügige Weiterentwickelung schaffen. Und nur grosszügige, sich auf 
die Allgemeinheit erstreckende Massnahmen versprechen gegenüber der 
Tuberkulose einen Erfolg für die Allgemeinheit. („Die volle Bedeutung 
der spezifischen Therapie“, sagt der Verf, „wird erst dann ersichtlich 
werden, wenn in früherer oder späterer Zukunft alle Tuberkulösen, und vor 


Therapie. 23 


allem alle tuberkulösen Kinder, von Staats wegen nach streng bio- 
logischen Prinzipien eine spezifische Behandlung erhalten werden.“) 
A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


39. Hotz, Die Behandlung chirurgischer Tuberkulosen bei 
Kriegsteilnehmern. M. m. W. 64. 1917 8. 1213—14. 
H. bespricht die jetzt üblichen Grundsätze der Behandlung der 
chirurgischen Tuberkulosen unter besonderer Berücksichtigung der Strahlen- 
therapie. Bredow, Ronsdorf. 


40. A. J. Cemach, Über die ——— Behandlung der Mittel- 

ohrtuberkulose. Mschr. f. Ohrenhik. 1916 H. 7/8. 

Der moderne Heilplan der aktiven Tuberkulose kann folgender- 
massen spezifiziert werden: Es gibt zwei bewährte Heilmethoden, - die 
hygienisch-diätetische und die spezifische. Sie sollen gleichzeitig angewandt 
werden; denn ihre Kombination zeitigt die besten Resultate. Wo diese 
‚ Kombination aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist, dort sollen 
die spezifisch wirkenden Mittel in Aktion treten. Sicherlich wird man 
damit mehr erzielen, als mit allen anderen Behandlungsmethoden, wenn 
diese allein angewandt werden. 

Von diesen Überlegungen ausgehend, hat Verf. die von den Otologen 
bisher verworfene spezifische Behandlung wieder aufgenommen und an 
einem Material von 28 Fällen ausprobiert und geprüft. Bisher waren 
durch spezifische Behandlung gebesserte oder geheilte Fälle nur vereinzelt 
mitgeteilt worden. Verwendet wurde das Tuberkulomuzin von Wele- 
minsky, dem neben hoher BPSEINACHET Wirkung absolute Unschädlichkeit 
nachgesagt wird. 

Absolute Unschädlichkeit möchte Verf. dem Präparat aber doch nicht 
zusprechen; aber soviel bat Verf. auch feststellen können, dass das 
Tuberkulomuzin ungleich harmloser ist als die meisten Tuberkuline von 
gleicher kurativer Leistungsfähigkeit. Wie bei den Tuberkulinen schlecht- 
weg, ist auch beim Tuberkulomuzin eine streng individualisierende, ein- 
schleichend mit der wirksamen Dosis beginnende und vorsichtig unter 
Vermeidung allzu heftiger Reaktionen bis zur Maximaldosis aufsteigende 
Injektionsmethode die einzig richtige und zweckmässige. Als Anfangsdosis 
wurde gegeben bei Erwachsenen 4—5, bei Kindern 2—3 mg. Weitere 
Einzelheiten über Technik und Methode müssen im Original nachgelesen 
werden. Die Behandlung soll bis zur Heilung des otitischen Herdes 
und darüber hinaus fortgesetzt werden. Das Versuchsmaterial des Verf. 
umfasst 28 Fälle, in denen der Nachweis der Tuberkulosenatur des Ohren- 
leidens einwandfrei erbracht worden war. Das auffallendste an diesem 
Material ist die hohe Zahl der benignen Fälle, 12 von 28 =43°/o. Nur 
11 wiesen schweren progredienten Lungenprozess auf. In 6 Fällen konnte 
trotz wiederholter Röntgen- und interner Untersuchung keine Tuberkulose 
der inneren Organe nachgewiesen werden. Von den 28 Fällen wurden 
geheilt 14 = 50°/o, gebessert 5, refraktär verhielten sich 8; 1 Fall stand 
zur Zeit der Veröffentlichung noch in Behandlung, war aber bereits weit- 
gehend gebessert. 

Unter den geheilten ist nur 1 Fall mit schwerer Lungenphthise; in 
6 Fällen war an den inneren Organen nichts nachweisbar. In 7 Fällen 


24 Prophylaxe. 


lag entweder beginnende oder chronisch-indurative Apizitis vor. Seine 
Erfahrungen zusammenfassend, kommt Verfasser zu folgenden Schluse- 
folgerungen: | 

Die Tuberkulose des Ohres ist eine recht bäufige Erkrankung. Sie 
wird nicht nur als Komplikation der fortgeschrittenen Lungenphthise be- 
obachtet, sondern begleitet auch beginnende Lungenspitzenprozesse und 
scheint nicht selten auch primär aufzutreten. Die leichten Ohrtuberku- 
losen, inebesondere die reinen tuberkulösen Schleimhauteiterungen obne 
Neigung zu Gewebszerfall, kommen häufiger vor als angenommen wird. 

Zur Sicherung der Diagnose besitzen wir ein sehr zuverlässiges Mittel 
in der histologischen Untersuchung der vorhandenen Granulationen. 

Die Tuberkulose des Mittelohres und des Warzenfortsatzes ist durch 
spezifische Behandlung mit einem geeigneten Präparat sicher zu beein- 
flussen. 

Das Tuberkulomuzin ist nach den bei der Behandlung der Ohr- 
tuberkulose gemachten Erfahrungen ein Heilmittel von hohem therapeu- 
tischem und diagnostisch - prognostischem Wert. 

Die Prognose hängt in erster Linie ab von der Reaktionsfähigkeit ° 
der Körperzellen, die durch die Stichreaktion in einwandfreier Weise an- 
gezeigt wird, dann von: der Heilungsfähigkeit der primären Lungenleiden 
und endlich von der Ausdehnung der Gewebszerstörung im Ohr selbst. 

Von den verschiedenen Typen der Ohrtuberkulose sind die reinen 
Schleimhauteiterungen am leichtesten zu beeinflussen, während die ossalen 
Prozesse je nach der Ausdehnung eine mehr oder weniger schlechte Pro- 
gnose haben. 

Zum Schluss warnt Verf. vor zu optimistischen Hoffuungen. Die 
fortgeschrittene Tuberkulose ist ein zäher, hartnäckiger Feind; es müssen 
alle Heilmittel kombiniert zur Anwendung kommen, um ihn zu besiegen. 
Auch bei der Ohrtuberkulose ist von einer Kombination der hygienisch- 
diätetischen und klimatischen Behandlung mit Sonnenlicht und Tuberkulo- 
muzin das Beste zu erwarten. Brock, Erlangen. 


e) Prophylaxe. 


41. EmilLindhagen, Anzeigepflicht bei Tuberkulose. Svenska 
Läkarsallskapets Handlingar 43. 1917 H. 3. 

Nach einer eingehenden Darstellung der Geschichte der Anzeigepflicht 
in Schweden, berichtet Verf. über den heutigen Stand der Anzeigepflicht 
bei Tuberkulose-Erkrankungen in Skandinavien und den grossen Kultur- 
ländern. Er verbreitet sich alsdann über den Wert der Anzeigepflicht und 
widerlegt die Einwände, die gegen die Einführung derselben in Schweden 
geltend gemacht worden sind. Arvid Wallgren, Upsala. 


42. Josef Geszti, Die Tuberkulose-Assanierung der Stadt De- 
brecen. Nepegeszseg es Tuberkulögis 1916 Nr. 6, 1917 Nr. 1u. f. 
 Sachgemässe und praktische Vorschläge zur Einschränkung der Tuber- 
kulose in der genannten Stadt Ungarns. Der Leiter der daselbst be- 
findlichen Augusta-Heilstätte ist jedenfalls einer der Kompetentesten, die den 


Weg einer äbnlichen Assanierung anzubahnen haben. 
D. O. Kuthy, Budapest. 


Prophylaxe. 25- 


43. Alex. Kovácsics, Tuberkulose und Wohnung. Egészség 
1916 u. 1917. 
Detaillierte Angaben aus der Studie des Verfassers bezüglich der Woh- 
nungsverhältnisse in einem Bezirk des Komitats Györ in Ungarn. 
D. O. Kuthy, Budapest. 


44. Liebe, Die Schulen als T.V.-Stätten. Tdbec.-Fürs.-Bl. 1917 
Nr. 1. 

Verf. geht über die von Göring verlangte. Prophylaxe für schwäch- 
liche, blutarme, skrofulöse Kinder (Anregungen, die Unverricht schon 
früher gegeben hat. Ref.) hinaus und schlägt vor, alle Schulen viel mehr 
ins Freie zu verlegen und einen grossen Teil des Unterrichts im Freien 
abzuhalten, so dass man so überall und für alle Heranwachsenden T.V.- 
Stätten hat. Rehs, Davos. 


45. Clemens und Schärer, Ein neuer Apparat zur Desinfek- 
tion des Auswurfs und der Auswurfgefässe. Tbe.-Fürs.-Bl. 
1917 Nr. 34. | 

Beschreibung des Apparats, in dem nach der Reinigung der Aus- 
wurfsgefässe Auswurf und Gefässe getrennt desinfiziert werden. 
Rehs, Davos. 


46. Orth, Über die Bekämpfung der Tuberkulose. Tde.- Fürs.- 
Bl. 1917 Nr. 5. 

Die Bekämpfung der Tuberkulose liegt im Interesse der Gesamtheit, 
der Familie, jedes einzelnen; das ganze Volk muss mithelfen. Die Tuber- 
kulose entsteht dadurch, dass Bazillen nach der Geburt in den Körper 
hineinkommen, der Anlage zur Tuberkulose hat, und ist das Resultat 
eines Kampfes zwischen dem eingedrungenen Tuberkelbazillus und dem 
menschlichen Körper. Der Kampf muss gegen die Bazillen und gegen 
die Anlagen zur Tuberkulose geführt werden. Man muss die Bazillen vom 
Körper fern halten, ihre Verbreitung im Körper zu verhindern suchen, 
die Bazillen im erkrankten Körper abtöten und die Gifte in ihm un- 
schädlich machen. Da namentlich Kinder oft an Perlsucht erkranken, 
sind die Kühe tierärztlich zu kontrollieren, ist die Milch zu kochen. Viel 
gefährlicher ist die Weiterverbreitung durch den Auswurf Tuberkulöser. 
Getrockueter Auswurf kann von Kindern in den Mund gebracht werden, 
beim Husten von Tuberkulösen können Speicheltröpfehen von anderen 
eingeatmet werden, Tröpfchen können auf Nahrungsmittel fallen. Daher 
muss dieser aufgefangen und unschädlich gemacht werden. Durch Ver- 
schlucken kann Darmtuberkulose entstehen, deswegen muss das vermieden 
werden. Wohnungen Tuberkulöser sollen beim Wechsel desinfiziert werden, 
sie sollen besondere Schlafzimmer und eigenes Essgeschirr haben. Die 
Erziehung zu medizinischer Reinlichkeit erfolgt durch die Fürsorgestellen. 
Die Abtötung der Bakterien im Körper und die Unschädlichmachung ihrer 
Gifte ist Sache des Arztes. In der Bekämpfung der Anlage zur Tuber- 
kulose ist der Hauptpunkt die Stärkung der Kampfmittel des menschlichen 
Körpers durch gewerbehygienische Massnahmen, durch Erholungsstätten 
und Heilstätten. Es gibt eine angeborene Anlage zur Tuberkulose, von 
einem Eheverbot für Tuberkulose oder Gesundheitszeugnissen als Vorbe- 
dingung für Eheschliessungen sind jedoch keine Erfolge zu erwarten. 


26 Prophylaxe. 


Die Sterblichkeit an Tuberkulöse bei Erwachsenen hat in den letzten 
Jahren erheblich abgenommen, es muss unser Bestreben sein, mit den 
uns zu Gebote stehenden Mitteln auch bei Kindern dieselben günstigen 
Resultate zu erzielen. Rehs, Davos. 


47. L. Lissant Cox, The prevention and cure of tuberculosis. 
Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. XI Nr. 4, Okt. 1917. 

Verf. hält die Verhütung an Tuberkuloseerkrankung für weitaus 
wichtiger, wenn auch schwieriger als die Behandlung derselben. Die besten 
Aussichten bieten sich 1. durch Unschädlichmachung (Tötung) von infiziertem 
Rindvieh, 2. soweit möglich durch Isolierung von tuberkulös Kranken, 
3. durch Besserung der Wohnungsverhältnisse des Volkes, 4. durch Er- 
ziehung und Belehrung der breiten Massen, 5. durch möglichst ausgedehnte 
unentgeltliche Behandlung. Amrein, Arosa. 


48. Agnes Bluhm, Die soziale Versicherung im Lichte der 
Rassenhygiene. Arch. f. Rassen- u. Gesellsch.-Biol. 12. 1916/17 
H. 1. 


Nach Schallmayer und Ploetz werden die Erbqualitäten der 
Bevölkerung durch das soziale Versicherungswesen verschlechtert, weil die 
Versicherungshilfe in erster Linie den körperlich Minderwertigen zugute 
kommt. Das stimmt jedoch nur unter der Voraussetzung einer stärkeren 
Inanspruchnahme der Versicherung durch die weniger tüchtigen Elemente, 
und wenn die Gesundheitsbedrohung der Tüchtigen und Untüchtigen die 
gleiche wäre. Das ist aber nicht der Fall. Verf. betont die grosse Be- 
deutung der Auslese durch die Berufswahl. Zur Feststellung der kon- 
stitutionellen Tüchtigkeit der verschiedenen Berufe gibt es drei Massstäbe: 
die Militärtauglichkeit, die Sterblichkeit in der jugendlichen Altersklasse 
und das Zahlenverhältnis der freiwilligen zu den Pflichtmitgliedern der 
Krankenkassen. Die Sterblichkeit in der jugendlichen Altersklasse, nament- 
lich an Tuberkulose, darf als in weitem Umfang von der Konstitution 
abhängig gelten. Aus einer Statistik geht hervor, dass elf Berufsarten, 
welche eine überdurchschnittliche Militärtauglichkeit aufweisen, sämtlich 
eine unterdurchschnittliche Tuberkulosesterblichkeit in der 15—19 jährigen 
Altersklasse besitzen. Von sieben bezüglich der Militärtauglichkeit unter- 
durchschnittlichen Berufen zeigen vier eine überdurchschnittliche Tuberkulose- 
sterblichkeit in der jüngsten Altersklasse. Auf Grund dieser Statistik 
weisen zwölf Berufe überdurchschnittliche Konstitutionen auf, von diesen 
haben zehn eine überdurchschnittliche Erkrankungshäufigkeit. Von den 
sechs unterdurchschnittlich beanlagten Berufsarten sind fünf unterdurch- 
schnittlich in der Zahl der Krankhieitsfälle. Die mit geringeren gesund- 
heitlichen Erbwerten ausgestatteten Versicherten nehmen also die Hilfe 
der Kasse viel seltener in Anspruch als die höherwertigen Konstitutionen. 
Wie mit den Krankheitsfällen, so verhält es sich auch mit den Krank- 
heitstagen. Die überwertigen Berufe zeigen auch hier überdurchschnitt- 
liche Zablen im Gegensatz zu den unterwertigen Berufen. Nicht die erb- 
liche Anlage, sondern die Gesundheitsschädigung durch den Beruf gibt 
also den Ausschlag. Am deutlichsten tritt der Einfluss einer durch den 
Beruf erworbenen Disposition, und zwar zur Tuberkulose, bei den Ver- 
tretern der Papierindustrie und Steinbearbeitung zutage durch jhre hohe 
Tuberkulosesterblichkeit gerade im höheren Lebensalter. Auch die Un- 


Prophylaxe. 27 


fallversicherung hat eine rassenhygienisch günstige Wirkung, da sie 
den körperlich Tüüchtigen in erster Linie zugute kommt, denn diese sind 
Unfällen viel eher ausgesetzt als die Angehörigen der konstitutionell unter- 
durchschnittlichen Berufe, wie z. B. die Schneider und Schuhmacher. Die 
Invalidenversicherung übt teils einen rassenbygienisch günstigen, teils 
einen ungünstigen Einfluss aus. Einen ungünstigen Einfluss übt sie 
namentlich hinsichtlich der Tuberkulose aus, da sie eine grosse Zahl 
jugendlicher auf Grund erblicher Anlage tuberkulös gewordener Individuen 
unterstützt. Doch ist dieser Einfluss viel geringer, als er auf den ersten 
Blick erscheint, da diese Individuen meistens nicht zur Ehe gelangen. 
Lediglich auf Invalidenrente hin dürfte kaum eine Ehe gegründet werden. 
Nach kurzer Streifung der Alters- und Mutterschaftsversicherung 
kommt Verf. zu dem Schluss, dass unser soziales Versicherungswesen — 
abgesehen von der Invalidenversicherung, bei der die Verhältnisse noch 
nicht ganz klargestellt sind — auf die Erbqualitäten der Bevölkerung 
eine günstige Wirkung ausübt. Die Gesamtwirkung des Versicherungs- 
wesens ist in höhrem Grade rassedienlich als rassseschädigend. 
& W. Schultz, Hamburg. 


41. W.M. Crofton, Prophylactic inoculation against tuberculosis. 
Brit. med. Journ. 1915 N. 629. 

Verf. empfiehlt als prophylaktische Massnahme gegen die Ausbreitung 
der Tuberkulose eine allgemeine Impfung mit Tuberkulin, um zum min- 
desten eine normale Immunität zu erzielen. Besonders seien die Ange- 
hörigen schon tuberkulös erkrankter Familien zu berücksichtigen, bei denen 
der Widerstand erfahrungsgemäss ein sehr geringer zu sein pflegt. Ex- 
perimentelle Untersuchungen haben den Wert und die Unschädlichkeit 
dieser Massnahmen ergeben. Auch liesse sich diese Massregel auf die 
Kälber ausdehnen, um so die Quelle boviner Infektion auszuschalten. 

.Kautz, Hamburg. 


50. H. Kleinschmidt, Zur Prophylaxe der Kindertuberkulose 
im Kriege. D. m. W. 1917 Nr. 32. 


Zusammenfassung: „Die Häufung der Kindertuberkulose infolge des 
Krieges ist neben der einseitigen Kohlehydraternäbrung zurückzuführen 
auf eine vermehrte Infektionsgelegenheit mit humanen und bo- 
vinen Tuberkelbazillen. Für die humane Infektion ergibt sich eine ver- 
mehrte Gelegenheit durch die kürzere oder längere Entfernung vieler 
Kinder aus dem elterlichen Hausstand, die verschlechterten Wohnungs- 
verhältnisse und die Rückkehr im Heeresdienst an Tuberkulose Erkrankter 
in die Familie. Für die bovine Infektion ist die verminderte tierärztliche 
Kontrolle der Viehbestände und das vielfache Fehlen sachkundiger Stall- 
schweizer verantwortlich zu machen. Eine Besserung der bestehenden 
Verbältnisse "ist nur durch eine zielbewusste Prophylaxe zu erreichen. 
Sie muss vor allem in der Aufklärung aller Lungentuberku- 
lösen über die Art ihrer Erkrankung und die ausserordentlich leichte 
Übertragbarkeit auf junge Kinder bestehen; es muss ferner eine allge- 
meine Warnung vor dem Genuss ungekochter Milch erfolgen; 
und schliesslich ist die Zurückhaltung im Felde schwer Erkrankter 
in Anstalten zu erwägen.“ C. Kraemer II], Stuttgart. 


28 Prophylaxe. 


51. Bechhold-Frankfurt, Halbspezifische chemische Desinfek- 
tionsmittel. Ein Beitrag zur Kenntnis der biochemischen Eigen- 
schaften der Halogennaphtbole. Zschr. f. Hyg. Ba. 84 H. 1. 

Es wurden Versuche über die desinfizierende Kraft von Monochlor- 
und Tribromnaphtbol angestellt. Das erstere ist ein wirksames Des- 
infektionsmittel gegen Tuberkelbazillen, das zweite wirkt besser gegen 
Staphylokokken, Streptokokken und Diphtheriebazillen. Die Halbspezifität 
wird zu erklären gesucht durch die gegensätzliche Wirkung der Diffusions- 
geschwindigkeit und der Absorbierbarkeit. Weiter wurde das Verhalten 
der Naphthole gegen Blut und seine Bestandteile geprüft. Je mehr Chlor- 
oder Bromatome in dem Molekül vorhanden sind, um so indifferenter 
sind sie. Schmitz. 


52. W. Schürmann-Halle, Phenolut, eine kolloidale Kresol- 
lösung im Desinfektionsversuch. Ebenda. 

Wegen der Seifenknappheit ist die Herstellung von Kresolseifen- 
lösungen in Frage gestellt. Es wird desbalb von der Firma Elkan- 
Charlottenburg ein Präparat in den Handel, gebracht, das aus einer kol- 
loidalen Lösung von Kresol besteht und Phenolut genannt wurde Es 
enthält 40°/o Rohkresol, also 10 °/o weniger als die Kresolseifenlösung. 
Es gibt bis zu 1°/o in Wasser klare Lösungen. Im Versuch erwies sich 
das Phenolut der Kresolseifenlösung als unbedingt gleichwertig. Es wird - 
für Desinfektion von Wäsche bei Typhus, Ruhr ete. eine 2°Joige Lösung 
und eine mindestens 2stündige Einwirkung empfohlen. Desgleichen für 
Stühle, wenn sie dünnflüssig sind. Bei geformten Stühlen 10 °%/oig. Für 
sporenbaltiges Material eignet sich das Präparat ebensowenig wie Kresol- 
seifenlösung. Schmitz. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


53. Zahner, Die Prinzregent Luitpold-Kinderheilstätte bei 

Scheidegg im Allgäu. Tbc.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 7. 

Die Anstalt, die 120 Betten enthält, liegt 1000 m über dem Meere. 
Um Sonnenkuren im Sinne Rolliers zu ermöglichen, sind offene durch- 
laufende Terrassen vor den Zimmern in jedem Stock angeordnet, Schul- 
unterricht findet in der Anstalt statt. Später soll noch eine landwirtschaft- 
liche Schule für genesene Entlassene angeschlossen werden. Die Kur- 
erfolge des ersten Jahres waren gut. Rehs, Davos. 


54. Klare, Kinematographische Vorführungen in Heilstätten. 
Tbe.-Fürs.-Bl. 1917 Nr.7. 

Verf. benutzte den Kinox der Firma Ernemann-Dresden, dessen Kosten 
nicht gross sind und dessen Handhabung einfach ist. Die Films lieferte 
gegen geringe Leihgebühr die Gesellschaft für Volksbildung in Berlin. 

Rehs, Davos. 


55. Alff, Die Entwickelung der Bacholter Walderholungsstätte, 
ein Beitrag zum Bau von Walderholungsstätten. T'bc.- Fürs.- 

Bl. 1917 Nr. 6. 
Zuerst wurde eine Fürsorgestelle für Tuberkulose ins Leben gerufen, 


Prophylaxe. N 


auf deren Anregung hin für schwächliche und kränkliche Schulkinder 
Sechswochen-Kuren im Krankenhause eingerichtet wurden. Dann wurde 
eine Walderholungsstelle gebaut, die jedoch nur für Tagesbetrieb berechnet 
war. Nach Anbau eines Schlafsaales konnte dann der Betrieb den ganzen 
Sommer über aufrecht erhalten werden, bis schliesslich durch einen weiteren 
Umbau die Erholungsstätte für Sommer- und Winterkuren ausgestaltet 
wurde. Die Benutzung erfolgt wechselweise durch die verschiedenen Alters- 
stufen und Geschlechter innerhalb bestimmter Kurzeiten. 
Rehs, Davos. 


56. Rothholz, Die Tuberkulosefürsorge der Landesversicherungs- 
anstalt Berlin in den beiden Kriegsjahren 1915—1916. Tbc.- 
Fürs.-Bl. 1917 Nr. 6. 

Im Winter 15/16 ist die Sterblichkeit an Tuberkulose gestiegen. Trotz 
der erweiterten Tätigkeit der Fürsorgestellen hat der Umfang der Heil- 
verfahren abgenommen, da die Hälfte der vorhandenen Bettenzahl der 
Heeresverwaltung zur Verfügung gestellt wurde. Dagegen ist das Heilver- 
fahren für Kinder tuberkulöser Eltern erweitert. Die Kinderuntersuchungen 
ergeben, dass der allgemeine Körperzustand unter den Ernährungsbeschrän- 
kungen nicht sichtbar gelitten hat. Die Landesversicherungsanstalt ist 
eifrig bemüht, den langsamen Anstieg der Tuberkulose bei Männern und 
Frauen, auch unter den Kriegsbeschädigten mehren sich die Tuberkulösen, 
möglichst einzudämmen. Rehs, Davos. 


57. Helene Sievers, Die Besuche der Fürsorgeschwestern in 
den Wohnungen Lungenkranker. Verlag von (Geidel’s Buch- 
druckerei, Chemnitz 1917. í 

Die Verfasserin ist Vorsteberin der Auskunfts- und Fürsorgestelle 
für Lungenkranke in Chemnitz. Ihre flott geschriebenen Ausführungen 
verdienen deshalb Beachtung, weil sie, aus der Praxis hervorgegangen, 
einen guten Einblick in die mühevolle Kleinarbeit auf hygienisch-prophy- 
laktischem Gebiete geben, deren Bedeutung bei der Tuberkulosebekämp- 
fung immer mehr anerkannt wird. Zum Schluss sind einige der im 
Chemnitzer Bezirk in Gebrauch befindlichen Merkblätter abgedruckt. 

H. Tachau, Heidelberg. 


58. Oskar Pischinger, 9. Jahresbericht der Auskunfts- und 
Fürsorgestelle in Aschaffenburg für das Jahr 1916. | 
Grössere Inanspruchnahme der Fürsorgstelle mehr infolge wirtschaft- 
licher Einflüsse als infolge Zunahme der Tuberkulose. Auch die Sterb- 
lichkeitsstatistik von Stadt- und Landdistrikt Aschaffenburg für das Jahr 
1916 weist noch keine Zunahme der Tuberkulose auf. Es fand eine 
ärztliche Belehrung der städtischen Fortbildungsschüler über Tuberkulose 
und ihre Verhütung statt. Hans Müller. 


59. G. H. Dart, R. C. Edin, P. H. Cantab, The domiciliary 
treatment of pulmonary tuberculosis. Brit. Med. Journ. 1916 

S. 48. 
Verschiedene Gesichtspunkte lassen eine häusliche Versorgung tuber- 
kulös Erkrankter nicht ratsam erscheinen. Unter denen, die sich der Be- 
obachtung durch die Gemeindeschwestern oder Ärzte entziehen, befinden 


30 Kongress- und Vereinsberichte. 


sich auch eine grosse Zahl vorgeschrittener und selbst moribunder Fälle, 
die für ihre Umgebung eine stete Infektionsgefahr darstellen. Ein Schema 
für die Durchführung dieser sozialen Massnahmen ist daher von vornher- 
ein verfehlt. | Kautz, Hamburg. 


60. Budszynski, Die Arbeitskur in Anstalten für Lungen- 
kranke. Beitir. z. Klin. d. Tbe. 57. 1917 H. 3 S. 184. 


Die Einführung einer Arbeitekur hat sich in in- und ausländischen 
Heilstätten bewährt. Es wäre wünschenswert, ländliche Kolonien für 
die aus den Heilstätten Entlassenen zu gründen, wo sie unter günstigen 
hygienischen Bedingungen gegen mässige Entschädigung arbeiten könnten, 
zumal es in der Regel schwer ist, für solche Kranken entsprechende Be- 
schäftigung zu finden. E. Leschke, Berlin. 


61. Noël Bardswell, An open-air industrial experiment for 
tuberculous cases: The Hairmayres Colony, Lankashire. 
Brit. Journ. of Tub. Vol. XI Nr. 4, Oktober 1917. 
Beschreibung der Hairmayres- Kolonie in Lankashire (England), 

welche gegründet wurde, um Insassen von mit ihr in Verbindung stehenden 

Sanatorien möglichst lange Behandlung und zugleich Beschäftigung in 

freier Luft zu ermöglichen, mit Einrichtungen für Landarbeiten, Gärtnerei, 

Hühner- und Schweinezucht und Försterei. Amrein, Arosa. 


62. Dohrn, Zur Organisation der Tuberkulosebekämpfuug in 
kleinen Städten und auf dem Lande. T’be.-Fürs.-Bl. 1917 
Nr.7. 

Es müssen bestimmte unentgeltliche Sprechstunden abgehalten werden, 
die ausgiebig bekannt zu geben sind. Am zweckmässigsten ist dabei die 
Zusammenarbeit mit dem Krankenhause. Die Fürsorgeschwester muss 
sehr gut ausgebildet sein und die Hilfsbedürftigen den Fürsorgestellen 
zuführen. Der Fürsorgearzt soll als Schularzt jährlich einmal .die ganzen 
Jahrgänge von 6 bis 13 Jahren durchmustern, Schulärzte sollen nach 
Möglichkeit angestellt werden. Auf Elternabenden müssen neben Unter- 
haltungen aufklärende Vorträge mit Lichtbildern geboten werden. 

Rehs, Davos. 


Ill. Kongress- und Vereinsberichte. 


Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin. 
Sitzung vom 10. XII. 1917. 


(Ref. E. Leschke- Berlin.) 


Diagnose und Prognose der Lungentuberkulose vom Stand- 
punkte des Praktikers. 

Herr Goldscheider (Diagnose) gibt eine Übersicht und kritische Bewer- 
tung der verschiedenen Untersuchungsmethoden. Perkussions- und Auskultations- 
befund müssen stets gemeinsam bewertet werden, können jeder für sich zu 
Täuschungen Anlass geben. Trockene Rasselgeräusche sind von geringerer Be- 


Kongress- und Vereinsberichte. 31 


deutung als feuchte und namentlich als klingende. Rasselgeräusche ohne perku- 
torischen Befund können auch bei Ektasien der Spitzenbronchien vorkommen 
(dürften aber nach Ansicht des Ref. in den meisten Fällen angesichts der Selten- 
heit nicht tuberkulöser Spitzenaffektion doch auf Tuberkulose beruhen). 

Auch syphilitische Lungenherde können zu Verwechslungen Anlass geben. 
Für die beginnende Spitzentuberkulose ist die Röntgenuntersuchung von geringerer 
Bedeutung als für die Diagnose vorgeschrittener und atypischer Fälle mit Ad- 
häsion, Herden, Kavernen. Die Fälle mit subfebrilen Temperaturen erfordern 
gründliche Untersuchung und Abgrenzung gegen Anämie, Neurasthenie, Basedo- 
woid, Mandelerkrankung, Obstipation, Bronchitis u. a. Die Tuberkulindiagnostik 
ist nur mit Vorsicht zu bewerten, auch die Herdreaktion, die zudem schädlich 
wirken kann. Die Einteilung der verschiedenen Tuberkuloseformen geschieht in 
eine proliferierende, käsig-bronchopneumonische und zirrhotische Form. 

Herr Kraus (Prognose): Die Prognosenstellung muss auf der Projektion 
aller Erscheinungen in ein nosologisches Einteilungsprinzip geschehen. Die Stadien- 
einteilung nach 'lurban-Gerhardt genügt hierfür nicht. Nach Aschoff 
und Nicol müssen wir unterscheiden die miliare (lokale und disseminierte), 
fokale (azinös-nodöse), die zirrhotische und die käsig-pneumonische Form, wobei 
es natürlich Kombinationen und Übergänge gibt. Der Ausdruck „latente Tuber- 
kulose“ ist zu vermeiden, da eine solche entweder ausgeheilt oder doch aktiv ist. 
Eher kann man von asymptomatischer oder symptomenarmer Tuberkulose sprechen, 

“ Von grösster Bedeutung ist die Einteilung der Tuberkulose nach Immuni- 
sationsperioden (Ranke). Zunächst entsteht im Kindesalter der Primär- 
affekt (Albrecht und Ghon), von dem aus die erste Bronchialdrüseninfektion 
sich ausbildet (I. Stadium der normalen Giftempfindlichkeit),. Im II. Stadium der 
Überempfindlichkeit folgt die hämatogene oder Iymphogene Progredienz mit 
starker entzündlicher Reaktion; im Ill. Stadium der relativen Immunität die 
Zerstörung und Zirrhose. Besondere Eigentümlichkeiten des Verlaufs hängen 
mit der Konstitution zusammen, z. B. die vom Hilus fächerförmig ausstrablende 
Form bei Lymphatismys mit der Neigung zur Beteiligung der serösen Häute. Sie 
verlangen eine besondere prognostische Bewertung. 


Diskussion: 

Herr Czerny: Bei Kindern steht die Lungentuberkulose hinsichtlich ihrer Be- 
deutung zurück hinter der Bronchialdrüsentuberkulose, die zwar Folge eines primären 
kleinen Lungenherdes ist, der aber meist nicht mehr auffindbar ist. Merkwürdig ist, 
dass man auch in den Fällen, wo man einen primären Lungenherd findet, niemals 
seine Vergrösserung beobachtet, sondern entweder findet man den kleinen Primäraffekt 
oder man findet später gleich eine ausgedehnte Propagation der Tuberkulose (oft an 
ganz anderer Stelle). 

Die Diagnose der kindlichen Tuberkulose ist darum schwierig, weil Temperatur- 
erhöhungen bis 38° auch sonst nicht selten sind und das Röntgenverfahren nur die 
grösseren Drüsenpakete darstellt, die den Herzschatten überschreiten. Die Miliar- 
tuberkulose wird röntgenologisch oft schon in so frühem Zustand nachweisbar, dass die 
Kinder danach noch monatelang sich wohl befinden. 

Offene Lungentuberkulose ist bei Kindern selten, kommt aber selbet bei Säug- 
lingen vor, aber fast nur in den niederen Kreisen bei Vorliegen einer besonders 
massigen Infektion. In höheren Kreisen findet man fast nur Knochen-, Bauchfell- 
und Hirnhauttuberkulose. 

Die Prognose der kindlichen Tuberkulose ist um so günstiger, je länger sie sym- 
ptomenlos verläuft. Heilung einer offenen Tuberkulose bei Kindern konnte C. nur durch 
künstlichen Pneumothorax erzielen. 

Herr Fürbinger lehnt das Röntgenverfahren nicht ab, wie weiland Albert 
Fränkel. Es ist diagnostisch von höchstem Wert. Dennoch kann es zu Irrtümern 
führen, so in 2 Fällen, die er mitteilt, von negativem Röntgenbefund bei sicherer 
klinisch erkannter Tuberkulose.. Häufig werden auch Verschleierungen und Schatten 
im Röntgenbilde überbewertet. 

Herr Artur Mayer hat bei 21 unter 300 gesunden Soldaten die rechte Spitze 
perkutorisch und röntgenologisch tiefer stehend gefunden. (Leichte Skoliose der Hals- 


— ana an 


32 Kongress- und. Vereinsberichte. 


wirbelsäule? Ref.) Hyperthermien sind häufiger bei Soldaten beobachtet worden, 
ohne dass eine Ursache für dieselben aufzufinden ist. | 

Herr Zülzer glaubt, dass nach Erkrankungen mit persistierender Leber- und 
Milzschwellung wie Scharlach, Malaria, Fleckfieber eine von ihm als „postskarlatinöse‘“‘ 
bezeichnete Tuberkulose entsteht, die erst nach Beseitigung der Leber- und Milz- 
schwellung durch Cbiuin geheilt werden kann. Ausführungen, die die Versammlung 
mit Unruhe und Widerspruch aufnahm. 

Herr F. Hirschfeld weist darauf hin, dass man durch Anlegen eines Korsettes 
die oberen Lungenteile zu stärkerer Atmung zwingen, die unteren dagegen ruhig stellen 
kann. Bei Oberlappenherden stellt sich dadurch Verschlimmerung, bei Unterlappen- 
herden Besserung der Erscheinungen und Beschwerden ein. (Ref. hält es jedoch in 
Übereinstimmung mit autoritativeren Mitgliedern der Versammlung für fraglich, ob das 
Korsett dazu berufen ist, unser übriges diagnostisches und therapeutisches Rüstzeug 
zu bereichern.) 

Herr Jürgens bekämpft die Unterscheidung von offener ünd geschlossener 
Tuberkulose. Auch geschlossene Tuberkulosen sind infektiös und können z. B. Kinder 
anstecken. Jede aktive Tuberkulose ist vom sozialhygienischen Standpunkt aus als 
offen zu betrachten. 

Herr Hans Kohn bespricht die Bedeutung der Altersphthise für die Verbreitung 
der Tuberkulose, da sie oft übersehen wird. 

Herr Goldscheider weist darauf hin, dass in zweifelhaften Fällen der Tierver- 
such entscheiden muss, ob ein Sputum infektiös ist. Die Forderung des Herrn Jürgens 
dürfte in manchen Fällen zu rigoros sein. 

Herr Kraus weist auf die Bedeutung des Czerny’schen Befundes hin, dass 
der Primäraffekt niemals durch einfache Proliferation und Vergrösserung zur Lungen- 
tuberkulose führt. Beide gehören eben verschiedenen Immunisationsperioden an. Die 
klinischen Beobachtungen Czerny’s bilden eine wichtige Stütze der pathologischen 
Untersuchungen von Ranke und der verschiedenen Bedeutung der Immunisations- 
perioden für die klinische Manifestation der Tuberkuloseinfektion. 


IV. Mitteilung. 


Lehrgang in der Tuberkulosefürsorge in Berlin. 


Die Kommission für den Ausbau des Auskunfts- und Fürsorgestellenwesens 
veranstaltet Ende Februar 1918 einen dreiwöchigen Lehrgang für etwa 30—40 Teil- 
nehmerinnen zur Ausbildung in der Tuberkulosefürsorge. Beginn des Lehrgangs 
am 22. Februar 1918. Zur Teilnahme werden zugelassen staatlich geprüfte 
Krankenpflegerinnen — auch Hilfsschwestern vom Roten Kreuz —, Säuglings-, 
Wohnungs- und Fabrikpflegerinnen, Mitglieder der Vaterländischen Frauen-Vereine 
vom Roten Kreuz und andere Damen, die ihrer Vorbildung nach zur Betätigung 
in der sozialen Fürsorge geeignet sind. Der Unterricht: findet im Gebäude der 
Landesversicherungsanstalt Berlin, Am Köllnischen Park 3 statt; für Unterkunft 
und Verpflegung haben die Teilnehmerinnen selbst zu sorgen. 

Anmeldungen sind an die (Geschäftsstelle des Tuberkulose-Zentral-Komitees, 
Berlin, Linkstrasse 29 zu richten; mit der Zulassung wird von dort der Arbeits- 
plan versandt werden. 

















dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 
Hamburg. 


Redaktion: 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg. 





12. Jahrg. 








Dr. Oskar de la Camp 


0. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 
Klinik. 


.Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 
Öber-Amt Neuenbürg, Witbg. 


Verlag: 


Curt Kabitzsch Verlag, 
Würzburg. 
Ludwigstrasse 23’ /s. 


Ausgegeben am 28. Februar 1918, 


Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 


(Die Zahlen beziehen sieh auf die Seiten.) 


: Lara, A. 59. 
. Lazarini 50. 


Azúa 56. 

Barajas 59. 
Barnes, H. H. 62. 
Baumann, E. 57. 
Berka, F. 51. 
Bernhard, O 63. 
Blanco,’J. 51. 
Burkard, O. 61. 
Canesa 57. 
Chabás, J. 45, 46. 
Compaired 59. 
Curschmann, H. 58. 
Danysz, J. 6l. 


| Franz, K. 60. 
Friesicke 52. 
Gallego, B. 60. 
Gamero, G. 50. 
Gerhartz 47. 
Gomez, M. 52. 
‘Gött, Th. 37. 
Guerrero, A. 55. 
, Gullbring, A. 58 
Haydn 52. 
Hoke, E. 48. 
Hutyra, F. 49. 
Küpferle 63. 


Leoz 53, 
Lilienfeld 69. 
Lobo. R. 50. 
Lopez, C 57 
Mary, A. 46, 56. 
Mager, W. 61. 
Mayoral, P. 50. 
de Mello, Gu. 59. 
Montenegro, V. 55. 
Morales, N. 51. 
Müller, W. 48. 




















| Neves 47. 

' Pasanis 59. 

‚ Peset 52 

' Ravellat, J. 50. 

'van Roojen, P. H. 58. 

' Ruedi, Th. 53. 

Schloss 49. 

i Schneider, H. 62. 
Schnirer 64. 

| Schönberg, S. 47. 

' Trivino, O. 51, 55, 58. 
Wilezyński, H. 34. 


I. Ubersichtsbericht. 
Henryk Wilezynski, Die polnische‘Literatur über Tuberkulose (1914—1917). 


II. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. ' ders der Kindertuberkulose. — 72. Schloss, 


693.Chabäs, Das Problem der Tuberkulose. 
— 64. J. Chabas, Zwei Irrtümer in der Tu- 
berkuloseforschung: Anlage unä Vererbung. — 
65. A. u. A. Mary, Über einen bısonderen 
Bestanilteil des normalen Bluts: rums und seine 
Veränderungen bei Tuberkulose. — 66. Neves, 
Syphilis und Tuberkulose. -- 67. Schönberg, 
Die Beziehungen der Tuberkulose zu Sehrump- 
fangsprozessen in Leber und Nieren. — 68. 
Gerhartz, Leberschrumpfung mit Aszites 
und Milzschwellung a!s Begieiterscheinung der 
Tuberkulose. — 69. Hoke, Die Immunitäts- 
analyse mit Partialantigenon nach Deycke- Much 
bei der Lungentuberkulose. — 70. Müller- 
Sternberg, Über den antigenen Charakter 
der Tuberkelbazillenfette. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


71.Hutyra, Die Roile der Tiertuberku- 
lose in der Verbreitung der Menschen-, beson- 


Internat. Contralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 


l 


I 


Uber Tuberkulose. — 73 Lazarini, Klinische 
Erfabrungen über die Toleranz gegen humanes 
und bovines Tuberkulin. — 74. Ravellat, 
Bakteriologie der vorschiedenen krankhaften 
Veränderungen bei der experimentellen Tuber- 
kulose des Kaninchens und Meerschweinchens. 
— 75. Mayoral, Lobo, Gamero, Experi- 
mentelle Untersuchungen über Form und Fär- 
bung des tuberkulösen Virus. — 76. Morales, 
Die Tuberkulose in Bolivia. 


c) Diagnose und Prognose. 


77. Blaneo, Untersuchung der Struktur 
des Tuberkelbazillus durch eine neue Dopprl- 
färbemethode. — 78. Trivino, Verminderter 
Blutdruck und Tachykardie bei der Tuberkulose. 
— 19. Berka, Zur Tuberkelbazillenfärbung. — 
8). Peset, Ratschläge für die Homogenisie- 
rung des Auswurfs bei der Untersuchung auf 
Tuberkelbazillen. — 8i. Haydn, v. Jagic'sche 


12. 8 


34 


Methode der Lungenspitzenperkussion. — 82, 
Gomez, Hyperazidität als erstes Synıptom für 
Lungentuberkulose. — 883. Friesicke, Dia- 
gnostische Erfahrungen an Tuberkulosever- 
dächtigen. — 8t. Leoz, Chorioiditis und akute 
Meningitis tuberculosa. 


d) Therapie. 


8. Ruedi, Über operative Behandlung 
der Kehlkopftuberkulose. — 86. Trivino, 
Nützliches, Unnfitzes und Schädliches in der 
Behandlung der Tuberkulose. — 87. Guerrero, 
Tuberkulinbehandlung. — 8. Montenegro. 
Behandlung der T.ungentuberkulose mit Partial- 
antigenen. — 89. Azúa, Behandlung des 
Lupus erythematodes und der Syphilis mit 
Aurum Kalium cyanatum. — 90. Mary, Be- 
handlung der Lungentuberkulose mit Silicium- 
präparaten. — 91. Canesa, larmverschluss 
im Verlauf der tuberkalösen Peritonitis. — 
92. Lopez-Fanjul, Richtlinien für die chir- 
urgische Behandlung der Bauchfelltuberkulose 
mit Aszites. 


e) Klinische Fälle. 


93. Gött, Zur Kasuistik ungewöhnlicher 
Böntgenhefunde am kindlichen Thoraxmittel- 
schatten. — 9. Baumann, Isolierte Axillar- 
lähmung bei Spondylitis cervicalis tuberculosa 
mit kaltem Abszess. — 95. Gullbring, Fall 
von Lungensyphilis. — 9%. van Roojen, 


| 
| 


Übersichtsbericht. 


De heelkundige behandeling der tuberkuleuse 
Buikvliesontsteking. — 9%. Curschmann, 
Diagnose und Tuberkulinbehandlung des tuber- 
kulösen Ösophagusgeschwürs — 98. Trivino, 
Fall von Lungentuberkulose mit beinahe gänz- 
lichem Fehlen von Symptomen. — 9 Com- 
paired, Fall von Nasenschleimhauttuberku- 
lose. — 100. Barajas, Rezidivierende Pha- 
rynxtuberkulose. — 101. Guedes de Mello, 
Tuberkulöse Entstehung und Tuberkulintherapie 
einiger Augenaffektionen. — 102. Lara, Durch 
Neosalvarsan geheilter Fall von Tuberkulose. 
kombiniert mit Syphilis. — 103 Pasanis, 
Ein Fall von Syphilis und Tuberkulose, gefolgt 
von Heilung. — 104. Gallego, Menstruations- 
störungen und Tuberkulose; Heilung durch 
Tuberkulintherapie. 


f) Allgemeines und Grenzgebiete. 


105. Franz, Massnahmen der Heeresver- 
waltung zur Bekämpfung der Tuberkulose wäh- 
rend des Krieges. — 106. Burkard, Der 
„Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose in 
Steiermark“ im Dienste der Kriegsbeschädigten- 
fürsorge. — 107. Danysz, La lutte contre la 
tuberculose. — 108, Mager, Die Unterbringung 
Tuberkulöser im vorgoschrittenen Krankheits- 
stadium. — 109. Barnes, Observations of a 
tuberculous patient. — 110, Schneider, Die 
Salzbrunner Kronenquelle in der Therapie der 
Nieren- und Blasenieiden. 


III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


1. Küpferle und Lilienfeld, Grund- 
lagen therapeulischer Anwendung von Röntgen- 
strahlen. — 2. O. Bernhard, Sonnenlicht- 


behandlung in der Chirurgie. — 3. Schnirer, 


| 


Taschenbuch der Therapie. — 4. „Die Schwester“, 
Monatsschrift für die Berufsfortbildung auf dem 
gesamten Gebiete der Krankenpflege. 


| I. Übersichtsbericht. 


Die polnische Literatur über Tuberkulose (1914—1917). 
Von Dr. Henryk Wilczyński (Zakopane). 


Gestützt auf eigenes Material hat Nowicki (1) ein ausführliches 


und interessantes Werk über das Thema: die obere Brustapertur 
im Lichte anatomischer Untersuchungen und ihr Verhältnis 
zur Tuberkulose, die ihren Ausgangspunkt in den Lungen- 
spitzen hat — veröffentlicht. Nach Verarbeitung der einschlägigen 
reichen Literatur, erfasst der Autor das Problem systematisch und stati- 
stisch, indem er einen entsprechenden Index einführt, wie bei anthropologi- 
schen Untersuchungen. Er stellt vier Typen von oberen Öffnungen des 
Brustkorbes fest und weist speziell auf ihre Asymmetrie hin: I, die herz- 
förmig zusammengedrückte 47°/o, II. die querovale 21°/o, III. die herz- 
förmige 13°/o, IV. die längsovale 16°/o. Im Verhältnis zur Tuberkulose 
fand er, dass der Typus IV am häufigsten vorkommt, etwas seltener II, 
mit verringertem Volumen. Das Volumen jedoch (der Umfang der Öf- 
nung) hängt nicht nur von der Länge der Knorpel, sondern auch von 


Übersichtebericht. 35 


der Länge der Knochenteile der Rippen ab, wobei die häufige Asym- 
metrie der Öffnungen auflällt, besonders bei Typus IV. Die Verknöcherung 
der Knorpel der ersten Rippe tritt immer von der Knochenseite ein, 
gewöhnlich nach dem 40. Lebensjahr und auch häufiger bei Leuten, die 
mit Lungenspitzentuberkulose behaftet sind. 

Die gelenkartig begrenzte Beweglichkeit in der Verbindung des 
Manubrium mit dem.Corpus sterni ist eine gewöhnliche Erscheinung, und 
die vorzeitige Verknöcherung dieser Verbindung beeinflusst die Beweglich- 
keit der Lungenspitzen. Der Verf. neigt daher der Theorie Freund’s 
und den Beobachtungm Rotschild’s zu. 

Den Einfluss der Unterbindung der Lungenarterie auf 
dieLunge und ihre therapeutische Bedeutung hat Ostrowski 
(2) experimentell an Hunden untersucht, die sukzessive in immer grösseren 
Zeitabständen getötet wurden. Er konstatiert, dass nach dieser Operation 
zuerst eine starke Hyperämie in den Lungenteilen eintritt, deren Arterie 
nicht unterbunden ist. Die Lunge mit der unterbundenen Arterie ist an- 
fangs anämisch verändert, darauf bilden sich Entzündungsherde und In- 
farkte, die in den mittleren Teilen grösser, auf und unter der Pleura 
kleiner sind.. Die degenerativen Prozesse in den mittleren Teilen führen 
bis zur Nekrose, das subpleurale Bindegewebe dagegen wuchert üppig und 
bildet Verwachsungen und pleurogenetische Carnifikation, so dass der 
ganze Verlauf an eine langwierige Lungenentzündung mit konsekutiver 
Vernarbung (Fibrosis) erinnert. Der Verf. ist der Meinung, dass dieses 
Verfahren nach vorherigen Versuchen in der Klinik für die Phthiseo- 
therapie von Bedeutung sein könnte. 

Gleichfalla experimentell untersuchte an Kaninchen und Hunden 
Tomaszewski (3) den Einfluss des Pneumothorax auf die 
Lunge des gesunden Tieres (und fügt Bemerkungen über das Ver- 
fahren in den Anfangsstadien von Lungenschwindsucht beim Menschen 
hinzu). Es zeigte sich, dass es leichter ist, beim Kaninchen einen wirk- 
samen Pneumothorax hervorzurufen, und zwar infolge der geringeren Nach- 
giebigkeit des “Mediastinums. Überdies wirkt der Druck augenscheinlich 
mehr auf den Oberlappen und ruft entzündliche Prozesse um die Gefässe 
und Bronchien hervor. Diese Prozesse führen zum Wuchern des Binde- 
gewebes. Diese Wucherung kann auch in der Pleura ihren Ursprung 
haban, die gleichfalls oft der Entzündung anheimfällt. Untersuchungen 
an intravenös mit Tuberkulose infizierten Tieren wiesen fast gar keinen 
Unterschied zwischen den Tuberkulose-Erscheinungen in der komprimierten 
Lunge oder in der freien auf. Mit Hinsicht auf den Menschen ist der 
Verf. der Ansicht, dass ein künstlicher Pneumothorax eher im Anfangs- 
stadium von Spitzentuberkulose zweckdienlich wäre, solange das Fehlen 
von Verwachsungen einen stärkeren Druck des Oberlappens und die Ent- 
wicklung von entzündlichen Veränderungen des Bindegewebes ermöglicht, 
während der untere Lappen dabei funktionell verhältnismässig wenig 
litte, um so mehr als bei geringeren Veränderungen in den Spitzen die 
Dauer des Druckes kürzer sein könnte, als dies bei bereits entwickelter 
Tuberkulose nötig ist. 

Die Obduktionen haben gleichfalls einige interessante Arbeiten veran- 
lasst. Lipski (4) beschreibt ein Geschwür des Zwölffingerdarms 
als Weg der tuberkulösen Infektion. In diesem Falle fand er 
alte, wenig bemerkbare, ganz verkalkte tuberkulöse Veränderungen in 


⸗ 8* 


36 Übersichtsbericht. 


beiden Lungenspitzen und ein Drüsenpaket an der kleinen Kurvatur des 
Magens. Eine der Drüsen dieses Pakets, verkäst und zerfallen, verur- 
sachte eine Peritonitis tuberculosa mit tödlichem Ausgang. 


In der Pylorusgegend im Zwölffingerdarm sass ein peptisches — 
das oben bis zur Serosa, unten bis zur Muskularis reichte. Die mikro- 
skopische Untersuchung wies keine tuberkulösen Veränderungen im Bereiche 
des Geschwürs selbst auf. Dagegen war die mit dem Darmsegment ge- 
fasste, an das Geschwür grenzende Lymphdrüse tuberkulös verändert. Der 
Boden des Geschwürs weist ebensowenig fortschreitende entzündliche Er- 
scheinungen auf. Das ganze Bild spricht dafür, dass das peptieche Ge- 
schwür des Duodeni zur Eintrittspforte für die tuberkulöse Infektion der 
Bauchfelldrüsen wurde. Der Verf. weist auf die grosse Seltenheit von 
primären tuberkulösen (eschwüren des Magens und des Zwölffingerdarmes 
hin (bekannt sind die beiden Fälle Warta’s und Ruge’s). Meistens 
sind das sekundäre Geschwüre, die ihre Ursache in akuter, sich generali- 
sierender Tuberkulose haben. Die Seltenheit erklärt sich aus der Säure 
der Magensäfte. und der schwächeren Entwicklung des Resorptionsapparates 
in dem oberen Abschnitte der Verdauungsorgane Zu bedauern ist, dass 
in diesem Falle weder das Sputum noch der Schleim der Bronchien auf 
die Anwesenheit von Tuberkelbazillen untersucht worden ist. Derselbe 
Verf. (5) beschreibt seltenere Formen von Tuberkulose bei 
Säuglingen. Er bat in Warschau 276 Kinder im Alter von 1 bis 14 
Jahren seziert. In 66 Fällen hat er Tuberkulose festgestellt, d. h. in 
24 °/o. Unter dieser Zahl waren 216 Säuglinge, darunter 24 tuberkulöse, 
d. h. 11 %0. In den ersten drei Lebensmonaten starben 5, d. h. 2,3 %/o. 
Diese Zabl stimmt mit den Daten Binswanger’s überein. Die Statistik 
von Glinski in Krakau weist 5,7 Jo Tuberkulose bei Kindern auf, die 
in den ersten drei Lebensmonaten starben. Lipski fand am öftesten 
die Tuberculosis pulmonum nodosa careosa, auch der Bronchial- und 
Tracheobronchialdrüsen. Zu den selteneren rechnet er zwei Fälle von 
Tuberculosis pulmonum cavernosa, zwei Fälle von primärer Darmtuber- 
kulose und einen Fall von dermatogener Infektion. Im ersten Falle trat 
der Tod am 76. Lebenstage ein. Alles wies auf eine Infektion bei Leb- 
zeiten hin — von einer schwerkranken Mutter, durch die Luft, denn die 
Tuberkulose (kavernös) wurde nur in den Lungen gefunden: caverna 
tubere. lobi super. et medii pulm. dextri, tuberc. caseosa nodosa disseminata 
pulm. utriusque. Im zweiten Falle — lokalisierte Tuberkulose ausschliess- 
licb im intestino ilei und entsprechenden Lynıphdrüsen bei einem 4 monat- 
lichen Kinde (Ulcera tuberc. intest, ilei, hyperplasia et caseoficatio partialis 
gland. Iymph. mesenterii), und im dritten Falle Tuberculosis caseosa der 
Darmdrüsen (hyperplasia et caseoficatio gland. mesenterii) ohne Verände- 
rungen im Darme selbst. Der vierte Fall (ein Findelkind) ist eine primäre 
Infektion des Unterbautgewebes und der Drüsen durch die Haut in der 
rechten Achselhöhle mit darauffolgender allgemeiner Infektion (Tuberc. 
miliaris). Das Kind litt an Furunkulose und eben durch eines der Ge- 
schwüre in der Achselhöhle drang der Ansteckungsstoff in das Unterhaut- 
gewebe und tiefer ein. 

Hornowski (6) beschreibt neun Fälle von Tuborkalose der 
Hypophyse, die er bei 91 Obduktionen von Geisteskranken ange- 
troffen hat und bemerkt, dass diese Erscheinung keineswegs mit Meningitis 


Übersichtsbericht. 37 


tuberculosa zusammenhängt, sondern einzig auf hämatogenen Wege ent- 
standen ist. 

Hypophysentuberkulose kann, wie Bednarski (7) angibt, die Ur- 
sache von Lähmung aller Augenmuskeln und verminderter 
Sehschärfe werden. .In der Literatur sind nur drei ähnliche Fälle be- 
kannt, die Uhthoff gesammelt hat (Graefe-Saemisch XI. 2. A. S. 1265). 

Der bereits oben erwähnte Ostrowski (8) hatte Gelegenheit, zwei 
Fälle von Hauttuberkuliden bei Säuglingen zu beobachten. Die 
diagnostische Bedeutung dieser Hautkrankheit hat Hamburger als 
erster gewürdigt. In den Fällen des Verfs. fällt die Menge des Aus- 
schlags auf, und der Umstand, dass in einem derselben Tuberkelbazillen 
auf dem Schnitt des Tuberkulids gefunden wurden. 

Einen Fall von Tuberkulose des Rachens bei einem 
5jährigen Mädchen beobachtete Tryjarski (9). Das Kind litt an 
Lungen- und Drüsentuberkulose; dann trat miliare Tuberkulose des 
Rachens auf. Die Diagnose war durch die Ähnlichkeit des Krankheits- 
bildes mit: Aphthae, Herpes, Soor, Condylomata lata und sogar Angina 
diphtherica erschwert. 

Schliesslich führt Frl. Ehrlich (10) einen Fall von ausgebreiteter 
kavernöser Lungentuberkulose, Tuberkulose des Bauchfells und der oberen 
Luftwege, kompliziert durch eine Thrombose der Schenkelvene bei einem 
12 jährigen Mädchen an, bei dem die v. Pirquet’sche Probe negativ 
ausfiel. Dieselbe Verf. (11) beschreibt einen von ihr selbst beobachteten 
Fall von Hautemphysem bei einem an Lungentuberkulose 
leidenden Kinde. Der Ausgangspunkt dieses Hautemphysems waren 
geplatzte Lungenbläschen inmitten der Verwachsungen des rechten Rippen- 
fells am Mediastinum, von wo es dann auf Gesicht und Nacken über- 
ging. Die Verf. führt auch die einschlägige Literatur über diese keines- 
wegs häufige Erscheinung an. Hiermit schliesst die Reihe der anatomisch- 
pathologischen und kasuistischen auf Obduktionen gegründeten Arbeiten. 

Auf dem Gebiete der Diagnostik und Symptomatologie steht Soko- 
lowski (12) mit seinem Artikel über die wichtigeren diagnostischen 
Fehler bei Erkrankungen der Atmungsorgane in erster Reihe. Seiner 
Ansicht nach sind die Fehler erstens der irrationellen Unterrichtsmethode 
in Deutschland und Russland zuzuschreiben, wo die Studenten in den 
Kliniken chronische Kranke mit schweren Komplikationen oder sehr kom- 
plizierte Untersuchungsmethoden sehen, die in der alltäglichen Praxis, be- 
sonders in der Provinz, keine Anwendung finden, und zweitens dem Fehlen 
von richtig organisierten Polikliniken für ambulante Behandlung. Die 
häufigsten Fehler sind: Bronchitis sieca statt Rhinopharyngitis chronica, 
Bronchitis diffusa, wo es sich um Störungen des Blutkreislaufs handelt 
(Herzklappenfehler, Herzverfettung, Herzmuskelschwäche) oder um Krank- 
heiten der Nieren mit Atembeschwerden. Oft wird sogar auf Pneumonia 
crouposa statt Pleuritis exsudativa befunden. Sehr häufig werden Empyeme 
nicht erkanut. Allzuoft wird die Diagnose auf Lungentuberkulose nur 
auf Grund von Blutauswurf gestellt, indem Herzfehler und Sklerose ausser 
acht gelassen werden. Betreffs des Fiebers macht er darauf aufmerksam, 
dass ausser bei Lungentuberkulose ähnliche Fiebererscheinungen bei 
Pyelitis, Tonsillitis eryptogenes und bei chronischen Frauenleiden auf- 
treten. Andererseits wird oft auf Emphysem erkannt, wo es sich um 
Phtbisis pulmonum cum emphysemate handelt. Auch wird Bronchitis ex 


38 Übersichtsbericht. 


emphysemate, Asthma professionalis oder stenocardia als Asthma bronchiale 
erkannt. 

Dziembowski senior (13) weist in seiner Schrift über die 
Frühdiagnose der Lungentuberkulose besonders auf die Be- 
deutung der einseitigen Pupillenerweiterung hin und die irreführende 
Dämpfung in der linken Lungenspitze bei Insufficientia valv. mitralis. 
Der Verf. hebt die Wichtigkeit des Temperaturmessens im After und 
nach Bewegung hervor. Die Diagnose wird schliesslich erleichtert durch 
Untersuchung des Sputums nach der Methode Ziehl-Neelsen-Bacmeister, 
sowie durch Inokulation, Röntgen und besonders durch die Tuberkulin- 
probe, wobei nach Herden in der Lunge während der Reaktion geforscht 
werden muss. (Die letzte Methode halte ich für nicht angezeigt. Ref.) 

Koskowski (14) studierte die Hemmung der Haut-Tuber- 
kulinreaktion bei infektiösen Krankheiten, besonders bei 
Flecktyphus, und zwar fiel die Mantoux-Probe bei 43 von 51 an 
Flecktyphus Erkrankten auf der Höhe der Krankheit negativ aus. In 
der Rekonvaleszenz aber war sie 49 mal auf 60 Fälle positiv. Die Ur- 
sache des Phänomens ist wie auch bei anderen Infektionen nicht genügend 
geklärt. Wahrscheinlich verringern verschiedene Toxine die Empfindlich- 
keit der Haut dem Tuberkulin gegenüber. 

Das Blutspucken behandelt Srebzny (15) eingehend. Ausser 
Tuberkulose führt er folgende Krankheiten und Ausgangspunkte an: die 
Nasen- und Rachenhöhle, die Zungenwurzel, geschwollene Stimmbänder, 
die Trachea, Einatmen von ätzenden Gasen, Blutegel (Italien, Griechen- 
land), Aneurysmen, Krampfadern in der Trachea und des Ösophagus bei 
Leberzirrhose, Krebs, Angiomen, Arteriosklerose, Herzfehler, Gelbsucht, 
Schwangerschaft oder Blutspucken in der der Menstruation entsprechenden 
Zeit (besonders aus dem Kehlkopf), Chblorose, Skorbut, Hämophilie, Morb. 
Werlhofii, Diabetes, schwerere Infektionsfälle, Phosphorvergiftung, angio- 
neurotisches eventuell hysterisches Blutspucken. 

Sterling (16) stellt die Frage, wann Fieber für das Symptom 
von versteckter Lungentuberkulose gelten kann. Eingangs 
schildert er die verschiedenen mit Fieber verlaufenden Krankheiten mit 
unsicherer Diagnose, In bezug auf Tuberkulose aber macht er auf folgende 
Symptome aufmerksam: Neigung zu Schweiss, leichtes Ermüden, Appetit- 
mangel und Dyspepsie, trockener Husten und Heiserkeit, Abnahme und 
Schwankungen des Gewichts, Wechsel oder Unbeständigkeit der Gemüts- 
verfassung, Anfälle von Herzklopfen, Schmerzen im Brustkasten, dys- 
menorrhoische Erscheinungen — alles dies besonders bei Habitus phthisicus. 

Rosenfeld (17) beschäftigt sich in seiner Vorlesung über dauernde 
Fieberzustände bei Erkrankungen der Mandeln und Drüsen 
eingehend mit Diagnose und Therapie der Drüsentuberkulose und hebt die 
modernen Methoden wie Röntgen, Tuberkulin, Sonnenkuren usw. hervor. 

Das Problem, ob ein Unterschied zwischen Tuberkulose 
und Skrofulose besteht, erörtert Szulczewski (18). Seiner 
Meinung nach sind die Krankheiten nicht „identisch“, sondern prinzipiell 
verschieden, welchen Umstand der Krankheitsverlauf und die Anatomo- 
pathologie bestätigen soll. Die Skrofulose nämlich verursacht mehr ex- 
sudative und hyperplastische Erscheinungen, die Tuberkulose dagegen 
Aplasie und Schwund. 


Übersichtsbericht. .- 39 


In seiner leider unvollendeten Arbeit über die Prognose bei im 
ersten Lebensjabr tuberkulös infizierten Kindern hebt 
Progulski (19) besonders die Bedeutung des Hamburger’schen Sym- 
ptoms hervor (Tuberkulose des Kindesalters 1912, S. 155}, das er 46 mal 
in 90 Fällen beobachtet hat. 

Wilczyäski (20) kommt in seiner bündigen Arbeit über die Pro- 
gnose bei offener Lungen- und Kehlkopftuberkulose, ge- 
stützt auf eigene langjährige Beobachtung, zu dem Schlusse, dass es mög- 
lich ist, auf Grund des mikroskopischen Bildes der 'Tuberkelbazillen den 
Verlauf der Krankheit vorherzusehen. Und zwar werden die langen, 
dünnen, fragmentierten Bazillen bei schweren Formen der Tuberkulose an- 
getroffen, die kurzen, durchweg gefärbten dagegen bei leichten. Der Verf. 
wirft die Frage auf, ob wir es hier mit mehreren Abarten von Bazillen 
zu tun haben, wie z. B. bei Dysenterie, oder mit der sogen. Mutation. 
Jedenfalls stellt er fest, dass er eine Heilung des tuberkulösen Prozesses 
bei dem Befund von langen, dünnen und fragmentierten Bazillen in seiner 
Praxis nicht angetroffen hat. 

Im Gebiete der Therapie ist Latkowski (21) zu nennen, der Ver- 
fasser eines umfangreichen Werkes über die Rolle der Kalksalze im 
Organismus, besonders ihres Einflusses auf Entzündungen 
in den serösen Körperhöhlen. Er führt die Werke tüchtiger Ge- 
lehrten, wie Loeb über das antagonistische Wirken der Natronione 
und Kalkione ann, Hammarsten’s und anderer über das katalytische 
Wirken beim Blutgerinnen und bei der Kaseinbildung, über die Rolle 
des Kalks bei Tetanie, über die Abhängigkeit des Kalkwechsels von den 
Drüsen mit innerer Sekretion, über den günstigen Einfluss von Kalk bei 
Bronchialtetanie, über die gesteigerte Reizwirkung auf die Nerven bei 
Hunden, denen kalkhaltige Speisen vorenthalten wurden (Quest), und 
schliesslich über den Einfluss des Thymus auf die Bildung des Kalks im 
Organismus (Basch und Friedleben), und geht dann zur Anwendung 
des Kalks bei Tuberkulose über. 

Er weist darauf hin, dass bereits im Jahre 1887 Kalk (CaCl,) von 
Bell angewandt wurde. In letzter Zeit haben die Forschungen Voor- 
hoeve’s Robin’s Theorie von der Demineralisation bei Tuberkulösen 
bestätigt. Der Verf. verschrieb Schwindsüchtigen Kalkpräparate, hat 
aber — abgesehen von einer Hebung des Allgemeinbefindens und des 
Gewichts — keine ausgesprochene Besserung gefunden. Seine Unter- 
suchungen (1906) ergaben, dass der Einfluss des Kalks die Kraft der 
Herzkontraktionen und den Blutdruck merklich steigert. Weiter beob- 
achtete er günstige Resultate bei Anwendung kleiner Dosen bei Blutstürzen 
und bei Urämie Auch bei Rippenfellexsudaten konstatierte er gute 
Wirkungen, und nimmt im Sinne der Untersuchungen Chiari’s an, dass 
Kalk einen verdichtenden Einfluss auf die Zusammensetzung der inter- 
zellularen Kittsubstanz hat, und somit auch der Entzündung, speziell den 
 Exsudaten, entgegenwirkt. 

An Hand eines reichen klinischen Materials konnte sich der Verf. 
von der die Resorption beschleunigenden Wirkung des Kalkes bei ex- 
sudativen Rippenfellentzündungen tuberkulöser Natur überzeugen und von 
dem prophylaktischen Werte dieses Mittels — im Hinblick auf Exsudate. 
Die Kalksalze haben jedoch keinen Einfluss auf transsudative Prozesse. 
Endlich warnt der Verf. vor Anwendung von Kalk bei schwächlichen, 


40 Übersichtsbericht. 


kachektischen Personen, da hier die Gefahr besteht, dass er die Bildung 
‚von Thromben begünstigen könnte. Im Texte finden wir noch die genaue 
Beschreibung von 12 Krankheitsfällen, wo die Wirkung des Kalkes auf- 
fallend war. 

Der Behandlung der „chirurgischen“ Tuberkulose durch 
Sonnen- und Luftbäder in unserem (Niederungs-) Klima 
redet Wrzesniowski (22) das Wort, bei Erkrankung der Knochen, der 
Haut und der Drüsen. Der Verf. ist der Ansicht, dass es zulässig ist, 
in der Niederung die Bestrahlung gleich eine halbe Stunde lang dauern 
zu lassen. Im Winter wird die Bestrahlung durch die Fensterscheibe vor- 
genommen. Er findet, dass die Resultate der Behandlung mit Quarz- 
lampen unvergleichlich viel geringer waren als bei Sonnenlicht. Die 
ruhige Lage bei der Bestrahlung hält er für überflüssig. Seine Kranken 
gehen im Gegenteil umher und vertreiben sich die Zeit mit Spielen. 
Chirurgische Eingriffe sieht er als Hilfsmittel bei der Behandlung durch 
Sonnenlicht an. 

Wiszniewski (23) beschreibt die Methode Calot’s bei Be- 
handlung der chirurgischen Tuberkulose, und auf Grund des 
Materials im Spital U. 1. F. in Siedlce stellt er eine Statistik auf, die die 
Anwendung dieser konservativen Methode empfehlenswert erscheinen lässt. 

Selzer (24) hat ein Referat über Friedmann’s Injektionen 
veröffentlicht. Er stützt sich auf zwei eigene Fälle und führt 25 in 
Zakopane beobachtete an; die Bewertung dieses Mittels ist sehr ungünstig. 

Kuczewski (25) endlich popularisiert Dr. Philip’s System der 
Tuberkulose-Bekämpfung (Edinburg’sches System) in einer kurzen 
und empfehlenden Beschreibung der Organisation der Sanatoriums- und am- 
bulanten Behandlung in Verbindung mit streng abgemessener physischer 
Arbeit, und veröffentlicht derselbe (26) eine aus der englischen, däni- 
schen, amerikanischen und deutschen Literatur geschöpfte Kompilation 
über das Thema: „die physische Arbeit als Heilmittel in den 
Heilstätten für Tuberkulose im Westen Europas“ mit Hin- 
zufügung seiner eigenen Eindrücke von den Sanatorien, welche die Arbeit 
als Heilmittel anwenden. z 

Die Gerichtsmedizin streift eine Arbeit Sokolowski’s (27) über 
den Zusammenhang eines Trauma mit der Entwicklung von 


Lungentuberkulose und organischen Herzkrankheiten. Indem der 


erfahrene Verf. darauf hinweist, wie schwer es zu beurteilen ist, ob ein 
Trauma die Ursache von Tuberkulose war, steht er doch entschieden auf 
dem Standpunkte, dass versteckte Tuberkulose oder eine gutartige Form 
dieser Krankheit unter dem Einfluss eines Trauma nicht selten einen 
bösartigen Verlauf annehmen, was dann den Patienten zu voller Ent- 
achädigung berechtigt. Ähnlich verbält es sich mit der Entstehung von 
Herzkrankheiten. In beiden Fällen sind genaue Erkundigungen und Be- 
obachtung im Spital unerlässlich. 

Die so viel Hoffnungen erweckende Frage des künstlichen 


Pneumothorax behandeln Debinski (28) und Dluski (29) In 
einer gründlichen klinischen Vorlesung schildert der erstere die Technik 
des Verfahrens und bespricht die Symptome, die Komplikationen, die In- 
dikationen und Resultate, gestützt auf 501 den Fachschriften entnommene 


Fälle, die eine Besserung von 7°/o (Ziy’s) bis 72 /ol? (Dluski’s) 


Übersichtsbericht. 4l 


zeigen, und 27 eigene Fälle von schwerer meistens einseitiger Lungen- 
tuberkuloze mit Besserung bei 7 Kranken, deren Kur 4—16 Monate 
dauerte. Auf Grund eigener Erfahrung und der reichen einschlägigen 


Literatur untersuchte Diuski die theoretischen . Grundlagen des Ver- 
fahrens und der Therapie. Die von der Literatur gelieferten Daten zeigen 
augenscheinlich, dass individuelle Eigenheiten des Organismus und der 
Krankheit selbst massgebender für das Resultat sind als physiologisch- 
anatomisch-biologische Gründe. Der Charakter der Verwachsungen, der 
Zustand des Mediastinums, die Beweglichkeit der Diaphragmen, der Zu- 
stand der dem Drucke nicht ausgesetzten Lunge, schliesslich die Reaktion 
des Rippenfells beeinflussen das Resultat in einer Weise, die verschieden 
beurteilt wird. Die Art und Weise, wie der Verf. die Daten aus der 
Literatur zusammenstellt, scheinen darauf hinzuweisen, dass der Pneumo- 
thorax in seinem endlichen, statistischen Resultate, wie auch andere Heil- 
verfahren bei schweren Fällen von Tuberkulose unberechenbar, trotzdem 
aber zu empfehlen ist. L 

Eine klinische Ergänzung der Ausführungen von Dluski ist 
das gründliche und ausführliche Werk Sterling’s (30) über den 
künstlichen Pneumothorax. Er beurteilt ihn als ein gewaltsames 
Verfahren, das hoffnungslos Kranken unter gewissen Umständen das 
Leben verlängern kann. Es ist angezeigt, einige wichtige Einzelheiten aus 
diesem Werke herauszuheben. Was die Technik des Einstiches anbetrifft 
gibt Verf. Forlanini den Vorzug (technisch), d. h. dem Durchstechen 
aller Schichten (Brauer nämlich empfiehlt, den Schnitt bis zum Rippen- 
fell zu führen). Bei der ersten Insufflation bläst er nicht über 500 ccm 
Sauerstoff ein, indem er anfangs alle 2—3 Tage reinsuffliert, später viel 
seltener. In bezug auf die Indikationen ist er der Ansicht, dass diese 
Methode anzuwenden ist „zur Behandlung von schweren Fällen einer ein- 
seitigen Lungentuberkulose, bei denen keine Rippenfellverwachsungen vor- 
handen sind, und im besonderen in schweren toxischen Fällen von 
chronischer Schwindsucht, wenn andere Massnahmen die Entwicklung der 
Krankheit nicht aufhalten konnten, und wenn der Zustand des Kranken 
keine neuen Versuche mit konservativen Methoden zulässt, ferner wenn 
sich der tuberkulöse Prozess ausschliesslich oder hauptsächlich auf eine 
Lunge beschränkt, und der Herd in der minder betroffenen Lunge keinen 
fortschreitenden Charakter hat.“ Verf. warnt vor starkem Druck wenn 
die Röntgenuntersuchung eine Kaverne in der Nähe der Lungenoberfläche 
ergibt. \Veiter macht er darauf aufmerksam, dass, wenn der Tuberkulose- 
prozess als solcher in der stark komprimierten Luuge eine Verschlimmerung 
erfübrt, die Krankheit unter ganz absonderlichen klinischen Symptomen 
verläuft — es tritt eine Kachexie ohne Fieber, Schweiss und Frost auf. 
Von den Folgerungen, mit denen er seinen Aufsatz beschliesst, der auf 


32 Fällen von Dluski und 55 eigenen (51 °/o Besserung) fusst, ist P. 8 
bemerkenswert: „den künstlichen Pneumothorax kann man füglich eine 
heroische Heilmethode nennen. Sie zeigt zuweilen beispiellose Resultate, 
schliesst aber grosse Gefahren in sich, und zwar: a) die zur Zeit gebräuch- 
liche Technik bietet keine Sicherheit gegen Luft-(Gas-) Embolie; b) die 
latenten Herde in der anderen Lunge können während der Anwendung 
` dieser Methode aktivy werden; c) jede zufällige Erkrankung der anderen 
Lunge droht mit der Katastrophe; d) ein hoher Druck droht mit dem 
Platzen der Lungenhöhle.“ 


42 Übersichtsbericht. 


Derselbe (31) Autor kritisiert in seinem Artikel: Phthisis in- 
cipiens-declarata-consumptiva die bisherige Klassifikation von 
Turban, Kuthy, Gerhardt, Nicolle und schlägt seine eigene 
vor, als deren Grundlage er anatomisch-pathologische Veränderungen an- 
nehmen will und den Umstand, ob die Krankheit stationär ist oder fort- 


schreitet. Zu dieser Klassifikation verhält sich Sokolowski (32) ab- 
weisend, während sie der Autor (33) verficht. Die Polemik weist die 
Schwierigkeit der Klassifikation auf — wegen: Unberechenbarkeit dieser 
langdauernden Krankheit, sowohl was ihr Fortschreiten, als auch was ihren 


Rückgang anbetrifft. Sokolowski hofft, dass die Röntgenstrahlen auf 
diesem Gebiete viel Neues bringen werden. 

Dehnel (34) hat eine klinische Vorlesung über die Tuberkulose 
der Nieren veröffentlicht. Nach Anführung der Daten der Pathogenese, 
pathologischen Anatomie und Symptomatologie kommt er zu der An- 
sicht, dass die konservative therapeutische Behandlung nicht hoffnungslos 
ist, führt die Beweise und spärlichen Zahlen fremder Autören an, indem 
er besonders die Behandlung mit IK von Spengler berücksichtigt und 
nicht ansteht zu bebaupten, „dass es nicht angehe den günstigen Einfluss 
der internen Therapie gering zu schätzen und durch ziffernmässige Zu- 
sammenstellungen (gibt es bessere Beweise? Ref.) den Vorzug der chirurgi- 
schen Methoden beweisen zu wollen.“ 

Zamenhof (35) hat ein Werk über Tuberkulose des Ohres ver- 
öffentlicht. Meist sehr bösartig, selten primär bemächtigt sie sich des 
ganzen Gehörapparates entweder als Infiltrat oder als exsudativer Prozess, 
wobei die Knochen nicht widerstandsfähiger sind als die Membranen. 

Das 'Trommelfell erkrankt zuweilen primär — Myringitis tuberculosa. 
Klinisch fällt die Schmerzlosigkeit der Anfangsstadien auf und eine un- 
verhältnismässige Abstumpfung des Gehörs. In akuten Fällen ist der 
Autor für chirurgische Behandlung, wenn der Kranke nicht zu schwach 
ist, wie z. B. bei vielherdiger Tuberkulose. Was die spezifischen Heil- 
mittel anbetrifft, hebt er die Methode von Cemach hervor, der das 
Tuberkulomucin von Weleminsky mit Erfolg angewendet haben soll. 

Bernhardt (36) notiert den Zusammenhang von Seborrhoe 
und Tuberkulose. Bei seinen Untersuchungen, nämlich an 440 an 
Seborrhoe Erkrankten, fand er bei 52°/o Merkmale tuberkulösen Charakters 
und ist der Meinung, dass die Tuberkulose wie andere Infektionen und 
Digestionsfehler zur Steigerung der Fettdrüsensekretion beiträgt. 

Einen ausführlichen Aufsatz über den gegenwärtigen Stand der 
Lehre über die Tuberkulose hat Gantz (37) veröffentlicht, in dem 
er alle Daten über die Pathogenese dieser Krankheit einer genauen Durch- 
sicht unterwirft. Indem er die Heilmethoden anführt, kommt er zu dem 
Schlusse, dass die neuen Versuche nicht imstande seien, an Brehmers 
Verfahren zu rütteln. Besonders streng kritisiert er die Anwendung von 
Tuberkulin, die Impfung von Friedmann, empfiehlt hingegen Sonnen- 
kuren, die Röntgenisation mit harten Strahlen, die Anwendung von Kiesel 
und gewaltsame Ernährung. 

Eine gedrängte Übersicht der Daten über die Tuberkulose, haupt- 
sächlich die Lungentuberkulose, und eine Skizze des sozialen Kampfes mit 
der Seuche liefert Sterling (38) in seinen Thesen des Kampfes 
gegen die Tuberkulose. Er lässt jedoch die Angabe von Quellen 


Übersichtsbericht. 43 


für die dazu nötigen Mittel und ihre Höhe vermissen, und übergeht die 
Probleme des Zivilrechts und des freien Willens des Kranken mit 
Schweigen. Sonnenkuren und Tuberkulin hält Verf. für zweckmässig. 

Derselbe (39) hat die „Tuberkulose in Lodz“ publiziert, 
wo er den Prozentsatz der Todesfälle mit 28,6 °/o angibt. Verf. schildert 
die Aufwendungen der Stadt für tuberkulöse Kranke und ist ein An- 
hänger der Meldepflicht von offener Tuberkulose und der Isolierung der 
Kranken. _ | 

Eine längere Vorlesung über das Wesen der Tuberkulose, 


ihre Verbreitung und Bekämpfung hat Dluski (40) vorge- 
tragen. Sie enthält eine reiche internationale Statistik und hebt mehrere 
wichtige historische Momente hervor. Die Behandlung mit Tuberkulinen 
wird kaum erwähnt, die Prognose entbehrt der ziffernmässigen Beleuchtung. 
Die Tuberkulose erheischt besondere soziale Einrichtungen und eine be- 
sondere Gesetzgebung. 

Auch Janiszewski (41) hat ein Programm der Bekämpfung 
der Tuberkulose in Galizien veröffentlicht mit einem bis ins 
kleinste aufgestellten Budget. Aus diesem Werke spricht die ganze 
sanitäre Indolenz Österreicha, besonders in dem stiefmütterlich behandelten 
Galizien, in dem jährlich 25000 Menschen an Tuberkulose sterben und 
eine Viertelmillion an Tuberkulose leidet. 

Hewelke (42) tritt in seinem Aufsatz über die Registrierung 
von Schwindsüchtigen für die Meldepflicht bei tuberkulösen Er- 
krankungen ein, wie sie für audere infektiöse Krankheiten besteht, ver- 
langt jedoch, dass die sich hieraus ergebenden Amtshandlungen bei Ein- 
haltung des professionalen Geheimnisses weder abstossend noch ab- 
schreckend seien. Er ist der Ansicht, dass der Staat verpflichtet werden 
muss, tuberkulösen Kranken materielle Hilfe angedeihen zu lassen. Einen 
Anlass zum Aufrollen dieses Problems durch den Verf. hat der Beschluss 
der Medizinischen Akademie von Paris im Jahre 1913 gegeben. 


Aus dem Gebiete des Spitalwesens gibt Sokolowski (43) in der 
Arbeit über die Rolle des Krankenhauses im Kampfe gegen 
die Tuberkulose seinem Bedauern Ausdruck, dass, obgleich 20 %/o 
von den in Spitälern behandelten Kranken Tuberkulöse sind, die öffent- 
licben Krankenhäuser in Warschau — ausgenommen dasjenige auf Czyste — 
keine besonderen Abteilungen für diese Kranken haben, die im Gegenteil 
in den allgemeinen Sälen untergebracht werden. Der Verf. weist auf die 
Notwendigkeit hin, ein Spital mit 200 Betten in Warschau zu bauen und 
kleinere Sanatorien nach Art des Bromptonhospitals in London und der 
Heime (Home) in Norwegen. Bis dieses Postulat verwirklicht wird, emp- 
fiehlt er die Einrichtung separater Säle für Tuberkulose in den Spitälern 
Kindlein Jesu und Zum heiligen Geist. 

Zembrzuski (44) schreibt über die Notwendigkeit der Er- 
richtung von Heilstätten für an chirurgischer Tuberkulose 
erkrankte Kinder, da in Polen in dieser Richtung nichts getan ist. 
Er schlägt den Bau eines Sanatoriums in der Nähe von Warschau vor 
nach dem Vorbilde von Hohenlychen bei Berlin. 

Kuczewski (45) schildert die Bekämpfung der Tuberkulose 
in Skandinavien. Er lobt die Organisation des Kampfes und vor 
allem die Teilnahme des Staates und der Gemeinden an den Ausgaben 


44 Übersichtsbericht. 


für die Behandlung unbemittelter tuberkulöser Kranker. Derselbe (46) 
schreibt in einer ausführlichen Kompilation der Ansichten und Zablen 
aus der Literatur des laufenden Jahrhunderts über den Rückgang der 
Tuberkulose-Sterblichkeit und die Ursachen dieser Er- 
scheinung. Derselbe (47) erörtert auch die Frage wie die Militär- 
spitäler zum Zwecke des Kampfes mit der Tuberkulose ver- 
wendet werden könnten, und glaubt, die Kranken müsssten über 
das Wesen der Tuberkulose aufgeklärt werden und würden dann — im 
Besitze einer Anzahl auswendig gelernter Regeln — dieses Wissen ins 
Land tragen. (Wäre es nicht zweckmässiger, entsprechende Vorträge in 
den Schulen zu halten? Ref.) 

Chronologisch ist dies das letzte polnische Werk, das über Tuber- 
kulose handelt. Hat der Krieg uns vieles genommen, so hat er doch 
unsere Ärzte nicht von der Erfüllung ihrer Pflichten zurückhalten können, 
die ihnen die Sorge um eine bessere Zukunft auferlegt. 


Literatur-Verzeichnis. 


1. Pamiętoik Tow. lek. Warsz T. CX | 24. Tygodnik lekarski lwowski Nr. 13, 
Z. I, I, 1915—1916. 1914. 

2. Przegląd lekarski Nr. 7—10, 1916. | 25. Zdrowie Nr. 5, 1914. 

8. Przogląd lekarski Nr. 21—22, 1917. | 26. Przegląd lekarski Nr. 12, 13, 1917. 

4, Gazeta lekarska Nr. 43, 1917. 27. Gazeta lekarska Nr. 3—4, 1916. 

5. Przeglad Pedyatryczny T. VII, 1915 | 28. Odczyt kliniczny Nr. 242—244. 
—1916. 29. Przeglad lekarski Nr. 4—6, 1916. 

6. Nowiny lekarskie Nr. 1, 1916. ' 80. Przegląd lekarski Nr. 8—11, 1917. 

7. Nowiny lekarskie Nr. 2, 1916. i 81. Przegląd lekarski Nr. 28, 1914. 

8. Przegląd lekarski Nr. 30, 1914. 82. Gazeta lekarska Nr. 14, 1914. 

9 


. Gazeta lekarska Nr. 22, 1914. . Ibidem. 
10. Nowiny lekarskie Nr. 5, 1914. 34. Medycyna i kronika lekarska Nr. 22, 
11, Gazeta lekarska Nr. 22, 1914. 1914. 


12. Medycyna i kronika lekarska Nr.12, | 35. Medycyna i kronika lekarska Nr, 6 


œ 
go 





- 1916. —8, 1917. 
13. Nowiny lekarskie Nr. 3, 1917. 36. Gazeta lekarska Nr. 20—22, 1915. 
14. Gazeta lekarska Nr. 22, 1916. ' 837. Medycyna i kronika lekarska Nr. 22 
15. Medycyna i kronika lekarska Nr. 2, | —27, 1914. 

1917. ' 38. Separatdruck Lodz 1917. 
16. Przeglad lekarski Nr. 22, 1914. ı 89. Zdrowie, 1917. 
17. Przegląd lekarski Nr. 22, 1914. 40. Separatdruck Nowy Targ. 1917. 
18. Nowiny lekarskie Nr. 2, 1916. . 41. Separatdruck Krakau Czas 1916. 


19. Tygodnik lekarski lwowski Nr. 30, ” 42. Zdrowie Nr. 12, 1916. 


31, 1914. | 43. Zdrowie Nr. 7, 1914. 
20. Przeglad lekarski Nr. 20, 1917. ' 44, Zdrowie Nr. 3, 1914. 
21. Przeglad lekarski, 1914. | 45. Glos lekarzy Nr. 10, 12, 1914. 
22 Gazeta lekarska Nr. 16, 1917. 46. Przeglad lekarski Nr. 29, 30, 1914. 


23. Gazeta lekarska Nr. 22, 1916. | 47. Przeglad lekarski Nr. 44, 1917. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 45 


II. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


63. Chabäs, Das Problem der Tuberkulose. Rev. de Hig. y de 
Tub., Jan. — März 1914. 

Die Vorstellungen, die man von der Wirkung der tuberkulösen Kräfte 
hat, sowie von der Reaktion im Körper, die von ihnen abhängt, sind 
noch recht unvollkommen und in manchen Punkten Irrig. 

Diese Unvollkommenheit und diese Irrtümer erklären zur Genüge die 
falschen Ziele, die man sich im Kampf mit der Tuberkulose gesteckt hatte. 

Die klassische Lehre vom Tuberkelbazillus als dem Ursprung der 
Krankheit erklärt zahlreiche klinische und epidemiologische Fälle nicht, 
die sich im Widerspruch zu ihr befinden, und kann sie auch nicht 
erklären. 

Die gegenwärtige Anschauung von der prädisponierenden Anlage 
ist zu verwerfen. Die Kritik, die der unvergessliche spanische Professor 
Letamendi ihr und den Gesetzen, die sie angeblich verursachen sollen, 
angedeihen liess, ist ausgezeichnet. In der Tuberkulose ist die Anschauung 
von der Prädisposition verhängnisvoll und vollständig irrig. Die Autopsie 
au angeblich nicht Tuberkulösen und die Kutanreaktion beweisen, dass 
wir alle „angesteckt“ sind. Dies ist eine der zahlreichen Tatsachen, die 
der Anschauung über Vererbung und Ansteckung die praktische Bedeutung 
nehmen, oder wir müssen beide als unvermeidliche Tatsachen betrachten. 
Diesen Gedanken ins praktische Leben übertragen, hiesse aber das menschen- 
freundliche Werk der 'Tuberkulosebekämpfung vernichten, indem man sie 
in Tuberkulophobie verwandelt. 

Solange die alten Anschauungen in der Tuberkuloselehre und der 
Gesellschaft herrachen, wird die ärztliche Kunst ihre Zeit vergeuden, un- 
fähig durch die gegenwärtigen hygienisch-therapeutischen Mittel den Sieg 
zu erringen und ohne sich auf der Suche nach der einzig logischen, radi- 
kalen und vollständigen Lösung zu sehen: dem Vakzin. 

Die irrigen Anschauungen über gewisse Vorgänge, die man für eine 
pathologisch-tuberkulöse Reakticn hielt, erklären es, dass gerade in der 
Schwindsuchtslehre die Gesetze der Bakteriotherapie und die Waffen der 
Hygiene gründlich versagt haben oder doch nur sehr geringen Erfolg 
zeitigten. 
Die gegenwärtige strenggläubige Richtung in der Phthisiologie, in 
deren Mittelpunkt die Tuberkelbazillen stehen, enthält zahlreiche Wider- 
sprüche und Irrtümer, die ihre Unrichtigkeit beweisen. Eine Durch- 
arbeitung ist unbedingt erforderlich. Da man in der Wissenschaft nicht 
berechtigt ist, an die Unwandelbarkeit eines Dogmas zu glauben, hat auch 
niemand das Recht, aus Vorurteil eine ketzerische Anschauung zu ver- 
achten. Aus diesem Grunde und auch wegen der Menge und des Werts 
der darin enthaltenen experimentalen Arbeit verdient die Ferrän’sche 
Theorie nachgeprüft zu werden, denn sie wird täglich von gelehrten Unter- 
suchern bestätigt und steht im Einklang mit den klinischen Tatsachen. 

Aus all dem vorher Gesagten geht klar hervor, dass die Aufgabe 
der Tuberkuloseforschung falsch gelöst ist, also auch die Tuberkulose- 
bekämpfung sich in einer neuen Richtung bewegen muss. 


46 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Dem Laboratorium, welches die Wahrheit über die Grenzen: der 
Wirksamkeit der phthisiogenen Kräfte und der Reaktion im Organismus 
entdecken wird, indem es nicht- auf ein Heilmittel gegen Tuberkulose hin- 
arbeitet, sondern auf die Prophylaxis vermittels eines Impfstoffe, wird es 
vorbehalten sein, das ungeheure Problem zu lösen. Die drei spanischen 
Tuberkulose-Kongresse haben hierzu in Anlehnung an Ferrä&n den Weg 
gewiesen. 

Die Prüfung der geringen Ergebnisse der Tuberkulosebekämpfung in 
allen Ländern (in einigen von ihnen, wie z. B. in Frankreich, nimmt die 
Tuberkulose sogar zu) zwingt uns dazu, eine neue Richtung einzuschlagen. 
In Spanien starben im Jahre 1910 von 19876398 Einwohnern 31070 
an Tuberkulose = 1,08°/oo (i. J. 1901 1,02°/o0); auf 100 Todesfälle 
überhaupt entfielen 6,81 Todesfälle an Tuberkulose (i. J. 1901 7,31). 

(Autoreferat.) 


64. d. Chabäs, Zwei Irrtümer in der Tuberkuloseforschung: 
Anlage und Vererbung. (Veröff. ın Rev. intern. de la Tub.. 
Febr. 1914.) Rev. de Hig. y de Tub., April 1914. 

Verf. ist der festen Überzeugung, dass der Tag, an dem diese falschen 
Ideen (Anlage, spezielle Vererbung, prätuberkulöser Zustand) zerstört 
werden, die Tuberkuloseforschung einen Riesenschritt vorwärts bringen 
wird. Der wirksame Bazillus ist nicht allein der Tuberkelbazillus, die 
Phthisen saprophytischen Ursprungs herrschen vor (Ferrán). Der Tu- 
berkel stellt nur eine anatomisch-pathologische Etappe dar, die der phthi- 
sischen Entzündung folgt. Dies sind die Hauptpunkte der neuen Theorie. 

Es gibt keine „prädisponierenden Ursachen“ (Letamendi); jede 
Ursache hat ihre Wirkung, man kann eine Ursache nicht begreifen, die 
mit einer Wirkung droht, die doch nicht eintrifft. Die Anlage ist bereits 
eine Krankheit, eine Stufe, eine Periode, der Prädisponierte schon 
“ein Kranker, ein Tuberkulöser. Wir alle können an Tuberkulose er- 
kranken; die Autopsien an Greisen, die Kutanreaktion usw. liefern den 
Beweis dafür; wir sind alle „prädisponiert“. (Hier gibt Verf. eine längere 
Abhandlung über Anlage.) 

Die Vererbung. Das Volk glaubt daran und die Angehörigen 
des Kranken erfüllt der Gedanke daran mit Entsetzen. Verschiedene 
klinische und experimentelle Untersuchungen leugnen sie jedoch (Verf. 
beschreibt einige). Was durch die Vererbung noch am ehesten übertragen 
wird, ist die Immunität. Selbst die Statistiken derjenigen, die an Anlage 
und Vererbung glauben, wetteifern darin zu beweisen, dass sie nicht vor- 
handen sind. (Verf. führt Beispiele an.) An stelle dieser Irrlebren sollte 
man die Erscheinungen der Widerstandsfähigkeit gegen die Tuberkulose 
erforschen und sich der Impfung zuwenden. | (Autoreferat.) 


65. A. u. A. Mary, Über einen besonderen Bestandteil des 
normalen Blutserums und seine Veränderungen bei Tuber- 
kulose. Rev. de Hig. y Tub., Valencia Dez. 1914. 

Bei ultra-mikroskopischer Untersuchung des Blutserums sehen wir 
rundliche, stark lichtbrechende Körnchen, einzeln und zu zweien oder 
dreien angeordnet, mit lebhafter Brown’scher Molekularbewegung und 
beschränkter Vermehrungsfähigkeit. Diese kleinen geformten Gebilde, die 
noch nicht beschrieben worden sind, stammen jedenfalls vom Zerfall der 





Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 47 


grossen neutrophilen Myelozyten, die sich also wie einzellige endokrine 
Drüsen verhalten. 

Die Tätigkeit dieser Körnchen steht in Zusammenhang mit ihrem 
Kolloidzustand und besteht in Absorptionsvorgängen. Die Körperchen 
binden die toxischen Lipoide, werden opak, gelblich oder schwärzlich, 
nehmen an Volumen zu und verlieren die Brown’sche Molekularbe- 
wegung. 

Im normalen Blut sind diese Körperchen zahlreicher als die Phago- 
zyten. Im Blut Tuberkulöser ist man dagegen überrascht von ihrer Sel- 
tenheit. Der Übertritt von Galle ins Blut Tuberkulöser beruht also 
nicht nur auf Leberstörungen, sondern auch auf dem Mangel an absor- 
bierenden Körperchen, die der Unzulänglichkeit des Knochenmarks zuge- 
schrieben werden muss, einer Unzulänglichkeit, die mit einer allgemeinen 
Abnahme der Mineralien im Körper — hauptsächlich des Phosphors und 
des Silieiums — Hand in Hand geht. J. Chab ás. 


66. Neves, Syphilis und Tuberkulose. Med. contemp., Lissabon 

23. XI. 1918. 

Gestützt auf die Anschauungen von Landouzy, Silva Carvalko 
u. a., beschreibt Verf. mehrere Beobachtungen, welche die prädisponierende 
Beziehung der Syphilis zur Tuberkulose beweisen, und zwar einer Prädis- 
ponierung, welche die Tuberkulose zu ihrer im übrigen gutartigen fibrösen 
Entwickelung bringt. In allen vom Verf. beschriebenen Fällen waren 
über 18 Jahre vor dem Auftreten der Tuberkulose verstrichen. 


- J. Chabás. 


67. Schönberg, S., Die Beziehungen der Tuberkulose zu 
Schrumpfungsprozessen in Leber und Nieren. Corr. Bl. f. 
Schweizer Aerzte 1917 Nr. 50 S. 1726. 

Auf Grund einer Prüfung des Basler Sektionsmaterials kommt auch 
Verf. zu dem Schluss, dass beim Zustandekommen von zirrhotischen 
Prozessen in der Leber die Tuberkulose neben anderen ätiologischen Mo- 
menten in Frage kommt und in Erwägung gezogen werden muss, und 
dass dieser Satz auch für die Nierenschrumpfungen zu recht besteht. 

Lucius Spengler-Davos. 


68. Gerhartz, Leberschrumpfung mit Aszites und Milz- 
schwellung als Begleiterscheinung der Tuberkulose. Zschr. 

f. Tbk. Bd. 28 H. 3. 

An eigenen Versuchen konnte Verf. nachweisen, dass es mit abge- 
schwächten Tuberkelbazillen gelingt, beim Meerschweinchen alle Grade 
der Krankheitsdauer mit den verschiedenen klinischen und anatomischen 
Bildern der menschlichen Tuberkulose zu erzeugen, insbesondere eine mit 
Bindegewebswucherung einhergehende Schrumpfung und Verhärtung der 
Leber hervorzubringen. Dabei handelt es sich nicht um das anatomische 
Bild der Leberzirrhose, sondern um bindegewebige Wucherungen um 
nekrotische tuberkulöse Herde. Unter 15 Fällen von chronisch diffuser 
Hepatitis beim Menschen waren 11 mit negativer Pirquet’scher Reaktion. 
Unter 80 infiz. Meerschweinchen fand sich 11 mal Aszites und 8 mal 
Milzechwellung. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


48 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


69. Edm. Hoke-Komotau, Die Immunitätsanalyse mit Partial- 
antigenen nach Deycke-Much bei der Lungentuberkulose. 
W. kl. W. 1917 Nr. 50. 


Nicht immer gibt der nach dem Much’schen Schema gefundene 
'Intrakutantiter die richtige therapeutische Dosis an. In seltenen Fällen 
kann die Empfindlichkeit der Haut grösser sein als die der Lunge (Mit- 
teilung eines Falles); weit häufiger ist die Empfindlichkeit der Lunge 
grösser, als man nach dem Ausfall der Intrakutanreaktion hätte erwarten 
müssen. Es geht nicht ohne weiteres an, von dem Immunitätszustand der 
Haut auf den der Lunge zu schliessen. Vor allem ist zu bedenken, dass 
wir es mit einer kranken Lunge und mit einer gesunden nur unter Fern- 
wirkung des tuberkulösen Virus stehenden Haut zu tun haben. Von der 
Erwägung ausgehend, dass byperämisches Gewebe anders auf Einverleibung 
der Antigene reagieren wird als normal durchblutetes, liess Verf. den 
einen Arm des Patienten durch Quarzlampenbestrahlung hyperämisieren 
und führte dann die Intrakutanimpfung mit Partialantigenen an beiden 
Armen aus. Der hyperämische Arm zeigte nun in allen Fällen eine 
fehlende oder doch deutlich geringere Reaktion als der normale. Die 
. stark byperämisierte Haut ist also hypo-, bezw. anergisch. Dieses Ver- 
hältnis kann man natürlich nicht ohne weiteres auf die durch spezifische 
Veränderungen hyperämisierte Lunge übertragen. Verf. zieht nur den 
Schluss, dass die diagnostische Impfung mit den Partial- 
antigenen nicht immer die für die Behandlung geeignete 
Dosis angibt. 

Die therapeutische Verwendbarkeit der Much’schen Methode wird 
durch diese Ausführungen nicht berührt. Verf. hat mit derselben in einer 
stattlichen Zahl von Fällen ganz auffallende Besserungen gesehen. Sie 
leistet das, was man von einer Vakzinebehandlung verlangen kann. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


70. Wilh. Müller-Sternberg, Über den antigenen Charakter 
der Tuberkelbazillenfette.e W. kl. W. 1917 Nr. 44. 


Verf. zieht aus seinen Untersuchungen folgende Schlussfolgerungen: 

„1. Die Bestimmungen Bürger’s und Möller’s leiden an’ grosser 
methodologischer Unklarheit, indem aus einer ungenügenden Anzahl von 
Prämissen Schlussfolgerungen von genereller Bedeutung gezogen werden: 
Wenn eine beschränkte Zahl von Tuberkelbazillenfetten nicht reaktiv ist, 
so ist damit noch lange nicht ausgemacht, dass es die übrigen auch sind. 

2. Da speziell bei Lungentuberkulösen es sehr häufig zu einem 
Schwund der Fettantikörper kommt, genügt die kleine Zahl der von 
Bürger und Möller gemachten Versuche nicht, um die Existenz der 
Fettantikörper zu leugnen. Sie sind überdies nicht überzeugend, da sie 
das grosse Gebiet der Immunpathologie des tuberkulösen Menschen voll- 
kommen ignorieren und nur an Tieren ausgeführt wurden. 

3. Die Existenz der Fettantikörper wurde von Much in seinen 
klassischen Untersuchungen „Über Fettantikörper und ihre Bedeutung (mit 
besonderer Berücksichtigung der Lepra)“ bereits einwandfrei tierexperimentell 
bewiesen, indem er mit den fraglichen Fettkörpern serologisch deutliche 
Neutralfett-Antineutralfettreaklionen erhielt, während eine Komplement- 
bindung mit Tuberkuloalbumin durchaus ausblieb. 


Ätiologie und Verbreitung. 49 


4. Meine Intrakutananalysen bei chirurgischer Tuberkulose beweisen 
auf immunzellulärem Wege das Vorhandensein von Fettreaktionskörpern 
in ca. 20 °/o, wo vollständige Albuminanergie herrscht. 

5. Massenimpfungen von 400 Soldaten des österreichischen Heeres 
mit Partialantigenen des Tuberkelbazillus ergaben bei ausgesprochener 
Albuminanergie gleichzeitige Reaktivität auf M.Tb.F. und M.Tb.N., und 
zwar bei Deutschen in 0,9 %/o, bei Böhmen 2,9 °/o, bei Polen 2,9 °/o und 
bei Slowenen und Serbokroaten in 3,8 °/o der Fälle. 

6. Bei gleichzeitigem Vorhandensein sämtlicher Partialantikörper wird 
die Fabel von der Verunreinigung der Fette durch Begleitproteine dadurch 
widerlegt, dass, wie vier Analysen es zur Evidenz klarlegen, der Intensi- 
tätstiter der Albumine durch die gleich starken Konzentrationen der Fette 
übertroffen wird. Das Umgekehrte müsste der Fall sein, insbesondere der 
Albumintiter stärker ala der Fettiter sein, wenn die Fettreaktionen auf 
Konto des verunreinigenden Begleitproteins zustande kämen. Das ist je- 
doch nicht der Fall.“ A. Baer. 


'b) Ätiologie und Verbreitung. 


71. Franz Hutyra, Die Rolle der Tiertuberkulose in der Ver- 
breitung der Menschen-, besonders der Kindertuberkulose. 
Tuberkulözis 1917, Mai—Junt. 


In erster Reihe ist es die Kindertuberkulose, deren Hervorrufung 
zweifelsohne oft der Tiertuberkulose als Infektionsquelle zuzuschreiben ist. 
Entsprechende Aufklärung des Volkes und sanitär-prophylaktische Verord- 
nungen sind nötig, um die häufigen Ansteckungen zu verhüten. 

D. O. Kuthy, Budapest. 


72. Schloss, Über Tuberkulose. (Fortsetzung) B. kl. W. 1917 

"Nr. 50. 

III. Zur Klinik der Säuglingstuberkulose. 

Es fand sich als wichtigste Tatsache: die unerwartet geringe Er- 
scheinungsweise des tuberkulösen Prozesses und die fehlende Tuberkulose- 
erkrankung in den meisten Fällen. Die Infektion selbst machte nicht die 
geringste Erscheinung. Das einzige zuverlässige diagnostische Mittel zur 
Aufdeckung der stattgehabten Infektion ist die Tuberkulinreaktion (kutan 
und intrakutan). Sie beweist natürlich noch keine Tuberkuloseerkrankung. 
Das wichtigste diagnostische Hilfsmittel ist die Röntgenuntersuchung, die 
aber auch manchmal versagt. Die Prognose ist nicht so ungünstig zu 
stellen, wie man bisher annahm; von den infizierten Kindern starb nur 
fs, obschon es sich bei der Infektion um zweifellos virulentes Material 
handelte; allerdings ist die Infektion nicht massig gewesen, wie das in 
der Familie meistens der Fall zu sein pflegt. 

Die „Expositionsprophylaxe“ ist weitaus das Wesentlichste bei der 
Tuberkulosebekämpfung; sie hat sich auch auf die bovine Infektion zu 
erstrecken. Die spezifische Prophylaxe ist noch „ein frommer Wunsch“. 
In der Therapie spielt die Ernähruug die Hauptrolle. 

Weihrauch, 
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 4 


50 Ätiologie und Verbreitung. 


73. Lazarini, Klinische Erfahrungen über die Toleranz gegen 
humanes und bovines Tuberkulin, Rev. de Hig. y de Tub. 
Valencia, April 1914. 

Die Sensibilität für humanes und bovines Tuberkulin ist sehr ver- 
schieden, sowohl bei der Anwendung zu diagnostischen Zwecken als auch 
in der Therapie. Diese Unterschiede sind ein klinischer Beweis für die 
zweifache Möglichkeit des Ursprungs der Tuberkuloseinfektion. 

J. Chab ás. 


74. J. Ravellat, Bakteriologie der verschiedenen krankhaften 
Veränderungen bei der experimentellen Tuberkulose des 
Kaninchens und Meerschweinchens. Rev. de Hig. y de Tub. 
Valencia, Sept./Okt. 1914. 

Die mit natürlichem tuberkulösem Virus geimpften Kaninchen und 
Meerschweinchen zeigen — oder können zeigen — vier verschiedene patho- 
logieche Veränderungen: pleuritischen oder peritonealen Erguss; Miliar- 
tuberkel; käsig-erweichte Drüsen; Entzündung des Gewebes der Eingeweide. 

Bakteriologische Untersuchungen der pathologischen Produkte dieser 
verschiedenen Krankheitsformen haben Verf. zu folgender Erkenntnis ge- 
führt! sowohl die Flüssigkeit der peritonealen oder pleuritischen Exsudate, 
als auch die im Mörser zerriebenen und fein emulgierten Miliartuberkel 
und entzündeten Eingeweidegewebe erzeugen, auf Bouillon verimpft, eine 
saprophytische Bakterienkultur, die nicht säurefest ist und in wenigen 
Tagen angeht. Die Virulenz dieser Bakterien schwankt innerhalb weiter 
Grenzen. Bei höchster Virulenz verursachen sie den Tod der Versuchs- 
tiere im Laufe weniger Stunden oder Tage, indem sie nur gewöbnliche 
Entzündungen hervorrufen. In einem weniger virulenten Zustande verur- 
sachen sie Entzündungen der Eingeweide, die sich lange hinziehen; nach 
Ablauf einiger Monate erscheinen die Miliartuberkel, die Tuberkelbazillen 
enthalten können. In einem völlig avirulenten Zustande endlich — der 
auch vorkommt — riefen die Bazillen keinerlei pathologische Verände- 
rungen bei den Versuchstieren hervor. 

Verf. meint, dass dieser Bazillus der Erreger der Entzündungstuber- 
kulose ist, der nicht im Tuberkelbazillus zu suchen ist, da die 
Verimpfung seiner Reinkulturen eine reine Granulatioustuberkulose hervorruft. 

Die Verimpfung käsiger Substanz aus erweichten Drüsen auf 
Serum-Bouillon gibt eine leichte Trübung mit geringem Sediment. Die 
mikroskopische Unterauchung zeigt ein kleines Körperchen, das eich weder 
nach Gram noch nach Much färben lässt. 

Ihres zu geringen und verzögerten Wachstums wegen sind die letzt- 
genannten Kulturen nicht mit denen des ersten Virus zu verwechseln. 


. J. Chabás. 


15 P. Mayoral, R. Lobo und G. Gamero, Experimentelle 
Untersuchungen über Form und Färbung des tuberkulösen 
Virus. Arbeiten des Städt. Laboratoriums in Madrid. Rev. de 
Espec. Med. 1912, VII. 

Die klassische Beschreibung des Tuberkelbazillus ist unzureichend. 
Ferrán hat als erster gegen den einheitlichen Charakter des Virus pro- 
testiert und vier Tuberkulose verursachende Bakterienarten oder Bakterien- 
phasen beschrieben. 


Diagnose und Prognöse. | 51 


Die Verf. geben eine kritische Abhandlung über alle Färbemethoden 
des tuberkulösen Virus und schlagen mehrere Abänderungen für die 
Färbung nach Ziehl und Much vor. | 

` In keinem Falle haben die Verf. M uch’sche Granula gefunden, 
‚ausser bei den nach ihrer Modifikation A und C der Ziehl-Färbung 
gefärbten Bazillen. Um ein Produkt als tuberkulös ansprechen zu können, 
müssen die Granula in Form kleiner Ketten angeordnet sein, dürfen je- 
doch nicht mit Streptokokken verwechselt werden. Die Much-Färbung 
ist der Ziehl’schen auch nicht überlegen. 

Verff. beschreiben vier Virusformen, darunter eine sicher eigene: ein 
nicht säurefester, gram-negativer Bazillus oder Kokkus. 

Der Koch’sche Bazillus sollte eigentlich Koch’scher Strahlenpilz 
heissen. J. Chabäs. 


76. Nestor Morales, Die Tuberkulose in Bolivia. Rev. de Hig. 

y de Tub., Valencia, April 1914. 

In Bolivia (mit Städten in 4000 m Höhe) hat die Tuberkulose in 
wenigen Jahren grosse Fortschritte gemacht. Das beweist, dass die grosse 
Höhe ihrer Ausbreitung kein Hindernis entgegensetzt. Die akute Form 
herrscht bei den Eingeborenen vor. Aus Europa eingeführte Kulturen 
verlieren dort an Virulenz. J. Chab ás. 


c) Diagnose und Prognose. 


77. J. Blanco, Beitrag zur Untersuchung der Struktur des 
Tuberkelbazillus durch eine neue Doppelfärbemethode. Re- 
vista Clinica de Madrid 1914 H. 15. 

Verf. beschreibt seine Methode der Fuchsiubereitung. Färbung kalt 
10—15 Sekunden lang, langsames Erhitzen bis zur Dampfentwicklung. 
Entfärbung mit Günther (3 g Salzsäure auf 100 Teile Wasser) bei Aus- 
strichpäparaten bis zur Erreichung der Rosa-Färbung, bei Kulturen etwas 
länger. Gründlich mit Wasser abspülen. Differenzierung zwei Minuten 
lang mit 1°/o iger Treopolin-Lösung (Verf. gibt eine Anweisung für die 
Bereitung). Waschen. Trocknen. J. Chab ás. 


78. 0. Trivino, Verminderter Blutdruck und Tachykardie bei 
der Tuberkulose. Espana Médicâ, Madrid 10. Sept. 1914. 
Der arterielle Blutdruck und die Pulszahl gehören zu den wichtigsten 
diagnostischen Zeichen. Sinken des Blutdrucks und Tachykardie bestätigen 
den Befund in zweifelhaften Fällen und deuten auf ungünstige Prognose 
in nicht schweren Fällen. Blutdruck und Pulsschläge von annähernd 
normalem Typus sind ein günstiges Zeichen. “Verf. führt zahlreiche Fälle 


aus seiner langjährigen Erfahrung an. J. Chabäs. 
79. F. Berka-Olmütz, Zur Tuberkelbazillenfärbung. W. kl. W. 
1917 Nr. 49. 


Verf. empfiehlt seine bereits vor 8 Jahren angegebene Färbemethode, 
Dieselbe besteht in Färbung mit einer Mischung von alkoholischer Kristall- 
violettlösung und Ammoniumkarbonatlösung, Entfärbung durch Salpeter- 
säure und Alkohol und Nachfärbung mit Vesuvin. 

Die Methode gibt viel bessere Resultate als die übliche Färbung nach 
Ziehl. A. Baer. 

x 4° 


52 Diagnose und Prognose. 


80. Peset, Praktische Ratschläge für die Homogenisierung des 
Auswurfs bei der Untersuchung auf Tuberkelhazillen. Rev. 
de Hig. y de Tub., März 1914. 

Es ist nicht richtig, allzugrosses Gewicht auf die Wirkung des Anti- 
formins zu legen, auch soll die Lösung weder verstärkt noch erhitzt werden. 
Es ist besser zu zentrifugieren, als eine spontane Sedimentierung abzu- 
warten. Oft gibt es keine vollständige Trennung des Auswurfs, die 
Flüssigkeit bleibt stark getrübt, und das Zentrifugieren gibt einen grösseren 
Rückstand. 

Da das Zentrifugieren immer einen gewissen Niederschlag hinterlässt, 
zentrifugiert Verf. das Homogenisierte 2—3 Minuten lang mit 300—500 
Umdrehungen. Sedimente von einer gewissen Menge werden abgegossen, 
die Flüssigkeit in ein anderes Glas gegossen. Diese bazillenhaltige Flüssig- 
keit wird nochmals 10—15 Minuten lang mit 300 Umdrehungen zentri- 
fugiert. Der Niederschlag ist leicht, das Präparat durchsichtig und leicht 
zu färben. 

Wenn die Untersuchung dieses Niederschlags negativ ausfallen sollte, 
versucht man es mit dem ersten, was aber sehr selten notwendig ist. 
Fixieren mit Ätheralkohol ist leicht. Man vermeide Abspülen unter Druck. 
Eiweiss zum Fixieren ist nicht notwendig. J. Chab ás. 


81. Haydn, Die v. Jagic’sche Methode der Lungenspitzenper- 

kussion. Zeitschr. f. Tbk. Bd. 28 H. 3. 

Schilderung der v. Jagic’schen Methode: a. 

Führung einer Horizontalen zwischen 1. und 2. Brustwirbel quer 
durch die Fossa supraspinata, Auftragen auf derselben, je 3 Querfinger 
von der Medialen nach rechts und links, eines Merkpunktes, Verbindung 
dieser beiden Punkte mit der Haargrenze, Perkussion auf den gleichen 
Schenkeln des so entstehenden Dreieckes nach oben. Man findet unter 
normalen Umständen auf der Höhe des VII. Halswirbels die Schallgrenze. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


82: Martinez Gomez, Die Hyperazidität als erstes Symptom 
für Lungentuberkulose. Galicia Medica, 1. XII. 1913. 

Bei vielen Kranken ohne Verdauungsstörungen war Hyperaziditāt das 
erste Anzeichen der Tuberkulose. Andere, mit einem normalen oder an- 
nähernd normalen Magensaft, zeigten Hyperazidität als die —— 
bereits zum Ausbruch gekommen war. 

Wenn man noch die nervösen Veränderungen in Betracht zieht, ist 
der Beginn der Krankheit mit Hyperazidität augenscheinlich. (Verf. führt 
mehrere Fälle an) Neben anderen Ursachen ist es oft die Toxikämie, 
welche die Sekretion des Magensaftes stört. 

Bei einem Patienten mit Hyperazidität sollte man nie vergessen, die 
Lungen genau zu untersuchen. J. Chab ás. 


83. Friesicke, Diagnostische Erfahrungen an Tuberkulose- 
verdächtigen. M. m. W. 64. 1917 S. 1502—1504. 

Verf. bespricht kritisch die üblichen Methoden zur Feststellung der 
beginnenden, der aktiven oder der inaktiven Lungentuberkulose an Hand 
der Erfahrungen auf der Jenenser Beobachtungsstation. Die Einzelheiten 
sind bekannt und bedürfen keiner besonderen Besprechung. 

Bredow, Ronsdorf. 


Therapie. 53 


84. Leoz, Chorioiditis und akute Meningitis tuberculosa. Espana 
Med., Madrid 28. VIII. 1914. 


Die Sehstörungen, die als Begleiterscheinung einer tuberkulösen 
Meningitis auftreten, werden öfter für bazillär gehalten, als es in Wirk- 
lichkeit der Fall ist, " 

Die wichtigsten Erscheinungen der akuten meningitischen Amaurosis 
sind vor allem auf eine Neuroretinitis zurückzuführen. Die Netzhaut ist 
für Tuberkulose weit weniger empfänglich als die Aderhaut, und wenn 
keine Verbindung zwischen ihnen besteht, kann die Aderhaut gesund 
bleiben. Dies ist gewöhnlich der Fall bei den tuberkulösen Meningitiden 
mit vollkommener Amaurosis ohne intraokulare Tuberkel. Diese beiden 
entzündlichen Prozesse können aber trotzdem tuberkulöser Natur sein. 
Dauert die Krankheit länger, dann kann man die Tuberkel mit dem 
Ophthalmoskop sehen; meist jedoch tritt der Tod früher ein, oder die 
Tuberkel verbergen sich hinter der Entzündung. 

Verf. berichtet den interessanten Fall eines jungen Mädchens, bei 
dem kein Verdacht auf Tuberkulose vorlag und bei dem zwei verschiedene 
Prozesse desselben tuberkulösen Ursprungs gleichzeitig auftraten: 1. eine 
akute toxische tuberkulöse Chorioiditis ohne Bazillen, die manchmal ohne 
Tuberkelbildung in Heilung übergeht, und 2. eine chronische Chorioideal- 
tuberkulose mit zahlreichen Tuberkeln. Die Autopsie bestätigte die Dia- 
gnose. | J. Chabäs. 


d) Therapie. 


85. Th. Ruedi-Davos, Beobachtungen aus Davos über opera- 
tive Behandlung der Kehlkopftuberkulose. Zschr. f. Ohren- 
heilk. Ba. 73 S. 174. 

Von den vom Herbst 1908 bis Herbst 1914 vom Verf. in Davos 
beobachteten ca. 1000 Fällen von Kehlkopftuberkulose wurden 575 in 
1548 Sitzungen endolaryngeal operiert, und zwar wurde in 61 Sitzungen 
nur kürettiert, in 168 kürettiert und kauterisiert und 1319 mal nur mit 
dem Elektrokauter behandelt. Bei allen Fällen war die Kehlkopftuber- 
kulose eine Begleiterscheinung bestehender Lungentuberkulose. Ausge- 
schieden von der operativen Behandlung wurde der Lupus laryngis und 
die Fälle von miliarer Aussaat. 

Die Fälle liessen sich ohne Berücksichtigung des Lungenbefundes 
einteilen in 3 Klassen: 

1. Klasse. Leichte, d.h. Fälle mit zirkumskript einfachem Herd, ohne 

Neigung zu rascher Progredienz und raschem Zerfall = 259. 

2. Klasse. Mittelschwere, d. h. Fälle mit zirkumskript mehrfachen 

Herden, ohne Neigung zu rascher Progredienz und raschen 

Zerfall = 265. 
3. Klasse. Schwere, d.h. diffuse Fälle = 51, die wieder zerfallen in 
a) diffuse besserungs- bzw. heilungsfähige Fälle mit geringer 
Neigung zu rascher Progredienz und raschem Zerfall = 17, 
b) diffuse, nur für symptomatische Behandlung geeignete Fälle 
mit allgemeiner Progredienz, Fieber, raschem Zerfall, z. T. 

mit Perichondritis = 34. 


54 Therapie. 


Am häufigsten waren erkrankt die Stimmbänder ein- und doppel- 
seitig 415 mal, davon 41 mal nur infiltriert, 375 mal ulzeriert. An 2. Stelle 
folgte die Interarygegend 314 mal (18 mal nur infiltriert, 296 mal ulzeriert). 
An 3. Stelle die Taschenbänder 265 mal (86mal infiltriert, 170 mal 
ulzeriert) An 4, Stelle die Arygegend 167 mal (31 mal infiltriert, 136 mal 
ulzeriert. An 5. Stelle der Kehldeckel 83mal (16mal infiltriert, 67 mal 
ulzeriert). 


Von 413 Fällen war ein genauer Lungenbefuud vorhanden; er 
bestand: 
bei 198 Lungentuberkulosen 1. Klasse: 
10Omal I. Stadium der Lungentuberk. nach Turban-Gerhard, 
32 99 II. 39 39 9? 9? 93 ” 
156 „ IL. , 5 s 
bei 184 Iuungentuberkulosen 2. Klasse: 
5mal I. Stadium der Lungentuberk. nach Turban-Gerhard, 
30 „ II. 9 ” „ „ „ „ 
149 „ III. „ „ „ „ „ 79 
bei 31 Lungentuberkuloseu 3. Klasse: 
2mal I. Stadium der Lungentuberk. nach Turban-Gerhard, 
3 n II. „ „” „ „ 
26 99 II. ?9 79 19 ” 


Von den zur Beurteilung des Heilerfolges in Betracht kommenden 
387 Fällen waren nach mehrmonatlicher Kontrolle nicht oder wenig ge- 
bessert 63, gebessert 135, in Heilung 50, geheilt 139. Die Verteilung 
auf die 3 Klassen der J,arynxtuberkulose ergibt folgende kleine Tabelle: 


1. Nicht oder 
wenig gebessert. 


” 9 39 


19 ” 


27 39 


2. Gebessert. 3. In Heilung. 4. Geheilt. 


I.ungentuberk. 1. Klasse 8 46 37 89 
„ Bi ri 42 89 13 48 
a 3 p 13 0 0 2 
In allen 3 Klassen zusammen 63 135 50 139 


Am Schluss der Arbeit kommt Verf. zu folgenden Schlusssätzen: 

1. Die Kehlkopftuberkulose ist heilbar. 

2. Spontane Besserung und Heilung konnte unter dem Einfluss der 
Allgemeinkur in Davos (nicht nur in Davos. Ref.) mehrfach be- 
obachtet werden. Es muss aber eine vorherrschende Abhängigkeit 
des Verlaufs der Larynxtuberkulose von dem der Lungentuber- 
kulose negiert werden. Bei vielen Fällen erwies sich die Allge- 
meinkur, sowie die übliche konservative Lokalbehandlung, speziell 
auch die Sonnnenbestrahlung trotz Besserung der Lungen als un- 
genügend und wirkungslos. Durch operative Therapie konnte ein 
erheblicher Teil dieser Kehlkopftuberkulosen dauernd geheilt 
werden. 

3. Die operative Behandlung der Larynxtuberkulose soll, um post- 
operative Schübe in der Lunge zu vermeiden, wo nicht dringende 
symptomatische Indikation zu einem Eingriff besteht, grundsätzlich 
nur bei fieberlosem, stationär gewordenem Lungenzustand vorge- 
nommen werden. 


Therapie. 55 


4. Die elektrokaustische Behandlung nach Mermond-Siebenmann 
mit ihrer breit und tief zerstörenden radikalen Wirkung erwies 
sich als bestes Operationsverfahren. Nur für Kehldeckeltuber- 
kulose eignet sich besser die Kürettenbehandlung in Form von 
Resektion oder Amputation, 

5. Die operative Behandlung erzielte in etwas mehr als einem Drittel 
der wenigstens 3 Monate nach dem letzten Eingriff untersuchten 
Fälle Heilung. Die besten Resultate (52°/o Heilung) gab die 
Elektrokaustik der Stimmbandtuberkulose. 

6. Die operative Behandlung hatte in mehreren Fällen sehr günstige 
‘Beeinflussung der Lungen und des Allgemeinzustandes zur Folge. 

7. Die Behauptung, die Kehlkopftuberkulose sei der Hochgebirgskur 
allgemein kontraindiziert, ist falsch. Brock, Erlangen. 


86. Trivino, Nützliches, Unnützes und Schädliches in der 
Behandlung der Tuberkulose. Rev. Ibero-Amer. de Cienc. 
Medicas, Juni 1914. 

Von dieser Behandlung sprechen, heisst über den Turm zu Babel 
reden, wo Unwissenheit und Erfahrung, Geschäftssinn und Wissenschaft 
ihre Ergebnisse in anarchistischer Unordnung mengten. 

Einen Kranken aufs Land schicken ohne Vorschriften für seine Be- 
wegung, Ruhe und Ernährungsweise ist schädlich. Jede Klimaform bat 
ihre Indikationen, die Auswahl ist nicht gleichgültig. Die gewöhnliche 
Atemgymnastik ist eine Ketzerei, ebenso wie die Überernährung. 

Man treibt Missbrauch mit Medikamenten zum Schaden der Wissen- 
schaft. In Übereinstimmung mit der abfälligen Kritik, die Chabäs in 
seinen „Phthiseo-tberapeutischen Studien“ an dem Missbrauch von Kreosot, 
Eukalyptol u. a. Arzneien übt, hält Verf. sie auch für schädlich; Phos- 
phorpräparate, Lezithine, Nukleine, Eisenpräparate, Jod, Galvanokaustik 
und die moderne Chemotherapie, Chondrotomie und Thorakoplastik sind 
überflüssig. Nützlich sind Kalk- und Arsenpräparate, vorsichtige anti- 
symptomatische medikamentöse Behandlung, sowie Pneumothorax und 
Tuberkulin in entsprechenden Fällen. J. Chabás. 


87. A. Guerrero, Tuberkulinbehandlung der Lungentuberku- 
lose. La Semana Médica, Buenos Aires 20. XI. 1913. 
Sechsjährige Erfahrungen an 266 mit verschiedenen Tuberkulinen 
behandelten Fällen aller drei Stadien. ⸗ 
In allen Stadien sind recht befriedigende Resultate erzielt worden. 
Diese Behandlungsmethode ist es, welche uns gegenwärtig die besten 
Resultate geliefert hat. J. Chabäs, 


88. Verdes Montenegro, Behandlung der Lungentuberkulose 
mit Partiulantigenen. Rev. de Hig. y Tub., Valencia Nov./Dee. 
1914. 

Das Koch’sche Tuberkulin ist bisher noch nicht übertroffen worden. 
Trotz der Bemühungen, das tuberkulöse Gift rein anzuwenden, bleibt nur 
eine durch Partialantigene bewirkte Tuberkulinbehandlung übrig. 

Die Tuberkuline sind trotz ihrer Unvollständigkeit wirksam, wenn 
eines der Antigene nicht allzu stark verändert ist. Jeder besondere Fall 
erheischt ein bestimmtes Tuberkulin; oft muss man das gleiche Tuber- 


56 Therapie. 


kulin mehrere Male anwenden, in anderen Fällen dagegen muss man zu 
einem anderen Tuberkulin greifen. Denn es gibt Fälle, in denen die 
Behandlung unwirksam blieb, weil nicht das richtige Tuberkulin gewählt 
wurde. Was diese Fälle betrifft — für die Verf. aus seiner langjährigen 
Erfahrung zahlreiche Beispiele anführt —, so ist er der Meinung, dass in 
jedem dieser Fälle die pathologische Wirkung eines bestimmten Giftes 
vorherrscht, gegen das der Körper sich schlechter verteidigt als gegen .die 
anderen. 

Die Aufgabe der Behandlung besteht teilweise in der Auswahl eines 
Tuberkulins, welches das Antigen enthält, gegen das der Organismus nicht 
genügend geschützt ist, um so die Erzeugung von Antikörpern gegen 
dasselbe künstlich hervorzurufen. J. Chabäs. 


89. Azua, Behandlung des Lupus erythematodes und der Sy- 
philis mit Aurum Kalium cyanatum. Actas Dermo-sifiliogr. 
Madrid, Jan. 1914. 

Im März 1913 begonnene Versuche Die intravenösen Einspritzungen 
werden ausgezeichnet vertragen; jedoch ruft ein»versehentlich ausserhalb 
der Vene injizierter Tropfen des Mittels heftige Schmerzen und Entzündung 
hervor. Die Technik ist dieselbe, wie sie Verf. bei Neosalvarsan anwendet.- 

Dosis 0,10 mg bis 8 cg, aber das Maximum von 0,03—0,05 bei 
Erwachsenen und 0,01—0,03 bei Kindern darf nicht überschritten werden. 
— Verf. beschreibt die Herstellung der Lösungen. 

Auf 454 Einspritzungen hat Verf. keinen ernsten Zwischenfall ge- 
sehen, weder Nieren- noch Herzstörungen. Nach den Einspritzungen be- 
obachtet man bisweilen Fieber, Kopfschmerz, Erbrechen und Durchfall. 
Bei 83 °/o überstieg das Fieber nicht 37,5 und stand in keinerlei Beziehung 
zur Dosis und Anzahl der Einspritzungen; es hängt vielleicht zusammen 
mit der Absonderung der Produkte der kranken Stelle. Der Kopfschmerz 
wird durch das Cyan verursacht. Häufig findet Blutandrang nach den 
lupösen Stellen und den Lungen statt. 

Bei der Hälfte der Fälle von tuberkulösem Lupus wurde Linderung 
erreicht ohne vollständige Heilung, aber in kürzerer Zeit als mit anderen 
Heilmitteln. Im Verein mit Tuberkulin ist es ohne Zweifel ein nützliches 
Heilverfahren. 

Bei den anderen Arten von Lupus waren die Resultate glänzender. 

J. Chabäs. 


90. A. Mary, Behandlung der Lungentuberkulose mit Silicium- 
präparaten. Rev. de Hig. y de Tub., Valencia 31. X. 1914. 

Im April 1914 hat Kohle (D. m. W.) als neues Heilmittel in der 
Phthiseotherapie die Anwendung von Siliciumpräparaten Rn um 
die Bildung von Narbengewebe anzuregen. 

Hinsichtlich der Priorität muss Verf. bemerken, dass er bereits im 
Jahre 1910 schrieb (La Société nouvelle), dass den alkalischen Silikaten, 
besonders dem Siliciumkolloid beschieden zu sein scheint, küpftighin eine 
bedeutende Rolle in der Therapie zu spielen; ihre Präparate könnten die 
Phagozytose anregen, das Blut mineralisieren, die Zellen regenerieren. 

Die ersten physiologischen Hinweise über die organische Kieselsäure 
und die Rolle des osmotischen Apparates der Siliciumkolloide in den 
organischen Elementen verdanken wir Herrera (Mexiko), Leduc und 


Klinische Fälle. 57 


dem Verf. Seit 1910 berichtet er über subkutane Injektionen von alka- 
lischen Silikaten an Tieren und ihm selbst (1913). (Siehe die Arbeit des 
Verf. „Die Bedeutung der anorganischen Kolloide“, Paris, Verlag Rousset.) 
Verf. hat das reine Siliciumkolloid zu Subkutaninjektionen durch Dialyse 
gewonnen; es ist nicht identisch mit dem Laucien’schen Silicion. 

Das Heilverfahren der Zukunft wird sich auf Minerale und Kolloide 
aufbauen. J. Chabás. 


91. Canesa, Darmverschluss im Verlauf der tuberkulösen Peri- 

tonitis. Rev. de los Hospit., Montevideo Nov. 1913. 

Die tuberkulöse Bauchfellentzündung kann auf verschiedene Weise 
Darmverschluss bewirken. Nach ihm richtet sich auch das einzuschlagende 
operative Verfahren. Die Eröffnung des Abdomens durch Laparotomie 
ist an und für sich schon ein wesentlicher Heilfaktor, sogar für den 
Darmverschluss (ein Fall des Verf.) und andere Komplikationen. Wenn 
die Art der Komplikationen schwierig zu erkennen ist, kann die ein- 
fache Laparotomie Klarheit verschaffen. J. Chabäs. 


92. C. Lopez-Fanjul, Neue Richtlinien für die chirurgische 
Behandlung der Bauchfelltuberkulose mit Aszites. Rev. de 
Med. y Cir. Pract., 28. II. 1914. ` 

Der Nutzen der Laparotomie erklärt sich aus dem Zusammenwirken 
der Phagozytose und der Wirkung des Serums. : Die Operation nach 
Alvarez ermöglicht es, dem Bauchfell die grösstmögliche Menge dieser 
Heilfaktoren zuzuführen. 

Operation: Acht Tage wird je !/s 1 physiologischer Kochsalzlösung 
gegeben. Sodann Laparotomie zwecks vollständiger Entleerung der Flüssig- 
keit. Die Serosa wird mit Tupfern tamponiert, und ohne Wundverschluss 
ein Kompressivverband angeleg. Nach 2 Tagen ist der Verband mit 
Pseudomembranen bedeckt, die gelöst werden. Die Serosa erscheint dann 
hyperämisch, die Granulationen eingeschmolzen. An den nächsten Tagen 
neue Tamponade der Serosa und Lösung der Verwachsungen; am 3. 
Tage danach endgültige Wundnaht. 

Sieben Kranke sind vollständig geheilt. J. Chabäs. 


e) Klinische Fälle. 


93. Theodor Gött, Beitrag zur Kasuistik ungewöhnlicher 

Böntgenbefunde am kindlichen Thoraxmittelschatten. Zschr. 

f. Kinderhlk. 12. 1915 H. 4/5. 

Kasuistische Mitteilung zweier Fälle, die im Röntgenbild den Ver- 
dacht auf epondylitischen Senkungsabszess nahelegen. Es handelt sich 
jedoch in dem einen Falle um einen aus vereiterten Mediastinaldrüsen, 
die ins Gewebe des hinteren Mediastinums durchgebrochen waren, her- 
stammenden tuberkulösen Abszess; im anderen Falle um eine starre 
leukämische Infiltration im Bereich des hinteren Mediastinums bei akuter 
Iympbatischer Leukämie. W. Schultz, Hamburg. 


94. E. Baumann, Isolierte Axillarlähmung bei Spondylitis cer- 
vicalis tuberculosa mit kaltem Abszess. D. m. W. 37. 1917. 
Interessanter kasuistischer Beitrag; der Fall wurde durch Operation 

geheilt. C. Kraemer II, Stuttgart. 


58 Klinische Fälle. 


y5. Alf Gullbring, Ein Fall von Lungensyphilis. Hygiea 1916. 

Lungensyptiilis wurde sowohl klinisch als pathologisch-anatomisch bei 

einer 70jährigen Frau mit seit 10 Jahren bestehenden I,ungenbesch werden 
konstatiert. Bringt nichts Neues. A. Wallgren, Upsala. 


96. P. H. van Roojen, De heelkundige behandeling der tuber- 
kuleuse Buikvliesontsteking. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 
29. Mai 1916. 


Kurze Besprechung der Indikationen und einige geschichtliche Vor- 
bemerkungen; hiernach die Krankengeschichten von 10 Fällen chirurgisch 
behandelter tuberkulöser Bauchfellentzündung. Ein Patient starb infolge 
einer Darmperforation, für die der voraufgehende Eingriff nicht verant- 
wortlich zu machen ist. Bei zwei Fällen entwickelte sich später eine 
Lungentuberkulose, und bei einem entstand eine Darmfistel; in zwei Fällen 
wurde volle Genesung erzielt. In vier Fällen wurde die Operation auf 
eine irrtümliche Diagnosestellung hin (nämlich von Appendicitis acuta, 
Ileus, Abdominalabszess und ÖOvarialzyste) gemacht. 

'J. Peerenboom. 


97. H.Curschmann, Zur Diagnose und Tuberkulinbehandlung 
des tuberkulösen Ösophagusgeschwürs. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 
36. 1917 H. 3 8.313. 


Nachdem v. Schroetter 1906 zum ersten Male Tuberkulose der 
Speiseröhre ösophagoskopisch bei zwei schweren, tödlich verlaufenen Fällen 
festgestellt hat, berichtet C. über einen Fall von Speiseröhrentuberkulose 
bei einem 27jährigen Fräulein, die mit 12 Jahren an chronischer Bauch- 
felltuberkulose, mit 18 Jahren an trockener Pleuritis und mit 25 Jahren 
an tuberkulöser Ulzeration des Gebärmutterhalses gelitten hatte. Ein Jahr 
danach entwickelte sich unter Schluckbeschwerden und Abmagerung eine 
tuberkulöse Stenose der Speiseröhre mit Dilatation des darüberliegenden 
Abschnitter, die durch Tuberkulinbehandlung (T. Rosenbach) zur Aus- 
heilung gebracht wurde, nachdem auf probatorische Injektion starke All- 
gemein- und Herdreaktion eingetreten war. Es ist dies somit der erste 
Fall erfulgreich behandelter Speiseröhrentuberkulose. 

E. Leschke, Berlin. 


v8. Trivino, Ein interessanter Fall von Lungentuberkulose mit 
beinahe gänzlichem Fehlen von Symptomen. Jspana Med. 
Madrid, 10. II. 1914. 


Es gibt viele Fälle von atypischer Tuberkulose, in denen Befund 
und Symptome nicht übereinstimmen. Fall eines jungen Mädchens obne 
Husten, wenig Auswurf, kein Bluthusten, weder schlechte Verdauung noch 
Fieber oder Schwindel, weder Erbrechen noch Schweisse oder Gewichts- 
abnahme, keine Darmstörungen, kein Herzklopfen. Puls 118. Ein wenig 
bleiche Gesichtsfarbe. Trotzdem hatte Patientin reichliche Erweichungen in 
beiden oberen Lungenlappen, Knisterrasseln ; Tuberkelbazillen im spärlichen 
Auswurf. Nach Verlauf von 2 Jahren und ohne dass sich das allgemeine 
Bild verändert hätte, Kaverne in der linken Lungenspitze, stärkere Herz- 
beschwerden. Der tödliche Ausgang ist zu erwarten. J. Chabäs. 


Klinische Fälle. 59 


99. Compaired, Fall von Nasenschleimhauttuberkulose mit 

Heilung. El Siglo Médico, 7. II. 1914. 

20 jäbriges Dienstmädchen, stets gesund, keine erbliche Belastung. 
Vor 2 Jahren starkes Kopfweh, gelegentlich heftiges Nasenbluten, Ver- 
engung der rechten Nase. Erysipel. Infltration der Nasenscheidewand 
und des Pflugscharrbeine, Granulationen im Naseneingang. Untersuchung 
eines kleinen Gewebsteilchens. Diagnose: Tuberkulose. Kürettage, Ex- 
stirpation der Wucherungen, Galvanokaustik. Rasche lokale Heilung, 
Verschwinden der Kopfschmerzen u. a. Symptome. Einige Monate später 
andauernde Heilung, kein® allgemeinen Anzeichen von Tuberkulose. 

J. Chabäs. 


100. Barajas, Rezidivierende Pharynxtuberkulose. Bolet. de 
Laring., Otol. y Rinol., Madrid 1914. 

27 jährige Kranke, schwanger, sehr abgemagert, Stimmlosigkeit, starke 
Schluckbeschwerden; mannigfache kleine Herde im Pharynx und Larynx 
mit Infiltration, Geschwürsbildung, Eiter und Tuberkelbazillen; kleine 
"Kavernen in den Lungen. Keine Syphilis. _ 

Ätzen mit 80°/o Milchsäure; Landleben. Gute Besserung. 18 kg 
Gewichtszunabme. Normale Entbindung. Keine Tuberkelbazillen im Aus- 
wurf mehr. Im folgenden Jahre Rückfall und Heilung; Sputumbefund ne- 
gativ. Im letzten Jahre wiederum ein heftiger Rückfall, dem Patientin erliegt. 

Fall von Miliartuberkulose mit zeitweiliger Wiederherstellung. 

J. Chabäs. 


101. Guedes de Mello, Tuberkulöse Entstehung und Tuber- 
kulintherapie einiger Augenaffektionen. Tribuna Medica, Rio 
Janeira 17. XI. 1913. 

Die Zahl der Augenerkrankungen tuberkulösen Ursprungs wächst von 

Tag zu Tag. Verf. stellt einen bemerkenswerten Fall von tuberkulöser 

Uveitis oder seröser Iritis vor, der allein durch Tuberkulin geheilt wurde 

und in dem die Kutanreaktion und andere diagnostische Hilfsmittel 

keinen sicheren Anhaltepunkt für die tuberkulöse Entstehung des Lei- 
dens gaben. J. Chab ás. 


102. A. Lara, Durch Neosalvarsan geheilter Fall von Tuberku- 
lose, kombiniert mit Syphilis. Rev. Méd. de Yucatan, Febr. 
1914. 

Schwächlicher junger Mann von 19 Jahren; Tuberkulose und Alko- 
holismus in der Familie; Schanker und andere Anzeichen syphilitischer 
Erkrankung an Schleimhäuten und Knochen. Nach einigen Tagen fieber- 
hafter Katarrh entsprechend einer Tuberkulose 2. Stadiums. Wassermann 
positiv. Tuberkelbazillen im Auswurf. 

Neosalvaraan-Einspritzungen während 1!/2 Monaten brachten die syphi- 
litischen und tuberkulösen Erscheinungen zum Verschwinden, Wassermann 
wurde negativ, die Tuberkelbazillen verschwanden aus dem Auswurf; das 
Gewicht stieg von 58 auf 72 kg. J. Chab ás. 


103. Pasanis, Ein Fall von Syphilis und Tuberkulose, gefolgt 
von Heilung. Espana Médica, Madrid 20. XI. 1913. 
Verf. berichtet über einen sehr lehrreichen Fall von Tuberkulose und 
Syphilis bei einem 30 jäbrigen Mann. Lungen- und Bauchfelltuberkulose. 


60 Allgemeines und Grenzgebiete. 


Zunächst Quecksilberbehandlung mit sehr befriedigendem Ergebnis, da 
der tuberkulöse Symptomenkomplex verschwand. 

Wir können an die Gleichzeitigkeit der beiden Krankheitsprozesse 
glauben, da die Syphilis durch ihre fibröse Tendenz der Heilung. der 
Tuberkulose den Boden zu bereiten vermag. Vielleicht werden wir ein- 
mal die bindegewebsbildenden Toxine der Spirochaeta pallida als phthiseo- 
therapeutisches Mittel handhaben können. J. Chabäs. 


104. B. Gallego, Menstruationsstöürungen und Tuberkulose; 
Heilung durch Tuberkulintherapie. Bev. Ibero- Amer. de Cienc. 
Medic., Jan. 1914. 

Drei Fälle, in denen die Unregelmässigkeiten der Menstruation die 
einzige Manifestation der Tuberkulose waren. Das Tuberkulin klärte die 
Sachlage auf. Die Intrakutanprobe ist unentbehrlich in allen Fällen, wo 
die Ursache der anormalen Menstruation nicht in den Geschlechtsorganen 
nachgewiesen werden kann. J. Chabäs. 


f) Allgemeines und Grenzgebiete. 


105. Karl Franz, Massnahmen der Heeresverwaltung zur Be. 
kämpfung der Tuberkulose während des Krieges. Osterr. 
Tbe.-Fürs.-Bl. Jahrg. 1 Nr.1. 

Das häufigere Auftreten der Tuberkulose unter den Soldaten ist wohl 
meist auf eine Infektion aus der vormilitärischen Zeit zurückzuführen; 
allerdings führen Infektionen bzw. Reinfektionen im Heere allem An- 
scheine nach ein rascheres Fortschreiten eines bis dahin stillstehenden 
Prozesses herbei. Im Anfang des Krieges brachte der ständige Aufenthalt 
im Freien manchem Mann mit inaktivem Herde Nutzen; diese Erscheinung 
verschwindet mit der langen Dauer des Krieges. Von den Lungenkranken 
sind 22°/o schwere Formen mit rapidem Verlauf und zweifelhafter Pro- 
gnose, 30°/o sind Kranke mit wenig ausgesprochenen Symptomen und 
noch schonungsbedürftige Rekonvaleszente, der Rest — also etwa die 
Hälfte — sind mittelschwere Fälle, für die in erster Linie Lungenheil- 
stätten in Betracht kommen. 

Ein Kriegsministerialerlass ordnete an, dass ausgesprochen tuberkulöse 
und zweifelhafte Fälle zur Beobachtung in eine Militärsanitätsanstalt 
kommen und hier bis zur Klärung bleiben, Kranke mit offener Tuber- 
kulose bleiben bis zur Superarbitrierung im Spital. In bezug auf Kriegs- 
verwendbarkeit gelten folgende Gesichtspunkte: a) Alle aktiven, also die 
offenen, dann die fortschreitenden, mit Fieber und akuten Herderschei- 
nunger einhergehenden (wenn auch geschlossenen) Formen sind zu jedem 
Dienst ungeeignet. Sie werden tunlichst bald im Wege der Superabitrie- 
rung als derzeit untauglich auf 4 Monate bis 1 Jahr beurlaubt. b) Ge- 
schlossene, inaktive, wenig ausgebreitete und ohne akut katarrhalische Er- 
scheinungen verlaufende Verdichtungen werden zumeist als wach- oder 
hilfsdiensttauglich klassifiziert. c) Frontdiensttauglich sind nur die aus- 
geheilten Fälle von Tuberkulose. Da die Entscheidung aktiv oder in- 
aktiv, noch mehr aber geheilt oder nur stillstehend oft sehr schwer ist, 
empfiehlt es sich, solche Leute durch 3—4 Wochen versuchsweise der 
militärischen Ausbildung zu unterziehen und dann wieder spezialärztlich 


Allgemeines und Grenzgebiete. 61 


zu untersuchen. Eine weitere eingehende Kontrolle in bezug auf Tuber- 
kulose findet noch vor Abgang zur Front statt. Da die Zahl von Spezial- 
ärzten eine kleine ist, wurden Fortbildungskurse veranstaltet. 

Schilderung der im Lauf des Krieges von der Heeresleitung ge- 
gründeten oder in Gründung begriffenen Spezialanstalten für Tuberkulose. 

Ein Kriegsministerialerlass regelt die Übergabe von tuberkulösen 
Soldaten in häusliche Pflege. Dieselbe ist bei offenen Formen nur ge- 
stattet, went für private Unterkunft günstige sanitäre Verhältnisse vor- 
liegen, die von der politischen Behörde bestätigt sein müssen, Ferner 
Anzeigepflicht über alle im Heeresverband stehenden Tuberkulösen an die 
zuständige politische Behörde. Wünschenswert erscheint eine allge- 
meine Anzeigepflicht. 

Zu den getroffenen Massnahmen für den individuellen Schutz 
des Soldaten gehören: Erziehung in der Hygiene, Aufklärung durch 
Merkblätter u.ä. Für später wird Vertiefung in der hygienischen Aus- 
bildung durch systematische Belehrung, Vorträge, Wandermuseen empfohlen. 

Die vorstehenden Ausführungen erscheinen besonders beachtenswert 
‚ durch die Person des Verf., der nicht nur einer unserer hervorragendsten 
Militärärzte ist, sondern auch ein anerkannter Fachmann auf dem Spezial- 
gebiet der Tuberkulose. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


106. Otto Burkard, Der „Verein zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose in Steiermark‘ im Dienste der Kriegsbeschädigten- 
fürsorge. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jahrg. 1 Nr. 2. 

Schilderung der im Kriege getroffenen Massnahmen: Teilweiser oder 
vollständiger Belag der bestehenden Heilstätten durch Soldaten, Erweite- 
rung derselben durch Baracken. Hand in Hand mit den Heilstätten 
arbeiten eigene Rekonvaleszentenabteilungen und Erholungsheime. Weitere 
Gründungen stehen noch im Stadium der Ausarbeitung bzw. Adaptierung. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


107. J. Danysz, La lutte contre la tuberculose. La Presse 
médicale, Aug. 1917. 

Nach eingehender Besprechung der heute im Kampfe gegen die 
Tuberkulose geübten Verfahren — Vakzination, Bakterio- und Serum- 
therapie, Chemotherapie, Heilstättenbehandlung — betont Verf. den Wert 
gemeinsamen organisatorischen Vorgehens aller sich mit dem Studium und 
der Behandlung der Tuberkulose befassenden Stellen. Und zwar ist die 
genaue Durchführung eines umfassenden Programms unerlässlich, das 
einmal die bisherigen klinischen und experimentellen Ergebnisse besser 
auszunutzen gestatten würde, und dann in ausgedehntem Masse die ge- 
naue Erforschung vieler bisher noch wenig erkannter Probleme, so nament- 
lich aus der Bakteriologie und Chemotherapie, möglich machte. An diesem 
Werke müssen in gleicher Weise Bakteriologen, Naturforscher, Chemiker, 
Mediziner und Tierärzte mitarbeiten. Kautz, Hamburg. 


108. W. Mager-Brünn, Über die Unterbringung Tuberkulöser 
im vorgeschrittenen Krankheitsstadium. Deler. Tbe.-Fürs.-Bi. 
Jahrg. 1 Nr. 1. 

Es ist notwendig, neue’ Anstalten für Tuberkulöse zu schaffen, die 

Lungenbheilstästen zu Tuberkulosespitälern für alle Stadien 


62 Allgemeines und Grenzgebiete. 


der Tuberkulose umzugestalten; Tuberkulosepavillons im 
Anschluss an die Zivilkrankenanstalten zu errichten; das Gesetz der 
Invaliditätsversicherung muss der 'Tuberkulosebekämpfung ange- 
passt werden. Unterbringung der aus dem Felde Zurückgekehrten in 
Kriegerheimstätten oder in ländlichen Kolonien wäre ganz 
besonders im grossen Massstabe in der Heilbehandlung der Tuberkulose 
zur Unterbringung der mit offenem, infektiösem Prozess behafteten Kranken 
prophylaktisch und therapeutisch aussichtsvoll. ' 
A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


109. Harald H. Barnes, Observations of a tuberculous patient. 
Brit. Journ. of Tub. Vol. XI, 3. Juli 1917. 


Verf. gibt vom Standpunkt eines Patienten aus seinen Erfahrungen 
und Beobachtungen Ausdruck, erwähnt die Wichtigkeit der Persönlichkeit 
des behandelnden Arztes, je nach der die eine oder andere Methode gut 
oder schlecht sich bewähre, berührt den Nutzen der abgestuften Arbeit, 
von Ruhe und Bewegung („hohe Ruhbetemperaturen treten oft erst 12, 24 
oder selbst 36 Stunden nach stattgefundener Bewegung auf“) und den 
Nutzen von häufigem Wechsel von Nahrung, Luft, Bebandlungsart und 
Milieu, wenn ein hartnäckiges Stationärwerden eingetreten ist. 

Amrein, Arosa. 


110. H. Schneider, Die Salzbrunner Kronenquelle in der Therapie 
der Nieren- und Blasenleiden. Zschr. f. Bulneol. 9. 1916 
Nr. 9/10. | 
Die Salzbrunner Kronenquelle, deren Indikationsgebiet die Nieren- und 

Blasenleiden, die Katarrhe der Atmungs- und Verdauungsorgane, Asthma, 

harnsauere Diathese, Gicht, Diabetes mellitus u. a. darstellen, eignet sich 

auch bei den Nierenkomplikationen der Lungenphthisiker als 

Behandlungsmittel. Verf. verordnete die Kronenquelle bei dem Kranken- 

material der Weicker’schen Heilanstalten iu Görbersdorf und erzielte 

erfreuliche Erfolge. Bei den meisten Fällen war auf den Gebrauch der 

Kronenquelle eine Abnahme, bezw. völliges Verschwinden der pathologi- 

schen Harnbestandteile festzustellen. Die geformten Nierenelemente waren 

oft schon nach einigen Wochen nicht mehr zu finden, die Epithelien und 

Leukozyten hatten sich vermindert, das Eiweiss war gleichfalls beseitigt 

oder bis auf Spuren zurückgegangen. Aus den mitgeteilten Krankenge- 

schichten geht hervor, dass in Fällen von Nierentuberkulose die 

Tuberkelbazillen aus dem Urin verschwanden, auch die sonstigen krank- 

haften Erscheinungen im Urin sich verminderten und das Allgemeinbefinden 

sich besserte.e Ein lungenphthisischer Patient mit Darmtuberkulose und 

Amyloidniere erzielte Normalwerden von Urin und Stuhlgang nach fünf- 

wöchiger Trinkkur. Die Kronenquelle ist ein alkalischer Säuerling, der 

sich durch hohen Gehalt an Erdalkalien auszeichnet. Besonders reich ist 
er an Kalziumhydrokarbonat, wovon er 0,68 g im Liter enthält. 
Wilhelm Neumann, z. Z. Baden-Baden. 


— — — — —— —— 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 63 


Ill. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


1. Küpferle und Lilienfeld, Grundlagen therapeutischer Anwendung 
von Röntgenstrahlen. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. de la Camp- 
Freiburg. Verlag von Speyer und Kaerner, Freibury i. Br. 64 S. 


Die gemeinsame Arbeit eines Arztes und eines Physikers liegt vor uns. Ihr 
Zweck war dıe Dosierung der Röntgenstrahlen, vor allem um die Tiefentherapie 
auf sicherere Grundlage zu stellen und die verwandte Strahlung genau physikalisch 
zu charakterisıeren. — In diesen Dingen waren wir bisher noch sehr ungenau 
unterrichtet. Wir konnten uns noch keinen rechten Begriff davon machen, welche 
Energien bei Gebrauch von Röntgenstrahlen grosser Härte vom Gewebe aufge. 
nommen werden. Zur Messung der Halbwertschicht der härtesten Reststrahlung 
bedienten Verff. sich der lonisativonsmethode und fanden, dass die von einer dünnen 
Schicht eines Gewebes aufgenommene Strahlenenerg'ıe der am Eintrittsquerschnitt 
der Strahlen in das Gewebe iontometrisch mit Hilfe der Luftionisation gemessenen 
Intensität, unabhängig von der Härte der Strahlung, direkt proportionel ist. — 
Es muss mit homogener Strahlung von konstanter Intensität gearbeitet werden, 
die möglichst intensiv zu wählen und deren Härte der Radiosensibilität des zu 
bestrahlenden Gewebes und dessen Lage in der Körpertiefe anzupassen ist. — 

Die Messmethoden von Kienböck und Sabouraud sind ungenau. — 

Es kommen die Messungen bei Induktor- und Gleichrichterbetrieb zur Er- 
örterung. 

Nur die Lilienfeldröhre gewährleistet eine absolute Konstanz des Betriebes. 
Es lässt sich mit ıhr eine homogene, extrem harte Röntgenstrahlung grösster 
Intensität herstellen. Es kann eine Reststrahlung bis zu 12 mm Halbwertschicht 
bei äusserst geringer Filterung (1,5 mm Aluminium) erzeugt werden. — 

Das Konstruktionsprinzip der Lilienfeldröhre wird im Anlıang beschrieben. 
— Die Beobachtungen und Untersuchungen der Verfasser bedeuten sicher einen 
grossen Fortschritt in der Röntgentherapie und verdienen alle Beachtung. 

Schröder, Schömberg. 


2. O. Bernhard-St. Moritz, Sonnenlichtbehandlung in der Chirurgie. 
Neue deutsche Chirurgie Bd. 23. 256 S. mit 118 Abb. Verlag von F, Enke 
in Stuttgart 1917. Preis 14.— Mk. 

Der Verf. gehört zu den Begründern der modernen Heliotherapie im Hoch- 
gebirge.. — Wir verdanken ihm eine grosse Reihe wertvoller Beobachtungen, 
welche die uralte Sonnenlichtbebandlung wissenschaftlich stützen und ausbauen 
heifen. Er war also berufen das Thema zu bearbeiten. 

Nach einer eingehenden historischen Einleitung über die Sonnenlichtbehand- 
lung bespricht er dıe physikalischen kirenschaften des Sonnenlichtes und seine 
biologische Wirkung auf Pflanzen und Bakterien, Tiere und Menschen. Es werden 
hier besonders die Ergebnisse der Forschung aus den letzten Jahrzchuten ein- 
gehend und kritisch behandelt. — 

Zusammenfassend kennzeichnet er die Lichtwirkung auf den Menschen kurz 
in folgenden Sätzen: Die Blutbildung wird begünstigt, das Zentralnervensystem 
und die Psyche werden angeregt, der eintretenden Pıxmentierung spricht er nicht 
nur neuen Schutz gegen zu starke Bestrahlung zu, sondern erblickt darin auch 
eine Begünstigung der Tiefenwirkung des Lichtes. Er bekennt sich zu der Theorie, 
dass Abbauprodukte des Pigments in die Säfte und den Blutkreislauf übergehen und 
auf die kıanken Organe günstig einwirken können. — Durch Vermittlung des 
Blutes und der Abbauprodukte des Pigments, des Melanins, wird die Lichtwirkung 
tiefer gelegenen Organen zugeführt. — Photokatalysatoren können die Lichtwir- 
kung steigern. Ibr bekanntester Vertreter ist das Hämatoporphyrın. — Auf 
diesen Erkenntnissen baut sich die Lichttherapie auf, die in ihren verschiedenen 


64 | Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


Formen, auch unter Zuhilfenahme künstlicher Lichtquellen erörtert wird. — Die 
Sonnenlichtbehandlung kann nach Verf. am erfolgreichsten im Hochgebirge durch- 
geführt werden. Sie wird im günstigsten Sinne unterstützt von den allgemeinen 
Wirkungen des Hochgebirges auf den Menschen; die Eigenschaften dieser Wir- 
kungen kommen zur Besprechung. — 

Im speziellen Teil des Werkes behandelt der Autor die Indikationen für 
die Sonnenlichtbehandlung in der Chirurgie und Dermatologie (Wunden, Akne, 
Psoriasis u. a.), die Technik der Anwendung und die Ergebnisse dieser Therapie. 
Einen sehr breiten Abschnitt nimmt hier die Tuberkulose ein. Gerade auf diesem 
Gebiete verfügt der Verf. über grosse eigene Erfahrungen. — Vereinigung von 
Sonnen- und allgemeiner klimatischer Behandlung, unterstützt durch orthopädische 
Massnahmen und operative Eingriffe nach strengsten Indikationen, ergab glänzende 
Heilungsergebnisse, die er an einer grossen Reihe von Fällen verschiedenster 
Formen äusserer Tuberkulose auch bildlich schildert. — Verf. stellt Normalien 
für die Einrichtung von Sonnenkuranstalten auf; er fordert Volksheilstätten für 
chirurgisch Tuberkulöse. Er fordert weiter physiologische Institute im Gebirge 
zur Eıforschung der Lichtwirkung auf den Menschen. 

Es ist erklärlich, dass er gemäss seinem Arbeitsort die im Hochgebirge 
erzielten Ergebnisse der Lichtbehandlung wesentlich höher einschätzt, als wie sie 
in tiefer gelegenen Plätzen erreicht werden können, obwohl er die Möglichkeit 
einer Lichtbehandlung auch dort zugibt. Eine Reihe von Autoren, die über eigene 
Erfahrungen verfügen, ist anderer Ansicht. Es liegen bereits Veröffentlichungen 
vor, die über sehr gute Kurerfolge mit Lichtbehandlung an tiefer gelegenen 
Plätzen berichten. Diese Ansichten kommen bei B. nicht zur genügenden Wür- 
digung. An der Dosierung der Strahlentherapie ist noch viel zu arbeiten. Es 
wird Kranke geben, denen geringere Reize dienlicher sind, als sie im Hochgebirge 
gegeben werden. — . 

Das Buch bietet aber trotzdem sehr viel. Jeder Arzt wird von seinem 
Studium befriedigt sein, weil nus ihm ein Praktiker mit grosser eigener Erfahrung 
spricht. — Eine Reihe von Röntgenbildern und ein reichhaltiges Literaturver- 
zeichnis beschliessen das Werk. Schröder, Schömberg. 


2. Schnirer, Taschenbuch der Therapie. C. Kabitzsch, Verlag, 1918. 
Das Büchlein ist trotz des Krieges in etwas grösserem Umfange als im Vor- 
jahre erschienen und kann seiner geschickten Zusammenstellung und seines 
durcbaus brauchbaren Inhaltes wegen weiter warm empfohlen werden. Es wird in 
mancherlei Fragen, besonders für den Praktiker, ein guter therapeutischer Rat- 
geber bleiben.. Schröder. 


3. „Die Schwester“. Monatsschrift für die Berufsfortbildung aut! dem ge- 
`  samten Gebiete der Krankenpflege. Herausgegeben von P. Mollenhauer und 
Elsa Hilliger. Verlag Julius Springer, Berlin. Preis vierteljährl, 1.50 Mk. 
Diese neue Zeitschrift hat sich zur Aufgabe gestellt, ausschliesslich die be- 
rufliche Fortbildung unserer Schwestern za pflegen. Sie entspricht entschieden 
einem Bedürfnis, da die bereits vorhandenen Zeitschriften für Schwestern mehr 
religiösen, organisatorischen oder sozialen Zwecken dienen. Das neue Blatt ver- 
fügt über einen Stab tüchtiger Mitarbeiter. Das vorliegende 1. Heft zeigt durch 
seinen reichhaltigen Inhalt, dass die Zeitschrift imstande sein wird, die. beruflich 
tätigen Schwestern und Krankenpflegerinnen auf allen Gebieten der Kranken- und 
Wohlfahrtspflege weiter zu bilden. Es kann auch den Tuberkulose-Ärzten emp- 
fohlen werden, das Blatt ihren Schwestern zugänglich zu machen. Schröder. 


Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ð. Professor an der Universität 
F a Direktor d. medizinischen 


Dr. Ludolph Brauer 
Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 








Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 





Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
Redaktion: Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 

Dirig. Arzt der Nowa Heilanstalt für Lungenkranke Würzburg. 

Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. Ludwigstrasse 2:3?/,. 

12. Jahrg. Ausgegeben am 31. März 1918. Nr. 3. 
Inhalt. 
Autorenverzeichnis. 
iDie Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 
Alfaro. A. 98. : v. Hayek, H. 88. Lange, K. W. 75. iSakheim, J. 73. 
Barbosa 82. Helms, O. 82. Lermoyez, M. 75. ıSehaeht, Fr. 95 
Bardales 96. , Herford 88. Liebemann, E. 90. Schein 79. 
Benischke 81. | Heusner, H. L. 80. Lorenz 75. | Scheller, R. 91. 
Bergman, K. 79. ı Hirschfeld, H. 91. Loewy, A. 92. Schloss 70. 
Bierhaus, D. 69. Hoeflmayr 91. Maixner, E. 83, Schmitz. E. F. 92. 
Böttner, A. 9. ' olitsch, R 74. May, W. 89, Schnaudigel 79. 
Burgerstein, L. 89. | Johansson, J. B. 84. Morestin 80. Schok 76. 
Curschmann 81. | Johansson, 8. 80. Much 95. Schönfeld 81. 
Dörfler 84, Kajava, Y. 72. Müller 69. Schulz 69. 
Engelmann 73. Kaulen 92. Müller, W. 77, 89. Sieveking, H. 72. 
Feldt 78. Kemsies 88, 89. ' Münzer, E. 77. 'Simon 76. 
Fischer J. 9. Keutzler, J. 84. v. Noorden, C. 94. Strandgaard, J. 82. 
Fitschen 71. Knorr 71. Petersen, J. 82. Stühmer, A. 98. 
Fuld 93, Koch, H. 78. Pettersson 73. Tar, A. 74, 
Ghon, A. 67. Koopmann, J. 73. Pfannenstill, S. A. 81. | Thomson. St. Clair 95. 
Grau 7). Korányi, A. 83. Pfeiffer, W. 80. Wall, 8. 67. 
Grumme %, Kronberger, H. 73. Pick, G. 8. Warner, Ch. 80. 
Gyenes, E. 72. Kugler, E. 88. Reich, E. 90. Weihe, F. 74. 
Hallé, N. 70. Kulenkamp 92, Römer 95. Weinberg, F. 68. 
Hart 69. Ladek, E. 88, Roth, N. 78. ! Weissmann, R. 12. 
Wichmann, P. 7 
Referate, 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathel. Anatomie. 


111. Wall, Über die histologischen Ver- 
änderungen in der Lunge des Kindes bei se- 
kundärer Aspirationstuberkulose. — 112.Ghon, 
Der primäre Lungenherd bei Tuberkulose der 
Erwachsenen. — 118. Weinberg, Lympho- 
granuloma tuberculosum. — 114. Müller, 
Untersuchungen über das tuberkulöse Lym- 
phom, mit besonderer Berücksichtigung der 
spezifischen Diagnostik und Therapie, sowie der 
‘geteilten Tuberkulininjektion. — 115. Schulz, 
Untersuchungen über den Wassergehalt des 
Blutes bei tuberkulösen Kindern des 1. und 
2. Lebensjahres. — 116. Bierhaus, Die Ana- 
logien zwischen tuberkulöser und sympatbischer 
Ophthalmie. — 117. Hart, Zur Frage der 
mechanischen Disposition der Lungenspitzen 
zur tuberkulösen Phtbise. — 118. Halle, Les | Häufigkeit der 


Internat. Ceontralbl. f. Tuberkulose-Forsebung. 12. 


kulose, 


conditions de curabilité de la tuberculose rénale 
chronique. — 119. Grau, 
Wirkung der ultravioletten Strahlen bei Tuber- 


Zur Theorie der 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


120. Schloss, Über Tuberkulose. — 121. 
Knorr, Beiträge zur primären Zahnfleisch- 
tuberkulose nnd zu den Infektionswegen der 
Halsdrüsentuberkulose. 
Zur Untersuchung des Auswurfs auf Tuberkel- 
bazillen. — 128. Fitschen, Körner in nach 
Ziehl gefärbten Tuberkelbazillen. 
java und Therman, Die Lungenschwind- 
sucht bei der Bevölkerung der Papierfabriken 
Kymmene, Kuusankoski und Woikka 1914. — 
125. Gyenes und Weissmann, 
(inaktiven) Tuberkulose — 


— 122. Fitschen, 


— 124. Ka- 


Über die 


5 


66 Inhalt. 


128. Bieveking, Die Tuberkulosesterblich- 
keit der Hamburger Kinder bis zum vollendeten 
15. Lebensjahr im Zeitraum von 1896—1915. 


c) Diagnose und Prognose. 


127. Koopmann, Prinzip der Gram’schen 
Färbung als Grundlage einer prognostisch all- 
gemein verwertbaren Urinprobe — Kron- 
berger, Zur Jod-Gentianaviolettreaktion des 
Harnes. — 128. Engelmann, Über die Lei- 
stungsfähigkeit und Grenzen dor Anreicherungs- 
methoden für den Nachweis der Tuberkel- 
bazillen im Auswurf. — 129. Pettersson, 
Zur Frage der quantitativen Tuberkelbazillen 
im Sputum. — 130. Sakheim, Über den 
auskultatorischen Lungenbefund bei Anwendung 
einer bestimmten Art des Atmens. — 131. Tar, 
Diagnostische Bedeutung der passiven Lungen- 
verschieblichkeit. — 132. Holitsch, Röntgen- 
befunde an tuberkulin-negativen Erwachsenen. 
— 1383, Weihe, Die interlobäre Pleuritis im 
Kindesalter und ihr röntgenologischer Nach- 
weis. — 134. Lorenz, Erkeunung der Koxitis 
im Kindesalter. —- 135. Lange, Untersuchungen 
über die okkulten Blutungen aus dem Ver- 
dauungskanal bei Kranken mit Lungentuber- 
kulose. — 136. Lermoyez, Le diagnostic de 
l'’otorrhee tuberculeuse. — 137. Simon, Zur 
Prognose der offenen Kindertuberkulose. 


d) Therapie. 


138-143. Wichmann, Schok, Münzer, 
Müller, Roth, H. Koch, Spezifische The- 
rapie, Tuberkuline (Methoden Ponndorf, Phi- 
lippi, Deycke-Much, Beranek). — 144—146. 
Feldt, Schnaudigel, Neues Goldpräparat. 
— 147-150. Schein, Bergman, Warner, 
Heusner, Lichtbehandlung. — 151. Pfeiffer, 
Fistelbehandlung durch Vaselin-Einspritzungen 
nebst Beobachtungen über die Beck’sche Wis- 
mutpaste. — 152. Jobansson, Behandlung 
der tuberkulösen Spondylitis mit besonderer 
Berücksichtigung der Albee'schen Operation. — 
153. Morestin, De l'emploi du formo? dans les 
osteo-arthrites tuberculeuses. — 154. Schön- 
feld und Benischke, Köntgentherapie der 
tuberkulösen Halslymphome. — 155. Pfannen- 
still, Behandlung der Larynxtuberkulose 
mittelst NaJ und Natriumhypochlorit. — 156. 
Cursehmann, Über Grundlagen und Indi- 
kationen der Kalziumtherapie. 


e) Prophylaxe. 


157. Barbosa, Praktische Vorbeugung 
bei Tuberkulose. 


f) Hellstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heime. 


158. Petersen, Jahresbericht des Krab- 
besholm Sanatoriums (Dänemark) 1916—1917. — 
159. Strandgaard, Jahresbericht des Boserup 
Sanatoriums (Kopenhagen) 1916. — 160. Helms, 


3 Monate im Sanatorium! — 161. Ladek, Zur 
Heilstättenfrage bei chirurgiseher Tuberkulose. 
— 162. Korányi, Das System dər Tuberku- 
losebekämpfung. — 163. Maixner, Isolier- 
stätten für Tuberkulöse. — 164. Johansson, 
Über die Verpflegungsetats der Tuberkulose- 
krankenhäuser. — 165. Dörfler, Tuberkulose- 
türsorge auf dem Lande. — 166. Keutzler, 
Die Rolle der Fürsorgestellen im Kampfe gegen 
die Tuberkulose. — 167. Pick, Bekämpfung 
der Tuberkulose in Stadt und Bezirk Aussig. 
— 168. Kugler, Zur Organisation der Tuber- 
kulose-Fürsorge. — 169. v. Hayek, Zur Tech- 
nik des sozialen Kampfes gegen die Tuberku- 
lose, mit besonderer Berüeksichtigung der 
Verhältnisse in Österreich. 


8) Allgemeines und Grenzgebiete. 


170. Herford, Wege unserer heutigen 
Tuberkulosebekämpfung. — 171.172. Koemsies, 
Ein neuer Tuberkulosefilm. — 173. Burger- 
stein, Die Schule für ansteckende tuberku- 
löse Kinder in Frederiksberg. — 174. May, 
Uber Tuberkulose im Säuglings- und Kindes- 
alter. — 175. Müller-Sternberg, Götzl, 
Die Errichtung von selbständigen Universitäts- 
kliniken und Lehrstühlen für das Tuberkulose- 
fach. — 176. Reich, Ein Apparat zur Biut- 
entnahme bei Meerschweinchen. — 177. Liebe- 
mann, Zur Methodik der Hämoglobinbestim- 
mung. — 178. Hoeflmayr, Brief aus Bayern. 
— 179. Hirschfeld, Zur makroskopischen 
Diagnose der Leukozytose und der Leukämie 
im Blute. Die makroskopische Oxydaserrak- 
tion. — 180. Scheller, Influenza oder Grippe? 
— 181. Kaulen, Einfluss des Flierens auf 
das Blutbild bei Meuschen, Kaninchen und 
Mäusen. — 182. Schmitz, Die Verwandlungs- 
fähigkeit der Bakterien, Experimentelles und 
Kritisches mit besonderer Berücksichtigung der 
Diphtheriebazillengruppe. — 183. Kulenkamp, 
Brief aus Kurland. — 184. Loewy, Uber den 
Stoffwechsel im Wüstenklima. — 185. Stüh- 
mer, Beitrag zur Behandlung der Pneumonie 
mit Optochin. — 186. Fuld, Zur Behandlung 
der kruppösen Pneumonie. — 187. Grumme- 
Fohrde, Über -die Geführliehkeit der inner- 
lichen Joddarreichung bei Quecksilberanwen- 
dung am Auge. — 188. Böttner, Über den 
Einfluss der Kriegskost auf die Salzsäure- 
sekretion des Magens bei magengesunden 
Menschen, — 189. v. Noorden und Ilse 
Fischer, Über Getreidekeimlinge als Volks- 
nahrungsmittel und Nährpräparat. — 1%, 
Schacht, Die Sicherstellung der Volksver- 
mehrung — 191. Much, Paul Römer. — 102, 
St. Clair Thomson, Shakespeare's refe- 
rences to consumption, climate, and fresh air. 
— 193. Bardales, Einleitung zu meinen 
Untersuchungen über die Tuberkulose und das 
Klima von Jauja (Peru). Einfluss des Klimas 
auf die Tuberkelbazillen. — 194. Alfaro, 
Bekämpfung der Tnberkulose in Argentinien. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 67 


Referate. 





a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


111. Sven Wall, Über die histologischen Veränderungen in der 
Lunge des Kindes’ bei sekundärer Aspirationstuberkulose. 
Inaug.-Diss. Dresden 1917. 

Die an 51 Kinderlungen ausgeführten Untersuchungen berücksichtigen 
nur die Veränderungen, die durch Aspiration von tuberkulösen Produkten 
verursacht werden. Verf. unterscheidet unter diesen Veränderungen Bron- 
chiolus-, Peribronchiolus-, Infundibulum- und Lobulus- 
tuberkulose. Die Bronchiolustuberkulose teilt er weiter ein in 
A. käsige Bronchiolitis, mit den Formen der deszendenten (distal- 
wärts wandernden) käsigen Bronchiolitis, welche durch Aspiration erweichter, 
käsiger Massen verursacht wird, und der aszendenten (proximalwärts wan- 
dernden) käsigen Bronchiolitis, welche immer durch eine tuberkulöse, 
käsige Infundibulitis entsteht, B. bronchiale Parietaltuberkulose, 
bei welcher es sich um spezifische Veränderungen in der Wand des Bron- 
chiolus oder der Alveolengänge handelt. Unter Peribronchiolus- 
tuberkulose versteht Verf. die tuberkulösen Veränderungen in den 
dem Bronchiolus oder den Alveolengängen zugehörigen Alveolen. Auch 
diese kommt in zwei Formen vor, nämlich als käsige Peribronchio- 
litis und als peribronchiale Parietaltuberkulose. Infundi- 
bulumtuberkulose bedeutet die tuberkulösen Veränderungen in den 
Infundibulis; sie ist hauptsächlich eine Alveolentuberkulose, aber eine 
infundibuläre Alveolentuberkuloge. Auch hier wieder unterscheidet Verf. 
zwei Formen: die käsige Infundibulitis und die infundibuläre 
Parietaltuberkulose Die Lobulustuberkulose endlich zer- 
fällt in käsige Lobulärpneumonie und lobuläre Interstitial- 
tuberkulose, 

Mehr als diese knappe Einteilung kann im Referat nicht gegeben 
werden; es würde sonst bei der sehr umfangreichen, gründlichen patho- 
logisch-anatomischen Arbeit den verfügbaren Raum weit überschreiten. 
Der Arbeit vorangestellt ist eine ausführliche Literaturzusammenstellung, 
sowie eine Beschreibung der Technik der Schnitte und Färbungon, 

“C. Kraemer IlI. 


112. A. Ghon, Der primäre Lungenherd bei Tuberkulose der 

Erwachsenen. Österr. Tub.-Fürs.-Bl. (Ärztl. Beil.) 1917 Nr. 5. 

Bei der Sektion von Kindertuberkulose gelingt es fast immer, den 
primären Lungenherd zu finden und dabei findet man, dass er gesetz- 
mässige Beziehungen zu den Veränderungen der Lymphknoten seines 
lymphogenen Abflussgebietes zeigt. Die charakteristischen Veränderungen 
der regionären Lymphknoten sind mit dem primären Lungenherd oft die 
einzigen tuberkulösen Veränderungen, die bei der Sektion gefunden werden. 
Solche Prozesse bei Erwachsenen als Reste juveniler Tuberkuloseinfektion 
sieht der pathologische Anatom oft. Es kann aber auch sein, dass der 
primäre Lungenherd obsolet wird, während die sekundär veränderten 
regionären Lymphknoten noch progrediente tuberkulöse Veränderungen 


5’ 


68 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


aufweisen, die sich in das Iymphogene Abflussgebiet mehr oder weniger 
weit vorschieben, ohne dass sonst in den Organen tuberkulöse Verände- 
rungen oder Reste solcher vorgefunden werden. Ein häufiger Weg der 
Ausbreitung bei der Kindertuberkulose, der auch bei der Tuberkulose der 
Erwachsenen manchmal noch gut kenntlich ist, ist der. Weg vom primären 
Lungenherd über die regionären Lymphknoten und das lymphogene pul- 
monale Abflussgebiet in den venösen Kreislauf und wieder zurück zu 
den Lungen (endogenes Iymphoglanduläres Rezidiv),. Eine exogene Re- 
infektion wird ziemlich allgemein angenommen; diese ist aber nach An- 
sicht des Verf. erst berechtigt, wenn für die endogene Reinfektion keine 
Anhaltspunkte bestehen. Klinisch ist man da auf Vermutungen ange- 
wiesen, pathologisch-anatomisch ist dies aber in vielen Fällen nachweisbar. 
Je eingehender gesucht wird, um so öfter werden bei Tuberkulose der 
Erwachsenen Veränderungen vorgefunden, welche dem primären Lungen- 
herd bei Kindern entsprechen. Die Infektion mit dem Virus muss nicht 
notwendigerweise im Kindesalter erfolgt sein, wiewohl dies am öftesten 
der Fall ist; doch handelt es sich auch bei der Infektion nach der 
Pubertät — eine primäre Lungeninfektion vorausgesetzt — nicht um 
einen prinzipiell ganz anderen Modus der Infektion. Die Seltenheit der 
Befunde der Spätinfektion liegt darin, dass sie eben ungldieh seltener 
vorkommen als die Infektion im Kindesalter. 

Die Arbeit ist mit sehr instruktiven Beispielen von Sektionsbefunden 
belegt. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


113. F. Weinberg, Lymphogranuloma tuberculosum. Zschr. f. 
klin. M. 85. 1917 Nr. 1/2 §. 99. 


Auf Grund von 12 eigenen Beobachtungen von Lymphogranuloma- 
tose entwirft W. ein klinisches Bild dieser Krankheit, welches auch obne 
Zuhilfenahme der anatomischen Diagnose die Erkennung dieser nicht so 
ganz seltenen Krankheit ermöglicht. Im Vordergrund stehen natürlich 
die Lymphdrüsenschwellungen, die besonders am Halse oft sehr beträcht- 
lich sind; sie fehlten nur in einem Falle W.’s gänzlich. Weiter sind 
häufig Leber- und Milzvergrösserung, Hauterscheinungen (Hautjucken, Pig- 
mentierungen, auch ikterische Verfärbung), Fieber, vielfach mit Schüttel- 
frösten, positive Diazoreaktion, Durchfälle, sowie Verminderung der täy- 
lichen Harnmenge. Die Blutuntersuchung ergab nicht selten Leukozytose, 
manchmal in beträchtlichem Masse, insbesondere zu Fieberzeiten. Auch 
das pathologisch-anatomische Bild ist charakteristisch, namentlich durch 
die Drüsenschwellungen, das gesprenkelte Ausgeben der Milz (Porphyr- 
milz) und durch den bekannten histologischen Befund (vor allem die 
Sternberg’schen Zellen und Riesenzellen). Was nun die Krankheits- 
ursache betrifft, so gelang es W., die Streitfrage über die tuberkulöse 
Natur der Lymphogranulomatose dadurch zu erledigen, dass er aus einem 
reinen Fall von Lymphogranulom den Tuberkelbazillus zu züchten ver- 
mochte. In anderen Fällen wurden Much’sche Granula gefunden; in 
wieder anderen war histologische Lymphdgranulomatose mit Tuberkulose 
vergesellschaftet. Nur 1 Fall (von den untersuchten) fiel völlig negativ 
aus. Das Kulturverfahren gelang in 2 Fällen und ergab jedesmal den 
Typus humanus. „Das Lymphogranulom ist also nichts anderes, als eine 
eigenartige Tuberkulose.“ ; C. Servaes. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 69 


111. Müller, Untersuchungen über das tuberkulöse Lymphom, 
mit besonderer Berücksichtigung der spezifischen Diagnostik 
und Therapie, sowie der geteilten Tuberkulininjektion. Zschr. 
f. Tub. Bd. 28 H.2. 


Verf., der zahlreiche Fälle von tuberkulösem Lympbom behandelt 
haı, gibt folgende anatomische Einteilung: 

das gutartige tuberkulöse Lymphogranulom, 

. das tuberkulöse Lymphofibrogranulom (partielle Fibrose), 

. das tuberkulöse Fibrolymphom (totale Fibrose), 

. das tuberkulöse eiterig-käsige Lymphom, 

. das tuberkulöse eitrig-käsige Lymphofibrogranulom. 

Für die Diagnostik leistet die Tuberkulinreaktion (nur die Herdreak- 
tion!) die besten Dienste; ebenso bewährt sich das Tuberkulin thera- 
peutisch. Verf. hat 'A.-T. verwendet, Ausserdem wurde die Röntgen- 
bestrahlung verwertet. Für die Exstirpation kommt eigentlich nur das 
Lymphofibrom in Frage. 

Weibrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


mom 


115. Schulz, Untersuchungen über den Wassergehalt des Blutes 
bei tuberkulösen Kindern des 1. und 2. Lebensjahres. Jb. 

J. Kinderhik. 85, 3. Folge 35. Bd., 1917. 

Die Untersuchungen, die an 12 tuberkulösen Säuglingen vorgenommen 
wurden, ergaben, dass sich keine Beziehungen zwischen Steigerung des 
Blutwassergehaltes und Ausbreitung der Tuberkuloseinfektion beobachten 
lassen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tuberku- 
loseinfektion an sich eine Wasseranreicherung des Körpers hervorruft. 

M. Türk, Frankfurt a. M. 


:116. Dietrich Bierhaus, Die Analogien zwischen tuberkulöser 
und sympathischer Ophthalmie. Inaug.-Diss. Rostock 1917. 


Aus einer ziemlich umfassenden Literaturzusammenstellung geht her- 
vor, dass die Ähnlichkeit der lokalen Erkrankungen eine recht grosse 
ist. Beachtenswert ist die auffallend günstige Einwirkung des Tuberku- 
lins auf den Verlauf der sympathischen Ophthalmie; nach Bernheimer 
ist diese Wirkung so zu erklären, dass durch das Tuberkulin eine ver- 
mehrte Phagozytose ausgelöst würde. Peters sagt: „Für den Fall, dass 
wir es mit einem Erreger überhaupt zu tun haben, steht er in seinen 
biologischen Eigenschaften dem Tuberkelbazillus wohl ziemlich nahe“. 

C. Kraemer II. 


117. Hart, Zur Frage der mechanischen Disposition der Lungen- 
spitzen zur tuberkulösen Phthise. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 1. 


Bei der Sektion eines 43jährigen Mannes fand sich ein Aorten- 
aneurysma, das beide Lungenspitzen komprimierte. In beiden Spitzen 
fanden sich frische tuberkulöse Herde von ausgesprochen progredientem 
Charakter. Die Kompression der Spitzen bildete die günstigen Bedin- 
gungen für die Ansiedelung der Tuberkelbazillen. Trotz der venösen 
Stauung in den Spitzen, bedingt durch den Druck des Aneurysmas, kam 
es zur Ansiedelung von Tuberkelbazillen, ein Beweis für die Wichtigkeit 


70 Ätiologie und Verbreitung. 


der mechanischen Momente für die Disposition der Lungenspitzen zur 
Tuberkulose. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


118. Noël Hallé, Les conditions de curabilité de la tuberculose 
rénale chronique. La Presse médicale, 18. März 1917. 


Die Pathologie der Nierentuberkulose lässt ia allen Stadien spontane 
Heilungsvorgänge erkennen, von der einfachen Einkapselung des tuberku- 
lösen Herdes bis zu seinem vollständigen Verschwinden und Persistieren 
als fibröses oder verkalktes Knötchen; vom Abschluss einer Kaverne bis 
zu ihrer vollständigen Obliteration, bewiesen durch schrumpfende und 
narbige Vorgänge in den Nierenpolen. Diese Heilungsvorgänge sind als 
sicher erwiesen bei der geschlossenen Form der chronisch parenchymatösen 
Tuberkulose; bei der offenen tuberkulösen Pyelitis ist eine Spontanheilung 
möglich, jedoch sehr selten. Kautz, Hamburg. 


119. Grau, Zur Theorie der Wirkung der ultravioletten Strahien 
bei Tuberkulose. M. m. W. 64. 1917 S. 1555—1557. 


Die Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne kann eine direkte Reiz- 
wirkung auf den tuberkulösen Herd, offenbar auf dem Wege des Kreis- 
Jaufs, ausüben. Dabei entstehen Herdreaktionen und Veränderungen im 
Immunitätszustande des Körpers. Eine spezifische Wirkung im strengen 
Sinne ist damit für die Strahlen nicht behauptet. Nach den Erfahrungen 
mit der Allgemeinbestrahlung bei anderweitigen Eiterungen ist sie jeden- 
falls nicht wahrscheinlich. Doch scheint erwiesen zu sein, dass eine be- 
sondere Affinität der Strahlen zu dem tuberkulösen Herde vorliegt. Jeden- 
falle: mag auch bei der Behandlung äusserer Tuberkulosen die Wärme- 
hyperämie eine Rolle spielen, so macht sie doch nicht die eigentliche 
Wirkung aus, die auf anderem Gebiete liegt. Bredow, Ronsdorf. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


120. Schloss, Über Tuberkulose. B. kl. W. 1917 Nr. 48 u. 49. 


Der grösste Teil aller Menschen jst zur Pubertätszeit mit Tuberkulose 
infiziert. Die Annahme, dass die Zahl der Infizierten mit dem Lebens- 
alter zunähme, wird zweifelhaft durch die Beobachtungen, die Verf. an 
14 Kindern (Säuglingen) gemacht hat, die durch eine tuberkulöse Pflegerin 
infiziert waren. Alle Kinder gaben positive Pirquetsche oder Intrakutan- 
reaktion. Dabei war die Stärke der Reaktion ausserordentlich verschieden. 
Bei nicht ganz genauer Prüfung kann eine solche Reaktion leicht über- 
sehen werden, es ist also die Möglichkeit gegeben, dass doch eine grössere 
Zahl von Säuglingen infiziert ist, als man früher annahm. Der Begriff 
der Disposition zur Tuberkuloseinfektion fällt für die Säuglinge zu- 
sammen mit dem Begriff der Exposition. Die Frage der Disposition zur 
Tuberkuloseerkrankung ist zum grossen Teil eine Frage der Kon- 
stitution. Verf. schildert sodann eine genaue Methodik der Pirquet’schen 
Impfung. Die Kutanreaktion erlaubt, gleichgültig, ob stark oder schwach, 
nur den Schluss, dass eine Tuberkuloseinfektion stattgefunden hat. Bei 
fast sämtlichen mit Tuberkulose infizierten Kindern ist zu irgend einer 
Zeit die Kutanreaktion positiv. Wird die Infektion überwunden und 





Ätiologie und Verbreitung. 71 


erfolgt kein neuer spezifischer Reiz, so geht die Kutanreaktion langsam 
zurück und erlischt völlig. Das dauernde Wegbleiben der Kutanreaktion 
kann ein Zeichen der Heilung des tuberkulösen Prozesses sein. Es be- 
stehen keine gesetzlichen Beziehungen zwischen dem Grad der Tuberkulin- 
empfindlichkeit und der Disposition zur Phthise. Wenn die Tuberkulin- 
reaktion eine Abwehrreaktion ist, so ist sie nicht ein Zeichen der Kampf- 
fähigkeit des Organismus, sondern des Kampfes selbst. Die Annahme, 
dass eine Kindheitsinfektion einen gewissen Schutz gegen eine spätere 
Erkrankung verleihe, erscheint nicht haltbar ?). 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


121. Ernst Knorr, Beiträge zur primären Zahnfleischtuberku- 
lose und zu den Infektionswegen der Halsdrüsentuberkulose, 
Inaug.-Diss. Breslau 1917. 


Verf, beschreibt 2 Fälle von klinisch primärer Zahnfleischtuberkulose 
mit sekundärer Infektion der regionären Halsdrüsen. Mit diesen zweien 
kommt die Gesamtzahl der beschriebenen Fälle in der Literatur erst 
auf 12; diese Lokalisation ist also sehr selten. Die Krankengeschichten 
der übrigen 10 Fälle sind ebenfalls genau angeführt. Der zweite vom 
Verf. angeführte Fall endete tödlich mit Meningitis tuberculosa, also 
wohl Miliartuberkulose (Ref. In klarer Weise war der Gang der In- 
fektion von der Peripherie zu den regionären Lymphdrūsen und in den 
Organismus zu verfolgen. Differentialdiagnostisch kommt in erster Linie 
in Betracht das Karzinom und die Lues; gegen beides spricht bei der 
Tuberkulose die miliare Knötchenaussaat. Die Therapie besteht am besten 
in der operativen Ausräumung des primären Herdes am Alveolarfortsatz, 
verbunden mit Ausräumung der erkrankten Halsdrüsen; für die Behand- 
lung letzterer wird die Röntgentherapie immer mehr mit der operativen 
erfolgreich konkurrieren. C. Kraemer II. 


122. Fitschen, Zur Untersuchung des Auswurfs auf Tuberkel- 
bazillen. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H.1. 

Der Kronberger’schen Methode der Tuberkelbazillenfärbung (Karbol- 
fuchsin bis zur Dampfbildung, Entfärben mit 15 %/oiger Salpetersäure und 
60°/oigem Alkohol, Nachfärbung mit alkoholischer Jodlösung) gebührt 
nach den Untersuchungen der Verfasserin kein Vorrang vor der Zieh]- 
Neelsen’schen Methode (Erwärmen des Präparates mit Karbolfuchsin 
bis zur Dampfbildüng etwa zwei Minuten, Entfärben mit 3°/oigem Salz- 
säure-Alkohol, dann Methylenblaunachfärbung). 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


123. Eleonore Fitschen, Körner in nach Ziehl gefärbten Tu- 
berkelbazillen. Zbl. f. Bakt. 80. 1917 Nr. 1/3 S. 29. 


Die Körner, die man manchmal in den nach Ziehl gefärbten Ba- 
zillenleibern findet, sind, wie Verf. nachweist, nicht etwa Sporen, sondern 
Kunstprodukte, die durch gewisse Behandlung der Präparate beim Färben 
entstehen. Durch ein bestimmtes Verfahren war Verf. jederzeit imstande, 


1) Über den Schluss der Arbeit „Schloss“ wurde versehentlich bereits im 
Heft 2 Bd. 12 berichtet. 


12 Ätiologie und Verbreitung. 


die Körner willkürlich hervorzubringen (insbesondere war hierzu nach 
der Entfärburg genügend ans Einwirkung von Wasser nötig). 
| c. Denver? 


124. Y. Kajava, Die aigensekwindsueht bei der Bevölkerung 
der Papierfabriken Kymmene, Kuusankoski und Woikka 
1914. Finska Läkaresällskarets Handlingar. 56. 1915. 


Einar Therman, Die Lungenschwindsucht bei der Ar- 
„ . beiterbevölkerung der Fabrikortschaften Kymmene, Kuusan- 

koski und Woikka. Finska Läkaresällskapets Handlingar 59. 

1917. 

Die Arbeiten sind die Ergebnisse zweier Unun über die 
Ausbreitung der Tuberkulose in obengenannten Ortschaften; die Unter- 
suchungen sind nacheinander in einer Zwischenzeit vou 5—10 Monaten 
angestellt. 

Kajava fand, dass von 8246 untersuchten Personen 286 — 2,89°/o 
schwindsüchtig waren. Von diesen 246 Personen untersuchte Therman 
von neuem 232 = 94,1°/o; davon waren 173 = 70,3°/o schwindsüchtig, 
dagegen 40 = 16,3°/o zweifelhaft. Bei nicht weniger als 19 Personen, 
meinte Therman, war Lungenschwindsucht nicht vorbanden. Er fand 
dagegen bei seiner Untersuchung 38 neue Fälle von Lungentuberkulose 
und 2 mit zweifelbafiem Lungenbefund, die sämtlich vorher als gesund 
gedeutet worden sind. Arvid Wallgren, Upsala. 


125. Erwin Gyenes und Richard Weissmann, Über die 
Häufigkeit der (inaktiven) Tuberkulose.. W. kl. W. 1918 

Nr. 3. 

Feststellung der Häufigkeit inaktiver Tuberkulose nach der von 
Hamburger ausgearbeiteten Methode der Stichreaktion. 

Es wurden 477 auf aktive Tuberkulose unverdächtige internkranke 
Soldaten im Alter von 18—50 Jahren untersucht. Das Resultat ergab 
467 Reagierende, und zwar schon 435 (= 93?°/o) auf die erste Injektion 
von 1 mg Alttuberkulin, dann in rasch fallender Kurve der Rest auf 
stärkere Dosen. 

Es waren. also 98°/o der Untersuchten bereits tuberkuloseinfiziert. 
Diese Methode erscheint absolut verlässlich, indem die 10 tuberkulin- 
negativen Leute nach eingetretener Infektionsgelegenheit ohne Ausnahme 
deutlich tuberkulinpositiv wurden. _ A.Baer, Sanatorium Wienerwald. 


126. Hermann Sieveking,. Die Tuberkulosesterblichkeit der 
Hamburger Kinder bis zum vollendeten 15. Lebensjahr im 
Zeitraum von 1896—1915. D. m. W. 1917 Nr. 40. 

Der erheblichen Abnahme der Tuberkulosesterblichkeit im ersten 
Lebensjahre steht eine verbältnismässig geringe in den späteren Lebens- 
jahren gegenüber. Die erhöhte Tuberkulosesterblichkeit des Kleinkinder- 
alters im Jahre 1915 ist wohl schon als eine Kriegserscheinung anzu- 
sprechen. C. Kraemer II. 


Diagnose und Prognose.. 73 


c) Diagnose und Prognose. 


127. J. Koopmann, Das Prinzip der Gram’schen Färbung als 
Grundlage einer prognostisch allgemein vonwertbaren Urin- 
probe. D. m. W. 1917. Nr. 43. 

H. Kronberger, Zur Jod- Gentianaviolettreaktion des 
Harnes. Ebenda; Erwiderung auf vorstehende Arbeit. 
Koopmann hält die Reaktion für ganz wertlos in prognostischer 

Hinsicht, da sie auf der Farbenmischung allein beruhe. Kronberger 

hält-an dem prognostischen Wert seiner Probe fest; er fand sie durchaus 


nicht in jedem dunkeln, konzentrierten Urin positiv (vrgl. das Referat im 
Zentralbl. XI, 8. | = C. Kraemer Il. 


128. Engelmann, Über die Leistungsfühigkeit und Grenzen der 
Anreicherungsmethoden für den Nachweis der Tuberkel- 
bazillen im Auswurf. D. m. W. 1918 Nr. 1. 


Ergebnisse: 1. Im frischen Ausstrichpräparat findet man bei richtiger 
Technik am schnellsten und sichersten auch vereinzelte Tuberkelbazillen. 

2. Von den Anreicherungsverfahren ist das beste das von Ditthorn 
und Schulz angegebene (Ausfällungsverfahren mit Eisenchloridlösung). 

Das Ausstrichpräparat gibt nur einen gewissen Anhaltspunkt für die 
absolute Bazillenzahl der Tagesmenge, für diesen Zweck sind die An- 
reicherungsmethoden unentbehrlich; im übrigen sind sie zur Kontrolle des 
Ausstrichpräparates von Wichtigkeit. C. Kraemer IL 


129. Fredrik Pettersson, Zur Frage der quantitativen Bestim- 
mung der Tuberkelbazillen im Sputum. Svenska Läkaresell- 
.. skapets Handlingar 43. 1917 H. 3. 


Um ein genaues Mass der Menge der Tuberkelbazillen im Sputum 
der Phthisiker zu erhalten, wurde folgende Methode von Pettersson 
geprüft. Der Auswurf wird in Antiformin aufgelöst. Nachdem die Sus- 
pension möglichst homogen gemacht worden ist, werden von derselben 
Proben genommen, mit passender Menge Essigsäure neutralisiert und ver- 
dünnt und mit einer Suspension versetzt, welche eine gewisse Anzahl von 
Leukozyten enthält. Nachdem diese Mischung homogenisiert ist, werden 
Tropfen davon genommen, auf Öbjektträger fixiert und nach, Ziehl- 
Neelsen gefärbt. Mit Berücksichtigung des Verbältnisses zwischen 
der Anzahl der im Präparat befindlichen Bazillen und ‘der der Leuko- 
zyten ist dann die Menge der ersteren zu berechnen. Nach den Ver- 
suchen, welche ausgeführt worden sind, mögen bazillenreiche Sputa zehn- 
fache Millionen per Kubikzentimeter enthalten, und auch in Sputa, welche 
ala bazillenarm gelten, mögen Hunderttausende von Bazillen per Kubik- 
zentimeter vorhanden sein. Arvid Wallgren, Upsala, . 


130. Jeanette Sakheim, Über den auskultatorischen Lungen- 
befund bei Anwendung einer bestimmten Art des Atmens, 
D. m. W. 1917 Nr. 49. 
Man lässt den Patienten bei offenem Munde in kurzen und stoss- 
weisen Atemzügen Luft holen. Dadurch ‚wird das Inspirium kürzer als 
sonst, das Exspirium und die Atempause lang. Vorteile: Das bronchiale 


74 Diagnose und Prognose. 


Atemgeräusch wird verschärft und zischender, das unbestimmte Atmen 
lauter und deutlicher, das amphorische hohler und höher. Die bronchiti- 
schen Geräusche werden verstärkt, die klingenden Rasselgeräusche er- 
scheinen, in allen Formen, besonders deutlich, das pleuritische Reiben 
wird vorteilhaft verstärkt; pleuritische Adhäsionen werden durch deut- 
liches Knarren auf der Höhe des Inspiriums bemerkt. — Es werden dann 
einige Beispiele angeführt, welche den Vorteil der Methode dartun sollen. 
(Neu ist die Methode nicht; an unserer Beobachtungsstation [Prof. Schlayer] 
wird sie z. B. seit langem geübt; man kann übrigens auch zu viel, nicht 
nur zu wenig auf den Lungen hören! [Ref.)). C. Kraemer II. 


131. Alois Tar, Diagnostische Bedeutung der passiven Lungen- 
verschieblichkeit. D. m. W. 1917 Nr. 51. 


Bei Bauchlage tritt eine passive Verschiebung der hinteren Lungen- 
grenzen ein, wobei dann die Exspirationsgrenze in Bauchlage etwa der 
Inspirationsgrenze in Stellung entspricht. — Anfangsprozesse, welche die 
aktiven Exkursionen noch nicht beeinflussen, setzen schon die passive 
Verschieblichkeit durch geringere Verminderung der Elastizität herab. 
Wichtig sind die Fälle des einseitigen Ausbleibens der passiven Ver- 
schiebung; sie deuten, besonders bei erhaltener aktiven Verschiebung in 
aufrechter Stellung, auf einen Infiltrationsherd. Das Verfahren bedeutet 
auch eine feinere Verwertung der aktiven Verschiebung; eine in auf- 
rechter Stellung kaum auffallende Hemmung zeigt sich in Bauchlage 
markant. C. Kraemer II. 


132. Rud. Holitsch, Röntgenbefunde an tuberkulin-negativen 
Erwachsenen. W. kl. W. 1918 Nr. 1. 


13 ständig tuberkulin-negative Soldaten (Injektionen von 0,1—100 mg 
Tuberkulin) wurden röntgenologisch untersucht. Von diesen hatten nur 4 
einen Befund, der vom Normalen nichts Abweichendes enthält. Alle 
anderen wiesen verschiedene Veränderungen auf, die man sonst als Sym- 
ptome von Lungentuberkulose anzusehen gewohnt ist: z. B. Differenz in 
der Abschattung oder Grösse der Apikalfelder, stark verdichtete Hilus- 
schatten, von denen auffalleud stärkere Stränge nach der Peripherie zogen, 
kalkhaltige Herde in denselben (sechsmal), Verwachsungen im Sinus pleuro- 
costalis usw. Aus diesen Befunden schliesst Verf., „dass die Lungenauf- 
nahmen bestimmt nichttuberkulöser Erwachsener fast in der Hälfte aller 
Fälle solche Veränderungen zeigen, welche man sonst als Symptome von 
(beginnender) Lungentuberkulose zu deuten gewohnt ist. Es können sogar 
mehrere solcher Veränderungen auf einem Bilde sichtbar sein, ohne dass 
Tuberkulose vorhanden ist.“ 

(Wirklich beweisend wären da wohl nur Obduktionsbefunde mit ge- 
nauester a Durchsuchung!) 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


133. F. Weihe, Die interlobäre Pleuritis im Kindesalter und 
ihr röntgenologischer Nachweis. Zschr. f. Kinderhlk. 13. 1915 
H. 112. 
Autor sah in zwei Jahren 8 Fälle von interlobärer Pleuritis. 
Das Krankheitsbild bietet grosse diagnostische Schwierigkeiten, da der 


Diagnose und Prognose. 75 


physikalische Lungenbefund meist sehr gering oder gänzlich negativ ist. 
Den Ausschlag gibt die Röntgenuntersuchung. Es findet sich im IV. Inter- 
kostalraum ein dem interlobären Spalt entsprechender bleistiftdicker 
Strang, der nach unten haarscharf begrenzt ist, und an den sich oben 
ein dreieckiger, nach der lateralen Thoraxwand ansteigender, weniger inten- 
siver Schatten anschliesst. Ätiologisch kommt neben Tuberkulose vor 
allem die Pneumonie in Frage. W. Schultz, Hamburg. 


134. Lorenz, Erkennung der Koxitis im Kindesalter. Zschr. f. 
ärzil. Fortbild. 1918 Nr.2. 


Die Koxitis ist in 95°/o der Fälle eine tuberkulöse. Das Initial- 
symptom ist eine allgemeine Einschränkung der Beweglichkeit durch 
Muskelspasmen in erster Linie nach der Seite der Abduktion. Bei der be- 
ginnenden Koxitis ist das kranke Bein fast immer das verlängerte; im 
späteren Stadium (Zerstörung) finden wir Verkürzung, Flexion, Adduktion 
und Aussenrollung. Die Schmerzen werden ausgelöst durch Zerrung der 
erkrankten Synovialis, nicht den Druck der erkrankten Gelenkkörper 
gegeneinander; beweisend dafür sind die Schmerzanfälle im tiefen Schlaf, 
wo der Muskelspasmus aufhört und durch kleinste Bewegungen eine 
schmerzhafte Zerrung der Synovialis eintritt. Der Schmerz bei beginnender 
Koxitis wird meist in die Leiste, die Innenseite des Oberschenkels oder 
Koniekehle verlegt. Gegen die nächtlichen Schmerzanfälle wirkt am besten 
eine feste Spica coxae, verstärkt dürch zwei feuchte Badeschwämme, die 
beim Austrocknen hart werden und als fixierende Schienen wirken. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde. 


135. K. W. Lange, Untersuchungen über die okkulten Blutungen 
aus dem Verdauungskanal bei Kranken mit Lungentuberku- 
lose. Ugeskrift for Læger 1917 Nr. 33. 


Bei 163 Kranken mit Lungentuberkulose wurden die Fäzes durch 
die Benzidinprobe (Wagner’s Modifikation) untersucht. Die Patienten 
waren während der Untersuchung auf fleischfreier Diät. Bei 30 war die 
Probe positiv, von diesen hatten 16 klinische Symptome einer Darm- 
tuberkulose. 

Bei 31 wurde die Darmtuberkulose bei der Sektion nachgewiesen; 
bei 16 von diesen war die Benzidinprobe positiv. Eine positive Reaktion 
spricht für die Gegenwart einer Darmtuberkulose, während eine negative 
eine solche nicht ausschliesst, weil die tuberkulösen Ulcera nur geringe 
Neigung zur Blutung haben. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


136. M. Lermoyez, Le diagnostic de l’otorrhee tuberculeuse. 
La Presse médicale, Juli 1917. 

Während die Klinik der Otitiden im allgemeinen nur eine Tuberku- 
lose annehmen lässt, kann die sichere Diagnose nur im Laboratorium ge- 
stellt werden. Zu den Wahrscheinlichkeitssymptomen gehören der schleichende 
Beginn der Erkrankung, die paradoxe, von Zeit zu Zeit auftretende Taub- 
heit, intermittierende Fazialisparese. Otoskopisch erkennt man bleiche, oft 
verhärtete Granulationen, die bisweilen zur Nekrose und Osteomyelitis 
des Felsenbeins führen. Kurettage, Kauterisation, Atzen mit Chbromsäure, 
überhaupt stark antiseptische Spülungen führen leicht zu einer bleibenden 


76 ~ Therapie, 


Fistelbildung, die ebenso wie die vorhergenannten, eine Tuberkulose wahr- 
scheinlich machenden Herderkrankungen, spontan, häufig sogar erst nach 
Aufhören jeglicher reizenden Behandlung ausheilen können. Die klinische 
Diagnose wird durch die mikroskopische und bakteriologische Untersuchung 
des Sekrets, durch operative Ergebnisse und den Tierversuch bestätigt. 
Auch der Ausgang der Tuberkulinreaktion kann direkt oder indirekt zur 
Sicherstellung der Diagnose herangezogen werden. Kautz, Hamburg. 


137. Simon, Zur Prognose der offenen Kindertuberkulose. Zschr. 

f. Tbe. Bd. 28 H.4. 

Offene Lungentuberkulose galt bisher bei Kindern als prognostisch 
völlig ungünstig. Auf Grund seines Materials teilt Verf. diese Ansicht 
nicht; er hatte nach 2 Jahren 71,80/o Todesfālle und 17,90/0 Besse- 
rungen. Wichtig für die Diagnose sind Ausbreityng und Form der 
Krankheit, Temperatur und Puls, Alter, Geschlecht, Konstitution und 
Komplikationen. Bei günstigem Verlaufe ist die erste Kur möglichst 
lange auszudehnen, am besten so lange, als die Infektiosität andauert. Von 
der spezifischen Therapie rät Verf. dringend ab, da er nur Verschlech- 
terungen davon gesehen hat!!! 

| Weihrauch, Hamburg. ..Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


d) Therapie. 


138. P. Wichmann, Die kutane Tuberkulinbehandlung nach 

Ponndorf. D. m. W. 1917 Nr.42. ° 

Die Ponndorf’sche Methode bedeutet einen Fortschritt in der Tu- 
. berkulosebehandlung. Die Ergebnisse mit dieser Methode sind besser als 
die der üblichen Injektionsmethode [die Beobachtungen stammen von 
Lupuskranken. (Ref.). Ein weiterer Vorteil gegenüber den sonstigen 
Tuberkulinanwendungen besteht darin, dass die Toxinwirkung des Tuber- 
kulins viel weniger in Erscheinung tritt. „Die Haut scheint wie ein Filter 
zu wirken.“ Die Gefahr einer Aktivierung des Herdes ist sehr gering. 

Die Ponndorf’sche Methode stellt kein allgemeines Heilmittel 
gegen Tuberkulose dar;. nur einem geringen Prozentsatz Tuberkulöser 
dürfte sie Heilung, einem grösseren Besserung bringen. 


C. Kraemer II. 


139. Schok, Die Behandlung des Menstruationsfiebers durch 
kleinste Dosen Tuberkulin nach der Methode von Philippi. 
Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 4. 

Zur Beseitigung des Meustruationsfiebers verwendet Verf. Koch’sche 
Bazillen-Emulsion unter Vermeidung aller allgemeinen Reaktionen und 
Temperatursteigerungen. Liegt Verdacht auf eine Herdreizung vor, so 
wird die gleiche Dosis nach Abklingen aller Erscheinungen wiederholt. 
Bei der geringsten Allgemeinreaktion wird mit der Dosis zurückgegangen. 

. An der Hand von Krankengeschichten und Tabellen erläutert Verf. 

das Verfahren, das mit der Injektion kleinster Dosen (1/s Millionstel Milli- 

gramm) beginnt. Das Verschwinden des Menstruationsfiebers ging meistens 

Hand in Hand mit einer Besserung des Allgenıeinbefindens; in manchen 

Fällen wurde auch das Sputum bazillenfrei. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


Therapie. 1 


140. Egmont Münzer- Prag, Zur modernen Therapie tuber- 
kulöser Erkrankungen. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. (Ärztl. Beil.) 
1917 Nr. 5. 

Nach einem historischen Rückblick kommt Verf. auf das Tuberkulin 
zu sprechen. Er hält die diagnostische Tuberkulininjektion für einen 
gefährlichen Eingriff, der möglichst vermieden werden sollte, hat aber gegen 
die Durchführung der Tuberkulinkur in der vorsichtigen, jede intensive 
Reaktion vermeidenden Weise nichts einzuwenden, Versuche mit ver- 
schiedenen Tuberkulinen haben keinen nennenswerten Unterschied in der 
Wirkung der einzelnen Präparate ergeben. Immer wieder führte eine 
noch so vorsichtige Tuberkulinkur bei irgend einer vorgeschrittenen Lungen- 
tuberkulose zu Verschlimmerung, nur manche fieberfreie Kranke im ersten 
Beginn der Lungenerkrankung zeigten Besserung. Allen bisherigen Ver- 
suchen, die spezifische Therapie der Tuberkulose zu bessern und wissen- 
schaftlich zu begründen blieb der Erfolg versagt; sie alle stellen ein un- 
sicheres Herumtasten und Herumprobieren dar: „Fortschritte in der Tuber- 
kulosetherapie sind gebunden an Fortschritte im Verständnis der Patho- 
genese der tuberkulösen Erkrankungen und ihrer Heilungsvorgänge“. Mit 
den Partialantigenen nach Deycke-Much tritt an Stelle der diagnostischen 
Injektion die prognostische Immunitätsanalyse. Besprechung der Ergeb- 
nisse der Literatur über die Partigene. 

In der Therapie der Tuberkulose unterscheiden wir 2 Gruppen von 
Mitteln: 

1. Die unspezifischen: Licht, Wasser, Luft, Diät, Arzneimittel; 

2. Die spezifischen: Die aus dem Tuberkelbazillus gewonnenen Präpa- 

rate, die Tuberkulogene. . 

Über den Erfolg der angewandten Mittel orientiert die Immunitäts- 
analyse. Zur Behandlung selbst werden wir von den spezifischen Mitteln 
bei der Lungentuberkulose das M.Tb.R. in Verwendung ziehen dürfen, 
da es nach Angaben der Entdecker ganz oder fast ganz ungiftig ist, oder 
das an der Hand der Immunitätsanalyse gewählte Gemisch der Partial- 
antigene. Bei tuberkulösen Lymphomen kommt das albumosefreie Tuber- 
kulin in Betracht, das viel weniger giftig ist, als das A.T. Koch’s. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


141. Wilh. Müller, Die Bedeutung der geteilten Tuberkulin- 
injektion für die spezifische Therapie der Tuberkulose. Osterr. 
Tbe.-Fürs.-Bl. (Arztl. Beil.) 1917 Nr. 5. 


Die Wirkung der geteilten Tuberkulineinverleibung ist eine auffallend 
günstige. Die gefürchtete Fieberreaktion wird ganz ausgeschaltet oder ab- 
geschwächt, auch die Stich-, Allgemein- und Herdreaktion werden beträcht- 
lich herabgemindert, daher sind die schädigenden ONMER DEN weit 
geringere. 

Zur Beurteilung der Wirkungsfähigkeit der Methode wurden ganz 
besonders temperaturempfindliche Kranke ausgesucht, bei denen die Wieder- 
holung der gleich starken Injektion erfahrungsgemäss regelmässig hohe 
Fieberausschläge verursacht hatte. Durch die Methode der geteilten Injek- 
tion kann die Tuberkulinbehandlung viel rascher durchgeführt werden, 
auch kann man bis zu einer Konzentration ansteigen, die bei einfacher 
Injektion von vielen überhaupt nicht vertragen, würde. Für sehr tem- 


78 Therapie. 


peraturempfindliche Kranke wird erst durch diese Methode die Tuberkulin- 
behandlung möglich. Die Versuche mit der geteilten Injektion gelangen 
gleicherart bei den verschiedensten Tuberkulinen. 

Theoretisch ergibt sich aus diesen Resultaten, dass ein Teil des Tuber- 
kulins bereits am Orte der Injektion gebunden und wesentlich verändert 
wird. Der Organismus analysiert gewissermassen jedes Tuberkulin und 
verwertet je nach Bedarf seine nützlichen immunisatorischen Bestandteile, 
während er die unbrauchbaren zurückweist. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


142. Nikolaus Roth-Rozsahegy, Erfahrungen mit der Tuber- 
kulintherapie. W. kl. W. 1918 Nr. 4. 


300 Kranke wurden zur Hälfte mit Alttuberkulin, zur Hälfte mit 
Beraneck’s Tuberkulin behandelt. Es konnte in einem wesentlichen Pro- 
zentsatz (Alttuberkulin 64°/o, Beraneck 580/0) Besserung des vorher 
stagnierenden Zustandes beobachtet werden. Zwischen den beiden Tuber- 
kulinen war kein Unterschied zu konstatieren, die Erfolge waren indivi- 
duell verschieden (Verschiedenheit der Verteidigungsfähigkeit der einzelnen 
Organismen)... Die Gewichtszunahme während der Kur entsprach nicht 
immer einer Besserung und umgekehrt schloss ein Gewichtsstillstand oder 
sogar Abnahme nicht Stationärwerden des Prozesses aus. 

Fest steht, dass eine mit genügender Vorsicht durchgeführte Tuberkulin- 
kur unschädlich ist und nach aller Wahrscheinlichkeit heilungfördernd 
wirkt. Die praktische Erfahrung zeigt, dass das Tuberkulin neben der 
hygienisch-diätetischen und symptomatischen Behandlung in entsprechenden 
Fällen und mit der nötigen Kontrolle ‚benützt werden kann. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


143. Herbert Koch, Die Tuberkulinbehandlung im Kindesalter. 
Zbl. f. Kinderhlk. 13. 1915 H. 1/2. 

Autor hat 45 Fälle mit Alttuberkulin Koch bezw. albumosefreiem 
Tuberkulin behandelt. Die Dosen wurden in geometrischer Progression 
nach v. Pirquet gesteigert. Anfangsdosis 0,001 mg A.T. bezw. 0,01 mg 
A.T.F. Enddosis 1,0 mg A.T. bezw. 10,0 mg A.T.F. Das Tuber- 
kulin wurde in einer grösseren Flüssigkeitsmenge (10—20 ccm) injiziert, 
die Injektionsstelle oft gewechselt. In 38 Fällen erzielte die Behandlung 
ein günstiges Ergebnis. W. Schultz, Hamburg. 


144. Feldt, Krysolgan, ein neues Goldpräparat gegen Tuberku- 
lose. B. kl. W. 1917 Nr. 46. 

Verf. stellt folgende Leitsätze auf: | 

1. Zur spezifischen Behandlung der Tuberkulose wurde das neutral 
reagierende Alkalisalz einer komplexen aromatischen Goldsäure mit ein- 
wertigem Gold hergestellt (unter Ausschaltung der Cyan-Gruppe). 

2. Goldpräparate wirken bei Tuberkulose in biologischer Hinsicht 
entwickelungshemmend auf den Erreger, anregend und beschleunigend auf 
die Bildung der spezifischen und normalen Schutzkörper. 
| 3. In chemisch-physikalischer Hinsicht wirken Gold und strahlende 
Energie beschleunigend, katalytisch auf die Oxydationsvorgänge, die im 


Therapie. 79 


tuberkulösen Kranken darniederliegen, d. b. durch Stoffwechselgifte des 
Erregers gehemmt sind. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


145. ©. Schnaudigel, Organische Goldpräparate in der Augen- 
heilkunde. Klin. Mbl. f. Augenhlk. 59. 1917, Sept.— Okt. 


Verf. behandelte 53 Fälle von tuberkulösen Augenerkrankungen mit 
dem von Spiess und Feldt hergestellten Goldpräparat 1423, das 
gegenüber dem Aurocantan derselben Autoren einen wesentlichen Fort- 
schritt aufweist, da die Nebenwirkungen des Präparate 1423 geringer sind 
als bei dem alten Präparat. Zusammenfassend kritisiert Verf. seine Ver- 
suche wie folgt; „Das Präparat ist zweifellos ein spezifisch auf die 
tuberkulösen Erkrankungen des Sehorgans wirkendes Mittel, 
das in geeigneten Fällen sogar eine überraschende Wirkung entfaltet. 
Seine Wirkung kann der des Tuberkulins gleichgerichtet sein, das Tuber- 
kulin aber auch mit grossem Nutzen ersetzen, wenn es unwirksam ist“. 

Klare, Hohenlychen. 


146. Schnaudigel, Behandlung tuberkulöser Erkrankungen des 

Auges mit organischen Goldpräparaten. Med. Klin. 1917. 

Nr. 39. | 

Verf. benutzte ein Goldpräparat, bei dem die Cyangruppe des Auro- 
cantans durch einen neutraleren Körper ersetzt ist. Als Nebenwirkungen 
bei der intravenösen Injektion treten Störungen im Allgemeinbefiuden auf, 
Müdigkeit, Energielosigkeit, selten Fieber. Nach anfänglicher Verschlech- 
terung des Krankheitsbildes wurden z. T. überraschende Erfolge beobachtet. 
Die Wirkung des Präparats kann der des Tuberkulins gleichgerichtet sein, 
kann sie aber auch ersetzen, wenn dieses versagt. Rehs, Davos. 


147. Schein, Die Lichtbehandlung chirurgischer Tuberkulose 
vom sozialen Standpunkte. Tbec.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 5. 


Die Lichtbehandlung facht den torpid verlaufenden tuberkulösen 
Prozess an und beschleunigt den Verlauf von Destruktion und Reparation. 
Die reparativen Vorgänge gewinnen die Oberhand, der ganze Organismus 
wird günstig beeinflusst und die spontane Heilungstendenz von zahlreichen 
chronisch verlaufenden Fällen von Knochen-, Gelenk-, Drüsen- und Haut- 
tuberkulose wird wesentlich gefördert. Es handelt sich bei den vom Verf. 
‚behandelten Fällen um ausschliessliche Lichtstrahlenwirkung, da die Patien- 
ten im übrigen völlig im alten Milieu weiterlebten. Die tonisierende und 
roborierende Wirkung der natürlichen Sonnenbäder und künstlichen Licht- 
bäder auf den ganzen Organismus gewinnt für die Armen- und Kassen- 
praxis eine besondere Bedeutung, da im Anschluss an Krankenkassen- 
Ambulatorien und Polikliniken ohne grosse Kosten derartige Bäder an- 
geschlossen werden können, wo eine grössere Anzahl von Kranken gleich- 
zeitig bestrahlt werden können. Ä Rebs, Davos. 


148. Kjell Bergman, Sonnenlichtbehandlung der Knochen- und 
Gelenktuberkulose. Allmänna Svenska Läkartidningen 1917 

"Nr. 19. | 

Eine zusammenfassende Darstellung. Ä a 
— Ä Arvid Wallgren, Upsala. 


80 Therapie. 


149. Charlotte Warner, Heliotherapy in Great Britain, Becords 
of an Experiment. Brit. Journ. of Tuberculosis Vol. XI Nr. 4, 
Oktober 1917. | 


Bericht über gute Erfahrungen mit Heliotberapie, nach System Rollier, 
in Englands Klima, (in Abergale, an der Nord-West-Küste). 
Amrein, Arosa. 


150. Hans L. Heusner, Theoretische Bemerkungen zur Helio- 
therapie. D. m. W. 1917 Nr. 35. 


Ausführliche theoretische Erörterungen über natürliche und künstliche 
Strahlenwirkung, welche an Ort und Stelle nachgelesen werden müssen. 
„Nicht darauf kommt es an, dass wir die Sonne nachahmen. Was sie 
uns gibt, werden wir ausnützen, und was sie uns versagt, so gut es geht, 
durch unsere künstlichen Strahlenquellen zu ersetzen suchen.“ 

C. Kraemer II. 


151. Walther Pfeiffer, Fistelbehandlung durch Vaselin-Ein- 
spritzungen nebst Beobachtungen über die Beck’sche Wis- 
mutpaste. Inaug.-Diss. Leipzig 1917. 

Dass die Fistelbehandlung mit der Beck’schen Wismutpaste recht 
gute Erfolge zeitigt, ist nicht abzuleugnen. Man hat aber später empirisch 
und experimentell erkannt, dass das wirksame Agens in der Paste nicht 
das Wismut, sondern das Vaselin ist. Das amerikanische Vaselin regt 
besonders kräftig zur Bindegewebswucherung an. Verf. berichtet: über 
einige Fälle, in denen durch Vaselininjektionen ein Fistelschluss erzielt 
werden konnte. In einem Falle von Empyemfistel wirkte die Injektion 
direkt lebensrettend, da der Kranke, welcher durch die langwierige Eite- 
rung zum Skelett abgemagert war, sich nach Schluss der Fistel zusehends 
erholte und vollständig wieder hergestellt wurde. Hans Müller. 


152. Sven Johansson, Über die Behandlung der tuberkulösen 
Spondylitis mit besonderer Berücksichtigung der Albee’schen 
Operation. Hygiea 1917. 

Verf. hat 12 Fälle von Spondylitis nach der Albee’schen Methode 
operiert: 6 Mädchen und 6 Knaben, der jüngste 3 Jahre, der älteste 
12 Jahre. Ein Fall führte 41/2 Monate nach der Operation zu Mors an 
Miliartuberkulosee. In den übrigen Fällen hält Verf. das Resultat für 
zufriedenstellend. Die Fälle, die gegenwärtig als am geeignetsten zur 
Operation nach dieser Methode angesehen werden, eind teils akute Fälle 
ohne Deformität, wo der Prozess so lokalisiert ist, dass sonst die Ent- 
stehung einer Gibbusbildung zu erwarten ist, teils fortgeschrittene Fälle 
mit Deformität, doch erst nachdem diese auf unblutigem Wege so voll- 
ständig als möglich korrigiert worden ist. Arvid Wallgren, Upsala. 


153. Morestin, De l’emploi du formol dans les ost&o-arthrites 
tuberculeuses. Société de Chirurgie vom 3. Februar 1915. 
(Ref. La Presse médicale 1915 Nr. 6.) 

M. stellt 2 Kranke vor, welche an Tumor albus des Handgelenkes 
schwer erkrankt waren und welche beide in wenigen Monaten durch eine 

Reihe von Formolinjektionen in die erkrankten Partien bis zur fast voll- 


Therapie. gl 


ständigen Gebrauchsfähigkeit des Handgelenkes geheilt wurden. Zwar 
waren in beiden Fällen Auskratzungen voraufgegangen, welche jedoch 
ohne Erfolg geblieben waren. Querner, Hamburg-Barmbeck. 


154. Schönfeld und Benischke, Röntgentherapie der tuber- 
kulösen Halsiymphome. Med. Klin. 1917 Nr. 40. 


Verf. fassen ihre Erfahrungen wie folgt zusammen: Die Wirkung 
der Röntgenstrahlen auf die tuberkulösen Lymphome ist eiße so sichere 
und vortreffliche, wenn die Methode der Tiefentherapie in Anwendung ge- 
bracht wird, dass man dieser Behandlungsweise in akuten wie chronischen 
Fällen vor jeder anderen den Vorzug einräumen muss. Die Heilung geht 
sicher und in nicht zu langsamem Tempo vor sich, Fisteln können viel 
schneller als durch andere Massnahmen zum Versiegen gebracht werden. 
Die abgelaufene Erkrankung ist nach aussen nicht zu erkennen und wenn 
sie mit Narbenbildung ausbeilt, ergibt sich auch hier ein glänzender Er- 
folg in kosmetischer Beziehung. Ferner ist auch nicht zu gering zu ver- 
anschlagen, dass die Behandlung ganz schmerzlos vor sich geht, den 
Patienten also die Angst erspart wird, und sie für gründliche Behandlung 
zugänglicher macht. Rehs, Davos. 


155. 8. A. Pfannenstill, Über die Behandlung der Larynx- 
tuberkulose mittels Naj und Natriumhypochlorit. Nordisk 
Tidsskrift för Terapi 1917. 

Pfannenstill hat sein Heilverfahren in der Weise abgeändert, dass er 
jetzt die Inhalation des Wasserstoffsuperoxyds oder Ozons durch die 
der Hypochloritlösung (!/;—1°/o „Dakins Lösung“), welche auch das Jod 
im Gewebe frei macht, ersetzt. Die Behandlung erfolgt derart, dass der 
Kranke täglich zweimal 1 g NaJ per os bekommt; dann den ganzen 
Tag über, mit nur kleinen Pausen, Einatmung von Hypochloritlösung 
mittels eines Inhalationsapparates (sog. „Ulbrichs rafraichisseur“ von Stein- 
metz & Knetsch, Cassel). Diese Methode hat vor der vorherigen das voraus, 
dass sie niemals die Schleimhäute reizt und sie ist einfach und billig im Ge- 
brauch. Der Verf. teilt 3 Fälle von Larynxtuberkulose mit Ulzerationen und 
Infiltrationen im Larynx (davon 1 Fall in einem vorgeschrittenen Stadium 
der Krankheit) mit, die in 1—6 Monaten durch die oben geschilderte 
Behandlungsmethode geheilt worden sind, trotz der ziemlich fortgeschrittenen 
Lungentuberkulose. Arvid Wallgren, Upsala. 


156. Hans Curschmann, Über Grundlagen und Indikationen 
der Kalziumtherapie. Sonderabdruck a. d. Sitzungsber. u. Ab- 
handl. d. naturf. Ges. zu Rostock. Bd. 7. 1917. 

Verf. nimmt folgende pharmakodynamischen Haupteigenschaften und 
Indikationen des Calciums an: 1. Es vermag erregungsvermindernd auf 
das gesamte Nervensystem, vor allem auf das motorische, periphere Neuron 
zu wirken; 2. es fördert die Blutgerinnung; 3. es vermindert die 
Permeabilität der Gefässwände. Bei Haemoptoe sah C. nach Calcium- 
darreichung recht befriedigende Erfolge, indem er das stets per os 
gegebene Calcium mit Gelatine kombinierte, Von äusserst 
günstigem Einfluss erwies sich die Kalktherapie weiter bei Bronchialasthma 
und Heuasthma (Ref. kann als „alter“ Heufieberleidender aus eigenster 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 6 


82 Prophylaxe. — Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten usw. 


Erfahrung dem beistimmen). Gegeben wurde Calcium in Form des Cal- 
cium chlorat, 4—6 gr bei Erwachsenen, 3—4 gr bei Kindern. Von 
Patentpräparaten werden Glycalcium eflfervescens Ritsert und Kalzan emp- 
fohlen. Die beste Wirkung sah Verf. bei' Dauerdarreichung von 
Calcium. Nebenwirkungen wurden selbst bei jahrelanger Darreichung 
nicht beobachtet. Klare, Hohenlychen. 


` e) Prophylaxe. 
157. Barbosa, Praktische Vorbeugung bei Tuberkulose. Tri- 
buna Méd., Rio Janeiro IX. 1914. 


Die Ausbreitung und der epidemische Charakter der Tuberkulose 
machen es notwendig, die Vorbeugung zu individualisieren, Darum 
haben die Sanatorien als soziale Vorbeugungswaffe versagt. Die Dispen- 
sarien, Hygiene und Behandlung eines jeden einzelnen, die Isolierung der 
Kranken, die obligatorische Anzeigepflicht, das sind die besten Mittel. 

J. Chabäs. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


158. Ivar Petersen, Jahresbericht des Krabbesholm Sana- 
toriums (Dänemark) 1916—1917. 
Entlassen wurden 239 (beiderlei Geschlechts), I. Stadiums 36, II. Stad. 
89, IIL Stad. 114. Die mittlere Kurdauer betrug 179 Tage, die mittlere 
Gewichtszunahme 4,7 kg. Relativ geheilt wurden 6, relativ gebessert 43, 
gebessert 73, unverändert 58, verschlechtert 44, 15 starben. Tuberkel- 
bazillen wurden bei 72°/o nachgewiesen, schwanden bei 19). 
Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


159. J. Strandgaard, Jahresbericht des Boserup Sanatoriums 

(Kopenhagen) 1916. 

Entlassen wurden 294 (beiderlei Geschlechts), I. Stad. 109, II. Stad. 
90, III. Stad. 95. Durchschnittliche Kurdauer betrug 176 Tage. Relativ 
geheilt wurden 87, relativ gebessert 39, gebessert 85, unverändert 41, ver- 
schlechtert 39, 3 starben. Die durchschnittliche Gewichtszunahme betrug 
4,5 kg. Tuberkelbazillen wurden bei 65,5 °/o nachgewiesen, schwanden bei 
12°/o. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


160. Otto Helms, 3 Monate im Sanatorium! Ugeskrift for 
Lager 1917 Nr. 42. 

Als Leiter eines Sanatoriums in Dänemark 'zieht der Verf. gegen 
die sowohl unter dem Publikum als auch unter den Ärzten verbreitete 
Ansicht, dass eine Lungentuberkulose nach einem Aufentbalt von 3 Monaten 
im Sanatorium geheilt werden könne, zu Felde. Selbst leicht angegriffene 
Kranke müssen beträchtlich länger in Behandlung bleiben, um Arbeits- 
fähigkeit zu erwerben. Der dazu hotwendige Platz wird gewonnen, 
wenn die Schwerkranken in Hospitälern oder in Invalidenheimen aufge- 
nommen werden. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 83 


161. Eduard Ladek, Zur Heilstättenfrage bei chirurgischer 
Tuberkulose. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 6. 


Mehrere Heilstätten für chirurgische Tuberkulose im Hochgebirge 
sind projektiert, durch den Krieg ist der Bau jedoch verzögert worden. 
Dadurch wird viel kostbare Zeit, aber auch noch weit Kostbareres, näm- 
lich Leben und Gesundheit vieler Menschen, verloren. 

Verf. plädiert daher dafür, die Stationen für chirurgisch-tuberkulöse 
Soldaten an der Adriaküste zu errichten, wo viele Häuser am Meere leicht 
und vor allem bald adaptiert werden können. Sind dann einmal die 
Höbenstationen errichtet, so könnten sie die Tätigkeit der gedachten Be- 
helfsanstalten übernehmen. Wahrscheinlich wird man aber dann gerne 
beide Arten der Heilstätten erhalten, weil die Zahl der behandlungsbe- 
dürftigen Kranken eine sehr grosse sein wird. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


162. Alex. Koranyi, Das System der Tuberkulosebekämpfung. 
Tuberkulözis 1917, Sept.— Okt. 


Vor allem sind Twuberkulose-Spitäler, resp. Spitalsabteilungen für 
Tuberkulose nötig. Dieselben sind dezentralisiert zu errichten, ein jedes 
Spital bloss für einen bestimmten Bezirk. Ihre Krankenaufnahme sollte 
ausschliesslich durch die Fürsorgestellen erfolgen. Nebenbei sollten in 
Dörfern Isolierhäuser (nach Muster der norwegischen Tuberkuloseheime) 
geschaffen werden. Weiter ist die Zahl der Heilstätten zu erhöhen und 
mit Erholungsstätten für den Sommer zu ergänzen. Ebenso ist eine 
weitere Entwicklung des Fürsorgestellen-Netzes im ganzen Lande unent- 
behrlich. Auch eine Landeszentrale für die Ausbildung von Tuberkulose- 
Ärzten und Fürsorgepersonal ist als höchst erwünscht zu bezeichnen. 

D. O. Kuthy, Budapest. 


163. Emmerich Maixner, Isolierstätten für Tuberkulöse. 
Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 3. 


Die Heilstätten, auch wenn sie so zahlreich sind wie in Deutschland, 
können bloss als Teilbekämpfung bezeichnet werden. Die Bemühungen 
um eine erfolgreiche Bekämpfung der Tuberkulose müssen sich den je- 
weiligen Verhältnissen anpassen und demnach in mehrfacher Richtung 
betätigen. 

Die Fürsorge um die Schwertuberkulösen ist eine der 
wichtigsten Vorbedingungen einer erfolgreichen Tuberku- 
losebekämpfung. Die Tuberkulose ist nicht nur im Heere, sondern auch 
in der Zivilbevölkerung durch den Krieg in rascher Ausbreitung begriffen, 
sowohl infolge der durch Entlassung erkrankter Soldaten in die Familie 
hineingetragenen Infektion, als auch infolge gesunkener Widerstandskraft, 
Der Schutz der Bevölkerung kann wesentlich nur durch Isolierung der 
Kranken erzielt werden. Die private Fürsorge muss naturgemäss versagen, 
dieselbe muss breit angelegt und autoritativ geregelt werden. Bisher wurde 
die Pflege und Behandlung der Phthisiker vernachlässigt und dieselben 
als Krankenhausballast angesehen. Das muss anders werden. Die 
Fürsorge für die Tuberkulösen begann bei den Leichtkranken ; das mensch- 
liche Gefühl fordert auch die Sorge um die Schwerkranken. Von den 
Isolierstätten als Krankenhausabteilungen muss das Vorurteil abgelöst 


6* 


84 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


werden, dass sie eine blosse Versorgungsanstalt oder ein Siechenhaus sind; 
sie müssen zu Krankenheilstätten umgewandelt werden. Die Behandlung 
muss durch spezialistisch ausgebildete Ärzte geleitet werden und darf nicht 
eine rein symptomatische sein, wie bisher. Angliederung der Isolierstätten 
an die bestehenden Bezirks- und Stadtkrankenhäuser ist aus humanitären 
und praktischen Gründen wünschenswert. Gegen Unterbringung aller 
Stadien der Tuberkulose in den Isolierstälten ist nichts einzuwenden, es 
wäre nur innerhalb der Anstalt Trennung nach der Schwere des 
Leidens durchzuführen. Die lIsolierstätte darf unter keiner Bedingung 
den Eindruck hervorrufen, dass sie zur Aufnahme von .Unheilbaren und 
dem 'Tode Verfallenen bestimmt ist. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


164. J. E. Johansson, Über die Verpflegungsetats der Tuber- 
kulosekrankenhäuser. Svenska Nationalföreningen mot Tuber- 
kulosen. Krartalsskrıft 12. 1917. 


Auf Grund seiner Untersuchungen über die Kost einiger schwedischer 
Sanatorien kommt Johansson zu folgenden Schlussfolgerungen. 

Die Nahrungszufuhr der Lungentuberkulösen eines Sanatoriums kann 
nicht höher als auf 3400 Kalorien getrieben werden. Gewöhnlich wird 
dieser Wert von den angenommenen Verpflegungsetats überstiegen. Um 
der Verschwendung mit den Speisen vorzubeugen, wäre es angebracht, 
dass die täglichen Verpflegungsetats dem wirklichen Bedürfnis angepasst 
werden. Die Krankenpflegerinnen müssen instruiert werden, den Speise- 
bedarf der Patienten genau zu beobachten und nicht mehr zu requirieren, 
als von den Patienten aufgegessen werden kann. Die Patienten müssen 
ermahnt werden, nicht mehr zu verlangen, als sie zu geniessen vermögen. 
Die Speisenreste werden zu einem folgenden Mahl bereitet. Gestützt auf 
ihre Erfahrung über den Verbrauch muss die Küchenvorsteherin die Menge 
der für jedes Gericht erforderlichen Esswaren berechnen, so dass so wenig 
Speisereste wie möglich entstehen. Fettsammler werden in die Abfluss- 
röhren der Küche eingesetzt, um das Fett des Spülwassers zu sammeln 
für technischen Gebrauch. Arvid Wallgren, Upsala. 
165. Dörfler, Tuberkulosefürsorge auf dem Lande. M. m. W. 

64. 1917 S. 1394—1937 u. S. 1429—1431. 


Zusammenfassender Vortrag über die zur Zeit üblichen und dringlichsten 
Massnahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose in kleinen Städten und 
auf dem Lande. Bredow, Ronsdorf. 


166. Julius Keutzler, Die Rolle der Fürsorgestellen im Kampfe 
gegen die Tuberkulose. Orvoskepzis 1917, August. 


Als richtiges Prinzip stellt die Abhandlung den Satz auf: „Während 
die Sanatorien, Spitäler und andere Heilanstalten sich mit dem kranken 
Menschen beschäftigen, ist die Hauptaufgabe der Fürsorgestellen der Schutz 
der Gesunden vor Ansteckung und Erkrankung“. Das Hauptziel: ist stets 
die Isolierung der Kranken, eine möglichste Entfernung derselben aus dem 
Kreise der Gesunden. D. O. Kuthy, Budapest. 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 85 


167. Gottlieb Pick-Aussig, Die Bekämpfung der Tuberkulose 
in Stadt und Bezirk Aussig. Osterr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 4. 


1895—1905 langsamer Anstieg der 'Tuberkulosetodesfälle, dann (bei 
gleichzeitigem Einsetzen der zielbewussten Bekämpfung) Abfall bis 1913; 
in diesem Jahr tiefster Stand. 1914—1915 langsames, seit 1916 rapides 
Ansteigen der Tuberkulosetodeszahlen. 

Im Bezirk Aussig „ist man sich der Gefahr der Tuberkulose allseitig 
bewusst und hat das Bestreben, alles anzuwenden, um diese verderblichste 
Volksseuche möglichst entschieden mit allen zur Verfügung stehenden 
Mitteln zu bekämpfen“. Es bestehen dort schon 2 Lungenheilstätten, 
1 Fürsorgestelle, 1 Ferienkoloniee Es wurde bereits eine Bezirkszentrale 
gegründet, welche eine zweite Fürsorgestelle gründen und ihr Hauptaugen- 
merk einer Besserung der Wohnungsverhältnisse zuwenden will. Ferner 
ist ein gemeinsames Zentralbureau (Wohlfahrtsamt) geplant. Durch dieses 
werden die zur Verfügung stebenden Mittel planmässig verwendet werden. 
Der Bezirk Aussig hat 117000 Einwohner und sollte vielen anderen 
Land- und Indutsriebezirken vorbildlich sein. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


168. E. Kugler- Gmunden, Zur Organisation der Tuberkulose- 
Fürsorge. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1917 Nr. 4. 

_ Verf. tritt für ein gesetzlich verpflichtetes Zusammenarbeiten aller 
praktischen Ärzte des Fürsorgebezirkes mit den Fürsorgestellen und durch 
sie mit den Heilstätten und Heimstätien ein. Der Arzt müsste gesetzlich 
verpflichtet sein, alle mit Husten und Auswurf behafteten, verdächtigen 
Fälle einer Sputumuntersuchung zu unterziehen (zentrale bakteriologische 
Untersuchungsanstalt), die positiven Fälle der Fürsorgestelle zu melden und 
mit ihr die notwendigen Schutzmassnahmen treffen oder die Verantwort- 
lichkeit für die Durchführung übernehmen. Für Kriegsdauer wäre ein 
Zusammenarbeiten der militärärztlichen Behörden mit den Fürsorgestellen 
notwendig. Es müssen sofort provisorische Bezirksfürsorgestellen geschaffen 
werden, die unmittelbar die aus dem Militärdienste Entlassenen zu über- 
nehmen hätten. Durch die militärische Disziplin kann jetzt eine straffe 
Organisation der zivilen Fürsorge erzwungen werden. Die Schwierigkeiten 
sind nicht zu gross und wären zu überwinden. Auch Fürsorgeschwestern 
würden sich aus den vielen tausenden Pflegerinnen unschwer ausfindig 
machen lassen; es müsste nur für eine günstige materielle und soziale Lage 
derselben gesorgt werden. 

Die Einteilung der Tuberkulose schlägt Verf. vor, auf die Prognose 
in folgender Weise aufzubauen. 

1. Prophylaktiker, anscheinend geheilte Fälle, die noch eine Zeitlang 
überwacht werden müssen, Fälle von inaktiver Tuberkulose, die zur Er- 
reichung der Dauerheilung zu leichter Erwerbstätigkeit angehalten werden 
müssen, Fälle von noch aktiver Tuberkulose, die nach durchgeführter 
Heilstättenbehandlung in die Arbeit wieder eingeführt werden müssen. 
Hierher dürften nur Fälle von geschlossener Tuberkulose eingereiht werden. 
2. Heilstättenfälle, die behandlungsbedürftig sind und eine Ausheilung 
erwarten lassen. Hierher gehören auch die leichtesten Fälle von offener 
Tuberkulose. Da an eine Unterbringung aller dieser Fälle in eine Heil- 


86 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


stätte nicht gedacht werden kann, müssten sie anderwärts heilstättenmässig 
behandelt werden. 

3. Nicht mehr heilbare, chronisch verlaufende Fälle, welche gutartig 
und mild verlaufen, so dass sie noch eine jahrelange Arbeitsfähigkeit er- 
warten lassen. Diese wären über hygienisches Verhalten zu belehren, 
eventuell in Kriegerheimstätten oder ländlichen Kolonien unterzubringen. 

4. Die unheilbaren schweren Fälle. Hier müsste die Fürsorge ent- 
scheiden, in welchen Fällen nach den sozialen Verhältnissen die Gefahr 
für die Umgebung so gross ist, dass dieselben in Spitäler untergebracht 
werden müssen; in allen anderen Fällen wäre über die Durchführung der 
hygienischen Notwendigkeiten und genügende Pflege im Hause die Auf- 
sicht zu führen, wenn nötig Unterstützung zu gewähren. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


169. Herm. v. Hayek, Zur Technik des sozialen Kampfes gegen 
die Tuberkulose, mit besonderer Berücksichtigung der Ver- 
hältnisse in Österreich. W. kl. W. 1917 Nr. 46. 


Absinken und Ansteigen der Tuberkulose geht mit dem Hochstand 
und Tiefstand der allgemeinen sozial-hygienischen Verhältnisse parallel. 
Wir dürfen nicht den Kampf gegen die Tuberkulose der Natur überlassen, 
wir müssen gegen die Tuberkulose kämpfen und wir können 
auch erfolgreich gegen sie kämpfen. Es stehen uns in diesem Kampfe 
eine Anzahl Hilfsmittel zur Verfügung, es fehlt aber an einer einheit- 
lichen, -zielbewussten Zusammenfassuug und organisatorischen Gliederung 
derselben. Die hygienisch-diätetische Therapie ist für die Bekämpfung 
der Tuberkulose ale Volksseuche undurchführbar. Dort, wo dieselbe ver- 
sucht wurde, hat sie nur zu erfolglosen, sehr kostspieligen Experimenten 
geführt. Die spezifische Therapie ist unsere aussichtsreichste 
Hauptwaffe gegen die Tuberkulose als Volksseuche, wenn ihre Handhabung 
im Grossen einmal organisiert sein wird. Sie stellt zugleich ein sehr 
billiges Heilverfahren dar, das ohne grosse Schwierigkeiten, wenn nötig 
jahrelang, fortgesetzt werden kann. Die perkutane Tuberkulineinreibung 
nach Pe truschky ist überall ohne ärztliche Hilfe durchführbar. Wenn 
der Staat das im Grossen tut, was Petruschky im Kleinen getan hat 
(Sanierung des Dorfes Hela), so werden wir die Volksseuche Tuberkulose 
überwinden. Die perkutane Tuberkulinbehandlung muss staat- 
lich organisiert werden, so wie die Blatternimpfung organisiert 
worden ist. Die Heilstätten können gewiss sehr gute individuelle 
Erfolge erzielen; eine entscheidende Rolle im Kampfe gegen die Tuberku- 
lose als Volksseuche ist von ihnen nicht zu erwarten. Auch die Heil- 
stätten müssen in eine grosse, einheitliche, in gut zu überblickende Bezirke 
dezentralisierte Organisation der Tuberkulosebekämpfung eingefügt werden. 
Nur solche Kranke dürfen in eine Heilstätte aufgenommen werden, bei 
denen eine tatsächlich drohende Erwerbsunfähigkeit für längere Zeit hinaus- 
geschoben werden kann. Die Anzeigepflicht ist für einen zielbe- 
wussten Kampf gegen die Tuberkulose eine Notwendigkeit. Sie kann 
sich aber nur dann bewähren, wenn sie mit Massnahmen verknüpft ist, 
durch die der Kranke gleichzeitig mit der Anzeige auch soziale und ärzt- 
liche Hilfe erhält. Ist letzteres nicht der Fall, dann schadet sie nur, 
denn der Kranke würde es dann vermeiden, ärztliche Hilfe aufzusuchen. 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u, -Heime. 87 


Die Anzeigepflicht darf nicht der erste Schritt des staat- 
lichen Eingreifens im Kampfe gegen die Tuberkulose sein, 
sondern der letzte. Das wichtigste soziale Kampfmittel gegen die 
Tuberkulose ist die Sozialversicherung, die wir in Österreich leider 
noch nicht haben. Private Wohltätigkeit mit geringer staatlicher Unter- 
stützung genügt nicht. 

Bei uns bildet die ambulatorische Behandlung der Tuberkulösen nur 
eine Ausnahme und die Heilstättenbehandlung erzielt nur bei einer ver- 
schwindenden "Minderzahl der behandlungsbedürftigen Kranken einen 
volkswirtschaftlichen Erfolg. Aus der gebieterischen Notwendigkeit für 
die vielen unversorgten Kranken wenigstens etwas zu tun, hat sich das 
Fürsorgewesen entwickelt. Die deutschen Füürsorgestellen nach dem 
Pütter’schen System haben vielfach den ärztlichen Charakter verloren 
und sind reine Wohltätigkeits- und Armenunterstützungsinstitute geworden. 
Eine solche Fürsorgetätigkeit, bei der die Mehrzahl der Kranken einen 
materiellen Vorteil sucht, während Arbeitsfähigkeit und Schutz der Um- 
 gebung Nebensache bleiben, ist falsche Humanität. Das richtige 
Prinzip der Tuberkulosefürsorge ist, dass die Fürsorgetätigkeit 
kein Almosen anbietet, sondern das Recht auf Unter- _ 
stützung gegen eine gemeingefährliche Krankheit. Die Ent- 
scheidung bierüber kann nur ein in allen Tuberkulosefragen bewanderter 
Arzt treffen; die Fürsorgetätigkeit bedarf daher einer energischen und 
straffen ärztlichen Disziplin. Dem Fürsorgeinstitut muss jeder Kranke 
überwiesen werden; dasselbe muss sein Sehicksal bis zum Ende oder bis 
zur Heilung im Auge behalten und es muss gleichzeitig über alle zur 
Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Hilfsmittel orientiert sein. 

Verf. stellt folgende Leitsätze als Richtlinien für die Ausgestaltung 
und Führung solcher Fürsorgeinstitute auf: 


‘1. Das Fürsorgeinstitut muss unter straffer ärztlicher 
Leitung stehen, die nach grosszügigen wissenschaftlichen 
Grundsätzen vorgeht. Die Seele der Fürsorgestelle muss der Arzt 
sein, die Fürsorgeschwester ist nur das ausführende Hilfsorgan. 

3. Das Fürsorgeinstitut muss mit den nötigen diagno- 
stischen und therapeutischen Hilfsmitteln ausgestattet 
sein. Es muss ihm auch eine genügende Zahl von Hilfs- 
kräften zur Verfügung stehen. Die Kranken sind nach Möglich- 
keit ambulatorisch zu behandeln und in den bedrohten Familien ist in 
grosgzügiger Weise die prophylaktische Perkutantherapie nach Petruschky 
durchzuführen. 

3. Dem leitenden Arzte muss an einem nahe liegenden 
Spitale eine entsprechende Beitenzahl zur Verfügung stehen, 
wo er ohne bürokratische Umstände Kranke unterbringen 
und klinisch beobachten kann. Dies ist für die Diagnose und für 
die: Therapie in gewissen Fällen notwendig. 

4. Möglichst unmittelbare Koordinierung des Fürsorge- 
institutes mit der zuständigen Heilstätte und den Tuberku- . 
loseabteilungen der Spitäler. Die Heilstättenplätze sollen nur 
durch das Fürsorgeinstitut belegt werden. Umgekehrt müssen die aus 
den Heilstätten entlassenen Patienten der Fürsorgestelle übergeben werden. 


88 


Die Heilstättenkur darf prinzipiell nicht länger dauern, als bis eine am- 
bulatorische Behandlung möglich ist. 

5. Arbeitsgemeinschaft mit den Krankenkassen. 

6. Das Fürsorgeinstitut ist verpflichtet, eine gute Sta- 
tistik über Tuberkuloseverbreitung und -gefährdung im zu- 
ständigen Bezirke zu führen. Es soll verpflichtet sein, wissen- 
schaftliche Tuberkuloseforschung zu treiben. 


7. Die Vermittelung materieller Unterstützung muss 


durch das Fürsorgeinstitut erfolgen. 

Schlusssätze des Verf.’s: „Das, was heute gegen die Tuberkulose am 
meisten Erfolg verspricht, ist fleissige Kleinarbeit, dezentralisiert in mög- 
lichst viele, leicht zu überblickende Bezirke, aber naoh grosszügigen und 
weitblickenden volkewirtschaftlichen Richtlinien. Das praktisch grund- 
legende Prinzip muss dabei sein, Hilfsbedürftigkeit und zur Verfügung 
stehende Mittel in den einzelnen Bezirken einheitlich zu erfassen und 
rationell einander zuzuteilen. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


g) Allgemeines und Grenzgebiete. 


170. Herford-Görlitz, Die Wege unserer heutigen Tuberkulose- 
bekämpfung. Tbc.-Fürs.-Bl. 4. Jy. Nr. 11, Nov. 1917. 

In Görlitz bat man vor dem Kriege den Versuch mit einem „Tuber- 
kulosehaus“ gemacht, in dem 4 Familien hygienisch einwandfreie Woh- 
nungen zu billigem Preise finden sollten, mit einem eigenen, einen be- 
sonderen Eingang habenden Zimmer für den Kranken. Es hielt aber 
schwer, passende Mieter zu erhalten. Zumal als in dem Hause Todes- 
fälle vorgekommen waren, kam es als Sterbehaus in Verruf. Starke 
Opposition ging auch von der Nachbarschaft aus, die eine Überschwen- 
mung mit Tuberkulosekeimen fürchtete. — Bessere Erfahrungen wurden 


mit Schrebergärten gemacht, die an tuberkulöse Familien für ein billiges 


Mietgeld abgegeben werden. Sie erfreuen sich grosser Beliebtheit. — Im 
Vordergrunde steht die Fürsorge für die Kinder; eine Waldschule, ein 
Ferienheim und ein Tag- und Nachtheim für rachitische und skrophulöse 


Kinder sind vorhanden. Für die leichteren Tuberkulosen der Erwachsenen. 


hat sich die Walderholungsstätte bewährt. 
| Herm, Tachau, Heidelberg. 


171. Kemsies, Der Tuberkulose-Film des Deutschen Zentral- 


komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. Tbe.-Fürs.-Bl. 
1917 Nr. 2 u. 5. 

Es ist das Gebot der Zeit, jede geeignete Methode zur Abwehr der 
Zerstörer der Volksgesundheit in Anwendung zu bringen und die gesund- 
heitliche Unterweisung des gesamten Volkes zu fördern. Die hygienischen 
Kenntnisse, die durch Mitteilungen, Hinweise und Abbildungen vermittelt 


werden, werden ebenso leicht vergessen wie erworben. Methodischer Unter- 


richt ist da am Plaize, denn nur ‚Beobachtungen nach Anleitung des 
Lehrers und selbständig verarbeitete Urteile liefern die Grundlage für ein 
kritisches Wissen. ‘Der Film. scheint berufen, die wichtigsten Tatsachen‘ 
und Forderungen der Hygiene der Allgemeinheit 'zu vermitteln, Erklä- 


Allgemeines. und Grenzgebiete. 89 


rungen sind als Text einzuschalten. Dem Zuschauer werden Staub- und 
Tröpfcheninfektion, die offene Tuberkulose und ihre Erreger, :die Hilfs- 
tätigkeit der Luandesversicherungsanstalt und der Fürsorgestellen, die 
Wohnungspflege und die Verhütung der Übertragung, die Heilstättenbe- 
handlung und Familienfürsorge an einem praktischen Beispiel gezeigt. 
Die Tendenz, die wichtigen Gesundheitsregeln zur Richtschnur für die 
eigene Lebensweise zu erheben und sich die eigene Gesundheit zu erhalten, 
kann durch einleitende Worte über die Ziele des Deutschen Zentral- 
komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose betont werden, ausserdem kann 
ein kurzer Vortrag über Allgemeines und Statistik, den Erreger der 
Tuberkulose und die Ursachen der Erkrankung, Infektionswege und Er- 


scheinungsformen, Erkennung und Behandlung, Verhütung und Bekämp- 


fung der Tuberkulose vorausgeschickt werden. — Es folgt die Beschrei- 
bung des Films. Rehs, Davos. 


172, Ferd. Komsies, Ein neuer Tuberkulosefilm. Tbe.-Fürs.-Bl. 
4. Jg. Nr. 11, Nov. 1917. 
Der Film: schildert die Geschichte zweier tuberkulosekranker Ärzte, 
von denen der eine eine Heilanstalt für Lungenkranke gründet und zur 
Bekämpfung der Krankheit beiträgt. Herm. Tachau, Heidelberg. 


173. Leo Burgerstein-Wien, Die Schule für ansteekende tuber- 
kulöse Kinder in RESSErIEDDETE: Tbe.-Fürs.-Bi. 4. Jg. Nr. 9. 
1917. 


Die 100000 Einwohner zählende dänische Stadt hat eine Schule 


für tuberkulöse, besonders offen-tuberkulöse Kinder errichtet.. Der mög- 

lichst im Freien oder bei geöffnetem Fenster stattfindende Unterricht wird 

durch Ruhezeiten auf der an das Schulzimmer anstossenden Liegehalle 

unterbrochen. Die Schule enthielt bisher 8 Kinder, sie ist für 16 geplant. 
Tachau, Heidelberg. 


174. w. May, Über Tuberkulose im Säuglings- und Kindesalter. 
Tbe.-Fürs.-Bl. 4. Jg. Nr. 9, 1917. 


Allgemeinverständlicher Vortrag. | Tac hr au, Heidelberg. 


175. .Wilh. Müller-Sternberg, Die Errichtung von selbstän- 
digen Universitätskliniken und Lehrstühlen für das Tuber- 
.kulosefach. W. kl. W. 1917 Nr. 45. Ä 
Alfred Götzl, (Gleicher Titel). W. kl. W. 1917 Nr. 48. 


Müller: Der Krieg hat die Zahl der Tuberkulosefälle gewaltig ver- 
mehrt. Die Sanitätsbehörden haben - erkannt, dass die Bettenzahl eine 
unzureichende ist, .dass die Verschleppung der Seuche eine unheimliche 
Ausdehnung annimmt, und „dass das fachmännisch geschulte Ärzte- und 
Pflegepersonal zur Behandlung der Tuberkulose bei weitem. nicht in ge- 
nügender Menge vorhanden: ist“. „Das Interesse an den tuberkulösen 
Erkrankungen, insbesondere an der Lungenschwindsucht, ist bei der Mehr- 
heis der Ärste viel zu mangelhäft ausgebildet, jedenfalls nicht entsprechend 
der grossen Gefahr, welche diese Krankheit für die menschliche Gesell- 
sghaft .bildet.“.. Nur. der-Heilstättenarzt und. der Spezialist haben an der 


m: 


90 . Allgemeines und Grenzgebiete. 


Tuberkulose ein Interesse, in den Krankenhäusern ist dieselbe ein Stief- 
kind. Das Interesse an der grossen Sache muss geweckt werden, und 
das kann nur auf der Hochschule geschehen. Im Kriege haben 
sich „die Ärzte im Tuberkulosefache ihren Aufgaben nicht 
oder nur ungenügend gewachsen“ gezeigt. Die grosse Mehrzahl 
der ausserhalb der eigentlichen Heilanstalten tätigen Ärzte hat nie eine 
exakte praktische und theoretische Schulung in diesem Spezialfache er- 
halten. Schon im Frieden war die Zahl der tuberkulosegeschulten Ärzte 
viel zu gering, speziell mit Rücksicht auf die Weiterbehandlung der aus 
den Heilstätten Entlassenen. „Die Ärzte verschulden demnach 
selbst zum Teil die Ausbreitung der Lungenschwindsucht“ 
„Der grösste Teil der tuberkulosebehandelnden Ärzte ist ohne fach- 
männische Ausbildung, die Behandlung ist eine willkürliche und nicht 
auf wirkliche Heilgrundsätze gestützt.“ Der praktische Arzt wird vor 
Aufgaben gestellt, denen er nicht gewachsen ist. Der Anfang einer 
energischen und zielbewussten Tuberkulosebekämpfung muss auf der 
Klinik erfolgen. „Es muss die Tuberkuloseklinik und Poliklinik als 
selbständiger Zweig der Schulmedizin ins Leben gerufen werden.“ „Die 
Hauptsache ist, dass die Wissenschaft von der Tuberkulose ein selb- 
ständiges Lehrfach werde und die erforderlichen Lehrstühle — ge- 
schaffen werden.“ 

. Götzl weist es zurück, dass den. Ärzten, wenn auch nur zum Teil 
und mittelbar, eine Schuld an dem Umsichgreifen der Tuberkulose bei- 
gemessen werde. Wir können nur stolz darauf sein, dass im Militär- 
dienste jeder Arzt auf jedem Posten, auf den er gestellt wird, leistet, 
was er zu leisten imstande ist. 

Die Frage, ob die Tuberkulose als Spezialfach gelehrt werden soll, 
erscheint diskutabel. Nur darf dies nicht, wie Müller vorschlägt, bloss 
hinsichtlich der Therapie gelten. Ebenso wichtig wäre der Unterricht in 
der Pathologie, den physikalischen Untersuchungsmethoden, sowie den 
Hilfswissenschaften. Ganz besonders wünschenswert erscheint die A uf- 
klärung der Ärzte bezüglich der Tuberkulose als sozialer 
Krankheit. Die medizinische Jugend wäre so zu erziehen, dass sie 
in dem Tuberkulösen nicht nur den uninteressanten, lästigen „Fall“ sieht, 
sondern die Bedeutung des sozialen Milieus für diese Krankheit, für ihre 
Verhütung und Behandlung richtig zu schätzen lernt. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


176. F. Reich, Ein Apparat zur Blutentnahme bei Meerschwein- 
chen. D. m. W. 1917 Nr. 4. 

Verf. beschreibt einen kleinen, von der Firma Seitz für 3 Mark an- 
gefertigten Glasapparat, mittelst dessen nach der Art eines Schröpfkopfes 
aus dem Meerschweinchenohr 6—8 ccm Blut abgesaugt und direkt in 
ein angeschlossenes Zentrifugenröhrchen abgelassen werden können. Diese 
Blutentnahme schädigt .das Tier fast gar nicht, und kann alle 3—4 Wochen 
wiederholt werden, ` C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


177. E. Liebemann, Zur Methodik der SERBOBLDPIRDERUBUNUNGS 
Zbl. f. inn. M. 1917 Nr. 28. 


Die Prüfung der Hämoglobinbestimmung mittelst = Skala von 


Allgemeines und Grenzgebiete. 91 


Tallquist durch Vergleich mit dem Hämometer von Sahli ergab für 
die erstere einen durchschnittlichen Fehler von zirka 10°/o, einen maxi- 
malen Fehler von 25°/o. Die Methode von Tallquist muss daher selbst 
nur für eine oberflächliche Bestimmung als unbrauchbar bezeichnet werden. 
C. Kraemer II, Wilbelmsheim. 


178. Hoeflmayr, Brief aus Bayern. D. m. W. 1917 Nr. 26. 


Auf dem Haustein bei Deggendorf im Bayerischen Wald wurde ein 
Sanatorium für Lungenkranke der mittleren Stände errichtet. -Unbe- 
mittelten werden sogar aus Vereinsmitteln Freiplätze geboten. Im Jahre 
1916 betrug die Zahl der Verpflegungstage 33028. 

C. Kraemer II, Wilbelmsheim. 


179. H. Hirschfeld, Zur makroskopischen Diagnose der Leuko- 
zytose und der Leukämie im Blute. Die makroskopische 
Oxydasereaktion. D. m. W. 1917 Nr. 26. 


Der makroskopische Nachweis einer, besonders leukämischen, Leuko- 
zytenvermehrung lässt sich sehr einfach dadurch ausführen, dass man 
einige Tropfen Blut in ein mit gewöhnlichem Wasser gefülltes Reagensglas 
bringt. Bei normalem Blut tritt schnell völlige Lösung der Erythrozyten 
ein und man erhält eine durchsichtige, rote Flüssigkeit; bei sehr leuko- 
zytenreichem Blut bleibt die Mischung trübe und undurchsichtig, weil die 
Leukozyten sich nicht lösen, sondern aufquellen. Diese Methode stellt 
eine Vereinfachung der von Bittorf, und schon früher von Carl Hirsch 
und Eduard Stadler angegebenen dar. 

Verf. konnte auch eine neue Reaktion zur makroskopischen Unter- 
scheidung von Iympbatischer und myeloider Leukämie im Blut ausarbeiten. 
Wenn man einige Tropfen Blut einer myeloischen Leukämie in Wasser 
auflöst und nun vorsichtig das zur mikroskopischen Oxydasereaktion 
dienende Gemisch (Mischung von gleichen Teilen einer 1°/o igen a-Naphthol- 
lösung, die mit 1°/o Kalilauge versetzt ist, und einer 1°/oigen wässerigen 
Lösung von Dimethylparaphenylendiamin) überschichtet, so tritt an der 
Berührungsstflle momentan ein blauer Ring auf, der sehr schnell tief- 
dunkel wird. Auch bei stärkeren Leukozytosen erhält man eine Blau- 
färbung, niemals 3 dagegen bei dem Blut einer Iymphatischen Leukämie. 

C. Kraemer II, Wilhelmsheim. 


180. RB. Scheller, Influenza oder Grippe? D. m. W. 1917 Nr. 32. 


Influenza und die heimische Grippe sind klinisch verschiedene Er- 
krankungen. Der R. Pfeiffer’sche Iofluenzabazillus ist tatsächlich der 
Erreger der Influenza; sie ist ätiologisch scharf zu trennen von anderen, 
wenn auch ähnlichen Krankheitsprozessen, die durch Bakterien beschrie- 
bener Art, wie z. B. Pneumokokken, Streptokokken und andere hervor- 
gerufen werden. — Bei dem von Stephan neuerdings beschriebenen 
„neuen Influenzaerreger bei epidemischer Influenza“ handelt es sich besten- 
falls um einen neuen Grippeerreger bei heimischer Grippe; ausserdem 
findet ibn Verf. stark Gram-beständig, während ihn Stephan als Gram- 
negativ bezeichnet. C. Kraemer II. 


92 ' Allgemeines und Grenzgebiete. 


181. Kaulen, Über den Einfluss des Fliegens auf das Blutbild 
bei Menschen, Kaninchen und Mäusen. D. m. W. 1917 Nr. 50. 


Zusammenfassung: 1. Bei den meisten Fliegern ist nach 3 Monaten 
eine Vermehrung der roten Blutkörperchen und eine Zunahme des Hämo- 
globingehaltes des Blutes festzustellen, ohne dass beide in einem Abhängig- 
keitsverhältnis zueinander oder zur Flugzeit stehen. 

Die Leukozyten bleiben quantitativ normal, qualitativ ist jedoch häufig 
eine Lymphozytose nachzuweisen. 

2. Ein einzelner Flug ruft keine erkennbaren Veränderungen des 
Blutbildes hervor. 

3. Unter dem Einfluss des Fliegens scheint bei Mäusen und Kanin- 
chen das Blutbild in ähnlicher Weise verändert zu werden wie beim Menschen. 

C. Kraemer II. 


182. E. F. Schmitz, Die Verwandlungsfähigkeit der Bakterien. 
Experimentelles und Kritisches mit besonderer Berücksich- 
tigung der Diphtheriebazillengruppe. Habilitationsschrift. Jena 
1916. 

Durch fortgesetzte Meerschweinchenpassage ist es möglich, Diphtherie- 
bazillen nach Morphologie, Färbbarkeit, Kulturwachstum, Traubenzucker- 
vergärung und Virulenz die Eigenschaften von Pseudodiphtberiebazillen 
zu verleihen. Die typischen Merkmale des Diphtheriebazillus gehen bei 
diesem Vorgange nicht sprungweise, sondern allmählich verloren, so dass 
nach den ersten Tierpassagen alle Übergänge und Zwischenstufen ge- 
funden werden. 

Im Komplementablenkungsversuch wird die Verwandtschaft der durch 
die Tierpassage veränderten Stämme mit dem ursprünglichen Stamm er- 
wiesen. Es handelt sich demnach nicht um eine Umwandlung in eine. 
neue Art, Mutation, sondern um eine Veränderung, Variation. 

Durch die vorliegenden, exakt ausgeführten und beweiskräftigen Tier- 
versuche des Verf. erhält daher die Anschauung, dass Dipbtheriebazillen 
und Pseudodiphtheriebazillen einer gemeinsamen Bakteriengruppe angehören, 
eine gewichtige Stütze. | | Hans Müller. 


183. Kulenkamp, Brief aus Kurland. D. m. W. 1917 Nr. 19. 


Die tuberkulöse Durchseuchung der Bevölkerung ist in Kurland, 
namentlich in den nördlichen Teilen, wesentlich stärker als in Deutsch- 
land. Wenn, wie Verf. hofft, das Land in deutschen Händen bleibt, 
harrt der Ärzte und der Verwaltung dort eine schöne Aufgabe. 

| C. Kraemer II, Stuttgart. 


184. A. Loewy, Über den Stoffwechsel im Wüstenklima. Zschr. 
f. Baln. 9. 1916 Nr. 718. 


Wurde in früheren Zeiten das Gebiet der Heilanzeigen für einen 
Aufenthalt in Ägypten auch weiter gefasst als heute, so kommt das dortige 
Klima auch jetzt noch für gichtisch-rheumatische Krankheiten, für gewisse 
Formen von Tuberkulose und für Nierenkrankheiten in Betracht. 
Als wesentliche Eigentümlichkeiten des ägytischen Klimas stellen sich — 
entsprechend seinem Charakter als Wüstenklima — die Trockenheit der 


Allgemeines und Grenzgebiete. 93 


Luft und die Intensität der Belichtung dar, wobei letztere als Folge der 
ersteren zustande kommt. Von der Lichtintensität wird therapeutisch nur 
beschränkt Gebrauch gemacht, indem im wesentlichen nur lokale Tuber- 
kulosen als Heilobjekte in Frage kommen. Der Besuch Tuberkulöser ist 
aber in den letzten Jahren in Ägypten zurückgegangen. Dagegen ist es 
die Trockenheit der Luft, deren Wirkung auf den Organismus man in 
erster Linie auszunutzen strebt. Für den Aufenthalt in Ägypten kommen 
die Wintermonate in Betracht. Als allgemeines Ergebnis der Loewy’schen 
Versuche stellt es sich heraus, dass das Wüstenklima die physika- 
lische Wasserdampfabgabe von den Lungen aus und mehr noch 
von der Haut erheblich steigert. Dabei wird die Schweisspro- 
duktion gar nicht oder in nur geringem Masse ängeregt, 
und zwar nicht bei Körperruhe, sondern bei schon nicht unbeträchtlicher 
körperlicher Arbeit. Eine Nierenentlastung, ganz allgemein 
gesprochen, besteht nicht. 
Wilhelm Neumann, z. Z. Baden-Baden. 


185. A. Stühmer, Beitrag zur Behandlung der Pneumonie mit 
Optochin. Med. Klin. 1916 Nr. 49. 


Bei anfänglicher Dosierung von 5X 0,25 Optochinum hydrochloricum 
über 24 Stunden geteilt, erlebte Verf, nach 9x0,25 g in 48 Stunden 
einmal völlige Amaurose mit Akkommodationslähmung mit gleichzeitiger, 
etwas früher einsetzender und schnell vorübergehender Hörstörung. Die Er- 
scheinungen seitens der Augen bildeten sich nach 48 Stunden wieder rest- 
los zurück. Verf. gibt seitdem die jetzt wohl allgemein übliche Dosis 
von 6 X0,2 g Optochin und setzt das Mittel sofort aus, sobald sich Ohren- 
sausen und Schwächung des Hörvermögens einstellen. Aus dem mässigen 
Erfolg der Optochinbehandlung — das Verhältnis der günstigen Fälle 
zu den Versagern war in seinem Material 3:2 — schliesst B., dass das 
Optochin das Lungengewebe nicht erreicht, sondern dass sich seine Wirk- 
samkeit auf die Blutbahn beschränkt. Bei von vornherein stationären 
Fällen wirkt es bei frühzeitiger Anwendung günstig, dagegen versagt es 
bei allen Fällen, die zum Fortschreiten neigen, besonders bei den Wander- 
pneumonien. Die Optochinbehandlung bedeutet keine Besserung der Pro- 
gnose der Pneumonie quoad vitam. Berlin, Schömberg. 


186. Fuld, Zur Behandlung der kruppösen Pneumonie. Zschr. f. 
physik. u. diät. Ther. Bd. 20. H. 1. 


Verf. würdigt die verschiedenen zur Behandlung der kruppösen Pneu- 
monie empfohlenen Mittel, die alle kein zufriedenstellendes, einwandfreies 
Resultat erkennen lassen; das gilt auch von der Serum-, der Kampfer- 
und der Optochin- Therapie. Man wird also noch weiter suchen müssen 
nach Mitteln, die bei der Behandlung der Pneumonie, wenn auch nur 
als Unterstützungsmittel, zu verwenden sind. Das Fazit aller Wand- 
lungen, welche die Lehre von der Pneumoniebehandlung durchgemacht 
hat, lautet: Ablehnung aller erheblichen Eingriffe und Begünstigung der 


Naturheilung. Weihrauch, 
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


94 Allgemeines und Grenzgebiete. 


187. Grumme-Fohrde, Über die Gefährlichkeit der innerlichen 
Joddarreichung bei Quecksilberanwendung am Auge. Besteht 
ein Unterschied für verschiedene Jodpräparate? Arch. f. exp. 
Pathol. u. Pharm. 77 1914. 

Organische Jodverbindungen (Jodtropon) werden sowohl durch den 
Urin wie auch durch die Tränenflüssigkeit in weitaus geringerem Prozent- 
satz wie die anorganischen Jodsalze ausgeschieden. Die Ausscheidung im 
Urin hat Verf. durch die Lesser’sche Kalomelreaktion nachgewiesen, die 
Ausscheidung durch die Tränenflüssigkeit bei Kanincben durch Aufstreuen 
von Kalomel in den Augenbindehautsack bei innerer Joddarreichung 
(Bildung von Quecksilberjodid, welches schwere Entzündungserscheinungen 
verursacht). Bei Verfüttern von Jodtropon fielen die Entzündungeer- 
scheinungen am Auge bei gleicher Jodgabe weniger schwer aus. Sie halıen 
weniger Neigung in die Tiefe zu gehen und bilden sich eher zurück. 

Verf. möchte diese Versuche nicht ohne weiteres auf den Menschen 
übertragen wissen, regt aber zu weiteren Versuchen au. Da manche 
Patienten kritiklos ihre einmal vom Arzte verschriebene Kalomelsalbe 
bei neuen Entzündungen der Augenbindehäute wieder anwenden, ohne dass 
vielleicht ein zweiter Arzt hiervon etwas weiss, dürfte die Verwendung 
von Jodtropon einer sonst mit Sicherheit eintretenden schweren Schädigung 
des Auges vorbeugen. Hans Müller. 


188. A. Böttner, Über den Einfluss der Kriegskost auf die Salz- 
säuresekretion des Magens bei magengesunden Menschen. 
Med. Klin. 1917 Nr. 5. 
Durch eigene wie anderer Autoren Beobachtungen über das jetzt 

recht häufige Auftreten sub- und anacider Magenbeschwerden angeregt, 

hat B. bei 64 magengesunden Patienten der Königsberger Poliklinik ‘die 

Aziditätsverhältnisse des Magens nach einem Engel’schen Probefrühstück 

untersucht. Als Durchschnittswerte fand er für freie Salzsäure 9, für 

Gesamtsäuremenge 28, also Werte, die weit hinter der Norm zurück- 

bleiben. Die Untersuchung des Duodenalsaftes ergab normale Werte. B. 

führt diese auffallend niedrigen Magensäurewerte auf die Kriegskost und 


zwar höchstwahrscheinlich auf den Mangel animalischer Nahrung zurück. 
Berlin, Schömberg. 


189. C. v. Noorden und Ilse Fischer, Über Getreidekeimlinge 
als Volksnahrungsmittel und Nährpräparat. Ther. Mh. 1917 
Nr. 1. | 
Aus den Keimlingen der Roggen- und Weizenkörner, die beim gewöhn- 
lichen Mahlverfahren in die Kleie wandern, wird ein Nährpräparat namens 
„Materna“ hergestellt. Die Materna ist ein feines gelbes Pulver von süsslichem 
und leicht bitterem Geschmack. Die chemische Analyse ergibt unter anderm: 
Wasser 10,79 °/o, Stickstoff 5,86 °/o, Stickstoffsubstanz (als Eiweiss berechnet) 
36,6 °/0, Fett 9,98 °/o, Zuckerarten -+ Dextrin 12,34 °/o, stärkeartige Stoffe 
15,54 0/0, Mineralstoffe 5,14 %/o und Lezithin 1,39 °/o% 100 g Materna 
enthalten 360—370 Kalorien. Die Stickstoffverbindungen besitzen wegen 
ihrer hohen „biologischen Wertigkeit“ die Fähigkeit, verbrauchtes Körper- 
eiweiss zu ersetzen. Die Kohlenhydrate sind in leicht resorbierbarer Form 
enthalten. Die Materna hat sich als äusserst brauchbares Nährpräparat 


Allgemeines und Grenzgebiete. 95 


für Diabetiker erwiesen. Die Mineralstoffe sind reich an Nährsalzen. 
50 g Keimlingssubstanz enthalten ebensoviel Nährsalze wie 250 g Roggen- 
backmehl. Die Materna ist äusserst gut resorbierbar. Die, Materna wird 
Erwachsenen wie Kindern (über 4 Jahre) in Mengen von 50 g pro Tag 
auf 3 Portionen verteilt gegeben. Sie soll nicht gekocht werden, sondern . 
in beissem Wasser, Kakao, dicken Suppen, Kartoffel-, Gemüse- und Apfel- 
breien umgerührt werden. Sie darf überall gegeben werden, wo der Er- 
nährungszustand einer Nachhilfe bedarf. Besonders gute Resultate sind 
bei schwächlichen Kindern, Anämischen, beginnender Tuberkulose, Schwan- 
geren und stillenden ' Frauen beobachtet worden. Da die Getreidekeim- 
linge vom Kriegsausschuss zur Speiseölgewinnung wegen ihres hohen Fett- 
gehaltes beschlagnahmt sind, kommt nächstens neben dem kalorienreichen 
Maternapräparat ein Pulver aus entölten Getreidekeimlingen in den Handel. 
Es kommt als eiweissreiches Volksnährungsmittel in Betracht. Die Re- 
sorption der entfetteten Keimlingssubstanz bleibt hinter der der Materna 
etwas zurück, muss aber auch noch als sehr gut bezeichnet werden. 
Berlin, Schömberg. 


190. Franz Schacht, Die Sicherstellung der Volksvermehrung. 

Arch. f. Frauenkunde u. Eug. 3. 1917 H.3 u. 4. 

Die Volksvermehrung muss in den oberen Schiehten der Bevölkerung 
einsetzen. Dieselbe durch grössere eheliche Fruchtbarkeit erreichen zu 
wollen, erscheint aussichtslos.. Bleibt die Vermebrung der unehelichen 
Kinder in den besten Gesellschaftsschichten. Unsere Frauen müssen sich 
aus vaterländischen Gründen der höberen Pflicht der Fortpflanzung unter- 
ziehen, wie sie nirgends gezögert haben, in aufopferndster Weise sich dem 
Vaterlande zur Verfügung zu stellen. Eine Frau, die in der Lage ist, 
sich selbst und ibr Kind zu ernähren, soll den Mut haben, der Konven- 
tion und der Kirche entgegenzutreten und ihre vaterländische Pflicht zu 
erfüllen. Ist der Bann der Konvention erst einmal gebrochen, dann wird 
diese - „Selbsterlösung“ der Frau unabsehbaren Segen stiften und Kirche 
und Gesetz werden auch hierzu ihre Stellung nehmen müssen. 

Der Gedanke ist gross und edel. Aber wo ist da die notwendige 
Grenze zu ziehen und wobin soll das führen ? (Ref.). 

Hans Müller. 


191. Much, Paul Römer. Zschr. f. Tbe. Bd. 25 H. 6. 


Nekrolog. Weihrauch, 
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


192. Sir St. Clair Thomson, Shakespeare’s references to con- 

sumption, climate, and fresh air. Brit. Journ. of Tub. Vol. XI 

Nr. 3, Juli 1917. 

‘Der bekannte Londoner Laryngologe gibt im Anschluss an die in Eng- 
land gefeierte 300. Wiederkehr von Shakespeare’s Todestag (23. April 1916) 
eine unterhaltende Zusammenstellung von Zitaten aus des Dichters Werken, 
- die zeigt, wie der grosse Brite echon damals die Wichtigkeit von Klima 
und frischer Luft bei Erkrankung an Lungenschwindsucht kannte und 
hygienisches Verhalten und Reinlichkeit fordert. Wenn er z. B. Corio- 
lan (II, 3) folgende Weisung an die Bürger Roms senden lässt: 


96 Allgemeines und Grenzgebiete. 


„Sagt ihnen, dass sie sich 

Abwaschen im Gesicht und ihre Zähne 

Rein halten. —“ — 
und andererseits wohl der erste britische Monarch, der eine Zahnbürste 
- sah, Georg III. war (1738—1820), so dürfte man sich füglich wundern, 
dass Shakespeare diese ästhetische Hygiene schon vor 300 Jahren ge- 
predigt habe. Amrein, Arosa, 


193. Bardales, Einleitung zu meinen Untersuchungen über die 
Tuberkulose und das Klima von Jauja (Peru). Einfluss des 
Klimas auf die Tuberkelbazillen. Inaug.-Diss. Lima 1914. 


Der Einfluss des Klimas von Jauja (einer Stadt in 3000 m Höhe 
mit gemässigtem Klima) auf die Tuberkulose unterscheidet sich nicht von 
dem anderer Ortschaften. 

Das Sonnenlicht ist der einzige klimatische Faktor, der abschwächend 
auf die Tuberkulose wirkt oder sie vernichtet. Davon hat sich Verf. 
bei zahlreichen angestellten Versuchen überzeugt, bei denen tuberkulöse 
Impfstoffe 40 Stunden lang den verschiedenen Einflüssen des Wetters 
ausgesetzt wurden und danach Meerschweinchen nicht mehr zu infizieren 
vermochten. Direktes Sonnenlicht tötet die Bazillen in viermal kürzerer 
Zeit als schwaches oder intensives diffuses Licht. 

Temperaturschwankungen der Umgebung üben keinen merklichen 
Einfluss auf die Bazillen aus. Während einer 30 tägigen Beobachtungs- 
zeit konnte keine Verminderung ihrer Lebensfähigkeit nachgewiesen werden. 
Was den Einfluss der Luftdruckschwankungen betrifft, so blieben die 
Proben virulent, nachdem sie 51 Stunden dem Sturm ausgesetzt worden 
waren. Die Wirkung des Ozons war gleich null. Proben, die 102 Tage 
lang im Dunkeln gehalten worden waren, hatten ihre Virulenz bewahrt. 
Die Wirkung der Höhe auf Lebensfähigkeit und Virulenz der Bazillen 
war ebenfalls gleich null. Die Tuberkulose entwickelt sich genau ebenso 
gut im Höhenklima wie in der Ebene. 

Verf. zieht seine Schlüsse aus seinen sehr zahlreichen Untersuchungen. 

J. Chabäs. 


194, Aráoz Alfaro, Bekämpfung der Tuberkulose in Argen- 
tinien. Rev. del cir. Méd. Argentina, 1. IX. 1915. 


In Argentinien sird der Schaden, den die Tuberkulose anrichtet und 
ihre Bekämpfungsmöglichkeiten nicht so ungünstig, wie in anderen Län- 
dern, In Argentinien sterben jährlich 10000 Menschen an Tuberkulose, in 
' Buenos Aires 2500—3000, d.h. 10°/o der allgemeinen Sterblichkeit; 
1,69—1,57 von 1000 Einwohnern. 

Die Bekämpfung sollte verstaatlicht werden, nicht nur die Bekämpfung 
der Tuberkulose, sondern die einer jeden Ursache für die Schwächung 
der VORMEAUDENEE J. Chabäs, 


Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 











Goepel, R. 115. Kraus 126. 


v. Koränyi, A. 100, * 


v. Pirquet 109, 122. 


I. Referate, 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. 


19%. Hart, Über Beziehungen der Bron- 
chitis mucinosa plastica bzw. essentiellen Bron- 
chitis ibrinosa zur tuberkulösen Lungenphthise. 
— 1%. Hartung, Leber und Tuberkulose. — 
197. Orth, Über einige Tuberkulosefragen. — 
198. Korányi, Zur Methodik der experimen- 
tellen Therapie der Tuberkulose. — 199. Kar- 
ezag, Künstliche Beeinflussung der Tuberku- 
lose-Allergie. — 200. Orszag, Reaktionsfähig- 
keit Tuberkulöser. — 201—2038. Begtrup- 
Hansen, Hartog, Forssner, Tuberkulose 
und Gravidität. — 204. 205. Spiegelberg, 
Koch, Fieber und Tuberkulose. — 206. Auf- 
recht, Über Erkältung. — 207. Warnecke, 
Über Tuberkulose und Basedow-Symptome. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 
208. Landau, Diphtherieähnliche Bazillen 
bei chronischer Bronchitis. — 209. Meren- 





herausgegeben von 
Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder 
Ärztlicher Direktor des Allgem. o. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg, 
Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
Redaktion: Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Dirig. Arst der Neuen Heilanstalt für Würzburg. 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. Ludwigstrasse 23?/.. 
12. Jahrg. Ausgegeben am 30. April 1918. Nr. 4. 
Inhalt. 
Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 

Abel 122. Grau 106. Krohne 120. Pöhlmann 111. 
Aufrecht 104. Handtmann 112, Kruse, W. 114, Ország, O. 101, 106. 
Bacmeister, A. 110, 111.) Hart 98. Kuhn, E. 114. Orth W. 
Bälint, R. 118, 119. Hartog, C. M. 103. Kuhne 115. Ranke 116. 
Begtrup-Hansen, Th. Hartung 99. Landau 108. Riese 112. 

101. Hayward, E. 119. Landegger, M. 113. Roecbelt 116. 
Behr 106. Heitmann, N. 112. Langstein 122. Rotky, H. 116. 
Böhm 126. Hetsch 125. Lenz 128. Salomon 106. 
Burgerstein 123. Jacobs, T. 108. Leu 124. Saxl 112. 
Dippe 121. v. Jaksch, R. 119. Lützow 111. Schmidt, F. A. 123. 
Ebel, S. 119. Jendrassik, b. 125. Madsen, 8. 110. Schröder 110. 
Ebeler, F. 108. Jessen 113, Mager, W. 118, 126. Sorgo, J. 118. 
Eber, A. 117. Karczag, L. 100. Merenlender, J. 105. Spiegelberg, H. E. 104. 
Engelmann 106. Kirebner 119. Minor, Ch. L. 107. Tandler 120. 
Forssner, H. 108. Klare 118. Neubauer, M. 112. Tauffer, W. 121. 
Gastpar 124. Koch. H., 104. Neufeld 127. Toleky 126. 
Geszti, J. 105. Kölliker 115. Noeggerath 122. Thiele 124. 
Glax, J. 119. Petruschky 119. Tillman, J. 107. 


Warnecke 105. 


lender, Thoraxbau und Lungentuberkulose. 
— 210. Geszti, Skoliose und Spitzenerkran- 
kung. 


ec) Diagnose und Prognose. 


211. Salomon und Engelmann, Zur 
Differentialdiagnose — Lungentumor. — 212. 
Orszäg, Über Diagnostik der Lungentuber- 
kulose — 213. Koränyi, Zur Methode der 
Lungenspitzenperkussion, — 214. Behr, Vor 
getäuschtes Fieber. — 215. Grau, Erfahrungen 
über die Begutachtung der Erwerbsfähigkeit 
bei Lungentuberkulose. — 216. Tillman, Uber 
die Symptomatologie der Herzfehlerlunge. 


d) Therapie. 

217. Minor, Problem of rest and exercise 
in tbe treatment of pulmonary tuberculosis. — 
218. Jakobs, Untersuchungen über 16 Fälle 
vaginaler Totalexstirpation des graviden Uterus 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forsehung. 12. 7 


98 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


ohne Adnexe wegen Lungentuberkulose — lung der Expektorantien der Tuberkulose — 


219. Eboler, Tuberkulose und Schwanger- 230. Neubauer, Toramin, ein nichtnarkoti- 
schaft unter dem Gesichtspunkt der sozialen sches Hustenmittel. — 231. Riese, Wirkung 
Lage. — 220. v. Pirquet, Quantitative Er- des Hypophysenextraktes bei Asthma bron- 
nährungstherapie. — 221. Madsen, Die Er- chiale und zur Asthmatheorie. — 232. Jessen 
nährungsfrage und die Tuberkulose. — 222. Über Lungenblutung und deren Behandlung. — 


Schröder, Über neuere Medikamente und | 233. Klare, Die Kalkther«apie der Hämoptoe. 
Nährmittel zur Behandlung der Tuberkulose. — | — 23. Kuhn, Lungentuberkulose und Blut- 
223. Baemeister, Über einige praktische | bildungsmittel. — 235-238. Kruse, Goopel, 


Fragen aus dem Gebiet der Phthisiotherapie. Kühne, Kölliker, Friedmann's Tuberku- 
— 224, 225, Bacmeister, Lützow, Zur losemittel. — 239. Rochelt, Die chirurgisehe 
Behandlung des tuberkulüsen Fiebers. — 226. | Behandlung der Lungenschüsse. — 240. Clinical 
Pöhlmann, Über Menthol-Eukalyptol-Injek- report on the applications of Eusol. — 241. 
tionen bei Lungentuberkulose. — 227. Handt- Rotky, Wirksamkeit der Balsame bei der 
mann, Erfahrungen mit dem Opiumpräparat Tuberkulose, — 242. Ranke, Tuberkulose- 
„Holopon®, — 228, Saxl, Physostigmin als bekämpfung nach dem Kriege. 


Expektorans. —- 229. Heitmann, Die Behand- 


1I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 
5. A. Eber, Die Tuberkulose der Tiere, 


III. Kongress- und Vereinsberichte. 


3, Watlenbrüderliche Vereinigung Deutsch- ` 1917 in Baden bei Wien: Il. Tagung vom 
lands und Osterreich-Ungarns: I. Tagung der  23.—26. Januar 1918 in Berlin. 


medizinischen Abteilungen vom 11.— 13. Oktober | 


IV. Mitteilung. 


Bemerkung zu der in Nr. 1 Bd. 12 ersehienenen Arbeit über Miliartuberkulose. 


l. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


195. Hart, Über Beziehungen der Bronchitis mueinosa plastica 
bzw. essentiellen Bronchitis fibrinosa zur tuberkulösen 
Lungenphthise. Zschr. f. Tbe. Ba. 28 H. 5. 


Auf Grund eigener und vergleichender Untersuchungen kommt Verf. 
zu folgenden Schlüssen : 

1. In der grossen Mehrzahl der Fälle, vielleicht sogar in allen, ist 
die sog. Bronchitis fibrinosa als eine sekundäre Affektion aufzufassen, der 
die tuberkulöse Lungenerkrankung ebenso wie andere chronische Lungen- 
schädigungen den Boden bereitet hat. 

2. Es darf als über jeden Zweifel sichergestellt gelten, dass nicht nur 
überhaupt, sondern auch bei der mit Lungentuberkulose kombinierten Form 
der sog. Bronchitis fibrinosa die Bronchialausgüsse bald muzinöser, bald 
fibrinöser Natur sind. 

3. Die aus Schleim als Grundsubstanz bestehenden Gerinnsel ver- 
danken ihre Entstebung einer Überproduktion von Schleim durch das 
Bronchialepithel oder die Schleimdrüsen oder beide zugleich, ohne dass 
sich mit Bestimmtheit ein Einfluss von Tuberkelbazillen und ihren Toxinen 
annehmen lässt. Sie kommt in gleicher Weise auch bei anderen chronischen 
Lungenveränderungen als den tuberkulösen vor. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 99 


4. Ist Schleim die Grundsubstanz der Bronchialausgüsse, so sollte 
man nur von einer Bronchitis mucinosa plastica sprechen, die vollständig 
der Colica mucosa an die Seite zu stellen ist (Neelsen). 

5. Die Entstehung fibrinöser Gerinnsel in den Bronchien bei tuber- 
kulöser Lungenerkrankung lässt sich in zweierlei Weise erklären, erstens 
durch die kontinuierliche Ausbreitung der fibrinösen Exsudation von den 
Alveolen auf die kleinen Bronchien bei käsiger Pneumonie, zweitens durch 
die Bildung fibrinöser Pseudomembranen auf der durch den Tuberkel- 
bazillus lädierten Bronchialschleimhaut. In solchen Fällen ist es erlaubt, 
von einer tuberkulösen Bronchitis fibrinosa zu sprechen. 

6. Fibrin und Schleim können zusammen in einer von Fall zu Fall 
wechselnden Zusammensetzung die Grundsubstanz der Bronchialausgüsse 
bilden. Die Überproduktion von Schleim wirkt zusammen mit der durch 
Epitheldefekte ermöglichten fibrinösen Exsudation. 

7. Die respiratorische Bronchusbewegung wirkt formgebend auf die 
Bronchialausgüsse. 

8. Bei der Bildung grosser baumartiger Ausgüsse eines ganzen Bron- 
chialgebietes handelt es sich um Grenzfälle, deren Seltenheit sich somit 
erklärt. Kleinere Ausgüsse entstehen wahrscheinlich gar nicht so selten 
und werden übersehen. Dabei kommt ihnen klinische Bedeutung zweifellos 
zu. Die schleimigen Gerinnsel spielen eine Rolle in dem oft schwer er- 
klärlichen Wechsel physikalischer Symptome, die fibrinösen hingegen lassen 
Schlüsse auf die Ausbreitung des tuberkulösen Prozesses zu. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


196. Hartung, Leber und Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd. 25 
H. 5. 

Verfasserin beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit die Leberzirrhose 
eine tuberkulöse Erkrankung sei; die anatomische Statistik ist zur Beant- 
wortung der Frage nicht ausschlaggebend. Nach den Ausfall der Pirquet- 
schen Probe kann kein Zweifel bestehen, dass die klinische Leberzirrhose 
in der Mehrzahl der Fälle keine tuberkulöse Erkrankung ist. 

Für die Frage, inwieweit Toxine der Tuberkelbazillen das Leber- 
gewebe schädigen, ist die Probe auf alimentäre Lävulosurie, auf Urobilin- 
urie und Urobilinogenurie massgebend, 

‘ Von 26 an verschiedenen tuberkulösen Erkrankungen Leidenden er- 
gaben 25 eine positive Lävulosurie. 

Bei 33 Tuberkulösen wurde die Urobilin- und Urobilinogenausscheidung 
geprüft; hier ergab sich kein zweifelsfreies Resultat. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


197. Orth, Über einige Tuberkulosefragen. B. kl. W. 1918 Nr. 4. 


Verf. setzt sich als Schüler von Rindfleisch und Virchow mit 
deren Lehren über Tuberkulose und Skrofulose auseinander und betont der 
Koch’schen Lehre gegenüber die Wichtigkeit des Typus bovinus für die 
menschliche Infektion. Es ist Verf. gelungen, bei Meerschweinchen echte 
phthisische Veränderungen in der Lunge zu erzeugen, wenn die Tiere vorher 
mit Schildkröten-Tuberkelbazillen bebandelt waren. Dieser Umstand ist 
wichtig für die Beurteilung der Phthiseogenese beim Menschen. Der Zu- 
sammenbang von Trauma und Tuberkulose ist so aufzufassen, dass dem 


7* 


100 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Trauma nur die Rolle eines auslösenden Momentes in einem schon vorher 
tuberkuloseinfizierten Körper zukommt. Am weitaus häufigsten entsteht 
eine Lungenschwindsucht beim Erwachsenen von einem Lungenherde aus. 
Bei der überwiegenden Mehrzahl der Phthisiker finden sich keine ana- 
tomischen Veränderungen im Bereich der Lymphdrüsen des Respirations- und 
Verdauungsapparates, eine Tatsache, die gegen die Behring’sche Theorie 
der Tuberkuloseentstehung spricht. Der positive Ausfall der Tuberkulin- 
probe an der Haut kann nicht nur durch eine bestehende tuberkulöse 
Organerkrankung bewirkt werden, sondern auch auftreten, wenn der Orga- 
nismus Tuberkelbazillen aufgenommen hat, ohne dass diese zu krankhaften 
Veränderungen geführt haben. Eine exogene Infektion Erwachsener be- 
steht zweifellos. 

Es bleibt zu überlegen, ob eine bovine „Invasion“ mit Tuberkel- 
bazillen nicht den Boden vorbereitet für eine Infektion mit humanen Ba- 
zillen, die dann zur Lungenschwindsucht führt. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde. 


198. Alex, v. Koränyi, Zur Methodik der experimentellen 
Therapie der Tuberkulose, Orvosi Hetilap 1917 Nr. 25. 

Auf Grund weitgehender Untersuchungen, bei denen dem Verf. seine 
Schüler Karczag und Benczúr behilflich waren, gelang es, manche 
Faktoren zu bestimmen, wodurch die Allergie von mit Tuberkulose infi- 
zierten Meerschweinchen beliebig zu heben oder abzuschwächen ist, und 
man war auch in der Lage nachzuweisen, dass diesen Faktoren gegenüber 
das tuberkulöse Tier und der tuberkulöse Mensch sich gleichartig benehmen. : 
Sonnenlicht und gute Ernährung, Jod, kleine Gaben von Benzol etc. heben 
die Allergie, d. h. die Immunkörperproduktion, Mangel an Licht und ent- 
sprechender Ernährung, grosse Dosen von Benzol etc. setzen die Allergie 
des Körpers herab. 

Das Sinken der Allergie nach Morbilli, Typhus usw. geben gute 
Fingerzeige dafür, dass Faktoren, welche die Allergie schwächen, zur Tuber- 
kulose disponieren und andere, welche die Allergie erböhen, die Resistenz 
des Körpers gegenüber der Tuberkulose vermehren. Die die Tuberkulose 
günstig beeinflussenden Mittel haben wir daher unter den die Allergie 
erhöhenden Agentien zu suchen, ähnlich wie das Mittel gegen Syphilis unter 
denjenigen Stoffen, welche die Wassermann’sche Reaktion negativ ge- 
stalten können, 

Die schönen Untersuchungen zeigten, dass die Reaktionen des tierischen 
und menschlichen Organismus auf das Tuberkulosegift (also auch die Krank- 
heit, solange sie nicht sehr vorgerückt ist) auch durch nicht spezifische 
Faktoren beeinflussbar sind. Damit erweitert sich aber der Rahmen des 
ärztlichen Könnens im Bereiche des Kampfes gegen die Infektionskrank- 
heiten im allgemeinen. Unsere Waffen vervielfältigen sich und bleiben 
nicht bloss auf die Chemo- und Immuntherapie beschränkt. 

D. O. Kuthy, Budapest. 


199. Ladislaus Karczag, Untersuchungen über die künst- 
liche Beeinflussung der Tuberkulose-Allergie. Orvosi Hetilap 
1917 Nr. 26. 
Auf Grund des im obigen Referat entwickelten Ideenganges von 
B. Alexander v. Koränyi wurden auf der III. internen Klinik der Uni- 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 101 


versität Budapest mit Zuhilfenahme des Krankenmateriales einer grossen 
Militärerholungsstätte in Oberungarn (ärztl. Leiter Benczür) weitangelegte 
Untersuchungen bezüglich der künstlichen Beeinflussung der Allergie bei 
mit Tuberkulose infizierten Tieren und an Tuberkulose erkrankten Menschen 
ausgeführt. 200 Tiere und mehr als 200 Menschen bildeten das Substrat 
der Untersuchungen, aus welchen ca. 15000 Protokollaufzeichnungen resul- 
tierten. Die Veränderungen der Allergie beurteilte man teils aus dem Ver- 
halten der Reaktionsintensität nach intrakutanen Tuberkulinimpfungen, teils 
— um schon vor Ablauf der sich nach Römer auf 3 Wochen belaufenden 
Inkubationszeit der experimentellen Tuberkulose einen Wegweiser bekommen 
zu können — aus der verschiedenen Vergrösserung der inguinalen Lymph- 
knoten. Die Allergie-hebende Wirkung des Lichtes, der entsprechenden 
Ernährung, den ähnlichen Einfluss von kleinen Benzol- sowie Jodkali-Dosen, 
die Allergie.schwächende Wirkung des lichtarmen Milieus, der Unterernäh- 
rung, der grossen Benzolgaben, der prä- und postmenstruellen Zeitperiode, 
der Typhus-Schutzimpfung etc. wurden in der Arbeit teils graphisch, teils 
durch tabellarische Beobachtungsergebnisse illustriert. 
D. O. Kuthy, Budapest. 


200. Oscar Ország, Einige Erfahrungen bezüglich der Reak- 
tionsfähigkeit Tuberkulöser. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 48. 

O. beobachtete ein gehäuftes Auftreten von Tonsillitis im Königin 
Elisabeth-Sanatorium bei Budapest, wobei 31,5 °/o der Kranken der Männer- 
abteilung der Heilstätie (36 von 114) befallen wurden. Die Mandelent- 
zündungen traten insbesondere bei den I. Stadien auf (bei 31 von 55), 
viel seltener im II. Stadium (bei 4 von 42) und ganz selten im III. Sta- 
dium (bei 1 von 17). Die Tonsillen der Schwerlungenkranken zeigten 
sich somit gegenüber der äusseren Infektion widerstandsfähiger. Schäd- 
liche Folgen konnten nach Abklingen der Hausepidemie nicht konstatiert 
werden. — Ein anderes Mal wurden 80 Kranke der männlichen Abteilung 
gegen Variola revakziniert. Dabei beobachtete man um so weniger 
positive Erfolge, je schwerer das Lungenleiden war. Auf den subjektiven 
und objektiven Zustand des Patienten war die Impfung wirkungslos. 

O. führte auch Untersuchungen bezüglich des Zusammenhangs zwi- 
schen Pockenimpfung und Allergie aus. Dabei zeigte es sich, dass Tuber- 
kulin und Pockenvakzine sich gegenseitig absolut nicht beeinflussen. Ver- . 
fassers Untersuchungen brachten auch den Beweis, dass kein Grund für 
uns vorliegt anzunehmen, dass die Pockenimpfung Disposition für Tuber- 
kulose erzeugen oder auf den tuberkulösen Prozess nachteilig einzuwirken 
imstande wäre, D. O0. Kuthy, Budapest. 


201. Th. Begtrup-Hansen, Lungentuberkulose und Schwanger- 
schaft. Bibliotek for Læger 1917. 

Die Frage der Einwirkung der Schwangerschaft auf die Lungentuber- 
kulose ist noch eine offene. Die Antwort ist von Zeit zu Zeit verschieden, 
sogar widersprechend gewesen, indem die Auffassung das Verhältnis von 
einem günstigen Einfluss zu einem schädlichen geschwungen hat. Warum 
ist nicht eine einstimmige Auffassung eines so alltäglichen Verhältnisses 
erreicht ? 

Als eine Erklärung könnte man sich denken, dass die Schwanger- 
schaft, die Geburt und das Wochenbett eine Reihe verschiedener Phasen 


i 


102 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


darbieten, die jede ihren Einfluss ausübt, und dass das Endresultat auf 
der Stärke und der Dauer der einzelnen Phasen beruhe. 

An einem Material von 299 Fällen hat Verf. die Frage aus dem 
obengenannten Gesichtspunkte beleuchtet. Die Fälle sind teils im Hospital 
(59), teils in Sanatorien (60), teils in Entbindungsanstalten (95) beobachtet, 
endlich sind 85 Fälle aus der Literatur mitgenommen. Das Material ist 
also so vielseitig wie möglich. 

Die erste Frage ist: in welchem Zeitpunkte der Schwangerschaft ent- 
steht oder verschlechtert sich eine Phthise? Teilt man die Schwangerschaft 
in drei Phasen, à drei Monate, so zeigt es sich, dass die ersten Sym- 
ptome der Entstehung oder der Verschlechterung bei 58 ,5 °/0 im ersten, 
bei 20,2°/o im zweiten, bei 16,5°/o im dritten Drittel sich zeigen, endlich 
bei 4,8°/o im Puerperium. 

Wenn man die Entstehung für sich und die Verschlechterung für 
sich untersucht, findet man dasselbe Verhältnis. 

Der weitere Verlauf der Phthisis während der Schwangerschaft wird 
nun untersucht, und es zeigt sich, dass viele der Fälle, die in der ersten 
Hälfte der Schwangerschaft eine Verschlechterung gezeigt haben, in der 
zweiten Hälfte eine auffallende Neigung zur Besserung zeigen. Die 
Besserung äussert sich in Temperaturabfall, Abnahme der Brustsymptome, 
besonders aber in einer bedeutenden Gewichtszunahme. Die Besserung ist 
am meisten ausgesprochen bei Kranken, die im Hospital oder Sanatorium 
behandelt wurden, und wurde beobachtet bei Patienten aller Stadien. 

Die Verhältnisse des Puerperiums geben ein anderes Bild: ca. 60 °/o 
der Fälle wurden verschlechtert, ca. 30 °/o starben. 

Wir haben also drei verschiedene Phasen: eine kritische Periode mit 
Tendenz zur Verschlechterung in der ersten Hälfte der Schwangerschaft, 
dann eine Periode in der zweiten Hälfte mit Neigung zur Besserung, endlich 
im Puerperium eine kritische Periode von ernstem Einfluss. 

Wie sind nun diese Verhältnisse zu erklären? Als einen Fingerzeig 
zieht Verf. die Temperaturverhältnisse der Frau hervor. Die Temperatur- 
kurve der Frau zeigt, wie bekannt, nicht wie die des Mannes eine ebene 
Linie, bewegt sich aber in Wellenform: die prämenstruellen Temperatur- 
schwankungen mit 'T'emperatursteigerung vor der Menstruation, Temperatur- 
abfall während und nach der Menstruation. Während der Schwanger- 
schaft ist die Temperaturkurve eine verschiedene in den verschiedenen 
Perioden. Während der ersten 3—4 Monate findet man den prämen- 
struellen Temperaturtyp, in der letzten Hälfte den postmenstruellen Typ. 
Im Puerperium zeigt die Temperaturkurve der ersten 8—10 Tage eine 
Steigerung vom prämenstruellen Typ und geht danach in den post- 
menstruellen Typ über. 

Man sieht also, dass die Perioden mit prämenstruellen Temperaturtyp 
dieselben sind, in welchen ein kritischer Einfluss auf eine Tuberkulose 
konstatiert wird, ebenso wie die Menstruationsperiode und speziell die 
prämenstruelle Periode schon längst als eine kritische Periode angesehen ist. 

Man fragt sich nun nach der Ursache der Temperaturverhältnisse. 
Verf. verweist hier auf seine Arbeit: Über enara Temperatur- 
schwankungen (Beitr. z. Kl. d. Tbe. Bd. 27. H. 3. 1913), resümiert kurz 
die da aufgestellten Schlussfolgerungen: Die Temperaturschwankungen sind 
die Folge der Stoffwechselvariationen. Teils klinisch, teils experimentell 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 103 


ist es nachgewiesen, dass der Eiweissstoffwechsel sich verschieden verhält 
in den verschiedenen Perioden der Schwangerschaft: Steigerung des Ei- 
weissstoffwechsels in der ersten Hälfte, danach in der zweiten Hälfte eine 
Periode mit Tendenz zu Eiweissansatz. Weiter in der ersten Woche des 
Puerperiums eine Steigerung des Eiweissstoffwechsels mit Eiweissverlust. 
Verf. stellt nun diese Verhältnisse zusammen: in den prämenstruellen 
Perioden, in den ersten 3—4 Monaten der Schwangerschaft, im Puerperium 
Steigerung des Eiweissstoffwechsels, Auftreten des prämenstruellen Tem- 
peraturtyps, klinisch Nachweis eines kritischen Einflusses auf eine chro- 
nische Krankheit, wie die Tuberkulose; als Gegensatz dazu die letzte 
Hälfte der Schwangerschaft mit Neigung zu Eiweissansatz, mit Temperatur 
von postmenstruellem Typ, mit Tendenz zur Besserung einer Tuberkulose. 
Vielleicht spielen auch andere Verhältnisse eine Rolle, der Kalkstoffwechsel, 
die innere Sekretion, die mechanischen Verhältnisse, aber Verf. meint, 
dass der Eiweissstoffwechsel ein Faktor von sehr wichtigem Einfluss ist 
und sieht in den angeführten Verhältnissen eine Erklärung des viel- 
seitigen Einflusses, den eine Schwangerschaft auf eine Tuberkulose ausübt. 
Der therapeutische Schluss ist, dass die konservative Behandlung im 
Sanatorium in allen Fällen versucht werden muss, 30owohl während der 
Schwangerschaft wie auch nach der Geburt. Doch ist es eine Voraus- 
setzung, dass keine zwingende Indikation eines künstlichen Aborts vor- 
liege; diese Frage muss in jedem Fall individuell entschieden werden. 
.(Autoreferat.) 


202. C. M. Hartog, De Tuberkulose van het Strottenhoofd en 
Zwangerschap. Ned. Tijdschr. v. (reneesk., 12. Febr. 1916. 
Kritische Bemerkungen zu dem Bericht von Kouwer, Vos u. a. 
über Kehlkopftuberkulose und Schwangerschaft, indem vom Verf. nochmals 
hingewiesen wird auf die Gefahr, in die schwangere Frauen durch eine 
gleichzeitig bestehende Kehlkopftuberkulose kommen. Der Hausarzt soll 
den Laryngologen benachrichtigen, wenn von ihm Schwangerschaft diagno- 
stiziert ist bei einem Patienten mit Kehlkopftuberkulose. Alsdann wird 
der Laryngologe bedacht sein auf die Notwendigkeit einer Provocatio 
abortus, denn in der Regel wird die vorzeitige Unterbrechung der Schwanger- 
schaft indiziert sein. J. Peerenboom. 


203. Hjalmar Forssner, Gravidität und Lungentuberkulose. 
Allmänna Svenska Läkartidningen 1917 Nr. 21 und 22. 

Durch eine eingehende Prüfung in der Literatur beschriebener Unter- 
suchungen über dieses Thema und genaue Beobachtung von 157 eigenen 
diesbezüglichen Fällen kommt Verf. zu folgenden Schlusssätzen. Es ist 
durchaus nicht als bewiesen anzusehen dass Gravidität und Puerperium 
den schädlichen Einfluss, der gewöhnlich angenommen wird, auf die 
Lungentuberkulose ausübt. Die eigene Erfahrung Verf.s gebt in eine 
entgegengesetzte Richtung. Die Kinder der Tuberkulösen haben zwar eine 
grosse Mortalität, aber so gross, wie Weinberg meint, ist sie gewiss nicht, 
wenigstens nicht in Schweden; die grosse Mortalität beruht wahrscheinlich 
nicht auf der Tuberkulose als solcher,» sondern auf sozialen Missverhält- 
nissen. Niemand hat bewiesen, dass man durch eine vorzeitige Unterbrechung 
der Gravidität den aktiven Lungenprozess günstig beeinflussen kann. 

Arvid Wallgren, Upsala. 


104 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


204. Hans Emil Spiegelberg, Über Fieber und Tuberkulose 
im Kindesalter. Diss. Berlin 1917. 

Fieberloser Verlauf ist namentlich bei jüngeren Kindern und in weniger 
vorgeschrittenen Stadien der Krankheit häufig, aber auch in rasch tödlich 
verlaufenden Fällen nicht selten. Je älter die Kinder sind, desto häufiger 
finden Progressionen der Krankheit in Temperatursteigerungen ihren Aus- 
druck. Fieberlosigkeit beweist beim Kinde an sich nichts gegen bestehende 
fortschreitende Tuberkulose. Deshalb ist die Beschaffenheit der Körper- 
temperatur überhaupt nur mit grösəter Kritik für Diagnose und Prognose 
heranzuziehen. Der Typ des Fiebers ist am häufigsten die Continua, es 
sind. aber bei schleichender Entwickelung besonders der Lungen- und 
Bronchialdrüsentuberkulose auch Remissionen aller Grade oft zu beachten, 
ohne dass die bei Erwachsenen so pathognostischen geringen remittierenden 
und intermittierenden Temperaturerhöhungen beim Kind als Symptom die 
gleiche Rolle spielen. C. Kraemer Il. 


205. Herbert Koch, Initialfieber der Tuberkulose. Zschr. f. 
Kinderhlk. 13. 1915 H. 1/2. 

Autor konnte in drei Fällen das früheste Stadium der Tuberkulose, 
nämlich die Zeit von der Infektion bis zum Auftreten der ersten Krank- 
heitserscheinungen beobachten. In der siebten Woche post infectionem 
tritt Fieber auf, das bereits den typischen Charakter des tuberkulösen 
Fiebers trägt. Zur selben Zeit wird die kutane Tuberkulinreaktion positiv. 
In einem Falle konnte das Auftreten einer Drüsenschwellung am Hilus 
zur Zeit der positiven kutanen Reaktion festgestellt werden. Weitere 
Symptome wurden nicht beobachtet. W. Schultz, Hamburg. 


206. Aufrecht, Über Erkältung. Zschr. f. ärztl. Fortbild. 14. 
1917 Nr. 21. 

„Durch Abkühlung der Körperoberfläche kann ein anatomisch fest- 
stellbarer Prozess herbeigeführt werden, der sich bekundet durch eine Ver- 
ringerung der Zabl, also auch Schädigung der weissen Blutkörperchen und 
die hiervon abhängige Gerinnung von Fibrin, das vor allem in den Lungen 
die feineren Gefässe verstopft. Dieser Prozess macht hauptsächlich das 
Wesen der Erkältung aus. Abkühlungistdie Krankheitsursache, 
Erkältung ist die krankhafte Veränderung, die durch 
Schädigung weisser Blutkörperchen herbeigeführt und 
durch Fibringerinnung und Blutaustritte charakterisiert 
ist.“ Die geschilderten, als Folge einer Abkühlung unter Umständen 
auftretenden Gewebsveränderungen sind als ein sehr wichtiger Faktor für 
das Inkrafttreten bakterieller Krankheitserreger anzusehen. Auf diesem 
Wege erklärt sich das zweifellos beobachtete Auftreten von kruppöser 
Pneumonie unter dem Einfluss einer starken Abkühlung; auch bezüglich 
der Lungentuberkulose werden derartige Beobachtungen zitiert, für diese 
Fälle präsumiert der Autor das Vorhandensein eines latenten, tuberkulösen 
Herdes in der Lunge. i 

Als praktische Folgerung fordert der Autor grössere Vorsorge gegen 
Luftzug in den Krankensälen. Querner. 


Ätiologie und Verbreitung. 105 


207. Warnecke, Über Tuberkulose und Basedow - Symptome. 
Zschr. f. Tub. Bd.28 H.2. 

Zwischen Tuberkulose und Basedow können wechselseitige Beziehungen 
bestehen, wobei aber nicht alle nervösen Erscheinungen aus der Basedow- 
Symptomgruppe rein tbyreotoxischen Ursprunges sind. Wahrscheinlich 
handelt es sich um Störungen der inneren Sekretion, wobei das tuber- 
kulöse T>xin die Blutgefässdrüsen schädigt. Dadurch sind — bei dem 
innigen Konnex der Drüsen mit innerer Sekretion untereinander und mit 
dem vegetativen Nervensystem — Reizzustände gewisser Nervenabschnitte 
erklärbar. Daneben besteht die Möglichkeit einer direkten Beeinflussung 
des Nervensystems durch die Gifte der Tuberkelbazillen. Warum die 
nervösen Erscheinungen meist bei initialen, gutartigen Fällen angetroffen 
werden, bleibt eine offene Frage. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


208. Landau, Über diphtherieähnliche Bazillen bei chronischer 
Bronchitis. B. kl. W. 1917 Nr. 19. 

Verf. beschreibt einen Fall von chron. Bronchitis, bei dem sich im 
Sputum reichlich stäbchenförmige Bazillen fanden, die sich färberisch wie 
Diphtheriebazillen verhielten, sich aber kulturell anders, vor allem in ihrer 
Form stark veränderlich verhielten. Auch der Tierversuch ergab, dass 
es sich nicht. um echte Diphtheriebazillen handelte. Verf. gibt sodann 
einen kurzen Überblick über ähnliche bisher bekannt gewordene Fälle. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


209. I. Merenlender, Thoraxbau und Lungentuberkulose. Diss. 

Berlin 1917. 

Eine statistische Untersuchung über den Zusammenhang von Thorax- 
bau und Lungentuberkulose. Am häufigsten werden die Engbrüstigen- 
Mittelbrüstigen von der Lungentuberkulose befallen. „Obwohl die Eng- 
brüstigkeit eine der Hauptursachen des Entstehens der Tuberkulose ist, 
hat sie sonst keinen wesentlichen Einfluss auf den Weiterverlauf der 
Erkrankung.“ Klare, Hohenlychen. 


210. Josef Geszti, Skoliose und Spitzenerkrankung. Gyögyäszat 
1917 Nr. 42. 

Auf Grund seiner Untersuchungen, welche auf die ausserordentliche 
Häufigkeit der Skoliose des obersten Teiles der Wirbelsäule zeigten (z. B. 
bei einer Gruppe der Kranken des Augusta-Sanatoriums in Debreczen 
— 145 lungenkranke Soldaten — 77,9°/o), kommt G. auf die Folgerung, 
dass diese obere Skoliose kein sekundärer Vorgang, infolge von Lungen- 
und Pleuraveränderungen entstanden, sei, sondern als eine selbständige 
Erscheinung betrachtet werden muss, deren Ursache in der anormalen 
Entwickelung der Wirbelsäule liege. G. schliesst sich Hart ao, in der 
Ansicht, dass die durch die Skoliose bedingte Deformität der oberen Brust- 
apertur zu den anatomischen Faktoren zählt, welche die mechanische 
Disposition der Lungenspitze zur tuberkulösen Erkrankung bedingen. 

D. O. Kuthy, Budapest. 


106 Diagnose und Prognose. 


c) Diagnose und Prognose. 


211. Salomen und Engelmann, Zur Differentialdiagnose Lun- 
gentuberkulose — Lungentumor. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 3. 


Klinische und pathologisch-anatomische Schilderung eines Falles von 
Lungenkarzinom, der anfänglich für Tuberkulose gehalten wurde. 
Weihrauch, Harnburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


212. Oscar Orszäg, Über Diagnostik der Lungentuberkulose. 
Orvoskepzes 1917, August. 

In dem Vortrage, den Verf. auf einem Tuberkulosekurs für Militär- 
ärzte hielt, werden der Reihe nach Anamnese, allgemeine Symptome, 
physikalische Untersuchungsergebnisse, Thermometrie, Sputumbefund, Aller- 
gieuntersuchung, weiter die einzelnen klinischen Formen der Lungentuber- 
kulose, deren Komplikationen, ihre Differentialdiagnostik und endlich die 
Bestimmung der Aktivität des Prozesses behandelt. 

D. OÖ. Kuthy, Budapest. 


213. A. v. Korányi, Zur Methode der Lungenspitzenperkussion. 
D. m. W. 1918 Nr.7. 

Tuberkulöse Lungen verlieren oft schon sehr früh an Dehnbarkeit, 
zuerst die erkrankte Spitze. Man bestimmt die Krönig’schen Schallfelder 
oder die Goldscheider’sche Spitzenprojektion hinten bei aufrechter und 
stark nach vorn gebeugter Körperhaltung. Bei gesunden Spitzen bleibt 
das perkutorische Ergebnis dasselbe, während die oberen Grenzen erkrankter 
Lungenspitzen abwärts rücken. C. Kraemer II. 


214. Behr, Vorgetäuschtes Fieber. M. m. W. C4. 1917 S. 1154 
bis 1136. 

Der Beitrag Behr’s hat auch für den Lungenarzt besondere Bedeu- 
tung. Denn fast Tag für Tag werden in den Heilstätten erhöhte Tem- 
peraturen beobachtet, für die häufig eine hinreichende Erklärung fehlt. 
Die von B. beschriebenen Fälle mahnen, auch in der Richtung „Vorge- 
täuschtes Fieber“ bisweilen zu forschen, Bredow, Ronsdorf. 


215. Grau, Erfahrungen über die Begutachtung der Erwerbs- 
fähigkeit bei Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbe. Dd. 27 H. 6. 


Bei der Bewertung der Erwerbsfähigkeit eines Lungenkranken sind 
richtig zu werten: 

1. Schmerzen (die manchmal übertrieben sind). 

2. Blutungen, die zweifellos auch rein traumatisch, ohne Bestehen 
einer Tuberkulose vorkommen können. 

3. Der Lungenbefund nach Ausdehnung und Aktivität. Unbedingt 
nötig ist eine Röntgenaufnahme schon zum Vergleich für spätere Begut- 
achtungen. 

4. Der Allgemeinzustand. Zunahme des Gewichtes darf nicht über- 
schätzt werden. Die Ausführung körperlicher Arbeit gibt ein Mass für 
die Zuverlässigkeit des erreichten Kurerfolges.. Wichtig ist eine genaue 
Temperaturmessung (Mund oder Darm). Von Bedeutung ist nach körper- 
licher Anstreogung nicht die Höhe der Temperaturreaktion, sondern die 


Therapie. 107 


Schnelligkeit ihres Abfalles.. Atmung und Kreislauf müssen beobachtet 
werden; Labilität des Pulses ist prognostisch wichtig. 
5. Andauerndes Vorhandensein von Bazillen im Auswurf bedingt 
stets eine Erwerbsbeschränkung von 50°/o. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


216. John Tillman, Über die Symptomatologie der Herzfehler- 
lunge. Nordiskt medicinskt Arkiv 1917 Bd. 50 Avdeln.2 Nr. 1 


Verf. kommt durch Literaturstudien und Observation von acht eigenen 
Fällen zu den folgenden Schlusssätzen. Viele Male, ja vielleicht meistens, 
verursacht selbst die hochgradige Herzfehlerlunge, bei Abwesenheit von 
Dekompensationszeichen, keine physikalischen oder anderen klinischen Er- 
scheinungen, welche mehr direkt ihr Vorbandensein andeuten. Zuweilen 
wird nur eine einfache, mehr oder weniger diffuse Bronchitis beobachtet. 
Weniger häufig finden wir eine lokalisierte Stethoskopie an den Lungen, 
welche Veranlassung geben muss, genau zu erwägen, ob eine den Herz- 
fehler komplizierende Tuberkulose vorliegt oder nicht, und hierbei dürften 
diagnostische Missgriffe bei ausschliesslich physikalischer Untersuchung 
begangen werden. Die klinische Untersuchung der Lungen bei Vorbanden- 
sein von Herzfehler, speziell der Mitralstenose, muss daher stets, um als 
vollständig bezeichnet werden zu können, durch Röntgenuntersuchung er- 
gänzt werden. Erst die Röntgenplatte gestattet uns die Diagnose Herz- 
fehlerlungen zu stellen, welcher Art die klinischen Zeichen auch sein mögen; 
erst die Röntgen- Aufnahme gestattet hier das Stellen der Diagnose Lungen- 
tuberkulose — in abazillären Fällen ohne elastische Fasern — allein oder 
in Kombination mit der braunen Induration. Auf der Platte sind meistens 
die tuberkulösen Verdichtungen leicht von der diffusen Induration zu unter- 
scheiden. | A. Wallgren, Upsala. 


d) Therapie. 


217. Charl. L. Minor, The problem of rest and exercise in the 
treatment of pulmonary tuberculosis; a Plea for less ergo- 
phobia. Med. Rec., 7. Okt. 1916. 

Ruhe und Bewegung sind die zwei wichtigsten Heilfaktoren in der 
Behandlung der Lungentuberkulose. Im Anfang der Behandlung ist immer 
Ruhe angezeigt; jedoch haben viele Ärzte die Neigung, die Ruhekur un- 
vernünftigerweise in die Länge zu ziehen und machen dadurch ihre Pa- 
tienten, deren Prozess zum Stillstand gommen ist, übermässig fett und 
schwerfällig. 

Die Vorteile der Ruhekur sind: Herabsetzung der Zirkulation, der 
Resorption von toxischem Material, der Oxydation, der Temperatur und 
des gesteigerten Gewebszerfalles, der Lungen- und Herzarbeit, des Hustens 
und Auswurfs; Zunahme des Gewichtes; geistige Beruhigung des Patienten. 

Wenn also die Temperatur normal wird, Husten und Auswurf ab- 
nehmen, der Puls sich verlangsamt, Gewicht und Kraft zunehmen, dann 
sollte die Ruhe aufgegeben und mit körperlicher Übung begonnen werden. 
Im Anfang erlaube man nur 1—5 Minuten lange körperliche Bewegungen, 
welche um 1—5 Minuten pro Tag verlängert werden, immer unter sorg- 


108 Therapie. 


fältiger Beobachtung der subjektiven und objektiven Symptome. Bei der 
leisesten ungünstigen Reaktion höre man auf. Man fange an mit Auf- 
sitzen im Liegestuhl von einer halben Stunde aufwärts und zwar sollen 
2/3 der Zeit im Liegen und !/s in sitzender Stellung verbracht werden. 
Der Stuhl soll eine flache Lehne haben, damit die Schultern gerade ge- 
halten werden. Lesen ist erlaubt; Frauen können auch häkeln, Männer 
Patience spielen. Dann kommt Spazierengehen, und wenn der Patient 
den Spaziergang bis zu einer Stunde auszudehnen gelernt hat, ohne Schaden 
zu erleiden, darf er ausfahren und selbst kutschieren. Zum Schluss kommt 
Bergsteigen. Patient muss es lernen, bergauf und -ab zu klettern ohne 
Atemnot, Herzklopfen und ohne Gewichtsverlust. Auf diese Weise wird 
er dazu erzogen, den Anforderungen des täglichen Lebens gewachsen zu 
sein und die goldene Mittelstrasse einzuhalten zwischen furchtsamer Zurück- 
haltung und törichter Übertreibung. Mannheimer, New York. 


218. Toni Jacobs, Untersuchungen über 16 Fälle vaginaler 
'Totalexstirpation des graviden Uterus ohne Adnexe wegen 
Lungentuberkulose. Diss. Berlin 1917. 

Das Schicksal der tuberkulösen Schwangerschaft ist durch künstliche 
Unterbrechung der Schwangerschaft günstiger zu gestalten als ohne Ein- 
griff. Der einfache künstliche Abort genügt nicht in allen Fällen. Der 
Tubensterilisation und Kastration gegenüber hat die vaginale Totalexstir- 
pation des Uterus ohne Adnexe den Vorzug, dass sie einerseits den Körper 
von den menstruellen Blutverlusten befreit, andererseits die Frau vor Aus- 
fallserscheinungen bewahrt, und doch künftige Schwangerschaften verhütet. 
Die Indikation zu allen Sterilisationsmethoden wegen Lungentuberkulose 
soll stets akute Lebensgefahr bilden; Vorbedingung ist, dass die Frau 
Mehrgebärende ist und lebende Kinder hat. — Die Technik der bespro- 
chenen Operation ist einfach (wird kurz beschrieben); sie hat den Vorteil 
der Kürze — wenigstens 7 Minuten, Durchschnittsdauer 30 Minuten — 
und geringen Blutverlustes.. Von 16 Fällen der Strassman n’schen 
Klinik, an denen diese Methode angewandt wurde, wurden gebessert in 
bezug auf den Lungenzustand 7 Fälle; unverändert blieben 5 Fälle, 1 Fall 
wurde verschlechtert, 3 Fälle starben ; den Folgen der Operation ist jedoch 
kein Todesfall zur Last zu legen. Allgemein wurden günstig beeinflusst 
12 Fälle, nicht gebessert 4 Fälle; teilt man die Fälle nach Stadien der 
Lungenerkrankung ein, so ergibt sich ein noch besseres Resultat: Stad. I 
100°/o ‚günstig beeinflusst, Stad. II 60/0 günstig beeinflusst, 40 °/o unge- 
bessert. Vielleicht trägt auch die durch die Entfernung des Uterus be- 
wirkte Änderung der inneren Sekretion zur Heilung der Tuberkulose bei. 

C. Kraemer II, Stuttgart. 


219. F. Ebeler, Tuberkulose und Schwangerschaft unter dem 
Gesichtspunkt der sozialen Lage. Arch. f. Frauenkunde u. 
Eugenik 3. 1917 H. 3 u. 4. 

Die soziale Lage allein bei gesunder Mutter darf niemals die Indi- 
kation für eine künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft abgeben. 
Dagegen sind bei einer tuberkulösen Mutter die sozialen Verhältnisse in 
weitestem Masse in Rechnung zu ziehen, da unter günstigen Lebens- 
bedingungen bei geeigneter hygienisch-diätetischer Behandlung manche 


Therapie. 109 


Schädigungen hintangehalten werden können, welche im anderen Falle 
unvermeidlich sind und zu den traurigsten Folgen führen können. 

\ Hans Müller. 
220. v. Pirquet, Quantitative Ernährungstherapie. Ther. Mh. 

Jg. 31 H.10, Okt. 1917. 

Der Autor geht davon aus, dass der Kernpunkt der Ernährungs- 
tberapie, die zielbewusste Dosierung der aufzunehmenden Nährwerte, in 
der heutigen Medizin sehr vernachlässigt werde. Er betont die Not- 
wendigkeit, unter Umständen die Aufnahme der richtigen Nahrungsmenge 
bei Störungen des Appetites entgegen dem spontanen Nahrungsbedürfnis 
zu erzwingen, z. B. bei der Ernährung schwächlicher Säuglinge. In der 
krankhaften Verminderung des Appetites liegt auch nach der Auffassung 
des Autors die hauptsächlichste Gefahr der tuberkulösen Infektion. Die 
Abmagerung der Tuberkulösen ist danach kein „geheimnisvoll toxischer 
Prozess“, sondern ganz allein durch die verminderte Nahrungsaufnahme 
infolge der durch das tuberkulöse Virus verursachten Appetitlosigkeit zu 
erklären; zum Beispiel ist der Verfall bei tuberkulöser Meningitis bedingt 
durch das Erbrechen und die Nahrungsverweigerung. Kann man einen 
Tuberkulösen dazu bringen, die ibm zukommende Nahrungsmenge aufzu- 
nehmen, so kann jederzeit sein Gewichtsabfall gehemmt, ja sogar ein 
Ansatz erreicht werden. | 

Ähnlich liegen die Verhältnisse bei dem nervösen Erbrechen der 
Säuglinge. Als Behandlung desselben empfiehlt v. P. die Verminderung 
des Nahrungsvolumens, wodurch Magendruok usw., der in solchen Fällen 
meist den Grund des Brechreizes bilde, unter Umständen schnell beseitigt 
werde, in hartnäckigen Fällen Ersatz des Ausgebrochenen durch erneute 
Nahrungsdarreichung. 

Die bisher übliche Grundlage der quantitativen Ernährung, die Er- 
nährung nach dem Alter des Kindes oder nach dem Körpergewicht ver- 
wirft v. P. Nach v. P. richtet sich die Nahrungsaufnahme nicht nach 
dem Gewicht, einer 3. Potenz, sondern nach einer 2. Potenz, einer Fläche; 
sie steht in Beziehung zur inneren Oberfläche des Darmrohres. 

Zum Zweck der Berechnung der erforderlichen Nahrungsmenge ver- 
wendet v. P. das Quadrat der Sitzhöhe (Länge von Rumpf und Kopf), 
das nach dem Autor beim Menschen in einem bestimmten Verhältnis zum 
Körpergewicht steht, ausserdem zahlenmässig ungefähr der resorbierenden 
Darmfläche entspricht und somit zur erforderlichen Nahrungsaufnahme in 
Beziehung zu bringen ist. 

Als theoretisches Grundmass der Nahrungseinheit benutzt v. P. die 
menschliche Milch (mit einem Fettgehalt von 3,7 °/o. 1 g der Milch 
heisst 1 Nem (Nahrungs-Einheits-Milch oder Nutritions-Elementum). Die 
Vielfachen sind das Dekanem (10 Nem), das Hektonem (100 Nem), das 
Kilonem (1000 Nem). 

Alle Nahrungsmittel werden in ihrem physiologischen Nutzwert auf 
Grund dieser Masseinheit mit der Milch verglichen. Der Autor führt 
ferner den Begrif des Nahrungs-Maximum, -Minimum, -Optimum ein, 
gibt ferner Regeln für den Eiweissgehalt der Nahrung, der zwischen 10 
und 20°/o liegen soll, und für die Nahrungszeiten. 


110 Therapie. 


Autor glaubt mit diesem rationellen System wirtschaftlich grosse 
Ersparnisse erzielen zu können. (Eine eingehende theoretische Darstellung 
der Grundlagen dieser neuen Ernährungslehre und ihrer praktischen An- 
wendung gibt der Autor in seiner Monographie: „System der Ernährung“, 
Berlin 1917 bei Julius Springer.) Querner. 


221. Sigv. Madsen, Die Ernährungsfrage und die Tuberkulose. 
Meddelelser fra den norske nationalforening mat tuberkulosen. 
VI. Nr. 23. Birger-Øverland. 

422. Schröder, Über neuere Medikamente und Nährmittel Zur 
Behandlung der Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 1. 


Muss im Original nachgelesen werden. Besonders interessant sind 
die Ausführungen über die spezifischen Mittel und ihre Anwendung. 
Überzeugend wird dargetan, wie die durch „hohe Dosen“ Tuberkulin er- 
zeugte Anergie der Heilung des tuberkulösen Prozesses ganz und gar 
nicht förderlich ist. 

„Tuberkuloseimmunität ist mit Tuberkulin nicht zu erreichen, — auch 
keine antitoxische Immunität.“ 


Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


223. Adolf Bacmeister-St. Blasien, Über einige praktische 
Fragen aus dem Gebiet der Phthisiotherapie. Ther. d. Gegenw. 
1917 Nr. 5. 


B. bringt in der kleinen Zusammenstellung einige für den Praktiker 
besonders wertvolle und anscheinend nicht allgemein geläufige diagnostische 
und therapeutische Einzelheiten aus dem Gebiete der Lungentuberkulose, 
besonders auch der inzipienten in Erinnerung. Einige Punkte seien 
angeführt. Als ein wichtiges Frühsymptom erwähnt er z. B. die Ungleich- 
heit der Pupillen, bervorgerufen durch Sympathikusreizung infolge von 
Spitzenschrumpfung; ferner eine Modifikation der gewöhnlichen Ziehl- 
Neelsen-Färbung mittelst Zwischen- und Kontrastfärbung mit Pikrinsäure- 
Alkohol-Färbung aa, wodurch man auch noch schwer hüllengeschädigte 
Bazillen zur Darstellung bringen könne. Durch Joddarreichung kann 
man eine Vermehrung und Verflüssigung von spärlichem oder bisher nicht 
vorbandenem Sputum erzielen, ein sehr wichtiges diagnostisches Hilfs- 
mittel. Temperaturen können mit Sicherheit nur rektal nachgewiesen 
werden; den sogenannten Bewegungstemperaturen ist grosses Gewicht bei- 
zumessen. Die diagnostische subkutane Tuberkulininjektion wird viel zu 
häufig angewandt. Sie ist nicbt ungefährlich und bei richtiger Ausnützung 
des übrigen diagnostischen Apparates wohl meistens entbehrlich. Als 
besonders günstiges Zeichen bei der Prognosenstellung ist das Herunter- 
gehen der Morgentemperaturen anzusehen. Fiebermittel sind nur in den 
dringendsten Fällen bei starker Störung des Allgemeinbefindens zu geben 
und dann in möglichst kleinen Dosen. Am liebsten nimmt B. Aspirin 
0,25 kombiniert mit Pyramidon 0,05 2—3 mal täglich; auch Diplosal ist 
gut. Bei Menstruationsbeschwerden hat ihm Salipyrin, evtl. mit Chinin 0,1, 
sehr gute Dienste geleistet. - Gei{nitz, Tübingen. 


X Therapie. 111 
224. Bacmeister, Zur Behandlung des tuberkulösen Fiebers. 
M. m. W. 64. 1917 S. 1361—1363. 

Zur Beurteilung der Körpertemperatur ist nur die rektale Messung 
zu verwerten. Die obere Normalgrenze ist 37,5°, die normale Morgen- 
temperatur muss bei 36,8° liegen. Jeder Mensch jedoch hat seine indi- 
viduelle Temperaturkurve, die allein massgebend ist. Eine völlige Ent- 
fieberung ist erst nach Erreichung dieser individuellen Linie als erreicht 
anzunehmen. 

Die Entfieberung eines Tuberkulösen soll zuerst in jedem Falle durch 
absolute Bettruhe neben bester klimatischer Versorgung, Ausschaltung 
aller Reize und kräftigende Ernährung versucht werden. 

Falsch ist es, chronische Temperatursteigerungen, die als solche keine 
Beschwerden und schädliche Folgeerscheinungen aufweisen, medikamentös 
herabsetzen zu wollen. Zunächst kommt die Allgemeinbehandlung (kli- 
matisch-diätetische Kur) in Betracht, dann die hydrotherapeutischen Mass- 
nahmen (Kreuzwickel), Eisen-Arsenkuren, Regulierung des Magendarm- 
traktus, des Hustens und Auswurfs, schliesslich auch die spezifischen 
Massnahmen, wie Tuberkulinkuren, in geeigneten Fällen die Pneumo- 
thoraxtherapie, die Thorakoplastiken, die kombinierten Quarzlicht-Röntgen- 
bestrahlungen. Ä 

In vielen Fällen der schweren Tuberkulosen kommt man aber ohne 
fieberherabsetzende Mittel nicht aus. Hier hat sich die Verbindung von 
0,05 Pyramidon mit 0,25 Laktophenin bewährte Ein schnellerer und 
stärkerer Einfluss, der manchmal erwünscht ist, wird durch die Vereini- 
gung von 0,25 Laktophenin und 0,25 Aspirin erzielt, besonders bei akuten 
Komplikationen mit hohem Fieber, bei pneumonischen Affektionen, bei 
lästiger subjektiver Fieberhitze, ferner bei allen schmerzhaften Erkran- 
kungsformen. Bei Menstruationsbeschwerden tuberkulös fiebernder Kranker 
ist 0,25 Laktophenin oder 0,05 Pyramidon mit 0,25 Laktophenin von 
Vorteil. Auch die Darreichung von kleinen Chininmengen mit Pyramidon 
oder Laktophenin zeigte schöne Erfolge. Bredow, Ronsdorf. 


225. Lützow, Zur Behandlung des tuberkulösen Fiebers. M.m. W. 
64. 1917 S. 1491. 

In Bestätigung der guten Wirkungen der medikamentösen Kombina- 
tionstherapie des tuberkulösen Fiebers nach Bacmeister teilt L. mit, 
dass er seit 7 Jahren mit einer ähnlichen Vereinigung (Pyramidon 1,0, 
Aspirin 2,5, Aqu. dest. 200,0) gute Erfolge gesehen hat. 

Bredow, Ronsdorf. 


226. Pöhlmann, Über Menthol- Eukalyptol - Injektionen bei 
Lungentuberkulose. M. m. W. 63. 1916 N. 1452. 

In der Belziger Heilstätte wurde in einer Reihe von Fällen die von 
Berliner angegebene Behandlung von Lungenkrankheiten mit Menthol- 
Eukalyptol-Injektionen vorgenommen. Es wurden anfangs gute Erfolge 
erzielt, dann aber häuften sich bei längerer Durchführung der Kuren 
ungünstige Nebenwirkungen, wie Schwächeanfälle, Kältegefühl am ganzen 
Körper und Pelzigwerden der Arme und Beine, Atemnot, quälender Husten 
und Auswurf und in einem Falle eine heftige Bronchitis mit bedeutenden 
Temperatursteigerungen. Infolgedessen wurde schliesslich von dieser Be- 
handlungsmethode abgesehen. Bredow, Ronsdorf. 


112 Therapie. 


227. Handtmann, Erfahrungen mit dem Opiumpräparat ‚„‚Holo- 

pon‘. Zschr. f. Tbc. Bd.26 H.2. 

Die Firma vorm. Dr. H. Byk, Oranienburg, stellt durch „Ultra- 
filtration“ (Filtration durch gallertige Membranen) ohne chemische Ein- 
griffe auf rein physikalischem Wege aus der Opiumdroge ein Präparat 
ber, das in wässeriger Lösung alle wirksamen Bestandteile des Opiums 
enthält (Holopon). 10 Teile Holopon entsprechen 1 Teil Opium. Die 
Erfolge des Narkotikums bei Leibschmerzen, Hustenreiz, Durchfällen usw. 
waren befriedigend. | 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


228. Saxl, Physostigmin als Expektorans. Med. Klin. 1916 
Nr. 25. 

Die günstige Wirkung des Physostigmin in kleinen Dosen — 2 mal 
tägl. Pbysostigmin. salicyl. 0,00075,_Sacch. alb. 0,5 — als Expektorans 
beruht auf seiner die Kontraktion der Bronchialmuskulatur anregenden 
Eigenschaft. Seine üblen Nebenwirkungen — vermehrte Sekretion der 
Bronchialdrüsen, Schweisse, Erbrechen, Durchfälle — kommen bei dieser 
Dosierung nicht vor. Bei akuten und chronischen Bronchitiden und 
namentlich bei allen Formen der Lungentuberkulose trat bald subjektive 
Besserung mit leichtem Abhusten und freierer Atmung ein. Bei astheni- 
schen Patienten besserte sich zudem häufig der Appetit. Das Physo- 
stigmin eignet sich als Expektorans am besten bei allen Formen der 
Lungentuberkulose bei asthenischen Individuen. Berlin, Schömberg. 


229. N. Heitmann, Die Behandlung der Expektorantien der 
Zu Eulen Tidsskrift for den norske lægeforening 1916 
r. 4. 

Verf. empfiehlt, dass die Sputa der Tuberkulösen verbrannt oder 
womöglich in eine Kloake entleert werden. Die Spucknäpfe müssen 
nachher in starker Sodalösung mit einer Bürste peinlich sauber gereinigt 
werden. Verf. zieht diese Methode den anderen empfohlenen vor. 

Birger-Overland. 


230. M. Neubauer, Toramin, ein nichtnarkotisches Hustenmittel. 
Med. Klin. 1916 Nr. 52. 

Verf. empfiehlt als Ersatz für die narkotischen Hustenmittel (Mor- 
phium und seine Derivate) das Toramin, das Ammoniumsalz des Malon- 
säuretrichlorbutylesters.. Das Toramin wird stets gut vertragen und ist 
frei von Nebenwirkungen. Es wird nach Bedarf bis halbstündlich 1 Ta- 
blette in Milch oder Zuckerwasser gegeben. Berlin, Schömberg. 


231. Riese, Zur Wirkung des Hypophysenextraktes bei Asthma 
bronchiale und zur Asthmatheorie. B. kl. W. 1916 Nr. 29. 
Verf. hat bei Asthma bronchiale Hypophysenextrakt (mit und ohne 
Adrenalin) gegeben, und zwar mit ausgezeichnetem Erfolg. 

Der Anfall als solcher entsteht durch Lähmung der Bronchial- 
muskulatur; auf diese Art würde sich auch das Volumen pulmonum 
auctum erklären. Nimmt man an — und vieles spricht dafür —, dass 
der Sympathikus die Bronchialmuskulatur versorgt, so würde der Hypo- 


Therapie. 113 


physenextrakt durch Sympathikusreizung die Wiederherstellung des .Muskel- 
tonus und damit das Aufhören des Anfalles bewirken. 

Auf eben diese Art — 'Wiederherstellung des Tonus — würde das 
Räucherpulver, das den Sympathikus reizende Nitrite enthält, wirken., 
Auch die Erscheinung der Curschmann’schen Spiralen fände im Wechsel 
des Tonus der Muskulatur seine Erklärung. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


232. Jessen, Über Lungenblutung und deren Behandlung. M.m. W. 
63. 1916 S. 857—858. 


J. will mit der alten Ansicht, dass bei Lungenblutungen absolute 
Ruhe geboten sei, gebrochen wissen. Die grösste Gefahr der Lungen- 
blutung ist die Aspirationspneumonie. Dieselbe wird durch absolute Ruhe 
in strengster Form oder gar Morphium begünstigt. 

Die meisten und schwersten Lungenblutungen treten in voller Ruhe 
— mit Vorliebe nachts oder gegen Morgen — auf, unter Bedingungen, 
bei denen keine BENMATUEEAEIBerung durch Anstrengungen oder Bewegungen 
besteht. 

Die Ursache de Lungenblutung ist eine doppelte: Blutung durch 

Stauung oder durch Blutdrucksteigerung hervorgerufen. Bei der Stauungs- 
blutung muss die Stauung beseitigt werden. Dazu dient leichte Bewegung 
und Anregung der Atmung und der ganzen Zirkulation. Im zweiten 
Falle sind so viele drucksteigernde Toxine im Blut vorhanden, dass die 
Drucksteigerung im kleinen Kreislauf genügt, um die Blutung zustande 
kommen zu lassen. Als prognostische Anzeige dient uns hier die Beob- 
achtung des Pulses. 

Fast alle unsere Massnahmen medikamentöser Art gegen die Lungen- 
blutungen sind fraglich in ihrer Wirkung. „Die Blutung tut, was sie will.“ 

J. behandelt die Lungenblutungen zunächst durch psychische Beein- 
flussung. Leichtere Blutungen lässt er ruhig aufstehen. Schwerere können 
sich leicht bewegen, obne gerade zu anstrengende Bewegungen zu machen. 

Bredow, Ronsdorf. 


233. Klare, Die Kalktherapie der Hämoptoe. Zschr. f. Tbe. Bd. 26 
H. 6. 


Verf. hat 80 Fälle von Hämoptoe mit Kalzan (Kalzium-Natrium- 
Laktat) behandelt und folgende Ergebnisse erzielt: 

1. Kalzan ist infolge seiner bequemen und angenehmen Darreichung 
ein sehr brauchbares Kalkpräparat. 

2. Auch nach längerer Darreichung, selbst in hohen Dosen, ruft 
‚Kalzan keinerlei nachteilige Nebenwirkungen, wie Magenstörungen, Nieren- 
reizungen hervor. 

3. Die schon von anderen Autoren von Kalkpräparaten erwiesene 
Einwirkung auf die Blutgerinnung wurde auch beim Kalzan festgestellt, 
was um so begründeter erscheint, als es selbst die Zuführung grosser 
Dosen gestattet. 

4. Auch unsere Erfolge der Kalktherapie bei Hämoptoe empfehlen 
dringend ihre Anwendung in der jetzt so zweckentsprechenden Dar- 
reichungsform. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 8 


114 Therapie. 


234. E. Kuhn, Lungentuberkulose und Blutbildungsmittel. Zschr. 

f. Tbe. Bd. 27 H. 1—4. 

Das feinste Blutanregungsmittel ist der Sauerstoffmangel. Hierauf 
beruht die Neubildung von Blutelementen bei der Saugmaske, im Höhen- 
klima, bei dyspnoischen Zuständen, bei der Arbeit, sowie bei allen krank- 
haften, mit Atembehinderung verbundenen Zuständen. Auch die Wirkung 
des Aderlassens und der Bluttransfusion als Blutvermehrungsmittel beruht 
auf dem O,-Mangel, der bei beiden Massnahmen durch den Ausfall eines 
Teils der O,-Träger eintritt. In gleichem Sinne erklärt sich die Wirkung 
aller arzneilichen Blutvermehrungsmittel, für die fälschlicherweise ein Reiz 
auf die Blutneubildungszentren angenommen wird. Alle diese Mittel 
sind nämlich Blutzerstörungsmittel. Dadurch, dass sie einen Teil des 
peripheren Blutes zerstören, rufen sie einen Sauerstoffmangel hervor, der 
das Knochenmark zur Blutneubildung anregt. Auch die ultravioletten 
Strahlen des Sonnenspektrums wirken in gleicher Art blutneubildend. 
Diese Tatsache hat K. neuerdings im Tierexperiment durch Verabreichung 
von Thorium und Salvarsan, die als Blutbildungsmittel empfohlen werden, 
erhärtet. Da die Toxine des Tuberkelbazillus ebenfalls blutzerstörend 
wirken und daher das Knochenmark zur Neubildung reizen, erübrigen 
sich zur Therapie der Anämie der Tuberkulose alle gebräuchlichen arznei- 
lichen Blutanregungsmittel. Die therapeutischen Tuberkulindosen sollen 
möglichst klein gewählt werden, da grössere Dosen zu sehr blutzerstörend 
wirken. Als die besten Blutbildungsmittel bei Tuberkulösen sind körper- 
liche Bewegungen, Höhenklima und vor allem die Saugmaske zu emp- 
fehlen. | Ulrich Berlin, Schömberg. 


235. W. Kruse, Die Friedmann’sche Heil- und Schutzimpfung 
gegen Tuberkulose. D. m. W. 1918 Nr. 6. 

Das Friedmann’sche Mittel war früher verunreinigt durch allerlei 
fremde Bakterien in den Verkehr gekommen. Die Reinheit des Impf- 
stoffes wird jetzt vom Verf. überwacht. Die dem Verf. vor 11/ Jahren 
übergebene Kultur ist selbst in der Menge von 60 mg nicht imstande, 
Tuberkulose zu erzeugen. Es liegt nicht der geringste Grund 
zur Annahme vor, das Friedmann’sche Mittel könne bei 
Warmblütern fortschreitende Tuberkulose erzeugen. Eben- 
sowenig beim Menschen; selbst bei Neugeborenen entstehen an der Impf- 
stelle, und nur an dieser, bloss Knötchen, die später verschwinden. 

Der Impfstoff ruft ausser örtlichen auch allgemeine Symptome beim 
Menschen hervor, und zwar, wie alle Heil- und Schutzimpfungen, nicht 
nur nützliche, sondern gelegentlich auch unangenehme, ja schädliche 
Wirkungen, so die entzündliche Erweichung des örtlichen Impfherdes,, 
welche als Überempfindlichkeitszeichen aufzufassen ist. Sie kann durch 
eine nachträgliche Einspritzung des Mittels ins Blut meist vermieden 
werden. Im tuberkulösen Körper tragen alle solche Wirkungen ein be- 
sonderes Gepräge, unerhört sind sie nicht und lassen sich in der Regel 
vermeiden. Eigentliche Gefahren werden in der Literatur nicht hervor- 
gehoben (ich meine doch! Ref.), und Ärzte, welche selbst einen Todesfall 
erlebten, liessen sich nicht von der weiteren Verwendung des Mittels 
abhalten, woraus Verf. den Schluss zieht, dass der Nutzen der Heilimpfung. 
etwaigen Schaden mehr als wettmache. 


Therapie. 115 


Verf. meint, mit der Entdeckung des Friedmann’schen Mittels sei 
ein grosser Schritt voran gemacht worden; es. vereinige Unschädlichkeit 
und Wirksamkeit. — Zur Zeit steht die Verwendung zur Heilwirkung 
weitaus im Vordergrunde; die bisherigen Versuche über Schutzimpfung 
am Meerschweinchen sind vielversprechend. Es gelingt, durch Vorbe- 
handlung mit Friedmannbazillen die Krankheitsdauer der Tuberkulose 
. bei diesen Tieren ausserordentlich zu verlängern. Von der Schutzimpfung 
an 320 Kindern glaubt Friedmann, wie Erich Müller, Erfolge 
gesehen zu haben. Die Kriegszeit hat bis jetzt verhindert, den Stoff 
ausreichend zu beurteilen. C. Kraemer II. 


236. R. Goepel, Vierjährige Erfahrungen mit dem Friedmann- 
schen Tuberkulosemittel. D. m. W. 1918 Nr. 6. 


Das Friedman n’sche Mittel ist ein streng spezifisches Heilmittel 
für die Tuberkulose des Menschen ; es ist bei richtiger Anwendung un- 
schädlich und zwar, nach vierjährigen Beobachtungen, dauernd unschäd- 
lich. Die besten Resultate unter den chirurgischen Tuberkulosen geben 
frische Fälle; ein gleich günstiger Einfluss ist bei beginnender Lungen- 
tuberkulose und frischen Nachschüben älterer Lungenaffektionen zu be- 
obachten. Auszuschliessen von der Behandlung sind kachektische Kranke, 
solche mit allgemeiner Tuberkulose (Meningitis) und multiplen schweren 
tuberkulösen Herden. Ein abschliessendes Urteil über die Wirkung der 
Impfung lässt sich erst nach vielen Monaten, ja selbst Jahren, abgeben; 
Schwankungen im Heilungsvorgang können eintreten. Das absprechende 
Urteil der Literatur aus dem Frühjahr 1914 über das Friedmann’sche 
Mittel ist vorschnell gewesen. Das Verfahren geht von richtigen wissen- 
schaftlichen Grundlagen aus, basiert auf guter Beobachtung und ist des 
ernstesten Studiums wert. Die therapeutischen Erfolge gerade in frischen 
Fällen, die Unschädlichkeit und die lange Nachwirkung berechtigen zu 
der Ansicht, dass das Mittel bei Neugeborenen Schutzwirkung gegen Tuber- 
kulose auszuüben vermag. (Die „Unschädlichkeit“ des Mittels dürfte wohl 
erst sicher bewiesen werden müssen, ehe das absprechende Urteil von 1914 
widerrufen werden kann. [Ref.].) C. Kraemer IlI. 


237. Kühne, Therapeutische Erfahrungen mit dem Friedmann- 
schen Tuberkuloseheilmittel. B. klin. W. 1918 Nr.7. 


Aus 20 beigefügten Krankengeschichten zieht Verf. den Schluss, dass 
„bei richtiger, rechtzeitiger Anwendung des Friedman n’schen Mittels, 
sowohl bei Lungentuberkulose als auch bei chirurgischer Tuberkulose 
Heilresultate erzielt werden, wie sie bei Anwendung der übrigen bisher 
üblichen Heilmassnahmen nicht zu erreichen sind“. Die Impfstelle muss 
ständig kontrolliert werden, damit die intravenöse Injektion rechtzeitig ein- 
setzt; am günstigsten ist es, wenn sich Impfinfiltrate bilden, die allmählich 
spontan zurückgehen. Pockenimpfung hat eine ausgesprochen schädliche 
Wirkung. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


238. Kölliker, Erfahrungen mit der Tuberkuloseimpfung nach 
Friedmann. B. kl. W. 1918 Nr. 7. 
Die Friedmann’sche Impfung leistet, wenn sie technisch richtig 
durchgeführt wird, mehr als alle anderen Behandlungsmethoden für die 
g* 


116 Therapie. 


Knochen- und Gelenktuberkulose. Nachfolgende Pockenimpfung ist zu 
vermeiden, da der Körper diesen Kampf nach zwei Fronten nicht leisten 
kann. Am aussichtsreichsten ist das Verfahren in den Anfangsstadien 
der Erkrankung. Das Mittel ist völlig unschädlich. Nach der Injektion 
des Mittels haben operative Eingriffe zu unterbleiben. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


239. E. Rochelt- Meran, Die chirurgische Behandlung der Lungen- 
schüsse. B. kl. W. 1917 Nr. 9. 
Bei bedrohlichen Lungenblutungen ist eine Thorakozentese vorzu- 
nehmen. Lungenrisse sind zu nähen, Thoraxdefekte zu schliessen. Hämato- 
thorax ist in der Regel zu punktieren. A. Baer. 


240. Clinical report on the applications of Eusol. Report to the 
Medical Research Committee. The Lancet, 5. u. 12. Febr. 1916. 
Nicht nur in mehreren Fällen septischer und nicht septischer Ver- 
wundungen, sondern auch bei verschiedenartigen Entzündungen (besonders 
auch bei Knochentuberkulose anstatt der Jodoform-Bismutpasta) erwies 
sich dieses Präparat als ein nicht-giftiges und nicht-reizendes erfolgreiches 
Antiseptikum. J. Peerenboom. 


241. H. Rotky, Über die Wirksamkeit der Balsame bei der 

Tuberkulose. Prager med. Wschr. 1914 S. 523. 

Aus den an der v. Jaksch’schen Klinik vorgenommenen Unter- 
suchungen zieht Verf. den Schluss, dass die Berliner’sche Menthol- 
Eukalyptol-Behandlung bei Lungentuberkulose nur einen befriedigenden 
Erfolg erzielen kann, wenn die Erkrankung der Lungen keine grosse 
Ausbreitung, namentlich nicht über beide Lungenflügel aufweist, wenn die 
Destruktion der Lunge keine hochgradige ist und wenn der Kranke in 
seinem Allgemeinzustande nicht zu sehr herabgekommen ist. In gegen- 
teiligen Fällen aber, verbunden mit hohem Fieber, wird ein günstiger 
Einfluss dieser Behandlung sehr problematischer Natur sein. 

In Fällen hingegen, bei welchen die Erkrankung bloss einen kleinen 
Bezirk des Lungengewebes ergriffen hat, bei welchen noch der Katarrh 
das Krankheitsbild beherrscht, verbunden mit gutem. Ernährungszustand 
und guter Reaktionsfäbigkeit des Patienten, da lässt sich mit dieser 
Behandlungsmethode unter Umständen etwas erzielen, vorausgesetzt, dass 
sie lange Zeit hindurch fortgesetzt wird. Sie hat namentlich für Kranke 
solcher Art Bedeutung, bei welchen der Umstände halber klimatische 
Kuren usw. nicht in Betracht kommen können. Friedel Pick, Prag. 


242. Ranke, Die Tuberkulosebekämpfung nach dem Kriege. 
M. m. W. 65. 1918 S. 820—321. 

In 27 Leitsätzen fasst R. alle die Punkte zusammen, die unbedingt 
zur Tuberkulosebekämpfung notwendig sind. Besonderen Wert legt Verf. 
auf die Einführung der Arbeitebehandlung für die nichtfiebernden oder 
sonst nicht sicher fortschreitenden Tuberkulosen und auf die Ermöglichung 
der — wenigstens teilweisen — Aufnahme der für die Weiterverbreitung 
der Ansteckung gefährlichsten Schwerkranken in Spezialanstalten. 

Bredow, Ronsdorf. 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 117 


ll. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 





5. A. Eber-Leipzig, Die Tuberkulose der Tiere. (Aus: Lubarsch- 
Ostertag, Ergebnisse der allgemeinen Path., Jahrg. XVIII, 2. Abt., 371 S. 


Der Bericht bringt die Arbeiten, die in den Jahren 1905—1914 über Tiertuber- 
kulose erschienen sind. Er bildet die Fortsetzung des im X. Jabrgang der Ergeb- 
nisse veröffentlichten Berichtes. Den Eingang bildet das Arbeitenverzeichnis, das 
1677 Nummern umfasst. Obgleich das vorliegende Buch ja selbst ein Sammel- 
bericht ist, rechtfertigt es die grosse Wichtigkeit, die den besprochenen Arbeiten 
auch für die Lehre von der menschlichen Tuberkulose zukommt, hier einige wich- 
tige Tatsachen, die sich aus dem reichhaltigen Sammelberichte Eber’s ergeben, 
an einander zu reihen. 

Die Rindertuberkulose befindet sich im Deutschen Reiche in zweifelloser Zu- 
nahme. 

Eine Abtötung der Tuberkelbazillen durch Pasteurisieren ist durchaus nicht 
immer sicher. Halbstündiges Erhitzen auf 75° erreicht z. B. nicht sämtliche Keime, 
Kefirgärung und normale Säuerung kann den Tuberkelbazillen nichts anhaben. 

ber die Ansteckungsfähigkeit der Kindertuberkulose für den Menschen herrscht ' 
jetzt Übereinstimmung. Auch typische, tödlich verlaufende Lungenphthise kann, 
wenn auch nur ausnahmsweise, auf der Ansteckung mit Rindertuberkelbazillen 
beruhen. Die beiden Typen, humanus und bovinus, können nicht mehr als Unter- 
arten mit beständigen Eigenschaften aufgefasst werden, sondern lediglich als Stand- 
ortsvarietäten ein und derselben Art. Übergangsformen und Typenumwandlung 
sind nicht zu leugnen. 

Die Frage, ob ein gesundes Euter Tuberkelbazillen mit der Milch auszuscheiden 
vermag, ist zu bejahen in dem Sinne, dass solche scheinbar gesunden Euter Träger 
einer oft sehr schwer auffindbaren Tuberkulose sind, die schon von Anfang an 
eine offene zu sein pflegt. 

Das Vorkommen plazentarer Übertragung der Tuberkulose gilt als sicher 
festgestellt. . 

Über die Frage der Ansteckungswege sind die Ansichten ebensowenig ein- 
heitliche, wie bisher beim Menschen. 

Aus den sehr belangreichen Arbeiten über die Tuberkulose bei den einzelnen 
Tierarten sei bier erwähnt, dass für die gar nicht seltene Tuberkulose des Schweines 
in erster Linie das Rind, dann das Geflügel und der Mensch als Austeckungsquelle 
in Betracht kommen. Der Hund, der ja eine grosse natürliche Widerstandskraft 
zeigt, steckt sich sowolıl vom Menschen wie vom Rinde an. 

Über die subkutane Tuberkulinprobe scheinen die Ansichten nicht weniger 
geteilt zu sein, als in der menschlichen Krankheitslehre. Über die Intrakutan- 
reaktion beim Rinde lauten die Ansichten überwiegend günstig. Die Augenprobe 
ist zu Massenuntersuchungen geeignet. Tiere, die auf sie reagieren, rind sicher 
tuberkulös. 

Die Erfahrungen über spezifische Behandlung sind bisher gering. Günstig sind 
die Erfahrungen des Tilgungsverfahrens von Bang und von v. Ostertag. 

Durch die Bovuvakzination kann die Widerstandsfähigkeit junger Rinder gegen- 
über der künstlichen Ansteckung gesteigert werden. Diese Steigerung hält aber 
nicht lange vor. Der Beweis ausreichender Schutzkraft gegen die natürliche An- 
steckung ist noch nicht erbracht. Die praktischen Erfahrungen sprechen sogar 
überwiegend für die ablehnende Meinung. In ähnlicher Weise sind die Ansichten 
über die Taurumapschutzimpfung nach der ungünstigen Seite abgeschlossen. Auch 
die Urteile über das Klimmer’sche Verfahren lauten überwiegend ungünstig. 

Sehr lesenswert sind auch die Zusammenstellungen über die staatlichen Mass- 
nahmen zur Bekämpfung der Säugetiertuberkulose. H. Grau, Honnef. 


118 Kongress- und Vereinsberichte. 


Il. Kongress- und Vereinsberichte. 


2. Waffenbrüderliche Vereinigung Deutschlands und Österreich- 
Ungarns. 


I. Tagung der medizinischen Abteilungen vom 11.—13. Oktober 
: 1917 in Baden bei Wien. 


(Referent: A. Baer, Sanatorium Wienerwald.) 


Professor Rudolf Bälint (Budapest): Behandlung lungenkranker 
Soldaten in Kurorten und Heilanstalten (Autoreferat). 

Die lungenkranken Soldaten zerfallen vom Gesichtspunkte der Behandlung 
und Versorgung in zwei Gruppen: tuberkulöse und nicht tuberkulöse Kranke. 
Die Lungentuberkulose muss in Anbetracht der Infektionsgefahr der zivilen Be- 
völkerung als Kriegsseuche aufgefasst werden. Es muss gesorgt werden, dass die 
an offener Tuberkulose leidenden Kranken ihre Angehörigen nicht infizieren können. 

Die unheilbaren Fälle sollten in Abteilungen untergebracht werden, die in 
Verbindung mit den städtischen und Komitats-Spitälern aufzustellen wären; die 
heilbaren Fälle in Sanatorien, die an geeigneten klimatischen Kurorten zu erbauen 
sind. An der relativen Beschränktheit der Nahrungsmittel im Vergleich mit den 
Friedenszeiten scheitert die Genesung nicht. Die Kranken sind in den Sanatorien 
zu beschäftigen. 

In jedem Sanatorium sollten die Kranken mittels volkstümlicher Vorträgen 
über die Verhinderung der Krankheitsübertragung belehrt werden. Die Kranken 
sollen bis zum Verlust der Aktivität der Krankheit resp. bis der offene Prozess 
zum geschlossenen wird, in den Sanatorien gehalten werden. Offene Fälle dürfen 
nur unter strengen Kautelen der häuslichen Pflege übergeben werden. 

Von anderen Lungenkrankheiten bedürfen pleuritische Adhäsionen einer 
klimatischen Behandlung; solche Adhäsionen sind unter anderen sehr oft Über- 
bleibsel der Lungenschüsse. Die klimatische Behandlung solcher Fälle ist durch 
entsprechende Apparate zu unterstützen. 

In klimatischen Kurorten sind ‚ausserdem noch Kranke mit chronischem 
Bronchialkatarrh, Emphysem, Asthma bronchiale, sowie auch Rekonvaleszenten 
nach akuten Lungenkrankheiten unterzubringen. 


Aussprache (referiert nach dem offiziellen Berichte): 

Josef Sorgo-Alland: Die Tuberkulösen besitzen nicht nur für Tuberkulin, son- 
dern auch für artfremdes Eiweiss eine erhöhte Empfindlichkeit. Tuberkulöse Herde 
reagieren auch auf Typhustoxine; eine solche Reaktion kann auch eine Schä- 
digung herbeiführen. Tuberkulöse sollten von der Typhusimpfung ausgeschlossen werden ; 
da dies aber bei Leuten mit alten tuberkulösen Herden nicht durchführbar ist, so sollen 
Typhusgeimpfte durch 14 Tage vom Felddienste befreit werden. 

M. Landegpger- Wien: Die Behandlung in den Tuberkulosefürsorgestellen. Da 
die Isolierung der Kranken derzeit fast auf unüberwindliche Schwierigkeiten stösst und 
auch die Verbesserung der Lebensverhältnisse und Unterstützung mit ausreichender Kost 
jetzt oft unmöglich ist, so ist die Fürsorgetätigkeit derzeit zumeist wenig erfolgreich und 
beruht hauptsächlich in der Belehrung und Erziehung der Kranken und ihrer Familien 
durch die Fürsorgeschwester. Erfreulich sind dagegen die mit spezifischer Therapie er- 
zielten Heilerfolge. Vortragender benützte vorwiegend das Tuberkulomuzin, mit welchem 
er bei 143 Kranken in 52,5°/o Heilung, in 37°/o Besserung und nur in 10,5°/o keinen 
Erfolg erzielte. 

Wilhelm Mager-Brünn: Die Unterbringung von mit offener Tuberkulose 
Behafteten ist von höchster Wichtigkeit. Es soll aber eine Absonderung in „Sterbe- 
häusern“ aus Humanitätsgründen vermieden werden; vielmehr sollen Tuberkulose- 
krankenhäuser für alle Stadien geschaffen werden, ebenso sollen die Abteilungen 
der ländlichen Krankenhäuser für alle Stadien bestimmt sein. Ferner wünscht Vortr. 


Kongress- und Vereinsberichte. 119 


Schaffung von ländlichen Kolonien in Form von Kriegerheimstätten für Tuber- 
kulöse, wo diese ohne Infektionsgefahr mit ihrer Familie zusammenleben können. 


Petruschky- Danzig bestätigt die Erfahrungen Sorgo’s über die besondere 
Empfiodlichkeit Tuberkulöser gegen die Typhusschutzimpfung. Die Überempfiadlichkeit 
der Tuberkulösen setzt sich aus einer spezifischen und einer nichtspezifischen Kompo- 
nente zusammen. 

Die Frage, ob Kranke mit geschlossener Tuberkulose im Heeresdienste belassen 
werden können, bejaht Verf. unter der Voraussetzung, dass man alle Mittel der Wissen- 
schaft anwendet, um die Kranken auch im Dienste leistungsfähig zu erhalten und ihre 
Genesung so zu fördern, dass der Ausbruch offener Tuberkulose nicht zu fürchten ist. 
Vortr. befürwortet ferner die ausgedehnte Verwendung der für Heereszwecke besonders 
geeigneten Methodik der pertukanen Tuberkulineinverleibung. 

Julius Glax-Abbazia bemerkt, dass deı Salzgehalt der Luft an der Küste von 
Wind und Wetter abhängig ist; bei ruhiger See ist die Seeluft nicht salzhaltiger als 
anderwärts und es gibt auch Küstengebiete mit sehr trockener Luft. Deshalb iat es un- 
richtig. die Seeluft im allgemeinen als salzhaltig und feucht zu bezeichnen, 

Kirchner- Berlin widerspricht Sorgo, dass die Typhusschutzimpfung die 
Tuberkulösen schädigen könne; es geht nicht an, 1 g Typhusimpfstofl‘ gleichzusetzen 
1 mg Tuberkulin. Die Schonung der typhusgeimpften Soldaten durch 8—14 Tage ist 
praktisch undurchführbar. Gegenüber dem Referenten, dass vom hygienischen Stand- 
punkte es gut sei, dass jetzt so viele latente Tuberkulosen zu offenen werden, meint 
Vortr., dass im Gegenteil die Zunahme der Tuberkulose ein Unglück sei, dem wir mit 
aller Energie entgegentreten müssen, Vortr. kann die Unterscheidung in heilbare und 
nicht heilbare Fälle nicht gutheissen, sondern man darf nur unterscheiden zwischen 
offener und geschlossener Form. Man nıuss aber beide behandeln und zu heilen ver- 
suchen. Die offenen müssen aber verhindert werden, die Bazillen auf ihre Umgebung 
zu übertragen. 

Samuel Ebel-Abbazia betont die Wichtigkeit der Hydrotherapie bei der Be- 
kämpfung der Tuberkulose und verweist auf günstige Erfahrungen mit Inhalation ther- 
mischer Kontrastreize, nach Analogie der schottischen Dusche. 

Rudolf von Jaksch-Prag: Jeder Fall von offener Tuberkulose bedeutet eine 
Gefahr für seine Umgebung und ist in eine Tuberkuloseheimstätte zu schicken. Wir 
müssen die Tuberkulose im Säuglingsalter bekämpfen, dann wird die 
sekundäre Affektion ausbleiben. Solange wir dies nicht zustande bringen, 
wird jede Therapie erfolglos bleiben. Das Wichtigste ist die Prophylaxe der Tuber- 
kulose im Säuglingsalter. 

Rudolf Bálint (Schlusswort) ist mit den Ausführungen Kirchners einver- 
standen, von dem er stellenweise missverstanden wurde. Tuberkulöse Soldaten sind in 
Sanatorien zu bebandeln; für sehr lange dauernde und unheilbare Fälle sind Baracken 
zu errichten, wo diese Fälle getrennt von ihrer Familie, aber doch in deren Nähe be- 
handelt werden können, 


II. Tagung der ärztlichen Abteilungen der Waffenbrüderlichen 
Vereinigungen Deutschlands, Osterreichs und Ungarns 
vom 23.—26. Januar 1918 in Berlin. 


(Referent: E. Hayward, Charlottenburg.) 


In den Tagen des 23.—26. Januar fand in Berlin im Langenbeck-Virchow- 
Hause die II. Tagung der ärztlichen Abteilungen der Waffenbrüderlichen Ver- 
einigungen Dautschlands, Österreichs und Ungarns statt. Die Veranstaltung, an der 
sich zablreiche Ärzte aus allen Teilen Deutschlands beteiligten und zu der weit über 
100 Arzte aus den verbündeten Donaumonarchien gekommen waren, nahm in allen 
ihren Teilen einen glänzenden Verlauf. War doch als Verliandlungsgegenstand 
ein Thema gewählt worden, das nicht nur das ärztliche Interesse aufs höchste 
beanspruchte, sondern dessen praktische Bedeutung jedem, der sich mit der Zu- 
kunft unseres Volkes und der Mittelmächte überhaupt beschäftigt, klar war. 
Für den Verhandlungsgegenstand: „Der Wiederaufbau der Volkskraft 
nach dem Kriege“, waren Reduer aller einschlägigen Disziplinen gewonnen 


120 'Kongress- und. Vereinsberichte. 


worden, deren Namen und Ruf für die sachverständige Behandlung der Fragen 
bürgten. 

Am Mittwoch, den 23. Januar, hielt die Berliner medizinische Gesellschaft zu 
Ehren der Gäste eine ausserordentliche Sitzung ab, in der Kraus-Berlin zunächst 
die Erschienenen begrüsste, wobei er auf die zahlreichen gemeinsamen Züge in der 
Entwicklung der beiden Länder Deutschland und Österreich hinwies. Nachdem 
Tandler-Wien und v. Grösz-Budapest im Namen der österreichischen und 
ungarischen Ärzte, sowie Mivisterialdirektor Dr. Kirchner für die deutschen 
Ärzte gedankt hatten, hielt Orth-Berlin den Festvortrag „Über Tuberkulose‘. 
In den Vordergrund seiner Ausführungen stellte er seine eigenen über eine Reihe 
von Jahrzehnten sich erstreckenden Untersuchungen und betonte, dass er im Gegen- 


satz zu anderen Forschern stets die Bedeutung der Rindertuberkulose für den | 


Menschen gelehrt habe. Auch des Zusammenhangs der Skrofulose und Tuberkulose 
wurde eingehend gedacht. Das Vorkommen der traumatischen Lungentuberkulose 
ist ausserordentlich selten und wird nur dann beobachtet, wenn irgendwo im 
Körper ein latent tuberkulöser Herd sitzt. 

Das erste Thema behandelte die Vermehrung und Erhaltung des 
Nachwuchses. 

Krohne-Berlin erörterte bevölkerungspolitische Probleme und 
Ziele. 

Zwei Dinge beanspruchen hier unsere grösste Aufmerksamkeit: 

Der seit 1900 zu beobachtende bedrohliche Geburtenräckgang im Zusammen- 
hang mit den Verlusten von Hunderttausenden im Kriege gefallener Männer und 
die noch immer zu hohe Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit. 

Der Geburtenrückgang bildet für uns noch keine unmittelbare Gefahr; zwar 
wurden bereits in den letzten Jahren vor dem Kriege jährlich 560000 Kinder 
weniger geboren als noch um 1900. Doch wird durch den weiteren erschreckenden 
Geburtenrückgang während des Krieges und durch die hohe Verlustziffer an Ge- 
fallenen die Gefahr einer bedenklichen Verlangsamung unserer Volksvermehrung 
oder gar ein Stillstand derselben in greifbare Nähe gerückt. Die Säuglings- und 
Kleinkindersterblichkeit bat sich seit 1900 erheblich verringert, ist aber mit 
360000 Todesfällen von Säuglingen und Kleinkindern jährlich noch immer zu hoch 
und beispielsweise noch weit höher als in England, Frankreich, Italien, den skan- 
dinavischen und einigen anderen Ländern. 

Darum muss die Freude am Kinderreichtum durch Begünstigung kinderreicher 
Familien, Besserung der Wohnungsverhältnisse für unsere bemittelten Volksschich- 
ten, durch umfassende Siedlungspolitik, weitgehende Förderung der inneren Kolo- 
nisation und vielerlei anderes angeregt werden. Weiterhin ist erforderlich Aus- 
bau aller Bestrebungen auf dem Gebiete des Mutter- und Säuglingsschutzes, Reform 
des Hebammenwesens, Überwachung des Gesundheitszustandes möglichst aller 
Säuglinge und Kleinkinder durch Säuglingsfürsorgestellen, Belehrung der Mütter 
und der gesamten weiblichen Jugend über die Grundsätze der Säuglings- und Klein- 
kinderpflege, Anstellung einer grossen Zahl von Säuglingspflegerinnen und Für- 
sorgerinnen für Familie und Gemeinde, verbesserte Fürsorge für die unehelichen 
Kinder und dergleichen mehr. 

Tandler-Wien behandelt die Frage der Fürsorge für unseren Nach- 
wuchs vom rein sozialen Standpunkt. Der Arzt muss lernen sich auch um die 
Standesangelegenheiten des Volkes und das soziale Gefüge der Staaten mehr zu 
kümmern als bisher. Unter dem Gesichtswinkel sozialer Bevölkerungspolitik ge- 
winnen die Zahlen der Geburten und Sterblichkeit ein besonderes Aussehen. 
Aber auch die Einsicht in die ursächlichen Momente der Bevölkerungspolitik wird 
eine andere und mit der Erkenntnis der Ursachen des gesamten Prozesses kann 
die Behandlung in richtige Bahnen gelenkt werden. Die Bevölkerungspolitik ist 
eine Willensäusserung des Gesamtstaates. Die Menschheit befindet sich augen- 
blicklich in einem Zustande grosser Menschenbedürftigkeit und es ist klar, dass 


——— 0. __ 


— 


Kongress- und Vereinsberichte. 121 


wir alles versuchen müssen, um über diese kritische Zeit hinweg zu kommen. Die 
augenblicklich mögliche Hilfe besteht in der Herabdrückung der Sterblichkeits- 
ziffer. Es handelt sich vor allem dabei um die Säuglings- und Kindersterblichkeit. 
Die Hebung der Aufzuchtsziffer ist aber nicht durch kleinliche Mittelchen zu er- 
xeichen, wie z. B. durch grössere oder kleinere Prämien, Steuernachlässe usw., 
ssondern dazu gehören viel radikalere Mittel. Dazu ist in erster Linie eine ver- 
zünftige Steuerpolitik, ferner eine Änderung der Agrarpolitik zu rechnen. 


Wilhelm Tauffer-Budapest: Mutterschutz und Säuglingsfürsorge 
in Ungarn. 

Mutterschutz und Säuglingsfürsorge in Ungar» ist neuerdings vom Parlamente 
und Regierung als Aufgabe des Staates anerkannt. 

Als vorangehende Aufgabe wurde bereits vor 17 Jahren die staatliche Für- 
sorge für jede Schwangere und für das verlassene Kind gesetzlich geregelt. Der 
Staat gewährt jeder Gebärenden in sämtlichen Kliniken, (Feburtsanstalten und 
Spitälern unentgeltliche Niederkunft und Wochenbettpflege, ohne Reklamation der 
Verpflegskosten. 

Seit 1917 gelten folgende Regierungsbeschlüsse : 

I. Es wird anerkannt, dass Mutterschutz und Säuglingsfürsorge im weitesten 
Sinne des Wortes Aufgabe des Staates sind. — 

II. Es wird erkannt, dass eine entsprechende Fürsorge der Staat nur in Ver- 
bindung mit der Gesellschaft zu leisten vermag. — 

Ill. Es wird erkannt, dass der Staat mit seiner bürokratischen Schwerfällig- 
keit zur Exekutive ungeeignet ist, und dass ein Mittelglied bestehen muss, welches 
mit vom Staate liberal übertragener Exekutivgewalt ausgestattet, mit dem wogen- 
den Leben in unmittelbarer Berührung steht und bürokratischer Formen bar, die 
Fürsorge organisiert, leitet und überwacht. — Dieses Mittelglied stellt der Stefanie- 
Bund dar, welcher unter dem Protektorate Ibrer Kaiserlichen und Königlichen 
Hoheit der Prinzessin Stefanie entstanden ist und die gross angelegte Organisation 
des Mutterschutzes und der Säuglingsfürsorge betreibt. — Eine staatlich organi- 
siorte Schwesternschaft, bestehend aus 5—6000 Fürsorgeschwestern, soll das ganze 
Land uraspinnen. Die Fürsorgeschwestern geniessen (jetzt in 8, in der nächsten 
Zukunft in 18) Schulen unentgeltliche Ausbildung. Ihr Jahresgehalt beträgt je 
nach der Anstellung und dem Wirkungskreise entsprechend 300—2500 Kronen. 

Die bedeutendste Schöpfung des Stefanie-Bundes ist die Königin-Zita-Anstalt 
als Landeszentrale für Mutterschutz und Säuglingsfürsorge. Die Anstalt befolgt 
in ihrer Organisation im grossen und ganzen die vorbildlich ausgestalteten Prin- 
zipien des Kaiserin Auguste Viktoria-Hauses in Charlottenburg. — Die Königin- 
Zita-Anstalt besteht aus einer sozialpolitischen Abteilung, aus einer Gebäranstalt 
mit Mütterheim und aus einem Säuglings- und Kleinkinderhospital, weiterhin aus 
einer Fürsorgestelle für auswärtige Säuglinge und aus der Erziehungsanstalt für 
Fürsorgeschwesternschaft und Fortbildungsschule für Ärzte. — Den einzelnen Ab- 
teilungen stehen 3 Fachmänner als Direktoren vor. 

In der Hauptstadt Budapest ist die Fürsorge seit 18 Monaten organisiert 
und hat vermittels 42 Fürsorgeschwestern bereits 24000 Mütter und Säuglinge 
unter ihre Obhut genommen. 


Dippe-Leipzig fordert in seinem Vortrag: Säuglings- und Kleinkinder- 
schutz; Arzt und Fürsorgerin alle Ärzte auf, an den ausserordentlich be- 
deutsamen Fürsorgebestrebungen tatkräftig mitzuarbeiten, aber auch dafür zu 
sorgen, dass ihnen dabei allenthalben die gebülhrende Stellung eingeräumt, dass 
jede Schädigung der Ärzte an Ansehen und Erwerb sorgsam vermieden wird. Den 
Leiter der Mutterberatungsstelle wollen die ansässigen Ärzte aus ibrer Mitte be- 
stimmen, und an allen Stellen des ganzen Aufbaues, bis hinaus zu dem dringend 
wünschenswerten Reichsamt für Volksgesundheit, soll den Ärzten Sitz und Stimme 
ausreichend zugebilligt werden. Die Einzel- und Kleinarbeit der Fürsorgen soll 


122 Kongress- und Vereinsberichte. 


weiblichen Hilfskräften übertragen werden, die möglichst gut ausgebildet und erst 
nach einer strengen Prüfung augestellt werden sollen. 


v. Pirquet-Wien hat an der Univ.-Kinderklinik in Wien seit mehreren 
Jahren ein Ernährungssystem in Anwendung gebracht, das auf zwei neuen 
Prinzipien beruht. Als Nahrungseinheit wird die Milch benützt und der indivi- 
duelle Bedarf wird aus der Sitzhöhe berechnet. Die metrische Einheit des Nähr- 
werts ist 1 Gramm. einer Durchschnittsmilch von 3,7 Prozent Fettgehalt. Sie 
heisst Nem (Nahrungs-Einheit-Milch). Die Vielfachen davon sind das Hektonem 
(100 Nem, der Nahrungswert von 100 g Milch) und das Kilonem (1000 Nem, der 
Nahrungswert von 1000 g oder rund 1 Liter Milch). 

Aus dem Quadrate der Sitzhöhe wird ein Mass der Darmfläche berechnet. 
Entsprechend der vom betreffenden Menschen erwarteten Funktion (Wachstum, 
Fettzunahme, Bewegung, körperliche Arbeit usw.) wird für jeden Quadratzentimeter 
Darmfläche eine bestimmte Anzahl von Milcheinheiten als Tagesnahrung gegeben. 

An der Hand einiger Beispiele werden die Erfolge des Systems, das für alle 
Altersstufen des Menschen anwendbar ist, gezeigt. | 

Redner stellt die Forderung auf, dass der Staat allen Staatsbürgern und 
insbesondere den Kindern die notwendige Nahrungsmenge garantiert. Als Mass- 
stab hat der Nährwert zu gelten; die Art der Nahrungsmittel, die gegeben werden, 
hängt von der wirtschaftlichen Konjunktur ab. 


Noeggerath-Freiburg i. Br. referiert über den gegenwärtigen Stand 
und den künftigen Ausbau-der Kinderheilkunde in Deutschland. 

Erst seit 25 Jahren besteht die erste deutsche Kinderklinik. Eine Schöpfung 
Heubner's. Als eindruckvollstes -äusseres Zeichen des Fortschrittes erwähnt 
Redner die Umwandlung der offenen und geschlossenen Fürsorgestellen für Säuglinge 
aus Sterbeanstalten mit bis zu 90 Prozent Mortalität zu lebensbewahrenden Zentren 
der Volkserhaltung. Die wissenschaftliche Pädiatrie hat wesentlich die Wachs- 
tumsverhältnisse, den Stoffwechsel und die Infektionskrankheiten studiert. Die 
äusseren Lebensbedingungen deutscher Kinderheilkunde sind auch heute noch 
dürftig, dies drückt sich am stärksten in den ungenügenden Möglichkeiten zur 
Ausbildung der Studierenden und Ärzte auf den Universitäten aus. Die hierzu 
notwendigen Vorschläge werden an Hand einer Denkschrift der kinderärztlichen 
Hochschullehrer besprochen. 


Über normaleundabnorm veranlagte Kinder sprach Czerny-Berlin. 

Das normale Kind braucht nur Schutz gegen extreme Armut und gegen In- 

fektionskrankheiten, es wächst auch unter ungünstigeren Verhältnissen auf und 

entwickelt sich zu einem körperlich /und geistig brauchbaren Menschen. Das 

_ kranklaft veranlagte Kind erfordert den ganzen Apparat von Fürsorgeeinrichtungen. 

Die Fürsorge kann hier aber nur bessern, niemals normale Verhältnisse schaffen. 
Deshalb warnt Czerny vor der Überschätzung mancher Fürsorgebestrebungen. 


Langstein-Berlin skizziert in grossen Umrissen die Richtlinien für eine 
zielbewusste Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, wie sie in dem Kaiserin Au- 
guste Viktoria-Hause zu Charlottenburg erprobt worden sind. — 


Als zweites Thema war gewählt: Schutz und Kräftigung der jugend- 
lichen Bevölkerung. 

Zunächst erläuterte Abel-Jena die Aufgaben und Wege der gesund- 
heitlichen Fürsorge für die Jugend. 

Die starke, durch den Krieg noch sehr vermehrte Abnahme der Geburten- 
ziffer, die Verwaisung vieler Kinder, der wirtschaftliche Rückgang zahlreicher 
Familien, die künftigen hohen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit aller Volks- 
schichten geben erhöhten Anlass zur gesundheitlichen Fürsorge für das Jugend- 
alter, dessen gesundheitliche Zustände noch keineswegs befriedigend sind. Von 
allgemein anzustrebenden hygienischen Fortschritten werden besonders schärfere 
Bekämpfung der Infektionskrankheiten und Besserung der Wohnungsverhältnisse 


Kongress- und Vereinsberichte. 123 


Aem heranwachsenden Geschlecht zugute kommen. Die Säuglingsfürsorgestellen 
sind zu solchen für kleine Kinder auszubauen, nötig ist die Einführung der 
Wrankenversicherung für die Familien, um ärztliche Behandlung kranker Kinder 
zu sichern, nötig ferner ärztliche Beaufsichtigung der Kindergärten, Beibehaltung 
dies sommerlichen Landanfenthaltes für Stadtkinder, körperliche Ausbildung der 
smännlichen Jugend bis zum Heeresdienstalter, Unterweisung der weiblichen Jugend 
im Haushaltskunde und Kinderpflege, Alkohol- und Tabakverbot für Jugendliche, 
Ersatz des Schlafstellenwesens durch Ledigen- und Lehrlingsheime, gesundheitliche 
Unterweisung der Jugend, wie der Mütter. 

Leo Burgerstein-Wien sprach ausführlich über körperliche Erziehung 
und Schule. 

Er zog die einzelnen Schulgattungen in Betracht, betonte die Notwendigkeit 
weniger schroffen Überganges im ersten Volksschuljahr und genauerer Erforschung 
der Einflüsse dieses Jahres auf die physische Entwickelung des Kindes, sprach 
weiter über Anerziehung hygienisch korrekter Sitzarbeitshaltungen in dieser Zeit, 
sowie Anlage je einiger Freiluftklassen in neuen städtischen Schulhäusern. — 
Hinsichtlich der Fortbildungsschule wies er auf die unabweislichen Reformen be- 
züglich körperlicher Erziehung der im Reifungsalter stehenden Jugend hin, auf 
Notwendigkeit und Mittel der Erziehung zu richtigen Berufsarbeitshaltungen und 
Förderung der Jugendlichen -Vereinigungen zu Zwecken gesunder körperlicher 

bung. — Hinsichtlich der höheren Schulgattungen redete er das Wort den Kon- 
zessionen des Lehrplanes für die Förderung körperlicher Erziehung und über 
exakte Feststellung der bestehenden Belastung. 
Der Kriegseinfluss wurde in bezug auf die Folgen der Kriegsernährung und 
den voraussichtlich bleibenden Erfolg hinsichtlich gesteigerter Fürsorge für bessere 
physische Erziehung der Schuljugend bemerkt. — Hinsichtlich der Ferienkolonien 
und Ferienwanderungen schlug Redner Ausnutzung der einschlägigen Wohlfahrts- 
einrichtungen auch zur Verminderung der Landflucht vor und gab die Wege an. 

Der Hygieneunterricht der Lehrerschaft und Schülerschaft in seiner Be- 
ziehung zur körperlichen Erziehung wurde für verschiedene Schulgattuugen kritisch 

. erörtert. — Weiter schlug Ref. vor, im Zusammenhang mit dem Charlottenburger 
Laboratorium zur Erforschung des Sportes eine Ausdehnung der Aufgaben in dem 
Sinne ins Auge zu fassen, dass auch das wissenschaftliche Experiment sowie die 
statistische Aufnahme verschiedener mit der Schulung zusammenhängender Punkte 
der Lebensführung, Gegenstand der Forschung einer besonderen Abteilung des 
neuen Institutes werden möge und skizziert durch Beispiele die Aufgaben, welche 
der Forschung hier erwachsen würden, 


F. A.Schmidt-Bonn: Körperliche Ertüchtigung der schulentlasse- 
nen Jugend in den Entwickelungsjahren von 14—19. | 

Die Übergangszeit vom 14. bis zum 19. Jahre ist mit ihren besonderen 
Wachstumsverhältnissen entscheidend für den Bestand an Gesundheit, Leistungs- 
wie Widerstandskraft im ganzen späteren Dasein. Nach dem 14. Lebensjahre be- 
ginnt beim männlichen Geschlecht eine ungemein starke Längen- wie Gewichts- 
zunahme (sog. „zweite Streckung*), die im 15. und 16. Lebensjahre, also mitten 
in der Lehrlingszeit, ihren Höhepunkt erreicht. 

Nach dem 16. Jahre tritt immer mehr das Breitenwachstum in den Vorder- 
grund, sowie in ursächlichem Zusammenhange mit der Zunahme des Brustum- 
fanges das Wachstum der Lungen, deren Volum um das !/s—!/s fache, sowie des 
Herzens, dessen Volum um das Doppelte zunimmt. Der zeitige Abschluss und 
die Vollendung dieser Entwickelung bis zum 20. Jahre ist gleichbedeutend mit 
starker Widerstandskraft gegen Erkrankung an Tuberkulose. Aus den umfassenden 
Erhebungen bei unserem Heere (v. Schjerning) wissen wir, dass von den 
Leuten, welche infolge Verzögerung des Wachstums erst mit 21 und 22 Jahren 
eingestellt werden können, doppelt so viele, von denen, die erst nach dem 
22. Jahre dienstfähig wurden, sogar zweimal so viel an Tuberkulose während 


124 Kongress- und Vereinsberichte. 


der Dienstzeit erkrankten, als von denen, die mit 20 Jahren schon voll entwickelt 
waren. Um die vorhandenen Wachstumsanlagen zeitig zur vollen Entwickelung 
zu bringen, bedarf es der entsprechenden Wachstumsanregungen. 

Tatsächliche Feststellungen von Matthias und Godin geben den Bestre- 
bungen zur Ertüchtigung unserer Jugendlichen durch wirksame Leibesübungen 
neues Gewicht. Die Bedeutsamkeit der körperlichen Erziehung in den Jahren 
14—19 für die gesamte Volkskraft ist aber derart, dass wir die Anteilnahme der 
Jugendlichen nicht weiter als eine freiwillige dem Ermessen der jungen Leute 
überlassen dürfen. Vielmehr ist zu fordern, dass ‘ein genügendes Mass körper- 
licher Übung allgemein in den Erziehungsplan der Pflichtfortbildungsschule ein- 
zubeziehen sei. Dabei sollen aber die grossen Verbände für Leibesübungen wie 
für Jugendpflege mitbeteiligt werden, und ihre bewährten Lehrkräfte wie ihre 
Einrichtungen an Plätzen und Hallen zu gemeinsamer Arbeit mit der Fortbildungs- 
schule zum Besten der vaterländischen Jugend zur Verfügung stellen. 


Thbiele-Chemnitz behandelt die Schularzteinrichtung als Mittelpunkt 
der körperlichen Jugendfürsorge. 

Es ist ein Mangel der jetzigen Schularzteinrichtung in der Volksschule, 
dass sie aufhört, wenn der halbflügge junge Mensch in die Lehre und den Erwerb 
eintritt. Ebenso verlangt die notwendige körperliche Ertüchtigung der werdenden 
Wehrpflichtigen ärztliche Beeinflussung. Sinngemäss ist diese auch für die heran- 
wachsende weibliche Jugend nötig. Hier erst liegt die natürliche Grenze der 
Schularzteinrichtung. Ihr Beginn ist an den äusserlichen Zeitpunkt der Schul- 
pflicht geknüpft, deshalb kommt sie für viele und gerade die schwersten Fälle 
körperlicher Schädigung (Rachitis, Skrofulose, Tuberkulose) zu spät. Die Klein- 
kinderfürsorge muss eng mit der Schulgesundheitspflege im neuzeitlichen Sinne 
verbunden werden. Durch die Impfpflicht ist es möglich, alle Kinder einer ärzt- 
lichen Begutachtung zu unterwerfen. An diese müssen sich die schon in der 
Schulgesundheitspflege erprobten Folgerungen, vor allem die ärztliche Über- 
wachung. anschliessen. Damit wird die Schularzteinrichtung zum Mittelpunkte 
der körperlichen Jugendfürsorge und das viel geforderte einheitliche Band für die 
Jugendfürsorge überhaupt. 


Leu-Berlin: Körperliche Ertüchtigung der Schwerbeschädigten 
durch Leibesübungen. 

Schon vor dem Kriege war sich der kritische Beobachter darüber klar, dass 
die Behandlung Schwerverletzter durch Medikomechanik trotz all ihrer zahllosen 
und kostspieligen Apparate durchaus unzureichend war. Frühzeitig, schon wäh- 
rend der chirurgischen Behandlung muss daher mit aktiven Bewegungen begonnen 
werden; dass der arbeitende Muskel um das 4—5fache blutreicher ist als der 
untätige, erklärt ein Heilerfolg. Die Apparatbehandlung erstreckt sich unter 
Ruhigstellung des übrigen Körpers meist nur auf ein einzelnes Gelenk, wobei 
aktive Muskeltätigkeit und die natürliche Belastung der Gelenkflächen so gut 
wie ausgeschaltet werden. Auch die Massage ist nicht geeignet, die natürliche 
freie Körperarbeit zu ersetzen; sie ist, wie die Medikomechanik, nur als ein Be- 
helfsmittel anzusehen. Nach den Erfahrungen im stellvertretenden IIl. Armee- 
korps (Görden) sind die Leibesübungen in jeder Form berufen, im Rahmen der 
in Rede stehenden Bestrebungen zur möglichst vollständigen Beseitigung der 
Kriegsfolgen neben und nach einer sachgemässen Lazarettbehandlung einen breiten 
Raum einzunehmen. — Anschliessend daran erläuterte Mallwitz die durch 
anschauliche Films wiedergegebene Behandlungsart Kriegsbeschädigter mittelst 
Turnen, Spiel und Sport. 

Gastpar- Stuttgart besprach Schularztfragen und ihre Lösung in 
Württemberg. 

Die Schularzttätigkeit ist nach dem Oberamtsarztgesetz vom 10. Juli 1912 
vorbehalten, eine Regelung, die sich ausserordentlich bewährt hat. Die Aus- 
führungsbestimmungen zu dem Gesetz übertragen dem Schularzt die Aufsicht über 


Kongress- und Vereinsberichte. 125 


lie Kinder in sämtlichen Schulen des Landes; ein Unterschied zwischen Volks- 
wand höheren Schulen, Knaben- und Mädchenschulen besteht nicht. Die Tätigkeit 
des Schularztes greift über den Rahmen der Schule hinaus durch Einbeziehung 
der Altersklassen vor dem Schulalter (Krippen, Kindergärten, Kinderhorte) und 
erstreckt sich ausserdem auch auf die schulentlassene Jugend (Fortbildungsschule). 
Eine besonders wirksame Ausgestaltung der Fürsorge erfolgte einmal durch ihre 
planmässige Förderung durch die Gemeinden, durch die Versicherungsanstalt, durch 
die Ortskrankenkassen, durch Vereine, sowie durch Stiftungen Privater, welche 
zahlreiche und wohlgegründete Fürsorgeeinrichtungen für die Jugend geschaffen 
haben, dann durch die gesetzliche Übertragung der ärztlichen Tätigkeit bei dem 
Gemeindewaisenrat und Berufsvormund ebenfalls an den Amtsarzt, endlich in 
allerjüngster Zeit durch ministerielle Verordnung über die Ausbildung der den 
Fürsorgedienst im einzelnen versehenden Schwestern (Fürsorgerinnen). 


Das dritte Thema lautete: Herabsetzung der Sterblichkeit durch 
zielbewusste Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten. 

Hierbei sprach zunächst E. Jendrassik-Budapest über Verhütung und 
Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten. 

Die Verhütung der einzelnen übertragbaren Krankheiten kann nicht durch 
einheitliche Massnahmen geschehen, sondern entsprechend ihrer Natur und der 
Art ihres Übertragungsprozesses. Bei der Erwägung dieser Faktoren muss auch 
jener Umstand in Betracht kommen, dass die einzelnen Organe eine von anderen 
abweichende spezifische, natürliche oder erworbene Immunität haben. Die Im- 
munität schützt die meisten Menschen vor der Tuberkulose, deren Mikroben wir 
alle ausgesetzt sind. Eine grosse Gefahr bedeutet das Hereınbringen des Strassen- 
schmutzes in die Zimmer, wogegen das allgemeine Tragen von Überschuhen, wie 
es in manchen Gegenden üblich, Schutz bieten würde. Man hat, da Anzeige- 
pflicht und Isolierung gegen die Übertragung der Tuberkulose nicht gut durch- 
geführt werden kann, versucht, die Möglichkeit dieser Infektion durch eine inten- 
sivere Behandlung der Lungenkranken zu vermindern. Leider wird die derzeit 
einzig wirksame Sanatoriumsbehandlung nie in genügender Breite zur Verfügung 
stehen, Tuberkulin ist kein Heilmittel gegen Tuberkulose und taugt nicht zur 
Verhütung dieser Krankheit. Das beste Mittel ist die Kräftigung der Jugend, 
die Assanierung der Wohnungen und Fabrikslokalitäten. 


Von Hetsch wurden Massnahmen, die die Heeresverwaltung 
bei Beendigung des Krieges zu treffen hat, vorgeschlagen, um die Ein- 
schleppung von Seuchen in die Zivilbevölkerung zu verhüten. 

Nach der Beendigung des Krieges werden weitgehende Vorsichtsmassnahmen 
durchgeführt werden, um Ansteckungsstoffe von der Zivilbevölkerung fernzubalten. 
Alle Truppenteile werden vor ihrer Rückführung einer gründlichen, wenn angängig 
wiederholten Entlausung unterzogen werden, um das Ungeziefer zu beseitigen, 
das das Fleckfieber und das Rückfallfieber überträgt. Vor der Entlassung werden 
alle Heeresangehörigen eingehend auf übertragbare Krankheiten untersucht, wobei 
alle diejenigen, die eine Infektionskrankheit überstanden haben, besonders berück- 
sichtigt werden. Ob und wie lange einzelne Truppenteile geschlossen auf Truppen- 
Übungsplätzen oder in ihrem Standort einer Quarantäne zu unterwerfen sind, 
wird im Einzelfalle vom Grade und der Art ihrer bisherigen Verseuchung ab- 
hängig zu machen sein. 

Alle Militärpersonen, bei denen eine übertragbare Krankheit festgestellt wird, 
sollen zur Behandlung so lange zurückbebalten werden, bis die Ansteckungsfähig- 
keit der Krankheit erloschen ist. Das gilt insbesondere auch für die venerischen 
Erkrankungen und trifft ebenso wie für die Soldaten auch für alle Personen zu, 
die sich in irgend einem Dienstvertrags- oder Gefolgverhältnis beim kriegführenden 
Heer und der Marine befinden. Personen, die Krankheitserreger ausscheiden, ohne 
selbst krank zu sein (sog. Keimträger), sollen bei der Entlassung den Landes- 


126 Kongress- und Vereinsberichte. 


polizeibehörden zwecks weiterer gesundheitlicher Beratung namhaft gemacht 
werden. Bei sachgemässem Zusammenarbeiten der Militär- und Zivilbehörden 
wird die Gefahr einer Verseuchung der Zivilbevölkerung durch die rückkehrenden 
Krieger sicherlich leicht abwendbar sein. 


Kraus-Berlin: Bekämpfung der Tuberkulose. 

Nach den amtlichen Berichten ist die Tuberkulosesterblichkeit während des 
Krieges in der Heimat erheblich gestiegen; dies gilt für alle Klassen mit Aus- 
nahme des Säuglingsalters und mit scheinbar etwas schwächerer Beteiligung des 
Kleinkindesalters. Daraus erhellt die Notwendigkeit eines schärferen Vorgebens 
gegen die Seuche. Als Kliniker betont Kraus besonders die Bedeutung der 
Heilfaktoren, was wiederum eine aorgfältige Ermittelung der tuberkulös Ange- 
steckten, nötigenfalls durch die Fürsorgestelle voraussetzt. Die Versicherungs- 
gesetzgebung müsste bezüglich der Einleitung des Heilverfahrens auch auf Frauen 
und Kinder ausgedehnt werden. 

Als Hauptträger der Tuberkulosebehandlung können die von den Landes- 
versicherungsanstalten unterhaltenen Heilstätten gelten. Mit den durch die Ver- 
sicherungsanstalten gewährleisteten Heilverfahren können wir uns, soweit die 
rechtlichen Unterlagen in Betracht kommen, zufrieden geben, besonders was 
Kurdauer und Wiederholung der Kur betrifft. Im übrigen aber kritisiert Kraus 
manche für die Einleitung des Heilverfahrens gewohnheitsgemäss festgehaltenen 
Grundsätze, Man sollte z. B. den Unterschied zwischen offener und geschlossener 
Tuberkulose nicht so scharf aufrecht erhalten, und zu empfehlen wäre eine 
straffere Organisation des Heilverfahrens, am besten durch die Städte, natürlich 
im Zusammenhang mit den Landesversicherungsanstalten. Kraus bekennt sich 
nach den bisherigen Erfahrungen als Anhänger der Tuberkulinkuren. Das Tuber- 
kulin müsste in dem Stadium der Erkrankung angewandt werden, wo man hoffen 
kann, die Widerstandsfähigkeit gegen eine weitere Verschlimmerung zu steigern, 
und das weist naturgemäss auf die Kinder hin. Aus begreiflichen Gründen will 
Kraus diese Frage nur anregen. Daneben sollten auch andere Heilmethoden 
auf die Kinder übertragen werden, z. B. die Lichtbehandlung, der künstliche 
Pneumothorax, und endlich muss auch die Infektionsmöglichkeit mit allen erdenk- 
lichen Mitteln bekämpft werden. 


Teleky-Wien gibt in seinem Bericht einen Überblick über die Bekämp- 
fung der Tuberkulose in Österreich vor dem Kriege und während des 
Krieges. Erst der Krieg bat den Bestrebungen neue Impulse und neue Ziele ge- 
geben; auch die Regierung hat sich ‚unter dem Zwange der Kriegsverhältnisse 
entschlossen, energisch an der Tuberkulosebekämpfung teilzunehmen. Sie hat 
im Laufe der letzten zwei Jahre rund 20 Millionen Kronen hierfür ausgegeben 
Gegenwärtig bestehen etwa 230 Heilstättenbetten, und nach Ausführung aller in 
Angriff genommenen Projekte wird Österreich über 5600 Betten und eine grössere 
Zahl von Fürsorgestellen verfügen. 


Mager-Brünn spricht über das Arbeitsgebiet der Fürsorgestellen in 
Österreich. Er tritt dafür ein, dass die Tätigkeit der Fürsorgestelle auf eine 
breitere Basis gebracht und in dieser auch die Behandlung der Tuberkulösen auf- 
genommen und durchgeführt wird, wie das bei den meisten Fürsorgestellen in 
Österreich bereits seit Jahren der Fall ist. Dieser Forderung trägt auch ein 
Erlass des österreichischen Ministeriums des Innern vom Januar 1917 Rechnung. 
Die Fürsorgestelle wird mit dieser Erweiterung ihrer Tätigkeit zu einer Zentrale 
im Kampfe gegen die Tuberkulose. 


Böhm-Wien schildert eingehend die Bekämpfung der Tuberkulose 
in Wien. 

Die Sterblichkeit an Tuberkulose ist während des Krieges sprunghaft gestiegen 
(von 3,0 auf 1000 Einwohner im Jahre 1913 auf 5,2 pro Mille im Jahre 1917). 
Am empfindlichsten sind von dieser Steigerung die Altersgruppen vom 16. bis 


Kongress- und Vereinsberichte. 127 


zum 60. Lebensjahre betroffen, was der Vortragende mit den durch den Krieg 
verursachten Mängeln der Ernährung und mit der gesteigerten Erwerbstätigkeit 
erklärt, zu welcher jugendliche Personen und die Frauen infolge des Ausfalles 
männlicher Arbeitskräfte gezwungen sind. Im Gegensatz zu dieser Steigerung 
zeigt die Tuberkulosesterblichkeit der Kinder im ersten Lebensjahre eine deut- 
liche Abnahme (von 6,6 auf 1000 der Lebendgeborenen im Jahre 1913 auf 5,4 
pro Mille im Jahre 1917). Diese erfreuliche Erscheinung findet nach der Ansicht 
des Redners in der zweckmässigen Ernährung und Pflege der Kinder, für welche 
gerade während der Kriegsjahre planmässig und grosszügig gesorgt wurde, ihre 
Erklärung. In Wien standen während des Jahres 1917 mehr als 17000 Kinder 
in den ersten zehn Lebensmonaten teils in den Fürsorgestellen des städtischen 
Jugendamtes, teils bei anderen Körperschaften und Vereinigungen im Fürsorge. 

Sodann berichtet Böhm über die in Wien zum Kampfe gegen die T.ıberku- 
lose bestehenden Einrichtungen. Zur einheitlichen Leitung derselben wurde eine 
Bezirkszentrale für Tuberkulosefürsorge geschaffen, welche unter Vorsitz des 
Bürgermeisters die Vertreter aller an dem Kampfe gegen die Tuberkulose be- 
teiligten oder daran besonders interessierten Faktoren zu gemeinsamer Arbeit 
vereinigt. Diese Zentrale umfasst auch sämtliche Fürsorgestellen für Tuberku- 
lose, welchen in Wien ausser der Familienfürsorge auch die fachärztliche Be- 
handlung der Kranken obliegt. Zur Unterbringung Tuberkulöser sollen für den 
derzeit erhöhten Bedarf ausser dem normalen Belag für Tuberkulose in den 
Wiener Krankenanstalten die Spitalsanlagen der während des Krieges geschaffenen 
Flüchtlingslager, von welchen einzelne in waldiger Umgebung sehr gut gelegen 
sind, Verwendung finden. Für Leichtkranke werden von der Gemeinde Wien 
und von der Wiener Bezirkskrankenkasse ausserdem in dem die Stadt Wien in 
einer Ausdehnung von 4400 Hektar umgebenden Wald- und Wiesengürtel Wald- 
erholungsstätten für 1000 Kranke errichtet. Um die Schwierigkeiten der Kranken- 
ernährung während des Krieges möglichst zu vermindern, ist dem Stadtphysikus 
eine Beratungsstelle für Ernährung der Kranken angegliedert. Von privater Seite 
wird an 6 Abgabestellen Krankenkost verabfolgt. In den Kriegs- und Gemein- 
schaftsküchen werden ‚täglich ca. 360000 Personen gespeist. 

Mit der im Kampfe gegen die Tuberkulose so bedeutungsvollen Fürsorge 
für die heranwachsende Jugend ist in Wien eine besondere Amtsstelle, das 
städtische Jugendamt, betraut, mit der Lösung aus der Wohnungsfürsorge sich 
ergebender Aufgaben eine eigene Magistratsabteilung, das städtische Wohnungs- 
amt, beschäftigt, welchem der amtliche Wohnungsnachweis, die Vorbereitungen 
für die Deckung des Wohnungsbedarfs nach dem Kriege sowie die Organisation 
einer städtischen Wohnungsaufsicht zugewiesen ist. 


Neufeld-Berlin brachte: Neuere Gesichtspunkte in der Bekämpfung 
der Tuberkulose. 

Er ist der Ansicht, dass bei der Tuberkulosebekämpfung die wissenschaft- 
liche Erforschung der Tuberkulose zu kurz gekommen sei. Das ist um so wich- 
tiger, als ja von der Anschauung über die Entstehung der Krankheit die erfor- 
derlichen Massnahmen abhängig sind. Diese Anschauungen haben im Laufe der 
Jahre sich wesentlich geändert. Von den Mitteln, die uns zur Bekämpfung der 
Tuberkulose zur Verfügung stehen, hält er für das wichtigste die Fürsorgestellen, 
die vor allem auf eine zweckmässige Wohnungshygiene Einfluss zu üben Gelegen- 
heit haben. Es muss hierbei vor allem auf die wichtige Infektionsmöglichkeit 
durch das ausgehustete Sputum Rücksicht genommen werden. Vor allem sind 
heftig hustende 'Tuberkulöse nach Möglichkeit zu isolieren. Die Fürsorgestellen 
können auch zur Lösung der Frage beitragen, wie weit unsere Absonderungs- 
massnahmen von Erfolg sind. Denn man muss berücksichtigen, dass, wenn der 
Arzt und die Fürsorgeschwester zu Tuberkulösen gerufen werden, diese ihre Um- 
gebung meist schon infiziert haben. Wichtig scheint die von Petruschky 
angewendete ambulante Tuberkulinbehandlung in geeigneten Zentralstellen zu 


128 Kongress- und Vereinsberichte. 


sein, vor allem der mit Drüsentubdrkulose befallenen Kinder. Diese Zentralstellen 
hätten auch die jahrelange Nachprüfung der Behandelten durchzuführen. Wichtig 
erscheint auch die Durchführung einer Anzeigepflicht für Tuberkulöse. Weßsent- 
lich scheint auch die Frage der Immunität, ob diese durch eine in der Jugend 
erworbene Erstinfektion bedingt sei, oder ob dieselbe angeboren oder ver- 
erbt ist. 

Hier liesse sich vielleicht durch systematische Beobachtung in Waisenhäusern 
oder durch wiederholte Untersuchung von Medizinstudenten ein Ausweg finden. 


Lenz-Berlin: Bedeutung und Behandlung der Keimträger. 

Wir unterscheiden sog. „gesunde Keimträger*, die Krankheitskeime nur 
vorübergehend aufnehmen, ohne in typischer Weise zu erkranken, und „Dauer- 
ausscheider“, die nach überstandener Krankheit die Krankheitskeime noch wochen-, 
monate-, jahrelang, bisweilen bis an ihr Lebensende ausscheiden. Bei fast allen 
Krankheiten, deren Erreger wir kennen, sind solche Keimträger nachgewiesen 
worden. 

Die Bekämpfung der von den Keimträgern ausgehenden Gefahr wäre leicht, 
wenn wir Medikamente besässen, durch die es gelänge, die Keimträger von ihren 
Infektionskeimen zu befreien. Leider besitzen wir sicher wirkende Mittel noch 
nicht. Wir müssen daher durch vorbeugende Massnahmen die gesunde Umgebung 
der Keimträger schützen, was vom Vortr. eingehend geschildert wird. 


Bedeutende Ausführungen machte v. Wassermann-Berlin über Bekämp- 
fung der Tuberkulose. Er erinnert zunächst daran, dass der Tuberkelbazillus eine 
gewissen fettigen Substanzen nahestehende Wachshülle besitzt. Es bedarf daher 
zur Bekämpfung der Tuberkulose gewisser fermentartiger Stoffe, die gerade diese 
wachsartigen, fetthaltigen (lipoiden) Stoffe des Tuberkelbazillusleibes anzugreifen 
vermögen. Ein lebender Körper bildet aber um so mehr fermentartige Stoffe, je 
mehr Fett ihm selbst zugeführt wird. Im Einklang damit steht die alte Erfah- 
rung, dass man die Widerstandsfähigkeit eines tuberkulosebedrohten Körpers 
durch reichliche Zufuhr von Fett, Lebertran, Milch, Butter usw., oder auch 
geradezu durch eine Mastkur wirksam steigern kann. Die Fette dienen hier 
geradezu als Heilmittel. Das Tuberkulin schafft bekanntlich derartige gegen die 
Tuberkelbazillen wirksame fermentähnliche Stoffe. Deshalb empfiehlt Wasser- 
mann auf das wärmste die breiteste Anwendung des Tuberkulins in den Für- 
sorgestellen, um so mehr, als Tuberkulinkuren ohne jede Gefahr ambulant durch- 
geführt werden können. 


IV. Mitteilung. 


Bemerkung zu der in Nr. 1 Bd. 12 erschienenen Arbeit über 
Miliartuberkulose. 


Den Hauptnachdruck in oben genannter kleiner Arbeit wollte ich auf die 
vergleichende Darstellung der Röntgenbilder legen. Leider ist nun deren Repro- 
duktion unter den jetzt obwaltenden Verhältnissen so mangelhaft ausgefallen, 
dass der Wert der Notiz erheblich darunter leidet. Wer sich daher etwa beson- 
ders für die Abbildungen interessieren sollte, dem stehen gerne die Original- 
platten im Res.-Lazarett I. Stuttgart, resp. bessere Abzüge zur Besichtigung zur 
Verfügung. Dr. C. Kraemer Il, Ass.-Arzt d.R. 


























Um Einsendung von Mon ographien und Büch ern an den Redakteur Dr. G. Sch röder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 








Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


berausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ð. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 








Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
Redaktion: Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch Verlag, 
Dirig. Arst der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig. 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg. Wttbg. 
EEE D 
——— — — 








12. Jahrg. Ausgegeben am 31. Mai 1918. Nr. 5. 
Inhalt. 
— — ‘ 
Autorenverzeichnis. 
{Die Zahlen beziehen aich auf die Seiten.) 
Altschul, Th. 118. Grau 147. Loiseleur 146. ı Rivier, C. 153. 
Baumann, E. 145. Greves, E. H. 154. Lubarsch 132. | Römer 160. 
Besehorner 1%. Grüneberg 160. Melchior 136. Schaumann, J. 132. 
Braeuning 149, 151. Gutmann, A. 146, Meyer 140. Siebeck 157. 
Brix 136. Gutzeit 138. Mitchell, H. 181. Spaet 135. 
Bucher, H. 139. Guy, J. 154. Mönch, G. 145. Spitzer, L. 142. 
Büttner- Wobst 147, 157.) Hoineke, A. 156. Moro 157. Steiner 136. 


Carling, E. 154. Heinemann 141. 


Daley, A. 154. Hirsch 158. 
Del6pine, Sh. 152. Kach 157. 

Dickinson, W. H. 155. | Kafka 158. 
Erdös, A. 140. Kirch 139. 


Forday, A. 135. 
Fraenkel, A. 151, 157. 
Friedrich, W. 141. 
Frisch, A. 135. 
Gelpke, L. 140. 

Ghon, A. 1%, 13%. 
Gjessing, H. 146. 
Götzel, A. 135. 


Kleinmann, H. 181. _ 
Knepper 14. 

Kuthy, D. O. 137, 138. 
Landegger, M. 148. 
Lembke, H. 139. 
Lénart, Z. 146. 
Lenoble 136. 
Lewandowsky 132. 


Mühlmann, E. 142. 
Nobécourt 145. 
Oehlecker 158. 


Ónodi, A. 144. 


Pearson, S. V. 154. 


Plate 158. 
Pleschner 145. 
v. Polyák 143. 
Querner 158. 
Reintart 132. 
Rethi, A. 144. 
Révész, V. 137. 
Richet, Ch. 130. 


I. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgem. Pathologie und pathol. Anatomie. 


243. Richet, La tuberculose pulmonaire 
évolntive, dite fermée, existe-t-elle ? — 244. 
Kleinmann, Uber Spondylitis tuberculosa, 
Verlauf und Endresultat. — 245. Mitchell, 
Primary tuberculosis of the faucial tonsils. — 
246. Reintart, Über Kombination von Krebs 
und Kropf mit Tuberkulose. — 247. Schau- 
mann, Le Lupus pernio et ses rapports avec 
les sarcoYdes et la tuberculose. — 248. Lewan- 
dowsky, Über rosaceaäbnliche Tuberkulide 
des Gesichtes. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


249. Lubarsch, Über Entstehungsweise, 
Infektions- und Verbreitungswege der Tuber- 


kulose. — 350. Ghon, Eingangspforten der 


Tuberkulose. — 251. Ghon, Lymphknoten- 
tuberkulose beim Kinde. — 252. Frisch, Zur 
Pathogenese der Tuberkulose im Säuglings- 


Strahlmann, E. 140. 
Tachau, H. 155. 
Thomas, A. G. 152. 
Thompson, W. J. 152. 
Trimble, A. 153. 
Trunk, H. 148. 
Varrier-Jones 153. 
Vieregge, F. 147. 
Walther, W. 141. 
Wederhake 138. 
Weill, E. 146. 
Weleminsky, F. 142. 
Wichmann, 158,, 159. 


alter. — 253. Spaet, Verbreitung der Tnber- 
kulose im Kindesalter und deren Bekämpfung. 
— 254. Forday, Tuberkulöser Rheumatismus. 
— 255. Götzel, Tuberkulose der Prostata. — 
256. Melchior, Tuberkulose als Ursache der 


‚ Mastdarmfisteln. — 257. Steiner, Tuberku- 


lose im Bezirke Plan und deren Bekämpfung. 


c) Diagnose und Prognose. 


258. Lenoble, Un pröcoce de peritonite 
profonde. — 259. Brix, Bauchdeekenspannung 
und Pleuritis. — 560. Révész, Das Stierlin- 
sche Röntgensymptom bei ileocökaler Tuber- 
kulose. — 261. 262. Kuthy, Bedeutung der 
Hilustuberkulose aus dem Gesichtspunkte der 
Frühdiagnose der Lungentuberkulose. 


d) Theraple. 


263. Wederhake, Behandlung der chirur- 
gischen Tuberkulose. — 264. Gutzeit, Re- 


Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 9 


130 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


sektion des kindlichen Handgelenks wege 
schwerer Tuberkulose. — 265. 266. Lembke, 
Bucher, Erfolge der Operation bei Fällen 
von Nierentuberkulose, — 267—270. Kirch, 
Meyer, Strahlmann, Erdös, Strahlen- 
therapie chirurgischer Tuberkulose. — 271 —274. 
Gelpke, Heinemann, Walther, Fried- 
rich, Peritonitis tuberculosa und ibre Thera- 
pie. — 275. Spitzer, Hauttuberkulose und 
ihre Bekämpfung. — 276. Weleminaky, 
Behandlung von Psoriasis mit Tuberkulomuzin. 
— 277. Mühlmann, Behandlung der Lymph- 
arüsentuberkulose Erwachsener. — 278. v. Po- 
Iyäk, Intranasale Therapie der Tuberkulose 
des Saccus lacrimalis. — 279. Onodi, Be- 
handlung der tuberkulösen Erkrankungen der 
oberen Luftwege. — 280. Rethi, Behandlung 
des Schluckschmerzes bei Kehlkopftuberkulose. 
— 281. Plescehner, Fremdkörperextraktion 
aus der Pleurahöhle. — 282. Nobecourt, 
Jury de Camiers et Tounier, Traite- 
ment de pleur&sies par des injections intra- 
pleurales de bleu méthbylène. 


e) Klinische Fälle. 


283. Baumann , lsolierte Tuberkulose der 
Dura mater spinalis mit totaler Querschnitts- 
läbmung. — 284. Knepper, War dor Sen- 
kungsubszess Folge des ein halbes Jahr vorher 
stattgehabten Sturzes von der Leiter? — 285. 
Mönch, Versehlimmerung der Genitaltuber- 
kulose nach operativem Trauma. — 286. Weill 
et Loiseleur, Contribution & l'étude de la 


tubereulouse pericardite. — 287. Gutmann, 
Un cas d’örythöme noueux avec presence de: 
bacilles de Koch dans le sang cireulant. — 
288. Lenart, Gleichzeitige tuberkulöse und 
karzinomatöse Erkrankung des Larynx. — 
289. Gjessing, Tuberkulose als Atiologie 
der sog. Febris uveo-parotidea. — 2%. Vier- 
egge, Fälle von Tuberkulose des Augenlides 
und der Bindehaut, 


f) Heilstättenwenen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heime. 


291.292. Büttner-Wobst, Grau, Über 
den Gesundbeitszustand ehemaliger Heilstätten- 
patienten. — 293. Trunk, Die schlesische 
Lungenheilstätte Oberschaar. — 29%. Alt- 
schul, Die Bekämpfung der Tuberkulose, 
mit besonderer Berücksichtigung der Verhält- 
nisse in Deutschböhmen und Prag. — 29%. 
Landegger, Die Behandlung in den Tuber- 
kulosefürsorgestellen. — 296. Braeuning, 
Erfolge und Misserfolge der Stettiner Für- 
sorgestelle für Lungenkranke bei den Kranken 
mit offener Tuberkulose. — 297. Beschorner, 
Fürsorge für Lungenkranke, 


g) Allgemeines. 


298. Braeuning, Kritische Berichterstat- 
tung über die Tuberkulosebekämpfung. — 
299. Fraenkel, Aufgaben der Tuberkulose- 
bekämpfung nach dem Kriege. — 300. The 
arrest of tuberculosis under war and after war 
conditions. — 301. Dickinson, Tuberculesis 
and ministry of health. 


II. Kongress- und Vereinsberichte. 


3. Naturbistorisch - medizinischer Verein, 
Heidelberg. Sitzung vom 18. XII. 1917. — 
4. Sitzungen des Hamburger Arztlichen Vereins 





vom 6. XI. 1917, 20. XI. 1917 und 18. XII. 1917. 
— 5. Sitzungen des Hambnrger Arztlichen 
Vereins vom 5. und 19. lI. und 5. 111. 1918. 


III. Mitteilungen. 


Lehrgang in der Tuberkulosefürsorge in 
Berlin. — Ausschuss-Sitzung und Generalver- 
sammlung des Deutschen Zentral-Komitees zur 





Bekämpfung der Tuberkulose. — Tuberkulose- 
ärzteversammlung. 


Berichtigung. 


I. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


243. Charles Richet, La tuberculose pulmonaire évolutive, dite 
fermée, existe-t-elle? Za Presse médicale 1917 Nr. 49. 

Verf. geht der Frage nach, ob sich die Unterscheidung der Tuber- 
kulosen je nacbdem im Sputum Bazillen nachgewiesen werden oder nicht, 
als offene oder geschlossene aufrecht erhalten lässt. Die Lungenverände- 
rungen, die durchaus von denen der chirurgischen Tuberkulose abweichen, 
lassen die von dieser herrührende Einteilung nicht ohne weiteres auf die 
Tuberkulose der Lungen anwenden. Abgesehen von den grösseren Bron- 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 131 


chialästen berühren die über das ganze Lungengewebe sich erstreckenden 
kleinsten Alveolen zum mindesten eine Oberfläche der tuberkulösen Granu- 
lationen und schaffen so eine Verbindung mit aussen. Solange nun nicht 
bei beginnender Tuberkulose durch einen kräftigeren Hustenstoss, dessen 
Erschütterungen sich auch bis in die feinsten alveolären Verzweigungen 
fortsetzen, Teile des tuberkulösen Granulationsgewebes geschädigt werden, 
vermag bei dem Träger einer solchen Tuberkulose stets das Nichtvor- 
handensein von Bazillen im Auswurf festgestellt zu werden. Hinzu kommt 
noch, dass die die eigentliche Granulation umgebende Iymphozytäre Zone 
in der Regel weniger Bazillen enthält als die letztere, somit Bazillen also 
meist erst bei eingetretener Verkäsung in die benachbarten Alveolen aus- 
geschwemmt werden. Auf Grund dieser anatomischen Verhältnisse glaubt 
sich Verf. zu dem Schluss berechtigt, dass die aktive Lungentuberkulose 
von ihrem Beginn an als offene anzusprechen ist, somit den Keim der 
Ansteckung stets in sich trägt. Kautz, Hamburg. 


244. H. Kleinmann-Bern, Über Spondylitis tuberculosa, Verlauf 
und Endresultat. D. Zschr. f. Chir. 141. 1917 H. 5/6 8. 319. 


Verf. hat ein sich über 33 Jahre erstreckendes Material von 80 
Krankengeschichten auf das Exakteste durchgearbeitet und die einzelnen 
in Betracht kommenden Gesichtspunkte in sehr zahlreichen Tabellen ge- 
ordnet und in Prozentzahlen ausgedrückt. Die vergleichende Betrachtung 
und ihre Schlussfolgerungen beziehen sich auf die Zahl, Schwere, Prognose, 
Endresultate und Behandlungsmethoden der Erkrankung und auf die 
Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht, zwischen 
den einzelnen Jahrzehnten des Lebensalterse, Lokalisation an der Wirbel- 
säule, Bedeutung von Abszessbildung, erblicher Belastung und Trauma. 
Die Ergebnisse der einzelnen Aufstellungen anzuführen, übersteigt den 
Rahmen des Referates. Die ausserordentlich fleissige Arbeit ist eine wert- 
volle Bereicherung auf dem Gebiete der Spondylitisfrage. 

Geinitz, Tübingen. 


245. H. Mitchell, Primary tubereulosis of the faucial tonsils. 
Journ. of Pathol. and Bacteriol. 1917. Nr. 21 8. 248—266. 


Tuberkulose der Zervikaldrüsen im Anschluss an primäre Tonsillen- 
tuberkulose besteht wesentlich häufiger, als im allgemeinen angenommen 
wird. Die Diagnose kann nur nach operativer Entfernung der Tonsillen 
und der regionären Drüsen durch das Mikroskop oder den Tierversuch 
gesichert werden. Und zwar finden sich histologische Veränderungen be- 
sonders unter dem oberflächlichen Epithel und in der Nähe der Mün- 
dungen der Lakunen, seltener in den tieferen Gewebsschichten. .Als 
Ursache für die Tonsillentuberkulose ist in Schottland häufiger tuber- 
kulöse Milch als Inhalation menschlicher Tuberkelbazillen anzunehmen. 
Von besonderer Wichtigkeit ist daher das Aufkochen der Milch. Thera- 
peutisch ist die operative Entfernung der Drüsen und der Tonsillen mit 
ihrer Kapsel angezeigt. Tuberkelbazillen vom menschlichen und bovinen 
Typus finden sich iu einem geringen Prozentsatz in den Tonsillenkrypten 
auch bei solchen Kindern, die sonst keine anderen tuberkulösen Mani- 
festationen, weder in den Tonsillen noch anderwärts aufweisen. 

Kautz, Hamburg. 


v g* 


132 Ätiologie und Verbreitung. 


246. Reintart, Über Kombination von Krebs und Kropf mit 
Tuberkulose. Virch. Arch. Bd. 224 H.3. 

Die Zusammenstellung über das Verhältnis von Krebs und Tuber- 
kulose wie über Kropf und Tuberkulose stammt aus Sektionsprotokollen 
von 1913—1915 und aus Sektionen von 1915 und 1916. Sie umfasst 
1073 Leichen, darunter 73 Neugeborene. 

Es zeigt sich, dass die Kombination von Krebs und: Tuberkulose 
relativ häufig vorkommt; in der Mehrzahl der Fälle handelt ee sich jedoch 
um absolut inaktive oder ausgeheilte Tuberkulose. Eine ausgebreitete 
Tuberkulose neben einem Karzinom wurde nie konstatiert. Dieser Befund 
stimmt mit zahlreichen aus der Literatur bekannten Fällen überein. 
Zwischen Karzinom und progredienter Tuberkulose besteht ein Anta- 
gonismus. 

Hingegen zeigt das Sektionsmaterial, das aus einer exquisiten Kropf- 
gegend stammt, dass zwischen Struma und Tuberkulose kein Antagonismus 
besteht. Das vom Karzinom abweichende Verhalten der Struma erklärt 
sich wohl daraus, dass bei ihrer Genese infektiöse Prozesse oder toxische 
Ursachen wirksam sind, für welche der Mensch wohl eine sehr bedeutende 
Empfänglichkeit besitzt. M. Türk, Frankfurt a. M. 


247. J. Schaumann, Le Lupus pernio et ses rapports avec les 
sarcoïdes et la tuberculose. Annales de la dermat. et syphili- 
graphie VI. 7. 1917. 

Klinische, histologische und hämatologische Befunde an 3 Fällen 
von Lupus pernio und Hautsarkoid lassen vermuten, dass es sich um 
ein und dasselbe Grundleiden, nämlich tuberkulöse Lymphdrüsenentzün- 
dung handle, die sich von der bekannten Form durch ihre universelle 
lymphatische Ausbreitung in den Drüsen, Mandeln, Knochenmark, Lungen, 
Milz und Leber unterscheide. Die Hautveränderungen stellen sich einmal 
als Lupus pernio oder sarkoide Neubildungen und andererseits in pruri- 
ginösen Veränderungen dar. Während die eine Form als infektiöses 
Granulom, dem Verf. den Namen „Lymphogranuloma benignum“ beilegt, 
anzusprechen ist, sind die subkutanen Sarkoide wahrscheinlich tuber- 
kulösen Ursprungs. Kautz, Hamburg. 


248. F. Lewandowsky, Über rosacesähnliche Tuberkulide des 
Gesichtes. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte 1917 Nr. 39. 

Verf. beschreibt eingehend eine rosaceaähnliche Erkrankung der Haut 
des Gesichtes, die er auf Grund des histologischen Befundes (exzidiertes 
Hautstückchen) sowohl als auch auf Grund der nach einer Moro’schen 
Salbeneinreibung aufgetretenen Herdreaktion zu den Tuberkuliden rechnet. 
Therapie: Tuberkulin, Arsen, ev. Köntgenbestrahlung. 

‚Lucius Spengler, Davos. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


249. Lubarsch, Über Entstehungsweise, Infektions- und Ver- 
breitungswege der Tuberkulose. Zschr. f. ärztl. Fortbild. 1918 
H.2, 3 u. 6. 

Nach der Definition des Wortes „Tuberkulose“, als „alles, was an 
krankhaften Veränderungen unter Mitwirkung der Tuberkelbazillen ent- 


Ätiologie und Verbreitung. 133 


steht“ (Orth), wendet sich Verf. zur Frage, wieviel Tuberkelbazillen zur 
Infektion und Krankheitserregung nötig sind. Trotz zahlreicher Versuche 
ist diese Frage noch nicht entschieden; die pathologisch-anatomischen 
Untersuchungen sprechen aber dafür, dass es dazu entweder vieler wieder- 
holter Infektionen oder Infektionen mit sehr zahlreichen und virulenten 
Bazillen bedarf. 

Unter Disposition versteht Verf. alle Zustände und Anlagen, die ` 
Voraussetzung der schädigenden Wirkung sind, unter Konstitution die 
Zustände, von denen die besondere Reaktionsart des Organismus gegenüber ; 
Reizen abhängt. 

Für die Disposition lassen sich 3 Gruppen unterscheiden: 


1. allgemeine Änderungen des Stoffwechsels (Alkoholismus, Diabetes, 
Unterernährung. 

2. Änderungen des lokalen Chemismus und der physikalischen 
Struktur der Gewebe (entzündliche Prozesse, Influenza, Masern, Keuch- 
husten, Anthrakose, Koniosen). 

3. Rein mechanische Umstände: 

a) Angeborener Thorax phthis. 
I. Primäre Anomalien der Thoraxapertur. 
II. Abnormes Wachstum der Wirbelsäule. 
III. Angeborene Skoliose der Halswirbelsäule. 
b) Erworbener Thorax phthisicus. 
c) Angeborener Thorax paralyticus (asthenicus), 
d) Erworbener Thorax paralyticus (cachecticus). 


Das Trauma, das den Brustkorb trifft, schafft nur die Bedingung 
für die Ansiedlung schon vorhandener Bazillen. 

Impftuberkulose ist einwandfrei festgestellt; meist bleibt sie lokalisiert. 
Eine fortschreitende Erkrankung innerer Organe tritt nur ganz aus- 
nahmsweise ein. Für die Entstehung der Hauttuberkulose kommt meistens 
eine Einimpfung von aussen in Betracht, nur ausnahmsweise der Blut- 
und Lymphweg, sowie das Übergreifen von einem tiefer gelegenen Herde. 
Die hämatogene Entstehungsweise kommt für Lupus miliaris und die 
miliare disseminierte Hauttuberkulose in Betracht; die verschiedenen 
Formen der Tuberkulide sind aufzufassen als Überempfindlichkeitsreak- 
tionen der Haut tuberkulöser Menschen durch dorthin auf dem Blut- oder 
Lymphweg verschleppte Tuberkelbazillen. | 

Eine Übertragung der Tuberkulose durch das Sperma kommt nicht 
in Betracht, eine plazentare Infektion dagegen ist erwiesen, wenngleich 
ihr Bedeutung nicht zukommt. Tuberkelbazillen können in den Körper 
eindringen, ohne an der Eingangspforte tuberkulöse Veränderungen her- 
vorzurufen. Eine isolierte Lymphknotentuberkulose weist in der Regel 
darauf hin, dass die Eingangspforte der Bazillen im Wurzelgebiet der 
Lymphknoten war. Eine Infektion der Lungen und anderer innerer 
Organe kann auch mittelbar von anderen Organen aus auf dem Blut- 
wege erfolgen. Eine chronische Lungentuberkulose entsteht am ehesten, 
wenn die Lunge von’ einer relativ geringen Zahl von Bazillen befallen 
wird, gleichviel auf welchem Wege diese eindringen. 

Aus den pathologisch-anatomischen Untersuchungen ergibt sich, dass 
die Annahme einer erheblichen Latenz der Tuberkulose im Säuglingsalter 
jeder Grundlage entbehrt, dass im Gegenteil in dieser I,ebenszeit die 


134 Ätiologie und Verbreitung. 


Tuberkulose eine überwiegende Neigung zum Fortschreiten hat. Die 
Latenz von Tuberkelbazillen ist eine Tatsache; sie können vor allem im 
Lymphknoten vorhanden sein, ohne dass der Nachweis einer tuberkulösen 
Veränderung gelingt. Dass Tuberkelbazillen aus verkalkten und ver- 
kreideten Herden noch virulent sein können, ist durch Tierversuch er- 
wiesen. Ein Schluss auf die Dauer der Latenz beim Menschen lässt sich 
nicht ziehen; wahrscheinlich bedarf es aber zur Ausbildung verkalkter 
Herde einiger Jahre. 

Die verschiedenen Spielarten der Tuberkelbazillen lassen sich nicht 
scharf voneinander trennen; es gibt Übergangsformen. Auch sind die 
Typenunterschiede nicht unveränderlich. Ansteckung mit allen Typen 
ist für den Menschen möglich. 

Sowohl Fütterungs- wie Inhalationstuberkulose kommen vor; etwa 
10—15°/o der Tuberkulosefälle im Kindesalter sind auf Infektion vom 
Verdauungstraktus zu beziehen, beim Erwachsenen sind es sogar nur 
5—6 /o. | 

Als Eingangspforte für die tuberkulöse Infektion kommen praktisch 
nur die Luft- und Verdauungswege in Betracht. Jede Art von Tuber- 
kulose kann primär durch unmittelbare Ansteckung, sowie durch exogene 
oder endogene Neuansteckung auf dem Blut- oder Lymphwege erfolgen. 
Wahrscheinlich entstehen die rasch verlaufenden Formen durch unmittel- 
bare Übertragung von den Luftwegen aus, die mit Vernarbung einher- 
gehenden Formen durch Ansteckung von einem älteren Herde. 

Die Verbreitung der tuberkulösen Erkrankung im Körper kann er- 
folgen durch Impfmetastasenbildung, durch den Lymph- und den Blut- 
strom. Eine Miliartuberkulose entsteht in der Regel in drei Stufen: 
1. Hineingelangen von Tuberkelbazillen in die Lymph- oder Blutbahn 
von einer umschriebenen, oft wenig fortschreitenden Organtuberkulose 
aus, 2. Ansiedlung der Tuberkelbazillen in der Innenhaut des Ductus 
thorac., der Blut- und Schlagadern oder im Endokard. 3. Wachstum 
dieser Herde bis zur Ulcusbildung und damit offene Verbindung zwischen 
der grossen Tuberkelansiedelung und dem Blutstrom. 

Schrumpfherde innerer Organe, bei denen man Embolie, Thrombose 
und Angiosklerose als Entstehungsursache ausschliessen kann, müssen als 
tuberkulöse Narben angesehen werden. Die Giftwirkung der Tuberkel- 
bazillen äussert sich vor allem in degenerativen Veränderungen innerer 
Organe. Weihrauch, 

Hamburgische Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


250. A. Ghon- Prag, Eingangspforten der Tuberkulose. Prager 
med. Wschr. 1914 8. 369. 

In diesem anlässlich des 10jährigen Bestandes des deutschen Zweig- 
vereins Prag für Lungenkranke gehaltenen Vortrag bespricht Gh. in 
grossen Zügen die Entwicklung der modernen Anschauungen über Ver- 
erbung und Erwerbung der Tuberkulose, die in erster Linie als Inhala- 
tionskrankheit anzusehen ist. Friedel Pick, Prag. 


251. A. Ghon, Zur Bedeutung der Lymphknotentuberkulose beim 
Kinde. Prager med. Wschr. 1914 8.75. 
Bei einem 1!/2 Jahre alten Kinde, welches wegen Stenoseerschei- 
nungen als diphtherieverdächtig ins Kinderspital gekommen war, nach 


i u — — — E — —— I ee 


Ätiologie und Verbreitung. 135 


Iutubation Besserung der Atmung zeigte, aber doch am 2. Tage starb, 
ergab die Sektion: Frischer Einbruch eines käsig erweichten haselnuss- 
grossen tuberkulösen broncho-pulmonalen Lymphknotens an der vorderen 
Fläche des rechten Lungenhilus in den Stammbronchus für den rechten 
Oberlappen knapp nach seinem Abgang. Friedel Pick, Prag. 


252. A. Frisch-Prag, Zur Pathogenese der Tuberkulose im Säug- 
lingsalter. Prager med. Wschr. 1915 $. 201.‘ 

Entsprechend den Anschauungen seines Lehrers Ghon über die 
Verbreitungswege der Tuberkulose analysiert F. den Fall eines 8 Wochen 
alten Säuglings und weist nach, dass von einem aerogen entstan- 
denen primären Lungenherde die Tuberkulose zunächst Iymphogen 
auf derselben Seite weiterging und dann von den Lymphdrüsen dieser 
Seite auf die der anderen Seite übergriff, wozu dann noch Kontaktinfek- 
tionen derselben Lungenseite und hämatogene der verschiedensten Körper- 
organe kamen. Friedel Pick, Prag. 


253. Spaet, Über Verbreitung der Tuberkulose im Kindesalter 
und deren Bekämpfung. M. m. W. 65. 1918 S. 350— 353. 


Der Ausbau unserer Bekämpfungsmassnahmen gegen die Tuberkulose 
hat in erster Linie auf die Bekämpfung der Tuberkulose im Kindesalter 
hinzuwirken. Bredow, Ronsdorf. 


254. Arpäd Forday, Über tuberkulösen Rheumatismus. Buda- 
pesti Orvosi Ujsag 1917 Nr. 41. 

Bei Latenttuberkulösen kommen oft Gelenkschmerzen vor. Dieselben 
können unabhängig von der Tuberkulose sein oder mit letzteren in ätio- 
logischem Zusammenhang stehen. In Abwesenheit spezifischer Verände- 
rungen ist die ätiologische Diagnose bloss auf Grund des Verlaufs, des 
refraktären Verhaltens gegenüber Salizylpräparaten, der Ausbleibung endo- 
karditischer Erscheinungen und der Erfolge der spezifischen Therapie zu 
stellen. Mit Wahrscheinlichkeit kann man behaupten, dass bei chronischen 
Arthritiden mit Ankylose und Deformationen die Tuberkulose oft ala 
ätiologische Grundlage vorliegt. D. O. Kuthy, Budapest. 


255. A. Götzel- Prag, Die Tuberkulose der Prostata. Prager 
med. Wschr. 1914 S. 481. 

Je: mehr Aufmerksamkeit man in letzter Zeit, durch v. Baum- 
garten angeregt, der Tuberkulose des Harnapparates schenkte, desto 
weniger beschäftigte man sich mit der Tuberkulose des männlichen Ge- 
schlechtsapparates. Man nahm an, dass die wichtige Tatsache, dass die 
hämatogene Tuberkulose im Harnapparate fast ausschliesslich in der Niere 
beginnt und nur in der Richtung des Sekretstroms sich verbreitet, ihre 
Analogie auch im Geschlechtsapparate findet und vom Nebenhoden aus- 
gehend dem Sekretstrome nach aussen folgt. Aber dies entspricht nicht 
der Wirklichkeit; die Lehre v. Baumgarten’s gilt nicht für den Ge- 
schlechtsapparat des Mannes. Aus der Literatur geht hervor, dass die 
Prostata am häufigsten von den Genitalorganen an Tuberkulose erkrankt 
häufiger als der Nebenhoden, und dass sie oft genug das einzige Organ 
des Geschlechtsapparates ist, das tuberkulös krank gefunden wird. Dies 
wird an 17 Präparaten dargelegt, die im pathologisch-anatomischen Institute 


136 Diagnose und Prognose, 


zu Prag (Vorstand Prof. Ghon) untersucht wurden und gleichzeitig nach- 
gewiesen, dass die Tuberkulose im männlichen Genitale sowohl in der 
Richtung des Sekretstroms als auch in entgegengesetzter Richtung Aus- 
breitung finden kann. Von diesen im Seziersaal gewonnenen Erkennt- 
nissen, die auch physiologisch begründet werden, ausgehend, wird eine 
Umgestaltung der Klinik der Prostatatuberkulose angeregt. Es wird be- 
tont, wie wichtig die frühzeitig gestellte Diagnose ist: man muss öfter an 
die Möglichkeit von Prostatatuberkulose denken, besonders in jenen Fällen, 
wo ein Urethralausfluss ohne Gonokokken allen Behandlungsmethoden 
trotzt. Die rechtzeitige Diagnose sichert bei der heutigen Operations- 
technik eine gute Prognose. Friedel Pick, Prag. 


256. Melchior, Über die Rolle der Tuberkulose als Ursache der 
Mastdarmäisteln. B. kl. W. 1917 Nr. 26. 

Verf. hat in 132 Fällen von Mastdarmfistel die Geschichte der Er- 
krankten verfolgt; bei den Verstorbenen handelte es sich in 76° um. 
Tuberkulose, bei den Überlebenden um 61°/o. Die histologische Unter- 
suchung kann auch in Fällen ausgesprochener Tuberkulose versagen, 
indem die spezifischen Merkmale der tuberkulösen Mastdarmfistel hinter 
den rein entzündlichen Vorgängen zurücktreten. Alle Schlüsse, die aus 
klinischem Material gezogen werden, sind nur stichhaltig, wenn ihnen 
eine lange Beobachtungszeit zugrunde liegt, da es oft lange dauert, bis 
sich die eigentliche Grundkrankbeit (Tuberkulose) zeigt. Negative histo- 
logische Befunde gestatten keineswegs, das Vorliegen einer Tuberkulose 
auszuschliessen. Alle Angaben über die Spezifität der Mastdarmfisteln 
stellen daher nur Minimalwerte dar. Jede Mastdarmfistel, bei der sich 
nicht eine spezielle Ätiologie feststellen lässt, ist in dubio als tuberkulös 
anzusehen. Weihrauch, 

Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


257. M. Steiner-Plan, Die Tuberkulose im Bezirke Plan und 
deren Bekämpfung. Prager med. Wschr. 1914 8. 133. 
In dem industriearmen Bezirke ist die Tuberkulosemortalität nicht 
geringer als in Industriebezirken, zeigt aber in den letzten drei Jahren 
ein stetiges Sinken. S. erörtert die Ursachen der Häufigkeit der Tuber- 


kulose auf dem flachen Lande und deren Verhütungsmöglichkeiten, 
| Friedel Pick, Prag. 


c) Diagnose und Prognose. 


258. Lenoble-Brest, Un precoce de peritonite profonde. Academie 
de medicine vom 5. Jan. 1915. (Ref. La Presse medic. 1915.) 
L. spricht über seine Untersuchungen über das Ödem der Lumbo- 
sakralgegend, welches ein Frübsymptom der chronischen Peritonitis, be- 
sonders tuberkulöser, gelegentlich aber auch karzinomatöser Ätiologie 
darstellt. Querner, Hamburg-Barmbeck. 


259. Brix, Zur Bauchdeckenspannung und Pleuritis. Zschr. f. 
ärztl. Fortb. 1917 Nr. 22. 
Bauchdeckenspannung bei Pneumonie und Pleuritis kommt oftmals 
vor; sie kann zustande kommen: 


Diagnose und Prognose. 137 


1. ohne Erkrankung des Peritoneums auf reflektorischem Wege; 

2. mit Erkrankung des Peritoneums erstens durch fortgeleitete Ent- 
zündung von der Pleura auf das Peritoneum; zweitens durch 
gleichzeitige Erkrankung von Lunge (Pleura) und Peritoneum, 
besonders häufig bei Pneumokokkeninfektion. 

Man wird daher die Bauchdeckenspannung_ bei gleichzeitiger Pneu- 
monie oder Pleuritis nicht sofort operieren, zumal eine dabei bestehende 
Peritonitis meist Neigung zur Selbstheilung zeigt. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


260. Victor Révész, Das Stierlin’sche Röntgensymptom bei 
ileocökaler Tuberkulose. Gyögyászat 1917 Nr. 39. 


Bekanntlich besteht das Symptom darin, dass während normalerweise 
der bismut- oder bariumhaltige Darminhalt in 5—8 Stunden nach dem 
Einverleiben den Dünndarm schon völlig verlassen hat, den Dickdarm 
aber in seinem ganzen Verlauf ausfüllt, bei indurativ-ulzeröser Tuber- 
kulose des Cökums und des Colon ascendens jedoch das Schattenbild 
des mit Kontrastmaterial gemengten Darminhalts entsprechend den er- 
krankten Partien unterbrochen ist, resp. total fehlt. Erklärung: Der 
Darminhalt raste mit einer ungewöhnlichen Schnelligkeit durch die kranke 
Intestinalregion und konnte nur diesseits und jenseits der kranken Teile 
nachgewiesen werden. 

R. fand im Laufe seiner Beobachtungen, dass das positive Silerlin: 
sche Symptom richtig darauf hinweist, dass im Coecum ascendens ein 
Entzündungs- resp. Ulzerationsprozess vorliegt, und zwar mit grösster 
Wahrscheinlichkeit tuberkulöser Natur. Doch eine Abwesenheit des Sym- 
pPtoms schliesst das Bestehen einer ähnlichen Erkrankung nicht aus. 

| D. O. Kuthy, Budapest. 


261. D. 0. Kuthy, Die Bedeutung der Hilustuberkulose aus dem 
Gesichtspunkte der Frühdiagnose der Lungentuberkulose. 
Budapesti Orvosi Ujság 1918 Nr. 5 

Eine klinisch-literarische Studie bezūglich der Lokalisation der be- 
ginnenden Lungentuberkulose, deren Resümee sich in folgendem zusammen- 
fassen lässt: K. neigt zur Ansicht, dass auch die Lungentuberkulose der 

Erwachsenen sehr oft vom Hilus pulmonis ausgeht und sich von hier 

aus auf dem Wege der bereits erwiesenen retrograden Lymphströmung 

in der Lunge weiterverbreitet in Form einer peribronchialen Lymphangoitis. 

Die Lungenspitze erkrankt häufig erst sekundär. Dass den- 

noch die Spitzenerkrankungen in der klinischen Wahrnehmung prädomi- 

nierten, findet seine Erklärung darin, dass die Kliniker eine genaue physi- 
kalische Exploration in beginnenden Fällen auch heute noch fast aus- 
nahmslos vorwiegend den Spitzen zu Teil kommen lassen und die mehr 
kaudalen Lungenteile nur höchst oberflächlich und oft mit einer für feinere 

Bestimmung unfähigen Technik (zu starke Perkussion) untersuchen ; ferner 

in dem Umstande, dass die späteren Veränderungen des Oberlappens 

eich häufig genug in den Spitzen, in diesen aus funktionellem Gesichtspunkte 

„toten Ecken“ der Lunge, rascher entwickeln und damit der Apex die 

auffallenderen, gröberen physikalischen Symptome nicht selten eher auf- 

zuweisen imstande ist. Autoreferat. 


138 | Therapie. 


262. D. 0. Kuthy, Über Tuberkulose der Lungenwurzelgegend. 
Gyögyäszat 1918 Nr. 11. 

Vortrag, gehalten auf der II. Generalversammlung ungarischer Tuber- 
kulose-Ärzte in R6zsahegy (Oberungarn) Mai 1917. Betont die Wichtig- 
keit einer genauen physikalischen Exploration der Hilusgegend (medialer 
Teil der oberen Hälfte des Interskapularraumes), woselbst mittelst gehöriger 
Handhabung der Perkussionstechnik (leise Perkussion) und entsprechender 
Inachtnahme der auskultatorischen Wahrnehmungen die Radixtuberkulose 
der Lungen oft schon vor der Röntgenuntersuchung konstatierbar ist. 
Verf. zählt sich zu denjenigen, die die Spitzentuberkulose als häufig 
sekundär ansehen und die initialsten Veränderungen der Lungentuber- 
kulose nicht zweckmässig in den Spitzen suchen. Der Aufsatz schliesst 
mit zwei Sätzen, denen wir hier Raum geben wollen: „Obige Auffassung 
bezüglich der Genese der Spitzentuberkulose trägt dazu bei, die Rolle 
der Ilymphogenen Lungentuberkulose gegenüber der das Leben mehr 
'gefährdenden Inhalationstuberkulose hervorzuheben. Gleichzeitig können 
vielleicht unsere Erörterungen auf die recht motivierte Frage antworten, 
wie es möglich sei, dass die Tuberkulose selbst in demjenigen Organe, 
welches als die Prädilektionsstelle ihres Haftens und ihrer Entwicklung 
bekannt ist, so oft in Form einer gutartigen Erkrankung erscheint.“ 

Autoreferat. 


d) Therapie. 


263. Wederhake, Neue und alte: Methoden der Behandlung der 
chirurgischen Tuberkulose. D. Zschr. f. Chir. 143. 1918 
S. 228. 

W. schildert sein therapeutisches Vorgehen gegen die chirurgische 
Tuberkulose aller Art und Ausdehnung bei einer in den schlechtesten 
hygienischen und sozialen Verhältnissen lebenden russisch - polnischen 
Klientel. Zunächst genaue Beschreibung der durch Kombination von 
Injektionen einer wässerigen 5 °/oigen Tanninlösung vervollständigten Jodo- 
formbehandlung bei noch geschlossenen tuberkulösen Abszessen. Die Vor- 
teile dieses Vorgehens leuchten entschieden ein. Jedes Auskratzen, Aus- 
meisseln und Sequesterentfernen, sowie Drainieren und Tamponieren ist 
streng verboten. Es folgt die Behandlungsweise für mischinfizierte offen- 
chirurgische Tuberkulosen, gegen die als ausserordentlich wirksames Mittel 
das intramuskulär injizierte Terpentinöl und seine Verwandten, der Kampfer 
und die Zimtsäure, resp. das zimtsaure Natron = Hetol, sowie lokale 
Applikation von Pyrogallol bezeichnet und angewandt werden. 

Für die Halsdrüsenbehandlung ist ja auch die von vielen, wenn 
nicht den meisten Chirurgen anerkannte Methode der Wahl die Röntgen- 
bestrahlung. Operative radikale Entfernung, resp. Amputation kommt nur 
in Frage, wenn es sich um eine Indicatio vitalis handelt, d. h. dem 
Organismus der ann mit der Infektion nicht mehr zugemutet werden 
kann. Geinitz, Tübingen. 


264. Gutzeit, Die Berechtigung der Resektion des kindlichen 
Handgelenks wegen ——— Tuberkulose. M. m. W. 65. 
1918 S. 266 — 267. 


G. empfiehlt bei Kaochentuberkulose des Handgelenkes die aus- 


Therapie. 139 


giebige Resektion trotz der zu befürchtenden Wachstumsverkürzung der 

Amputation vorzuziehen, weil die Resektion trotz der Verkürzung noch 

ein brauchbares Glied ergeben kann, wie das beschriebene Beispiel zeigt. 
Bredow, Ronsdorf. 


265. H. Lembke, Ergebnisse der klinisches Untersuchungen und 
Erfolge der Operation bei 37 Fällen von Nierentuberkulose. 
Zschr. f. urolog. Chir. 4. 1917 H. 1 S. 54. 

Fast immer stehen Blasenbeschwerden im Mittelpunkte des Symptom- - 
komplexes, zum überwiegenden Teile schon lange vor einer Behandlung. 
Diese Beschwerden können Monate bis Jahre zurückliegen. Da, je später 
die Patienten in Behandlung kommen, desto stärker die Blase erkrankt 
war, so ist anzunehmen, dass bei den lange erkrankten Fällen die Blasen- 
erkrankung von Anfang an tuberkulöser Natur war. Im Interesse einer 
möglichst günstigen Prognose sollte daher jeder Blasenkatarrh speziell auf 
eine etwaige tuberkulöse Natur hin untersucht werden. Indigokarminprobe 
der kranken Niere sehr frühzeitig aufgehoben. Alberran’sche Funktions- 
prüfung bestätigt die durch die übrigen Untersuchungen gefundenen Daten, 
Verf. empfiehlt weiter die Phenolsulfophthaleinprobe und die Nephropyelo- 
graphie quasi als anatomische Untersuchungsmethode. Er selbst hat Er- 
folge mit der möglichst frühzeitigen Nephrektomie der kranken Niere. 
Damit schwindet die Gefahr einer sekundären Infektion der anderen Niere, 
während der Blasenkatarrh meist spontan ausheilt. Von den operierten 
Fällen starben zwei innerhalb der ersten 6 Monate, weitere fünf nach 
1!/a—6 Jahren. Als Dauerheilung können Fälle bezeichnet werden, die 
länger ala 4 Jahre gesund bleiben. Der Verlauf der Erkrankung und 
die ev. Arbeitsfähigkeit sind in hohem Masse abhängig von der Funktions- 
fähigkeit der anderen Niere und dem Grade einer etwa dabei bestehenden 
Lungentuberkulose. Über die konservativen Behandlungsmethoden — 
Röntgen, Radium, Höhensonne — liegt ein abschliessendes Urteil noch 
nicht vor. H. Bratke, Berlin. 


266. Hans Bucher, Zur Nephrektomie bei Nierentuberkulose. 
Diss. Zürich 1917. 

Verf. schliesst seine lesenswerte Arbeit mit der folgenden Zusammen- 
fassung: „Wer die Indikation weit stellt und viel Spätfälle operieren 
muss, bekommt eine schlechte Statistik. Als Endresultat verzeichnen wir 
eine Dauerheilung ‘von 45,85°/o. — Von den 24 Operierten leben zurzeit 
noch 11. Sie sind gesund und gehen ihrer Arbeit nach. Es leben 
14 Jahre nach der Operation 1 Patient, 12 Jahre nach der Operation 
2 Patienten, 11 Jahre, 8 Jahre, 5 Jahre und 4 Jahre nach der Operation 
je 1 Patient und 2 Jahre nach der Operation 4 Patienten. Auch unsere 
Erfahrungen sprechen dafür, dass die Nephrektomie bei Nierentuberkulose 
eine daukbare Operation ist, dass sie um so eher von Erfolg gekrönt ist, 
je früher die Kranken dem Chirurgen überwiesen werden.“ 

Das besprochene Krankenmaterial stammt aus dem Kantonsspital 
Münsterlingen (Thurgau), Chefarzt Dr. Konrad Brunner. 

Lucius Spengler, Davos. 


267. Kirch, Ein Beitrag zur Sonnenbehandlung. M. m. W. 65. 
1918 $. 115. 


Ausgehend von der bekännten, sensibilisierenden Wirkung fluoreszie- 


140 Therapie. 


render Substanzen (v. Tappeiner und Jodbauer u. a.) liess K. bei 
Kranken mit fistelnden, tuberkulösen Lymphomen die Umgebung der 
Fistel mit 1°/o wässeriger Eosinlösung einpinseln und dann besonnen. 
K. glaubt — allerdings bei einem geringen Material — gute Erfolge 
gesehen zu haben und regt deshalb die Nachprüfung an. 

Bredow, Ronsdorf. 


268. Meyer, Die Heilungsaussichten der Bauchtuberkulose unter 
der Behandlung mit künstlicher Höhensonne. Jahrb. f. 
Kinderhlk. 83, Ba. 37 H.2, 1918. 

Auf Grund von 57 Patienten im Alter von 1!/a—13 Jahren; die 
teils klinisch, teils poliklinisch bebandelt wurden, kommt Verf. zu dem 
Resultat, dass das dankbarste Gebiet für die Höhensonnenbestrahlung die - 
exsudativen Peritonitiden darstellen. Aber auch bei den Bauchtuberku- 
losen, die mit Tumorbildung einhergehen, leistet die Bestrahlung wertvolle 
Dienste, und ein Versuch mit dieser Behandlungsmethode ist in jedem 
Fall indiziert. Völlig aussichtslos hingegen ist die Bestrahlung bei ulzerösen 
Prozessen im Darmkanal. M. Türk, Frankfurt a. M. 


269. E. Strahlmann, Die Therapie der Peritonitis tuberculosa 
und die Bestrahlung mit Quecksilberquarzlampe (‚künstliche 
Höhensonne‘“). Diss. Giessen 1916. 

Nach einem Überblick über die Behandlungsmethoden der Peritonitis 
tuberc. (Laparotomie, interne Behandlung, spezifische Behandlung) berichtet 
Verf. über 10 (!) Fälle von Periton. tuberc., von denen 7 nur mit künst- 
licher Höhensonne, 3 mit Bestrahlungen und Tuberkulininjek- 
tionen nach Rosenbach behandelt wurden. Es wurden gleichmässig 
Abdomen und Rücken bestrahlt, um eine möglichst grosse Allgemein- 
wirkung zu erzielen. Alle Patienten konnten nach einer durchschnitt- 
lichen Behandlungsdauer von 6—10 Wochen als bedeutend gebessert 
entlassen werden; spätere Anfrage ergab in den allermeisten Fällen völliges 
Wohlbefinden. Klare, Hobhenlychen. 


270. Adolf Erdös, Erfahrungen mit der künstlichen Höhen- 
sonne-Behandlung. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 41. 

E. fand, dass Ödeme und Fungositäten tuberkulöser Arthritiden unter 
Quarzbehandlung nur sehr langsam eine Besserung zeigen, doch stets mit 
Amelioration der Bewegungsfähigkeit. Auf tuberkulöse Lymphdrüsen des 
Halses hat das „blaue Licht‘ sozusagen keine Wirkung, doch reinigen sich 
und granulieren vereiterte und schon eröffnete Drüsen sehr schön. Drüsen- 
fisteln schliessen sich schon nach 10—15 maliger Bestrahlung. Kalte 
Abszesse bessern sich ebenfalls rasch nach ihrer Eröffnung. Karies ist 
eines der dankbarsten Objekte der künstlichen Höhensonnetherapie. 

D. O. Kuthy, Budapest. 


271. L. Gelpke, Nochmals zur Frage des Wesens und der Be- 
handlung des tuberkulösen Aszites. Corr.-Bl. f. Schweizer 
Arzte 1918 Nr.2 8. 55. 

Verf. begrüsst die Ausführungen S. Stockers (vergl. diese Zeit- 
schrift Jahrg. 11, Nr. 9, S. 264) als die erwünschte Reaktion gegen die 
einseitige Richtung der physikalischen Behandlung der chirurgischen Tuber- 


Therapie. i 141 


kulose. Die Erfolge der Sonne seien gewiss hoch erfreulich, allein man 
dürfe nicht vergessen, das Beste sei stets, die chirurgische und die physi- 
kalische Behandlung zu kombinieren. Dagegen hätte 8. Stocker ver- 
gessen hervorzuheben, dass speziell auf dem Gebiete der tuberkulösen 
Peritonitis die chirurgische Behandlung nur angezeigt sei, bei alten „ver- 
brauchten“ Exsudaten, und dass das Ablassen frischer Ausschwitzungen 
in hohem Grade bedenklich sei. Die frischen tuberkulösen Exsudate ent- 
halten ein Heilagens gegen die Tuberkulose, nur alte, mehr als 3—5 
Monate bestehende „verbrauchte“ Exsudate dürfen abgelassen werden, die 
Heilung geschieht aledann von selbst durch Auftreten eines neuen heil- 
kräftigen Exsudates. Lucius Spengler, Davos. 


272. Heinemann, Beitrag zur operativen Behandlung der tuber- 
kulösen Peritonitis. B. kl. W. 1918 Nr. 6. 


Ein Fall von doppelseitiger tuberkulöser Pleuritis und Peritonitis, 
der -nach mehrfacher Punktion nicht heilte, genas durch Laparotomie. 
Es wurde in diesem Falle also nicht nur die durch Laparotomie bekannte 
Heilung der Peritonitis, sondern auch der Pleuritis erzielt. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


273. W. Walther, Ein Beitrag zur Adnex- und Peritonealtuber- 
kulose unter besonderer Berücksichtigung der Therapie. 


Nach einem ausführlichen Überblick über die Symptomatologie be- 
spricht Verf. eingehend die Therapie der Adnex- und Peritonitistuberku- 
lose. Die Ansichten der Gynäkologen über die Frage, ob operative oder 
konservative Behandlung, sind noch geteilt. Unter den konservativen 
Behandlungsmethoden werden neben Schmierseifeneinreibungen Helio- 
tberapie, Röntgentherapie und Tuberkulinkuren warm empfohlen. 

Klare, Hohenlychen. 


274. Wilh. Friedrich, Die kombinierte interne Behandlung 

der Bauchtuberkulose. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 49—51. 

Die eingehende und gewissenhafte Arbeit führt zu folgenden Schluss- 
sätzen: 

1. Die mit der konservativen Behandlung der Bauchtuberkulose er- 
reichten Resultate bleiben nicht hinter den Ergebnissen der chirurgischen 
Therapie zurück. 

2. Erstere besteht aus einer Kombination der hygienisch-diätetischen 
Freiluftbehandlung mit Sapo kalinus- und Tuberkulin-Inunktionen auf die 
Bauchhaut, Sonnenbestrahlung, Applikation einer Flanellbauchbandage 
für die Nacht und an sonnenscheinlosen Tagen und Hebung der Diurese. 

3. Obne Heliotherapie ist der Erfolg minderwertiger. 

4, Diese kombinierte Methode Friedrich’s ist um so resultatvoller, 
je früher die Behandlung einsetzt. 

6. Die Heliotherapie ist auch im Flachlande gut ausführbar und 
kann somit weitesten Kreisen der Kranken zugänglich gemacht werden. 

6. Es sollen zukünftig Liegehallen resp. Terrassen zur Freiluft- 
liegekur in den Spitälern eingerichtet werden. 

D. O. Kuthy, Budapest. 


142 . Therapie. | 


275. Ludw. Spitzer, Die Hauttuberkulose und ihre Bekämpfung. 
Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 1 Nr. 2. 

Die Zahl der an I;upus Leidenden in Österreich wird auf 40000 
geschätzt;. der Kampf gegen diese Krankheit ist daher sehr wichtig. 
Rasches Eingreifen im Frühstadium ist sehr wünschenswert, da dann eine 
Heilung meist radikal und leicht möglich ist. Leider sieht die Lupus- 
heilstätte die Fälle oft erst, wenn sie dem Prozess fast wehrlos gegenüber 
steht oder monatelange Mühe zur Heilung aufbringen muss. Nur das 
operative und das Ultraviolettverfahren haben den An- 
‘spruch Heilmethoden genannt zu werden. Mehrere tausend 
Fälle wurden von der Heilstätte bereits geheilt, und jetzt da dieselbe 
200 Betten zur Verfügung hat, spricht Verf. die Hoffnung aus, dass die 
Ausrottung des Lupus gelingen werde. Wichtige Behelfe sind 
Röntgenstrablen und Radium; ferner die Quecksilberdampflampen; dazu 
kommt noch eine Reihe Hilfemethoden (Heissluftbrennen, chemische Ätz- 
methoden etc... Der scharfe Löffel ist geeignet zur Entfernung hyper- 
trophischer Granulationen, als Behandlungsmethode ist er abzu- 
lehnen. Nur die Kombination aller Hilfsmittel bei richtiger Indika- 
tionsstellung kann gute Dauerresultate ergeben. Bei Verlust an Nase etc. 
wird eine entsprechende Gelatineprothese modelliert. 

Im zweiten Teile des Aufsatzes schildert Verf. in pietätvoller und 
sehr interessanter Weise, wie Lang, der Gründer der Wiener Lupusheil- 
stätte und Begründer der wissenschaftlichen Lupusbehandlung, auch die 
Fürsorge für die Lupuskranken aus kleinsten Anfängen auf die jetzige 
Höhe gebracht hat. Von den angenommenen 40000 Lupösen in Öster- 
reich führt die Heilstätte ca. 20000 in Evidenz. 

Ä A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


276. Friedr. Weleminsky, Behandlung von Psoriasis mit 
Tuberkulomuzin. W. kl. W. 1917 Nr. 46. 

9 Fälle von Psoriasis wurden mit Tuberkulomuzin behandelt. 2 er- 
wiesen sich als refraktär, 3 heilten nach 4—-8 Injektionen von 4—6 mg 
überrascbend leicht (bisher 4 Wochen nach der letzten Injektion noch 
keine Rezidive), Bei weiteren 4 besonders schweren Fällen geht die 
Heilung langsamer aber doch deutlich vonstatten, insbesondere seit all- 
mählich steigende Dosen bis 30 mg angewendet wurden. Stichreaktion 
war bei allen, Herdreaktion bei 2, Allgemeinreaktion' (leichtes Fieber) 
bei 2 Fällen nach der ersten Injektion nachweisbar. Bei einem zehnten 
Falle, welcher seit 13 Jahren an einer sehr schweren universellen Psoriasis 
litt, war der Erfolg ungewöhnlich günstig, indem die Erscheinungen im 
Gesicht sich nach der ersten Injektion besserten, später (Dosensteigerung 
bis 80 mg) auch die Herde am Rumpf und den Extremitäten vollständig 
schwanden. Bei Pausen traten allerdings bisher noch Rezidive auf. Verf. 
hält den tuberkulösen Ursprung zum mindesten einer grossen Anzahl 
von Psoriasisfällen für sicher. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


277. E. Mühlmann, Die Behandlung der Lymphdrüsentuber- 
kulose Erwachsener. D. m. W. 1918 Nr. 2. 
Die interne Therapie bleibt allermeist ohne Erfolg; besser schon, 
aber auch nicht befriedigend, wirkt die Quarzlampenbestrahlung. Die 
operable Behandlung liefert ebenfalls oft sehr unbefriedigende Resultate 


Therapie. 143 


(Mischinfektionen, hässliche Narben). Dagegen muss die Röntgenbehand- 
lung z. Z. die Metbode der Wahl genannt werden. Am besten reagiert 
die entzündliche hyperplastische Drüse; in 3 bis 4 Sitzungen wird sie 
auf Erbsengrösse reduziert; langsamer reagieren verkäste Drüsen. Auch 
bei vereiterten Drüsen sind noch gute Ergebnisse zu erzielen. Notwendig 
ist härteste Strahlung; es wird soviel auf die Drüsentumoren appliziert, 
als die Haut zu ertragen vermag; die Sitzungen werden alle 4 Wochen 
wiederholt. — Die Vorteile gegenüber der Operation sind augenfällig: 
die Röntgenstrahlen können eine ganze Halspartie auf einmal erfassen, 
Rezidive werden dadurch verhütet. Die Narben werden vermieden, die 
Arbeitsfähigkeit des Kranken bleibt erhalten, da er nur alle 4 Wochen 
1 Stunde kommen muss. Die sehr häufige Akzessoriusverletzung bei der 
Operation fällt weg. — Wetterer untersuchte die zurückbleibenden klein- 
bohnengrossen Drüsen und fand nie mehr Riesenzellen oder Tuberkel- 
knötchen; können aber Drüsen nicht bis Bohnengrösse zurückgebracht 
werden, so sind sie leicht vollends durch Operation zu beseitigen, welche 
jetzt, da die Randpartien der Drüsen narbig umgewandelt sind, aseptisch 
entfernt werden können, ohne zu platzen, wodurch eine Heilung per 
primam gewährleistet wird. — Hyperplastische Tumoren können operiert 
werden; verkäste und vereiterte Drüsen dürfen nicht operiert werden; 
beide Formen sind der Röntgenbehandlung zuzuführen, deren Resultate 
kosmetisch und praktisch besser sind. C. Kraemer II. 


278. Ludw. v. Polyák, Intranasale Therapie der Tuberkulose 
des Saccus lacrimalis. Berichte des Königl. ungarischen Arzte- 
vereins in Budapest, März 1918. 

Im Falle einer Saccus-Tuberkulose führt der Augenarzt die Total- 
exstirpation des Saccus aus, welcher Eingriff auch im Falle des besten 
Gelingens den starken Nachteil der Aufhebung der Trävenableitung mit 
sich bringt. Es war somit ein dringendes Erfordernis, ein Vorgehen aus- 
zuarbeiten, welches nebst Ausrottung der tuberkulösen Herde die Mög- 
lichkeit zur Erhaltung der physiologischen Funktionen gibt. Die Er- 
fahrungen von v. P. bezüglich der Nasentuberkulose zeigten schon seit 
langem, dass durch Präzisität im gründlichen chirurgischen Ausräumen 
und gehörige Konsequenz die ausgebreitetsten nasalen Tuberkulosen geheilt 
werden können. Natürlich sind die Resultate stets zu kontrollieren, denn 
Nachschübe sind nicht selten, doch kommen wir mit wiederholten Kor- 
rektionen endlich doch zum Ziele. Die Tuberkulose der Nasenschleimhaut, 
ist fast immer gutartig. Die Möglichkeit einer totalen Entfernung der 
Herde ist gegeben, anders wie bei Knochen- und Gelenktuberkulose, denn 
funktionelle Störungen sind nicht zu befürchten und harte Narben bilden 
hier keinen Nachteil. Ganz ähnlich sind die Verhältnisse im Falle der 
Saccustuberkulose Hier kann höchstens bei ausgebreiteten äusseren Ver- 
änderungen nachträglich ein stärkeres narbiges Ektropium störend wirken, 
dasselbe ist aber nachträglich, nach Verheilung der Tuberkulose, mittelst 

entsprechender Plastik zu korrigieren. 

Die Technik der intranasalen Lakriozystostomie hat v. P. bedeutend 

vereinfacht und verbessert. Sein Hauptgrundsatz ist die absolute Aus- 

rottung der tuberkulösen Herde. Zu diesem Zwecke verfertigt er ein 
grosses Knochenfenster, reseziert einen geräumigen Teil des Proc. frontalis 


144 ‚Therapie. 


des Oberkieferknochens, sowie des Os lacrimale, d. h. die ganze Fossa 


maxillaris samt innerem orbitalen Knochenrand, meist auch den vorderen 


Ansatzpunkt der mittleren Nasenmuschel und ev. auch die naheliegenden 
Siebbeinzellen. Das so verfertigte Knochenfenster bat mindestens die 
Grösse eines 20 Hellerstückes, doch wenn es grösser ist, um so beseer. 
‚Die nasale Wand des Saccus ist völlig zu entfernen, die faziale Wand 
gründlich abzukratzen. Das äussere Infiltrat ist in intensiver Lokal- 
anästhesie mittelst scharfen Löffels peinlichst zu entfernen. Nach der 
Operation appliziert man auf die Wunde bis zur Heilung Pyrogallus- 
salbe, nach erfolgter Vernarbung wochenlang Quarzlampenbehandlung. 
Eventuelle äussere Nachschübe, welche sich meist in Form disseminierter, 
manchmal ausserhalb des Operationsterrains auftretender Knoten zeigen, 
kratzt man sofort aus und behandelt sie wieder mit Pyrogallus und 
Quarzlampe. In der Nasenhöhle selbst wird eine jede neugebildete Granu- 
lation sowie narbige Verwachsung ebenfalls einem peinlichen Entfernen 
auf chirurgischem Wege unterworfen. 

Zur Beurteilung des Dauererfolges richtete v. P., der hervorragende 
Leiter der rhinolaryngologischen Abteilung des Neuen Sankt Johannes- 
Spitals in Budapest, Fragebriefe an die 31 Kranken, welche mindestens 
vor 8 Monaten operiert wurden. 17 Antworten liefen ein. Davon meldeten 
die Heilung der Saccustuberkulose 6 Personen, eine Heilung der Nasen- 
und Saccustuberkulose 9 Personen, Heilung der Saccustuberkulose und 
Besserung der Nasentuberkulose 2 Personen. 

Unter den Fällen findet sich auch ein solcher, wo die Heilung be- 
reits seit 5 Jahren anhielt, _ 

Wenn die Patienten es ermöglichen, dass Kontrolle und entsprechende 
Anordnungen ausgeführt werden, so ist fast jeder Fall zu heilen. 

D. O. Kuthy, Budapest, 


279. Adolf Önodi, Die Behandlung der tuberkulösen Erkran- 
kungen der oberen Luftwege. Orvoşi Hetilap 1917 Nr. 21—23. 
Auf dem ungarischen Tuberkulose-Kongress zu Rózsahegy (Mai 1917) 
hielt Prof. O. einen lehrreichen Vortrag über die Tuberkulose der oberen 
Luftwege und machte den Vorschlag, dass für die chirurgische Behand- 
lung tuberkulöser Larynx- etc. -Affektionen im Königreich Ungarn eine 
Zentrale errichtet werde. D. ©. Kuthy, Budapest. 


280. Aurelius Rethi, Die Behandlung des Schluckschmerzes 
bei Kehlkopftuberkulose. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 27. 
Die Ursache des Schluckschmerzes hat R. in der Hypersensibilität 
des N. laryngeus superior gefunden. Er machte die Erfahrung, dass die 


Schmerzen vorübergehend aufhörten, wenn er auf die Eintrittsstelle des 


Nerven einen stärkeren Druck ausübte. Bei der Firma Gastac in Buda- 
pest liess er eine Pelotte verfertigen, mit deren Hilfe auf die zwei Schmerz- 
punkte je ein Kautschukknopf sich andrückt. Das Instrument verursacht 
dem Kranken keine Unannehmlichkeiten und hebt den Schmerz für 


einige Zeit auf. Doch einen dauernden Erfolg konnte man bis zur Zeit. 


bloss auf operativem Wege erreichen, doch schlägt jetzt R. vor, dieses 
Ziel auf dem Wege der stumpfen Quetschung des Nerven anzu- 
treten. Das hierzu nötige Instrument (Firma Fischer) ist im Original 
‚abgebildet. D. O. Kuthy, Budapest. 


Klinische Fälle. | 145 


281. Pleschner, Fremdkörperextraktion aus der Pleurahöhle. 
M. m. W. 65. 1918 S. 323—324. 

Verf. empfiehlt, bei Vorhandensein von Fremdkörpern in der Pleura- 
höhle z. B. nach Operationen mit Hilfe eines graden Tubus (Valentines 
Endoskop, Ösophagoskop, Rektoskop) durch die Fistelöffnung in die 
Pleurahöhle einzugehen und den Fremdkörper dann auf diesem Wege zu 
entfernen. Diese Methode sei einfach, leicht und ohne besondere Be- 
schwerden für die Kranken. Bredow, Ronsdorf. 


282. Nobeöcourt, Jury de Camiers et Tounier, Traitement 
des pleuresies par des injeetions intrapleurales de bleu 
methylene. Société médicale des hôpitaux, Paris. (Ref. La 
Presse médicale 1915 Nr. 33.) 

Verff. behandelten eitrige Pleuritiden bei Soldaten ausser durch 
Punktionen mit intrapleuralen Injektionen eines Methylenblau °/100, pro 
Dosis 10 cem. Von 9 schwererkrankten derartig behandelten Fällen 
heilten 8. Die Behandlung muss möglichst frühzeitig einsetzen. 

Querner, Hamburg. 


e) Klinische Fälle. 


283. E. Baumann, Isolierte Tuberkulose der Dura mater spi- 
nalis mit totaler Querschnittslähmung. D. Zschr. f. Chir. 

143. 1918 H. 3—6 8. 245. 
B. teilt einen in der Königsberger Klinik operierten, in der Literatur 
bisher noch nicht beschriebenen Fall einer „primären oder richtiger iso- 


"lierten“ Duratuberkulose mit. Bei der Operation, die wegen zunehmender 


Lähmungserscheinungen indiziert war, fand sich in Höhe des 3. Brust- 
wirbels ein 5,7 cm langer tuberkulöser „Granulationstumor“ der Dura an 
der Rückseite, der das Rückenmark sattelartig völlig plattgedrückt hatte. 
Weder bei der Operation, noch späteren Sektion — die Frau ging an 
zunehmenden Lähmungen und ihren Folgen zugrunde — konnte ein 
sonstiger primärer Erkrankungsherd gefunden werden. Am Schlusse be- 
spricht B. die differentialdiagnostischen Schwierigkeiten und die Indikation 
zur Operation und warnt vor zu spätem Eingreifen wegen der zunehmen- 
den Gefährdung der nervösen Elemente. Geinitz, Tübingen. 


284. Knepper-Düsseldorf, War der Senkungsabszess Folge des 
ein halbes Jahr vorher stattgehabten Sturzes von der Leiter 
(d.h. eines Betriebsunfalles)? Mschr. f. Unfallhlk. 1917 Nr. 6. 

. Besprechung unter ausführlicher Wiedergabe der Akten eines Falles 
von Senkungsabszessen amı Oberschenkel bei einem auch sonst tuberkulös 
erkrankten Manne, bei dem der kausale Zusammenhang mit einem !/g Jahre 
vorher erlittenen Unfall, Quetschung von Schulter und Knie, abgelehnt 
wird. Geinitz, Tübingen. 


285. G. Mönch, Verschlimmerung der Genitaltuberkulose nach 
operativem Trauma. Der Frauenarzt 1917 Nr.9. 
Es wird über ‚zwei Fälle von Genitaltuberkulose berichtet, bei denen 
nach einem operativen Eingriff (Abrasie) eine Verschlimmerung des tuber- 
kulösen Prozesses eintrat. Klare, Hohenlychen. 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 10 


146 Klinische Fälle. 


286. E. Weill et Loiseleur, Contribution ä l’etude de la tuber- 
culeuse pericardite. Soc. medic. des hôpitaux de Paris. (Ref. 
La Presse medicale 1916 Nr. 62.) 

Der Verlauf eines Falles von tuberkulöser Perikarditis berechtigt zur 
Beobachtung von zwei neuen Gesichtspunkten zur Klinik dieser Erkran- 
kung. Einmal ist die Röntgenuntersuchung wichtig zur Bestätigung der 
Diagnose und dann zur Kontrolle der einzuleitenden Behandlung, dem 
artefiziellen Pneumoperikard.. Das mit diesem erreichte vorzügliche Re- 
sultat veranlasst die Verl, zur Empfehlung dieser Methode in entsprechen- 
den Fällen. Kautz, Hamburg. 


287. A. Gutmann, Un cas d’erytheme noueux avec presence de 
bacilles de Koch dans le sang eirculant. Paris medical. 1917, 
Mat. 

Bei einem Fall von Erythema nodosum mit gleichzeitigen schubartig . 
auftretenden sehr heftigen Gelenkschmerzen und Temperatursteigerungen 
(Poncet’scher Rheumatismus) liessen sich im Blut, das während eines 
sehr stürmisch verlaufenden Anfalls entnommen wurde, Tuberkelbazillen 
nachweisen. Auch die Untersuchung der Hautknoten ergab das Vor- 
bandensein von Bazillen. Während an den übrigen Organen, im be- 
sonderen an den Lungen keine Veränderungen nachgewiesen werden 
konnten, erwiesen sich die tracheo-bronchialen Drüsen im Röntgenbild als 
vergrössert. Verf. ist der Ansicht, dass von den Hilusdrüsen, als Sitz 
der primären Erkrankung, die Bazillen nach und nach in die Blutbahn 
geschwemmt wurden, wodurch sich die sukzessiven Temperatursieigerungen 
und zunehmenden Gelenkschmerzen erklären würden. Kautz, Hamburg. 


288. Zoltan Lénárt, Gleichzeitige tuberkulöse und karzinoma- 
töse. Erkrankung des Larynx. Orvos: Hetilap, 1918 Nr. 3. 
Die Seltenheit des gemeinschaftlichen Vorkommens von Tuberkulose 
und Karzinom motiviert die Bekanntmachung des Falles. 56jähr. Mann, 
seit 6 Wochen andauernd besser. Keine Schmerzen im Kehlkopf. Sonst 
kräftig und „gesund“ Nikotinismus und Alkoholismus. Das linke 
Stimmband zeigt sich in seiner ganzen Länge verdickt, rötlich und granu- 
liertt. Vorne sind am Stimmbande einzelne graulichweisse Stellen wahr- 
nehmbar. Sonst ist die betreffende Chorda vocalis frei beweglich, in der 
Umgebung weder Hyperämie, noch andere Entzündungserscheinungen. Im 
Halse nichts Abnormes. Keine tuberkulösen Drüsen. Erste klinische 
Diagnose: Karzinom, initiale Form. Histologische Diagnose von Prof. 
Krompecher: ausgesprochener Epithelkrebs. Operation. Neuere histo- 
logische Untersuchung des exstirpierten Materials lehrte, dass auch Tuber- 
kulose vorhanden war, indem zwischen Tumorgewebe und Epithelüberzug 
typische Tuberkeln ihren Sitz batten. In einem ebenfalls entfernten prä- 
laryngealen Drüschen waren bloss tuberkulöse Veränderungen. Hier 
fanden sich also die zwei „antagonistischen“ Krankheiten in ein und dem- 
selben Organe, ohne aber dass auf Tuberkulose irgend etwas klinisch 
hingedeutet bätte. D. O. Kuthy, Budapest. 


289. H. Gjessing, Über Tuberkulose als Ätiologie der sog. Febris 
uveo-parotidea (Heerford). Klin. Mbl. f. Augenhik. 1918 H.2. 


Beschreibung eines Falles von Iridocyclitis tuberculosa mit Mit- 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 147 


affektion der Ohrspeicheldrüse. Keine der sonst typischen Paresen der 
zerebro-spinalen Nerven. Das 11jährige Kind reagierte auf Alttuberkulin. 
Auch andere Beobachtungen der Literatur sprechen für eine tuberkulöse . 
Ätiologie der mit subfebrilen Temperaturen, Müdigkeit, doppelseitiger Iritie 
bzw. Uveitis und chronischer Parotitis einhergehenden Erkrankung. 

H. Bratke, Berlin. 


290. Fritz Vieregge, Zwei Fälle von Tuberkulose des Augen- 
lides und der Bindehaut. Diss. Giessen 1917. 

Im ersten Falle handelt es sich um eine kleine Geschwulstbildung, 
welche in Ulzeration übergeht. Im zweiten Falle ebenfalls um eine Ge- 
schwulstbildung am oberen Augenlid, welche durch Kontaktinfektion zu 
einer Erkrankung des unteren Augenlides geführt hat, die sich in einer 
Verdickung mit kleinen gelblichen Knötchen äusserte. Die mikroskopische 
Untersuchung ergab in beiden Fällen tuberkulöses Granulationsgewebe. 
Exzision der erkrankten Abschnitte führte beidemale zu Heilung. 

Hans Müller. 


p 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


291. Büttner-Wobst, Über den Gesundheitszustand ehemaliger 
Heilstättenpatienten. M. m. W. 65. 1918 8. 156—157. 

B.-W. weist auf die grossen Schädigungen hin, die dadurch ent- 
stehen, dass Lungengesunde für tuberkulös erklärt und in Heilstätten 
eingewiesen werden. Aus dieser Veranlassung hat B.-W. auf der Be- 
obachtungsstation im Reservelazarett Heidelberg 361 frühere Heilstätten- 
besucher durchmustert und gefunden, dass von diesen 361 nur 160 Ver- 
änderungen sicher tuberkulöser oder mit Wahrscheinlichkeit tuberkulöser 
Natur an den Lungen hatten. Dabei war der Begriff „Tuberkulose“ 
weit gefasst. Von den Nichtlungentuberkulösen waren 89 völlig gesund, 
d. h. es liess sich die Ursache der früheren Heilstättenbehandlung objektiv 
nicht mehr feststellen. Bei 112 ergaben andere Krankheiten und Ano- 
malien Anlass, in Fehldiagnose die frühere Indikationsstellung zur Heil- 
stättenkur zu suchen. Ferner wurden bei 52 Nichttuberkulösen Wieder- 
holungskuren durchgeführt. 

B.-W. macht für „die indikationslose Heilstättenkur“ nicht den ein- 
zelnen, vielleicht aus grosser Gewissenhaftigkeit überängstlichen Arzt, 
sondern das heute herrschende System verantwortlich, das die Kuren nicht 
von klinisch exakter Vorbeobachtung abhängig macht. 

Den von B.-W. gemachten Ausführungen wird jeder Heilstättenarzt 
im Prinzip zustimmen. Dazu bemerken möchte ich aber nocb, dass es 
allgemein bekannt ist, dass ein gewisser Prozentsatz von Fehldiagnosen 
in die Heilstätten kommt, wie das auch in jeder gut geleiteten Klinik 
der Fall ist. Bredow, Ronsdorf. 


292. Grau, Über den Gesundheitszustand ehemaliger Heilstätten- 
patienten. (Bemerkungen zu der vorstehenden Arbeit von Büttner- 
Wobst) M. m. W. 65. 1918 8. 272. 

G. wendet sich gegen die Arbeit von B.-W. Mit Rückwärtsdiagnosen 
sollte man vorsichtig sein. Wenig ausgedehnte Lungentuberkulosen können 
10* 


148 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


so ausheilen, dass röntgenologisch später nichts mehr nachzuweisen ist. 
Die von B.-W. untersuchten Fälle sind eine Auslese der günstigsten. 
Im übrigen bleibt die Tatsache bestehen, dass die Heilstätten schon im 
Frieden eine erhebliche Zahl von Nichttuberkulösen enthielten. Eine Besse- 
rung ist darin im Kriege nicht eingetreten. Die Ursachen liegen z. T. 
in der Tuberkuloseaufklärung, in der Ausbildung der jüngeren Ärzte, im 
Mangel an einheitlichen Grundsätzen für die Begutachtung des Arztes 
und Obergutachters bei Einweisung in die Heilstätten sowie im Mangel 
an hinreichender stationärer Vorbeobachtung, endlich im Fehlen von Er- 
holungsheimen für die Nichttuberkulösen und Tuberkuloseverdächtigen. 
Bredow, Ronsdorf. 


293. Hermann Trunk, Die schlesische Lungenheilstätte Ober- 

schaar. Österr. Tbe. -Fürs.-Bl. 1917 Nr. 5. 

Mitten im Weltkriege wurde diese Anstalt für 110 Betten vom 
Landeshilfsverein für Lungenkranke in Österreichisch-Schlesien errichtet 
und im August 1917 dem Betriebe übergeben. Sie ist vorläufig, bis: zu 
3 Jahren nach dem Friedensschluss für Soldaten bestimmt. Beschreibung 
mit Abbildung. A. Baer. 


294. Theodor Altschul-Prag, Die Bekämpfung der Tuberku- 
lose, mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in 
Deutschböhmen und Prag. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 6. 

In Österreich wird die Tuberkulose seit etwa 15 Jahren „bekämpft“, 
jedoch bisher mehr auf dem Papier und mit Theorien, daher haben wir 
auch nicht die Erfolge, wie in Deutschland, aufzuweisen. 

Schilderung der Bemühungen und Leiden der deutschen Tuberkulose- 
bekämpfer in Böhmen. Eine fertiggestellte Anstalt musste mit Schaden 
an das Land verkauft werden, weil die Mittel zum Betriebe nicht auf- 
zubringen waren; kein Heller, aber auch sonst keine Unterstützung von 
der Gemeinde Prag; in einer Heimstätte bei Prag können von 36 Betten 
nur 14 belegt werden, 22 bleiben leer (!), weil trotz aller Vorstellungen 
an höheren und hohen Stellen keine Nahrungsmittel zu erhalten sind. 
Eine Fürsorgestelle funktioniert tadellos, weil die Kranken in derselben 
materielle Unterstützung erhalten; Gewährung blosser ärztlicher Behand- 
lung und Belehrung würde nicht einen einzigen Kranken „anlocken“. 

Über Anreguug des Verf. beraten der „Deutsche Armenrat“, der 
Verein „Soziale Hilfe“ und der „Deutsche Zweigverein Prag für Lungen- 
kranke“ gemeinsam, was sich sehr gut bewährt. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


295. M. Landegger, Die Behandlung in den Tuberkulosefür- 
sorgestellen, Der Amtsarzt 1917 Nr. 9—12. 

In der Tuberkulosefürsorgestelle im Kaiser Franz Joseph-Ambulatorium 
zu Wien wurden vom Verf. ausgedehnte Versuche mit dem von Wele- 
minsky (Prag) hergestellten Tuberkulomucin angestellt. (Die An- 
sichten über die Frage, ob Fürsorgestellen Therapie treiben sollen, sind 
bei uns sehr geteilt! Ref.) Von 143 regelmässig in Behandlung ge- 
standenen Fällen ergaben 52,5°/o Heilung, 370/0, Besserung, nur 10,5 °/o 
zeigten keinen Erfolg. Einige Fälle von skrofulösen Lymphdrüsen am 
Halse wurden unter der Injektionsbehandlung erweicht und verschwanden 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulogekrankenhäuser u. -Heime. 149 


bis auf kleine Reste, vorhandene Fisteln schlossen sich. Kehlkopftuber- 
kulosen wurden nicht beeinflusst. Wegen seiner einfachen Anwendungs- 
weise — von der sehr haltbaren Stammlösung wird am Injektionstage die 
Verdünnung in der Spritze selbst hergestellt — tritt Verf. warm für eine 
weitere Verbreitung des Tuberkulomucins namentlich in der ambu- 
lanten Behandlung der Tuberkulose ein. Klare, Hohenlychen. 


296. Braeuning, Die Erfolge und Misserfolge der Stettiner 
Fürsorgestelle für Lungenkranke bei den Kranken mit offener 
Tuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 1. 


Verf. fasst seine Ergebnisse folgendermassen zusammen: 

1. Zur Kenntnis der Fürsorgestellen kommen mit Hilfe der über- 
weisenden Ärzte und Behörden vor ihrem Tode 61/0 der offenen Tuber- 
kulosen. Vom Beginn der Erkrankung an offener Tuberkulose an jedoch 
nur 15°/o. Um möglichst alle Tuberkulösen rechtzeitig der Fürsorgestelle 
zuzuführen, ist es nötig, dass die Ärzteschaft immer wieder auf die Auf- 
gaben der Fürsorgestellen hingewiesen wird, dass ferner alle Schulkinder 
fortlaufend schulärztlich überwacht werden und die erkrankten, verdächtigen 
und gefährdeten der Fürsorgestelle gemeldet werden. Dass endlich die. 
Meldepflicht für offene Tuberkulöse eingeführt wird und für häufige. Sputum- 
untersuchung bei allen Kranken mit Auswurf gesorgt wird. 

2. Es gelingt der Fürsorgestelle für Lungenkranke, bei etwa 86°/o 
der in eigener Häuslichkeit wohnenden Phthisiker hygienisch einwandfreie 
Verhältnisse zu schaffen. Die 14°/, Misserfolge in dieser Hinsicht sind 
bedingt in erster Linie durch die Unverständigkeit der Kranken und ihrer 
Angehörigen. Um auch diesen Fällen beizukommen, wären besondere 
polizeiliche Bestimmungen für die Wohnungen der Schwindsüchtigen not- 
wendig und ferner eine amtliche Überwachung aller Wohnungen durch 
Wohnungsinspektoren, die mit der Fürsorgestelle Hand in Hand arbeiten. 

3. Es ist notwendig und auch praktisch durchführbar, für alle schwerst- 
kranken und sterbenden Schwindsüchtigen gute Unterkunft in Kranken- 
anstalten zu schaffen, und zwar können diese Tuberkuloseabteilungen so 
eingerichtet werden, dass sie nicht in den Ruf von Sterbehäusern kommen. 

4. Es gelingt nicht, alle Kinder unter 15 Jahren mit offener Tuber- 
kulose dauernd in einer geschlossenen Anstalt unterzubringen. Auch kann 
man nicht verhindern, dass diese Kinder mit anderen Kindern spielen, 
wohl aber kann man sie vom Schulbesuch fernhalten und dafür sorgen, 
dass sie ein eigenes Bett und Schlafzimmer haben. 

5. 130/0 der Schlafburschen und Schlafmädchen entzieben sich der 
Beobachtung der Fürsorgestelle.e Bei den übrigen Schlafleuten gelingt es 
nur in 66°/o der Fälle, hygienisch einwandfreie häusliche Verhältnisse zu 
schaffen. Die dauernde Unterbringung in geschlossenen Anstalten ist nur 
bei schwerkranken schwindsüchtigen Schlafleuten durchführbar. Eine 
polizeiliche Überwachung aller Schlafstellen und ein Handinbandarbeiten 
dieser überwachenden Behörden mit der Fürsorgestelle ist notwendig. 

6. Die Kinder schwindsüchtiger Eltern, welche unter der Obbut der 
Fürsorgestelle geboren werden, können nur etwa während des ersten Jabres 
vor der Ansteckung mit Tuberkulose bewahrt werden. Es gelingt nur 
ausnahmsweise, entweder das Kind oder den erkrankten Angehörigen 
dauernd aus dem Haushalt zu entfernen. 


150 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


7. Es ist notwendig, alle Kinder oder Geschwister Offentuberkulöser 
fortlaufend ärztlich zu überwachen. Es ist aber nicht nötig, dass diese 
Überwachung durch die Fürsorgestelle geschieht, sie kann vielmehr auch 
durch die Schulärzte erfolgen, welche nötigenfalls den Fürsorgearzt hin- 
zuziehen. 

8. Die Behandlung der Tuberkulösen in Anstalten ist in Stettin in 
allen nötigen Fällen durchführbar, aber eine, konsequent über eine lange 
Zeit durchgeführte Behandlung der Kranken zuhause, stösst in vielen 
Fällen auf erhebliche Schwierigkeiten. 

9. Die Stettiner Fürsorgestelle ist in der Lage, die wirtschaftlichen 
Verhältnisse aller ihrer Schutzbefohlenen so zu gestalten, dass sie hygienisch 
und therapeutisch einwandfrei leben können. Die Fürsorgestelle wird 
hierin wesentlich dadurch unterstützt, dass die städtischen Behörden be- 
schlossen haben, alle Zuwendungen an Tuberkulöse, welche noch nie 
Armenpflege angerufen haben, nicht als Armenunterstützung zu betrachten, 
und ferner dadurch, dass sie das zu gewährende Mindestmass bei Haus- 
haltungen, in denen sich ein Tuberkulöser befindet, höher ansetzen, als in 
den Haushaltungen der Almosenempfänger. 

10. Etwa 16°/o aller Offentuberkulösen befinden sich in Berufen, in 
denen sie das Publikum gefährden, und etwa 28°/o von ihnen in Be- 
rufen, in denen sie ihre Mitarbeiter gefährten. Die Fürsorgestelle ist 
nur ausnahmsweise in der Lage, hier Abhilfe zu schaffen. Bevor die 
Fürsorgestelle in dieser Richtung energisch vorgehen kann, muss noch 
sicherer festgestellt werden, in welchen Berufsarten die Tuberkulösen 
eine Gefahr für ihre Umgebung bilden. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


297. Beschorner.Dresden, Fürsorge für Lungenkranke. (Aus 
dem Protokoll über die XXII. ordentliche Mitgliederversammlung 
des Hauptverbandes deutscher ÖOrtskrankenkassen in Dresden, 
16.—19. September 1917.) 

Die Krankenkassen müssen zur Bekämpfung der Tuberkulose in 
weitestem Masse herangezogen werden. Wichtig ist eine gute Aufklärung, 
welche auch dahin gehen muss, Nichtversicherungspflichtige zur Versiche- 
rung anzuhalten und beim Erlöschen der Pflichtversicherung eine Weiter- 
versicherung zu veranlassen, damit in weitestgehendem Masse schon in 
gesunden Tagen für Krankbeitsfälle vorgesorgt wird. Der Arzt soll seine 
Diagnose prägnant stellen und nicht durch Scheindiagnosen wie „Lungen- 
katarrh“ oder „Lungenspitzenkatarrh“ den Erkrankten im Unklaren lassen. 
Nur eine aktive Tuberkulose ist der Behandlung bedürftig. In Zweifels- 
fällen muss Gelegenheit zu fachärztlicher Beurteilung vorhanden sein. 
Auf diese Weise wird es vermieden, dass ungeeignete Fälle in die Heil- 
stätten kommen. Fürsorgestellen, Krankenkassen und Versicherungs- 
anstalten müssen eng Hand in Hand arbeiten. Das Fürsorgestellennetz 
muss weiter ausgearbeitet werden und auch dem Mittelstand in irgend 
einer Weise *zugängig sein. Die Darreichung kräftiger Kost an Tuber- 
kulösen vermag die Arbeitsfähigkeit zu heben. Die Kriegsküchen sollten 
nach dem Kriege als Volks- und Krankenküchen fortbestehen. Kochkurse 
sollen das Verständnis für rationelle Speisenzubereitung verbreiten. Über- 
wachung der Wohnungsverhältnisse durch die Wohnungsbesucher der 


——— —— — — “⸗ 


Allgemeines. 151 


Krankenkassen, Die Schwerlungenkranken müssen in besonderen An- 
stalten untergebracht werden. Auch besondere Heilverfahren, wie Pneumo- 
thoraxtherapie, Bestrahlung usw., dürfen geeigneten Kranken nicht vor- 
enthalten bleiben. Hans Müller, 


g) Allgemeines. 


298. Braeuning - Stettin, Kritische Berichterstattung über die 
Tuberkulosebekämpfung. Tbc.-Fürs.-Bl. Jg. 5 Nr. 1. 


Verf. fordert, dass in den Berichten der Fürsorgestellen nicht nur 
angegeben wird, in wieviel Fällen die einzelnen Massnahmen angewandt 
werden, sondern dass die viel wichtigere Frage beantwortet wird, wie viele 
Tuberkulosefälle von der Fürsorgetätigkeit nicht erfasst werden. In Stettin 
z. B. waren der Fürsorgestelle nur 397 offene Tuberkulosen bekannt, es 
sind aber nach den Statistiken 598 derartige Kranke zu erwarten. Nach 
einer Leipziger Statistik wären für Stettin jährlich 1610 Tuberkulose- 
neuerkrankungen wahrscheinlich, gemeldet sind aber nur 797. Miets- 
zuschüsse und Ausleihung von Betten konnte aus Mangel an Mitteln nur 
für offene Tuberkulöse gewährt werden. Es ist anzustreben, dass alle 
Tuberkulösen im Krankenhause sterben; in Stettin war das von 317 Todes- 
fällen nur bei 130 der Fall. Herm. Tachau, Heidelberg. 


299. Albert Fraenkel, Über Aufgaben der Tuberkulosebekämp- 
fung nach dem Kriege. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 6 Nr. 12. 

Verf. fordert, dass die Heilstätten ohne Rücksicht auf die Wieder- 
herstellung der Erwerbsfähigkeit allen heil- und besserungsfähigen ernst- 
lich Kranken offen stehen; für die leicht Kranken genügen Erholungs- 
heime mit kurzfristigen Kuren; die Schwerkranken gehören in Tuberku- 
losekrankenhäuser. Bewährt haben sich die im Bereich des XII. A.-K. 
militärischerseits getroffenen Einrichtungen. Allen Heilstättenkuren geht 
hier eine Sonderbegutachtung durch Beobachtungsstationen von klinischem 
Charakter voraus. Diese Beobachtungsstationen haben zunächst die Auf- 
gabe, die vielen nicht an aktiver. Lungentuberkulose Leidenden von den 
für sie unnötigen Heilstättenkuren fernzuhalten und ihre militärische 
Dienstfähigkeit zu bestimmen und zweitens bei den als krank erkannten 
das einzuschlagende Heilverfahren zu bestimmen. In die beiden zur Ver- 
fügung stehenden Heilstätten werden fast ausnahmslos Offentuberkulöse 
eingewiesen, die nach Beendigung der Kur dann aus dem Heeresdienste 
ausscheiden. — Eine Übertragung dieser Einrichtungen auf die Friedens- 
tätigkeit ist zu wünschen. Dadurch werden die Heilstätten entlastet und 
in die Lage versetzt werden, sich der Kriegsbeschädigtenfürsorge für 
Wiederholungskuren zur Verfügung zu halten. Eine geänderte Auslegung 
des $ 1269 der Reichsversicherungsordnung ist zu diesem Zwecke Be- 
dingung, welche eine Verschiebung der Aufnahme zu den besserungs- 
fähigen, aber schwereren Fällen zulässt. — Für die Versorgung Schwer- 
kranker sollten alle Landkrankenhäuser entsprechend eingerichtete Tuber- 
kuloseabteilungen erhalten, daneben sind für Gegenden mit hoher Tuber- 
kulosemorbidität besondere Tuberkulosekrankenhäuser nötig. Diesen 
Krankenhäusern wären Abteilungen für kranke Kinder und Schwangere 
anzugliedern. — In diagnostischer Beziehung hat sich für die geschlossenen 


152 | Allgemeines. 


Tuberkulosen das Röntgenverfahren als unentbehrlich erwiesen. Es wird 
die Frage aufgeworfen, ob diese wichtige Untersuchungsmethode nicht 
durch staatliche oder freiwillige Organe der Tuberkulosebekämpfung dem 
Praktiker zugänglich gemacht werden soll. — Grosse Bedeutung kommt 
dem Ausbau der Beratungs- und Fürsorgestellen zu, deren Hauptaufgabe 
ärztliche und wo nötig, berufliche Beratung bilden soll. 

H. Tachau, Heidelberg. 


300. The arrest of tuberculosis under war and after war con- 
ditions. Brit. Journ. of Tbe. Bd. 12 Nr. 7, Januar 1918. 


Eine erneute Umfrage über die Art und Weise wie während des 
Krieges und nach demselben die Weiter-Ausbreitung der Tuberkulose 
verhütet werden könne: 

A. Garrod Thomas: So leicht es ist, Patienten in Sanatorien und 
Kolonien zu hygienischem Verhalten anzuleiten, so gross ist die Schwierig- 
keit, die in dem Verhalten nach ihrer Rückkehr nach Hause liegt. Dort 
werden die Brutstätten für weitere Ausbreitung bestehen bleiben, bis der 
Wert der frischen Luft und die Einsicht der Notwendigkeit allgemeiner 
hygienischer Vorsichtsmassregeln Gemeingut geworden sind. „Aus jedem 
Hause sollte ein Sanatorium gemacht werden.“ 

William J. Thompson: Die Behandlung von Tuberkulösen in 
englischen Sanatorien (wie überall; Ref.) seit dem Ausbruch des Krieges 
hat mit immer mehr zunehmenden Schwierigkeiten zu kämpfen, einmal 
mit den erhöhten Kosten der Nahrung-, Heizung-, Licht-, Wäschebeschaf- 
fung etc. einerseits und den nicht entsprechend gestiegenen Einnahmen. 
Dann dadurch, dass viel mehr Schwerkranke den Sanatorien zugewiesen 
werden. — Nach dem Krieg werden als wichtigste Punkte im Feldzug 
gegen die Tuberkulose bezeichnet: 1. Verhütung der Tuberkuloseinfektion ; 
2. genügende Zahl von Sanatorien für Frühfälle; 3. Nachbehandlung 
der aus dem Sanatorium entlassenen Fälle; 4. Errichtung von Heimen für 
vorgerückte Fälle. | 

Sheridan Del&pine: 1. Unter gewöhnlichen Verhältnissen er- 
scheint es als wahrscheinlich, dass die Mehrzahl, wenn nicht alle, Er- 
wachsenen mit Tuberkelbazillen infiziert sind oder es einmal waren. 

2. Bei einer grossen Zahl solcher Infizierten kommt es nur zu unbe- 
deutenden Läsionen mit oder ohne Erkennung von Kranksein, wobei eine 
Ausheilung spontan stattfindet, wenn die äusseren Bedingungen nicht 
ungünstig und die individuellen Widerstandskräfte normale sind. 

3. Diejenigen mit normalen Widerstandskräften können die Infektion 
überwinden, wenn die äusseren ungünstigen Verhältnisse ausgeschaltet 
werden, sofern der Krankheitsprozess nicht weit fortgeschritten ist. 

4. SolcH#e mit wenig Resistenzkraft vermögen eventuell unter günstigen 
Bedingungen und richtiger Behandlung gebessert oder geheilt zu werden. 

5. In der Zeit vor Kriegsausbruch schon wurden Patienten mit be- 
ginnenden Krankbeitserscheinungen durch ungünstige äussere Umstände 
unheilbar, die sonst heilbar gewesen wären, und bildeten eine stete Quelle 
von Ansteckungsgefahr. 

6. In Friedenszeiten sind das Zusammenleben mit fortgeschrittenen, 
schweren Patienten, ungesunde Beschäftigung, ungenügende Ernährung 
und alle mit Armut zusammenhängenden Umstände die Hauptursachen, 


Allgemeines. | 153 


dass infizierte Personen nicht spontan ausheilen, sondern eine besondere 
Behandlung erfordern. 

7. In Kriegszeiten mag in einigen Frühfällen das konstante Leben 
in freier Luft gut einwirken, aber die ausserordentlichen körperlichen An- 
forderungen und die vermehrte Ansteckungsgelegenbeit in Baracken und 
Arbeitsstätten vermehren die Zahl der Behandlungsbedürftigen. 

8. Ländlicher Aufenthalt mit gesunder Beschäftigung im Gegensatz 
zu Fabrikarbeit ist das Zweckmässigste für Frühfälle, die eiuer Spontan- 
heilung fähig sind. 

9. Die gleiche Lebensweise ist auch für Behandlungsbedürftige zu 
empfehlen, vorausgesetzt dass entsprechende klinische Einrichtungen und 
Überwachung vorhanden sind. 

10. Auch für unheilbare Fälle soll ein Aufenthalt in gesunder Um- 
gebung auf dem Lande ermöglicht werden. | 

11. Die Ereignisse der letzten drei Jahre haben gezeigt, dass eine 
der vornehmsten Pflichten des Staates ist, selber genügend Lebensmittel 
hervorzubringen, um die Bevölkerung ernähren zu können, und dass die 
tolle Jagd nach dem Gelde dieser Forderung untergeordnet werden muss. 

12. Die Bedürfnisse des Staates und der tuberkulös Erkrankten 
fordern deutlich, dass ein grosser Teil der Bevölkerung aus den Städten 
wieder zurück aufs Land ziehen, und dass das Leben auf dem Lande 
verbessert werden sollte. 


Andrew Trimble: Die jetzt von der Front zurückkehrenden Soldaten 
können eingeteilt werden in solche, welche nie hätten zum Dienst angenommen 
werden sollen; solche, die anscheinend geheilt waren und im gewöhnlichen 
Leben sogar harte Arbeit verrichten konnten, aber doclı unter den Strapazen 
des aktiven Dienstes zusanımenbrachen; Patienten, die vorher unbewusst 
und ohne Verdacht darauf eine latente Tuberkulose in sich hatten und die 
im Kriegsdienst aktiv wurde; und in neue Fälle tuberkulöser Infektion 
von seiten nicht erkannter Tuberkulosekranker, wobei die häufig vor- 
handenen Erkrankungen der Bronchien und die in Lagern oft vorkom- 
menden epidemischen katarrbalischen Affektionen der Atmungsorgane einen 
guten Nährboden für den Tuberkulosebazillus abgeben. Durch diese 


neu im Krieg erkrankten oder reaktivierten Fälle werde die Mortalität 


an Tuberkulose in den nächsten Jahren steigen, auf der anderen Seite 
werde ein ganz besonders energischer Kampf gegen die Tuberkulose auf 
breiter Grundlage sich erheben. 

Varrier-Jones: Infolge des Krieges ist die Ausbreitung der Tuber- 
kuloseerkrankung in der Zivil- und Militärbevölkerung stark gestiegen. 
Bei der jetzigen Sanatoriumsbehandlung liegt die eine Schwierigkeit darin, 
dass viel zu schwere Fälle in die Heilstätten kommen, solche die eigent- 
lich in Spitäler gehören, und dass auf der anderen Seite bei dem Drei- 
monatssystem die Zeit viel zu kurz bemessen ist, und die Kranken zu 
früh entlassen werden und die Zahl der Stellenlosen im Lande vergrössern. 
Genügend langer Aufenthalt in den Sanatorien und Kolonien und Für- 
sorge nach der Sanatoriumsentlassung sind notwendig. 

Clive Rivier: Zwei Ursachen bedingen in den jetzigen Kriegs- 
zeiten die Aktivierung latenter Tuberkulosen: bei den Zivilarbeitern Über- 
anstrengung in der Arbeit oft zusammen mit Unterernährung, bei den 
Soldaten fortwährende katarrhalische Reizzustände. Das Moment erhöhter 


154 Allgemeines. 


Ansteckungsgefahr kommt dagegen fast nicht in Frage. Nach der Er- 
fahrung des Autors prädominiert in diesen Fällen die Hilus- (oder 
zentrale Lungen-) Tuberkulose, was er vor dem Kriege nicht so 
gefunden hätte, die ihn an die Kindertuberkulose erinnert und nach seiner 
Meinung eine reaktivierte Kindertuberkulose bedeutet. Es sollte nach 
ihm auch bei den Soldaten mehr auf die Gelegenheit geschaut werden, 
nasse Kleider und Schlafdecken zu trocknen und länger dauernde Er- 
kältungen energisch zu behandeln. Die nach dem Kriege in der ganzen 
Welt noch lange dauernde Lebensmittelknappheit sei eine Gefahr für 
Disponierte.e Auf der anderen Seite werde vielleicht eine Besserung der 
allgemeinen Verhältnisse eintreten, wenn die Lebensbedingungen der 
arbeitenden Klassen sich heben unter dem Druck ihrer sehr berechtigten 
Forderungen und unter Sanktionierung durch das erwachte nationale 
Gewissen. 

Esther Carling: Wenn nicht die Sorge um die tuberkulösen 
Krieger wäre, hätte das Interesse für eine allgemeine Tuberkulosebekämp- 
fung während des Krieges wohl gelitten. Die Sanatorien genügen nicht, 
die viel gepriesenen Farmkolonien kommen nur für wenige in Betracht 
und diese halten eich für zu gesund, um noch unter Kontrolle in Kolonien 
zu arbeiten. Der Durchschnittstuberkulöse ist aber nicht tauglich für 
Unigrabearbeiten, kann nicht ohne Schaden Säcke heben, Düngerkarren 
oder Erntewagen beladen; auch sollte kein Bazillenträger melken. Wenn 
er diese Arbeiten nicht tun kann, so ist er der Farmkolonie nicht von 
Nutzen. Auch die 7 Tage nacheinander notwendige regelmässige und 
grosse Arbeitsleistung mit zu wenig Ruhepausen ist nicht günstig. Jedes 
Sanatorium sollte geeignete Patienten unter Dosierung von Arbeit und 
Ruhe beschäftigen. Die Kranken der Zivilbevölkerung dürfen bei der 
Aufnahme in Sanatorien etc. den kranken Soldaten gegenüber (die schon 
durch ihre Pension besser stehen) nicht benachteiligt werden. 

John Guy: Während des Krieges ist keine wesentliche Änderung 
in der. Bekämpfung der Tuberkulose zu erwarten. Nach dem Kriege 
müssen breitere Schichten der ganzen Bevölkerung für die Frage ge- 
wonnen werden. Einwandsfreie, beste Milchzufuhr muss überall gewähr- 
leistet sein. Eine Rassenverbesserung muss angestrebt werden, durch 
Kinderfürsorge, ausgedehnte Errichtung von Freiluftschulen, 
mehr Beachtung der körperlichen Pflege während der Schul- 
zeit, Belehrung über Mutterschaft und Haushaltsführung, 
Schulen für Mütter, häusliche Kontrolle durch Schwestern 
und Arzte, Verbesserung der Wohnungsbedingungen. 

S. Vere Pearson: Die Hebung der durch den Krieg veränderten 
sozialen Missstände ist ausschlaggebend bei der Bekämpfung der 
Tuberkulose. 

Allen Daley: Während die Frühfälle in den Sanatorien Besse- 
rung und Heilung finden, bilden die chronischen Fälle die Hauptschwierig- 
keit, und eine Hauptgefahr liegt in der weiteren Ausbreitung durch die 
Leichtsinnigkeit solcher chronischen Fälle, welche — wenn die Isolierungs- 
möglichkeit zu Hause nicht gegeben ist — durch Gewaltmassnahmen ab- 
zusondern sind. 

E. Hyla Greves; Viele Soldaten wurden nach nicht genügender 
Untersuchung in die Armee eingereiht und ihre latente Tuberkulose dort 


— — 


* ö— —ñ — —— —— — a ŘE — — 


Kongress- und Vereinsberichte. 155 


reaktiviert; oder sie waren von Anfang an schon nicht diensttauglich ge- 
wesen. Die meisten aus der Armee krank Zurückkommenden sind solche 
des ersten Stadiums, welche zunächst in den Sanatorien behandelt werden 
sollen, bis der Krankheitsprozess so weit erloschen ist, dass sie unter 
günstigen Bedingungen etwas Arbeit leisten können, vor allem in Farm- 
kolonien, unter Kontrolle. Jedes Sanatorium sollte einer Arbeitskolonie 
sich angliedern. Amrein, Arosa. 


301. W. H. Dickinson, Tuberculosis and ministry of health. 
Brit. Journ. of Tbc. Bd. 12 Nr. 1, Januar 1918. 


1. Die jetzigen Bekämpfungsmethoden (mit gewissen Änderungen) 
( Sanatorien, Dispensarien, Kolonien etc.) sind weiters aussichtsreich, müssen 
zaber noch weiter ausgebaut werden. 

2. Verbesserung der häuslichen Behandlung ist nötig, ferner die Ver- 
%hütung von Masseninfektion in den Wohnungen. 

3. Die Gesetzgebung hat die Verhütung der Abgabe von tuberkulös 
ınfizierter Milch und die Fürsorge für leichtsinnige und hilflose Patienten 
zu veranlassen. 

4. Bessere Einrichtung für chirurgisch Tuberkulöse (namentlich auch 
Kinder) sind erforderlich. 

5. Die Arbeitsverhältnisse müssen verbessert, Überarbeit in Fabriken 
sollte vermieden werden. 

Die Errichtung eines Gesundheitsamtes („Ministry of Health“) 
ist zu fordern. Amrein, Arosa. 


Il. Kongress- und Vereinsberichte. 


3. Naturhistorisch-medizinischer Verein, Heidelberg. Sitzung vom 
18. XII. 1917. 


(Ref. H. Tach au- Heidelberg.) 


Hermann Tachau: Das chemische und biologische Verhalten 
der bei der Pneumothoraxtherapie in die Pleurahöhle ein- 
geführten Gase. 

Vortr. berichtet zunächst über gasanalytische Untersuchungen bei Patienten 
mit künstlichem Pneumothorax, die er gemeinsam mit R. Thilenius ausgeführt 
hat. Es fanden sich in diesen Untersuchungen charakteristische Unterschiede 
in der Gaszusammensetzung bei trockenem Pneumothorax und bei den Fällen 
mit einem Pneumothoraxexsudat. Im ersten Falle wurde neben dem Stickstoff, 
der stets die Hauptmenge des Gasgemisches ausmachte, 6,5 bis 8,5°/o Kolılensäure ? 
und zwischen 2°/o und 6°!o Sauerstoff gefunden. Bei den Exsudatfällen war der 
O,-Gehalt geringer (unter 1,0), der CO,-Gehalt bei längerem Bestande des Ex- 
sudates höher (über 10°,o bis zu 14°). Nach Resorption des Pneumothorax- 
exsudates können sich die Verhältnisse wie bei trockenem Pneumothorax wieder- 
herstellen. 

Die Gaszusammensetzung in den Exsudatfällen ist so charakteristisch, dass 
sie diagnostisch verwertet werden kann, wenn z. B. bei unklarem Fieber das 
Exsudat physikalisch noch nicht nachweisbar, eine Röntgenuntersuchung aber aus 
irgend einem Grunde (ambulante Behandlung) nicht ausführbar ist. Ausserdem 


156 Kongress- und Vereinsberichte. 


tritt das Absinken der O,-Werte vielfach schon zu einer Zeit ein, zu der das 
Exsudat auch röntgenologisch noch nicht nachweisbar ist. Man muss annehmen, 
dass der exsudativen Pleuritis, wie v. Muralt das auf Grund von klinischer 
Beobachtung schon geschlossen hatte, eine trockene Entzündung der Pleura 
vorausgeht. Kommt es in einem Einzelfalle aus irgend einem Grunde darauf an, 
ein Exsudat zu vermeiden, so kann man dieses Ziel vielleicht dadurch erreichen, 
dass man die Weiterführung des Pneumothorax aufgibt, sobald sich die Ande- 
rung der Gaszusammensetzung bemerkbar macht. 

Für die Nachfüllungen wird meist Luft oder Stickstoff benutzt. Vortr. hat, 
von theoretischen Überlegungen ausgehend, vorgeschlagen, statt dessen eine 
Gasmischung zu verwenden, die in ihrer Zusammensetzung dem 
Pneumothoraxgase entspricht. Bei Benutzung einer solchen „körper- 
adäquaten* Gasmischung würden einmal die Volumschwankungen vermieden, 
die nach Einführung von Luft oder Stickstoff infolge der zum Teil schnell vor 
sich gehenden chemischen Umsetzungen eintreten; zweitens wurde daran gedacht, 
dass Luft und Stickstoff durch ihre von den Körpergasen abweichende chemisclıe 
Zusammensetzung vielleicht einen Reiz auf die Gewebezellen ausüben können, 
genau so wie z. B. nichtisotonische Flüssigkeiten. 

Bei einem Patienten konnte eine Reizwirkung von Luftnachfüllungen über- 
zeugend nachgewiesen werden. Es handelte sich um einen der seltenen Fälle, 
in denen nach jeder Nachfüllung mehrtägige Temperatursteigerungen eintraten, 
während im übrigen normale Körperwärme bestand. Diese unangenehme Nach- 
wirkung der Lufteinfüllungen konnte bei Verwendung einer körperadäguaten Gas- 
mischung, die im vorliegenden Falle entsprechend der Zusammensetzung der 
Pneumothoraxluft 15°,o CO, enthielt, vermieden werden. 

Im allgemeinen lösen die Einfüllungen von Luft oder Stickstoff keine aus- 
geprägten Reizerscheinungen aus. Möglicherweise können aber die geringen 
Schädigungen der Pleura darch die Einführung der nicht körperadäquaten Gase 
mit zu der Häufigkeit der Pneumothoraxpleuritiden beitragen. Es ist zu über- 
legen, ob man deshalb zur Pneumothoraxbehandlung nicht ausschliesslich körper- 
adiquates Gas verwenden soll. 


(Erscheint ausführlicher in Zschr. f. klin. Medizin.) 


A. Heineke: Über häufig wiederkehrende Fehldiagnosen. Er- 
fahrungen der Beobachtungsabteilung für innere Krankheiten. 

Bei der Nachprüfung in der Heidelberger Beobachtungsstation für innere 
Krankheiten erwiesen sich 60°o der mit der Diagnose Lungentuberkulose oder 
Tuberkuloseverdacht eingewiesenen Leute als lungengesund, d. h. sie hatten bei 
entsprechendem Allgemeinzustand eine einwandsfreıe Röntgenplatte und normale 
Körpertemperatur in der Ruhe und nach Bewegung. Auch in den Lungenheil- 
stätten fanden sich im Frieden vielfach Lungengesunde. H. konnte unter 100 
ehemaligen Heilstätteninsassen 59 herausfinden, die nie lungenkrank gewesen 
waren. Überhaupt hat sich das Krankenmaterial der Heilstätten, wie an Kurven 
erläutert wird, in den letzten Jahren immer mehr nach der Richtung der Leicht- 
kranken hin verschoben. Nach dem Ausweis einer Heilstätte hatten z. B. von 
600 Kranken des I. Stadiums kaum 10 jemals Temperatursteigerung oder Bazillen 
im Auswurf. 


Die grosse Zahl der Fehldiagnosen rührt her von einer Überschätzung 


— — 


geringgradiger physikalischer Befunde. Es kommen sogar ausge- : 
sprochene physikalische Befunde ohne Erkrankung der Spitzen vor, andererseits ' 
können im Röntgenbild nachweisbare ausgedehnte Erkrankungen ohne physikali- ' 


schen Befund einhergehen. Das Röntgenverfahren ist in allen Fällen 
diagnostisch heranzuziehen und von ausschlaggebender Be- 
deutung. 

An der Hand von Röntgenbildern wird auf die Häufigkeit von Asym- 
metrien des Thorax hingewiesen, die zum Teil durch die Inspektion nicht zu 


Kongress- und Vereinsberichte. 157 


erkennen sind. Solche Abnormitäten geben perkutorische, unter Umständen auch 
auskultatorische Befunde. 

Auch im klinischen Unterricht muss diesen Feststellungen Rechnung ge- 
tragen und das Röntgenverfahren seiner Bedeutung gemäss in den Vordergrund 
gestellt werden. 

= Besprechung: ; 

Moro vermisst unter den diagnostisch wichtigeu Methoden eine Erwähnung des 
Tuberkulins. In der Kinderpraxis ist die Tuberkulindiagnostik in der Form des 
Pirquet von grosser Bedeutung, wichtiger als das Röntgenverfahren, mit dem man bei 
Kindern, solange sich die Erkrankung auf die Bronchialdrüsen lokalisiert, nicht viel 
anfangen kann. M. sieht häufig Kinder in der Sprechstunde, die auf Grund eines 
röntgenologischen Befundes an den Hilusdrüsen für tuberkulös gehalten und entspre- 
chend behandelt werden, die er auf Grund des negativen Ausfalls der Tuberkulin- 
reaktion vor einer unnützen weiteren Behandlung bewahren kann. 

Büttner-Wobst bemerkt gegenüber Moro, dass die Tuberkulinreak- 
tionen beim Erwachsenen diagnostisch wenig Wert besitzen. Die Pirquet- 
sche Reaktion fällt fast stets positiv aus, auch wenn keine aktiven Erkrankungen vor- 
liegen. Dagegen hat B.-W. einige Fälle beobachtet, in denen die Tuberkulinreaktionen 
negativ blieben, trotzdem ein frischer Prozess in der Entwicklung war. 

Siebeck: Man darf gegenüber dem Röntgenverfahren die physikalischen Me- 
thoden im Unterricht nicht vernachlässigen. Die obligatorische Röntgenaufnahnie ist 
nicht unbedingt nötig, es genügt, wenn man die Fälle röntgenologisch untersucht, in 
denen die Diagnose noch nicht geklärt ist. 

Fraenkel geht auf die historische Entwicklung ein. Vor mehreren Jahrzebnten 
waren die Privatheilstätten mit Schwerkranken gefüllt. Damals erscholl der Ruf nach 
frühzeitigerer Diagnose. Heute ist man in den entgegengesetzten Febler gefallen; 
“ die Untersuchungsmethoden sind so verfeinert, dass sie an die Grenze des über- 
haupt Wahrnehmbaren herangehen; man diagnostiziert heute Tuberkulosen bei Gesunden. 
Ein grosser Fortschritt ist die Einführung der obligatorischen Röntgenuntersuchung in 
der Beobachtungsstatiion. Gerade dadurch, dass wahllos jeder verdächtige Fall mit 
Röntgenstrahlen untersucht wurde, sind wertvollste Aufschlüsse erhalten. Besonders ist 
der Ausschluss einer tuberkulösen Lungenerkrankung nur zu rechtfertigen, wenn man 
sich von dem negativen Befunde der Röntgenuntersuchung überzeugt hat. Das Tuber- 
kulin hat demgegenüber für die vorliegende Aufgabe so gut wie nichts geleistet, 


4. Sitzungen des Hamburger Ärztlichen Vereins vom 6. XI. 1917, 
20. XI. 1917 und 18. XII. 1917. 


(Ref. W. Schultz- Hamburg.) 


Kach bespricht einen Fall von Tuberkulose des Herzmuskels bei 
einer 34jährigen Frau, die wegen Herzklopfens und -stichen aufgenommen war. 
Vor vier Jahren hatte sie eine Lungen- und Rippenfellentzündung durchgemacht, 
seitdem bestanden Herzbeschwerden, vor allem Anfälle von Beklemmungen. Der 
klinische Befund war geringfügig: das Herz war etwas nach links verbreitert, 
die Töne rein, aber leise, die Aktion beschleunigt; der Blutdruck betrug 78,60 mm Hg 
nach Riva-Rocci, Wassermann war negativ. Diagnose: Myokarditis. Drei Tage 
nach der Krankenhausaufnahme waren die Beschwerden geschwunden, am vierten 
Tage trat der Exitus ein. Bei der Sektion stellte sich nun heraus, dass das Herz 
leicht vergrössert und beide Blätter des Perikards verdickt und miteinander ver- 
wachsen waren. Die Wand des rechten Vorhofs und Ventrikels war von einer 
Tumormasse durchsetzt, die in Form von bis walnussgrossen Knollen in das 
Lumen hervorragte. In geringer Weise war auch der linke Vorhof und Ven- 
trikel ergriffen. Makroskopisch dachte man an ein Sarkom des Herzmuskels, 
die mikroskopische Untersuchung ergab jedoch Tuberkalose mit Langhans- 
schen Riesenzellen und Epitheloidzellen. Tuberkelbazillen und Much’sche Gra- 
nula konnten nicht nachgewiesen werden. Da keine weiteren Herde bei der 
Autopsie festgestellt wurden, nimmt Vortr. eine primäre Herzmuskeltuberkulose 
mit sekundärer Perikarditis an. 


158 Kongress- und Vereinsberichte. 


In der zweiten Sitzung teilt Kafka die Krankengeschichte eines ge- 
heilten Falles von Meningitis tuberculosa mit. Im Liquor wurden keine 
Erreger gefunden, doch spricht das Vorhandensein eines tuberkulösen Herdes 
sowie das klinische Bild für die tuberkulöse Form. Im Verlauf des Falles wurden 
fünf Lumbalpunktionen vorgenommen, deren günstige Wirkung beobachtet wurde. 
Vortr. empfiehlt therapeutische Lumbalpunktionen sehr. 

In seinem Vortrage über „die Stellung der Radiotherapie unter 
den therapeutischen Methoden“ betont Hirsch die Bedeutung der 
Röntgentherapie bei der chronischen Lungentuberkulose. Sie ist genau so wichtig 
wie die Tuberkulin- und Pneumothoraxbehandlung sowie jede andere Therapie 
(? D. Ref.). Die Verhältnisse liegen bei der Lungentuberkulose insofern günstig, 
als dieselbe Dosis, die das Granulationsgewebe hemmt, gleichzeitig das Binde- 
gewebe fördert. 

In der Diskussion (dritte Sitzung) dieses Vortrags teilt Wichmann 
seine Erfahrungen über die Verwendung der Röntgenstrahlen in der Therapie der 
Tuberkulose mit. Die Röntgenstrahlen wirken nicht auf die Tuberkelbazillen und 
auf das tuberkulöse Substrat, sondern nur auf das Iymphatische Gewebe; daher 
erzielt man besonders bei Lymphomen und Lupus tumidus gute Erfolge. 
Auf dem Gebiet der Lungentnberkulose ist die stationäre und sich chronisch 
entwickelnde Phthise Gegenstand der Röntgenbehandlung geworden, doch 
hier ist der Wert der Röntgenstrahlen fraglich und nicht erwiesen, da diese 
Krankheitsprozesse an sich schon zur Schrumpfung neigen. 


5. Sitzungen des Hamburger Ärztlichen Vereins vom 5. und 19. II., 
und 5. III. 1918. 


(Ref. W. Schultz- Hamburg.) 


Querner bespricht einen Fall von generalisiertem tuberkulösem 
Granulom mit einem eigenartigen seit fast zwei Jahren bestehenden Fieber- 
typus. Der 33 jährige Patient war bereits 1905 und 1909 wegen tuberkulöser 
Hals- bzw. Inguinaldrüsen operiert worden. Er kam 1915 ins Feld und erkrankte 
im Herbst erneut an Drüsenschwellungen mit Fieber. Im November 1917 wurde 
er in das Barmbecker Krankenhaus aufgenommen. Befund: generalisierte Lymph- 
drüsenschwellungen, Katarrh der Hilusgegend; erhebliche Vergrösserung des Hilus 
und kleinfleckige Infiltrationen beider Lungenspitzen im Röntgenbild; keine Leuko- 
peuie, keine Kaohexie. Auf intensive Röntgenbestrahlung, verbunden mit Arsen- 
medikation, gingen die Drüsenschwellungen zurück und fiel die Temperatur zur 
Norm ab. 


Plate bringt die kasuistische Mitteilung zweier Fälle von Mittelhand- 
bzw. Mittelfusstuberkulose, die im hiesigen Klima mit natürlicher Sonnen- 
bestrahlung behandelt und wesentlich gebessert worden sind. 


Oehlecker spricht über Knochen- und Gelenktuberkulose: 

In der Ätiologie der Knochen- und Gelenktuberkulose spielt der Typus 
humanus die erste Rolle. Unter 34 Fällen wurden nur ein einziges Mal Rinder- 
tuberkelbazillen gefunden. Bei der Halsdrüsen- und der Mesenterialdrüsentuber- 
kulose der Kinder wurde ein höherer Prozentsatz mit Typus bovinus festgestellt 
(4 Fälle von 14 Halsdrüsentuberkulosen). In den Fällen mit dem Typus bumanus 
konnte familiäre Infektion nachgewiesen werden, während alle Patienten mit 
Rindertuberkelbazillen früher reichlich ungekochte Milch erhalten hatten. Der 
Infektionsweg bei der Knochentuberkulose im Kindesalter geht meistens über die 
Bronchialdrüsen. 

In diagnostischer Beziehung ist die v. Pirquet’sche Reaktion von 
geringer Bedeutung. Brauchbarer ist die Herdreaktion neben der Stich- und All- 
gemeinreaktion. Grossen Wert hat die Röntgenuntersuchung, doch gibt sie nicht 


Kongress- und Vereinsberichte. 159 


den Ausschlag und kann irreleiten. Das Wichtigste bleibt immer eine gute kli- 
nische Beobachtung. 

Bei der Behandlung der Knochen- und Gelenktuberkulose ist neben 
lokalen Massnahmen vor allem auf eine kräftigende Allgemeinbehand- 
lung zu achten. Die Anwendung der natürlichen Höhensonne (Bern- 
hard und Rollier) ist Allgemeinbehandlung. Der Strahlenreiz trifft die ganze 
Körperoberfläche und hat keine direkte lokale Wirkung. Dazu ist das Eindrin- 
gungsvermögen, besonders der ultravioletten Strahlen (1 mm), zu gering. Der 
Ansicht Rollier’s, dass die Hautpigmentierung von besonderer Bedeutung ist 
und dass die Fälle mit guter Pigmentbildung besonders günstig verlaufen, kann 
Oehlecker sich nicht anschliessen. Das Pigment soll nach Rollier die 
Strahlen zu biologisch wirksamen transformieren, nach Jesionek soll es in die 
Blutbahnen eindringen und den tuberkulösen Herd angreifen. Vortr. erhebt Ein- 
spruch gegen eine derartige Überschätzung der Heliotherapie. Neben der Höhen- 
sonne sind noch andere Faktoren des Höhenklimas an den unzweifelhaften Er- 
folgen Rollier’s beteiligt. Glücklicherweise sind diese Erfolge aber nicht an 
das Höhenklima gebunden, sondern werden überall da erzielt, wo die Allgemein- 
behandlung auf der Höhe ist (Nordheimstiftung in Sahlenburg, Berck an der 
Kanalktste). 

In unserem Tieflandklima müssen wir die Sonnenbestrahlung, ver- 
bunden mit der Freiluftkur, nach Möglichkeit ausnutzen. Es müssen für 
diesen Zweck besondere Pavillons errichtet werden mit freien Sonnenliegeballen, 
welche mit Glaswänden, die ultraviolettes Licht durchlassen, gegen Wind geschützt 
sind und die bei ungünstigem Wetter leicht in künstliche Sonnenlauben umge- 
wandelt werden können. 

Diese Freilicht- und -luftbehandlung ist wirksam zu unterstützen mit 
künstlichen Lichtquellen. Siemens’ Aureollampe mit Glasglocke und 
eine noch wenig erprobte Metallfadenlampe (Sonnenbad oder Spektrosollampe 
nach Christen) kommen dem Sonnenspektrum am nächsten. Das Quecksilber- 
Quarzlicht verdient am wenigsten den Namen „künstliche Höhensonne“. 

Neben der gründlichen Allgemeinbehandlung ist die dauernde ortho- 
pädisch-chirurgische Überwachung des Leidens unentbehrlich. Absolute 
Ruhigstellung und Gipsverbände sind erforderlich. Falls die Herde gut angreif- 
bar sind und das Gelenk gefährden, werden sie am besten operiert. Grössere 
Operationen kommen nur noch selten vor. Die Bier'sche Stauung, die immer 
mit zuviel Bewegung verbunden ist, hat an Bedeutung verloren. 

Die Röntgenstrahlen, die viel tiefer in den Krankheitsherd einzudringen 
vermögen als die ultravioletten Strahlen, können vielleicht die Heilung unter- 
stützen. Vortr. hat freilich keine Erfolge davon gesehen. 

Spezifische Kuren sind ratsam, es dürfeu aber keine Herdreaktionen 
eintreten. Die Ansicht von Deycke und Much, nach welcher bei den Knochen- 
tuberkulosen mehr Fett- und Neutralfettantikörper vorhanden sind, kann Voıtr. 
nicht bestätigen. 

Der Krieg hat erst im letzten Jahre einen erkennbaren Einfluss auf dem 
Gebiet der Knochen- und Gelenktuberkulose ausgeübt. Es kamen eine Reihe 
schwerer Fälle, verbunden mit Lungentuberkuluse, aus dem Felde zurück. Bei 
der Zivılbevölkerung traten öfter schwere Fälle, seltene Lokalisationen, Ver- 
schlimmerungen und Rezidive ein. Diese Erscheinungen beweisen, allerdings auf 
negativem Wege, den grossen Wert der Allgemeinbehandlung. 


Diskussion: 

Wichmann: Die Knochentuberkulose wird vom Typus humanus oder vom 
Typus bovinus hervorgerufen je nach der Pathogenese. Die Erfolge der konservativen 
Behandlung sind abhängig von der Antikörperproduktion. Das Tuberkulin schafft nur 
Tuberkulinantikörper und keine Tuberkuloseantikörper. Es hat in den aller- 
seltensten Fällen Einfluss auf die Heilung. Am wirksamsten erweisen: sich die Ponn- 


160 Mitteilungen. 


dorf’schen Impfungen, die schon vor vielen Jahren durch Münch- Frankfurt a. M. 
in die Therapie eingeführt worden sind. Die Behandlung mit Partial-Antigenen nach 
Deycke-Much leidet ebenfalls an dem Fehler, dass durch sie keine Tuberkulose- 
antikörper entstehen, Die künstlichen Lichtquellen können niemals die natürliche 
Sonne ersetzen. Die Radium- und Mesothoriumtherapie ist bei zirkumskripten Herden 
mit Fisteln aussichtsvoll. Die chirurgischen Methoden sind ein sehr wesentlicher 
Faktor der Bebandlung. 

Römer: Die spezifische Therapie ist vor allem imstande, den Allgemeinzustand 
der Kranken zu heben. Die Partigenthberapie ist allen anderen spezifischen Methoden 
vorzuziehen. 

Grüneberg betont den Wert der konservativen Behandlung, die durch das 
Sonnenlicht wirksam unterstützt wird. Die orthopädische Behandlung kommt nur für 
die Spondylitis in Betracht. 


I. Mitteilungen. 


Lehrgang in der Tuberkulosefürsorge in Berlin. 


Die Kommission für den Ausbau des Auskunfts- und Fürsorgestellenwesens 
veraustalıet vom 1. bis 29. Juni einen zweiten, diesmal vierwöchigen Lehrgang 
für etwa 30—40 Teilnehmerinnen zur Ausbildung in der Tuberkulosefürsurge. 
Zur Teilnahme werden zugelassen staatlich geprüfte Krankenpflegerinnen — auch 
Hilfsschwestern vom Roten Kreuz — Säuglings-, Wohnungs- und Fabrikpflegerinnen, 
Mitglieder der Vaterländischen Frauen -Vereine vom Roten Kreuz und andere 
Damen, die ihrer Vorbildung nach zur Betätigung in der sozialen Fürsorge ge- 
eignet sind. Der Unterricht findet im Gebäude der Landesversicherungsanstalt 
Berlin, Am Köllnischen Park 3, statt. Für Unterkunft und Verpflegung haben 
die Teilnehmerinnen selbst zu sorgen. 

Anmeldungen sind bis zum 22. Mai an die Geschäftsstelle des Tuberkulose- 
Zentral-Komitees, Berlin, Linkstrasse 29 zu richten. Mit der Zulassung wird von 
dort der Arbeitsplan versandt werden. 


Die diesjährige Ausschuss-Sitzung des Deutschen Zentral-Komitees 
zur Bekämpfung der Tuberkulose findet Sonnabend, den 15. Juni um 10 Uhr 
vorm., die Generalversammlung am gleichen Tage, 4 Uhr nachm., im Reichs- 
tagsgebäude statt. Auf der Tagesordnung der Ausschuss-Sitzung stehen Vorträge 
über chirurgische und Kehlkopftuberkulose (Ref. Bier-Berlin, Friedrich und 
Hansen-kiel). In der Generalversammlung wird die Frage der Zusammenarbeit 
der Tuberkulosefürsorge mit den anderen Zweigen der Lesundheitspflege (Ref. 
Berger-Crefeld und Gottstein-Charlottenburg) als Hauptgegenstand behandelt 
werden. 

Im Anschluss an diese Sitzungen ist eine Versammlung der Heil- 
stättenärzte geplant. Der Vorstand ihrer Vereinigung wird darüber noch 
Näheres mitteilen. 


Berichtigung. 


In der Überschrift des Referates 111 Heft 3 Seite 67 d. Jahrg. muss es 
heissen anstatt Kindes „Rindes*, ebenso in der ersten Zeile anstatt Kinder- 
lungen „Rinderlungen‘“. 























Um Einsendung von Monograp hien und Büchern an den Redakteur Dr. G.Schröder 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher: Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 
Hamburg. 


herausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


0. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 
Klinik. 








Redaktion: 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt für Lungenkranke 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. 





12. Jahre. 


Curt 


i 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 


für Lungenkranke Schömberg, 
Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 


Verlag: 
Kabitzsch, 


Leipzig, 


Dörrienstr. 16. 


Ausgegeben am 30. Juni 1918. 








Altstaedt 173. 
Bartel, J. 162. 
Cobbett, L. 182. 
Codet, H. 171. 
Csabay, G. 180. 
Cursehmann 174. 
Czerny, A. 171. 
Feldt 177. 
Fleury, M. 181. 
Frólich 167. 
Gáli, G. 172. 
Gjessing, H. 175. 
Goepel, R. 177. 


Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 
:Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 


Grau 170. 
Hainiss, G. 172. 
Hansen 179 

v. Hayek 176. 

ı Hermann 171. 
iv. Hoesslin 175. 
Hollös, J. 176. 





Holmboe, W. 181. 


Jessen, F. 177. 
: Kaiser, M. 180. 
Köhler, F. 183. 





Kraomer, C. 171. 


Kovaesics, A. 180. 


| Kutschera; A. 168. 
Kwasek 172. 

Lenneberg, R. 167. 
Levy-Lenz 170. 

: v. Linden 179. 

Loeper, M. 171. 








| Metousek 171. 

ı Müller 173, 182, 
Nobeeonrt 165. 
Nuttall, Th. E. 181. 
Orth, J. 164. 
Pekanovich, St. 131. 


l.öwenstein-Brill 166. 





| l’etersen, V. 176. 
Peyre 165. 

Piper, F. 167. 
Raudnitz, R. W. 174. 
: Reiche 163. 
Rodenacker 174 
Schlötz, C,. 164. 
Schmidt, R. 174. 

' sStähelin, R. 170. 
Tanere 172, 

Tbun 178. 

| Weinberg, F. 168. 


Goldschbeider 171. : Kraus 163, 171. 





| Wiesenack, H. 175. 


I. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. | 


302. Bartel, Beitrag zur Frage nach den 
Beziehungen von Körperkonstitution und Tuber- 
kulose. — 303. Reiche, Hereditäre Belastung 
bei Lungenschwindsucht. — 304. Kraus, Kon- 
stitutionelle Schwäche des Herzens. — 305. 
Scehlötz, Wachstum und Krankheit. — 3U6. 
Orth, Zur Nomenklatur der Tuberkulose. — 
37.Nob6scourtetPeyre, Quelques formes 
eliniques de tuberculeuse observées chez les 
soldats du front. — 308. Löwenstein, 
Obduktionsbefunde bei tuberkulinbehandelten 
Kindern. — 309. Weinberg, Lymphogranu- 
loma tuberculosum. — 310. Lenneberg, 
Ausfall der kutanen und intrakutanen Tuber- 
kulinreaktion beim Seharlach. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


3ıl. Frölich, Tuberkulose-Infektion des 
Kindesalters. — 312. Piper, Einfluss äusserer 
Lebensbedingungen auf die Verbreitung der 
Tuberkulose, auf Grund von Erfahrungen in 
einem Sammellazarett für tuberkulöse Kriegs- 
gefangene. — 313. Kutschera, Ursachen der 
Verminderung der Tuberkulose-Sterblichkeit. 


e) Diagnose und. Prognose. 


314. Grau, Frühdiagnose der Lungen- 
tuberkulose. — 315. Lenz, Exakte Diagnose 
der beginnenden Lungentubeikulose. — 316. 
Stähelin, Röntgenuntersuchung der Lungen- 
tuberkulose. — 317. Loeper et Codet, Signe 
du trapeze dans la tubereulose pleuro-pulmo- 
naire. -- 318. Metousek, Diagnose der Mi- 
liartuberkulose. — 319. Hermann, Beiträge 
zur differentialen Verwertung der kutanen 
Tuberkulinreaktion. — 320. Kraemer, Dosie- 
rung diagnostischer Tuberkulineinspritzungen, 
— 321. Goldscheider, Diagnose der Lungen- 
tuberkulose. — Kraus, Prognosenstellung bei 
der Lungentuberkulose. — Czerny, Diagnose 
und Prognose der kindlichen Lungentuberku- 
lose. 


d) Therapie. 


322. 323. Hainiss, Kwasek u. Tancré, 
Partigenbebandlung der Tuberkulose nach 
Deycke-Much. — 324. Géza Gáli, Prognosti- 
stisches und Therapeutisches. Wert der Kutan- 
impfungen mit Alttuberkulin und Partialanti- 
gonen nach Deycke-Much. — 325. Altstaedt, 
Behandlung von Nieren- und Peritonealtuber- 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulone-Forschung. 12. 11 


162 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


kulose durch aktive Immunisierung nach 
Deycke-Much. — 326. Müller, Behandlung 
der Lungentuberkulose mit isolierten Partial- 
antigenen und mit dem Partialantigengemisch 
M.Tb.R. — 327. Curschmann, Tuberkulose- 
Behandlung mit Nastin-Chinolinphosphat. — 
328. Rodenacker, Beitrag zum Heilwert 
des Tuberkulins.. — 329. 330. R. Schmidt, 
Raudnitz, Tuberkulintherapie und Tuberku- 
lindiagnostik. — 331. v. Hoesslin, Tuber- 
kulin in der Praxis des Arztes. — 332. Wie- 
senack, Therapeutische Versuche mit Tuber- 
kulinkuren bei Psychosen, — 333. Gjessing, 
Tuberkulose des Auges und die Tuberkulin- 
bebandlung. — 334. v. Hayek, Erfahrungen 
mit Tuberkulomuzin (Weleminsky). — 335. 
Hollos, Immunkörperbehandlung der infantilen 
Tuberkulose als Mittel zur Bekämpfung der 
Tuberkulose. — 836. Petersen, Immunität 
bei Tuberkulose. — 337. Jessen, Behandlung 
der Lungenschwindsucht. — 338. Feldt. Die 
spezifische Behandlung ansteckender Krank- 
heiten, insbesondere der Tuberkulose. — 339. 
340. Goepe i ‚ Thun, Vierjăbrige Erfahrun- 


gen mit dem Friedmann’schen Tuberkulose- 
mittel. — 341. 8342. Hansen, v. Linden, 
Kupferbehandlung der Tuberkulose. 


e) Prophylaxe. 


343. Kaiser, Zur Sputumdesinfektion. — 
34. Kovacsics, Tuberkulose und Wohnung. 


: — 8345. Csabay, Isolierung Lungenschwind- 


süchtiger in der Familie. 


T) Heilstättenwesen, Fürsorxeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäurer und -Heime. 


346. Fleury, Traitement économique des. 
tubereuleux dans les hopitaux temporaires. — 
347. Pekanovich, Spezialbeilanstalt des 
ungarischen Kriegsfürsorgeamtes in Skervar. 
— 348, Holmboe, Jahresbericht des Sana- 
toriums Mesnalien für das Jahr 1917. 


g) Allgemeines. 

349. Nuttall, The fature of the anti- 
tuberculosis campaign. — 350. Cobbett, 
Tuberculosis and the war: Prevention is better 
than cure. 


II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


6. Müller, Die Grundgesetze der Partial- 
reaktivität beim tuberkulösen Menschen. — 


7. F. Köhler, „Ergebnisse der Tuberkulose- 
forschung“, Heft 7, 1917. 


III. Kongress- und Vereinsberichte. 
6. Stzungen des Hamburger Ärztlichen Vereins vom 2. IV. und 30. IV. 1918. 


IV. Mitteilung. 


I. Referate. 





a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


302. J. Bartel, Ein Beitrag zur Frage nach den Beziehungen 
von Körperkonstitution und Tuberkulose. Tuberculosis 1917 


H. 4. 


B., der die Bedeutung der Konstitution bei der Entstehung der Tu- 


berkulose, namentlich den Lymphatismus und überhaupt die Rolle der 
Drüsen mehrfach in wertvollen Arbeiten betont, auch auf das Gesetz von 
Kombination und Ausschliessung der verschiedenen Erkrankungen im 
Sinne der Lelire Rokitansky’s hingewiesen hat, bringt in der vor- 
liegenden Arbeit eine Statistik von Fällen mit offenem Foramen ovale, 
die zu erweisen scheint, dass bei ihnen das Bild der Tuberkulose gewisse 
nicht zu verkennende Züge aufweist, die vom allgemeinen Verhalten der 
Tuberkulose deutlich verschieden sind. Namentlich tritt bei der chroni- 
schen Lungentuberkulose eine ausgesprochene Neigung zur schwieligen 
Abheilung hervor, ferner überhaupt besondere Form und besonderer Sitz 
sonstiger Tuberkulose. Es ist erfreulich, dass ein Gebiet wieder mehr 
anerkannt und bearbeitet wird, das infolge eines übertriebenen, oberfläch- 
lichen Infektionismus lange ganz vernachlässigt war, obwohl seine Be- 
deutung wahrscheinlich weit grösser und wichtiger ist als die Infektion, 
edenfalls aber für die wissenschaftliche Erkenntnis unentbehrlich. 
Meissen, Essen. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 163 


303. Reiche, Zum Kapitel der hereditären Belastung bei Lungen- 
schwindsucht. Med. Klin. 1918 Nr. 1. 


Verf. vertritt im Gegensatz zu Weinberg und Thiele die Ansicht, 
dass bei sicherer Lungenschwindsucht der Eltern eine konstitutionelle 
Unterwertigkeit gegenüber der Tuberkulose, eine mangelnde Resistenz gegen 
ihr Vorschreiten unter den Nachkommen nicht häufiger angetroffen wird : 
als unter den Kindern gesunder Eltern. Die fraglos viel zahlreicheren 
Erkrankungen der elterlich Belasteten sind durch die erhöhte Ansteckungs- 
möglichkeit in der Familie bedingt. Die allgemein disponierenden, die 
individuelle Anlage zur Tuberkulose schaffenden Bedingungen, als welche 
anatomische, physiologische, histologische, hämatologische und serologische 
Besonderheiten anzusprechen sind, sind unbeeinflusst und unbegünstigt 
von der Tatsache, dass eine Tuberkulose bei den Eltern zum manifesten 
Ausbruche gekommen war. Rehs, Davos. 


304. F. Kraus, Über konstitutionelle Schwäche des Herzens. 

D. m. W. 1917 Nr. 37. 

Bei der Bedeutung, die konstitutionelle Minderwertigkeiten für die 
Entstehung und den Verlauf tuberkulöser Leiden haben, wollen wir etwas 
näher auf die lehrreiche Arbeit von Kraus eingehen. Bei ihrem Durch- 
lesen werden wir ja eofort an die Lehre Brehmer’s von der Bedeutung 
des kleinen Herzens und der Hypoplasie der Gefässe für die Entstehung 
und den Verlauf der Lungentuberkulose erinnert. Eigenartigerweise er- 
wähnt der Verf. in seiner historischen Einleitung Brehmer überhaupt 
nicht, obwohl dessen ganze Lebensarbeit sich auf der Lehre von ‘der 
konstitutionellen Schwäche des Herzens aufbaut. Nach eingehenden ana- 
tomischen und diagnostischen Betrachtungen zu der vorliegenden Frage 
unter besonderer Würdigung der Bedeutung des Röntgenverfahrens für 
die Erkennung der Herzgrösse bekennt sich der Verf. zu der Ansicht, 
dass es hauptsächlich „kümmernde“ Hochwüchsige sind, bei denen kon- 
stitutionelle Herzschwäche angetroflen wird. Es finden sich bei ihnen 
anormale Verhältnisse in der Entwicklung des knöchernen Thorax (der 
Thoraxform\ im Verhältnis zur Ausbildung «des übrigen Organismus. Es 
tritt eine Verkürzung des sekundären Thorax mit allen ihren Folgen für 
die in ihm liegenden Eingeweide ein. Es ist nun "nicht gesagt, dass 
Hochwüchsige immer eine konstitutionelle Herzschwäche, bedingt durch 
Hypoplasie des Herzens und der grossen Gefässe, zu haben brauchen. 
Sie können auch normale Verhältnisse dieser Organe zeigen, wie sie aller- 
dings viel häufiger die gedrungene Wuchsform aufweist. Wohl aber findet 
sich unı so leichter ein Tropfenherz, je mehr der Hochwüchsige kümmert. 
Diese Merkmale des „Kümmerns“ sind nach Kraus in erster Linie 
folgende: „Stärkere kyphotische Krümmung der Wirbelsäule im Dorsal- 
abschnitt mit oder ohne Lendenlordose, starke Rippenneigung nach vorn, 
starke Einschnürung des knöchernen Thorax in der Mitte, besondere Enge 
der Rippeninterstitien in dieser Gegend, inspiratorisches Breiterwerden der 
Interstitien ober- und unterhalb dieser Thoraxpartie, besonders manifest 
bei schräger und-Frontaldurchleuchtung, abnormes Nahestehen von Rippen- 
bogen und Crista ilei, starkes Vorspringen der Rippenwirbel nach hinten, 
Hervortreten der Skapula, Verengerung der oberen Thoraxapertur, Aus- 
bleiben der zweiten Hueter’schen Thoraxwachstumsperiode, persistierendes 


11* 


164 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Tropfenherz, Kleinheit des oberen Bauchhöhlenraumes, allgemeine Muskel- 
schwäche, gewisse vegetativ-nervöse und psychische Stigmata“. Es be- 
stehen Beziehungen zwischen extremem Hochwuchs und der Funktion der 
endokrinen Drüsen, welche eingehender zu erforschen lohnende Aufgaben 
der Zukunft sind. Schröder, Schömberg. 


305. Carl Schlötz, Wachstum und Krankheit. Schulhygienische 
Studien. Zschr. f. Kinderhlk. 13. 19/6 H. 6. 

Verf. hat an einer grösseren Anzahl von Schulkindern Körpermessungen 
vorgenommen und weist nach, dass das Wachstum krankheitsdisponierend 
wirkt. Er legt seinen Betrachtungen das Verhältnis zwischen dem Wachs- 
tum einerseits und dem endemischen Kropf, der Tuberkulose, der 
orthotischen Albuminurie, der Schulanämie, den Herzanomalien und or- 
ganischen Herzkrankheiten, dem Veitstanz, dem Kopfschmerz und der 
„generellen Kränklichkeit“ der Schuljahre andererseits zugrunde. Die 
krankheitsdisponierende Wirkung des Wachstums wird am besten durch 
eine gute Hygiene bekämpft. Die ausführliche Arbeit ist im Original 
nachzulesen. | W. Schultz, Hamburg. 


306. J. Orth, Zur Nomenklatur der Tuberkulose. Silzungsber. 
d. Kgl. Preuss. Akad. d. Wissensch. v. 8. XI. 1917. 

Gegen den Namen Lungentuberkulose wurden von jeher gewichtige 
Einwände erhoben. Das Wort hat ursprünglich einen morphologischen 
Sinn, streng genommen dürfte man damit nur die Formen der Lungen- 
schwindsucht bezeichnen, die mit Knötchenbildung einhergehen. Laënnec 
glaubte auch in der Tat, dass das verkäste tuberkulöse Gewebe stets aus 
tuberkulösen Wucherungen entstände. Wie zuerst Virchow und dann 
besonders Orth zeigte, ist diese Annahme nicht richtig; exsudative Pro- 
zesse, bei denen knötchenförmige tuberkulöse Wucherungen niemals auf- 
treten, spielen bei der Lungenphthise vielmehr eine grosse Rolle. Anderer- 
seits kommt Knötchenbildung auch bei anderen Krankheiten vor, z. B. bei 
der Syphilis, der Lepra. 

Orth hat deshalb 1881 vorgeschlagen, die Bezeichnung Tuberkulose 
überhaupt fallen zu lassen. Da man damals enge Beziehungen zwischen 
Tuberkulose und Skrofulose annahm, schlug er die Namen Skrofulose 
für die Krankheit und Skrophulom für ibr Produkt vor. Besser wäre 
vielleicht skrophulöses Granulom. 

Kurze Zeit später fand R. Koch den Erreger der Krankheit, und 
nannte ihn, dem üblichen Gebrauch folgend, Tuberkelbazillus. Dieser 
Name ist, wie Virchow mit Recht hervorhob, kein botanischer, sondern 
ein nosologischer. 

Beide Bezeichnungen, sowohl die der Krankheit als auch die des 
Erregers haben sich inzwischen derart eingebürgert, dass es vergeblich 
sein wird, gegen sie vorzugehen. Zudem sind die Namen für viele andere 
Erkrankungen und deren Erreger in gleichem Masse angreifbar. Man 
spricht von Diphtherie bei Affektionen, die mit einer „Hautbildung“ nichts 
zu tAn haben, man bezeichnet mit dem Wort Zirrhose, das ursprünglich 
mit Gelbfärbung einhergehende Leberveränderungen bedeutet, Schrumpfung 
mit Bindegewebswucherung, in den verschiedensten Organen, man kennt 
Scharlach „ohne Exanthem“. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 165 


Auch der Vorschlag Aschoff£’s, das Wort Tuberkulose durch Phthise 
zu ersetzen und den Erreger als Bacillus phthisicus zu bezeichnen, ist 
abzulehnen. Auch mit dem Worte Schwindsucht kann man sinngemäss 
nur gewisse Formen der Krankheit bezeichnen, es passt weder für die 
Miliartuberkulose, noch für hyperplastische Drüsenerkrankungen. Die 
ulzeröse Phthise kommt zudem nicht lediglich durch den Tuberkelbazillus 
zustande, sondern unter Mitwirkung anderer Bakterien. Die Bezeichnung 
dieser Formen als Tuberkulose lässt sich rechtfertigen, nicht aber umge- ` 
kehrt die Benennung rein tuberkulöser Veränderungen als phthisisch. 

Man hat bei der Tuberkulose streng zu trennen zwischen den exsu- 
dativ entzündlichen Veränderungen und den produktiven Granulations- 
wucherungen. Nur die ersteren sind als Entzündungen zu bezeichnen. 
Für Prozesse der zweiten Form sind Namen wie Lymphadenitis, Bron- 
chitis, Peribronchitis zu verwerfen, sie sind als Bronchial-Peribronchial- 
Gefässgranulome oder als bronchiale, peribronchiale, interstitielle Tuberku- 
lose zu bezeichnen. 

Orth unterscheidet also die Bronchitis caseosa von der bronchialen 
Tuberkulose, die käsige Pneumonie von der parenchymatösen Tuberkulose 
oder der parenchymatösen tuberkulösen Granulombildung. 

Immer wird bei Erörterung der Nomenklatur auf die anatomische 
Natur und Genese der Prozesse zurückgegriffen. Die Arbeit gibt daher 
wesentlich mehr, als ihr Titel besagt, sie gibt einen kurzen Überblick 
über die heutige Auffassung der tuberkulösen Veränderungen. 

Hermann Tachau, Heidelberg. 


307”. Nobécourt et Peyre, Sur quelques formes cliniques de 
tuberculeuse observées chez les soldats du front. La Presse 
médicale 1917 Nr. 25. 

Unter einer grösseren Zahl innerhalb eines Zeitraumes von 16 Mo- 
naten unter verschiedenen Diagnosen eingelieferter Soldaten mit akuten 
Erkrankungen beobachteten Verff. 2,5°/o tuberkulöse Manifestationen. Die 
Fälle verteilten sich ungleichmässig auf die verschiedenen Jahreszeiten 
und betrafen zum grössten Teil das 20.—30. Lebensjahr. In einem 
Viertel der Fälle liess die Anamnese eine mehr oder weniger weit zurück- 
liegende Infektion annehmen. Zu 55°/o waren die Lungen ergriften, zu 
25°/o die Pleuren, zu 10°/o das Peritoneum; sehr selten betraf die Er- 
krankung die Meningen, den Larynx, die Drüsen und Knochen. Multiple 
Prozesse bestanden in einem Drittel der Fälle. Als prädominierendes 
Symptom fand sich Fieber, das oft in seinem Verlauf und Dauer an 
Typhus oder Paratyphus erinnerte. Mitunter bestanden letztere gleich- 
zeitig und wurden durch Blutkulturen entweder bestätigt oder ausge- 
schlossen. Selten nur war das Sputum bazillenhaltig, woraus sich nach 
den Verff. das häufige Verkennen: der Tuberkulose erklären dürfte. Das 
Pleuraexsudat war bis auf einen Fall, in dem es hämorrhagisch war, 
serofibrinös und Iymphozytenreich. Peritonitis ging stets mit Pleuritis 
einher. Von allen Fällen starben 3,6°/o an tuberkulöser Meningitis oder 
Miliartuberkulose; 59°;/o wurden wegen fortschreitender Tuberkulose in 
die Heimat verbracht; 34°/o konnten klinisch als geheilt betrachtet werden, 
und wurden mit einem Erholungsurlaub entlassen. 

Kautz, Hamburg. 


166 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


308. Wilhelmine Löwenstein-Brill, Obduktionsbefunde bei 
tuberkulinbehandelten Kindern. Zschr. f. Kinderhlk. 16. 1917 
H. 3/4. 

Kasuistische Wiedergabe der Krankengeschichten und Sektionsproto- 
kolle von drei tuberkulinbehandelten Kindern. In zwei Fällen war tuber- 
kulöse Meningitis, im dritten Falle akute eitrige Peritonitis die Todesur- 
sache. Es gelingt also nicht, mit Tuberkulin eine Immunität gegen miliare 
Aussaat von Tuberkelbazilien zu erzielen und das Entstehen von Tuberkel- 
knötchen zu verhindern, auch wenn das Tuberkulin in sehr grossen Dosen 
reaktionslos vertragen wird. Als Ergebnis der Tuberkulintherapie wurden 
aber intensive Heilungsvorgänge bezw. völlige Heilung an 
tuberkulösen Herden der verschiedensten Art und Lokalisation festgestellt, 
wie sie in so hohem Masse bei nicht spezifisch behandelten Fällen kaum 
vorkommen. Auch in Organen, die nicht zu bindegewebiger Proliferation 
neigen, waren narbige Veränderungen der Herde und deutliche 
Bindegewebsbildung in deren Umgebung nachzuweisen. 

W. Schultz, Hamburg. 


309. F. Weinberg, Lymphogranuloma tuberculosum. Habili- 
tationsschrift. Rostock 1917. 

Die Arbeit umfasst 12 Fälle, voop denen 10 in der Rostocker Medi- 
zinischen Klinik beobachtet sind. Es wird Wert auf genaue klinische 
Darstellung gelegt, und auf Grund derselben versucht, aus der Sympto- 
‚matologie die Diagnose der Lymphogranulomatosis aufzubauen. — Das 
erste Symptom, das uns den Gedanken an eine Pseudolenkämie nahelegt, 
sind die Drüsenschwellungen, die beim Lymphogranulom besonders im 
hinteren Halsdreieck auftreten, aber auch alle anderen Gegenden befallen 
können. Probeexzision und mikroskopische Untersuchung einer Drüse 
sichert die Diagnose — Die Milz ist auch klinisch meist vergrössert, 
wenngleich sie nur selten in den Vordergrund tritt, meist besteht auch 
eine Vergrösserung der Leber. — In 7 Fällen fand sich starker Pruritus; 
charakteristisch ist die von braun ins olive spielende Verfärbung der 
Haut. — Ein wichtiges Symptom ist das Fieber, das den Eindruck einer 
Infektionskrankheit, eines Rückfallfiebers aufkommen liess; kontinuierliches, 
remittierendes und intermittierendes Fieber kommt vor. — Wiederholt war 
die Diazoreaktion positiv, in einem Falle fand sich eine Urobilinreaktion, 
in einem Falle Eiweiss. — Aus dem Blutbefunde allein kann eine sichere 
Diagnose nicht gestellt werden. Das volle Blutbild zeigt nur geringgradige 
Änderungen. Oft besteht Leukozytose, meist mit Vermehrung der poly- 
morphkernigen. — Auffallend sind häufige profuse Schweissausbrüche. — 
Das Alter der Patienten schwankte zwischen 61/2 und 76 Jahren, sieben 
Patienten waren zwischen 23 und 37 Jahre alt. — Ein Fall dauerte 5 !/a 
Jahre, sonst war der Verlauf meist ein rascher, oft rapider. 

Der pathologisch-anatomische Befund ist sehr charakteristisch. Be- 
sonders typisch ist die Milz durch ihre grauweissen Einsprenkelungen. 
Daneben sind meist die Leber, Lunge, Knochenmark, gelegentlich jede 
Organ befallen. Mikroskopisch findet man in diesen Herden polymorphes 
Granulationsgewebe, grosse Zellen mit eigenartigem Kern, daneben Riesen- 
zellen, die manchmal Langhans’schen Typus zeigen. 

Seit Sternberg steht die Frage der tuberkulösen Ätiologie der 
Lymphogpanulomatose zur Diskussion. Weinberg hat zur Klärung der- 


Ätiologie und Verbreitung. 167 


selben Drüsengewebe an Tiere verimpft und hat den Nachweis von 
Much’schen Granula und von Tuberkelbazillen im Schnitt und Anti- 
forminpräparat versucht. Von 7 untersuchten Fällen war die Tierimpfung 
in 6 Fällen positiv. Die entstandenen Veränderungen entsprachen zum 
Teil der Lymphogranulomatose, zum Teil waren sie echt tuberkulöser 
Natur. Oft gelang der Nachweis Much’scher Granula, in anderen Fällen 
auch der echter Tuberkelbazillen, Typus humanus, in den Organverände- 
rungen der geimpften Tiere. Wurde Material, in dem nur der Nachweis 
von Granulis gelungen war, weiter verimpft, so entstanden echte tuberku- 
löse Veränderungen. 
Weinberg fasst das Lymphogranulom auf Grund seiner Tierver- 
suche als eine besondere Form der Tuberkulose auf, hervorgerufen durch 
den Tuberkelbazillus, der aber auf bestimmte Art verändert, nämlich ab- 
gesehwächt sein muss. Herm. Tachau, Heidelberg. 


310. Robert Lenneberg, Über den Ausfall der kutanen und 
intrakutanen Tuberkulinreaktion beim Scharlach. Arch. f. 
Kinderhlk. 65. 1916 H. 5/6. 

Während der ersten Krankheitstage findet beim Scharlach eine Herab- 
setzung der Reaktionsfähigkeit der .Haut gegen Tuberkulin statt. Die 
Reaktionsfähigkeit ist nur herabgesetzt und nicht etwa ganz aufgehoben, 
denn bei Impfungen mit stärkeren Dosen erreicht man in einer grossen 
Zahl von Fällen auch während der ersten Tage bereits eine Reaktion. 
Die Reaktion kehrt wieder zwischen dem 5.—10. Krankheitstage. 

W. Schultz, Hamburg. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


311. Theodor Froölich, Die Tuberkulose-Infektion des Kindes- 

alters. Norsk Magazin for Legevidenskaben 1918 Nr. 3. 

Am 5. Mai 1916 kommt ein Kindermädchen in eine Familie. Seit 
20. Mai teilt sie ein Zimmer mit einer 3!/a Jahre alten Tochter der 
Familie. 19. Juli wird Tbc. pulm. bei dem Kindermädchen konstatiert. 
7. Juli — 9 Wochen nach dem Kommen des Mädchens — fing das Kind 
zu kränkeln an. Die Kutanreaktion war positiv. Subfebrilia ohne patho- 
logische Physikalia. Seit 30. Juli gesund. Eine 1!/sjährige Schwester 
der Patientin wurde von demselben Kindermädchen gewartet, ohne das 
Zimmer mit ihm zu teilen. 30. Juli — 12 Wochen nach dem Kommen 
des Mädchens — erkrankte auch dieses Kind mit Subfebrilia. Appetit- 
mangel etc. 8. August war die Kutanreaktion, die früher negativ war, 
positiv geworden. Auch dieses Kind erholte sich nach einigen Wochen. 

Diese 2 Fälle sprechen dafür, dass wir unsere Kinder gegen tuber- 
kulöse Infektion gut schützen müssen. Birger-Overland. 


312. F. Piper, Über den Einfluss äusserer Lebensbedingungen 
auf die Verbreitung der Tuberkulose, auf Grund von Ere 
fahrungen in einem Sammellazarett für tuberkulöse Kriegs- 
gefangene. Diss. Breslau 1918. 

Statistische Erhebungen über die Verbreitung der Tuberkulose in 

Russland an 4678 lungenkranken russischen Gefangenen führten zu 

folgendem Ergebnis: | 


168 Ätiologie und Verbreitung. 


1. Das Lebensalter zwischen 20 und 30 Jahren stellt den grössten 
Anteil der Erkrankungsziffer. 

2. Die ländliche Bevölkerung wird in Russland stärker von der 
Tuberkulose heimgesucht als die städtische, was seine Erklärung einmal 
in dem Überwiegen des Landes gegenüber den Städten hat und zweitens 
durch die traurigen hygienischen Verhältnisse auf dem Lande in Russland 
begründet ist. 

3. Die Bewohner der nördlichen Gebiete Russlands, besonders aber 
die des asiatischen Russlands, zeigen eine geringe Disposition für die Er- 
krankung an Tuberkulose. Dagegen sind die Bewohner Süd-Russlands 
bedeutend empfänglicher. 

4. Über ein Viertel der an Tuberkulose Erkrankten hatte vorher, 
meist kurz vor dem Kriege oder während desselben, schwere, schwächende 
Krankheiten durchgemacht, so dass sie besonders für die Tuberkulose 
disponiert waren. Klare, Scheidegg. 


313. Ad. Kutschera, Ursachen der Verminderung der Tuberku- 

lose-Sterblichkeit. Tuberculosis 1917 H. 1—3. 

Ein wertvoller Beitrag zur Beurteilung der Ursachen der Verminde- 
rung der Tuberkulose-Sterblichkeit, erläutert durch lehrreiche statistische 
Kurven über die Verhältnisse besonders in den verschiedenen Gebieten 
Deutschlands und Österreichs. Die Arbeit hat den Vorzug, dass sie 
nüchtern und ohne einseitige- Voreingenommenheit die gesamten Bedin- 
gungen erwägt, die auf die Tuberkulose-Sterblichkeit Einfluss haben 
können. Kutschera fasst seine Ergebnisse in den folgenden Leitsätzen 
zusammen: 

1. Die Tuberkulose wird einerseits durch Verbesserung der Konsti- 
tution und Vermehrung der Widerstandsfähigkeit, andererseits durch Ver- 
minderung der Iufektionsgelegenheiten wirksam beschränkt. 

2. Die Konstitution wird durch Hebung des Volkswohlstandes und 
Kräftigung des Einzelindividuums verbessert. 

3. Die Industrialisierung kann unter Umständen zur Verminderung 
der Tuberkulose beitragen, und hat in England sowie in Preussen, in 
geringerem Grade auch in den österreichischen Grossstädten eine wichtige 
Ursache der Abnahme der Tuberkulose gebildet. Die Industrialisierung 
hat durch stärkere Zuwanderung in die Grossstädte eine Änderung in 
der Zusammensetzung der Bevölkerung zur Folge, und bewirkt anfangs 
durch starke Auslese eine Steigerung der Tuberkulose-Sterblichkeit unter 
den Leuten, die sich der Industrie zuwenden. Durch Verbesserung der 
Konstitution des Nachwuchses und Vermehrung der gesunden und wider- 
standsfähigen Leute wird später eine Abnahme der Tuberkulose verursacht, 
die aber nur unter der Voraussetzung von Dauer ist, dass die Tuberku- 
lose auch unter der Landbevölkerung vermindert wird, aus der der weitere 
Zuzug zu den Grossstädten stattfindet. 

4. Die Tuberkulose-Sterblichkeit steht in Österreich und in Preussen 
in einer Beziehung zur Geburtenziffer, und zwar steigt und fällt sie in 
der Regel mit dieser Ziffer. Eine geringere Geburtenzahl hat eine Ver- 
minderung der Kindersterblichkeit an Tuberkulose zur Folge, was die 
Tuberkuloseziffer beeinflussen kann, weil die Tuberkulose-Sterblichkeit im 
1. Lebensjahr verhältnismässig am höchsten ist. Ferner kann angenom- 
men werden, dass der zunehmende Wohlstand und die bessere Ernährungs- 


Ätiologie und Verbreitung. 169 


möglichkeit, die mit einer geringen Kinderzahl verbunden sind, zu einer 
Besserung der Konstitution führen, während rasch aufeinander folgende 
Kinder häufig eine geringe Widerstandsfähigkeit gegen Tuberkulose be- 
sitzen. 

5. Die Infektionsgelegenheiten erscheinen bisher durch Vorkehrungen 
wenig beeinflusst, Dagegen hatte die Influenza in 1890 in ginigen öster- 
reichischen Grossstädten und Ländern eine Verminderung der Tuberku- 
lose zur Folge; sie hat durch Vernichtung einer grossen Zahl von Tuber- 
kulösen zur Verminderung der Infektionsgelegenheiten beigetragen. 

6. Die Vermehrung der Infektionsgelegenheiten hat eine Vermehrung 
der Tuberkulose zur Folge. In einigen Gegenden Tirols ist die stark 
gesteigerte Tuberkulose-Sterblichkeit wahrscheinlich mit dem Zuzug Tuber- 
kulöser zu Kurorten in Zusammenhang zu bringen. Die Verseuchung der 
Bevölkerung wird dadurch begünstigt, dass die Kranken in den Kurorten 
und Sommerfrischen nicht in geschlossenen Anstalten, sondern in Gast- 
häusern und Fremdenheimen untergebracht sind, und dass sich Kranke 
in der irrigen Meinung, dass das Klima allein die Heilung der Tuberku- 
lose bewirke, zu Erwerbszwecken in solchen Gegenden niederlassen. In 
Orten, wo die Kranken in geschlossenen Anstalten untergebracht werden, 
ist eine Vermehrung der Tuberkulose unbekannt. 

7. Einen deutlich erkennbaren Einfluss auf die Verminderung der 
Tuberkulose haben nur Ursachen gehabt, an die man wenig oder gar 
nicht gedacht hat. Bei unseren Vorkehrungen gegen die Tuberkulose ist 
bisher ein solcher Einfluss auch in Preussen nicht mit Bestimmtheit zu 
erkennen gewesen: Versicherungsgesetze, Heilstätten u. dgl. Wir dürfen 
deshalb die Hände nicht in den Schoss legen, sondern müssen im Gegen- - 
teil unsere Anstrengungen zur Verminderung der Tuberkulose verviel- 
fältigen und den epidemiologischen Erfahrungen anpassen. Vor allem 
müssen wir trachten, die Infektionsgelegenheiten zu vermindern, und jeder 
Vermehrung der Infektionsgelegenheiten mit den schärfsten Mitteln be- 
gegnen. Alle Orte, wo eine solche Vermehrung stattfindet, bedürfen unserer 
besonderen Sorgfalt. 

Einer der grössten Fehler wäre es, die Tuberkulose durch Vermin- 
derung der Geburten bekämpfen zu wollen. Das Bewusstsein, dass kinder- 
reiche Familien häufig von der Tuberkulose stärker bedroht sind, muss 
dahin führen, dass wir solche Hausbaltungen bei der Bekämpfung der 
Erkrankung besonders nachhaltig unterstützen, indem wir die Konstitution 
der gefährdeten Kinder verbessern helfen. 

Man wird den Ausführungen Kutschera’s gern folgen und bei- 
pflichten. Dem Ref. will es scheinen, als ob der konstitutionelle Faktor, 
d. h. die organische Widerstandsfähigkeit gegen die Wirkungen der tuber- 
kulösen Infektion wichtiger ist als die Infektion selbst. Was zu tun ist, 
bleibt im grossen und ganzen immer die Gestaltung des Volkswohlstandes 
und damit der Volkswohlfahrt und der Volksgesundheit sowie verständige 
Unterweisung der Allgemeinheit. Auf dieser Steigerung der Volkswohl- 
fahrt durch bessere Ernährungs- und Wohnungsverhältnisse, durch soziale 
Gesetzgebung, Säuglingspflege, Schulaufsicht usw. beruht ganz sicher in 
allererster Reihe die Möglichkeit und die Tatsache der Abnahme der 
Tuberkulose. Die Verminderung wenigstens der schweren Infektionege- 
legenheiten kommt damit fast von selbst. Alle und jede Infektion zu 


170 | Diagnose und Prognose. 


verhindern, ist offenbar unmöglich, und ist nach dem heutigen Stande 
unseres Wissens wahrscheinlich nicht einmal wünschenswert: Nur im 
Kampf mit der Tuberkulose wird die richtige Widerstandsfähigkeit gegen 
die Infektion errungen. Meissen, "Essen. 


c) Diagnose und Prognose. 


314. Grau, Zur Frühdiagnose der Lungentuberkulose. : Med. Klin. 

1917 Nr. 42. 

Um die Heilstätten vor Nichttuberkulösen’ zu bewahren, ist die Ein- 
richtung grösserer Vorabteilungen unter Leitung eines Gutachters das 
beste Mittel. Die leichtesten Fälle sollen Erholungsheimen zugewiesen 
werden, die aktiven Erkrankungen den Heilstätten. Neben den Aus- 
sonderungsbestrebungen bleibt die Aufgabe bestehen, die Frühdiagnose 
der Lungentuberkulose zu erweitern und zu verfeinern. Besonders bei 
Heranwachsenden ist auf die Neigung zu Bronchitiden zu achten, ferner 
auf lebhafte Wangenröte, auf die durch Bronchialdrüsen bedingten Ver- 
änderuugen. Von wesentlicher Bedeutung sind leichte Temperaturerhöhungen 
und eine versteckte Labilität der Körperwärme. Die häufigste Tuberkulose- 
gifterscheinung ist die Müdigkeit, daneben Stimmschwäche mit Internus- 
parese und Augenentzündungen. Die ersten feinen Rasselgeräusche finden 
sich meist hinten neben und unter der Schultergräte und vorn in der 
Kohlenheim’schen Grube, in zweifelhaften Fällen kann man sie durch 
Jod hervorrufen oder deutlich machen. Die Joddosis darf nicht zu hoch 
genommen werden, es genügt morgens bis zu 1 g zu geben. Zur Be- 
stimmung der Temperatur ist in vielen Fällen die Mundmessung der 
Darmmessung vorzuziehen, die Feststellung der Bewegungstemperatur hat 
diagnostisch keinen Zweck. Man lege Wert auf sorgfältigste Feststellung 
der Vorgeschichte und betrachte den Befund, den man durch wiederholte 
Untersuchung gesichert hat, ohne allzu ängstliche Beachtung örtlicher 
Einzelergebnisse im Rabmen des klinischen Gesamtbildes. 

Rehs, Davos. 


315. Levy-Lenz, Die exakte Diagnose der beginnenden Lungen- 
tuberkulose. Med. Klin. 1917 Nr. 34. 

Verf. stellt für die exakte Diagnose der beginnenden Lungentuberku- 
lose folgende Untersuchungsarten als obligatorisch auf: 1. Mindestens 
dreimalige Auskultation und Perkussion. 2. Mindestens dreimalige Sputum- 
untersuchung mittelst Anreicherungsverfahren. 3. Messung der Temperatur 
zwei Tage lang bei Bettruhe und zwei Tage lang bei normaler Tätigkeit. 
4. Röntgenuntersuchung, und zwar Durchleuchtung und bei negativem 
Ausfall beiderseitige Spitzenaufnahme (Hilusschatten!), 5. Graduell ab- 
stufende Tuberkulinprobe und Kontrolle auf Stich-, Allgemein-, Fieber- 
und Herdreaktion. Rehs, Davos. 


316. R. Stähelin, Die Röntgenuntersuchung der ILungentuber- 
kulose. Jahreskurse f. ärztl. Fortbild. 1918 H. 2. 
Ausgezeichnete Darstellung der Bedeutung des Röntgenbildes für die 
Differentialdiagnose und die beginnende Lungentuberkulose. Für die 
letztere warnt er, dem Röntgenbefund eine zu grosse Wichtigkeit bei- 
zumessen, weil ja ganz frische Prozesse bekanntlich keine Schatten geben. 


Diagnose und Prognose. 171 


Auch für die Diagnose der Bronchialdrüsentuberkulose darf das Röntgen- 
bild nur mit grosser Vorsicht verwendet werden. P. Weill, Beelitz. 


317. M. Loeper et H. Codet, Le signe du trapèze dans la tuber- 
culose pleuro-pulmonaire. La Presse médicale 1917 Nr. 45. 
Während die Steigerung der myotonischen Kontraktion der beiden 
Mm. trapezii auf einen akuten und noch in der Entwicklung befindlichen 
Prozess hindeutet, spricht die Herabsetzung derselben für einen mehr 
torpiden, oft fibrösen und pleuraleu Prozess. Bei einiger Ausbildung in der 
Erkenntnis der myotonischen Reaktion vermag dieselbe dem Diagnostiker 
gleichzeitig über Lokalisation, Tiefe, Natur und auch Form einer bestehen- 
den Lungentuberkulose Aufschluss zu geben. Kautz, Hamburg. 


318. Metousek, Diagnose der Miliartuberkulose. Fortschr. a. d. 
Geb. d. Röntgenstr. 25: 1917 H. 3. 

An Hand von 2 Fällen bespricht Verf. die bis jetzt veröffentlichte 
Literatur über Miliartuberkulogsee Auch in seinen Fällen war es mög- 
licb, durch das Röntgenbild den Verdacht auf miliare Eruption zu be- 
gründen. Bei einer Exposition von 0,6—0,7 Sekunden gelang es, ein 
typisches Bild mit diffuser Verschleierung der I,ungenzeichnung und 
distinkten, mehr oder weniger intensiven, grobkörnigen Punkten herzu- 
stellen. | M. Türk, Frankfurt a. M. 


319. Hermaun, Beiträge zur differentialen Verwertung der 
kutanen Tuberkulinreaktion. Jb. f. Kinderhlk. 86. 3. F. 36. Bd. 
H. 5 u. 6. 

Bei Anwendung von Alt- und Perlsuchttuberkulin zur Kutanreaktion 
fand Verf. eine kleine Anzahl von Fällen, die auch bei mehrmaliger 
Wiederholung nur auf eines der beiden Tuberkuline reagierte; aber auch 
diese reagierten schliesslich noch positiv für beide Reaktionen, wenn man 
genügend oft beide Reaktionen anstellte. Die überwiegende Kutanreaktion 
kann als Hinweis auf den Typus des Erregers angesehen werden. 

M. Türk, Frankfurt a. M. 


320. C. Kraemer, Über.die Dosierung diagnostischer Tuberkulin- 
einspritzungen. Zschr. f. ärztl. Fortbild. 14. Jg. 1917 Nr. 23. 
Autor wendet sich gegen die an manchen Stellen übliche Praxis 
der subkutanen Tuberkulindiagnostik, wobei mit einer Injektion von 1 mg 
begonnen wird, „einmal weil so über das Wichtigste, die äusserst ver- 
schiedene Reaktionsfähigkeit auf kleinste, mittlere oder erst höhere Dosen 
nichts zu erfabren ist“ — es können sogar infolge der zu starken Dosen 
durch anaphylaktische Momente normale Temperaturen vorgetäuscht 
werden — „und dann wegen der dadurch bedingten Gefahr für die 
Kranken“. Querner. 


321. koldscheider, Diagnose der Lungentuberkulose. 
Kraus, Die Prognosenstellung bei der Lungentuberkulose. 
A. Czerny, Zur Diagnose und Prognose der kindlichen 
Lungentuberkulose. D. m. W. 1918 Nr. 4. 
Die Ausführungen sind bereits in Nr. 1, 1918, von Leschke im 
Bericht über den „Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu 
Berlin, Sitzung vom 10. Dez. 1917“ referiert. C. Kraemer II. 


172 Therapie. 


d) Therapie. 


322. Geza Hainiss, Zur Partigenbehandlung der Tuberkulose 
nach Deycke-Much. Gyögyaszat 1917 Nr. 33. 
Vorläufige Mitteilung, welche sich auf die Bekanntmachung der 
Deycke-Much’schen Prinzipien erstreckt und sich bezüglich der Nutz- 


barmachung des Verfahrens sehr hoffnungsvoll ausspricht. 
D. O. Kuthy, Budapest. 


323. Kwasek und Tanere, Zur Tuberkulosebehandlung mit 
Partialantigenen nach Deyceke-Much. D. m. W. 1918 Nr. 7. 


Es wurden insgesamt 52 Patienten behandelt. Davon hatten 47 
Lungentuberkulose, 4 Urogenitaltuberkulose und 1 eine Drüsentuberkulose. 
Alle Lungentuberkulosen hatten, mit 3 Ausnahmen, Bazillen im Auswurf. 
Die Behandlungsdauer betrug im Durchschnitt 6 Monate. Die Erfolge 
waren: 4 Heilungen (worunter die Verff. das Verschwinden aller objektiv 
nachweisbaren Krankheitssymptome verstehen), davon 2 mit bis jetzt 
dauerndem Verschwinden des vorher positiven Tuberkelbazillenbefundes. — 
Bei 10 fiebernden Patienten Temperaturabfall zur Norm. 9 Gewichts- 
zunahmen von 2—6 kg. Die meisten (24) Patienten zeigten unter der 
Behandlung einen progredienten Verlauf der Erkrankung. — Hämoptyse 
bildet eine Kontraindikation gegen die Behandlung; Verff. sind der Ansicht, 
dass der therapeutisch günstige Effekt in der Herabsetzung des Fiebers 
besteht; ein Unterschied zwischen M.Tb.R. und den gesonderten Partial- 
antigenen war nicht auffällig. — Ihre geringeren Erfolge gegenüber 
anderen Mitteilungen führen Verff. darauf zurück, dass ihre Fälle viel 
schwerer waren, fast ausschliesslich anıbulatorisch behandelt wurden und 


zu Hause unter ungünstigen Bedingungen lebten, endlich auch auf die 


verschiedenen Standpunkte in der Beurteilung der Erfolge. 


C. Kraemer Il. 


324. Géza Gáli, Prognostisches und Therapeutisches. Wert der 
Kutanimpfungen mit Alttuberkulin und Partialantigenen nach 
Deycke-Much. D. m. W. 1918 Nr.8. 

Verf. führte die Kutanimpfung in quantitativer Abstufung nach 
Ellermann und Erlandsen, nach der Technik von Sahli, mit Alt- 
tuberkulin und M.Tb.R. nebeneinander aus, mit Konzentrationen von 
0,5 °/o bis 65°/o. Die Reaktionen werden nach Sahli in 4 Abstufungen 
eingeteilt. Die A.T.K.-Reaktionen sind intensiver als die von M.Tb.R. 
Im mikroskopischen Bilde ist für beide charakteristisch die Iymphoide 


Latenz der Gewebe (Baetel, Ein Kardinalunterschied ist je- 


doch zwischen den beiden Präparaten: das Alttuberkulin 
ruft neben der produktiven Entzündung auch Exsudation- 
Blasenbildung, dem Statum papillare entsprechend, her- 
vor, das M.Tb.R. nicht. Wahrscheinlich liegt die Ursache des Unter- 
schiedes in dem von Much beschriebenen Giftstoff, der im A.T. vorbanden 
ist im M.Tb.R. nicht. — Beide Reaktionen stimmen dagegen darin überein, 
dass ihre erste Anwendung keinerlei prognostischen Schluss 
zulässt. Die Reaktionen auf die Wiederholung zeigten sehr oft ein 
überraschendes, von dem ersten auffallend abweichendes Resultat. Gut- 


Therapie. 173 


artig verlaufende Fälle reagierten zuerst negativ, bei der ersten Wieder- 
holung gut und später sogar intensiv. Die anfängliche Anergie dieser 
Fälle ist auf den zeitweiligen Mangel an Antikörpern zurückzuführen, 
das entgegengesetzte Verhalten, d. i. die Reaktion der bösartigen Fälle, 
auf das erste Mal, ist durch „den Anmarsch der letzten Antikörper- 
reserven in die Feuerlinie“ zu erklären. - Über alle Erscheinungen im 
Kampf des Organismus mit den Bakterien geben diese systematisch durch- 
geführten Kutanimpfungen verschiedener Konzentration ein klares Bild, 
deshalb sind sie von grosser diagnostischer Bedeutung. Die Bedeutung 
des M.Tb.R. ist noch grösser als die des A.T., weil es rein, ohne die 
Immunität schädigende Stoffe, sämtliche Bestandteile des Tuberkelbazillus 
enthält, die zur Erzeugung der Immunität notwendig sind. Deshalb re- 
agieren oft Fälle auf M.Tb.R., welche auf A,T. nicht reagieren. 

Die Partialantigene, systematisch kutan appliziert, können bei geeig- 
neten Fällen die Produktion der Antikörper steigern. Die therapeutische 
Impftechnik ist im Grunde dieselbe wie die prognostische. Verf. beginnt 
mit !/20/oiger Lösung. Die Konzentration wird gesteigert, bis eine febrile 
Allgemeinreaktion oder eine exzessive Hautreaktion eintritt. Bei schlecht 
reagierenden Fällen kommt oft bei Wiederholung der Impfung an älteren 
Impfstellen noch eine intensive Reaktion zustande. — Verf. sah bei gut- 
artigen Fällen mit anfänglicher Anergie und schweren toxischen Sym-. 
ptomen, auffallende Besserung, ja Schwund der Symptome. Die Ergebnisse 
sprechen auch hier für die Partialantigene. C. Kraemer II. 


325. Susanne Altstaedt, Behandlung von Nieren- und Peri- 
tonealtuberkulose durch aktive Immunisierung nach Deycke- 
Much. Zschr. f. Tbe. Ba. 28 H. 6. 

An der Hand ausführlicher Krankengeschichten weist Verf. auf die 
ausgezeichneten Erfolge hin, die bei Nieren- und Peritonealtuberkulose 
mit der Deycke-Much’schen Bebandlung erzielt wurden. Von den, 
Nierentuberkulosen wurden 56,25°?/0 völlig geheilt, 31,250/o wesentlich 
gebessert, 12,5°/o ungeheilt, ein glänzendes Resultat gegenüber allen 
anderen Behandlungsmethoden, zumal es sich meist um schwere Fälle 
handelt. 

Noch besser sind die Resultate bei Peritonealtuberkulose mit 900,0 
Dauererfolg und nur 10°/o Mortalität; hier ist die Deycke-Much’sche 
Kur die Methode der Wahl! Eine Punktion des Aszites war nie nötig; 
stets verschwand derselbe spontan. Die Behandlungsdauer (6—8 Wochen) 
war kürzer als bei der Nierentuberkulose. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


326. Müller, Die Behandlung der Lungentuberkulose mit iso- 
lierten Partialantigenen und mit dem Partialantigengemisch 
M.Tb.R. M. m. W. 65. 1918 S. 36—37. 

Die darniederliegende Fettreaktion wird am vorteilhaftesten durch 
die Injektion von M.Tb.R. erreicht, trotzdem mit den isolierten Partial- 
antigenen F. und N. bedeutend mehr Fettantigene in den Körper ge- 
langen. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegt das daran, dass bei der 
Herstellung der Fettsäurelipoide und des Nastins die biologische Reak- 
tivität abgeschwächt wird. Bredow, Ronsdorf. 


174 Therapıe. 


327. Cursehmann, Zur Tuberkulose-Behandlung mit Nastin- 

Chinolinphosphat. DB. kl. W. 1918 Nr. 15. 

Verf, hat 10 Fälle nach der Methode von Evers mit Nastin- 
Chinolinphospbat-Injektionen behandelt. Der Erfolg war ein völlig nega- 
tiver. Abgesehen von den subjektiven Beschwerden (Injektionsschmerzen, 
Fieber) liess sich nur einmal ‚ein leidlicher Erfolg erzielen. In einem 
Falle trat sogar während der Behandlung ein neuer Lungenherd auf. 
Es handelte sich um Fälle, die von vornherein keine ungünstige Pro- 
gnose boten. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


328. Rodenacker, Beitrag zum Heilwert des Tuberkulins. 
Tuberculosis 16. 1917 Nr.7? u. 8. 

Rodenacker in Posen ist ein überzeugter Vertreter der Heilwir- 
kung des Tuberkulins, und will mit der „anaphylaktisierenden“ Form der 
Behandlung, wie er es nennt, d. h. mit der Verwendung sehr kleiner 
und seltenen Dosen (alle 17—22 Tage) nicht nur bei Tuberkulose (Lunge, 
Knochen, Gelenke), sondern auch bei anderen, nichttuberkulösen Erkran- 
kungen vortreffliche Erfolge erreicht haben. „Das Tuberkulin“, so schreibt 
er, „scheint denselben Apparat zu beeinflussen, den die natürlichen Heil- 
faktoren angreifen, und rückt so an die Seite von Sonne, Hochgebirge 
und See.“ Dadurch werde es für eine Klientel, der diese nicht zur Ver- 
fügung stehen, zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel. Diese frohe Bot- 
schaft ist schon oft verkündet worden, hat aber nicht den rechten Glauben 
gefunden, und hält auch der wissenschaftlichen Kritik nicht Stand (Much 
u. a). Meissen, Essen. 


329. R. Schmidt, Tuberkulintherapie und Tuberkulindiagnostik. 
Prager m. W. 1914 Nr.1. 

R. Schmidt neigt der Ansicht zu, dass die Heilung der Tüberkolöse 
mehr ein zelluläres als ein humorales Problem sei, bekennt sich aber 
doch als Anhänger einer vorsichtigen Tuberkulintherapie im „anaphylakti- 
sierenden“ Sinne. Er verweist auf Grocco-Poncet’schen Rheumatismus 
als auf ein wichtiges Testobjekt spezifischer Therapie. 

Er bespricht eine Modifikation von Moro’s Perkutanprobe, lehnt 
das Vorkommen von „Fernreaktionen“ und damit auch die Theorie einer 
„nervösen Allergie“ ab. Er plaidiert für die Aufnahme von Tuberkulin- 
empfindlichkeitskurven, aus welchen sich gelegentlich der Schluss auf 
Aktivität des Prozesses ergeben könnte. Durchaus ablehnend verhält sich 
R. Schmidt gegen die von C. Spengler inaugurierten Tuberkulin- 
schmierkuren. 

Verschwinden der spezifischen Reaktionen ist kein Postulat zielbe- 
wusster Tuberkulintherapie. 

Die unspezifische Quote der Tuberkulinreaktionen wird wenigstens 
für die Perkutanreaktion als gering Angre preoa 

Friedel Pick, Prag. 


320. R. W. Raudnitz-Prag, Zur Tuberkulindebatte im Anschluss 
an den Vortrag Prof. R. Schmidt's: Über Tuberkulintherapie 
und Tuberkulindiagnostik. Prager m. W. 1914 X. 7. 


R. bevorzugt an Stelle der Moro’schen Salbe Tuberkulin-Glyzerin- 


Therapıe. 175 


mischungen (s. Piesen, dieses Zentralblatt 1910, S. 412), wobei Reaktion 
nach wenigen Stunden Zeichen eines ganz akuten, die nach 72 Stunden 
auftretende Zeichen eines abgekapselten Herdes ist. Hochrote Farbe ist 
meist ein gutes, blasse ein schlechtes Zeichen. R. hat bei vielen hunderten 
Reaktionen niemals symmetrische Reaktion der anderen Seite gesehen; bei 
Kinderlähmung ist kein Unterscbied in der Reaktion zwischen gesunder 
und gelähmter Extremität. In der Tuberkulinbehandlung sieht er auf 
Grund zebnjähriger Erfahrung ein den Heilungsvorgang aller zur binde- 
gewebigen Abkapselung neigender Prozesse beschleunigendes Verfahren. 
Etappenbehandlung mit Alttuberkulin 1/100—10 mg; von den anderen 
Tuberkulinen hat R.keinen Vorteil gesehen; dagegen sieht er als wichtige 
Unterstützung der Tuberkulinbehandlung Injektionen mit Jodguajakol 
(Cantani) oder mit Jodeukalyptol (Berliner) an. Fr. Pick, Prag. 


331. v- Hoesslin, Tuberkulin in der Praxis des Arztes. Zschr. 

J. Tbe. Bd. 28 H.2. 

An der Hand von Krankengeschichten fasst Verf. seine Erfahrungen 
folgendermassen zusammen: 

1. Tuberkulin gehört, um seine volle heilende und vorbeugende Wir- 
kung ausüben zu können, in die Hand des praktischen Arztes. 

2. Bei der genauen Beobachtung der Temperatur und aller anderen 
Reaktionserscheinungen, und bei vorsichtig gesteigerten Dosen ist es mög- 
lich, auch in der Praxis die Tuberkulinkur sehr heilbringend und gänzlich 
gefahrlos durchzuführen. Diagnostische Einspritzungen eignen sich nicht 
für die Praxis. 

3. Fieber bildet keine Kontraindikation an sich. Im Gegenteil, es 
gibt viele Tuberkulöse, die nur durch Tuberkulin von ihrem Fieber be- 
freit werden können. (Es gibt auch eine Reaktion nach unten, nicht 
nur nach oben.) 

4. Die Turban-Gerhardt’sche Stadieneinteilung gibt uns keine 
Hinweisung auf die Prognose. Auch Kranke III. Stadiums können vielen 
Nutzen vom Tuberkulin haben. 

5. Alle tuberkulösen Kranken können unmöglich ihre Heilung in 
den Heilstätten erwarten. Aus sozialen Gründen ist die Tuberkulinkur 
aufs dringendste zur grössten Verallgemeinerung zu empfehlen. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


332. Hans Wiesenack, Über therapeutische Versuche mit 
Tuberkulinkuren bei Psychosen. Diss. Berlin 1917. 

4 Fälle von Schizophrenie blieben völlig unbeeinflusst, 1 Fall wurde 
geheilt. Von 2 Fällen schizophrener Hebephrenie wurde einer nur vor- 
übergehend während der Kur günstig beeinflusst. Ein Fall von Erschöp- 
fungsamentia mit drohendem Übergang in Verblödung wurde geheilt. 
Wenn auch die Erfolge noch nicht sehr gross sind, so ist doch das 
Tuberkulin bei der oft sehr zweifelhaften Prognose über Psychosen in die 
Therapie der Geisteskrankheiten mit aufzunehmen. Hans Müller. 


333. Harald Gjessing, Die Tuberkulose des Auges und die 
Tuberkulinbehandlung. Tidsskrift for den norske lægeforening 
1917 Nr. 24. 


Eine Übersicht über die Krankheiten, die von tuberkulöser Natur 


176 T'berapie. 


sein können, und über ihre Symptomatologie sowie über die Tuberkulin 
behandlung, die nach der Meinung des Verf. viel zu gering geschätzt 
worden ist. Birger-Överland. 


334. v. Hayek, Erfahrungen mit Tuberkulomuzin (Weleminsky) 

an einem grossen Krankenmaterial. Zschr. f. Tbe. Bd. 27 H. 6. 

Verf. hat 653 Fälle mit UBER RLONRCn behandelt und stellt fol- 
gende Leitsätze auf: 

1. Tuberkulomucin ist ein für die spezifische Tuberkulosebehandlung 
sehr brauchbares Präparat. Es erzeugt bei gemilderter toxischer Allge- 
meinwirkung kräftige, therapeutisch sehr gut verwertbare, spezifische Re- 
aktionen, so dass sogleich mit therapeutisch voll wirksamen Dosen be- 
gonnen werden kann. Nach den bisherigen Erfahrungen erscheint es 
jedoch nicht berechtigt, dem Tuberkulomucin bezüglich der immunisatori- 
schen Bestrebungen vor anderen Tuberkulinpräparaten irgend eine prin- 
zipielle Sonderstellung einzuräumen. 

2. Die besten Erfolge sind zu erzielen bei frischeren Fällen des II. 
und III. Stadiums mit deutlichen klinischen Erscheinungen, länger be- 
stehendem, regelmässig remittierendem Fieber und noch nicht zu schwer 
geschädigtem allgemeinen Kräftezustand. 

3. Für die Grenze, innerhalb der schwerere Krankheitsprozesse durch 
Tuberkulomucin noch gut beeinflussbar sind, ist das Vorhandensein einer 
deutlichen Stichreaktion bei Dosen von 5—10 mg ein sehr wertvolles 
diagnostisches und prognostisches Zeichen, 

4. Leichte afebrile Fälle zeigen verhältnismässig häufig starke All- 
gemeinreaktionen, die als diagnostisches Hilfsmittel zum Nachweis aktiver 
Tuberkulose wertvoll sind. Ein Schaden lässt sich dabei nicht nach- 
weisen. Bei geringeren Anfangsdosen (2—3 mg) treten sie bedeutend 
seltener auf ala bei Anfangsdosen von d—6 mg. 

5. Als Kontraindikationen gelten: besondere Sensibilität des Kranken, 
wiederholte oder protrahierte Allgemeinreaktionen, besonders wenn sie mit 
leichtem Gewichtsverlust einhergehen; langsam steigende subfebrile Tem- 
peraturen ; vorgeschrittene Stadien, die auf 5--10 mg keine Stichreaktion 
aufweisen. 


Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


335. Josef Hollös-Szeged, Die Immunkörperbehandlung der 
infantilen Tuberkulose als Mittel zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose. Gyögyäszat 1917 Nr. 29. 

H. stellt in seinem Aufsatze folgende Thesen auf: Die schlummernde 
Tuberkulose des Kindes ist mittelst I.K. -Behandlung ausnahmslos heilbar. 
Die Heilung tritt um so sicherer und schneller ein, je früher die Behand- 
lung einsetzt, doch ist auch die manifeste Kindertuberkulose mit Hilfe 
der länger andauernden Immunkörpertherapie meist zur völligen Heilung 
zu bringen. D. O. Kuthy, Budapest. 


336. Valdemar Petersen, Immunität bei Tuberkulose. Biblio- 
tek for Læger 1917. 


Übersichtsartikel über die Arbeiten der Much’schen Schule. 
Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


Therapie. 177 


337. F: Jessen, Zur Behandlung der Lungenschwindsucht. Zbl. 

f. inn. Med. 1918 Nr. 2. 

Bei der Lungenschwindsucht handelt es sich nicht allein um Lungen- 
tuberkulose, sehr bäufig steht die Mischinfektion mit anderen Bakterien im 
Vordergrunde; es gelingt im grössten Teil der Fälle, aus dem Auswurf 
Pneumo- und Staphylokokken zu züchten, aus welchen Vakzine herge- 
stellt werden können. 

Mit Einreibung solcher Autovakzine hat Verf. nach seiner Angabe 
eine Reihe von glänzenden Erfolgen gesehen, welche durch kurze Kranken- 
geschichten belegt werden. Merkwürdig ist, dass Einreibungen besser. 
wirken als subkutane Einspritzungen; es beruht’ dies vielleicht auf der 
besonderen Fähigkeit der Haut, Antitoxine zu bilden. — Verf. stellt auch 
Vakzine aus Tuberkelbazillen her; er findet Laugen zur Aufschliessung 
der Bazillen wirksamer als verdünnte Milchsäure. Bei beginnender reiner 
Tuberkulose sind mit diesen Vakzinen schöne Erfolge zu erzielen, bei 
schweren Fällen sind die Reaktionen oft zu stark. — Die .von Karl 
Spengler sogenannte „Begleitinfektion“ ist durch Inhalation mit Men- 
thol etc. zu bekämpfen. 

Die sich richtig aufbauende Behandlung der Pbthise muss sich also 
zusammensetzen aus 1. Bekämpfung der Begleitinfektion, 2. spezifische 
Behandlung der Mischinfektion, 3. Bekämpfung der tuberkulösen Kom- 
ponente. 

Es nimmt wunder, dass Verf. mit keinem Wort auch die doch lange 
zurückliegenden Versuche, z. B. Petruscbky’s, der mit seinem Lini- 
mentum anticatarrhale u. a. dieselben Wege einschlägt, sowie englischer 
und amerikanischer Autoren berührt; bei seinen Erfolgen wird die Zeit 


zu entscheiden haben, ob er sie nicht zu optimistisch beurteilt. 
C. Kraemer II. 


338. Feldt, Die spezifische Behandlung ansteckender Krank- 
heiten, insbesondere der Tuberkulose. B. kl. W. 1918 Nr. 10. 


Spezifische Heilmittel sind chemische Körper, die die Produktion der 
normalen und spezifischen Abwehrkörper steigern, die histologischen Krank- 
heitsprodukte zur Abheilung bringen und die Erreger unschädlich machen, 
und zwar in Dosen, die für die übrigen Körperzellen nicht nur nicht 
giftig sind, sondern (wie die Metallpräparate) einen roborierenden Einfluss 
ausüben. 

Die Wirkung des Goldes auf die Einschmelzung tuberkulöser Herde 
erklärt sich als Aktivierung der intravitalen Autolyse. Eine wesentliche 
Komponente der Wirkung des Goldes auf den tuberkulösen Herd liegt 
in der katalytischen Eigenschaft des Metalles begründet. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Siemerswalde. 


339. R. Goepel, Vierjährige Erfahrungen mit dem Friedmann- 
schen Tuberkulosemittel.e. D. Zschr. f. Chir. 144. 1918 
H.1uw28.1. 

Die Erfahrungen, die G. mit dem Friedmann’schen Mittel, lebende 
Schildkrötentuberkelbazillen, bei fast allen Formen der Tuberkulose ge- 
macht hat, sind so günstig, dass er die, besonders im Jahre 1914 in der 
Literatur von fast allen Seiten ausgesprochene Ablehnung und Warnung 


Internat. Oentralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 12 


178 Therapie. 


vor dem Mittel, als ungerechtfertigt zurückweist. Die Anwendungsweise 
des Mittels, das eine aktive Immunisierung erzielt, ist allerdings nicht 
einfach und erfordert sowohl eine gründliche Vertiefung in. das Wesen 
der Immunisierung und seine spezielle Wirkungsweise, als auch eine exakte 
Nachbeobachtung des Patienten. Die ausführlich beschriebene Technik, 
Dosierung und Indikation muss im Original nachgelesen werden, hier 
seien nur einige Hauptpunkte erwähnt. Der günstige Moment zur Ein- 
verleibung des Mittels ist dann, „wenn der Organismus zum ersten Mal 
im Kampf gegen den Tuberkulosebazillus versagt“, dann erfährt „der 
Körper durch die Einführung des Friedmann’schen Antigens in der 
Tat eine sehr bedeutende Steigerung seiner Schutz- und Heilkräfte gegen 
die tuberkulöse Erkrankung“. Die an der Stelle der subkutanen Injektion 
auftretenden Infiltrate entfalten ihren günstigen und wünschenswerten Ein- 
fluss auf die tuberkulöse Erkrankung, wenn sie langsam, stetig und voll- 
kommen resorbiert werden. Ein gelegentlich drohender, schädlicher Durch- 
bruch kann in den meisten Fällen durch eine intravenöse Nachinjektion 
von den gleichen Bazillen in schwächerer Emulsion verhindert werden, 
wie Friedmann selber angegeben hat. Doch ist diese Nachinjektion 
nur, wenn absolut nötig, indiziert, da die Heilung dadurch beeinträchtigt 
wird. Andersartige Impfungen, wie gegen Pocken, Typhus, Cholera oder 
Tuberkulinkuren dürfen innerhalb eines Jahres nach der Friedmann- 
schen Impfung nicht vorgenommen werden. 

Die besten Resultate geben die frischen chirurgischen Tuberkulosen, 
ausgeschlossen von der Behandlung sind fortgeschrittene, multiple und 
generalisierte Formen. Auch bei Lungentuberkulose hatte er Erfolge. 

Am Schlusse wird die Frage einer Schutzimpfung für schwer belastete 
Kinder in grösserem Umfang aufgeworfen. 

Die Arbeit, der eine grosse Anzahl von Krankengeschichten im Aus- 
zug beigefügt ist, bietet viel Interessantes und Anregendes. Wenn die an- 
geführten, so auffällig guten Resultate auch fernerhin von andern Autoren 
bestätigt werden könnten, wäre in der Tat das Friedmann’sche Mittel 
rehabilitiert. Geinitz, Tübingen. 


340. Thun, Die nach Friedmann behandelten Fälle von Lungen- 
und chirurgischer Tuberkulose 1913—1918. Ther. Mh. 1918 
H. 4. 


T. berichtet über eine Reihe von Fällen tuberkulöser Erkrankungen, 
bei denen er mit dem Fried mann’schen Mittel sehr gute Erfolge erzielt 
zu haben glaubt. Er kommt zu dem Schluss, „dass wir in der Fried- 
mann’schen Injektion ein Mittel haben, welches geeignete, d. h. nicht 
zu weit vorgeschrittene Tuberkulosefälle, und zwar sowohl von Lungen- 
tuberkulose wie von Tuberkulose der Knochen, Gelenke und Drüsen, so 
auf den Weg zur Heilung wendet, wie kein anderes uns zur Verfügung 
stehendes Medikament“. 

T. gründet seine Ansicht u. a. besonders auf 6—7 Fälle von Lungen- 
tuberkulose, ferner 1 Fall von Bronchialdrüsentuberkulose, ferner 2 Fälle 
chirurgischer Tuberkulose: 1 Fall von „käsig zerfallendem Hornhautge- 
schwür“, 1 Fall von „sehr suspekter Otitis media“, 

Die von T. angeführten klinischen Daten der einzelnen Fälle sind 
doch zu spärlich, um ein rechtes Bild des Zustandes vor und nach der 


Therapie. | 179 


Behandlung zu geben; besonders einige Angaben sind etwas eigenartig 
summarisch, z. B. wird im Fall 6 der Zustand der Lungen nach der 
Behandlung beschrieben: „Lungen rein“, nachdem vorher angegeben ist: 
R. II mit positivem Bazillenbefund, ferner im Falle 14 nach der Behand- 
lung „Lungen tadellos“, nachdem vorher: L. II; starke Infiltration des 
Oberlappens mit feinblasigen Rg.“. Wenn mit diesen Angaben gesagt 
sein soll, dass die betreffende, nicht unbeträchtliche Lungenaffektion, ohne 
jegliche Residuen zu hinterlassen, ausgeheilt ist, so ist das sehr auffallend 
und bedarf, um überzeugend wirken zu können, doch einer etwas ausführ- 
licheren Darstellung. Jegliche Beweiskraft fehlt wohl auch dem einen 
Falle von geheiltem, „käsig zerfallendem Hornhautgeschwür‘, ebensowenig 
ist überzeugend der „sehr suspekte“ Fall von Otitis media, bei dem nach 
der von T. zitierten und anscheinend übernommenen Ansicht des Fach- 
arztes „die schnelle Wendung zur Heilung nach der Spritze den Verdacht 
der tuberkulösen Natur der Erkrankung bestätige“ (!). 

Alles in allem können die Thun’schen Fälle die Ansicht des Autors 
von der Wirksamkeit des Friedmann’schen Mittels nicht überzeugend 
begründen. Querner, Hamburg. 


341. Hansen, Zur Kupferbehandlung der Tuberkulose. Zschr. 
f. Medizinalbeamte 1917 Nr. 11. x 
Bericht über die Bebandlung von 9 Tuberkulosefällen mit Leukutyl- 

salbe und Leukutylpillen. Befinden, Appetit und Schlaf besserten sich 

auffallend, auch objektiv war eine Besserung bei Haut- und Knochen- 
herden festzustellen. P. Weill, Beelitz, 


342. v. Linden, Erfüllt das Kupfer die Forderungen eines spe- 
zifisch wirkenden chemotherapeutischen Heilmittels gegen 
Tuberkulose? B. kl. W. 1918 Nr. 13. 


Nach Ehrlich spricht für die spezifische Wirkung des Salvarsans: 


1. seine parasitiside Wirkung, die die Spirochäten abtötet und ihre 
Vermehrung hindert; 

2. das Freiwerden von Antikörpern durch die Injektion des Sal- 
varsans; 

3. dass von den Spirochäten Reizstoffe ausgehen, die Verwandtschaft 
zum Salvarsan haben und von ihm gebunden werden, so dass das Prä- 
parat als Syphilisantitoxin wirken kann. 

Nicht spezifisch ist die Einschmelzung des pathologischen Gewebes 
und die Epithelproliferation nach Salvarsaninjektion. 

Ganz analog verhält sich das Kupfer zum Tuberkelbazillus, wie 
sich in vitro und vivo nachweisen lässt, wenn die Reaktion auch lang- 
samer verläuft als bei den Spirochäten. Durch Tierversuche wird das 
belegt. 

Des weiteren spricht für die spezifische Wirkung des Kupfers: 

1. die lokalen und allgemeinen Reaktionen, die nach Kupfereinfüh- 
rung bei Tuberkulösen beobachtet wurden ; 

2.. das Schwinden der Bazillen aus dem Sputum; 

3. die Heilungsprozesse in Lunge, Kehlkopf, Blase nach Kupfer- 
darreichung. 


12* 


180 Prophylaxe, 


Wenn bei interner, intravenöser oder subkutaner Kupfergabe keine 
völligen Heilungen einsejfzen, so spricht das nicht gegen die spezifische 
Wirkung des Kupfers; es kann vielmehr seine Ursache haben in der 
Schwierigkeit der Zuleitung zum tuberkulösen Herd (Gefässarmut und 
Degeneration). Auch die elektive Ätzwirkung des Kupfers, die nur krankes 
Gewebe betrifft, spricht für seine spezifische Wirkung. | 

Weihrauch, 
Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde, 


e) Prophylaxe. 


343. M. Kaiser, Zur Sputumdesinfektione D. m. W. 1918 
Nr. 3. 

Beschreibung eines thermo-chemischen Verfahrens zur sicheren Des- 
infektion von infektiiösem Auswurf, dessen Prinzip in der Erzielung hoher 
Wärmegrade durch Zusammenbringen von frischem Ätzkalk mit heissem 
Wasser besteht. C. Kraemer IJI. 


344. Alexander Kovacsics , Tuberkulose und Wohnung. 
Egészség 1917 Nr. 3 u. 4. 


Der ausführlichen Arbeit entnehmen wir folgende Schlusssätze: Die 
mit Tuberkulose infizierten Wohnungen auf dem Lande sind meist in den 
am dichtesten bebauten Teilen der Ortschaft. Sie bestehen meist sus 
einem Wohnzimmer, dessen Kubikraum in 37°/o der Fälle unter dem 
amtlich festgesetzten Minimum steht. Die Fenstergrösse ist kleiner als 
die der nichtinfizierten Wobnungen, der Boden ist permeabel, die Rein- 
lichkeit äusserst mangelhaft. D. O. Kuthy, Budapest. 


345. G6öza Csabay, Isolierung Lungenschwindsüchtiger in der 
Familie. Tuberkulözis, Nov.|Dez. 1917. 


Zur Pflege Lungenschwindaüchtiger sei das erste Postulat ein von 
der übrigen Wohnung hermetisch abgesondertes Zimmer. Es würde nötig 
sein, dass solche Wohnungen zur Verfügung stehen. C. denkt derartige 
Wohnungen so zu bekommen, dass zwei bewohnbare Räume voneinander 
abgesondert mit separatem Ausgang ins Freie sich in ihnen befinden. 
Das Ideal wäre, dass der infektiöse Lungenkranke mit seiner Familie 
bloss im Freien in Berührung käme. (Verf. berührt in seiner Arbeit 
einen Wundpunkt unserer Tuberkuloseprophylaxis. Auch der wohlhabende 
Phthisiker wird zu einem Infektionsfokus, wenn er ausser seinem Extra- 
schlafzimmer nicht auch über einen eigenen Tagesraum verfügt und seine 
Fränkel’chen Tropfen bei jedem Hustenanfall in den gemeinschaftlichen 
Wohnräumen der Familie verstreut, sein infiziertes Taschentuch dort 
handhabt und mit den nicht immer bazillenfreien Fingern die gemein- 
schaftlich benutzten Gegenstände täglich berührt. Isolierung der infek- 
tiösen Kranken ausserhalb oder innerhalb der Familie — aber auch im 
letzteren Falle keine scheinbare Isolierung — wäre das eigentliche Er- 
fordernis. | D. O0. Kuthy, Budapest. 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 181 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


346. Maurice Fleury, Traitement économique des tuberculeux 
dans les hôpitaux temporaires. Acad. de Médec., Fevr. 1916. 
(Ref. La Presse médicale 1916 Nr. 11.) 

F. schlägt die Errichtung sog. „Aeriums“ vor, die den tuberkulös 
Erkrankten, bei denen Aussichten auf Wiederherstellung gegeben sind, 
die Möglichkeit geben sollen, über Tag. in frischer Luft Ruhe zu geniessen. 

Kautz, Hamburg. 


347. Stefan Pekanovich, Die Spezialheilanstalt des ungari- 
schen Kriegsfürsorgeamtes in Skervár. Orvosi Hetilap 1917 
Nr. 16. 

P., derzeit Leiter eines grossen Militärsanatoriums für Tuberkulöse 
in der hohen Tätra, wirkte noch vor einem Jahre in Ikervár (West- 
ungarn) in einer etwas kleineren Anstalt für geschlossene Tuberkulosen. 
Gibt die Beschreibung der Heilstätte. Dieselbe wurde unter seiner Füh- 
rung zum grössten Teile von den Kranken selbst eingerichtet. Zur Be- 
schäftigung der Pfleglinge dienten verschiedene hygienisch eingerichtete 
Werkstätten, sowie Obst- und Gemüsegärtnerei. Im Sanatorium wurden 
Kurse für Analphabeten und Vorträge (womöglich im Freien) über Gärt- 
nerei und Hygiene abgehalten. Ä D. O0. Kuthy, Budapest. 


348. W. Holmboe, Jahresbericht des Sanatoriums Mesnalien 
für das Jahr 1917. Tidskrift for den norske lægeforening 1918 
Nr. 10. 

Die Sonnen- und Lichttherapie wird mit immer grösserem Interesse 
von den Patienten umfasst. Von den 115 aufgenommenen Patienten 
haben 95 Lichtbäder bekommen, 46 sowohl Licht- wie Sonnenbad, 2 nur 
Sonnenbad. Die Lichtbäder werden das ganze Jabr angewandt, bis 
2 Stunden täglich. Die Hämoptysen sind seltener geworden, seitdem 
diese Behandlung im Sanatorium aufgenommen ist. Von den mit Licht- 
und Sonnenbädern im Jahre 1917 behandelten 93 Patienten ist Hämo- 
ptyse nur bei einem aufgetreten. 

Die Pneumothoraxbehandlung ist an 10 im Jahre aufgenommenen 
Patienten versucht worden. Bei 3 misslang diese Behandlung wegen aus- 
gebreiteter Adhärenzen. 

An einem von den mit Pneumothorax behandelten Patienten wurde 
endopleurale kaustische Behandlung mit gutem Erfolg ausgeführt. 

Extrapleurale Thorakoplastik ist an 5 Patienten nach misslungener 
Pneumothoraxbehandlung gemacht worden. Einer von diesen ist noch in 
Behandlung, indem nur die erste Operation ausgeführt ist. Bei den 4 
anderen Patienten ist der Erfolg sehr gut gewesen. 

Birger-Overland. 


g) Allgemeines. 


349. Thomas E. Nuttall, The future of the anti-tuberculosis 
campaign. Brit. Journ. of Tbc. Ba. 12 Nr. 1, Januar 1918. 


Verf. ist der Ansicht, dass eine Verminderung der grossen Mortalität 


182 Allgemeines, — Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


an Tuberkulose in England (in England und Wales 50000 Todesfälle 
an Tuberkulose pro Jahr; 150000 Personen sind ständig arbeitsunfähig, 
schätzungsweise 5000000 infiziert ohne arbeitsunfähig zu sein) nur durch 
Verbesserung der Wohnungshygiene (bessere Wohnungen, statt 
der Mietskasernen kleine Häuser in Gärten, mehr Räume zum Wohnen) 
möglich sein werde, Amrein, Arosa. 


350. Louis Cobbett, Tuberculosis and the war: Prevention is 
better than cure. Brit. Journ. of Tbe. Bd. 12 Nr.1, Januar 
1918. 


Die Tuberkuloseerkrankung hat während des Krieges zugenomıren: 
die Zahl «er jährlichen Todesfälle an Lungentuberkulo«ee 1913— 1916 
steht im Verhältnis von 100, 104, 112 uni 112. Es ist anzunehmen, 
dass nach dem Kriege bei geordneteren Verhältnissen sich die Zahlen 
wieder bessern. Die jetzigen Sanatorien genügen zur Bekämpfung nicht. 
„Vorbeugen ist wichtiger als Heilen“; es müssen die fortgeschrittenen 
Fälle abgesondert werden, damit die durch sie bedingte Infektionsgefahr 
beseitigt wird. Nicht‘ „Ausstossung“ soll erfolgen, sondern solche Kranke 
sollten in Sanatorien aufgenommen werden, die nicht nur gute Heil- 
statistiken zeigen, sondern auch unheilbare Kranke aufnehmen und be- 
sorgen wollen; es können Heilbare und Unheilbare in den gleichen Sana- 
torien behandelt werden. Dazu müssen immer mehr Sanatorien erstellt 
werden, die aus kleinen Anfängen zu grösseren Instituten sich auswachsen 
mit Arbeitskolonien und Einrichtungen für Arbeitsunfähige etc. 

Amrein, Arosa. 


Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


6 Wilhelm Müller-Sternberg, Die Grundgesetze der Partial- 
reaktivität beim tuberkulösen Menschen., Einführung in die spezifische 
Therapie der Tuberkulose mit Partialantigenen des Tuberkelbazillus. Zürich, 
Albert Müller’s Verlag, 1918. 68 S. 

Der durch seine Arbeiten über die Deycke-Much’schen Partialantigene 
bekannte Verf. gibt in der vorliegenden Arbeit eine Zusammenfassung seines 
derzeitigen Standpunktes. Die Partialantisene bedeuten danach einen grossen 
Fortschritt in der Erkenntnis der Tuberkulose. Die quantitative Intra- 


kutananalyse gibt einen Einblick in die Abwelrverhältnisse des Körpers. Es 


werden danach die Tuberkulösen in Albumintüchtige und Fetttüchtize gesondert 
und ausserdem acht weitere Grundtypen der Partialreaktivität aufgestellt. Nach 
einer Mitteilung über Darstellung und Art der Partialantigene, über humorale 
und zellulare Immunität wird die Intrakutananalyse genauer geschildert, die eine 
qualitative, quantitative und kinetische Immunitätsanlage bildet und über die 
Erscheinung der statischen und dynamischen Immunität unterrichtet. Es wird 
dann über die biologischen Merkmale der Partialantigene berichtet und dabei 
auf die eigenartige Erscheinung der sklerosierenden und verkalkenden Wirkung 
des Tuberkuloalbumins besonderer Wert gelegt, ferner auf die gegenseitige Be- 
einflussung der Partialautigene im Erreger. Das Tuberkulin oder die verschie- 
denen Tuberkuline lassen sich durch eine vergleichende Antigenanalyse erforschen, 
einmal mit Hilfe der sogenannten Methode der Therapie, dann durch das soge- 


— — — — 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 183 


nannte Reaktionsdifferenzverfahren, das die akute Tuberkulinwirkung benutzt. 
Danach konnte festgestellt werden, dass sich mit den Tuberkulinen eine deut- 
liche Steigerung der Partialreaktivität bewirken lässt. Das Tuberkulin wird also 
im Körper genügend aufgeschlussen. Die schädlichen Nebenwirkungen des Tuber- 
kulins lassen sich durch die Methode der geteilten Tuberkulininjektionen ver- 
mindern oder verhüten. Die neuzeitliche Strahlentherapie bewirkt eine gewaltige 
Zunahme des immuntherapeutischen Titers, viel stärker ala die durch Partialanti- 
gene hervorgerufene. Am besten wirkt ein kombiniertes Verfahren. 

Den Schluss bilden Ausführungen über die sogenannte physiologische und 
pathologische Immunität. Sie stellen einen Versuch dar, gewisse schwer erklär- 
liche Ergebnisse der Partialantigenforschung, z. B. das Erlöschen der Reaktion 
auf eine einzelne Gruppe der Antigene, durch die Beeinflussung des Erregers 
durch den kämpfenden Organismus zu erklären. Verf. kommt zu der Über- 
zeugung, dass der Organismus noch eine Reihe versteckter Abwehrkräfte besitzt, 
die bisber weder humoral noch zellulär nachgewiesen werden können. 

Das ist in kurzen Worten der wesentliche Inhalt des anregend geschriebenen 
Heftes, das in kurzen Zügen einen Überblick über einen grossen Teil der Lite- 
ratur über Partislantigene zu geben geeignet ist. Allerdings kann nicht ver- 
schwiegen werden, dass diese Übersicht eine etwas einseitige ist. So besteht in 
der Frage der albumintüchtigen Lungentuberkulösen und der fetttüchtigen Chir- 
urgischtuberkulösen durchaus keine Übereinstimmung zwischen dem Verf. und 
den Urhebern des Partialantigengedankens. Ein gewisser Widerspruch besteht 
übrigens bei Müller selbst, wenn er an anderer Stelle die Überzeugung ausspricht, 
dass sich der einzelne in der Tuberkuloseabwehr vollkommen individuell ver- 
hält, dass sich der eine besser mit Eiweissantikörpern, der andere mit Fettanti- 
körpern verteidigt. In diesem Lichte erhalten die 10 aufgestellten Grundtypen 
der Partialreaktivität einen zweifelhaften Wert. In demselben Zusammenhange 
erscheint es durchaus nicht einleuchtend, dass es die Aufgabe der Therapie sein 
soll, bei den angeblich albumintüchtigen Lungentuberkulösen durch das Alttuber- 
kulin mit seinen bierfür günstigen Eigenschaften die Albumintüchtigkeit zu ver- 
mindern und die Bildung der Fettantikörper zu vermehren, Ebensowenig können 
die Ausführungen über die sogenannte Physiologie und Pathologie der Immunität 
bei der Tuberkulose befriedigen. Es ist dem Verf. nicht gelungen, die paradoxen 
Befunde bei der Partialantigenprüfung — Steigen des Titers durch Antigenüber- 
schwemmung und lückenhafte Immunität klinisch Gesunder — in befriedigender 
und beweiskräftiger Weise zu erklären. 

Nimmt man dazu die Tatsache, dass Verf. im Gegensatz zu Much als 
erwiesen ansieht, dass in den bisher gebräuchlichen Tuberkulinen die Antigene 
genügend aufgeschlossen sind, und dass sie der Körper daraus mit Vorteil ver- 
wenden kann, so erscheint es begreiflich, wenn man schliesslich die Arbeit 
Müller’s mit einer Reihe sehr zweifelnder Erwägungen zur Partialantigenfrage 
aus der Hand legt. 

Wenig erfreulich sind die in grosser Zahl auftretenden, klangvollen neuen 
Bezeichnungen: Albumintüchtige, kinetische Immunitätsanalyse, dynamische Im- 
munität, Dekompensierung der Antigenwirkung, immunbiologischer Transforıma- 
tor usf. „Partialreaktivität“ ist eine unrichtige Wortbildung, „Much festigkeit“ 
eine wenigstens nicht besonders schöne. H. Grau, Honnef. 


7. F. Köhler, „Ergebnisse der Tuberkuloseforschung‘“, Heft 7, 1917. 
Leipzig, Repertorien- Verlag. 
In dem Heft fährt der Autor fort, das Kapitel „Diagnostik der Tuberkulose“ 
zu behandeln. Er bringt in aller Kürze Einschläriges zur spezifischen Diagnostik, 
Organimpfung, Bazillentypen und ihre Färbemethoden. Schröder. 


184 Kongress- und Vereinsberichte. — Mitteilung. 


II. Kongress- und Vereinsberichte, 


6. Sitzungen des Hamburger Ärztlichen Vereins vom 2. IV. 
und 30. IV. 1918. 


(Ref. W. Schultz- Hamburg.) 


Neumann bringt die kasuistische Mitteilung eines Falles von Konglo- 
merattuberkeln des Gehirns. Pat. ging an akuter miliarer Lungentuber- 
kulose zugrunde. Die Sektion ergab ausgedehnte tuberkulöse Veränderungen des 
Pons und der Grosshirnbrückenschenkel, sowie einen überlıaselnussgrossen Solitär- 
tuberkel in der recbten Kleinbirnhemisphäre. Die Gehirntuberkulose war sekundär 
von erkrankten Halsdrüsen aus entstanden. 

Knack demonstriert einen Fall von Bronchiektasenbildung infolge 
eines Fibroms. Bei der Sektion fand sich eine Pneumonie des rechten 
Unterlappens mit stellenweise eiteriger Eınschmelzung, ferner starke zylinderische 
Bronchiektasenbildung, die auf diesen Lappen beschränkt war. Zwischen oberem 
und unterem Hauptbronchus sass in der Wand des letzteren — ins Lumen hinein- 
ragend — ein kirschkerngrosser derber Tumor mit kurzem breitem Stiel und 
glatter Oberfläche. Der 'Tumor erwies sich histologisch als ein zellarmes Fibrom. 
Vortr. glaubt, dass, falls eine Tracheobronchoskopie vorgenommen worden wäre, 
die Geschwulst vielleicht operativ bätte entfernt werden können, Er empfieblt 
daher, diese Untersuchung in allen Fällen umschriebener Bronchiektasenbildung 
vorzunehmen. 


J 


IV. Mitteilung. 





A 


In Pavia verstarb im 71. Lebensjahre der Direktor der medizinischen Klinik 
Prof. Dr. Forlanini. Er ist bekaunt geworden durch seine Studien über den 
künstlichen Pneumothorax, welche Anregung gaben zu einer regen wissenschaft- 
lichen Aussprache besonders über die Technik seines Operationsverfahrens. Wenn 
auch die Schnittmethode unserer Ansicht nach in mannigfacher Weise seiner 
Stichmethode überlegen ist, so hat Forlanini unbestritten das Verdienst, das 
Verfahren des künstlichen Pneumothorax durch seine und seiner Schüler Arbeiten 
wissenschaftlich ausgebaut und gefördert zu haben. Er war der Begründer und 
Herausgeber der Zeitschrift „Der künstliche Poneumothurax“. Unter seiner Füh- 
rung bildete. sich eine internationale Vereinigung zur Förderung dieses thera- 
peutischen Verfahrens, welche Forlanini’s in italienischer Sprache erscheinende 
Zeitschrift in drei Sprachen (deutsch, französisch, italienisch) gedruckt herausgab. 
Zusammenfassend brachte Forlanini seine Studien über den künstlichen Pneumo- 
thorax in deutscher Sprache in den Ergebnissen der inneren Medizin und Kinder- 
heilkunde Bd. 9. 1912. Eine Reihe seiner einschlägigen Arbeiten erschien in 
deutschen medizinischen Blättern (vgl. die Biblivgraphien in unseren Sonderheften 
über dıe Literatur der Luugeukollapstherapie). Schröder. 























Um Einsendung von nMonssrapiien und Büchern an den. Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilaustalı Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


. — — —— 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


berausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenhauses Eppendorf in 





Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 
Redaktion: Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch, 
Dirig. Arztder Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig, 


Schömb: rg, O.-A. Neuenbürg, Wtibg Dörrienstr. 16. 











TE Jahrg. Ausgegeten am 31. Juli 1918. Nr. i. 





Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 
‘Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 


ı Frischbier 192. Lindhagen. E. 1%. 
' Goetal, A. 210. Lipp, H. 197. 

| Hamburger, F. 195, £05. | Löwenstein 216. 

| Hoke, E. 216. | Mager, W. 209. | Spitzy, H. 208. 

| v. Jaksch, R. 208. Mahler, F. 210. |Steiner, L. 196. 

i Jerusalem, M. 208. ‚ Metzger 201. ı Strauch 206. 

Israeli, P. 209. | Müller, W. 212, 216. | Teloky, L. 208, 209, 210. 

Kraus, H. 200. . Ortbner 210, | Tutsch, F, 214. 

Kretz, R. 187. | Palmić, J. 206. : Ylppö, A. 191. 
Danielski, S. 210. Kuttner, L. 207. ' Parrisius 201. : Wallgren, A. 192, 202. 
Dostal, H. 205. | Langer 208. | Pribram, H. 213. | Wichmann. P. 198. 
Espinosa, L. 196. ı Larisch, J. 208. Ribbert, H. 189. ' Wick, L. 216. 

Fischel, K. 205. ' v. Liebermann, L. 186. | 


Adler, E. 216. 
Bacmeister, A. 189. 
Bail, O. 210. 
Bergmann, E. 193. 
Beschorner 207. 
-Bingel 206. 
Brauer, K. 198. 
Braeuning 191. 
Bünnings 206. 


;Sahler, J. 205. 
i Schram, Th. 198. 
Sochanski, H. 200. 





I. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummoern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. 


351. Liebermann, Versuch einer ein- 
heitlichen Erklärung der Immunität, Gewebs- 
immunität und Immunitätserscheinungen. 
852. Kretz, Wenckebaeh, Spitzentuber- 
kulose und Thorax phthisieus. 353. 354. 
Ribbert. Bacmeister, Über die Ein- 
teilung der Lungentuberkulose. — 355. Ylppö, 
Klinik und Cytologie der Pleuraerrüsse 
356. Braeuning, Offene und geschlossene 
Tuberkulose. — 357. Frischbier, Beitrag zu 
dem Thema „Lungenschüsse und Lungentuber- 
kulose. — 358. Wallgren, Verlauf der Tuber- 
kuloseimpfung bei Kaninchen verschiedener 
Alter. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


35. Bergmann, Gefährdung von Kin- 
dern durch tuberkulöse Ansteckung. 360. 
Hamburger, Extrafamiliäre Tuberkulose- 
infektion. — 361. Steiner, Ätiologie und 
Propbylaxe der Skrofulose. — 362. Espinosa, 
Pathologische Geographie von Ekuador. — 363. 
Lindhagen, Tuberkulosemortalität Stock- 
holms in den Jahren 1896—1915. 


Br a a Er a E EEE NE 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 


c) Diagnose und Prognose. 


364. Lipp, Technik der Tuberkelbazillen- 
färbung im Sputum und Harn. — 365. Brauer, 
Neues Verfahren zur Anreicherung von Tuber- 
kelbazillen im Sputum. — 366. Sehram, Vor- 
handensein der Tuberkelbazillen in Fäzes. — 
37. Wichmann, Diagnose der Hauttuber- 
kulose durch Vergleichung der an Krankheits- 
herd und Normalhaut angestellten Intrakutan- 
injektion. — 358 Sochanski, Neue Methode 
zur raschen Unterscheidung der Exsudate von 
den Transsudaten. — 389. Kraus, Vielkäm- 
merige Pleuraexsudate im kKöntgenbilde — 
370. 371. Parrisius, Metzger, Was leistet 
die Bewegungstemperatur für die Frühdiagnose 
der Lungentuberkulose? — 372. Wallgren, 
Prognose der tuberkulösen Lymphome mit 
besonderer Berücksichtigung der Lungentuber- 
kulose, 

d) Therapie. 

373. Fischel, Behandlung der Tuber- 
kulose mit Partialantigenen nach Deycke-Much, 
— 374 Dostal und Sahler, Bebandlung 
mit Tubeıkelbaziilenvakzine t{Tebecin Dortal). 
— 375. Hamburger Geteilte Tuberkulin- 


12. 13 


186 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


injektionen. — 376. 377. Strauch und Bingel, Lungenkranker. — 379. Beschorner, Die 
Palmie, Behandlung der Tuberkulose mit Ernährung der Lungentuberkulösen während 
dem Friedmann’schen Mittel. — 378. Bünnings, der Kriegszeit. — 380. Kuttner, Zur wei- 
Die Beschäftigungstherapie in ihrer Bedeutung | teren Regelung der Krankenernährung während 
für die berufliche Um- und Weiterbildung des Krieges. 


II. Kongress- und Vereinsberichte. 
7. Verhandlungen des VI. Österreichischen Tuberkulosetages, Wien 1918. 


I. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


351. L. v. Liebermann, Selektionshypothese. Versuch einer 
einheitlichen Erklärung der Immunität, Gewebsimmunität 
und Immunitätserseheinungen. D. m. W. 1918 Nr. 12. 


Das Wesen der erworbenen Immunität besteht darin, dass 
im Kampfe zwischen Virus und Zelle die schwächeren Zellen untergehen, 
die stärkeren sich behaupten und mit ihrer, schon eine erhöhte Resistenz 
erbenden Nachkommenschaft, eine relative Immunität bedingen. Als Gegen- 
stück dazu geschieht die Virulenzsteigerung pathogener Mikro- 
ben durch geeignete Tierpassage dadurch, dass im Kampf mit den Zellen 
die stärkeren Mikroben und ihre eventuell noch virulenteren Nachkommen 
übrig bleiben. Der Grad der Immunität wird demnach abhängen von 
der Anzahl der zugrundegegangenen weniger resistenten und der sie er- 
setzenden resistenteren Gewebszellen, und darum muss nach schweren 
Erkrankungen wie Typhus, Cholera, Pocken, bei welchen mehr nicht resi- 
stente Zellen vernichtet werden, höher sein als bei Schutzimpfungen, bei 
welchen nur wenige solcher Zellen zugrunde gehen. 

Die zerstörten Gewebszellen, welche neben Zellprotoplasma 
auch die Reaktionsprodukte zwischen Zellprotoplasma und 
Virus enthalten, gelangen durch Resorption ins Blut. In dieser kolloiden 
Lösung können die Antikörper noch eine ähnliche Wirkung auf das 
Virus enthalten, wie während des Kampfes in den Geweben. Die Anti- 
körper müssen für jedes Antigen verschieden zusammen- 
gesetzt, also spezifisch sein. Der Umstand, dass jedes Virus von 
ihm bevorzugte Gewebe besonders stark angreift, erklärt auch das Zu- 
standekommen einer spezifischen Organ- oder Gewebsimmunität, 
denn es gehen ja die minder resistenten Zellen gerade jener Organe zu- 
grunde, die von dem betreffenden Virus besonders bevorzugt werden. 
Auch die spezifischen serologischen Reaktionen sind damit im 
allgemeinen verständlich. — Die sog. normalen Antikörper sind unter 
physiologischen Verhältnissen, also nicht unter der Wirkung eines be- 
stimmten Antigens entstanden, und darum nicht spezifisch. Die Anaphy- 
laxie ist eine Fortsetzung des Immunisierungsprozesses. Die Antikörper 
werden bis zur Entstehung giftiger Substanzen abgebaut, welche bei Re- 
injektion des stärker affinen Antigens freigemacht werden. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 187 


Allergie entsteht, wenn ein nicht sehr heftig wirkendes Virus Ge- 
webszellen nur oberflächlich angreift, ohne sie zu vernichten. Es kommt 
dadurch zu einem Reizzustand, der sich meist erst bei einer Reinjektion 
äussert, wobei also der Mechanismus der allergischen Reaktion dem der 
Anaphylaxie entspricht. Bei der Kutanreaktion entsteht durch Freiwerden 
giftiger Abbauprodukte des erstinjizierten Antigens lokale Hyperämie, bei 
Eindringen in die Blutbahn allgemeine Reizung mit Fieber. 

Bei der Tuberkuloseallergie komplizieren sich die Verhältnisse 
hinsichtlich der Folgen, je nachdem man es mit einem nur allergischen 
oder wirklich tuberkulösen Organismus zu tun hat (ist der tuber- 
kulöse Organismus, abgesehen von der Anergie der Schwerkranken, 
nicht stets allergisch? [Ref.]), Sie kann wegen beschleunigter, deletärer 
Wirkung auf Tuberkelbafllen den Effekt einer Immunisierung haben, 
bei latenter Tuberkulose oder rezenter Infektion aber auch zu allgemeiner 
manifester Erkrankung führen. C. Kraemer II. 


352. R. Kretz, Spitzentuberkulose und Thorax phthisicus. I. 
K. F. Wenckebach, Spitzentuberkulose und phthisischer 
Thorax. IL W. kl. W. 1918 Nr. 14. 

Kretz: Nach ziemlich allgemein anerkannter neuerer Theorie der 
Phthisiogenese (Freund, Hart, Bacmeister) sind Phthise und Spitzen- 
tuberkulose primäre Lokalisationen einer Aspirationstuberkulose, deren 
Lokalisation durch die örtliche Disposition der Lunge bei enger und 
starrer oberer Thoraxstenose bedingt wurde. Dieser Zusammenhang kann 
aber nicht von dominierendem Einfluss sein, da es sichere Phthisen und 
Spitzentuberkulosen ohne die charakteristische Thoraxveränderung gibt und 
da Spitzentuberkulosen trotz ausgesprochener Skelettveränderung glatt aus- 
heilen; es wird ferner an einen Fall von Spitzentuberkulose bei ange- 
borener kompletter Spaltbildung des Sternums erinnert; ferner gelang es 
durch Aspiration von Tuberkelbazillen beim Meerschweinchen kavernöse 
Lungentuberkulose mit typischer Lokalisation in den hinteren oberen 
Partien, ohne Vorhandensein von Aperturstenoge, zu erzielen. Jedoch 
bedingen Infektion durch Einatmung und Lokalisation vorwiegend in den 
Lungenoberlappen einander nicht, sondern können nur zusammentreffen, 
andererseits kann aber ulzeröse Oberlappentuberkulose auch als Folge 
einer Infektion auftreten, die nicht in die Lunge hinein stattfindet, wobei 
die verschiedenen Invasionsmethoden dieselbe Prävalenz der hinteren oberen 
Lungenabschnitte für die Entwickelung der Tuberkulose in den Lungen 
zeigen. Kretz stellt folgende Hypothese der Entstehung der typischen 
Spitzentuberkulose auf: 

a) Eintritt von Tuberkelbazillen in den Organismus ohne Verletzung, 

b) Rasch eintretende aber kurz dauernde Bakteriämie, 

c) Deponierung der Bazillen in den Lymphdrūsen, ohne Erzeugung 
einer anatomisch kenntlichen Tuberkulose, nach Verarbeitung der Bazillen 
im Lymphgewebe, Auftreten einer Reaktionsänderung (eventuell richtige 
antibakterielle Immunität), 

d) Ausschwemmen der restlichen Tuberkelbazillen via Ductus thora- 
cicus in das Blut des Cava superior-Gebietes, 

e) Abfangen der Bazillen, die in die oberen Pulmonalarterienäste 
gelangen, in den Lungenkapillaren des sensibilisierten Tieres, 

13* 


188 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


f) Entstehen der pneumonischen Form der Lungentuberkulose im 
embolischen Herde, der eine Metastase erster Ordnung darstellt, 

g) Einschmelzung des käsigen Herdes. 

Auf diese Weise wird Lungentuberkulose auftreten müssen, und da, 
wie Verf. schon öfter zeigen konnte, kleine Emboli aus der oberen 
Hohlvene typisch in die oberen Pulmonaläste einschiessen, 
so muss immer Spitzentuberkulose nachfolgen. Da nicht der 
Invasionsherd für die Lokalisation der Lungentuberkulose massgebend 
ist, beweisen die Lungenherdenichts für dielnfektion durch 
Inhalation, stehen aber mit dieser Annahme auch nicht im 
Widerspruch. 

Die Lungentuberkulose ist wohl beim Menschen zualler- 
meist durch Einatmung erworben, aber die Lungenherde 
sind keine „Primäraffekte“ der aspirierten Bazillen, viel- 
mehr ist der Lungenherd als Metastase erster Ordnung in 
der Lunge des sensibilisierten Organismus anzusehen. 


Wenckebach: W. führt Argumenterein klinischer Natur gegen 
die sogenannte anatomische Disposition der Lungenspitze infolge Thorax- 
anomalien an und gruppiert dieselben unter folgenden 3 Punkten: 

1. Die Berechtigung der Annahme eines Habitus phthisicus. Nach 
seiner im Laufe der Jahre gewonnenen Überzeugung ist der flache (para- 
Iytische) Thorax eine Rasseneigentümlichkeit und ergibt keine Dis- 
position zur Tuberkulose. Im Elsass z. B. ist die Tuberkulosemorbidität 
und -mortalität die höchste im ganzen deutschen Reiche, und trotzdem ist 
dort der flache Thorax nahezu niemals zu finden. 

2. Gegen die Bedeutung der verringerten Beweglichkeit der Rippen 
als Prädisposition für fortschreitende Lungentuberkulose sprechen die 
modernen Erfahrungen mit Pneumothorax und Rippenresektion. Diese 
therapeutischen Massnahmen erzielen mit Erfolg genau das, was die 
Freund’sche Schule als schädlich und für die fortschreitende Tuber- 
kulose als disponierend darstellt. Die von Hart angenommene durch die 
Anomalie hervorgerufene Minderwertigkeit des darunter gelegenen Lungen- 
gewebes ist alles weniger als nachgewiesen. 

3. Das zahlenmässige Verhältnis der Thoraxanomalien zur Spitzen- 
tuberkulose in der Praxis. Die Röntgenplatte, besonders das stereoskopische 
Verfahren, ermöglicht, diese Untersuchungen am lebenden Menschen vor- 
zunehmen. Langjährige Anwendung dieser Methode hat W. die Über- 
zeugung geschenkt, dass namentlich die Verknöcherung des ersten Rippen- 
knorpels, aber auch sonstige Anomalien der oberen Thoraxapertur mit 
der Phthisiogenese ungefähr nichts zu tun haben. 

Unter 238 Fällen von Lungentuberkulose zeigten 35,7°/o überhaupt 
keine Spur einer Verknöcherung, 26,5°/o eine beginnende Verknöcherung, 
die schon beim gesunden 30jährigen die Norm ist; also 61,75°/jo zeigten 
keine irgendwie bedeutende Verknöcherung und nur 17,2°/o zeigten die 
vollkommene Umwandlung des ersten Rippenknorpels. Noch deutlicher 
zeigte sich dieses Verhältnis bei 171 Fällen von Spitzentuberkulose bei 
jugendlichen Individuen (15—30 J.), bei welchen in 86,3°/o der Ver- 
knöcherungsprozess keine Rolle spielte und nur in 1,5°/o eine vollständige 
Verknöcherung nachweisbar war. Man kann somit die Rippen- 
knorpelveränderungen unmöglich. alsirgend einen wichtigen 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 189 


Faktor für die Disposition der Lungenspitzen gegenüber 
Tuberkulose halten. Dies gilt ebenfalls für die von Hart in den 
Vordergrund gebrachten Anomalien des ersten Rippenringes. Spieltder 
knöcherne Thorax mit, so muss auch der normal gebaute 
Thorax Eigenschaften besitzen, welche diese Prädisposition 
bedingen. l A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


353. H. Ribbert, Über die Einteilung der Lungentuberkulose. 
D. m. W. 1918 Nr. 13. 

Verf. wendet sich zuerst in eingehender pathologisch-anatomischer 
Beweisführung gegen die von Nikol gebrauchte Bezeichnung „azinöse 
Phthise“; es handelt sich vielmehr stets um Prozesse in den Bron- 
chiolen und in deren Umgebung. Damit fällt auch der, wieder von 
Nikol gebrauchte Ausdruck „azinös-nodöse Phthise“. Ebenso 
hält Verf. die Nikol’sche Einteilung in konglomerierende nodöse 
und konfluierende Form, deren erstere wieder in die interstitielle 
und die parenchyimfüllende Form zerfällt, nicht für befriedigend. „Hier 
ist überall fliessender Übergang.“ , 

Auch die Aschoff’sche Einteilung in tuberkulöse, produktive 
und käsig-exsudative Phthise hält Verf. nicht für konsequent. 
Auch in der ersten Form spielt anfangs die Exsudation eine mass- 
gebende Rolle. 

An eine gute Einteilung müssen verschiedene Anforderungen gestellt 
werden; sie muss leicht übersichtlich, leicht verständlich und drittens nach 
einheitlichen Gesichtspunkten vorgenommen sein. 

Die charakteristischen Formen der Tuberkulose sind richtig zum Aus- 
druck gebracht in der Albrecht-Fraenkel’schen Einteilung in: 
erstens die indurierenden, zirrhotisch-abheilenden, zweitens die knotig- 
bronchial und peribronchial fortschreitenden und drittens die käsig-pneu- 
monischen Prozesse. Aber die Herde der zweiten Gruppe unterscheiden 
sich nicht durch ihren Sitz an den Bronchien von den anderen, denn sie 
entstehen alle an derselben Stelle, nicht wie Albrecht sagt, bronchial 
und peribronchial, sondern in den Bronchioli respiratorii und deren Um- 
gebung. Die Einteilung ist aber möglich nach der Zusammensetzung und 
umfasst nach diesen Gesichtspunkten in der ersten Gruppe die zirrhoti- 
schen, vernarbenden, in der zweiten die granulierend-exsuda- 
tiven, in der dritten die exsudativen Formen (Ribbert). Die Pro- 
zesse der ersten Gruppe verlaufen langsam und gutartig, die der zweiten 
nehmen hinsichtlich der Prognose eine mittlere Stellung ein, die der dritten 
entwickeln sich schnell zu dem Bilde der Phthisis florida. Zur Stellung 
der Prognose muss es dem Arzt möglich sein, die 3 Formen auseinander 
zu halten. Die Röntgenstrahlen leisten in dieser Hinsicht bis jetzt noch 
nicht genügendes; bei geeigneter Anwendung der Bestrahlung können 
vielleicht in Zukunft die verschiedenen Formen damit erkannt werden. 

C. Kraemer IJ, Stuttgart. 


354. A. Bacmeister, Die Nomenklatur und Einteilung der 
Lungentuberkulose vom Standpunkte des Praktikers. D. m. W. 
1918 Nr. 13. 
Die Turban-Gehrhardt’sche Stadieneinteilung versagt in klinischer 
und pathologisch-anatomischer Beziehung vollkommen. Einen grossen 


190 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Fortschritt bedeutete demgegenüber die Albrecht-Fraenkel’sche Ein- 
teilung, sowie die von Aschoff und Nikol (cfr. Referat über die Rib- 
bert’sche Arbeit [Ref.]), welche folgendes Schema aufstellten: 1. Miliare 
Phtbise — Miliartuberkulose (lokal oder disseminiert); 2. lokale Phthise 
(nodös-lobäre), a) azinös- nodöse, b) lobulär-käsige Phthise; 3. diffuse 
Phthise, a) zirrbotische Phthise, b) käsig-pneumonische Phthise. Aber 
auch diese Einteilungen beruhen auf rein pathologisch - anatomischen 
Grundlagen, sagen nichts aus über den klinischen Charakter, ob 
progredient, stationär oder zurückgebend und sind deshalb nicht für eine 
klinisch erschöpfende Gruppierung zu verwerten. Die erste Frage für 
den Kliniker ist der Reaktionszustand, der sich in der Art des 
klinischen Verlaufes der Krankheit ausspricht. Verf. unter- 
scheidet hier folgende Formen: 1. Die progrediente Tuberkulose, 
Zeichen: Fieber, Abnahme, elastische Fasern, Blutungen, allgemeine 
toxische Beschwerden. 2. Die stationäre Tuberkulose. 3. Die zur 
Latenz neigende Tuberkulose. Zeichen: Zurückgehen der klini- 
schen Erscheinungen physikalisch und symptomatisch. 4. Die latente 
Tuberkulose = klinisch geheilte Fälle. — Latenz bezeichnet im 
Sinne des Verf’s die abgelaufene Infektionsperiode, beschränkt 
sich also auf abgelaufene Prozesse und schliesst nicht das primär- 
„latente“ Inkubationsstadium mit ein. 

Diese Kategorien nehmen nun aber noch keine Rücksicht auf die 
pathologischen Veränderungen. Aus einer klinisch brauchbaren Einteilung 
muss unbedingt auch die Art des pathologischen Prozesses hervorgehen, 
sowie der Grundcharakter der morphologischen Veränderungen, wie er 
sich in den klinischen Symptomen wiederspiegelt. Dieser 
Forderung entspricht die Albrecht-Fraenkel’sche Einteilung, die 
Aschoff-Nikol’sche ist Verf. für den klinischen Gebrauch bereits zu 
kompliziert; er ist mit de la Camp für eine Vereinigung beider Schemata, 
wonach indurierende, disseminierteund diffus konfluierende 
(nach Verf. aber „diffus pneumonische“) Prozesse zu unterscheiden wären. 

Eine glatte Trennung von offener und geschlossener Tuber- 
kulose ist unmöglich; die Forderung, jede progrediente Tuberkulose als 
offene zu betrachten, ist klinisch durchaus gerechtfertigt. Andererseits 
gibt es zahlreiche Fälle von Tuberkulose, vor allem bei den stationären 
Formen, welche dauernd bazillenfrei bleiben. Verf. möchte aber doch 
aus vorwiegend sachlichen Gründen an dieser Umschreibung (in offene 
und geschlossene Tuberkulose) festhalten, wobei man sich nur klar sein 
muss, dass irgend ein prognostisches oder diagnostisches Kriterium in dieser 
Bezeichnung allein nicht liegt. 

Aus einer guten klinischen Einteilung muss aber auch die Ausdeh- 
nung der Krankheit hervorgehen. Die von Aschoff-Nikol vor- 
geschlagene Einteilung der Lunge in kraniale und kaudale Teile ist für 
klinische Zwecke zu summarischh Am besten wird die natürliche 
topographische Gliederung der Lunge zur Lokalisierung und Be- 
grenzung der tuberkulösen Prozesse benützt, wobei es für die klinische ° 
Beurteilung keine ausschlaggebende Rolle spielt, dass die Ausbreitung der 
Lungentuberkulose sich nicht genau an die Lappenbegrenzung hält. Es 
kann dem Rechnung getragen werden durch die Bezeichnung „im Bereich 
des Oberlappens“ etc. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 191 


Verf. stellt nun nach den genannten Gesichtspunkten folgendes 
klinisches Einteilungsprinzip auf (unter Ausschluss der Miliar- 
tuberkulose): 





I. II. III. IV. 
Progrediente |Indurierende Tbe., Offene Tbc., | Spitze (mitKavernenbildung) 
Tbe., disseminierte, | geschlossene Hilus ö 
stationäre, |pneumonische (broncho- im Bereich; | O’'Lappen š 
zur Latenz pneumonische, lobulär- ~ |M Lappen g 
neigende, pneumonische) U’Lappen r 
latente, (rechts — links) 


Aus jeder senkrechten Reihe ist im einzelnen Fall die passende Be- 
zeichnung zu nehmen, also z. B. progrediente, disseminierte, offene Tuber- 
kulose im Bereich des rechten Oberlappens (mit Kavernenbildung) und 
der linken Spitze und Hilus. 

Für statistische Zwecke kann je nach deren Bestimmung die erste 
oder zweite senkrechte Reihe herangezogen werden, für wissenschaftliche 
und speziell klinische Zwecke muss unbedingt sowohl der klinische Ver- 
lauf wie der pathologisch-anatomische Charakter berücksichtigt werden, 
was durch Vereinigung der beiden ersten senkrechten Reihen erreicht 
wird, also z. B. progrediente, broncho- pneumonische, oder indurierende, 
latente Form. 

Dieser Vorschlag des Verf.’s ermöglicht tatsächlich, — allzu weit- 
gehende Spezialausbildung zu erfordern, eine für den Kliniker weit mehr 
befriedigende Einteilung, als die seitherigen Schemata, welche doch in 
erster Linie für den pathologischen Anatomen von Wichtigkeit sind. 

C. Kraemer II, Stuttgart. 


355. Arvo Ylppö, Zur Klinik und Cytologie der Pleuraergüsse, 
vor allem der serösen, im Säuglingsalter. Zschr. f. Kinder- 
heilk. 17. 1918 Heft 3/4. 

Seröse Pleuraergüsse kommen im Säuglingsalter relativ häufig vor. 

Die Menge des Exsudats ist meist gering und nur durch Punktion nach- 

zuweisen. Unter den zelligen Eiemeuten der Ergüsse bilden die mono- 

nukleären Zellen einen auffallend hohen Prozentsatz. Diese Zellen 
stammen zum grössten Teil vom Pleuraepithel ab. Die polynukleären 

Zellen nehmen bei fortgesetzter Resorption des Exsudats an Zahl ab, so 

dass schliesslich nur noch mononukleäre Zellen gefunden werden. Die 

mononukleären Zellen sind anscheinend einer besonders energischen Phago- 
zytose fähig. Prinzipielle ätiologische Unterschiede zwischen eitriger und 
seröser Pleuritis bestehen nicht. W. Schultz, Hamburg. 


356. Braeuning, Offene und geschlossene Tuberkulose. Bemer- 
kungen zu dem gleichnamigen Aufsatz von Dr. Effler. Zschr. 
f. Tbe. Bd. 27 H. 6. 


Verf. wendet sich gegen die Forderung Effler’s, jeden Tuberkulösen, 
der Auswurf hat, als ansteckend zu betrachten. Wollte man sich Effler’s 
Forderung anschliessen, so müsste das Personal der Fürsorgestellen sehr 
vermehrt werden, ausserdem würde es für viele Kranke eine schwere 


192 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


soziale Schädigung bedeuten. Oft wird auch die Diagnose „Tuberkulose“ 
gestellt, wo keine vorliegt. In jedem zweifelhaften Falle müsste eben 
der Tierversuch zur Entscheidung herangezogen werden. 

[Eutgegnung (Effler): "Aktive, noch nicht sicher geheilte Lungen- 
tuberkulose soll als infektiös betrachtet werden, wenn noch Sputum aus 
den tiefen Luftwegen vorhanden ist, auch wenn dieses keine Tuberkel- 
bazillen enthält.) 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


357. Frischbier, Ein weiterer Beitrag zu dem Thema „Lungen- 
schüsse und Lungentuberkulose‘. Zschr. f. Tbc. Bd. 29 H. 1. 


An der Hand früherer und kürzlich angestellter Untersuchungen 
kommt Verf. zu dem Schlusse, dass eine Entstehung einer echten primären 
Tuberkulose im Anschluss an ein Trauma nicht vorkommt, dass viel- 
mehr eine an ein Trauma sich anschliessende Tuberkulose aufzufassen 
ist als das Wiederaufflackern eines bis dahin latent gebliebenen tuber- 
kulösen Herdes. Eine Aktivierung einer Lungentuberkulose durch einen 
Lungenschuss ist relativ selten. á 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


358. Arvid Wallgren, Über den Verlauf der Tuberkulose- 
impfung bei Kaninchen verschiedener Alter. (Vorläufige Mit- 
teilung.) Upsala Läkareforenings Förhandlingar Bd. 238. 1918. 

In einer ganzen Reihe von Arbeiten hat man während der letzten 
20—30 Jahre gewissermassen glaubhaft gemacht, dass das Iymphoide 
"Gewebe und die Lymphozyten einen günstigen Einfluss auf die Resistenz 
gegen Tuberkulose ausüben könnten. Ein endgültiger Beweis hierfür 
dürfte jedoch kaum erbracht worden sein. Um zur Aufklärung dieser 
Frage beizutragen, hat Verf. dieselbe von einem andern Gesichtspunkt aus 
zu behandeln versucht. Der Gedankengang ist dabei folgender: ist das 
Iymphoide Gewebe für den Kampf des Organismus gegen die Tuberkulose 
von der Bedeutung, wie man hat glauben machen wollen, so dürfte man 
auch erwarten, dass der Schutz gegen die tuberkulöse Infektion, den dieses 
dadurch gewährt, bei solchen Irdividuen, wo dies Gewebe mehr entwickelt 
ist, grösser ist, als bei solchen, wo dieses weniger entwickelt ist. 

In seiner Inaugural-Dissert. hat Hellman (Upsala Läkareförenings 
Förhandlingar 1914) nachgewiesen, wie die relative Menge des lymphoiden 
Gewebes beim Kaninchen unmittelbar nach der Geburt am kleinsten ist, 
und wie sie bis zur Pubertät (etwa im Alter von 5 Monaten) ziemlich 
schnell zunimmt, worauf sie wiederum allmählich abnimmt. Mit Hülfe 
dieser Angaben hat man somit eine Möglichkeit, eine vergleichende experi- 
mentelle Untersuchung darüber vorzunehmen, wie sich verschiedene Alters- 
klassen von Kaninchen mit verschiedener Menge lymphoiden Gewebes 
bei Tuberkuloseinfektion verhalten. Wäre es der Fall, dass die relative 
Menge Iymphoiden Gewebes für’ die Widerstandskraft des Tieres gegen 
die experimentelle Tuberkuloseinfektion eine Rolle spielte, so müsste man 
auch erwarten können, dass die jüngsten Tiere das Impfen am schlechtesten, 
die fünf Monate alten am besten und die ältesten Tiere wiederum etwas 
schlechter vertrügen, notabene wenn die Kaninchen mit derselben Menge 
Tuberkelbazillen pro kg Körpergewicht geimpft werden. 


Ätiologie und Verbreitung. 193 


Es wurden 2 verschiedene solche Versuche ausgeführt. Bei dem ersten 
Versuch wurden 8 Tiere (je zwei im Alter von über 12, 9, 7, und 
2 Monaten) mit 3 mg pro kg Körpergewicht humaner Tuberkelbakterien 
einer 5 Wochen alten Kultur geimpft. Bei dem zweiten Versuch wurden 
35 Tiere (in Altersgruppen von über 12, 11, 8, 6, 3!/2, 21/2, 2, 1!/2, 
und ®/4 Monaten) 'mit einer ebenso grossen Dosis boviner Tuberkelbakterien 
einer 6 Wochen alten Kultur geimpft. 

Das Resultat des ersten Versuches war, dass die 6 ältesten Tiere 
(1—12 Mon. alt) alle tuberkulöse Veränderungen der Lungen zeigten, bei 
den beiden 2 Monate alten Tieren hingegen fehlten diese. Diese beiden 
Tiere reagierten sowohl lokal auf der Impfstelle als in den regionären 
Lymphdrüsen stärker ale die übrigen 6 auf das Impfen. Die Tiere 
wurden nach 4 Monaten getötet. | 

Das Resultat des andern Versuches war, dass sämtliche Tiere in- 
folge der Tuberkuloseimpfung starben ; die ältesten und die-jüngsten lebten 
die längste, die mittleren Alters (2!/2, 31/2 und 4 Mon.) die kürzeste Zeit 
nach der Impfung. Verf. meint, dieser Sachverhalt spreche dagegen, dass 
die relative Menge des Iymphoiden Gewebes der Tiere, die am grössten 
ist bei den Tieren, die die kürzeste Zeit nach der Impfung lebten, von 
grosser Bedeutung für die Resistenz gegen Tuberkulose bei den Tieren ist. 
Dieses Resultat spricht ebenfalls dagegen, dass ausschliesslich das Alter 
den jungen Organismus weniger widerstandskräftig gegen Tuberkulose macht 
als den der Erwachsenen (vergl. Pollak, Bergman). Nach Ver- 
fassers Ansicht ist es wahrscheinlich, dass die Intensität der Infektion, der 
die kleinen Kinder von seiten eines tuberkulösen Vaters oder Mutter aus- 
gesetzt sind, die Ursache ist, weshalb die Tuberkulose bei ihnen einen 
ungewöhnlich malignen Verlauf hat. (Autoreferat.) 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


359. Emanuel Bergman, Die Gefährdung von Kindern dureh 
tuberkulöse Ansteckung. Ein Beitrag zur Frage über die Ent- 
stehung, Ausbreitung und Vorbeugung der Tuberkulose Diss. 
Upsala 1918. 

Der Untersuchung liegt ein Material von 1004 Kindern, die sich 
aus 233 tuberkulösen Familien rekrutierten, zugrunde. Die grosse Mehr- 
zahl derselben sind arme Arbeiterfamilien in Upsala. Im allgemeinen 
wohnen diese Leute sehr eng, auch lassen die Wohnungen in anderer 
Hinsicht oft manches zu wünschen übrig, In 64,8°;o der tuberkulösen 
Familien ist eins der Eltern lungenkrank; beide Eltern sind in 10,30,0 
lungenkrank, nur der Vater in 22,3°/o und ‚nur die Mutter in 32,2%. 
In 18°o der Familien war die Ansteckungsquelle ein anderer lungen- 
kranker Verwandter und in 17,2°/o Nichtverwandte. Während sich die 
Ansteckungsquelle bei 171 Familien in der Wohnung nachweisen liess 
(73,4°/o) wurde dieselbe ausserhalb der Wohnung in 62 Fällen gefunden 
(26,6 °/o). 

Von den 1004 Kindern waren 212 gestorben, davon 82 (= 8,2°/o der 
lebend geborenen und 38,7 °/o der tot geborenen). Unter den Knaben ist die 
Tuberkulosesterblichkeit in den ersten 7 Lebensjahren namentlich im Alter 


194 ` ` Ätiologie und Verbreitung. 


von 0—4 Jahren grösser als die der Mädchen. In den Schuljahren und 
bei Erwachsenen ist die Tuberkulosesterblichkeit beim weiblichen Geschlecht 
überwiegend. Im Verhältnis zu der ganzen Anzahl Kinder und der An- 
zahl Todesfälle an Tuberkulose ist die Tuberkulosesterblichkeiti während 
des ersten Lebensjahres am grössten (1,4°/0o bezw. 17,1°/0); sie nimmt 
mit zunehmendem Alter ab. Die Tuberkulosesterblichkeit ist in Familien 
mit doppelter parentaler Ansteckung mehr als doppelt so gross als in 
Familien mit nonparentaler Ansteckung (17,3°/o bezw. 7,2°/o sämtlicher 
Kinder innerhalb derselben Ansteckungskategorie). 

Von den tuberkulösen Erkrankungen nimmt als Todesursache in den 
ersten 7 Lebensjahren die Meningitis, nach dem siebenten Jahre die Lungen- 
tuberkulose eine dominierende Stellung ein. 

In 73 Familien, wo eins der Eltern an Lungenschwindsucht gestorben 
ist, ist die Tuberkulosesterblichkeit unter den 306 Kindern 13,1 Jo, während 
sie in 78 Familien, wo eins der Eltern lungenkrank ist, aber noch lebt, 
4,90/o (der 365 Kinder) ist. 

Von den 1004 Kindern der tuberkulösen Familien sind 792 (78,9 °/o) 
noch am Leben. Ungefähr !/3 derselben (36,2°/o) befindet sich im Schul- 
alter, eine etwas kleinere Anzahl (29,4°/o) im Alter von 16—25 Jahren 
und 11,7°/o sind über 25 Jahre alt. Von den 792 noch am Leben be- 
findlichen haben sich bei mehr als !/s oder 27,1 °%/o Anzeichen von Tuberkulose 
gefunden. Bei ?/s’ liessen sich keine sicheren Anzeichen erkennen. Die 
Tuberkulosemorbidität ist bei Kindern im Schulalter am grössten (35,9°/o). 
In diesem Alter ist die Tuberkulosemorbidität unter den Knaben grösser 
als unter den Mädchen. In den übrigen Altern ist sie beim weiblichen 
Geschlecht am grössten. Von den Überlebenden, die doppelt parental 
exponiert waren, haben sich bei 39,7°/o tuberkulöse Symptome gezeigt, 
unter den parental Exponierten bei 28,5°/o, und unter den nonparental 
Exponierten bei 24,7°%/o. Die ganze Anzahl Tuberkulöser (Toter und 
Lebender) ist unter den doppelt parental Exponierten 43,3°/o, unter den 
parental Exponierten 30,4 °/o und unter den nonparental Exponierten 29,9 /o. 

Von den 1004 Kindern, die die Untersuchung umfasst, sind 518, 
d. h. über die Hälfte bereits im ersten Lebensjahre tuberkulöser An- 
steckung ausgesetzt gewesen. Von diesen wiederum ist der grössere Teil 
(350) seit der Geburt tuberkulöser Ansteckung ausgesetzt gewesen. Die 
Tuberkulosesterblichkeit beträgt bei den im ersten Lebensjahre Exponierten 
bis zu 12°/o. Von den 698 in den 4 ersten Lebensjahren Exponierten 
sind 82—=11,8°/o an Tuberkulose gestorben. Die Tuberkulosesterblichkeit 
ist auf die in jedem der ersten 4 Lebensjahre Exponierten ziemlich 
gleichmässig verteilt. Unter denen, die erst nach dem vierten 
Lebensjahre tuberkulöser Ansteckung ausgegesetzt waren, 
ist kein Todesfall an Tuberkulose eingetroffen. Von den 
395 Überlebenden, die im ersten Lebensjahre tuberkulöser Ansteckung 
ausgesetzt worden sind, haben sich bei 33,4°/d, d. h. bei 1/3 tuberkulöse 
Symptome gezeigt. Bei den in den 4 ersten Lebensjahren Exponierten 
ist dıe Tuberkulosemorbidität recht beträchtlich; bei ungeführ !/s derselben 
haben sich somit tuberkulöse Symptome gezeigt. Bei den erst in den drei 
späteren Jahren Exponierten haben sich etwa bei !/s tuberkulöse Symptome 
gezeigt. Bei Exposition nach dem siebenten Lebensjahre ist 
kein Fall von Tuberkulose vorgekommen. 


Ätiologie und Verbreitung. 195 


In 4 Fällen sind Kinder lungenkranker Eltern bei der Geburt aus 
ihrem Elternbaus entfernt worden und in einer tuberkulosefreien Umgebung 
aufgewachsen. Bei keinem dieser Kinder haben sich bisher tuberkulöse 
Symptome gezeigt, während mehrere von den Geschwistern, die im Eltern- 
haus verblieben sind, tuberkulös geworden und teilweise an Tuberkulose 
gestorben sind. Ebenso sind ein paar Kinder, die nach dem Tode ihrer 
lungenkranken Väter geboren und auf diese Weise der Ansteckung ent- 
gangen sind, gesund geblieben. 

Am Ende der 350 Seiten starken Arbeit kommt Verf. zu folgenden 
Schlusssätzen über die Vorbeugung der Tuberkulose Beim Bekämpfen 
der Tuberkulose muss den Kindern die grösste Aufmerksamkeit gewidmet 
werden. Ist in einer armen Arbeiterfamilie eins der Eltern lungenkrank, 
so müssen die Kinder unmittelbar nach der Geburt aus dem Elternhaus 
entfernt werden. Dies ist die einzige wirklich effektive Art, die Kinder 
solcher Familien zu schützen. Die erste Zeit sollten -die Kinder am liebsten 
in Säuglingsheimen und später in von dem Staate, der Gemeinde oder auf 
privatem Wege eingerichteten Kinderkolonien untergebracht werden, und 
zwar bis sie das vierte und lieber noch bis sie das siebente Lebensjahr 
erreicht haben. Die Tuberkulose ist eine soziale Krankheit, deren Be- 
kämpfung eingreifende soziale und auch wohl rassenhygienische Massregeln 
erfordert. „Arvid Wallgren, Upsala. 


360. Franz Hamburger-@Graz, Über extrafamiliäre Tuberku- 
loseinfektion. Osterr. Tub.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 8. 

Die meisten Menschen werden schon in der Kindheit und zwar in der 
Mehrzahl der Fälle in der Familie angesteckt. Dieser intrafamiliären 
Ansteckung kann man die extrafamiliäre gegenüberstellen. Letztere 
teilt Verf. in die extrafamiliäre sensu strictori ein, die ausser- 
halb der eigenen Wohnung erfolgt und in die „Einbruchsinfektion“, 
die wohl in der Familie, jedoch durch fremde in die Familie eintretende 
Bazillenhuster erfolgt. Die intrafamiliäre Infektion ist gewöhnlich nicht 
zu vermeiden, aber für die Vermeidung der extrafamiliären bietet sich für 
die Fürsorgestelle ein Erfolg versprechendes Feld der Tätigkeit. Die 
Infektion „tuberkulosereiner“ Familien durch solche Ein- 
dringlinge sollte mit aller Energie bekämpft werden. Da es 
sich meist um alleinstehende Verwandte handelt, die wegen Pflege- 
bedürftigkeit in der Familie Aufnahme finden, so sind diese und die 
Familie entsprechend zu belehren und solche Kranke vor allen anderen 
im Spitale unterzubringen oder, wenn dies untunlich ist, in Familien ohne 
Kinder. Noch gefährlicher sind die erwerbsfähigen Bazillenhuster, da 
diese unverdächtig erscheinen und leichter Aufnahme in eine Familie finden. 
Dies sind besonders Aftermieter, Dienstboten, Hauslehrer, Hebammen 
u. dgl. Endlich kommt die Form der extrafamiliären Infektion in Betracht, 
bei der die Kinder in Anstalten angesteckt werden (Gebärhäuser, 
Kinderspitäler, Bewahranstalten, - Kindergärten, Schulen, etc). Bei der 
extrafamiliären Infektion durch erwerbsunfähige, pflege- 
bedürftige Personen könnte die Fürsorgetätigkeit schon 
jetzt sehr Erspriessliches leisten, wenn Arzt und Fürsorgerin dar- 
auf Bedacht nehmen, und vor allem einen Unterschied machen zwischen 
Kranken, die schon in einer Familie mit Kindern leben und solchen, die 


196 Ätiologie und Verbreitung. 


im Begriffe stehen, Aufnahme in einer solchen Familie zu suchen. Bei 
den erwerbsfähigen Bazillenhustern könnte nur eine gesetz- 
liche Regelung (Einschränkung) der Freizügigkeit solcher 
Individuen wirksam sein (Lungengesundheitszeugnis!,. Doch kann auch 
da die Fürsorgestelle durch entsprechende Belehrung Einiges leisten. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


361. L. Steimer, Zur Ätiologie und Prophylaxe der Skrofulose. 
Arch. f. Kinderhlk. 66. 1918 H. 5.6. 


Verf. hat im Laufe seiner 20 jährigen Tätigkeit als Augenarzt in 


Surabaya (Java) die Beobachtung gemacht, dass dort bei den Einge- 


borenen sowohl wie bei den Europäern die Skrofulose äusserst selten 
auftritt. Dagegen ist die Tuberkulose in Forın der Lungenschwindsucht 
auf Java ebensosehr verbreitet wie in Europa. Verf. führt die Selten- 
heit der Skrofulose auf. Java auf die intensive Sonnen- und Luft- 
wirkung zurück, die durch die leichte bzw. fehlende Bekleidung in den 
Tropen ermöglicht wird. Wahrscheinlich kommt der Haut eine noch 
unbekannte Funktion zu, indem sie durch eine Art innerer Sekretion die 
Gesundheit des übrigen Körpers und namentlich des Iymphatischen Systems 
beeinflusst. Die Skrofulose ist eine Störung des Körpers und besonders 
des Iymphatischen Systems, wodurch dessen Widerstandskraft gegen ver- 
schiedene Noxen und speziell gegen die tuberkulöse Infektion herabgesetzt 
wird und deren Ursache in einer durch übermässige Kleidung lahm- 
gelegten Hautfunktion gelegen ist. Autor fordert daher weitestgebende 
Ausnützung von Licht, Luft und Sonne für die Jugend und zwar pro- 
phylaktisch, bevor sie an Skrofulose erkrankt ist. Eine entsprechende 
Kleiderreform ist unbedingt erforderlich. W. Schultz, Hamburg. 


362. L. Espinosa-Tamayo, Über die pathologische Geographie 

von Ekuador. Arch. f. Schiffs- und Tropen-Hyg. 21. 1917 

H. 17. | 

Die Tuberkulose ist an der Küste sehr verbreitet, ın der andischen 
Region selten. Die Luifgentuberkulose ist die am häufigsten auftretende 
Form. In der Stadt Guayaquil ist sie diejenige Krankheit, die die meisten 
Todesfälle verursacht. Die Lepra ist selten, nur einige Herde bestehen 
in der andischen Gegend und an der Küste. Über die geographische 
Verbreitung der übrigen Krankheiten ist im Original nachzulesen. 

W. Schultz, Hamburg. 


363. Emil Lindhagen, Die Tuberkulosemortalität Stockholms 
in den Jahren 1896—1915. Hygiea S0. 1918. 


Im grossen ganzen kann man die Veränderungen, die die Mortalitäts- 
ziffern der Tuberkulose in jenem Zeitraum in Stockholm erfahren haben, 
folgendermassen zusammenfassen: beträchtlich sinkende Todeszahl im Kindes- 
alter bis zum Alter von 15 Jahren sowie in dem Alter von über 40 Jahren, 
dagegen allmählich steigende Todeszahl in dem Alter von 15—40 Jahren, 
wobei das Verhältnis erbeblich ungünstiger für das weibliche als für das 
männliche Geschlecht sich gestaltet; sowohl für Frauen wie Männer am 
ungünstigsten ist die Tuberkulosesterblichkeit im Alter von 20—30 Jahren, 
ein wenig günstiger in den Jahren 15—20 und relativ am günstigsten 
in den Jahren 30—40. 


Diagnose und Prognose. 197 


Die Tuberkulosesterblichkeit in °/oo jahresweise in den Jahren 














1896—1915. 
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je 1896—1900 1001—1905 sc 1906 1910 | 1911—1915 | 1 jo 
ve u eg eg en au 
Sämtlich | 332 | 297 ` 296 26.7 | —19,6 
0-15 360 | 312 : 23 23.2 — 35,5 
15—40 28,6; 280 , 299 | 294 + 2,8 
über 40 38,3 | 813 ; 294 Bl | 0 — 845 


i 

Die Tuberkulosesterblichkeit in sämtlichen Altern ist alao ein stetiges 
Fallen und das gilt sowohl für das männliche wie das weibliche Geschlecht, 
aber im Lichte der näheren Beurteilung der Todeszahlen in den verschiedenen 
Altern zeigen sich die Veränderungen der Mortalität weit ungünstiger. 
Betreffend die lebenskräftigsten Alter (zwischen 15 und 40 Jahren) ist 
nämlich in Stockholm durch die Antituberkulosearbeit die Tuberkulose- 
sterblichkeit nicht von der Stelle gekommen. Es scheint fast mehr, als 
ob die Ausbreitung der Tuberkulose in diesem Alter nicht vermindert ist, 
sondern dass die Krankheit eher eine Neigung zum vermehrten Umsich- 
greifen zeigt. Arvid Wallgren, Upsala. 


c) Diagnose und Prognose. 


364. Hans Lipp, Zur Technik der Tuberkelbazillenfärbung im 
Sputum und Harn. Derm. Wschr. 1918 Nr.2. 


Die Ziehl-Neelsen’sche Färbung versagt in manchen Fällen. Ver- 

fasser empfiehlt: 
a) Karbolfuchsin-Tropäolinmethode: 

1. Fixierung, Auftragen von Karbolfuchsin und vorsichtiges Erwärmen 
bis zur Dampfbildung, Abspülen in Wasser. 

2. Eutfärbung in salzsaurem Alkohol (Acid. hydrochl. 6,0; Alkohol 
abs. 210,0; aq. dest. ad 300). 

3. Gegenfärbung- mit gesättigter alkoholischer Tropäolinlösung, etwa 
5 Tropfen 5—10 Sekunden, Abspülen in Wasser. 

4. Trocknen zwischen Fliesspapier. 

Die Hülle der Tuberkelbazillen und die Bazillensplitter sind blass- 
rot bis rot, die intrabazillären Granula sind dunkelrot, der Grund des 
Präparates dunkelgelbrötlich. 


b) Die Kronberg’sche Karbolfuchsin-Jodmethode. 

1. Wie oben, Präparat erkalten lassen (ohne abzuspülen). - 

2. Wie oben. 

3. Aufgiessen von offizineller Jodtinktur, die mit dem vierfachen 
Volumen 60°/o Alkohols verdünnt ist. Wirkung: wenige Minuten. 

4. Abspülen der Jodlösung mit starkem Wasserstrahl (sichere Ver- 
meidung von Niederschlägen durch Jodausfällung). Trocknen. 

Bei dieser Färbemethode keine kompakten Stäbchen, sondern alle 
Säurefesten erscheinen granuliert, innerhalb einer blassroten oder rosa ge- 
färbten Hülle deutlich dunkelrote oder violette, meist glänzende, scharf 
gezeichnete Granula. 


198 Diagnose und Prognose. 


c) Karbolfuchsin-Jodsalzsäurefärbung nach Perges. 

1. Karbolfuchsinfärbung wie oben. 

2. Entfärbung und zugleich Kontrastfärbung in Rp. Tinct. jodi 92,0; 
Acid. hydrochl. conc. 8,0, einige Minuten eingelegt, abgespült, getrocknet. 
Die Tuberkelbazillen erscheinen rot mit schwarzen Granulis auf gelb- - 
lichem Grunde. 

Diese Methode ergibt um 10°/o häufiger positive Resultate als die 
Färbung nach Ziehl-Neelsen und erübrigt das zeitraubende Anti- 
forminverfahren. | 

d) Der Nachweis der Tuberkelbazillen im Harn, zur Frühdiagnose 
der Urogenitaltuberkulose. 

Sediment von etwa 100 ccm der Tagesmenge. Wird am besten mit 
Pappenheim’scher Korallinfärbung gefärbt. 

Man färbt 5 Minuten mit Karbolfuchsin, taucht ohne Abspülung 
in folgende Lösung: 

Korallin 1 g, alkoholische gesättigte Methylenblaulösung 100 g, 
' Glyzerin 20 g. Das Eintauchen geschieht 3—5 mal. Das Korallin ent- 
färbt alle Stäbchen mit Ausnahme der Tuberkelbazillen. Literatur. 

'P. von der Porten, Hamburg. 


365. K. Brauer, Ein neues Verfahren zur Anreicherung von 
Tuberkelbazillen im Sputum. D. m. W. 1918 Nr. 10. 


Zusamenfassung: „Es wird ein neues Verfahren zur Aureicherung 
von Tuberkelbazillen im Sputum mittelst Aluminiumsulfats und Ammoniaks 
gegeben, wobei letzteres gleichzeitig zur Homogenisierung dient. Das neue 
Verfahren ist nicht nur wegen der grösseren Zahl der positiven Ergebnisse, 
sondern auch hinsichtlich der einfachen Handhabungsweise den meisten 
andern Verfahren, sogar dem Uhlenhuth’schen überlegen. Es führt 
demnach schneller zum Ziel und erleichtert wegen der guten Sichtbarkeit 
und Färbbarkeit des Ausstrichs die mikroskopische Untersuchung. 

| C. Kraemer II. 


366. Thomas Schram, Über das Vorhandensein der Tuberkel- 
bazillen in Fäzes. Norsk Magazin for Lægevidenskaben 1918 
Nr. 6. 

Die Äthermethode nach Reh ist zu klinischem Gebrauch einfach 
und zuverlässig und ist den gewöhnlichen Ausstrichsmethoden sehr vor- 
zuziehen. Die Tuberkelbazillen werden in den Fäzes sehr oft bei vorge- 
schrittenen, speziell febrilen Phthisen gefunden. Als diagnostisches Hilfs- 
mittel bei erwachsenen Phthisikern ist die Fäzesuntersuchung von wenig 
praktischer Bedeutung. Von 27 Fällen, bei denen der Verfasser Tuberkel- 
bazillen im Sputum nicht fand, gelang es ihm in 3 Tuberkelbazillen in 
den Fäzes nachzuweisen, Birger-®Overland, Bergen. 


367. P. Wichmann, Die Diagnose der Hauttuberkulose durch 
Vergleichung der im Krankheitsherd und Normalhaut ange- 
stellten Intrakutaninjektion. Derm. Wschr. 1917 Nr. 38. 

Da der direkte Nachweis der Tbc. im Schnitt, Kulturverfahren oder 

Tierversuch nur selten gelingt, sind wir zur Diagnose auf die Antikörper- 

reaktion, Tuberkulinreaktion angewiesen. Da die Tuberkulinreaktion noch 


Diagnose und Prognose, 199 


bei Lepra auftritt, die bei Lues durch Jadassohn beobachteten 3 Fälle 
nicht einwandfrei sind, ist die lokale Tuberkulinreaktion in praxi spezifisch. 
Der negative Ausfall beweist nichts, da das Tuberkulin durch Narben- 
gewebe abgehalten werden kann, oder verändert an die kranke Stelle 
kommt. Grosse Dosen wären also notwendig; die Methoden nach Ponn- 
dorf, Pirquet oder Moro geben oft negativen Ausfall bei sicherer 
Hauttuberkulose. Jedoch macht Wolf-Eisner darauf aufmerksam, 
dass der Pirquet im Krankeitsherd noch positiv ausfällt, bei negativem 
Ausfall in der Normalhaut; ähnliche Beobachtungen sind auch von 
-anderer Seite bei Moro und Pirquet berichtet. Jedoch ist die Reaktion 
aus oben genannten Gründen zu inkonstant. 

Es bleibt also nur die Methode der intrakutanen Injektion, 
vorausgesetzt, dass die gleichen Mengen gespritzt werden. Über diese 
fälschlich nach Mantoux genannte, von Mendel zuerst geübte Methode 
liegen noch wenig Erfahrungen beim Menschen vor. Jedoch liegen grosse 
Erfahrungen bei Tieren vor. Es werden nun kurz die Arbeiten von 
Rönner, Beitrag z. Klin. d. Tbc. 1909 Bd. 12, von Esch, Beitrag z. 
Klin. d. Tbc. 1909 Bd. 14, von Selter, M.m. W. 1912 Nr. 39 und 
Graetz, Veröffentlich. d. Robert Koch Stiftung 1916 Heft 11 bis 12 
referiert, 

Die Schlüsse für innere Tuberkulose aus diesen Tierversuchen sind: 
1. die positive Reaktion zeigt das Vorhandensein von Tuberkulose, der 
negative Ausfall beweist nicht das Gegenteil. 2. Die Schnelligkeit des 
Eintritts und die Intensität der Reaktion sind der Schwere des Tuber- 
kuloseprozesses proportional. 

Von diesen Erfahrungen ausgehend wurde vom Verfasser die Methode 
auf die Dermatose angewandt, indem er zwecks Diagnosenstellung die 
gleiche Menge im Krankheitsherd und in der Normalhaut injiziert; je 
kleiner die Tuberkulinmenge, um so deutlicher die Differenz. In Abzug 
zu bringen ist der traumatische Effekt, der in 48 Stunden fast immer so 
gut wie verschwunden ist, gerade wenn die Tuberkulin-Reaktion am deut- 
lichsten ist Die Dosis der Injektion beim Erwachsenen ist 0,1—0,01 mg, 
bei Kindern 0,01—0,001 mg Alttuberkulin in 0,1 ccm physiologischer Koch- 
salzlösung. Eine Kontrollinjektion mit physiologischer Kochsalzlösung zur 
Beobachtung des traumatischen Effektes ist mit symmetrischer Lokalisation 
notwendig. Die Reaktion ist positiv bei Rötung und Schwellung, an die 
sich Quaddelbildung, selten eine derbere Papel anschliessen kann. Nur 
wenn der Krankheitsherd bei gleicher Beschickung deutlich stärker reagiert 
als die Normalhaut, ist die Reaktion positiv. 


Einige Einschränkungen: Bei stärkerer Vaskularisation kann 
am Krankheitsherd eine stärkere Reaktion auftreten, und besagt dann 
nur, dass das Individuum mit Tuberkulose in Berührung gekommen ist, 
ohne über die Natur des Hautherdes zu unterrichten. Dann kann das 
Tuberkulin an sich als Trauma wirken und leicht empfindliche Haut- 
affektionen entzündlich reizen, oder beides zusammentreffen. Andererseits 
kann ein stark narbiger Tuberkelherd schwächer reagieren, infolge der 
Unmöglichkeit, das Tuberkulin bei den Narbengeweben in gleicher Menge 
an die Krankheitsherde zu bringen; oder es kann das Trauma der physio- 
logischen Kochsalzlösung im Herde Tuberkulin freimachen und eine ver- 
wendbare Reaktion erzeugen. Verfasser betont: 


200 Diagnose und Prognose. 


Je ausgesprochener und progredienter der Tbc.-Hautherd ist, desto 
offenbarer ist die Differenz zwischen Herd und Normalhautreaktion. Zur 
Illustration der Methode und ihrer Zuverlässigkeit bringt Verfasser eine 
Kasuistik von 59 Fällen in 4 Gruppen. 

Gruppe I: Lupus und andere Formen der Hauttuberkulose. Von 
24 Lupusfällen sind 20 positiv. Bei 4 Fällen hindert Narbenbildung 
die Reaktion. Bei 3 Fällen scheinen Unregelmässigkeiten in der Anti- 
körperbildung oder Beschlagnahme der Antikörper durch innere Tuber- 
kulose vorgelegen zu haben. Bei einem frischen Falle scheint die Anti- 
körperbildung noch nicht genügend eingesetzt zu haben. 

Gruppe Il: Tuberkulose der Nasenschleimhaut (2 Fälle) reagieren 
prompt. i 
Gruppe III: Lupus erythematodes. Von 11 Fällen ergaben 9 Fälle 
den positiven Ausfall. Ein Fall durch Narben behindert, ein Fall bat 
noch keine Antikörper gebildet. (Ein positiver Fall mit Lupus gemischt.) 

Gruppe IV: Exantheme der Tuberkulose (6 Fälle), Alle positiv 
(darunter eine Acne rosacea und ein Granuloma annulare). 

Gruppe V: Nicht tuberkulöse Dermatose. (9 Fälle) sämtlich negativ. 

Folgt Literaturangabe. P. von der Porten, Hamburg. 


368. Heinr. Sochanski- Lemberg, Neue Methode zur raschen 
Unterscheidung der Exsudate von den Transsudaten. W. kl. W. 
1918 Nr. 18. 

Es ist allgemein bekannt, dass sich Exsudate durch grössere Eiweiss- 
menge und höheres spezifisches Gewicht von Transsudaten unterscheiden. 
Für rasche Differenzierung ist dies jedoch nicht verwendbar. Die geringere 
Basizität der Exsudate gegenüber den Transsudaten ist eine Folge der 
Anwesenheit von sauren Substanzen in den ersteren. Verf. verwendete 
Phenolphthalein, dessen schwach alkalische Lösung zur schnellen 
Unterscheidung benützt werden kann. 9 ccm des Reagens mit 1 cem 
Punktionsflüssigkeit gemischt, ergibt komplette Färbung nur dann, wenn 
diese Flüssigkeit ein Exsudat ist. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


369. H. Kraus, Über vielkämmerige Pleuraexsudate im Röntgen- 
bilde. W. kl. W. 1918 Nr. 18. 

Mehrkämmerige Pleuraexsudate sind auch im Röntgenbilde als solche 
nicht erkennbar. Erst bei Eintritt von Luft aus Anlass eines künstlichen 
Pneumothorax werden die einzelnen mit Flüssigkeit teilweise gefüllten 
Kammern sichtbar und bieten mit den freien mehrfachen Flüssigkeits- 
niveaux das charakteristische Bild. Drei Fälle von Lungentuberkulose 
werden als Typen verschiedener Entstehungsarten der multilokulären Ex- 
sudate angeführt: 

1. Bei bestehendem wegen Lungentbe. angelegtem Pneumothorax kam 
es zu Exsudatbildung und später zu netzförmigen Verklebungen resp. Ab- 
sackungen mit (3) sichtbaren Flüssigkeitsspiegeln.. 2. Als Folge einer 
alten auch iuterlobär lokalisierten Pleuritis Verwachsungen der Rippen- 
fellblätter, dann Anlegung des Pneumothorax, zum Schluss Exsudatbildung 
in den mehrfachen Taschen der Adhäsionen; fünf Taschen sichtbar. 3. Be- 
stehen alter pleuraler Adhäsionen über der tuberkulösen Lunge, deren imaginäre 

Hohlräume durch später auftretendes Exsudat erfüllt werden, endlich Ein- 
blasen von Luft, wodurch die (acht) Säcke erkennbar werden. 


Diagnose und Prognose. 201 


Die einzelnen Säcke dürften durch bloss enge ventilartig sich schliessende 
Kanäle verbunden gewesen sein, da sonst die Flüssigkeit abgelaufen wäre. 
Ob ausser den mit Exsudat zum Teil gefüllten Hohlräumen noch solche 
vorhanden waren, die nach unten zu weit offen, daher leer und unsichtbar 
waren, war nicht konstatierbar aber wahrscheinlich. (Autoreferat.) 


370. Parrisius, Was leistet die Bewegungstemperatur für die 

Frühdiagnose der Lungentuberkulose? Zschr. f. Tbe. Bd. 29. 

In eingehender Würdigung der vorliegenden Literatur und an Hand 
eigener Versuche kommt Verf. zu folgenden Schlüssen : 

1. Aus dem Ansteigen der Körpertemperatur nach Bewegung darf 
nicht auf einen krankhaften Prozess geschlossen werden. Selbst Tem- 
peraturen von 38,0 und wenig darüber nach 1!/s stündigem Spaziergang 
werden von Gesunden erreicht, wenn auch nicht so häufig wie von Kranken. 
Für Tuberkulose ist dies Symptom in grösserem Massstabe nicht patho- 
gnostisch verwertbar. 

2. Im allgemeinen fällt die Körpertemperatur, die nach der Bewegung 
gestiegen ist, in l/» ständiger Ruhezeit wieder zur Norm ab. Jedoch komnit 
auch schon beim Gesunden ab und zu ein verzögerter Abfall vor. Sehr 
viel häufiger ist der verzögerte Abfall der Temperatur bei Kranken. 

3. Besteht dringender Verdacht auf tuberkulöse Erkrankung der 
Lungen, so darf man immerhin mit äusserster Vorsicht und unter Berück- 
sichtigung aller oben angeführten Krankheiten, namentlich der ungemein 
verbreiteten Neurasthenie und etwa vorhandener Hypertrophie der Tousillen 
und des Lungenemphysems bei positivem Ausfall des Versuches, d. h. bei 
verzögertem Abfall der Bewegungstemperatur zur Norm und höherer Be- 
wegung-temperatur als 38,0 eher geneigt sein, den Prozess für aktiv als 
für torpid anzusehen. | | 

Aus dem negativen Ausfall, also geringerer Bewegungstemperatur 
als 38,0 und prompter Rückkehr der Temperatur zur Norm in 1/2 Stunde 
darf keineswegs der Schluss gezogen werden, dass keine oder eine torpide 
Tuberkulose vorliegt. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


371. Metzger, Über die Bewegungstemperaturen bei Lungen- 
tuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd.29 H.1. 


Verf. kommt durch eigene Versuche und Besprechung der Literatur 
zu folgenden Schlüssen : 

1. Die Temperatur steigt nach Gehen sowohl beim Gesunden wie beim, 
Rekonvaleszenten und Tuberkulösen, bei Rekonvaleszenten und Tuber- 
kulösen jedoch meistens höher als bei den Gesunden, Die Ursache hierfür 
ist, dass der Gesunde geübt, seine Wärmeregulierung gut ausgebildet ist, 
während der Rekonvaleszent infolge der eben überstandenen Krankheit, 
der Tuberkulöse, weil er sich schonen muss, ungeübt ist. 

2. Die physiologisch erhöhte Bewegungstemperatur kehrt beim Ge- 
sunden nach 1/3 stündiger Ruhe im allgemeinen wieder zur Norm zurück. 
Der Temperaturabfall nach Probemarsch nimmt bei Tuberkulösen bäufiger 
als bei anderen Leuten mehr als !/s Stunde in Anspruch. Besonders ist 
das bei den ungeübten Tuberkulösen der Fall. Daraus geht hervor, dass 
die Verzögerung des Temperaturabfalles nicht allein auf Tuberkulose 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 14 


202 Diagnose und Prognose. 


zurückgeführt werden darf, sondern dass auch der Mangel an Übung 
eine Rolle dabei spielt. 

Immerhin sieht man beim Vergleich einer grösseren Anzahl von 
tuberkulösen und nichttuberkulösen Menschen, dass die Bewegungstem- 
peratur der Tuberkulösen im allgemeinen langsamer abfällt. Aber es gibt 
zuviel Ausnahmen davon, als dass man im Einzelfalle berechtigt wäre, 
einen verzögerten Temperaturabfall als Tuberkulosesymptom zu verwerten. 
Man kann höchstens sagen, dass er den Verdacht auf Tuberkulose ver- 
stärken kann, wenn andere Ursachen (andere Krankheiten. oder Mangel 
an Übung) fehlen. Diese auszuschliessen wird oft schwer sein. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


372. Arvid Wallgren, Über die Prognose der tuberkulösen 
Lymphome mit besonderer Berücksichtigung der Lungen- 
tuberkulose. Diss. Upsala 1918. Upsala Läkareförenings 
Förhandlingar Bd. 23. 1918. 


Verf. hat eine Untersuchung des Gesundheitszustandes bei Individuen, 
die vor 10—30 Jahren an tuberkulösen Lymphomen operiert worden sind, 
mit besonderer Berücksichtigung der Lungen unternommen. Das Material 
bestand aus 526 Fällen, die während der Jahre 1885—1905 in der 
Chirurgischen Klinik in Upsala operiert worden waren. 244 Personen 
sind ausserhalb des Regierungsbezirkes Upsala ansässig und wegen Ver- 
kehrsschwierigkeiten verhindert gewesen, sich zwecks Nachuntersuchung in 
Upsala einzustellen; sie sind daher ausgelassen. Zur Nachuntersuchung 
gelangten somit 282 Fälle; Verf. erhielt durch die resp. Pfarrämter die 
Adressen von 251 derselben. Von diesen 251 Fällen wiederum sind 
129 vom Verf. persönlich oder in einigen Fällen von anderen Ärzten 
untersucht worden. 95 sind gestorben, und zwar haben sich die Todes- 
ursachen (in den meisten Fällen durch ärztliche Atteste) feststellen lassen. 

Die Verhältnisse beim Aufenthalt im Krankenhaus und bei der Nach- 
untersuchung gehen aus folgender Tabelle hervor: 


Bei der Nachuntersuchung : 





| 







é n g = a 

; aa) 2 | “ |58| 8% 
Beim Aufenthalt im Krankenhaus: „| 8 | £ |g] E2 
as: ©, 5 |35|8%3 

aan 

z —— 








| 
Individuen mit gesunden Lungen . 79 63 9 


5 2 0 

Ohne angegebene Lungenbefunde . | 108 83 13 3 5 4 
Der Lungentuberkulose Verdächtige 8 3 5 0 0 0 
Lungentuberkulöse . . . ... 29 9 19 1 0 0 
| | 224 |158 | 4 | 9| 7| 4 


Was die Frequenz der Lungentuberkulose bei Lymphomerkrankungen 
anbetrifft, so geht aus dem Material hervor, dass wenigstens 16,5°0/o beim 
Aufenthalt im Krankenhaus mit Lungentuberkulose behaftet waren. Dass 
diese 16,5°/o wirklich an Lungentuberkulose gelitten haben, lässt sich 
durch die Resultate der Nachuntersuchung kontrollieren; es zeigte sich 


Diagnose und Prognose. 203 


hierbei nämlich, dass fast sämtliche (37) von denen, die beim Aufenthalt 
im Krankenhause als Lungenschwindsüchtige oder als verdächtige Lungen- 
schwindsüchtige angesehen wurden, entweder in der Zwischenzeit an 
Lungentuberkulose gestorben sind (23) oder andauernd manifeste Tuber- 
kulose (1) oder Anzeichen von durchgemachten tuberkulösen Prozessen (8) 
aufweisen. Durch Zusammenstellung der erhaltenen Frequenz von Lungen- 
schwindsüchtigen unter den Lymphomkranken mit den Zahlen früherer 
Nachuntersucher (15 °/o Lungentuberkulose bei 941 Lymphompatienten) 
zieht Verf. den Schlusssatz, dass Lungentuberkulose bei den Individuen, 
die an Lymphomen leiden, bäufiger ist als bei anderen. 

Die Nachuntersuchung ergab, dass 36 Individuen — dem ärztlichen 
Attest nach — an Lungentuberkulose gestorben sind und 6 an dieser 
Krankheit leiden. Wenn auch der eine oder der andere Fall nicht — wie 
das Todesattest angibt — an Lungentuberkulose sondern an einer nicht 
tuberkulösen Krankheit gelitten hat, so dürfte doch hieraus hervorgehen, 
dass diese Frequenz Lungenschwindsüchtiger (42 von 224) bedeutend 
höher ist als es bei zuvor gesunden Individuen der Fall ist. Dieser Sach- 
verhalt tritt noch deutlicher hervor, wenn man auch die Fälle zu den 
Lungenschwindsüchtigen rechnet, die dem ärztlichen Atteste nach an 
Miliartuberkulose gestorben sind (9 Fälle, Aus obenstehendem geht 
hervor, dass man bei Nachuntersuchung von Individuen, bei denen sich 
tuberkulöse Lymphome gezeigt haben, eine höhere Prozentzahl Lungen- 
tuberkulose findet als bei solchen, die zuvor nicht mit Lymphomen be- 
haftet gewesen sind. Indessen hebt Verf. als seine Ansicht hervor, dass 
diese grosse Frequenz der Lungentuberkulose unter den Lymphomkranken . 
nicht besagen muss, dass Lymphome die Ursache der Lungentuberkulose 
gewesen sind. Verf. stützt sich hierbei auf eine Reihe von von anderen Ver- 
fassern ausgeführten Untersuchungen (u. a. Ghon, .Hedre&n, Beitzke, 
Schlenker, Harbitz, de Besche, Ungermann), aus denen hervor- 
zugehen scheint, dass eine gleichseitige von aussen erfolgende Infektion 
der Lunge und Halsdrüsen häufig ist und ferner, dass nicht selten bei 
Fällen mit gleichseitiger Lungen-Bronchial- und Halsdrüsentuberkulose, 
die Tuberkulose in den Lungen älteren Datums ist als die Halsdrüsen- 
tuberkulose. 

Die Untersuchung gewährt keine Stütze für die u. a. von Marfan 
vertretene Ansicht, dass Lymphome das Risiko für die Entstehung von 
Lungenschwindsucht herabsetzen könnten. Von 79 Individuen, die beim 
Aufenthalt im Krankenhaus bei gewöhnlicher klinischer Untersuchung 
als nicht lungenkrank angesehen wurden, waren 9 bei der Nachunter- 
suchung an Lungentuberkulose erkrankt bezw. gestorben; d. h. ungefähr 
jedes neunte Individuum. U. a. ist indessen zu beachten, einerseits dass 
man tuberkulöse Lungenveränderungen während des Aufenthaltes im 
Krankenhause nicht mit absoluter Sicherheit als ausgeschlossen ansehen 
kann, andererseits die hygienischen Verbältnisse (u. a. Exposition für 
Tuberkulose), in denen die Lymphomkranken häufig leben. 

Es fehlen jedoch nicht ganz Anzeichen, die vielleicht darauf deuten, 
dass Lymphome zuweilen das Risiko für die Entstehung der Lungen- 
tuberkulose herabsetzen können. Verf. erwäbnt hier den vom Verf. selbst 
u. a. (Cotton, Quinquaud) unabhängig voneinander beobachteten 
Umstand, dass in einer tuberkulösen Familie eiuige Kinder an Lungen- 


14* 


204 Diagnose und Prognose. 


tuberkulose erkrankt und gestorben sind, während andere an Lymphomen 
erkrankt, die Lungen aber gesund geblieben sind. Als eine Stütze hier- 
. für kann vielleicht auch der Umstand angesehen werden, dass in einer 
Abteilung für Lungenschwindsüchtige, Lymphome verhältnismässig selten 
sind. Verf. fand unter 878 Kranken nur 14, die angegeben hatten, 
dass Drüsenschwellungen, allem Anschein nach tuberkulöse Lynıphome, 
vor der Entstehung der Lungentuberkulose vorgekommen sind. Auch der 
Umstand, dass Lungentuberkulose und tuberkulöse Lymphome nach einigen 
Verfassern betreffs der Frequenz nicht selten ein entgegengesetztes Ver- 
halten zeigen — wo Lungentuberkulose häufig vorkommt, kommt Hals- 
drüsentuberkulose weniger häufig vor und umgekehrt — kann vielleicht 
ebenfalls darauf deuten, dass Lymphome zuweilen in gewissem Grade das 
Risiko für die Entstehung der Lungentuberkulose herabsetzen können. 

Von 23 beim Aufenthalt im Krankenhause an Lungentuberkulose 
leidenden Lymphomkranken (Bluthusten, Spitzenrasseln usw.) wurde bei 
der Nachuntersuchung (13—25 Jahre später) festgestellt, dass eines der 
Individuen 16 Jahre nach dem Aufenthalt im Krankenhaus dem ärztlichen 
Attest nach an „Bronchialpneumonia“ gestorben ist, und dass bei 8 An- 
zeichen von manifester Tuberkulose feblten; bei allen fanden sich indessen 
Anzeichen eines alten Lungenprozesses.. Der (Giesundheitszustand war bei 
der Nachuntersuchung ausgezeichnet und sie waren völlig arbeitafähig. 
Von diesen 9 Fällen waren 5 beim Aufenthalt im Krankenhaus 30 Jahre 
alt oder darunter, d. h. sie standen in dem Alter, wo die Widerstandskraft 
gegen Lungentuberkulose am geringsten ist. 

Die Dauer der Phthisis in den tödlich verlaufenden Fällen konnte 
mit einigermassen sicheren Anhaltspunkten bei 12 (von 17 Toten) fest- 
gestellt werden; natürlich handelt es sich nur um Minimizahlen. Durch- 
schnittlich ist die Dauer der Lupgentuberkulose bei diesen 12 Lungen- 
schwindsüchtigen etwa 5 Jahre gewesen. Von diesen 12 Fällen waren 
bei dem Aufenthalt im Krankenhause 6 unter 16 Jahren und nur 3 
über 30 Jahre alu Einer der Lymphomfälle, der beim Aufenthalt im 
Krankenhaus an Lungentuberkulose litt, starb 5 Jahre, nach dem Ausbruch 
der Lungentuberkulose, infolge eines Unglücksfalles; die Sektion ergab 
pur ganz kleine Spitzenveränderungen. Alle (5) bei der vom Verf. selbst 
ausgeführten Nachuntersuchung noch lebenden Lungenschwindsüchtigen 
waren völlig arbeitsfähig, sie hatten ein ausgezeichnetes Allgemeinbefinden 
und kaum irgendwelche subjektiven Symptome ihrer Krankheit. Ein Fall 
litt bei der Nachuntersuchung nach Bericht des Hausarztes an einer lang- 
wierigen, sehr chronisch verlaufenden Lungentuberkulose. Aus dem ganzen 
Verhalten der Lungentuberkulose bei diesem Lymphomkranken zieht Verf. 
den Schlusssatz, dass die Lungentuberkulose bei den Lymphomkranken 
dieses Materials nicht selten auffallend symptomfrei und ausserdem oft 
gutartig verläuft. 

Was das Verhalten der Lungentuberkulose den Lymphomrezidiven 
gegenüber betrifft, so zeigte sich, dass bei der Nachuntersuchung von 
16 Fällen 'mit Lungentuberkulose bei 12 ein Rezidiv eingetreten war, von 
134 Fällen, die bei der Nachuntersuchung gesunde Lungen hatten, nur. 
bei 49. Es scheint also, als ob die rein lokale Prognose für Lymphome 
mit der Proguose für Individuen hinsichtlich Lungentuberkulose überein- 
stimme, (Autoreferat.) 


Therapie. 205 


d) Therapie. 


373. Karl Fischel, Über die Behandlung der Tuberkulose mit 
Partialantigenen nach Deycke-Much. W.kl. W. 1918 Nr. 10-12. 


1. Die quantitative Immunitätsanalyse nach Deycke-Much gewährt 
wertvolle diagnostische und pr>gnostische Anhaltspunkte und ist als Mass- 
stab für den Erfolg einer Behandlung und sowohl als Grundlage für die 
Tuberkulintberapie als auch für die Behandlung mit den Partialantigenen 
von grosser Bedeutung. 

2. Bezüglich der Resultate kann die Methode durchaus in Konkurrenz 
mit der Tuberkulintberapie treten, bei den proliferatıven und proliferativ- 
exsudativen Formen der Tuberkulose lassen sich bessere Erfolge als mit 
der bisherigen spezifischen Therapie erzielen, bei den indurativen Pro- 
zessen, bei denen alle Antikörper vorhanden oder zur Entwickelung ge- 
bracht sind, ist eine Kombination mit folgender Tuberkulinbehandlung 
am Platze. 

3. Bei der Beurteilung des Intrakutantiters sind nicht allein die re- 
agierenden Konzentrationen, sondern auch Intensität und zeitlicher Ablauf 
der Reaktionen zu berücksichtigen. 

4. Bei Neigung zu Fibrose ist der Prozentsatz der gleichzeitigen An- 
wesenheit aller Antikörper am höchsten; je mehr die Exsudation in Er- 
scheinung tritt, desto häufiger fehlen einzelne Antikörper, insbesondere 
F und N. 

6. Die in nicht lebenswichtigen Organen lokalisierte Tuberkulose 
scheint mit einer hohen zellulären Immunität einherzugehen. 

6. Aus der Berücksichtigung der Immunitätsanalyse und der proba- 
torischen Tuberkulinimpfung ergeben sich für die Beurteilung Tuberkulose- 
verdächtiger wichtige Anhaltspunkte bezüglich der Tauglichkeit für be- 
stimmte militärische Dienste. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


374. Herm. Dostal und Josef Sahler, Über die Behandlung 
von chirurgischer Tuberkulose mit Tuberkelbazillenvakzine 
(Tebecin Dostal). W. kl. W. 1918 Nr. 14. 

Von der Erwägung ausgehend, dass die Säurefestigkeit des Tuberkel- 
bazillus zugleich die Erzeugung einer wirksamen Vakzine verhindert, 
züchtete D. eine von der Säurefestigkeit befreite Reinkultur von Tuberkel- 
bazillen durch Lösung der „wachsartigen“ Substanz mittels Glykosid- 
Saponins. Die möglichst polyvalente Vakzine wurde Tebecin genaunt und 
wird in Dosen von 0,1 cem, rasch steigend bis 2 ccm und darüber, 
injiziert. Aus 7 mitgeteilten Krankengeschichten wird der Scbluss gezogen, 
dass ein abschliessendes Urteil über die Wirkung der Tebecinbehandlung 
derzeit noch nicht abgegeben werden kann, doch die beobachteten Besserungen 
zum Teil derartige waren, dass eine Überprüfung der Wirkung des Prä- 
parates an einem grösseren Krankenmaterial wünschenswert erscheint“. 

A, Baer, Sanatorium Wienerwald. 


375. F. Hamburger-Graz, Über geteilte Tuberkulininjektionen. 
W. kl. W. 1918 Nr. 14. | 
Kurze Bemerkung zu der Arbeit Müller (s. Ref. ds. J. Nr. 141). 
Müller hat „ohne Rücksicht auf die eingetretene Reaktion und häufig 
noch vor deren vollständigem Abklingen eine wesentlich höhere Tuber- 


206 Therapie. 


kulinmenge als zuvor eingespritzt“. Trotzdem war infolge Teilung der 
Injektion die Reaktion wesentlich geringer, als bei Injektion der gleichen 
Dosis im ganzen. Hamburger weist nub darauf hin, dass die Re- 
aktionsfähigkeit im Anschluss an eine stärkere Reaktion in den nächsten 
Tagen stark berabgesetzt ist (negative Phase), während die positive Phase 
erst mehrere Tage später eintritt. Müller habe erst den Beweis zu 
liefern, dass für seine Beobachtungen bei geteilter Injektion diese Er- 
klärung ausgeschlossen werden kann. 
A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


376. Strauch und Bingel, Zur Behandlung der Tuberkulose 
mit dem Friedmann’schen Mittel. D. m. W. 1918 Nr. 13. 


Die Verf. konnten keinerlei Einwirkung des Mittels, weder im 
günstigen noch im ungünstigen Sinne, auf die tuberkulöse Erkrankung 
beobachten, und stehen ihm nach ihren Erfahrungen durchaus skeptisch 
gegenüber. C. Kraemer II. 


377. J. Palmié, Ältere und neuere Erfahrungen über das Fried- 
mann’sche Tuberkulosemittel.e D. m. W. 1918 Nr. 15. 


Das Friedmann’sche Heilmittel gegen Tuberkulose ist für den 
Menschen unschädlich und ungiftig. Die Reinheit ist durch die Über- 
wachung von autoritativer Seite gewährleistet. Eine spezifische Einwirkung 
auf tuberkulöse Prozesse ist Tatsache. Besonders gut eignen sich für die 
Behandlung frische Gelenk- und Knochenerkrankungen, weiche Drüsen- 
geschwülste, Hoden- und Nebenhodentuberkulose, auch Bauchfell-, Darm- 
und Mastdarmtuberkulosen. Eine einmalige Einspritzung genügt in den 
meisten Fällen, um eine heilende Dauerwirkung auszulösen. — Störend 
auf den Heilverlauf wirken andere differente Mittel, auch nach der er- 
folgten Impfung vorgenommene chirurgische Eingriffe, sowie interkurrente 


Infektionskrankheiten. — Die Beschaffenheit des Impfinfiltrates muss 
dauernd überwacht werden, da der Impfherd tatsächlich in engstem Zu- 
sammenhang mit dem Erfolg steht. C. Kraemer IlI. 


378. Bünnings, Die Beschäftigungstherapie in ihrer Bedeutung 
für die berufliche Um- und Weiterbildung Lungenkranker. 
Tbe.-Fürs.-Bl. 10. Jg. Nr. 10. 


Oberleutnant Bünnings ist sachlicher Leiter der Kriegsbeschädigten- 
Fortbildungsschule der Militärlungenheilstätte Lippspringe. Er bat sich 
besonders mit der Berufsumschulung während der Heilstättenkur befasst. 
Die tabellarische Zusammenstellung, in der Grund und Art des Berufs- 
wechsels bei einer Anzahl von Berufen angegeben ist, ist von grossem 
Interesse. Wegleitend war dabei das Ziel, „die denkbar grösste Nutz- 
barmachung für das Wirtschaftsleben zu erreichen unter Berücksichtigung 
der Kriegswirtschaft im Einklang mit den Forderungen des Heilverfahrens 
(Beschäftigungstherapie).“ Während des Unterrichts wird durch ärztliche 

berwachung festgestellt, ob die Teilnahme einen schädigenden Einfluss 
auf das Heilverfahren ausübt. Besonderes Gewicht wird dabei auf die 
Verfolgung der Temperaturschwankungen gelegt. Während des Unterrichts 
wird zeitweise gemessen und der Temperaturabfall während einer 30- 
minutigen Ruhe verfolgt. Anfangs waren die eintretenden Temperatur- 


Therapie. 207 


steigerungen dabei höher als später bei erfolgter Gewöhnung. — Von den 
700 Lazarettinsassen nehmen 20°/o an diesen Kursen teil (freiwillige 
Meldung, ärztliche Beaufsichtigung). Eine Erweiterung des Betriebes, der 
bisher ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel aufrecht erhalten wurde, 
ist dringend zu wünschen. Herm. Tachau, Heidelberg. 


379. Beschorner, Die Ernährung der Lungentuberkulösen | 
während der Kriegszeit. Tuberculosis 16. 1917 Nr. 9. 


Beschorner macht eine Reihe von guten Vorschlägen, wie man 
die Schwierigkeiten der Ernährung unserer Tuberkulösen, die der Krieg 
mit sich bringt, vermindern und umgehen, wie man sogar aus der Not 
eine Tugend machen kann. Der Tuberkulöse muss ausreichend ernährt 
werden, falls er nicht Schaden leiden soll. ‘Aber das hat der Krieg be- 
reits gelehrt, wenn mans nicht schon vorher wusste, dass das Ziel einer 
vernünftigen Ernährung nicht sein kann, den Kranken, womöglich, ohne 
jede Rücksicht auf Art und Grad seines Falles, möglichst an Gewicht 
zunehmen zu lassen, sondern ihn kräftiger und widerstandsfähiger zu 
machen: Saft und Kraft soll er gewinnen. Die Kriegszeit ist, was die 
Ernährungsfrage der Tuberkulösen anbetrifft, wie ein gross angelegter Ver- 
such. Die Aufgabe ist, wie führen wir auch unter den gegenwärtigen Ver- 
hältnissen den Kranken dem Optimum seines Ernährungsstandes zu. Viel- 
leicht wird das für manchen Schwerkranken nicht möglich sein, aber 
diese „Auslese“ ist schliesslich nicht allzu schlimm, mag sie auch im 
einzelnen Falle hart sein. Der Krieg wird zweifellos auch auf den Ge- 
bieten der Tuberkulose der gute Lehrmeister sein, der nieht nur Werte 
zerstört, sondern auch Werte schafft. Meissen, Essen. 


380. L. Kuttner, Zur weiteren Regelung der Krankenernährung 
während des Kriegs. D. m. W. 1918 Nr. 8 u. 9. 


Aus dem ausführlichen, am 18. Januar 1918 in Berlin gehaltenen 
Vortrag seien nur die für den Tuberkulosespezialisten wichtigen Teile 
berausgegriffen. 

Für das vermehrte Auftreten und den schnellen deletären Verlauf der 
Tuberkulose kann nicht einzig die herabgesetzte Ernährung verantwortlich 
gemacht werden. Sonderzulagen für Kranke können nur aus den All- 
gemeinvorräten entnommen werden, deshalb ist strenge Kur wohl nötig. 
Oft lassen die ärztlichen Zeugnisse viel zu wünschen übrig; sie dürfen 
nicht nur die Bezeichnung „Lungenleiden, Lungenspitzenkatarrh usw.“ 
führen, sondern es muss aus ihnen hervorgehen, ob offene oder geschlossene 
Tuberkulose, ein Abszess oder ausgeheilter Prozess vorliegt, ob Kompli- 
kationen, wie Hämoptoe, Fieber bestehen, wie der Allgemeinzustand ist 
usw. Innerhalb der Zahl der Tuberkulösen ist wieder zu unterscheiden 
zwischen solchen, die besonders reichliche Zulagen brauchen, und solchen, 
welchen mit weniger geholfen werden kann. — Bei Berücksichtigung der 
Gewichtsabnahme kommt es darauf an, ob sich ein gewisser Gleich- 
gewichtszustand einstellt, wie das Gewicht vor Einsetzen der Abnahme 
war, wie Körperlänge und Konstitution sind. — Nahrungsmittelzulagen 
bedürfen unbedingt alle Kranken, welche ausschliesslich auf flüssige 
Kost angewiesen sind, z. B. Kehlkopftuberkulöse. Diesen Kranken ist 


208 Kongress- und Vereinsberichte. 


Milch zu liefern. — Von den Lungenkranken sind im allgemeinen nur 
Lungentuberkulöse mit Zulagen zu berücksichtigen. Die Ernährungs- 
therapie steht hier im Vordergrunde der Behandlung; die weiteste Berück- 
sichtigung müssen werdende und stillende tuberkulöse Mütter erfahren. 

Die Rationen werden nach der Art und Ausdebnung des Leidens, 
wohl auch nach der Frage der Arbeitsfähigkeit, zu verteilen sein. Die 
Initialfälle der arbeitenden Tuberkulösen benötigen eine quantitative 
Steigerung der Nahrungsmittelmengen, die schwerkranken Pbthisiker be- 
dürfen häufig nur einer qualitativen Veränderung der Kost, und werden 
meist mit Zulagen von Milch und Teigwaren auskommen. Immer muss 
die Diagnose „Tuberkulose“ völlig sichergestellt sein. — Von einer Ver- 
besserung der Ernährungsverhältnisse allein ist natürlich keine wirksame 
Tuberkulosebekämpfung zu erwarten, derselbe Nachdruck ist auf günstige 
hygienische und soziale Lebensbedingungen zu legen. Bettlägerige Tuber- 
kulöse (offene) sind Heilstätten usw. zu überweisen. Für die Sicherstellung 
der Familien der Erkrankten und in Anstalten Aufgenommenen muss 
gesorgt werden. | 

Endlich sind auch mit Zulagen zu berücksichtigen Personen, welche 
durch hereditäre Belastung oder infolge angeborener oder erworbener Dis- 
position einer Erkrankung an Tuberkulose besonders ausgesetzt sind. 

C. Kraemer II. 


I. Kongress- und Vereinsberichte. 


* 


7. Verhandlungen des VI. Österreichischen Tuberkulosetages, 
Wien 1918. 


(Referent: A. Baer, Sanatorium Wienerwald.) 
i. Joh. Larisch: Der Stand der Tuberkulosebekämpfung 


in Österreich. 

Ludw. Teleky: Die Tätigkeit des Zentralkomitees zur 
Bekämpfung der Tuberkulose. 

Berichterstattung. 


Wechselrede: 

Max Jerusalem betont, dass auch jetzt noch der chirurgischen Tuberku- 
lose zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird und macht folgende Vorschläge: 
1. Unterbringung der chirurgisch Tuberkulösen in eigenen Spitälern oder Spital- 
abteilungen, welche chirurgisch und orthopädisch eingerichtet und von entsprechend 
ausgebildeten Ärzten geleitet sein sollen. 2. Aussendung eines Merkblattes an 
alle im Militärdienst stehenden Ärzte, enthaltend eine kurze Belehrung über Wesen 
und Behandlung der chirurgischen Tuberkulose. 

Langer-Prag empfiehlt Aktivierung einer Schöpfung nach dem Muster des 
„L'œuvre Grancher*, welche die Unterbringung von Kindern aus tuberkulösen 
Familien bei kinderlosen Ehepaaren auf dem Lande bezweckt. 

Hans Spitzy empfiehlt als sehr dringend Massnahmen für knochen- 
tuberkulöse Kinder. Auch bei den Kursen zur Ausbildung der Fürsorgeärzte sollte 
der chirurgischen Tuberkulose ein besonderes Augenmerk zugewendet werden. 

R. v. Jaksch-Prag: Es ist notwendig, dass in Österreich Heilanstalten 
für Heliotherapie errichtet werden. Im Riesengebirge sind bereits entsprechende 
Vorarbeiten im Gange. a 


Kongress- und Vereinsberichte. 209 


2. Ludw. Teleky: Die Ausbildung der Fürsorgeschwestern. 


Die Tuberkulosefürsorgerin braucht krankenpflegerische, allgemein 
medizinische Kenntnisse, Kenntnisse aus Hygiene, insbesondere Wohnungs- 
bygiene, Kenntnisse der Sozialversicherung, des Armenrechtes, der sozialen 
Fürsorge, der sozialen Versicherungseinrichtungen und der Einrichtungen 
der Armenfürsorge. Sie muss als Apostel der hygienischen Bildung wirken. 
Dazu ist gründlich fundiertes, tief reichendes Wissen nötig; daher ist eine 
gründliche Schulung, die nicht spezialistisch sein darf, notwendig. Es 
ist dies also kein Beruf für durch den Krieg oder Kriegsfolgen herab- 
gekommene Frauen, sondern in der Regel nur für gut geschulte — also 
vor allem staatlich diplomierte — Krankenpflegerinnen. Auf Grund der 
allgemeinen Ausbildung als Krankenpflegerin und Fürsorgerin soll sich 
erst die spezialistische Ausbildung als Tuberkulosefürsorgeschwester ent- 
wickeln. Bei uns wird im Gegensatze zu Deutschland die Spezialisierung 
in verschiedene Arten der Fürsorge nicht praktisch sein, vielmehr wird 
es sich empfehlen, die Fürsorge — namentlich auf dem Lande — in 
einer Hand zu vereinigen, indem „Gemeindeschwestern“ Hauskrankenpflege 
und allgemeine Fürsorge ausüben. Zur Ausbildung sollen in den Uni- 
versitätsstädten im Zusammenhange mit den Pflegerinnenschulen Schulen 
für Fürsorgerinnen eingerichtet werden, welche mindestens 3/4 Jahre zu 
dauern hätten. Es ist Sache des Staates für diese Ausbildung zu sorgen. 
Aufgabe der Staatsverwaltung ist es auch, in der nächsten Zukunft aus 
den Scharen der Kriegs-Krankenpflegerinnen die kleine Anzahl Geeigneter 
herauszufinden und sie durch unentgeltliche Ausbildungsgelegenbeit und 
materielle Besserstellung heranzuziehen, so dass der derzeit bestehende 
Mangel an geeigneten Frauen beboben wird. Hiezu ist Beistellung grösserer 
staatlicher Mittel notwendig. — 


3. W. Mager-Brünn: Über die innere Einrichtung von Für- 
sorgestellen. | | 
Nach Ansicht des Berichterstatters soll die Fürsorgestelle nicht eine 
reine Beratungsstelle und nicht eine reine Behandlungsstelle sein, sondern 
sie soll neben der sozialen Fürsorge auch die Behandlung der Kranken 
und ibrer Familien betreiben. Nur wenn für die Behandlung der die Für- 
sorgestelle Aufsuchenden anderweitig gesorgt wäre, nur dann wäre die 
Fürsorgestelle berechtigt, die Behandlung auszuschalten. Da es aber bei 
uns an der Armenpflege, an Polikliniken, an Spitalsbetten und an 
spezialistisch geschulten Ärzten mangelt, so muss die Fürsorgestelle 
die Behandlung übernehmen. Um eine Zersplitterung der Kräfte 
zu vermeiden, sollte die Fürsorgestelle gemeinsam von der betreffenden 
freien Vereinigung (Vereinigung zur Bekämpfung der Tuberkulose, Rotes 
Kreuz, Landeskommission) mit den Krankenkassen geführt werden. Wo 
ein Tuberkulosepavillon ist, sollte die Fürsorgestelle an diesen angegliedert 
werden, sonst muss sie dort errichtet werden, wo sie von der Arbeiterschaft 
leicht und ohne Zeitverlust erreicht werden kann (in der Nähe oder selbst 
im Gebäude der Krankenkasse). Weiteres schildert der Berichterstatter 
die notwendigen Räumlichkeiten und Einrichtungsgegenstände einer Für- 
sorgestelle sowie die Kosten. 


Paul Israeli: Die Fürsorgestelle der Societa contro la 
tuberculose in Triest. Tiätigkeitsbericht. 


210 Kongress- und Vereinsberichte. 


Wechselrede zu Punkt 2 und 3: 

Orthner-Ried empfiehlt die Aufnahme der Bakterienkunde in den Natur- 
geschichtsunterricht der Schulen. 

Alfred G@oetzl: Die beste Schulung der Fürsorgeschwestern kann nicht 
zu dem gewünschten Erfolge führen, wenn nicht deren ökonomische Unabhängigkeit 
durch Gewährung einer entsprechenden Entlohnung sichergestellt ist. Die der- 
zeitige Entlohnung ist eine ungenügende. Redner warnt davor, 
vom Fürsorgearzte eine allzuspezialistische Ausbildung in der Behandlung 
zu verlangen, da darunter die Tätigkeit in sozialer Hinsicht vollkommen ver- 
nachlässigt wird. 

Sigismund Danielski: Schilderung der Verhältnisse in Galizien. 

Philipp Mahler empfiehlt, nicht „Gemeindeschwestern“ anzustellen, 
sondern die Schwestern dem Roten Kreuz zu unterstellen. 

Ludwig Teleky (Schlusswort): Nicht die Stelle, wo nur behandelt wird, 
auch nicht die, wo nur Milch, Speisemarken und Geld verteilt werden, ist eine 
Fürsorgestelle.e Nur jene Organisation, die die Mittel der sozialen 
Fürsorge verwendet zur zielbewussten Bekämpfung der Tuber- 
kulose verdient den Namen Fürsorgestelle — 


4. Neuere Tuberkuloseheilmittel: 


Oskar Bail-Prag: Über die Grundlagen der Much’schen 
Partigenbehandlung der Tuberkulose. 

Der Makroorganismus steht dem Mikroorganismus niemals nur rein 
leidend gegenüber, sondern er vermag immer, diesen auch tätig zu beein- 
flussen. Dies äussert sich in Veränderungen reaktiver Natur an Körper- 
zellen und Säften, die sich spezifisch gegen den Erreger richten und zur 
Ausbildung eines Körperzustandes führen, den wir als Allergie bezeichnen. 
Gerade bei der Tuberkulose ist der allergische Zustand sehr auffallend. 
Er äussert sich als Immunität gegen neue Ansteckung. Zugleich ist 
aber die Überempfindlichkeit — scheinbar der kontradiktorische 
Gegensatz zur Immunität — auch nur eine Äusserung des allergischen 
Körperzustandes. Unter den gegenwärtigen Umständen muss so gut wie 
jeder Mensch als allergisch im Sinne der Tuberkuloseimmunität bezeichnet 
werden. Die allgemeine Durchseuchung des Volkes bedingt auch eine 
allgemeine Tuberkuloseallergie. Dieselbe tritt regelmässig ala Immunität 
auf, was bewiesen wird dadurch, dass bei der allgemein verbreiteten In- 
fektion doch nur ein Bruchteil der Menschen wirklich tuberkulös krank 
wird, und dass die Krankheit einen chronischen Verlauf nimmt, wenn 
die Immunität nicht zur Ausheilung ausreicht. Begleitet (oder verursacht) 
wird die Allergie von der Fähigkeit der Körperzellen und Säfte mit dem 
Tuberkuloseerreger durch Bildung von komplementbindenden Antikörpern 
zu reagieren. Durch Zuführung von Erregersubstanz wird die Menge der 
Antikörper gesteigert; diese ist also als Antigen für die Erzeugung der 
Antikörper anzusehen. Much legt nun dar, dass das Tuberkelbazillen- 
antigen keine Einheit ist, sondern aus einer Vielbeit von Antigenen 
besteht; die Immunität ist aber nur dann eine vollständige, wenn die 
ganze Summe der überhaupt möglichen Antigene gebildet wird. Deshalb 
schloss Much die Bazillensubstanz auf, damit alle Antigene in gelöster, 
und daher leichter wirksamer Form frei werden. Die Partigene Much’s 
unterscheiden sich von allen Tuberkulinen dadurch, dass Much die wasser- 
löslichen Stoffe auszuscheiden sucht, weil an diese die Giftwirkung der 
Tuberkuline gebunden ist und weil dieser Giftstoff die immunisierende 


Kongress- und Vereinsberichte. 211 


Wirkung der anderen Antigene zu verhindern vermag. Zweifelhaft 
ist es, ob die Much’schen Partigene wirklich die letzten, die Ele- 
mentarantigene sind. Es ist denkbar, dass die einzelnen Antigene 
Muchs noch in andere Partigene zerlegt werden können. Es ist ferner 
fraglich, ob A,F,N wirklich antigen rein wirken. Besonders gilt dies 
bezüglich F, da ja Fett vielleicht gar nicht antigen wirkt. Die Prüfung 
wäre nur auf biologischen Wege möglich. Diese Einwände treffen nur 
die Methodik. Bezüglich der grundlegenden Voraussetzungen der Much- 
schen Lehre ist besonders hervorzuheben die Betonung der zellu- 
lären Immunität. Ref. ist von deren Wichtigkeit bei der Tuberkulose 
überzeugt, aber er hält sie nicht für bewiesen. So verlockend die 
Forderung der zellulären Immunität von Much dargetan wurde, so hat 
er den stichhaltigen Beweis dafür noch nicht geliefert und nur die Eigen- 
schaften (Antikörper) des tuberkulös-allergischen Blutes auch für die Zellen 
in Anspruch genommen. Es muss auch genau untersucht werden, ob 
tatsächlich zwischen Tuberkulin- und Partigenwirkung ein so prinzipieller 
Unterschied besteht, wie Much ihn hervorhebt. Von den weiteren Unter- 
suchungen Much’s an Giftlösungen (wie seinen Glykurinauflösungen) ist 
für die Zukunft noch manches zu erwarten. Die in den Körpersäften 
sichergestellten Antikörper wirken zweifellos bakteriolytisch. In den 
Geweben verläuft die Bakteriolyse jedenfalls nicht in gleicher Weise; sie 
beseitigt auch im günstigsten Falle nur das Leben des Erregers, macht 
jedoch nicht dessen Leibesstoffe unwirksam. Bezüglich der Endotoxine 
sagt Ref., dass nach neueren Anschauungen nicht der Bazillenleib als 
solcher giftig ist, sondern erst das, was der Organismus mit seinen Anti- 
körpern aus ihm macht. Es spricht nun alles dafür, dass der Tuberkel- 
bazillus ebenfalls in den Kreis derendotoxischen Bazillen 
gehört. Gerade hier sieht man, dass der normale Organismus eines 
Tieres die grössten Mengen von Bazillen oder Tuberkulin ohne Vergiftungs- 
erscheinungen verträgt, während das tuberkulös-allergische Tier durch 
winzige Bruchteile der gleichen Bazillen getötet wird. Schon der normale 
Organismus hat die Fähigkeit mit vorgebildeten Antikörpern die Bazillen- 
substanz anzugreifen, womit ohne Absterben des Erregers ein Giftstoff 
frei wird, der zur Ausbildung tuberkulösen Gewebes Veranlassung gibt, 
in welchem die Bazillen vor Angriffen bakterizider Säfte geschützt sind. 
Innerhalb dieser Herde macht der Tuberkelbazillus eine Umwandlung 
durch; denn während einer Infektion beeinflusst nicht nur der Mikro- 
den Makroorganismus, sondern er wird auch umgekehrt von diesem be- 
einflusst, so dass beide Organismen ihren normalen Zustand verändern 
müssen. Diese Folgerung bat Much in seiner Lehre bisher nicht berück- 
sichtigt, sie muss aber darin Platz finden. Denn obwohl die sich aus- 
bildende Allergie mit Immunität gegen neue Tuberkelbazillen verbunden 
ist, hört doch die eigene Tukerkulose nicht auf. Diese Immunität ist 
zum Teile bakterizid und beruht auf der Ausbildung von Antikörpern. 
Denn der Organismus muss mit Antikörperbildungantworten, 
sobald ihn das Antigen in der richtigen Form trifft. Über 
den Tuberkulösen ergiesst sich ein Strom von Bazillensubstanz und anderer- 
seits von Antikörpern, dadurch dessen Allergie und damit die Immunität 
gegen fremde Bazillen aufrechterhaltend und verstärkend, aber machtlos 
gegen die einheimischen Erreger, und dabei die Vergiftung und die 


212 Kongress- und Vereinsberichte. 


Empfindlichkeit gegen die Erregersubstanz steigernd. Es bildet sich leicht 
ein Gleichgewichtszustand aus (schleichender Verlauf), bei fortbestebendem 
 Reizzustand (Reaktion bei Zuführung von Tuberkulin,. Auch gegen die 
durch Verarbeitung freigemachten Gifte der Bazillensubstanz tritt eine 
 Gewöhnung ein, die Ref. noch nicht als Immunität zu bezeichnen wagt 
(Gewöhnung an Tuberkulin). Dasselbe kann sich durch die einheimischen 
Bazillen ereignen, dann befindet sich der Tuberkulöse anscheinend im 
besten Wohlsein.. Das Gleichgewicht besteht darin, dass von 
den tuberkulösen Herden aus nicht mehr Bazillensubstanz 
geliefert und durch die Antikörper zu Gift verarbeitet wird, 
als der erlangten Giftgewöhnung entspricht. Die Gift 
gewöhnung kann auf einer wirklichen Antitoxinproduktion beruhen, es 
kann aber auch sein, dass die Antikörper das giftige Abbauprodukt der 
Bazillensubstanz weiter abbauen und dadurch ungiftig machen. Es ist 
wahrscheinlich, dass die Much’sche Analyse der Bazillensubstanz durch 
. Hinarbeiten auf die Antikörperentwickelung nicht nur die Fähigkeit des 
Körpers entwickelt, die Bazillensubstanz aufzuschliessen, sondern auch die 
sich bildenden Giftstoffe abzubauen und damit der tuberkulösen Vergiftung 
Herr zu werden. Eine zelluläre Immunität müsste noch mehr leisten, 
die Erforschung derselben ist eine zwingende Forderung. 

Ref. erwähnt noch, dass nach Much und Müller der spezifische 
Vorgang der Antikörperbildung auch durch unspezifische Mittel möglich 
ist (Steigerung des Immunitätszustandes durch Strahlentherapie und andere 
Heilmittel). Diesen Gedankengang weiter verfolgend, kommt: man zu der 
Erkenntnis, dass die gesteigerte Lebenshaltungals Ursache des 
Tuberkuloserückganges angesehen werden kann. 

Zum Schlusse plädiert Ref. warm für die Errichtung wenigstens 
eines lediglich der Tuberkuloseforschung mit grossen Mit- 
teln gewidmeten Institutes als wesentliche Forderung der 
Tuberkulosebekämpfung in Österreich. — 


Wilbelm Müller-Sternberg: Die Grundgesetze der Par- 
tialreaktivität beim tuberkulösen Menschen und ihre An- 
wendung am Krankenbetit. 

Die Intrakutanreaktion befähigt uns zu einer Reihe wichtiger Einblicke 
‘ in die Immunität bei Tuberkulose. Reaktivitätssteigerung geht Hand in 
Hand mit klinischer Besserung; also prognostisches Hilfsmittel und Kon- 
trolle der spezifischen und nichtspezifischen Therapie. Die Partial- 
reaktivität ist eine sehr verschiedene, sie kann bei vielen Tuberkulösen, 
aber auch bei Gesunden unvollständig sein. Positive dynamische Immunität 
kann durch die verschiedensten Heilmethoden (insbesondere spezifische 
und Strahlentherapie) erzeugt werden. Die Intrakutananalyse ist ein Mass- 
stab für die Veränderungen der zellulären Immunität. Die einzelnen 
Partialantigene unterscheiden sich in ihrer Reaktivität: Die Tuberkulo- . 
albumine sind 1000 mal so reaktiv wie die Fettsäurelipoide und 10 000 mal 
wie das Nastin. Das Tuberkuloalbumin führt zu bindegewebiger Or- 
ganisation, die in Verkalkung übergehen kann. Das Fettsäurelipoidgemisch 
ist der Träger der Säurefestigkeit. Bei der Lungentuberkulose überwiegt 
die Albuminreaktivität (Typus der Albumintüchtigen), bei der 
chirurgischen Tuberkulose überwiegt die Fettreaktivität (Typus der Fett- 
tüchtigen). Verf. wendet sich der Frage zu, inwieweit die verschiedenen 


Kongress- und Vereinsberichte. 213 


Partialantigene in den Tuberkulinen entbalten sind und ob sie so weit 
aufgeschlossen sind, dass sie zu genügender therapeutischer Entfaltung 
kommen. Zur Anstellung der Antigenanalyse der Tuberkuline übt er 
2 Methoden. Die Methode der Therapie besteht im Messen der 
Partialreaktivität vor, während und nach einer Tuberkulinkur. Die zweite 
Methode ist das Reaktionsdifferenzverfahren oder die Schnell- 
methode: Einspritzung von Tuberkulin nach einer gemachten zellulären 
Immunitätsanalyse, jedoch erst wenn die Partialreaktivität den Höhepunkt 
überschritten hat, Mit beiden Methoden konnte M. feststellen, dass mit 
dem grössten Teil der heute angewendeten Tuberkuline 
eine deutliche Steigerung der Partialreaktivität zu er- 
zeugen ist. Die wasserlöslichen Bestandteile der Tuberkuline werden 
bei der Partialantigenbehandlung therapeutisch nicht verwertet. Sie machen 
die unangenehmen Reaktionen. Verf. verweist auf seine geteilten Tuber- 
kulininjektionen, bei denen die schädlichen Nebenwirkungen, besonders 
Fieberreaktion, vermieden oder abgeschwächt werden, und die sich besonders 
für ambulatorische Behandlung eignen und eine raschere Durchführung 
der Tuberkulinkur ermöglichen. Der Einfluss der Strahlentherapie 
auf die Immunität bei Tuberkulose ist gekennzeichnet durch 
mächtige Steigerung der Partialreaktivität, so dass man von einer Strahlen- 
immunisierung sprechen darf. Dies gilt für natürliches Sonnenlicht, 
künstliche Höhensonne, Röntgenstrahlen, Finsenlicht, Koblenbogenlicht und 
Radiumstrablen. Die Strahlentherapie kann durch Aufschliessung der 
Tuberkelbazillen im Organismus wirken unter Ausschwemmung grosser 
Mengen Antigene in den Kreislauf und die Gewebszellen, welche zur Ent- 
wickelung entsprechender Antikörper führen; sie wäre also dann eine 
wahrhaft spezifische Therapie der Tuberkulose. Oder sie wirkt nicht 
spezifisch, indem die Reaktionskörper aus einer direkten Wirkung der 
Strahlen auf die Körpergewebe entstehen und so ohne Vermittelung der 
Tuberkelbazillen Antikörper erzeugt werden. Die höchste Steigerung der 
Partialreaktivität und damit die besten klinischen Erfolge erreichen wir durch 
Kombination von Strahlentherapie mit spezifischer Therapie. 

M. stellt das Gesetz der funktionalen Veränderiichkeit 
des Tuberkelbazillus je nach Beschaffenheit des Nähr- 
bodens auf. Demnach unterscheidet er immunphysiologische Vor- 
gänge, bei welchen der Tuberkelbazillus krank ist, indem er seine bio- 
chemische Zusammensetzung ändert und degeneriert, und immunpatho- 
logische, bei welchen der Organismus krank und nicht mehr imstande 
ist, auf vorhandene Antigene des Tuberkelbazillus mit der Erzeugung 
entsprechender Antikörper zu antworten. 

Klinisch haben die Partialantigene zweifellos Erfolge zu verzeichnen. 
Die Erfolge sind jedoch nach des Vortr. Anschauung nicht 
böherwertig, als die der Tuberkulintherapie. Bei Lungen- 
tuberkulose ist das Gemisch M.Tb.R. wirksamer als wenn M.Tb.F. und 
N. isoliert dargereicht werden. Die besten Erfolge werden erzielt bei 
Verwendung der Partialantigentherapie mit den verschiedensten Be- 
strahlungsformen. — 

Hugo Pribram- Prag: Über die praktische Bedeutung 
der Partialantigene. 

Vortragender stellt sich 4 Fragen, die er wie folgt, beantwortet: 


214 Kongress- und Vereinsberichte. 


1. Welche Schädigungen und Gefahren kann die Therapie zur Folge 
haben ? 

Er sah niemals eine Herdreaktion und ist der Ansicht, dass die Partial- 
antigene innerhalb der als wirksam erkannten Dosen einer toxischen 
Wirkung entbehren. 

2. Welches sind die Indikationen und Kontraindikationen ? 

Die Partialantigene sind bei fast allen Formen von Tuber- 
kulose indiziert. Selbstverständlich versagen sie bei schweren Former ; 
kein Erfolg zu erwarten ist bei Komplikation mit Formen, welche er- 
fahrungsgemäss die Prognose sehr trüben (Tuberkulose der Zunge, des 
Kehlkopfes, des Darmes), ferner bei Kachektischen. Fieber und Hämoptoe 
sind keine Kontraindikation. 

3. Welchen Nutzen bringt die Behandlungsmethode ? 

Bei Lungentuberkulose sah Vortr. günstige Wirkung auf den 
Allgemeinzustand (Steigerung des Appetits, Zunahme des Körper- 
gewichtes, Absinken der Temperatur in etwa der Hälfte der fiebernden 
Fälle, Abnahme des Auswurfes), dagegen geringere Wirkung auf 
den Krankheitsherd selbst, auch nur ausnahmsweise Verschwinden 
der Bazillen. Bei Tuberkulose der serösen Häute trat ebenfalls die All- 
gemeinwirkung gegenüber der lokalen in den Vordergrund; ein zweifelloser, 
durchschlagender Erfolg konnte nicht beobachtet werden. Die besten, 
bisweilen überraschenden Erfolge, sah Verf. bei der Tuber- 
kulose der Knochen und Gelenke, doch stehen auch hier Glanz- 
fällen recht viele Versager gegenüber. Viel weniger gut waren die Erfolge 
bei Lymphdrüsentuberkulose. Zusammenfassend sagt Verf., dass kein 
Zweifel besteht, dass bei gewissen Formen und Fällen von Tuberkulose 
die Partialantigentherapie eine sehr günstige Wirkung ausübt. 

4. Die Frage, in wie weit die Partialantigene den Tuber- 
kulinen überlegen sind, hält Verf. fürnoch nichtentgültigent- 
schieden. Es ist noch hinzuzufügen, dass die Methode vorläufig noch 
zu kompliziert, das Instrumentarium zu kostepielig ist, als dass diese Be- 
handlungsmethode ein souveränes Mittel zur Bekämpfung der Tuberkulose 
darstellen könnte Sie ist als theoretisch interessant und zur 
Behandlung einzelner Fälle von Tuberkulose geeignet zu 
bezeichnen, spielt jedoch für den Kampf gegen die Tuber- 
kulose im grossen eine untergeordnete Rolle Die Partial- 
antigentherapie ist eine sehr aussichtsreiche und interessante Methode; das 
letzte Wort in der spezifischen Behandlung der Tuberkulose ist jedoch 
noch lange nicht gesprochen. — 


Fr. Tutsch-Passek: Über die Behandlung der Tuberku- 
lose mit Organlipoiden auf Grundlage der Wechselwirkung 
zwischen Organzelle und Tuberkelbazillus. 

Auf Grund früherer Forschungen kam Verfasser zu dem Schlusse, 
dass tuberkulose-resistente Tieresich vondenempfänglichen 
Tieren durch das hohe relative und absolute Organgewicht 
von Milz, Leber und Herz unterscheiden und dass diese Gewichts- 
zahlen um so höher seien, je widerstandsfähiger die Tiergattungen sind. 
Die Ausdrücke ‚Resistenz und Disposition“ könnten erst dann chemischen 
Inhalt bekommen, wenn die Wechselbeziehungen zwischen der Zellentätigkeit 
jener Organe und der 'Tuberkulosetoxin- und Bazillenzerstörung bekannt 


Kongress- und Vereinsberichte. 215 


sind. Je grösser das Gewicht von Herz, Milz und Leber, desto lebhafter 
sind die organischen Oxydationen im Körper, desto widerstandsfähiger ist 
das Tier gegenüber der Tuberkulosevergiftung. Seine Ergebnisse zu- 
sammenfassend möchte Verf. die angeborene vererbbare Artdisposition 
chemisch definieren als Herabsetzung des enzymatischen Oxydations- 
vermögens des Organismus, als Insuffizienz des oxydativen Zellenchemismus, 
bedingt durch angeborene, vererbbare Kleinheit von Herz, Milz und 
Leber.“ Diese Definition gilt auch für die allgemein-generelle Disposition 
beim Menschen. Bei diesem kommt dann noch die individuelle und die 
ererbte Familiendisposition hinzu. Diese kann auch dauernd oder vorüber- 
gehend erworben oder vermehrt werden. Bei Kindern im schulpflichtigen 
Alter ist die Sterblichkeit an Tuberkulose am niedrigsten, trotzdem die 
Gelegenheit zur Infektion am intensivsten ist, weil die Schutzorgane die 
höchsten relativen Gewichtszahlen aufweisen. (Anschliessend plädiert Verf. 
für Einrichtung von Kinderheilstätten).. Durch die Arbeiten von Bartel, 
Waldvogel und Verf. ist nachgewiesen, dass zwischen der Organ- 
zellenmasse (Grösse des Organgewichtes) und der Kraft des natürlichen 
Widerstandes des Organismus (Gewebsimmunität) ein innerer Zusammen- 
hang besteht, und dass die Leberzelle unter der Toxinwirkung der lebenden 
Bazillen bakterizide Stoffe produziert. Die chemische Analyse autolysierten 
Leberbreies müsste über das Wesen dieser bakteriziden Stoffe Aufschluss 
geben, doch stösst diese Untersuchung auf mannigfache Hindernisse. Der 
Tuberkelbazillus verdankt seine Widerstandsfähigkeit dem Schutze durch 
Lipoide. Da aber Lipoide am besten wieder durch Lipoide gelöst werden, 
so waren die gesuchten bakteriziden Stoffe zunächst in der Reihe der 
Lipoidstoffe zu suchen. In der autolysierten Leber sind die Lipoide gegen- 
über der frischen auf das 40- bis 50fache vermehrt. Lipoidvermehrung 
und Bakteriolyse gehen miteinander Hand in Hand. 

Durch die erhöhte Tätigkeit der Milz und des Herzens werden die 
Tuberkulosegifte oxydiert und entgiftet; bei intensiver Vergiftung reichen 
die ÖOxydationsprozesse zur Giftzerstörung nicht mehr aus. Bei zu 
stürmischer Toxinwirkung bezw. Insuffizienz der Organe bleibt die Bildung 
der schützenden und bakteriziden Lipoide aus. 

Hebung der oxydativen Energie und Vermehrung der 
bakteriziden Lipoide sind die Postulate für das thera- 
peutische Vorgehen. Diese Postulate erfüllen von den bisherigen 
Heilmethoden am besten die Heilstättenbehandlung und die Pneumothorax- 
therapie. Tuberkulin wirkt als reaktiver Reiz auf die blutbildenden 
Organe. Verf. versuchte das Lipoiddefizit des Organismus 
durch subkutane Enjektion der bakteriziden Organlipoide 
zu decken. Er verfügt über siebenjährige Erfahrung an 900 Fällen 
von Tuberkulose verschiedener Organe. Die Lipoidinjektion führt zu 
Zerfall der Bazillen, wodurch bedeutende Mengen von Bazilleneiweiss 
frei werden, was durch Überschwemmung des Säftestromes mit Toxinen 
zu Störungen der Abwehrkräfte des Blutes und raschem Fortschreiten des 
Prozesses führen könnte. Bei progredienten Fällen ist daher eine vor- 
sichtige Probeinjektion notwendig. Bei andauernder Temperatursteigerung 
muss mit den Injektionen ausgesetzt werden. Schilderung der Methodik, 
sowie der scheinbar meistrecht heftigen Herd- und Allgemein- 
reaktion zwischen dem 6. und 12., sowie einer Nachreaktion ungefähr 


216 Kongress- und Vereinsberichte. 


am 21. Tage. Es werden dabei massenhaft verdickte, gequollene, unscharf 
begrenzte Bazillen ausgeschieden. Nach einigen Injektionen vermindert 
sich die Ausscheidung der Bazillen auffallend, welche Bilder von De- 
generation aufweisen. Der Bazillenzerstörung folgt meist Besserung der 
Krankheitserscheinungen. Fiebernde Fälle des I. und II. Stadiums ver- 
loren ihr Fieber regelmässig, Fälle des III. Stadiums verhältnismässig oft. 


Wechselrede: 

Ernst Löwenstein: Dass den Much schen Präparaten eine weit geringere 
therapentische Wirkung zugespruchen werden muss als den Koch’schen geht aus 
folgenden Tatsachen hervor: 

l. ist es ein Gesetz in der jamaa eir dass die Immunisierungsresultate 
um so schlechter sind, je mehr das Krankheitsagens durch chemische Eingriffe 
verändert ist, also weniger Antigen in der Behandlungsflüssigkeit vorhanden ist. 
Durch die Much’sche Behandlung des Tuberkelbazillus können ja nur Heilfaktoren 
aus demselben verschwinden, keinesfalls aber dazutreten. 

2. Much selbst muss zugeben, dass die spezifische Substanz des Tuberkel- 
bazillus in lipoidlösenden Mitteln weder völlig löslich, noch völlig fällbar ist; 
es ist also auch die 'I’rennung dieser drei Fraktionen völlig unberechtigt. 

3. Der Antigengehalt der Koch’schen Präparate ist exakt bestimmbar durch 
Auswertung am tubeıkulösen Meerschweinchen; bei den Much’schen Präparaten 
sind wir auf die Angaben der Autoren über den Heilwert des Präparates an- 
gewiesen; eine objektive Prüfungsmethode gibt es nicht. 

4. Das ganze System der Much schen Theorie berubt auf der Prüfung des 
Reaktionsbildes der Haut bei intrakutaner Injektion. Auf die Gefahr, aus diesem 
Reaktıionsbilde etwas herauszulesen hat Sorgo hingewiesen. 

5. fehlt auch jetzt noch jeder Beweis für die therapeutische Wirkung. 

Redner warnt nachdrücklichst sich von dem durch Robert Koch 
vorzgezeichneten Wege durch gekünstelte, jeder experimentellen 
Begründung entbehrende Tatsachen abdrängen zu lassen. 

Edmund Hoke-Komotau: Die diarnostische Impfung mit den Partial- 
antigenen zeigt nicht immer d.e tür aie Behandlung geeignete Dosis nn. Immuni- 
tärszustand der Lunze und der Haut »ind nicht ohne weiteres vergleichbar. Mit 
Quarzlampe be-trahlie hyperäm:sche Haut ist. gegen Partialantigene hypuallergisch, 
Haut über tuberkuwiö-en Diü-en kann hıyperällergisch sein. 

Emil Adler-Salzburg verfügt über &0 mit M.Tb.R. behandelte Fälle und sah 
gute Besserung des Allgemeınbefindens, besonders Gewichtszunahmen, 
dagegen nie einen in die Augen springenden Einfluss auf die ört- 
lichen Krankheitsherde, besonders in den Lungen. Tuberkelbazilien 
schwinden sch-inbar schneller als sonst aus dem Sputum. 

Ludwig Wick bericht-t über Versuche mit der Partialantigenbehandlung 
aus dem Krirgsspital I. In einze ven Fallen waren unzweifelhafte Erfo!ge vor- 
handen. Auf die Bemeikunz Müller's zurückgreifend, dass die Strahlenıherapie 
die Reaktionsfäh'zke:it eihöht und mit der Anwendung spezifischer Mittel ver- 
bunden werden kann, plädiert Regner für die Schatting einer grossen Heilstätte 
im Süden, neben den Kionlindsheiistiitten. 


Müller (Schlusswort): Polemik gegen Löwenstein. 








Um Eınsendung von Mon ogr ap Men und Büchern n an — Redakteur Dr. G. Sch rader, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 





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Rt. a — — — 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Ludolph Brauer Dr. Oskar de la Camp Dr. G. Schröder 


Ärztlicher Direktor des Allgem. o. ö. Professor an der Universität Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 











Krankenhauses Eppendorf in Freiburg, Direktor d. medizinischen für Lungenkranke Schömberg, 
Hambprg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Wttbg. 
Redaktion: Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch, 
Dirig. Arztder Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig, 
Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. Dörrienstr. 16. 
12. Jahre. Ausgegeben am 31. August 1918. Nr. S. 





Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 


Archer 240. t Flesch, L. 227. Lindemann, A. Ch. 235. ' Schiemann, O. 230. 
Balint. R. 225x, 229. . Flöreken 236. Lubarsch 219. ı Schiff, A. 248. 
Bang, 3. 226. | Friedrich 242. - |! Mandl 225. | Schmittmann 232, 
Barthel 236, 237. Glaessner, K. 248. Meyer 243. | Schönfeld, W. 219. 
Bayer, H. 223. Goldscheider 234. ; Moro 223. | Schröder 226. 
Berger 240. | Gottstein 240. | Neisser 242, 244. ‚ Schultzen 242, 
Bergstrand, H. 220. Grau, H. 235. | Neufeld, F. 230. ; Schwab, J. B. 225. e 
Bielefeldt 232. Hamburger 223, Nöhring 228. ‚ Sorgo 218, 

Bier 241. Hansen 243. Oertel 233. | Steinberg 242. 
Bochalli 244, 247. Havenstein 233. Pannwitz 246. : Steruberg, M. 248. 
Boit, E. 227. Harzer 236. _ — V. 237. ' Suranyi, E. 230. 
v. Bókay. A. 229. v. Heimburg 241. ' Petruschky 242. Teleky, L. 227. 
Brecke 245. van de Kasteele, R. P. ' Piéry 220. . Thedering 232. 
Carol, W. L. L. 224. 224 : Pruszynski 234. ‚ Ulriei 245. 
Curschmann 245, 2147. Klare 234. ‚, Pütter 244. ‚ Volkmar 223. 

v. Dalmady. Z. 228. Kobert, R. 225. Pynappel 239. Vorhoeve, N. 225. 
Deelman. H. T. 222. Koopman, J. 221. ‚ Rabnow 241. i Wederhake 230. 
Dekker, C. 23%.  Kosteletzky 297. ' Reche 245. . Wehmer 248. 
Dohm 230. ' Kraemer 24>. ! Sajet, B. H. 221. ı Weiss, M. 248. 
Effler 231, 232. | Leitner, Ph. 225. | Saltet, R. H. 222. Wengler 23%. 
Finder 243. ı Liebe, G. 231, 234, 235. | Scharl, P. 231. Wolff 248. 


Ziegler 245, 246. 


I. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sieh auf die Nummern der Referate.) 


a) Allzemeine Pathologie und pathologische | b) Ätiologie und Verbreitung. 


Anatomie. 386. Koopmann, Bijdrage hot de kennis 


van do actiologie der sclerodermie. -- 387. Sajet, 
Tuberculosesterfte in Nederland gedurende den 
mobilisatie tijd. — 383. Saltet, Sterftestatistick 
der tuberculose in Nederland. — 389. Deel- 
man. Kankeısterfte naast tuberceulosesterfte 
in Nederland gedurende de lautst 30 jaren. 


381. Sorgo, Einfluss der Immunisierung ' 
auf die Lungentuberkulose. — 312, Lubarsch, | 
Generalisierto Xanthomatose bei Diabetes. — 
383. Sehönfeld, Virulent» Tuberkelbazillen 
in der Blutbahn bei Hauttuberkulosen naclı dia- 
gnostischen Tuberkulinanwendungen und nach 
anderen Bedingungen. — 38}. Bergstrand, 
Ein Fall vermutlich kongenitaler Bronchieantasie | 
mit tuberkelbazillenähnlichen säurefesten Stäb- 
ehen im Sputum. — 355. Piery, Die wieder- | 
holt auftretende tuberkulöse Pleuritis. | 


c) Diagnose und Proznone. 


390-393. Moro, Moro und Volkmar, 
Hamburger, van de Kasteele, Ubor 
diagnostische Tuberkuliuproben. — 394. Carol, 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 15 


218 


De waarde van de tuberculoide bouw vool de 
dermatologische diagnose. — 395. Vorhoeve, 
Paeudoniersteenen. — 3%. Schwab, Diazo- 
reaktie eu Prognose bij kindertuberculose. 


d) Therapie. 


397. Leitner, Über Autoserotherapie. — 
398. Kobert, Kieseisäure. — 399. Mandl, 
Kalzium. — 400. 401. Nöhring, Schröder, 
B IV. — 402, 403. Bang, Boit, Behandlung 
der Lungenblutungen. — 404—406. Teleky, 
Flesch, Bayer, Lorenz, Teleky, Vibro- 
inhalation. — 407. Zoltanv.Dalmady, Die 
klimatische Behandlung Lungenkranker. — 408. 
Bälint, Behandlung lungenkranker Soldaten 
in klimatischen Kurorten und Anstalten. — 
409. Zoltän v. Dalmady, Die speziellen 
Indikationen der verschiedenen Klimate in der 
Tuberkulosetherapie. — 410. v. Bókay, Die 
Organisation der balneoklimatotherapeutischen 
Versorgung der Kriegsinvaliden in Ungarn. — 
4il. Bálint, Die Behandlung lungenkranker 
Soldaten in Kurorten. 


e) Prophylaxe. 

412. Wengler, Bekämpfung der Tuber- 
kulose durch Schularzt und Lehrer. - 413. 
Surányi, Bekämpfung der Tuberkulose in 
den Dörfern. — 414. Dohrn, Organisation der 
Tuberkulosebekämpfung in den kleinen Städten 
und auf dem Lande. — 415. Neufeld und 
Schiemann, Untersuchungen über einige 
neue Kresolpräparate. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heinıe. 

416. Tuberkulose - Fürsorge des Zentral- 

komitees vom Roten Kreuz. — 417. Die Tätig- 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 
P & 


keit der Adolf vom Rath-Stiftung für Tuber- 
kulöse. — 418, Liebe, Die Errichtung einer 
Auskunfts- und Fürsorgestelle in Wetzlar. — 
419. Scharl, Die Heilstättenbehandlung der 
Lungentuberkulose. — 420. Effler, Fürsorge 
und Therapie. — 421. Schmittmann, Die 
Unterbringung Schwertuberkulüser nach denı 
Kriere. — 422. Bielefeldt, Kinderfürsorge 
der deutschen Landesversicherungsanstalten. — 
423. Thedering, Soziale Lupusfürsorge — 
424. Effler, Die Wohlfahrtsstelle West- 
preussen. — 425, 426. Deutscher Zweigverein 
Prag für Lungenkranke. Rechenschaftsbericht 
über das 12. und 13. Vereinsjahr 1915—18 und 
über 1917. 


g) Allgemeinen. 


427. Oertel, Die Mitarbeit der Kranken- 
kassen im Kampf gegen die Tuberkulose. — 
428. Dekker, Die Tuberkulosebekämpfung in 
den Niederlanden Anfang 1916. — 429. Haven- 
stein, Über Gewichtszunahme bei Lungen- 
kranken im dritten Kriegsjahr. — 430. Klare, 
Tuberkulose und Heilmittelschwindel. — 431. 
Liebe, Anamnese — 432. Pruszynski, 
Die wissenschaftliche Tätigkeit des Dr. A. von 
Sokolowski. — 433. Goldscheider, Lungen- 
tuberkulose und akademischer Unterricht. — 
434. Richtlinien für die militärärztliche Be- 
urteilung der Lungentuberkulose. — 435. Grau. 
Lücken in der Tuberkulosebekämpfong. — 
436. Lindemann, Wohifahrtskunde. 


h) Grenzgebiete. 

437-440. Flöreken, Barthel, Weder- 
hake, Harzer, Lungeuschüsse. — 401. 
Pauchet, Brust- (Rippenfell- und Lungen-) 
Verletzungen. 


U. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


8. J. Bartel- Wien, Pathogenese der 
Tuberkulose. Anhang: W. Neumann-Wien, 
Der Tuberkelbazillus. — 9. „Tuberkulose*. Or- 





gan der Niederländischen Zentralvereinigung 
zur Bekämpfung der Tuberkulose. i 


III. Kongress- und Vereinsberichte. 


8. 22. Generalversammlung des Deutschen 
Zentral-Komitees zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose am 15. Juni 1918 in Berlin. — 9. Aus- 
schuss-Sitzung des Zentral-Komitees zur Be- 
kämpfunz der Tuberkulose am 15. Juni 1918 in 


| 


| 
i 


Berlin. — 10. Versammlung der Vereinigung der 
Lungenheilanstaltsärzte am 16. Juni 1918 in 
Berlin. — 11. K. u. K. Gesellschaft der Arzte 
in Wien, Sitzung vom 1. März 1918. 


I. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


381. Sorgo, Einfluss der Immunisierung auf die Lungentuber- 


kulose. 


Med. Klin. 1918 Nr.8. 


Tuberkulöse besitzen nicht nur für Tuberkulin, sondern auch für 
andere Bakterientoxine und für artfremdes Eiweiss überhaupt eine erhöhte 
Empfindlichkeit, deren Stärke parallel geht der Empfindlichkeit für Tuber- 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 219 


kulin. Es ist naheliegend, daran zu denken, dass eine aktive Immuni- 
sierung tuberkulöse Herde im Sinne einer Exazerbation beeinflussen kann, 
was aber noch nicht eine Schädigung zu bedeuten braucht. Verf. konnte 
beobachten, dass tuberkulöse Herde durch Typhustoxin in derselben Weise 
wie durch Tuberkulin zur Reaktion zu bringen sind. Schädigungen sind 
demnach möglich, namentlich auch indirekt dadurch, dass der durch die 
Impfung in Reaktion versetzte Herd noch mehr zum Locus minoris resi- 
stentiae wird. Deswegen sollte man prinzipiell, um Schädigungen vorzu- 
beugen, die mit Typhustoxin Schutzgeimpften einige Zeit, etwa zwei Wochen, 
ruhen lassen. Rehs, Davos. 


382. Lubarsceh, Generalisierte Xanthomatose bei Diabetes. 
D. m. W. 1918 Nr. 18. 

Verf. fand bei seinem Fall von besonders auch an den inneren 
Organen, sehr ausgedehnter Xanthomatose als Nebeubefund ausser verkalkter 
Tuberkulose einige bronchiale Lymphknoten, einen Tuberkel der Niere 
und miliare Tuberkel des Knochenmarks (mikroskopisch) und kommt am 
Schluss der Arbeit auf die Beziehungen zwischen Xanthomatose 
und Tuberkulose zu sprechen. Sikemeier hat besonders auf die 
Häufigkeit dieser Beziehung hingewiesen und glaubt, die in seinem Fall vor- 
handene tuberkulöse Leberzirrhose für die Störung des Cholesterinstoff- 
wechsels, die zur Xanthombildung führte, verantwortlich machen zu müssen. 
Für die Erklärung dieses Zusammentreffens kann nach L. der Diabetes 
nicht in Anspruch genommen werden, da gerade bei allen Fällen von 
Sikemeier es sich nicht um diabetisches, sondern hepatisches odes ikteri- 
sches Xanthom handelte. Nach ihm wird auch der Einfluss des Diabetes 
auf den Verlauf der Tuberkulose stark überschätzt; L. fand unter 40 Fällen 
von Diabetes 23 mal alte Tuberkulose; nur zweimal war es überhaupt zu 
einer einigermassen starken örtlichen Ausbreitung und nur einmal zu rasch 
fortschreitender ulzerösen Tuberkulose gekommen, und iv diesem Fall be- 
stand starke Lypämie. In dieser Überschwemmung der Körperflüssigkeiten 
mit lipoiden Zerfallsstoffen beim generalisierten Xanthom einmal, und in 
der Verlangsamung des Saftstroms sieht L. eher die Beziehung zur Tuberku- 
lose: diese mag das Liegenbleiben in den Säftestrom hineingelangter 
Tuberkelbazillen begünstigen, die erstere ihre stärkere Vermehrung. 


C. Kraemer II. 


383. W. Schönfeld, Über virulente Tuberkelbazillen in der 
Blutbahn bei Hauttuberkulosen nach diagnostischen Tuber- 
kulinanwendungen und nach anderen Bedingungen. D. m. W. 
1918 Nr. 15. | 

Es wurden insgesamt 14 Fälle von Haut- und Schleimhauttuberkulosen 
und Tuberkuliden untersucht; in jedem Fall wurde der Tierversuch ge- 
macht, 24 Stunden nach jeder subkutanen Tuberkulingabe wurden 20 bis 

40 ccm Blut auf mehrere Tiere verimpft. Bei 13 Fällen nun konnten 

niemals T.B. im Blute nachgewiesen werden ; ebensowenig ist es gelungen, 

deren Auftreten im Blut durch Tuberkulingaben hervorzurufen (Mobili- 
sierung). Dagegen zeigte sich bei verschiedenen Versuchsreihen bei der 
intrakutanen Tuberkulinprüfung eine Intrakutanreaktion, die nach Römer 
und Joseph bei nichttuberkulösen Meerschweinchen niemals vorkommen 
soll. Da aber alle Versuchstiere intraperitoneale Gaben von 0,5 bis 1,0 


15* 


220 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Tuberkulin anstandslos vertrugen, möchte Verf. als wahrscheinlich an- 
nehmen, dass fragliche Intrakutanreaktionen bei Meerschweinchen nicht 
beweisend sind, um so mehr, als sämtliche Tiere sich bei der: Verimpfung 
ihrer Organe als tuberkulosefrei erwiesen. 

Verf. kommt zu folgenden Schlüssen: Es ergibt sich aus den Unter- 
suchungen, dass T.B. bei Hauttuberkulosen zum mindesten nicht häufig 
im Blute vorkommen. Der auch bei Hauttuberkulosen zweifellos erfolgende 
Übertritt von T.B. in die Blutbahn ist augenscheinlich sehr beschränkt, 
und wahrscheinlich zeitlich noch mehr beschränkt als bei der Tuberkulose 
innerer Organe. — Eine Mobilisierung von T.B. (nachweisbar durch deren 
Übertritt in die Blutbahn) durch Tuberkulin in den üblichen diagnostischen 
Dosen und durch intravenöse Gaben von Aur. Kal. cyanat. hat sich im 
Tierexperiment bisher. nicht nachweisen lassen. — Ob eine atypische Intra- 
kutanreaktion im Sinne von Römer und Joseph, sowie Selter nur 
bei bestehender Tuberkulose vorkommt, erscheint nicht hinreichend erwiesen. 

C. Kraemer II. 


384. Hilding Bergstrand, Ein Fall vermutlich kongenitaler 
Bronchiektasie mit tuberkelbazillenähnlichen säurefesten 
Stäbchen im Sputum. Hygiea Bd. 80. 1918. 

Verf. beschreibt einen Sektionsfall von Bronchiektasien bei einer 
24jährigen Frau. Bei mikroskopischer Untersuchung zeigten die Lungen 
das Bild einer eitrigen Bronchitis mit Bronchiektasien und bronchopneu- 
monischen Abszessen, ebenso sekundäre, reparatorische Veränderungen. 
Das elastische Gewebe zeigte eine hochgradige Atrophie. In dem Lungen- 
gewebe kamen Gruppen von stecknadelkopfgrossen miteinander kommuni- 
zierenden Hohlräumen, mit kubischem Epithel bekleidet und mit konzen- 
trisch gelagerten, glatten Muskelfäden in der Wand, vor; diese Hohlräume 
stehen mit umgebenden Lungenalveolen in Verbindung, aber nicht direkt 
mit den, Bronchien, was auch durch Serienschnittuntersuchung hervorging. 
Verf. sucht zu zeigen, dass diese Zystenräume kongenitale Missbildungen 
sind, er lehnt dabei ihre mögliche Entstehung durch einen inflammatori- 
schen Prozess in einer emphysematischen Lunge ab, ebenso ihre Natur von 
umgewandelten ektatischen Bronchien. Die Missbildung kann möglicher- 
weise durch das Annehmen einer fötalen Inflammation erklärt werden. 

In Sputumpräparaten der Patientin kamen Massen von tuberkel- 
bazillenähnlichen, säurefesten Stäbchen vor; infolgedessen war die klinische 
Diagnose auf Tuberculosis pulmonum gestellt. Diese Stäbchen kamen auch 
bei der Sektion in sehr grosser Menge in allen Teilen der Lungen vor. 
Nach 2!/g Monaten hatten sie ihre Säurefestigkeit verloren und konnten 
nicht mehr in dem Bronchialinhalt der in Kayserling’scher Flüssigkeit 
aufbewahrten Lungen nachgewiesen werden; auch in Ausstrichpräparaten, 
aufgehoben bei der Sektion, konnten sie nach dieser Zeit nicht mehr nach 
Ziehl gefärbt werden. Der genannte Pilz, der am meisten einem Strepto- 
thrix ähnelte, konnte in Kultur nicht erhalten werden; er war für Meer- 
schweinchen und Kaninchen nicht pathogen. | 

Arvid Wallgren, Upsala. 


385. Piery, Die wiederholt auftretende tuberkulöse Pleuritis. 
(Ref. La Presse med. 1916 Nr. 71.) M.m. W. 64. 1917 S. 511. 
P. hat eine spezielle klinische und äusserst häufige Form von Lungen- 


Ätiologie und Verbreitung. 221 


tuberkulose beobachtet, die wiederholt auftretende tuberkulöse Pleuritis, 
Merkmale: eine hauptsächlich im Bereich der Lungenfurchen gelegene Ent- 
zündung des Rippenfells mit leichter kortikaler Pneumonie bazillärer Natur. 
Objektiv ist die Erkrankung schwerer festzustellen; subjektiv sind Fieber 
und Seitenstechen vorhanden. Der Anfall verbirgt sich oft auch unter 
funktionellen Störungen wie Dyspepsie, Herzpalpitationen usw. und all- 
gemeinen Störungen wie Anämie, Abmagerung. Auch kleine Lungen- 
blutungen können auftreten. Der Verlauf ist gutartig. Die Heilung tritt 
gewöhnlich in 3—4 Wochen ein. Es besteht aber Neigung zu Rückfällen. 
Bredow, Ronsdorf. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


386. J. Koopman, Bijdrage tot de kennis van de aetiologie der 
sclerodermie. Nederl. Tijdschrift voor Geneesk., 10. Aug. 1917. 


Der Verfasser bespricht die verschiedenen Theorien über die Ätiologie 
der Sklerodermie; er nennt vier Gruppen: Gefäss- und Nervenveränderungen, 
die Drüsen mit innerer Sekretion und Infektion. Besonders wird die 
Infektion mit Tuberkelbazillen als ätiologisches Moment eruiert. Reines 
führte folgende Belege für die Verbindung zwischen Sklerodermie und Tuber- 
kulose an: 1. sie gehen oft zusammen, 2. durch Tuberkulininjektion ver- 
schlimmert sich der Prozess, 3. Einführung eines Stückchens kranker Haut in 
den Peritonealraum eines Meerschweinchens lässt das Tier zugrunde gehen 
an Tuberkulose. Der Verfasser bespricht nun eine eigene Beobachtung. 
Der Schluss dieser Abhandlung ist, dass er die Sklerodermie als eine Krank- 
heit sui generis ansieht, doch nur als ein Symptom, das im Verlauf einer 
Infektion mit Tuberkelbazillen auftreten kann. Vielleicht kann es auch 
als ein Symptom bei anderen Infektionskrankheiten und bei Störungen 
der inneren Sekretion entstehen. J. Peerenboom. 


387. B. H. Sajet, Tuberculosesterfte in Nederland gedurende den 
mobilisatie tijd. Nederl. Tijdschrift v. Geneesk., 9. Juni 1917. 


Der Verfasser beginnt mit der Mitteilung, dass die Tuberkulosesterblich- 
keit 1916 erheblich zugenommen hat. Dies betrifft sowohl die Lungen- 
tuberkulose als die verschiedenen anderen Formen der Tuberkulose. Die 
Zabl für 1913 auf 100 stellend, gibt es statistisch für 1916 für das ganze 
Reich die Ziffer 118. Amsterdam, Rotterdam und Utrecht zeigen eine 
bedeutende Zunahme. Nur ’s Gravenhage macht eine Ausnahme mit 
der Zahl 89. Die Abnahme fand statt in 1913—1914, seitdem war in 
dieser Stadt ein Stillstand zu konstatieren. Die Sterblichkeit hat in den 
letzten Jahren im allgemeinen abgenommen, also bedeutet dieser Stillstand 
nur einen Rückgang. Rotterdam zeigt die ungünstigsten Ziffern, die Zunahme 
war 30°%0. Weil nun die Sterblichkeit unter günstigen Umständen hätte 
abnehmen sollen, ist die Menge der Kriegsopfer für 1916 sehr gross.‘ 

In Amsterdam hat die Sterblichkeit bei Lungentuberkulose der Männer 
von über 40 Jahren zugenommen. Zwischen dem 20. bis 29. Jahr starben 
mehr Frauen, indem die Sterblichkeitszahlen für die Zeit vom 10. bis 
19. Jahr für Knaben und Mädchen dieselben waren. 

Auf welche Ursachen muss die Zunahme nun zurückgeführt werden ? 
Die Männer im Militärdienst leben im allgemeinen unter besseren Ver- 


222 Ätiologie und Verbreitung. 


hältnissen. Die Frauen aber haben grössere Sorgen für den Haushalt. 
Die Unmöglichkeit einer guten Ernährung muss an erster Stelle als die 
Ursache der Sterblichkeitszzunahme genannt werden. Die Lebensmittel sind 
spärlich und teuer. Die Soldatenfrauen bekommen nicht mehr ihren Teil 
des Lohnes vom Manne heimgebracht. Sie müssen zufrieden sein mit der 
Summe, die ihnen von der Regierung gegeben wird. (Der Gehalt mancher 
Soldatenfamilien ist heute grösser als vor der Mobilisation! — Ref.) Die 
Ernährung wird also schlechter. Vom Gehalt muss ein sehr grosser Teil 
zur Ernährung benutzt werden. Der Verfasser tadelt einigermassen die 
dilettantische Auffassung des Kampfes wider die Tuberkulose. Er fordert 
mit Nachdruck hinreichende Massnahmen, um diese Volkskrankheit zu 
bezwingen. 

Zu diesem Aufsatze bemerkt C. Dekker in der Nummer vom 26. Juni, 
dass die Sterblichkeitskurve auch in normalen Zeiten Schwankungen zeigt. 
Weil die Ursachen dieser Schwankungen bisher noch unbekannt sind, 
achtet Dekker es für besser, mit der Beurteilung vorsichtig zu sein. 

Antwort an C. Dekker von Sajet in der Nummer vom 30. Juni. 
Die Zunahme der Tuberkulosesterblichkeit in den letzten Jahren bleibt eine 
Tatsache. Sehr gross ist sie für 1916. Auch im ersten Vierteljahr von 
1917 war die Sterblichkeit sehr gross, nämlich 193,7 pro 100000, indem 
diese Zahl für 1914 179,3 betrug. Ausser der schlechten Ernährung wird 
auch der Mangel an Wohnungen ein Faktor für die \Sterblichkeits- 
zunahme sein. J. Peerenboom. 


388. R. H. Saltet, Sterftestatistiek der tuberculose in Nederland. 

Nederl. Tijdschrift v. Geneesk., 23. Juni 1917. 

Dieser Verfasser weist auf die Schwierigkeiten einer guten Statistik 
hin. Übereinstimmung wurde erst erreicht auf der Konferenz in Paris im 
Jahre 1900, wo man die Batillon’sche Nomenklatur annahm. Seitdem 
ist diese noch ein wenig modifiziert worden im Jahre 1909. Mit dieser 
Methode kommt man für 1914 für die Tuberkulose auf eine Sterblichkeits- 
zahl von 14,0 pro 10000. Diese Zahl hat 1916 zugenommen bis 16,8 
pro 10000. Diese Zunahme betrifft die drei Rubriken: Lungentuberkulose, 
Gehirntuberkulose und andere Tuberkulose. J. Peerenboom. 


389. H. T. Deelman, Kankersterfte naast tuberculosesterfte in 
Nederland gedurende de laatste 30 jaren. Nederl. Tijdschrift 
v. Geneesk., 18. Okt. 1917. 

Beide Krankheiten sind chronische; die Tuberkulose als Todesursache 
ist leichter zu diagnostisieren als der Krebs. Der Verfasser gibt nun die 
Sterblichkeitsziffern der beiden Krankheiten in den Perioden 1905—09, 
1901—05 und 1911—15. Die der Tuberkulose zeigen eine bedeutende 
Abnahme, zumal verursacht durch die allgemeinen hygienischen Verbesse- 
rungen und die besonderen Massnahmen der Krankheit gegenüber. Die 
Krebssterblichkeit hat in den letzten 30 Jahren allmählich erheblich zu- 
genommen. Gerade weil die Tuberkulose infektiösen Ursptungs ist, war 
die Abnahme durch die genannten Faktoren verursacht, mehr allgemein. 
Die Krebssterblichkeit dagegen wechselt sehr und dieses Faktum wird dalıer, 
obwohl die Infektiösität des Krebses aus anderen Gründen schon geleugnet 
wird, als ein Beleg für die Unwahrscheinlichkeit der Übertragung von 
einem Individuum auf das andere eruiert. J. Peerenboom. 


Diagnose und Prognose. 223 


c) Diagnose und Prognose. 


390. Moro, Über den grossen diagnostischen Wert der negativen 
Tuberkulinreaktion in der Kinderpraxis. M. m. W. 65. 1918 
S. 396 — 397. 

Da die sichere Beurteilung radiographischer Lungenaufnahmen bei 
Kindern ausserordentliche Schwierigkeiten bietet, so geht M. in der Regel 
so vor, dass er neben. der Röntgenaufnahme die Pirquetreaktion anstellt 
und dieselbe bei negativem Ausfall 1—2mal wiederholt. Danach spricht 
M. das entsprechende Urteil. 

Die Frage, ob die negative Reaktion beweisend ist, bejaht M. Aus- 
nahmen kommen vor während der Masern und vereinzelt bei anderen hoch- 
fieberhaften Infektionskrankheiten, bei hämatogener Überschwemmung des 
Organismus mit Bazillen, nach systematischen Tuberkulininjektionen und 
bei hochgradig kachektischen Individuen. Die weitere Frage, warum dann 
nicht häufiger in der Praxis von der kutanen Probe Gebrauch gemacht 
wird, erklärt Verf. mit der mangelhaften Vertrautbeit mit der Technik und 
Beurteilung der Pirquet ’schen Impfung, ferner mit der Überschätzung 
anderer Methoden, mit dem Misstrauen gegen die Beweiskraft der Tuber- 
kulinimpfung selbst und mit der weitverbreiteten Ansicht, dass die kutane 
Tuberkulinprobe doch in allen Fällen positiv verläuft. Diese Ansicht 
entspringt wahrscheinlich einer missverständlichen Auffassung der Statistik 
von Hamburger und Monti, die — mit der weit empfindiicheren Stich- 
reaktion am Proletariat der Stadt Wien ausgeführt — sich fast aus- 
schliesslich auf Kinder zwischen 11. und 14. Lebensjahr bezieht und 94 /o 
positive Resultate aufweist. 

M. macht vor der Probe die Angehörigen darauf aufmerksanı, dass 
die positire Reaktion nichts oder jedenfalls nicht viel bedeutet, während 
es anderseits wichtig sei, eventuell eine negative Reaktion zu ermitteln. 

Bredow, Ronsdorf. 


391. Moro und Volkmar, Statistischer Bericht über 7000 Tuber- 
kulinimpfungen. M. m. W. 65. 1918 S. 397. 

An dem Heidelberger Material, das sich vielfach aus Landkindern 
zusammensetzt, konnten bei den 10—14 jährigen nur 43,3 0/0, auf der Privat- 
station sogar nur 33,3 °/o positive Pirquetreaktionen festgestellt werden — 
im früheren Alter entsprechend weniger (s. Statistik). Ferner erwiesen sich 
die Tuberkulinimpfungen z. B. bei Feststellungen von Anstaltsinfektionen 
als wertvoll. Auch erweiterten sie die Erfahrungen über das Verhalten 


der Tuberkulosefestigkeit jenseits des Kindesalteras. 
Bredow, Ronsdorf. 


392. Hamburger, Über den grossen diagnostischen Wert der 
negativen Tuberkulinreaktion in der Kinderpraxis. (Bemer- 
kungen zu den vorstehend angeführten Aufsatz Moro’s) M. m. W. 
65. 1918 S. 539. 

H. hebt wie Moro die grosse praktische Belewing einer negativen 
Tuberkulinreaktion hervor. Zur Sicherheit empfiehlt H. spätestens nach 
48 Stunden, nachdem die letzte Kutan- oder Perkutanreaktion negativ aus- 
gefallen ist, die Heranziehung der exakteren Stichreaktion in der Weise, 
dass man zuerst 1/10 mg und dann noch ev. 1,0 mg einspritzt. Auch 


å 


224 Diagnose und Prognose. 


bezüglich des geringen Wertes des Röntgen-Hilusschattens stimmt H. un- 
bedingt Moro zu. Bredow, Ronsdorf. 


393. R. P. van de Kasteele, De diagnostische tuberkulinrraktie. 

Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 15. Sept. 1917. 

Als die beste Methode wird hier die intrakutane mit einer Verdünnung 
1:10000 empfohlen. Als Reaktion entsteht die Papel, gewöhnlich ist 
sie nach 48 Stunden am grössten. In der Grösse hat man ein Mass 
für die Tuberkulinempfindlichkeit. Vorteil dieser Methode ist, dass die 
Dosierung der Quantität Alttuberkulin genauer durchzuführen ist, auch dass 
man besser weiss, was man tut, wenn man das Tuberkulin intrakutan 
injiziert, als bei der Pjrquet’schen Reaktion. Die intrakutane Methode 
erweist sich auch empfindlicher als die Reaktion von v. Pirquet. 

Eine positive Reaktion deutet mit Sicherheit an, dass der Organismus 
tuberkulös infiziert ist, obgleich man nicht sagen kann, ob eine latente, 
eine anfangende oder eine heilende Tuberkulose besteht. Die negative 
Reaktion zeigt die, möglicherweise nur vorübergehende, Abwesenheit von 
Antistoffen, doch nicht die Abwesenbeit der Tuberkelbazillen. 

Indem die Reaktion nur den Grad der Tuberkulinempfindlichkeit be- 
stimmt, sagt sie für die Prognose nichts; man berücksichtige dabei den 
allgemeinen Zustand des Organismus. | 

Bei der Reaktion spielt die Haut eine aktive Rolle. Neue Injektionen 
verursachen ein Wiederaktivwerden verschwundener Reaktionsstellen und 
wenn man injiziert in oder in der Höhe einer Stelle, wo früher auch schon 
eine Einspritzung gemacht wurde, so wird die Reaktion viel heftiger und 
tritt eher auf. Die regionäre Überempfindlichkeit, wie Pisani sie ver- 
teidigt, kann Verfasser nicht bestätigen. 

Die aktive Rolle der Haut bei der diagnostischen Hautimpfung wird 
angenommen und der Verfasser hebt die Möglichkeit hervor, dass die Haut 
auch aktiv sein könnte bei der immunisatorischen Impfung mit Tuberkulin. 
Er meint in diesem einen Beleg für die intrakutane Methode zu haben. 

| J. Peerenboom. 


394. W. L. L. Carol, De waarde van de tuberculoide bouw voor 
de dermatologische diagnose. Nederl. Tijdschrift v. Geneesk., 
6. Okt. 1917. 

Krankengeschichte eines Falles, in welchem die Diagnose auf Tubercu- 
losis cutis colliquativa disseminata gestellt wurde. Dafür wurde auch die 
Tierprobe verwendet. Verfasser stellt die Frage, ob man auch, wenn die 
Tierprobe negativ gewesen wäre, auf Grund des histopathologischen Bildes 
die Diagnose verteidigen kann. Er meint, dies bejahen zu können. Er 
kommt zu folgendem Schluss: 1. Langhana’sche Riesenzellen und 
tuberkuloider Bau kommen auch vor bei anderen Krankheiten als bei der 
Tuberkulose, höchstwahrscheinlich ist der Tuberkelbazillus nicht immer die 
Ursache, 2. der typische tuberkuloide Bau ist meistens bei der Tuberkulose 
zu beobachten und behält seinen diagnostischen \Vert, 3. das typische hiato- 
logische Bild unterstützt in einem bestimmten Falle die Diagnose, 4. das Nicht- 
finden der Bazillen sowie ein negativer Tierversuch haben keine positive 
Beweiskraft und 5. die Langhans’schen Riesenzellen, obwohl sie nicht 
spezifisch für die Tuberkulose sind, fordern zur weiteren Forschung dieser 
Krankheit auf. J. Peerenboom. 


Therapie. | 225 


395. N. Vorhoeve, Pseudoniersteenen. Nederl. Tijdschrift v. 

Geneesk., 12. Mai 1917. | 

Mit Pseudonierensteinen deutet man gegenwärtig Gegenstände oder Ge- 
webe an, deren Schatten innerhalb des Nierenradiogrammes fällt und mehr 
oder weniger einem Nierensteine ähnlich ist. Man findet sie als extra- 
und intrarenale Pseudonierensteine. Extrarenale können im Darme liegen 
oder durch einen Schatten eines von weichen Teilen bedeckten Lenden- 
wirbels vorgetäuscht werden, ebenso können verkalkte Anhänge der Enden 
der 12. Rippe ein einem Nierensteine ähnliches Bild geben. Auch Gallen- 
steine und verkalkte I,ymphdrüsen können zu Irrungen führen. Als 
Beispiel eines intrarenalen Pseudonierensteines nennt der Verfasser eine 
tuberkulöse Kaverne mit verkalktem Käse im oberen Nierenpol, Der 
Schatten war sehr eigentümlich wegen seiner geringen Dichte, unregel- 
mässigen Form, wenig scharfen Umgrenzung und seiner besonderen Stelle 
wegen. Ausserhalb des Schattens beobachtete man eine Rarefikation. 
Nachdem die Diagnose auf eine tuberkulöse Kaverne gestellt war, fand 
man auch Tuberkelbazillen im Urin. Die Niere wurde exstirpiert, und im 
oberen Pol fand man die Kaverne, zum Teil mit käsigen Massen gefüllt. 
Zu den intrarenalen Pseudosteinen rechnet man auch die, die auf Nieren- 
griess zurückzuführen sind und auch Verkalkungen einer zusammengefallenen 
Echinokokkusblase. J. Peerenboom. 


396. Johanna B. Schwab, Diazoreaktie en Prognose bij kinder- 
tuberculose. Nederl. Tijdschrift v. Geneesk., 31. März 1917. 
Bei 100 Kindern mit verschiedenen Formen von Tuberkulose wurde 
die Diazoreaktion gebraucht zur Beurteilung der Prognose. Diese Prüfung 
erwies die Unsicherheit des Wertes dieser Reaktion. Die Urochromogen- 
reaktion gab dasselbe Bild. Es wird also nicht bestätigt, dass diese letzte 
Reaktion empfindlicher ist als die Diazoreaktion. J. Peerenboom. 


d) Therapie. 


397. Philipp Leitner, Über Autoserotherapie. Orvosi Hetilap 
1918 Nr. 8. 

Bei den tuberkulösen Pleuraexsudaten findet L. zweckmässig, in Inter- 
vallen von 5—7 Tagen mittelst Punktion 110—200 cem des Ergusses 
zu entfernen und gleichzeitig die Autotherapie in der. Weise anzuwenden, 
dass von dem Exsudat vorerst 1 ccm, von der 2.—3. Woche der Bebandlung 
an 1,5—2,0 cem dera Kranken subkutan einverleibt werden. Unter dem 
Einflusse der Autosero-Therapie sinkt das Fieber gradatim, meist bis zur 
Normalen, mindestens aber in die subfebrile Region. Hierbei zeigt sich 
auffallende allgemeine Besserung: Hebung des Allgemeingefühles, des 
Appetits, usw. Es kann im Notfalle versucht werden, mit Hilfe eines 
Exsudates, welches von einem tuberkulösen, jedoch luesfreien Individuum 
herstammt, sogar eine Heteroserotherapie auszuführen und zwar nicht 
bloss bei tuberkulösen Pleuritidev, sondern auch bei Phthisikern. 

D. O. Kuüthy, Budapest. 


398. R. Kobert, Über kieselsäurehaltige Heilmittel insonderheit 
bei Tuberkulose. Tuberculosis 16. 1917 Nr. 10 u. 11. 
Eine eingehende und in mancher Hinsicht anregende Abhandlung 


296 Therapie. 


unseres bekannten Pharmokologen über die Rolle der Kieselsäure im 
Organismus und ihre Verwendung zu Heilzwecken. Die Kieseleäure in 
noch ‚unbekannter organischer Bindung ist ein regelmässiger Bestandteil 
nicht nur aller bindegewebigen, sondern auch aller epithelialen Gebilde. 
Bei der Tuberkulose ist die Fähigkeit, sie in der Lunge in genügender 
Menge aufzuspeichern, vermindert. Dadurch verliert das Lungengewebe 
seine Widerstandsfähigkeit gegenüber den zerstörenden Vorgängen (Ka- 
vernenbildung). Gibt man solchen Kranken täglich mehrmals Kieselsäure 
in wasserlöslicher Form, z. B. als Kieselwasser oder kieselsäurehaltigen 
Teeaufguss ein, so wird die Widerstandsfähigkeit des Lungengewebes ge- 
steigert und fibröse Schwielenbildung ermöglicht. Gleichzeitig wird durch 
die zugeführte Kieselsäure eine heilsame Leukozytose angeregt. Beide 
Vorgänge zusammen ermöglichen in manchen Fällen noch völlige Aus- 
heilung, wo sonst keine Aussicht auf Wiederherstellung besteht. Tier- 
versuche beweisen die Richtigkeit dieser Anschauungen. Die Kieselsäure 
ist auch entgegen älteren Angaben nicht giftige. Kobert empfiehlt die 
Kieselkur besonders für die Kriegszeit als gefahrlos und billig; sie muss 
freilich monatelang fortgesetzt werden. Das wäre so schlimm nicht; wenn’s 
nur mit der Empfehlung nicht so ist wie mit so vielen anderen Empfeh- 
lungen! Indessen „Probieren geht über Kritisieren“. Meissen, Essen. 


399, Mandl, Kalzium in der Therapie der Tuberkulose. Zschr. 

f. Tbe. Bd. 28 H.5. 

Verf. hat das Kalzium als Aqua calcis per os und als Klysma ge- 
geben, ferner in 50/o Lösung intravenös. Es wird ohne Nebenerscheinungen 
vertragen, stillt die Darrhöen und setzt die Schweisse herab. Bei Hämoptoe 
wirkt es intravenös (5°/o Chlorkalziumlösung) augenfällig. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


400. Nöhring, Erwiderung an Schröder. Zschr. f. Tbc. Bd. 28 
H. 5. 
Polemik gegen Schröder, der „Nöhring’s B. IV“ als Ge. 
heimmittel bezeichnet hat und seine Reklame beanstandet hat. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


401. Schröder, Entgegnung auf Nöhring’s Bemerkungen. Zschr. 
f. Tbe. Bd. 28 H. 5. 
Verf. weist schlagend die Berechtigung seiner Äusserungen über 
„Nöhring’s B. IV“ nach. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


402. Sophus Bang, Zur Pathogenese und Behandlung der 

Lungenblutungen. Beitr. z. Klin. d. Tbe. 57. 1917 H. 1/2 S. 19. 

Unter 354 vom Verf. beobachteten Initialblutungen bei Lungen- 
tuberkulösen betrafen 69°/o Patienten während des Liegene, 15°/o nach 
dem Aufrichten oder Aufstehen, und nur 14°/o ausserhalb des Bettes. 
Kongestion und Stase spielen für die Pathogenese der Lungenblutung eine 
weit grössere Rolle als Körperbewegung. Auch für die Behandlung ist 
die bisher meist geübte strenge Immobilisierung unnötig und selbst schädlich, 
da sie die Expektoration behindert. Es ist daher besser, die Kranken 
ruhig aufsitzen und sich im Bette etwas bewegen zu lassen. 

E. Leschke, Berlin. 


Therapie. 227 


403. E. Boit, Über die Behandlung der Lungenblutung mit 
grossen subkutanen Kumpferöldosen. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 
37. 1917 H. 1/2 S. 95. 


Subkutane Injektion von 10 ccm 10°/o Kampferöls setzt den Blut- 
druck herab und bringt die Lungenblutung zum Stehen. 
E. Leschke, Berlin. 


304. L. Teleky, Erfahrungen mit dem Vibroinhalationsapparat. 
W. kl. W. 1917 Nr. 36. 

In der letzten Zeit wird in Wien viel Reklame vom „Vibro- 
inhalationsinstitut“ gemacht, welches seine Apparate für verschiedene Er- 
krankungen der Atmungsorgane, insbesondere auch für Lungentuberkulose 
empfiehlt. Wirklich wissenschaftliche Arbeiten über den genannten 
Apparat sind meines Wissens noch nicht erschienen (die Reklamearbeiten 
des Chefarztes des Institutes können wohl nicht als solche bezeichnet 
werden). Trotzdem wurde die Behandlung in diesem Institute von sehr 
offizieller Stelle (Landesausschuss) begünstigt und auch Kassenpatienten 
derselben zugeführt, während das Zentralkomitee zur Bekämpfung der 
Tuberkulose in einem Aufruf „Korporationen, Vereine, in der Tuber- 
kulosebekämpfung tätige Personen eindringlich davor warnt, auf Grund 
derartiger Veröffentlichungen diese Methode als Ersatz für die bisher ge- 
übten Methoden der Tuberkulosebehandlung und Bekämpfung anzusehen 
und zur Tuberkulosebekämpfung bestimmte Geldmittel zur Unterstützung 
dieser Methode aufzuwenden“. | 

Deshalb erscheint es dankenswert, dass Teleky den Vibroinhalations- 
apparat vorurteilsfrei geprüft hat. Sein ausserordentlich vorsichtig ge- 
fasstes Urteil lautet, dasg er unter den von ihm beobachteten wenigen Fällen 
keinen einzigen sah, bei dem auch nur mit Wahrscheinlichkeit ein günstiger 
Einfluss der Vibroinhalation angenommen werden kann, wäbrend bei 
einzelnen die Wirkung eine ungünstige gewesen zu sein scheint. Seine 
Erfahrungen mahnen zur Vorsicht, gestatten aber wegen ihrer geringen 
Zahl kein abschliessendes Urteil. Die von T. geschilderten Machinationen 
des Institutes bei «der Überlassung des Apparates, usw. sind interessant 
und mahnen, wie T. sagt, „dass man bei Versuchen mit dem Vibro- 
inhalationsapparat auch noch nach anderer Richtung hin vorsichtig sein 
soll“. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


405. Jul. Flesch, Meine Erfahrungen mit dem Vibroinhalations- 
apparat. W. kl. W. 1917 Nr. 39. 


Im Anschluss an den Artikel von Teleky veröffentlicht der Verf. 
seine an 50 Fällen gesammelten Erfahrungen, wie folgt: 

1. Bei einfachen feuchten Bronchitiden bewirkt die Vibroinhalation 
meist Hustenreiz, Vermehrung der Expektoration, Verflüssigung des Se- 
kretes, eine Art Mobilisierung der Sekrete. 

2. Verminderung der Pulsfrequenz während der Inhalation, offenbar 
durch Vagusreiz. 

3. Steigerung der Atemfrequenz während der Inhalation, dabei per- 
kutorisch nachweisbares Herabrücken der unteren Lungengrenzen, zugleich 
merkliche Verkleinerung der Respirationsbreite (auch röntgenologisch nach- 
weisbar). 


228 | Therapie. 


4. Viele Kranke klagen über Spannungsgefühl in der Brust und 
Schmerzen am Zwerchfellansatz. 

5. Bei Volumen pulmonum auctum wirkt die Inhalation wie Auf- 
enthalt in Überdruckluft. Die Atmung wird zusehends kürzer und schwerer, 
wie bei Thoraxstarre und hochgradigem Bronchialasthma; zweifellos infolge 
Ansammlung von Residualluft, da die Elastizität der 'Alveolarwände in- 
folge Überdebnung insuffizient wird (perkutorisch-auskultatorisch und 
röntgenologisch nachweisbar. 

6. Fiebernde Apizitiden reagierten mitunter mit Zunahme der Tem- 
peratur und Blutbeimengung zum Sputum. 

7. Die Hauptsache bei der Vibroinhalation bildet das mechanische 
Moment, denn ein Unterschied, ob mit Luft allein, oder mit Menthol oder 
anderen Medikamenten inhaliert wurde, war nicht nachweisbar. 

8. Zweimal beobachtete Verf., dass schwertuberkulöse Kranke im 
Anschlusse an die Vibroinhalation (in der Anstalt selbst) an abundanter 
Lungenblutung erkrankten. 

Zur Behandlung unkomplizierter Bronchitiden ist das Vibroinhalations- 
verfahren als Anreger der Ausatmungsgymnastik und als Mobilisator der 
Bronchialsekrete bestenfalls geeignet. 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


- 


406. Hugo Bayer, Zur Frage der Vibroinhalation. 
W. Lorenz, Erfahrungen mit dem Vibroinhalationsapparat. 
L. Teleky, Erwiderungen auf die Ausführungen H. Bayer’s 
und W. Lorenz’. W. kl. W. 1917 Nr. 47. 
Polemik des Leiters des Vibıoiuhalationsinstitutes und des Landes- 
sanitätsrates gegen den Artikel Teleky’s (s. Ref. 404) und dessen Ent- 
gegnung. N A. Baer. 


407. Zoltán v. Dalmady, Die klimatische Behandlung Lungen- 
kranker. Orvoskepees 1917, August. 

Der auf einem Tuberkulose-Kurs für Militärärzte ab sehraliene Vor- 
trag enthält unter anderm den sehr lesenswerten Satz: „Das Klima spielt 
(in der Behandlung der Lungentuberkulose) nur insofern eine Rolle, in- 
dem es einen üppigen J,uftgenuss sichern kann.“ Als das den Ansprüchen 
der Praxis am meisten entsprechende Klima wird für Lungenkranke vom 
Verf. das Höhenklima anerkannt. D. O. Kuthy, Budapest. 


408. R. Bálint, Behandlung lungenkranker Soldaten in klima- 

tischen Kurorten und Anstalten. Orvosk&pzes 1917, November. 

Im Aufsatze befindet sich die Proposition zur Errichtung dezentrali- 
sierter Tuberkuloseabteilungen im Bereiche der Komitats- und Städtischen 
Krankenhäuser zum Zwecke einer dauernden Unterbringung unheilbarer 
Schwindsüchtiger. Letztere würden dadurch — ein jeder nahe zur Heimat 
— nicht den seelisch deprimierenden Eindruck eines Exsilium emplinden 
und die Infektionsgefahr bliebe dabei doch bekämpft. 

D. O. Kuthy, Budapest. 


209. Zoltán v. Dalmady, Die speziellen Indikationen der ver- 
schiedenen Klimate in der Tuberkulosetherapie. Budapesti 
Orvosi Ujság 1918 Nr.4. 

Dem sehr vernünftig-aufrichtigen Artikel D’s entnehmen wir folgende 


Therapie. 229 


Sätze: „Keine Gattung von Luft besitzt eine direkte Heilwirkung: weder 
der „Salzgehalt“ der Seeluft, noch die duftenden Bestandteile der At- 
mosphäre der Fichtenwälder, noch das Ozon verfügen über eine direkte 
Wirkungskraft auf den tuberkulösen Prozess — bloss die Reinheit der 
Luft ist ein Heilfaktor“ usw. Und im Resümee: „Die speziellen Indi- 
kationen der einzelnen Klimate werden nicht von der Form oder von 
dem Entwickelungsgrade der Tuberkulose bestimmt. Den einzelnen klinischen 
Diagnosen und Stadien entsprechen keine besonderen klimato-therapeutischen 
Indikationen. Bei dem Vorschlagen einer klimatischen Kur ist ausser der 
Krankheit der Kranke selbst (Konstitution, Individualität usw.) zu berück- 
sichtigen.“ D. O. Kuthy, Budapest, 


410. Arpád v. Bókay, Die Organisation der balneoklimato- 
therapeutischen Versorgung der Kriegsinvaliden in Ungarn. 
Magyar Balneologiai Ertesitö 1917, November. 

Insofern die Tuberkulose eine der häufigsten Ursachen, auch der 
Kriegsinvalidität, bildet, ist der Artikel für uns von Interesse. Wir er- 
fahren daraus, dass drei Faktoren sich vereinigt haben, um die Heilschätze 
der Natur unseren Kriegsinvaliden zuteil kommen zu lassen: 1. das In- 
validenfürsorgeamt des Königreichs Ungarn, 2. das ungar. Rote Kreuz 
und 3. die Sanitätsleitung der Armee. Nr. 1 besitzt derzeit 18 Anstalten 
(mit 16146 Betten), wovon 6 Anstalten teilweise oder ausschliesslich für 
Tuberkulöse eingerichtet sind. Die Anstalt in Rozvahegy (Leiter: Dr. 
Nikolaus Roth) besitzt 2100 Betten, davon 1300 für Tuberkulöse; die 
in Bedzterezebönya (Leiter: Dr. Julius Benezur) hat 2400 Betten nur 
für Tuberkulöse; die in Alsotabrafured, Unterschmecks (Leiter: Dr. Stefan 
Pekanovich) besitzt 650 Betten ausschliesslich für Tuberkulöse, usw. 
Diese Anstalten, deren Einrichtung laut den Ratschlägen Prof. Baron 
Alex. Koranyi's geschah, enthalten nicht bloss eine kurative, sondern 
auch eine bygienisch-erzieherische Wirkung und zeigten zugleich, dass 
auch enorm grosse sanitäre Institutionen für Tuberkulose in Anstaltsform 
den Erforderungen einer erspriesslichen hygienisch-diätetischen Therapie 
entsprechen können. D. ©. Kuthy, Budapest. 


411. R. Bálint, Die Behandlung lungenkranker Soldaten in Kur- 

orten. Gyógyászat 1917 Nr. 46. 

Vor allem sind zwei Kategorien der durch Lungentuberkulose In- 
validen zu trennen: unheilbare und heilbare Tuberkulosen. Erstere, d. h. 
die rasch progredienten destruktiven Fälle, sind in Anstalten aus pro- 
phylaktischen Gründen usque ad finem vitae zu behalten, während bei 
den kurablen Fällen schon eine durchschnittliche dreimonatliche Anstalts- 
behandlung (laut Erfahrungen z. B. der Anstalt des ungarischen Invaliden- 
fürsorgeamts in Rozvahegy) namhafte Resultate zu geben imstande ist. 
Offene Tuberkulosen, die meist eine bedeutend längere Anstaltsbehandlung 
erfordern, mögen als solche in ihre Heimat nicht zurückgelassen werden. 
(Nach einem jüngst erschienenen Ministerialerlass des ungarischen Mini- 
steriums des Innern können offene Tuberkulosen bloss in dem Falle 
heimgeschickt werden, wenn die vorhergehende Untersuchung lehrt, dass 
der betreffende genügend wohlhabend ist, um zuhause ein separates Wohn- 
zimmer und entsprechende Pflege zu bekommen. Auch unter diesen 
günstigen Verhältnissen erstreckt sich auf ihn die Kontrolle der hygienischen 


230 Prophylaxe. 


Behörden und stellt es sich heraus, dass seitens der Kranken oder der 
Angehörigen den nötigen prophylaktischen Massregeln nicht Genüge geleistet 
wird, so hat die Behörde das Recht, den Kranken zwangsweise in An- 
staltsbehandlung zu überweisen. Ref.) D. O. Kuthy, Budapest. 


e) Prophylaxe. 


412. Wengler, Die Bekämpfung der Tuberkulose durch Schul- 
arzt und Lehrer. Zschr. f. Medizinalbeamte 1918 Nr. 8. 
Eine Aufforderung an die Lehrer, durch Beobachtung der Kinder vor 
allem die tuberkulose verdächtigen Individuen herauszufinden und 
diese dann zur Untersuchung dem Schularzt zu überweisen. Für eolche 
Kinder mit Tuberkulose-Anlage soll eine Schulspeisung eingerichtet werden. 
P. Weill, Beelitz. 


413. Eduard Surányi, Zur Frage der Bekämpfung der Tuber- 
kulose in den Dörfern. Orvosi Hetilap 1917 Nr. 24. 
Staubbekämpfung, Wohnungshygiene, rationelle Einteilung der Ar- 
beitszeit in der Saison der landwirtschaftlichen Arbeit usw. und vor allem 
Volksaufklärung durch Zusammenwirken von Gemeindeärzten, Notären 
und Schullehrern werden — nicht das erstemal, dennoch nicht über- 
flüssigerweise — uns als Waffen der Dorftuberkulose vorgeführt. 
D. ©. Kuthy, Budapest. 


414. Dohrn, Zur Organisation der Tuberkulosebekämpfung in 
kleinen Städten und auf dem Laude. Tuberculosis 1917 Nr. 8. 
Dohrn, Kreisarzt in Hannover, fordert zunachst auch für ländliche 
Kreise eine bestimmte unentgeltliche ärztliche Sprechstunde. Dem Arzt 
zur Seite soll die Fürsorgeriu stehen, die die Hilfsbedürftigen aus ihrem 
Bereich der Fürsorgestelle zuführt. Auf dem Lande kann die Fürsorge- 
schwester zugleich die Säuglingsfürsorge übernehmen, da die Gefahr einer 
Verschleppung der Tuberkulose bei einer geschulten Fürsorgerin sicher 
auszuschliessen ist. Der Fürsorgearzt soll zugleich Schularzt sein, und 
die Fürsorgerin muss an den schulärztlichen Untersuchungen teilnehmen. 
Ferner hält D. die Anstellung eines Schularztes zur wirksamen Tuber- 
kulose-Bekänpfung auf dem Lande für dringend erforderlich. Um die 
Mittel für diese Aufgabe zu beschaffen, empfiehlt er „Elternabende“, d.h. 
nicht bloss einen ärztlichen Vortrag über die Tuberkulose- Bekämpfung, 
der nur wenig Zuhörer finden würde, sondern eine Feierlichkeit mit Ge- 
sangsvorträgen und Gedichtaufsagen der Kinder, einen Lichtbilder-Vortrag 
des Arztes und kaltem Büffet am Schluss, für das die Fürsorgeschwester 
freiwillige „Beiträge“ sammelt, die dann zum Besten des Zwecks verkauft 
werden. Er hält es für leicht, trotz hohen Eintrittsgeldes, auf diese Weise 
einen dichtgefüllten Saal zu bekommen, und wird recht haben, wenn 
Arzt und Fürsorgerin so sind wie sie sein können, aber leider nur selten sind. 
Der kurze Aufsatz ist aber jedenfalls sehr lesenswert und anregend. ' 
Meissen, Essen. 


415. F. Neufeld und 0. Schiemann, Untersuchungen über 
einige neue Kresolpräparate. Zschr. f. Hyg. Bd.S5 H.2 8.193. 
Die neuen Mittel Betalysol und Kresotinkresol sind brauchbare, 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, 'Tuberkulusekrankenhäuser u. -Heime. 23] 


wenn auch nicht vollkommene, Ersatzmittel für Kresolseifenlösung. Das 
erstere wirkt ebensogut wie ein gutes Lysol, das zweite war erheblich 
schwächer. In 3°/oiger Lösung töten beide Mittel widerstandsfähige Bak- 
terien ohne Sporen innerhalb 2 Stunden ab, desgl. Kleiderläuse in 1 Stunde. 
In 5%o iger Lösung sind die Präparate wegen der verminderten Lös- 
lichkeit nicht zu verwenden. Zur Händedesinfektion ist nur Betalysol 
brauchbar, da das andere stark reizt und die Hände braun färbt. 

Beide Präparate erwiesen sich als besser wie Phenolut, da dies aus 
verschiedenen Schichten von ungleicher Wirkung besteht. Schmitz. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


416. Tuberkulose-Fürsorge des Zentralkomitees vom Roten Kreuz. 
Elfter Bericht über die Tätigkeit des Tuberkuloseausschusses der 
Abteilung für Kriegswohlfahrtspflege. Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 H.2. 

Es wurden 618 Hilfesuchende mündlich abgefertigt, 430 Gesuche 
schriftlich beantwortet. Für 177 Kranke wurden die Kurkosten über- 
nommen. An Geldunterstützungen wurden für Fürsorgestellen 1800 Mk., 
für Freibetten in Heilstätten 30091 Mk. — für Unterstützungen 17177 Mk. 
ausgegeben. Tachau, Heidelberg. 


417. Die Tätigkeit der Adolf vom Rath-Stiftung für Tuberkulöse. 
Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 H. 4. 
Es wurden 25600 Portionen an 669 Familien unentgeltlich ver- 
abfolgt. Die Ausgaben für Nahrungsmittel betrugen 28690 Mk. 
Tachau. 


418. G. Liebe, Die Errichtung einer Auskunfts- und Fürsorge- 
stelle für Tuberkulöse in Wetzlar. Denkschrift. 

Unter Berücksichtigung der bisher in der Literatur festgelegten Er- 
fahrungen über das Tuberkulose-Fürsorgewesen bespricht Verfasser aus- 
führlich Aufgabe und Organisation einer Tuberkulose-Fürsorgestelle, wie 
sie im Kreise Wetzlar eingerichtet werden soll. Es wäre wünschenswert, 
dass die als Handschrift gedruckte Denkschrift weiteren Kreisen, die sich 
mit der Fürsorgetätigkeit befassen, zugänglich gemacht würde, da die 
umfassende Arbeit bei der Einrichtung von Fürsorgestellen vielerlei An- 
regungen geben könnte. © Klare, Scheidegg. 


419. Paul Scharl, Die Heilstättenbehandlung der Lungentuber- 
kulose. Orvoskepzes 1917, August. 

Der auf einem Tuberkulose-Kurs für Militärärzte gehaltene Vortrag 
bebandelte vor allem die Prinzipien und Indikationen der Sanatorien- 
Behandlung, dann meritorisch die hygienisch-diätetische Therapie, weiter 
die symptomatische Behandlung Lungenkranker in Heilanstalten. 

D. OÖ. Kuthy, Budapest. 


420. kEffler, Fürsorge und Therapie. Tuberculosis 1917 Nr. 12. 
‘ Allgemeine Betrachtungen über das Verhältnis von Fürsorge und 

Heilbehandlung bei der Tuberkulose; auch allgemeine Vooschläge, die aber 

wesentlich Neues nicht bringen. Meissen, Essen. 


232 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heinie. 


421. Schmittmann, Die Unterbringung Schwertuberkulöser 
nach dem Krieg. Tuberculosis 1917 Nr. 12. 

Sch. behandelt diese sehr wichtige und bedeutsame Frage sehr klar 
und übersichtlich. Als beste und bewährteste Form der Versorgung solcher 
Schwerkranker empfiehlt er mit Recht das Spezialkrankenhaus für Lungen- 
leidende aller Stadien. Man muss aber noch einen Schritt weiter gehen 
und die möglichst baldige Errichtung von besonderen Tuberkulosekranken- 
häusern für alle Formen und Stadien von Tuberkulose fordern: das ist 
ein ausserordentlich segensreiches und erstrebenswertes Ziel! Es ist nur 
bedauerlich, dass wir solche Tuberkulose-Krankenhäuser nicht schon längst 
in viel grösserer Zahl haben. Alle grossen Städte haben ein dringendes 
Interesse, solche zu schaffen, schon zur Entlastung der vorhandenen 
Krankenhäuser, vor allem aber zu Nutz und Frommen der Kranken, nament- 
lich der Schwerkranken und ihrer Umgebung. Meissen, Essen. 


422. Bielefeldt, Kinderfürsorge der deutschen Landesversiche- 
rungsanstalten. Tuberculosis 1917 H. 5. 

Der bekannte und verdiente Verfasser, Direktor der Ländesver- 
sicherungsanstalt der Hansastädte, gibt eine Übersicht über die vorbeugenden 
Massnahmen der Landesversicherungsanstalten für das Kindesalter. Auch 
der furchtbare Krieg hat die zielbewusste und stetige Entwickelung dieses 
Zweiges der Arbeiterversicherung nicht wesentlich gehemmt. B. zeigt an 
dem Muster des Sanatoriums Gross-Hansdorf, das von den Hansastädten 
ins Leben gerufen ist, wie erfreuliche und bedeutungsvolle Erfolge auf 
diesem Wege bei den Kindern erreicht werden können. Gross-Hansdorf 
scheint freilich mustergültig eingerichtet und geleitet zu sein. 

Meissen, Essen. 


423. Thedering-Oldenburg, Soziale Lupusfürsorge. Tbe.- Fürs.- 
Bl. 1918 Nr. 3. 

Die moderne Lupusbehandlung, Finsenbestrahlung, Kupferbehandlung 
nach Strauss, Röntgen- und Sonnenbestrahlung wird gemeinverständlich 
dargestellt. Die Hauptforderung der Lupusbekämpfung ist aber die Sorge 
für die Kinder tuberkulöser Eltern. Wenn wir den Lupus als Volks- 
krankheit wirksam bekämpfen wollen, müssen wir uns der skrofulösen 
Jugend annehmen. Die öffentliche Tuberkulosefürsorge muss auf diese 
Kinder ansgedehnt werden, sie müssen in gesunde Verbältnisse (Kinder- 
krankenhäuser) verpflanzt werden, auch nach der Heilung jahrelang über- 


wacht werden, Herm. Tachau, Heidelberg. 
424. Effler, Die Wohlfahrtsstelle Westpreussen. Tbec.-Fürs.-Bl. 
1918 Nr. 3. 


Das Nebeneinander vieler voneinander unabhängiger, auf verschie- 
denen Gebieten tätiger Wohlfahrtseinrichtungen führt zu Missständen. 
Zusammenfassung aber dieser Einrichtung zu einer provinzialen Wohl- 
fahrtsstelle, die sich am Sitze des Regierungspräsidenten befinden soll, ist 
unbedingt nötig. Herm. Tachau, Heidelberg. 


425. Deutscher Zweigverein Prag für Lungenkranke. Rechen- 
schaftsbericht über das XII. u. XIII. Vereinsjahr 1915—16. 
In den Jahren 1915 und 1916 standen in Vereinspflege 86 Familien 


— — 


Allgemeines. 233 


mit 125 Personen. In der Heimstätte Wran' waren an 164 Tagen im 
Jahr 1915 106 Kranke und im Jahr 1916 vom 20. 3.—31. 10. 74 Kranke 
untergebracht. Neu war im Berichtsjahr die Errichtung einer Fürsorge- 
stelle für Lungenkranke in Prag. Klare, Scheidegg. 


426. Deutscher Zweigverein Prag für Lungenkranke. Rechen- 
schaftsbericht über das XIV. Vereinsjahr 1917. 

Infolge der Schwierigkeiten der J,ebensmittelbeschaffung musste die 
Heilstätte Wran geschlossen werden. Erfreulicherweise konnte dagegen 
die Prager Fürsorgestelle weiter ausgebaut und mit allen Neuerungen 
(Röntgenapparat, Höhensonne) versehen werden. Ein festbesoldeter Für- 
sorgearzt wurde angestellt. Von Mitte Mai bis Ende Dezember suchten 
417 Kranke die Fürsorgestelle auf, 55 Männer, 104 Frauen, 258 Kiuder. 

Klare, Scheidegg. 


g) Allgemeines. 


427. Oertel, Die Mitarbeit der Krankenkassen im Kampf gegen 

die Tuberkulose. Tuberculosis 1917 Nr. 6. 

Anregende Darlegungen, ip welchen Richtungen die Krankenkassen 
im Dienste der Tuberkulose-Bekämpfung sich zu betätigen in der Lage 
sind. Die Reichsversicherungsordnung hat den Krankenkassen durch 
8 363 Abt. 1 das Recht zugesprochen, nicht nur Massnahmen zu ergreifen, 
die zur Wiederherstellung der Gesundheit des einzelnen Mitgliedes unbedingt 
angezeigt erscheinen, sondern auch Kassenmittel für allgemeine‘ Zwecke 
der Verhütung, also insbesondere für vorbeugende Massnahmen für die 
Gesundheit der Gesamtheit oder eines grössten Teils der Kassenmitglieder 
bereitzustellen. Die Krankenkassen sind also gesetzlich durchaus in der 
Lage, noch erheblich mehr zu tun als bisher, durch öffentliche belehrende 
Vorträge, gute Merkblätter, Einrichtung von Fürsorgestellen, Kuren in 
Heilstätten und dergl. Meissen, Essen. 


428. ©. Dekker, Die Tuberkulosebekämpfung in den Nieder- 

landen Anfang 1916. Tuberculosis 1917 H. 2. 

Übersicht über den Stand der Tuberkulose-Bekämpfung (Heilstätten, 
Fürsorgestellen usw.) in Holland. Dekker ist Sekretär der Nieder- 
ländischen zentralen Vereinigung gegen die Tbe. Die Kriegszeit wirkte 
bereits ungünstig auf die Verhältnisse, besonders durch die gesteigerten 
Kosten, obwohl der Bericht sich auf die Zeit bis Anfang 1916 bezieht. Es 
geschieht aber, was irgendwie möglich ist, um die Bestrebungen hochzuhalten. 
Die Tuberkulose-Sterblichkeit zeigte eine kleine Zunahme, die vielleicht 
auf den Krieg zu beziehen ist. ! Meissen, Essen. 


429. 'Havenstein, Über Gewichtszunahme bei Lungenkranken 
= im dritten Kriegsjahr. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 H. 4. 

Bei 50 Kranken betrug die Gewichtszunahme für Stad, I: 6,89 kg, 
Stad. II: 5,07 kg, Stad. III: 5,59 kg für ein Vierteljahr. Die Kranken 
erhielten erhöhte Milch-, Fleisch- und Butterrationen. Eine Erhöhung des 
Gewichtes wurde wohl auch dadurch erzielt, dass die Liegezeiten verlängert, 
die Spaziergänge verkürzt wurden. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 16 


234 Allgemeines. 


430. Klare, Tuberkulose und Heilmittelschwindel. Zschr. f. Tbe. 
Bd. 28 H. 4. 
Zusammenstellung, die im Original nachgelesen werden muss, 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerawalde. 


431. Liebe, Die Anamnese. Beitr. z. Klin. d. Tbc. 37. 1917 H. 1 
S. 71. 

Jeder Mensch sollte ein Gesundheitsbuch führen, in das von Kind- 
heit an alle Erkrankungen und ärztlich wichtigen Befunde eingetragen 
werden. Schulärzte und Kassenärzte, Militär- und Hausärzte müssten 
angehalten werden, die Eintragungen kurz, aber sachlich zureichend zu 
machen. Damit ersparen sich die Ärzte gegenseitig die langwierige und 
dennoch oft ungenaue Anamnese und haben für ihr therapeutisches Vor- 
gehen von vornherein eine gesicherte Grundlage. Die Lektüre der Ab- 
handlung, die die bereits mehrfach gemachten Vorschläge in dieser Richtung 
(Frenzel, Pantsch, v. Holwede, Kühner, Trüper, Schreber, 
Polz, Gottstein, Unverricht, Jaffe u. a.) ausführlich bespricht, 
ist besonders zu empfehlen. Die Einführung eines solchen Gesundbheits- 
oder Krankheitsbuches, die ja schliesslich keine unüberwindlichen Schwierig- 
keiten mit sich bringt, wäre in der Tat dringend zu wünschen. 

‚E. Leschke, Berlin. 


432. Pruszynski, Die wissenschaftliche Tätigkeit des Dr. A. 
von Sokolowski. Beitr. z. KU. d. Tbc. 37. 1917 H. 3 S. 99. 
Die Arbeit leitet das 3. Heft ein, das Sokolowski von seinen 
Schülern zum 40jährigen Doktorjubiläum gewidmet worden ist. 
E. Leschke, Berlin. 


433. Goldscheider, Lungentuberkulose und akademischer 
Unterricht. Zschr. f. Tbc. Bd. 29 H.1. 

Verf. wendet sich gegen die Forderung eigener Lehrstühle für Tuber- 
kulose; im wesentlichen handelt es sich um eine bessere diagnostische 
Vorbildung der Studenten auf diesem Gebiete, die am besten in der 
inneren Klinik erfolgt. Zu erreichen ist dies Ziel durch häufigere Vor- 
stellung von tuberkulösem Krankenmaterial, vielleicht in obligatorischen 
Kursen. Ebensowenig wie auf anderen Gebieten, die ein gewisses Mass 
von Technik erfordern, kann in der Tuberkulosediagnostik und Therapie 
in der kurzeu Zeit des Studiums Erschöpfendes geleistet.werden. Daran 
würde auch der Tuberkulose-Lehrstuhl nichts ändern. Der klinische 
Unterricht müsste sich allerdings mehr mit allen Tuberkulosefragen befassen. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


434. Richtlinien für die militärärztliche Beurteilung der Lungen- 
tuberkulose. Erlass des Kriegsministeriums.. Zschr. f. Te. 
Dd.28 H. 6. 

A. Erkennung der Tuberkulose. 
Zur Diagnose Lungentuberkulose muss der Nachweis geführt werden: 
1. dass der Untersuchte krank ist, 
2. dass er an einem infiltrativen Prozess der Lunge leidet, 
3. dass dieser Lungenprozess tuberkulöser Art ist, 
4. die Ausdehnung des Krankheitsherdes in den Lungen, 


Allgemeines. 235 


5. Form der krankhaften Veränderungen, 
6. Schwere des Krankbeitsverlaufes. 


B. Beurteilung der Kriegsbrauchbarkeit, 

Es ist zu berücksichtigen: 

1. die Leistungsfähigkeit des Untersuchten, gemessen an den Leistungen, 
die er in seinem Zivilberuf noch auszuführen imstande ist, 

2. die Wahrscheinlichkeit einer Verschlimmerung durch den Heeres- 
dienst, | 

3. die Gefahr einer Weiterverbreitung der Krankheit durch Aus- 
scheidung von Tuberkelbazillen. 


C. Versorgung der im Heeresdienst an Lungentuberkulose Er- 
. krankten. 

1. Treten bei einem Heeresangehörigen Erscheinungen auf, die den 
Verdacht auf Lungentuberkulose erwecken, so ist festzustellen, ob die 
‚Krankheitserscheinungen tatsächlich durch Tuberkulose bedingt sind, ob 
die Tuberkulose einer Behandlung bedarf, und ob sie von Einfluss ist auf 
die Verwendungsfähigkeit des Kranken. 

2. Liegt keine Dienstbeschädigung vor, so ist der Kranke zu entlassen ; 
liegt eine solche vor, so ist eine Behandlung in geeigneten Lazaretten oder 
Lungenheilstätten durchzuführen. 

3, Für die Aufnahme in Lungenheilstätten eignen sich nur Fälle, 
bei denen: 

a) das Bestehen einer Lungentuberkulose sicher oder in hohem Grade 
wahrscheinlich ist, 

b) der Krankbeitsprozess nicht als völlig inaktiv anzusehen ist, 

c) die Krankheit nicht soweit vorgeschritten ist, dass eine Wiederher- 
stellung der Garnison- oder Arbeitsverwendungsfäbigkeit oder eine 
wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht 
zu erwarten ist. | 

Die näheren Anweisungen sind im Original nachzulesen. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


4356. H. Grau-Honnef, Lücken in der Tuberkulosebekämpfung. 
Tbe.- Fürs.-Bl. 1918 Nr. 4. 

Auch heute spielt die Verhütung einer Ansteckungsmöglichkeit, be- 
sonders wenn es sich um Kinder handelt, eine grosse Rolle. Besonders 
Personen mit offener Tuberkulose, die im Nahrungsmittelgewerbe tätig 
sind, können grosses Unheil anrichten. Daher sollte, solange eine ge- 
setzliche Meldepflicht nicht besteht, versucht werden, auf die Besitzer von 
Molkereien und dergl. dahin einzuwirken,, dass sie ihr Persona! regelmässig 
untersuchen lassen. Ebenso müssen Dienstmädchen und dergl., die mit 
Kindern zu tun haben, überwacht werden, und schliesslich soll man An- 
gehörige von Berufen, die erfahrungsgemäss häufig tuberkulöse Erkrankungen 
im Gefolge haben, in regelmässigen Zwischenräumen zugleich untersuchen, 
um beginnende Erkrankungen sofort aussichtsreich behandeln zu können. 

Herm. Tachau, Heidelberg. 


436. Anna Charlotte Lindemann, Wohlfahrtskunde Tbe.- 
Fürs.-Bl. 1918 Nr. 4. 
Die Kriegsjahre haben die Hochachtung vor den arbeitenden Frauen 
gesteigert. Eine Hauptbetätigung der Frau ist die Wohlfahrtspflege. Das 
16* 


236 Grenzgebiete 


Wissen, das zur Ausübung dieses Berufes nötig ist, muss zurzeit noch 
mühsam zusammengesucht werden. Verf. erörtert die wichtigsten Wohl- 
fabrtseinrichtungen. Herm. Tachau, Heidelberg. 


h) Grenzgebiete. 


437. Flöreken, Die Therapie von 62 Lungenschüssen im Feld- 
lazarett, einige Komplikationen bei Lungenschüssen. M.m. W. 
65. 1918 S. 148—150. 

Bei der Therapie der Lungenschüsse soll man sich im allgemeinen 
abwartend verhalten. Sofortige Eingriffe wurden bei bedrohlicher Blutung, 
bei Spannungspneumothorax, beim offenen Pneumothorax und bei gefähr- 
lichen Lungen-Bauchschüssen erforderlich. Die Prognose ist keineswegs 
günstig. Dieselbe wird beherrscht durch eventuelle Infektionen. F. kann 
nach seinen Erfahrungen der Ansicht Ritter’s, dass die Pleura auch 
bei der Sepsis vollkommen steril bleibe, nicht zustimmen. l 

Als praktisch wichtige Komplikationen der Lungenschüsse bespricht 
Verf. die Perikarditis, Pneumonie und Tuberkulose. Bredo w, Ronsdorf. 


438. Barthel, Steckschuss in der Lunge, Geschoss ausgehustet. 
B. kl. W. 1918 Nr. 18. 

Mitteilung der.Krankengeschichte eines Mannes, der vom 31. Januar 
bis 4. August 1917 ein Infanterie-Geschoss in der Lunge hatte, das un- 
regelmässige Beschwerden (Auswurf, Husten, Fieber) verursachte. Das 
Geschoss wurde spontan mit dem Auswurf entleert. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


439. Wederhake, Zur Behandlung der Lungenschüsse. Med. 

Klin. 1917 Nr. 33. 

Verf. fasste seine Erfahrungen in folgenden Sätzen zusammen: 
1. Die primäre Sterblichkeit der Lungenschüsse ist auch heute noch 
sehr hoch, etwa 40°o. 2. Die sekundäre und tertiäre Sterblichkeit 
ist gering, sie beträgt etwa 6°/,. 3. Exakte Lokalisationsdiagnose ist im 
Anfange der Behandlung von grösster Wichtigkeit, daher ist möglichst 
frühzeitige Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen zu empfehlen. 4. Der 
Hämothorax soll punktiert werden. 5. Die Punktion soll nicht vor dem 
5. Tage gemacht werden und darf im allgemeinen erst nach 5 Tagen 
wiederholt werden. 6. Bei der ersten Punktion sollen 100 cem Punktat 
nicht überschritten werden; es sei denn, dass bedrohliche Erscheinungen 


dazu nötigen. — Ein Lungenverletzter stirbt selten an der Verletzung 
der Lunge, sondern viel öfter an den Komplikationen der mitverletzten 
Nachbarorgane. Rehs, Davos. 


440. Harzer, Über die Infektion von Lungenschüssen mit an- 
aeroben Keimen. M. m. W. 64. 1917 S. 1311—1314. 
Eindeutige Fälle von Infektion der Lungen mit Gasbrandbazillen sind 
bisher nicht beschrieben. H. hatte nun Gelegenheit, bei einem Fall durch 
bakteriologische Untersuchung sowohl die Anwesenheit wie die Ansiedlung 
anaërober Keime im Lungengewebe nachzuweisen. Nach der Untersuchung 
H’s ist die Widerstandsfähigkeit des Lungengewebes gegenüber den bei 
Lungeuschussverletzungen in die Lunge eingetretenen pathologischen 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 237 


Anaörobiern keine so allgemeine wie bisher angenommen wurde. Die 
Bakterien können sich in der traumatisch geschädigten Lunge ansiedeln 
— besonders in nekrotischen Herden und in einem interstitiellen, vor- 
wiegend adventitiellen und zirkumbronchialen Ödem in der Umgebung des 
Schusskanals. Der hervorgerufene Entzündungsprozess zeigt progressiven 
Charakter, der aber im Gegensatz zu dem rapiden Verlauf des Gasbrandes 
im Extremitätenmuskel einen langsamen Verlauf hat. 


Bredow, Ronsdorf. 


441. Vietor Pauchet, Die Brust- (Rippenfell- und Lungen-) Ver- 
letzungen. Nach einem Referat der M. m. W. 64. 1917 S. 1255 

aus Presse médicale 1917 Nr. 23. 

Von diesen Brustverletzungen sterben die Mehrzahl: 30 °/, unmittelbar, 
20°, in der Ambulanz, andere etwas später. P. unterscheidet je nach 
der Verletzung, schwere, mittelschwere und leichte Fälle, bezüglich der 
Behandlung solche, wo unmittelbarer und wo späterer Eingriff notwendig 
ist. Bezüglich sofortiger Operation sind Allgemeinzustand, Bekämpfung 
des Schocks, Blutung, Infektion zu berücksichtigen. Bei offenen Ver- 
letzungen ist oft ein unmittelbarer Eingriff angezeigt,. bei geschlossenen 
nur Ruhe und einfache Beobachtung. Die Nachbehandlung wird darin 
bestehen, die Kräfte des Kranken zu heben, Lungengymnastik, wenn mög- 
lich mittels pneumatischer Kammer, zu treiben, den Beginn der Eiterung 
zu überwachen, bei eingekapselter eitriger Pleuritis den Pleuraschnitt zu 
machen. Bei operativen Eingriffen ist die paravertebrale Anästhesie, wie 
überhaupt in der Chirurgie der Lunge, die Methode der Wahl. 

’ Bredow, Ronsdorf. 


Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


8. J. Bartel-Wien, Pathogenese der Tuberkulose. Anhang: W. Neu- 
mann-Wien, Der Tuberkelbazillus. Verlag von Urban und Schwarzen- 
berg, Berlin-Wien 1918. 80 Seiten. Preis 5 M. 

Bei den Fortschritten, welche unsere Kenntnisse von der Tuberkulose in den 
letzten Jahrzehnten gemacht haben, ıst es sehr dankenswert, dass ein so erfah- 
rener Kenner der Pathologie der Tuberkulose wie Bartel in kritischer Weise 
das zusammenstellt, was jetzt als bleibend in der Lehre der Pathogenese der 
Tuberkulose angesehen werden kann. 

Wir stehen nicht mehr auf dem Boden der orthodoxen Bakteriologie, die nur 
den Bazillus und sein Wırken kannte. Diese krasse Lehre ist überwunden. Das 
Bild der Pathogenese der Tuberkulose wird beherrscht von Immunitätsproblemen 
und dem Konstitutionsbegriff. Ihre Wechselbeziehungen zu dem Wirken des Er- 
regers beherrschen die Morphologie der Krankheit, die sich in zeitlicher Auf- 
einanderfolge von produktiven, nekrotisierenden und exsudativen Komponenten 
äussert. Grundbedingung für das Entstehen typischer Tuberkulose sind der 
Virulenzgrad des Bazillus und eine bestimmte Empfänglichkeit des von der In- 
fektion betroffenen Organismus. Auf dem Boden dieser Lehre müssen dıe tuber- 
kulösen Produkte, sei es, dass sie sich in Knötchenbildung, in Riesenzellen oder 
exsudativen oder rein entzündlichen Vorgängen äussern, verstanden werden. Nach 
Bartel ist die Riesenzelle auch nur ein Tuberkel, bei welchem die endliche Zell: 
teilung ausgeblieben ist. Tuberkulöse Exsudate können, wie bekannt, in Ver- 


238 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


käsung übergehen. Die Tuberkulose selbst ist als Granulationsgeschwulst, als 
ein Granulom bedingt durch den spezifischen Erreger anzusehen. Wir wissen 
jetzt auch, dass es rein tuberkulöse Exsudate gibt und dass die Tuberkulose 
entzündliche Veränderungen machen kann, bei der es nicht zur typischen Tuberkel- 
bildung kommt (tuberculose inflammatoire). Auch die Hodgkin’sche Krankheit 
ist vielleicht unter den Äusserungen modifizierter Formen des Tuberkelbazillus 
einzureihen. Darüber sind dıe Akten aber noch nicht geschlossen. Wenn nun 
dıe Empfänglichkeit des Organismus dem Tuberkelpilz gegenüber nicht einen be- 
stimmten Grad erreicht, kann es auch zu einem latenten Stadium der Tuberkulose 
kommen. Es können Bazillen ohne nachweisbare tuberkulöse Veränderungen im 
‚Iymphatischen Gewebe angetroffen werden. Wir haben es mit der Latenz im 
lymphoiden Stadium zu tun. Um diese Dinge zu klären, bedarf es noch eingehender 
biologischer Untersuchungen. Sie führen ohne weiteres zur Modifikation des 
Eintrittspfortenproblems. Das starre Lokalisationsgesetz von Cornet ist nicht 
mehr haltbar. Das sagen uns einwandsfrei andere Versuche unter anderen Versuchs- 
bedingungen. Das häufigst exponierte Organ ist auch nicht ımmer das häufig:t 
infizierte. Eine bestimmte Organdisposition spielt eıne grössere Rolle als die 
Exposition gegenüber dem Erreger. In weniger disponierten Örtlichkeiten kann 
der Primärherd zur relativen Ausheilung kommen, um dann in den ferneren Or- 
ganen, die grössere Neigung zur Erkrankung zeigen, zu ausgedehnten tuberkulösen 
Prozessen zu führen. Auch das Indenvordergrundstellen eines bestimmten Infektions- 
weges ist nicht mehr statthaft. Es kommen Fütterungs- und Inhalationsinfektion, 
konjunktivale und urogenitale aber auch kongenitale Eintrittspforten in Frage. 
Verschiedene Eintrittspforten können miteinander in Wechselbeziehungen treten. 
Hinsichtlich der kongenitalen Tuberkulose Baumgarten’s ist noch lange nicht 
das letzte Wort gesprochen. Diese Vielseitigkeit des Problems des Eintritts des 
Virus in den Körper weist sofort auf die Bedeutung allgemein hygienischer Mass- 
nahmen zur Verhütung der Krankheit hin. 

Hinsichtlich des zeitlichen Beginnens der Tuberkulose stehen wir wohl jetzt 
allgemein auf dem Standpunkt, dass die Krankheit als eine Kinderkrankheit an- 
zusehen ist und dass am häufigsten die Infektion bereits im Kindesalter erfolgt. 

Für das Menschengeschlecht ist nicht nur der Tuberkelpılz vom bumanen Typ 
gefährlich, sondern die Perlsuchtinfektion spielt eine bedeutendere Rolle, als wir 
noch vor Jahren angenommen haben. 

Die wichtigste Errungenschaft der neueren Tuberkuloseforschung ist das 
Wiederindenvordergrundstellen der Bedeutung der Konstitution. Bartel hat auf 
diesem Gebiete selbst durch eigene Forschung Wertvolles geleistet. Es sei nur 
an seine anatomischen Untersuchungen über den Status thymico-Iymphaticus 
erinnert und über die Wechselbeziehungen des Lymphatismus mit den Wirkungen 
des Tuberkuloseerregers. Der Habitus phthisicus ıst in den letzten Jahren ein- 
gehender neu erforscht. Ihm gliedern sich die Beobachtungen über die Asthenie 
eng an 

Zusammenfassend kann man also angeben, dass nur eingehende Berücksich- 
tigung der Virulenz des Erregers und der Beschaffenheit der von der Infektion be- 
troffenen Organe (dispositionelle Konstitutionspathologie) uns für die Zukunft 
fördern kann. 

Die Bekämpfung der Tuberkulose kann nach Bartel nur durch Ausbau der 
allgemeinen Hygiene Erfolge haben. 

Im Anhang bespricht Neumann die Lehre von Tuberkelbazillus. Er gibt 
kurz die verschiedenen morphologischen Formen an. Nach ihm spricht das 
Vorkommen ausschliesslich homogener Bazillen gegen eine frische Tuberkulose; 
Zwerchformen deuten bösartigen Krankheitsprozess an, Splitter und fädige Formen 
einen gutartigen. Unter den Färbemethuden hat sich ıhm die Weichselbaum’sche 
Schnellmethode, welche mit konzentrierter alkoholischer Methylenblaulösung gleich- 

_ zeitig entfärbt und gegenfärbt, besonders bewährt. Auch die Berkafärbung mit 


Kongress- und Vereinsberichte. 239 


Kristallviolettlösung gibt gute Bilder. Hiusichtlich der Bedeutung der Much’schen 
Granula können wir ihm nicht ganz zustimmen. Wir haben nie Fälle gefunden. 
bei denen im Sputum ausser Much'’schen Granulis nicht auch, allerdings oft nur 
nach sehr eingehendem Suchen, vereinzelt säurefeste Bazillen gefunden wurden. 
Wir halten es daher nach wie vor für sehr fraglich, ob die Much’schen Granula 
als selbständige Formen des Tuberkuloseerrexers angesprochen werden dürfen. 
Für die Tierimpfung bevorzugt Neumann die intrahepatale Impfung nach Oppen- 
heim. Er gibt zum Schluss noch eine Übersicht über die bekannten saprophy- 
tischen, säurefesten Bazillen und ihre Unterscheidung von den pathogenen. Den 
Friedmannstamm hält er durchaus nicht für harmlos und unschädlich. Er schildert 
die Unterschiede zwischen dem bovinen und humanen Typ. Die Akten sind gleich- 
falls noch nicht geschlossen über eine eventuelle Transformation des Typus bovinus 
in den Typus humanus oder umgekehrt. Der Kaninchenversuch reicht übrigens 
nach unseren Erfahrungen nicht aus, um mit Sicherheit den bovinen Typ von dem 
humanen zn unterscheiden. Es sind einwandsfreie Stämme beobachtet, welche 
trotz hoher Kaninchenvirulenz zu den humanen gerechnet werden müssen. 
Schröder. Schömberg. 


9. Tuberkulose. Organ der Niederländischen Zentralvereinigung zur Bekämpfung 

der Tuberkulose. Jahrg. 14. 1918. Nr. 1 u. 2. 

Pynappel gibt in dem ersten Hefte eine Übersicht über die Organisation des 
Kampfes gegen die Tuberkulose in Holland. Es ist dort in erster Linie das Für- 
sorgewesen ausgebaut und wird tatkıäftig gehandhabt. Weiter ıichtet man sein 
“Augenmerk auf die Kindertuberkulose und vergisst nicht, die Tuberkulose als 
soziale Krankheit zu betrachten und entsprechend indirekt zu bestreiten. Die 
Vereinigung ist entschlossen, auf diesem Wege weiterzugehen und glaubt bereits 
Gutes erreicht zn haben. Auch der gegenwärtige Anstieg der Tuberkulose 
sterblichkeit in Holland ist nicht als ein Zeichen der mangelnden Wirksamkeit 
des Kampfes gegen die Krankheit seitens der Vereinigung anzusehen. Weiter 
bringt das Heft den Bericht über die Jahresversammlung vom 11. XI. 17., 

Im Heft 2 findet sich ein Aufsatz von Nolen, Leiden (Vortrag in der ge- 
nannten Sitzung der Vereinigung vom 11. XI. 17). Nolen gibt ein Referat über 
die schwebenden Tuberkulose-Immunitätsfragen und ihre Bedeutung für die Be- 
kämpfung der Krankheit. An der Hand der bekannten Lehre der Behring'schen 
Schule und unserer Kenntnisse von der Verbreitung und dem Verlaufe der Kinder- 
tuberkulose weist er mit Recht auf den Wert einer guten Prophylaxe im Kindes- 
alter hin. Die Infektionsgelegenheit für das Kind muss so gering wie möglich 
gemacht werden. Sein Widerstandsvermögen, also der Titer seiner Immunität, 
ist mit allen Mitteln bis zu einem möglichsten Maximum zu steigern. Auf diese 
Sätze ist der Bekämpfungsplan gegen die Krankheit aufzubauen. 

Das Heft enthält weiter den Abdruck eines Vortrages von Wayenburg, 
auf der gleichen Versammlung, der die Entwicklung der Tuberkulosebestreitung 
in Holland im Vergleich zu dem Kampf gegen diese Krankheit in Dänemark und 
Schweden schildert. Schröder. 


MI. Kongress- und Vereinsberichte. 
8. 22. General-Versammlung des Deutschen Zentral-Komitees zur 
Bekämpfung der Tuberkulose am 15. Juni 1918 in Berlin. 


(Referent: G. Liebe- Waldhof-Elgershausen.) 


| Nachdem -die geschäftlichen Dinge erledigt waren und Stark -Karlsruhe .- 
die Grüsse Ihrer Königl. Hoheit der Grossherzogin Luise von Baden überbracht 
hatte, sprach 


240 Kongress- und Vereinsberichte. 


Berger-Crefeld über Zusammenarbeit der Tuberkulosefürsorge 
mit den anderen Zweigen der besundheitspflege. (Es handelt sich 
hier bekanntlich um ein namentlich bei Neuerrichtung von Auskunfts- und Für- 
sorgestellen wichtiges Problem. Soll man solche Einrichtungen, ebenso die Kreis- 
fürsorgerinnen usw., nur oder wenigstens anfangs nur auf Tuberkulose beschränken 
oder soll man weiteres hier einbeziehen. Ref.) 

Die Tuberkulose nimmt ständig zu, auch wenn man von der jetzt vielleicht 
oftmals zu leichten Diagnosestellung absieht. Sie wird nach dem Kriege einen 
„Ozean von Arbeit" verursachen. Der Vortragende schilderte dann in einem Gange 
durch die gesamte Gesundheitspflege, Krankheitsverhütung und soziale Hygiene 
den Zusammenhang aller diesbezüglichen Mängel mit der Tuberkulose und die Not- 
wendigkeit, auf all das Rücksicht zu nehmen, wenn man die Tuberkulose wirklich 
ernstlich bekämpfen will. Man hat zu beginnen mit der Fürsorge für Säuglinge 
und Schwangere, Mutterschutz. Jeder künstliche Abort soll nur durch ein Kolle- 
gium beschlossen werden. Stillen der Kinder. Sorge für Uneheliche. Schulen 
für tuberkulöse Kinder. Lehrer sollen tuberkulosefrei sein; Schulschwestern, Zahn- 
fürsorge, Schularzt, Gesundheitsunterricht in höheren Klassen, in Fortbildungs- 
schulen, Frauendienstpflicht. 

Fürsorge für Erwachsene besonders hetreffs der Wohnung. In Berlin fielen 
50°/o der Tuberkulose-Todesfälle auf Einzimmerwohnungen, 40°'o auf Zweizimmer- 
wohnungen! Desinfektion. Nabrungsmittelliygiene. 10°; der Tuberkulose-Todesfälle 
auf Angehörige des Nahrungsmittelgewerbes. Auch die Trinker sollen dieser 
Fürsorge anvertraut sein. Fabrikhygiene und Fabrikpflegerinnen; diese auch aus 
der Zahl der Arbeiterinnen. Fürsorge für Haut- und chirurgische Tuberkulose 
(s. Ausschusssitzung); ebenso für Krieger. 

So greifen alle diese Zweige ineinander und vereinigen sich zu einem Ganzen. 
Ein Nebeneinander hat geradezu etwas Gekünsteltes und bedeutet Kraftver- 
schwendung. Vereinigt wird das alles in dem neuen Wohlfahrtsamte. Von da 
sollen die einzelnen Strahlen ausgehen. Ehrenamtliche Tätigkeit reicht nicht aus. 
Empfehlenswert ist die Schaffung eines Kreiskommunalarztes. 


Der Korreferent Gottstein-Charlottenburg weist zuerst darauf hin, dass 
sich diese Zusammenfassung des Vorredners nur auf kleine Städte und J,andbezirke 
beziehen könne. Für die grössern und Grossstädte ist sie unmöglich. Da handelt 
es sich um verschiedene, einzeln entstandene und getrennt zu behandelnde Zweige. 
Deshalb muss man teilen, entweder eine allumfassende Tätigkeit bezirksweise 
oder in einzelne Zweige dezentralisiert. Erstere Art hat manches für sich. Aber 
praktisch empfiehlt sich doch der zweite Weg. Die Charlottenburger Verhältnisse 
sind darin vorbildlich. Durch eine umfassende Meldepflicht greifen alle Mass- 
nahmen organisch ineinander. Der Fürsorgestelle werden von Ärzten, Kranken- 
kassen, Krankenhäusern usw. alle Fälle gemeldet. Und wiederum sind alle An- 
ordnungen des Lungenfürsorgeamtes allen in Betracht kommenden Stellen mitzu- 
teilen. Einem solchen (grossstädtischen) Lungenfürsorgeamte fallen auch die Unter- 
suchungen der Kinder zur Auswahl für die Kinderhorde zu, ferner die Kriegs- 
Tuberkulosefürsorge, so dass eine praktisch sehr bewährte Zentralisation eintritt 
(es dürfen nicht zuviel fürsorgende Personen in eine Familie kommen!). 


In der Erörterung empfiehlt: 


Aseher- Harburg die Dreiteilung der Fürsorge, wie sie in Harburg sich bewährt 
Fürsorge für Gesundheitspflege durch das Gesundheitsamt, für Erziehung durch die 
Kreisschulinspektion, für Kriegsteilnehmer und wirtschaftliche Fragen durch den Land- 
rat. Nirgendwo kann man — was Friedrich dem Grossen noch möglich war — das 
Ganze mehr übersehen, Teilung ist nötig. Besondere Beachtung muss bei dem jetzigen 
Geldwerte die Versorgung mittlerer Beamten verlangen. Die Frage, wie die bisher 
nicht Versicherungspflichtigen versorgt werden sollen, steht noch offen. Nimmt man 
das Einkommen bis 6000 M. in die Versorgung hinein, so ergibt sich allmählich eine 
fast das ganze Volk umfassende Gemeinschaft. Redner schlägt vor, die Kosten für 


Kongress- und Vereinsberichte. 241 


diese weitreichende Fürsorge durch einen gesetzlichen Zuschlag zur Einkommensteuer 
aufzubringen. 

Rabnow-Schöneberg hat ein Zusammenarbeiten aller Zweige seit 15 Jahren 
durchgeführt durch die „Städtische Deputation für Wohlfahrtspflege‘. Seuchen, Woh- 
nung, Ernährung finden Berücksichtigung. Wichtig ist, dass der Vorsitzende ein be- 
soldetes ärztliches Magistratsmitglied ist. Man darf diese gewaltige Aufgabe nicht der 
privaten Wohltätigkeit überlassen. Die Wohnungsnot wird nach dem Kriege kata- 
stropbhal. Wire der Krieg jetzt zu Ende, so würden nach der Statistik in Gross-Berlin 
30000 (nach anderer Rechnung sogar 60000) Kleinwohnungen fehlen. Die besten 
bisherigen Einrichtungen, unentgeltlicher Wohnungsnachweis, dadurch auch Regelung 
des Schlafgängerwesens usw. helfen da nicht. Es fehlt nicht die Einbeitlichkeit, son- 
dern es fehlt ein Träger der gesamten sozialen Fürsorge mit finan- 
zieller Kraft, unabhängig von aller Bettelei. Staatssekretär Wallraff (der Leiter 
der Versammlung) hat früher den Satz aufgestellt: Wir müssen aus dem A pho- 
ristischen in der sozialen Fürsorge zum Systematischen kommen. 

v. Heimburg führt in seinem Kreise jetzt ein Wohlfahrtsamt ein und bittet, trotz- 
dem ihm schon reiche Mittel vom Kreise bewilligt wurden, Staat und Landesversicherungs- 
anstalten um kräftige finanzielle Förderung. Der Vorsitzende, Staatssekretär Wallraff, 
stellt gegen seine frühere Landratszeit für jetzt ein wesentlich erhöhtes Interesse aller 
Beteiligten an solchen Fragen fest, und Miuisterialdirektor Kirchner, der eich dabei 
auch gegen die Schaffung von Kreis-Komniunalärzten ausspricht und mitteilt, dass eine 
Prüfungsordnung für Kreisfürsorgerinnen in Arbeit sei, stellt möglichste staatliche 
Unterstützung in Aussicht. 


9. Ausschusssitzung des Deutschen Zentral-Komitees zur Bekämp- 
fung der Tuberkulose am 15. Juni 1918 in Berlin. 


(Referent: G. Liebe- Waldhof-Elgershausen.) 


Es hat sich als Brauch herausgebildet, dass die Ausschusssitzung des D.Z.K., 
die sonst ja nur Minuten dauern würde, ebenso wie die Hauptversammlung wissen- 
schaftliche Vorträge bietet. Vielleicht dürfte eine Zusammenlegung, derart, dass 
eine kurze geschäftliche Ausschusssitzung der Hauptversammlung vorausginge, 
die allen Mitgliedern zugänglich, dann die Vorträge enthielte, viel Zustimmung 
finden. Die diesjährige Ausschusssitzung bot zwei Vorträge. 

Bier-Berlin: Die Behandlung der sogenannten chirurgischen 
Tuberkulose. . 

Man stellt sich bei „Tuberkulose“ meist Lungentuberkulose vor. Während 
diese ein Gemisch von Krankheiten darstellt, ist die chirurgische Tuberkulose 
nur reine T.B.-Infektion. Sie kommt besonders bei Kindern vor. „Chirurgisch“ 
nannte man sie, weil man sie früber nur mit dem Messer behandelte. Das beste 
Beispiel ist die Knochentuberkulose, deren alter Volksname „Knochenfrass“ ihren 
Verlauf gut charakterisiert. Man schnitt früher möglichst alles weg, was krank war. 
„Man freute sich, wenn man den Menschen nach Jahr und Tag geheilt hatte. 
Man hätte auch sagen können: verstümmelt.* Deshalb erhob sich neuerdings 
Widerspruch gegen diese Behandlung. Man fand, dass diese Tuberkulose in vielen 
Fällen messerlos heilte. Und darum begann man mit hygienischer Behandlung, 
Ruhigstellung. In das richtige Fahrwasser aber kam man erst, nachdem Bern- 
hard und Rollier die Sonnenbehandlung eingeführt hatten. Sie heilt die chir- 
urgische Tuberkulose aus, besonders wenn man andere Mittel damit vereinigt. 

Denn man weiss jetzt, dass das, was man wegoperierte, meist gar nicht 
der primäre Herd war. Rückfälle waren unvermeidlich. Die Sonne aber trifft 
auch die verborgenen Herde. Wie sie wirkt, ist noch nicht klar. Sicher sind 
das Wirksame nicht die ultravioletten Strahlen, womit das Problem der Höhen- 
wirkung berührt wird. Und was das künstliche Licht anlangt, so verhält es 
sich zur Sonne „wie die Havannazigzarre zum Buchenblatte*. (? Ref.) 

Darüber, ob man die natürliche Sonne auch bei uns mit Erfolg anwenden 
kann, sind seit März 1914 Versuche in Hohenlychen gemacht worden. Seitdem 


242 Kongress- und Vereinsberichte. 


hat B. keine einzige Resektion von Gelenken wegen Tuberkulose mehr gemacht. 
Die Erfolge sind sogar besser als in der Schweiz (was die Gebrauchsfähigkeit 
anberrifft), weil noch andere Mittel herangezogen wurden. Von 480 Fällen wurden 
332 geheilt, 37 Personen stehen kurz vor der Heilung; nur 4°/o sind gestorben. 
Aber noch mehr als Statistik überzeugt der persönliche Eindruck, besonders bei 
solchen, die den ganzen Jammer der alten Behandlung kennen. 

An derartigen Anstalten aber besteht Mangel. Die chirurgische Tuberkulose 
ist das Stiefkind gewesen und ist doch genau so ein soziales Übel, wie die Langen- 
tuberkulose. Wir können und müssen nnsere heimische Sonne benutzen. In 
Hoheulychen wird man jetzt Versuche auf einem im See schwimmenden Flosse 
machen. Man soll vo immer solche Abteilungen an vorhandene Anstalten an- 
knüpfen, nicht neue schaffen. 


In der Erörterung 

bestätigt Petruschky- Danzig diese Ausführungen und hofft, dass Äusserungen 
von so autoritativer Stelle, die doch grundstürzend für die Chirurgie sind, dem Grund- 
satze Platz schaffen: Messer fort von der chirurgischen Tuberkulose! Das möge auch 
vor allem von der Periproktitis gesagt sein. 

Schultzen-Berlin bestätigt die guten Erfahrungen aus den Lazaretten. Betrefis 
der geographischen Lage werden wir dasselbe durchmachen wie vor 30 Jahren mit den 
Lungenbeilstäiten: es wird überall gut sein. Nach dem Kriege wird auch durch 
Schjerning in dem vom Fürsten Donnersmark bei Berlia zu gründenden Tuber- 
kulose-Forschungs-Institute diese Frage behandelt werden. Auch einzelne Heilstätten 
für Lungenkranke sollten solche Abteilungen einrichten }). 

Neisser-Stettin: Die Mehrzahl der Chirurgen steht heute schon auf dem Stand- 
punkte Bier’s.. Es fehlt eben nur an Gelegenheit zu solcher Behandlung. Es fehlen 
Heilstätten für die chirurgische Tuberkulose von Kindern, aber auch von Erwachsenen. 
Ob wir immer mit natürlicher Sonne auskommen, ist eine noch unbeantwortete Frage. 
Wir müssen wohl die künstliche mit dazu nehmen. Dass sie auch gute Wirkungen 
hat, ist bewiesen (z. B. Vulpius). Aber es gehört dazu ein Radiotherapeut, d.h. ein 
darin ausgebildeter Arzt, wie man ihn z. B. in Stettin angestellt hat. Und man soll 
eine überall vorhandene Möglichkeit beachten und die Dächer der Krankenhäuser 
heranziehen, 

Ein noch sehr vernachlässigtes Kapitel ist die Drüsentuberkulose, die heute noch 
täglich operiert wird. Hier hat aber die Radiotherapie viel bessere Erfolge als das 
Messer. 

Steinberg- Breslau betont, dass die chirurgische Tuberkulose in den Fürsorge- 
stellen zu wenig berücksichtigt worden sei, obwohl man in Breslau eine Zunahme der 
chirurgischen Kindertuberkulose beobachtet bat. Man kann grosse Krankenhausbauten 
nicht abwarten, kann aber Sonnenbäder mit wenigen Kosten einrichten. Man will in 
Breslau eine eigene Fürsorgestelle für chirurgische Tuberkulose mit Röntgenapparat, 
Höhensonne und radiotherapeutisch ausgebildetem Chirurgen gründen. In diesem Falle 
wird man freilich den Grundsatz durchbrechen müssen, dass die Fürsorgestelle nicht - 
behandeln soll. 

Im Schlussworte macht Bier noch darauf aufmerksam, dass für Privatkranke 
am schlechtesten gesorgt ist. Er warnt nochmals vor Überschätzung des künstlichen 
Lichtes, das man mehr entbehren könne, als gemeinhin angenommen. Denn man kann 
auch im Winter mit Sonne behandeln. 

Sodann sprach Friedrich-Kiel über die Bedeutung der Kehlkopf- 
tuberkulose bei der Bekämpfung der Tuberkulose als Volks- 
krankheit und die Notwendigkeit ihrer besonderen Behandlung 
in Tuberkuloseheimen für Schwerkranke. Das wichtigste Tuberkulose- 
Problem der jetzigen Zeit ist die Versorgung der Schwerkranken, die für die 
Familie die grösste Gefahr bilden. Die bisher gegründeten Anstalten werden als 
„Sterbehäuser“ verabscheut. Daher muss eine besondere Heimstättenbewegung 


1) Wenn nur nicht dieser Bettenmangel wäre! So soll man den ‚„Willigen‘‘ Geld 
zur Erweiterung für chirurgische Tuberkulose zur Verfügung stellen. Dann werden 
derartige Vorschläge über das Stadium der frommen Wünsche himauskommen. L, 


Kongress- und Vereinsberichte. 243 


eingeleitet werden. Kine Stelle, wo einzusetzen ist, berührt das obige Tbema. 
Dabei handelt es sich nicht etwa um eine einseitige Fachfrage. Denn die Larynx- 
tuberkulose ist ja stets eine Komplikation gleichzeitiger Lungentuberkulose. Da- 
her ist auch ihre statistische Feststellung nicht ganz einfach. Die Zahlen schwanken 
von 30,6 °/ bis 2,9 %/0 (in Volksheilstätten). Hieraus ergibt sich schon dio Schwierig- 
keit klarer Verhältnisse. Dazu tritt die Fragestellung, ob die Kelilkopfiuberkulose 
auch für die Verbreitung der Tuberkulose besondere Bedeutung hat. Das ist der 
Fall. Denn der Auswurf der Larynxtuberkulösen ist viel öfter bazillenhaltig, als 
bei blosser Lungentuberkulose. Und die viel grössere Häufigkeit des Hustens 
erhöht die Gefahr. Die sonst übliche Prophylaxe versagt hier. Und da all dies 
noch nicht die nötige Beachtung gefunden hat, gab der Verein deutscher Laryngo 
logen die Anregung zu besonderer Fürsorge auf diesem Gebiete. Eine solche 
bedarf die Kehlkopftuberkulose als bäufigste Komplikation. Namentlich bedarf 
sie auch örtlicher Behandlung. Dann ist sie heilbar, in schweren Fällen wenig- 
stens besserungsfähig, abhängig freilich immer von der Schwere der Lungen- 
erkrankung. Durch allgemein-therapeutische Massnahmen ist sie nicht heilbar. 
Natürlich hat auch ‚hier die Fürsorge möglichst zeitig einzusetzen. Deshalb muss 
der Fürsorgestellenarzt laryngologisch gebildet sein. Laryngologie gehört ins 
Staatsexamen; bis das so weit ist, sind besondere Kurse für solche Ärzte zu halten. 
Die Kranken sind dann in Tuberkulosekrankenhäuser unterzubringen, in die aber 
nicht nur Schwerkranke, sondern solche aller Stadien aufgenommen werden 
müssen, um den erwähnten Abscheu zu überwinden. Sie sind in jeder geogra- 
phischen Lage möglich. 

Der Korreferent, Hansen-Kiel, weist darauf hin, dass die Tuberkulose 
nach dem Kriege noch mehr steigen wird, teils durch heimkelirende Krieger, teils 
auch durch die heimischen Verhältnisse (Ernährung, starke Heranziehung der 
Frauen zu schwerer Arbeit, Raubbau an den Müttern und künftigen Müttern). 
Wenn erst Arbeitsstörungen kommen und die Löhne fallen, wird das noch viel 
schlimmer. Dann muss die Heilfürsorge ganz erhebliche Ausgestaltung erfahren, 
allgemein, grosszügig. 

Die Hervorhebung der Kehlkopftuberkulose ist lobenswert, man muss ihr 
mehr Beachtung schenken. Auch die Landesversicherungsanstalten sollen ihre 
Grenzen weiter stecken und Kehlkopfkranke verschicken, am besten in besondere 
Krankenheime. (Ganz einfache Anlage, worüber gerade dag Deutsche Zentral- 
Komitee Erwägungen anstellen sollte. 

[Ein hierzu eingegangener Antrag von Gerber-Königsberg: „Zuziehung der 
Laryngologen als Beiräte zu den Fürsorgestellen* wird der Fürsorgekommission 
überwiesen.] : 

Finder- Berlin erklärt dje bisherige Versorgung der Kehlkopftuberkulösen für 
unzulänglich und schildert die Beelitzer Verhältnisse als nachahmenswert, wo ein 
Laryngologe (eben F.) den dortigen Arzten als Facharzt beigegeben ist!). 

Meyer (Vorsitzender der L.V.A. Brandenburg) berichtet von seiner Anstalt in 
Burg Dabor (bei Wittstock), wo — dies jedenfalls etwas sozialhygienisch ungemein 
Wichtiges — jeder Kriegsbeschädigte aufgenommen wird, auch wenn er nicht 
versichert ist. Ja, die L.V.A. nimmt auch nichtversicherte Nicht-Kriegsbeschä- 


l) Im allgemeinen ist wohl der natürlichere Zustand. dass der Heilstättenarzt 
so weit laryngologisch ausgebildet ist, dass er seine Kehlkopfkranken in der Regel 
selbst behandeln kann. F. wird diesen aber nicht so viel zutrauen. Denn er berichtete 
dieser ja nicht nur aus Arzten bestehenden Versammlung, dass er oft Fälle von Kehl- 
kopftuberkulose geschen habe, die während langer Heilstättenkur nicht behandelt, ja 
nicht einmal untersucht worden seien. Pischinger gab daraufhin die Erklärung ab, 
er werde jn der Sonutagsversammlung der Vereinigung der Lungenheilansataltsärzte be- 
antragen, Herrn Prof. Finder um Nennung der betreffenden Fälle zu ersuchen, damit 
der Verein diesem schweren Vorwurfe nachgehen könne. Das Ergebnis solle dem 
D.Z.K. schriftlich übergeben werden. Der Antrag ist gestellt und selbstverständlich 
angenommen worden, Die betreffenden Verhandlungen sind im Gange. 


244 Kongress- und Vereinsberichte. 


digte auf, besonders auch, Kinder, wenn Kreis und Kommune je ein Drittel der 
Kosten mit übernehmen, Übrigens findet in grosszügiger Weise die Aufnahme sofort 
auf Antrog statt, auch wenn die Kostenfrage vorher noch nicht geregelt ist. Diese 
Dinge erheischen dringend weiteren Ausbau, zumal die Kommunen niit ihren Kranken- 
häusern viel Schwierigkeiten machen. 

Neisser-Stettin: Von der von Friedrich angegebenen Zahl von 34/0 Heilungen 
werden viele innere Kliniker, ja auch Laryngologen überrascht sein. Das ist wohl nur 
bei sehr frühzeitiger Diagnose denkbar. Aber es gibt doch eine wissenschaftlich be- 


gründete Frühdiagnose der Kehlkopftuberkulose noch nicht, — ein Satz, dem später 
Brecke-Überruh zustimmt. Daher muss der Schwerpunkt der Diagnose — Entdecken 
leichter Beschwerden — verlegt werden in die Fürsorgestellen und zu den gebildeten 


Schwestern auf dem Lande. Das Stettiner System ist vorbildlich. 

i Pütter (Direktor der Charité) berichtet, dass in Buch jetzt 300 Betten für 
schwerere Kranke zur Verfügung stehen. Man darf aber annehmen, dass noch 3000 
in Berlin in den Wohnungen stecken. Da ist eine Mitteilung von Flügge tröstlich, 
dass genaue neuerdings vorgenoinmene Untersuchungen ganz wenig Tuberkelbazillen 
in solchen Wohnungen fanden. Das zeigt 1. die Wichtigkeit gut arbeitender Fürsorge- 
schwestern und 2. die Bedeutung der Wohnungsfürsorge. 


10. Versammlung der Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte 
am 16. Juni 1918 in Berlin (Hotel Excelsior). 


(Referent: G. Liebe- Waldhof. Elgershausen.) 


Nach begrüssenden Worten des Vorsitzenden, Pischinger, warde der 
„Fall Finder“ so erledist, wie es in der Ausschusssitzung (s. o0.) in Aussicht 
gestellt worden war. Zuerst sprach 

Bochalli: Über den Gesundheitszustand der Heilstätten- 
kranken, im Anschluss an die Veröffentlichung von Büttner- 
Wobst usw. Hinter diesem unklaren und widerspruchsvollen Titel verbergen 
sich wichtige Erörterungen über die „lte schwer-problematische Frage, ob Leicht- 
Tuberkulöse oder besser Nicht-Tuberkulose-Kranke in merklicher Anzahl in 
die Heilstätten Aufnahme finden, uud was zu tun Sei, eine aktive, behandlungs- 
bedürftige, Krankheit darstellende Tuberkulose festzustellen. Vor allem gilt für die 
im Titel genannten und für andere Untersuchungen, dass „Rückwärtsdiagnosen* 
nach irgendwie beträchtlicher Zeit schwere Bedenken erregen müssen. — Wenn 
in der Heilstätte festgestellt wird, dass ein Eingewiesener nicht zu den Genannten 
gehört, so soll ‚er entlassen werden (oder, wie das in sehr gut geregelter Weise 
die Reichsversicherungsanstalt tut, einer billigeren Erholungsstätte, einem 
„Sanatorium“ u. dgl. überwiesen werden. Ref... Leicht sind solche Entlassungen 
nicht, nachdem die für krank Befundenen und Wegxgeschickten all ihre Vor- 
bereitungen getroffen, oft alle Brücken abgebruchen haben. Und doch kann man 
Herzneurosen, Hysterie, inaktive Tuberkulose (die 10 und mehr Prozent ausmachen 
sollen) nicht behalten. Entlassen sollen auch werden vollständig aussichtslose Fälle 
des 8. Stadiums, wozu viele rasch fortschreitende Kriegstuberkulöse gehören. 

Die Ursache für die Über- und Fehldiagnvsen liegt in der durch reichliche 
Tuberkulose-Aufklärung erzeugten Überempfindlichkeit bei Kranken und Ärzten. 
Überschätzt werden die subjektiven Angaben und der objektive Befund. Klagen 
des Patienten, oft vermehrt durch Furcht vor Heredität, stehen fı umgekehrtem 
Verhältnisse zum objektiven Befunde'). Oder der Lungenbefund wird überschätzt. 





1) Dies niederschreibend, möchte ich doch ausdrücklich auf meine in der Erörte- 
rung gemachte Bemerkung hinweisen: in dubio pro reo, wobei der reus hier der Kranke 
ist. In jahrzehntelaugem Umgange mit Lungenkranken, die ich — wie schon literarisch 
mehrmals dargelegt — zumeist für etwas psycho-pathologisch halte, kommt man zweifel- 
los zu der Überzeugung, dass viel unbewusst (psychogen) und auch recht oft manches 
bewusst (Wunsch nach Kurverlängerung usw.) übertrieben wird. Und doch: der Arzt 
muss in jedem Falle immer wieder zuerst mit der Möglichkeit rechnen, dass die 





Kongress- und Vereinsberichte. 245 


Rechts hinten oben Dämpfung ist nicht für Tuberkulose beweisend !). Temperaturen 
sind nicht beweisend, Neurasthenie auch nicht. Aach die Tuberkulin-Reaktion 
nicht. Und das sollte wirklich nicht mehr vorkommen, dass eın Erwachsener auf 
Grund eines positiven Pirquet in eine Heilstätte geschickt wird. Aber auch die 
sonstige Tub.-Reaktion ist nicht entscheidend, nicht einmal die Herdreaktion. Der 
Röntgenbefund will mit grosser Vorsicht verwertet sein. So lässt sich also ein 
Irrtum, dass nie eine nicht-aktive Tuberkulose in die Heilstätte kommt, über- 
haupt nicht vermeiden. Massgebend ist nur die Erfahrung. Eine Untersuchung 
kann unmöglich schon zur Klarheit führen. Die Fürsorgestelle kann hier ein- 
greifen; es sollte aber auch von Be®bachtungsstellen allerhäufigster Gebrauch ge- 
macht werden, die am besten mit einer Heilstätte zu verbinden sind. Werden 
sie aber in ein Krankenhaus verlegt, so soll ihr ein Tuberkulose-Facharzt vorstehen. 

Erörterung: 

Ziegler-Heidehaus: Der Vorwurf, dass nichtkranke Tuberkulöse aufgenommen 
werden, hat eine gewisse Berechtigung. Er trifft aber in erster Linie den einweisenden 
Arzt. Er kann unmöglich nach einer Untersuchung ein Urteil fällen (s. o.), während 
andererseits die sofortige Entlassung durch den Heilstättenarzt sehr schwierig ist, schon 
wirtschaftlich (s. o.) Auch die Beobachtungsststion gibt nieht ohne weiteres volle 
Sicherheit. Die L.V. A. Hannover lässt solche Fälle, wenn sie nun einmal aufgenommen 
sind, 8 Wochen da, nennt sie Prophylaktiker und führt sie zu Nutz und Frommen 
der Statistik ?2) nicht als Tuberkulöse. 

Liebe- Waldhof-Elgershausen empfiehlt, solche zweifelhafte oder ganz leicht- 
kranke Fälle im Sommer nicht einzuweisen, sondern ihnen nur Winterkuren zu ge- 
währen. Daun würde der Sommerandrang entlastet, der begehrte Platz für ernster 
Kranke frei, während die im Winter freistehenden Betten zweckentsprechend verwendet 
würden ®). — In engem Zusammenhange mit dieser ganzen Frage steht die nach der 
Arbeitsfähigkeit der Heilstätten-Insassen, die um so brennender wird, als sogar neuer- 
dings Krankenkassen ihre Kontrolleure in die Anstalten schicken, um — also über das 
Urteil des Facharztes hinweg! — die Arbeitsfähigkeit oder -unfähigkeit festzustellen. 

Ulrici- Waldhaus-Charlottenburg: Von 2000 Heilstätten-Insassen sind 700 Nicht- 
tuberkulöskranke gewesen. Behalten wurden sie, weil sie doch sicher erholungsbedürftig 
waren. Man muss sie statistisch getrennt führen (s. ob, Ziegler). 

Reche-Schmiedeberg: Die L.V.A. Schlesien weist solche Fälle ab als noch 
nicht behandlungsbenötigt, mit der Anweisung, den Antrag zu wiederholen, wenn sich 
die Sache verschlimmert. (S. ob. meinen Vorschlag des Verweises auf den Winter.) 

Kraemer-Stuttgart rügt mit Recht den mehrfach gebrauchten Ausdruck „nicht- 
. tuberkulös“ und wünscht dafür „nichttuberkulosekrank*. Auch der Ausdruck „Pro- 
phylaktiker“* sei an dieser Stelle gebraucht unwissenschaftlich. Den die T.R.-Diegnostik 
verurteilenden Worten des Referenten widerspricht er und schildert sein bekanntes 
diagnostisches Vorgehen. 

Curschmann-Friedrichsheim macht bierher gehörige vertrauliche Mitteilungen 
aus militärbehördlichen Schreiben und wird gebeten, an zuständiger Stelle Aufhebung 
des vertraulichen Charakters zu beantragen. 

Brecke-ÜUberrub: Dass Nichttuberkulöse so reichlich in Heilstätten kommen, 
wie es von verschiedenen Seiten behauptet worden ist, dafür fehlt jeder Beweis, wobei 
Klagen doch berechtigt und in einer wirklich krankhaften Ursache begründet sind, 
wenn er sie auch noch nicht fand. Wir finden ja mit unseren Methoden durchaus noch 
nicht alle Lungenherde mit Sicherheit. Davon und von den damit zusammenhängenden 

berraschungen kann wohl jeder ältere Tuberkulosearzt erzählen. L. 

1) Wenn uns nur einmal auf einer Versammlung einer eine solche R.-h.-o.-Dämpfung 
nichttuberkulöser Art, die sich wie ein roter Faden durch die Literatur durch- 
zieht, vordemonstrieren wollte! Um junge Arzte nicht kopfscheu zu machen, muss das 
einmal gesagt sein. L. 

2?) Denn sonst ist doch wohl kein Unterschied einzusehen? Reel. 

9) Im Sommer verlockt die unbeschränkte Möglichkeit, im Walde zu geben, im 
Grase zu liegen usw. viel mehr zu Kurwidrigkeiten, als im Winter. (Zumal solange 
noch der ganz ungesunde Zustand gemischter Anstalten für beide Geschlechter 
besteht.) Deshalb die schwereren, meist auch nach dieser Hinsicht vernünftigeren Fälle 


in den Sommer, die leichteren, auch leichtsiunigeren in den, Kurübertretungen mehr 
behindernden Winter. L. 


246 Kongress- und Vereinsberichte. 


nochmals auf die grosse Schwierigkeit der Rückwärtsdiagnuse verwiesen wird (a. ob. 
Bochalli). Die in Betracht kommende Frage für den Arzt ist doch jedenfalls: 
„Ist der Mensch krank?* (vgl. auch die Anmerkung des Ref.). 

Mit wenigen Worten beteiligen sich noch an der Erörterung Elliesen und gegen 
ihn nochmals Kraemer, Pischinger, der Generalsekretär des Deutschen Zentral- 
Komitees Obeırstabsarzt Dr. Helm über die preussischen militärischen „Richtlinien* 
zur Bekämpfung der Tuberkulose, die nicht durchaus die Zustimmung der Fachärzte 
fanden, und Bochalli mit einem Schlussworte. 

Als zweiter Redner schilderte Pannwitz-Hohenlychen in seinem Vortrage 
Siedelungsfragen für Kriegsbeschädigte die Vorteile der neuen, gewiss 
meist unbekannten Rentengut- und Kapitalabfindungsgesetze. Die aus dem Felde 
Heimkehrenden müssen ein Hüsung mit Kleinviehhof und Garten bekommen. 
Dazu müssen alle mitarbeiten, die Ärzte aber sind die berufenen Förderer dieser 
Bewegung. Als deren Ausgangspunkt ist die soziale. Wirksamkeit des ver- 
storbenen Generalgouverneurs von Belgien, Frhrn. v. Bissing, zu betrachten. 
Anfangs gegen die schreckliche Verbreitung der Geschlechtskrankheiten gerichtet, 
umfasste sie bald die gesamte soziale Hygiene. Und ein Überschuss blieb für die 
Bissingstiftung für Siedelungen (1 Million). Überraschend schnell sind in Deutsch- 
land an vielen Orten „Bissingheime* in Angriff genommen worden. Mit jetzt 
10000 Mark (früher 6000) kann man ein Häuschen bauen, zu dem 1250 qm Land 
gohören. Der Bewohner hat nur 10°jo, also 1000 M. aufzubringen, für das andere 
sorgt die Stiftung mit ihren Helfern. Schliesslich können auch Ärzte sich an 
solchen (Sammel-)Siedelungen beteiligen. Die Versammlung begrüsst dankend 
die in Aussicht gestellte Zusendung der betr. Drucksachen an jeden einzelnen 
Tuberkulosearzt. 


Ziegler-Heidehaus: Strahlenbehandlung der Tuberkulose. Auf 
Grund fünfjäbriger Erfahrung glaubt Redner den Gegenstand — auch mit der er- 
forderlichen Selbstkritik — besprechen zu dürfen. Die Sonnenbehandlang, nichts 
Neues, wurde nach langem Winterschlafe neu entdeckt. Jetzt sprechen sogar die 
Kranken den Wunsch darnach aus, während die Ärzte vorsichtig vorgegangen 
sind. Zablreiche Untersuchungen haben die Wirkung cer Strahlen „genügend 
geklärt“ (? Ref.): Die Bildung des Pigments aus den roten Blutzellen, wohltuende 
Wirkung, Appetit und Schlaf fördernd, örtliche Reaktion, ähnlich wie Tuberkulin, 
aber nicht spezifisch, sondern zu denken als Beschleunigung vorhandener natür- 
licher Heilungsvorgänge. (Nur das Röntgenlicht hat eine gewisse spezifische 
Einwirkung, zerstört krankes Gewebe.) 

Wir wenden an Sonne, künstliche Höhensonne und Röntgenstrahlen. Die 
Sonne als Ganz- und Teilbestrahlungen. Die Anwendung richtet sich nach Klima 
und Höhenlage. In hbalbverdeckten Hallen lässt man liegen, Kinder kann man 
auch ständig in der Sonne umherlaufen lassen. Die künstliche Höhensonne ist 
ein notwendiger Ersatz, angewendet besonders für äussere Tuberkulose, Bauch- 
fell, Pleura, auch mit allgemeiner Wirkung, die aber an die der Sonne nicht 
herankommt. Röntgenstrahlen für tuberkulöse Lymphome und Gelenke, Tiefen- 
bestrahlung. — 

Besonders, namentlich Pigment erzeugend, wirken die ultravioletten Strahlen. 
Je mehr Pigment, desto grösser die Wirkung in die Tiefe. Das Pigment wandelt 
kurzwellige Strahlen in langwellige um. 

Redner kann über zahlreiche eigene Erfahrungen aus seiner Heilstätte Heide» 
haus bei Hannover berichten und zeigt zahlreiche gute und lehrreiche Photographien 
vor. Es handelt sich da natürlich um chirurgische Tuberkulosen. Aber einmal 
gilt es, zu zeigen, dass diese auch bei uns — 60 m Meereshöhe — geheilt werden 
können, und zum andern darf man aus den guten Erfolgen bei diesen schliessen, 
dass, auch ohne dass man es recht merken kann, Lungentuberkulose günstig be- 
einflusst wird. Namentlich bessert sich zweifellos der Allgemeinzustand und die 
Psyche. Fieber, mangelhafte Reaktion, Blutung, Einschmelzungsvorgänge der 
Lunge bilden Gegenanzeigen. Der Röntgenbestrahlung unterwirft Z. frische Er- 


Kongress- und Vereinsberichte. 247 


krankungen mit umschriebenen grösseren Herden. 25 X in einer Sitzung, zweimal 
wöchentlich, vorn und hinten. 10 mm Aluminium, Messung mit Kienböckatreifen. 
Fs liegen 20 während 3-9 Monaten durchgeführte Fälle vor. Schädigung ist 
so nicht zu befürchten; kleine Reaktionen wie bei Tuberkulin, ‚„Köntgenkater*“, 
kommen vor. Auch hier beobachtet man sehr gute subjektive Besserung. Ein 
abschliessendes Urteil ist noch nicht zu geben. Man soll aber diese Therapie 
unbedingt in die Heilstätten aufnehmen. 

Mit Bestrahlung der Kehlkopfhinterwand hat Z. gute Erfolge; mit 3—5 
Minuten anfangend. allmählich länger. Der Larynx reinigt und bessert sich, die 
Schmerzen nebmen ab. Besonders günstig liegen die Verhältnisse bei Peritonitis 
tuberculosa (mit Sudian kombiniert) und bei Lymphdrüsentumoren. Sonne oder 
Höbensonne wirken hier nicht; hierher gehört das Röntgenlicht. Z. unterscheidet 
l. grosse fluktuierende Abszesse. Sie werden mit dicker Kanüle punktiert, sọ 
lange und so oft, bis sich kein Eiter mehr sammelt. Sind Isröckel da, so wird 
ein kleiner Einschnitt gemacht. Jodoformgaze. 2. Noch nicht erweichte Tumoren. 
Hier Röntgenstrahlen. a) Kommt es nach reaktiver Schwellung zur Erweichung: = 1. 
b) Es kommt zu Verteilung. Die Radikaloperation wird für Gesicht und Hals 
abgelehnt, für Achsel und Leisten meist auch, doch kann man da auch anderer 
Ansicht sein. Mesenterialtumoren Tiefenstrablung. Hilustumoren: für Strahlen 
nicht zugänglich. | 

Besonders gute Erfolge bei Knochen und Gelenken. Das hat uns gezeigt, 
dass wir die deutsche Sonne ebensogut gebrauchen können, wie die des Hoch- 
gebirges, und dass auch die künstliche Höhensonne als Ersatz brauchbar ist. (Vgl. 
Bier’s Ausspruch in der Ausschusssitzung.) Natürlich muss man auch hier indi- 
vidualiseren, aber schaden kann es nie, wenn man erst Sonne versucht, bevor 
man zum Messer greift. Zu beachten, dass lange Eiterung im Körper Amyloid 
hervorruft. 

Die Frage, ob wir diese Behandlung in die Heilstätten einführen sollen, ist 
dahin zu beantworten, dass wir aus den Lungenheilstätten Tuberkulose- 
Heilstätten machen müssen; die chirurgische Tuberkulose lässt sich immer 
angliedern, schneller und billiger als in eigenen Austalten?). 

In der Erörterung, in der Liebe die baldige Fertigstellung der im vorigen 
Jahre beschlossenen Lichtdenkschrift aukündigt, teilt Ulrici mit, dass er schon einen 
chirurgischen Pavillon habe. Brecke weist auf die Wichtigkeit der (trotz Schröder’s 
fleissigen Untersuchungen noch nicht genug bearbeiteten — Ausschuss hierfür! L.) 
Klimafrage hin und erklärt die Höhensonne als nicht vollwertigen Ersatz. Elliesen 
fordert zu Versuchen mit der Spektrosol-Lampe von Reiniger, Gebbert und Schall auf. 

Curschmann: Die Strahlenbehandlung hat bei Lungentuberkulose noch keinen 
grossen Erfolg gezeigt. Durch Röntgenstrahlen haben sich die meisten Fälle verschlechtert, 
bis man sorgfältiger auswählte: indurierende Spitzenprozesse und Hiluserkrankungenu 
geringer Ausdehnung (vgl. Ziegler: für Hilus Röntgen unwirksam). Nun hatte man 
bei dreimonatiger Behandlung bessere Erfolge. Post? Propter? Das Auftreten von 
eigentümlich knackenden und knarrenden Geräuschen (Pleuraverwachsungen) spricht für 
Schrumpfungsvorgänge. 

Die Bestrahlung von Kehlköpfen führte zu Autosuggestion und Neurssthenie, wes- 
halb man sie wieder aufgab. (Hieran ist sicher viel Wahres, praktisch Beobachtetes! L.) 

Bochalli: hat durch Bestrahlung von chronischen Mittelohreiterungen mit künst- 
licher Höhensonne gute Erfolge gesehen (wird in der genannten Denkschrift veröffentlicht). 

Kosteletzky-Plannegg ist zu der Überzeugung gekommen, dass die Röntgen- 
tiefenbestrahlung eine grosse Zukunft besitzt, wenn man sich auch noch im Versuchs- 
stadium befindet. Nach anfangs wahlloser Behandlung, wobei man, bisweilen nach 
stürmischer Reaktion, auch bei schweren Füllen auffallende Besserungen sah, hat man 
nach besserer kritischer Auswahl recht erfreuliche Ergebnisse gehabt. 


1) Diese Anregung möge nicht ungehört in den Berichten in der Stille beigesetzt 
werden. Sie ist ein ungemein wichtiges Programm, das die Beachtung aller 
massgebenden Stellen verdient. L. 


248 Kongress- und Vereinsberichte. 


Wehmer glaubt. dass die Lichtbehandlung eine Rückwärts-Orientierung im 
Liegehallenbau herbeiführen werde, insofern als man die jetzt von den Häusern weg- 
gerückten wieder an die Häuser heranbauen werde, um auch die Betten hinauszubringen. 

Wolff hält diese Frage noch späterer ausführlicher Erörterung für bedürftig. 
(Mit Recht. Denn es werden da wohl zwei verschiedene Dinge verquickt. Die Liege- 
hallen wird man nach wie vor besser vom Hause weg, möglichst in den Wald stellen. 
Das moderne Heilstättenhaus wird aber Lichbalkons u. dgl. haben müssen. Vgl. 
Sarason, Das Freilufthaus; Lehmann, München 1913. Ref.). 


Reich an Anregungen, die sich wohl in den nächsten Jahren vielfach in 
Pläne und Taten umsetzen werden, gingen die Teilnehmer der Versammlung in 
ihre stillen Wälder zurück. 


11. K.K. Gesellschaft der Ärzte in Wien, Sitzung vom 1. März 1918. 
(Referent: A. Baer, Sanatorium Wienerwald.) 


M. Weiss: Welchen Wert hat das Vibroinhalationsverfahren 
bei Erkrankungen der Atmungsorgane? 

Vortr. gelangt zu folgenden Ergebnissen: 1. Das Vibroinhbalationsverfahren 
hat bei Lungentuberkulose keinen Weıt; es ist wegen der Gefahr von Verschlechte- 
rungen, besonders Lungenblutungen, abzulehnen. 2. Bei chronischer Bronchitis, 
Lungenemphysem und Asthma kann in manchen Fällen eine symptomatische 
Besserung eintreten. 

Aussprache: 

A. Schiff: Die Wirkung der Vibroinhalation bei Asthma, chronischer Bronchitis 
und Emphysen war in einer Reihe von Füllen günstig auf die asthmatischen Beschwerden 
und die Expektoration. Die Wirknng hielt meist nur für die Dauer der Behandlung an; 
chronische Bronchitis uud Emphysen blieben dabei in der Regel unverändert bestehen, 
Auf den Verlauf von Tuberkulose ist die Behandlung ohne jeden günstigen Einfluss. 
Weder der Lungenbefund, noch der Fieberverlauf wird günstig beeinflusst. Kompli- 
kationen (Hämoptoe, Fieberanstieg, Rippenfellreizung) sind nicht Selten. Weder für 
die Behandlung, noch für die Bekämpfung der Tuberkulose kommt der Vibroinhalation 
eine Bedeutung zu. 

K. Glaessner: Das Verfahren wurde in einer Lungenheilstätte an der Front an 
ca. 200 Mann geprüft. Der Vorteil seiner Untersuchungen licgt im Vorhandensein liegen- 
den Krankenmateriales. G. sah häufig günstige Beeinflussung von Sputummenge und 
katarrhalischen Erscheinungen bei akuten uud subakuten Brouchitiden und subjektive 
Besserung bei Emphysem und Asthma. Fälle von Lungentuberkulose, chronischer 
Bronchitis und Pleuritis verhielten sich völlig refraktär. 4mal unter 45 Fällen Hä- 
moptoe im Anschluss an die Inhalation. G. warnt davor, der so laut propagierten neuen 
Heilmethode, der bisher jede wissenschaftliche und praktische Grundlage fehle, eine 
Berechtigung in der Behandlung der Lungentuberkulose zuzuerkennen. 

M. Sternberg: Macht darauf aufmerksam, dass die Apparatur nicht von Dr. 
Bayer erfunden ist, sondern die vom Drägerwerk fabrizierten „Eelktrotisch-Kom- 
pressoren® mit einer kleinen Vorrichtung darstellt. St. sah bei Asthma und chronische 
Bronchitis erhebliche Besserungen. 





Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg. O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 





Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


Dr. Ludolph Brauer 


Arstlicher Direktor des Allgem. 


berausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ö. Professor an der Universität 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 


Krankenhauses Eppendorf in 


Freiburg, Direktor d. medizinischen 


für Lungenkranke Schömberg, 


Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
Redaktion: Verlag: 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch, 
Dirig. Arztder Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig, 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Wttbg. 


Dörrienstr. 16. 





12. Jahrg. 


Ausgegeben am 30. September 1918. B 





Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sielı auf die Seiten.) 


Altstaedt 257. : Galli, B. 274. 


} Kimmerle 272. 


Norris, Ch. P. 252. 


Aufrecht 272. Gerber, P. 262. Kincaid, F. 270. Orth 253. 
Bach, H. 277. | Gerhardt 550. Kraus 258. i Payr 280. 
Baer, A. 265, 28S.  Göpel 278, 280. ' Kroener, M. 259. 'Rabl, L. 274. 
Bahrdt 279. Gutstein, M. 260. ‚ Kruse 279. Roepke 276. 


Bandolier 276. 
Beauchant, M. 251. 
Braeuning 266. 
Brahm, C. 273. 
Burkard, O. 263. 
Cammaert, C. A. 253. Holden, O. 270. 
Cobet 270. | 

Colesehi, L. 255. 
Correa, A. 252. 
Deuel 279. 
Deycke 257. 
Francke 271. 


‚de Haan, J. 272. 

; Hartmanu, S. P. 253. 
' Heinecke 279. 

' Herzog, F. 254. 


Kankeleit 255. 
‘ Keschmann, R. 265. 


i Kuczewski, A. 260. 
Kummer 272. 

ı Ladek, Ed. 265. 

‚ Landolt, M. 252. 


Neumann, W. 250. 
: Nonnenbruch 271. 


Rosenthal 279. 
Schoy, C. 275. 
Schultz, 254. 
'Squarti 257. 


| Hirsch 257. ' Laufer 272. ‚Taubert, G. 262. 
. Lindgren, U. 261. i Teleky, L. 2684. 
Hyde, Ci. R. 260. Löber, G. 274. |Thiemisch 279. 








' Ickert 261. | Loewy, A. 273. Tomasinelli, G, 254. 
Imhofer, R. 251. . Mönch, @. L. 261. Vogel 257. 
Ingwersen, F. 254. Nebel 230. ı Wein, E. 275. 


Wichmann, P. 260. 
- Wohlgemuth, J. 273. 


I. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. 


442. Gerhardt, Über Tuberkulose — 
443. Beauchant, La tuberculose aux arnıces. 
-- 444. Imhofer, Kehlkopftuberkulose und 
Schwangerschaft. — 445. Norris, Schwanger- 
schaft bei Tuberkulösen. — 446 Correa, Rheu- 
matismus tuberculosis articularis et abarticu- 
laris. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


447. Landolt, Traumatische Lungentuber- 
kulose. — 448. Orth, Trauma und Tuberkulose. 
— 449. Hartmann, Tuberkulose der weib- 
lichen Geschlechtsorgane. — 450. Cammaert, 
Aangeboren tuberculose. 


c) Diagnose und Prognose. 


451. Ingwersen, Kronberger oder Ziehl- 
Neeisen? — 452. Sehultz, Diagnostischer 
Wert der negativen Tuberkulinreaktion in der 
Kinderpraxis. — 453. Herzog, Diagnose der 
chronischen Peritonitis. — 454. Tomasinelli, 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 


Nachweis kleiner Pleuraergüsse. — 455. Co- 
leschi, Röntgenuntersuchung der Lungen- 
tuberkulose. — 456. Kankeleit, Deutung 
streifenförmiger Schatten neben der Brust- 
wirbelsäule im Röntgenbild. 


d) Therapie. 


457. Neumann, Ambulante Tuberkulin- 
therapie. — 458. Hirsch und Vogel, 
Partigentherapie bei Hauttuberkulose. — 459. 
Deycke und Altstaedt, Behandlung der 
Lungentuberkulose mit isolierten Partialanti- 
genen und mit dem Partialantigengemisch 
M.Tb.R. — 460. Squarti, Nervöse Stauung 
bei der tuberkulösen Meningitis und dem 
Hydrocephalus. — 461. Kraus, Berechtigte 
Indikationen der inneren Medizin für den 
künstlichen Abortus. (Kapitel „Tuberkulośe“.) 
— 462. Krooner, Beitrag zur Genitaltuber- 
kulose. — 463. H yde, Tuberkulðse Peritonitis. 
— 464. Gutstein, Behandlung der tuberku- 
lösen Diarrhöen. 


12. 17 


250 


e) Klinische Fälle. 


465. Wichmann, Ulzeröse Schleimhaut- 
tuberkulose der Nase. — 466. Lindgren, Dif- 
fuse tuberkulöse Spondylitis. — 467. Moench, 
Zur Tuberkulose der Ovarialtumoren. — 468. 
lekort, Tuberkulöse Meningitis und Unfall. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heime. 


469. Gerber, Selbsttätige Aufklärungs- 
arbeit im Kriege. -- 470. Taubert, Patienten- 
beschäftigung in Lungenheilstätten. — 471. 
Burkard, Tiätigkeitsbericht der Auskunfts- 
und Fürsorgestelle für Lungenkranke in Graz. 
— 472. Teleky, Organisation der Fürsorge. — 
473. Keschmann, Holtei, Erfahrungen 
mit Barackenbauten. — 474. Ladek, Bau und 
Einrichtung von Liegehallen. — 475. Baer, Ein 
Jahr Kriegerheilstätte Wienerwald des Patrio- 
tischen Hilfsvereins vom Roten Kreuz f.N.-Ö. 
— 4%. Kuczowski, Wie soll man Militär- 
spitäler, welche für Lungenkranke bestimmt 
sind, im Kampfe gegen die Tuberkulose aus- 
nutzen? — 477. Braeuning, Stettiner Für- 
sorgestelle für Lungenkranke. — 478. XlI. Be- 
rieht über die Tätigkeit des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose (E. V.) in Nürn- 
berg im Jahre 1917. — 479. Baer, Ein Jahr 
Kriegerheilstätte Wienerwald des Patriotischen 
Hilfsvereins vom Roten Kreuz für Nieder-Öst. 


Allgemeine Pathologie und 


pathologische Anatomie. 


— 480. Mustersiedolung für Kriegsbeschädigte 
Bissiogheim E. V. — 481. Colonies for the 
tubereulous. — 482. Kineaid, State control 
of tuberculosis. — 483. Holden, The domi- 
ciliary treatment of tuberculosis. 


g) Grenzgebiete, 


484. Cobet, Diagnostik des infizierten 
Hämothorax beim Lungenschuss. — 485. Non- 
nenbruch, Parapneumonisches Empyem und 
das Nachfiebern bei der Pneumonie. — 486— 438. 
Franke, Laufer, Kummer, Behandlung 
der Pneumonie mit Salizyl und Antipyrin. — 
489. de Haan, Die Phagozytose befördernde 
bzw. vermindernde Wirkung von Substanzen. 
— 4%. Kimmerle, Einige Beobachtungen bei 
der Grippe. — 491. Aufree ht, Behandlung 
des Keuchhustens. — 492. Über den Gesund- 
heitszustand unserer Flotte. — 493. Loewy 
und Brahm, Säurevergiftung und Luftver- 
dünnung. — 49. Wohlgemuth, Zusammen- 
setzung des Blutes und Verhalten des Blut- 
druckes im Wüstenklima. 495. Galli, 
Hygienischer Trinkbrunnen. — 49%. Löber, 
Chronische Erkrankungen der Atemwege und 
ihre Behandlung durch methodische Tief- 
atmungen. — 497. Rabl, Wüstensanatorium 
Bab el Wadi. — 498. Schoy, Die Ursache 
der hohen Wärme im Jordantal. 


II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


10. Wein, Feststellung und Behandlung 
der tuberkulösen Infektion mittels antitoxischer 
Heilkörper. — 11. BandelierundRoepke, 
Lehrbuch der spezifischen Diagnostik und The- 


rapie der Tuberkulose. 9. Aufl. — 12. Bach, 
Anleitung und Indikationen für Bestrahlungen 
mit der Quarzlampe „Künstliche Höhensonne“. 
-— 13. „Süddeutsche medizinische Zeitschrift“. 


IH. Kongress- und Vereinsberichte. 
12. Sitzung der Medizinischen Gesellschaft zu Leipzig vom 5. und 19. März 1918. 


IV. Mitteilung. 


I. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


442. Gerhardt, Über Tuberkulose. 


bis 560. 


M. m. W. 65. 1918 S. 556 


Die Kriegszeit hat nur wenig zur Vertiefung unserer Kenntnisse über 


die Tuberkulose beigetragen. Immerhin hat sie manche Fragen angeregt. 
Verf. bespricht in seinem eingehenden Vortrage den Einfluss des Krieges 
auf die Häufigkeit der Tuberkulose, ferner die Frage, wie der Ausbruch 
der Tuberkulose herbeigeführt wird. Er weist auf die schwächenden In- 
fektionskrankheiten und die nichttuberkulösen Lungenkrankheiten hin. 
Besondere Vorsicht hält er bei Beurteilung der Folgen nach Schussver- 
letzungen für angebracht. 

Eine im Kriege aufgetretene Tuberkulose muss als Dienstbeschädi- 
gung anerkannt werden. Schwierigkeiten bereitet einerseits bei vorge- 
schrittenen Tuberkulosen die richtige Beurteilung des voraussichtlichen 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 251 


weiteren Verlaufs und die daraus abzuleitenden ärztlichen Anordnungen. 
Andererseits ist die Erkennung der initialen Phthise schwierig. Die 
Frage, ob und wieweit ein Tuberkulöser noch im Heeresdienst verwen- 
dungsfähig ist, hängt zum grossen Teil davon ab, ob die Krankheit stationär 
oder progredient ist. 

Wichtig ist auch zu entscheiden, ob Dienstbeschädigung überhaupt 
eingetreten, ist und welcher Grad von Erwerbsbeschränkung vorliegt. Vor 
allem muss dafür gesorgt werden, dass die Tuberkulösen in ihrem eigenen 
sowie im allgemeinen Interesse nach der Entlassung vom Militär zu nutz- 
bringender Arbeit angehalten werden. Alle — besonders aber die nicht 
arbeitsfähigen — sollen der bürgerlichen Fürsorge überwiesen werden. 

Bredow, Ronsdorf. 


443. M. Beauchant, La tuberculose aux armées. La Presse 
médicale 47, August 1917. 


Verf. beschäftigt sich mit dem Einfluss der Typhus- und Paratyphus- 
schutzimpfung, der Gasvergiftung und der Thoraxverletzungen auf die 
Entwickelung der Tuberkulose. Bei 2 Soldaten, die in der Vorgeschichte 
keine tuberkulösen Symptome geboten hatten, wurden im Anschluss an 
die Schutzimpfung Hämoptysen beobachtet. In 3 Fällen entwickelte sich 
einige Monate nach einer Gasvergiftung eine aktive Tuberkulose mit posi- 
tivem Bazillenbefund. Die genannten Faktoren spielen also bei der Ent- 
stehung der Tuberkulose nur eine untergeordnete Rolle. Anders verhält 
es sich mit den Thoraxverletzungen im allgemeinen. 4 von 43 Schuss- 
verletzungen, die bisher lungengesund waren, boten im Verlauf einiger 
Monate nach der Verletzung Symptome einer Lungentuberkulose mit 
bazillenhaltigem Auswurf. Einen noch grösseren Prozentsatz an Tuber- 
kulose konnte Verf. nach den übrigen Verletzungen des Thorax beob- 
achten; er hält das Aufflackern einer latenten Tuberkulose im Anschluss 
an ein Trauma für einen Faktor, dem mehr Wert beizulegen ist als bis- 
ber allgemein angenommen wurde. Zur Frage der Diensttauglichkeit ent- 
scheidet sich B. dahin, dass alle Tuberkulosen, die sich in Entwickelung 
befinden, mit und ohne positiven Bazillenbefund, zeitliche oder dauernde 
militärische Unbrauchbarkeit bedingen. Besondere Vorsicht beanspruchen 
ebenfalls die fibrösen Formen und die Pleuritiden, wenn auch die klini- 
schen Erscheinungen zeitweise einen negativen Befund bieten. Auch ge- 
heilte Tuberkulosen scheinen für den Militärdienst untauglich, während 
dagegen einer beschränkten Verwendung im Hilfsdienst nichts im Wege 
steht. Kautz, Hamburg. 


444. R. Imhofer-Prag, Der gegenwärtige Stand der Frage der 
Kehlkopftuberkulose und Schwangerschaft. Prager med. Wschr. 
1914 8. 111. 


Verf. hat an der Prager geburtshilflichen Klinik (Prof. Kleinhans) 
in 10 Jahren 11 Fälle von Kehlkopftuberkulose bei Gravidität beob- 
achtet. Seine Ausführungen resümiert er in drei Punkten: 1. Es besteht 
weder klinisch noch pathologisch-anatomisch ein Grund für die Annahme 
einer besonderen Prädisposition der Gravida für Larynxtuberkulose, wohl 
aber treten im Larynx bei Graviden Veränderungen auf, die das unauf- 
haltsame Fortschreiten des Prozesses erklären können. 2. Die Prognose 


17* 


252 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


ist durchaus ungünstig, eine akute Verschlimmerung (Ödem) ist während 
des Geburtsaktes möglich. 3. In Fällen von Kehlkopftuberkulose bei 
Gravidität soll ausnahmslos in den ersten Monaten Abortus mit nach- 
folgender Tubensterilisation eingeleitet werden; dagegen darf in der zweiten 
Hälfte der Gravidität niemals Frühgeburt eingeleitet werden, da diese die 
Chancen der Mutter nicht verbessert, die des Kindes aber wesentlich ver- 
schlimmert. Gegenüber der prophylaktischen Tracheotomie verhält sich J. 
ablehnend. Friedel Pick, Prag. 


445. Ch. P. Norris, Schwangerschaft bei Tuberkylösen. Amer. 
Journ. of Obst. Bd. 73, Juli 1916. 

Soweit es sich nicht um vorgeschrittene Fälle handelt, bedingt die 
Tuberkulose weder Neigung zu Unfruchtbarkeit noch zu Fehl- und Früh- 
geburten. Ungefähr in 20°/o inaktiver und 70°/o aller vorgeschrittenen 
Fälle kommt es zur Exazerbation des Prozesses. Verf. will daher auch 
bei schon länger bestehender Inaktivität des Lungenprozesses von einer 
Eheschliessung abraten. Die Heiratserlaubnis sollte nur in den Fällen 
gegeben werden, in denen eine Erkrankung 1. Grades seit mindestens 
2 Jahren inaktiv geworden ist. Allgemein lässt sich die Einwirkung der 
Schwangerschaft auf den Lungenprozess nicht voraussagen, muss vielmehr 
von Fall zu Fall genau beobachtet werden. Bei ungünstigem Einfluss 
empfiehlt sich die Unterbrechung der Schwangerschaft vor dem 5. Monat; 
erfolgt dieselbe innerhalb einer Woche nach den ersten Zeichen einer 
Verschlimmerung, so kann in 65—70°/o bei entsprechender sorgfältiger 
Nachbehandlung auf Besserung gerechnet werden. Bei verspäteter Unter- 
brechung ist Besserung selten zu erwarten. Sterilisation ist nur ausnahms- 
weise gerechtfertigt. In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft ist ab- 
wartende Behandlung, immerhin etwa 2 Wochen ante terminum die Ein- 
leitung der Frühgeburt und möglichst schonende wie abgekürzte Entbindung 
angezeigt. Stillen ist zu verbieten, die Kinder sind sorgfältig vor Infek- 
tion durch die Mutter zu schützen. Verf. stellt sich hiermit im wesent- 
lichen auf die heute neun anerkannten Grundsätze. 

Kautz, Hamburg. 


446. Alsares Correa, Rheumatismus tuberculosis articularis 
et abarticularis, Ned. Tijdschr. v. Verloskunde, Vi 'ouwenziekte 
en Kinder-Geneeskunde 1916. 

Besprechung der Literatur und der verschiedenen Formen der Tu- 
berculosis rheumatoides (von den Franzosen auch „rheumatoid tuberculeux 
oder maladie de Poncet genannt). Alle Gewebsalterationen, die hier ausser- 
halb der Gelenke auftreten, werden von Poncet Rheum. tuberc. abarticu- 
laris genannt und der Toxinewirkung auf Rechnung gestellt. 

Verf. gibt dann die Krankengeschichte eines geheilten Falles von 
Rheumat. tuberc. articularis, kombiniert mit den Erscheinungen einer Peri- 
karditis und einer Pleuritis. J. Peerenboom. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 
447. M. Landolt, Traumatische Lungentuberkulose. Schweiz. 
Rundschau f. Med. 1917 Nr. 1 


Es wird darauf hingewiesen, wie unsicher oft der Kausalzusammen- 
hang ist zwischen Lungentuberkulose und einem vorausgegangenen Trauma. 


Ätiologie und Verbreitung. 253 


Erfahrene Gutachter, wie Liniger, stehen der traumatischen Tuberkulose 
überhaupt sehr skeptisch gegenüber. Um den Zusammenhang zwischen 
Krankheit und Trauma als nicht bloss möglich, sondern als in hohem 
Masse wahrscheinlich erscheinen zu lassen, müssen bestimmte Forderungen 
erfüllt sein. Insbesondere ist zu verlangen, dass das Trauma erheblich 
gewesen sei und dass Erscheinungen seitens der Lunge möglichst bald 
nach dem Unfall einwandfrei festgestellt sind. Von dem Aktenmaterial 
der Unfallversicherung „Winterthur“ standen dem Verfasser 16, von der 
Unfallversicherung „Zürich“‘ 3 Fälle zur Verfügung. Diese Fälle werden 
in Tabellen erläutert. Anschliessend werden 4 selber beobachtete Fälle 
erwähnt. 

Es zeigt sich bei den letzteren, dass die Versicherung gelegentlich 
selbst die bescheidensten und gerechtesten Ausprüche nicht befriedigt. Ein 
solcbes Vorgehen rächt sich schliesslich an der betreffenden Versicherungs- 
gesellschaft selber, indem Patient und Arzt das Vertrauen zu ihr ver- 
lieren. | (Autoreferat.) 


448. Orth, Trauma und Tuberkulose. 4 Obergutachten. Zschr. f. 
Tbe. Bd. 27 H. 6. 
Muss im Original nachgelesen werden. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


449. S.P. Hartmann, Experimentelle Untersuchungen über die 
Eingangspforten und die Ausbreitung der Tuberkulose der 
weiblichen (eschlechtsorgane. ZX. Kongr. des Nordischen 
chirurg. Vereins. Gynäkol. Sektion 1916. 

1. Das Entstehen einer Grenitaltuberkulose durch die spontane Wan- 
derung der Bazillen durch die Scheide ist sehr zweifelhaft. Die Tierver- 
suche (Meerschweinchen), die als Stützen der Theorie von der aufsteigenden 
Infektion angeführt werden könnten, sind alle sehr angreif bar. 

2. Tierversuche, die als Beweis einer Hinaufwanderung der Bazillen 
gegen den Sekretstrom angeführt werden, sind sicher alle falsch gedeutet. 
In solchen Fällen gibt es immer Anzeichen dafür, dass das Abfliessen des 
Sekretes behindert war, wenn nicht gar die Verbreitung der Infektion 
auf dem Lymphwege erfolgt ist. 

3. Die Möglichkeit einer primären Genitaltuberkulose, durch die 
Kobabition entstanden, lässt sich nicht verneinen. Doch halten die meisten 
Fälle dieser Art einer schärferen Kritik nicht stand. 

Kautz, Hamburg. 


450. C. A. Cammaert, Aangeboren tuberculose. Ned. Tijdschr. 
v. (reneesk., 8. Sept. 1917. 

In diesem Aufsatz wird hingewiesen auf die Möglichkeit einer intra- 
uterinen Infektion. Nicht nur wenn die Mutter eine manifeste Tuberku- 
lose hat, sondern auch, wenn die Krankheit latent ist. Bemerkenswert in 
dieser Beziehung ist, dass Kinder einer Mutter mit tuberkulösen Brüdern 
und Schwestern so oft von der Krankheit befallen werden, obwohl die 
Mutter und der Vater ein hohes Alter erreichten. Die Bekämpfung der 
Tuberkulose in Holland ist ungenügend. Der Verf. fordert ein Mini- 
sterium der Volksgesundheit und mehr kräftige Massregeln als Sanatorien, 
Erholungsheime, Revision der Gesundheits- und der Unterrichtsgesetze, 


254 Diagnose und Prognose. 


Arbeitsverbot für tuberkulöse Lehrer und hygienischen Unterricht der 
Kinder. 

B. H. Vos macht zu diesem Aufsatz in der Nummer vom 15, Sept. 
die Bemerkung, dass man die Eltern sehr gut untersuchen soll, bevor man 
die intrauterine Infektion verteidigt. Hierauf erwidert C., dass er einen 
Fall konstatiert hat, in dem weder der Vater noch die Mutter tuberkulös 
infiziert waren. J. Peerenboom. 


c) Diagnose und Prognose. 


451. F. Ingwersen, Kronberger oder Ziehl-Neelsen? Zbl. f. 
inn. Med. 1918 Nr. 18. 

Es wurden 100 tuberkulöse Sputa je nach Kronberger und Ziehl- 
Neelsen untersucht. In 19°/o der Fälle gab Kronberger noch ein 
positives Resultat, wo Ziehl-Neelsen versagte. Verf. kommt daher zu 
dem Schluss, dass die Kron berger- Färbung der Ziehl-Neelsenschen 
bedeutend überlegen ist, und dass „keine Sputumuntersuchung auf Tuberkel- 
bazillen als vollständig angesehen werden kann, ohne dass Kronberger 
angewendet worden ist“. C. Kraemer II. 


452. Schultz, Über den grossen diagnostischen Wert der nega- 
tiven Tuberkulinreaktion in der Kinderpraxis. M. m. W. 
65. 1918 S. 680—681. 
Zustimmende Bemerkungen zu der gleichnamigen Arbeit von Prof. 
Moro, M. m. W. Jg. 65. 1918. S. 396—397. 
Bredow, Ronsdorf. 


153. F. Herzog, Zur Diagnose der chronischen Peritonitis. 
D. m. W. 1915 Nr. 25. 

Verf. möchte die Aufmerksamkeit wieder mehr auf das peritoneale 
Reibegeräusch richten, das nach ihm kein seltenes, sondern recht häufiges 
Symptom der Peritonitis ist, und zwar gerade bei den Fällen, in denen 
andere Symptome fehlen. Er prüft dieses Symptom durch langsames 
Eindrücken des Stethoskops; beim Normalen findet sich kein oder nur 
ein Darmgeräusch. Ausser bei Peritonitis kommt auch bei abnormaler 
Trockenheit des Peritoneums, bei hochgradiger Abmagerung dieses Reibe- 
geräusch vor. Die Auskultation leistet nach Verf. im Auffinden des peri- 
tonealen Reibens mehr als die Palpation. C. Kraemer I. 


454. @&. Tomasinelli, Methode zum Nachweis kleiner Pleura- 
ergüsse. La riforma medica 34. 1919 Nr. 25. 

Bei kleinen Pleuraergüssen ohne Pneumothorax, die schwer zu dia- 
gnostizieren sind, kann man sich mit Vorteil zur frühen Feststellung des 
Ergusses seiner Beweglichkeit im Pleuraraume bedienen, die Verf. 
— entgegen der vielfach bestehenden Ansicht — als sicher annimmt. 
Die geeignetste Lage für die perkutorische Feststellung des Ergusses ist 
die Rückenlage des Kranken. Um dabei perkutieren zu können, lässt 
man den Kranken am Halse in die Höhe heben, während er sich in der 
Lendengegend aufstützt, oder man lässt ihn mit der erkrankten Thorax- 
seite über den Bettrand hinausrutschen, während ein Wärter ihn auf der 
anderen Seite des Bettes am Arme festhält. In dieser Lage kann man 


Diagnose und Prognose. 255 


auch mit einem Phonendoskop gut auskultieren und die Verschieblichkeit 
des Exsudates feststellen, die sich — mit wenigen Ausnahmen — Wochen 
hindurch erhält. Verf. weist mit dieser Methode Exsudate (NB. ohne 
Pnoeumothorax!! von 50 cem nach, die sich im Sitzen oder Stehen nicht 
herausperkutieren lassen. Wilhelm Neumann. 


455. L. Coleschi, Die Röntgenuntersuchung der Lungentuber- 
kulose. La rıforma medica 34. 1918 Nr. 26. 


Verf. bespricht die röntgenologischen Symptome der Lungenspitzen- 
phthise, warnt vor einseitiger Verwertung des Röntgenverfahrens. Die 
Röntgenuntersuchung des Hilus hält er für äusserst wichtig, da die Hilus- 
erkrankung der Phthise vorausgehe: radiologisch werde also die Behring- 
sche Lehre von der Phthiseogenese bestätigt. Verf. unterscheidet auf dem 
Röntgenbilde 3 Formen von peribronchialen Strängen: 1. Die Knötchen- 
form, bei der die Stränge durch Knötchen unterbrochen werden. Je enger 
die Knötchen beieinander stehen, mit umso grösserer Wahsrscheinlichkeit 
handelt es sich um eine tuberkulöse Erkrankuug. 2. Die variköse Form 
mit groben Strängen: spricht für einen aktiven oder ausgeheilten spezifi- 
schen Prozess. 3. Die granuläre Form (wegen der Ähnlichkeit der Stränge 
mit granulierten Zylindern), welche am meisten charakteristisch für einen 
aktiven tuberkulösen Prozess sein soll. Im weiteren bespricht Verf. die 
bekannten Röntgenbilder der konfluierenden und zirrhotischen Formen 
der Phthise. 

Die Diagnose der exsudativen Pleuritis durch das Röntgenver- 
fahren bietet keine Schwierigkeiten, im Gegensatz zu der der trockenen 
Pleuritis. Bei den am Diaphragma lokalisierten Formen der letzteren 
kommt es zu Verminderung oder Aufhebung der Zwerchfellbewegung und 
zum Verschwinden des Sinus. Interlobulärschwarten, die klinisch schwer 
festzustellen sind, verraten sich durch einen vom Hilus nach der Peri- 
pherie ziehenden scharf begrenzten Streifen. Affektionen der Mediastinal- 
pleura sind an Unregelmässigkeiten des Mittelschattens und an Verwach- 
sungen zwischen Mediastinum und Perikard zu erkennen. Wichtig für 
die Diagnose einer Lungenphthise ist die Beobachtung des Verhaltens der 
Atmung und des Herzens vor dem Röntgenschirm. Das William’sche 
Symptom hat Verf. nur in Fällen mit Pleuritis diaphragmatica feststellen 
können. Das hypoplastische steilgestellte Tropfenherz hält er für einen 
sehr wertvollen Hinweis auf eine ungünstige Prognose der Phthise. Bei 
manifester Phthise teilt Verf. im Falle eines Auseinanderweichens von 
klinischem und Röntgenbefunde dem letzteren grössere Wichtigkeit zu; 
bei initialen Fällen ist die Beurteilung aber viel schwieriger. 

Wilhelm Neumann. 


t56. Kankeleit, Über die Deutung von streifenförmigen Schatten 
neben der Brustwirbelsiule im Röntgenbild. (Illustr.) M. m. W. 

65. 1915. S. 424—425. 

K. weist darauf hin, dass ohne nachweisbare anatomische Verände- 
rung der Wirbelsäule oder ihrer Umgebung streifenförmige Schatten neben 
der Wirbelsäule, speziell der Brustwirbelsäule, vorkommen, die bei ent- 
sprechenden klinischen Symptomen zur Fehldiagnose führen können, Ver- 
anlassung zu der Abhandlung gab ein Fall, bei dem die klinische Dia- 
enose diffuser Tumor oder tuberkulöse Affektion lautete, während sich als 


256 Therapie. 


anatomische Diagnose ergab: frische verruköse Endokarditis der Mitralis, 


herdförmige akute Myelitis im Brustteil des Rückenmarks. 
Bredow, Ronsdorf. 


d) Therapie. 


457. Wilhelm Neumann, Zur ambulanten Tuberkulintherapie. 
Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 11, Arztl. Beil. 

Verf. ist auf Grund seiner mehr als 11jährigen intensiven Beschäf- 
tigung mit den Tuberkulinen zu einem überzeugten und auch überzeugenden 
Anhänger der Tuberkulintherapie geworden. 

Aus der langen Dauer einer sehr vorsichtigen, mit minimalen Dosen 
beginnenden und nur ganz langsam steigenden Tuberkulinkur, wie sie eben 
nur sein soll und darf, ergibt sich auch die Berechtigung und Notwendig- 
keit der ambulanten Tuberkulintherapie. 

Verf. stellt sich die verschiedenen Lösungen selbst dar und zwar 
benützt er gewöhnlich die Originallösung von Alttuberkulin Koch, die er 
mit 1/4°/o Karbolwasser in der Konzentration von 1:10—1: 1000000 
verdünnt. 

Diese Lösungen bezeichnet er mit I (1:10) bis VI (1:1000000). 

Die Injektionen werden subkutan in das Unterhautzellgewebe des 
Rückens oder der Brust mit einer 1 ccm fassenden und in 20 Teile 
geteilten Rekordspritze gegeben. 

Bei Fällen, die eine einschneidende Tuberkulosetherapie erfordern, - 
deren Diagnose sichergestellt ist, bei denen Hämoptoen das Kranklheits- 
bild beherrschen, bei starker Abmagerung, Nierenreizung und starken ner- 
vösen Reizerscheinungen, beginnt er gewöhnlich mit */so ccm der Lösung V 
(1:100000) und geht nur ganz langsam tastend weiter. — Das kürzeste 
Intervall zwischen 2 Injektionen beträgt 4 Tage. Massgebend für das 
weitere Tempo sind nicht nur die Temperaturen, sondern auch die Stärke 
der lokalen Reaktion und Veränderungen im subjektiven Befinden. — Er 
macht gewöhnlich von jeder Verdünnung sechs verschieden starke Injek- 
tionen (3/20, 4/20, 6/20, ®/z0, !*/20, 2%/go cem). Ist die Dosis erreicht, welche 
gerade schwache Reaktion auslöst, also Erhöhung der Temperatur um 
0,1—0,4 Grad über die Norm, dann bleibt er bei ambulanten Kuren bei 
Fällen von der oben erwähnten Art auf dieser Dosis so lange, als sie 
noch Temperaturerhöhung hervorruft. — Er warnt vor der Meinung, dass 
mit Erreichung hoher Tuberkulindosen eine höhere Immunität erreicht 
wird und damit eine bessere Heilungsaussicht gegeben sei. 

Zwei Fehlerquellen muss man bei der Tuberkulinbebandlung aus- 
schalten: Erstens soll man bei jeder Verdünnung eine eigene Spritze be- 
nützen, damit nicht dadurch, dass man zuerst eine stärkere und dann 
eine schwächere Injektion mit derselben Spritze gibt, durch die unver- 
meidlichen, trotz wiederholten Durchspritzens, wenn auch nur in minimalster 
Menge, in der Spritze und Nadel haften bleibenden Reste der Tuberkulin- 
verdünnung von stärkerer Konzentration mit der folgenden schwächeren 
Injektion mehr Tuberkulin einverleibt wird, als man will. 

Zweitens muss man dem Umstande Rechnung tragen, dass die Halt- 
barkeit der Tuberkuloseverdünnung verschieden ist. — Je schwächer die 
Konzentration ist, desto leichter und schneller verdirbt sie. — Bei einer 


Therapie. 257 


Serie von gleich alten Verdünnungen wird der Sprung Won einer Ver- 
dünnung zur nächsten bedeutend grösser sein als nach der Berechnung, 
besonders beim Übergang von Lösung I zum Originaltuberkulin. — 
Verf. vermeidet deshalb Injektionen aus der Originallösung bei ambula- 
torischer Behandlung überhaupt, oder wenn sie sich wirklich nicht ver- 
meiden lassen, bereitet er sich vor dem Übergang noch eine ganz frische 
Verdünnung I und gibt von dieser vorher noch mehrere Injektionen. 
Für die Verdünnungen benützt und empfiehlt er Fläschchen, 15 cem 
fassend, mit weitem Halse, die durch eine Gummikappe abgeschlossen 
sind. — Diese werden zur Füllung der Spritze mit der Nadel einfach 
durchstochen. — Der Stöpsel braucht nicht gelüftet zu werden. 

Es gibt jedoch Fälle, bei welchen eine derartige reaktionslose Kur 
nicht erwünscht ist; das sind einerseits solche, bei denen die Diagnose, 
ob es sich um eine aktive, behandlungsbedürftige Tuberkulose handelt, 
nicht feststeht, andererseits ganz chronische Fälle, wo nur Dosen, die eine 
Fieberreaktion hervorrufen, Erfolg haben. — Bei liegenden Fällen ver- 
abfolgt er zunächst probatorische Injektionen von 0,2 cmm, bei ambu- 
lanten von 0,02 cmm und wählt dann nach dem Ausfalle dieser ersten 
Injektion die nächste Dosis. — Beim weiteren Vorgehen lässt er jedoch 
die gleiche Vorsicht walten, wie bei der reaktionslosen Kur. — Es 
folgen zwei Krankengeschichten von Fällen der letzteren Art, bei denen 
der Erfolg der Tuberkulosebehandlung ein tatsächlich in die Augen 
springender ist. 

Bei liegendem Material kennt Verf, abgesehen von den schwersten 
hoffnungslosen Fällen, keine Kontraindikationen, bei ambulanter Behand- 
lung ist er strenger und stellt 380 Achselmessung als oberste zulässige 
Temperatur hin. — Ein Anfänger tut überhaupt gut, bloss Fieberlose, 
oder höchstens subfebrile Fälle einer Tuberkulinkur zu unterziehen. 

A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö. 


458. Hirsch und Vogel, Über Partigentherapie bei Hauttuber- 
kulose. M. m. W. 65. 1918 S. 612—613. 
Verff. berichten an Hand eines kleinen Materials über die günstigen 
Erfahrungen bei Behandlung der Hauttuberkulose mit den Partialanti- 
genen. Bredow, Ronsdorf. 


459. Deycke und Altstaedt, Die Behandlung der Lungentuber- 
kulose mit isolierten Partialantigenen und mit dem Partial- 
antigengemisch M.Tb.R. M. m. W. 65. S. 379. 

Kurze Entgegnung auf die gleichbenannte Arbeit von W. Müller, 

Sternberg, M. m. W. Jg. 65. 1918 S. 36—37 (vgl. Ref. Nr. 326 d. Bd. 

8. 123). Bredow, Ronsdorf. 


460. Squarti, Die nervöse Stauung bei der tuberkulösen Menin- 
gitis und dem Hydrocephalus. Rivista di Clinica pediatrica 
1916 H.7?. 

Verf. behandelte mit der Bier’schen Stauung 8 Fälle von typischer 
tuberkulöser Meningitis. Im Gegensatz zu den Berichten anderer entging 
kein Fall dem Tode; doch konnte Verf. im Laufe der Behandlung fest- 
stellen, dass der Liquor cerebro-spinalis, der gewöhnlich nach der Lumbal- 
punktion rasch wieder ersetzt wurde, sich unter dem Einfluss der venösen 


258 Therapie. 


Stauung nicht vermehrte, so dass man mit der Lumbalpunktion, die ver- 
schiedentlich während und nach Anlegung der Stauungsbinde vorgenommen 
wurde, immer nur sehr wenig Liquor gewinnen konnte. 

Verf., der glaubt, dass diese Erscheinung nicht mit einer vermin- 
derten Sekretion, sondern mit einer vermehrten Absorption des Liquor 
cerebro-spinalis zusammenhängen müsse, wollte die gleiche Behandlung 
auch bei den verschiedenen Formen des Hydrozephalus, besonders solchen 
mit allmählicher Zunahme, versuchen, da es sich gerade beim Hydro- 
zephalus um eine behinderte Absorption handelt. 

Verf. wählte 3 der schwersten schon mit anderen Verfahren behan- 
delten Fälle für die Bier’sche Stauung aus. Das Ergebnis war in 
2 Fällen sehr zufriedenstellend, da nach etwa einem Monat eine beier- 
kenswerte Abnahme des Ergusses erfolgte, so dass selbst die nervösen 
Erscheinungen schwanden. Im 3. Falle bemerkte man eine, wenn auch 
nur geringe und vorübergehende Abnahme des l,iquordruckes, wobei auch 
die nervösen Störungen etwas zurückgingen und der Kopfumfang in einem 
Monat gegenüber dem durchschnittlichen Umfang der vorhergehenden Mo- 
nate sich um die Hälfte verkleinerte. Dieser Erfolg findet seine Erklärung 
in den für den Hydrozephalus charakteristischen Veränderungen und in 
der Wirkung der Stauung. Es ist die veränderte Zirkulation, besonders 
die in den Plexus chorioidei, welche die Absorption verhindert und zu 
der Ansammlung des Liquors in den Ventrikeln führt. Andrerseits bessert 
die venöse Stauung, indem sie das Strombett der Kapillaren vergrössert 
und die Venenstämme weitet, den veränderten Blutlauf und fördert die 
Absorption. Nach seinen Erfolgen hält Verf. den Schluss für berechtigt, 
dass die Bier’sche Stauung als in wirksames Mittel für die Behandlung 
les Hydrozephalus anzusehen ist. }) Galli, Lugano. 


161. Kraus, Berechtigte Indikationen der inneren Medizin für 

den künstlichen Abortus. (Kapitel „Tuberkulose‘.) W. kl. W. 

1918 Nr. 1. | 

Die Tuberkulose veranlasst. «die häufigste Indikationsstellung für den 
künstlichen Abortus in der Praxis (66°/o). Auch ohne direkte Genital- 
affektion werden schon im Frühstadium der Tuberkulose die Menses oft 
spärlicher, unregelmässiger oder zessieren. Der Tod an Tuberkulose in 
der Gravidität ist relativ selten; spontane Unterbrechung der Gravidität 
ereignet sich bloss in gauz schweren Fällen, beziehungsweise in der Agonie. 
Selbst wiederholte Gravidität braucht keinen ersichtlichen oder dauernden 
Schaden zn hinterlassen. Die latente Tuberkulose (90°/o der Fälle) er- 
fährt gewöhnlich durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett keine 
Verschlechterung; das gleiche gilt sogar für die Hälfte aller Fälle von 
manifester Tuberkulose. Bei 45°/s aller Wöchnerinnen (normales Puer- 
perium, keine nachweisliche Verschlimmerung der Krankheit) lassen sich 
tuberkulöse Veränderungen der Lungen nachweisen. Wichtig ist nicht so 
sehr die Ausdehnung des Prozesses, als sein stationäres oder progredientes 
Verhalten. Der Beginn der Verschlechterungen des Lungenbefundes fällt 
gewöhnlich in die 1. Hälfte der Gravidität. Die erst im Wochenbett ein- 
setzenden Verschlechterungen, die viel unheilvoller verlaufen, beruhen 
meist auf Einbruch des Prozesses in den Bronchialbaum mit folgender 
pneumonischer Verkäsung. Diese Fälle sind aussichtslos.. Miliartuberku- 


1) Aus dem Italienischen übersetzt von Ganter, Wormditt. 


Therapie. 259 


lose ist während Schwangerschaft und Wochenbett selten. Die Verschlech- 
terungen in der Gravidität können zum Exitus führen, häufiger aber kommt 
es zur Besserung und relativem Stillstand. Einmalige Verschlimmerung 
während der Gravidität braucht sich während der nächsten Schwanger- 
schaft durchaus nicht zu wiederholen, die Tuberkulose kann vielmehr 
stationär bleiben. Habituelles Absterben der Frucht durch mütterliche 
Tuberkulose gibt es nicht. Intrauterine Übertragung und Nabelschnur- 
infektion sind selten. 

Der Einfluss der Gravidität auf den Verlauf der Tuberkulose ist sehr 
ungleichmässig und schwer auf längere Zeit hinaus zu übersehen. Die eigent- 
lichen Gründe für die Verschlechterung in der Gravidität kennen wir nicht. 

Einleitung des künstlichen Abortus bei manifester Tuberkulose in 
den ersten 16 Wochen der Gravidität gibt ein günstigeres Resultat als 
bei Fehlen der Unterbrechung; die Frage ist aber noch nicht endgültig 
entschieden. .Zu spät vorgenommene Unterbrechung, sowie künstlicher 
Abort bei akut verlaufenden und zu weit vorgeschrittenen Fällen ist nicht 
selten direkt schädlich. 

An eine Immunitätsanalyse (Konjunktivalreaktion) darf die Indikation 
nicht geknüpft werden. Die Reaktion auf Tuberkulin kann gegen das 
Schwangerschaftsende bis zum Erlöschen sinken. 

Lupus und Knochentuberkulose sind keine Indikation zur Einleitung 
des Abortus, Nierentuberkulose, wenn eine Operation ausgeschlossen ist, 
nur nach der Lage des Einzelfalles. Die Nierentuberkulose wird durch 
den Abortus nicht gebessert, der richtige Eingriff ist die Entfernung der 
kranken Niere. 

Auch bei manifester Tuberkulose darf man wegen möglicher Ver- 
schlechterung nicht präventiv den Abortus einleiten. Als Aktivitätszeichen 
köunen gelten: Offene oder geschlossene Tuberkulose mit Fieber, charak- 
teristische Katarrhe mit Gewichts- und Kräfteverlust, beobachtete Aus- 
dehnung des Prozesses in den Lungen, Hinzutreten anderweitiger tuber- 
kulöser Erkrankungen. Durchaus nicht jede Form der Larynxtuberkulose 
erfordert die Einleitung des künstlichen Abortus, da es auch benigne 
Formen gibt. Allgemeinzustand und Progression der Tuberkulose ent- 
scheiden auch im Verhältnis zur Larynxaffektion. 

Jede Frau soll nach dem Abortus einer entsprechenden Tuberkulose- 
behandlung (Heilstätte) und Nachuntersuchung unterworfen werden. Die 
Unterbrechung der Gravidität ist in der Regel auf die ersten 16 Wochen 
zu beschränken. Die künstliche Frühgeburt bietet keine Vorteile vor der 
normalen Geburt. 

Bei akuten Tuberkulosen und solchen mit grosser Ausdehnung des 
Prozesses sollte vom künstlichen Abortus abgesehen werden. 
Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


462. M. Kroener, Beitrag zur Genitaltuberkulose. Arch. f. 
Gynäkol. Bd. 15, Febr. 1916. 

Die Genitaltuberkulose, welche häufig unter dem Bilde der entzünd- 
lichen Adnexerkrankung ausgedehnte Zerstörungen der Genitalorgane mit 
grosser Pyosalpinx und Pyovarien verursacht, ist keineswegs als neben- 
sächliche, untergeordnete Organerkrankung anzusehen, sondern verursacht 
häufig ein recht schweres Krankheitsbild und birgt ständig für den Träger 
die Gefahr des Übergreifens auf andere Organe per contiguitatem und 


"260 | Klinische Fälle. 


der Miliartuberkulose in sich. Aus diesen Gründen ist eine radikale 
Entfernung der tuberkulösen Genitalorgane anzustreben, solange die Geni- 
talerkrankung das Krankheitsbild beherrscht. Das geschieht am sichersten 
durch die Laparotomie, bei welcher stets beide Tuben, beide Ovarien und 
der Uterus bis zur Cervix mitzunehmen sind. Nur ausnahmsweise können 
Uterus und ein Ovar zurückgelassen werden. Diese Methode garantiert in 
den meisten Fällen eine rasche und vollständig subjektive Heilung im 
Sinne der Arbeitsfähigkeit und des körperlichen Wohlbefindens und ein 
subjektiv einwandfreies Resultat. Kautz, Hamburg. 


463. Cl. R. Hyde, Tuberkulöse Peritonitis. Amer. Journ. of Obst. 

Dd. 74, März 1916. Ä 

Nach einem Hinweis auf die häufigen Fehldiagnosen gibt Verf. das 
Ergebnis eigner und aus umfassendem Studium der amerikanischen Lite- 
ratur geschöpfter Erfahrung. Die Ausführungen über die Pathologie und 
Symptomatologie bieten nichts Neues. Hinsichtlich der Behandlung steht 
Verf. auf dem Standpunkt, zwar in jedem Falle die Laparotomie zu - 
machen, erkrankte Teile des Genitales oder das ganze Genitale aber nur 
dann zu entfernen, wenn nicht ausgedehnte peritoneale Verwachsungen 
vorhanden sind. In letzterem Falle soll man sich darauf beschränken, 


den Aszites abzulassen und auszutupfen und — nach einem bewährten 
Vorschlag McGlinns — 4 g Jodoform in die Bauchhöhle einführen, 
die danach vollständig geschlossen wird. Kautz, Hamburg. 


464. M. Gutstein-Berlin, Zur Behandlung der tuberkulösen 
Diarrhöen. Ther. d. Gegenw. 1917 H. 1. 

G. berichtet über ein neues Präparat, Combelen, mit dem er gute 
Erfolge bei Durchfällen von Phthisikern gehabt hat. Comibelen ist eine 
Mischung zu gleichen Teilen von Etelen (Triazetylgallussäureäthylester) 
und Resadol (Resorzinbenzoylkarbonsäureäthylester.. Es sind damit zwei 
Komponenten von verschiedener Wirkungsweise, ein Adstringens und ein 
Tonus und Peristaltik der Darmmuskulatur herabsetzendes Mittel ver- 
einig. Bei den Durchfällen, wo mit Wahrscheinlichkeit keine stärkere 
organische Erkrankung tuberkulöser Natur des Darmes vorlag, wirkte das 
Mittel ausgezeichnet in Dosen von 3 g. Bei den schwer destruktiven 
Phthisen mit ulzerösen Veränderungen des Intestinums konnte nur mit 
grossen Dosen, bis 6 g pro die, und auch da nicht zuverlässig, ein Erfolg 
erzielt werden. Verf. war dann gezwungen, die altbewährte Bolus alba 
oder Opium zu geben. Geinitz, Tübingen. 


e) Klinische Fälle. 


465. P. Wichmann, Ulzeröse Schleimhauttuberkulose der Nase 
mit „bergreifen der Haut. Derm. Wschr. 1917 Nr. 38 


Die Veröffentlichung bringt einen Fall von exogen erworbener Tuber- 
kulose ohne Beteiligung der inneren Organe; eine genügend starke Im- 
munität konnte infolgedessen nicht erworben werden, was sich auch im 
mikroskopischen Bilde durch die Spärlichkeit der Plasmazellen ausdrückt. 
Der Prozess ist daher in der Nase stark progredient. Die Haut hatte 
einen stärkeren Grad von Immunität erworben. 

P. von der Porten, Hamburg. 


Klinische Fälle. 261 


466. Uno Lindgren, Ein Fall von im klinischen Sinne diffuser 
tuberkulöser Spondylitis. Hygiea Bd. 80 1918. 

Ein 20jähriger Schmied, der vor 6 Jahren Pleuritis gehabt hatte, 
bekommt einige Zeit nach der Entstehung von tuberkulösen Ulzerationen 
im Pbarynx Schmerzen und andere auf Spondylitis zurückzuführende 
Symptome. Nach einiger Zeit Amyloidosis und Mors an Erschöpfung. 
Die Sektion zeigte eine disseminierte Rückgrattuberkulose, lokalisiert so- 
wohl im Wirbelkörper als in den Bogen und ohne Sequestrierung und 
Destruktion. Wahrscheinlich handelt es sich um eine hämatogene Aus- 
saat von Tuberkelbazillen; dafür spricht u. a, dass die Herde in der- 
selben Entwickelungsstufe waren. Viel des Interessanten bietet die Röntgen- 
untersuchung: von diesen mächtigen tuberkulösen Wirbelveränderungen 
kam fast nichts mehr zum Vorschein auf der Röntgenplatte. Nur einer 
der Wirbel (Th. 7) zeigte etwas Pathologisches, indem er ein wenig vorn 
zusammengedrückt war.’ Arvid Wallgren, Upsala. 


467. G. L. Moench, Zur Tuberkulose der Ovarialtumoren. Gynäk. 
Rundschau 1916 Nr. 1. 

Zu den in der Literatur bisher beschriebenen 23 Fällen fügt Verf. 
einen weiteren Fall von Tuberkulose und Ovarialkystom hinzu, bei dem 
die tuberkulöse Infiltration an einer doppellinsengrossen Stelle durch alle 
Schichten der Wand des Ovarialtumors von der äusseren Wand bis fast 
an die Innenfläche der Cyste heranreichte.e Ein ursächlicher Zusammen- 
hang zwischen Ovarialtumoren und Tuberkulose lässt sich nicht beweisen. 

Kautz, Hamburg. 


468. Ickert, Tuberkulöse Meningitis und Unfall. Med. Klin. 
1918 Nr. 10. 

Bericht über einen Fall von tuberkulöser Meningitis, die im An- 
schluss an einen Unfall aufgetreten war: Ein Arbeiter wurde von einer 
Bretterbude umgerissen, die ihm auf den Kopf und in die Seite fiel. Es 
zeigten sich die Zeichen einer bald vorübergehenden, leichten Gehirn- 
erschütterung. 5 Tage später trat eine tuberkulöse Hirnhautentzündung 
auf, der der Mann am 16. Tage. erlag. Bei der Sektion fanden sich 
auch ältere, andere tuberkulöse Herde, ferner in der Inselgegend einige 
kleine Tuberkelknötchen, und ausserdem Hydrocephalus internus. Der 
Unfall als solcher war imstande, die Bazillen der alten Herde zu mobili- 
sieren und sie auf der Hirnhaut als dem Locus minoris resistentiae (Ge- 
hirnerschütterung) zur Ansiedelung zu bringen. Die Kürze der Krankheit 
spricht nicht gegen den ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall, die 
Grösse der Knötchen entsprach der verstrichenen Zeit und der Hirndruck, 
die eigentliche Todesursache, war wohl durch die Hirnläsion bedingt und 
durch die tuberkulöse Entzündung verursacht. Nimmt man an, dass die 
Meningitis schon vor dem Unfall bestanden hat, so hat doch die intra- 
kranielle Druckverschiebung infolge des Unfalles im Verein mit den 
tuberkulösen Entzündungsprodukten die Bildung des Hydrocephalus und 
damit den Tod herbeigeführt. — Derartige Fälle können nur auf Grund 
eines genauen Sektionsergebnisses geklärt werden, und die Forderung, dass 
bei Todesfällen an tuberkulöser Hirnhautentzündung die Sektion zu er- 
folgen hat, wenn eine Entschädigungspflicht in Frage kommt, ist durchaus 
berechtigt. Rehs, Davos. 


\ 


262 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heinte. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


469. Paul «erber- Wien, Selbsttätige Aufklärungsarbeit im 
Kriege. Osterr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 1 Nr. 10. 


Der einerseits mit der militärischen Organisation, andererseits mit 
den allgemeinen Massregeln gegen die Kriegsseuchengefahr verbundene 
Imperativ zur Ordnung und Reinlichkeit, der Aufenthalt, weniger im 
Schützengraben als vielmehr in den verschiedenen Sanitätsanstalten des 
gesamten Kriegsgebietes, der Etappe und des Hinterlandes, die aus irgend 
einem Grunde wohl jeder zur Kriegsdienstleistung Einberufene passiert, 
wird nicht ohne bleibenden Einfluss auf die Lebensweise der Bevölkerung 
der Doppelmonarchie, die, wie Verf. sehr richtig bemerkt, bei manchen 
Gruppen noch an den Urzustand der Menschheit erinnert, bleiben. Er 
muss noch richtunggebend wirken, auch wenn der Zwang aufgehört hat. 

Diese selbsttätige Aufklärungsarbeit muss noch unterstützt werden 
durch bewusste Aufklärung von seiten der Ärzte bei den verschiedenen 
militärischen Formationen und in den verschiedenen Sanitätsanstalten, 
zwanglos, in der Form beiläufiger Bemerkungen anlässlich der täglichen . 
Visite etc. Ein breiter Raum in diesen belehrenden Gesprächen soll 
mit vollem Rechte der Prophylaxe und Bekämpfung der Tuberkulose ge- 
widmet sein. 

Bezüglich der zahlreichen auf Tuberkuloseabteilungen tätigen weib- 
lichen Hilfspflegerinnen schlägt Verf. sowohl im Hinblicke auf den kom- 
menden grossen Bedarf in Friedenszeiten als auch auf den Vorteil voraus- 
gegangener praktischer Ausbildung vor, in irgend einer Form die Ver- 
wendung dieser Kategorie von Pflegepersonen militärischer Anstalten als 
Tuberkulose-Fürsorgeschwestern zu ermöglichen. Der Ausführung dieses 
in gewisser Hinsicht zweifellos berücksichtigungswerten Vorschlages steht 
derzeit noch eine ministerielle Verordnung, die als Bedingung für die 
Aufnahme in die Krankenpflegeschule, in der die Fürsorgeschwestern 
herangebildet werden, im allgemeinen eine mindestens 3jährige Tätigkeit 
als berufsmässige Krankenpflegerin fordert, hindernd im Wege. Referent 
ist der Ansicht, dass bei der grossen Förderung, welche gerade die öster- 
reichische Regierung allen Bestrebungen zur Bekämpfung der Tuberkulose 
zuteil werden lässt, auch hier eine alle Teile befriedigende Lösung ge- 
funden werden dürfte. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö. 


470. Gustav Tauber t- Sternberg, Über Patientenbeschäftigung 
in Lungenheilstätten. Osterr. Tbe.-Fiüirs.-Bl. Jg. 1 Nr. 10. 
Nach den Erfabrungen, die Verf. in seiner Tätigkeit in der Lungen- 
heilanstalt für heimkehrende Krieger in Sternberg in Mähren gewonnen 
hat, vertritt er den heute wohl fast allgemein anerkannten Standpunkt, 
dass die Arbeitstherapie in den Lungenheilanstalten einen wertvollen Be- 
standteil unserer Rüstkammer für die Bekämpfung und Heilung der 
Tuberkulose bildet, unter der Voraussetzung einer strengen Individuali- 
sierung und Rücksichtnahme auf die Art und Ausdehnung der Erkran- 
kung, die bisherigen Lebenegewohnheiten und die bisherige Berufstätigkeit 
des Erkrankten und einer ständigen ärztlichen Beaufsichtigung. Er stellt 
einen inhaltsreichen, theoretische und praktische Ausbildung gleichmässig 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 263 


berücksichtigenden Lehrplan auf — auch die Musik fehlt in ihm nicht —, 
der wohl geeignet ist, die Erreichung des Endzieles, das ist die Erhaltung 
und Stärkung körperlicher und geistiger Kräfte und die Ermöglichung 
einer Berufsumschulung und -Fortbildung des durch die Krankheit Er- 
werbsbeschränkten zu fördern und zu erleichtern. Die Teilnahme an der 
Beschäftigung — und hierin nimmt Verf. einen von der Mehrzahl der 
Autoren wohl etwas abweichenden Standpunkt ein — soll nur insoferne 
eine freiwillige sein, als nur die Wahl der Art der Beschäftigung frei- 
gestellt wird. Irgendwie beschäftigen muss sich jeder, der hierzu ärztlich 
für geeignet erklärt wird. Als Aneiferungsmittel dienen kleine Geldent- 
schädigungen und Ausstellung der geleisteten Arbeiten. 

Zur Behebung des derzeit bestehenden Mangels an geeigneten Lehr- 
kräften schlägt Verf. die Kommandierung von ‚in militärischen Diensten 
stehenden Lehrern an die Patientenschulen vor. Er fordert ferner Auf- 
klärung der Kranken über den Zweck und die Wichtigkeit der Beschäf- 
tigung während der Kur, über die verschiedenen Schädlichkeiten im Be- 
rufe und über die Möglichkeit einer Berufsumschulung. Schliesslich tritt 
er für eine Angliederung gärtnerischer und landwirtschaftlicher Betriebe 
an die Lungenheilanstalten und Errichtung von Lehrwerkstätten in den- 
selben ein, um so Fürsorgeanstalten auszubauen, welche geeignet sind, 
den aus der Anstalt Entlassenen die Wiederaufnahme ihres Berufes zu 
erleichtern und eine möglichst weitgehende Nutzbarmachung von Kräften 
für das Wirtschaftsleben zu bewirken. 

Es würde wohl einen grossen Fortschritt in der Tuberkulosetherapie 
bedeuten, wenn diese Vorschläge an geeigneter Stelle Beachtung und Ge- 
hör fänden. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-O. 


471. Otto Burkard, Tätigkeitsbericht der Auskunfts- und Für- 
sorgestelle für Lungenkranke in Graz. Österr. Tbe.-Fürs.-Bi. 
Jg. 1 Nr. 11. 


Der unter diesem anspruchslosen Titel erscheinende Aufsatz ist 
eigentlich eine Anleitung, wie man bei der Errichtung von Tuberkulose- 
fürsorgestellen vorzugehen hat. Er enthält eine Fülle von wertvollen 
prinzipiellen Erörterungen und praktischen Winken und sollte von jedem, 
der selbst eine Fürsorgestelle betreiben will, im Originale nadhgelesen werden. 
Er beinhaltet folgendes: 

Jede Fürsorgestätte bedarf zuerst organisatorischer Arbeit zur mög- 
lichst lückenlosen Erfassung aller fürsorgebedürftigen Lungenkranken 
und zur Heranziehung aller irgend für Tuberkulosefürsorge in Betracht 
kommenden Quellen sozialer Hilfe, Vereine, Wohltätigkeitsinstitute, Be- 
hörden etc. i 

Die wichtigste Vorbedingung für ein gedeihliches Wirken ist vor 
allemi die werktätige Mitarbeit aller Ärzte, in erster Linie der Kranken- 
kassenärzte. Zu diesem Zwecke müssen diese durch Wort und Schrift 
aufgeklärt — sind doch Ziel und Zweck der ganzen Fürsorgebewegung 
zur Zeit noch keineswegs Gemeingut aller Ärzte — und um ihre Mit- 
arbeit gebeten werden. Um den Kontakt herzustellen, werden die beban- 
delnden Ärzte, gleichgültig, ob sie selbst oder irgend jemand anders den 
Kranken überweisen, von allem unterrichtet, was die Fürsorgestelle mit 
demselben unternimmt. Ebenso sind die Krankenversicherungsanstalten, 


264 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


die auch zur materiellen Unterstützung bereit sind, heranzuziehen, des- 
gleichen die öffentlichen und privaten Armenorganisationen, die Schulen 
nach entsprechender Aufklärung der Lehrerschaft, die eventuell bestehenden 
Fürsorgeeinrichtungen für Kinder, die Gemeindeverwaltungen etc. Mit den 
Heilanstalten für Lungenkranke ist behufs Evidenzhaltung der von der 
Aufnahme abgewiesenen oder der aus der Heilstättenbehandlung Ent- 
lassenen in Fühlung zu treten. Die Sputumuntersuchungen werden im 
Hygienischen Universitätsinstitut vorgenommen. 

Es folgen statistische Zahlen über die Frequenz der Fürsorgestelle, 
die mit Rücksicht auf den kurzen Zeitraum, auf den sie sich erstrecken, 
einen sprechenden Beweis für die Notwendigkeit der Errichtung der Grazer 
Fürsorgestelle liefern. Auch diese Fürsorgestelle ist, wie alle anderen, in 
der vollen Entfaltung ihrer Tätigkeit durch die Schwierigkeit, Kranke, 
namentlich Frauen und chirurgisch tuberkulöse Kinder in entsprechenden 
Anstalten unterzubringen, und durch die gegenwärtig herrschenden allge- 
meinen Lebensverhältnisse behindert. 

Nach mehreren beachtenswerten Abänderungsvorschlägen bezüglich 
der offiziellen Fürsorgedrucksorten warnt Verf. vor einer kritiklosen. Nach- 
ahmung des deutschen Systems. Es muss dem niedrigen Durchschnitts- 
niveau intellektueller Bildung und wirtschaftlicher Leistung in Österreich 
Rechnung getragen werden. Schliesslich bekennt sich der Verf. zu dem 
Standpunkte, dass zu den Aufgaben der Fürsorgestellen auch die Behand- 
lung der Tuberkuloseerkrankten gehört. Doch dürfen sie sich darin nicht 
erschöpfen, sondern müssen durch ihre Tätigkeit ihren wahren Zweck, die 
Tuberkulosefürsorge im weitesten Sinne des Wortes, der Bevölkerung stets 
vor Augen halten. 

Diese Ausführungen werden beendet mit der zu beherzigenden An- 
regung, die neu errichteten Fürsorgestellen, die gewiss unter mannigfach 
verschiedenen Voraussetzungen und Bedingungen arbeiten, möchten ihre 
Erfahrungen sorgfältig sammeln und zum gegenseitigen 'Austausche in 
streng sachlich-kritischer Darstellung inn österreichischen Tuberkulosefür- 
sorgeblatt mitteilen. "A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö. 


472. Ludwig Teleky- Wien, Zur Organisation der Fürsorge. 
Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 1 Nr. 11. 


Was dem Verf., der wohl einer der ersten Fachmänner auf den Ge- 
biete der sozialen Medizin und Fürsorge ist, notwendig erscheint, um in 
ganz Österreich möglichst rasch eine möglichst umfassende Fürsorgetätig- 
keit zu schaffen, ist: 

Zum Zwecke möglichster Kräfteökonomie möglichste Einheitlichkeit 
der Fürsorgetätigkeit, Errichtung lokaler Organisationen allgemeiner Für- 
sorge (Tuberkulose, Säuglingsschutz, Kriegsbeschädigtenfürsorge etc.) und 
— wo dies augenblicklich nicht möglich ist — Schaffung solcher Ein- 


richtungen der spezialisierten Fürsorge, an die sich die übrigen Fürsorge- ` 


zweige angliedern oder anlehnen können. Vorbedingung dafür ist einer- 
seits der mit allen Zweigen der Fürsorge mit entsprechender Gründlichkeit 
vertraute Fürsorgearzt, andererseits die hochqualifizierte, auf allen Gebieten 
gut ausgebildete, und entsprechend dieser Ausbildung auch materiell gut 
gestellte Fürsorgeschwester. 

Weiters ist notwendig die Gewinnung weitester Kreise der Bevölke- 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 265 


rung zur Mitarbeit, vor allem auch zur Tragung wenigstens eines Teiles 
der Kosten der Fürsorge. 

Dazu bedarf es unermüdlicher Agitation und Propaganda. 

Nach dem Kriegssteuergesetz vom 16. Februar 1918 sind von dieser 
Steuer unter gewissen Voraussetzungen Beträge befreit, die. Kriegsfürsorge- 
zwecken zugewendet werden. Es hiesse der Fürsorgebewegung eine ergiebige 
Einnahmequelle erschliessen, wenn in Ergänzung der bisher erlassenen 
Verordnungen, die auf Tuberkulose keine Rücksicht nehmen, auch die den 
Tuberkulose- Vereinen und Fürsorgestellen zugewendeten Beiträge als 
„Kriegsfürsorgezwecken“ zugewendet angesehen würden. 

A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö. 


473. Romuald Kesechmann-Storozynetz, Karl Holtei-Enzen- 
bach, Erfahrungen mit Barackenbauten. (I u. II.) Österr. 
Tbe.-Fürs.-Dl. Jg. 1 Nr. 9. 

Keschmann: Nachteile der Baracken: Zu grosse Krankensäle, 
schlechte Beheizbarkeit, die Wände sind arge Staubfänger, Ungeziefer, 
Undurchführbarkeit einer einwandfreien Raumdesinfektion. Diese Mängel 
sind durch Adaptierungen behebbar, so dass Baracken dann bei günstiger 
Lage als zur Unterbringung Lungenkranker geeignet bezeichnet werden 
können. Minder günstig gelegene Baracken in der Nähe eines Waldes 
können als Sommererholungsstätten und Ferienkolonien Verwendung finden. 

Holtei: Im Anschluss an die Heilstätte Enzenbach sind 2 Baracken 
errichtet und relativ sehr gut ausgestattet worden. Sie haben den Vorteil 
der kürzeren Bauzeit und der Billigkeit, doch den Nachteil der grösseren 
Empfindlichkeit gesen äussere Wärmeschwankungen, der geringeren Schall- 
dichtigkeit und des grösseren Raumerfordernisses (weil man nicht in die 
Höhe bauen kann). Hat man die Wahl, so sind feste Bauten 
weitaus vorzuziehen: Baracken werden stets ein Notbehelf 
bleiben. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


474. Ed. Ladek-Enzenbach, Winke für Bau und Einrichtung 
von Liegehallen. Osterr. Tbe.-Fürs.-Di. Jg. 1 Nr. 9. 

Winke eines Praktikers, aus Erfahrungen an verschiedenen Anstalten 
und Stationen für Lungenkranke gewonnen. In für zukünftige Neu- 
errichtungen beherzigenswerier Weise wird auf Vorzüge und Fehler auf- 
merksam gamacht. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


475. A. Baer, Ein Jahr Kriegerheilstätte Wienerwald des Patrio- 
tischen Hilfsvereins vom Roten Kreuz f. X.O. Osterr. The.- 
Fürs.-Bl. Jy. 1 Nr. &. 

Beschreibung der Anstalt, Jahresbericht. Autoref. 


470. Anton Kucezewski-Zakopane, Wie soll man Militär- 
spitäler, welche für Lungenkranke bestimmt sind, im Kampfe 
gegen die Tuberkulose ausnutzen? Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 
J. 1 Nr, S. 

Da der kurze Aufenthalt der durch die militärischen Lungenheil- 
anstalten strömenden Kranken die Aufgabe des Arztes ziemlich undankbar 
macht, so muss diese Zeit besonders für entsprechende Belehrung ausge- 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 18 


266 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


nutzt werden. Nach dem Kriege wird sich eine bessere Gelegenheit für 
Belehrung und Propaganda niemals mehr darbieten. Zu diesem Zwecke 
führt Verf. kurz dauernde Gespräche mit den Soldaten, in welchen er 
ihnen die „10 Gebote der Bekämpfung der Tuberkulose“ erklärt. Ebenso 
sollen entsprechend formulierte Ratschläge zur Bekämpfung der Tuberku- 


lose in allen Räumen angeschlagen sein. 
A. Baer, Sanatorıum Wienerwald. 


477. Braeuning, Erfahrungen aus der Stettiner Fürsorgestelle 

für Lungenkranke. Österr. Tbec.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 5—7. 

Zur Erfüllung der Aufgabe der Fürsorgestelle, die Tuberkulose als 
Volkskrankheit zu bekämpfen, muss sich diese bemühen, von allen Tu- 
berkulösen Kenntnis zu erhalten und dieselben fortlaufend ärztlich und 
hygienisch zu überwachen. Da eine gesetzliche Meldepflicht für Tuberku- 
“lose nicht besteht (für Fälle offener Tuberkulose wäre sie sehr wünschens- 
wert, für geschlossene kaum durchführbar), so wirken in Stettin zur Auf- 
findung alle Behörden, Institute und Personen mit, zu deren Kenntnis die 
Tuberkulösen zu gelangen pflegen. Auf diese Weise gelang es, 68°/o der 
durch Errechnung gewonnenen Zahl von Kranken mit offener Tuberkulose 
zu eruieren. Von Schulkindern gelangten nur 18°/o der errechneten 
Zahl, von Krankenkassen 50°% zur Kenntnis der Fürsorgestelle Die 
geringe Zahl bei den Schulkindern erklärt sich aus dem Mangel eines 
zuverlässigen Schularztsystems, auf dessen Wichtigkeit hingewiesen wird. 
Die ungenügende Zahl von Meldungen seitens der praktischen, Kassen- 
und Armenärzte erklärt Verf. aus der Überlastung der Ärzte, sowie aus 
deren ungenügender Ausbildung in der Frage der Tuberkulose als Volks- 
seuche und Erkrankung von "sozialer Bedeutung. Es wäre also sehr 
wichtig, dass die Universitäten mehr Zeit auf diese Frage verwenden und 
die ärztlichen Fortbildungskurse einen grösseren Umfang annehmen. 
Wichtig ist ferner Aufklärung der gesamten Bevölkerung über die Frage 
der Tuberkulosefürsorge durch Zeitungsaufsätze, Flugblätter etc. 

Zu den sichersten Mitteln der Tuberkulosebekämpfung gehört die 
Sanierung des Wohnungswesens, indem einerseits die durch unhygienische 
Wohnung geschaffene Disposition zur Erkrankung an Tuberkulose ver- 
hindert, andererseits die Infektion von Mitbewohnern durch einen an- 
steckenden Tuberkulösen verhütet werden soll. Ersteres ist nur durch 
Lösung der gesamten Wohnungsfrage möglich, daher nicht eigentliche 
Aufgabe der Tuberkulosefürsorge. Anders steht es mit der Infektions- 
verhütung. Hier darf die Fürsorgestelle nicht ruhen, bevor nicht die 
Wohnungsfrage hygienisch einwandfrei gelöst ist. Verf. steht auf dem 
Standpunkt, dass vor allem nur die offen Tuberkulösen hier in Betracht 
gezogen werden können; die geschlossenen kommen erst in zweiter Linie 
in Frage, erst wenn alle offenen versorgt sind und insoweit die Mass- 
nahmen das Lebensglück des Kranken nicht beeinträchtigen. Als Mindest- 
mass an Wohnung stellt Verf. folgende Forderungen auf: Für 1 Kranken 
genügt 1 Raum; für 2 Personen 2 Räume; bis zu 5 Personen 3 Räume; 
für je 4 weitere Menschen 1 Raum mehr. Mit verhältnismässig geringen 
Mitteln (Mietzinszuschüsse an 30 Familien von insgesamt 195 M.) ge- 
lang es in 86,5°/o der bekannten Phtbisikerhaushaltungen genügend 
grosse Wohnungen zu verschaffen. Die 13,5°/o, bei denen die Sanierung 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 267 


nicht möglich war, betrafen z. T. kinderreiche Familien, die keine Woh- 
nung finden konnten (notwendig: Erbauung von gesunden Wohnungen 
für kinderreiche Familien durch die Gemeinde!), z. T. unverständige 
Kranke, welche den Mahnungen keinen Glauben schenkten (notwendig: 
polizeiliche Zwangsmassnahmen). Zufriedenstellend war auch der Erfolg 
in bezug auf Trennung der Schlafzimmer der Kranken von den Gesunden, 
ebenso in bezug auf Befolgung der sonstigen bygienischen Anordnungen 
(Gebrauch der Spuckflasche, gesondertes Waschen des Geschirrs, Lüften 
und Reinigung der Wohnung etc.), die durch häufige Wohnungsbesuche 
der Schwester kontrolliert werden. 

Die grösste Infektionsgefahr bildet der sterbende Schwindsüchtige, 
besonders beim Zusammenleben mit Kindern, daher ist es eine der wich- 
tigsten Aufgaben der Tuberkulosebekämpfung, eine genügende Anzahl 
zweckmässiger Anstaltsbetten für 'sterbende Schwindsüchtige zu schaffen. 

Eine Gefahr für andere Kinder bilden Kinder mit offener Tuberku- 
lose. Dieselben sollten daher dauernd isoliert werden, was sich aber 
nicht durchführen lässt. Jedenfalls sind dieselben vom öffentlichen Sehul- 
besuche auszuschliessen und für sie ein besonderer Schulunterricht ein- 
zuführen. , 

Eine besondere Schwierigkeit für die Fürsorgestelle bilden die in 
einer Schlafstelle wohnenden Leute, weil sie ihre Krankheit verheimlichen 
müssen, um eine Wohnung zu bekommen. Reichliche Unterstützung 
(nicht mit Geld!), Vorsicht im Verkehr seitens der Fürsorgestelle mit 
diesen Leuten halfen einigermassen über diese Schwierigkeiten hinweg; 
Abhilfe kann jedoch nur amtliche Überwachung sämtlicher Schlafstellen 
Hand in Hand mit der Fürsorgestelle bringen. 

Eine besondere Sorgfalt gebührt den Kindern, die im Haushalte 
eines Schwindsüchtigen geboren sind und aufwachsen. 

Was die Therapie betrifft, so ist die prophylaktische Therapie weniger 
Aufgabe der Fürsorgestelle. Diese soll wohl mitwirken, doch ist diese 
Therapie vorwiegend Sache der Schulärzte, der Gewerbeinspektoren und 
Fabrikschwestern, der Walderholungsstätten und Genesungsheime (für Ge- 
fährdete, nicht für Tuberkulöse). 

Sobald Erkrankung an Tuberkulose festgestellt ist, ist nach des 
Verf.s Ansicht Unterbringung in eine Heilanstalt der zweckmässigste 
Beginn der Behandlung, ohne Rücksicht ‚auf das Stadium. Dabei spricht 
er sich gegen die Trennung in Heilstätten für Leichtkranke und Spital- 
'abteilungen für Schwerkranke und für das Tuberkulosekrankenhaus für 
Tuberkulöse aller Stadien aus. Als Erbauer und Besitzer der Tuberku- 
losekrankenhäuser kommt nur die Gemeinde in Betracht, deshalb empfiehlt 
Verf. die Erbauung von städtischen Tuberkulosekranken- 
häusern. Für je 100000 Einwohner wären etwa 130 Betten nötig. 
Nach Entlassung des Kranken aus der Anstalt ist eine lange dauernde 
ambulatorische Weiterbehandlung notwendig. Verf. hält schon seit Jahren 
den Standpunkt für richtig, dass die Behandlung eine Aufgabe der Für- 
sorgestelle bildet, und neueren Datums ist diese Anschauung bereits ziem- 
lich allgemein verbreitet. Allerdings ist Sache der Fürsorgestelle vor 
allem die Belehrung in hygienischen Dingen und die Beratung, wie die 
Kranken zu zweckmässiger Behandlung kommen; die Fürsorgestelle soll 
nicht nur therapeutische Poliklinik werden. Nur wo die ambulatorische 


18* 


268 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


Behandlung von anderer Seite nicht zuverlässig durchgeführt werden 
kann, übernimmt sie der Fürsorgearzt. Wichtig ist die Fühlungnahme 
desselben mit den anderen Ärzten. ‘A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


478. XII. Bericht über die Tätigkeit des Vereins zur Bekämpfung 
der Tuberkulose (E. V.) in Nürnberg im Jahre 1917. Nürn- 
berg 1918. 

Flatau, Allgemeiner Bericht: Die Hauptaufgabe des Vereins 
erblickt F. in der Erfassung sämtlicher tuberkulosebedrohten jugendlichen 
Individuen. Zu diesem Zweck soll das bestehende Kinderwalderholungs- 
heim vergrössert werden. 

A. Frankenburger, Bericht über die Tätigkeit der Aus- 
kunfts- und Fürsorgestelle für Lungenkranke im Jahre 1917. 
Es wurden 5611 Personen in den Kreis der Fürsorge gezogen; 3869 Unter- 
suchungen und Beratungen vorgenommen. Nicht tuberkulös waren 329 
Pfeglinge. An Nahrungsmitteln wurde kondensierte Milch direkt verab- 
reicht, sonst in besonderen Fällen Zulagen beantragt. 

Nürnberg hatte 1917 646 Todesfälle an Lungentuberkulose, davon 
waren 212 (33°/u'!) der Fürsorgestelle bekannt; solche Zahlen geben für 
den weiteren Ausbau derartiger Organisationen zu denken, wenn man hin- 
zufügt, dass die dortige Fürsorgestelle seit 11 Jabren besteht. F. fordert 
deshalb Anzeigepflicht für sämtliche Fälle offener Tuberkulose. 

1917 war eine erhebliche Zunahme der Todesfälle an Lungentuber- 
kulose festzustellen, gegenüber 1913 um 17°/o, 1916 13,6°/o. 

A. Frankenburger, Bericht über das Kindererholungs- 
heim Frida Schramm-Stiftung in Rückersdorf im Jahre 1917. 
Es wurden 1917 in dem oben erwähnten Walderholungsheim insgesamt 
454 Kinder aufgenommen. Die Gewichtszunahmen betrugen durchschnitt- 
lich 1,5—2 kg. P. Weill, Strassburg, z. Z. Beelitz. 


479. A. Baer, 1918. Ein Jahr Kriegerheilstätte Wienerwald des 
- Patriotischen Hilfsvereins vom Roten Kreuz für Nieder-Ost. 

bei Pernitz. Tbec.-Frürs.-Bl. 1919 Nr. 9S. 
Bericht über die seit 1!/s Jahren im Betrieb befindliche Soldaten- 
heilstätte von 60 Betten, die nur für Leichtkranke bestimmt sind.. Die 


Kurdauer beträgt 4 Monate, die Behandlung ist die übliche — hygienisch 


diätelische, daneben noch Höhensonnen-Anwendung, auch Alttuberkulin, 
bei Kehlkopftuberkulose Sonnenlichtbespiegelung nach Sorgo. Die Er- 
nährung ist ausreichend, denn es werden mässige Gewichtszunabmen er- 
zielt. Freiwillige Arbeitstherapie im Freien und in Werkstätten wurde 
mit gutem Erfolge betrieben. Bemerkenswert ist, dass B. den Patienten 
das mässige Rauchen im Freien gestattet, ein Punkt, der gewiss Beach- 
tung verdient, wenn man die täglichen Übertretungen bei vollständigem 
Rauchverbot besonders in den Militärheilstätten in Betracht zieht. 

Die Ergebnisse der Behandlung sind befriedigend.. Von 150 leichten 
Fällen wurden 152 gebessert, von 66 schweren 32 gebessert entlassen. 

P. Weill, Strassburg, z. Z. Beelitz. 


4580. Mustersiedelung für Kriegsbeschädigte Bissingheim E. V. 


Die Bissingheimvereine Bestreben die Errichtung von Siedelungen für 
Kriegsbeschädigte. Es sollen ländliche Arbeitsstätten, aber auch Wohn- 


e — — — — ca 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 269 


heimstätten für Kriegsbeschädigte geschaffen werden, und zwar ist geplant, 
sie inmitten Gesunder, welche ihnen im gedeihlichen Zusammenleben mit 
Rat und Tat zur Seite stehen können, anzusiedeln. Der verstorbene Ge- 
neralgouverneur von Belgien von Bissing hat die Anregung zu der Vereins- 
gründung gegeben. Die Vorarbeiten sind von der Zentrale für soziale 
Fürsorge bei dem Generalgouverneur in Belgien geleistet. Der Vorsitzende 
der Vereinigung und gleichzeitiger Leiter genannter Zentrale ist Geheim- 
rat Prof. Dr. Pannwitz in Hohenlychen. Bisher sind 2 Heimstätten 
geplant, die eine in Hohbenlychen und eine im Rheinischen bei Duisburg. 
Da diese Bestrebungen sich auch eng an die Tuberkulosefürsorge und 
-Bekämpfung anlehnen, ist nur zu hoffen, dass sie allseitiges Verständnis 
und Unterstützung finden und nach dem Kriege in weitester Hinsicht aus- 
gebaut werden. Schröder. 


481. Colonies for the tuberculous. Brit. Journ. of Tuberculosis 

Bd. 12 Nr. 2, April 1918. 

Eine allgemeine Umfrage (Symposium) bei Fachärzten, wie Clifford 
Albutt & Varrier Jones, St. Clair Thomson, Maxwell Wil- 
liamson, Killick Millard, (Miss) Jane Walker, Noel Dean 
Bardswell, A. Bostock Hill, Thomas D. Lister, A. H. Mac- 
pherson, Godfrey Brookes Dixon, W. G. Kinton, Edw. G. 
Glover, Niven Robertson, J. E. Esslemont ergibt, dass das 
neuerdings in England vielfach vorgeschlagene und diskutierte Problem 
der Errichtungen von Kolonien für Tuberkulöse ‘noch sehr der 
Aufklärung bedarf und mit den grössten Schwierigkeiten verbunden ist. 
Nicht zahlreiche Fälle eignen sich von vorneherein zur Beschäftigung in 
Kolonien, wenn auch der Begriff weiter als der einer „Farmkolonie“ ge- 
fasst wird; es kommen eigentlich nur die leichten Frühfälle dazu in Be- 
tracht. Erschwert wird die Durchführung dadurch, dass sich viele Patienten 
nicht leicht zu einem Wechsel der Beschäftigung entschliessen und eine 
begrenzte Anpassungsfähigkeit für einen solchen Wechsel in Betracht zu 
ziehen ist, dass für die Faniilie während der Abwesenheit des Mannes in 
der Kolonie und für eine adäquate Beschäftigungsmöglichkeit nach dem 
„Training“ in derselben gesorgt werden muss. Dadurch, dass nur Leicht- 
kranke in Kolonien geschickt werden, ist dem Gros der Tuberkulose- 
‚erkrankten, denjenigen, die nur. etwa 30—50°/o Arbeitsfähigkeit besitzen, 
nichts getan. Ihre Absonderung sollte aber schon aus Gründen der In- 
fektionsgefahr für die Umgebung erst recht erfolgen. 

Was nach einer Sanatoriumskur und nach Entlassung aus einer 
Arbeitskolonie mit den Patienten geschieht („after cure“) ist zudem äusserst 
wichtig. Zudem darf nie eine Arbeitskolonie etwa als „billige Arbeits- 
maschine“ ausgenützt werden oder gar als rentierendes Anhängsel an 
ein Sanatorium dienen müssen. Um auf breiter Basis grosse Kolonien 
für mehrere Hunderte von Kranken zu schaffen, ergeben sich Schwierig- 
keiten verschiedenster Art: die wirklielı ganz leichten Frühfälle dazu zu 
gewinnen, diese solange dort zu behalten (unter Aufgabe der persönlichen 
Freiheit des einzelnen) bis ein Erlöschen der Krankheit sicher erfolgt ist, 
die Trennung der Geschlechter in den Kolonien usw. — Betont wird von 
zahlreichen Seiten aber immer wieder, was durch Isolierung einer möglichst 
grossen Zahl von Kolonisten der Allgemeinheit inbezug auf Infektions- 
gefahr genützt werden könnte. Amrein, Arosa. 


270 Grenzgebiete. 


482. Frederie Kincaid, State control of tuberculosis. Brit. 
Journ. of Tuberculosis Bd. 12 Nr. 2, April 1918. 


Wenn auch die staatliche Kontrolle der Tuberkulose eingeführt ist, 
so müssen doch allgemeine Gesichtspunkte über die Handhabung 
derselben gegeben werden. In England herrscht bei der Beobachtung der 
gesetzlichen Anzeigepflicht z. B. kein einheitliches Vorgehen: einige Ärzte 
melden schon suspekte Fälle an, andere nur solche mit positivem Bazillen- 
befund. Genaue Richtlinien inbezug auf Hausbehandlung, Fürsorgetätig- 
keit, Aufnahmen in Sanatorien und Spitäler sind zu geben. Notwendig 
ist die weitere staatliche Kontrolle über die als tuberkulös Gemel- 
deten, eine obligatorische Absonderung infektiöser Fälle, eine 
obligatorische Behandlung derselben etc. Der Krieg hätte die 
Möglichkeit gegeben, unter militärischer Disziplin und Autorität eine staat- 
liche Kontrolle über alle Krankheitsfälle in der männlichen Bevölkerung 
auszuüben. Die bei sorgfältiger Untersuchung für den Dienst als untaug- 
lich Befundenen hätten nicht entlassen werden sollen, sondern sie hätten 
unter militärischer Aufsicht stehen und weiter beobachtet werden müssen. 
Verf. erwartet von dem in England projektierten „Gesundheitsministerium“ 
vor allem Berücksichtigung der Kinderfürsorge, des körperlichen 
„training“, der Wohnungsfrage, Ernährung, und als wichtigstes 
die obligatorische Trennung und Behandlung von allen an 
Tuberkulose Erkrankten. Amrein, Arosa. 


483. Oskar Holden, The domiciliary treatment of tuberculosis. 
Brit. Journ. of Tuberculosis Bd. 12 Nr. 2, April 1918. 

Nach Verf. wird zu viel Sorge den Frühfällen zugewendet unter Be- 
nachteiligung der fortgeschritteneren. Mehr ala 60°/o der in England 
bestehenden Sanatorien nehmen nur Frühfälle auf. Für fortgeschrittenere 
Kranke gibt es nur wenige Spitäler und in einigen Spitälern werden 
leichte und schwere Fälle nebeneinander untergebracht. 

Die Infektionsgefahr erstreckt sich nach Holden auf das Sputum 
und auf die Fäzes, in welchen er von 100 Fällen in 83 Tuberkel- 
bazillen, auch kulturell, nachweisen konnte. Dies ist bei den zu Hause 
behandelten Kranken nicht zu vergessen. — Für die Hausbehand- 
lung kommen folgende Kategorien von Patienten in Betracht: 1. Solche, 
die noch arbeiten und nicht willens sind, sieb an eine Fürsorgestelle oder 
an ein Sanatorium zu wenden, 2. solche, die durch Fürsorgestellen oder 
ein Sanatorium behandelt wurden, aber sich verschlechterten, 3. solche, 
die schon bei der ersten Untersuchung als zu krank befunden wurden, 
um in Sanatorien aufgenommen oder von Fürsorgestellen weiter behandelt 
zu werden. So wie die Hausbehandlung der Tuberkulösen zurzeit durch- 
geführt werde, bedeute sie eine konstante Gefahr für die Allgemeinheit. 

Amrein, Arosa. 


g) Grenzgebiete. 
484. Cobet, Zur Diagnostik des infizierten Hämothorax beim 
Lungenschuss. M. m. W. 65. 1918 8. 18—20. 


Eine erhebliche Temperatursteigerung nach Lungenschuss, die länger 
als 5 Tage dauert, oder erneuter Temperaturanstieg nach bereits erfolgtem 


Grenzgebiete. 271 


Absinken weisen auf eine komplizierende Erkrankung hin. Die Ursache 
des Fiebers ist nach Ausschluss von Nebenerkrankungen in der Regel in 
einer Infektion im Bereich des Schusskanals zu suchen. Bei der vor- 
zunehmenden Lokalisation derselben kommen folgende Möglichkeiten in 
Betracht: 
1. Infektion der Brustwand. 
2. Infektion der Pleura und zwar: 
a) die totale Infektion eines bestehenden Hämothorax, 
b) die Infektion einer umschriebenen abgegrenzten Stelle der Pleura. 
3. Die Infektion im Schusskanal der Lunge selbst. 

Die Feststellung der Infektion der Brustwand und des Schusskanals 
der Lunge selbst bietet keine besonderen Schwierigkeiten. Dagegen bedarf 
die Frage, ob ein bestehender Hämothorax infiziert ist, besonderer Be- 
achtung. Nach C. kommt der bakteriologischen Untersuchung der Punktions- 
flüssigkeit eines Hämothorax ein entscheidender Einfluss auf die Beur- 
teilung des einzelnen Falles nicht zu. Wertvoller ist das zytologische 
Verhalten. Im sterilen Erguss nehmen die Erythrozyten an Zahl dauernd 
erheblich ab, bleiben aber erhalten. Die Leukozytenzahl schwankt zwischen 
1000—10000 im Kubikmillimeter. Das prozentuale Verhältnis der ein- 
zelnen Leukozytenformen ändert sich gesetzmässig. Die Struktur der poly- 
nukleären Leukozyten zeigt vielfach Besonderheiten. Kern und Granu- 
lationen sind gut färbbar, scharf und klar, häufig aber sehen die Zellen 
wie gequollen aus und enthalten im Innern eine Anzahl heller Stellen 
(Vakuolen ?. Ab und zu finden sich in den Leukozyten einzelne wohl 
nicht mehr lebensfähige Bakterien. Beim Zentrifugieren der Punktions- 
flüssigkeit scheiden sich die Erythrozyten als dunkelrotes Sediment ab, 
darüber steht ein klares gelbliches Serum. 

Beim virulent infizierten Bluterguss dagegen sind, wenn im Ausstrich 
nennenswerte Mengen von Bakterien vorhanden sind, die Erythrozyten 
ganz oder fast ganz zerstört, das Hämoglobin ist in das Serum über- 
getreten. Die Leukozyten (zumeist in Zerfall begriffene neutrophile poly- 
nukleäre) sind meist erheblich vermehrt — bis zu 20000 im Kubikmiilli- 
meter. Durch Zentrifugieren sind die charakteristischen Veränderungen des 
infizierten Hämothorax festzustellen: Aus dem infizierten Bluterguss scheiden 
sich die Leukozyten als gelbes Sediment aus, dem höchstens bei unvoll- 
ständiger Auflösung noch ein kleiner Teil von roten Blutkörpern bei- 
gemischt ist, darüber steht ein durch aufgelösten Blutfarbstoff rot gefärbtes 
Serum. Bredow, Ronsdorf. 


485. Nonnenbruch, Über das parapneumonische Empyem und 
das Nachflebern bei der Pneumonie. (Illustr.) M. m. W. 64. 
1917 8. 885— 886. 

Das parapneumonische Empyem braucht den Pneumonieverlauf nicht 
zu beeinflussen. In der Regel ist chirurgische Behandlung nicht nötig. 

Auch ohne Eiterung kann es bei einer Pueumonie zu langem Nach- 
fiebern kommen, wenn die begleitende Pleuritis stark ausgebildet ist, oder 
wenn die Lösung eine verzögerte ist. Bredow, Ronsdorf, 


486. Franke, Behandlung der Pneumonie mit Salizyl und Anti- 
pyrin. M. m. W. 65. 1918 S. 8—10. 
F. empfiehlt an Hand von einigen Beispielen zur Behandlung der 


272 Grenzgebiete. . 


Pneumonie — besonders der Influenzapneumonie — eine Mischung von 
'Salizyl und Antipyrin in folgender Weise: Infus. fol. digital. 1,5: 150,0, 
Natr. salicyl. 7,0, Antipyrin 3,0, M.D.S. 2stündlich einen Esslöffel. Verf. 
hat mit dieser Medikation ausgezeichnete Erfolge gesehen. 

Bredow, Ronsdorf. 


487. Laufer, Behandlung der Pneumonie mit Salizyl und Anti- 
pyrin. M. m. W. 65. 1918 S$. 161. 
Zustimmung zu den günstigen Erfolgen mit der Digitalis-Natrium- 
salizylat-Antipyrin-Behandlung der Pneumonie nach Prof. Franke (M.m.W. 
65. 1918 8. 8). Bredow, Ronsdorf. 


485. Kummer, Zur Behandlung der Pneumonie mit Salizyl- 
Antipyrin, M. m. W. 65. 1918 S. 244. 
Bestätigung der von Franke beobachteten günstigen Wirkung der 
Salizyl-Antipyrin-Medikation bei Pneumonie. Bredow, Ronsdorf. 


489. J. de Haan, ‚Über die die Phagozytose befördernde bzw. 
vermindernde Wirkung von Substanzen. D. m. W. 1918 
Nr. 5. (Cf. Referat im Zbl. f. Tbe. Bd. 11 H. 4.) 
Polemische Entgegnung auf die Arbeit Venema’s in der D. m. W. 
1917 Nr. 2. Nach Verf. ist das Hamburger’sche Verfahren für bio- 
logische Phagozytoseuntersuchungen vollkommen zuverlässig und liefert 
genaue Resultate. C. Kraemer Il. 


490. Kimmerle, Einige Beobachtungen bei der Grippe. Beitr. 
2. Klin. d. Inf. Krkh. 6. 1918 H. 3i4. | 
Aus seinen Kriegserfahrungen bringt der Verfasser einiges über die 
Grippe; vor allem interessieren seine diagnostischen Bemerkungen. Zu 
der Diagnose Influenza ist der Nachweis des Pfeiffer’schen Bazillus 
nicht unbedingt notwendig. Das klinische Bild klärt sie genügend. Auf- 
treten von Urobilin im Urin am 3.—5. Tage der Erkrankung spricht 
nach dem Autor für Grippe. Weiter sind Symptome wie Leukopenie, 
langsamer Puls, Milztumor, positiver Ausfall der Wiedal’schen Reaktion 
auch bei der Grippe vorkonımende Erscheinungen. Bei der Differential- 
diagnose: Grippe und Typhus muss daran gedacht werden. Der Verfasser 
schildert dann weiter in Kürze das klinische Bild beobachteter Grippe- 
fälle. Schröder. 


491. Aufrecht, Zur Behandlung des Keuchhustens. B. kl. W. 
1918 Nr. 4. , 

Verf. behandelt die an Keuchhusten erkrankten Kinder mit absoluter 
Bettruhe und hat damit ausgezeichnete Erfolge erzielt. Die Hustenanfälle 
wurden milder und seltener und Erbrechen beim Husten kam kaum mehr 
vor. Dadurch wurden naturgemäss auch die Ernäbrungsverhältnisse 
günstiger. Auch ist das Auftreten einer Pneumonie sehr viel geringer; 
weiterbin ist die Gefahr der Infektion gesunder Kinder eine viel kleinere. 
Medikamentös wurde nur ein leichtes Ipekakuana-Infus gegeben. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


Grenzgebiete. 273 


492. Über den Gesundheitszustand unserer Flotte. Arch. f. Schiffs- 
u. Tropen-Hyg. 21. 1917 H. 4/5. 

Statistische Erhebungen über den Krankenzugang bei unseren See- 
streitkräften während der beiden ersten Kriegsjahre haben gezeigt, dass 
die Zahlen der Kriegsjabre — mit geringen Ausnahmen — günstiger sind 
als die Friedensjahre. Der Gesamtkrankenzugang betrug 315,15 bzw. 
2837,719°/oo in den beiden ersten Kriegsjahren gegen 410,86 °/oo im Frieden. 
Was die Tuberkulose angeht, so betrug der Zugang an Lungentuber- 
kulose 1,39 bzw. 1,64 gegen 1,23°/oo, an Tuberkulose anderer Organe 
0,44 bzw. 0,48 gegen 0,62 °/oo im Frieden. Ausser der Lungentuberkulose 
weisen nur einige akute Infektionskrankheiten eine gegen die Friedenszeit 
erhöhte Zugangsziffer auf (Scharlach, Diphtherie und Typhus abdominalis). 
Alle übrigen Erkrankungen haben im Kriege einen geringeren Zugang 
als im Frieden. Besonders auffällig ist der Unterschied bei den Krankheiten 
der Atmungsorgane (35,87 bezw. 27,00 gegen 44,83°/oo) und der Ernäh- 
rungsorgane (56,48 bzw. 56,35 gegen 78,45 °/00). Dieses Ergebnis beweist 
den Wert der getroffenen hygienischen Massnahmen sowie Güte des Menschen- 
materials unserer Flotte. W. Schultz, Hamburg. 


493. A. Loewy und C. Brahm, Säurevergiftung und L.uftver- 
dünnung. Biochem. Zschr. 79. 1917. S. 224. 


Die Verfasser fanden bei einem Hunde, der unter Sauerstoffmangel 
gehalten wurde, und gleichzeitig innerlich Salzsäure erhielt, dass die Menge 
des ausgeschiedenen Ammoniaks, sehr hoch blieb, während die Ausschei- 
dung an Gesamtstickstoff zunehmend sank. Mehr als die Hälfte, bis zu 
zwei Drittel der ganzen Harnstickstoffmenge waren Ammoniak. Man muss 
die gesteigerte Ammoniakausscheidung als Neutralisationsvorgang zur Ab- 
sättigung saurer Produkte ansehen. Es trat also infolge der Luftverdün- 
nung eine wirkliche Säureintoxikation ein. Schröder, Schömberg. 


494. I. Wohlgemuth, Über die Zusammensetzung des Blutes 
und über das Verhalten des Blutdruckes im Wüstenklima. 
Biochem. Zschr. 79. 1917 8. 290 u. f. 


Anlässlich einer Expedition nach Ägypten zur Erforschung des 
Wüstenklimas wurde bei 3 Versuchspersonen übereinstimmend eine Zu- 
nahme der roten Blutzellen gefunden, der eine mässige Zunahme der 
weissen Blutzellen und eine entsprechende des Hämoglobins parallel gingen. 
Die Ursache dieser Veränderungen ist in der starken Belichtung zu suchen. 
Eine Konzentrationsänderung des Blutes trat in nennenswertem Masse 
nicht ein. Eine gesteigerte Kochsalzausscheidung durch die Haut wurde 
nicht gefunden. Die Zunahme der Wasserabgabe durch die Haut er- 
folgte durch gesteigerte physikalische Verdunstung des Wasserdampfes. 
Das Blut hielt mit grosser Zähigkeit auch in der Wüste seine Kochsalz- 
konzentration feet. Das gleiche konnte vom Blutzucker ermittelt werden. 
Auch hier wurden die Werte, auf die das Blut sich eingestellt hat, fest- 
gehalten. Ein Absinken des Blutdruckes wurde dagegen regelmässig be- 
obachtet und folgendermassen erklärt: infolge der hohen Lufitemperatur 
und der intensiven Bestrahlung trat eine mächtige Hyperämie der Haut 
ein, wodurch das Blut mehr nach der Peripherie abströmt. Die Abnahme 


2374 Grenzgebiete. 


des Blutdruckes wird bei manchen chronischen Nephritiden von Nutzen 
sein, dagegen ist ihre Ursache für Herzschwäche nicht unbedenklich. 
Schröder, Schömberg. 


495. B. Galli-Valerio, Hygienischer 'Trinkbrunnen. Arch. f. 
Schiffs- u. Tropen-Hyg. 1917 H. 11/12. 

Die bisher gebräuchlichen der öffentlichen Benutzung dienenden Trink- 
brunnen sind nicht einwandfrei, da durch sie die Übertragung von Krank- 
heitskeimen gefördert wird. Hat der Brunnen keinen Becher, so berühren 
die Leute die Öffnung der Röhre mit den Lippen. Ist ein Becher vorhanden, 
so vermag dieser in noch höherem Grade Infektionen zu verbreiten. So hat 
u. a. Huhs an dem Rande eines Wasserglases eine Platinöse bazillen- 
haltiken Sputuns fein verrieben und antrocknen lassen. Darauf wurde 
das Glas zehn Min, in Sodalösung gelegt, mit der Hand abgerieben, in 
Wasser gespült und mit einem sterilen Tuche kräftig trocken gerieben. 
Dann wurde der obere Rand mit einem angefeuchteten sterilen Tupfer 
abgerieben und intraperitoneal auf ein Meerschweinchen verimpft. Zoepke 
und Huhs konnten in acht von elf Fällen experimentelle Meerschwein- 
chentuberkulose erzeugen’ durch die Trinkreste aus dem gemeinsamen 
Abendmahlskelch. Verf. beschreibt nun eine den hygienischen Forde- 
rungen entsprechende ganz einfache Trinkbrunneneinrichtung, bei der durch 
Druck auf einen Hebel der. Wasserstrahl direkt in den Mund des Trin- 
kenden schiesst. = W. Schultz, Hamburg. 


496. @. Löber-Bad Sulza, Chronische Erkrankungen der Atem- 
wege und ihre Behandlung durch methodische Tiefatmungen. 
Zschr. f. Buln. 10. 1917 Nr. 15/16. 


Verf. befürwortet systematisches Tiefatmen zur Beseitigung der Ver- 
engerung des Nasenrachenraumes sowie durch Blutarmut, Schwäche und 
Funktionsuntüchtigkeit der Atemmuskulatur verursachten schädlichen Folgen. 
Bei oberflächlicher Atmung seien die hinteren oberen Bronchialäste nahezu 
ausser Funktion gesetzt und „bilden damit den besten Nährboden und 
Prädilektionsstellen für Ansiedlungen von Bakterien und insbesondere des 
Tuberkelbazillus.“ Aus der Gruppe der obengenannten Krankheiten rekru- 
tiere sich infolgedessen auch vorwiegend die I,ungentuberkulose, und zwar 
meistens komplizierte Fälle. 

Atemübungen sind „bei allen Fällen indiziert, wo das Blut einer aus- 
giebigen Lüftung, Lungen und Herz einer erhöhten Sauerstoffzufuhr be- 
dürfen, z. B. bei Blutarmut, Herzmuskelschwäche, Neigung zu Katarrhen 
der Luftwege, Emphysem, Asthma, beginnender Tuberkulose.“ Hingegen 
ist bei Lungenkranken, die zu Lungenblutungen neigen, und bei Arterio- 
sklerose Vorsicht am Platze. Auch bei Asthma sind neben der üblichen 
medikamentösen Therapie Atemübungen zu empfehlen. 

Wilh. Neumann, Baden-Baden. 


497. L. Rabl, Wüstensanatorium Bab el Wadi. Zschr. f. Baln. 
10. 1918. Nr. 23/24. 
Beschreibung des deutschen Wüstensanatoriums Bab el Wadi, sechs 
Kilometer nordöstlich von Assuan in Oberägypten gelegen. Die dort 
herrschende grosse Trockenheit der Luft (oft nur 4°/o rel. Feuchtigkeit 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 275 


wirkt sehr stark auf die Wasserabgabe des Körpers, die nicht so sehr 
durch die Schweissdrüsen als vielmehr durch die Lunge vor sich geht. 
Als Beispiel führt Verf. an, dass er am 28. März 1914 von 12 Uhr 
mittags bis 9 Uhr abends 5400 gemessene ccm Wasser zu sich nahm, 
ohne während dieser Zeit einen Tropfen Urin zu lassen. Das Hauptkur- 
mittel ist die Heliotherapie, die während der langen regenlosen Winterzeit 
voll ausgenutzt werden kann und stets mit vorsichtiger Dosierung ange- 
wendet wird. Ganz vorzügliche Heilerfolge will der Autor gehabt haben 
bei der Behandlung der Knochen- und Drüsentuberkulose. Ferner sah 
er günstige Beeinflussung durch das Wüstenklima bei Katarrhen der oberen 
Luftwege, bei Asthma bronchiale, bei Arthritiden, besonders Arthritis defor- 
mans. Sekundäre Nierenerkrankungen nach Infektionskrankheiten, wie 
Influenza, Scharlach, Diphtherie, Sepsis usw. kommen schneller und sicherer 
zur Heilung. Die Behandlung der parenchymatösen chronischen Nephritis 
im Wüstenklima bleibt ohne Erfolg, die der interstitiellen Nephritis ist hier 
geradezu kontraindiziert. Wilhelm Neumann. 


498. C. Schoy, Die Ursache der hohen Wärme im Jordantal. 
Zschr. f. Baln. 10. 1918 Nr. 19/20. 

Bei der Untersuchung der Frage, wieso gerade im Jordantale eine 
höhere Temperatur als im übrigen Palästina herrsche, kommt Verf. zu 
folgendem Ergebnis: „Die hohe Wärme, insbesondere des südlichen Jordan- 
tales, erklärt sich am ungezwungensten aus der (adiabatischen) Volumen- 
verkleinerung, welcher föhnartig ins Ghor niedersinkende Luftmassen dadurch 
unterliegen, dass die zumeist vegetationslose tiefe Talsohle stärker erwärmt 
wird, als die für die Mittagsonne nicht günstig gelegenen Berghänge. Und 
da es sich von Haus aus schon um ziemliche warme niedersteigende Luft 
handelt, so erreicht dieser eigentümliche Erwärmungsprozess einen unge- 
wöhnlichen hohen Grad. Die föhnartig beschaffene Luft des Jordantales 
ist ihrerseits wieder die Vorbedingung grosser Heiterkeit des Himmels 
und enormer Lufttrockenheit. Das exzeptionelle Klima des Ghors würde 
sicher stark reduziert, falls die ganze Tiefebene durch künstliche Bewässe- 
rung eine zusammenhängende Pflanzendecke erhielte.“ 

Das südliche Jordantal, im besonderen Jericho, kann in seiner gün- 
stigen Wirkung auf Lungen-, Gicht und Nierenkranke selbst mit Assuan 
in Wettbewerb treten. Die föhnartigen Winde wirken zwar unangenehm 
auf den menschlichen Organismus, dagegen dürfte der hohe Luftdruck 
zu Jericho Herabstimmen der Funktionen des Nervensystems, ruhigen Schlaf 
und verlangsamte Blutbewegung zur Folge haben. Wilh. Neumann. 


— — — — — — 


I. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


10. Emanuel Wein-Budapest, Feststellung und Behandlung der tuber- 
kulösen Infektion mittels antitoxischer Heilkörper. Urban & Schwarzen- 
berg, Berlin-Wien, 1915. VIII und 608 S. 

Verf. geht bei seinen Ausführungen von dem Begriffe der tuberkulösen Er- 
krankung aus. Der Gegensatz, der bisher grundsätzlich zwischen tuberkulöser 
Infektion und Erkrankung gezogen wurde, ist zu verwerfen. Der Gesunde reagiert 
aicht auf Tuberkulin. Derjenige, der nach dem Ausfall der Reaktionen in noch 


276 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


nachweisbaren Kontakt mit der Tuberkulose steht, ist auch tuberkulös krank. 
Unser bisheriger Standpunkt kannte nur die handgreiflichen tertiären Erkran- 
kungen. Es muss unsere Aufgabe sein, die Frühformen zu erkennen, die aus- 
nahmslos heilbar sind. 

Als spezifische Mittel zur Diagnose und Therapie der Taberkulose verwendet 
Verf. das Marmorekserum und vor allem das I.K. Spenglers. Das I.K. 
soll bei jedem verdächtigen Fall zunächst diagnostisch verwendet werden. Die 
erste Wirkung ist die Entgiftung, allgemeine und örtliche. Die zweite, nicht 
regelmässig eintretende Folge ist die von Wein sogenannte automatische Reak- 
tion am Herde und allgemein. Sie kann zu Schädigungen führen und muss sorg- 
fältig überwacht werden. Die antitoxischen Mittel steigern die Abwehrfähigkeit 
des Organismus. Für die Behandlung werden allgemeine und besondere Regeln 
aufgestellt. Der grössere Teil des Buches ist endlich der Behandlung der ein- 
zelnen Krankheitsformen, besonders der ungewöhnlichen und bisher nicht richtig 
als tuberkulös erkannten gewidmet. 

Leider steht das umfangreiche Werk des Verf. auf tönernen Füssen. Die 
Spezifität der antitoxischen Heilkörper betrachtet er als durch Marmorek und 
Spengler erwiesen. Er verzichtet daher auf ihren Beweis. Auf ebenso schwachen 
Füssen steht augenscheinlich die örtliche Entgiftung und die Entstehung der ört- 
lichen automatischen Reaktion. Auch die theoretischen Betrachtungen über die 
angeblichen kapsellösenden Eigenschaften der antitoxischen Mittel können nicht 
überzeugen. Und nun die Krankenberichte der Behandlungsfälle! Das Überwiegen 
der subjektiven vom Kranken angegebenen Erscheinungen, die völlige Gleichstel- 
lung des post und propter hoc sind für sie bezeichnend. So wird aus einem 
Ziehen in den Ohren, einem Schmerz in der Portio uteri, einem Kribbeln in der 
Haut, die am Tage nach der |. K.-Behandlung auftreten, alsbald das Vorhanden- 
sein versteckter Herde in Ohren, Portio und Haut gefolgert. Man lese nur die 
Krankengeschichte des Falles von Lues, lange Zeit mit I.K. behandelt, S. 46, 
oder des Sarkoms, gleichfalls mit I.K. behandelt, bei denen der Verf. an dem 
tuberkulösen Mischcharakter der Erkrankung festhält trotz alles offensichtlichen 
therapeutischen Versagens, nur weil die Erscheinungen angeblich zeitweise von 
LK. günstig beeinflusst wurden. So sind die Berichte vielfach Muster völliger 
Urteilslosigkeit und erschüttern den Glauben des Lesers an das übrige. 

An diesem unerfreulichen Gesamteindruck vermag der Gedankenreichtum 
des Buches nichts zu ändern. Ein Verdienst des Verf. ist es, nachdrücklich auf 
die Verbreitung der tuberkulösen Ätiologie unter den bis dahin als nicht tuber- 
kulös angesehenen Erkrankungen hingewiesen zu haben, wenn er auch hier, wie 
erwähnt, vielfach jede Kritik vermissen lässt. H. Grau, Honnef. 


1l. Bandelier und Roepke, Lehrbuch der spezifischen Diagnostik 
und Therapie der Tuberkulose. Nevnte Auflaye. Mit 25 Temp.-Kurven 
auf 7 lith. Tafeln, 2 farbigen lith. Tafeln und 6 Textabbildungen. Würzburu 
1918. C. Kabitzsch’s Verlag. XI und 448 S. 

Die vorliegende neunte Auflage des Buches ist die zweite, die während des 
Krieges erscheint, ein Zeichen, dass sich das bekannte Buch auch weiterhin in 
steigendem Masse der Verbreitung unter der Ärzteschaft erfreut. 

Sowohl in dem theoretischen als im praktischen Teil ist das Buch durch 
die neuesten Ergebnisse der Forschung vervollständigt. Die Literaturerscheinungen 
der letzten Zeit sind berücksichtigt, soweit sie wesentlichen Wert beanspruchen 
können. Es mag hier gestattet sein, den Standpunkt, den die Verf. betreffs der 
Tuberkulinwirkung einnehmen, kurz darzustellen. Danach ist die Tuberkulin- 
reaktion ein anaphylaktischer Vorgang. Die positive Reaktion bei subkutaner 
Injektion entscheidet allein für sich nur die Tatsache des Vorhandenseins einer 
Tuberkulose. Die Entscheidung darüber, wer unter den Reagierenden tuberku- 
losekrank und behandlungsbedürftig ist, geben Vorgeschichte und klinischer Be- 
fund. Behandlungsbedürftig ist, wer bei gutem subjektivem Befinden eine Herd- 


— 





Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 277 


reaktion aufweist oder wer ohne Herdreaktion eine positive Vorgeschichte und 
verdächtigen Lungenbefund hat. Die subkutane Reaktion ist also nur im Verein 
mit der klinischen Untersuchung zu benutzen. Ein Widerspruch scheint übrigens 
unterlaufen zu sein, wenn es auf S. 102 heisst: Die subkutane 'Tuberkulinreaktion 
als solche sagt über die Aktivität oder Inaktivität des Prozesses überhaupt nichts 
Sicheres nus — und auf S. 130: Man muss daraus schliessen, dass die in den 
Lungenspitzen auftretende Herdreaktion tatsächlich auf frische, aktive Lungen- 
tuberkulose hinweist. 

Hervorgehoben wird — sicher mit Recht — dass die von A. Fraenkel ın 
seiner Lazarettätigkeit geübte diagnostische Verwendung von einer einmaligen 
Injektion von 0,001 ccm Alttuberkulin eine ganz willkürliche Dosierung ist. Der 
Ansicht der Verff., dass die 'Tuberkulinreaktion das entscheidende Diagnostikum 
für die Erkennung der Frühtuberkulose ist, möchte Ref. wenigstens in dem Sinne 
beistimmen, dass zwar die Tuberkulindiagnostik auch nicht alle Zweifel löst (be- 
sonders wo die Herdreiktion vermisst wird), dass‘ aber bei grundsätzlicher Ab- 
lehnung der Tuberkulinprobe man sich in noch mehr Fällen damit begnügen 
muss, sie als nur tuberkuloseverdächtig in der Schwebe zu lassen. 

Bei der spezifischen Therapie sind besonders gorgfältig auch die anderweitigen 
Verfahren der Tuberkulosetherapie behandelt, so die Chemotherapie. Die Kupfer- 
behandlung erfährt die bisher offenbar walılverdiente Ablehnung. 

Das Vorgehen der Verff. hei der Tuberkulinbehandlung ist unverändert: 
Beginn mit kleinen Gaben. Vermeidung der Überempfindlichkeit, wie andererseits 
höherer Reaktionen, sorgfältige Gabenwahl und Beobachtung, Verhütung der Gift- 
überlastung, Erreichung hoher Giftfestigket bzw. möglichst lange Fortführung 
der behandlung. 

Sorgfältiz sind auch die sämtlichen anderen spezifischen Verfahren berichtet. 
Die Nachprüfung der Deycke-Much'schen Behandlungsart ergab den Vertt., dass 
das Verfahren keinen Fortschritt in der spezifischen Therapie bedeutet und wenig- 
stens für die schweren Fälle hinter der Tuberkulintherapie zurückbleibt, ganz 
abgesehen von der verwickelten Handhabung. Wenn zudem die Verff. keinen 
Zusammenhang zwischen dem Ausfall der Intrakutanreaktion und der spezifischen 
Bewertung des Krankheitszustandes im Einzelfalle finden können, so müssen 
solche Urteile aus dem Munde so erfahrener Autoren schwer gegen die Grund- 
lagen des Verfahrens in die Wagschale fallen. Dem Friedmann'schen Mittel‘ 
wird die Möglichkeit anderer Beurteilung nach erneuter Prüfung otten gehalten. 
Das Urteil über Spenglers I.K. lautet nach wie vor ablehnend. 

Noch sei die Bemerkung gestattet, dass hie und da der aus der Jugendzeit 
der Tuberkulinanwendung stammende polemische Charakter etwas zu sehr her- 
vortritt, der bei einer neuen Auflage vielleicht eine Milderung und Glättung er- 
fahren könnte. 

Das ausgezeichnete Buch vermittelt dem Leser ein abzerundetes und mit 
umfassender Literaturverwertung geschriebenes, überzeugend wirkendes Bild des 
Tuberkulinverfahrens, das dem Lernenden eine willkommene Anleitung geben 
und auch den Gegner und Zweifler immer wieder anregen und zu neuer gewissen- 
after Prüfung auffordern wird. H. Grau, Honnef. 


12. Hugo Bach-Bad Elster, Anleitung und Indikationen für Bestrah- 
Inngen mit der Quarzlampe „Künstliche Höhensonne“. Mit 7S Abbil- 
dungen im Text. Vierte ergänzte Aufiage. Würzburg und Leipzig 1915. Ver- 
lag von Curt Kabitzsch. 128 S. 

Unter den bisher über die Quarzlampe erschienenen Schriften ist für den 
Arzt, der sich kurz über Theorie des Verfahrens und seine Indikationen unter- 
richten will, die Bach’sche Anleitung zweifelles die geeignetste und übersicht- 
lichste. Bereits in vierter Auflage -- in einem Zeitraum von 4 Jahren — liegt 
das Werkchen vor uns, gewiss ein Beweis einmal für die grosse Verbreitung, 


278 Kongress- und Vereinsberichte. 


die die Quarzlampenbehandlung in den Kriegsjahren gewonnen hat, dann aber 
auch ein sicheres Zeichen für den Wert der Bach’schen Anleitung. 

Die neueste Auflage enthält wieder verschiedene Umarbeitungen und Er- 
gänzungen, vor allem berücksichtigt Verf. eingehender die Dosierung, auch er- 
scheint mir das Buch durch Anfügung des umfassenden Literaturverzeichnisses 
wesentlich wertvoller. Was die hier besonders interessierende Tuberkulose be- 
trifft, so wird dieses Kapitel, unter Würdigung der neueren Literatur, eingehend 
besprochen, sowohl die Anwendung der Quarzlampe bei der chirurgischen als . 
auch bei der Lungentuberkulose. Verf. weist erneut darauf hin, dass für die 
Quarzlichttherapie der Lungentuberkulose nur Starkbestrahlungen in Frage 
kommen. Gleich die erste Bestrahlung soll Starkbestrahlung sein. Als 
zweckmässig hat es sich erwiesen, 2 Lampen zu benützen, deren eine an einem 
Drahtseil hängt, das über eine Rolle an der Decke läuft. deren andere auf einem 
Stativ steht. Auf diese Weise lässt sich jede Entfernung leicht herstellen. Der 
Patient sitzt auf einem Stuhl ohne Rückenlehne, mit zwei Armstiützen, so zwischen 
den Lampen, dass Brust und Rücken voll bestrahlt werden. 

Der Ansicht des Verf.'s, dass initiale Hämoptoe keine Kontraindikation der 
Quarzlichttherapie gibt, kann ich nicht beistimmen, wie m. E. die Anschauungen 
des Verf.’s über die Wirkung der künstlichen Höhensonne bei Lungentuberkulose 
im ganzen etwas zu optimistisch sind. Eine Besserung chronischer Begleitkatarrhe 
durch Quarzlichtbestrahlungen ist in vielen Fällen nicht zu verkennen, aber ein 
direkter Einfluss auf den tuberkulösen Prozess (Tiefenwirkung) ist 
m. E. unter keinen Umständen anzunehmen. Klare, Scheidegg. 


13. Neue Zeitschriften. 

In München erscheint seit Juni 1913 ein nenes Organ, betitelt „Süddeutsche 
medizinische Zeitschrift“. Für die Schriftleitung zeichnet verantwortlich 
O. P. Stöger, München. Nach der ganzen Anlage und dem Aufbau des Blattes 
scheinen wir es hier mit einer Propagandazeitschrift für neue Heilmittel zu tun 
zu haben, und sind die in dem Blatte erscheinenden Aufsätze (in Nr. 1 findet 
man allein 9 therapeutische Arbeiten) entsprechend mit Vorsicht zu bewerten. 
Es ist bedauerlich, dass ernstzunehmende grosse Heilmittelfirmen und sogar Kur- 
anstalten durch Vergebung von Anzeigen dieses Blatt unterstützen, für dessen 
Erscheinen bei der gegenwärtigen Papiernot doch wirklich kein Bedürfnis vorlag. 

Schröder. 


Ill. Kongress- und Vereinsberichte. 


12. Sitzung der Medizinischen Gesellschaft zu Leipzig vom 5. und 
19. März 1918. 
Referat des Protokolls M. m. W. 65. 1918 S. 661, 715—717 und 745—746. 
(Ref.: Bredo w -Ronsdorf.) 


Erfahrungen mit dem Friedmann’schen Tuberkulosemittel. 

Göpel hat sich bei dem Studium der Wirkungsweise des Friedmann- 
schen Tuberkulosemittels von der sicheren und spezifischen Heilkraft und von 
der Unschädlichkeit desselben überzeugt, hat aber auch die Notwendigkeit seiner 
individuellen Anwendung zu würdigen gelernt. Die spezifische Wirkung geht 
aus der mehr oder weniger regelmässigen Abhängigkeit einer Besserung und 
Heilung nach der ungestörten Annahme des Impfstoffes durch den Körper und 
aus den beobachteten Fällen hervor, in denen offensichtlich nach und durch die 


Kongress- und Vereinsberichte. 279 
! 


Impfung ein günstiger Einfluss eintrat. Die Schwierigkeit der Behandlung beruht 
darauf, dass der Körper aus sich heraus aus dem künstlichen Antigen Schutz- 
stoffe herstellen muss, wozu schwer tuberkulöse und geschwächte Individuen 
nicht fähig sind. Andererseits können kräftige Individuen die Heilwirkung da- 
durch aufheben, dass sie den Überschuss des eingeführten Antigens zur allergi- 
schen resp. anaphylaktischen Ausstossung bringen. Eine strenge Individualisierung 
ist notwendig. Wiederimpfungen kommen, wenn überhaupt, erst nach Monaten 
und Jahren in Frage. 

Durch interkurrente Krankheiten und namentlich durch die Pockenimpfung 
kann die Wirkung der Impfung vorübergehend oder dauernd ausgelöscht werden. 
Die besten Erfolge hat G. bei den ganz ‚frischen Erkrankungen jedwedJer Organe 
— besonders aber bei ganz frischen Gelenk- und Lungentuberkulosen — gesehen. 
Wechselnd waren die Erfolge bei der Lymphdrüsentuberkulose. (Ausführliche 
Arbeit: D. Zeitschr. f. Chirurg. 144. H. 1.) 


In der sich dem Vortrag G.’s anschliessenden Aussprache berichten Heinecke 
und Rosenthal über die an der chirurgischen Poliklinik gesammelten Erfahrungen. 
Beide haben bei ihrem Material neben Misserfolgen auch Erfolge gesehen. H. hält 
sich aber wegen der relativ kurzen Beobachtungszeit zu einem endgültigen Urteil nicht 
berechtigt. R. sah beim Vergleich der Erfolge der bisherigen Behandlung (Rosenbach, 
Röntgen und chirurgisch-orthopädische) mit der Friedmann’schen diese bei den fort- 
schreitenden und schweren Fällen zu ungunsten Friedmann’s ausfallen. Bei den 
frischeren Erkrankungen zeigte sich jedoch eine deutliche Überlegenheit, j 

Thiemisch regt die Frage an, ob die Friedmann’sche Methode durch Ein- 
fachheit, Billigkeit oder Schnelligkeit des Erfolges der bisherigen Behandlung überlegen 
sei, denn die in der Klinik bei deu chirurgischen Tuberkulosen erzielten Erfolge mit 
Stauung und Bestrahlungen müssen als ganz überwiegend günstig bezeichnet werden. 
Ebenso seien die Erfolge mit der Strahlenbehandlung und mit der Lungenkollapstherapie 
bei der TLungentuberkulose der Kinder bei ganz oder stark überwiegend einseitigen 
tuberkulösen Affektionen bemerkenswert. Zur Beurteilung des Wertes des Fried- 
mann'schen Mittels gehöre wohl ein grosses und lange fort beobachtetes Material. Von 
allergrösster Tragweite erscheint es Thiemisch, wenn das Friedimann’sche Mittel 
in ausgedehntem Masse zu prophylaktischen Zwecken verwendet werden könnte, 

Deuel sah bei seinem Lungenmaterial — seine Erfahrungen reichen fast 5 Jahre 
zurück — frischere, in einer begrenzten Lungenpartie lokalisierte Fälle und Exazer- 
bationen älterer Fälle gewöhnlich in Monaten zu solider Heilung kommen. In schwe- 
reren Fällen trat die Besserung des Allgemeinbefindens zumeist auffallend schnell ein. 
Eine dauernde Entgiftung schien jedoch nicht immer vorzuliegen. Auffallend war, 
dass bei Erreichung von Stillstand oder Besserung der Erkrankungen eine Anderung 
der pbysikalischen Erscheinungen nicht zu erreichen war. Nach seiner Erfahrung dürfen 
in Heilung begriffene Fälle nicht injiziert werden, da sie genügend Antikörper besitzen, 
und mit einer Abszedierung des Impfdepots antworten würden. Die Vorteile gegenüber 
dem Tuberkulin etc. liegen in der Dauerwirkung, in dem Zusammenwirken der vitalen 
Kräfte der lebenden Bazillen und in dem Fehlen einer Beeinträchtigung durch physi- 
kalische oder chemische Abschwächungsmittel. Gewisse Schädigungen wurden fast immer 
durch eine zu hohe Dosierung erzielt. 

Bahrdt mahnt zur Vorsicht, da ja nach Göpel selbst noch Schädigungen auf- 
treten könnten 

1. bei der zweiten, der intravenüösen Injektion, 

2. wenn nach der Impfung Masern, Influenza und Anginen etc. erworben wurden, 

3. weil man nach der Impfung mit Friedmann’'schem Mittel von einer Kuh- 
pockenimpfung absehen müsse. 

Kruse weist vor allem auf die Wichtigkeit und die Schwierigkeit der richtigen 
Dosierung des Mittels hin. Das ist Sache der Erfahrung. Ebenso wichtig ist die Art 
der Einverleibung, die subkutan erfolgen müsse. 

Die Gefahr der Verunreinigung des Mittels sei beseitigt Auch sonst sei die An- 
nahme einer besonderen Schädlichkeit unbegründet, wie das die Tierversuche und die 
Erfahrungen am Menschen gezeigt haben. Die Frage, ob und in welchem Umfang: 
eine Schutzimpaung gelingt, stehe noch offen. Die Aussichten dazu seien nicht un- 


günstig. 


280 Kongress- und Vereinsberichte. 


Payr führt die grossen Unterschiede in den Ergebnissen Göpel’s und Heinecke's 
z. T. auf das verschiedene Krankenmaterial zurück. Das poliklinische Material H.’s ist 
bei weitem schlechter. Im übrigen ist die Beurteilung des Heilerfolges einer Behandlungs- 
methode bei chirurgischer Tuberkulose oft sehr schwierig und erfordert grosse persön- 
liche Erfahrung. P. hält den Zeitpunkt für eine möglichst objektive Prüfung zurzeit 
wegen der Ernährungsschwierigkeiten ete. für nicht geeignet. 

Nebel rät, weitere Versuche mit dem Friedmann’schen Mittel in der Allge- 
meinpraxis erst dann vorzunehmen, wenn durch einwandfreie Versuche am Tier fest- 
gestellt ist, dass das Friedmann’sche Mittel hier mehr leistet als die früheren Impf- 
verfahren und somit begründete Aussicht bietet, auch beim Menschen günstige Schutz- 
und Heilwirkungen auszulösen. 

Im Schlusswort fasst Göpel seine Ausführungen dahin zusammen, dass es ihm 
vor allem darauf aukam, zu zeigen, was unter günstigen Umständen mit der Fried- 
wann’schen Methode zu erreichen ist. Dass auch von anderen Erfolge neben Miss- 
erfolgen erzielt sind, habe die Aussprache ergeben. Die Methode bedürfe noch weiter- 
hin des Ausbaues. Zwei Tatsachen ständen indessen fest: 

1. dass das Friedmann’sche Vakzine eine spezifische Heilwirkuug auszuüben 
vermag und 

2, dass sich die Friedmann'sche Kultur auch für den Meuschen als avirulent 
erwiesen hat. 

Was ferner die Leistungsfähiekeit anbetrifft, so hat sich gezeigt, dass die Methode 
für einzelne Organe — z.B. Hoden- und Nebenhodentuberkulose, Wirbel- und Rippen- 
tuberkulose, die offeue Gelenktuberkulose und nach Operationen zurückrebliebene nicht 
zur Heilung gelangende Fisteln — bei richtiger Anwendung allen anderen Verfahren 
überlegen ist. Ferner ist dies auch für die ganz frischen tuberkulösen Erkrankungen 
jedweder Organe der Fall, vor allem der beginnenden Lungentuberkulose. 

Die anderen Methoden aber, mit denen die einzelnen Erfolge erzielt haben, empfiehlt 
er, nicht aufzugeben. 


IV. Mitteilung. 


Ill. Lehrgang in der Tuberkulosefürsorge in Berlin. 


Die Kommission für den Ausbau des Auskunfts- und Fürsorgestellenwesens 
veranstaltet vom 21. Oktober bis 16. November wieder einen vierwöchigen Lehr- 
gang für etwa 30- -40 Teilnehmerinnen zur Ausbildung in der Tuberkulosefürsorge. 
Zur Teilnahme werden zugelassen staatlich geprüfte Krankenpflegerinnen — auch 
Hilfsschwestern vom Roten Kreuz —, Säuglings-, Wohnungs- und Fabrikpflege- 
rinnen, Mitglieder des Vereins vom Roten Kreuz, der Vaterländischen Frauen- 
vereine und andere Damen, die ihrer Vorbildung nach zur Betätigung in der 
sozialen Fürsorge geeignet sind. Der Unterricht findet im Gebäude der Landes- 
versicherungsanstalt Berlin, am Köllnischen Park 3, statt. Er ist unentgeltlich. 
Für Unterkunft und Verpflegung dagegen haben die Teilnehmerinnen selbst zu 
sorgen; auf Antrag weiden Beihülfen hierfür gewährt. 

Anmeldungen sind bis zum 12. Oktober an die Geschäftsstelle des Tuber- 
kulose-Zentral-Komitees, Berlin, Linkstr. 29, zu richten. Mit der Zulassung wird 
von dort der Arbeitsplan versandt werden. 


Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, 0.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Krankenbauses Eppendorf in 


Hamburg. 


berausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 








Redaktion: 
Dr. G. Schröder 


Dirig. Arztder Neuen Heilanstak für Lungenkranke 


Schömb rg, O.-A. Neuenbürg, Wtibg 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arst der Neuen Heilanstak 
für Lungenkranke Schömberg, 
Klinik Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 


Verlag: 
Curt Kabitzsch, 


Leipzig, 


Dörrienstr. 16. 





12. Jahrg. 


Adler, E. 307. 
Alomar 284. 
Aoki 291. 
Babes 289. 
Bacmeister 309. 
Balwin 292. 
Bang 292. 
Becquerel 285. 
Belfanti 288, 
Benians 287. 
Bergel 290. 


Berglund, V. 300. 


Berilani 293. 
Besançon 285. 
Besredka 283. 
Bierette 291. 
Binder 292. 
Bochalli 312. 
Bongert 292, 
Bontemps 287. 
Boudin 285. 
Brauer, L. 309. 
Buri 292. 
Burnet 291. 


Calmette 290, 293. 


Chausse 287. 
Constantini 237. 


Corper 235, 286, 288. 


Day 234. 
De'ille 284. 
Dieterlen 292. 
Dietrich 305. 
Dold 290. 
Dolde, A. 299. 
Donges 287. 


Ausgegeben am 31. Oktober 1918. 


Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten.) 


Dostal 290, 292, 293. 


Dubois, M. 298. 
Eber 290. 
Ender 293. 
Feldt 286. 
Forran 293. 
Finck 286. 
Fraser 291, 292. 
Friedmann 293. 
Fronin 283, 285. 
Galliard, L. 306. 
Gammon 284. 
Gideon 285. 
Gosio 288. 
Götzl, A. 306. 
Hafermann 29. 
Hayek 300. 
Helm 311. 


Himmelberger 292. 


Immelmann 303. 
Jacobitz 293. 
Jerie, J. 299. 
Jobling 285. 
Jupille 283. 
Kaiser 293. 
Keilty 283. 
Kendall 284. 
Kirchenstein 289, 
Knoll 259. 
Koznicwski 288. 
Kraus 308. 
Krause 292. 
Kronberger 28%. 
Lebon, H. 301. 
Leschke 292. 


vanDorp-Beucker,A.300.! Levy 305. 


Tuberkelbazillus. 


Lewis 292. 

Lienhard, O. 303. 

Lindemann 290, 291. 

v. Linden 286. 

Lindner 292. 

Lockemann 284, 299. 

Löwenstein 2%. 

Malm 289. 290. 

Massol 293. 

Mayer 281. 

Merklen 301. 

Milani 286. 

v. Möller, Friis 292. 

Möllers 291. 

Much 289, 290, 293. 

Neufeld 290 

Oliver. Tb. 300. 

Orth 300. 

Panoupoulos, G. Th. 
304 ‘ 

Panzer 288. 

Parinaud 291. 

Petersen 285. 


Petersen, Hjalmar 291. 


Petroff 283. 
Philibert 285. 
Pischinger, 0. 308. 
Puntoni 2*8. 
Rabinowitsch 293, 
Rappin 286. 

van Ree, A. 30%. 
Rotte 291. 
Salimbeni 288. 
Santon 284, 286. 
Schaeffer 284. 
Schieck 291. 


I. Ubersichtsbericht. 
K.E.F. Schmitz, Die wichtigsten Arbeiten betreffend Biologie und Morphologie des 


II. Referate. 


Anatomie, 


499. Dubois, Zusammenwirken von Milz, 
Schilddrüse und Knochenmark. — 500. Dolde, 


Nr. 10, 


v. Schmid, W. 307. 

Schmitz, K. E. F. 282, 
293. 

Sehornagel 292. 

Schröder-Mietzsch 291. 

Schürmann 292. 

Seemann 304. 

Sherman 287, 289. 

Shiga 302. 

Sieber 289. 

Smith, Th. 287, 291. 

Spengler 289. 

v.Spindler-Engelsen 287. 

Stumpf, H. B. 305. 

Tamura, Sakae 288. 

Terroine 281. 

Tichy, F. 303. 

Tietze 287. 

Turrö 28t. 

v. Unruh 302. 
alotti 283. 

Vaudremer 285. 

Vysin, W. 306. 

Wahler, A. 305. 

Walker 284. 

Wankel 291. 

Weber 292. 

Wedensky 284. 

Wells 285. 

Wherry 28ł, 289. 

White 284. 

Wick, L. 307. 

de Witt 287. 

Zeller 292. 

Ziehl 20. 


i Zuek 292. 


(Die Zahlen beziehen sieh auf die Nummern der Referate.) 
a) Allgemeine Pathologie und pathologische 


Polynukleose bei der Miliartuberkulose und 
über die Veränderung der Leukozytenzahl und 
Leukozytenformel in der Agone. — 501. Jerie, 
Tuberkulöser Abszess des Corpus luteum. 


Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 


19 


282 


b) Ätiologie und Verbreitung. 

502. Lockemann, Biologie der Tuberkel- 
bazillen. Einfluss des Alters der Stammkultur 
auf den Verlauf des Wachstums der Abimpf- 
kulturen. — 503-505. Oliver, Berglund, 
Orth, Trauma und Tuberkulose. — 506. 
Hayek, Offene und geschlossene Tuberkulose. 
— 507. van Dorp-Beucker Andreoae, 
Eenige gesichtspunten over het verband tus- 
schen alkobol en tuberkulose. 


c) Diagnose und Prognose. 


. 508. Merklen, Tubereulose ineipiente. — 

509. Lebon, Diminution de la transparence 
normale des sommets du poumon dans la 
tuberculose. 


d) Therapie. 


510. Shiga, Untersuchungen über Tuber- 
kulosetherapie. — 511. v. Unruh, Résultats 
du traitement de la tuberculose par une médi- 
eation dötruisant le bacille. — 512. Lienhard, 
Über kutane Tuberkulinbehandlung nach Ponn- 
dorf. — 513. Tichy, Spengler's Präparat I.K. 
in der Therapie der Tuberkulose. — 514. Im- 
melmann, Köntgenologische Erfahrungen 
mit Friedmann’s Mittel gegen Tuberkulose, — 
515. Panoupoulos, New treatment of tuber- 
eulosis. — v. Ree, X-Strahlenbebandeling de 


Übersichtsbericht. 


chirurgische tuberculose. — 517. Seemann 
Die Behandlung der Lymphdrüsentuberkulose 
— 518. Levy, Beeinflussung der Körpertem 
peratur durch Quarzlicht bei Tuberkulösen. — 
519. Stumpf, Erfahrungen mit der Quarz- 
Quecksilber- Lampe in der Bebandlung von 
chirurgischer Tuberkulose. 


e) Klinische Fälle. 

520. Dietrich, Ein eigenartiges periplen- 
ritisches Empyem. — 521. Wahler, Primäre 
Magentuberkulose. — 522. Galliard, Lungen- 
krebs. — 523. Vysin, Kontraktur der geraden 
Bauchmuskeln bei Tuberkulose. 


f) Heilstättenwenen, Fürsorgeanstalten, Tuber- 
kulosekrankenhäuser nnd -Heime. 

524. Götzl, Die Tuberkulosefürsorge- 
stellen in Wien. — 525. Wick, Schaffung einer 
Tuberkulose-Heilstätte im Süden unserer Mon- 
archie. — 526. Adler, Während der Kriegs- 
zeit aufgeführte Bauten zum Kampfe gegen 
die Tuberkulose im Lande Salzburg. — 527. 
v.Schmid, Die Heilstätte Tentschach — ein 
Provisorium. — 528. Pischinger, 9. Jahres- 
bericht der Auskunfts- und Fürsorgestelle für 
Lungenkrankein Aschaffenburg für das Jahr 1917. 


g) Allgemeines. 
529. Kraus, Tuberkulosebekämpfung. 


III. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


14. Bacmeister, Die hausärztliehe Be- 
handlung der beginnenden Lungentuberkulose,. 


— 15. Brauer-Hamburg, Die Ruhr, ihr Wesen 


und ihre Behandlung. — 16. Helm, Über den 
Stand der Tuberkulose-Bekämpfung im Früh- 
jahr 1918. 


IV. Mitteilungen. 
Die Tätigkeit der Lupuskommission im Jahre 1917. — G. Liebe, Berichtigung. — Druck- 


feblerberichtigung. 


J. Übersiehtsbericht. 


Die wichtigsten Arbeiten betreffend Biologie und Morpho- 
logie des Tuberkelbazillus. 


Von Privatdozent Dr. K. E. F. Schmitz. 


Der vorliegende Übersichtsbericht berücksichtigt die wichtigsten Ar- 
beiten über Biologie und Morphologie des Tuberkelbazillus in den Jahren 
1912 bis 1915. In den folgenden Jahren werden die Tuberkulosearbeiten- 
immer spärlicher, was wohl in den besonders ungünstigen Verhältnissen 
begründet sein mag, die der Krieg gerade für die langwierigen Tuberku- 
losearbeiten hervorrief. Auch mebhrten sich für die spätere Kriegszeit die 
Schwierigkeiten der Literaturbeschaffung, besonders für die ausländische 
Literatur so gewaltig, dass deren Zusammenstellung besser einem späteren 
Zeitpunkt überlassen bleibt. 

Auch für die berücksichtigte Literatur waren diese Schwierigkeiten 
nicht gering. Besonders die Arbeiten von der Feindesseite konnten viel- 
fach nicht im Original eingesehen werden, es mag auch möglich sein,, 


Übersichtsbericht. 283 


dass Lücken unterlaufen sind. An der redlichen Absicht, alles zu er- 
reichen, was erreichbar war, hat es mir jedenfalls nicht gefehlt. 

Im folgenden sind die Arbeiten in verschiedene Abteilungen unter- 
gebracht, als erste und wichtigste: 


Die Kultur des Tuberkelbazillus. 


Die bekanntlich sehr schwierige Züchtung hat auch im Berichtszeit- 
raume Anregung zu neuen besseren Verfahren gegeben. Zunächst wurde 
von Besredka (1) ein Eiernährboden angegeben, der aus Fleischwasser 
—- 20°/0 Eigelb + 20°/o Eiweisslösung besteht, ohne Zusatz von Salz, 
Pepton oder Glycerin, auf dem ein üppiges Wachstum der Tuberkelbazillen 
stattfinde. Gemeinsam mit Jupille (3, 4) wurde dann von dem gleichen 
Autor eine Eibouillon ungefähr der gleichen Zusammensetzung angegeben. 
Auf 10 Teile peptonfreie Bouillon 2 Teile Eiereiweisslösung und 1 bis 
2 Teile Eigelblösung. Auf diesem Nährboden sollen die Tuberkelbazillen 
bereits nach 2 Tagen Wachstum zeigen und sich die Typen verschieden 
verhalten. Der Typus bumanus bildet kleine Schollen, der bovinus zähe 
‘ Fäden. Diese Eibouillon lässt sich des weiteren (4) auch zu Agar ver- 
arbeiten. Dieser Nährboden besitzt die Fähigkeit, auch andere schwer 
züchtbare Bakterien gut zur Kultur zu bringen, wie Keuchhustenbazillen, 
Pneumokokken usw. | 

Ebenfalls ein Eiernährboden wird von Petroff (5) angegeben, der 
aber in erster Linie zur direkten Züchtung der Tuberkelbazillen aus dem 
Sputum dienen soll. Er besteht aus 2 Teilen eines Gemisches von Weiss- 
und Gelbei und einem Teil aus rohem Fleisch ausgepresstem Saft. Hierzu 
wird Gentianaviolett im Verbältnis 1: 10000 zugesetzt und bei 85 Grad 
erstarren gelassen. Es ergibt sich ein schwach lila gefärbter Nährboden. 
Der Zusatz des Gentinaviolett erfolgt, um die Kokken am Wachstum zu 
hindern, die Tuberkelbazillen werden davon nicht geschädigt. Um jedoch 
die Tuberkelbazillen direkt aus dem Sputum zu züchten ist eine Vorbe- 
handlung des Auswurfes nötig. Es wird dieser zunächst 20 bis 30 Minuten 
. in 3%oiger Natronlauge homogenisiert, dann mit Salzsäure neutralisiert, 
zentrifugiert und der Bodensatz zur Kultur benützt. Soll die Züchtung 
aus Fäzes erfolgen, so wird der Stuhl zunächst mit Wasser verrieben und 
durch Gaze filtriert. Nach Zusatz von Kochsalz bis zur Absättigung wird 
nach halbstündigem Sedimentieren die obenstehende Schicht abgehoben, 
mit gleichen Teilen 3°/oiger Natronlauge versehen und 3 Stunden bei 
37° geschüttelt, dann wie oben. 

Keilty (6) hat mit dieser Methode gute Erfolge gehabt und Verf. 
kann dies ebenfalls bestätigen. K. gibt noch an, dass die Neutralisation 
nur bis zu schwach alkalischer Reaktion gehen soll. 

Frouin (7) konnte feststellen, dass zunehmende Alkaleszens dem 
Wachstum der Tuberkelbazillen auf allen Nährböden schädlich ist. Eine 
Glyzerinbouillon aus Kartoffeln mit Laktosegehalt soll ein sehr günstiges 
Kulturmedium sein. 

Valletti (8) gibt ein Medium an, das aus Agar, Bouillon und Koch- 
salz besteht, dem noch Kuhmilchserum zugesetzt wird. Das Kuhmilchserum 
wird gewonnen durch Ansäuern der Milch mit einigen Tropfen Essigsäure 
und Aufkochen. Auf diesem Nährboden wächst Typus bovinus üppig, 
Typus humanus zeigt kein nennenswertes Wachstum. . 

19 


284 Übersichtsbericht. 


Turró und Alomar (9) prüften, welche Kartoffelsorten sich für 
Tuberkulosekulturen am meisten eignen. Am vorzüglichsten erwies sich die 
holländische Kartoffel. Die Verff. bereiteten auch eine Kartoffelbouillon, 
indem sie Kartoffelstücke mit dem doppelten Gewicht 5°/oigen Glyzerin- 
wassers 10 Minuten im Autoklaven mazerierten. Wenn 2°/o Agar zuge- 
geben wurden, ergab sich ein guter fester Nährboden. 

Wedensky (10) gibt ein neues Verfahren an, um die Tuberkel- 
bazillen unmittelbar aus dem menschlichen oder tierischen Organismus zu 
züchten. Ein kleines, steril entnommenes, tuberkulöses Organstückchen 
wird mit einem Seidenfaden auf die Oberfläche einer 5°/sigen Glyzerin- 
bouillon gehängt. Nach 1 bis 2 Wochen wachsen die Tuberkelbazillen 
an der Oberfläche aus. 

a Santon (11) gibt eine Nährlösung an, die Asparagin, Glyzerin, 
Zitronensäure, Phosphor, Schwefel und Eisen enthält. 

White und Gammon (12) züchteten die Tuberkelbazillen auf Nähr- 
böden, in denen Fette emulgiert waren. Sie benutzten hierzu Olivenöl, 
Palmöl, Leinöl, Rinderfett, Menschenfett, Butter und Paraffin. Es zeigten 
sich bemerkenswerte Unterschiede. Der Typus humanus wuchs am besten 
auf Menschenfett- und Butteragar, auf dem Olivenölagar schlechter als 
auf gewöhnlichem Glyzerinagar. Der Typus bovinus wuchs am besten 
auf Menschenfett-, Olivenöl- und Butteragar. Auf Paraffin- und Rinder- 
fettagar wuchsen beide Typen spärlich. Die Kulturen auf Menschenfett- 
agar sahen ölig aus und waren viel säurefester. 

Delille, Mayer, Schaeffer und Terroine (13) studierten, welches 
diejenigen Stoffe in der Peptonbouillon sind, die gutes Wachstum erzeugen. 
Sie zeigten, dass eine einzige Monoaminosäure, das Glykokoll, genügt. 
Wird dem Glykokoll noch eine Diaminosäure, das Arginin, zugefügt, so 
genügt diese Lösung vollständig zur Kultur. 

Löwenstein (14) stellte fest, dass in eiweissfreien Nährböden Kalium, 
Natrium, Chlor und Schwefel nicht notwendig sind. Die Tuberkelbazillen 
waren gut züchtbar auf einem Nährboden, der 6 p. M. Amoninmphoaphat 
und 40 p. M. Glyzerin enthielt, 

Lockemann (15) prüfte das Wachstum der Tuberkelbazillen auf 
eiweissfreien Nährböden und konnte feststellen, dass nach einigen Wochen 
dauernder Gewichtezunahme die Kulturen wieder abnehmen, anscheinend 
durch Autolyse. Die periodische Wägung ist ein guter quantitativer Mass- 
stab des Wachstums. Während des Wachstums auf eiweissfreien Nähr- 
böden traten Eiweisssubstanzen auf. Der Säuretiter zeigt verschiedene 
Verlaufskurven je nach den Nährlösungen. 

Wherry (16) beobachtete auf verschiedenen Nährböden Schwankungen 
der Form und der Säurefestigkeit. Aus verschiedenen Stoffen wurden Fett- 
körper gebildet. 

Kendall, Day und Walker (17—26) studierten den Stoffwechsel 
in der Tuberkulosekultur. Weder Dextrose noch Mannit noch Glyzerin- 
zusatz zur Bouillon vermochte die Proteinzersetzung zu hemmen. In der 
ersten bis dritten Woche der Kultur nahm die Menge des Ammoniaks 
zu, später trat eine Abnahme ein, ohne dass die Ursache erkennbar war. 
Zur Prüfung dieser Verhältnisse arbeiteten die Verff. mit schnellwachsenden 
avirulenten humanen Tuberkelbazillen. Die Aziditätskurve war typisch. 

Weiter wurden diese Stämme auf einem lipoidfreien Nährboden ge- 
züchtet. Das Pepton war zu diesem Zweck wochenlang mit Äther, Alko- 


Übersichtsbericht. 285 


hol, Azeton und Petroläther extrahiert worden. Das Ammoniak zeigt in 

diesem Nährboden jedoch das gleiche Verhalten. Die Bazillen besassen 
auch normale Säurefestigkeit. Es müssen also die säurefesten Lipoide 
aus Eiweissderivaten gebildet werden. 

Auf eiweissfreiem Nährboden, der nur Asparagin, Dinatriumphosphat, 
Kochsalz, Zucker und Glyzerin enthielt, wuchsen die Bazillen ebenso säure- 
fest wie gewöhnlich. Der Ammoniakgehalt wird hier zuerst vermehrt, später 
vermindert. Aus diesen Stoffen werden also nicht nur die stickstoffhaltigen 
Bestandteile, sondern auch die Fett- und Wachssubstanzen aufgebaut. Es 
bildete sich auch eine muzinartige Substanz. 

Auch auf einem Nährboden, bei dem das Asparagin weggelassen war 
und statt des Dinatriumphosphats Diammoniumphosphat gegeben war, trat 
Wachstum ein, wobei der Ammoniakgehalt stark vergfingert wurde. 

In den Kulturen verschiedener säurefester Bakterien, darunter auch 
Geflügeltuberkulose-, Smegma-, Gras- und Leprabazillen, war eine Lipase 
nachweisbar. Sie erwies sich als thermostabil (100°) und diffundierte nicht 
durch Kollodiummembranen. Es ist unentschieden, ob sie durch Autolyse 
oder durch Sekretion erzeugt wird. Sie wird auch auf ganz einfachen 
Nährböden gebildet. Die Lipase ist dann am reichlichsten vorhanden, wenn 
die Ammoniakbildung am stärksten ist. 

Nach Jobling und Petersen (27) enthalten die Tuberkelbazillen 
ungesättigte Fettsäuren, die für die Verkäsung zu beschuldigen sind. 
Dieselben zeigen in verkästem Zustande antitryptische und antileuko- 
proteolytische Eigenschaften. 

Wells, Gideon und Corper (28) fanden in der Leibessubstanz von 
Tuberkelbazillen Lipase, die der Lipase des Säugetiergewebes sehr ähnlich ist. 

Frouin (29) studierte den Einfluss der seltenen Erden auf das 
Wachstum der Tuberkelbazillen.. Iet in einem Nährboden nur eine ein- 
fache Stickstoffverbindung vorhanden, so sind zum Wachstum der Tuberkel- 
bazillen Magnesiumsalze notwendig. ‚Auch sonst fördern kleine Mengen 
seltener Erden, z. B. Vanadium, Cerium, Lanthana, Neodym usw. das 
Wachstum. Vanadium fördert zum Unterschiede von den andern auch in 
grösseren Mengen. | 

Becquerel (30) studierte den Einfluss des Uraniums und Thoriums 
und konnte ungefähr dasselbe feststellen. Förderung des Wachstums bei 
einer optimalen Dosis, bei Steigerung derselben Schädigung des Wachstums. 

Was das Uranium anlangt, so konnte Frouin (31) nicht dieselben 
Beobachtungen machen, Uran hemmt auch in kleinen Mengen das Wachstum. 

Besançon, Philibert und Boudin (32) suchten nach der ein- 
fachsten brauchbaren Kulturflüssigkeit. Es ist notwendig: Phosphor, Stick- 
stoff, Magnesium, Kali und Glyzerin. Etwas saure Reaktion ist von Vor- 
teil. Das Kalium kann nicht ersetzt werden, auch nicht durch Natrium, 
ebenso unumgänglich notwendig ist Magnesium. Asparagin, Laktose und 
Natriumcitrat sind sehr günstig für das Wachstum. 

Die nächsten zitierten Arbeiten beschäftigen sich vorzugsweise mit 
der Einwirkung von verschiedenen Stoffen auf die Kulturen von Tuberkel- 
bazillen. Das Gemeinsame der hier verfolgten Zwecke ist meist die Auf- 
findung von chemotherapeutisch wirksamen Körpern. 

Vaudremer (33) setzte Tuberkelbazillen während 24 Stunden einem 
Extrakt von Aspergillus niger aus. Wenn die Mazeration diese Zeit über 
bei 399 vorgenommen wurde, waren die Bazillen nachher nicht mehr 


286 Übersichtsbericht. 


pathogen. Weiterhin wurden (34) tuberkulöse Meerschweinchen mit dem 
Aspergillus-Extrakt gespritzt. Einige lebten bedeutend länger als die Kon- 
trolltiere und andere zeigten; als sie nach 6 Monaten getötet wurden, keiner- 
lei tuberkulöse Veränderungen. Menschenversuche verliefen unregelmässig. 

Rappin (35) beobachtete, dass verschiedene Bazillen, z. B. subtilis, 
Megatherium, den Tuberkelbazillen Schaden zufügen können. Er versuchte 
infolgedessen mit Kulturfiltraten dieser Bazillen die Tuberkelbazillen zu 
beeinflussen, und behauptet Erfolge damit gehabt zu haben. . 

Santon (36 und 37) studierte die Einwirkung von Gold, Silber 
und Wismut. Goldsalze lassen überhaupt kein Wachstum zu. Silbersalze 
hemmen das Wachstum in schwachen Lösungen. Wismut in der Konzen- 
tration 1:150 000. 

Cor per (38) liess Natriumsulphozyanat (Rhodannatrium) auf Tuberkel- 
bazillen einwirken. Eine 1°/oige Lösung vermochte während 48 Stunden 
keine Abtötung hervorzurufen. Ebensowenig 0,1°/oige während 7 Tagen. 
Dagegen ist es bei intravenöser Einspritzung für Kaninchen in der Dosis 

von 0,4—0,6 g pro Kilogramm tödlich. 

| v. Linden (39) beschreibt, dass die Tuberkelbazillen Kupfer aus 
wässrigen Lösungen anreissen und aufspeichern, ebenso aus Nährböden. 
Der Tuberkelbazillus ist für Kupfer tausendmal empfindlicher als andere 
Bazillen. In der Konzentration 1:1000000 werden Tuberkelbazillen noch 
im Wachstum gehemmt. Unter dem Einfluss des Kupfers quellen die 
Bakterien, verlieren die säurefeste Hülle, das Plasma wird gekörnelt, 
schliesslich aufgelöst. Kupfer ist für Tuberkelbazillen 13 mal giftiger als 
für Meerschweinchen. 

In einer Entgegnung betont Feldt (40), dass er kein elektives Auf- 
nehmen des Kupfers durch Tuberkelbazillen beobachten konnte. Das Kupfer 
hemmt die Entwickelung des Tuberkelbazillus in den Verdünnungen 1:5000 
bis 1:50000 sehr viel schwächer als das Goldeyan. Es ist für das Tier 
giftiger als für die Tuberkelbazillen. 

de Witt (41) studierte den Einfluss von Methylenblau auf das Tu- 
berkelbazillenwachstum. Typus humanus wird dadurch am Wachstum ge- 
hindert. Selen und Tellur im Methylenblaumolekül verstärkte diese Wirkung 
nicht. Methylenblau dringt auch in den Tuberkel ein und färbt die 
lebenden Baazillen. 

Derselbe Autor (42) machte Versuche mit Trypanrot und Trypan- 
blau. 1°/oige Lösung tötete Tuberkelbazillen während 24 Stunden nicht 
ab. Silber und Eisen im Farbstoffmolekül gab keine Änderung. Diese 
Körper dringen leicht in den Tuberkel ein, nicht aber in die Bazillen. 
Kupfer-Trypanblau durchdringt auch den Tuberkel schlecht. 

Milani (43) unterwarf Tuberkulosekulturen der Radiumbestrahlung 
und konnte eine abschwächende Wirkung beobachten, deren Grad mit 
der Strahlenqualität im Zusammenhang steht. Bei den geimpften Tieren 
konnten zweierlei Veränderungen hauptsächlich beobachtet werden. Erstens 
akut-kongestive Erscheinungen, zweitens sklerotische Alterationen. Letztere 
wurden verursacht von Bazillen, die den £#-Strahlen, erstere die den 
»-Strahlen unterworfen waren. 

Puntoni (44) fand hingegen keine Einwirkung des Radiums auf 
die Tuberkulosekulturen. 

Nach Finck (45) werden Tuberkelbazillen in feuchtem Medium bei 
nnigem Kontakt mit Sauerstoff (Ozon) gehemmt. 


Übersichtsbericht. 287 


Abtötende Mittel. 


Benians (46) studierte den Einfluss von Toluol, Xylol und Benzol 
auf Tuberkelbazillen. Das letztere wirkt am stärkten. 

de Witt und Sherman (47) bestimmten die abtötenden Eigen- 
schaften von verschiedenen chemischen Mitteln. Phenol 5°/o und 1°/o 
tötet in 5 Minuten, Formaldehyd 1°/o in einer Stunde, 0,1°/o in 24 Stunden. 
Äthylalkohol 250/0 in einer Stunde, Azeton, Chloroform und Äther hatten 
nur sehr schwache Wirkung. Desgleichen Toluol und Jod. Sublimat 0,1°/o 
tötete in 1 Stunde, 0,001°/o in 24 Stunden, Goldchlorid 0,005 °/o, Gold- 
trieyanid 0,1°/o, Silbernitrat 0,025°/o und Kupferchlorid 5'/o töteten in 
24 Stunden. Die Tuberkelbazillen erwiesen sich gegenüber Phenol, Formal- 
dehyd und Metallsalzen empfindlicher als Kokken. 


Auflösungsversuche und Widerstandsfähigkeit. 


Bontemps (48) machte Auflösungsversuche mit Neurin und ver- 
schiedenen Säuren. Das Neurin gab auch bei 56° keine vollständige 
Lösung, nur die Fette wurden aufgelöst. Milch-, Zitronen- und Weinsäure 
in 50°/oiger Lösung ergaben bei 56° gleichmässige Verflüssigung, fast 
ebenso Pepsinsalzsäure. Alkalische Trypsinlösung war wirkungslos. 

Donges (49) fand Stämme, die gegen Antiformin sehr resistent 
sind und erst nach 12 bis 24 stündiger Einwirkung von 100°/oigem Anti- 
formin ihre Virulenz verlieren. Humanus und bovinus können sich gegen 
Antiformin völlig gleich verhalten. 

v. Spindler-Engelsen (50) machte vergleichende Untersuchungen 
über die Widerstandsfähigkeit verschiedener säurefester Bakterien gegen 
Antiformin. Es fanden sich mikroskopische Veränderungen, Variationen 
der Färbbarkeit und des Aussehens,. Es konnten hiernach 2 Gruppen 
unterschieden werden. 

1. Smegmabazillen, Baz. Möller und Baz. Tobler werden in 15 °/o 
Antiformin iņ einer halben Stunde gelöst. 

2. Tuberkelbazillen: a) Blindschleichentuberkulose wird in 25 °/o Antif. 
in 24 Stunden nicht vollständig gelöst, wohl aber in 50?/o. Humanus und 
bovinus widerstehen selbst in 50 °/o Antiformin 4 Tage lang der Auflösung, 

Chauss& (51) bestimmte die Lebensfähigkeit von Tuberkelbazillen 
in kleinsten Sputumtröpfehen. Er fand dieselben bei 15 bis 20° im 
diffusen Tageslicht 30 bis 40 Tage lebend. Bei 10 bis 15° 50 Tage. Im 
Dunkeln 60 Tage, im Brutschrank 4 Tage. 

Costantini (52) beobachtete die Veränderungen, die die Tuberkel- 
bazillen eingehen, wenn sie in die verschiedenen Tiere gespritzt werden. 
Die stärksten Veränderungen erfuhren sie bei Hunden, die geringsten bei 
Kaninchen. Es zeigt sich zuerst Vakuolisierung und Verlust der Säure- 
festigkeit, die granulären Formen nehmen zu, die säurefesten ab. Daraus 
lässt sich schliessen, dass die Muchschen Granula kein besonderes Virus, 
sondern nur abgeschwächte Formen darstellen. 

Tietze (53) untersuchte die Haltbarkeit von intravenös in Schlacht- 
tiere eingespritzten Bovinusbazillen. Wenn grosse Mengen gegeben wurden, 
konnten sie bis zu 23 Tagen im Blut und in der Muskulatur nachge- 
wiesen werden. Kleinere Mengen verschwanden innerhalb 7 bis 9 Tagen. 

Die Haltbarkeit der Tuberkelbazillen in der Kultur ist sehr gross. 
Wie Th. Smith (54) feststellte, bleiben Kulturen im Eisschrank bis zu 


288 Übersichtsbericht. 


19 Monaten infektiös. Die Wachstumsfähigkeit auf Glyzerinagar erlischt 
jedoch bedeutend früher. Der bovine Typ war widerstandsfähiger als der 
humane, wahrscheinlich weil der letztere mehr Säure erzeugt. 

Die Beurteilung, ob Kulturen noch lebensfähig sind, ist beim Tu- 
berkelbazillus besonders schwierig. Von Gosio war deswegen die Selenit- 
und Telluritreduktionsprobe angegeben worden. 

 Belfanti (55) prüfte dieselbe nach und fand, dass Menschen-, Rinder- 
und Hühnertuberkelbazillen Kaliumtellurit in wenigen Stunden reduzieren. 
Neben der reduzierenden Wirkung vollzieht sich aber auch ein synthetischer 
Prozess, es bilden sich Verbindungen mit Knoblauchgeruch (Tellurine). 

Weiter wurde diese Methode von Corper (56) nachgeprüft. Auch 
er fand sie für Reinkulturen verwendbar. Im hängenden Tropfen aus 
0,2°/o Natriumtelluritlösung wird etwas von der Kultur verrieben. Es 
tritt dann in !/e bis 2 Stunden Schwärzung ein. Natriumtellurit tötet die 
Tuberkelbazillen in 0,01°/o Lösung nicht ab und in 0,001°/o Lösung 
wirkt es nicht entwicklungshemmend. 


Chemische Zusammensetzung der ‚Taberkolbunilien. 


Die chemische Zusammensetzung wurde meist durch Auflösungsver- 
suche festzustellen gesucht. 

Salimbeni (57) verwendete zu diesem Zwecke Mono-, Di- und Tri- 
chlorhydrin. Die ersten beiden Körper lösen bei niederer Temperatnr eine 
Fettsubstanz heraus, die in Azeton löslich ist, eine Wachessubstanz, die in 
Chloroform löslich ist, wird von diesen beiden Körpern jedoch nicht iso- 
liert. Das Trichlorhydrin löst beide Substanzen. Besonders dies letztere 
Mittel tötet die Bazillen sehr rasch ab und verwandelt sie in amorphe 
Massen. Unter der Einwirkung der Chlorhydrine, besonders des Trichlor- 
hydrins, verlieren die Tuberkelbazillen auch die Säurefestigkeit. 

Panzer (58) beschreibt besonders die Fettsubstanzen des Tuberkel- 
bazillus. Es ergab sich Fehlen von Cholesterin, wohl aber war ein anderer 
höherer Alkohol vertreten, ein Teil desselben ist in freiem Zustande vor- 
handen. Mit Alkobol wurde eine harzige, Fehlinglösung reduzierende 
Substanz erhalten. Heisses Wasser entzog eine gummiäbnliche, schwefel-, 
stickstoff- und phosphorfreie Substanz. Schliesslich ergaben sich noch: 
eine pektinartige Substanz, ein resistenter Eiweisskörper und eine kohlen- 
hydratähnliche, chitinartige Substanz. 

Kozniewski (59) extrahierte getrocknete Tuberkelbazillen in 96°/o 
Alkohol oder Methylalkohol und dann im Soxhletapparat mit heissem 
Aceton. Er erhielt 2 Arten von Lipoiden. Erstens ein alkohollösliches 
braunes Gemisch von Fettsäuren, Lezithin, Farbstoffen und aromatischen 
Körpern in der Menge von 2 bis 3°/o. Zweitene zu 20 bis 24/0 einen 
azetonlöslichen, weissen, schwerverseifbaren Körper, wahrscheinlich ein Fett- 
säureesther (Laurinsäureesther des Dodecylalkohols). Mit Salzsäure oder 
Schwefelsäure (3 bis 5 °/o) bei 40° wurde ein Kohlehydrat erhalten, wahr- 
scheinlich eine Hemizellulose. Das polarisierte Licht wurde nicht gedreht. 
Chitin konnte nicht nachgewiesen werden, da Behandlung mit konzen- 
trierter Salzsäure kein Glukosamin ergab. Die Säurefestigkeit beruht nicht 
auf Fett- und Weachssubstanzen, sondern ist eine spezifische Eigenschaft 
des Kohlehydrats, das eine Art Membran bildet. 

Sakae Tamura (60—62) untersuchte den Tuberkelbazillus im Ver- 
gleich zu anderen Bakterien, insbesondere das Mucobacterium lactis. Die 


Übersichtsbericht. 289 


Protoplasmabausteine dieser beiden sind im wesentlichen dieselben, wie 
bei böheren Lebewesen. Der Ätherextrakt aus Tuberkelbazillen enthält 
keine Phosphatide. Darauf folgende Alkoholextraktion in der Wärme er- 
gibt ein Diaminomonophosphatid. Weiter findet sich noch ein hochmole- 
kularer Alkohol Mykol. Die Säurefestigkeit und Grampositivität beruhen 
auf Anwesenheit dieses Alkohols. Von Purinkörpern wurden Adenin und 
Hypoxanthin gefunden. Von Eiweissbausteinen Arginin, Histidin, Lysin, 
Phenylalanin, Prolin, Valin, Tyrosin und Tryptophan. Aus kurzen, ein- 
fachen, offenen Kohlenstoffketten vermag der Tuberkelbazillus aromatische 
Körper zu bilden. Schliesslich ist noch I-Arabinose vorhanden. 

Sherman (63) versuchte die Tuberkelbazillen mit Fettfarbstoffen 
zu färben, namentlich aus der Sudanreihe. Versuche an zertrümmerten 
Tuberkelbazillen bestätigten die Annahme, dass die Säurefestigkeit von 
der Unversehrtheit der Bazillen abhängig ist. Die fettigen Bestandteile 
sind nicht die Ursache für die säurefeste Färbung. 

Malm (64) fand, dass die Tuberkelbazillen in eiweissfreien Nähr- 
böden Eiweiss erzeugen, selbst wenn Schwefel fehlt. Ferner einen albu- 
moseähnlichen Stoff. In diesen Lösungen ist Tuberkulin als weisses Pulver 

durch Alkohol fallbar. Das Tuberkulin ist ‘ein Stoffwechselprodukt, 
Sieber (65) behandelte 1 g Tuberkelbazillen mit etwa 300 ccm 
Wasserstoffsuperoxyd !/2°/oig im Autoklaven bei 143° (3 Atmosphären). 
Das Produkt war vollständig wasserklar, Tuberkelbazillen oder deren Reste 
nicht mehr nachzuweisen. 


Morphölogie. 


Es würde den Rahmen dieser Übersicht überschreiten, hier alle die 
Arbeiten aufzuzählen, welche sich mit der Auffindung und der Häufigkeit 
der Much’schen Granula beschäftigen. An sonstigen morphologischen 
Beobachtungen ist folgendes bemerkenswert. 

Wherry (66) behauptet, auf gewissen Nährböden, besonders solchen, 
die 2% Methyl-, Äthyl-, Propyl-, Butyl- oder Amylalkohol enthalten, 
sollen die Tuberkelbazillen leicht Sporen bilden. 

Kirchenstein (67, 68) veröffentlicht weitere Beobachtungen mit 
seiner Strukturmethode und der Pikrinmethode Spengler’s. Er unter- 
scheidet 4 verschiedene Formen: 1. die Vollstäbchen, Form intakt und 
gleichmässig gefärbt. 2. hüllengeschädigte Bazillen nicht gleichmässig und 
heller gefärbt. 3. Splitterstäbchen, stark zerfallen gleich Much’s granu- 
lierten Stäbchen. 4. Die Einzelsplitter gleich Much’s isolierte Granula. 
Diese letzteren hält er für Sporen. Aus ihnen sollen sich die jungen 
Bazillen bilden. Alle diese Formen stehen in Zusammenhang mit dem 
Immunkörpergehalt des Organismus. Die Sporen (69) sind nicht so wider- 
standsfähig wie andere bekannte Sporen. Am besten sind sie darstellbar 
mit der Pikrinjodosmiummethode, eine Verbindung des Spengler’schen 
Pikrinverfahrens und der Kronberger’schen Jodmethode. Dabei werden 
nach der Pikrinfärbung die Präparate 20 bis 30 Sekunden einer alko- 
bolischen Jodjodkaliumlösung ausgesetzt und dann für 15 Sekunden Os- 
miumdämpfen. Spülen, Trocknen. 

Auch Knoll (70) hält die granuläre Form für eine resistentere Wuchs- 
form des Tuberkelbazillus. 

Babes (71) beschreibt metachromatische Körperchen, die er bereits 
1883 fand und die mit den Much’schen Granulis identisch sein sollen. 


t 


290 Übersichtsbericht. 


Dostal (72) berichtet über die sogenannten Glykosidformen des 
Tuberkelbazillus.. Werden Tuberkelbazillen auf Glyzerinserum gezüchtet, 
dem 5 bis 10°/o Saponinum depuratum zugesetzt eind, so sind schon. 
nach zwei Übertragungen makroskopische Veränderungen der -Kulturen 
‘erkennbar. Sie werden stärker gewulstet, feuchter und gelber. Später 
wachsen ganz zarte durchsichtige Rasen. Mikroskopisch zeigt sich Verlust 
der Säurefestigkeit und Gramfestigkeit. 

Bergel (73) studierte den Abbau der Tuberkelbazillen in der Bauch- 
höhle der weissen Maus von ihrer vollentwickelten Gestalt bis zu den 
letzten Resten. Der vollentwickelte Tuberkelbazillus ist schlank und stark 
säure- und alkoholfest durch einen Wachsmantel. Unter diesem Wachs- 
mantel liegt eine mattrot färbbare Substanz, die säure- und alkohol- 
schwächer ist und aus Fettsäure-Lipoidgemisch besteht, in die stark säure- 
feste, aus Wachs bestehende, intensiv rote Körnchen in Reihenform ein- 
gelagert sind. Es sind dies die Umhüllungen der nach Much färbbaren 
Körnchen, die manchmal durch zarte Fäden verbunden sind. Innerhalb 
dieser Schicht liegt der eiweisshaltige Kern, der sich weder nach Much 
noch nach Ziehl, sondern mit der Gegenfarbe färbt. Es ist ein zartes 
Stäbchen mit Körnchen, die die Konturen des Stäbchens oft überragen. 


Typentrennung. 


Am meisten interessiert hier immer noch die Differenzierung von 
Typus humanus und bovinus. Die Ansichten der Autoren stehen sich 
noch immer schroff gegenüber. 

Auf der einen Seite behauptet Calmette (74), Malm (75, 76) und 
Eber (77, 78) die Einheit der Tuberkelbazillen. Letzterer besagt, 
dass junge Rinder wenn sie mit nicht rindervirulentem Material, also 
sogenanntem Typus humanus, gespritzt wurden, doch in einigen Fällen 
Bauchfellknötchen bekämen. Die Reinkultur aus den ersten Knötchen 
hätte zwar eine erhöhte, aber noch nicht typische Rindervirulenz. Die 
späteren Passagen waren hochgradig virulent. Bei zwei Fällen ist die 
Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass das Ausgangsmaterial 
bereits ausschliesslich bovine Tuberkelbazillen waren. Bei 5 Fällen trifft 
aber sicher eine solche Vermutung nicht zu, und es bestehen auch keine 
zwingenden Gründe, dass eine Mischkultur vorhanden gewesen sei. Eber 
betrachtet die verschiedenen Typen als Standortsvarietäten, die sich um- 
wandeln können. 

Demgegenüber betont Lindemann (79), dass die biologischen Eigen- 
schaften des Tuberkelbazillus sehr beständig seien. Umzüchtung der ver- 
schiedenen Typen sei bisher nicht bewiesen. Nur bei langer Fortzüchtung 
ergibt sich manchmal Virulenzverminderung, die durch Tierpassage wieder 
behoben werden kann. 

Neufeld, Dold und Lindemann (80) prüften des weiteren die 
Methode Ebers nacb. Bei 13 Kälbern konnten sie keine Umwandlung 
feststellen. Sie schliessen, dass Ebers Stamm eine Mischkultur ge- 
wesen sei, 

Lindemann (81) untersuchte dann die Möglichkeit, Mischkulturen 
zu entmischen. Und zwar 1. durch Tierpassage, 2. durch Weiterzüchten 
auf Glyzerinnährboden und 3. durch Serumplattenaussaat. Die erste Art 
eignet sich für den Typus bovinus (Kaninchen), die zweite für den hu- 


Übersichtsbericht. 291 


manus, da derselbe auf Glyzerinnährböden schneller wuchert als bovinus. 
Es gelang auf diese Weise noch eine Trennung, wenn die Typen im 
Verhältnis 1: 50 gemischt waren. Bei der bekannten Kultur Schröder- 
Mietzsch war kein reiner Typus herauszuzüchten, obwohl hier Verf. sogar 
das dritte, beste Verfahren, die Abimpfung von Einzelkolonien anwandte. 
Es ist dies der einzige Stamm, der eine atypische Virulenz besitzt, ohne 
eine Mischkultur zu sein. Hühnern gegenüber war dieser Stamm avirulent. 

Um die Typen zu trennen, gibt Fraser (82) eine lokale Reaktion 
beim Kaninchen an. Impfung in ein Kniegelenk mit bovinus gibt eine 
intensive Reaktion mit akuter synovialer Tuberkulose. Einspritzung von 
humanus ergibt nur Verdickung der Synovia ohne Gewichtsverlust. 

Wankel (83) prüfte an 45 Kulturen die Smith’sche Reaktions- 
kurve. 11 Humanusstämme gaben die richtige Kurve, 6 Humanus ver- 
hielten sich wie Bovinus, bildeten keine Säure. 15 bovine Stämme bil- 
deten keine Säure, 4 bildeten Säure und einer nahm eine Zwischen- 
stellung ein. 
= Aoki (84) bestimmte das Verhalten der Ratten gegenüber den Typen. 
Von 35 mit Typus bovinus gespritzten wurden 9 tuberkulös, von 46 mit 
Typus humanus gespritzten 42. 

Petersen Hjalmar (85) empfiehlt die intraokulare Impfung und 
Schieck (86) die Erzeugung einer Hornhaut- und lIristuberkulose am 
Kaninchenauge zur Differenzierung. Einspritzung von Bovinus in die 
Carotis communis ergibt eine fortschreitende Tuberkulose des Auges auf 
der gleichen Seite, Typus humanus ist unwirksam. 

Die nächsten Arbeiten suchen die Typenfrage durch empirische Fest- 
stellung derselben beim erkrankten Organismus zu lösen. Burnet (87) 
prüfte die Erreger von 26 Gelenk- und Knochentuberkulosen, 23 Drüsen- 
tuberkulosen, 10 Hauttuberkulosen, 16 Lungen-, Nieren- und Meningen- 
tuberkulosen. In keinem Falle wurde Bovinus gefunden. 

Rotte und Bierotte (88) untersuchten 28 Lupusfällee 23 waren 
von humanus verursacht, 4 von bovinus und 1 Fall von beiden. 

Lindemann (89) bestimmte den Typus bei der spontanen Tuber- 
kulose der Affen, durch Untersuchung von 5 tuberkulösen Tieren. 3 mal 
fand sich Bovinus und 2 mal Humanus. Die von den letzteren verur- 
sachten Tuberkulosen waren weit schwerere Fälle. Humanus scheint also 
für Affen grössere Virulenz zu besitzen. Derselbe Verf. (90) untersuchte 
den Auswurf von 41 Tuberkulösen auf den Typus der ausgeworfenen 
Bazillen. Er fand 40 mal den Typus humanus und 1mal eine Mischung 
von humanus und bovinus. Er stellte ferner die bisher in der Literatur 
bekannt gewordenen Untersuchungen zusammen, die sich auf nahezu 
800 Fälle belaufen. Darunter waren 3 mal Perlsuchtbazillen gefunden 
worden. 

Möllers (91) stellte den Typus der Tuberkelbazillen bei Pari- 
naud’scher Erkrankung fest. Von 3 Kranken gewann er 2 Kulturen. 
Beide waren Typus humanus. Einwandfreier Nachweis von bovinus ist 
bisher bei Parinaud’scher Erkrankung noch nicht gelungen. 

Der gleiche Verf. (92) untersuchte 12 Knochen- und Gelenktuberku- 
losen. Es liess sich nur Typus humanus feststellen. Es sind jetzt im 
ganzen 163 Fälle Knochen- und Gelenkstuberkulose untersucht worden. 
Unter diesen fand sich nur 4 mal Typus bovinus. In auffälligem Gegen- 


293 Übersichtsbericht. 


satz dazu stehen Fraser’s Ergebnisse in Edinburg, der unter 70 Fällen 
41 mal Typus bovinus fand. Vielleicht sind dafür örtliche Verhältnisse 
zu beschuldigen. 

Weber und Dieterlen (93) untersuchten auch in 10 Fällen den 
Auswurf, sie fanden nur Typus humanus, 

Lewis (94) fand bei einem Lungen- und Hauttuberkulosefall in 
der Haut bovine, im Sputum humane Bazillen. Bei einem zweiten Falle 
wurden aus 6 tuberkulösen Halsdrüsen 12 verschiedene Kulturen des 
Typus humanus gezüchtet. 

Schürmann und Buri (95) fanden in 17 Fällen aus Drüsen und 
Knochen nur Typus humanus. Die direkte Übertragung von tuberku- 
lösem Gewebe auf Kaninchen erwies sich für die Typentrennung als 
geeignet. 

Schornagel (96) züchtete aus 8 Hundetuberkulosefällen 2 Bovinus- 
stämme, die schlecht wuchsen, 4 Bovinus- und 2 nicht definierbare Stämme. 
Einen besonders hohen Grad von Virulenz fanden Hafermann und 
Binder (97) bei der sog. strahligen Verkäsung. 


Verschiedenes. 


In Form und Anordnung abweichende Bazillen fand v. Friis 
Möller (98) bei einer Brustfellentzüändung. Nach einer Meerschweinchen- 
passage verhielten sich diese Bazillen jedoch typisch. 

Zuck und Zeller (99) versuchten nach der Bang’schen Versuchs- 
methode eine Umwandlung von Säugetier- in Hühnertuberkelbazillen, doch 
ohne Erfolg. Ebenso verlief der Bongert’sche Versuch durch Einblasen 
in die Trachea von Vögeln. 

Himmelberger (100) konnte Geflügeltuberkulose auf Kartoffeln, 
Bananen, weissen Rüben, Möhren und roten Garteprüben mit Glyzerin- 
zusatz zur Kultur bringen. Kälber konnten damit infiziert werden. 

Leschke (101) studierte die verwandtschaftlichen Beziehungen des 
Tuberkelbazillus. Er konnte durch Vorbehandlung mit anderen säure- 
festen Bazillen bei Meerschweinchen Tuberkulinüberempfindlichkeit her- 
vorrufen und tuberkulöse Tiere sind gegen andere säurefeste Bazillen 
überempfindlich. Besonders nahe sind die Leprabazillen verwandt. Die 
spezifischen tuberkulösen Antikörper werden aber nur durch Tuberkel- 
bazillen gebunden. Die nicht pathogenen säurefesten sind jedoch unter- 
einander näher verwandt als mit den Tuberkelbazillen. 

Auch Krause und Balwin (102) stellten biologische Beziehungen 
zwischen Tuberkelbazillen und anderen Säurefesten fest. Meerschweinchen, 
die mit Typus humanus, bovinus, Vogeltuberkelbazillen, Smegma-, Thimo- 
thee- und Bautterbazillen sensibilisiert waren, erlagen regelmässig dem ana- 
phylaktischen Shock, wenn eine dieser Arten noch einmal einverleibt wurde. 
Kontrollinjektionen von Bac. subtilis machten nie Symptome, 

Lindner (103) untersuchte die Thimotheebazillen in ihrem Verhalten 
zum Tuberkelbazillus. Er fand sie nicht pathogen, aber auch nicht schützend 
und nicht heilend. 

Dostal (104) ist es gelungen, Tuberkelbazillen in kokkenähnliche 
nicht säurefeste Granula zu verwandeln. Eine solche Kultur gibt beim 
Kaninchen keine Infektion, wohl aber lässt sich ein Immunserum ge- 
winnen. 


Übersichtsbericht. 298 


Nach Dostal und Ender (105) gelingt es ebenso auch die Kalt- 
blütertuberkelbazillen zu differenzieren. 

Rabinowitsch (106) untersuchte das Friedmann’sche Tuberku- 
loseheilmittel. Es fanden sich in 6 Röhrchen Verunreinigungen. Der 
säurefeste Bazillus wuchs bei 37° gut, verhielt sich also anders wie 
Schildkrötentuberkulose. Bei Verimpfung grösserer Mengen gab es bei 
Kaninchen schwache Veränderungen, wie wenn Typus humanus verimpft 
worden wäre. 

Schmitz (107). züchtete die von Jacobitz und Kaiser in Trom- 
peten aufgefundenen säurefesten Trompetenbazillen. Dieselben verhielten 
sich färberisch genau wie Tuberkelbazillen, wuchsen aber viel rascher 
und in feuchterem Rasen, nur auf Glyzerinnäbrböden bei Zimmertempe- 
ratur und bei 37°. Sie verhielten sich avirulent. Die Säurekurve zeigte 
Ähnlichkeit mit der des Typus humanus. 

Bertani (108) fand bei Schweinen, Rindern, Tauben im Kote drei 
verschiedene säurefeste Bazillen. Die Säurefestigkeit war nur teilweise. 
Einer stand mit seinen Eigenschaften zwischen Streptothrix und Pseudo- 
dipbtherie. Die beiden anderen waren koliähnlich, alle drei nicht pathogen. 

Ferran (109) behauptet, mit einem nicht säurefesten Bazillus, den 
er für identisch mit-.den Much’schen Granulis hält, Tuberkulose bervor- 
rufen zu können. Diese Kultur soll aus säurefesten Tuberkelbazillen 
entstanden sein. Calmette und Massol (110) prüften die Versuche 
nach, die geimpften Meerschweinchen blieben aber gesund. 


Verzeichnis der Arbeiten. 


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=l 


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Übersichtsbericht. 


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Frouin, Influence des sels d'uranium et de thorium sur le développement 
du bacılle tuberculeux. Bull. de la soc. de biol. 1913. Nr. 6. 


82, 


33. 


B 


37. 
38. 
89. 


41. 


42. 


46. 


41. 


49. 


51. 
52. 
53. 


54. 


Übersichtsbericht. 295 


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sur la tuberculose expérimentale du cobaye. Prov. méd. 1913. Nr. 5. 
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58. 
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61. 
62. 


64. 
65. 
66. 
67. 
68. 


69. 


70. 


71. 
72. 


78. 


79. 


Übersichtabericht. 


Belfanti, Die vitale Reaktion nach G. bei Tuberkelbazillen. Zeitschr. f. 
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Wochenschr. 1912. p. 785. 


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und Rindertuberkulose? Kritische und antikritische Bemerkungen zur Art- 
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Tuberkelbazillus ausserhalb und innerhalb des Organismus. Berlin. klin. 
Wochenschr. 1912. p. 1185. 


80. 


31. 


82. 


83. 


I» 


85. 


36. 


87. 


89. 


91. 


92. 


93. 


94. 


97. 


98. 
99. 


100. 


Übersichtsbericht. 2397 


Neufeld, Dold und Lindemann, Über Passageversuche mit mensch- 
lichem Tuberkulosematerial nach der Methode von Eber. Zentralbl. f. Bakt. 
Orig. 1912. Bd. 65. p. 467. 

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(St. Schröder-Mietzsch) sowie aus künstlichen Mischkulturen. Arb. a. 
d. k. G.-A. 1913. Bd. 45. p. 197 

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Wankel, Die Th. Smith’sche Reaktionskurve als Hilfsmittel zur Differen- 
zierung humaner und boviner Tuberkelbazillen. Deutsche med. Wochenschr. 
1913. p. 2461. 

Aoki, Über das Verhalten der Ratte gegenüber Tuberkelbazillen vom Typus 
humanus und Typus bovinus. Zeitschr.. f. Hyg. 1913. Bd. 75. p. 62. 
Petersen Hjalmar, Untersuchungen über Tuberkelbazillen. Zeitschr. f. 
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bei Lupus vulgaris. Deutsche med. Wochenschr. 1912. p. 163. 
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. Derselbe, Untersuchungen über den Typus der in dem Auswurfe Lungen- 


kranker vorkommenden Tuberkelbazillen. Tub.-Arb. a. d. K. G.-A. 1913. 
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Möllers, Über den Typus der Tuberkelbazillen bei Parinaud’scher Er- 
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p. 2059.. 

Derselbe, Die Ätiologie der Knochen- und Gelenkstuberkulose. Deutsche 
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Weber und Dieterlen, Untersuchungen über den Typus der im Auswurf 
Lungenkranker vorkommenden Tuberkelbazillen.. Tub.-Arb. a. d. K. G.-A. 
1912. H. 12. p. 1. 

Lewis, The bacteriol. examination of selected cases of tuberculosis. Proc. 
of ihe Pathol. Soc. of Philadelphia. 1913. Vol. 15. p. 45. 


. Schürmann und Buri, Bakteriologische Untersuchungen über 17 Fälle 


chirurgischer menschlicher Tuberkulose. und 4 Fälle von Rindertuberkulose 
behufs Differenzierung des Typus bumanus und des Typus bovinus. Korre- 
spondenzbl. f. Schweiz. Ärzte. 1914. Jahrg. 44. p. 33. 


. Schornagel, Anatomische, histologische und bakteriologische Unter- 


suchungen über 11 Fälle von Hundetuberkulose. Vet.-med. IRANE: -Diss. 
Bern 1913. 

Hafermann und Binder, Über Virulenz der Tuborkelbazillen bei der 
sogenannten strahligen Verkäsung. Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 1913. 
Bd. 23. p. 529. 

v. Friis Möller, Ein Fall von atypischen Tuberkelbazillen. Münch. med. 
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Zuck und Zeller, Zur Frage der Umwandlung von Säugetier- in Hühner- 
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Himmelberger, Studies in avian tuberculosis. Zentralbl. f. Bakt. Bd. 73. 
1914. p. 1. 


Internat, Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung 12. 20 


298 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


101. Leschke, Experimentelle Studien über die verwandtschaftlichen Beziehungen 
des Tuberkelbazillus und die Einwirkung des Sonnenlichtes etc. Beitr. z. 
Klin. d. Tub. 1914. Bd. 31. p. 320. 

102. Krause und Baldwin, Some new biologic. relations between berde 
bacilli and other acidfast forms. Publ. Health Rep. 1914. Vol. 29. 

103. Lindner, Einige Heil- und Immunisierungsversuche mit Timotheebazillen 
gegen Tuberkelbazillen etc. Arb. a. d. K. G.-A. 1914. Bd. 8. p. 112. 

104. Dostal, Über die morphologischen Grundlagen einer möglichen Tuberku- 
losetherapie. Wien. med. Wochenschr. 1913. Nr. 12. 

105. Dostal und Ender, Zur Differenzierung säurefester Bakterien (Kaltblüter- 
tuberkelbazillen. Wien. med. Wochenschr. 1913. p. 1121. 

106. Rabinowitsch, Beitrag zur bakteriologjschen Kenntnis des Friedmann- 
schen Tuberkulosemittels. Deutsche med. Wochenschr. 1914. p. 686. 

107. K. E. F. Schmitz, Über die säurefesten Trompetenbazillen. Zeitschr. f. Hyg. 
1915. Bd. 80. p. 457. 

108. Bertani, Beitrag zur Kenntnis der säurefesten, im Kote einiger Wirbel- 
tiere anzutreffenden Bazillen. Zentralbl. f. Bakt. Or. 1913. Bd. 72. p. 270. 

109. Ferran, Sur la culture d’un second antigöne non acido-resistant et para- 
site obligé contenu dans le virus tuberculeux naturel. Compt. rend. de soc. 
de biol. 1912. T. 73. p. 106. und Bull. de la soc. de biol. 1912. 5. VII. 

110. Callmette et Massol, Recherches sur le bac. tuberculigène de Ferran. 
Compt. rend. soc. de biol. 1913. T. 74. p. 21. 


ll. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


499. Marcel Dubois, Über das Zusammenwirken von Milz, 
Schilddrüse und Knochenmark. (XXXI. Mitteil. der Beitr. 
zur Physiologie der Drüsen. Von Leon Asher.) Biochem. 
Zeitschr. Jg. 82. 1917 8. 141. 


Von den Ergebnissen vorerwähnter Arbeit dürften an dieser Stelle 
die Resultate der Versuche über den Einfluss der experimentellen Dys- 
pnoe auf das Blutbild interessieren. Nachdem festgestellt worden war, 
dass in bezug auf Blutbildung zwischen Milz und Schilddrüse ein gewisser 
Antagonismus besteht, und zwar derart, dass die Schilddrüse eine erregende, 
die Milz aber eine hemmende Rolle auf das blutbildende Knochenmark 
ausübt, untersuchte Verf. auch den Einfluss des durch einen experimentell 
erzeugten Sauerstoffmangel hervorgerufenen Reizes auf das Blutbild. Die 
experimentelle Dyspnoe wurde zu diesen Versuchen durch Injektion von 
Ag. amygdalarum amararum (Cyanwasserstoffwirkung!) am Kaninchen be- 
wirkt. Beim normalen Tier ergab sich eine kurzdauernde, aber ziemlich 
beträchtliche Abnahme von Hämoglobin und Erythbrozyten; beim splen- 
ektomierten Tier war der Sturz geringer, aber die Regeneration ging nach 
wenigen Tagen etwas über die Norm hinaus. Beim schilddrüsenlosen Tiere 
ist die Wirkung der experimentellen Dyspnoe erst dann zu beobachten, 
wenn auch noch die Milz entfernt worden ist. In Verbindung mit anderen 
Befunden spricht diese Tatsache dafür, dass die Reizungsfähigkeit des 
Knochenmarks durch Thyreoidektomie vermindert wird. 


Ätiologie und Verbreitung. 299 


Der erzeugte Sauerstoffmangel veränderte das weisse Blutbild im Sinne 
einer Lymphozytose und zwar beim intakten, beim doppelt operierten, schild- 
drüsenlosen und milzfreien Tier wesentlich, beim splenektomierten dagegen 
nur wenig und beim thyreopriven Tier nicht augenscheinlich. Auch diese 
Versuchsergebnisse sprechen dafür, dass die Wirkungen von Milz und 
Schilddrüse auf die hämatopoietischen Organe antagonistisch verlaufen. 

K. Kautzsch, Höchst a. M., z. Z. Davos. 


500. A. Dolde, Über die Bedeutung der Polynukleose bei der 
Miliartuberkulose und über die Veränderung der Leukozyten- 
zahl und Leukozytenformel in der Agone. Diss. Strassburg 
îi. E. 1917. 

Nachprüfung der von Matthes aufgestellten Behauptung, dass die 
bei der Miliartuberkulose nachweisbare neutropbile Leukozytose von dia- 
gnostischer Bedeutung sei. Es wurde zur Vermeidung der Verdauungs- 
leukozytose kurz vor der Mittags- oder Abendmahlzeit gezählt. In den 
beobachteten Fällen von Miliartuberkulose fand sich eine Leukozytose bei 
66/0, fast ausnahmslos auch prozentuale Erhöhung der Neutrophilen. 
Dieser Befund ist differentialdiagnostisch wichtig gegenüber der Leuko- 
penie beim Typhus. 

Bei den terminalen Stadien der Lungentuberkulose fand sich in 
88°/o neutrophile Leukozytose Endlich wurden noch maligne Neubil- 
dungen, chronische Nephritiden und Herzfehler, chronische Bronchitiden 
und Pneumonien untersucht und auch hier Polynukleose festgestellt. Die 
letztere ist also keineswegs für Miliartuberkulose typisch, man findet sie 
bei den meisten akuten Infektionskrankbheiten. 

Kurz vor dem Tode ist fast in allen Fällen Polynukleose feststellbar. 
D.' glaubt, dass durch Einwandern von Bakterien ins Blut erhöhter Reiz 
auf das Knochenmark hervorgerufen oder eine solche Schädigung gesetzt 
wird, dass auch unreife Elemente in den Kreislauf gelangen. 

P, Weill, Strassburg (Els.), z. Z. Beelitz. 


501. J. Jerie, Tuberkulöser Abszess des Corpus luteum. Obornik 
lekarsky XVII. 1916 Nr. 5 u. 6. 

Es handelte sich um einen tuberkulösen Solitärabszess des Ovariums, 
der im Corpus luteum lokalisiert war. Verf. nimmt sekundäre Tuberku- 
lose auf Grund hämatogener Verschleppung an; die tuberkulöse Erkran- 
kung der Tube scheint ihm jüngeren Datums zu sein und dürfte auf 
lymphogenem Wege im Sinne Cohnheim’s entstanden sein; vielleicht 
aber ist sie gleichzeitig mit dem Abszess hämatogen aus einem versteckten 
Herd in der Lunge oder in den peribronchialen Lymphdrüsen entstanden ; 
nur bot der Bluterguss in den Follikel einen besseren Nährboden für die 
Bazillen dar. Kautz, Hamburg. 


b) Ätiologie und Verbreitung. 


502. Lockemann, ‚Beiträge zur Biologie der Tuberkelbazillen. 
2. Mitteilung: Uber den Einfluss des Alters der Stammkultur 
auf den Verlauf des Wachstums der Abimpfkulturen. D. m. W. 


1918 Nr. 26. 
Die ausführliche Arbeit erscheint in den „Veröffentlichungen der 
Robert Koch-Stiftung“. C. Kraemer II. 


20* 


300 Ätiologie und Verbreitung. 


503. Th. Oliver, Traumatism and tuberculosis. Brit. Med. Journ. 
1915 8. 919. 

Über den Zusammenhang zwischen Trauma und Tuberkulose äussert 
sich OÖ. wie folgt: Eine Tuberkulose kann sich bei einem bis zum Zeit- 
punkt des Traumas vollständig lungengesunden Individuum entwickeln. 
Eine latente Tuberkulose kann durch das Trauma ausgelöst werden; und 
zwar lokalisiert sich die Tuberkulose auf die betroffene Seite, unabhängig 
davon, ob der Tuberkelbazillus von irgend woher im Körper dorthin ge- 
wandert ist, oder ob das Trauma einen schon vorher bestehenden tuber- 
kulösen Prozess wieder aufflackern lässt. Besonderer Berücksichtigung 
bedarf die organische Gesamtkonstitution, namentlich im Hinblick auf 
lokale oder allgemeine Immunität. Das Trauma kann hier als ein den 
Widerstand herabsetzender Faktor angesehen und für die Entwickelung 
und den Verlauf der Erkrankung entscheidend werden. 

Kautz, Hamburg. 


504. ViktorBerglund, Trauma und Lungentuberkulose. All- 
männa Svenska Läkartidningen 1917 Nr. 25. 
Ein Vortrag mit Mitteilung über drei eigene Fälle. 
Arvid Wallgren, Upsala. 


505. Orth, Trauma und Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbe. Bd. 28 
H. 3. 
4 Obergutachten, die im Original nachgelesen werden müssen. 


Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


506. Hayek, Offene und geschlossene Tuberkulose. Zschr. f. Tbc. 
Bd.28 H.3. 

Verf. kommt zu folgenden Schlüssen: 

Die Unterscheidung zwischen „offener“ und „geschlossener“ Tuberku- 
lose ist vom Standpunkt genauer Terminologie mangelhaft. Bei allen 
grosszügigen Massnahmen im Kampfe gegen die Tuberkulose müssen wir 
dennoch an dieser Einteilung festhalten, da sie uns eine brauchbare Grund- 
lage gibt für die Bekämpfung der unstreitig gefährlichsten Infektions- 
quellen. Bei der Einteilung in „Tuberkulose mit und ohne Sputum“ 
werden eine ganze Zahl nicht tuberkulöser Kranker als infektiös ange- 
sprochen. Weihrauch, 

Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


507. B. van Dorp-Beucker Andreae, Eenige gesichtspunten 
over het verband tusschen alkohol en tuberkulose. Stztzungs- 
bericht vom 15. Mai 1916 des Vereins für Arzte-Abstinenzler. 
N. T. v. GŒ., 1. Sept. 1917. 

Hinweisend auf verschiedene Statistiken über das Verhältnis zwischen 
Alkohol und Tuberkulose schliesst der Verf. folgendermaßen: Der Einfluss 
des Alkohols ist unzweifelhaft ungünstig, sowohl für den Trinker als für 
seine Kinder. Der Alkoholgebrauch und noch stärker der Missbrauch 
entzieht dem Haushalt soviel Geld, dass nicht genug übrig bleibt für 
eine genügende, gute Ernährung. Überdies ist der Einfluss des Alkohol- 
missbrauches vor der Konzeption und der der Mutter während der 
Schwangerschaft sehr fatal für das körperliche und das geistige Wohl- 


Diagnose und Prognose. 201 


befinden des Kindes. Ausserdem werden diese leichter von verschiedenen 
Krankheiten, auch von der Tuberkulose, befallen. Der Trinker selbst 
empfindet den schwächenden Einfluss, besonders durch seine verminderte 
Widerstandsfähigkeit für Infektionskrankheiten. Der Alkohol wirkt also 
als schädigendes Moment. Es wird kein Beleg beigebracht werden können, 
dass der Alkohol einen spezifisch heilsamen Einfluss auf die Tuberkulose 
ausüben konnte. Der Alkohol ist nicht unentbehrlich, wie früher von 
vielen gemeint wurde. (Also nichts Neues. — Bef.). 
G. Peerenboom. 


c) Diagnose und Prognose. 


508. Merklen, Tuberculose incipiente. Diagnostic de nature et 
d’evolution. Paris médical 1918 Nr. 5. 

Bei Verdacht auf Lungentuberkulose sind der systematischen Unter- 
suchung drei Fragen zugrunde zu legen: 1. Bietet die Untersuchung der 
Lungen einen pathologischen Befund? 2. Wenn ja, beruht dieser auf 
einer Tuberkulose? und 3. Ist die Tuberkulose im Fortschreiten? Die 
erste Frage ist dadurch berechtigt, dass die Diagnose nur auf lokalen 
Symptomen sich aufbaut. Verf. gibt hierzu zahlreiche Beispiele für Ver- 
änderungen auf den Lungen, die nichts mit der Tuberkulose zu tun 
haben. Zur Entscheidung der zweiten Frage sind wiederum verschiedene 
Möglichkeiten zu berücksichtigen: a) Der Einfluss der Nasen- und Mund- 
atmung. b) Nasopharyngeale Prozesse — Septumdeviation, Muschelbyper- 
tropbie, adenoide Vegetationen, Pharyngitiden — imponieren oft als tuber- 
kulöse Manifestationen. c) Veränderungen in den oberen Luftwegen, lokaler 
oder generalisierter Natur, gehen häufig mit Husten und schleimig-katar- 
rhalischen und schleimig-eitrigen Absonderungen einher, die ihrerseits Ände- 
rungen des Atemgeräusches über den Lungenspitzen zur Folge haben 
können. d) Rauhes und verschärftes Atemgeräusch kann durch Vergrösse- 
rung der tracheo-bronchialen Drüsen hervorgerufen sein. e) Ursache für 
Fehldiagnosen sind weiterhin Asymmetrien und Anomalien des Thorax. 
f) Das Überstehen eitriger Pleuritiis mit sekundärer Adhäsion und 
Schrumpfung verändert die physikalischen Symptome wesentlich. g) Auch 
die Modifikationen des Atemtypus bei Habitus asthenicus sind zu be- 
rücksichtigen. Im Gegensatz zu diesen Fehlerquellen bei der Diagnose 
der Tuberkulose ist darauf zu achten, dass die Tuberkulose oft unter den 
Erscheinungen einer diffusen Bronchitis, eines mehr oder weniger generali- 
sierten Emphysems und pleuro-pulmonaler Stauungserscheinungen verlaufen 
kann, Zur Entscheidung endlich der dritten Frage nach dem Stadium 
der Tuberkulose ist die spontane und Druckschmerzhaftigkeit der Lungen- 
spitzen heranzuziehen. Nach einigen Betrachtungen über die Spitzen- 
pleuritis glaubt sich Verf. zu dem Schluss berechtigt, dass die einzig 
sichere Entscheidung der Diagnose auf Tuberkulose nur durch lokale 
Symptome, diejenige über den Entwickelungszustand derselben nur auf 
Grund allgemeiner Zeichen erhalten werden kann. Kautz, Hamburg. 


509. H. Lebon, Diminution de la transparence normale des som- 
mets du poumon dans la tuberculose. La Presse médicale 
1918 Nr. 9 8.78. 

Auch die genaueste Röntgenuntersuchung der Lungenspitzen vermag 


302 Therapie. 


oft nicht die Frühdiagnose einer Tuberkulose zu sichern. In den meisten 
Fällen röntgenologisch erkennbarer Veränderungen in den Spitzenfeldern 
vermag auch die übrige physikalische Untersuchung den Krankheitsprozess 
zu enthüllen. Verf. hält es daher für durchaus zweifelhaft, dass radio- 
logische Merkmale den positiven Ergebnissen der Auskultation vorher- 
gehen können. Weiterhin ist auch die Röntgenuntersuchung nicht frei 
von subjektiven Irrtümern, selbst bei genauester Innehaltung der Technik. 
So berechtigt bei Fehlen jeglicher auskultatorischer Merkmale die Ab- 
dunkelung eines oder beider Spitzenfelder auch nicht zur bestimmten 
Stellung der Diagnose auf Tuberkulose. Die Sicherung derselben kann 
nur durch Beobachtung aller physikalischen und röntgenologischen Ergeb- 
nisse erhalten werden. Kautz, Hamburg. 


d) Therapie. 


510. Shiga, Untersuchungen über Tuberkulosetherapie.. The 
Kitasato Archives of exper. médecine 1917 Nr. 1. 

Verf. untersuchte die Einwirkung einer Anzahl Anilinfarben und einer 
Salvarsankupferverbindung auf die Entwickelung der Tuberkulose. Bei 
den ersteren ergab der Tierversuch bei Anwendung von Metoxylderivaten 
(Fuchsinverbindung), im besonderen des Trichlorjodmetoxylrosanilins, eine 
deutliche Verringerung tuberkulöser Prozesse, verglichen mit Kontrolltieren. 
Ähnlich günstig wirkte das Salvarsankupfer im Tierversuch. Beim Menschen 
traten nach intravenöser Injektion von 0,01 pro dosi bis zu einer Gesamt- 
menge von 0,8 sowohl lokale wie allgemeine Nebenerscheinungen — Er- 
brechen, Fieber, vorübergehende Albuminurie — auf. Auch Versuche bei 
Leprakranken zeitigten günstige Erfolge, deutliche Abnahme der Lepra- 
knoten und Rückgang der anästhetischen Zonen. Beim Lupus war der 
Erfolg nur vorübergehend. Lungentuberkulose im 1. und 2. Stadium 
wurde am günstigsten beeinflusst. Häufig verschwanden die Bazillen aus 
dem Sputum. So günstig der Einfluss im allgemeinen war, so lassen mit- 
unter beobachtete bedrohliche Zustände, die nach intravenöser Injektion 
von Salvarsankupfer, dessen Giftigkeit dreimal geringer als die des Sal- 
varsans sein soll, gewisse Vorsicht und Auswahl der Fälle ratsam scheinen. 

Kautz, Hamburg. 


511. v. Unruh, Résultats du traitement de la tuberculose par 
une médication détruisant le bacille. Medical record. Ref. 
La Presse médicale 1918 Nr. 23. 


Die vorgeschlagene medikamentöse Behandlung stützt sich auf das 
wirksame Prinzip zweier Pflanzen, der Echinacea angustifolia und der 
Inula helenium. Die Wirkung der ersteren äussert sich in Bekämpfung 
der septischen Prozesse und Entfernung der Toxine aus dem Organismus: 
Wirkungen, die sich in einer Erhöhung des opsonischen Index und Ver- 
besserung der Arneth’schen Ziffern kennzeichnen. Die wirksame Sub- 
stanz der Inula, das Inulin oder Hellenin, soll eine spezifische Wirkung 
auf die Tuberkulose ausüben, die in einer Verminderung der Nachtschweisse 
und Verringerung des Hustens und der Auswurfmenge besteht. In vitro 
hemmt eine Lösung des Inulins 1:10000 die Entwickelung einer Bazillen- 
kultur, durch Lösung der Lipoidkapsel. Beide Mittel werden in kolloidaler 


Therapie. 308 


Suspension intramuskulär und intravenös injiziert. Im Anschluss daran 
pflegt sofort vermehrte Puls- und Atmungsfrequenz, Temperaturerhöhung, 
Gesichtsrötung für die Dauer weniger Minuten aufzutreten. Später nimmt 
zunächst der Hustenreiz und die Auswurfmenge zu, für die Dauer meh- 
rerer Stunden, nach welchen die Patienten eine wesentliche Erleichterung 
verspüren. Nur bei vorgeschrittenen Fällen treten schwerere Allgemein- 
erscheinungen auf, die eine weitere Anwendung der Mittel verbieten. Von 
200 so behandelten Fällen wurden 100 beginnende geheilt, d. h. 100%. 
Bei etwas vorgeschrittenen Fällen betrug die Heilungsziffer 50°/0. Der 
Beobachtungszeitraum beträgt 2 Wochen bis 18 Monate. Die Erfolge 
betrafen sowohl Fälle von Lungentuberkulose wie auch Knochen-, Gelenk-, 
Nieren- u. a. Tuberkulosen. Die klinischen Beobachtungen stützen sich 
auf Tierversuche, die bei 10 von 15 tuberkuloseinfizierten Fällen ein 
positives Ergebnis erzielten. Kautz, Hamburg. 


512. Otto Lienhard, Über kutane Tuberkulinbehandlung nach 
Ponndorf. Diss. Leipzig 1918. | 


In der Heilstätte Vogelsang nahm L. an 89 weiblichen Lungen- 
kranken Impfungen mit Alttuberkulin nach Ponndorf vor. „Die grosse 
Mehrzahl der also behandelten Kranken antwortete mit mehr oder minder 
groß&er Temperatursteigerung, die sich in recht vielen Fällen leider zum 
Dauerfieber auswuchs, oder sogar mit Herdreaktionen, was sich durch das 
plötzliche Auftreten von Hämoptysen in unmittelbarem Anschlusse an die 
Impfungen genügsam dokumentierte. Von 89 Patienten gelang es daher 
nur in 24 Fällen, die Behandlung weiter zu führen.“ Auch bei diesen 
zeigten sich öfters Temperatursteigerungen. 

„Von den 24 Patienten, bei denen die Behandlung zu einem ge- 
wissen Abschluss gebracht werden konnte, konnten 6 stark gebessert, 
4 leidlich gebessert und 4 gebessert werden, während in 5 Fällen eine 
Verschlimmerung festgestellt werden musste. Der Rest verhielt sich 
refraktär.“ 

Wir können demnach dem Verf. beistimmen, wenn er sein Urteil 
dahin zusammenfasst, dass nach seinen Erfahrungen „die kutane Tuber- 
kulinbehandlung nach Ponndorf keine Bereicherung der spezifischen 
Therapie der Tuberkulose, speziell der Lungentuberkulose, darstellt“, 

Jos. Heising, Bad Lippspringe. 


513. F. Tichý, Spengler’s Präparat I.K. in der Therapie der 
Tuberkulose. Časopis lékařů českých 1917 Nr. 28. 

Der Autor injizierte bei 30 Fällen von Lungentuberkulose in ver- 
schiedenen, jedoch nicht in den vorgeschrittensten Stadien das Speng- 
ler’sche I.K.-Präparat und hat damit ermutigende Resultate erzielt. 
Schädliche Wirkungen hat er nicht beobachtet und kann gleich anderen 
Beobachtern keine Kontraindikationen aufstellen. Bei hohem Fieber sah 
er, wenn er rasch zu grossen Dosen überging, guten Erfolg. 

G. Mühlstein, Prag. 


514. Immelmann, Röntgenologische Erfahrungen mit Fried- 
mann’s Mittel gegen Tuberkulose, B. kl. W. 1918 Nr. 33. 


Verf. gibt die Beschreibung von je 10 Röntgenbildern von Knochen- 
und Lungentuberkulose, die vor und nach der Behandlung mit dem Fried- 


304 Therapie. 


mann’schen Mittel aufgenommen sind. Nach seiner Ansicht sind daraus 
Anzeichen fortschreitender Heilung, bedingt durch das Friedmann’sche 
Mittel, nachweisbar. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


515. Georges Th. Panoupoulos-Athen, New treatment of 
tuberculosis. Proceedings of the Royal Society of Medicins 
Bd. 9 Nr.7, Mai 1916. 

Verf. schlägt eine Zerstörung der Tuberkelbazillen vor mit Ozon. 
Das Ozon würde in den Lungen entstehen, wenn reiner Sauerstoff ein- 
geatmet wird und gleichzeitig harte Röntgenstrahlen auf den Thorax ein- 
wirken. Stickstoff darf nicht in den Lungen anwesend sein, dieser würde 
nur von den Röntgenstrahlen oxydiert werden und das Stickstoffoxyd 
würde die Gewebe schädigen. Allererst findet während 5 Minuten Ein- 
atmung reinen Sauerstoffs statt, alsdann fängt auch die gleichzeitige Rönt- 
genbestrahlung an. 

Um der Verbrennung der Haut vorzubeugen, benützt man Alumi- 
nium-Schutzplatten. Die Dauer jeder Sitzung ist 10—20 Minuten. 

Erstens ist der Erfolg der Zusammenwirkung des Ozons und des 
Sauerstoffes und der radioaktiven Strahlen zu verdanken; diese erzeugt 
eine stärkere Oxydation der Bestandteile des Blutes, hierzu entfalten auch 
die Röntgenstrahlen ihre katalysatorische Wirkung. 

Zweitens ist auch der Einfluss auf die Tuberkeln und die Tuberkel- 
bazillen selbst von grossem Nutzen. J. Peerenboom. 


516. A. van Ree, X-Strahlenbehandeling de chirurgische tuber- 
culose. N. T. v. G., 1. Sept. 1917. 

Tuberkelbazillen werden von den X-Strahlen nicht getötet, ihre Wachs- 
tumsfähigkeit wird nicht beeinträchtigt und ihre Virulenz nimmt vermutlich 
nicht ab. Doch hat der Verf. gute Resultate mit der Behandlung erreicht, 
besonders bei den Lymphomen. Die tiefen Prozesse sind noch nicht gut 
zu beurteilen, auch weil ihre Verbreitung weder vor, noch zurzeit, noch 
nach der Behandlung genau zu bestimmen ist. Die oberflächlichen Lymph- 
drüsenpakete wurden bestrahlt und von den 48 'Fällen wurden 35 völlig 
geheilt. Besserung trat auf in 11 Fällen. Die übrigen 2 Fälle sind noch 
nicht gut zu beurteilen. Also ist die Bestrahlung besser als die Exstir- 
pation; nur wenn die operative Behandlung ein kleines Lymphom betrifft, 
bei dem die Operation leicht und mit Lokalanästhesie durchzuführen ist, 
indem die Heilung per primam intentionem zu erwarten ist, zieht der 
Verf. diese der Bestrahlung vor. Rezidive sah er noch nicht nach X-Strahlen- 
behandlung. 

Wiewohl dieses Verfahren bei Knochen- und Gelenktuberkulose nicht 
so erfolgreich ist, sah der Verf. doch gute Resultate, besonders wenn der 
Prozess lokalisiert war in den kleinen Röhrenknochen an Fuss und Hand. 
Er warnt übrigens vor der Bestrahlung bei kleinen Kindern. 

J. Peerenboom. 


517. Seemann, Die Behandlung der Lymphdrüsentuberkulose. 
Bemerkungen zu dem — von Mühlmann in D. m. W. 
1918 Nr. 2. 

Verf. stimmt Mühlmann in seiner Wertschätzung der Röntgen- 


Klinische Fälle. 305 


therapie der Drüsentuberkulose vor den operativen Methoden vollkommen 
bei. Freilich fehlt es neben der allgemeinen Anerkennung für die Rönt- 
genbehandlung oft auch an der nötigen Einrichtung; deshalb wären Am- 
bulatorien für Röntgenbehandlung einzurichten. 

Stichinzisionen bei Abszessen hält Verf. im Gegensatz zu Mühl- 
mann nicht für indiziert. Die alte Punktions- und Injektionsbehandlung 
kalter Abszesse ergibt überraschende Erfolge und kann die Röntgentherapie 
wirksam unterstützen. C. Kraemer II. 


518. Levy, Beeinflussung der Körpertemperatur durch Quarz- 
licht bei Tuberkulösen. M. m. W. 65. 1918 S. 269. 


L. veröffentlicht 3 Fälle von Lungentuberkulose, bei denen er nach 
Quarzlichtbädern Temperatursteigerungen gesehen haben will. In anderen 
Fällen beobachtete er starke Tagesschwankungen. Eine Gesetzmässigkeit 
konnte nicht festgestellt werden. Bredow, Ronsdorf. 


519. H. B. Stumpf, Einige Erfahrungen mit der Quarz-Queck- 
silber-Lampe in der Behandlung von chirurgischer Tuber- 
kulose. Tidschrift for den norske lægeforening 1918 Nr. 6. 

12 Krankengeschichten, die gute Resultate von der Behandlung mit 
der Q.-Q.-L. aufweisen. Birger-Øverland. 


e) Klinische Fälle. 


520. Dietrich, Ein eigenartiges peripleuritisches Empyem. (Illust.) 
M. m. W. 65. 1918 8. 508—509. 


Beschreibung eines Falles von peripleuritischem Empyem, d. h. eines 
Abszesses, der zwischen Brustwand und Pleura costalis gelegen war. Aus- 
gegangen war dieses Empyem von einem paranephritischen Abszess und 
fübrte schliesslich zu allgemeiner Staphylokokkensepsis. 

Bredow, Ronsdorf. 


521. A. Wahler, Über primäre Magentuberkulose. Diss: Bres- 

` lau 1918. 

Zu sechs ausfūhrlich besprochenen bekannten Fällen von primärer 
Magentuberkulose wird noch ein siebenter mitgeteilt, der bereits von 
Severin veröffentlicht worden ist. Es handelt sich um einen 28 jährigen 
Soldaten, der stark abgemagert war. Bei der Magenausheberung kamen 
noch 45—100 ccm Speisereste vom Vortage zum Vorschein; nach Probe- 
frühstück blieben Rückstände bis 400 cem. Freie HCI, Pepsin u. Pepsinogen 
fehlten, Milchsäurereaktion war stark positiv. Im Mageninhalt wurden 
lange Bazillen, Hefezellen, keine Sarzine festgestellt, die Salomon’sche 
Magenkarzinomprobe war positiv, röntgenologisch bestand Magenektasie. 
Als noch ein kleiner Tumor rechts neben dem Nabel aufgetreten war, 
wurde die Diagnose auf Pyloruskarzinom gestellt. Bei der Operation war 
der Pylorus tumorartig verdickt, Drüsen geschwollen, namentlich an der 
kleinen Kurvatur; Knötchenbildung auf der Serosa. Magenresektion und 
Gastroenterostomia posterior wurden ausgeführt, es erfolgte prompt 
Heilung. 

Histologisch zeigte der Tumor Verbreiterung der Submukosa, polypen- 


306 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenbäuser u. -Heime. 


artige Wulstung und Geschwürsbildung. Typische Epitheloidtuberkel und 
Riesenzellen auch in den benachbarten Lympbhdrüsen. 

In anderen Organen waren keine Symptome für eine tuberkulöse 
Erkrankung nachweisbar. P. Weill, Strassburg (Els.), z. Z. Beelitz. 


522. L. Galliard, Lungenkrebs. Bull. de la Soc. med.’ des höp., 

Paris 1918 Nr. 8. Nach einem Referat in Le Journal 1918 

Nr. 24. 

Im vorliegenden Falle wurde die Diagnose des primären Lungen- 
karzinoms auf Grund des Röntgenbildes gestellt. Es bestand partieller 
Pneumothorax. Wegen einer gleichzeitig vorhandenen eiterigen Pleuritis 
wurde eine Operation ausgeführt. Der Patient lebte noch ein Jahr, ent- 
sprechend dem langsamen Wachstum des Lungenkrebses. 

Wilhelm Neumann. 


523. W. Vyšin, Kontraktur der geraden Bauchmuskeln bei 
Tuberkulose. Časopis lékařů českých 1916 Nr. 53. 

Der Autor beschreibt folgende, noch nirgends beschriebene Beobach- 
tung: Bei einem 19jährigen, seit einem Jahr an rasch fortschreitender 
Lungentuberkulose leidenden Studenten stellte sich, als sich der Kranke 
behufs Untersuchung aus der Rückenlage aufsetzte, plötzlich eine schmerz- 
hafte Kontraktur der geraden Bauchmuskeln ein, die ihn zwang, in die 
Rückenlage zurückzukehren. Man sah deutlich die Konturen der Muskel- 
bündel zwischen den Inscriptiones tendineae; die Muskeln hoben sich 
gegen die Umgebung deutlich ab. Der Zustand dauerte eine Stunde und 
soll schon früher einmal aufgetreten sein. Der Kranke vermied fortan 
ängstlich das Aufsetzen. Nach 3 Wochen überredete der Autor den 
Kranken, sich wenigstens auf die Seite zu legen. Sofort trat wieder die 
schmerzhafte Kontraktur ein, die wiederum eine Stunde dauerte. Von da 
an behielt der Kranke bis zu seinem 5 Monate später erfolgenden Tod 
die Rückenlage bei. — Der Autor nimmt an, dass es sich um einen 
lokalen Krampf infolge Reizung des kortiko-spinalen Neurons gehandelt 
habe, vielleicht um Tetanie, die sich von den lokalen Krämpfen nicht 
gut abgrenzen lasse. G. Mühlstein, Prag. 


f) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


524. A. Götzl, Die Tuberkulosefürsorgestellen in Wien. Österr. 
Tbc.-Fürs.-Bl. Jg. 1 Nr. 12. 

Nach Besprechung verschiedener Mängel in der Organisation und in 
der Führung der Tuberkulosefürsorgestellen fasst Verf., der als ärztlicher 
Leiter mehrerer Fürsorgestellen und durch seine administrative Tätigkeit 
in der Tuberkulosefürsorgebewegung in Österreich wohl berufen ist, ein 
massgebendes Urteil abzugeben, seine Ausführungen wie folgt zusammen: 
1. Es ist notwendig, dass jene Vereine, die Fürsorgestellen betreiben, für 
diese grössere Mittel selbst aufbringen und verwenden. Eine Änderung 
in der Organisation dieser Vereine entsprechend ihrem grossen Wirkungs- 
kreise ist unerlässlich. 2. Die Krankenkassen sollten nur unter Voraus- 
setzung zur Mitarbeit in Fragen der allgemeinen Organisation herange- 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 307 


zogen worden, dass sie es aufgeben, ihre Sonderinteressen zu verfolgen 
und Fürsorgestellen tatsächlich subventionieren, event. errichten. 3. Vor 
allem wäre es Aufgabe der Gemeinde, in jenen Bezirken, die bisher ohne 
Fürsorgestellen geblieben sind, solche zu errichten, oder deren Errichtung 
und Betrieb ausgiebig zu fördern. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-O. 


525. L. Wick, Entwurf zur Schaffung einer Tuberkulose-Heil- 
stätte im Süden unserer Monarchie. Österr. Tbe.-Fürs.-Bl. 
Jg. 1 Nr. 12. 


Die Ausführungen des Verf’s klingen in folgende Anträge aus: 
1. Es ist für die Kriegsbeschädigten, welche an Tuberkulose leiden, eine 
Heilstätte in jenem Teile des Küstenlandes am Meere zu schaffen, welcher 
bereits subtropisches Klima besitzt. 2. Diese Heilstätte dient, ohne die 
Tuberkulose’ der Drüsen und Knochen ganz auszuschliessen, hauptsächlich 
zur Behandlung der Lungentuberkulosen. Dieselbe besteht a) aus einer 
geschlossenen Anstalt mit Sanatoriumscharakter für die schwereren Krank- 
heitsformen, b) aus einer um diese als ihrem Zentrum liegenden Kolonie 
für die leichteren oder leicht gewordenen Fälle. 3. Diese Heilstätte wird 
das ganze Jahr über betrieben und unterliegt der Aufenthalt in ihr keiner 
zeitlichen Beschränkung, ausser der, dass er endigt, sobald der Heilzweck, 
d. i. die Heilung oder die Erwerbsfähigkeit erreicht ist, letztere mindestens 
in dem Grade, dass der gute Zustand höchstens durch unvorhbergesehene 
bedeutendere Schädlichkeiten wieder gestört werden könnte. Errichter dieser 
Heilstätte soll der Staat Österreich sein, event. mit Unterstützung privater 
Wohltätigkeit. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö. 


526. E. Adler, Bericht über die während der Kriegszeit aufge- 
führten Bauten zum Kampfe gegen die Tuberkulose im Lande 
Salzburg. II. Teil. Osterr. Tbe.-Fürs.-Bl. Jg. 2 Nr. 1. 

Zwei halbpermanente Baracken wurden im Anschluss an eine Lungen- 
heilstätte mit dem geringen Kostenaufwande von 3200 Kr. pro Bett erbaut, 
ausserdem wurden zwei festgebaute Tuberkulose-Sonderabteilungen im An- 
schlusse an schon bestehende öffentliche Krankenhäuser errichtet. Als 
Dauerform für das Hochgebirge empfiehlt‘ Verf. nur feste Bauten, event. 
in Barackenform und sollte man nach Aufhören der gegenwärtig herr- 
schenden schwierigen Bauverhältnisse wohl nur zu diesen wieder zurück- 
kehren. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-Ö, 


527. W. v. Schmid, Die Heilstätte Tentschach — ein Provi- 
sorium. Aus der k. u. k. Nachbehandlungsanstalt für Kriegs- 
beschädigte Kärntens in Klagenfurt. Osterr. Tbc.-Fürs.-Bl. Jg. 2 
Nr. 1. 

Das einem feindlichen Ausländer gehörige Schloss Tentschach bei 
Klagenfurt in Kärnten wird auf Kriegsdauer als provisorische Heilstätte 
für lungenkranke Soldaten verwendet. Wir finden in ihr alles, was eine 
moderne Lungenheilstätte aufweisen soll: Liegehallen, Heliotherapie in 
allen ihren verschiedenen Anwendungsformen, Sputumdesinfektion, Bäder, 
Beschäftigungstherapie, Unterrichtskurse etc. Die verschiedenen Tuber- 
kulinpräparate werden verwendet. Es fehlt auch nicht an aufklärenden 
Vorträgen in Form von ungezwungenen Besprechungen über die Tuber- 
kulose, deren Bekämpfung und Prophylaxe. Ganz offen erwähnt der 


308 Allgemeines. 


Verf. auch mehrere Mängel dieser Anstalt, die in ihrer gegen Nordwind 
nicht genügend geschützten Lage und dem etwas altertümlichen Bau be- 
gründet sind. Dass diese Mängel nicht schwer ins Gewicht fallen, be- 
weisen die sehr guten Heilerfolge.e Der Verf. zeigt in seiner Veröffent- 
'lichung, dass auch relativ geringe Mittel gepaart mit Überzeugung, gutem 
Willen und Einsicht in der Bekämpfung der Tuberkulose Erspriessliches 
leisten können. A. Pogazhnik, Gutenstein N.-O. 


528. Oskar Pischinger, 9. Jahresbericht der Auskunfts- und 
Fürsorgestelle für Lungenkranke in Aschaffenburg für das 
Jahr 1917. 

Es hat eine Zunahme der Fürsorgebedürftigkeit weiter Kreise sowie 
eine deutliche Zunahme der Tuberkulosemorbidität und Mortalität statt- 
‘gefunden. Die Zunahme hat in gleicher Weise die ländliche und die 
städtische Bevölkerung ergriffen, die „Kriegskost“ ist demnach nicht als 
die alleinige Ursache dieser Erscheinung anzuschuldigen. Den Hauptbe- 
'standteil der Fürsorgetätigkeit bildete die ausgiebigere Nahrungsmittelver- 
sorgung entsprechend den neuen ministeriellen Verfügungen. 

Hans Müller. 


g) Allgemeines, 


529. Kraus, Tuberkulosebekämpfung. Zschr. f. Tbc. Bd.29 H.2. 


Verf. fordert zur energischen Bekämpfung der Tukerkulose eine Zen- 
tralisierung des Fürsorgewesens mit möglichster Erfassung aller Tuberku- 
lösen und mit Tuberkulose Infizierten. Dazu müssen den Fürsorgestellen 
öffentliche Mittel bereitstehen. Die Grundsätze, nach denen die Versiche- 
rungsanstalten bei der Auswahl für ein Heilverfahren vorgehen, sind an- 
zunehmen. Abzulehnen ist aber die Turban-Gerhard’sche Stadien- 
Einteilung; an ihre Stelle muss eine vorwiegend prognostische Klassih- 
kation treten (Albrecht-Fraenkel; Aschoff-Nikol; Periodenein- 
teilung nach Ranke). Ranke unterscheidet: 1. den Primäraffekt (Periode 
der normalen Giftempfindlichkeit); 2. Stadium der mehr oder weniger akut 
fortschreitenden Prozesse in der Lunge, den Lymphknoten und im Körper 
(Periode der Giftüberempfindlichkeit); 3. Stadium der langsamen Zerstö- 
rung der Lungen (Periode der relativen Immunität). Um die Menschen, 
die mit Tuberkulose angesteckt sind, in ihrer Resistenz soweit zu stärken, 
dass die zweite Periode nicht eintritt, muss deren Behandlung beginnen, 
sobald die Pirquetprobe positiv ausfällt. Charakteristisch für den Primär- 
affekt ist die Affektion der Hiluslymphknoten und die perilymphoide 
Entzündung. Die Hilusdrüsenaffektion der zweiten Periode (endo- oder 
exogene Reinfektion) ist von leicht ersichtlich anderer Art. Man braucht 
sich also nicht nur an die Tuberkulinempfindlichkeit zu halten. 

Zur Resistenzsteigerung dient die Tuberkulinbehandlung (Bazillen- 
emulsion). Nur langjährige Beobachtung kann feststellen, ob die Prozent- 
zahl der später an klinisch manifester und progredienter Tuberkulose Er- 
krankenden bei den in der Kindheit oder in der Jugend Vorbehandelten 
wesentlich geringer ist. 

Daneben müssen alle anderen Mittel zur Bekämpfung der Tuberku- 
lose (Pneumothoraxtherapie, Höhensonne etc.) herangezogen werden. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 





Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 309 


Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


— — — 


14. Adolf Bacmeister, Die hausärztliche Behandlung der beginnenden 
Lungentuberkulose. Jena 1918. 32 S. Geh. M. 0,80. 

Ein Heftchen, das dem Nichtfacharzt in kurzer bestimmter Weise Richt- 
linien für die häusliche Behandlung der Lungentuberkulose gibt. Spezifische 
Therapie, Pneumothoraxtherapie und Thorakoplastik sowie Strahlentherapie werden 
so weit gestreift, dass sie den praktischen Arzt genügend instruieren. Zum Schluss 
wird zur Erreichung einer besseren Verständigung zwischen Hausarzt und Anstalts- 
arzt in bezug auf den augenblicklichen Zustand und den Verlauf der Erkrankung 
auf einen bereits in der Deutschen med. Wochenschrift 1918, Nr. 13, gemachten 
Vorschlag zur Einteilung und Nomenklatur der Lungentuberkulose hingewiesen, 
welcher, wie es heute von allen Seiten angestrebt wird, den Verlauf, den Cha- 
rakter der pathologisch-anatomischen Veränderungen, den Bazillenbefund und den 
Sitz, sowie die Ausdehnung der Erkrankung berücksichtigt. Das Heftchen sei 
zur Förderung des Interesses für die Taberkulosebekämpfung allen jungen Kollegen 
warm empfohlen. Hans Müller. 


15. L. Brauer-Hamburg-Eppendorf, beratender innerer Kliniker bei einer 
Heeresgruppe, Die Ruhr, ihr Wesen und ihre Behandlung. Fischer’s 
medizinische Buchhandlung, U. Kornfeld, Berlin 1918. 115 S. 

Die Erfahrung des Krieges hat gelehrt, dass vielfach von hervorragenden 
Fachgelehrten, die während des Krieges beim Feldheer in beratenden Stellen als 
‘ Innere, Chirurgen oder Hygieniker verwendet werden, wissenschaftlich hochwertige 
Abhandlungen veröffentlicht werden, die dann nur von einer im Verhältnis zum 
Wert der Arbeit kleinen Zahl Fachgenossen gelesen werden. Der Arzt im Schützen- 
graben jedenfalls, der in seiner weltabgeschnittenen Tätigkeit die meiste Anregung 
braucht, um nicht in seinem nicht hoch genug zu bewertenden Kampf der Krank- 
heitsverhütung zu erlahmen, liest diese Arbeiten nicht, weil er aus ihnen nicht 
den Nutzen, den er braucht, den praktischen, zieben kann. Ganz anders ist es 
um die vorliegende neue Arbeit von Brauer, die Rulır, ihr Wesen und ihre 
Behandlung, bestellt. Diese hat praktischen Wert, sogar den allergrössten, und 
Jeder, der wie ich vier Jahre vor dem Feind gestanden hat und die Wünsche 
kennt, die nach einer alles zusammenfassenden Darstellung dieses wichtigen 
Krankbeitsbildes zielen, wird die Arbeit mit grösster Dankbarkeit begrüssen. 
Sie ist wirklich aus dem Feld für das Feld unter rein praktischen Gesichtspunkten 
geschrieben, was sie aber nicht hindert, in bestimmten Abschnitten rein wissen- 
schaftlich-forschend zu sein. Etwas, was als Nachteil aussehen könnte, will ich 
gleich vorweg nehmen. Grössere und sehr wichtige Teile der Arbeit, z. B. die 
Prophylaxe, sind auf die besonderen Verhältnisse des südlichen und südöstlichen 
Kriegsschauplatzes zugeschnitten. Das erhöht einerseits den Wert der Arbeit für 
die in dieser Gegend kämpfenden Heeresteile, setzt ihn andererseits für den der- 
zeitig besonders beanspruchten Westen herab. Es lässt. sich aber nicht ändern, 
da es eben in den Erfahrungen von B., die dort unten besonders vielseitig sind, 
begründet liegt. Man merkt der Arbeit auf jeder Seite an, dass der Verf., was 
an sich für jeden in Feldverhältnissen Erfahrenen gar nicht selbstverständlich 
ist, die Ruhr an allen Orten, in allen Phasen ihres Auftretens kennt, dass er zu 
diesem Zweck mit allen Stellen, an denen die Ruhr zur Behandlung kommen 
kann, in steter Fühlung gelebt hat, dass er nicht, wie es vielfach der Fall ist, 
sich nur um die Ruhrkranken in den Kriegslazaretten gekümmert hat, sondern 
ein reger Besucher der 'Truppenärzte und der vorderen Sanitätsformationen war. 
Nur so kann eine von praktischen Gesichtspunkten aus zu schreibende Arbeit 
entstehen, und vor allem, das ist doch immer das Wesentlichste, Nutzen stiften. 
So kann man im Interesse des Dienstes nur lebhaft wünschen, dass die Arbeit 
in die Hand jedes Arztes im Felde kommt, da sie, soweit es menschenmöglich 


310 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


ist, alles enthält, was er braucht und mit klassischer Schilderung anregende 
Sprache verbindet. B. hebt in der Einleitung als Mangel das Fehlen eines Lite- 
raturverzeichnisses hervor. Ich glaube nicht, dass dieser Mangel sehr stark 
empfunden werden wird, da in der Abhandlung, an allen wichtigen Stellen ver- 
streut sich die notwendigen Angaben über die einschlägige Literatur recht reich- 
haltig finden. 

Als sehr wesentlich empfinde ich bei meinen eigenen Erfahrungen folgendes, 
worum es sich draussen im Feld bei der Behandlung der Ruhrfragen stets ge- 
dreht hat. Soll man alle Ruhrkranken zurückschicken oder möglichst vorne 
behalten und behandeln? Diese Frage ist für die Entscheidung der Verwendbar- 
keit und bleibende Verwendungsmöglichkeit der Truppe von grösster Bedeutung 
und für Arzt und 'Truppenführer gleich wichtig. B. gibt darauf die eindeutige 
Antwort, dass für die ganze Rubrbekämpfung die Hauptverantwortung und auch 
die grösste Aussicht auf Erfolg beim Truppenarzt liege, der durch die Art seiner 
Dienstregelung am allerersten befähigt ist, den Ausbruch von Epidemien zu ver- 
hüten und wenn einmal Erkrankungen da sind, durch sofort einsetzende ener- 
gische Behandlung — wenn nötig auch Serumtherapie in der Revierkranken- 
stube — schwerere Störungen zu verhüten. Hand in Hand damit geht die Frage 
der Transportschäden. Akute Ruhrkranke sind schlecht transportfähig, müssen 
also in den vorderen Sanitätsformationen jedenfalls bis zum Eintritt der Trans- 
portfäliigkeit verbleiben. B. stellt sich direkt auf den Standpunkt, dass von der 
Art des Eingreifens des Arztes ganz wesentlich der Verlauf der Erkrankung ab- 
hängt, weil die Ruhr im Anfangsstadium viel leichter als später der Einwirkung 
zugänglich ist. Wertvoll ıst die Arbeit auch dadurch, dass B. Anregungen spe- 
zieller Art für weitere Forschungen gibt. Er wirft folgende Fragen auf: Die 
Mischruhr, die noch keineswegs genügend bearbeitet oder sogar entschieden wäre, 
Einbeitlichkeit der Ruhramöbe, am besten unter Beteiligung eines Zoologen zu 
lösen, Grösse der Zeitspanne zwischen Beginn der Amöbenruhr und Auftreten 
des Leberabszesses, Ruhrseptikämie, Fehlen der initialen toxischen Vasomotoren- 
schädigung bei Amöbenruhr, Ausscheidungserkrankungen des Dickdarms. 

Im einzelnen hat B. den Stoff folgendermassen geteilt, in: Krankheitsbild 
bei Bazillenrubr, Amöbenruhr, Mischrubr, sporadische Ruhr-Quincke, Leber- 
abszess, Pathologische Anatomie, Ätiologie, Pathogenese, Epidemiologie, Diagnose, 
Differentialdiagnose, Prognose, Prophylaxe, Therapie. Auf einzelnes einzugehen, 
ist unmöglich. Ich möchte nur einzelne Punkte hervorheben. 

Besonders gelungen finde ich die klare Hervorhebung der Einteilung der 
Bazillenruhr in ein toxämisches Stadium und in die Colitis haemorrhagica als 
eine erst auf die Toxämie folgende Schädigung. Der Dickdarm wird in dieser 
Beziehung als „Darmniere* aufgefasst, jede Colitis als Ausscheidungserkrankung 
des Dickdarms. Die Kranken leiden in den schwersten akuten Stadien, obwohl 
sie über massenhafte Darmentleerungen klagen, doch tatsächlich an Verstopfung. 
Das ist auch ganz einleuchtend. Der Dickdarm entleert sich zwar, aber Spasmen 
halten die eigentlichen Kotmassen im oberen Kolon und noch im Dünndarm zu- 
rück. Für dıe Bekämpfung unerlässlich ist ein regelrechtes Handinhandarbeiten 
des Bakteriologen — im Felde des Kriegrhygienikers, der neben seiner bygieni- 
schen Ausbildung hier vor allem Bakteriologe sein muss — mit dem Kliniker, 
und zwar nicht in der Gestalt, dass ihm die Präparate übersandt werden, sondern 
dass er im engsten Zusammenarbeiten mit dem Kliniker am Krankenbett un- 
mittelbar nach der Entnahme des Materials am besten mit einem Glasstäbchen 
aus dem Rektum unmittelbar untersucht, wie es übrigens im Westen in meinem 
Erfahrungskreis verschiedentlich mit bestem Erfolg durchgeführt wurde. Dies 
gilt sowohl für Bazillen- wie für Amöbenruhr. Dass die Untersuachungsmethoden 
anfangs angeblich so häufig versagt haben, lag sicherlich mit an den äusseren 
Verhältnissen und gerade daran, dass eben vielfach die Untersuchungen nicht so 
rationell wie gesagt durchgeführt wurden. In den positiven Befunden ergaben 
sich unter dieser Berücksichtigung Unterschiede von 15 und 50°. Weitere 


Mitteilungen. 311 


Schwierigkeiten ergab allerdings das Versagen der Nährböden. Man ist am 
Krankenbett völlig ausserstande, aus der Art des klinischen Verlaufes auf die 
kulturellen Eigenschaften des jeweiligen Ruhrerregers zu schliessen. Das ist auch 
nicht entscheidend, weit entscheidender für Ablauf und Ausgang der Krankheit 
ist die Widerstandsfähigkeit des Kranken und — nochmals gesagt — frühein- 
setzende Behandlung. Für die Diagnose ausschlaggebend ist dər Symptomen- 
komplex, die Ergebnisse des Laboratoriums und die epidemiologischen Zusammen- 
hänge. Die Abschnitte über Prophylaxe und Therapie sind besonders reichhaltig. 
Sie gehen nur von den praktischen Gesichtspunkten des Truppenarztes aus und 
arbeiten nur mit den Hilfsmitteln, die ihm zu Gebote stehen. Böhnke's Dysbakta 
wird gelobt. Im Rahmen der Prophylaxe werden als notwendig und erprobt 
empfohlen: Merkblätter für Arzt und Truppenführer über Ruhrerkrankung, 
-Bekämpfung und -Behandlung, Nahrungsmittelbehandlung, Lehrküchenbetrieb. 
Der letztere soll in ständigen Kursen die I'ruppenköche zu rationeller Ausnützung 
der Rohstoffe, abwechslungsreicher Bereitung der Kost, Herstellung der Kıanken- 
kost (wir nannten das letztere bei uns im Westen Diätküchen, wie sie bei jedem 
Truppenteil vorhanden waren) erziehen. Die vielen therapeutischen Einzelheiten 
können leider nicht wiedergegeben werden. Nur Wesentliches! B. tritt für eine 
Frühbehandlung in der Revierkrankenstube mit darmreinigender Kur ein, er er- 
kennt die Haupttätigkeit des Truppenarztes darin und in der klinischen Pro- 
phylaxe mit Seuchen nach beginnenden Fällen, der Behandlung in sofortiger 
Schonung, Diätregulierung und Einleitung der Darmreinigung. B. glaubt, dass 
bei zweckmässigem Vorgehen hierdurch die Krankheit kuriert werden kann und 
jedenfalls der Entwickelung schwerer Störungen vorgebeugt wird. Medikamentös 
gibt B. bei Amöbenruhr als Spezificum Ipecacuanha-Präparate oder Emetin und 
auch Kalomel zur gründlichen Darmreinigung, bei Bazillenruhr die Sera möglichst 
frühzeitig, Calomel bei Bazillenruhr lieber nicht oder jedenfalls mit grosser Vor- 
sicht, weil die zur Resorption gelangenden (Juecksilberverbindungen beim Durch- 
gang durch die bereits geschädigten und daher reaktionsfähigeren Dickdarm- 
schleimhäute diese unter Umständen noch mehr angreifen. Bolus alba und auch 
Tierkohle sind zwecklos. Besonders genau ist die Diätetik behandelt. Ich hebe 
noch hervor, dass B. der Statistik bei Ruhr im allgemeinen keinen Wert beimisst. 
Sie ist ungenau, muss geradezu ungenau sein, weil über die Abgrenzung des Be- 
griffes Ruhr die Akten noch lange nicht geschlossen sind und daher die einen 
ihren Berechnungen ganz verschiedene Grundlagen geben als die anderen. 
Deist, Stuttgart. 


16. Helm, Über den Stand der Tuberkulose-Bekämpfung im Frühjahr 
1918. Geschäftsbericht des Deutschen Zentralkomitees zur Bekünpfung der 
Tuberkulose. Berlin 1918. 

In diesem uns jetzt vorliegenden Bericht bekommen wir wieder eine sehr 

gute Übersicht über alle Bestrebungen gegen die Tuberkulose, die im Jahre 1917 
in Deutschland verwirklicht worden sind. Trotz des Krieges, der immer mehr 
alles beeinflusst, hat die Tuberkulosebekämpfung keinen Stillstand erfahren 
sondern ist im Gegenteil immer mehr ausgebaut worden. Das Fürsorgewesen hat 
vor allem Fortschritte gemacht. Der Bericht ıst besonders wegen der veröffent- 
lichten amtlichen Erlasse zur Förderung der 'Tuberkulosebekämpfung wichtig. Er 
ist daher für jeden, der in diesem Kampfe mitwirkt, unentbehrlich. Schröder. 


IV. Mitteilungen. 


Die Tätigkeit der Lupuskommission im Jahre 1917. 


Die Lupuskommission des Deutschen Zentralkomitees zur Be- 
kämpfung der Tuberkulose hat auch im Berichtsjabre 1917 nach den bisherigen 


312 Berichtigung. 


bewährten Grundsätzen gearbeitet. Erfreulicherweise ist in der Zahl der Heil- 
verfahren gegenüber den Jahren 1915 und 1916 wieder ein Fortschritt zu ver- 
zeichnen. Es wurden 1917 gauz oder teilweise auf Kosten der Lupuskommission 
insgesamt 253 Kranke behandelt (gegenüber 192 Kranken im Jahre 1915 und 
157 Kranken im Jahre 1916), darunter 40 Männer, 164 Frauen und 49 Kinder. 
Die von der Lupuskommission aufgewandten Kosten belaufen sich auf insgesamt 
18 198,33 Mk., von anderen Kostenträgern wurden 39807,24 Mk. aufgebracht. Von 
den Kranken konnten 100 geheilt, 139 gebessert und 13 ungeheilt entlassen werden. 
Ein Kranker ist verstorben. 

Von den Kranken konnten demnach mehr als ein Drittel geheilt entlassen 
werden, bei dem grösseren Teil wurde wesentliche Besserung bis zur Herstellung 
der Erwerbsfähigkeit erzielt. Die Behandlungsdauer bei Kranken, die sich einem 
ständigen Heilverfahren unterwarfen, schwankte in der Regel zwischen 2—5 Mo- 
naten. Bei vielen Kranken konnte die Behandlung ambulant durchgeführt werden, 
so dass die Aufnahme immer nur für einige Tage zu erfolgen brauchte. Häufig 
traten Rückfälle ein, die innerhalb des Jahres wiederholte Behandlungen er- 
forderten. 

Es darf hierbei nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Lupuakom- 
mission vornehmlich solche Kranken berücksichtigt, deren Leiden sich noch im 
Anfangsstadium befindet und Heilung oder wesentliche Besserung bis zur Her- 
stellung der Erwerbsfähigkeit erwarten lässt. Untersuchung und Behandlung hat 
in den von der Lupuskommission bekanntgegebenen Lupusheilanstalten zu er- 
. folgen. Die Höhe der Beihilfen richtet sich nach dem Umfang der zu erwartenden 
Kosten ; sie beträgt im allgemeinen ein Viertel bis ein Drittel der Gesamtkosten. 
An die Gewährung ist die Bedingung geknüpft, dass die Restkosten von anderen 
Stellen (Kreis, (semeinde, Landesversicherungsanstalten, Krankenkassen, Wohl- 
fahrtsvereine, Angehörigen oder dergl.) sichergestellt werden. Es darf hierbei 
nochmals darauf hingewiesen werden, dass für die Fürsorge der Lupuskommission 
nur solche Fälle in Betracht kommen, deren Anmeldung rechtzeitig, d. h. vor 
Beginn der Behandlung erfolgt ist, so dass der Lupuskommission Gelegenheit ge- 
geben wird, bei der Einleitung des Heilverfahrens mitzuwirken und sich vorher 
über die zu bewilligende Beihilfe schlüssig zu machen. 

An alle für die Lupusbekämpfung interessierten Stellen ergeht die Bitte, 
die Bestrebungen der Lupuskommission durch rechtzeitige Mitteilung unbehan- 
delter Lupuskranker freundlicht unterstützen zu wollen. 


nn nn 


Berichtigung. 


Herr Dr. Bochalli wünscht berichtigt zu sehen, dass sein Vortrag zur 
Versammlung der deutschen Lungenheilanstaltsärzte (s. S. 244 in Nr. 8) nicht, 
wie die gedruckte Einladung und daraufhin mein Bericht falsch angeben, sondern 
‚Über den Gesundheitszustand ehemaliger Heilstättenpatienten“ gehandelt habe. 
.ch habe also versehentlich das „ehemalige“ weggelassen. Unklar — im Ver- 
hältnis zum Inhalte, der eben viel mehr bot — bleibt der Titel trotzdem. 

Dr. G. Liebe. 


Druckfehlerberichtigungen. 


In Nr.5 S. 132 anstatt „Reintardt“ Reinhardt. 
In Nr. 6 S. 171 anstatt „Metousek* Netousek. 


4 — — — — —- — u oo — — — — nn a rn | a 
.— e —7 — — —— —— ——— ⸗ — — ⸗— · 


Um Einsendung von Mono graphien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröd er, 
dirig. Arzt der neuen Heilaustalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 





Internationales Centralblatt für Tuberkulose-Forschung 


herausgegeben von 


Dr. Oskar de la Camp 


o. ö. Professor an der Universität 
Freiburg, Direktor d. medizinischen 


Dr. G. Schröder 


Dirig. Arzt der Neuen Heilanstalt 
für Lungenkranke Schömberg, 


Dr. Ludolph Brauer 


Ärztlicher Direktor des Allgem. 
Kraffkenhauses Eppendorf in 








Hamburg. Klinik. Ober-Amt Neuenbürg, Witbg. 
Redaktion: Verlag: | 
Dr. G. Schröder Curt Kabitzsch, 
Dirig. Arztder Neuen Heilanstalt für Lungenkranke Leipzig, 


Schömberg, O.-A. Neuenbürg, Witbg. Dörrienstr. 16. 





12. Jahrg. Ausgegeben am 81. Dezember 1918. Nr. 11/12. 





Inhalt. 


Autorenverzeichnis. 
(Die Zahlen bezieben sich auf die Seiten.) 


Abramowski 329. 
Altstaedt 347. 
Bauer, Ad, 380. 
Bencze, J. 331. 
Beschorner 346. 
du Bois, H. 8342. 
v. Borosini, A. 348. 
Bräuning 335, 
Campbell, Th. 314/5. 
Chotzen, J. 320/21. 
Cursehmann 327/8. 
Detzel, 1,. 342. 
Deuel 323. 

Dietl, K. 323/4. 
Ebrenborg 346. 
Eiselt, R. 232/3. 
Fellner 347/8. 
Finder 351. 
Fraenkel, E. 315. 
Fronz, E. 349. 
Gaffikin, P. J. 332. 
Glax 338/9. 
Glover, E. Q 317. 
Götz), A 348/9. 


Graeffner 839. 
Graetzer 339. 
Grau 336. 

Häcker, V. 321. 
Hansen, S. 320. 
v. Hayek, H. 819/20. 
Herford 330. 
Hertz, R. 334. 
Hofbauer 339/40 
Holter, K. 349/50. 
v. Jaksch, K. 342. 
Kankeleit 323. 
Klare 346. 


Klimaszewski, W. 343, 


Klopstock-Kowarsky _ 
842. 

Köhler 328. 

Kohn, A. 345/6. 

Kölsch, Fr. 343, 

Kraus 335/6. 

Kretzer 316. 

Kronenberg, E. 340/41. 

Krukenberg, G. 342. 


| Kruse, W. 816/7. 


Liebmann, E. 822/3. 
Loewy, A. 338. 
Lukes, R. 350. 
Malinowski, A. 342. 
Martius, M. 322. 
Mickel 826. 

Much 315. 

Müller 346. 

Neech, J. T. 835. 
Netousek, M. 324. 
Neufeld 338. 
Neumann, W. 326. 
v. Niedner 826. 
Orthner, F. 350. 
Pannwitz, H. 836/7. 
Pape 325. 

Papp, S. 326. 
Pekanoviech, St. 381. 
Petersen, J. 834. 
Petruschky 346. 
Pick, F. 841. 

Piper, Fr. 342. 
Pöppelmann 342. 


I. Referate. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Referate.) 


Popper, H. 3%. 
Quincke 324. 
Robertson, N. 328/7. 
Rössle 315/6. 
Saugmann. Ohr. 333, 
Schill, E. 325. 
Schmiegelow, E. 815. 
Seholz 331/2. 
Schoner 316. 
Skutetzky, A. 326. 
Sokolow 817/8. 


| Sutherland, H. 332. 


Tachau 326, 
Taubert, G. 328. 
Teleky 348. 
Tbausing, H. 329/30. 
Thiele 331. 

Thode 335, 346/7. 
Weinberg 320. 
Wieting 242. 
Wildbolz, H. 818/9. 
Zadek 330/1. 
Ziegler, K. 342. 


a) Allgemeine Pathologie und pathol. Anatomie. 


530. Campbell, A suggested classification 
of pulmonary tuberculosis. — 531. Schmie- 
gelow, Beitrag zur Pathologie der Bronchial- 
drüsentuberkulose. — 532. Fraenkel und 
Much, Uber Lymphogranulomatose. — 583, 
Rössle. Lungensyphilis der Erwachsenen. — 
534. Kretzer und Schoner, Zur Kenntnis 
der bämorrhagischen Pleuritis. — 535. Kruse, 
Friedmann'sche Schutzimpfung von Säuglingen 
gegen Tuberkulose. — 536. Glo ver, Tubercu- 
losis and Toxaemia. — 537. Sokolow, Patho- 
genese und Therapie der männlichen Genital- 
tuberkulose. — 538. Wildbolz, Nachweis von 
Tuberkulose-Antigenen im Urin Tuberkulöser. 
— 6539. v. Hayek, Die Lehre von der „tuber- 
kulösen Disposition”. — 540. 540a. Sören 
Hansen, Weinberg, Über die Minder- 
wertigkeit der erstgeborenen Kinder. — 541. 


Chotzen, Vorkommen und Bedeutung der 
Scapula scaphoidea — 542. Häcker, Annahme 
einer erblichen Übertragung körperlicher 
Kriegsschäden. — 543. Martius, Wissenschaft 
und Ethik als Grenzhüter der Eugenetik. 


b) Diagnose und Prognone. 


544. Liebmann, Methodik der mikro- 
skopischen Untersuchung des Auswurfe. — 
645. Kankeleit, Deutung von streifenför- 
migen Schatten neben der Brustwirbelsäule im 
Röntgenbild. — 546. Dietl, Diagnostische Er- 
fahrungen an Tuberkuloseverdächtigen. — 547. 
Popper, Methode der Lungenspitzenperkus- 
sion. — 548. Quincke, Messung der Körper- 
wärme. — 549. Netousek, Symptomatologie 
der solitären Tuberkel des Rückenmarke. — 
550. Schill, Erfahrungen bei der Beurlaubung 
von leichteren I,ungenkranken. 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung. 12. 2 


314 


c) Therapie. 

551. Skutetzky, Tuberkulomuzin. — 552. 
658. Deuel, Pape, Friedmann’sehes Mittel 
gegen Lungentuberkulose. — 554 556. Neu- 
mann. v Niedner, Die Ausserbettbehandlung 
der Lungenblutung. — 556 557. Tachau und 
Mickel, Papp, Ruhe und Bewegung in der 
Behandlung der Lungenkranken. — 558. Ro- 
bertson, Diagnosis and treatment of hämo- 
ptysis in cases of pulmonary tuberculosis — 
. 559. Curschmann, Verordnung von Mor- 
phium bei l.ungentuberkulose. — 560. Köhler, 
Tuberkulosebebandlung unter dem Kriegsein- 
fluss. 

i : d) Prophylaxe. 

661. Taubert, Wohnungsfürsorge für 
Lungenkranke. — 562, Abramowski, Sepa- 
ration der Schwindsüchtigen. — 563. Thau- 
sing, Über eine Voraussetzung allor Tuber- 
kulosebekämpfung. — 564. Herford, Gesund- 
beitliche Kinderfürsorge am Heimatort. — 565. 
Bauer, Wesentliche Punkte der Tuberkulose- 
Hygiene. 


‚e) Krieg und Tuberkulose. 


666. Zadek, Entstehung und Verlauf der 
Lungentuherkulose im Kriege. — 567. Peka- 
novich, Fürsorge der lungenkranken Soldaten 
nach dem Kriege. — 568. Beneze, Lungentuber- 
kulose und die Militärdienstfähigkeit. — 569. 
Thiele, Ergebnisse der neuzeitlichen Tuber- 
kuloseforschung und das Mannschaftsversor- 
gungsgesetz. — 570, Scholz, Dienstbeschä- 
digung bei Lungentuberkulose. — 571. Suther- 
land, Tuberculosis and the war. — 572. 
Gaffikin, Tuberculous army recruit. — 573. 
Eiselt, Einfluss des Kriegsdienstes auf den 
Verlauf und die Komplikationen der Tuber- 
kulose. 


r) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten. Tuber- 
kulosekrankenhäuser und -Heime. 

674. Saugmann, Mitteilung aus dem 

Vejlefjord-Sanatorium. — 575. Petersen, 


Inhalt. 


Jahresbericht des Krabbeshoims-Sanatoriums 
Dänemark. — 576. Hertz, Jahresbericht des 
Küstenbospitals bei Refnäs. — 577. Der Natio- 
nalverein zur Bekämpfung der Tuberkulose in 
Dänemark. — 578. Neech, Scheme for the 
housing of consumptive families — 579 VII. 
Jahresbericht des Vereins zur Bekämpfung der 
Tuberkulose in Stettin. Geschäftsjahr 1917. 


g) Aligemeinex. 


580. Kraus, Bekämpfung der Tuherku- 
lose. — 581 Grau, Statistische Verwertung 
von Tuberkulosefäilen in klinischen Berichten. 
e— 582. Pannwitz, Die Ansiedlung von 
Kriegsbeschädigten vom Standpunkt der 
Sozialbygiene. — 583. Jahresbericht der Be- 
triebskrankenkasse der .ilgomeinen Elektrizi- 
täts-Gesellschaft und Tochtergesellschaft in 
Berlin für 1916. — 584. Neufeld. Über einige 
Gesichtspunkte der Tuberkulvsebekämpfung. — 
585. Loewy, Ersatz einzelner Klimate durch 
andere auf Grund ihrer physiologischen Wir- 
kungen. — 586. Glax, Möglichkeit des Ersatzes 
der Heiltaktoren in den Kur- und Badeorten 
des feindlichen Auslandes durch österreichisch- 
ungarische Mineralquellen und Kurorte. — 587. 
Graetzer, Heilquellen und Kurorte Bulga- 
riens. — 588. Graeffner, Brauchen wir Kur- 
und Erholungsorte des feindlichen Auslandes ? 


h) Grenzgebiete, 


589. Hofbauer, Folgen der Brustschüsse. 
— 59%. Kronenberg, Einfluss der Kriegs- 
schädigungen auf Erkrankungen der Nase und 
der oberen Luftwege. — 591. Pick, Erkran- 
kungen durch Kampfgase. — 592. v. Jaksch, 
M’rrous Banti und Milztuberkulose. — 593. 
Pöppelmann, Ein ungewöhnlicher Brust- 
schuss. — 59%. Wieting, Leitsätze für die 
Schussverletzungen der Brustwand und Lungen. 


i) Bibliographie. 


II. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


17. Klopstock-Kowarsky, Praktikum 
der klinischen chemischen, mikroskopischen 
und bakteriologischen Untersuchungsmethoden. 
— 18. Fr. Kölsch, Der Milzbrand. — 19, A. 
v. Borosini, Das Fletschern und die Magen- 
frage. — 20. W. Klimaszewski, Die mo- 
derne Tuherkulosebekämpfung nnd ihre Waffen. 
— 21. Statistisches Jahrbuch der Sehweiz, her- 
ausgegeben vom eidgenössischen statistischen 


Büreau. 26. Jg. 1917. — 22. Medizinalstatistische 
Nachrichten. 1915—16. — 23. A. Kohn, Unsere 
Wobnungsuntersuchungen im Jahre 1917. — 
24. Klare, „Gebt den Kindern Sonne!* — 
25. Aus dem Deutschen Tuberkulose-Fürsorge- 
Blatt 1918. Nr 5-10. — 26. Österreichisches 
Tuberkulose-Fürsorge-Blatt 19'8. Nr. 2-4. — 
27. Fachzeitschrift für Krankenpflegerinnen und 
Fürsorgeschwestern, 


III. Mitteilung. 


I. Referate. 


a) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 
530. Thompson Campbell, A suggested classification of pul- 


monary tuberculosis. 


The Lancet, 10. Jan. 1916. 


Obgleich die Stadieneinteilung von Turban-Gerhardt manchmal 
sich als unzulänglich erwies, kommt nach Verf. die von Inman vorge- 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 315 


schlagene Einteilung sogar einfachen wissenschaftlichen Forderungen nicht 
nach, indem sie die Ausbreitung der Gewebsläsionen ganz und gar ausser 
Acht lässt. Er erblickt in der Einteilung nach Inman mit Hinzufügung 
der Ziffern A—D zur Anzeige des Resultats der Behandlung keinen Nutzen 
für die Einteilung der Patienten, die zum ersten Mal untersucht und be- 
handelt werden. 

Campbell benützt die Einteilung Turban-Gerhardt’s mit Hin- 
zufügung der Ziffern A—B zur Andeutung der Aktivität des Krankheits- 
prozesses und der allgemeinen Funktionsstörung J. Peerenboom. 


531. E. Schmiegelow, Beitrag zur Pathologie der Branchial- 
drüsentuberkulose. Hospitalstidende 1918 Nr. 5—6. 

Mit 4 Observationen ale Grundlage zieht der Verf. die Linien der 
Anatomie und Pathologie der Bronchialdrüsentuberkulose und hebt her- 
vor, dass die direkte Tracheobronchoskopie sehr nützlich ist, teils für 
die Diagnose, teils für die Behandlung derjenigen Stenosen, die von einer 
Kompression der Bronchien oder der Trachea durch ein Glandulapaket 
herrühren, eventuell mit der Perforation der Glandula in den Bronchus kom- 
binier. Im letzten Falle ist es möglich, durch direkte Aspiration das 
Sekret aus dem Bronchus zu entleeren und dadurch eine Erstickung zu 
verhindern. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


532. E. Fraenkel und H. Much, Über Lymphogranulomatose. 
B. kl. W., 14. Okt. 1918. | 
Beide Autoren stellen infolge missverständlicher Auffassung ihrer . 
Stellungnahme ihren Standpunkt über den Zusammenhang der Lympho- 
granulonıatose mit der Tuberkulose nochmals klar. Es bestehen drei 
Möglichkeiten der Erklärung. Entweder sind die granulären Formen mög- 
licherweise identisch mit dem Tuberkuloseerreger, oder sie stellen eine be- : 
sondere Art des Tuberkulosevirus dar, was wahrscheinlicher ist. Die dritte 
Möglichkeit ist die, dass der Erreger mit dem eigentlichen Tuberkulose- 
virus gar nichts zu tun hat, sondern höchstens ein entfernter Verwandter 
von ihm ist. Die Lymphomatosis granulomatosa ist eine Infektionskrank- 
heit, die durch granuläre Stäbchen hervorgerufen wird. Diese sind anti- 
formiufest, aber nicht säurefest; durch verschärfte Gramfärbung kann 
man sie zur Darstellung bringen. Sie stehen dem Tuberkulosevirus zum 
mindesten sehr nahe. Deist, Stuttgart. 


533. Rössle, Über die Lungensyphilis der Erwachsenen. (Illustr.) 
M. m. W. 65. 1918 S. 992 — 94. 

Die Lungensyphilis der Erwachsenen ist wenig bekannt, in bezug 
auf ihre Häufigkeit und Wichtigkeit wird sie unterschätzt. Sie ist 
schwierig mit Sicherheit zu diagnostizieren und vor allem schwierig gegen 
Tuberkulose abzugrenzen. Der Nachweis der Erreger und damit der un- 
bedingte Beweis, dass die jeweiligen Veränderungen syphilitischer Herkunft 
sind, ist nicht zu erbringen. Die Frühstadien der Krankheit sind nicht 
zu erfassen. Die Diagnose ist verhältnismässig leicht, wenn gleichzeitig 
andere schwerere luetische Organerkrankungen anzutreffen sind. 

Ob die Lungensyphilis aus dem fötalen Leben als chronische Ent- 
zündung in spätere Jahre mitgeschleppt werden und vielleicht in charak- 
teristischer Weise ausheilen kann, ist unsicher. 

21? 


316 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


Die gröbsten Formen der Lungensyphilis, die kavernöse syphilitische 
. Lungenphthise und die gummöse, grobknotige Form, sind selten. Fine 
syphilitische Lungenkaverne zu erkennen, dürfte unmöglich sein. Für 
die Diagnose der Gummiknoten stehen leidliche differential-diagnostische 
Erkennungszeichen gegenüber den Tuberkeln zur Verfügung. Verkalkungen. 
kommen nicht vor. Die einfache grobe syphilitische Verschwielung der 
Lunge ist häufiger. Als besondere Form sind die seltenen syphilitischen 
Bronchiektasien nicht aufzufassen. 

Die wichtigste Form nach Häufigkeit und Eigenart ist die interstitielle 
Pneumonie (indurative Lungensyphilis Orth, skleröse Lungensyphilis 
Mauriac). Das Bild derselben besteht in entzündlicher Verdickung der 
Alveolarwände mit und ohne Syphilome, in tiefer subepithelialer Wand- 
entzündung der Bronchien, sowie des Begleitgewebes der Bronchien und 
Gefässe, in Bildung gestrickter, meist heller, oft geradezu sehnig glän- 
zender Narben. R. konnte 25 Fälle’ dieser Form pathologisch-anatomisch 
feststellen. Davon ist klinisch kein einziger Fall diagnostiziert worden. 

Bredow, Ronsdorf. 


534. Kretzer und Schoner, Beitrag zur Kenntnis der hämor- 
rhagischen Pleuritis. M. m. W. 65. 1918 S. 653—654. 

Es wurden eine Reihe von hämorrhagischen Pleuritiden beobachtet, 
die klinisch und ätiologisch eine Sonderstellung einzunehmen scheinen. 
Diese Pleuritiden traten als primäre Erkrankungen — mehrmals mit Peri- 
karditis kompliziert — bei verschiedenem Alter, bei verschiedener Kon- 
stitution und allgemeinem Gesundheitszustand auf. Die Kranken waren 
meist elend, in der Ernährung beruntergekommen und anämisch, fast alle 
hatten Ödeme und Dyspnoe. Temperatur gegen 380. Besonders charakte- 
ristisch war das Exsudat: es enthielt 6—10°/o Hämoglobin nach Sahli. 
 Bakteriologisch erwiesen sich die untersuchten Exsudate als steril. Da 
sonst bei hämorrbagischen Pleuritiden irgendwelche Konstitutionsanomalien 
oder sonstige den Organismus schwächende Krankheiten voranzugehen 
pflegen, was hier nicht der Fall war, so müssen die beobachteten Pleuri- 
tiden als zu einer besonderen Gruppe gehörend und durch eine besondere 
Infektion hervorgerufen aufgefasst werden. Bredow, Ronsdorf. 


536. W. Kruse, Über die Friedmann’sche Schutzimpfung von 
Säuglingen gegen Tuberkulose. B. kl. W., 14. Okt. 1918. 
Nach Ansicht des Verf.’s sind die von Friedmann gefundenen, 
von Schildkröten stammenden Bazillen ein Mittel, das in richtiger Weise 
angewendet, für Warmblüter vollständig unschädlich ist und gleichzeitig 
starke immunisierende Kräfte besitzt. Der bisherige Beweis sind die 
Tausende von Heilimpfungen an Menschen und Heil- und Schutzimpfungen 
an kleinen und grossen Tieren. Jedoch können Erfahrungen am Tier 
allein nie für menschliche Verhältnisse massgebend sein. Friedmann 
hat deshalb von November 1911 bis November 1912 insgesamt 319 Kinder 
schutzgeimpft. Kruse stellt die Ergebnisse in dieser Arbeit zusammen. 
Das weitere Schicksal der Kinder wurde seit der Impfung mit Hilfe der 
Sıandesämter und persönlicher Nachforschung bei Müttern, Pflegeeltern 
usw. erforscht. Für 260 Kinder konnten so brauchbare Unterlagen ge- 
wonnen werden, nur der Verbleib von 59 Kindern war nicht mehr zu 
ermitteln. Friedmann benutzte zu den Schutzimpfungen möglichst 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 317 


Neugeborene, weil man bei ihnen annehmen kann, dass sie noch nicht 
mit Tuberkulose in Berührung gekommen sind und deswegen noch keine 
eigenen Schutzstoffe gegen Tuberkulose gebildet haben, also den künst- 
lichen Schutz notwendig haben. Unter den Neugeborenen werden weiter 
solche aus tuberkulösen Familien mit Vorliebe ausgewählt. Von den 319 
geimpften Kindern waren 53 durchschnittlich 3,3° Monate, die übrigen 
durchschnittlich 3—4 Tage alt. 90°/o waren unehelich geboren, alle 
stammten aus der niedrigsten sozialen Schicht, nicht wenige aus Familien, 
die nachweislich mit Tuberkulose belastet waren. Der Pirquet wurde 
meistens vorher gemacht, war gewöhnlich völlig negativ. Die Impfung 
bestand darin, dass 0,1 ccm des starken Impfstoffes in die Muskeln hinter 
dem Trochanter eingespritzt wurde. Allgemeine Störungen traten dabei 
nicht auf, häufig fanden sich Knoten von Erbsen- bis Kirschengrösse, die 
teils schneller, teils langsamer verschwanden. In einzelnen ausführlichen 
Tabellen weist der Verf. nun nach, dass gegenüber der gewöhnlichen 
Sterblichkeit und der besonderen Tuberkulosesterblichkeit diese nach 
Friedmann schutzgeimpften Kinder wesentlich niedrigere Sterblichkeits- 
ziffern aufweisen, wobei besonders hoch angerechnet werden muss, dass 
diese Kinder den sozial niedrigsten Schichten angehörten, in denen in der 
Regel eine höhere als die gewöhnliche und Tuberkulosesterblichkeit herrscht. 
Diese Versuche stellen somit der Friedman n’schen Schutzimpfung 
ein gutes Zeugnis aus. Kruse empfiehlt die Schutzimpfung von Neu- 
geborenen nach Friedmann als ein neues aussichtsreiches und völlig 
unschädliches Mittel zur Tuberkulosebekämpfung. In erster Linie wäre 
sie bei Kindern anzuwenden, die durch Tuberkulose der Umgebung be- 
sonders gefährdet sind, und vielleicht auf alle unehelich Gebgrenen aus- 
zudehnen. Kruse glaubt, dass durch einmalige Impfung ein wesentlicher 
Schutz für die ersten 5 Lebensjahre erreicht wird. Eine spätere W ieder- 
holung kommt dann in Frage. Zunächst wird man sich wohl auf die 
Heilimpfung beschränken. Diese ist umso aussichtsreicher, je früher man 
‚impft, je mehr man sich also der Schutzimpfung nähert. 
Deist, Stuttgart. 


536. Edward G. Glover, Tuberculosis and Toxaemia. Brit. 

-~ Journ. of Tub., Juli 1918 Nr. 3 

In vielen Fällen von tuberkulöser Lungenerkrankung sind die physi- 
kalischen Symptome unbedeutend im Vergleich zu den schweren Störungen 
des Allgemeinbefindens, des Stoffwechsels etc. Solche können durch Er- 
krankungen nicht tuberkulöser Art im Verdauungstraktus (Pyorrhoea 
alveolaris, Nasenerkrankung, adenoide Wucherungen, Tonsillenerkran- 
kungen, Sinusitis, Dyspepsie, Magendilatation, Gallenblasenentzündungen, 
Koprostasen, Obstipation, chronische Kolitis etc.) ausgelöst werden, ferner 
durch krankhafte Zustände im hämatopoetischen System, der Geschlechts- 
organe ete. Wenn die Symptome von seiten der Lunge bei bestehender 
Toxämie nicht genügend Klärung, bringen, sollen alle Organe und Systeme 
genau untersucht werden. Amrein, Arosa. 


537. Sokolow, Pathogenese und Therapie der männlichen 
Genitaltuberkulose. Schweiz. Rundschau f. Med. 1917 Nr. 19. 


Von den männlichen Genitalorganen neigt am meisten zu Tuberku- 
lose: der Nebenhoden. Der Streit, ob die Genitaltuberkulose sich zentri- 


d 


318 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 


petal (Hoden - Vas deferens-Samenblasen -Prostata) oder zentrifugal ent- 
wickle, ist noch nicht entschieden. Tierexperimente und klinische Beob- 
achtungen lassen beide Annahmen zu. Für zentripetale Ausbreitung 
spricht der Umstand, dass bei Nebenhodentuberkulose der Bamenleiter 
am distalen Ende in der Regel stärker erkrankt ist als am vesikalen. 
Iın Tierexperimente gelang es Baumgarten leicht, vom Nebenhoden 
aus eine Tuberkulose des Vas deferens und der Samenblasen zu erzeugen; 
hingegen gelang es ihm nie eine Nebenhodentuberkulose von der Urethra 
aus zu erzeugen. 

Andererseits ist eine zentrifugale Infektion nicht ausgeschlossen, in- 
dem man experimentell antiperistaltische Kontraktionen des Vas de- 
ferens hervorrufen kann. Auffallend ist ferner, dass der Nebenhoden 
häufiger erkrankt als der Hoden. Die Anhänger der „zentripetalen“ 
Theorie erklären dies daraus, dass er besser durchblutet sei, als der 
Nebenhoden, und dass die gewundenen Kanälchen des letzteren ganz be- 
sonders günstige Schlupfwinkel für den Tuberkelbazillus darstellen. Für 
zentrifugale Ausbreitung der männlichen Genitaltuberkulose spricht schliess- 
lich auch die überaus häufige Erkrankung der Prostata, sei es isoliert oder 
kombiniert mit Nebenhodentuberkulose. 

Für die Therapie ist vor allem Vermeidung sexueller Exzesse wichtig; 
 Gonorrhoe begünstigt die Entstehung einer Genitaltuberkulose Radikale 
Kastration soll nur bei schweren Fällen zur Anwendung kommen. 

Landolt, Barmelweid. 


538. H. Wildbolz, Über den Nachweis von Tuberkulose-Anti- 
genen im Urin Tuberkulöser. Corr.-Bl. f. Schweizer Arete 
1918 Nr. 36 S. 1221. 

„Nach den bereits recht zahlreichen Untersuchungen von Wildbolz 
erscheint es möglich, im Urin Tuberkulöser Tuberkulose-Antigene durch 
eine einfache Hautreaktion nachzuweisen. Wird der Urin eines Tuberku- 
lösen im Vakuum bei 60—70° auf 10—20 Volumen-Prozent eingedampft 
und ein Tropfen davon in die Haut des Kranken selbst oder in die Haut 
eines andern Tuberkulösen injiziert, so entsteht an der Impfstelle nach 
1—2 Tagen ein deutliches Infiltrat mit Rötung der Haut, gleich wie bei 
Tuberkulininjektionen. Die Reaktion zeigt sich nicht nur bei Tuberkulose 
der Harnorgane, sondern bei jedem irgendwo im Körper gelegenen floriden 
Tuberkuloseherd, gleichgültig, ob der Urin eiterhaltig ist oder nicht. Der 
Urin gesunder Menschen oder solcher mit nur latenten Tuberkuloseherden 
erzeugt bei gleicher Verimpfung keine Hautreaktion. Auffällig ist, dass 
bei doppelseitiger Nierentuberkulose mit stark geschädigter Nierenfunktion 
trotz des Gehaltes des Urins an Tuberkelbazillen die Hautreaktion bei 
den vier von Wildbolz untersuchten Fällen negativ ausfiel. Möglicher- 
weise wurde dies dadurch bedingt, dass die in den Harnorganen durch 
Zerfall der Tuberkelbazillen entstandenen Tuberkuloseantigene von der 
ulzerierten Schleimhaut der Harnwege rasch resorbiert wurden und von 
den stark erkrankten Nieren nicht wieder ausgeschieden werden konnten. 

Bei der Infektion der Harnwege durch Kolibakterien und Staphylo- 
kokken erzeugt der eingedampfte und dadurch sicher steril gemachte Urin 
bei Verimpfung in die Haut des Produzenten nie ein Infiltrat, wohl. aber 
ab und zu eine Rötung der Impfstellen. Diese von der typischen Tu- 
berkulosereaktion leicht zu unterscheidende Hautrötung entsteht nur in 


„Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 318 


der Haut des Infektionsträgers, während sie auf der Haut eines anderen 
Gesunden mit Koli oder Staphylokokken nicht Infizierten vollkommen 
ausbleibt. 

Durch diese Urinreaktion an der Haut wird wahrscheinlich nicht nur 
die Diagnose der Tuberkulose der Harnorgane erleichtert, die Reaktion 
wird vielleicht auch wertvolle Dienste leisten in der prognostischen Be- 
urteilung ausserhalb der Harnorgane gelegener Tuberkuloseherde, weil sie 
offenbar nur deutlich positiv ausfällt, solange der tuberkulöse Herd noch 
florid ist, dagegen fehlt, wenn der Tuberkuloseherd latent geworden ist. 

Vielleicht wird es auch möglich, beim Vieh durch den Antigen- 
nachweis in der Milch (Ophtbalmoreaktion) die Diagnose florider Tuber- 
kuloseherde in und ausserhalb der Milchdrüse nachzuweisen. Dahin zielende 
Versuche sind eingeleitet.“ Lucius Spengler, Davos. 


539. Herm. v. Hayek, Die Lehre von der ‚„tuberkulösen Dis- 
position‘ — ein Hemmnis für eine erfolgreiche Tuberkulose- 
bekämpfung. W. kl. W. 1918 Nr. 20. 

Die Dispositionslehre begeht den Fehler, in einseitiger Weise nur den 
von der Tuberkulose angegriffenen menschlichen Körper zu berücksichtigen, 
während sie die Tuberkulose selbst gewissermassen als quantitativ und 
qualitativ konstante Grösse annimmt. Heute wissen wir, dass so manche 
Erscheinungen, die bisher als „tuberkulöse Disposition“ galten, bereite 
Kennzeichen und Folgen bestehender Tuberkulose sind. Das Schicksal 
der Tuberkulösen wird in weitgehendem, ja vielfach ausschlaggebendem 
Masse von den Immunitätsverhältnissen bestimmt. , Der Begriff der Dis- 
position ist ein Sammelbegriff für die Folgezustände aller möglichen 
Schädlichkeiten und für’älle physiologischen und pathologischen Eigen- 
tümlichkeiten der Organe, welche die Widerstandskraft gegen eine Krank- 
heit in irgend einer Weise herabsetzen. In dieser allgemeinen Fassung 
können wir die „Disposition“ auch für die Tuberkulose gelten lassen, für 
eine exakte Erkenntnis der tuberkulösen Pathogenese ist aber damit nichts 
gewonnen. Wir haben keine Berechtigung, eine irgendwie spezifische tuber- 
kulöse Disposition anzunehmen. Die angeblich „spezifisch tuberkulöse“ 
Disposition ist nur deshalb so häufig, weil eben die Tuberkulose so ver- 
. breitet ist. Auch der Begriff der „örtlichen Organdisposition“ der Lungen- 
spitzen für Tuberkulose scheint nicht glücklicb. Die „Disposition“ bei 
Tuberkulose ist zu einem stehenden Schlagworte geworden, die Folgen 
davon sind schwerwiegend, weil es sich tatsächlich um eine grobe Ver- 
wechslung von Ursache und Wirkung handelt. In der Praxis kennt man 
nur die tertiäre Tuberkulose, die Erkenntnis der sekundären gilt schon 
als Frühdiagnose und alles, was in die primäre Tuberkulose fällt, wird 
als tuberkulöse Disposition bezeichnet. 

„Wenn die Tuberkulose in den leicht heilbaren An- 
fangsstadien immer nur als „Disposition“ erklärt wird, bis 
sie ein schwer heilbares Stadium erreicht hat, und wenn 
sich die Mehrzahl der Ärzte an diesen falschen Standpunkt 
gewöhnt hat, so heisst das nicht weniger, als dass wir uns 
selbst die grundlegende Basis für eine aussichtsreiche Be- 
kämpfung der Tuberkulose entzogen haben.“ Erst wenn der 
. Leitsatz einer wirklichen Frühdiagnose und Frühbehandlung durchge- 
drungen sein wird, wird die Lehre von der „tuberkulösen Disposition“ 


320 Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomıe, 


abgelöst werden durch die Lehre von der primären und sekundären Tu- 
berkulose. Ebenso wie es keine „luetisch Disponierten“ mit positivem 
Wassermann gibt, gibt es auch keine „tuberkulös Disponierten‘“ mit posi- 
tivem Pirquet. Die „Disposition“ eines mit Tuberkulose infizierten Menschen, 
ein Phthisiker zu werden, ist in der Hauptsache schwacher Durchseuchungs- 
widerstand, schlechte Immunität. Dies ist deshalb etwas grundverschie- 
denes, weil der Begriff der Disposition bestehende Tuberkulose ausschliesst, 
während der Begriff der Immunität bestehende Tuberkulose voraussetzt. 
Die Dispositionslebre bei der Tuberkulose ist in die ihr zukommenden 
Grenzen zurückzuweisen, oder ganz fallen zu lassen, denn sie lenkt nur 
die Aufmerksamkeit von denm Gegner ab, den wir zu bekämpfen haben. 
A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


540. Sören Hansen-Kopenhagen, Über die Minderwertigkeit 
der erstgeborenen Kinder. Arch. f. Rassen- u. Ges. Biol. 
1913 Jg. 10 H. 6 XN. 701. 

Das Ergebnis der an der Tuberkuloseabteilung des Öresundhospitals 
und des Boserup-Sanatoriuma angestellten Untersuchungen geht im wesent- 
lichen dahin, dass eine Minderwertigkeit der Erstgeborenen fraglos in 
bezug auf Tuberkulose besteht. Andererseits nimmt die Lebenstüchtigkeit 
danach mit der steigenden Geburtsnummer ab, ein Verhalten, das mit 
dem über die Minderwertigkeit der Erstgeborenen Festgestellten im Wider- 
streit steht. Die „Brehmer’sche Disposition“ findet mithin in den Er- 
gebnissen Hansens eine gewisse Stütze. Blumenfeld. 


540a. Weinberg-Stuttgart, Über die Frage der Minderwertigkeit 
der Erstgeborenen. Arch. f. Rassen- u. Gesellsch.-Biol. 1913 
H. 2 S. 193. 


Weinberg macht gegen die Untersuchungsmethode Hansen’s Ein- 
wendungen. Nach seiner statischen Untersuchungsmethode erscheint die 
starke Belastung der Erstgeborenen teils wesentlich geringer, teils ver- 
schwindet sie und geht in eine Überbelastung der letzten Kinder über. 

Blumenfeld. 


541. J. Chotzen-Breslau, Über Vorkommen und Bedeutung der 
Scapula scaphoidea. B. kl. W., 7. Okt. 1918. 


Bei der Scapula scaphoidea ist das Schulterblatt dergestalt verändert, 
‘dass der vertebrale Rand nicht wie normal konvex, sondern konkav ver- 
läuft. Dadurch wird das ganze Schulterblatt schmäler, der untere Winkel 
spitzer, der Winkel zwischen Spina und Basis scapulae aus einem stumpfen 
zu einem rechten Winkel. Diese Veränderung galt bisher hauptsächlich 
als vergesellschaftet mit hereditärer Lues. Der Verf. hat nun 400 Kinder 
der Breslauer Hilfsschulen untersucht und dabei 59°/o Scapula scaphoidea 
gefunden. Bei dieser Zahl sind auch leichtere Grade mitgerechnet; wenn 
man nur ganz ausgesprochene Einbuchtungen in Betracht zieht, ergeben 
sich 33°/o. Bei solchen Kinderuntersuchungen ist Lues hereditaria immer 
nur gewissermassen als Wahrscheinlichkeitsdiagnose zu stellen, nicht alle 
Anhaltspunkte sind eindeutig. Bei 22°/o der Kinder mit Scapula scapho- 
idea war Lues hereditaria anzunehmen. Daraus ergibt sich, dass nach 
den Untersuchungen des Verf.’s die Lues heredit. sicherlich nicht die 
Hauptrolle spielt. Viel grösser ist die Beteiligung der Rachitis = 53 /o. 


Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 321 


Weiter kommen in Betracht erbliche Belastungen: Alkoholismus 12 °/o, 
schwere Nervenkrankheiten (Epilepsie) 100/0, Tuberkulose 10°/o. Inter- 
essant ist, dass der Verf. später im Felde Gelegenheit hatte, 550 Mann- 
schaften aller Altersklassen, Grade und Weaffengattungen in einem Er- 
holungsheim zu untersuchen. Davon hatten 19°/o diese Schulterblattver- 
änderungen. Und nun ergab sich, dass bei diesem kriegsdiensttüchtigen 
Menschenmaterial keiner dabei war, bei dem man auch nur bei weitester 
Wahrscheinlichkeit Lues heredit. annehmen konnte. Dagegen war bei 
37°/o Rachitis anamnestisch sicher zu stellen. Erbliche Belastung durch 
Nervenkrankheiten trat ganz zurück, Tuberkulose dagegen war mehr be- 
teiligt, mit 18°/. Am hauptsächlichsten findet sich also nach diesen 
Untersuchungen die Scapula scaphoidea im Verein mit Rachitis. 
Deist, Stuttgart. 


542. V. Häcker, Die Annahme einer erklichen Übertragung 
körperlicher Kriegsschäden. Arch. f. Frauenkunde u. Fuq. 
4. Bd. 1918 H.1u. 2. 

Der Verf. stellt die Fragen: Können die gewaltigen direkten und 
indirekten Wirkungen, welche die Kriegseinflüsse auf Körper und Seele 
ausüben, auch noch auf die ungeborenen Generationen Einfluss baben ? 
Ist die Erholung des Volkes von den Wirkungen eines mehrjährigen 
Krieges auf die Betroffenen selbst und auch auf die Nachkommenschaft 
zu vollkommener Leistungsfähigkeit in Frage gestellt? In rein ärztlichen 
Kreisen besteht hierüber noch keine eindeutige Klarheit, zur Klärung 
haben die Pathologen Ribbert und Orth und der Kliniker Martius 
beigetragen. Die Erforschungen der menschlichen Erblichkeitserscheinungen 
sind in grossem Umfang von den Ergebnissen der zoologischen und bota- 
nischen Vererbungslehre abhängig. Die neue Forschung stimmt allgemein 
darin überein, dass Übertragungen von Verletzungen und Verstümmelungen 
(Amputationen) im Lamack’schen Sinne nicht stattfinden. Es hat dafür 
auch schon vor dem Kriege Beweise gegeben. Hunde, denen man die 
Schwänze kupierte, bekommen immer wieder Junge mit normalen Schwänzen. 
Weitere Beispiele sind die rituellen Beschneidungen und die früher üb- 
lichen Fussverkrüppelungen der Chinesinnen. Wie es mit der Erblichkeit 
funktioneller Abänderungen (Gebrauch, Nichtgebrauch eines Organs) und 
psychischer Neuerwerbe steht, ist eine Frage. Wie ist es nun um eine 
allgemeine Schädigung des Fortpflanzungslebens bestellt, die sich infolge 
Unterernährung oder Erschütterung des Nervensystems derart äussert, 
dass die Qualitäten der Nachkommen im Sinne einer Verschlechterung 
beeindusst werden ohne entsprechende Änderung bei den unmittelbar be- 
troffenen Eltern? An Beispielen der Zoologie ist nachgewiesen, dass ver-. 
änderte Aussenbedingungen die chemisch-physikalischen Verhältnisse der 
betroffenen Individuen (Osmose der Gewebszellen, Stoffwechsel) beeinflussen 
und dass in mittelbarer Weise dadurch auch die Keimzellen aus ihrem 
Gleichgewichtszustand gebracht und im Keimplasma abgeändert werden. 
Die Keimzellen werden nur indirekt durch die Aussenbedingungen indu- 
ziert (exoblastogene oder idiokinetische Abänderungen). Diese Änderungen 
können noch innerhalb der normalen Variationsbreite der Art liegen, aber 
auch durch ungünstigere Einwirkungen zu Anomalien anatomischer oder 
pbysiologischer Art fübren (Hemmungsbildung, Degenerationszeichen). 
Inwieweit die Kriegsverhältnisse (Unterernährung der Eltern, verstärkte 


322 | Diagnose und Prognose. 


Berufspflichten, Sorgen, Aufregungen) solche Veränderungen bedingen 
können, ist noch ganz ungeklärt, zumal da auf botanischem und zoologi- 
schem Gebiet erst Anhaltspunkte zu vergleichender Betrachtung zu ent- 
stehen beginnen. Sicher scheint zu sein, dass dem Keimplasma ein grösseres 
Erholungs- oder Regenerationsvermögen zugeschrieben werden muss, dass 
damit das Keimplasma, welches abgeartet ist und sich in diesem Defekte- 
zustand Generationen hindurch erhielt, die ursprünglichen Qualitäten in 
harmonischer Verbindung wiederzugewinnen imstande ist. Das gleiche 
sollte dann für Anomalien von ausgesprochen pathologisch - degenerativer 
Natur gelten müssen. Darin würde ausser der Wirkung von Blutmischung 
und natürlicher Auslese allein schon durch Wiedereintritt günstiger Lebens- 
bedingungen die Möglichkeit zu einem neuen Aufstieg — einer Plasma- 
umkehr — gegeben sein. Für die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme 
sprechen auch geschichtliche Erwägungen. Deutschland könnte sich sonst 
nach dem 30 jährigen Kriege nicht mehr erholt haben. 
Deist, Stuttgart. 


543. Martha Martius-Rostock, Wissenschaft und Ethik als 
Grenzhüter der Eugenetik. Arch. f. Frauenkunde u. Eug. 
4. Da. 1918 H.1u.2. 

Das einfache Kleid der Tatsachen in der etwas dunklen Arbeit ist 
reich mit allgemeinen, naturphilosophischen, religiösen, rassehygienischen 
Verbrämungen verziert. Schält man die Tatsachen heraus, ergibt sich 
folgende. Darwin und sein Nachfahre Galton lassen eine allmähliche 
Höherzüchtung des Menschengeschlechts möglich erscheinen. Weiss- 
mann (Chromosomentheorie) hält eine Möglichkeit der Vererbung erwor- 
bener Eigenschaften entgegen Lamarck für ausgeschlossen, er prokla- 
miert die Kontinuität des Keimplasmas. Die Lehre von Martius ver- 
mittelt zwischen Weissmann und der Notwendigkeit, die Entstehung 
der Arten zu erklären. Nach Martius hat in vorgeschichtlichen Jabr- 
hunderten eine Vererbung erworbener Eigenschaften stattgefunden. Dies 
hat zum Entwickelungsaufbau der Arten beigetragen. Die Menschheit ist 
nun auf dem Weg der Höberentfaltung artfest geworden, sie verwertet 
Lebenseinflüsse erblich nicht mehr. 

Die Verfasserin spricht dann von Zeichen des Niederganges in unserem 
Vaterland, die dieselben seien wie in Rom und Griechenland zur Zeit 
ihres Unterganges. Diese Schäden bei uns seien soziologischer Art und 
„durch die freie Entschliessung des einzelnen unter dem Einfluss des Kul- 
turlebens entstanden“. Die freie Entschliessung eines sittlich gehobenen 
Volkes müsste dann auf eugenischem Wege eine Heilung dieser Schäden 
ermöglichen. Die Arbeit klingt aus in dem Satze: „Deutschland wird 
niemals zu besiegen, zu vernichten sein, wenn eine gewissenhafte Fort- 
pflanzungsverantwortung im Volke Wurzel schlägt“. Deist, Stuttgart. 


b) Diagnose und Prognose. 


544. E. Liebmann, Zur Methodik der mikroskopischen Unter- 
suchung des Auswurfs. B. kl. W., 14. Okt. 1918. 
In der Hämatologie hat fast ganz allgemein das gefärbte Präparat 
das ungefärbte verdrängt. Im Gegensatz dazu untersucht man den Aus- 
wurf fast stets ungefärbt. Und doch muss es oft ale wichtig gelten, die 


Diagnose und Prognose. 323 


einzelnen Sputumbestandteile näher zu differenzieren, als es im ungefärbten 
Präparat möglich ist. Der Verf. hat nun eine Methode ausgearbeitet, die 
die technischen Schwierigkeiten der Färbung von Auswurfpräparaten 
leichter überwinden lässt. Er benützt dazu die feuchte Fixation deshalb, 
weil bei der Eintrocknung von Sputumausstrichen die ursprünglichen 
Zellformen stark entstellt werden. Die Technik ist folgende: das Sputum 
wird in sterilen Petrischalen aufgefangen. Durch Betrachten über ver- 
schieden gefārbtem Grund kann man sich alle Einzelheiten vor Augen 
führen. Dann wird das zu untersuchende Stück auf sorgfältig gereinigtem 
Objektträger mit 2 Nadeln nach Art der Zupfpräparate ausgebreitet oder, 
wenn es flüssig genug ist, mit geschliffenem Objektträger ausgestrichen. 
Druck darf nicht angewendet werden, weil sonst Zerrbilder entstehen. 
Die Fixation erfolgt unmittelbar nach dem Ausstrich, am besten mit ab- 
solutem Methylalkohol 3—5 Minuten lang. Gefärbt können dann die 
Präparate nach den gleichen Grundsätzen wie die aufgezogenen histologi- 
schen Schnitte werden. Für das Studium der Kerne empfiehlt sich Fär- 
bung mit Hämatoxylin-Eosin. Zur Darstellung der eosinophilen Granula 
nimmt man May-Grünwald’sche Lösung zu gleichen Teilen mit destil- 
liertem Wasser (20 Minuten), der Lösung setzt man zur besseren Kern- 
färbung 2 Tropfen polychromes Metbylenblau zu. Weiterbehandlung der 
so gefärbten Präparate erfolgt durch Entwässern im steigenden Alkohol, 
Aufhellen in Xylol, Einschliessen in Kanadabalsam. 

Die Bilder der so gefärbten Präparate stimmen naturgemäss mit 
denen der bisherigen Trockeupräparate nicht völlig überein. Diese Unter- 
schiede werden an Hand von Abbildungen gezeigt. Besonders eignet sich 
das Verfahren für die Darstellung der Curschmann’schen Spiralen. 

Deist, Stuttgart. 


545. Kankeleit, Über die Deutung von streifenförmigen Schatten 
neben der Brustwirbelsäule im BRöntgenbild. (Nachtrag zur 
Arbeit M. m. W. 1918 Nr. 16 S. 424.) D. m. W. 65. 1918 S. 822. 


K. hatte in einem Aufsatz darauf hingewiesen, dass die streifen- 
föürmigen Schatten neben der Brustwirbelsäule im Röntgenbilde ohne 
nachweisbare anatomische Veränderung der Wirbelsäule oder ibrer Um- 
gebung vorkommen und bei gegebenen klinischen Symptomen zur Fehl- 
diagnose führen können. K. hat seine Röntgenphotographien den Herren 
Geh. Prof. Sommerfeld und Prof. Wagner gezeigt. Beide haben die 
streifenförmigen Schatten neben der Brustwirbelsäule für zweifellos physi- 
kalisch reell erklärt und die etwaige Mitwirkung Mach’scher Streifen 
abgewiesen. Eine physikalische Erklärung des beschriebenen Phänomens 
steht noch aus. Bredow, Ronsdorf. 


546. Karl Dietl, Bemerkungen zu Friesicke: Diagnostische Er- 

fahrungen an Tuberkuloseverdächtigen. W. kl. W. 1918 

Nr. 25. 

Vom Bazillenbefund im Sputum darf die Prognose nicht abhängig 
gemacht werden. Einerseits findet man beginnende, sicher aktive Pro- 
zesse ohne Tuberkelbazillen, andererseits gibt es Fälle mit Bazillen im 
Auswurf, die man nicht deshalb allein als aktiv-progredient ansehen 
kann, sondern nur unter Berücksichtigung der übrigen Symptome, nament- 
lich des Verhaltens der Temperatur. Die Stichreaktion sagt für die Dia- 


324 Diagnose und Prognose. 


gnose „aktive Tuberkulose“ weniger, für die Diagnose „Tuberkulose über- 
haupt“ mehr als die Kutanreaktion. Es ist vielleicht möglich, aus dem 
Vergleiche der Intensität des Ausfalles von Kutan- und Stichreaktion 
Schlüsse auf die Aktivität des Prozesses zu ziehen. : Gegenüber Friesecke 
(M. m. W. 1917 Nr. 64; Ref. 83 S. 52 d. Jgs.) betont Verf. die Spezifität 
der Stichreaktion; ferner weist er auf die Wichtigkeit von Temperatur- 
steigerungen nach geringer körperlicher Anstrengung, sowie bei Bett- 
lägerigen nach Injektion einer kleinen Tuberkulindosis bin. Ä 
A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


547. H. Popper, Zur Methode der Lungenspitzenperkussion. 
D. m. W. 1918 Nr. 17. 

Verf. betont die Wichtigkeit der respiratorischen Spitzenper- 
kussion; normalerweise verschiebt sich die Grenze der Lungenspitze um 
ungefähr 1!/s cm nach oben. Verwachsungen der Lungenspitze, Schwielen 
oder Infiltrationen in dieser äussern sich durch eine Herabsetzung oder 
Aufhebung dieser Verschiebung. Mit Wahrscheinlichkeit handelt es sich 
nicht um eine wirkliche respiratorische Verachiebung der Lungenspitze, 
sondern um ein durch die vermehrte Luftfüllung hervorgerufenes Phänomen. 

C. Kraemer IlI. 


548. Quineke, Zur Messung der Körperwärme. M. m. W. 65. 
1918 S. 766—767. 
Q. empfiehlt wieder die Temperaturmessung des ĦHarnstrahles als 


Ergänzung und unter Umständen als brauchbaren Ersatz. 
Bredow, Ronsdorf. 


549. M. Netousek, Zur Symptomatologie der solitären Tuberkel 
des Rückenmarks. Časopis lékařů českých. 1918 Nr. 87—39. 


Auf Grund eines klinisch, anatomisch und histologisch genau unter- 
suchten Falles hält der Autor folgende Symptome für charakteristisch: 
1. Typische Symptome einer medullären Neubildung bei generalisierter 
Tuberkulose der Lungen, der I,ymphknoten und des Extremitätenskeletts. 
2. Transitorische Dissoziation der Sensibilität mit konsekutiver totaler 
Analgesie an den Extremitäten, die eine atrophische Parese mit spontanen 
echmerzhaften Spasmen nach vorangegangenem neuralgischem Stadium 
infolge Wurzelreizung aufweisen. 3. Progressiver Verlauf trotz Therapie 
ohne Störungen in der anavesikalen Sphäre und ohne Dekubitus. 4. Exitus 
an Lurgentuberkulose ohne uro- oder dermatoseptische Komplikationen. 

Der Tuberkel sass im Bereich des D XI, D XII und der angren- 
zenden Partie des Lendenmarks im Bereich des LI. Die Degeneration 
betraf in aufsteigender Richtung: 1. in den Goll’schen Strängen den 
proximalen Anteil des Brustmarks und das Halsmark, in den Burdach- 
schen Strängen den distalen Anteil des Brustmarks; 2. die aufsteigenden 
spinozerebellaren Bahnen in den Seitensträngen; 3. die Randpartie der 
Vorderstränge. In absteigender Richtung: 1. die Pyramidenbahnen der 
Seitenstränge bis zum Sakralmark; 2. in den Hintersträngen das ovale 
Feld Flechsig’s, den ventralen Abschnitt der Hinterstränge in der Um- 
gebung der hinteren Kommissur; 3. das Löwenthal’sche Bündelchen 
links; 4. in den Vordersträngen die Umgebung der vorderen Kommissur. 

G. Mübhlstein, Prag. 


Therapie. 325 


250. Emerich Schill- Rózsahegy, Erfahrungen bei der Beurlau- 

bung von leichteren Lungenkranken. Eine statistische Studie. 

M. kl. W. 1917 Nr. 35 (Beil. Militärsanitäiswesen). 

Untersuchungen an 60 Kranken, welche zweimal nach Hause beur- 
laubt wurden. Ein beträchtlicher Teil derselben kehrte mit subfebrilen 
Temperaturen zurück. Aus seinen — für eine Statistik wohl zu kleinen 
— Zahlen zieht Verf. den Schluss, dass leichtere Fälle von Lungen- 
krankheit nur dann als arbeitsfähig betrachtet werden können, wenn 
nach drei vollkommen fieberfrei verbrachten Monaten die 
wiederholte Aktivitätsprobe (Temperaturmessung vor und nach 
1/a—1 stündigem Spaziergang) negativ ausfällt. (Dieselbe Arbeit 
erschien auch im Orvosi Hetilap 1917, 38). 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


c) Therapie. 


551. Alex. Skutetzky, Die Behandlung der Tuberkulose mit 

Tuberkulomuzin „Weleminsky*. W. kl. W. 1918 Nr. 22. 

Dem Tuberkulomuzin räumt Verf. neben sehr günstiger Wirkung bei 
schweren spitalbedürftigen Lungenkranken eine besonders bevorzugte Stel- 
lung bei der ambulatorischen Behandlung der Lungentuberkulose ein. In 
4 Jahren an Friedens- und Kriegsmaterial erzielte Verf. an etwa 300 
Fällen günstige und gleichmässige Resultate. Deutliche Stichreaktion bei 
der Anfangsdosis von 4 mg gibt gute, fehlende auch bei höheren Dosen 
schlechte Prognose. Gegenanzeigen gegen die Behandlung bestehen nicht. 
Schilderung der Technik. Verf. empfiehlt ausgedehnte ambulatorische An- 
wendung und zu diesem Zwecke die Errichtung von möglichst zahlreichen 
Ambulatorien. Geeignet für die Behandlung sind die Fälle des I. und 
II. sowie die reaktionsfähigen des III. Stadiums. Meist fällt das Fieber 
sehr bald ab, dann kommt es zu Steigerung des Appetits, Hebung des 
Körpergewichts, es fallen die Pulszahlen, endlich Besserung der klinischen 
Erscheinungen. Für die Behandlung nicht geeignete Fälle sind gekenn- 
zeichnet durch fehlende Stichreaktion und dadurch, dass trotz Fieberab- 
fall und Bebserung des Appetiis weder eine Beeinflussung der erhöhten 
Pulszahl, noch Körpergewichtszunahme eintritt und dass die Leukozyten- 
zahl keine erhebliche Vermehrung erfährt, 

A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


552. Deuel, Beitrag zur Kenntnis des Friedmann’schen Mittels 
gegen Lungentuberkulose. M. m. W. 65. 1918 S. 763—765. 
D. fasst seine 4 !/s jährigen Erfahrungen mit dem Friedmann’schen 
Mittel dahin zusammen: 
1. Durch dasselbe werden frische Fälle und frische Exazerbationen 
älterer Fälle von Lungentuberkulose auffallend günstig beeinflusst. 
3. Schwere Fälle von Lungentuberkulose werden in einem grossen 
Prozentsatz günstig beeinflusst. Bredow, Ronsdorf. 


553. Pape, Beiträge zur Kenntnis des Friedmann’sehen Mittels 
gegen Lungentuberkulose. M. m. W. 65. 1918 8. 769—763. 
P. veröffentlicht seine mit dem Friedmann’schen Mittel gemachten 
günstigen Resultate, die er innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren ge- 


326 Therapie, 


macht hat. Er stimmt den Veröffentlichungen von Göpel usw. zu.. Neues 
bringt der Artikel nicht. Bredow, Ronsdorf. 


554. W. Neumann, Die Ausserbettbehandlung der Lungen- 
blutung. D. m. W. 1918 Nr. 15. 

Verf., welcher seit 1915 die Ausserbettbebandlung der Hämoptoe 
vertritt, führt einen neuen Fall an, der geradezu das Bild eines typiscben 
‚wohlgelungenen Experiments bot. In fünf aufeinanderfolgenden Nächten 
- löste bei dem Patienten das Schlafen im Bett, selbst bei erhöhtem Ober- 
körper, Rückfälle einer Lungenblutung aus. Konsequentes Ausserbett- 
bleiben liess nach weniger als zweimal 24 Stunden das Blut aus dem 
Auswurfe völlig verschwinden. C. Kraemer Il. 


555. v. Niedner, Die Ausserbettbehandlung der Lungenblutung. 
D. m. W. 1918 Nr. 23.') 

v. N. hat sich ebenfalls in vielen Fällen von durch Stauung er- 
zeugter Blutung von dem Erfolg der Digitalistberapie, wie der Neu- 
mann’schen Lehnstuhlbebandlung überzeugen können, möchte aber in 
Erinnerung bringen, dass Blutungen doch auch durch Arrosion von Ge- 
fässen vorkommen, für welche die alte Behandlung mit Ruhigstellung, 
Sedativis, Gerinnungsbeförderung ihre Berechtigung bebält. 

C. Kraemer II. 


556. Tachau und Mickel, Ruhe und Bewegung in der Behand- 

-lung des fieberkranken Lungenkranken. D. m. W. 1918 

Nr. 26. 

Die Verff. haben die Dauer des Temperaturabfalles, nach vorüber- 
gehender Steigerung durch Bewegung, beim Gesunden und Kranken 
(Tukerkulösen) im Stehen, Sitzen und Liegen untersucht. Beim Gesunden 
fiel die Temperatur ausnahmslos in !/2stündiger Ruhe, auch im Stehen, 
wieder ab, während sich beim Kranken zeigte, dass nur im Liegen rascher 
und meist völliger Temperaturabfall eintrat. Der Tuberkulöse muss also 
zum Ausruhen nach körperlichen Anstrengungen eine liegende Stellung 
einnehmen, und diese länger einhalten als der Gesunde die sitzende, um 
die gleiche Erholung zu erzielen. Aus der Beobachtung der Körperwärme 
nach Anstrengungen und vor allem der Art und Dauer ihres Abfalles 
lässt sich also das für den einzelnen Kranken nötige Mass von Bewegung 
und Ruhe ableiten und danach auch bis zu einem gewissen Grade seine 
Arbeitsfähigkeit bestimmen. C. Kraemer II. 


557. Samuel Papp, Ruhe und Bewegung als Heilfaktoren. 
Magyar Balneologiai Értesito 1917. 
Es wird auch die Frage der Ruhekur bei Lungenkranken besprochen. 
Ihre Vorteile werden anerkannt. D. O. Kuthy, Budapest. 


558. Niven Robertson, The diagnosis and treatment of Hämo- 
ptysis in cases of pulmonary tuberculosis. Brit. Journ. of 
Tub., Juli 1918, Nr. 3. 

Blutungen, die nicht von der Lunge kommen: Epistaxis, 

Pharynxblutungen, Blutungen aus der Trachea, aus dem Verdauungs- 


1) Vergl. Referat über die Arbeit Neumann’s in D. m. W. 1918 Nr. 15. 


Therapie. 327 


traktus (Zahnfleisch, Ösophagus, Magen [Blut aus dem Magen zeigt saure, 
aus der Lunge alkalische Reaktion]), aus dem Zirkulationssystem (Aneurysma- 
blutungen aus der Trachea), Blutungen bei Blutkrankbeiten und akuten 
Fieberkrankbheiten, Hysterie. 

Bei Blutungen aus der Lunge selber sind differentialdiagnostisch 
auszuschliessen: Lungentumoren, Echinokokkus (Röntgenaufnahmen 1), Sy- 
philis (Wassermann !), Embolie. 

Bei Behandlung der Lungenblutungen sind zu beachten: 
1. Gefahr der Arpbyxie, 2. Synkope, 3. eigentlicher Shock, 4. Verhütung 
sekundärer Aspbyxie. 

Bei Gefahr ‘der Asphyxie kein Aufrichten des Patienten oder 
Sitzen desselben, da dann Akkumulation des Blutes in den untern Lungen- 
partien stattfindet: Niederlegen des Patienten in „Schaefer’s Position“: 
Flachliegen und künstliche Atmung, evtl. Tieferlegen des Kopfes und 
Höherlegen der Beine. Bei Synkope: Sauerstoff-Inhalationen zusammen 
mit subkutaner Darreichung von Strychnin oder Digitalis, Aufseizen des 
Patienten, kein Morphium. Morphium und Strychnin schliessen sich aus, 
je nach dem Verhalten des Pulses, der Farbe des Patienten, des Grades 
der Asphyxie und der Blutung das eine oder andere. Bei richtigen 
Shockerscheinungen: Wärmezufuhr, heisse Flaschen, Decken, evtl. 
Adrenalin oder intravenöse Einspritzungen von Pituitrin. „Bei der Be- 
kämpfung der Asphyxie darf man nicht so weit gehen, dass Synkope auf- 
tritt, bei Synkope nicht so weit, dass neuerdings Blutung und Asphyxie 
sich einstellen.“ 

Nachbehandlung, Verhütung einer sekundären As- 
phyxie: Bei nicht akut bedrohlichen Erscheinungen und Aushusten von 
Blutkoagula Morphium, aber nicht kritiklos und in zu grossen Dosen, 
abwechselnd mit Expektorantien (Gefahr von Aspirationepneumonien, und 
sekundärer Asphyxie, häufig die Folge von zu viel Morpbium). Mund- 
pflege, Nasenpflege, (dadurch Verhütung sekundärer septischer 
Bronchopneumonien). Während der ersten 24 Stunden nach frischer 
Blutung wenig Nahrungszufuhr, nur Wasser, dann neben Eiswasser 
gelatinöse Nahrung, Fleischsaft; Kohlehydrate, die Flatulenz verursachen, 
sind auszuschliessen. Patient soll ruhig und der Blutdruck niedrig ge- 
halten werden (Kalomel von Zeit zu Zeit, morgens ein salinisches Wasser). 
Länger als 2—3 Tage soll man aber, selbst bei fortbestehender Blutung, 
mit fester Nahrung nicht zuwarten. Ärzte und Pflegepersonal mit 
akuten Erkältungskrankheiten (Schnupfen etc.) sollen fernbleiben. Keine 
Besuche, kein Kaffee, kein Tee, kein Alkohol. 

Bei hobem Blutdruck vasodilatorische Mittel, Natr. nitr., Trinitrin- 
Tabletten, Inhalation von Amylnitrit, Calc. lactic. NaCl in 5—10°], 
isotonischen Lösungen intravenös, bei mässigen Blutungen Injektion von 
ile grain (= 0,015 g) Morphium und 1/2 grain (== 0,03 g) Emetin. Bei 
einseitiger Erkrankung Heftplasterfxation, evtl. künstlicher Pneumothorax. 

Amrein, Arosa. 


559. Cursehmann, Über die Verordnung von Morphium bei 
Lungentuberkulose. Zschr. f. Tbc. Bd. 29 H.1. 
Jede Sekretstauung bei Lungentuberkulose ist unbedingt zu ver- 
meiden, da die Tuberkelbazillen sich im stagnierenden Sekret vermehren 


328 Prophylaxe. 


und so zu Metastasen vom Lumen der Bronchien aus führen können. 
Daher ist die Darreichung von Morphium, auch bei Blutungen, unbedingt 
zu verwerfen. Die Ruhigstellung der Lunge durch den Pneumothorax 
wirkt grösstenteils durch die Verminderung der Absonderung. Eben wegen 
der erschwerten Sekretentleerung ist die Prognose der Unterlappentuber- 
kulose ungünstiger als die der Spitzen. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


560. Köhler, Zur Tuberkulosebehandiung unter dem Kriegs- 
einfluss. Zschr. f. ärztl. Fortbild. 1918 H. 4. 


Bei den Kriegstuberkulosen handelt es sich meist um metastasierende 
Autoinfektionen oder um das Aufflackern alter Herde, sehr viel seltener 
um additionelle Infektionen von aussen. Die Anstrengungen des Krieges 
bewirken eine anergische Periode, die durch gehäufte Impfungen verstärkt 
werden kann. Bei den Ansteckungen muss dem Nachweis einer durch- 
gemachten Heilstättenkur mehr Beachtung geschenkt werden; denn wenn 
eine kurze Kriegsdienstzeit auch einen günstigen Einfluss haben kann, 
so wirkt eine längere Tätigkeit im Felde offenbar ungünstig. Zweifellos 
hat im Heere sowohl, wie in der Heimat die Tuberkulose eine Zunahme 
erfahren. Da ausserdeutsche Kurorte und Heilanstalten zur Behandlung 
nicht in Frage kommen, so muss den Tuberkulösen Gelegenheit geboten 
werden, in der Heimat eine Kur in einer geschlossenen Anstalt zu 
machen; wie die Erfahrung gelehrt hat, ist das physikalisch-diätetische 
Heilverfahren in der Anstalt das beste Kurmittel. Die üblichen Auf- 
enthalte in offenen Kurorten, oft bei mangelhaften hygienischen Ein- 
richtungen, sind zu verwerfen. l 

Es werden also neue Anstalten gebaut werden müssen, vor allem 
auch für den Mittelstand; die Einleitung dieser Organisation erfolgt 
zweckmässig von einer Zentralstelle aus. | 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


e) Prophylaxe. | 


561. G. Taubert, Beitrag zur Frage der Wohnungsfürsorge für 

Lungenkranke. Österr. T’be.-Fürs.-Bl. Jg. 2. Nr. 1. 

Zur Behebung des Spitalsbettenmangels für schwer Lungenkranke macht 
Verf. folgenden Vorschlag: In jedem von zahlreichen (und kinderreichen) 
ärmeren Wohnparteien bewohnten Miethause ist eine aus mehreren Räumen’ 
bestehende Wohnung als Hausspital einzurichten (im äussersten Falle 
wenigstens für mehrere Häuser eine solche Wohnung) und sind in diesem 
alle an offener Tuberkulose leidenden Schwerkranken solange unter- 
zubringen, bis deren Aufnahme in ein Krankenhaus erfolgen kann. — 
Die Schwierigkeiten, welche sich der Durchführung dieser Massregel ent- 
gegenstellen, Widerstände des Hauseigentümers, des Kranken selbst, 
Schwierigkeiten der Beschaffung geeigneter Räume bei der derzeitigen 
Wohnungsknappheit, verkennt Verf. nicht, doch hält er sie nach ent- 
sprechender Aufklärung der Bevölkerung und bei energischem und strengem 
Vorgehen von Seite der Behörden nicht für unüberwindbar. Die innere 
Einrichtung eines solchen Hausspitales hat möglichst einfach zu sein; 
den ärztlichen Dienst versehen der betreffende Kassen-, Armen- oder 


Prophylaxe. | 329 


Fürsorgearzt; für die Kosten haben der Staat und die Gemeinden, ev. 
die Fürsorgevereine etc. aufzukommen. | 

Abgesehen davon, dass der Referent daran zweifelt, dass sich diese 
Schwierigkeiten tatsächlich überwinden lassen werden, lassen sich auch 
prinzipielle Bedenken über die Zweckmässigkeit dieser Idee nicht ganz 
unterdrücken. Bei .der gegenwärtigen Spitalsbettennot, für die in abseh- 
barer Zeit auch keine wesentliche Abhilfe zu gewärtigen ist, dürften die 
meisten der diesen Hausspitälern übergebenen Schwertuberkulösen wohl 
bis zu ihrem Tode in denselben verbleiben. Es würde also eine neue 
Art von Sterbehäusern entstehen, die man heute wohl ziemlich allgemein 
verwirft. Ausserdem ist zu befürchten, dass bei dieser Form der Unter- 
bringung von schwer Lungenkranken auch ihr Hauptzweck, die Isolierung 
von der Familie und besonders den am meisten gefährdeten kleinen 


Kindern nicht ganz erreicht würde. Es lässt sich keine spitalsmässige . 


Disziplin und Ordnung einhalten, infolge der allzugrossen Bequemlichkeit 
würden die Krankenbesuche sehr grosse und gefährliche Dimensionen an- 
nehmen. Es kann nur immer und immer wieder die Forderung erhoben 
werden: Es müssen aus Öffentlichen Mitteln entweder im Anschlusse an 


schon bestehende Krankenanstalten oder selbstständig eigene Tuberkulose- 


spitäler für alle Formen und Grade dieser Krankheit errichtet werden. 
Alle anderen Notauskunftsmittel sind nur Stückwerk und höchstens ge- 
eignet, die Erfüllung dieser Hauptforderung als nicht so akut und wichtig 
erscheinen zu lassen und dadurch zu verzögern. Ebenso notwendig ist 
es, dass eine vernünftige und moderne Bauhygiene das derzeitige Wohnungs- 
elend lindert. Für solche Zwecke müssen eben die notwendigen Geld- 
mittel aufgebracht werden, ebenso wie sie für weiß weniger wichtige auf- 
gebracht werden. A. Pagazhnik, Gutenstein N.-O. 


562. Abramowski, Die Separation der Schwindsüchtigen. 
Fortschr. d. Med. 1917/1918 Nr. 23/24. 

Abramowsky fordert strenge Trennung der neugeborenen Kinder 
bis zum Alter von 1!/s Jahren von der an offener Tuberkulose leidenden 
Mutter und überhaupt von ansteckender Umgebung. Bei älteren Kindern 
ist grosse Vorsicht nötig, aber die Trennung braucht nicht mehr so ganz 
streng zu sein, weil bereits eine gewisse Immunität erreicht ist, mehr Ab- 
wehrkräfte zur Verfügung stehen. Diese oft gehörten Vorschläge sind 
theoretisch ganz richtig, wie aber sollen sie praktisch allgemein durch- 
geführt werden! Da gibts leider häufig genug unüberwindliche Schwierig- 
keiten, zumal jetzt in der Kriegszeit. Auch ist die ganze Frage doch 
noch nicht richtig geklärt: Eine gewisse Infektion ist doch auch wieder 
nötig, um die Schutzkräfte des Organismus zu entwickeln. Sonst kanns 
den separierten Kindern leicht gehen wie den Angehörigen wilder Völker, 
wenn sie mit der Kultur in Berührung kommen. Ein Problem erzeugt 
leider immer neue Probleme. | Meissen. 


563. Heinr. Thausing, Über eine Voraussetzung aller Tuber- 
kulosebekämpfung. W. kl. W. 1918 Nr. 45. 

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Wohnungsnot die Be- 
kämpfung der Tuberkulose als Volkskrankheit illusorisch macht. Die 
Lösung der Wohnungsfrage, die nichts anderes ist als die uralte Boden- 
rechtsfrage, wäre Tuberkulosetherapie in allergrossartigstem Masstabe. 


Internat. Oentralbl. f. Tuberkulose-Forschung 12. 22 


— — 


330 Krieg und Tuberkulose. 


Es müsste der Grund und Boden nach seinem Werte, nicht nach seinem 
Ertrage besteuert werden, dann würde die missbräuchliche Verwendung 
zur Spekulation. verhütet werden. „Müsste der Urbesitzer oder der Grund- 
stückspekulant den baureifen Boden nach seinem Werte versteuern, so 
fiele die Grundrente genau um die Höhe der Steuer und dementsprechend 
auch der Preis des Platzes.“ Durch schonenden Beginn und weiteren 
Ausbau der Bodenwertsteuer neben den anderen Steuern würde in wenigen 
Jahrzehnten die heutige Grundrente im Verhältnis zum Werte des Bodens 
als Wohn- und Arbeitsstätte gar nicht mehr in Betracht kommen und 
der Boden wäre so gut wie frei, unterdessen könnten dann die anderen 
Steuern abgebaut werden. „Der Boden käme ganz von selbst in die 
fleissigsten und tüchtigsten Hände und es wäre nicht mehr lohnend ihn 
spekulativ so lange zu sperren, bis er nur mehr ekle Zinskasernen trägt, 
diese Brutstätten der Tuberkulose.“ Ohne die Bodenwertsteuer hält Verf. 
den Kampf gegen die Tuberkulose als Volkskrankheit für gänzlich 
aussichtelos. A. Baer, Sanatorium Wienerwald. 


564. Herford, Gesundheitliche Kinderfürsorge am Heimatort 
M. m. W. 65. 1918 S. 595— 597. 

. H. empfiehlt die Gründung von kleinen Anstalten für die gesund- 
heitliche Fürsorge der Kinder am heimischen Ort. Als besondere Vor- 
züge zählt er auf, dass mehr Kinder alsdann erfasst werden können, dass 
billiger gearbeitet werden kann, Heimweh vermieden wird, die Behandlung 
und die Kurdauer besser in der Hand behalten werden. Derartige An- 
stalten — ohne Luxus gehalten — sollen natürlich nur zur Ergänzung 
der auswärtigen Anstalten dienen. Bredow, Ronsdorf. 


565. Ad. Bauer, Wesentliche Punkte der Tuberkulose-Hygiene. 
Tbe.-Fürs.-Bl. 1918 Nr. 1u. 2. 
Gemeinverständliche Darstellung. H. Tachau, Heidelberg. 


° d) Krieg und Tuberkulose. 


566. Zadek, Beiträge zur Entstehung und zum Verlauf der 
Lungentuberkulose im Kriege. M. m. W. 64. 1917 S. 1635 
bis 1638. ý 

Die Lungentuberkulosen, die bei vorher kräftigen und gesunden 
Soldaten aus unbekannten und allgemeinen Ursachen auftreten, weisen 
von vornherein einen ganz überwiegend progressiven Charakter auf. Im 
Gegensatz dazu herrschen unter den bereits früher Lungenkranken, im 
Heeresdienst wiederum an Tuberkulose Erkrankten die schweren Formen 
nicht in demselbeu Masse vor. Bei den ursprünglich Lungengesunden 
verhalten sich die schweren Tuberkulosen zu den leichten wie 5,5 : 1, bei 
den früher bereits Kranken wie 2:1. 

Vorurteilslos betrachtet scheint es, als ob die wirklichen Infektionen 
(Reinfektionen!) und primären Erkrankungen an Lungentuberkulose im 
Kriege häufiger sind und ihre Prognose schlechter ist, als man gemeinhin 
anzunehmen geneigt ist, während die Exazerbationen und Manifestationen 
von Disponierten, ebenfalls zahlreich und frühzeitig in die Erscheinung 
tretend, milderen Verlauf zeigen. 

Auffällig ist ferner nach dem Material des Verfassers, dass die 


Krieg und Tuberkulose. 331 


traumatischen Tuberkulosen bei bis dahin anamnestisch Lungengesunden 
prozentual viel bäufiger und vor allem klinisch prognostisch schlechter 
sind als bei den mit Tuberkulose Belasteten und bereits früher Lungen- 
kranken. 

Die Folgerungen des Verf’s bedürfen der N — an einem 
grösseren Material, das vor allem nicht wie das Material einer Lungen- 
fürsorge einseitig sein darf. Immerhin gibt der Aufsatz manche An- 
regung. Bredow, Ronsdorf. 


567. Stefan Pekanovich, Aufgaben bezüglich der Fürsorge 
der liungenkranken Soldaten nach dem Kriege. Budapesti 
Orvosi Ujsák 1918 Nr. 32. 


Die Fälle wären vor allem nach ihrem Sputumbefund in zwei Haupt- 
gruppen einzuteilen. Diejenigen mit negativem Befund könnten heim- 
geschickt werden. Die mit Bazillen sollte man in den Militäranstalten 
4 — 6—8 Wochen beobachten, ob sich der Zustand bessert oder ver- 
echlimmert, evtl. stagniert. Die aussichtslosen und sich verschlimmernden 
Fälle würden weiter in Anstaltsbehandlung bleiben; die stagnierenden 
und sich bessernden Fälle wären dagegen in Erholungsstätten mit ent- 
sprechender Beschäftigung der Pfleglinge unterzubringen. 

D. O. Kuthy, Budapest. 


568. Julius Beneze, Die Lungentuberkulose und die Militär- 
dienstfähigkeit. Orvos Képzés 1917, August. 


Die richtige Auffassung der Frage, welche der Abhandlung innewohnt, 
lässt sich durch folgenden Satz kurzweg beleuchten. „Betrachten wir die 
Fälle nicht mit einer Voreingenommenbheit; glauben wir nicht, dass bloss 
der Habitus phtbisicus mit seinem flachen paralytischen Thorax zur An- 
siedlung des Tuberkelpilzes einen günstigen Boden liefert, sondern es leite 
uns in der Beurteilung des Einzelfalles stets der gründlich erhobene ob- 
jektive Befund und die sorgsamste Beobachtung des betreffenden Indivi- 
duums bei Anwendung sämtlicher zu Gebote stahender Hilfsmittel der 
Diagnostik. D. O. Kuthy, Budapest. 


569. Thiele, Die Ergebnisse der neuzeitlichen Tuberkulose- 
forschung und das Mannschaftsversorgungsgesetz vom 31. V. 
1906. D. m. W. 1918 Nr. 3. 


Zusammenfassung: Wenn auch das Mannschaftsversorgungs- 
gesetz zugunsten tuberkulöser Heeresentlassener in weitgehender Weise 
Anwendung findet, ist eine grundsätzliche Berücksichtigung der Ergebnisse 
der neuzeitlichen Tuberkuloseforschung bei einer Neubearbeitung des 
Gesetzes dringend erwünscht. Schwerkranke Tuberkulöse sind im hinblick 
auf den Schutz ihrer Kinder vor Ansteckung solange als möglich oder 
dauernd in Heimstätten zurückzubehalten. Den Angehörigen soll eine 
„Heimstättenzulage“ gewährt werden. C. Kraemer II. 


570. Scholz, Zur Frage der Dienstbeschädigung bei Lungen- 
tuberkulose. Med. Klin. 1917 Nr. 38. ` 
Die Lungentuberkulose kann im Dienste durch frische Infektion oder 
durch Aktivwerden eines latenten Herdes, der nie Erscheinungen gemacht 
hat, entstehen. In den meisten Fällen wird es durch eingehende Unter- 
99% 


332 Krieg und Tuberkulose. 


suchung gelingen festzustellen, ob es sich um einen frischen Prozess 
handelt, anamnestischen Angaben ist dabei weniger Wert beizumessen. 
* Unmöglich kann die Entscheidung bei schnell fortschreitenden Prozessen 
sein, für die Praxis hat das aber keine Bedeutung, da solchen Fällen 
die böchste Rente zuzuerkennen ist. Bei Verschlimmerungen von alten 
Leiden kann der Zustand durch ein Heilverfahren meist so weit gebessert 
werden, dass er dem vor dem Diensteintritt nahezu oder ganz gleichkommt. 
Es ist dann die Rente niedriger zu bemessen. Rehs, Davos. 


571. Halliday Sutherland, Tuberculosis'and the war. The 
Lancet, 3. Juni 1916. 

Es gibt viele tuberkulöse Soldaten, die als dienstuntauglich ohne 
Ruhegehalt entlassen wurden, in dem die direkte Kausalbeziebung zwischen 
ihrer Tuberkulose und dem Kriegsdienste nicht vorhanden war. Verf. ist 
nun der Meinung, dass nichtedestoweniger manche von ihnen pensions- 
berechtigt sind, namentlich diejenigen, die anzeigen können, dass sie 
während der letzten 6 Monate vor der Werbung durch Arbeit ihr Lebens- 
bedürfnis erworben haben. 

Obne Ruhegehalt sollen nur diejenige entlassen werden, die einer 
aktiven Lungenläsion wegen offenbar als Bürger schon arbeitsuntauglich 
waren. 

Die Behörden sind nicht berechtigt, denen allen eine Pension vorzu- 
enthalten, die schon vor dem Kriege amtlich als tuberkulös einge- 
schrieben waren, denn diese amtliche Einschreibung gehört zum ärzt- 
lichen Berufsgeheimnis und darf deshalb nicht öffentlich zum Nachteile 
der Eingeschriebenen verwendet werden. J. Peerenboom. 


572. P. Jacob Gaffikin, The tubereulous army recruit. Brit. 

Journ. of Tub. Jg. 12 Nr. 1 Jan. 1918. 

Während auf der einen Seite von der guten Einwirkung des Lebens 
an der Front auf frühere Patienten gesprochen wird und man sich mit 
solcben guten „Erfolgen“ entlassener Kranken brüstet, hat Verf. nur eine 
schlechte Einwirkung des Kriegsdienstes auf frühere Kranke an der West- 
front selber beobachtet. Die Hauptursache bildet dafür nach ihm das 
Fehlen von genügender Ruhe. Genügender Schlaf ist kaum da („Schützen- 
grabenschlaf“ ist nicht das, was ein auch ausgeheilter Phthisiker braucht). 
der Rekrutierung sei mehr Gewicht auf die Anamnese zu legen. 

Amrein, Arosa. 


573. R. Eiselt, Einfluss des Kriegsdienstes auf den Verlauf und 
die Komplikationen der Tuberkulose, Časopis lékařů českých. 

1918 Nr. 5. 

Der innige Kontakt der Krieger, die mangelhaften bygienischen Ein- 
richtungen, besonders bein Stellungskrieg, die körperlichen Anstrengungen 
u. dergl. begünstigen die Infektion mit Tuberkulose. Der Autor be- 
handelte 927 tuberkulöse Krieger. Sehr selten bedingen Lungenschüsse 
die Entstehung der traumatischen Tuberkulose (6 eigene Fälle). Öfters 
(57 Fälle) kommt es nach Kontusionen des Thorax zu Hämoptoe. Selten 
flammt die Tuberkulose im Felde selbst. auf, so dass der Kranke mit 
hohem Fieber abgeschoben werden muss. Diese Fälle verlaufen bösartig. 
Hauttuberkulose kommt selten vor, von Knochentuberkulose sah E. nur 


Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 333 


2 Fälle. Dagegen bildete die Larynxtuberkulose 13 °/o seines (Sanatoriums-) 
Materials. Die Pbarynxtuberkulose hat im Krieg zugenommen. Exsudative 
Pleuritiden sah E. in 15°/o seiner Fälle, davon war die Hälfte älteren 
Datums und nur 7°/o entstanden im Felde, die restlichen im Hinterland. 
Auch bier hatte das Trauma eine grosse Rolle. Eine viel grössere An- 
zahl von Fällen (47°/o) litt an trockener Pleuritis. Drüsentuberkulose 
kombiniert mit Lungentuberkulose sah E. in 39°/o, meist waren es Hals- 
lymphome mit Tendenz zur Eiterung. Zwei Fälle litten an Addison’scher 
Krankheit, ein Fall an Tuberkulose der Zunge, bedingt durch einen 
kariösen Zahn, zwei Fälle an essentiellem Bronchialasthma, ein Fall an 
Emphysem. 

Fast charakteristisch für Kriegstuberkulose ist die häufige Kompli- 
kation mit Herzaffektionen. Zumeist handelt es sich um Dilatation des 
linken Herzens (41 Fälle) infolge der übermässigen körperlichen An- 
strengungen. Zirkumskripte Dilatation des rechten Herzens (15 Fälle) 
sind häufiger, die Folge von Kreislaufstörungen in der tuberkulösen 
Lunge. Ermündungsherz wurde in 7 Fällen beobachte. Das ganze 
Herz war 18 mal, der rechte Vorhof 3mal dilatier. 12°%o der Fälle 
zeigten eine Hypoplasie des Herzens, in 2 Fällen wurde eine tuberkulöse 
.chronisch-plastische Perikarditis und in einem Falle eine exsudative Peri- 
karditis gefunden. Am grössten war die Zahl der Herzneurosen: in 46 
Fällen handelte es sich um Herzneurose, in 180 Fällen um ein nervöses 
Herz. Bei 3 Fällen wurden Head’sche hyperästhetische Zonen in Form 
eiförmiger Hautbezirke in der Umgebung der linken Brustwarze konstatiert; 
sie deckten sich zum Teil mit der Herzdämpfung. Interessant war ein 
Fall von Erythromelalgie mit Herzneurose bei einem schweren Neur- 
astheniker, kompliziert mit lokaler Asphyxie beider Oberextremitäten. — 
Infektionskrankheiten beeinflussen ungünstig den Verlauf der Tuberkulose, 
speziell die Dysenterie (15°/e der Fälle des Autors) und die Malaria 
(15 Fälle). G. Mühlstein, z. Z. im Felde. 


e) Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulose- 
krankenhäuser und -Heime. 


574. Chr. Saugman, Mitteilung aus dem Vejlefjord-Sanatorium. 

XIII. Jahresbericht 1917. Kopenhagen 1918. / 

Entlassen wurden 151 Patienten mit aktiver Lungentuberkulose, 
Y9 mit chirurgischer Tuberkulose I. Stad. 19, II. Stad. 35, IIE. Stad. 
97; Von diesen 151 wurden 16 als geheilt, 61 als bedeutend gebessert, 
49 als gebessert entlassen, während 17 unverändert oder verschlechtert 
waren und 8 starben. Durchschnittliche Kurdauer 212 Tage. Durch- 
schnittliche Gewichtszunahme 5,2 kg. Tuberkelbazillen wurden bei 73,5°/0 
konstatiert, sie schwanden bei 25 °/o. 

Neben der gewöhnlichen Behandlung wurde bei 28 Patienten die 
Behandlung mit Pneumothorax artif. durchgeführt, während sie bei 9 
misslang; bei 5 von diesen wurde eine thorakoplastische Operation aus- 
geführt. Eine Reihe Patienten wurden mit Licbtbädern und Röntgen- 
bestrahlung behandelt. 

9 Fälle mit ausschliesslich chirurgischer Tuberkulose wurden mit 
universellen Lichtbädern behandelt (teils Kohlenbogenlicht teils Quarz- 
Quecksilberlicht) mit gutem Erfolg. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


334 Heilstättenwesen, Fürsorgeanstalten, Tuberkulosekrankenhäuser u. -Heime. 


575. Ivar Petersen, Jahresbericht des Krabbesholms-Sana- 
toriums Dänemark 1917—18. Kopenhagen 1918. 

‚Entlassen 222; I. Stad. 49, II. Stad, 89, III. Stad. 84. Relativ 
geheilt 10, bedeutent gebessert 49, gebessert 68, unverändert 64, ver- 
schlechtert 23, gestorben 8. Durchschnittliche Kurdauer 158 Tage. 
Tuberkelbazillen bei 57°/o gefunden, sie schwanden bei 21°/o. Durch- 
schnittliche Gewichtszunahme 5,0 kg. Der Bericht schliesst mit einer 
Dauerstatistik. Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


576. Rolf Hertz, Jahresbericht des Küstenhospitals bei Refnäs 
(Dänemark) 1917—I8. Kopenhagen 1918. 


Das Hospital hat 150 Plätze für Kinder, die an skrofulöser und - 
chirurgischer Tuberkulose leiden. Neben der gewöhnlichen teils hygienisch- 
diätetischen, teils chirurgischen Behandlung werden natürliche und künst- 
liebe Lichtbäder benützt. Entlassen 212, wovon als geheilt 192. - 


Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


577. Der Nationalverein zur Bekämpfung der Tuberkulose in 
Dünemark. Jahresbericht 1917—18. Kopenhagen 1918. 


Die Arbeit ist im ganzen wie früher betrieben worden, obwohl die’ 
schwierigen Verhältnisse sich auf mancherlei Weise geltend gemacht haben. 

Nach Erwähnung der ökonomischen Verhältnisse werden die Berichte 
der verschiedenen Fürsorgestellen mitgeteilt und danach die Jahresberichte 
der Sanatorien: 

Silkeborg-Sanatorium (173 Männer: 314 entlassen; I. Stad. 92, 
II. Stad. 97, III. Stad. 125. Relativ geheilt 100, bedeutend gebessert 79, 
gebessert 68, unverändert und verschlechtert 60, gestorben 7. Durch- 
schnittliche Kurdauer 182 Tage. Durchschnittliche Zunahme 5,5. Tuberkel- 
bazillen bei 66/0. 

Ry-Sanatorium (26 Frauen): 73 entlassen; I. Stad. 21, II. Stad. 31, 
III. Stad. 21. Relativ gebessert 15, bedeutend gebessert 29, gebessert 
15, unverändert und verschlechtert 10, gestorben 4. Tuberkelbazillen bei 
51°/o, durchschnittliche Zunahme 5,5. 

Haslev-Sanatorium (24 Frauen): Entlassen 50; I. Stad. 18, II. 
Stad. 19, III. Stad. 13 nach durchschnittlicher Kurdauer von 151 Tagen. 
Relativ gebessert 14, bedeutent gebessert 19, gebessert 6, unverändert und 
verschlechtert 21, gestorben O0. Tuberkelbazillen bei 48°/o. Durch- 
- schnittliche Zunabme 6,4. | 

Skörping-Sanatorium (127 Frauen): Entlassen 247; I. Stad. 114, 
II. Stad. 61, III. Stad. 72. Relativ geheilt 56, bedeutend gebessert 29, ge- 
bessert 87, unverändert und verschlechtert 70, gestorben 5. Kurdauer 
164 Tage. Durchschnittliche Zunahme 5,2 kg. Tuberkelbazillen bei 47,3. 

Nakkeböell-Sanatorium (124 Frauen): 225 entlassen: I. Stad. 97, 
II. Stad. 37, III. Stad. 91. Relativ geheilt 80, bedeutend gebessert 45, 
gebessert 41, unverändert und verschlechtert 53, gestorben 6. Kurdauer 
191 Tage. Tuberkelbazillen bei 59%. 

Faxinge-Sanatorium (121 Männer): Entlassen 257; I. Stad. 89, 
II. Stad. 57. II. Stad. 111. Relativ gebessert 59, bedeutend gebessert 64, 
gebessert 77, unverändert und verschlechtert 51, gestorben 6. Kurdauer 
163 Tage. Tuberkelbazillen bei 73,5°/0. Gewichtszunahme 3,7. 


Allgemeines. 335 


Yulemarke-Sanatorium bei Koldingfjord (153 Kinder): Entlassen 
211 mit manifester Tuberkulose der Lungen; I. Stad. 116, II. Stad. 75, 
III. Stad. 20. Relativ geheilt 107, bedeutend gebessert 38, gebessert 39, 
unverändert und verschlechtert 18, gestorben 9. Tuberkelbazillen bei 15 °/o. 
Kurdauer 206, Gewichtezunahme 2,5 kg. 43 Kinder waren suspekt, 
entlassen als gesund wurden 38 nach 70 Tagen. 

Im Jabre 1917 ist eine Abteilung für Kinder unter 2 Jahren er- 
öffnet. 

Jedem Berichte ist eine Dauerstatistik angeschlossen. Zum Schluss 
Bericht des Betriebs der 4 Küstensanatorien für Kinder mit Skrofulose 
leichteren Grades und der 2 Pßegehäuser für Frauen. 


Begtrup-Hansen, Silkeborg. 


578. James T. Neech, A scheme for the housing of consump- 
tive families. Brit. Journ. of Tub., Juli 1918, Nr. 8. 
Vorschläge, mit Planskizzen, für (einstöckige) Wohnstätten (billiges 

Barackensystem) für tuberkulöse oder zur Tuberkulose disponierte Fa- 

milien. Amrein, Arosa. 


579. VII. Jahresbericht des Vereins zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose in Stettin. Geschäftsjahr 1917. 

Thode, Die Loslösung der Tuberkulosefürsorge aus der öffentlichen 
Armenpflege: Seit 1. April 1917 ist die Tuberkulosefürsorge ganz von 
der Armenpflege getrennt. Es ist ein besonderes Tuberkulose-Dezernat 
eingerichtet worden. 

Bräuning, Ärztlicher Bericht: Das oben erwähnte Tuberkulose- 
Dezernat hat sich sehr bewährt. Es wurden 17823 ärztliche Unter- 
suchungen vorgenommen. 57°/o aller Kranken wurden durch die Ärzte 
überwiesen. 78°/o sämtlicher offenen Tuberkulösen waren der Fürsorge- 
stelle bekannt; eine relativ hohe Zahl, wenn man die Berichte anderer 
Städte vergleicht; von den Kindern allerdings nur 18°/o. 

Interessant sınd die Ergebnisse der Tuberkulosebehandlung in Baracken. 
Bei schwerer Kranken versagten sie vollständig, weil zuviel Erkältungs- 
krankheiten auftraten. P. Weill, Strassburg, z. Z. Beelitz. 


f) Allgemeines. 


580. Kraus, Bekämpfung der Tuberkulose. Zschr. f. ärztl. Fort- 
bild. 1918 Nr. 19. 

Während des Krieges ist die Tuberkulosesterblichkeit stark gestiegen, 
ebenso die Zahl der Tuberkuloseansteckungen und -erkrankungen. 

Die Tuberkuloseheilung wird sich stützen müssen auf: Fürsorgestellen, 
Heilstätten, Heimstätten, Spezialabteilungen an Krankenhäusern, Wald- 
erholungsstätten, Ferienkolonien, Solbäder, Seehospize etc. 

Das Heilverfahren der Landesversicherungsanstalten kann als Träger 
der Heilstättenbewegung gelten. Zufriedenstellend sind die Bestimmungen 
über Kurdauer und Wiederholungskuren. Nur aktive Tuberkulose soll 
in Heilstätten behandelt werden. Die Turban-Gerhardt’sche Stadien- 
einteilung soll der pathologisch-anatomischen Gruppierung (Albrecht- 
Fränkel und Aschoff-Nicol) weichen. Der Unterschied von offener 
und geschlossener Tuberkulose wird noch zu sehr betont. 


336 Allgemeines. 


Die Tuberkulosetherapie und Prophylaxe muss schon in der Kindheit 
beginnen; dazu kann die 'l'uberkulintberapie dienen in allen ihren Formen. 
Daneben muss das ‚physikalisch-diätetische Heilverfahren, Pneumothorax- 
und Heliotherapie herangezogen werden. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


581. Grau, Die statistische Verwertung von Tuberkulosefällen 
in klinischen Berichten. Zschr. f. Tbe. Bd. 29 H.3. 


Um Erfolgsberichte über Tuberkulose vergleichen zu können, bedarf 
es einer einheitlichen Aufstellung derselben. Nichtsichertuberkulöse und 
Nichttuberkulöse müssen ausscheiden; Tuberkuloseverdächtige besonders 
geführt werden. Zur Einteilung empfiehlt Verf. nach Würdigung der ein- 
zelnen Systeme (Turban-Gerhardt; Fraenkel-Albrecht; Aschoff- 
Nicol) folgende Einteilung. 

I. Leichte Erkrankungen: umschriebene, klinisch-gutartige Herdbil- 
dungen, nicht bis über erste Rippe und Schulterhlattgräte hinausgehend, 
ebenso umschriebene Herdbildungen an anderen Stellen der Lunge. 

II. Mittelschwere, noch günstige Erkrankungen: alle über I hinaus- 
gehenden Erkrankungen mit vorwiegender Neigung zur Schrumpfung, ohne 
Rücksicht auf die räumliche Ausdehnuug (mit Ausnahme der Endstadien 
und der Fälle mit erheblicher Höhlenbildung); alle übrigen Erkrankungen, 
bei denen die Neigung zum chronischen Verlauf überwiegt und bei denen 
der ergriffene Bezirk über den Raum von der Grösse eines Lappens 
(2 x !/a oder !/s u. ?/s) nicht wesentlich hinausgeht, 

III. Schwere, zweifelhafte Erkrankungen: alle weiter als II gehenden 
Fälle, soweit sie nicht zur letzten Gruppe gehören. 

IV. Schwerste, ungünstigste Erkrankungen: akut verbreitete Aussaat, 
pneumonische Formen, erhebliche Höhlenbildung. 

Vergleiche über Verschwinden der Tuberkelbazillen im Auswurf sind 
nur möglich, wenn eine mehrfach angestellte Untersuchung dies Ergebnis 
zeitigt, oder wenn längere Zeit kein Auswurf mehr besteht. Zur Fest- 
stellung der Tuberkelbazillen im Auswurf ist ein Anreicherungsverfahren 
nicht erforderlich. | 

Der Begrift Entfieberung ist klar. 

Die Veränderungen des örtlichen Befundes ist von grösstem Wert. 
Im allgemeinen sind dieselben bei einer dreimonatlichen Kur gering, da 
sich der örtliche Befund nur langsam ändert bezüglich des Atemgeräusches 
und der Schallverkürzung. 

An die Stelle des „geheilt“ sollte stets „gebessert‘ gesetzt werden. Zur 
des Enderfolges sollen nur die drei Gruppen behaltenwerden: 

. voll und voraussichtlich dauernd erwerbsfähig, 

5 beschränkt, beziehungsweise voraussichtlich nur mit Unterbrechungen 
erwerbefähig, 

3. erwerbsunfähig. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


582. Hanns Pannwitz, Die Ansiedlung von Kriegsbeschädigten 
vom Standpunkt der Sozialhygiene. Hohenlychen 1918. Selbst- 
verlag der Mustersiedlung Bissingheim. 58 8. 

Der Verf. war, wie er im Vorwort schreibt, der Zentrale für soziale 

Fürsorge beim Generalgouverneur in Belgien, für die die Ausstellung für 


Allgemeines. 337 


soziale Fürsorge Brüssel 1916 besonderen Einfluss hatte (das deutsche 
Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose hat hier auch ausgestellt), 
als Adjudant zugeteilt. Er bespricht auf Grund der. Erfahrungen in 
diesem Arbeitsgebiet die Notwendigkeit der Anlage von Kriegerheimstätten 
für die zurückkehrenden Krieger und die Kriegsbeschädigten und wendet 
dies Thema erschöpfend nach allen Seiten, als da sind Ethik, Rasse- 
hygiene, Gesetzgebung, Soziologie, Hygiene usw.; Anlage, Einrichtung, 
Art der Benutzung dieser Heimstätten, die Gewinnung und Auswahl der 
Siedler wird eingehend, teilweise an Hand der Schilderung der Muster- 
siedlung Bissingheinı, naclı dem verstorbenen Generalgouverneur von Belgien 
genannt, besprochen. Mir scheint das Wesentliche zu sein, dass der Verf. 
mit klaren Worten die Forderung erhebt, dass bei allen diesen Fragen 
und ibrer Durchführung und Überwachung der Arzt entsprechend der 
Bedeutung seiner Wissenschaft nicht nur mitberatend, sonderu auch 
entscheidend und mitausführend und mitüberwachend gehört wird. Teil- 
weise ist diese Forderung durch einen Erlass des preussischen Ministers 
des Innern vom Mai 1918 betreffend die Mitwirkung der Medizinal 
beamten bei Siedelungswerken anerkannt. Bei Begründung der Sozial- 
versicherung ist der Einfluss des Arztes zu kurz und vor allem zu spät 
gekommen. Dies muss für jetzt und später vermieden werden. Der 
Hygieniker ist bei der Anlage und Einrichtung der Siedlungen unent- 
bebrlich.” Bei der Überwachung der Wohnungen und Beobachtung auf 
gesundheitswidrige Benützung wird er mitzuentscheiden haben. Den Woh- 
nungsämtern (in grossen Gemeinden) und Wohnungsausschüssen (in kleinen 
Gemeinden) sind auch ärztliche Mitglieder beizugeben. Ob die Wohnungs- 
ausschüsse, wie der Verf. ‚meint, dem roten Kreuz oder dem vaterläudi- 
schen Frauenverein angeschlossen werden sollen, scheint nur noch eine 
Frage zu sein. Mir würde ebenso wie bei den Wohnungsämtern ein 
städtischer oder staatlicher Anschluss besser gefallen. Dass die Siedler, 
besonders die Kriegsbeschädigten, fortlaufend ärztlich behandelt werden 
müssen, Hand in Hand mit Massnahmen der entlassenden militärischen 
Behörden (Syphilis!) ist selbstverständlich. Fürsorgestellen unter Leitung 
von Ärzten und reichlicher Verwendung von Fürsorgeschwestern werden 
am Platze sein. Besonders interessiert hier noch, dass in diesen Heim- 
stätten auch sogenannte „Haussanatorien“ vorgesehen sind. Sie bezwecken 
die Einrichtung eines einzelnen für sich abgeschlossenen Zimmers mit 
Glasveranda für einen lungenkranken Familienangehörigen. Es soll damit 
seine möglichste Absonderung von den anderen Familienmitgliedern und 
seine möglichst gute Unterbringung (Licht, Luft) erreicht werden. Der 
vordere Teil des Zimmers ist durch einen Glasverschlag als Liegeraum 
- ausgebildet. Die Fenster des Liegeraumes gehen über die ganze Vorder- 
und eine Seitenwand und reichen bis unmittelbar unter die Decke, so 
dass Luft in Fülle bis in die hintersten Wiukel des Krankenzimmers 
dringen kann. Dies ist in der Kriegerheimstätte — Sonnenhäuser — in 
Chemnitz bereits durchgeführt. Deist, Stuttgart. 


583. Jahresbericht der Betriebskrankenkasse der Allgemeinen 
Klektrizitäts-Gesellschaft und Tochtergesellschaft in Berlin 
für 1916. | 

Die Tuberkulosemortalität betrug bei Männern 34,47°/o, bei Frauen 
38,83°/o aller Todesfälle. Krankheitsstatistik ist nicht angegeben. 
Hans Müller. 


338 Allgemeines. 


584. Neufeld, Über einige Gesichtspunkte der Tuberkulose- 
bekämpfung. Zschr. f. Tbc. Bd. 29 H.2. 


Verf. tritt der Ansicht entgegen, dass das Sinken der Erkrankungs- 
und Sterbeziffer an Tuberkulose durch die Besserung unserer sozialen 
Verhältnisse bedingt sei; auch die Heilstätten sind nur von begrenztem 
Einfluss. Am wichtigsten sind zur Bekämpfung der Tuberkulose die Für- 
sorgestellen mit ihrer Wohnungshygiene und der Belehrung von Kranken 
und Angehörigen. Wohnungsdesinfektion beim Wohnungswechsel ist wün- 
schenswert. | 

Auch bei schon bestehender Infektion ist eine weitere fortgesetzte 
Einatmung von Bazillen schädlich. Zu versuchen ist die ambulante Tu- 
berkulinbehandlung nach Petruschy, da das Tuberkulin zweifellos eine 
Heilwirkung besitzt. Am wichtigsten ist aber die Absonderung der schwer 
hustenden Tuberkulösen; deshalb müssen wir auch die Anzeigepflicht für 
offene Tuberkulose erreichen. 

Die Behring-Römer’sche Lehre von der Entstehung und Immuni- 
tät bei der Tuberkulose ist wahrscheinlich, aber nicht bewiesen. Eine 
Lösung dieser Frage liesse sich vielleicht durch Studium in unseren Ko- 
lonien erreichen. 

Als Anhang folgt ein Merkblatt für Tuberkulose. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde. 


585. A. Loewy, Über den Ersatz einzelner Klimate durch andere 
auf Grund ihrer physiologischen Wirkungen. Zschr. f. Baln. 
11. Jg. 1918 Nr. 3/4. 


In bezug auf Heilbäder ist Deutschland völlig unabhängig vom Aus-. 
lande; anders verhält es sich mit den klimatischen Kurorten. Zwar 
werden durch die Kurorte Österreichs viele Mängel ausgeglichen, immer- 
hin fehlen uns auch dann noch einzelne Klimate. — Das Höhenklima 
wirkt durch seine starke Besonnung, die wir auch in der Wüste finden, 
und durch die Anregung zur Blutbildung und zum Eiweissansatz. Letztere 
könnten wir in den österreichischen Alpenländern erzielen, die mehr als 
bisher zu Heilzwecken herangezogen werden müssten. Als Ersatz für die 
Kurorte der französischen und italienischen Riviera, die für Winter- und 
Frühjahrskuren in Frage kamen, bleiben uns die österreichische Adria- 
küste und die ihr vorgelagerten Inseln. Die südlichen Küsten des Mittel- 
meeres, Algier, Tunis, sowie Madeira, Azoren usw. müssen heute durch 
die dalmatinische Küste ersetzt werden. Für Nierenkranke ist das Wüsten- 
klima im allgemeinen nicht mehr anerkannt, legt man aber Wert auf ein 
solches, so würden als Ersatz heute nur die türkischen Provinzen Asiens 
in Betracht kommen: das Innere Kleinasiens, das armenische Hochland, 
Teile von Syrien. Winterkuren lassen sich in diesen Ländern jedoch 
nicht ausführen. | Wilhelm Neumann. 


586. Glax, Über die Möglichkeit des Ersatzes der Heilfaktoren 
in den Kur- und Badeorten des feindlichen Auslandes durch 
österreichisch-ungarische Mineralquellen und Kurorte. Zschr. 
f. Baln. 11. Jg. 1918 Nr. 7/8. 


Verf. zeigt, dass alle Gruppen von Mineralquellen in der österreichisch- 
ungarischen Monarchie vertreten sind. Auch subalpine und alpine Kur- 


Grenzgebiete. ' 339 


orte erosser Anzalıl. Abbazia, Loorana, Brioni, Lussin, 
m Lido und Rimini konkurrieren. Die klimati- 

‘gnen sich als Übergangsplätze im Frühjahr und 

Ausnahme von ILuussin — keine Winterkurorte 

Erst in Dalmatien, in der Gegend von Sette 

* der Insel Lissa erreicht oder übertrifft die 

a Remo. Die heutigen Verkehrsmittel nach 

end, auch fehlt es au kurörtlichen Einrich-' 

n Bestrebungen, diesem Mangel abzuhelfen, 


8 Wilhelm Neumann. 
5E \ien und Kurorte Bulgariens. Zschr. 
c 7/8. 
o „algarien sehr verbreitet; sie stellt 30°/o 
aller f . suchten die Kranken Heilung nur in den kleineren 
Klöst „sc es zwei Sanatorien für Tuberkulöse; eines in Trojan 


(50 B .,„ das zweite, 35 km von Sofia entfernt, in einer Bergschlucht 
des Iskertales (200 Betten). Die Höhenlage beträgt 500 bzw. 600 m. 
Die Meeresküste des bulgarischen Thraziens, namentlich das Bad Dedea- 
- gatsch, ist in bezug auf Klima und Vegetation der Riviera gleichzustellen. 
In der Arbeit finden sich weiter viele interessante Angaben über die 
Kurorte und Heilquellen Bulgariens. Wilhelm Neumann. 


588. Graeffner, Brauchen wir Kur- und Erholungsorte des 
feindlichen Auslands? Zschr. f. Baln. 11. Jg. 1918 Nr. 5/6. 


Verf. ist der Ansicht, dass die deutschen Kurorte grundsätzlich für 
jeden Bedarf genügen und dass im Einzelfalle hinter den deutschen zu- 
nächst die Kurorte der Verbündeten und — falls diese sich als unge- 
eignet erweisen sollten — die Kurorte neutraler Staaten in Betracht 
kommen. |Dass diese Ansichten — wenigstens in klimatologischer 
Hinsicht — unzutreffend sind, kommt daher, dass der Verf. seine wissen- 
echaftliche Objektivität in diesem Aufsatze dem politischen Eifer zum 
Opfer bringt. Für uns Ärzte gilt nach wie vor der Satz: Salus’ aegroti 
suprema lex! D. Ref.] | Wilhelm Neumann. 


g) Grenzgebiete. 


589. Hofbauer, Folgen der Brustschüsse. Zschr. f. ärztl. Fort- 
bild. 1918 Nr. 17 u. 18. 

Dicke Schwarten und ausgebreitete Atelektaseu als Folgen mangel- 
hafter Resorption der durch den Brustschuss erzeugten Blutung führen 
zu der Forderung, diese pleuralen Ergüsse bald und möglichst ausgiebig 
zu entleeren, ohne dass mau dabei aber sicher ist, die Kranken vor den 
Folgen solcher Verwachsungen zu bewahren. Oft tritt bei leisester Beu- 
gung des Oberkörpers heftiger Schmerz ein; stets fand sich dann eine 
Anheftung des Zwerchfells auf der verletzten Seite hoch oben an der 
lateralen Thoraxwand, mit völligem Verschwinden des phreniko-kostalen 
Winkels. Röntgenologisch wird diese Formveränderung des Zwerchfells 
erst auf der Inspiration oder Exspiration sichtbar. 

Die Resorption im Pleuraraum kann angebahnt werden nur durch 
Atemübungen, da die respiratorische Bewegung der Brustwand der aus- 


340 - Grenzgebiete. 


schlaggebende Faktor für die Aufsaugung im Pleuraraum ist; auch der 
= nicht seltene gleichzeitig vorhandene Pneumothorax lässt sich so günstig 
beeinflussen. . 

Die Insuffizienz der respiratorischen Brustwandbewegungen ist Ursache 
der den Ort der Verletzung umgebenden Atelektasen, wie man es auch 
guf dem Röntgenbild sehen kann. Atelektasen, die entfernt vom Sitze 
der Verletzung liegen, finden sich immer im Hilus, weil hier die Atem- 
'bewegung die Lunge am wenigsten bewegt. 

Das Vorkommen von Atelektasen, Rasselgeräuschen, ja selbst Häm- 
optoe, beweist noch keine tuberkulöse Infektion, kann vielmehr eine 
Reizung der Bronchialschleimhaut durch Mundatmung als Ursache haben, 
zumal wenn die Erscheinungen bei nasaler Atmung verschwinden. 

Sekundär kommt es an diesen atelektatischen Stellen leicht zu einer 
tuberkulösen Affektion, weil sie, wie die Lungenspitzen, infolge der Brust- 
wandverletzung geringere Atemexkursionen machen. 

Eine Aktivierung des alten tuberkulösen Prozesses in der Lunge 
durch Schussverletzung findet nur selten statt; die manchmal auftretende 
Hämoptoe hat ihre Ursache in der traumatischen Zerreissung des das 
Projektil umgebenden Lungengewebes, ausgelöst durch die mangelhaft mit- 
gemachte respiratorische Bewegung des Fremdkörpers. 

Schmerzen bei glatt verheiltem Durcbschuss werden ausgelöst durch 
Zerrung des narbigen Stranges, der Ein- und Ausschuss verbindet. 

Lungenblähung findet sich häufig nach Schussverletzungen, auch ohne 
ausgebreitete Zerstörung des Gewebes. 

Störungen des Kreislaufes werden öfters durch extrakardiale Ver- 
wachsungen ausgelöst. | 

Formveränderungen am Thorax stellen sich bei Verwachsungen des 
Zwerchfells ein und zwar hängt die Schulter auf der erkrankten Seite; 
zugleich bildet sich eine Skoliose mit Konkavität nach der kranken . 
Seite aus. 

Am Zwerchfell machen sich als Felge von Verwachsungen statische 
und kinetische Störungen bemerkbar; auch nervöse Ausfallserscheinungen 
von seiten der Schulterarmmuskulatur finden sich vor; erklärt als reflek- 
torische Schonung wegen Verwachsungsschmerzes. 

Steckschüsse sind exspektativ zu behandeln. Die dabei restierenden 
Schmerzen sind teils Verwachsungsschmerzen, teils lokale Reizerschei- 
nungen durch die respiratorische Bewegung in der Umgebung des Fremd- 
körpers; ebenso erklärt sich die Neigung zu Hämoptoe. 

Blei- oder Arsenvergiftung liess sich niemals nachweisen. 

Weihrauch, Hamburg. Heilstätte Edmundstbal-Sıemerswalde. 


590. E. Kronenberg, Der Einfluss der Kriegsschädigungen auf 

Erkrankungen der Nase und der oberen Luftwege. Zschr. 

f. Laryng. Bd. 8 H. 5 Juli 1918. 

Auf diesem Gebiet ist stets schwer zu entscheiden, was als Kriegs- 
schädigung aufzufassen ist und was sich unabhängig davon an Krank- 
heitserscheinungen entwickelt. Diese Entscheidung hat nicht nur wissen- 
schaftliche, sondern auch wegen der Rente hohe praktische soziale Be- 
deutung. Massgebend kann oft nur die Krankengeschichte sein, auch 
für die Frage, ob es sich um Neuauftreten, Wiederauftreten oder Ver- 


Grenzgebiete. 341 


schlimmerung handelt, deshalb sorgfältig erhobene- Anamnese mit fort- 
laufender Ergänzung, sobald sich Neues von Bedeutung ergibt. Entgegen 
der wahrscheinlichen Annahme, dass infolge der grösseren Erkältungs- 
möglichkeit die Erkrankungen der oberen Luftwege durch die Kriegsein- 
flüsse eine, erhebliche Steigerung erfahren müssten, stellt der Verf. dies 
auf Grund seiner Erfahrungen, die seiner Meinung nach Anspruch auf 
allgemeine Bedeutung haben, in Abrede. Diese Erkrankungen sind so- 
wohl nicht häufiger als auch nicht schwerer als im Frieden. Auffallend 
war dem Verf. die geringe Zahl und Gutartigkeit der Erkrankungen der 
Nasennebenhöhlen, der akuten Erkrankungen des Mittelohrs, der Pauken- 
höhle und ihrer Nebenräume. Lungenentzündungen und Pleuritiden 
möchte der Verf. nicht mit der Heimat vergleichen, weil diese im Felde 
infolge der besonderen Verhältnisse (örtliche Umstände) häufig herdartig 
auftraten, was einen Vergleich verbietet. Die Erkrankungen der oberen 
Luftwege haben gegenüber der Heimat weder an Häufigkeit noch an 
Schwere zugenommen, eher ist das Gegenteil der Fall, obwohl die Er- 
krankungsmöglichkeit infolge der starken Gelegenheit zur Erkältung er- 
heblich gewachsen ist. Die Begründung dieser günstigen Verbältnisse 
erkennt der Verf. darin, dass durch das Leben im Felde verschiedene 
Schädlichkeiten des Heimatlebens (Industriestaub) aufgehoben sind, da 
die Leute sich dauernd im Freien aufhalten, sorgfältig hygienisch über- 
wacht werden, und infolge ihrer gehobenen psychischen Verfassung im 
Felde widerstandsfähiger sind. Im engen Zusammenhang damit steht, 
dass bei diesen Erkrankungen die Frage der Dienstbeschädigung weniger 
häufig zu bejahen sein wird. Der Verf. hebt hierbei nochmals ‘den Wert 
einer exakten Krankengeschichte hervor. Zur Tuberkulose äussert er sich 
im speziellen folgendermassen: Fälle offener Tuberkulose werden, sobald 
erkannt, von dem Heer ausgesondert. Trotzdem lässt es sich nicht ver- 
meiden, dass einzelne sich lange Zeit dem Nachweis entzieben. Und da 
ist es wieder bemerkenswert, dass gelegentlich sichere Tuberkulosen bei 
Leuten in- sehr gutem Ernäbrungszustand festgestellt wurden, von denen 
man auf Nachfrage erfuhr, dass Allgemeinzustand und Ernährung sich 
im Kriege beträchtlich gehoben hatten. Deist, Stuttgart. 


591. F. Pick, Über Erkrankungen durch Kampfgase. Zbl. f. inn. 
Med. 1918 Nr. 20. ; 

Die ersten Erscheinungen sind immer Atemnot, Hustenreiz, Übelkeit, 
manchmal Bewusstlosigkeit; anschliessend treten auf heftige Hustenanfälle 
mit reichlichem Auswurf, mitunter Fieber und Erscheinungen herdweiser 
Lungenentzündung. Später bleibt gewöhnlich das Bild einer mehr 
oder weniger trockenen Bronchitis mit Blähung, mit sehr intensiven 
Brustschmerzen neben den Erscheinungen der allgemeinen Vergiftung. 
Die anderen geschilderten Nachkrankheiten betreffen andere Organe als 
die Lunge. Auffallenderweise ist die Tuberkulose nicht unter den Folgen 
der Gasvergiftung erwähnt, Ref. sah bis jetzt immerhin einige Fälle, bei 
denen die Aktivierung einer bis dahin völlig erscheinungslosen alten 
Spitzen- oder Hilustuberkulose mit Sicherheit auf eine Gasvergiftung 
zurückzuführen war, was ja angesichts der oben geschilderten Erschei- 


nungen seitens der Respirationsorgane auch nicht wundernehmen kann. 
C. Kraemer II. 


342 | Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


592. K. v. Jaksch, Morbus Banti und Milztuberkulose. Zbl. f. 
inn. Med. 1918 Nr. 26. 


Sehr interessante Verheilung eines Falles von (histologisch festge- 
stellter) Milztuberkulose, welche die nach Banti benannte Symptomentria, 
Anäınie, Leukopenie und Milztumor hervorgerufen hatte. Die Milz wurde 
operativ entfernt, und der Herr ist seither (über 3 Jahre) völlig gesund 
und arbeitsfähig. Möglicherweise wurde er durch die Operation auch vor 
einer ihm drohenden allgemeinen tuberkulösen Erkrankung bewahrt. 

C. Kraemer II. 


593. Pöppelmann, Ein ungewöhnlicher Brustschuss. D. m. W. 
1918 Nr. 22. 
Interessanter käsuistischer Beitrag. Es handelte sich nach Ansicht 
des Verf. um vorübergehende Lähmung des linken Nervus phrenicus, 


wodurch zunächst ein verblüffendes Bild entstanden war. 
i C. Kraemer II. 


594. Wieting, Leitsätze für die Schussverletzungen der Brust- 
wand und Lungen. D. m. W. Nr. 21—23. 


Nicht für kurzes Referat geeignet. C. Kraemer II. 


h) Bibliographie. 


1. A.du Bois, Beitrag zur Röntgenhehandlung tuberkulöser Drüsen und Knochen- 
erkrankungen. Diss. Giessen 1917. 

2. A. Malinowski, Zur Klinik und Pathologie des primären Lungensarkoms 
Diss. Berlin 1917. 

3. G. Krukenberg, Miliartuberkulose im Anschluss an Entbindung, ausgehend 
von einer Genitaltuberkulose. Diss. Berlin 1917. 

4. Karl Ziegler, Über einen eingeheilten Fremdkörper in der Lunge nach 
Stichverletzung und seine Beziehungen zur l,ungentuberkulose. Diss. Königs- 
berg: 1917. 

5. Fr. Piper, Über den Einfluss Ausserer Lebensbedingungen auf die Verbrei- 
tung der Tuberkulose auf Grund von Erfahrungen im neuen Sammellager 
für tuberkulöse Kriegsgefangene. Diss. Breslau 1918. 

6. L. Detzel, Ein Beitrag zur Beziehung der Mikulicz’schen Erkrankung zur 
Tuberkulose der Tränendrüsen. Diss. Freiburg i. Br. 1918. 

Schröder. 


Il. Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


,— 


17. Klopstock-Kowarsky, Praktikum der klinischen chemischen, 
mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchungsmethoden. 
Fünfte Auflage. 1918. Mi 36 Textabbildungen und 24 farb. Tafeln. Urban 
& Schwarzenberg, Berlin-Wien. Xl u. 5028. Geb. M. 15.—. 

Der Umfang des wertvollen Praktikums ist wieder vermehrt worden; alle 
neueren und erprobten Untersuchungsmethoden haben Aufnahme gefunden. Die 
rasche Aufeinanderfolge der Neuauflagen zeigt zur Genüge, welchen Anklang das 
Werk gefunden hat und dass es seinen xewollten Zweck voll erfüllt. Gute farbige 
Tafeln mikroskopischer Bilder finden sich im Anhang des Buches, auch die Ab- 


— — Be, — 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 343 


bildungen im Text sind durchaus zweckentsprechend. Wir können das Buch da- 
her auch weiterhin als ein gutes Hilfsmittel bei den Arbeiten im Laboratorium 
wärmstens empfeblen. Schröder. 


18. Fr. Kölsch, Der Milzbrand. Völler’s Verlag Natur und Kultur. München 
1918. 
Gute gemeinverständliche Darstellung unserer Kenntnisse von Milzbrand. 
Die Bedeutung der Milzbrandinfektion als Nutztiererkrankung, ihre Gefahr für 
den Menschen, weiter Bekämpfungsmassnahmen werden in kurzen Zügen treffend 
geschildert. Schröder 


19. A. v. Borosini, Das Fletschern und die Magenfrage. Ernährungs- 

ABC als Grundlage aller Körperkultur. Erster Teil. Verlag von Holze 

& Pahl in Dresden. Geh. M. 2.—. 

Das kleine flottzeschriebene Schriftchen, das sich gegen unsere falsche Er- 
nährung in den Friedeusjahren wendet: und auf die Bedeutung des Kauens und 
der Dıät hinweist, gibt auch dem Arzte mancherlei Anregungen, wenn man auch 
dem Verfasser in allem nicht wird beistimmen können. So erscheint es doch arg 
übertrieben, was Veriasser auf Seite 82 schreibt: „Es ist meine volle Überzeugung, 
dass diejenigen, die bei Zeiten beginnen, ihr Leben nach- den in diesem Buche ge- 
gebenen Anweisungen einzurichten, weder Krebs noch Blinddarmentzündung, 
noch Gicht noch irgend eine andere Stoffwechselkrankheit bekommen, selbst vor 
Seuchen im bohem Masse geschützt sind... .“ Klare, Scheidegg. 


20. W. Klimaszewski- München, Die moderne Tuberkulose-Bekänp- 
fung und ihre Waffen. Eine Zusammenfassung der wirksamsten 
neueren Heilmethoden, Mineralisierung und Desinfektion des Blutes, 
Selbstimmunisierung und Insolation. Verlag von Holze & Pahl, Dresden. 

Beim Lesen des Schriftchens wird einem nicht recht klar, für welche Leser- 
kreise das Büchlein bestimmt sein soll. Der Arzt muss es ablehnen, denn dass 

Tuberkulose mit Sapo Entbacterini. Essentia Entbacterini, Tinctura Entbacterini, 

Lungentee oder Ameisensäure geheilt werden soll, kann ihm der Verfasser nicht 

glauben machen. Dem Laien bietet es ausser einigen — es soll das anerkannt 

werden — guten Ratschlägen, z.B. über Bettruhe beı Temperatursteigerungen, nichts 

Neues. Alles in allem ein Büchlein, wie wir sie häufig als Beigabe zu markt- 

schreierisch empfohlenen Spezialpräparaten (vergleiche die Reklame mit Pulmann- 

tee) finden. Klare, Scheidegg. 


21. Statistisches Jahrbuch der Schweiz, herausgegeben vom eidgenössi- 
schen statistischen Bureau. 26. Jahrg. 1917. Bern, 1918. Buchdruckerei 
Stämpfle & (ie. Konmissionsverlag A. Francke, Bern. 371 S. Fr. 3.—. 


Im Jahre 1918 wurde der 26. Jahrgang des Statistischen Jahrbuchs der Schweiz 
über das Jahr 1917, ein über alle Fragen des volkswirtschaftlichen Lebens und 
der verwandten Gebiete bis in das Einzelnste Auskunft gebendes Werk von hohem 
Gehalt, herausgegeben. Ein ausführlicher Quellennachweis als Wegweiser für 
das weitere Studium ist dem vorliegenden Jahrgang zum erstenmal beigefügt. 
Aus dem reichen Inhalt ist folgendes hier Interessante herauszuheben. 

In dem Abschnitt Bevölkerungsbewegung sind für das Jahr 1916 in den 
Kantonen der Schweiz inszesanıt 50623 verschiedene Todesursachen aufge- 
führt, davon betreffen 5188 = 10,246°/ Lungentuberkulose, 2221 = 4,386) 
andere tuberkulöse Krankheiten. 

Die wichtigsten Kantone mit den Zahlen für Lungentuberkulose (an erster 
Stelle) und andere tuberkulöse Krankheiten (an zweiter Stelle) folgen: Bern 
935, 397, Zürich 585, 233, Vaud 497, 183, St. Gallen 410, 201, Genf 300, 96, 
Aargau 297, 133, Tessin 237, 106, Freiburg 212, 112, Valaıs 201, 76, Neufchatel 
183, 75, Basel-Stadt 177, 65, Graubünden 177, 80, Soloıhurn 167, 67, Luzern 163, 12, 


344 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


Thurgau 140, 57. Alle übrigen Kantone haben Zahlen unter 100, 50. Die niedrigsten 
Zahlen sind für den Kanton Oberwalden 14, 6. 

Angesichts der engen Beziehungen zwischen "Tuberkulose und Skrofulose sei 
erwähnt, dass Skrofulose als Todesursache im Jahre 1916 in den Kantonen 20 mal, 
in den Städten 2mal gezählt worden ist. 

Jahreszusammenstellungen aus den Jahren 1907—1916 ergeben, dass in dieser 
Zeit die Lungentuberkulose als Todesursache mit ganz geringen Schwankungen 
von €063 Fällen im Jahre 1907 = 10,25°/o bei der Summe von 59182 Todesur- 
sachen auf 5188 = 10,246 °/o im Jahr 1916 heruntergegangen ist. Bei den übrixeu 
tuberkulösen Krankheiten ist ebenfalls mit geringfügigen Schwankungen von 1907 
mit 2765 Fällen = 4,67°/o bis 1915 mit 2061 Fällen eine dauernde Abnahme vor- 
handen. Im Jahr 1916 ist dann wieder eine Zunahme bis 2221 = 4,386°/o ein- 
getreten. Die Jabresschwankungen bei Skrofuluse in den Kantonen sind beträcht- 
lich, die höchste Zahl stellt: das Jahr 1911 mit 70, die niedrigste das Jahr 1916 
mit 20 Fällen, in den Städten sind sie noch grösser, sie bewegen sich zwischen 
1 Fall im Jahr 1917 und 18 Fällen im Jahr 1912. 

In den Städten der Schweiz (= städtische Gemeinden mit mehr als 10000 
Einwohnern, ist der Tod unter 6276 Todesfällen des Jahres 1916 1522 mal durch 
Lungentuberkulose = 24,25°o und 582mal durch andere tuberkulöse 
Krankheiten = 9,27°/o hervorgerufen. Den Hauptanteil tragen folgende Städte 
(Zahlen für Lungentuberkulose an erster, die für andere tuberkulöse Krankheiten 
an zweiter Stelle): Genf 264, 74, Zürich 235, 87, Basel 169, 62, Bern 152, 76, 
Lausanne 107, 23, St. Gallen 101, 5l, Luzern 48, 34, alle übrigen weisen Zahlen 
unter 50, 34 auf. Die niedrigsten Zahlen zeigt Arbon mit 8, 4. 

Der Abnahme der Lungentuberkulose und der anderen tuberkulösen Krank- 
heiten in den Kantonen entspricht die Abnahme in den Städten. Die Zahl der 
Lungentuberkulosen fällt mit 1612 Fällen im Jahr 1907 = 21,64"/o von 7449 
Gesamttodesursachen dauernd auf 1522 Fälle im Jahr 1916. Die andern tuber- 
kulösen Krankheiten fallen von 697 Fällen im Jahr 1907 = 9,35°/» „uf 528 im 
Jahr 1915 und steigen im Jahr 1916 wieder auf 582 Fälle. Der Unterschied 
zwischen der Häufigkeit der Tuberkulose in Kanton und Stadt, der sich in den 
Verhältniszahlen (bei Lungentuberkulose 10,246°/o gegen 24,25°/u und anderen 
tuberkulösen Krankheiten 4,386 °/o gegen 9,27 °/,) ausprägt, ist beträchtlich. 

Im Abschnitt Moral und Hygiene ist unter Gesundheitswesen nachgewiesen, 

dass in den einzelnen Monaten des Jahres 1917 in den hauptsächlichsten Kranken- 
anstalten der Schweiz 90784 Kranke Neuaufnahme gefunden haben. Dar- 
unter befanden sich 2936 Kranke mit Lungenschwindsucht == 8,2%°/. und 
2988 Kranke mit anderen tuberkulösen Krankheiten = 8,29°/. Die 
grössten Ziffern zeigen bei Lungentuberkulose folgende Monate: März mit 334, 
Mai mit 330, April mit 271, Juni mit 270, Januar mit 256, August mit 248, Februar 
und Juli mit 244 Fällen, bei anderen tuberkulösen Krankheiten folgende Monate: 
Mai mit 390, März mit 319, April mit 286, Juni mit 269, August mit 256, Februar 
mit 255, Januar mit 22% Fällen. 
Die Aufnahmefähigkeit der schweizerischen Krankenanstalten ist in den 
letzten Jahren ganz beträchtlich gestiegen. Im Jahre 1908 betrug die Summe der 
Aufnahme noch 65846 und hat dann mit Schwankungen zu Kriegsbeginn im Jahr 
1917 den Höhepunkt mit 90784 Aufnahmen erreicht. Der Steigerung der Ge- 
samtaufnahme entsprechend ist auch die Aufnahmezahl der Lungentuberkulösen 
seit 1908 (abgesehen von den natürlichen Schwankungen zu Kriegsbeginn) dauernd 
grösser geworden, sie betrug 1903 2425 Kranke, 1917 2936 Kranke. Dagegen 
sind die Zahlen für andere tuberkulöse Krankheiten unter Schwankungen ungefähr 
gleich geblieben: 1908 2926 Kranke, 1917 2988 Kranke. Verbältnismässig aber 
hat sowohl die Aufuahme von Lungenschwindsüchtigen als auch von anderweitig 
. tuberkulös Erkrankten abgenommen. lm Jahr 1908 stellte die Lungenphthise 
3,680, die anderen tuberkulösen Krankheiten 4,43°'o der Totalaufnahmen. Diese 
Zahlen minderten sich 1917 auf 3,23°o und 3,29 °/o. 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 345 


Von allgemein Interessantem sind noch die Zahlen über klimatische Ver- 
hältnise hervorhebenswert, die unter dem Gesichtspunkt Davos besondere Bedeu- 
tung für uns gewinnen. Eingehend behandelt ist Witterung, Niederschlag, Tenıpe- 
ratur, Bewölkung, Sonnenscheindauer. Es folgen die Zahlen Temperatur und 
Sonnenscheindauer der Station Davos: 


| | 





r 





| 





2 * 

8 e | 

4 3 3 g S g £ 
5 2 N = — g g S © D 
c „m I bs 2 g = a0 Os > 8 
a © [> e 5 = 5 © hl © © 
Eu = < = be 2 < un © Z A 


— — 


Temperatur. 


Monatsmittel und Abweichungen vom Normalstand in * Cels. 
a) = Monatsmittel. b) = Abweichung vom Normalstand. 





























1916 
a) | —4,8 | —4,6 Tie] 2,6 | 7,9 8,3! 11,3 o 6 6, 01 8, len 
b) 2,4! 0,3 16} 0,4 | 11 —20 —0,8 | —0,8 | —2,0 5| —0,2 1,7 
1917 
a) ? , —1,2 9,7 a 001 12, 11,3 | 10,4 0,9 —3,1 — 8,9 
b) | —1,6 | —2,7 | —1,1 | —8,4 | 2,9 —?2,6 | —1,7 | —3,1 
Sonne mt in Stunden 
1916 
|! 109 | 92 | 116 | 184 | 183 | 157 | 171 | 202 | 187 | 145 | 73 7 
1917 


81 | 140 | 147 | 123 | 217 | 209 | 197 | 210 | 227 | 115 | 116 | 93 


Wissenswert ist schliesslich, dass auch in der Schweiz seit Kriegsbeginn 
die Milcherzeugung und damıt Hand in Hand die der Milchprodukte wesentlich 
vermindert wurde. Die Milcherzeugung (berechnet in Mill. 9) die 1914 den Höhe- 
punkt von 26,7 erreicht hatte, ist 1917 bis auf 20,8 herunter gegangen und wurde 
für 1918 sogar nur noch auf 18,0. geschätzt. Deist, Stuttgart. 


22. Medizinal-statistische Nachrichten 1915—16, 7. Jahrg., Heft 8 u. 4. 


Das 3. Heft bringt statistische Angaben über die Sterblichkeit in der Kreis- 
bevölkerung des preussischen Staates nach Todesursachen und Altersklassen im 
Jahre 1914, über Mord und 'l'odschlag, Hinıichtungen und Selbstmorde in Preussen 
im Jahre 1914, über Geburten, Eheschliessungen und Todeställe in Preussen im 
4. Vierteljahr 1914 und unter der Rubrik „Verschiedenes“ über die Sterblichkeit 
an wichtigen übertragbaren Kinderkrankheiten in Preussen in den Jahren 1876 
bis 1915. 

(Heft 4.) Statistische Angaben über die Sterblichkeit in der Kreisbevölkerung 
Preussens nach Todesursachen und Altersklassen im Jahre 1914, über die töd- 
lichen Verunglückungen, über die Heilanstalten in Preussen im Jahre 1914 und 
unter der Rubrik „Verschiedenes“ über die Säuglingssterblichkeit nach Todes- 
ursachen auf 1000 lebende Säuglinge berechnet in den Jahren 1910 —14. 

In den allgemeinen Heilanstalten wurden 1914 im ganzen 114621 Tuber- 
kulöse behandelt. Von ihnen lıtten an Lungentuberkulose 88135, an Tuberkulose 
anderer Organe 21888, an Skrofulose 4598. Von den Behandelten starben 13928, 
davon an Lungentuberkulose 11734. Schellenberg, Ruppertshain. 


23. A. Kohn, Unsere Wohnungsuntersuchungen im Jahre 1917. Im Auf- 
trage des Vorstandes der Allgemeinen Ortskrankenkasse der Stadt Berlin. 
Berlin 1918. 

Zu kurzer Besprechung ungeeignete, hauptsächlich statistische Zusammen- 
stellung der Wohnverhältnisse der Angehörigen der A. K. K. Berlin. Auch hier 


Internat. Centralbl. f. Tuberkulose-Forschung,. 12. 23 


346 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


ergibt sich wieder das bekannte Wohnungselend der Grossstadt: Fehlen des not 
wendigen Luftraums, überfüllte Räume, hygienisch unmögliche Dach- und Keller- 
geschosse usw. P. Weill, Strassburg (z. Z. Beelitz). 


24. Klare, „Gebt den Kindern Sonne!“ Berlin, Verlag des Deutschen 
Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. 
Mit guten Bildern ausgestattete volkstümliche Propagandaschrift für Luft- 


und Sonnenbehandlung auch der gesunden Jugend. 
P. Weill, Strassburg (z. Z. Beelitz). - 


25. Aus dem Deutschen Tuberkulose-Fürsorge-Blatt 1918 Nr. 5—10. (Ref. 
Schwermann- Alpirsbach.) 


Müller: Lehrwerkstätten an Lungenheilanstalten. 

Beschreibung der in der Lungenheilanstalt Lippspringe eingerichteten Werk- 
stätten, teils zur Umlernung in einen neuen Beruf, teils zur Wiedergewöhnung 
an die Arbeit in den letzten Wochen der Kurzeit, immer natürlich im Einklang 
mit dem ärztlich vorgeschriebenen Heilplan und unter ärztlicher Kontrolle. 

Beschorner: Wiedereintritt in die Krankenversicherung der 
aus dem Heeresdienst entlassenenresp. beurlaubten tuberkulösen 
Kriegsteilnehmer. 

In 9 Leitsätzen, die im Original nachgelesen werden müssen,. gibt Verf. eine 
Anleitung zur Wiedererlangung der Versorgung erkrankter tuberkulöser Heeres- 
angehöriger durch die Kassen. 

Ehrenberg: Über die Walderholungsstätten Cassel. 

Kurze Beschreibung über den Betrieb in den Walderholungsstätten an der 
Hand von Bildern. 


Petruschky: Weitere Erfahrungen über spezif. Perkutan- 
behandlung. 

Das zuerst von Spengler angewandte und vom Verf. weiter ausgebaute 
Verfahren der spezif. Behandlung durch Einreiben von Tuberkulinpräparaten in 
die Haut entspricht allen Anforderungen für ein Verfahren zur Bekämpfung der 
Tuberkulose als Volkskrankheit: Einfachheit, Unschädlichkeit und Wohlfeilheit. 

P. verwendet im Gegensatz zu der Partigenbehandlung nach Deycke- 
Much alle Teilantigene in einem Präparat und benutzt zwei Präparate: 
Linimentum anticatarrhale; Tuberkulin-Liniment. 

In Anwendung kommen nur ganz kleine Aufangsdosen, ähnlich wie bei 
Tuberkulin Koch, da es anfangs häufig vorgekommen ist, dass trotz keiner sicht- 
baren Reaktion (lemperaturerhöhung etc.) doch allmählich eine Toxinüberlastung 
aufgetreten ist (Kopfschmerzen, Müdigkeit, Gewichtsabnahme). 

Nach 8&jähriger Erfahrung kommt P. zu dem Resultat, dass „die so not- 
wendige Massenbehandlung im Primärstadium der Tuberkulose möglich wird, um 
dem Ausbruch offener Tuberkulose mehr und mehr vorzubeugen.“ Die für die 
praktische Anwendung der Präparate notwendigen Richtlinien müssen im Original 
nachgelesen werden und sind bei der Handelsgesellschaft deutscher Apotheker in 
Berlin erhältlich. 

Verf. selbst hat, soweit sich das vorliegende Material statistisch verwerten lässt, 
99°/ mit Aussicht auf Dauererfulg bei geschlossener und 30—33°,0 bei offener 
Tuberkulose behandelt. Die grundlegende Bedingung für diese Erfolge sind plan- 
mässig durcbgeführte „Etappenkuren* durch mehrere Jahre. Mit allen Kräften 
muss die Frübbehandlung der infizierten Kinder gefordert werden, damit die 
Entstehung neuer ansteckender Fälle allmählich gänzlich verhütet wird. Aufgabe 


der Fürsorgestellen wird die frühzeitige Auffindung der Infizierten sein und die ; 


„Fürsorge für rechtzeitige und wirksame Behandlung“. 

Thode: Loslösung der Tuberkulosefürsorge aus der öffent- 
lichen Armenpflege. 

Seit 1. April 1917 ist in Stettin die Tuberkulosefürsorge aus der öffentlichen 


` a 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 347 


Armenrpflege losgelöst, und erhalten alle wegen Tuberkulose einer öffentlichen 
Hilfe bedürftigen Personen diese Hilfe aus besonderen städtischen Mitteln. Diese 
Loslösung ist einmal deshalb als Fortschritt zu begrüssen, als viele Leute sich 
wegen der damit verbundenen Rechtsminderung scheuen, die öffentliche Armen- 
pflege in Anspruch zu nehmen; dann aber auch, da die Armenpflege eben nur 
den Mittellosen Hilfe angedeihen lassen kann, eine Tatsache, die sich mit einer 
verständnisvollen Tuberkulosefürsorge nicht vereinbaren lässt. 

Durch diese Loslösung werden alle Hemmnisse, die einer sachgemässen 
Tuberkulosefürsorge im Wege stehen, möglichst beseitigt. Die Kranken werden 
auch hier in gewissem Umfang zur Bestreitung der Kosten herangezogen, aber 
mit Fortfall der armenrechtlichen Folgen; dieser Kostenanschlag wird aber sofort 
festgesetzt, so dass die frühere Furcht vor ——— Inanspruchnahme in un- 
bekannter Höhe ebenfalls fortfällt. 

Nachruf auf Gaffky, den Mitarbeiter Kochs. 


Altstaedt: Die diagnostische Tätigkeit der Tuberkulose- 
fürsorgestelle Lübeck. 

Hauptaufgabe der Tuberkulosefürsorgestellen ist, Erkrankte rechtzeitig in 
Behandlung zu bringen. Persönliche Fühlungnahme auch bei noch so beschränkter 
Zeit wichtig, es darf keine Massenarbeit in der Fürsorgestelle geleistet werden, 
denn dabei würden geräde leichte, beginnende Fälle übersehen. Die Hauptfrage 
heisst ja immer: Ist die Tuberkulose aktiv oder inaktiv. Die Hauptfälle rekrutieren 
sich aus den Leuten mit zweifelhafter Tuberkulose. Die probatorische Tuberkulir- 
injektion hat heute ihre Bedeutung für die Diagnose verloren. Das einzige Mittel, 
zu entscheiden, ob es sich um einen aktiven oder inaktiven Prozess handelt, ist 
- die Beobachtung des Kranken längere Zeit hindurch, während deren die Be- 
treffenden in Arbeit stehen, ein Mittel, das die Fürsorgestelle vor den Beobachtungs- 
stationen voraus hat. 

Eine zu häufige Untersuchung der Kranken könnte vermieden werden, wenn 
sich die Versicherungsanstalten und Kassen auf das Urteil des 'l'uberkulosearztes 
verlassen würden. 

A. kommt zu den Schlussfolgerungen, dass in 2 Stunden höchstens 25 Unter- 
suchungen vorgenommen werden sollten, dass die Diagnose des Fürsorgearztes 
bei Beobachtung des in Arbeit stehenden Kranken jeder anderen Diagnose über- 
legen ist. Ferner leitet die Fürsorgestelle Kleinarbeit für Versicherungsanstalten 
und Kassen und macht Tuberkulosebeobachtungsstationen überflüssig. 


Tuberkulosefürsorge des Zentralkomitees vom Roten Kreuz. 
12. Bericht über die Tätigkeit der Tuberkuloseausschüsse der Abteilung für 
Kriegswohlfahrtspflege. 


26. Österreichisches Tuberkulose - Fürsorge -Blatt 1918 Nr. 2—4. (Ref. 

Pogazhnik-Gutenstein.) 

Fellner: Randbemerkungen zur Fürsorge heimkehrender 
Krieger. (Aus der staatl. Lungenheilanstalt in Sternberg.) 

Anknüpfend an einen neuen Erlass des Kriegsministeriums über die Abgabe 
von lungenkranken Soldaten in Heilanstalten und häusliche Pflege, der im all- 
gemeinen von Fachärzten freudigst begrüsst wurde und zweifellos einen be- 
deutenden Schritt nach vorwärts bedeutet, macht F. auf verschiedene Mängel, 
die sich der klaglosen Durchführung dieses Erlasses entgegenstellen, aufmerksam. 
Es ist ja tatsächlich haarsträubend, wenn es bei der heutigen Spitalsbettennot 
beispielsweise vorkommen kanı, dass infolge bureaukratischer Schwerfälligkeit 
in einer Lungenheilanstalt mit 1250 Betten nur die halbe Anzahl von Betten 
belegt ist und auch diese nicht nur mit für die Anstaltsbehandlung geeigneten 
Fällen, sondern zum Teile auch mit schweren, verlorenen Fällen oder überhaupt 
nicht Tuberkulösen. Weiter bemängelt Verf. mit Recht auch die späte Zuweisung 
von Kranken, die bei rechtzeitiger Abgabe in eine Anstalt noch hätten gerettet 


23? 


348 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


werden können, und schliesslich auch die ganz ungenügende Tuberkuloseaufklärung 
der Soldaten. 

Eine bessere und einheitlichere Organisation erweist sich im Interesse der 
Tuberkulosebekämpfung und Fürsorge als dringend notwendig und macht Verf. 
hiezu mehrere beherzigenswerte Vorschläge. 

Teleky: Die Sorge für tuberkulöse Kriegsbeschädigte. 

Auch Teleky gibt Anregungen, wie das nach den schon erwähnten letzten 
behördlichen Verordnungen sehr langwierige Verfahren bei der Abgabe von 
lungenkranken Soldaten in Anstaltsbehandlung oder häusliche Pflege abgekürzt 
werden könnte. 

A. Götzl: Die Anzeigepflicht bei Tuberkulose, 

Die Tuberkulosesterblichkeit hat in den letzten Kriegsjabren erheblich zu- 
genommen. G. prüft unter Verwendung der einschlägigen Literatur und An- 
führung interessanter historischer Daten und statistischer Tabellen eine der vielen 
vorgeschlagenen Abwehrmassregeln gegen das Überhandnehmen der Lungen- 
tuberkulose, die Anzeigepflicht, einerseits auf die Richtigkeit ihrer theoretischen 
Grundlage, andererseits untersucht er, ob und unter welchen Verhältnissen die 
äusseren Bedingungen gegeben sind, unter denen die als berechtigt anerkannte 
Forderung nach Einführung der Anzeigepflicht bei dieser Erkrankung ihre Er- 
füllung ermöglicht. 

In der historischen Entwickelung der Anschauungen über die Tuberkulose, 
die erst seit den grundlegenden Arbeiten Koch’s durch experimentelle Forschung 
begründete festere Formen annahmen, entwickelten sich auch die Anschauungen 
über die Anzeigepflicht in verschiedener Richtung. Der Anzeige von Tuberkulose- 
todesfällen kann von dem Standpunkte ausgehend, dass es sich bei der Tuber- 
kulose um ein Pandemie handelt und dass eine Infektion des Kulturmenschen 
schon in der frühesten Jugend stattbat, ein gewisser Wert im Rabmen aller der 
Eindämmung der Tuberkuluse dienenden Abwehrmassregeln insoferne nicht ab- 
gesprochen werden, als durch sie die Aufmerksamkeit auf die durch das lange 
vorangehende Siechtum gefährdete Umgehung gelenkt wird oder — wenn der 
Todesfall zum Wohnungswechsel der Familie führt — durch die Desinfektion der 
Wohnung auch die späteren Bewohner geschützt werden, unter der Voraussetzung 
natürlich, dass diese Anzeigen auch überall durchgeführt werden. Dies ist nun 
aber auch dort, wo die Anzeigepflicht schon seit vielen Jahren gesetzlich an- 
geordnet ist, wie z B. in Dänemark, nicht durchwegs der Fall und wird vielfach 
der Mangel einer ärztlichen Totenbeschau als Ursache hierfür angegeben. Anderer- 
seits erübrigt sie sich dorf, wo ein geregeltes Beschauwesen besteht, d.h. alle 
Todesfälle mit Angabe der Todesursache der Behörde anzuzeigen sind. Sie kann 
in richtiger Weise nur auf dem Wege einer gleichmässig durchgeführten ärzt- 
lichen Behandlung aller Kranken erzielt werden. 

Noch viel komplizierter gestaltet sich die Anzeige von Tuberkulosekrank- 
heitsfällen. Welche Erkrankungsfälle von Tuberkulose sollen angezeigt werden ? 
Die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen lauten in den verschiedenen 
Ländern verschieden. Fast ausschliesslich steht die Lungen- und Kehlkopf- 
tuberkulose im Vordergrund der Diskussion. Doch scheint die gesetzestechnische 
richtige Erfassung der zur Anzeige verpflichtenden Stadien der Lungen- und 
Kehlkopftubeıkulose grosse Schwierigkeiten geboten zu haben 

Auch bei der Rücksichtnahme auf die äusseren sozialen Verbältnisse be- 
wegte man sich bei der Normierung der Anzeigepflicht in verschiedenen Richtungen. 
In manchen Verordnungen wird die Anzeigepflicht gefordert bei Wohnungswechsel, 
in anderen bei Abgabe von Tuberkulösen in Heilanstalten oder Entlassung der- 
selben aus denselben. Die Verordnung für das Königreich Sachsen und auch in 
andern Ländern setzt wieder die Anzeigepflicht fest, wenn sich die Kranken in 
Privatkrankenanstalten, in Armen- oder Siechenhäusern, in Herbergsschlafstellen, 
in Pensionaten u. dgl. befinden. Andererseits findet man häufig das Bestreben 
ausgedrückt, eine Anzeigepflicht für solche Kranke festzusetzen, die überhaupt 


— 


Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 349 


in schlechten Wohnverhältnissen leben. Seltener finden Berufs- und Arbeits- 
verhältnisse entsprechende Berücksichtigung. Es gibt vereinzelte Bestimmungen 
über die Anzeigepflicht von Tuberkulösen in Schulen, von solchen, die im 
Nahrungsmittelgeweiıbe beruflich tätig sind; alle diese Bestimmungen sind teil- 
weise mangelhaft, teilweise undurchführbar, jedenfalls nicht einheitlich. Verf. 
erörtert nun an der Hand eines reichen statistischen Materials aus allen Ländern 
die Frage, was mit der Anzeige erreicht werden kann bzw. erreicht wurde und 
fasst seine ungemein gründlichen und interessanten Ausführungen in folgende 
Schlusssätze zusammen: 

1. Weder die Resultate der medizinischen Forschung noch die sozialen Be- 
dingungen, unter denen die Anzeige der Tuberkulose erfolgen soll, konnten in 
den Verfügungen bisher in gesetztechnisch einwandfreier Weise zum Ausdrucke 
gebracht werden. 

2. Wie alle anderen Massnahmen ist die Anzeige nur als ein unterstützendes 
Mittel zur Abwehr der Tuberkulese anzusehen, das den Einfluss allgemein 
wirkender, sozialökonomischer Momente, der sich in erhöhter Tuberkulosemortalität 
äussert, nicht aufzuwiegen vermag. 

$. Die Statistik ist vorläufig nicht imstande, den einwandfreien Beweis 
dafür zu erbringen, dass der Durchführung der Anzeigen bei Tuberkulose ein 
Einfluss auf die Tuberkulosesterblichkeit zukommt. 

4. Das Ausmass, in dem die Anzeige — sei es die freiwillige, sei es die 
zwangsweise — durchgeführt wird, hängt im wesentlichen von dem Kulturniveau 
der Bevölkerung sowie davon ab, inwieweit sonstige, der Eindämmung der 
Tuberkulose dienende Einrichtungen und Vorkehrungen vorhanden sind. Nur als 
Mittel zum Zweck, nicht aber als Selbstzweck kann sie dem Verständnisse der 
Bevölkerung näher gebracht werden. 


E. Fronz: Zur Bekämpfung der Tuberkulose. 

Eine energische Aufforderung zur Organisation zum Kampfe gegen die 
Tuberkulose. — In erster Linie sind die offenen, ansteckungsfähigen Tuberkulösen 
durch Unterbringung in „Heilanstalten“, wo sie, soweit es ihr Zustand gestattet, 
auch Besserung oder Heilung finden können, unschädlich zu machen. Einen 
vorläufigen und teilweisen Ersatz für die vielen hierzu fehlenden Anstalten sieht 
Verf. in den von Taubert vorgeschlagenen Isolierabteilungen in Häusern mit 
Kleinwohnungen und zwar ergänzt er diesen Vorschlag dahin, diese lIsolier- 
abteilungen mögen auf dem höchsten Teile des Hauses mit allen Vorzügen von 
Licht und Luft angebracht werden. Einen ähnlichen Vorschlag machte Verf. 
schon im Jahre 1910 bei der Internationalen Tuberkulosekonferenz in Brüssel. 

Die geschlossenen Fälle von Lungentuberkulose können zumeist dem Gebiete 
der Fürsorgestelle allein überlassen bleiben. Eine genaue Registrierung, Ordnung 
der grossen Masse der Tuberkulosefälle, Gruppierung in offene und geschlossene 
Formen etc. ist notwendig. Was die Heilung selbst der Tuberkulose betrifft, so 
ist diese der Hauptsache nach eine Frage der Wohnung und der Ernährung, also 
eine allgemeine soziale Frage. 


K. Holter: Die Ernährungsfrage in den Lungenheilstätten. 

Die Schwierigkeiten in der Approvisionierung der Volkslungenheilstätten 
steigern sich von Tag zu Tag. Einen leıder sehr deutlichen Ausdruck finden 
diese Schwierigkeiten dariu, dass die Gewichtszunahmen der Pfleglinge stets ge- 
ringer werden, ja fast ganz aufgehört haben. Die Heilstätten sind heute mit ihrer 
Verpflegung an jener unteren Grenze angelangt, von welcher an ihr Nutzen über- 
haupt in Frage gestellt erscheint. Dass nicht der Mangel an Lebensmitteln allein 
an diesem Übelstande schuld trägt, beweist der Umstand, dass es Kurorte und 
Sanatorien gibt, die für eine viel grössere Zahl von Personen reichlich versorgt 
sind. Verf. stellt die berechtigte Forderung, dass die an Zahl geringen mittel- 
losen in den Volksheilstätten untergebrachten Lungenkranken nicht schlechter 
gestellt sein sollen als die vielen reichen Leute, welche oft nicht einmal krank, 


850 Bücherbesprechungen und Zeitschriften. 


- sondern nur erholungsbedürftig sind. Die Lungenheilstätten müssen dieselbe 
Stellung eingeräumt erhalten wie die bevorzugten Kurorte. Nötig sind ferner 
Geldzuschüsse zur Aufbesserung der Verpflegung und erhöhte Zuweisung von 
rationierten Lebensmitteln. Bei Nichterfüllung dieser Forderungen müsste allen 
Ernstes an die Schliessung der Heilstätten gedacht werden. 


R. Luke: Mitteilung eines Versuches, die Aufgaben der Für- 
sorgestellen für Tuberkulose im Bezirke Wildenschwert und 
Senftenberg in Böhmen durch Selbsthilfe durchzuführen. 

In der Tätigkeit der Fürsorgestellen auf dem Lande, wie sie jetzt nach den 
ministeriellen Verordnungen geübt wird, sieht Verf. einen Übelstand darin, dass 
„die Arzte selten ihre Kranken zu einem anderen Arzte und zu spät senden“. 
„Die Genesenden gehen womöglich bald in die Arbeit und haben dann weder 
Zeit noch Lust zu einer längeren systematischen Kur, wenn die sogenannte 
ökonomische Heilung eingetreten ist.“ 
| Er macht Vorschläge, von deren Durchführung er bessere Erfolge erwartet. 
Die wesentlichsten von diesen sind: Allen Distriktsärzten ist die Möglichkeit zu 
bieten, die Technik der spezifischen Behandlung der Tuberkulose kennen zu 
lernen, damit sie dieselbe einmal wöchentlich in ihrer Ordinationsstunde durch- 
führen können. Die Funktionen der Fürsorgeschwester übernehmen die Kon- 
trolleure der Krankenkassen (!) und die Samariterabteilungen der Feuerwehren, 
für Frauen, Mädchen und Kinder die besten und begabtesten Absolventinnen von 
kurzen Gesundheitskursen, die jährlich für Frauen und Mädchen, hauptsächlich 
für weibliche Feuerwehrmitglieder, veranstaltet werden sollen. 

Es liesse sich wohl manches gegen diese Vorschläge einwenden. Doch steckt 
die ganze Tubeıkulosefürsorgebewegung, namentlich die anf dem Lande, noch zu 
sehr in den Kinderschuhen und sind gerade die derzeitigen Verhältnisse für eine 
volle Entfaltung ihrer Tätigkeit und Wirksamkeit zu ungünstig, um heute schon 
ein endgültiges Urteil darüber, wie sie am besten betrieben werden soll, abgeben 
zu können. Darum dürfte es vorläufig wenigstens am besten sein, sicb an die 
von bewährten Fachmännern nach reiflicher Überlegung gegebene Richtschnur 
zu halten. Doch ist jede neue Anregung, auch wenn sie sich nicht bewähren 
sollte, wertvoll. Es wird die Zeit kommen, wo man mehr Erfahrung besitzt und 
an die Sichtung aller gemachten Änderungsvorschläge und Annahme der geeigneten 
und Ablehnung der ungeeigneten wird treten können. 


F. Orthner: Volksunterricht in der Bakteriologie. 

Alle Ärzte, die sich mit der Bekämpfung der Tuberkulose beschäftigen, 
begegnen bei dieser Tätigkeit einem schier unüberwindlichen Hindernis, der ganz 
allgemeinen Unwissenheit der grossen Masse bezüglich der Ursachen und Ver- 
breitungswege der Tuberkulose und der Krankheiten überheupt. Wenn auch in- - 
folge der Aufklärungsarbeit der letzten Jahre das Wissen von der Existenz von 
Bakterien als Krankheitserreger in weitere Kreise der Bevölkerung gedrungen 
ist, so fehlt es doch noch an dem richtigen Verständnis und namentlich der 
praktischen Nutzanwendung dieses Wissens im täglichen Leben. Deshalb fordert 
Verf. mit vollem Rechte einen diesbezüglichen Unterricht, natürlich in primitivster 
Form, schon in den ersten Volksschulklassen, in den höheren Klassen und 
Schulen kann ja dieser Unterricht dann detaillierter werden. Damit wäre gleich- 
zeitig der Grund gelegt für eine allgemeine Gesundheitslehre, in deren Rahmen 
auch die ersten Warnungen vor den Geschlechtskrankheiten in passender und 
unauffälliger Weise Platz finden könnten. 

Verf. schliesst seine sehr einleuchtenden Ausführungen mit der Bitte an 
die Männer der Wissenschaft, welche heute im Kampfe gegen die Tuberkulose 
und die anderen Volkskrankheiten eine führende Rolle spielen, ihren ganzen Ein- 
fuss dahin geltend zu machen, dass die Unterrichtsbehörde der Bakterienkunde 
spät aber endlich den geziemenden Platz im Lehrplane der Volks- und Mittel- 
schulen anweise. 


Mitteilung. 361 


27. Fachzeitschrift für Krankenpflegerinnen und Fürsorgeschwestern, 
herausgegeben vom Fachverband der diplomierten Krankenpflegerinnen und 
Fürsorgeschwestern. (Ref. Pogazhnik, Gutenstein.) 


Die Gründung dieser Zeitschrift, die als Beiblatt des Österr. Tuberkulose- 
fürsorgeblattes erscheint, hat einem vielseitig empfundenen Bedürfnisse entsprochen. 
Sie hat sich zur Aufgabe gestellt, einerseits die berechtigten Iüteressen der 
Krankenpflegerinnen und Fürsorgerinnen zu vertreten, andererseits denselben 
alles für ihren Beruf Wissenswerte zu übermitteln, sie fortzubilden und mit allen 
Neuerungen vertraut zu machen. Die beiden ersten Hefte sind erschienen und 
enthalten einen lesenswerten Aufsatz des Leiters der Krankenpflegerinnenschule 
in Wien, Hofr. Dr. E. Meder „Über Krankenpflegeschulen“, der die historische 
Entwickelung des Krankenpflegewesens in Österreich schildert. 


Ill. Mitteilung. 


Professor Dr. Finder, Berlin, hatte sich in der Ausschuss-Sitzung des 
Deutschen Zentral-Komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose in Berlin am 15. VI. 18. 
im Anschluss an den Vortrag von Prof. Dr. Friedrich ‚die Bedeutung der 
Kehlkopftuberkulose bei der Bekämpfung der Tuberkulose als Volkskrankheit und 
die Notwendigkeit ihrer besonderen Behandlung in den Tuberkulose Heimen für 
Schwerkranke scharf verurteilend über die Behandlungsart der Kehlkopftuberku- 
lösen in Lungenheilanstalten geäussert. Die Vereinigung der Lungenheilanstalts- 
ärzte wollte Jaut Beschluss ihrer Versammlung am 16. VI. 18. den Vorwürfen 
Prof. Dr. Finders in der Weise nachgehen, dass sie sich nähere Auskünfte 
- über die Krankheitsfälle erbat, welche Herrn Prof. Dr. Finder Anlass zu seinen 
ins einzelne gehenden Äusserungen gegeben hatten. Die Vereinigung war dabei 
von dem Bestreben ausgegangen, durch Prüfung dieser Fälle eine sachliche Erör- 
terung und Klarheit der dabei in betracht kommenden Verhältnisse zu erreichen 
und damit eine Verbesserung der Behandlungsweise der Kehlkopftuberkulösen 
in den Lungenheilanstalten zu dienen. Prof. Dr. Finder hat sich aber zu einer 
Hergabe der erbetenen Auskünfte nicht bereit erklärt und wir sehen daher keinen 
anderen Weg gegen die von ihm erhobenen Vorwürfe Stellung zu nebmen als 
durch die folgende Erklärung, welche in den Druckbericht der Ausschuss-Sitzung 
aufgenommen werden wird. 


Erklärung. 


, Die Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte hat sich mit den 
Äusserungen des Herrn Prof. Dr. Finder’) über die Kehlkopfbehandlung in den 
Lungenheilanstalten in ihrer Versammlung am 16. Juni und weiterhin bei einer 
Zusammenkunft ihrer unterzeichneten Vertreter am 13. Sept. in Frankfurt a. M., 
welch letzterer Herr Geheimrat Prof. Dr. Spiess als liebenswürdig und dankens. 
wert beratender Gast beiwohnte, eingehend beschäftigt und die unterzeichneten 
Vertreter der Vereinigung sehen sich biernach zu folgender Erklärung veranlasst. 

Die Äusserungen des Herrn Prof. Dr. Finder stellen einen schweren Vor- 
wurf gegen die Gesamtheit der deutschen Lungenbeilanstaltsärzte dar, da sie in- 
folge ihrer allgemeinen Fassung und ihrer Unprüfbarkeit sie alle betreffen. Wären 
die Äusserungen in einer geschlossenen Fachärzte-Versammlang gefallen, so hätte 
sich die dankensweıte Gelegenheit geboten die Angelegenheit näher zu besprechen 


I) Vergl. Bericht über die Ausschuss-Sitzung der Deutschen Zentral-Komitees 
Frühjahr 1918. Heft. 8. Jhrg. S. 241. 


352 Mitteilung. 

und die vielen Umstände, die etwa zur Erklärung der zugrunde liegenden Tat- 
sachen, besonders unter den gegenwärigen Verhältnissen in betracht kommen 
mögen, ausführlich darzulegen. Das war aber damals nicht möglich und wenn- 
gleich Herr Prof. Dr. Finder in einem Briefe, den er am 22. Juli an den Erst- 
unterzeichneten richtete, bedauernd anerkannte, dass seine Äusserungen Anlass zu 
einer missverständlichen Auffassung im Sinne ihrer Verallgemeiuerung geben 
könnten, so enthebt uns dies nicht der Pflicht, gegen dieselben im Namen der 
deutschen Lungenheilanstaltsärzte entschieden Einspruch zu erheben, da die 
Vorwürfe in der Allgemeinheit und Form, wie sie erhoben wurden, sicherlich für 
die deutschen Lungenheilanstalten nicht zutreffen. 

Die deutschen Lungenheilanstaltsärzte sind voll überzeugt von der unbe 
dingten Notwendigkeit. die Kehlkopftuberkulosen, wie alle Erscheinungsformen 
der Tuberkulose so zweckdienlich wie nur möglich zu behandeln. Ist es auch 
für ung, da wir fortgesetzt und eingehend nicht nur die sicherlich wichtigste 
und schlimmste Form der Tuberkulose, die Lungentuberkulose sondern den ganzen 
tuberkulösen Menschen beobachten und behandeln, etwas Selbstverständ- 
liches, dass wir jede Äusserung der Krankheit als wesentlich für die Gesamt- 
beurteilung und für die Behandlung des Kranken betrachten und danach unser 
Handeln einrichten. Wir sind rnderseits auch von der Tatsache durchdrungen, 
dass die Behandlung der Tuberkulösen, der Lungentuberkulösen wie überhaupt 
aller Formen, in Anstalten und ausserhalb derselben noch nichts Abgeschlossenes, 
Vollkommenes ist, sondern dass sie beträchtlich und vielfältig ausgebaut und 
verbessert werden muss. Welch grosse Bedeutung für die Bekämpfung der 
Tuberkulose überhaupt die Kehlkopftuberkulose hat, das legt ung gegenwärtig das 
wesentlich reichlichere Zuströmen Kehlkopftuberkulöser in den letzten Kriegs- 
jahren furchtbar nahe und wir begrüssen die Ausführungen des Herrn Prof. Dr. 
Friedrich im Interesse der besseren Versorgung der Kehlkopftuberkulösen 
auf das lebhafteste.e Es wird Gegenstand unserer besonders eingehenden Ver- 
handlungen in der Vereinigung sein, in wiefern die Behandlung’der Kehlkopf- 
tuberkulösen in den bestehenden Heilanstalten noch zweckdienlicher ausgestaltet 
werden kann. Es werden dabei manche Einzelfragen zu erörtern sein, z. B. 
welche Erscheinungsformen der Kehlkopftuberkulose in den Heilanstalten über- 
haupt einer besonderen Behandlung bedürfen, welche Wirkung klimatische Ein- 
flüsse bei der Heilstättenbehandlung auf die Kehlkopftuberkulose haben; gegen 
die Beiordnung eines auswärtigen Laryngologen zur Behandlung der Keblkopf- 
tuberkulösen in den Heilanstalten werden wohl gewichtige Bedenken erhoben 
werden. Bei der Behandlung all dieser Fragen werden wir uns der Mithilfe be- 
währtester Fachmänner versichern. Wir wollen ja mit den Laryngologen wie 
überhaupt mit allen, welche mithelfen können, gemeinsam den furchtbaren, jetzt 
doppelt furchtbaren Feind „Tuberkulose“ zu Leibe rücken, um ihn gemeinsam 
zu bekämpfen und zu besiegen. Aber der Weg, den Herr Prof. Dr. Finder mit 
seinen Äusserungen eingeschlagen hat, war für solch gedeihliches Zusammenwirken 
nicht glücklich. 

Sanitätsrat Dr. O. Pischinger, Luitpoldheim Lohr a. M. 
Dr. Ritter, Edmundsthal-Siemerswalde bei Hamburg. 
Dr. Schellenberg, Ruppertshain i. Taunus. 
Sanitätsrat Dr. Liebe, Waldhof-Elgershausen. 
Dr. Schröder, Neue Heilanstalt Schömberg bei Wildbad. 
Dr. Bredow, Ronsdorf i. Rhld. 








i Um Einsendung von Monographien und Büchern an den Redakteur Dr. G. Schröder, 
dirig. Arzt der neuen Heilanstalt Schömberg, O.-A. Neuenbürg (Württemberg) wird gebeten. 


Namenregrister. 


—— 


A. Becquerel 285. 
Bednarski 37. 
Begtrup-Hansen, Th. 101. 
‚Behr 106. 

Belfanti 288. 
‘Bencze, Julius 331. 
Benians 287. 
Benischke 81. 
‘Bergel 290. 

Berger 240. 

Berglund, Viktor 300. 


Abel 122. 
Abramowski 3829. 
Adler, E. 307. 

Adler, Em:l 216. 
Alfara, Aráoz 96. 

Alff 28. 

Alomar 284. 

Altschul, Theodor 148. 
Altstaedt 257, 347, 
Altstaedt, Susanne 173. 
Aoki 291. 

Arosenius, E. 16. 
Ascher 210. 

Aufrecht 104, 272. 
Azúa 56. 


Bergmann, Kjell 79. 
Bergstrand, Hilding 220. 
Berka, F. 51. 
Bernhardt 42. 
Bernhard, O. 63. 
Bertani 293. 

Besançon 285. 


B. Beschorner 150, 207, 346. 


Besıedka, A. 293, 
Babes 289. Bielefeldt 232. 
Bach, Hugo 277. 241. 
Bacmeister 111. Bierhaus, Dietrich 69. 


Bacmeıster, Adolf 110, 189, | Bierotte 291. 
309. 


ı Binder 292. 
Baer, A. 265, 268. Bingel 206. 
Bahrdt 279. Blanco, J. 51. 
Bail, Oskar 210. Bluhm, Agnes 26. 
Bálint, R. 228, 229. i Bochalli 214, 246, 247, 312. 
Bálint, Rudolf 118, 119. Bòdiker, Eduard 12. 
Balwın 292. ‚Böhm 126 


Böttner, A. 94. 

du Bois, H. 342. 
Boit, E. 227. 

v. Bokay, Arpád 229. 
v. Borvsini, A. 343. 
Boudin 285. 
Bontemps 287. 


Bandelier 276. 

Bang. Sophus 226. 
Barajas 59 

Barbusa 82. 

Bardales 96. 
Bardswell, No&l 30. 
Barnes, Harald, H. 62. 
Bartel; J. 162, 237. 
Barthel 236. 

Bauer, Ad. 330. 
Baumann, E. 57, 145. 
Bayer, Hugo 228. | 
Beauchant, M. 251. Braun, Ernst 16. 
Bechhold 28. Brecke 244, 245, 247. 


Internat. Centralbl. f, Tuberkulose-Forschung. 12. 


266, 335. 
Brahm, C. 273. 
| Brauer, K. 198. 
| Brauer, L. 309. 


Bergmann, Emanuel 193. 


Braeuning 149, 151, 191, 


Bredow, F. 14. 
Brix 136. 
Bucher, Hans 139. 


Budszynski ?0. 
‚Bünnings 206. 


Büttner 147. 
Büttner-Wobst 157. 
Burgerstein, Leo 89, 123, 
Buri 292. 

Burkard, Otto 61, 263. 
Burnet 291. 


C. 


Calmette 290, 293. 

de Camiers, Jury 145. 

Cammaert, C. A. 253. 

Campbell. Thompson 314. 

Canesa 57. 

Cantab, P. H. 29. 

Carling, Esther 154. 

Carol, W. L. L. 224. 

Cemach, A. J. 28. 

Chabás, J. 46. 

Chabás 45. 

Chasporel, M. 17. 

Chaussé 287. 

Chotzen, J. 320. 

Clemens 25. 

Cobbet, Louis 182. 

Cobet 270. . 

Cudet, H. 171. 

Coleschi, L. 255. 

Compaired 59. 

Corper 235, 286, 288. 

Correa, Alsares 252. 

Costantini 237. 

Crofton, W. M. 27. 

Cronquist 19. 

Csabay, Geza 180. 

Curschmann 174, 245, 247, 
327. 

Curschmann, H. 58, 81. 


| Czerny 81, 122. 
| Czerny, A. 171. 


24 


354 


D. 


Daley, Allen 154. 

v. Dalmady, Zoltän 228. 
Danielski, Sigismund 210. 
Danysz, J. 61. 

Darier 13. 

Dart, G. H. 29. 

Da 284. 

Debinski 18. 

Deelmann, H. T. 222. 
Dehnel 42. 

Dekker, C. 233. 
Delepine, Sheridan 152. 
Delille 284. 

Dembinski 18. 

Detzel, L. 342. 

Deuel 279, 325. 

Deycke 257. 

Dıickinson, W. H. 155. 
Dieterlen 292. 

Dietl, Karl 323. 
Dietrich 305. 

Dippe 121. 

Diuski 40, 43. 

Dörfler 84. 

Dohrn 30, 280. 

Dold 290. 

Dolde, A. 299. 

Donges 287. 

vn mer -Beucker,Andreae, 


Dostal 290, 292, 293. 
Dostal, Herm. 205. 
Dutzel 12. 

Dubois, Marcel 298. 
Dziembowski 38. 


E. 


Ebel, Samuel 119. 
Ebeler, F. 108. 
Eber 290. 


Effler 231, 232. 
Ehrenberg 346. 
Ehrlich (Frl.) 37. 
Eiselt, R. 332. 
Elliesen 246. 

Ender 293. 
Engelmann 73, 106. 
Erdös, Adolf 140. 
Espinosa, L. 196. 


F. 


Faber 12. 

Feldt 78. 177, 236. 
Fellner 347. 
Ferran 293. 

Finck 286. 


Namenregister. 


| Finder 243, 851. 

Fischel, Karl 205. 

Fischer, Ilse 94. 

Fitschen 71. 

Fitschen, Eleonore 71. 
lesch, Jul. 227. 

Fleury, Maurice 181. 

Flörcken 236. 

Forday, Arpád 135. 


Forssner, Hjalmar 103. 


Fraenkel 157. 
Fraenkel, Alibert 151. 
Fraenkel, E. 315. 
Franke 271. 

Franz, Karl 60. 
Friedrich 242. 
Friediich, Wilh. 141. 
Friesicke 52. 

Frisch, A. 135. 
Frischbier 192. 
Fröhlich, Theodor 167. 
Fronz, E 349. 
Frouin 283, 285. 
Fürbinger 81. 

Fuld 93. 


G. 


Gaffikin, P. Jacob 832. 


Gáli, Géza 172. 
Gallego, B. 60. 
Galli, B. 274. 
Galliard, L. 306. 
Gámero, G. 50. 
Gammon 284. 

Gantz 42. 

Gastpar 124. 

Gelpke, L. 140. 
Gerber 243. 

Gerber, Paul 262. 
Gerhardt 250. 
Geihartz 47. 

Geszti, Josef 24, 105. 
Ghon, A. 67, 134. 
Gideon 285. 
Gjessing, H. 146, 175. 
Glaessner, K. 248. 
Glax 3:38. 

Glax, Julius 119. 





Göpel 280. 

| Goepel, R. 115, 177. 

Götzel, A. 135. 

Gött, Theodor 57. 

| Götzl, A. 206, 348. 

| Götzl, Alfred '89, 210. 
| Gomez, Martinez 52. 

i Gottstein 240. 

| Grarffner 339. 

| (sraetzer 339. 


Grau 70, 106, 147, 170, 336. 


| Grau, H. 235. 


Glover, Edward G. 317. 
Goldscheider 30, 171, 234. 


Greves, E. Hyla 154. 
Grüneberg 160. 
Grumme 94. 
Guerrero, A. 55. 
Gullbring, Alf 58. 
Gutmann, A. 148. 
Gutstein, M. 260. 
Gutzeit 138. 

Guy, John 154. 
Gyenes, Erwin 72. 


H. 


|de Haan, J. 272. 


Häcker, V. 321. 
Hafermann 292. 
Hainiss, G6za 172. 
Hallé, Noël 70. 
Hamburger 223. 
Hamburger, F. 205. 
Hamburger, Franz 195. 
Handtmann 112. 
Hansen 179, 243. 
Hansen, Sören 320. 
Hartmann, S. P. 253. 
Hart 69, 98. 

Hartog, C. M. 103. 
Harzer 236. 

Hartung 99. 
Havenstein 233. 
Haydn 52. 

Hayek 300. 

v. Hayek 176. 

v. Hayek, Herm. 21,86, 319. 
Heineke, A. 156. 
Heinemann 141. 
Heitmann, N. 112. 

v. Heimburg 241. 
Heinecke 279. 

Helm 246, 311. 
Helms, Otto 82. 
Herford 88, 330. 
Hermann 171. 

Hertz, Reif 334. 
Herzog, F. 254. 
Hetsch 125. 

Heusner, Hans L. 80. 
Hewelke 43. 
Himmelberger 292, 297. 
Hirsch 158. 
Hirschfeld, F. 32. 
Hirschfeld, H. 91. 
Hjalmar, Petersen 291. 
Hoeflmayr 91. 

v. Hoesslin 175. 
Hofbauer 339. 

Hoke, Edm. 48, 216. 
Holden, Oskar 270. 


| Holitsch, Rud. 74. 


i Hollós, Josef 176. 
Holmboe, W. 181. 
Holmgren, J. 12. 


| Holtei, Karl 265. 


Holter, K. 349. 
Hornowski 36. 
Hotz 23. 

Hutyra, Franz 49. 
Hyde, Cl. R. 260. 


I. 


Ickert 261. 
Imhofer, R. 251. 
Immelmann 3083. 
Ingwersen, F. 354. 
Israeli, Paul 208. 


J. 


Jacobs, Toni 108. 
Jacquerod 18. 

v. Jaksch, R. 208, 842. 
von Jaksch, Rudolf 119. 
Janiszewski 43. 

Jerie, J. 299. 
Jerusalem, Max 208. 
Jessen 113. 

Jessen, F. 177. 

Jobling 285. 

Johansson, J. E. 84. 
Johansson, Sven 80. 
Jousset, André 14. 
Jürgens 32. 

Jupille 283. 


- 


K. 


Kach 157. 

Kaiser, M. 180. 
Kajava, V. 72. 
Kankeleit 255, 323. 
Karczag. Ladislaus 100. 


van de Kasteele, R. P. 224. 


Kaulen 92. 
Keilty 283. 
Kemsies 88. 
Kemsies, Ferd. 
Kendall 284. 
Keschmann, Romuald 265. | 
Keutzler, Julius 84. 
Kimmerle 272. 

Kincaid, Frederic 270. 
Kinghorn, Hugh M. 11. 
Kirch 139. 

Kirchenstein 289. 
Kirchner 119. 

Klare 28, 113, 234, 346. 
Kleinmann, H. 131. 
Kleinschmidt, H. 27. 
Klimaszewski, W. 343. 
Klopstock-Kowarsky 342. 
Knack 184. 

Knepper 145. 

Knoll 289. 

Knorr, Ernst 71. 

Kobert, R. 225. 


89. 


— — — — — — — — — — es 


Namenregister. 


ı Koch, Herbert 78, 104. 
Koch, Robert 216. 
Köhler 328. 

Köhler, F. 183. 
Kölliker 115. 
Kölsch, Fr. 343, 
Koeppe 10. 
Kohn, A. 345. 
Kohn, Hans 32. 

| Koo mann, J. 73, 221. 
v — Alex. 83, 100, 


Koskowski 38. 

Kosteletzky 247. 

Kovacsics, Alex. 25, 180. 

Kozniewski 288. 

‘ Kraemer 245, 246. 

' Kraemer, C 171. 

Kraus 31, 32, 126, 171, 258, 
308, 335. 

Kraus, F. 163. 

Kraus, H. 200. 

Krause 292. 

Krause, Walter 17. 

! Kretz, R. 187. 

Kretzer 316. 

Kroener, M. 259. 

Krohne 120. 

| Kronberger 254. 

Kronenberg, E. 340. 

Krukenberg, G. 342. 

| Kruse 279. 

‚ Kruse, W. 114, 316. 

ı Kuczewski 40, 43. 

Kuczewski, Anton 265. 

Kühne 115. 

Kugler, E. 85. 

Kuhn, E. 114. 

Kulenkamp 92. 

Kummer 272. 

Küpferle 63. 

Kuthy, D. O. 137, 138. 

Kutschera, Ad. 168. 

Kuttner, L. 207. 

Kwasek 172. 


L. 


| Ladek, Eduard 83, 260. 
Landau 105. 
Landegger, M. 118, 148. 
Landoit, M. 252. 
Lange, K. W. 75. 
Langer 208. 

Langstein 122. 

Lanz, E. 19. 

Lara, A. 59. 

Larisch, Joh. 208. 
Laufer 212. 

! Latkowski 39. 

| Lazarini 50. 

| Lebon, H. 301. 


| Leitner, Philipp 225. 


355 


| Lembke, H. 139. 
Lénárt, Zoltan 146. 

| Lenneberg, Robert 167. 
Lenoble 136. 

Lenz 128. 

Leoz 583. 

Lermoyez, M. 75. 
Leschke 292. 

Leu 124. 

Levy 305. 

Levy-Lenz 170. 
Lewandowaky, F. 132. 
Lewis 292. 
Liebe 25, 234, 245, 247. 
Liebe, G. 231. 
Liebemann, E. 90. 

v. Liebermann, L. 186. 
Liebmann, E. 322. 
Lienhard, Otto 303. 
Lilienfeld 63. 

Lindemann ?90, 291. 
Lindemann, Anna Charlotte 

235. 

v. Linden 286. 

v. Linden, M. 21, 179. 
Lindgren, Uno 261. 
Lindbagen, Emil 24, 196. 
Lindner 292. 

Lipp, Hans 197. 

Lipski 35. 

— — L. 26. 

Löber, G. 274. 

Lobo, R. 50. 

Lockemann 284, 299. 
Loeper, Maurice 11, 171. 
Loewy, A. 273, 338. 
Loiseleur 146. 

Lopez, C. 57. 

Lord, F. J. 10. 

| Lorenz 75. 

| Lorenz, W. 228. 
Löwenstein 216, 284. 
Löwenstein, Ernst 216. 

! Löwenstein, Wilhelmine 

6. 


: Lowy, A. 92. 
'Löwy, Julius 13. 
' Lubarsch 132, 219. 
Dur R. 350. 
Lüthy, A. 13. 
| Lützow 111. 


M.. 


Madsen, Sigv. 110. 
Mager, W. 61, 118, 126, 209. 
' Mahler, Philipp 210. 
Maixner, Emmerich 83. 
Malinowski, A. 342. 

Malm 2*9, 290. 

| Mandl 226. 

Martius, Martha 322. 
Mary, A. 56. 


24* 


356 


Mary, A. und A. 46. 
Massol 293. | 
May, W. 89. 

Mayer 281. 

Mayoral, P. 50. 

Me chior 136. 

de Mello, Guedes 59. 
Merenlender, I. 105. 
Merklen 301. 
Metousek 171. 
Metzger 201. 

Meyer 140, 243. 
Mickel 326. 

Milani 286. 

Minor, Charl. L. 107. 
Mitchell, H. 131. 
Moench, G. L. 261. 
v. Möller, Friis 292. 
Möllers 291. 

Mönch, G. 145. 
Morales, Nester 51. 
Morestin £0. 

Moro 157, 223. 
Much 95, 216. 

Much, H. 315. 
Mühlmann, E. 142. 
Müller 69, 173, 346. 


Müller, Wilh. 48, 77, 89, 


182, 212. 
Münzer, Egmont 77. 


N. 


Nebel 280.. 

Neech, James T. 335. 
Neisser 242, 244. 
Netousek, M. 324. 
Neubauer, M. 112. 


Neufeld 127, 290, 338. 


Neufeld, F. 230 
Neumann 184. 
Neumann, W. 326. 


Neumann, Wilhelm 256. 


Neves 47. 

v. Niedner 326. 
Nobecourt 145. 169. 
Noeggerath 122. 
Nöhring 226. 

Nolen 239. 
Nonnenbruch 271. 
v. Noorden, C. 94. 
Norris, Ch. P. 252. 
Nowicki 34. 


Nuttall, Thomas E. 181. 


O. 


Oehlecker 158. 
Oertel 233. 
Oliver, Th. 300. 


Ónodi, Adolf 144. 


Ország, Oscar 101, 106. 
Orth 25, 99, 253, 300. 


Namenregister. 


Orth, J. 164. 
Orthner 210. 
Orthner, F. 350. 
Ostenfeld, J. 16. 
Ostrowski 35. 


P. 


| Palmie. J. 206. 


Pannwitz 246. 
Pannwitz, Hanns 336. 


Panoupoulos, Georges Th. 


304. 
Panzer 288. 
Pape 325. 
Papp, Samuel a 
Parrisius 201. 
Pasanis 59. 


| Pauchet, Victor 237. 


0. 
Pearson, S. Vere 154. 


Pekanovich, Stefan 18], 
331 


Peset 52, , 
Petersen 285. 


Petersen, Ivar 82, 384. 
Petersen, Valdemar 176. 


Petroff 283. 


Petruschky 119, 242, 346. 
Pettersson, Fredrik 78. 


Peyre 165. 
Pfannenstill, S. A. 81. 
Pfeiffer Walther 80. 
Philibert 285. 

Pick, F. 841. 

Pick, Gottlieb 85. 
Piéry 220. 

Piper, F. 167, 342. 

v. Pirquet 109, 122. 
Pischinger 244, 246. 


Pischinger, Oskar 29, 308. 


Plate 158. 
Pleschner 145. 
Pöhlmann 111. 
Pöppelmann 342. 
olyák, Ludw. 143. 
Popper, H. 324. 
Pribram, Hugo 213. 
Progulski 39. 
Pruszynski 234. 
Pütter 244. 
Puntoni 286. 
Pynappel 239. 


Q. 


Querner 158. 
Quincke 324. 


R. 


Rabinowitsch 293, 298. 


Rabl, L. 274. 
Rabnow 241. 


Ranke 116. 
Rappin 286. 
Rappin, M. 18. 


| Raudnitz, R. W. 174. 


Ravellat, J. 50. 
Reche 245. 

van Ree, A. 304. 
Reich, F. 90: 
Reiche 163. 
Reinhardt, A. 15. 
Reintart 132. 
Rethy, Aurelius 144. 
Révész, Victor 137. 
Reynier, Paul 15. 
Ribbert, H. 189. 
Richet, Charles 130. 
Riese 112. 

Rivier, Clive 152. 
Robertson, Niven 326. 
Rochelt, E. 116. 
Rodenacker 174. 
Roepke 276. 

Römer 160. 

Römer, Paul 95. 
van Roojen, P. H. 58. 
Rosenfeld 38. 
Rosenthal 279. 
Rössle 315. 

Roth, Nikolaus 78. 
Rothbholz 29. 

Rotky, H. 116. 
Rotte 291. 

Ruedi, Th. 583. 


S. 


i Sabourand, R. 14. 


Sahler, Josef 205. 
Sahlgren, Ernst 21. 
Sajet, B. H. 221. 
Sakheim, Jeanette 73. 
Salimbeni 298. 


| Salomon 106. 


Saltet, R. H. 222. 
Santon 284, 286. 
Sarason 248. 
Saugmann, Chr. 333. 
Saxl 112. 

Schacht, Franz 9. 
Schaeffer 284. 
Schärer 25. 

Scharl, Paul. 231. 


i Schaumann, J. 132. 


Schein 79. 

Scheller, R. 91. 
Schieck 291. 
Schiemann, O. 230. 
Schiff, A. 248. 
Schill, Emerich 325. 
Schloss 15, 49, 70. 
Schlötz, Carl 164. 
v. Schmid. W. 307. 


| Schmidt, F. A. 123. 


Schmidt, K. 174. 
Schmiegelow, E. 315. 
Schmittmann 232. 
Schmitz 293. 

Schmitz, E. F. 92, 282. 
Schnaudigel, O. 79. 
Schneider, H. 62. 
Schnirer 64. 
Schönberg, S. 47. 
Schönfeld 81. 
Schönfeld, W. 219. 
Schok 76. 

Scholz 331. 

Schoner 316. 
Schornagel 292. 
Schoy, C. 275. 
Schram, Thomas 198. 
Schranz 17. 

Schröder 110, 226. 
Schürmann 292. 
Schürmann, W. 28. 
Schultz 254. 
Schultzen 242. 

Schulz 69. 

Schwab, Johanna B. 225. 
Seemann 304. 

Selzer 40. 

Shermann 287, 289. 
Shiga 302. 

‚Siebeck 157. 

. Sieber 289. 

Sieveking, Hermann 72. 
Sievers, Helene 29. 
Simon 76. 

Skutetzky, Alex. 325. 
Smith, Th. 287. , 
Sochanski, Heinr. 200. 
Sokolow 817. 
Sokoluwski 57, 40, 43. 
von Sokolowski, A. 234. 
Sorgo 218. 

Sorgo, Josef 118. 
Spaet 135. 
Spiegelberg, Hans Emil 104. 
v. Spindler-Engelsen 287. 
Spitzer 19. 

Spitzer, Ludw. 142. 
Spitzy, Hans 208. 
Squarti 257. 

Srebzny 38. 

Stähelin, R. 170. 
Steinberg 242. 
Steiner, L. 15, 196. 
Steiner, M. 136. 
Sterling 38, 41. 
Sternberg, M. 248. 
Strahlmann, E. 140. 
Strandgaard, J. 82. 
Strauch 206. 

Strauss 21. 

Stühmer, A. 93. 


| 
| 


| 








i 


| 
l 
i 


— — — — — 
— —— — — — — — — — — — — — — — — — — 


Namenregister. 


Stumpf, H. B. 305. 
Suränyi, Eduard 230. 
Sutherland, Halliday 882, 
Szulczewski 38. 


T. 


Tachau 326. 

Tachau, Hermann 155. 

Tamura, Sakae 288. 

Tancre 172. 

Tandler 120. 

Tar, Alois 74. 

Taubert, G. 328. 

Taubert, Gustav 262. 

Teuffer, Wilbelm 121. 

Teleky 126, 348. 

Teleky, L. 22:, 228. 

Teleky, Ludw. 208, 209, 
210, 264. 

Terroine 284. 

Thausing, Heinr. 329. 

Thedering 232. 

Therman, Einar 72. 

Thiele 124, 331. 

Thiemisch 279. 

Thode 335, 346. 

Thomas, A. Garrod 152. 

Thompson, William J. 152. 

Thomson, Clair 95. 

Thun 178. 

Tichy, F. 303. 

Tietze 287. 

Tıllmann, John 107. 

Tomaczewski 35. 

Tomasinelli, G. 254. 

Tounvier 145. 

Trimble, Andrew 153. 

Trivino 55, 58. 

Trivino, ©. 51. 

Trunk, Hermann 148. 

Turró 284. 

Tutsch, Fr. 214. 

Tuz 11. 


U. 


Ulrici 245, 247. 
v. Unruh 302. 


V. 


Valletti 283. 
Varıier-Jones 153. 
Vaudremer 285. 
Verdes 55. 

Vogel 257. 
Volkmar 223. 
Vieregge, Fritz 147. 
Vorhoeve, N. 225. 
VySin, W. 306. 


357 


W. 


Wahler, A. 305. 

Walker 284. 

Wall, Sven 67. 
Wallgren, Arvid 192, 202. 
Wankel 291. 

Warnecke 105. 

Warner, Charlotte 80. 
Walther, W. 141. 

v. Wassermann, 128. 
Wayenburg 239. 

Weber 292. 

Wedensky 284. 
Wederhake 138, 236. 
Wehmer 248. 

Weihe, F. 74. 

Weill, E. 146. 

Wein, Emanuel 275. 
Weinberg 320. 
Weinberg, F. 68, 166. 
Weiss, M. 248. 
Weissmann, Richard 72. 
Weleminsky, Friedr. 142. 
Wells 285. 
Wenckebach, K. F. 187. 
Wengler 230. 

Wherry 2%, 289. 

W hite 284. 

Wichmann 20, 158, 159. 
Wichmann, P. 76, 198, 260. 
Wick, L. 307. 

Wick, Ludwig 216. 
Wiesenack, Hans 175. 
Wieting 342. 
Wilezynski 89. 
Wilczynski, Henryk 34. 
Wildbolz, H. 318. 
Wiszniewski 40. 

de Witt 286, 287. 
Wohlgemuth, J. 273. 
Wolff 248. 
Wrzesniowski 40. 


Y. 
Ylppö, Arvo 191. 


Z. 


Zadek 330. 
Zamenhof 42. 
Zahner 28. 

Zeller 292. 
Zembrzuski 43. 
Ziegler 245, 246. 
Ziegler, Karl 342. 
Ziehl-Neelsen 254. 
Zondek 11. 

Zuck 292. 

Zülzer 32. 


Sachregister. 


Sachregister. 


A. 


Abortus, künstlicher 258. 

Abszess, panaphrenitischer 305. 

Adnex, Abk. 141. 

Adolf vom Rath-Stiftung für Tuber- 
kulöse 231. 

Aerium 181. 

Agone 299. 

Akademischer Unterricht 234. 

Albee’sche Operation 80. 

Albuminurie nach Bestrahlung mit künst- 
licher Höbensonne 12. 

Alkohol und Tuberkulose 

Alterspbthise 32. 

Alttuberkulin 172. 

Anaeroben 236. 

Anamnese 234. 

Anlage 46. | 

Anreicherungsmethoden 73. 

Ansiedelung von Kriegsbeschädigten 336. 

Antiformin 295. 

Antigene im Urin 318. 

Antikörperbildung 20. 

Antipyretica 13. 

Antipyrin 271, 272. 

Anzeigepflicht bei Tuberkulose 24, 348. 

Appendicitis als Komplikation der 
Lungentuberkulose 11. 

Arbeit als Heilmittel in den Heilstätten 
für Tuberkulose 40. 

Arbeitskur in Anstalten für Lungen- 
kranke 30. 

Argentinien, Tuberkulose in 96. 

Aspirationstuberkulose 67. 

Asthmabronchiale 112. 

Asthmatheorie 112. 

Aszites 57. 

—, tuberkulöser 140. 

Aufklärungsarbeit im Kriege 262. 

Augenaffektionen 59. 

Augenlid, T'uberkulose des 147. 

Augentuberkulose 18. 

Auge, Tuberkulose des 175. 

Auskunfts-u. Fürsorgestellein Aschaffen- 
burg für das Jalır 1916 29. 

Aurum Kalium cyanatum 56. 

Auskultation 73. 

Ausserbettbehandlung der Lungen- 
blutung 326. 

Auswurf, Desinfektion des 25. 

Autoserotherapie 225. 

Axillarlähmung 57. 


800. 


. 
— — — — — — — — nn 
— — — — — — — — — 


— · — — — — — — — —— — — — 


B. 


Bacholter, Walderholungsstätte 28. 

Balsame, Wirksamkeit der 116. 

Barackenbauten 265. 

Basedow’sche Krankheit 105. 

Bauchdeckenspannung und Pleuritis 136. 

Bauchmuskeln, Kontraktar der graden 
bei Tuberkulose 306. 

Bauchtuberkulose 141. 

— kombinierte interne Behandlung der 
141. 

Bauten zum Kampfe gegen die Tuber- 
kulose 307. 

Bayern, Brief aus 91. 

Bazillaemie 14. 

Bazillen, diphtherieähnliche 105. 

Bazillus Möller 287. 

— Tobler 287. 

Beck’sche Wismuthpaste 80. 

Bekämpfung der Tuberkulose 25, 48, 61, 
83, 88, 126, 127, 148, 151, 181, 308, 
311, 329, 335, 839, 343, 849. 

Bekämpfung der Tuberkulose während 
des Krieges 60. 

— der übeıtragbaren Krankheiten 125. 

Belastung, hereditäre 17, 163. 

Berichtigung 160, 312. 

Beruf bei Lungenkranken 206. 

Beschäftigung der Kranken 262. 

Beschältigungstberapie 206. 

Betriebskrankenkasse der Allgemeinen 
Elektrizitäts-Gesellschaft 337. 

Beurlaubung von leichteren Lungen- 
kranken 325. 

Bevölkerung, Schutz und Kräftigung der 
jugendlichen 122. 

Bevölkerungspolitische Probleme 120. 

Bewegung als Heilfaktor 326. 

— in der Behandlung der fieberkranken 
Lungenkranken 326. 

Bewegungstemperatur 201. 

Bier'sche Stauung 257. 

Bindehaut, Tuberkulose der 147. 

Bitter’scher 'Tuberkuloseextrakt 12. 

Blasenleiden 62. 

Blutbild 92. 

Blutbildungsmittel 114. 

Blutdruck 51, 273. 

Blutentnahme bei Meerschweinchen 90. 

Blutserum bei Tuberkulose 46. 

Blutungen, okkulte 75. 

Blut, Wassergehalt des 69. 

Bolivia, Tuberkulose in 51 


Sachregister. 


Boserup Sanatorium (Kopenhagen) 82. 

Bronchialdrüsentuberkulose 315. 

Bronchiektasenbildung infolge 

.  Fibroms 184. 

Bronchiektasie 220. 

Bronchitis, chronische 1095. 

—- Fibrinosa 98. 

— mucinosa plastica 98. 

Brustapertur, obere 34. 

Brustschüsse 339, 342. 

Bücherbesprechungen und Zeitschriften 
63, 117, 182, 237, 275, 309, 842. 

Bulgarien 339. | 


eines 


C. 
Chemie der Bakterien 296. 


Chemotherapie der Hauttuberkulose 20. 


— des Lupus 21. 

Chorioiditis 58. 

Conjunctivitis tuberculosa 297. 

Sorpu luteum, tuberkulöser Abszess des 
99. 


Cytologie der Pleuraergüsse 191.' 


D. 


Dänemark, Tuberkulose dasolbst 334. 

Darmverschluss 57. 

Desinfektionsmittel, halbspezifische, 
chemische 28. 

Deutscher Zweigverein Prag für Lungen- 
kranke 232, 238. 

Deutsches Zentralkomitee zur Bekämp- 
fung der Tuberkulose 239, 241. 

Deycke-Much’sche "Titrierung 19. 

Diabetes, Xanthomatose bei 219. 

Diagnostische Erfahrungen an Taber- 
kuloseverdächtigen 52. 

Diagnostische Fehler bei Erkrankungen 
der Atınungsorgane 37. 

Diarrhöen, tuberkulöse 260. 

Diazoreaktion 225. 

Dienstbeschädigung bei 
kulose 331. 

Diphtheriebazillengruppe 92. 

Disposition 319. 

— mechanische 69. 

Dosierung diagnostischer Tuberkulin- 
einspritzungen 171. 

Drüsentuberkulose 342. 

an malen spinalis, Tuberkulose der 


Lungentuber- 


E. 


Echinacea augustifolia 302. 

— ogoen für Tuberkelbazillen 
3. 

Empyem, parapneumonische 271. 

— peripleuritisches 305. 

Enzytolbelandlung der Tuberkulose 21. 

Erblichkeit von Kriegsschäden 321. 


G ma iee h E a aaa a a a e G a a A A ia A a ——— 


| 


359 


Ergophobie 107. 

Erkältung 104. 

Erklärung 351. 

Ernährungsfrage in den Lungenheil- 
stätten 349. 

— und die Tuberkulose 110. 

Ernährungstherapie 109. 

Erstgeborene, Minderwertigkeit der 320. 

Bar BIRNEN EN! bei Lungentuberkulose 
106. 


Erythema nodosum 146. 
Erziehung, körperliche 123. 
Eugenetik 822. 

Eusol 116. 

Exsudate 200. 


F. 
Fachzeitschrift für Krankenpflegerinnen 


und Fürsorgeschwestern 351. . 
Färbung, Gram’sche 73. 


.‚Fäzes, Tuberkelbazillen in 198. 


Fehldiagnosen 156. 

Feststellung und Behandlung der tuber- 
kulösen Infektion mittels antitoxi- 
scher Heilkörper 275. 

Fibrinvermehrung in menschlichen Blute 

3 


Fieber 38. $ 

— tuberkulöses 111. 

-— und Tuberkulose 104. 

— vorgetäuschtes 106. 

Fieberzustände bei Erkrankungen der 
Mandeln und Drüsen 38. 

Fistelbehandlung durch Vaselin - Ein- 
spritzungen 80. 

Flecktyphus 38. 

Fletschern und die Magenfrage 343. 

Flieger 92. 

Flotte, Gesundheitszustand unserer 273. 

Forlanini 184. 

Formolinjektionen 80. 

Freilufthaus 248. 

Freiluftkur 159. 

Fremdkörperextraktion aus dər Pleura- 
höhle 145. | 

Fremdkörper in der Lunge 342. 

Friedmann’sche Heil- und Schutzimpfung 
114. 

Friedmanns Injektionen 40. 

Friedmann’sche Scbützimpfung 316. 

— Tuberkulosemittel 115, 177, 178, 206, 
278, 303, 325. 

Frühdiagnose der Lungentuberkulose 38, 
137 


Fürsorge für Lungenkranke 150. 

Fürsorgeschwestern, Besuche der 29. 

Fürsorgestelle der Societa contro la 
tuberculose in Triest 209. 

Fürsorgestellen, Stettiner 149, 266. 

Frühdiagnose 201. 

— der Lungentuberkulose 170. 


360 


Fürsorge der lungenkranken Soldaten 
nach dem Kriege 331. 

— für die Jugend 122. 

— heimkehrender Krieger 317. 

— Organisation der 264. 

Fürsorgeschwestern, Ausbildung der 209. 

Fürsorgestelle für Lungenkranke in 
Aschaffenburg 808. 

— für Lungenkranke in Graz 263. 

— für Tuberkulöse in Wetzlar 231. 

Fürsorgestellen 81. 

— Einrichtung von 209. 

— für Tuberkulöse 350. 

— in Österreich 126. 

Fürsorge und Therapie 231. 


G. 


Galizien, Tuberkulose in 43. 

Gebt den Kindern Sonne 846. 

Geflügeltuberkulose 292. 

Grelenktuberkulose 159. 

Genitaltuberkulose 145, 259, 317, 342. 

Geographie, pathologische 196. 

‚Geschlechtsorgane, Tuberkulose der 
weiblichen 253. 

Gesellschaft der Ärzte in Wien 248, 

-Getreidekeiml.nge 94. 

Gewebsimmunität 186. 

Gewichtszunahme bei Lungenkranken 
im dritten Kriegsjahr 233. 

Glycalcium effervescens Ritsert 82. 

Glykosidformen des Tuberkelbazillus 
290, 296. 

Gold 78. 

Goldpräparate in der Augenheilkunde 79. 

Granula, Much’sche 289 

Granulom, tuberkulöses 158. 

Grippe 272. 

'Grundgesetze der Partialreaktivität beim | 
tuberkulösen Menschen 182. 


H. 


Hämoglobinbestimmung 90. 

‚Haemoptoe 38, 11%, 226, 326. 

— als Symptom 10. 

Hämothorax, infizierter beim Lungen- 
schuss 270. 

Hairmayres Kolonie in Lankashire 30. 

Halsdrüsentuberkulose 71. 

Halsiymphome, tuberkulöse 81. 

——— Ärztlicher Verein 157, 158, 

4 


‚Hamburg, Tuberkulose in 72. 

Handgelenk, Berechtigung der Resektion 
des kindlichen 138. 

Harn, Tuberkelbazillen im 197. 

Hausärztliche Behandlung der beginnen- 
den Tuberkulose 309. 

Hausbehandlung der "Tuberkulose 270. 

Hautemphysem 37 

Hautreaktion 19. | 


Sachregister. 


Hauttuberkulide 37, 198. 
Haut- Tuberkulinreaktion, Hemmung der 


Hauttuberkulose 19, 20, 142, 219, 224, 
97 


Heer und Tuberkulose 251. 
Heilmittelschwindel 234. 

Heilquellen Bulgarıens 339. 
HeilstättenbehandInng der Lungentuber- 
kulose 231. 
Heilstättenkranke, 

der 244. 
Heilstättenpatienten, 
stand ehemaliger‘ 147 147 
Heilstätte Tentschach 307. 
llellenin 302. 
Heliotherapie 80, 139, 208. 
Herzfehleriunge 107. 
Herz, konstitutionelle Schwäche des 163, 
Herzmuskel, "Tuberkulose des 157. 
Hilustuberkulose 137. 
Hirntuberkel 184. 
Höhensonne, künstliche 12, 140, 277. 
Holland, Krebssterblichkeit. in 222, 
— Tuberkulose-Sterblichkeit in 221, 222. 
— Tuberkulose-Bekämpfung in 233. 
Holopon 112. 
Homogeni ierung des Auswurfs 52. 
Hornhautmikroskop 10. 
Hornbhauttube: kulose 291. 
Hühnertuberkelbazillen 288, 297. 
Hundetuberkulose 297. 
Hydrolyse der Tuberkelbazillen 286. 
Hyperazidität als erstes Symptom der 
Lungentuberkulose 52. 
Hypophysenextrakt 112. 


Gesundheitszustand 
Gesundheitszu- 


I. K. 303. 

Immunisationsperioden (Ranke) 31. 

Immunisierung 218. 

Immunisierung aktive nach Deycke- 
Much 173. 

Immunität 186. 

— bei Tuberkulose 176. 

Immunitätsanalyse 48. 

Immunitätserscheinungen 186. 

Immunkörperbehandlung 176. 

Immuntherapie und Hauttuberkulose 19. 

Impfung mit Tuberkulin 27. 

latluenza oder Grippe 91. 

Initialfieber der Tuberkulose 104. 

Intrakutaninjektion 198. 

Inula helenium 302. 

Inulin 302. 

Iristuberkulose 291. 

Irrtümer der Tuberkuloseforschung 49. 

lsolierstätten für Tuberkulöse 83. 

Isolierung 329. 


‚Isoliertung Lungenschwindsüchtiger in 


der Familie 150. 


Sachregister. 


J. 


Jod-Gentianaviolettreaktion 73. 
serdanthal 275. 
Juganä. schulentlassene 123. 


K. 


Kalksalzo im Organismus 39. 

Kalktherapie der Hämoptoe 113. 

Naltblätertuberkelbazillen 298. 

Ralz:: 82. 

Kaız.um i> der Therapie dər Tuber- 
kulos, 226. 

Kalziumthera, io 8i. 

Kampferöl gegen Hämsztoe 227. 

Kampfgase, Erkrauku@gen durch 341. 

Karbolfuchsin- Jodsalzsäure/#rbung 198, 

Kehikopfkrebs 146. 

Man SDLLADEERnIORE 89, 81, 144, 146, 

42 


— operative Behandlung der 53. 

— und Schwangerschaft 103, 251. 

Keimträger 128. 

Keuchbusten 272. 

Kieselsäurehaltige Heilmittel insonder- 
heit bei Tuberkulose 225. 

Kinder, abnorm veranlagte 122. 

Kinderfürsorge am Heimatort 330. 

— der deutschen Landesversicherungs- 
anstalten 232. 

Kinderheilkunde 122. 

Kindertuberkulose 17, 27, 49, 72, 89, 
104, 167, 171, 176, 193. 

— offene 76. 

Kindesalter, Tuberkulose im 135. 

Kinematographische Vorführungen in 
Heilstätten 28. 

Klima 95, 228. 

— Einfluss des auf die Tuberkelbazillen 


96. 
Klimatische Behandlung Lungenkranker 


20, ; 
Klinische Fälle 2. 
Knochenmark 298. 
Knochentuberkulose 158. 
Knochen- und Gelenktuberkulose 79. 
Körperkonstitution und Tuberkulose 162. 
Körpertemperatur, Beeinflussung der 
urch Quarzlicht 3095. 
Körperwärme 324. 
Kolonien für Tuberkulöse 269. 
Konglomerattuberkel des Gehirns 184. 
Kongress- und Vereinsberichte 30, 118, 
155, 184, 208, 239, 278. 
Kontrolle, staatliche der Tuberkulose 270. 
Koxitis im Kindesalter 75. 


Krabbesholm Sanatorium (Dänemark) 
82, 334. 
Krankenhaus, Rolle des im Kampfe 


gegen dıe Tuberkulose 43. 
Krankenkassen, Mitarbeit der im Kampfe 
gegen die Tuberkulose 233. 


36l 


Krankenversicherung 346. 
Krebssterblichkeit in Holland 222, 
Krebs und Kropf, Kombination von 132. 
— und Tuberkulin 12. 

— und Tuberkulose 146. 

Kresolpräparate 230. 

Kriegerheilstätte Wienerwald des Patrio- 
tischen Hilfavereins vom roten Kreuz 
für Nieder-Österreich 268. 

Kriegsbeschädigte, tuberkulöse 348. 

Kriegsinvaliden in Ungarn 229. 

Kriegsernährung 207. 

Kriegsfürsorgeamt in Skervär 131. 

Kriegskost 94. 

Krieg und Tuberkulose 152, 182, 332. 

Kronberg’sch.. Karbolfuchsin- Jod- 
methode ` 97. 

K:ysolgan, sin neues Goldpräparat 78. 

Küstenhaogj ıtal bei Refnäs 334. 

Kupfer 174, 295. 

Kupferbe'sandlung der Tuberkulose 179. 

Kupfers.lze 21 

Kurlanu, Brief aus 92. 

Kurorte 338 

— Bulgariens 339. 

Kütanreaktion 171. 


L. 


Langhans’'sche Riesenzellen 224. 

Larynxtuberkulose 81. 

Lebensbedingungen, äussere und Tuber- 
kulose 167. 

Leber 47. 

Leberschrumpfung bei Tuberkulose 47. 

Leber und Tuberkulose 99. 

Lehrbuch der spezifischen Diagnostik 

‘und Therapie der Tuberkulose 276. 

Lehrzang in der Tuberkulosefürsorge in 
Beılin 160. 

Lehrstühle für das Tuberkulosefach 89. 

Lehrwerkstätten an Lungenheilanstalten 
346. 

Leukämie 91. 

Leprabazillus 294. 

Leukozytenformel 299. 

Leukozytose 91. 

Lichtbehandlung chirurgischer Tuber- 
kulose 79. 

Liegehallen 269. 

Literatur, polnische über Tuberkulose 
(1914—1917) 34. 

Lodz, Tuberkulose in 43. 

Luftwege, obere 340. 

— tuberkulöse Erkrankungen der oberen 
144. 

Lunge, Fremdkörper der 342. 

Lungenarterie, Unterbindung der 35. 

Lungenblatungen, Behandlung der 226. 

Lungenblutung und deren Behandlung 
113 


Lungenbeilstätte Oberschaar 148. 
Lungenkrebs 306. 


362 


Lungensarkom 342. 

Lungenschüsse 236. 

— chirurgische Behandlung der 116. 

— Infektion von 236. 

— und Lungentuberkulose 192. 

Lungenspitzen 301. 

Lungenspitzenperkussion 52, 106, 324. 

Lungensypbilis 58 

— der Erwachsenen 315. 

Lungentuberkulöse, Ernährung der 207. 

Lungentuberkulose 202, 255. 

— Diagnose der 171. 

— Diagnostik der 106. 

Einteilung der 189. 

im Kriege 330. 

interessanter Fall von 58. 

Prognose der 171. 

traumatische 252. 

und akademischer Unterricht 234. 

und die Militärdienstfähigkeit 331. 

vom Standpunkt des Praktikers 30. 

Lungentumor 106. 

Lungeuverletzungen 237. 

Lungenverschieblichkeit 74. | 

Lungenwurzelgegend, Tuberkulose der 
138 


rl A 


Lupus, Chemotherapie des 21. 

— erythematodes 56. 

pernio 132. 

— vulgaris 297. 

Lupusfürsorge, soziale 232. 
Lupuskommission im Jahre 1917 311. 
Lymphd: üsentuberkulose 304. 

— Erwachsener 143. 


Lymphknotentuberkulose beimKinde 134. 


Lymphogranulumatose 315. 
Lymphogranuloma tuberculosum 68, 166. 
Lymphom, tuberkulöses 69, 2u2. 


M. 


Magentuberkulose, primäre 305. 

Mannschaftsversorgungsgesetz 331. 

Mastdarmfistel 136. 

— Pathogenie der 15. 

Medikamente und Nährmittel, neuere 
110. 

Medizinal-statistische Nachrichten 345. 

Medizinische Gesellschaft zu Leipzig 
278. 

Meldepflicht 43. 

Meningitis tuberculosa 53, 158, 261. 

Menstruationsfieber 76. 

Menstruationsstörungen 
kulose 60. 

Menthol-Eukalyptol-Injektionen 111. 

Methylenblau bei Pleuritis 145. 

Methylenblausalze 21, 245. 

Mikuliczsche Erkrankung 342. 

Militärärztliche Beurteilung der Lungen- 
tuberkulose 234. 


und Tuber- 


— im Greisenalter 16. 


Sachregister. 


Militärdienstfähigkeit 331. 

Milz 298. 

Milzbrand 343. 

Milztuberkulose 842. 

Minderwertigkeit der 
Kinder 320. 

Mineralquellen, Österr.-ungarische 338. 

Ministry of Henlth 155. 

Mitteilungen 32, 128, 160, 184, 280, 
311, 351. 

Mittelhandtuberkulose 158. 

Mittelfusstuberkulose 158. 

Mittelohrtuberkulose, spezifische Be- 
handlung der 23. 

Morbus-Banti und Milztuberkulose 342. 

Morphium bei Lungentuberkulose 327. 

Mucobacterium lactis 288. 

Muskeltuberkulose primäre 11. 

Mustersiedelung für Kriegsbeschädigte 
Bissingleim 268. 

Mutterschutz und Säuglingsfürsorge 121. 

Myotonische Reaktion 171. 


erstgeborenen 


N. 


Nachfiebern bei der Pneumonie 271. 

Nachwuchs, Vermehrung und Erhaltung 
des 120. 

NaJ 81. 

Nase, Einfluss der Kriegsbeschädigungen 
auf Erkrankungen 340. 

Nasenschleimhauttuberkulose 59, 260. 

Nastin-Chinolinphospbat 174. 

Natriuambypochlorit 81. 

Naturhistorisch - medizinischer 
Heidelberg 155. 

Neosalvarsan 59. 

Nephrektomie bei Nierentuberkulose 139. 

Nernstspaltlampe 10. 

Niere 47. 

Nierenleiden 62. 

Nierentuberkulose 42, 70, 139, 173. 

Nomenklatur der Lungentuberkulose 
189. 

— der Tuberkulose 164. 


Verein 


O. 
Obduktionsbefunde bei tuberkulinbe- 
handelten Kindern 166. 
Organlipoide 214. 
sophagusgeschwür, tuberkulöses 58. 
Österreich, Tuberkulose-Bekämpfung in 
86, 208. 
—- Tutkerkulose in 126. 
Ohr, Tuberkulose des 42. 
Ophthalmıe, sympathische 69. 
Otitis media-luberkulose 75. 


: Ovarialtumoren, Tuberkulose der 261. 
Miliartuberkulose 2, 128, 171, 299, 342. ` 


Oxydasereaktion 91. 
Ozon 304. 


Saohregister. 


P. 


Parinaudsche Erkrankung 291, 297. 
a 48, 55, 173, 205, 218, 
57. 


Partialantigengemisch 257. 

Partialantigene nach Deycke-Much 172. 

Partialreaktivität 212. 

Partigenbehandlung der Tuberkulose 210. 

EAL iE ntherapie bei Hauttuberkulose 
97. 


Pathogenese der Tuberkulose 237. 

Pathologie und pathologische Anatomie. 
Referate 10. 

Perikarditis, tuberkulöse 146. 

Perinephritis, tuberkulöse 11, 58. 

Peritonitis, tuberkulöse 57, 136, 173, 
260. 

Perkussion 52. 

Peritonitis chronische 254. 

— tuberculosa 140, 141. 

Perkutanbehandlung 346. 

Phagozytose 272. 

Pharynxtuberkulose, rezidivierende 59. 

A eine kolloidale Kreosollösung 


Phthisiotherapie 110. 
a incipiens-dclearata consumptiva 


Physostigmin als Expektorans 112. 

Pigment im Urin Tuberkulöser 17. 

Pleuraexsudate 191. 

— Nachweis kleiner 254. 

— vielkämmerige 200. 

— Statistik der 11. 

Pleurahöhle, Fremdkörper der 145. 

Pleuraverletzungen 237. 

Pleuritis 136. 

— hämorrhagische 316. 

— interlobäre 74. 

— Methylenblau bei 145. 

— tuberkulöse 220. 

Pneumonie 271, 272. 

— Behandlung der mit Optochin 93. 

— kruppöse 93. 

Pueumothorax, Einfluss des auf die 
Lunge des gesunden Tieres 35. 

Pneumothorax, künstlicher 40, 41. 

Pneumothoraxtherapie 155. 

Polynukleose 299. 

Prinzregent Luitpold-Kinderheilstätte bei 
Scheidegg iin Allgäu 28. 

Prostata, Tuberkulose der 185. 

Pseudonierensteine 225. 

Psoriasis, Behandlung von mit Tuber- 
kulomuzin 142. 

— tuberkulöser Ursprung der 14. 

Psychosen, Tuberkulosen bei 175. 


Q. 


Quarz-Quecksilber-Lampe 805. 
Querschnittslähmung 145. 


363 


R. 


Rachen, Tuberkulose des 37. 

Radiotherapie 158. 

Radiumbestrahlung, 
ren der 286. 

Rassenhygiene 26. 

Keaktionsfähigkeit Tuberkulöser 101. 

Referato 10. 

Rheumatismus, tuberkulöser 135, 252. 

Röntgenbefunde am kindlichen Thorax- 
mittelschatten 57. 

— an tuberkulin-negativen Erwachse- 
nen 74. 2 

Röntgenbehandlung der chirurgischen 
Tuberkulose 304. 

— tuberkulöser Drüsen 342. 

Röntgendiagnostik 74, 200, 255, 323. 


Tuberkulosekultu- 


. Röntgenologische Erfahrungen mit Fried- 


manns Mittel gegen Tuberkulose 303. 
Röntgentiefenbestrahlung 247. 


' Röntgenstrahlen 63, 159. 


Röntgentherapie 81. 

Röntgenuntersuchung der Lungentuber- 
kulose 170. 

Rückenmark, Tuberkel des 324. 

Ruhe und Übung 107. 

Ruhr, ihr Wesen und ihre Behandlung 
309. 


47 


Saccus lacrimalis 143. 

Säuglingsalter, Tuberkulose im 135. 

Säuglingstuberkulose 15, 39, 49, 89, 
191, 316. 

Säuglings- und Kleinkinderschutz 121. 

Säureintoxikation 273. 

Säurevergiltung 273. 

Salızyl 271, 272. 

Salzbrunner Kronenquelle 62. 

Salzsäuresekretion des Magens 94. 

Sanatorium Mesnalien 181. 

— 3 Monate im 82. 

Scapula scaphoidea 320. 

Seborrhöe und Tuberkulose 42. 

Selektionshypothese 186. 

Senkungsahszess 145. 

Septikämien 14. 

Seuchen, Einschleppung von 125. . 

Shakespeare 95. 

Alec ungalragen für Kriegsbeschädigte 

6 


Siliciumpräparate 56. 

Skandinavien, Tuberkulose in 48. 
Sklerodermie 221. 

Skoliose und Spitzenerkrankung 105. 
Skrofulose 196. 

Smeemabazillen 237. 

Soldaten, lunzenkranke 118, 228. 
Sonnenbehandlung 139. 
Sonnenbestrahluug 159. 

Sonnenlicht 298. 


364 


Sonnenlichtbehandlung 79. 

— in der Chirurgie 63. 

Sonnen- und Luftbäder 40, 

Sozialhygiene 336. 

Sputum, Homogenisierung des 52. 

Syphilis 56. 

— kombiniert mit Tuberkulose 59. 

— und Tuberkulose 47. 

Scharlach, Tuberkulin - Reaktion beim 
167. 

Schatten, streifenförmige neben der 
Brustwirbelsäule 255, 323. 

Schilddrüse 298. 

Schleimhauttuberkulose der Nase 260. 

Schluckschmerz 144. 

Schrumpfungsprozesse 
Nieren 47. 

Schularzt 230. 

Schularzteinrichtung 124. 

Schularztfragen 124. 

Schule 123. 

— für ansteckende tuberkulöse Kinder 
in Frederiksberg 89. 

Schulen als T. V.- Stätten 25. 

Schussverletzungen der Brustwand und 
Lungen 342. 


in Leber und 


Schutzpockenimpfung tuberkulöser Lun- 
Benkranker 14. 
Schwangerschaft und Kehlkopftuber- 


kulose 103, 251. 
— und Tuberkulose 101, 103, 108, 252. 
Schweden, Tuberkulose-Mortalität in 16. 
a Ertüchtigung der 
124. 
Schwertuberkulðse, Unterbringung 232. 
Schwester, Die Monatsschrift 64. 
Spektrosol-Lampe von Reiniger. Gebbert 
und Schall 247. 
Spitzentuberkulose 187. 
Splitterfärbungen 296. 
Spondylitis 80, 160. 
— cervicalis tuberculosa 57. 
— tuberculosa 131, 261. 
Sputum, Behandlung des 112. 
Sputumdesinfektion 180. 
Sputum, mikroskopische Untersuchung 
des 322. 
Stibchen, säurefeste 220. 
Staphylokokkensepsis 305. 
Statistik der Tuberkulose 336. 
Statistisches Jahrbuch der Schweiz 343. 
Stauung venöse 257. 
Steckschuss in der Lunge 236. 
Stierlinsches Röntgensymptom 137. 
Stockholm, Tuberkulose in’ 196. 
Strahlenbehandlung der Tuberkulose 246. 
Strahlen, ultraviolette 70. 


T: 


Tachykardie bei der T'uberkulose 51. 
Taschenbuch der Therapie 64. 
Tebecin Dostal 205. 


Sachregister. 


Temperaturzentrum, Erregbarkeit des 
13. 

Therapie tuberkulöser Erkrankungen 77. 

Tborium 294. 

Tımotheebazillen 292. 

Thoraxbau und Lungentuberkulose 105. 

Thoraxmittelschatten 57. 

Thorax phthisicus 187. 

Tiefatmungen methodische 274. 

Tiertuberkulose 49. 

Toleranz gegen Tuberkulin 50. 

Tonsililentuberkulose 131. 

Toramin, ein nichtnarkotisches Husten- 
mittel 112. 

Toxämie 317. 

Transsudate 200. 

Trauma und Meningitis 261. 

Trauma und Tuberkulose 40, 145, 252, 
253, 300. 

Trinkbrunnen 274. 

Tropensonne und Tuberkulose 15. 

Trompetenbazillen 298. 

Tuberkelbazillen 71, 73, 299. 

— Anreicherung von 198. 

— Färbung der 17, 51, 197. 

Tuberkelbazillenfett. 48. 

Tüberkelbazillen im Blut 146. 

— Färbung der 254. 

— im Harn 197. 

— in den Fäzes 198. 

— in der Blutbahn 219. 

— quantitative Bestimmung der 73. 

Tuberkelbazillenvakzine 205. 

Tuberkelbazillus 237. 

— Kultur des 283. 

— Morphologie des 282. 

— Struktur des 5l. 

Tuberkel des Rückenmarks 324, 

Tuberkulide des Gesichts 132. 

Tuberkulin bovines 50. 

Tuberkulöse im vorgeschrittenen Krank- 
heitsstadium 6l. 

Tuberkulomuzin 142. 

— (Weleminsky) 176, 325. 

Tuberkulin 18, 157, 166. 

Tuberkulinbehandluug 55, 58, 175. 

— des Menstruationsfiebers 76. 

— ım Kindesalter 78. 

— nach Ponndorf 76, 303. 

Tuberkulindiagnostik 174, 224. 

Tuberkulin, Dosierung 171. 

— Heilwert des 174. 

— humanes 50. 

Tuberkulinimpfungen 223. 

Tuberkulin in der Praxis des Arztes 175. 

Tuberkulininjektion 69. 

— geteilte 77, 205. 

Tuberkulinkuren bei Psychosen 175. 

Tuberkulin-Reaktion 219. 

Tuberkulinreaktion beim Scharlach 167. 


‚ — in der Kınderpraxis 223, 254. 


— kutane 171. 
Tuberkulinstudien bei Kindern 19. 


eit deg 


reen 17, 


se 105. 


usten- 


239, 


Sachregister. 365: 


Tuberkulintberapie 60, 78, 174. 
— ambulante 256. 
Tuberkulose 49, 70, 239, 250. 
— Allergie 100 


— als Ursache der Mastdarmfisteln 136. 


— -Assanierung der Stadt Debrecen 24. 
— beginnende 301. 
Behandlung der 55, 177. 
Tuberkulosebehandlung unter dem 
Kriegseinfluss 328. 
——— bei Patienten über 15 Jahre 


— Bekämpfung der 25, 43, 61, 83, 88,. 


126, 127, 148, 151, 181, 308, 3ll, 
329, 335. 338, 343, 349, 
— Bekämpfung im Kriege 60. 
— -Bekämpfung in Dänemark 334, 
— -Bekämpfung in den Niederlanden 
- Anfang 1916 233. 

Tuberkulosebekämpfung in kleinen 
Städten und auf dem Lande 30, 230. 

— in Milıtärspitälern 265. 

— in Österreich 86, 208. 

— Lücken in der 235. 

— nach dem Kriege 116, 151. 

Tuberkulose, Blutserum bei 46. 

— chirurgische 23, 40, 43, 79, 83, 138, 
205, 208, 241, 305. 

— Einteilung der 314. 

— der Frontsoldaten 165. 

— der Hypophyse 36. 

— der Mılz 342. 

— der Tiere 117. 

— des Auges 175. 

— Eingangspforten der 134. 

— Entstehungsweise, Infektions- und 
- Verbreitungswege der 132. 

— experimentelle 50. 

— — Therapie der 100. 

Tuberkulosefilm des Deutschen Zentral- 
komitees zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose 88, 89 

Tuberkuloseforschung, Ergebnis der 183. 

Tuberkulosefragen 99. 

Tuberkulosefürsorge 240, 346. 

— auf dem Lande 84. 

— -Blatt 346, 347. 

— der Landesversicherungsanstalt Ber- 
lin in den beiden Kriegsjahren 1915 
bis 1916 29. 

— des Zentralkomitees vom Roten Kreuz 


— in Berlin, Lehrgang in der 32. 

— Lehrgang in der 230. 
Tuberkulosefürsorgestelle Lübeck 347. 
Tuberkulusefürsorgestellen 148. 

— in Waien 306. 

Tuberkulose, geschlossene 130. 

— Häufigkeit der 15. 
Tuberkuloseheilmittel, neuere 210. 
Tuberkulo»e-Heilstätte 307. 
Tuberkuloseheime tür Schwerkranke 242. 


Tuberkulose-Hygiene 380. . 

Tuberkulose, il-ocöka'e 137. 
— im Bezirke Plan 136. . 

Tuberkuloseimpfung bei Kaninchen 192. 

Tuberkulose im Säuglings- und Kindes- 
alter 89, 135. 

— in Argentinien 96. 

Tuberkuloseinfektion,extrafamiliäre 195. 

Tuberkulose, inaktive 72. 

in Bolivia 51. 

in Dänemark 334. 

in den Dörfern 230. 

io Deutsch-Böhmen 148. 

-Infektion des Kindesalters 167. 

in Galizien 43. 

in Lodz 43. 

in Österreich 126. 

in Skandinavien 48. 

in Stadt und Bezirk Aussig 85. 

in Wien 126. 

kombiniert mit Syphilis 58. 

— kongenitale 253. 

Tubrrkulosemortalität Schwedens 16. 

— Stockholms 196. 

Tuberkulose, offene, geschlossene 32, 
191, 300 

— Organisation der Fürsorge £5. 

— primärer Lungenherd bei 67. 

rvblem der 45. 

— seltenere Formen von bei Säug- 
lingen 36. 

— spezifische Behandlung der 177. 

— Statistik der 336. 

— -Sterblichkeit 168. 

Tuberkulusesterblichkeit der Hamburger 
Kinder 72. 

— in Holland 221, 222. 

Tuberkulosetherapie 302. 

— spezifische 21. 

Tubeıkulose und Alkohol 300. 

— — Basedow-Symptome 105. 

— — künstlicher Abort 258. 

— — Krebs 116. 

— — Krieg 182, 332. 

— — Schwangerschaft 101, 103, 108, 
52. 


LIIIIITITITI 


— — Skrofulose 38. 

— — Syphilis 47. 

— — Trauma 40, 145, 252, 253, 300. 
— — Wohnnng 180. 

— Verbreitung der 342. 
Tuberkuloseverdächtige 323. 
Tuberkulose-Virus, granulöse Form 71. 
Tuberkulose, Vorbeugung bei 82. 
Typus bovinus 296. 

—- humanus 296. 


U. 
Oberengüng körperlicher Kriegsschäden 
321. 
Ulcus duodeni 385. 


366 


Uranium 294. 

Urobilin 272. 

Uterus, Totalexstirpation des graviden 
108. 


V; 


Vakzinetherapie der Tuberkulose 18. 

Vanadium 294. 

Vejlefjord-Sanatorium 3383. 

Verein für innere Medizin und Kinder- 
heilkunde zu Berlin 80. 

Yeramikune der Lungenheilanstaltsärzte 

‚351. 

Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose 
in Nürnberg 268. 

— — — — — — Steiermark 61. 

— — — — — — Stettin 335. 

Vererbung 46. 

Verkäsung, strablige 292. 

— tuberkulöse 294. 

Verpflegungsetats der Tuberkulosekran- 
kenhäuser 84. 

Verhandlungen des VI. Österreichischen 
Tuberkulosetages 203. 

Versicherung, soziale 26. 

Verwandlungsfähigkeit der Bakterien 92. 

Vibroinhalationsapparat 227, 228. 

Vibroinhalationsverfahren 248. 

Virus, tuberkulöses 50. 

Vogeltuberkulose 297. 

Volksunterricht in der Bakteriologie 350. 

Volksvermehrung 95. 


| 


Saohregister. 


W. 


Wachstum und Krankheit 164. 
Waffenbrüderliche Vereinigung Deutsch- 
lands und Österreich-Ungarns 118. 

Walderholungsstätte Cassel 346. 
Wassermann’sche Reaktion 12. 
Wohlfahrtskunde 235. 
Wohlfahrtsstelle Westpreussen 232. 
Y SSmUDERIRInDEE® für Lungenkranke 
28. 

Wohnung, Tuberkulose und 25, 180, 835. 
Wüstenklima 273. 

— Stoffwechsel im 92. 
Wüstensanatorium Bab el Wadi 274. 


X. 
Xanthomatose bei Diabetes, generali- 
sierte 219. 
Y. 
Yulemarke Sanatorium 3385. 


Z. 


Zahnfleischtuberkulose 71. 
Zeitschriften, Neue 278. 
Zentral-Komitee zur Bekämpfung der 
Tuberkulose 160. 
Zichl-Neelsen’sche Färbung 197. 


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Medical Center Library 


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