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Full text of "Jahrbuch der Kais. Kön. Geologischen Reichs-Anstalt"

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KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 


LXII. BAND 1913. 


Mit 29 Tafeln. 


Wien, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. 


In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung, 


I. Graben 31. 


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Die Autoren allein-sind für den Inhalt ihrer Mitteilungen 


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Inhalt. 


Seite 

Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt (Ende Dezember 1913) V 

Korrespondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt 1913 . ..:. 2... VIII 
Heft 1. 


Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. Von 
F. Felix Hahn in München. Mit einer geologischen Karte im Maßstab 
1:50.000 (Tafel Nr. I), zwei Profiltafeln (Tafel Nr. II und III) und 
DAR SWL EN be GN De LEE EEE EEE 


Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden (Rauchstallbrunnengraben) mit nord- 
alpiner St. Cassianer Fauna. Von Franz Toula. Mit 4 Tafeln (Nr. 
Ba MENVI und Dextfiguren +... 208 a ns 
Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes.. Von Dr. Richard 
J. Schubert. Mit einer Tafel (Nr. VIII) und einer Textillustration 
Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. Von Dr. O0. 
DENE Re ee tere mn if 
Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz (Ostgalizien). Von 
Dr. Franz Kossmat. Mit vier Zinkotypien im Text... .. 2.2... 


Zur Erinnerung an Friedrich Teller. Von Georg Geyer. Mit einer Licht- 
RENTEN RER ERBEN BE HORB VE Br 


Heft 2. 


Der Schuppenbau der Tarntaler Berge am Westende der Hohen Tauern. 
(Tuxer Voralpen.) Von Eduard Hartmann (München). Mit 23 Figuren 
im Texte. I. Teil (Stratigraphie und Petrographie). . . » 22.222... 


Der Schuppenbau der Tarntaler Berge am Westende der Hohen Tauern. 
(Tuxer Voralpen) Von Eduard Hartmann (München). Mit einer geo- 
logischen Karte (Taf. X), zwei Profiltafeln (Taf. XI—-XII), einer Relief- 
tafel (Taf. XIII) und 23 Figuren im Text. II. Teil (Tektonik, Bildung 
der glazialen und postglazialen Formen, Vergleich der Resultate der vor- 
liegenden Arbeit mit den Ergebnissen älterer Abhandlungen, Schluß) 


Flözfolge und Tektonik der unteren Ostrauer Schichten bei Mährisch-Ostrau. 
Von W. Petrascheck. Mit einer Tafel (Nr. XIV) .... 2.2.22... 


. 343 


IV 
Heft 3. 


Das Eruptivgebiet von Gieichenberg in Oststeiermark. I. Der Werdegang der 
geologischen Forschung im Eruptivgebiet. II. Der geologische Bau der im 
Maßstabe 1:25.000 aufgenommenen südlichen Region in der Umgebung 
von St. Anna, Hochstraden und Klöch. Von A. Winkler. Mit einer geo- 
logischen Karte 1:25.000 (Taf. XV), drei Profiltafeln (Taf. XVI-XVIII), 
einer Lichtdrucktafel Gi ar einer Profiltabelle (Taf. XX) und 


Seite 


19. Texthiguren- . . + ..-.. ms ee ee A . 403 

Untersuchungen zur Eee adı Paläontologie des steirischen Tertiärs. 
Studie über Verbreitung und Tektonik des Miocäns von Mittelsteiermark. 

Von A. Winkler. Mit zwei Tafeln (Nr. XXI und u zwei Tb 
tabellen (I und II) und 7 Textfiguren . . .. .... . 503 
Heft 4. 

Geologisch-paläontologische Beobachtungen aus der Gegend von Drvar, Pe£i 
und Duler in Westbosnien. Von Franz Toula. Mit drei Tafeln (Nr. 
XXIUH [I—XXV [III]) und 25 Textillustrationen . . ». 2.2.22 22.0. 621 

Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. Von Paul 
Oppenheim. Mit einer Tafel Nr. XXVI. ..... 2.2... 695 

Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. (Mit. Bei 
trägen zur Stratigraphie der Laaerberg- und Arsenalterrasse.) Von Dr. 
Günther Schlesinger, Konservator am n.-ö. Landesmuseum in Wien. 
Mit zwei Doppeltafeln (Nr. XXVII und XXVIII) und 6 Abbildungen im 
Text un IS FREE AHEE - ON  aer r E 71: 

Geologische Studien am ade ix A etlinme in Mittelböhmen. 
Von Dr. Adalbert Liebus. Mit einer Tafel ala XXIX) und 4 Text- 
Re ee: me le) Kun. Krane a ER RE 743 

“ Verzeichnis der Tafeln. 

afel Seite 

I—IIl zu: F. Felix Hahn. Geologie des oberen Saalachgebietes 
zwischen Lofer und Diesbachtal. ....... 1 

IV- VI zu: Franz Toula. Die Kalke vom Jägerhäuse unweit Baden 

(Rauchstallbrunnengraben) mit nordalpiner St. Cassianer 
MABBalsE in. Re Ste ee 78 

vi zu: Dr. Richard J. Schubert. Beitrag zur fossilen Foramini- 
ferenfanna von beleben: . u. u ta 127 
IX zu: Georg Geyer. Zur Erinnerung an Friedrich Teller . . . 193 

X—XII zu: Eduard Hartmann. Der Schuppenbau der Tarntaler 
Berge am Westende der Hohen Tauern (Tuxer Voralpen) 343 

XIV zu: W. Petrascheck. Flözfolge und Tektonik der unteren 
Ostrauer Schichten bei Mährisch-Ostrau . . . . 389 

XV—XX zu: A. Winkler. Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Ost- 
steiermahrkige a. ayuı> al FREE . 403 

AXI—XXUO zu: A, Winkler. Untersuchungen zur Geologie und Paläon- 
tologie des steirischen Tertärs ... ».. vw 2..2..2... 503 

XXIII—XV zu: Franz Toula. Geologisch- paläontologische Beobachtungen 
aus der Gegend von Drvar, Pe@i und Duler in Westbosnien 621 

XXVl zu: Paul Oppenheim. Fauna und Alter des Konglomerats 
von: Zdaunek: bei. Kremsier). . . Sim Bades sna ra . 695 

XAXVII-XXVIH zu: Dr. Günther Schlesinger. Ein neuerlicher Fund von 
Elephas planifrons in Niederösterreich . „dar 

XIX zu: Dr. Adalbert Liebus. Geologische Studien am Südost- 
rande des Altpaläozoikums in Mittelböhmen ..... 743 


Personalstand 


der 


k. k. geologischen Reichsanstalt. 


Direktor: 

Tietze Emil, Ritter des österr. kaiserl. Ordens der Eisernen Krone 
III. Kl., Besitzer des kaiserl. russischen Skt. Stanislaus-Ordens 
I. Kl., des Komturkreuzes II. Kl. des königl. schwedischen 
Nordsternordens und des Kommandeurkreuzes des Sternes von 
Rumänien, Ritter des portugiesischen Skt. Jakobsordens und 
des montenegrinischen Danilo-Ordens, Phil. Dr., k. k. Hofrat, 
Mitglied der kaiserl. Leop. Carol. deutschen Akademie der 
Naturforscher in Halle, Ehrenpräsident der k. k. Geogra- 
phischen Gesellschaft in Wien, Ehrenmitglied der Societe geo- 
logique de Belgique in Lüttich, der Societe Belge de Geologie, 
de Paleontologie et d’Hydrologie in Brüssel, der Geological Society 
of London, der königl. serbischen Akademie der Wissenschaften 
in Belgrad, der uralischen Gesellschaft von Freunden der Natur- 
wissenschaften in Jekaterinenburg, der Gesellschaft für Erdkunde 
in Berlin, der rumänischen Geographischen Gesellschaft in Buka- 
rest, der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur in 
Breslau und des Naturh. und Kulturh. Vereines in Asch, korre- 
spondierendes Mitglied der Geographischen Gesellschaft in Leipzig, 
der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, der 
Geological Society of America in New York, der Gesellschaft 
Antonio Alzate in Mexiko etc., III. Hauptstraße Nr. 6. 


Vizedirektor: 
Vacek Michael, IH. Erdbergerlände Nr. 4. 


Chefgeologen: 
Geyer Georg, Ritter des kais. österr. Franz Josef-Ordens, K. k. Re- 
gierungsrat, III. Hörnesgasse Nr. 9. 
Bukowski Gejza v. Stolzenburg, III. Hansalgasse Nr. 3. 


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Rosiwal August, a. 0. Professor an der k. k. Technischen Hochschule, 
III. Kolonitzplatz Nr. 8. 

Dreger Julius, Phil. Dr., k. k. Bergrat, Mitglied der Kommission für 
die Abhaltung der ersten Staatsprüfung für das landwirtschaft- 
liche, forstwirtschaftliche und kulturtechnische Studium an der 
k. k. Hochschule für Bodenkultur, Ehrenbürger der Stadt Leipnik 
und der Gemeinde Mösel, III. Ungargasse Nr. 71. 


Ober-Bibliothekar: 


Matosch Anton, Phil. Dr., kais: Rat, Besitzer der kais. ottomanischen 
Medaille für Kunst und Gewerbe, III. Geusaugasse Nr. 43. 


Vorstand des chemischen Laboratoriums: 
Eichleiter Friedrich, kais. Rat, III. Kollergasse Nr. 18. 


Geologen: 
Kerner von Marilaun Fritz, Med. U. Dr., k. k. Bergrat, IH. Keil- 
gasse Nr. 15. 
Hinterlechner Karl, Phil. Dr., XVII. Klostergasse Nr. 37. 
Hammer Wilheim, Phil. Dr., XIII. Waidhausenstraße Nr. 16. 


Adjunkten: 

Schubert Richard Johann, Phil. Dr., II. Schüttelstraße Nr. 77. 
Waagen Lukas, Phil. Dr., Besitzer des Goldenen Verdienstkreuzes 

mit der Krone, III. Sophienbrückengasse Nr. 10. 
Ampferer Otto, Phil. Dr., II. Schüttelstraße Nr. 77. 
Petrascheck Wilhelm, Phil. Dr., III. Geusaugasse Nr. 31. 
Trener Giovanni Battista, Phil. Dr., II. Kurzbauergasse Nr. 1. 
Ohnesorge Theodor, Phil. Dr., III. Hörnesgasse Nr. 24. 


Assistenten: 


Beck Heinrich, Phil. Dr., III. Erdbergstraße Nr. 35. 

Vetters Hermann, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. montanistischen 
Hochschule in Leoben, V. Stollberggasse Nr. 11. 

Hackl Oskar, Techn. Dr., IV. Schelleingasse 8. 

Götzinger Gustav, Phil. Dr., Ritter des ital. Mauritius- und Lazarus- 
Ordens, Preßbaum bei Wien (ad personam). 


Praktikant: 
Sander Bruno, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. Universität in 
Innsbruck, II. Valeriestraße Nr. 62. 


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Für das Museum: 
Zeltizko Johann, Amtsassistent, 1II. Löwengasse Nr. 37. 


Für die Kartensammlung: 
Zeichner: 


Lauf Oskar, I. Johannesgasse 8. 
Skala Guido, III. Hauptstraße Nr. 81. 
Eine Stelle unbesetzt. 


Für die Kanzlei: 


Girardi Ernst, Ritter des kais. österr. Franz Josef-Ordens, k. k. 
Oberrechnungsrat, III. Geologengasse Nr. 1. 


Kanzleioffiziantin: 
Girardi Margarete, III. Geologengasse Nr. 1. 


Diener: 
Amtsdiener: 
Palme Franz, III. Rasumofskygasse Nr. 23, 
Ulbing Johann, Besitzer des silbernen Verdienstkreuzes, II. 
Rasumofskygasse Nr. 23, 

Wallner Mathias, III. Rasumofskygasse Nr. 25. 
Präparator: Spatny Franz, III. Rasumofskygasse Nr. 25. 
Laborant: Felix Johann, III. Lechnerstraße 13. 
Amtsdienergehilfe für das Museum: Kreyc6a Alois, III. Erd- 

bergstraße 33. 


Amtsdienergehilfe für das Laboratorium: Unbesetzt. 


VIII 


Korrespondenten 


der 
k.k.geologischen Reichsanstalt. 
1913. 


Dr. jur. und phil. Otto Haas in Wien. 

Prof. Dr. phil. Fridolin Krasser, Universitätsprofessor in Prag. 
Josef Krulich, Forstingenieur, Wien. 

Edmund Maku£, Öberingenieur der Witkowitzer Steinkohlengruben. 
Dr. phil. Franz Baron Nopcsa, Wien. 


Dr. phil. Franz X. Schaffer, Kustosadjunkt und Vorstand der 
Geologisch - paläontologischen Abteilung im k. k. Naturhistorischen 
Hofmuseum in Wien. 


Stephan Weigel, Neutitschein. 


“7 -.. Ausgegeben im Juni 1913. 


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JAHRGANG 1913. LXII. BAND. | 


1. Heft. 


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wien, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. 


In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. &. Hofbuehhandlun; 


l. Graben 81. 


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1 
| 


Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen 


Lofer und Diesbachtal. 
Von F. Felix Hahn in München. 


(Tafel Nr. II und m und 6 enkonmien im Text. 


; Inhaltsübersicht: A. Vorbemerkungen. — B. Schichtenfolge. — C. Heteropie. 


— D. Gebirgsbau. — E. Rückblick auf die Ergebnisse. 


A. Vorbemerkungen. 


Die überaus verwickelten Verhältnisse des Gebirgsbaues, die 


gelegentlich meiner früheren Spezialaufnahme in der Gegend von 


Unken und Lofer!) zutage traten, veranlaßten mich, in den benach- 
barten Gebieten meine Untersuchungen fortzusetzen, um aus um- 


fassenderer Erfahrung heraus zur Ausdeutung von Fragen vordringen 
zu können, an deren Beantwortung ich mich damals noch nicht wagen 


durfte. Zu diesem Zwecke schien mir fürs erste eine genauere Durch- 
forschung der Berge des oberen Saalachtals bis zum Hirschbichl und 
Hundstod vordringlich und Erfolg verheißend zu sein, nachdem ja 
durch die Aufnahmen der Herren G. Gillitzer®) und H. Krauß?) 
im Norden der nötige Rückhalt gesichert war. 

Während der Aufnahme im Felde, die im wesentlichen in das 
Jahr 1910 fiel, ergab sich aus praktischen Gründen die heute vor- 
liegende Umgrenzung der Karte, wenn schon sich meine Begehungen 
noch auf größere Teile des Steinernen Meeres, der Wimbachgruppe 
und der Steinberge zur Abrundung erstrecken mußten. Als Grund- 
lage wurde die Originalaufnahme des k. k. Militärgeographischen In- 
stituts benützt, die leider hier den notwendigen Anforderungen des 
Geologen an die Genauigkeit der Geländedarstellung nicht mehr 
genügend entspricht, so daß ich mich zur Reduktion auf den halben 
Maßstab bei der Veröffentlichung entschloß. Auch das dem Leoganger 
Steinberg gewidmete Stück der Aufnahme mußte sich des berührten 
Übelstandes halber auf das notwendigste beschränken; eine Neu- 


1!) Dieses Jahrbuch, LX. Bd., 1910, pag. 311—420, 637—712. 

2) Geol. Aufbau des Reiteralpgebirges, Geognost. Jahresh., 25., 1912, pag. 161. 

3) Geol. Aufnahme des Gebietes zwischen Reichenhall und Melleck, Geogn. 
Jahresh., 26., 1913. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. F. Hahn.) 1 


2 F. Felix Hahn. [2] 


schaffung der topographischen Unterlage erschiene hier als ein be- 
sonders dringliches Erfordernis. 

Gelegentlich meiner Tätigkeit im Felde erfreute ich mich der 
Unterstützung des königl. bayrischen Forstamtes Saalachtal, wofür 
nochmals gedankt sei. 

Ich kann es unterlassen, eingehend die ältere Literatur 
über das Gebiet zu würdigen, nachdem erst vor kurzem in den 
Monographien über nachbarliche Berggruppen!) ausführliche Be- 
sprechungen vorgenommen wurden und wichtige, neuere Arbeiten 
für das Spezialgebiet fehlen. Besonders auszeichnend möchte ich nur 
K. Peters?) erwähnen, der auch hier bereits 1854 die stratigraphischen 
Grundzüge festlegte. Daran knüpfte dann C. W. von Gümbel?) wohl 
im wesentlichen an, in seiner kartographischen Darstellung freilich wenig 
glücklicher wie in der Kammerker— Sonntagshorngruppe. C. Aberles®) 
Profile gehen wiederum auf beide Autoren zurück. Für die tek- 
tonischen Verhältnisse sind einige Bemerkungen G. Geyers’) von 
Bedeutung, da hier zuerst der Zusammenhang der Leitlinie Torrener 
Joch—Hocheis — Hundstod—Seehorn—Hirschbichl erkannt wurde. Sie 
waren des weiteren der Gegenstand der Besprechung E. Haugs®) und 
J. Nowaks”). Die eiszeitlichen Phänomene fanden bereits 1886 bei 
E. Brückner?) eine richtige und umfassende Darstellung. Das äußerste 
Südostende meiner Karte erschien 1907 auf dem Blatt SW-Gruppe 
Nr. 18, Hallein und Berchtesgaden der geologischen Karte der Oster- 
reichisch-Ungarischen Monarchie, freilich nicht ganz zutreffend koloriert. 
Auf die den Steinbergen gewidmeten Aufsätze von H. Cranz®), auf 
die Schilderung der Reiteralpe von M. Zeller!?) sei wegen des Bilder- 
schmuckes, besonders wegen der ausgezeichneten Kartenskizzen, auf- 
merksam gemacht, welchen ich auch im folgenden eine Reihe von 
Ortsbezeichnungen entnommen habe. Eine Zusammenfassung einiger 
meiner Ergebnisse veröffentlichte ich 191111), einige Fossilfunde im 
Lias wurden im gleichen Jahre anderen Orts von mir besprochen ??). 


1) Vergleiche besonders C. Lebling, Lattengebirge, Geognost. Jahresh., 
24,, 1911, pag. 33. 

2) Die salzburgischen Kalkalpen im Gebiete der Saale. Dieses Jahrb. 1854. 

3) Geogn. Beschreibung des bayr. Alpengebirges, 1861. 

4 Franz Keils geogn. kol. topogr. Reliefkarte. Gesellsch. f. Salzv. Landesk., 
Mitt., VII, 1867. 

5) Untersuchungen über die Lagerungsverh. des Lias in den östl. bayr. Kalk- 
alpen. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1885, pag. 293 und dieses Jahrb., 36., 1886, 
pag. 215. 

6) Les nappes de charriage des Alpes calc. sept., Bull. Soc. Geol. France, 
4, VI, 1906. 

”) Bau der Kalkalpen in Salzburg. Bull. Acad. Wiss., Krakau 1911, pag. 57. 

°) Die Vergletscherung des Salzachgebietes. Pencks Geogr. Abh. I, 1. 

°») „Der Loferer Steinberg“. Zeitschr. Deutsch. u. Österr. Alpenver., 31, 1900 
und „Der Leoganger Steinberg“, ebenda. 32, 1901. 

‘%, „Die Reiteralpe“, ebenda, 41., 1910. 

11) Zur Geologie der Berge des oberen Saalachtales. Verhandl. d. k.k. geol. 
R.-A. 1911, 7, pag. 147. 

12) Neue Funde im nordalpinen Lias der Achenseegegend. Neues Jahrb. f. 
Min., B.-Bd. 32, pag. 547, 575. 


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5] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 3 


B. Schichtenfolge. 


Die Bausteine des der Spezialaufnahme unterworfenen Gebirges 
sind folgenden Systemen und Abteilungen zugehörig: 
1. Prias. 
I. Untere Trias (skytische Stufe). 


2. Dolomite der mittleren und oberen Trias nebst heteropischen 
Einlagerungen (anisische bis unternorische Stufe). 


3. Kalke der oberen Trias (norische und rhätische Stufe). 


1? Lura. 
. Heteropischer Mischverband des unteren und mittleren Lias. 
. Schwarze Mergelkalke des oberen Lias. 
. Radiolarite des mittleren Juras. 
. Oberalmer und Aptychenschichten des höheren Juras. 
II. Kreide. 
Neokom. 


IV. Tertiär. 
Jungtertiär. 
V.0On artär. 


. Diluvium. 
2. Alluvium. 


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— 


I. Trias. 
I. Untere Trias (skytische Stufe). 


Im höheren Wildenbachtal bis hinauf zur Hundsalm und am 
Westfuße der Laimbichlhörner, längs des Klaußlbaches sowie in der 
Umgebung der Almwaldalm!) zeigt sich an der Basis der Berchtes- 
gadner Decke eine recht wechselnd mächtige Reihe der verschieden- 
artigsten Gesteine, die den Werfener Schichten angehören. Am 
weitesten verbreitet sind rote, sehr feinkörnige Sandsteine und Ton- 
schiefer, dann dünnplattige, mergelige oder sandige Kalke aller mög- 
licher Farbschattierung, denen sich graue oder bräunliche Dolomite 
beigesellen können. 

Ich kann die Angaben älterer Autoren insofern nur bestätigen, 
als auch ich die Hauptmasse der roten sandigen Schiefer in tieferen 
Niveaus, die kalkigdolomitischen und mergeligen Lagen, vor allem 
die Bänke mit Naticella costata, jedoch gegen das Hangende zu an- 
traf. Eine kartographische Trennung der beiden Zonen erweist sich 
augenblicklich noch undurchführbar, da zu wenig Sicheres über die 
vertikale Verbreitung der schlechterhaltenen Fossilien bekannt ist. 

Besonders möchte ich eine Bank krinoidenreichen, doch auch 
sandigen Kalkes von graubräunlicher oder rotbrauner Farbe er- 


!, Jetzt Auerweißbachalpe genannt. 


4 F. Felix Hahn. [4] 


wähnen, der nordöstlich Wildentals sporadisch zusammen mit einer 
Naticella costata-Bank auftritt, nicht selten Naticiden und Pectiniden 
mit kalkigen Schalen führt und identisch sein dürfte mit den braun- 
roten, etwas „kristallinen“ Kalkbänken der Ramsau, aus welchen 
H. Rassmuss?!) Coelostylina werfensis Witt. als Leitform für die 
Grenze von Seiser und Campiler Schichten zitiert. Besteht die 
Schlußfolgerung von Rassmuss zu Recht, so würde damit der weitaus 
überwiegende Teil der in den westlichen Berchtesgadner Alpen auf- 
geschlossenen Werfener dem liegenden Seiser Niveau zuzuweisen sein, 
da ich die erwähnte Bank kaum 20 »m unter der Hangendgrenze an- 
traf und da sie auch von G. Gillitzer?) ausdrücklich aus der 
„oberen Partie* erwähnt wird. 

Eine Bank eines grünlichen, äußerst zähen Kalksandsteins vom 
hinteren Scharleitenbach ließ im Dünnschliff auch Glaukonit neben 
Quarzkörnern usw. erkennen. 

Da ich im Hundsgraben auf 1220 m inmitten typischer Werfener 
nellgraue, reinere und auch etwas dickbankigere Kalkbänke mit spär- 
licher rötlicher Kalzitdurchaderung antraf, glaube ich auch die ähn- 
lichen grauen, hornsteinfreien, plattigen Kalke nordwestlich der oberen 
Hundsalmhütte trotz ihres jüngeren Aussehens in diese Stufe rechnen 
zu müssen, da ihnen auch sandig sich anfühlende, hellbräunlichgraue 
Kalke beigelagert sind, die unter dem Mikroskop von winzigen ab- 
gerundeten Dolomitkriställchen sich erfüllt zeigen. 

Es sei festgestellt, daß Gips wie Haselgebirg innerhalb unserer 
Gebietsgrenzen nicht beobachtet wurde. 

Die größterschlossene Mächtigkeit dieser terrestrischen und 
litoralen Ablagerungen überschreitet kaum 250 m, gewiß im Verein 
mit der oben gepflogenen stratigraphischen Betrachtung und einer 
faziellen Würdigung ein Beweis, daß uns nur ein kleiner Bruchteil 
des skytischen Zeitwertes verkörpert erhalten wurde. 

Abgesehen von gesellig vorkommenden, aber allzu ungünstig 
konservierten Myophorien und Myaeciten seien folgende Fossilreste 
aufgeführt: 


Lingula tenuissima Bronn in bräunlichem glimmerreichen Sandstein 
vom hinteren Sulzbach. 

Pseudomonotis venetiana v. Hauer aus grauem kalkigen Sandstein des 
Klaußlbaches. 


Gervillea exporrecta Leps. aus wmürben bräunlichen Sand- 
Myophoria elongata Wissm. steinen des oberen Niveaus im 
Naticella (Natiria) costata v. Mü. Triessteingraben. 


Der morphologische Charakter der Ablagerung ist durch den Ton- 
reichtum der Gesteine bestimmt; nasse Wiesen und sumpfige, gebüsch- 
bestandene flache Hänge, die Sprosse von Eguisetum und ein lehmiger, 
brauner oder grauer Boden sind hier wie anderwärts bezeichnend. 


ı) Zur Kenntnis der Werfener Schichten bei Berchtesgaden. Zeitschr. d. 
Deutsch. Geol. Ges., 63, 1911, Mitt., pag. 553. 

?) A. a. O. pag. 171. Seine Bemerkung (pag. 173), daß nur obere und 
mittlere Campiler Schichten vertreten seien, dürfte einem Mißverständnis ent- 
sprungen sein. 


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[5] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 5 


2. Dolomite der mittleren und oberen Trias nebst heteropischen 
Einlagerungen (anisische bis unternorische Stufe). 


Dem Ramsau-, Raibler- und Dachsteindolomit der tirolischen!) 
Unterlage stehen Reichenhaller-, Ramsau- und Hallstätterdolomit der 
juvavischen Deckmasse gegenüber. 


a) Tirolischer Ramsaudolomit. 


Die Dolomitmasse beiderseits der Tiefenrinne des Schüttach- 
grabens, von der etwa 300 m aufgeschlossen sind, wie ein Teil der 
Dolomite des Hundsfußes zwischen Wildenbachklamm und Gföllwiesalp 
ist hierher zu rechnen. Der petrographische Charakter 
unterscheidet sich in nichtsvon jenem des juvavischen 
Ramsaudolomits. Stets licht, oft blendend weiß gefärbt, nur 
andeutungsweise, sofern überhaupt, gebankt, bald feinkristallinisch 
körnig voll kleiner ausgelaugter Hohlräume, die sich meist noch auf 
ehemals vorhandene Fossilien beziehen lassen, bald dicht oder auf 
weite Strecken brekziös, dann wieder längs tektonischer Flächen rot- 
gefärbt und zerrieben, erbaut der Dolomit in Einförmigkeit schutt- 
beladene Hänge oder ist in tiefeingerissenen Schluchten voll bizarrer 
Kleinformung aufgeschlossen. 

Bestimmbare Fossilreste sind stets an Kalkgehalt geknüpft; so 
fand ich hinter dem Kleberbauern Hohldrücke von einer ziemlich 
großen Worthenia, eine Avicula cassiana Bittn.?) und Bivalvenstein- 
kerne (Nucula?). Der stark kalkige Dolomit in der Umgebung der 
Vorderkaser Klamm birgt zahlreiche Diploporen, Kelche von Einzel- 
korallen (Margarophyliia?) und dicke Stielglieder von KEncrinus 
cassianus Laube. Gegen die Roßruckklamm wird das Gestein so kalk- 
reich und gut gebankt, daß kein Unterschied mehr zu dem dolo- 
mitischen Wettersteinkalk der Kirchberg-Kalksteingruppe besteht; aber 
auch mit dem Ramsaukalk des Antenbichls herrscht gute UÜberein- 
stimmung. 

Der tirolische Ramsaudolomit im Umkreis des Wimbachgrieses 
fügt sich gleichfalls vollständig in die oben gegebene Beschreibung. 

Das Alter darf als ladinisch gesichert gelten. 


b) TirolischerRaibler Dolomitmit Einlagen von Cardita- 
schichten und Reingrabner Schiefern. 


Über dem hellfarbenen Ramsaudolomit lagern zwischen den 
Steinbergen bituminöse, gutgebankte, bis etwa 300 m mächtige, schwärz- 
liche Dolomite, die mit den Raibler Dolomiten der Waidringer 


1) Als tirolisch wurde von mir in den Verhandl. d. k. x. geol. R.-A. 1912, 
Nr. 15, pag. 339, alles, was um Berchtesgaden bisher „bayrisch basal“ genannt 
wurde, als javavisch alle Deckschollen zwischen Saalach und österreichischer 
Traun bezeichnet. Der Ausdruck „bayrisch“ in tektonischenm Sinne ist schon 
deshalb zu verwerfen, da er als Faziesbezeichnung schon lange vor Haug fest- 
gelegt war. 

®) S. Polifka beschrieb in diesem Jahrbuch 1886, pag. 598, aus Schlern- 
dolomit eine Avicula cislonensis, die vielleicht mit A. cassiana Bittner identisch 
sein dürfte und gleichfalls mit meiner Form gut übereinstimmt. 


6 F. Felix Hahn. [6] 


Gegend!) zu identifizieren sind und welche in ihrer stratigraphischen 
Lage frühzeitig von E. Fugger?) am Südrand des Leoganger Stein- 
berges richtig erkannt wurden. Es ist bemerkenswert, daß im west- 
lichsten Gebietsteil, das heißt nahe der Hochschüttachalpe diesem 
Raibler Dolomit noch schwarze, oft oolitische Kalkbänke mit Cardita 
Gümbeli Pichler, Myophoria Wöhrmanni Bittner, Macrodon sp., Penta- 
crinus-Stielglieder eingelagert sind, während östlicher derartige Lagen 
immer spärlicher zu finden sind und nur ganz dünne, unzusammen- 
hängende Bänder von roten und bräunlichen Letten erinnern dann 
zuweilen (so im inneren Odenbachtal, am Hange westlich des Lahner- 
horns auf 1150 m, im Dürrnberger Wald bei P. 836) an die westlicher 
gewohnte Ausbildung des karnischen Niveaus. Aber auch die schwarzen 
charakteristischen Raibler Dolomite treten gegen Ost immer mehr zu- 
rück gegen unansehnliche, schmutziggraue und indifferente Dolomite, 
die eine Abtrennung von dem teilweise ganz ähnlichen Dachsteindolomit 
fast zur Unmöglichkeit machen, so daß nur noch im allgemeinen das 
Niveau festzulegen ist, während auf die Einzeichnung von Schicht- 
grenzen verzichtet werden muß. 

Diese letztere Beobachtung gilt auch sowohl für die Dolomit- 
masse des Hundsfußes, in welcher vielleicht östlich des Kleberbauern 
der karnische Anteil zu suchen ist, wie für den Nordhang des Loferer 
Steinberges, wo westlich der Metzgeralp und gegen das Ascher- 
(Weißbach-)l'al in mittlerer Hanghöhe soviel bituminöser, dunkel- 
farbiger Dolomit den normalen hellen Dolomiten sich beimischt, daß 
eine kartographisch schwer faßbare Hervorwölbung von Raibler Dolomit 
mir sehr wahrscheinlich wurde. Ein Verfolg dieser Zone nach West 
gegen den Schäfferaugraben, wo typische Raibler Dolomite zu finden 
sind, wird wohl später die erhoffte Klärung bringen können. Selbst 
in dem westlichen Teil der Hochkaltergruppe, an der Bindalm, ist 
noch eine ganz identische Ausbildungsart der karnischen Stufe anzu- 
treffen, da wenig bituminösen, grauen, nur stellenweise geschichteten 
Dolomiten in zwei getrennten Schmitzen blaugraue und gelbrote Mergel- 
schiefer eingelagert sind. Gleich östlich hiervon muß jedoch eine 
wichtige heteropische Grenze verlaufen. Rund um das Wimbachgries 
sind nämlich dem liegenden, hellen ladinischen Ramsaudolomit schwärz- 
liche Tonschiefer in Reingrabener Fazies als 5 bis 15 m mäch- 
tiges, scheinbar ununterbrochenes Band aufgelagert, das in seiner 
düsteren Farbe besonders am Sattel zwischen Großem und Kleinem 
Palfelhorn mehrfach gestaffelt in den Wänden des Hinterbergkopfes, 
am Zirbeneck und am Fuße der Griesspitze in die Augen fällt und 
schon von Böse?) am Schönfeld beobachtet: worden war. Darüber 
lagert auch hier ein indifferenter grauer Dolomit, der in der Hoch- 
kaltergruppe von dem hangenden Dachsteindolomit kaum zu trennen ist. 

Die Reingrabener Fazies ist aber auch von dem Südosteck des 
Leoganger Steinberges und von Saalfelden bekannt. 


!) Hahn, Kammerker—Sonntagshorngruppe, pag. 326. 

?) Mitt. Ges. Salzburger Landeskunde, 23, 1883. Doch hat sie bereits 
E. v. Mojsisovics 1874 (dieses Jahrbuch, pag. 113) vollkommen zutreffend als 
die Reingrabener Schiefer überlagernd von der Brandlalm beschrieben. 

3) Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 1898, pag. 510. 


[7] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 7 


c) Tirolischer Dächsteindolomit. 


Über der etwa 300 m starken karnischen Stufe des Rotschütt- 
grabens folgt mindestens 500 m hellgrauer, plattiger, oft kalkiger 
Dolomit, dann 500 m Dachsteinkalk bis zum Gipfel des vorderen 
Ochsenhorns, auf dem ich Rhätlumachelle mit guten Exemplaren der 
Avicula contorta sammelte, gewiß ein schlüssiger stratigraphischer 
Altersbeweis für die Richtigkeit der Titelbezeichnung auch ohne Fos:il- 
funde aus der Schicht selbst. Zu starke Verallgemeinerung von an 
sich ganz zutreffenden Beobachtungen hat eben auch bei der Anwendung 
des Begriffes Ramsaudolomit zu einer gewissen Selbsttäuschung ge- 
führt; ein Teil des Gümbelschen „Hauptdolomits* besteht hier 
westlich der Saalach dem Alter nach zu Recht. 

Es handelt sich um weißliche bis dunkelgraue, wechselnd dichte 
bis feinkörnige und löcherige, auch sehr häufig brekziöse Gesteine von 
deutlicher, meist dünnplattiger Bankung. Feingebänderte Lagen sind 
einigermaßen charakteristisch. Die Ausbildung bleibt sich am Nord- 
und Südfuße des Loferer Steinberges, im Leoganger Steinberg, an der 
Diesbachmühle und im unteren Wildenbachtal, an der Mittereisalp, 
unterm Kammerlinghorn, am Alpl- und Palfelhorn fast gleich. Nur an 
den letzterwähnten Stellen fand ich gelblichbraune, grobluckige Rauch- 
wacken, wohl ein Produkt tektonischer Einwirkung. 

Die Grenze gegen den Dachsteinkalk im Hangenden ist unscharf; 
eine mehr oder weniger breite dolomitischkalkige Zone, oft recht 
reich an großen Megalodonten, schiebt sich vermittelnd zwischen beide. 

In der Mächtigkeit sind zwischen der östlichen und westlichen 
Gebietshälfte große Schwankungen unverkennbar. Kann man erstere, 
wie eingangs bemerkt wurde, in der Schüttachtalung auf etwa 500 m 
veranschlagen, so ist schon an der Nordwestseite des Lahnerhorns 
eine beträchtliche Abnahme feststellbar, am Alplhorn wird kaum be- 
deutend mehr als 300 m unternorischer Dolomit vorhanden sein; eine 
genauere Zahl läßt sich wegen der Schwierigkeit, die karnischen 
Dolomite abzutrennen, leider nicht feststellen. Im Vereine mit der 
Tatsache, daß östlicher der Dachsteinkalk weit größere Mächtigkeiten 
wie westlich erreicht, ergibt sich die Bestätigung der alten Ansicht 
von Mojsisovics, daß Hauptdolomit (Dachsteindolomit) und Dachstein- 
kalk sich zu einem guten Teil heteropisch vertritt. 


d) Juvavischer Reichenhaller Dolomit. 


An der Basis der ortsfremden Triasdolomite machen sich da, 
wo der Kontakt von Werfenern zum Ramsaudolomit ein unversehrter 
ist, dunkle, unrein dolomitische Gesteine bemerkbar, die nach dem 
Vorgang Böses!) als Reichenhaller Dolomite zusammengefaßt werden. 
Die gelblichgraue oder bräunliche Färbung geht nach oben ohne 
scharfe Grenze in das Helle des gewöhnlichen Ramsaudolomits über, 
so daß eine kartographische Abtrennung wenig für sich hat. 


!) A. a. 0. 1898, pag. 702. 


8 F. Felix Hahn. [8] 


Innerhalb des Gebietes erreicht dieser Dolomit in normaler 
Ausbildung seine größte Mächtigkeit (bis 150 m) an der Basis der 
Schubmasse beiderseits des Kötschmairbaches bis gegen Wildental; 
auch am Fuße der Laimbichlhörner ist er unter dem weißen Ramsau- 
dolomit, freilich nur in wenigen Metern in tiefen Rinnen entblößt, 
vorhanden. Im Klaußbache treten nahe der Einmündung des Kienberg- 
grabens knapp über den Werfnern gelbe kalkige Dolomite und helle, 
guigebankte, dolomitische Kalke zutage, die in auffallender Wandstufe 
auswittern. Dem gleichen Niveau gehören wohl auch dunkelgraue 
und bräunliche, oft bituminöse, dolomitische und auch mergelige Kalke 
von dünner Bankung an, denen gelegentlich mürbe Rauchwacken bei- 
geschaltet sind. Die Serie ist in einem felsigen Zuge nördlich des 
Klaußbaches im Hangenden der oberen Werfener unter der Kemat- 
steiner Alm bis in den vom Perhorn herabkommenden Seitenbach 
entwickelt; bei dem völligen Mangel an Fossilien kaun jedoch nur 
die allgemeine stratigraphische Lage zur Horizontbestimmung ver- 
wertet werden. 

Das wahre Alter all der vorerwähnten Ablagerungen ist schwer 
bestimmbar; immerhin ist die Zugehörigkeit zur anisischen Stufe 
wegen der Übereinstimmung mit ähnlichen Gesteinen in sicherer zu 
beurteilenden Vergleichsprofilen das Wahrscheinlichste. Sicher scheint 
nur zu sein, daß auch die anisische Stufe nur sehr lücken- 
haft durch die beschriebenen Sedimente, die nirgends 
200 m Mächtigkeit überschreiten, gewöhnlich jedoch noch unter 100 m 
bleiben, verkörpert wird. Es besteht ja kein Anhalt für die An- 
nahme, daß etwa ein Teil des hangenden lichten Ramsaudolomits, der 
keineswegs in seiner Mächtigkeit das Normalmaß der ladinischen 
Stufe überschreitet, noch anisischen Alters wäre. 


e) Juvavischer Ramsaudolomit. 


Der blendend weiße, lichtrötliche oder auch blaugetupfte, löcherige, 
ungebankte Dolomit der Laimbichlhörner kann geradezu als Leittypus 
des echten Ramsaudolomits gelten. Aber auch in der Perhorn-Hunds- 
horngruppe läßt sich kaum eine wesentliche petrographische Ab- 
änderung feststellen. 

Zwei Beobachtungstatsachen sind des weiteren von mehr als 
lokaler Bedeutung. Einmal überschreitetder Ramsau- 
dolomitim ganzensüdwestlichen VorgebirgederReiter- 
alm nirgends eine Mächtigkeit von 350—400 m, eine Zall, 
die mit der am Tälernalprücken Saalach abwärts erschlossenen über- 
raschend übereinstimmt, während sie im eigentlichen Stock der Reiter- 
alm um das Doppelte übertroffen wird. Dann ist an den gesamten 
Deckschollen des Gebietes keine Spur von Einschaltungen der Raibler 
Sedimentation beobachtbar!); der Dachsteinkalk überlagert vielmehr 
sofort einen gewissen oberen Teil des Ramsaudolomits, der aus gleich 
zu erwähnenden Gründen karnisches Alter besitzen muB. 


1) Das Haugsche Profil längs des Hirschbichlkammes (a. a. OÖ. pag. 398) 
ist sowohl seiner Kontur wie stratigraphischen Gliederung nach vollkommen verfehlt. 


[9] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Dieshachtal. 9 


Der Bezeichnung Ramsaudolomit liegt somit auch hier nicht ein 
Stufen-, sondern Fazieswert zugrunde. 


f) Hallstätter Linsen im juvavischen Ramsaudolomit. 


Steigt man von Strohwolln längs des nördlich sich emporziehenden 
Bergrückens gegen den Kienberg hinan, so trifft man auf 975 m in- 
mitten des normalen Ramsaudolomits auf insgesamt 20 m dicke Bänke 
eines hellfarbenen, gelblich, grünlich oder rötlichen, teilweise etwas 
knolligen Kalkes, der vollkommen mit Spielarten des karnischen Hall- 
stätter Kalkes der Unkener Gegend übereinstimmt. Darüber folgt noch 
mindestens 150 m mächtiger oberer Ramsaudolomit, der seinerseits 
von dolomitischem Dachsteinkalk überdeckt wird. 


Eine ähnliche Einschaltung etwas mächtigerer, klotziger, mar- 
morierter Kalke mit Hornsteinaugen ist auf 1040 m am westlichen 
Kammausläufer des Kötschmairhorns inmitten des höheren Ramsau- 
dolomits zu beobachten: sie gleichen ganz auffallend dem gleichfalls 
Hornstein führenden Kalk, der an dem kleinen Hügel östlich der 
Scheffsnoter Brücke (westlich P. 709) an der Straße entblößt ist und 
hier läßt die Anlagerung und der Übergang in lichtbunten Hallstätter 
Dolomit gar keinen Zweifel darüber, daß man es mit karnischem 
Hallstätter Kalk, wie ich ihn weiter Saalach abwärts fossilführend 
nachgewiesen habe, zu tun hat. 


Diese ebenso raumbeschränkten wie fossilarmen Einschiebsel 
sind die einzigen Vertreter der normalen älteren Hallstätter Ent- 
wicklung. Ihre ungestörte Einschaltung in höheren Ramsaudolomit ist 
aber dennoch für die tektonische Ausdeutung von regionaler Bedeutung. 


g) Liehtbunter Hallstätter Dolomit. 


Diese interessante Abart der juvavischen Dolomite, die nach 
den Feststellungen des Autors?) und G. Gillitzers?) vorwiegend an 
die Hallstätter Fazies geknüpft ist, aber auch im Liegenden des 
Reiteralmkalkes vorkommt, gelangt in dem vorliegenden Gebiete zwar 
nur zu räumlich beschränkter Verbreitung. Um so bedeutsamer ist 
es jedoch, daß dieser Hallstätter Dolomit lediglich an einer kleinen 
Stelle (an dem im vorigen Abschnitte geschilderten Hügelchen bei 
der Scheffsnoter Brücke) mit Hallstätter Kalk in Absatzverzahnung 
steht. Am Kirchentaler Rauhenberg, am Hochkranz, wie vor allem 
am Gerhardstein bildet er hingegen das normale Liegende der juva- 
vischen Mergel- (Zlambach-) Fazies, nämlich der Loferer Schichten 
und Lerchkogelkalke. Zu beiden Seiten einer flachen Kuppelwölbung 
sieht man an letzterer Stelle zwischen Dolomit und hellem Mergelkalk 
im Hangenden eine mäßig breite Zone von dunklen, bituminösen, ge- 
legentlich schon stark dolomitischen Gesteinen sedimentvermittelnd 
eingeschaltet. Dies ist besonders deutlich und leicht erreichbar bei 


ı) A. a. O. pag. 328. 
2) A. a. O. pag. 176. 
Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. F. Hahn.) 


[80] 


10 F. Felix Hahn. [10] 


P. 1542 südlich der Trettalpen zu beobachten. Unter dem Hallstätter 
Dolomit ist nahe der Schattseitenalm mit schwer festlegbarer Grenz- 
furche echter, heller, ungeschichteter Ramsaudolomit erschlossen. 

Das petrographische Bild deckt sich in allen Zügen so sehr mit 
jenem flußabwärts gewonnenen, daß eine weitere Beschreibung sich 
erübrigt. Die größterschlossene Mächtigkeit ist hier auf 150 m zu 
veranschlagen. 


3. Kalke der oberen Trias (norische und rhätische Stufe). 
a) Tirolischer Dachsteinkalk (Loferer Steinbergtypus). 


Die wuchtigen Mauern und Kämme der Steinberge des westlichen. 
Teiles des Steinernen Meeres und der Hochkaltergruppe sind aus 
basalem Dachsteinkalk gefügt und vom Pillersee bis zum Watzmann 
herrscht große Gleichfömigkeit des Bausteines. Auf eine mehr oder 
minder breite Zone des Überganges zum liegenden Dachsteindolomit, 
in der verschiedene Mg-reichere und ärmere, oft dünngebänderte 
Lagen abwechseln, stets aber weißlichgraue Farben und dünnplattige 
Schichtung herrschen, legt sich gigantisch getürmt Bank für Bank 
des hellgrauen, weißgeaderten Kalkes, dessen Anwitterungsflächen or- 
ganische Reste der mannigfaltigsten Art, Megalodonten und Pectiniden, 
Einzel- und Stockkorallen, Gastropoden, Crinoidenstielglieder, Kalzı- 
spongien und Gyroporellen erkennen lassen. Immer häufiger werden 
nach oben auf den Schichtfugen der einzelnen !/, bis 5 m dicken 
Bänke tonige Häute und Schmitzen, gar oft treten nun lange Schnüre 
und Bänder bunten Mergelkalkes auf, aber immer wieder legt sich eine 
neue Lage des massigen Kalkes darauf; vergebens sucht man nach 
mächtigeren Kössener Schichten. Die von alters her gehegte Ver- 
mutung, daß in diesen Einschaltungen vom Starhembergtypus 
das Rhät gekennzeichnet sei, kann ich wohl teilweise mit guten 
Belegen erhärten. So sammelte ich am Gipfel des vorderen Ochsen- 
horns in einer gelblichen Lumachelle zwischen mächtigen grauen 
Kalkbänken verschiedene guterhaltene Avicula contorta, Zähnchen von 
Saurichthys Mougeoti Agass.; an verschiedenen Stellen der Fußstein- 
wände liegt in gelbbraunen mergeligen Kalken Terebratula pyriformis 8ss., 
an der Schärtenspitze (Hochkaltergruppe) fand sich in dünnplattigen, 
rauhflächigen Kalken neben zahlreichen Lamellibranchiatenresten eine 
hübsche Spiriferina jungbrunnensis Petz.; und der felsige, gegen die 
Wirtschaft Obsturn vorgeschobene Rücken nördlich des Luftenstein- 
passes lieferte mir aus buntfarbigem brekziösen Mergelkalk: Ostrea 
kössenensis Wkl., Pecten af. coronatus Schafh., Dimyodon intusstriatum 
Emmr., Spiriferina jungbrunnensis Petz., Spirigera oxycolpos Emmr., 
Ithynchonella cornigera Schafh., Waldheimia norica ss. und elliptica 
Zugm., Terebratula gregaria 8ss., Thecosmilia clathrata Emmr. 

Diese Funde dürften zur Genüge dartun, daß wirklich ein nicht 
zu vernachlässigender Teil des tirolischen Dachsteinkalkes rhätischen 
Alters ist, daß somit die alte Ansicht Gümbels in dieser Beziehung 
sich zu einem Teile rechtfertigen läßt. Doch braucht anderseits nur 
daran erinnert werden, daß am Ochsenhorn zwischen Dachsteindolomit 
und Rhät 500 m Dachsteinkalk liegt, um der Hauptmasse dieses 


[11] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 11 


Kalkes ihren gebührenden Platz in der obernorischen 
Stufe zuzuweisen. Noch dazu schreitet ja die fazielle Entwicklung 
derart von West nach Ost vorwärts, daß immer mehr vom 
liegenden Dachsteindolomit kalkig wird und mit dem 
Hangenden untrennbar verschmilzt. Der Dachsteinkalk östlich der 
Saalach erreicht schon am Ausgange des Diesbachtales sicherlich 
nahezu 700 m und diese Ziffer mag gegen das Wimbachtal noch 
überschritten werden. 

Im rhätischen Anteil stimmen die bunten Einschiebsel vorzüglich 
mit dem bunten Rhät überein, welches ich im Umkreise der Lofereralp 
auch kartographisch hatte ausscheiden können und welches mit nur 
geringen Abänderungen an der Anderlalm und bei Obsturn in den 
Loferer Steinberg hereinreicht; ein Vergleich der früher gegebenen 
Fossiltabelle mit den eben erwähnten neuen Funden bestätigt auch 
die faunistische Zusammengehörigkeit. Die Verschmelzung dieses leicht 
als Rhät kenntlichen Teiles mit der Hauptmasse des Dachsteinkalkes 
ist in dem hier besprochenen oberen Saalachgebiet jedoch schon eine 
so innige, daß die Fintragung einer stratigraphischen Grenzlinie 
illusorisch ist. 

Im westlichen Teile des Steinernen Meeres möchte ich mit 
Geyer gewisse dichte, mattrote Kalke als rhätisches Aquivalent be- 
trachten, trotzdem ich bisher vergeblich nach Fossilien suchte; trotz 
einiger äußerlichen Ähnlichkeit mit Hierlatzkalken sind sie nämlich 
dennoch bei genauerer Betrachtung von diesen deutlich zu unter- 
scheiden; außerdem scheinen sie mir mit echten Dachsteinkalken in 
Wechsellagerung zu stehen, 

Am Seehorn, Hundstod und verschiedenen Stellen des westlichen 
Steinernen Meeres (zum Beispiel Spitzhörndl) ist eine Annäherung 
des Dachsteinkalkes an die Ausbildungsweise des juva- 
vischen Reiteralmkalkes durch das riffkalkähnliche, unregel- 
mäßige Anschwellen der Bänke und das Vorherrschen lichter, weißer 
und rötlicher Färbungen zu beobachten. Die regionalgeologische Be- 
deutung dieses von allen tektonischen Beeinflussungen völlig unab- 
hängigen Vorganges darf nicht verkannt werden. 


b) Juvavischer Dachsteinkalk (Reiteralmkalk). 


In der Hundshorn- und Perhorngruppe lagert gleichförmig auf 
dem oberen karnischen Ramsaudolomit ein weißer oder lichtgelblicher, 
meist etwas dolomitischer Kalk, der sich durch stets deutliche Bankung 
und etwas größere Verbandfestiekeit im allgemeinen auch morphologisch 
gut von seiner Unterlage abhebt. Schlechterhaltene Fossilreste von 
Megalodonten, Kalkschwämmen, Crinoidenstielgliedern und Gyroporellen 
sind zwar auf Anwitterungsflächen nicht selten, entziehen sich aber 
hartnäckig einer Bestimmung; nur am Gipfel des großen Hundshorns 
fand ich ein besser erhaltenes glattes Pecten, das mit Schlosseri 
Wöhrm. verwandt sein könnte. Diese Mg OO,-reicheren Partien gehen 
in höheren Lagen rasch in dichte, weiße, massige, oft rotgeaderte 
Kalke über, die in nichts sich vom Reiteralpkalk unterscheiden und 


mitdem Hochgebirgskorallenkalk Bittners zu identifizieren 
Jr 


12 F. Felix Hahn. [12] 


sind. Der schnell einsetzende und ebenso schnell wieder verschwin- 
dende dolomitische Charakter der liegenden Partie ist wegen seiner 
allgemeinen Verbreitung (im Lattengebirge von Lebling genau ge- 
schildert) nicht ohne allgemeineres Interesse. 

Dieses Niveau findet sich auch in zwei isolierten Felsvorsprüngen 
am Westfuß der Laimbichlhörner, bei P. 1453 und am Riedel zwischen 
Sulz- und Scharleitenbach. Dagegen gehört der schmale Streifen Dach- 
steinkalks zwischen Hunds- und Almwaldalm dem höchsten Horizont 
an, da seinen lichtgelblich und rötlich geflammten, fast schichtungs- 
losen Bänken mehrfach Liaskalke beigesellt sind und gleiches gilt 
wenigstens teilweise von dem Kalkzug zwischen Au und Eberlwirt, 
welcher der Hundshorngruppe als Kulisse sich vorlagert. 

Es verdient hervorgehoben zu werden, daß geradeso wie im 
juvavischen oberen Ramsaudolomit karnischer, so in dem dolomitischen 
Dachsteinkalk norischer Hallstätter Kalk, wenn auch in äußerst 
beschrönkter Verbreitung zu finden ist in Gestalt von einer wenige 
Meter breiten Einlagerung eines gelblichbraunen und rötlichen dünn- 
plattigen Knollenkalkes mit roten Hornsteinen, der aufs beste mit den 
Pedatakalken aus dem mittleren Saalachgebiet (so mit jenem 
fossilreichen vom Wirmbach) übereinstimmt. Einmal habe ich solch 
ein Einschiebsel auf dem schlechten Steig von der Kötlarn- zur 
Triesteinalp unter dem Pointelkopf beobachtet, dann liegen an der 
Südostseite des oben erwähnten Felszuges von unterem Dachsteinkalk 
zwischen Scharleiten und Sulzgraben soviel Gesteinstücke desselben 
Kalkes, daß an dem nahegelegenen Anstehen nicht zu zweifeln ist. 

Die größtbeobachtbare Mächtigkeit des Reiter- 
almkalkes beläuft sich hier auf 500 m. Seine Basis liegt 
dem Alter nach, da unmittelbar über karnische Sedi- 
mente ruhend, wesentlich tiefer als beim tirolischen 
Dachsteinkalk. 


c) Loferer Schichten und Dachsteinkalk desLerchkogel- 
typus. 


An lichtbunten Hallstätter Dolomit als normal Liegendes gebun- 
den, erbauen die genannten Schichten, die ich zuerst von Lofer be- 
schrieben hatte, auch südlich zumeist schroff über Jura oder Neokom 
aufragend die isolierten Deckschollen des Kirchentaler Rauhenberges, 
des Gerhardsteins und des Hochkranzes und in Verlängerung des 
Lerchkogels ist auch noch ein winziger Erosionsrest bei Scheffsnot 
zu finden. 

Es ist nun hier kaum mehr angängig, die beiden Ablagerungen 
kartographisch zu trennen, da der untere Teil des Lerchkogelkalkes mit 
den Loferer Schichten in allerengster Gesteinsverzahnung steht; doch 
werden meine früheren Angaben insofern bestätigt als die relative 
Lage der Loferer Schichten zwischen Hallstätter Dolomit und der 
Hauptmasse des Lerchkogelkalkes dadurch endgültig Klargelegt wird. 

Die Loferer Schichten weichen, soweit sie überhaupt ent- 
wickelt sind, petrographisch kaum von der bei der ersten Beschreibung 
gegebenen Diagnose ab; sowohl die kleinen weißschaligen Gastropoden- 


[13] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 13 


und Lamellibranchiatenreste wie spärliche Kohleschüppchen treten 
abermals in den dunkelgrauen oder bräunlichen dünnbankigen Mergel- 
schichten auf. Doch fehlen die Bryozoenbänke des Loferer Kalvarien- 
berges, wofür an der nordwestlichen Lehne des Gerhardsteins sich 
reichlichst zierliche Korallenstöckchen einstellen, die viel an Zlam- 
bachformen errinnern, leider nur generisch als Thecosmilien, Stylin«, 
Stylophora?, Isastraeu, zu bestimmen sind. Außerdem sind kleine 
glatte Pectiniden und Reste einer großen Auster nicht zu selten, 
die man am liebsten mit Raibler Arten vergleichen möchte, wenn 
auch der ungenügende Erhaltungszustand keine Gewißheit darüber 
geben kann. 


Auf diese 0 bis 25 m mächtigen Loferer Schichten, die häufig 
blo durch dunkle dünnbankige Kalke voll Echinodermenresten (dicke 
Crinoidenstielglieder und Cidariskeulen !) angedeutet sind, legen 
sich zunächst bräunliche, gutgeschichtete, plattige Kalke, dann hell- 
gelbliche und weißgraue, nicht selten oolitische massigere Kalke, die 
ebenfalls verästelte Korallen (Thecosmilien), spärliche Crinoidenreste 
sowie Gastropoden eingeschlossen halten; öfter möchte man auf An- 
witterungsflächen auch Reste dicker Kalkschalen auf Megalodonten 
beziehen, ohne daß hierüber Sicherheit zu erlangen wäre. Die höheren 
Horizonte des Lerchkogelkalkes, welche große Neigung zu Karren- 
witterung verraten, variieren hier, wo sie in bedeutenderer Mächtig- 
keit wie in der Loferer Gegend erschlossen sind, nicht unerheblich. 
Es treten an der Südseite des Gerlardsteins hellgraue, weißgeaderte 
Kalke auf, die dem tirolischen Dachsteinkalk nicht allzufern stehen; 
dann zeigen sich wieder am Rauhenberg weiße oder gelbliche, rot- 
geaderte Partien, die an anderen Orten unbedenklich für Reiteralmkalk 
gelten könnten; schließlich erinnern grobbrekziöse rötliche Massen 
(Nordseite des Gerhardsteins und am Falıe des Hochkranzes) an 
das bunte Rhät der Loferer Alm. Als eina besonders auffällige Aus- 
bildung muß endlich eines dem unteren Niveau zugehörigen Vorkomm- 
nisses am Gerhardstein gedacht werden, das inmitten normalen Lerch- 
kogelkalkes an der Westseite des weit nach Süd vordringenden 
Spornes in halber Höhe bei einem Holzhüttchen sehr schön zu be- 
obachten ist. Hier sind nämlich in grauem Kalk scharfkantige Brocken 
von hellbräunlichem Dolomit und dunklem Hornstein eingebacken, 
ein Gestein, das überraschend an den brekziösen Hallstätter Kalk 
erinnert, den ich a. a. O. pag. 331 von der Hallensteiner Vokenalp 
beschrieb. 


Es muß leider immer noch mangels eindeutiger Fossilreste dahin- 
gestellt bleiben, wie sich diese Schichten, die hier 400 m Gesamt- 
mächtigkeit erreichen, auf die einzelnen Horizonte der oberen Trias 
verteilen; jedenfalls dürfte man mit größter Wahrscheinlichkeit den 
überwiegenden Teil als Aquivalent der unternorischen 
Stufe betrachten. 


!) Das Gestein gleicht dann auffallend gewissen karnischen Cidaritenkalken 
der Salzburger Alpen. 


14 F. Felix Hahn. [14] 


HI. Jura. 
I. Heteropischer Mischverband des unteren und mittleren Lias. 


Eine überaus bunte Fülle verschiedener Gesteinsarten dieses 
Alters von 20 bis 40 m Mächtigkeit ist so innig ineinander verzahnt, 
daB es eines sehr großen Kartenmaßstabes bedürfte, um die einzelnen 
Abarten gesondert eintragen zu können. Ich mußte mich daher darauf 
beschränken, eine gemeinsame Farbe zu wählen und nur durch Buch- 
staben auf einzelne besonders bemerkenswerte Abweichungen auf- 
merksam zu machen. 

Relativ am seltensten zeigen sich rote dünnschichtige, knollige 
Mergelkalke, die für Adneter gelten könnten, am häufigsten noch 
am östlichen Rand der Muldenzone zwischen Hirschbichl, Kammer- 
ling- und Kematenalm und am Nordrand der Hochkaltergruppe, von 
wo eine Dumortieria Jamesoni Sow. stammt. 

Die weiteste Verbreitung besitzt ein roter, bald gutgebankter, 
bald massiger, wechselnd tonarmer oder etwas tonreicherer Kalk, der 
ungefähr in der Mitte zwischen den reinen Vertretern der Adneter-, 
bunten Gephalopodenkalk- und Hierlatzfazies steht, und zwar Crinoiden- 
reste und Belemniten reichlich eingeschlossen hält, sonst aber ziemlich 
fossilarm ist. Stellenweise geht aus diesem Mischtypus der echte 
bunte Cephalopodenkalk Wähners durch Anreicherung von 
Fe und Mn in Gestalt der charakteristischen Putzen und Überzüge 
und Auftreten einer flammigen Färbung hervor und solche Bänke, 
zwischen Pürzlbach, Kallbrunnalp und Seehorn auch Cephalopoden 
führend, lassen sich dann von den unterliassischen Kaiken der Kam- 
merker nicht unterscheiden. 

Echte rötliche und weiße Hierlatzkalke unterliassi- 
schen Alters sind ebenfalls in dem Leoganger Steinberg, südlich 
St. Martin, am Praghorn und Seehorn nichts Seltenes, wenn auch 
nirgends fossilreich. In ersterem sammelte ich an dem östlichen Aus- 
läufer des Plattenkopfes Pecten palosus Stol., Terebratula punctata Sow., 
Rhynchonella plicatissima Qu. und auffallend kräftige Cidariskeulen. 

Außerst ergiebige Fossilnester kennzeichnen dagegen die recht 
dachsteinkalkähnlichen Lagen des grauen Hierlatzkalkes, der 
zuerst im Hagengebirge von A. v. Krafft eingehend untersucht 
wurde, der aber auch an der Nordkante der Hochkaltergruppe !) wieder 
auftaucht und im besprochenen Gebiete von Oberweißbach bis zum 
Seehorn eine recht bedeutende Rolle spielt mit einer bis zu 20 m 
anschwellenden Mächtigkeit. Es handelt sich um gewöhnlich sehr 
schlecht gebankte. hellgraue, weißgeaderte und häufig von schwärz- 
lichen Suturen und Tonhäuten durchzogene Gesteine, die partienweise 
buntflammige Färbungen annehmen, selbst von Crinoidenresten ab- 
gesehen sehr fossilarm sind, dagegen in Nestern eine Fülle von 
Brachiopoden neben Gastropoden und kleinen Lamellibranchiaten ent- 
halten; der kittende Zement besteht dann fast ausschließlich aus 
Crinoidenstielgliedern. 


ı Ver@.s@ulitzer, a. a..0..pag. 181. 


- 


[15] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 15 


Aus dem mitgebrachten Material bestimmte ich: 
Rhynchonella Caroli Gemm. -— Cartieri Opp. Diesbachalp 


£ sp. juv. (ex affin. diptychae Böse?) Fußsteinwand 
& Greppini Opp. Pürzlbach 

5 cf. laevicosta Stur Pürzlbach 

= cf. Magni Rothpl. Pürzlbach 

e plicatissima Qu. Diesbachalp 

. sp. af. prona Opp.!) Fußsteinwand 

B cf. retusifrons Opp. Pürzlbach 


. cf. Stanleyi Gemm. Diesbachalp 
Terebratula cf. Beyrichi Opp. Fußsteinwand 

n bimammata Rothpl. Diesbachalp 

M punctata Sow. Fußsteinwand 
Waldheimia batilla Geyer Diesbachalp 

: cf. Chofati Haas Diesbachalp 

x mutabilis Opp. Diesbachalp und Pürzlbach 

H subnumismalis Dav. Diesbachalp 

stapia Opp. Diesbachalp 

Spiriferina rostrata Schloth. Diesbachalp. 


Sofern überhaupt Cephalopoden auftreten, handelt es sich um 
Zwergformen; so fand ich am Kopfstein ein kleines Arnioceras af. 
semicostatum Y. und B. und ein Lytoceras juv. sp. indet. 


Im Gegensatz zu diesen entschieden unterliassischen Hier- 
latzkalken gehören lichtrötliche und bräunliche, ebenfalls schlecht 
geschichtete Hierlatzkalke, die nicht selten kieselige Schlieren führen, 
dem mittleren Lias an; sie sind nach Fauna und Habitus ein 
Seitenstück zu dem „Crinoidenkalk des Lias °“, den ich a. a. ©. 
pag. 369 vom hinteren Fußtal beschrieben hatte. An Versteinerungen 
konnte ich diesmal präparieren: 


Turbo n. sp. (af. orion d’Orb.?) Pürzlbach 
Trochus epulus d’Orb. Pürzlbach 

Velopecten Rollei Stol. Pürzlbach 

Amphiclinodonta Bittneri Böse Pürzlbach 

Pygope aspasia Menegh. var. major Zitt. Kopfstein. 


Auch die Fazies der Kieselknollenkalke?°), welche im 
Unkenbachgebiet eine große Verbreitung besitzen, fehlt Saalach auf- 
wärts nicht vollständig. Ich fand so an der Hochgrubalpe des Leoganger 
Steinberges graue dünnplattige Knollenkalke mit roten, gelben und 
erauschwarzen Hornsteinaugen; dann sind unter den Wänden des 


') Beschrieben und abgebildet in F. Felix Hahn, Neue Funde in nordalpinem 
Lias der Achenseegegend und bei Ehrwald, Neues Jahrbuch f. Min., Beil.-Bd. 32, 
1911, pag. 547. 

°) 12 Längslinien in untereinander unregelmäßigen Abständen verlaufend 
kreuzen schräg sehr feine, schief nach rückwärts geneigte Streifen. Die Mündung ist 
etwas niedergedrückter und flacher als bei 7. orion d’Orb. 

®) Diese stimmen faziell nicht vollständig mit den Spongienkalken der Vor- 
alpen überein. 


16 F. Felix Hahn. [16] 


Kammerlinghorns, vor allem in der großartig aufgeschlossenen Steilmulde 
des Seehorns und selbst noch am Diesbachsee buntfarbige Kalke mit 
gefärbten Hornsteinknauern vorhanden, ja hinter der Kematenalm 
scheinen sie einen erklecklichen Teil des gesamten tieferen Lias zu 
bilden. An Fossilien fand ich außer Megateuthis cf. acuarius Schloth. 
nichts von Bedeutung. 

Die im vorangehenden aufgeführten Versteinerungen verteilen 
sich auf unteren und mittleren Lias. Die Beobachtung Böses, der 
roten Liaskalk mit Aegoceras taschenförmig in Dachsteinkalk eingrei- 
fend an der Hinterseestraße auffand und daraus auf eine mittellias- 
sische Transgression schloß, darf, so richtig sie für manche Ortlich- 
keiten sein mag, keineswegs verallgemeinert auf die gesamten Berchtes- 
gadner Hochalpen angewandt werden. Hingegen ist es tatsächlich 
festzustellen, daß innerhalb des besprochenen Gebietes 
keine tiefstliassischen Fossilien bisher bekannt ge- 
worden sind. 

Die sämtlichen besprochenen Gesteinsarten wurden bis jetzt nur 
aus der basalen, tirolischen Unterlage geschildert. Wo jedoch im 
juvavischen Deckschollengebiet noch kümmerliche liassische 
Reste angetroffen wurden, und zwar ist dies längs des schmalen 
Streifens von Reiteralmkalk zwischen Almwald und Hundsalm, dann 
nördlich Zaß im Loferer Becken der Fall, da läßt sich feststellen, 
daß die Gesteinsausbildung wenig von der oben skizzierten abweicht. 
Es handelt sich um lichtgelbliche, grünliche oder rötliche, schich- 
tungslose Hierlatzkalke, die von dem unterlagernden Dachsteinkalk 
sehr schwer zu trennen sind oder aber um rote tonarme Kalke mit 
Belemniten und Pentacrinusstielgliedern. Das Alter darf in Analogie mit 
den von mir bei Maurach aufgefundenen, von Gillitzer am Plateau 
der Reiteralm entdeckten Vorkommen als unterliassisch betrachtet 
werden. 


2. Schwarze Mergelkalke des oberen Lias. 


In starkem Gegensatz zur Unkenbachmulde, die mit ammoniten- 
reichen, 10 m starken Adneter Schichten als einzigen Vertretern des 
oberen Lias ausgestattet ist, sind der Mulde des oberen Saalach- 
gebietes schwarze, dünnschichtige Mergelgesteine eingegliedert, die 
im Umkreis der Kallbrunn-, Kematen- und Kammerlingalpen von 
jüngerer Bedeckung befreit, in unentwirrbarer Fältelungsverknetung 
eine solche Ausstrichbreite erlangen, daß man auf eine außerordent- 
liche Mächtigkeit schließen möchte. Doch geben die einigermaßen 
ungestörten Profile von Pürzlbach und nördlich Oberweißbach eine 
durchschnittliche Stärke von 300 m. Uber der Sattelung des Goldenen 
Zweigs hinaus habe ich nordwärts den Schichtkomplex nicht mehr 
verfolgen können, hingegen herrscht über den Hirschbichl freie Ver- 
bindung mit den gleichartigen Schichten am Fuße der Hochkalter- und 
Watzmanngruppe. 

Die Gesteinsausbildung hat etwas Einförmiges; mehr oder minder 
tonreiche, stets dunkelfarbene bis schwarze, oft dunklen Hornstein 
führende Schichten, nicht selten mit einem sehr hohen Mn-Gehalt 
und einer charakteristischen lebhaft braunen lehmigen Verwitterungs- 


[17] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 17 


erde sind weitaus herrschend; nur an der Basis treten auch lichtere, 
tonärmere Gesteine auf und in diesen ist ein ganz allmählicher Über- 
gang zu den mittelliassischen Kieselknollenkalken zu beobachten. In 
gleichtiefem Niveau ist verschiedenen Orts eine dunkle Kalkbank mit 
spangrünen Crinoidenstielgliedern und Pyrit leitend. 

Die Fossilführung ist eine geradezu abschreckend spärliche; 
trotz langen Suchens konnte ich nur in dem gegen die Persilalm 
hinaufziehenden Graben zwei plattgedrückte Ammonitenreste allerdings 
in situ finden. Der eine ist ein auffallend weitnabeliger ZLytoceras 
mit sechs etwas erhabenen, wenig zurückgezogenen Mundrandsäumen 
auf der letzten Windung. Der andere weist ziemliche Übereinstimmung 
mit Harpoceras Eseri Oppel auf; das engnabelige Exemplar besitzt 
breite, steife, wenig sichelförmig geschwungene, zwei-, selten drei- 
geteilte Rippen, die in ihrer Formung recht an Buckmans!) Welschia 
und Hwuattia erinnern. Wenn auch der ungünstige Erhaltungszustand 
keine sichere Bestimmung gestattet, so geht doch wohl ein höchst- 
liassisches, der Doggergrenze zuneigendes Alter daraus 
hervor. Unter diesem Gesichtspunkt mag der Feststellung eine gewisse 
Bedeutung beiwohnen, daß die erwähnten Reste gerade 20 m unter 
der Grenze zum Radiolarit gefunden wurden; die Annahme 
von einer Vertretung der untersten Doggerhorizonte durch die schwarze 
Mergelfazies hat somit vielleicht manches für sich. 


3. Radiolarite des mittleren Juras. 


Auf den schwarzen Lias oder wo dieser nicht sedimentiert wurde 
(Anderlalm des Loferer Steinberges), unmittelbar auf die roten Kalke 
des mittleren Lias sind in einer gleichbleibenden Dicke von 15 bis 
20 m graugrüne oder rotbraune, dünngebankte, wechselnd kalkige Horn- 
steine mit gelegentlichen Einschaltungen von rotbraunen oder grauen 
Mergelschiefern abgelagert. Das Gestein steht in jeder Hinsicht mit 
jenem altersgleichen der Unkenbachmulde und der Adneter Gegend 
in Einklang, so daß an einen ganz normalen Ablagerungszusammen- 
hang unter den verdeckenden juvavischen Klötzen nicht zu zweifeln 
ist. Von einigem Interesse mag die Beobachtung, daß an tektonisch 
schwer geschädisten Stellen durch intensivste Zerklüftung und nach- 
folgender Verheilung der Spältchen unter Verwischung der ursprüng- 
lichen Schichtung eine scheinbar massige Entwicklung ?) Platz greift, 
deswegen sein, weil die „buntfarbigen Kieselbänke des Ostgebietes“ 
an der mittleren Saalach, deren Einreihung in die stratigraphische 
Serie seinerzeit (a. a. O. pag. 392) nicht versucht wurde, einer solchen 
Ausbildung besonders zuneigen. 


4. Oberalmer und Aptychenschichten des höheren Juras. 


Ebenso wie der obere Lias, so zeigt auch der höhere Jura hier 
im Vergleich zur Entwicklung in der Unkenbachmulde eine deutliche 


1) Palaeont. Soc., vol. 53, part 9, suppl. 2, pag. 51, 55, 1899. 
?) Dieselbe Beobachtung machte Ampferer (Querschnitt, 1911, pag. 545) 
im Hintersteiner Tal. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. F. Hahn.) 3 


18 F. Felix Hahu. i [13] 


Heteropie. Den gewöhnlichen lichten Oberalmer Hornsteinkalken sind 
nämlich grünliche, rötlichbraune und violettbräunliche Mergelschiefer 
mit Aptychus Beyrichi Oppel beigeschaltet, wie sie sich besonders in den 
bayrischen Voralpen großer Verbreitung erfreuen. Da auch das tiefste 
Neokom nicht selten ähnlich bunte Farben zeigt, ist solchenorts die 
Grenzführung recht erschwert. 

Als weitere seltenere Einschiebsel treten an der Westseite des 
Hochkranzes zähe weiße und lichtrötliche, kalzitgeaderte Kalke mit 
rotem Lettenbesteg auf. 

An der Ostseite dieses Berges erinnern hinwiederum crinoiden- 
reiche, oft kleinbrekziöse Bänke an das Gestein mit Perisphinctes 
cf. transitorius Oppel der Loferer Alp. 

Gleichfalls hierhergehörig sind bräunlichgraue, dickbankige 
kalzitgeaderte Kalke, die in bis zu 10 m hoher Steilstufe längs des 
Wildenbachtals unter der juvavischen Überschiebungsfläche auftauchen 
(hinter der Wildenbachklamm, im Reitbauerbach, an zwei Stellen 
unterhalb des Westlinger Hofes). An der stratigraphischen Stellung 
dieser massigeren Kalke ist nicht mehr zu zweifeln, nachdem ich 
mich selbst davon überzeugen konnte, daß sie petrographisch gut mit 
den von Gillitzer aus der Grundübelau beschriebenen dickklotzigen 
Kalken (a. a. O. pag. 182) übereinstimmen. 

Die größte gemessene Mächtigkeit all dieser Ablagerungen, die 
wieder über den HirschbichlpaßB mit den gleichaltrigen Sedimenten 
des Berchtesgadner Landes sich verketten, überschreitet 300 m nicht. 

Durch diese fazielle Differenzierung im oberen Jura, wie sie 
in engstem Raume am Goldenen Zweig westlich des Gerhardsteins 
besonders leicht zu studieren ist, hat die seinerzeit nur vermutete 
Zugehörigkeit eines Teils der im mittleren Saalachgebiete nicht näher 
bestimmten basalen Schichtglieder (a. a. O. pag. 395) zum Tithon 
sehr an Wahrscheinlichkeit gewonnen; Handstücke der dortselbst 
beschriebenen roten Mergelschiefer, grüngrauen Kalkmergel usf. unter- 
halb des Loferer Alpwegs südlich des Loderbichlguts könnten ihrem 
petrographischen Charakter nach am Fuße des Gerhardsteins ge- 
schlagen sein. 


III. Kreide. 
Neokom. 


. Die hierher zu zählende Gesteinsreihe weicht nicht wesentlich 
von jener aus der Unkenbachmulde geschilderten ab. Im tieferen 
Teil (Schrambachschichten) treten hier vielleicht noch etwas 
mehr wie dort die milden, grünlichgrauen, fleckigen Mergel, die allein 
Cephalopoden und Aptychen in größerer Zahl liefern, zurück zu 
gsunsten schwärzlicher, oft knolliger Mergel und Mergelkalke, die 
gewöhnlich grauen Hornstein führen und dann vom schwarzen Lias 
nur sehr schwer zu unterscheiden sind; in den tiefsten Lagen sind 
violettbraune Mergelschiefer verbreitet. Der höhere Anteil (Roßfeld- 
schichten) ist durch blaugraue sandige Kalke mit Hornsteinsplittern 
in allen UÜbergängen zu feiner und gröberer polygener Brekzie charak- 
terisiert. Ist hier somit bereits die gewohnte Zweiteilung des Neokoms, 


nd 
.„- 


Ba I en 


[19] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 19 


wie sie für die östlicheren Salzburger Alpen so bezeichnend ist, hin- 
länglich deutlich ausgeprägt, so schien mir doch bei der intensiven 
Verfaltung und tektonischen Durchmischung beider eine getrennte 
kartographische Darstellung bei dem gewählten Maßstab nicht mehr 
statthaft. 

Da diese altkretazischen Sedimente als jüngstes Schichtenglied 
der basalen, tirolischen Mulde von der gewaltigen Last der Deck- 
schollen überfahren wurden, darf es nicht Wunder nehmen, wenn 
man unter der juvavischen Überschiebungsfläche nicht selten phylliti- 
sierte Gesteine antrifft. Die Schichten werden dann durch An- 
reicherung des Kalkgehalts um hellfarbige Knollen grobflasrig, der 
ursprüngliche Tongehalt wird zu dünnen schwärzlichen, oft serizitisch 
schimmernden Häuten verknetet; die ganze Gesteinsmasse ist von 
zahllosen Spalten und Spältchen durchsetzt, die durch weißes Kalzit- 
geäder verheilt sind. Die Art dieser dynamischen Umwandlung deckt 
sich völlig mit jener, die die Seewenschichten westlicherer Alpen- 
gegenden zu einem großen Teil erlitten haben. 


Mangels irgend bedeutender Fossilführung (kleine Aptychen und 
arg verdrückte Hopliten) konnte eine genauere Horizontierung dieser 
älteren Kreide, die eine Mächtigkeit von 500 m eher zu überschreiten 
scheint und nur mit unbedeutender Unterbrechung vom Loferer Tal 
über das Wildenbachtal, Stockklaus, Hirschbichl zur Engertalm zu 
verfolgen ist, nicht versucht werden; immerhin dürfte hier wie in 
den benachbarten Gegenden Berrias bis Barr&mien in Frage 
kommen. | 


IV. Tertiär. 
Jungtertiär. 


Innerhalb der letzten Jahre ist es des öfteren versucht worden, 
erdgeschichtliche Freignisse, die infolge mangelnder Sedimentation 
einer stratigraphischen Untersuchung unzugänglich sind, durch einen 
rückläufig verfolgten morphologischen Ideenkreis dennoch in relative 
Zeitigkeit zu bringen. Es wird so von Anhängern der Davisschen 
Zyklenlehre das Vorhandensein einer Fastebene!) behauptet, die 
in der annähernden Übereinstimmung der Gipfelhöhen uns wenigstens 
andeutungsweise erhalten sei. Ihr obermiocänes Alter schiene dadurch 
festgelegt, daß sie einerseits die durch die tektonischen Eingriffe des 
Miocäns beunruhigte Alpenoberfläche zum Ausgleich gebracht habe, 
während sie selbst wieder bereits im Pliocän zertalt gewesen sei. Da 
bei der Beweisführung mit Nachdruck auf die Plateauberge der öst- 
lichen Nordalpen verwiesen wird, muß bei der geschichtlichen Durch- 
forschung ihrer westlichen Randgebiete dieser Ansicht eine Betrach- 
tung gewidmet werden. 

Für die das obere Saalachtal überragenden Berge gelten die 
folgenden Werte: 


ı) H. v. Staff, Zur Morphogenie der Präglaziallandschaft in den West- 
schweizer Alpen. Zeitschr. Deutsch. Geol. Ges. 64. 1912. 1. 
3+ 


0 F. Felix Hahn. [20] 


Kulminations- Mittlere Gipfelhöhe Erhaltene Plateau- in Quadrat- 


Berggruppe höhe in Metern in Metern reste in Metern kilometern 
Loferer Steinberg . 2512 2250 1600 — 2100 28 
Leoganger Steinberg 2634 2300 1600 — 2150 25 
Reiterelm er... 2295 2100 (südl. Teil) 1600— 1800 40 
Hochkalter ... .... 2607 2300 1300 — 2000 15 


Setzen wir zunächst die Fastebene voraus und legen für sie, 
da die Höhen der Plateaureste wegen nachträglicher Veränderungen 
hiefür unbrauchbar geworden sind, die mittlere Gipfelhöhe von heute 
zugrunde, so bekommen wir im vorliegenden Fall eine gegen NNO 
sich neigende Fläche mit einem Gefälle von rund 1:50. 


Die nördlicher gelegenen Plateaustöcke geben folgende Ver- 
gleichswerte: 


Meter Meter Meter an. 
Teiseralım 52m NM 2295 1900 (insgesaml) 1600— 1800 40 
Tattengebeen.  ...7..% 1735 1650 1100 — 1400 14 
Untersbers. 2.20% 1973 1800 1500— 1750 17 


Während Untersberg und Reiteralm (im gesamten) fast gleich- 
höhig sind, bedeutet das Lattengebirge eine kräftige, nordsüdlich ge- 
richtete Einbeugung. 


Der ersten Zahlengruppe stehen nahe: 


Meter Meter Meter neh 
Hagengebirge. ..... . 2361 2200 1600 — 2000 45 
Tennengebirge ..... 2428 2250 1850— 2100 5» 
Gegen Süd steigt man auf über die 
Südkante des Steinernen Meter Meter Meter N nalen 
Meeressg. 1. Sr), 2655 2500 2000-2200 65 (insgesamt) 
Zur Übergossenen Alm 2938 2800 (Sidrand) 2600-2800 28 


Vom 47°30'n. B. zum Hochkönig haben wir einen Anstieg von 
500 m (1:16) zu überwältigen. 


Westlich der Steinberge erreicht man über die tiefe Einsenkung 
der Kirchberg-Kalksteingruppe mit 1676 m, bzw. 1500 m mit einer 
nördlich absinkenden Hochfläche bis herab zu 1200 m das Kaiser- 
gebirge, und gilt hier folgendes: 


Meter Meter ae) 
Südkamm .... 2344 2200 12 
Nordkamm ... 1999 1850 4 


Fügt sich somit der Wilde Kaiser mit harmonischem Gefälle der 
Erhebung der Steinberge an, so kann die tiefe trennende Depression 
nicht etwa als zufällig durch Erosion der Dachsteinkalkplatte beraubt 
erklärt werden; der westlicher gelegene Wilde Kaiser baut sich ja 
bis zu seiner „normalen“ Gipfelhöhe aus dem tieferen Wetterstein- 
kalk auf. Die Depression fügt sich dagegen auffällig den Höhen ein, 
die den nördlicher folgenden Gruppen zu eigen sind. 


[21] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 21 


Meter Meter 
Kirchberg-Kalkstein ... .. 1676 mit Höhenplatte zwischen 1500 u. 1200 
Unterberghorn u. Schnappen- 

De E40 ', ä R 1500 „1200 
elndnanck ce ala 1162. , 5 a 1500 „1200 
Seehauser Kienberg ..... . 1692 „ A „ 1600 „1500 
EISchBeTn. 4: ie 1743: ;, " um 1500 
Eiehlelln: scan aa 1669 „ A z 1500 
Hauschenbers ...r 3% dun:. 1646 „ " a 1500 
Eiochstauffen x ,.:#= 4... »&. NIS. > zwischen 1600 u. 1450 


Bis hinaus zur kalkalpinen Grenze sind also Höhen vorhanden, 
die im Mittel um 1700 m kulminieren und um 200 m ein Niveau 
überragen, bis zu dem wir uns leicht die Zertalungslücken aufgefüllt 
denken könnten und welchem heute noch beträchtliche Verebnungs- 
reste angehören. Faßt man nun ins Auge, daß die durchschnittliche 
Gipfelhöhe des Dürrnbachhorn-Sonntagshornkammes (1961 m) 1680 m 
beträgt, jene des Kammerker-Grubhörndlkammes etwa gleich hoch ist 
mit angedeuteten Verebnungsresten, so würde man durch Verbindung 
mit den vorerwähnten ferneren Kulminationspunkten eine unbedeutend 
abgedachte Idealebene erhalten, eine etwas stärker geneigte, wenn 
man für die außengelegenen Berge die übereinstimmende Rücken- 
höhe von 1500 m zugrunde legen würde. Dieser idealen Fläche ordnet 
sich auch das Lattengebirge !) ein, das um wenigstens 200 m zu tief 
innerhalb der überragenden Kalkplateaus zu liegen scheint. Dagegen 
steht nur die heutige Gipfelhöhe der Kammerker Sonntagshorngruppe 
(um 1900 m) mit der mittleren Gipfelhöhe der östlich angrenzenden 
Reiteralm in Übereinstimmung, während sie stark unter den Werten 
der südlicher folgenden Plateaustöcke zurückbleibt. 

Die vorangehende Betrachtung drängt zu dem Schluß, daB im 
wesentlichen zwei Höhengruppen vorhanden sind: eine im Südost 
gelegene mit einer mittleren Gipfelhöhe ansteigend vom Untersberg 
(1800 m) über Reiteralm (1900 m, bzw. 2100 m) zu 2200—2300 m 
in den Steinbergen, dem nördlichen Teil des Steinernen Meeres, dem 
Hagen- und Tennengebirge und nochmals zu 2500 m am Südrand des 
Steinernen Meeres und 2800 » an der südlichen Plateaukante der 
Übergossenen Alm, mit einer nordsüdlichen Gefällsreihe von 1:40, 
1:60, 1:16; eine zweite Gruppe im Nordwest mit einer durch- 
schnittlichen heutigen Kulmination um 1700 m und einer Höhe von 
Verebnungsresten um 1500 m. Beide Gruppen sind dadurch verzahnt, 
daB die erstere an zwei Stellen (Lattengebirge und Kirchberg- Kalk- 
steingruppe) weit in die zweite übergreift. Dann vermitteln die Höhen- 
werte der Kammerker-Sonntagshorngruppe einigermaßen, die ein nörd- 
liches Gefälle von 1:35, ein südliches von 1:10 schaffen. Dagegen 
findet sich z. B. im Vergleich von Loferer Steinberg zu Kirchberg- 
Kalksteingruppe ein jäher Gefällsbruch von 1:6 (Kulminationshöhe) 
oder 1:7 (mittlere Gipfelhöhe) vor. 


!) Daß auch hier nicht Erniedrigung durch Zufallserosion in Frage kommt, 
wird durch die Tatsache bewiesen, daß auf dem als Ganzes gesenkten Latten- 
gebirge relativ am meisten von jungen Schichten übriggeblieben ist. 


29 F. Felix Hahn. [22] 


Stellt man sich auf den Standpunkt, daß die behauptete Kon- 
stanz der Gipfelhöhen nur durch Präexistenz einer Fastebene zu er- 
klären sei, so müßten folgende Verbiegungen dieser Ebene eingetreten 
sein: sie hätte sich zunächst in zwei um etwa 700 m auseinander 
liegende Höhengruppen getrennt, die beide nur mehr stellenweise 
durch Übergänge verbunden, sonst mit einer überaus kräftigen Flexur 
(sofern nicht Bruchstufe) voneinander geschieden sind. Diese letztere 
hat selbst einen stark verbogenen Verlauf. Schwer erklärbar bliebe 
die Tatsache, daß die mittlere Kulminationshöhe der Außenzone sich 
ohne Knick in die mit Verebnungsresten ausgestatteten mittleren 
Gipfelhöhen der UÜbergangsgruppen fortsetzt, jedoch ohne Beziehung 
mit der mittleren Gipfelhöhe der zweiten großen Höhengruppe bleibt. 
Diese müßte an ihrem Südrand wiederum steil aufgestülpt worden sein. 

Trotz ihrer ziemlichen Kompliziertheit scheint nun die oben 
versuchte Erklärung bezüglich zwei wesentlicher, bis jetzt aber über- 
gangener Erscheinungen im Stich zu lassen. 

Längs der Saalach schaltet sich nämlich mit dem Gerhardstein, 
im Süden beginnend, eine scharf hervortretende Tiefenzone ein, 
die mit keiner der bisher besprochenen, Zahlengruppen in Beziehung 
steht, trotzdem sie weit genug auch noch in die südöstliche Höhen- 
gruppe eingreift. 


Kulminiert mit Verebnungsresten 

in Metern zwischen (Meter) 
Kerharasteim "Po 0, 1629 1500 und 1370 
Hundshorngruppe . . . . . 1711 1530 7721300 
Raunenbere N. na, 1295 — 
Merchkogele.n. ln 1542 1400 und 1200 
PErnonn. u er. N, 1] 1392 _— 
Taloenalp „mer era 1545 1350 und 1150 
Nairbera ss ana et 1001 100092, 7908 
Vokenberg, Prechlersberg 1255 2050” 7900 
ACHTEN ER nee 1317 13007, 221130 
Kranbers 17 Er ac 1004 _ 
MüuHßerhorn .. ..:.:\.. 1358 — 


So verschieden diese Werte im einzelnen sind und abhängig von 
mehr oder minder starker Erosionswirkung, so ist ihnen doch gemein- 
sam, daß sie sich ganz beträchtlich unter den Mittelwerten der zwei 
sroßen Höhengruppen halten und daß im Vergleich untereinander ein 
Gefäll nach Nord (etwa 1:75) nicht zu verkennen ist. Am deutlichsten 
wirkt der schroffe Abstand dieses Tiefenstreifens von seiner Umgebung 
am Gerhardstein. Letzterer trägt in 1430 m Mittelhöhe einen ganz 
ansehnlichen Plateaurest, der 470 m unter der mittleren Höhe der 
Plateaureste von Höhengruppe II, fast 900 m unter deren durchschnitt- 
licher Gipfelhöhe liegt, während die Kulminationsdifferenz zwischen 
Gerhardstein (1629 m) und Loferer Steinberg (2512 m) 883 m, zwischen 
jenem und dem Hochkalter (2607 m) 978 m beträgt. 

Läßt sich nun dieses Mißverhältnis durch besonders wirksame 
Erosion, durch eine Grabenflexur oder dergleichen erklären ? Hier ist 
der Augenblick gekommen, wo der mit der Spezialaufnahme beschäftigte 


[23] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 23 


Geologe einzusetzen hat; er muß zu einer verneinenden Antwort 
kommen !). 

Dieser tiefliegende Streif bedeutet ja nichts anderes als den ver- 
senkten Stirnrand der Berchtesgadner Schubmasse. Und wir kennen 
den Mechanismus der Versenkung zur Genüge. Am Saalachwestbruch 
ist das basale Gebirge mitsamt der aufgeladenen Decke um wenigstens 
500 m abgesenkt worden. Auch das Alter dieses gewaltigen Vorgangs 
ist uns nicht mehr fremd. Die Versenkung muß nach der Decken- 
bildung und nach der paleocänen bayrischen Alpenfaltung stattgefunden 
haben, aber sie hat, wie die Wiederbenützung und Umgestaltung der 
Senkfläche durch die ostwestliche Querfaltung beweist, vor letzterer 
fertig bestanden, das heißt aller Wahrscheinlichkeit nach vor dem 
Ausgang des Alttertiärs. Der Sinkstreif hat niemals zu irgendeiner 
Zeit sehr bedeutend mächtigere Sedimente beherbergt; auf dem Plateau 
des Gerhardsteins mag noch etwas mehr Dachsteinkalk, vielleicht auch 
ein bißchen Gosaukreide gelegen haben: nie wäre diese Masse stark 
genug gewesen, um den gewaltigen Gefällsbruch zur Umgebung aus- 
zugleichen. 


Selbst wenn wir uns hier auf den unhaltbaren Standpunkt Haugs 
stellen wollten und im Geist eine höhere Dachsteindecke auf den 
Gerhardstein türmen würden, so könnte das am Achberg, in der 
Hundshorngruppe, am Vokenberg und Müllnerhorn nicht das geringste 
helfen, da diese ja selbst aus der höheren „Decke“ gebaut sind. 

Ausgehend von der Annahme einer jungtertiären 
Fastebene kommen wir zu dem Gegenschluß, daß diese 
invollkommenerAusbildungindembesprochenenAlpen- 
teil niemals vorhanden war; daß vielmehr entlang einer tek- 
tonischen Störungszone erster Ordnung seit Abschluß des Oligocäns 
eine Tiefenzone präexistierte, die Urheimat eines schönen Alpenflusses 
von heute. Und ähnlich uralte Depressionen scheinen die Kammsenken 
am Dürrnberg bei Hallein, an der Rauhennadel bei Kössen zu bilden. 

Solche Eintiefungen sind nicht das einzige, was sich der An- 
nahme einer wohlentwickelten Fastebene entgegenstelit. Wir kennen 
auch zwei nicht minder auffällige, bisher stillschweigend übergangene 
Höhenpunkte. 

Der Göll kulminiert in mächtigem plateauartigen Gipfelbau mit 
2522 m, um 300 m das benachbarte Hagengebirge, um 550 m den Unters- 
berg überragend. Jäh bäumt sich, fast 1000 m über dem Lattengebirge 
thronend, der Watzmann zu einem 2713 m hohen, fast 1 km nahezu 
gleichhöhig verlaufenden Kamm. Und wieder läßt sich nicht mit jungen 
Verbiegungen arbeiten; nicht zufällige Zeugenberge aus härterem 
Gestein sind die beiden. Die Querfaltung des ausgehenden 
Alttertiärs hat ihnen zu solch auffälliger Höhe verholfen und sie 
zu Herrschern über das Deckenland gemacht, eine Stellung, die allen 
Verebnungstendenzen zum Trotz nachwirkt bis zum heutigen Tage ?). 


1) Die weitere Begründung ist im tektonischen Teil dieser Arbeit wie jener 
über die Kammerker-Sonntagshorngruppe nachzusehen. 

?) Auch die bedeutende Höhenlage des westlichen Wettersteins dürfte auf 
gleiche Weise zu erklären sein. 


24 F. Felix Hahn. [24] 


Selbst jener Abbeugungsrand zwischen Höhengruppe I und II, 
den wir zugunsten der Theorie angenommen hatten, ist wenigstens 
längs der Strecke Waidring— Lofer recht eigener Beschaffenheit. Eine 
einfache Folge von Querprofilen aus den Steinbergen zur Kammerker 
gibt Aufschluß über eine Kippbewegung, die wirklich längs der Waid- 
ringer Furche stattgefunden hat. Dabei hat sich aber den Verhältnissen 
von heute nach zu schließen nicht etwa das nördliche Gebiet gesenkt, 
sondern im Gegenteil bei Waidring, wie das am karnischen Niveau der 
Rechensauer Alm und des Fußes der Kammerker nachzuweisen ist, 
um mindestens 300 m gehoben. Es müßte dies somit eine höchst merk- 
würdige rückläufige Bewegung sein. 

Selbst in dem Gebiete, das so auffallend günstig für die be- 
sprochene Theorie zu sein scheint, genügt es nicht, mit dem consensus 
omnium zu arbeiten. Dem des Gebirgsbaues Kundigen geben sich die 
Probleme als reichlich verwickelt. Aber darüber kann kein Zweifel 
sein, daß die Tektonik reliefbildend gewirkt hat von Anfang an und 
daß dies in großen Zügen noch nachwirkt bis heute. 

Für unser engeres Gebiet aber hat diese Untersuchung immerhin 
den Rückschluß auf die Grundzüge jungtertiärer Oberflächenformung 
vor der späteren Zertalung und vor glazialer Eingriffe ermöglicht, 
gewiß eine nicht unerwünschte Ergänzung unserer Kenntnis von der 
Geschichte dieses Alpenteiles. 


V. Quartär. 
I. Diluvium. 


Profiltafel III und Textfigur 1. 


Die überraschend geräumige, von Moräne und Schottern erfüllte 
Talweite von Saalfelden schnürt sich gegen Norden rasch ab, immer 
näher drängen beiderseits jäh aufsteigende Bergmassen an die Saalach 
heran, immer unbedeutender werden die flachen Vorrücken, bis man 
am Brandlbauer die 1400 m hohen Abstürze des westlichen Steinernen 
Meeres zur Rechten, die nicht minder schroffen Steilhänge des Leo- 
'ganger Steinberges zur Linken die Hohlwege betritt. Erst von Dies- 
bach an ändert sich wieder das Bild. Breite Felsgesimse, dann begrünte, 
Almen tragende Verebungen grüßen östlich aus ansehnlicher Höhe 
herab, um ein Stück weit das immer noch schmale Haupgttal zu be- 
gleiten. Es folgt talab eine neue Verengung am Luftensteinpaß, doch 
gleich darauf erschließt sich in breiter Ebene das Aufschüttungsbecken 
von St. Martin und Lofer, auf beiden Seiten von mäßig geböschtem 
moränenreichen Mittelgebirge umlagert, so daß erst darüber hinweg 
die kahlen hellen Mauern der Reiteralm hereinleuchten. Schließlich 
zwängt aber, nachdem das weitgespannte Aschauer Hochtal unbenützt 
zur Rechten blieb, ein energisch entgegenstehender Riegel klotzigen 
Dachsteinkalkes Straße und Fluß zwischen felsigem Bord und auf 
felsigem Boden nahe einander am Kniepaß, jenseits dessen der freund- 
liebe Unkener Talkessel dem Wanderer entgegengrünt. 

Die reiche Landschaftsform läßt eine verwickelte, und zwar 
wesentlich glaziale Entwicklungsgeschichte vermuten, deren Erfor- 


[25] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 95 


schung gleicherweise eine stratigraphische wie morphologische Methode 
erheischt. 

Um die Chronologie der Ereignisse festzuhalten, gilt es zunächst 
den relativ ältesten Formenbestand abzuleiten. Es ist eine 
deutlich miteinander verknüpfte Reihe von Gehängeverflachungen, von 
hochgelegenen bachlosen Verebnungen, Nischen und Gesimsen, die 
sich ungezwungen als Reste eines alten Talsystems auffassen lassen. 
(Siehe Profiltafel III.) 

Beginnen wir am westlichen Saalachufer südlich des Kniepasses, 
so finden wir die hübschen Trogtälchen zwischen Liedersberg und 
Pfannhauswand auf 820 bis 340 m, an der Ostseite des Prechlers- 
berges eine Verflachung auf 825 m, am Vokenberg zwischen 850 und 
950 m, an der Hallensteiner Alp auf 959 m, um das Loderbichlgut 
(976 »n) zwischen 850 m und 1000 m, in der Faistau auf 800 m, um 
Hohengasteig bei P. 830. Jenseits des Einschnittes von Lofer folgen 
am Rauhenberg ähnliche Verflachungen zwischen 850 und 920 m, im 
Kirchental (856 m), am Ostende des Turnecks auf 929 m, im Dürrn- 
berger Wald auf etwa 1000 m, im Schiederwald bei 961 m und im 
- Nebelsbergwald nahe P. 944; schließlich am Köpfchen östlich des 
Nusserkopfes auf 1060 m. 

Das rechte Saalachufer hat entsprechende Verebnungen: in dem 
fast funktionslosen Hochtal der Aschau (825—900 m), in der breiten 
Terrasse von Hagen bis gegen die Auerwiesen (P. 839, 829, 823), 
beiderseits der Schlucht des Kötschmairbaches zwischen 850 und 950 m, 
am Strubberg (888, 945 m) und bei Wildental (800 m), an der Alm 
östlich Kleberau (826 m) und an der untersten Gföllwiesenalm (900 m), 
schließlich die fruchtbare Hochfläche von Pürzlbach (zwischen 960 und 
1060 m), mit welcher das untere Gesimse am Fußstein (zwischen 940 
und 960 m) in Verbindung zu stehen scheint. Kaum ist die Enge der 
Hohlwege, in welchen bei der Steilheit des Hanges ein sicherer Ver- 
folg der Bänder und Gesimse unmöglich wird, überwunden, so fallen 
im Saalfeldner Becken die abgeflachten Kuppen des Brunnötz (1120 m), 
Klausberges (1125 m) und westlichen Kienberges (um 1100 m) ins Auge. 

Neben der Tatsache, daß all die vorgenannten Verebnungen in 
festen Fels geschnitten, heute nur gewöhnlich von etwas Würm- 
moräne verschmiert sind, gibt ihnen der Umstand Bedeutung, dab 
sich vollkommen übereinstimmende Verflächungshöhen auch in alle 
wichtigeren Nebentäler hinein verfolgen lassen. Hierher zu 
rechnen ist imm Gebiete der Schüttachgräben eine deutliche Hangver- 
flachung, welcher der breite Rücken des Roßrucks (937 m) angehört. 
Im Wildenbachtal zieht in beträchtlicher Höhe über dem tief ein- 
seschnittenen Bach eine fast ununterbrochene Reihe kulturbenützter 
Verebnungen über Wildental (500 m), P. 872 hinein zum Westlinger 
(958 m), hinüber zum Leimbichler (1031 m) und Zulechner (1089 m) 
und längs der Südlehne wieder talab über Reitbauer (924 m) und 
Maisl (920 m). Die Terrassenhänge des Wirmbachs und Schoberweiß- 
bachs stehen in ungebrochener Verbindung mit dem besprochenen 
Niveau des Haupttals. Im Unkenbachtal läßt sich wieder von der 
Kuppe des Kalvarienberges (773m) über Göblgut (892 m), Vordergföll 
(871m), Hammerlgut (925m) in fast unmerklicher Steigung die tief 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. F. Hahn.) 4 


96 F. Felix Hahn. [26] 


einwärts gelegene Verebnung von Hintergföll (900—950 m) erreichen 
und ebenso südlich über Odenbachalp (885 m), Brandeck (967 m) und 
Soderalp (255m) der Talausgang gewinnen. 

Benützt man diese zusammenhängenden Zahlenwerte als Aus- 
gangspunkte für eine Rekonstruktion des Talbodensystems der 
alten Saalach, so erhält man eine flachwandige Sohle, die am 
Kniepaß in etwa 680m, südlich Paß Luftenstein auf 750, bei Ober- 
weißbach zwischen 790 und 800m, bei Stoiß auf nahezu 840 m liegt, 
d. h. einen Talboden mit einem gut ausgeglichenen Gesamtgefälle 
von 7°/,0, welches dem heutigen Mittelwert recht nahesteht. Im Ver- 
gleich damit liegt das Niveau der heutigen Saalach 130—140 m tiefer. 
Die wahre Unterschneidung des felsigen Grundes stimmt jedoch 
nur am Kniepaß hiermit überein, südlich wie nördlich desselben ist 
der Betrag infolge der allerdings wohl nicht überall gleichmäßigen, 
immerbin im Mittel etwa 20 bis 30 m betragenden postglazialen 
Akkumulation um ebensoviel höher anzusetzen. 

Wenn man auch in diesem Alpenteil sonst wenig Genaues über 
die ältere Glazialzeit weiß und deswegen kaum dem geschilderten 
Talsystem den Wert „präglazial“ zuerkennenr darf, so dürfte die 
Bezeichnung „präwürmglazial* im weitesten Wortsinn sicher am 
Platze sein. Zwischen der im vorangehenden Abschnitt erörterten 
frühesten Periode der Reliefbildung am Beginne des Jungtertiärs, 
deren der Ursaalach zugehörige Tiefenstreif zwischen Gerhardstein 
und Melleck vielleicht von 1450 m auf 1250» sich neigte, und der 
frühdiluvialen Zertalung mußte somit die gewaltige Vertiefung der 
Rinnsale um volle 650 m zustande gekommen sein, wobei es freilich 
dahingestellt sein mag, wie weit jJungtertiäre Schollenbewegungen 
helfend oder hemmend mitwirkten. 

Solchen Zahlen gegenüber bedeutet die eiszeitliche Unterschnei- 
dung, die 180m längs der Saalach kaum überschreiten wird, ein 
relativ bescheidenes Ereignis, 

Von alten Talbodenresten abgesehen sind uns aus präwürm- 
glazialer Zeit nur kümmerliche Schotterrelikte überliefert, die 
vermutlich der gewaltigen Talverschüttungsperiode des Rißwürminter- 
slaziale angehören. An geschützten, weitab vom Haupttal gelegenen 
Stellen an der Schoberweißbach- und Seissenbergklamm gelagert, 
handelt es sich dabei um Staubildungen der in ihrem eigenen Schutt 
ertrinkenden Seitenbäche der Saalach, deren Höhe (am Schoberweiß- 
bach zwischen 620 und 675 m, hinter der Seissenbergklamm auf 730 m 
eben nur auf die Stärke des vom Haupttal her ausgeübten Rückstaus 
schließen läßt; mit der Höhe von heute noch erhaltenen alten Schotter- 
resten innerhalb des Haupttales stehen jene Reste naturgemäß nicht 
in Übereinstimmung!). Das Vorkommen von Öberweißbach hat 
Brückner?) schon so treffend gekennzeichnet, daß wenig zur Er- 


!) G. Gillitzer machte mit Recht auf die Verschiedenheit in der Zu- 
sammensetzung der Schotter aufmerksam, welche zwischen jenen des Unkener 
Kessels und des Schoberweißbachs besteht; aus dem Niveau allein läßt sich jedoch 
ein Altersunterschied der beiden nicht ableiten. Wichtig ist die Beobachtung des 
Autors, daß der würmglaziale Eintiefungsbetrag sich auf mindestens 40 m beziffert. 


?) Vergletscherung des Salzachgebietes. Pencks Geogr. Abh.1, 1886, pag.70. 


[27] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 97 


gänzung übrig bleibt. Es handelt sich um einen unbedeutenden,: etwa 
10m hohen Rest 5—10° talausgeneister Bänke eines großenteils sehr 
gut verfestigten Schotters mit schlechter Komponentensortierung und 
-rundung. Unter den Geschieben sind ortsnahe Dachstein- und Lias- 
kalke herrschend, zentralalpine fehlen. Die Uberlagerung durch 
Würmmoräne ist unzweifelhaft. 

Die Vereisung der Würmglazialzeit, deren Spuren 
überall in großer Frische vorhanden sind, war, wie es auf dem Kärt- 
chen Textfigur 1 zu entnehmen ist, in dem behandelten Gebiet eine 
sehr ausgedehnte. Nach den überkommenen Moränenrelikten sind 
kalkalpine und zentralalpine Ströme zu unterscheiden. Der führende 
der letzteren war naturgemäß der Saalachgletscher, der von Zell am 
See her der alten Talfurche folgte, jedoch über den Ramernsattel 
von Hochfilzen her und durch das Strubtal von Waidring—Pillersee 
ganz bedeutende zentralalpine Zuflüsse aufnahm. 

Man beobachtet gar bald, daß zwar an den östlichen Hängen 
der Steinberge kristalline Geschiebe sowohl relativ hoch!) als zahl- 
reich anzutreffen sind (so am Pfannkopf auf 1250 m, am Almberg 
und gegen die Hochschüttachalm bis auf gleiche Höhe, an der Brunn- 
talalp südlich Strub), daß sie dagegen am östlichen Uferrand etwas 
reichlicher lediglich auf der untersten Terrasse von Oberweißbach 
(so an der Prechlalm bis zu 900m) sich vorfinden. Gehängeaufwärts 
oder längs der Talung des Diesbachs, Weißbachs oder Wildenbachs 
sucht man vergeblich danach?). Nachdem die Moränen des Haupt- 
tales der oberen Saalach nach Zusammensetzung und Höhenlage mit 
jenen der Loferer und Unkener Gegend, die ich bis Ruhpolding und 
Reit i. Wkl. verfolgte, zu identifizieren sind, ist der Schluß nicht von 
der Hand zu weisen, daß die zentralalpinen Moränen der Würm- 
vereisung — um diese kann es sich nur Itandeln — lediglich längs 
des Haupttales abgelagert wurden, daB also der Saalachgletscher 
ohne östliche Abzweigung direkt gegen Lofer abfloß, dagegen 
von Südwest her reichlich zentralalpinen Zuschuß über den Ramern- 
sattel erhielt. Die Vereinigungsstelle des gleichfalls bedeutenden 
Waidringer Armes mit dem Hauptgletscher wird durch das auffallend 
weite Austiefungsbecken von St. Martin und Lofer bezeichnet, das 
trotz aller tektonischen Grundlage die Züge glazialer Ausgestaltung °) 
ebenso frisch und unverkennbar an sich trägt wie die morphologisch 


!) Immerhin bewegen sich die Grenzhöhen kristalliner Geschiebe im oberen 
Saalachtal wenig um ein auffällig niederes Niveau; Depression durch kalkalpines 
Eis (Brückner), nachträgliche Abschleifung durch kalkalpine Stadialgletscher, 
die große Steilheit der Hänge mag daran schuld sein. 


?) Bezüglich der Angaben Brück ners über Maximalhöhen von Geschieben 
des Saalachgletscher sei bemerkt, daß die Höhenzahl 1380 m am Paß Luftenstein 
auf den Fund fremder Dachsteinkalkblöcke am Litzkogel — sicherlich Überreste 
eines kalkalpinen Seitengletschers — zurückgeht. Diese Zahl läßt sich wegen der 
dort herrschenden Staukomplikationen keinenfalls zur Berechnung des Gefälles des 
Hauptgletschers verwerten. Sicheren Anhalt gewinnen wir erst am Tälernalprücken, 
auf dem ich seinerzeit bis zu 1300 m zentralalpine Geschiebe nachwies. 


®) Der Gegensatz der V-form des oberen Saalachtals südlich Paß Luftenstein 
und der U-form der nördlich folgenden Talstrecke bis zum Kniepaß ist auf Tafel III 
klar ersichtlich. 


4* 


[28] 


Felix Hahn. 


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28 


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[29] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. . 29 


so ähnliche Weitung von Golling—Hallein an der Salzach zu Füßen 
des felsigen Abschlusses am Paß Lueg. 

Der Grund, warum den zentralalpinen Eismassen trotz ihrer 
beträchtlichen Höhe!) der Zugang ins Berchtesgadner Land über den 
Hirschbichlpaß?) verwehrt blieb, kann nur in Hemmung durch 
kalkalpine Ferner gelegen sein, deren Relikte ja auch in staunens- 
werter Mächtigkeit das Weißbach- und Wildenbachtal besetzt halten. 
Diese aus dem westlichen Steinernen Meer westlich der Firnmulden- 
scheide Schindlkopf—Hundstod vordringenden, dann vom Seehorn und 
Hocheis gespeisten Eismassen zogen, aufgepreßt vom Hauptgletscher, 
diesem ein gutes Stück parallel, bis sie in der Weitung von St. Martin 
ihre Selbständigkeit verloren. Erst nördlich Wildentals konnte zentral- 
alpines Eis wiederum auf die Vorhöhen der Reiteralm übergreifen, 
wie das Findlinge südlich des Perhorns und auf der Terrasse von 
Hagen bezeugen. Die mächtigen Moränen der Hintermahd und Alm- 
waldalm sind rein kalkalpiner Zusammensetzung. 

Die Feststellung, daß zur Würmeiszeit kein Teil des Saalach- 
gletschers über den Hirschbichl gelangen konnte, besitzt für die 
Deutung der eiszeitlichen Vorgänge im Berchtesgadner Land erheb- 
liche Bedeutung. Penck°) hatte ja ursprünglich von der Tatsache aus- 
gehend, daß in dem Ramsauer Mühlsteinkonglomerat viele zentral- 
alpine Gesteine zu finden sind, geglaubt, daß noch in relativ sehr 
junger Zeit die Saalach selbst über den Hirschbichl gegen Berchtes- 
gaden abgeflossen sein konnte; erst eine Hebung in jungdiluvialer 
Zeit hätte der Saalach ihren heutigen Weg gewiesen. Diese Annahme 
ist natürlich heute, wo wir über den Gebirgsbau der Gegend genauer 
unterrichtet sind, vollkommen hinfällig. Aber auch die neuere Deutung 
Pencks), daß jene zentralalpinen Geschiebe des Ramsauer Konglo- 
merats der Moräne eines über den Hirschbichlpaß abfließenden Armes 
des würmglazialen Saalachgletschers entnommen seien, ist unhaltbar ’?). 
Entweder entstammen diese also einer älteren Vereisung, in welcher 
der Saalachgletscher aus irgendwelchen, allerdings schwer einzu- 
sehenden Gründen am Hirschbichlpaß kein Hindernis gefunden hätte, 
von welcher lediglich im Berchtesgadner Land zentralalpine Geschiebe 
übriggeblieben wären ®), oder aber das zentralalpine Eis hat eben doch 
andere Wege zum Vordringen benützt, als man bisher annehmen zu 
müssen glaubte. Ich will es hier ganz offen lassen, ob man an ein 
Hereindrängen durch die Furche von Schwarzbachwacht (so nach 


!) Nach Brückner am Eingang in die Hohlwege bis zu 1700 m; hiermit 
stimmt die Schliffgrenze unterm Persailhorn wie besonders gut jene am Kamm 
Plattenkopf—Saliterköpfl des östlichen Leoganger Steinberges überein. 

?) Auch jenseits des Hirschbichls bis zum Hintersee fehlen zentralalpine 
Geschiebe vollständig, eine Beobachtung Böses und Gillitzers, die ich nur 
bestätigen kann. 

®) Das Land Berchtesgaden. Zeitschr. Deutsch österreich. Alpenvereins 1885, 
pag. 238. 

*) Alpen im Eiszeitalter, pag. 363. 

°) Auch Brückner hatte sich lange vorher schon zu dieser Annahme sehr 
zweifelnd geäußert. A. a. O. pag. 6, 17, 18, 89. 

°) Die Beobachtung Leblings im Lattengebirge, daß dortselbst eine ältere 
zentralalpine Morüne um 200 m höher (bis zu 1400 m) als eine jüngere (nar bis 
1200 m beobachtet) aufsteigt, könnte hierfür ins Feld geführt werden. 


s0. F. Felix Hahn. [30] 


Böse, dagegen Penck) oder über das Roßfeld und die Dürrnberger 
Senke zu denken hat. 

Mit der Tatsache des Andrängens des Saalachgletschers an seinen 
westlichen Uferrand stimmt die Beobachtung überein, daß auf der 
Ostseite der Steinberge keine bedeutenden kalkalpinen Ferner sich 
entwickelten; weder in der Mulde von Niedergrub noch im Nebels- 
bergkar sind einigermaßen erwähnenswerte Moränenreste zu finden 
und das gleiche gilt für die nordöstlichen Hänge des Loferer Stein- 
berges, wo es nur im Bereich der Jägerkaser- und Metzgeralm zu 
etwas erheblicherer Ansammlung kalkalpinen Fises gekommen ist. 
Eine solche fand auch in den zahlreichen geschützten Nischen der 
Nordwände des Ochsenhorn-Vorderhornkammes statt, woran heute noch 
die Kirchentaler Moräne erinnert, und eine beträchtliche Eiszunge hat 
sich von den Wehrgruben herab gegen das Strubtal vorgeschoben; an 
der Vereinigung von diesem mit Loferer- und Saalachtal überkleidet 
eine mächtige Haube mehr oder weniger umgelagerter kalk- und 
zentralalpiner Moräne mit Bergsturzmassen gemischt den Nordfuß des 
Rauhenberges. 

Es ist von besonderem Interesse, daß eine Analyse des uns 
überkommenen Formenschatzes im Saalachtal es erlaubt, auch 
Schlüsse quantitativer Art über die Verteilung der einzelnen 
Eiskonponenten zu ziehen. Wie die erklecklichen erhaltenen Reste 
von Würmmoräne bei Oberweißbach und talab von Wildental bis 
Unken dartun, fehlt hier eine wesentliche nachwürmzeitliche Über- 
tiefung der Talung als Ganzes betrachtet; nur nahe der Talsohle selbst 
sind Veränderungen eingetreten, die unschwer durch Rekonstruktion 
sich ausgleichen lassen; der Grundzug der Talform ist heute noch 
würmglazial. Halten wir daran fest, daß in Übereinstimmung mit 
Brückner die Eishöhe des Saalachgletschers am nördlichen Ende der 
Saalfeldner Weite auf 1700 m zu bestimmen ist, daß die Mindest- 
nöhe bei Hallenstein 1350 m beträgt, nachdem der Tälernalprücken 
mühelos von beträchtlichen Eismassen überschritten wurde; daß end- 
lich die Höhe bei Melleck auf mindestens 1250 m zu bestimmen ist 
(Abzweigung durch das vordere Steinbach- ins Weißbachtal), so er- 
halten wir für die Querschnitte der bewegten Eismasse im Saalachtal 


in Profil Lärchkopf-Raucheck (Hohlwege) ungefähr 1'25 km? 


» »  Lahnerhorn-Gerhardstein 5 135. 4 
»  ». . Rauhenberg-Kötschmairhorn s 20.304 
»„  „».. Loderbichl-Perhorn r EB 


Nur etwa die Hälfte des Saalachgletschers, der nördlich des 
Marktes Lofer vor Abzweigung des Tälernalparmes sein Maximum 
erreicht, stammt somit tatsächlich aus dem Saalfeldner Kessel. Rund 
0'40 km? zentralalpinen Eises, d.h. etwa !/; der Masse des primären 
Saalachgletschers der Hohlwege, kam über die Schüttachgräben vom 
Ramernsattel her hinzu, dessen Querschnitt unter Berücksichtigung 
einer Eishöhe nördlich Fieberbrunns von 1700 m und der erhaltenen 
Schliffgrenzen sogar mühelos 0:50 km? fassen konnte. Mindestens gleich 
stark ist der aus zentralalpinen und kalkalpinen Komponenten ge- 
mischte Zuwachs durch das Strubtal. 


[31] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 3] 


Von einem Bühlstadium konnte ich weder längs des Saalach- 
tales !) noch im Vorgebirge der Reiteralm oder den Steinbergen etwas 
Sicheres auffinden, es sei denn, daß der sperrende Blockwall des 
Loferer Tales zwischen 650 und 680 m dazugehört. Auf der Kallbrunn- 
alp hingegen haben sich in breiter zum Diesbachtal weisender Nische 
auf 1380-1440 m reichliche Moränenreste von jugendlichem Äußeren 
erhalten, die recht gut nach Analogie mit Berchtesgadner Vorkomm- 
nissen einem Gschnitzstadium angehören könnten. Von sonstigen Block- 
wällen am Rande ehemaliger Eiszungen oder Firnfelder mögen folgende 
erwähnt sein: 


Große Lahnfahrt, Loferer Steinberg, nörd- 


Kebex Exposition ame sin wir. 1600 m 
Große Schneegrube, Loferer Steinberg, 
nördliche Exposition in . . Ä 1500 m 


Kleine Schneegrube östlich des Vorder 
horns, Loferer Saale nordöstliche 


Exposition in. . . en RE 1500 m 
Klein-Eistal, Hochkalter, nordwestliche 
£ Exposition in... .. .....1450-1500 m 
Diesbachtal, Steinernes Mn eebe 

B3Dosition, in \larua u. Kara seine 0900— 1600 a. (undeutlich). 


Diese Reste könnten in Anbetracht der unversehrten Formung 
und der geringen Größe des zugehörigen Firnbeckens mit dem Daun- 
stadium verglichen werden. 

Es darf hier noch auf zwei besonders schöne Beispiele gestufter 
Trogtäler hingewiesen werden, die wohl mit Penck durch das 
Zusammenwirken von würmglazialer Aushobelung und späterer Be- 
nützung als stadiale Zungenbecken entstanden gedacht werden können. 
Das zweifach gestufte Muldensystem der Wehrgrube und des Loferer 
Tales besitzt in letzterem einen ausgezeichnet U-förmigen Querschnitt 
mit schroffen Seitenwänden, deren Anlage allerdings ganz wesentlich 
tektonisch bedingt ist. Das hängende Tal der Diesbachalp läßt sich 
über dem felsigen Talschluß hinter der Mitterkaser Alm (zwischen 
1700 bis 1800 m nur teilweise tektonisch angelegte Wandstufe) einer- 
seits zu dem überraschend ebenen Boden der Hochwies verfolgen, 
dem ein moränenverstopfter, dann schuttverhüllter Karsttrichter zu- 
grunde liegen mag, anderseits über die Kaser Wand zu der weiten 
Firnmulde zwischen Finsterbach—Schindlkopf und kleinem Hundstod. 
Auch zwischen Kammerling- und Alplhorn liegen mehrere unvoll- 
kommene Karnischen übereinander. Am weltentrückten Diesbachsee 
hat ähnlich wie bei dem Hochtal der Hochwies Tektonik, Karsterosion 
und glaziale Tätigkeit zusammengewirkt, um ein Juwel hochalpiner 
Schönheit zu schaffen. 


') Bereits Brückner war sich völlig klar, daß das Trümmerfeld der Scheffs- 
noter Au bei Lofer, das zunächst einige Ähnlichkeit mit einer stadialen Endmoränen- 
landschaft zu besitzen scheint, seiner Entstehung nach nichts damit zu tun hat. In 
den Hohlwegen finden sich jedoch überhaupt keine Moränenrelikte mehr. 


32 F. Felix Hahn. [32] 


Die Formung und Moränenrelikte des Gerhardsteins verraten, 
dab die flachgelagerte Deckscholle einen gar nicht unbeträchtlichen 
Plateaugletscher trug; allein auf dessen Tätigkeit ist die dürftige 
Almbesiedlung gegründet. 

Bezüglich der interessanten Fragen über mehrfache Erschließung 
und Wiederverstopfung zentralalpiner Quellflüsse der Saalach, deren 
endgültiger Besitzstand nach Penck erst im der Achenschwankung 
geregelt wurde, lassen sich bei der Untersuchung des Saalachtales 
selbst mangels bezeichneter Ablagerungen keine Ergebnisse gewinnen. 


2. Alluvium. 


Der Beginn des Postglazials fällt mit einer Akkumulationsperiode 
bedeutenden Ausmaßes zusammen. Wo wir heute das Flußbett der 
Saalach zwischen Saalfelden und Reichenhall untersuchen. müssen wir 
mit einer Ausnahme feststellen, daß selbst an Stellen stärkerer Ver- 
engung (so am Paß Luftenstein, in den Hohlwegen) der heutige Fluß 
auf schutterhöhtem Bette läuft. Dieser Aufstau beträgt jetzt noch 
20 bis 30 m und war früher nach einzelnen höhergelegenen Resten 
von Flußterrassen zu schließen, zum Beispiel bei St. Martin, Reit, 
Oberweißbach, um 8 bis 10 m höher zu veranschlagen. Ähnliches gilt 
vom Unterlauf der Saalach, wo bei Anlage des Staudammes für den 
Saalachsee beim Kiblingbauer erst 30 m loses Material!) unter dem 
Fluß erbohrt wurde. Es ist nun recht auffällig, daß diese Auf- 
schüttung von Nord wie von Süd gegen den Kniepaß zu 
abnimmt und hier befindet sich die einzige Stelle längs 
des ganzen Saalachlaufes, wo das Wasser inhartem 
Gefels schäumend sich den Durchgang erzwingt. Anste- 
hendes Grundgebirge ragt zwar auch am Mörtelbauer, bei Hallenstein, 
unmittelbar nördlich Lofer, vielleicht auch an der Scheffsnoter Brücke 
und an einigen Stellen der Hohlwege in das heutige Flußbett herein, 
doch stimmt dies an solchen Orten nicht mit der tiefsten Linie der 
wahren felsigen Bodenbegrenzung überein. Das Bild einer jugendlichen 
Herauswölbung des Riegels am Kniepaß oder umgekehrt der Abbeugung 
der südlichen und nördlichen Talstücke scheint am ehesten der eigen- 
artigen Erscheinung gerecht werden zu können. (Vgl. Tafel II.) 

Eine gewaltige Masse postglazialen Schuttmaterials birgt heute 
noch die St. Martin—Loferer Talweite. Trotz wenig günstiger Auf- 
schlüsse, die nur an der Steilböschung des jetzigen Flußverlaufes zu 
sehen sind, läßt sich doch soviel feststellen, daß das Füllmaterial 
durchaus nicht einheitlicher Natur ist?). Zuunterst ist eine ziemlich 
mächtige, schlecht gemischte Masse aus einheimischem Bergschutt und 
verwaschener Moräne zu beobachten. Erst darauf hat sich die unge- 
heure Bergsturzmasse ergossen °), die zwischen Lerchkogel und Gföll- 
hörndl von den Wänden des Grubhörndls losbrach und dann das 


1) Gütige Mitteilung von Herrn H. Krauß. 


2) Ich glaube keinenfalls, daß es sich bei den Moränenresten der Scheffsnoter 
Au um intakte Würmmoräne handelt, wie das die Karte Gillitzers angibt. 


3) Zuerst von Brückner als solche gewürdigt; a. a. O. pag. 127, 128. 


[33] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 33 


ganze Gebiet von Braugföll, Faistau, Hohengasteig, Scheffsnoter Au 
überschüttete. Ebenfalls als relativ jung geben sich Bändertone, Sand 
und Saalachschotter als Unterlage des Gumpinger Mooses zu erkennen. 
Diese letzteren Ablagerungen könnten gut in zeitlichem Zusammenhang 
mit dem Bergsturz von Lofer gestanden sein. Die Tatsache, daß hier 
wie am Paß Luftenstein das Material des Bergsturzes auf bereits ein- 
gefüllten Flußschottern und verschwemmtem Gehängeschutt lagert, 
läßt die Akkumulation regional erscheinen. 

Auch heute noch ist die Saalach keineswegs durchaus siegreich 
im Kampfe gegen seitliche Verschüttung. 

Das dolomitische Gestein der Hundshorngruppe neigt besonders 
intensiv zu mächtiger Gehängevergrusung und zum Verdrusse 
des Tektonikers umgibt ein Kranz zerbröckelnden Schuttmaterials den 
Bergesfuß. Charakteristisch sind die radialstrahlig von den Deckschollen 
des Rauhenberges, Gerhardsteins und Hochkranzes herabgeronnenen 
Bergsturzmengen; der grobklüftige Lerchkogelkalk neigt besonders 
zu klotziger Verwitterung. Von den Steilwänden der Laimbichlhörner, 
der Hocheisspitze und des Kammerlingkammes fließen unaufhörlich 
die frostgesprengten Gesteinstrümmer zutal und vermuren, zwischen 
Kammerling- und Kematenalm sich mit Moräne vermischend, weithin 
die ehemals lebhaft begrünten Berghänge. Am mächtigsten aber gedieh 
diese Ansammlung von zerfallenem Trümmerwerk an den Nordseiten 
des Loferer und Leoganger Steinberges, wo gewaltige, abgestorbene, 
von wilden Sturzbächen zerschnittene Halden wiederum auf eine noch 
stärkere Akkumulationsphase hinweisen. 

Sowohl im Umkreise der Jägerkaser-, Metzger- und Brunntalalp 
wie im Eiblbachtal nahe Falleck finden sich mehr oder minder stark 
verfestigte Gehängebrekzien. Man wäre vielleicht geneigt, die- 
selben nach Analogie mit Vorkommen im Karwendel und Wetterstein 
einer noch älteren — vielleicht der rißwürminterglazialen Verschüttungs- 
periode zuzuteilen. Aber nirgends fand ich die Brekzie sicher von 
Würmmoräne überdeckt, sie enthält hingegen selbst aufgearbeitetes 
Moränenmaterial und geht seitlich sehr rasch in losegebliebene Schutt- 
massen über, so daß ich an ein postglaziales, freilich relativ hohes 
Alter glauben möchte, zumal mir ein Vorkommen, das aus dem Be- 
reiche der heute noch wirksamen Schuttstromrichtungen fallen würde, 
nicht bekannt geworden ist. 

Einigermaßen bedeutende Moorflächen sind außer der bereits 
erwähnten Bildung von Gumping nur in der Nähe der Kallbrunnalpe, 
und zwar an die Mergelkalke des oberen Lias im Liegenden geknüpft, 
anzutreffen; sie dürften über kleine glaziale Auskolkungswannen ge- 
spannt sein. 

Die allgemeine Steilheit der Hänge, bedingt durch den gedrun- 
genen Muldenbau, und die verhältnismäßig geringe Verbreitung ober- 
jurassischer und kretazischer Schichten verhindern eine nachhaltige 
Ansammlung von Verwitterungskrume, wodurch das Gebiet viel 
unwirtlicher und waldärmer wie das geologisch sonst so ähnliche 
Gebiet des Unkenbachtales erscheint. Nur im Wildenbachtal bis gegen 
den Hirschbichl und im Weißbachtal gedeiht kräftiger Nadelwald in 
schönen Beständen auf den moränenüberkleideten Hängen des Neokoms; 


Jahrbuch d, k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, ı. Heft. (F. F. Hahn.) 5 


34 F. Felix Hahn. [34] 


der gleich weit verbreitete obere Lias trägt lieber schütteren Misch- 
wald, während an den Steilhängen des Leoganger Steinberges die 
Lärche auffallend zahlreich ist. 

Die Felder der Hochbauern, die besten und zahlreichsten Almen 
des Gebietes sind an das Vorkommen von Moräne geknüpft; erst in 
zweiter Linie kommen die auf den mergel- und damit wasserreichen 
Schichten des Juras und der Kreide stehenden Almen; weder die 
Raibler noch die Kössener Stufe vermag hier die Anlage von Nutz- 
flächen zu begünstigen. 

Als ausgezeichnetes Quellenniveau gibt sich überall der Ausstrich 
der Berchtesgadner Deckenüberschiebung zu erkennen. 


C. Heteropie. 


Nach dem heutigen Stand unserer geologischen Kenntnisse ge- 
nügt es im westlichen Salzkammergut nicht mehr, die einzelnen ver- 
schiedenartigen Gesteinsausbildungen gleichen Alters von Ort zu Ort 
so gut oder so schlecht und gewaltsam es eben geht, aneinander 
knüpfen zu wollen. Es muß der durch die vorliegende Aufnahme 
neuerdings bestätigten Tatsache Rechnung getragen werden, daß durch 
tektonische Bewegungen von einschneidender Bedeutung heterope 
Sedimentationen neben- und aufeinander liegen, die zur Zeit ihrer 
Entstehung örtlich mehr oder weniger weit voneinander getrennt 
waren. Erst wenn man sich der vollen Tragweite dieses Erfahrungs- 
satzes im Einzelfalle bewußt ist, darf man sich der Hoffnung hin- 
geben, natürliche Gesichtspunkte für die Beurteilung der regionalen 
Heteropie zu finden. So lange aber keine schiüssigen Beobachtungen 
über die ehemalige Lagebeziehung von tirolisch und juvavisch der 
Salzburger Alpen vorliegen, scheint es mir bei der Schilderung eines 
räumlich beschränkten Gebietes für angebracht, in erster Linie der 
Heteropie innerhalb einer als solche erkannten Einheit nachzugehen 
und erst von diesem gesicherten Boden aus auf Möglichkeiten einer 
ungezwungenen Verbindung verschiedener Einheiten hinzuweisen. 

Da die tiefere Trias innerhalb der besprochenen Gebietsgrenzen 
nur in der Decke anzutreffen ist, erscheint natürlich ein Vergleich 
von Decke und Basis überhaupt erst dann aussichtsreich, wenn die 
Südkante der Kirchberg-Kalksteingruppe, des Leoganger Steinberges 
und des Steinernen Meeres einbezogen werden kann. 

Für die Deckensedimentation läßt sich hingegen bereits einiges 
Beachtenswerte feststellen. Die skytische Stufe ist nur in der 
Fazies der Werfener Schichten entwickelt, da die Verbreitung von 
Salz und Gips westlich der Linie Unkener Pfannhaus—Antenbichl zu 
Ende geht; in oberen Horizonten ist rein marine Sedimentation herr- 
schend. 

Der Muschelkalk ist als solcher unbekannt, auch die relativ 
geringmächtigen Reichenhaller Dolomite sind bier etwas heller 
gefärbt wie Saalach abwärts und schwer vom Ramsaudolomit abzu- 
grenzen. Von nicht zu vernachlässigender Bedeutung mögen sich die 


[35] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 35 


dunklen kalkigen Lagen von der Kematsteiner Alpe infolge der Ver- 
gleichsmöglichkeit mit Gesteinen der Saalfeldner Gegend erweisen. 
Echte Gutensteiner Dolomite sowie die äußerst charakteristischen 
brekziösen Rauchwacken, welche bei Schloß Lichtenberg wie am Süd- 
fuB des Watzmanns die tirolische Unterlage auszeichnen, sind jeden- 
falls diesem juvavischen Deckenteil fremd. 

Eine überaus große Ubereinstimmung von Basis und Decke 
scheint im ersten Augenblick in der ladinischen Stufe zu herrschen. 
Weder petrographisch noch faunistisch ließen sich zwischen dem tiro- 
lischen Ramsaudolomit der Schüttachgräben und dem überschobenen 
der Reiteralm nennenswerte Unterschiede feststellen. Daß in ersterem 
gelegentlich an Wettersteinkalk erinnernde Lagen zu finden sind, 
kann nicht Wunder nehmen, nachdem ja die Decke im ‚Ramsaukalk‘ 
ein kaum verschiedenes Gegenstück besitzt. 

Die Reduktion der Mächtigkeit vom Sockel des 
Hochplateaus der Reiteralp gegen die randlichen 
Zonen ist etwas recht Auffälliges und in dem zur Untersuchung 
vorliegenden tirolischen Gebirge ohne entsprechende Vergleichs- 
momente. Trotz aller tektonischen Umarbeitung ist sie ja dortselbst 
stratigraphisch begründet und noch weit Saalach abwärts, 
so am Tälernalprücken, läßt sich die gleiche Beobachtung überall 
bestätigen. Nachdem im stratigraphischen Teil schon Beweise erbracht 
wurden, dab von der an sich geringen Mächtigkeit des Dolomits 
zwischen dem geringmächtigen Vertreter des Muschelkalkes 
und dem Dachsteinkalk ein erheblicher Teil der karnischen Stufe 
zugewiesen werden muß, entfällt die wesentliche Sedimen- 
tationslücke auf die ladinische Stufe. 

Am interessantesten ist die Heteropie der karnischen Stufe. 
Innerhalb des basalen Gebirges ließ sich feststellen, daß zwischen 
einem Waidringer Typus (300 m schwarze Dolomite ohne Mergel- 
einschaltung) und einem Wimbach- Typus (etwa 20 m schwarze 
Reingrabner Schiefer mit hellen Dolomiten im Hangenden) von West 
her über die Schüttachgräben zur Bindalm eine Zone zwischenlagert, 
die indifferent graue, vom Dachsteindolomit schwer unterscheidbare 
dolomitische Gesteine neben spärlichen Einschaltungen bunter, sandiger 
Lettenschmitzen enthält. Nachdem die Reingrabner Schiefer in gleicher 
Weise am Südrand des Leoganger Steinberges, bei Saalfelden, am 
Hochkönig und im Blühnbachtal sich einstellen, ist eine bedeutsame 
isopische Grenzlinie vom Birnhorn über Hocheisspitz und Watzmann 
zum Hagengebirge in WSW—ONO gesichert. Hochkalter, Watz- 
mann und Steinernes Meer sind mit dem Leoganger 
Steinberg und dem Hagengebirge als eine untrennbare 
Sedimentationseinheit gekennzeichnet, die von der typisch 
bayrischen Ausbildung der Raibler Schichten am nördlichen Gegen- 
flügel der tirolischen Masse (Zahmer Kaiser—Rauschberg—Stauffen) 
durch eine Region ohne terrigene Zuschwemmung getrennt ist. Diese 
Region liegt weit nördlich der Zone der Hochgebirgs- 
korallenkalke, die in der tirolischen Masse in reiner 
Ausbildung erst am Hochkönig auftritt. 

So nahe es auch zu liegen scheint, diese reindolomitische 

5%* 


ET F. Felix Hahn. [36] 


Zwischenregion in Verbindung mit dem Sedimentationsgesetz der jur 
vavischen Deckschollen zu bringen, das ja ähnlicherweise Unter- 
drückung terrigener Einmengung erfordert, so wenig innere Berech- 
tigung hat dieser Schluß von regionalen Gesichtspunkten aus, wie das 
an anderer Stelle dargelegt werden soll. 

Innerhalb der Decke überbrückt der lichtbunte Hall- 
stätter Dolomit sehr energisch die heteropischen Gegensätze. 
Zwar ist er hier nur mehr an einer raumbeengten Stelle mit echtem 
Hallstätter Kalk in Sedimentationsverzahnung, ohne jede Änderung 
bleibt er dafür der mergeligen Deckenfazies vom Dietrichshorn bis 
zum Hochkranz um so treuer und ist hinwiederum im östlichen Teil 
der Saalachsenkscholle bis gegen den Zaßbauer hin normal vom 
Reiteralmkalk überlagert. Nachdem die weitest vorgestreckten Sedi- 
mentzungen der echten Hallstätter Entwicklung sogar unmittelbar in 
den oberen Ramsaudolomit der Hundshorngruppe, die sonst reine 
Berchtesgadner Fazies aufweist, hineingreifen, ist im Karnikum 
ein so inniger Zusammenhang der juvavischen Sedi- 
mente geoffenbart, daß es mißlich wäre, das natürlich 
Verknüpfte einem Teildeckenschematismus zuliebe 
wieder auseinanderreißen zu wollen. 

Auch eine vergleichende Betrachtung der Sedimentation in der 
norischen und rhätischen Stufe gibt genügend bemerkenswerte 
Gesichtspunkte. Es ließ sich im Loferer Steinberg ein schrittweiser 
Ubergang von dem in der Kammerkergruppe noch selbständig ent- 
wickelten bunten Rhät zu jener Ausbildung verfolgen, die als bunt- 
sebänderter Dachsteinkalk am Hochkalter. Watzmann usf. seit langem 
bekannt ist und immer schon im Verdacht rhätischen Alters stand. 
Daß dies für den obersten Teil des tirolischen Dachsteinkalkes Geltung 
hat, kann nach den neuerdings angeführten Fossilfunden ebensowenig 
bezweifelt werden wie die Tatsache, daß trotz alledem der Lagerung 
nach die Hauptmasse dieses tirolischen Dachsteinkalkes 
als obernorisch zu gelten hat. 

Dann ist beachtenswert, daß der im Westen des Gebietes noch 
dominierende Dachsteindolomit gegen Ost ganz allmählich vom Han- 
senden gegen das Liegende durch Kalkbänke ersetzt wird, so daß 
jenseits der östlichen Gebietsgrenzen unter Einrechnung eines Teiles 
des „oberen Ramsaudolomits* (= Dolomit zwischen Reingrabner Band 
und Dachsteinkalk) in die karnische Stufe nicht allzuviel mehr von 
echtem Dachsteindolomit übrigbleiben dürfte. 

Der juvavische Dachsteinkalk ist hier im ganzen 
genommen etwasälter als der tirolische; die Hauptmasse 
desselben, soweit sie heute noch erhalten ist, dürfte mit Recht als 
unternorisch gelten. Dolomitische Ausbildung ist nicht mehr als 
Horizont, nur gelegentlich mit rascher seitlicher Verkeilung in be- 
schränktem Maße vorhanden. Von einem rhätischen Aquivalent ist 
nichts bekannt; bei der geringen Mächtigkeit des hierlatzbedeckten 
Reiteralmkalkes im Saalachmittelgebirge ist die Abwesenheit des Rhäts 
(gleichviel ob primär oder sekundär, doch stets präunterliassisch) mit 
ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu vermuten. 

Die echte Hallstätter Entwicklung ist nur eben noch in ihren 


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[37] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 


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38 F. Felix Hahn. [38] 


äußersten Ausläufern inmitten des Reiteralmkalkes verspürbar, dafür 
sichern sich Glieder der unrein tonigkalkigen Reihe (Loferer 
Schichten und Lerchkogelkalke) in bogenförmigem Kranz 
die Reiteralm umziehend weite Verbreitung. Der petrographische 
Charakter läßt diese Gesteine mit der Zlambachfazies des öst- 
lichen Salzkammergutes um so eher vergleichen, als sich nun auch 
Korallenknöllchen eingestellt haben. Eine sehr tiefe Stellung der 
Loferer Schichten an der Basis der norischen Stufe, wenn nicht 
gar Angliederung an die höchste Subbullatuszone des Karnikums wird 
nun durch einige, allerdings immer noch nicht schlüssige Fossilfunde 
vielleicht angedeutet. Dadurch, daß die Loferer Schichten jedoch merk- 
lich zugunsten reiner kalkiger Bänke zurücktreten, daß überall der 
weitverbreitete Hallstätter und Ramsaudolomit im Liegenden nach- 
gewiesen wurde, daß die Lerchkogelkalke an verschiedenen Stellen 
unverkennbare Annäherung an den Habitus der gewöhnlichen Dach- 
steinkalke zeigen; durch all dies wird den heteropen Gliedern inner- 
halb der juvavischen Decke viel von der eigenartigen Sonderstellung 
genommen, die sie mir an der mittleren Saalach zu haben schienen. 

Von jüngeren Ablagerungen verdienen allein jene des Lias eine 
eingehendere Betrachtung. 


Fast alle wichtigeren Glieder der Faziesfülle, wie sie in der 
weiten Unkenbachmulde beschrieben wurde), finden sich auch im 
basalen Gebirge Saalach aufwärts wieder, doch nicht mehr in räum- 
lich gesonderter Ausbildung, sondern mit so starker gegenseitiger 
Durchmischung, daß eine kartographische Einzelausscheidung bei dem 
gegebenen Maßstab nicht mehr durchführbar ist. Für jene modernen 
Tektoniker, die jede kleine Faziesverschiedenheit mit Überfaltungs- 
spekulationen in Beziehung setzen möchten, sollte ein solch außer- 
ordentlich rascher Wechsel innerhalb mindestens bathyaler Sedimente 
und im Streichen ein und derselben Faltenmulde, eine ernste Mahnung 
bedeuten. 


Drei speziellere Punkte möchten einer besonderen Erwähnung 
wert sein. Typische Adneter treten merklich in den Hintergrund, 
dafür zeigen sich um so reichlicher echte, fossilreiche, teils unter-, 
teils mittelliassische Hierlatzkalke neben bunten Ammoniten und 
Kieselkalken. Außerst auifällig ist die Armut liassischer Ablagerungen 
in der Decke; nur spärlich sind die Reste von Hierlatzkalken und 
Anklänge an bunte Ammonitenkalke (Hundsalm) und wo reichlichere 
Fossilfunde gemacht wurden (Maurach, Reiteralm), da handelt es 
sich um solche aus unterliassischem Hierlatzkalk. Im oberen Lias 
der Unterlage sind die Adneter der Unkenbachmulde von jener 
Gesteinsausbildung bereits vollkommen ersetzt, die im Berchtesgadner 
Land weiteste Verbreitung besitzt und entschieden ihrer Entstehung 
nach einer Flachwassersedimentation zuneigt. Die schwarzen, kiesel- 
und manganreichen Mergelkalke und Schiefer, eine Abart der Flecken- 


!) Nicht vertreten sind die tiefstliassischen Muschelbänke und grauen Lamelli- 
branchiatenkalke sowie die oberliassischen Adneter; neu treten die grauen unter- 
liassischen Hierlatzkalke auf, die über Hochkalter zum Hagengebirge verweisen 
und die Allgäuschieferfazies im oberen Lias. 


[39] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 39 


mergel der Voralpen, lassen sich von Oberweißbach über den Hirsch- 
bichl in einem Zug bis zum Königsee nachweisen. Innerhalb der 
basalen Muldung fand somit von Nordwest nach Südost eine ganz 
energische Änderung der die Sedimentation beherrschenden Faktoren 
statt. Im Loferer Steinberg scheint sogar unter dem Radiolarit der 
Anderlalm jede Vertretung des oberen Lias zu fehlen. 

Diese Heteropie liassischer Sedimente zwischen 
Unkenbach und Oberweißbach deutet auf die Annähe- 
rung an einen gegen Süd verflachenden Beckenrand 
innerhalb des tirolischen Gebirges. Die juvavische 
Serie benimmt sich hier wie ein Endglied der skiz- 
zierten Entwicklung. 

Auf das tirolische Gebiet beschränkt sind innerhalb unserer 
Gebietsgrenzen sämtliche jüngeren Ablagerungen, die mit den äußerst 
gleichförmigen Radiolariten vermutlich mitteljurassischen Alters ein- 
setzen; diese lassen sich auch in übergreifender Lagerung auf mittel- 
liassischen Kalk beobachten. 

Die folgenden Schichten des höheren Juras bieten insofern 
Interessantes, als sich wieder in der basalen Mulde von West nach 
Ost eine fazielle Anderung kundtut. Den eintönigen Oberalmer Kiesel- 
kalken des Unkenbaches treten östlich der Linie Lofer— Goldener 
Zweig—Hochkranz bunte Mergelschiefer zur Seite und zweifellos ge- 
hören ihnen schon die petrographisch so ähnlichen Schichten am Loferer 
Alpweg unterm Loderbichlgut an. Die beschränkten Vorkommen heller, 
massigerer Kalkbänke mögen die östlicher so mächtige Fazies der 
Plassenkalke einleiten. 

Die Gesteine der älteren Kreide wiederholen in der Trennung 
von tieferen Schrambach- und höheren Roßfeldschichten das normale 
Sedimentationsgesetzz der Unkener, DBerchtesgadner und Halleiner 
Gegend. 

Es gilt die Endergebnisse aus diesen vergleichenden Be- 
trachtungen über fazielle Differenzierung im oberen Saalachgebiet zu- 
sammenzufassen. Ich möchte sie dahin formulieren: 

1. Das hier behandelte tirolische Gebiet liegt bereits voll- 
ständig jenseits des nordwestlich benachbarten Grenzsaumes zum 
bayrischen Triasbezirk; es gehört vollständig dem Berchtesgadner 
Faziesbezirk an. 

2.Innerhalbdestirolischen Anteils ist in verschiedenen 
Stufen Heteropie zu spüren; deren Grenzen laufen in WSW—-ONO 
(Karnikum, Rhät) oder aber in N—S (Lias, höherer Jura). 

3. Innerhalb der tirolischen Unterlage ist vom Rhät 
an aufwärts eine gewisse Verarmung der Sedimentation gegen Südost 
durch Annäherung an litorale Verhältnisse unverkennbar; hier sind 
Lücken vorhanden und die Sedimente neigen im allgemeinen mehr 
dem Flachseetypus zu. 

4. Auch die Jjuvavischen Deckschollen haben heteropische 
Entwicklung. Bogenförmig legt sich um die mächtigste und monotonste 
Ausbildung von unverfälschtem Berchtesgadner Charakter (Haupt- 
masse der Reiteralm) zunächst eine Zone der „reduzierten 
Mächtigkeiten“ besonders von ladinischer und norisch-rhätischer 


40 F. Felix Hahn. [40] 


Stufe, dann ein Außenring mit Zlambachfazies der höheren Trias. Die 
reine Hallstätter Fazies ist nur mehr in spärlichen Linsen, doch diese 
unzweifelhaft an der Stelle ihrer ursprünglichen Heimat vorhanden. 

5. Innerhalb der juvavischen Decke ist im Vergleich 
zu den von der mittleren Saalach geschilderten Verhältnissen eine 
gewisse Milderung der faziellen Gegensätze nicht zu verkennen. 
Ramsau- und Hallstätter Dolomit unterlagert die Zlambach-, Hallstätter- 
und Reiteralmfazies; die eigentümlichen Loferer Schichten sind nicht 
mehr niveaubeständig; die Zungen der abklingenden Hallstätter Ent- 
wicklung greifen in die Reiteralmserie über; auch die Lerchkogelkalke 
zeigen Anklänge an Reiteralmkalk. 

6. Unterscheidungsmerkmale grundlegender Be- 
deutung trennen immer noch tirolische und juvavische 
Masse. Nur erstere erfreut sich einer beträchtlichen Menge juras- 
sischer und altkretazischer Ablagerungen. Nur in letzterer ist Hall- 
stätter- und Zlambachfazies und der typische Reiteralmkalk heimisch. 

7. Und doch ist im Vergleich zum mittleren Saalachgebiet eine 
ganz bedeutende Annäherung von tirolisch und juvavisch 
zu verzeichnen. Die ladinischen Ramsaudolomite unterscheiden sich 
kaum; in der Basis treten Reingrabner Schiefer auf, die wir auch 
vom Untersberg, vom Lattengebirge und der nördlichen Reiteralm 
kennen; innerhalb des tirolischen Dachsteinkalkes liegen gelegentlich 
(südlicher Teil des Leoganger Steinberges, am Seehorn, Hundstod und 
häufig im Steinernen Meere) helle massige Partien, die dem Reiter- 
almkalk (= Hochgebirgskorallenkalk Bittners) nicht mehr fern- 
stehen; das tirolische Rhät, noch im Loferer Steinberg selbständig 
entwickelt, verliert sich als fossilführende bunte Bänder innerhalb 
des Dachsteinkalkes; der basale Jura wird ärmer und bekommt 
ufergenäherte Züge; unterliassische Hierlatzkalke sind beiden Massen 
gemeinsam. 

8. Diese Annäherung verstärkt sich senkrecht zu 
derin WSW-—ONO streichenden isopischen Achse der 
Basis, im Vorschreiten gegen SSO. Nurin dieser Rich- 
tung kann das ursprüngliche Grenzgebiet von tirolisch 
und juvavisch gelegen haben. 


D. Gebirgsbau. 


Zwei tektonische Züge beherrschen den Bau der Berge 
zwischen Lofer und den Diesbacher Hohlwegen: die Tatsache, daß 
ein relativ „basaler“, tirolischer Krustenteil von einem juvavischen 
Deckgebirge getrennt gehalten werden muß, ein Erfahrungssatz, her- 
vorgegangen aus den Neuaufnahmen längs des gesamten Saalachver- 
laufes, dann die großzügige Muldung, welche zwischen den Steinbergen 
einerseits, der Hochkaltergruppe anderseits eingetieft, in ihrer nord- 
west-südöstlichen Richtung als unmittelbare Fortsetzung der weiten 
Unkenbachmulde betrachtet werden muß. Diese beiden Leitmotive 
müssen auch der folgenden FEinzeldarstellung zugrunde gelegt werden, 


41 


[41] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 


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Jahrbuch d. k. k. geol. Reicnsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. F. Hahn.) 


42 F. Felix Hahn. [42] 


I. Basales, tirolisches Gebirge. 
(Westliche, südliche, östliche Muldenbegrenzung und Muldenkern.) 


I. Westlicher Muldenrand. 


a) Brunntal— Anderlalpscholle. — b) Der Loferer Steinberg. — c) Sattel- 
zone der Schüttachgräben. — d) Der Leoganger Steinberg. — e) Turneck- 
Strubberg-Hundsfußscholle. 


a) Brunntal-Anderlalpscholle. 
Profiltafel 1I, Figur 8, Textfigur 5 un Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1911, pag. 149, 
igur 1. 

Die Nordseite des Loferer Steinberges wird von einer ost- 
westlich ziehenden wichtigen Störungslinie durchschnitten, welche die 
Hauptmasse der Gruppe von einem niedrigen, nördlich vorgelagerten 
Schollenstreif abtrennt. Dieser „Breithorn-Kirchentalbruch“ 
— landschaftlich überaus wirkungsvoll in der unteren Steilstufe des 
Loferer Tales und dem unvermittelten Abbrechen des Turnecks und 
Strubberges am Paß Luftenstein gekennzeichnet — läßt sich zunächst 
am Weg von St. Martin nach Kirchental feststellen, wo Neokom an 
Hierlatzkalk grenzt, die Aptychenschichten also unterdrückt sind. Weit 
besser aufgeschlossen ist derselbe am Wechsel, an dem steil süd- 
fallende Aptychenschichten des Loferer Tales gegen 85° Nord fallenden 
Dachsteinkalk der Schwarzen Wand abstoßen; längs der steil nach 
Nord einschießenden Fläche sind die Aptychenschichten etwas überkippt 
und aufgeschleppt. Der Sprung setzt nun in seiner westlichen Ver- 
längerung zunächst durch den Dachsteindolomit, dann bringt er (süd- 
lich) 30—45° N fallenden Dachsteindolomit mit (nördlich) 50—80° O 
fallenden Dachsteinkalk in Kontakt und dringt zwischen Eibl- und 
Breithorn mit deutlich sichtbarer, fast saigerer Kluft in die Dach- 
steinkalke selbst ein, innerhalb welchen er sich zu zerschlagen scheint. 
Immerhin mögen verschiedene Unstimmigkeiten an der nördlichen 
Flanke des Hinter- und Rothorns, vor allem zwischen Wurzköpfe 
und Glöcknerhörndl mit einem westlich ins Jägerkaserkar fortsetzenden 
Ausläufer in Zusammenhang stehen. 

Der nördlich angelagerte Schollenstreif, der im östlichen Teil 
wenigstens an jener Gleitfläche mehr oder weniger stark in die Tiefe 
gezogen zu sein scheint, besteht selbst aus ungleichwertigen Bau- 
steinen. Der allseitig isolierte Rauhenberg — auch morphologisch 
eine äußerst interessante Gestalt — soll als Deckeninsel erst später 
behandelt werden; sein Unterbau besteht aus jurassischen und 
kretazischen Schichten, die schon dem Muldenkern angehören. Westlich 
schließt sich zunächst eine kleine, schuttumhüllte Partie nordgeneigten 
Dachsteinkalkes an, die vielleicht auf steiler Schneehalde einst von der 
Schwarzwand zu Tal gefördert wurde. Dann finden wir dem 40—70° 
OÖ fallenden Dachsteinkalk des Anderlkopfes ein schmales Band klüf- 
tigen Dachsteindolomits vorgelagert, vermutlich an steil O fallender 
Fläche heraufgepreßt. 

In die Dachsteinkalke des Breithorns ist an der Anderalm eine 
kaum 300 m breite Serie junger Schichten eingeknetet in einer nord- 


[43] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 43 


südlich streichenden Mulde mit steil gegen Nord ansteigender Achse. 
Buntes Rhät, Liashierlatz, Radiolarit und ein wenig Aptychenschichten, 
alle in stärkster tektonischer Reduktion, bezeugen jedoch zur Genüge, 
daß ehemals der ganze Loferer Steinberg unter jüngeren Sedimenten 
begraben war. Der östliche Rahmen dieser im Vergleich zu der nach- 
barlichen Synklinalengroßform zwerghaften Mulde ist dem jungen Kern 
aufgepreßt, die Mulde selbst ist nach West überschlagen. 

Ein Teil der Störungen findet seine Fortsetzung jenseits des 
Strubpasses in den Hängen des Url- und Lachfeldkopfes. Auch hier 
hatte ich eine nachträgliche Anpressung der Grubhörndlischolle fest- 
stellen müssen; der vom saigeren Rhätkalk des Lachfeldkopfes steil 
überschobene Liasstreif in dessen Südwand ist das genaue Gegen- 
stück der Anderalmmulde; die Störungen des Loferer Tales sind 
jenen der Lachfeldgasse konform. 

An der Brunntalalpscholle, in welcher unter dem Dach- 
steinkalk der liegende Dachsteindolomit und wohl auch noch Raibler 
Dolomit hervorkommt, ist eine kuppelartige Verbiegung bemerkens- 
wert, welche sich in dem Wechsel östlichen und nordöstlichen Fallens 
im Nordost und nördlichen bis nordnordwestlichen im westlichen Teil 
zu erkennen gibt. Solche unfertige Faltung ist innerhalb der Stein- 
berge weit verbreitet und auf die innere Starrheit der Dachsteinkalk- 
platte, die dem Faltungsdruck sich nur unvollkommen fügen konnte, 
nachdem sie bereits einmal verbogen war, zurückzuführen. Wie trotz 
mangelnder Kontaktaufschlüsse aus der Kartierung im Strubtal ab- 
zuleiten ist, schwächt sich die bedeutende ostwestliche Störung von 
Waidring gegen Ost immer mehr ab, während westlich eine strati- 
graphische Sprunghöhe von mehreren Hundert Metern sich bei dem 
Heraushub von 300 m mächtigem karnischen Dolomit am Sockel der 
Kammerker berechnen ließ; nachdem das Profil Wirtshorn-Urlkopf 
(Profiltafel Figur 8) ganz normal zu sein scheint, muß es sich um 
eine Kippbewegung gehandelt haben. 


Du Wer boferer Steinberg?) 
Profiltafel 1I, Figur 8, Textfigur 4 und 5. 


Die Hauptmasse des Loferer Steinberges läßt sich als eine 
sroße, nördlich bis nordöstlich geneigte Tafel Dachsteinkalkes auf- 
fassen, die im Norden von dem Breithorn-Kirchentalbruch abgeschnitten 
wird, während im Süden als normale Unterlage mächtiger Dachstein- 
dolomit, Raibler Dolomit und in den Schüttachgräben auch noch 
(unterer) Ramsaudolomit, von der wuchtigen Gipfellast befreit, her- 
vortauchen. 

Der letzte östlichste Kammausläufer des Vorderhornzuges, das Turn - 
eck, ist längs einer wichtigen, die Schöttlscharte kreuzenden Senk- 
verwerfung in die Tiefe gegangen und bildet mit Strubberg und Hunds- 
fuß eine Scholleneinheit für sich. Der sondernde Bruch tritt am süd- 
lichen Gehänge schon von weitem hervor in dem Gegensatz der wild 


!) Von den Steinbergen soll hier nur soviel zur Besprechung gebracht wer- 
den, als zum Verständnis des oberen Saalachgebietes wünschenswert erscheint. 
6* 


44 F, Felix Hahn. [44] 


eingerissenen, weißtrümmerigen Gräben im westlichen Dachsteindolomit 
zu dem gutgestuften Gemäuer des östlichen Daclhısteinkalkes. Glatt- 
polierte Ruscheln begleiten im Dürrnberger Graben die steile Be- 
wegungsbahn. Da der Abschnitt des Saalachtales zwischen Dürrnberg 
und Oberweißbach genau in der Verlängerung dieser Störung liegt, 
ist der Schluß auf eine tektonische Erstanlage dieser Talstrecke nicht 
unberechtigt. In seiner nördlichen Fortsetzung verliert sich der Sprung 
zunächst im Schutt und innerhalb des klüftereichen Dachsteinkalkes, 
doch fand ich in steiler Wandrunse auf 850 m noch nordsüdlich 
streichende 80° O fallende Gleitflächen, die einen kaum 1 m breiten 
Streifen von völlig zermalmten Lias zwischen gequetscht halten und 
genau mit der Richtung des zu erwartenden Durchstreichens der 
Störung zusammenfallen. 

Die gewaltige Gipfelplatte wird durch einen NNO streichenden 
Riß in zwei Hälften zerlegt. Längs der nahezu semkrechten westlichen 
Wandflucht des Schwarzwand-Sattelhornkammes ist nämlich das öst- 
liche Plattenstück etwas abgesunken, und zwar auf der nördlichen 
Strecke etwas beträchtlicher wie südwärts, ein Vorgang, der sich von 
dem gewöhnlichen Aufstieg zur Schmidt-Zabierow-Hütte aus längs des 
Kontakts von Dachsteindolomit (westlich) und Dachsteinkalk (östlich, 
beide schwach NNO fallend) gut beobachten läßt. In diesem Bruch liegt 
einer der sich nach Süden stark abschwächenden Endäste des Saalach- 
westbruches vor, der das Loferer Tal noch mit der gewohnten Energie 
dAurchfurcht, wie an dem jähen Niederbruch von oberem Jura und älterer 
Kreide gegen Dachsteindolomit und Kalk deutlichst gezeigt ist. 

Während die westliche Gipfelpartie nur von geringfügigen Ver- 
biegungen im Rothorn-Mitterhornkamm betroffen wurde, sonst äußerst 
einförmigen Baues ist (gewöhnlich N 10—25° O-Fallen mit 10—35° 
Neigung), erscheint die östliche mehrfach eingedellt und viel stärker 
zerbrochen. Eine Einbeugung macht sich zwischen Sattelhorn und 
Turneck (am Sattelhorn O-Fallen mit 15—20°, am großen Ochsenhorn 
NO-Fallen mit 25—35°, am Vorderen Ochsenhorn N-Fallen mit 20°, 
am Vorderhorn N 20° W-Fallen 50% am Turneck NW-Fallen 35—40°) 
wieder in jener unvollkommenen Weise geltend, deren Gegenstück in 
dem halben Kuppelsattel des Breit- und Eiblhorns oben geschildert wurde. 

Eine starke innere Zerrüttung längs vorwiegend N 10—15° O 
streichender Schütterbahnen ist mir gelegentlich der Überschreitung 
des Ochsenhorn-Vorderhornkammes nicht entgangen; die namhafteren 
dürften an der Manndlscharte westlich des vorderen Ochsenhorns, 
dann gedoppelt am Traunsteig gelegen sein, jedesmal durch fast saigere 
Ruschelflächen, schutterfüllte Kamine und Spalten und zermürbtes, 
bräunliches Gestein gekennzeichnet. Es ist nicht unmöglich, daß diese 
Flächen mit den gleichgerichteten Blattverschiebungen der Kammerker 
in näherem Zusammenhang standen. 


c) Sattelzone der Schüttachgräben. 
Textfigur 4, 


Zwischen die Steinberge schiebt sich eine gräbendurchpflügte 
Dolomitzone ein, die wenigstens im östlichen Teil rasch eine sattel- 


45 


[45] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 


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46 F. Felix Hahn. [46] 


förmige Aufwölbung zwischen beiden Gipfelmassiven erkennen läßt. 
Dem nördlichen Einfallen der Südhänge des Loferer Steinberges (an 
der Vorderkaserklamm NNO-Fallen mit 35% am Roßruck NO-Fallen 
40°, am Odenberg NNO-Fallen 30°) steht südliche Neigung der Schichten 
an der Dalsenalp (mit 50°), wie am Lahnerhorn (10—30° Fallen nach 
OSO) gegenüber; das Reingrabner Band läßt in seinem gedoppelten 
Ausstrich die Spannweite des Gewölbes gut verfolgen. 

Aus der Karte könnte entnommen werden, daß sich diese breite 
Zone tektonischer Ruhe erfreut. Tatsächlich ist, wie man auf Schritt 
und Tritt sich überzeugen muß, weit eher das Gegenteil der Fall. 
Unzählige Klüfte, Risse und Zerreibungspartien durchziehen den Dolomit; 
auch die stark schwankende Mächtigkeit des Dachsteinsdolomits wird 
kaum allein auf Rechnung stratigraphischen Wechsels zu setzen sein. 
Es ist aber innerhalb der Dolomitmasse, die irgendwelcher fossil- 
führender oder petrographischer Leitzonen entbehrt, unmöglich, dem 
gewiß komplizierten Bau im einzelnen nachzugehen. 


d) Der Leoganger Steinberg. 
Profiltafel II, Figur 3, Textfigur 4. 


Mit dem Loferer Steinberg teilt die Gipfelregion und der Nord- 
hang dieser Gruppe das Geschick, bisher völlig einer geologischen 
Durchforschung entraten zu haben, während der Südfuß allerdings 
schon seit längerem die Aufmerksamkeit von Forschern wie Mojsi- 
sovies, Fugger, Skuphos und Böse an sich gezogen hatte. 
Lediglich H. Cranz hat gelegentlich einer touristischen Monographie 
des Leoganger Steinberges auch einige wertvolle Beobachtungen über 
Bau und Morphologie veröffentlicht und meine Wanderungen konnten 
mich nur von der Richtigkeit der erwähnten Schilderung überzeugen. 
Cranz bemerkte bereits die sattelartige Wölbung, die zuerst in der 
„Reifen“ umgürteten nördlichen Steilflanke des Birnhorns sich kundgibt 
(Westseite mit Fallen nach N bis N 10° W von 20—30°, Ostseite 
(O-Fallen 25%, dann im Kuchelhorn (NW-Fallen 20°) und Metzhörndl 
(O-Fallen 30%) zum Ausdruck kommt und noch im Gegensatz des 
Schichtverflächens von der Pfannwand (nordwestliches Fallen) und 
Lochwand (östliche Neigung) zu erkennen ist. Diese Hebungswelle 
wird von einer nicht unerheblichen, spießeckigen Verwerfung von ost- 
westlichem Streichen durchschnitten, welche südlich der Schoßhörner 
die liassischen Hornsteinkalke der Hochgrubalpe jäh begrenzt und 
absinken ließ gegenüber dem hoch emporragenden nördlichen Kamm 
aus stark verbogenem Dachsteinkalk (Fallen am Schoßhorn NO bis O 
mit 30—60°; am nordöstlichen Fuß kräftige Umbiegung nach NNW 
mit 30° Neigung). 

Dieser Kuppelwölbung steht in der vorgeschobenen Masse des 
Lahnerhornes eine Einmuldung gegenüber. Denn während am nord- 
westlichen Bergrand östliches und ostsüdöstliches Fallen zu messen 
ist, beobachtet man gegen die Heitzmannscharte sowie im unteren 
Nebelsberg(Ebersberg)wald nördliche Neigung der Bänke; eine nach 
ONO abgebeugte Dellachse ergibt sich daraus. 

Der südliche Steilrand des Lindauwaldes gestaltet sich dadurch 


|47| Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 47 


etwas verwickelt, daß mehrfach Einzelschollen gegen Ost abgebrochen 
sind; besonders an einer der Flächen, die am Riesenkopf in praller, 
glattgescheuerter Wand erschlossen ist, läßt sich dieser die Achsen- 
senkung unterstützende Vorgang auf den ersten Blick wahrnehmen. 
Eine wichtigere Störung ist jedoch zwischen Rothorn und Lahnerhorn 
zu suchen; der nordöstlich fallende Dachsteindolomit des mittleren 
Nebelsbergkars stößt nämlich jäh an gleichgeneigte Dachsteinkalke 
des Rothorns ab und diese Störungszone zieht mehrfach um geringe 
Beträge verschoben quer über das Kar bis östlich des Jagdhauses 
fort, wo kräftige Schubstörungen der nordöstlichen Richtung die Ver- 
werfung abschneiden. In den wilden, unwegsamen Gräben der öst- 
lichen Schoßgrube sind die Risse, die immer wieder Kalk und Dolomit 
in anormalen Kontakt bringen, leidlich gut entblößt und als 60° SO 
fallende Flächen zu vermessen. 

Im untersten Teil des Nebelsbergkars ist dieser gesamten Berg- 
masse ein tiefer versenkter Schollenstreif 30° N fallenden Dachstein- 
kalkes vorgelagert, dessen Senkbahn am P. 944 als 70° N geneigte 
Ebene zu sehen ist. Diese Verwerfung wie jene am Riesenkopf ist 
insofern bemerkenswert, weil sie sich noch recht gut dem eroßzügigen 
Bauplan des mittleren Saalachgebietes (tektonische Tieferlegung des 
basalen Gebirges gegen die Saalach zu) einfügt. 


e) Turneek—Strubberg—Hundsfußsch.olle. 
Profiltafel Il, Figuren 2 und 7. 


Zwischen die Masse der Steinberge und den Muldenzug der 
jungen Schichten im Osten schiebt sich, von der Saalach auf der 
Strecke Kleberbauer—St. Martin in einer energischen Erosionsfurche 
zersägt, ein zusammengehöriger, allseitig tektonisch umgrenzter Schollen- 
block ein. Seine nördliche und westliche Bruchbegrenzung (Ver- 
längerung der Kirchentaler Störung und Schöttlschartensprung) wurden 
bereits besprochen, so daß nur die östliche Linie geschildert werden 
muß, eine erstklassige Leitfläche, deren Bewegungsmechanik bei ihrer 
vortrefflichen Erschließung ungeteiltes Interesse erheischt. 

Zuerst macht sich die Störung am Wege von St. Martin nach 
Wildental dadurch bemerkbar, daß zwischen dem rhätischen Dach- 
steinkalk des Strubberges und den Aptychenschichten Strohwollns der 
Lias tektonisch unterdrückt ist; in einem kleinen Wasserriß unter 
dem markierten Steig sieht man auf 45° NO geneigter Fläche Aptychen- 
kalke (NNO fallend mit 40—45°) auf Dachsteinkalk geschoben. Der 
nächste Aufschluß ist im Wildenbachtal gleich hinter der Klamm 
gelegen. An den 40—50° N fallenden Dachsteindolomit, der im Norden 
sanz normal von Dachsteinkalk auf der Höhe des Strubberges über- 
lagert wird, lehnt sich an einer 50° NO geneigten Fläche ein Zwickel 
Dachsteinkalkes, der gleichflächig am Wege zum Goldenen Zweig von 
zerquälten schwärzlichen und bunten Kalkschiefern des Tithons und 
Neokoms überkleidet wird. Das südwärts zu dem erwähnten Sattel 
emporziehende Tälchen enthüllt Aufschluß an Aufschluß: erst Neokom 
über Dachsteinkalk, dann ein 10—20 m breites Band von zerrütteten 
Aptychenschichten (30—40° NNO fallend) auf Ramsaudolomit; mehrfach, 


48 F. Felix Hahn. [48] 


so am schönsten auf 980 m ist die Gleitbahn als spiegelglatte 45° 
ONO geneigte Ruschelfläche zu sehen. Auch jenseits des Goldenen 
Zweiges bis gegen die Gföllwiesenalm ist kein Zweifel möglich, daß 
die Aptychenschichten nur mäßig steil über den Ramsaulolomit ge- 
schoben sind. Oberhalb des westlichen Gföllwiesalpls wird dann die 
Störung unvermittelt von einem kreuzenden Quersprung der nordöst- 
lichen Richtung abgeschnitten, der links (nordwestlich) Dolomit, rechts 
(südöstlich) klüftigen Dachsteinkalk miteinander in Berührung bringt. 
Aber wenig über dem Saalachufer an waldigem Steilhang hinter einem 
kleinen Hüttchen läßt sich feststellen, daß auch hier wiederum Dach- 
steinkalk unter halbem rechten Winkel zermürbtem Ramsaudolomit bei 
Ost geneigter Trennungsfläche tektonisch aufruht. Der kreuzende 
Sprung übersetzt geradlinig die Saalach zum Lamprechtsloch hinüber, 
wo man sich leicht überzeugen kann, daß tektonische Zertrümmerung 
den ersten Anlaß zu der nicht unbeträchtlichen Höhlenbildung ge- 
geben hat. 

Fassen wir die Beobachtungen über die wichtige Hauptstörung 
zusammen, so erscheint eine Absenkung des östlicheren Kerns der 
Großmulde an mäßig steil ostgeneigter Gleitbahn das wesentliche zu 
sein. Der tektonisch tiefstgelegene Teil der Gegend 
deckt sich somit nicht mehr wie an der mittleren Saal- 
ach mit dem heutigen Verlauf des Flusses, sondern ist 
östlich desselben mehrinden eigentlichen Muldenkern 
hinein verlagert. Diesem Hundsfußbruch kommt die 
Bedeutung des Saalachwestbruches zu, als deren wich- 
tigster dritter, nach Ost verschobener Ast er auftritt. 

Uber den eigentlichen Schollenblock, der aus verschiedenaltrigen, 
aber schwer trennbaren Dolomiten besteht, ist nur soviel zu sagen, 
daß in ihm die Fortsetzung der Sattelzone der Schüttachgräben ver- 
mutlich zu suchen wäre; an Schichtung nimmt man jedoch nur nörd- 
lich der Kleberau ostwestliches Streichen und wechselnd steiles (meist 
+45°) Fallen nach Nord wahr. 


2. Südliche Muldenumrahmung. 
(Ausläufer des Steinernen Meeres.) 
Profiltafel II, Figuren 4, 5 und 6. 


Auch von diesen Bergen soll in der vorliegenden Arbeit nur 
so viel eingehender besprochen werden, als in den Hängen des Prag- 
und Seehorns und in den die Saalach begleitenden Ausläufern des 
Kopf- und Fußsteins der unmittelbare Muldenrahmen gegeben ist. Am’ 
Aufbau ist norischer und rhätischer Dachsteinkalk mit aufsitzendem 
roten und grauen Lias, an der südlichen Basis auch Dachsteindolomit 
beteiligt. 

Daß man es hier mit dem natürlichen Ende einer steil 
ansteigenden Synklinale zu tun hat, geht schon aus dem allge- 
meinen Schichtverflächen hervor, da an dem Gehänge von Frohnwies 
regelmäßig Fallen nach NO (25—35°), am Kopfstein ebensolches Fallen 
nach Nord, gegen die Gipfelmasse des Prag- und Seehorns aber nord- 


[49] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 49 


westliche Neigung zu messen ist, während in den abschüssigen Mauern 
des Brunnkopfes und der Kammerlingwände der Kalk mit 60—85° 
westlicher, beziehungsweise südwestlicher Neigung in die Tiefe stürzt. 

Ausläufer des Muldenkerns greifen nun auf das mannigfaltigste 
in den Bord ein und führen so eine innige Verzahnung des 
jungschichtigen Muldeninneren mitden mächtigen 
Dachsteinkalkmassen des westlichen Steinernen 
Meeres herbei. Es kommt dieser so einfach zu überblickenden 
Tatsache eine gewisse regionaltektonische Bedeutung zu; hat doch 
Haug das Steinerne Meer zur „Dachsteindecke* gerechnet wissen 
wollen, während die jungen Schichten als Ausläufer der Unkenbach- 
mulde naturgemäß zur relativ tiefsten „bayrischen“ Decke gehören 
müßten; er verlangt also da, wo das Ineinanderverfließen von Muldenkern 
und Muldenbord so wunderbar klar und einfach erschlossen ist, eine 
Trennungslinie ersten Ranges. Hier wie im Hagengebirge stößt Haugs 
gewalttätige Phantasie und die schöne, ebenmäßige Wirklichkeit hart 
aufeinander. 

Die Synklinoriumsverknüpfung wird nur dadurch sekundär etwas 
verschleiert, daß eine große Anzahl von annähernd parallelen NW 
(beziehungsweise WNW)—SO (beziehungsweise OSO) streichenden 
Störungen die Schichten durchsetzen, fast ausnahmslos der Art, daß 
gegen NO zu eine scheinbare Heraushebung von Schollenstreifen 
bewirkt wird. 

So trifft man denn auf dem Jagdsteig von der Prechlalp über Fuß- 
steinwand-Kopfstein zur Jagdhütte auf der Kallbrunnalp und von da 
über Diesbachsee zum Seehorn immer wieder das gleiche Bild: man 
sieht zuerst den Dachsteinkalk von rotem und grauem Liashierlatz 
mehr oder minder gleichförmig überlagert, stößt gleich darauf wieder 
auf eine Steilwand von Dachsteinkalk, der seinerseits wieder von 
Lias überzogen wird usf., so daß man zwischen Saalach und Kematen- 
alp etwa 16mal tektonische Wiederholungen zählen kann, von kleinen 
und kleinsten parallelen Sprüngen abgesehen, die den klüftigen Fels 
durchfurchen. 

So richtig in vielen Einzelheiten die ältere Beobachtungsreihe 
Geyers sich erweist, der einen freilich allzugroßen Teil der Unregel- 
mäßigkeiten im Auftreten des Hierlatzkalkes auf primäre, präliassische 
Lagerungskomplikationen zurückführt, so wenig kann hier daran ge- 
zweifelt werden, daß die in Frage stehende Summe von Störungen 
recht jugendlichen Charakter besitzt. 

Die Mechanik der tektonischen Bewegungen liegt freilich nicht 
überall klar zutage, doch sah ich immerhin günstige Aufschlüsse 
genug, um darüber zu einem Urteil kommen zu können. 

So traf ich in dem klammartigen Bachriß, der von Pürzlbach 
gegen die Prechlalp herabzieht, auf mehrere glattgeschliffene Störungs- 
flächen der beschriebenen Art, die ich als N 30-40 W streichend, 
70° NO fallend vermaß. Dagegen fand ich im Graben nordöstlich der 
hinteren Pürzlbachmühle eine N 20 W streichende, fast saigere Steil- 
wand mit '40%S fallender Streifung und vorgelagertem schwarzen 
Lias. Wenige Schritte über dem markierten Steig von der Diesbach- 
mühle zur Kallbrunnalp gelangt man des weiteren auf 1180 m zu 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. F. Hahn.) m 


50 F. Felix Hahn. [50] 


einer Runse, welche sich längs einer N 80 W streichenden 65° NNO 
fallenden, glattgescheuerten Bewegungsfläche in den Berg gefressen 
hat; das der Fläche anlagernde Gestein (rhätischer Dachsteinkalk) 
ist vollständig zermalmt und zu rotgefärbter Brekzie verkittet; jenseits 
der Diesbachschlucht sieht man die Fortsetzung dieses Sprungs den 
westlichen Hang des Rauchkopfes in schutterfüllter Rinne durchspalten. 
Nördlich der Diesbachwiesen hebt sich in gewaltiger Steilflucht die 
Südflanke des Seehorns empor, an deren schuttbeladenem Fuß ver- 
schiedentlich roter Tias hervorsieht. Am Kontakt zum Dachsteinkalk 
der Wände läßt sich zwischen Diesbachalm und Klause eine Be- 
wegungsfläche von ostwestlichem Streichen und 75° nördlichem Fallen 
feststellen, doch gleich westlicher liegt ein Sporn von Dachsteinkalk 
bedeutend flacher auf überschobenem Lias. 

Recht instruktiv sind die Verhältnisse rund um den weltver- 
lassenen Diesbachsee. Am Südufer liegt ein Versinktrichter nahe der 
Stelle, wo eine N 74° W streichende, nahezu saigere, polierte Wand- 
fläche an den See herantritt; sie läßt sich östlich längs eines Krumm- 
holzdurchhaues bis über den Hauptkamm verfolgen und tritt auf der 
Südseite sofort wieder mit einer markanten Steilstufe hervor; die 
Bänke nördlich des Sprunges fallen hier westlich, jene südlich des- 
selben nördlich ein. Am West- und Ostufer des Sees trifft man roten 
und braungrauen, oft hornsteinreichen Lias, desgleichen noch in einem 
schmalen Streif am Nordufer, von äußerst brekziöser Beschaffenheit; 
er lehnt sich mit einer WNW streichenden, 80° nordfallenden Tren- 
nungsfläche an hochaufragenden Dachsteinkalk. Die Nische des von 
Schneeschmelzwasser gespeisten Sees verdankt somit tektonischen 
Bewegungen ihre erste Anlage. 

In der Gipfelmasse des Seehorns sieht man in der Südwand 
nochmals eine N 65° W streichende, 0° NO geneigte Fläche durch- 
streichen, längs der Dachsteinkalk auf Lias ruht; südwestlich vom 
Gipfel ist eine kleine Spezialmulde aus rotem und grauem Lias (WNW 
fallend 25°) wiederum steil vom Dachsteinkalk des Gipfels überwältigt. 
Auch die steil ansteigende Hauptmulde der Kematentretter ist nicht 
mehr ungestört in ihre Unterlage eingebettet; sie scheint vielmehr an 
westnordwestlich verlaufenden Störungsflächen geradezu in den Berg 
hineingepreßt; der rote Lias wurde dabei verschiedentlich ge- 
schleppt, zermalmt und stellenweise ausgedünnt, dann wieder zu un- 
regelmäßigen Linsen zusammengeschoppt. 

Überprüfen wir diese Einzelbeobachtungen auf ihre Gesetzmäßig- 
keit, so müssen wir zu dem Schluß kommen, daßin erster Linie 
eine gegenSW vordrängende Kraft tätig war, deren Auswir- 
kung heutzutage in steiler Überschiebung mit Rändern senkrecht zur 
Kraftrichtung, daneben (so an der Kematenschneid) an untergeordneten 
Horizontalverschiebungen im Sinne dieser sich geltend macht. 


3. Östliche Muldenbegrenzung (Hochkaltermasse). 
Profiltafel II, Figuren 2, 3, 4,5. Textfigur 1 in Verh.d. k.k. geol. R.-A. 1911, pag. 149. 


Blickt man vom schneidigen Südgrat des Hochkranz etwa oder 
vom Seehorn hinüber nach Nordost gegen die Hochkaltergruppe, so 


[51] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 51 


drängt sich die Vorstellung auf, daß einem Gewölbe die gigantischen 
Quadern des- Dachsteinkalkes angehören, dessen kaum unterbrochene 
Plattenflucht von dem zackigen Gipfelkamm bis zu den begrünten 
Matten der Kammerling- und Kematenalp sich hernieder beugend 
normal unter die jüngeren jurassischen Sedimente taucht. Nur an einer 
Stelle, auf etwa 2050 m, durchzieht ein unscheinbares Geröllband, 
nach Ost mit dem Hochkar des Ochsenalpls verschmolzen, das Ge- 
mäuer. Diese Verebnung ist es nun, die den Weg einer der 
bedeutsamsten Störungslinien der Berchtesgadner 
Alpen verrät; die Strecke, welche auf unser Gebiet entfällt, ist 
auf der Übersichtsskizze als Bindalm—Hundstod,bruch“!) be- 
zeichnet worden. Längs dieser Störung, die vom Hirschbichl westlich 
‚des Karlkopfes zum Ochsenalpl, über Wimbachscharte zum Nordfuß des 
Hundstods zu verfolgen sein wird, hat sich senkrecht zur Wölbungsachse 
eine gewaltige Massenverschiebung derart vollzogen, daB das nord- 
östlich angelagerte Gebirge längs einer N 30--50° W strei- 
chenden und 55—70° NO einfallenden Zerreißungsebene gegen das 
Muldeninnere vorbewegt wurde. Dadurch kommt nun in 
weiter Erstreckung das Liegende des Dachsteinkalkes, der Dachstein- 
dolomit, der selbst wieder als antiklinalen Kern Reingrabner- und 
Ramsaudolomit birgt, über dem zurückgebliebenen Liegendschenkel 
aus Dachsteinkalk zum Ausstrich. 


Das ganze Ochsenalplkar ist von schlechtgeschichtetem Dolomit 
erfüllt, der östlich den Kamm vom kleinen Gamsfeld zum Alplhorn, 
die Palfelhörner und die Kühleitenschneid erbaut, sich allmählich aus- 
dünnend, aber auch längs der hohen Gänge bis zum Karlboden ver- 
folgen läßt. Wenige Meter nördlich des vielbegangenen Steigs zum 
vorderen Kammerlinghorn ist nahe der Landesgrenze sogar eine be- 
sonders instruktive Stelle erschlossen, wo 40° WNW fallender Dolomit 
an N 40° W streichender und 45° nach NÖ einschießender, glattpolierter 
und gestriemter Fläche auf 50° W fallenden Dachsteinkalk geschoben 
ruht. Nahe der Störung zeigt sich der Dolomit auf das stärkste 
mechanisch beeinflußt, neben gelben mürben Partien treten „Rauch- 
wacken“ und echte Dislokationsbrekzien auf, die gar nicht selten rote 
und gelbe Hornsteinsplitter führen, Offenbar die letzten Überbleibsel 
überfegter jurassischer Liegendgesteine, da solche sonst dem Dach- 
steindolomit vollkommen fremd sind. Nach kurzer Unterbrechung im 
schutterfüllten Kleineiskarl kommen dieselben Dolomite nahe der 
Mittereisalpe wieder zutage und ziehen verstärkt durch Raibler 
Dolomit gegen die Hirschbichlstraße hinunter, auch hier noch, wie 
man sich in dem ersten von SO kommenden Bachriß nach Passieren 
der bayrischen Grenze überzeugen kann, gegen den südlichen Dach- 
steinkalk steil herangepreßt, dagegen im Norden an der Bindalm 
normal von WNW fallendem Dachsteinkalk der Klauswand überlagert. 
In der südöstlichen Strecke der Störung tritt in dem Bewegungs- 
mechanismus insofern eine Änderung ein, als von der Wimbach- 


1) Weder der Breithorn--Kirchentaler „Bruch“, noch der Almwald—Kematen- 
„bruch“ oder der Bindalm-- Hundstod,„bruch“ ist Bahn einer echten Verwerfungs- 
bewegung. 

7% 


59 F. Felix Hahn. [92] 


scharte ab Versteilung erfolgt; in der großartigen Westwandflucht des 
Hundstods folgt die Bahn einem nahezu senkrecht verlaufenden 
Rinnensystem. Nur wenige unwichtige Staffelungen sind zu bemerken, 
einmal jene südlich der Mittereisalpe, dann die markantere an der 
Wimbachscharte längs eines kreuzenden Bruchs, der in nordöstlicher 
Richtung hinabziehend die Schuttrinne des Loferer Seilergrabens ent- 
stehen ließ. 

Es muß hier volle Anerkennung finden, daß bereits Gümbel, 
besonders jedoch Geyer, das Vorhandensein dieser mächtigen Stö- 
rungszone ahnte. Beide suchten sie freilich viel zu tief im Eiblbach- 
oder Weißbachtal und auch noch die 1907 erschienene geologische 
Spezialkarte schließt sich dieser irrigen Ansicht an; da, wo dieselbe 
den „Unteren Dolomit“ (der hier in Wirklichkeit „Oberer“, d.h. 
Dachsteindolomit ist) in großer Verbreitung verzeichnet, befindet sich 
tatsächlich das Muldentiefste (oberer Lias) der Seehornsynklinale. 

Die von Nordost her wirkende Schubkraft macht sich noch in 
einer zweiten Störungszone fühlbar. Die von Dachsteindolomit über- 
schobene Randmauer des Karlbodens, Prunnerkopfs und Sigeretkopfs, 
deren Dachsteinkalke sich in steiler Flexur von 40 zu 85° gegen das 
Tal neigen, ist nämlich selbst wieder ein Stück weit über den teil- 
weise überkippten Lias vorgerutscht und innerhalb des letzterwähnten 
ist fast jede Schichtfläche zur Gleitfläche geworden. Am schönsten 
läßt sich dies am Aufstieg von der Kammerlingalp zum Ochsenalpl beob- 
achten: östlich P. 1397 sieht man unter.die jäh abfallende Wand 
des 700 WNW geneigten Dachsteinkalkes 30° N fallenden roten Lias 
flach in den Berg einschießen und dieser selbst liegt, wie das ein 
kleiner Bachriß etwas tiefer aufzeigt, wieder auf mittelliassischen 
Kieselkalken und schwarzem oberen Lias. Gelegentlich hat die Über- 
wälzung auch Teile des Dachsteinkalkes ergriffen, so daß man dann, 
so westlich des Karlbodens gegen den Hirschbichl zu wie ebenso am 
Sigeretkopf, das ganze Schichtpaket vom Dachsteinkalk zum oberen 
Lias verkehrt gelagert. antrifft. 

Auch die prächtigen Aufschlüsse im Hintergrunde der Kematen- 
alm lassen trotz kleiner und kleinster Verschiebungen keinen Zweifel 
über eine im wesentlichen gleiche Bewegung der Massen, die offenbar 
eine Folgeerscheinung des erstgeschilderten Störungsphänomens dar- 
stellt. Ich habe jene bis jetzt nur zur Kematenschneid sicher ver- 
folgen können, es erschiene jedoch nach der Lagerung südlich des 
Hundstods recht wahrscheinlich, daß dieselbe zwischen der Gipfel: 
masse dieses Berges und der vorgelagerten Schulter des Diesbach- 
ecks und kleinen Hundstods fortgesetzt zu denken ist, eine Annahme, 
die jedoch weiterer Untersuchung bedarf). Einige Querstörungen sind 
schuld für nicht unbedeutende Staffelung (an der Mooswachtwand mit 
schöner Schleppung des Lias); sie verursachen auch westlich der 
Wimbachscharte eine bedeutende Annäherung der beiden großen 
Störungszonen, so zwar, daß hier die gesamterschlossene Mächtigkeit 
des Dachsteinkalkes zwischen Dolomit und Lias bis auf 50 m herabsinkt. 


‘) Anhaltend ungünstige Witterung hatte mir die Ausführung von Kepisione 
touren in diesem Gebiete leider immer wieder vereitelt. 


[53] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 53 


Über die Hochkaltermasse selbst sei innerhalb des Rahmens 
dieser Arbeit nur weniges gesagt. Die alte Meinung Gümbels, daß 
Hochkalter und Watzmann sich. zu einem Kuppelsattel ergänzen, in- 
dem bei ersterem nordwest- bis westnordwestliches, bei letzterem 
nördliches und nordöstliches Fallen von mittleren Winkeln die Regel 
sei, kann nur bestätigt werden. Diese unvollkommene Faltung ist ein 
getreues Seitenstück zu den Verbiegungen, wie ich sie in den Stein- 
bergen mehrfach nachweisen konnte. Die Achse dieser Kuppelwölbung 
aber streicht schiefwinklig gegen die überschiebende Welle der 
Bindalm-Hundstodlinie heran und bricht dort jäh und unvermittelt ab. 
Der der letzteren entsprechende Massenverschub ist unverkennbar 
jünger wie die. bayrische Faltung, der nach Analogie mit nachbar- 
lichen Verhältnissen jene unvollkommene Verbiegung zugewiesen 
werden dürfte. 

Von kleinen Senk- und Schubstörungen abgesehen ist die Hoch- 
kaltermasse ruhigen Baues, so daß ein Querprofil vom Wimbachgries 
gegen den Hirschbichlklausgraben alle Schichtglieder von der ladi- 
nischen Stufe zum oberen Jura mit nordwestlicher Neigung aufeinander- 
liegend anträfe. Ja an der Engertalm hat sich, allerdings etwas ein- 
gebrochen, ein Rest der ursprünglichen altkretazischen Bedeckung 
erhalten. Erwähnung verdient die Querstörung des Loferer Seiler- 
grabens nochmals deswegen, da östlich derselben ein energischer 
Wechsel des Schichtverflächens sich kundtut. Soweit nämlich in den 
schlechtgebankten Dolomiten der Palfelhörner eine Beobachtung er- 
möglicht ist, läßt sich feststellen, daß die gesamte Masse von 
Dolomit mitsamt dem eingeschlossenen Schieferband mit 30° WSW 
fallend aufgerichtet ist, während am Alplhorn nordwestliche, an der 
Kubleitenschneid wiederum nördliche Neigung herrscht. 

Als eine im Kern gerissene und mehrfachin sich 
überschobene Sattelwelle haben wir so die südöstliche Mulden- 
rahmung zum Hirschbichl verfolgt. So grundlegend nun auch die nach 
NNO von hier zur Engertholzstube streichende Diagonalstörung !) für 
das Verständnis der Tektonik dieser Gegend ist, so vermag sie doch 
nicht den ursprünglichen Bauplan völlig zu verwischen. Unter die 
deckenförmig ausgebreitete Masse Ramsaudolomits der Laimbichl- 
hörner zieht in nordwestlicher Richtung die basale Sattelung hinein, 
Aptychenschichten und Neokom, auf österreichischer Seite steil SW 
geneigt, auf der bayrischen jenseits der abgeschürften Wölbung an 
der Hirschbichlstraße nord- bis nordostfallend, helfen mit die anti- 
klinale Achse festzulegen; im ganzen weiteren Verlauf der Almwald- 
Hirschbichllinie bis zum Fenster der Almwaldalm sind ältere Neokom- 
(Schrambach-) Schichten von der Decke überfahren, während der 
Muldenkern des Wildenbachtales mächtige jüngere Roßfeldschichten 
birgt. Und denken wir unter der Deckenlast die Sattelung nach Nord- 
west sich fortsetzend, so stoßen wir jenseits der Saalach in dem 
basalen herausgehobenen Jura des Tälernalprückens, herausgehoben 
offenbar schon vor der wieder einnivellierenden Deckenübergleitung, 
auf die natürliche Weiterführung der Welle. Die Faltung, welcher 


') Vergl. G. Gillitzer, a. a. O. pag. 211 u. fole. 


54 F: Felix Hahn. [54] 


dieser Sattel wie die westlich vorgelagerte Mulde an- 
gehört, die „Waidringer Faltung“, wie ich sie 1910 kurz 
bezeichnete, ist präjuvavisch. 


4. Muidenkern. 
Profiltafel II, Figuren 2, 3, 6, Textfigur 5. 


Das durch die besprochene Bergesumrahmung eingeschlossene 
Gebiet zwischen Lofer und Seehorn läßt sich als eine gewaltige Syn- 
kline mit nordwest—südöstlich verlaufender Achse auffassen. Dieses 
basale Becken wird naturgemäß von den jüngsten tirolischen Schicht- 
gliedern, höherem Jura und älterer Kreide erfüllt, nur im Südost 
gelangen bei Achsenanstieg unter einem schmächtigen Streifen Radiolarits . 
die düsteren Gesteine des oberen Lias zur Vorherrschaft. 

Eingehendere Untersuchung belehrt gar bald, daß die tektonische 
Großform im einzelnen auf das intensivste gestört ist, nicht sowohl 
unter der Einwirkung des primären Faltenwurfs als sekundär durch 
den gewaltigen Druck der überfahrenden Decklast. Dieses Zerstörungs- 
werk, vielleicht in jüngster Zeit oftmals unterstützt von tertiären 
Entlastungsbewegungen der Massen, sobald nur die gequälte Unterlage 
nach erosiver Zerstörung der Decke wieder aufatmen konnte, gibt 
sich fürs erste in starker, scheinbar regelloser Kleinfaltung der 
Schichten zu erkennen. Man braucht nur einmal die steilen Runsen 
der Laimbichlgräben mit dem Kompaß in der Hand zu durchsteigen, 
um rasch einen Einblick in die der Achsenrichtung wie der Intensität 
nach so überaus schnell wechselnde Verfältelungsmechanik zu ge- 
winnen, ein Bild, das auf Karte und Profilen nur sehr abgeschwächt 
und schematisiert zur Darstellung kommen konnte. Auch der schwarze 
Lias zwischen Kallbrunn-Kematen und Kammerlingalm zeigt in kaum 
geringerem Maße dieselbe Verquälung, als deren hervorstechendster 
Charakterzug es anzusehen ist, daß wie bei der unvollkommenen 
sekundären Verbiegung der Plateautafeln aus Dachsteinkalk im 
Großen, so hier im Kleinen asymmetrische „Halb“falten vorherrschen. 

Es ist aber durchaus nicht überall bei solch unvollständiger 
Schichtenverbiegung geblieben, vielmehr erzwang die stauende Kraft 
gar oft Ruptur, die heute als schuppenartige Störung in Erscheinung 
tritt. Die schönsterschlossene dieser Art, am Südrand desKirchen- 
taler Rauhenberges gelegen, soll durch die beigefügte Textfigur 5 
erläutert werden. Westlich des Wechsels liegt eine einfache, nach 
Nord überkippte Mulde von Neokom mit 50° südlicher Neigung und 
Aptychenschichten (im Norden SO fallend 40°, im Süden 50—60° 3 
fallend) vor, die im Süden von dem wichtigen Kirchentaler Bruch ab- 
geschnitten wird. Entlang der felsigen Mauern in der Westflanke des 
Rauhenberges zieht wieder ein Sprung von der Hackenschmiede zum 
Wechsel herauf, in seiner Richtung auf die Senkverwerfung jenseits 
des Strubtales am Westrand des Lerchkogels deutend. Der Bruch 
verläuft in Nord-Süd bis N 20° W—S 20° O und ist südlich des 
Wechsels an dem gut sichtbaren Kontakt von buntem Rhät (östlich) 
zu Aptychenschichten (westlich) fast saiger, nördlicher mehr oder 
weniger Ost fallend wahrzunehmen, 


[55] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 55 


Östlich dieses meridionalen Sprunges sind die tektonischen Ver- 
hältnisse um vieles komplizierter. Ich glaube sie nur dahin deuten 
zu können, daß von Nord oder Nordost her Anpressung eines doppelt- 
semuldeten Schichtpakets von Jura und Kreide unter solch starkem 
Druck erfolgte, daß in der in der Mitte gelegenen Sattelung der 
Doppelmulde Zerreißung eintrat und der Lias — hier aus klotzigem roten 
und weißen Kalk bestehend — auf nordwärts geneigter Gleitfläche 
zwischen die Aptychenschichten (hier größtenteils mergelig) hindurch 
in das Neokom hineingestoßen wurde, so daß der Lias nach Art eines 
selbständigen Schubkeiles auftritt. Man beobachtet nämlich, daß der 
10—20 m dicke Liasstreifen mit mäßig steil bergeinwärts fallender 
Fläche von Neokom, über welchem östlicher bunte Aptychenschichten 
sichtbar werden, unterlagert wird und nach Überkletterung der Steil- 
stufe trifft man neuerdings die schwärzlichen Mergel der Kreide und 
darauf unmittelbar unter der Südwand des Rauhenberges wiederum 
Aptychenschichten;. dabei ist stets Neigung nach NO, bzw. NNO mit 
Winkeln von 30—45° zu messen. Östlich der schutterfüllten Ein- 
sattelung, die der Verbindungsweg Lofer—Kirchental benützt, fehlt der 
nördliche Streif von oberem Jura und auch die Liasschuppe keilt 
gleich darauf aus. 

Diesem energischen Stau, dessen Kraftrichtung höchstes 
Interesse verdient, sind ganz ähnliche Bilder zwischen Weißbach 
und Wildenbachtal an die Seite zu stellen. 

Verläßt man die kurze Klamm des unteren Wildenbaches in 
östlicher Richtung, so trifft man, ehe die Werfener des mittleren 
Wildenbachtales sich einstellen, auf eine 200 m breite Quetschzone 
30° NO geneigter basaler Schiefer und Kalke, die mindestens eine 
schuppenförmige Wiederholung von bunten und grauweißen Aptychen- 
schichten auf schwärzliche Neokomschiefer erkennen läßt. Die 
Schuppenfläche zieht schnell in die Höhe, denn nach kurzer Unter- 
brechung durch Moräne und Schutt bildet westlich des Maislbauern 
grauer, hornsteinführender Aptychenkalk einen markanten Felsriegel, 
unter dessen Basis flach östlich geneigte, zerknetete Kreidemergel 
einschießen. Weiter südwärts verschwindet nun zwar fürs erste die 
Schuppungsfläche innerhalb des Neokoms, aber jenseits des Goldenen 
Zweiges schiebt sich unvermittelt ein Keil von dickbankigem roten 
und grauen Liaskalk zwischen P. 1221 und dem untersten Hüttchen 
der Gföllwiesalpen in die Aptychenschichten hinein. Bei einem Sturz- 
bachfall ist eine 45—60° O fallende Trennungsfläche zwischen unterem 
Streif von Aptychenschichten und Lias aufgeschlossen ; 350 m süd- 
östlich dieser Stelle tritt dann dieselbe Gleitebene am Fuße einer 
überhängenden Wand des den Lias normal unterteufenden Dachstein- 
kalkes schön zutage und hier mißt man Streichen N—S, Fallen 30° 
nach OÖ bei 10° NO geneigter Striemung; unter der Fläche liegt eine 
mürbe, mit Hornsteintrümmerchen gespickte Reibungsbrekzie als letztes 
Äquivalent des unteren Streifens von Aptychenschichten, dann Dach- 
steinkalk. 

Ein ganz ähnlicher Vorgang hat sich auch nördlich der Persil- 
alpe abgespielt. Während man ja über der ungestörten Folge von 
Lias, Radiolarit und oberen Jura die Kreide erwarten sollte, trifft 


Er | Fer Hahn [56] 


man daselbst trotz gleichbleibender nordöstlicher Schichtneigung auf 
eine kleine Wandstufe von buntem Liaskalk. 

Die bisherigen Beobachtungen drängen wiederum zu dem Schluß, 
daß eine aus Nordost schiebende Kraft zu solcher 
Schuppung im basalen Gebirge führte mit einem Re- 
sultat, welches die Wirkungen des Saalachwestbruches 
energisch abschwächt; und letzterer kann dabeinurals 
das primäre, der Anstau von Nordost alsdassekundäre 
Element gedacht werden. 

An der Nordseite des Gerhardsteins sind in einer Ausdehnung 
von nahezu 1'5 km bunte Mergel und Hornsteinkalke des oberen Juras 
über kretazische Schichten herübergepreßt, wobei zahlreiche bald 
parallele, bald sich kreuzende Gleitflächen das wirr verfilzte Schicht- 
paket durchfurchen; diese Flächen setzen auch in die basalen Lagen 
des juvavischen Lerchkogelkalkes hinein. 

An der Südwestseite des Hochkranzes gelangt man über dem 
nordostfallenden Neokom abermals in bunte Aptychenschichten, die 
dem nach Südwest überschlagenen Muldenflügel angehören müssen; 
die Deckmasse des Hochkranzes kann bei diesem Vorgang als passiv 
mitwirkend gedacht werden. 

Die Schuppung ist trotzdem nicht etwa nur an die Nähe von 
Deckschollenresten geknüpft. Ein analoges Störungsbild zwischen Fall- 
eck und Hirschbichl ist vielmehr den Bewegungen an der Bindalm— 
Hundstodlinie beigeordnet. Östlich P. 1303 kommt zwischen einiger- 
maßen normal mächtigen Aptychenschichten und dem verfältelten 
oberen Lias der Radiolarit, allerdings bereits in starker Verdrückung, 
noch zum Ausstrich. Mit jedem Schritt nordwärts verschmälern sich 
oberer Jura und schwarzer Lias, beide rücken mit gänzlichem Aus- 
fall von Radiolarit aneinander (am Fußsteig östlich P. 1135): unter 
den Dachsteinkalken östlich der Mooswacht scheint eine Strecke weit 
auch der obere Lias zu fehlen, so daß ein kaum 20 m breiter Streif 
von Aptychenschichten, der über die Straße gegen Punkt 1264 fort- 
setzt, zwischen Neokom und Trias zu finden ist. Eine Menge steil O 
seneigter Ruschelflächen, die die Fallecker Aptychenkalke durch- 
schwärmen und bequem schon längs der Fahrstraße zu verfolgen 
sind, deutet auf die Mechanik, wie diese Schichtreduktion vonstatten 
sing; nicht an Auswalzung, sondern an Schubüberholung längs 
kleiner und kleinster Gleitebenen muß gedacht werden; der fehlende 
Teil des Schichtverbandes ist in der Tiefe zurückgeblieben. Das 
Störungsphänomen ist aber als Ganzes nur eine weit 
segen den Muldenkern hinübergreifende Folgeerschei- 
nung der Hochkalterbewegung. 

Es erübrigt noch, auf einige nebensächlichere Sprünge im 
Weißbachtale hinzuweisen, die bei fast saigerer Bahn in NO streichen 
und scheinbar die Tendenz haben, den südöstlich gelegenen Gebirgs- 
teil zu „heben“. Einer derselben ist jedem Besucher der hübschen 
Seissenbergklamm in Erinnerung, da er unvermittelt nach der,düsteren, 
eng gewundenen oberen Klammstrecke freien Umblick in das be- 
erünte, geweitete Tal schafft und so lebhaft zur Erhöhung der land- 
schaftlichen Gegensätze beiträgt. Eine andere Störungslinie östlich 


[57] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 57 


Pürzlbach macht sich in einem Hub des Radiolaritbandes um über 
200 m bemerkbar. Die erwähnten Sprünge sind einander und zu der 
kreuzenden Störung Gföllwiesenalp-Lamprechtsloch parallel und liegen 
wie jener des Loferer Seilergrabens in der Kraftrichtung der 
Bewegung von der Watzmann-Hochkaltermasse. 


1I. Die Deckschollen der (juvavischen) Berchtesgadner 
Schubmasse. 


1. Vorzone (Deckenreste der Saalachsenkschollen östlich Lofer, am 
Kirchentaler Rauhenberg, Gerhardstein, Hochkranz). 


2. Hauptzone (Perhornmasse, Hundshornmasse, Almwald-Hundsalp- 
schuppen, Masse der Laimbichlhörner). 


Mit schimmernden Wänden älteren Gesteines umgürtet entragen 
Gerhardstein und Hochkranz dem ruhigen Gewell des jungschichtigen 
Muldentiefsten wie Schweizerklippen dem Flysch; das Eintauchen des 
Juras und der Kreide von Wildental unter die Triasmasse der Hunds- 
horngruppe und der Laimbichlhörner, vom Hinterhirschbichl 4 km 
weit freien Blickes verfolgbar, stellt sich an klarer Schönheit des 
tektonischen Bildes der Brandung des Algäuer Schubrandes zur Seite: 
wir stehen am mählich sich auflösenden Uferrand der Berchtesgadner 
Schubmasse, die wiederum nur den westlichsten Teil der gewaltigen 
juvavischen Deckenbildung umgreift. _ 

Ein Blick auf die tektonischen Übersichtskärtchen dieser Arbeit 
und jener 1910 über das mittlere Saalachgebiet veröffentlichten lehrt 
den innigen Zusammenhang der hier wie dort herrschenden Bauformel. 
Was mir damals jedoch aus der Beschränkung auf den mittleren 
Saalachstreif noch nicht notwendig erschien, das glaube ich jetzt als 
natürlich Gegebenes zu einer vereinfachten Darstellung benützen zu 
dürfen, nämlich die Scheidung der Deckschollen in eine umsäumende 
Vorzone und innen gelegene Hauptzone. Diese Abtrennung gründet 
sich fürs erste auf die Heteropie der Trias; dem Vorwiegen von Hall- 
stätter Dolomit, Lerchkogelkalk nebst Loferer Schichten in der Vor- 
zone steht die Schichtreihe Werfener-, Ramsaudolomit-, Reiteralmkalk 
der Hauptzone gegenüber. Die geringmächtigen Vertreter der Hall- 
stätter Kalke schließen sich jedoch teils der ersten, an anderen Stellen 
wieder der letzteren an und auch im übrigen wird sich aus der Dar- 
stellung genugsam ergeben, daß diese Scheidung, so sehr sie auf den 
ersten Blick als grundlegend erscheinen könnte, doch diese Bezeich- 
nung in tektonischem Sinne nicht verdient. 


I. Vorzone. 
Deckenreste der Saalachsenkschollen östlich Lofer. 
Profiltafel II, Figur 1. 


Dieses Gebiet ist leider so gründlich mit diluvialem und allu- 
vialem Schutt verhüllt, daß die kleinen, unzusammenhängenden Auf- 
schlüsse im felsigen Untergrund ohne Beziehung zur weiteren Umge- 
bung nicht mehr genügend Rückhalt für eine tektonische Beurteilung 

Jahrbuch d. k,k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F, F. Hahn.) 8 


58 F. Felix Hahn. [58] 


darbieten würden. Nachdem jedoch heute der Anschluß im Westen 
und Norden!) gegeben ist, läßt sich wenigstens das Folgende sicher- 
stellen. 

Das kleine Hügelchen nördlich Scheffsnots, das aus Lerchkogel- 
kalk und typischen Loferer Schichten (graue, mit Kohleschüppchen 
durchspickte Mergel mit weißen Schalenresten) besteht, ist als unmittel- 
bare Fortsetzung des Lerchkogels zu betrachten. Daß es, wie der 
letztere, auf Neokom ruht, wird durch winzige Aufschlüsse in diesem 
gesichert, die sich an der Saalachböschung nahe der Gehbrücke östlich 
Lofers einstellen. 

Die Gumpinger Fahrbrücke könnte bereits auf Reiteralmkalk 
stehen; wenigstens kommen bei geringem Wasserstand hier auffallend 
sroße Partien Dachsteinkalks im Flußbett zum Vorschein. Das am 
Wegeck westlich P. 709 gelegene Hügelchen besteht dagegen zum 
größeren Teil aus typischem grauen, brekziösen Hallstätter Dolomit 
mit Hornsteinsplittern, dem mit Gesteinsübergängen weißer karnischer 
Hallstätter Kalk 400 WNW fallend beigelagert ist. Würde der Dach- 
steinkalk an vorerwähnter Stelle als wirklich anstehend zu betrachten 
sein, so müßte er als das südlichste Ende desjenigen Zuges von 
Reiteralmkalk aufgefaßt werden, der von brachiopodenführendem Hier- 
latzkalk überkleidet von Reit über Sellauer und Maurach nach Au und 
zum Eberl zu verfolgen ist. Das Hallstätter Hügelchen würde dann 
nicht dem Hallstätter Zug von Faistau—Wirmbach, sondern jenem von 
Reit, Wieserer, Lenz und Sellauer entsprechen und hiermit stimmt 
sowohl das westliche Einfallen überein, das all diesen Vorkommen 
zu eigen ist, wie der Umstand, daß nördlich Zaß bei P. 757 ebenfalls 
ein winziges Stückchen lichtbunten Dolomits hinter dem Streifen von 
Dachstein- und Hierlatzkalk von Au auftaucht. 

Auf jeden Fall steht fest, daß die relativ breite Vorzone der 
mittleren Saalach sich südwärts dadurch verschmälert, daß unter 
nahezu vollkommener Unterdrückung eines Schichtstreifens reiner 
Hallstätter Entwicklung die Zone der Reiteralm und jene des Diet- 
richshorns-Lerchkogels und Rauhenbergs sich auf wenige hundert 
Meter nähert. 

Zwischen all diesen Deckenresten und der östlich gelegenen 
Masse des Perhorns und Hundshorns zieht jene wichtige Dislokations- 
linie, die ich a. a. O. pag. 663 bereits als „Saalachostbruch* 
skizzierte und welche seitdem in ihrem genaueren, oft gestaffelten 
Verlauf bei Gillitzer eingehende Würdigung fand. Bei gemeinsamer 
Begehung des Schoberweißbaches stellten wir an dieser Stelle für die 
Störungsfläche eine östliche Neigung von 50° fest und trotz des 
mangelhaft erschlossenen Kontakts läßt sich auch zwischen dem 
Dachsteinzuge von Au und den Werfener Schichten der Perhorn— 
Hundshorngruppe eine ebensolche östliche Neigung von nicht zu 
seringen Fallwinkeln aus den beiderseitigen Ausstrichgrenzen wahr- 
scheinlich machen. Die Masse der Perhorn-Hundshorngruppe 
erscheint somit von Ost etwas über die Saalachsenk- 
schollen heraufgepreßt. 


I) G. Gillitzer, a. a. OÖ. pag. 216—220, 


[59] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 59 


Der 
Kirchentaler Rauhenberg 


Figur 1, pag. 149, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1911; Textfigur 5, pag. 45 


ist, soweit Decke, aus Hallstätter Dolomit und Lerchkogelkalk erbaut, 
während bemerkenswerterweise trotz normalen Kontakts der beiden die 
Loferer Schichten hier sehr an Verbreitung zurücktreten. Das Einfallen 
der im Südwest, Süd und Südost von jungen tirolischen Schichten unter- 
teuften Deckscholle ist durchschnittlich 30—45° nach Norden; einige 
kleine, in NNW ziehende Sinkverwerfungen zerschneiden dabei den 
südöstlichen Teil derart, daß die Schollenstreifen nach Ost gegen die 
Saalach zu tiefer liegen. 


Die Kontaktfläche im Süden gegen die überstürzten Aptychen- 
schichten ist so steil (595 —80°), daß sie als normale juvavische Schub- 
bahn nicht in Betracht kommen kann. Wie so häufig zwischen Unken 
und Lofer erscheint auch hier die Deckmasse in die Unterlage ver- 
senkt. Dies ist besonders in der Nähe der Verebnung auf 930 m. 
(mit Aussichtsbank nordöstlich Kirchentals) verdeutlicht, wo der Kon- 
takt von fremdem Dachsteinkalk zu Neokom und Lias unbekümmert 
um den Verlauf der Höhenkurven schnurgerade zu Tal streicht. Am 
westlichen Fuße des kleinen Schubkeils von Lerchkogelkalk, der von 
etwas Hallstätter Dolomit unterlagert längs des Steiges vom Loferer 
Tal zum Wechsel in steiler Wand abbricht, kommen Aptychenschichten 
und Neokom in schlimmer Verquälung am Boden kleiner Nischen 
und Höhlungen bereits wieder in normaler Überschiebungslage hervor. 
Dieser von basalem Neokom und Jura selbst überglittene Schub- 
splitter von Lerchkogelkalk ist deshalb ganz besonders beachtenswert, 
weil er beweist, daß die aus Nordost tätigen Schuppungs- 
kräfte, denen der intensive Stau im Kirchentale zuzuschreiben ist, 
die Deckschollen bereits in ihrer heutigen Lage vor- 
gefunden hatten und abgespaltene Teile derselben zu neuer 
Komplikation benützen. 


Am Bergeck westlich St. Martins, das bequem von dort in 
wenigen Minuten zu erreichen ist, streicht die juvavische Fuge zu 
Tag. Der Lerchkogelkalk, mit 40° NO fallend, führt hier an seiner 
Basis graue dünnbankige Lagen von Loferer Schichten und sitzt 
fast eben dem arg zerknitterten, dünnblätterigen und kalzitdurch- 
aderten Neokom auf. 


Gerhardstein. 
Profiltafel If, Figuren 2 und 6. 


Dieses von seiner Deckenumgebung bereits völlig abgetrennte, 
schwebende Plateau bietet zweifellos die schönsten Überschie- 
bungsaufschlüsse, dieindengesamten Salzburger Alpen 
zu sehen sind. In fast ununterbrochener Linie sind sie zunächst 
am Nordrande 2 km lang freigelegt, in der Nähe des weithin sichtbaren 
Wasserfalls beginnend, der auf gutem Ziehwege vom Reitbauern zu 
erreichen ist. Am Fuße der Wände von Lerchkogelkalk zieht sich eine 
oft nur 1m, dann wieder bis zu 20 m hohe Vorstufe aus grauen 

8*+ 


60 F. Felix Hahn. [60] 


Öberalmer Kalken und bunten Mergeln des Tithons entlang, die sich 
über die grünlichgrauen Schrambachschichten herüberbeugen und 
gar mancherlei Eigenwellungen stets mit flach südgeneigter Kompo- 
nente aufweisen. Darauf folgt die Hauptschubbahn, die im Durchschnitt 
10 bis 20° südliche Neigung besitzt, doch ebenfalls im Streichen 
etwas verbogen ist. Wo die dünnplattigen Loferer Schichten an der 
Basis des Deckenkalks sich einstellen, wie das an der nordöstlichen 
Bergecke stets der Fall ist, sind Schubflächen untergeordneter Be- 
deutung, meist etwas steiler in den Berg fallend, innerhalb derselben 
recht häufig und es ist dann stellenweise die juvavische Fuge gar 
nicht leicht aus der Überzahl von Bewegungsbahnen herauszufinden. 
Einige Beachtung verdienen auch mehrere die Rückwitterungswand 
in WNW staffelnde Ruscheln, da sie fast horizontal verlaufende 
Striemen aufweisen. 

Am östlichen Bergsaum führt das Steiglein von den Trettalpen 
zum Litzlkopf nahe an die Überschiebungsaufschlüsse heran. Hier fällt 
die Fläche über Roßfeldschichten mit 15 bis 20° nach SW in den Berg; 
ähnliches gilt auch noch an der südöstlichen Bergecke nördlich Leitens, 
wo die Kreide steil WSW geneigt unter die Decke einschießt. 

Großartig sind die Deckenbeweise über Stockklaus. Aus tiefer 
Höhle schäumt ein kräftiger Sturzbach unter dem Gewölbe des Decken- 
kalks hervor und frißt sich immer tiefer in die weichen, doch wasser- 
undurchlässigen Schrambachschichten des Bodens ein. Kaum 200 m 
westlich gibt sich ein ähnlich schönes Bild: am Boden einer 8 m 
tiefen, 1 m hohen, in den Berg gehenden Guffel gequälte Kreide- 
schiefer und eine massive Wölbung darüber aus Dachsteinkalk. Und 
ähnliche, tief unter den Berg führende Beweisstellen werden in dem 
Einschnitt der Persilalpe immer häufiger. Sie sind hier besonders be- 
suchenswert, da einmal von dieser Alpe ein ganz bequemes Steiglein 
an den Fuß der Wände führt und da zum anderen gerade hier die 
dynamische Einwirkung auf die basalen Schrambachschichten vielleicht 
den Höhepunkt erreicht. Die von serizitisch schimmernden Häuten 
durchzogenen, von Kalzitgeäder nach allen Richtungen gekreuzten 
Schiefer zeigen jenen hohen Grad von Druckentmischung, wie ihn 
Schweizer Forscher von Seewenschichten des öfteren beschrieben 
haben. Die vorzügliche Aufschlußreihe kommt an der südwestlichen 
Bergecke (über P. 1221) mit einer 15 m tiefen und fast 3m hohen 
Höhlung zum Abschluß, an deren Grund wieder das aufgeblätterte 
Neokom in den Berg hineinzieht. 

Legt man unter Berücksichtigung all der erwähnten Aufschlüsse 
verschieden gerichtete Schnitte durch den Berg, so ergibt sich unzwei- 
felhaft eine im großen ganzen nur unbedeutend verbogene und 
schwach (nicht über 10%) südgeneigte Schubebene. Eine 
starke, das ganze Gebirge überwältigende Faltungs- 
periodekannnachdemjuvavischenFEreignis keinesfalls 
wirksam gewesen sein. Dies hat seine Bedeutung, da die Deck- 
scholle selbst zwar weitgespannte und stehende, aber doch ganz ener- 
sische Faltung erkennen läßt. Zwischen Litzlkogel und P. 1542 ist 
deutlich eine Mulde eingesenkt mit nordwest—südöstlicher Achse, an 
die sich westlicher zwischen P. 1542 und der Gerhardsteinkuppe eine 


[61] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 61 


sattelförmige Wölbung mit einem Kern von Hallstätter- und Ramsau- 
dolomit anreiht. Zwischen Schattseiten und Trettalpen ist schließlich 
an einer ostwestlichen Linie der Zusammenhang zwischen nördlicher 
und südlicher Plateauhälfte zerstört worden, so zwar, daß erstere 
tektonisch tiefer erscheint. 

Es möchte vielleicht kein Zufall sein, daß Lerchkogel und Diet- 
richshörndl ebenfalls einen synklinalen Bau erkennen ließen; alle drei 
Berge sind dabei am äußersten Rand der Berchtesgadner Schubmasse 
gelegen. Trotz aller sekundären Achsenverbiegung, die sich dem 
heute noch erhaltenen Schubrand ziemlich anschmiegt, wird wohl auf 
eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit zu schließen sein. 


Hochkranz. 
Profiltafel II, Figuren 3 und 6. 


Dieser südlichste Deckenrest im Saalachtal, zugleich der süd- 
lichste juvavische Überrest im ganzen Berchtesgadner Land, wenn 
man von den winzigen Schubinselchen auf der Höhe des Steinernen 
Meeres absieht, besteht ganz aus Lerchkogelkalk mit etwas Loferer 
Schichten an der Basis und einem schmalen Streifen Hallstätter 
Dolomits. Auch er ist allerseits von Jura und Kreide des basalen 
Gebirges umgürtet; doch ist die randliche Verschüttung infolge der 
bedeutenderen Höhenlage leider schon weit vorgeschritten. Immerhin 
sind ähnliche Aufschlüsse, wie sie den Gerhardstein auszeichnen, an 
der Süd-, West- und Nordwestkante nach einigem Suchen zu finden. 
Hier kommt der Schubfläche eine auffällig starke nördliche Neigung 
zu (scheinbar bis zu 30°). Es dürfte dies kaum der ursprünglichen 
Lage entsprechen; die Erklärung gibt vielleicht eine Anzahl von NNO 
streichenden, ziemlich saigeren Sprüngen, die nach dem jeweiligen 
Ausstrich der Schichtgrenze von Dolomit zu Lerchkogelkalk zu 
schließen ein relatives Absinken der nordwestlichen Bergesteile be- 
wirken. Die Masse des Hochkranz selbst zeigt ähnlich wie der Rauhen- 
berg flache nördliche Neigung, während die Deckscholle im ganzen 
gerade dem basalen Muldenkern aufsitzt; dessen unregelmäßige Ver- 
biegungen scheint die Schubfläche abzuschneiden. 


2. Hauptzone. 


So einfach in großen Zügen der Bau der bisher besprochenen 
Deckschollen vor Augen liegt, so verwickelt und schwierig erklärbar 
ist derselbe in jenem aus Werfener Schichten, Ramsaudolomit und 
Reiteralmkalk erbauten Zwischenstreifen mit Mittelgebirgscharakter, 
der als Perhorn—Hundshorngruppe das Hochplateau der Reiteralm 
mit der Saalachsenkzone verbindet und nordwärts in die Dolomitöde 
des Mairberges und Aschautals, südöstlich in dem noch unwirtlicheren, 
schroff getürmten Zug der Laimbichlhörner sich fortsetzt. Zur Decken- 
bildung, zu der Unregelmäßigkeit welliger Verbiegungen mit einander 
schneidenden Achsen, zu stratigraphischer und fossiler Verarmung 
gesellen sich überraschend intensive Reduktionen des normalen Schicht- 
verbandes, die nur auf Scherbewegungen zurückgeführt werden können. 


62 F. Felix Hahn. 162] 


Um den-durch Gillitzers Kartierung der Reiteralpe gewon- 
nenen Zusammenhang zu nützen, sei mit der Besprechung der 


Perhornmasse 
Profiltafel II, Figuren 1 und 7 


begonnen. Sie ist als unmittelbare, durch keine wesentliche Störung 
abgetrennte Fortsetzung der Zone von Mairberg anzusehen. Über die 
Werfener Schichten des mittleren Schoberweißbaches, die in einem 
Zuge über die Auerwiesen zur Klauselbachmündung sich erstrecken, 
legen sich nördlich die Ramsaudolomite des Mairberges, südlich jene 
der Kematsteiner und Jöchlingalpe, der Hintermahd und vom Hagen- 
bauer und darauf hat sich in der Gipfelkuppe des Perhorns noch 
ein kleiner Erosionsrest Dachsteinkalkes erhalten. An der Basis des 
Ramsaudolomits ist das tiefere Niveau der Reichenhaller Dolomite 
relativ deutlich entwickelt, stellenweise sogar kalkig, so daß trotz 
der geringen Gesamtmächtigkeit des Dolomits (bis 450 m), die der 
stratigraphischen Begründung nicht entbehrt, derselbe an Sohle und 
Dach in normaler Lagerungsbeziehung steht. 

Die gesamte Masse ist gegen Ost eingestellt; fast 
überall ist östliche Schichtneigung von 15—50° zu messen und selbst 
die kleinen Verbiegungen im Klauselbach (eine geringfügige Ein- 
muldung von Dolomit und sattelförmige Hebung von Werfener 
Schiefern) fügen sich diesem Gesetze; lediglich an der Hintermahd 
scheint Umbiegung zur Synklinale vorhanden zu sein. 

Die Perhornmasse liegt, wie bereits abgeleitet wurde (pag. 58), 
der Vorzone steil aufgepreßt an. Dies ist keineswegs der einfache 
Vorgang, wie es der Karte nach scheinen könnte. Die Reibungsbrekzie, 
welche Gillitzer hinter der Schoberweißbachklamm über dem 
Dachsteinkalke der Vorzone und unter den Werfenern der Perhorn- 
masse erwähnt), besteht weder aus diesen noch jenem; sie ist viel- 
mehr aus Bruchstücken von Ramsaudolomit zusammengesetzt. Dies 
allein läßt auf eine regionalere Bedeutung der Störungsfuge schließen. 

Die Perhornmasse ist jedoch nicht nur selbst steil 
übergeschoben, sondern am Südrand ihrerseitsvon der 
Hundshornmasse überschoben. Uber den Ramsaudolomit der 
Südhänge des Klauselbaches legt sich wie eine Sperrmauer Dachstein- 
kalk, und zwar echter Reiteralmkalk mit östlicher Schichtneigung, 
trotz Ruschelflächen an seiner Basis das natürliche Aquivalent des 
Gipfelkalkes am Perhorn. Erklimmt man die Kante dieser jähen 
Gefällsbruchstufe, so wandert man überraschenderweise bis zur Scheffs- 
noter Alm aufs neue im Ramsaudolomit. Der westliche Teil der 
zwischenliegenden Dislokation ist nun zweifellos eine mäßig süd- 
geneigte Schubfläche, da ja der tektonisch höher liegende Dolomit 
alle Ausbuchtungen des Gehänges mitmacht und sich über dem Wasser- 
fall der Klause bis zum äußersten Abbruch hinaus auf dem Dachstein- 
kalk ruhend verfolgen läßt. Östlicher zieht hingegen die Grenze auffällig 
serade in die Höhe, eine energische Schubbahnversteilung verratend. 


) A. a. O. pag. 220, Fig. 17. 


[63] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 63 


Es ist für die hier zu schildernde Mittelzone sehr charakte- 
ristisch, wie jäh und unvermittelt diese doch offenbar tiefgreifende 
Störungsfläche beiderseits im Terrain verschwindet. Westlich keilt der 
Reiteralmkalk rasch aus und der unter- wie überlagernde Ramsau- 
dolomit verschmilzt zu einer schwer trennbaren Masse. Mit Mühe 
läßt sich dann im Kienberggraben eine meridionale Querstörung fest- 
stellen, die den Kienberg im Westen etwas absinken ließ und so wird 
ein gleiches auch für den Ausstrich der Schubstörung zu erwarten sein. 

Im Osten gibt eine der kompliziertesten Linien des gesamten 
Gebietes die Begrenzung. Genau in der Richtung des östlichen Wand- 
absturzes der Hundshorngruppe, der nur an zwei Stellen von schmalen 
Steigen überwunden wird, zieht sich an der nordöstlichen Bergecke 
des großen Hundshornes von der Terrassenverebnung der Hundsalm 
eine Steilrunse gegen die Jöchlingalpgräben herab, um schon auf 
1200 m in Schutt und Moräne zu tauchen. Der linke, westliche Steil- 
hang wird von 40°O fallendem Ramsaudolomit gebildet, dem öst- 
lichen läuft eine fast senkrechte Wand Reiteralmkalkes entlang, 
in der Mitte der Rinne waren im Frühjahr 1910 nach der Schnee- 
schmelze rote typische Sandsteine und Letten nebst einer grünlich- 
grauen kalkigen Bank der höheren Werfener Schichten aufgeschlossen. 
Tektonische Einschiebsel solcher Art sind im Berch- 
tesgadner Land an wichtige tangentiale Dislokationen 
gebunden. Auch im gegebenen Falle müssen wir es mit einer 
solchen zu tun haben. Trotz der saigeren Kluft kann kein irgendwie 
gearteter Hebungs- oder Senkungsvorgang ein kompliziertes Schuppen- 
paket aus Werfenern und Dachsteinkalk (östlich) gegen eine ge- 
schlossene Masse von Ramsaudolomit (westlich) zum Abstoßen bringen. 
Und dasselbe wird durch Verfolg der Dislokation nach Süden und 
Norden bestätigt; hier ist hinab gegen die Mairbergklamm innerhalb 
des Ramsaudolomits von einer Verwerfung überhaupt nichts zu spüren, 
dort setzt die Schuppenfläche der Hundshornmasse an. 


Hundshornmasse. 


Profiltafel II, Figuren 6 und 7 und Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1911, pag. 149, 
Figur 1. 

Als leuchtend rote Draperie über die grünlichschwarze Tiefe 
des Kreidegesteines, das die wilden Laimbichlbäche durchrauschen, 
schmiegen sich die Werfener Schichten vom Hirschbichl zur Alm- 
waldalp und herab nach Wildental ziehend an die jähen, hellfarbenen 
Wände des Sulzensteinkammes und der Hundshorngruppe. Der Kontakt 
hat an letzterer Stelle bei näherem Besehen einen eigentümlichen 
Charakter. An der nordöstlichen Bergecke des Hundshornes ziehen 
die prallen Wände des Reiteralmkalkes fast bis zu den Werfenern 
der Hundsalmlehne herab und nur ein schmales Schuttband ist da- 
zwischen eingeschoben. Dann schaltet sich an dessen Stelle westlich 
Kötlarnalm etwas Ramsaudolomit ein, um aufs neue unter dem Pointel- 
kopf zu verschwinden. Am Steiglein zur Triessteinalp beginnt der 
Dolomit nochmals, und erst kaum 100, dann 200, schließlich 400 m 
mächtig, verbreitert sich der Sockel Ramsaudolomits bis Wildental, 


64 F. Felix Hahn. [64] 


wo hingegen die Werfener Schichten zwischen Dolomit und basalem 
Dachsteinkalk nur wenig Platz mehr behaupten können. Es kann sich 
keineswegs etwa um ein natürliches, stratigraphisches Auskeilen des 
Dolomits handeln; die verschiedensten Horizonte des Dolomits, am 
Östfuße das oberste Niveau, am Triesstein die Hauptmasse des 
ladinischen Anteiles, zwischen Metschen und Sonnseiten typischer 
Reichenhaller Dolomit kommen ja auf die skytischen Sedimente zu 
liegen. Diese selbst befinden sich in nicht unbeträchtlicher Eigen- 
faltung, stets diskordant zur ruhig gelagerten höheren Trias; und 
endlich lassen die Stellen zwischen Wildental und Kötlarnalp, an 
welchen der schuttbefreite Kontakt zwischen Werfenern und Dolomit 
genau zur Untersuchung gelangen kann, deutlich eine weitgehende 
Zertrüämmerung des Dolomits an der Basis und eine Menge berg- 
einwärts fallender Ruschelflächen erkennen. 


Ich glaube so gezwungen zu sein, den heute vorliegenden Kon- 
takt zwischen Werfener Schichten und der Hauptmasse der Trias 
der Hundshornmasse als eine Abscherungsbahn aufzufassen, längs 
welcher bei einer teilweisen Massenübergleitung der größere Teil des 
tieferen Ramsaudolomits, bei Steigerung der Intensität im Norden 
unter dem Hundshorn der gesamte Ramsaudolomit, von der höheren 
Triasmasse überholt wurde. 


Dieser Schluß scheint um so dringlicher, wenn man die Lagerung 
innerhalb der Hundshornmasse in Betracht zieht. Am großen Hunds- 
horn herrscht südliches Einfallen von 30—45°, südlich der Linie 
Scheffsnoter Alm—Kötlarnalm besitzt die Platte des Dachsteinkalkes 
nicht minder deutlich nördliches Einfallen von ähnlicher Stärke, und 
wo sich im Umkreis des Kötschmairbaches die Schichtung im Dolomit 
feststellen läßt, ist Östliche Neigung zu messen. Dies zusammen heißt 
aber, wie aus den Profilen klar hervorgeht, daß eine flache, in OÖ ein- 
fallende Mulde von west—östlicher Achse vorliegt. Bei ungestörter 
Lagerung könnte demnach am mittleren Ostrand das Auftreten der 
skytischen Stufe überhaupt nicht erwartet werden. 


Auch an vertikale Dislokation ist südlich der Kötlarnalm nicht 
mehr zu denken; nur zögernd überschneidet ja der anormale Kontakt 
die Höhenkurven unter Triessteinwand und Sonnseiten. 


Die Hundshornmasse ruht somit an ihrer Nordseite der tieferen 
Perhornmasse auf, ist aber selbst längs einer tiefgreifenden Scher- 
fläche in zwei Schuppenstreifen gespalten. Trotz dieser dominierenden 
Lage schwimmt sie jedoch am südwestlichen und südlichen Rande, 
von Strohwolln bis zum Wildentalbach, ohne Einschaltung tieferer 
tektonischer Bauglieder unmittelbar auf der Kreide des tirolischen 
Gebirges. Das bedeutet, daß all die komplizierten Schub- 
bewegungen innerhalb der Decke der Deckenbildung 
selbst gegenüber als unbedeutend in den Hintergrund 
zu treten haben; sie sind sekundärer Prägung. Es ist um 
so bedeutsamer, daß auch die faziesvermittelnden Linsen der 
Hallstätter Sedimentation nicht etwa der Schuppenbasis ge- 
nähert, sondern inmitten dieser tektonisch höchstge- 
legenen Masse nahe unter oder im Liegenden des Reiteralmkalkes 


[65] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 65 


sich finden. Es wird bei der endgültigen Abschätzung . der Gesamt- 
ergebnisse mit Nachdruck auf diese Tatsachen zurückzukommen sein. 

Einige erläuternde Worte sind dem juvavischen Saum zu widmen. 
Eine besonders ausgezeichnet erhaltene Kontaktstelle befindet sich 
südwestlich des Westlinger im tiefen Einuriß des Wildenbaches, zu 
dem ein kleiner Fußsteig mit Brücke herabführt. Auf stark gequälten 
schwarzen Neokomschiefern liegen bräunlich- bis weißlichgraue, kalzit- 
geäderte, klotzige Kalke in 6—8 m hoher Wandstufe, darüber beginuen 
sofort mit fast ebener Auflagerungsfläche die roten Werfener. Die 
Natur dieses von tonigen und bituminösen Häuten durchzogenen 
Kalkes, der an gleicher tektonischer Stelle sowohl bachaufwärts süd- 
östlich des Westlinger Hofes wie im Reitbauerngraben und am öst- 
lichen Ende der Wildenbachklamm unvermutet sich einstellt, war mir 
anfänglich unklar. Die innige Verbindung mit bunten Aptychen- 
schichten südlich Wildentals, das Auftauchen identischer Kalke 
zwischen oberem Lias und Neokom am Hirschbichl wie an der 
Straße zum Hintersee nahe Grundübelau wies mich schließlich darauf 
hin, ein tithonisches Alter für das wahrscheinlichste zu halten. Mit 
Hallstätter oder Reiteralmkalk besteht nicht die geringste Ähnlichkeit. 


Der Ausstrich der Schubfläche längs des Werfener Saums ge- 
stattet die Neigung der Gleitbahn zu bestimmen; vom Ursprung der 
Sulz- und Griesbäche bis herab zum Wildenbach unterm Westlinger 
ist eine solche von 14° nach West bei fast ebener Fläche zu ‘er- 
mitteln. 


Almwald—Hundsalm-Schuppen. 


Profiltafel II Figur 6; G. Gillitzer, a. a. O., Profiltafel Figur 2 und Figur 14, 
pag. 215. 

Der schmalen, von zwei spiegelbildlich gleichen, vertikalen Dis- 
lokationen im West und Ost begrenzten Scheide zwischen Schober- 
weißbach und Wildental ist eine besondere Bauformel zu eigen. Steigt 
man aus den Laimbichlgräben zur Hundsalm empor, so quert man zu- 
nächst nach Überschreitung des zerfranzten Deckenrandes alle mög- 
lichen Gesteine der skytischen Stufe bei stetem Südfallen wechseln- 
der Neigung. Dieselben Werfener Schichten lassen sich nun mit 
jenen bereits pag. 4 besprochenen dünnplattigen Kalken im scheinbar 
Liegenden, längs des Nordfußes des Hundshorns auf scharf abgesetzter 
Verebnung bis zu der bereits geschilderten Dislokationsrinne östlich 
der Jöchlingalp verfolgen. Sie liegen ganz flach auf Reiteralmkalk auf- 
geschoben, dessen obere Seite stratigraphisch normal liegt; denn ein mehr 
oder minder zusammenhängender Zug von transgressivem, zum Teil 
Belemniten führendem bunten Hierlatz schaltet sich am Kontakt ein. 
Nur an einer einzigen Stelle, an der Jagdhütte östlich P. 1323 ist 
eine weitere tektonische Zwischenlage eines 0'5—3 m mächtigen 
dunklen geschiehteten Dolomits (S fallend 45% von Reichenhaller 
Habitus auf ganz kurze Strecke den Lias überlagernd vorhanden. Der 
Riegel von Reiteralmkalk mag vielleicht antiklinal gebaut sein, wie 
es Gillitzer vermutet; deutlich habe ich jedoch dies, dem nur das 
Vorkommen eines weiteren kleinen ER am unteren Ende 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1, Heft. (F. F. Hahn.) 9 


66 F. Felix Hahn. [66] 


der Jöchlingalprinne zum Beweis dienen könnte, nirgends beobachten 
können. Dagegen ist die weitere Beobachtung dieses Autors, die tekto- 
nische Auflagerung dieses Kalkstreifens auf rote Werfener der Alm- 
waldalp betreffend, zweifellos ebenso richtig wie die Tatsache, daß 
unter dem dünnen skytischen Mantel an drei Stellen Hopliten-führende 
Schrambachschichten hervorlugen. 

Ein Vergleich mit den bereits besprochenen Verhältnissen in 
der westlichen Berggruppe dient zur Erhellung dieses rätselhaft 
scheinenden Baues. Mag auch, wie das Profil Gillitzers angibt, 
zwischen den tieferen Werfenern der Almwaldalm und dem Ramsau- 
dolomit der Mairbergklamm eine weitere Störung verlaufen (und dies 
ist wegen des Fehlens des höheren skytischen Niveaus zwischen bei- 
den mir selbst wahrscheinlich), so liegt doch der Deutung nichts im 
Wege, welche diese Werfener als aufgestülpte Basis der Perhorn— 
Mairbergmasse anspricht. Der höhere Schubkeil Reiteralmkalks ent- 
spricht auch orographisch ganz auffällig der Steilstufe gleichen Materials 
zwischen Kienberggraben und kleinem Hundshorn; es ist nur eine 
weitergetriebene Abscherung, die ähnlich wie an der Ostseite des 
Hundshorns den Ramsaudolomit beseitigt hat. Die hangenden Werfener 
Schichten der Hundsalm müssen dann der Bödenschuppe der Hunds- 
hornmasse entsprechen, was tatsächlich mit dem Kartenbild aufs beste 
übereinstimmt. Die Störung in der Runse östlich der Jöchlingalm trägt 
somit den Charakter eines Blattes. 

Das reduzierte Schuppenpaket der Hundsalpscholle weicht nur 
dynamisch von dem westlicher vorhandenen Bauplan ab. Und wieder- 
um ist es von besonderer Wichtigkeit, daß trotz des Aufeinander- 
türmens dreier Schuppenstreifen im Liegenden stets die gleiche kreta- 
zische Unterlage des basalen Gebirges erscheint; selbst diese 
intensive Scbuppenstauung hat mit dem regionalen 
Deckenbau kaum ursprünglich etwas zu tun gehabt. 

Die östlich angrenzende Dislokationsfuge soll im Zusammenhang 
mit dem Bau des 


Kammes der Laimbichlhörner 


Hahn, a. a. O., 1911, pag. 149, Figur 1; Gillitzer, a. a. O., Profiltafel Figur 2, 
Textfiguren 10—12 
besprochen werden. Nähert man sich von der Jagdhütte an der Hundsalm 
der runsendurchfurchten Steilflanke des Rauhenkopfs, so ist zwar eine 
Verschmälerung des Dachsteinkalkriegels gegen die Einsattlung zu be- 
merken, doch bleiben auch hier noch die hangenden und liegenden 
Werfener Schichten, welch letztere in dem nordwärts hinabziehenden 
Bachriß in Gestalt fossilreicher Naticella costata-Bänke eingekeilt liegen, 
voneinander getrennt. Der Schuppenstreif Reiteralmkalks setzt sich 
vielmehr, an der weithin auffälligen Kulisse des P. 1453 in erheblicher 
Anschwellung, nach Südost fort, während der tiefere Werfener Zug 
zwischen dem dolomitischen Dachsteinkalk des P. 1453 und der Masse 
des Ramsaudolomits vom Rauhenkopf auskeilt!). Zugleich erfolgt eine 


!) Die Bemerkung Gillitzers, daß die Werfener der obersten Laimbichl- 
gräben und jene der Almwaldalm analog seien (pag. 214), ist somit irrtümlich. 


[67] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 67 


bemerkenswerte Versteilung der Schubfläche. Südlich der Almwaldalp 
ruht ja die obertriassische Steilstufe noch ziemlich flach auf den tieferen 
Werfener Schichten, etwas östlicher nähert sich der Kontakt immer 
mehr der Vertikalen, bis östlich P. 1453 vollkommen saigere Stellung 
erzielt ist. Und ganz dasselbe gilt für die Störungsbahn von Reiter- 
almkalk zu der höheren skytischen Schuppe; am Südfuß von P. 1453 
könnten eher diese „oberen“ Werfener Schichten als vom Dachstein- 
kalk steil überschoben gelten. Trotzdem bleibt die juvavische 
Fläche zwischen Decke und basaler Kreide fast eben. 

Wenn nicht wenige 100 m westlich die tangentiale Be- 
wegungsmechanik so klar erschlossen wäre, wenn die Überdeckung 
des basalen Gebirges dortselbst nicht so handgreiflich vor Augen läge, 
so könnten die saigeren Störungsflächen im Westen des Laimbichl- 
kammes dazu verführen, mit dem althergebrachten Hebe- und Ver- 
senkungsspiel an einfachen Verwerfungswänden arbeiten zu wollen, 
wobei freilich bei der allzuengen Vergesellschaftung von Kreide, 
Werfenern, Dachsteinkalk und Ramsaudolomit gleich Bewegungsgrößen 
von 1000 m und mehr in Rechnung zu setzen wären. Ich betrachte 
das erläuterte Beispiel, das für den Gebirgsbau der 
Salzburger Alpen geradezu typisch genannt werden 
kann, als eindringliche Mahnung, die altgewohnte An- 
sicht, nach der in den Nordalpen saigere tektonische 
Flächen schon beweisend für die Auswirkung von Be- 
wegungskräften im Sinne des Erdradius sein müßten, 
jeweils vor Anwendung im speziellen Fall sorgfältigst 
zu überprüfen. Wo es sich um auffallend große stratigraphische 
Sprunghöhen handelt, da ist es heute auf Grund unserer erweiterten 
Erfahrung geboten, trotz des etwa vorhandenen saigeren Kontaktes an 
ursprünglich tangentiale Bewegungen als das wesentliche Moment zu 
denken. 

Am Rücken zwischen Sulz- und Scharleitenbach liegen Werfener 
Schichten über Neokom, Dachsteindolomit mit Linsen (?) von Pedata- 
kalk und tiefster Ramsaudolomit nebeneinander, wiederum als Ver- 
treter der tieferen Hundshornschuppe sowie der durch eine tief- 
greifende Scherfläche zerspaltenen Perhorn—Mairbergmasse. Von hier 
ab keilt jedoch der Reiteralmkalk aus und nur winzige Reste von 
schwimmenden Werfenern schmiegen sich allein noch an das Jäh empor- 
ragende Dolomitgemäuer, dem sie bis zum Hirschbichl treu bleiben. 
Im hintersten südlichen Scharleitenquellbach zeigt sich der in Figur 6 
dargestellte Aufschluß !) von allgemeinerer Gültigkeit. 

Die Erklärung könnte an und für sich zweierlei Art sein. 
Entweder ist die mächtige Dolomitlast der Laimbichlhörner etwas 
eingesackt zu denken an steiler Verwerfung gegenüber dem ruhend 
gebliebenen äußersten Deckensaum; oder aber die Anpressung 
der Hundshornmasse auf die nördlich benachbarte Perhornscholle 
fand ihr natürliches Ende an dem starren Widerlager der Laim- 
bichlhörner, welche in kräftigem Gegenstoß die Anpressungsfläche 


!) Die roten Werfener Sandsteine und Lettenschiefer fallen 30° nach O, die 
untere Ruschelfläche streicht hier N—S und hat 75° östliche Neigung. 


9* 


68 F. Felix Hahn. [68] 


überstürzten; die Werfener Schichten am Westfuße des Kammes 
wären dann niemals die normale Basis der Dolomitmasse gewesen. 
Dessenungeachtet wird aber doch die letztere von Werfenern normaler- 
weise unterlagert zu denken sein, wie das die schönen Aufschlüsse 
im Osten des Bergkammes zwischen Stadelgraben und Teufelskopf 
dartun. 

Die Verhältnisse am Hirschbichlpaß bedürfen nach der zu- 
treffenden Schilderung Gillitzers, der unsere gemeinsame Begehung 
zugrunde lag, keiner weiteren Erläuterung; nur darauf sei mit Nach- 
druck hingewiesen, daß die wichtige meridionale Störung des bayrischen 
Gebietes längs der oberen Hirschbichlstraße nicht in das österreichische 
herübersetzt. Die Almwald—Hirschbichllinie, deren wahren Charakter 
wir im Profil Hundsalm— Almwaldalm kennen lernten, knüpft sich viel- 
mehr ungebrochen an die Bindalm—Hundstodstörung;; nur das nordwest- 
südöstlich verlaufende tektonische System, ist westlich des Hirschbichls 
von Bedeutung. 


Fig. 6. 


Dolomirt 


raue 
Werfner 


tote 
Werfner 


=, 


Über den Eigenbau der Dolomitmasse der Laimbichlhörner ist 
leider nur allzuwenig auszusagen. Daß die maßstablose Haugsche 
Profilskizze (a. a. ©. pag. 389, Fig. 2) in jeder Hinsicht ungenau, 
‚wofern nicht unrichtig ist, ergibt sich aus meiner und Gillitzers 
Aufnahmen wohl von selbst, da ja weder von Raiblern noch von Dach- 
steinkalk, weder von ungestörtem Überschiebungsausstrich noch von 
‚einer gleichmäßigen Verflächung nach Nord etwas zu sehen ist. Unter 
letzterer Annahme würde ja ein richtig gezeichneter Querschnitt 
nahezu 2 km Dolomitmächtigkeit ergeben! So kompliziert: also auch 
der Bau im Detail sein mag, bei dem fast gänzlichen Mangel an 
deutlicher Schichtung des einförmigen, von Ruscheln durchschwärmten 
Dolomits läßt sich kein Bild davon gewinnen. Trotzdem ist nicht zu 
fürchten, daß deshalb ein wesentlicher Zug im Gebirgsbau verloren wäre. 


[69] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 69 


E. Rückblick auf die Ergebnisse. 


Nachdem die Grundlage stratigraphischer wie lokaltektonischer 
Beschreibung gegeben ist, bleibt die Aufgabe, bei der sinngemäßen 
Verknüpfung der Einzelergebnisse die historische Seite in den 
Vordergrund 'treten zu lassen. 

Drei große Gruppen tektonischer Einwirkungen 
lassen sich nach dem vorangehenden ungezwungen auseinander halten: 
die Eigenfaltung von Basis und Decke, die Decken- 
bildung selbst und die Summe der aus einer jüngeren 
Querfaltung resultierenden Schuppenstörungen. 

Der Schichtenbau des basalen; tirolischen Gebirges im Saalach- 
tal wird von dem nordwest— südöstlich ziehenden Ausläufer der ge- 
räumigen Unkenbachmulde beherrscht, die mit stetig südwärts 
ansteigender Achse am Seehorn die Plateauhöhe des Steinernen Meeres 
erklommen hat und hier in der Gipfelfaltung am Funtenseetauern bis 
zur Laubwand ausklingt. Die begrenzenden Ufer sind einmal die 
Steinberge, dann die Hebungswelle im Süden der Hochkaltergruppe, 
die vom Hirschbichl ab zwar unter die Decke hinabtaucht, aber in 
ihrer geradlinigen Fortsetzung doch noch in der basalen Jurazone des 
"Tälernalprückens nachwirkt. 

Geradeso wie im Dürrnbachhorn—Sonntagshornzuge, so macht 
sich auch saalachaufwärts ein sekundärer Verfaltungsversuch be- 
merkbar, dessen südwest—nordöstliche Achsen auf die alttertiäre 
„bayrische“* Faltung hinweisen. Nur unvollkommen ist diese den 
frühverstarrten Flanken des alten „Waidringer“ Faltenstaus 
Herr geworden. Eine Sattelung schiebt sich zwischen Loferer und 
Leoganger Steinberg und mit der Dolomitmasse des Hundsfußes gegen 
das Herz der Mulde vor, eine zweite, noch weniger gelungene erhebt 
sich im stolzen Gipfel des Birnhorns und verläuft über den Kamm 
der Schoßhörner, unbedeutendere Antiklinalen wellen die Nordflanke 
‘des Loferer Steinberges; verbrochene Halbsynklinalen stehen zwischen 
’Breit- und Vorderhorn, am Lahnerhorn in Nieder- und Hochgrub 
gegenüber. Auch dem Verhältnis von Watzmann zu Hochkalter liegt 
ein analog gebauter Kuppelsattel zugrunde !). All diesen sekundären 
Formen ist im Gegensatz zur formvollendeten Großzügigkeit der 
älteren Faltung unfertige Gestaltung und rasche Achsenversenkung zu 
eigen; der Kern der Großmulde wird kaum mehr davon berührt. 

Jünger als die besprochenen Freignisse muß jener energische 
Senkungsvorgang gewesen sein, der die Saalachsenkschollen in die 
Tiefe gleiten ließ. Es ist nicht ohne allgemeines Interesse, daß die 
Zerspaltung des Saalachwestbruches, der hier so rücksichtslos 
die „bayrischen“ Halbfalten durchsetzt und abschneidet, in drei un- 
gleich starke Aste und deren allmähliches Ende so Schritt für Schritt 
zu verfolgen war, einmal längs des Ostrandes des Loferer Tales zur 
" "Westseite des Großen Ochsenhorns, dann übers Turneck ins Saalach- 
tal von Dürrnberg und schließlich als wichtigste Linie über Stroh- 


!) Verbiegungen im „bayrischen“ Sinn sind auch am Westrand des Steinernen 
Meeres, besonders im Kamm Schindlkopf—Persailhorn deutlich. 


70 F. Felix Hahn. [70] 


wollen—Wildental-zum Goldnen Zweig. Wie es sich schon bei Unken 
bewahrheitete, so ist der gleiche Vorgang auch während des süd- 
licheren Verlaufes zu bestimmen: stets erfolgt längs dieser Bahn 
östliche Schollenversenkung sehr erheblichen Betrages an ursprünglich 
wohl nahezu saigeren Flächen. Erst südlich Oberweißbachs ist auch 
die letzte Wirkung dieser das Saalachtal von Reichenhall an in 35. km 
langem Schwung vorzeichnenden Linie erloschen. 

Das an Wichtigkeit überragende Ereignis der Salzburger Alpen 
ist die juvavische Deckenbildung, deren 30 km langer, 
erosionszersplitterter Seitenrand zwischen Hochkranz und Reichenhall 
uns heute nach eingehender Spezialbearbeitung seines Schleiers ent- 
hüllt vor Augen liegt. Es gilt die regionalen Charaktere des be- 
sprochenen Gebietes zu sammeln. Die Basis liegt mit 20° kaum über- 
steigenden Winkeln nordostfallend am Rauhenberg, westlich und 
nördlich einfallend in der Gruppe der Hundshörner und Laimbichl- 
hörner, südfallend am Gerhardstein und nordfallend am Hochkranz. 
Obwohl, wie aus einem Vergleich der Profile wohl deutlich genug 
hervorgeht, von einer eigentlichen Verfaltung nicht die Rede sein 
kann, sind Einbiegungen der Auflagerungsfläche nicht ver- 
kennbar. Es ist dabei wohl kein Zufall, daß diese außer Zusammen- 
hang mit der ältesten Großfaltung stehen, wohl aber sich der bay- 
rischen Wellung einzuordnen scheinen. Denn die muldenartige 
Einbiegung der juvavischen Fläche zwischen Gerhardstein und Hoch- 
kranz fällt mit der Mulde des Lahnerhorns, die bedeutende Elevation 
des Schubrandanstriches an der Südseite des Wildenbachtales mit 
der Sattelung der Schüttachgräben zusammen. Wir dürften dem- 
semäß die ,„bayrische“ Faltung der Deckenbildung 
segenüber als sekundäres, jüngeres Formungselement 
betrachten). 

Die Decke selbst zeigt Faltung besonders deutlich am Gerhard- 
stein und in der Hundshorngruppe. Unzweifelhaft handelt es sich 
dabei um bereits als fertig zur Verfrachtung gekommene Falten- 
wellen; an dem heutigen Platze können sie keinesfalls entstanden 
sein. Die Falten des Gerhardsteins haben ja nicht den geringsten 
Zusammenhang mit dem Untergrund, schließen sich dafür mit jenen 
aus dem Lofer— Unkener Gebiet zu einem ursprünglichen Ganzen zu- 
sammen. Die Deckenbildung wäre so den Faltungs- 
perioden zwischengeschaltet. 

Es braucht nach den Detailschilderungen wohl kaum der vielen 
Worte. darauf hinzuweisen, daß das juvavische Ereignis, wie immer auch 
die Entstehungskeime geartet sein mochten, mit Überfaltung wenig 
gemein hat. Das haben doch wohl schon meine Untersuchungen 
zwischen Unken und Lofer bewiesen, es war das Resultat der Auf- 


') Diese Beobachtung stimmt gut mit jenen Schlüssen überein, die man an 
deren Orts in den Salzburger Alpen aus der Lagerung und Verbreitung der Gosau- 
schichten ziehen muß; sie war mir leider in meiner Arbeit über das mittlere 
Saalachtal noch nicht zur Gewißheit geworden, so daß ich dortselbst allerdings 
mit großer Unsicherheit das juvavische Ereignis für jünger als die bayrische Faltung 
ansprach. Infolge der neueren Forschungen besonders C. Leblings etc. glaube 
ich daran nicht mehr festhalten zu dürfen. 


[71] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 71 


nahme Gillitzers von der Reiteralm, Krauß’ von der Reichenhaller 
Gegend und meine Begehungen im oberen Saalachtal können mich 
nur immer wieder darin bestärken. Um Massenübergleitung 
auf flachgeneigter Förderbahn über gefaltetes, doch vielleicht 
schon einnivelliertes Grundgebirge hinweg und mit verfaltetem Gestein 
in der Decke muß es sich bei der juvavischen Deckenbildung gehandelt 
haben. 

Und die Decke ist trotz aller Heteropie einheit- 
lichen Charakters. Wohl unterschied ich zu bequemerer Darstel- 
lung eine auch tektonisch umgrenzte Vorzone und Hauptzone innerhalb 
der Berchtesgadner Schubmasse. Aber diese Einteilung ist nicht etwa 
identisch mit einem Deckenbau höherer Ordnung. So wichtig auch 
jene die beiden Zonen trennende Fuge (Saalachostbruch) ist, so wenig 
stimmt sie ihren Eigenschaften nach (vergl. G. Gillitzer und oben 
pag. 58 und 62) mit dem Ausstrich einer Überschiebungslinie überein, 
selbst die Eigenheit, daß längs ihr stellenweise Hauptzone auf Vorzone 
steil aufgepreßt ist, kann recht wohl mit sekundären Bewegungen in 
Zusammenhang stehen. 

Immer wieder, wie schon im mittleren Saalachgebiet stellt sich 
die Frage entgegen, warum auf der Vorzone keine Schollenreste der 
Hauptzone schwebend erhalten liegen, warum unter der letzteren 
die erstere fehlt und unmittelbar basales Gebirge auftaucht. Die besser 
erhaltenen Plateaureste der Vorzone (Gerhardstein) zeigen nirgends 
jene intensive tektonische Beanspruchung, die ein ehemals über- 
fahrener Gebirgsteil aufweisen müßte. Und wenn schon die Auswalzung 
der Zwischendecke an so vielen Stellen, wie es die heutigen Auf- 
schlüsse erfordern müßten, bis zu völliger Ausdünnung gediehen war, 
dann müßte immer noch eine Art „Brekziendecke“ oder aber irgendwo 
eine tektonische Anhäufung der verquälten Masse der Vorzone vor- 
handen sein — vergeblich sucht man nach beiden im Saalachtal. 

Wie wenig harmoniert die Annahme von Teildecken mit dem 
tatsächlich Gegebenen, wenn man das Fazieskriterium, da ja 
gerade von überfaltungstheoretischer Seite immer wieder übertrieben 
ausgebeutet wird, heranzieht. Wir können da unterscheiden: 

eine vorderste Zone A (Hochkranz— Gerhardstein — Rauhenberg— 
Lerchkogel—Dietrichshorn) mit Zlambach- und Hallstätter Gesteinen, 
besonders auch Hallstätter Dolomit, geringmächtigem Ramsaudolomit, 
Reichenhaller Dolomit und Werfener Schichten; 

eine Zone B (Vokenberg—Maurach—Au) mit geringmächtigem 
Reiteralmkalk und Hierlatzkalk, Hallstätter Dolomit mit Einlagerungen 
von Halobienkalken, geringmächtigem Ramsaudolomit; 

eine Zone © (Hundshorn—Perhorn — Mairberg) mit anschwellendem 
Reiteralmkalk, ausspitzenden Zungen der Hallstätter Entwicklung ohne 
Hallstätter Dolomit, mit allmählich mächtiger werdendem Ramsau- 
dolomit nebst Reichenhaller Dolomit über Werfener Schichten. 

Die Hauptmasse der Reiteralm D endlich besteht aus sehr 
mächtigem Dachsteinkalk und ebenso sehr mächtigem Ramsaudolomit 
über Werfenern ohne Spur von Hallstätter Einfluß. 

Diese Zonen folgen, wie ein Blick auf die Karte kundtut, in 
konzentrischen Bögen genau derart nacheinander, wie es theoretisch 


72 F. Felix Hahn. [72] 


im Hinblick auf normale Faziesverknüpfung zu erwarten wäre; dabei 
hat der tektonisch höchstgelegene Teil — die Hundshornmasse — 
eben wegen seiner räumlichen Nähe zur Randzone A und B die ver- 
mittelnde Serie von ©, der weiter einwärts gelagerte Stock der Reiter- 
alm besitzt dagegen das Faziesextrem, obwohl aus Gillitzers Auf- 
nahmen hervorgeht, daß die Mairberg—Perhornmasse, die im Ver- 
hältnis zur Hundshornmasse als liegend gelten muß, mit dem Haupt- 
körper D nicht nur nicht durch UÜberschiebung des letzteren auf die 
erstere verbunden ist, daß vielmehr D in ersterer durch Senkvorgänge 
eingelassen erscheint. 

Man könnte es schließlich versuchen, A allein B, C und D zu- 
sammen als Teildecken gegenüberzustellen, etwa dem Nowakschen 
Schema folgend. Die lokaltektonischen Einwände sind jedoch allesamt 
ebenso gültig wie im erst erläuterten Fall; die so innig stratigraphische 
Verknüpfung würde eine willkürliche Zerschneidung erfahren. 

Wir kommen zu dem Schluß, daß innerhalb der Berchtes- 
sadnerDeckedieeinzelnenSchollenelementeimwesent- 
licheneinesolche Lagebeziehungzueinanderhaben, wie 
sie diese von Anfang an besessen haben müssen; daß nur 
randliche Teilüberschiebungen vorliegen; daß die Sedimente der 
Decke einem und demselben Ablagerungsbecken zuzurechnen sind, das 
allerdings einer kräftigen Heteropie unterworfen war. 

Es ist charakteristisch, wie der Saalachwestbruch nicht nur in 
weitausholendem Bogen sich dem seitlichen Deckenrand von Reichenhall 
bis Oberweißbach anschmiegt, sondern wie er auch gerade da bis zum 
Erlöschen sich abschwächt, wo der letzte Deckschollenrest (Hochkranz) 
dem tirolischen Untergrund entragt; würde es sich nicht schon aus 
zahlreichen Einzelheiten im Verlauf saalachabwärts ergeben haben, so 
müßte hieraus allein auf ein relativ junges Alter der Sen- 
kungsbewegungen geschlossen werden und so haben wir sie denn 
auch bereits als nach dem juvavischen Ereignis und nach den Ver- 
biegungen im „bayrischen Sinne“, d. h. frühestens als 
im Alttertiär eingetreten gedeutet. 

Trotzdem gehört dieser so bedeutsame Sprung noch nicht der 
sroßen Gruppe der jüngsten Bewegungen an, deren ge- 
samte Auswirkung einer. gegen West vordringenden 
Querfaltung zuzuschreibenist. Das Studium dieses Phänomens 
wird stets auf das klarsterschlossene Beispiel im Berchtesgadner Land, 
auf die Hochkalterüberschiebung zurückzugehen haben. 

Die alte, nordwest— südöstlich streichende, die Unkenbach — See- 
hornmulde flankierende Sattelwelle ist heute nach SW überbeugt, in 
ihrem Kern zerspalten und von einer nach Nordost geneigten Be- 
wegungsfläche durchsetzt, längs welcher die Masse des Hochkalters 
und Watzmanns ein Stück weit südwestlich über die bereits decken- 
beladene Mulde herübergewandert ist. Keine aus einer anderen Richtung 
wie aus Nordost wirkende Kraft kann zur Erklärung dieser klaren 
Verhältnisse herangezogen werden. In imponierender Höhe das erosions- 
zernagte Deckschollenland übertlironend, von heute noch ungetrübt 
morphologischer Frische (vergl. pag. 23) erweist sich diese Bewegung 
schon dadurch als die relativ jüngste in weitem Umkreis. 


[73] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 73 


Das Andrängen der gewaltigen Bergmasse schürfte den zunächst 
in Mitleidenschaft gezogenen Muldensaum in tiefen Wunden empor; 
in der Nähe des „Kematenbruchs* ist jede Schichtfläche zur Bewegungs- 
bahn des höheren, älteren über das tiefer gelegene, junge Mulden- 
kerngestein geworden; so intensiv ist der Vorgang, daß am Hirsch- 
bichl die ganze, normalerweise über 1700 m starke Schichtreihe vom 
karnischen Niveau zum kretazischen Muldeninneren durch Abschür- 
fung und Schuppenüberholung auf 200 m Ausstrichbreite reduziert ist! 


Eine Schar nordwest—südöstlich streichender Schuppenflächen 
durchzieht die alte Muldung, vom Seehorn hinab bis zur Saalach bei 
Frohnwies stets der Formel gehorchend, die älteres Gestein im Nord- 
ost mit zunehmender Bahnversteilung auf der der Kraftheimat abge- 
wandten Seite auf jüngeres im Südwest geschoben fordert. Der Saalach- 
westbruch aber hat ursprünglich gerade den gegenteiligen Bewegungs- 
sinn — und deutlich brandet gegen ihn wie gegen ein Felsenufer die 
jüngere Bewegung heran. In rückläufigem Sinne zum ehemaligen Vor- 
gang stoßen unter dem versenkten Muldeninneren die Keile des 
härteren Liaskalkes über Aptychenschichten, die festen Bänke des letz- 
teren über Neokom gegen das Hindernis vor und geben zusammen 
das auf den ersten Blick so widersinnig erscheinende Störungsbild 
zwischen Wildental und Oberweißbach. Bei St. Martin biegt der Saalach- 
westbruch um 4 km nach Westen aus; wie mächtige Eisschollen über 
den geborstenen Staudamm ergießen sich nun die Deckschollen auf 
der jungen Unterlage gegen West. Der Kirchental-- Breithornbruch 
ist die vorwärtsführende Randspalte. Das basale Gebirge wird an der 
Anderlalm zu einer rechtwinklig zur neuen Kraftrichtung eingestellten 
Zwergmuldung verpreßt und auch hier sind die allerdings weniger 
gefügigen Kalkmassen von Scherflächen parallel zu den Hauptschicht- 
fugen durchzogen. Unter der Last der Deckscholle des Rauhenberges 
werden die jungen basalen Schichten gegen die Randspalte heran- 
gewälzt, krümmen sich in engen, wieder aufs neue zerschlitzten 
Zwangsfalten und ein abgestoßener Splitter der Decke bohrt sich am 
Wechsel jäh in das Liegende. 

Auch rings um das Loferer Tal vermag keine aus einer anderen 
als nordöstlichen Richtung wirkende Kraft die schön erschlossene, 
leicht übersehbare Reihe von Tatsachen zu erklären. 

Wir betreten schwierigeren Boden auf den der Reiteralm vorgelager- 
ten Höhen. Intensive Stauschuppung ward auch hier im lokaltektonischen 
Teil geschildert; kräftigste tektonische Reduktion, ja Unterdrückung 
des gesamten Dolomits zwischen Reiteralmkalk und Werfenern im 
Schuppungskontakt waren beschrieben worden. Die Flächen neigen an 
Stellen stärkster Verschubweite nach Süd oder Südwest. 

Wir können es mit einer mehr oder minder gleichzeitig mit der 
Deckenbildung eingetretenen Komplikation zu tun haben. Nehmen wir 
für diese eine südnördlich wirkende Kraftquelle an, so bleibt es recht 
sonderbar, daß die Störungsintensität an den zwei südlichst gelegenen 
Punkten (Wildental und Sulzenstein) sich bis zum Erlöschen verringert; 
wo ist auch die ausgefallene Dolomitmasse in Linie Almwald— Hunds- 
alm geblieben ? 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. F. Hahn.) 10 


74 F. Felix Hahn. [74] 


Einige Beobachtungen und Überlegungen deuten mir doch auf 
eine andere Erklärungsmöglichkeit. 

Die Hundshornschuppe liegt der Perhornmasse mit einer Schub- 
ebene von ostwestlichem Ausstrich und wechselnder Neigung auf; im 
westlichen Teil herrscht flaches Südfallen, gegen Ost muß rasche und 
vollständige Versteilung Platz greifen. Der Saalachostbruch ist eine 
großenteils steil ostfallende Bahn, an der die östlichere Hauptzone 
über die Saalachsenkschollen ein Stück weit heraufgepreßt wurde. Die 
Schuppenflächen des Keiles von Dachsteinkalk an der Hundsalm ver- 
steilen nach Südost längs des Laimbichlkammes zur Überstürzung. 
Am Schoberweißbach durchfurcht eine saigere ostwestlich streichende 
Störung beide Uferhänge der Saalach. Eine einfache Vertikalbewegung 
gibt nur westlich des Flusses eine einigermaßen befriedigende Er- 
klärung; verfolgt man dagegen die Ausstriche des Streifens von Reiter- 
almkalk bei Au, so muß man am Sellauer 800 m westlich wandern, 
um den Anschluß wiederzufinden. Wie ein Sporn schiebt sich hingegen 
die bayrische Sattelwelle der Schüttachgräben an der Wildenbachklamm 
dem westlichen Massenandrang entgegen, als mächtige Stauwehr. 

Ließe sich nun das so eigenartige, durch keine jüngeren Be- 
wegungen wesentlich gestörte Schuppungsbild im Vorlande der Reiter- 
alm nicht auch durch die Auswirkung der Massenwanderung gegen 
West entstanden denken ? 

Man stelle sich nur vor, daß der tirolische Sattelsporn im 
untersten Wildental fürs erste die andrängende Hundshornmasse ge- 
wissermaßen festhielt. Nördlicher war dem Vordringen längs der 
Schoberweißbach—Wimbachspalte aber schon der Weg gewiesen. Die 
Hundshornmasse wird in diesem Moment selbst zum Hindernis, an 
dem sich die nördlicher vorbeitreibenden Schollen wieder stauen; 
sie wird emporgedrängt und unter sie bohren sich Teile der weniger 
gehemmten Schollen in abschürfender Unterschiebung. Die Dolomit- 
masse der Laimbichlhörner folgt länger dem gleichen Impuls und 
führt die Überkippung der Almwald—Hirschbichllinie herbei; auch der 
ehemals wohl saigere Saalachostbruch ist so gegen West überstürzt. 

Ich kann keinen stichhaltigen Grund sehen, der eine solch ein- 
heitliche Erklärung verbieten würde. 

So großzügig auch immer uns die ostwestliche Querfaltung ent- 
gegentreten mag, wir dürfen nicht vergessen, daß es nur das Jugend- 
liche ihrer Züge ist, was uns das aneinanderfügende Verständnis so 
erleichtert. Auch an der gerissenen Überfaltungswelle der Hochkalter- 
masse ist es nicht zu einer Bewegung gekommen, die die Bezeichnung 
„Deckenbildung“* verdienen würde, wenn auch alle Vorbedingungen 
hierfür, ja das erste Stadium einer solchen schon gegeben sind. 
Der bewegende Massenimpuls hat sich eben nicht an einer einzigen 
Fläche verdichtet, er hat sich vielmehr zersplittert längs einer Un- 
menge von Seitenwegen. Das ausschlaggebende Ereignis für, die 
Berchtesgadner Alpen war und ist bis heute die juvavische Über- 
gleitung geblieben, die eine ortsfremde, völlig von ihrer Heimat getrennte 
Schollen gewaltigen Umfangs versendete. Juvavische Decken- 
bildungund die posthume Querfaltunghabennichtsmit- 
einander zu tun. 


[75] Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal. 75 


Überblicken wir nochmals die soeben abgeleiteten Beziehungen 
der Massenbewegungen, so erhalten wir folgende Tabelle relativer 
Zeitigkeit: 


1. Alte Faltung im Waidringer Sinne; Faltung der Decke. 

2. Juvavische Deckenüberschiebung. 

3. Bayrische Faltung von Basis und gleichgerichtete Ver- 
biegungen der Deckenfläche. 

‘4. Saalachsenkbrüche. 

5. Ostwestliche Querfaltung. 


Es ist leider innerhalb des besprochenen Gebietes wegen des 
gänzlichen Mangels jungkretazischer und tertiärer Ablagerungen nicht 
möglich, die relative Zeitbestimmung in eine absolute umzusetzen. 
Einer vergleichenden Untersuchung der gesamten Salzburger Alpen 
muß dies überlassen bleiben. Bei der endgültigen Festlegung des 
Alters der großen tektonischen Bewegungen in diesem Teile der 
Nordalpen wird jedoch, wo immer es nun abzuleiten sein möchte, es 
nicht versäumt werden dürfen, mit der hier gegebenen Folge der 
Ereignisse sich in Einklang zu setzen. 


Inhaltsverzeichnis. 


ger} Seite 

Born omerkunmen, Zul: Musst. Wie ha re a ae ins 
chteuknlg ie Hr aa a an Lana Slilal 
BES ART EUREN ER taten A) 
2. Unterayplrias. (skybmelie ‚Stufe, 21... dee le re 3028] 

2. Dolomite der mittleren und oberen Trias nebst heteropischen 
Einlagerungen (anisische bis unternorische Stufe) . ..... 5 [5] 
@)»Tirolscher Bamsaudolomit ; .. . vi. nah 55 

b) Tirolischer Raibler Dolomit mit Einlagen von Carditaschichten 
uud, Beinerahmer Schlefern. y.'. ucie s sand. nie ara warte er 5 5] 
c) Tirolischer Dachsteindolomit . .... en ee. Be lin 
d) Juvavischer Reichenhaller Dolomit . . 2.2... 22.2... id 
e)lJJuvavischerihamsaudolomit ul za. sonst mer stäkeım. 8 [8 
f) Hallstätter Linsen im juvavischen Ramsaudolomit RR 9 [9] 
AMeluichtbunter Hallstätter-Dolomite 2.2. nenn. 9 [9] 
3. Kalke der oberen Trias (norische und rhätische Stufe)... . 10 [10] 
a) Tirolischer Dachsteinkalk (Loferer Steinbergtypus) . . . . 10 [10] 
b) Juvavischer Dachsteirkalk (Reiteralmkalk) . . .. 2... 11 [11] 
c) Loferer Schichten und Dachsteinkalk des Lerchkogeltypus. 12 [12] 
Ben, tere. He re ir . 14 [14] 
1. Heteropischer Mischverband des unteren und mittleren "Lias „ 14 [14] 
2. Schwarze Mergelkalke des oberen Lias . .. . 2... - RER A 
3. Radiolarite des mittleren Juras ... 2.22 2.. Be 2 <BL7 
4. Oberalmer und Aptychenschichten des höheren Juras N rd 
BE ERTEILEN ER INT FDP. 18 [18] 
a Ba RS RE RN ee rl 19] 
a a EEE N 19 [19] 
te N rang, Aiett on channe, & nahen an ne Nele an 6 [19] 
LEN EN SE ER RE ee es. Yale aaa 24 [24] 
ie DIET NN EEE 24 [24] 
TIL u SE a or Der a Er ae 32 [32] 


76 F. Felix Hahn. [76] 


Seite 
VG HREBROBION re rei ia 0. 000 En „30 0 Ben 34 [34] 
D. Gebirgsbau ........ EIER Br u gen cu; n a0. SA ee 40 [40] 
1. Basalles, tirolisches GEiarger Ya ers LE 2 42 [42] 
1. Westlicher Muldenrand . . . .. 2. 2 2 2 2200. Rn DrEh, 42 [42] 
a) Brunntal-Anderlalpsekellul. 4 elta: Basen 42 [42] 
b) Der, Loferer, Steinberg ln ner ae nr lan 43 [43] 
c) Sattelzone der Schüttachgräben un... 44 [44] 
a). Der Leoganger Steinberg „u Mur an run. ®. Re ER 
e) Turneck—Strukberg— Hundsfußscholle . . . . 2 2.2.2.. 47 [47] 
2. Südliche Muldenumrabmung. Am U INTER 48 [48] 
3. Östliche Muldenbegrenzung (Hochkaltermasse). .... . DL: |) 
4 Muldenikerm k} IV AU FH NEE RR H IIRUH ER, 54 [54] 
ll. Die Deckschollen der (juvavischen) Berchtesgadner 
Sichubmeaaße. Di) I a DE ER EBEN. MT 57 pr 
1. Vorzonei? UHREN. BIN ITEM IMERNE FH SIE ET IEN 57 [57] 
Deckenreste der Saalachsenkschollen östlich Lofer . . ...10187 San 
Kirehentaler: Bauhenherg, .. .. fs’ „1. Nasa der ar Anal 59 [59] 
Gachandetein, y. 1 2.00 SI 1a Ra ru gerig Aa al ARE TE Sehe .„ .59. [59] 
Hochkranmn en been 167 Bean arte anal. Sure ar Rp: „261. 1049 
D> AORTA Se hen. Ymeäele . Heee Re e 61 [61] 
Perhornmasse =. ..0., 0 ze. Walk» SE PRRZ a LEER CR EN LE 62 [62] 
EinndstiarkBasse 000: bene. Meran ae 6 Wen ROHR: 63 [63] 
Almwald- Hundsalın Schuppen? m nn De ee 65 [65] 
Kamm der Laimbichlhörner . . ... . Ne Fe ee 66 66] 
Er. Bückhlick’auf die Ergebnisse: .. >... 732 are Dar 69 [69] 
Verzeichnis der Textfiguren. In 
eite 


Figur 1. Skizze der Vergletscherung zur Würmzeit. (Maßstab: 1:150.000) . 28 [28] 
Figur 2. Skizze der Faziesverteilung in der norischen Stufe. Maßstab: 


1:10 000, AH HR ER VIER ETEFNFRR THE > 37. 187] 
Figur 3. Tektonische Übersichtskarte. Maßstab: 1:150.000. . . . ...41 [41] 
Figur 4. Profil durch die Steinberge parallel zur Saalach. Maßstab: 1:50. 000 45 [45] 
Figur 5. Zwei Profile am Kirchentaler Wechsel. Maßstab: 1:25.00 . . 45 [45] 


Figur 6. Kontakt von Werfener Schichten zu Ramsaudolomit am süd- 
lichen Scharleiten Quelibach. Maßstab: 1:50... . 2.2.2... 63 [68] 


Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden 
(Rauchstallbrunnengraben) mit nordalpiner 
St. Cassianer Fauna. 


Von Franz Toula. 
Mit 4 Tafeln (Nr. IV [IJ—VII [IV]) und 4 Textfiguren. 


Schon im Jahre 1885 machte ich auf einer der programm- 
mäßigen Exkursionen meiner Lehrkanzel nach Baden und Umgebung 
die Wahrnehmung, daß gewisse dunkelgraue bis schwarze Kalke, 
welche beim Verwittern hellgrau umgefärbt werden, auf der rechten 
Talseite des Rauchstallgrabens nach dessen Umbiegung an- 
stehen, dort, wo der Graben in die Talweitung übergeht, an deren 
Westende das Jägerhaus steht, hinter welchem dann links das 
„Weichseltal“ gegen den Lindkogel hinaufzieht, während rechts der 
Weg auf den niederen Sattel führt, der zur „Hochwiese“ hinüber- 
leitet, in das breitmuldige Tal, das in die Rauchstallwiesen im Schwechat- 
tal ausmündet. Auf Dr. Alexander Bittners geologischer Karte, in 
seinem vortrefflichen Buch über „Hernstein“ (1882) werden in dieser 
Mulde Lunzer Sandsteine eingezeichnet, die man auch anstehend antrifft. 

Diese bilden offenbar auch den Untergrund der Jägerhaus- 
talweitung und lassen sich bis an jene Umbiegungsstelle des Rauch- 
stallgrabenweges noch abwärts verfolgen, wo sie an der rechten Tal- 
seite und am Nordhange der „Steinerhöhe* (höchster Punkt mit 
der Kote 482 m) bis etwa 40 m über die Talsohle hinaufreichen, 
wenigstens auf der von der Umbiegungsstelle gegen SW führenden 
Linie, auf welcher ich zur Steinerhöhe hinaufstieg. Weiter hinauf 
folgen dann graue, etwas dolomitisch aussehende Kalke, welche wohl 
als dem Reiflinger Horizont angehörig betrachtet werden dürften, als 
Fortsetzung der von Bittner auf seiner Karte am N- und NO-Hange 
des Hohen Lindkogels (831 m) eingezeichneten „Reiflinger Kalke*. 
Sie bilden auf der "Steinerhöhe kleine Felsbuckel im Walde. Unweit 
der erwähnten Kote 482 stehen dann am Waldwege eigenartig aus- 
gelaugte löcherige Kalke an, welche mich lebhaft an die Kalke er- 
innerten, die rechts von der Fahrstraße Brühl—Gießhübl anstehen 
und als untertriadisch angesehen werden. 

Kurz vor dem Jägerhause treten die dunkelgrauen Kalke an 
den’ Südrand der Talweitung an den Lunzer Sandstein hinab. An der 
Umbiegungsstelle fand ich (1885) in diesen Kalken neben undeut- 
lichen anderen organischen Einschlüssen ziemlich häufige rundliche 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 


78 Franz Toula. [2] 


und ringförmige Querschnitte auf den Verwitterungsflächen, welche 
ich damals für Gyroporellen zu halten geneigt war, während ich mich 
später überzeugte, daß sie von röhrenförmigen Spongiten herrühren. 

Ich habe diese Fundstelle 1888, 1891, 1895, 1896, 1899 und 
nach längerer Unterbrechung 1909 wieder besucht, zuletzt aber wieder- 
holt im Jahre 1912. Allgemach habe ich ein großes Material von 
Spongiten, Korallen, Cidaritenstacheln, Brachiopoden, Bivalven und 
spärliche Gastropoden zusammengebracht. 


Im Jahre 1891 fand ich dieselben Kalke beim Anstiege zu dem 
Sattel gegen das Schwechattal wieder neben dem Lunzer Sandstein, 
und zwar an dem Rücken, der gegen die Kote 510 hinaufzieht, die 
sich auch auf Al. Bittners Karte eingetragen findet. 


Erst die jüngste Zeit hat die Lösung der Frage nähergebracht. 
Bei einer der Lehrkanzelexkursionen im Jahre 1912 (sie wurde von 
Dr. J. Porsche geleitet) war einer der Exkursionsteilnehmer, Herr 
k. u.k. Hauptmann Hofrichter, so glücklich, ein Bruchstück von 
Trachyceras mit Abdruck aufzufinden und bald darauf ein fast voll- 
ständig erhaltenes Exemplar. 


Ich unternahm auf das hin eine zweite Exkursion, welche mein 
Material wesentlich vergrößerte, so daß ich es nun unternehmen kann, 
dasselbe einer näheren Untersuchung zu unterziehen. Die häufigsten 
Funde blieben nach wie vor die Spongiten, so daß ich diese dunklen 
Kalke zunächst als Spongitenkalke bezeichnen wollte. 


Beim Abstieg von der Steinerhöhe, auf dem Waldwege südlich 
vom Kamme, gegen das Weichseltal, und in diesem gegen das Jäger- 
haus, passierte ich dunkle graue Kalke, welche transversal von WNW 
gegen OSO hinüberstreichen, ein Zug, dem auch das an Fossilien so 
reiche Gestein angehört, das die Kuppe im Walde unterhalb Kote 
510 zusammensetzt und Wände an dieser Kuppe bildet. Sowohl die 
an der NO-Seite, wo wir unsere Aufsammlungen vornehmlich vor- 
nahmen, als auch die gegen S und SW gerichteten Steilhänge be- 
stehen aus den Spongitenkalken. Wir befinden uns hier in der Partie 
der mittleren und oberen Trias, welche Al. Bittner (Hernstein 104) 
als die „abnorme Lagerung des Helenentales“ bezeichnet hat. Schon 
die beiläufige Grenze seines „Reiflinger Kalkes* am NO-Hange des 
Hohen Lindkogels gegen die „obere Trias“ (ob Hauptdolomit, erscheint 
mir fraglich) zeichnet er von W—O bis NW-SO ein. Diese Richtung 
nimmt er auch für den Lunzer Sandstein der Hochwiese an, welche 
-dann oberhalb der Cholerakapelle W—O wird. Auch die dunklen 
Spongitenkalke scheinen WNW-—--OSO zu verlaufen. Diese Scholle 
scheint die ganze Lindkogelmasse bis an die Schwechat zu: umfassen 
und von der tertiären Muldenausfüllung St. Veit—Gnadenweith, nord- 
östlich von der Triesting, bis an das Badener Tertiärbecken zu 
reichen. Sie mag durch Stauung beim großen Zusammenschube gegen 
NNW in ihre absonderliche Stellung gekommen sein. Hinter dem 
Jägerhause treten schieferige weiche Mergel mit muscheligen Ab- 
sonderungsformen auf, welche bereits dem Lunzer Horizont zuzu- 
rechnen sein dürften (Reingrabener Schiefer?). Mir glückte es nicht, 
darin Fossilien aufzufinden. Die Sandsteine selbst setzen den unteren 


[3] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 79 


Teil des Hanges unterhalb der brüchigen Wände des Spongiten- 
kalkes hinter dem Jägerhause zusammen. 

Nach Al. Bittners Karte setzt sich der Lunzer Sandstein 
quer über die Burgstallhänge (oberhalb der Cholerakapelle) fort bis 
au die Schwechat und dürfte mit dem bei Sattelbach, zwischen seinem 
Reiflinger Kalke und den Dolomiten (Hauptdolomit) des Ebenberges 
(Kote 498) auftretenden Lunzer Sandstein, entlang dem Schwechat- 
laufe, in Verbindung stehen, nördlich von dem die Nordosthänge des 
Hohen Lindkogels und Kaltenberges bildenden „Reiflinger Kalk*“- 
Horizonte. 

Alex. Bittner hat (l. ec. pag. 63) nach D. Sturs Vorgang 
als Reiflinger Kalk alle Gebilde zusammengefaßt, welche zwischen 
dem Gutensteiner Kalk und, wo dieser nicht nachweisbar ist, 
zwischeu den Werfener Schiefern und dem Niveau der Wengener 
Schiefer Sturs (Aonschiefer bei Hertle) gefunden werden. Sehr 
oft, aber nicht immer und überall, nehmen knollige, kieselige Kalke, 
die zuweilen zu mächtigen, „anscheinend ungeschichteten Massen 
verschmelzen“, das höchste Niveau des ganzen Komplexes ein. 

y Ich muß gestehen, daß ich bei meinen Jägerhauskalken an 
Aquivalente dieses obersten Horizonts der Reiflinger Kalke gedacht habe. 

Bittner führt (Hernstein 1882) von Fossilien aus dem Reiflinger 
Kalkkomplex an: Bruchstücke eines Ammonitenabdruckes und Fragmente 
einer Halobia oder Daonella (vielleicht Daon. parthanensis) vom Güten- 
bach bei Kleinzell (Hernstein pag. 66). Auch bei Oberhöflein (]. e. 
pag. 77) wurden Daonellen aufgefunden (Daonella parthanensis). Vom 
Burgstallberg im Helenentale wurde das Vorkommen von Orthoceras 
cf. dubium v. H., Ceratites binodosus v. H., Amm. Studeri v. H., 
Khynchonella cf. semiplecta Mnst. und Halobia Sturi Ben. angegeben 
(Bittner ]. ce. pag. 73). Daß im Reiflinger Horizont auch eine 
Riffazies mit Dactyloporiden anzunehmen sei, zum Beispiel an der 
Klause des Buchberger Wasserfalles, hat Bittner (l. c. pag. 76) 
angenommen. Freilich sind es „weißgraue und weiße Kalke“, neben 
roten an Hallstätter Kalk erinnernden Bildungen. Erwähnt sei auch 
das Vorkommen einer kleinen Koninckina sp. an der Hohen Wand 
(l. e. pag. 80) in „dünnbankigen Lagen“ nahe der klotzförmigen 
Masse des Glendberges, aber auch aus fleckenmergelartigen Ge- 
steinen, welche mit Crinoidenkalken verbunden zu sein scheinen (l. e. 
pag. 81), welche (l. c. pag. 83) an Zlambachschichten des Salzkammer- 
gutes erinnern, führt Bittner Koninckina an. 

Die Fauna der dunklen Kalke vom Jägerhause ist eine sehr 
artenreiche. Man darf aber nicht glauben, daß deshalb die Kalke als 
besonders fossilienreich zu bezeichnen seien. Das vorliegende Material 
ist das Ergebnis von zusammen vielstündiger Sammlerarbeit. Zahl- 
reiche der Böcke, welche zerschlagen werden mußten, haben die 
Mühe nicht gelohnt, und um ein paar brauchbare Stücke zu erhalten, 
haben sich förmliche Haufen zertrümmerten Materials ergeben. Da 
die Fossilien nur selten — mit Ausnahme der Spongiten, die manch- 
mal größere Blöcke zusammensetzen — ausgewittert sich finden, 
sondern zumeist erst beim Zerschlagen erhalten wurden, erklärt sich 
auch das häufige Auftreten von Bruchstücken, deren Bestimmung 


80 Franz Toula. [4] 


zweifelhaft bleiben mußte, was die vielmals auftretenden „?“ bei den 
Namen erklärlich finden läßt. Da jedoch ein neues Vorkommen ein 
Eingehen auf alle vorliegenden Einzelheiten erheischt, durfte ich nicht 
zaudern, auch schlechtererhaltene, für den Fundort neue Vorkommnisse 
zu erörtern, selbst auf die Gefahr hin, daß mir der Vorwurf gemacht 
werde, ich hätte nur sicher :Bestimmbares berücksichtigen sollen. 

Es handelt sich bei diesen Kalken um eine Fauna, einen 
Horizont, eine Fazies, die wenigstens im östlichen Teil der nördlichen 
Kalkzone der Alpen bisher in ähnlicher Reichhaltigkeit nicht nach- 
gewiesen worden ist. 

Es verhält sich dies ähnlich so, wie mit der Auffindung der 
Acanthieusschichten in den Voralpen bei Gießhübl im „Höllenstein- 
zuge“ (Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. XVI., 2. H., 1907). Der Erhaltungs- 
zustand der mehr als 1000 Ammoniten, welche ich dort zusammen- 
brachte, war auch ein mißlicher und es kostete mich große Über- 
windung, die Bearbeitung durchzuführen, die Dinge zu unterscheiden 
und so gut es nur gehen wollte zu messen, zu vergleichen und zu be- 
stimmen. Mein verewigter Kollege V. Uhlig, ein Mann, der bei 
seinen monograpkischen Arbeiten in der Regel viel besser erhaltene 
Fossilien behandeln konnte, hat sich nieht gerade freundlich über 
die wenig gut erhaltenen Ammoniten und deren Bestimmung ausge- 
sprochen — offenbar nur nach den Abbildungen allein urteilend. Die 
Objekte wurden meisterhaft photographisch wiedergegeben, weil ich 
nichts verschönert wissen wollte. Hätte ich diese Ammoniten unbe- 
arbeitet und sie lieber im Steinbruche lassen sollen? Sie wären alle 
in den Wiener Straßenschotter gewandert und der Nachweis eines 
für ein größeres Gebiet neuen Horizonts hätte sich vielleicht auf 
eine Notiz beschränkt und wäre verschollen. Das ganze Schichten- 
vorkommen selbst ist heute in die Steinbrechmaschine gewandert, 
verschwunden; vielleicht, daß es einem späteren Arbeiter auf diesem 
Gebiete gelingt, ein neues aufzufinden, vielleicht mit besser erhaltenen 
Fossilien. Meiner Meinung nach kommt den Wachstumsverhältnissen 
der Ammonitenschalen eine wenigstens ebenso große Bedeutung bei 
der Bestimmung zu als den Skulpturerscheinungen und sie mußten, 
da es sich vornehmlich um Steinkerne handelte, ganz besonders 
berücksichtigt werden und habe ich deshalb die Mühe nicht gescheut, 
wo es nur anging, vergleichende Messungen auszuführen, welche freilich 
nur im Text zu verfolgen sind. 

Ahnlich so verhält es sich mit den Jägerhauskalken. Seit dem 
Jahre 1885 sammle ich an diesen Materialien. Als ich eine gewisse, 
nicht unansehnliche Menge von Formen zustande gebracht hatte, 
lud ich (1898) meinen verewigten Freund Alexander Bittner ein, 
sich die Sachen anzusehen, und sie reizten ihn so sehr, daß er selbst 
Aufsammlungen an der Fundstelle vornahm, deren reiches Ergebnis 
beweist, wie hingebend er diese Sammelarbeit betrieben hat. Zur 
Bearbeitung ist er leider nicht mehr gekommen. Wie sie mich erfreut 
hätte, brauche ich nicht zu versichern, alles, was ich hatte, wäre ihm 
ja auch zur Verfügung gestanden. Wie ich schon sagte, wurde für 
mich selbst die Sache erst spruchreif, als im letzten Sommer Herr 
Hauptmann Hofrichter die Ammoniten herauszuschlagen so glücklich 


[5] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 81 


war, die, soviel ihr Erhaltungszustand auch zu wünschen übrig läßt, 
die Fauna ihrem fraglichen Alter nach erst in engere Grenzen ein- 
schlossen und mich zur Fortsetzung der mühseligen Präparier- und 
Vergleichungsarbeit veranlaßten. 

Mein verewigter Freund Bergrat Dr. Friedrich Teller machte 
mich übrigens bei Gelegenheit der Ankündigung meiner Arbeit über 
die Jägerhaustrias erst darauf aufmerksam, daß unser gemeinsamer 
Freund Dr. Alex. Bittner gleichfalls beim Jägerhaus gesammelt 
habe. Seine Aufsammlungen wurden nach längerem Suchen glücklich 
aufgefunden und durch einen Zettel beglaubigt: „Jägerhaus bei Baden 
1898, von Toula entdeckt, Bittner coll.“ 

Bittners Augen waren noch schärfer als die unseren und sein 
Sammlerglück vielleicht noch größer als das unserige. Unter seinen 
Materialien finden sich gar manche Formen, die wir nicht aufgefunden 
haben. Da mich Herr Bergrat Teller aufforderte, dieses Material 
in meine geplante Arbeit einzubeziehen, entschloß ich mich, es zu tun, 
so gut ich es vermochte, wobei ich nur wiederholt bedaure, daß die 
Bearbeitung nicht durch den Verewigten selbst hat erfolgen können. 

Bittner hat offenbar den Bivalven und Brachiopoden beson- 
dere Aufmerksamkeit geschenkt, doch sind auch aus anderen Klassen 
gute Stücke von ihm zustande gebracht worden. Jedes seiner Stücke 
soll getreulich als von ihm beigebracht bezeichnet werden. Diese 
Stücke befinden sich in den Sammlungen der k. k. geologischen 
Reichsanstalt, die von mir und meinen Begleitern gefundenen sind in 
den Sammlungen der Lehrkanzel für Mineralogie und Geologie an der 
k. k. Technischen Hochschule in Wien aufbewahrt. 

Schließlich muß ich auch einer Mitteilung gedenken (vom 
27. Jänner 1913), welche ich meinem Freunde Regierungsrat Chef- 
geologen Georg Geyer verdanke. Er schreibt mir wie folgt: 

„Noch möchte ich auf die bewußten spongienartigen Formen des 
Wettersteinkalkes zurückkommen und darauf hinweisen, daß ich diese 
Sachen ebenfalls einmal im Hilgersbachgraben im Sengsengebirge 
(SO von Molln) und dann noch auf der Großen Dirn bei Losenstein, 
hier zusammen mit anderen Fossilien, gefunden und in den Auf- 
nahmeberichten erwähnt habe.“ Verhandlungen 1909, pag. 132, und 
Jahrbuch 1909, pag. 34, wird das Vorkommen von korallenähnlichen, 
zum Teil verzweigten röhrenförmigen Fossilien vom Hilgersbach erwähnt 
und mit Stoppanis Hippalimus Villae verglichen (Petr. d’Esino 
1858—60, Taf. XXX, Fig. 8). Ahnliche Bildungen hat Alex. Bittner 
schon 1886 (Verhandl. 246) erwähnt. Er führt an, daß von CZjzek 
schon viel früher (Jahrb. III., 1852) derartige Bildungen erwähnt 
worden seien. Es dürfte sich dieser Hinweis auf CZ2jZeks „Bericht 
über Arbeiten der Sektion II“ (l. ec. 62—70) beziehen. Dabei 
werden (pag. 67) im Gebiete von Molln, von der Großen Dirn und 
von Losenstein Gervillienschichten, korallenführende Kalke beim Kren- 
bauer usw. erwähnt. Unter den Aufsammlungen dürfte Al. Bittner 
die fraglichen Bildungen aufgefunden haben. Es ist demnach zu hoffen, 
daß die Fauna vom Jägerhaus auch weiter im Westen in der nörd- 
lichen Kalkzone der Alpen noch aufzufinden sein werde. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 11 


82 Franz Toula. [6] 


Beschreibung der Fauna aus den Jägerhauskalken. 


Wie schon erwähnt, spielen die Kalkschwämme, und zwar 
vornehmlich Pharetronen (Sycones) in den dunklen Kalken beim 
Jägerhause eine ganz besondere Rolle und das Material wäre viel- 
leicht ein eingehenderes Studium wert. Ich kann nicht daran denken, 
auf eine mikroskopische Untersuchung einzugehen. Für mich handelt es 
sich in erster Linie um eine stratigraphische Bestimmung der Jäger- 
hauskalke. Ich muß mich daher auf die makroskopische Darlegung 
und Beschreibung beschränken. 


Eine der für mich unbestimmbaren Formen hatte Dr. G. Stein- 
mann die große Güte einer genauen Untersuchung zu unterziehen. 


Colospongia dubia (Münst. spec.) Steinmann. 
Taf. IV (D), Fig. 1. 


Hierher sind mehrere Stücke unserer und Bittners Aufsamm- 
lung zu stellen, die sich von den Abbildungen Steinmanns (Phare- 
tronenstudien, N. Jb., 1882, II, Taf, VI, Fig. 3) nur durch ihre 
zum Teil ansehnlichere Größe unterscheiden. Die muldig vertiefte 
Scheitelregion mit der Öffnung der Zentralröhre in der Mitte der 
Mulde. Die zahlreichen Poren sind kreisrund und haben hie und da 
sehr deutliche ringförmige verdickte Ränder, so daß wohl auch 
förmliche durchlöcherte Pusteln entstehen. 


Auch die bauchig gewölbten Seiten der gegliederten Stämmchen 
sind mit gleichgestalteten Poren versehen. Die von Laube an seinem 
Original zur Darstellung gebrachten Einzelheiten kann ich nicht 
wahrnehmen. 


An einem meiner Stücke sind zwei Individuen seitlich mitein- 
ander verschmolzen (Fig. 1a). Das Wachstum scheint übrigens sehr 
veränderlich erfolgt zu sein. Der Durchmesser der beiden verschmol- 
zenen Individuen, zwischen welche sich ein drittes einschiebt, beträgt 
12 und I9mm. Die einzelnen Glieder stehen dicht übereinander. 


An einem kleineren walzlichen Stückchen (Fig. 1), welches mir aus 
einem Stücke meiner Aufsammlung herauszupräparieren gelang und 
welches sicher zu der etwas größeren Form gehört, sieht man einer- 
seits die Poren am Scheitel und an den Seiten, an welchen Schicht 
über Schicht recht unregelmäßig folgt, in allen Fällen wohl umrandet, 
wie mit einem zarten Wall umgeben; ganz besonders scharf ist diese 
Umwallung an dem großen Scheitelloche zu beobachten. 

Von „Öscularöffnungen“ an den Seiten kann ich nichts bemerken. 
Laube zeichnet ähnliche Umwallungen „tubulierte Osculen“* bei seinen 
als Verrucospongia bezeichneten Formen, wodurch die Bestimmung 
als „Colospongia“ bei dieser Form fraglich wird. Freilich sind die 
Umrandungen bei Verrucospongia viel kräftiger. 

Solche Umrandungen finden sich bei gewissen Kreidespongien 
(z. B. Manon Peziza bei Quenstedt, Taf. OXXXII, Fig. 49, 45). 


[7] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 83 


Colospongia dubia var. pustulipora n. v. 
Taf. IV (D), Fig. 2. 


Ein anderes meiner Stücke zeigt bei viel kleineren Durchmessern 
(4:6 ınm) eine Aneinanderreihung von neun Gliedern, deren oberstes 
in der Scheitelregion dieselbe Oberflächenbeschaffenheit darbietet, 
mit der mittleren Öffnung. Das hübsche Stückchen bildet ein 27 mn 
hohes Stämmchen, so daß jedes Glied otwa 3—4 mm hoch wird. Die 
Poren sehen so aus als wären es aufgebrochene Pusteln. Vielleicht 
könnte man diese Form als Colospongia pustulipora n. form. bezeichnen, 


Colospongia dubia var. pertusa (Klipstein). 
Taf. IV (I), Fig. 3. 


Ein hübsches Stück der Bittnerschen Aufsammlung gleicht 
mit seinen verschieden hohen gleichmäßig gerundeten Gliedern recht 
sehr der von Klipstein als Manon pertusum abgebildeten Form. Es ist 
wie dieses mit runden Pusteln dicht bedeckt. Die Scheitelregion wie 
Colospongia dubia. Das Stück ist 46mm lang, die etwas unregelmäßig 
übereinanderfolgenden Glieder 4—8 mm hoch. Colospongia dubia 
Mnst. sp. bei Münster Manon dubium (Taf. I, Fig. 11) und bei 
Laube (S. 18, Taf. I, Fig. 15) tragen einen ganz anderen Habitus 
zur Schau als bei Steinmann (1882, Taf. VI, Fig. 3) und Wöhr- 
ann (db. 1889, Tat. V, Fie. 1). 


Colospongia dubia var. trochiformis n. v. 
Taf. IV (D, Fig. 4. 


In Bittners Aufsammlung liegt ein kreiselförmiges Stück, welches 
in der allgemeinen. Gestalt etwa mit dem Original Laubes (Taf. ], 
Fig. 16) sich vergleichen ließe, nur ist es viel größer. Das Stückchen ist 
27 mm hoch und das letzte größte Glied hat einen Durchmesser von 
23mm. Neben den kleinen runden Poren scheinen auf den Seiten- 
flächen vereinzelte Ostien aufzutreten. Die Öffnung am Scheitel ist 
auffallend groß, sie hat Dmm im Durchmesser und führt in eine 
weite Leibeshöhle. Leider läßt sich die genauere Form der Poren 
gerade an diesem Stücke nicht sicherstellen. 

Im Anschliff eines Bruches an der Seite sieht man, daß bei den 
einzelnen wie flache Kappen übereinanderliegenden Individuen unter 
der von den Poren durchbrochenen grauen Schichten, eine zweite und 
dritte folgt, die sich durch die etwas verschiedenen Farben leicht 
erkennen lassen. 


Colosponyia dubia var. 


(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. IV (D, Fig. 5. 
Langröhrige Reihen mit tonnenförmig eingeschnürten Segmenten 
(von kreisrundem Querschnitte) ähnlich jenen bei T’haumastocoelia 


Cassiana Steinmann (l. c. Taf. VII, Fig. 5), in großer Zahl von ziem- 
11® 


84 Franz#Toula. [8] 


lich gleicher Größe übereinander. Die Scheitelregion der einzelnen 
Segmente stark, fast trichterig vertieft, mit kreisrunder Mittelöffnung 
zum nächsten Segment führend, die Oberfläche auch der Seiten- 
wände dicht mit ungleich großen in der Form der Umrisse veränder- 
lichen Poren bedeckt und mit viel kleineren Zwischenporen. Die geglie- 
derten Körper im Gesteine so dicht nebeneinander stehend, daß man 
an förmliche Rasen bildende Gruppen und an Verästelungen denken 
möchte, obgleich eine sichere Verästelung gerade bei dieser Form 
nicht beobachtet werden konnte. Durchmesser bis über 8mm, Höhe 
der Segmente bis über 1Omm. Die ungleich großen Poren erinnern 
an Eudea gracilis Mnstr. sp. (Laube, Taf. I, Fig. 2), der Durch- 
messer dürfte bis 13mm anwachsen, doch sind die größeren bei meinen 
Stücken nicht sternförmig, sondern rundlich unregelmäßig. Die Glieder 
sind stark abgeschnürt. 


Colospongia dubia var. subglobosa n. var. 
Taf. IV (D, Fig. 6. 


Ein recht interessantes Stück in einem grauschwarzen Kalke 
liegt in Bittners Sammlung. Es enthält viele ellipsoidische, kugelig- 
schalig gebaute Körper von Erbsengröße, welche auf den ersten Blick 
aussehen wie größere Oolithkörner. Die Schalen sind im Umkreise 
etwas verschieden in ihrer Dicke, wodurch das ganze Gebilde wie 
exzentrisch gebaut erscheint. Die Schalen zeigen eine faserige Textur, 
wobei die Fasern normal zur Oberfläche stehen. Der innerste Kern 
ist in mehreren Fällen rein kugelig. Beim Zerschlagen blättern die 
Schalen ab und bieten dann glatte Kugelflächen dar, mit ungemein 
feinen Poren, die wie es scheint von etwas ungleicher Größe sind. 
An zwei solchen Kügelchen glaube ich am Scheitel eine größere 
Öffnung wahrzunehmen. Die feinen Poren erinnern an die Calcispongien, 
welche Münster als Achilleum milleporatum (Taf. I, Fig. 5), Laube 
als Leiofungia (From.) bezeichnete Quenstedt hat. Münsters 
Namen beibehalten und hat eine Anzahl zum Teil auch fast kugelige 
Körperchen von St. Cassian zur Abbildung gebracht (Taf. CXL, 
Fig 38 und 39). 

Auch diese Gebilde würden eine mikroskopische Untersuchung 
erfordern, wozu ich mich nicht berufen fühle — es auch nicht wage. 

Kugelige Calcispongien sind aus der Kreide bekannt geworden. 
Vielleicht schließen sich die besprochenen Formen vom Jügeruane 
diesen als Vorläufer an. 

Die ellipsoidischen Körper erreichen Durchmesser bis zu 6 mm. 
Aus demselben Gesteinsstücke stammt auch eine kleine Bivalve, welche 
ich als der Daonella cf. Cassiana Bittner wenigstens nahestehend be- 
stimmen möchte, wenn auch der Erhaltungszustand der Oberfläche 
viel zu wünschen übrig läßt. Auch zwei Stückchen von Posidonomya 
Wengensis Münst. steckten im Gesteine. 

Herr Geheimrat Steinmann, dem ich ein Stückchen zur Ansicht 
sandte, bezeichnete es als zu Colosp. dubia gehörig. 


9]: Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 85 


Colospongia dubia Mnst. sp. nov. var, 
Tat. EV (I), Fig 7: 


In meinem Material finden sich zwei ausgewitterte Längsschnitte: 
der eine läßt nur die tonnenförmigen Glieder erkennen, die etwa 
einer Colospongia entsprechen dürften, der andere (Fig. 7) aber läßt 
auch die durchbohrten Scheidewände und ihre Kanäle erkennen, deren 
an zweien der Scheidewände eine größere Anzahl angedeutet ist, 
so daß man versucht wird, an T’haumastocoelia Steinm. zu denken (l. c. 
Taf. VII, Fig. 5a). Auch dieses Stück will ich zur Abbildung bringen. 
‚Mein Stück mißt mit sechs Gliedern 39 mm, bei einem größten Durch- 
messer von 105 mm. Das viergliedrige Stück von T'haumastocoelia 
Cassiana Steinm. ist nur 18mm lang und 8Smm dick. 


i 
d 


Holocoelia Toulai Steinm. 
Tar IV (1), Fig. 82% und-10. 


In meinen und Bittners Aufsammlungen liegen viele nn 
mäßig zylindrische mehr weniger gestreckte, zum Teil hin und her 
gebogene röhrige Verästelung zeigende Stücke. Diese Form bildet, 
‚wie größere stark abgewitterte Stücke meiner Sammlung, erkennen 
lassen, förmliche Rasen, indem sie eine Menge von selbst ansehnlich 
großen Querschnitten zeigen, dicht gedrängt beisammen größere Flächen 
bedeckend. Beim Zerschlagen ergeben sich immer dieselben röhrigen 
Gebilde. Eine auffallende Erscheinung vieler Stämmchen bildet die 
Auflösung der vorher erwähnten, Reifen vergleichbaren Verdickungen 
der Glieder, in viele Reifen mit verschiedener Breite an verschiedenen 
Stellen, die sich endlich in durcheinandergeschobene Reifensegmente 
auflösen. Einzelne der Reifen, die stärker vorragen, zeigen noch die An- 
deutung einer Gliederung, doch können sich diese Andeutungen auch fast 
vollkommen verwischen. Leider konnte ich unter meinen vielen Stücken 
kein einziges finden, welches die Scheitelregion dargeboten hätte, 
bis ich aus einem der Bittnerschen Stücke ein zweiästiges Stück- 
chen mit halbkugeliger Scheitelregion (Fig. LO), an einem der Aste 
‚das halbkugelige Köpfchen mit feinen Poren, herauszupräparieren 
‚vermochte. Auch von einer inneren Längsgliederung konnte ich mich 
‚trotz Herstellung von Längsschnitten nicht überzeugen. Die Petrifi- 
zierung hat alle feineren Einzelheiten im Innern verwischt. 


Ich muß mich daher darauf beschränken, einige der Stücke zur 
Abbildung zu bringen. — Taf. IV (D, Fig, 8, 9 und 10. 

Da diese Stücke äußerlich: so wohlerhalten sind und ich weder 
eine Gattung noch eine Art, an die ich vergleichend denken konnte, 
aufzufinden vermochte, entschloß ich mich ein Probestück an die be- 
rufenste Fachautorität Herrn Geheimen Bergrat Dr. G. Steinmann 
nach Bonn zu senden und ihn um seine Wohlmeinung zu fragen. 
Er war so gütig, mir die nachfolgenden :Auseinandersetzungen zu über- 
senden und durch seinen Zeichner die beifolgenden bildliohen 
Darstellungen zu übermitteln, wofür ich ihm zu allergrößtem.. Danke 
verpflichtet bin. 


86 Franz Toula. [1 0] 


„Pharetronen. Von G. Steinmann. 


Es liegen zwei verschiedene Pharetronenformen vor, die beide 
zu der Abteilung der Sphinctozoa gehören. Ihr Erhaltungszustand kann 
nur bezüglich der äußeren Form, nicht aber bezüglich der Struktur 
gut genannt werden, da das Gestein umkristallisiert ist. Die eine 
Form ist die aus den Cassianer Schichten der Südalpen und Ungarns, 
sowie aus den unteren Carditaschichten der Ostalpen bekannte 


Colospongia dubia (Mstr.) Laube. 


Zwei Exemplare, die nichts Bemerkenswertes darbieten. Die 
andere Form ist nicht nur für die Trias, sondern überhaupt neu. Ich 
benenne sie als 


Holocoelia Toulai n. f. 


Textillustrationen Fig. 1-4. 


Es ist ein reichlich gegabelter Stock (Fig. 1), dessen Äste i. A. 
zylindrisch sind, bei den Teilungsstellen rasch ein wenig ausein- 
anderweichen, aber dann nur wenig divergierend, fast parallel mit- 
einander weiter wachsen. Der Durchmesser der Aste schwankt 
zwischen 0:5 cm und 1'0 cm. Das Oberende ist in allen Fällen, wo 
es beobachtet werden ‚konnte, deutlich keulenförmig angeschwollen. 
Ob an der Spitze der Äste eine zentrale Öffnung vorhanden ist oder 
nicht, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Ebenso fehlen irgend- 
welche Öffnungen an den Seiten der Aste, sowohl größere als “auch 
feinere, denn auch im Schliff ist nichts davon zu erkennen. Besonders 
auffällig und, soweit ich sehe, bezeichnend für diese Form ist die 
runzelige Beschaffenheit der Oberfläche. Eine quergerunzelte Ober- 
fläche, die an die der Rugosen erinnert oder davon gar nicht unter- 
scheidbar ist, kommt bei Pharetronen vielfach vor, auch bei Sphincto- 
zoen. Bei unserem Fossil lassen sich drei verschiedene Elemente 
daran unterscheiden. 

a) Weit abstehende Wülste in unregelmäßiger Verteilung, meist 
nur auf einer Seite des Umfanges entwickelt (Fig. 1). 

b) Zahlreiche flache, meist linsenförmig gestaltete Wülste; sie 
verzahnen sich seitlich miteinander und ihre Breite beträgt immer 
nur einen kleinen Teil des Umfanges. Sie werden durch scharf- 
geschnittene schmale Furchen getrennt (Fig. 2). 

c) Auf diesen kleinen Wülsten beobachtet man gelegentlich und 
bei günstiger Erhaltung eine zierliche wellige Streifung, eine Art 
Zuwachsstreifung (Fig. 3). Sie wird hervorgebracht durch schmale 
scharfe Erhabenheiten, die durch breitere Vertiefungen getrennt sind. 
Da die Wülste, wie bemerkt, linsenförmig bis rhombisch gestaltet sind, 
so laufen diese Erhabenheiten nur zwei Seiten der Wülste ungefähr 
‚parallel, während sie gegen die zwei anderen Seiten nahezu senk- 
recht anstoßen. Diese Skulptur scheint nur eine gelegentliche Bildung 
zu sein. 

Abweichend von allen bisher bekannten Sphinetozoen scheint 
das Innere der Zweige ganz hohl zu sein und eine innere Segmen- 


[11] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 837 


tierung ganz zu fehlen. Da bei Colospongia dubia, die mit unserem 
Fossil zusammen vorkommt, die zentrale Röhre und das davon aus- 
gehende Maschengewebe leidlich gut erhalten sind, so kann das 
Fehlen jeglicher inneren Skelettbildungen auch nicht wohl im Er- 
haltungszustand allein begründet sein, 


Fig. 1. 


N 


Fig. 1. Holocoelia Toulai n.g. n. sp. aus den Cassianer Schichten vom Jägerhause 
bei Baden. Stock in natürlicher Größe; zeigt die Art der Verzweigung und die 
runzelige Oberfläche der Röhren. 


Fig. 2. Oberfläche. X 6; zeigt die Verzahnung der feineren Wülste, 
Fig. 3. Dieselbe. X 10; zeigt die wellige Streifung auf den feineren Wülsten. 


Die Struktur der Wand ist bald mehr bald weniger deutlich 
erhalten. An einigen Stellen sieht man im Schliff die Wand sich von 
der hellen kalzitischen Ausfüllungsmasse der Röhre scharf abheben, 
sowohl durch gelbliche Färbung als auch durch ein anderes Gefüge. 
Die Farbe der Wand ist immer hellgelblich, während die Ausfüllungs- 
masse der Röhre aus wasserklarem, grobspätigen Kalkspat besteht. 
In diesem Falle erscheint die etwa 2 mm dicke Wand scharf von 
der Ausfüllungsmasse abgesetzt. Wenn aber, wie das zumeist der 


88 Franz Toula. | [12] 


Fall, auch die Ausfüllungsmasse gelbliche Farbe aufweist, genügt.der 
Farbenunterschied allein nicht. Aber dann bietet. die Struktur: ge- 
nügenden Anhalt. Denn die Ausfüllungsmasse ist in allen Fällen 
ziemlich grobkristalliner : Kalkspat mit normaler einheitlicher: Aus- 
löschung der einzelnen Kristallkörner. Die Wand setzt sich; aber zu- 
sammen aus zahlreichen relativ kleinen Kalkballen von radialstrahliger 
Struktur, die nicht einheitlich auslöschen, sondern Aggregatpolarisation 
zeigen. Diese Kalkballen sind polyedrisch, dicht aneinandergefügt und 
undeutlich senkrecht zur Oberfläche aneinandergereiht. Dadurch er- 
hält die Wand ein quergefasertes Aussehen, das der Ausfüllungsmasse 
fehlt. Die Kalkballen sind von verschiedener Größe, die äußeren im 
allgemeinen kleiner (0'015—0'02 mm) als die inneren (0.05—0'06 mm). 
Der Unterschied zwischen der kristallinen körnigen Ausfüllungsmasse 
und der aus sphärolithischen Ballen bestehenden Wand wird nur 


Fig. 4. 


m 


IX 


36 
Z 


Querschnitt durch die Wand; außen die Gesteinsmasse (s), darunter die 
Wand mit feiner Felderung (w), innen die helle, grobkörnige Ausfüllungs- 
masse aus Kalzit (k). 


dadurch zuweilen etwas verwischt, daß die körnige Struktur der 
ersten sich randlich ein wenig in die Wand hineingefressen hat oder 
daß inmitten der Wand hie und da ein einheitlich auslöschendes 
Korn erscheint, das sich aber durch seinen geringen Durchmesser 
schon auffällig von den groben Kristallkörnern der Füllmasse unter- 
scheidet. 

Betrachtet man die Außenseite der Wand bei starker Ver- 
srößerung im auffallenden Lichte, so beobachtet man eine ganz feine 
Körnelung, die der Zusammensetzung der Wand aus kleinen Kalk- 
ballen entspricht. 

Die einzige Pharetrone (Sphinctozoe), deren Wandstruktur mit 
der des vorliegenden Fossils einigermaßen übereinstimmt, ist T’hauma- 
stocoelia Cassiana Stman. (N. J. f. Min. 1832, II, 153 ff.). Die äußere 
Wandschicht dieser Gattung besteht ebenfalls aus verzahnten Kalk- 
ballen von sphärolithischer Struktur, ‚zwischen denen sich auch ein- 


[13] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 89 


zelne einheitlich auslöschende Körner finden, aber hier liegen ab- 
weichend von Holocoelia die größeren Ballen außen, die kleineren 
innen; auch fehlt Holocoelia eine innere Lage mit Nadeln anscheinend 
ganz. Ebenso vermissen wir die Gliederung in tonnenförmige Seg- 
‘ mente und die ostienartigen Öffnungen der Oberfläche.“ — 


Von Korallen liegt mir nur weniges vor. 


Thecosmilia subdichotoma Mnst. sp. 
Taf. IV (D), Fig. 11. 


Korallen finden sich viel weniger häufig als Spongien, doch 
liegt in unseren Aufsammlungen ein hübsches Stück mit zahlreichen 
zylindrisch-röhrigen, durch Teilung sprossenden Individuen, die eine 
Art Rasen bildeten, der seine Aste frei nach oben sandte, etwa so 
wie es Laube bei „Oladophyllia subdichotoma Mnst.“ zeichnete 
(St. Cassian, Taf. IV, Fig. 2), Münsters Lithodendron subdichotomum 
(Taf. II, Fig. 3). W. Volz stellte diese Form zu Trhecosmilia 
(Korallenf. v. St. Cassian, Taf. I, Fig. 17—21). 

Die von Laube gegebene Beschreibung stimmt auf das beste. 
Meine Stücke zeigen die langen walzenförmigen Polyparien, die Zwei- 
teilung, die quergerunzelte Epithek, welche die Längsstreifen über- 
zieht. Die durch Anschliff erhaltenen Querschnitte sind rund, die 
Septa zahlreich in 4 Zyklen. Die Röhrendurchmesser 4—5 mm. 

In den Zwischenräumen zwischen den Asten finden sich an 
zwei Stellen unregelmäßig umrandete Gebilde nach Art der Evino- 
spongien, wie bei dem Stoppanischen Gebilde („Evinospongia 
esinensis“) mit zwei Schichten, einer äußeren, faserigen, weißen und 
einer dünneren innern, während der Innenraum von spätigem Kalk 
erfüllt wird. 


Von Ecehinodermen wurden viele Reste gesammelt. Crinoiden- 
stielglieder und Cidaritenstacheln liegen mir vor, gut erhaltenes ist 
aber selten. Erwähnt seien: 


Pentacrinus cf. tyrolensis Laube. 


Von dieser scharfkantigen kleinen Form liegt ein recht gut 
ausgewittertes Sternchen vor (2 mm im Durchmesser) mit scharf vor- 
springenden Spitzen, ganz so, wie es Laube (St. Cassian, Taf. VIII, 
Fig. 205) gezeichnet hat, während das von Frh. v. Wöhrmann 
(Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, pag. 192, Taf. V, Fig. 10) zur Ab- 
bildung gebrachte Sternchen vom Haller Anger keine einspringenden 
Winkel zeigt. Freilich zeigt auch Pentacrinus Fuchsi Lbe. (l. e. Fig. 18) 
dieselben einspringenden Winkel und würde sich nur an dem Ver- 
bande der Glieder unterscheiden lassen. 


Pentacrinus propinguus Mnst. 


Nur ein Stielgliedehen und dieses recht schlecht erhalten liegt 
mir vor. Die abgerundeten Ecken lassen sich jedoch deutlich er- 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 13 


90 Franz Toula. [14] 


kennen, was für die Münstersche Form spricht, und zwar für das 
l. c. Taf. IV, Fig. 9c, abgebildete Gliedehen. Durchmesser meines 
Stückchens 2:2 mm. Es wurde am Rande der Siebenbrunnenwiese, 
unterhalb des Jägerhauses gesammelt. Es kommen diese kleinen Penta- 
eriniten jedoch auch hinter dem Jägerhause vor. 


Oidaris spec. ind. (cf. Cidaris Admeto Mnstr.) 


Nur zwei Stücke einer kleinen Art iiegen in meinem Material. 
Das erste eine ganze Schale, zum Teil noch im Gestein eingeschlossen, 
etwa 11mm im Durchmesser, welches wohl eines der Ambulakralfelder 
erkennen läßt, aber doch zu schlecht erhalten ist, um eine sichere 
Bestimmung vornehmen zu können. 


Das zweite Stückchen, fast ganz im Gestein eingeschlossen, deutet 
auf eine etwas größere Form hin, etwa von der Größe des Cidaris 
Admeto Mnstr. (Taf. II, Fig. 3). Auch die Ambulakralfelder ähneln 
in der Entfernung der paarigen Porenreihen und des Zwischenraumes 
zwischen diesen den Verhältnissen des angeführten Fossils. 


In Bittners Aufsammlung liegen zwei Cidarissteinkerne, welche 
jedoch gleichfalls keine nähere Bestimmung zulassen und mit jenen 
meiner Sammlung übereinstimmen dürften. Das eine ist nur etwas 
größer (14mm im Durchmesser). 


Außerdem liegt ein ganz kleines Steinkernchen mit Schalenresten 
vor, das man wohl bezeichnen könnte als 


Oidaris venusta Mnstr. 
2 (Münster, Taf. II, Fig.) 


Es hat 5mm im Durchmesser und ist 3mm hoch. Laube (S. 60, 
Taf. IX, Fig. 2) gibt 45 und 2mm als Dimensionen an. 


Von Cidaritenstacheln liegen mir mehrere vor: 


Cidaris (Radiolus) dorsata Braun. 
Taf. IV. (1), Fig. 12. 


Zwei sehr kräftige größere Bruchstücke. Das eine ist 33 mm 
lang bei einem Durchmesser von 11 mm, mit gedrängt stehenden 
runden Pusteln ohne jede Regelmäßigkeit der Anordnung, die sich 
hie und da aneinanderreihen, wie es Quenstedt gezeichnet hat 
(Echiniden, Taf. LXVII, Fig. 72). Ihre Form ist gestreckter als die 
bei Laube (St. Cassian, Taf. IX, Fig. 12h) abgebildete Form, zeigt 
aber dasselbe flachgewölbte obere Ende. Die Form der Keule ist 
etwa so wie sie Quenstedt (l. e. Fig. 96) von Cidaris cf. Bronni 
Klipstein zeichnete. Klipsteins Original (l. c. Taf. XVIII, Fig. 6) 
ist viel kleiner. Die Dornung läßt die Bestimmung trotz der Streckung 
der Keule einer so in der Form veränderlichen Art nicht fraglich er- 
scheinen. Erwähnt sei nur noch das Auftreten einer schärfer aus- 


[15] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 91 


geprägten Knötchenreihe im unteren Teile, die eine Art Leistchen 
bildet. Die Krümmung der Keule ist auf der einen Seite flach, auf 
der anderen viel kräftiger. 


Cidaris (Radiolus) cf. fustis Laube. 
Taf. IV (D, Fig, 13. 


Ein weiteres Stück eines großen keulenförmigen Radiolus hat 
ähnliche Dimensionen, die Oberfläche ist jedoch im oberen Teile 
mit entferntstehenden sehr zarten Warzen versehen, die nach unten 
zu gedrängter und etwas derber erscheinen. Ein gleiches Verhalten 
habe ich nicht auffinden können, doch wird man etwas an das er- 
innert, was Quenstedt (Echiniden, Taf. LXVII, Fig. 94 und 95) 
als Radiolus fustis Laube abgebildet hat. 


Oidaris (Radiolus) af. alata Münst. 
Taf. IV (D, Fig. 14. 


Das auffallendste Stück meiner Aufsammlung stammt aus der 
Spitzeregion eines besonders großen Stachels, der beiderseits mit 
einem breiten Saume versehen ist. Der sonst fast kreisrunde Quer- 
schnitt fällt dadurch auf, daß nur die äußere Partie wie üblich spätig 
erscheint, während das Innere mit kristallinischem Kalk ausgefüllt ist, 
als wäre nur ein spätiger Mantel vorhanden gewesen. Die glänzen- 
den Flächen reichen auch über die beiderseitigen Flügel hinaus. Es 
ist dies eine ungewöhnliche Erscheinung. 

Quenstedt(l. ec. Taf. LXVIII, Fig. 104 und 105) bildet Stacheln 
mit ähnlichen flacherscheinenden Säumen ab. Die mittlere Oberfläche 
läßt Längsreihen von feinen Pusteln erkennen. Mein Bruchstück war 
mehr als 25mm lang bei einem Durchmesser (mit den Säumen) 
von 6 mm. 


Cidaris (Radiolus) spec. 
(Vielleicht eine neue Form.) 


Außer den keulenförmigen Radiolen liegen mir noch zwei auf- 
fallend schlanke, wie walzlich erscheinende Stücke vor. Das eine, 
20 mm lang mit einem größten Durchmesser von 2 mm, nach der 
Spitze sich verjüngend, läßt Längsreihen von förmlich in Längs- 
rippchen vereinigten Wärzchen erkennen, das andere ist nur als 
Längsbruch im Gestein erhalten. Man könnte bei diesen Keulen der 
Form nach an Cidaris Brauni Desor denken, wie sie Laube (l. ce. 
Taf. X, Fig. 6) zur Abbildung brachte, bei welchem übrigens die 
Wärzchen weiter voneinander abstehen. Gedrängter stehen sie bei 
Cidaris catenifera Ag. bei Münster (l. c. Taf. III, Fig. 23), doch 
ist bei diesem Stachel die Form schlank keulenförmig. Laube hat 
diese Münstersche Form mit Cidaris Braunii Desor und Cidaris 
Wächteri Wissm. vereinigt (l. c. pag.73) und als „compress* bezeichnet. 

12* 


992 Franz Toula. [16] 


Brachiopoden sind in großer Anzahl sowohl von uns als auch 
besonders von Alexander Bittner zustande gebracht worden. 


Koninckina Leonhardi Wissm. var, insignis n. var. 


(Vielleicht neue Art.) 
Taf. V (II) Fig. 14. 


Ein eigenartiges Stück, auf welchem zwei auffallend große Indi- 
‚viduen mit den Wirbelteilen der großen Klappen dicht aneinander- 
stoßen. Die großen Klappen stark gewölbt, der Wirbel kräftig, die 
Schale grobfaserig, ihre Oberfläche auf der Wölbungshöhe glatt, 
gegen die Seiten hin grobgefurcht, etwa so, wie es Bittner (Brach. 
d. alp. Trias, Taf. XXX, Fig. 46) zeichnen ließ, an dem Exemplar 
von St. Cassian in der Straßburger Sammlung. 

Die Größenverhältnisse sind auffallend genug. Bittner (l. e. 
pag. 96) hebt hervor, daß es auch große Exemplare gebe; das größte 
ihm bekannte Stück mißı: 18mm in der Länge, das größte Stück, „ein 
Riesenexemplar“, das er abbildet (l. c. Fig. 45), ist 20 mm lang. 
Mein Stück mißt aber in gleicher Art gemessen 26°6 mm in der Länge, 
bei einer größten Breite von 25mm. Von dem Spiralapparat läßt sich 
leider nichts erkennen. 


Amphiclina amoena Bittner. 
Taf. V (I), Fig. 15: 


Bittner hat eine große Zahl von Amphiclinen gesammelt 
(33 Stücke). 

Die Mehrzahl der Stücke werden als Amphielina amoena anzuspre- 
chen sein, es sind breitere Formen mit vorgezogenem spitzen Wirbel. 

Somit eine der häufigeren Fossilien der Fundstelle. Mir liegen 
13 Stückchen vor. Das beste mit der faserigen dicken Schale erhaltene 
Stück stimmt in Form und Größe mit dem von Bittner (Brach. d. alp. 
Trias, pag. 117—122, Taf. XXX, Fig. 13) abgebildeten Stücke von 
Sella-Podmeuz überein. Alex. Bittners Beschreibung bringt alles, 
was zu beobachten ist. Der scharf vorgezogene Wirbel der großen 
Klappe ist wohl das augenfälligste Merkmal und daneben die ge- 
buckelten Rücken beiderseits der Mittelfurche. Die bis jetzt aus 
Niederösterreich bekannten Arten: Amphiclina coaretata Bittner (1. c. 
Fig. 18) und Amph. ungulina Bittner (l. e. Fig 21) sind weitaus 
schmäler gebaute Arten. 

Ein vereinzeltes Stückchen erinnert durch die schrägabfallenden 
Schloßrandkanten etwas an Amphiclina cognata Bittner (l. e. Fig. 21) 
aus der Frein. 


Amphiclina Telleri Bittner. 
Taf. V (II), Eig. 16. 


Nur zwei meiner Stücke haben einen geraden Schloßrand und 
kleinen Wirbel, so daß man auf Amphiclina Telleri (}. ce. Taf. XXX, 
Fig. 1—10) schließen muß. Die l. c. Fig. 5 abgebildete Form ist am 


[17] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 93 


ähnlichsten. Nach rückwärts ist die Schale etwas mehr verschmälert. 
Eine weniger aufgewölbte Form. 

Von Amphiclina Telleri Bittner liegt noch ein Stück vor, welches 
mit der von Bittner, Taf. XXX, Fig. 10, abgebildeten Form, welche 
er als var. dilatata bezeichnete (von Ober-Seeland in Kärnten) recht 
gut stimmt, nur ist der Sinus der großen Klappe (und nur solche 
liegen vor) etwas kräftiger ausgeprägt. Dieses Stück ist 11 mm lang 
und 15mm breit. Die Aufwölbung beträgt ca. 6 mm. 


Amphiclina af. coarctata und seitula Bittner. 
Taf. V (ID), Fig. 17. 


Fünf Stücke sind schmäler gebaut und besitzen stark vorgezogene 
Wirbel; ich möchte sie mit Amphiclina coarctata Bittner (l. e. Fig. 18) 
in ein näheres Verhältnis ‚bringen. Das beste Stück ist 11’5 mm lang 
und 10'6mm breit. Die Aufwölbung ist jedoch so groß wie bei Am- 
phiclina scitula Bittner (l. ec. Fig. 19), der Sinus aber weniger tief 
und auch die seitlichen Furchen zum Teil weniger stark entwickelt. Eines 
der Stücke gleicht Amph. scitula von oben betrachtet zum Verwechseln. 
Die größte Höhe liegt weit gegen den Stirnrand gerückt. 


Amphiclina ungulina Bittner. 
Taf. V (II), Fig. 18. 


Bei zwei Stücken ist der Wirbel so weit vorgezogen, daß ich 
an die genannte Art (l. c. Fig. 21) denken muß; wie Amph. coarctata, 
eine Form aus dem Lieglergraben bei Mariazell. Das eine der Stücke 
ist 1Omm hoch und 94mm breit. 


Spiriferina gregaria (Suess) Bittner var. 
Taf. V (II), Fig. 19. 


Nur zwei Stücke liegen in Bittners Aufsammlung, mit einem 
Zettelchen: „wird doch nur Sp. gregaria sein!“ („Schon als Griesbachi 
angeführt, zu dementieren“, was hiermit geschieht.) 


Bittner führt diese Art aus Kärnten (Bleiberger Schichten) 
und aus den nordalpinen Carditaschichten in Nordtirol (]. e. pag. 140), 
im Ennstaler Kalkgebirge und auch im Hochschwabgebiete (1. c. pag. 145) 
an. Auch in den „Wandaukalken (Einlagerungen der Halobia rugosa- 
Schiefer)“ wird sie genannt. 

Das bessere der mir vorliegenden Stücke ist 17 mm breit, es 
war also ein großes Individuum. Der Wulst der kleinen Klappe Jäßt in 
der Mitte eine Furche zwischen zwei stärkeren Rippen und neben 
dieser links eine, rechts zwei Seitenrippen erkennen; auf den Flanken 
stehen links fünf, rechts aber vier Rippen, wobei sich die erste rechts 
unten in zwei teilt. Vielleicht war die Mittelfurche Veranlassung zu 
Bittners erster Bezeichnung. Ich will dieser Abweichung zufolge 
ein var. beifügen. 077 


94 ’ Franz Toula. [18] 


Spiriferina cf. Myrina Bittner. 


Nur eine große Klappe liegt mir vor. Sie ist stark aufgebläht 
und läßt keinen Sinus erkennen. Die Punktierung ist ziemlich grob 
markiert, aber doch nur unter der Lupe kenntlich. Länge 14 mm, 
Breite 13 mm. A. Bittner (Nachträge Abh. d. k.k. geol. R.-A. 1892, 
pag. 32, Taf. I, Fig. 1—6) führt von der Raxalpe eine Spiriferina 
Myrina n. sp. an (Verh. 1891, pag. 56), welche wenigstens in naher 
Verwandtschaft zu meinem Stücke steht, das ebenfalls einen auffallend 
dicken Schnabel besitzt, der „beträchtlich vorgekrümmt“ ist. Sp. 
Myrina Bittn. besitzt keinen Sinus. Sie wird mit der gleichfalls sinus- 
losen Spiriferina tyrolensis Bittner verglichen. 


Mein Stück ist glatt und hat keine vorgezogene Stirn. 


Retzia Bittneri n. form. 


(Verwandt mit Retzia procerrima Klipst. spec.) 
Taf, V (1), Eig. 20, 


In Bittners Sammlung befinden sich zwei Stücke von Retzia, 
beide von seiner Meisterhand ganz prächtig herauspräpariert. Das 
eine größere Stückchen kann nur mit Ketzia procerrima Klipst. spec. 
(1. e. Taf. XV, Fig. 8) in Vergleich gebracht werden. Bittners 
Abbildungen (l. c. Taf. III, Fig. 2) stimmen auf das beste mit Klip- 
steins Abbildung. Laubes Ketzia procerrima Klip. (Taf. XIII, Fig. 4) 
ist schon von Bittner (Taf. IV, Fig. 31) mit einem neuen Namen 
(Retzia Klipsteini nov. nom.) versehen worden. 


Bittners Stück vom Jägerhause besitzt folgende Dimensionen: 


Bittners größeres Exemplar 
(l. c. Taf. XII) 


Länge der ganzen großen Klappe 13°5 mm 12 mm 
Länge der kleinen’ Klappe... . ... 59°, N elass 
Breite der kleinen Klappe . . 5°9 „ 7 R 
Brasterder Area 2... ram 2A). 5 
Hohesger Area a. url ae 41), 


Schon ein Vergleich dieser Maßverhältnisse zeigt eine weit- 
gehende Verschiedenheit, welche durch die außergewöhnliche Höhe 
der Area bedingt wird. 

Betrachtet man die Skulptur der Oberfläche beider Klappen. so 
zeigt die große 10 Hauptrippen von ziemlich gleicher Stärke, außer- 
dem noch an beiden Seitenhängen 5 viel schwächere, also im ganzen 
20 Rippen. Auf der kleinen Klappe, deren Wirbel leider beschädigt 
ist, zähle ich im ganzen 17 stärkere Rippen, zwischen welche sich 
mehrere feine Zwischenrippchen einschieben, ich zähle deren sechs. 
Diese Schaltrippchen werden erst bei stärkerer Vergrößerung sicht- 
bar. Sie reichen nur wenig über die Mitte der Klappe. Bei ARetzia 
procerrima führt Bittner (l. ec. pag. 90) das Auftreten einer solchen 
‘„überzähligen Rippe“, „etwas für triadische Retzien sehr Ungewöhn- 
liches“, an. 


[19] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 95 


Retzia cf. Arara Laube. 
| Taf. V (II), Fig. 21. 


Das zweite Stückchen von Retzia der Bittnerschen Aufsamm- 
lung ist viel kleiner. Die Wirbelspitze der großen Klappe ist leider 
abgebrochen. Die Länge der großen Klappe dürfte etwa 5 mm be- 
tragen haben. Die Länge der kleinen Klappe mißt 2:8 mm, ihre 
Breite 2:5 mm. 

So klein das Stückchen ist, so läßt es doch auf beiden Klappen 
je eine tiefe und gegen den Stirnrand sich verbreiternde Mittelfurche 
erkennen. Die Rippung ist weniger scharf ausgeprägt auf der kleinen, 
stärker auf der großen Klappe. Diese Furchung beider Klappen tritt 
bei Laubes Retzia Arara (Taf. XIII, Fig. 2) ebenso deutlich auf. 
Bittner (l. e. pag. 90) führt nur drei ihm bekannte Stücke dieser 
durch die Medianfurchen absonderlichen Art an. Die von beiden 
Autoren gegebenen Beschreibungen lassen sich ganz gut auf Bittners 
Stückchen vom Jägerhause anwenden. 


Spirigera indistincta Beyr. sp. - 


Von dieser kleinen Spirigera, von welcher Bittner anführt 
(l. e. pag. 147), daß sie in den östlichen Nordalpen weit verbreitet 
sei und zumeist in den Oarditaschichten auftrete, aber auch bis „in 
die tiefsten Bänke des ÖOpponitzer Kalkes“ aufsteige, liegen mir 
mehrere Stückchen vor, darunter ein stark aufgeblähtes: 8'’2 mm lang, 
6°8 mm breit und 5’3 mm dick. Die Fasern sind auch auf den Stein- 
kernen noch deutlich erkennbar. 


Spirigera contraplecta Bittner var. 
Taf. V (I), Fig. 22. 


Nur ein Stückchen in Bittners Aufsammlung stelle ich hierher. 
Es gleicht der Abbildung Bittners (l. ce. Taf. II, Fig. 16), nur ist 
die Medianfurche der großen Klappe noch weniger tief und sind die 
seitlichen Furchen kaum angedeutet. Die Breite ist etwas größer. 
Länge 9 mm, Breite 10:6 mm, Dicke 63 mm. Am Stirnrande sieht 
man die beiderseitigen Medianfurchen zusammenstoßen. 


Spirigera af. quinquecostata Mnstr. sp. 
(Wohl eine neue Form.) 
Taf. V (II), Fig. 23. 


Mir liegen nur zwei Stücke vor, die zu derselben Art gehören, 
sich jedoch der kräftigen Rippung wegen nur schwer und nicht ohne 
Beschädigung herauspräparieren ließen. A. v. Klipstein (Mitteil. 
1845, Taf. XV, Fig. 9) hat eine gewiß verwandte Form als Terebratula 
crista-galli zur Abbildung gebracht, welche Laube (St. Cassian, Taf. 
XI, Fig. 7) mit Münsters Terebr. quinquecostata (1841, Taf. VI, Fig. 6) 
vereinigte. Durchaus kleinere Formen. Klipsteins Beschreibung (]. c. 


96 Franz Toula. [20] 


pag. 217) ist recht gut und läßt erkennen, daß man es bei seinem Fossil 
mit einer viel weniger breit entwickelten Form zu tun habe. 

Bittner (l. ec. pag. 83) vereinigte die Klipsteinsche Art mit 
jener Münsters, die jedoch noch viel schmäler gebaut ist. 

Bei meinem Stücke sind die beiden Mittelrippchen der großen 
Klappe viel schwächer als die beiden seitlich angrenzenden, was bei dem 
einen der Stücke besonders grell hervortritt. Diese Mittelrippchen sind 
durch eine breite Furche von den seitlichen geschieden. Auf der 
kleineren Klappe ist nur eine schwächere Mittelrippe vorhanden, so 
daß für diese die Fünfzahl besteht. 


Das besser erhaltene meiner Stücke hat eine Länge von 13'5 mm, 
eine Breite von mehr als 16 mm und eine Dicke von 9:7 mm. 


Eine Ähnlichkeit dieser Formen mit Spirigera trigonella Schloth. 
zum Beispiel mit der von Bittner (l. c. Taf. XXXVI. Fig. 27) zur 
Abbildung gebrachten von Rovegliana ist auffallend genug, um so mehr, 
als bei dieser älteren Art auch eine gewisse Unsymmetrie auftritt. 


Spirigera af. Wissmanni Mnstr. sp. 
(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. V (II), Fig. 2. 


Nur ein besser erhaltenes, am Stirnrand etwas beschädigtes 
Stückchen, 11 mm lang und 13 mm breit, liegt mir vor, das in der 
allgemeinen Form, mit den beiden stark und fast gleichstark auf- 
gewölbten Klappen, der von Al. Bittner (Br. d. alp. Trias Taf. II, 
Fig. 6) abgebildeten Varietät recht ähnlich ist. Durch leichte Mittel- 
furchen auf beiden Klappen, von welchen jene der größeren Klappe 
die deutlichere ist, unterscheidet sich mein etwas größeres Stückchen, 
doch führt Bittner (l. ec. pag. 80) Formen an, die Medianver- 
tiefungen auf beiden Klappen aufweisen und sich dadurch der noch 
kleineren Spirigera bipartita Mnstr. sp. = Sp. Münsteri Bittner (l. c. 
Taf. II, Fig. 14) annähern. Die Furchung prägt sich am besten in 
der unter der Lupe sichtbar werdenden, beiderseits gegen die Mittel- 
linie schrägen Stellung der Schalenfasern aus. Im Steinkern ist 
übrigens auch eine Andeutung von radialen Linien bemerkbar, wodurch 
die sichere Bestimmung noch erschwert wird. 


Spirigera cf. Wissmanni Mnstr. sp. 


Hierher möchte ich sechs kleine Stückchen aus der Bittner- 
schen Aufsammlung stellen. 6 mm lang, 5°6 mm breit und 3°4 mm dick, 
mit ganz flach gewölbten faserigen Klappen, spitzen kleinen Schnäbeln 
ohne jede Faltung, so daß der Stirnrand scharf schneidig und gerad- 
linig verläuft, etwa so wie es Bittner (l. c. pag. 198, Taf. XXIX, 
Fig. 22) an einem Stück aus der Gegend von Admont abbildete. 
Zuerst dachte ich an Rhynchonella semicostuta, doch diese ist auch in 
den kleinen Individuen mit Falten versehen. Die kleinen Stücke sind 
in. .der Breite etwas veränderlich. 


[21] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 97 


Spirigera af. Sturi (Boeckh) Bittner. 
Taf. V (IN), Fig. 25. 


Nur zwei kleine, fast kugelige Stückchen in Bittners Auf- 
‚ sammlung möchte ich ebenso bezeichnen, wie es Bittner (Bosnien, 
Jahrb. 1902, pag. 575, Taf. VII, Fig. 30 u. 31) bei einem viel kleineren 
Stücke aus dem Muschelkalk der Umgebung von Sarajevo (Studen- 
kovic) machte. Eines der Jägerhausstücke ist 92 mm lang, 8 mm breit 
und 6 mm dick. Die Dicke des sonst ganz gleichen zweiten Stückes 
beträgt sogar Tmm. Bei Bittners Stücken vom Jägerhaus verläuft 
der Stirnrand fast gleichmäßig, mit nur ganz leichter Andeutung einer 
Ausbuchtung. 


Rhynchonella tricostata (Mnstr. sp.) Bittner. 
Taf. V (II), Fig. 26. 


Nur ein Stückchen liegt mir vor, 73 mm lang, 75 mm breit und 
45mm dick. Es stimmt von allen Abbildungen mit dem von G. Laube 
als Rhynchonella quadriplecta Mnstr. sp. bezeichneten Stücke (Taf. XIV, 
Fig. 4) am besten. Bittner hat dieses Fossil mit Zhynchonella 
tricostata Mnstr. vereinigt (Brach. d. alp. Trias, pag. 102). Die 
Münsterschen Formen (Taf. VI, Fig. 9 u. 10) stimmen jedoch mit 
der Laubeschen gewiß nicht überein, denn diese hat auf der kleinen 
Klappe einen ausgesprochenen medianen Wulst, der auch an dem 
vorliegenden Stücke vorhanden ist, während Münsters Art zwei 
dicke Rippen und eine mittlere Furche aufweist, wie bei den Bittner- 
schen Abbildungen (l. c. Taf. II, Fig. 20 u. 21) von Spirigera quadri- 
plecta Mnstr. spec. Die (ebend.) Fig. 19 abgebildete Varietät wird 
freilich auch mit einem mittleren und zwei seitlichen Radialwülsten ge- 
zeichnet, was immerhin trotz der von Bittner (pag. 84) gegebenen 
Auseinandersetzung Schwierigkeiten bereitet. Die Münstersche Ab- 
bildung seiner Terebratula tricostata (Taf. VI, Fig. 7) deutet auf eine 
sehr extreme Ausbildung hin. Nach Bittners Vorgang soll die Be- 
zeichnung jedoch beibehalten werden, weil ja Münsters Rh. quadri- 
plecta doch etwas ganz anderes ist. 


Rhynchonella af. subacuta Mnstr. sp. 
Taf. V (II), Fig. 26a. 


Nur ein Stückchen in Bittners Aufsammlung, dessen kleine, 
feinfaserige Klappe gut kenntlich ist. Die mittlere Aufwölbung ist, wie 
mir scheint, etwas weniger breit wie bei Bittners (Taf. III, Fig. 12) 
und Laubes Abbildungen (Taf. XIV, Fig. 2a). 


Rhynchonella linguliformis n. sp. 
Taf. V (ID, Fig. 27. 


Zwei Stückchen der Bittnerschen Aufsammlung will ich unter 
der gewählten Bezeichnung beschreiben, es sind Stücke von ganz 
auffallender Erscheinuug. So schmale und langgestreckte Umrißformen 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 13 


98 Franz Toula. [22] 


sind mir nicht bekannt geworden, nur Terebratula triangulata Klipstein 
(l. e. pag. 220, Taf. XVI, Fig. 3) ist ähnlich. Diese auffallende Form hat 
G. Laube mit „?* unter die Synonymik der Rhynchonella semiplecta 
Mnstr. aufgenommen, was Bittner (l. c. pag. 101) abgelehnt hat, 
„man kann diese Form vielleicht unberücksichtigt lassen, keinesfalls 
aber als Synonym zu Fhynchonella semiplecta stellen“, was ja auch 
Laube schon gefühlt haben dürfte und durch das? andeutete. Der Umriß 
. des mir vorliegenden größeren Stückes ist wirklich fast dreiseitig. Die 
‘große feinfaserige Klappe nimmt von der Spitze zur Stirn gleichmäßig 
in der Breite zu und ist bis in die ganz leicht an der Stirnseite ein- 
gesenkte Partie gleichmäßig und mäßig gewölbt, mit steilen Abhängen 
gegen die Seitenkanten. In der als Steinkern vorliegenden Schnabel- 
hälfte ist ein langer, feiner, mittlerer Schlitz angedeutet, mit zwei 
schmalen Längswülsten. Die kleine Klappe ist niedrig und flach, mit 
einer die ganze Breite einnehmenden muldigen Vertiefung. Die Seiten- 
ränder sind scharfkantig. Von dieser Seite betrachtend, erkennt man 
unter der Lupe die beiden leicht aufgewölbten Deltidiumplättchen 
und das mittlere Loch. 

Die Länge beträgt 20 mm. 

Die größte Breite am Stirnrand etwas über 12 mm. 

Die größte Dicke 5 mm. 

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß gewisse Formen von 
Spirigera (Tetractinella) trigonella Schloth. sp., welche Al. Bittner 
aus dem bosnischen Muschelkalke, Taf. XXIII (VI), Fig. 23—26, zur 
Abbildung gebracht hat und als Abnormitäten bezeichnete, in der 
Umrißform sich annähern, doch sind die beiden Rippen der kleinen 
Klappen den Seitenkanten der vorliegenden Stücke vergleichbar, weit 
gegen die Mitte gerückt. 


Rhynchonella spec. 
(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. V (II), Fig. 28. 


Drei ziemlich gleichgroße Steinkernchen mit spärlichen Resten 
der faserigen Schale liegen mir vor. Die beiden Klappen fast gleichgroß, in 
der Wirbelgegend stark aufgebläht, auf der größeren Klappe sechs kräf- 
tige, unterhalb der Schalenmitte beginnende Rippen, was an Ahynchonella 
misella Bittner (l. c. Taf. XXIV, Fig. 17) aus der Gegend von Hallein 
erinnern könnte. Von den St. Cassianer Arten wäre Rhynchonella semi- 
costata Münst. (l. ec. Taf. III, Fig. 14) in der Rippung ähnlich, doch 
ist bei dieser die kleine Klappe auffallend kürzer und sind die Klappen 
viel flacher. Endlich könnte man auch Zhynchonella Augusti Bittn. 
(l. e. Taf. XL, Fig. 14) in Vergleich bringen, welche vom Hochschwab 
stammt. Bittner. (l. c. pag. 266) erwähnt, daß „der Wulst ihrer 
kleinen Klappe“ gegen den Wirbel zu verlängert sei; das würde 
stimmen, doch ist er bei meinem besten Stückchen ganz glatt. Ver- 
wandte Formen mit erst nahe der Mitte beginnender Faltung kommen 
auch im Muschelkalke vor, zum Beispiel Ichynchonella Attilina Bittner 
(l. ec. Taf. XXXVIL, Fig. 5—8); bei allen bleibt der Wirbel der kleinen 
Klappe weit zurück. 


[23] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 99 


Terebratula af. piriformis Suess. 


(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. V (II), Fig. 29. 


- Nur ein etwas beschädigtes, aber gut ergänztes Stück der 
Bittnerschen Sammlung möchte ich hier anreihen, wenn auch keine 
vollkommene Übereinstimmung besteht. 

Das von Bittner unter derselben Bezeichnung angeführte 
Individuum aus dem oberen Mergelkomplex des Bakonyerwaldes 
(Hauptwerk Taf. XXXIX, Fig. 14) hat im Umriß große Ahnlichkeit, 
auch die Vorziehung des Wirbels der kleinen Klappe besteht, ebenso 
sind Anzeichen einer Radialstreifung an dem Jägerhausstücke zu 
bemerken. Dieses ist nur viel stärker aufgebläht. Auch das Stück von 
Seeland (l. c. Taf. IV, Fig. XII) ist viel flacher. v. Arthaber 
(Alp. Trias Leth. geogn. Taf. XLIX, Fig. 13) bildet eine Ter. piri- 
formis Suess aus der „karpathischen Fazies* der Kössener Schichten 
ab, welche schon viel aufgeblähter ist. Die Ed. Suessschen rhätischen 
Originale (Denkschr. 1853, Taf. III, Fig. 6—8) zeigen alle wenigstens 
Andeutungen von Einsenkungen, Hebungen der Stirn, wovon am vor- 
liegenden Stücke nichts zu bemerken ist. Die Bezeichnung ist, wie 
bei Bittners Stücken, eine Art Notbehelf. Unser Stück ist 22 mm 
lang, 15 mm breit und 11 mm dick. 


Terebratula af. debilis Bittn. 
Taf. V (II), Fig. 30. 


Ein Stückchen aus Bittners Aufsammlung möchte ich hier an- 
reihen, obwohl es größer und noch schlanker ist als das zum Ver- 
gleiche herangezogene Cassianer Fossil (Hauptw. Taf. I, Fig. 5, pag. 61). 
Dieses ist 9 mm lang und 6'5 mm breit, unseres ist mehr als 16 mm 
lang, 10 mm breit und 64 mm dick. Beide Klappen sind sanft gewölbt. 
Die Schnabelspitze ist abgebrochen. Besseres Material würde vielleicht 
gleichfalls zur Aufstellung einer neuen Form geführt haben. Der 
Stirnrand verläuft ohne Andeutung von Einbuchtungen gerade. 


Terebratula cf. tenella Bittner. 
Taf. V (II), Fig. 31. 
Nur ein kleines, wohlerhaltenes Fxemplar liegt mir vor, das 
ich hierherstellen möchte, da es recht gut mit Bittners Zeichnung 


(l. ec. pag. 64, Taf. I, Fig. 6) stimmt. 4°3 mm lang, 34 mm breit und 
2 mm dick. 


Waldheimia (Cruratula) cf. Damesi Bittner var. 
Taf. VI (III), Fig. 32 und 33, 

Im Bittnerschen Material befinden sich drei Stücke dieses 
ansehnlichen Fossils, von welchem zwei recht gut erhalten sind. Bittner 
hat aus den Hallstätter Kalken mehrere Stücke beschrieben und ab- 
gebildet (l. ec. Taf. VI, Fig. 9—12). Nur die extremsten Stücke 

13* 


‚100 Franz Toula. i [24] 


(Fig. 11 und 12) kommen dabei in Betracht, das erstere (11) „ohne 
Fundortangabe“, das andere (12) aus dem Besitze des Herrn von 
Klipstein. Gerade das letztere zeigt noch die meiste Übereinstimmung. 
Aber auch das Stück von der Seelandalpe bei Schluderbach (Taf. 
XXXVII, Fig 13) muß zum Vergleiche herangezogen werden, wenn 
es auch in der Schnabelregion weniger in die Länge gezogen ist, was 
ja auch bei dem Stücke Fig. 33 der Fall ist. An den beiden Bitt- 
nerschen Stücken vom Jägerhause, das dritte ist nur ein Bruchstück, 
ist die Schnabelregion beschädigt, bei dem größten Stücke jedoch 
nur so wenig, daß es mit dem zweiten, dessen Stirnregion gut er- 
halten ist, die Vergleiche gut durchzuführen erlaubt. 

Der gestreckte Schnabel und die breite Hinterseite stimmen 
gut, in der Seitenansicht ist die von Bittner (Taf. VI, Fig. 5) als 
Übergangsform von Cruratula Beurichi Bittner zu Orur. Damesi be- 
zeichnete Form, durch den weit hinaufgerückten Seitenlappen der 
großen Klappe recht ähnlich. der aber bei dem vorliegenden Stücke 
noch stärker vorgezogen ist. 

Die Oberfläche der großen Klappe ist bei dem größeren Stücke 
schon in der Wirbelregion deutlich gefurcht, bei dem kleineren in 
der Stirnregion ganz flach gekrümmt und furchenlos, die kleine Klappe 
ist flach und breit gefurcht und reicht diese Mediandepression kis in 
die Nähe der Stirnregion. Die Stirnseite ist scharf schneidig und fast gerad- 
linig. Das kleinere Stück gleicht der Fig. 11, nur ist es in der Stirn- 
ansicht durch die schneidige Stirnlinie und die geringe Aufblähung 
unterschieden. 

Trotz dieser Unterschiede zweifle ich nicht, daß wir es mit 
zu der Formenreihe der Cruratula Damesi gehörigen Stücken zu tun 
haben, nur ist es eine größerwerdende, flachere Varietät. Die Stirn- 
ansicht von Waldheimia cf. Damesi (l. e. Taf. XXXVIIL, Fig. 13) ist 
ganz ähnlich. 

Das größere der beiden Stücke ist bei 56mm lang und bei 35 mm 
breit gewesen, bei einer Dicke von 21mm; das kleinere Stück dürfte 
35mm lang gewesen sein, bei einer Breite von 30mm und einer 
größten. Dicke von 14 mm. Bittner führt (l. e. pag. 114) an, daß 
Ururatula (Waldheimia) Damesi auch aus angeblichen Wengener Schich- 
ten der Falzaregostraße (Cortina d’Ampezzo) bekannt geworden sei. 


Waldheimia (Aulacothyris) subangusta (Mnstr. sp.) Laube 
(cf. Waldh. [Aulac.] Wähneri Bittner). 
Taf. VI (UI), Fig. 34 und 35. 


Drei Stückchen, freilich nur eines wohlerhalten, aus der Bitt- 
nerschen Aufsammlung stelle ich hierher. Die große Klappe ist 
stark gewölbt, die muldige kleine Klappe hat eine scharfe Furche in 
der Mitte. S’4Amm lang, T’5 mm breit, 48mm dick, ein zweites 11mm 
lang, 93mm breit und 5’5mm dick. Man vgl. Laubes Abb. (Taf. XI, 
Fig. 11, zweite Varietät). Unter den zahlreichen. Aulacothyris-Arten, 
welche Alex. Bittner aus Bosnien etc. beschrieben und abgebildet 
hat (Jb. 1902, Taf. II—IV), ‚scheint mir die sehr variable Aula- 


[25] Die Kalke vom Jügerhause unweit Baden. 101 


cothyris Wähneri (l. ce; Taf. III, Fig. 17—24) durch die hochge- 
wölbte große Klappe nahe zu stehen. Aulacothyris Loefelholzii Bittner 
(l. e. Taf. I, Fig. 17) ist in der Form des Umrisses, durch die vom 
Wirbel der kleinen Klappe steiler abfallenden Seitenkanten und durch 
die scharfe Mittelfurche in der Mulde noch ähnlicher. Freilich ist 
die große Klappe weniger stark gewölbt. 


Waldheimia (Aulacothyris) af. Waageni Bittner. 
Taf. VI (III), Fig. 36. 


Nur ein auf der einen Seite beschädigtes Stück liegt in Bittners 
Aufsammlung, welches in der Gestaltung der kleinen Klappe an die 
Aulacothyris-Formen erinnert;. besonders auffallend ist ‘die flache ver- 
tiefte kleine Klappe, mit einer scharf ausgeprägten mittleren Schlitz- 
furche in der Nähe des Wirbels. Auf der Stirnrandhälfte der großen 
Klappe tritt eine gegen den Stirnrand sich rasch erweiternde und 
vertiefende Furche: auf, die jedoch noch vor der Mitte vollkommen 
verschwindet. Eine Aulacothyris mit Furche auf der großen Klappe 
hat Bittner von Blizanac (Bosnien, Taf. III, Fig. 6) zur Abbildung 
gebracht, aber auch die Oassianer Form Terebratula capsella Bittner 
var. caesa besitzt eine solche Furche. Die Beschaffenheit der kleinen 
muldigen Klappe verweist jedoch mit Sicherheit auf. Aulacothyris. Das 
Stückchen ist 12mm lang, 88mm breit und 6mm dick. 


Noch artenreicher sind die Lamellibranchiaten. 


? Avicula cf. antigua Mustr. (Arcoptera [?] spec.). 
Taf. VI (II), Fig. 37. 


Ein auf der vorderen Seite beschädigtes kleines Stückchen (linke 
Klappe) kann ich nur mit der genannten Münsterschen Art (Taf. VII, 
Fig. 15) in näheren Vergleich bringen, obgleich eine volle Uberein- 
stimmung nicht besteht, indem der hintere Flügel geradlinig zum 
Schloßrande zieht. Avicula arcuata: (Mnstr.) ‚Bittner (Hauptwerk Taf. VIII, 
Fig. 22) hat gewiß gleichfalls Ahnlichkeit, und zwar gerade in der 
Flügelbildung, ist jedoch durch die Biegung des Schalenwulstes ver- 
schieden, Die Höhe meines Stückchens beträgt 43 mm. Arcoptera 
(Bittner) habe ich gleichfalls in Betracht gezogen und halte ich es für 
denkbar, daß wir es mit-der Form dieses Bittnerschen Geschlechtes 
zu tun haben könnten, es ist mir jedoch nicht gelungen, die Schalen- 
partie unterhalb des Wirbels, die Ligamentarea, freizubekommen.. 


Avicula cf. obtusa Bittner. 
Tat-.VI (Ill), Eig. 38. 


Nur ein sehr schräges Schälchen mit sehr weit gegen den Stirn- 
rand reichendem Flügel liegt mir vor. Die Anwachsstreifung zieht 
in kräftigen Linien über den Flügel, nach rückwärts gebogen, etwa 
so, wie es bei Avicula obtusa Bittner (l. e. Taf. VIII,. Fig. 16), bei 
dem kleinen Individuum gezeichnet wurde, das auch in Form und Größe 


102 Franz Toula. | [26] 


stimmen würde. Die schärferen Anwachslinien am Flügel erinnern 
freilich auch an Avicula cf. Stoppani Bittner (l. c. Taf. VIII, Fig. 15). 
Die schräge Länge meines Stückchens beträgt 13 mm. 


Avicula sp. ind. 
Taf. VI (III), Fig. 39. 


Eine ziemlich flache, unvollkommen erhaltene Schale, und zwar 
die rechte Klappe. In der Stirnrandhälfte ist die Skulptur erwähnens- 
wert. Die ziemlich kräftigen Radialrippen (etwa 17 an der Zahl) sind 
scharf gekielt und zeigen in der Nähe des Stirnrandes drei bis fünf 
sehr zarte Zwischenrippchen; überaus feine Anwachslinien laufen über 
die Rippen hinweg und lassen die Zwischenrippchen wie feingekörnelt 
erscheinen. 

Aus der Literatur kenne ich keine Form, an welche ich mein 
leider unvollkommenes Stückchen anschließen könnte. Lima angu- 
lata Mnsitr. (Bittner, Taf. XXII, Fig. 4) zeigt wohl ähnliche Zwischen- 
rippchen, ist aber schmäler gebaut. Am meisten erinnert mich mein 
Stück an die viel jüngeren Avicula-Formen von der Verwandtschaft 
der Avicula inaequivalvis Sow. (Goldfuß P. G., Taf. CXVII, Fig. 1) 
oder der Avicula Münsteri Bronn (ebenda Fig. 2 h). Mein Stück ist 
155 mm lang und zirka 13 mm hoch. 


Avicula? sp. ind. 


(Wohl eine neue Form.) 
Taf. VI (III), Fig. 40. 


Dieselbe Schwierigkeit bereitet mir ein zweites meiner Stücke, 
das gleichfalls nur durch die auffallende Skulptur erwähnenswert wird. 
Das Stück bietet die untere Hälfte derflachen Schale dar, auf der man fünf 
kräftige Radialrippen wahrnimmt, die von weniger scharf ausgeprägten 
Anwachsfurchen durchquert werden, wodurch eine Knotung der Rippen 
entsteht. Zwischen je zwei der Hauptrippen liegen sieben bis elf 
sehr feine und ungleichstarke Zwischenradiallinien. Mein Stück ist ein 
Abdruck der Schalenoberfläche im Gestein, jedoch so scharf aus- 
geprägt, daß sich gute Abformungen herstellen ließen. Die Länge und 
Höhe der Schale mag bei 20 mm betragen haben. 

Eine gewisse Ahnlichkeit hat die Skulptur von Lima cancellata 
Bittner von der Seelandalpe bei Schluderbach (l. c. 176, Taf. XXT, 
Fig. 18). Die Hauptrippen sind aber zahlreicher (11), die Zwischen- 
rippen (3—5) weniger zahlreich. Auch erscheint dieses Stück viel 
höher aufgewölbt. 


Halobia (Daonella?) spec. (Vielleicht n. sp. ?) 
Taf. VI (III), Fig. 41. 


Nur ein flacher Abdruck liegt mir vor, der sich in Kitt gut 
abformen ließ. Er bietet den Wirbel und die Verzierung der Ober- 
fläche, welche ganz klar zur Wahrnehmung kommen. Der mittlere 


[27] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 103 


Teil der Schale ist etwas vorgewölbt. Vom Wirbel strahlen 13 recht 
scharf ausgeprägte Rippen aus, zwischen welche sich recht regel- 
mäßige Schaltrippen einschieben, die gegen die Seiten zu weit gegen 
den Wirbel hinanreichen, in der Mitte der Schale jedoch weiter da- 
von entfernt erst beginnen. Uber diese Radialrippen ziehen kon- 
zentrisch etwas weniger kräftige, aber scharfe Linien, welche eine 
förmliche Gitterung entstehen lassen. Gegen das Ohr krümmen sie 
sich ganz regelmäßig gegen den Stirnrand zurück, eine Erscheinung, 
welche ich bei keiner der Abbildungen bei Mojsisovics (Abhandl. 
d. k. k. geol. R.-A. VII, 1874) und Bittner (ebend. XVIII, 1895, 
Taf. IX) wiederfinden konnte. Die Unvollkommenheit der Erhaltung 
des Stückes macht weitere Beobachtungen unmöglich. 


? Halobia (Daonella) cf. cassiana Bittn. 
Taf. VI (III), Fig. 41a. 


Ein niedliches Schälchen brachte ich aus den Kalken Bittners 
heraus, in welchen die eigenartigen ellipsoidischen Körperchen (Taf. I, 
Fig. 6) enthalten sind. Es ist nur etwa 5 mm lang und 7 mm breit 
unter dem Wirbelchen aufgewölbt. Die Oberfläche ist fein radial gerippt, 
unter dem Wirbel beginnen konzentrische Wulstungen nach Art jener 
bei Hulobia auftretenden. Vielleicht hat man es dabei in der Tat mit 
einer kleinen Halobia zu tun, etwa der Daonella cassiana Bittn. oder 
Halobia (Daonella) Richthofeni Mojs. vergleichbar, nur sind die Radial- 
linien schwächer, die Wülste aber kräftiger wie bei dieser St. Cassianer 
Art (Bittner, Abhandl. XVIII, Fig. 22). 


Mojsisovics hat (Abhandl. VII, Taf. III, Fig. 2) eine ähn- 
liche zartgestreifte Form als Halobia lineata Mnstr. beschrieben. Am 
besten stimmt Münsters „Monotis* lineata bei Goldfuß (Petr. 
Germ. CXXI, Fig. 3). 


Posidonomya Wengensis Mnstr. 


Ein Stückchen aus dem schwarzen Kalke, zirka 9 mm breit, zeigt 
die konzentrischen Linien bis gegen die Wirbelspitze. Im ganzen liegen 
mir sechs Stückchen vor. 


Auch in Bittners Aufsammlung fand sich ein Schälchen. 


Aviculopecten cf. Bosniae Bittner sp. 
Taf. VI (IID, Fig. 42. 


In Bittners Aufsammlung liegt ein an Aviculopecten oder 
Pseudomonotis erinnerndes Schälchen; nur die Oberfläche einer wenig 
gewölbten linken Klappe, mit Radialrippen, welche auch auf den rück- 
wärtigen Flügel hinüberziehen. Das vordere Ohr ist leider abge- 
brochen. Zwischen die vierzehn stärkeren schieben sich viel zartere 
Zwischenrippen ein. Das Wirbelspitzchen ist glatt, weiterhin laufen 
gedrängt stellende, zarte Anwachslinien über die Schale, welche auf 
den Rippen kleine Höckerchen entstehen lassen. Das Schälchen ist 


104 Franz Toula. [2 8] 


73 mm lang und ebenso breit. -—- Aus der bosnischen Trias 
(Jahrb. 1902, Taf. XXVI [IX], Fig 14—18) hat Bittner 
eine Anzahl ähnlicher Formen behandelt. Von diesen Formen 
scheint mir Aviculopecten Bosniae Bittner, und zwar die in Fig. 17 
dargestellte rechte Klappe die allergrößte Ähnlichkeit zu besitzen, 
da auch bei diesem Stück durch schwächere Zwischenrippen fast 
eg elmäßiges Alternieren der zwei Rippensysteme eintritt. Das 
rosnische Stück wird aus dem Muschelkalk von Grk bei Cevljanovi6 
bngeführt. 


Gervillera sp. 
Man. vergleiche Gervilleia Bouei Hauer. sp. 


Nur ein Stück (eine linke Klappe) liegt mir vor, welches ich 
als Gervilleia cf. Bouei ansprechen möchte. Recht ähnlich ist wohl 
die von Bittner (Bakony, pag. 50, Taf. V, Fig. 7 u. 8) behandelte 
Varietät. Der Flügel ist noch weniger scharf abgesetzt. 


Lima cancellata Bittner. 
Taf. VI (II), Fie. 48. 


Nur ein ziemlich ansehnlicher und wenig gewölbter Steinkern 
mit Schalenabdruck liegt mir vor, den ich nur mit der Bittnerschen 
Art von der Seelandalpe bei Schluderbach in Vergleich bringen kann. 
Die Abwitterung meines Stückes ist weit vorgeschritten. Zwölf kräf- 
tige Rippen sind vorhanden, auch die feinen Anwachsringe sind 
recht deutlich zu verfolgen sowie auch das „grobe Netz von viereckig 
vertieften Feldern“ mit den Verdickungen an den Kreuzungsstellen. 
Die feineren Radialrippen („sie sind ziemlich undeutlich ausgeprägt“) 
in den weiten Zwischenräumen der Rippen kann ich nicht bemerken. 

Mein Stück hat eine Höhe von 39 mm bei einer Breite von 
37 mm. Das Bittnersche Bild mißt dagegen nur 32 und 303 mm. 

Auch in Bittners Material liegt ein Stück dieser Form, viel 
größer als das meine. Die Höhe beträgt über 50 mm. Leider läßt 
auch dieses Stück die Ohren nicht erkennen. Erwähnt sei, daß auch 
der leider schlechterhaltene Steinkern von Mysidioptera af. spinescens 
Bittner (Bakony, Taf. III, Fig. 6) in der Skulptur der Schalenober- 
fläche eine gewisse Ähnlichkeit besitzt, von welchem Stücke Bittner 
(l. ec. pag. 6) übrigens sagt, daß es „mehr an Lima als an Avicula“ 
erinnere. 


Lima cf. areolaris Bittner. 


Taf. VI (IID), Fig. 44. 

Ein kleines, an der Oberfläche wohlerhaltenes, nur in der Schloß- 
region etwas beschädigtes Stückchen von ähnlicher Kleinheit wie 
Bittners Original (l. c. XXII, Fig. 7) liegt mir vor. Ich halte 
es für eine rechte Klappe wie Bittners Stückchen. Die Radiallinien 
sind feiner, von einer Punktierung der zarten Furchen kann ich 
nichts bemerken. Mein Stückchen ist stärker gewölbt und weniger 
schräg. Es ist 62 mm hoch und 5°6 mm breit. Von der Lunular- 
region läßt sich: nur ein Stückchen erkennen. 


[29] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 105 


Lima sp. ind. 
Taf. VI (III), Fig. 45. 


Nur ein Schälchen (nach Bittners Auffassung eine rechte), 
in der Form und Rippung etwa an Lima alternans Bittner (l. ce. Taf. 
XXI, Fig. 1) erinnernd. Ich zähle nur 12 Rippen, welche alle bis 
in die Nähe des glatten Wirbels reichen. Die Anwachsstreifung ist un- 
gemein zart und zieht an der Hinterseite gegen den Schloßrand. 

Länge 11 mm, größte Breite 85 mm. Von feinen Radiallinien 
zwischen den Rippen keine Spur. 


Mysidioptera similıs Bittner. 
Taf. VI (II), Fig. 46 u. 47. 


« Unter Bittners Sammlungsergebnissen liegt eine hochgewölbte 
rechte Klappe, das einzige Stück, welches mit Bestimmungszettelchen 
versehen ist, „cfr. Mys. multicostata von Veszprim oder similis“, 

Bittner hat diese beiden Formen in seiner Arbeit über die 
Lamellibranchiaten aus der Trias des Bakonyerwaldes (1901) zur Ab- 
bildung gebracht, und zwar Taf. II, Fig. 3—6 multicostata, Fig. 7 und 
8 similis. Das mir vorliegende Stück ist hochgewölbt und zeigt zwischen 
den kräftigen Rippen ebene Zwischenfurchen, was dem Verhalten 
bei Mysidioptera similis Bittner entspricht, weshalb ich diese der 
beiden Formen für die Bezeichnung wähle. Das vorliegende Stück 
läßt auch die sehr feinen Anwachslinien unter der Loupe schön er- 
kennen, die besonders in den Interkostalräumen scharf ausgeprägt sind. 

In Bitttners Aufsammlung liegt auch ein Stück aus der 
Schloßregion (Fig. 47), das hierhergestellt werden könnte. Das flache 
Schloßfeld erinnert an jenes von Mysidioptera costata Bittner (Abh. XVIII, 
1895, Taf. XX, Fig. 20). Von den Fossilien der Pachycardientuffe 
ist die als Mysidioptera Emiliae Bittn. (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. L, 
pag. 60, Taf. VI, Fig. 1—7) bestimmte, viel weniger stark aufgeblähte 
Form gewiß sehr nahestehend (Palaeontrogr. L, Taf. XXI, Fig. 4 u. 5). 


Mysidioptera cf. incurvostriata (Gümb.) Wöhrm. sp. 


Ein Steinkern mit dürftigen Schalenresten aus Bittners Material 
dürfte, nach den kräftigen, am rückwärtigen Flügel und auch am Stein- 
kerne noch zu beobachtenden Radiallinien, zu der genannten Form 
zu stellen sein, welche Wöhrmann (Jb. 1889, Taf. VI, Fig. 10 u. 11) 
von Hall angegeben hat. Bittner führt sie aus den Schlernplateau- 
schichten (Jb. 1895, Taf. XXI, Fig. 11) und vom Jeruzsälemhügel an. 
(Bakony, Taf. II, Fig. 9—12, kleinere Individuen.) Die Höhe des 
Stückes vom Jägerhause beträgt 46 mm. Auch die von Bittner 
als Mysidioptera cfr. vixcostata Stopp. bezeichnete Form von Esino 
(Abh. XVII, Taf. XX, Fig. 24) käme zum Vergleiche. (Stoppanis 
Abbildung freilich bleibt außer Betracht, sie ist zu wenig gelungen.) 
Besonders die radiale Streifung am Flügelschloßrand ist ähnlich. Die 
von F. Broili (Palaeontogr. L, Taf. XX, Fig. 17) abgebildete Form 
aus den Pachycardientuffen hat auf jeden Fall große Ähnlichkeit. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 14 


106 3 Franz Toula. [30] 


Badiotella incerta nov. spec. 
Taf. VI (II), Fig. 48. 


Eines der auffallendsten Stückchen unserer Aufsammlungen ist 
eine kleine dreiseitige Klappe mit lang vorgezogenem, nach vorne 
gekrümmten Wirbel, vor dem sich eine kleine Lunula befindet. 
Vom Wirbel zieht eine tiefe und lange, nach unten sehr breit 
werdende Furche zum Rande des Schaleninnenraumes, die so aus- 
sieht, als wäre sie durch eine Faltung der Schale entstanden, förm- 
lich eine eingefaltete Area vorstellend. Die vordere Schloßkante nächst 
der Falte besitzt auf der gerundeten Höhe eine sehr zarte Rinne. 
Vor derselben dehnt sich ein dreiseitiges, windschief gebogenes Feld 
aus (Bandfläche) mit. einer stärkeren Furche in ihrer Mitte. Die 
Oberfläche der Schale erscheint, mit freiem Auge beobachtend, glatt. 
Unter der Lupe erkennt man aber sehr feine "konzentrische Linien, 
die von ebenso feinen Radiallinien durchkreuzt werden, so daß *die 
Schale wie gegittert erscheint. 

Das Schälchen ist 11 mm lang, 10'2 mm breit und 4 mm hoch. 

Der dreiseitige Umriß und die Schräge der Schale erinnerte 
mich an Opis, die Schloßfläche dagegen an AMysidioptera. Die 
von Bittner als Badiotella Schaurothiana bezeichnete Schale d.. 
Taf. XXII, Fig. 17) zeigt eine gewisse Ähnlichkeit des Schlosses, be- 
ziehungsweise der dreieckigen Fläche (Area nach Bittner |. c. 
pag. 201) mit der Mittelfurche (Bandfurche), welche bei meinem 
Stücke sehr stark schräggestellt ist. Das, was ich als Area auffaßte, 
ist bei der stark radial gestreiften B. Schaurothiana weniger stark 
eingefaltet. Die Badiotellen Broilis aus den Pachycardientuffen 
(1903, Taf. XX, Fig. 6—9 und 11) sind durchwegs breiter gebaut, 
weniger eingefaltet. Ich halte meine Klappe für eine rechte, was 
wohl mit der Deutung Bittners nicht stimmt, welcher aber dabei 
zu der Annahme genötigt wird, daß der Wirbel nach rückwärts ge- 
wendet sei. 


Fecten (Aequipecten?) Sandbergeri Klipst. 
Taf. VI (IID), Fig. 49. 


Eine recht gut erhaltene Klappe, welche der von Bittner 
gebrachten Abbildung (l. c. 1895, Taf. XVII, Fig. 32) gleicht, beide 
Klappen darbietet und auch die Ohren mit zarten Anwachslinien 
wenigstens teilweise beobachten läßt. Die Beschreibung, welche Bitt- 
ner gegeben hat, stimmt auf das beste. 

Laube (St. Cassian 1865, pag. 61) hat die Klipsteinsche 
Art mit Pecten Protei Mnstr. mit Vorbehalt vereinigt, von welcher 
Form jedoch Münster keine Abbildung gegeben hat. Bittner hat 
die Laubesche Form (l. c. Taf. XX, Fig. 6) als neu mit je zwei 
Zwischenrippen erkannt und als Pecten janirula aufgestellt !). Mein Stück 


!) Hier will ich anführen, daß ich schon im Jahre 1896 bei einem Besuche 
der Lindkogels bei Baden in einem hellgrauen, fast weißen, dichten bis halb- 
kristallinisch aussehenden Kalke nahe der Spitze Spuren von Fossilien fand. Hie 
und da einen Querbruch eines Cidaritenstachels, dann einen hochgewölbten kleinen 


[31] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 107 


ist 153 mm lang und 145 mm breit. Beide Klappen klaffen am 
Stirnrand. Es ist etwas größer als Bittners Original. 


Pecten af. subalternans d’Orb. 


(Vielleicht als neue Art zu betrachten.) 
Taf. VI (III), Fig. 50. 


Ein hübsches Bruchstück (mehr als die Hälfte der Schale) liegt 
mir vor, mit Radialstreifen von größerer Anzahl als bei Pecten sub- 
alternans d’Orb. bei Laube (St. Cassian Taf. XX, Fig. 4), ohne die 
von Al. Bittner (l. c. Taf. XVII, Fig. 25) gezeichneten firstziegel- 
artig aufragenden Dornen der Hauptrippen. Nur eine der mittleren 
Rippen zeigt unregelmäßige Verdickungen. Etwa 11 Rippen erreichen 
die Wirbelgegend, am Stirnrande aber stehen etwa 36 Rippen und 
Rippchen, etwa 9 Rippen reichen bis über die Mitte der Schalen- 
länge, die übrigen reichen nur bis zu einem Drittel der Länge. Die 
Anwachslinien sind sehr scharf und bilden eine zierliche Gitterung; 
das eine erhaltene Ohr läßt nur Anwachslinien erkennen. Mein Stück 
ist 13 mm lang und dürfte 11 mm breit gewesen sein. 


Pecten interstriatus Mnstr. 
Taf. VI (III), Fig. 51. 


Ein Steinkern und der dazugehörige Abdruck liegen mir vor, 
etwas größer als Bittners Originale (l. c. Taf. XIX, Fig. 1—4). 
16 fast gleich starke Radiallinien, deren Zwischenräume kleiner sind 
als es bei Münster gezeichnet wurde (Beiträge IV, Taf. VI, Fig. 32 
und VII, Fig. 5). Mein Stück ist 11 mm lang. Von einem zweiten 
Stücke nur ein Bruchstück. 


Pecten Forschei n. sp. 
Taf. VII (IV), Fig. 52. 


In zwei auf das beste übereinstimmenden Stücken liegt mir ein 
zum Teil mit der Schale erhaltener Pecten vor. Die Schale ist viel 
länger als breit (35:28 mm), dünn, fast vollkommen glatt mit sehr 
zarten, erst unter der Lupe sichtbar werdenden Anwachslinien, ohne 
Radiallinien. Die beiden Ohren sind ungleich groß, das größere zeigt 


Körper mit gleichmäßiger Rippung (etwa 17—19 Rippen), bei dem ich an Lima 
oder Pecten dachte, vor allem aber einen recht wohl erhaltenen sichereu Pecten, 
dessen Radialstreifung lebhaft an jene von Pecten Sandbergeri (Klipst.) Bittner er- 
innert. Es sind 7 bis in die Wirbelregion reichende Hauptrippen sehr wohl erhalten 
(bei P. Sandbergeri nur 6). In der Stirnnähe finden sich zwischen den mittleren 
Haupirippen kurze Schaltrippen. Über die ganze Schalenoberfläche und über die 
Rippen hinüberziehend tritt eine sehr gleichmäßige feine konzentrische Streifung 
mit dichtstehenden scharfen Linien auf. Der Winkel der Seitenkanten beträgt 67°, 
während derselbe Winkel bei Klipsteins Figur (Taf. XVI, Fig. 12) 78° mißt. 
(Man vergl. Taf. VI [III], Fig. 50 a.) 

Ich füge diese Anmerkung hier an, weil sie erkennen läßt, daß die Nach- 
suche in den Lindkogelkalken („Reiflinger Kalk“ nach Bittner) durchaus nicht 
hoffnungslos ist. 


14* 


108 Franz Toula. [32] 


außer den Anwachslinien Andeutungen von radialer Streifung. Beide 
Ohren sind scharf abgegrenzt, indem die Schalenoberfläche eine 
scharfe Kante besitzt. Der Wirbel ist schmal und stark aufgewölbt, 
gegen den Stirnrand nimmt die Wölbung ab. Der Schloßrand ist 
15 mm breit, wovon 9 mm auf das größere Ohr entfallen. Mir ist eine 
ähnliche Form in der mir zugänglichen Literatur nicht bekannt 
geworden. 

Ich nenne dieses Fossil nach seinem glücklichen Finder Adjunkt 
Dr. Jos. Porsche. 


Pecten af. undiferus Bittner. 


(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. VIi (IV), Fig. 53. 


(Aus Bittners Aufsammlung.) Eine schön ornamentierte Klappe 
(vielleicht die rechte) mit Andeutungen des hinteren (?) Ohres, das 
andere ist leider abgebrochen. Die Oberfläche zeigt scharf ausgeprägte 
konzentrische Wülste, welche kantig aufragen, etwa so wie es Klip- 
stein bei seinem Pecten decoratus gezeichnet hat (Taf. XVI, Fig. 9); 
m. vergl. auch Bittner-L. Waagens Abbildung (Pachycardientuffe 
Taf. XXXIV, Fig. 29). Während diese Form jedoch durch Jie feinen 
radialen Linien auffällt, sieht man solche bei dem vorliegenden Stücke 
nur auf der rechten Seite des Bildes, während die konzentrischen 
feinen Anwachslinien über die kantigen Wülste hin verlaufen, die- 
selben unter sehr spitzen Winkeln schneidend, ähnlich wie bei Peeten 
undiferus Bittner, nur daß sie bei diesem Fossil mit den Wülsten 
parallel laufen. Das Schälchen ist 175 mm hoch und 12:3 mm breit. 


Pecten spec. 


(Wohl eine neue Art.) 
Taf. VII (IV), Fig. 54. 


Einen Steinkern, von der Innenseite der Schale abgetrennt, hat 
Bittner gesammelt. Auf der Innenseite der Schale erkennt man 
noch 10 Radialrippen, auf beiden Seiten, nahe den Seitenrändern 
tiefe Furchen und je eine Aufwölbung der Ränder, etwa so wie es 
Bittner (Bakony, Taf. V, Fig. 15) bei seinem Pecten subdivisus 
zeichnen ließ, der sich aber durch die zahlreicheren Rippchen unter- 
scheidet. Das vorliegende Stück ist 11’5 mm hoch und ebenso breit. 


Pecten subdemissus Mnstr. 
Taf. VII (IV), Fig. 55. 


Drei Stückchen in sehr verschiedener Größe liegen mir vor, 
welche ich mit Münsters Art (l. e. pag. 73, Taf. VII, Fig. 6) ver- 
einigen möchte, wie es schon Bittner (l. c. pag. 164, Taf. XIX, 
Fig. 28 u. 29) getan hat. Auch mein Stück ist flach, weniger breit, 
die Oberfläche glatt mit zarten konzentrischen und noch feineren 
radialen Linien (man vgl. Bittners Fig. 28). Eines meiner Stückchen 


[33] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 109 


ist 10°5 mm lang, zirka 92 mm breit. Der Wirbel ist spitz, die Ohren 
klein, gegen die Seitenränder befinden sich deutliche breite flache 
Furchen. 

Auch ein viel größeres Stück muß ich hier anreihen. Es hat 
etwa die Größe des Bittnerschen Stückes (l. c.) Fig. 28, von der 
Scelandalpe bei Schluderbach, von dem Bittner meint, daß es „zu 
Amussium zu stellen sein dürfte“. Er bezeichnet das Stück vorläufig 
als Peeten cfr. subdemissus Mnstr. 

Auch Bittner hat beim Jägerhause ein ähnliches Stückchen 
gesammelt. 

Das abgebildete Stück war 187 mm lang und 175 mm breit. 


? Terquemia („Hinnites“) spec. ind. 
(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. VIT (IV), Fig. 56. 


Nur ein zierliches, die Oberfläche gut darbietendes Schälchen, 
fest mit dem Gestein verwachsen, liegt mir vor. Von der Area ist nichts 
sichtbar, weshalb die Bestimmung fraglich bleibt. Die Oberfläche ist 
gegen den Stirnrand unregelmäßig und kräftig quer über gewulstet, 
mit tiefen Gruben. Der Wirbel ist spitz, rechts und links läuft die 
. Schale in flügelige Fortsätze aus, die jedoch nicht scharf abgesetzt 
erscheinen. Die Wirbelspitze ist glatt, dann beginnt die scharf aus- 
geprägte Radialstreifung. Zwischen die Hauptlinien schieben sich 
feinere Zwischenrippchen ein. Außerdem sind feine konzentrische 
Linien vorhanden, wodurch auch kleine Körnchen auf den Kreuzungs- 
stellen entstehen. 

Das hübsche Stückchen dürfte in die Gruppe der schwierig zu 
deutenden Formen gehören, welche Al. Bittner (Abhandl. XVII, 
1895, Taf. XXIII) als Terguemia, Plicatula, Placunopsis und Dimyodon 
zusammengestellt hat. 

Die größte erhaltene Breite des Schälchens beträgt 6 mm, die 
Schloßlinie ist etwa 5 mm lang. Da die Schalenoberfläche frei vorliegt, 
wird man sie wohl als die kleine Klappe zu deuten haben. Eine 
ähnliche Form hat Bittner von St Cassian (l. e. Fig. 9) als Ter- 
quemia spondylina dargestellt, die jedoch keine Wulstung besitzt. Ein 
zweites, viel kleineres Stückchen ist noch fraglicher. Paronas Hinnites 
denticostatus Klipst. sp. (Fauna Raibliana Lomb. 1889, Taf. V, Fig. 5a) 
könnte dabei mit in Vergleich gezogen werden. Nach Bittner ist es 
fraglich, ob diese Form zu Terguemia zu stellen sei. — 


Ein besser erhaltenes Stück fand ich in Bittners Material, 
welches ich als 


Terquemia („Hinnites“) spec. 
Taf. VII (IV), Fig. 57 


ansprechen möchte. (Man vergl. Terguemia spondylina Bittner, ]. c. 
Taf. XVIII, Fig. 9.) Die kleinere Klappe liegt vor. Die Beschreibung 
Bittners (l. ec. pag. 209) stimmt, nur ist meine Klappe etwas aufge- 


110 Franz Toula. [34] 


wölbt. Die Rippen sind ungleich stark, so daß zwischen den kräftigen 
je zwei oder drei wieder ungleich starke Rippen zu liegen kommen, 
welche fast durchwegs die dornigen Höckerchen erkennen lassen, 
welche eines der Unterscheidungsmerkmale gegenüber der Terquemia 
(„Hinnites“) obligqua Münster sp. bilden. Das Stückchen ist 74 mm 
hoch und 8 mm breit. 


? Plicatula n. spec. 
Taf. VII (IV), Fig. 58. 


Es liegt mir nur ein Stück von einer an grobrippige Austern 
erinnernden Schale vor. Es ist eine angewachsen gewesene Klappe mit 
fast kreisrunder Stirnseite. In zwei Halbkreisringen treten überaus 
kräftige, gerundete Rippen auf, mehr als 15 im Umkreise. Das Aus- 
sehen erinnert etwas an Plicatula Ogilviae (Bittner 1. c. 189, 
Taf. XXIII, Fig. 20, 21), vielleicht aber noch mehr an das austern- 
artige Fossil, welches Bittner (Bakony 1901, Taf. VI, Fig. 25) als 
Enantiostreon hungaricum (nov. gen. nov. spec.) abbilden ließ (aus den 
Veszprimer Mergeln), freilich ist an meinem Stücke nichts von An- 
wachslinien zu bemerken, die Wulstradien sind durchwegs ganz glatt. 
Bittner nennt (l. c. pag. 72) die Ostrea venusta Münst. (IV, Taf. VII, 
Fig. 1) von St. Cassian als einzige Form, die einige Ähnlichkeit be- 
sitzt, ihr fehlte jedoch die konzentrisch ringförmige Gliederung. 


Unbestimmt. 


Plicatula (2?) (Enantiostreon [?] sp.) 
Taf. VII (IV), Fig. 59. 


Zwei austernartig aufgewölbte Stücke liegen mir vor, welche 
deutliche Radialrippen und feinere Anwachslinien erkennen lassen. 
Diese erinnern in der Art der Gabelung der Rippen einerseits an 
das Verhalten bei Plicatula Ogilviae Bittner (l. c. XXIII), vielleicht 
aber noch mehr an das fragliche Enantiostreen (Bittner, Bakony, 
Taf. VI, Fig. 23). Eine sichere Bestimmung wage ich nicht vorzunehmen. 
Das eine meiner Stücke hat eine Höhe von 23 mm und eine Breite 
von zirka 17—18 mm; das zweite Stück ist nur wenig größer. 


? Myophoria sp. 
Vielleicht aus der Formenreihe der Myophoria inaequicostata Klipstein. 
Taf. VII (IV), Fig. 60. 


Ein sehr kleines, verhältnismäßig wohlerhaltenes Schälchen 
(43 mm breit, 32 mm hoch) mit sehr zierlicher Ornamentik der 
Oberfläche. Neun kräftige Radialrippen, von welchen fünf bis gegen 
die Wirbelspitze hinanreichen, die übrigen aber Schaltrippen vor- 
stellen, etwa so wie bei der zum Vergleiche herangezogenen Cassianer 
Art (G. Laube, Taf. XVII, Fig. 3c; Bittner, Taf. XI, Fig. 3, 6 
und 7). Die Rippen werden durch kräftige konzentrische Linien über- 
quert, zwischen welchen tiefe Furchen liegen. An den Kreuzungsstellen 


[35] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 11l 


treten Verdickungen auf, ähnlich so wie es Laube zeichnen ließ, 
Auf dem Arealraum ist die Streifung und Rippung abgeschwächt. Die 
rückwärtige Schalenpartie läßt keine deutliche Area erkennen, die 
Kante fehlt, was wohl auch bei manchem Stückchen der zum Ver- 
gleiche herangezogenen Formenreihe ähnlich so sich verhält (Taf. XI, 
Fig. 8). 


Craspedodon cf. Hornigii Bittner gen. et spec. 
Taf. VII (IV), Fig. 61. 


Nur ein beschädigter Steinkern liegt mir vor, der jedoch so 
gut mit Bittners Abbildungen von Craspedodon Hornigü Bittner 
(Bakony, Lamellibr. Taf. I, Fig. 1—9) übereinstimmt, daß ich trotz 
des mißlichen Erhaltungszustandes an die oben genannte Art aus den 
„Conchodonmergeln“ des Jeruzsälemhegy bei Veszprim denken möchte. 
Diese Klappe läßt das abgegrenzte Arealfeld recht gut erkennen, 
die Abgrenzung erfolgt mit einer wohlmarkierten Furche. Freilich 
ist mein Stück viel kleiner und läßt leider vom Schloßbau nichts 
erkennen. Mein Stück ist nur ca. 42 mm lang und ca. 22 mm hoch 
gewölbt. 


Craspedodon (Physocardia Wöhrmann) spec. 


(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. VII (IV), Fig. 62. 


Ein kleineres Stück mit schön nach vorn gekrümmtem Wirbel 
liegt in Bittners Material vor, leider ist die rückwärtige Partie 
beschädigt. Die Form ist fast kugelig aufgewölbt, glatt, bis auf wenige 
Furchen, parallel zum Stirnrande. 


Craspedodon (Physocardia) sp. 
Taf. VII (IV), Fig. 68. 


Ein Schalenhohldruck und ein dazugehöriges Steinkernbruchstück 
liegt mir vor. Die Abformung der Wirbelregion ließ sich recht gut 
vornehmen. Es ergaben sich zwei kräftige, nach vorn gerollte Wirbel, 
gleich groß und gleich stark gewölbt. Die Wirbel berühren sich nicht. 
Die Lunula ist durch die Fortsetzung der vorragenden Schloß- 
randkante in zwei Felder geteilt, die Area nicht scharf abgegrenzt, 
Erscheinungen, die für die Deutung als Isocardia oder vielleicht 
Physocardia (nach Zittel-Broili — Craspedodon Bittner) sprechen 
würden. Der Schloßrand, soweit er erhalten ist, mißt 27 mm. Die 
Dicke der beiden Klappen (soweit sie erhalten sind) 23 mm. 


Gonodon (?) spec. 
Taf. VII (IV), Fig. 64. 


Nur ein Steinkern der linken Klappe liegt mir vor, dessen Form 
am besten mit der von G. Laube von St. Cassian (Taf. XV, Fig. 7) 
zur Abbildung gebrachten Corbis plana Mnst. sp. verglichen werden 


112 Franz Toula. \ [36] 


könnte. Bittner hat diese Form später (1895, pag. 14) als Gonodon 
Laubei bezeichnet (Taf. V u. VI). Da jedoch die Aufwölbung der Schale 
bei meinem Stücke viel kräftiger ist und ebenso der Wirbel viel 
derber und nach vorn gekrümmt, so könnte man auch an Megalodon 
denken. Da aber der Wirbel mittelständig und von einer wohlumgrenzten 
Area nichts wahrzunehmen ist, indem die Schalenoberfläche recht 
allmählich in eine rückwärtige Furche übergeht, die bis zu dem 
geraden Schloßrand verläuft, etwa so wie es Laube (l. c. Fig. 4) 
bei seiner Lucina anceps zeichnen ließ (von Bittner zu Megelodon 
gestellt, Taf. II, Fig. 6, da diese Figur übrigens nicht ganz mit jener 
Laubes übereinstimmt), so wird mir die sichere Bestimmung unmög- 
lich. Mein Stück ist 19 mm hoch und 21 mm breit. Ein zweites, viel 
größeres Stück (eine linke Klappe) setzt der Bestimmung dieselbe 
Schwierigkeit entgegen. 


Unbestimmbar. 


(Wohl eine neue Form.) 
Taf. VII (IV), Fig. 65. 


Schließlich möchte ich einen kleinen Bivalvensteinkern aus der 
Bittnerschen Aufsammlung erwähnen, den ich aus dem Gestein mit 
beiden Klappen herausbrachte. Das Stückchen fällt durch die kräftig 
vorragenden Wirbel, den kräftigen, von den Wirbeln zur hinteren 
Steinkernecke stark vorgezogenen Wulst und den weiten Raum zwischen 
den Wirbeln auf. Länge von der (beschädigten) Wirbelspitze zur 
hinteren Ecke über 11 mm, größte Breite 10 mm, größte Dicke 9 mm. 
Mir ist eine Art mit so kräftigem Diagonalwulst nicht bekannt. Stein- 
kerne von Cardita liegen mir nicht vor, gewisse kleinere Formen 
wie Cardita cf. Pichleri Bittner (l. e. Taf. IV, Fig. 17) sind zwar auch 
sehr dick, aber die Wulstung ist doch weniger ausgesprochen. Viel- 
leicht haben wir dabei an einen der kleinen St. Cassianer Megalodonten 
zu denken? Etwa an M. rimosus Mnst. Leider ist vom Schloß nichts 
zu sehen. Ich will das Stückchen zur Abbildung bringen. 


Von Gastropoden gelang es mir in meinen Aufsammlungen im 
ganzen nur vier Stückchen zu finden, und zwar nur Durchschnitte 
und Bruchstücke. Was sich ähnlich so verhält, wie bei den Haller 
Carditaschichten. Am besten kenntlich ist noch eine nach alter Fas- 
sung als 

„Jurritella“ nov. spec. 
Taf. VII (IV), Fig. 66 


zu bezeichnende Form, die vielleicht zu Kittls Promathildia zu 
stellen sein wird. Nur zwei Umgänge liegen vor. Es war eine hoch- 
gewundene Form mit vier kräftigen Spirallinien, von denen die obere 
zu einem förmlichen Kiele wird, während zwei viel schwächer einander 
angenähert auf der Mitte der Umgänge verlaufen und die unterste 
nur wenig stärker als die Mittellinien ist. Der Abstand ‘der obersten 
und untersten ist größer als etwa bei den Protorcula-Formen Kittls. 
Feine Anwachslinien scheinen vorhanden zu sein. Eine nähere Gattungs- 


[37) Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 113 


bestimmung wage ich nicht vorzunehmen. Bei Kittls ‚Promathildia 
(Annalen 1894, Taf. IX) finden sich Formen, an die man denken 
könnte, aber keine mit derselben Skulptur. (/Promathildia?] Fig. 6—9 
[Pr. Bolia Mnstr. sp.], Fig. 10 /[ Pr. stuoresensis Kittl]). Ein abgewittertes, 
im Gestein steckendes Schälchen mit ausgezogenem Mündungsrande 
könnte auch zu Promathildia (?) gehören. 


Loxonema cf. grignense Kittl. 


(Man vergleiche auch Trypanostylus triadica Kittl.) 
Taf. VII (IV), Fig. 67. 


. Nur ein zum größten Teil im Gestein eingeschlossenes Stück 
liegt mir aus Bittners Aufsammlung vor. Sechs Windungen sind 
erhalten.: Sie sind sehr flach, flacher als bei der zum Vergleich 
herangezogenen Form aus dem Esinokalke (Kittl, Ann. 1899, pag. 21, 
Taf. XI, Fig. 14—16). Die flachen Umgänge gleichen jenen an 
Trypanostylus triadica Kittl (ebenda Taf. XI, Fig. 29). An meinem 
Stücke fallen die nach hinten geneigten Querfalten auf den älteren 
Umgängen auf, was an das Verhalten bei Loxonema grignense Kittl 
erinnert, während T’rypanostylus triadica Kittl durchwegs glatte Um- 
gänge besitzt (Kittl, St. Cassian, 13894, Taf. VIII, Fig. 26 u. 27). 
D. Häberle führt Trypanostylus triadica Kittl (Heidelberg IX, Taf. V, 
Fig. 22—24) auch aus der Gegend von Predazzo an. Das Stück hat 
eine Länge von 145 mm. 


Coelostilina Bittneri nov. spec. 
Taf. VII (IV), Fig. 68. 


Nur ein Stück hegt in Bittners Sammlung, dem nur die 
ersten beiden Umgänge fehlen; vier Umgänge sind erhalten. 

Die Oberfläche erscheint glatt, die Umgänge sanft und gleichmäßig 
gerundet, die Naht ist. scharf, aber ohne ‚tiefergehende Einkerbung. 
Unter der Lupe erkennt man schräg verlaufende Anwachslinien. Das 
Gehäuse erscheint etwas bauchig, weil der vorletzte Umgang etwas 
stärker vorgewölbt ist. Der Mundrand ist etwas verdickt, der Nabel 
wohl ausgeprägt. Bei meinen Bemühungen, den Nabel freizubekommen, 
sprang der letzte Umgang ab und man konnte sich überzeugen, daß 
die dadurch freigewordene Unterfläche fast flach ist und feine An- 
wachslinien besitzt. Der Schalenwinkel beträgt 55°, ist also nur wenig 
kleiner als jener bei Kokens Coelostylina rhenana, wo er nach 
Kokens Abbildungen (Abh., Spezialkarte von Elsaß-Lothringen N. F., 
XI, 1898, pag. 38, Taf. VI, Fig. | u. 2) zwischen 56° und 57° schwankt 
(an den Abbildungen gemessen). Es sind diese Stücke aus dem oberen 
Muschelkalk von Marlenheim nach den vergrößerten Abbildungen 
unter allen mir bekannt gewordenen am ähnlichsten. Die von Kittl 
zur Abbildung gebrachten Formen von St. Cassian sind durchwegs 
spitzere, höher gewundene Arten (Annalen 1894, Taf. V, Fig. 1—49). 
Am ähnlichsten ist noch Coelostylina fedujana Kittl (48°), sie ist aber 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 15 


114 Franz Toula. [38] 


viel kleiner, was auch für C. conica Mnstr. (IX 21, Kittll. e, 
Taf. V, Fig. 1—7) gilt. Auch unter Kittls Esino- und Marmolata- 
Coelostylinen findet sich nichts Übereinstimmendes. Das vorliegende 
Stück war über 20 mm hoch, bei einem größten Durchmesser von 
14 mm. 

Außer dem beschriebenen Stücke liegt noch ein letzter Umgang 
eines zweiten noch größeren Stückes vor. Durchmesser über 19 mm. 


Pseudomelania (Oonia) cf. similis Mnstr. sp. 
Taf. VII (IV), Fig. 69. 


Ein Stückchen mit drei erhaltenen Umgängen dürfte in die 
Nähe der genannten Art zu stellen sein. Kittls Abbildung (Ann. 
1894, Taf. VI, Fig. 11 u. 12) hat große Ahnlichkeit. Auch die 
Münstersche Abbildung eines großen Individuums stimmt recht gut. 


Cephalopoden sind nur wenige aufgefunden worden. 


Orthoceras sp. ind. 
(Vielleicht Orthoceras politum Klipst.) 


Nur ein Stückchen liegt mir vor, von 32 mm Länge. Oben 8 mm, 
unten 6 mm im Durchmesser. Der Abstand der Scheidewände von- 
einander im unteren Teile deutlich sichtbar, etwa 2 mm. Das von 
Mojsisovics (Med. Triasprovinz, Taf. XCII, Fig. 7) abgebildete 
Stückchen von Orthoceras politum Klipstein zeigt etwas weitergehende 
Verjüngung (7 mm: 44 mm). Der Abstand der Kammerscheidewände 
bei dem von Mojsisovics abgebildeten Exemplar von Pozoritta 
in der Bukowina ist etwas größer. Mojsisovics führt es an (l. ce. 
pag. 293) aus den Aon- und Archelausschichten. 


? Aulacoceras sp. ind. 


Nur ein Stückchen liest mir vor, das man vielleicht als vom 
Rostrum herstammend deuten könnte. 


Nautilus spec. ind. 


Von Nautilus liegt mir nur ein schlechterhaltenes Bruchstück 
vor, welches die breite, ganz flach gewölbte Externseite erkennen 
läßt; man könnte etwa an Nautilus longobardieus Mojs. denken, 
welcher aus grauem Kalke vom Val del Monte bei Esino stammt. 
(Mojsisovics Med. Triasprovinz, Taf. LXXXII, Fig. 6.) Die 
Kammerscheidewände sind an der Externseite nur ganz leicht ge- 
krümmt, während sie z. B. bei Nautilus Ampezzanus Loretz (Zeitschr. 
d. Deutsch. geol. Ges. 1875, Taf. XXIII, Fig. 1) verhältnismäßig 
stark nach rückwärts gekrümmt verlaufen. 


[39] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 115 


Trachyceras zwei Arten. Zu vergleichen mit 


Trachyceras Medusae Mojs., Trachyceras oenanum Mojs. 
und Trachyceras Aon Mnstr. sp. 
Taf. VII (IV), Fig. 70 u. 71. 


Mir liegen nur zwei Stücke vor, der Abdruck eines Bruch- 
stückes mit breiteren und ein besser erhaltener, ein Steinkern mit 
Schalenresten, mit schmäleren Rippen, etwa ähnlich so wie es 
v. Wöhrmann (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, pag. 231) vom 
Haller Salzberge angegeben hat, wobei er bemerkte, daß die beiden 
oben zuerst genannten Formen einer Art angehören könnten. v. Moj- 
sisovics gibt als zweiten Fundort von Trachyceras Medusae auch 
den braunroten Marmor mit Trachyceras Aonoides des Raschberges 
bei Goisern an. Bei Hall soll diese Art im Sandstein („Mitterberger 
Sandstein“) der Carditaschichten vorgekommen sein. Trachyceras 
oenanum wird außer vom Salzberge bei Hall auch aus fleischrotem 
Marmor mit Lobites ellipticus vom Röthelstein bei Aussee in je einem 
Exemplar angeführt (Cephalöpoden der mediterranen Triasprovinz, 
pag. 112, Taf. XXXVI, Fig. 5). und zur Gruppe des Tr. furcosum 
gestellt, welche Formen der Aon- und Archelauszone umfaßt, Trachy- 
ceras Medusae Mojs. (Cephalopoden der Hallstätter Kalke, pag. 690, 
Taf. CLXXXVI, Fig. 4, 5; wird auch auf Taf. CXCVI, Fig. 8 ab- 
gebildet.) Mir will scheinen, daß gewisse Formen von Trachyceras 
Aon Mnstr., so die von Laube (Cephalopoden von St. Cassian, 
Taf. XXXVIII, Fig. 6) oder die von Edm. v. Mojsisovics (Medit. 
Triasprovinz, Taf. XXI, Fig. 19 u. 21) abgebildeten Stücke mit 
meinem bessererhaltenen viele Ähnlichkeit haben. 

Mein Stück (Figur 70), läßt in bezug auf die Schalenskulptur 
viel zu wünschen übrig, doch kann ich auf dem Abdrucke der Schalen- 
oberfläche mehrere, vielleicht sieben Dornenreihen erkennen, mit 
recht verschieden kräftigen Dornen, die streckenweise ganz abge- 
schwächt gewesen sein dürften. Die Gabelung der Rippen erfolgt wie 
bei Trachyceras Aon in verschiedenen Abständen vom Nabelrande. 
Die schmale Externfurche konnte ich deutlich erkennen. 


Trachyceras oenanum Mojs. hat noch breitere Rippen als bei 
meinem Bruckstücke (Fig. 71) auftreten. Die Dornung war bei meinem 
Stücke nach einzelnen Überbleibseln zu urteilen ziemlich grob, was 
ja entsprechen dürfte. 


Im nachfolgenden gebe ich nun auf drei Tabellen (pag. 116, 
117 und 118) eine genaue Zusammenstellung aller Vorkommen über- 
einstimmender oder verwandter Arten aus den Jägerhauskalken von 
Baden. 


15* 


[40] 


Franz Toula. 


116 


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Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 117 


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[43] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 119 


Überblickt man die im Vorstehenden behandelten Fundstücke 
aus den Jägerhauskalken, so fällt sofort die große Mannigfaltigkeit 
auf und die Tatsache, daß von den 83 Formen nicht weniger als 58 
nur in je einem Stücke vorliegen. Als häufige Formen sind nur ge- 
wisse Spongien von St. Cassianer Charakter, vor allem aber die 
Amphiclinen (Amph. amoena Bittn.) anzuführen. Auch zwei Spiri- 
geraarten sind als häufig zu bezeichnen (Spürigera indistineta Beyr. 
u. cf. Wissmanni Mnstr.). Von den 83 Formen sind nicht weniger als 
50 als Cassianer Arten oder solchen sehr nahestehend bezeichnet worden. 
Neun Formen kommen in etwas höheren Schichten vor (Seelandalpe 
bei Schluderbach, Pachycardientuffe, Bleiberger Schichten). Die übrigen 
23 Formen sind teils neu (3), teils nicht sicher bestimmbar (7) oder 
sie erinnern an solche aus den „Veszprimer Mergeln“ (Bakonyer Wald) 
(6), aus Bosnien (3) oder ließen keine sicher nahe verwandte Form 
bezeichnen (4). 

Bei 12 Formen vermute ich nur, daß sie als neu sich ergeben 
dürften, wenn noch reichlicheres und besseres Material aufgefunden 
werden wird. 


Der Faunencharakter hat die größte Ahnlichkeit mit jenem der 
Fauna von St. Cassian, also derjenigen, welche man zum Unterschiede 
von der Raibler Fauna als die der unteren Carditaschichten bezeichnen 
könnte, denen die Wengener-, Posidonomyen- und die „Aonschiefer* 
Niederösterreichs zuzuzählen sein dürften. 


Eine Fazies wie die beim Jägerhaus vorliegende hat A. Bittner 
eigentlich nicht verzeichnet. Ich durfte deshalb an den höheren 
Horizont der Schichten von St. Cassian denken, besonders da ich 
vor vielen Jahren am Pordoi-Joche den Gesteinscharakter und das 
so häufige Vorkommen von Spongiten kennen zu lernen Gelegenheit 
hatte. In Niederösterreich haben aber die Aquivalente der St. Cassianer 
Schichten, die „Aonschiefer“ Hertles oder die Wengener 
Schiefer nach D. Stur (Geol. d. Steiermark, pag. 232ff.) einen 
anderen petrographischen Charakter. 


Bei Schatzen oberhalb Weißenbach a. d. Triesting habe ich vor 
vielen Jahren einen auch petrographisch ganz mit dem altbekannten 
Brühler Vorkommen übereinstimmenden Aonschiefer unter den Lunzer 
Sandsteinen nachgewiesen (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1886, XXX VI. Bd., 
pag. 699). 

Es fehlt jedoch auch nicht an Kalkeinlagerungen in den Aon- 
schiefern; freilich sind es (Bittner, Hernstein, pag. 85) „Trümmer 
und größere Platten eines zähen Kalkes, dessen Oberfläche von 
ausgewitterten Crinoidenstielgliedern und kleinen Cidaritenstacheln 
überdeckt. ist und welcher auch zahlreiche andere Fossilien, insbe- 
sondere Bivalven führt“. Neben Trachyceraten wurden (bei Ramsau, 
Bittner, l. c. pag. 86) auch stark konzentrisch gestreifte Posido- 
nomyen gefunden. Posidonomya Wengensis neben Halobia Lommeli 
werden in dünnblätterigen Kalkschiefern angegeben. 

Bittner meint (l. c. 87), daß „weiter in den Hochalpen hie 
und da in den dunklen Kalken der tiefen Taleinrisse das Niveau der 
Aonschiefer mit vertreten“ zu sein scheine. 


120 Franz Toula. [44] 


Im unteren Lunzer Sandsteine treten (Alex. Bittner, |. c. pag. 90) 
neben den Reingrabener Schiefern auch dunkle Kalke mit reicherer 
Fauna auf, welche D. Stur (Geol. d. Steiermark, pag. 244) als die 
Wandau k alke bezeichnete }). 

Auch: in den Hangendsandsteinen der ner Schichten : treten 
Kalkstein- und 'Kalkmergeleinlagerungen auf. Eine solche habe ‘ich 
vor nicht langer Zeit (Jabrb. d. k. k. geol. R.-A., 1909, pag. = in 
der Hinterbrühl— Weißenbach: auszubeuten Gelegenheit gehabt. 

Alex. Bittner (l. c. 91) nennt die bei unserer Frage i in Betracht 
kommenden Bildungen dieses Horizonts „die Carditaschichten mit An- 
klängen an die Cassianer Fauna“ und an die Carditaschichten Nordtirols. 

Die letzteren hat vor längerer Zeit schon Freih. S. v. Wöhr- 
mann (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 1889, pag. 181—258 m. 6 Taf.) 
ausführlich behandelt. Er kommt zu dem Schlusse, daß die unteren 
Carditaschichten zum größten Teile den St. Cassianer:Schichten, die 
oberen aber den Torer Schichten entsprechen. v. Wöhrmänn nimmt 
an, daß seine Oardita-Raiblerschichten von Hall zwischen Wetterstein- 
kalk und Hauptdolomit lagern. Dies ist zweifellos richtig, nur kommt 
noch dazu, daß in den östlicheren Regionen und vor allem in den Vor- 
alpen, zwischen die unteren und oberen Äquivalente der Cardita- 
schichten, zwischen die Posidonomyen-Aonschiefer und die „Raibler- 
schichten“ mit G@onodon Mellingi, Ostrea montis caprilis und anderen 
der Komplex der Lunzer Sandsteine sich einschiebt und ein Ausein- 
anderhalten, der, beiden Horizonte möglich macht. 

Außer den v. Wöhrmannschen Arbeiten findet man, Umschau 
haltend, wo im Bereiche der östlichsten Region der nördlichen Kalk- 
zone Bildungen mit Elementen der Jägerhausfauna auftreten, vor 
allem in Alex. Bittners Veröffentlichungen die meisten Vergleiche. 

‘ Im Klostertale (Gutenstein SW) führte Alex. Bittner. schon 
1882 (Hernstein 1. c. pag. 101) das Vorkommen von losen Stücken 
eines schwarzen Crinoidenkalkes an, „der vielleicht dem Wandau- 
kalke Sturs entspricht“. D. Stur gibt (Geol. d. Steiermark, pag. 246) 
daraus Cidaris dorsata Br. an. Auch im N von Grünbach führt Bittner 
(l. e. pag. 107) im Bereiche der Hohen Wand „violettgraue, gelb- 
verwitternde Kalke“ mit Cidaritenstacheln, Crinoidenstielgliedern und 
Korallen, in sehr gestörter Lagerung, an. Auch Ühemnitzia oder Lo- 
xonema, Modiola, Avicula af. Gea d’Orb und Nucula werden aus dieser 
Gegend genannt. Schwarze Mergelschiefer über hornsteinführenden 
schwarzen Kalken werden von Bittner (l. €. pag. 109), auch von 
Sieding. angegeben, in welchen neben anderen Formen’ auch Posi- 
donomya Wengensis und Encrinus auftreten. 


') Die Wandaukalke-D.Sturs, nach der Wandau bei Hieflau so genannt 
(Geol. d. Steiermark, pag. 245, 246, 259), werden von ibm als Äquivalent der 
Reingrabener Schiefer als Einlagerung im unteren Lunzer Sandstein über den Wen- 
gener Schiefern aufgefaßt. Er soll neben anderen Arten enthalten: Nautilus halo- 
ricus Mojs., Ammonites floridus, Halobia Haueri, Spiriferina gregaria, Enerinites 
granulosus, aber auch Cassianella florida Laube, v. Hauer bezeichnet die Wandan- 
kalke als zähe schwarze Kalke, die im höheren Niveau der Reingrabener Schiefer 
mit diesen und mit Sandsteinen wechsellagernd auftreten, Alex. Bittner (Trias- 
Lamellibranchiaten, 1889, pag. 146) als Einlagerungen in Halobia rugosa-Schichten, 
was mit v. Hauers Angaben übereinstimmt. 


[45] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 7971 


Vergebens aber suchte ich in Bittners Buche über Hernstein 
ein Vorkommen, das sich mit meinen Jägerhauskalken in direkten 
Vergleich bringen ließe. 

Später erwähnt Bittner (Verh. 1891, pag. 321) aus dem oberen 
Reiflinger Kalke bei Scheibbs das Vorkommen von Koninckina Leon- 
hardi Wiss. sp. neben Halobia intermedia und großen, für die obere 
Trias als bezeichnend angesehenen Exemplaren von Waldheimia (Oru- 
ratula), für welche er auch Groß-Reifling und Lunz als Fundpunkte 
angibt. Die Frage, ob die St. Cassianer Schichten deshalb mit dem 
oberen Reiflinger Kalk in Parallele zu stellen seien, ließ er offen. 

Das Niveau der Cardita- und Lunzer Schichten hat Al. Bittner 
an der Hohen Wand (im Miesenbachtal) in mergeligen Bildungen 
konstatiert (Verh. 1892, pag. 74), wo er das Vorkommen von keulen- 
förmigen und gesägten Cidaritenstacheln (Cidaris dorsata u. ©. Brauni) 
anführt, neben Brachiopoden (auch Spirigera u. Amphiclina werden 
genannt). 

Aus der Umgebung von Pernitz und Gutenstein führt Bittner 
an (Verh. 1892, pag. 270), daß im Liegenden der Lunzer Sandsteine 
nicht nur Gutensteiner und Reiflinger Kalke, sondern auch helle 
Kalke auftreten. 

Koninckina Leonhardi Wissm. sp., Spiriferina Fraasi Bittn., 
Retzia, Rhynchonella, Aulacothyris und Discina führt Bittner aus den 
Partnachschichten (oder Cassianer Schichten) bei Weyer in Ober- 
österreich (an der Enns) an (Verh. 1892, pag. 301). Koninckina 
Leonhardi fand er später auch in den obersten Lagen der Reiflinger 
Kalke bei St. Anton und Kienberg bei Scheibbs (ebend. pag. 302). 

Bittner hat weiters (Verh. 1893, pag. 76) im Stiegengraben, 
in den untersten, brachiopodenführenden Bänken (auch bei Göstling) 
Spirigera indistincta und Amphiclina Haberfellneri angetroffen, ja er 
hat in höheren Lagen der Opponitzer Kalke ein Exemplar von ÜUru- 
ratula gesammelt, das kaum von Cruratula Damesi der (karnischen) 
Hallstätter Kalke getrennt werden kann. Auch bei Eberstein in 
Kärnten hat er dieses merkwürdige Fossil angetroffen. 

Koninckina Leonhardi wurde übrigens auch in den von mir 
schon 1879 (Verh. pag. 275) aufgefundenen fossilienführenden Ge- 
steinen im Kaltenleutgebener Liesingtale, nächst der Waldmühle, von 
Bittner aufgefunden (Verh. 1893, pag. 161). 

Auch im Schneeberggebiete hat Al. Bittner (Verh. 1893, 
pag. 246) an der Basis der oberen plateaubildenden Kalkmassen des 
Kubschneeberges dunkle zähe, rostig verwitternde Kalke mit Korallen, 
Mergelkalke, „erfüllt von großen Cidaritenkeulen“, und hellere Kalke 
„mit Korallen und zahlreichen Amphiclinen eines Typus, der in den 
westlicheren Carditaschichten sehr verbreitet ist“, angetroffen. Später 
(ebend. pag. 321) nennt er folgende Arten: Amphiclina cognata Bittn. 
und Haberfellneri Bittner, Spirigera indistineta, Oyrtina Zitteli und 
Aulacothyris spec., Formen, die auch in den „reduzierten“ Cardita- 
schichten des Hochschwab, aus den Mürztaler Halobia rugosa-Schiefern, 
und speziell Amphiclina Haberfellneri in den untersten Bänken des 
Opponitzer Kalkes zwischen Lunz und Göstling auftreten. 

Später fand Bittner Koninckina Leonhardi auch bei Franken- 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 16 


122 Franz Toula. [46] 


fels und Loich im Pielachgebiete (Verh. 1896, pag. 388). Die be- 
treffenden Schichten spricht Bittner (ebend. pag. 394) direkt als 
eine Vertretung der ladinischen Gruppe in den Nordalpen an. 

In der Gegend von Weyer hat Bittner die Koninckina Leon- 
hardi führenden Partnachschichten weiter verfolgt, da sie jetzt auch 
für die nordöstlichen Kalkalpen ein Leitniveau von großer Bedeutung 
bilden, innerhalb des unteren Kalkkomplexes oder, wo die Wetter- 
steinkalke fehlen, an der oberen Grenze dieses Komplexes. Auch bei 
Hainfeld und Lilienfeld seien sie nachgewiesen worden. (Verhandl. 
1898, pag. 280 ff.; 1901, pag. 157—159.) 

Die Frage, ob untere und obere „Carditaschichten“ anzunehmen 
seien, hat mich natürlich beschäftigen müssen. Adolf Pichler hat 
(Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1866, pag. T1—81 und Jahrb. 1875, 
pag. 265 fl.) bei Zirl diese Unterscheidung vorgenommen. Die 
unteren Carditaschichten (= St. Cassianer Schichten) nahm 
er über dem Virgloriakalk (= Reiflinger Kalk) und unter roten 
Knollenkalken mit Halobia Lommeli und grauen Kalken mit soge- 
nannten Evinospongien und Halobia (Daonella) Lommeli an, über 
welchen dann dieoberen Carditaschichten (=Raibler Schichten) 
folgen mit Halobia rugosa, Cardita Gümbeli und crenata, Megalodon 
complanatus, Corbis Mellingi ete. unter dem Hauptdolomit. In der 
ersten Mitteilung stellt er zwischen beide Carditastufen den „Wetter- 
steinkalk*. Die Deutung der Partnachschichten, Virgloria-, Reiflinger- 
und Wettersteinkalke ist bei verschiedenen Autoren eine recht ver- 
schiedene. Am nächsten liegend ist es wohl anzunehmen, daß wir es 
dabei mit verschiedenen Fazies eines und desselben größeren Kom- 
plexes zu tun haben, der der Hauptsache nach der ladinischen Stufe 
angehört und regionale Stellvertretungen gebildet haben mag, jedoch 
für sich in stetiger Fortentwicklung war, die sich eine Zeitlang in der 
einen und dann in einer etwa benachbarten Region vollzogen haben 
mag, also etwa so, wie es Arthabers Tabelle der Gliederung der 
Trias in der Lethaea geognostica 1. Teil, I. Band, pag. 254, zur Dar- 
stellung gebracht hat. Eine Fortentwicklung der „Carditaschichten*, 
eine den Partnachschichten ähnliche Fazies, bilden die unteren und 
oberen „Cardita“schichten, die Kalkeinlagerungen in den Lunzer 
Schichten mit Gervilleia Bouei, die Opponitzer Kalke usf. Eine der 
St. Cassianer Entwicklung nahe verwandte Bildung im obersten Teil 
der „Wettersteinkalke“, unterhalb der Reingrabener und Lunzer 
Schichten, dürften die Jägerhauskalke vorstellen. 

v. Wöhrmann (Jahrb. 1893, pag. 746 ff.) erörterte die Frage, 
ob das nördliche und südliche Meer der Carditaschichten durch eine 
Barriere oder einen schmalen Kontinent geschieden gewesen seien. 
Die Fauna sei, von den verschiedenen Fazies abgesehen, eng ver- 
bunden, so „daß wir unbedingt einen regen Verkehr zwischen beiden 
Meeresgebieten annehmen müssen“. Das kärntnerische Vorkommen 
zeige, ohne daß auf eine direkte Verbindung zu schließen sei, eine 
große Übereinstimmung mit den nördlichen, so weit entfernten 
Äquivalenten der Carditaschichten. 

Der zentralalpine Urgebirgsrücken müsse, der mangelnden Kon- 
glomerate zur Carditazeit wegen, als damals submarin angenommen 


[47] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 123 


werden. Im nördlichen Meere seien die faziellen Verhältnisse viel 
gleichmäßigere als im südlichen, wo vulkanische Eruptionen erfolgten. 
Die Sphärocodien sollen da aushelfen. (An meinem Fundorte konnte 
ich auch unter den mir unbestimmbar gebliebenen Materialien nichts 
finden, was mich an Sphärocodien denken ließ.) Bei uns sollen die 
Aonschiefer die Sphärocodienbänke vertreten. Die Aonschiefer scheinen 
mir freilich keine Littoralbildungen, sondern eher solche tieferen 
Meeres zu sein, die auf Schlammabsätze zurückzuführen wären, 
während die Sphärocodien als Algenbildungen auf seichtes Wasser 
schließen lassen, worauf auch die Lunzer Sandsteinfazies hindeutet, 
die sich zur wahren Festlandsfazies mit Kohlen entwickelt hat. Um 
wie viel, scheinbar, leichter machen sich die Vertreter der Schub- 
deckengeologenschule die Sache; die lassen die ganze zusammen- 
hängende nördliche Kalkzone der Ostalpen irgendwo abgeschert und 
nach Norden geschoben sein, über die jetzt scheidende kristallinische 
Barriere hinweg. Da scheint mir der Wöhrmannsche Versuch für 
die beiden Gebiete der nördlichen und der südlichen Kalkzone eine 
Verbandmöglichkeit zu suchen, die kristallinische Zone sich als damals 
submarin vorzustellen, noch leichter begreiflich und wenn sie sogar zu 
der von der Deckschollenschule längst als abgetan betrachteten alten 
Vorstellung eines Emporsteigens, Emporgerücktwerdens der kristalli- 
nischen Zentralzone führen sollte. 

Auch bei dieser Frage empfindet man den großen Schlag aufs 
neue, welchen die österreichische, sagen wir ältere Geologenschule, 
durch den frühzeitigen Hingang unseres unvergeBlichen Alexander 
Bittner erlitten hat. Seine kleine Abhandlung: Uberschiebungs-. 
erscheinungen in den Östalpen (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1894, 
Nr. 14, pag. 272—276) läßt dies nur zu gut erkennen. Bittner wies 
nach, wie weit die Erkenntnis der Notwendigkeit, Uberschiebungen 
auch im Bereiche der nördlichen Kalkzone in den Ostalpen anzunehmen, 
zurückreicht und wieviel er selbst an wichtigen Beweisen dafür er- 
bracht hat. Freilich an Schubdeckensysteme hat er dabei kaum 
gedacht; für ihn waren es durchwegs Erscheinungen des Zusammen- 
schubes innerhalb der nördlichen und ebenso in der südlichen Kalk- 
zone, welche beide von der Zentralregion beeinflußt waren. „Der Bau 
der Alpen für diese Regionen sei in gewissem Sinne als ein sym- 
metrischer zu betrachten.“ Früher (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1887, 
pag. 89 ff.) weist er darauf hin, wie die Überschiebungen verflächen. 

Wie hätte sich Bittner wohl gegen die neuerlichen An- 
schauungen gestellt? Man kann vermuten, daß er, der sowohl im 
Süden wie im Norden der ostalpinen Zentralzone bahnbrechend ge- 
arbeitet hat, tiefgründige Urteile abgegeben haben dürfte und 
sicherlich verlangt hätte, die Reformatoren sollten zuerst alle die 
stratigraphischen Fragen überzeugend lösen. In manchen Fällen ist 
die Reformationsbewegung sogar von Männern ausgegangen, welche 
in den Ostalpen überhaupt nicht gearbeitet haben. Meiner Über- 
zeugung nach ist es unerläßlich, daß gerade die stratigraphische 
Feststellung jeder weiter ausgreifenden tektonischen Spekulation vor- 
ausgehen müsse. So verführerisch solche Spekulationen auch sein 
mögen, für solche, die ihrer Phantasie: einen größeren Wert zu- 

16* 


124 Franz Toula. [48] 


schreiben als der hingebenden, ins Einzelne gehenden Feldarbeit, ja 
mit einer gewissen Geringschätzung auf solche blicken, die sich der- 
selben befleißigen und gerade weil solche Spekulationen so ver- 
führerisch sind, muß immer aufs neue darauf hingewiesen werden, 
wie gefährlich für die geologische Wissenschaft allzu kühne „uferlose* 
Spekulationen sind. Die „Schubdecken*“- Hypothese wird für die 
Ostalpen wohl erst als diskutierbar zu betrachten sein, wenn der 
nichtautochthone Charakter etwa der Werfener Schiefer, Lunzer Sand- 
steine und der nordalpinen Gosauformation, um nur einige recht augen- 
fällige Beispiele zu nennen, erwiesen und die Herstammung derselben 
überzeugend dargelegt worden sein wird. — 

In den Nordtiroler und bayrischen Alpen unterschied v. Wöhr- 
mann (18953) drei Horizonte in der unteren Abteilung der eigent- 
lichen Carditaschichten. Dem unteren dieser Horizonte dürfte 
das Jägerhausvorkommen sehr ähnlich sein, und zwar von den vier 
Abteilungen dieses unteren Horizonts jenem, den v. Wöhrmann als 
die „Sphärocodienbänke“ bezeichnete. Im dritten Horizont aber ist die 
Fauna in den glaukonitischen Sandsteinen mit Sphärocodien vielleicht 
noch ähnlicher. Da in dieser Abteilung auch die Trachyceras-Arten: 
Trachyceras Medusae und oenanum vorkommen, wird man versucht, sie 
in Parallele zu stellen. Von Anklängen an die obere Abteilung der 
„Carditaschichten“ („Torer Schichten“) ist an meiner Fundstelle nicht 
viel gefunden worden. Carmnites floridus wird dort als die häufigste 
Form bezeichnet. Davon ist beim Jägerhause keine Andeutung vor- 
handen. Auch von Ostrea montis caprilis, Pecten filosus etc. keine Spur. 

Von den niederösterreichischen lang bekannten Horizonten 
könnten wohl nur die Aonschiefer in Parallele gestellt werden und 
möchte ich an eine Kalksteinfazies dieser Stufe denken, welche An- 
klänge an die Wettersteinfazies an sich trägt. Da die Wetterstein- 
fazies durch Übergänge mit jüngeren Kalksteinhorizonten in Ver- 
bindung gebracht werden muß und gleichzeitig bestand, während an- 
deren Ortes einerseits die Partnachfazies, anderseits die Reiflinger 
Kalke, in den Südalpen aber die Schlerndolomite neben den Wengener 
und St. Cassianer Schichten entstanden, wird man wohl kaum fehlgehen, 
wenn man annimmt, daß die Jägerhauskalke, mit den vielen 
Spongiten in teilweise viel kräftigerer, größerer Entwicklung der Indivi- 
duen, analog wie es Fr. Wähner!) (s. oben) für seine Wetterstein- 
kalke angenommen hat, nichts anderes vorstellen, als die St. Cassianer 
Schichten, in typischer Faunenentwicklung, mit Formen auch aus den 
sogenannten oberen St. Cassianer- oder der kärntnerischen Seeland- 
alpe-Stufe. Immer aber äquivalent den oberen Horizonten von Ad. 


!) Franz Wähner (Sonnwendgebdirge I., 1903, pag. 78 ff.) gliedert die Trias 
in Werfener Schichten, Muschelkalk (Rauchwacken und dunkle Kalke), Wetter- 
steinkalk, Carditaschichten (= Raibler Schiefer [Gümbel, v. Richthofen], 
—= Obere Oarditaschichten [Pichler]), Hauptdolomit, Rhät. 

Im Wettersteinkalk finden sich „Lithodendron“-artige Korallen, die Riesen- 
oolithe („Evinospongien“), Spongien größer als die St. Cassianer Arten, eigenartige 
lappenförmige Körper, deren mögliche Zugehörigkeit zu den Algen ausführlicher 
erörtert wird. — Die Carditaschichten des Sonnwendgebirges werden als dunkle 
bituminöse Kalke, graue Mergelkalke mit spärlichen marinen Fossilien und Sand- 


[49] Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 125 


Pichlers unteren Carditaschichten, etwa den grauen Kalken mit 
Evinospongien, wenn auch viele der bezeichnendsten St. Cassianer Arten 
fehlen, so z. B. keine Spur einer Cardita crenata gefunden werden 
konnte. Anderseits findet sich aber auch keines der bezeichnendsten 
Fossilien der „oberen Carditaschichten“ Pichlers wieder, mit Aus- 
nahme des vereinzelten Vorkommens einer an Gervilleia Bouei, an- 
schließenden Form. Im Brühler Profile kann man nur an eine Aqui- 
valenz mit den dort so wenig mächtigen Wengener- (Posidonomia Wen- 
gensis-) und Aonschiefern denken, die offenbar der Wettersteinfazies 
ferner ab lagen, die aber ebenso wie beim Jägerhause an die Lunzer 
Sandsteine angrenzen, ja von ihnen ganz normal überlagert werden. 
Im Brühler Profile treten die hellen Kalke mit der Raibler Fauna 
(Gonodon [„Corbis“] Mellingi, Ostrea montis caprilis cf.) erst über den 
Lunzer Sandsteinen auf. Freilich stehen mit diesen, nicht weit ab, die, 
wie ich glaube, als Einlagerung in die oberen Lunzer Sandsteine auf- 
tretenden Kalke mit so überaus häufigen Stücken von Gervilleia Bouei 
in einem gewissen Verhältnis, was als ein erwünschtes Zeugnis für 
die Weiterentwicklung der unteren gegen die oberen Cardita- 
schichten angesehen werden kann. 

Wie veränderlich gerade im Voralpengebiete die Ablagerungen 
desselben Zeitabschnittes sind, davon konnte ich mich bei einer 
letzten Begehung recht gut überzeugen. Mein verehrter Freund Chef- 
geologe G. Geyer machte mich aufmerksam auf das Vorkommen 
von dunklen Plattenkalken, welche er, bei einem Besuche des Hohen 
Lindkogels („Eisernes Tor“) passiert habe. 

Man kann das Vorkommen leicht finden, wenn man von dem 
am westlichen Rande der Hochwiese zum Sattel führenden Wege den 
Hohlweg verfolet, dessen Eingang durch einen vor demselben stehen- 
den prächtigen Wildbirnbaum markiert wird. Man trifft in diesem 
Hohlwege zuerst mürbe dunkle feinsandige Schiefer, vielleicht Rein- 
grabener Schiefer und dahinter dunkel- bis schwarzgrau gefärbte mehr 
oder weniger deutlich plattige Crinoidenkalke, in welchen ich an ab- 
gewitterten Flächen unter anderen den großen im vorstehenden be- 
sprochenen Cidaritenstachel mit seitlichen Flügeln und auch einen 
Stachel von Cidaris alata Mnstr. auffand, die also wohl sichere 
St. Cassianer Schichten vorstellen dürften, aber in der Plattenkalk- 
ausbildung, während jenseits der niederen Sattelhöhe, ober dem Jäger- 
hause, die Kalke mehr die Ausbildung von Riffkalken oder Riffbreccien- 
kalken besitzen, mit den erwähnten Anklängen an die Wetterstein- 
ka:kfazies. Dahinter traf ich oberhalb der Wegteilung nach Passieren 
des Hohlweges auf Felsriffe im Walde, welche sich aus zuckerkörnigen, 


steine mit Resten von Landpflanzen angegeben. Von marinen Fossilien werden an- 
geführt: 
Mysidioptera (Lima) incurvostriata Gümbel 
Cardita Gümbeli Pichler 
Gonodon (Schafhäutlia) Mellingi Hauer und 
Myophoricardium lineatum Wöhrmann. (Es sind offenbar 
die oberen Carditaschichten.) 


Für das Vorkommen beim Jägerhause ist das von Wähner über den 
Wettersteinkalk Gesagte von besonderer Wichtigkeit. 


126 Franz Toula. [50] 


hellgrau- bis weißfarbigen dolomitischen Kalken bestehend erwiesen 
(Wettersteindolomit?). Ich kehrte auf einem anderen Wege, gegen den 
Sattel zu, auf die Hochwiese zurück, wobei ich nahe dem Eingange 
des Touristenweges zum Hohen Lindkogel typische Lunzer Sandsteine 
passierte. 


Zusammenfassend spreche ich schließlich meine Auffassung der 
Jägerhauskalke dahin aus, daß man es dabei mit Bildungen im 
oberen Teil des Wettersteinkalkes zu tun habe, ent- 
standen in der Nähe von Korallen-Spongienriffen, mit 
derFauna des St. Cassianer Horizonts, die durch das häufige 
Vorkommen der Amphiclinen einen ejgenartigen, man möchte sagen 
nordalpinen Charakter annehmen. Dabei ist auch das Nichtvorkommen 
vieler der bezeichnendsten Arten der echten St. Cassianer Schichten 
(zum Beispiel der Cardıta crenata) wiederholend ganz besonders zu 
betonen. 


Die Zeichnung der Tafeln hatte der treffliche Zeichner Otto 
Fieß übernommen. Leider war er schon schwer krank und starb 
während der Arbeit, nachdem er die erste Tafel (IV [I]) fertig ge- 
stellt und die Skizze für die zweite Tafel entworfen hatte. Für die 
Ausführung der zweiten Tafel empfahl er kurz vor seinem Tode 
Herrn Franz Göbel, für die Herstellung der dritten und vierten 
Tafel aber Herrn Ferdinand Schober. Beide Zeichner sind ihrer 
Aufgabe gerecht geworden. 

Aus den dadurch erwachsenen Schwierigkeiten erklärt sich auch 
das zweimalige Vorkommen der Figurennummer 14. Da die Wieder- 
holung auf der zweiten Tafel eintrat, erscheint jede Verwechslung 
ausgeschlossen. 


Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von 
| Celebes. 
Von Dr. Richard J. Schubert. 


Mit einer Tafel (Nr. VIII) und einer Textillustration. 


I. Einleitung. 


Durch Herrn Oberingenieur M. Koperberg (Utrecht) wurde ich 
um die mikrofaunistische Untersuchung einer Anzahl von Dünnschliffen 
ersucht, die von Gesteinen stammen, die von ihm selbst im nördlichen 
und zentralen Teile von Celebes gesammelt wurden. Ich übernahm 
diese Durcharbeitung um so lieber, als aus jenen Gebieten bisher kein 
diesbezügliches Material bekannt wurde. 

Wenn auch in diesen Gesteinen mit Ausnahme der Lepidocy- 
elinen und Miogypsinen keine stratigraphisch direkt verwendbaren 
Mikrofossilien vorkommen, so scheint es mir dennoch nicht gerecht- 
fertigt, die im ostasiatischen und australischen Archipel so weitver- 
breiteten Globigerinen- und jüngeren Korallkalke, auch die Radiola- 
riengesteine außer acht zu lassen, denn es werden sich auf Grund 
sehr zahlreicher Aufsammlungen und mikrofaunistischer Durcharbei- 
tungen im Verein mit Beobachtungen über die Lagerungsverhältnisse 
an Ort und Stelle gewiß viele interessante Tatsachen ergeben und 
manche Fragen der Lösung nähergeführt werden. 

Was ich diesmal fast lediglich auf Grund von Dünnschliffen 
bringen kann, die zum größten Teil von Herrn Koperberg selbst 
angefertigt wurden, ist freilich nur ein ganz bescheidener Beitrag, 
doch dürfte auch dieser vielleicht späteren Forschungen, sei es auf 
Celebes selbst, sei es in angrenzenden Gebieten, nicht unerwünscht sein. 


II. Besprechung 'der Gesteinsproben. 
Nr. 16. Ostseite des Kap Torawitan (Nordspitze von Minahassa). 


Ein löcheriger rötlicher Kalk einer Korallkalkbank bis ca. 4 m 
über dem Meere. Nebst Korallen, Lithothamnien und anderen Orga- 
nismenresten sind Foraminiferen vorhanden, und zwar: 


Amphistegina lessoniü Orb. 
Orbitolites (Sorites?) sp. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (R. J. Schubert.) 


128 Dr. Richard J. Schubert. [2] 


Nr. 16a von derselben Lokalität. 
Ein Korallkalk mit Polytrema planum Carter. 


Nr. 114. Westseite der Insel Babi, Südostküste von Minahassa in der 
Nähe von Totok. 


Ein rötlicher Kalk mit: 


Lithothamnium sp. 
Amphistegina lessonii Orb. 
Gypsina oder Miogypsina? 


Nr. 128. Flüßchen Besahan in der Nähe von Totok ; gerolltes Stück. 


Ein hellbräunlichgrauer Kalk mit zahlreichen Foraminiferen, 
unter denen folgende am bezeichnendsten sind: 


Miogypsina irregularis Mich. 

" sp. (cf. complanata Schl.) 
Lepidocyelina sp. 
Amphistegina lessonü Orb. 

Spirillina sp.; auch 
Lithothamnium ist reichlich vorhanden. 


Nr. 129. Anstehend am Bache Besahan. 


Ein hellgrauer Korallkalk mit spärlichen Lepidocyclinen- (Nephro- 
lepidinen-?) Resten, die nicht besonders gut erhalten sind. 


Nr. 131. Goldgräberei am Bache Maäjang (Totok). 
Umkristallisierter Korallkalk mit sehr spärlichen Foraminiferen- 
resten, darunter Gypsina? sp. 


Nr. 135. An einer warmen Quelle am Wege von Bohoengan nach 
Rota Totok, nahe der Küste. 


Ein bräunlichgrauer Korallkalk mit: 


Lepidocyclina (Nephrolepidina?) sp. sp. 
Gypsina inhaerens Schultze oder Polytrema planum Carter 
Lithothamnium sp. 


Nr. 137. Küste zirka 14/, km nördlich von der Mündung des Totok- 
flusses. 
Ein bräunlichgrauer, grüngefleckter Kalk mit Lithothamnien, 
reichlich Küsten-, doch auch Planktonforaminiferen und Tuffbestand- 
teilen. Von Foraminiferen fand ich: 


Lepidocyclina (Nephrolepidina) sp. 
Heterostegina depressa Orb. 
Amphistegina sp. 

Öycloclypeus sp.? 

Globigerina bulloides Orb. u. a. 


[zz 


[3] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 129 


Nr. 140a. Fluß Boejat, Grenze zwischen Minahassa und der Land- 
schaft Bolaäng-Mongondo. 


Ein grauer Kalk mit massenhaften organischen Resten, unter 
denen Foraminiferen dominieren. In einem Dünnschliffe konnte ich 
folgende beobachten: 

Lepidocyelina (Nephro.epidina) cf. Verbeeki 

s cf. sumatrensis Br. 
; sp. sp. nicht genügend orientierte Durchschnitte, 
doch durchwegs kleine Formen 

Miogypsina cf. irregularis Mich. 

cf. complanata Schl. 

Oper culina complanata Defr. 

Heterostegina depressa Orb. 

Oycloclypeus? 

Amphistegina lessonü Orb. 

Rotalia cf. schroeteriana P. u. J. 

Polytrema planum Carter 

Globigerina bulloides Orb. u. a., auch andere Kleinforaminiferen, 

ferner Lithothamnium-Fragmente. 


Nr. 160. Mittlerer Teil des Flusses Ranoiapo (Minahassa). 
Ein Korallkalk mit Polytrema planum Carter. 


Nr. 185. Korallkalkfelsen am Wege von Romoön nach Pakoe (W. 
Minahassa). 


Von Foraminiferen sah ich in den beiden Schliffen nur eine 
große Textularide, deren nähere Bestimmung nicht möglich ist. 


Nr. 205. Leok, NW von Bwool (Landschaft Bwool). 
Ein rötlicher Korallkalk mit: 


Lithothamnium sp. 
Gypsina globulus Rss. 
Polytrema planum Carter 
Amphistegina cf. lessonii Orb. 
Globigerina bulloides Orb. 
cf. saceulifera Br. 
Sphaeroidina dehiscens Parker u. Jones 
Pulvinulina cf. menardi und andere Planktonformen. 


Nr. 222. Todjofluß + 3 km aufwärts vom Orte Todjo; Gerölle. 


Ein gelblicher Kalk mit Korallen und Kalkalgen (Lithothamnium 
und Halimeda?). Von Foraminiferen fand ich: 


Amphistegina lessonii Orb. 
Polytrema planum Carter. 
Nr. 277. 


Ein dunkelgrauer Kalk mit Eruptivbestandteilen, ohne Fora- 
miniferen. 


Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (R. J. Schubert.) 17 


130 Dr. Richard J. Schubert, [4] 


Nr. 312. Watoe awoe, Possogegend (Zentralcelebes). 
Ein hellbräunlicher Korallkalk mit spärlichen Foraminiferen: 


Sphaeroidina dehiscens P. u. J. 
Globigerina bulloides Orb. 

2 cf. inflata Orb. 
Bolivina sp. 
Heterostegina cf. depressa Orb. 
Amphistegina lessonü Orb. 


Nr. 313. Von der gleichen Lokalität wie 312. 
Ein ähnliches Gestein wie das vorstehend erwähnte mit ver- 
schiedenen, nicht näher bestimmbaren Textulariden, Rotaliden etc. 


Nr. 314. Tomasa am Wege nach Taliboi, Posso (Zentralcelebes). 
Ein weißlicher Korallkalk mit viel Kalkalgen und Foraminiferen 
(Seichtwasser wie Planktonformen): 


Lithothamnium sp. 
Halimeda? sp. 
Amphistegina lessonü Orb. 
Polytrema planum Carter 
Globigerina bulloides Orb. 

: sacculifera Brady 
Orbulina universa Orb. 
Sphaeroidina dehiscens? P. u. J. 


Nr. 316. Kajoekoe, am Wege nach Pingoe (Possogegend). 
Ein bräunlichgrauer Korallkalk mit Lithothamnien, ferner 


Amphistegina lessonüi Orb. 
Polytrema planum Carter 
Rotalia schroeteriana P. u. J. 
Globigerina sp. sp. 


Nr. 317. Rechtes Gehänge des Possotales ungefähr 3 km nördlich von 
Kajoekoe (Posso). 
Ein hellgefleckter, stark kalkhaltiger dunkelgrüner Tuff mit 
spärlichen Planktonforaminiferen (Globigerinen). 


Nr. 360. Nordwestküste der Insel Babi (vgl. Nr. 114). 
Ein gelblicher Kalk mit Lithothamnien und viel Foraminiferen, 
darunter besonders: 
Miogypsina cf. ürregularis Mich. 
Polytrema planum Carter 
Sporadotrema ? sp. 
Miliolideen etc. 
Nr. 366. Fluß Bohoengan (vgl. Nr. 135). 
Ein bräunlichgrauer Kalk mit: 
Lithothamnium sp. 
Miogypsina cf. irregularıs Mich. 
Polytrema planum Carter 
Amphisteginasp. 


Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 131 


[5] 


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132 Dr. Richard J. Schubert. [6] 


‘Nr. 370. Kap Lalo, nördlich der Mündung des Totokflusses (vgl. 
Nr.«15#): 
Ein bräunlichgrauer Kalk mit viel Globigerinen, doch trotzdem 
ein Küstensediment, nebst Lithothamnien lassen sich erkennen: 


Lepidocyclina (Nephrolepidina) sp. sp. 
Gypsina globulus Rss. 
Polytrema planum Carter 
Amphistegina cf. lessonü Orb. 
Globigerina bulloides Orb. 

R conglobata br. 


Nr. 387. Berg Totok auf Andesit. 

Ein dunkelgrauer Kalk mit Lithothamnien und schlecht erhaltenen, 
weil umkristallisierten Foraminiferen, unter denen immerhin erkenn- 
bar sind: 

Lepidocyelina (Nephrolepidina?) sp. 
Miogypsina ? sp. 
Rotalideen sp. sp. 


Nr. 394. Fluß Boejat (vgl. Nr. 140.«). 


Ein bräunlichgrauer Kalk mit siphoneen Kalkalgen (Halimeda ?), 
Korallen, ohne deutbaren Foraminiferenresten. 


Nr. 400 von derselben Lokalität wie 394. 


Ein Korallkalk mit sehr viel Tuffbestandteilen; von Foraminiferen 
sind vorhanden: 
Miogypsina sp. 
Lepidocyelina (Nephrolepidina?) sp. 
Globigerina sp. sp. 
Rotalideen. 


Nr. 405. Fluß Kebondian, nördlich von Kotta Boena (Landschaft 
Bolaäng-Mongondo). 


Ein dunkelgraubrauner dichter Kalk mit Korallen, viel Tuffmaterial 
ohne deutbaren Foraminiferen. 


Nr. 476. Ranoiapofluß unweit des Dorfes Poöpo (Minahassa) auf 
Andesitbreccie. 

Ein graubrauner Korallkalk mit: 
Lithothamnium sp. 
Amphistegina cf. lessonii Orb. 
Gypsina globulus Kss. 
Polytrema planum Carter 
Heterostegina? sp. u. a. 


Nr. 555. Bett des Flusses Motidaä bei Soemalata. 


Ein grüner kalkarmer Tuff mit vereinzelten Planktonforaminiferen 
(besonders Globigerinen). 


[7] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 133 


Nr. 556. Bett des Flusses Moti-Kiki bei Soemalata. 


Ein dunkelgrünlichgrauer Tuff mit spärlichen Globigerinen-? und 
Radiolarien ?resten. 


Nr. 579. Fluß Monikoe Kiki nördlich von Soemalata ca. 11/, km land- 
einwärts von der Küste. 

Ein Korallkalk mit sehr viel Tuffbestandteilen oder vielleicht 
richtiger ein dunkelgrüner kalkarmer Tuff mit Korallen; von Fora- 
miniferen fand ich bisher nur zwischen den Korallästen eine kleine 
Miliola sp. 


Nr. 624. Westseite der Küsteninsel Bohoi nahe bei Totok; Ent- 
blöBung von Prof. Rinne abgegraben. 
Ein gelblicher Korallkalk ohne Foraminiferen (im Schliff 
wenigstens). 


Nr. 627. Weg von Belang nach Totok. 


Ein hellgrauer Korallkalk mit spärlichen Lithothamnien, Milio- 
liden, Rotaliden und amphisteginenartigen Foraminiferen. 


Nr. 631. Küsteninsel Bamboejano, gegenüber Kotaboenan (Landschaft 
Bolaäng-Mongondo). 
Ein Korallkalk mit viel Tuffmaterial und nicht selten Plankton- 
foraminiferen: 
Lepidocyelina (Nephrolepidina) af. ferreroi Prov. 
Heterostegina cf. depressa Orb. 
Cycloclypeus? sp. 
Globigerina bulloides u. a. 


Nr. 639. Weg von Bojong nach Ongkaoe (westliche Minahassa). 

Ein Korallkalk, umkristallisiert, von Foraminiferen ist im Dünn- 
schliff nur ein anscheinend auf eine Truncatulina zu beziehender 
Durchschnitt ersichtlich. 


Nr. 654. Unterer Teil des Poigarflusses; Grenze zwischen Minahassa 
und Bolaäng-Mongondo. 


Ein graubräunlicher Korallkalk, im Dünnschliff ist nur eine 
Koralle ersichtlich und keinerlei Foraminiferen. 


Nr. 657. Gerölle des Poigarflusses oberhalb Nr. 654. 

Ein bunter Kalk mit einer reichen Mikrofauna: 
Lepidocyclina (Nephrolepidina) tournoueri L. u. D. 
Miogypsina? sp. 

Rotalia cf. annectens P. u. J. var. concinna Millett 
Polytrema planum Carter 

Gypsina inhaerens Sch.?? 

Amphastegina lessoniü Orb. 

Miliolideen und auch 

Lithothamnium sp. 


134 Dr. Richard J. Schubert. [8] 


Nr. 658 von derselben Lokalität wie 657. 
Ein Korallkalk ohne deutbare Foraminiferenreste. 


Nr. 1013 und 1013a. Heiße Quellen in der Nähe des Baches Meranda 
nördlich der Possogegend (Zentralcelebes). 
Ein grünlicher Tuff mit ganz vereinzelten Planktonforaminiferen 
(Globigerinen ?). 


Nr. 1059. Weg von Paloeassi und Kajoekoe (Possogegend). 


Ein hellbräunlicher Korallkalk mit reichlichen Resten von Fora- 
miniferen, unter denen zu erkennen sind: 


Polytrema planum Cart. 
Amphistegina lessonii Orb. 
Polystomella sp. 
Orbitolites sp. u. a. 

auch Lithothamnium sp. 


Nr. 1040. Weg von Kajoekoe nach Pengoa (Possogegend). 
Ein rötlicher löcheriger Korallkalk mit zahlreichen Riff- wie 
Planktonforaminiferen: 
Gypsina cf. vesicularis P. u. J. 
Polytrema planum Cart. 
Heterostegina depressa Orb. 
Uycloclypeus ? 
Globigerina bulloides Orb. u. a. 


Nr. 1050. Weg von Petaba nach Poseang Kowaä, aus der Quelle Oe& 
Poero (Possogegend). 


Ein gelblicher Korallkalk mit: 


Amphistegina cf. lessonüı Orb. 
Gypsina cf. vesicularis P. u. J. 
Lithothamnium. 


Nr. 1056. Weg von Watoe awoe nach Tomasa (Possogegend). 

Ein dichter Kalk mit kleinen Gastropoden und spärlichen Fora- 
miniferen, unter denen besonders die winzige Discorbina tuberocapitata 
Chapman dominiert. 


Nr. 1089. Trockener Tal-Einschnitt zwischen Wawolage und Tewengkoe 
(östlich der Possodepression). 

Ein grauer Kalk mit viel Lithothamnien und siphoneen Kalk- 
algen (Halimeda); von Foraminiferen fand ich in dem Dünnschliff 
außer Durchschnitten von Amphistegina lessonii Orb. nur schwer deut- 
bare Reste anderer kleiner Formen. 


Nr. 1096. Gipfel des Kalkhügels Lebano rechts vom Possofluß. 

Ein gelblicher Korallkalk mit zahlreichen Durchschnitten von 
kleinen Organismen, darunter auch Foraminiferen, die jedoch nicht 
sicher deutbar sind. 


[9] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 135 


Nr. 1113. Kleine Bai zwischen Ampana und Kap Api (Landschaft 
Todjo). 

Ein gelblicher dunkelgefleckter dichter Kalk mit vereinzelten 
Globigerinen, auch anderen schwer deutbaren Foraminiferenfragmenten, 
zum Teil vielleicht ein Korallkalk (?); an der Oberfläche eines Gesteins- 
stückchens beobachtete ich Amphistegina lessonü Orb. 


Nr. 1119. Ranoiapofluß etwas unterhalb der Mündung des Neben- 
flusses Intjit. 


Ein rötlicher Korallkalk mit Guskzonaden und von Foraminiferen: 


Polytrema planum Cart. 
Alveolina (Alveolinella?) sp. 
Milioliden. 


Nr. 1119«a, unweit 1119. 


Ein hellbräunlicher Kalk mit schlecht erhaltenen Milioliden, 
Alveolinen, Orbitoliten und Textulariden. 


Nr. 11195. Unweit von 1119, ca. 1km oberhalb der Intjitmündung. 


Wie 1119, bräunlichgrau, vereinzelt überdies fragliche Lepido- 
cyclinenreste, auch Globigerinen. 


Nr. 1120. Am Intjitflusse, unweit der Mündung. 


Ein weißlichgrauer Korallkalk mit Polytrema planum Cart., Or- 
bitolitiden (Sorites?) und anderen Foraminiferenresten. 


Nr. 1206. Gebirgsbach Taloehoemopatoe (Bwoo|). 


Ein grünlicher Tuff mit wohl auf Radiolarien zurückführbaren 
kugeligen Fossilresten. 


Nr. 1207. Fluß Taloehoemopatoe, linker Nebenfluß des Moelat (Land- 
schaft Bwool). 


Einer der beiden Dünnschliffe zeigt ein weißgeädertes rotes, wohl 
nur als Radiolarit deutbares Gestein, da die darin ersichtlichen kleinen 
weißlichen Kügelchen schlecht erhaltene Radiolarienreste sein dürften. 
Am Rande dieses Schlifftes sind auch kleine Partien eines hellen 
Globigerinenkalkes ersichtlich, dessen kleine Globigerinen indessen 
gleichfalls nicht spezifisch bestimmbar sind. 

Ein zweiter Dünnschliff zeigt ein von einer roten Kruste über- 
zogenes grünliches dunkles Eruptivgestein (Diabas?); doch sind in 
dieser roten Kruste keine deutbaren Fossileinschlüsse vorhanden. 


Nr. 1219. Fluß Boekal, Landschaft Bwool (ca. 2km von Nr. 1207 
entfernt). Taf. VIII, Fig. 6 


Ein roter schiefriger Globigerinenkalk. Im Dünnschliff zeigt es 
sich jedoch, daß dieser Globigerinenkalk ursprünglich hell, weißlich war 
und es an einzelnen Partien auch noch ist; er ist jedoch äußerst 
stark und fein zerklüftet und an den Rissen durch eine (eisenhaltige) 
rote Lösung derart imprägniert, daß eine intensiv rote Gesamtfärbung 
des Gesteines resultiert. 


136 Dr. Richard J. Schubert. [10] 


Von den Globigerinen sind namentlich die größeren Formen 
fast durchwegs verquetscht, so daß eine artliche Bestimmung fast 
unmöglich wird. Immerhin ist es bemerkenswert, daß die Pulvinulinen, 
Pullenien, Sphäroidinen und andere für die jüngeren plio-pleistocänen 
Globigerinenfaunen bezeichnenden Gattungen anscheinend gänzlich 
fehlen; ich halte diese Probe wie 1207 für älter als die übrigen von 
mir bisher aus Celebes untersuchten Gesteine, vermutlich meso- 
zoisch, ohne jedoch derzeit nähere Anhaltspunkte für eine nähere 
Altersbestimmung zu haben. 


Nr. 1223. Nordküste der Landschaft Bwool, westlich von Boesak, am 
Kap Lotoenoh. 


Ein rostfarbener Kalk mit sehr viel kleinen Foraminiferen. Es 
überwiegen in einem Dünnschliffe Planktonformen, und zwar: 


Globigerina bulloides Orb. 
Pulvinulina menardi Orb. 

h tumida Br. 

& micheliniana Orb? 


so daß man an ein Tiefensediment denken könnte, obwohl auch in 
diesem Schliffe Polystomellen, Amphisteginen und andere Seicht- 
wasserformen vereinzelt vorkommen, da diese ja in beträchtliche 
Tiefen hinabsteigen. 

Ein zweiter Dünnschliff läßt jedoch neben den genannten Plankton- 
foraminiferen auch Seichtwasserforaminiferen, Lithothamnien, Mollus- 
ken- und Echinodermenreste in solcher Anzahl erkennen, daß es 
klar ist, daß es sich bei dem Gesteine, von dem die Schliffe stammen, 
lediglich um relativ junge (plio-pleistocäne) Riffbildungen handeln kann. 


Nr. 1229. Gebirgspfad von Boesak nach dem Schurf-Kamp Ober-Boesak ; 
konkretionär im Sandstein (Bwool). 
Sandstein mit Tuffbestandteilen und vereinzelten größeren Fora- 
miniferen (im Schliff eine Cristellaridee ?). 
Nr. 1247. Felsenkap NW-Ecke der Bucht von Paleleh (Bwool). 
Ein foraminiferenfreier oder daran sehr armer Tuff. 


Nr. 1303. Fluß Dapi (Pagoeat), Blöcke. 
Ein grünlicher Tuff mit nur schwer deutbaren Fossilresten. 


ii 


Nr. 1335. Linkes Nebenflüßchen des mittleren Boesakflusses, O. von 
Gorontalo. 

Ein hellgrüner Globigerinenkalk mit viel Schlammgrundmasse 
und verhältnismäßig spärlichen Foraminiferen, unter denen sich auch 
viele Jugendformen befinden. Die in Nr. 1223 erwähnten Pulvinu- 
linen fehlen, die Globigerinen sind infolge ungünstigen Erhaltungs- 
zustandes nicht genau bestimmbar. Ich halte diesen Globigerinenkalk 
ähnlich wie 1219 für möglicherweise mesozoisch. 


11] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 137 


Nr. 1349. Hügel Boemboenga am Wege von Sangkoep (Nordküste) 
‘ nach Bintoena ; Grenzgegend der Landschaft Bintaoena und Bolaäng- 
Mongondo. 


Ein Tuff mit spärlichen Globigerinen (@I. bulloides u. a.), Rota- 
lideen und vereinzelten Lithothamnium-Fetzen. 


Nr. 13550. Am Dorfe Sendana; „ein kalkführendes Konglomerat“. 
Im Dünnschliffe ist nur eine Koralle ersichtlich. 


Nr. 1381. Bett des Flüßchens Molobai, östlich der Gegend von 
Nr. 1349 und 1350. 


Ein hellgrauer oder grünlichgrauer Tuff mit vereinzelten Plankton- 
foraminiferen (Globigerina bulloides Orb. u. a.). 


Nr. 1388a. Küste in der Nähe von Santombolan, westl. Teil der Land- 
schaft Bolaäng-Mongondo. 


Ein grauer Kalk, der nebst Lithothamnienfetzen, Resten von 
Echinodermen und spärlich auch von Mollusken sehr viel Foramini- 
feren enthält. In zwei Schliffen beobachtete ich folgende: 


Lepidoeyelina cf. sumatrensis Br. und andere 
Arten, die aber meist nicht genügend orien- 
tiert sind, um spezifische Bestimmungen zu 
ermöglichen ; essind durchwegs kleine Formen, 
die ich beobachtete 

Miogypsina complanata Schlumb. 

cf. irregularis Mich. 

Heter. ostegina depressa Orb. 

Cycloclypeus? 

Operculina complanata Defr. 

Amphistegina lessoni Orb. 

Gypsina globulus Reuss 

cf. vesicularis P. u. J. 

Globigerina bulloides Orb. u. a. 


Außerdem sind noch zahlreiche andere kleine Foraminiferen- 
formen vertreten, die indessen auf Grund der vorliegenden Schliffe nicht 
näher bestimmbar sind. 


Nr. 1433. Fluß Hatibi (Nebenfluß des Nantoe). 


Ein grünlichgrauer Kalk mit Tuffbestandteilen und zahlreichen, 
doch durchwegs schlechterhaltenen, wohl auf Globigerinen zu be- 
ziehenden Foraminiferen. 


Nr. 1450. Weg Molomboelahe—Tilamoeta vorbei des Flüßchens Aini 
(Pagoejama). 


Anscheinend grünliche Tuffbrocken in einer an kleinen wenig 
markanten Globigerinen reichen hellgrauen Grundmasse. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (R. J. Schubert. 18 


138 Dr. Richard J. Schubert. [12] 


Nr. 1496. Paleleh; Flüßchen Talave (Bwoo)). 


Kleine Fetzen eines bräunlichgrünlichen globigerinenführenden 
Tuffes. 


Nr. 1517. Bwoolfluß, etwa 1/, km abw. von Poetanga. 


Ein bräunlichgrauer tuffhaltiger Kalk mit sehr viel Globigerinen, 
aber auch Lithothamnium-Fetzen. 


Nr. 1581. Küstenfelsen bei Bolano (Maoeton). 


Rotes Radiolaritgestein; die Fossilien sind aber schlecht er- 
halten. 


Nr. 1581a (von derselben Örtlichkeit). 


Roter Kalk (?) mit fraglichen Globigerinen und spärlichen 
schlechterhaltenen Radiolarien. 


Nr. 1581 (von derselben Örtlichkeit). 


Roter Globigerinenkalk mit nicht näher  bestimmbaren Globige- 
rinen, auch spärlichen Radiolarien. 


Nr. 1583. Kap Santigi; Kontakt mit Diabas-Porphyrit, westl. von 1581 
(Maoeton). 
Ein rotes und braunes Tuffgestein (?) mit sehr spärlichen 
radiolarienartigen Resten, auch Globigerinen ? 


Nr. 1595. Olionoehe (Pagoeat). 


Ein grobkörniger grünlicher Tuff mit ganz vereinzelten Fora- 
miniferenresten (Rotalideen). 


Nr. 1713. Fluß Toengoi-Mopoesi (Bolaäng-Mongondo). 


Ein grünlichgrauer Tuff mit großen Globigerinen (Gl. bulloides 
Orb., conglobata Br. u. a.) 


Nr. 1728. Fl. Togot; am Wege von Tolok nach Bolaäng Oeki (Bolaäng- 
Mongondo). 

Ein grauer und bräunlicher tuffhaltiger Kalk; der einzige vor- 
liegende Dünnschliff ist nur an den Rändern dünn genug und läßt 
hier kleine Globigerinen (Gl. af. cretacea) und Pseudotextularien 
erkennen. 


Nr. 1746 samt a, c, d, e, f. Todjofluß, „ein Komplex von dichten 
Schichten mit Konglomeratschichten; es könnten also verschiedene 
‚Stufen vertreten sein“. 


Nr. 1746a. Konglomerat? mit Radiolaritgeröllen und Brocken von 
1746 .d. 


Nr. 1746c. Ein heller Kalk, dessen Dünnschliff nur an den Rändern 
dünn. genug ist, wo Globigerina af. cretacea Orb. und andere 
kleine Formen ersichtlich sind. 


[13] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 139 


Nr. 1746d. Ein hellgrauer eigenartiger, zum Teil oolithähnlicher 
Kalk, von Foraminiferen sind nur vereinzelte Milioliden ? im Schliffe 
sichtbar. 


Nr. 1746e. Dickschliff durch einen hellgrauen Radiolarit. 
Nr. 1746/. Ein brauner Radiolarit. 


Nr. 1747a. Todjofluß; Gerölle. | 
Ein grünlicher, großer Tuff mit Korallresten, ohne deutbare 
Foraminiferen. 


Nr. 17475 wie 1747a. 
Ein bräunlicher Tuff mit vereinzelten Globigerinen in den 
feinkörnigen Partien. 


Nr. 1748. Gerölle aus dem Todjoflusse. 


Nr. 1748a. Ein grober grünlicher Tuff mit Korallresten, Kalkalgen 
(Halimeda) ; auch Amphistegina lessonüi Orb. 


Nr. 1748e. Ein bräunlicher Kalk mit Lithothamnien und Korallen; 
von Foraminiferen fand ich: 


Amphistegina lessonii Orb. 
Rotalia schroeteriana P. u. J. 
Globigerina bulloides var. triloba Rss. u. a. 


Nr. 1748 9. Ein Korallkalk mit Tuffbestandteilen, Gastropoden, Litho- 
thamnien und Amphistegina lessonü Orb. 


Nr. 1748h. Ein bräunl. Kalk mit Tuffbestandteilen und Lithothamnien ; 
von Foraminiferen mit 


Gypsina sp. 
Lepidocyelina ?? 
Amphistegina lessonii Orb. 
Rotalia cf. schroeteriana P. u. J. 
Miliolideen 
Bolivina sp. 
Globigerina bulloides Orb. 
sacculifera Br. 
£ cf. inflata Orb. 
Nr. 1753. Flüßchen Denderei, Zweig des Bongka-Flusses (Todjo). 
Ein bräunlicher Korallkalk mit Amphistegina lessonüt Orb., Pul- 
vinulinen ? Operculina ? 


Nr. 1756. Linkes Ufer des Bongkaflusses (Todjo). 
Ein bräunlicher Kalk mit Lithothamnien und anderen Kalkalgen 
und zahlreichen Foraminiferen: 


» 


Amphistegina lessonüi Orb. 
Biloculina sp. 
Spirillina sp. 
18* 


140 Dr. Richard J. Schubert. [14] 


Globigerina bulloides Orb. u. a. Arten 
Sphaeroidina cf. dehiscens P. u. J. 
Pulvinulina menardü Orb. 

Pullenia cf. obliqueloculata P. u. P. 


B Trotz des reichlichen Vorhandenseins planktonischer Formen 
liegt aber ähnlich wie in Probe 1223 ein Küstensediment vor. 


Nr. 1772. Fluß Doemoga; W-Teil von Bolaäng-Mongondo. 
Tuff mit miliolidenartigen Fossilresten. 


Nr. 1777. Fl. Mongondo, N-Teil von Bolaäng-Mongondo. 


Ein grauer Korallkalk mit Spirillinen, Globigerinen, Amphi- 
steginen und Spiroclypeus? 


Nr. 1779 wie 1777 aus einem Konglomerat. 


Ein gelblicher Korallkalk; in dem nicht dünn genug angefertigten 
Dünnschliff sind von Foraminiferen zu bemerken: 


Polytrema planum Carter 

Gypsina globulus Reuss 

Miogypsina? sp., auch Rotalideen, Textularien 
und Globigerinen. 


Nr. 1788. Fl. Mongondo, weit aufwärts im Innern von Bolaäng- 
Mongondo. 
Ein grober grünlicher Tuff; in dem einzigen Dünnschliff ist nur 
ein gequetschter, nicht recht deutbarer Fossilrest ersichtlich. 


Nr. 1807. Weg Kebido—Tolok, nahe bei Tolok (Bolaäng-Mongondo). 
Ein rotes Radiolariengestein, doch nicht dünn genug geschliffen. 


Nr. 1830 ıs. Aus einem Konglomerat im Fl. Noenoeka bei Negeri lama 
(östl. Teil von Gorontalo). 


Mit radiolarienartigen Resten. 


Nr. 1857. Fl. Batoe Sape; SO von Bintaoena. 
Ein bräunlicher Korallkalk mit: 


Ampbhistegina lessonii Orb. 

Miogypsina cf. burdigalensis Gümb. 
A complanata Schl. 

Lepidoeyelina sp. Fragmente. 

Gypsina vesicularıs P. u. J. 

Textularia sp. 

Lithothamnium sp. 


Nr. 1860. Fluß Denga, Weg Hoentoek — Bintaoena. 
Ein braungrauer Kalk mit Tuffbestandteilen und viel Foramini- 
feren, darunter: 
Miogypsina burdigalensis Gümb. 
Operculina complanata Defr. 
Orbiculina ? 


[15] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 141 


Nr. 1869. Kap Toengkoep bei Domisil (westl. Teil von Bolaäng- 
Mongondo). 


Globigerinenkalk mit viel Tuffbestandteilen; am häufigsten sind: 


Globigerina bulloides Orb. 

. sacculifera Br, 

A inflata Orb. 

R conglobata Br. 
Auch Rotalideen u a. Formen, Lithothamnium 
Vereinzelt auch Fragmente von Lepidocyelina. 


Nr. 1870. Soemalatafluß + 7—8 km landeinwärts, Block. 
Ein grauer Tuff ohne deutbare Foraminiferen. 


Nr. 1885. Kap Lai (Bolaäng-Itang). 

Ein grünes Tuffgestein mit Radiolarien. 
Nr. 1889. Küsteninsel Liwoetoe (Bolaäng-Itang). 

Ein rötlicher und grüner Radiolarit, wobei Radiolarien besonders 
in den grüngefärbten Gesteinspartien häufig sind. 


Nr. 1890«. Küsteninsel Liwoetoe. 
Ein ähnliches Gestein wie das unter Nr. 1885 erwähnte. 


Nr. 1911. Fluß Boenggili, Zweig des Flusses Andagileh, Grenzgegend 
von Bolaäng-Itong und Attingola. 

Ein grünlicher Tuff mit viel in Streifen angeordneten Magnetit- 
körnchen, in dem ich aber keine sicheren Organismenreste fand. 
Nr. 1912. Dieselbe Lokalität wie 1911. 

Ein grünliches, z. T. sehr fein-, z. T. grobkörnigeres Tuft- 
gestein mit sehr spärlichen Globigerinen (@!. cf. conglobata br.). 
Nr. 1924. Fluß Andagileh (Attingola). 

Ein hellgrauer Globigerinenkalk mit Tuffbestandteilen und spär- 
lichen kleinen Globigerinen (@I. af. eretacea Orb.). 

Nr. 1928. Küstenfelsen zwischen Doelango niki und Kap Doelang 
(Kaidipang). 
Ein grünes Tuffgestein mit radiolarienartigen Fossilresten. 


Nr. 2 H (vom 2. XII. 1903). 
Ein rotes Radiolariengestein. 


142° Dr. Richard J. Schubert. [16] 


III. Geologische Ergebnisse. 


Auf Grund der.im Vorstehenden mitgeteilten faunistischen Ver- 
hältnisse lassen sich im untersuchten Gebiete folgende Gesteinstypen 
unterscheiden: 


I. Alte Korallkalke und Küstenabsätze überhaupt 
mit spärlichen kleinen Lepidocyelinen (Nephrolepidinen) und Mio- 
gypsinen, oder diesen letzteren allein, auch mit anderen Küstenformen, 
wie Amphisteginen, Heterosteginen (auch Cycloclypeus), Gypsinen ; 
doch ist in manchen dieser Gesteine auch ein nicht unerheblicher 
Prozentsatz von Planktonforaminiferen (besonders Globigerinen) vor- 
handen, wie dies bei Riffbildungen ja nicht befremden kann. 

Das Alter dieser Kalke kann nach unseren gegenwärtigen Kennt- 
nissen wohl sicher als älteres Miocän oder Burdigalien aufgefaßt 
werden. 

Die zu dieser Abteilung gehörigen Gesteine sind folgende: 
114?, 128, 129, 131?, 135, 137, 140a, 360, 366, 370, 387, 400, 631, 
652, 11199,.411952,,11207,... 13880, 1748h2, 17772, 17T 2 3 
1860, 1869. 7 

II. Eine größere Anzahl anderer Korallkalke unterscheiden sich 
von den bisher besprochenen dadurch, daß Orbitoiden oder ältere 
Foraminiferentypen ganz fehlen und lediglich wenig bezeichnende 
kleine Foraminiferen in den Dünnschliffen ersichtlich sind. Unter 
Berücksichtigung auch des Gesteinscharakters und Vorkommens dürften 
diese jüngeren Korallkalke am ehesten als Quartär zu deuten 
sein, wobei freilich erst geologische Detailbeobachtungen weitere 
Unterscheidungen und präzisere Altersdeutungen ermöglichen können. 

Es sind dies die Gesteine: 16, 16a, 160?, 185, 205?, 222, 
312, 313, 314, 316, 579, 639?, 654?, 1039, 1040, 1050, 1056, .1089, 
1096, 1113,'1747 025, 17489,1753. 

Ill. Weit geringer ist die Zahl der Globigerinenkalke, 
von denen die unter Nr. 1219, 1335, 1581, 1728, 1924 besprochenen 
Gesteine ausgesprochene Tiefseebildungen darstellen. Ihr Alter ist 
mangels bezeichnender Formen wie auch infolge nicht besonders 
günstigen Erhaltungszustandes nicht sicher bestimmbar. Pliocän oder 
Quartär scheinen sie nicht zu sein, da die in diesen jungen Tiefsee- 
sedimenten fast stets vorhandenen Pulvinulinen (der menardii-Gruppe), 
Sphaeroidinen und Pullenien völlig zu fehlen scheinen. Das ober- 
kretazische Plankton unterscheidet sich nach meinen Erfahrungen 
auf Timor durch. Dominieren von @Globigerina cretacea und linnaeana 
sowie von Pseudotextularien ebenso wie in Europa von sonstigen 
Planktonfaunen. Das Alttertiär scheint im ganzen Archipel, soweit es 
in mariner Entwicklung bekannt, lediglich in: Küstenfazies entwickelt 
zu sein und so möchte ich für diese beiden Globigerinenkalkgesteine 
die Vermutung aussprechen, daß sie präkretazisch (vielleicht auch 
kretazisch) und somit die ältesten der von mir aus Nord- und Zentral- 
celebes untersuchten Gesteine sein dürften. 


IV. In Verbindung mit diesen alten Globigerinenkalken treten 
meist auch Radiolarite oder an Radiolarien mehr oder weniger reiche 


a7] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 143 


Tuffgesteine auf, so mit dem Globigerinenkalk 1219 die Radiolarien- 

gesteine Nr. 1206 und 1207, mit Nr. 1728—Nr. 1807, mit Nr. 1581 b— 
Nr. 1581, 1581a, 1583, mit Nr. 1924—Nr. 1928. Wenn nun auch 
der Erhaltungszustand wie der stratigrapische Wert dieser Radiolarien 
sar viel zu wünschen übrig lassen, so glaube ich doch, daß in diesen 
Globigerinen- und Radiolariengesteinen altmesozoische, und zwar 
vermutlich jurassische von altneogen und jungen Riffbildungen um- 
säumte Inseln vorliegen. 

Außerdem dürften hier auch die Gesteine Nr. 183016 und 1885, 
1889a, 1890 auch 2 H gehören. 

V. Ein Globigerinenkalk (nämlich der von Nr. 1223) enthält 
nebst weniger bezeichnenden Globigerinen und anderen Foraminiferen 
häufig Pulvinulina menardii-tumida, die, wenn sie auch namentlich in 
den flacheren Formen seit der Kreideformation zitiert werden, doch 
einen größeren Anteil an der Planktonfauna erst vom jüngsten Tertiär 
bis in die Gegenwart nehmen. Das Alter dieses Gesteines wie auch 
das von 1756 kann nur pliocän oder diluvial sein, aber wie manche 
aus diesem „Globigerinenkalk“ angefertigten Schliffe zeigen, handelt 
es sich hier nicht um ein Tiefseesediment, sondern in Korallriften 
zusammengeschwemmte Planktonformen. 

VI. Ein faziell diesen ähnliches, doch infolge spärlicher Lepi- 
docyclinenreste wohl altmiocänes Gestein dürfte der Globigerinenkalk 
‘Nr. 1869 darstellen. 

VII.. Analog wie mit V verhält es sich mit dem Gestein des 
Dünnschliffes Nr. 1056. Dies ist ein hellbräunlicher dichter Kalk. in 
dem außer kleinen Gastropoden besonders eine sehr kleine zu Dis- 
corbina tuberocapitata Chapm. gehörige Foraminifere in mehreren 
Exemplaren vorhanden ist. In einem Vermerke des Herrn Öbering. 
Koperberg ist das Gestein als junger Korallkalk? bezeichnet 
und in der Tat dürfte es sich trotz des Fehlens jeglicher Korallen 
und Riff-Foraminiferen um die Ausfüllungsmasse eines alt(?)quartären 
Korallriftes handeln. AR: 

VIII. In einigen Stücken liegen schließlich noch Tuffe mit 
spärlichen Planktonforaminiferen, besonders Globigerinen, 
vor. Küstenforaminiferen fehlen, doch ist dadurch noch kein Beweis 
für den Absatz dieser Tuffe in bedeutenden Tiefen geliefert. In ver- 
einzelten (zum Beispiel Nr. 1349) sind überdies Lithothamnienfetzen 
und Rotaliden vorhanden, die direkt auf einen Absatz im Seicht- 
wasser hinweisen, 

Außerdem stimmt das Verbreitungsgebiet dieser offenbar geo- 
logisch jungen (altquartären ?) Tuffe mit dem der quartären Riff- 
bildungen überein, nämlich Nr. 317, 1013 und 1913 « in der Posso- 
gegend, 1748 und 1747 am Todjo und die übrigen meist im Zuge 
der Nordküste von Celebes. Der Possogegend gehört auch Nr. 1056 
an, von der Nordküste stammt Nr. 1223. 

IX. Gleichfalls zu den jungen Gesteinen möchte ich jene vom 
Todjofluß Nr. 1746 rechnen, obwohl die mir von jener Lokalität vor- 
liegenden Dünnschliffe zum Teil Radiolarien- und ältere Globigerinen- 
gesteine erkennen lassen. Denn diese älteren Gesteine sind zum Teil 


144 Dr. Richard J. Schubert. [18] 


nur in Form von Brocken im Tuff enthalten. Doch dürften auch in 
der Todjogegend mesozoische Globigerinen- und Radiolariengesteine 
anstehen. 

Was die Verbreitung der altmiocänen Kalke mit Lepi- 
docyelinen und Miogypsinen betrifft, so ist dieselbe fast ganz auf die 
Landschaft Minahassa, und zwar auf die nähere und weitere Umgebung 
von Totok beschränkt, weshalb sie auch von Herrn Koperberg 
Totokkalke genannt wurden. Nur Nr. 1383a und 1869 liegen weit 
abseits davon an der Nordküste, sie sind aber durch die recht be- 
zeichnende Fauna (besonders von 1388a) als hierhergehörig gekenn- 
zeichnet. Südlich von diesen beiden Ortlichkeiten liegen Nr. 1860 
und 1857, zwischen diesen und denjenigen der weiteren Umgebung 
von Totok die beiden allerdings fraglichen von 1777 und 1779, welche 
den Zusammenhang herstellen würden. 

Verhältnismäßig nur wenige Schliffe boten keine Mikroorganismen 
und von diesen möchte ich nach der Lage die Kalke Nr. 394, 405, 
624, 627, 658 zu den älteren, die von Nr. 277 und 476 zu den jün- 
gseren Korallkalken rechnen. Einige ganz wenige isolierte Vorkommen 
ließen mir bisher auch nicht einmal eine Vermutung begründet er- 
scheinen. 

Durch diesen Nachweis der jungtertiären und quartären Fora- 
miniferengesteine werden unsere diesbezüglichen Kenntnisse von 
Celebes nicht unerheblich erweitert, denn bisher waren, abgesehen 
von den A. Frenzelschen Angaben über Gesteine mit vermutlichen 
Nummuliten aus Südcelebes!) (1880/81), lediglich ältere Gesteine 
bekannt. 

H. Douville besprach 1905 (Bull. Soc. Geol. 1905, pag. 449) 
Nummuliten- und Orthophragminenkalke von Pic Van Maros, die er 
für mittleres oder oberes Lutetien deutet und helle Kalke mit großen 
Lepidocyelinen (L. formosa) und Heterostegina margaritata, die als 
unteres oder mittleres Aquitanien angesprochen werden. 

Später (1908 in der Riv. Ital. Pal., pag. 28 u. ff.) beschrieb 
G. Osimo eine Anzahl von Nummuliten (N. venosa, sub. Beaumonti, 
Guettardi, Heeri, elegans) und kleinen Lepidocyclinen (L. Tournoueri 
und Provalei) und anderen Foraminiferen von der Ostküste von Celebes 
(am Eingange der Bai von Palos). 

Sie deutete die von ihr untersuchten Fossilien als aus dem 
Bartonien stammend, doch dürften ihre Annahmen durch spätere 
Untersuchungen vielleicht insofern modifiziert werden, als es sich 
herausstellen dürfte, daß entweder eocäne und jüngere Foraminiferen 
beim Sammeln vermengt wurden oder in oligocänen (miocänen ?) Mergeln 
Reste älterer Ablagerungen eingeschlossen sind. Für die letztere Ver- 
mutung würde der schlechte Erhaltungszustand einiger Nummuliten 
sprechen. 


Auf Grund dieser und der vorstehenden paläontologischen Daten 


ergibt sich für die geologische Geschichte von Celebes das Bestehen 
von weiten Meeresflichen im Mesozoikum, marinen- Seichtwasserseen 


!) Tschermaks Min. u. petr. Mitteil. III, 1880/81, pag. 289—300. 


[19] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 145 


im Mittel-, Obereocän und einem Teile des Oligocäns, ferner im Alt- 
miocän (Aquitanien und Burdigalien), Riffbildungen auch im (Jung- 
pliocän?) und Altquartär, dagegen ist wenigstens bisher nicht wie 
südlich davon eine jungtertiäre Tiefsee nachweisbar. 


IV. Paläontologische Bemerkungen. 


Da mir keine isolierbaren Foraminiferen, sondern nur feste 
Gesteine vorlagen, bot sich verhältnismäßig wenig Gelegenheit, paläon- 
tologische Beobachtungen zu machen und ich beschränke mich daher 
.darauf, über die folgenden Formen Bemerkungen anzufügen. 


Lepidoeyclina. 


Da, wie mir mitgeteilt wurde, Herr Prof. H. Douville& die 
Beschreibung dieser Gattung übernahm, kann ich von einer näheren 
Besprechung der in den untersuchten Gesteinen gefundenen Lepido- 
eycelinen absehen. Ich kann dies um so eher ohne Bedauern tun, als 
die Durchschnitte von Lepidocyclinen in den von mir durchsuchten 
Dünnschliffen meist zu schlecht getroffen sind, um sichere Bestim- 
mungen vornehmen zu können. Es sind durchwegs kleine Formen, die 
sich auf die Untergattung Nephrolepidina Douv. beziehen ließen, wenn 
sich eine solche Unterteilung der Gattung Lepidocyclina überhaupt 
als durchwegs begründet ergeben sollte. 

Die ganz oder nahezu median getroffenen Schnitte ergaben das 
Vorhandensein von Formen aus der Verwandtschaft der Lepidocyclina 
verbeeki, sumatrensis, tournoueri, außerdem sind aber, wie verschiedene 
Durehschnitte erkennen lassen, noch andere Formen vorhanden. In 
Nr. 631 kommt zum Beispiel eine kleine Form mit auffallend großen 
‚seitlichen randlichen Pfeilern vor, welche der von J. Provale!) von 
Borneo beschriebenen L. Ferreroi sehr nahe steht, wenn nicht damit 
identisch ist. 


Große Formen konnte ich jedoch keine beobachten. 


Miogypsina. 


Reichlicher als Lepidocyelinen sind in manchen Dünnschliffen 
‘durch die älteren (Korall)kalke Orbitoiden mit exzentrisch gelegenen 
Anfangskammern ersichtlich, die infolgedessen auf diese Gattung zu 
beziehen sind. Medianschnitte, welche die 'spatelföürmigen Kammern 
erkennen lassen, sind weit seltener und unvollständiger als die übrigens 
in gewisser Hinsicht bezeichnenderen Querschnitte; leider sind diese 
meist nicht durch die Anfangskammern geführt, so daß eine sichere 
Bestimmung dadurch nicht möglich wird. Immerhin läßt sich das 
Vorhandensein sowohl von M. irregularis wie auch von M.complanata 
erkennen, von denen die erstere ja bereits von früheren Autoren 


!) Itiv. Ital. di Pal. 1909, Catania, pag. 8, Taf. II, Fig. 7—13. 
Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (R. J. Schubert.) 19 


146 Dr. Richard J. Schubert. [20] 


in altmiocänen (angeblich auch älteren) Gesteinen des indisch-austra- 
lischen Archipels gefunden wurden. Das Vorkommen von M. complanata 
ist in jenen Gebieten weit seltener (oder überhaupt noch nicht sicher ?) 
beobachtet worden. Daß auch diese Art dennoch vorhanden ist, zeigt 
die von mir Taf. VIII, Fig. 5 mitgeteilte Abbildung. 

Von L. Rutten wurden vor kurzem!) zahlreiche Miogypsinen 
von Östborneo beschrieben, die von ihm Miogypsina thecideaeformis, 
polymorpha und bifida genannt wurden. Sie gehören in die Verwandt- 
schaft der M. irregularis und sind durch zum Teil nur geringfügige 
Unterschiede voneinander getrennt. Leider ist der einzige mediane 
Vertikalschnitt (Taf. XH, Fig. 8 in der Arbeit von 1912) von 
M. polymorpla nicht deutlich genug reproduziert und von den beiden 
anderen Formen fehlen Vertikalschnitte. Daher ist ein Vergleich der 
von mir nur in Vertikalschnitten beobachteten Miogypsinen von Nord- 
celebes mit den erwähnten Ruttenschen Miogypsinen von Ostborneo 
derzeit nicht gut möglich, doch dürften analoge Typen auch in Celebes 
vorhanden sein. 


Folytrema planum Carter. 
Taf. VIII, Fig. 1. 
1876. Carter, Ann. and Mag. Nat. Hist. s. 4, v. 17, pag. 211, Taf. XIIT, Fig. 18, 19. 
1900. F. Chapman, Journ. Linn. Soc. Zool. vol. 28, pag. 17, Taf. II, Fig. 3 (als 
Polytr. miniaceum var. involva). 

1901. — ibidem vol. 28, pag. 201, Taf. XX, Fig. 6, 7. 
1902. — ibidem vol. 28, pag. 396, Taf. XXXV, Fig. 2, 4. 
1911. R. Schubert, Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. v. 20, Heft 4, pag. 115, 

Taf. III, Fig. 3 (als G@ypsina inhaerens). 

Ich habe schon gelegentlich der Bearbeitung der fossilen Fora- 
miniferen des Bismarckarchipels die von mir als Gypsina inhaerens 
bezeichneten Formen nur nach langem Bedenken mit diesem Namen 
bezeichnet und 1. c. pag. 115 hervorgehoben, daß die Struktur auf- 
fallend mit jener von Polytrema übereinstimme. Da jedoch die Struktur 
von Gypsina inhaerens und Polytrema miniaceum im wesentlichen die 
gleiche sein soll, die von mir beobachteten Formen stets krustend 
und nie stämmchenförmig wie Polytrema miniaceum waren, so glaubte 
ich die mir vorliegenden Formen eher auf Gypsina inhaerens beziehen 
zu sollen. 

Auch bei den in vielen Korallkalken von Celebes beobachtete 
ich die gleiche krustende Form, lernte aber in Polytrema planum 
Carter in den oben zitierten Abbildungen eine krustenbildende Poly- 
trema-Art kennen, die mir früher entgangen war und auf welche ich 
nun die mir vorliegenden Durchschnitte beziehen möchte; daß diese 
Form übrigens auch tatsächlich mindestens sehr nahe mit Gypsina 
verwandt ist, beweist die Tatsache, daß Carter selbst sein Polytrema 
planum später (1880) als Gypsina melobesioides beschrieb. Als Gypsina 
deutet anscheinend auch Sydney J. Hiekson 1911 (Trans. Lin. Soc. 
2. ser. Zool. XIV, pag. 454) diese Form, während Chapman sie als 


ı) Versl. Verg. Kon. Ak. Wet. Amsterdam. Verg. 25. 2.1911 und Sammlung 
geol. R. Mus. Leiden Ser. I, Bd. IX, 1912. 


[21] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 147 


Polytrema anspricht. Ich selbst habe diesbezüglich keinerlei rezentes 
Vergleichsmaterial und möchte mich vorläufig Chapmans Deutung 
anschließen, der ja an seinem so reichen Funafutimaterial eingehende 
Studien durchführen konnte. 

P. planum kommt nicht nur in den jungen (wohl quartären) 
Riffkalken von Celebes vor, sondern auch in altmiocänen Lepido- 
eyelinen- und Miogypsinenkalken von Minahassa (Celebes). In analogen 
Schichten hat übrigens auch Chapman sowohl als G@ypsina inhaerens 
wie als Polytrema miniaceum bezeichnete Formen auf Christmas Island 
kennen gelernt. Immerhin wären vergleichende aumzanpische Studien 
über diesen Formenkreis sehr zu wünschen. 


Amphistegina Lessoniti Orb. 


Zu dieser Art scheinen mir die Amphisteginendurchschnitte sowohl 
der älteren (miocänen) Korallkalke wie auch der jungen Riffbildungen 
zu gehören. Ich vermag nicht einzusehen, wodurch sich diese Form 
von der als Nummulites Niasi 1. Verb. beschriebenen Form, auf deren 
Amphisteginencharakter bereits Vredenburg 1906 (Rec. Geol. Surv. 
India, Bd. XXXIV, pag. 93) hinwies, unterscheiden sollte. Vreden- 
burg hat dafür die Bezeichnung Amphistegina Niasi Verb. gewählt und 
auch J. Provale, G. Osimo u. a. haben diesen Artnamen für die 
in Nummuliten- und Lepidocycelinenschichten von Celebes, Borneo u. a. 
vorkommenden Amphisteginen gebraucht. Gleichwohl vermag ich, wie 
ich bereits in meiner Abhandlung über die fossilen Foraminiferen des 
Bismarckarchipels hervorhob, keinen Unterschied zwischen Amphiste- 
gina Niasi und A. Lessonii zu finden. Der Medianschnitt ist der gleiche 
und zeigt die stark gekrümmten Septen in gleicher Weise, der Quer- 
schnitt läßt bald dickere, bald schlankere Formen erkennen, die nicht 
einmal zu einer Abgrenzung von Abänderungen Anlaß geben. 

Daß ich übrigens mit dieser Auffassung nicht vereinzelt da- 
stehen dürfte, ersehe ich aus F. Chapmans Bearbeitung der Fora- 
miniferengesteine von Christmas Island (1900), der auch die in Lepi- 
docyclinengesteinen (l. c. pag. 242, 250, 251, 252) gefundenen Amphi- 
steginen auf Amphistegina Lessonii bezog. 

In ähnlicher Weise dürfte auf nicht konstante Merkmale übrigens 
auch Heterostegina Niasi von Heterosiegina depressa und Operculin« 
granulosa var. Niasi von Operculina complanata var. granulosa abgegrenzt 
worden sein. 


Heterosteginen. 


Diese Formen sind meist in wenig günstig getroffenen Schnitten 
ersichtlich, so daß nähere Bestimmungen nicht möglich sind. Immer- 
hin dürfte der größte Teil auf die im Neogen wie auch in den jetzigen 
Küstenmeeren so verbreitete Heterostegina depressa Orb. zu beziehen sein. 

Bei manchen Durchschnitten sind dann Anzeichen vorhanden, 
daß die Formen das bereits völlig zyklische Ausbildungsstadium er- 
reicht hatten, das für Cycloclypeus bezeichnend ist, während es bei 
inneren Teilen des Gehäuses natürlich nicht zu entscheiden ist, ob 

19* 


148 Dr. Richard J. Schubert. x [22] 


das ganz ausgebildete, infolge der oft überaus dünnen Schale zer- 
brechliche Gehäuse schon ’das Oyeloc/ypeus-Stadium erreicht hatte oder 
nicht. Diese ganz zyklisch ausgebildeten Formen müßten dann als 
Oycloclypeus communis Martin bezeichnet werden. 


Ich habe vor einigen Jahren (Zentralbl. Min. ete., 1906, pag. 640) 
für solche Übergänge zwischen Heterostegina und Cycloclypeus (mit 
vollkommen zyklisch angeordneten Kammerlagen) den Namen Hetero- 
clypeus vorgeschlagen, indem ich in diesem Namen die Übergangs- 
stellung dieser Formen zum Ausdruck bringen wollte. Nun ist aber 
dieser Name Heteroclypeus schon früher für eine Echinidengattung 
gebraucht worden, so daß er nicht mehr als Bezeichnung für diese 
Übergangsformen in Gebrauch bleiben kann. Es dürfte aber die Aufstel- 
lung einer neuen Bezeichnung insofern unnötig sein, weilnach den neueren 
Ergebnissen diese Übergangsformen zwischen den typischen Hetero- 
steginen und den ganz zyklischen Cyeloclypeen nichts anderes sein 
dürften als die mikrosphärischen (geschlechtlichen, B) Generationen 
von Cycloclypeus. Völlig sicher steht es jedoch noch nicht, daß alle 
mikrosphärischen Generationen von Cycloclypeus, besonders der re- 
zenten Cycloclypeus-Exemplare, noch einen Heterosteginenahnenrest 
besitzen und es wären diesbezügliche Beobachtungen an lebenden 
Exemplaren sehr zu empfehlen. 


A. Silvestri hat bekanntlich 1907 (Boll. Soc. Geol. Ital., 
vol. XXV]) für diese COycloclypeus-Formen mit spiralem, Heterostegina- 
artigem Anfangsteile die Bezeichnung Heterostegina var. cycloclypeus 
vorgeschlagen und pag. 58 die Entwicklung von Operculina zu Cyclo- 
clypeus, auf die ich bereits 1906 (l. ce.) hinwies, folgendermaßen dar- 
gestellt: Operculina — Operculina var. heterostegina — Heterostegina — 
Heterostegina var. spiroclypeus — Heterostegina var. cycloclypeus — Cyclo- 
clypeus. 

Ich halte es aber für unstatthaft, Formen mit bereits erreichter 
höherer Entwicklung, nur weil die Anfangskammern noch in größerem 
oder geringerem Umfange die primitiveren Entwicklungsstadien der 
tieferstehenden Ahnenformen besitzen, als Varietäten zu bezeichnen. 
Fällt es doch auch niemand ein, Heterostegina depressa, costata, simplex 
oder andere Arten dieser Gattung, deren Anfangskammern doch so 
häufig, um nicht zu sagen regelmäßig noch nicht sekundär untergeteilt 
sind, also noch Operculinenbau besitzen, als Operculina var. hetero- 
stegina zu bezeichnen. 


Discorbina tuberocapitata Chapman. 
Taf. VIII, Fig. 2. 


1900. Journ. Linn. Soc. Zool. vol. XXVIII, Nr. 179, London, pag. 11, Taf. ], 

Fig. 9a—c. 

Auf diese zuerst vom Funafuti Atoll beschriebene Art glaube 
ich die in Nr. 1056 nicht seltene Form beziehen zu können, da sie, 
obwohl von Chapman keine Durchschnitte mitgeteilt wurden, doch 
am ehesten damit übereinstimmt und keine wesentlichen Unterschiede 
aufweist. 


[23] Beitrag zur fossilen Foraminiferenfauna von Celebes. 149 


Es ist: eine winzig kleine (0°3 mm im Durchmesser betragende) 
Form, die ein auffallend hohes Gehäuse besitzt und infolge der auf- 
fälligen Verdickung der Schalenwandung im Anfangsteil eine ganz 
ähnliche Gestalt besessen haben muß wie D. tZuberocapitata. Der 
letzte Umgang ist dann ganz in Übereinstimmung mit dieser Art 
dünnwandig und mehr oder weniger verbreitet. Auch eine mehr oder 
weniger ausgeprägte Nabelhöhle ist vorhanden. 


Als nächstverwandte Formen kommen noch D. tabernacularis und 
pileolus in Betracht. 


D. tuberocapitata ist bisher nur aus den Tiefbohrungen im 
Funafuti Atoll bekannt, wo sie in zwei Proben gefunden wurde; sie 
stammt also hier aus den jüngsten Schichten und auch der Probe 
1056, in welcher ich sie in Celebes fand, dürfte kein älteres als 
quartäres Alter zukommen. Die Absatztiefe dürfte auch nicht be- 
trächtlich sein, es dürfte sich um ein innerhalb eines Korallriffes zum 
Absatz gelangtes toniges Sediment handeln. 


Rotalia schroeteriana JS. u. P. 
Taf. VIII, Fig. 4. 
S. H. B. Brady 1884. Challenger-Report pag. 707, Taf. CXV, Fig. 7. 


In einer Probe (Nr. 316) kommen Durchschnitte von Rotalien 
vor, die offenbar eine auffallende Schalenskulptur besaßen, nämlich 
sehr viel Höcker, die der Schale äußerlich bisweilen ein eigenartiges 
Aussehen verliehen. Es handelt sich dabei aber keineswegs um En- 
digungen von Pfeilern, welche das ganze Gehäuse durchsetzen, 
sondern nur um exogene Bildungen. 


Unter. den mir bekannten publizierten Formen erinnern die er- 
wähnten Durchschnitte am meisten an die von F. Chapman 1900 
in „Monograph of Christmas Island* Taf. XX, Fig. 2, abgebildeten 
Durchschnitte, die von diesem Forscher auf Rotalia clathrata Brady 
(s. ibidem pag. 232) bezogen wurden. Chapmans Abbildungen sind 
zwar recht klein, scheinen mir aber gut die auch für meine Formen 
charakteristischen Papillen der Oberfläche zum Ausdrucke zu bringen, 
die ich übrigens bei Bradys Kotalia clathrata ganz vermisse. Aus 
diesem Grunde bezog ich daher meine Form eher auf schroeteriana, 
die in dieser Beziehung weit besser mit den von mir beobachteten 
Formen übereinstimmt. 


Ahnlich reich skulpturierte Rotalien sind übrigens auch fossil be- 
kannt, wie zum Beispiel Rotalia tuberosa Karrer aus dem Altneogen 
Niederösterreichs, die eine ganz nahe Verwandte von oder wenigstens 
ganz ähnlich verzierte Form wie R. schroeteriana und papillosa zu 
sein scheint. 


Im malayischen Archipel ist nach Millett sowohl R. schroeteriana 
wie papillosa stellenweise häufig und einige Durchschnitte in den von 
mir untersuchten Dünnschliffen scheinen zu der von ihm (Journ. R. 
Mier. Soc. 1904, Pl. X, Fig. 5) abgebildeten R. schroeteriana var. 
inflata zu gehören. 


150% Dr. Richard J. Schubert. * [24] 


- Nr. 316 stammt von einem jungen, quartären Korallkalk, ähn- 
liche Durchschnitte, die jedoch nicht orientiert sind, kommen auch 
in altneogenen Gesteinen vor. 


Rotalia cf. annectens Parker und Jones var. concinna Millett. 
Taf. VIII, Fig. 3. 
S. F. W. Millett, Journ. R. Micr. Soc. 1904, pag. 505, Taf. X, Fig. 7. 


Eine kleine Anzahl anderer Exemplare, die besonders im 
Lepidocyclinenkalke der Probe 657 vorkommen, unterscheiden sich 
von KRotalia schroeteriana durch die glatte Oberseite, während die 
Unterseite analog skulpturiert war. Ich glaube, daß manche derselben, 
wie das Fig. 3 abgebildete im ‚wesentlichen mit »ur. concinna von 
Rotalia annectens übereinstimmen, die ja von Parker und Jones 
bereits als Übergangsform von Rotalia schroeteriana zu R. lobata Orb. 
aufgefaßt wurde. 


t 


Eine neue Methode zur Trennung des Eisens 
vom Mangan. 


Von Dr. 0. Hackl. 


I. Die Eisen-Mangantrennungen. 


Die quantitative Trennung von Eisen und Mangan ist eine der 
schwierigsten Aufgaben der analytischen Chemie, daher auch mit 
mehr oder weniger Erfolg bereits eine Unmenge von Verfahren vor- 
geschlagen wurden, von welchen sich jedoch in der Praxis nur einige 
wenige eingebürgert haben; und das verbreitetste gewichtsanalytische, 
das Acetatverfahren, erfreut sich, wie Mittasch in seiner Abhandlung !) 
über dasselbe bemerkt, wegen seiner Unregelmäfigkeiten auch keiner 
besonderen Beliebtheit. Diese Verfahren lassen sich einteilen in solche, 
welche gewichtsanalytisch die vollständige Trennung und darauffolgende 
direkte Bestimmung von Eisen und Mangan bezwecken (Gruppe 4°), 


!) Z. f. anal. Ch. 1903, pag. 492, woselbst auch Literaturangaben zu finden sind. 

2) Hierher gehören eigentlich auch diejenigen, welche z. B. eine vollständige 
Abscheidung des Eisens bewirken, um nach eventuell bloß partieller Filtration nur 
das Mangan im Filtrat zu bestimmen, da diese auf denselben Grundlagen beruhen. 
Es ist auch ersichtlich, daß die oben gewählte Einteilung ebensowenig streng durch- 
führbar ist wie eine andere, da z. B. die in der Ausführung der Mangantitration sehr 
ähnlichen Methoden von Kessler (Gr. A, Anm. 2, pag. 153) und Meineke (Gr. (€, 
Aum. 4, pag. 154) dadurch auseinandergerissen werden; stellt man sie aber zusammen, 
so muß man die Einteilung nach der Art und Weise der Mangantitration durchführen 
und brächte dadurch wieder Methoden, welche die Eisenabscheidung gleichartig 
durchführen an verschiedenen Stellen, da eben alle Methoden Gemeinsamkeiten, 
nach anderen Gesichtspunkten betrachtet aber Verschiedenheiten aufweisen, je 
nachdem, welche Operation man als hauptsächlich und unterscheidend ansieht. Aus 
ähnlichen Gründen könnten die angeführten Methoden von Kessler und Meineke 
beide zur Gruppe A gerechnet werden, wenn man es nebensächlich sein läßt, ob 
der Eisenniederschlag vor der Manganbestimmung abfiltriert wird oder nicht, weil 
die Ausfällung des Eisens bei beiden nach zwei hierhergehörigen Methoden er- 
folgt, aber dagegen spricht der Umstand, daß keine der beiden die Bestimmung 
des Eisens anstrebt. Da derlei für praktische Zwecke nebensächlich ist, so habe 
ich die Kesslersche Methode auf Grund hauptsächlicher Berücksichtigung ihrer 
Art der Eisenabscheidung bei A angeführt, die von Meineke mit Rücksicht darauf, 
daß sie maßanalytisch nur das Mangan bestimmt bei C. So könnte man auch die 
Schöffel-Donathsche Titrationsmethode hierher rechnen, weil sie das Eisen 
mit Zinkoxyd abscheidet, dagegen spricht aber der Umstand, daß sie maßanalytisch 
ist. Das Persulfatverfahren ist nicht unter A angeführt, weil es bei einmaliger 
Ausführung keine vollständige Trennung erzielt. Dagegen wurde das Atherverfahren 
hier aufgezählt; es gibt bei bloß einmaliger Durchführung zwar auch keine voll- 
ständige Trennung, wird aber hauptsächlich zu gewichtsanalytischen Bestimmungen 
angewendet. 


Jahrbuch d. &k. k, geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1, Heft. (Dr. O. Hackl.) 


159 Dr. 0. Hackl. [2] 


die maßanalytische Bestimmung des Eisens bei Gegenwart von Mangan 
(Gruppe B), oder des Mangans bei Vorhandensein von Eisen (Gruppe ©) 
und die kolorimetrische Bestimmung des Mangans bei Gegenwart von 
Eisen (Gruppe D). Vollständigkeit zu erreichen war mir unmöglich, 
bloß die wichtigsten in der wissenschaftlichen und technischen Analyse 
gebräuchlichen und vorgeschlagenen Methoden sind hier zusammen- 
gestellt, da eine Aufzählung der verschiedenen Abarten (z. B. der 
Manganfällungen nach Abscheidung des Eisens als basisches Acetat; 
der verschiedenen Modifikationen der Acetatmethode, vor welcher 
manchmal eine Fällung mit Ammoniak ausgeführt wird, die in manchen 
Fällen von anderen, auch wenn Ammoniumacetat verwendet wurde, 
nach der Acetatfällung vorgenommen wird, von anderen überhaupt 
weggelassen wird; der verschiedenen Kombinationen, z. B. der Per- 
sulfat- mit der Acetatmethode etc.) ins Unendliche führen würde; 
um so mehr, als fast jedes Laboratorium, fast jeder Chemiker dieselben 
mit größeren oder geringeren Abänderungen anwendet und eine scharfe 
Grenze zwischen „prinzipiellen Unterschieden* und „geringfügigen 
Abweichungen“, in den Bedeutungen, in welchen diese Ausdrücke 
bei chemischen Verfahren gewöhnlich angewendet werden, sich nicht 
zieben läßt. 


A. 


Die Succinat- (sowie Formiat- und Benzoesäure-) Me- 
thode ?). 


Die Acetatmethode ?), bezüglich deren die Untersuchungen von 
Mittasch zeigten, daß die zugesetzten Essigsäure- und Acetatmengen 
in äquivalentem Verhältnis zueinander stehen müssen, wenn die 
Trennung quantitativ gelingen soll; nichtsdestoweniger bleibt die Miß- 
lichkeit bestehen, welche alle bisherigen Methoden gemeinsam haben, 
die das Eisen als basisches Chlorid, -Acetat ‘oder Sucecinat fällen, 
nämlich das große Volumen des Niederschlages und seine schleimige 
Beschaffenheit sobald er aufs Filter kommt; und bei schlechtziehendem 
Filter das „Durchgehen“ des Niederschlages infolge zu langen -Aus- 
waschens. Wenn nur Mangan zu bestimmen ist, respektive Eisen be- 
reits maßanalytisch bestimmt wurde, so ist die partielle Filtration 
oft das einzige Mittel, welches diesen Übelständen abhilft. Der größte 
Nachteil dieser Methode sowie derjenigen mit Baryumkarbonat ist, 
daß sie bei Vorhandensein der Sulfate versagt, schon deshalb, weil 
der „Neutralisationspunkt“ nicht zu treffen ist, so- daß dann die 
Fällung des Eisens mit einem Teil des Mangans durch Ammoniak 
vorher ausgeführt werden muß. 


!) Rose, Handbuch d. analytischen Chemie, 1851, -1l. Bd.,. pag.. 105; 
Fresenius, Quant. Analyse, VI. Aufl, 1. Bd., pag. 578; Jannasch; Prakt. 
Leitfaden d. Gewichtsanalyse, pag- 127; De Koninck- Meineke, Lehrbuch d. 
qual. u. quant. chem. Analyse, I. Bd., pag. 584 u. 585. 

?, Fresenius, 1. Bd., pas. 577,590; Jannasch, pag. 58; ai :Chem.- 
‘techn. Untersuchungsmethoden, 4 . Aufl., 2.:Bd., pag. 13; Classen; Ausgew. Me- 
thoden d. analytischen Chemie, 1. Bd,, pag. 465; Post, ;Chem.-techn.: ‚Analyse, 
3. Aufl, 1. Bd., 'pag. 536;- Modifikation von Brunck-Fankv : Hillebra.nd, 
Analyse d. Silikat- u. Karbonatgesteine, 2. Aufl., pag. 99, Anm, BEE) 277 


[3] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 153 


Die Ammoniumkarbonatmethode!); fällt basisches Eisen- 
chlorid. 


Das Sulfatverfahren ?). Da meines Wissens die Streitfrage, ob 
hier das Eisen als basisches Chlorid oder als basisches Sulfat ge- 
fällt werde, noch nicht entschieden wurde, so stellte ich eine Unter- 
suchung an (experimenteller Teil, Nr. 49), welche ergab, daß das 
Eisen als basisches Sulfat gefällt wird. 


Das Zinkoxydverfahren ?), welches auch bei vielen maßanaly- 
tischen Mn-Bestimmungen angewendet wird und das Eisen als Hydro- 
xyd fällt. 


Das Baryumkarbonatverfahren %), welches das Eisen als 
Hydroxyd fällt; bei Sulfaten nicht anwendbar. 


Das Ätherverfahren 5), das auf der Tatsache beruht, daß Eisen- 
chlorid in salzsaurer Lösung in Ather löslich, Manganchlorid aber 
unlöslich ist. 


Die Hydroxylaminmethode®), welche in ammoniakalischer 
Lösung das Eisen fällt. 


Die Quecksilberoxydmethode’) fällt das Eisen. 
Elektrolytisch®), wobei das Eisen fällt. 


!) Classen, pag. 464; Lunge, pag. 15; Fresenius, pag. 575; Rose, 
pag. 111; De Koninck, pag. 585. 


2) Classen, pag. 468; Kessler, Z. f. anal. Ch. 1872, pag. 258; Lunge, 
pag. 15; De Koninck, pag. 585. Eine Anwendung dieses Verfahrens ist die 
Kesslersche maßanalytische K Mn O,-, SbCl,-Methode zur Mn - Bestimmung, 
Fresenius, 2. Bd., pag. 441; ähnlich die Reichardsche As, O,- Methode zur 
Titration des X Mn O,-Überschusses, Classen, pag. 381. 


®) Lunge, pag. 16; De Koninck, pag. 587; als hierhergehörig könnte 
auch die Mangantitratiousmethode mit AMnO, und Sb Cl, (Lunge, pag. 4l) an- 
gesehen werden; ähnlich Kesslers Methode (vorige Anm.); auch das Schöffel- 
Donathsche Verfahren (Lunge, pag. 42). 


*, Fresenius, pag. 571; Rose, pag. 109 (mit CaCO,); Jannasch, 
pag. 59; über Ba-, Ca-, Zu- und Cd-Karbonatverfahreu: De Koninck, pag. 588, 


°) Lunge, pag. 10, 16; Classen, pag. 495; Rothe, Mitt. d. kgl. techn. 
Versuchsanstalten 1892, pag. 132; Stahl u. Eisen 1892, pag. 1052, 1893, pag. 333. 
Post, 1. Bd., pag. 531. 


6) Jannasch u. Rühl, J. f. prakt. Ch. 1905, B. 72, pag. 1; Jannasch, 
2. Aufl., pag. 149; Chem.-Ztg., Rep. 1905, pag. 248, 

?) Volhard, Ann. Chem. Pharm. 1879, pag. 332; Classen, pag. 468; 
De Koninck, pag. 588. 


®) Classen, pag. 469; De Koninpck, pag. 588. — Erwähnt seien noch: 
das Ammoniakverfahren. (De Koninck, pag. 583); das Ozonverfahren. (Jannasch 
u. Gottschalk, J. f. prakt. Ch. 1906, Bd. 73, pag. 519); die fast unbekannten 
Natriumkarbonat- (De Koninck, pag. 586; Meineke, Z. angew. Ch. 1838, 
pag. 327) und Natriumhydrokarbonatverfahren. (De Koninck, pag. 587; Särn- 
ström, B.- u. Ilütt.-Z. 1881, pag. 425); das Kaliumoxalatverfahren v. Classen. 
(De Koninck, pag. 589—591); das „Cupferron“-Verfahren (mit Nitrosophenyl- 
hydroxylaminammonium; Baudisch, Ch.-Ztg., 33, 1298; Lunge-Berl, VI. Aufl., 
2. Bd., pag. 8083—5); das Nitroso - 3- Naphtolverfahren. (De Koninck, pag. 577, 
588); das Cyanidverfahren. (Dittrich, Ber. D. Chem. Ges. 36, 2330 (1903); 
Doelter, Mineralchemie, I. Bd., pag. 404 u. 405); das Jodid-Jodatverfahren, 
(Campbell, Chem. Zentr.-Bl. 1913, I. Bd., pag. 846). 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band 1. Heft. (Dr. O. Hackl.) 20 


154 Dr. O. Hackl. [4] 


B. 


Das Chamäleon verfahren }). 
Das Zinnchlorür verfahren ?). 
Das Kaliumbichromat verfahren 3). 


Erwähnt sei auch die jodometrische Methode. (DeKoninck, 
1. Bd., pag. 458.) 


C. 


Die Permanganatmethode mit ihren verschiedenen Abände- 
rungen #); Titration des Mn nach Ausfällung und eventueller Entfernung 
des Eisens. 


Das Kaliumchloratverfahren in seinen Modifikationen 5); Mn 
wird als Superoxyd gefällt, in titrierter Ferrosulfat- oder Oxalsäure- 
lösung gelöst, deren Überschuß mit KMnO, zurücktitriert wird. 


Das Persulfatverfahren mit zahlreichen Abarten. 
a) Abscheidung des Mn als Superoxyd®). 


b) Oxydation des Mn zu Übermangansäure und Titration mit 
Natriumarsenitlösung ”). 


Das Bleisuperoxydverfahren®); Oxydation in salpetersaurer 
Lösung, Titration mit H,0,. 


Das Wismutperoxyd verfahren ?). 


1) CGlassen, pag. 446-455; Lunge, pag. 33—35; Post, pag. 509—514; 
Fresenius, 2. Bd., pag. 410. 


2) Classen, pag. 457—459; Lunge, pag. 32; Post, pag. 503—509; 
Fresenius, 2. B., pag. 408. 


°) Fresenius, 2. Bd., pag. 410; Classen, pag. 456; Lunge, pag. 36. 


“4, Classen, pag. 371—382 (Volhard, Meineke, Kessler); Wolff, 
„Stahl u. Eisen“, 1891, pag. 377; Post, pag. 514—517; Classen, pag. 472—479; 
Lunge, pag. 37—40; v. Reis (Classen, pag. 484); Fischer (Endtitration in 
essigsaurer Lösung), Z. f. anal. Ch. 1909, pag. 751; Chem. Zentral-Bl. 1910, 
pag. 478; Deiß, Ch. Zentr.-Bl. 1910, pag. 1292; Classen, „Theorie u. Praxis d. 
Maßanalyse“, pag. 357. 


5, Hampe, Ch.-Ztg. 1883, pag. 73; 1885, pag. 1478; Classen, pag. 479—483; 
Lunge, pag. 73—75; Post, pag. 573—575; De Koninck, pag. 588—589; 
Ukena, Stahl u. Eisen, 1891, pag. 381. 


6, v. Knorre, Z. f. angew. Ch. 1901, pag. 1149; Dittrich u. Hassel], 
2. f, angew. Ch. 1902, pag. 1096; Post, pag. 575. 


?) Smith, Chem. News, 1904, pag. 237; Chem.-Ztg. 1904, Rep. 353; Stahl 
u. Eisen 1905, pag. 594; Rubricius, Ch.-Zte. 1905, pag. 1017 u. Rep. 247; 
Wdowiszewski, Stahl u. Eisen, 28, 1067; Kunze, Ch.-Ztg. 1905, pag. 1017; 
Stahl u. Eisen 1908, pag. 1715 u. 1909, 1442. 


®) Deheyes, Stahl u. Eisen, 28, 1068; Jahresber. über d. Fortschr, d. Ch. 
1878, pag. 1062; Schneider (Lunge, pag. 76, woselbst Nachweis der Original- 
arbeiten). 


°») Blair (Orthey, die Eisenhüttenchemie, 1907, pag. 35 u. 165). 


[5] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 155 


D. 


Das Persulfatsilbernitratverfahren); ähnlich Cb. 
Das Bleisuperoxyd verfahren 2); ähnlich C 8. 


Schließlich sei noch auf die gasvolumetrische Mn-Bestim- 
mung von Carnot hingewiesen ’°). 


II. Theoretischer Teil. 


Die neue Methode beruht auf der Tatsache, daß aus neutraler 
Ferrosulfatlösung durch Kochen mit Kaliumchlorat das Eisen als 
basisches Ferrisulfat gefällt wird, während Manganoxydul in Lösung 
bleibt. 

Diese Reaktion kannte bereits Berzelius, wie aus Graham- 
Ottos Lehrbuch der anorganischen Chemie, 4. Aufl., 2. Abteilung, 
pag. 1129, hervorgeht, wo dieser Niederschlag als neuntelsaures Salz 
bezeichnet wird. Auch im Handbuch der anorganischen Chemie von 
Gmelin-Kraut, 6. Aufl., 3. Bd., pag. 342, wird sie erwähnt. Soweit 
ich die neuere Literatur hierüber verfolgen konnte %), scheint die 
Frage nach der Zusammensetzung dieses Niederschlages noch nicht 
gelöst zu sein; auch darüber ist meines Wissens noch nicht ent- 
schieden, ob die so erhaltenen Niederschläge identisch sind mit den- 
jenigen, welche beim Kochen von Ferrisulfatlösung entstehen. Da für 
diese die Frage, ob sie bloß verschiedene Gemenge zweier basischer 


!) Marshall, Chem. News 1901, pag. 76; Z. f. angew. Ch. 1901, pag. 549. 

2) Post, pag. 577; Lunge, pag. 76; Classen, pag. 487 (Ledebur). 

%) Lunge, pag. ade Über das Volhard-Wolffsche, Smithsche 
Chlorat- und Persulfatverfahren: Heike, Maßanalytische Manganbestimmungen, 
Stahl u. Eisen, 29, 1921—1930. 

*, Handb. d. anorg. Ch. v. Dammer, 1893, 3. Bd., pag. 328: „Verschiedene 
basische Ferrisulfate erhält man durch Zusatz von KCIO, zur kalten und zur 
heißen Lösung (von Eisenvitriol) (Barreswill, J. Pharm. 1843) und durch Zusatz 
von H,O, (Weltzienr, A. 138, 129).“ Pag. 334 daselbst die Angabe, daß beim 
Kochen von Ferrisulfatlösung das neuntelsaure Salz 3 Fe,0,.50, + 4 H,O aus- 
falle; das stimmt aber nicht mit den Valenz-Verhältuissen, welche die Formel 
3 Fe,0,.S0, + 8 H,O verlangen würden, entsprechend der aufgelösten Formel 


II 
| so, 
es | (OH), s 
welche identisch ist mit der von Graham-Otto angegebenen: 
VI 
(Bes): 
meUg, 
so, | 
Hie 


auch Berzelius schreibt dem mit KClO, entstandenen Niederschlag dieselbe 
Formel Fe,(SO,)(OH),, zu. Das Handwörterbuch der Chemie von Ladenburg, 
1885, 3. Bd. ,‚ pag. 527, gibt an, daß das durch 7,0, aus Vitriollösungen erhaltene 
basische Sulfat der Formel 2 Fe,0,.50,+6 H, Ö entspreche. 

20* 


156 Dr. O0. Hackl. [6] 


Sulfate (Pickering: Dammer, Handb. d. anorg. Ch., 1893, 3. Bd.) 
oder verschiedene einheitlich zusammengesetzte basische Sulfate sind, 
meines Wissens noch nicht beantwortet ist, und die Zahl der ange- 
sebenen basischen Ferrisulfate nicht klein ist; da ferner beim Kochen 
verdünnter Ferrisulfatlösungen so wie bei der in der Kälte eintretenden 
Oxydation von Eisenvitriollösungen an der Luft nach einigen Angaben 
Gemenge verschiedener basischer Sulfate ausfallen, nach anderen 
aber einheitliche Verbindungen entstehen, über welche sehr ver- 
schiedenartige Angaben gemacht werden, und in allen Fällen etwas 
Ferrisulfat infolge von Abspaltung freier Säure gelöst bleibt; beim 
Kochen von Ferrosulfatlösungen mit Kaliumchlorat die Oxydation und 
Ausfällung viel rascher erfolgt und bei niedrigerer Temperatur be- 
sinnt und auch hierbei Ferrisulfat gelöst bleibt: so dürften hier noch 
kompliziertere Vorgänge die Forschung erschweren. 

Es galt nun, um diese Reaktion zu einer Trennungsmethode 
auszuarbeiten, möglichst vollständige Fällung zu erreichen, doch, wie 
aus dem experimentellen Teil hervorgeht, gelang dies unter alleiniger 
Anwendung von Kaliumchlorat nicht; die Menge der hierbei ent- 
stehenden freien Säure hält soviel Eisen in Lösung, daß darauf eine 
analytische Abscheidung nicht basiert werden könnte. Nach mehreren 
Versuchen zeigte sich, dab bei Zusatz von Zinkoxyd, welches ent- 
weder die entstehende Säure bindet oder das gelöst gebliebene Eisen 
des entstandenen Ferrisulfats ausfällt, eine vollständige Trennung 
des Eisens vom Mangan erreicht werden kann. 


III. Experimenteller Teil). 


Zur Prüfung der Ausfällung des Eisens durch KCIO, in der 
Siedehitze wurde Eisenvitriol (Merck) verwendet, der frei von Mangan 
war, und, wie mehrere gewichtsanalytische Bestimmungen durch 
Oxydation mit Salpetersäure und Fällung mit Ammoniak bei Gegen- 
wart von Chlorammon ergaben, einen Durchschnittsgehalt von 203%, 
Fe hatte. Das verwendete Kaliumchlorat war irei von Eisen. 


1. Zirka 0°5 g Eisenvitriol wurde in 50 cm? H,O gelöst, 0°5 g KOIO, 
hinzugefügt (1:1:100) und aufgekocht; der flockig-schleimige, licht- 
rotbraune Niederschlag ging teilweise durch das Filter (Weißband), 
das Filtrat war nach dem Absetzen gelb und gab mit gelbem Blut- 
laugensalz starke Fe‘''-Reaktion. 


2. 01 gE. V. und 029 KCIO, in 25 cm? H,O gelöst (1:2:250), 
zum Sieden erhitzt, 1 Minute lang gekocht, dann 10 Minuten ab- 


sitzen gelassen und filtriert; Niederschlag licht und flockig, Filtrat 
trüb, starke Fe‘''-Reaktion. 


3. 1:2:250, 2 Minuten gekocht; Niederschlag nach dem Ab- 
setzen dunkler, körniger; Filtrat Fe‘'‘-Reaktion. 


!) In welchem nur die wichtigeren Versuche aufgenommen sind. 


[7] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 157 


4. 1:1:200, 1 Minute gekocht; Filtrat trüb, F’e‘'‘'-Reaktion. 
5. 1:1:200, 2 Minuten gekocht; Filtrat trüb, Fe'''-Reaktion. 


6. 1:1:100, 2 Minuten gekocht; Filtrat trüb, Ze‘'-Reaktion. 
Nach tagelangem Absetzen in Eprouvetten und Abgießen der über- 
stehenden klaren, farblosen Flüssigkeit war in dieser kein Fe“' durch 
gelbes Blutlaugensalz nachweisbar. 

7. 1:4:500 (0:05 g E. V., 0'2 9 KOIO,, 25 cm? H,O), 3 Minuten 
lang gekocht, durch Weißbandfilter filtriert; das klare und farblose 
Filtrat gab nur mehr schwache Fe‘''-Reaktion. 


2 0980,90, EN Ja 3%, „iso 0:1905 g Fe) in 500 cm? H,O 
gelöst, 49 KÜClO, zugegeben und durch schwaches Erwärmen gelöst, 
dann erhitzt (wobei die Flüssigkeit allmählich trüb und schließlich 
undurchsichtig wird) und 5 Minuten lang unter Umrühren gekocht; 
absetzen gelassen, durch Weißbandfilter filtriert und mit heißem Wasser 
etwas gewaschen. Filtrat war klar und farblos, gab weder mit rotem 
noch auch gelbem Blutlaugensalz eine Reaktion. Der Niederschlag 
auf dem Filter wie auch der als dünner Überzug an dem Fällungs- 
Becherglas haftende Teil wurde in verdünnter Salzsäure gelöst, in 
einer Porzellanschale mit Ammoniak das Fe‘'' gefällt und nach einigem 
Digerieren in der Wärme (zur Zerlegung entstandener basischer Sul- 
fate) das Hydroxyd filtriert, bis zum Aufhören der AgNO,-Reaktion 
mit heißem Wasser gewaschen, verascht, geglüht und gewogen. Er- 
halten: 02585 9 FO; ...... 0180839 .Re u: 2. 1927.95. Fe. 


Das Filtrat von der KClO,-Fällung wurde eingedampft und gab 
hierauf mit gelbem Blutlaugensalz F'e''-Reaktion. 


9. 1:0095 g E. V. (= 0'20493 g Fe) und 4g KCIO, in 500 cm? 
H,O gelöst, erhitzt, 10 Minuten wallend gekocht, eine Stunde lang 
auf dem Wasserbad stehen und dann 2 Stunden erkalten gelassen, 
nach welcher Zeit sich der Niederschlag noch nicht ganz abgesetzt 
hatte und sehr feinkörnig war; durch Weißbandfilter filtriert und 
ausgewaschen bis zum Verschwinden der ÜlO,-Reaktion. Der Nieder- 
schlag und die Reste im Becherglase wurden in warmer Salzsäure 
gelöst, worauf wie bei 8. die Fällung mit NH, etc. vorgenommen 
urde.; Krhalten :,, 027179 E&0,.». .. 019007 4 Be ...,18°83.%, Fe. 
Das Filtrat von der KC/O,-Fällung gab nach dem Eindampfen Fe'‘- 
Reaktion. 


10. 1:0491 g E. V. in 300 cm? H,O gelöst, dann eine zum Sieden 
erhitzte Lösung von 2 g KCIO, in 100 cm? H,O zugegeben, erhitzt 
und 3 Minuten wallend gekocht. Nach dem Absetzen über Nacht war 
die überstehende Flüssigkeit klar und farblos; ein Teil des Filtrats 
gab mit Ag NO, Cl-Reaktion, also wird das Chlorat zu Chlorid re- 
duziert und ist Ursache der Oxydation. Andere Proben des Filtrats 
gaben mit Rhodankalium und auch mit gelbem Blutlaugensalz Reaktion 
auf Fe‘‘'; mit rotem Blutlaugensalz wurde keine Fe‘-Reaktion erhalten, 
also wurde alles Eisenoxydul oxydiert, aber ein Teil blieb in Lösung. 
Durch eine Probe wurde festgestellt, daß der verwendete Vitriol frei 
von Ferrisulfat ist.. 


158 x Dr. O. Hackl. [8] 


1l. Zirka 1 9 E. V. in 150 cm? H,O gelöst, dazu eine heiße 
Lösung von 2g KÜIlO, in 50 cm? H,O gegeben, 2 Minuten lang ge- 
kocht, dann 24 Stunden lang absetzen gelassen (der Niederschlag 
hatte sich schon nach einer Stunde völlig abgesetzt); eine Probe der 
klaren, farblosen überstehenden Lösung gab Fe‘''-Reaktion. 

12. Zirka 1 g E. V. in 100 em? H,O gelöst, dazu eine heiße 
Lösung von 2 g KCLO, in 50 cm? H,O gegeben, 1 Minute gekocht, dann 
kurze Zeit auf dem Wasserbad stehengelassen ; eine Probe der über- 
stehenden, klaren, schwach gelb gefärbten Flüssigkeit gab starke 
Fe''-Reaktion. 

Um zu entscheiden, ob die Ursache der unvollständigen Fällung 
in einer teilweisen Oxydation durch den Luft-Sauerstoff zu suchen 
sei, wurden folgende Versuche angestellt: 

13. Zirka 0°5 g des oxydfreien Vitriols in 100 cm? H,O gelöst, 
Rhodankaliumlösung zugegeben und bis zum Kochen erhitzt, wobei eine 
ganz schwache Färbung eintrat, während bei Versuch 10 die KOyS- 
Probe im Filtrat tiefrote Farbe ergeben hatte; ein Teil der Flüssigkeit 
wurde beiseite gestellt und erst nach 2 Tagen trat der Beginn einer 
Rotfärbung ein, die Luftoxydation geht also langsam vor sich. Der 
übrigen Hauptmenge der Flüssigkeit wurde 1 g KÜlO, zugesetzt und 
dann 2 Minuten lang gekocht!); nachdem sich die Hauptmenge des 
Niederschlages abgesetzt hatte, war die überstehende Flüssigkeit rot; 
also wird durch das Kochen mit KCIO, wohl alles Fe‘ oxydiert °) 
(da das Filtrat keine Fe‘-Reaktion mit rotem Blutlaugeusalz gab), 
der größte Teil als basisches Sulfat gefällt, während ein kleiner Teil 
gelöst bleibt. 


14. 05 g E.V. in 100 cm? H,O gelöst, Rhodankaliumlösung zu- 
gegeben und 2 Minuten lang gekocht; da die Flüssigkeit nur eine 
schwachgelbliche Färbung annahm, so ist bewiesen, daß nicht Luft- 
oxydation Ursache der unvollständigen Fällung ist, sondern daß das 
KÜCIO, einen Teil des Ferrosulfats oxydiert, ohne ihn zu fällen. 


15. Um zu entscheiden, ob das KCIO, das Ferrosulfat voll- 
ständig oxydiert oder ob ein Teil als Ferrosulfat gelöst bleibt und 
erst während des Absetzens oxydiert wird und dadurch im Filtrat als 
Fe‘'' erscheint, wurden ®/, g E. V. in 100 cm® H,O gelöst, eine Lösung 
von 1:5 g KÜIO, in 50 cm? H;Ü zugegeben, 2 Minuten gekocht und 
sofort eine Probe abtiltriert (durch Blaubandfilter, um den Nieder- 
schlag sicher vollständig zurückzuhalten); das Filtrat gab mit rotem 
Blutlaugensalz keine Spur einer Fe'-Reaktion, zeigte aber wohl wieder 
mit gelbem Blutlaugensalz Ferri-Eisen an. Es bewies dies anscheinend, 
daß durch KCIO, alles Eisen vollständig oxydiert?), aber nicht voll- 
ständig gefällt werde. 


16. 05.9 E. V. in 100 cm? H,O gelöst, 1 g KC1lO, in 50 cm? 


1) Vorher wurde, um zu entscheiden, ob etwa durch Kochen mit KC1O, das 
KCyS zerstört werde, etwas KCyS-Lösung mit XC10, erhitzt und dann Eisenchlorid 
zugegeben, worauf die Fe“-Reaktion sehr stark eintrat; also wird das KCyS nicht 
zerstört. 

?) Versuch 41 zeigte, daß dies ein Trugschluß war. 


[9] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 159 


währendem Kochen aus einer Bürette die Eisenvitriollösung tropfen- 
weise (60 Tropfen pro 1 Minute) unter Umrühren zufließen gelassen; 
dann wurden Proben filtriert, welche klare und farblose Filtrate 
gaben, die mit gelbem Blutlaugensalz Fe‘ anzeigten, mit rotem Blut- 
laugensalz nicht reagierten. 


17. 05 g E. V. in 100 cm® H,O gelöst, dazu eine Lösung von 
5 cm? H,O, (30°/, Perhydrol Merck) in 20 cm? H,O gegeben, erhitzt 
und 2 Minuten gekocht. Niederschlag schön flockig, Filtrat, klar und 
farblos, gab Fe''-Reaktion. 


18. Umgekehrte Fällung. 0°5 g E. V. in 100 cm? H,O gelöst und 
aus einer Bürette in eine kochende Lösung von 5 cm? H30, (30 °/,) 
in 100 cm? H,O eingetröpfelt; Proben des Filtrats gaben mit KCyS 
Rotfärbung, mit gelbem Blutlaugensalz blauweiße Fällung und mit 
rotem Blutlaugensalz blaue Fällung; also blieb wieder ein Teil Fe‘ in 
Lösung und sogar ein Teil fe‘ unoxydiert, was zu erwarten war, da 
während des Versuches die Sauerstoffentwicklung bedeutend nachließ. 


19. Da festgestellt wurde, daß die basischen Sulfatniederschläge 
in verdünnter Essigsäure unlöslich sind (das Filtrat einer mit Essig- 
säure behandelten Probe des Niederschlags gab keine Spur einer 
Reaktion mit KCyS), so wurde versucht, die bei der Oxydation und 
Fällung freiwerdende Schwefelsäure, welche einen Teil Ze‘ in Lösung 
hält, durch Zusatz eines Acetats unschädlich zu machen, insofern 
als dadurch die Schwefelsäure gebunden und dafür eine entsprechende 
Menge Essigsäure, welche die völlige Fällung nicht hindert, frei- 
werden könnte; und falls dies nicht gelingen sollte, so handelte es 
sich darum, ein Mittel zu finden, welches vorliegende saure Lösungen 
selbsttätig neutralisiert und während des Vorgangs der Säureabspaltung 
automatisch neutral erhält. 

0:5 g E. V. in 100 cm? H,O gelöst, etwas essigsaures Kalium 
zugegeben und 5 cm® H,O,; die Flüssigkeit wurde sofort tiefrot (Ferri- 
acetat) und als erhitzt wurde, fiel das Eisen als basisches Acetat aus. 


20. Es wurde versucht, durch Baryumkarbonat vollständige Fällung 
als basisches Sulfat zu erreichen. 0'5 g E. V. in 100 cm? H,O gelöst, 
eine Lösung von 1 g KCIO, in 50 cm? H,O und etwas aufgeschlämmtes 
BaCO, zugegeben und gekocht. Der Niederschlag fiel sehr fein aus, 
so. daß zur Klärung des Filtrats wiederholt filtriert werden mußte, 
worauf das farblose Filtrat Z'e’'’-Reaktion gab und auf erneuten Ba ÜO,- 
Zusatz nichts mehr ausfallen ließ. Die Versuche mit BaCO, wurden 
nicht fortgesetzt, weil bei Vorhandensein der Sulfate auch Mangan 
ausfallen würde. 


21. 05g E. V. und 0°5g KCIO, in 200 cm? H,O gelöst, auf- 
geschlämmtes Zinkoxyd zugegeben und 1!/, Minuten gekocht; der 
entstandene Niederschlag war kleinflockig, das Filtrat nach einmaligem 
Filtrieren durch Weißbandfilter völlig klar und farblos und gab weder 
mit KCyS noch auch mit gelbem und rotem Blutlaugensalz eine 
Eisenreaktion, wohl aber mit beiden letzteren Salzen die Zink- 
reaktionen. 


160 Dr. O. Hackl. [10] 


22. 19 E.V. in 200 cm® H,O gelöst, dazu eine Aufschlämmung 
von 0:3 9 ZnO in 50 cm? H,O und eine Lösung von 1 g KCIO, in 
50 cm? H,O gegeben, erhitzt, 1'/, Minuten gekocht, 1/, Stunde ab- 
setzen gelassen und durch Weißbandfilter filtriert; das völlig. klare 
und farblose Filtrat gab mit KCyS keine Spur fe‘ zu erkennen. 
Der Niederschlag wurde beim Waschen mit heißem Wasser nicht 
kolloidal. 

Zur Untersuchung, ob sich die Reaktion zu einer Eisen-Mangan- 
trennung eignet, wurde außer dem Eisenvitriol von 20°3°%/, Fe-Gehalt 
reiner Manganvitriol verwendet mit einem Mn-Gehalt von 250 %,. 
Die gewichtsanalytische Bestimmung durch Fällung mit Ammonkarbonat 
ergab 2507 °/, Mn, die gewichtsanalytische Bestimmung durch Fällung 
mit ammoniakalischem Wasserstoffsuperoxyd nach Jannasch!) ergab 
24'98°/, Mn, eine maßanalytische Bestimmung nach Volhard (mit 
Permanganatlösung, deren Mn-Titer aus dem Fe-Titer berechnet 
wurde, welch letzterer durch Titerstellung mit Mohrschem Salz 
bestimmt worden war, dessen /'e-Gehalt durch Oxydation und Fällung 
mit Ammoniak ermittelt wurde) 24'95°/, Mn, eine Wiederholung der- 
selben 25'02°%, Mn. 

Um zu entscheiden, ob Mn allein beim Kochen mit ÄXClO, und 
ZnO gelöst bleibt, wurden die beiden folgenden Versuche angestellt: 


23. 0:5 g Manganvitriol in 100 cm? H,O gelöst, eine Lösung von 
0.5 g KCIO, in 50 cm? H,O zugegeben, erhitzt und 1!/, Minuten ge- 
kocht; es entstand kein Niederschlag. 


24. 05 g Mn-V. in 100 cm? H,O gelöst und 05 g KOIO, in 25 cm? 
H,0 sowie 02 4 ZnO mit 25 cm? H,O aufgeschlämmt zugesetzt und 
1 1/, Minuten gekocht; hierauf das ZnO abfiltriert, ausgewaschen und 
“ durch Kochen mit PbO, + HNO, auf Mn geprüft ergab kein Mangan, 
also bleibt dieses vollständig in Lösung. 


Um nach Durchführung der Trennungsversuche das Fe im ZnO- 
haltigen Niederschlag und das Mn im ZnSO,-haltigen Filtrat durch 
Titration mit Permanganat bestimmen zu können, wurde eine zirka 
zehntelnormale Permanganatlösung hergestellt (die auch zur Bestimmung 
des Mn im Manganvitriol verwendet wurde) und deren Titer sowie 
Korrektionsfaktor mit „chemisch reinem“ Mohrschen Salz ermittelt, 
wobei Wiederholungen übereinstimmende Resultate ergaben. Zur 
Kontrolle wurde die Titerstellung auch mit Oxalsäure vorgenommen, 
welche bei Wiederholungen ebenfalls übereinstimmende Resultate 
ergab, die jedoch von den mit iin Salz erhaltenen in un- 
zulässigem Maße abwichen; ebenso ergab die Titerstellung mit Blumen- 
draht abweichende Resultate. Schließlich wurde im Mohrschen Salz 
durch Oxydation und Fällung mit Ammoniak der Eisengehalt bestimmt, 
wobei 14'50%, Fe resultierten (statt der theoretischen 14'25°/,); 
unter Zugrundelegung dieses tatsächlichen Eisengehaltes wurde ein 
Titer von 0°005665 g Fe (entsprechend dem Korrektionsfaktor 1'0138) 
gefunden und daraus durch Multiplikation mit der theoretischen Zahl 


!) Prakt. Leitfaden d. Gewichtsanalyse, pag. 27. 


[11] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 161 


0-29527 der Mn-Titer: 0'001673 4 Mn, der auch in guter Überein- 
stimmung mit den Ergebnissen direkter Mn-Titerbestimmungen durch 
Titration des 25°0°%, Mn enthaltenden Manganvitriols mit der Per- 
manganatlösung (nach Volhard), wobei eine Bestimmung einen Titer 
von 0001675 g Mn, eine andere 0'001671 g Mn ergab. Maßanalytische 
Bestimmungen des Eisengehaltes in dem nach den gewichtsanalytischen 
Bestimmungen 20°3°/, Fe enthaltenden Eisenvitriol mit Hilfe dieser 
Permanganatlösung ergaben unter Annahme des Titers von 0:005665 y 
Fe einen Gehalt von 20°3°/, Fe; die Abweichungen bei Wieder- 
holungen blieben unter 0'04°/,. Daraus geht erstens hervor, daß 
oxydimetrische Titerstellungen mit „chemisch reinen“ Ursubstanzen, 
‚ohne deren Gehalt zu bestimmen, unsicher sind (zum Beispiel lieferte 
die Titerstellung bei Annahme der theoretischen Zusammensetzung 
des Mohrschen Salzes den Korrektionsfaktor 0°997 und mit Blumen- 
draht bei Annahme von 99:6°/, Fe-Gehalt gar 0'994!) und zweitens, 
daB es zur Bestimmung des Mn Titers von genügender Genauigkeit 
ist, denselben aus dem Eisentiter zu berechnen, wenigstens für die 
Mn-Bestimmungen nach Volhard. 

25. 10047 g E. V. in 200 cm? H,O gelöst, 0'2 9 ZnO aufge- 
schlämmt in 50 cm® H,O und eine Lösung von 05 g KCIO, in 50 cm? 
H,O zugesetzt, erhitzt, 1!/, Minuten gekocht und gleich filtriert. 
Proben des völlig klaren Filtrats gaben sowohl mit KXCyS wie auch 
gelbem Blutlaugensalz geringe Fe‘'-Reaktion und mit rotem Blut- 
laugensalz Fe''-Reaktion, was nach dem Ansäuern mit FCl zum Lösen 
des mit Zn entstandenen Niederschlages erkannt wurde. 


26. 10303 E. V. (= 020915 g Fe) in 200 cm? H,O gelöst, mit 
04 9 ZnO in 50 cm? H,O und 1 y KCIO, in 50 cm? H,O versetzt, 
11/, Minuten gekocht, einige Minuten absetzen gelassen, filtriert, mit 
heißem Wasser ausgewaschen;; Niederschlag und Reste im Becherglas in 
heißer verdünnter Salzsäure gelöst, mit Soda alkalisch gemacht, mit 
Schwefelsäure angesäuert, mit Zink reduziert und titriert. 36°8 cm? 
Permanganat verbraucht... . 020842 g Fe... .20'23°/, Fe erhalten. 


27. Eisen-Mangantrennung. 10288 g E. V. (= 0'20885 yg Fe) und 
02666 y Mn-V. (= 0:06665 g Mn) in 200 cm? H,O gelöst, 04 g ZnO in 
50 cm® H,O und 1 y KCIO, in 50 cm? H,O zugegeben, unter Umrühren 
11/,; Minuten gekocht, filtriert, mit heißem Wasser gewaschen; Nieder- 
schlag in heißer verdünnter Schwefelsäure gelöst, mit Zn reduziert 
und titriert (36°7 cm? Permanganat verbraucht); erhalten 0°2079 q Fe 
Be.. 20:21°%, Fe. Das Filtrat wurde zur Zerstörung des Chlorats 
mit Salzsäure eingedampft!) und hierauf, um die Chloride in Sulfate 
zu überführen, mit Schwefelsäure eingedampft ?), mit H,O aufgenommen, 
mit Na,0O0, bis zum Ausfallen des Mn versetzt, mit Salpetersäure 
angesäuert, 1 g ZnSO, zugesetzt und titriert (40'2 cm?); erhalten 
0:06724 9 Mn ... 25'220/, Mn. 


!) Wobei der Rückstand gelblich gefärbt war, also Eisen enthielt, was auch 
beim späteren Versetzen mit Na,CO, bemerkt wurde, da hierbei zuerst der flockige 
Eisenniederschlag ausfiel. 

?) Wahrscheinlich zu wenig, da die Endreaktion bei der Mn-Titration un- 
scharf und das Resultat zu hoch ausfiel. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (Dr. O. Hackl.) 91 


162 Dr. O. Hackl. [12] 


28. 1'0306 g E. V. (= 0'20921 g Fe) wurde wie oben mit KCIO; 
und ZnO gefällt und wie bei Vers. 26 weiter behandelt und titriert 
(36°5 cm?); erhalten 020677 y Fe.....2006°/, Fe. Das Filtrat gab 
Fe‘'-Reaktion und nach tagelangem Stehen einen geringen Nieder- 
schlag, der eisenhaltig war. 


29. 10297 9 E. V. (= 0'20903 9 Fe) wie oben gefällt, aber nur 
1 Minute gekocht; zur Titration 36°3 cm? Permanganat verbraucht; 
erhalten 020564 g Fe.... 19970], Fe. 


30. Eisen-Mangantrennung. 1'0292 9 E. V. (= 0'20893 y Fe) und 
02669 g Mn-V. in 200 cm? H,O gelöst, wie oben gefällt, aber nur 
1/, Minute gekocht; filtriert, ausgewaschen und titriert (362 cm?); 
erhalten 0205089 Fe... 19'93°/, Fe. Das Mn-haltige Filtrat wurde 
mit HCl abgedampft, wobei ein gelblicher Rückstand erhalten wurde, 
der mit KCyS deutliche Fe‘“-Reaktion gab, weshalb Mn gar nicht 
bestimmt wurde. 


31. Eisen-Mangantrennung. 1'0299 g E. V. (= 020907 g Fe) und 
0:2664 g Mn-V. (= 0:06660 g Mn) in 200 cm? H,O gelöst, 1:05 g K’CIO, 
in 50 cm® H,O und 0'42 g ZnO in 50 cm? H,O zugesetzt, ®/, Minuten 
lang wallend gekocht, filtriert und mit heißem Wasser gewaschen; 
die Titration des Ze im Niederschlag (3655 cm?) ergab 0'20706 g 
Fe .... 20'10°/, Fe. Filtrat zweimal mit FC! verdampft (Rückstand 
gelblich), dann mit 4,80, eingedampft und wie bei Vers. 27 Mn titriert 
(401 cm®); erhalten 0067075 9 Mn..... 25°180/, Mn (Endreaktion 
unscharf). 


32. Eisen-Mangantrennung. 10299 9 E. V. (= 0'20907 g Fe) und 
0:2664 y Mn-V. (= 0:06660 g Mn) wie bei Vers. 31 gelöst etc., aber 
im Gooch-Tiegel filtriert und mit kaltem Wasser gewaschen. Die 
Eisentitration (36°5 cm?) ergab 020677 g Fe ..... 20:08 /, Fe; die 
Mangantitration (Rück$tand wieder gelblich) ergab (399 cm?) 0:066587 g 
Mn.... 25'050, Mn. 


35. Um zu entscheiden, ob das Eisen im Filtrat eine Folge 
geringer Löslichkeit des basischen Sulfats im Waschwasser sei oder 
das Eisen noch immer nicht vollständig ausgefällt werde, wurden 
0:45 9 E. V. und 0'15 9 Mn-V. in 100 cm? H,O gelöst, 05 y KOLO, 
in 25 cm® H,O und 0:2 9 ZnO in 25 cm? H,O zugegeben, °/, Minuten 
lang gekocht, filtriert, nicht gewaschen, Filtrat mit HCl eingedampft; 
der Abdampfrückstand gab starke #“’-Reaktion, also blieb noch immer 
ein Teil Eisen in Lösung. 


34. Dieselben Verhältnisse wie in Vers. 33, aber erst nach 
völligem Erkalten wurde filtriert und nicht nachgewaschen. Filtrat 
mit 401 eingedampft ergab deutliche Fe‘-Reaktion. Der basische 
Sulfatniederschlag wurde einigemal mit kaltem Wasser gewaschen, in 
ein Becherglas abgeklatscht, mit kaltem, destilliertem Wasser über- 
gossen, 2 Stunden lang stehen gelassen, dann filtriert und das Filtrat 
mit HCl eingedampft; ergab keine Fe‘“-Reaktion. Also ist der Nieder- 
schlag in kaltem Wasser unlöslich, doch wird nicht alles Eisen gefällt. 


[13] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 163 


35. Doppelt verdünnte Lösung. 0:52 g E. V. und 0:15 9 Mn-V. 
in 200 cm? H,O gelöst, 051 g KC1lO, in 50 cm? H,O und 0'21y 
Zn O in 50 cm? H,O zuzegeben und 3/, Minuten gekocht. Das Filtrat 
gab nach dem Eindampfen und Aufnehmen mit HÜl-haltigem Wasser 
Fe‘“'-Reaktion. 


36. Umgekehrte Fällung. 0'5g E. V. und 0:13 g Mn-V. in 100 cm? 
H,O gelöst und aus einem Tropftrichter in eine kochende Lösung 
von 05 g KClO,; in 200 cm? H,O, worin 0:2 g ZnO verrührt worden 
waren unter stetem Umrühren eingetröpfelt (120 Tropfen pro 1 Minute). 
Filtrat eingedampft ergab starke Fe'“-Reaktion. Der basische Sulfat- 
 niederschlag wurde mit Wasser etwas gewaschen, dann in ein Becher- 
glas abgeklatscht, mit heißem Wasser übergossen und 2 Stunden lang 
auf dem Wasserbad stehen gelassen; das eingedampfte Filtrat gab 
keine Eisenreaktion. Die Fällung war noch immer unvollständig, der 
Niederschlag unlöslich in heißem Wasser. 


37. Umgekehrte Fällung. 05 g E. V. und 0:13 9 Mn-V. in 75 cm? 
H,O gelöst und aus einem Tropftrichter unter Umrühren in eine 
kochende Lösung von 05 g KCl0, in 200 cm? H,O, in welche 0'3 g 
ZnO eingerührt waren, eingetröpfelt (45 Tropfen pro 1 Minute); 
Dauer 20 Minuten. Hierauf filtriert ohne zu waschen; das mit HÜl 
eingedampfte Filtrat gab starke Fe‘'-Reaktion mit KCyS8. 


38. Umgekehrte Fällung. 05 g E. V. und 0:13 g Mn-V. in 50 cm? 
H,O gelöst und in eine mit 0'4 9 Zn versetzte kochende Lösung 
von 05 g KClO, in 200 cm? H,O eingetröpfelt (60 Tropfen pro 
1 Minute) und noch einige Sekunden wallend gekocht; Dauer 8 Minuten. 
Filtrat eingedampft gab starke Fe‘-Reaktion. 


39. Wie Vers. 33 ausgeführt, aber nach dem Eintröpfeln noch 
2 Minuten gekocht und über Nacht stehen gelassen. Die Flüssigkeit 
war dann farblos mit fein verteiltem Zn O0. Herauspipettierte Proben 
gaben mit KCyS keine Reaktion; mit rotem Blutlaugensalz entstand 
die bräunliche Zinkfällung, welche durch HCl vollständig gelöst wurde, 
ohne daß ein blauer Niederschlag übrigblieb, also keine Fe‘-Reaktion. 
Nun wurde filtriert und das mit A Cl eingedampfte Filtrat gab deut- 
liche Fe‘“-Reaktion. Wenn die Filtrate ohne H Cl-Zusatz eingedampft 
werden, so scheidet sich ein bräunlicher Niederschlag aus, der, wie 
durch Eindampfen einer Lösung von 0'2 g Mn-V. und 075g KÜIO; 
in 150 cm? H,O bewiesen wurde, von Mangan herrührt, da hierbei, 
nachdem die Lösung auf die Hälfte des Volumens konzentriert war, 
derselbe Niederschlag entstand. 


Es mußte nun entschieden werden, ob das in Lösung bleibende 
Eisen als Oxyd- oder Oxydulsalz vorhanden ist, wozu jedoch die 
Filtrate untauglich sind, weil so verdünnt, daß die Reaktionen nicht 
mehr eintreten; während nach dem Konzentrieren wohl immer die 
Eisenoxydreaktion eintrat, aber nichts bewies, da sie ebensogut von 
Eisenoxydul, welches sich erst beim Findampfen (mit KC10, und 
HCl?) oxydiert, herrühren konnte. Diese Frage wurde durch Versuch 41 
eindeutig beantwortet, in Übereinstimmung mit der Erwartung, daß 
bei Gegenwart von überschüssigem Zn O alles Eisenoxyd gefällt werden 

21* 


164 Dr. ©. Hackl. [14] 


müsse, daher kein Ze‘ ins Filtrat gelangen könne. Vorher wurde 
noch die Wirkung stärkeren K ClO,- und Zn Ö-Zusatzes beobachtet. 


40. 05 gEE. V. und 0'13 g Mn-V. in 200 cm? H,O gelöst, hierauf 
eine Lösung von 0'7g KClO, in 50 cm? H,O zugegeben, welcher 
05 9 ZnO zugesetzt worden waren, 2 Minuten gekocht, völlig er- 
kalten gelassen und nach dem Filtrieren das Filtrat eingedampft; 
der Abdampfrückstand war schwach gelblich und gab nach dem Auf- 
nehmen mit einigen Tropfen HCl-haltigen Wassers mit KCyS eine 
deutliche, aber viel schwächere Fe”-Reaktion als bei den vorher- 
gegangenen Versuchen. 


41. Bei den günstigsten quantitativen Bestimmungen des Eisen- 
gehaltes aus der basischen Sulfatfällung wurde zirka 0'1%/, g Fe zu 
wenig erhalten (Vers. 27, 20'21°/, statt 20°3%/,); 100 Teile Eisenvitriol 
gaben um 0] Teil Eisen zu wenig, welcher Teil in Lösung blieb; 
bei Anwendung von 0'5g E. V. unter denselben Bedingungen wie 
jene, welche 0'1°%, Fe in Lösung hielten, wurde deutliche Fe‘'-Reak- 
tion im Abdampfrückstand des Filtrats erhalten, vor dem Eindampfen 
in einer Verdünnung von zirka 250 cm? aber keine Spur einer Reak- 
tion wahrgenommen. 0'1°/, von 0'5 g entspricht einer Menge von 
0:0005 g Fe, welche 0:0018 g Ferrisulfat [Fe, (SO,);] äquivalent sind. 
Es wurden also 0:0018 9 Ferrisulfat in 250 cm® H,O gelöst und hier- 
von gaben sowohl kleine Proben wie auch die restliche Hauptmenge 
mit KCyS deutliche Rotfärbung; daraus folgt, daß das bei der Fällung 
in Lösung gebliebene Eisen nur als Oxydul vorhanden sein kann, da 
es, wenn als Ferrisulfat gelöst, im Filtrat schon vor dem Eindampfen 
deutliche Fe‘-Reaktion gegeben hätte (z. B. bei Vers. 39), um so mehr 
in den Fällen, wo mehr als 0'1°/, Fe gelöst blieb. 


42. Erhöhter K0lO;-Zusatz. 0:52 g E. V. und 0'13 g Mn-V. in 
250 cm® H,O gelöst, eine mit 05 g ZnO versetzte Lösung von 0°9 y 
KClO, in 50 cm? H,O zugegeben, 2 Minuten gekocht, dann völlig er- 
kalten gelassen; der Niederschlag hatte sich binnen wenigen Sekunden 
abgesetzt. Das eingedampfte Filtrat gab mit KCyS eine so schwache 
Rotfärbung, daß die Flüssigkeit nach dem Verdünnen auf 100 cm? 
vollständig farblos erschien; die gelöste Eisenmenge konnte also nur 
mehr minimal sein (unter 00002 9 Fe). 


43. 05 g E. V. und 013 9 Mn-V. in 300 cm? H,O gelöst, eine 
mit 0:6 9 ZnO versetzte Lösung von 1g KClO, in 50 cm? H,O zu- 
gegeben, erhitzt und 2 Minuten gekocht; der Niederschlag setzte 
sich sehr rasch ab und nach völligem Erkalten wurde filtriert, das 
Filtrat mit HCl eingedampft und auf Fe‘ geprüft, wobei eine sehr 
schwache rötlichgelbe Färbung auftrat. Der Niederschlag wurde mit 
kaltem Wasser dekantiert (was sehr gut gelingt, da er sich immer 
rasch absetzt), dann auf dem Filter mit kaltem Wasser ausgewaschen, 
in ein Becherglas abgeklatscht, mit heißem Wasser übergossen und 
2 Stunden lang auf dem Wasserbad erhitzt; nach dem Filtrieren wurde 
das Filtrat verdampft und auf Fe‘ geprüft, wobei eine schwach 
rötlichgelbe Färbung eintrat; also ist der Niederschlag in heißem 
Wasser etwas löslich. 


[15] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 165 


44. 05 g E. V. und 0:13 g Mn-V. in 300 cm? H,O gelöst, eine 
mit 0:6 g ZnO versetzte Lösung von 1'2 9 KCIO, in 50 cm? zugegeben, 
erhitzt und 2'/, Minuten gekocht. Nach dem Absetzen und Erkalten 
über Nacht wurde das Filtrat mit HCl eingedampft und der erhaltene 
Rückstand gab mit ÄCyS nur mehr eine sehr schwach gelbliche 
Färbung. Ein Vergleichsversuch ergab, daß diese Menge Eisen un- 
gefähr gleich der in 0'0001 g Ferrisulfat enthaltenen (also zirka 
0:000028 g Fe) ist, da diese Menge in derselben Art geprüft den 
gleichen Farbton gab. Der basische Sulfatniederschlag wurde mit kaltem 
Wasser ausgewaschen und in zwei Teile geteilt, wovon der eine nach 
2 Stunden langem Stehen mit 200 cm? H,O, filtriert wurde und das 
Filtrat verdampft, worauf im Rückstand mit KCyS gar keine Reak- 
tion erhalten wurde; der andere Teil wurde nach 2 Stunden langem 
Erhitzen mit 200 cm? H,O auf dem Wasserbad filtriert und der Rück- 
stand des verdampften Filtrates gab mit KCyS schwach rötlichgelbliche 
Färbung. Also ist der Niederschlag in heißem Wasser etwas, in kaltem 
Wasser gar nicht löslich, weshalb mit kaltem Wasser gewaschen 
werden muß. 


45. 1g E. V. und 19 Mn-V. in 500 cm® H,O gelöst, eine mit 
13 9 ZnO versetzte Lösung von 2:5 g KCIO, in 50 cm® H,O zuge- 
geben, erhitzt und 3 Minuten geköcht; am nächsten Tag wurde filtriert 
und das eingedampfte Filtrat gab keine Spur einer Reaktion mit KCyS. 
Der Eisenniederschlag wurde mit kaltem Wasser bis zum Ausbleiben 
der Mn-Reaktion gewaschen, dann eine Probe des Niederschlages mit 
PbO, und HNO, auf Mn geprüft, wobei keine Spur Mn gefunden 
wurde. Also bleibt Mn auch bei der Fällung des Eisens vollständig 
in Lösung. Für 029g Fe müssen 259 KCIO, und 134 ZnO zu- 
gesetzt werden. 


46. MaBanalytische Prüfung der Trennung. 

1'0006g E. V. (= 020312 g Fe) und 026629 Mn-V. (= 0.066559 
Mn) in 500 cm? H,O gelöst, eine 1'3g ZnO enthaltende Lösung von 
2:5 9 KCIlO, in 50 cm? H,O zugegeben, erhitzt und mit einem Uhrglas 
bedeckt, 3 Minuten wallend gekocht. Nach dem Absetzen und Erkalten 
filtriert, mit kaltem Wasser dekantiert und ausgewaschen bis zum 
Aufhören der Platindeckelprobe. Den Niederschlag auf dem Filter 
und die Reste im Becherglas im verd. HCl gelöst, abgedampft und 
mit Schwefelsäure bis zum Auftreten der Schwefelsäuredämpfe ein- 
gedampft, verdünnt, mit Zink reduziert und titriert (35°82 cm®); er- 
halten: 0'20292 g Fe... 20:28°%, Fe. Filtrat und Waschwasser mit 
HCl abgedampft, aufgenommen und nochmals mit HCl verdampft, 
dann mit Schwefelsäure bis zum Entweichen der Schwefelsäuredämpfe 
eingedampft, im Kolben mit Soda bis zum Ausfallen des Niederschlages 
versetzt, mit Salpetersäure angesäuert und nach Volhard titriert 
(39:8 cm?); erhalten 0:06656 9g Mn... 25'01°/, Mn. 


47. Gewichtsanalytische Durchführung. 


0:9985 9 E. V. (= 0'2027 9 Fe) und 0:9976 g Mn-V. (= 0'2494 g Mn) 
in 500 cm® H,O gelöst, 13 g ZnO und eine Lösung von 2:5 g KÜIO; 


166 Dr. O. Hackl. [16] 


in 50. cm? H,O zugesetzt etc., wie bei Vers. 46. Niederschlag A, 
Filtrat B. 

Niederschlag A, welcher alles Eisen sowie das überschüssige 
ZnO enthält, in HCl gelöst, verdampft, dann mit Schwefelsäure ein- 
gedampft, um das Zink in Sulfat zu überführen, da dann nach Weiß!) 
die Fällung desselben durch Schwefelwasserstoff am besten gelingt, 
hierauf nach Verdünnung auf 300 cm? und Neutralisieren mit Ammoniak 
und Schwefelsäure aus schwach schwefelsaurer Lösung durch ?/, Stunden 
langes Einleiten eines starken Schwefelwasserstoffstromes in der Kälte 
das Zink gefällt, filtriert und das rein weiße, pulvrige Zinksulfid mit 
ammonsulfathaltigem schwachen Schwefelwasserstoffwasser ausge- 
waschen; Filtrat samt Waschwasser nach H,S0O,-Zusatz eingedampft, 
mit H,O aufgenommen, vom Schwefel abfiltriert und nachgewaschen, 
Filtrat in Porzellanschale mit HNO, oxydiert und Fe‘' mit Ammoniak 
gefällt; erhalten 0'2892 9 F&O; ... 020231 g Fe... 20:260/, Fe. 

Filtrat 5 samt Waschwasser, enthaltend Mangan und Zink, mit 
HCl verdampft, dann mit H,S0, eingedampft und hierauf, wie bei 
obiger Trennung des Zn vom Fe, das Zn durch Fällung als Zus 
vom Mangan getrennt; das Mn-haltige Filtrat unter HÜUl-Zusatz ein- 
sedampft, den Schwefel abfiltriert und im Filtrat nach Zusatz von 
Chlorammon das Mn durch Ammonkarbonat gefällt, durch ein Doppel- 
filter filtriert, mit heißem Wasser ausgewaschen und als Mn,O, ge- 
wogen; erhalten 0'3456 9 Mn,O,... 02490 9 Mn... 24'96°/, Mn. 


48. 0:9986 g E. V. (= 0'20272 g Fe) und 0'9985 g Mn.-V. 
(= 024963 9 Mn) wie bei Vers. 47 getrennt; der ZnO-haltige Eisen- 
niederschlag wurde in HCl gelöst und Fe von Zn mittelst der basischen 
Acetatmethode getrennt (das Filtrat vom basischen Eisenacetat war 
frei von Mn, also wurde bei der KCIO,-Fällung kein Mn mitgerissen), 
das basische Acetat in HCl gelöst und Fe‘‘ mit Ammoniak gefällt 
(das Filtrat hiervon war frei von Mn); da das erhaltene Resultat 
durch mitgerissenes Zink zu hoch ausfiel (02954 4 Fe&,O,), so wurde 
das geglühte Eisenoxyd in HCl gelöst, die Acetat- und Ammoniak- 
fällung wiederholt, worauf 02839 9 Fe&O, resultierten ... 02021 g 
Fe... 20'240), Fe. 

Das Mn- und Zn-haltige Filtrat vom basischen Eisensulfat wurde 
mit HC! zweimal verdampft, mit Wasser aufgenommen, Natriumacetat 
und einige Tropfen Essigsäure zugegeben und erhitzt (wobei die 
Flüssigkeit klar blieb, also keine merklichen Fe‘“-Mengen vorhanden 
sein konnten), Mn durch Bromwasser gefällt, wenige Tropfen Alkohol 
zugegeben und erwärmt, bis der Bromgeruch verschwunden war, hierauf 
filtriert und mit heißem Wasser gewaschen; Filtrat und Waschwasser 
eingedampft, mit A,0 aufgenommen, mit essigsaurem Natrium und 
Essigsäure versetzt, das noch vorhandene Mn durch Bromwasser ge- 
fällt und den Niederschlag gewaschen; die beiden Niederschläge in 
verdünnter wasserstoffsuperoxydhaltiger Salzsäure gelöst, Mn durch 
ammoniakalisches Wasserstoffsuperoxyd gefällt und als Mn,O, gewogen. 
Da auch hier ein zu hohes Resultat erhalten worden war, so wurde 


!) Hierüber Nissenson, „Die Untersuchungsmethoden des Zinks*®. 


[17] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 167 


das im Platintiegel geglühte Mn,O, in verdünnter H,O,-haltiger Sal- 
petersäure gelöst, unter Salzsäurezusatz dreimal abgedampft, der Rück- 
stand in 10 cm? H,O und 15 cm? Eisessig gelöst, in einen Tropftrichter 
gespült, um das Mn vom noch vorhandenen Zn nach Jannasch!!) durch 
Eintröpfeln in ein kaltes Gemisch von 50 cm? konz. N H,, 50 cm? 3°%/,igem 
H,O, und 50 cm? H,O zu trennen, die Fällung in der Porzellanschale, 
bedeckt mit Uhrglas, !/;, Stunde lang auf dem Wasserbad erhitzt, 
dann filtriert; der Niederschlag wurde zunächst mit einer heißen 
Lösung von 30 g Ammonacetat in 70 g starkem Ammoniak, dann mit 
starkem, kochend heißen Ammoniak, hierauf mit heißem verdünnten 
Ammoniak und schließlich mit heißem Wasser bis zum Ausbleiben 
der Platindeckelprobe ausgewaschen, getrocknet, verascht und geglüht; 
erhalten: 03454 g Mn;0, ... 024886 9 Mn... 24'920), Mn. 


49. Classen schreibt im ersten Band seiner „Ausgewählten 
Methoden“, pag. 468, über das Kesslersche Sulfatverfahren: „Es 
muß bemerkt werden, daß der Niederschlag von mehreren Autoren?) 
als basisches Eisensulfat bezeichnet wird, obgleich sich diese Be- 
zeichnung bei Kessler nicht findet. Der Niederschlag ist bis auf 
weitere Untersuchung, gerade so wie der beim Ammoniumkarbonat- 
verfahren erhaltene, als basisches Eisenchlorid zu betrachten, wie 
dies aus Graham-Ottos Lehrbuch der anorg. Chemie (5. Aufl. von 
Michaelis) IV, 614 hervorgeht, wo von den Lösungen der basischen 
Eisenchloride horvorgehoben wird, daß dieselben auf Zusatz ver- 
schiedener Salzlösungen, u.a. von neutralen Alkalisalzen, gefällt werden.“ 

Um diese Frage zu entscheiden, wurde eine verdünnte, zirka 
0:25 g Fe enthaltende Eisenchlöridlösung mit HCl angesäuert, mit 
Ammonkarbonat bis zum Eintritt der Trübung versetzt, hierauf eine 
Lösung von 0°5 g Natriumsulfat zugesetzt, nach dem Absetzen des 
ausgefallenen Niederschlages filtriert, dekantiert und mit warmem 
Wasser bis zum Verschwinden der SO,- und Cl-Reaktion gewaschen. 
Eine Probe des Niederschlages wurde in verdünnter Salpetersäure 
gelöst und mit Silbernitrat geprüft, wobei nicht die geringste Ol-Reak- 
tion entstand; eine andere Probe in Salzsäure gelöst und mit Chlor- 
baryum geprüft, ergab starke BaSO,-Fällung; woraus hervorgeht, daß 
der nach dem Kesslerschen Verfahren erhaltene Niederschlag 
basisches Eisensulfat ist, das sich jedoch von dem nach dem KÜIO,- 
Verfahren erhaltenen dadurch unterscheidet, daß es großflockig ist und 
sich anfangs nur schwer auswaschen läßt. 

Das Kaliumchloratverfahren zur Fällung des Eisens und Trennung 
vom Mangan läßt sich, wie der folgende Versuch 50 zeigte, bedeutend 
vereinfachen, was besonders für gewichtsanalytische Untersuchungen 
von Vorteil ist. Es läßt sich nämlich der ZnO-Zusatz, welcher bei 
gravimetrischer Untersuchung wegen der Komplikation der Trennungen 
lästig ist, dadurch völlig umgehen, daß man die Hauptmenge des 
Eisens durch alleinigen Zusatz von KClO3 und Kochen fällt, und nun 
nach dem Kochen (nicht wie in Vers. 19 vorher), ohne vorher zu 


!) Prakt. Leitfaden d. Gewichtsanalyse, pag. 43. 
?) Fresenius, Lunge, O. H. 


168 Dr. ©. Hackl. [18] 


filtrieren, etwas Natriumacetat zufügt und nochmals kocht, wodurch 
auch der Rest ausgefällt wird. Und um Zink vollständig zu ver- 
meiden, wäre es zu empfehlen, die Reduktion von als Oxyd vor- 
handenem Eisen durch Schwefelwasserstoff statt durch Zink vorzu- 
nehmen. 


Da dieses Fällungsverfahren anfängliche Neutralität der Lösung 
voraussetzt, welche durch Neutralisieren saurer Lösungen mittels 
Alkalien oder Ammoniak nur sehr mühselig erreichbar ist, so wäre 
in solchen Fällen eine andere Modifikation empfehlenswerter, welche 
mit sehr geringen Zinkmengen auskommt; nämlich in die (durch 
Abstumpfen oder Abdampfen erhaltene) schwach saure Lösung ZnO 
einzutragen, bis ein kleiner Teil davon ungelöst bleibt, dann das K’UIO, 
zusetzen und kochen, dann Acetat zusetzen und nochmals aufkochen. 
Wahrscheinlich wird sich die Fällung und Trennung auch durch Kochen 
mit KCIO, in sehr schwach schwefelsaurer Lösung und anschließendes 
Kochen nach Acetatzusatz bewerkstelligen lassen; es wurden zwar 
über diese beiden letzteren Modifikationen bisher noch keine Unter- 
suchungen ausgeführt, doch ist es wahrscheinlich, daB ihre Durch- 
führung auf keine prinzipiellen Schwierigkeiten stößt, da ihre gemein- 
same Grundlage, wie folgender Versuch zeigte, eine vollständige 
Trennung des Eisens vom Mangan bei einmaliger Fällung erreichen läßt. 


50. 05 g E.V. und 0°5 g Mn-V. in 250 cm? H,O gelöst, eine 
Lösung von 125 g KÜCIO, in 25 cm® H,O zugegeben, erhitzt und 
2 Minuten lang gekocht; hierauf eine Lösung von 1 g Natriumacetat 
in wenigen cm? H,O zugesetzt und noch 1 Minute lang gekocht. Nach 
dem rasch erfolgten Absetzen wurde die noch heiße Flüssigkeit 
filtriert, der anfangs kleinflockige, später körnige dunkelrotbraune 
Niederschlag anfangs mit kaltem, dann mit heißem Wasser ausge-_ 
waschen !), bis eine Probe des Waschwassers keine Mn-Reaktion mehr 
gab. Das Filtrat wie auch das kalte und heiße Waschwasser wurden 
jedes für sich aufgefangen und mit Salzsäure eingedampft. Der Rück- 
stand des Filtrats gab mit KCyS eine sehr schwache Rosafärbung, 
ebenso der des kalten Waschwassers, während der des heißen eine 
deutliche Rotfärbung ergab, woraus hervorgeht, daß auch dieser 
Niederschlag mit kaltem Wasser gewaschen werden muß; dies macht 
es wahrscheinlich, daß der durch Natriumacetat fallende Rest- 
niederschlag nicht basisches Acetat (welches in kaltem Wasser löslich), 
sondern auch basisches Sulfat ist. Der ausgewaschene Niederschlag 
gab bei der Prüfung mit P5bO, und HNO, keine Spur Mn zu er- 
kennen. 


!) Zum Dekantieren mit kaltem Wasser eignet sich dieser Niederschlag nicht, 
doch geht das Auswaschen auf dem Filter sehr rasch vor sich, da er sich leicht 
aufwirbeln läßt, ohne die Poren zu verstopfen oder „durchzugehen“. 


[19] Eine neue Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan. 169 


IV. Zusammenfassung der Resultate. 


Nr. Angewendete Erhaltene Angewendete Erhaltene 
ae Fe-Menge Fe-Menge Un-Menge Mn-Menge 
Vers. in % ing in.%/, in g in % ing in % ing 


8 20:3 | 0'19054 | 19:27 | 018083 — | — = = 
9 -|| 20:3 | 0920493 | 18:83 | 0°19007 — _ _— — 
26 20:3 | 0'20915 | 2023 | 0'20842 _ — —_ 
27 20:3 | 020885 | 20:21 | 0'2079 250 | 006665 | 2522 | 0:06724 
28 20:3 | 0'20921 | 20:06 | 020677 _ — _ — 
29 203 | 0'20903 | 19:97 | 020564 — = — —_ 
30 203 ı 0'20893 | 19:93 | 020508 — — 
31 203 | 0'20907 | 20:10 | 0'20706 | 250 | 0:06660 | 2518 | 0'067075 
32 20°3 | 0'20907 | 20:08 | 020677 | 25°0 | 006660 | 2505 | 0'066587 
46 20:3 | 020312 | 20:23 | 020292 | 250 | 006655 |25'01 | 0'06656 
47 203 | 02027 20:26 | 0'20231 | 25°0 | 02494 |24°96 | 02490 
48 20:3 | 0'20272 | 2024 | 0'2021 | 250 | 024963 |24'92 | 0'24886 


Aus den quantitativen Resultaten und denjenigen der qualitativen 
Untersuchungen ergibt sich, daß die Bedingungen, welche bei den 
drei letzten Trennungen (46, 47, 48) vorhanden waren, die günstigsten 
sind; daß heißt soll die Trennung mit KCIO, und ZnO durchgeführt 
_ werden, so muß eine schwefelsaure, später neutrale Lösung von Ferro- 
und Manganosulfat vorliegen, und auf 0'2 g Fe mindestens 25 g KUIO, 
und 1'3 9 ZnO zugegeben werden, bei einer Verdünnung von 500 cm®. 
Die Durchführung auf gewichtsanalytischem Wege ist nicht empfehlens- 
wert, da sie infolge der Trennung des Eisens und des Mangans vom 
Zink längere Zeit in Anspruch nimmt, wohl aber die maßanalytische 
Ausführung, da unter obigen Verhältnissen die Trennung glatt ver- 
läuft und nicht lange dauert. Das Auswaschen des basischen Eisen- 
sulfats muß mit kaltem Wasser vorgenommen werden und dauert 
trotzdem nicht so lange wie zum Beispiel das des basischen Acetats, 
da das auf diese Art erhaltene basische Sulfat sich leicht dekantieren 
und ohne schleimig zu werden oder kolloidal durchs Filter zu gehen 
auswaschen läßt. Bezüglich der gewichtsanalytischen Vereinfachungen 
verweise ich auf Versuch 50 und die demselben vorangehenden Bemer- 
kungen !). Angezeigt ist dieses Verfahren besonders beim Vorliegen 
der Sulfate, da in solchem Fall die meisten anderen Verfahren, ab- 
gesehen von dem nicht näher studierten mit NaHCO,, versagen. Muß 
das Eisen erst reduziert werden, so macht es nichts wenn die Reduk- 
tion nicht vollständig ist, denn das noch vorhandene Eisenoxyd wird 
bei Verwendung von ZnO mitgefällt. 

Bezüglich der Zusammensetzung der basischen Ferrisulfate zeigt 
sich aus den ersten Versuchen, daß je konzentrierter die Lösung, je 
weniger KÜlO, zugesetzt und je kürzer gekocht wird, die entstandene 


1) Sehr vorteilhaft wäre es. wenn sich das ZnO durch Kalzium- oder Kadmium- 
oxyd oder -Karbonat ersetzen ließe, worüber noch keine Untersuchungen an- 
gestellt wurden. 


Jahrbuch d., k. k: geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (Dr. O, Hackl.) 92 


170 Dr. 0. Hackl. [20] 


Fällung um so unvollständiger ist und um so mehr Neigung hat, durchs 
Filter zu gehen. Daraus sowie aus der verschiedenen Farbe der unter 
verschiedenen Fällungsbedingungen durch Kochen mit ÄCIO, allein 
erhaltenen Niederschläge, aus den verschiedenen Ergebnissen des Ver- 
suchs 36 einerseits und der Versuche 43, 44, 50 anderseits, welch 
ersterer die Unlöslichkeit des dort erhaltenen Niederschlages in 
heißem Wasser erwies, die letzteren aber teilweise Löslichkeit der 
erhaltenen Fällungen in heißem Wasser zeigten, geht hervor, daß die 
unter verschiedenen Fällungsbedingungen entstandenen Niederschläge 
verschiedene Zusammensetzung haben, respektive verschiedene Ge- 
menge sein dürften, daß also die Fällung des Eisens aus Ferrosulfat- 
lösungen durch KCIO, nicht immer einen gleichartig und zugleich ein- 
heitlich zusammengesetzten Niederschlag ergibt. 


Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte 
von Kalusz (Ostgalizien). 


Von Dr. Franz Kossmat. 
Mit vier Zinkotypien im Text. 


Die Saline Kalusz verdankt ihre Berühmtheit in der geologischen 
Fachliteratur dem Umstande, daß sie als einzige unter den zahlreichen 
Salzgewinnungsstätten der subkarpathischen Miocänzone bauwürdige 
Mengen von Kalisalzen schon seit längerer Zeit erschlossen hat und 
noch gegenwärtig eine, allerdings in bescheidenem Umfange gehaltene 
Produktion dieses wichtigen Materials aufweist. 

Über die geologischen Verhältnisse der interessanten Lokalität 
erhält man leicht Aufschluß durch die Arbeiten von J. Nied- 
zwiedzki und E. Tietze, in denen auch die wichtigsten Ergeb- 
nisse früherer wissenschaftlicher und praktischer Forschungen ver- 
wertet sind). Ich selbst hatte nur die Möglichkeit, am 18. und 
19. April 1912 während und nach einer kommissionellen Untersuchung, 
an der auch Herr Hofrat Niedzwiedzki teilnahm, die Grube zu 
befahren und vor allem die interessanten, durch die letzten Ver- 
öffentlichungen des genannten Autors bereits wissenschaftlich ver- 
werteten Neuaufschlüsse zu besichtigen. 


Wenn ich auf Grund dieser sehr kurzen Bekanntschaft mit den 
örtlichen Verhältnissen eine tektonische Darstellung der merkwürdigen 
Lagerungsverhältnisse des Kafluszer Salinengebietes versuche, geschieht 
dies nur, weil sich mir bei diesem Anlasse Fragen aufdrängten, deren 
Beantwortung für die ostgalizische Miocänzone wissenschaftliches, viel- 


!) J. NiedZwiedzki, Das Salzgebirge von Kalusz in Ostgalizien. Lem- 
berg 1891. 18 S. 

E. Tietze, Beiträge zur Geologie von Galizien. V. Die Aussichten des Berg- 
baues auf Kalisalze in Ostgalizien. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1893, pag. 
89— 124. Mit Grubenkarte. 

— VI. Neuere Erfahrungen bezüglich der Kalisalze Ostgaliziens. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. Wien 1896, pag. 1—36. 

J. NiedZwiedzki: Neuere Aufschlüsse der Kalisalzlagerstätte in Kalusz. 
(Poln.) „Kosmos“. Lemberg 1910, 3 S. 

— Geologische Skizze des Salzgebirges von Kalusz in Ostgalizien. Österr. 
Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen. Nr. 30 und 31. Wien 1912. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (Fr. Kossmat.) 99% 


172 Dr. Franz Kossmat. [2] 


leicht auch praktisches Interesse haben kann. Ich muß gleich betonen, 
daß ich mir nicht anmaße, eine endgültige Lösung hier vorlegen zu 
können, schon aus dem Grunde nicht, weil manche wichtige Ent- 
scheidungen erst durch weitere bergmännische Arbeiten geschaffen 
werden können. 


Zur Vereinfachung der Orientierung muß ich einige Angaben 
vorausschicken, die sich zwar größtenteils mit den bereits durch 
Niedzwiedzki und Tietze publizierten Befunden decken, aber 
für die tektonische Erörterung unvermeidlich sind. 


Das in etwa 26 km Entfernung vom Außenrande der Karpathen aufge- 
schlossene miocäne Salzgebirge von Kalusz streicht fast rein NW—SO und 
fällt in den oberen Grubenhorizonten meist mit Neigungswinkeln von 
etwa 40—50°, in den tieferen wesentlich flacher nach Südwesten. Das 
Hangende der Salztone besteht sowohl in der Grube als obertags 
im allgemeinen aus grauen gipsführenden Tonen mit eingelagerten 
Sandsteinbänken; bunte, meist grünlich, bräunlich und rötlich gefärbte 
Tone sind über den Tagesaufschlüssen dieser Schichten bekannt und 
werden besonders von E. Tietze als ein wichtiges Glied der Schicht- 
folge wiederholt erwähnt. (Vgl. Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1893, pag. 94, 
118; 1896, pag. 21.) 


Die Kalivorkommnisse haben den Charakter von langgestreckten 
Linsen innerhalb des zur Sudsalzgewinnung verwerteten Haselgebirges 
und bestehen im wesentlichen aus zweierlei Salzen !): 


1. Rohkainit, nach NiedZwiedzki durchschnittlich mit 
65°/, Kainit und 20—30 °/), Salz mit Anhydrit und einigen Pro- 
zenten Tonsubstanz. Nester von Carnallit und Sylvin sporadisch vor- 
handen. Das Material wird vom Arar mit einem Mindestgehalt von 
10°), KsO0 für landwirtschaftliche Zwecke verkauft; die Produktion 
betrug 1908 rund 125.000 Meterzentner und stieg später noch etwas. 


2. Sylvinit („Sylvinhalit“ bis „Halitosylvin“), ein Gemisch 
von Sylvin und Kochsalz mit wechselnden Tonbeimengungen. Die 
linsenartig auftretenden großkristallinischen Partien (Kristallsylvin) 
haben oft 40 bis über 50°, KCl, während der große Durchschnitt 
des von zahlreichen Tonlagen durchzogenen roten Sylvinits in der Süd- 
ostgrube nur ca. 20—24°/, KCl enthielt. 


In den 70er Jahren baute ein Kalikonsortium, welches damals 
die Grube vom Arar gepachtet hatte, im ganzen ein Quantum von 
etwa 300.000 Zentnern dieser Salze ab, doch hatte die Unternehmung 
keinen Erfolg, die Arbeiten wurden eingestellt und seitdem gelangten 
sylvinitische Salze der Grube nicht mehr zur Förderung, obwohl in 
der Folge die von der Salinenverwaltung betriebenen Aufschluß- 
arbeiten sehr bemerkenswerte neue Resultate brachten. 


!) Außerdem werden von verschiedenen Salzen als mineralogisch interessant 
noch erwähnt: Glaserit, Mirabilit, Kieserit, Epsomit, Blödit, Syngenit, Pikromerit 
(Schönit). 

R. Görgey, Minerale tertiärer Kalisalzlagerstätten (Kalusz, Stebnik, Wittels- 
heim). Mineralog.-petrograph. Mitteil., Wien 1910, pag. 517. 


[3] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz. 173 


Die Verteilung der Kalisalze im Haselgebirge von Kalusz. 


Zur Zeit der älteren Untersuchungen von Niedzwiedzki und 
Tietze waren nur im oberen Teile der Salztone Lager von Kali- 
salzen bekannt, es soll daher von deren Beschreibung ausgegangen 
werden. 


I. Das Hauptvorkommen von Kainit bildet eine große, im 
Streichen und Fallen auskeilende, bis 16 m mächtige Linse, deren 
oberer Rand vom 1. Grubenhorizont nahe dem ziemlich zentral ge- 
legenen Schacht IV in einer Länge von wenigen Metern geschnitten 
wird. Am 2. Horizont beträgt die Längenerstreckung bereits über 
250 m und steht verhältnismäßig wenig hinter jener im III. zurück. 
Später wurde auch am IV. Horizont 138 m unter dem Tagkranze 
des Schachtes IV der Kainit mit beträchtlicher streichender Länge, 
aber teilweise intermittierend und im ganzen mit geringerer Mächtig- 
keit als in den höheren Strecken festgestellt und endlich auch als 
unbauwürdiger Schmitz bei 1543 m des neuen Schachtes der süd- 
westlichen Grubenabteilung durchteuft. Außerdem wurde im II. Hori- 
zont der Nordwestgrube eine genau in die streichende Fortsetzung 
des großen Lagers fallende, von ihm aber durch einen Abstand von 
ca. 300 m getrennte Kainitlinse angefahren. 

Als Liegendes des Hauptvorkommens zeigen sich in den oberen 
Horizonten bis ca. 80 m mächtige Salztone mit 40—60°%, Na Cl-Gehalt, 
der durch mehrere Laugwerke gewonnen wird, während die nach 
oben in salzfreie Schichten übergehenden Hangendsalztone weniger 
mächtig, zugleich auch ärmer sind und sich erfahrungsgemäß wegen 
der gelegentlich auftretenden Beimengungen von Kalimagnesiasalzen 
zur Solengewinnung weniger eignen }). 


I. Das Sylvinitlager der Südostgrube („Hangendsylvin“) 
und die ihm eingeschalteten Kainitlinsen. 


Annähernd in der gleichen Abteilung der Salztone wie der Kainit, 
aber meist nur wenige Meter unter der Hangendgrenze des eigent- 
lichen Haselgebirges, ist in der Südostgrube ein Sylvinitlager von 
mehr als 10 m Maximalmächtigkeit vorhanden, bis auf ca. 300 m 
streichende Länge ausgerichtet (am II. Horizont) und in den reicheren 
Partien teilweise abgebaut. 

In den beiden oberen Horizonten ist dieses Vorkommen erst 
etwas östlich der großen Kainitlinse und anscheinend nur wenig außer- 
halb deren Streichrichtung bekannt; im III. Horizont konnte es aber 
nach Prof. NiedZzwiedzki weiter nach Nordwesten verfolgt werden 
und zog sich im Hangenden des Ostabschnittes der Kainitzone, von 
dieser durch ca. 3—5 m Salzton getrennt, noch etwa 40 m weit hin, 
bis es allmählich auskeilte. 

Eine schöne Bekräftigung dieser Beobachtung erhält man am 
IV. Horizont, wo nordöstlich vom neuen Schacht die gleiche, lokal 


!) Nach einer Mitteilung, die mir in Kalusz gemacht wurde, soll sich aber 
das alte „Barbara“-Langwerk im Hangenden des Kainits befunden haben. 


174 Dr. Franz Kossmat. [4] 


aber schon mit Kainitnestern durchsetzte und stark reduzierte Sylvin- 
lage im Hangenden der großen Kainitlinse festgestellt ist. Zwischen 
beiden schiebt sich hier eine etwa 10—20 m mächtige Salztonzone ein. 

Durch die Arbeiten des alten Kalikonsortiums ist in der Um- 
gebung des XVII. Gesenkes, das SW vom Schachte VII den zweiten 
mit dem dritten Horizont verbindet, eine jetzt noch der Beobachtung 
gut zugängliche, mehrere Meter dicke Kainiteinschaltung in dem bis 
gegen 15 m anschwellenden Sylvinlager, und zwar meist in dessen 
unterer Partie bekannt. nimmt also dieselbe Stellung ein wie die oben 
erwähnten Nester im Sylvin des IV. Horizonts. 

In einem aus der Zeit zwischen 1874 und 1876 herrührenden 
Profil von Waibla, dessen Kopie ich in Lemberg sah, ist dieser knapp 
oberhalb des II. Horizonts rasch auskeilende, gegen den III. aber 
mit zunehmender Stärke und Längenausdehnung entwickelte Kainit 
der Südostgrube sorgfältig eingetragen. 

Bei der tektonischen Besprechung soll auf die Frage des gegen-' 
seitigen Verhältnisses der einzelnen Vorkommnisse dieses Salzes!) 
noch eingegangen werden (pag. 186). 


III. Die „Liegend“*sylvine der nordwestlichen und süd- 
westlichen Grubenabteilung. 


1. Nordwestgrube. 


Von besonderer Bedeutung für die Geologie von Kalusz sind 
folgende, in allen wesentlichen Punkten bereits von Prof. Nied- 
zwiedzki veröffentlichten Ergebnisse der neueren Aufschlußarbeiten: 
Bei Auffahrung der nordwestlichen Strecken traf man am ersten und 
zweiten Horizont in beträchtlicher Entfernung vom Schachte Nr. IV 
ein 35—40° südwestlich fallendes Sylvinlager, das über 300 m weit 
bis zum Ende der gegenwärtigen Streeken regelmäßig anhielt, dabei 
allerdings mit seiner im Mittel zwischen 1’5—2 m bleibenden Mäch- 
tigkeit und seinem durch starke Tonbeimengung herabgesetzten Kali- 
gehalt (nach Niedzwiedzki zirka 12°, KÜl) weit hinter dem Lager 
der Südostgrube zurücksteht. 

Dieses neuentdeckte Vorkommen hält sich nach der ersten Mit- 
teilung des genannten Autors (1910) etwa 30 m im Liegenden der 
theoretischen Streichlinie des Hauptkainitvorkommens. Diese Ansicht 
wurde noch dadurch bestätigt, daß am II. Horizont der letzte 
Hangendquerschlag in mehr als 20 m Horizontalabstand vom Sylvin- 
lager eine bauwürdige, bis zirka 6 m mächtige und im Hangenden 
lokal von Sylvinschmitzen begleitete Kainitlinse erschloß, deren Be- 


1) Prof. NiedZwiedzki bemerkte in seiner Arbeit vom Jahre 1891: „Es 
ist nicht gut tunlich, diese Kainitpartie (der Südostgrube) etwa als reduzierte Fort- 
setzung des untergetauchten Kainitlagers anzunehmen, denn ein Zusammenhang 
könnte da nur vermittels einer knieförmigen Einbiegung quer durch die Salzton- 
schichten statthaben, deren Annahme etwas unwahrscheinlich ist. Immerhin muß 
man dies als eine Möglichkeit im Auge behalten, deren Eintreten es tunlich machen 
würde, das Kaluszer Kalisalzvorkommen als ein einziges Lager zusammenzufassen, 
welches im Nordwesten aus Kainit, im Südosten ganz vorwaltend aus Sylvin zu- 
sammengesetzt erscheinen würde.“ 


[5] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz. 175 


schaffenheit völlig mit jener des Hauptkörpers stimmt. Am ersten 
Horizont trifft man in entsprechender Position nur einen Sylvinschmitz 
an, was als interessanter Hinweis auf die Möglichkeit vikariierenden 
Auftretens der beiden Salze Erwähnung verdient. 


2. Das untere Sylvinlager der südwestlichen Gruben- 
abteilung. 


Eine weitere unerwartete Modifikation des bisherigen Lagerungs- 
bildes der Kaluszer Lagerstätten ergab sich durch die Resultate einer 
im südwestlichen Salinenterrain bis 400°8 m niedergebrachten Bohrung, 
deren günstiges Ergebnis zum Abteufen des 270 m tiefen „Neuen 
Schachtes“ führte. Der Tagkranz des letzteren liegt in gleicher Höhe 
mit jenem des Schachtes Nr. IV und ist in fast genau südwestlicher 
Richtung 235 m von letzterem entfernt. | 

Die von Prof. NiedZwiedzki im „Kosmos“ 1910 zur Pu- 
blikation gebrachten Proflldaten weichen in einigen, allerdings nicht 
wesentlichen Details von den Eintragungen in den mir gezeigten 
Profilen der Salinenverwaltung ab, ich gebe daher zum Vergleiche 
beide nebeneinander wieder: 


Profil im Neuen Schachte, 235 m SW vom Schacht Nr. IV. 


Nach den Eintragungen ’ Nach 

der Salinenverwaltung Meta Meter | Prof. Niedzwiedzki 
Humusdecke, gipsfüh- | 

rende Hangendtone mit | 

zerrissenen Sandstein- 

partien . . . PUR 0—107 0—127 |Gipsführende Hangend- 
Salztone, mit Sandstein- tone. 

einlagerung in 123 bis 

127 m Tiefe... . .| 107—135 127—135 |Salzton. 

Kalireicher Salzton . .| 135—142 135—142 |SylvinführendeZone 
BUIWINIL. „ .. ev BA2— 1495 der SO-Grube. 
Salzton - .......[142:5—1543| 142-153 |Salzton. 

Kainit (= Haupı+- 

Kainitlinse). . .. | 154°3—155'1| 153—ca. 156 |Kainitzone. 
Kalireicher Salzton . . | 155'1—156°3 


Salzton mit NaCl-Gehalt 
bis 66°/, (= Zone der 
Laugwerke in den ob. 
Horizonten der Saline) | 156'3— 234 156—237 |Salzton. 


Unteres Sylvinlager .| 234-252 237-250 |UnteresSylvinlager., 


Armer Salzton, einige Salzton mit geringem 
Meter Sylvingehalt. 
sandigglimmeriger Schie- 
Belgien... .... bis 270 | bis 270 Grünlicher Schieferton 
mit geringem Salz- 
| gehalt. 


In der benachbarten Bohrung, deren Ausführung der Anlage 
des Schachtes vorhergegangen war, hatte man das untere Sylvinlager 
in der Tiefe 257’5—265°5 m durchstoßen. Darunter traf man 42 m 


176 Dr. Franz Kossmat. [6] 


Salzton mit 3°), NaC!, dann 203 m schlüpfrige Letten, O'4 m Sand- 
stein und schließlich bis zur 400'8 m tiefen Bohrlochsohle salzfreie, 
etwas sandige Schiefertone mit kleinen Anbydritnestern. 

Im neuen Schachte zeigte das seither auch durch eine Strecke 
in 230 m Tiefe aufgeschlossene untere Sylvinlager, das ich hier genau 
besichtigen konnte, ein Einfallen von 37° nach SW und wies nach 
den amtlichen Aufzeichnungen folgende Zusammensetzung auf: 


Unlöslicher 
eng | EG U Nacı.| \10a8o,! men 
Obere Partie, 234 bis 
DADEIME a 16°70°), 4577 2,875 3:64 474 
Untere Partie, 246 bis . 
DD 25'06°/, 2402 3725 1:98 551 


Der mittlere Gehalt an KCl entspricht also ungefähr der von 
NiedZwiedzki zuerst mitgeteilten Ziffer von 39°), (= etwa 24°), K,0) 
Ca 4m (nach Niedzwiedzki nur 2'2 m) über dem Hauptlager ist 
dem Salzton noch eine etwa 1 m mächtige, sehr reine Lage von grob- 
kristallinem, weißen Sylvin eingeschaltet, die aber nur lokal entwickelt 
sein dürfte. 

Sie enthält, bei 130° getrocknet, nach einer im I. chemischen 
Laboratorium der Lemberger Universität ausgeführten Analyse (zitiert 
nach Niedzwiedzki 1912): 


Prozent 
Be er 
Na u REED 
BER UR, Au 35 
H:0 . iR ORT 


Umlolieher Ruckstand‘ 11:67 


Das mächtige Sylvinlager des Neuen Schachtes 
befindet sich, wie aus den obigen Profilen hervorgeht, 
sehr nahe dem Liegenden des ganzen Haselgebirges und 
ist von der Kainitzone durch rund 80 m (wahre Mäch- 
tigkeit etwa 65 m) Salzton getrennt. 

Prof. NiedzZwiedzki faßt es daher als ein selbständiges, 
wahrscheinlich auch vom Liegendsylvin der Nordwestgrube ver- 
schiedenes Vorkommen auf, denn der letztere wird trotz seiner Lage 
unter dem Kainit noch immer von ziemlich mächtigem salzreichen 
Haselgebirge unterlagert, in welchem Laugwerke angelegt sind. 

Die oberen Horizonte der Saline haben im ‚östlichen Gruben- 
abschnitte bisher nirgends einen Liegendsylvin erschlossen, obwohl 
mehrere Schläge das Haselgebirge der Laugwerkszone bis nahe zur 
Liegendgrenze queren; nur durch einen nordöstlich vom neuen Schacht 
abgeteuften Blindschacht wurden unter dem IV. Horizont in 155 m 
Tiefe sylvinitische Salztonlagen getroffen, welche vielleicht dem Liegend- 
zug der SW-Grube angehören, obwohl der Abstand zwischen ihnen 
und dem leitenden Kainitzug bedeutend geringer ist. 


177 


Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz. 


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23 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (Fr. Kossmat.) 


178 Dr. Franz Kossmat. [8] 


Besonders interessant ist es, daß eine 370 m SSW vom Neuen 
Schacht abgeteufte spätere Bohrung I der Gewerkschaft „Kali“ den 
Liegendsylvin gleichfalls antraf. 

Die Hauptresultate sind nach dem mir in liebenswürdiger Weise 
zur Einsicht vorgelegten Profil folgende: 


00— 20m Humus. 
2:0— 11:5 m Schotter. 
11-5— 78'2 m grauer Letten ohne Salz, mit Gips- 
schmitzen gipsführende 
78'2—148°0 m grauer Ton, trocken, locker, mit Hangendtone. 
Gipspartien, bis 1%, NaCl 
148-0—195'6 m grauer armer Salzton mit Kalispuren. 
195°6—472°5 m reicher Salzton mit Kalispuren in verschiedenen 
Schichten, besonders in 224 m Tiefe. Anhydritschmitzen 
in 396 und 401 m Tiefe. 
472:5—473'1 m Sylvin (= Liegendsylvin des Neuen Schachtes). 
473-1 —503'4 m lockere rote Schiefertone mit Gipsadern und Rutsch- 
streifen. 
503:4—504°85 m Sandsteinplatte (vgl. die ca. 25 m unter dem Sylvin 
angetroffene Sandsteinplatte in der Bohrung beim 
Neuen Schacht). 


Darunter vorwiegend graue glimmerige Schiefertone, Tonmergel 
und Sandsteine, lokal mit Gasausströmungen. 

In einer Tiefe von 498—499’3 m fand man in den glimmerigen 
grauen Schiefertonen kohlige Pflanzenspuren und Conchylienschalen 


(vgl. pag. 181). 


Tektonische Erscheinungen im Kaluszer Salzgebirge. 


Auf Grund der gegenwärtigen Aufschlüsse kennt man also Ein- 
schaltungen von Kalisalzen in sehr verschiedenen Teilen des Hasel- 
gebirges von Kalusz und kann unter bloßer ‚Berücksichtigung des tat- 
sächlichen Befundes folgende von Prof. Niedzwiedzki ausgeschiedene 
Zonen feststellen: 


1. Hangendsylvin der Südostgrube. 

2. Kainitzone der zentralen und nordwestlichen Grubenpartie. 

3. Sylvin der Nordwestgrube, im Liegenden des Kainits, aber 
noch im Hangenden der salzreichen Tone. 

4. Unterer Sylvin des Neuen Schachtes nahe dem Liegenden 
des ganzen Haselgebirges. 


Obgleich auch in den klassischen Kalisalzlagern des deutschen 
Zechsteins die sogenannten „Abraum“salze nicht immer entsprechend 
dem Typus Staßfurt einen geschlossenen Komplex im Hangenden einer 
mächtigen unteren Anhydrit- und Salzgruppe darstellen, sondern mit- 


[9] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz. 179 


unter getrennte Einschaltungen innerhalb des Haselgebirges bilden !), 
ist doch ihre Erscheinungsform in Kalusz besonders seit der Ent- 
deckung des „Liegend“-Sylvins der Südwestgrube so eigenartig, daß 
man sich im Hinblick auf die geologischen Verhältnisse des Karpathen- 
vorlandes die Frage vorlegen muß, ob nicht diese Anomalien wenigstens 
zum Teil auf tektonische Ursachen zurückzuführen sind. Tatsächlich 
liefern die Grubenaufschlüsse genug Anhaltspunkte, um die Berech- 
tigung dieser Frage darzutun. 

1. Als Beispiel für eine intensive Faltung im salzführenden 
Gebirge von Kalusz erscheint mir von besonderer Wichtigkeit ein 


Fig. 2. 


— m 
ee = —— —ter en — 
3 a  — = —— —ı 
— — — 45 — 
e— —, nah RI DrET > 
ze RE MALEREI —_ 
HEFTE FE - — 
EEE TE er =: as 
FRRSHR MET San 
— Ba N DEREN ELTE RP 


Ostwand der Abbaukammer IV im III. Horizont, Kalusz. 
Länge der dargestellten Partie zirka 6—7 m. 


Punktiert sind die hellen Kainitzonen, weiß gelassen die grauen mehr mit Salzton 
vermengten Lagen, gestrichelt die Salztone des Hangenden und Liegenden, 


Aufschlußbild, das ich am 19. April v. J. gelegentlich einer zweiten 
Befahrung des III. Horizonts am östlichen Ulm der schräg im Lager 
ansteigenden Abbaukammer IV beobachten konnte. Der hier in senk- 
rechter Wand geschnittene östliche Teil der großen Kainitlinse besteht 
aus einem feinstreifigen Wechsel dunklerer tonreicher mit hellen 
reineren Lagen und zeigt sehr deutlich den Bau eines nach Nord- 
osten überkippten und geschlossenen Sattels, in welchem besonders 


') Vgl. z. B. Dr. Kurt Beck, Petrographisch-geologische Untersuchungen 
des Salzgebirges an der oberen Aller im Vergleich mit dem Staßfurter und 
llannoverischen Lagerstättentypus. Zeitschr. f. prakt. Geologie 1911, pag. 289 ff., 
besonders pag. 299. 


2* 


180 Dr. Franz. Kossmat. [10] 


die inneren Bänder durch scharf ausgezogene, förmlich geflossen er- 
scheinende Detailfalten auffallen, während die äußeren Lagen mit 
einem einfachen Knie aus dem äußerst flach liegenden Hangendschenkel 
in den etwa 40° SW fallenden Liegendschenkel umbiegen. Hangend- 
und Liegendsalzton dieses keilförmigen Kainitsattels 
vereinigen sich imoberen TeilderAbbaukammervöllig 
bruchlos miteinander. | 


Daß an dieser Stelle die bekannte Linsenform des 
Kainitkörpers nicht mit der Art der Ablagerung, son- 
dern mit der Tektonik einer überfalteten plastischen 
Schichtgruppe zusammenhängt, erscheint mir völlig 
klar. 

Ein analoges, nur in untergeordneten Einzelheiten abweichendes 
Faltenbild läßt sich am anderen Ulm der 6 m breiten Abbau- 
kammer wahrnehmen, ebenso konnte ich in westlicher gelegenen 
Querschnitten (zum Beispiel Abbaukammer IX) ähnliche Bilder nach 
Norden überschlagener Falten deutlich sehen, obwohl die Zeit zu 
einer systematischen Verfolgung des interessanten Phänomens leider 
nicht ausreichte }). 


2. Für den Faltenbau zwar nicht beweisend, aber mit ihm in 
ausgezeichneter Übereinstimmung ist die Tatsache, daß man im 
II. Horizont das keilförmig zugeschärfte, schließlich nur mehr zirka 
/, m mächtige Westende der Kainitlinse sowohl im Hangenden als 
auch im Liegenden deutlich von einer mehrere Zentimeter starken 
Anhydritschnur begleitet sieht. 

Herr Ing. Majewski teilte mir, als ich ihm gegenüber auf 
Grund der erwähnten Beobachtungen meine Ansicht von der Über- 
faltung der Kainitzone aussprach, noch in der Grube mit, daß auch 
im IlI. Horizont die gleichen Verhältnisse in mehreren Abbaukammern 
zu beobachten sind und konnte mir eine derartige Stelle zeigen. 
Auch Prof. NiedZwiedzki bemerkt in seiner Arbeit 1912: „Fast 
konstant wird der Kainit sowohl im Hangenden als auch im Liegenden 
begleitet von einer 1—3 cm dicken, oft gekrümmten und zerfetzten 
Platte von dichtem Anhydrit, welche natürlich auf den Streckenwänden 
als ein schmales Band erscheint. Selbe setzt auch bei stärkster Ver- 
taubung des Kainitlagers fort und hilft dann dessen Verlauf ver- 
folgen.“ 


3. Einen sehr wichtigen Beitrag zur Lösung der Frage erblicke 
ich auch im Ergebnis einer 360 m NNW vom Neuen Schachte ent- 
fernten, also im Einfallenden der nordwestlichen Sylvinstrecken aus- 
geführten Bohrung (ärarische Bohrung ]), deren Resultate meines 
Wissens nicht verwertet sind. 


1) Prof. NiedZwiedzki schreibt 1912 über das Kainitlager: „Gewöhnlich 
tritt in ihm eine unvollkommen schichtige Struktur zum Vorschein, oft nicht 
geradlinig, sondern mehr oder weniger wellig, hie und da gekrümmt, ja auch fast 
konzentrisch schalig.* 

Vielleicht bezieht sich die letztere Bemerkung auf einen Teil der oben 
erwähnten Aufschlußbilder. 


[11] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz. 181 


0:0—142°0 m Quartärschotter, grauer Letten und Schiefer- 

tone(=gipsführendeHangendtone des 
Neuen Schachtes etc.). 

142:0—-152:0 m Salzton mit 150%, NaCl. 

152:0— 1820 m Salzton mit Kalisalzen. 

182:0— 2500 m Salzton mit 15%, Nadl. 

250°0— 2725 m grauer Schieferton mit Gips. 

2725—317'0 m Salzton mit 52%, NaCl. 

317'0—378°6 m grauer Schieferton mit Gips. 

378:6—414°'8 m Salzton ohne Salz. 

414'8--416°0 m „Schotter“ (?). 

416° 0— 4509 m Salzton. 


Auf ein Profil eingetragen kommt die kaliführende Region 
(152—182 m) genau in das Einfallende der Kainit-Sylvinzone der 
nordwestlichen Grubenabteilung. Uber ihre Beschaffenheit gab das 
Bohrloch keinen Aufschluß, da nur mit NaCl-Spülung gearbeitet wurde 
und dadurch jedenfalls ein Teil der leicht löslichen Kalisalze vom 
Spülwasser ausgelaugt wurde. Erwägt man, daß in allen bekannten 
Profilen der Kaluszer Grube die gipsführenden Tone das bezeichnende 
Hangendgestein darstellen, so ist ihr zweimaliges Auftreten im Liegen- 
den des kaliführenden Haselgebirges entschieden geeignet, die bereits 
durch das Verhalten des Kainitkörpers nahegerückte Annahme einer 
intensiven, überkippten Faltung ganz wesentlich zu stützen. Das Profil 
der Nordwestgrube ist unter diesem Gesichtspunkt etwa nach dem 
in Fig. 3 dargestellten Schema zu deuten. 


4. Das bereits erwähnte Bohrloch I der Kaligesellschaft hat 
zwischen den Hangendtonen und den gleichfalls als gipsführend be- 
zeichneten roten Liegendtonen das Salzgebirge in einer scheinbaren 
Mächtigkeit von 325 m durchfahren, während in dem 370 m weiter 
nordöstlich gelegenen Profil des Neuen Schachtes auf die gleiche 
Region nur 150 m — bei Annahme der von Prof. NiedZwiedzki vor- 
genommenen Abtrennung einer salzfreien oberen Zone des Hasel- 
gebirges sogar kaum 130 m — entfallen. 

Eine derartig rasche Zunahme in den Neigungsverhältnissen, dab 
sie genügen würde, diese gewaltige Differenz zu erklären, ist bei den 
Kaluszer Verhältnissen ausgeschlossen, besonders da die seichte Lage 
der Hangendgrenze des Haselgebirges im erwähnten Bohrloche gerade 
eine zunehmende Verflachung des Fallwinkels beweist, wie sie ja 
auch im Grubenbau deutlich konstatiert wurde. 

Anderseits wäre eine rasche Veränderung der Ablagerungs- 
mächtigkeit bei einem so homogenen Sediment, wie es die dortigen 
Salztone sind, nicht wahrscheinlich. Hingegen ist bei Annahme über- 
kippter Faltung die Verbreiterung mit zunehmender Entfernung vom 
Antiklinalknie, also in der Richtung gegen Südwest, etwas nahezu 
Selbstverständliches. Unbedingt halte ich die große Mächtig- 
keitszunahme in der Fallrichtung des Haselgebirges 
für einesekundäre, tektonisch veranlaßte Erscheinung. 

Das Profil des Neuen Schachtes ist gleichfalls geeignet, diese 
Annahme zu unterstützen, da die oberen kalisalzführenden Lagen 


182 Dr. Franz Kossmat. [12] 


nahezu horizontal liegen, während der liegende Teil des Haselgebirges 
samt dem unteren Sylvinitlager mit einem Winkel von ungefähr 37° 
gegen SW einfällt. 


Theoretisches Profil durch das ärarische Bohrloch Nr. 1 und die nord- 
westliche Abteilung der Grube von Kalusz. 
Maßstab für Höhe und Länge = zirka 1:4000. 
a, = graue Letten und Schiefertone (= gipsführende Hangendschichten). 
b, = Salzton mit 15°/, NaCl und Einlagerungen von Kalisalzen. (X — Kainit-, 
— Sylvinlager der nordwestlichen Strecken.) 


a, = grauer Schieferton mit Gips. 
b, — Salzton mit wenig Salz. 

a, = grauer Schieferton mit Gips. 
b, = Salzton. 


I und II = I. und II. Grubenhorizont. 


5. Daß starke Bewegungen stattgefunden haben, deren Wirkungen 
im allgemeinen nur durch die plastische Anpassung der Salztone an 
die herrschenden Druckverhältnisse verschleiert sind, wird ferner be- 


[13] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz. _ 183 


stätigt durch die von Herrn Grubenverwalter Turkiewicz beim 
Abteufen des Neuen Schachtes gemachte Beobachtung, daß die im 
gipsführenden Hangendton eingeschalteten Sandsteinbänke zerrissen 
sind und oft als förmliches Riesenblockwerk in der nachgiebigen 
Masse schwimmen. 

Wo ich den Hangendton in der Grube beobachten konnte, ist 
er durch zahlreiche Druckflächen in einen schlüpfrigen, von einem Ge- 
wirre sekundär auskristallisierter Gipslamellen durchzogenen Schiefer- 
letten verwandelt. 

6. Am östlichen Ende der Sylvinzone im II. Horizont sieht man 
das Lager durch eine ca. 70° südfallende Rutschfläche gegen die 
stark zerdrückten, gipsführenden Hangendschiefertone begrenzt. Die 
noch in einem weiter westlich getriebenen Querschlag mit bedeutender 
Mächtigkeit zwischen Sylvinit und Gipston dur£hstreichenden Salztone 
sind hier verschwunden, also jedenfalls durch die erwähnte Störungs- 
fläche abgeschnitten. Ein kurzer, in geringer Entfernung vom östlichen 
Ende der Strecke gegen Nord geführter Liegendschlag tritt aus dem 
hier ziemlich flach wellig gelagerten Sylvin wiederum in zerquetschte 
gipsführende Tone ein, die sich vom Dach in die Sohle der Strecke 
herabziehen, also den Sylvin auch auf der Nordseite begrenzen. 


Da diese Stelle bereits in die auf den Grubenkarten einge- 
tragene, durch westlicher gelegene Querschläge angetroffene untere 
Grenzlinie des Salzgebirges fällt, gewinnt man den Eindruck, daß sich 
Hangend- und Liegendton hier vereinigen. Freilich könnte es sich in 
diesem Falle auch um eine bloße Verdrückung der Lagerstätte und 
eine dadurch bewirkte scheinbare Verschmelzung von echtem Han- 
genden mit echtem Liegenden handeln. Jedenfalls taucht die obere 
Grenzlinie der Sylvinlinse gegen Osten tiefer, womit sich der Miß- 
erfolg der in dieser Richtung getriebenen Untersuchungsstrecke im 
zweiten Horizont erklärt. 

Bei der großen Bedeutung, welche der stratigraphischen Be- 
ziehung zwischen Hangend- und Liegendtonen für die tek- 
tonische Deutung der Kaluszer Lagerstätte zufällt, ist es mißlich, daß 
für eine sichere Erledigung dieser Frage das vorliegende Material 
trotz der neuen Daten nicht ausreicht. 


Im westlichen Grubenteil zeigen die Angaben über die ärarische 
Bohrung Nr. I sehr auffallende Übereinstimmung dieser Komplexe, 
da beide als gipsführende Schiefertone bezeichnet werden. 

Der vom Neuen Schacht in 230 m Tiefe gegen Osten getriebene 
Querschlag zeigt im Liegenden des unteren Sylvin ohne scharfe 
Grenze ein graues, von schmalen roten Sylvinschmitzen durchzogenes 
Haselgebirge, hierauf eine wenige Meter starke Zone schwach salz- 
führender Tone und schließlich grauen, noch etwas salzig schmeckenden 
Schieferton mit rötlichen sandigen Linsen. Diese von zahlreichen 
glänzenden Druckflächen durchzogenen Liegendschichten weisen dünne 
Salz- und Gipsadern auf. Sie müssen entschieden den im Bohrloche I 
der Kaligesellschaft zwischen 473 und 503 m angetroffenen gipsführenden 
roten Tonen parallelisiert werden, besonders da auch die dort er- 
wähnte Sandsteinplatte vorhanden ist. In den tieferen Partien des 


184 Dr. Franz Kossmat. [14] 


Liegendgebirges werden von Niedzwiedzki kleinere Anhydrit- 
nester angegeben. 

Irgendein greifbarer petrographischer Unterschied zwischen Han- 
gend- und Liegendschichten scheint nirgends vorhanden zu sein, da 
beide vorwiegend aus grauen und rötlichen Schiefertonen mit Sand- 
steineinlagerungen bestehen. Tietze schreibt bezüglich der auch an 
anderen Stellen der subkarpathischen Miocänzone oft angeführten 
roten oder bunten Tone ausdrücklich: „Bei Kalusz existieren der- 
gleichen aber sicher im Hangenden der salzführenden Bildung, 
während freilich, wie früher erwähnt wurde, nach einer älteren An- 
gabe auch als Liegendes dieser Bildung solche Tone vorkommen 
sollen“. (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 118.) 


Tatsächlich wurde auch mir in der Salinenverwaltung mitgeteilt, 
daß ein Liegendschlag am II. Horizont unter dem Haselgebirge rote 
Schieferletten mit Gips antraf und daß die gleichen Schichten in 
analoger Stellung am ersten Horizont beobachtet wurden. 

Gewiß bedeutet bei der monotonen Ausbildung der subkar- 
pathischen Tertiärbildungen petrographische Analogie noch nicht 
stratigraphische Identität, aber zusammengehalten mit den übrigen 
Erscheinungen muß sie jedenfalls beachtet werden. Daß in dem so 
stark gestörten und häufig wasserführenden !) Hangendgestein niemals 
Anhydrit, sondern nur Gips, meist in regelloser Verteilung auftritt, 
braucht keinen ursprünglichen Unterschied zu bedeuten. 

Nachdem ich bereits bei der zweiten Grubenbefahrung gegenüber 
den Herren Ing. Majewski und Gawronski auf Grund der 
Lagerungsverhältnisse in der Kainitregion die Frage der Falten- 
überkippung aufgeworfen hatte, bekam ich im Lemberger Bureau der 
Kaligesellschaft fossilführende Bohrkerne aus den Liegendtonen (Tiefe 
498—499-8 m ihres Bohrloches I) zu Gesicht. 

Eine Anzahl von Proben aus diesem Horizont waren an das 
geologische Institut der Universität Lemberg eingesendet worden, wo 
sie Dr. W. von Friedberg einer Bestimmung unterzog. Er führt 
folgende Arten an: 


Ervilia pusilla Phil., einige Exemplare 

Cardium vindobonense Partschh, ein Exemplar 
a af. hispidum Eichw. 

Pecten sp., vielleicht Pecten Koheni Fuchs 


und schreibt weiter: 


„Die angeführten Arten erlauben einen sicheren Schluß, daß die 
sie enthaltenden Tone jünger als Burdigalien (untermiocän) sind. Ich 
habe zwar bis jetzt kein Profil der Bohrung bekommen, es wurde mir 
aber mitgeteilt, daß die in der Tiefe von 500 m angebohrten Tone 
unter Kalisalzlagen liegen. Da wir keinen Grund zur Annahme haben, 
daß die Fossilien enthaltenden Tone überkippt sind, müssen wir nicht 
nur ihnen, sondern auch der darüberliegenden Salzformation ein jJung- 


!) Vgl. E. Tietze, Jahrb. 1893, pag. 97. 


[15] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Katusz. 185 


miocänes Alter zuschreiben.“ („Einige Bemerkungen über das Miocän 
in Polen.“ Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1912, pag. 38561). 

Ich habe kein Urteil über die stratigraphische, Stellung der 
galizischen Salzformation, die man im allgemeinen als Aquivalent des 
zwischen die zweite und erste Mediterranstufe gestellten „Schlier“ 
bezeichnet. Aus der Mitteilung von W. v. Friedberg und speziell 
aus der Klausel: „da wir keinen Grund zur Annahme haben, daß die 
Fossilien enthaltenden Tone überkippt sind“ entnehme ich aber, daß 
die Fauna dieser im Bohrprofil als gipsführend bezeichneten Tone 
ganz gut dem stratigraphischen Hangenden des Salzgebirges ent- 
stammen könnte und jedenfalls auf keinen alten Horizont der sub- 
karpathischen Tertiärformation hinweist, wie es die im sicheren 
Liegenden des Salzgebirges zu erwartenden „Dobrotower“ Schichten sind. 

Wichtig erscheint mir ferner die Tatsache, daß in Rumänien 
die Bänke mit Ervilia pusilla das Hangende der Salzformation charak- 
terisieren und von den dortigen Geologen an die Grenze zwischen 
II. Mediterranstufe und sarmatischen Schichten gestellt werden. 
(G. M. Murgoci, Tertiary Formations of Oltenia with regard to 
salt, petroleum and mineral springs. Journal of Geology, vol. XIII, 
Chicago 1905, pag. 686, 693.) 


Eine endgültige Entscheidung über die stratigraphische Identität 
oder Verschiedenheit der Kaluszer Liegend- und Hangendtone wird 
allerdings erst möglich sein, wenn auch aus den letzteren Fossilfunde 
vorliegen werden. 


Vorderhand spricht der paläontologische Befund nach meiner 
Ansicht für jene tektonischen Schlußfolgerungen, zu denen mich die 
Lagerungsverhältnisse des dortigen Salzgebirges geführt haben. 


Vermutliche Tektonik der Kainit- und Sylvinlager. 


Zur Orientierung über das gegenwärtige Verhalten der einzelnen 
Kalisalzkörper eignet sich am besten die bereits im einleitenden 
Teile besprochene zentrale Kainitlinse, welcher nach den von mir ge- 
sehenen Aufschlüssen im III. Horizont der Bau einer liegenden Falte 
zukommt. Die Scheitelregion der letzteren liegt am höchsten, nämlich 
etwas über dem ersten Horizont, in der Umgebung des Schachtes 1V 
und sinkt dann sowohl gegen NW als auch SO allmählich herab. In 
der Nordwestgrube kann man die im Hangendschlag des II. Horizontes 
angetroffene westliche Kainitlinse durch das Wiederemportauchen 
dieses Faltenscheitels erklären. In der Südostgrube hingegen sinkt 
letzterer tiefer, so daß er am III. Horizont etwa 200 m südlich vom 
IV. Schacht liegt und gegen den IV. Horizont noch weiterhin schräg 
hinabsteigt. 


!) Auch V. Hilber, Geologische Studien in den ostgalizischen Miocän- 
gebieten, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1882, stellte die mit den podolischen Gipsen 
vergesellschafteten Ervilienschichten in die zweite Mediterranstufe, pag. 306 u. 307. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (Fr. Kossmat.) 24 


186 Dr. Franz Kossmat. [16] 


Schon im III, noch deutlicher aber im IV. Horizont und im 
Neuen Schacht zieht sich über den östlichen Teil des großen Kainit- 
körpers als schmale Bank der letzte Ausläufer des Hangendsylvins, 
welcher nun gegen Osten rasch emporsteigt und an Mächtigkeit zu- 
nimmt. Die im XVII. Gesenk vom II. bis unter den II. Horizont 
sichtbare Kainiteinschaltung innerhalb des Sylvinlagers ist nicht kurz- 
weg als Fortsetzung der Hauptlinse zu betrachten, da sie am 
IV. Horizont und im Neuen Schacht ganz deutlich deren Hangendes 
bildet. Trotzdem scheint aber eine enge Wechselbeziehung in dem 
Sinne zu bestehen, daß in jener Region, wo die Ablösung des zen- 
tralen Kainitkörpers durch den östlichen Sylvin erfolgt, ein Alternieren 
der beiden genannten Bänder stattfindet. 

Die hangende Kainit-Sylvinzone liegt am IV. Horizont zum Teil 
beträchtlich mehr als 10 m über dem Hauptkainit, während nach 
Prof. Niedzwiedzki am III. Horizont der Abstand nur mehr 3—5 m 
beträgt. Es könnte nicht auffallen, wenn die trennende Salztonlage nach 
Osten und zugleich nach oben ganz auskeilt, so daß von da ab die 
Sylvinzone mit dem eingeschalteten Kainit die fazielle Vertretung 
‘ des zentralen Kainitkörpers darstellen würde. Vielleicht gehört der 
am XVII. Gesenk aufgeschlossene und ober dem II. Horizont rasch 
auskeilende Kainitstreifen inmitten des Sylvins sogar zum Kern der 
liegenden Falte, womit das von Waibla gezeichnete Profil des XVII. 
Gesenkes schön übereinstimmen würde. 

Wir könnten so den Kainit und den östlichen Sylvinzug als eine 
zusammengehörige Kalisalzzone auffassen, welche sich in den tieferen 
Horizonten durch Einschiebung von Salzton spaltet, wobei der Sylvin, 
so weit er überhaupt reicht, die Oberbank darstellt. 

Vergleichen wir aber mit diesem Lagerungsbild 
des IV. Horizonts und des Neuen Schachtes die Auf- 
schlüsse in anderen Teilen der Grube, dann liegt ange- 
sichts der Tatsache einer überkippten, enggepreßten 
Faltungim Kalisalzkörper der östlichen Region die 
Schlußfolgerung sehr nahe, daß der „Liegendsylvin* 
unter dem Kainitkörper der nordwestlichen Strecken 
nichts anderes ist alsein Stück des überkippten Gegen- 
flügels zum Hangendsylvin der Südostgrube. 

Da Gebilde wie die Salztone bei einigermaßen intensiver Faltung 
in sehr hohem Grade deformierbar sind, kann es nicht Ver- 
wunderung erregen, wenn in ihnen einzelne Schichten, wie es zum 
Beispiel bei den kaliführenden Lagen deutlich ist, nicht nur in ihrem 
gegenseitigen Abstand wechseln, sondern auf weite Strecken, einmal’ 
im Hangend-, ein andermal im Liegendschenkel zerrissen oder abge- 
schnürt sind, ohne daß die Spur einer Ablösungsfläche sichtbar wird. 
Auch die kleinen Detailfalten des Kainits lassen derartige Erscheinungen 
beobachten. Die ganze Masse der Kaluszer Salztone ist ja an sich 
eine förmliche Breccie, deren zahllose Klüfte durch das bewegliche, 
leicht umkristallisierende Salz ausgefüllt sind. ; 

Die im Sylvin der Südostgrube auffallende perlschnurartige An- 
einanderreihung der durch ärmere, tonige Lagerabschnitte voneinander 
getrennten bauwürdigen Linsen muß ich als Begleiterscheinung von 


[17] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz. 187 


Bewegungen im Salzgebirge auffassen, da die großkristallinische Aus- 
bildung und größere Reinheit der reichsten, meist durch Mitvorkommen 
von blauem Steinsalz ausgezeichneten Nester, ihre mitunter fast 
drusenartige Anordnung, die mir besonders in einzelnen Partien des 
unteren Lagers am Neuen Schacht auffiel, eine Stoffwanderung aus 
stärker gequetschten gegen mehr gelockerte Striche wahrscheinlich macht. 

Man wird vielleicht die große Trockenheit der Salztone als 
Argument gegen derartige Umlagerungsvorgänge einwenden; ich 
glaube aber, daß dazu sehr geringe Feuchtigkeitsmengen genügen, 
die leicht zur Verfügung standen, da ein beträchtlicher Teil der 
primären Abraumsalze nicht nur reich an Kristallwasser, sondern 
auch in hohem Grade hygroskopisch ist. 

Kainit und Sylvin sind nach den Erfahrungen in den deutschen 
Kaligruben als häufige Umsetzungsprodukte carnallitisck-kieseritischer 
Primärsalze bekannt und es fehlt in Kalusz wenigstens nicht ganz an 
Anzeichen derartiger Entstehungsweise. So erwähnt auch Tietze am 
III. Grubenhorizont als theoretisch interessant zwei getrennte Car- 
nallitvorkommen im Liegendteil des Hauptkainitlagers südöstlich und 
nordwestlich des Grubenschachtes Hingenau (Jahrb. 1893, pag. 101 
und 102), ferner kleine Carnallitvorkommen in einem beiläufig von 
der Sohle des genannten Schachtes auf 30 m tonnlägig abgeteuften 
Gesenke (Jahrb. 1896, pag. 24). 

Bei Annahme sekundärer Entstehung aus Gemischen von Ab- 
raumsalzen und Kochsalz würden sich manche Unregelmäßigkeiten des 
Verhaltens von Salzton, Kainit und Sylvin innerhalb der kaliführenden 
Zone leichter erklären. Es wäre auch nicht auffallend, wenn die 
beiden letztgenannten Salze teilweise vikariierend für einander auf- 
treten, da dies in deutschen Kalisalzlagern wiederholt beobachtet 
wurde, wie schon das allgemein bekannte Staßfurter Profil ‚zeigt. 

Für die schwierige Beantwortung der Frage nach der Stellung 
des neuentdeckten Liegendsylvins der südwestlichen 
Grubenabteilung könnte dieser Umstand von Bedeutung sein. 

Stellt man sich auf den Standpunkt, daß tektonische Wieder- 
holungen in der Kaluszer Lagerstätte vorhanden sind, dann wird 
man dazugeführt, den in so eigentümlicher Lage, fast unmittelbar am 
Liegenden der ganzen Salztonablagerung auftretenden unteren Sylvin 
als Bestandteil eines überkippten Faltenschenkels aufzufassen. 

Damit würde auch die anscheinende Anomalie verschwinden, 
daß der mächtige untere Sylvin des Neuen Schachtes nur von einigen 
Metern eines sehr armen Salztones (3%, NaÜl) unterteuft wird, was 
bei Ablagerungen von Abraumsalzen jedenfalls befremden muß. 

Angesichts des starken Mächtigkeitswechsels der Salztone ist es 
möglich, an eine eventuell durch einzelne Schmitzen hergestellte 
Verbindung mit dem in der Nordwestgrube am I. und II. Horizont 
ausgerichteten Lager zu denken, da beide unter Berücksichtigung des 
Fallwinkels annähernd in die gleiche Linie fallen. Bei dieser An- 
nahme vermißt man natürlich über dem Liegendsylvin des Neuen 
Schachtes einen inversen Kainitzug und muß sich die Frage vorlegen, 
ob ein solcher infolge von Verdrückung fehlt oder ob der Sylvin hier 
die gesamte Kalisalzzone repräsentiert. Groß genug wäre die Mäch- 

24* 


Dr. Franz Kossmat. [18] 


188 


EN ET =; en & S Ran 
ee ae 


ER 5 


I 


Profil durch die Grube von Kalusz 
in der @egend des XVII. Gesenkes, 
SW von Schacht IV. 


(Der Neue Schacht ist in die Bildebene projiziert.) 
Maßstab für Höhe und Länge —= 1:2500. 

a, = gipsführende Hangendtone mit zerrissenen Sandsteinlagen. 

b Salztone. 

S, = Hangendsylvin der Südostgrube, mit eingeschaltetem Kainit X,. 

K, = Fortsetzung der Hauptkainitzone des mittleren Grubenabschnittes. 

S, = Liegendsylvin des Neuen Schachtes (mit einem Hangendschmitz). 

@, = gips- und anhydritführende Liegendtone mit Sandsteinlagen. 


I, II, III, IV = Grubenhorizonte. 


| 


[19] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Kalusz, 189 


tigkeit, besonders da 4m über dem ca. 11 m mächtigen Hauptvor- 
kommen noch eine 1 m starke, grobkristallinische Sylvinitlage (Kristall- 
sylvin) angetroffen wurde. Auch zeigen die amtlichen Analysen im 
Hauptlager einen Gehalt von 478—5'51°/, MgSO,, so daß eine stoff- 
liche Beziehung zum Kainit vorhanden ist. 

Der Zusammenhang mit dem enggepreßten, liegenden Sattel 
der oberen Kalizone muß dabei nicht ein unmittelbarer sein, sondern 
kann durch erneuerte Sattelbildung und Zerreißungen kompliziert 
werden. 


Das Haselgebirge der Laugwerkzone. 


Wenn man die Profile vergleicht, welche sich im Neuen Schacht 
und im Bohrloch I der Kaligesellschaft ergeben haben, so fällt es, 
auf, daß die unmittelbaren Hangendschichten der oberen Kalisalzzone 
mit den entsprechenden Liegendschichten des unteren Sylvinlagers 
stoffliche Verwandtschaft zeigen. In beiden Fällen hat man es mit 
einem wenig mächtigen, geringprozentigen Salzton zu tun, der noch 
Spuren von Kalisalzen aufweist, während die als trennende Schicht- 
gruppe zwischen den beiden Kalizonen angetroffene Hauptmasse 
der Salztone durch höheren NaU!-Gehalt und wenig KÜl ausgezeichnet 
ist. DaB es sich bei letzteren Schichten um das wahre Liegende 
der oberen Kalizone handelt, ist völlig klar, gleichgültig, ob man für 
die Kaluszer Lagerstätte überkippte Faltung oder normale Aufeinander- 
folge annimmt. 


Schwierig ist hingegen die Frage nach der Stellung jener bis 
ca. 80 m mächtigen, hochprozentigen Salztone, welche in den oberen 
Horizonten der Saline das Liegendgebirge von der Kalizone trennen 
und durch eine Reihe von Laugwerken zur Sudsalzgewinnung ausge- 
beutet werden. Einerseits ist im mittleren Grubenteil durch den I. 
und IV. Horizont ihr Zusammenhang mit der mächtigen mittleren 
Salzzone des Neuen Schachtes (156—234 m) festgestellt, anderseits 
gewinnt man aber im Profil der Abbaukammer IV entschieden den 
Eindruck, daß am Scheitel des überfalteten Kainitsattels eine ununter- 
brochene Verbindung zwischen ihnen und den Hangendsalztonen 
besteht. 


Man kann sich vorstellen, daB durch Abreißen, beziehungsweise 
Ausschnürung der Kalizone zwischen der Scheitelregion der Anti- 
klinale und dem unteren Sylvin die Kommunikation zwischen dem 
jüngeren und dem älteren Salzton hergestellt und dadurch vielleicht 
ein Materialausgleich!) begünstigt wurde. Auch ist der hangende 
Salzton, wie ein von mir befahrener, aus dem Sylvin bis zum Gipston 
getriebener, zirka 100 m langer Querschlag im östlichen Grubenab- 


!) Damit würde ganz gut stimmen, daß auch das Haselgebirge der Laug- 
werkzone gewissermaßen mit Schmitzen von Kalisalzen verflößt ist. Trotz sorg- 
fältiger Behandlung enthält das Kaluszer Sudsalz nach Prof. Niedzwiedzki (1912) 
noch 0'1°/, Kali. 


190 Dr. Franz Kossmat. [20] 


schnitt (II. Horizont) zeigt, partienweise recht mächtig entwickelt, 
dabei freilich in seinen oberen Teilen sehr salzarm. Die alten Bar- 
bara-Laugwerke sollen aber, wie mir in der Salinenverwaltung mit- 
geteilt wurde, im Hangendton angelegt gewesen sein, was darauf hin- 
weisen würde, daß auch die letzteren lokal bauwürdiges Haselgebirge 
enthalten können. 


Schlußbemerkungen. 


Die obigen Erörterungen kurz zusammenfassend komme ich zur 
Schlußfolgerung, daß auf Grund der jetzigen Aufschlüsse in der 
Kaluszer Grube die Existenz bedeutender tektonischer Störungen 
durch Faltung anzunehmen ist. Besonders unter Berücksichtigung des 
überfalteten Sattels in der Kainitregion des zentralen Grubengebietes 
muß ich es als wahrscheinlich bezeichnen, daB der sogenannte 
Liegendsylvin der nordwestlichen Strecken und der untere Sylvin des 
Neuen Schachtes zum überkippten Gegenflügel des Hangendsylvins 
der östlichen Abbaue gehören. 


Es gibt Anzeichen, welche darauf hinweisen, daß sich die Über- 
faltung nicht nur innerhalb des Haselgebirges abgespielt hat, sondern 
sich auf die ganze Kaluszer Miocänregion erstreckt. Wenigstens sind 
nicht nur durch die Aufschlüsse des Neuen Schachtes, sondern auch 
durch die ärarische Bohrung Nr. 1 im westlichen Teil des Salinen- 
gebiets Erscheinungen zutage getreten, welche mindestens die Ver- 
ınutung erlauben, daß die gipsführenden Hangendschichten ein strati- 
graphisches Aquivalent auch im Liegenden des Salzgebirges haben, 
wodurch die so auffallende Lage des unteren Sylvins in den tiefsten 
Schichten des salzführenden Gebirges ihren rätselhaften Charakter 
verlieren würde. 


Allerdings ist eine sichere Entscheidung über diesen und einige 
andere Punkte noch nicht möglich, aber jedenfalls liegen die Ver- 
hältnisse so, daß es notwendig ist, bei einer Besprechung der ost- 
galizischen Salzzone die berührten tektonischen Probleme zu berück- 
sichtigen 1). Daß die Funde von Ervilienschichten im Liegenden der 
Kaluszer Salztone nicht gegen, sondern für die hier vertretene 
Auffassung sprechen, wurde auf pag. 185 betont. 


Bekanntlich zeigen sich Vorkommnisse von Kalisalzen nicht auf 
die Saline von Kalusz beschränkt, sondern sind in einer langen, über 
Morszyn, Turzawielka nach Stebnik bei Drohobyez reichenden Zone 
bekannt. 


Eine in den Jahren 1894 und 1895 ausgeführte Bohrung bei 
Turzawielka ergab nach E. Tietze?) umstehendes Resultat: 


!) Vgl. auch die von Prof. D. Stille in den sonst wenig gepreßten 
„saxonischen“* Faltenzonen beobachteten intensiven Uberfaitungen des hannover- 
schen Salzgebirges. Zeitschr. f. prakt. Geologie, Berlin 1911, pag. 167. 


2) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1896. 


[21] Beitrag zur Tektonik der Kalisalzlagerstätte von Katusz. 191 


Tiefe 
Meter 
R Dammerden Btlar, si. alslns Inh 0—0'4 
2. Schotter mit Lehm gemischt . . . . 0.4--9°0 
3. Gipsführender blauer Ton der Salz- 
formation mit Spuren von Kali- und 
Mnsnesiasalzen . ’. -. 2... al mer 9— 88:11 
4. Reiches Haselgebirge : 
a) im oberen Teil kalifrei . . . . 8811—211'28 
b) unterer Teil mit Einlagerungen 
von Kalisalzen: . .:o n.2. %...21128—-2890 
5. Roter Ton mit Zwischenlagen von rotem 
SENSE. Wr elle 289— 5070 


Das Auffallendste an dem Ergebnis ist die Erscheinung, daß 
Kalisalze, allerdings immer nur in kleinen Mengen, in zwei durch 
kalifreies Haselgebirge getrennten Zonen angetroffen wurden, wobei 
in den unteren Teilen der Schichtfolge nicht nur die Salzton- 
schichten, sondern auch noch die oberen Lagen der Liegendgruppe 5 
Beimischungen enthielten. (Vgl. Tietze, l. c. pag. 5.) 

Merkwürdig ist ferner, daß an den Tagesaufschlüssen bei Turza- 
wielka auch im Hangenden des Salzgebirges rote und bunte Tone 
auftreten, welche Tietze den Hangendtonen von Kalusz vergleicht, 
während er anderseits die Möglichkeit offen läßt, daß sie einem 
Wiederauftauchen der im unteren Teile des Bohrloches angetroffenen 
Schichten entsprechen. (l. ce. pag. 21.) 

Wenn man annehmen dürfte, daß überkippte Faltung vorliegt 
und daß auch die angetroffenen Liegendtone von Turzawielka strati- 
graphisch jünger sind als das Haselgebirge, dann würde sich sowohl 
diese Beziehung als auch die scheinbar ganz anormale Lage der kali- 
führenden Zonen erklären. Ich muß bemerken, daß Tietze schon 
1893 bei Untersuchung der Umgebung von Turzawielka eigenartige 
Lagerungsverhältnisse fand, welche ihn zur Vermutung drängten, daß 
in diesen Gebieten UÜberfaltungen vorkommen (vgl. Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A. 1895, pag. 117), nur gestatteten ihm die mangelhaften 
Tagesaufschlüsse nicht, dieses Problem weiterzuverfolgen. 

Es kann kein Zufall sein, daß an so weit voneinander entfernten 
Punkten innerhalb der gleichen subkarpathischen Tertiärzone derartige 
Fragen auftauchen und es wäre jedenfalls von Interesse, ihnen bei 
Ausführung weiterer Arbeiten Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn 
die Linsenform der Kalisalzlager nicht ein primäres Ablagerungs- 
merkmal, sondern in der Hauptsache eine Begleiterscheinung der 
Faltung im Haselgebirge ist, dann wird man jedenfalls bei Ausführung 
weiterer Bohrungen dem Verlaufe der Sattelzonen besondere Auf- 
merksamkeit schenken müssen. 

Bedenkt man, daß nur wenige Kilometer nordöstlich von Kalusz 
bereits der Rand der podolischen Platte durchzieht, wo über unge- 


1923 Dr. Franz Kossmat. [22] 


falteten oberkretazischen Mergeln in geringer Mächtigkeit miocäne, 
gipsführende, aber salzfreie Schichten (podolische Gipsformation) 
transgredieren, während im Bereiche der Saline bereits eine so aus- 
gezeichnete Entwicklung der Salzformation mit Abraumsalzen vor- 
handen ist, dann scheint es, daß der Abstand dieser beiden Ent- 
wicklungen in nicht unbeträchtlicher Weise durch Faltenbildung ver- 
kürzt worden ist. 


PFREER N. VO 


Zur Erinnerung an Friedrich Teller. 


Von Georg Geyer. 
Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. IX). 


Durch das am 10. Jänner d. J. erfolgte Ableben des Chef- 
geologen Bergrates Dr. Friedrich Teller hat nicht bloß die Geolo- 
gische Reichsanstalt, sondern auch die österreichische geologische 
Wissenschaft einen großen Verlust erlitten. 

Wenn bereits von verschiedenen Seiten — unter anderem auch 
von dem gegenwärtigen Direktor unseres Instituts, Herrn Hofrat 
Dr. Emil Tietze!) — die Verdienste hervorgehoben worden sind, die 
sich der Dahingeschiedene insbesondere um die Geologie der Zentral- 
alpen und Südalpen erworben hatte, wenn ferner auf die große Lücke 
hingewiesen wurde, die durch den Hingang gerade dieser Arbeits- 
kraft im Kreise unserer Anstalt entstanden ist, so mögen die folgenden 
Zeilen nicht bloß eine Würdigung der Leistungen F. Tellers während 
seiner 3djährigen Tätigkeit an der Anstalt sowie eine Aufzählung 
seiner wissenschaftlichen Arbeiten enthalten, sondern auch dem Gefühle 
der Trauer Ausdruck verleihen, die sein Hingang im Kreise der 
Kollegen ausgelöst hat. Alle jene aber, die ihm als Freunde näher 
gestanden hatten, wurden durch das Ende des von einer tückischen 
Krankheit Dabingerafften um so tiefer erschüttert, als er sein Leiden 
schon lange vorausgeahnt hatte und den qualvollen Abschluß seines 
nur der Arbeit und Pflichterfüllung gewidmeten Lebens noch in letzter 
Stunde als ein tragisches Geschick empfinden mußte. 

Friedrich Teller wurde am 28. August 1852 zu Karlsbad ge- 
boren. Er hat nach Absolvierung seiner Gymnasialstudien ?), auf Grund 
deren ihm an dem Obergymnasium in Eger das Zeugnis der Reife 
mit Auszeichnung erteilt wurde, die Universitätsstudien zu Wien an 
der philosophischen Fakultät im Oktober 1871 begonnen, und zwar 
in der Absicht, sich dem Lehramt an Mittelschulen speziell für natur- 
historische Fächer zu widmen. Außer den hierzu notwendigen, allge- 
meinen Kollegien über mathematisch-physikalische und beschreibende 
Naturwissenschaften frequentierte er mit Vorliebe die anatomischen 
Vorlesungen von Prof. Brühl. Schon im Jahre 1872 wurde 
F. Teller von diesem Vorstande des zootomischen Instituts der 


!) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1913, Nr. 2, pag. 49. 
?) Die hier folgenden Daten wurden einer eigenhändigen Aufschreibung des 
Verstorbenen entnommen und fast wörtlich wiedergegeben. 


Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 25 


194 Georg Geyer. [2] 


Universität als Demonstrator erwählt, wobei er reiche Gelegenheit 
fand, seine Kenntnisse in zoologisch-anatomischer Hinsicht zu be- 
reichern. £ 

Angeregt durch die Teilnahme an geologischen Ubungsreisen, 
welche Prof. E. Suess mit seinen Hörern im Jahre 1873 in das 
Silurgebiet von Böhmen und im Frühjahr 1874 nach Oberitalien unter- 
nahm, wendete er sich in der Folge wehr und mehr geologisch- 
paläontologischen Studien zu. Im Herbst des Jahres 1874, also bald 
nach Abschluß des philosophischen Trienniums, wurde ihm über Vor- 
schlag des Professors der Geologie an der Wiener Universität Eduard 
Suess vom hohen Ministerium ein Reisestipendium im Betrage von 
600 Gulden verliehen, das ihm Gelegenheit zu seiner ersten geolo- 
gischen Arbeit, der geologischen Aufnahme der Insel Chios, geboten 
hat. Nach seiner Rückkehr im November 1874 wurde er zum provi- 
sorischen und im nächsten Jahre mit dem 1. Oktober 1875 zum 
definitiven Assistenten an der geologischen Lehrkanzel der Wiener 
Universität ernannt. In dieser Stellung, die er bis zum 1. April 1877, 
dem Datum!) seines Eintrittes in die k. k. geologische 
Reichsanstalt, also im ganzen 2!/, Jahre, bekleidete, fand er als 
Teilnehmer an von dem hohen Ministerium für Kultus und Unterricht 
inaugurierten Forschungsreisen im Orient noch mehrfach Gelegenheit 
zu selbständigen geologischen Arbeiten. So wurde ihm im Jahre 1875 
die geologische Aufnahme des Ostthessalischen Küsten- 
gebirges, im Jahre 1876 die geologische Untersuchung und Kar- 
tierung der Insel Euböa übertragen. Über seine diesbezügliche Tätig- 
keit geben die im 40. Bande der Denkschriften der kaiserlichen 
Akademie der Wissenschaften veröffentlichten Arbeiten Rechenschaft. 
Mit 1. April 1877 erfolgte also sein Eintritt in den Verband der k.k. 
geologischen Reichsanstalt. 


Aufnahmen im Felde. 


Wenn hier die Leistungen F. Tellers als Mitglied unserer 
Anstalt gewürdigt werden sollen, so’muß in erster Linie seine Tätig- 
keit als Aufnahmsgeologe in Betracht gezogen werden, und zwar dies 
um so mehr, als ohne Zweifel gerade diese Seite der geologischen 
Wissenschaft seinen Neigungen am meisten entsprochen hat. Nicht 
weniger als 36 Aufnahmekampagnen hatte der Verblichene hinter sich, 
eine Zahl, die bisher nur sehr wenige Aufnahmsgeologen erreichen 
konnten; es mag hier beispielsweise darauf hingewiesen werden, daß 
D. Stur 22 Aufnahmesommer erreicht hat. 

Unmittelbar nach seinem Eintritt in die Anstalt wurde F. Teller 
noch im Jahre 1877 von seinem damaligen Chefgeologen, Oberbergrat 

G. Stache, in die Alpengeologie, und zwar speziell in jene der 
ale und Ötztaler Alpen eingeführt. In demselben Sommer begann 
er auch bereits die Aufnahme des zentralen Ötztalergebietes und der 
südlichen Stubaierberge auf dem Blatte Sölden und. St. Leonhard 


!) Die Aufnahme an die Anstalt als Praktikant erfolgte mit hohem Mini- 
sterialerlaß ddo. 16. März 1877. 


[3] Zur Erinnerung an Friedrich Teller. 195 


und setzte diese Arbeit späterhin im Passergebiet in südöstlicher 
Richtung fort. 

Eine Reihe von Aufnahmsberichten und Mitteilungen in den 
Verhandlungen sowohl, als auch die jeweiligen diesbezüglichen Jahres- 
berichte der Direktion versetzen uns in die Lage, die Fortsetzung 
jener zentralalpinen Aufnahmen F. Tellers zu verfolgen. Das an- 
schließende Gebiet von Klausen mit seinen erzführenden Dioriten und 
‘die Brixener Granitmasse boten Anlaß zu größeren wissenschaftlichen 
Arbeiten, an denen sich auch C. v. John beteiligte. Wiederholt 
wurden in diesen folgenden Jahren mit G. Stache einzelne Studien- 
reisen zu Vergleichszwecken in der weiteren Umgebung unternommen, 
so 1878 in die paläozoischen Terrains von Kärnten und Krain, 1880 
aber in die Gailtaler Alpen, über das Defferegger Gebiet und den 
Krimlertauern bis ins Inntal. Durch die Aufnahme des Blattes 
Sterzing gelangte F. Teller an den Westflügel der Tauernkette 
und auf Blatt Bruneck in die Antholzer Tonalitmasse sowie in die 
Region eingefalteter Reste von übergreifenden Diploporenkalken, 
welche sich aus dem Pustertal durch Villgratten bis in die Maulser- 
gegend südlich von Sterzing verfolgen lassen. Seine Nachfolger in 
jenem Terrain, die sich näher mit einzelnen geologischen Fragen be- 
faßten, haben wiederholt auf die Verläßlichkeit der damals in kurzer 
Zeit aufgenommenen geologischen Karte i. M. 1:75.000 hingewiesen 
und die geleistete Vorarbeit dankbar anerkannt. Diese Aufnahmen 
im Kristallinischen wurden endlich 1883 ostwärts bis auf die tirolische 
und kärntnerische Südabdachung der: Großglockner-Gruppe aus- 
gedehnt, womit ein Abschluß des ursprünglichen Aufnahmedienstes 
erzielt wurde. 

Im Jahre 1884 nämlich mußte der Genannte sein tirolisches, 
großenteils dem kristallinischen Anteil der Zentralkette umfassendes 
Aufnahmegebiet verlassen und wurde mit der Kartierung des süd- 
alpinen Distrikts der Steiner Alpen auf den Bättern Eisenkappel— 
Kanker und Laibach betraut. Er fand dabei Gelegenheit, die mächtigen 
Kalkmassen jenes Hochgebirges zu gliedern sowie vielfache Einlage- 
rungen von marinen Oligocänbildungen in dessen südlichen Tälern 
nachzuweisen. Vom Zentralstock der Steiner Alpen wurde die Auf- 
nahme dann nach Westen fortgesetzt in das Gebiet des Vellacher 
Seeberges und gegen Neumarktl in Krain, woselbst altpaläozoische 
und jJungpaläozoische Schichtmassen festgestellt und gegliedert werden 
konnten. 

In den folgenden Jahren wandte sich unser Aufnahmsgeologe 
wieder ostwärts, um nun die anschließenden Gebirgszüge fast bis an 
deren östliches Ende zu verfolgen. Der Abschluß des Blattes Eisen- 
kappel und die auf das Blatt Völkermarkt bis zum Draufluß unter- 
nommenen Exkursionen brachten eine wesentliche Erweiterung unserer 
Kenntnis der Ostkarawanken. Im Jahre 1880 wurde auf dem Blatte 
Praßberg und dem nördlich anschließenden Gebiet nächst Unteraärau- 
burg der Zug des Ursulaberges und die sogenannte Weitensteiner 
Eisenerzformation untersucht und im nächsten Sommer die ganze südliche 
Abdachung des Bachergebirges bis ans Ufer der Sann kartiert. Das 
südlich anschließende, überaus reich gegliederte, paläozoische, meso- 

25* 


196 Georg Geyer. [4] 


zoische und känozoische Schichtkomplexe umfassende Gebiet von 
Cilli und Ratschach nahm F. Teller im Jahre 1893 in Angriff, 
wobei auch die vorher durch A. Bittner schon einmal begangenen 
tertiären Kohlenbecken von Trifail und Sagor neuerlich reambuliert 
wurden. 

Nach der Begehung der Umgebung von Römerbad im Jahre 
1895 schritt der Genannte zur Herausgabe seiner Karte der Ost- 
karawanken und Steiner Alpen, wodurch jene Arbeit eines Jahrzehntes 
einheitlich zum Ausdruck gebracht wurde. Diese Karte mit ihren 
ausführlichen, für die Stratigraphie jenes Distrikts überaus wichtigen 
Erläuterungen bildete eine Art Probeausgabe der von D. Stur ein- 
seleiteten, aber erst von G. Stache zur Durchführung gebrachten 
Herausgabe unserer geologischen Spezialkarte. Sie umfaßte zwei 
volle, später auch im Rahmen des Kartenwerks herausgegebene 
Blätter und außerdem noch entsprechende Abschnitte der beiden 
nördlich anschließenden Blätter. 

Im Jahre 1896 folgten Reambulierungen auf dem Blatte Prager- 
hof—Windischfeistritz und außerdem die Fortsetzung der Neuaufnahme 
auf dem Blatte Cilli—Ratschach in der Richtung gegen Franz in 
Steiermark und Trojana in Krain. Der nachfolgende Sommer wurde 
zum Teil für die Herstellung des Anschlusses an das Blatt Rohitsch— 
Drachenburg, zum Teil aber wieder zur Untersuchung des Tertiär- 
kohlengebietes von Hrastnig, Trifail und Sagor verwendet, hinsichtlich 
deren wertvolle Vorarbeiten seines Freundes A. Bittner zur Ver- 
fügung standen. 

Im Jahre 1898 konnte F. Teller die Kartierung dieser Ööst- 
lichen Alpenausläufer südlich der Save im Gebiete des Kumberges 
beendigen und nun folgte die letzte Periode seines Aufnahmsdienstes 
mit der im Jahre 1899 erfolgten Übernahme des Blattes Radmanns- 
dorf. Die Kartierung jenes den Triglavstock und einen Teil der 
Karawanken, also wieder ausgesprochenes Hochgebirg, umfassenden 
Terrains wurde im Savetal bei Aßling und Neumarktl begonnen und 
in den folgenden Jahren hauptsächlich in den Umgebungen von 
Kronau, Lengenfeld, Mojstrana, Aßling und Neumarktl fortgesetzt. 
Der damals in Aussicht stehende Bau des Karawankentunnels veran- 
laßte die Direktion unserer Anstalt, dem Genannten im Sommer 1912 
auch die Aufnahme des nördlich anschließenden Nachbarblattes Villach 
und Klagenfurt zu übertragen, wobei insbesondere die Umgebung des 
Nordportals jenes Tunnels bei Rosenbachtal genauer untersucht wurde. 

In den folgenden Jahren sehen wir F. Teller mit der weiteren 
Ausarbeitung dieser Blätter beschäftigt, wobei derselbe Gelegenheit 
hatte, eine Reihe von geologisch interessanten Vorkommen zu ent- 
decken. In diesem Belange seien nur kurz erwähnt der Nachweis von 
transgredierenden Oligocänbildungen bei Mojstrana und in der Wochein, 
also am Nord- und am Südfuße des Triglavs, die Feststellung von 
ladinischen Felsitporphyren auf beiden Gehängen des Savetals, die 
Auffindung von fossilführenden Permokarbonkalken am Südgehänge 
der Karawanken bei Aßling und in der Teufelsschlucht hinter Neu- 
marktl sowie jene nächst dem Veldesersee, die Verfolgung der letzten 
östlichen Ausläufer des Tonalitzuges bei Warmbad Villach bis ins 


Be" 


[5] Zur Erinnerung an Friedrich Teller, 197 


Bärental ete. Hierher zählen auch der Nachweis von großen Über- 
schiebungen der Dachsteinkalke im Triglavgebiete durch Werfener 
Schichten und Muschelkalk, endlich der bedeutsame Fund von roten 
norischen Hallstätter Kalken mit Monotis salinaria Br. und globosen 
Ammoniten im Bereiche der Wocheiner Rudnica, wodurch zum ersten- 
mal das Auftreten dieser typisch nordalpinen Triasfazies in den Süd- 
alpen erwiesen worden ist. 

Die Aufnahme des Blattes Radmannsdorf sowie des Karawanken- 
anteils auf dem Blatte Villach— Klagenfurt konnte von dem Verblichenen 
so weit zu Ende geführt werden, daß er in der Lage gewesen wäre, 
die Reduktion für den Farbendruck ohne weitere Begehungen zu be- 
sorgen. Leider blieb es ihm versagt, diesen Schlußstein selbst zu 
legen, doch wird die Direktion diese Aufgabe bewährten Kräften 
übertragen, welche deren Lösung im vollen Einklang mit der Auffassung 
des Verstorbenen durchführen werden. 

Abgesehen von der bereits erwähnten Karte der Ostkarawanken 
und Steiner Alpen wurden von F. Te)ler im Ralımen unseres geo- 
logischen Kartenwerkes folgende Blätter zur Ausgabe gebracht: 


1898. Eisenkappel, Südwestgruppe Nr. 83 (Zone 20, 
Kol et 


1898. Praßberg a. d. Sann Nr. 84 (Zone 20, 
Kol. X). 


1898. Pragerhofund Windisch-Feistritz (zu- 
sammen mit Dr. J. Dreger) Nr. 85 (Zone 2\, 
Kol. XI). 


1907. Cilli und Ratschach Nr. 93 (Zone 21, 
Kol. XI). 


Im Anschluß an vorstehende Mitteilungen über die Aufnahms- 
tätigkeit des Verblichenen möge hier noch dessen besonders feine 
Art der geologischen Karteneintragungen hervorgehoben werden. Seine 
Einzeichnungen ragen nicht nur durch ihre auf einem engen Touren- 
netz basierende Gliederung, sondern auch dadurch hervor, daß sich 
dieselben in gleichem Maße dem Gelände anschmiegen, als sie die 
UÜbereinanderfolge der Schichten und deren Tektonik in überaus 
klarer Weise zur Darstellung bringen, ohne durch gewaltsame Schema- , 
tisierung von den natürlichen Grenzverhältnissen abzuweichen. 


Praktische Betätigung. 


Außer den oben angeführten, mit der fortlaufenden Karten- 
aufnahme zusammenhängenden, geologischen Feldarbeiten hat sich 
F. Teller wiederholt mit geologischen Erhebungen für die Trassierung 
der Eisenbahnlinie von Klagenfurt nach Triest und für den Bau des 
Karawankentunnels befaßt. Schon in den Sommermonaten des Jahres 
1891 studierte er die Trasse der damals projektierten Loiblbahn und 
des in ihrem Zuge befindlichen Loibltunnels. Als man sich später 
entschloß, die Linie weiter westlich zu legen, war es wieder F. Teller, 
der 1894 im Anschluß an die ersten Begehungen durch Hofrat 


198 Georg Geyer. [6] 


Dr. G. A. Koch die heutige Linie der Karawankenbahn geologisch 
untersuchte und auf Grund seiner westlich und östlich an das Tunnel- 
profil anschließenden kartographischen Aufnahmen die zu erwartenden 
geologischen Verhältnisse möglichst genau festzustellen trachtete. 


Um die beim Bau des damals in Ausführung begriffenen großen 
Alpentunnels bloßgelegten geologischen Aufschlüsse zu fixieren und 
mit der Tektonik jener Gebiete in Einklang zu bringen, hatte die 
kaiserliche Akademie der Wissenschaften im Einvernehmen mit der 
Direktion unserer Anstalt mehrere Geologen damit betraut, jene Ar- 
beiten zu verfolgen und in einem abschließenden Werke festzulegen. 
F. Teller fiel diese Aufgabe bezüglich des Karawankentunnels zu. 
Dabei hatte er auch wiederholt Gelegenheit, während der schwierigen 
Bauausführung seine Erfahrungen über die Schichtfolge und deren 
Tektonik zur Verfügung zu stellen und auf die Hindernisse hinzu- 
weisen, welche durch Wassereinbrüche, druckhaftes Gebirge und aus- 
strömende Gase auftreten konnten. Die 1910 im 82. Bande der 
Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften er- 
schienene, durch eine Karte und Profile erläuterte, zum größten Teil 
auf eigenen Beobachtungen fundierte Geologie des Karawankentunnels 
gibt ein Bild der komplizierten geotektonischen Verhältnisse, mit 
denen man bei jener gewaltigen Arbeit zu rechnen hatte. 


Das von seiten der Anstaltsdirektion jenen großen öffentlichen 
Bauten entgegengebrachte Interesse zeigte sich unter anderem auch 
darin, daß Tellers Aufnahmstätigkeit im Jahre 1902 zum Teil 
wenigstens in das betreffende Gebiet verlegt wurde, so daß derselbe 
in der Lage war, das geologische Längenprofil für die Bauausschreibung 
und -vergebung zu entwerfen. Diesbezügliche Daten sind in der er- 
wähnten Geologie des Karawankentunnels niedergelegt. 


Eine Reihe geologischer Arbeiten des Dahingeschiedenen betreffen 
auch insofern das praktische Gebiet, als sich dieselben mit Fragen be- 
faßten oder auf Schichtfolgen bezogen, welche mit nutzbaren Mineralien 
und Gesteinen zusammenhängen !). Wir nennen nur seine mit C.v. John 
verfaßte größere Studie über erzführende dioritische Gesteine von 
Klausen in Südtirol; die Arbeit über einen zinnoberführenden Horizont 
in den Silurablagerungen der Karawanken; die Erläuterungen zur 

geologischen Karte der Ostkarawanken und Steiner Alpen, worin die 
_ Blei- und Zinkerzvorkommen des südlichen Kärntens und die weiteren 
Kartenerläuterungen (siehe die oben angeführten geologischen Karten- 
blätter), worin außer der Erzführung auch die tertiären Kohlen- 
ablagerungen und andere nutzbare Mineralvorkommen der betreffenden 
Gegenden erörtert werden. 


Auch hat sich F. Teller nicht nur um die Quellengeologie und 
den Quellenschutz seiner Vaterstadt Karlsbad verdient gemacht, sondern 
auch öfters innerhalb seiner Aufnahmegebiete, sei es bei Bergbauten, 
sei es anläßlich von Wasserfragen als Sachverständiger Gutachten 
abgegeben, wie u. a. aus dem Nachrufe hervorgeht, den Herr Berg- 


!) Es sei hier auf den von Dr. Wilh. Petrascheck verfaßten, in der 
„Montanistischen Rundschau“ 1913, Nr. 3 erschienenen Nachruf hingewiesen, 


[7] Zur Erinnerung an Friedrich Teller. 199 


direktor S. Rieger in Ferlach in Kärnten (Grazer Tagblatt Nr. 46 
vom 16. Februar 1913) dem Verstorbenen gewidmet hat. 

Diese zur Förderung praktischer Unternehmungen entfaltete 
Tätigkeit wurde hier anderen wissenschaftlichen Arbeiten aus dem 
Grunde vorangestellt, weil sie sich enger an seine Beschäftigung als 
Aufnahmsgeologe und an die geologische Kartierung anschloß. 


Paläontologische Arbeiten. 


Das untenstehende Verzeichnis der von dem Verblichenen 
publizierten Schriften enthält auch eine Anzahl paläontologischer Werke, 
die sich zum großen Teil auf Wirbeltierreste beziehen. Es ist kein 
Zweifel, daß die zootomischen Kenntnisse, die sich deren Verfasser 
seinerzeit als Schüler und Demonstrator von Professor Brühl er- 
worben hatte, gerade diesen Arbeiten eine feste Grundlage gaben. 
Unter diesen Veröffentlichungen sind jene über einen pliocänen Tapir 
aus Südsteiermark, über südsteirische Anthracotherien und namentlich 
jene über den von D. Stur aufgefundenen Ceratodus-Schädel aus den 
Lunzer Schichten hervorzuheben. 

Die meisten übrigen Arbeiten paläontologischen Inhalts bezogen 
sich auf Bivälven. Es sei hier hingewiesen auf die Beschreibung der 
triadischen Pelecypodenfauna von Werchojansk und die Monographie der 
Pseudomonotis ochotica Teller. 

Wenn der Autor in diesen Arbeiten einerseits sein Beobachtungs- 
vermögen und seinen Blick hinsichtlich entwicklungsgeschichtlicher 
Beziehungen zur Geltung zu bringen vermochte, so zeugen dieselben 
Arbeiten auch wieder von seiner Gründlichkeit und Sorgfalt der 
Darstellung. 

Obschon diese Arbeiten ihrer Zahl nach weit hinter den vielen 
geologischen Berichten zurückbleiben, erweckten sie doch die Auf- 
merksamkeit paläontologischer Fachkreise und wurden dafür maßgebend, 
daß ihr Verfasser nach dem Abgang Professor W. Waagens und dem 
Rücktritt V. Uhligs als deren Nachfolger für die Lehrkanzel der 
Paläontologie an der Wiener Universität in Aussicht genommen wurde. 
F. Telier lag aber sein bisheriger Wirkungskreis als Aufnahmsgeologe 
näher am Herzen als das Lehrfach, er schlug jenen ehrenvollen Antrag 
aus und beschloß seine Kraft, wie bis dahin, ganz der geologischen 
Reichsanstalt zu widmen. 


Redaktion des Jahrbuches, der Abhandlungen und des geo- 
logischen Kartenwerkes der k. k. geologischen Reichsanstalt. 


Seit dem Jahre 1893, also durch fast 20 Jahre, lag die Redaktion 
des Jahrbuches und der Abhandlungen in der Obsorge des Verblichenen. 
Es braucht hier nicht gesagt zu werden, daß diese Arbeit einen großen 
Teil seiner Zeit in Anspruch nahım, wie auch manche andere Betätigung 
mehr administrativer Natur, durch die er vermittelnd in den Dienstbetrieb 
eingriff, seine Kräfte beanspruchte. Wenn auch eine derartige mitunter 
zeitraubende und wenig dankbare, aber im internen Dienst unvermeid- 
liche Inanspruchnahme den Hingeschiedenen vielfach von der wissen- 


200 Georg Geyer. [8] 


schaftlichen Berufstätigkeit abhielt, so gab ihm sein ungemein entwickeltes 
Pflichtgefühl hierzu doch stets wieder einen neuen Ansporn; er fühlte 
sich allein schon durch das Bewußtsein, ihm übertragene Aufgaben 
ganz erfüllt zu haben, hinreichend belohnt. 


Zu diesen Redaktionsgeschäften kamen aber noch die mit der 
Herausgabe unserer geologischen Spezialkarte und der dazugehörigen 
Erläuterungen zusammenhängenden Arbeiten. Noch vor der im Kaiser- 
jubiläumsjahre 1898 unter der Direktion des Herrn Hofrates Dr. Guido 
Stache erfolgten Herausgabe der ersten Lieferung unserer geo- 
logischen Spezialkarte i. M. 1: 75.000 hatte sich F. Teller bei der 
Einleitung der entsprechenden Vorarbeiten verdient gemacht. So 
bildete unter anderem die bereits erwähnte, von ihm aufgenommene, im 
Jahre 1896 von der Anstalt ausgegebene, mehrere Spezialkarten- 
blätter umfassende Karte der Ostkarawanken und Steiner Alpen ge- 
wissermaßen eine Probeausgabe, bei welcher sich unter anderem die 
Farbenwahl bewähren und auch sonstige technische Erfahrungen 
gewonnen werden sollten. 


Seither sind in 11 Lieferungen zusammen 55 Farbendruckblätter 
erschienen, in der Regel mit den dazugehörigen Erläuterungen. Im 
Herbst des Jahres 1912 wurde F. Teller auf seinen Wunsch von 
der Redaktion des Kartenwerkes enthoben und Herr Dr. F.v. Kerner 
mit dieser Aufgabe betraut. Im Verlaufe der Ausgabe so vieler Blätter 
hatte sich natürlich wiederholt Gelegenheit ergeben, aus sachlichen 
und auch aus technischen Gründen gewisse Modifikationen in dem ur- 
sprünglichen, von G. Stache aufgestellten Farbenschema vorzunehmen, 
durch welche ein besseres Anschmiegen an gegebene Verhältnisse 
erzielt werden sollte. Um dies an einem Beispiel zu erläutern, mag 
darauf hingewiesen werden, daß etwa in einzelnen Fällen eine weiter- 
gehende Gliederung wünschenswert geworden sei und sich im Terrain 
auch als durchführbar erwiesen habe, als dies im Generalfarbenschema 
vorgesehen worden war. Oder es hätte das starre Festhalten an jenem 
Schema durch das Vorwalten und Aneinandergrenzen von ähnlichen 
Farbentönen der Übersichtlichkeit Eintrag getan usw. In solchen und 
ähnlichen Fällen hat F. Teller getrachtet, einen Ausgleich zu treffen, 
durch den die Leserlichkeit und bis zu einem gewissen Grade auch 
die ästhetische Wirkung der Karte gewinnen sollte. Diese Neigung, in 
seinem Berufe und auch im persönlichen Verkehr ausgleichend zu 
wirken, lag überhaupt im Charakter des Dahingeschiedenen und es mag 
auch damit zusammenhängen, daß er kein Freund der polemischen 
Richtung in der Literatur gewesen ist. 


Anläßlich des 1903 in Wien abgehaltenen IX. internationalen 
Geologenkongresses hat sich die Arbeitskraft unseres dahingeschie- 
denen Freundes besonders bewährt, und zwar durch die Redaktion 
des umfangreichen, reichillustrierten, aus vielen Einzelbeiträgen auf- 
gebauten Livret guide und des abschließenden Compte rendu, neben 
welchen Geschäften der Genannte auch “die Aufgabe eines Exkursions- 
führers in seinem südalpinen Terrain übernommen hatte. 


[9] Zur Erinnerung au Friedrich Teller. 201 


Aus F. Tellers Lebensgang. 


Die zahlreichen Publikationen des Verblichenen, die wir nach 
einer von ihm selbst geschriebenen Liste im Anhang folgen lassen 
und welche sich der Hauptsache nach auf seine jeweiligen Aufnahms- 
gebiete beziehen, erschöpfen noch lange nicht dessen Tätigkeit. Wie 
Professor Dr. C. Diener in seinem im Zentralblatt für Mineralogie etc. 
1913, Nr. 4, veröffentlichten Nachruf richtig bemerkte, figurieren viele 
seiner bedeutenden Entdeckungen nur in den jeweiligen Jahresbe- 
richten der Anstaltsdirektion, also in kurzen Mitteilungen, welche 
von Anderen vielleicht zum Gegenstande umfangreicher Publikationen 
gemacht worden wären! 

Trotzdem erntete der Genannte erst verhältnismäßig spät die 
Früchte seines Könnens und Fleißes. Im Jahre 1877 als Praktikant 
in die Anstalt eingetreten, avancierte er erst 1885 in die damals 
nächsthöhere Rangstufe als Adjunkt. Nachdem er 1892 zum Geologen 
vorgerückt war, wurden ihm 1897 Titel und Charakter eines k. K. 
Bergrates verliehen und 1900 erfolgte seine Ernennung zum Chef- 
geologen mit den Bezügen der VII. Rangsklasse nach 23jähriger 
Dienstzeit. Im darauffolgenden Jahre 1901 wurde F. Teller durch 
die k. k. Franz Josefs-Universität in Ozernowitz geehrt, indem sie 
ihn zum Ehrendoktor der philosophischen Fakultät ernannte. 

1902 erfolgte seine Wahl zum inländischen korrespondierenden 
Mitgliede der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der kaiser- 
lichen Akademie der Wissenschaften. Hier sei noch erwähnt, daß 
der Verblichene auch Mitglied der kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen 
Akademie zu Halle war. 

Wurde bereits darauf hingewiesen, daß F. Teller es ablehnte, 
seinen Beruf als Aufnahmegeologe mit dem eines Ordinarius der Lehr- 
kanzel für Paläontologie an der Wiener Universität zu vertauschen, so hing 
mit diesem Entschlusse seine später über Antrag des gegenwärtigen 
Direktors der Anstalt, Herrn Hofrat Dr. E. Tietze, hohen Orts verfügte, 
am 15. Oktober 1903 erfolgte Einreihung ad personam in die VI. Rangs- 
klasse der Staatsbeamten zusammen. 

Im selben Jahre wurde er auch vom h. Ministerium für Kultus 
und Unterricht zum Mitgliede der Kommission für die Abhaltung der 
ersten Staatsprüfung für landwirtschaftliche, forstwissenschaftliche und 
kulturtechnische Studien an der Hochschule für Bodenkultur ernannt. 

Durch eine Allerhöchste Entschließung vom 3. Oktober 1911 
wurde Bergrat Dr. Friedrich Teller das Offizierskreuz des Franz 
Josefs-Ordens verliehen. Endlich erfolgte 1912 durch Allerhöchste 
Entschließung vom 31. August seine Ernennung zum wirklichen Mit- 
sliede der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der kaiserlichen 
Akademie der Wissenschaften in Wien. Als Vertreter des geologischen 
Faches hätte er in dieser Eigenschaft eine entscheidende Stimme 
bei der Aufnahme geologischer Arbeiten, insbesondere der die Alpen- 
länder betreffenden, zur Geltung bringen können. 

Er kam aber nicht mehr in die Lage, diese Früchte seiner auf- 
opfernden Tätigkeit zu genießen, ebensowenig als es ihm vergönnt 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 236 


202 | Georg Geyer. [10] 


war, die eigene Aufnahme der geologich interessanten, vermöge ihrer 
Lage an der Scharung der dinarischen Streichungsrichtung mit dem 
herrschenden Streichen der Südalpen auch tektonisch bedeutsamen 
Julischen Alpen durch Herausgabe der betreffenden Blätter im Farben- 
druck völlig abzuschließen. 

Was die k. k. geologische Reichsanstalt durch den Hingang 
dieser ihrer Arbeitskraft verloren hat, wurde in verschiedenen Nekro- 
logen angedeutet. Richtig und ganz ermessen können dies aber nur 
diejenigen, welche selbst Zeugen waren seines Eingreifens in das 
wissenschaftliche Leben und in den dienstlichen Betrieb unseres In- 
stituts. 

Friedrich Teller hat erst verhältnismäßig spät eine eigene 
Familie gegründet und hinterließ ein sechsjähriges Töchterlein der 
Pflege seiner trauernden Witwe, 

Noch sei es zum Schlusse dem Verfasser dieser Zeilen erlaubt, 
sich in die Erinnerung an seine erste Begegnung mit dem von uns 
Geschiedenen und an die Abschiedsstunde zu versenken. Unser erstes 
Zusammentreffen erfolgte im Herbst 1881 in den Tiroler Hochalpen. 
Es war im innersten Winkel des Reintales bei Taufers, der Abend 
sank eben hernieder und die rot aufleuchtenden Eisfirste der Rieser- 
ferner warfen ihren Widerschein auf den dämmerigen Talgrund. Da 
begegneten wir einander auf dem schmalen Balkensteg, der den 
sumpfigen Boden quert und eine flüchtige Begrüßung leitete späteres 
Bekanntwerden ein. Seither sind mehr als drei Jahrzehnte verflossen. 
Als wir zum letztenmal Abschied nahmen, blinkte matt die Winter- 
sonne auf sein Schmerzenslager und spiegelte sich in dem Augenpaar, 
das mir bis zur Schwelle folgte. Diesen Abschiedsblick Friedrich 
Tellers, schon voll Ergebung in das Unabwendbare, aber noch immer 
durchleuchtet von menschlichem Wohlwollen, will ich als Vermächtnis 
dankbar bewahren. 


Verzeichnis der Publikationen Friedrich Tellers'). 


1876. 


Geologische Arbeiten im Orient. Brief aus Chalkis in Euboea vom 30. Mai 1876 an 
E. Suess. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1876, pag. 221—223. 


1877. 


Über die prähistorischen Schädel von Leobersdorf in: Karrer, F., Geologie der 
Kaiser Franz Josef-Hochquellen-Wasserleitung. Abhandlg. d. k. k. geol. Reichs- 
anstalt, Wien 1877, pag. 397--402. Mit 3 Zinkotypien. 

Über neue Rudisten aus der böhmischen Kreideformation. Sitzungsber. d. kais, 
Akad. d. Wiss., Wien 1877, Bd. LXXV. Mit 3 Tafeln und einer Skizze im 
Text. 

Aufnahmen im oberen Ötz- und Passeyertale. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 
1877, pag. 231—235. 


!) Nach einem vom Autor selbst hinterlassenen bis 1899 reichenden Zettel- 
katalog. 


Des ; 


[11] Zur Erinnerung an Friedrich Teller. 203 


1878. 


Geologische Mitteilungen aus der Ötztaler Gruppe (Blatt Sölden—St. Leonhard). 
Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1878, pag. 64—66. 

Über die Aufnahmen im unteren Vintschgau und im Iffingergebiete bei Meran. 
Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1878, pag. 392—396. 

Untersuchung des von Freih. v. Andrian in sizilianischen Höhlen gesammelten 
Materials an diluvialen Wirbeltierresten in: Freih. v. Andrian, Prähistorische 
Studien aus Sizilien. Zeitschr. f. Ethnolog., Berlin 1878, 10. Bd., Supp!. 

Der geologische Bau der Insei Euboea. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien 
1878, Bd. XL, pag. 129—182. Mit 3 Tafeln und 2 Skizzen im Text. 


1879. 


Bestimmung diluvialer Säugetierreste aus den Lößbildungen Niederösterreichs in: 
Wurmbrand, Graf G., Über die Anwesenheit des Menschen zur Zeit der 
Lößbildung. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien 1879, Bd. XXXIX, 
pag. 167 ff. 

Über Zersetzungsvorgänge in den Feldspaten des Karlsbader Granits unter dem 
Einflusse des Thermalwassers in: Hochstetter, F. v., Über einen neuen 
geologischen Aufschluß im Gebiete der Karlsbader Thermen. Denkschr. d. 
kais. Akad. d. Wiss, Wien 1879, Bd. XXXIX, pag. 13—16. 

Bestimmung von Fossilfunden in kretazischen und tertiären Ablagerungen Bosniens 
in: Paul, C. M., Beiträge zur Geologie des nördlichen Bosnien. Jahrb. d. k. k. 
geol. Reichsanstalt, Wien 1879, Bd. XXIX, pag. 767, 769, 770, 773. 

Geologische Beschreibung des südwestlichen Thessalien. Denkschr. d. kais. Akad. 
d. Wiss.,, Wien 1879, Bd. XL, pag. 183—208. Mit 7 Skizzen im Text. 


1880. 


Geologische Beobachtungen auf der Insel Chios. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss., 
Wien 1880, Bd. XL, pag. 340—356. Mit 1 geol. Karte und 1 Skizze im Text. 

Bittner, A, Neumayr, M. und Teller, F., Überblick über die geologischen 
Verhältnisse eines Teiles der ägäischen Küstenländer. Denkschr. d. kais. Akad. 
d. Wiss, Wien 1880, Bd. XL, pag. 379—415. Mit 3 geol. Karten. 

Über einen neuen Fund von Cervus alces in den Alpen. Verh. d.k. k. geol. Reichs- 

.  anstalt, Wien 1880, pag. 69—77. 

Über die Aufnahmen im Gebiete zwischen Etsch und Eisack. Verb. d. k. k. geol. 
Reichsanstalt, Wien 1880, pag. 91--98. 

Verbreitung und Lagerung der Diorite in der Umgebung von Klausen und Lüsen. 
Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1880, pag. 261—264. 

Vorlage des Blattes Klausen. (Zone 19, Kol. V.) Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 
Wien 1880, pag. 303—304. 


1881. 


Zur Tektonik der Brixener Granitmasse und ihrer nördlichen Umrandung. Verh. d. 
k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1881, pag. 69— 74. 


1882. 


Über die Analogien des Schloßapparats von Diceras und Caprina. Verh. d. k. k. 
geol. Reichsanstalt, Wien 1882, pag. 130—135. Mit Textskizzen. 

Über die Lagerungsverhältnisse im Westflügel der Tauernkette. Verh. d. k. k. geo). 
Reichsanstalt, Wien 1882, pag. 241—243. 

Über die Aufnahmen im Hochpustertal, speziell im Bereiche der Antholzer Granit- 

.. masse. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1882, pag. 342—346. 

Über, die Serpentine von Sprechenstein bei Sterzing in Tirol in: E. Hussak, 
Über einige alpine Serpentine. Tschermaks Mineral. u. petrograph. Mitteil., 
Wien 1882, Bd. V, pag. 63—65. 

F. Teller u. €. v. John, Geologisch-petrographische Beiträge zur Kenntnis der 
dioritischen Gesteine von Klausen in Südtirol. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 
Wien 1882, Bd. XXXII, pag. 589—684. Mit 2 Tafeln und 6 Zynkotypien. 


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TIrSRE. 1 


904 Georg Geyer. [12] 


1883. 


Diluviale Knochenbreccie von der Insel Cerigo. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 
Wien 1883, pag. 47—48. 

Neue Vorkommnisse diploporenführender Dolomite und dolomitischer Kalke im 
Bereiche der altkristallinischen Schichtreihe Mitteltirols. Verh. d. k. k. geol. 

. . Reichsanstalt, Wien 1883, pag. 193—200. 

Über die geologischen Aufnahmen im Pustertale, Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 
Wien 1883, pag. 294. 


1884. 


Notizen über das Tertiär von Stein in Krain. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 
Wien 1884, pag. 313—318. 

Neue, Anthracotherienreste aus Südsteiermark und Dalmatien. Beiträge zur Paläont. 
Österr.-Ungarns und d. Orients, Wien 1884, Bd. IV, pag. 45—134. Mit 4 Tafeln 
und 2 Zinkotypien im Text. 


1885. 


Oligocänbildungen im Feistritztal bei Stein in Krain. Verh. d. k. k. geol. Reichs- 
anstalt, Wien 1885, pag. 193—200. Mit 1 Textskizze. 

Ein neuer Fundort triadischer Cephalopoden in Südsteiermark. Verh d.k.k. geol. 
Reichsanstalt, Wien 1885, pag. 318—319. 

Fossilführende Horizonte in der oberen Trias der Sannta'er Alpen. Verh. d. k. k. 
geol. Reichsanstalt, Wien 18385, pag. 355—361. 


1886. 


Zur Entwicklungsgeschichte des Talbeckens von Ober-Seeland im südlichen Kärnten. 
Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1886, pag. 102—109. Mit 1 Kartenskizze. 

Über porphyritische Eruptivgesteine aus den Tiroler Zentralalpen. Jahrb. d. k. k. 
geol. Reichsanstalt, Wien 1886, Bd. XXXVI, pag. 715 --746. 

Die Pelecypodenfauna von Werchojansk in Ostsibirien in: Mojsisovics, Arktische 
Triasfaunen. Memoir. de l’Academ. imp. des scienc. de St. Petersbourg 1886, 
VII Serie, tome XXXIII, Nr. 6, pag. 103—137. Mit Taf. XVII—-XX. 

Die silurischen Ablagerungen der Ostkarawanken. Verh. d. k. k. geol. Reichs- 
anstalt, Wien 1886, pag. 267—280. 

Ein zinnoberführender Horizont in den Silurablagerungen der Karawanken. Verh. 
d: k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1886, pag. 285—293. 


1887. 


Die Äquivalente der dunklen Orthocerenkalke des Kok im Bereiche der Silur- 
bildungen der Ostkarawanken. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1887, 
pag. 145--147. 

Über ein neues Vorkommen von Diabasporphyrit bei Rabenstein im Sarntal, Tirol. 
Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1887, pag. 198—200. 

Die Triasbildungen der Kosuta und die Altersverhältnisse des sogenannten Gail- 
taler Dolomits des Vellachtales und des Gebietes von Zell in den Karawanken, 
Verh. d. k. k. geo!. Reichsanstalt, Wien 1887, pag. 261—268. 


1888. 


Kössener Schichten, Lias und Jura in den Ostkarawanken. Verh. d. k. k. geol. 
Reichsanstalt, Wien 1888, pag. 110--117. 

Bemerkungen über die Herkunft der in der alpinen Nagelfluh der Schweiz beob- 
achteten kristallinischen Kelsarten in: Früh, J., Beiträge zur Kenntnis der 
Nagelfluh der Schweiz. Denkschr. d. schweizer. naturforsch. Gesellsch., 1888, 
Bd. XXX. 

Über Pseudomonotis ochotica Keys. spec. und einen neuen Pecten aus der Trias 
von Japan in: Mojsisovics, Über einige japanische Triasfossilien. Beiträge 
zur Paläont. von Österr.-Ung., Wien 1889, Bd. VII, pag. 175-176, Taf. IT. 

Ein pliocäner Tapir aus Südsteiermark. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1888, 
Bd. XXXVI, pag. 729--772 (44 8.). Mit 2 Tafeln. 


[13] Zur Erinnerung an Friedrich Teller. 205 


1889. 


Tapirus hungaricus H. v. M. aus dem Tertiärbecken von Schönstein bei Cilli in 
Südsteiermark. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1889, pag. 90. 

Daonella Lommeli in den Pseudogailtaler Schiefern von Cilli. Verhandl. d. k. k. 
geol. Reichsanstalt, Wien 1889, pag. 210—211. 

Zur Kenntnis der Tertiärablagerungen des Gebietes von Neuhaus bei Cilli in Süd- 
steiermark. Verh. d. k.k. geol. Reichsanstalt, Wien 1889, pag. 234—246. Mit 
1 Kartenskizze. 

Fusulinenkalk und Uggowitzer Breceie innerhalb der Weitensteiner Eisenerz- 
formation und die Lagerungsbeziehungen dieser paläozoischen Gebilde zu den 
triadischen und tertiären Sedimenten des Weitensteiner Gebirges. Verh. d.k. k. 
geol. Reichsanstalt, Wien 1889, pag. 314—326. Mit 4 Profilen. 


1890. 


Zur Erinnerung an Dr. A. Rodler. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1890, 
'pag. 259— 281. 


1891. 


Über Ceratodus Sturü nov. spec. aus der oberen Trias der Nordalpen. Verh. d. 
k. k. geol. R.-A. 1891, pag. 107. 

Über den Schädel eines fossilen Dipnoers, Ceratodus Sturii nov. sp., aus den 
Schichten der oberen Trias der Nordalpen. Mit 4 lithogr. Tafeln uud 8 Zinko- 
typien. Abhand]. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Bd. XV, Heft 3, pag. 1—38, 
Wien 1891. 

Mastodon Arvernensis Croiz. et Job. aus den Hangendtegeln der Lignite des Schall- 
tales in Südsteiermark. Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1891, pag. 295. 


1892. 


Berichtigung. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1892, pag. 53. 

Geologischer Bericht über die projektierte Eisenbahnlinie von Klagenfurt er den 
Loibl nach Neumarktl. Mit einer geologisch kolorierten Karte des Trassen- 
gebietes im Maßstab 1:25.000 und dem geologischen Längenprofil des Loibl- 
tunnels. (Manuskript.) Erstattet an d. k. k. Generalinsp. d. öst. Eisenb. im 
Mai 1892. 

Der geologische Bau der Rogac-Gruppe und des Nordgehänges der Menina bei 
Oberburg in Südsteiermark. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1892, Nr: 5, 
.pag. 119—134. 

Die karbonischen Ablagerungen im Gebiete des Wotschberges in Südsteiermark 
nebst Bemerkungen über das Alter der sie umrandenden“ Kalke und Dolomite. 
Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1892, Nr. 11, pag. 281— 237. 


1893. 


Über den sogenannten Granit des Bachergebirges in Südsteiermark. Verhandl. d. 
k. k. geol. Reichsanstalt 1893, Nr. 7, pag. 169—182. 


1894. 


Gangförmige Apophysen der granitischen Gesteine des Bacher in den Marmor- 
brüchen bei Windisch-Feistritz in Südsteiermark. Verh. d. k. k. geol. Reichs- 
anstalt 1894, pag. 241—246. 


159. 


Geologischer Bericht über die projektierte Eisenbahnlinie von Klagenfurt nach 
Görz. I. Teil. Klagenfurt— Karnervellach. Mit der geologischen Karte des 
Trassengebietes im Maßstab 1: 25.000 und dem geologischen Längenprofil des 
Karawanken- (Stou-) Tunnels im Maßstab 1:10.000. Manuskript, 32 Folio- 
Seiten, an d. k. k. Generalinsp. d. öst. Eisenb. abgegeben im April 1895. (Als 
Regierungsvorlage gedruckt.) 


206 Georg Geyer. [14] 


Geologischer Bericht über die projektierte Eisenbahnlinie von Klagenfurt nach 
Görz. II. Teil. Karnervellach—Görz. Mit d. geolog. Karte des mittleren Teiles 
der Trasse im M. 1:25.000 und dem geolog. Längenprofil des Kolba-Tunnels 
im M. 1:10.000. Manuskript, 64 Seiten in Folio, abgegeben an d. k. k. 
Generalinsp. d. öst. Eisenb. im Mai 1895. (Als Regierungsvorlage gedruckt.) 

Geologische Mitteilungen aus der Umgebung von Römerbad in Südsteiermark. 
Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1895, pag. 309—313. 

Geologische Karte der östlichen Ausläufer der Karnischen und Julischen Alpen 
(Ostkarawanken und Steiner Alpen), Zone 19, 20, Kol. XI, XII, d. Spezialkarte 
d. Österr.-Ungar. Monarchie im Maßst. 1:75.000. Aufgenomm. in d. Jahren 
1881-—91. (4 Blätter.) Wien 1895. 

Geologische Karte des Stadtgebietes von Karlsbad im Maßstabe von 1:4000. Jahrb. 
d. k. k. geol. Reichsanstalt 1894, Bd. XLIV, Taf. XIX, Wien 1895. i 


1896. 


Erläuterungen zur geolog. Karte der östl. Ausl. d. Karn. u. Jul. Alpen. Kl.-8°, 
pag. 1—262, Wien 1896. 


1898. 


Die miocänen Transgressionsrelikte bei Steinbrück und Ratschach an der Save. 
Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1898, pag. 284—292. Mit 2 Zinkotypien. 
Erläuterungen zur geologischen Karte der im Reichsrate vertretenen Königreiche 
und Länder der Österr.-Ungar. Monarchie (SW-Gruppe Nr. 83), Blatt Eisen- 
kappel und Kanker. Wien 1898, K1.-8°, 142 Seiten. 

Erläuterungen zur geolog. Karte etc. SW-Gruppe Nr. 84. Blatt Praßberg a. d. Sann. 
Wien 1898. Kl.-8°%, 170 Seiten. 


1899. 


Erläuterungen zur geolog. Karte etc. Blatt Pragerhof—W.-Feistritz. Wien 1899. 
Kl.-8°%, 144 Seiten. R 

Das Alter der eisen- und manganerzführenden Schichten im Stou- und Vigun$ca- 
Gebiete an der Südseite der Karawanken. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 
1899, pag. 396—418. Mit 4 Zinkotypien. 


1903. 


Exkursion in das Feistritztal bei Neumarktl in Oberkrain. Führer zum IX. inter- 
nationalen Geologenkongreß zu Wien. 27 S. mit 3 Textfig. 


1904. 


Bericht über die Exkursion (XI) in das Feistritztal bei Neumarktl (9. Sept. 1903). 
Congres geologique international. Compte rendu de la IX Session, Vienne 1904. 
II. Fasc., pag. 889. 


1910. 


Geologie des Karawankentunnels. Mit 3 Tafeln und 29 Textfiguren. (Karte des 
Karawankengebietes 1:75.000.) Bd. LXXXII d. Denkschr. d. kais. Akad. d. 
Wiss., math.-naturw. Klasse, Wien 1910. 


Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III. Steingasse 25. 


Tafel IV (). 


Franz Toula: Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 


“ Erklärung zu Tafel IV (I). 


Fig. 1. Colospongia dubia Münst. sp. var. 1/1. Von oben und von der Seite. 
Fig. 1@. Abgewittertes Stück. 


Fig. 2. Colospongia dubia var. pustulipora n. ver. 1/1 und 3/1. 
Fig. 3. a dutia var. pertusa (Klipstein). 1/1. 

Fig. 4. : dubia var. trochiformis n. var, 1/1. 

Fie, .5 3 dubia var. (n. form.?) 1/1, 

Fig. 6 = dubia var. subglobosa n. var. 1/1, 2/1 und 3/1. 
Fig. 7 3 dubia nov. var. 1/1. 


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Fig. 8, 9 u. 10. Holocoelia Toulai Steinm. 1/1. 
Fig. 11. Thecosmilia subdichotoma Mnstr. sp. 1/1 und 2/1. 
Fig. 12. Cidaris (Radiolus) dorsata Braun. 1/1. 
Fig. 13. » (Radiolus) cf. fustis Laube. 1/1. 
Fig. 14, “ (Radiolus) af. alata Mnstr. 1/1. 


Die Originale zu den Figuren 1, 1e, 2, 5, 7, 8 und 11--14 befinden sich in der 

Sammlung der Lehrkanzel für Geologie an der k. k. technischen Hochschule in 

Wien, jene zu den Figuren 3, 4, 6, 9 und 10 in A. Bittners Aufsammlung an der 
k. k. geologischen Reichranstalt. 


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2 ar Tafel V (I). 
Franz Toula: Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 


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g ‚Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. 


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14. 


15. 
16. 
17. 
18. 
19. 
20. 
21. 
22. 
23. 
24. 
25. 
26. 
26. 
27. 
28. 
29. 
30. 
31. 


Erklärung zu Tafel V (II). 


Koninckina Leonhardi Wissm. var. insignis n. v. 1/1. (Vielleicht eine 
neue Art.) 
Amphiclina amoena Bittn. 1/1. 


n Telleri Bittn. 1/1. 
5 coarctata und scitula Bittn. 1/1. 
s ungulina Bittn. 1/1. 


Spiriferina gregaria (Suess) Bittn. var. 1/1. 

Retzia Bittneri n. f. verwandt mit Retzia procerrima Klipst. 
B Arara Laube. 1/1 und 35/1. 

Spirigera contraplecta Bittn. var. 2/1. 

af. qwinquecostata Mnstr. sp. 1/1. 
‘ aff. Wissmanni Mnstr. sp. 2/1. (Vielleicht eine neue Form.) 
5 af. Sturi (Böckh) Bittner. 2/1. 

Khynchonella tricostata (Mnstr, sp) Bitin. 2/1. 


n 


„ cf. subacuta Mnstr. sp. 2/1. 
R linguliformis n. spec. 1/1. 
h spec. 2/1. (Vielleicht eine neue Form.) 
Terebratula aff. piriformis (Suess) Bittner. 1/1. (Vielleicht eine neue Form.) 
2 debilis Bittner. 1/1. 
2 tenella Bittn. 1/1 und 2/1. 


Die Originale zu den Figuren 14, 15, 16, 17, 18, 23, 24, 26, 28, 31 befinden sich 
in der geologischen Sammlung der k. k. technischen Hochschule in Wien, jene zu 
den Figuren 19, 20, 21, 22, 25, 26a, 27, 29, 30 hat A. Bittner gesammelt. Sie 
befinden sich in der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt. 


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anz. Toula: Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 


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Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Erklärung zu Tafel VI (III). 


32 u. 33. Waldheimia (Cruratula) cf. Damesi Bittn. var. 1/1. 

34 u. 35. ” (Aulacothyris) subangusta (Mnstr. sp.) Laube (cf. auch 
Waldheimia [Aulacothyris] Wähneri Bittner. 3/2. 

36. Waldheimia (Aulacothyris?) af. Waageni Bittn. 1/1. 

37. ? Avicula antiqua Mnstr. 3/2. 

38. Avicula cf. obtusa Bittn. 1/1. 

39. > sp. ind. 1/1. 

40. 5 sp. ind, 1/1. (Wohl eine neue Form.) 

41. Halobia (Daonella?) spec. 1/1. (Wohl eine neue Form.) 

4la. ? Halobia (Daonella) cf. cassiana Bittn. 1/1 und 3/1. 

42. Aviculopecten cf. Bosniae Bittn. sp. 2/1. 

43. Lima cancellata Bittner 1/1. 

44, »„ ef. areolaris Bittn. 2/1 und 5/1. 

45. »„ spec. ind. 1/1. 

46 u. 47. Mysidioptera similis Bittn. 1/1. 

48. Badiotella incerta nov. spec. 1/1 und 2/1. 

49. Pecten (Aequipecten?) Sandbergeri Klipst. 1/1. 

50. » af. subalternans @Orb. 1/1 und 5/1. 

51. » af. interstriatus Mnstr. 1/1. 


Die Originale zu den Figuren 35, 37—41, 43—45 und 48—51 liegen in der geolo- 
gischen Sammlung der k. k. technischen Hochschule, jene zu den Figuren 32—34, 
36, 41a, 42, 46 und 47 in A. Bittners Aufsammlungen im Museum der k. k. geo- 


logischen Reichsanstalt. 


Tafel VII (IV). 


Franz Toula: Die Kalke vom Jägerhause unweit Baden. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
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52. 
53. 
54. 
55. 
56. 
57. 
58. 
59. 
60, 
61. 
62. 
63. 
64. 
65. 
66. 
67. 


68. 
69. 
70. 
71. 


Erklärung zu Tafel VII (IV). 


Pecten Porschei nov. spec. 1/1. 
„ af. undiferus Bittn. 1/1 und 5/1. (Vielleicht eine neue Form.) 
. spec. 1/1. (Vielleicht eine neue Form.) 
„ subdemissus Mnstr. 1/1. 
Terquemia („Hinnites“) sp. 1/1 und 3/1. 
a spondylina Bittn. 5/2. 
Plicatula n. sp. 1/1. 
? Plicatula oder Enantiostreon (?) 1/1. 
? Myophoria sp. af. Myoph. inaequicostata Klipst. 3/1. 
Craspedodon cf. Hornigü Bittn. 1/1. 
E (Physocardia) sp. 1/1. (Vielleicht eine neue Form.) 
a (Physocardia) sp. 1/1. 
Gonodon (2?) spec. 1/1. 
Unbestimmbar. 1/1. (Wohl eine neue Form.) 
Turritella n. sp. (Promathildia). 1/1 und 3/1. 
Loxonema cf. grignense Kittl. 1/1. (Man vergleiche auch Trypanostylus 
triadica Kittl. 
Coelostilina Bittneri nov. spec. 1/1. 
Pseudomelania (Oonia) cf. similis Mnstr. sp. 
Trachyceras Medusae Mojs. 1/1. 
5 cf. Aon Mnstr. sp. 1/1. 


Originale zu den Figuren 52, 55, 56-61, 63, 64, 66, 69, 70 und 71 befinden 
sich in der Sammlung der k. k. technischen Hochschule, jene zu den Figuren 53, 
54, 62, 65, 67 und 68 in A. Bittners Aufsammlung im Museum der k.k. geolo- 


gischen Reichsanstalt. 


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Erklärung zu Tafel VIII. 


Polytrema planum Carter ca. 40/1 (Nr. 657). 

Pulvinulina tuberocapitata Chapman ca. 100/1 (Nr. 1056). 

Rotalia cf. annectens P. u. J. var. concinna Millett. 40/1 (Nr. 657). 

Rotalia schroeteriana J. u. P. 35/1 (Nr. 316). 

Globigerinnenkalk mesozoischen? (vermutlich jurassischen) Alters 
40/1 (Nr. 1219). 

Miogypsina complanata Schlumb. ca. 60/1 (Nr. 1388 a). 


Fig. 
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Erklärung zu Tafel VIII. 


Polytrema planum Carter ca. 40/1 (Nr. 657). 

Pulvinulina tuberocapitata Chapman ca. 100/1 (Nr. 1056). 

Rotalia cf. annectens P. u. J. var. concinna Millett. 40/1 (Nr. 657). 

Rotalia schroeteriana J. u. P. 35/1 (Nr. 316). 

Globigerinnenkalk mesozoischen? (vermutlich jurassischen) Alters 
40/1 (Nr. 1219). 

Miogypsina complanata Schlumb. ca. 60/1 (Nr. 1388 «). 


Tafel I 


Geologische Karte des oberen Saalach-Gebietes 
zwischen Lofer und Diesbachtal 


von 


F. Felix Hahn. 


Maßstab 1:50.000. 


Schichtenfolge 


1:25.000. 


Tirolische (Basal-) Serie. 


Barr&me- 
Valendis 


Schrambach-Schichten 


Bunte Aptychen-Schichten 


Tithon 


Juvavische (Decken-) Serie. 


Oberalmer Schichten 
I Dogger+-Malm 


Radiolarit (i,) 


Gerhardstein-Wieserer Köpfl Hundshorn 


ER ne Unt. Dogger? 
Schwarzer Lias bis Lias € 


Lias & /ö 
Rhaeı 


Roter (,) und grauer (1,) Lias 


Lias Hierlatz-Kalk (l,) Lias Hierlatz-Kalk (I) 


JUIUL 


Rhaetische Lagen d, 
in 


Lerchkogl-Kalk Dachstein-Kalk (juv.) 


Dachstein-Kalk und 
-Dolomit (juv.) 


Loferer Schichten | Pa PEBRT| 
1 Dachstein-Kalk (tirolisch) 


Linsen von karnischem 
Hallstätter Dolomit Hallstätter Kalk (h,) 
Hin in Hallstätter Dolomit 


Linsen von norischen (iy) 
„ karnischen (},) 
Hallstätter Kalken 


Norisch 


Ramsau-Dolomit (lad.) Ramsau-Dolomit (lad.) 


Ramsau-Dolomit (lad,) 


Dachstein-Dolomit 


eichenhaller Dolomit 
sisch, r;) 


22 Raibler Dolomit (c) — Karnisch 


Werfener Schichten (skyt.) 


Ramsau-Dolomit Ladinisch 


Fig.3 
‚Nocfeis Sp. 


Alluvium. Diluvium. 


humoser Boden. m; zentralalpine 


Würm- und 
pt A t Moor, Torf. rg AIKeIinE | Stadialmoräne. 


Gehängebedeckung. ® zentralalpine Geschiebe. 


Moränenblockwall. 


ältere Glazialschotter. 


En en 


90°  Schichtneigung. 


N orkleiten Ko 


6 Fundplatz von Versteinerungen. 


—— ---- Störungen. 


Rand der Berchtesgadener 
(juvavischen) Schubmasse. 


INVNNVN 


Schichtenstauchungen. 


a.5.354 
Ausgeführt im k. u. k. Militärgeographischen Institut m Wien. 


Maßstab 1 : 50.000 


1000m 500 0 1 2 3 km 
n ge hr 


Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIIl., 1913, 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofiskygasse 33, 


F. Felix Hahn: Geologie des oberen Saalachgebietes. 


Tafel II. 


Pı22l Gerhardstein P1542 
. Saalach P647 Zass en, Perhorn PB86 


Hintertal 


0NO 


Lindauwald Saalach Poll Pürzibach 


Hochhranz Pi6ß4+ Eiblbach 
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Iinghom 


H Mafltab 1: 50000 


B Juvarische Dedte 
H Bindalm-Hundstod Linie 


Reithäuser 


Kirche Griesspllz 


P1025 Hundshorn Pointelkopf 


Wildenbach Trettalm Gerhardstein Stockkilaus Hochhranz Kallbrunn Almen Diesbach Rauch Kopf 


30 


Am Urlkopf Sägmöhl Brunntal Wirtshörnd Steinberg 3 


Hagen Perhorn HKlausibach Pii5l P1295 P729  Strohwolln Luftenstein P929 nl 


SI5"W 


Tirolische Serie EIRamsaudolomile,) ZI Raiblerdolamil(-Juna Reingrabener öchlefer(«) 5 Bachsteindolomitin) EI Dachsteinkfaltias Sleinberglypstd) GC Rhäl (d.) LiäS(unlerr und nittlerer.[,) ELidölobenel) Be Rudivlaril(j,) 


Jurarische Serie EI Werfner Schichtengw) EE=J Ramsaudolomitf;) mr Reichenhalerdohmil(r;) Hallstalterdolonif(h)unehalth) Co Reiteraimhalh(dy KeS3 Lörchhoglkalk(d,) E ObererJura(,, ,) Neoktom (n) 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXI1I, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


F. Felix Hahn: Geologie des oberen Saalachgebietes. Tafel II. 


Prechlersberg Hniepafs ‚Am Achberg 
552 


Wieserer 
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Maurach 
580 


"P830 Gendarmerie Scheffsnoter 


Gebäude Högel P1326 


Goldener Zweig 


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sw PI6f Gerhardstein 


Lahnerhorn 


Am Hochhranz 


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Vorderes Schofshorn 


Kühkranz 


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Plattenkopf 
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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


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Fr. Toula: Die Kalke vom Jägerhause bei Baden. Taf. IV). 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIll, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, II, Rasumoffskygasse 23. 


Fr. Toula: Die Kalke vom Jägerhause bei Baden. Taf. V(M. 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Jahrbuch der k.k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. 


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Fr. Toula; Die Kalke vom Jägerhause bei Baden. Taf; VI (I): 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Beichsanstalt, Bd. LXI1l, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumoffskygasse 23. 


Fr. Toula: Die Kalke vom Jägerhanse bei Baden. Taf. VII (IV). 


59. 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIli, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23. 


R, Schubert; Foraminiferen von Celebes, Taf, VII, 


5 Lichtdruck v, Max Jaffe, Wien. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIIl, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23, 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIll, 1913. Taf. IX. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. 


Lichtdruck v. Max Jafle, Wien 


‚Die Kalke vom Jägerhause. unweit Baden | 
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Der Schuppenbau der Tarntaler Berge am West: 
ende der Hohen Tauern. 
(Tuxer Voralpen.) 
Von Eduard Hartmann (München). 


Mit 23 Figuren im Texte. 


I. Teil (Stratigraphie und Petrographie). 


Vorwort. 


Zu vorliegender Arbeit gab Herr Professor A. Rothpletz die 
Anregung. 

Ursprünglich waren für die Aufnahme der geologischen Karte 
der Tarntaler Berge die Sommermonate der Jahre 1909 und 1910 
vorgesehen, allein die schlechte Witterung des Sommers 1910 und 
der Mangel guter topographischer Karten machten die Zugabe eines 
weiteren Sommers nötig. 

Da die Sektionskopien, welche dem Verfasser vom k. u. k. Militär- 
geographischen Institut in Wien in dankenswerter Weise zur Verfügung 
gestellt wurden, vor allem wegen ihres zu kleinen Maßstabes für seine 
speziellen Zwecke nicht zu benützen waren, wurde vom Verfasser 
mit Hilfe der Sektionskopie eine topographische Karte der Tarntaler 
Berge im Maßstab 1: 12.500 angefertigt. Diese bildet die Grundlage 
für die geologische Karte des zweiten Teiles. 

Die vorliegende Abhandlung befaßt sich nur mit der Strati- 
graphie und Petrographie der Gesteine, welche am Aufbau der 
Tarntaler Berge teilnehmen, doch ließ es sich nicht umgehen, dabei 
mehrfach auf die tektonischen Verhältnisse Bezug zu nehmen. 
Letzteren ist ein eigener Il. Teil gewidmet, welchem die geologische 
Karte beigegeben ist. 

Für die Hilfe, welche ich im Laufe der Arbeit von meinen hoch- 
verehrten Lehrern erfuhr, vor allem von Herrn Professor Dr. Roth- 
pletz, welcher zweimal mit dem Verfasser im Kartierungsgebiet 
weilte, dann von Herrn Professor Dr. Weinschenk, welcher bei 
der Bestimmung der Gesteinsdünnschliffe half, ferner von den Herren 
Professeren Dr. Broili, Dr. Stromer v. Reichenbach und Dr. 
Schlosser möchte ich an dieser. Stelle nochmals herzlichst danken: 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 93 


208 | - Eduard Hartmann. [2] 


Mein Dank gebührt auch Herrn Dr. A. P. Young aus London 
sowie Herrn Pfarrer I. Schileo in Navis, welche mich mit sehr 
wertvollen Mitteilungen unterstützten. 


Einleitung. 
A. Topographie. 
I. Gebirgskämme. 


Das kartierte Gebiet, „Tarntaler Köpfe“ oder „Tarntaler 
Berge“ genannt, gehört den Tuxer Voraipen und damit dem 
Westende der Hohen Tauern an und umfaßt eine Fläche von 
annähernd 14 qkm. 

Es besteht aus einem nördlichen und südlichen Haupt- 
zug, welchen ein großes Hauptmassiv zwischengeschaltet ist. 

Die beiden Hauptkämme sind im Gegensatze zum zentralen Teile 
wenig reich gegliedert und streichen im allgemeinen Ost-Nord-Ost. 

Der nördliche Zug, hier „Schober-Mölszug“* genannt, 
beginnt im Westen mit drei flachen Köpfen und drei flachen Scharten, 
welche »ördlich der „Oberen Latterer Alm“ liegen. Vom west- 
lichsten Kopf ist nur der östlichste Teil in der Karte enthalten. Die 
östlichste der drei Scharten besitzt eine Höhe von 2332 m. Von ihr 
steigt der Grat zum wichtigen P. 2453 empor, zieht hinüber zur 
„Nördlichen Schoberspitze“ (2450), welche von der „Süd- 
lichen Schoberspitze“ durch eine tiefe Scharte getrennt ist). 

In seinem weiteren Verlauf trägt der Gebirgskamm den P. 24139, 
2453 und kurz vor dem Umpbiegen der Ost-Nord -Ost-Richtung 
in die Nord-Ost-Richtung die Klammer „Sonnenspitze“ (2496). 
Es folgen vunmehr die Scharte (P. 2416), dann (P. 2454), die „lölser 
Scharte“ (2384) und der Gratrücken des „Mölser Berges“ mit 
den P. 2460 und 2428 und 2485. 

Sieht man von den unbedeutenden, ostwärts gerichteten Grat- 
rippen der Mölser Scharte ab, so weist der gesamte, bogenförmige, 
nicht ganz 4 km lange Schober-Mölszug nur drei bedeutende Ab- 
zweigungen auf, nämlich im Westen bei P. 2453 einen leicht S-förmig 
geschwungenen steilen Grat, der im allgemeinen nach Süden verläuft, 
ferner die schon erwähnte südliche Schoberspitze und endlich den 
scharfen, zum Klammerjoch herabziehenden Südwestgrat der Klammer 
Sonnenspitze. 

Der südliche Hauptkamm, wir nennen ihn „Kreuzjöchel- 
Pluderling-Zug“. wird im Westen vom Kreuzjöchel (2539), in 
der Mitte vom P. 2493 und der Geierspitze (2858), im Osten 
vom Pluderling (2756) gebildet. 

Die westliche Hälfte des zirka 45 km langen Grates entsendet 
nach Norden zwei größere Seitenäste. Der linke, westliche beginnt 


!) Die nördliche Schoberspitze ist die Schoberspitze der Karte (P. 2150), die 
südliche die der Einheimischen (P. 2379). 


[3] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 309 


steil westlich des Kreuzjöchels, zieht zur „Inneren Griffhütte*® 
hinab (2167) und verflacht sich allmählich gegen die „Klammer 
Ochsen-Alpe“ (18541). Der rechte, östliche, zweigt flach beginnend 
bei P. 2348 vom Hauptkamm ab, wird mit P. 2282 und 2268 steiler 
und geht zuletzt in einen großen Steilabfall über, der in der Natur, 
nicht aber auf der Karte ziemlich auffälllig hervortretend bis zum 
Südgrat des P. 2453 (im Schober-Mölszug) hinzieht. Er setzt sich aus 
dem „Kreuzschroffen“ (2161), dem „Zirben-Schroffen (2134) 
und dem „Schwarzen Schroffen“ zusammen. 

In der östlichen Grathälfte des Kreuzjöchel-Pluderlingkammes 
zweigt vom Pluderling eine gebogene scharfe Gratrippe nach Norden 
und von der Geierspitze der zackige „Sägenhorstgrat* nach Süden ab. 

Das Hauptmassiv selbst hat die Form eines riesigen recht- 
eckigen Blockes, dessen Längsseiten ungefähr Nord-Süd streichen. 
Seine zerzackte Oberseite wird an der Nordkante vom schmalen, flach 
sich nach Westen neigenden „Untertarntal“, in der Mitte vom 
breiteren, kesselförmigen und höher gelegenen „Obertarntal“ in 
ostwestlicher Richtung durchfurcht. 


Das Untertarntal hat zur Nordgrenze den zackengeschmückten 
Zug des „Nederers* (2763?) und wird durch den Sonnenspitz- 
Westgrat vom Öbertarntal getrennt. Dieses wird im Osten vom 
Sonnenspitz-Südgrat, im Süden von den kühnen Pyramiden des 
„Großen und Kleinen Reckners“ und dem diesen beiden vor- 
gelagerten mächtigen Schuttwall umgrenzt. Der Große Reckner ist mit 
2891 ım der höchste Punkt des gesamten Gebietes. Vom Kleinen Reckner 
(2830) zieht ein von mehreren Steilstufen unterbrochener Westgrat, - 
„Klein-Reckner-Westgrat“ genannt, bis zur „Schmirner- 
Reisse“ hinab. Die beiden Reckner sind zugleich am Aufbau der 
Südseite des Hauptmassivs beteiligt. 

Diese besitzt ein schwach ausgeprägtes, sich nach Süden und 
Westen öffnendes Kar, gebildet von den Recknergipfeln und der 
kuppelförmigen „Geierspitze“ (2858). Mehrere bedeutende Steil- 
stufen unterbrechen das mit Schutt reich bedeckte Gehänge. 


Die Nordwand des zentralen Massivs stellt eine breite, mit 
Schutt und großem Blockwerk übersäte, im Durchschnitt etwa 35° 
geneigte Ebene dar, die südlich des Klammerjoches beginnt und in 
den oberen steilen Wänden des Nederer Kammes ihren Abschluß 
findet. An ihrer Ostseite verläuft der mit drei Türmen geschmückte 
Südgrat der „Klammerspitze* (2520), welcher mit dem Nederer 
Hauptgipfel verschmilzt und sich am Hauptgipfel (P. 2520) in einen 
westlichen und östlichen Seitengrat spaltet. Die grasige Steilrinne, 
welche zwischen dem ÖOstgrat der Klammspitze und den mächtigen 
Felswänden im Süden zu einer schmalen Scharte = P. 2500 empor- 
zieht, heißt bei den Einheimischen „die Sundiger“. 


1) Auf den Sektionskopien und auf der Übersichtskarte der Sektion Hall 
wird sie irrtümlicherweise „Griff-Alpe“ genannt. 

2) So heißt dieser Berg in der geologischen Literatur. Auf der Karte jedoch 
und von den Einheimischen wird er „Tarntaler Köpfe“ genannt. Sie haben 
eigentlich dem ganzen Gebiete den Namen gegeben. 

28* 


910 Eduard Hartmann. [4] 


Die Ost- und Westseite des Hauptmassivs weisen mächtige 
Steilabfälle auf. Die Ostwand wird besonders im Norden und in 
der Mitte durch eine mit Schutt erfüllte Terrasse in zwei sehr auf- 
fällige und überaus schroffe Absätze zerlegt. In den nördlichen Teil 
der reichgegliederten Westwand hingegen ist eine tiefe Rinne, der 
„Isselgraben“, eingeschnitten, durch den man bequem in die zwei 
verborgen liegenden mit Seen geschmückten Hochtäler gelangt. 


II. Täler. 


Neben den ihrer Größe nach unbedeutenden Talbildungen des 
Hauptmassivs weist das Gebiet noch drei mächtige Täler oder Kare 
auf, welche durch die eigenartige, an eine römische I erinnernde 
Anordnung der Gebirgsmassen bedingt sind. 

Im Osten haben wir das trogförmige „Lizumtal“. Am Pluderling 
beginnend, zieht es, links von den unteren Sonnenspitz-OÖstwänden 
begrenzt, gegen Norden und verbreitet sich östlich bis zur Mölser 
Scharte und zum Mölser Berg. Ein bei der Nordostecke des Tarntal- 
Hauptmassivs, beim „Wetzsteinbruch“ beginnender und Nord-Süd 
streichender Abfall (P. 2210, 2208, 2221 und 2206) teilt im Norden 
das ganze Tal in eine westliche obere und östliche untere Hälfte. 
Letztere enthält die traulich gelegene Lizumalpe und das neue 
gastliche Schutzhaus der Alpenvereins-Sektion Hall mit zirka 
2030 m. Das nordwestliche obere Lizumtal enthält noch den soge- 
nannten „Melk-Platz“. 

Als zweites großes Hochtal ist im Westen das mächtige „Klamm- 
Tal* zu nennen, nach dem dortigen Bach genannt. Seine Grenzen 
sind im Norden der Schober-Sonnenspitz-Kamm, das Klammjoch, im 
Osten die Westwand des Tarntalmassivs, im Süden der Kreuzjöchel- 
Geierspitz-Zug. Der zentrale Teil dieses Tales, besonders derjenige, 
welcher sich an die Westwand des Hauptmassivs anschmiegt, heißt 
das „Grübl“. Dieses enthält die „Knappenkuchel“), Sie besteht 
aus den braunen Felsköpfen des „Kreuz“*- und „RotenSchroffens* 
und dem namenlosen, langgestreckten Felsrücken, welcher dem P. 2132 
nördlich vorgelagert ist. 

Vom dritten, mächtigen Kar, dem „Mölstal* mit dem „Mölser 
Hochleger“ reicht in das kartierte Gebiet nur der vom bogen- 
törmigen Schober-Mölszug umgrenzte Teil mit den südlich gelegenen 
„Roßböden* und dem weithin sichtbaren „Kalten Kofel“ (2318). 
Die westliche Umrahmung des Mölstales sei des Zusammenhanges 
halber erwähnt. Sie wird gebildet von der Naviser Sonnen- 
spitze 2575?) und der Seekarspitze 2702 und weiter nördlich 
vom Mollgrübler 2747. 


') Diese ist in der Sektionskopie an eine völlig unrichtige Stelle gesetzt. 


?) Diese ist nicht zu verwechseln mit der „Klammer“ und „Tarntaler* 
Sonnenspitze, 


[5] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 11 


B. Hydrographie. 
I. Hydrographie der Täler. 


In innigstem Zusammenhang mit der Orographie steht die Hydro- 
graphie. Die drei genannten Kare lassen den Lizum-, den Klamm- 
und den Mölsbach entstehen. 

Der Lizumbach entspringt am Pluderling und mündet außer- 
halb des Gebietes bei Wattens in den Inn. Von seinen vielen rechten 
und linken Nebenbächen sind besonders die mächtigen Quellen zu 
nennen, welche nordwestlich der Lizumalpe dem linkei, schuttbedeckten 
Talgehänge entspringen. 

Das große Klammhochtal besitzt in dm Klammbach eine 
zentral gelegene, nach Westen geneigte Sammelrinne. Ihn bilden zwei 
Bäche, welche in der Knappenkuchel entspringen und von vier starken 
Quellen gespeist werden, welche nahe am großen Westabfall aus dem 
schuttbedeckten Karboden hervorquellen. Der Klammbach mündet in 
die Navis, den Seitenbach der Sill. 

Das Mölstal enthält im Süden wenig bedeutende Bäche und 
Rinnsale, welche zur Bildung oder Verstärkung des tiefer gelegenen, 
in den Lizumbach mündenden Mölsbaches beitragen. 


II. Hydrographie des Hauptmassivs. 


Die Entwässerung des unteren und oberen Tarntales erfolgt 
heutzutage nicht mehr oberirdisch durch -den Isselgraben, wie die 
Sektionskopien angeben, sondern auf unterirdischem Wege. Das Regen- 
wasser und sehr reichliche Schmelzwasser sammelt sich am Boden der 
beiden Täler in kleinen Seen an und verschwindet im Schutt oder 
wie im Untertarntal 1910 deutlich zu sehen war, auch im zerklüfteten 
anstehenden Gestein. DaB die verschwundenen Gewässer nach langem 
Weg durch Fels und Schutt in der Knappenkuchel als die schon an- 
geführten ausgezeichneten Quellen wieder auftauchen, darf als sicher 
angenommen werden. Das südlich des Reckners gelegene Kar. wird 
jedoch oberirdisch entwässert. Einmal ist der Abfluß des kleinen 
„Staffelsees‘ zu nennen, welcher „Obere Bach“ heißt, und west- 
lich von diesem auf der Südseite des Westgrates des Kleinen Reckners 
ein kleiner Bach, der einen Wasserfall bildet. Der „Obere Bach‘ 
mündet in den Schmirner Bach, dieser in die Sil!. 


III. Seen. 


Der größte See des Gebietes ist der südöstlich der Geierspitze 
gelegene „Junssee“. Sein unbedeutender Abfluß, der „Junsbach*, 
mündet in den „Tuxer Bach‘, dieser in die Ziller. Um vieles 
kleiner als der Junssee sind zwei annähernd gleichgroße Seen: der 
westlich der Mölser Scharte befindliche „Mölssee“ und am Klammer- 
joch der „Klammsee“. Von sehr geringer Ausdehnung sind die vier 
Seen des Untertarntales und der in seiner Größe ziemlich schwankende 
See des Obertarntales. 


213 Eduard Hartmann. [6] 


Ein bemerkenswerter Zug der Hydrographie der Tarntaler Berge 
ist der, daß sämtliche Bäche trotz ihres verschiedenen, manchmal 
geradezu entgegengesetzt gerichteten Laufes dem Stromnetz des 
Inns angehören. 


C. Literaturverzeichnis. 


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[7 
93. 
24. 
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30. 


Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 2913 


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‘ Naturw. Gesellsch. Freiburg 1905. 


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— „Über Stellung und Alter des Hochstegenkalkes“. Mitteil. d. Geolog. 
Gesellsch. in Wien. III. Bd., 1910, pag. 285—299. 


. F. E. Suess, „Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie*. 


Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1894 mit Profilen, einer Karte und petrographischen 
Tafeln. 


. E. Suess, Antlitz der Erde. III. Bd. XIV. Abschnitt. „Die Alpen.“ 
. P. Termier, „Sur la structure des Hohe Tauern“. C. R. CXXXII. 


— „Sur la synthese g6ologique des Alpes orientales* C. R. CXXXVII. 


. — „Les nappes des alpes orientales et la synthese des Alpes“. Bull. Soc. 


g&ol. de France. 4e ser. tome III. 1904. 


. — „Les Alpes entre le Brenner et la Valteline“. Bulletin de la Soc. g&ol. de 


France. 4e Serie 1905, pag. 209 u. ff. 

Uhlig, „Über die Tektonik der Ostalpen“. Verhandl. d. Ges. d. Naturforsch. 
u. Arzte. Salzburg 1909. 

— „Der Deckenbau der Ostalpen“. Mitteil. d. Geol. Gesellsch. in Wien II. Bd. 
1909. 

O0. A. Welter, „Bericht über neuere Nephritarbeiten“. Sonderabdruck aus 
d. k. k. geol. R.-A., Bd. II, Heft 2, 1911. 


. 0. Wilkens, „Der geologische Bau der Hohen Tauern“. Naturw. Wochenschr. 


N. F. 2904. 


. G. Winkler, „Die Schichten der Avicula contorta“. München 1859. 


A. P. Young, „On a Serpentinrock from the mass of the Tarntaler Köpfe“ 
(Tirol). Mineralogical Magazine September 1907. Vol. V. Nr. IV, pag. 365-372. 
— „Stratigraphy and Structure of the Tarntal Mass“. Quart. Journ. geol. Soc. 
1908, pag. 596—603. 

— „Structure and Physiography of the Tarntal Mass“. Geol. Mag. 1909. 
August 1909, pag. 339--347. 


.» — „On the glaciation of the Navis Valley in North Tirol“. Geol. Mag. 


Juni 1910, pag. 244--258. 


914 Eduard. Hartmann. [8] 


D. Wichtigere ältere Arbeiten. 


1. A. Pichler, 1859. „Beiträge zur Geognosie Tirols.“ (Aus dem Inn- und Wipp- 
tale.) Zeitschrift des Ferdinandeums Innsbruck (pag. 139—232) mit Karte und 
Profiltafel. 

A, Pichler ist. der erste Geologe: der sich eingehender mit 
den Tarntaler Bergen beschäftigt hat. Er ist zu len Resultaten 
gelangt: 

Am Aufbau der Tarntaler Berge beteiligen sich „quarzige und 
kalkige Tonglimmerschiefer“ und. unterer Lias. Die kalkigen und 
quarzigen Tonglimmerschiefer sind metamorphe Sedimente. Sie haben 
zum größten Teil unbestimmbares Alter, umfassen jedoch möglicher- 
weise auch den Lias. 

Der Lias selbst besteht aus: VIII. Serpentin, VII. Ophikalzit, 

VI. Chloritschiefern, V. Talkschiefern, 1V. grünlichen und weißgrauen, 

quarzhaltigen Kalkschiefern, III. bunten, manchmal stark metamorphen 

Tonschiefern, II. dunkelgrauen, körnigen, serizitischen Kalken mit: 

Lithodendron, Pentacrinus, Gervillia inflata und Belemniten, I. einem 

mächtigen grauen, kristallinen, bisweilen breceiösen „Kalk“, 

Vielleicht vertritt ein Teil der belemnitenführenden Kalke die 
Fleckenmergel. Der Serpentin ist durch Metamorphose aus dem Lias 
entstanden. 


9. G. Stache, 1871. „Aus der nördlicheu Schieferzone des Zentralstockes der 
Zillertaler Alpen.“ V. R.-A. 1871. 
Der Publikation können wir entnehmen, daß in den Tarntaler 
Alpen Staches große Tonglimmerschiefergruppe vertreten ist. 
Diese hat vorherrschend karbonisches Alter, umfaßt jedoch auch 
ältere und jüngere Schichten und wird im Norden von den Quarz- 
phylliten der Innsbrucker Gegend, im Süden vom Zillertaler Zentral- 
gneis und im Westen vom Stubaier Glimmerschiefer begrenzt. 


3. G. Stache, 1872. „Über die Steinkohlenformation der Zentralalpen.“ V. R.-A. 
1872, pag. 78. . 

Stache spricht davon, daß er in den „kalkigen Tonglimmer- 
schiefern Pichlers“ „einen schlechterhaltenen Pflanzenrest mit 
deutlichen Rippen gefunden habe, welche lebhaft an Sigillarien 
erinnern.“ 


4. G. Stache, 1874. „Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen.“ J. R.-A. 1874. 
(Mit einer benichtshare) 


Die Ausführungen sind unklar gehalten. Doch haben sicher 
manche Punkte auf .unser Gebiet Bezug. Pichlers quarzige und 
kalkige Tonglimmerschiefer heißen bei ihm Kalktonphyllite und Quarz- 
phyllite. Beide Gruppen können sich stellenweise vertreten und ge- 
hören zumeist dem Paläozoikum an, sie reichen jedoch auch bis in 
die. protozoische Periode. In den höheren, zumeist karbonischen 
Gliedern treten zwei große Faziesbezirke auf. An den Küstenrändern 
findet sich die „Riffazies*. Sie besteht aus Dolomiten, Kalken, Sand- 
steinen, Quarzkonglomeraten, Quarziten, Rauhwacken, violetten und 
grünen Schiefern und Chlorit und Serpentingesteinen. Ein Teil der 


A an 


[9] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 215 


genannten Bildungen wird jedoch vorsichtigerweise auch der Trias und 
dem Lias zugerechnet. Die „Tiefseefazies* ist wieder durch die 
schon mehrfach genannten Quarzphyllite und Kalktonphyllite vertreten. 


5. F.v. Hauer, 1875. „Geologische Karte von Österreich-Ungarn.“ Wien, 2. Auflage. 


Sie gibt für das Gebiet die Primärformation, das Karbon und 
den Serpentin an. s 


6. A. Pichler und J. Blaas, 1882. „Die Quarzphyllite bei Innsbruck.“ Tscher- 
maks Mineralogische Mitteilungen 1882, pag. 503—518. 
Die südlich von Innsbruck gelegenen Quarzphyllite werden zum 
erstenmal petrographisch untersucht. Sie sind ursprüngliche, aus 
Lösungen ausgeschiedene Produkte, keine metaimorphen Sedimente. 


7. A. Pichler, 1883. „Zur Kenntnis der Phyllite in den Tiroler Zentralalpen.“ 
Tschermaks Mineralogische und petrographische Mitteilungen. Neue Folge, 
5., Wien 1883, pag. 293—303. 

Der 1882 schon beschriebene Quarzphyllit, hier schlechtweg 
nur Phyllit ‘genannt, wird charakterisiert durch: das Auftreten von gut 
ausgebildeten Turmalinen und Feldspaten mit Helizitstruktur. Dem 
Alter nach liegt der Phyllit zwischen den „Wildschönauer Schiefern*“ 
und der alpinen Gneisformation. Die ehemals Tonglimmerschiefer, 
jetzt Kalkphyllite genannten Schiefer werden als jüngere Einlagerungen 
des Quarzphyllits aufgefaßt. 


8. A. Rothpletz, 1894. „Ein geologischer Querschnitt durch die Ostalpen.“ Mit 
Profilen und Textfiguren. 


Rothpletz veröffentlicht in demselben die Ergebnisse mehr- 
facher Besuche der Tarntaler Berge. Über ein altes, stark und un- 
regelmäßig abgetragenes Gebirge, das aus den „paläozoischen Brenner- 
schiefern* (Pichlers kalkige Tonglimmerschiefer oder Kalkphyllite) 
und archäischen, mit zwei Dolomiteinlagerungen versehenen (uarz- 
phylliten (Pichlers quarzige Tonglimmerschiefer, Staches Quarz- 
phyllite) besteht, transgrediert die Trias mit ihren höheren Gliedern. 
Sie beginnt mit sandigen Verrucano- oder sernifitartigen Schiefern, 
umfaßt einen mächtigen Dolomit, auf dem normal die versteinerungs- 
führenden „Kössener Schichten“ liegen. 

Auf den „Kössener Schichten“ liegt normal eine 300400 m 
mächtige, durch reichen Fazieswechsel ausgezeichnete Liasserie, welche 
an der Mölser Scharte vielleicht mit sandigen Schiefern transgrediert. 
Als Grenze zwischen Trias und Lias wird uns ein stark breceiöses 
Dolomitband angegeben. 

Es ruht auf den versteinerungsreichen Kössener Schichten, hat 
zum Hangenden pentacrinusführende Kalke, sodann violette und grüne 
Tonschiefer mit eingelagerten grünen Wetzsteinschiefern, ferner Ophi- 
kalzit, wiederum Tonschiefer vom Typus der schon genannten und zum 
Abschluß den mächtigen Serpentin. Der Serpentin wird als Lager auf- 
gefaßt, die Ophikalzite als Lagergänge mit möglicher Kontakt- 
metamorphose. 

Das alte Gebirge zeigt nach Rothpletz die Struktur eines 
Fächers. Seine nördliche Hälfte bilden die liegenden Quarzphyllite, 
den Süden die hangenden Brennerschiefer. Das mesozoische Gebirge 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 929 


216 Eduard Hartmann. 10] 


besteht aus annähernd ost-west-streichenden Mulden und Sätteln und 
ist an der Ostseite des Hauptmassivs durch eine bedeutende Ver- 
werfung gestört. Angedeutet werden auch Verwerfungen der älteren 
Schichten. 


9. J. Blaas, 1894. „Über Serpentin und Serpentinschiefer aus dem Brennergebiete“. 
(Mit Tafeln und Profilen) Nova Acta der K.S. 1. Leop. Carol. Akademie 
der Naturforscher. Bd. LXIV. Nr. 1, Halle 1894. 


Nach Blaas kommen in den Tarntaler Bergen ungefähr die 
gleichen Serpentingesteine wie bei Matrei und Pfons vor. Die petro- 
graphische Untersuchung hat für diese folgende Resultate geliefert: 
„Feldspat- und chloritführende Schiefer unterlagen einer intensiven 
mechanischen Deformation, mit welcher ein durchgreifender chemischer 
Umsatz des ursprünglichen Mineralbestandes verbunden erscheint. 


Der Feldspatbestandteil verschwindet, der chloritische verliert 
mehr und mehr seine Tonerde, wodurch das Serpentinmolekül des- 
selben herrschend wird. Von außen zugeführt wurde Kalk. Im Laufe 
der Umwandlung tritt Kalk und ein augitisches Mineral auf, welch 
letzteres wieder der Serpentinisierung anheimfällt,“ 


10. F. E. Suess, 1894. „Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brenner- 
linie.“ J. R.-A. 1894. (Mit Profilen, einer Karte und petrographischen Tafeln.) 


F. E. Suess trennt wie Rothpletz ein älteres Gebirge von 
einem jüngeren. Das ältere besteht aus Kalkphylliten und aus Quarz- 
phylliten. Die Kalkphyllite (bei Rothpletz Brennerschiefer) sind 
präkambrisch,h die Quarzphyllite (bei Rothpletz Quarzphyllite) 
karbonisch. Letztere gleichen nämlich petrographisch ganz den Quarz- 
pbylliten des Steinacher oder Nößlacher Joches und haben wie diese 
Einlagerungen eines rotbraun anwitternden Dolomits. Die Quarz- 
phyllite des Steinacher Joches gelten deshalb als karbonisch, da sie 
mit sicheren oberkarbonischen Schichten in Verbindung treten. Die 
Quarzphyllite bilden im Norden eine Antiklinale, an die sich im Süden, 
durch eine vorpermische Verwerfung getrennt, die Kalkphyllite an- 
schließen. Quarz- und Kalkphyllite sind aus Sedimenten durch Dynamo- 
metemorphose hervorgegangen. 


Uber das alte Gebirge transgrediert nun das Perm und die 
Trias. Das Perm besteht aus einer verrucanoartigen Quarzserizit- 
brececie oder Grauwacke (bei Rothpletz sernifitartiger Schiefer, 
l. c. pag. 16). Auf ihr liegen lokal wenig mächtige, eisenreiche, gelb- 
verwitternde Kalkbänke, im allgemeinen aber folgen die plattigen, 
violetten und grünen Quarzitschiefer = „Tarntaler Quarzitschiefer*. 
(Bei Rothpletz violette und grüne Tonschiefer.) Sie enthalten oft 
zahlreiche Zwischenlagen eines eisenreichen, gelben plattigen Kalkes 
und mächtige, ehemals linsenförmige Massen eines Olivin-Serpentins 
mit vielen Diallagen. 

Auf den permischen Gesteinen kam nun die Trias mit mäch- 
tigen Dolomiten und Kalken zum Absatz. Sie enthält auch Dolomit- 
breccien. Alle permischen und triadischen Gesteine sind mehr oder 
minder stark metamorphosiert und in ihrer Lagerung gestört. 


[11] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 217 


So wurde durch die gebirgsbildenden Kräfte die Trias in 
parallele Ost-nord-ost streichende, sicn gegen Westen senkende Falten 
gelegt. In den Tarntaler Bergen, am Hauptmassiv, wurde das Perm 
(die Tarntaler Quarzitschiefer mit dem intrusiven Serpentin) auf die 
Trias des Hauptmassivs von Süden nach Norden hinaufgeschoben oder 
gefaltet. 

Das vom Perm überschobene mesozoische Hauptmassiv sank 
dann längs Verwerfungen in die Tiefe, wobei sich an der Geierspitze 
und Sonnenspitze Schleppungserscheinungen herausbildeten. Den tek- 
tonischen Kräften sowohl als auch den zirkulierenden Wässern und 
Lösungen wird die Entstehung der mit Kalzit verkitteten Serpentin- 
breccien und der Ophikalzite zugeschrieben. 


11. J. Blaas, 1902. „Geologischer Führer durch die Tiroler und Vorarlberger 
Alpen.“ 4. Mittelttirol, pag. 434. (Mit Karte.) 


Blaas gibt in demselben eine Übersicht der Auffassungen von 
Pichler, Blaas, Rothpletz und F. E. Suess. 

Die beiliegende Karte gibt karbonische Quarzphyllite und Kalk- 
phyllite unbestimmten Alters, sodann Perm, Trias, überschobenes 
Perm und Serpentin an. 


12. C. Diener, 1903. „Bau und Bild der Ostalpen und des Karstgebietes.“ 1903. 


Diener hält sich, wie aus Text und Übersichtskarte hervor- 
geht, im wesentlichen an die Ergebnisse von F. E. Suess. 


13. F. E. Becke und F. Löw], 1903. „Livret-guide des excursions en Autriche 
du 9e congres geologique international Vienne 1903.“ „Exkursionen im west- 
lichen und mittleren Abschnitt der Hohen Tauern.“ 

F. Becke, I. Teil „Exkursionen durch das Westende der Hohen Tauern“ (Zillertal). 
Mit Profilen und einer geologischen Übersichtskarte. 


Aus dem Text und der Karte ist herauszulesen: Die meso- 
zoischen Massen der Tarntaler Berge transgredieren über die wahr- 
scheinlich paläozoischen Kalkphyllite (bei Rothpletz DBrenner- 
schiefer, bei F. E. Suess Kalkphyllite) und die älteren Quarz- 
phyllite, welche den „Pinzgauer und Pustertaler Quarzphylliten*“ 
gleichgestellt werden. Die Kalkphyllite gehören dem weniger meta- 
morphen Teil der Schieferhülle des intrusiven Zentralgranits an, 
welchem vielleicht mittelkarbonisches Alter zukommt. Ihre Grenze 
gegen die Quarzphyllite ist eine tektonische. Sie enthalten auch 
Serpentingesteine, welche umgewandelten, basische Eruptivgesteine 
darstellen. 


14. P. Termier, 1905. „Les Alpes entre le Brenner et la Valteline.* Bulletin de 
la Societe G&ologique de France. 4. Serie 1905, pag. 209 u. ff. 


Nach Termier gibt es in der Brennergegend vier große 
übereinanderliegende „nappes“ (Decken). Zur untersten gehört 
der Zentralgneis, dessen unmittelbare Schieferhülle mit ihren kristal- 
linen Kalken, Quarziten, Konglomeraten, Glimmerschiefern, Amphi- 
boliten und mit dem „Hochstegenkalke® Beckes. Diesem kommt 
nach Termier mitteltriadisches Alter zu. Die zweite nächst- 

29* 


218 Eduard Hartmann, 1 2] 


höhere „Decke“ bilden die „Schistes lustres“ (Rothpletz 
„Brennerschiefer“, F. E. Suess und Becke „Kalkphyllite“). Sie 
führen grüne Gesteine (umgewandelte Gabbros und Serpentine, 
Sprechenstein und Braunhof bei Sterzing) und sind mesozoisch bis 
neozoisch. 


Die dritte Decke besteht hauptsächlich aus den permischen 
Stubaier Glimmerschiefern und den darauf abgelagerten, triadischen 
Dolomiten des Tribulaungebirges (Tribulaundecke). 


Die hangendste, vierte Decke bilden paläozoische Quarz- 
phyllite. Zu diesen gehören die „karbonischen“ Quarzphyllite des 
Steinacher Joches und die Quarzphyllite nördlich des Navisertales. 
Zur vierten Decke gehören auch die mesozoischen, vornehmlich 
triadischen Gebirgsmassen, welche auf den genannten Quarzphylliten 
ruhen. 


Nach Termier haben die Tarntaler Berge nur an der nappe 2 
(Brennerschiefer) und nappe 4 Anteil (Dolomit und Kalke der Tarn- 
taler Berge und Quarzphyllite); denn nappe 1 ist nicht sichtbar, da 
sie von der nappe 2 und 4 bedeckt wird und nappe 3 ist gerade im 
kartierten Gebiete durch Auskeilen verschwunden. 


15. F. Frech, 1905. „Über den Gebirgsbau der Tiroler Zentralalpen mit besonderer 
Rücksicht auf den Brenner.“ Wissenschaft]. Ergänzungshelte z. Zeitschr. d. 
Deutsch. u. Österr, Alpenvereines. II. Bd. 1. Heft. Innsbruck 1905 


Frech hat im wesentlichen die Resultate und die Karte von 
F. E. Suess übernommen. Neu ist die Auffassung der triadischen 
Dolomitbreceie, welche nunmehr als tektonische Bildung, aus dem 
Hauptdolomit entstanden, angesehen wird. Eine Übersichtstabelle 
der zentralalpinen Trias gibt für die Tarntaler Berge „Oardita- 
schichten“ an. Doch werden im Text und auf der Karte darüber keine 
näheren Angaben gemacht. Näheres erfahren wir über die Alters- 
bestimmung der karbonischen Quarzphyllite und der präkambrischen 
Kalkphyllite („karbonische Quarzphyllite®“ Frechs, bei Rothpletz: 
archöische Quarzphyllite, bei Becke: Pustertaler und Pinzgauer 
Quarzphyllite; präkambrische Kalkphyllite Frechs bei Rothpletz: 
paläozoische Brennerschiefer, bei Becke: paläozoische Kalkphyllite, 
bei F. E. Suess: präkambrische Kalkphyllite). 

Bei der Altersbestimmung der „karbonischen Quarzphyllite“ 
stützt sich Frech vornehmlich auf die Resultate der J. v. F. Kerner- 
schen Abhandlung. 


‚Die Karbonflora des Steinacher Joches.“ J. R.-A. 1897, pag. 365—386. Mit litho- 
graphischen Tafeln (Nr. VIII—X). 


Am Steinacher Joch liegen auf quarzigem, von grauen, braun- 
anwitternden Eisendolomiten durchsetzten Phylliten, Quarz-, Kalk- 
und Schiefergerölle führende Konglomerate und Sandsteine, welche 
Anthrazitschiefer enthalten. In den Anthrazitschiefern finden sich 
sicher die unteren „Öttweiler“* — vielleicht auch noch die oberen 
„Saarbrücker Schichten“. Die Konglomerate und Sandsteine werden 
selbst wieder von den quarzreichen Phylliten bedeckt, vielleicht tek- 


[13] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 219 


tonisch, vielleicht stratigraphisch. Mit diesen auf Grund der eben ange- 
gebenen Tatsachen allgemein für Karbon angesehenen Quarzphylliten 
haben nach Frech die Quarzphyllite der Tarntaler Berge manche 
Punkte gemeinsam. 


Abgesehen davon, daß sie den Nößlachern Quarzphylliten sehr 
ähnlich sehen, enthalten sie, wie schon F. E. Suess angegeben, 
ebenfalls einen braunanwitternden Dolomit und schließlich liegen auf 
ihnen ebenfalls Quarzkonglomerate, die zum Teil jedoch in „Quarz- 
serizitbrececien* umgewandelt sind und von Frech teilweise zum 
„Rarbon* gestellt werden (l. ec. pag. 14), während sie Suess dem 
„Perm oder der Untertrias“ einverleibt. Versteinerungsführende oder 
versteinerungslose Anthrazitschiefer konnten bisher in ihnen noch 
nicht gefunden werden. Lediglich auf Grund der eben genannten 
Vergleichspunkte werden die Quarzphyllite der Tarntaler Berge von 
Frech für karbonisch gehalten. 

Die Kalkphyllite gehören der Schieferhülle des Zentralgneises 
an, welche präkambrisch ist. Sie besteht zu unterst aus silikatreichen 
Grenzschiefern, sodann aus den ebengenannten Kalkphylliten und zu 
oberst‘aus Quarzphylliten. Äquivalente dieser „präkambrischen Quarz- 
phyllite“* überlagern im Norden unseres Gebietes nach Frechs An- 
sicht scheinbar konkordant die „karbonischen* Quarzphyllite, 


16. A. P. Young (London), 1907 „One a Serpentinrock from the mass of the 
Tarntaler Köpfe“ (Tirol). Mineralogical Magazine. September 1907. Vol. VIV, 
Nr. 5, pag. 365372. 


Young schildert einige Prozesse, welche der Serpentin der 
Tarntaler Berge durchzumachen hatte, bis er seine heutige Beschaffen- 
heit und Lage erreichte. In vortriadische, kristalline Schiefer 
(F. E. Suess, Tarntaler Quarzitschiefer) dringt das Serpentinmutter- 
gestein ein. Mit der Intrusion dieses Eruptivgesteines war eine 
Faltung der Schiefer verbunden. Die Kräfte, welche dieselbe hervor- 
riefen, bildeten auch eine schieferige Randfazies des Serpentinmutter- 
gesteines heraus und würden auch den Kern desseiben schieferig 
entwickelt haben, wenn sie nicht plötzlich zu wirken aufgehört hätten. 
Der Kern erstarrte dann mit richtungsloser Struktur. (Ungeordnete 
Augite,) Die Schiefer und das Serpentinmuttergestein wurden dann 
auf die Trias hinaufgeschoben oder gefaltet. Hierfür gilt als Beweis 
einmal die mit F. E. Suess angenommene Altersverschiedenheit der 
hangenden und liegenden Gesteine im Hauptmassiv, ferner die Tat- 
sache, daß die jetzt hangenden überschobenen, vortriadischen, kri- 
stallinen Tarntaler Quarzitschiefer von zahlreichen parallelen, senk- 
rechten Klüften durchsetzt werden, welche nicht in die liegenden 
Triasgesteine hinabreichen. 


17. A. P. Young, 1908. „Stratigraphy and Structure of the Tarntal Mass“. Quart,. 
Journal Geol. Soc. 1908, pag. 596 —603. 


Auf Grund der heutigen Aufschlüsse am Nederer (Tarntaler 
Köpfe) und im oberen Tarntal wird vom Verfasser folgendes Profil 
aufgestellt: 


990 Eduard Hartmann. [14] 


Zone Ill. 8. Serpentin 
7. Ophikalzit 
6. Tarntaler Quarzite mit 


' wenig gestört X Obertarntal. 
Kalkschichten etc. 


Zone Ill. 5. Kalkschichten mit | 


ol stark gestört 


4. Dolomitbreceie | 
3. Kalkschichten Nederer. 
Zone I. 2. Lias-Kalksteine 
1. Hauptdolomit mit Kössener Schichten 
Nach Young lautet aber die normale ungestörte Schichtenfolge 
folgendermaßen: 
4. Lias 


3. Rhät (Kössener Schichten) Trias. 
2. Hauptdolomit 
| Tarntaler Quarzit mit Kalkschichten 


Serpentin mit Ophikalzit Vortrias. 


Die Lagerungsverhältnisse am Nederer werden deshalb fol- 
sendermaßen erklärt: 

Zone I liegt normal auf Tarntaler Schiefern mit ihren Kalken 
und Serpentingesteinen und bilden den unteren Schenkel einer groben 
Falte, deren oberer Schenkel von Zone II und III gebildet wird, 
3 wäre dann das verkehrt liegende 2; 4 das 1, 5+6+7+38 die 
verkehrt liegenden vortriadischen Schichten. Eine andere Erklärung 
des Profils rechnet damit, daß I ebenfalls normal liegt und mit II 
eine Falte bildet, deren oberer Schenkel = II durch Streckung an 
Mächtigkeit der Schichten eingebüßt hat. 3 ist wieder das verkehrt 
liegende 2, 4 das reduzierte 1. 

Über die Falte ist nun III eigens darübergeschoben, und zwar 
so, daß eine Verwischung der Schichtgrenzen von II und III eintrat. 

Die Eigenschaften sämtlicher in der Tabelle angeführten Ge- 
steine werden in ökogene — an Ort und Stelle, vor den tektonischen 
Bewegungen erworbene und in apökische = während oder nach diesen 
erlangte eingeteilt. 

Als ökogen wird bezeichnet: 

1. Die Bildung der Tarntaler Schiefer — sie erfolgte in gleicher 
Weise wie die der alten Quarzphyllite (Tiefenmetamorphose). 

2. Die Intrusion des Serpentinmuttergesteines, seine Kontakt- 
wirkung an Kalken, welche heute von Serpentin umschlossen werden, 
und an Kalken, welche mit den Tarntaler Schiefern vorkommen. 

3. Die Bildung der Ophikalzitgesteine. 

4. Die allmähliche Verfestigung des Magmas. 


Apökisch hingegen ist: 
1. Die Trennung des Eruptivgesteines von seinem Zufuhrkanal. 
2. Zum Teil seine Serpentinisierung. 


[15] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 221 


3. Die Kataklasstruktur der Augite, des Serpentinkernes. 

4. Die anormale Lagerung der Tarntaler Schichten. 

5. Die mit den tektonischen Bewegungen verknüpften Faltungs- 
und Stauchungserscheinungen der Sedimente, insbesondere der Schichten, 
welche die Breccie 4 in Zone II umgeben. 

‘6. Breccienbildung. 


18. A. Penck & Brückner, „Die Alpen im Eiszeitalter“. Leipzig 1909. 


In diesem Werke ist die Rede vom alten Navisgletscher, welcher 
das Geschnitzstadium vertritt mit einer Schneegrenze von 2100 m 
(600 m unter der heutigen), ferner von den Endmoränen dieses 
Gletschers, die am Ende des Navistales bei Matrei abgesetzt wurden. 


19. A. P. Young, 1909. „Structure and Physiography of the Tarntal Mass.“ 
Geol. Magazine August 1909, pag. 339—347. 


Young berichtet von den Fossilresten (Arnioceras cfr. Arnouldi 
Dumortier, Belemnites sp. und Diatematidenreste), welche er 
im Jahre 1908 gefunden und Dr. G. C. Crick!) (London) und 
Dr. Bather (London) zur Bestimmung übergeben hatte. 

Weiterhin erfahren wir, daß die Tarntalbreccie 4 in Zone II des 
Nederer Profils (efr. Young, 1908) für karbonisch zu nehmen ist. 
Mehrere Beobachtungen in den Nachbarbergen, so am Mieselkopf, 
haben Young zu dieser Auffassung geführt. Einmal wird darauf hin- 
gewiesen, daB die Tarntalbreccie am Mieselkopf die gleiche rotbraune 
Verwitterungsfarbe zeigt wie der „karbonische Eisendolomit* F. E. 
Suess’ in der Knappenkuchel. Weiterhin erfahren wir, daß es auf 
der Ostseite des Mieselkopfes eine Tarntalbreccie gibt, welche in 
parallele Platten gespalten ist, zwischen die ein jetzt umgewandeltes 
„gneisartiges Gestein mit Mineralien der Glimmer, Chlorit und Ser- 
pentingruppe“ nach Art eines Intrusivgesteines eingedrungen ist und 
daß Quarzadern, wohl die parallelen Platten der Tarntalbreccie durch- 
setzen, nicht aber das „gneisartige“ Gestein. 


Young fand nun im Obertarntal ein Stück einer Tarntalbreccie, 
welches grünen Talk enthält, so wie er in der Nähe der großen 
Serpentinstöcke vorkommt. Diese Erscheinung und das Auftreten des 
gneisähnlichen Gesteines am Mieselkopf werden nun in Beziehung 
gebracht und folgende Schlüsse gezogen: In den Tarntaler Bergen 
lassen sich zwei zeitlich voneinander getrennte Intrusionen feststellen, 
welche von einem Magmaherd ausgehen. Das Verhältnis der beiden 
Intrusionen zu den Sedimentgesteinen ist folgendes: zunächst kam 
die Tarntalbreccie auf den Tarntaler Quarzitschiefern, welche ihren 
gefalteten Charakter schon fast erlangt hatten, zum Absatz, dann 
wurde sie in parallele Platten zerlegt. Zwischen diese dringt das 
Magma der ersten Intrusion ein. (Talk im Obertarntal und „gneis- 
ähnliches Gestein“ am Mieselkopf). Diese Intrusion ist im. Vergleiche 
zu der später stattfindenden zweiten sehr unbedeutend. Die spätere 


!) G.Crick, „Notes on two Cephalopods collected by Dr. A.P. Young 
on the „Tarntaler Köpfe in Tirol“. Geological Magazine No. X. Oktober 1909, 
pag. 443— 447. 


222 Eduard Hartmann. [16] 


fand nur in den Tarntaler Quarzitschiefern statt und lieferte das 
Muttergestein zu den mächtigen Serpentinstöcken des Großen und 
Kleinen Reckners. Auf den Tarntaler Quarzitschiefern lagert sich 
dann der Hauptdolomit, die Kössener Schichten und der Lias ab. 
Diese drei Formationsglieder bilden zusammen den „Knappenkuchel- 
block“. Die Tarntaler Quarzitschiefer hingegen und die früher er- 
wähnten mit ihnen verknüpften grünen Kalke nebst den Serpentin- 
gesteinen liefern den „Recknerblock“. 

Der „Recknerblock* ist nun auf den „Knappenkuchelblock“. 
hinaufgeschoben oder gefaltet, wobei die Tarntaler Breccie in die 
Liaskalke hineingepreßt wurde. Wie die nachstehende Schichtfolge 
am Nederergipfel: 


5. Grüne Quarzite mit roten Hämatitschichten mit wohlent- 
wickelten Schichtflächen und reichlichen, scharf begrenzten Bändern 
senkrecht zur Faltung. 73 m. 

4. Dolomitband, reichlich mit Quarzadern durchsetzt, mit Dolomit- 
breccie, hier Tarntaler Dolomit genannt. Dieses Gestein mehr zer- 
brochen als gewalzt (shearing) ist bei den faltenden Prozessen in die 
Schichten hineingeknetet worden. 75 m. 

3. Zone der größten Störung. Kalkschichten mit deutlicher 
mechanischer Faltung. 95 m. 

2. Kalksteine verschiedentlich gebankt, mit Nordostfallen, sonst 
wenig gestört. 40 m. 

1. Massiver Dolomit ungeschichtet, stellenweise brecciös ohne 
Anzeichen von Verwalzung. 330 m. 


zeigt, ist der Recknerblock entweder der verkehrt liegende obere 
Schenkel, der Knappenkuchelblock der normal liegende, untere 
Schenkel einer großen liegenden Falte; oder der Recknerblock ist 
selbständig über den normal liegenden Knappenkuchelblock hinweg- 
geschoben. Zwischen 3 und 4 ist nach Young die Zone der größten 
Störung. 


20. B. Sander, 1910. „Über neue geologische Forschungen im Gebiete der Tarn- 
taler Köpfe.“ V. R.-A. Sitzung vom 1. Februar 1910. 


In dieser vorläufigen Mitteilung gibt Sander folgende Über- 
sicht: „Eine aus den verschiedensten Gesteinen gemischte Breceie 
ist in unverkennbar einheitlicher Ausbildung in den Tuxer 
Voralpen reichlich vertreten. 

Die Tarntaler Breccie enthält einerseits noch rhätische Frag- 
mente, ist also postrhätisch, anderseits geht sie aus Grauwacken 
durch Aufnahme von Dolomit hervor. Entweder ist die Einmischung 
der Dolomitbrocken in die Grauwacken oder die Einbeziehung der 
rhätischen Fragmente in die Breccie grobmechanisch erfolgt. 

Auch Übergänge der Tarntaler Breceie in reine Dolomitbreccien 
kommen vor, welch letztere Stadien zeigen, welche für Druckbreceien 
sprechen. 

Nach der Zementierung der Tarntaler Breccie sowohl als der 
Dolomitbreccie wurde erstere derzeit darüberliegenden Tonschiefern, 
letztere derzeit darunterliegenden Kalkphylliten und kalkfreien Glanz- 


[17] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 2233 


schiefern in bedeutendem Ausmaß, wahrscheinlich tektonisch einver- 
leibt. Die pyritführenden schwarzen Tonschiefer von der Basis des 
Kalkes der Saile (bei Innsbruck) sind auch in den Tuxer Voralpen 
vertreten. Die Rauhwacken der Tuxer Voralpen können von Gips 
begleitet werden.* 


21. E. Suess, 1910. Das Antlitz der Erde. III. Bd. Vierzehnter Abschnitt, „Die 
Alpen.“ Pag. 191. 


Wir entnehmen, daß die Tarntaler Berge mit ihren Quarz- 
phylliten, Brennerschiefern, Trias-, Jura- und Serpentingesteinen zu 
Suess’ „lepontinischer Decke“ zu rechnen sind. 


22. G. Steinmann, 1910. „Über Stellung und Alter des Hochstegenkalkes.“ Mitteil. 
d. Geol. Gesellsch. in Wien. III. Bd., 1910, pag. 285—299. 


Die Brennerschiefer und der Serpentin des Tarntalmassivs ge- 
hören der „rhätischen Decke* an. Der Serpentin ist aber durch 
„antiklinale Einfaltung in die tieferen Teile der ostalpinen Decke 
gelangt“. 


23. A. P. Young, 1910. „On the Glaciation of the Navis valley in North-Tirol.,, 
Geological Magazine, New Series V. Decad. Vol. II. Nr. VI. Juni 1910, 
pag. 244—258. 


Young stellt zwei Präwürmeiszeiten und zwei Postwürmeiszeiten 
mit je einer Schneegrenze von ca. 2400 bzw. 2650 fest, ferner 
Erosionserscheinungen, welche das Grübelkar und Obertarntal her- 
vorriefen, 


24. B. Sander, 1911. „Geologische Studien am Westende der Hohen Tauern.“ 
1. Bericht mit 4 Karten, 17 Textfiguren, Sonderabdruck. LXXXII. Bd. d. 
Denkschr. d. kais. Akad. d. W. math.-naturw. Klasse, pag. LXXXII. 


Die Arbeit gibt vor allem eine Übersicht der Gesteine, welche 
am Aufbau des Tauernwestendes beteiligt sind. 


Es werden ausgeschieden: 


I. Kalke und Dolomite, unter diesen: 1. Kalkmarmore = Tuxer 
Marmor; 2. Bänderkalke; 3. Dolomite, a) Dolomitmarmore, b) Pfitscher- 
dolomite, c) helle und dunkle, breceiöse Dolomite (Dolomite der 
Maulser und Tarntaler Trias), d) Rauhwacken, e) Eisendolomite; 
II. Glanzschiefer; III. Quarzite; IV, Grauwackengneise; V. Knollen- 
gneise; VI. Grünschiefer, Serpentin, Talk; VII. Amphibolite ; VIII. Phyl- 
lite; 1. Kalkphyllite, 2. Quarzphyllite, IX. Augengneise, X. Greiner- 
schiefer, XI. Zentralgneise. 

Leider werden bezüglich des Alters der einzelnen Gesteine 
keine näheren Angaben gemacht. Von den wichtigen Resultaten der 
Arbeit ist der Nachweis hervorzuheben, daß sehr charakteristisch 
ausgebildete Gesteine, wie die Bänderkalke, Rauhwacken, Rauhwacken- 
breccien, Quarzite, Grauwacken, Kalkphyllite und Quarzphyllite, so- 
wohl in „lepontinischen“ wie in „ostalpinen* Arealen vorkommen. 

In den Tarntaler Bergen kommen von den oben genannten Ge- 
steinen vor: 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reicnsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 30 


224 Eduard Hartmann. 1 8 ] 


1. Die Bänderkalke, 2. die brecciösen hellen und dunklen Trias- 
dolomite (Tarntaler Dolomite in Verbindung mit diesen polygene 
Tarntaler Breccie), 3. die Rauhwacken, 4. Eisendolomite, 5. Glanz- 
schiefer, 6. Quarzite, 7. Grauwacken = Tuxer Grauwacken, 8. Serpentin, 
9. Kalkphyllite, 10. Quarzphyllite. 

Die Bänderkalke, Tarntaler Dolomite und Rauhwacken werden 
anscheinend der Trias zugerechnet, die Tuxer Grauwacken gehören 
vielleicht dem Oberkarbon an. 

Die Bänderkalke kommen auf der südl. Geierspitze, an der Klamm- 
spitze (hier Crinoidenreste führend) und am Grafmarterspitz- 
Südgrat vor. 

Die Rauhwacke auf der Südseite der Geierspitze, der „Tarn- 
taler Dolomit“ (brecciöser Hauptdolomit bei F. E. Suess) beteiligt 
sich am Aufbau des Hauptmassivs und der Südseite der Geierspitze. 

Bei Mauls liegt auf Bänderkalken Rauhwacke und auf diesen 
Triasdolomit. In den Taruntaler Bergen (Geierspitzsüdseite) auf gleichen 
Bänderkalken gleiche Rauhwacke, jedoch auf der Rauhwacke anstatt 
des Maulserdolomits der brecciöse, helle und dunkle „Tarntaler Dolomit*. 

Hier wie dort ist der Triasdolomit mit der Rauhwacke un- 
zertrennbar verknüpft. Sie ist nach Sander „auch von den tria- 
dischen Kalkphylliten mehr und mehr untrennbar*, z. B. auf der Süd- 
seite der Geierspitze. 

Die Beziehungen von Tarntaler Dolomit (= Hauptdolomit 
F. E. Suess) zu der „polygenen Tarntaler Breccie*“ sowie deren 
Entstehungsgeschichte werden auch jetzt noch nicht klar dargestellt. 

Der „Eisendolomit“ erscheint in Quarzphyllit und Kalkphyllit 
(= Brennerschiefern Rothpletz) „ein Niveau zwischen beiden in ge- 
wissen Grenzen einhaltend“. Dieses Verhalten wird tektonisch erklärt. 

Die schwarzgrauen, hellbraunen, kalkfreien Glanzschiefer er- 
langen durch Aufnahme von vielem Quarz ein dem Quarzphyllit ähn- 
liches Aussehen. Sie werden Quarzphyllite I genannt und finden sich 
auf der Südseite der Geierspitze unterhalb und oberhalb des Tarn- 
taler Triasdolomits und in der Knappenkuchel und bei der „Stippler- 
alm“ (= „O. Lattereralm“). In der Knappenkuchel sind sie identisch 
mit dem F. E. Suessschen „karbonischen Quarzphyllit“. 

Die Glanzschiefer werden auf der Südseite der Geierspitze von 
triadischen Kalkphylliten überlagert, welchen weiße Quarzitschiefer 
und „Tarntaler Dolomit*“ eingelagert sind. 

Die weißen Serizitquarzite in der Umgebung der Lizumalpe 
kommen in der Hochstegenzone vor, ferner im Liegenden der Maulser 
Triasschichten. 

Tuxer Grauwacken, welche in der Hochstegenzone am Südgrat 
der Frauenwand „Tarntalbreccien“ enthalten, kommen in den Tarn- 
taler Bergen bei der Lizumalpe vor. 

Hier finden sich nebst weißen Quarzitschiefern und Quarzserizit- 
psammiten des Krierkares (Hochstegenzone) Breceien, Konglomerat- 
quarzite und arkosische Grauwacken des Klein-Kaserers (Hoch- 
stegenzone). 

Bei den Phylliten wird ein triadischer Kalkphyllit von einem 
paläozoischen Kalkphyllit getrennt. Ersterer wird „Tarntaler Kalk- 


[19] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 295 


phyllit“ genannt und kommt an der Südseite der Geierspitze, an der 
Klammspitze (Crinoidenreste führend) und am Südgrat der Graf- 
marterspitze vor. 

Seine Trennung vom paläozoischen Kalkphyllit ist schwierig. 

Vom Kalkphyllit und Quarzphyllit wird, was im Hinblick auf 
Termiers Decken wichtig ist, allgemein bemerkt, daß sie nicht 
gegeneinander horizontierbar sind, sie wechseln überall miteinander 
ab und können sich gegenseitig über- und unterlagern. 

Der Quarzphyllit über der „Griffalm* (gemeint ist wohl die 
Klammalpe!) ist Quarzphyllit I, der auch an der Geierspitzsüdseite 
sowohl über, als auch unter dem Triasdolomit (= Hauptdolomit bei 
F. E. Suess) vorkommen soll (vgl. unter Glanzschiefer). 

Die übrigen, in der Übersicht aufgezählten Gesteine sind mit 
Ausnahme des Serpentins in den Tarntaler Bergen nicht vertreten. 
Aus dem beigegebenen generellen Profil („Tarntaler Kögel, Brixener 
Granit“) geht hervor, daß der Südabfall des Tarntaler Hauptmassivs 
in eine Schuppungszone hineinragt, welche sich mit steil nordfallenden 
„isoklinalen Zerrflächen“ nach Süden über die Gamskarspitze bis an 
den Zentralgranit verfolgen läßt. 


25. B. Sander, Zum Vergleich zwischen Tuxer und Prättigauer Serien. V. R.-A. 
Nr. 15, 1911, pag. 339 —346. ; 

Es wird gezeigt, daß sich gewisse Prättigauer Schichten mit 
typischen Gesteinen der Tarntaler Berge identifizieren oder vergleichen 
lassen, so die mesozoischen Tarntaler Kalkphyllite, der endogen 
breceiöse Triasdolomit, rote Schiefer aus der Umgebung des Reckners, 
Glanzschiefer, der Serpentin, vor allem aber die polygenen Breccien 
und vielleicht auch der „Eisendolomit*. Wichtig ist der Nachweis, 
daß die Prättigauer tektonische Serie: „Klippendecke, Brecciendecke, 
rhätische Decke“ am Tauernende nicht wieder gefunden werden 
kann. So liegen die für beide Gebiete so charakteristischen, polygenen 
Breccien in den Tuxer Alpen über der rhätischen Decke (Kalk- 
phyllite), im Prättigauer hingegen über der Klippendecke. 

Bezüglich der polygenen Breccien der Tarntaler Berge wird 
noch kein fester Standpunkt angenommen, es sind: „manche polygenen 
‚einheitlichen !)‘ Breccien vielleicht die tiefsten Vertreter der Trias (?).“ 


Stratigraphischer Teil. 
Übersicht. 


Am Aufbau der Tarntaler Berge beteiligen sich folgende Gesteine: 


A. Paläozoische (vortriadische) Schichten. 


I. Kalkphyllit (Brennerschiefer) a En 


II. Quarzphyllit genannt werden. 
1) Ofr. A. B. Sander, „Über neue geologische Forschungen im Gebiete 


der Tarntaler Köpfe“. 1910. 
30* 


226 


SIT DD m 


Eduard Hartmann. [20] 


B. Mesozoische Schichten. 
I. Triasgesteine: 


. Raibler Schichten (?) 


a) Quarzite 

b) Kalke 

c) Dolomite 

d) Rauhwacken (normal und mylonitisch). 


. Triasdolomit (Hauptdolomit) 
. Kössener Schichten 


a) Kalke 

b) Mergel 

c) Dolomite 

d) Kalkige Dolomite 
e) Tonschiefer. 


II. Juragesteine: 


. Kieselkalke 

. Konglomerate (normal und mylonitisch) 

. Kieseltonschiefer 

. Bunte Tonschiefer 

. Kalkführende Tonschiefer 

. Quarzserizitschiefer mit und ohne Dolomitgerölle 
. Sandige, regenerierte Dolomite. 


C. Quartäre Ablagerungen. 


I. Diluviale (Moränen) 
ll. Alluviale (Bergsturz und Gehängeschut!t). 


D. Eruptivgesteine und deren Umwandlungsprodukte. 


Eruptivgesteine: 


a) Diallagit 
b) Gabbro 
c) Diabas 


deren Umwandlungsprodukte: 
a) Serpentin 
b) Serpentin und Chloritfels 
c) Diabas (epidotisiert und chloritisiert). 


A. Vortriadische Schichten 


Diese zerfallen I. in Kalkphyllite oder Brennerschiefer, 
II. in Quarzphyllite. In beiden Gesteinen kommen Dolomitein- 
lagerungen vor, welche beim Quarzphyllit „Eisendolomit“ genannt 


werden. 


[21] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 227 


I. Brennerschiefer (Kalkphyllite). 


Von allen Geologen, welche sich eingehender mit dem Aufbau 
der Tarntaler Berge befaßt haben, wird das Auftreten zweier großer 
Komplexe kristalliner Schiefer von Kalkphylliten und von Quarz- 
phylliten vermerkt. Erstere heißen auch in vorliegender Arbeit 
Brennerschiefer, da sich für sie dieser Name eingebürgert hat. 

Während nun wohl alle neueren Forscher darüber einig sind, 
daß die Quarzphyllite am wahrscheinlichsten paläozoische Schichten 
vertreten, gehen, wie wir eingangs sahen, die Ansichten bezüglich des 
Alters der Brennerschiefer noch stark auseinander. 

Wenn in vorliegender Arbeit schlechtweg nur von vortria- 
dischen, paläozoischen Brennerschiefern und Quarz- 
phylliten gesprochen wird, dann sind mit dieser Altersbenennung 
alle, besonders die im kartierten Gebiete bis jetzt gewonnenen, 
sicheren Anhaltspunkte berücksichtigt. 

Es gilt nämlich: 

1. Bis jetzt sind weder in den Quarzphylliten noch in den 
Brennerschiefern Fossilreste oder sicher bestimmbare Fossilreste ge- 
funden worden. 

2. Die Beziehungen der Quarzphyllite unseres Gebietes zu den 
für karbonisch gehaltenen Quarzphylliten des Steinacher Joches sind 
bis jetzt noch in keiner Weise sichergestellt (vgl. F. Frech, L. 12). 
Man ist bis.jetzt noch nicht berechtigt, die Quarzphyllite der Tarntaler 
Berge für sicheres Karbon zu nehmen. 

3. Nach den Untersuchungen von A. Rothpletz (L. 23) und 
F. E. Suess (L. 38), ferner nach den Ergebnissen der vorliegenden 
Arbeit in den Tarntaler Bergen muß eine Transgression der 
mesozoischen Schichten auf den Brennerschiefern und 
den Quarzphylliten angenommen, eine tektonische Auf- 
lagerung hingegen fallen gelassen werden. 

Für das gegenseitige Altersverhältnis von Brenner- 
schiefern und Quarzphylliten vermag das kartierte Gebiet 
zwar wichtige Anhaltspunkte, aber keine sichere Lösung zu bringen. 

Bei der nun folgenden Einzelbesprechung werden die Brenner- 
schiefer deswegen an erster Stelle genannt, weil die vorliegenden 
Untersuchungen, für die Tarntaler Berge wenigstens, es erlauben, den 
Brennerschiefer sicher alsdas Liegende des Quarzphyllits 
aufzufassen. 

Die Brennerschiefer sind metamorphe, kalkreiche, mitunter 
stark sandige Mergel, welche stellenweise dolomitische Einlagerungen 
enthalten. Sie zeigen in ihrer Ausbildung großen Wechsel. 

Am typischen, wirklich schieferartigen Gestein fallen die 
hell bis dunkelgrauen, parallelen, quarzhaltigen Kalklagen auf, 
welche mit ungewöhnlich stark zerknitterten und gefaltenen Glimmer- 
häuten überzogen sind; ferner Quarzgänge und Quarzlinsen, 
welche sich zwischen die Kalklagen einschieben. 

Durch Anreicherung des Glimmers und Quarzes und völlige 
Verwischung einer manchmal noch gut angedeuteten, sedimentären 
Schichtung erlangt das Gestein einen mehr phyllitischen Habitus. 


2328 Eduard Hartmann. [22) 


Eine sehr häufig vorkommende Abart zeichnet sich durch 
großen Gehalt an Glimmer und Chlorit und durch grüne und grün- 
violette Farbtöne aus. 

Seltener sind helle quarzitische Varietäten. Manchmal 
ist der Brennerschiefer besonders da, wo er den Quarzphyllit ablöst, 
alsQuarzphyllitentwickelt, zum Beispiel südlich der südlichen 
Schoberspitze, dann westlich der Schmirner Reisse: nördlich und 
südlich des P. 2268, sodann östlich der Geierspitze im Norden des 
Junsees sowie im südlichen Lizumtal. 

Alle Brennerschieferarten sind überaus stark gefaltet und oft 
(zum Beispiel am „Schwarzen Schroffen“) von großen und kleinen, 
parallelen Klüften durchsetzt, deren Wände senkrecht zu den kleinen 
Faltungssätteln und Mulden stehen. Im Streichen der Schichten können 
gar nicht selten kleine Flexuren bemerkt werden, zum Beispiel südlich 
der „Schmirner Reisse“. 

Der Brennerschiefer verwittert infolge seines beträchtlichen 
Kalkgehaltes leichter als der Quarzphyllit und liefert im allgemeinen 
einen guten Weidegrund, der sich an die tiefergelegenen Partien, 
insbesondere an die Böden der Kare hält. Mit zunehmender Höhe 
stößt man auf mitunter sehr schroffe Kämme und Bergspitzen (zum 
Beispiel Sägenhorst und Pluderling), welche nahezu kahl und mit 
dichtem, eckigen Schutt bedeckt sind. 

- Der Brennerschiefer ist in den Tarntaler Bergen das 
liegendste Glied der gesamten Schichtreihe. Nirgends 
findet sich eine Stelle, welche eine Auflagerung des Brennerschiefers 
auf andere Schichten zeigt und nirgends ist er noch ursprünglich 
horizontal gelagert. 

In der Knappenkuchel geht er mit Wechsellagerung und 
mit völliger Konkordanz unter allmählichem Verlust des 
Kalkes in den hangenden Quarzphyllit über (s. Fig. 1). 

Der etwa 8 m breite Streifen Kalkphyllits, welcher südlich des 
Kreuzschroffens dem hangenden Quarzpbyllit zwischengeschaltet ist, 
ist echter Brennerschiefer. Er gleicht nicht etwa eingelagerten oder 
eingefalteten mesozoischen, metamorphen, kalkreichen Gebilden 
oder gar den eisenreichen, schwarz und rotbraun gefärbten mächtigen 
Glimmerkalken, wie sie außerhalb des Gebietes am benachbarten 
Rosevjoch, Kreuzjoch und Naviserjoch (Cfr. F. E. Suess!) dem 
Quarzphyllit völlig konkordant zwischengeschaltet sind. Auch von den 
glimmerreichen „Eisenkalken“, welche in der Knappenkuchel 
stellenweise die später zu besprechenden Eisendolomite vertreten, 
ist er leicht zu unterscheiden. 

Im südlichen Lizumtal bei P. 2235 ist vom mächtigen hangenden 
Quarzphyllit jetzt zwar nicht mehr soviel aufgeschlossen wie im Westen, 
im Klammtal, wohl kann man aber auch hier die Wechsellagerung der 
beiden Schiefer deutlich erkennen, 

Jedenfalls geht aus den Aufschlüssen am Kreuzschroffen und im 
südlichen Lizumtal hervor, daß Brennerschiefer und Quarz- 
phyllit untrennbar miteinander verknüpft sind. 


ı) F. E. Suess, „Das Gebiet der Triasfalten“, pag. 608. 


Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 239 


[23] 


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"uaygorgoseine a9p Zunıadeppmy SAlsseıdsueı ap 9925 "A 19q YIwopopussey pun yıfgdzıend ‘IojoIyosisuusig WI Uayjeg aıp 
a9u1a} ‘H9uyd1l9z98 ınyeN dap yowu uajun ‘sjıeyy I9p Yosu uago) Toyaiyosıounsıg pun ALydzızud uoA Iunaodejfosydsm Ip Juuayıa ueW 


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230 Eduard Hartmann. [24] 


Die Mächtigkeit des Brennerschiefers muß sicher sehr hoch 
veranschlagt werden, vielleicht auf viele Hunderte von Metern, wenn- 
gleich die intensiven Fältelungen und Faltungen einen höheren Betrag 
vortäuschen. 

Die Verbreitung des normal ausgebildeten Brennerschiefers 
wird später besprochen werden. 

Die quarzitischen Brennerschiefer finden sich in größeren 
Partien im kartierten Gebiete nicht. Sehr gut sind sie hingegen außer- 
halb desselben in Navis, oberhalb und unterhalb der Brücke zu sehen, 
welche am „Oberen Weg“ über den Tremmelbach führt. Am Kreuz- 
jöchelgrat, rechts vom P. 2643, enthält der Brennerschiefer eine kleine, 
hell- bis dunkelgraue, quarzhaltige Dolomitlinse. Westlich 
der „Inneren Griff“, unterhalb des Fußpfades, tritt eine kleine, 
mehr kalkhaltige, aber ebenfalls quarzführende Dolomiteinlage- 
rung auf. 

In beiden Fällen ist auf der Karte der Dolomit mit der Farbe 
des Eisendolomits eingetragen. 


ll. Quarzphyllit. 


Der Quarzphyllit ist aus tonigen, mitunter stark sandigen 
Sedimenten hervorgegangen, arm an Varietäten und beherbergt in 
der Knappenkuchel ein konkordant zwischengeschaltetes, stellenweise 
kalkiges Dolomitlager, den sogenannten „Eisendolomit“. 

Der typische Phyllit ist leicht kenntlich durch seine schmutzig- 
grüngrauen, dunklen Glimmerhäute und die sich scharf davon 
abhebenden Quarzgänge und Quarzlinsen. Die einzige im 
kartierten Gebiet aufgefundene Abart zeichnet sich durch dichte 
Beschaffenheit und eine schwarze, etwas abfärbende, rauhe Ober- 
fläche aus. 

Die Verwitterung des Quarzphyllits ist infolge des großen 
Gehaltes an Quarz gering. Es bildet sich nur ein flachgründiger, 
steiniger Boden heraus, der im allgemeinen eine spärliche Vegetation, 
in den tieferen Lagen im Lizumtal auch heute noch die Zirbelkiefer 
gedeihen läßt, die im Klammtal (Zirbenschroffen!) jetzt ganz fehlt. 

Über die ursprüngliche maximale Mächtigkeit des Quarz- 
phyllits kann wie beim Brennerschiefer nichts Bestimmtes gesagt 
werden. Sie läßt sich sicher auf viele Hunderte von Metern schätzen, 
selbst wenn man wieder die starke Fältelung und die großen Faltungen 
berücksichtigt. 

Neben dieser nicht näher anzugebenden „maximalen“ Mächtigkeit 
kommt auch eine ‚reduzierte Mächtigkeit“* vor, so in der 
Knappenkuchel, ferner am Nordwestende des Schwarzen Schroffens 
und am Schober-Mölszug. 

In der Knappenkuchel ist durch eine präobertriadische 
Erosion nördlich des Kreuzschroffens der Phyllit etwa bis auf eine 
Mächtigkeit von zirka 350 m reduziert worden, wie aus Fig. 1 zu 
entnehmen ist. Am Nordwestende des Schwarzen Schroffens ist durch 
die gleiche Erosion der Quarzphyllit gar bis auf zirka 20 m 
Mächtigkeit abgetragen worden. 


[25] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 231 


Am Schober-Mölszug tritt in der Scharte zwischen den beiden 
Schoberspitzen ein bis zur geringen Mächtigkeit von zirka 50 m 
„tektonisch reduzierter“ Quarzphyllit hervor. 


III. Eisendolomit. 


Interessant wird in der Knappenkuchel der monotone Quarzphyllit 
durch das Hinzutreten des „Eisendolomits“. Der normale Eisen- 
dolomit ist ein hell- bis dunkelgraues, fein oder mittelkörniges Dolomit- 
gestein, welches durch Rost äußerlich mehr oder minder stark braun ge- 
färbt ist. Er wird von kleinen Kalzitgängen und großen Quarzgängen — 
S. Q. (efr. im petrographischen Teil die Übersichtstabelle) durchsetzt 
und enthält oft reichlich sehr dünne und parallele serizitische Lagen. 

Wenn diese Glimmerlagen stärker und sehr häufig werden und 
zugleich die Menge des Quarzes zunimmt, was an der Grenze gegen 
den Quarzphyllit der Fall zu sein pflegt, dann erscheint ein Gestein, 
welches man Dolomitphyllit nennen könnte, Es enthält aber 
meistens auch schon etwas Kalzit. 

Lokal geht der Eisendolomit in einen rostfreien, grau an- 
witternden, grauen Dolomit über, der vom Triasdolomit nicht 
zu unterscheiden ist. Auch hier würde man einen großen Fehler 
begehen, wollte man nur wegen der gleichen petrographischen Aus- 
bildung den Eisendolomit für Trias nehmen! 

Häufig wird der Eisendolomit auch durch bänderige, schwärzlich- 
graue oder bräunlichgraue, miteinander alternierende rost- und glimmer- 
reiche Eisenkalke vertreten. Sie sind etwas marmorisiert und 
werden nördlich von P. 2182 in der Knappenkuchel bis zu 5 m mächtig. 
Auf der Karte sind sie nicht eigens ausgeschieden worden. 

Auch grobspatige Dolomitpartien kommen vor, so am 
Westeck des nördlichsten Dolomitzuges, beim Versuchsstollen. 

Durch mechanische Prozesse entstanden zwei weitere 
Abarten des Dolomits. 

So bildeten sich lokal Partien mit sehr schön entwickelten 
Breccien- und Knetstrukturen heraus (beim Versuchsstollen 
und südlich davon). 

Der Eisendolomit bildet in der Knappenkuchel ein in der 
Mächtigkeit stark wechselndes Lager, welches am nördlichsten 
Dolomitzug bis zu 25 m mächtig wird und am Roten und Kreuz- 
schroffen stark gefaltet und durch Verwerfungen zer- 
stückelt ist. (Cir. Fig. 2, 3, 4.) 

Nach dem Gesagten und den Ergebnissen der petrographischen 
Untersuchung läßt sich der Eisendolomit als eine nur stellen- 
weise und nur wenig mächtig entwickelte dolomitische Fazies 
der ton- und quarzreichen Sedimente auffassen, welche durch die 
Metamorphose A zu Quarzphyllit wurden. 


Die im vorangehenden Abschnitt und im zuge- 
hörigen petrographischen Teil über Brennerschiefer 
und Quarzphyllit gewonnenen Resultate lassen sich nun 
dahin zusammenfassen: Die ältesten Gesteine der heutigen 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 31 


232 Eduard Hartmann. [26] 


Tarntaler Berge bilden Kalkphyllite und Quarzphyllite. Die 
Entstehungsgeschichte dieser Schichten ist folgende: Auf Gesteinen, 
die nicht sichtbar sind, kamen in unbekannter Zeit zunächst sehr 
mächtig und gleichförmig entwickelte, mergelige, stellenweise 
sandige und dolomitische Sedimente zum Absatz. In einer 
uns unbekannten Epoche oder Periode wurden sie dann allmählich 
von mächtigen tonreichen, mitunter ebenfalls sandigen und 
dolomitischen Schichten mit völliger Konkordanz und 
mit Wechsellagerung abgelöst. 


Die Profile 2, 3 und 4 zeigen das Auftreten des Eisendolomits und der Antiklinale 
a, in der „Knappenkuchel*. 
Zwischen Profil 2 und 3, 3 und 4 läuft je eine Verwerfung. 
Profil 4 geht durch den „Roten Schroffen*“, Profil 2 läuft 160 m, Profil 3 40 m 
weiter östlich desselben. 
su — Bergschutt. — mo = Moräne. — d — Eisendolomit. — gu —= Quarzphyllit. 
Cu — Kupferkies und Fahlerz. 


Stellen, aus welchen dies geschlossen werden muß, sind in den 
Tarntaler Bergen durch die Aufschlüsse südlich des Kreuzschroffens 
und im südlichen Lizumtal vertreten. 

Später wurden die ein. zusammengehöriges Schicht- 
system bildenden, petrographisch aber verschieden 
entwickelten Sedimente von einer gemeinsamen Meta- 
morphose = Metamorphose A erfaßt, welche aus dem tonigen 
Sediment den Quarzphyllit und aus dem mergeligen den Brenner- 
schiefer hervorgehen ließ. 

- Die mechanischen Kräfte, welche wahrscheinlich mit der Meta- 
morphose A verknüpft waren, ganz besonders aber die Kräfte, 
welche die großen Uberschiebungen verursachten, haben die 


[27] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 233 


bereits metamorphen Gesteine noch stark beeinflußt, zum Beispiel 
die Kataklasstrukturen hervorgerufen. Die Metamorphose © hat 
an den bereits metamorphen Brennerschiefern und Quarzphylliten 
keine großen Anderungen mehr hervorrufen können. Die 
mit ihr verknüpften, nicht sehr bedeutenden mechanischen Kräfte 
und borhaltigen Dämpfe haben indes noch die Brennerschiefer 
und den Quarzphyllit beeinflußt. Die mechanischen Kräfte haben 
wohl noch mitgeholfen bei der Fältelung und Pressung der Gesteine, die 
borhaltigen Dämpfe hingegen ließen jedenfalls die in Breuner- 
schiefern und Quarzphylliten auftretenden Turmaline entstehen. 

Die sekundären Quarzgänge — S. Q. haben die Brennerschiefer 
und den Quarzphyllit, ebenso wie die mesozoischen Gesteine durchsetzt 
und in der Knappenkuchel dem Eisendolomit Pyrit, Fahlerz 
Kupferkies und Albit zugeführt. 

Die großen Faltungen der Tarntaler Berge, welche nach 
den $. Q. einsetzen, werden wieder nur mechanische Änderungen 
hervorgerufen haben. 


Verbreitung der paläozoischen Gesteine. 


Die paläozoischen Gesteine der Tarntaler Berge sind auf ein 
basales Vorland und auf eine große Schubmasse, auf die 
Schuppe A verteilt. (Cfr. Geolog. Übersichtskarte.) !). 

Wie diese Schuppe und die übrigen Schuppen 5, und D, sowie 
die Schuppen des basalen Vorlandes zustande gekommen sind und wie 
sie sich zum basalen Vorlande verhalten, wird im II. Teil dargelegt 
werden. Sie und das basale Vorland sind für uns zunächst nur bei der 
Bildung der Alpen entstandene, anormal liegende Verbreitungsbezirke 
von paläozoischen und mesozoischen Schichten der Tarntaler Berge. 

Brennerschiefer treten in den Tarntaler Bergen nur im 
basalen Vorlande auf, die Quarzphyllite hingegen im basalen 
Vorlande und außerdem noch im nördlichen Teil der Schuppe 4. 
Quarzphyllit des basalen Vorlandes tritt im Fenster des 
Mölstales, dann östlich der oberen Lattereralpe (in der Anti- 
klinale a, cfr. Übersichtskarte), ferner als schmaler Streifen am Nord- 
ende des Schwarzen Schroffens, dann im Klammtal zwischen 
der Südlichen Schoberspitze und der Schmirner Reisse 
(Zirbenschroffen, Knappenkuchel), ferner im südlichen und im nörd- 
lichen Lizumtal auf. 

Im nördlichen Lizumtale, bei der Lizumalpe, bildet er im 
allgemeinen ein Gewölbe, das unter die mesozoischen Schichten des 
Melkplatzes untertaucht und nach Osten bis zur Torspitz und zur 
Hennensteigen hinaufzieht. 

Quarzphyllit setzt in der weiteren Umgebung des Mölstal- 
fensters undam Melkplatz und nördlich und westlich des außer- 
halb der kolorierten Karte gelegenen Hippolds die unteren Teile der 
Schuppe A zusammen. Am südlichsten tritt erinder Schuppe A 
am Schober-Mölszug auf. Dort ist er noch sichtbar südlich und 


!) In der den Verhandl. 1913 beigegebenen Übersichtskarte ist versehentlich in 
der Erläuterung die mittlere Schuppe 2, als B,, die obere B, als B, bezeichnet. 
31% 


934 Eduard Hartmann. [28] 


südwestlich von P. 2453, dann zwischen den beiden Schober- 
spitzen und östlich der Scharte 2416, welche nördlich der 
Klammer-Sonnenspitze gelegen ist. 


B. Mesozoische Schichten. 


Sie zerfallen I. in Triasgesteine, Il. in Juragesteine. 


I. Triasgesteine. 


1. Raibler(?) Schichten: a) Quarzite, 5) serizitische Kalke, 
c) Dolomite, d) Rauhwacken; 


2. Triasdolomit; 


3. Kössener Schichten: a) Kalke, 5) Mergel, c) Dolomite, 
d) kalkige Dolomite, e) Tonschiefer. 


DreiEntwicklungsstufeneinestriadischen Meeres, 
das über bereits metamorphe und gefaltete Brennerschiefer und 
Quarzphyllite transgredierte, müssen aus den Triassedimenten der 
Tarntaler Berge herausgelesen werden. 

Bei der Transgression war dieses Meer sehr flach 
(erste Stufe), dann wurde es allmählich tiefer und ruhiger 
(zweite Stufe) und schließlich wieder flacher (dritte Stufe). 

Im kartierten Gebiet gibt es nur wenige Stellen, wo sich alle 
drei Stufen heute noch übereinander zusammenhängend verfolgen 
lassen. Oft kann infolge des ursprünglichen Fehlens der zweiten oder 
dritten Stufe oder wegen späterer Erosion Bersolber nur die erste 
Stufe festgestellt werden. 

Die fossilfreien Sedimente der ersten Stufe sehören vielleicht 
dem Raibler(?) Niveau an. Das Sediment der zweiten Stufe ist 
durch den mächtigen „Triasdolomit“, welcher Hauptdolomit sein 
kann, vertreten, die Ablagerungen der dritten Stufe hingegen werden 
von den „Kössener Schichten“ gebildet. 


I. Raibler (?) Schichten. 


Die Raibler(?) Schichten sind sehr küstennahe Ablagerungen mit 
sroßem Fazieswechsel und zum Teil sehr sandiger Beschaffenheit. 

Sie sind heute vertreten durch a) Quarzite, 5b) serizitische, 
ehemals tonige, manchmal auch als Bänderkalke ausgebildete Kalke, 
c) Quarz- und manchmal Serizit führende Dolomite, d) wenig meta- 
morphe Rauhwacken. 


a) Quarzite. 


Die Quarzite(beiRothpletz, L. 23 = Verrucano oder Sernifit; 
bei F. E. Suess, L. 38 = Quarzitbreccie oder Grauwacke = Perm; bei 
F. Frech, L. 12 = Quarzkonglomerate in Quarzserizitbreccien umge- 
wandelt == Untertrias; bei Sander, L.27 = Quarzite) sind metamorphe, 
mitunter an klastischem Orthoklas sehr reiche Quarzsande und Quarz- 
konglomerate, welche nach ihrer Metamorphose = Metamorphose BD 


[29] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 235 


noch von den hier pyrit- und karbonatführenden S. Q. durchtränkt 
werden. 

Es gibt grob-, mittel- und feinschieferige, meist hell- 
gefärbte Varietäten und solche, welche noch Konglomeratstruktur 
besitzen (zum Beispiel nördlich der „Schoberlacke*). 

Wo die Quarzite normal gelagert sind, treten sie immer als 
Hangendes des Quarzphyllits und des Brennerschiefers auf und 
dies meist mit einer so großen Konkordanz, daß man zunächst ver- 
sucht ist, sie noch dem prätriadischen Schichtsystem einzureihen. 


Fig. 5. 


Profil westlich des Melkplatzes. 


Westlich des Melkplatzes liegen die Raibler (?) Schichten diskordant auf den Quarz- 
phylliten. Es läßt sich hier annehmen, daß sie über den Südschenkel eines flachen 
Quarzphyllitsattels hinwegtransgredierten. 


su — Bergschutt. — rr = Raibler (?) Rauhwacke. — rk — Raibler(?) Kalke. 
rqu = Raibler (?) Quarzite. — qu —= Quarzphyllite. 


Da aber der Übergang vom Quarzphyllit zum Quarzit 
sich sehr rasch vollzieht, da ferner westlich des Melkplatzes eine 
deutliche Diskordanz zwischen dem Phyllit und dem 
Quarzit besteht (efr. Fig. 5) und da besonders der Quarzit durch 
Wechsellagerung mit der Rauhwacke untrennbar ver- 
knüpft ist, trennt man ihn besser vom Brennerschiefer und vom 
Quarzphyllit und rechnet ihn zur Trias. 

Am Nordabfall der nördlichen Schoberspitze erreicht er eine 
Mächtigkeit von zirka 25— 30 m. 


b) Serizitische Raibler(?) Kalke. 


(Raibler (?) Bänderkalke.) 


Bei ihnen gibt es vier, manchmal pyritführende Varietäten. Ihre 
Metamorphose (= Metamorphose C) beschränkt sich auf Bildung 


236 Eduard Hartmann. [30] 


serizitischer Lagen, welche oft ungemein rasch mit den Kalklagen ab- 
wechseln und die festlandnahe Bildung des Gesteines anzeigen. 

Die S. Q. konnten auf der Südseite der Geierspitze zirka 60 m 
westlich vom Südgrat in den Raibler (?) Kalken aufgefunden werden, 
welche der dortigen überschobenen Rauhwacke an einer Stelle ein- 
gelagert sind. Sie enthalten hier viel Kalzit. 


1. Varietät. Sie ist durch dichte, schwarzgraue, grau an- 
witternde, oft mit Bänderstruktur versehene Kalke vertreten. (Im 
Schober-Mölszug 1. auf der Nordseite der nördlichen Schoberspitze, 
s. Fig. 11, 2. auf der Nordseite der Klammer-Sonnenspitze, 3. an der 
Scharte 2416, nördlich der Klammer-Sonnenspitze gelegen.) Bei ihr 
alternieren häufig dünne, tonärmere und tonreichere Lagen, wodurch 
die Bänderstruktur entsteht. | 

2. Varietät. Es sind wenige Meter mächtige, graue bis rötlich- 
graue, grau und braun anwitternde Kalke: im Schober-Mölszug bei 
P. 2354 (westlich der Klammer-Sonnenspitze), ferner östlich der oberen 
Lattereralpe, am unteren Ende der dortigen, südlichen Bachrinne in 
einer Höhe von zirka 2040 m. 

3. Varietät. Es sind gleichfalls nur wenige Meter mächtige, 
durch Rost etwas bräunlich gefärbte Kalke, mit Serizithäuten oft reich- 
lich versehen und braun anwitternd. Sie finden sich im Schober-Mölszug 
bei P. 2453. Hier sowie auf der Südseite der Geierspitze sind solche 
Kalke der noch zu besprechenden Rauhwacke eingelagert. Sie finden 
sich auch noch als Hangendes der Quarzite, westlich des Melkplatzes. 
Auf den Nordabhängen der Klammer-Sonnenspitze gehen sie lokal in 
die erste Varietät über. 

4. Varietät. Seltener sind auch grünlichgraue, durch Rost 
bräunlich gefärbte, mit den Quarziten verknüpfte, wenige Meter 
mächtige Kalke vorhanden. Sie konnten an zwei Stellen etwa 300 m 
östlich vom Gipfel der Klammer-Sonnenspitze gefunden werden, wo 
sie als Liegendes der Quarzite auftreten. 

Diese 4. Varietät kann allenfalls mit den Jura-Wetzsteinkalken 
verwechselt werden. An der eben genannten Stelle ist jedoch ihre 
Zugehörigkeit zu den Quarziten sicher. 

Mit dem Brennerschiefer oder dem Quarzphyllit kommen die 
Raibier(?) Kalke nicht in direkte Berührung, immer liegt Quarzit, 
Dolomit oder Rauhwacke dazwischen. 


ce) Raibler (?) Dolomite. 


Diese Dolomite sind wenig kristallin. Als Zeichen der Meta- 
morphose C führen sie Serizithäute. Sie beherbergen auch (Quarz 
aus den S. Q. 

Die Vorkommnisse im Mölstal, an der Mölser Scharte, nord- 
östlich derselben und teilweise 100 ;n östlich der Scharte P. 2416 (im 
Schober-Mölszug), bestehen aus einem hellen oder dunkelgrauen, grau 
anwitternden, dichten, manchmal etwas körnigen Dolomit, welcher 
oft schon ganz an den „Triasdolomit* erinnert. 

Im Mölstal wird er zirka 150 m nordwestlich vom P. 2204 20 m 
mächtig. 


[31] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 237 


Im Schober-Mölszug 1. an der nördlichen Schoberspitze, 2. östlich 
derselben an zwei Stellen, 3. westlich vom P. 2354, 4. an der Klammer- 
Sonnenspitze, 5. an der Scharte 2416 an zwei Stellen, 6. 100 m östlich 
derselben, 7. beim Melkplatz nordöstlich vom P. 2206, 8. oberhalb 
der Alpe Lizum auf dem Wege zum Torjoch (Höhe zirka 2000 m) ist 
ein heller, bläulich und bräunlichgrauer dichter Dolomit aufgeschlossen. 
Er wittert gelblich an, führt lokal grünliche oder violette Serizithäute 
und Tonhäute, ist manchmal etwas gebankt (bei Lizum) und wird 
an den Nordabhängen der nördlichen Schoberspitze zirka 20 m mächtig. 
Hier führt er auch Pyrit und besitzt eine braunrote Verwitterungs- 
rinde. | 

Am Südgrat des P. 2453 (Westende des Schober-Mölszuges) findet 
sich noch in einer Höhe von zirka 2300 m ein feinkörniger, rostreicher, 
etwas kalkiger, brauner Dolomit, der in einen grauen, dem Trias- 
dolomit identischen Dolomit übergeht und einem nach 
Süden überkippten Sattel angehört = a, (cfr. Übersichtskarte). 


d) Raibler (?) Rauhwacken. 


Die Rauhwacken gehören zu den wichtigsten Gesteinen der 
Tarntaler Schichtserie, denn sie ermöglichen eine Trennung des Paläo- 
zoikums vom Mesozoikum und der Metamorphose A von der Meta- 
morphose ©. Man kann einen rein sedimentären Typus von 
einem mylonitischen trennen. 

Die rein sedimentäre Rauhwacke ist ein ziemlich ein- 
heitlich, dicht oder löcherig ausgebildetes, wenig metamorphes Gestein 
von brauner und braungelber Farbe. Nordöstlich der Lizumalpe, in 
der Nähe des P. 2065, erreicht sie eine Mächtigkeit von zirka 40 m. 
Hier wie südlich der Südlichen Schoberspitze veranlaßt sie Dolinen- 
bildung. 

Die Metamorphose C äußert sich bei der Rauhwacke nur 
schwach, so durch parallel verlaufende Serizitmembranen, durch 
Streckung von klastischen Quarzkörnern und dem Auftreten von 
Hämatitkristallen in Löchern. Die S. Q., zum Teil sehr kalkreich, finden 
sich auch vor. Sie haben der Rauhwacke wohl die Albite zugestellt, 
die man hie und da antrifft. 

Die Zusammensetzung der Rauhwacke ist folgende. Es 
gibt ein feines oder grobes, mehr oder minder kristallines, kalkiges 
Bindemittel, welches Pyrit, Rost, selten Dolomit und lokal 
Gips und Aragonit führt und mit feinem und grobem Quarzsand 
vermischt ist. Gips wird von Sander!) östlich des Lizumtales an 
der Torspitze erwähnt. Spuren desselben fanden sich auch im 
Rauhwackenzug beim Melkplatz. Am Gipfelgrat der be- 
nachbarten Kahlen Wand bei P. 2729 (Ostseite des Lizumtales) und 
auf der Westseite desselben, da, wo der vom Junsjoch herziehende 
Grat an diese stößt, wird die Rauhwacke unregelmäßig oder auf Gängen 
von faserigem sinterigen Aragonit durchsetzt. 


1) B. Sander, Über neue geologische Forschungen im Gebiete der Tarntaler 
Köpfe. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1. Februar 1910. 


238 Eduard Hartmann. [32] 


In dem kalkigen Bindemittel liegen nun unregelmäßig 
verteilt bereits gefaltete und geschieferte Stücke vom 
Brennerschiefer oder Quarzphyllit, vom Brennerschiefer 
immer nur dann, wenn die Rauhwacke auf Brennerschiefern 
zum Absatz gelangt ist. Diese Stücke sind meistens nur 1 cm, seltener 
mehrere Zentimeter groß und oft sehr deutlich abgerollt. 


Daß nicht alle Bruchstücke des Quarzphyllits oder 
Brennerschiefers abgerollte Formen zeigen, erklärt 
sichvorallemausderpetrographischen Beschaffenheit 
dieser Gesteine. Sie stellen inhomogene, schiefrige Gesteine dar, 
welche sich mit ihren dünnen, leicht spaltbaren und zerbrechlichen 
Lagen und den porösen Quarzgängen und Linsen nicht so gut zur Aus- 
bildung von runden Geröllen eignen wie homogene Kalke und Dolomite. 
Auch ist sehr gut denkbar, daß ein transgredierendes Meer an manchen 
Stellen der Küste nicht genügend Zeit findet, alle herabgestürzten 
Bruchstücke zu Geröllen umzuwandeln. Es wird hier nun die Ansicht 
vertreten, daß die Quarzphyllit-Brennerschieferstücke, ebenso wie der 
Quarzsand, bei der Aufarbeitung des alten Gebirges und 
nicht durch spätere tektonische Vorgänge zwischen die übrigen Be- 
standteile der Rauhwacken gelangt sind. 


Für eine solche Annahme sprechen mehrere Beobachtungen: 


1. Manche Quarzphyllit- und Brennerschieferstücke sind deutlich 
abgerollt. 


2. Der mit dem kalkigen Bindemittel vermischte Quarzsand 
enthält ideal gerundete Quarzkörner, die manchmal ebenso 
rotgefärbt sind wie die Quarzgänge des nicht aufgearbeiteten Quarz- 
phyllits. 


3. Die Rauhwacke besitzt an der Scharte nördlich der grauen 
Wand eine überaus deutliche sedimentäre Schichtung, indem 
dichte, von Bruchstücken erfüllte Lagen mit solchen alternieren, welche 
davon frei sind. 


4. Die Rauhwacke ist, gleichviel ob sie nur 3 m oder 40 m 
mächtig ist, ob sie zwischen Raibler (?) Quarziten oder Kalken liegt, 
oder Einlagerungen im Raibler (?) Dolomit bildet, gleichmäßig 
von kleinen Quarzbrocken durchspickt. 


5. An Stellen, wo die Rauhwacke unmittelbar mit dem Brenner- 
schiefer oder dem Quarzphyllit in Berührung kommt (zum Beispiel 
im Klammtal nördlich des P. 2207 und am Nordostende des Schwarzen 
Schroffens und südöstlich der oberen Lattereralm bei P. 1940), lassen 
sichkeine mylonitischen Übergangszonen feststellen, welche 
etwa zunächst nur aus zerriebenen Partien des reinen Quarzphyllits 
oder Brennerschiefers bestünden, dann aus einem Gemisch von Frag- 
menten der Rauhwacke, des Brennerschiefers oder des (Quarzphyllits 
und zuletzt aus Brennerschiefer- und quarzphyllitfreier Rauhwacke. 
Man trifft vielmehr auf dem völlig verbandfesten Brennerschiefer oder 
Quarzphyllit sogleich die mit kleinen bis mittelgroßen Phyllitfrag- 
menten gleichmäßig durchsetzte Rauhwacke an. 


[33] Der Sckuppenbau der Tarntaler Berge 239 


e) Mylonitische Rauhwacken. 


Die mylonitischen Rauhwacken entstanden lokal dadurch, daß in 
rein sedimentäre Rauliwacke an Überschiebungsflächen und an 
Stellen mit starker Faltung oder Pressung größere eckige Scherben 
der feinschieferigen, grünlichen Raibler(?) Quarzite und der 
Raibler(?) Kalke (Varietät 2, 3, 4) hineingepreßt wurden. 

Der Übersicht halber sei nochmals das Bemerkenswerte über 
die Raibler (?) Schichten zusammengestellt: 

l. Die Rauhwacken gehören als Liegendes des „Trias- 
dolomits“ wohl selbst noch zur Trias. Dann müssen auch ihre faziellen 
Vertreter die Kalke, Dolomite und Quarzite und Rauhwacken, 
welche mit ihnen wechsellagern, zur Trias gerechnet werden. 


2. An der Herstellung der Rauhwacke waren, bis sie 
ihre heutige Beschaffenheit erlangt hatte, in der angegebenen Reihenfolge 
verschiedene Kräfte tätig: 

a) Ein transgredierendes Triasmeer, welches den Kalk- 
sand, die mehr oder minder abgerollten Fragmente des Brennerschiefers 
und Quarzphyllits, den Quarzsand und Gips herbeischaffte und lokal 
Schichtung verursachte. 


b) Die Metamorphose (, welche den Kalksand etwas kristalli- 
sierte, tonige Lagen zu Serizit umwandelte, Streckung und parallele 
Anordnung der klastischen Quarzkörner hervorbrachte und vielleicht 
Albit und Quarz neubildete. 


c)FaltendeundüberschiebendetektonischeKräfte, 
welche erst viel später, nach der Metamorphose ©, bereits metä- 
morphe und geschieferte, benachbarte Raibler(?) Kalke und Quarzite 
in die Rauhwacken hineinpreßten. 

d) Kalzit-und Albit führende =S.Q,, welche die parallelen 
Serizitlagen der Rauhwacken wieder quer durchschneiden. 

e) Die Verwitterung, welche die löcherige Beschaffen- 
heit hervorrief. 

3. Die Quarzite sind aus tonreichen Quarzsanden und Kon- 
glomeraten durch die Metamorphose € hervorgegangen. Sie stammen 
nach dem großen Orthoklas- und Quarzgehalte zu schließen, möglicher- 
weise von einem aufgearbeiteten Quarzporphyr ab und werden von 
den S. Q. durchtränkt, liegen bald konkordant, bald diskordant auf 
dem Quarzphyllit und wechsellagern mit der Rauhwacke (am Schober- 
Mölszug: am Nordabfall der Nördlichen Schoberspitze und östlich 
derselben bei P. 2453.) 

4. Die Kalke sind durch die Metamorphose © wenig beeinflußt 
und enthalten oft reichlich serizitische Tonlagen. Sie treten als Ein- 
lagerung der Rauhwacke auf und wechsellagern mit ihr. 
(Auf der Südseite der Geierspitze: Einlagerungen am Nordabhang der 
Klammer-Sonnenspitze und bei P. 2455 im Schober-Mölszug; östlich 
der nördlichen Schoberspitze: Wechsellagerung.) 

5. Die Dolomite enthalten lokal Ton- und Serizithäute, ferner 
Quarz aus den $S. Q. stammend. Sie wechsellagern mit den Kalken an 

Jahrbuch d. k, k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 32 


940 Eduard Hartmann. [34] 


der nördlichen Schoberspitze (Nordabfall) und sind auch den Quarziten 
eingelagert östlich der südlichen Schoberspitze. 


Die Verbreitung der Raibler(?) Schichten wird im Anschluß 
an die Schilderung der Kössener Schichten besprochen werden. 


2. Triasdolomit. 


Der Triasdolomit ist die mächtigste Ablagerung des gesamten 
hier vertretenen mesozoischen Systems und wird am Isslgraben über 
300 m mächtig, er ist mit der Rauhwacke und den Kössener 
Schichten unzertrennbar verknüpft. 


Östlich des Großen Reckners (an zwei Stellen) und auf der 
Ostseite des Sonnenspitz-Südgrates, ferner auf der Südseite der Geier- 
spitze ruht er unmittelbar auf der Rauhwacke. 


Die petrographische Ausbildung des Triasdolomits gleicht manchen 
Dolomiten der Raibler(?) Schichten. Der hellgraue, 20 m» mächtige 
Raibler (?) Dolomit im Mölstal (nördlich des P. 2240) zum Beispiel 
gleicht ihm ganz. 


Seine große Mächtigkeit und gleichmäßige Ausbildung 
sowie das Fehlen von tonigen Beimengungen jedoch rechtfertigen seine 
Trennung von den Dolomiten der Raibler(?) Schichten. Die letzt- 
genannten Eigenschaften setzen für seine Entstehung ein verhältnis- 
mäßig tiefes und ruhiges Meer voraus, wie es zur Bildungszeit der 
mit Rauhwacken und Quarzkonglomeraten und tonigen Kalken wechsel- 
lagernden Raibler (?) Schichten noch nicht bestanden hat. Der Alters- 
unterschied zwischen den untersten Horizonten des Triasdolomits und 
den Raibler (?) Dolomiten ist allerdings nicht groß. 


Er ist ein ziemlich gleichmäßig ausgebildetes Gestein mit einer 
hell- bis dunkelgrauen Farbe und von dichter Beschaffenheit. 
Fossilien konnten in ihm bis jetzt noch nicht aufgefunden 
werden. 


Dagegen finden sich in den verschiedensten Niveaus häufig 
srößere Butzen, seltener Bänder von feinkörnigen, schwarzen, etwas 
bituminösen, mitunter auch von weißem Dolomit. An solchen 
Ubergangsstellen erscheint gern eine grobe oder feine, tektonische, 
endogene Breccie. Sie besteht zumeist aus eckigen, schwarzen 
und dunkelgrauen, seltener weiß gefärbten Dolomitbrocken, welche 
in einer Art Grundmasse liegen, die aus hellgrauem Dolomit besteht. 


Der Brecciencharakter ist infolge der großen Farbunter- 
schiede der einzelnen Komponenten am frischen Bruche be- 
sondersgutzu erkennen. An der angewitterten Oberfläche heben 
sich die dunklen Komponenten durch dunkelgraue Verwitterungsfarben 
ebenfalls scharf von der hellgefärbten Grundmasse ab. 


Gar nicht selten verrät ein am frischen Bruch homogen 
erscheinender dunkelgrauer Triasdolomit erst an der 
Verwitterungsfläche seine wahre Brecciennatur. Erstere 
zeigt dann große und kleine, dunkelgrau anwitternde, eckige Stücke, 
welche regellos in der hellgrau gefärbten Grundmasse liegen. 


[35] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 941 


Über die tektonische Natur sämtlicher eben genannten Dolomit- 
breccien kann kein Zweifel bestehen. Schon Rothpletz!) und 
Frech?) und Sander?) fassen sie so auf. 

Der normal und breceiös ausgebildete Triasdolomit ist von 
zahllosen kleinen Kalzitadern und von Klüften durchsetzt, auf 
denen sich oft Dolomitkristalle ausgebildet haben. Ferner treten 
ganz plötzlich die S. Q. auf. Sie haben den Dolomit entweder ver- 
kieselt oder in der mannigfachsten Weise durchschwärmt und zwar, 
nachdem er lokal seine Breccienstruktur bereits erhalten 
hatte, denn sie durchsetzen gerade und unzerbrochen die breceiös 
ausgebildeten Partien. 

Selten tritt schon in den unteren Niveaus des Dolomits 
eine Bankung auf, sie kommt auf der Westseite der südlichen 
Schoberspitze, ferner am Fuße des Nedererwestgrates und östlich vom 
P. 2282 im Grübel-Kar vor. 

In den höheren Niveaus, besonders an der Grenze gegen 
die Kössener Schichten ist die Bankung gut zu sehen: beim Aufstieg 
durch den Isslgraben, hoch oben am Grat, der sich nördlich zur 
Knappenkuchel herabsenkt. Ferner an der steilen, südlichen Be- 
grenzungswand des Isslgrabens, unmittelbar bevor man das Unter- 
tarntal erreicht. Hier wird die Bankung durch das Auftreten einer 
kleinen Pilzfalte sehr deutlich sichtbar. Die Bankung findet sich dann 
auch noch am Fuße des schroffen Abhanges, dem man beim Absteigen 
stets den Blick zuwendet und nordwestlich von P. 2642 (am Westende 
des Obertarntals) in der Nähe der Kössener Schichten (s. das Fall- 
zeichen auf der geologischen Karte). 

Der Triasdolomit wird in gleicher Weise wie der „Hauptdolomit“ 
der nördlichen Kalkalpen erodiert, verwittert ebenso wie dieser 
und liefert gleiche Bergformen. 


3. Kössener Schichten. 


Der Triasdolomit wird in normaler Weise in den Tarntaler 
Bergen nach oben von den Kössener Schichten abgelöst. Diese sind 
durch Kalke, Mergel, Dolomite, kalkige Dolomite und 
Tonschiefer vertreten. 

Die Fauna der Kössener Schichten, die häufige Wechsellagerung 
der Schichten, die vielen putzenförmigen, tonigen Einlagerungen, 
alles deutet auf ein flaches rhätisches Meer hin, welches den 
Charakter seiner Sedimente schnell ändern konnte. 


a) Kalke. 


Von den Kalken tritt folgende erste Varietät am öftesten auf: 
sie ist durch dichte, dünnplattige, selten etwas kristalline, rostführende 
schwarze oder bläulichgraue,tonarme oder tonfreieKalke 


ı) Rothpletz, „Ein geologischer Querschnitt durch die Ostalpen“, pag. 147 
bis 148. 
2) F.E.Suess, „Das Gebiet der Triasfalten“. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1894. 
3) B. Sander, „Über neue geologische Forschung. i. G. d. T. K.“ Verhandl. 
d. k. k. geol. R.-A. 1910. - 
322 


242 Eduard Hartmann. [36] 


vertreten, welche schwarzgrau oder gelblichgrau anwittern und 
manchmal viele und schön gewachsene Korallenstöcke, des- 
gleicen Lammellibranchiatenreste, ÖOrinoidenstiel- 
glieder und tonige, zumeist stark zerknitterte, gefältelte und trans- 
versal geschieferte, serizitische Häute enthalten. Sie treten 
typisch ausgebildet beispielsweise am westlichen Ausgang des Unter- 
tarntals an den beiden flachen „Isslköpfen“ auf. „Isslköpfe* 
werden in der Arbeit jene beiden, nur aus Kössener Gesteinen 
bestehenden Köpfe genannt, welche im Osten ein flaches Tal von 
den steilen Wänden trennt, mit denen das Obertarntal im Westen 
endet. 

Seltener als diese Varietät sind zweitens schwarzgraue oder 
rötlichgraue, etwas tonige, grau und rötlichgrau anwitternde, mit- 
unter korallenreiche Kalke, welche fast immer die kalkigen 
Dolomite begleiten. Sie kommen typisch an den Isslköpfen, 
dann östlich und westlich der Scharte zwischen dem Ober- und Unter- 
tarntal, ferner am Ostgrat der Klammerspitze vor. Im Obertarntal, 
östlich der Scharte enthalten sie nicht näher bestimmbare Korallen- 
reste, die aber schlechterhaltenen Korallen der Kössener Kalke 
von den Isslköpfen völlig gleichen. Auch enthalten sie stellenweise 
graue, körnige, wenig mächtige Einlagerungen, die fast 
ganz aus unbestimmbaren, runden und wenn schief geschnitten, ellip- 
tischen Crinoidenstielgliedern (?) oder Seeigelstachel- 
fragmenten (?) bestehen, welche man oft einzeln sowohl in der 
am häufigsten vorkommenden Varietät 1 als auch in der Varietät 2 an 
den Isslköpfen antrifft. 


Eine dritte Varietät ist durch häufig vorkommende graue, 
hellgraue und schwarzgraue, bräunlichgrau anwitternde mit 
Bivalven- und Echinodermenresten (Seeigeln und Crinoiden) 
erfüllte Lumachellen vertreten. Diese finden sich zum Beispiel an 
den Issiköpfen und im südlichen Lizumtal, westlich des dort an- 
stehenden basalen Quarzphyllits in einer Höhe von zirka 2400 ın bei 
den drei auffallenden Verwerfungen (cfr. Fig. 9). 


b) Kössener Mergel. 


Durch Aufnahme von reichlicherem Ton entstehen lokal aus den 
Kalken stellvertretende Mergel. Sie führen ebenfalls Korallen, 
sind dicht, dünnplattig, gelegentlich serizitisch und leicht kenntlich 
durch ihre helle, gelbe oder braune Verwitterungsrinde. Charakteristisch 
kommen sie auf den Isslköpfen vor. 

Indem sie mit dunkleren Kalken wechsellagern, entsteht bei 
den Kössener Kalken ebenfalls eine deutlich ausgeprägte Bänder- 
struktur, welche zum Beispiel sehr gut am Ostabfall des Sonnenspitz- 
südgrates bei P. 2776 zu sehen ist (auf der Karte ist an der Stelle . 
ein Fossilzeichen eingetragen!). Auch die Kössener Mergel sind an den 
Schichtflächen oft reichlich mit Ton und Serizithäuten besetzt. Die 
Kössener Kalke und Mergel wurden auf der Karte mit der gleichen 
Farbe ausgeschieden und erreichen zusammen eine Mächtigkeit von 
durchschnittlich 25—30 m. 


[37] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 243 


Fossilführung der Kössener Kalke und Mergel. 


Von den beiden Isslköpfen enthält der doppelgipfelige, nördliche 
auf der Westseite des westlichen Nebengipfels eine an Lamelli- 
branchiatenresten überaus reiche Kalkbank. Hier ließen sich zu den 
bereits von Rothpletz u. A. bestimmten Fossilien noch auffinden: 


Anomya alpina Winkler 
Arca sp. 

Cardita austriaca Hauer 
Schizodus Ewaldi Bornemann. 


Aus den, auf dieser Bank ruhenden, schwarzen Kalken stammen 
Korallen, wie schon Rothpletz bestimmte: 


Thecosmilia fenestrata Reuss 
Convexastraea Azzarolae Stopp. 


Sie sind meist schlecht erhalten. Zumeist findet man nur von 
vielem spätigen Kalzit und wenigem Quarz der S. Q. ausgefüllte, sich 
verzweigende Korallenäste vor. 

In grauen Kössener Mergeln östlich des großen Reckners 
treten östlich des dortigen kleinen Sees nicht näher bestimmbare Reste 
von großen Korallen auf, mit teilweise erhaltenen Septen und 
zirka zentimeterweiten Kelchen. 

In anstehenden und nicht anstehenden Kössener Kalken der 
„Issiköpfe“ wurden ferner nicht näher bestimmbare Reste von Echino- 
dermen gefunden, so die schon bereits erwähnten kleinen runden, 
schief geschnittenen ?, elliptischen Crinoideenstielglieder (verdrückter 
Pentacrinus bavarius? oder Apiocrinus?) ferner auf einzelnenHand- 
stücken noch zwei Stachelwarzen und zahlreiche Stacheln 
von regulären Seeigeln (Cidaroidea). 

Nordöstlich des Gr. Reckners fanden sich in der Rinne, welche 
südlich der auffälligen großen Triasdolomitwand hinabzieht, auf einem 
herabgefallenen Stück Kössener Kalkes Reste von einer Astro- 
coenienkolonie. 


An Fossilien wurden bis jetzt von früheren Autoren und dem 
Verfasser in den Kössener Kalken gefunden: 


4A. Echinodermen. 


l. Crinoidenreste nicht näher bestimmbar. 
2. Cidaroidenreste nicht näher bestimmbar. 


B. Korallen. 


. Cfr. Thecosmilia fenestrata Reuss. 

Ofr. Convexastrea Azzarolae Stopp. 

Astrocoenia. 

Große, nicht näher bestimmbare Einzelkorallen. 


mern 


©. Brachiopoden. 


1. Terebratula gregaria Suess. 


244 Eduard Hartmann. [38] 


D. Lamellibranchiaten. 


. Gervillia praecursor Quenstedt. 
. Anomya alpina Winkler. 

. Modiola minuta Goldf. 

2 .Arca sp. 

„.zecten sp. 

. Cardita austriaca Hauer. 

. Schizodus Ewaldi Bornemann. 
. Corbula alpina Winkler. 


AND PwWm — 


Die Verwitterungserscheinungen und das morpho- 
logische Auftreten der Kössener Kalke der Tarntaler Berge ist 
das der Kössener Kalke der nördlichen Kalkalpen, wie sie sich“ über- 
haupt von diesen nur durch die. sekundär erworbenen Serizithäute 
und Quarzgänge unterscheiden. 


c) Kössener Dolomite. 


Die Kössener Dolomite sind in Beschaffenheit und Mäch- 
tigkeit sehr stark wechselnd und zumeist gebankt. Oft geht die 
Bankung in klotzige Ausbildung über. Manchmal werden die 
Dolomite bituminös oder dem Triasdolomit sehr ähnlich. 

Im allgemeinen unterschieden sie sich von diesem durch das Vor- 
handensein von vielen tonigen oder serizitischen Häuten 
oder Flatschen und einer mit diesen in Zusammenhang stehenden, 
bräunlichen oder gelblichen Verwitterungsrinde. 

Die S. Q. haben das Gestein oft ganz durchtränkt und silifiziert, 
zum Beispiel am Nordgrat des Nederergipfels an der Basis der 
Schuppe B3. 

Die Kössener Dolomite führen östlich des nördlichen Issl- 
kopfes in der flachen Talsohle und zirka 250 m nordöstlich der Scharte 
zwischen der Geierspitze und dem Gr. Reckner viele unbestimm- 
bare Korallen. Östlich des nördlichen Isslkopfes enthielt ein nicht 
anstehendes Felsstück schlechterhaltene Reste von Pecten sp. 

Die Fossilführung und Wechsellagerung der Kössener Dolomite 
mit den Kössener Kalken zeigt an, daß die als Kössener Dolomit 
bezeichneten Dolomite wirklich rhätische Ablagerungen und nicht 
etwa auf die Kössener Kalke geschobener Triasdolomit sind, was 
man annehmen könnte, da es Kössener Dolomite gibt,. welche den 
Triasdolomiten völlig gleichen. 

Die Kössener Dolomite lassen sich hinsichtlich ihrer petro- 
graphischen Ausbildung in sechs Gruppen einteilen: 

1. Gruppe. Sie beherbergt unter anderem die triasdolomit- 
ähnlichen Typen und führt (siehe das Fossilzeichen auf der Karte 
des 1]. Teiles) östlich des nördlichen Issikopfes Korallen und Reste 
von Pecten sp. 

Es sind dichte oder feinkristalline, helle, bläulichgraue oder 
dunkelgraue, zuweilen mit Breecienstruktur und Bankung ver- 
sehene, meist tonfreie Dolomite, welche zum Beispiel in der Schuppe 
auf der Westseite des Hauptmassivs’ auf den Kössener Kalken, ferner 


[39] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 245 


zwischen Schuppe A und 5, linsenförmig am Westgrät der Klamm- 
spitze, sodann östlich des Großen Reckners in Schuppe B, typisch 
vorkommen. 


2. Gruppe. Es sind dichte und feinkristalline, zumeist ge- 
bankte, schwarzgraue und schwarze, ton- und serizit- 
reiche Dolomite, mit braun und braungelben, sogar rot- 
braunen Verwitterungsfarben. Diese Gruppe enthält eine 
fast überall ausgebildete, sehr auffällige Varietät, nämlich 
einen dichten, schwarzen Dolomit mit gelber oder gelb- 
brauner Verwitterungsrinde, welcher häufig Bänke und 
Linsenzüge bildet. Zum Beispiel im Hauptmassiv an der Südwestwand 
des Nedererwestgrates, ferner östlich der „Issiköpfe“, dann am 
Nordabfall des Nederers zwischen den Schubmassen A und B und 
an der Klammspitze nordöstlich des Klammjoches (an der Stelle einer 
kleinen Lokalüberschiebung). 


3. Gruppe. Ungebankte, helle, grünlichgraue, fein- 
kristalline, grau anwitternde. Dolomite am Nedererwestgrat. 


4. Gruppe. Ungebankte, fein- und grobkristalline, braune 
und rötlichgraue Dolomite, grau und braun anwitternd im 
Hauptmassiv an der „Sechmirner Reisse“. 


5. Gruppe. Ungebankte, dichte, hellgraue mit gelben 
Tonhäuten reich versehene Dolomite (im Hauptmassiv an den 
Isslköpfen). 


6. Gruppe. Helle, gelbliche mit gelben; und rötlich- 
braunen Flatschen versehene, in Linsen auftretende Dolo- 
mite (im Hauptmassiv am Klammspitz-Ostgrat, nördlich vom P. 2418). 


Im allgemeinen läßt sich von den Kössener Dolomiten sagen: 
die dunklen Varietäten enthalten mehr Ton und sind öfter 
gebankt als die hellen Arten. 

Die sechs genannten Dolomitgruppen, welche selbst wieder 
viele feine Nuancierungen aufweisen, vertreten sich gegenseitig 
beim Aufbau des Dolomitbandes, das sich normalerweise 
zwischen denKössenerKalkenunddenJuraablagerungen 
einschiebt. Die Kössener Dolomite werden auf der Westseise des 
Hauptmassivs bei P. 2642 und nordöstlich vom Großen Reckner bis 
zu 30—40 m mächtig. 


.d) Kalkige Dolomite. 


An die Stelle der Kössener Dolomite treten manchmal kalkige 
Dolomite zum Beispiel oberhalb östlich und westlich der Scharte 
zwischen Ober- und Untertarntal, ferner auf der Nordseite der süd- 
lichen Schoberspitze, sodann im Untertarntal südlich des südlichsten 
Sees zwei Blöcke an der Basis der Schuppe B,, (der östliche geht 
lokal in Dolomit über), ferner auf der Nordseite der südlichen Schober- 
spitze, sodann auf der unteren Terrasse westlich des Kleinen Reckners 
sowie auf der Süd- und Nordseite des Nederers. Die Karte verzeichnet 
hier nur Kössener Kalke. Es sind Kalke. der Varietät 2, ‚welche mit 
den Linsen der kalkigen Dolomite wechsellagern. 


246 Eduard Hartmann. [40] 


Die kalkigen Dolomite sind schwarzgraue oder bläulich- 
schwarzgraue, immer dunkle Gesteine von dichter Be- 
schaffenheitmit heller, grauer oder braungrauer Verwitterungsrinde. 
Sie bilden gern in den grauschwarzen, tonarmen Kössener Kalken 
mehrere Dezimeter oder Meter dicke Linsen mit weißen, stark 
hervortretenden Kalzitgängen (zum Beispiel im Hauptmassiv östlich 
und westlich der Scharte zwischen Ober- und Untertarntal) und führen 
vielfach zerknitterte Tonhäute. Auch Übergänge von kalkigen 
Dolomiten, sowie reine Dolomite kommen vor. 

Auf der geologischen Karte des II. Teiles wurden die kalkigen 
Dolomite mit der Farbe der Kössener Dolomite versehen. Vielfach 
gibt diese Karte nur Kössener Kalke oder Dolomite an, obschon diese 
mitunter durch die kalkigen Dolomite vertreten sind. 


e) Tonschiefer. 


Lokal hat sich innerhalb der Kalke, Mergel und Dolomite der 
Ton der Tonflatschen und serizitischen Häute so stark angereichert, 
daß Tonschiefer von einer Mächtigkeit bis zu 2m entstanden sind. 
Diese bilden immer nur Putzen, nie auf große Entfernungen hin 
verfolgbare Horizonte. Es gibt dichte, graue, schwarze, fein- 
schieferige (zum Beispiel im Hauptmassiv auf der Westseite unter 
dem P. 2642), oder gelblichbraune flatschige Schiefer (zum 
Beispiel am Klammspitz-Ostgrat nördlich vom P. 2418). Sie sind ent- 
weder matt, dann mit runzeliger Oberfläche oder seidenglänzend, 
dann mit glatter Oberfläche versehen. Pflanzenreste führen die schwarzen, 
manchmalstark kohligen Tonschiefer nicht. Auf der Karte gehen 
die Tonschiefer entweder mit der Farbe der Kalke oder der Dolo- 
mite, je nachdem sie eines der beiden Gesteine vertreten. 


Verbreitung der Triasgesteine. 


Die allgemeinen Resultate der tektonischen ‚Untersuchungen 
müssen schon hier gebracht werden. (Cfr. Geologische Übersichtskarte.) 
Hierher gehört, daß die Schubfläche zwischen Schuppe BD, und B, = 
Schubfläche Il zwischen hangenden und liegenden Triasgesteinen 
verläuft, die Schubfläche zwischen Schuppe DB, und A = Schub- 
fläche II zwischen hangenden Trias- und liegenden Juragesteinen 
oder auch zwischen hangenden und liegenden Juragesteinen, die Schub- 
fläche zwischen Schuppe BD, und A = Schubfläche II zwischen hangenden 
Trias- und liegenden Juragesteinen, die Schubfläche zwischen der 
Schuppe A und dem basalen Vorlande = Schubfläche I zwischen 
hangendem Quarzphyllit und liegender Trias oder liegendem Jura, 
oder zwischen hangender Trias und liegendem Jura. 


Trias im basalen Vorland. 


Im Mölstal wie an vielen anderen Stellen der Tarntaler Berge 
sind auf wenig mächtigen grauen, triadischen Dolomiten des basalen 
Vorlandes Juragesteine zum Absatz gelangt. In solchen Fällen kann 
man im Zweifel sein, ob man eine Transgression des Jura auf 


[41] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. I 247 


den Raibler(?) Dolomiten oder auf stark erodiertem Trias- 
dolomit vor sich hat, welcher einstmals Kössener Schichten trug, 
die auch mit wegerodiert wurden, oder ob von vornherein der 
Triasdolomit wenig mächtig ausgebildet war, oder ob nach 
seiner Ablagerung eine lange Festlandsperiode eingetreten ist, 
welche Kössener Schichten nicht zum Absatz kommen ließ. 
Anhaltspunkte für ein solches Festland können an der Über- 
schiebungslinie: Kalter Kofel, Mölser Scharte, Mölser Bach gefunden 
werden, weil hier der Quarzpbyllit der unteren Schuppe A auf basalem 
Quarzphyllit ruht, ohne daß Reste der Trias oder’ des Jura dazwischen- 
liegen. Indessen kann das Wehlen der Trias- und Juragesteine auch 
tektonisch erklärt werden wie im zweiten Teil gezeigt werden wird. 


Im Lizumtal südöstlich und zugleich oberhalb der Lizumalpe 
schaut aus dem Gehänge- und Bergschutt noch ein kleines Stück des 
Nordflügels einer sich flach nach Westen senkenden Mulde heraus. 
Sie besteht zu unterst aus basalem schlecht aufgeschlossenen Quarz- 
phyllit, dann aus Raibler(?) Dolomiten, Rauhwacken und Quarziten, 
dann aus Juraschichten und kann bis zur Scharte zwischen „Grauer 
Wand“ und der „Hennensteigen* (s. Übersichtskarte) verfolgt werden. 
Der Bach, welcher durch die Lizumalpe fließt, hat in ihr lokal sehr 
gute Aufschlüsse mit mächtigen Quarziten, wie sie dem Jura des 
basalen Vorlandes am Nordgrat der Grauen Wand eingeklemmt sind, 
dann mit Raibler(?) Dolomiten und Rauhwacken geschaffen. 


Im Klammtal läßt sich mit Hilfe der Raibler (?) Schichten, 
die entweder auf dem Brennerschiefer oder auf dem Quarzphyllit 
zum Absatz gekommen sind, eine prätriadische, gänzliche 
oder teilweise Erosion des Quarzphyllits und eine 
schwache Faltung des paläozoischen Untergrundes 
feststellen. 

Da sich sowohl auf hangendem Quarzphyllit als auch 
auf liegendem Brennerschiefer Raibler(?) Rauhwacken und 
Raibler (?) Quarzsande (die späteren Raibler(?) Quarzite) absetzen 
konnten, müssen zur Zeit der Triastransgression die Quarzphyllite 
teilweise schon völlig vom Brennerschiefer wegerodiert gewesen sein. 

Mit dieser Annahme stimmt auch die Beschaffenheit der 
Rauhwacke überein. Sie ist ein sehr kalkhaltiges Gestein, auch 
wenn sie auf dem kalkarmen oder kalkfreien Quarzphyllit ruht. Aus 
dem bloßgelegten, sehr kalkreichen Brennerschiefer konnte das trans- 
sredierende Triasmeer leicht die zum Aufbau der Rauhwacke nötigen 
Kalkmengen. nehmen, wozu die hie und da im Quarzphyllit auf- 
tretenden, wenig mächtigen, kalkigen Einlagerungen nicht ausreichten. 

Eine Stelle, wo der Quarzphyllit nur noch 15—20 m mächtig 
erhalten blieb, wird am Schwarzen Schroffen angetroffen, wo diesseits 
des dortigen Grabens und der in demselben verlaufenden Verwerfung 
die Sedimente der Rauhwacke und der Quarzite noch auf Quarzphyllit, 
jenseits aber schon auf Brennerschiefern abgelagert werden konnten. 

Daß auch der Quarzphyllit der Knappenkuchel in vortriadischer 
Zeit eine bedeutende Reduktion erfahren hat, darauf wurde schon 
früher hingewiesen. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 33 


348 Eduard Hartmann. [#2] 


Damit in den Tarntaler Bergen die im allgemeinen von Norden 
nach Süden hin sich vollziehende prätriadische Erosion und 
Reduktion des Quarzphyllits bis in das durch Wechsel- 
lagerung mit dem Quarzphyllit gekennzeichnete oberste Niveau 
des Brennerschiefers hinabgreifen konnte, mußten 
notwendigerweise der mächtige Quarzphyllit- und Brenner- 
schiefer sich in sehr flacher Lagerung befunden haben. 
Gefaltet waren nun beide Gesteine, wie die gefalteten, aufge- 
arbeiteten Stücke in den Rauhwacken zeigen, sicherlich. Wenn wir 
nun noch berücksichtigen, daß die Raibler (?) Schichten konkordant und 
diskordant auf dem Quarzphyllit und Brennerschiefer abgelagert 
wurden, dann läßt sich das paläozoische Gebirge als ein 
Gebirge mit sehr flachen Sätteln und Mulden rekon- 
struieren. An den Sättelfirsten trat dann konkordante, in 
den Muldensenken diskordante Ablagerung der mesozoischen 
Schichten ein. (Cfr. Fig. 5.) 

Im Klammtal wird der basale Triasdolomit an der südlichen 
Schoberspitze ziemlich mächtig. Hier trägt er noch Kössener Schichten, 
allerdings nur Mergel und Kalke, welche auf der Nordseite der süd- 
lichen Schoberspitze an Stelle der Kössener Dolomite eine Linse 
grauen kalkigen Dolomits enthalten. Zwischen der südlichen Schober- 
spitze und der oberen Lattereralpe nimmt der Triasdolomit am 
Südgrat des P. 2453 mehr oder minder stark aufgearbeitet am Auf- 
bau einer sich schwach nach Westen senkenden Mulde teil, welche 
sich auch in den Kössener Schichten der südlichen Schoberspitze 
noch schwach bemerkar macht. 

Im Fenster des Mölstales haben wir eine überkippte, 
sich nach Süden öÖffnende, aus Triasgesteinen bestehende 
und nachträglich noch stark gefaltete Mulde vor uns, welche vom 
überschobenen Quarzphyllit der Schuppe A zugedeckt wird und einen 
Jurakern umhüllt. Die Triasgesteine sind hauptsächlich Raibler (?) 
Schichten. Am Kalten Kofel tritt im überkippten hangenden Schenkel 
bereits ein ziemlich mächtiger Triasdolomit auf. Die überkippte Trias- 
mulde findet sich außerhalb der kolorierten Karte (efr. Geol. Über- 
sichtskarte) am Hippold und in dessen Umgebung wieder. 


Trias in den Schuppen des basalen Vorlandes. 


Innerhalb des basalen Vorlandes haben sich vom meso- 
zoischen Sedimentbestande desselben zwei kleinere Schuppen abge- 
spalten. Am nördlichen Teil der Schmirner Reisse ist 
noch ein zirka 30 m mächtiges Triasdolomitstück sicht- 
bar, welches ohne Kössener Schichten zu tragen, mit Juraschichten 
bedeckt ist und bei der Überschiebung der Schuppe A vom Meso- 
zoikum des basalen Vorlandes losgerissen und auf basalen Jura 
geschoben wurde. Dieser basale Jura ist besser noch westlich 
der Überschiebungsstelle, in der Umgebung des P. 2268, aufgeschlossen. 
Die kleine Schuppe nordöstlich des Melkplatzes besteht, 
soweit sichtbar, an ihrer Basis aus Raibler (?) Quarziten, die allerdings 
stark mit den hangenden und liegenden Juraschichten verknetet sind. 


[43] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 249 


Mylonitisierte Triasgesteine im basalen Vorland. 


Nördlich der oberen Lattereralpe, in einer Höhe von zirka 
2160 m, dann auch östlich der Alm, etwa 2050 m hoch, am Ende 
der nördlichen der beiden auffälligen Rinnen gelegen, fanden bei der 
Überschiebung der Schuppe A mechanische Vermischungen 
benachbarter Raibler(?) Horizonte statt, wie sie früher all- 
gemein geschildert wurden. 

An der erstgenannten Stelle wurden in die Rauhwacke eckige, 
grünliche Triasquarzserizitstücke sowie grünliche und bräunliche 
Raibler (?) Kalkstücke der IV. und III. Varietät, am zweitgenanten 
Orte Raibler(?) Kalkstücke der Varietät II hineingepreßt. 


Trias in der Schuppe A. 

Die Triasgesteine der Schuppe A markieren im 
allgemeinen die Form einer mächtigen Linse. Die nörd- 
liche Verjüngung derselben wird heute nur von den Raibler (?) 
Schichten gebildet, die sich vom Westende des Schober-Mölszuges 
bis zum Melkplatz ins Lizumtal verfolgen lassen und auf dem Quarz- 
pbyllit der Schuppe A zum Absatz gekommen sind. Der dicke, 
mittlere Teil der Linse wird durch die unteren Partien des 
Hauptmassivs gebildet. Er enthält vor allem den mächtigen Trias- 
dolomit des Isslgrabens. Ersterer steht mit dem Triasdolomit des 
Klammspitzostgrates sehr wahrscheinlich in Verbindung, wird aber 
auf der Ostseite des Hauptmassivs durch Jurakonglomerate verdrängt. 
Die Westseite des Hauptmassivs liefert hingegen für die Kössener 
Schiehten die deutlichsten Profile und die besten Versteinerungen. 

Das südliche Ende der Linse ist an der Schmirner Reisse 
und im südlichen Lizumtal durch Triasdolomite und Kössener 
Schichten aufgeschlossen. 


Trias in der Schuppe B.. 

Die teilweise vom Bergschutt zugedeckte Schuppe BD, ist eben- 
falls linsenförmig gebaut und zwischen den Schuppen A und B, 
eingeklemmt. Ihr Material stammt aus der Basis der Schuppe B, 
und besteht nur aus Triasgesteinen: aus Rauhwacken, Trias- 
dolomit, Kössener Dolomiten und Kalken. Die Rauhwacken kommen 
an einer leicht übersehbaren Stelle nordöstlich des Gr. Reckners, 
am Ende der Rinne vor, welche im südlichen Lizumtal in den Trias- 
dolomit der Schuppe A zwischen der 2500- und 2600-m-Kurve ein- 
geschnitten ist und in der eine O—W streichende Verwerfung verläuft. 


Trias in der Schuppe B,. 


Vermittels der Triasgesteine, welche die Schuppe 5, in den 
meisten Fällen an ihrer Basis mehr oder minder ausgebildet führt, ist 
die Schubfläche II deutlich zu verfolgen. Es zeigt sich nun, daß 
die überschobenen Triasgesteine der Schuppe 5, vom 
Nordende derselben, also vom Schober-Mölszug bis zum Süd- 

33* 


250 Eduard Hartmann. [44] 


ende, also bis zum Südabfall des Hauptmassivs, im allgemeinen 
immer mächtiger werden oder in immer tieiere Hori- 
zonte hinabgreifen, so daß im südlichen Teil des Hauptmassivs 
bereits die Raibler (?) Rauhwacken und Quarzite auf den Juragesteinen 
des basalen Vorlandes ruhen. -Wie der tektonische Teil noch näher 
zeigen wird, hängt dieses nach Süden hin erfolgende An- 
schwellen der Triasgesteine und das Auftauchen der 
älteren Horizonte mit einer südlichen Neigung der 
Schubfläche II zusammen. 

Die Schuppe 5, legte sich, während sie über die 
Schuppe A glitt, in mehrere Falten, zum Beispiel am Nederer, 
am Sonnenspitzwestgrat und nördlich und westlich des Kl. Reckners. 
Infolge dieser Faltungen treten an den genaunten Stellen „in Jura- 
gesteine eingewickelte Triasgesteine* auf. 

Am Schober-Mölszug sind die Triasgesteine der Schuppe 
B, sehr wenig mächtig. Es treten nur vereinzelte große Blöcke davon 
auf. Am Westende des Zuges bei P. 2453 sind es Kössener Dolo- 
mite und kalkige Dolomite, auf der Südseite des Zuges zwischen 
der nördlichen Schoberspitze und der Klammer-Sonnenspitze an drei 
Stellen hingegen brececiöse Triasdolomite, an der Klammer- 
Sonnenspitze drei größere nicht leicht zu übersehende Triasdolomit- 
blöcke. Sie stammen von einem ehemals kontinuierlichen Triasdolomit- 
zug her, welcher an der Klammspitze noch besser erhalten ist. Hier 
bildet gelegentlich fahlerzführender, hell- und dunkelgrauer und von 
einer kleinen Lokalüberschiebung durchzogener und mit wenig 
Kössener Schichten verknüpfter Triasdoiomit die Antiklinalen a, und 
a,. Der triadische Teil der Mulde, welche zwischen den Antiklinalen 
a, und a, liegt (efr. Übersichtskarte), besteht aus Kössener 
Kalken und dolomitischen Kalken. Die Kössener Dolomite 
treten am Ost- und Westgrat der Klammspitze als auffällige Linsen 
hervor. Die gleichen Kössener Kalke und Dolomite, wie sie 
an der Klammspitze an der Basis der Schuppe D, vorkommen, treffen 
wir wieder am Gipfelbau des Nederers, ferner östlich und 
westlich der Scharte zwischen Obertarntal und Unter- 
tarntal, dann im Obertarntal, südlich des Kl. Reckners, und 
auf der Terrasse westlich von P. 2730, welcher nordwestlich 
vom Kl. Reckner liegt, an. x 

Am Nederer wurde die Schuppe D, während der Überschiebung 
in eineungefährnordwest-streichende, S-förmige, später 
wieder muldenförmig verbogene Falte gelegt. Symmetrisch zu ihr liegt 
am Sonnenspitzwestgrat eine zweite S-förmige Falte 
(das Untertarntal ist Symmetrieachse), an welche sich südlich des 
Reckners und nördlich und westlich vom genannten P. 2730 
eine dritte S-förmige Falte anschließt, deren Achse im Osten 
noch Ost-West streicht, dann aber nach Süden umbiegt. Diese Falte 
ist nur im Westen des Hauptmassivs stark ausgebildet. 

Infolge der drei S-förmigen Falten berühren die 
Triasgesteine von der Basis der Schuppe 2, nicht nur 
die Oberfläche der Schuppe A oder B,, sondern sie 
treten auch keilförmig zwischen den Juragesteinen der 


[45] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 251 


Schuppe B, auf, so daß man zunächst an das Vorhandensein 
weiterer Schuppen denken könnte. Für solche jedoch besitzen wir 
aber keine Anhaltspunkte. So zum Beispiel läßt sich im östlichen 
Obertarntal nördlich des Gr. Reckners durch die dortigen Trias- und 
Juragesteine jene Schubfläche nicht weiter verfolgen, welche im 
Westen zum Beispiel bei P. 2730 zwischen den keilförmig auftretenden 
Kössener Kalken und den liegenden Juraschichten angenommen 
werden könnte. Ferner herrscht an den fraglichen Stellen (am Nederer, 
am Sonnenspitzwestgrat und im südlichen Obertarntal und westlich 
des Kl. Reckners) völligeKonkordanz zwischen den Triasgesteinen 
und den hangenden und liegenden Juraschichten, ohne das ge- 
ringsteAnzeichen einer Schubfläche oderRutschfläche. 


Am Nederer ist die S-förmige Falte folgendermaßen gebaut: 
ihre obere Muldenregion öffnet sich nach Norden und besteht 
aus einem Triaskern, welcher von fossilführenden Kössener Kalken 
und von kalkigen Dolomiten gebildet wird. Die untere Mulden- 
region öffnet sich nach Süden. Den Kern derselben bilden an 
Stelle von Kieseltonschiefern die schwarzen Tonschiefer des Südab- 
hanges des Nederers. Der liegende Schenkel dieser Mulde 
führt an seiner Basis Triasgesteine, zu welchen am Nordgrat des 
Nederers und westlich davon stark verquarzter Kössener Dolomit, 
auf der Südseite des Nederers an zwei Stellen mit Jurakonglomeraten 
bedeckte Triasdolomitblöcke gehören. 


Am Sonnenspitzwestgrat ist die zweite S-förmige Falte 
folgendermaßen gebaut. Ihre obere Muldenregion öffnet sich 
nach Süden. Der Triaskern derselben wird östlich und westlich 
der Scharte zwischen dem Öber- und Untertarntal von gelegentlich 
korallenführenden Kössener Kalken und von kalkigen Dolo- 
miten gebildet. Am Nordgrat und Südgrat der Sonnenspitze enthält 
er zu innerst noch Triasdolomit, welcher gegen Süden hin stark 
anschwillt. 


Die untere Muldenregion dieser S-förmigen Falte öffnet 
sich nach Norden. Ihr liegender Schenkel besitzt an der öst- 
lichen Scharte des Untertarntales keine Triasgesteine. Ihr innerster 
Kern ist durch Jurakonglomerate und an Stelle der Kieseltonschiefer 
wieder durch schwarze, mit den Konglomeraten zum Absatz ge- 
kommene und verknotete Tonschiefer angedeutet, welche im Süden 
durch Ausquetschung verlorengegangen sind, so daB man östlich des 
Sonnenspitzgipfels nur mehr einen Kieselkalkkern besitzt. 


Die obere Mulde der dritten S-förmigen Falte öffnet 
sich nach Süden, beziehungsweise nach Südosten. Ihr innerster 
Kern wird bei P. 2370 von Kössener Kalken und kalkigen 
Dolomiten gebildet. Der liegende Schenkel der unteren, 
sich nach Norden, beziehungsweise nach Nordwesten 
öffnenden Mulde enthält nur am Westende des Obertarntales 
noch Kössener Dolomite und Kalke, südlich des Obertarntales 
hat er dieselben bereits verloren. Daher kommen die jurassischen 
Kieselkalke der Schuppe Ds unmittelbar auf die Kieselkalke der 
Schuppe A zu liegen. 


959 Eduard Hartmann. [46] 


Von den Sattelumbiegungen der drei S-förmigen 
Falten sind bereits alle wegerodiert. Bei der zweiten Falte ist die 
Muldenumbiegung durch die Abhänge am Westende des Ober- 
tarntales prächtig aufgeschlossen. (Cfr. Fig. 6.) 


Die Raibler (?) Horizonte der Schuppe BD, finden sich 
nordöstlich des Gr. Reckners am Südgrat der Sonnenspitze, dann 
östlich der Scharte zwischen dem Gr. Reckner und der Geierspitze, 
ferner auf der Südseite des Hauptmassiv. Am Sonnenspitzsüd- 


Fig- 6. 


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2,5 Falle. 


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BSR 
SU /d 


Profil vom Westabfall des Obertarntales. 


Blick vom P. 2642 auf die beiden südlichen, nachträglich noch gefalteten „S“-Falten 
am Westabfall des Obertarntale:. 


J, = Jurakieselkalke. — kd = Kössener Dolomite und kalkige Dolomite. — 
kk — Kössener Kalke. — IT = Überschiebung. — a, — Antiklinale. 
A, B, = Schuppen. 


grat sind es leicht übersehbare, mit Quarzphyllitgeröllen erfüllte, 
eisenreiche Rauhwacken, welche auf fossilführenden Kössener 
Kalken der Schuppe B, ruhen. Östlich der Scharte zwischen 
Gr. Reckner und der Geierspitze trifft man wieder Rauh- 
wacken an, welche einen zertrümmerten Quarzithorizont ent- 
halten und auf jurassische Schichten des basalen Vorlandes geschoben 
sind. Auf der Südseite des Hauptmassivs werden Raibler (?) Rauhwacken 
und -Quarzite angetroffen. Die Quarzite treten am Ostende der oberen 
Terrasse des Geierspitz-Nordostgrates, im Norden einer auffälligen 
Jurakonglomeratnase auf. Die Rauhwacken- sind auf der ganzen 


[47] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 253 


Südseite des Hauptmassivs von dieser Stelle mit Unterbrechungen 
bis zum Staffelsee verfolgbar und ruhen wie die Quarzite auf 
Juragesteinen des basalen Vorlandes. 


II. Juragesteine. 
Sie setzen sich zusammen aus: 


1. Kieselkalken, welche als Bänderkalke, phyllitische 
Bänderkalke und Wetzsteinkalke entwickelt sind. 

2. Konglomeraten (normal und mylonitisiert). 

3. Kieseltonschiefern mit Kieselkalkeinlagerungen. 

4. Aus bunten, mehr oder minder stark metamorphosierten Ton- 
schiefern. 

5. Kalkführenden Tonschiefern. 

6. Aus Quarzserizitschiefern mit und ohne Dolomit- 
geröllen. 

7. Sandigen, regenerierten Dolomiten. 


Nach der Ablagerung der Kössener Schichten und 
vor dem Absatz der Juraschichten traten in den Tarntaler 
Bergen zwei wichtige Ereignisse ein. 

Zunächst bildete sich durch völliges Verschwinden des 
flachen Kössener Meeres ein Festland heraus, dessen 
Schichten später lokal aufgerichtet wurden, dann wurde allmählich 
das gefaltete Festland vom heranrückenden Jurameer über- 
spült, welches die Unebenheiten des Festlandes nahezu völlig abtrug. 
Viererlei entstand nun bei dieser Tätigkeit. 


1. Verschieden mächtige Strandkonglomerate, welche mit 
den übrigen, neugebildeten Juragesteinen wechsellagerten. 

2. Umlagerungder tonfreien und tonigenRaibler(?) 
Quarzsande, aus weichen durch die Metamorphose C die juras- 
sischen Quarzserizitschiefer entstanden. 


3. Quarzsande mit Dolomitgeröllen; diese Gesteine 
sind eine Mischung zwischen den Konglomeraten 1 und 2. 


4. Sandige regenerierte Dolomite. 


Außerdem kamen im Jurameer noch Sedimente zum Absatz, 
welche durch ihren Reichtum an kieseligen Bestand- 
teilen in starkem Kontrast zu den Kössener Gesteinen stehen. 
Hierher gehören die Kieselkalke, Kieseltonschiefer, bunten 
Tonschiefer, kalkführenden Tonschiefer. Diese Gesteine 
sind stellenweise sehr mächtig und gleichmäßig ausgebildet und 
‘wurden in diesem Falle wohl in tieferen, ruhigeren Becken 
des Jurameeres abgesetzt. Da sie aber auch in der gleichen petro- 
graphischen Ausbildung, mit den Konglomeraten, den Quarzserizit- 
schiefern und den Dolomitgerölle führenden Quarzserizitschiefern, 
also mit metamorphen Sedimentgesteinen vorkommen, 
welche nur in einem flachen Meere entstehen konnten, 
so lassen sie sich nicht als Tiefseeablagerungen auf- 
fassen. 52 58 


254 Eduard Hartmann. [48] 


„Es bestand also auch in den jurassischen Ab- 
lagerungsbezirken der Tarntaler Berge keine echte 
Tiefsee.“ 

Die normale Aufeinanderfolge der Juraschichten 
ist die, daß die Kieselkalke mit den Bänderkalken zu 
unterst liegen, darüber folgen die Wetzsteinkalke, auf 
denen die Kieseltonschiefer mit einem zweiten Wetzstein- 
lager ruhen. Die Konglomerate können alle Horizonte dieser 
Gesteine vertreten. Wenn der Serpentin vorhanden ist, liegt er 
in diesem zweiten Wetzsteinkalkband. 


I. Kieselkalke. 


Bei den Kieselkalken gibt es drei leicht voneinander zu 
trennende Ausbildungsformen: 


a) Bänderkalke = normale Kieselkalke (häufigste Form). 

b) Schieferige, den „Brennerschiefern“ petrographisch ähn- 
lich ausgebildete Kieselkalke. 

c) Wetzsteinkalke. 


Alle diese drei Arten sind durch die Metamorphose © umge- 
wandelte, ehemals stark kieselige und tonige jurassische Kalke, welche 
auch die S. Q. beherbergen, die hier Kalzit und Albite führen. 


a) Bänderkalke. 


Sie sind an den dichten, wenig dieken, hellen und dunklen 
Bändern, welche miteinander alternieren und an ihrer Oberfläche 
mit seidenglänzenden, grauen serizitischen Häuten bedeckt sind, 
leicht zu erkennen. 

Die Grenze zwischen den hellen und dunklen Lagen ist scharf oder 
verschwommen. Die hellen Bänder führen mehr Quarz und weniger 
Kalk als die dunklen. Sie besitzen in frischem Zustande eine hell- 
graue Farbe. Die angewitterte Oberfläche ist bräunlich hellgrau und 
mürbe und läßt die durchlöcherten Serizithäute stark hervortreten. 

Die dunklen Lagen sind am frischen Bruch und an der 
verwitterten Oberfläche schwarzgrau. An manchen Stellen sind sie 
auf kurze Strecken (z. B. im Untertarntal am Nordabfall des Fels- 
kopfes östlich von den Isslköpfen) als körnige Echinodermen- 
breccien ausgebildet. (Man beachte die Fossilzeichen in den 
Kieselkalken.) 

Bei den tektonischen Bewegungen wurden die hellen und dunklen 
Lagen der Bänderkalke stark gestaucht und durchein- 
andergeknetet. Durch eine häufig auftretende Transversal- 
schieferung (in der Schuppe A, z. B. am Ende des Klammspitzost- 
grates, in der Schuppe D, südwestlich des Staffelsees), welche die 
Schichten mit verschiedenen Winkeln durchscheidet, entstanden soge- 
nannte „Griffelschiefer“. 

Die Kieselkalke enthalten oft sehr viele Pyrite (z. B. in der 
Schuppe A oberhalb der Schmirner Reisse.) Ihre dicht und drusig 
ausgebildeten S. Q. durchsetzen parallel und schief die Gesteinslagen. 


SE 


[49] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 255 


Die Bänderkalke bilden oft stark zerklüftete Wände (z. B. 
in Schuppe A oberhalb der Schmirner Reisse). Bezeichnend sind für 
sie an „geologische Orgeln“ erinnernd Verwitterungs- 
schlote (z. B. in der Schuppe A oberhalb der Schmirner Reisse 
am Kleinen Reckner-Westgrat, ferner am Südwestabfall des Nederers.) 

Die Atmosphärilien vermögen die anstehenden Kieselkalke 
und ihren eckigen kleinplattigen Schutt nur wenig aufzulösen, die 
dunklen Lagen infolge des größeren Kalkgehaltes mehr als die hellen 
quarzreichen. Die Bänderkalke sind verschieden mächtig, 
im Durchschnitt zirka 30 m. Auf der Ostseite der Tarntaler Sonnen- 
spitze jedoch und am Kleinen Reckner-Westgrat und bei P. 2642 
werden sie sicher über ‘Om mächtig. 


b) Schieferige, den „Brennerschiefern‘ ähnliche Kieselkalke. 


Der Unterschied zwischen diesenGesteinenundden 
eben beschriebenen ist ein rein petrographischer. Es 
handelt sich nur um stärker serizitisierte, mehr gefältelte 
und zerknitterte und mit vielem Quarz durchtränkte, 
gsraubraune Kieselkalke, welche stets mit den übrigen Jura- 
gesteinen stratigraphisch verknüpft sind. Die Bänderstruktur ist 
manchmal nur schwach angedeutet oder durch die Metamorphose Ü 
schon ganz verwischt. Vielleicht war sie manchmal überhaupt nie 
vorhanden. 

Die dem Brennerschiefer ähnlichen Kieselkalke kommen zumeist 
an Stellen mit bedeutenden tektonischen Störungen vor, z. B. im basalen 
Vorland, auf den Südabhängen der Geierspitze und im „Grübelkar“ bei 
P. 22638 sowie östlich des Lizumbaches zwischen Kahler Wand und 
Grauer Wand in der Schuppe A, z. B. an der Klammspitze. 


ec) Wetzsteinkalke. 


Zu diesen wurden jene kieselreichen, durch helle Farben aus- 
gezeichnete Jurakalke gerechnet, welche immer zwischen den 
Bänderkalken oder den Brennerschieferähnlichen Kiesel- 
kalken einerseits und den später zu besprechenden 
jurassischen Kieseltonschiefern anderseits auftreten und 
gelegentlich technisch verwendbare Wetzsteinlagen enthalten. 

An ihnen lassen sich parallele, meist stark gefaltete, dichte 
oder körnige, pyritführende Platten von weißlicher, weißgrauer, 
srünlicher oder grüngelber Farbe und marmorartiger 
Beschaffenheit unterscheiden. Sie bestehen aus einem Gemisch von 
feinen Quarz- und Kalzitkörnern und verdanken die grüne Farbe 
den hauptsächlich im Quarz, weniger im Kalzit auftretenden Serizit- 
sehuppen. Die Marmorlagen werden getrennt von grünlich gefärbten, 
seidenglänzenden Serizit- und von grünlichen Chlorithäuten, welche 
besonders häufig und bedeutend dicker an der Grenze gegen die Kiesel- 
tonschiefer auftreten. 

Ferner erkennt man makroskopisch deutlich dünne, den Serizit- 
häuten und Marmorlagen parallellaufende Kieselschnüre, sodann 
die hier an Karbonaten reichen S. Q. Letztere sind von den Kiesel- 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann) 34 


256 Eduard Hartmann. 150] 


schnüren dadurch leicht zu unterscheiden, daß sie da, wo sie ins 
bereits metamorphe Gestein eingedrungen sind, den Kalzit 
srobspatig entwickelt und von Chlorit und Serizit gereinigt haben, 
daß sie ferner charakteristische Züge von Linsen bilden, welche aus 
Netzquarz und weißen, oft auch durch Rost etwas bräunlich gefärbten 
und unregelmäßig ausgebildeten Kalzitrhomboedern bestehen. 

Es gibt: 1. Wetzsteinkalke, die aus dichten, grünlichen, 
kalkreichen oder aus bläulich-weißgrauen, kalkarmen 
Marmorlagen und grünlichen Chlorit- und Serizithäuten bestehen. 

2. Wetzsteinkalke mit dünnen, hellgefärbten, gröberen, 
kalkreichen Marmorlagen und mit feinen Kieselschnüren. 

3. Dichte, dünnschieferige, an Kieselschnüren reiche 
Wetzsteinkalke, sogenannte „Grenzkalke“*. Sie treten an der Grenze 
der Kieselkalke gegen hangende oder liegende Kieseltonschiefer auf. 

Die technisch verwendbaren Wetzsteinkalke bilden nur wenige 
Dezimeter dicke Lager, welche nicht nur im Wetzsteinbruch im 
Lizumtal, sondern auch an vielen anderen Orten immer in der Nähe 
der Tonkieselschiefern auftreten (z. B. in der Schuppe D, am Gipfel- 
bau des Nederers). 

Auf der kolorierten Karte desIlI. Teiles tragen alle 
Kieselkalke die gleiche Farbe. 


Fossilführung der Juragesteine. 


Vonallen Juragesteinen führen einzig die Kiesel- 
kalke Versteinerungen und von diesen generisch bestimmbare 
nur die Bänderkalke. 

Die Senke zwischen dem Ende des Isslgrabens und dem Westende 
des Untertarntals wird nördlich von einem Eckpfeiler bewacht, an den 
sich ein Schuttkegel mit herabgestürzten Kössener Dolomitblöcken 
und Jurakieselkalkstücken anschmiegt (cfr. Fig. 3, U. Teil). 

Auf diesem Schuttkegel fand Young im Sommer 1907 eine 
winzige, Echinodermenreste enthaltende, grau anwitternde, schwärzliche 
Bänderkalkplatte. Sie trug einen schlechterhaltenen Ammoniten. 
Dicht daneben lag der Abdruck des Fossils, an einer anderen 
tiefer gelegenen Stelle dagegen ein weiterer, ebenfalls schlecht- 
erhaltener Cephalopod C, wieder in Kalken mit den Echinodermen- 
resten. 

Bather konnte nun feststellen, daß Teile der von Young auf- 
gefundenen Echinodermenreste von Diadematiden herrühren, „welche 
wahrscheinlich nicht älter als Trias“ sind. 

G.C.Crick (L.7) übernahm die Bestimmung der Cephalopoden. 
Der Ammonitenrest stammt von Arnioceras cfr. Arnouldi Dumortier, 
das zweite Cephalopodenstück von Belemnites. 

Wenn diese Bestimmungen richtig sind, dann vertreten die den 
Ammoniten und Belemniten führenden Bänderkalke, welche unmittelbar 
auf den Kössener Dolomiten aufruhen, unteren, jedoch nicht 
untersten Lias, etwa das Sinemurien. 

Im Isslgraben zwischen Kurve 2400 und 2500 fand der Verfasser 
noch drei Echinodermenbreccienplatten, wie sie Young beschrieben 


[51] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 257 


hat, jede mit einem schlechterhaltenen Belemnitenrostrum 
(mit Alveole). Der Winkel der Alveole ist bei den einzelnen Individuen 
etwas verschieden. 


An der Schmirner Reisse wurde ebenfalls in einem herab- 
gefallenen Stück der Bänderkalke, das nicht als Echinodermenbreceie, 
sondern nur als dunkle Lage ausgebildet ist, ein etwa 31'2 cm langes 
und an der dicksten Stelle 14 mm starkes, konisches Stück eines 
Belemnitenrostrums gefunden. Die guterhaltene, typische 
Radialfaserstruktur läßt keinen Zweifel darüber aufkommen, 
daß es sich hier wirklich um die Gattung „Belemnites“ handelt. 

In anstehenden Kieselkalken wurden Versteinerungen an allen 
jenen Stellen gefunden, wo die Karte einFossilzeichenangibt. 
Es handelt sich hierbei um schwarze Echinodermenbreccien, 
deren graue Oberfläche oft ganz mit feinen dunklen Höckerchen, 
den „?Crinoidenresten“, besetzt ist. Nur an einer Stelle, etwa 200 m 
südwestlichdesNederergipfelswurden inanstehenden, 
grauschwarzen Kieselkalken in einer Höhe von nicht ganz 
2700 m (cfr. das Fossilzeichen in den Kieselkalken), zwei schlecht 
erhaltene Belemnitenalveolen gefunden. 


Wenn nun auch alle Juraversteinerungen der Tarntaler Berge eine 
nähere Horizontierung kaum zulassen, so ist doch der sichere 
Nachweis erbracht, daß die Kieselkalke der Tarntaler 
Berge nicht der Trias angehören, wozu sie F. E. Suess!), 
Frech?) und Sander°) stellen, sondern daß sie jedenfalls dem 
Jura, möglicherweise dem Lias angehören. Für Lias haben 
sich schon früher Pichler und Rothpletz entschieden und es 
könnte für eine solche Altersbestimmung der von Young aufgefundene 
Ammonit als Beweis angeführt werden, wenn nicht sein Erhaltungs- 
zustand ein so ungenügender wäre, daß eine einwandfreie Feststellung 
des Alters nicht möglich ist. 

Wenn nun die Kieselkalke jurassisch sind, dann 
müssen auch die mit ihnen unzertrennbar verknüpften Gesteine, nämlich 
die Wetzsteinkalke, die Brennerschiefer ähnlichen Kieselkalke, die 
Kieseltonschiefer, die bunten Tonschiefer, die kalkführenden Ton- 
schiefer, die Quarzserizitschiefer, die sandigen Dolomite und Konglo- 
merate jurassisch sein. 

Die Echinodermenbreccien, welche, wie wir wissen, auch 
Belemnitenreste führen, treten immer nahe an der Grenze 
zwischen den Kössener Schichten und Kieselkalken auf 
Es ist ferner anzunehmen, daß der von Young aufgefundene 
Arnioceras ebenfalls aus den unteren, unmittelbar den 
Kössener Dolomiten auflagernden, Echinodermenbreccien führenden 
Bänderkalken stammt. 

Wenn nun nach der Bestimmung Cricks diese das Sine- 
murien vertreten, dann fehlen zwischen den Kössener 


1) F. S. Suess, „Das Gebiet der Triasfalten“. 

2) F. Frech, „Über den Gebirgsbau der Zentralalpen“. 

>) B. Sander, „Geologische Studien am Westende der Hohen Tauern“. 
34* 


358 Eduard Hartmann. [52] 


Dolomiten und dem Sinemurian die Ablagerungen des 
untersten Lias. 

Es besteht also an der Grenze vom Tarntaler Trias und Lias 
ein Hiatus, der sich auch paläontologisch nachweisen 
läßt. Es treten nun auch an vielen Stellen deutliche Diskordanzen 
zwischen den Trias- und Juraschichten auf; so zum Beispiel in der 
Schuppe A im Winkel, welchen der Kleine Reckner-Westgrat mit der 
Westseite des Hauptmassivs einnimmt (efr. Fig. 7). 

Andere Stellen mit Diskordanzen werden später noch angegeben 
werden. Diese Diskordanzen sind nur unter der Annahme zu ver- 
stehen, daß zum mindesten die Triasgesteine vorAblagerung 
der Juragesteine schon aufgerichtet worden waren. 


Fir. 7. 


ij 


TE 


O—W-Pıofil vom Nordabhang des unteren Westgrates des Kl. Reckners. 


Transgression der jurassischen Kieselkalke auf den Kössener Dolomiten der 
Schmirner Reisse. 


J = Jurakieselkalke. — kd — Kössener Dolomite. 


Es hat also in den Tarntaler Bergen am Ende der Rhät- 
zeit ein Festland gegeben. An Stellen, wo die postrhätische 
Schichtaufrichtung besonders stark gewesen war, setzt die erodierende 
Tätigkeit des transgredierenden Jurameeres sehr heftig ein. Es 
wurden mitunter sehr mächtige Strandkonglomerate gebildet und die 
Raibler (?) Horizonte teilweise umgelagert. 

Wenn nun die tiefsten Horizonte der Kieselkalke, eben jene 
Belemniten-, Ammoniten- und Crinoidenreste führenden Bänderkalke 
schon oberen Jura vertreten würden, was auf Grund ihrer petro- 
graphischen Ausbildung und ihrer Verknüpfung mit den mangan- und 
eisenhaltigen und radiolaritähnlichen Kieseltonschiefern nicht ganz 
von der Hand zu weisen ist, dann läßt sich der oben geschilderte 
Hiatus noch viel leichter verstehen. 


[93] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 259 


Einstweilen scheint es, bis sicher bestimmbare 
Fossilien vorliegen, besser zu sein, die Kieselkalke 
und die mit ihnen verknüpften Gesteine ganz allge- 
mein dem Jura zuzuteilen, wozu bis jetzt nur das Auf- 
treten der Gattung Belemnites berechtigt. 


2. Konglomerate. 
a) Normale Konglomerate. 
Äußere Erscheinungsform derselben. 


In den Tarntaler Bergen gibt es mitunter sehr mächtige Kon- 
glomerate, welche fast ausschließlich aus aufgearbeiteten und 
zur Zeit der Aufarbeitung noch nicht metamorphen Gesteinen der 
Tarntaler Trias bestehen, 


Alle Sorten des Triasdolomits, die sechs Hauptvarietäten 
der Kössener Dolomite, die Kössener Kalke und Mergel, 
die Kössener Dolomite, die kalkigen Dolomite, von den 
Raibler(?) Schichten, die Kalke und Dolomite werden in ihnen 
angetroffen, daneben ein bis jetzt noch nicht anstehend gefundener 
kakaobraun anwitternder, grauer, dichter Dolomit, welcher wahr- 
scheinlich zu den Kössener Dolomiten gehört. 


Hinsichtlich der petrographischen Beschaffenheit 
der Komponenten können Dolomit-, Dolomitkalk- und 
Kalkkonglomerate unterschieden werden. 


Die Größe der Komponenten schwankt zwischen mehreren 
Zentimetern und mehreren Metern, 


Die dolomitischen Komponenten zeigen fast immer noch 
ihre ursprüngliche Form, mit der sie abgelagert wurden. Sie sind 
entweder eckig oder wenig oder gut abgerollt. Die kalkigen, aber 
auch die in Ton gebetteten dolomitischen Komponenten sind gern 
etwas linsenförmig ausgewalzt. 

Wenn die einzelnen Komponenten verschieden gefärbt sind, er- 
scheint eine gesprenkelte Oberfläche der Konglomerate, welche die 
polygene Natur des Gesteins sofort erkenntlich macht. 


Wenn die einzelnen Komponenten des Konglomerats aber aus ein 
und demselben aufgearbeiteten Gestein bestehen, dann ist die Kon- 
glomeratnatur der Gesteine schlecht zu erkennen. Doch deuten in 
solchen Fällen manchmal die S. Q. durch netzförmiges Auftreten die 
Konglomeratstruktur an. 


Beim Schlagen von Konglomerathandstücken schälen sich keine 
einzelnen Komponenten heraus, wie dies bei tektonischen Breccien 
der Fall zu sein pflegt, die Komponenten sind vielmehr durch ein 
feines oder grobes, äußerlich oft nicht sichtbares, dolomitisches Binde- 
mittel so fest miteinander verkittet, daß sie wieder ein völlig kom- 
paktes, einheitliches Gestein bilden. 


Gegen die Annahme einer tektonischen Entstehung der 
Konglomerate spricht auch eine deutliche Bankung, welche zum 


260 Eduard Hartmann. [54] 


Beispiel westlich des Wetzsteinbruches bei P. 2230 oder in der Mitte 
der unteren Ostwand des Hauptmassivs in der Schuppe A auftritt 
(siehe Profiltafel II, Fig. 9). Am Wetzsteinbruch biegen die Konglo- 
meratbänke nach Osten herunter. Sie täuschen hier eine größere 
Mächtigkeit derselben vor, welche östlich der Sonnenspitze immer- 
hin an die 200 m beträgt und anzeigt, daß in der Jurazeit sehr große 
Mengen von Triasgesteinen aufgearbeitet wurden. 

Die Konglomerate wittern, wenn sie viele Triasdolomit- 
komponenten enthalten, grau, wenn viele Kössener Dolomitkom- 
ponenten vorhanden sind, gelblichgrau oder gelbbraun oder 
graubraun an. 

Die an Triasdolomitkomponenten sehr reichen Konglomerate 
besitzen, wenn sie (wie zum Beispiel in der Schuppe A an der 
unteren Ostwand des Hauptmassivs) sehr mächtig werden, von fern 


Fig. 8. 


5 V 


S; 
TH 7, 


Profil südlich vom Tarntaler-Sonnenspitzgipfel. 


5 —= Serpentin. — J, = Kieselkalke. — Je = feine Konglomerate. 
J, = Tonschiefer oder Kieseltonschiefer. 


Auf der Karte sind nur Konglomerate zwischen Kieselkalken und Kieseltonschiefern 
verzeichnet. 


gesehen ganz das morphologische Auftreten des Trias- 
dolomits. Das war wohl der Grund, weshalb sie lokal früher für 
solchen gehalten und nicht weiter untersucht wurden. 

Die Metamorphose C hat die Dolomitkonglomerate gar nicht 
beeinflußt. Bei den tonführenden Kalkkonglomeraten wurde Serizit 
neugebildet. 

Die S. Q. erscheinen wie beim Triasdolomit oder sie bilden die 
schon erwähnte netzförmige Umsäumung der Komponenten. 

Die Konglomerate treten entweder als selbständige, bis- 
weilen sehr mächtige Horizonte (zum Beispiel in der Schuppe A: 
auf der Ostseite des Hauptmassivs) auf, oder sie erscheinen in der Form 
von größeren und kleineren, manchmal zu Zügen sich anhäufenden 
Linsen oder in Bänken an Stelle der Kieselkalke (zum Beispiel in 
der Schuppe A am Nedererwestgrat), an Stelle der kalkführenden 
und bunten Tonschiefer (zum Beispiel im basalen Vorlande, nord- 
östlich des Melkplatzes, in der Schuppe BD, Sonnenspitzsüdgrat cfr. 
Fig. 8), an Stelle der Quarzserizitschiefer (zum Beispiel im basalen 
Vorlande: im Grübelkar bei P. 2268, ferner auf der Südseite der 
Geierspitze und im südlichen Lizumtal, auck. zwischen Kahler Wand 


[55] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 361 


und dem Hippold), an Stelle der Kieseltonschiefer (zum Beispiel im 
basalen Vorlande im südlichen Lizumtal, östlich des Hauptmassivs). 

Aus sehr feinen Komponenten bestehende Konglomeratlagen 
treten am Wetzsteinbruch in den Grenzkalken und am Sonnenspitz- 
südgrat in Tonschiefern auf (efr. Fig. 8). 


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Ansicht der Ostwand der gefalteten und durch drei Verwerfungen zerstückelten 

„fossilen Jurasteilküste* (in der Schuppe A im südlichen Lizumtal). Sie besteht 

aus Triasgesteinen und darauf abgelagerten, aufgearbeiteten Triasgesteinen. Die 

drei Verwerfungen zerstückeln eine überkippte Mulde und einen Sattel, welche 

südlich V, ca. N 70° Ost, zwischen V, und V, ca. N—S streichen. Zwischen V, 

und V, ist auf die aus Kössener Kalken bestehende Mulde der überkippte Trias- 
dolomit nebst den diesen bedeckenden Konglomeraten geschoben. 


V,, V,, V,;, = Verwerfungen. — Ü = Lokalüberschiebung. 
= Schuppe A. 


Entstehungsgeschichte. 


Jurakonglomerate aus aufgearbeiteten Kössener 
Schichten und Triasdolomiten. 


Die Entstehungsgeschichte der Jurakonglomerate kaun man ent- 
weder aus der petrographischen Beschaffenheit, der Form und Größe 
der Komponenten, aus ihrer Mächtigkeit und aus den mit ihnen ver- 
knüpften Schichten herauslesen, oder sie läßt sich unmittelbar an 
man möchte sagen „fossilen Jurasteilküsten“ studieren. 

Ein sehr gut aufgeschlossener Teil dieser Küste findet sich im 
südlichen Lizumtal in der unteren Ostwand des Hauptmassivs in der 
Schuppe A. Es handelt sich hier um die prächtigen Felswände eines 
markanten Eckpfeilers, welcher jedem auffällt, wenn er von der 
Alpe Lizum auf die Geierspitze steigt. Die Ostseite dieses Pfeilers 
gibt die Fig. 9 wieder, einen Teil der Südseite Fig. 10. 

In die Ostseite sind drei auffällige, durch Verwerfungen 
bedingte Rinnen eingeschnitten. Das Gebiet südlich der südlichsten 


262 Eduard Hartmann. 156] 


Rinne soll uns zunächst beschäftigen. Es zerfällt in einen mächtigen 
unteren Triasdolomitklotz, auf welchem Jurakonglomerate mit rund- 
lichen und eckigen, kleinen und großen Komponenten zum Absatz 
gekommen sind. Die Auflagerungsebene der Konglomerate ist, wie 
ihr östlicher Ausstrich zeigt, etwa mit 45° nach Norden geneigt. 
Deutlich heben sich durch verschiedene Färbungen die hangenden 
Konglomerate vom liegenden Triasdolomit ab. 


Fig. 10. 


Perspektivischer Blick auf die Südseite der „Jurasteilküste* (mit den taschen- 
förmigen Konglomerateinlagerungen), ferner auf den Kontakt zwischen der Schuppe 
B, und A. 


J, = Juratonschiefer. — Je — Jurakonglomerate. — kd = Kössener Dolomit. — 
Ik — Kössener Kalke. — td = Triasdolomit. — rr = Raibler (?) Rauhwacken. 


Auf der Südseite des Eckpfeilers beobachtet man, daß 
die meist aus sehr groben, eckigen, seltener aus gerundeten Kom- 
ponenten bestehenden Konglomerate an drei Stellen taschenförmig 
in den Triasdolomit eingelagert sind. 

Da nun ferner die Komponenten der Konglomerate aus Kössener 
Dolomit, zumeist aus Triasdolomit bestehen, kann kein Zweifel mehr 
sein, daB aus besagtem Eckpfeiler der liegende Triasdolomit 
neben früher noch vorhandenen Kössener Dolomiten das Material 
zu den Konglomeraten geliefert hat, und daß er, wie die 
mit 45° nach Norden fallende Grenzlinie und die eckigen, groben 
Komponenten der Konglomerate besagen, eine steil nach Norden 
fallende Küste gebildet hat, welche sukzessive von grobem, wenig 
aufgearbeitetem und sich zu festen Konglomeraten wieder ver- 
kittendem Triasschutt überdeckt wurde. 


[57] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 263 


An dieser mitunter stark zerklüfteten Küste brach sich 
das Jurameer, die herabgestürzten Triasdolomitblöcke mehr oder 
minder zerkleinernd und abrollend. Manchmal haben sich wohl auf 
einmal größere Dolomitmassen von der Küste abgelöst. Von solchen 
scheinen die bis zu 15m hohen in den mittelgroben Kon- 
glomeraten liegenden Triasdolomitblöckenördlich des 
Auslaufes der nördlichen der drei genannten Rinnen 
zu stammen. 

Die eben geschilderte Steilküste setzt sich nach Norden fort, 
nur läßt sie sich nicht mehr so leicht feststellen, da stratigraphische 
Eigentümlichkeiten, Faltungen, Verwerfungen und Überschiebungsvor- 
gänge ihre im Süden so einfache Form verschleiern. 

Zwischen der südlichen = V, und der mittleren Steilrinne — V, 
sind nämlich bei der Aufarbeitung der Triasgesteine noch 
stellenweise Kössener Dolomite, zwischen V, und der nörd- 
lichen Rinne = V,;, noch fossilführende Kössener Kalke 
erhalten geblieben. Beide Gesteine sind ursprünglich auf Trias- 
dolomit zum Absatz gelangt. Für die Kössener Kalke bedeutet das 
die Regel, nicht aber für die Kössener Dolomite. Jedoch stimmt das 
lokale Ausfallen der Kössener Schichten sehr gut damit überein, 
daB die Konglomerate südlich V, neben vorherrschenden 
Triasdolomitkomponenten zwar viele Fragmente von hellem tonigen 
Kössener Dolomit, wie er bei P. 2526 (siehe Il. Teil geolog. Karte 
und I. Teil Fig. 9) ansteht, nie aber Stücke Kössener Kalkes 
führen. Solche treten erst in den Konglomeraten auf, 
welche am Ende der nördlichen Rinne aus den Wiesen her- 
vorschauen, ferner indengebankten Konglomeraten nord- 
östlich der Tarntaler Sonnenspitze, und zwar unterhalb des 
mächtigen Tonschieferaufschlusses. 

An dieser Stelle trifft man zu unterst grobe, klotzige, dolo- 
mitische Konglomerate mit hellen und dunklen Komponenten. 
Sie ragen etwa 30 m aus dem Boden hervor und sind wahrscheinlich 
nicht viel mächtiger, da etwa 250 m weiter nördlich und nur wenige 
Meter tiefer bereits der liegende Triasdolomit zum Vorschein kommt. 
Auf diese ungebankten Konglomerate folgt ein etwa 20 m mächtiges, 
polygenes, gebanktes Konglomerat mitFragmenten von 
Kössener Kalken und Kössener Dolomiten. Zwischen diesem 
Konglomerat und dem nächstfolgenden ist eine zirka 2 m dicke Ton- 
bank eingelagert, welche das Messen des Fallwinkels (= zirka 30°) 
gut gestattet. Zuletzt folgt zirka 60m mächtiges, grobes, klotziges, 
ungebanktes Konglomerat, hauptsächlich aus hell- und dunkel- 
grauen Triasdolomitkomponenten bestehend. 

Mansieht, es läßt sich hier die Reihenfolge heraus- 
lesen, in der die einzelnen Horizonte der oberen Trias 
der Tarntaler Berge aufgearbeitet wurden. 

Die tektonischen Elemente, welche die nördliche Fortsetzung 
der „Jurasteilküste“ verschleiern, sind eine Mulde und ein Sattel, 
drei Verwerfungen und eine kleine Lokalüberschiebung. 

Bei der Mulde und dem Sattel läßt sich eine Drehung der Achse 
aus der allgemeinen Streichrichtung der Tarntaler Berge (zirka 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 35 


964 Eduard Hartmann. [58) 


N 70° OÖ) in die NS-Richtung feststellen. In der Kernregion der hier 
noch N 70° O streichenden Mulde verläuft die südliche Verwerfung V,. 

Der Kern dieses Muldenteiles besteht aus Jurakonglomeraten, 
die Schale, welche die Unterseite dieser Konglomerate umhüllt, im 
Süden aus Triasdolomit, welcher nach dem Süden zu mächtig an- 
schwillt und die unteren Partien des Eckpfeilers bildet; im Norden 
aus wenig mächtigen Kössener- und Triasdolomiten, welche im Westen 
flach, im Osten steil nach Südosten herabbiegen. Der nördliche 
Flügel des eben geschilderten Muldenteiles und das bei P. 2526 
gut angedeutete, dazugehörige Sattelstück wurden nun längs der mit 
großen, zirka 70—80°% nordfallenden Rutschflächen versehenen Ver- 
werfung V;, emporgehoben und verlor dadurch den Zusammenhang 
mit dem Süden (cfr. Fig. 11). 


Nord-Südprofile durch die Verwerfungen V,, V,, V,, die lokale Überschiebung 

des Triasdolomits und den überkippten Sattel zwischen V, und V, (N 70° Ost 

streichend). Bei P. 3526 ist dieser noch flach, wird dann gegen Osten steiler und 
kippt über. 


Jce = Jurakongloinerate. — kd = Kössener Dolomit. — kk = Kössener Kalke. -—- 
td — Triasdolomit. — Ü — Lokalüberschiebung. 


Durch die Verwerfung V, und V, hat eine weitere 
Zerstückelung der bogenförmigen Mulde und des dazu- 
gehörigen Sattels stattgefunden. Die zwischen V, und V, liegende 
auffällige Felsnase deutet die Fortsetzung des oben erwähnten, noch 
N 70° O streichenden Mulden- und Sattelteiles an. Die Sattel- und 
Muldenachsen streichen hier nun im allgemeinen nordsüdlich. Das 
Muldenstück wird durch unaufgearbeitete, versteinerungsführende 
Kössener Kalke deutlich gemacht und zeigt neben der Ost- 
westfaltung auch noch etwas Nordsüdfaltung. Der zur Kössener 
Mulde gehörige, nach Osten überkippte Sattel (efr. Fig. 12) kommt 
im. überschobenen Triasdolomit und den teilweise noch Vorhandenen 
Jurakonglomeraten jetzt schlecht zum Ausdruck. 

Die also eine Mulde und einen Sattel darstellende, 
keilförmige Felsnase sank zwischen den Verwerfungen 


[59] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 265 


V, und V, etwas in die Tiefe und wurde zugleich nach Osten 
vorgeschoben. Dabei zerriß der nach Osten überkippte Sattel. Der 
Triasdolomit wurde mit den Jurakonglomeraten auf die Kössener 
Schichten geschoben. 

Der Kontakt zwischen dem überschobenen Triasdolomit und den 
diesen bedeckenden Jurakonglomeraten einerseits und den stark zu- 
sammengestauchten und verkneteten Kössener Dolomiten und Kalken 
anderseits verläuft unregelmäßig wellig, 

Die Ostwand der Schuppe A gestattet nicht nur einen 
Einblick in die Vorgänge bei der Bildung der Jurakonglomerate, sie 
zeigt auch an, wie im Sedimentationsbezirk der Schuppe A 
lokal die Konglomeratbildung allmählich aufhörte, wo 
sich ein tieferes Meer und damit mächtige Tonschiefer oder Kiesel- 
tonschiefer einstellten. 


Fig. 12. 


Profil durch das zwischen V, und V, liegende Teilstück der „Jurasteilküste“. Es 
zeigt den überkippten Sattel und die überkippte Mulde, ferner den überschobenen 
Triasdolomit. 


td — Triasdolomit. — Ik — Kössener Kalke. — kd = Kössener Dolomite. A 
Je — Jurakonglomerate. — V, — Verwerfung. — Ü = Lokalüberschiebung. 


Diese Tonschiefer treten zunächst in mehrfacher Wech- 
sellagerung mit den Konglomeraten auf, zum Beispiel auf 
der Höhe des besagten Eckpfeilers. Hier sowie südlich davon im Ende 
der Rinne, welche in den Sockel des Eckpfeilers eingeschnitten ist, 
läßt sich die Wechsellagerung auf der geologischen Karte nicht mehr 
zur Darstellung bringen (cfr. Fig. 10, pag. 262). Sie findet sich 
auch am Wetzsteinbruch bei P. 2230. Östlich der Sonnenspitze werden 
nun die Tonschiefer völlig konglomeratfrei und bis zu 80 m mächtig. 
Sie zeigen damit die Beständigkeit und Tiefe an, welche das 
Jurameer hiernach der Periode der Konglomeratbildung 
erlangt hatte. 

Daß die Tonschiefer am besagten: Eckpfeiler und südlich davon 
nicht die Mächtigkeit wie zum Beispiel östlich der Tarntaler Sonnen- 
spitze besitzen, erklärt sich 1. daraus, daß der Eckpfeiler im Jura- 
meer einen Festlandssockel bildete, welcher von weniger mächtigen 
Tonschiefern viel später zugedeckt wurde, als die tiefergelegenen 

35* 


966 Eduard Hartmann. [60] 


Teile der zum Sockel gehörigen Steilküste; 2. daß ferner bei der 
Bildung und dem Transport der Schuppe 5, die im Süden einst viel 
mächtigeren, aber ebenfalls vorhandenen Tonschiefer ganz oder 
teilweise abgeschert wurden. Bei der Überschiebung der 
Schuppe 5b, wurden in die Rinne, welche in den Sockel des Eck- 
pfeilers eingeschnitten ist, von oben her grünliche Tonschiefer 
muldenförmig hineingepreßt. Die Tonschiefer liegen an der genannten 
Stelle, welche durch einen auffälligen Felssporn des Triasdolomits 
leicht kenntlich gemacht ist, entweder auf wenig mächtigen Konglo- 
meraten oder direkt auf Triasdolomit. Die Konglomerate kamen am 
westlichen Ende der Rinne, am Westende des Kammes, welchem die 
auffällige Gratrippe angehört, direkt auf Triasdolomit zum Absatz, 
welcher südlich des auffälligen Zackens bereits unaufgearbeitete 
Kössener Kalke trägt. 

Wenn wir nun die Verhältnisse auf der Ostseite der Schuppe A 
uns vergegenwärtigen, so wie sie vor den Faltungen und Verwerfungen 
geherrscht hatten, dann erscheint vor unseren Augen ein großes 
Stück der ehemaligen Jurasteilküste, welches sich nach Norden neigt 
und aus Triasdolomit besteht. Auf diesem ruhen stellenweise noch 
unaufgearbeitete Kössener Kalke oder Kössener Dolomite. Über diesen 
sowie über dem bereits bloßgelegten Triasdolomit breiten sich haupt- 
sächlich dolomitische, weniger kalkige Konglomerate aus, welche teil- 
weise gebankt sind und dann ebenfalls nördlich fallen. Sie werden von 
Tonschiefern überlagert und keilen gegen Süden aus. 

Teile der ehemals kontinuierlich verfolgbaren Jurasteilküste 
lassen sich auch in der Schuppe 5, und im basalen Vorlande auffinden. 

An der Basis der Schuppe 5, ist sie an zwei Stellen auf der 
Südseite des Nederers nachzuweisen. Im Westen dieses Südhanges 
findet sich ein mit den umgebenden Tonschiefern stark verkneteter 
Felsblock, von dem Young!) schon sagte, daß er nur teilweise aus 
Tarntaler Dolomit (= Konglomerate V. A.) besteht. Es ist kein Zweifel 
möglich, daß es sich hier ebenso wie bei einem analogen Vorkommen im 
östlichen Teil des Südabfalles (zirka 100 m östlich der östlichen Scharte 
des Untertarntales) umüberschobenen Triasdolomithandelt, 
welcher jurassische Konglomeratkappen trägt. 

Ebenfalls an der Basis derSchuppe D,, auf der Nordseite 
des P. 2453 (Westende Schober-Mölszuges) ruhen auf überschobener 
Trias (Kössener Dolomite mit kalkigen Dolomiten) Konglomerate. 
Im basalen Vorlande nimmt ein Stück der Steilküste am Aufbau 
eines nach Süden überkippten Sattels teil (a,). Man trifft am Südgrat 
des oben genannten P. 2453 umgekehrt wie sonst den Triasdolomit 
oben, die Konglomeratkappe unten an. 


Jurakonglomerate aus aufgearbeiteten Raibler (?) 
Schichten. 


Die Raibler (?) Schichten wurden lokal folgendermaßen zum Aufbau 
von Konglomeraten verwendet. Aus den Raibler (?) Dolomiten 


ı) A. P. Young 1908, „Stratigraphy and Structure of the Tarntal Mass*, 


[61] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 267 


entstanden Dolomitkonglomerate,aus denKalkenKalk- 
konglomerate. 

Die sehr wenig verbandfesten Rauhwacken lieferten keine 
Konglomeratkomponenten. Sie wurden aufgelöst, ihre Quarzphyllit- 
und Kalkphyllitfragmente hingegen, soweit sie vorhanden waren, zu 
Ton-, Quarz- oder Kalksand verarbeitet. 

Die Raibler(?) Quarzsande (Quarzite) wurden nur umge- 
lagert; die Umlagerungsvorgänge werden bei ‘den Quarzserizit- 
schiefern näher besprochen werden. 

Da die Raibler Dolomite oft mit dem Triasdolomit identisch aus- 
gebildet sind, ist es bei Konglomeraten, welche auf Raibler (?) Gesteinen 
zum Absatz gelangt sind und graue Dolomitkomponenten enthalten, 
unmöglich zu entscheiden, ob eine Aufarbeitung von grauem Trias- 
dolomit oder von grauem Raibler (?) Dolomit vorliegt. Dies gilt zum 
Beispiel für Konglomeratvorkommnisse des basalen Vorlandes östlich 
des Melkpiatzes. Hier liegen polygene Dolomitkonglomerate, welche 
außer hell- und dunkelgrauem Trias- oder Raibler (?) Dolomit noch 
typischen Kössener Dolomit enthalten, auf den Raibler (?) Quarziten. 

Nordwestlich von diesen Aufschlüssen tritt die Schuppe 5, mit 
einer Mulde zutage (cfr. Tektonisches Relief Nr. 1) die, soweit 
sichtbar, aus stark verkneteten Kalkkonglomeraten zusammengesetzt 
ist. Die meisten der kalkigen Komponenten derselben sind 
mit serizitischen Tonhäuten verflochten und nachträglich linsen- 
förmig ausgewalzt. Sie vertreten die Varietät I, 2, 3 der Raibler 
Kalke. Daneben kommen jedoch auch hellgraue Triasdolomite und 
schwarze, dichte, tonige Kössener Dolomite (Gruppe IV) vor. 


b) Mylonitische Konglomerate. 
Äußere Erscheinungsform. 


Die mylonitischen Konglomerate sind polygene 
Dolomitkonglomerate, in welche auf tektonischem Wege oft 
viele große oder kleine, eckige oder flatschige, manchmal auch stark 
verbogene Stücke von geröllführenden und geröllfreien 
jurassischen Quarzserizitschiefern oder von Trias- 
quarzitenhineingepreßt wurden. Die konglomeratischen 
Partien der Mylonite sind ebenso ausgebildet wie die der normalen, 
rein sedimentären Konglomerate. 

Sander!) erwähnt an den Ecken etwas abgerollte Quarzitblöcke, 
was für eine sedimentäre Aufarbeitung von Quarziten sprechen würde. 
Solche Stücke finden sich nun auch als zerbrochene große Quarzit- 
linsen. Es könnte sich auch um aufgearbeitete, geschichtete Raibler (?) 
Quarzsande handeln, welche später innerhalb der Konglomerate 
metamorph wurden. Man müßte dann eine posttriadisch-präjurassische 
Metamorphose annehmen, für welche keine Anhaltspunkte vorhanden 
sind. Gegen die Annahme, daß die etwas gerollten Quarzite auf- 
gearbeitete, bereits metamorphe Triasquarzitstücke sind, sprechen ganz 


!) B. Sander, Über neue geologische Forschungen im Gebiete der Tarntaler 
Köpfe 1910. 


268 Eduard Hartmann. 162] 


entschieden die überaus eckig umrissenen, bis 2m großen 
Quarzitblöcke, die man zum Beispiel nordöstlich des Melkplatzes 
in Dolomitkonglomeraten antrifft, welche aus sehr kleinen Dolomit- 
stücken bestehen. Sander!) erwähnt auch „Korrespondenz von 
Trümmergrenzen* bei benachbarten Komponenten seiner polygenen 
Tarntaler Breccie. Wahrscheinlich meint er damit die Triasdolomit- 
komponenten, welche bereits mit brecciöser Struktur 
versehen in die Konglomerate gelangt sind. Solche werden des 
öfteren in den Dolomitkonglomeraten am .mehrfach genannten Eck- 
pfeiler des südlichen Lizumtales aufgefunden. Da sich in ihrer nächsten 
Nähe zahlreiche Komponenten finden, welche zumeist aus dunklem 
oder auch hellem Triasdolomit bestehen, aber keine endogene 
Breccienstruktur aufweisen, so kann ihre Breccienbildung nicht erst 
innerhalb der Konglomerate erfolgt sein. Sie wird wahrscheinlich 
bei den Schichtaufrichtungen zustande gekommen sein, welche zwischen 
der Ablagerung der Kössener Schichten erfolgte. 


Entstehung der mylonitischen Konglomerate. 


Wenn heute mit konglomeratischen Partien jurassische, geröll- 
führende oder -freie Quarzserizitschiefer oder jurassische Tonschiefer 
vermischt sich vorfinden, so deutet dies auf eine Vermischung 
benachbarter, annähernd gleichalteriger Horizonte hin; 
wenn die Konglomerate hingegen Triasquarzitstücke enthalten, dann 
gelangten während der Überschiebungsvorgänge Teile von über- 
schobenen Triasschichten in darunterliegende Jura- 
gesteine. 

Auf jeden Fall waren die quarzitischen triadischen und juras- 
sischen Gesteine schon vor der mechanischen Vermischung meta- 
morph und geschiefert. 

Es muß auffallen, daß in jenen mylonitischen Konglomeraten, 

welche durch Vermischung benachbarter jurassischer Horizonte ent- 
standen, keine jurassischen Bänderkalke oder Kieseltonschiefer 
als tektonische Komponenten angetroffen werden. Für diesen Ausfall 
können jedoch stratigraphische und physikalische Gründe angeführt 
werden. 
Die Konglomerate der Tarntaler Berge sind als Flachmeer- 
ablagerungen zum Absatz gekommen, also vorzugsweise mit den um- 
gelagerten Raibler(?) Quarzsanden oder mit sandigen, kalkigen und 
reinen Tonschiefern, seltener mit den Kieselkalken und Kieselton- 
schiefern. 

Man kann die regelmäßige Verknüpfung und Wechsellagerung 
von Konglomeraten und Flachmeerablagerungen sehen 1. im ba- 
salen Vorlande im Grübelkar, an der Tarntaler Sonnenspitze, 
nordöstlich und östlich des Melkplatzes und in den großen Verbrei- 
tungsgebieten der mylonitischen Konglomerate, so östlich des Lizum- 
baches zwischen Kahler Wand und der Hippoldsspitze; 2. in der 


!) B. Sander, Über neue geologische Forschungen im Gebiete der Tarntaler 
Köpfe 1910. 


[63] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 269 


Schuppe A östlich des Serpentinvorkommens bei der „Schober- 
Lacke“; 3. in der Schuppe 5, auf der Südseite des Nederers 
und an der östlichen Scharte des Untertarntales, ferner am Südgrat 
der Tarntaler Sonnenspitze und an der Geierspitze südlich und östlich 
des Gipfels P. 2858. 


Auf der Südseite des Nederers und an der östlichen Scharte 
des Untertarntales liegen die Konglomerate in verkneteten schwarzen 
Tonschiefern, welche auch sandige regenerierte Dolomite enthalten. 
Die geologische Karte gibt für die Tonschiefer nur die Farbe der 
Kieseltonschiefer an. Am Südgrat der Sonnenspitze sieht man etwa 
150 m vom Gipfel entfernt das Profil (Fig. 8), welches auf der Karte 
nicht mehr zum Ausdruck gelangt, ganz ebenso wie das Profil am 
Südgrat der Geierspitze (cfr. Fig. 21). Man sieht also, daß die 
Häufigkeit, mit welcher sich jurassische Konglomerate und Quarz- 
serizitschiefer tektonisch mischten, schon stratigraphisch vorbedingt ist. 


Eine scheinbare Ausnahme von der oben angedeuteten regel- 
mäßigen Verknüpfung jurassischer Gesteine bildet das Vorkommen 
von sehr feinen konglomeratischen Lagen innerhalb der Kieselkalke 
(Graukalke) am Wetzsteinbruch (P. 2236). Hier sowie am Südgrat 
der Tarntaler Sonnenspitze, dann auch am Westabfall des Westgrates 
des Kleinen Reckners handelt es sich um sehr feine, in tiefere Meeres- 
partien verschwemmte Konglomerate. 


Während der Mylonitbildung verhielten sich die 
petrographisch stark variierenden Jurahorizonte sehr 
verschieden. 


Wo harte Quarzite mit Konglomeraten aneinanderstießen, zer- 
brachen sie sich gegenseitig unter dem Drucke der über sie hinweg- 
gleitenden Gebirgsmassen. Durch das weitere Vorwärtsschreiten der- 
selben trat Verschleppung und damit Vermischung der Horizonte ein. 
Viele der dabei gebildeten tektonischen Breccien blieben am Orte 
ihres Entstehens liegen, andere hinwiederum wurden von den sich 
stetig vorwärtsschiebenden Schubmassen in entfernter liegende Teile 
von mylonitischen und nichtmylonitischen Horizonten verfrachtet, wo 
sie jetzt als ortsfremde Gebilde, meist in der Form von großen aus- 
sewalzten Linsen auftreten. Auf solche Weise lassen sich die großen 
mylonitischen Linsen in den Tonschiefern und kalkigen Tonschiefern 
erklären, welche man zum Beispiel nordöstlich des Melkplatzes und 
an vielen anderen Stellen, besonders östlich des Lizumtales, antrifft. 


An Stellen, wo hingegen die Quarzite oder die Konglo- 
merate an die Tonschiefer oder die kalkigen Ton- 
schiefer, oder die Kieselkalke grenzten und von den Bewe- 
gungen der überfahrenden Schubmassen erfaßt wurden, wichen die 
letztgenannten Gesteine infolge ihrer größerenPlasti- 
zität leicht aus, so daß keine Gesteinsvermischung zustande kam. 
Es wurden höchstens in die Zerr- und Druckklüfte der Konglomerate 
grünliche oder schwärzliche Stücke der besonders plastischen Ton- 
schiefer hineingepreßt, wie man dies zum Peispiel an der östlichen 
Scharte des Untertarntales und an vielen anderen Stellen wahrnehmen 
kann. 


270 Eduard Hartmann. [64] 


Gleichzeitig mit der Bildung von mylonitischen Konglomeraten 
kam es zuweilen auch vor, daß, wie zum Beispiel die Aufschlüsse 
nordöstlich des Melkplatzes zeigen, umgekehrt Partien der Konglo- 
merate und Tonschiefer in die Triasquarzite oder daß Blöcke von 
Triasquarzit in die Tonschiefer hineingepreßt wurden. 


Auftreten der mylonitischen Konglomerate. 


Die mylonitischen Konglomerate treten an der Schubfläche 
zwischen der Schuppe A und dem basalen Vorlande und an der Über- 
schiebungsfläche zwischen der Schuppe A und der Schuppe B, auf. 
Im basalen Vorlande mischten sich benachbarte Jura- 
horizonte sowohl untereinander als auch mit Trias- 
quarziten der Schuppe A. An der Basis der Schuppe B,, 
welche vor ihrer Abspaltung von der Schuppe A ebenfalls über das 
basale Vorland hinwegfuhr, fanden Vermischungen von benachbarten 
Horizonten statt. 

Nordöstlich des Melkplatzes mischten sich Quarzite des basalen 
Gebirges mit basalen Konglomeraten, ferner Quarzite von der kleinen 
Teilschuppe des basalen Vorlandes mit Konglomeraten des basalen 
Gebirges; Quarzite der Schuppe A mit Konglomeraten und Tonschiefern 
der Schuppe A oder des basalen Gebirges. 

In den Aufschlüssen an der Schmirner Reisse und im Grübelkar 
hat lokal keine vollständige Mylonitisierung stattgefunden. Die Kon- 
glomerate und die geröllführenden und -freien Quarzserizitschiefer 
sowie die stark serizitisierten Kieselkalke haben ihre Horizonte noch 
ziemlich bewahrt, sind aber stark miteinander verknetet. Hauptsächlich 
an den Südabfällen des Hauptmassivs und im südlichen 
Lizumtale sind benachbarte Quarzserizitschiefer- 
und Konglomerathorizonte mylonitisch entwickelt. In 
der vorliegenden Arbeit wird angenommen, daß sich an den genannten 
Stellen nur Konglomerate des basalen Vorlandes mit jurassischen 
Quarzserizitschiefern des basalen Vorlandes und nicht mit Trias- 
quarziten aus der Basis der Schuppe D, vermischt haben. 

Anders verhält es sich jedoch mit den mylonitischen Kon- 
glomeraten zwischender Kahlen Wand unddemHippold. 
Durch die Schuppen A und 5, werden im Tarntalhauptmassiv die 
Mylonite des basalen Vorlandes noch auf große Strecken hin verdeckt. 
An der Kahlen Wand, ferner südlich des Hippold bei P. 2609 und 
P. 2614 und an der Grauen Wand sind sie aber von der verhüllenden 
Schuppe A befreit und daher dem Studium besonders gut zugänglich. 
Hier fand sicher ebenso wie auch am Melkplatz neben einer Ver- 
mengung benachbarter basaler Horizonte noch eine Vermischung 
der Triasquarzite der Schuppe A und der Konglo- 
merate des basalen Vorlandes statt. Hier treten aber auch 
in den konglomeratischen Lagen metergroße eckige, echte Trias- 
quarzitblöcke auf, welche den mylonitischen Konglomeraten zum Bei- 
spiel auf der Südseite des Hauptmassivs vollständig fehlen. Man findet 
am Grat der Grauen Wand an drei Stellen noch ziemlich große Trias- 
quarzitmulden, welche der Schuppe A angehörten und keilförmig von 


[65] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. hl 


oben in die jurassischen Tonschiefer, kalkigen Tonschiefer oder Kalke 
gepreßt (efr. Fig. 5, Profiltafel I) wurden. 

An der Basis der Schuppe B, trat eine Vermischung 
benachbarter Horizonte ein, und zwar auf der Südseite des 
Nederers im Untertarntal und an der östlichen Scharte desselben, so- 
dann westlich des Klammjoches, südlich von P. 2348. Es handelt sich 
in beiden Fällen um Flatschen von jurassischen Quarzserizitschiefern, 
welche in den Konglomeraten stecken und von jurassischen Quarz- 
serizitschiefern stammen, welche die Schuppe B, während der Über- 
schiebungsvorgänge verarbeitet hat, als sie entweder noch mit der 
Schuppe A zusammenhing und mit dieser über das basale Gebirge 
hinwegfuhr oder als sie über die Schuppe A hinwesglitt. 


Beziehungen zwischen den mylonitisierten Konglo- 
meraten zu der Metamorphose (, zu den Gängen S. Q,, 
ferner zu den Überschiebungen und Faltungen. 


Aus der Tatsache, dab bereits metamorphe und ge- 
schieferte Triasquarzitstücke und jurassische Quarz- 
serizitstücke als tektonische Komponenten in den zu 
Breecien umgewandelten Konglomeraten sich befinden, 
muB geschlossen werden, daß die Metamorphose Ü fr üher 
erfolgte als die großen Überschiebungen, welche die Ge- 
steinsvermischung hervorgebracht haben. 

Die S. Q. können fast immer in den Konglomeraten nachgewiesen 
werden, sowohl in den normalen, als auch in den zu Breccien um- 
gewandelten. 

Bei den letzteren zeigen sie an, daß sie jünger sind als die 
Gesteinsvermischungen, mithin auch als die UÜber- 
schiebungen, welche diese Mischungen verursacht haben. 

Man sieht sie nämlich sehr oft in gerader Linie und un- 
zerbrochen sowohldurchdiekonglomeratischen Partien, 
als auch durch die tektonisch miteinbezogenen Trias- 
quarzit- und Juraquarzserizitkomponenten hindurch- 
setzen. 

Die eben geschilderten Verhältnisse zeigt ein nach der Natur 
sezeichnetes Bild (cfr. Fig. 13 auf pag. 272). Als Vorlage diente ein 
zirka 1/, m großer Block aus den mylonitischen Konglomeraten, denen 
man auf dem Wege von Lizum auf das Torjoch so häufig begegnet. 
Die Struktur der konglomeratischen Partien ist etwas schematisch 
gezeichnet. 

Man erkennt in der Mitte des Blockes ein Stück eines geröll- 
führenden, jurassischen Quarzitserizitschiefers, welches von kleinen 
Quarzgängen durchsetzt wird, die aus der Quarzınasse des Schiefers 
bei der Metamorphose © entstanden sind. Das Quarzserizitschieferstück 
wurde bei der Überschiebung der Schuppe A zwischen die konglo- 
meratischen Lagen gepreßt und erhielt dabei seine flatschige Aus- 
bildung. Dann wurde es ebenso wie die konglomeratischen Partien 
von den sekundären, sich verzweigenden 8. Q. durchsetzt, beziehungs- 
‚weise umflossen. Letztere Erscheinung ist gerade in dem beigegebenen 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 1. Heft. (E. Hartmann.) 36 


272 Eduard Hartmann. [66] _ 


Bilde deutlich zu erkennen. Fälle, wo die tektonisch beigemengten 
Quarzserizit- oder Quarzitkomponenten von den S. @. glatt durch- 
schnitten werden, sind sehr häufig zu beobachten. An der Grenze 
zwischen den S. Q. und den quarzigen tektonischen Komponenten trat 
dann meistens eine Vermischung der beiden Quarzmassen ein. 


Fig. 13. 


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Fig. 13 zeigt einen ca. !/, m großen mylonitisierten Jurukonglomeratblock (süd- 
östlich der Lizumalpe). 


a — tektonisch eingepreßtes Stück eines Dolomitgerölle führenden jurassischen 
Quarzserizitschiefers. -— In den Dolomitgeröllen — b treten horizontale, aus der 
Quarzmasse der Serizitschiefer entstandene Quarzgänge — g auf. 

d — triadische dolomitische Komponenten der sedimentären, konglomeratischen 
Partien. Ihre Form ist etwas schematisiert. 

SQ — sekundäre Quarzgänge, welche jünger als die tektonische Breccie sind. 


In Gesteinen, welche sich leichter falten ließen als die normalen 
und mylonitischen Konglomerate, wurden die 8. Q. noch stark 
gefaltet, wie zum Beispiel in den Kieseltonschiefern der 
Schuppe 5, am Nederer oder östlich der Schoberlacke bei P. 2348 
in der Schuppe A sehr schön zu sehen ist. 

Diese Faltungen der S. Q. sind jedenfalls mit den großen 
Schichtfaltungen der Tarntaler Berge. von denen bewiesen werden 
kann, daß sie jünger sind als die Uberschiebungen und die damit 
verknüpften Gesteinsvermischungen, identischh Wir wissen also, 


[67] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 273 


daß das Auftreten der S. Q. zwar nach den Über- 
schiebungen und Mylonitbildungen aber noch vor den 
Faltungen erfolgte. 


Fassen wir nochmals das Wichtigste über die Jura- 
konglomerate zusammen: 


Es lassen sich in den Tarntaler Bergen manchmal sehr mächtig 
werdende Konglomerate auffinden, welche das transgredierende Jura- 
meer nur aus aufgearbeiteten Tarntaler Triasgesteinen aufgebaut 
und mit den übrigen, neugebildeten Juragesteinen vermischt hat. Die 
Metamorphose Ü veränderte die dolomitischen und kalkigen 
Komponenten der Konglomerate in keiner Weise. Tonhäute, welche 
zwischen den einzelnen Komponenten lagen, wurden serizitisiert. 

Ein großer TeilderKonglomerate veränderte sich, 
abgesehen von einer Durchtränkung der S. Q., bis auf den heutigen 
Tag gar nicht, ein anderer Teil hingegen, besonders die mit 
Jurassischen Quarzserizitschiefern und Tonschiefern verknüpften Kon- 
glomerate wurden an Überschiebungsflächen zu tek- 
tonischen Breccien umgewandelt, wobei manchmal nicht nur 
eine Mischung von jurassischen Konglomeraten und von Quarzserizit- 
schiefern, sondern auch von Konglomeraten und von Triasquarziten 
eintrat. | 

Nach diesen Mischungen kamen erst die sekundären 
Quarzgänge =S. Q., welche alie normalen und zu Breccien um- 
gewandelten Konglomerate durchtränkten, wobei sie die tektonisch 
aufgenommenen Komponenten oft mit scharfen Rändern durch- 
schnitten. 


3. Kieseltonschiefer. 


Sie gleichen makroskopisch zwar metamorphen Radiolariten, 
werden hier jedoch nur Kieseltonschiefer genannt, da mit Sicherheit 
Radiolarien in ihnen nicht nachgewiesen werden konnten. Sie bestehen 
fast ausschließlich aus feinem kristallinen Quarz, aus Chlorit- und 
Serizitschuppen und -bändern und haben einen ausgesprochen 
schiefrigen Charakter. 


Von den vielen Varietäten sind folgende drei am häufigsten: 

1. Art. Sie besteht aus miteinander alternierenden, quarzigen, 
serizitischen und chloritischen Lagen, welche zumeist durch- 
einandergeknetet und gefaltet sind. 

Die quarzigen Lagen sind entweder schwärzlicherim oder 
hellgrünlich, von fettigem Glanze, reich an Pyrit und Rost. 

Die serizitischen, chloritischen Lagen sind weitaus 
dünner als die quarzigen und gleichen den grünlichen und grün- 
violetten, seidenglänzenden Serizithäuten der Wetzsteinkalke ganz, 
nur sind sie reicher an fein verteilten Hämatitschuppen, welche 
dem Gestein den rötlichen Ton verleihen. 

Diese Art befindet sich zum Beispiel häufig in der Schuppe DB, 


am Gipfelbau des Nederers und im oberen. Tarntal. 
36* 


974 Eduard Hartmann. [68] 


2. Art. Sie besteht aus harten, quarzigen, schwärzlichen, 
mit einem Stich ins Rote versehenen Lagen oder aus hellgrünen, 
nur selten Hämatit, Rost, kohlige und manganige Substanzen führenden 
Hornsteinlagen. Die beiden Lagen werden jeweils durch stark 
zerknitterte, schwärzlichgrüne und violette, seidenglänzende Serizit 
und Chlorithäute getrennt. 

Das Gestein ist typisch ausgebildet zum Beispiel in der Schuppe 
Bb, am Gipfelbau und auf der Nordostseite des Nederers. 

3. Art. Sie ist leicht zu erkennen; es ist ein sehr hartes Ge- 
stein, das nur aus alternierenden, weinroten, schwarzen oder 
weißen Lagen besteht. Serizit und Chlorit treten ganz zurück, 
die roten Lagen sind überaus hämatitreich, die schwarzen mangan- 
und rostreich, die weißen frei von Rost, Hämatit und Mangan. 

In dieser Art kommen in der Schuppe 5, im Obertarntal und 
am Westgrat des kleinen Reckners (s. geol. Karte) verkieselte, an 
Eisen und Mangan reiche Linsen von ziemlich hohem spezifischen 
Gewicht und schwärzlicher, violetter Farbe vor. 

Die Serizit- und Chlorithäute der 1. und 3. Art sind wie bei 
den Wetzsteinkalken mit der in Fig. 14 beschriebenen Leiterstruktur 
versehen und intensiv gefältelt. 

Alle drei Arten der Kieseltonschiefer sind von dicht oder 
drusig ausgebildeten, hier pyrit- und karbonatführenden S. Q. durch- 
schwärmt, welche parallel und schief zu den Schichtflächen durch- 
setzen und Stücke des bereits umgewandelten Nebengesteines ent- 
halten. Die S. Q. sind alsoauchbeidenKieseltonschiefern 
jünger als die Metamorphose © und haben zum Beispiel in 
der Schuppe 5b, am Gipfel des Nederers aus dem Nebengestein viel 
Chlorit aufgenommen und sich damit imprägniert. Hier kann man 
auch sehr gut beobachten, daß die S. Q. bei den großen Faltungen 
der Tarntaler Berge wieder gefaltet wurden. 

Der sehr große Quarzgehalt der Kieseltonschiefer verursacht 
eine äußerst geringe Verwitterung und einen eckigen, rauhen 
Schutt. Wo die Kieseltonschiefer gipfelbildend werden (zum Bei- 
spiel in der Schuppe DB, am Nederer), zeigen sie oft überaus scharfe, 
zackige Formen. 

Die Mächtigkeit der Kieseltonschiefer ist sehr schwankend, 
im Durchschnitt etwa 25—30 m. 


4. Bunte Tonschiefer. 


An mehreren Stellen, zum Beispiel in der Schuppe A am 
Wetzsteinbruch, weniger deutlich in der Schuppe D, am Tarn- 
taler Sonnenspitzsüdgrat, im basalen Gebirge östlich der oberen 
Lattereralm, in den Nachbarbergen am Nordgrat des MieBlkopf- 
Kreuzjöchelkammes treten zusammengehörige Schichtserien auf, welche 
den allmählichen Übergang von Tonschiefern zu Kiesel- 
tonschiefern zeigen. 

Die bunten Juratonschiefer sind matt oder glänzend und 
besitzen eine schwarze, schwarzgraue, violette, grün- 
lichgraue, grünliche, gelbe oder graugelbe Farbe. Sie wittern 


[69] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 275 


oft etwas bräunlich an, sind zumeist stark zerknittert oder trans- 
versal geschiefert, letzteres zum Beispiel in der Schuppe A oberhalb 
des Wetzsteinbruches. Gar nicht selten enthalten sie noch fein ver- 
teilten Kalzit (in der Schuppe A am Nederer Westgrat unterhalb des 
dortigen Jurakonglomeratbandes). 

Manche schwarzen Varietäten gleichen ganz den Kössener Ton- 
schiefern. Aber eine Verwechslung der beiden gleich ausgebildeten 
Gesteine kann deshalb nicht entstehen, weil die scharzen Jura- 
tonschiefer immer mächtige, mit anderen Juragesteinen 
stratigraphisch verknüpfte Horizonte bilden, während die Kössener 
Tonschiefer nur als wenig mächtige Butzen innerhalb der Kössener 
Dolomite und Kalke auftreten. 

Die grünlichgraue Varietät erreicht in der Schuppe A 
östlich und zugleich unterhalb der Tarntaler Sonnenspitze auf eine 
jetzt nur mehr kurze Strecke eine Mächtigkeit von mehr als 80 m. Sie 
besitzt aber hier manchmal schon ein dem Kieseltonschiefer sehr 
ähnliches Aussehen. Dieschwarze oderschwarzgraueVarietät 
wird im basalen Vorland am nördlichen der beiden beim Melkplatze 
gelegenen Aufschlüsse zirka 25—30 m mächtig. 

Eine gelbe und grüngelbbraune Varietät bildet mit 
Vorliebe in den Jurakonglomeraten (zum Beispiel in der Schuppe Db 
am Ostende des Untertarntales) kleinere mylonitische Flatschen. 

Die Tonschiefer sind auf der Karte in der Farbe der 
Kieseltonschiefer ausgeschieden worden. 

In der Schuppe D,, zum Beispiel auf der Südseite des Nederers, 
im Westen derselben und am östlichen Auslauf des Untertarntales 
liegen die dort überschobenen Jurakonglomeratlinsen nicht in Kiesel- 
tonschiefern, wie man aus der kolorierten Karte herauslesen könnte, 
sondern in schwarzen Tonschiefern. 

U. d. M. werden als Anzeichen der Metamorphose U bei den 
Tonschiefern parallel angeordnete Serizithäutchen sichtbar. 

Der ziemlich „sedimentäre“ Habitus der Juratonschiefer wird 
noch durch den Umstand erhöht, daß diesen meistens die S. Q. fehlen. 


5. Kalkführende Tonschiefer. 


Im basalen Vorlande: östlich der oberen Lattereralpe, 
dann nordöstlich vom Melkplatz, ferner an den Südabhängen der 
Geierspitze und im südlichen Lizumtal, sodann in Schuppe A am 
Nederer Westgrat wechsellagern ziemlich unregelmißig schwarze Lagen 
der Bänderkalke mit kalkführenden tonigen Schiefern, so daß manchmal 
eine Bänderstruktur der Gesteine entsteht. 


6. Quarzserizitschiefer ohne und mit Dolomitgerölle. 
Quarzserizitschiefer ohne Dolomitgerölle. 


Im basalen Vorlande (auf der Südseite des Hauptmassivs 
im Grübelkar bei P. 2268, im südlichen Lizumtale zwischen der Kahlen 
Wand und dem Hippold) sind auf große Strecken dem Brennerschiefer 


976 Eduard Hartmann. [ \ 0] 


Juragesteine aufgelagert, welche zeigen, daß an den genannten Stellen 
früher auch einmal die Raibler (?) Quarzsande vorhanden waren. Es 
treten in einer Serie von alternierenden Kieselkalken, Tonschiefern, 
Kieseltonschiefern, kalkführenden Tonschiefern und Konglomeraten 
Quarzserizitschiefer auf, welche in der vorliegenden 
Arbeit als metamorphe, umgelagerte Raibler(?) Quarz- 
sande aufgefaßt werden. 


Die Wechsellagerung dieser und aller übrigen Juragesteine ist 
so groß, daß auf der geologischen Karte nur einzelne durchgreifende 
Horizonte schematisch ausgeschieden werden konnten. 


Bei den Quarzserizitschiefern gibt es zwei Arten: 


Die eine ist durch serizitarme, helle, weiße oder schwach 
grünlich gefärbte, feinschieferige Quarzserizitschiefer ver- 
treten, welche leicht mit feinschieferigen, triadischen Quarziten ver- 
wechselt werden können. 


Die anderen- sind schmutziggrüngraue, serizitreiche, 
manchmal kalkführende Quarzserizitschiefer, welche im basalen 
Vorlande auf der Südseite des Hauptmassivs (südwestlich des Staffel- 
sees) und unterhalb‘ der Geierspitze lokal die Stellen der ersten 
Varietät einnehmen. 


.Sie werden auch in der Schuppe DB, am Südgrat der Geierspitze 
angetroffen, wo sie aber teilweise in nächster Nähe des Serpentins 
als Glaukophanalbitschiefer ausgebildet sind. 


Quarzserizitschiefer mit Dolomitgeröllen. 


Wenn die Quarzserizitschiefer an die Konglomerate grenzen, was 
an vielen Stellen des basalen Vorlandes, zum Beispiel im Grübelkar 
bei P. 2268, ferner auf der Südseite des Hauptmassivs, sodann im 
südlichen Lizumtal, in den Gebieten zwischen der Kahlen Wand und 
dem Hippold der Fall ist, dann umschließen sie oft unregelmäßig 
verteilte oder zu linsenförmigen Partien angeordnete, rundliche und 
eckige Brocken von Kössener und von Triasdolomit. Die Brocken 
sind meistens verquarzt, indem aus der Masse der Quarzserizitschiefer 
entstandene feine Quarzgänge sie durchsetzt und silifiziert haben. Ent- 
weder nimmt man nun. an, daß die. Dolomitbrocken auf tektonischem 
Wege bei den Überschiebungen, also nach der Metamorphose C, in die 
bereits metamorp:.hen Schiefer gelangt sind, oder daß sie sich 
schon vor der Metamorphose © mit dem umgelagerten Raibler (?) Quarz- 
sande vermischt haben. Am wahrscheinlichsten scheint die zweite 
Annahme zu- sein. Ein Meer mischte wohl eher Quarzsande und 
Dolomitgerölle als tektonische Kräfte harte Quarzserizitschiefer mit 
Dolomitfragmenten. Die Quarzgänge, welche die Dolomitfragmente 
verkieselt haben, entstanden bei der Metamorphose der Quarzserizit- 
schiefer, also bei der Metamorphose Ü. Letztere Annahme setzt voraus, 
daß zur Zeit der Metamorphose Ü die Dolomitgerölle sich bereits in 
den umgelagerten Raibler (?) Quarzsanden befanden, also lange bevor 
die Überschiebungen und die durch diese erst möglichen Vermischungen 
eintraten. 


[71] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 977 


7. Sandige regenerierte Dolomite. 


Es sind wenig mächtige, schieferige, dichte und feinkörnige, 
blaugraue oder schwarzgraue, oft braun anwitternde Gesteine, welche 
aus feinem Kössener und Triasdolomitgrus und aus bei- 
gemengtem Quarzsand bestehen. 

, Die sandigen Dolomite vermitteln wie die geröllführenden Quarz- 
serizitschiefer zwischen den umgelagerten Raibler(?) Quarzsanden und 
den Jurakonglomeraten und fanden sich bis jetzt nur in der 
Schuppe 5, an drei völlig voneinander getrennten Stellen, einmal 
unmittelbar südlich des Hauptgipfels der nördlichen Schoberspitze, 
hier nach oben in normale Jurakonglomerate übergehend, dann im 
Untertarntal auf der Südseite des Nederers, und zwar im Westen 
derselben in Verbindung mit der großen Konglomeratlinse, im Osten 
derselben in den Tonschiefern der östlichen Scharte. 


Die wichtigsten Resultate der stratigraphischen Unter- 
suchungen der Juragesteine sind folgende: 


1. Die jurassischen Kieselkalke, Konglomerate, Kieseltonschiefer, 
bunten Tonschiefer, kalkführenden Tonschiefer, geröllführenden oder 
seröllfreien Quarzsande der Quarzserizitschiefer sind keine Tief- 
seeablagerungen. 


2. Sie sind entweder auf dem Brennerschiefer oder auf dem 
Quarzphyllit, auf den Raibler(?) Schichten oder auf dem Triasdolomit, 
auf den Kössener Dolomiten oder Kössener Kalken diskordant oder 
konkordant zum Absatz gekommen. 


3. Sämtliche Gesteine sind durch großen Fazies- und Mäch- 
tigkeitswechsel ausgezeichnet. 


4 Intieferenund ruhigeren Becken desJurameeres 
wurden die Kieselkalke, die Kieseltonschiefer und Tonschiefer teil- 
weise sehr mächtig und sehr homogen abgelagert. 


5. Die Konglomerate bestehen nur aus aufgearbeiteten 
Gesteinen der Tarntaler Trias. 


6. Die Quarzserizitschiefer bezogen ihr sandiges Material 
zum Teil aus den Quarzsanden der Raibler (?) Quarzite. 
Vielleicht wurde ein Teil des Sandes in der Jurazeit auch neu gebildet. 

7. Die Kieseltonschiefer enthalten oft reichlich Eisen und 
Mangan. 

8. An allen Juragesteinen läßt sich die allgemeine Meta- 
morphose C nachweisen. Der Ton der Gesteine wurde seri- 
zitisiert und chloritisiert, auch Turmalin, Granat und 
Albit neu gebildet. 

9. Bei den Überschiebungen wurden die Konglomerate an 
den Überschiebungsflächen teilweise zu polygenen, tektonischen 
Breccien umgewandelt, mylonitisiert. 

10. Die sekundären Quarzgänge (8. Q.) sind jünger als 
die eben genannten Überschiebungen, da sie die mylo- 
nitischen Konglomerate wieder unzerbrochen durchsetzen. 


278 Eduard Hartmann. [72] 


Sie wurden in biegsamen Gesteinen beiden großen 
Faltungen der Tarntaler Berge nochmals gefaltet und 
sind daher älter als die Faltungen der Tarntaler Berge. 

ll! Jüngere Juraablagerungen als die Kieselton- 
schiefer, desgleichen Kreidegesteineoder Tertiärschichten 
werden heute in den Tarntaler Bergen nicht angetroffen, auch 
nicht zwischen den einzelnen Schuppen, wo solche Gesteine von der 
Erosion verschont geblieben sein könnten. 

Es besteht sonach zwischen der Ablagerung der Kiesel- 
tonschiefer bis zum Absatz der quartären Gebilde eine 
sroße Lücke, über die wir im allgemeinen im unklaren sind. 
Wir wissen nur, daß sie zunächst durch die Intrusion der Serpentin- 
muttergesteine, die Metamorphose 5 und C. dann durch die großen 
Uberschiebungen, schließlich durch die sekundären Quarzgänge — S.Q. 
und zuletzt durch die Faltungen der Schichten ausgefüllt worden ist. 


Verbreitung der Juragesteine. 


Dadurch, daß die jurassische Erosionsbasis ihre Lage zu den 
älteren Gesteinen ungemein rasch wechselte oder daß manche Trias- 
gesteine ursprünglich nicht zur Ausbildung gekommen sind, trans- 
gredieren die Jurasedimente bald auf Brennerschiefern oder Quarz- 
phylliten, bald auf Raibler (?) Schichten oder Triasdolomiten, auf 
Kössener Kalken oder Dolomiten. Diese Transgression ist oft durch 
eine deutliche Diskordanz kenntlich gemacht. 


Jura im basalen Vorlande. 


In der großen, nachträglich noch gefalteten und sich nach 
Süden Öffnenden, hauptsächlich von Triasgesteinen gebildeten Mulde, 
welche durch das Mölstalfenster, am Hippold und in seiner Umgebung 
gut aufgeschlossen ist und von dem Quarzpbyllit der Schuppe A über- 
schoben wird, bilden Juragesteine den innersten Kern. Zu diesen 
gehören im Mölstale neben wenig mächtigen, bunten, westlich des 
Mölser Hochlegers gelegenen Tonschiefern Kieselkalke, welche bis 
zum Kalten Kofel und südlich desselben verfolgt werden können. 
Am Hippold und westlich davon in einer Bachrinne, etwa in der 
Mitte zwischen innerer Melangalpe und dem Hippold sind es normale 
Jurakonglomerate (cfr. Prof. Fig. 18), durch welche die überkippte 
mesozoische Mulde deutlich gemacht wird. 


Östlich der oberen Lattereralm, dann im Grübelkar bei P. 2278, 
ferner auf der Südseite des Hauptmassivs und im südlichen Lizum- 
tal und nordöstlich des Melkplatzes, ferner außerhalb der kolorierten 
Karte an der Kahlen und Grauen Wand, desgleichen südlich des 
Hippolds bei P. 2609 und P. 2614 treten zumeist auf Brennerschiefern 
und Quarzphylliten oder auf Triasgesteinen zum Absatz gekommene, 
durch große Wechsellagerung ausgezeichnete Juragesteine auf: Kiesel- 
kalke, Konglomerate, Kieseltonschiefer, Tonschiefer, kalkführende 
Tonschiefer, Quarzserizitschiefer mit und ohne Dolomitgerölle. Diese 
Gesteine wurden alle unter dem Einfluß der über sie hinweggleitenden 


[73] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 279 


Schuppe A stark verknetet oder mylonitisiert.. Es ist zum Beispiel 
schon im südlichen Lizumtal und auf der Südseite des Hauptmassivs, 
noch mehr aber an der Kahlen Wand oder südlich des Hippolds un- 
möglich, die große Wechsellagerung der Schichten kartographisch und 
auf den Profilen genau zur Darstellung zu bringen. Es konnten immer 
nur einzelne, kontinuierlichere Horizonte herausgegriffen werden. 


Jura in der Schuppe A. 


Juragesteine treten im nördlichen Teil der Schuppe A 
in der Mulden- und Sattelregion auf, die sich vom Westende des 
Schober-Mölszuges bis zum Melkplatz verfolgen läßt. Die 
Kieselkalke, Konglomerate, Kieseltonschiefer, kalkigen Tonschiefer 
kamen hier zumeist konkordant entweder auf Quarzphylliten oder auf 
den sehr wechselvoll ausgebildeten Raibler(?) Schichten zum Absatz. 
Auf der Nordseite des Gipfels der nördlichen Schoberspitze liegen 
Kieselkalke diskordant auf flacher fallenden Raibler (?) Kalken. 

Im Hauptmassiv breitet sich über die unregelmäßig ge- 
formte, verschieden alte Trias schneidende Oberfläche der 
früher beschriebenen Triaslinse eine verschieden dick und wechsel- 
voll ausgebildete sedimentäre Decke von Juragesteinen aus. 
Sie besteht im Osten vorzugsweise aus dolomitischen Konglomeraten, 
Tonschiefern und Kieseltonschiefern, während im Westen weniger 
Konglomerate, dafür aber mächtige Kieselkalke auftreten. Diese ent- 
halten auf der Südwestseite des Nederers eine nach Norden an- 
schwellende und in Tonschiefer gebettete Lage von Konglomeraten, 
welche oft überwiegend aus aufgearbeiteten Kössener Kalken, Mergeln 
und Dolomiten besteht. 

Charakteristisch für die Schuppe A ist eine nach Süden hin 
immer stärker werdende Reduktion der obersten Kieselton- 
schiefer- und Kieselkalkhorizonte. Sie ist bedingt durch die 
flach nach Süden geneigte Schubfläche der Schuppe D, und macht 
sich im Schober-Mölszug an der nördlichen Schoberspitze, an der 
Klammer-Sonnenspitze, dann zwischen diesen beiden Spitzen bemerkbar; 
im Hauptmassiv hingegen am West- und Östgrat der Klammspitze, 
am Nordgrat, auf der West-, Ost- und Südseite des Nederers, im 
Untertarntal südlich des südlichsten Sees und auf der Nordseite 
des Sonnenspitz-Westgrates, sodann östlich des Gipfels der Tarntaler 
Sonnenspitze. Besonders deutlich wird diese Reduktion am unteren 
Westgrat des Kleinen Reckners und nördlich davon, dann auf der 
Ostseite des Hauptmassivs östlich des Obertarntales und des Großen 
Reckners. Hier sind südlich des mehrfach genannten Eckpfeilers die 
Tonschiefer der Schuppe A ganz verschwunden, so daß die von der 
Basis der Schuppe B, abgespaltete, nur aus Triasgesteinen bestehende 
Schuppe B, unmittelbar auf die Triasgesteine der Schuppe A zu 
liegen kommt. 

An der Schoberlacke und am Südgrat der Klammspitze enthält 
das den obersten 'Kieseltonschiefern der Schuppe A eingelagerte 
Kieselkalkband Serpentingesteine. Am oberen Ende des Issl- 
srabens, an den Südwestabstürzen des Nederers, dann östlich von 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2 Heft. (E. Hartmann.) 37 


980 Eduard Hartmann. [74] 


den Moränenresten, welche im flachen nordsüdlich streichenden Tale 
östlich der „Isslköpfe“ erhalten sind (efr. pag. 257 und Fig. 6) sowie 
nördlich und westlich des P. 2642 (Westseite des Tarntaler Haupt- 
massivs), ferner an der Schmirner Reisse sind die Kieselkalke der 
Schuppe A mehr oder minder deutlich diskordant auf den Kössener 
Dolomiten abgelagert worden (cfr. Fig. 7). 


Jura in der Schuppe B,. 


Am Schober-Mölszug von P. 2453 bis zur Klammer-Sonnen- 
spitze, desgleichen an der Klammspitze fehlen den Juragesteinen der 
Schuppe B, jetzt die obersten Horizonte. Im Hauptmassiv am 
Nederer, an der Sonnenspitze und im Obertarntal sowie südlich, östlich 
und westlich der beiden Reckner sind sie vorhanden und enthalten 
das Serpentinlager des Großen und Kleinen Reckners sowie einen 
mit dem Lager verbundenen Lagergang, welcher an der Geierspitze 
und am Südgrat der Sonnenspitze sich mehrmals spaltet und rings 
um die beiden Reckner verfolgt werden kann. Die Kieselkalke der 
Schuppe D, liegen südwestlich der Geierspitze diskordant auf 
Triasdolomitlinsen, nordöstlich des Großen Reckners, und zwar 
südlich und östlich vom P. 2740 diskordant auf Kössener 
Dolomitlinsen. Wie im Profil (Profiltafel II, Fig. 8) zu sehen 
ist, müssen auch zwischen dem Sonnenspitzgipfel und der Scharte 
zwischen dem Ober- und Untertarntal die Kieselkalke diskordant 
auf den Kössener Dolomiten liegen, da sie zwischen den Kiesel- 
tonschiefern und den Kössener Gesteinen im Westen nur wenige Meter 
mächtig, am Sonnenspitzsüdgrat hingegen weit über 40 m mächtig 
werden. Auf der Südspitze des Hauptmassivs, an den Abhängen der 
Geierspitze transgredieren die Kieselkalke aufRaibler() 
Rauhwacken. 


Fast an jeder Stelle der Schuppe 5, sieht ein Querschnitt 
folgendermaßen aus: zu unterst wenige, viele oder gar keine Trias- 
sesteine, dann Kieselkalke, dann Kieseltonschiefer mit oder ohne 
das Kalkband, in welchen lokal der Serpentin sitzt. Durch drei 
„S“-förmige Falten, am Nederer, am Tarntaler Sonnenspitzwestgrat 
und im südlichen und südwestlichen Obertarntal wird dieses einfache 
Profil komplizierter, worauf jedoch schon bei der Beschreibung der 
Verbreitung der Triasgesteine hingewiesen wurde. 


C. Quartäre Ablagerungen. 
I. Diluviale (Moränen). 


Von diluvialen Ablagerungen sind vorhanden Moränenreste 
im Lizumtal, ferner im Klammtal und im Hauptmassiv oberhalb 
des Grübelkars nördlich von P. 2642. Im Mölstal sind sichere 
Moränen nicht nachzuweisen. Die Moräne des Lizumtales ist reich an 
großen und kleinen Serpentinblöcken. 


[75] Der Schuppenbau der Tarutaler Berge. 281 


1I. Alluviale (Bergsturz und Gehängeschutt). 


Die Verbreitung des Gehängeschuttes ist ohne weiteres 
aus der Karte ersichtlich. Große Bergstürze trifft man nur südlich 
der südlichen Schoberspitze und nördlich und südlich des Großen 
und Kleinen Reckners an. 

Solifluktionserscheinungen sind nördlich des Melk- 
platzes zu beobachten. Ein großer, auf der Karte eigens umsäumter 
Teil der dortigen Moräne bewegt sich hier zu Tal. 

Nördlich des Junssees, auf der schmalen, meist von Schnee be- 
deckten unteren Schutterrasse des Geierspitz-Nordostgrates finden 
sich prachtvolle Schuttfacettierungen. Der Schutt derselben 
besteht aus Stücken des Brennerschiefers, der Kieselkalke und Kiesel- 
tonschiefer. 

Inwieweit tektonischer Aufbau, Gletscher und - Gesteinsbe- 
schaffenheit die Formen der Tarntaler Berge beeinflußt haben, wird 
im II. Teil dargestellt werden. 


D. Eruptiva der Tarntaler Berge. 


Die Serpentingesteine der Tarntaler Berge wurden, wie eingangs 
ersichtlich, bereits von Rothpletz, F.E. Suess, Young eingehend 
behandelt. Einige wichtige Punkte rechtfertigen indes noch eine 
weitere Darstellung im petrographischen Teil. 

Die Resultate dieser Untersuchung sind folgende: 

In postjurassischer Zeit drang vor der Metamorphose B in das 
noch sedimentäre Kalkband, welches normalerweise in den 
hangendsten Juragesteinen, den Kieseltonschiefern, auftritt, ein 
Diallagit ein, zu einer Zeit, als es noch keine Schuppen A, B, und 
B, gab. 

Der Diallagit hatte lokal in der Scharte zwischen dem 
Großen und Kleinen Reckner eine Gabbro- und eine Diabasfazies und 
wurde durch postvulkanische Prozesse, durch zirkulierende 
Lösungen zu Serpentin umgewandelt. Dabei blieben bei 
den Lagergängen nur einzelne Mineralien, beim Lager aber noch 
felsbildende Reste des Muttergesteines oder seiner Spaltungs- 
produkte von der Umwandlung verschont. 

Kieseltonschiefer, welche bei der Intrusion des Serpentin- 
muttergesteines mit Diallagitsubstanz durchtränkt worden waren, 
wandelten sich unter dem Einfluß der Metamorphose © zu Glauko- 
phanschiefern um. 

Der Diallagit bildet in der Schuppe A einen selbständig auf- 
tretenden Lagergang, welcher durch die Serpentinvorkommnisse 
an der Schoberlacke (östlich der Scharte zwischen nördlicher und 
südlicher Schoberspitze) und am Südgrat der Klammspitze ange- 
deutet wird. 

Das Lager wird heute in der Schuppe D, durch die Serpentin- 
kegel des Großen und Kleinen Reckners repräsentiert. Mit ihm steht 
an der Geierspitze ein zweiter Lagergang in Verbindung, welcher 

37+ 


289 Eduard. Hartmann. [76] 


an der Geierspitze und am Südgrat der Tarntaler Sonnenspitze sich 
mehrfach teilt, und im Öbertarntal, ferner am Westgrat des Kleinen 
Reckners und auf der Südseite der Schuppe D,, am Staffelsee sehr 
gut aufgeschlossen ist. Es läßt sich nicht mit Sicherheit unterscheiden, 
ob vor der Bildung der Schuppen A und D, die Lagergänge der 
beiden genannten Schuppen zusammenhingen. Leider ist es nicht 
möglich, die Kontakte zu studieren, welche die beiden Lagergänge 
und das Lager bei ihrer Intrusion auch an den älter als jurassischen 
Sedimenten hervorgebracht haben müssen. 

Wahrscheinlich ist der Lagergang an der Schoberlacke ein selb- 
ständiger Gang, während der Lagergang der Schuppe D, nur eine 
horizontale Apophyse des Lagers darstellt. 

Die Stellen, wo im basalen Vorlande die Zufuhrkanäle 
für das Lager der heutigen Schuppe 5, und für den Lagergang in 
der Decke A liegen müssen, können heute noch nicht oder nicht mehr 
angegeben werden. 


I. Exogene Kontaktwirkungen des Diallagits an Kieselkalken, Serpentin- 
kalzitbreeeien und Serpentinkalzitschiefern. 


(Rothpletz: Ophikalzite.) 


Wenn das Diallagitmagma der Lagergänge dem Kalkbande 
folgte, welches den Kieseltonschiefern eingeschaltet zu sein pflegt, 
mengte es sich mit den Kieselkalken zu Diallagit-Kalzitkontakt- 
breccien und bildete Diallagit-Kalzitschiefer. Dabei wurde der Kalzit 
marmorisiert. Beim Serpentinisierungsprozeß, welcher durch zirku- 
lierende, postvulkanische Lösungen unter lebhaftem Austausch von 
Serpentin und Kalzitsubstanz erfolgte, sowie durch die mechanischen 
Kräfte, welche bei der Metamorphose C sowie bei den Überschiebungen 
und Faltungen tätig waren, wurde die Marmorstruktur des Kalzits fast 
ganz zerstört. Es wurde auch der Serpentin und der Kalzit zu dünnen 
Lamellen ausgewalzt, wie man sie heute in den Serpentinkalzit- 
schiefern findet. 


II. Endogene Kontaktwirkungen des Diallagits an Kieselkalken. 


Man findet öfter im Serpentin Stücke von Jura- oder Kössener 
Kalken, welche ursprünglich marmorisiert und mit Diallagitsubstanz 
durchtränkt waren. Ihre Diallagitsubstanz ist jetzt serpentinisiert und 
ihre Marmorstruktur teilweise zerstört. Die Stücke selbst sind eben- 
falls stark deformiert und breceiös ausgebildet. 


Nebenprodukte der Serpentinisierung. 


In großer Menge tritt manchmal neben dem weitaus vor- 
herrschenden Serpentin Chlorit, Magneteisen, Talk, Pyrit 
und Strahlstein auf, welch letzterer sich zu nephritischen 
Putzen anreichert, 


[77] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 283 


Petrographischer Teil. 
Überblick. 


Ein kurzer Überblick über die Resultate, welche die petro- 
graphische Untersuchung sämtlicher Tarntaler Gesteine ergeben hat, 
stellt sich folgendermaßen dar: 


1. Das vortriadische Schichtsystem, nämlich die 
Brennerschiefer, Quarzphyllite und ihre dolomitischen Einlagerungen 
besitzen eine eigene, vortriadische Metamorphose, sie 
wird hier Metamorphose A genannt. 

2. Die Metamorphose A äußert sich besonders in der Um- 
wandlung des Tones zu Serizit, in Albitneubildung, 
Strukturveränderungen und einer intensiven Durchtränkung 
mit Quarzlösungen. 

3. Das genauere Alter dieser vortriadischen Metamorphose 
kann nicht angegeben werden. 

4. Ein postjurassischer Diallagit mit einer gabbroiden 
und diabasischen Spaltung wandelte in der nächsten Umgebung 
beim Eindringen von den bisher noch nicht veränderten meso- 
zoischen Gesteinen einen Teil der hangendsten Jura- 
schichten um. Durch diese Metamorphose, welche Meta- 
morphose DB genannt wird, entstanden lokal aus Jurakalken 
marmorisierte Diallagit-Kalzit-Kontaktbreccien und 
Diallagit-Kalzitschiefer. Das Pyroxenitgestein bildete in den 
hangendsten Juragesteinen, in den Kieseltonschiefern, ein 
Lager und zwei Lagergänge. Die Zufuhrkanäle des Lagers und 
der Gänge sowie ihre Kontaktwirkungen an den älteren Gesteinen, 
welche sie durchsetzt haben müssen, sind infolge von tektonischen 
Vorgängen oder, da sie von der Erosion noch nicht bloßgelegt sind, 
bis jetzt unbekannt. 

5. Durch die postvulkanischen Prozesse, welche der 
Intrusion des Diallagits folgten, wurde dieser zu Serpentin, seine 
gsabbroide Spaltung zu Chloritfels und Serpentin, seine 
feldspatreiche zu Diabas umgewandelt. Aus den Diallagit-Kalzit-Kon- 
taktbreceien entstanden Serpentin-Kalzitbreccien, aus den 
Diallagit-Kalzitschiefern Serpentin-Kalzitschiefer. 

6. Die übrigen, bisher noch nicht von der Metamorphose B 
veränderten mesozoischen Gesteine wurden nach der Intru- 
sion und Serpentinisierung des Pyroxenits wahrscheinlich von einer 
Kontaktmetamorphose, welche Metamorphose Ü genannt wird, 
mehr oder minder stark verändert. 

7. Durch diese Kontaktmetamorphose © wurden in den bereits 
metamorphen vortriadischen Brennerschiefern und Quarzphylliten nur 
mehr zahlreiche Turmaline gebildet, in den mesozoischen Gesteinen 
dazu noch Serizit, Albit, Granat und Apatit. 

8. Sie war von deformierenden und parallel ein- 
stellenden Kräften begleitet, welche den Überschiebungen und 
Faltungen der Tarntaler Berge vorangingen. 


984 Eduard Hartmann. [78] 


9. Die Überschiebungen und Faltungen brachten ebenfalls De- 
formationen aller Gesteine zustande und nebenbei Vermischungen von 
bereits metamorphen, mesozoischen Gesteinen, aber sie verursachten 
keine Metamorphose. 


10. Nach den Überschiebungen machte sich wahrscheinlich noch 
einmal der Einfluß des entferntliegenden Eruptivgesteines? (Granits?) 
geltend, von welchem die Metamorphose © abzuleiten ist. Es ent- 
sandte in alle Gesteine albit-, fahlerz-. kupferkies-, pyrit- und karbonat- 
haltige heiße Lösungen. Diese werden hier sekundäre Quarz- 
gänge=S. Q. genannt. 

11. Die S. Q. werden in den Kalkplıyiliten (Brennerschiefern) 
und in den Quarzphylliten, in. den Eisendolomiten, in allen meso- 
zoischen Gesteinen und auch in der Diabasfazies des Serpentinmutter- 
gesteins aufgefunden. Im Serpentin sind sie jedoch nicht vorhanden, 
da sie sich beim Eindringen mit diesem zu Strahlstein umsetzten, 
welcher häufiger nur in den Zonen zwischen dem Serpetin und den 
an S. Q. reichen Juragesteinen auftritt. 


A. Petrographie der vortriadischen Schichten 
(= Brennerschiefer, Quarzphyllit und Eisendolomit) 
und Charakter der Metamorphose A. 


I. Petrographie der Brennerschiefer. 


Die Brennerschiefer bestehen vorherrschend aus Kalzit und 
Quarz. Viel weniger häufig sind Ankerite, ferner Serizit und 
grüner, pleochroitischer Chlorit, seltener als diese Albit 
oder Albitoligokias und Turmalin. Hierzu kommt noch reich- 
licher Rost. 


Der Kalzit bat verzahnte Struktur und bildet große und kleine 
Körner. Die großen besitzen fast immer zahlreiche, gebogene Zwillings- 
lamellen und Spaltrisse. Die kleinen sind oft langgestreckt und dann 
parallel den gleichfalls parallel angeordneten Quarzzügen verlaufend, 
welche die Kalzitgrundmasse durchziehen. 


Der Quarz bildet größere und kleinere Körner, beide haben 
fast durchweg sehr unregelmäßige Formen mit zackigen und lappigen 
Ausbuchtungen, welche mit den benachbarten Kalzitkörnern verzahnt 
sind. Der Quarz löscht normal und streifig aus oder zeigt Mörtel- 
struktur. Oft läßt sich der Zusammenhang zwischen dieser und der 
Gesteinsfaltung sehr schön studieren. Neben rhomboedrischen Kar- 
bonaten und Serizitschuppen enthält der Quarz noch zahlreiche 
Flüssigkeitseinschlüsse. | 

Der Serizit ist, wenn er nicht Einschlüsse in den anderen 
Mineralien bildet, zu kurzen und langen, schmalen und breiten Zügen 
und Schnüren angeordnet, die oft zerbrochene Partien von Quarz 
und Turmalin einschließen und stark gefältelt und verbogen erscheinen. 


Der Chlorit kommt zumeist mit den Serizitbändern vor. Er 
liegt aber auch selbständig zwischen den einzelnen Quarzkörnern. 


[79] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 285 


Der Feldspat, ein Albitoligoklas, besitzt wenige Zwillings- 
lamellen, ist mit dem Quarz und .Kalzit verwachsen und oft zer- 
brochen. Er enthält als Einschlüsse Kalzitpartien und Serizitschüppchen. 


Der Turmalin bildet fast immer braune, zerbrochene Säulchen 
oder rundliche Partien und kommt auch mit dem Quarz verwachsen vor, 


Der Pyrit liefert große, schön ausgebildete Würfel, die manchmal 
von einem Kranz langer Quarzstengel umsäumt werden! 


Der typische Brennerschiefer zeigt auch u.,d. M. eine 
mehr oder minder gut ausgeprägte Schieferstruktur, welche dadurch 
entsteht, daß parallele, stark gefaltete, dünne oder dicke, feinkörnige, 
durch kohlige oder graphitische Substanz verunreinigte Kalklagen von 
verschieden mächtigen Quarzpartien getrennt werden. 


An den Trennungsflächen ‚häuft sich der feinschuppige, oft bis 
ins kleinste zerknitterte Serizit an. Der Serizit ist es. welcher haupt- 
sächlich dem Schiefer den milden, seidenartigen Glanz verleilit. Herrscht 
er vor oder hat er den Chlorit gänzlich verdrängt, dann besitzt der 
Schiefer ein graues bis grauschwarzes, mattes Aussehen. 
Überwiegt hingegen der Chlorit, dann stellen sich stark grünlich 
und violettgrün gefärbte Varietäten ein. 


Quarzgänge treten bei den Brennerschiefern in zweierlei 
Formen auf. 


Sie bilden feine, dünne Lagen oder Adern, welche mit 
ziemlich konstanter Mächtigkeit Kalklagen von gleichbleibender Dicke 
voneinander trennen und so ein wirklich schieferartiges oder mehr 
plattiges Gestein, den normalen Brennerschiefer, hervorbringen. Indem 
nun ungemein häufig besonders an Stellen, wo statt des ehemaligen 
Tones sich jetzt viel Glimmer befindet, der Quarz zu kleinen oder 
mittelgroßen, mitunter sehr mächtigen Linsenzügen anschwillt, wird 
die ohnehin nur schwach angedeutete Schichtung des ehemaligen 
Sediments völlig verwischt, das Gestein ist nunmehr ein ausgesprochener 
Kalkphyllit geworden. 


Neben den Quarzgängen, welche den Schichtgängen parallel 
verlaufen, gibt es auch solche, die das stark gefältelte Gestein senk- 
rechtoderschiefzurSchichtung oder Schieferung durchsetzen. 
Sie bestehen zumeist aus dichter Quarzmasse und erreichen mitunter, 
so am Pluderling-Westgrat und im Oberlauf des Griffbaches, eine 


Mächtigkeit bis zu lm und sind zu den S. Q. zu stellen. 


Sie setzen meist mit sehr scharfen Rändern. durch das Gestein 
und entsenden viele und starke, den Schichtflächen parallele Apophysen, 
welche gleichfalls Linsen und Gänge bilden können. In den genannten 
Quarzgängen schwimmen zahlreiche wohlausgebildete Ankerite und 
Kalzite, desgleichen viele Pyrite; die genannten Mineralien wittern 
meist aus dem Quarze heraus und verleihen ihm dadurch eine löcherige 
Beschaffenheit. 

Die quarzitische Varietät des Brennerschiefers ist durch 
helle, seltener dunkel gefärbte, ziemlich feinkörnige, schieferige Gesteine 
vertreten, welche aus Quarz, wenig Albit, Serizit, Ankerit und 
oft vielem verrosteten Pyrit bestehen. 


286 Eduard Hartmanu. [80] 


U. d. M. sieht man große, rundliche oder längliche, auch linsen- 
förmige oder ganz unregelmäßig begrenzte Quarzkörner in einer 
Art Grundmasse liegen, welche von kleinen Quarzkörnern gebildet 
wird. Die großen Quarzkörner löschen durchweg streifig aus 
und zeigen oft gute Mörtelstruktur, besonders an den Rändern, so daß 
es den Anschein hat, als wären die feinen Quarzkörner aus ihnen 
entstanden. Ferner enthalten sie Pseudomorphosen von Limonit nach 
Ankerit. 

Die kleinen Quarzkörner sind zumeist langgestreckt, dann 
parallel struiert, selten von rundlichen Formen und beherbergen viele 
Schuppen von Serizit, welcher manchmal in die großen Körner büschel- 
förmig hineinwächst. 

Die quarzitischen Brennerschiefer sind demnach als 
metamorphe, sandige Einlagerungen aufzufassen. 

Die Brennerschiefer sind vorzugsweise als Kalkphyllite, seltener 
als Glimmer- und quarzreiche Kalkschiefer oder als feinschieferige 
Quarzite ausgebildet. 


Das Sediment, aus welchem sie hervorgegangen sind, war wohl 
ein kalkreicher Mergel mit schwankendem Tongehalt und gelegentlich 
mit sandigen Einlagerungen. Ihre Metamorphose A ist hauptsächlich 
charakterisiert durch Feldspat-, Glimmer- und Chloritbildung und eine 
damit verbundene, bis ins kleinste gehende Durchtränkung mit Quarz. 


II. Petrographie der Quarzphyllite. 


Die Quarzphyllite bestehen zumeist aus Quarz, vielem Serizit 
und vielem grünen, pleochroitischen Chlorit (zum Teil Pennin) und 
häufig eisenreichen, rhomboedrischen Karbonaten (Ankeriten). 
Seltener sind Plagioklase und Turmaline. Hierzu kommt noch 
Rutil in der Form von Tonschiefernädelchen, etwas Zirkon und 
etwas Apatit. Häufig ist stark verrosteter Pyrit und kohlige 
Substanz. 


Die zahlreichen, manchmal etwas parallel angeordneten Quarz- 
körner haben zumeist verzahnte Struktur, löschen normal oder streifig 
aus und zeigen oft schöne Mörtelstruktur. 


Die Plagioklase (Albite) sind oft mit vielen Zwillingslamellen 
versehen und oft zerbrochen. Ihre Orientierung in der Quarzgrundmasse 
ist regellos. So liegen häufig längliche Feldspatindividuen 
gerade senkrecht zur Schieferung des Gesteins. Die 
eisenreichen, rhomboedrischen Karbonate, wohl zumeist Ankerite, 
sind sehr stark verrostet. 


Der Turmalin ist meistens zerbrochen, er bildet Säulchen 
und rundliche, sodann auch durch spätere mechanische Beeinflussung 
linsenförmig gewordene Partien, welche aus unregelmäßig begrenzten, 
kleinen Körnern eines zerdrückten, ehemals einheitlichen Individuums 
bestehen. In einzelne Turmalinkörnchen ragt zuweilen auch ein Quarz- 
korn hinein. das wahrscheinlich aus den S. Q. stammt. 

Ein Schliff senkrecht zur Schichtung eines typi- 
schen Quarzphyllits zeigt das gleiche, nur sehr stark verklei- 


[81] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 2837 


nerte Strukturbild, das man sich bei der Besichtigung eines Hand- 
stückes entwirft. 

Der Phyllit setzt sich aus zweierlei Lagen zusammen, 
welche im, allgemeinen miteinander alternieren, seltener durch all- 
mähliche Übergänge miteinander verschmelzen. 

Die eine Lage besteht aus feinkörnigen, oft langgestreckten, 
dann etwas parallel angeordneten Quarzkörnern, welche erfüllt sind 
mit gleichfalls parallel angeordneten Chlorit- und Serizitschüppchen. 


Wo die eben genannte erste Lage an die zu schildernde 
zweite grenzt, stellt sich fast immer eine Anreicherung von Serizit 
und Chlorit ein. Diese Mineralien bilden nunmehr parallele, bald an- 
schwellende, bald auskeilende, vielfach gewundene, dann streifig aus- 
löschende Bänder und Schnüre. 

Die zweite, mehr gangförmig auftretende Lage besteht oft 
fast nur aus Quarzkörnern, jedoch viel größeren als vorher. Sie ent- 
hält manchmal reichlich die rhomboedrischen Karbonate, die Albite 
und Turmaline. 


Die erst geschilderte Lage und ihre Grenze gegen die 
zweite ist makroskopisch durch die schmutzig grüngrauen, seiden- 
artig glänzenden, parallel angeordneten, mit dem Messer leicht ritz- 
baren, ungemein gefältelten Glimmer- und Chloritenmembrane des 
Phyllits vertreten. Die zweite Lage hingegen durch die harten, 
Karbonatrhomboeder und Pyrit führenden, oft zu größeren Linsen an- 
schwellenden Quarzgänge und Adern. 

Die dichte, schwarzgefärbte Varietät des Phyllits 
(nordwestlich der nördlichen Schoberspitze) besteht zumeist aus Quarz 
und kohliger Substanz und ist arm an Glimmer und Chlorit- 
mineralien. 


Aus allem geht hervor, daß die Quarzphyllite ehemals ton- 
reiche, mitunter sehr sandige Sedimente waren und daß sie nach 
ihrer Metamorphose A ebenso wie die Brennerschiefer hauptsächlich 
durch die bedeutenden tektonischen Prozesse, welche der Metamor- 
phose Ü folgten, mechanisch beeinflußt wurden. 


Charakter der Metamorphose A. 


Es erübrigt noch die Metamorphose A des Brennerschiefers 
und des Quarzphyllits etwas näher zu charakterisieren. Sicher eine 
der wichtigsten Rollen spielen beim Umwandlungsprozeß dieser Ge- 
steine Quarzlösungen, welche die Gesteine ganz durchtränkt und 
wohl auch teilweise Mineralbildungen hervorgebracht haben. 


Die Umstände, unter welchen die Durchtränkung mit Quarz er- 
folgte, sind vergleichbar mit den Vorgängen, welche stattfinden, wenn 
man in die Zwischenräume locker geschichteter Lagen von Löschpapier 
flüssiges Wachs gießt. Hierbei findet folgendes statt: das Papier selbst 
saugt sich mit der Flüssigkeit voll, die Hohlräume zwischen den ein- 
zelnen Blättern hingegen werden mit dichtem reinen Wachs ausgefüllt. 
An die Stelle der Papierlagen tritt bei den Quarzphylliten das ge- 
schichtete tonige, bei den Brennerschiefern das kalkige, jetzt meta- 

Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 38 


988 Eduard Hartmann. [82] 


morphe Sediment, während die dicht ausgefüllten Hohlräume durch 
die Quarzgänge und Quarzlinsen dargestellt werden. 

Für lokale Anreicherung (Absorption) und Weiterleitung des 
Quarzes scheint sich der Ton besser zu eignen als der Kalzit, welcher 
mehr auf eine gleichmäßige Verteilung der Kieselsäure hinstrebt. 


Sekundäre Quarzgänge (S. Q.) im Brennerschiefer und im Quarzphyllit. 


Wie bei den Brennerschiefern, so gibt es auch bei den 
Quarzphylliten schmale und breite Quarzgänge, welche mit- 
unter Dolomit, Ankerit und Pyrit führen und mit scharfen Rändern 
den Phyllit senkrecht oder schief zu den Schichtflächen durch- 
setzen und oft bedeutende Mächtigkeit erreichen. Sie bestehen selten 
sanz aus nahezu dichter, höchstens mit kleinen Rissen und Hohl- 
räumen versehener Quarzmasse. Zumeist haben sie folgende Be- 
schaffenheit: an der Grenze des Ganges gegen das Nebengestein hat 
sich eine dichte Quarzmasse abgesetzt, welche gegen die Gangmitte 
zu Hohlräume und Drusen mit wohlausgebildeten Berskristallen liefert. 
Die dichte Quarzmasse sowohl als auch die freien Kristalle sind er- 
füllt von zahllosen Chloritschüppcehen, welche aus dem an- 
grenzenden Phyllit stammen. Im allgemeinen nimmt gegen die 
Mitte des Ganges die Chloritimprägnation ab, auch treten die im 
Quarz schwimmenden, vom Nebengestein losgerissenen 
Phyllitbrocken und sahlbandartigen Chloritzüge vorzugsweise un- 
mittelbar an den Ganggrenzen auf. 


Man kann nun annehmen, daß die sekundären Quarzgänge ent- 
weder einer letzten Phase der Metamorphose A des Brenner- 
schiefers und des Quarzphyllits angehören oder daß sie selbstän- 
dige spätere Erscheinungen darstellen. Hier wird deswegen, weil 
sie Stücke des schon geschieferten und metamorphen Nebengesteins 
enthalten, angenommen, daß sie mit den ganz gleich ausgebildeten, 
ebenfalls Karbonate und manchmal Albit und Erz führenden Quarz- 
gängen identisch sind, welche alle mesozoischen Gesteine durchsetzen 
und die in vorliegender Arbeit mit S. Q. (cfr. Übersicht des petro- 
graphischen Teiles) bezeichnet sind. 


Die Ergebrisse dieses Abschnittes sind demnach: 


1. Der Nachweis einer selbständigen Metamorphose = Metamor- 
phose A, welche die vortriadischen, mergeligen und tonigen Sedimente 
zu Kalkphyllite und Quarzphyllite umgewandelt hat. 


2. Der Nachweis von Quarzgängen (S. Q.), welche die bereits 
metamorphen Kalkphyllite (Brennerschiefer und Quarzphyllite) 
durchsetzt haben. 


Ill. Petrographie des „Eisendolomits“. 


Der Eisendolomit ist als Fazies der Sedimente des Quarz- 
phyllits ebenfalls von der Metamorphose A und den S. Q. beeinflußt. 

Tektonische, mechanische Kräfte haben auch ihn teilweise noch 
stark verändert und dadurch Abarten hervorgerufen. 


[83] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 289 


Dernormale Eisendolomit zeigt eine braune Verwitterungs- 
rinde und mehr oder minder zahlreiche, parallel orientierte Glimmer- 
häute, welche aus Ton durch die Metamorphose A entstanden sind. 
Er ist oft durchtränkt von den S. Q., welehe lokal etwas silber- 
haltiges, nicht ausbeutbares Fahlerz sowie Kupferkies und Pyrit 
führen (zum Beispiel in der grobspatig entwickelten -Partie am west- 
lichen Eck des nördlichsten Dolomitzuges der Knappenkuchel, siehe 
das Ou-Zeichen in der geologischen Karte sowie Fig. 2). Hier wurden 
auch schon Schürfversuche unternommen. 

Mehrere in das Gestein getriebene Löcher und eine kleine Halde 
mit prachtvoll durch Malachit und Kupferlasur gefärbten Handstücken 
deuten darauf hin. 


Varietäten des „Eisendolomits®. 
„Dolomitphyllit“. 


Man könnte dieses Gestein auf den ersten Blick für einen 
Gneis halten. Es lassen sich nämlich parallele, alternierend dolo- 
mitische und etwas Kalk führende sowie serizitische Lagen 
unterscheiden, welche die Gneisstruktur täuschend nachahmen. 

Die dolomitischen Lagen bestehen aus unregelmäßig be- 
erenzten, reich mit Zwillingslamellen versehenen, mittelgroßen, mit- 
einander verzahnten Dolomit- und Kalzitkörnern. Sie sind verwachsen 
mit vielen normal und streifig auslöschenden, mitunter Mörtelstruktur 
zeigenden Quarzkörnern. 

Die serizitischen Lagen bestehen aus vielfach gewundenen 
Serizithäuten, an denen sich oft der Quarz anreichert. 

Es ergibt sich für dieses Gestein: die parallelen, tonigen Eich 
eines tonreichen und kalzitführenden Teiles des Eisendolomits wurden 
zu Glimmer umgewandelt und der Dolomit besonders an den Glimmer- 
lagen stark mit Quarz imprägniert. Das gesamte Gestein wurde 
später mechanisch noch stark beeinflußt. 


„Eisenkalke*. 


Ein Übergangsstück zwischen „Eisendolomit“ und „Eisenkalk“ 
liefert folgendes mikroskopische Bild: Die kalkige Partie besteht 
aus langgestreckten Kalzitkörnern, zwischen denen hie und da 
einmal ein zwillingsgestreifter Albit liegt, welcher Kalzitpartien und 
Serizitschuppen einschließt. 

Die dolomitische Partie setzt sich größtenteils aus streifig 
auslöschenden, länglich und rund entwickelten Dolomitkörnern 
zusammen und ist wie die kalkige von Quarz durchdrungen. Der 
Quarz bildet‘ große, mit dem Dolomit und dem Albit verzahnte 
Körner, besitzt Mörtelstruktur und streifige Auslöschung. Man darf 
annehmen: ursprünglich alternierende dolomitische und kalkige Lagen 
wurden von albit- und quarzführenden Lösungen durchtränkt. 


Mechanische Varietäten des Eisendolomits. 


Am Aufbau der Varietät vom Westeck des nördlichsten Dolo- 
mitzuges (cfr. Fig. 1—4), welche sich durch eine sehr deutlich aus: 
38* 


290 Eduard Hartmann. [84] 


geprägte Knetstruktur und Erzimprägnation auszeichnet, 
beteiligen sich folgende Mineralien: weitaus vorherrschend Dolomit, 
seltener etwas Kalk, mitunter reichlich Quarz, Pyrit und Erze, 
sodann Muskovit und Serizit, selten Turmalin und grüner 
Fuchsit. 

Die Dolomitkörner sind mittelgroß, miteinander verzahnt. 
Sie löschen streifig aus, besitzen gebogene Spaltrisse und Zwillings- 
lamellen und sind oft in einzelne Stücke zertrümmert. 

Der Quarz ist mit dem Erz und dem Dolöomit verwachsen, 
umschließt das Erz, ist stark kataklastisch. Er löscht undulös aus, 
kommt in isolierten Körnern vor, häuft sich aber auch zu TE 
selbständigen Zügen mit verzahnter Struktur an. 

Das Erz (Fahlerz und Kupferkies und Pyrit) ee den 
Quarz, ist mit dem Dolomit verwachsen, bildet zumeist derbe Körner 
und Massen, seltener Kristalle und häuft sich an den Rändern der 
Serizitbänder und in den selbständigen Quarzgängen an. 

Der Serizit bildet mäandrisch sich durchschneidende, manchmal 
turmalinführende Bänder im Gestein, welche linsenförmige Partien 
von Dolomit umschließen. „N 

Von den mit Erz dicht besetzten Serizitbändern und den an 
Erz reichen selbständigen Quarzgängen geht die Erzimprägnation 
des Dolomits aus. 

Nach dem Gesagten war das Gestein ehemals ein tonführen- 
der Dolomit, dessen Tonlagen durch die Metamorphose A zu 
Serizit umgewandelt wurden und der vielleicht während dieser Meta- 
morphose schon, wahrscheinlich aber erst später durch die während 
und nach der Metamorphose € erfolgten tektonischen Vorgänge durch- 
einandergeknetet wurde. 

Während der Metamorphose Ü drangen längs der Serizitlagen 
turmalinliefernde borhaltige Dämpfe ein, nach der Meta- 
morphose ( die erzführenden S. Q. 

Die andere mechanische Abart desEisendolomits ist eine 
feine Breccie. 

Sie zeigt makroskopisch eine Art von graulichweißer Grund- 
masse, in welcher kleine, dunkelgrau gefärbte, eckige Dolomit- 
brocken verstreut liegen. 

U.d.M. zeigen sich größere Körner von Dolomit (makroskopisch = 
dunkle Partien), welche unregelmäßig begrenzt sind und gebogene 
Zwillingslamellen, beginnende Mörtelstruktur und streifige Auslöschung 
besitzen. Zwischen ihnen liegen als Zwischenmasse feinkörnige, ver- 
zahnte Dolomitpartikelchen, welche mit Zwillingsstreifen versehen 
sind und bie und da mit einem lappig ausgebuchteten, wahrscheinlich 
sekundär zugeführten Quarzkorn verzahnt sind. Makroskopisch wird 
diese Breceie von unzerbrochenen, drusig ausgebildeten S. Q. durch- 
setzt. Die Entstehungsgeschichte dieser Abart ist folgende: Eine dunkel- 
graue Fazies desEisendolomits wurde durch mechanische Pro- 
zesse wahrscheinlich während der großen Überschiebungen stark 
zerrieben und zermalmt. Bei dieser inneren Zermalmung bildeten 
sich größere Komponenten, welche ihre ursprüngliche 
Farbe noch bewahrt haben und sehr viele kleine Komponenten, 


[85] Der Schuppenban der Tarntaler Berge. 291 


welche dieselbe verloren. Nach seiner Fertigstellung wurde das 
Gestein noch von den S. Q. durchsetzt. 

Auch aus den mikroskopischen Befunden geht hervor, daß die 
hier erzführenden S. Q. vorzugsweise den Serizithäuten nachgehen und 
daß von hier aus die weitere Erz- und Quarz-Imprägnation des 
.Dolomits erfolgte. 

In. der Knappenkuchel kann man nun sehen, wie fahlerz- und 
pyritführende S. Q. die Glimmerlagen auch senkrecht durchschneiden. 
Die Umwandlung des Tons zu Glimmer erfolgte also 
auch beim „Eisendolomit* vor dem Auftreten der S.Q. 

Makroskopisch werden dieselben im „Eisendolomit* mehrere 
Meter lang und sind für gewöhnlich nur mehrere Zentimeter, 
mitunter aber auch einige Dezimeter stark. Sie verästeln sich 
vielfach und enthalten vom Nebengestein mitgerissene Dolomitstückchen. 
Sie sind dicht und drusig ausgebildet. Sehr oft läßt sich feststellen, 
daß ein drusiger Gang als dichter Gang sich fortsetzt. 

In der Knappenkuchel am nördlichsten Dolomitzug kann man 
sehen, wie die mit Chlorit imprägnierten S. Q. des Quarzphyllits in 
den Eisendolomit hineinsetzen. 

Daß die von den S. Q. zugeführten Pyrite und Kupferkiese durch 
ihre Zersetzung den Eisendolomit braun färben, ist sicher erwiesen. 
Diese braune Färbung des Eisendolomits ist also eine 
sekundäre oder vielmehr tertiär erworbene Eigenschaft 
und darf daher als sicheres stratigraphisches Kennzeichen 
ohne weiteres nicht benützt werden. 


B. Petrographie der mesozoischen Gesteine. 
I. Petrographie der Triasgesteine. 


I. Petrographie der Raibler (?) Schichten. 
a) Raibler (?) Quarzite. 


Aın Aufbau der triadischen Quarzite beteiligen sich folgende 
Mineralien: vorherrschend Quarz, daneben häufig Ankerit und 
Kalzit, mitunter viele Feldspate, zumeist Orthoklas, auch etwas 
Albit, viele Hämatitschüppehen und reichlicher Rost. Akzes- 
sorisch sind Apatit, Zirkon und grüner Fuchsit. 

Die Gesteine zeigen großen Wechsel in der Ausbildung. Es gibt 
Quarzite von grobem, mittlerem und feinem Korn. Seltener 
sind ganz dichte Abarten. 

Die grobkörnigen Quarzite liefern zwei Unterarten. Die eine 
davon ist durch ein wenig verbandfestes, von Rissen und Hohlräumen 
durchsetztes Gestein vertreten (F. E. Suess’ grobkörnige Quarz: 
breccien). Sie besteht zumeist aus rundlichen, rötlichen und weißen, 
großen, an Gerölle erinnernden Quarzkörnern, welche in einer 
srünlichen, quarzigen Grundmasse liegen und zeigt mitunter eine 
schwach ausgeprägte Schieferstruktur. 

U. d. M. sieht man zahlreiche, große, rundliche, auch mehr 
längliche Quarzkörner in regelloser Anordnung in einer feinkörnigen 


292 Eduard Hartmann. [86] 


Quarzgrundmasse liegen. Sie löschen streifig aus oder besitzen bereits 
Mörtelstruktur und gebogene Risse, auch enthalten sie viele Flüssig- 
keitseinschlüsse, ferner Schuppen verrosteten Hämatits und 
Ithomboeder von meist durchsichtigen Karbonaten. 

Die andere Unterart sind Quarzite mit deutlicher Schiefer- 
struktur, mit fettigem Glanz und grünen oder rötlichen Farbtönen. 

Man erkennt am Handstücke zahlreiche langgestreckte, parallel 
angeordnete, linsenförmige, rötliche und farblose, klastische Quarz- 
körner, welche von grünlichen, serizitischen Häuten umflochten sind 
und in einer dichten, grünlichen Grundmasse liegen. Das Mikroskop 
zeigt, daß sie dieselben Einschlüsse beherbergen, wie sie beim 
zuerst geschilderten Typus sich vorfinden. Man findet in ihnen selten 
sroße Partien eines graublauen und braunen Turmalins (Pleochroismus: 
senkrecht zur Hauptzone dunkelblaugrau oder dunkelbraun; parallel 
derselben hellblaugrau oder hellgelbbraun). 

Der Turmalin bildet oft zerbrochene, unregelmäßig geformte, 
selten linsenförmige Körner, dann auch zerbrochene und ganze Säulchen, 
ja sogar Turmalinsonnen. Auf den Klüften der zerbrochenen 
Säulchen der Körner findet sich Quarz, vermutlich aus den 
S. Q., welcher parallele Stengel bildet, die senkrecht zu den Kluft- 
flächen des Turmalins aufsitzen. 

Die großen, klastischen Quarzkörner werden ziemlich häufig von 
den S. Q. durchsetzt, die hier aus feinen Quarzkörnern bestehen, 
welche oft viele Serizitschuppen führen und sich nach Form und 
Größe nicht von den feinen Quarzkörnern der Grundmasse 
unterscheiden. 

Letztere besteht aus feinen, ab und zu etwas gröberen, rund- 
lichen und länglichen, dann etwas parallel struierten Quarzkörnern, 
die viele Schuppen von Serizit beherbergen, der sich außerhalb der 
einzelnen Körner zu unregelmäßig begrenzten und flatschigen Partien 
anreichert. Sie enthält ferner frische und verrostete, eisenreiche, oft 
mit guten Spaltrissen versehene, rhomboedrische Karbonate, dann 
auch viele Hämatitschuppen, ferner rundliche, einschlußreiche Körner 
von Orthoklas, zu denen sich selten ein zwillingsgestreifter, mit. 
den Quarzkörnern verzahnter Albit gesellt. Akzessorisch sind Zirkon 
und Apatit. 

Die mittelgroben bis feinkörnigen, am häufigsten vor- 
kommenden, schieferigen Quarzite besitzen eine helle, zumeist 
seidenglänzende, fettige, grünlichweiße, graue, wellige oder höckerige 
Oberfläche. Letztere ist ab und zu mit kleinen oder großen rötlichen 
Höckern, die von gefärbten Quarzkörnern herrühren, und mit schwärz- 
lichen Turmalinpünktehen und -körnchen besetzt. Nordwestlich der 
nördlichen Schoberspitze weist sie lokal durch Fuchsit leuchtend 
srasgrün gefärbte Partien auf. 

Das mikroskopische Bild ist folgendes: Viele rundliche, eckige 
und linsenförmige, meist farblose, seltener rötliche Quarzkörner und 
viele einschlußreiche Orthoklaskörner liegen wieder in der Quarzgrund- 
masse. Die klastischen Quarzkörner haben jetzt an Größe 
abgenommen, zeigen streifige Auslöschung, Mörtelstruktur, besitzen 
seltener Hämatiteinschlüsse und enthalten Karbonatrhomboeder. Sie 


[87] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 293 


und die Orthoklase werden von den schon erwähnten S. Q., welche 
auch Serizitschuppen führen, durchsetzt, von denen bereits F.E.Suess!) 
angibt, „daß sie nachträglich im Gestein enstanden sind“. 

Die Grundmasse besteht aus feinen, mitunter gröberen, ver- 
zahnten Quarzkörnern, gleichmäßig in denselben verteiltem Serizit, der 
sich wieder zu parallelen, die klastischen Quarzkörner verflechtenden 
Häuten anreichert. Sie enthält auch zertrümmerte Körner von braunem 
Turmalin, der stellenweise in den schon genannten blauen übergeht 
und gangförmig in ein großes klastisches Quarzkorn hineinragt, ferner 
mitunter reichliche Schuppen von Hämatit. 

Die feinkörnig dichten Quarzite besitzen fettig aus- 
sehende, mit mattem Seidenglanz versehene, glatte Schichtflächen und 
sind zumeist dunkelgrüngrau gefärbt. 

Eine Abart dieser "Quarzite tritt im Lizumtal auf etwa 600 m 
westlich von der Lizumalpe rechts am Wege, der zum Melkplatz führt; 
dann an der „Grauen Wand“ östlich des Lizumtales und südöstlich der 
Lizumalpe im Bette des Baches, welcher die Lizumalpe durchfliießt. 
Sie fällt durch ihre vom Rost und Eisenglanz graubraun gefärbte Ober- 
fläche auf. Das Mikroskop zeigt bei den dichten Quarziten 
eine dichte, mit zahllosen Serizitschuppen durchsetzte Grundmasse 
von sehr feinen Quarzkörnern, in welcher größere, rundliche, oft 
wie korrodiert aussehende, linsenförmige Quarzkörner liegen. Sowohl 
die Körner der Grundmasse als auch die größeren klastischen 
Quarzkörner weisen kleinere Dimensionen auf, als sie die äqui- 
valenten Bildungen in den früher beschriebenen Quarziten besitzen. 

AlleArten der Quarzite werden von den hier pyritreichen 
S. Q. oft geradezu durchtränkt. 

Die Gänge und Adern, welche diese sekundären Quarzgänge 
bilden, bestehen aus dichter oder mehr löcheriger und drusiger Quarz- 
masse. Sie laufen entweder den Schichtflächen parallel oder durch- 
schneiden sie. Sie durchdringen sich gegenseitig in der mannigfachsten 
Weise, keilen auch aus und umschließen Stücke des bereits geschieferten 
Quarzits. Sie sind also jünger als die Metamorphose der Quarzite = 
Metamorphose €. 

Ein Schliff durch einen solchen Gang, der senkrecht zur 
Schichtung verläuft, zeigt langgestreckte, lanzettartige Quarzkörner, 
welche senkrecht an den Gangwänden aufsitzen, und mit den kleineren 
Quarzkörnern des Nebengesteins verzahnt sind. Man findet sie in 
einzelne Stücke zerlegt, welche streifig auslöschen. Gar nicht selten 
trifft man Serizitpartien, welche eutweder im Quarze bereits 
frei schwimmen oder den Zusammenhang mit dem Nebengestein noch 
etwas bewahrt haben. 

Im Gegensatze zu F. E. Suess, nach welchem die oben be- 
schriebenen Abarten der Quarzite durch verschieden weit fortschreitende 
Metamorphose aus ein und derselben grobkörnigen Quarz- 
breccie entstanden sind, wird in dieser Abhandlung angenommen, 
daß die verschiedenen Quarzite auch aus verschieden be- 
schaffenen Sedimenten hervorgegangen sind. Es gab in den Quarz- 


!) Lit. 38, page. 547. 


294 Eduard Hartmann. [88] 


sanden, von denen die Quarzite abzuleiten sind, Partien, bestehend 
aus groben, meist rötlich gefärbten und mit wenig Ton ver- 
mischten Quarzkörnern, dann aus feineren, ebenfalls mit wenig 
Ton verbundenen weißen Quarzkörnern, und aus sehr feinen 
tonreichen Quarzkörnern. 

Aus den groben Quarzsanden gingen die groben Quarzite, 
aus den mittelkörnigen die mittelgroben und aus den feinen 
die feinschieferigen Quarzite hervor. 

Aus Partien, in denen grob- und feinkörniges Material 
semischt war, entstanden feine Quarzite mit einzelnen 
sroßen klastischen roten Körnern. 

Für die eben dargelegte Auffassung spricht vor allem die Tat- 
sache, daß bei ganz geringer Gesamtmächtigkeit der Quarzite Wechsel- 
lagerung der groben und feinen Varietäten auftritt, wie man besonders 
gut am Ostende der oberen Terrasse des Geierspitz-NO-Grates am 
dortigen überschobenen Quarzit der Schuppe B, beobachten kann. 

Aus den Quarziten läßt sich viel über den Charakter der 
Metamorphose C herauslesen. E 

Wir sind, wie bereits in der petrographischen Übersicht angezeigt 
wurde, in der Lage zu beweisen, daß die Metamorphose Cälter 
als die großen Überschiebungen und Faltungen ist, denn 
in gewissen Jurakonglomeraten finden sich große, bereits ge- 
schieferte Triasquarzitblöcke, die bei den Überschiebungen in die 
Konglomerate hineingepreßt wurden. 

Damit aber die Triasquarzite sich vorher schieferig entwickeln 
konnten, waren bei der Metamorphose C sicher Druckkräfte nötig, 
und trotzdem kann die Metamorphose © nicht als reine Druck- 
metamorphose aufgefaßt werden, denn sie war, wie die Turmaline 
anzeigen, von borhaltigen Dämpfen und dann auch von Hitze 
beeinflußt, welche wie die Turmaline auf ein Eruptivgestein zu- 
rückgeführt werden muß. Von diesem Eruptivgestein rührten sehr 
wahrscheinlich auch die albit-, erz- und karbonatführenden, heißen 
Quarzlösungen eben der S. Q. her. 

Wir haben also die Metamorphose C ais eine Kontaktmeta- 
morphose aufzufassen, die vonDruckkräften begleitet wurde 
und etwa folgendermaßen tätig war: 

Die mehr oder minder tonreichen Quarzsande der Raibler (?) 
Quarzite wurden von bedeutenden Druckkräften erfaßt und von der 
Hitze und den borhaltigen Dämpfen eines entferntliegenden Eruptiv- 
gesteins so beeinflußt, daß Glimmer, spärlicher Albit, Turmaline und 
eine Schieferstruktur sich bildeten. 

Nach der Umwandlung der Quarzite drangen in dieselbe noch 
die S. Q. ein, welche das Gestein selbst und in den Gängen schwim- 
mende Stücke der bereits fertigen Quarzite nach allen Richtungen 
durchschwärmten und auf feinen Apophysen auch die früher gebildeten 
Turmaline durchsetzten. 

Nach Vollendung all dieser Prozesse wurden die Quarzite nebst 
den sekundären Quarzgängen noch von den tektonischen Druckkräften 
erfaßt, wie die stark gefalteten und verbogenen Quarzitschichten und die 
zertrümmerten, streifig auslöschenden Quarzkörner der S. Q. andeuten. 


[89] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 295 


Ob an der Zusammensetzung der feinen Grundmasse 
der Quarzite auch Quarz aus den S. Q. beteiligt ist oder ob die 
Grundmasse, wie es manchmal den Anschein hat, nur aus den zer- 
drückten, klastischen Quarzkörnern sich zusammensetzt, kann infolge 
der starken mechanischen Beeinflussung, welche das metamorphe 
und von den Quarzgängen durchschwärmte Gestein später noch er- 
fuhr, nicht mit Sicherheit entschieden werden. Zu äquivalenten Neu- 
bildungen des Albits wird wohl auch der Apatit und der Rutil 
und wohl auch ein Teil des Hämatits zu rechnen sein. 


b) Petrograpliie der Raibler (?) Rauhwacken. 


Die Rauhwacken der Tarntaler Berge lassen erkennen, daß 
die Metamorphose Ü verschieden stark auf die einzel- 
nen Gesteine gewirkt hat. Der größte Teil der Rauhwacken 
ist nämlich unverändert geblieben, wenigstens zeigt er makroskopisch 
keine sichtbaren Veränderungen. 

Bei der Besprechung der metamorphen Rauhwacken müssen 
auch die Ergebnisse der Untersuchungen über Funde in den Nach- 
barbergen, zum Beispiel am Mieselkopf-Kreuzjöchelnordgrat, am „Graf- 
marter Südgrat* und am „Hippold“ herangezogen werden. 

Am Grafmarter Südgrat findet sich ein Gestein, welches halb 
Rauhwacke, halb Quarzit ist und Spuren der Metamorphose © zeigt. 

Die Stelle, wo es sich findet, liegt (auf der westlichen Grat- 
seite) etwa 170 m tiefer als der Punkt im oberen Teil des Grates, 
an welchen der von Sander!) erwähnte Eisendolomit mit riesigen, 
von oben herabgestürzten Quarzphyllitblöcken, also nicht 
mit anstehendem Quarzphyllit, in Berührung tritt (s. Profil 
bei Sander). Diese Rauhwacke unterscheidet sich äußerlich von der 
gewöhnlichen nur durch ihre dichte und feste Beschaffenheit und 
den Reichtum an grünlichgrauen Serizithäuten, welche das 
Gestein mit parallelen Lagen durchziehen. U. d.M. erkennt man viel 
Quarz, rhomboedrische Karbonate, Serizit, weniger häufig als 
diese frische Pyrite und zugeführten Albit. 

Der Quarz löscht normal und streifig aus, besitzt große und 
kleine, sehr unregelmäßige Formen. Er ist meistens mit den rost- 
reichen Karbonaten verzahnt und wo er in langen Streifen entwickelt 
ist, laufen diese den Serizitbändern parallel. Daß es sicher neuge- 
bildeten oder von den S Q. zugeführten Quarz in dieser 
Rauhwackenart gibt, beweist folgende Erscheinung. Oft wird die 
Hälfte eines wohlausgebildeten, eisenreichen Kalzitrhomboeders 
pseudomorphosenartig von ganz frischem Quarz gebildet. 
Es ist nicht gut denkbar, daß sich bei -„klastischen“ Quarzkörnern 
solche scharfe „Quarzranomboederspitzen“ hätten erhalten 
können. Außerdem umschließt der Quarz oft noch Serizitschuppen 
und Rhomboeder von den gleichen Karbonaten, in denen er liegt. 

Der Serizit bildet zusammenhängende, parallellaufende Bänder 
im Gestein, ist manchmal mit dem Quarz verwachsen. Sein Auftreten 


ı), B. Sander, Lit. 25, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1910, 1. Februar. 
Jahrbuch d. k.k. geol, Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 39 


296 Eduard Hartmann. [90] 


spricht ganz gegen die Annahme, daß er nur ein klastisches, in die 
Rauhwacke hineingeschwemmtes Gebilde ist. 

Der mit Zwillingsstreifen versehene, sehr frische Albit ist aufs 
innigste mit den Karbonaten verzahnt und besitzt abgerollte, oft 
lappige Formen. Er umschließt gleichfalls Quarz und die rostreichen 
Karbonate. 

Die Anordnung der genannten Minerale ist folgende: quarz- 
und rostreiche Karbonate bilden eine dichte Masse. Sie wird 
von parallelen Glimmerhäuten durchsetzt und ‚enthält ver- 
streut die Albite. Das Gestein ist demnach ein wenig meta- 
morpher, etwas tonführender Kalkquarzsand. Mit der 
Glimmerneubildung erfolgte wahrscheinlich auch die Ausbildung der 
zahlreichen Karbonatrhomboeder aus klastischem Kalksand. Die 
Glimmerneubildung und die Kristallisierung der Karbonate sind 
auf die Metamorphose © zurückzuführen. Am nördlichen Teil des 
Mießlkopf- Kreuzjöchelgrates lassen sich in den oben 
beschriebenen Rauhwacken auch die S. Q. wiederfinden. Sie durch- 
queren die Glimmerhäute derselben und sind also auch hier wieder 
jünger als die Metamorphose (, ferner enthalten sie viele 
Karbonate und haben wohl auch hier die Albite geliefert. Wahr- 
scheinlich stammt ein Teil des Quarzes der Rauhwacke auch aus 
den S. @Q. Als zugeführter Quarz mag besonders ein solcher 
gelten, welcher Karbonatrhomboeder und Serizitschuppen umschließt 
oder die oben geschilderten Pseudomorphosen von Quarz nach Kalzit 
bildet oder in den gleichfalls zugeführten Albiten vorkommt. 

Ganz kleine S. Q. wurden im kartierten Gebiete in den Rauh- 
wacken südlich des Kalten Kofels (Mölstal) und am Schober-Mölszug 
östlich der Scharte zwischen nördlicher und südlicher Schoberspitze 
bei der „Schoberlacke“, im westlichen der beiden dortigen größeren 
Bachgräben, ferner westlich des Geierspitzsüdgrates in den über- 
schobenen Rauhwacken der Schuppe D, gefunden. 

Ein Kontaktstück zwischen normaler Rauhwacke 
und normalem Quarzit, das am Schober-Mölszug bei P. 2354 
östlich der nördlichen Schoberspitze gesammelt wurde, zeigte u. d. M. 
folgendes: 

1. Eine Quarzitische Partie, welche aus Quarz und Se- 
rizit und wenigen eisenreichen Karbonaten bestand, sonst aber wie 
gewöhnliche Quarzite ausgebildet war. 

2. Eine unregelmäßig verlaufende Grenze zwischen Rauhwacken 
und der quarzitischen Partie, welche von Quarz oder gewundenen 
Serizithäuten gebildet wurde. 

3. Eine Rauhwackenpartie, welche aus einer Unmenge von 
rostbraun gefärbten, mehr oder minder gut entwickelten Kalzit- 
rhomboedern besteht, die eine Art Pflasterstruktur bilden. Mit 
ihnen verzahnt sind durch viele lappige und wurmförmige Ausbuch- 
tungen gekennzeichnete, neugebildete oder zugeführte Quarzkörner, 
welche Kalzitrhomboeder enthalten und meist normal auslöschen. Die 
Serizithäute lassen sich kontinuierlich im Gestein verfolgen, 
laufen bemerkenswerterweise denen der quarzitischen 
Partien parallel und schwellen hie und da zu dünnen Linsen an. 


[91] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 297 


Am Südabhang der Hippoldspitze findet sich lokal eine grob- 
kristalline, eisenreiche Rauhwacke, deren Klüfte lokal dicht mit neu- 
gebildeten Hämatitkristallen ausgefüllt sind, welche als Kluft- 
ausfüllungen keiner reinen Dynamometamorphose entstammen können, 
sondern mit den borhaltigen Dämpfen, also mit der Kontaktmetamor- 
phose C in Beziehung gebracht werden müssen. 


Die eben beschriebenen Gesteine vom Grafmarter-Süd- 
grat, ferner vom Schober-Mölszug und vom Kreuzjöchel-MießBlkopfgrat, 
sodann vom Hippold zeigen bei den Rauhwacken das Vorhanden- 
sein der Metamorphose Ü und der S. Q. an. 

Den übrigen Raibler(?) Schichten wurden keine eigenen 
Untersuchungen gewidmet, sie deuten die Metamorphose © durch 
gelegentlich auftretende Serizithäute, die S. Q. durch geringe, lokale 
Quarzführung an. 


2. Petrographie des Triasdolomits 


Die Metamorphose © ging am Triasdolomit mit Ausnahme der 
Wirkungen, welche die sie begleitenden tektonischen Kräfte verur- 
sachten, spurlos vorüber. Letztere haben sehr wahrscheinlich teilweise 
die Klüfte und Sprünge erzeugt, welchen später die S. Q. nachgingen, 
zum Teil verursachten sie auch die lokale Breccienbildung des 
Dolomits. Eine solche muß jedoch schon einmal erfolgt sein kurz 
nach Ablagerung der Kössener Schichten damals, als die triadischen 
Gesteine der Tarntaler Berge etwas aufgerichtet wurden (cfr. Strati- 
graphischer Teil pag. 262 [56], denn brecciöse, aufgearbeitete 
Triasdolomite und Kössenerdolomite bilden bereits Kom- 
ponenten in den Jurakonglomeraten. 


Den S. Q., welche an kein Niveau des Dolomits gebunden sind, 
kommt beim Triasdolomit entweder eine passive Rolle zu, das heißt ihnen 
war der W eg durch zahlreiche unregelmäßige Klüfte und Sprünge schon 
vorgezeichnet, oder sie bahnten sich eigene Wege durch das 
Gestein. 

Als Quarz, der sicher auf schon vorhandenen Klüften in den 
Dolomit gelangte, mag besonders ein solcher gelten, der nur stellen- 
weise den Wänden derselben anhaftet, sie nicht ganz ausfüllt und 
große, meist regellos durcheinander gewachsene, aber gut ausgebildete 
Bergkristalle liefert. (Zum Beispiel an der südlichen Schoberspitze 
und Nedererwestwand.) 

Die vollständig mit dichter oder höchstens etwas drusiger Quarz- 
masse ausgefüllten Gänge hingegen können sowohl als ganz ausgefüllte 
Klüfte oder auch als selbständige Gangbildungen aufgefaßt werden. 
Das Auftreten der Quarzgänge zeigt im allgemeinen große Abwechslung. 

Sie sind dicht oder drusig, gerade oder krumm. Oft wird 
ein dichter Gang plötzlich drusig oder er enthält kleine mitge- 
rissene Dolomitstücke, oder er teilt sich in zwei oder viele Gänge. 
Diese können wieder miteinander in Verbindung treten und zahlreiche 
Dolomitbrocken so umschließen, daß eine Art mit Quarz verkit- 
teter Breccie entsteht. In letzterem Falle ist der Quarz gar nicht 

39* 


298 Eduard Hartmann. [92] 


selten mit zahlreichen kleinen blasigen Hohlräumen versehen, was ein 
schlackenartiges Aussehen verursacht 

Wenn die Quarzgänge den Dolomit silifiziert haben, 
was nicht immer der Fall ist, dann findet eine innige Vermengung 
von Quarz und Dolomit statt. Die aus dieser Mischung entstandene 
Gesteinsmasse hebt sich durch ihre hellere Farbe und glasige Be- 
schaffenheit ziemlich scharf vom dunkleren, ursprünglichen Dolo- 
mitmaterial ab. 

Es erscheint sicher, daß die endogenen Brecceien und die oben 
erwähnten Klüfte schon bestanden haben, als die S. Q. kamen, denn 
es finden sich 8. Q., welche völlig gerade und unzerbro- 
chen durch die breceiösen Partien des Triasdolomits 
hindurchsetzen. 

Der Triasdolomit wurde also zunächst lokal, wie es scheint mit 
Vorliebe an Stellen, wo die hellen und dunklen Varietäten sich be- 
rührten, stark in seinem inneren Gefüge zerrüttet, es bildeten sich 
hierbei Klüfte und Sprünge und endogene Breccien heraus. Für diese 
Änderungen können nun folgende mechanischen Kräfte herangezogen 
werden, 


1. Diejenigen, welche die postrhätische Schichtaufrichtung ver- 
ursachten. 

2. Die mechanischen Kräfte bei der Metamorphose C. 

3. Die großen UÜberschiebungskräfte. 


Die Kräfte, welche die Faltungen verursachten, kommen hier 
nicht in Betracht, da sie jünger als die Überschiebungen sind. 

An den gelockerten Stellen drangen nun später mit Leichtigkeit 
die Quarzlösungen der S. Q. ein, verkitten das Dolomitzerreibsel und 
die Brecceien zu den geschilderten Quarzdolomitbreecien oder füllten 
die Risse und Spalten aus. Doch nahmen sie auch eigene Wege im 
Gestein, da sie aber dabei. trotz ihres Lösungsvermögens großen 
Widerstand zu überwinden hatten, drangen sie nur auf kurze 
Strecken ein und endeten meistens stumpf oder mit kurzen, finger- 
förmigen Seitengängen. 

Die Hitze der S. Q. kann sehr groß gewesen sein, sie kann 
viel dazu beigetragen haben, daß der Dolomit noch sukzessive zer- 
sprengt wurde und neuen vordringenden Quarzlösungen Platz schuf, 
aber sie war nicht imstande, den Dolomit etwa zu marmorisieren. 
Besonders hervorzuheben ist, daß die S. Q. des Triasdolomits 
ebenso wie die des Quarzphyllits in der Knappenkuchel das cha- 
:rakterische Fahlerz führen (zum Beispiel an der Schoberspitze 
und in großen Dolomitblöcken des sogenannten Schobergelämmers — 
Bergsturz südwestlich der südlichen Schoberspitze; ferner am FuB 
der Westseite des Hauptmassivs, und zwar östlich von P. 2182, welcher 
im Grübelkar liegt; dann in den Blöcken vom überschobenen Trias- 
dolomit der „Kahlen Wand‘). 


3. Petrographie der Kössener Schichten. 


Durch die Metamorphose erfuhren die Kössener Schichten gele- 
gentlich eine schwache Umwandlung. Der Ton wurde mehr oder 


[93] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 299 


minder stark serizitisiert. Die S. Q. brachten Quarzadern und 
Quarzlinsen sowie Verkieselung zustande. 


II. Petrographie der Juragesteine. 


I. Petrographie der Kieselkalke. 
a) Bänderkalke. 


An ihrem Aufbaue sind Kalzit, Quarz, Albit, Serizit, 
Pyrit, Zirkon und Rost beteiligt. 

Die dunklen, kalkreichen Lagen setzen sich zusammen vor- 
herrschend aus sehr feinkörnigen, etwas länglich ausgebildeten und 
parallel struierten Kalzitkörnern, welche nur wenig miteinander 
verzahnt sind. Mit ihnen verwachsen sind seltenere, unregelmäßig 
verteilte, rundliche, längliche, eckige und völlig unregelmäßig begrenzte, 
einschlußreiche und oft mit Mörtelstruktur versehene, feine Quarz- 
körner, welche auch normal auslöschen. Selten sind mit dem Kalzit 
zwillingsgestreifte Albite verwachsen. 

Die makroskopisch deutlich sichtbaren Serizithäute durch- 
ziehen in parallel angeordneten Schuppen und Bändern die Quarz- 
kalzitmasse. Serizitschuppen finden sich auch in den einzelnen Quarz- 
körnern. 

Neben den feinen Kalzitkörnern kommen auch größere, mit 
gestauchten Zwillingsstreifen und dicht mit organischer Substanz 
bestaubte Körner vor. Es sind wohl schlechterhaltene Reste von 
Echinodermen, die nur unter dem Mikroskop wahrnehmbar sind. 
Sie wurden zum Beispiel gefunden in den Kieselkalken auf der Nord- 
seite des Westgrates des Kleinen Reckners unterhalb des Punktes 2745, 
also in der Schuppe Ds. 

Die Grenze der dunklen Lagen beginnt gegen die helleren 
quarzreichen, wenn sie scharf ist, meistens mit einem von Rost oder 
Serizithäuten gebildeten Band, dann folgt eine plötzliche Zunahme 
des Quarzes und damit eine Abnahme des Kalkes. Bei unscharfer 
Grenze jedoch findet eine allmähliche Zunahme. des Quarzes statt. 

Die hellen Lagen besitzen die gleiche Struktur wie die dunklen 
und enthalten annähernd gleichviel Kalzit und Quarzkörner. 

Die Bänderkalke sind ein wenig metamorphes Sedi- 
mentgestein, in welchem Kalkbänder mit dünnen Tonlagen ab- 
wechselten. Die Kalkbänder waren mehr oder weniger von organo- 
gener (?) Kieselsäure oder von klastischen Quarzkörnern durchsetzt. 

Bei der Metamorphose (© wurde der Ton zu Serizithäuten 
umgewandelt, die amorphe Kieselsäure, soweit sie nicht schon vor- 
her umgelagert war, wurde kristallinisch und etwas Albit und Quarz 
neu gebildet. Ein Teil des Quarzes und des Albits kann jedoch auch 
den S. Q. entstammen. 


Echinodermenbrececien, 


Die den Bänderkalken eingelagerten, makroskopisch schon er- 
kennbaren Echinodermenbreccien zeigen u. d. M. folgendes Bild. 
Innerhalb großer, zwillingsgestreifter Kalzitkörner, welche ganz 


300 Eduard Hartmann. [94) 


frische oder schon zertrümmerte, ausgebuchtete Quarzkörner und 
seltener eisenreiche Karbonatrhomboeder enthalten, liegen 
ziemlich unregelmäßig geformte Kalzitpartien, eben die „Echino- 
dermenreste“*. Sie heben sich von dem kalkigen Bindemittel 
durch die dunkle, von Rost und organischer Substanz her- 
rührende Farbe sowie durch sehr feinkörnige Struktur deutlich ab 
und enthalten auch sekundär beigemengte Quarzkörner 
aus.denS.,Q. 

Solche Echinodermenreste konnten wie schon erwähnt in 
Schliffen von Wetzsteinkalken nachgewiesen werden (zum Beispiel 
am Staffelelsee und am Kleinen Reckner-Westgrat, auf der Nordseite 
desselben unterhalb P. 2745 in der Schuppe D). 


b) Wetzsteinkalke. 


1. Wetzsteinkalke aus dichten, grünlichen, kalk- 
reichen oder aus bläulichweißgrauen, kalkarmen Mar- 
morlagen und grünlichen Chlorit- und Serizithäuten 
bestehend. 

Die dichten, grünlichen, kalkreichen Lagen dieser Ge- 
steine bestehen aus sehr feinen, miteinander verzahnten, meist undulös 
auslöschenden, wenn länglich entwickelt, dann nach einer Richtung 
parallel angeordneten Quarzkörnern. Diese sind mit vielem gleich- 
mäßig verteilten Kalzit vermischt, welcher sich auch lokal anreichert. 
Solche Anreicherungen zeigen oft schöne Stauchungserscheinungen. 

Der grünliche Serizit und Chlorit bildet entweder kleine, 
parallel angeordnete Schuppen in den einzelnen Quarzkörnern oder 
die makroskopisch deutlich hervortretenden, seidenglänzenden Bänder 
undSchnüre, welche die einzelnen Marmorlagen voneinander trennen. 
Die parallele Anordnung der feinen Serizit und Chlorit- 
schuppen in den einzelnen Quarzkörnern ist auf die richtenden 
Kräfte zurückzuführen, welche während der Metamorphose © 
gewirkt haben. 

Besonders in der Nähe der Serizithäute kommen noch braune, 
ganze oder schon in korrespondierende Stücke zerbrochene Tur- 
malinsäulehen oder Apatitnadeln vor, ferner mehr oder 
weniger häufig Hämatitschuppen, welch letztere dem Gestein 
oft einen rötlichen Ton verleihen. 

Die kalkarmen oder kalkfreien, bläulichen oder weiß- 
grauen Lagen setzen die echten „Wetzsteine“ zusammen, nach 
welchen der Schichtkomplex zwischen den Bänderkalken und Kiesel- 
tonschiefern benannt ist. 

Sie enthalten nur wenig Kalzit. Manche Lagen, beispielsweise des 
Wetzsteinbruches im Lizumtal, gar keinen. Man erblickt dann 
ein Mosaik von feinen, rundlichen und eckigen Quarzkörnern, welche 
nur erfüllt sind von schwach grünlich gefärbten Serizit- oder Chlorit- 
schuppen. Solche Lagen eignen sich besonders gut für Wetzsteine. 

Sie wurden und werden noch von den Einheimischen im „Wetz- 
steinbruch“ gegenüber dem Schutzhaus der Sektion Hall ge- 
brochen. 


[95] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 301 


2. Wetzsteinkalke mit dünnen, hellgefärbten, grö- 
beren,kalkreichen Marmorlagen und mit feinen Kiesel- 
schnüren. 

Diese Marmorlagen bestehen zumeist aus feinen, ziemlich reinen, 
oft länglich entwickelten, miteinander verzahnten Kalzitkörnern, 
welche mit länglichen, eckigen und runden, undulös auslöschenden, 
serizitführenden Quarzkörnern und seltenen, zwillingsgestreiften, 
lappigen Albitkörnern verwachsen sind. Daneben kommen gar 
nicht selten große, zwillingslamellierte, gestauchteKalzitkörner 
vor, welche Quarz und Albitkörner enthalten. Diese Kalzitkörner er- 
innern an die beschriebenen Echinodermenreste der Bänderkalke. 

Die Kieselschnüre bestehen aus verzahnten, undulös aus- 
löschenden, unregelmäßig geformten Quarzkörnern, welche reich- 
lich grünliche Serizitschuppen führen. 

3. Dichte,dünnschieferige, anKieselschnüren reiche 
Wetzsteinkalke, sogenannte „Grenzkalke“. 

Sie treten an der Grenze der Wetzsteinkalke gegen die Kiesel- 
tonschiefer auf und sind ein gleichmäßiges Gemisch von feinem 
QuarzundKalzit und zwillingsgestreiften, seltenenAlbitkörnern, 
welches durchzogen wird von den Kieselschnüren, an denen sich 
Hämatitschuppen anreichern. 

Die Quarzkörner sind rundlich oder mit Ausbuchtungen versehen. 
Die Kalzitkörner besitzen gestauchte Zwillingslamellen. 

Die Kieselschnüre bestehen zum Teil aus sehr feinen Quarz- 
körnern, wie sie die quarzigen Lagen der noch zu beschreibenden 
Kieseltonschiefer zusammensetzen, ferner aus vielen Albiten und 
aus undulös auslöschenden und größeren, wahrscheinlich neugebildeten 
Quarzkörnern. 

Die Kieselschnüre werden in vorliegender Arbeit nicht als 
S. Q., sondern als primäre, jetzt metamorphe, kieselige Lagen 
der Wetzsteinkalke aufgefaßt, welche den allmählichen Über- 
sang von kalkreicheren Partien zu kieselreicheren andeuten, also von 
den Wetzsteinkalken zu den Kieseltonschiefern. 

Die Albite, welche sie enthalten, sind bei der Metamorphose © 
gebildet worden und entsprechen den Albiten in den quarzigen Lagen 
der Kieseltonschiefer. 

Die grünen Chlorit- und Serizithäute sind mit Hämatit be- 
setzt. Vom Serizit und Chlorit stammt die grünliche, vom Hämatit 
die rötliche Farbe des Gesteins. 

Die in allen Arten der Wetzsteinkalke auftretenden, bald dünneren, 
bald diekeren chloritischen und serizitischen Lagen, welche 
die oft pyritreichen, einzelnen Marmorlagen voneinander trennen, 
beherbergen mit Vorliebe ganze oder bereits schon wieder zerbrochene 
Turmalinsäulchen, sind stark gefältelt und löschen daher streifig 
aus. Wie bei den Kieseltonschiefern, Bänderkalken und tonreichen 
Kössener Kalken stellt sich auch hier eine Art Leiterstruktur 
der Serizit und Chlorithäute ein. 

Ihre Entstehungsgeschichte ist folgende: 

Zunächst wurden die den Marmorlagen parallel verlaufenden 
Serizit- und Chlorithäute zu kleinen Mulden und Sätteln gestaucht 


302 Eduard Hartmann. [9] 


(s. ain Fig. 14). Dann wurden die Schiefer von einer Transversalschieferung 
erfaßt (s. b in Fig. 14). 

Es fand dabei in den parallelen Ebenen 5 eine Gleitung und 
Schleifung der Serizitmembrane in der Richtung 5b statt. Auf 
diese Transversalschieferungen hat Rothpletz!) bereits hingewiesen. 


Auftreten der sekundären Quarzgänge — S. Q. in den Bänderkalken und 
Wetzsteinkalken. 

Alle Arten der Bänderkalke und Wetzsteinkalke sind von den 
S. Q. beeinflußt, welche hier Albit, Kalzit, Ankerit und Pyrit 
und außerdem noch Serizit führen, den sie aus dem bereits 
metamorphen Nebengestein entnommen haben. 

Die S. Q. gehen mit Vorliebe den kalkreichen Partien 
nach, durchsetzen die Gesteine parallel und schief zu den Schicht- 
flächen und färben an der Stelle ihres Eindringens die Wetz- 
steinkalke und Bänderkalke weiß. 


Fig. 14. 


N 


d 


2 
d 


„Leiterstruktur* der Serizithänte bei Kieselkalken. 


@ — piimäre Faltung. — 5 = sekundäre Transversalschieferung. 


Im ersten Falle verdrängen sie die feinen Serizit- und 
Chloritschüppchen, bei den schwarzen Lagen der Bänderkalke 
hingegen die kohlige, organische Substanz. 

Der Quarz der S. Q. zeigt das Bestreben, netzförmige 
Formen anzunehmen und sich mit dem Kalzit des Nebengesteines 
zu vermischen und Rhomboeder desselben einzuschließen, Ein solches 
Verhalten tritt mit Vorliebe in linsenförmigen Quarzkalzitanschwellungen 
auf und ist besonders makroskopisch gut zu erkennen. 

U. d. M. nimmt man noch wahr, daB die mit dem Quarz ver- 
wachsenen Karbonatrhomboeder streifig auslöschen, daß der Quarz 
oft selbst schon wieder in feine lange Stengel zerlegt ist und undulös 
auslöscht. Die Kataklase des Quarzes hängt wohl mit den Faltungen 
zusammen, welche nach dem Eindringen der sekundären Quarzgänge 
noch stattfanden. 


I) A, Rothpletz, Lit. 23. 


[97] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 303 


2. Petrographie der Konglomerate. 


Es läßt sich hauptsächlich die Anwesenheit der 8. Q. feststellen. 
Beschrieben werden hier bloß die weitaus überwiegenden dolomi- 
tischen Konglomerate. 

U. d. M. sieht man, daß die runden und eckigen Komponenten 
der dolomitischen Jurakonglomerate aus verzahnten, streifig aus- 
löschenden Dolomitkörnern bestehen, welche bei dunklen Komponenten 
reich, bei hellen arm an organischer Substanz sind. 

Die Komponenten werden oft umschlossen von netzförmigem, 
aus den S. Q. stammendem Pyrit und von Serizitschuppen führendem 
Quarz, welcher auch in sie eindringt. Nicht selten füllt auch fein- 
körniger Dolomitsand die Hohlräume zwischen den einzelnen Kom- 
ponenten aus. 

Auch makroskopisch lassen sich die geschilderten Verhältnisse 
zum Teil sehr gut erkennen. Am angewitterten Gestein tritt das von 
den sekundären Gängen gebildete Netzwerk sehr deutlich hervor. 
Es ist durch verrosteten Pyrit oft stark braun gefärbt, von Löchern 
durchsiebt und umschließt die Hohlräume, welche früher von dem 
herausgewitterten Dolomit eingenommen wurden. 

An den Jurakonglomeraten kann ebenso wie an dem 
Kössener und dem Triasdolomit sehr gut studiert werden, daß sie, 
auch wenn sie keine äußerlich wahrnehmbaren Klüfte besitzen, ganz 
unvermittelt auftretende Quarzlinsen, Quarzkristalle 
und Quarzadern aufweisen. Seltener sind Albitkristalle. 

Zu Beginn dieses Abschnittes wurde darauf hingewiesen, daß 
die sekundären Quarzlösungen (S. Q.) dann erstin die 
mesozoischen Gesteine eindrangen, als diese bereits 
durch die Metamorphose Ü umgewandelt und durch 
die der Metamorphose Ü nachfolgenden großen Über- 
schiebungen teilweise miteinander vermischt worden 
waren, 

Dafür spricht, daß die sekundären Quarzgänge bei den 
mylonitisierten Jurakonglomeraten (cfr.. Fig. 13) 
unzerbrochen und zusammenhängend sowohl die kon- 
slomeratischen Partien als auch die tektonisch er- 
worbenentriadischen und jurassischen quarzitischen Komponenten 
durchsetzen. 

Eine Beobachtung scheint mit der eben genannten Auffassung im 
Widerspruch zu stehen. 

Man findet zum Beispiel am Nachbarberg MießBlkopf oder auch 
an der nördlichen Schoberspitze tonreiche Jurakonglomerate von be- 
sonderem Aussehen. 

In sehr flatschig entwickeltem Ton liegen linsenförmig ausge- 
walzte, verquarzte Dolomitkomponenten «. 

Die Quarzadern der Komponenten = b stoßen an den Ton- 
häuten c ab (Fig. 15), (efr. A. P. Young!) sind aber bei allen 
Dolomitlinsen nahezu gleichgerichtet etwa in der Richtung d. 

1!) A. P. Young, Lit. 5l, August 1909. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 40 


304 Eduard Hartmann. [98] 


Das Auftreten der gleichgerichteten Quarzadern läßt sich am 
besten folgendermaßen erklären: 

Konglomeratische, aus Dolomitstücken bestehende Lagen, die 
mit Tonschiefern wechsellagerten, wurden zunächst von feinen sekun- 
dären Quarzgängen (S. Q.) in der Richtung = d durchsetzt und dann 
bei den großen Faltungen, die später als die Überschiebungen und 
die S. Q@. erfolgten, mit dem sehr plastischen Ton verknetet. Für die 
Größe der Kraft, welche bei den Faltungen Ton mit den Dolomit- 
komponenten mischte, gibt die heutige Lage der Dolomitlinsen in den 
Tonschiefern einen guten Maßstab ab. Die Dolomitlinsen liegen nämlich 
alle so, daß auch jetzt noch eine parallele oder nahezu parallele 
Lage ihrer sekundären Quarzgänge herrscht. 


Fig. 15. 


ne 
ZU Ip> 


mi» Tem. 


In Tonschiefer (c) eingepreßte dolomitische Konglomeratkomponenten (a) mit 
parallel struierten Quarzgängen (b). (Vom Mießlkopf.) 


3. Petrographie der Kieseltonschiefer. 


Die meisten Eigenschaften der Wetzsteinkalke kehren bei den 
Kieseltonschiefern wieder. 

Erste Art: Bei ihr wurde makroskopisch unterschieden eine 
quarzige Lage von grünlicher oder grünlichschwarzer Farbe mit 
Fettglanz, ferner serizitische oder chloritische Lagen. 

U. d. M. sieht man, daß die quarzigen Lagen aus sehr 
feinen, miteinander verzahnten, oft länglich entwickelten, dann 
parallel struierten, meist undulös auslöschenden, organogenen (?) Quarz- 
körnern bestehen, zwischen denen hie und da ein zwillingsgestreiftes 
Albit oder Apatitkorn oder schwach bräunlich gefärbte Granat- 
körner liegen. Mitunter treten auch einzelne, durch ihre Größe 
auffallende, klastische Quarzkörner mit rundlichen oder eckigen 
Formen auf. 

Die feinen Quarzkörner, welche wohl bei der Metamorphose © 
oder schon vor dieser umkristallisierte, amorphe Kieselsäure sind, 
umschließen ebenso wie die Albite zahllose, nach einer Richtung parallel 
angeordnete, grünliche Serizit-, Chlorit-, seltener Hämatitschuppen. 

Die makroskopisch schon so deutlich hervortretenden Serizit- 
und Chlorithäute zeigen wieder die von den Wetzsteinkalken her 
bekannte feine Leiterstruktur. Sie bestehen aus dem gleichen 
Serizit und Chlorit, wie er in den feinverteilten Quarzkörnern 
der Kieseltonschiefer und in den Wetzsteinkalken vorkommt. Sie sind 


[99] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 305 


‚wieder an ganzen, wohlausgebildeten oder schon zerbrochenen Tur- 
malinsäulchen reicher als die benachbarten quarzigen Lagen. 

Der grüne Chlorit ist oft mit anormalen, lawendelblauen Inter- 
ferenzfarben versehen, zumeist mit dem Serizit verwachsen und wohl 
gemeinsam mit diesem entstanden. Dafür spricht der 
Umstand, daß er wie der Serizit in parallel struierten 
Schuppen in den einzelnen Quarzkörnern der quarzigen Lagen 
auftritt. 


Es sei hier hervorgehoben, daß die mechanischen Kräfte, 
welche die Fältelungen und die Leiterstruktur der 
Serizithäute hervorbrachten, viel später wirkten als 
jene, welche in den feinen Quarzkörnern die parallele 
Anordnung der Glimmer- und Serizitschuppen verur- 
sachten. 

Die letztgenannten Kräfte waren während der Metamorphose C 
tätig. Die erstgenannten hingegen fanden bereits fertige Serizit- und 
Chlorithäute vor und konnten wohl diese noch falten und verschieben, 
nicht aber vermochten sie die parallele Anordnung der feinen Serizit 
und Chloritschuppen in den einzelnen Quarzkörnern zu ändern, um 
deren Richtung sich die Faltenzüge der selbständigen Serizithäute 
nicht im geringsten kümmern. 


Zweite Art: Es sind schwarze, schwach rötlich ge- 
färbte, mit hellen grünlichen Hornsteinlagen oder mit Hornstein- 
linsen alternierende Lagen. 

Die schwarzen Lagen unterscheiden sich nur wenig von den 
quarzigen Lagen der ersten Art. Sie sind nur reicher an stark 
verrostetem Hämatit, welcher sich auch zu dichten, parallelen Zügen 
anhäuft. 


Gewisse auffällige Quarznester von rundlicher, aber auch 
von länglicher Form, deren einschlußfreie Körner viel größer sind 
als die feinen Quarzkörner, welche die quarzigen Lagen zusammen- 
setzen, mögen von Radiolarien herrühren oder zerdrückte, große 
klastische Quarzkörner darstellen. Letztere Annahme ist deshalb 
ebenfalls nicht von der Hand zu weisen, dasich Übergangsstadien 
zwischen unzerbrochenen, großen, eckigen und runden Quarzkörnern 
und den erwähnten Nestern vorfinden, so zum Bespiel undulös aus- 
löschende, teilweise oder schon fast ganz zu Nestern zerbrochene 
Quarzkörner. 


Die Hornsteinlagen sind quarzige Lagen, welche nur wenige 
erünliche Serizit- und Chloritschuppen, Turmalin und 
Hämatit führen. Auch sie enthalten die genannten rundlichen oder 
linsenförmigen Quarznester. Die Grenze zwischen den Hornsteinlagen: 
und den quarzigen Lagen des übrigen Schiefers ist entweder scharf 
oder verschwommen, im ersteren Falle tritt eine rasche, im zweiten eine 
allmähliche Zunahme des Serizits, Chlorits und Hämatits ein. 

Dritte Art: Sie ist durch große Armut oder gänzliches 
Fehlen der schuppenförmigen Serizit- und Chloriteinschlüsse der 
Quarzkörner und durch gelegentliches Auftreten von Kalzit ge- 


kennzeichnet. 
40* 


306 Eduard Hartmann. [100] 


Die roten Lagen werden durch zahlreiche frische und ver- 
rostete Hämatitzüge veranlaßt, die schwarzen sind reich an 
Mangan oder graphitischer Substanz, auch enthalten sie etwas 
Kalzit, die weißen Lagen sind frei von manganiger und 
kohliger Substanz, von Hämatit und Rost. 

Man hat bei allen drei Lagen, aus welchen sich die dritte 
Art zusammensetzt, eine feinkörnige Quarzgrundmasse vor sich, mit 
einzelnen großen, klastischen, eckigen und rundlichen, undulös aus- 
löschenden Quarzkörnern, aber wenig Apatitkörnern, welche 
meistens einen rötlich gefärbten Kern &ufweisen. 

In allen dreiArten der Kieseltonschiefer finden sich 
wieder die S. @. 

Besonders gut lassen sich diese am Gipfelbau des Nederers 
studieren, ferner im ÖObertarntal, dann am Westgrat des Kleinen 
Reckners bei P. 2700 und auf der Südseite des Schober-Mölszuges 
östlich der Schoberlacke bei P. 2348, wo sie bei den später erfolgten 
Faltungen teilweise wieder in einzelne Stücke zerbrochen wurden. 

Sie setzen parallel und schief zu den Schichtflächen hindurch, 
mit Vorliebe den Serizithäuten nachgehend, und sind dicht oder drusig 
ausgebildet. Oft enthalten sie kleine, bereits metamorphe und ge- 
schieferte Brocken des Nebengestein s. Die Kristalle der drusig 
ausgebildeten Gänge (zum Beispiel am Nederer) sind wie in der 
Knappenkuchel im Quarzphyllit mit grünen Serizit- und Chlorit- 
schuppen imprägniert, welche sie aus dem bereits metamorphen 
Schiefer entnommen haben. Die Annahme, daß die Quarzlösungen erst 
beim Eindringen in die serizitreichen Kieseltonschiefer den Serizit zu 
Chlorit umgewandelt und sich mit diesem bereichert haben, ist an und 
für sich möglich, aber hier kaum zutreffend, da der Chlorit ebenso wie 
der Serizit bereits parallel struierte Schuppen in den einzelnen feinen 
Quarzkörnern bildet und er sich ferner überaus häufig an Stellen 
findet, wo die sekundären Quarzgänge gänzlich fehlen. 

Die Untersuchung eines vom Nebengestein losgeris- 
senen Schieferstückes, das im Quarz eines sekundären Ganges 
schwamm, ergab: das Stück besteht aus der bekannten feinen Quarz- 
srundmasse mit den bereits parallel struierten Quarzkörnern. Die 
Serizit- und Chloritschuppen, welche diese enthalten, sind ebenfalls 
schon parallel angeordnet. 

Auch hier gilt wieder: die Schieferung der Kiesel- 
tonschiefer und ihre Metamorphose = Metamorphose CÜ 
war bereitsvöllig abgeschlossen, als dieS. Q. sie durch- 
tränkten. 

Die S. Q. führen neben den vom Nebengestein aufgenommenen 
'Schieferstücken, den Chlorit- und Serizitschuppen auch noch Pyrite, 
verrostete Ankerite und, wenn sie in manganreiche Partien ein- 
drangen, auch Mangankarbonate. Wo Fahlerz vorkommt, zum 
Beispiel auf der Nordseite des Kleinen Recknerwestgrates, unterhalb 
P. 2645, verrät es sich durch einen feinen Malachitüberzug des 
Quarzes. 

Die S. @. wurden bei den großen Faltungen nachträglich 
noch gefaltet, wie man zum Beispiel am Nederer, ferner östlich 


[101] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 307 


des Großen Reckners bei P. 2348, sodann östlich der Schoberlacke 
in Schuppe A sehr gut beobachten kann. 

Die ungefalteten S. Q. zeigen u. d. M. folgendes Bild: An 
der Gangwand treten schmale, lanzettförmige, senkrecht zu den Gang- 
wänden stehende, in der Gangmitte rundlich miteinander verzahnte, 
frische Quarzkörner auf. Die gefalteten $S. Q. hingegen zeigen 
streifig auslöschende, ganz oder teilweise zerbrochene, aber auch un- 
zerbrochene, miteinander verzahnte, große Quarzkörner. Im Öber- 
tarntal bei P. 2740 führen die gefalteten S. Q. auch noch zahlreiche 
zwillingslamellierte, mit den Quarzkörnern verwachsene, undulös aus- 
löschende und zerbrochene Albite. 


4. Petrographie einer Übergangsserie von Tonschiefern zu Kiesel- 
tonschiefern. 


(Genommen vom nördlichen Teil des Kreuzjöchel-Mießikopfgrates.) 


Man hatzunächst dichten, hellgelbenTonschiefer. U.d.M. 
zeigt sich nur eine undurchsichtige, tonige Grundmasse mit regellos 
verteilten klastischen Quarzkörnern mit rundlicher und länglicher 
Gestalt und feine, nach einer Richtung parallel angeordnete Seri- 
zitschuppen. 

Dann folgen glänzende, grauschwarze Tonschiefer. Es 
treten schon die zahlreichen, feinkörnigen, mit Serizitschuppen, 
Limonit und kohliger Substanz imprägnierten Quarzkörner der 
Kieseltonschiefer auf, dann wieder einzelne, große, klastische Quarz- 
körner und selten auch schon ein zwillinggestreiftes, mit den Quarz- 
körnern verwachsenes, neugebildetes oder zugeführtes Albitkorn. 
Zwischen diesen Mineralien liegen noch verrostete, eisenreiche Kar- 
bonate und einzelne gewundene, parallel angeordnete Serizit- 
streifen. 

Zuletzt erhält man die makroskopisch wie mikroskopisch von 
den echten Kieseltonschiefern des Nederers nicht mehr unterscheid- 
bare grünviolette Art (1. Art) der Kieseltonschiefer. 


5. Petrographie der Quarzserizitschiefer. 
a) Ohne Dolomitgerölle. 


Es gibt eine dichte, schieferige, serizitarme, weiße, schwach 
seidenglänzende und eine dichte oder mehr körnige, schieferige, mehr 
serizitreiche, schmutziggrüngraue Art. 

Die erste Art besteht aus feinen, miteinander verzahnten, 
reinen Quarzkörnern, zwischen denen unregelmäßig verteilte 
größere, eckige, rundliche oder längliche oder unregelmäßig ge- 
formte, klastische Quarzkörner und rundliche Turmalinkörner 
liegen. Die großen wie kleinen Quarzkörner löschen normal und 
streifig aus. Zwischen sie ziehen sich sehr dünne und längliche Bänder 
von schwach grünlich gefärbtem Serizit, welcher dem Gestein 
manchmal einen leichten grünlichen Ton verleiht. Diese weißen Quarz- 
serizitschiefer werden von den S. Q. durchschnitten. Sehr gut ist dies 
im Grübelkar bei P. 2268 zu sehen. 


308 Eduard Hartmann. [102] 


Diezweite Art besteht aus quarzigen und serizitischen 
Lagen, welche alternieren und durcheinandergeknetet sind. Die quar- 
zige: Lage setzt sich aus feinen, miteinander verzahnten und mit 
Serizit- und Chloritschuppen imprägnierten Quarzkörnern zu- 
sammen, welche mit seltenerem und unregelmäßig verteiltem Kalzit 
vermischt sind, der sich lokal zu kleinen Nestern ‘anreichert. Da- 
zwischen liegen größere, isolierte, eckige und rundliche oder läng- 
liche, ebenfalls klastische Quarzkörner, welche entweder nur am Rande 
oder nur in der Mitte oder zur Hälfte, oder schon ganz in kleine 
Quarzkörner zertrümmert sind. Auf Klüften der nicht ganz zer- 
trümmerten (Quarzkörner treten hineingepreßte Serizitschuppen auf. 
Zwischen allen feinen Quarzkörnern liegen auch noch öfter zwillings- 
gestreifte, verrostete Karbonate, ferner Pyrite, auch verzahnter 
zwillingsgestreifter Albit kommt vor, welcher selbst wieder Karbo- 
nate einschließt. 

Zwischen diesen quarzigen Lagen ziehen nun die dünnen, 
mit etwas grünem Chlorit verwachsenen, parallelen Serizitbänder 
hindurch. 

Die S. Q. führen hier bei den Serizitschiefern viel Kalzit, er 
ist mit den Quarzkörnern der Gänge verzahnt, welche bereits nuadir 
zerdrückt sind oder nur streifig auslöschen. 

Die Quarzserizitschiefer sind demnach ee. 
tonführende Quarzsande, deren Ton durch die Metamorphose Ü zu 
Serizit und Chlorit umgewandelt wurde, deren Quarzkörner gestreckt 
und ausgewalzt wurden. Nach ihrer Metamorphose wurden sie noch 


von den $. Q. durchtränkt. 


b) Quarzserizitschiefer mit Dolomitgeröllen. 


Die weißen jurassischen Quarzserizitschiefer führen an vielen 
Stellen, so im Klammtal bei P. 2268 und auf der Südseite des Haupt- 
massivs und im südlichen Lizumtal sowie zwischen der Kahlen Wand 
und dem Hippold kleinere, bald mehr rundliche, bald mehr eckige 
Geröllstücke von Kössener oder Triasdolomit, welche 
silifiziert oder von kleinen Quarzgängen, die in der Masse der quar- 
zitischen Partien ihren Ursprung nehmen, durchsetzt sind. Diese 
Silifizierung und die kleinen Quarzgänge sind nicht auf 
die S. Q., sondern auf die Metamorphose Ü zurückzuführen, 
welche die in den Sanden der Quarzserizitschiefer liegenden aufge- 
arbeiteten Dolomitstücke verkieselt hat. Man kann u. d. M. sehr gut 
sehen, daß die Quarzgänge, welche die Dolomitstücke durchsetzen, 
aus der Masse der Quarzserizitschiefer entstehen, daß sie in den 
Dolomitgeröllen auskeilen und neugebildete Dolomitrhomboeder und 
unregelmäßige dolomitische Partien umschließen. 


6. Petrographie der sandigen regenerierten Dolomite. 


Sie sind eine Mischung von feinem Trias- und Kössener Dolomit 
und von Quarzsand, besitzen eine bläulichgraue, schwärzlich- 
graue, oft bräunlich anwitternde Oberfläche und werden dicht bis 
feinkörnig. Sie sind auch etwas schieferig' entwickelt (zum Beispiel 


[103] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 309 


am Südgipfel der N. Schoberspitze) und von wenigen feinen Seri- 
zitschuppen bedeckt. 

Ihre Grundmasse besteht beim dichten Typus aus länglich 
entwickelten serizitführenden, feinen oder beim feinkörnigen Typus 
aus größeren, rundlichen, eckigen oder lappigen, oft zerbrochenen 
und undulös auslöschenden Quarzkörnern. Diese sind vermischt 
mit gleichmäßig verteilten, einschlußreichen Dolomitkörnern und 
Dolomitrhomboedern. In dieser Art von Grundmasse liegen noch 
seltene, mit den Quarzkörnern verzahnte, zwillingsgestreifte Albite. 
Auch braune Turmaline. ganze oder zerbrochene Säulchen bildend, 
kommen vor, ferner noch Pyrite, Anatas und viele Serizit- 
schuppen. 

Das ganze Gestein ist ein metamorpher, mit Quarzsand 
und Ton gemischter Dolomitgrus mit neugebildetem Serizit, 
Albit und Dolomitrhomboedern und mit Strukturänderungen der 
Quarzkörner. 

Die S. Q. wurden in dem nur wenig mächtigen und nur lokal 
auftretenden Gestein nicht angetroffen. 


Charakter der Metamorphose C. 


» 

In den vorangehenden Abschnitten wurden die Wirkungen der 
Metamorphose der mesozoischen Gesteine — der Metamorphose © der 
Tarntaler Berge geschildert. 

Es wurden hervorgehoben die Umwandlung des Tones zu Glimmer 
und Chlorit, die Neubildung von Albit, Granat, Apatit, es wurde Er- 
wähnung getan der mechanischen Kräfte, welche die Metamor- 
phose C begleitet haben müssen und welche die Strukturänderungen 
im Mineralbestande verursacht haben, es wurden genannt die nach 
der Metamorphose C auftretenden sekundären, selbständigen Quarz- 
gänge (S. Q.). 

Nunmehr soll die Frage berührt werden: Können wir die nach- 
gewiesene Metamorphose sämtlicher mesozoischen Gesteine als eine 
Metamorphose der Tiefenstufen oder als eine Dynamometamorphose, 
hervorgerufen durch orogenetische Prozesse, ansprechen ? 

Eine Belastungsmetamorphose nach dem Gesetz der Tiefenstufen 
scheint nicht vorzuliegen, dagegen spricht schon der stark wech- 
selnde Charakter der Metamorphose. Ferner ist ‘bis jetzt der 
sichere Nachweis nirgends erbracht worden, daß die Tarntaler Berge 
einst von genügend mächtigen Gesteinsmassen, etwa von großen „Decken“ 
überlagert worden sind. Man wird also für die Hauptursache 
der Metamorphose der mesozoischen Gesteine die mechanischen 
Kräften angeben, welche die Uberschiebungen mit Faltungen aus- 
gelöst haben. 

Aber auch diese Deutung stößt auf große Schwierigkeiten, denn 
l. trafen die Überschiebungen in den Tarntaler Bergen 
bereits metamorphe Gesteine an (cfr. die mechanische Bei- 
mengung von schon geschieferten Triasquarzit- oder Juraquarzserizit- 
brocken bei den Jurakonglomeraten), 2. ist bis jetzt noch nicht der 
experimentelle Beweis erbracht worden, daß durch solche Gebirgs- 


310 Eduard Hartmann. [104] 


bewegungen, wie sie in den Tarntaler Bergen erfolgten, aus Ton 
Serizit, Albit, Turmalin und Granaten neu gebildet werden können. 
Nirgends sind in den nördlichen Kalkalpen, wo doch ganz gewiß ebenso 
starke und große tektonische Bewegungen erfolgten wie in den Tarn- 
taler Bergen, wo in den Schichten ebensoviel Ton, ebensoviel Ge- 
birgsfeuchtigkeit vorhanden war, jemals authigene Serizite, Turmaline, 
Albite oder Granatkristalle nachgewiesen worden, 


Alle diese Betrachtungen legen den Schluß nahe: Für die Me- 
tamorphose der mesozoischen Gesteine der Tarntaler 
Berge ist vielmehr ein entfernt gelegenes Eruptivge- 
stein, vielleicht ein Granit, verantwortlich zu machen, 
welches die unbedingt notwendige Hitze und die bor- 
haltigen und Eisenglanz erzeugenden Dämpfe und viel- 
leicht zuletzt diesekundärenerzführenden Quarzalbit- 
gänge lieferte. 


Die Hitze ist als Hauptursache der Metamorphose © anzusehen. 
Es waren aber vom Beginn der Metamorphose C an bis zum 
Abschluß der großen Faltungen, bei welchen die sekun- 
dären Quarzgänge (S.Q.) noch gefaltet wurden, mit zeit- 
weiligen Unterbrechungen tektonische Kräfte in 
Tätigkeit. 

Während der Metamorphose C verursachten diese zum 
Beispiel dieparalleleAnordnungder neugebildetenGlim- 
mer-undSerizitschuppenindenQuarzkörnern,Streckung 
und parallele Anordnung der gesteinsbildenden Mine- 
ralien, hauptsächlich des Quarzes und Kalzits. Während 
der Metamorphose © wurden die eben neu gebildeten Glimmer und 
Serizithäute jetzt schon etwas mit den übrigen Mineralien verflochten 
und gefältel. Nach der Metamorphose Ü erreichte die Wirk- 
samkeit der tektonischen Kräfte ihren Höhepunkt. Es traten nun- 
mehr die großen Uberschiebungen und die Gesteinsver- 
mischungen bei den Jurakonglomeraten und bei den Rauh- 
wacken auf. 


Hierauf folgte eine Periode der Ruhe, sie ist gekennzeichnet 
wahrscheinlich durch erneute Eingriffe des Eruptivgesteins, nämlich 
durch diesekundären Quarzgänge (S. Q.). Diese sind sicher Pro- 
dukte heißer Lösungen, besitzen die Fähigkeit, Albit auszukristallisieren 
und in den bereits bei der Metamorphose U fertiggestellten Glauko- 
phanschiefern völlige Umkristallisierung der Glaukophan- 
hornblende hervorzurufen. Die S. Q. zeigen durch die Form 
ihres Auftretens sowie durch ihre gelegentliche Erzführung 
ihre Selbständigkeit an. Würden sie zum Beispiel nur flüssiggewordener 
Quarz aus den sandreichen Sedimenten der mesozoischen und paläo- 
zoischen Schichten sein, dann blieben ihre Erzführung unverständlich. 


Nach den sekundären Quarzgängen begannen die tektonischen 
Kräfte noch einmal zu wirken, sie erreichten nicht mehr ganz ihre 
frühere Intensität, sie verursachten jedoch sehr intensive Faltungen 
aller Gesteine und ihrer sekundären Quarzgänge. 


[105] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 3ıl 


C. Petrographie der ‚„Serpentinvorkommnisse‘“ der 
Tarntaler Berge. 


Übersichtstabelle der Eruptiva der Tarntaler Berge. 


Feldspatarme Stammagma. Feldspatreiche 
Spaltung. Spaltung. 
ß Gabbro Diallagit Diabas 
Muttergesteine biotitreich weitaus vorherr- biotit- und horn- 
und schend, feldspat- blendefrei. 
hornblende- frei, biotit- und 
führend. hornblende- 
führend. 
Serpentin Serpentin des Diabas epidotisiert 
ee Uralitische Horn- | Lagers und der und chloritisiert. 
2 blende und Chlorit. Lagergänge. 
Fig. 16. 


Fig. 16 zeigt das Auftreten von Chloritfels (d) im Serpentin (s) an der 
Scharte zwischen dem Großen und dem Kleinen Reckner. 


Wer vom Staffelsee zur tiefsten Stelle der Scharte zwischen 
dem Großen und dem Kleinen Reckner emporsteigt, der findet alle 
in der Übersichtstabelle angegebenen Gesteine. Aus Serpentin be- 
steht der Große und der Kleine Reckner, aus Chloritfels eine 
Gesteinslinse mitten im Serpentin an der Scharte zwischen dem 
Großen und Kleinen Reckner (cfr. Fig. 16). 

Mehr oder minder chioritisierte und serpentinisierte Gabbro- 
fundstücke, desgleichen Diabas- und Diallagitstücke trifft man ver- 
einzelt im Schuttkegel südlich und unterhalb des Chloritfelsvorkomm- 
nisses an. 


I. Petrographie des frischen Diallagits. 


Makroskopisch erscheint er rötlichbraun und ist infolge einer 
teilweisen Serpentinisierung lokal grünlich gefärbt. Im übrigen ist 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 41 


319 Eduard Hartmann. [106] 


er sonst frisch. U. d. M. sieht man, daß das Gestein fast ausschließlich 
aus Diallagen, ferner aus wenig Hornblende und sehr wenig 
Serpentin und Titanit besteht. 

Der Diallag bildet große, rundliche, mit zackigen Rändern 
versehene Körner, welche streifige Auslöschung und gebogene Spalt- 
risse besitzen. Die Körner bilden lokal noch zusammenhängende 
Partien. Manches Diallagkorn ist stellenweise in Serpentin um- 
gewandelt, ein anderes umschließt nicht selten schmale Streifen 
oder Nester einer sehr charakteristischen rötlichbraunen 
Hornblende. Bei den tektonischen Bewegungen wurden die oben 
genannten zusammenhängenden Diallagpartien fast ganz in ein Aggregat 
von sehr feinen, runden, aber frischen Diallagkörnern zerrieben, zwischen 
denen hie und da ein noch nicht ganz zermalmtes größeres Diallag- 
korn liegt. Das feine Pyroxenzerreibsel ist vermischt mit Fragmenten 
gleichfalls zerstückelter, brauner, charakteristischer Hornblende. Es 
treten in ihm auch einzelne große, von der Zertrümierung verschont 
gebliebene Hornblendekörner, desgleichen kleine Serpentinnester auf. 
Letztere enthalten oft zahlreiche, beim Serpentinisierungsprozeß neu 
gebildete Strahlsteinschuppen. 

Das Gestein kann als ein sehr wenig serpentinisierter, aber me- 
chanisch stark beeinflußter Diallagit angesprochen werden. 


ll. Petrographie der gabbroiden Spaltung des Diallagits. 


Es ist ein grob- bis gröbstkörniger Diallagfels mit Biotit, 
Hornblende und wenig Plagioklas. 

Makroskopisch erkennt man bis zu 1, ja sogar bis zu Dcm lange, 
regellos durcheinander gewachsene und geknetete, mit zahllosen 
feinen, parallelen Spaltrissen versehene Diallage von rötlich bis 
schwarzbrauner Farbe. Mit diesen sind sehr häufig dicke, verbogene 
Pakete oder unregelmäßige Aggregate bildende Biotitblätter ver- 
wachsen oder verknetet. 

Die Biotite sind entweder frisch, dann von brauner Farbe, 
oder sie sind gebleicht und in Chlorit umgewandelt, dann von hellem 
srünlichweißen Aussehen. An manchen nicht anstehenden Fundstücken 
ließ sich deutlich erkennen, wie bereits zu Chlorit umgewandelte 
Biotitmassen in ein völlig frisches Diallagindividuum hineingepreßt 
wurden. Die Umwandlung des Biotits zu Chlorit (durch die post- 
vulkanischen Prozesse) war also bereits erfolgt, als die späteren 
tektonischen Kräfte, welche die Überschiebungen und Faltungen ver- 
ursachten, die Gesteine noch mechanisch beeinflußten. Manchmal, zum 
Beispiel in der Scharte zwischen dem Großen und dem Kleinen 
Reckner, hatte sich der Biotit zu Biotitfels angereichert gehabt, welcher 
dann beim Serpentinisierungsprozeß zu Chloritfels wurde. Die mikro- 
skopische Untersuchung der gabbroiden Spaltung ergibt, daß außer dem 
schon makroskopisch sichtbaren Diallag, Biotit und Chlorit noch 
dareierlei Hornblende, ferner etwas Feldspat, Titansäure- 
mineralien und Serpentin vorhanden sind, 

Der Diallag bildet große, meistens frische, oft mit sehr stark 
verbogenen Spaltrissen versehene Körner mit normaler und streifiger 


[107] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 313 


Auslöschung oder mit beginnender Mörtelstruktur, welche erst bei 
gekreuzten Nikols deutlich wird. 


Die großen Körner sind mit Pflasterstruktur versehen, aus ihrer 
Zertrümmerung sind sehr oft kleinere Körner mit verzahnter Struktur 
hervorgegangen. Diese Zerlegung in kleine Körner findet gern zwischen 
zwei parallellaufenden Spaltrissen statt. Die Hornblende tritt in 
dreierlei Form auf. Ziemlich häufig ist die stark pleochroitische, charak- 
teristische, primäre, braune, schon mehrmals genannte Hornblende 
(tief gelblichbraun, wenn die Schwingungsrichtung des Polarisators 
parallel der Hauptzone und rötlichhellbraun, wenn sie senkrecht zu 
derselben verläuft). Sie tritt selbständig oder in Verwachsung 
mit den Diallagkörnern auf. Im ersteren Falle bildet sie rund- 
liche Körner oder unregelmäßig geformte Partien innerhalb der Diallag- 
körner, welche lokal ebenso wie diese wieder in kleinere Stücke 
zertrümmert sind. Im zweiten Falle bildet sie schmale, zumeist den 
Spaltrissen parallel verlaufende Streifen oder mitten im Diallag auf- 
tretende, rundliche und unregelmäßig geformte Nester, die teilweise 
schon wieder in feinschuppigen grünlichen Chlorit umgewandelt 
wurden. 

Mit dieser primären braunen Hornblende verwachsen 
kommt gar nicht selten eine grüne primäre Hornblende vor 
mit einem Pleochroismus von bräunlichgrün dann, wenn die Hauptzone 
parallel der Schwingungsrichtung des Polarisators und gelblichhell- 
braun, wenn sie senkrecht zu derselben steht. Die grüne Hornblende 
umsäumt auch manchmal die braune vollständig, beide gehen dann 
mit Zonarstruktur allmählich ineinander über. 


Die dritte Art von Hornblende ist jedenfalls sekundär aus dem 
Diallag entstanden (uralitische Hornblende), es ist eine lichte, 
strahlsteinartige Hornblende, welche pallisadenartig aus den Rändern 
der Diallage hervorwächst und auch mit den Feldspaten und den 
umgewandelten Biotiten verknetet oder verwachsen vorkommt. 


Der sehr selten auftretende Feldspat, ein Oligoklas-An- 
desin, ist immer stark zertrümmert, doch sind einzelne große, gut- 
erhaltene Partien mit breiten Zwillingslamellen vorhanden. 


Der mit Spaltrissen versehene Glimmer, brauner Biotit, 
ist zumeist stark gebleicht, dann nicht mehr pleochroitisch, oder er 
ist unter Abscheidung von Titansäuremineralien bereits ganz in 
Chlorit umgewandelt. 

Die gabbroide Spaltung besitzt wie das Stammagma noch Partien 
mit ursprünglicher Anordnung der Diallagkörner. Bei den aus Feld- 
spat, frischen und umgewandelten Biotiten, Titansäuremineralien und 
Strahlstein zusammengesetzten Teilen des Gesteines ist infolge 
der starken Durcheinanderknetung keine ursprüngliche 
Mineralanordnung mehr zu erkennen. Man kann das eben be- 
schriebene Gestein einen Gabbro nennen, dessen Diallage noch ziem- 
lieh frisch sind, während der Biotit und die Hornblenden schon chlo- 
ritisiert wurden. Nach der Metamorphose wurde das Gestein mechanisch 
noch stark beeinflußt. 


41* 


314 Eduard Hartmann. N 08] 


Ill. Petrographie der Diabasfazies des Diallagits. 


Sie besitzt eine grünliche Oberfläche, wittert dunkelbraun an 
und weist Klüfte auf, welche Quarz der S. Q. enthalten. 

Die mikroskopische Untersuchung zeigt, daß das Gestein mit 
den übrigen bereits beschriebenen im Zusammenhang gebracht werden 
muß und daß es nicht etwa eine selbständige spätere Gangbildung 
darstellt. Das Gestein setzt sich vorherrschend zusammen aus Feld- 
spat und Epidot, viel weniger häufig ist Chlorit, Titanit und 
verrostete Magneteisenkörner. Seltener als diese sind Kalzit, 
Quarz und Rost. 

Der Feldspat ist wie bei der gabbroiden Spaltung ein Oli- 
goklas bis Andesin, er ist meistens zerdrückt und verbogen und 
löscht streifig aus. Die einzelnen zerbrochenen Teile sind gegenein- 
ander verschoben. Er bildet lange, schmale oder breite Leisten mit 
gutentwickelten, oft sehr zahlreichen Zwillingslamellen oder er setzt 
mehr rundliche, mit unregelmäßigen Rändern versehene Körner zu- 
sammen. Ferner enthält er zahlreiche eingewanderte Chloritschuppen 
oder wenige, neugebildete Serizitfetzen. Im Dünnschliff läßt sich noch 
eine schwach angedeutete Richtung auffinden, nach welcher die Mehr- 
zahl der Feldspate etwas parallel angeordnet ist (Wirkung der me- 
chanischen Kräfte, welche nach der Metamorphose © auftraten). Aber 
sehr oft bilden die Feldspate auch von Epidot oder Chlorit, Titanit, 
Rost und Magneteisen ausgefüllte, dreieckige Interstitien oder 
sie besitzen eine völlig regellose Anordnung. 

Der oft mit Spaltenrissen versehene Epidot tritt in zweier- 
lei Formen auf. Die eine zeigt noch seine Entstehung aus 
dem Feläspat. Es finden sich gar nicht oder sehr schöne 
zwillingslamellierte Feldspatleisten, welche bis auf wenige Teile in 
der Mitte oder an den Enden epidotisiert sind, umgekehrt gibt 
es wieder solche, von denen nur die Mitte oder nur eine Zwillings- 
lamelle in Epidot umgewandelt ist. Häufig umschließt auch ein Epidot- 
korn ein noch nicht umgewandeltes, rundes, kleines Feldspatkorn ; 
oder das mittlere Stück eines zwillingslamellierten Feldspates wurde 
in ein analoges, ebenfalls zwillingslamelliertes Epidotstück umgewandelt. 

Die zweite Form des Epidots besteht in langgestreckten 
oder rundlichen, manchmal sehr unregelmäßig geformten und zwillings- 
lamellierten, selbständigauftretenden Körnern. Diese liegen 
zwischen den Feldspaten oder den Chloritmassen und reichern sich 
hie und da zu länglichen gangartigen Partien an. 

Der grüne, manchmal etwas strahlig angeordnete Chlorit bildet 
die Ausfüllungsmasse zwischen den Feldspäten und Epidoten. Er stellt 
jedenfalls die umgewandelte, einstmals stark zurücktretende Diallag- 
srundmasse des Gesteines dar. Er füllt auch sekundäre Spalten in 
den Feldspaten oder in den Epidotindividuen aus. Die feinen grün- 
lichen Häkchen und Schuppen, welche den Feldspäten auf mikro- 
skopisch nicht wahrnehmbaren Spalten sekundär beigemengt wurden, 
sind bereits erwähnt worden. 

Inden sekundären Chloritgängen finden sich auch Nester 
von verzahnten, streifig auslöschenden oder mit Mörtelstruktur ver- 


[109] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 315 


sehenem Quarz. Er ist entweder sekundär aus dem Diabas entstanden 
oder stammt wahrscheinlicher aus den S. @. Der Quarz besitzt nich 
selten sechsseitige Umrisse, enthält Chloritschuppen und wenig se- 
kundär entstandenen oder durch die S. Q. zugeführten Kalzit. 

Der Titanit findet sich meistens mit Leukoxen überzogen 
vor allem in den sekundären Chloritgängen des Gesteines. 

Das oft stark verrostete Magneteisen erscheint in den Chlorit- 
gängen und auf den Spalten der Feldspate und Epidote. 

Nach Mineralbestand und Struktur muß das beschriebene Gestein 
zu den Diabasen gestellt werden. Der Diallag ist jetzt ganz zu Chlorit 
umgewandelt, welcher sekundär auf Spalten in die Feldspate eindrang. 
Die Feldspate hingegen wurden epidotisiert und etwas seri- 
zitisiert. Nach den Umwandlungsprozessen wurde das Diabasgestein 
noch stark mechanisch beeinflußt, dafür sprechen besonders die zer- 
brochenen und schwach parallel angeordneten Feldspate. Auch die 
S. Q. treten in ihm auf. 


Fassen wir susammen: 


In den Tarntaler Bergen, in der Scharte zwischen 
den beiden Recknern lassen sich heute noch inmitten 
von großen Serpentinmassen, einige felsbildende Reste 
eines Diallagits, Gabbros und Diabases finden. 

Durch die postvulkanischen Prozesse, welche der 
Intrusion der Serpentinmuttergesteine folgten, wurde 
die Hauptmenge des weitaus vorherrschenden Dialla- 
giteszuSerpentinumgewandelt, seinenur wenigmächtig 
ausgebildete gabbroide Spaltung chloritisiert, serpen- 
tinisiert oder uralitisiert. Seine Diabasfaziens epido- 
tisiert und chloritisiert. 


IV. Petrographie des serpentinisierten Diallagits 
(Stammagmas). 


(Serpentingesteine mit Mineralresten des Diallagits. 
Serpentingesteine des Lagers und der Lagergänge.) 


Die mächtigen Serpentinkegel des großen und kleinen Reckners 
in der Schuppe Be ferner hauptsächlich die inneren Teile der 
Lagergänge der Schuppe 3, und A bestehen aus einem massigen, 
ziemlich homogenen Ser Da von dichter Beschaffenheit und 
dunkelgrüner bis schwarzgrüner Farbe. 

Er wittert braun oder gelblich braun an und ist zumeist von 
zahllosen glatten, glänzenden, unregelmäßig verlaufenden Rutsch- 
streifen durchsetzt. 

Am Aufbau dieses Serpentingesteines sind folgende Mineralien 
beteiligt: Weitaus vorherrschend ist das Serpen tinmaterial selbst, 
hierzu kommt viel Chlorit, zahlreich sind Diallage und Erze, wie 
Magneteisen, Chromeisen und Pyrit, häufig, ist Titanit und 
dessen Zersetzungsprodukt, der Leukoxen, ferner die charak- 
teristische braune Hornblende, desgleichen grüne Hornblende. 
Sehr zahlreich treten Karbonate (meistens Kalzit, seltener Ma- 


316 Eduard Hartmann. [110] 


gnesit) auf. Auch Epidot findet sich, desgleichen seltene Fetzen 
von Biotit; Olivin, der nach Rothpletz im Serpentin des 
Reckners vorkommt, konnte nicht wieder gefunden werden, es ist aber 
ganz gut möglich, daß er akzessorisch wird. Das Serpentin- 
mineral, der Chlorit, die Erze, nämlich Magneteisen und Pyrit 
und sehr wahrscheinlich auch das Chromeisen sind sicher Umwand- 
lungsprodukte. Zu den Mineralien desSerpentinmutter- 
gesteins, des Diallagits, weiche nur teilweise oder gar nicht ver- 
ändert wurden, gehört der Biotit, der Diallag und die mit dem 
Diallag verwachsene, braune, charakteristische Hornblende. 

Zugeführt wurde vor allem der größte Teil der Karbonate 
(Kalzit und noch etwas Epidot). Letzterer kann von den epidotisierten 
Feldspaten der diabasischen Spaltung abgeleitet werden. 


Das Serpentinmineral. 


Es steht mit keinem der Resultate, welche die Untersuchung 
zahlreicher Schliffe geliefert hat, im Widerspruch, wenn man das Ser- 
pentinmineral als Chrysotil bezeichnet, welcher in seinen 
optischen Eigenschaften und in seiner Ausbildungsform 
mannigfachem Wechsel unterworfen ist. 

Das Mineral hat eine Liehtbrechung, welche zwischen 1'57 
und 1':55 wechselt, ist meistens gefärbt und besitzt dann einen starken 
oder schwachen Pleochroismus von bräunlichgelb zu grünlich, 
letzterer Farbe ist oft ein schwacher bläulicher Ton beigemengt. 
Varietäten mit kräftigem Pleochroismus sind auch stark 
licht- und doppelbrechend. Die Interferenzfarben sind 
nieder und normal. Es treten graublaue, gelbliche und graulich- 
weiße Interferenzfarben der ersten Ordnung auf. Das Mineral ist 
optisch positiv und hat positiven Charakter der Haupt- 
zone. 

Im allgemeinen lassen sich vier Arten seines Auftretens 
unterscheiden. 

Zwei davon sind noch an das Diallagmineral gebunden. 
Die übrigen liefern selbständige gangförmige Gebilde. 

Durch Zersetzung des nicht mit zahlreichen Spalt- 
rissen versehenen Diallag-Individuums, die ganz so erfolgte, 
wie sie für serpentinisierten Olivin so bezeichnend ist, entstand ein 
mehr oder minder regelmäßig entwickeltes, meist durch spätere, 
mechanische Vorgänge stark gestörtes Chysotil-Maschennetz. 

Eine typische Masche setzt sich aus je zwei, bald langen, 
bald kurzen, stark pleochroitischen Quer- und Längsbalken zu- 
sammen, welche einen meist farblosen Kern umschließen. 

Der einzelne Balken ist bläulichgrün, wenn seine Längs- 
erstreckung parallel zur Schwingungsrichtung des P. und 
braungelb, wenn er senkrecht zu derselben steht. Die jeweils 
parallel laufenden Balken der einzelnen Maschennetze zeigen immer 
gleichen Pleochroismus und löschen gleichzeitig aus. An den Rän- 
dern und in der Mitte der Balken finden sich unregelmäßige 
Züge von Körnern oder Oktaedern von Magneteisen. Letzteres 


[111] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 317 


bildet auch parallele, blätterartige oder nadelförmige Partien, welche 
mit dem Serpentin alternieren und senkrecht zu den Wänden der Balken 
stehen, so daß eine Art Leiterstruktur entsteht. 

Der vonden vierBalken eingeschlosseneSerpentin- 
kern ist zumeist farblos und hat eine geringere Lichtbrechung und 
eine niedere Doppelbrechung als die Balken. Er löscht streifig aus 
und besitzt schwarzgraue Interferenzfarben. Er zeigt oft faserige 
Struktur und ist von Körnern, Trichiten, Globuliten und Oktaedern 
des Magneteisens reichlich erfüllt oder umsäumt. Auch die Kerne 
derSerpentin-Maschennetze zeigen gemeinsame Dunkel- 
stellung. Ganz die gleiche Serpentinart, wie sie die eben be- 
schriebenen Maschkerne bildet, kommt schmal, oft linsenförmig aus- 
gebildet in der Mitte der Balken vor. In seinem optischen Verhalten, 
zum Teil auch in der Ausbildung unterscheidet sich der Ser- 
pentin derMaschenkerne in keiner Weise von den später 
zu beschreibenden Bastiten. 

Anormal wird das geschilderte Maschennetz dadurch, daß 
die Längs- und Querbalken sich nicht mehr berühren, sondern an beiden 
Enden lanzettförmig sich zuspitzen. Dadurch wird oft die Blätter- 
struktur eines Antigoritserpentins vorgetäuscht. 

Aus den Schliffen ist unmittelbar zu ersehen, daß das Ausgangs- 
mineral für den geschilderten Maschennetzserpentin 
der Diallag ist. 

Man findet nämlich viele Diallagkörner von zahlreichen, stark 
pleochroitischen, magneteisen-, etwas seltener karbonatführenden Ser- 
pentingängen durchzogen, ganz so, wie es bei serpentinisierten Olivin- 
körnern der Fall ist. Diese Gänge verlassen nun die Diallagkörner, 
ohne im geringsten ihre Eigenschaften zu ändern und 
bilden die Balken eines mehr oder minder regelmäßig ausge- 
bildeten Maschennetzes. Nur schließen sie manchmal an Stelle 
der vorhin beschriebenen, meist farblosen und schwach licht- und 
doppelbrechenden Serpentinkerne ein noch nicht zu Serpentin umge- 
wandeltes Diallagkorn ein. 

Wir können uns nun ein Bild vom Serpentinisierungs- 
vorgangdesnicht mit zahllosen Spaltrissen versehenen 
Diallagindividuums machen: 

Das einzelne Diallagindividuum wurde von allen Seiten von den 
zirkulierenden und zersetzenden postvulkanischen Lösungen 
angegriffen. Die Lösungen bevorzugten Stellen geringeren Widerstandes, 
zum Beispiel unregelmäßige Sprünge und Risse. Es entstand so im 
einzelnen Kristall ein mehr oder minder regelmäßiges Maschen- 
netz, vergleichbar dem Olivinmaschennetz der Olivinserpentine. Auf 
den Gängen desselben bildet sich unter Abscheidung von Magnet- 
eisen das Chrysotilmineral. Der Absatz desSerpentinminerals 
und des Magneteisens erlag nun besonderen Gesetzen. 

Das Erz schlug sich zumeist an den Wänden der Gänge (Balken) 
nieder, Oktaeder oder unregelmäßige Körner bildend. 

Das Serpentinmineral hingegen setzte sich, die Gänge 
ausfüllend, meistens senkrecht zu den Kluftwänden ab. 
Man findet nämlich des öfteren eine senkrecht zu den Wänden der 


318 Eduard Hartmann. [112] 


Gänge stehende feine Faserstruktur des Serpentins, ferner 
lassen parallele, mit dem faserigen Serpentin alternierende Magnet- 
eisenblätter, die senkrecht zu den Gangwänden stehen, darauf 
schließen, daß die ihnen zwischengeschalteten Serpentinpartien ebenfalls 
senkrecht zu den Gangwänden orientiert sind. 


Die Tatsache jedoch, daß stark verästelte und gewun- 
dene Gänge ebenfalls gemeinsam auslöschen, kann durch 
die Annahme, daß das schuppige Serpentinmaterial senkrecht zu 
den Kluftwänden anschließt, nicht erklärt werden, denn bei 
einem gewundenen Gang, welcher aus Individuen besteht, die alle 
senkrecht zu den Gängen aufgewachsen sind, herrscht keine gemein- 
same Orientierung, mithin auch keine gemeinsame Auslöschung und 
kein einheitlicher Pleochroismus. 

Man muß hier vielmehr von einer vorherrschenden 
Richtung sprechen, nach welcher die Individuen ge- 
wachsen sind. 


Die Ursache zu dieser gemeinsamen Orientierung 
entstand jedenfalls während der Umwandlung des Diallags zu 
Serpentin. Vielleicht ist sie in den Druckkräften zu 
suchen, welche bei dieser Umwandlung auftraten. 

Diese Druckkräfte bildeten sich möglicherweise dadurch, daß 
das wasserhaltige Magnesiunısilikat, der Serpentin, mehr Raum bean- 
sprucht als der Diallag. 


Die Druckkräfte entstanden und wirkten so lange, als das Gestein 
von den zersetzenden Lösungen beeinflußt war und pflanzten sich 
innerhalb der miteinander in Verbindung stehenden und von den 
Lösungen erfüllten Gänge fort. Durch Addition der kleinen, bei der 
Zersetzung je eines Diallagindividuums entstandenen Teildrucke 
summierte sich ein hinreichend großer Gesamtdruck, welcher die 
jeweils sich neubildenden blätterigen Serpentinindividuen sofort zwang, 
sich senkrecht zu der Richtung des herrschenden Gesamt- 
druckes abzusetzen. 


So könnte die Lage des einzelnen Serpentin- 
individuums durch die Kräfte bestimmt werden, die es 
bei seiner Entstehung hervorruft und vermittels der 
zirkulierenden Lösungen den übrigen nahe- und fern- 
liegenden Individuen mitteilt. 


Möglich wäre es auch, daß beim Serpentinisierungsprozeß tek- 
tonische Kräfte die vorhin gemeinsam geschilderte Orientierung her- 
vorriefen. Doch haben wir für das Vorhandensein solcher Kräfte keine 
Anhaltspunkte. Daß viel später wirkende Druckkräfte in den bereits 
völlig fertiggestellten Chrysotilgängen eine gemeinsame Orientierung 
der Serpentinblätter hervorgerufen haben, ist nicht sehr wahrscheinlich, 
denn die Mineralien des Nebengesteines der Gänge zeigen nicht die 
dann notwendigerweise ebenfalls eintretende parallele Anordnung. Mit 
der Herausbildung des eben geschilderten Chrysotil- 
maschen- oder Balkennetzes hatdasDiallagindividuum 
des Serpentinmuttergesteines die erste Etappe beim 
Serpentinisierungsprozeß durehlaufen. Viele Diallage werden 


[113] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 319 


heute im Gestein angetroffen, welche nur diese Etappe mitgemacht 
haben. 

Meist haben jedoch zirkulierende Lösungen, welche den 
zuerst zersetzenden bald nachfolgten, die von den früheren Gängen 
verschonten und umsäumten Diallaginseln wieder gemeinsam 
zu faserigem Serpentin umgewandelt. So entstanden die ge- 
meinsam auslöschenden Serpentinkerne der Netzwerke. 
Jedoch auch bei dieser zweiten Etappe bleiben noch einzelne 
Diallagreste innerhalb des Maschennetzes erhalten. 

Durch Serpentinisierung des mit zahllosen, sehr feinen, 
parallelen Spaltrissen versehenen Diallagindividuums, 
wie es frisch und mikroskopisch und makroskopisch sichtbar den 
Diallagitfels der Tarntaler Berge bildet, entstanden hier die soge- 
nannten „Bastite“. 

Es sind dies hier in den Tarntaler Bergen verschieden 
sroße, meist mit unscharfen Rändern versehene, etwas prismatisch 
entwickelte Pseudomorphosen vonSerpentin nach Diallag. 

Sie bestehen aus schmalen oder breiten, parallelen, geraden 
oder stark verbogenen, dann streifig, sonst gerade auslöschenden 
Chrysotilstreifen, welche oft mit parallelen, sehr feinen, un- 
zersetzten Diallagstreifen alternieren. 

Die Oberfläche der Serpentinstreifen ist meist schwach grünlich 
gefärbt mit geringem Pleochroismus. Sie weist jedoch auch zahlreiche 
Stellen auf, welche die starke Licht- und Doppelbrechung 
und denkräftigen PleochroismusdesnormalenMaschen- 
serpentins besitzen. 

Auch das Magneteisen findet sich in ihm; es hat sich zumeist 
auf den Spaltrissen abgesetzt oder bildet kleine Züge innerhalb der 
Pseudomorphosen. Diese Bastite sind wirklich Chrysotil, 
denn erstens entstammen sie wie der Chrysotilmaschenserpentin 
ebenfalls aus dem Diallag, zweitens erreichen sie dessen Licht- und 
Doppelbrechung und Pleochroismus, drittens wurden sie bereits von 
Blaast) auf Grund chemischer Analysen zu den Chrysotilen gestellt. 
Hervorzuheben ist, daß die zu Serpentin zersetzten einzelnen Spalt- 
lamellen gemeinsame Auslöschung besitzen. 

Bis jetzt wurden zwei Etappen des Serpentinisierungs- 
prozesses verfolgt, welche der einfache und der mit Spaltrissen 
versehene Diallagit bisher durchmachte. Wir gelangen nun zur Schilde- 
rung der dritten Etappe. 

Vom Maschenserpentin und den Bastiten unterscheidet sich eine 
dritte Serpentinvarietät hauptsächlich durch die Art des Auf- 
tretens und der Ausbildung. Sie kommt nurinsekundären, sich ver- 
ästelnden Gängen vor, welche das Serpentingestein und die dasselbe 
zusammensetzenden Mineralkomponenten durchsetzen. Sie konnten nur 
bis zu einer Maximalstärke von zirka 1—1!/, cm beobachtet werden. 

Diese Serpentinart scheint die Gänge zu bilden, welche nach 
Blaas aus regeneriertem Serpentin („Faserserpentin“, „Metaxit“ 


ı) J. Blaas, „Über Serpentin und Serpentinschiefer aus dem Brenner- 
gebiete*. 1894. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 49 


320 Eduard Hartmann. [114] 


oder „Pikrosmin“ bestehen). Makroskopisch fallen sie durch ihre 
hellgrünen Farben und verrosteten braunen Ränder sowie ‚durch 
Karbonatführung (Aufbrausen beim Betupfen mit Salzsäure) auf, 
ferner dadurch, daß sie Stücke von bereits fertiggestelltem Maschen- 
serpentingestein umschließen. 

Sie bestehen aus meist farblosem, magneteisenarmem, faserigem 
Chrysotil, welcher weißgraue Interferenzfarben besitzt und oft senkrecht 
zu den Kluftgängen abgesondert wurde. Diese Gänge haben oft 
nachträglich eine starke Stauchung erlitten, so daß eine Art 
Transversalstruktur sich herausbildete. Es werden nämlich die 
urpsrünglich mehr oder minder senkrecht zu den Kluftwänden ab- 
gesonderten Serpentinfasern gitterförmig von parallelen, wellenförmig 
gebogenen Faltenzügen durchschnitten (s. Fig. 17). 


Fig. 17. 


Fig. 17 zeigt die Stauchung eines sekundären Chrysotilganges. 


Wo keine solchen sekundären Verbiegungen erfolgt sind, löschen 
diese sekundären Chrysotilgänge, auch wenn sie vielfach im Gestein 
sich verästeln, nach den oben angegebenen Gesetzen gemeinsam aus. 
Sie durchziehen auch die Bastite und den Maschen- 
serpentin und machen auch vor unzersetzten Diallag- 
körnern nicht halt. Sie setzten sich vielmehr in denselben als 
ächte, früher beschriebene Maschengänge fort. 

Diese Erscheinung zeigt, daß die schwächer licht- und doppel- 
brechenden sekundären Serpentingänge eine Zersetzung von frischem 
Diallag hervorrufen konnten und daß sie dann stark licht- und doppel- 
brechend werden, wenn sie sich im Diallagkorn verweilen. Diese 
Erscheinung drückt die große Verwandtschaft aus, welche 
zwischen den genannten sekundären Gängen und dem 
Maschenserpentin besteht. 

Es ist deshalb in dieser Arbeit unterlassen worden, den sekundären, 
heller gefärbten, weniger pleochroitischen und schwächer licht- 
und doppelbrechenden Serpentinarten Namen wie „Pikrosmin* ete. 
zu geben. 

Es konnte bei den Serpentingesteinen der Tarntaler Berge 
festgestellt werden, daß im allgemeinen jede Serpentinart, deren Ent- 
stehung aus einfachen oder mit Spaltrissen versehenen Diallagen in 
Schliffe unmittelbar studiert werden konnte, eine höhere Licht- und 
Doppelbreehung und einen kräftigeren Pleochroismus besitzt als die 
an die sekundären Gänge gebundene Varietät. 


[115] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 321 


Wahrscheinlich ist letztere sowie alle schwach licht- und doppel- 
brechenden und durch schwachen Pleochroismus ausgezeichneten 
Serpentinvarietäten, eine eisenärmere Verbindung, welche dadurch 
entstanden ist, daß Lösungen, welche in den bereits fertiggestellten 
Serpentin eindrangen, diesen auflösten, ihn zum Teil an Ort und Stelle 
auskristallisierten oder auf Gängen weiter verfrachteten. Die oben 
genannte Erscheinung, daß sekundäre Chrysotilgänge, wenn sie in 
bisher unzersetzten Diallagkörnern verlaufen, pleochroitisch werden, 
würde dann so zu deuten sein, daß die Gänge sich im Diallag 
mit Eisen aus dem Diallag wieder bereichern und dadurch stärker 
licht- und doppelbrechend und stärker pleochroitisch werden. 


Das makroskopische Auftreten der sekundären Gänge, welche 
die letzte, dritte Etappe beim Serpentinisierungsprozeß darstellen, 
wurde schon genannt, so erübrigt nur noch die makroskopische Be- 
schaffenheit der beiden ersten Serpentinarten (Maschen- 
serpentin und Bastite) zu schildern. 


Der Maschennetzserpentin bildet den Hauptbestandteil 
der splitterigen, dunkel- bis schwarzgrünen, stark ver- 
ruschelten Serpentinmassen der Tarntaler Berge. 

Leicht zu erkennen durch vollkommene Spaltbarkeit, 
ziemlicheErhaltung einer Kristallform, hellgrüne Farbe 
und eine stark reflektierende Oberfläche ist der ver- 
schieden große, sogenannte „Bastit“. 


Wenn die Serpentingesteine lange den Unbilden der Witterung 
ausgesetzt sind, überziehen sie sich mit einer dünnen, gelben oder 
rotbraunen, vom Eisengehalt herrührenden Schicht. Oft zeigt 
ein Block mit bereits tiefgehender Verwitterung konzentrische 
Anordnung derverschieden stark angegriffenen Zonen. 


Chloritmineral. 


Es läßt sich feststellen, daß eshäufiger in den randlichen 
Partien der Lagergänge als in deren Mitte auftritt, doch bildet 
es auch im Serpentin, hier häufig allerdings erst durch das Mikroskop 
wahrnehmbare, seltener durch reichliches Magneteisen schwarz gefärbte, 
schon makroskopisch auffallende Partien. Es ist grünlich, mitunter 
pleochroitisch, oft mit dunkelblauen anormalen Inter- 
ferenzfarben versehen; dann wahrscheinlich Pennin. Auch Klino- 
chlor kommt vor. 


Wie mehrere Schliffe zeigen, ist der Chlorit in mehreren Fällen 
zum Beispiel im Serpentin an der Schoberlacke (in der Schuppe A) 
aus der braunen, charakteristischen primären Hornblende 
entstanden. Doch soll damit nicht angedeutet sein, daß sämtlicher 
Chlorit die braune Hornblende zum Ausgangsmaterial hat. 


Bezüglich eines Minerals, welches fast immer an Kalzit 
sebunden zu sein scheint, herrscht Zweifel, obesden 
Chloriten oder den eisenarmen Serpentinen zugeteilt 
werden soll. 

42* 


329 Eduard Hartmann. [116] 


Es bildet mit mehr oder minder reichlichem Kalzit feine, sich 
teilende und durchkreuzende, auch parallele, hellgrüne, beim Betupfen 
mit Salzsäure aufbrausende Gänge, welche aus den kalzitreichen 
randlichen Partien der Lagergänge oder des Lagers beim Serptintini- 
sierungsprozeß in die zentralen kalzitärmeren oder kalzitfreien 
Serpentinmassen eindrangen. Das Mineral hat folgende Eigenschaften: 
Es ist farblos schwach pleochroitisch (grünlich, wenn die 
Schwingungsrichtung des Polarisators parallel zu seiner Längser- 
streckung, bräunlich, wenn sie senkrecht zu ihr steht). Seine Licht- 
brechung ist schwankend, im allgemeinen geringer als die des 
stark pleochroitischen Maschenserpentins, die Interferenzfarben 
sind nieder und sehr wechselnd: dunkelschwarzgrau, hellgraublau 
oder weißlichgrau oder hellgelb. Die Auslöschung ist gerade, 
die Hauptzone positiv, das Mineral selbst optisch positiv. 
Oft ist das Mineral mit strahlsteinartiger Hornblende verwachsen, viel 
häufiger bildet es selbständig auftretende Schuppen, diese 
sind entweder unregelmäßig oder regelmäßig im Kalzit verteilt. Im 
letzteren Falle schließen je vier Schuppen ein rhomboederförmiges, 
von Kalzit gebildetes Feld ein. Der spitze Winkel dieses Rhomboeders 
beträgt zirka 60°. Die Schuppen häufen sich auch zu unregelmäßigen 
oder strahligen Aggregaten an und können auch senkrecht zu den 
Längswänden stehen. Sie bilden auch einen Ring, welcher polygonale 
oder kreisförmige Kalzitpartien umsäumt. Die einzelnen Ringe schließen 
sich zu einem Maschennetz zusammen, das am angewitterten Handstück 
besonders deutlich wird, da der Kalzit leichter herauswittert als der 
in Frage stehende Chlorit oder Serpentin. 


Pyroxenmineral. 


Das Pyroxenmineral (F. E.Suess: Diallag, Blaas: Ägirin, Akmit, 
A. P. Young: Salit, in vorliegender Arbeit, Diallag) genannt, bildet 
nie gut erhaltene Kristalle in den Serpentinmassen, sondern 
nur große oder kleine, unregelmäßig begrenzte Körner, welche strei- 
fige Auslöschung, Kataklasstruktur aufweisen und gar nicht 
selten schon in ein loses Aggregat von Körnern mit korrespon- 
dierenden Umrissen zerdrückt sind. 


In den Bastiten bildet es, wie schon erwähnt, parallele, 
schmale, manchmal auch breitere, mit Serpentinstreifen alternierende 
Streifen, welche sich deutlich durch die hohen Interferenzfarben vom 
Serpentin abheben. 


Wenn nun die Bastite in den Serpentinmassen der Tarntaler 
Berge nichts anderes sind als ganz oder teilweise zu Serpentin zer- 
setzte, aus feinen Spaltlamellen bestehende Diallage, dann müssen 
solche an Spaltrissen reiche Diallage in den noch frischen, unzer- 
setzten Resten der Serpentinmuttergesteine sich auffinden lassen. 
Dies hält nicht schwer, denn, wie bereits geschildert wurde, weist die 
gabbroide Spaltung au der Scharte zwischen dem Großen und Kleinen 
Reckner zahlreiche unzersetzte, mit unzähligen, vollkommen paral- 
lelen Spaltrissen nach dem Prisma versehene Diallagindividuen auf, 


[117] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 323 


welche von weniger vollkommenen Spaltrissen nach dem ÖOrthopina- 
koid durchschnitten werden. 


Auch innerhalb der Serpentinmassen ist der Diallag teil- 
weise in strahlsteinartige Hornblende umgewandelt, 
welche pallisadenartig aus den Rändern der Pyroxenite herauswächst. 
Manchmal liegen innerhalb von Chloritmassen kleine frische Diallag- 
körner, so daß es den Anschein hat, als sei der Chloritaus diesen 
Körnern hervorgegangen. 


Erze. 


Von den Erzen ist das häufigste das Magneteisen. Sein 
Zusammenhang mit dem Serpentinchrysotilmineral wurde schon ge- 
schildert. In chloritreichen Partien ließ sich hie und da ein bedeu- 
tender Gehalt von Magneteisen feststellen. Das Gestein 
erreicht dadurch ein ziemlich hohes spezifisches Gewicht. Mit 
dem Magneteisen ist oft Pyrit zu unregelmäßigen Partien verwachsen 
und stark verrostet. 

Das Chromeisen erscheint- in sehr unregelmäßigen, braun- 
schwarzen, an den Rändern etwas braun durchsichtigen Formen. Es 
liegt zumeist im Maschenserpentin und ist von einem Saum stark 
pleochroitischen Serpentins umgeben. Es schließt Teile von Bastiten 
und unregelmäßige Aggregate des Maschenserpentins ein, von dem es 
auch nach allen Richtungen durchschwärmt wird. 


Es scheint wie das Magneteisen und der Pyrit ein Um- 
wandlungsprodukt zu sein. Sollte es hingegen zum ursprünglichen Mine- 
ralbestande gehören, dann hat es jedenfalls beim Serpentinisierungs- 
prozeß noch seine Form gewechselt, da es den viel später gebildeten 
Serpentin umschließt. 


Der Pyrit bildet derbe Massen, ist unregelmäßig im Gestein 
verteilt, makroskopisch gut sichtbar und oft stark verrostet. 


Titanit. 


Der Titanit findet sich in kleinen Körnern und in größeren 
Haufwerken überall im Serpentingestein, oft reichert er sich an der 
Oberfläche der Bastite an und ist gar nicht selten mit Leukoxen 
überzogen. 


Karbonate. 


Die Karbonate, zumeist Kalzit, finden sich in den Basti- 
ten und in den Gängen des Maschenserpentins. Im Bastit 
bilden sie selbständige, den parallelen Diallagstreifen oder Serpentin- 
streifen parallel laufende Bänder oder sie verdrängen teilweise oder 
‘gleich mehrere benachbarte Serpentinstreifen. Häufig kommt der 
Kalzit in den schon beschriebenen sekundären Serpentin- 
sängen vor (Etappe 3!), welche das bereits fertiggestellte Serpen- 
tingestein durchsetzten. Hier sind sie immer mit dem schon ge- 
nannten auffälligen, fraglichen Chloritmineral verbunden. 


324 Eduard Hartmann. [118] 


Amphibolmineral. 


Die charakteristische braune Hornblende ist, wie bei der 
Beschreibung des Chlorits bereits erwähnt wurde, oft chloriti- 
siert und liegt inmitten der Serpentinmassen, manchmal mit grüner 
Hornblende verwachsen. 

Die Strahlsteinhornblende tritt in isolierten, lanzettför- 
migen Schuppen auf, welche oft zwillingslamelliert sind, oder sie 
wächst pallisadenartig aus dem Diallag heraus und scheint sonach aus 
diesem entstanden zu sein. Manchmal ist sie bereits selbst schon wie- 
der cehloritisiert oder mit Chlorit verwachsen. Besonders gern 
tritt sie in den genannten sekundären, chlorit- und kalzitreichen Ser- 
pentingängen auf. 


Glimmermineral. 


Vom Biotit konnte hie und da ein kleines frisches Fetz- 
chen im Serpentin gefunden werden. 


_Epidot 


tritt nur in feinen sekundären Gängen des Serpentingesteines auf. 
Vielleicht rührt er von den epidotisierten Feldspaten der Diabasfazies 
des Stammagmas her. 


Es gilt. nun: 

Von den Mineralien, welche den Diallagit und seine 
Gabbrofaziesaufbauen, lassen sichalso der Diallag, die 
braune und grüne Hornblende sowie der Biotit wieder- 
finden. 

Das Serpentinmineral, der Chlorit, die Erze (Magnet- 
eisen, Pyrit und Chromeisen) sowie der Titanit und der Leukoxen 
sind sicher erst beim Serpentinisierungsprozeß entstanden. 

Beim Serpentinisierungsprozeß selbst scheint sehr wenig Kalzit 
gebildet worden zu sein. Wenn die Lagergänge an die Kieselkalke 
stoßen, sind nämlich immer ihre zentralen Teile kalzitarm, die rand- 
ilchen Partien hingegen kalzitreich, was nicht der Fall sein könnte, wenn 
aller Kalzit beim Serpentinisierungsprozeß gebildet worden wäre. 

Die Serpentingesteine der Tarntaler Berge, des Lagers sowie 
der Lagergänge lassen sich also als Umwandlungsprodukte des weitaus 
vorherrschenden Stammagmas, eines Diallagits auffassen, welcher hie 
und da die Hornblendemineralien und den Biotit seiner gabbroiden 
Spaltung führt. rn 

Für die Umwandlung des Diallagits und seiner Spaltungen 
können drei Ursachen angenommen werden. 

1. Seine postvulkanischen Prozesse (thermale Lösungen). 

2. Die Metamorphose C. 

3. Eine mit den Gebirgsbildungen verknüpfte Metamorphose. 


In vorliegender Arbeit wird angenommen, daß die Umwandlung 
durch postvulkanische, .thermale Prozesse vor sich ging. Denn: 


[119] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 3925 


1. Deutet der ganze SerpentinisierungsprozeßB: auf zirkulierende 
Lösungen hin, welche bei der Metamorphose © nicht nachgewiesen 
werden können. 

2. Wissen wir, daß mit den Überschiebungen und Faltungen der 
Tarntaler Berge keine Metamorphose verknüpft war, ferner daß die 
Umwandlung der Serpentinmuttergesteine schon erfolgt war, als die 
großen tektonischen Bewegungen einsetzten. Man denke nuran die ge- 
wundenen Serpentinbalken, an die Stauchung der sekundären Serpentin- 
gänge, der Kalzitstreifen der Bastite, an. die Rutschstreifen im Ser- 
pentin, an die in frischen Diallagit eingepreßten Chloritmassen, an 
die Verknetungen bei der gabbroiden Spaltung und an die später zu 
besprechenden Auswalzungen bei den Serpentinkalzitschiefern und 
-breccien, 


V. Kontakterscheinungen des Diallagits. 
I. Exogene Kontakterscheinungen. 


Indem die Lagergänge der Schuppe 5, und A dem obersten 
Kalkband der Kieseltonschiefer nachgingen, entstanden aus den Jura- 
kalken Diallagit-Kalzit-Kontaktbreccien, ferner Diallagitkalzitschiefer. 
Der Kalzit der Breccien und der Schiefer wurde dabei marmorisiert. 


Später wurden die Diallagitkalzitbreccien und Diallagitkalzit- 
schiefer durch die postvulkanischen Prozesse, welche der Intrusion 
der Serpentinmuttergesteine nachfolgten, serpentinisiert. (Ser- 
pentinisierte Diallagit-Kalzit-Kontaktbreccien und 
Diallagitkalzitschiefer.) 


Es werden der Übersicht halber gleich die Vorgänge geschildert, 
wie sie sich damals abgespielt haben mögen, als die Diallagitmassen in 
die hangenden Wetzsteinkalklagen der Schuppe A und B, eindrangen: 


In der Gangmitte erhielt sich beim Eindringen ein nur wenig 
mit kalzitischem Nebengestein vermischter Kern. Dieser wird heut- 
zutage durch die kalzitarmen oder kalzitfreien Serpentinmassen gebildet, 
welche fast immer die Mitte der Lagergänge ausmachen. Diese Ser- 
pentinmassen teilen alle Eigenschaften mit den Serpentinmassen des 
Großen und Kleinen Reckners, also mit denen des Serpentinlagers. Wo 
die zentralen Diallagitkerne der Gänge die liegenden und hangenden 
Wetzsteinkalke berührten, lieferten sie durch die Wucht der Intrusion 
und durch die Hitze marmorisierte Diallagit-Kalzit-Kon- 
taktbreccien. 

Gegen die Ränder der Gänge, also gegen die hangenden und 
liegenden Kieseltonschiefer oder gegen deren Stellvertreter hin, nahm 
diese Wucht rasch ab, es wurden keine Breccien mehr gebildet. Das 
Magma drang jedoch noch parallel den Schichtflächen der Wetzstein- 
kalke, diese aufstauchend, ein. Dabei bildete es marmorisierte 
Diallagitkalzitschiefer. 

An manchen Stellen der Gänge wurden alle Jurakalke zu Kon- 
taktbreccien verarbeitet, so daB es nicht zur Bilaung von Diallagit- 
kalzitschiefern kam. 


396 Eduard Hartmann. | 120] 


Nach dem Gesagten sollte man heutzutage in den Serpentin- 
lagergängen viele marmorisierte Kalke antreften. Tatsächlich können 
feinkörnige und grobkörnige Marmore in Verbindung mit 
den Serpentinkalzitbreccien und Serpentinkalzitschiefern noch ge- 
funden werden, zum Beispiel auf der Nordseite des unteren 
Westgrates des Kleinen Reckners, unterhalb Punkt 2645; 
aber die Marmore sind im allgemeinen selten. 


Diese Seltenheitistbegründet durch die Vorgänge, 
welehe nach der Intrusion des Serpentinmuttergesteins noch 
stattfanden. Nach dieser begannen die zirkulierenden, postvulkanischen 
Lösungen ihr Werk. 


Die Diallagitstücke der Kalzitkontaktbreccien und die feinen 
Diallagitlagen der Diallagitkalzitschiefer wurden zu Serpentin umge- 
wandelt. Dabei fand eine weitgehende Zerstörung der Marmor- 
struktur statt und ein inniger Austausch von Kalzit- und Ser- 
pentinsubstanz. Es bildeten sich aus aufgelöstem Marmor reine 
und mit Serpentinsubstanz imprägnierte Kalzitgänge. Diese ver- 
kitteten die jetzt serpentinisierten Diallagitbrocken zu Breccien, durch- 
setzten diese und drangen teilweise auch in die dichten zentralen 
Serpentinmassen der Lagergänge ein. 


Nach diesen Vorgängen halfen die mechanischen Kräfte, welche 
die Metamorphose C begleiteten und die tektonischen Kräfte, welche 
die Uberschiebungen und Faltungen hervorriefen, noch mit, eine beim 
SerpentinisierungsprozeßB lokal noch erhalten gebliebene Marmor- 
struktur der Serpentinkalzitbreccien und Serpentinkalzitschiefer zu 
zerstören und die neu entstandenen sekundären Gänge mechanisch zu 
beeinflussen. 


Es fand bei den Kontaktbreccien noch eine innige Verknetung 
der Serpentinbrocken mit den Kalzitgängen statt und bei den Serpentin- 
kalzitschiefern noch eine Auswalzung der parallelen Serpentin- und 
Marmorlagen zu Linsen und zu sehr dünnen parallelen Lagen. 


Es ist nicht notwendig, daß man bei der Schuppe 5, die letzt- 
genannte Auswalzung Gesteinsmassen zuschreibt, welche einstmals die 
Schuppe 5, überfahren haben. Sie wird auch durch die Zerrungen 
und Pressungen hinreichend erklärt, welche notwendigerweise in Massen 
auftreten müssen, welche so überschoben und gefaltet sind wie die 
Schuppe Bb.. 


2. Endogene Kontakterscheinungen. 


Man trifft am Recknersüdgrat oder auf derSüdseite desKleinen Reck- 
ners im Serpentin häufigStückevonSerpentin-Breccien-Marmor 
an. Es sind Kieselkalkstücke, vielleicht auch Kössener 
Kalkstücke, welche vom Magma mitgerissen, von diesen 
durchtränkt und marmorisiert wurden. Dabei wurden ihre 
Diallagitsubstanz sowie der sie umgebende Diallagit serpentinisiert. 
Nachdem der Serpentin des Lagers längst fest geworden war, wirkten 
auf sie noch die späteren, tektonischen Kräfte ein. Bei den endogen 
metamorphosierten Serpentin-Breccienmarmoren gibt es zwei Arten. 


[121] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 327 


Erste Art. Es sind hellgrüne, mit Serpentinsubstanz 
infiltrierte und mit Strahlsteinschuppen und -fasern durchwobene, 
oft mit glänzenden und kannelierten Rutschstreifen ausgestattete, 
verbogene Scherben und Flatschen. Infolge ihres großen Kalkgehaltes 
sind sie mechanisch mehr mitgenommen als die serpentinreichere 
zweite Art. U. d. M. sieht man sehr langgestreckte, gewalzte Kalzit- 
körner, welche Zwillingsstreifen besitzen und mit langen, zopfförmig 
gedrillten Serpentinstreifen oder mit Strahlsteinschuppen alternieren. 

Zweite Art. Sie ist vertreten durch feinkörnige, grünlich- 
graue,sehrharteSerpentin-Breccienmarmore mit einzelnen 
größeren, dunklen, stark hervortretenden, unregelmäßig geformten, 
homogenen Serpentinanreicherungen. U. d. M. sieht das Gestein 
folgendermaßen aus: .Man hat eine Grundmasse von oft sehr stark 
gestauchten Kalzitkörnern. Mit ihr verwachsen sind gleichfalls ver- 
bogene, beim Serpentinisierungsprozeß neugebildete Strahlstein- 


Fig. 18. 


Profil durch die mittlere und untere Partie des Serpentinlagerganges am Westgrat 
des Kleinen Reckners (Nordseite). 


a — dichter Serpentin. — 5 — Serpentinkalzitbreceie. — c — Serpentinkalzit- 

schiefer. — d = chloritreiche Wetzsteinkalke. — e — serizitische, echwärzliche 

Kieselkalke. — f = Kieselschnüre und Serizitquarzit führende Wetzsteinkalke. — 
9 = Juiakieseltonschiefer mit gefaltetem Serizitquarzit. 


und Chloritschuppen. Der Strahlstein ist zum Teil selbst schon 
wieder zu Chlorit umgewandelt. Mit ihm sind verwachsen zum Teil 
zertrümmerte oder noch ganze, frische oder schon teilweise serpen- 
tinisierte Diallage. Die Balken des Serpentinmaschennetzes dieser 
Diallage setzen in der Kalzitgrundmasse fort und zeigen an, daß 
schon beim Serpentinisierungsprozeß der Pyroxen mit 
dem Marmor in Berührung stand, daß also nicht erst später durch 
mechanische Prozesse der Serpentin und der Marmor sich mischten. 

‚Reichlich treten auch Magneteisenkörner, ferner Titanit 
und Chromeisen auf. Die unregelmäßigen, makroskopisch 
dunklen und auffallenden Partien stellen lokale Serpentin- 
anreicherungen dar. 

Der Kontakt desDiallagitsan den Wetzsteinkalken 
ist sehr gut zu sehen in der Schuppe 5; im inneren Winkel, welchen 
der Westgrat des Kleinen Reckners mit den Steilabfällen des P. 2730 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1918, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 43 


398 f Eduard Hartmann. |122] 


bildet. An dem auffallenden, hintersten Sporn (s. geologische Karte) 
hat man folgendes Profil (s. "Fig, 19): 

Wir beginnen bei der makroskopischen Beschreibung mit der 
Mitte des Lagerganges. Das Hangende des Ganges ist ebenso aus- 
gebildet wie sein Liegendes, nur zeigt es sehr oft zugunsten der 
Serpentinkalzitbrececien und der Serpentinkalzitschiefer eine erheb- 
liche Reduktion, wenn nicht gar eine völlige Resorption der Wetz- 
steinkalke. An Stellen, wo dies der Fall ist, sind auf der Karte 
keine Wetzsteinkalke mehr ausgeschieden worden, 

a = massiger Serpentin, identisch mit dem bereits ge- 
schilderten massigen Serpentingestein des Großen und Kleinen Reckners. 

b = war ehemals Kontaktbreccie zwischen Diallagit und 
Wetzsteinkalken, jetzt ist es mechanisch stark beeinflußte Serpen- 
tinkalzitbreccie. Große und kleine, eckige, schwarzgrüne Ser- 
pentinbrocken werden umschlungen von Kalzitgängen, welche aus 
stark verbogenen Kalzitfasern oder großen, wohlausgebildeten Kalzit- 
rhomboedern und dazwischenliegendenStrahlsteinfasern bestehen. 
Diese Strahlsteinfasern reichern sich manchmal zu technisch nicht 
verwendbarem Asbest an und sind beim SerpentinisierungsprozeB 
entstanden. Die Kalzitgänge sind durch feinverteilte Serpentin- 
substanz oft grünlich gefärbt oder führen kleine Serpentin- 
bröckelchen. (Austausch von Kalzit- und Serpentinsubstanz beim 
Serpentinisierungsprozeß!) 

Mit der Annäherung an die Serpentinkalzitschiefer =c 
nehmen die grünlichen, eckigen Brocken der Serpentinkalzit- 
breccien mehr längliche und linsenförmige Gestalt an 
(Einfluß der mechanischen Kräfte!). Bei den Serpentinkalzit- 
schiefern selbst fallen die dünnen, oft linsenförmig anschwel- 
lenden Serpentin- und Chloritlagen, welche mit ebenso ge- 
stalteten Kalzitlagen alternieren, sofort ins Auge. Die Kalzitlagen 
sind weiß, besitzen manchmal noch Marmorstruktur, sind gestaucht 
oder mit Serpentinsubstanz infiltriert. Die Serpentinlagen sind 
serpentinisierte, ehemals intrusive Diallagitlagen der Wetzsteinkalke, 
die nach dem SerpentinisierungsprozeßB noch gestreckt, ausgewalzt 
und geknetet wurden. Gleichzeitig mit dieser Auswalzung erfolgte 
auch eine geringe Formänderung der Serpentinbrocken der Kontakt- 
breceien. 

Auf die Serpentinkalzitschiefer folgen bräunlichgelbe Wetz- 
steinkalke d mit vielen grünlichen Chlorithäuten. Dann folgen all- 
mäklich chloritarme oder chloritfreie, schwärzliche, an „Bän- 
derkalke“ erinnernde, serizitische Jurakalke = e, welche 
wieder von den chloritreichen Kalken d abgelöst werden. Danu 
folgen an _ Kieselschnüren reiche, die S. @. enthaltenden „Grenz- 
kalke* f und schließlich die gefalteten, an S. Q. reichen, 
violetten Kieseltonschiefer — zeg: 

Im Dünnschliffe gleicht « und der einzelne Serpentinbrocken 
von b dem vom Reckner beschriebenen massigen Serpentingestein 
völlig; nur tritt in 5b manchmal reichlicher Str ahlstein, Kalk 
und mehr Chlorit auf, welcher zum Teil aus der braunen 
ehaärakteristischen Hornblende entstanden ist. 


[123] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 399 


Die Serpentin- oder Chloritlamellen der Serpentin- 
und Chloritschiefer c, welche lokal zu Linsen anschwellen, zeigen 
streifige Auslöschung, beherbergen viele Schuppen von Strahl- 
stein und Talk und reichliche Magneteisenkörner, die auch 
makroskopisch manchmal stark hervortreten. Diese sind bezeichnender- 
weise mehr an den Serpentin der Schiefer als an den Kalzit der- 
selben gebunden. 

Die Kalzitlagen der Schiefer bestehen besonders in der Nähe 
der Serpentinlagen aus gestreckten, stark gestauchten, langen, ver- 
zahnten Kalzitstreifen, welche oft selbst schon wieder in kleine Körner 
zerlegt sind. 

Die grünen, chloritreichen Wetzsteinkalke sind den 
an anderer Stelle beschriebenen (cfr. pag. 256) identisch. 

Bei den Kalzitgängen der Serpentinkalzitbreccien sowie bei den 
Kalzitlagen der Serpentinkalzitschiefer läßt sich unter dem Mikroskop 
deutlich verfolgen, wie aus ursprünglich großenundkleinen, 
regelmäßigen Kalzitrhomboedern und Kalzitkörnern der 
Marmorpartien unter dem EinfluB der mechanischeu Kräfte lange 
Kalzitstreifen sich entwickeln. 

Zunächstlöscht das einzelne Kalzitkorn oder das Rhomboeder 
streifig aus, besitzt gebogene Zwillingslamellen und Spaltrisse, dann 
zeigt sich beginnende Mörtelstruktur, welche erst unter ge- 
kreuzten Nikols besser sichtbar wird, schließlich wird es inein- 
zelne runde oder schon längliche Körner zerlegt, welche zu- 
letzt noch in dünne, mit Zwillingslamellen versehene und miteinander 
verzahnte Streifen ausgewalzt. werden. 


Serpentin-Kalzit-Breccienstücke, bei denen noch Marmor an 
Serpentinstücke grenzt, lassen makroskopisch wie mikroskopisch 
meistens vier Zonen unterscheiden: 


1. Zone. Dichter Serpentin mit feinen, sekundären, chlorit-, kalzit- 
und serpentinführenden Gängen. (cfr. pag. 319, 3. Etappe!). 

2..Zone. Sie besteht aus grobspatigem Marmor, welcher von 
Serpentinlösungen durchtränkt ist, die oft viele radialstrahlige 
Serpentinaggregate geliefert haben. 


3. Zone — feinkörniger Marmor. 


4. Feinkörniger- Marmor, ausgewalzt in lange parallele Kalzit- 
streifen. 


Nach den Untersuchungen von D. Frank Adams und 
Th. Nicolson?) verhält sich Kalzit unter hohem Druck über- 
aus plastisch; so konnten beide Autoren experimentell an Marmoren 
und Kalken mit ursprünglicher Pflasterstruktur nur durch hohen Druck 
Kataklase, Streckung der Körner, polysynthetische 
Zwillingsstreifen, wandernde Auslöschung hervorrufen, 
also alle bei den Serpentinkalzitbreccien undSerpentin- 
kalzitschiefern der Tarntaler Berge auftretende Erschei- 
nungen der kalzitischen Partien. 

) D.Frank A dams und I. Th. Nicolson, „An experimental Investigation 
into the flow of marble“. Philosophical Transactions of the royal society of London. 


43* 


330 Eduard Hartmann. [124] 


Wenn also heute in den Tarntaler Bergen in den Kontaktzonen 
des Diallagits und der Jurakalke nur wenig Marmore angetroffen 
werden, so tragen neben den zirkulierenden serpentinisieren- 
den Lösungen auch die nachträglich erfolgten, mecha- 
nischen Deformationen der Marmorkörner die Schuld. 


VI. Petrographie des Nephrits der Tarntaler Berge. 


Das hierhergehörige Profil ist genommen von der Südseite des 
Punktes 2740, nordöstlich der Schneewächte am Fuße des Großen 
Reckners (Nordostgrat), also von der Schuppe B.. 


Fig. 19. 


Auftreten des „Nephrits“ in den Tarntaler Bergen. 


J, = Jurakieseltonschiefer. — gl! = Glaukophanschiefer. — Ne = Nephrit. — 
ss — Serpentinkalzitschiefer. — sb — Serpentinkalzitbreccien. 


Man hat zu unterst gefältelte, grünliche und violette, ınit 
gefalteten S. Q. versehene Kieseltonschiefer = J,, welche durch 
die Metamorphose C© metamorphosiert wurden. Sie werden zunächst 
abgelöst durch. sehr wenig mächtige, manchmal, wenn viele Serpentin- 
kalzitschiefer vorhanden sind, gar nicht mehr ausgebildete Glauko- 
phanschiefer = gl. 

Nunmehr folgen in der Mächtigkeit stark wechselnde Serpentin- 
kalzitschiefer =ss. Sie sind teilweise talkig und führen viel 
Magneteisen. Auf ihnen ruht eine feine Serpentinkalzit- 
breccie=sbr. Sie besteht aus kleinen, schwarzgrünen oder grünen 
Serpentinbrocken. Dann folgt kein dichter Serpentin, wie sonst 
meistens in den Lagergängen. Das Magma hatte sich hier wohl ganz 
mit dem Kalzit vermischt und alle Wetzsteinkalke zu Breccien ver- 
arbeitet. Auf die feine Serpentinbreccie folgt wieder die eben be- 
schriebene Gesteinsserie, aber in umgekehrter Reihenfolge und mit dem 
Unterschied, daß die oberen talkigen Serpentinkalzit- 
schiefer bis zu 3 cm mächtige schieferige Butzen von Ne- 
phrit= Ne enthalten. Es sei hier bemerkt, daß bei P. 2740 
sich mehrere kleine, parallele Serpentinlagergänge mit dazwischen- 
geschalteten Juragesteinen vorfinden, welche aber auf der Karte in 
einem einzigen zusammengezogen wurden. 


[125] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 331 


Die mikroskopische Untersuchung der feinen Serpentin- 
kalzitbreccie — sbr zeigt: | 

Ihre Serpentinbrocken bestehen aus scharf hervortretenden, großen, 
noch gut erhaltenen Mineralindividuen, welche in einer meist 
undurchsichtigen Art von Grundmasse liegen. 


Die Grundmasse besteht soweit erkennbar, aus stark pleo- 
chroitischen Chrysotilserpentin, vielen Körnern und Oktaedern 
von Magneteisen, seltenerem Pyrit und aus zahlreichen, feinen, braunen 
Schuppen primärer Hornblende und neugebildeten Strahl- 
steins. Letzterer ist zum Teil selbst schon wieder chloritisiert. 


Die in der Grundmasse liegenden, größeren, deutlich hervor- 
tretendenMineralindividuen sindDiallagkörner oder schlecht 
ausgebildeter Biotit, Hornblendekristalle und Bastitpseude- 
morphosen. 

Die Diallagkörner sind zum Teil noch ganz frisch oder 
bereits in rundliche oder längliche, an Magneteisen reiche Nester von 
Maschenserpentin umgewandelt. 

Die Hornblende ist die charakteristische, schon mehrfach 
erwähnte braune. Sie ist auch mit grüner Hornblende verwachsen 
und zum Teil chloritisiert. 

Der Biotit ist zumeist etwas gebleicht. Auch die Titan- 
säuremineralien treten auf. 


Die Struktur der eben beschriebenen Serpentinbrocken erinnert 
manchmal an eine „Tuffstruktur“. Die sekundären, makroskopisch 
deutlich sichtbaren, kalzitreichen Gänge, sind mit den Serpentinstücken 
verknetet oder verwachsen und enthalten beim Serpentinisierungs- 
prozeß entstandene Talk- und Strahlsteinschuppen oder $er- 
pentininfiltrationen. Die Grundmasse der Serpentinstücke der 
Breccien scheint ein mechanisches Zerreibsel von Diallagit- 
mineralien zu sein, in welchem noch einzelne gut erhaltene, große 
Mineralkörner verteilt sind. 


Die Serpentinkalzitschiefer ss lassen unter dem Mikroskop 
dieselbe Stauchung erkennen, wie die Serpentinkalzitschiefer am Kleinen 
Recknerwestgrat. Sie führen auch makroskopisch schon erkennbaren 
Talk, ferner Strahlsteinschuppen, Magneteisenkörner 
und zeigen sich dadurch verwandt zu den nephritischen Einlagerungen, 
welche sie aufweisen. 

Die nephritischen Putzen besitzen eine hellgrüne mit 
schwarzen Flecken (Magneteisen!) versehene Oberfläche 
und sind infolge des verschieden großen Talkreichtums auch ver- 
schieden hart. U. d. M. findet man hauptsächlich ein grob- oder 
feinfilziges Aggregat von Strahlstein, mit dem die Talk schuppen, 
Magneteisenkörner und Titanitkörner verwachsen sind. 
Selten tritt noch ein kleines Nest von Chlorit auf. 


Der Nephrit der Tarntaler Berge ist eine Anreicherung 
von Strahlstein, welcher beim Serpentinisierungsprozeß aus dem 
Diallag des Muttergesteins, neben dem Talk, Chlorit und Serpentin 
oder beim Eindringen der S. Q. in den bereits fertiggestellten Ser- 
pentin sich bildete und nachträglich mechanisch deformiert wurde. 


332 Eduard Hartmann. [126] 


A. Arzuni (L. 2), A. Dieseldorf (L. 9), K. J. Bogdano- 
witsch (L. 6), Finlayson A. M. (L. 10), H. Traube!) haben 
bereits die Entstehung von Uralitnephrit nachgewiesen. 

Nach G. Steinmann?), W.Paulke (L. 18) und O. A. Welter?) 
sollte der Nephrit der Tarntaler Berge auch an Gängen gabbroiden 
Magmas und an die „rhätische Decke“ gebunden sein. Diese Gesetz- 
mäßigkeit kann aber hier nicht vorgefunden werden, denn die Gesteine, in 
welche das Serpentinmuttergestein der Tarntaler Berge intrudiert ist, 
sind keine „rhätische Decke“, sie transgredieren vielmehr auf 
„derrhätischen Decke“ Steinmanns, nämlich auf den paläozo- 
ischen Brennerschiefern. 

Sodann werden in den Tarntaler Bergen gerade die gabbro- 
iden Massen noch ziemlich frisch mitten im Serpentin 
angetroffen, ohne daß sie im geringsten von Nephrit 
begleitet werden oder in einen solchen umgewandelt sind, wie 
es die Theorie Steinmanns verlangt. Dazu kommt, daß der Nephrit 
nur in den an und für sich talk- und strahlsteinreichen Randpartien 
der Serpentingänge vorkommt, also weit entfernt von der gabbroiden 
Spaltung. Eher als an eine Odemmetamorphose könnte man noch daran 
denken, daß die S. Q. beim Eindringen in den bereits fertiggestellten 
Serpentin sich mit diesem zu Strahlstein, also zu Nephrit umsetzten. 


VII. Petrographie der Glaukophanschiefer. 


Man kann die Glaukophanschiefer als Kieselton- 
schiefer auffassen, welche der Diallagit des Lagers und der 
Lagergänge vor der Metamorphose © umgewandelt hat oder 
man kann annehmen, daß sie durch die Metamorphose (© aus 
einer Mischung von Diallagit- und Kieseltonschiefer- 
substanz hervorgegangen sind. Letztere Annahme wird hier 
hervortreten. Im Profil bei P. 2740 sind sie nur wenig mächtig, 
feinkörnig bis dicht, blaugrau, schieferig und sehr hart. 

Das Mikroskop zeigt, daß an ihrem Aufbau beteiligt sind: vor- 
herrschend Quarz und Glaukophan, etwas Albit und gemeine 
srüne Hornblende und Biotit, ferner häufig Pyrite und Tita- 
nite, seltener etwas Hämatit und Epidot. 

Der Quarz bildet eine Art Grundmasse, in welcher die übrigen 
Mineralien liegen. Er tritt in der Form von feinen oder rundlichen 


) H. Traube, „Über den Nephrit von Jordansmühl in Schlesien“. 
N. Jahrb. f. Min., 1885, B.-B. 3, pag. 412, ferner ebenda 1885, I, pag. 239, 
1885, II, pag. 91. 

?) G. Steinmann, Sitzungsbericht d. Niederrhein. Ges. f. Natur- und 
Heilkunde 1908. „Die Eutstehung des Nephrits in Ligurien und die Schwellungs- 
metamorphose.“ Es wird angenommen, daß Nephrit nur dort vorkommt, wo in 
Perioditgesteinen Diopsit- und Websteritgänge aufsitzen. Die Peridotite werden 
serpentinisiert. Durch die Druckkräfte, welche bei der Umwandlung der wasser- 
freien Silikate in die wasserhaltigen stattfindet, werden die Gänge gabbroiden 
Magmas zu Nephrit umgewandelt. Odem- und Schwellungsmetamorphose! 

3) O0. A. Welter, „Über anstehenden Nephrit in den Alpen“. Verh. d. 
Naturw. Ver. Karlsruhe, 23. Bd., 1910. — Bericht über neuere Nephritarbeiten. 
Sonderabdruck aus „Geol. Rundschau“, Bd. II, Heft 2, 1911. 


[127] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 333 


oder langgestreckten, im letzteren Falle meistens parallel struierten 
Körnern mit verzahnter Struktur und streifiger Auslöschung auf. Mit 
dem Quarz verzahnt kommen kleine lamellierte Albitkörner vor. Indem 
nun parallele, schmale, oft anschwellende Blätter von Glaukophan- 
hornblende einzelne Quarzlagen voneinander trennen, entsteht: die 
schiefrige Struktur der Gesteine. 

Die Glaukophanbänder sind oft unterbrochen und an 
solchen Stellen sind die Enden der Bänder büschelförmig aus- 
gebildet. Auch in den Quarzlagen selbst treten solche Büschel un- 
regelmäßig und parallel orientierter Natronhornblende-Individuen auf. 

Die Glaukophanhornblende besitzt einen starken Dichro- 
ismusc>a»> b, wobei Richtung ce tief violett, Richtung «a tief blau- 
grün und Richtung 5 hellgelb bedeutet. Die eben genannten Farbtöne 
erblassen allmählich, wenn das Mineral sehr dünn geschliffen ist, 
daher ist manchmal schwer zu sagen, ob die sehr fein parallel an- 
geordneten Häkchen und Schuppen in den Quarzkörnern der quarzigen 
Lagen ebenfalls Glaukophanhornblende oder einfache, grüne Horn- 
blende sind. 


Fig. 20. 


Auftreten des Serpentinlagerganges östlich des Gipfels der Geierspitze. 


J, — Jurakieseltonschiefer. — gl — Glaukophanschiefer. — J, — Jurakieselkalke. 
S — Serpentinkalzitschiefer und Breccien. 


Die Interferenzfarben der Glaukophanhornblende sind 
anormal, es herrschen grünblaue, braune und gelbbraune 
Töne. DieAuslöschungsschiefe beträgt ca. 6°. Der Biotit 
kommt in selbständigen Schuppen oder mit der Glaukophanhorn- 
blende verwachsen vor. Titanit ist in der Form von Insekteneiern 
unregelmäßig im Gestein verstreut. Der Pyrit bildet makroskopisch 
deutlich hervortretende, große Würfel, welche oft von langgestreckten 
Quarzkörnern umsäumt werden. Der Epidot ist selten und manchmal 
von Orthit umsäumt. 

Am P. 2718 südwestlich von P. 2740 werden die Glaukophan- 
schiefer, welche hier im Kontakt mit dem Diallagitlager des Großen 
Reckners entstanden sind, 1—2m mächtig. 

In der flachen orographischen Mulde, welche östlich vom Geier- 
spitzgipfel herabzieht, sind die Quarzkörner der Glaukophan- 
schiefer bedeutend gröber entwickelt als bei P. 2740. Man 
hat etwa in der Mitte der Mulde obiges Profil, welches die Teilung 
des Serpentinlagerganges und sein Eindringen in die Jurakieselton- 
schiefer deutlich zeigt (cfr. Fig. 20). 


334 Eduard Hartmann. [128] 


Die Glaukophanschiefer sind auch da entwickelt, 
wo das Serpentinmuttergestein sich mit den faziellen Ver- 
tretern der Kieseltonschiefer, mit stark tonigen Quarzserizit- 
schiefern (efr. pag. 275) mischte. Dies zeigt deutlich das 
Profil am Südgrat der Geierspitze (Fig. 21). Hier werden die Glau- 
kophanschiefer etwa 1—2 m mächtig. 

Auf Sanders!) Profil vom Geierspitzsüdgrat werden die Glauko- 
phangesteine hier wie auch an anderen Stellen nicht genannt. Da- 
gegen wird angegeben, daß an die Ophikalzitschiefer — Serpentin- 
kalzitschiefer unmittelbar der „Quarzphyllit I“ angrenzt. Der Verfasser 
konnte am Geierspitzsüdgrat kein Gestein finden, welches dem Quarz- 
phyllit I Sanders — dem Quarzphyllit der Knappenkuchel gleicht. 


Fig. 21. 


Profil vom Südgrat der Geierspitze. 
Das Südende der Schuppe B, liegt auf den Juragesteinen des basalen Vorlandes. 


1 = Serpentin und Serpentinkalzitbreccie. — 2 — Serpentinkalzitschiefer. 
J, + gl = Glaukophanschiefer + Quarzserizitschiefer. — J, = Kieseltonschiefer. — 
Je — Jurakonglomerate. — J, = Kieselkalke. — rr — Raibler(?) Rauhwacke. — 


br — Brennerschiefer. — B, — Schuppe B,. 
I und 1I — gemeinsame Überschiebungsfläche der Schuppe A und der Schuppe 2,. 


Die am genannten Grat auftretenden Glaukophanschiefer, Kieselton- 
schiefer oder Quarzserizitschiefer sehen sowohl makroskopisch wie 
mikroskopisch ganz anders aus als der Quarzphyllit I Sanders. Auf 
der geologischen Karte sind alle jene Stellen, wo die Glau- 
kophanschiefer nachgewiesen wurden, mit der Farbe 
der Tonkieselschiefer und einer eigenen schwarzen Punktierung 
versehen. Nicht eigens ausgeschieden wurden als Glaukophangesteine 
Glaukophan- Epidot- Kalzitschiefer, welche in den Serpentin- 
kalzitschiefern des Geierspitzplateaus (P. 2858) gefunden wurden. 
Diese bestehen aus parallelen, kalkigen, gestauchten Lagen, 
welche mit Lagen von vielen Epidot und Glaukophanhorn- 


!) B. Sander, „Geologische Studien am Tanernwestende“, pag. 31, Denkschr 
d. K. A. d. W., Sonderabhandlung LXXXIL., 1911. 


[129] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 335 


blende und etwas grünem Chlorit alternieren, Da sie vielen Hä- 
matit enthalten, sind sie oft stark rötlich gefärbt. 

An der „Schoberlacke“ (östlich der Scharte zwischen nörd- 
licher und südlicher Schoberspitze) treten im westlichen der beiden 
tieferen Bachgräben ebenfalls glaukophanhaltige Kalzitsteine auf in- 
nerhalb einer Gesteinsserie, welche folgendes Profil liefert und vor 
der Intrusion des Lagerganges aus Kieseltonschiefern mit der obersten 
Kieselkalklage bestanden hat (efr. Figur 22). 

Im Norden beginnend hat man zunächst wenige Meter mächti- 
gen, dunkel schwarzgrünen, dichten, massigen Serpentin mit und 
ohne Chrysotiladern und arm oder frei von Kalzitgängen, nämlich Ser- 
pentin 1 in Fig. 22. 


Fig. 22. 


Der gefaltete Serpentinlagergang an der Schoberlacke. (Mittleres Vorkommen.) 


1 — dichter Serpentin. — 2 — Serpentin- und Chloritkalzitschiefer (glaukophan- 
hornblendeführend). — 3 = Serpentinkalzitbreccien. 


Am Wasserfall warden nicht anstehende Glaukophanschiefer gefunden. 
S = Serpentingesteine. — J, — Kieseltonschiefer. — » — Raibler (?) Rauhwacken, 


Das Miskrokop zeigt, daß er neben vorherrschendem Maschen- 
serpentin noch die braune, zum Teil chloritisierte Hornblende 
führt, ferner kalzitführende oder -freie Bastite und frische Dial- 
lagkörner. Auch das. Chromeisen und Magneteisen, der 
Pyrit und Titanit finden sich vor. Das Gestein gleicht ganz dem 
dichten Serpentin des Großen Reckners und den zentralen Teilen der 
Lagergänge der Schuppe D,. Manchmal ist das Serpentinmaschennetz 
mit Kalzit verwachsen, der Kern des Maschennetzes besteht dann oft 
aus Kalzit und Talkschuppen. Der Chlorit bildet mit dem Ser- 
pentin auch zusammenhängende Partien, welche von Talk und strahl- 
steinführenden Kalzitgängen getrennt werden. 

Der dichte Serpentin geht gegen Süden über in eine wechsel- 
volle Serie stark gefalteter, schwarzgrauer, mit hellgrünen Fleckeu 
versehener, dünn lamellierter, kalzitfreier oder kalzitarmer Chlorit- 
Bchtefer—::2. 

Unter dem Mikroskop sieht man bei diesen gewundene, streifig 
auslöschende, durch anormale blaue Interferenzfarben ausgezeichnete 
Chloritzüge, welche mit viel Talk und Strahlsteinschuppen 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Ileft. (E. Hartmann.) 44 


336 Eduard Hartmann. [150] 


verbunden sind; die letztgenannten Mineralien häufen sich auch zu 
selbständigen Zügen an. 

Die Chloritschiefer = 2 enthalten lokal Glaukophanhornblende. 
Sie sind dann nicht nur von schwarzgrüner, sondern auch von 
blaugrauer Farbe, daneben kalzit- und hämatitreich, aus 
letzterem Grunde oft auch rötlich gefärbt. Der Kalzit bildet 
weiße oder rötliche, stark geknetete Adern oder Linsen. U. d. M. 
sieht man gestauchte Kalzitgänge und Linsen, dazwischen Glaukophan 
enthaltende Kalzitzüge mit Magneteisen und Rost. 

An die Glaukophanchloritschiefer schließen sich wenig mächtige, 
schwarzgrüne, an Talk und Strahlstein reiche, kalzitarme 
und magneteisenreiche Chloritschiefer an. 

Bei den nunmehr folgenden Chloritschiefern nimmt der 
Talk wieder etwas ab, der Kalzit dafür zu. Die ursprünglich senkrecht 
zu den Wänden der Gänge stehenden Kalzitfasern oder die grob- 
spatigen Körner, welche die Gänge und Linsen ausfüllen, sind bei den 
tektonischen Vorgängen zumeist sehr stark gestaucht worden. 

Zum Schluß gelangt man in die normalen violetten und grü- 
nen Kieseltonschiefer mit Albiten, Turmalinen, Apatit, 
Chlorit, Hamstır and mit'S. Q. 

Daß jedoch auch hier die Tonkieselschiefer teilweise als Glauko- 
phanschiefern ausgebildet wurden, beweist ein kleiner Block von 
Glaukophanschiefer, welcher am ersten Wasserfall (s. Figur 22) gefun- 
den wurde. 


An ihm sind makroskopisch grobkörnige, weißliche Quarzlagen 
zu erkennen, welche mit dünnen, schwarzblauen oder hellgrünen, 
slimmerigen Lagen alternieren. Der blaue Ton derselben rührt von der 
Glaukophanhornblende, der grünliche vom Serizit und 
Chlorit her. Alle drei Mineralien können miteinander verwachsen 
vorkommen. U. d. M. sieht man ferner, daß einzelne größere Titanit- 
körner bei den tektonischen Vorgängen in schmale Linsen ausgerenkt 
wurden. Sonst haben diese Glaukophanschiefer die Beschaffenheit der 
bereits beschriebenen. 


V11l. Alter der Intrusion der Serpentinmuttergesteine. . 


Da der Diallagit Kontakt an den Kieselkalken hervorgerufen 
hat, so muß seine Intrusion postjurassisch sein. 


Wir wissen ferner, daß seine Umwandlung zu Serpentin sowie 
die seiner Spaltungen bereits vollendet war, als die Metamorphose C 
und die großen, nach der Metamorphose Ü erfolgten, tektonischen Be- 
wegungen tätig waren, welche die starken mechanischen Veränderungen 
an den bereits vorhandenen Serpentinkalzitschiefern und Serpentin- 
kalzitkontaktbreccien und an den Serpentinmassen hervorgerufen haben. 


Wenn man nun annimmt, daß die großen tektonischen Bewe- 
gungen der Tarntaler Berge mit den großen tertiären Alpenbewegungen 
zusammenfallen, dann fällt die Intrusion der Serpentinmuttergesteine 
in die Zeit zwischen Ablagerung der Kieseltonschiefer (der jüngsten 
in den Tarntaler Bergen nachgewiesenen Sedimente) und dem Be- 


[131] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 337 


ginn der Metamorphose C, die älter ist als die Überschiebungen 
und Faltungen. 


S. Q. in den Glaukophanschiefern. 


Ganz besondere Achtung verdient das Auftreten der S. Q. in 
den Glaukophanschiefern zum Beispiel nordöstlich des Großen Reckners, 
östlich der Geierspitze und an der Schoberlacke. Besonders am 
östlichen Auslauf der schon erwähnten flachen orographischen Mulde 
östlich des Geierspitzgipfels (P. 2858) sieht man makroskopisch sehr 
gut, wie nachträglich stark gefaltete, mehrere Zentimeter starke, 
dieht und drusig ausgebildete, Albit und Karbonate führende S. Q. 
die bereits metamorphosierten Kieseltonschiefer und 
Glaukophanschiefer quer und parallel zu den Schichtflächen 
durchsetzen. 

Die S. Q. haben in den Kieseltonschiefern, ebenso wie in der 
Knappenkuchel in den Quarzphylliten sich mit grünem Chlorit, in den 
Glaukophanschiefern hingegen mit dunkelblauer Glaukophanhornvlende 
bereichert und diese wieder abgesetztundauskristallisiert. 

Diese resorbierte Glaukophanhornblende bildet 
makroskopisch gern rundliche, in sekundären Quarzen schwimmende 
Knoten. 

U.d.M. zeigt ein durch die Glaukophanschiefer hindurchsetzen- 
der Quarzgang folgendes Bild. Die großen, unregelmäßig geformten 
Quarzkörner der Gänge heben sich scharf ab von den sehr kleinen, 
etwas langgestreckten und parallel angeordneten Quarzkörnern der 
quarzigen Lagen der Glaukophanschiefer. Die Körner sind mitein- 
ander und mit großen zwillingslamellierten Albiten verzahnt und 
löschen wie diese streifig aus und sind in einzelne kleine Körner 
zertrümmert. Sie enthalten auch netzförmige Partien oder gut ausge- 
bildete Rhomboeder von Kalzit und radialstrahlige und büschel- 
förmige Aggregate von resorbierter und wieder auskristallisierter 
Glaukophan- und gewöhnlicher grüner Hornblende. Der Ralzit 
bildet auch oft schmale Gänge zwischen den einzelnen Quarzkörnern. 
Auch der Albit umschließt Hornblendeindividuen. 

Wo der sekundäre Quarz-Albit-Kalzitgang an das Glaukophan- 
gestein unmittelbar anstößt, wächst die den Gesteinsschichten sonst 
parallel angeordnete Hornblende büschelförmig in die 
Gänge hinein. 

Es zeigt sichalso auch beiden Glaukophanschiefern, 
daB dieS.Q. jünger sindalsdie Metamorphose (, welche 
die Glaukophanschiefer hervorgebracht hat. Die S. @. 
haben aus den Glaukophanschiefern die schon fertiggestellte Glauko- 
phanhornblende ebenso wie aus den normalen Kieseltonschiefern den 
Chlorit und Serizit resorbiert und wieder ausgeschieden. 


S. 0. in den Serpentingesteinen. 


Bei der Schilderung des Nephrits wurde bereits hervorge- 
hoben, daß möglicherweise die auffällige Strahlstein- 
44* 


338 Eduard Hartmann. [132] 


anreicherung in den Randzonen der Lagergänge und in den 
sekundären Gängen der Brecceien und den dichten Serpentinmassen 
(drei Etappen!) vonS. Q. herrühren könnte, welche einen Umsatz 
des Serpentins zu Strahlstein bewirkt haben. Daß in der Diabasfazies 
des Diallagits S. Q@. auftreten, wurde schon früher erwähnt. 


Gesamtübersicht. 


Die ältesten Gesteine der Tarntaler Berge sind paläozoische 
Kalkphyllite (Brennerschiefer) und Quarzphylite, welche hie 
und da dolomitische Einlagerungen enthalten, die beim Quarz- 
phyllit „Eisendolomit“ genannt werden. 

Die Sedimente des Quarzphyllits müssen auf den Sedimenten 
des Brennerschieferss zum Absatze gekommen sein, sofern man 
nicht annehmen wollte, daß durch bedeutende vortriadische, tekto- 
nische Bewegungen eine Inversion des Brennerschiefers und Quarz- 
phyllits stattgefunden hat, wofür aber keine Anhaltspunkte gefunden 
wurden. 

Die Sedimente der Brennerschiefer und Quarzphyllite 
sind durch Wechsellagerung und allmähliche Übergänge 
untrennbar miteinander verknüpft und wurden in vor- 
triadischer Zeit von einer gemeinsamen Metamorphose = Metamor- 
phose A in d. V. A. erfaßt und (dabei?) schon gefaltet. 

Auf den metamorphen, gefalteten und stark erodierten Kalk- 
phylliten und Quarzphylliten lagerte zur Zeit der oberen Trias 
ein transgredierendes Meer zunächst küstennahe Sedimente, 
nämlich Quarzsande, tonige Kalke, tonige Dolomite und Rauhwaecken 
diskordant und konkordant ab. Alle diese Gesteine vertreten 
möglicherweise die Raibler Schichten. 

Das Triasmeer wurde später lokal tiefer und ruhiger und bildete 
dann den tonfreien, mächtigen, ziemlich homogenen Triasdolomit. 
Dann aber wurde das Meer wieder etwas flacher, ohne daß es die 
Fähigkeit verlor, eine typische Kössener Fauna zu beherbergen. 
Zur Zeit derselben wurden Kalke, Mergel, Tonschietfer, 
Dolomite und dolomitische Kalke abgelagert. Hierauf erfolgte 
eine Trockenlegung des seichten rhätischen Meeres. 
Es trat eine Festlandsperiode mit teilweiser Aufrichtung 
der bisher gebildeten Schichten ein, bis ein flaches Jurameer 
heranrückte, das mit dem Festland um die Herrschaft stritt. 

Nur langsam und unter starker Aufarbeitung des gefalteten 
Triasuntergrundes überflutete es das junge Festland. Doch wurde es 
nie Tiefsee. Alle seine Sedimente tragen den Charakter festland- 
naher Bildungen. 

Die hangendsten Schichten der Juragesteine zeigen noch an, 
daB kurz vor dem Verschwinden des Jurameeres dasselbe 
im allgemeinen noch etwas tiefer geworden war. Dann aber geben 
uns weder marine. noch terrigene Sedimente irgendwelche Anhalts- 
punkte dafür, wie lange noch das Jurameer fortgedauert hat, ob ein 


[133] Der Schuppenbau der 'Tarntaler Berge. 339 


Kreidemeer an seine Stelle trat oder ob sich gleich ein Festland 
aus ihm heraushob oder ob noch ein Tertiärmeer vorhanden war, 
dessen Ablagerungen ebenso wie die möglicherweise vorhandenen 
Kreideablagerungen gänzlich erodiert sein müßten. 
Wir wissen nur, daß nach der Ablägerung der Jura-. 
schichten ein Diallagit bis in die obersten Niveaus der damals 
noch nicht metamorphen, mesozoischen Gesteine, diese teilweise meta- 
morphosierend, eindrang, wir müssen schließen, daß er beim Passieren 
der schon metamorphen Brennerschieier und Quarzphyllite dieselben 
ebenfalls veränderte. 

Seine Kontakterscheinungen an jurassischen Kieselkalken 
sind heute noch sichtbar. Durch die postvulkanischen Prozesse wurde 
nun der Diallagit zu Serpentin, seine Gabbrofazies zu Serpentin 
und Chloritfels, seine Diabasfazies zu epidotisiertem und chloritisiertem 
Diabas umgewandelt. Die Kontakterscheinungen des Diallagits werden 
ind. v. A. Metamorphose B genannt. 

Wir müssen nun annehmen, daß nach den eben geschilderten 
Vorgängen in der Nähe der Tarntaler Berge ein Eruptivgestein 
emporgestiegen sein muß, und dab dieses alle noch nicht metamorphen 
mesozoischen Sedimente der Tarntaler Berge mehr oder minder um- 
wandelte und daß diese Umwandlung von nicht sehr bedeutenden 
mechanischen Kräften begleitet war. Nach dieser Metamorphose, welche 
ich Metamorphose (Ü heiße, kamen die Überschiebungen und 
damit die Bildung der Schuppen zustande. 

Dabei wurden bereits metamorphe Gesteine, Raibler (?) 
Räuhwacken, Quarzite und Kalke, sodann jurassische Quarzserizit- 
schiefer, Konglomerate und Tonschiefer miteinander verknetet oder 
vermischt, mylonitisiert. 

Nach den Überschiebungen und Gesteinsvermischungen begannen 
sekundäre Quarzlösungen, welche ich S. @. genannt habe, 
ihr Werk. 

Sie durchsetzen alle Gesteine, die vortriadischen wie 
die mesozoischen, die Serpentingesteine und die aus mechanischen 
Mischungen entstandenen Gesteine. 

Zuletzt wurden die S. Q. und alle bereits metamorphen 
Gesteine, die sich bei den Überschiebungen nach der Meta- 
morphose Ü© in ein basales Vorland und. zwei große und 
drei kleinere Schuppen gespaltet hatten, soweit sie faltbar 
waren, von starken Faltungen erfaßt. Die meisten der „Ver- 
werfungen“ der Tarntaler a entstanden bei diesen Faltungen als 
Zerrspalten. 

Nach den Faltungen wurden die dislozierten und gefalteten 
und schon teilweise erodierten Gebirgsmassen der Tarntaler Berge 
lange Zeit hindurch von mächtigen Eismassen bedeckt. Durch 
primäre Eis- und sekundäre Wassererosion erniedrigten und modellierten 
sie das Gebirge, sie ließen Moränen zurück 'und schwanden schließlich 
wieder in wärmeren Zeitläuften. Im Postglaziale begann erneut 
die Erosion des fließenden Wassers zu wirken, welche nur 
noch wenige ruinenhafte Reste eines typischen „Schuppen- und Falten- 
gebirges“ hinterlassen hat. 


340 Eduard Hartmann. [134] 


Geologische Übersichls Karle der 
Tarnlaler Berge. 1: 50000. 


1000 500 o Km 1Kn 


r al: 


Basales Vorland unlere milllere obere 
und 


Schuppen desselben. Schuppe. 


Verwerfungen Beobach a Be 


RE OR PH N I) 


ha (il) Boch P.- = 
2102 |, 


= 
O.Asttererä.> 


—. 


Berichtigung. 


In der links oben stehenden Erklärung zu obiger Übersichtskarte wurden 
die Signaturen B, und B, verwechselt und ist die richtige Stellung: 


MET =4= 


[135] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 


Inhaltsverzeichnis des I. Teiles. 


NE SA es A 
Bine. ae in in 
BaTenBrapbie u RE EN 
asebirgakamime, ..... . amd dere san ats De 
Dialer 2,4. „our. eu emaer aa: ar ; 
erosraphie.. ner. 2 er ra are 
etiveropraphie der Taler... . un. iu, ers ne 
IT. Bes des Hauptmassivs ..... BEN 
DEIMBRER N en. An % 
C  nsichnie ER NER 
D. Wichtigere ältere Arbeiten. . . .... 
Stratigraphischer Teil ..... Ar 
ST ee 1 RE ne 
4. Vortriadische Schichten . .. . . . 
I. Brennerschiefer a): 
IM Ouamphyllit),,...":. . . LEE 
De DEemlomil 7... ehe 
Verbreitung der paläozoischen Gesteine. ... . 
2 Mesozoische Schichten... . .. : 2. 2... 2... 
HRLTRIONBEStEINe,. 2 u. de weten ME an A rn: 
Ir Baiblerk(#)# Schichten .. =... 2... 42. ee ee 
u LUEDELTUNDTE RE ea ar LER 
3. Kössener Schichten . . ... . MS BU nn ale 
Verbreitung der Triasgesteine. .. . . . SER: 
ll. Juragesteine .... . 
1. Kieselkalke . 
Fossilführung A en U NER re 
DAKonplomeratesen.n 7 me lad: : DET: 
3. Kieseltonschiefer . e a En 0 re Lu 
4. Bunte Tonschiefer . . . Sea ine 
5. Kalkführende Tonschiefer . a te er 
6. Quarzserizitschiefer mit und ohne Dolomitgerölle 
7. Sandige regenerierte Dolomite. . .. 2. .... 
Verbreitung der Juragesteine . . 
& Onartäre Ablagerungen . .. .. 2.0... 
TDiluvialern wer .2 5. SEHE TAN ER NEBEN 
IReAlluviales tur re weissen Beeren: DERSBE 


D. Eruptiva der Tarntaler Be (Diallagit, Fonktacı De a 


341 

Seite 
.207 1] 
.208 [2 
203 [2] 
208 [2] 
210 [a] 
211 [5] 
211 [5] 
211 [5] 
211 [5] 
212 [6] 
214 [8] 
225 [19] 
.225 [19] 
226 [20] 
227 |21] 
230 [24] 
231 [25] 
233 [27] 
234 [28] 
234 [28] 
234 [28] 
240 [34] 
241 [35] 
246 [40] 
253 [47] 
254 [48] 
256 [60] 
259 [53] 
273 [67] 
274 [68] 
275 [69] 
275 [69] 
277 [71] 
278 [72] 
.280 [74] 
280 [74] 
231 [75] 
281 [75] 


342 ‚ Eduard Hartmann. 


Petrograplüseker Teil . 7... ve Ks 
Überblick... 0.0... . x ee a Se 


A. Petrographie der vortriadischen Schichten . . 
I. Petrographie der Brennerschiefer . . . 


lI. Petrographie der Quarzphyllite . 
Charakter der Metamorphose A 


Ill. Petrographie des Eisendolomites . 


B. Petrographie der mesozoischen Gesteine . . .. 2.2... 


I. Petrographie der Triasgesteine . 


1. Petrographie der Raibler (?) Schichten BEE ie 


2. Petrographie des Triasdolomites k 
3. Petrographie der Kössener Schichten . 


Il. Petrographie der Jurägesteme. „man 2 Tun 2 


. Petrographie der Kieselkalke 

. Petrographie der Konglomerate 

. Petrographie der Kieseltonschiefer 

. Petrographie der Tonschiefer ; 
. Petrographie der Quarzserizitschiefer . 


[op Wu stzE Seien 2 


Charakter der Metamorphose C 
C. Petrographie der Serpentinvorkommnisse. ..... 


Übersichtstabelle der Eruptiva der Tarntaler Bette : 


I. Petrographie des frischen Diallagites . . . 

lI. Petrographie der gabbroiden Fazies des Diallagites 
III. Petrographie der Diabasfazies des Diallagites. 

IV. Petrographie des serpentinisierten Diallagites 

V. Kontakterscheinungen des Diallagites . . 

Vl. Petrographie des Nephrites der Tarntaler Berge n 
VII. Petrographie der Glaukophanschiefer . . . ae 
VIII. Alter der Intrusion der Serpentinmuttergesteine 2 


Gesamtübersicht 


. Petrographie der sandigen regenerierten Dolomite. . 


. 283 
. 283 
. 284 
. . 284 
. 286 
heit! 
288 
ea 


er! 
. 
. 297 
. 298 


. 299 

. 299 
. 303 
+ 304 
rl 
. ..907 

. 508 
45725308 


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. 312 
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. 315 
. 325 
. 330 
. 332 
. 336 


. 338 


[136] 


Seite 
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[105] 

[106] 
[108] 
[109] 
[119] 
[124] 
[126] 
[130] 


[132] 


Der Schuppenbau der Tarntaler Berge am West- 
ende der Hohen Tauern. 
(Tuxer Voralpen.) 


Von Eduard Hartmann (München). 


Mit einer geologischen Karte (Taf. X), zwei Profiltafeln (Taf. XI—XII), einer 
Relieftafel (Taf. XIII) und 23 Figuren im Text. 


Il. Der]. 


A. Tektonik. 


In den Tarntaler Bergen gibt es: I. paläozoische, II. post- 
rhätisch-präjurassische, III. tertiäre Schichtstörungen. 


I. Paläozoische Schichtstörungen. 


Dieselben haben nur die Brennerschiefer, die Quarzphyllite und 
ihre dolomitischen Einlagerungen betroffen und werden durch ge- 
legentlich diskordante, transgressive Auflagerung der meso- 
zoischen Schichten sowie durch bereits gefaltete Gerölle 
von Quarzphyllit in den Raibler(?) Rauhwacken nachgewiesen. 
Die diskordante Auflagerung von Raibler(?) Schichten ist zwischen dem 
Melkplatz und der Mölser Scharte (efr. I. Teil, Fig. 1) unmittelbar 
zu sehen. Diskordant und konkordant sind die jurassischen Schichten 
des basalen Vorlandes auf der Südseite des Hauptmassivs dem Brenner- 
schiefer aufgelagert. Diskordante Auflagerung der Juraschichten 
herrscht auch im südlichen Lizumtal, ferner im Grübelkar bei P. 2268 
(efr. im I. Teil, Fig. 1 und im II. Teil auf Profiltafel XI, Fig. 1 u. 4). 

Wie bereits im I. Teil dargetan wurde, haben wir uns das 
„paläozoische Tarntaler Gebirge“ alsein Faltengebirge 
zu denken, das aus sehr flachen Sätteln und Mulden bestand. 
In den Mulden trat konkordanter, an den Firsten der Sättel diskor- 
danter Absatz der mesozoischen Schichten ein. Wir wissen nicht mit 
Sicherheit, ob sich die paläozoische Erosion, durch welche 
der Quarzphyllit auf große Strecken hin ganz oder nur teilweise vom 
liegenden Brennerschiefer entfernt wurde, vor oder nach den 
schwachen paläozoischen Faltungen zugetragen hat, wir 
wissen auch nicht, wie viele Diskordanzen zwischen Paläozoikum und 
Mesozoikum ursprünglich noch vorhanden waren, welche später durch 
die -tertiären Gebirgsbildungen verwischt wurden. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann ) 45 


344 Eduard Hartmann. [2] 


II. Postrhätisch-präjurassische Schichtaufrichtungen. 


Diese Störungen lassen sich im Hauptmassiv in den Schuppen 
A und 5, durch die Diskordanzen nachweisen, welche zwischen 
den Kössener Dolomiten und den jurassischen Kieselkalken bestehen 
und im I. Teil, pag. 258 [52] und 262 [56] beschrieben wurden (cfr. 
I. Teil, Fig. 7 und II. Teil, Fig. 4 und Profiltafel XI, Fig. 2). 

Man befindet sich hier in der gleichen Lage wie bei der Be- 
schreibung der paläozoischen Schichtstörungen. Altere Schichtstörungen 
sind sicher vorhanden, aber sie lassen sich nicht auf große Strecken 
hin weiter verfolgen. Es ist auch unsicher, ob die Diskordanzen 
zwischen Trias und Jura auf die Bildung von flachen präjuras- 
sischen Falten oder auf ein von kleinen Verwerfungen durch- 
setztes präjurassisches Schollenland zurückzuführen sind. 


III. Tertiäre Schichtstörungen. 


Der exakte Beweis für das tertiäre Alter dieser Gebirgsbe- 
wegungen fehlt, denn man hat in den Tarntaler Bergen keine ge- 
falteten Tertiär-, ja nicht einmal Kreideschichten. Für ein 
tertiäres Alter dieser Störungen spricht ihre Stärke und Kon- 
tinuität und der Zusammenhang mit bereits als tertiär fest- 
gestellten Alpenbewegungen der näheren und weiteren Umgebung. 
Die Untersuchungen des I. Teiles, speziell der mylonitischen Jura- 
konglomerate (efr. I. Teil, Fig. 13 und pag. 272 [66]) und der S. Q. hat 
ergeben, daß die großen Überschiebungen in den Tarn- 
taler Bergenälter sind als die großen Faltungen. Diese 
Annahme bestätigen ferner gleichsinnige Faltungen des 
basalen Vorlandes und der aufeinanderliegenden 
Schuppen A und B,. Die Verwerfungen der Tarntaler, Berge 
sind zum Teil während der Faltungen oder der Über- 
schiebungen entstanden, zum Teil erst nach diesen. 


1. Überschiebungen. 


Denken wir uns diejenigen paläozoischen und mesozoischen 
Schichten der Tarntaler Berge, welche heute in zwei große und 
in drei kleinere, stark gefaltete Schuppen aufgeteilt sind, 
wieder ausgeglättet und in die Lage zurück versetzt, welche sie vor 
den Überschiebungen und Faltungen eingenommen haben, so kann 
diese Lage durch das Bild Fig. 1a und 1b dargestellt werden, wenn 
man dabei, so weit möglich, die paläozoischen Faltungen in der Weise 
berücksichtigt, daß an Stellen, wo heute nachweisbar Dis- 
kordanzzwischen Mesozoikum und Paläozoikum herrscht, 
oder Anschwellender mesozoischen Schichten auftritt, flache 
Sättel und Mulden angenommen werden. Wo Diskordanzen oder Schicht- 
anschwellungen überhaupt nicht oder nicht mehr festzustellen sind, 
sind naturgemäß schematische Ergänzungen vorgenommen 
worden. Wir erhalten so ein basales Hinter- und Vorland. 


Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 345 


[3] 


45* 


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346 Eduard Hartmann. [4] 


Das Hinterland besteht zu unterst aus Quarzphyllit, über 
den eine verschieden mächtige, mesozoische Sedimentdecke 
transgrediert, die an einer Stelle besonders stark und spindelförmig 
anschwillt. Dieser spindelförmige, durch stark entwickelte Trias- und 
Jurasedimente ausgezeichnete Teil bildet später in der Schuppe 4 die 
mächtige, von Jurasedimenten überlagerte Triaslinse des Tarntaler 
Hauptmassivs. 

Das Vorland zeigt im Gegensatz zum Hinterland in seinen 
südlichen Teilen noch das Auftauchen des Brennerschiefers. welcher 
durch die prätriadische Erosion freigelegt worden war. Über den 
Quarzphyllit und den Brennerschiefer breiteten sich die verschieden 
mächtig entwickelten, transgredierenden, mesozoischenSedi- 
mente aus. 

Die Bildung der Schuppen der Tarntaler Berge ging nun 
folgendermaßen von statten. Durch von NW her wirkende Kräfte 
entstand aus dem basalen Vorder- und Hinterland eine große 
liegende „S“-förmige Falte. Das basale Vorland bildete 
den unteren Schenkel derselben, das basale Hinterland lieferte 
das Material für den oberen und mittleren Schenkel. Der 
überkippte mittlere Schenkel und der hangende Schenkel 
der „S“-Falte bestehen aus den obersten Horizonten des hinter- 
ländischen Quarzphyllites und den teilweise darauf transgredierenden 
Trias- oder Jurasedimenten. 

Durch die andauernd wirksamen Druckkräfte fand schließlich eine 
Zerreißung der liegenden Falte statt, die am südlichen 
Stirnrand begann und sich auf einer sanft nach Norden geneigten 
Ebene (= I in Figur 1b) fortsetzte.e. Der überkippte Quarz- 
phyllit des Mittelschenkels trennte sich dabei von seinen 
muldenförmig nach Süden überkippten, mesozoischen Schichten und 
wanderte mit dem oberen Schenkel als keilförmige, selb- 
ständige Schubmasse = Schuppe A zunächst noch über die 
neu entstandene, nach Süden sich Öffnende mesozoische Mulde des 
basalen Gebirges, dann aber weiter südlich nur mehr über deren 
normalliegenden, sozusagen verlängerten unteren Schenkel, welcher 
durch transgredierende mesozoische Schichten und darunter liegende 
Quarzpbyllite oder Brennerschiefer gebildet wird. 

Die eben geschilderten Vorgänge sind in Figur 1b schematisch 
dargestellt. 

Bei ihrem weitern südlichen Vorwärtswandern stieß 
das Südende der Schuppe A auf Widerstand, Es trennte 
sich infolgedessen dasselbe auf einer flach nach Süden geneigten 
Ebene (in Figur 15 des II. Teiles = II) vom nördlichen größeren 
Teile und glitt als neue selbständige Schubmasse = Schuppe 5, 
über den Rest der alten Schuppe A in nördlicher Richtung hinweg. 

Bei diesem Vorgang spaltete sich von ihrer Basis noch die 
kleine Zweigschuppe — Schuppe DB, ab, welche zwischen den 
Schuppen A und D, eingeklemmt ist. Die Überschiebung der 
Schuppe B, ist keine vollständige, darum ruht sie 
sowohl auf der Schuppe A als auch auf dem basalen 
Vorland. 


[5] Der Schuppenbau der Tarutaler Berge. 347 


Als die beiden noch vereinigten Schubmassen A und B, 
über das basale Vorland hinwegfuhren, mylonitisierten sie nicht 
nur die mesozoischen Sedimente desselben, sondern sie hoben auch 
Teile desselben ab und schoben sie auf basales Mesozoikum. So 
entstanden die Schuppen des basalen Vorlandes östlich des 
Melkplatzes und an der Schmirner Reisse (efr. geologische Übersichts- 
karte des I. Teiles). 

Die mit der Schuppe B, noch vereinigte Schuppe A wird in 
der vorliegenden Arbeit „alte Schuppe 4“ genannt. Diese bestand 
infolge ihrer schiefen Abtrennungsfläche in ihrem südlichsten Teil 
(= Schuppe D,) aus einem sich nach Süden verjüngenden Keil normal 
gelagerter mesozoischer Schichten, welche gegen Norden zunächst 
normal gelagerten, dann anormal gelagerten und überkippten Quarz- 
phyllit zum Liegenden erhielten. 

Dies in kurzen Zügen der Überschiebungsmechanismus der Tarn- 
taler Berge, welcher durch die geologische Übersichtskarte des I. Teiles, 
durch die Profile und durch die beiden geologischen Reliefs des 
II. Teiles näher erläutert werden soll. 

Es seien bei dieser Gelegenheit noch zwei weitere 
Entstehungsmöglichkeiten der „alten Schuppe A* ange- 
führt. Man nimmt bei beiden zunächst wieder eine liegende 
S-förmige Falte an; diese reißt entweder so durch, daß der keil- 
förmige, abgeschnittene Quarzphyllit des Hangendschenkels über den 
ebenfalls keilförmigen und überkippten Quarzphyllit des mittleren 
Schenkels geschoben wird, welcher das überkippte, muldenförmige 
Mesozoikum einhüllt, oder man kann annehmen, daß sich das normal 
liegende Mesozoikum und der Quarzphyllit des oberen Schenkels nebst 
dem überkippten Quarzphyllit und dem überkippten Mesozoikum des 
mittleren Schenkels als selbständige Schubmasse (= Schuppe A) auf dem 
normal liegenden Mesozoikum des unteren Schenkels fortbewegt hat. 

Auf der im I. Teil gegebenen geologischen Übersichts- 
karte, ferner in allen Profilen des I. und I. Teiles sowie in 
den beiden te ktonischen Reliefs des II. Teiles und auf der 
kolorierten Karte des II. Teiles wird, soweit möglich, die 
untere aus dem hangenden und dem mittleren Schenkel bestehende 
Schuppe mit A, die von ihr abgespaltete, größere obere Schuppe 
mit D,, die von dieser abgespaltete, zwischen A und BD, eingeklemmte 
Schuppe mit B, bezeichnet. Die Schubfläche zwischen dem 
basalen Vorland und der Schuppe A heißt I], die Schub- 
fläche zwischen den Zweigschuppen des basalen Vor- 
landes (an der Schmirner Reiße und am Melkplatz) und dem 
basalen Vorlande: I. Die Schubfläche zwischen der 
Schuppe B, und A, beziehungsweise B, heißt II, die zwischen B, 
und A II‘. Das basale Vorland und seine Schuppen sind 
auf der Übersichtskarte und im Relief unpunktiert und un- 
schraffiert, die Schuppe A ist punktiert, die Schuppe B, 
ist nordsüdlich, die Schuppe 5, ostwestlich schraffiert. 
Die elf wichtigsten, in ostwestlicher Richtung streichenden Anti- 
klinalzüge sind auf der geologischen Übersichtskarte und in den 
Profilen mit &—a;ı bezeichnet. Die in die beiden geologischen 


348 Eduard Hartmann. [6] 


Reliefs eingezeichneten arabischen Zahlen vertreten entsprechende 
Namen von Lokalitäten, an welchen in der Natur der im 
Relief schematisch dargestellte tektonische Typus 
auftritt. 

Wenn wir nun mit Hilfe der kolorierten Karte, der Übersichts- 
karte, der Profile und der tektonischen Reliefs die Analyse der 
großen liegenden Falte vornehmen wollen, von welcher 
alle Schuppen der Tarntaler Berge abzuleiten sind, dann ist es not- 
wendig, uns zunächst die „alte Schuppe A“ wiederhergestellt zu 
denken. Wir denken uns also zunächst die Schuppe B, von der 


Fig. 2. 


N: Schober- Spi lze. 


Überlagerung der Schuppe A durch die Schuppe B, an der nördlichen Schoberspitze. 


J, = Jurakieseltonschiefer oder Tonschiefer. — Je = Jurakonglomerate. — 

J, = Jurakieselkalke. — rk = Raibler (?) Kalke. -— rd — Raibler (?) Dolomite. 

rr — Raibler (?) Rauhwacken. — rqu = Raibler (?) Quarzite. — qu = Quarz- 

phyllite. — su = Bergschutte. — I, I = Überschiebung. — A, B, = Schuppen. 
a, — Antiklinale, 


Schuppe A abgehoben und die Schuppe BD, wieder in die Lücke der 
Schuppe 5, gebracht, aus der sie stammt; dann den Nordrand der 
Schuppe B,, der heute am Schober-Mölszug, früher aber jedenfalls 
viel weiter nördlicher lag, mit dem jetzt teilweise etwas gekürzten 
Südrand der heutigen Schuppe A vereinigt. Auf diese Weise könnte 
man bequem dievon der Schupped, gebildeteSchubflächell 
studieren und man würde finden, daß sie eine flach nach Süden 
geneigte Ebene bildet. Mit der nach Süden geneigten Lage der- 
selben stimmt vollkommen überein, daß in der Schuppe A die 
höchsten Niveaus des Jura, die Kieseltonschiefer und das ihnen 
eingelagerte Kieselkalkband, von Norden nach Süden allmählich ver- 
schwinden, während umgekehrt an der Basis der Schuppe B; 


C 


[7] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 349 


von Norden nach Süden im allgemeinen ein Anschwellen der 
Triasgesteine und ein Hinabgreifen in die tiefsten Trias- 
horizonte stattfindet, so daß auf der Südseite des Hauptmassivs 
bereits Raibler(?) Quarzite mit Rauhwacken sowohl auf 
der Schuppe A als auch auf den Juragesteinen des 
basalen Vorlandes liegen. Die nun folgenden Profile, welche 
von nördlichen und südlichen Punkten der Schuppen A und B, ge- 
nommen sind, zeigen, wie sich die geschilderten Verhältnisse in der 
Natur geltend machen. (Fig. 2.) 


Fig. 3. 


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Ka 2, A 

Y ah 
AZ yon 


Die Schuppe B, führt auf der Südseite des Nederers im Westen ein großes Stück 
der aus Triasdolomit und Jurakonglomeratkappen bestehenden „fossilen Jurasteil- 
küste“. Durch die S-förmige Faltung der Schuppe B, erscheinen am Gipfelbau des 
Nederers stellenweise nochmals Triasgesteine (Kössener kalkige Dolomite und Kalke). 
Der Schuppe A fehlen die obersten Kieseltonschiefer und das oberste Kieselkalkband. 


td = Triasdolomit. — kk = Kössener Kalke. — kd = Kössener Dolomit. — 
J, = Jurakieselkalke. — Je = Jurakonglomerate.. — J, = Jurakieseltonschiefer 
oder Tonschiefer. — y = „Arnioceras* Fundstelle von Young. 


Am Westende des Schober-Mölszuges, bei P. 2453 
(efr. Profiltafel XI, Figur 1) fehlen der Schuppe A nur die obersten 
Kieseltonschiefer, die Schuppe 5, führt an ihrer Basis kalkige und 
normale Kössener Dolomite. Die Verhältnisse an der nördlichen 
Schoberspitze zeigt Fig. 2. Ostlich der nördlichen Schober- 
spitze (cfr. Profiltafel XI, Figur 2) fehlen der Schuppe A die 
obersten Kieseltonschiefer und das oberste Kalkband, die Schuppe 5, 
führt an ihrer Basis wenig mächtige Blöcke von Triasdolomit oder 
vielleicht schon von Kössener Dolomit. 

Noch weiter östlich (efr. Profiltafel XI, Figur 3) an der 
Klammer-Sonnenspitze fehlen der Schuppe A teilweise die 
obersten Kieseltonschiefer und die Kalke, die Schuppe B, führt an 


350 Eduard Hartmann. [8] 


ihrer Basis wenig mächtige Blöcke von Triasdolomit; noch weiter 
östlich an der Klammspitze und am West- und Ostgrat der- 
selben (cfr. Profiltafel XI, Figur 4) fehlen der Schuppe A teilweise 
die obersten Kieseltonschiefer, die Schuppe D, führt an ihrer Basis 
Kössener Schichten und Triasdolomit, welcher auf der Nordseite der 
Klammspitze durch nachträgliche Faltung, durch die Antiklinale a, 
ziemlich mächtig erscheint. 

Am Nederer (cfr. Profiltafel XI, Figur 4) fehlt der Schuppe A 
zum Teil die oberste Kieseltonschieferlage und das oberste Kalkband. Die 
Schuppe B, ist hier in eine liegende, S-förmige Falte gelegt (cfr. I. Teil, 


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Ansicht des Westabfalls des Obertarntales mit den Schuppen A und B,. 


Die Kieselkalke der Schuppe A transgredieren teilweise auf den Kössener Dolo- 
miten. Bei P. 2642 setzt die muldenförmige Faltung der Schuppe A in B, nicht 
fort. Bei P. 2730 ist die dritte S-förmige Falte der Schuppe B, durch Kössener 
Kalke noch angedeutet. Von der zweiten S-förmigen Falte ist nur die nach Norden 
sich öffnende untere Muldenregion gut zu sehen. Ihr oberes Sattelstück ist durch 
nachträglich nochmals gefaltete (a,) und überschobene Kössener Dolomite angedeutet. 


kk —= Kössener Kalke. — kd = Iössener Dolomite. — J, —= Jurakieselkalke. 
J, = Jurakieseltonschiefer. — a, — Antiklinale. — TI = Überschiebung. 


bei der Schilderung der Verbreitung der Triasgesteine und II. Teil, 
Figur 20) und führt an ihrer Basis Kössener Schichten und Trias- 
dolomit. Der Triasdolomit trägt auf der Südseite des 
Nederers an zwei Stellen Kappen von Jurakonglome- 
raten. Er bildet also mit diesen überschobene Stücke der „fossilen 
Jurasteilküste* (cfr. I. Teil, pag. 261 [55]). Figur 3 des II. Teiles 
stellt das westliche, größere der beiden genannten Vorkommen dar. 

Südlich des Untertarntales fehlt der Schuppe A auf der 
Westseite des Hauptmassivs bis auf eine kleine Stelle am Klein- 
Reckner-Westgrat der Kieseltonschieferhorizont vollständig, auf der 
Ostseite hingegen findet vor dem endgültigen Verschwinden ein 


a > 


[9] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 351 


allmähliches südliches Auskeilen desselben statt (cfr. Profiltafel XI, 
Figur 2, 3, 4 und Profiltafel XII, Figur 1, 2, 3). Die Schuppe B, 
besteht an ihrer Basis im Westen des Hauptmassivs aus 


‘“ wenig mächtigen, lokal auskeilenden Kössener Dolomiten, -Kalken und 


-kalkigen Dolomiten, welche mit den hangenden Kieselkalken in drei 
liegende S-förmige Falten (cfr. pag. 23—24) gelegt sind, im Osten 
schwillt am Südgrat der Tarntaler Sonnenspitze die Trias mächtig an 
und reicht östlich des Obertarntales bis in das Niveau der Raibler (?) 
Schichten. Infolgedessen liegen hier die Raibler(?) Rauhwacken auf 
den Kössener Schichten der Schuppe DB, (cfr. Fig. 9 des II. Teiles). 

Die geschilderten Verhältnisse werden in Profiltafel XI durch 
die Figuren 2, 3, 4, in Profiltafel XII durch die Figuren 1, 2, 3 
näher erläutert. Die Stelle, wo an dem Westabfalle des Obertarntales 
die Kieseltonschiefer zu verschwinden beginnen, stellt Figur 4 dar. 


Fig. 5. 


Überlagerung der Schuppe A durch die Schuppe 3, auf der Höhe des auffälligen 
Eckpfeilers im südlichen Lizumtal. 


J, = Tonschiefer. — Je —= Jurakonglomerate. — td = Triasdolomit. 


Weitere Detailprofile für das allmähliche Verschwinden des 
Kieseltonschieferhorizonts der Schuppe A und das Auftreten der 
tiefsten Triasniveaus an der Basis der Schuppe D, liefern die Figuren 
D und 6. 

Die Kieseltonschiefer oder ihre Vertreter die Tonschiefer, welche 
in der Schuppe A östlich des Gipfels der Tarntaler Sonnenspitze noch 
zirka 80 m mächtig den Konglomeraten auflagern, sind an dem auf- 
fälligen Eckpfeiler im südlichen Lizumtal nebst den alternierenden 
Konglomeraten nur mehr zirka 25 m mächtig (Figur 5). 

Noch weiter südlich, westlich eines auffälligen, von Triasdolomit 
gebildeten Zackens, am Westende der in die Südflanke des auf- 
fälligen Eckpfeilers eingeschnittenen Rinne sind die Tonschiefer von 
den Konglomeraten oder den Triasdolomiten der Schuppe A ganz 
verschwunden, so daß der Triasdolomit und die nur teil- 
weise vorhandene Rauhwacke derSchuppe B, unmittel- 
bar auf den Triasdolomit und weiter südlich auf die Kössener 
Schichten der Schuppe A zu liegen kommt, von denen bei der 
Überschiebung der Schuppe B, noch ein keilförmiges Stück zwischen 
die Rauhwacken und den Triasdolomit der Schuppe A eingepreßt ist 


(vergl. Fig. 6). 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 46 


352 Eduard Hartmann. [10] 


Fig. 6. 


Verkeilungserscheinungen an der Schubfläche II‘ zwischen der Schuppe B, und A 
(im südlichen Lizumtal). 


Je = Jurakonglomerate. — kk —= Kössener Kalke. — td —= Triasdolomit. 
rr = Raibler (?) Rauhwacken. — Ü = Lokalüberschiebung. 


Durch den Druck der Schuppe B, würden die Tonschiefer der Schuppe A mulden- 
förmig in den Triasdolomit der Schuppe A hineingepreßt. (Südliches Lizumtal.) 
Jce = Jurakonglomerate. — J, = Juratonschiefer. — td — Triasdolomit. 
rr = Raibler (?) Rauhwacken. 


[11] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 353 


Der Druck, welchen die Schuppe B, während ihrer Über- 
schiebung auf die Schuppe A ausübte, war so groß, daß zwischen 
dem auffälligen Triasdolomitzacken und der Südwand des markanten 
Eckpfeilers der Triasdolomit der Schuppe A längs einer etwa Ost- 
west streichender Verwerfung zersprang und daß in die dabei ent- 
stehende klaffende Spalte von oben her die über den Dolomit 
transgredierenden Tonschiefer der Schuppe A mulden- 
förmig eingepreßt wurden, wie Figur 7 zeigt. 

Figur 8 zeigt die Auflagerung der Schuppe B, auf das 
Südende der Schuppe B, und auf das basale Vorland. 
Die Kössener Kalke der Schuppe B, fallen deutlich unter die 
Kössener Dolomite der Schuppe B,, welche im Süden in 


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Das Auftreten der Schuppe B, und 2, östlich des Gr. Reckners. 
J, = Jurakieseltonschiefer. — Jc — Jurakonglomerate. — J, = Jurakieselkalke. 
— kd = Kössener Dolomite. — kk = Kössener Kalke. — td = Triasdolomit. — 


rr — Raibler (?) Rauhwacken. — rqu = Raibler (?) Quarzite. 
I, I und il = Überschiebungen. — ü = Lokalüberschiebung. 


Triasdolomitübergehen, dermitRauhwackenverknüpft 
ist. Die Kössener Dolomite sind durch eine untergeordnete, im all- 
gemeinen 45° nach NW geneigte und durch große Rutschflächen an- 
gedeutete Überschiebungsfläche = Ü gespalten. Die Rauhwacken, 
welche auf den Juraschichten des basalen Vorlandes zu liegen kommen, 
enthalten einen mylonitisierten Quarzithorizont. 

Die Kössener Dolomite der Schuppe B, lassen sich von hier 
mit lokalen Unterbrechungen bis zur Stelle (und darüber hinaus) ver- 
folgen, wo zum erstenmal an der Basis des Südendes der 
Schuppe B, Rauhwacken auftreten. Diese Stelle ist durch 
Figur 9 dargestellt. 

Die große Mächtigkeit der östlich des großen Reckners gelegenen 
Kössener Schichten, welche von der übrigen beträchtlich abweicht, 
ist also nur scheinbar, sie wird dadurch bedingt, daB die Schuppe B, 

46* 


354 Eduard Hartmann. [12] 


aus den nämlichen Triasgesteinen besteht, welche die Basis der 
Schuppe BD, aufbauen (Figur 9). 

Unterhalb des östlichen Ausstreichens der tiefsten Talsenke des 
Obertarntales besitzt der Sonnenspitz-Südgrat einen Felsvor- 
sprung mit dreieckiger Ostseite. Diese ist in Figur 9 dargestellt. Ein 
wenig mächtiges Rauhwackenvorkommen an der Basis des Trias- 
dolomits der Schuppe 5, ruht auf korallenführenden 
tonigen Kössener Kalken der Schuppe D.. 


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Yu/: MR \\ x 

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N NZZ N | | | IN sa N " 
ODER, 


Das Nordende der Schuppe B, am Südgrat der Tarntaler Sonnenspitze, 


J, = Kieseltonschiefer. — J, = Kieselkalke. -- kd — Kössener Dolomit. 
kk = Kössener Kalke. — td = Triasdolomit. — rr = Raibler (?) Rauhwacke. 


Figur 10, 11, 12 zeigt die Auflagerung der Raibler Horizonte 
der Schuppe 5, auf die stark verkneteten und mylonitisierten Jura- 
gesteine des basalen Vorlandes. Diese drei Profile sind von der Süd- 
seite des Hauptmassivs genommen. Figur 10 ist das westlichste, 
Figur 12 das östlichste. Profil 10 ist vom rechten Ufer des „Oberen 
Baches“ genommen, Profil 11 schneidet das westliche der beiden 
Triasdolomitvorkommnisse auf der Südseite der Geierspitze und 
Figur 12 stammt vom Ende der oberen Terrasse des Nordostgrates 
der Geiersspitze. 

Wir kommen zu dem Resultate: Die nach Süden geneigte 
Schubfläche der Schuppe 5, ließ sich auch an den Pro- 
filen nachweisen. Wenn man nun weiter berücksichtigt, daß die 
Trias und Juragesteine der Schuppe 5, den Trias und Juragesteinen 
der Schuppe A absolut identisch sind, daß ferner die Schuppe D, 
Quarzphyllit oder Brennerschiefer nicht führt, dann kommen wir zu 
dem Schlusse: die, Schuppe :B, ist der südlichste Teil der 
alten Schuppe A (cfr. Figur 1b), welcher nach der Lostrennung 
von derselben im Süden und im Norden keilförmig ausgebildet 
war, im Süden infolge der Überschiebungsfläche I, im Norden infolge 
der Schubfläche II. 


[13] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge, 355 


Die Schuppe 2, ist, da sie von I und II und einer dritten 
Schubfläche Il‘, welche in Figur 1b nicht angegeben ist, begrenzt 
wird, ebenfalls keilförmig ausgebildet. Sie besteht nur aus 
abgespalteten Triasgesteinen der Schuppe B, uud wurde von 
dieser auf die Schuppe A nordwärts verfrachtet. 


20 m 
su — Bergschutt. -—- s = Serpentingesteine. — J, — Jurakieseltonschiefer. — 
o = Tonschiefer. — o —= Quarzserizitschieferr. — Je — Jurakonglomerate. — 
J, = Jurakieselkalke. — td — Triasdolomit. — rr = Raibler(?) Rauhwacken. — 
rqu —= Raibler Quarzite. — br —= Brennerschiefer. 


I, II = Überschiebungen. B, = Schuppe. — ba — basales Vorland. 


Die „vier Zonen“ der durchgerissenen „S“-Falte. 


In Figur 15 des I. Teiles wurden an der bereits durch- 
gerissenen großen Falte vier Zonen angedeutet. Jede 
derselben zeichnet sich durch ein charakteristisches Profil aus. 


In der ersten Zone liegt überschobener Quarzphyllit 
des Hinterlandes auf normal liegendem Quarzphyllit des 
Hinterlandes. Entweder waren auf diesen beiden Phyllitkomplexen 
niemals mesozoische Sedimente zum Absatz gekommen oder sie sind 
bei den UÜberschiebungsvorgängen abgeschert und ausgewalzt worden. 
Die erste Annahme scheint die wahrscheinlichere zu sein. 


In der zweiten Zone hat man zu unterst Quarzphyllit 
des basalen Vorlandes, darauf eine sich nach Süden Öffnende, über- 
kippte Mulde von basalen mesozoischen Schichten, über 
welche der überkippte Quarzphyllit des mittleren Schenkels 
und der normal liegende Quarzphyllit und das normal liegende Meso- 
zoikum des oberen Schenkels geschoben ist. 


356 Eduard Hartmann. [14] 


In der dritten Zone fehlt infolge einer Auswalzung oder 
Abscherung oder aus stratigraphischen Gründen bereits das über- 
kippte Mesozoikum des Mittelschenkels. Es kommt der überkippte 
oder der normal liegende Quarzphyllit des hangenden Schenkels 
auf das Mesozoikum des basalen Vorlandes zu liegen. 

In der vierten Zone liegen infolge einer gänzlichen Re- 
duktion des Mittelschenkels und des Quarzphyllits 
des hangenden Schenkels die mesozoischen Schichten 
des hangenden Schenkels mit normaler Schichtfolge 
auf den mesozoischen Schichten des basalen Vorlandes. 


Die erste und zweite Zone. 


Die erste und zweite Zone ist in der Natur durch das 
Fenster des Mölstales, das sich bis über die Mölserscharte und 


Fig. 13. 


Verlauf des 


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ZERIAMER R 
ES as ER ) Ay SITE 


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Die überkippte und vom Quarzphyllit der Schuppe A überfahrene, mesozoische 
Mulde des Mölstales. 


sw — Bergschutt. — J, = Juratonschiefer. — J, = Jurakieselkalke. 
= Raibler (?) Dolomit. — r” = Raibler (?) Rauhwacken. — rqu = Raibler (?) 
Quarzite. — gu —= Quarzphyllit. 


bis in die Gegend oberhalb der oberen Lattereralpe verfolgen läßt, 
sehr gut aufgeschlossen (cfr. Geolog. Karte, die tektonischen Reliefs 
und Profiltafel XI, Figur 2, ferner die geologische Übersichtskarte 
des I. Teiles sowie Figur 13, 14 und 15 des II. Teiles). Die Zone I 
zeigt sich amı besten auf der Profiltafel XI in Figur 2. 

Sie stellt eine, von der Mölser Alpe (Hochleger) aus genommene 
Ansicht der überkippten mesozoischen Mulde des Möls- 
tales dar, welche vom Quarzphyllit der Schuppe A überschoben ist. 
(Figur 13). 

Figur 14 zeigt zwischen dem Kalten Kofel und der oberen Latterer 
Alm das Ausstreichen der mesozoischen, überkippten 
Mulde des Mölstales sowie der Zone 2. Der Triasdolomit des 
Kalten Kofels sowie die mächtigen Rauhwacken südlich desselben 
gehören dem überkippten Schenkel derselben an. Das kleine Neben- 
und Parallelprofil in Figur 14 (südlich des Kalten Kofels) verläuft 


[15] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 357 


westlich des Hauptprofils. Es zeigt noch Teile des liegenden 
Schenkels und ist ebenso wie das zweite Parallelprofil, welches öst- 
lich des Kalten Kofels verläuft, in richtiger Höhenlage gezeichnet. 


Fig. 14 
ker" 
V utd" 
Koller Kofel. enern 
No. 2318. erg ei 


M. 1:18.700. Z 19 


Das Ausstreichen der überkippten, mesozoischen Mulde des Mölstales südlich des 
Kalten Kofels. 
su = Bergschutt. — J, = Jurakieselkalke. — td —= Triasdolomit. — rk = Raibler (?) 
Kalke. — rr = Raibler (?) Rauhwacken. — rqu = Raibler (?) Quarzite. »d = Raibler (?) 
Dolomite. — F = Verwerfung. — Ü — Lokalüberschiebung mit Mylonitbildung. 
- 4,, Ay a, — Antiklinalzüge. 


Ungefähr senkrecht zu dem in Figur 14 dargestellten Profil ver- 
läuft das Profil Figur 15. Es ist der Südabfall des höchsten, im Profil 
Figur 14 gegebenen Punktes dargestellt. Man sieht hier noch den 
überschobenen Quarzphyllitder Schuppe A auf wenig 


2,300m 


Om 
HE ng! 


Längsschnitt der überkippten Antiklinale a, (cfr. Fig. 14) südlich des Kalten Kofels. 


su — Bergschutt. — J, = Jurakieselkalke. — rr = Raibler (?) Rauhwacke. 
rqu = Raibler (?) Quarzite. — rd = Raibler (?) Dolomite. 


Quarzit des oberen Schenkels der überkippten mesozoischen Mulde 
des Mölstales ruhen. Die Rauhwacken und der von ihnen durch eine 
Verwerfung getrennte Raibler (?) Dolomit bilden den Kern des nach 


Eduard Hartmann. [16] 


398 


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Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 359 


[17] 


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47 


Jahrbuch d. K. Kk, geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 


360 Eduard Hartmann. [18] 


Süden überkippten Sattels — a,, welcher in Figur 14 angedeutet ist 
und selbst wieder dem liegenden Schenkel der überkippten mesozoi- 
schen Mulde des Mölstales angehört. Infolge dieser Sattelüberkippung 
treten die jurassischen Kieselkalke im Liegenden und Hangenden der 
Trias auf. 

Außerhalb des auf der kolorierten Karte darge- 
stellten Gebietes tritt die Zone 2 östlich des Lizumbaches am 
benachbarten Hippoldundnördlich und westlich desselben 
auf (cfr. I. Teil Übersichtskarte und II. Teil, Figur 16a und b und 
Profiltafel XI, Figur 5). 

Im Profil Hippold—Melangalpe (Figur 16a) ist das oberste Profil 
im richtigen Höhenverhältnis zum mittleren Profil gezeichnet. Man 
sieht den Quarzphyllit der Schuppe A auf der überkippten meso- 
zoischen Mulde lagern, deren Kern durch Jurakonglomerate 


deutlich gemacht wird, die von Triasgesteinen über- und unterlagert 
werden. 


Fig 1%. 


Yonzuce Schober. Sp- 
ZZ, 2s50 2 
BEER 


M. 1:25.000. 
Das Auftreten der „Zonen 2 und 3“ im Mölstal und am Schober-Mölszug. 


su — Bergschutt. — J, — Juratonschiefer oder Kieseltonschiefer. — Je —= Jura- 
konglomerate. — J, = Jurakieselkalke. — kd —= kalkige Kössener Dolomite. — 
kk — Kössener Kalke. — td = Triasdolomit. — rr = Raibler (?) Rauhwacken. — 
rqu —= Raibler (?) Quarzite. -- rk = Raibler (?) Kalke. — rd = Raibler (?) Dolomite. — 
I, II = Überschiebung. — A, B, = Schuppen. — 4;,4,, 4,0, 4, — Antiklinalzüge. 


Die dritte Zone. 


Die Zone 3 ist heute nur am Westende des Schober- 
Mölszuges, am Südgrat des P. 2453, dann zwischen den 
beiden Schoberspitzen und Östlich der Scharte P. 2416, 
welche nördlich der Klammer-Sonnenspitze liegt, aufgeschlossen. Be- 
merkenswert ist in ihr eine nicht nur von Norden nach Süden, 
sondern auch von Westen nach Osten stattfindende Reduktion des 
Quarzphyllits der Schuppe 4, welche sich auf die teilweise 
überkippte Antiklinale a, des basalen Vorlandes legt (cfr. II. Teil, 
Figur 1b, Figur 17 und Profiltafel XI, Figur 1 und 4). 

Figur 17 zeigt im Mölstal an drei Stellen (bei den Antiklinalen 
dur a, und nördlich der Antiklinale a,,) nochmals die Zone 2; 
zwischen nördlicher und südlicher Schoberspitze die Überlagerun R 
jurassischer Kieselkalke des basalen Vorlandes durch 
den Quarzphyllit der Schuppe A, welcher hier noch mit ıneso- 
zoischen Schichten bedeckt ist, die in den nördlichen Gebieten bereits 
alle wegerodiert sind. 


[19] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 361 


Die vierte Zone. 


Leider läßt ein breiter Saum von Bergschutt nicht erkennen, ob 
derjenige Teil der Schuppe A, welcher die unteren Partien des 
Tarntaler Hauptmassivs ausmacht, noch zur Zone 3 oder schon zur 
Zone 4 gehört. Sehr wahrscheinlich ist letzteres der Fall, denn der 
Quarzphyllit am Südgrat der N. Schoberspitze und östlich der Scharte 
2416 ist schon so wenig mächtig, daß zwischen den genannten Stellen 
und der Nordseite des Hauptmassivs ein völliges Auskeilen des 
Phyllites leicht denkbar ist. 

Auch enthalten die mylonitischen Konglomerate, welche östlich 
und westlich des Hauptmassivs durch die Frosion bereits aufge- 
schlossen sind, niemals Quarzphyllitstücke alstektonische 
Komponenten. 

Zur Zone 4 hat aber sicher die Schuppe B, gehört, 
als sie noch nicht auf die Schuppe A geschoben worden war, sondern 
als sie mit dieser über das basale Vorland hinwegfuhr. 


2. Tertiäre Faltungen in den Tarntaler Bergen. 
a) Entstehung derselben. 


Die tertiären Falten haben eine Streichrichtung von N 60— 70° O 
und sind durch Kräfte und Gegenkräfte entstanden, welche 
etwa senkrecht zu dieser Richtung, also etwa im Nordwesten und 
Südosten der Tarntaler Berge einsetzten. Daneben wurden sie 
auch von Kräften und Gegenkräften beeinflußt, dieim Osten 
und Westen der Tarntaler Berge sich auslösten und welche die 
Achsen der in N 70° O streichenden Falten entweder 
nach dem Südenhinablenkten oder eine ca.nordsüdlich 
streichende, mulden- und sattelförmige Aufwölbung 
derselbenhervorbrachten. Diese ostwestlich wirkenden, 
bedeutend schwächeren und seltener nachweisbaren Kräfte werden 
am besten als Komponenten aufgefaßt, die durch Verkeilungs- 
erscheinungen während der Faltungen entstanden sind. 


b) Relatives Alter der tertiären Faltungen der Tarntaler Berge. 


Die großen Faltungen der Tarntaler Berge sind jünger als 
die großen UÜberschiebungen, denn 1. sind — gleiche Falt- 
barkeit der Gesteinsmassen vorausgesetzt — durch sie die auf- 
einanderliegenden Schuppen DB,, B,, A, und das basale 
Vorland gleichsinnig gefaltet, 2. wurden die S. Q., welche, 
wie im I. Teil pag. 272 [66] gezeigt wurde, später als die Über- 
schiebungen einsetzten, in leicht faltbaren Gesteinen, 
zum Beispiel in den Kieseltonschiefern, nachträglich noch stark mit- 
gefaltet. 


c) Allgemeines Streichen der Faltenzüge. 


Wie die geologische Übersichtskarte des I. Teiles, ferner die 
Profile der Profiltafel XI und die beiden tektonischen Reliefs des 
II. Teiles näher zeigen, lassen sich 11 größere Antiklinalen 

47% 


362 Eduard Hartmann. [20] 


(a —a,,) und die dazugehörigen Synklinalzüge unterscheiden, deren 
Streichen im allgemeinen N 60°—70° O ist. Der Verlauf der ein- 
zelnen Mulden- und Sattelzüge ist in der Natur oft nicht leicht zu 
verfolgen, da entweder viel Berg- und Moränenschutt die 
Schichten verhüllt oder große Teile der Mulden und Sättel 
der Erosion bereits zum Opfer gefallen sind. 


d) Änderungeu im Hauptstreichen der Faltenzüge. 


An manchen Stellen der Tarntaler Berge wirkten die faltenden 
Kräfte besonders stark und rasch. Dort wurden 1. die Sattel- und 
Muldenzüge stärker zusammengepreßt und ihre Achsen 
verbogen, 2. die ursprüngliche gerade Streichrichtung 
wurde oft stark nach Süden ausgebuchtet, 3. die Sattel- 
und Muldenzüge wurden längs paralleler Verwerfungs- 
spalten in einzelne Teile zerstückelt, welche selbst wieder 
verschieden stark zusammengepreßt, gefaltet und gegeneinander 
verschoben wurden. (Siehe später bei den „Verwerfungen“.) 


e) Auftreten von Nebensätteln und Nebenmulden sowie das Ver- 
schwinden einzelner Sättel und Mulden. 


Öfters nimmt man wahr, daß Hauptsättel sich in Nebensättel 
und Nebenmulden spalten. 

Dies ist 1. beim Sattelzug a, der Fall: a) an der Kahlen 
Wand (efr. Profiltafel XI, Figur 5), 5) im Obertarntal (efr. geolo- 
gische Übersichtskarte im I. Teil und die kolorierte Karte des II. Teiles, 
ferner die beiden tektonischen Reliefs im II. Teil sowie Figur 1 im 
1. Teil und Figur 4 im II. Teil, ferner im II. Teil Figur 5 und 4 der 
Profiltafel XJ). 

Die einfache Mulde, die im überschobenen Triasdolomit der 
Kahlen Wand (efr. Profiltafel XI, Figur 5) deutlich ausgeprägt ist, 
findet sich auch im Hauptmassiv. In ihrem Kern liegen südlich von 
a, die beiden Reckner Gipfel. Sie endet schlüsselförmig am Westabfall 
des Westgrates des Kleinen Reckners. Auf der Ostseite des Haupt- 
massivs löst sie sich in den Triasgesteinen der Schuppen A, D, und Ds 
in eine Menge unbedeutender Sekundärmulden und Sättel auf, welche 
auf der kolorierten Karte eingetragen sind. 

2. Die Mulde zwischen den Antiklinalen «a, und a, ist 
an der „Grauen Wand“, welche außerhalb des auf der kolorierten 
Karte dargestellten Gebietes gelegen ist (cfr. II. Teil Profiltafel XI, 
Figur 5), in 2 Sekundärmulden gespaltet. 

3. Die Antiklinale a, zeigt auf der Nordseite des Nederers 
2 Sekundärsättel (efr. II. Teil Profiltafel XI, Figur 5). 

4. Die Antiklinale a, besitzt am Südgrat der Klammspitze 
2 spitze Sekundärsättel (efr. II. Teil Profiltafel XI, Figur 4 und Neben- 
figur), deren nördlicher schon das Bestreben, nach Norden umzu- 
kippen, zeigt. An der „Grauen Wand“ (cfr. II. Teil Profiltafel XI, 
Figur 5) ist die Antiklinale a, ebenso wie die Antiklinale a; bereits 
nach Norden überkippt. Die Antiklinale a, besitzt auch am 


[21] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 363 


Klammjoch und noch weiter westlich (efr. Profiltafel XI, Figur 3, 2 
und 1 und Figur 22 im I. Teil) noch Sekundärfaltungen, die 
schon teilweise wegerodiert sind. 

5. Die Antiklinale a, zeigt in der Schuppe A am Ostgrat 
der Klammspitze bei P. 2418 und westlich davon unter den Trias- 
gesteinen der Schuppe 3, starke Sekundärfaltungen. Diejenigen bei 
p. 2413 stellt Figur 18 dar. Hier veranlaßt ein Kern von Triasdolomit 
die starke Öffnung der Antiklinale, während die Schenkel 
derselben sonst zu einem isoklinalen Schichtpaket zusammen- 
gepreßt sind. 

6. Nördlich der Antiklinale a,, treten im Fenster des Mölstals 
noch mehrere Sekundärfalten auf (efr. Figur 13 und 17 des 
II. Teiles), die jedoch auch beider Über schiebung der Schuppe A 
entstanden sein könnten. 


R 41:6250- 
Sekundärfaltungen der Antiklinale «, am Ostgrat der Klammspitze. 
— Juratonschiefer und Kieseltonschiefer. — J, —= Jurakieselkalke, 
kd = Kössener Dolomit. — td — Triasdolomit. 


Das Verschwinden einzelner Sättel und Mulden zu- 
gsunsten eines einzelnen Sattels oder einer einzelnen 
Mulde zeigt sich sehr deutlich am Schober-Mölszug (cfr. Tektonische 
Übersichtskarte, tektonisches Relief Nr. 1, Profiltafel Nr. XI, Figur 1, 
2,3, 4 und Figur 2 des Il. Teiles). Während wir nördlich der Klamm- 
spitze noch die. Antiklinalen «,, ag, a, antreffen, fehltdem Schober- 
Mölszug von der Klammersonnenspitze an bis zur nördlichen Schober- 
spitze zunächst nur die Antiklinale a. An der N-Schober- 
spitze ist bereits a, und a, verschwunden. Von der nördlichen 
Schoberspitze an bis zum Westende des Schober-Mölszuges vermißt 
man noch dazu die Antiklinale a, so daß bei P. 2453 
zwischen den Antiklinalen «a, und «a, nur eine einzige ziemlich flache 
Mulde auftritt, die östlich der N-Schoberspitze durch mehrere 
steile und enge Mulden und Sättel ersetzt wird. 


f) Beziehungen der Falten zur Gesteinsbeschaffenheit der Schuppen. 


Durch das Auftreten von mächtigen, unfaltbaren Gesteinsmassen 
kamen manche Falten schlecht oder garnicht zum 
Ausdruck. So ließ der Triasdolomit der südlichen Schoberspitze 


364 Eduard Hartmann. [22] 


in den ihn bedeckenden Kössener Schichten die tiefgreifende Mulde, 
welche zum Beispiel westlich der südlichen Schoberspitze angetroffen 
wird, nicht zur Ausbildung kommen. Der Triasdolomit am Ostgrat der 
Klammspitze bewirkte, wie schon früher (cfr. Figur 18 des Il. Teiles) 
bemerkt wurde, eine Offnung und Verbreiterung der häufig zusammen- 
geklappten Antiklinale a,. 

Das beste hierhergehörige Beispiel liefert jedoch das Tarntaler 
Hauptmassiv. Die Schuppe 5, zeigt hier an drei Stellen einen 
Faltenbau, der von dem der Schuppe A und des basalen Vorlandes 
stark abweicht (cfr. im I. Teil Figur 6; im I. Teil, Profiltafel XT, 
Figur 2, 3, 4, Profiltafel XII, Figur 7, 8, 9, ferner die tektonischen 
Reliefs Nr. 1 und 2). 

Die mächtigen Triasdolomit- und Konglomeratmassen der Schuppe 
A ließen in dieser jene drei „S“-förmigen Falten nicht zu 
stande kommen, welche am Nederer, am Westgrat der Tarn- 
taler Sonnenspitze und im südlichen Obertarntal auf- 
treten und im I. Teil bei der Schilderung der Verbreitung der Trias- 
gesteine bereits genau beschrieben wurden. Diese drei stark zusammen- 
geprebten Falten sind jedoch selbst wieder in Sättel und Mulden 
gelegt, welche auch in der Schuppe A und im basalen 
Vorland angetroffen werden (cfr. zum Beispiel die Mulde am 
Nederer, den Sattel a,, die Mulde südlich des Sattels a,). Wenn man 
nicht annehmen will, daß sich die drei „S*-Falten schon bei 
und infolge der Überschiebung der Schuppe B, gebildet 
haben, kann man sich die Faltungsvorgänge der Schuppe b, 
folgendermaßen denken, wobei berücksichtigt wird, daß die 
Schuppe D, der Schuppe A nur lose auflag und sich stärker als diese 
zusammenstauchen ließ. 

Es bildete sich zunächst in der Gegend des heutigen Nederers 
eine normale Antiklinale, welche durch das ständige von Süden 
her erfolgende Nachdrängen der Schuppe 5, bald nach Süden über- 
kippte und zur ersten und nördlichsten „S“-Falte sich herausbildete. 
Diese leistete als Schichtverdickung starken Widerstand und 
veranlaßte, daß sich Teile der Schuppe B, so überholten, daß 
die zweite S-förmige Falte am Westgrat der Tarntaler Sonnen- 
spitze entstand. Hierauf bildete sich in der Gegend des heutigen 
OÖbertarntales südlich des später entstandenen Sattels a, eine im 
Osten nur seichte Mulde mit flachen nord- und südfallenden Schenkeln. 
Westlich vom im Obertarntal gelegenen P. 2703 nahm aber nun die 
Intensität der Faltung rasch zu, da die aus den Verkeilungserschei- 
nungen resultierenden Ostwestkräfte hier sehr stark wirkten. Es 
bildete sich im Westen eine allmählich immer tiefer greifende Mulde 
und der dazugehörige Sattel aus, welche nach Süden hin zum P. 2730 
(welcher nordwestlich des Kl. Reckner liegt) abgelenkt wurden 
(efr. Profiltafel XI, Figur 3 und Nebenfigur und geolog. Relief Nr. 1 
und Nr. 2, ferner die Änderungen im Schichtstreichen auf der kolo- 
rierten Karte). 

Im I. Teil wurde schon betont, daß dem unteren Schenkel, der 
sich nach Nordwesten und Westen öffnenden dritten „S’-Mulde 
in der Umgebung des P. 2730 die Triasgesteine fehlen und daß des- 


[23] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 365 


halb hier die „S*-Natur der Falte und die Schubfläche 
zwischen den Schuppen A und B, an Deutlichkeit verliert. Der 
Verlauf der Schubfläche läßt sich aber mit Hilfe von einseitigen 
Faltungen und tektonischen Diskordanzen an manchen 
Stellen trotzdem genau feststellen. Wie Figur 4 im II. Teil zeigt, 
wurden die Rieselkalke der Schuppe A am Nordgrat des P. 2642 
zu einer zirka N—S streichenden Mulde gefaltet, welche in den Kiesel- 
kalken der Schuppe B, nicht zum Ausdruck kommt und welche die 
halbkreisförmig gebogene Muldenachse der Schuppe B, im spitzen 
Winkel schneidet (cfr. auch Figur 8 der Profiltafel XII). 

Auf der Südwestseite des Westgrates des Kl. Reckners 
östlich des dortigen Wasserfalles ruhen mit sehr deutlicher tekto- 
nischer Diskordanz plattige, parallelschiefrige Kieselkalke der 


Fig. 19. 


Tektonische Diskordanz zwischen Kieselkalken der Schuppe A und der Schuppe 2, 
auf der Südseite des Westgrates des Kleinen Reckners. 


J, = Jurakieselkalke. — su — Bergschutt. 


Schuppe 5, auf stark gestauchten, transversal geschieferten Kiesel- 
kalken der Schuppe A. Ein Profil durch diese beiden aufeinander- 
geschobenen Kieselkalkkomplexe ist in Figur 19 dargestellt. 

Da die liegenden und hangenden Muldenregionen 
der drei „S*-Falten der Schuppe 5, zu sehr flachen Schicht- 
paketen zusammengepreßt wurden, lassen sich infolge der damit ver- 
bundenen Ausquetschung und der spitzwinkligen Form der Falten in 
deren innersten Kernen die obersten Horizonte der Schuppe 5,, die 
Kieseltonschiefer oder ihre Vertreter, die Tonschiefer meist nicht 
mehr auffinden, man hat meist nur Kieselkalkkerne. Auf der Süd- 
seite des Nederers hingegen enthält der Kern der stark zu- 
sammengepreßten unteren Muldenregion der dortigen „S“-Falte noch 
schwarze Tonschiefer (cfr. im II. Teil Profiltafel XI, Figur 4, ferner 
Profiltafel XII, Figur 9, ferner Textfigur 3 und 20). 


366 Eduard Hartmann. [24] 


Die drei „S“-förmigen Falten der Schuppe 5b, ver- 
hielten sich nun bei der weiteren Faltung derselben wie 
einfache Schichtplatten und wurden gemeinsam mit den übrigen 
Teilen der Schuppen B,, B, und A und dem basalen Vorland gleich- 
sinnig gefaltet (cfr. Sattel a,, a, und die zu diesen gehörigen Mulden 
am Nederer, im Obertarntal und südlich desselben). 


Er A 


Profile durch den Südabhang des Nederers. 


Durch die Annahme einer „S“-Falte wird das obere Auftreten von Triasgesteinen 

erklärt. Das untere Profil geht durch die „überschobene Jurasteilküste“, das obere 

läuft östlich derselben durch östlichste Fundstellen von Kössener Versteinerungen 
(siehe Karte). 


sw — Bergschutt. — kd — Kössener Dolomit und kalkiger Dolomit. — ck = Kössener 
Kalk. — td = Triasdolomit. — J, = Kieseltonschiefer oder Tonschiefer. — 
J, = Kieselkalke. — Je — Jurakonglomerate. — II = Überschiebung. 


Da in der Umgebung der heutigen Klammspitze der Schuppe A 
mächtige Dolomit- und Konglomeratmassen fehlten, ließ sie sich 
von Anfang an mit der Schuppe 5, gleichsinnig falten (cfr. 
geol. Relief Nr. 1 und Nr. 2 und Profiltafel XI, Figur 4). 


g) Die Wirkung der ostwestlichen Faltungskomponenten. 


Östwestliche Faltungskomponenten heißen hier die- 
jenigen von Osten und Westen her auf die N 60—70° O streichenden 
Hauptfalten drückenden Kräfte, welche durch Verkeilungs- 


[25] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 367 


erscheinungen hervorgerufen wurden. Sie bewirkten 1. ein süd- 
liches oder nördliches Umbiegen der Nordost-Südwest 
streichenden Falten, 2. eineimallgemeinenzirkaNord- 
süd streichende antiklinale und synklinale Faltungdes 
Hauptmassiv und der Berge östlich des Lizumtales und 
damit 3. dieHerausbildung derflachen Schüsselmulden 
des Hauptmassivs. 

Wie Nordost-Südwest streichende Faltenachsen in der Schuppe 
b, gezwungen wurden nach dem Süden hinabzuschwenken, wurde 
schon geschildert. In der Schuppe A ist bei P. 2526 (im südlichen 
Lizumtal bei den drei auffälligen Verwerfungen der „fossilen Jura- 
steilküste“ (cfr. auch I. Teil, pag. 261 [55], Figur 9, ferner das tekto- 
nische Relief Nr. 2) ein nördliches Umbiegen der dort über- 
kippten Mulde und des zugehörigen überkippten Sattels festzustellen. 

Beim Wetzsteinbruch (P. 2230) und südlich davon zeigt das 

Streichen der teilweise gebankten Jurakonglomerate und 
“ der ihnen eingefalteten oder infolge einer Verwerfung nur angelagerten 
Kieseltonschiefer oder Tonschiefer das südliche Umbiegen einer 
zirka nördlich streichenden Mulde an, Die Schenkel derselben sind 
am Klammspitzsüdgrat zwischen den Antiklinalen a, und a, isoklinal 
zusammenklappt und südlich des Klammspitz-Ostgrates stark erodiert 
und vom Schutt verhüllt. 

Zirka Nord-Süd streichende, zum Teil weitge- 
spannte antiklinale Gewölbe sind auf der Westseite des 
Hauptmassivs bei P. 2642 in den Kössener Dolomiten, auf der 
Ostseite südwestlich und südöstlich der Wetzsteinbrüche in den 
Jurakonglomeraten angedeutet (cfr. Profiltafel XI, Figur 8 und 9). 
Bei P. 2642 schließt sich im Osten eine nur in der Schuppe A aus- 
geprägte Sekundärmulde an, die sich weiter nördlich bis zu den „Issel- 
köpfen“ verfolgen läßt (efr. Figur 8, Profil XII). Der auf der Nord- 
seite des Nederers noch ziemlich deutlich ausgeprägten antikli- 
nalen Aufwölbung der Konglomerate entspricht an der 
Geierspitze ein sehr flaches Gewölbe, das sowohl im basalen 
Vorland, als auch in der Schuppe B, angetroffen wird. Die Profile 
auf Profiltafel XII, Figur 6—9 sind alle auf eine Nord-Süd-Linie 
orientiert, welche durch den Gipfel der Geierspitze verläuft. 

An das Gewölbe des Nederers und der Geierspitze schließt sich 
in entsprechender Weise eine im Norden tiefergreifende, im 
Süden flachere tektonische Senke an, in welcher das Lizum- 
tal verläuft. Ihr Ostflügel wird von den Bergen östlich des Lizumtales, 
welche an der „Kahlen“ und „Grauen Wand“ auch aus Resten der 
Schuppe B, und B, und A bestehen, gebildet. Sie zeigen deutlich 
eine östliche Hebung der Antiklinalzüge a—a;,; an, auf welche be- 
reits F. E. Suess aufmerksam machte (cfr. Profiltafel XII, Figur 6, 
7, 8, 9 und Figur 16 im I. Teil). 

Schüsselmulden sind gut ausgebildet im Obertarntal 
und am Nederer und auf der Südseite des Hauptmassivs. 
Sie liegen zwischen den antiklinalen Aufwölbungen der Ost- und West- 
seite des Hauptmassivs und sind jedenfalls in der Schuppe A infolge 
mächtiger Triasdolomit- und Jurakonglomeratmassen nicht so gut zur 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 48 


368 Eduard Hartmann. [26 ] 


Ausbildung gelangt wie in den leichter faltbaren Gesteinsmassen der 
Schuppe B, und des basalen Vorlandes (cfr. Profiltafel AL Figur 
6—9 und die beiden tektonischen Reliefs). 


3. Die Verwerfungen der Tarntaler Berge. 


Es gibt eine Überschiebungsrandspalte, viele Fal- 
tungszerrspalten und nur eine größere Verwerfungim 
engeren Sinne, das heißt eine rein radiäre Krusten- 
bewegung, welche unabhängig von den Überschiebungen und Fal- 
tungen entstanden und jünger als die Überschiebungsrandspalten und 
die Faltungszerrspalten ist (cfr. Übersichtskarte im I. Teil und die 
beiden tektonischen Reliefs in Tafel XIII, II. Teil). 


a) Die Klammverwerfung als Überschiebungsrandspalte. 


Die große Klammverwerfung durchsetzt das ganze westliche 
kartierte Gebiet in nordwest-südöstlicher Richtung, durchschneidet 
den Schober Mölszug, den Schwarzen Schroffen, die Knappenkuchel 
und die südlich davon gelegenen Gebiete. Da westlich vonihr 
die Schuppen der Tarntaler Berge nicht mehr ange- 
troffen werden, hat sie wohl während derselben die Rolle 
einer Randspalte vertreten. Bei den Faltungen hat sie 
dann später noch die Stelle einer Faltungszerrspalte versehen. 


b) Faltungszerrspalten. 


Es gibt Faltungszerrspalten, welche mit den häufigen Nord- 
west-Südost-Faltungen und solche, welche mit den selteneren ostwest- 
lichen Faltungen in Beziehung gebracht werden müssen. Die nord- 
westlich-südöstlichen laufen der Nordost-Südwest-Richtung, der der 
faltenden und früher überschiebenden Kräfte annähernd parallel, 
die ostwestlichen streichen ungefähr in der Ost-West-Richtung, in 
welcher die ostwestlichen Faltungskomponenten wirkten. Von der 
Richtung aller eben genannter Zerrspalten weicht die Richtung der 
zirka nordöstlich-südwestlich streichenden Zerrspalten am Melkplatz 
und außerhalb des kartierten Gebietes, an der Kahlen Wand und 
nördlich der Hennensteigen ab. Dieses Abweichen hängt mit der 
starken südlichen Verbiegung zusammen, welche nordwestlich und 
nordöstlich der Klammspitze zu konstatieren ist. 

Es besteht sonach jeweils ein inniger Zusammenhang 
zwischen derRichtung der Kräfte, welche die zwei ver- 
schiedenen Faltensysteme auslösten und zwischen der 
Richtung der Zerrspalten, welche diese Faltensysteme durch- 
schneiden. Oft kommt es vor, daß in Faltungszonen, welche aneinander 
grenzen, aber durch annähernd parallel verlaufende Verwerfungen ge- 
trennt sind, eine verschiedene Faltung auftritt. Diese äußert 
sich darin, daß ein flacher Sattel oder eine flache Mulde östlich oder 
westlich einer Verwerfung plötzlich steil gefaltet wird, oder daß Neben- 
sättel und Mulden auftreten oder verschwinden, oder daß einige der 
Hauptsättel a—a,, und der dazu gehörigen Mulden garnicht 


[27] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 369 


zur Ausbildung gelangt sind. Links und rechts der Spaltungs- 
zerrspalten trat manchmal neben einer horizontalen Verschie- 
bung der Mulden- und Sättelachsen auch eine vertikale Ver- 
schiebung derselben ein. 

Es wird in vorliegender Arbeit nicht angenommen, daß diese 
vertikalen Verschiebungen erst nach den Faltungen und damit nach 
der Herausbildung der Zerrspalten eingetreten sind, sondern es wird 
damit gerechnet, daß bei den Faltungen die gefalteten 
Gesteinsmassen sich lokal verschieden rasch vorwärts 
bewegten und dadurch längs paralleler Zerrspalten 
durchrissen und daß bei der weiter fortschreitenden Faltung 
die durch die Zerrspalten voneinander getrennten Faltenteile 
verschieden stark gehoben oder gesenkt wurden. 


a) Nordwestlich-südöstliche Faltungs-Zerrspalten. 


Die Klammverwerfung als Zerrspalte. 


Wie schon bemerkt, versah die große, zuerst als „Überschiebungs- 
rändspalte* fungierende Klammverwerfung später bei den Fal- 
tungen noch die Rolle einer Zerrpalte. Alle östlich (im Sinne der 
Karte) von ihr gelegenen Faltenzüge wurden um zirka 200m nach 
Süden vorgeschoben, so daß in der Knappenkuchel der han- 
sende, muldenförmig gefaltete Quarzphyllit am liegenden, 
analog gefalteten Brennerschiefer abstößt (cfr. Profiltafel 
X]JH, Figur 6—9). Möglicherweise wurde der westlich der 
Verwerfung liegende Teil dabei noch etwas gehoben, 
denn der Ausstrich des Kernes der Brennerschiefermulde, welcher 
nordwestlich der falsch kotierten Klammalpe zu suchen ist, scheint 
höher zu liegen, als der östlich der Klammalpe anzunehmende Aus- 
strich der zugehörigen Quarzphyllitmulde. Es ist gut denkbar, daß die 
steilen isoklinalen Falten am Kreuzschroffen (efr. Figur 1 auf 
Profiltafel XI) auch westlich der Klammverwerfung im Brennerschiefer, 
allerdings um 200 »n weiter nördlich gelegen, vorhanden sind. Man 
trifft sogar nördlich der „Inneren Griffalpe“ da, wo man es 
auf Grund der Tektonik erwartet, sehr quarzphyllitähnliche 
Brennerschiefer an. Die Faltungen bei P. 2268, zu denen 
die Antiklinale a, gehört, desgleichen die flache Mulde am 
Westgrat des Kleinen Reckners ließen sich westlich der 
Klammverwerfung inden Brennerschiefern nicht nach- 
weisen. Da letztere im allgemeinen ziemlich stark gefältet sind, ist 
es möglich, daß die Kräfte, welche östlich der Kammverwerfung noch 
gut ausgeprägte Mulden und Sättel schufen, sich westlich der Ver- 
werfung bei der Herausbildung von starken Fältelungen verbrauchten. 
Östlich des Kreuzjöchels haben sie in den Brennerschiefern noch eine 
kleine Flexur geschaffen. 


Nordwestlich—südöstliche Faltungs-Zerrspalten der 
„Knappenkuchel“. 
Wie aus den Karten sowie aus den Figuren 1, 2, 3 und 4 des 
1. Teiles und aus Figur 1 der Profiltafel XI hervorgeht, tritt in der 
48* 


370 Eduard Hartmann. [28] 


Knappenkuchel die Antiklinale «a, auf, an welche sich im 
Süden, wie im Norden eine Mulde reiht. Beide werden nun von drei 
annähernd parallelen Zerrspalten durchzogen, innerhalb 
welcher die Gesteine durch nördlichen Druck und südlichen 
Gegendruck verschieden stark gefaltet wurden. Die Partie öst- 
lich der östlichsten Zerrspalte ist am wenigsten zusammen- 
sestaucht. Sie diente als Richtungspunkt für die übrigen, zwischen 
den Zerrspalten liegenden Faltungszonen. In der Zone zwischen 
der mittleren und der östlichen Verwerfung ist die Anti- 
klinale a, bereits stärker zusammengestaucht und dabei um zirka 
20 m nach Norden vorgedrängt worden. Dieses nördliche Vordrängen ° 
der Antiklinale, oder wenn man will, ihr südliches Zurückbleiben 
gegenüber der östlichen Faltungszone, macht sich auch noch westlich 
des P. 2207, südlich der südlichsten Schoberspitze, bemerkbar. Es 
stößt im dortigen Bachbette die von Brennerschiefern und quarz- 
phyllitähnlichen Brennerschiefern gebildeten Mulde, welche sich an 
die Antiklinale a, (cfr. II. Teil, Figur 17 und Profiltafel XI, Figur 1) 
anschließt, an den östlich davon schlecht aufgeschlossenen Quarz- 
phylliten ab. In der Zone zwischen der mittleren und der 
westlichen Zerrspalte (cfr. I. Teil, Figur 4) ist die Anti- 
klinale «, und die beiden südlich und nördlich gelegenen Mulden 
bedeutend stärker zusammengestaucht als im Osten. Der Antiklinalen- 
sattel «a, erscheint jedoch aus der Richtung, welche er bei P. 2182 
einnimmt, weder nach Norden noch nach Süden verrückt worden zu sein. 

Die westliche Zerrspalte, welcher ein Bach nachgeht, trennt 
den östlichen „Rotenschroffen* von dem westlichen „Kreuzschroffen“. 
Am Kreuzschroffen herrscht die stärkste, nördliche und südliche 
Zusammenstauchung der Antiklinale a, (cfr. Figur 1 I. Teil und 
Figur 1 auf Profiltafel XI des II. Teiles). Auch hier ist sie kaum aus 
der Richtung gerückt, welche sie bei P. 2182 besitzt. 


b) Nord-südliche Faltungs-Zerrspalten im Mölstal. 


Westlich des Mölser Hochlegers wurden die Kiesel- 
kalke der überkippten mesozoischen Mulde durch eine nicht ganz 
NS streichende, unbedeutende Zerrspalte getrennt. Eine starke 
orographische Senke zeigt den Verlauf dieser Verwerfung an. Nord- 
östlich des „Kalten Kofels“ wurden längs einer Zerrspalte Raibler (?) 
Dolomite in das Niveau der Rauhwacken gebracht, östlich des Kalten 
Kofels macht sich diese Spalte nochmals geltend, indem die westlich 
von ihr gelegenen Rauhwacken in das Niveau der Quarzphyllite zu 
liegen kamen. 

Das Ende der überkippten mesozoischen Mulde des Mölstales 
wird am Westende des Schobermölszuges ebenfalls von einer 
zirka NS-streichenden Zerrspalte durchzogen (cfr. Figur 15 des 
II. Teiles). Der westlich von ihr gelegene Teil wurde dabei um 
zirka 10—15 m gehoben, so daß der Raibler (?) Dolomit, welcher 
im unteren Schenkel der überkippten Mulde des Mölstales den Kern 
eines selbständigen überkippten Sattels bildet (efr. Figur 14 des 
II. Teiles), in das Niveau des Muldenkernes der überkippten meso- 


[29] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 371 


zoischen Mulde gelangte. Dieser ist im Westen der Verwerfung durch 
Kieselkalke und durch unter diesen und auf ihnen liegende Raibler (?) 
Quarzite angedeutet. Die höhergelegene östliche Fortsetzung dieses 
Muldenkernes ist in den Kieselkalken zu suchen, welche dem er- 
wähnten Raibler (?) Dolomit aufgelagert sind. 


e) Faltungs-Zerrspalten östlich und westlich des Stauungszentrums der 
Klammspitze. 

Nördlich der Klammspitze tritt zwischen der ee hr. 
werfung uud der Verwerfung, welche in nordwestlich- 
südöstlicher Richtung den Melkplatz und den Wetz- 
steinbruch durchzieht, in den Antiklinalzügen a,—a,, ein 
Stauungszentrum auf. 


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Haupl - Massıvps, 
(Der Maßstab in obiger Figur ist mit 1:75.000 richtig zu stellen.) 


Es wurden hier die Achsen der genannten Antiklinalzüge durch 
staffelförmig angeordnete Zerrspalten, welche in den 
starren Dolomit- und Konglomeratmassen des Hauptmassivs nicht 
fortsetzen, am weitesten nach Süden vorgerückt und am 
stärksten zusammengestaucht. Vor der Bildung der Zerr- 
spalten hatten die Achsen der Antiklinalzüge und der dazu gehörigen 
Synklinalzüge einen mehrfach geschwungenen, im allgemeinen gegen 
Süden konvexen Verlauf angenommen, welcher auf Figur 21 
durch die Linie X—Z angedeutet ist und anzeigt, daß nicht nur allein 
von NW nach SO, sondern auch von NNO nach SSW wirkende 
Kräfte bei den Faltungen tätig waren. Diesen beiden 
Kraftrichtungen entspricht nun auch der Verlauf der Zerrspalten, 
sie streichen entweder NW—SO oder NNO—SSW. Zu den NNW—SO- 
streichenden gehören westlich des Stauungszentrum die 
Zerrspalten am Schobermölszug, welche zwischen der Klammer- 


372 Eduard Hartmann. [30] 


sonnenspitze und der N. Schoberspitze gelegen sind und auf Figur 21 
mit a, b, c bezeichnet sind; östlich des Stauungszentrums 
die Verwerfungen, welche am Melkplatz und am Klammspitz- 
OÖstgrat oder nur an letzterem auftreten, nämlich d, .e, f, g, h. 
Zu den zirka N—S-streichenden Zerrspalten gehört am 
Klammspitz-Ostgrat d, am Melkplatz i, außerhalb des kartierten Gebietes 
k südlich des Hippolds, ferner zwei untergeordnete Verwerfungen am 
Hippold selbst (cfr. Figur 16 des II. Teiles) und ! an der Westwand 
der „Kahlen Wand“. 


Zerrspalten am Schobermölszug. 


Jene drei am Schobermölszug zwischen der nördlichen Schober- 
spitze und der Klammersonnenspitze gelegenen Verwerfungen — a, 
b, ce sind Staffelzerrspalten. Der Betrag der jeweiligen Ver- 
schiebung ist bei den einzelnen Spalten ziemlich gleich, er schwankt 
zwischen 30 und 40 m. Der Faltentypus, welcher westlich von a an 
der nördlichen Schoberspitze auftritt, ist in Figur 2 des II. Teiles 
dargestellt. Es tritt hier nur die Mulde zwischen der Antiklinale a, 
und a, auf. Östlich der Zerrspalte a, welche durch einen um zirka 
30 m nach Süden vorgeschobenen Raibler (?) Dolomit sehr deutlich 
gemacht wird, tritt zunächst eine flache Quarzitmulde auf, an 
welche sich im Norden mit isoklinal überkippten Schenkeln die Anti- 
klinaie a,, im Süden die im Schutt verborgen liegenden Antiklinalen 
a, und a, anschließen. Weiter gegen Osten ist durch den nordfallenden 
Quarzphyllit östlich eines kleinen Raibler (?) Dolomitvorkommens die 
hier neuauftretende und flache Antiklinale a, angedeutet. 

Zwischen ihr und der isoklinal gefalteten, übergekippten, nur- 
mehr aus Quarzphyllit bestehenden Antiklinale a, befindet sich eine 
flache Quarzphyllitmulde. Noch weiter östlich, bei P. 2413, durch 
welchen das Profil Figur 3 der Profiltafel XI geht, ist zwischen der 
immer noch nach Norden überkippten Antiklinale a, und der nach 
Süden übergekippten Antiklinale a, die Antiklinale a, ebenfalls nach 
Stden übergelegt. Die Antiklinale a, verläuft ganz in den steil zu- 
sammengepreßten, nordfallenden Raibler (?) Quarziten. Östlich von 
P. 2413, sowie südwestlich des P. 2348, welcher am Südabhang des 
Schober-Mölszuges liegt, ist die mittlere Verwerfung 5 durch auf- 
einanderstoßende Quarzphyllite und Raibler(?) Schichten deutlich an- 
gezeigt. Zwischen b und der östlichen Verwerfung c bleibt die Anti- 
klinale a, überkippt, a, Öffnet sich etwas (cfr. Profiltafel XII, Neben- 
profil der Figur 2, welches durch P. 2453 geht). Ostlich der Ver- 
werfung c ist die Antiklinale a, nicht mehr überkippt, sie hat sich 
geöffnet, die Antiklinalen a, und a, sind nicht mehr nach Süden 
übergelegt. (Cfr. Profiltafel XI, Figur 3, und die beiden tektonischen 
Reliefs,) 


Zerrspaltenam Klammspitz-Ostgrat und am Melkplatz. 


Die Zerrspalte d des Klammspitzgipfels ist von geringer 
lokaler Bedeutung. An ihr wurde der westliche Teil um ca. 20 m ge- 
hoben, so daß die Kieselkalke der Schuppe A im Osten an die über- 


[31] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 973 


schobenen Kössener Gesteine der Schuppe B, grenzen. Die Zerr- 
spalte kann ebenfalls nur am Klammspitz-Ostgrat verspürt werden. 
Östlich von ihr wurde das bei P. 2418 Triasdalomit enthaltende Grat- 
stück um ca. 30 m weiter nach Süden geschoben, als das westlich 
von ihr gelegene Gratstück. 

Die Staffel-Zerrspalten f und h lassen sich sowohl am 
Östgrat der Klammspitze als auch beim Melkplatz nachweisen, ihrem 
Charakter entsprechend jedoch nicht in den mächtigen kompakten, 
südlich des Klammspitz-Ostgrates gelegenen Jurakonglomeraten. Sie 
sind mit Horizontal- und mit Vertikalverschiebungen ver- 
knüpft. Die Horizontalverschiebung beträgt bei f 40—50 m, 
bei h 75 m. Die Vertikalverschiebung, das heißt der 
Beitrag, um den jeweils das östlich der Verwerfung gelegene 
Gebiet gesenkt wurde (cfr. Fig. 22), macht bei / ca. 35—40, bei h 


Fig. 22. 


Vi Va vr E% 
- hr 


Melk- Flölz 


en + 


2000m 


Maßstab: 1:18.700. 
Die Staffelzerrspalten i, A, f und die Überschiebung der Schuppe A am Melkplatz. 


su = Bergschutt. — J, = Juratonschiefer. — Je — Jurakonglomerate, 
rr — Raibler (?) Rauhwacken. — rqu = Raibler (?) Quarzite. — A = Schuppe A. 
I = Überschiebung. 


an die 50 m aus. Die Horizontalverschiebung läßt sich bei / am 
Klammspitz-Östgrat nicht direkt ersehen. Man könnte hier das Ab- 
stoßen der Kieselkalke am Triasdolomit auch allein durch die 30—40 m 
hohe Vertikalverwerfung erklären. Jedoch westlich des Melkplatzes 
zeigt sich, daß die Achse der zwischen den Antiklinalen a,, und & 
liegenden Mulde östlich von / weiter nördlicher liegt als westlich 
davon. Infolgedessen stößt einerseits zwischen Mölser Scharte und 
dem Melkplatz der aus Raibler (?) Quarziten, Kalken und Rauhwacken 
bestehende Nordflügel der genannten Mulde am Quarzphyllit ab, 
welcher vom P. 2454 (nördlich von der Scharte 2416) gegen den 
Melkplatz herabzieht, anderseits liegt der Raibler (?) Dolomitzug der 
Mölser Scharte bis zur Zerrspalte f bedeutend südlicher als seine 
durch ein kleines Dolomitvorkommen angedeutete östlich der Ver- 
werfung f gelegene Fortsetzung. 

Die Vertikalverschiebung bei f muß daraus geschlossen 
werden, daß die Rauhwacken der zwischen a,, und a, liegenden 
Mulde südöstlich der Mölser Scharte bedeutend höher liegen als die 
Rauhwacken am Melkplatz (cfr. Fig. 22 des Il. Teiles). 


374 Eduard Hartmann. [32] 


Die Horizontalverschiebung bei der Zerrspalte h, 
welche der von Rothpletz wahrgenommeneun Verwerfung entspricht, 
läßt sich am Ende des Östgrates där Klammspitze sowie am Melk- 
platz nachweisen (cfr. im tektonischen Relief Nr. 2 die Verwerfung f). 
Am Ende des Klammspitz-Östgrates stößt beim Weiter- 
streichen der flache Sattel a,, welcher durch die Ostwand des 
Gratabsturzes selır gut aufgeschlossen ist, auf die bei P. 2210 durch 
nordfallende Kieseltonschiefer und Kieselkalke angedeutete und ab- 
gesunkene Mulde. Diese Mulde entspricht der Mulde, welche am 
Klammspitzsüdgrat zwischen a, und a, deutlich zum Ausdruck kommt. 
Am Melkplatz streichen nordfallende jurassische Tonschiefer, 
welche östlich der Zerrspalte h liegen, auf südfallende, im Westen 
der Verwerfung liegende Raibler(?) Schichten der oben genannten 
Mulde zu. Sie gehören eben dem nordfallenden Südflügel dieser Mulde 
an und zeigen, da sie sich in gleicher Höhenlage wie die westlich von 
h befindlichen Rauhwacken befinden, auch die Vertikalverschiebung 
an (cfr. Fig. 22 des II. Teiles). Am Wetzsteinbruch (cfr. Profiltafel XII, 
Figur 9 mit Nebenfigur) und ca. 600 m südlich davon ist die Zerr- 
spalte A noch deutlich zu verspüren. Namentlich an der letztgenannten 
Stelle ist die Vertikalverschiebung zu beobachten. Es wurde 
östlich der Verwerfung der mit Konglomeraten besetzte Triasdolomit 
um ca. 30 m gesenkt. 

Zwischen den Zerrspalten /und Ah tritt nur am Klammspitz- 
ostgrat noch eine kleine lokale Zerrspalte g auf, die sich schon 
orographisch als Spalte ausdrückt, geologisch aber dadurch erkannt 
wird, daß westlich von ihr der aus Kieselkalken bestehende Sattel 
a, unter Bildung von Transversalschieferung sehr spitz zusammen- 
gepreßt wurde, während er im Osten der Verwerfung, wie schon oben 
erwähnt, einsehrflachesKieselkalk- und Kieseltonschiefer- 
gewölbe bildet. Die Zerrspalte © kann nur bei P. 2208 gut fest- 
gestellt werden. Östlich von ihr, und zwar nördlich von P. 2206 
(nördlich des Melkplatzes) zeigen wenig mächtig aufgeschlossene, 
nordfallende, dann gut aufgeschlossene, südfallende Kalk- 
konglomerate die schon mehrfach genannte, zwischen a, und «jo 
liegende Mulde an (cfr. Figur 23 des II. Teiles). 

Westlich von : und der Stelle, wo die nordfallenden Kalk- 
konglomerate auftreten, findet man Raibler (?) Rauhwacken, welche 
bereits dem südfallenden Nordflügel der oben genannten Mulde 
angehören. Es hat also zwischen © und h ein weiteres südliches Vor- 
rücken der Muldenachse und daneben eine ca. 30 m betragende 
Senkung des östlich von i gelegenen Gebirgsteiles stattgefunden. 
Letztere zeigen die Rauhwacken an, welche nördlich von P. 2206 und 
bei P. 2206 an den Jurakonglomeraten, an den Quarziten und den 
auf diesen abgelagerten Tonschiefern und Konglomeraten abstoßen. 

Zwei kleinere ostweststreichende Zerrspalten haben bei P. 2206 
noch Komplikationen hervorgerufen (cefr. II. Teil, Figur 23). Östlich 
der Zerrspalte k (efr. Profiltafel XI, Figur 5) wurden bei P. 2570 
die Quarzphyllite, die Raibler(?) Dolomite, die Kieselkalke und Ton- 
schiefer, östlich der Zerrspalte ! die Brennerschiefer und die darauf 
abgelagerten Juragesteine und der überschobene Triasdolomit der 


aan a. u Le > 
EN 


[33] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 375 


„Kahlen Wand“ um ca. 50 m nach Süden vorgerückt. Da an 
der Kahlen Wand, welche östlich von P. 2660 große, ca. N—S 
streichende Rutschflächen besitzt, östlich der Verwerfung /! auch eine 
starke Senkung erfolgte, kommen hier die Juragesteine des basalen 
Vorlandes in das Niveau des überschobenen Triasdolomits zu liegen 
(cfr. Profiltafel XII, Figur 7). 

Mit dem Stauungszentrum der Klammspitze hängen 
vielleicht die kleinen lokalen Zerrspalten der Schuppe 3, am Gipfel- 
bau des Nederers, die Verwerfung Östlich der Tarntaler Sonnenspitze 
und die kleine Spalte am Staffelsee zusammen. Aın Gipfelbau des 
Nederers sank der zwischen der östlichen und der mittleren Ver- 
werfung liegende Teil etwas ab und rückte nach Süden vor. Der 
Teil westlich der westlichen Verwerfung sank ab. Östlich und unter- 
halb des Gipfels der Tarntaler Sonnenspitze wurde der Trias- 


Fig. 23. 


a7 08 29 
2.125300 


Die Schuppe des basalen Vorlandes am Melkplatz und die Faltungen und Ver- 
werfungen der Schuppe A. 


J, = Juratonschiefer zum Teil mit Kalken vermischt. — Je —= Jurakonglomerate, 
zumeist mylonitisch. — rqu = Raibler (?) Quarzite. — rr — Raibler (?) Rauhwacken. 
— rd = Raibler (?) Dolomite. — V, V = Verwerfungen. — I= Überschiebung. 


dolomit des dortigen isolierten Felskopfes und die nördlich von ihm 
schlecht aufgeschlossenen Kieseltonschiefer um einige Meter gehoben 
(efr. Profiltafel XII, Figur 8). Unmittelbar nördlich vom Staffelsee 
zeigt eine Rinne den Verlauf einer kleinen lokalen Zerrspalte, an 
welcher der östliche Teil etwas gehoben wurde. 


d) Ost- und west-streichende Zerrspalten. 


Zu ihnen gehören die drei teilweise mit Rutschflächen ver- 
sehenen Verwerfungen der Schuppe A im südlichen Lizumtal (efr. I. Teil, 
Figur 9) sowie die kleine, durch Rutschflächen deutlich gemachte 
Verwerfung, welche im Triasdolomit auf der Ostseite des 
Hauptmassivs (nordwestlich vom P. 2642) angetroffen wird, ferner 
die zwei kleinen Verwerfungen am Melkplatz (efr. Figur 23 des 
U. Teiles), deren südliche einen kleinen Knick in der Zerrspalte ö 
hervorgerufen hat, und zuletzt noch die kleine Spalte westlich des 
Gipfels des kleinen Reckners bei P. 2700. Der nördlich von 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E, Hartmann.) 49 


376 Eduard Hartmann. [34] 


dieser gelegene Teil wurde etwas gesenkt und nach Westen vorge- 
schoben (cfr. Profiltafel XI, Figur 2 und 3 und Profiltafel XII, Figur 7). 

Wie schon früher erwähnt (efr. Figur 7 des II. Teiles), wurde 
die Zerrspalte südlich des auffälligen Eckpfeilers des südlichen Lizum- 
tales wahrscheinlich während der Überschiebung der Schuppe B, erzeugt. 


Verwerfungen im engeren Sinne (radiäre Krusten- 
bewegungen). 


Zu ihnen kann nur die ostwest-streichende Verwerfung am 
Nordende des „Schwarzen Schroffens“ sowie die ebenfalls 
ostwest:streichende und zwischen verschieden stark geneigten Kiesel- 
kalken verlaufende Veıwerfung südlich des „Kalten Kofels“ 
gerechnet werden (cir. Fig. 14 des Il. Teiles). Die Verwerfung am 
Nordende des Schwarzen Schroffens endet an der Zerrspalte, die von 
der Knappenkuchel bis in den Bach südlich der südlichen Schober- 
spitze verfolgt werden kann (cfr. II. Teil pag. 370 [28]). Südlich von ihr 
wurde der jetzt fast nur mehr aus Brennerschiefer bestehende Gebirgs- 
teil, wie Figur 1 auf Profiltafel XI zeigt, um ca. 80—100 m gehoben, 
als bereits die Sättel @«.—a,,;, an der Klammverwerfung nach Süden 
vorgeschoben waren (cfr. Übersichtskarte des I. Teiles). 


Tektonischer Rückblick. 


Fassen wir die Ergebnisse der tektonischen Unter- 
suchungen kurz zusammen: Durch eine Transgression mit dis- 
kordanter Auflagerung triadischer und jurassischer Schichten auf 
paläozoischen Quarzphylliten und Kalkphylliten (= Brennerschiefern) 
wird ein paläozoisches, vortriadisches Gebirge nachgewiesen, 
durch diskordante Auflagerung von ‚Juragesteinen auf Kössener 
Schichten ein präjurassisches Gebirge, zum tertiären Ge- 
birge gehören insbesondere drei dachziegelförmig aufeinanderliegende 
Schuppen, welche von einer großen liegenden „S*-Falte 
abgeleitet werden müssen und welche später von Nordwestennach 
Südosten stark und von Osten nach Westen schwächer 
sefaltet wurden. Die liegende Falte bildet sich in den nördlichen 
Teilen der Tarntaler Berge,, also in Gebieten, wo auch heute 
nur Tarntaler Quarzphyllit und Tarntaler Mesozoikum 
auftritt. Deshalb enthaltendieSchuppenkeinen Brenner- 
schiefer. Die Falte wanderte ebenso wie die Hauptschuppe A 
und die späteren Faltungen von NW nach Südosten vorwärts. 
Die Überschiebungen haben Mylonitisierung von Trias- und Jura- 
gesteinen hervorgerufen und sind älter als die sekundären 
Quarzgänge und die Faltungen. Die nordsüdlich streichenden 
Faltungen erfolgten gleichzeitig mit den nordöstlich-südwestlich ver- 
laufenden und sind durch Verkeilungserscheinungen zu er- 
klären. Die meisten Verwerfungen der Tarutaler Berge sind als 
Zerrspalten ausgebildet, welche in der Richtung und 
während der Faltungen zustande kamen. 


[35] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 377 


B. Bildung der glazialen und postglazialen Formen. 
I. Kare. 


In den drei Karen des Lizum-, Klamm- und Mölstales 
lassen sich zwei Steilstufen feststellen, von denen die eine an die 
ungefähre Höhe von 2000 m, die andere von 22002 gebunden zu 
sein scheint. 

Im südlichen sowie im nordwestlichen Lizumtal liegt zwischen 
den beiden genannten Stufen eine, mit Serpentinblöcken lokal stark 
erfüllte, oft wegerodierte und mit Gehängeschutt überdeckte Moräne, 
welche sich östlich des Mölserberges und beim Melkplatz noch bis in 
das Gebiet hinter der oberen Steilstufe verfolgen läßt. Der Gletscher, 
dem diese Moräne entspricht, erzeugte Rundhöcker, von den heute 
nurmehr nordwestlich und nördlich der Lizumalpe einige im Quarz- 
phyllite in der Nähe der unteren Steilstufe zu sehen sind. 

Im Klammtale herrschen ganz ähnliche Verhältnisse, wie im 
Lizumtal, nur ist hier die obere Steilstufe bei P. 2207 und P. 2182 
und an den Hügeln der KnappenkuchelmitRundhöckern und 
Schliffspuren besetzt, die untere Steilstufe hingegen scheint 
zum Beispiel bei der Klammalpe 1854 sehr stark in die Tiefe 
serückt zu sein. 

Diese Ausnahme ist nur scheinbar, denn fürs erste ist auf den 
Sektionskopien die Höhe der Klammalpe viel zu niedrig 
angegeben, ferner strömten bei der Klammalpe bedeutend mäch- 
tigere Eismassen von Norden und Süden zusammen und hatten, da 
die prätriadische Erosion schon viel Quarzphyllit abgetragen hatte, 
gar bald nur den leichter erodierbaren Brennerschiefer wegzuschaffen. 

lm Mölstal lassen sich zwar die angeführten Steilstufen 
und dazwischen viele kleine Glazialseen und abgerundete 
Quarzphyllithügel, aber keine sicheren Moränenreste 
mehr finden. Der vielfach überwucherte Quarzphyllitschutt westlich 
und nördlich des „Kalten Kofels* kann ebenso Moräne, wie Gehänge- 
schutt sein. Es muß auch unentschieden bleiben, wieviel von dem 
Schutt, der heute auf den Quarzphyllitfelsen nördlich des „Mölser 
Hochlegers“ liegt, Moräne oder Eluvium ist. 

Die gesetzmäßige Verknüpfung von Steilstufen und 
Erosionserscheinungen ist auf drei Lokalgletscher zu- 
rückzuführen, welche die Kare hinter der oberen 2200 m Linie, 
als Nährgebiet besaßen und das Vorland bis zu einer Höhe von zirka 
2000 m auserodiert haben. Dabei ließen sie als Zeichen ihrer ero- 
dierenden Tätigkeit die Gletscherschliffe zurück und lagerten 
bei ihrem Rückgang die Moränen ab, welche sich teilweise bis hinter 
die 2200 m Steilstufe verfolgen lassen. 

Für das Daunstadium würde nachı Penck!) die Schnee- 
grenze in den Tarntaler Bergen eine Höhe von zirka 2400 m er- 
reicht haben, sie würde also in die Kare hinter den oberen 


1) A.Penck und E. Brückner: „Die Alpen im Eiszeitalter“. Leipzig 1909. 
49* 


378 Eduard Hartmann. [36] 


Steilrändern fallen. Die Sammelgebiete, welche mit einer solchen 
Schneegrenze verknüpft waren, besaßen in den Tarntaler Bergen hin- 
reichende Größe, um die Gletscher zu erzeugen, welche die Massen 
zwischen den beiden Steilstufen auserodierten und die Moränen ab- 
lagerten. Es scheint daher, daß die Möränen zwischen den beiden 
Steilstufen sowie die mit ihnen verknüpften Erosionserscheinungen 
dem Daunstadium angehören. Durch das allmähliche Empor- 
rücken der Schneegrenze der drei Lokalgletscher bis in ihre 
heutige Lage (2700—2800 m) wurden durch die mit ihr jeweils ver- 
knüpften Gletscher imHauptmassivundimPluderling-Kreuz- 
Jöchelzug sehr hochgelegene Kare geschaffen. 

Das Untertarntal ist ein ehemals nach Westen über die 
versteinerungsreichen Kössener Schichten der Isselköpfe sich öffnen- 
des Hochkar, welches durch die beiden „S*-Falten am Nederer und 
am Westgrat der Tarntaler Sonnenspitze tektonisch angelegt war 
und einstmals einen kleinen Lokalgletscher getragen hat. Die 
fünf Seen und flachen zwischen diesen Seen liegenden Höcker 
in den jurassischen Kieseltonschiefern legen von dessen Anwesenheit 
Zeugnis ab. Moränen konnten jedoch nicht mehr gefunden werden. 

Diesem Kar des Untertarntals mit einer Höhe von zirka 2500 m 
entspricht am Kreuzjöchel-Pluderlingzug etwadaskleineKarunter- 
halb des Kreuzjöchelgipfels. 

Durch weiteres Hinaufrücken der Schneegrenze konnte sich 
schließlich im Obertarntal ein Gletscher bilden, welcher, da 
das Tal noch nicht so stark vertieft war wie heute, gleichfalls gegen 
Westen ausfloß und hauptsächlich Serpentin vom großen und kleinen 
Reckner verfrachtete. Die zahlreichen, in der nördlich von P. 2642 
gelegenen flachen Rinne sich vorfindenden Serpentinblöcke (siehe 
geologische Karte des II. Teiles) gehören dem Moränenmaterial dieses 
Gletschers an. 

Mit dem Gletscher im Obertarntal korrespondierte der Staffel- 
seegletscher im Staffelseekar mit 2629 m, der Gletscher im 
Junskar, 2634m und derjenige in dem Eck, welches vom Kleinen 
Reckner Westgrat und vom P. 2730 gebildet wird. 

Es sollen nun die Ereignisse geschildert werden, welche 
stattfanden, als der Gletscher das Untertarntal verlassen 
hatten. 

Nachdem der Gletscher das Untertarntal, welches ein allge- 
meines Gefälle von Osten nach Westen besaß, verlassen hatte, begann 
an seine Stelle ein System von Wasserläufen zu treten, welches im 
Westen dem Isselgraben nachging. Durch rückwärts einschneidende 
Erosion bildete sich nun das flache Seitentälchen zwischen den beiden 
flachen Isselköpfen und den westlichen Steilwänden des Obertarntals, 
welches damals schon eine schwache Gefällsrichtung von Süden nach 
Norden besaß. Dieser kleine Seitenbach konnte nun sein eigenes 
Bett und auch den Isselgraben mit Serpentinblöcken versorgen, welche 
er aus den Endmoränen des noch höher im Obertarntal liegenden 
Gletschers bezog. Dieser Gletscher zog sich schließlich ganz bis an den 
Fuß des Großen und Kleinen Reckners zurück, den Boden der Ober- 
tales noch erodierend. An seine Stelle trat nun gleichfalls ein Bach- 


[37] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 379 


lauf, welcher zunächst das westlich gelegene Ausgangstor des eben 
verschwundenen Gletschers benützte (bei P. 2635 in der Nähe eines 
kleinen Sees) und sich mit dem vom Isselgraben nach Süden ab- 
zweigenden Seitengraben vereinigte, wobei er demselben Moränen- 
material oder den Schutt anderer Gesteine beimengte. 

Während der letztgenannten Vorgänge hatte aber der Bach des 
Untertarntals genügend Zeit gehabt, sich so tief in die Scharte zwischen 
Ober- und Untertarntal einzuarbeiten, daß er jetzt das Obertarntal 
anzapfte. Durch die von ihm bewerkstelligte weitere Ausarbeitung 
und Tieferlegung des Bodens des Obertarntals hörte nun der west- 
liche Ausfluß desselben bei P. 2635 auf zu funktionieren und die 
Wasser wurden gezwungen ihren Weg durch das Untertarntal zu nehmen. 
So wurde allmählich das Obertarntal dureh Vermittlung des: 
Untertarntalstiefergelegt undim Vereinmitderfrüher 
erfolgten Eiserosion Platz geschaffen für die mächti- 
gen sehr jungen Serpentinschuttkegel oder Bergstürze 
des Großen und Kleinen Reckners. 

Es war nun aber auch durch die rückwärts einschneidende Ero- 
sion an den Steilwänden des Grübelkars, westlich des P. 25142, 
unter der Benützung der dortigen kleinen Verwerfung der Nord- 
Süd-laufende Seitenbach des Isselgrabens angezapft und nach Westen 
abgelenkt worden, so daß schließlich das orographische Bild zustande 
kam, welches wir heute im Unter- und Öbertarntal und in deren 
nächsten Umgebung vor uns haben. 

Die Verbindung zwischen Ober- und Untertarntal 
ist allerdings durch einen von Osten der erfolgten Bergsturz, welchen 
Young!) jedoch für eine Moräne nimmt, teilweise wieder verschüttet 
worden. Der Bergsturz besteht aus mitunter sehr großen Blöcken, 
die von den in allernächster Nähe anstehenden, korallenreichen 
Kössener Schichten und den Kieselkalken stammen. 

Der auffällige von Serpentinblöcken gebildete Schuttkegel 
im Staffelseekar hat sich ebenfalls dann erst bilden können, als 
der im Kar gelegene und erodierende Gletscher verschwunden war. 
Wenige Moränenreste dieses Gletschers findet man beim Aufstieg 
zum Staffelsee da, wo der Weg Griffalpe—Großer Reckner den Schutt- 
kegel des auffälligen steilen Felskopfes westlich des Staffelsees er- 
reicht. Sie bestehen aus einer Anhäufung von großen Serpentinblöcken, 
welche am Rand des steilabfallenden Gratendes liegen (siehe geolog. 
Karte). 


II. Einfluß des tektonischen Aufbaues auf die glaziale 
und postglaziale Formbildung. 


Die Kare des Mölstals und des Klammtals sind ziemlich 
unabhängig vom geologischen Bau entstanden. Ersteres 
ist in einen Sattel von Quarzphyllit eingeschnitten, letzteres ent- 
stand dadurch, daß die Eis- oder die rückwärts einschneidenden 


1) A. P. Young: „On the glaciation of the Navis valley in North-Tirol.“ 
Geological Magazine. New Series V. Juni 1910. 


380 Eduard Hartmann. [38] 


Wassermassen das westliche Ende der Schuppe A bis zu den heutigen 
Westwänden des Hauptmassivs wegerodierten. Vielleicht hat das Vor- 
handensein der Schubfläche I diese Erosion erleichtert. 

Das Lizumtal entspricht sowohl einer orographischen als 
auch einer geologischen Mulde (cfr. Profiltafel XII, Figur 8 
und 9). Ganz ebenso das Obertarntal (efr. Profiltafel XI, Figur 3 
und 4, Profiltafel XII, Figur 7 und 8, ferner die tektonischen Reliefs). 

Das Untertarntal wurde schon angelegt, als sich die beiden 
S-förmigen Falten am Nederer und am Sonnenspitzwestgrat bildeten 
(efr. geolog. Relief, Tafel XIII, Nr. I und II). Später wurde es noch 
durch die Gletscher und die Gewässer vertieft. 

Die große Klammverwerfung veranlaßte vielleicht zum Teil 
die Entstehung der Steilabstürze des Schwarzen-, Zirben- und 
Kreuzschroffens, die westlichste Verwerfungder Knappen- 
kuchel hingegen die Herausbildung der Bachrinne zwischen 
Kreuz- und Rotem Schroffen. 

Die drei Verwerfungen in der Schuppe A, südöstlich der Tarn- 
taler Sonnenspitze im südlichen Lizumtal sind heute durch drei 
auffällige Steilrinnen markiert. Östlich und unterhalb des 
Gipfels der Tarntaler Sonnenspitze veranlaßte eine kleine Ver- 
werfung die isolierte Lage eines aus Triasdolomit be- 
stehenden Felskopfes. 

Durch deutliche Absätze verraten sich die Verwerfungen 
h.9,7. 6 am Ostgrat der Klammspitze. 


C. Vergleiche der Resultate der vorliegenden Arbeit mit den 
Ergebnissen älterer Abhandlungen. 


Bei diesem Vergleich erscheint es zweckmäßig der im I. Teil 
eingangs gegebenen, chronologisch angeordneten Übersicht der älteren 
Arbeiten zu folgen. 

Es ist hier nicht möglich, alle die weniger bedeutenden Ergeb- 
nisse früherer Arbeiten anzugeben, welche die vorliegende Arbeit 
übernommen hat oder auf welchen sie aufgebaut hat; worin die maß- 
sebenden Abweichungen und UÜbereinstimmungen be- 
stehen, soll im folgenden erörtert werden. 


A. Pichler, 4859 5Beiträse zur Geoznosie/Tirolsz 


Pichlers Ansicht, daß auch Lias am Aufbau der kalki- 
gen und quarzigen Tonglimmerschiefer (= Brennerschiefer 
und Quarzphyllite d. v. A.) beteiligt sei, ist dadurch unhaltbar ge- 
worden, daß in den Tarntaler Bergen der Jura, der möglicherweise 
mit Lias beginnt, auf schon metamorphen und gefalteten 
Brennerschiefern und Quarzphylliten transgrediert. 

Die „dunkelgrauen“ körnigen Kalke Pichlers mit Lithodendron, 
Pentacrinus, Gervillea inflata und Belemniten, scheinen zum Teil 
Kössener Kalke, zum Teil Kieselkalke zu sein. 


[39] Der Schuppenbau der T'arntaler Berge. 381 


In Pichlers „grünlichen, weißgrauen, quarzhältigen Kalk- 
schiefern“ erkennt man die Wetzsteinkalke, in den „bunten 
Tonschiefern“ die Tonschiefer und Kieseltonschiefer, in dem mäch- 
tigen grauen, bisweilen brecciösen „Kalk* den Triasdolomit. 

Die Annahme, daß der Serpentin aus dem Lias entstan- 
den sei, ist besonders nach dem Vorhandensein eines Kontakthofes 
und felsbildender Reste der Serpentinmuttergesteine von der Hand 
zu weisen. 


A. Pichler, 1885. „Zur Kenntnis der Phyllite in den Ti- 
roler Zentralalpen.* 


Pichlers Ansicht, wonach die Kalkphyllite (= Brenner- 
schiefer d. v. A.) als jüngere Einlagerungen der Quarz- 
phyllite aufzufassen sind, kann nach den vorliegenden Untersuchungen, 
für die Tarntaler Berge wenigstens, nicht aufrecht gehalten werden, 
denn die Quarzphyllite bilden hier sicher das Hangende 
des Brennerschiefers. 


A. Rothpletz, 189. „Eingeologischer Querschnitt durch 
die Ostalpen.“ 

Rothpletz hat zuerst die Triastransgression auf älterem 
Gebirge nachgewiesen und die Kössener Fossilien entdeckt, 
welche neben den später gefundenen Jurafossilien eine sichere Hori- 
zontierung der Gesteine der Tarntaler Berge ermöglichen. 

An dieser Transgression wird in vorliegender Arbeit festgehalten. 
In den „verrukano- oder sernifitartigen Schiefern“ er- 
kennen wir die Raibler(?)quarzite, im mächtigen, von Kössener 
Schichten überlagerten „Dolomit“ den „Triasdolomit“. 

In der 300—400 m mächtigen, durch reichen Fazieswechsel aus- 
gezeichneten „Liasserie* des Hauptmassivs erkennen wir haupt- 
sächlich die von wenig mächtigen Triasgesteinen und mächtigen Jura- 
gesteinen zusammengesetzten Schuppen 5, und D,. Eine auffällige 
Wiederholung bei den Kieseltonschiefern (= bei Rothpletz 
„violette und grüne Tonschiefer“) ist Rothpletz nicht entgangen. 

Die Verhältnisse der Serpentingesteine werden bereits im 
Sinne der vorliegenden Arbeit gedeutet. 

Die Quarzphyllite hingegen stellten sich bei der Kartierung 
wenigstens für das kartierte und für die demselben benachbarten 
Gebiete als das Hangende der Brennerschiefer heraus. 

Für das archäische Alter der Quarzphyllite ließ sich 
kein Anhaltspunkt gewinnen. 


J. Blaas, 1894. „Über Serpentin und Serpentinschiefer 
aus dem Brennergebiete.* 


Die Theorie, welche Blaas über die Entstehung der Serpen- 
tingesteine bei Matrei und über die mit diesen verwandten 
Serpentine der Tarntaler Berge entwickelte, ist infolge des 
Auffindens von Resten des Serpentinmuttergesteines und von Kontakt- 
erscheinungen nicht mehr haltbar, 


389 Eduard Hartmann. [40] 


F. E. Suess, 1894. „Das Gebiet der Triasfalten im Nord- 
osten der Brennerlinie.“ 


Über die Resultate von F. E. Suess ist folgendes zu bemerken: 


Dafür, daß die „Kalkphyllite“ (= Brennerschiefer d. v. A.) 
präkambrisch sind, ferner dafür, daß die Quarzphyllite sicher 
„karbonisch“ sind und durch eine vorpermische Verwerfung 
von den Brennerschiefern getrennt sind, ließen sich keine Anhalts- 
punkte finden. ’ 

Mit meinen Resultaten stimmt das „jüngere Alter des 
Quarzphyllits“ überein. 


Für die Raibler(\quarzite gibt Suess permisches 
Alter an, daerihre Wechsellagerung mit den triadischen 
Rauhwacken übersah. 

An manchen Stellen der Tarntaler Berge transgredieren 
die jurassischen Wetzsteinkalke und mit ihnen die jurassischen 
Kieseltonschiefer auf den Raibler (?) Quarziten (letztere 
bei F. E.Suess permische Quarzserizitbreccie); dies muB 
für F. E. Suess der Grund gewesen sein, daß er auch die jurassischen 
Kieseltonschiefer für „Perm“ nahm und sie „permische 
oder dyadische Tarntaler Quarzitschiefer* nannte. 


Vermittelst der fälschlich als Perm bestimmten Tarn- 
taler Quarzitschiefer hat Suess die Tektonik des Tarn- 
taler Hauptmassives konsequenter Weise falsch gedeutet, 
wobei ihm jedoch Uberschiebungen und UÜberfaltungen sicher vor- 
handen zu sein schienen. Die Überschiebungen verlaufen 
im Tarntaler Hauptmassiv nicht wie F. E Suess annimmt, 
zwischen den untrennbaren jurassischen Kieselkalken und den 
Kieseltonschiefern, welche bei Suess Triaskalke, be- 
ziehungsweise permische Quarzitschiefer sind, sondern zwischen 
Trias- und Juragesteinen. Auch gibt es nicht eine, sondern 
mehrere Schubmassen. Hier sei bemerkt, daß bei F. E. Suess 
die belemitenführenden jurassischen Kieselkalke noch 
sämtlich der Trias zugeteilt wurden. 


F. Becke, 1905. „Exkursionen durch das Westende der 
Hohen Tauern.“ 


Becke hält im Gegensatz zu meinen Resultaten die Quarz- 
phyllite der Tarntaler Berge für älter als die Brennerschiefer. 

Von einem „mittelkarbonischen Zentralgranit“ kann 
der authigene Turmalin, welchen man sehr häufig auch 
in den Juragesteinen der Tarntaler Berge antrifft, wie über- 
haupt die Metamorphose © nicht herrühren! 


P. Termier, 1905. „Les alpes entre le Brenner et la Val- 
teline,* 


Termiers „Decke 2“ besteht aus fossilfreien, „mesozoisch bis 
neozoischen Schistes lustres (Breunerschiefern)*; die „Decke 
4“ aus denQuarzphylliten und den darauf transgredierenden Trias- 


[41] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 383 


gesteinen. Hierzu kommen jetzt noch die Juragesteine der Tarntaler 
Berge. 

Nun wurde eingehend gezeigt, daß die Trias- und Jura- 
gesteine der Tarntaler Berge in vollkommen gleicher 
Ausbildung sowohl auf Quarzphylliten als auch auf den 
Brennerschiefern transgredieren und daß ferner die fossil- 
freien „karbonischen Quarzphyllite“ mit den fossilfreien „meso- 
zoisch bis neozoischen Brennerschiefern“ durch 
Wechsellagerung und allmähliche Übergänge untrennbar 
verknüpft sind, wie dies auch von Sander!) nachgewiesen wurde. 

Termiers „Decken“ sind durch diese Nachweise überflüssig 
geworden. 


F. Frech 1905. Über den Gebirgsbau der Tiroler Zentral- 
alpen. 


Wenn Frechs tektonisch entstandene „triadischen Dolomit- 
breccien“ die mylonitische Jurakonglomerate der vorliegenden Arbeit 
sind, dann ist der Gesteinscharakter, nicht aber das Alter dieser 
Gesteine richtig bestimmt. 


A. P. Young 1907. „On a Serpentinrock from the mass 
ofthe Tarntaler Köpfe.* 


Von F. E. Suess sind durch Young die „permischen“ Tarn- 
taler Quarzite übernommen worden. Für die tektonischenKräfte, 
welche nach Young auf diese und das Serpentin-Mutterge- 
stein bei dessen Intrusion gewirkt haben, konnten petrographische 
und tektonische Anhaltspunkte nicht gefunden werden. 


Beh Young 1908. „Stratigraphy and Structure of the 
Tarntalmass.* 


Hier wird die Tektonik des Hauptmassivs unter der Voraus- 
setzung entwickelt, daß die jurassischen Kieseltonschiefer „permische“ 
Tarntaler Quarzite sind. 

Die Ansicht Youngs, die Tarntaler Breccie sei „karbonisch*, 
wird schon durch den Bericht Sanders?) widerlegt, welcher Kössener 
Fragmente in der „Tarntaler Breccie* erwähnt. 

Die „Kalkschichten mit grünen Bändern“ und die Kalkschichten 
der „Tarntaler Quarzite“ sind die Wetzsteinkalke, die „Dolomit- 
breccie“ der Zone II ist der mit einer Konglomeratkappe ver- 
sehene Triasdolomitblock auf der Westseite des Südabhanges des 
Nederers (cfr. II. Teil, Figur 3). Die „Liaskalksteine* sind meine Jura- 
Bänderkalke. Die Namen „Dolomitbreccie*, „Tarntaler 
Dolomit“, „Tarntaler Breccie*, „Tarntaler Dolomit- 
breccie“, welche von Young und Sander gebraucht werden, 
sind von mir nicht übernommen worden. Es kann nämlich 


!) B. Sander, „Geologische Studien am Westende der Hohen Tauern“. 
?2) B. Sander, „Über neue geologische Forschungen im Gebiete der Tarn- 
taler Köpfe“. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (E. Hartmann.) 50 


384 Eduard Hartmann. [42] 


durch den Gebrauch dieser Namen leicht eine Verwechslung zwischen 
breceiösem Triasdolomit und mylonitisierten Jurakonglomeraten, für 
welche die Youngschen und Sanderschen Namen gelten, eintreten. 
Ferner ist das Alter und der Charakter der mylonitisierten 
Juragesteine jetzt genau festgelegt. 


Bezüglich einer früheren Intrusion von basischen 
Magmas sei bemerkt, daß sich an Ort und Stelle und durch die 
petrographische Untersuchung der Nachweis einer solchen Intrusion 
nicht erbringen ließ. Es handelt sich nach den Untersuchungen des 

Verfassers vielmehr um Chlorit- und Serizitreiche, stark mechanisch 
 beeinflußte Wetzsteinkalke, welche mit Jurakonglomerat- 
lagen verknetet sind. 


B. Sander 1910. „Über neue Geologische Forschungen im 
Gebiete der Tarntaler Köpfe“ 


Es wird zum erstenmal der postrhätische Charakter 
der „Tarntaler Breccie* (= der mylonitisierten Jurakonglomerate) 
erkannt. 


Sander nimmt keine primäre Wechsellagerung der jurassischen 
Konglomerate mit den jurassischen Kieselkalken (bei Sander Trias- 
kalkphyllite) und den jurassischen bunten Tonschiefern (bei Sander 
kalkfreie Glanzschiefer) an, sondern nur eine tektonische Ver- 
mischung dieser Gesteine. 


G. Steinmann 1910. „Über Stellung und Alter des Hoch- 
stegenkalkes.“ 


Nach G. Steinmann tritt in den Tarntaler Bergen die „rhä- 
tische Decke“ auf. Sie wird durch die Brennerschiefer (Kalk- 
phyllite) vertreten. 


Ferner ist der „lepontinische Serpentin“ der Tarntaler 
Berge in die tiefsten Teile der „ostalpinen Decke“ durch „anti- 
klinale Einfaltung gelangt“. 


Zu einer „ostalpinen Decke“ wird Steinmann wohl den Trias- 
dolomit und die Kössener Kalke rechnen. 


Nun findet man aber in den Tarntaler Bergen folgendes: 


1. Der „lepontinische Serpentin“ ruht mit Kontakthof in 
jurassischen Kieseltonschiefern und Kieselkalken, welche mit ihren 
faziellen Vertretern von den „ostalpinen Gesteinen“, dem Triasdolomit 
und Kössener Schichten und Jurakieselkalken nicht zu trennen sind 
und welche auf der „Rhätischen Decke“ Steinmanns, das heißt 
auf den Brennerschiefern transgredieren. 


2. Diese radiolaritähnlichen Kieseltonschiefer und die 
Wetzsteinkalke sind auf Grund der Wechsellagerung mit typischen 
Strandkonglomeraten keine Tiefseeabsätze. 


3. Ist der Serpentin der Tarntaler Berge mit Diabas, also mit 


einem ophitischen Gestein verknüpft, welches nach Steinmann 
die Serpentine meidet. 


[43] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 385 


4. Transgredieren die mesozoischen Gesteine der Tarntaler Berge, 
welche nach Steinmann zur ostalpinen Decke gehören, also die 
Trias- und Juragesteine auf Steinmanns „rhätischer Decke“. 


B. Sander 1911. „Geologische Studien am Westende der 
Hohen Tauern‘ 


Sanders „Triadische Kalkphyllite“ sind wohl meine phyllitischen 
Jurabänderkalke, die „paläozoischen Kalkphyllite“ hingegen die Brenner- 
- schiefer. 

Mit „Quarzphyllit I“ bezeichnet Sander auf der Südseite der 
Geierspitze entweder leicht erkennbare jurassische Kieseltonschiefer 
oder Quarzserizitschiefer (von diesen meine II. Varietät). 

Auf der gesamten Südseite des Hauptmassivs (vgl. 
Karte) kommt außer den wenigen Quarzphylliten am Nordostgrat der 
Geierspitze kein Gestein vor, das mit dem Quarzphyllit der 
Tarntaler Berge, auch mit dem der Knappenkuchel leicht ver- 
wechselt werden könnte. Auch sonst läßt sich in den 
Tarntaler Bergen weder nach petrographischen, noch 
nach stratigraphischen Gesichtspunkten eine Trennung 
eines „Quarzphyllites I* von einem „Quarzphyllit: II 
durchführen. In den Tarntaler Bergen ist der Quarzphyllit 
eines der am einheitlichsten ausgebildeten Gesteine. Von Ge- 
steinen, welche allenfalls quarzphyllitähnlich werden können, sind 
nur die Juraschiefer und Kössener Tonschiefer zu nennen. 

Mit meinem Resultat stimmt Sanders Beobachtung sehr gut 
überein, daß Quarzphyllit und Brennerschiefer untrenn- 
bar miteinander verknüpft sind, doch konnte in den Tarntaler 
Bergen, wie gezeigt wurde, wohl eine Horizontierung der beiden vor- 
senömmen werden, in dem Sinne, daß der Quarzphyllit das 
Hangende des Brennerschiefers darstellt. 

Weiterhin konnte kein Anhaltspunkt dafür gewonnen 
werden, daß das Auftreten des „Eisendolomits* tektonisch 
bedingt ist. Eisendolomit kann vielmehr als lentikuläre Einlagerung 
in echtem Quarzphyllit östlich der „Zehenter Alm“ beim „Keilstadel“ 
angetroffen werden, wo Brennerschiefer gar nicht mehr auftreten kann. 

Da auf der Südseite der Geierspitze Sander die Rauhwacken 
und die hellen und dunklen Dolomite wie ich für Trias nimmt, er 
aber auch die jurassischen Schichten des basalen Vor- 
landes, die Quarzserizitschiefer, Kieselkalke, Kieseltonschiefer und 
Konglomerate noch zu Trias rechnet, entgeht ihm die Schub- 
fläche zwischen der Schuppe D, und dem basalen Vor- 
land. 

Wenn Sander sagt, daß die Rauhwacken der Tarntaler 
Berge untrennbar mit den „Triadischen Kalkphylliten* verknüpft 
sind, so meint er wohl mit den Raibler (?) Kalken; denn seine „Triadi- 
schen Kalkphyllite“ sind jurassische Bänderkalke, mit denen die viel 
ältere Rauhwacke nie untrennbar verknüpft ist. 


50* 


386 Eduard Hartmann. |44] 


D. Sehluss. 


Beziehungen der ‚Tarntaler Schuppen“ zu den ‚„Tauern- 
decken“ und ihre Stellung im Bau der Ostalpen. 


Die Stratigraphieund TektonikderTarntalerBerge 
kann ohne Zuhilfenahme der Deckentheoriezwang- und 
restlos erklärt werden. 

Ob in den Tarntaler Bergen große „Decken“ überhaupt möglich 
sind, hängt wie an vielen Stellen der Ostalpen hauptsächlich von dem 
Alter der Kalkphyllite (Brennerschiefer) ab. Sind diese meso- 
zoisch, dann kanndie Transgression des Tarntaler Meso- 
zoikumsaufKalkphyllitfallengelassenunddurch Über- 
schiebungen ersetzt werden, dann kann man den Kontakt 
zwischen den hangenden Quarzphylliten und den liegenden Brenner- 
schiefern für tektonisch erklären. 

Fossilien wurden nun in den Kalkphylliten bisher über- 
haupt nicht gefunden. Die gleiche petrographische Ausbildung, 
welche die Kalkphyllite mit den „Bündnerschiefern“ verknüpft, 
ist nicht allein bindend, es muß auch ihre tektonische Stellung 
berücksichtigt werden. Gerade diese spricht nur für ein paläo- 
zoischen Alter der Kalkphyllite. 

Der Quarzphyllit der Tarntaler Berge wird von allen Geo- 
logen, auch von Termier alspaläozoisch, ja sogar als karbonisch 
aufgefaßt. Auch eine Transgression des Mesozoikums über seine 
obersten Horizonte wird allgemein und auch von Termier ange- 
nommen. 

Eben dieser paläozoische Quarzphyllit, welcher den 
untersten Teil der obersten Decke Termiers bildet, istin den 
Tarntaler Bergen mit den Kalkphylliten, den „meso- 
z0ischen.Schistes lustres‘,.also der Decke-Ii Termiers 
durch allmähliche Übergänge und Wechsellagerungen 
untrennbar verknüpft!)und kann am Patscherkofel auch 
von den Stubaier Glimmerschiefern, welche von Ter- 
mier als paläozoisch aufgefaßt und zur DeckeIllIll ge- 
rechnet werden, nicht getrennt werden. Es muß also 
dasjenige typische Tarntaler Mesozoikum, welches 
den höchsten Schichtköpfen der Kalkphyllite auflagert 
und genau dem Tarntaler Mesozoikum gleicht, welches 
auch Termier auf den Quarzphylliten transgredieren 
läßt, als transgredierend aufgefaßt werden, wofür ja 
schon die sedimentären, mit gerollten Quarzphyllit- 
brocken, kugelrunden Quarzkörnern, mit Brenner- 
schieferstücken, mit Gipsen und einer deutlichen 
Schicehtung versehenen Rauhwacken sprechen. 

Selbst wenn mesozoische Fossilien in den Kalk- 
phyllitenaufgefunden würden, brauchte man die Trans- 


!) Es geht dies auch aus den Untersuchungen Sanders hervor. (Geolog. 
Studien am Westende der Hohen Tauern 1911. Denkschr. Bd. LXXXII.) 


[45] Der Schuppenbau der Tarntaler Berge. 387 


gression des Tarntaler Mesozoikums auf den Kalkphylliten nicht 
durch große ortsfremde „Decken“ zu eliminieren, da man die sicher 
als mesozoisch bestimmten Gesteine, welche heute in den Tarntaler 
Bergen auf den Kalkphyllit liegen, auch für die hangendsten 
Glieder eines großen mesozoischen Kalkphyllitsystems 
nehmenkann, auf daslokalvon Nordenherpaläozoische 
Quarzphyllite mit transgredierendem Mesozoikum ge- 
schoben wurden. 

Mit den generellen Resultaten der Sanderschen Unter- 
suchungen lassen sich die vorliegenden Ergebnisse sehr gut in 
Einklang bringen. Die Tarntaler Berge sind eben das Nord- 
ende einer mächtigen Schuppenzone des zentralen Alpen- 
körpers, welche darin besteht, daß aus jeweils trans- 
sredierendem Mesozoikum und aus liegendem Paläo- 
zoikum zusammengesetzte Schichtplatten dachziegel- 
förmig aufeinandergetürmt sind. (cfr. Fig. 1 des II. Teiles.) 
Die Platten sind inden Tarntaler Bergen flach nordfallend, 
richten sich aber infolge der Faltungen gegen den Zentralgranit 
z. B. gegen den Gr. Kaserer, allmählich steil auf. Der Zentral- 
sranit, über den oder über dessen Schieferhülle die mesozoischen 
Elemente, wie der Hochstegenkalk andeutet, einst auch ausge- 
breitet waren, entwickelte sich bei den tertiären Gebirgsbewegungen 
infolge seiner größeren Resistenz nur zu einer Gneisfaltenzone, 
die im Süden zunächst wieder von einer der nördlichen analogen 
Schuppenzone und am Hochwart, wo wieder Kerne mit großem 
Widerstand auftreten, von einer Faltenzone abgelöst wird. Nun 
ergibt sich auch, daß der vielgebrauchte Name „basales Vorland“ 
nur innerhalb der Tarntaler Berge richtig angewandt ist. 
Das basale Vorland der Tarntaler Berge ist, wie Fig. 1 des II. Teiles 
zeigt, eine der großen dachziegelartig aufeinandergetürmten Schicht- 
platten, also ebenfalls nicht basal im strengsten Sinne des Wortes. 

Wenn man die in ihre ursprüngliche Lage zurückversetzte Sedi- 
mentationszone der Tarntaler Berge (cfr. Fig. 1, 1I. Tell) 
sich über den Quarzphyllit des Patscherkofel und das Inntal 
bis an das Karwendelgebirge verlängert denkt und in dem so 
gewonnenen Bezirke den Fazieswechsel zwischen Tarntaler und nord- 
alpinem Mesozoikum sich vollziehen läßt, wofür der an der Kessel- 
spitze auf Tauern-Rhät liegende Adnether Lias spricht, dann hat man 
stratigraphischen und tektonischen Anschluß an das 
nordalpine Mesozoikum gewonnen und ist nicht aus 
einem „Tauernfenster“ heraus- und auf eine „ostalpine 
Decke“ hinauf gestiegen. 


* 
388 Eduard Hartmann, [46] 
Inhaltsverzeichnis des II. Teiles. 
Seite 
4 Dektonik ml ee ee a a: er 2 ee 
I#Paläozoische: Schichistörungen), nF, kon aeu, Ba N re 343 ' [1] 
II. Postrbätisch-präjurassische Schichtaufrichtungen. . . . .... 344 [2] 
III. Tertiäre Schichtstörungen . . ..... ee aA 
T. Übersckiebungen 445 Kar. ERITREA 344 [2] 
Die „vier Zonen“ der durchgerissenen „S“*-Falte . ..... 355.1 /123] 
2. Fältupgen® 2, AIRES el SEE SE TEN N ERTSEN 361 [19] 
a) Entstehung derselben ..... Re Eee. IE SEK Fu 361 [19] 
b). Bslatives Alteriderselben.. „ie a1 Ta re ae te 361 [19] 
c) Allgemeines Streichen der Faltenzüge . . . » 222... 361 [19] 
d) Änderungen im Hauptstreichen der Faltenzüge R4: 362 [20] 
e) Auft reten von Nebensätteln und Nebenmulden, sowie” das 
Verschwinden einzelner Sättel und Mulden. ...... 362 [20] 
f) Beziehungen der Falten zur Gesteinsbeschaffenheit der 
ST A EI N TREE 363 [21] 
9) Die Wirkung der ostwestlichen Faltungskomponenten . . . 366 [24] 
3, Verwertußeen .. : ce ya. It a Be u .....868 126] 
a) Die Klammverwerfung als Überschiebungsspalte .. . . . 368 [26] 
d, Faltunpszersspaltem %'. . » en. nee, ee en a DO 
A. Tektonischer, Rückblick ..; „. ... .,.% a ee N 376 [34] 
B. Bildung der glazialen und postglazialen Formen . . ......877 [35] 
1. Kara 0 UNNA EI I IRB RN, AT SL En . 377. [35] 
II. Einfluß des tektonischen Aufbaues auf die glaziale und postglaziale 
Worapildanet .|i. Ge. ini HET UI DER Er NER RE 379 |37] 
C. Vergleiche der Resultate der vorliegenden Arbeit mit den Er- 
gebnissen der älteren Abhandlungen. . .... 2... 25.380. 158] 
D. Schar EN a RETTET EI . 386 [44] 
Beziehungen der Tarntaler Schuppen zu den „Tauerndecken“ u ie 
Stellungäm Ban'der Alpen’. 42}. Zn I 


ee ee ee. Ze. Die Beer Sn u en u. ae u u ei Bu ee eier eier 


Flözfolge und Tektonik der unteren Ostrauer 
Schichten bei Mährisch-Ostrau. 


Von W. Petrascheck. 
Mit einer Tafel (Nr. XIV). 


Die OÖstrauer Schichten zerfallen in zwei große Abteilungen. 
Geschieden werden sie durch eine mächtige, flözleere Region, die in 
bemerkenswert konstanter Mächtigkeit durch das ganze Ostrauer 
Revier verfolgbar ist. Die oberen Östrauer Schichten umfassen diese 
fliözleere Region und ihr Hangendes bis zu der die Basis der Schatz- 
larer Schichten bildenden Satteltlözregion. Sie sind im Zentrum der 
Östrauer Mulde, in der Peterswalder Mulde, im Bereiche der Orlauer 
Störung sowie südlich des Ausstriches der Sattelflöze entwickelt und 
haben vor wenigen Jahren in diesen Schriften eine eingehende Dar- 
stellung gefunden }). 

In dem oberen Teile der unteren Ostrauer Schichten besteht 
über die genaue Flözfolge kein Zweifel. Unter der großen, flözleeren 
Partie liegt die Fettkohlenregion, beginnend mit den Heinrichschächter 
Flözen. Unter diesen folgt das Franziska Flöz. Im Revier ist es als 
Leitflöz und durch seine gut kokbare Kohle wohl bekannt. In Geo- 
logenkreisen kennt man es schon lang durch die mächtige, fossilreiche, 
marine Schieferzone, die oberhaib desselben ein konstantes Niveau 
bildet und deren Fossilinhalt erst neuestens ein gut Teil des Materials 
geliefert hat, daß Dr. von Klebelsberg zum Gegenstande seiner 
sorgsamen und vortrefflichen Untersuchung gemacht hat). 

Nicht gar weit unterhalb des Franziska Flözes beginnt die Flöz- 
folge schon etwas unklarer zu werden. Wohl glaubte man, daß bis 
zum Karlflöz hinab die Benennungen in den verschiedenen Gruben 
noch in bester Ordnung sei und doch zeigte es sich im Verlaufe 
dieser Studien, daß bereits hier Unstimmigkeiten vorhanden sind, daß 
der Name Karl zwei verschiedenen Flözen gegeben wurde, zwischen 
denen eine kleine Gruppe von Flözen liegt, die als selbständige Gruppe 
noch nicht erkannt worden war. 

Schwieriger gestalten sich die Untersuchungen in den noch 
tieferen Teilen der Ostrauer Schichten, da hier mannigfaltige Lage- 


!) Das Alter der Flöze in der Peterswalder Mulde. Jahrb. d. k. k. geol. R-A, 
1910, pag. 779. 

?) Die marine Fauna der Ostrauer Schichten. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1912, pag. 461. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (W. Petrascheck.) 


390 W. Petrascheck. [2] 


rungsstörungen die Schichten durchsetzen. Nicht nur, daß das Karbon 
zu mehreren Falten aufgebogen ist, ist es überdies noch von einer 
größeren Anzahl von Verwerfungen, die zum Teil bedeutende Zer- 
rüttungszonen darstellen, durchsetzt. Diese unteren und untersten 
Ostrauer Schichten sind in Mähren beziehungsweise Österr.-Schlesien 
in den Grubenbezirken von Hruschau (Hubertschacht), Oderfurt (Franz- 
schacht und Georgschacht) und Marienberg (Ignazschacht und Oder- 
schacht), im südlichsten Oberschlesien durch den Grubenbezirk von 
Petershofen (Anselmschacht und Oskarschacht) aufgeschlossen. Die 
Flözidentifizierungen zwischen diesen drei, nebeneinander gelegenen 
Grubenbezirken sind ein altes, oft erörtertes Problem. Viel wertvolle 
Bausteine haben die einschlägigen Veröffentlichungen geliefert. Nicht 
minder wertvoll erwiesen sich die zahlreichen nicht zur Veröffent- 
lichung gelangten Einzeluntersuchungen der in diesen Kohlengruben 
tätigen Ingenieure. Wenn trotzdem eine Übereinstimmung der Auf- 
fassung, wie ein Blick in die einschlägige Literatur lehrt, noch nicht 
erzielt wurde, obwohl gerade in diesem Teile des Reviers der Berg- 
bau teilweise weit über 100 Jahre alt ist, so deutet dies darauf hin, 
daß die einzelnen Flöze und Flözgruppen nicht immer gleich ausge- 
bildet sind, da anderenfalls bestimmte Leitflöze wohl rascher als solche 
erkannt worden wären. 

Tatsächlich gehen die in der Literatur niedergelegten Auffas- 
sungen oft noch weit auseinander. In seiner grundlegenden Monographie 
des Ostrau-Karwiner Steinkohlenreviers nimmt Jicinsky eine große 
Anzahl von Flözen an. Von unten nach oben stellt er aufeinander die 
Rotschildgruppe und die Hangendflöze des Oskarschachtes, die damals 
als Hoffnungsvolle, Josef, Beilehn etc. im Reicheflözerbstollen aufge- 
schlossen waren. Hierüber nahm er eine damals noch nicht durch- 
örterte Lücke an, über der die Flöze des Kleinpeterstollens: Tal bis 
Schwebende folgen sollen. Jünger als diese sollen die Flöze des 
Anselmschachtes sein, welche er teilweise schon mit Flözen des Franz- 
schachtes verglich, womit der Ubergang zu den besser bekannten 
Teilen des Ostrauer Reviers hergestellt war. Erneut trat Jiöinsky 
diesen Problemen 1897 näher!). Er stellte die inzwischen am Ignaz- 
schachte erschlossenen Flöze in jene Lücke, zwischen dem Reiche- 
flözerbstollen und dem Kleinpeterstollen. Indem er die einzelnen Flöz- 
falten genauer verfolgte, kam er dazu, die Flöze Juliane, Unverhofft, 
Wilhelmine und Neue des Anselmschachte mit den Flözen Bruno, 
Daniel, Fridolin vereint, Gustav und Hermenegild des Franz- 
schachts zu identifizieren. Auf diese Weise gelangt Jitinsky dazu, 
die Mächtigkeit der in der Ostrauer Teilmulde erhalten gebliebenen 
Östrauer Schichten mit 3400 m zu berechnen. Diese Untersuchungen 
Jicinskys lieferten die Basis für alle weiteren Forschungen. 

Eingehend hat sich Geisenheimer?) mit den Flözidentifizie- 
rungen der drei Grubenbezirke beschäftigt. Durch seine ins Detail 
gehende Darstellung wurde die Frage wesentlich gefördert. Die 


ı) Österr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen 1897, pag. 205 ete. 
?®) Das Steinkohlengebirge an der Grerze von Oberschlesien und Mähren. 
Zeitschr. des oberschles. Berg- u. Hüttenmännischen Vereins 1906, pag. 29. 


[3] Fiözfolge u. Tektonik d. unteren Östrauer Schichten b. M.-Ostrau. 391 


Flöze des Franzschachtsattels wurden mit jenen des Anselmschachtes 
genauer identifiziert, indem die Übereinstimmung der Flöze Bruno 
bis Ignaz am Franzschacht mit den Flözen Bruno bis Neue am Anselm- 
schacht ausgesprochen wird, eine Identifizierung, die seitdem im Ge- 
folge der auf beiden Gruben gemachten neuen Aufschließungen von 
den beteiligten Ingenieuren, insbesondere von dem Markscheider, Herrn 
Öberingenieur Strauch, bestätigt und weiter ausgebaut wurde und 
die zu übernehmen ich alle Ursache hatte, was später noch näher 
angedeutet werden mag. Diese Flözgruppe Bruno bis Neue, die ich 
im folgenden der Kürze halber Franzschächter Flözgruppe nennen 
will, glaubte Geisenheimer in der Hangenderen der beiden am 
Ignazschacht aufgeschlossenen Flözgruppen wiedererkennen zu können. 
Er gelangte dazu auf teilweise mehr markscheiderischem Wege, indem 
er von einem im Hangenden der Flöze des Ignazschachtes erbohrten 
stärkeren Flöze ausging, das damals als Franziskaflöz angesprochen 
wurde und das in der Tat wenigstens nicht weit vom Franziskaflöz 
liegt. Die tiefere Flözgruppe des Ignazschachtes glaubt Geisen- 
heimer möglicherweise mit den westlich vom Anselmschacht er- 
schlossenen Flözen (Franz, Albert etc.) vergleichen zu solien. Diese 
Flöze bis einschließlich Stollen vermutet er mit jenen des Kleinpeter- 
stollens identifizieren zu können und von diesen wieder nimmt er an, 
daß sie infolge Sattelbildung mit den Flözen Josef, Hoffnungsvolle, 
Beilehn etc. des Reicheflözerbstollens zu vereinigen sind. Sonach ge- 
langt bereits Geisenheimer zu einer sehr wesentlichen Verringe- 
rung des Gesamtprofils der Ostrauer Schichten. Noch weitergehend 
ist die Verringerung der Schichtenfolge, welche Gäbler annehmen 
zu können glaubt.. In Bezug auf die soeben genannten Flöze des 
Reicheflözerbstollens macht Gäbler dieselbe Annahme, wie Geisen- 
heimer, auch er sieht in den Flözen des Kleinpeterstollens eine 
Wiederholung dieser Flöze, die sich im westlichen Teile des Anselm- 
schachts zum drittenmale wiederholen sollen. In den steil gelagerten 
Flözen des Anselmschachts, die zwei, gegen unten divergierende 
Gruppen bilden, sieht aber Gäbler einen dritten Faltensattel, sodaß 
er die Flöze Franz bis Einsiedel auf der einen und Nanette bis Neue 
auf der anderen Seite als eine und dieselbe Gruppe auffaßt !). 


Was übrigens diese letztere Auffassung anbelangt, die beim 
bloßen Studium der Grubenprofile sehr bestechend erscheint, so ist 
eine Nachprüfung sehr leicht und sicher möglich. Würde im Anselm- 
schachte ein solcher Sattel vorliegen, wie ihn Gäbler annimmt, so 
müßten die Flöze auf beiden Seiten des Sattels den Wurzelboden im 
Liegenden haben. Das ist aber nicht der Fall. Flöz für Flöz konnte 
ich nachweisen, daß auf der scheinbar östlichen Seite des Falten- 
sattels der Wurzelboden im Liegenden sich befindet, wie es eben der 
normalen Lagerung entspricht. Auf der westlichen Flanke des schein- 
baren Sattels jedoch liegt der Wurzelboden immer im Hangenden, 
die Flöze sind also überkippt und stellen, so wie es von der be- 
treffenden Grubenverwaltung immer angenommen worden ist, eine 
normale Schichtenfolge nicht aber eine Wiederholung dar. Daß die 


1) Das oberschlesische Steinkohlenbecken, pag. 205. 
Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (W. Petrascheck.) 51 


392 W. Petrascheck. [4] 


beiden Flözgruppen nach unten divergieren und dadurch einen sattel- 
förmigen Bau, vortäuschen, wird durch eine kleine, mit Schleppungen 
verbundene UÜberschiebung bedingt, welche die Region in schrägem 
Winkel durchsetzt. 


Ich habe nun im Laufe der letzten Jahre durch eine größere 
Anzahl zum Teil oft wiederholter Befahrungen mir ein tunlichst genaues 
Bild von den in Betracht kommenden Flözablagerungen zu beschaffen 
gesucht, um die Frage der Flözidentifizierungen durchaus von neuem 
in Angriff nehmen zu können. Wenn es sich hierbei auch um an- 
scheinend sehr spezielle Dinge handelt, von denen man meinen sollte, 
daB sie lediglich im engeren Reviere wegen der Beurteilung des 
Kohlenvermögens und der zweckmäßigen Verfassung von Aufschluß- 
plänen Interesse finden dürften, so ist doch die Bedeutung dieser 
Fragen etwas weitergehend. Die genaue Feststellung der Mächtigkeit 
und Flözzahl der Ostrauer Schichten sowie die Klarstellung der Tek- 
tonik in denselben ist von diesen detaillierten Feststellungen abhängig. 

Nicht unerwähnt und nicht ohne Ausdruck des Dankes will ich 
hier die Tatsache lassen, daß ich bei meinen Studien von seiten der 
beteiligten Verwaltungen volles Entgegenkommen fand und daß insbe- 
sondere manche der mich begleitenden Ingenieure mit ihren großen 
Erfahrungen mir bereitwilligst zur Seite standen, was die Arbeit oft 
sehr erleichterte und beschleunigte. Es wird sich an den ent- 
sprechenden Stellen noch Gelegenheit bieten, auf diese Mithilfe zurück- 
zukommen. 


Es ist nicht meine Absicht, in dieser Arbeit eine detaillierte 
Charakteristik der untersuchten Ostrauer Schichten und eine Aufzäh- 
lung aller Fossilfunde zu geben. Hiezu wird in späteren Veröffent- 
lichungen Gelegenheit sein. Ebensowenig habe ich mich jetzt bemüht, 
die Identifizierungen Flöz für Flöz durchzuführen. In der Regel habe 
ich mich begnügt, kleinere Flözgruppen zu parallelisieren. Das Detail 
soll anderen Untersuchungen überlassen werden. Hier sollen nur kurz 
die Grundlagen der Flözidentifizierungen und die Grundzüge des 
Schichtenbaus dargelegt werden. 

Die Feststellung der Flözfolge vom Hangenden zum Liegenden 
wird durch eine anscheinend bedeutende Störung, die am Franzschachte 
und am Anselmschachte angefahren wurde und unter dem Namen 
westliche Kluft bekannt ist, beeinträchtigt. Es ist das eine 
30—50 m breite, stark druckhafte, gänzlich zerrüttete Bruchzone, die 
die Tagesoberfläche westlich neben dem Anselmschachte erreicht. Sie 
hat hier einen annähernd nordsüdlichen Verlauf. übersetzt die Oder 
und biegt im Felde des Franzschachts nach SO um (vgl. die 
Situationsskizze auf Tafel XIV). Zwischen dem Abbaufeld des Heinrich- 
schachts und des Theresienschachts scheint sie sich auszukeilen. An- 
scheinend in ihrer südöstlichen Verlängerung tritt im Felde des 
Theresienschachts die Michaelischächter-Verwerfung auf, die ganz 
ähnlichen Charakter hat und deren weiterer Verlauf aus der vom 
Berg- und Hüttenmännischen Verein in Mährisch-Ostrau herausge- 
gebenen Revierkarte zu ersehen ist. 


[5] Flözfolge u. Tektonik d. unteren Ostrauer Schichten b. M.-Ostrau. 393 


Über die Schichtfolge der tiefsten Ostrauer Schichten herrscht 
volle Klarheit. Auf die schwächeren liegendsten Flöze der Vinzent- 
gruppe folgen die drei charakteristischen Flöze Rotschild, Leonhard 
und Max und hierauf die neun Öskarschächter Hangendflöze, welche 
im Reicheflözerbstollen zum Teil unter den Namen Josef, Hoffnungs- 
volle und Beilehn gebaut worden waren. Die genaue Aufeinanderfolge 
ist namentlich durch die Bemühungen des Herrn Oberingenieurs E. 
Makuc in Petershofen geklärt worden. Die Schichtfolge wird hier 
durch eine sehr flach liegende Überschiebung unterbrochen, welche 
eine stark verbogene, zum Teil mit intensiven Zerrüttungen verbundene 
Schubbahn aufweist. Die Details dieser Überschiebung, welche eine 
Änderung des Streichens im überschobenen Teil zur Folge hatte, sind 
auf den Karten und Profilen des Oskarschachts vortrefflich dargestellt. 
Was ich selbst von den betreffenden Aufschlüssen zu sehen Gelegen- 
heit hatte, ist nur geeignet, die Auffassung der betreffenden Verwaltung 
von dieser Überschiebung zu bestätigen. Übrigens ist die Überschiebung 
auch aus einem kürzlich von Bartonec!) zur Veröffentlichung ge- 
brachten Profil zu ersehen. 

Die Flöze des Oskarschachts baut auch der Oderschacht. Na- 
mentlich die Flöze Rotschild, Leonhard und Max sind ganz richtig erkannt 
worden. Über ihnen liegen die Oderschächter Hangendflöze (I—VI), 
die den Hangendflözen des Oskarschachts entsprechen. Herr Ober- 
ingenieur Makuc hat die Identifizierung im einzelnen durchgeführt. 
Seinen gefälligen Mitteilungen zufolge ist das V. Hangendflöz des 
Öskarschachts gleich dem VII. Hangendflöz des Oderschachts. 


An die Aufschlüsse des Oderschachtes schließen jene westlich 
der westlichen Kluft aın Franzschacht an. Es folgen auf das 
erwähnte VII. Hangendflöz noch zwei Flöze und hierauf die Flöze 
Johann, Ignaz, Therese, die weitere Fortsetzung im Hangenden ist 
aus dem Profil Figur 5 zu ersehen. Außer einem unbenannten Flöz 
schließen sich gegen Ost noch drei Flöze an, die sich infolge 
eines Bruches, dessen Verlauf ich genau feststellen konnte, zweimal 
wiederholen. 

Die Auffahrungen in diesen Flözen haben nun ergeben, daß sie 
mit Flözen des Georgschachts ident sind. Es entsprechen wie mir 
von Herrn Oberingenieur Svab und Herrn Oberingenieur Pietsch 
mitgeteilt wurde, in der westlichen Partie des Franzschachts die 
Flöze IB und II den Flözen 2. Kasimir und V. des Georgschachts. 
Das sind Flöze, die unter dem Karlflöz dieses Schachts liegen. 

Durch diese markscheiderischen Feststellungen wäre ein Anhalts- 
punkt zur Deutung der Flözgruppe Therese, Ignaz, Johann vom 
Franzschacht, sowie der darunterliegenden Hangendflöze des Oskar- 
schachtes, beziehungsweise Oderschachtes gegeben. Sie wären in ent- 
sprechendem Abstand unter dem Karlflöz zu suchen und Herr Direktor 
Pospisil zog daraus die ganz zutrefiende Vermutung, daß diese 
Flözgruppe der Franzschächter Flözgruppe entsprechen dürfte. 


!) Über die weitere Umgebung des mährisch-schlesisch-polnischen Kohlen- 
beckens. Österr. Zeitschr. f, Berg. und Hüttenwesen 1912, Heft 14. 


51* 


394 W. Petrascheck. [6] 


Die Querschläge, welche am Franzschachte von der westlichen 
Kluft bis zu dieser Flözgruppe vorgedrungen sind, haben anscheinend 
oft gestörtes Gebirge angetroffen. Zeitweilig gehen die Querschläge im 
Streichen der Schichten, da sie ein Flexurblatt passieren, wie solche 
am Oderschacht und Ignazschacht gelegentlich zu bemerken sind. 
Außer der im Profil Fig. 5 dargestellten, waren innerhalb dieser west- 
lichen Partie des Franzschachts größere Verwerfungen nicht nach- 
weisbar. Auch hat der bisherige Abbau ergeben, daB das Gebirge 
nicht dermaßen verworfen ist, wie man aus den zahlreichen Klüften, 
welche die Querschläge erschlossen haben, wohl vermuten könnte. 
Widersinnige Lagerungen, die auf größere Falten und infolgedessen 
auf Wiederholung der Schichten schließen lassen könnten, kommen, 
wie aus den Wurzelböden fast Flöz für Flöz festgestellt werden kann, 
nicht vor. Die zahlreichen Klüfte und Verruschelungen, welche die 
Querschläge durchfahren haben, sind zum großen Teil nicht auf Ver- 
werfungen, sondern nur auf Zerquetschungen zurückzuführen, die ihrer- 
seits Begleiterscheinungen der großen westlichen Kluft und der Ver- 
‚biegungen sind, welche die Schichten hier erfahren haben. Es liegt 
in diesen westlichen Querschlägen des Franzschachts, wenn man von der 
erwähnten größeren Verwerfung und der Schleppung des Schichten- 
streichens absieht, eine einheitliche und normale Schichtenfolge vor, 
was für die weitere Deutung von Wichtigkeit ist. 


Das VII. Hangendflöz des Oderschachts entspricht, wie mir Herr 
Berginspektor Lendlin Marienberg mitteilte, dem Vladimirflöz des Ignaz- 
schachts. Dies ist ein Ergebnis der dortigen Ausrichtungen uud steht in 
bestem Einklang mit den Merkmalen der Ablagerung. Aus dieser Feststel- 
lung würde also folgen, daß die Hangendflöze des Oderschachts und die 
auf dieselben folgenden Flöze Johann, Ignaz, Therese vom Franz- 
schacht, westliche Partie, der liegenderen der beiden Flözgruppen ent- 
sprechen, welche der Igrazschacht baut. Eine sich hieraus ergebende, 
naheliegende Kombination wäre dann, daß die hangende Flözgruppe 
des Ignazschachts (Therese bis Quirin) den Flözen IB, U, II im 
westlichen Felde des Franzschachts mithin also den Flözen entsprechen 
würde, die der Georgschacht unter seinem Karlflöz baut. 


Die weit ausgreifenden Querschläge des Ignazschachts sind für 
die Beurteilung der Schichtenfolge von größtem Wert. Sie ergeben 
sicheren Anschluß an die wohlbekannte Flözfolge im oberen Teil der 
unteren Ostrauer Schichten. Es wurde 290 m (bergrecht gemessen) 
über dem (Ignazschächter) Theresefiöz das, durch seine Hangend- 
schichten nicht zu verkennende Franziskaflöz angefahren. (Jenes Flöz, 
indem Geisenheimer das Franziskaflöz vermutet, liegt zirka 100 m 
weiter im Hangenden.) 


Im übrigen ist die aus dem Übersichtsprofile (Fig. 7) ersicht- 
liche Gliederung der Schichtfolge des Ignazschachts in zwei Flöz- 
gruppen, die durch eine flözarme Region getrennt werden, sehr be- 
zeichnend. Dieses flözarme Mittel enthält äußerst charakteristische 
Leitschichten. Beiläufig 30 m unter dem Quirinflöz liest ein 10 m 
mächtiges, äußerst festes Gestein, mit muscheligem oder splittrigem 
Bruche. Es ritzt Glas, läßt sich aber vom Messer ritzen. Es hat Ton- 


[7] Flözfolge u. Tektonik d. unteren Ostrauer Schichten b. M.-Ostrau 395 


geruch, gauz lichtgraue oder ganz lichtgelblichgraue, selbst fast; weiße 
Farbe. Häufig ist es grau geflammt oder besitzt ganz feine, wohl auch 
gewundene graue Linien und Streifen. Unter dem Mikroskope erkennt 
man, daß es aus äußerst fein geschlämmten Quarzsplittern besteht. Man 
hätte es seinem Mineralbestand und seiner Struktur nach als Quarz- 
pelit zu bezeichnen. In seiner Beschaffenheit stimmt es vollkommen 
mit den Wetzschiefern, verschiedener paläozoischer Formationen über- 
ein, nur fühlen sich seine Bruchflächen gewöhnlich etwas rauher an, 
als jene der feineren Wetzschiefersorten des Handels. Unter diesem 
Wetzstein liegen und zwar in einem Abstande von kaum 20 m Schiefer- 
tone mit Toneisensteinknollen und mariner Fauna. Deutlich sind zwei, 
hier etwa je 10 m mächtige, durch 20—30 m mächtige fossilleere 
Schichten scharf geschiedene, marine Bänke zu unterscheiden. Der 
Wetzstein, den ich ebenso wie die marinen Schichten zunächst nur 
auf zwei Horizonten des Ignazschachts feststellte, erwies sich als 
sehr verwendbarer Leithorizont. Herr Berginspektor Lendl konsta- 
tiertte, daß der Wetzstein auf allen noch zugänglichen Hori- 
zonten des Ignazschachts entwickelt ist und daß er auch auf den 
1000 »n nördlich und 1000 m südlich vom Ignazschachte getriebenen 
Querschlägen ansteht. Da ich das Gestein überdies bereits aus 
mehreren Bohrlöchern kannte, ohne daß es mir vordem gelingen 
wollte, zu erheben, in welchem Teile der ÖOstrauer Schichten es vor- 
kommt, war zu hoffen, daß der Wetzstein auch in anderen Gruben 
nachweisbar sein werde. Die marinen Schichten in seinem Liegenden 
verhalfen zur Auffindung. 

Daß, ebenso wie in anderen paralischen Kohlenrevieren, die 
marinen Bänke vortreffliche Leitschichten sind, hatte sich schon beim 
Studium der oberen Ostrauer Schichten gezeigt. Bisher kenne ich aus 
den gesamten Ostrauer Schichten von den Sattelflözen bis zum Kulm 
hinab im ganzen zehn marine Horizonte. Ihre Zahl kann nicht viel 
srößer sein. Es sind die marinen Schichten mithin ziemlich spärlich 
verstreute Einlagerungen. Freilich darf man sich, wie auch von Kle- 
belsberg zutreffend bemerkt, bei Verwendung der marinen Bänke 
dadurch nicht beirren lassen, daß dieselben, so wie in dem soeben 
erwähnten Falle, zuweilen durch fossileere Lagen in einzelne geson- 
derte Bänke gespalten sind. Auch können manche marine Zonen wie 
jene oberhalb des Franziskaflözes beträchtliche Mächtigkeit aufweisen. 

Ganz ähnliche marine Schichten, wie sie sich am Ignazschachte 
unter dem Wetzstein fanden, kannte ich unter dem Franziskaflöz 
noch aus der Nachbarschaft des Ottokarflözes. Sie liegen hier 
unmittelbar auf dem Flöze und sind ebenso wie am Ignazschacht 
in zwei separate Bänke gespalten. Am Franzschacht, am Hubert- 
schacht und am Anselmschacht hatte ich diese Fauna über Ottokar 
beobachtet. Auf dem zuletzt genannten Schachte liegt sie über dem 
Nanetteflöz, das eben insbesondere von Herrn Oberingenieur Strauch 
zutreffender Weise mit dem Öttokarflöz identifiziert wird. Diese 
Schiefertone mit den Toneisensteinknollen stehen auch in dem 
bekannten Profile unter der Landecke bei Koblau an und sind an 
der Kohlenstraße neben dem ÖOderufer etwa 10 m oberhalb der 
Östrawitzamündung zu beobachten. Es ist hier sonach auch ober 


396 W. Petrascheck. [8] 


Tag Gelegenheit, die marine Fauna der Ostrauer Schichten zu 
sammeln. 


Etwa 15 m über der Oberbank dieser marinen Zone im Han- 
genden des Ottokarflözes gelang es mir den Wetzstein wiederzufinden. 
Ich beobachtete ihn sowohl am Franzschacht, wie am Hubertschacht, 
wie endlich im Tagesausstrich an der erwähnten Kohlenstraße. Hier- 
selbst steht der Wetzstein etwa 200m oberhalb der Koblau-Hruschauer 
Brücke in den ersten Klippen steil aufgerichteter Karbonschichten 
unter einem Heckenrosenstrauche an und streicht schräge am Hange 
empor. Im Tagesausstrich ist der Wetzstein etwa 2m mächtig, während 
er im Franzschacht und Hubertschacht zirka 10 m Mächtigkeit auf- 
weist. Auch ist er im frischen Zustande viel auffälliger und leichter 
zu erkennen als im verwitterten Zustande an der Tagesoberfläche. 


Dieser Wetzstein war nun auch am Franzschachte westlich der 
westlichen Kluft festzustellen. Auf allen drei Horizonten konstatierte 
ich ihn und immer lagen darunter die zwei Schieferbänke mit 
mariner Fauna. Damit war auch in der westlichen Partie des Franz- 
schachts die Lage des Karlflözes festgestellt Bis ins Detail zeigte sich die 
Übereinstimmung der Schichten. Überall liegt auf den Wetzstein ein 
Kohlenschmitz. Überall folgen auf der oberen marinen Bank feste 
Schiefer und sandige feinkörnige Schiefer. Überall liegt zwischen 
dem Wetzstein und dem Karlflöz ein mächtiger Sandstein und folgt 
über dem Karlflöz neuerlich Sandstein. Überall ist endlich dieses 
Karlflöz ein unreines, von mehreren Mittel durchsetztes Flöz. Aber 
selbst ohne die Übereinstimmung in diesen Details würde das Zu- 
sammenvorkommen des in seiner Art im Reviere einzigen Wetzsteines 
mit den beiden marinen Bänken ein gewiß nicht zufälliges Vorkommen 
sein, das als Leitschicht mit Sicherheit verwendet werden kann. 
Konnte der Wetzstein auf Grund der Grubenaufschlüsse von Marien- 
berg bis nach Hruschau verfolgt werden, so ist es auf Grund von 
Bohrlochfunden möglich, ihn noch weiter zu verfolgen, denn er wurde 
auch in Wirbitz und in der Gegend von Paskau erbohrt unter Un- 
ständen, die es nicht zweifelhaft lassen, daß es sich um dieselbe Leit- 
schicht handelt. Auch aus anderen Gründen bin ich der Über- 
zeugung, daß in der Paskauer Gegend die Franzschächter 
Flözgruppe ansteht. Es ergibt sich aus diesen Fest- 
stellungen eine außerordentlich weite Verbreitung 
der an sich wenig mächtigen Wetzsteinschicht. 


Durch diese Leitschichten war die Identifizierung der westlichen 
Flözgruppe des Franzschachts gelöst. Die Flöze, Karl, Ottokar (als 
Schmitz) und Paul ergeben sich aus den Profilen. Das Thereseflöz 
muß beiläufig dem Danielflöz entsprechen und die Flözgruppe, die das 
Thereseflöz einleitet, ist tatsächlich die Franzschächter Flözgruppe. 
Bei näherem Vergleich ergeben sich mannigfache Analogien, auf die 
hier nicht weiter eingegangen werden soll. Erwähnen will ich nur, 
daB ein sehr charakteristischer Sandsteinhorizont, auf den ich am 
Ignazschacht aufmerksam gemacht worden bin und der dort zwischen 
den Flözen Ferdinand und Luise liegt, jener Sandstein ist, der am 
Franzschacht zwischen dem ersten und zweiten Flöz. unter dem 


[9] Flözfolge u. Tektonik d. unteren Ostrauer Schichten b. M.-Ostrau. 397 


Johannflöz liegt, der am Oskarschacht das Mittel zwischen dem VII. und 
VIII. Hangendflöz, am Anselmschacht das Mittel zwischen Unverhofft 
und Wilhelmine bildet und am Franzschacht im Sattel über dem Wil- 
helmineflöz liegt. Es ist das eine 12 bis 24m mächtige, zum großen 
Teil mittelkörnige, feste Sandsteinbank. 


Tiefer als die Aufschlüsse des Franzschächter Sattels reichen 
jene des Anselmschachts, woselbst (vgl. Fig. 1) unter den Franzschacht- 
flözen noch die Flöze Stolln, Therese, Albert, Franz, dann Louis und 
ein „zweites Liegendflöz* angefahren wurden. Aus obigen Fest- 
stellungen war zu folgern, daß das Louisflöz am Oskarschacht nicht 
weit vom Maxflöz gesucht werden müsse. Herrn ÖOberingenieur 
Makuc gelang der Nachweis, daß dies tatsächlich zutrifft. Er fand auf 
dem Louisflöz einen Schiefer mit kleinen Toneisensteinknollen und 
mariner Fauna und fand denselben Schiefer mit der marinen Fauna 
wieder auf dem Leonhardflöz. Sonach entsprechen sich die Flöze 
Louis und Leonhard sowie 2. Liegend am Anselmschacht und Rotschild 
am Öskarschacht. Das letztere gilt als Leitflöz und zeichnet sich 
unter anderem durch größere Mächtigkeit (1—2 m) aus. Das zweite 
Liegendflöz des Anselmschachts hat gewöhnlich 1’40—1'60 m Kohle, 
ist also ebenfalls ein mächtiges Flöz. Die Mächtigkeit der Flöze in 
diesem tieferen Teile der Östrauer Schichten ist übrigens oft schwankend 
und erschwert die Wiedererkennung. Daß sich auch in dieser Flöz- 
gruppe noch manche übereinstimmende Details wiederfinden, welche 
das Prinzip der Identifizierung erhärten, soll hier nicht weiter be- 
sprochen werden. 


Zwischen dem Anselmschacht und dem Oskarschacht liegt, beider- 
seits durch Verwerfungen begrenzt, die Flözgruppe des Kleinpeter- 
stollens, die heute nur mehr in den Tagesaufschlüssen am Wege vom 
Anselmschacht nach Petershofen (Petrzkowitz) zugänglich ist. In einem 
Abstande von 200 m darunter wurden zwei Flöze, das „westliche Flöz 
Nr. 2“ und das „Reicheflöz“ gebaut, von denen das letztere ein 
mächtigeres Flöz ist. Über dem Reicheflöz liegt ein unbauwürdiges 
Flöz und darauf Schiefer mit mariner Fauna. Es ist das die Fauna 
vom Louis-Leonhardflöz. Das Reicheflöz entspricht sonach dem Rot- 
schildflöz. Die Flöze des Kleinpeterstollens sind in der Tat, wie 
schon Geisenheimer und andere vermuteten, die Flöze des Anselm- 
schachts, also die Franzschächter Flözgruppe. 


Durch diese Feststellungen ist die gesamte Flözfolge der Ostrauer 
Schichten aufgeklärt. Es folgen von unten nach oben auf 
die Vinzenzgruppe die Rotschildgrupe, dann die Oskar- 
schächter Hangendflöze, deren oberer Teil am Franz- 
schachte in der Franzschächter Flözgruppe ebenfalls 
schon gebaut wird. Die Schichtfolge erfährt also in 
diesem Teile im Vergleich zu älteren Annahmen eine 
nicht unwesentliche Reduktion. 

Eine Unstimmigkeit scheint nur, wie schon eingangs erwähnt, 
in bezug auf das Karlflöz zu bestehen. Zwei verschiedene Flöze haben 
diesen Namen erhalten. Die dazwischen liegenden Flöze sind als 
selbständige Gruppe noch nicht überall erkannt. 


398 W. Petrascheck. [ j 0] 


Der Name Karlflöz wurde zuerst am Hubertschacht gegeben, 
bei Aufschlüssen, die vom Liegenden zum Hangenden gingen. Er be- 
zieht sich auf ein unreines Flöz, das durch die Leitschichten in seinem 
Liegenden bestens charakterisiert ist. Das Karlflöz des Franzschächter 
Sattels stimmt mit ihm vollkommen überein. Später wurde derselbe 
Namen einem Flöz gegeben, das bei Aufschlüssen, die vom Hangenden 
zum Liegenden vorwärts schritten, am Heinrichschacht gefunden 
worden war. Es stimmt seinerseits mit dem Karlflöz des Georg- 
schachts überein, ist ein reines Flöz und hat mehrere Schmitze in 
seinem Liegenden. Die Leitschichten darunter fehlen. Auch die 
Flöze Ottokar und Paul, die unter dem Franzschächter Karlflöz 
folgen, sind hier nicht zu erkennen. Es folgen unter dem 
Georgschächter Karlflöz mächtigere Flöze, die als Ka- 
simirflöze bezeichnet wurden und die in Wirklichkeit 
zwischen den beiden Karlflözen liegen. Es ergibt sich das 
sowohl aus dem Vergleich mit der Flözfolge der westlichen Partie des 
Franzschachts, wie aus dem Vergleich mit der Flözfolge des Ignaz- 
schachts. Auf letzterem ist sehr deutlich zu sehen, daß zwischen 
dem nicht zu verkennenden Franziskaflöz und dem durch seine Leit- 
schichten im Liegenden charakterisierten (Franzschächter) Karlflöz außer 
jenen Flözen, die als Olga, Paulina etc. angesprochen werden können 
noch eine Flözgruppe, die hangendere Flözgruppe des Ignazschachts, 
liegt, die eben der Kasimirgruppe des Georgschachts entspricht. Ander- 
seits existieren auch in Hruschau am Hubertschacht Aufschlüsse, 
die vom Franziskaflöz bis zu dem richtigen Karlflöz hinabreichen. Die 
Zahl der Flöze in diesem Gebirge ist hier aber ebenso wie die Schicht- 
mächtigkeit geringer, als am Ignazschacht. Auf letzterem beträgt das 
Mittel 400 m und enthält 8 bauwürdige Flöze, gegen 280 m und 6 
bauwürdige Flöze am Hubertschacht. Es ist sonach ein Auskeilen 
von Schichten und Auskeilen von Flözen zweifellos. In welcher Weise 
dieses Auskeilen. vor sich geht und speziell welche Flöze in der 
Richtung von Marienberg nach Hruschau verschwinden, kann erst durch 
weitere detaillierte Studien ermittelt werden. 

Die Veränderlichkeit der Schichtenmächtigkeit in der Gruppe 
von Kasimir bis Karl ist schon im Abbaufelde des Ignazschachts allein 
zu konstatieren, denn daselbst beträgt das Mittel zwischen dem Therese- 
flöz und dem Wetzstein im Profile der Hauptquerschläge sowie 1000 m 
südlich von diesen 160 m, hingegen 1000 m nördlich der Hauptquer- 
schläge 220 m. Naturgemäß werden ebenso wie beim Karlflöz auch 
bei der Benennung der Flöze zwischen Franziska und Karl Verwechs- 
lungen vorgekommen sein, wenigstens wird solches durch mancherlei 
Unstimmigkeiten angedeutet. Diesen Fragen im Detail nachzugehen, 
habe ich bisher nicht als meine Aufgabe betrachtet. 

Erwähnt möge nur werden, daß jenes Flöz, das im äußersten 
Osten des Franzschachts, zwischen diesem und dem Idaschachte 
im sogenannten Muglinauer Felde als Karlflöz gebaut wird, meiner 
Ansicht nach nicht mit dem Karlflöze des Franzschachts und Hubert- 
schachts übereinstimmt, dahingegen wohl mit dem Heinrichschächter 
und Georgschächter Karlflöz ident sein kann. Ob es dem sogenannten 
Olgaflöze des Franzschachts entspricht, wie namentlich Herr Ingenieur 


[11] Flözfolge u. Tektonik d. unteren Ostrauer Schichten b. M.-Ostrau. 399 


Pawelka am Frauzschacht vermutet, vermag ich vorläufig noch 
nicht zu entscheiden. Die ganze Frage ist deshalb von einigem geolo- 
gischen Interesse, weil sie zur Beurteilung der Sprunghöhe eines Ver- 
wurfes dient, der am Franzschachte im Osten, beim Abbau des Olgaflözes 
angetroffen wurde. Dieser würde, wenn in dem erwähnten (Muglinauer) 
Karlflöze das Franzschächter Karlflöz vorliegen sollte, eine (relative) 
Hebung des östlichen Teiles um zirka 120 m bewirken. Die Annahme 
einer derartigen Verwerfung wurde von mir aus den mir zur Verfügung 
gestellten Grubenprofilen für jenes Übersichtsprofil durch das Ostrau- 
Karwiner Revier übernommen, das in dem Werke über die Kohlen- 
vorräte der Erde des XIII. internationalen Geologenkongreß enthalten ist. 


Nach meinen neueren Untersuchungen ist eine solche bedeu- 
tende Verwerfung hier noch nicht erwiesen. Die im Streichen nörd- 
lich liegenden Aufschlüsse des Hubertschachts haben an entsprechender 
Stelle eine Flexur ergeben, die ein Absinken gegen Ost bewirkt 
(Figur 3). Es wäre demnach auch denkbar, daß am Franzschachte 
der erwähnte Bruch mit einem unbedeutenden Absinken gegen Ost 
verbunden ist. Diese Auffassung habe ich vorläufig, bis Aufschlüsse 
eine Entscheidung bringen, in dem Profile Figur 8 zur Anwendung 
gebracht. 


Durch die besprochenen Flözidentifizierungen ist nunmehr die 
ganze Schichtenfolge in den Östrauer Schichten bis zum Liegenden 
geklärt. Zählt man alle Kohlenbänke bis zu 30cm Mächtigkeit hinab, 
so ergibt sich für die Ostrauer Schichten folgende Gruppierung, durch 
die jene in den „coal ressources* entsprechend zu berichtigen ist. 


Zahl Gesamt- Gebirgs- 

Obere Östrauer Schichten nn en a, 
Von Prokop bis zu Johann . 15 167 740 
Von Johann bis mit Adolf . 21 144 321 
Einzleerı nam ne 0 200 

Untere Ostrauer Schichten 
Heinrichschächter Flöze bis 

es are er 1° 10:7 413 
Bon’ x bis mit Karl . . 7.17 119 443 
Von Karl bis zu Rotschild . 20 140 626 
Von Rotschild bis Vinzent . 7 ST rıl 

hi sehätzungs- 
zer DIEBE, ed 3 (0) 3501 weise 
Östrauer Schichten . . . 99 728 3264 


Über den untersten Teil der Ostrauer Schichten, der unterhalb 
der tiefsten gebauten Flöze liegt, herrscht mangels hinreichender Auf- 
schlüsse vorläufig noch nicht genügende Klarheit. Vorläufig möchte 
ich hierüber nur andeuten, daß ich ebenso wie es Gäbler tat, jene 
Flöze, die in dem alten Schurfschachte bei Schönbrunn aufgeschlossen 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 2. Heft. (W. Petrascheck.) 59 


400 W. Petrascheck. [12] 


wurden und jene, die in der Sohle dieses Schachtes noch angebohrt 
wurden, als zur Vinzentgruppe gehörend betrachte. Veranlaßt werde 
ich dazu durch mancherlei Details über diese alten Aufschlüsse und 
durch die Tatsache, daß darin eine marine Fauna gefunden wurde, 
von der ich vermute, daß sie mit jener, zu vereinigen sei, die ich 
im Hangenden des Theodorflözes fand. Übrigens muß hier bemerkt 
werden, daß die in der Literatur niedergelegten Angaben über diese 
alten Schürfungen nicht gut übereinstimmen. Die beste UÜbereinstim- 
mung besteht noch zwischen jenen Angaben, die Jiöinsky macht 
und Mitteilungen, die ich der Freundlichkeit des Herrn Bergverwalters 
Jenull verdanke, der diese Aufschlüsse bewirkt hat. Anscheinend 
unmittelbar im Liegenden dieser alten Aufschlüsse ist in der Gemeinde 
Poruba vor einigen Jahren ein Bohrloch abgestoßen worden, das auch 
einige schwache Kohlenbänke ergeben hat und dessen Aufschlüsse 
meines Erachtens recht gut mit jenen des rückwärtigen Teiles des 
Reicheflözerbstollens kombiniert werden können. 


In diesem flözleeren rückwärtigen Teile des Reicheflözerbstollens 
ist durch Stur eine marine Fauna gesammelt worden, die jetzt durch 
von klebelsberg eine genaue Bearbeitung gefunden hat und die in 
ihrer Zusammensetzung noch keine auffallenderen Unterschiede von 
den flözführenden Karbonschichten zeigt. Auch in dem Graben ober- 
halb Ellgot bei Hultschin trifft man im oberen Teile in der Nähe einer 
Flözspur auf anstehende Schiefer mit mariner Fauna. Es besteht die 
Möglichkeit, daß es sich hier im Graben um denselben Horizont handelt, 
der rückwärts im Reicheflözerbstollen angetroffen worden war. Geht 
man weiter ins Liegende, so kann man noch hie und da auch schon 
in Schichten, die bisher allgemein zum Kulm gezählt wurden, Fossi- 
lien sammeln, aber immer noch kann man dieselben Spezies antreffen, 
wie sie aus den Ostrauer Schichten beschrieben wurden. Es erscheint 
mir deshalb vorläufig noch nicht sicher zu sein, ob es möglich ist, 
hier die Grenze zum Kulm paläontologisch zn bestimmen. Vorläufig 
habe ich in den zur Veröffentlichung gebrachten Profilen die mäch- 
tigen und festen, mittelkörnigen, feldspatführenden Sandsteine (Werk- 
sandsteine) als untersten Teil der Ostrauer Schichten genommen und 
finde mich bei solchem Vorgehen anscheinend in guter Übereinstimmung 
mit der bisher in der Literatur angenommenen Karbon-Kulm-Grenze. 


Durch die erwähnte Flözidentifizierungen erklärt sich nunmehr 
auch die Tektonik derunterenOstrauerSchichten. Im Sattel 
des Franzschachts liegt eine Falte vor, deren Streichen von der NS-Rich- 
tung etwas gegen Ost abweicht. Schräge zu ihrem Streichen wird diese 
Falte von einem wahrscheinlich jüngeren Verwurf (der „westlichen 
Kluft“) durchsetzt, an dem der westliche Teil bedeutend abgesunken 
ist. Aus der Situationsskizze, die nach der vom Berg- und Hütten- 
männischen Verein in Mährisch-Ostrau herausgegebenen Revierkarte 
entworfen ist, und aus den Profilen auf Tafel XIV ist der Verlauf dieses 
Verwurfes ersichtlich. 


Der Sattel des Franzschachts ist in diesem Schacht ‚leicht gegen 
Ost überkippt. In seiner südlichen Fortsetzung flacht er allmählich 


[13] Flözfolge u. Tektonik d. unteren Ostrauer Schichten b. M.-Ostrau. 401 


ab, wie schon der Schnitt über den Georgschacht und weiterhin 
jener über den Ignazschacht erkennen läßt. Gleichzeitig tauchen 
sowohl die Sattelachse, wie die ganze Ablagerung von Nord gegen 
Süd immer mehr zur Tiefe, so daß man im Gewölbe des Sattels sowohl 
wie in den anschließenden Mulden immer jüngere Flöze antrifft, je 
weiter man gegen Süd vorschreitet. 


Im ganzen ist die Franzschächter Falte eine der Michalkowitzer 
und der Orlauer Störung analoge tektonische Linie, die so wie jene sich 
weithin in ihrem Streichen verfolgen lassen muß. Daß die Sattelzone noch 
über die derzeit südlichsten Aufschlüsse hinaus im Gebiete von Zabfeh 
ete. vorhanden sein muß, kann auch daraus erschlossen werden, daß in 
Schönbrunn und Poruba noch Flöze angetroffen wurden, obwohl diese Ge- 
biete bereits außerhalb des Steinkohlenbeckens liegen könnten, wie die 
Konstruktion unter Berücksichtigung der nunmehr bekannten Mächtig- 
keit der Ostrauer Schichten und des im allgemeinen gegen Ost ge- 
richteten Einfalls ergibt. 


Allen diesen Falten und Flexuren, zu denen auch 
derihnen parallele, westlicheBeckenrandgehört,ist ge- 
meinsam, daß sie die Neigung zur Überkippung gegen 
Ost habenund daßsichanihnen gegen Ost ein Absinken 
desproduktivenSteinkohlengebirgesvollzieht. Das Über- 
sichtsprofil Fig. 8 veranschaulicht den Verlauf dieser Senkungsfalten, 
bezw. -Flexuren. Zu ihnen gehört auch jene, bis jetzt noch wenig 
erforschte Störung. die das Karwiner Revier im Osten begrenzt. Sie 
ist nur zum geringeren Teil aus Grubenaufschlüssen bekannt, ist aber 
in ihrem Wesen durch Bohriochaufschlüsse sichergestellt. Das Alter 
der östlich dieser Störung erbohrten Karbonschichten läßt daran keinen 
Zweifel, daß auch diese Störungszone eine bedeutende Absenkung des 
östlichen Gebiets zur Folge hat. Überdies ist diese letztere Störungs- 
zone mit postmiocänen Brüchen kombiniert, was bei den anderen 
Störungszonen nicht der Fall ist. 


Das genauere Alter dieser Flexuren und Falten kann nur aus 
einen Vergleich mit dem nördlichen Beckenrande in Oberschlesien, 
Russisch-Polen und Galizien gemutmaßt werden, da dort analoge 
Erscheinungen zutage treten. 


Ahlburg!) hat hier zuletzt und in präziser Weise das Vorhanden- 
sein einer Diskordanz zwischen dem Rotliegenden und dem Karbon 
nachgewiesen. Man erkennt demnach am nördlichen Beckenrande, daß 
diese Absenkungs- und Faltungsperiode indie Zeit 
zwischen den Schatzlarer Schichten und dem oberen 
Rotliegenden fällt, eine Erkenntnis, die zuerst von Frech?) in 
zutreffender Weise ausgesprochen worden ist. Berücksichtigt man, dab 
in den Sudeten innerhalb des hier umgrenzten Zeitabschnittes die 
intensivsten Gebirgsbewegungen sich an der Wende vom Mittel- zum 
zum Oberrotliegenden vollzogen haben, so darf man es als wahrschein- 


1) Die Trias im südlichen Oberschlesien. Abh. k, preuß. geol. Landesanstalt. 
N. F. Hett 50, pag. 10. 


?) Deutschlands Steinkohlenfelder, pag. 49. 
52* 


402 W. Petrascheck. [14] 


lich betrachten, daß auch die bier besprochenen Dislozierungen des 
oberschlesischen Steinkohlenbassins derselben Phase angehören. 

Daß sich diese Dislokationen in späterer Zeit durch posthume 
Bruchbildung teilweise weiter entwickelt haben, ist namentlich am 
nördlichen Beckenrande deutlich zu erkennen. Im Detail sind die 
einzelnen Phasen der tektonischen Entwicklung noch nicht genau um- 
schrieben. Zwischen Rotliegend und Röth hat Ahlburg eine sehr 
leichte Diskordanz nachgewiesen. Beträchtlich sind meines Erachtens 
die Gebirgsbewegunger, die beiläufig zur Zeit des unteren Jura, 
zwischen dem Keuper und dem Bajocien sich vollzogen haben. Wie 
weit jedoch die kimmrische Phase der saxonischen Faltung im Gebiete 
zur Geltung kam, ist noch wenig untersucht. Es scheint jedoch, daß 
auch diese nachweisbar ist. Der miocänen Ingression gingen be- 
deutende Gebirgsbewegungen voraus, die vermutlich zum größeren Teil 
voroligocänen Alters sind. Diese Phasen sind am Nordoststrande des 
Beckens namentlich in Galizien gut zu studiereu. Postmiocäner 
Brüche wurde oben schon Erwähnung getan. 

In Mähren und Österreichisch-Schlesien ist das Deckgebirge 
weniger vollständig. Hier haben die Aufschlüsse ergeben, daß die 
großen tektonischen Linien des Ostrau-Karwiner Reviers, insbesondere 
die Orlauer Störung und auch der westliche Beckenrand sich tief unter 
die Karpathen hinein erstrecken. (Vgl. die Übersichtskarte in den 
„coal ressources“.) Das subbeskidische Tertiär und die Kreide- 
überschiebung greifen über diese Störungsregionen hinweg, ohne 
daß sich bisher irgendwelche Beziehungen zur Tektonik ihres kar- 
pathischen Deckgebirges haben nachweisen lassen. Allerdings ist die 

—S- bis NNO—SSW-Richtung, welche hier die Störungen im Karbon 
haben, auch den angrenzenden Karpathen nicht fremd. Schon den 
älteren Karpathenforschern sind bedeutende Querstörungen dieser 
Richtung bekannt geworden. 

Von einer karbonischen, zwischen der Ablagerung der Ostrauer- 
und der Schatzlarer Schichten erfolgten, stärkeren Faltung, wie sie 
Stur und neuerlich Michael speziell zur Erklärung der Örlauer 
Störung annehmen zu können glaubten, kann hingegen keine Rede 
sein, wie aus der ganzen Anlage und Verbreitung dieser Störung 
zur Genüge hervorgeht. Sie hat die ÖOstrauer und — wo diese in 
ihren Wirkungsbereich kommen — auch die Schatzlarer Schichten in 
ganz gleicher Weise ergriffen. 


Tafel XIll. 


Eduard Hartmann: Tarntaler Köpfe. 


Erklärung zu Tafel XII. 


Schematisches tektonisches Relief der Tarntaler Berge. 
Nr. I von NW, Nr. II von NO aufgenommen, 


Im Süden desselben ist jeweils der Kreuzjochel— Pluderlingzug, im Norden der 
Schober-Mölszug, in der Mitte das Tarntaler Hauptmassiv dargestellt. Das basale Vor- 
land und seine beiden Schuppen sind unschraffiert und unpunktiert, die Schuppe A punk- 
tiert, die Schuppe 3, nord-südlich, die Schuppe B, ost-westlich schraffiert gehalten. 
Bei 18 und 21 erkennt man im basalen Vorlande die Transgression flach fallender 
Juraschichten über steil fallendem  Brennerschiefer, in Hauptmassiv durch die 
Schuppe B, einen asymmetrischen Schappenbau, durch die südlichste „S“-Falte 
einen asymmetrischen Faltenbau. Aus dem Relief geht deutlich die größere Be- 
deutung der SW-—-NO streichenden Falten gegenüber den wenigen, bei 22, 3 und 
5 angedeuteten Ost— West-Faltungen hervor. Bei 3 und 5 läßt sich die ungleiche 
Faltung der Schuppe BZ, und A erkennen. An der Klammspitze tritt das Stauungs- 
zentrum deutlich hervor. Mit weiß punktierten Linien sind die Überschiebungen 
1, T’‘, II, II‘, mit schwarzen die Verwerfungen V, VYa—Vi und die Klammverwer- 
fung VK gekennzeichnet. 

1 = Geierspitze. — 2 = Gr. Reckner. — 3 = Tarntaler Sonnenspitze. — 
4 = P. 2730. — 5 = Nederer. — 6 = Isslgraben. — 7 = Klammspitze. — 
8 —= Wetzsteinbruch. — 9 = Melkplatz. — 10 = Mölser Scharte. — 11 = Klammer- 
Sonnenspitze. — 12 = Nördliche, 13 = Südliche Schoberspitze. — 14 = Knappen- 
kuchel. — 15 — Westende des Schober-Mölszuges. — 16 = Kalter Kofel. — 
17 = Mölstal. — 18 —= P. 2268. — 19 = Schmirner Reisse. — 20 — Staffelsee. 
21 = Südliches Lizumtal. — 22 = Ostseite des Tarntaler Hauptmassivs. 


Erklärung zu Tafel XIII. 


Schematisches tektonisches Relief der Tarntaler Berge. 
Nr. I von NW, Nr. II von NO aufgenommen, 


Im Süden desselben ist jeweils der Kreuzjochel— Pluderlingzug, im Norden der 
Schober-Mölszug, in der Mitte das Tarntaler Hauptmassiv dargestellt. Das basale Vor- 
land und seine beiden Schuppen sind unschraffiert und unpunktiert, die Schuppe A punk- 
tiert, die Schuppe 3, nord-südlich, die Schuppe B, ost-westlich schraffiert gehalten. 
Bei 18 und 21 erkennt man im basalen Vorlande die Transgression Hach fallender 
Juraschichten über steil fallendem Brennerschiefer, in Hauptmassiv durch die 
Schuppe B, einen asymmetrischen Schuppenbau, durch die südlichste „S“-Falte 
einen asymmetrischen Faltenbau. Aus dem Relief geht deutlich die größere Be- 
deutung der SW—-NO streichenden Falten gegenüber den wenigen, bei 22, 3 und 
5 angedeuteten Ost— West-Faltungen hervor. Bei 3 und 5 läßt sich die ungleiche 
Faltung der Schuppe B, und A erkennen. An der Klammspitze tritt das Stauungs- 
zentrum deutlich hervor. Mit weiß punktierten Linien sind die Überschiebungen 
I, IT‘, II, I‘, mit schwarzen die Verwerfungen V, Va—Vi uud die Klammverwer- 
fung VK gekennzeichnet. 

1 = Geierspitze. — 2 = Gr. Reckner. — 3 — Tarntaler Sonnenspitze. — 
4 = P. 2730. — 5 = Nederer. — 6 = Isslgraben. — 7 = Klammspitze. — 
8 = Wetzsteinbruch. — 9 = Melkplatz. — 10 = Mölser Scharte. — 11 = Klammer- 
Sonnenspitze. — 12 = Nördliche, 13 = Südliche Schoberspitze. — 14 — Knappen- 
kuchel. — 15 = Westende des Schober-Mölszuges. — 16 = Kalter Kofel. — 
17 = Mölstal. — 18 = P. 2268. — 19 = Schmirner Reisse. — 20 — Staffelsee. 
21 = Südliches Lizumtal. — 22 = Ostseite des Tarntaler Hauptmassivs. 


E.Hartmann, Tarntalerberge. 


Ouartär 
Alluvium 
Gehängeschutt 
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Diluvium 


MoränenuMor 
Schutt 


Jura 


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Zisendolomit RR r u 
Ent ologische und topographische Karte «er Tarntaler Berge 
Pmarzyıhyllite VEREET (Tuxer Alpen am Westende der Hohen Tauern ) 
N; 
3 angefertigt von Eduard Hartmann im Mafsstab 1: 12500 
Mranzerschiaer nach der Sektionscopie Zone 17. Kol.V. NO des K.u.K. Militärgeogranhischen Institutes 
Semerntin 1000 500 ö 1000 Meter 
Be: Zeichenerklärung: 
Storungslinien: _ ; Schichtstellung : Au De ahlerz 
— Überschiebungen LI, LIT + horivontal + flach geneigt cl - Chloritfels 
-—-— — Verwerfungen P stärker geneigt $ stark geneigt ne - Nephrit 
nn Starke Faltung u.Knetung } vertikal r - Rundhöcker 
arnıı Transversalschieferung —- Antiklinale $- Synklinale © = FossÜ Fundstätten 


Jahrbuch der k.k. geologischen Reichsanstalt, Bd. XIII, 1913. 
Verlag der k.k. geologischen Reichsanstalt, Wien, Ill., Rasumoffskygasse 23. 


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E. Hartmann: Tarntaler Köpfe, II. Teil. Taf. XI. 


NS Frofile durch das Hauplrnassiv /2.74,3,2 
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Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


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3“ E. Hartmann: Tarntaler Köpfe, II. Teil. Tafel XI. 


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Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


E. Hartmann: Tarntalerköpfe (II. Teil) Tafel XIII. 


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Lichtdruck v. Max Jaff6, Wien. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIll, 2. Heft. 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, II, Rasumoffskygasse 23. 


W. Petrascheck, Untere Ostrauer Schichten. Tafel XIV. 


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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXII, 1913. 


Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien Ill, Rosumoffskygasse 23. 


3; Helt:,, Sr men 
- (Tuxer Voralpen.) Von Eduard Hartmann (München). Mit 28 Figuren | 
(Tuxer Voralpen.) Von Eduard Hartmann (München). Mit einer 
Relieftafel (Taf. XIII) und 23.-Figuren im Text. IL. Teil (Tektonik, 


Bildung der glazialen und postglazialen Formen, Vergleich der Resultate 


Flözfolge und Tektonik der unteren Ostinäer. Schichten bei Mäbrisch-Ostrau. 


ihrer Aufsätze verantwortlich. 


Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III, Steingasse 25 


Inhalt, u 05 


- s "Seite r& 
. Der Schuppenbau der Tarntaler Berge am Westende der Hohen‘ "Tauern. 


im Texte. I. Teil (Stratigraphie und Petrographigl? = - 432.33 20.8 207 Ya. 
Der Schuppenbau der Tarntaler Berge am Westende der Hohen Tauern, Br = 


geologischen Karte (Taf. X), zwei Profiltafeln (Taf. XI—-XIp, einer Me 


‚der vorliegenden Arbeit mit an, Ergebnissen älterer ‚Abhandlungen, En “ 
SChlIuB) 20 2%: 7. 00, Yo: TE N Ze ERBE 


Von W. Petrascheck. Mit einer Tall Nt. a0) we ..389 | ’ 


NB. Die Autoren allein sind für den Inhalt und die Form’ | 


Ausgegeben anfangs November 1913. RR: vor 2% 


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DER 


KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 


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JAHRGANG 1913. LXII. BAND. 


3. Heft. 


Wien, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. 


In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung 
I. Graben 81. 


Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Ost- 
steiermark. 


I. Der Werdegang der geologischen Forschung im Eruptivgebiet. 


Il. Der geologische Bau der im Maßstabe 1:25.000 aufgenommenen 
südlichen Region in der Umgebung von St. Anna, Hochstraden und Klöch. 


Von Artur Winkler. 


Mit einer geologischen Karte 1:25.000 (Taf. XV), drei Profiltafeln (Taf. XVI—-XVIII), 
einer Lichtdrucktafel (Taf. XIX), einer Profiltabelle (Taf. XX) und 19 Texsfiguren. 


Vorbemerkung. 


Dort wo das mittelsteirische Hügelland mit seinem von labyrin- 
thischen Fäden heller Wasseradern durchzogenen Talnetz zur unga- 
rischen Ebene niedersinkt, erhebt sich als Zeuge längst verwehter 
Kraftäußerung der Erde das Trachytmassiv von Gleichenberg, um- 
geben von einem Kranz ragender Basaltkegel. 

Dieses altbekannte Eruptivgebiet in seinen interessanten Teilen 
einer genauen geologischen Aufnahme zu unterziehen und einen Ein- 
blick in die vulkan-tektonischen Erscheinungen zu gewinnen, war die 
Absicht bei Durchführung vorliegender Arbeit. Da nun diese Aufgabe 
in dem südlichen Teil des Eruptivgebiets zum Abschluß gelangte und 
durch die Fülle der Beobachtungen genügend Material für eine Dar- 
stellung des Aufbaus dieser interessanten Scholle zu Gebote stand, 
entschloß ich mich zur Abfassung dieser Mitteilung. 

Meine Aufnahmen wurden im Herbst 1911, Frühjahr und Herbst 
1912 an Ort und Stelle durchgeführt, während die Bearbeitung des 
paläontologischen Materials im geologischen Institut der Universität 
in Graz und im k. k. Hofmuseum in Wien vorgenommen wurde. 


Einteilung der Arbeit. 


Die Arbeit zerfällt in zwei Hauptabschnitte. 

Im ersten Hauptabschnitt wird der Entwicklungsgang der For- 
schung im Eruptivgebiete vom Jahre 1820 bis auf die heutige Zeit 
besprochen, wobei die wichtigeren Resultate dieser Arbeiten hervor- 
gehoben werden. 

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 53 


404 Artur Winkler. [2] 


Es schien mir wünschenswert, die Ergebnisse der bisherigen 
Forschungen meinen eigenen Untersuchungen voranzustellen, um den 
ergebnisreichen Bemühungen meiner Vorgänger gerecht zu werden. 
Da aber für die Darstellung des Werdegangs der Forschung in dem 
bisher nur einheitlich untersuchten Eruptivgebiete auch eine einheit- 
liche und gemeinsame Besprechung rätlich sich erwies, so habe ich hier 
eine Besprechung aller auf das Eruptivgebiet Bezug nehmenden Arbeiten 
vorgenommen; zumal ich meine Untersuchungen auch auf die bisher 
noch nicht einbezogenen Teile der Vulkanregion ausdehnen werde !). Es 
bezieht sich also diese historische Einleitung nicht nur auf die vor- 
liegende, sondern auch auf die geplanten, späteren Publikationen. 

Im zweiten Hauptabschnitt habe ich eine genaue Darstellung der 
geologischen Verhältnisse der im Maßstab 1:25.000 kartierten Region 
gegeben, wozu die beiliegende geologische Karte, die Übersichtsskizze, 
die Profiltabelle und die Profiltafeln angesehen werden mögen. Der 
zweite Hauptabschnitt zerfällt in drei Kapitel, von denen das erste 
die stratigraphischen, das zweite die tektonischen und das dritte die 
morphologischen Probleme in den Kreis genauerer Betrachtung zieht. 

Ich fühle mich verpflichtet, an dieser Stelle auf die große Unter- 
stützung hinzuweisen, die mir durch weil. Prof. Dr. Rudolf Hörnes, 
gew. Vorstand des geologischen Instituts der Grazer Universität, zu- 
teil wurde. 

Dieser leider so früh verschiedene Forscher erleichterte mir die 
Durchführung vorliegender Arbeit nicht nur dadurch, daß er in ganz 
außerordentlich liebenswürdiger Weise jederzeit die Arbeit im Institut 
der Grazer Universität mir ermöglichte, sondern auch durch seine 
rege Anteilnahme und durch Mitteilungen und Ratschläge aus dem 
reichen Schatze seiner Erfahrung. 

Mein tiefgefühlter Dank gilt seinem Andenken. 


Herrn Universitätsprofessor Dr. V. Hilber erlaube ich mir für 
die Bewilligung, die Joanneumsammlung (Geologische Abteilung) in 
Graz zu Studienzwecken benützen zu dürfen, meinen ergebenen Dank 
auszusprechen. 

Herrn Universitätsprofessor Dr. F. E. Suess, Vorstand des geol. 
Instituts der Universität Wien, bin ich für die Zuwendung eines Be- 
trages aus der „Suess-Stiftung“ und für die Ermöglichung einer 
Reise in das würtembergische Eruptivgebiet, wobei sich mancherlei 
Vergleichsmöglichkeiten ergaben, sehr zu Dank verpflichtet. 

Herr Gymnasialdirektor J. Glowacki hatte die Güte, mehrere 
von mir aufgefundene Pflanzenreste zu bestimmen, wofür ich ihm 
sehr zu Dank verpflichtet bin. 

Herr Dr. Richard Schubert hatte die Liebenswürdigkeit, 
mehrere Foraminiferenkalke zu untersuchen. 

Bei der geologischen Aufnahme im Felde hatte ich mich der 
tatkräftigsten Unterstützung von Herrn Oberlehrer F. Kolleritsch 
zu erfreuen. 

Herr Oberlehrer Kolleritsch hat mich nicht nur auf seine 
zahlreichen und sehr exakten, langjährigen Naturbeobachtungen in 


!) Die Aufnahme der angrenzenden Regionen ist bereits in Angriff genommen. 


BU nn 


[3] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 405 


dem ihm so vertrauten Gebiet aufmerksam gemacht, sondern auch 
die Mühe nicht gescheut, alle vorhandenen und ihm stets bekannten 
Aufschlüsse im südlichen Teile meines Aufnahmegebiets mir zu zeigen, 
wodurch meine Aufgabe wesentlich erleichtert wurde. 

Ich gestatte mir auch an dieser Stelle ihm meinen ergebensten 
Dank auszusprechen. 

Die Darstellungsweise auf der geologischen Karte wurde durch 
die von Herrn Dr. Otto Ampferer, Adjunkt der k. k. geologischen 
Reichsanstalt, beschriebene !) und von ihm in so ausgezeichneter Weise 
angewandte Kartierungsmethode angeregt, und ich verdanke diesem 
Forscher viele Ratschläge für die Durchführung. 

Wenn auch in dem aufschlußärmeren Tertiärgebiet die Einzeich- 
nung der Schichten nicht so weitgehend durchgeführt werden konnte 
wie in alpinen Regionen, so erhält doch die Karte durch die Angabe 
sämtlicher Aufschlüsse und deren Natur einen größeren Grad an 
Genauigkeit und erleichtert bedeutend die Kontrolle derselben. Für 
die Darstellung der vulkanischen Bildungen und deren Tektonik er- 
scheint diese Kartierungsmethode besonders geeignet. 


Umgrenzung des Aufnahmsgebiets. 


Die von miocänen und pliocänen Sedimenten erfüllte mittel- 
steirische Tertiärbucht besitzt in ihrem östlichen Teile zwischen dem 
Raab- und Murlauf eine aus dem eintönigen Relief aufragende, kuppige 
Landschaft, welche ihre Entstehung dem Auftreten jungvulkanischer 
Bildungen verdankt. Das Zentrum dieses Gebietes liegt im Trachyt- 
massiv von Gleiehenberg, welches insbesondere gegen Süd, Nord und 
Ost von Basaltbergen umsäumt ist, welche teils Decken und Ströme, 
teils Tuffkegel darstellen. 

Wie man aus der Übersichtsskizze erkennt (siehe Fig. 1, pag. 4), 
ziehen sich die Basalt- und Tuffkegel gegen Nord über die Raablinie 
in isolierten Vorkommen hinaus, welche in der Umgebung der Stadt 
Fürstenfeld auftreten. Gegen Osten setzen sich die Tuffberge auf 
ungarisches Gebiet fort und bilden eine allerdings unvollkommene 
Verbindung mit dem großen Eruptivgebiete des Plattensee. Gegen 
West trifft man nach den kleinen Tuffvorkommen bei Gnas und 
Poppendorf erst in der Umgebung von Wildon (Graz Süd) einen 
Ausläufer der eruptiven Bildungen in dem isolierten Basalt von Weiten- 
dorf (siehe Übersichtsskizze Fig. 1). 

Südlich von Gleichenberg tritt die mächtigste Entfaltung basal- 
tischer Massen ein. Auf eine Erstreckung von zirka 15 km nehmen 
diese bedeutend am Aufbau der Landoberfläche bis zur Murebene bei 
Radkersburg Anteil. Letztere Region wurde von mir einer geologischen 
Detailkartierung unterzogen (siehe die geologische Karte Tafel XV). 


!) Dr. Otto Ampferer, Über neue Methoden zur Verfeinerung des geolo- 
gischen Kartenbildes. Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A, 1912, Heft 1, pag. 183. 


53* 


406 Artur Winkler. [4] 


Fig. 1. 


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Erklärung zu den Ziffern: 


1 Basaltdecke des Hochstraden. 11 Tuff der Stadt und Langberge. 
2 Klöcher Massiv. 12 Tuff von Jobst und Lindegg. 
3 Basalt von Risola. 13 Basalt von Stein. 
4 Tuffe der Wirberge, Sulzberge und | 14 Tuff von Krieselstein. 
des Mohrenkogels. 15 Tuff von Kukmirn. 
5 Tuff von Poppendorf. 16 Tuff von Toboj. 
6 Tuff von Gnas. 17 Tuff von Güssing. 
7 Basalt des Steinbergs, Tuff von | 18 Tuff von Fehring. 
Bertlstein. 19 Tuff von Kapfenstein. 
8 Tuff des Kalvarienbergs und von | 20 Tuffe und Basalt von Neuhaas. 
Unter-Weißenbach. 21 Tuffe von Ober-Limbach. 
9 Tuff des Auersbergs. 22 Basalt von Weitendorf. 


10 Tuff der Riegersburg. 


Kin 


[5] 


Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 407 


I. Hauptabschnitt. 


Historischer Teil. 


Die geologische Erforschung des Gleichenberger Eruptiv- 


16. 


gebiets. 


Geologische, paläontologische und petrographische 
Literatur’). 


. Leopold v. Buch, Über einige Berge der Trappformation in der Gegend von 


Grätz. Aus den „Abhandlungen der kgl. Akademie, Berlin“. 1819. Abgedruckt 
in der „Steiermärkischen Zeitschrift“ 1821, Heft 3, v. Leonhard: Taschenbuch 
1821, pag. 457—472. 


. ©. Daubeny, Tabellarische Übersicht der vulkanischen Erscheinungen, ent- 


haltend ein Verzeichnis der feuerspeienden Berge und ihrer Ausbrüche von 
der ältesten bis auf die gegenwärtige Zeit, nebst den damit zusammenhängenden 
bedeutendsten Erdbeben. (Aus dem Englischen übertragen.) Weimar 1819. 


. — A description of active and extinet Volcanoes. London 1826. 
.M. J. Anker, Bemerkungen über die Vulkane in Steiermark. In Boue: Journal 


de Geologie. Paris 1830. I. 


. Sedgwick and R. J. Murchison, A Sketch of the Eastern Alps; with 


Supplementary Observations, Sections and a Map, by R. J. Murchison. Aus 
dem „Transactions of the Geol. Society“. Vol. III. 1831. Auszug in: „Leonhard 
und Bronns Jahrbuch für Min., Geol. und Pal. 1831, pag. 92. 


.M. J. Anker, Kurze Darstellung der mineralogisch-geognostischen Gebirgs- 


verhältnisse der Steiermark. Graz 1835. 


. P. Partsch, Geognostische Skizze der Umgebung des Gleichenberger Sauer- 


braunns. In: L. Langer, „Die Heilquellen des Tals Gleichenberg in der Steier- 
mark“. Graz 1836. 


. A. Boue, Apercu sur la constitution geologique des provinces Illyriennes. 


Memoires de la Soc. geol. de France. Paris. II. Teil. I. 1835, pag. 53-55. 


. Dr. Fr. Unger, Reisenotizen vom Jahre 1838. Steiermärkische Zeitschrift 1838. 


Leonhard und Bronns Jahrbuch für Min., Geol. und Pal. 1844, pag. 226. 


. F. v. Friedau, Skizze des Trachytvorkommens von Gleichenberg. Haidingers 


Berichte. 1849, pag. 238. 


. B. Cotta, Geologische Briefe aus den Alpen. Leipzig 1850. 
. C. Daubery, Die noch tätigen und erloschenen Vulkane nach deren Ver- 


breitung und wichtigsten Verhältnissen. Bearbeitet von Gust. Leonhard. Stutt- 
gart 1850. 


. F. v. Friedau, Über einen Alaunfels von Gleichenberg. Wöhler und Liebigs 


Annalen der Chemie. 1850. LXXVI. Leonhard und Bronns Jahrbuch 1851, 
pag. 593. 


. Dr. Fr. Unger, Die fossile Flora von Gleichenberg. Denkschriften der k. 


Akademie d. Wissenschaften. 1854. IV. Abteilung I, pag. 73. 


. Dr. K. J. Andrae, Vorläufiger Bericht über die geologische Aufnahme der 


Sektionen XIV, XVIII und XIX der Generalquartiermeisterstabskarte von 
Steiermark und Illyrien. 4. Bericht des geogn.-mont. Vereines für Steiermark. 
Graz 1854. 

— Bericht über die Ergebnisse der geognostischen Forschungen im Gebiete 
der Sektionen XIV, XVIII und XIX der Generalquartiermeisterstabskarte von 
Steiermark. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1855. VI, pag. 265—304. 


!) Die Literatur über den Basalt von Weitendorf ist nicht einbezogen. 


408 Artur Winkler. [6] 


17. 


18. 
19. 


20. 
21. 
22. 
23. 


24. 


25. 


44, 
45. 


Kopetzky, Übersicht der Heilwässer und einfachen Mineralien der Steiermark. 
Graz 1855. 

Der Kurort Gleichenberg in Steiermark. Gleichenberg 1856. 

Dr. S. Aichhorn, Geographische Verteilung des Schiefer-, Schicht- und 
Massengebirges in Steiermark. Graz 1856. 

Dr. K. J. Andrae, Zur tertiären Flora von Gleichenberg. „Giebel und Heinz“ 
Zeitschrift 1856. VI, pag. 395. 

M. Macher, Übersicht der Heilwässer und Naturmerkwürdigkeiten der Steier- 
mark. Graz 1858. 

A. v. Morlot, Augitandesit aus der Klamm bei Gleichenberg. In „Roth, Ge- 
steinsanalysen“. I. 1861, pag. 19. 

Dr. Ferd. Stoliczka, Beitrag zur Kenntnis der Molluskenfauna der Inzers- 
dorfer Schichten des ungar. Tertiärbeckens. Verhandl. der zool -botan. Gesell- 
schaft. Jahrg. 1862. XII, pag. 531. ii 

— Bericht über die im Sommer 1861 durchgeführte Übersichtsaufnahme des 
südwestlichen Teiles von Ungarn. (Anschließend an die östliche Landesgrenze 
bei Fürstenfeld und Gleichenberg.) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1863. XIII, pag. 1. 
Dr. J. Gottlieb, Analyse der Konstantinquelle zu Gleichenberg in Steiermark 


und Analyse der Klausenquelle nächst Gleichenberg. Sitzungsberichte d. k. 
Akad. d. Wissensch. 1864. XLIX. Abteilung 2, pag. 351. 


. — Analyse der Emmaquelle zu Gleichenberg. Sitzungsberichte d. k. Akademie 


der Wissensch. 1877. LV. Abteilung 2, pag. 336 


. D. Stur, Beiträge zur Kenntnis der Flora der Süßwasserquarze, der Oongerien- 


und Cerithienschichten im Wiener und ungarischen Becken. Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A. 1867, pag. 77. 


. — Pflanzenreste aus dem Mühlsteinbruch bei Gleichenberg. Verh. d. k. k. geol. 


R.-A. 1867, pag. 217. 


. Karl Reissacher, Der Johannisbrunn bei Gleichenberg. Verh. d. k. k. geol. 


R.-A. 1867, pag. 252. 


. — Der Johannisbrunn bei Gleichenberg. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1867, 


pag. 461 —464. 


. Dr. J. Gottlieb, Analyse der beiden Johannisbrunnen nächst Straden bei 


Gleichenberg in Steiermark. Sitzungsberichte d. k. Akad. der Wissensch. 1869. 
LX. 2. Abteilung. 


. D. Stur, Geologie der Steiermark. Graz 1871, pag. 603—615, 632 u. 635—636. 
. J. Untchj, Beiträge zur Kenntnis der Basalte Steiermarks etc. Mitteilungen 


des naturwiss. Vereines für Steiermark. 1872. 


. K. Hofmann, Basaltgesteine des südlichen Bakony. III. Bd. der Mitteilungen 


aus dem Jahrb. d. k. ungar. geolog. Reichsanstalt, pag. 233. 


. C. Clar, Neue Beobachtungen aus der Gegend von Gleichenberg. Verh.d.k.k. 


geol. R.-A. 1874, pag. 91. 


. F. A. Anger, Mikroskopische Studien über klastische Gesteine. Tschermaks 


miner.-petr. Mitteilungen 1875. 


. J. v. Matyasovsky, Aufnahmsbericht. Földt. Közlöny 1877. 
. K. Hofmann, Basalte des Bakony. Zeitschrift der Deutschen geol. Gesell- 


schaft. XXIX. Bd. 1877, pag. 185. 


. A. Smita, Analyse eines Trachyts von Gleichenberg. Tschermaks miner.-petr. 


Mitteilungen 1877, pag. 277. 


. J. Utschik, Analyse eines Trachyts von Gleichenberg (Villa Schuh). Tscher- 


maks miner.-petr. Mitteilungen 1877, pag. 277. 


. H. Frisch, Analyse des Quarztrachyt von Gleichenberg. Tschermaks miner.- 


petr. Mitteilungen 1877, pag. 277. 


. F. Salzer, Analyse eines Andesit von Gleichenberg. Tschermaks miner.-petr. 


Mitteilungen 1878, pag. 370. 


. M. Schuster, Analyse eines Halbopalz, Klause bei Gleichenberg. Tschermaks 


miner.-petr. Mitteilungen 1878, pag. 371. 

C. Clar, Mitteilungen aus Gleichenberg. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 122. 
E. Hussak, Der Trachyt von Gleichenberg. Mitteil. des naturw. Vereines für 
Steiermark 1878, pag. 102. 


46a. Dr. R. Hoernes, Zur Geologie der Steiermark. 1. Vorkommen von Leitha- 


kalk mit Congerienschichten bei Gleichenberg. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, 
pag. 304. 


[7] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 409 


465. Dr. R. von Fleischhacker, Das Vorkommen mariner Fossilien bei Gleichen- 
berg. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 53. 

47. Dr. A. Penck, Uber Palagonit und Basalttuffe. Zeitschrift der Deutschen geol. 
Gesellschaft 1879, pag. 545. 

48. Dr. R. Hoernes, Das geologische Alter der Eruptivgesteine von Gleichenberg. 
Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1880, pag. 49—53. 

49. Dr. C. Clar, Notiz über das Eruptivgebiet von Gleichenberg. Verh. d. k. k. 
geol. R.-A. 1880, pag. 152. 

50. Dr. E. Hussak, Über Eruptivgesteine von Gleichenberg. Verh. d. k. k. geol. 
R.-A. 1580, pag. 160--162. 

5R-Dn. C. Clar, Boden, Wasser und Luft von Gleichenberg in Steiermark. Eine 
balneologisch® Skizze. Graz 1881. 

52. M. Kispatic, Über die Bildung der Halbopale im Augitandesit von Gleichen- 
berg. Tschermaks miner.-petr. Mitteilungen, Bd. IV, 1882, pag. 122—146. 

53. Dr. C. Clar, Olivin von Fehring bei Gleichenberg. Tschermaks miner.-petr. 
Mitteilungen, Bd. V, 1883, pag. 85. 

54. — Einwirkung CO,-haltiger Wässer auf den Trachyt von Gleichenberg. Tscher- 
maks miner.-petr. Mitteilungen, Bd. V, 1883, pag. 385—388. 


55. Peters und Ilwoff (Clar), Graz, Geschichte und Topograpbie der Stadt und 
ihrer Umgebung. Graz 1875. 

56. Ed. Suess, Antlitz der Erde, Bd, I, 1885, pag. 177. 

57. Dr. C. Clar, Der Kurort Gleichenberg in Steiermark. Wien 1886. 

58. — Über die Situation der in jüngster Zeit zur Süßwasserversorgung des Kur- 
ortes Gleichenberg herargezogenen Quellen. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1887, 
pag. 354—355. 

59. — Zur Hydrologie von Gleichenberg. Vortrag. Verh. d.k.k. geol. R.-A. 1889, 
pag. 148. 

60. Dr. V. Hilber, Sarmatisch-miocäne Conchylien Oststeiermarks. Mitteilungen 
des naturw. Vereines für Steierinark. Jahrg. 1891. Graz 1892, pag. 235—248. 

61. Dr. C. Clar, Der Verlauf der Gleichenberger Hauptquellspalte. Mitteilungen 
des naturwiss. Vereines für Steiermark 1895, pag. 201. 

62. Al. Sigmund, Die Basalte der Steiermark. 1. Das Basaltgebiet von Klöch. 
Tschermaks miner.-petr. Mitteilungen, Bd. XV, 1896, 5. u. 6. Heft, pag. 361—384. 

63. — Die Basalte der Steiermark. 2. Nephelinit- und Palagonittuff des Hoch- 
straden. 3. Nephelinbasanit, die Palagonittuffe, die Nephelinbasaltbomben und 
die Nephelinbasaltdecke des Steinberg bei Feldbach. Tschermaks miner.-petr. 
Mitteilungen, Bd. XVI, 1897, pag. 337. 

64. — Die Basalte der Steiermark. 4. Der Magmabasalt und basaltische Tuff bei 
Fürstenfeld. 5. Der Feldspatbasalt bei Weitendorf. T'schermaks miner.-petr. 
Mitteilungen, Bd. XVII, 1898, pag. 526—543, 

65. — Die Basalte der Steiermark. 6. Die Basalttuffe. Tschermaks miner.-petr. 
Mitteilungen, Bd. XVIII, 1899, pag. 377—408. 

66. — Die Eruptivgesteine bei Gleichenberg. (Mit einer geol. Kartenskizze.) Tscher- 
maks miner.-petr. Mitteilungen, Bd. XXI, 1902, 4. Heft, pag. 261—307. 

67. Prof. E. Ludwig, Chemische Uutersuchung der Konstantinquelle in Gleichen- 
berg. (Steiermark.) Tschermaks miner.-petr. Mitteilungen, Bd. X VI, 1897, pag. 140. 

68. Al. Sigmund und Dr. C. Clar, Führer zu den Exkursionen des inter- 
nationalen Geologenkongresses in Wien 1903. Führer Nr. V. Exkursion in das 
Eruptivgebiet von Gleichenberg. 

69. Dr. R. Hoernes, Bau und Bild der Ebenen. Sonderabdruck aus Bau und 
Bild Österreichs. Wien 1903, pag. 1098—1106. 


‘0. C. Diener, Bau und Bild der Ostalpen und des Karstgebietes. Sonderabdruck 
aus Bau und Bild Österreichs. Wien 1903, pag. 472—473 (146—147). 

71. Al. Sigmund und Fr. Becke, Gesteine von Gleichenberg. Tschermaks 
miner.-petr. Mitteilungen, Bd. XXII, 1902, pag. 386— 387. 

72. Al. Sigmund, Ein neues Vorkommen von Basalttuff in der Oststeiermark. 
Tschermaks miner.-petr. Mitteilangen, Bd. XXIII, 1904, pag. 406—410. 

73. Dr. Osk. Preiß, Die Basalte vom Plattensee, verglichen mit denen Steiermarks. 
Mitteil. des naturwissenschaftl. Vereines für Steiermark, Jg. 1908, pag. 3—59. 

74. Dr. Fr. Heritsch, Über einige Einschlüsse und vulkanische Bomben von 
Kapfenstein in Mittelsteiermark. Zentralblatt für Mineral., Geol. und Paläonto- 
logie 1908, pag. 297—305. 


410 Artur Winkler. [8] 


75. Dr. K. Leitmeier, Eine Opalbreccie von Gleichenberg. Zentralblatt für 
Mineral., Geol. und Paläontologie 1908, pag. 716. 

76. Dr. B. Granigg, Mitteilungen über steiermärkische Kohlenvorkommen. Zeit- 
schrift für Berg- und Hüttenwesen 1912. 


Nachtrag: 


77. Dr. K. L. Sigmund, Gleichenberg und seine Mineralquellen und der Kurort. 
Wien, Grätz 1840. ’ 

78. F. Ritter v. Hauer, Geologische Übersichtskarte der österreichischen Monarchie, 
Blatt Nr. VI, ‚östliche Alpenländer. Wien 1868, pag. 42—44. 

79. K. Peters, Überreste von Dinotherium aus der obersten Miocänstufe der süd- 
lichen Steiermark. Mitt. des naturw. Vereines tür Steiermark 1871, pag. 369. 

80. J. v. Matyasovzky, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1876, pag. 27, Jahresbericht. 

81. Dr. K. Clar, Gleichenberger Wasserfragen. Mitt. des naturwiss. Vereins für 
Steiermark. Jahrg. 1896. Graz 1897. 

82. R. Hörnes, Die Mineralquellen der Steiermark. Mitt. d. steiermärk. Gewerbe- 
vereins. III. Jahrg. 1897, pag. 13—16. 

83. H. Benndorf und A. Vellik, Uber die Radioactivität der Konstantinsquelle 
in Gleichenberg. Mitt. des naturw. Vereins für Steiermark. Jahrg. 1907. Graz 1908. 

84. H. Leitmeıer: Berichtigung zu H. Leitmeier: Eine Opalbreccie aus 
Gleichenberg in Steiermark. Zentralblatt f. Min. etc. Jahrg. 1909, pag. 76. 

85. J. Dreger, Verh.d.k.k. geol. R.-A. 1911, pag. 14. Jahresbericht des Direktors. 

86. Jahresbericht des Landesmuseums Joanneum. Besonders über die Jahre 1903, 
pag. 26; 1901, pag. 17; 1903, pag. 19 und 1908, pag. 16. 


Erste Periode. 
Geologische Forschungen in den Jahren 1820—1860 }). 


Die erste geologische Erforschung des Gleichenberger Eruptiv- 
terrains reicht in jene Zeiten zurück, als der Kampf zwischen den 
Anhängern des Plutonismus und denen des Neptunismus viel Anregung 
zum Studium vulkanischer Erscheinungen bot und als die hervor- 
ragenden Vertreter der Wissenschaft, um neue Argumente für die 
Richtigkeit ihrer Theorien zu finden, Reisen in die erloschenen Vulkan- 
gebiete unternahmen und so eine Klärung mancher Fragen hervor- 
riefen. Hinter ihnen her zog sich eine zahlreiche Schar von Forschern 
geringerer Bedeutung, die den Fußstapfen hervorragender Männer, 
wie Murchison, Sedgwick, Leopold v. Buch etc. folgend, ihr 
Urteil über mancherlei Beobachtungen abgaben und dem Gleichen- 
berger Eruptivgebiet in Oststeiermark den ihm seiner interessanten 
Erscheinungen wegen gebührenden Ruf gewannen. 

Ich kann es mir nicht versagen, den Entwicklungsgang der For- 
schung im ganzen Gleichenberger Eruptivgebiet darzustellen, einer- 
seits, da ich im dritten Hauptabschnitt dieser Arbeit mich mit der 
ganzen Vulkanzone eingehend beschäftigen werde, anderseits, weil ein 
inniger, unlöslicher Zusammenhang zwischen dem Gleichenberger 
Trachytmassiv, den es umgebenden Basaltbergen von Poppendorf, 
Feldvach und Kapfenstein, ebenso wie den im Süden gelegenen von 
mir genauer studierten Basaltmassen des Hochstraden- und Klöcher- 
massivs sich ergeben hat. 


!) Es werden hier bloß die wichtigeren Abhandlungen kurz besprochen. Die 
mehrfach angeführten Zitate entsprechen nur annähernd dem Wortlaut. 


[9] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 411 


Der Auffindung des Gleichenberger Trachytmassivs durch Anker 
folgt die erste bedeutungsvolle Arbeit aus der Feder Leopold v. 
Buchs (1) als Resultat seiner Studienreisen, die er um 1818 nach 
Oststeier unternommen hatte. 

Der klotzige, massige Stock des Gleichenberger Massivs schien 
seiner Theorie der Erhebungskratere zu entsprechen: „Der Berg 
deute auf eine Hebung aus dem Innern heraus; eine Bildung, die 
hätte ein Vulkan werden sollen, deren vulkanische Kräfte aber un- 
tätig geblieben sind, weil der Erreger derselben, das Wasser, in nicht 
sehöriger Menge hervorzudringen vermochte.“ 

Schon ihm waren die verkieselten Schotterbänke im Mühlstein- 
bruch, mit ihren Holzreste führenden Lagen bekannt, ebenso die 
Einschlüsse trachytischer Gesteine in denselben. Auch die basaltischen 
Eruptionen, deren Charakter er erkannte, zogen ihn an und die 
Olivineinschlüsse, Hornblendekristalle, Granitbrocken und gerösteten 
Quarzgeschiebe, die man in den Tuffen von Kapfenstein und vieler 
anderer Punkte antrifft, erwähnt er genauestens, wie er auch die 
Genesis ersterer (der Olivinbomben) durch Zusammenballung der 
schweren Bestandteile bei Bildung des zertrüämmerten, brecciösen 
Basalts deutet. 

Des Basaltmassivs von Klöch (siehe Karte) tut er ebenfalls Er- 
wähnung. Der Übergang der Basaltmassen dieser Region in zellig 
schwammige Lagen, die auftretenden Graniteinschlüsse und das stellen- 
weise Umsäumtsein von Schlackenmassen scheint ihm zu beweisen, 
daß „diese Basaltberge das Ausgehende von basaltischen Gängen 
seien, welche die Schichten umwickeln, die sie durchbrechen, im 
Innern einen festen Kern bergend. Die zahlreich auftretenden Granit- 
einschlüsse berechtigen zur Annahme, daß der Granit anstehe, was 
in Übereinstimmung sei mit der Erscheinung, daß auch „die Trachyt- 
berge gewöhnlich aus dem Innern des Granits emporstiegen“. 

Dieser meisterhaften Darstellung folgte wenige Jahre später die 
Schilderung von Sedgwick und Murchison (5), die auch die ter- 
tiären Sedimente eingehender Betrachtung würdigte, deren paläon- 
tologischen Charakter festlegte und der eine Tafel mit oststeirischen 
Tertiärkonchylien beigegeben ist. 

Die Autoren zählen eine sehr detailliert gegliederte Schichtfolge 
auf, welche sie westlich von Gleichenberg bei Poppendorf (siehe Über- 
sichtskarte) beobachtet hatten und zeigen die mannigfache Wechsel- 
lagerung von oolithischen Kalken, Muschelkalken, Mergeln, Sandsteinen 
und Tonen etc. mit Angabe von deren Fossilinhalt. 

Wie weit sie mit ihrem Interesse für Detailfragen der Strati- 
sraphie ihrer Zeit vorangeeilt waren, zeigt die Tatsache, daß seither 
in den sarmatischen Schichten Mittelsteiermarks wohl nirgends mehr 
eine so genaue stratigraphische Folge beschrieben wurde. 

Was die vulkanischen Bildungen anbelangt, gelang es den Autoren 
bereits zu erkennen, daß die Eruptionen älter sind als die heutigen 
Talformen, inden sie eine supramarine Entstehung ersterer zur Bil- 
dungszeit der jüngsten Tertiärsedimente der Gegend annehmen. 

Im Jahre 1836 publizierte P. Partsch (7) eine sehr inhalts- 
reiche Detailarbeit über die Umgebung von Gleichenberg, welche in 

Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A, Winkler.) 54 


412 Artur Winkler. | [10] 


L. Langers Werk: „Die Heilquellen des Tales Gleichenberg etc.“ 
enthalten ist. 

Aus seinen Beobachtungen sei hervorgehoben, daß er bei Dar- 
stellung der neptunischen Bildungen das Auftauchen von Kiesel- 
schiefer bei St. Anna am Aigen (siehe Karte) erwähnt, daß er fossil- 
führende Sandsteine, Ton- und Mergellager mit Cardium, Tapes, 
Cerithium und Buccinum sowie plastische Töpfertone aus der Gegend 
von St. Anna am Aigen nachweist und das Vorkommen von Grobkalk 
mit Roggensteinstruktur von dort angibt. 

Bei Besprechung der vulkan-neptunischen Bildungen zeigt er, 
daß die Unterlage der Tuffe von Sandsteinbänken und Mergeln ge- 
bildet werde, daB aber auch in den Tuffen, so insbesondere in den 
Wirbergen (siehe Übersichtskarte), Nester von Mergeln auftreten, und 
daB er beim Tersichbauer im Tuff Cardium plicatum und Vindobonense 
angetroffen habe. 

Die zahlreichen eingeschlossenen und eingeschmolzenen, selbst 
mehr als kopfgroßen Granitstücke bei Kapfenstein (Gleichenberg Ost, 
siehe Übersichtskarte) brachten ihn auf den Gedanken, daß „der 
Granit die Masse für den Basalt abgab und letzterer durch große 
Hitze aus dem Granit sich entwickelt habe“. 

Die Olivinbomben interessierten ihn lebhaft und er gelangte zu 
der auch heute wohl als zutreffend geltenden Deutung derselben, 
„daß sie zweifellos Ausscheidungen aus dem Basalt darstellen, als 
dieser noch flüssig war. Sie wurden in Geoden ausgeworfen, während 
der an die Oberfläche des vulkanischen Herdes gebrachte Basalt in 
Aschen zerstob“. 

Im Kapitel „abnorme Bildungen“ bespricht er kurz den Basalt 
des Hochstradner Kogels und den von Klöch (siehe Karte). In den 
Basalttuffen vermochte er bereits zu unterscheiden zwischen geschich- 
teten, horizontalen oder wenig geneigten Bänken und einem Haufen- 
werk von Breccien, Schlacken und Basalttrümmern, indem er die 
Verschiedenheit beider auf größere Nähe, respektive Entfernung des 
vulkanischen Herdes zurückführte. 

Bezüglich des Trachyts gelangte er zur richtigen und wichtigen 
Erkenntnis, daß derselbe vor dem Basalt hervorgedrungen sei, zu 
einer Zeit, als sich noch „wenig Sedimente“ abgelagert hatten, und 
daß bei diesem Vorgang keine gewaltsamen Gasentwicklungen statt- 
fanden. 

Das ebenfalls im selben Jahre erschienene Werk von M. A. Boue& 
„Apercu sur la constitution ete.“ (8) enthält bloß eine Aufzählung 
der Eruptionspunkte Öststeiermarks, welche insofern von Wichtigkeit 
ist, als hier im Zusammenhang die angrenzenden Vorkommnisse von 
Güssing und Ober-Pullendorf (Ungarn) und auch der vereinzelte Basalt 
im Lavanttal (Kärnten) Erwähnung finden. 

Der wissenschaftliche Enthusiasmus um die Mitte des vorigen 
Jahrhunderts kommt in der Arbeit von Friedau (10) zum Ausdruck, 
die das Gleichenberger Trachytmassiv behandelt und trotz mannig- 
facher, phantastischer Ideen, — wie der Gedanke den Grad der Glut- 
flüssigkeit im Magma nach den Bergformen zu beurteilen, — dennoch 
zahlreiche, interessante Beobachtungen enthält. 


[11] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 413 


Er kennt bereits eine verschiedene Verteilung der Gesteine im 
Massiv, wies nach, daß der zentrale Teil des Berges aus einer über- 
wiegend vorherrschenden Varietät mit rotbrauner Grundmasse ge- 
bildet werde, daß sich gegen den Nordrand hin härtere und festere 
phonolitartig aussehende Gesteine einstellen, während am Südgehänge 
eine große Mannigfaltigkeit vorherrsche (weißer Trachyt des Schaufel- 
grabens etc.). Bezüglich der Schotter im Mühlsteinbruch (Südabhang 
des Gleichenberger Kogels), gelangte der Autor gegenüber von Buch 
zur richtigeren Deutung, daß dieselben „nicht“ durch die Trachyt- 
eruption emporgehoben seien, sondern, wie ihre flache Lagerung 
zeige, nach Bildung des Eruptivgesteins sich abgelagert hätten; ihre 
Verkieselung sei durch Kieselsinter absetzende Quellen entstanden. 

Wichtig erscheinen seine Angaben über die Beziehungen der 
tertiären !) Schichten zum Trachytmassiv, indem er nachweisen konnte, 
daß am Ostgehänge desselben Kalk auftrete: 

„Seine (des Kalkes) bis in die Nähe ungestörte Lagerung, das 
durchweg unveränderte Gestein läßt auf eine spätere, auf dem 
Trachyt erfolgte, ruhige Ablagerung schließen. Stücke, welche nebst 
den Versteinerungen Trachyteinschlüsse enthalten, gaben volle Ge- 
wißheit über die ‚spätere‘ Entstehung des Kalksteins?), der hier den 
Trachyt überlagert.“ 


Sein Schlußwort gilt auch heute noch wie zu seiner Zeit): 
„Von einer Bodengestaltung vor dem Hervortreten des Trachyts ist 
keine Spur zu sehen. Die später erfolgte Ablagerung mächtiger 
Schichten hat dieselbe verdeckt, womit das Alter des Trachyts 
spätestens Anfang Miocän sich ergibt. Nirgends ist eine Hervorragung 
älterer Gesteine sichtbar; erst später hüllte das Meer den Trachyt 
mit seinen Sedimenten ein. Die Mineralquellen von Gleichenberg sind 
die letzten Äußerungen der vulkanischen Tätigkeit.“ 

Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts entfaltete in Steiermark 
der neugegründete geognostisch-montanistische Verein eine rege Tätig- 
keit, welche mit einer durch Kommissäre durchgeführten geologischen 
Aufnahme des Landes verknüpft war. 

Dr. Karl J. Andrä ist mit der Aufgabe betraut worden, in 
Oststeiermark Studien zu betreiben, als deren Resultat er zunächst 
seinen „Vorbericht* (15) veröffentlichte. 


Er hat auf seinen ausgedehnten Touren manch neue Daten im 
Gleichenberger Eruptivgebiet gesammelt, wenngleich ein großer Fort- 
schritt in der Gesamtauffassung über den Aufbau des Gebiets gegen- 
über den bisherigen Anschauungen nicht zu verzeichnen ist. Aus 
seinen zahlreichen Detailangaben sei hervorgehoben, daß er aus dem 
Bereiche meines engeren Aufnahmsgebiets die Mergellagen und ihren 
Ubergang zu tegeligen Massen am Fuße des Kindbergkogels, bei 
Tischen und bei Haseldorf angibt (siehe Karte südlicher Teil). Leitha- 


!) = sarmatischen. 

2) Es handelt sich hier um sarmatische Kalksteine. 

®) Es sei dies der Angabe Sturs, daß der Trachyt auf den unteren 
sarmatischen Schichten aufruhe, gegenüber ausdrücklich hervorgehoben (Geologie 
der Steiermark). 


54* 


414 Artur Winkler. [12] 


kalke !) seien SO von Gleichenberg am Steinberg (siehe Karte, Ort- 
schaft Steinbach) und bei St. Anna am Aigen weit verbreitet. Sie 
wechsellagern dortselbst mit Sanden und Mergeln und enthielten neun 
Spezies von Cardium, Trochus, Buccinum, Modiola und Tapes. 

N Im Flutschgraben bei Trauttmannsdorf (Gleichenberg West, siehe 
Übersichtskarte) gelang es ihm, eine Austernbank ?) zu entdecken. 

Die vulkanischen Bildungen werden in ihrer Verbreitung genauer 
begrenzt, das Vorkommen basaltischer Gesteine am Höhenrücken Süd 
des Stradner Kogels (siehe Karte) erwähnt, am Seindl und Kindberg- 
kogel (Klöcher Massiv) das Vorhandensein der Schlackenmassen als 
Anzeichen eines ehemaligen Eruptionspunktes gedeutet und schließlich 
die säulenförmige Absonderung des Basalts von Loipersdorf bei Fürsten- 
feld (siehe Übersichtskarte) beschrieben. 

In dem im Jahre 1854 erschienenen Bericht im Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A. (16) werden diese Beobachtungen genauer ausgeführt. 

Es sei hervorgehoben, daß er hier eine genaue Gliederung der 
Tuffmassen der Wirberge südlich von Gleichenberg darlegt, den 
Wechsel mächtiger Konglomerat- und Breccienlagen, „welche auf 
einen stürmischen Bildungsakt deuten“, mit feinen sandsteinartigen 
Bildungen angibt und eine Überlagerung von wahren, braunen Tertiär- 
sand „auf“ die Tuffe von Kapfenstein, als „Rest einer einst mächtigen 
Hangenddecke“, beschreibt. 

Im Bereiche meines engeren Aufnahmegebiets konstatierte er 
richtig ein allgemeines NW—SO-Streichen der „Leithakalke“°). Er 
erwähnt die Überlagerung des durch eine sandigtonige Grundmasse 
und scharfkantige Trümmer aufweisenden Tuffs der Teufelsmühle (Ort- 
schaft Hochstraden Nord, siehe Karte), durch porösen Basalt. 

„Die Basalte überhaupt seien getrennt entstanden, ein Empor- 
treten aus Spalten sei besonders an der Hochstradenkette unzweifelhaft, 
nur einzelne nahegelegene Punkte mögen durch spätere Erosion getrennt 
worden sein. Im Klöcher Massiv stellen Seindl und Hohenwart (siehe 
Karte) einen Lavaerguß, der Kindbergkogel einen Auswurfskogel dar. 

Manche der Tuffmassen, wie die des Dollinger Kogels, Waxenegg 
(Kapfenstein N und NO) seien höchstwahrscheinlich durch unter- 
meerische, schlammartige Auswürfe entstanden, wie der Peperino ?). 

Andräs Arbeiten wurden genauer besprochen, da sie, abgesehen 
von Prof. Siegmunds petrographischen Studien, eigentlich die ein- 
zige und auch sehr spärlich fließende Quelle, mit Angaben über mein 
engeres Aufnahmsgeblet bilden. 

Im selben Jahre (1854) erschien die wichtige Abhandlung von 
Unger: Die fossile Flora von Gleichenberg (14), in welcher die 
phytopaläontologische Ausbeute aus dem Mühlsteinbruche (Gleichen- 
berg Nord) sowie aus den N-wärts gelegenen Sandsteinen von Gossen- 
dorf, aus den Mergeln von Kapfenstein und den Wirbergen (Süd des 
Kurortes) eine vorzügliche Darstellung gefunden hat. 


!) — Sarmatische Kalke. 

?) Sarmatische Austernbank. 

3) = Sarmatische Kalke. 

*) Diese Tuffe sowohl wie auch der Peperin erwiesen sich später als feine 
schöngeschichtete subärile Staubtuffe. 


[13] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 415 


Zweite Periode. 
Geologische Forschungen in den Jahren 1860— 1895 !). 


Die erste Epoche der wissenschaftlichen Erforschung des Gleichen- 
berger Massivs, die ich mit dem Jahre 1860 enden lasse, hat eine 
Fülle von Arbeiten in rascher Folge hervorsprießen lassen, die inter- 
essante Resultate über die Zusammensetzung und den Aufbau dieser 
jungvulkanischen Region zutage gefördert haben. 

Der Anbruch einer neuen Ära wird, wie in der Geschichte der 
Kenntnis österreichischer Tertiärablagerungen überhaupt, durch das 
Erscheinen von Eduard Suess’ Arbeit: „Boden der Stadt Wien“ be- 
zeichnet. 

Die dreifache Gliederung, die die jüngeren Tertiärbildungen des 
Wiener Beckens hier erfahren haben, war ja im Wiener Becken be- 
kanntlich der Anlaß zu zahlreichen Publikationen, welche dasselbe zu 
einer klassischen Stätte für das Studium der jüngeren Tertiärablage- 
rungen erhoben. 

Daß sich derselbe Aufschwung nicht auch in der Kenntnis der 
Tertiärgebilde Oststeiermarks wahrnehmen läßt, mag mit lokalen Ur- 
sachen zusammenhängen, mag begründet sein durch das hervortretende 
Interesse an Fragen alpiner Geologie. 

Denn nach den grundlegenden Arbeiten von Murchison, Buch, 
Partsch, Friedau und Andrä tritt eine wenig produktive Periode 
ein, welche in geologisch-tektonischer Beziehung nicht nur keinen 
wesentlichen Fortschritt in der Kenntnis des Eruptivgebiets gebracht 
hat, sondern manches von dem Geleisteten der Vergessenheit anheim- 
fallen ließ. 

Die zwar gerade nicht wenigen Arbeiten, welche in die Zeit von 
1860—1895 fallen, sind größtenteils Mitteilungen kurzen Inhalts, Ex- 
kursionsbeobachtungen, Bestimmungen kleinerer Gesteinssuiten oder 
Bearbeitungen paläontologischer Funde. 

In einer im zehnten Bericht des geogn.-montanistischen Vereins 
erschienenen Arbeit von Zollikofer über seine im Sommer 1860 
durchgeführten Aufnahmen 2), die sich als Revisionstouren von Unter- 
steiermark bis in das von Dr. Andrä vorher aufgenommene ost- 
steirische Vulkangebiet ausdehnten, wird zuerst eine Trennung der 
brackischen Kalke von den Deithrkallien vorgenommen, welch ersteren 
als Verbreitungsbezirk auch die Umgebung von Gleichenberg zuge- 
wiesen wird. 

Doch sein Ausspruch: Es dürfte wohl das große Gebiet innerhalb 
der Ortschaften, Hartberg, Pichelsdorf, Gleisdorf, Wildon, Mureck, 
St. Leonhard in den Windischen Büheln und Luttenberg?) der bracki- 
schen Stufe angehören, räumt dieser einen viel zu großen Raum ein 
(auf Kosten pontischer Sedimente), während Stur in der bald darauf 
publizierten Karte zur „Geologie der Steiermark“ die sarmatische 
Stufe in ihrer Verbreitung zu sehr einschränkt. 


t) Auch in dieser Periode werden nur die wichtigsten Arbeiten besprochen. 
2) Th. v. Zollikofer, 10. Bericht des Geognostisch-montanistischen Vereins 
in Steiermark. 


416 Artur Winkler. [14] 


Die UÜbersichtsaufnahmen der geologischen Reichsanstalt in den 
an das Gleichenberger Eruptivgebiet im Osten angrenzenden Regionen, 
welche (siehe Übersichtskarte) ebenfalls noch Ausläufer der Vulkan- 
zone umfaßte, wurde in sehr exakter Weise von Dr. Ferdinand 
Stoliezka durchgeführt: Da es sich hier um eine angrenzende 
Region handelt (meine Karte grenzt mit ihrem Ostrand unmittelbar an 
das von Stoliczka aufgenommene Gebiet), muß ich mit einigen 
Worten die Resultate dieser Arbeit erwähnen. 


Stoliczka hat als erster eine Darstellung der jenseits der 
ungarischen Grenze östlich von Gleichenberg (siehe Übersichtskarte) 
bei Neuhaus auftauchenden Schieferinsel gegeben, ihren Aufbau aus 
Grünschiefern, graphitischen Tonschiefern (mit Brauneisenstein, Spat- 
eisenstein und Kupfer) und dolomitischen Kalken geschildert, ihre steil 
aufgerichtete Schichtstellung nachgewiesen und die Ähnlichkeit dieser 
Gesteine mit jenen, wie sie in den Alpen SW von Marburg a. d. Drau 
auftreten, betont. 


Was das Tertiär anlangt, lieferte er eine exakte Gliederung 
desselben in sarmatische Bildungen, die sich um die Schieferinsel 
gruppieren, in Oongerienschichten (mit Cypris-Schalen, Congeria spathu- 
lata und Cardium conjungens) und in Belvedereschotter. 

In den sarmatischen Schichten wies er in der Tiefe bei der 
Ortschaft Krottendorf (N der Schieferinsel) eine ganz aus Cerithien 
aufgebaute Kalkbank nach !), während auf den Höhen bei Vizlendva 
und Vecseszlavece (siehe Übersichtskarte) Konchylien führende Oolith- 
kalke ?) herrschen. 


Was schließlielı die vulkanischen Bildungen anbelangt, so zeigte 
er, daß die Tuffe bei Güssing und Tobaj (siehe Übersichtskarte NO von 
Fehring) reich an basaltischer Hornblende und Olivinbomben seien, daß 
bei Ober-Limbach und Neuhaus die gleichen Einschlüsse anzutreffen 
seien, bei letzterem Vorkommen außerdem noch Kalke mit Cerith. pictum 
und rubig. sowie Cardium plicatum ; er gibt seiner Meinung Ausdruck, daB 
sich diese sarmatischen Blöcke auf sekundärer Lagerstätte befänden. 
Infolge zahlreicher Einschlüsse von Belvedereschottern in den Tuffen 
sei essicher, daß die Eruptionen aus der Zeit des Süßwassersees bis zur 
Zeit der Flußgeschiebe angedauert haben, welch letztere er bei Neu- 
haus in fußmächtigen Schichten mit den Tuffen wechsellagern sah. 

Im Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1867 ver- 
öffentlichte D. Stur seine interessanten „Beiträge zur Kenntnis 
der Flora der Süßwasserquarze, der Congerien- und Cerithien- 
schichten* (27). 


Die Bemerkungen über die Gleichenberger Gegend enthalten 
folgende wichtige Daten: 

l. Das Auffinden von Melanopsis Martiniana in den Mühlstein- 
brüchen bei Gleichenberg, die daher den Congerienschichten, und 
zwar den Belvedereschottern und -Sanden angehören und das Fließen 


!) Sie entspricht dem I. Kalke meiner Einteilung der obersarmatischen 
Kalkzüge. 


») = III. Kalk. 


[15] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 417 


kieselsäurehaltiger Quellen in die Zeit nach Ablagerung derselben 
versetzen. 


2. In einem Profil wird das Auftreten Modiola und Cardien 
führender Mergel am Südfuß des Trachytdoms angezeigt. 


3. Bei Waldsberg S von Trautmannsdorf (siehe Karte Partie 
westlich des Sulzbachtals) soll über einer wahrscheinlich sarmatischen 
Schotterlage grauer Mergel der Congerienschichten folgen, von denen 
er Pflanzenreste beschreibt !). 


4. Pflanzenreste aus St. Anna am Aigen, von den Wirbergen 
und von Kapfenstein etc. werden angeführt. 


Im Jahre 1871 erschien Sturs großes Werk: „Geologie der 
Steiermark“ (32). Die Eruptivgebiete Oststeiermarks werden verhält- 
nismäßig kurz abgetan. Der Verfasser erachtet es diesbezüglich bloß 
als seine Aufgabe, das Alter der Eruptionen festzusetzen, von denen 
er annimmt, daß die des Trachyts in der sarmatischen Stufe statt- 
gefunden haben und daß der Trachyt die tieferen Schichten derselben 
überlagere, dagegen von deren Hangendteil überdeckt sei?). 


Bezüglich des Alters der Basalte gibt er folgendes an: An sehr 
vielen Punkten habe sich erwiesen, daß im Tuff Einschlüsse von 
Cerithienkalk vorhanden seien, wozu der Autor außer den bekannten 
Fundpunkten noch jene von Bertholdstein (Tuffvorkommen zwischen 
Fehring und Feldbach), der Stadt- und Langberge bei Fürstenfeld hin- 
zuzufügen vermag. „Dadurch sei ein jüngeres Alter als die sar- 
matischen Schichten durch die Auflagerung der Tuffe von Kapten- 
stein auf Tegelgebilde, welche Melanopsis Martiniana führen, auch 
eine spätere Bildung als die Congerienschichten erwiesen. 

Die weitere Tatsache, daB die Basalttuffe der Umgebung von 
Gleichenberg in ihren groben, konglomeratartigen Lagen große Quarz- 
gerölle eingeschlossen enthalten, führt zur Annahme, daß die Basalt- 
tuffe zur Zeit der Ablagerung des Belvedereschotters gebildet wurden. 
In der Tat erscheinen die Basaltberge auf der Linie Hochstraden — 
Klöch einer Schotterfläche wie aufgesetzt“ 3). 


Im Jahre 1872 veröffentlichte Untchj einen kurzen „Beitrag zur 
Kenntnis der Basalte der Steiermark“, in welchen er eine Wechsel- 
lagerung von Tuff und Basalt am Seindl*) und Überlagerung des 
letzteren durch eine poröse Breccie ergibt. 

Unter den Basalten des Klöcher Massivs scheidet er eine dichte 
und eine feinkörnige Varietät, welch letztere olivinfrei sei. Auch 
mineralogische Zusammensetzung und chemische Analyse ließen beide 
verschieden erkennen. 

Im Jahre 1874 veröffentlichte K. Hoffmann seine großzügige 
Arbeit, welche die Basaltgesteine des südlichen Bakonyerwaldes zur 
Vorlage hatte. Er war auf einigen Touren auch mit dem oststeirischen 


1!) Siehe später pag. 448 und 449. Es sind sarmatische Schichten. 

?) Diese Altersbestimmung erscheint nicht gerechtfertigt. 

®) Letztere Behauptung wurde mehrfach angezweifelt, erwies sich aber als 
richtig. 

4) Siehe Karte, Klöcher Massiv. 


418 Artur Winkler. ® 6] 


Eruptivgebiete bekannt geworden, dessen Beziehungen zu den Erup- 
tionen im Plattenseegebiet er einer Erörterung unterzieht. Er be- 
trachtet die Gleichenberger Vulkanzone als einen exzentrisch ent- 
wickelten Reihenvulkan, dessen eruptive Energie geringer gewesen 
sei als in Ungarn, indem sich die vulkanische Kraft an wenigen 
Punkten mit meist explosiven Ausbrüchen erschöpft habe. 

Er tritt ferner der Sturschen Annahme entgegen, daß die Vul- 
kane in die Zeit des Belvedereschotters fallen und meint, daß sie 
unmittelbar nach Ablagerung der Congerienschichten entstanden seien, 
zumal die in den Tuffen sich vorfindenden Schottergerölle nicht auf 
primärer Lagerstätte wären. Denn Schotterlagen kämen sowohl in 
sarmatischen als in Congerienschichten vor und könne sich daher ihr 
Auftreten in den Tuffen leicht erklären lassen. Er hält eine submarine 
Bildung der Eruptionen für wahrscheinlich. Das konzentrisch einwärts 
gerichtete Fallen der Tuffschichten bei Kapfenstein, Riegersburg und 
Güssing weise darauf hin, daß auch die steirischen Vulkane Ruinen 
ihrer einstigen Essen darstellen. Schließlich ordnet er die steirisch- 
ungarischen Eruptivvorkommnisse in zahlreiche Quer- und Längs- 
reihen ein). 

Im Jahre 1874 trat Dr. Konrad Clar mit der ersten seiner zahl- 
reichen, kleinen Publikationen ‚hervor, die hauptsächlich dazu bestimmt 
waren, geologische Kenntnisse in weiteren Kreisen zu verbreiten. Es 
läßt sich auch ein wesentlicher Fortschritt im Laufe der Jahre in der 
Auffassung des Verfassers erkennen. 

Die erste Mitteilung berichtet, daß das große Trachytmassiv des 
Gleichenberger Kogels, von der nur 1/, km südwärts, mitten im Kur- 
ort auftauchenden Insel des Praterwaldes durch ein Band sarmatischer 
Schichten getrennt sei. 

Die Tuffe von Kapfenstein und deren sarmatische Unterlage haben 
eine Neigung von 50—40° Nordwest, was mit dem Auftreten der 
jenseits der ungarischen Grenze bei Neuhaus auftauchenden Schiefer- 
insel in Zusammenhang gebracht wird. 

In den Földtany Közlöny 1877 ist ein wenige Zeilen umfassen- 
der Bericht über die Revisionsaufnahmen der ungarischen geologischen 
Reichsanstalt, welche diese in den an das Gleichenberger Eruptiv- 
gebiet angrenzenden Regionen ?) durchführte, von Matyasovsky ent- 
halten, welcher besagt, daß es gelungen sei, einige kleine Tuffvor- 
kommen nahe der Österreichischen Grenze bei Neuhaus aufzufinden. 

Im Jahre 1878 teilt Professor Dr. R. Hörnes einige Exkursions- 
beobachtungen mit (46a), aus welchen hervorgeht, daß sich am Höhen- 
zug von St. Anna am Aigen (SO vom Hochstraden, siehe Karte) 
typischer Nulliporenkalk mit Ostrea, Pecten und Krabbenresten vor- 
finde, daß SW vom Prödiberg (Gleichenberg West, siehe UÜbersichts- 
karte) ein glimmerreicher sandiger Mergel mit Congeria triangularıs ?) 
auftrete, und daß die sarmatische Stufe durch oolithische Nubecula- 
rienkalke, Mergel und Sand vertreten sei. 


!) Siehe später bei Besprechung der Arbeiten von Prof. Sigmund. 
?) Stoliczka hatte dieses Gebiet 15 Jahre vorher eingehend untersucht. 
3) ist Cong. ornithopsis Brus. 


[17] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 419 


Im selben Jahre teilt Dr. R. v. Fleischhacker (465) ein inter- 
essantes, von ihm entdecktes Vorkommen mariner Schichten bei Glei- 
chenberg mit, welches sich auf dem Höhenzuge von Gleichenberg 
gegen den Stradener Kogel vorfinde !). In einem Weingarten sammelte 
er eine reiche Anzahl für die Grundner Schichten bezeichnender, 
Fossilien. 

In der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft 1879 
publizierte A. Penck (47) die Resultate seiner mikroskopischen 
Untersuchungen an den Tuffen der Sulzberge und Wirberge (Gleichen- 
berg Süd) und an jenen des Steinbergs bei Feldbach (Gleichenberg 
Nord). Er wies nach, daß es sich durchweg um Palagonittuffe handle. 
Der Palagonit sei jedoch kein eigenes Mineral, sondern stelle ein 
Basaltglas dar. Die Lapilli bestünden häufig aus Limburgit, der einen 
in der Entwicklung stehengebliebenen Basalt, ein „Zwischenglied 
zwischen letzterem und dessen glasiger Ausbildung“ darstelle. Die 
Olivinbomben (besonders im Tuff des Steinbergs) wären infolge des 
Auftretens von Dampfporen in den augitischen Partien und von Glas- 
einschlüssen kein Tiefengestein, sondern konkretionäre Bildungen in 
einem durchaus flüssigen Magma. 

Wieder ergriff im Jahre 1880 Professor Hörnes (48) das Wort, 
diesmal zu den Ansichten K, Hoffmanns über das oststeirische 
Vulkangebiet (siehe vorher) Stellung nehmend. 

Er zeigt, daß bei Kapfenstein und an den Wirbergen (Gleichen- 
berg S) die Tuffe den Belvedereschotter überlagern und meint, daß 
die Schotter in den Tuffen diesen auf fluviatile Weise zugeführt 
seien. Er tritt für eine subärile Bildungsweise der Basaltvorkommen 
ein und erklärt, daß kein Zweifel obwalte, daß die Eruptionen der 
Bildung des Belvedereschotters gleichzeitig seien. 

Bezüglich des Gleichenberger Trachyts, an dem zwei Jahre vor- 
her Hussak (45) Augittrachyte, Augitandesite und Rhyolite unter- 
schieden hatte, trat er für ein submarines Aufquellen desselben in 
der sarmatischen Zeit ein und meint, daß die Verschiedenheit der 
Gesteinsvarietäten ?) nicht auf einen Altersunterschied deute, sondern 
auch auf ein schlieriges Magma zurückgeführt werden könne. 

Die Eruptionen von Gleichenberg werden schließlich in Zusammen- 
hang gebracht mit dem Einbruch des Grazer Beckens und es wird auf 
eine mögliche Verknüpfung mit der Wiener Thermallinie hingewiesen. 

In den Verhandl. d. K. k. geol. R.-A. 1880 teilt Hussak (50) 
die Resultate einiger Gesteinsbestimmungen aus dem Basaltgebiet Ost- 
steiermarks mit. 


Nephelinbasalte seien (meist hauynführend): 


1. Steinberg bei Gleichenbersg, 

2. Waldra (siehe Karte), 

3. Rosenberg (siehe Karte), 

4. Hochstradener Kogel und Teufelsmühle. 


1) Es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine in der Tuffspalte der Wir- 
berge liegende Scholle. 


2) Mit Ausnahme des Quarztrachyts. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. IIeft. (A. Winkler.) 55 


490 Artur Winkler. [18] 


Feldspatbasalte seien: 


1. Klöcher Kogel (siehe Karte), 
2. Seindlberg (siehe Karte). 


Nephelintephrite seien: 


. St. Jörgen (siehe Karte, Klöcher Massiv), 

. Finsterlberg (siehe Karte, Klöcher Massiv), 

. Bei Klöch (siehe Karte, Klöcher Massiv), 

. Klamm bei Klöch (siehe Karte, Klöcher Massiv), 

. Westfuß des Kindbergkogel (siehe Karte, Klöcher Massiv), 
. Hainfeld bei Feldbach. 


oT PBVONM 


Magmabasalte seien: 


1. Kapfensteiner Basalt, 
2. Loipersdorf bei Fürstenfeld. 


In der Schrift „Boden, Wasser, Luft von Gleichenberg* (51) 
gibt Clar eine Erklärung für die Bildung der zahlreich in der 
weiteren Umgebung des Kurorts auftretenden Säuerlinge. 


Das Regenwasser sickere ein, nehme die aus dem magmatischen 
Herd aufsteigende Kohlensäure und die sauren Exhalationen mit, zer- 
setze die umgebenden Gesteine, welche für die gelieferten Säuren 
die Basen hergeben, wobei Kieselsäure frei werde und Opalbildungen 
etc. veranlasse. 

Im Jahre 1882 veröffentlichte Kispatic (52) eine Mitteilung 
über die Opale von Gleichenberg. Es habe stellenweise eine voll- 
ständige Umwandlung der Andesite durch Einwirkung kohlensäure- 
haltiger Wässer in Opale oder durch Einwirkung von Kohlensäure und 
Schwefelsäure in Alunite stattgefunden. 

Im ersten Bande des „Antlitz der Erde“ von Eduard Suess 
(56) wird auf die zeitliche und räumliche Einheitlichkeit der Einbrüche 
am Ostrande der Zentralalpen hingewiesen, mit denen augenscheinlich 
das Auftreten vulkanischer Bildungen im Landseer Becken einerseits !), 
im Grazer Becken anderseits in Zusammenhang stehe. 


In dem Werke „Peters und Ilwoff: Geschichte der Stadt Graz 
und ihrer Umgebung“ verfaßte K. Clar das Kapitel über Gleichen- 
berg (55). 

Er sagt: „Nach Abschluß der Trachyteruptionen erfolgte der 
Hereinbruch des sarmatischen Meeres, das eine ailseitige Umhüllung 
des Trachytstockes hervorrief und mit einer dem Trachyt unmittelbar 
auflagernden Kalkbank beginnend, aus einer Wechsellagerung von 
wasserdichten Mergeln, süßwasserführenden Sanden und zoogenen 
Kalkflözen besteht.“ 

Submarine Eruptionen hätten den Hermannskogel (Zug der Sulz 
und Wirberge Süd von ‚Gleichenberg) gebildet, welche bereits zur 


!) Basalte des Pauliberges und von Pullendorf. 


[19] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 421 


sarmatischen Epoche !) begonnen hätten. In Verbindung mit diesen 
Eruptionen sei nochmals eine sekundäre Hebung des Trachyts vor 
sich gegangen, wodurch die sonst überall horizontalen Cerithien- 
schichten geknickt und zerquetscht wurden. Erst nach dem voll- 
endeten Aufbau der sarmatischen Stufe erfolgte die Bildung der großen, 
plateauförmigen basaltischen Tafelberge. 

lm Jahre 1892 veröffentlichte Professor Dr. V. Hilber eine 
Arbeit, betitelt: „Sarmatisch-miocäne Konchylien Oststeiermarks“ (60). 
In dieser beschreibt er unter anderen auch mehrere in der Umgebung 
von Gleichenberg aufgefundene Fossilien, insbesondere von der Ort- 
schaft Jamm (siehe Karte). Ein breitrippiges Cardium aus den sarma- 
tischen Schichten wird als Cardium Jammense bezeichnet. 

In den „Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereines (61) 
für Steiermark 1895“ gibt Clar eine wertvolle Darstellung seiner 
jüngsten Beobachtungen in Gleichenberg. 

Die unmittelbare Auflagerung von Kalkbänken auf das Trachyt- 
massiv hatte er im Laufe der Jahre an sieben Punkten beobachtet. 
Der Ursprung der Gleichenberger Quellen wird in einer Nord—Süd- 
streichenden Spalte gesucht, die sich auch deutlich als Verwerfung 
erkennen lasse. 


Als Beweis hierfür führt er an: 


1. Eine in der geraden Fortsetzung der Quellen gelegene, bei 
Anlage eines Süßwasserstollens beobachtete‘ Verwerfung (der Stollen 
führte unmittelbar aus Tegel nach einer Kluft in Sand), welche ein 
Absinken des östlichen Flügels erwies. 

2. Die Höhenlage des im Kurort auftauchenden Trachyts der 
Praterwaldkuppe gegenüber dem unmittelbar östlich angrenzenden 
Röhrlkogel. 

3. Die allgemeine Nord—Süd-Erstreckung beider Rücken. 

4, Das Vorkommen von Kieselsinterabsätzen in dem in der Fort- 
setzung der Spalte liegenden Mühlsteinbruch und Opalklüfte am 
Sattel des Gleichenberger Kogels. 

5. Die Erscheinung, daß die Konstantinquelle aus dem stehen- 
gebliebenen westlichen Teil des Trachyts entspringt, während die öst- 
lich gelegene Bachquelle erst nach Durchstoßung der versunkenen 
sarmatischen Schichten zutage trat. 


Dritte Periode. 
Geologische Forschungen in den Jahren 1895 —1912. 


In dem Jahre 1895 setzt eine neue Periode in der Erforschung 
des Gleichenberger Eruptivgebiets ein. Der große Aufschwung, der 
inzwischen der Petrographie zuteil ward, mußte naturgemäß den 
Anlaß geben, dieses interessante Vulkangebiet von neuen, petrographi- 


!) Es beruht dies auf einer Täuschung durch einen in die sarmatischen 
Schichten eingreifenden Tuffschlot. 
55* 


422 Artur Winkler. [20] 


schen Gesichtspunkten zu betrachten, die Verteilung der vorhandenen 
Gesteinstypen nachzuweisen und über ihre Entstehungs- und Bildungs- 
weise Anhaltspunkte zu gewinnen. 

Das Verdienst, diese Aufgabe gelöst und eine exakte, ergebnis- 
reiche Darstellung der Gesteine des Gleichenberger Eruptivgebiets 
durchgeführt zu haben, gebührt fast ausschließlich der Tätigkeit von 
Prof. Dr. Sigmund, der in sieben Publikationen in „Tschermaks 
Mitteilungen“ seine reichen Ergebnisse niedergelegt hat. 

Sie bildeten die nötige petrographische Basis für meine weiteren 
geologischen Arbeiten und sie machten es mir möglich, „vorläufig“ 
ohne eingehendere Gesteinsuntersuchungen die Ergebnisse meiner geo- 
logischen Aufnahme und meiner Studien darlegen zu können. 


In „Tschermaks Mitteilungen“ 1896 (62) veröffentlichte Prof. 
Sigmund seine Studien über Gesteine des Basaltgebiets von Klöch 
(siehe Karte). 

Eine Wanderung durch dieses Eruptivgebiet von der Ortschaft 
Klöch aus zeigt folgendes: 

Die „Palagonit“-Tuffe im Orte (West-Lisiere) seien „ungeschichtete* 
srobe Tuffe, überlagert von einer Schicht mit Basaltblöcken, in deren 
Hangenden sich in schlanke Säulen zerklüfteter Basalt ausbreite. 


Die Tuffe erwiesen sich als palagonitführend mit Augitkristallen, 
Kalzitflittern, Quarzgeschieben und schließlich verschiedenen Typen 
basaltischer Auswürflinge. 

Der Hangendbasalt als Stromstirn aufgefaßt, erwies sich als 
Nephelinbasanit. 


Die plattenförmig abgesonderten Basalte des Seindlberges 
(Westteil von Klöch) gehören einem glasreichen Nephelinbasanit an. 
Sigmund schildert ferner den im oberen Teil dieses Berges sicht- 
baren Übergang des festen Basalts in ein schwammigtoniges Gestein 
und nimmt an, daß die Seindikuppe aus einem zirka !/, m mächtigen 
Schlackenhut bestehe, der dem kompakten Kern desselben aufgesetzt 
sei, als Oberflächenfazies ohne Nephelinausscheidung erstarrt. 

Die Tuffe zwischen Finsterlberg (Kuppe unmittelbar West des 
Seindls) und Zamberg (siehe Karte) seien lagenweise sehr schön 
geschichtet, die Bänke fallen gegen den Berg zu und zeigen Faltungen. 


Ihre Bestandteile sind: 


. Palagonit, 

. Augitkristalle, 

. Kalkspat, 

. quarzführender Magmabasalt, 

. Quarzkörner und Quarzgeschiebe bis zu Taubeneigröße, 
. Schmitzen eines gelblichen gefritteten Tons, 

. nußgroße Geschiebe von Granit. 


SIOOUTPROD — 


Die fremden Einschlüsse sollen bei der Eruption mitgerissen 
sein. Die Schichtung der Tuffe weise keineswegs auf eine submarine 
Bildung hin, da ja erstere auch ohne Einwirkung des Wassers zu- 
stande komme und der Mangel organischer Reste in den Tuffen gegen 
eine aquatische Bildung spreche. 


[21] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 423 


Die nordwärts gelegene Bucht von Jörgen (siehe Karte) sei von 
Belvedereschotter eingenommen. Die Bergwände beständen aus asch- 
grauen, oft deutlich geschichteten Palagonittuffen. Im Herrschafts- 
steinbruch sei der Tuff durch Palagoniteinlagerungen sehr grobkörnig. 
Im Gemeindesteinbruch wechseln damit graue tonige Lagen mit spär- 
lichen Lapilli ab. Über den Tuffen liege überall eine 2 m mächtige 
Lehmschicht mit Basaltblöcken. Die Uberlagerung des Jörgener Tuffs 
bestehe in einem feinkörnigen Nephelinbasanit, der in senkrechte Pfeiler 
zerklüftet sei. 

Am Nordabhang des Kindbergkogels (siehe Karte) befinde sich 
auf halber Höhe ein Steinbruch, der, wie am Seindl, den Übergang 
des oberflächlich schwammigen Gesteins in einen festen Basanit, der 
den Kern der Kuppe bildet, aufdeckt. 

Der Basalt ist hier in saigere Platten zerklüftet!). Prof. Sig- 
mund läßt es offen, ob der Berg eine selbständige Quellkuppe oder 
das kuppenförmig aufgestaute Ende eines Lavastroms darstelle. Auch 
am Kindbergkogel bilden Palagonittuffe und die Unterlage dieses 
Nephelinbasanits, 

Weiter gegen Tieschen lagere mantelförmig auf denselben ein 
gelbgrauer Tonimergel. 

Im östlichen Teil des Massivs bei der Burgruine Klöch trete 
ebenfalls Nephelinbasanit auf, der von dem aus einem aschgrauen, 
geschichteten Palagonittuff gebildeten Hohenwartrücken überragt sei 
(siehe Karte), dessen Streichen NS verlaufe, bei östlicher Fallrichtung. 

Die Resultate faßt Sigmund kurz ausgedrückt folgendermaßen 
zusammen: 

Die vulkanische Tätigkeit hat bei Klöch mit Glas, Lapilli und 
Aschenauswurf begonnen. Aus der Beöbachtung des widersinnigen 
Fallens der Tufte an verschiedenen Punkten, schließt er auf die Existenz 
eines Tuftbeckens. 

Eine zweite Eruptionsperiode hat allerorts den augitreichen 
Nephelinbasanit geliefert, der jene Tuffmulden ausfüllte. Die Oberfläche 
des Berges erstarrte locker und bildete die Schlackenhüte, die die 
Basalte überlagern. Eine Wechsellagerung von Tuff und Basanit finde 
nirgends statt. 

Tuff und Basalt scheinen auf zwei divergierenden Spalten gefördert 
zu Sein, von denen die eine die Richtung Klöch—Zahrerberg, die 
andere die Richtung Klöch—Kindbergkogel besessen habe. 

Im Jahre 1897 erschien Sigmunds zweite Arbeit, welche die 
übrigen Basaltvorkommnisse um Gleichenberg behandelt (63). Der Basalt 
des Hochstraden (siehe Karte) lagere an seiner Nord- und Ostabdachung 
auf sarmatischen Schichten, während gegen Süden hin isolierte Basalt- 
vorkommnisse in einer neogenen Schotterfläche verborgen seien, 

Was das Alter dieser Eruptionen anlangt, haben diese nach 
Analogie der Gleichenberger Basalteruptionen, nach Ablagerung der 
sarmatischen Schichten, nach Eruption der Trachyte, Andesite und 
Rhyolite stattgefunden. 


!) Es handelt sich hier jedoch um eine den Kraterkegel — denn als solcher 
erwies sich der Kindberg — durchsetzende Radialspalte. 


4924 ‘ Artur Winkler: [22] 


Da die Tuffe bei Kapfenstein und Fehring auf Congerienlehm 
lagern !), sind sie dort auch jünger als diese, vielleicht dem Belvedere- 
schotter gleichalterig, wenn auch die Annahme Sturs, daß die Ba- 
salte des Hochstradens einer Schotterfläche aufgesetzt seien, nicht 
nachweisbar wäre ?). Das Gestein des Hochstraden sei ein hangreicher 
Nephelinit von grauschwarzer Farbe, stellenweise graupig ausgebildet. 


Unter dem Basalt des Hochstradens sei eine Tuffdecke, bestehend 
aus schlackigen Basalten, Quarzen, Nephelinitblöcken und einem aus 
zersetzten Lapilli hervorgegangenen Zement. 

Resümierend gibt der Verfasser der Meinung Ausdruck, daß 
in einer ersten Phase Palagonittuff auf sarmatischer Unterlage sich 
abgelagert habe, daß in einer zweiten Phase ein Lavastrom nach Ost 
fließend, das Waldraplateau (siehe Karte) gebildet habe, ein anderer 
dagegen ein NS streichendes Tal ausgefüllt und die Bildung der in 
der Fortsetzung des Hochstraden bis zur Murebene gelegenen Basalt- 
vorkommen geschaffen habe. Letzterer Strom habe sich über ein 
terrassenartiges Relief des Untergrundes ergossen. An Stellen flachen 
Gefälls lagerten sich nachträglich „über ihn“ Belvedereschotter, so 
daß ein Wechsel terrassierter Basaltkuppen und Belvedereschotter- 
terrassen stattfinde ?). 

Da die übrigen beschriebenen Vorkommnisse außerhalb meines 
engeren Aufnahmegebietes liegen, kann ich mich kürzer fassen. 

Der Steinberg bei Feldbach (Gleichenberger Masse Nord) bestehe 
aus einem basaltischen Sockel (Nephelinbasanit), über den Palagonit- 
tuffe folgen, die eine wenige Meter mächtige Koppe von Nephelin- 
basalt tragen. 

Die zwischengelagerten Tuffe enthalten: Palagonitlapilli, Augit- 
kristalle, Basaltbrocken und Olivinbomben, Hornblendekristalle, Quarz- 
bruchstücke und große Bomben von Nephelinbasalt. 

Die Eruptionsfolge zeige einen Übergang von einem relativ 
sauren zu einem basischen Magma. 


Im Jahre 1898 publizierte Professor Sigmund eine Mit- 
teilung (64) über die Basalte bei Fürstenfeld und die von Weitendorf 
(südlich von Graz) bei Wildon (siehe Übersichtskarte). Beide Vor- 
kommen liegen weiter entfernt vom Eruptionszentrum. 

Das Vorkommen von Fürstenfeld erwies sich als Magmabasalt. 

Es ist wahrscheinlich einer OW streichenden Spalte aufgesetzt 
und besitzt eine säulenförmige Absonderung. Einschlüsse von Aplit- 
brocken, Glas- und Quarzkörnern, roten Tonballen und schließlich 
Tuffbrocken, welche von einer die Basis bildenden Partie herrühren 
mögen, sind darin anzutreffen. Der Basalt von Weitendorf (von dem 
übrigens auch eine hier nicht angeführte ältere und jüngere Literatur 
besteht) erwies sich als Feldspatbasalt. 

Im Jahre 1899 veröffentlichte Professor Sigmund die Resultate 
der speziellen petrographischen Untersuchungen der Tuffe (65). Es 


!, Wie schon Stur, Geologie der Steiermark, angibt. 

?) Siehe hierüber pag. 460. 

®) Bezüglich meiner Ergebnisse über diese Erscheinung und meine abweichende 
Erklärung siehe pag. 463. 


[23] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 425 


gelangihm nachzuweisen, daß alle Tuffe durch einen Gehalt an Palagonit 
(Sideromelan) ausgezeichnet seien und Magmabasaltbrocken (am Hoch- 
straden auch solche von Nephelinit) enthielten und daß entweder eine 
augitische Asche mit Sedimentmaterial oder verwitterte Palagonite mit 
kalzitisch-natrolithischem Zement vorlägen. 


Nach diesen Prinzipien lassen sich die Tuffe in fünf Gruppen 
einteilen: 


1. Tuffe mit Zement von augitischer Asche mit tonigem oder 
mergeligem Sediment. 

. Tuffe mit vitrogenem und kalzitischem Zement. 

. Tuffe mit kalzitischem Zement. 

. Tuffe mit natrolithischem Zement. 

Tuffe mit natrolithischem und kalzitischem Zement. 


new W 


Vor allem lasse sich eine subärile Entstehung nachweisen. 


Von Detailbeobachtungen sei hervorgehoben, daß die Tuffe des 
Hohenwart (Ostrand des Klöcher Massivs) dem Typus 1 (Normaltypus) 
entsprechen und daß ihre erdige, graue Grundmasse aus doppelt- 
brechenden Körnchen bestehe, deren Bild im Mikroskop, mit denen 
aus sedimentären Mergeln des Untergrundes übereinstimme. Ein- 
geschaltete Basaltbröckchen erwiesen sich als Magmabasalte. Die Tuffe 
weisen auf eine subärile Entstehung an den schlammigen Ufern des 
regredierenden Kongeriensees hin. 


Im Gebiete des Seindl nimmt der Autor an, daß der dünn- 
flüssige Basalt stellenweise den Tuffrand ganz überflossen habe und 
daher letzterer an mehreren Punkten am Rande nicht hervortrete. 
Die Tuffe des Finsterl- und Zamberges seien durch Wechsellagerung 
grobkörniger Lagen aus Magmabasalt und Quarzkörnern mit wenig 
Zement und feinkörnigen, zementreichen Lagen bandartig gestreift. 
Das Zement entspreche dem Typus 3. 

Der Kindbergkogel sei einem flachen Hügel aus Congerientegel!) 
aufgelagert und bilde einen basalen Tuffring mit einer aufgesetzten, 
halbkugeligen Nephelinbasanitmasse. Der Habitus des Tuffs entspreche 
dem Normaltuff (1). 


Die Bildung der auftretenden Blocklavabreccie wird durch 
das Abrutschen von größeren und kleineren Stücken erklärt, welche 
sodann von noch nicht verfestigten Aschenmassen aufgenommen und 
verkittet wurden. 

Am Hochstraden sei an der sogenannten Teufelsmühle (Gipfel 
Ost) der Kontakt zwischen den hangenden Basalten und dem liegenden 
Tuff aufgeschlossen, welch ersterer auf zirka 20 m hin seine Wirkung 
auf den Untergrund ausgeübt habe. 


Im Liegenden herrschen Normaltuffe (1) jedoch mit eckigen 
Nephelinitlapilli und mergeligem Zement vor, darüber folgen die- 
selben Tuffe kontaktlich verändert, rötlichgrau bis ziegelrot verfärbt 
und ohne Kalkgehalt; eine 60 cm mächtige Lage eines ziegelroten, 
deutlich geschichteten sandsteinartigen Tuffs mit Palagonit lagere 


ı) Es sind sarmatische Schichten. 


426 Artur Winkler. [24] 


darauf, überdeckt von einem rotbraunen in Brocken zerfallenden 
Tuff, welcher die Basis des Nephelinitstroms bilde. 

Im höchsten Teil des Plateauberges liegen Fladenlavastücke 
herum, die ihre Rotfärbung dem Hauyn verdanken. 

Die Tuffe bei Gleichenberg !) besitzen ein teils palagonitisches, 
teils kalzitisches Zement mit Einschlüssen von Basalt, Andesit, Quarz, 
Augit, Sanidin, Amphibol und Biotit. 

Der Steinberg bei Feldbach entspreche auch dem Normaltuff 
und lagere auf einem grünlichgelben glimmerigen Sand, der die 
untere Hälfte des Berges bilde. 

Kapfenstein (Gleichenberg Ost), ebenfalls ein Normaltuff, stelle 
eine Tuffruine dar, mit konzentrisch einwärts gerichtetem Fallen, der 
von Palagonit, Magmabasalt, Olivinbomben und Quarzkörner gebildeten 
Lagen. 

Die gegen Nord und NÖ gegen das Raabtal vorgelagerten Kuppen 
lagern auf Congerientegel und enthalten überall. faustgroße Magma- 
basalte, Olivinbomben, Amphibolkristalle und Sandsteinknauern. 

Die oft beschriebenen Vorkommen von Poppendorf und Gnas zeigen 
am Kaaskogel (OÖ von Gnas) feine sandsteinartige Tuffe ohne Zement. 

Bei Pertlstein (Feldbach O, siehe Übersichtskarte) herrschen 
gutgeschichtete Tuffe von natrolithischem Zement vor. Hervorzuheben 
sind Einschlüsse von Glanzkohle, Nephelinbasalt und Olivinbomben. 
Die Tuffe des Kalvarienbergs bei Feldbach führten neben Olivin- 
bomben, Amphibolkristalle, Biotitandesite und Feldspatbasalte. 

Bei Unter-Weißenbach (westlich von Fehring) sind rötlichgraue 
Tuffe mit schlierig eingelagerten schwarzen Tuffen, wahrscheinlich als 
Flanke eines Kraterwalls entwickelt und enthalten nebst den gewöhn- 
lichen Einschlüssen Cerithiensandsteine. 

Die Tuffe bei Auersberg zeigen als Basis die Congerienschichten. 
und lassen nebst mehreren, genauer beschriebenen Tufftypen Glas- 
und Olivineinschlüsse sowie eine mitgerissene sandige Scholle und 
eine Gangkluft erkennen. N 

Die Riegersburg schließlich (siehe Übersichtskarte) stellt sich 
als der Erosionsrelikt eines mächtigen Tuffvulkans dar, aus porösen 
Magmabasaltlapilli und Palagonitkörnern und natrolithischem Zement 
aufgebaut. Eingebettet finden sich große Quarzgeschiebe, Ampbibol- 
bomben und Mergelknauern. 

Im „Rückblick“ zeigt der Verfasser, daB in der sarmatischen 
Zeit rhyolitische, trachytische und andesitische Laven sich gebildet 
hätten (Gleichenberger Kogel), daß die größte Entfaltung der vul- 
kanischen Energie erst nach dem Rückzug des Congeriensees ein- 
getreten sei und nördlich und südlich des trachytischen Zentrums 
flache Tufikegel bis 200 m Höhe aufbaute. 

An vier Punkten kam es sodann zu Durchbrüchen von Laven, 
die Kratere oder Tuffvulkane erfüllten, deren Ränder überflossen und 
so Kuppen, Ströme und Decken bildeten. 

Bei Klöch entstanden Nephelinbasanite, deren Oberflächenfazies 
ein Basanitoid darstelle. 


!) Tuffe der Wirberge, Sulzberg und des Herrmannskogel SO des Kurortes. 


[25] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 497 


Am Hochstraden floB ein hauynreicher Nephelinit aus. 


Am Steinberg bei Feldbach bildete sich Nephelinbasanit mit 
einer Decke von Nephelinbasalt. 


Bei Fürstenfeld drang Maßulkbhgalt bei Weitendorf Feldspat- 
basalt hervor. 

Es seien Spaltungsvorgänge innerhalb des Magmas gewesen, 
welche dessen Verschiedenheit hervorgerufen haben. Jedoch weise 
der im allgemeinen gleiche Charakter darauf hin, daB keine bedeu- 
tenden Spaltungen sich in demselben vollzogen haben. 

Der verschiedene Wassergehalt hat den Unterschied zwischen 
Block und Fladenlava hervorgerufen. 


Als letzte Nachwehen sind die Säuerlinge von Radein, Klapping 
Straden und Gleichenberg anzusehen. 

Die Eruptionsfolge stimme mit dem „l’ordre habituel“ Michel 
Levys überein, indem auf die sauren Produkte basische Laven 
(Trachyte, Nephelinbasanite, Nephelinbasalte ete.) einem $-Magma ent- 
sprechend gefolgt seien. 

Zum Schlusse vergleicht Sigmund die steirischen Basalt- 
eruptionen mit denen des benachbarten Plattenseegebiets und zeigt, 
daß hier wie dort die sauersten Eruptionen der Feldspatbasalte eine 
extreme Position besitzen, einerseits in dem Feldspatbasalt von Weiten- 
‘dorf (am Westrande der Grazer Bucht), anderseits in den Feldspat- 
basalten von Waitzen au der Donau. 

Die dazwischenliegenden basaltischen Eruptionspunkte besitzen 
eine höhere Basizität, wobei jedoch durch das Vorherrschen der 
Plagioklas führenden Nephelinbasanite in Ungarn, gegenüber den Augit 
führenden Nephelinbasaniten in Steiermark, erstere einem etwas 
sauren Typus entsprechen. 

Im Jahre 1902 erschien schließlich Sigmunds letzte (66) 
größere Publikation, welche das Trachytmassiv von Gleichenberg zur 
Vorlage hat. 


Was das Alter desselben anbelangt, so bemerkt der Autor, daß 
nach Stur der Trachyt auf dem unteren Tegel und Sand der sar- 
matischen Stufe aufruhe. 


Auf dem Eruptivgestein lagern Belvedereschotter, die im Mühl- 
steinbruch durch Kieselsinterabsätze verkieselt sind. 


Der Kern der Masse bestehe aus Trachyt, während ringsherum 
Andesitgesteine vorherrschen. 


Der Trachyt sei erst bloßgelegt worden, als die Erosion das 
Dach von Andesit abgespült hatte. 

Die stellenweise blasige Struktur weise auf eine supramarine 
Fruption hin. Am Nordostabhang des Bscheidkogels sei unweit des 
Gipfels ein graues Gestein mit dicht gedrängten Blasenräumen, einem 
aufgelockerten Trachyt der Zentralmasse entsprechend, das sich, wie 
die Poren zeigen, aus einer Spalte des Trachyts nach NO ergossen 
hat. Neogene Sedimente verhüllen die 1!/, km nördlich davon auf- 
tauchende Trachytkuppe von Gossendorf (siehe Übersichtskarte), 

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 56 


498 Artur Winkler. [26] 


welche als das kuppenförmig aufgestaute Ende des Lavastroms oder 
als selbständige Quellkuppe zu deuten sei. 

Ohne näher auf die zahlreichen petrographischen Details ein- 
zugehen, will ich angeben, daß Sigmund unter den Trachyten 
zwei Varietäten unterscheidet 


1. Biotitaugittrachyt (Bscheidkogel etc.) 
2. Biotithypersthentrachyt. 


Letzterer enthält am Südwestgehänge des Gleichenberger Kogels 
eingeschlossene Stücke eines Glimmerdiorits. 


Der Randzone gehören an 


1. Trachytoide Andesite, 
2. Andesitoide, 
3. Andesite. 


Trachytoide Biotitandesite bilden die Kuppe des Praterwaldes 
im Kurort selbst. 

Trachytoide Biotitaugitandesite bilden den Südrand des Bscheid- 
kogel, als grauschwarzes, hartes, olivinreiches Gestein ausgebildet. 

Was die Andesitoide anlangt, so ist ein Hypersthenbiotitandesitoid 
sehr verbreitet, während Biotitaugitandesitoid und Glimmerandesitoide 
zurücktreten. 


Die Andesite schließlich enthalten: 


1. Hypersthenglimmerandesite, 
2. Biotitandesite (Weinkogel), 
3. Biotitaugitandesite, 

4. Augitandesite (Westrand). 


Halbopale treten im Bereiche der Randzone reichlich hervor 
und sind seit langem bekannt und beschrieben. Brockentuffe mit rotem 
trachytischen und grauen andesitischen Laven und rotem lockeren ' 
Bindemittel sind in der Klause sichtbar. 


Schließlich schildert Sigmund das Auftreten des Liparits 
im Schaufelgraben (siehe Übersichtskarte), dessen plattige Absonderung, 
quellkuppenartige Bildung und wahrscheinlich höheres Alter als das 
des Trachyts (geschlossen aus dem Einfallen der Bankung unter 
letzteren). Er besitzt Einschlüsse von Granitit der Tiefenfazies des 
Liparits. Sein Kieselsäuregehalt sei sehr bedeutend. 

Die Verschiedenheit in den Gesteinsvarietäten hat ihre Ursache 
in einem Spaltungsvorgang des Magmas, welche zu einer peripheren 
und zentralen Differentiation des letzteren, zu einer basischen Rand- 
zone geführt hat. 

Im Jahre 1903 verfaßten Sigmund und Dr. Clar den Führer 
zu den Exkursionen des Internationalen Geologenkongresses in Wien, 


welcher die Ergebnisse beider Forscher in einem Auszug wieder- 
gibt (68). 


[27] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 4929 


Im selben Jahre entwarf Professor R. Hörnes in „Bau und 
Bild der Ebenen* (69) auf Grund der bisherigen Forschungsergebnisse 
ein Bild des oststeirischen Eruptivgebiets. Es sei hervorgehoben, daß 
auch er an dem sarmatischen Alter der Trachyte festhält und meint, 
daß die Eruption in mäßig tiefem Wasser des sarmatischen Binnen- 
meeres vor sich gegangen sei. Stellenweise mögen Partien über den 
Spiegel desselben hervorgeragt haben und dann blasig erstarrt sein. 
Das Fehlen der Tuffe spreche unbedingt gegen eine Bildung am 
Festland. 

Die „Brockentuffe“ der Klause werden als Gehängeschuttbreccie 
angesehen. 

Hörnes schließt sich ferner gegenüber der Anschauung von 
Sigmund der älteren Sturschen Auffassung an, daß die Tuffe 
des Hochstradenzuges einer Schotterfläche aufgesetzt erscheinen. 
Westlich von Fürstenfeld dagegen überlagern in den „Stadt und 
Langbergen“ Belvedereschotter die Tuffbildungen. Die Eruptionen 
fallen daher in die Zeit der Belvedereschotter, nach Rückzug des 
Congeriensees und mögen mit einem Nachbruch innerhalb des Ge- 
bietes der Grazer Bucht in Zusammenhang stehen. 

Professor ©. Diener gedenkt im „Bau und Bild der Alpen 
und des Karstgebietes“ (70) ebenfalls der Eruptionen Oststeiermarks; 
er gibt der Meinung Ausdruck, daß die meridionale Dislokation, auf 
der die Vulkane von Gleichenberg stehen, jünger zu sein scheint als 
der Randbruch der Grazer Bucht. 

Im Jahre 1905 veröffentlichte Professor Sigmund (72) einen 
Bericht über die Auffindung eines neuen Basalttuffvorkommens nörd- 
lich von Fürstenfeld bei Jobst und Lindegg (siehe Übersichtskarte). 
Das Gestein entspricht einem Normaltuff. 

Wichtiger ist in derselben Arbeit die Zusammenstellung der 
Eruptionen nach Vulkanreihen, indem er hierbei die Angaben Hoff- 
manns!) erweitert. An zehn beiläufig Nord—Süd streichenden 
Rupturen sollen die Eruptionen des Bakonyerwaldes sowie die Mittel- 
steiermarks stattgefunden haben. 


Im Westen beginnen die Eruptionsreihen mit den Vorkommen 
von Auersberg—Gnas: erste Reihe, 

hierauf folgen die Riegersburg, Steinberg, Hochstraden und 
Klöch als: zweite Reihe, 

Lindegg—Kapfenstein bilden die: dritte Reihe, 

Steinberg bei Fürstenfeld—Neuhaus: vierte Reihe, 

Tobaj— Güssing: fünfte Reihe, 


woran sich die übrigen, auf das Plattenseegebiet beschränkten Vulkan- 
spalten anschließen. 


Die im Jahre 1906 von Preiß veröffentlichte Arbeit (73) „Ver- 
gleich der steirischen Basalte mit denen des Plattenseegebiets“ brachte 
keinerlei neue Ergebnisse. 


!) Siehe pag. 418. 
56* 


430 Artur Winkler. [28] 


Im Jahre 1908 teilte Dr. Franz Herritsch die Resultate seiner 
Untersuchungen über Olivinbdomben und andere Einschlüsse im Tuff 
von Kapfenstein mit (74). 

Der Autor gibt an, daß die Olivinbomben — Aggregate von 
Olivin und rhombischem Pyroxen — von den kleineren Olivinein- 
schlüssen im Basalt verschieden seien und nicht auf dieselbe Weise 
(als Ausscheidung aus dem Magma) erklärt werden können. Ihr Zu- 
sammenvorkommen mit Belvedereschotter und tuffigem Material spreche 
für einen Einschluß eines fremden Gesteins. 


Ferner soll die wahrnehmbare Klüftung an den Knollen, ihre 
Schiefrigkeit und parallelipedische Form gegen die Ausscheidungs- 
natur beweisend sein, 


Eine der Basalteruption zeitlich vorangegangene magmatische 
Differentiation und die Bildung einer lherzolitischen Kruste, durch 
deren Zerträmmerung die Olivinbomben erklärt werden könnten, will 
der Verfasser auch nicht zugeben. Er kommt zum Schluß, daß ein 
Lherzolith, der nichts mit den Basalteruptionen zu tun habe, in der 
Tiefe anstehe und mitgerissen wurde. 


Die Herkunft der Einschlüsse von Granit im Tuff wird von 
einem in der Tiefe liegenden Granitlakkolith hergeleitet, der die 
Tiefenfazies des Gleichenberger Trachyts darstellt. 


Biotit-Graniteinschlüsse stammen aus dessen Kern, die Aplite 
von seiner Randzone. 


Gleichzeitig veröffentlicht Dr. Leitmeier eine Arbeit über die 
Opale von Gleichenberg (75). Er zeigt, daß die Umwandlung von 
Andesiten, „Andesittuffen“, in Opale und Halbopale nur durch von 
außen zugeführte Kieselsäure entstanden sein könne, welche in gallert- 
artigem Zustand die Bestandteile bald nach ihrer Entstehung ver- 
kittete und das brecciöse Gefüge hervorrief. 


Das entstandene Gestein sei übrigens besser als metamorphe 
Bildung nach Andesit und Andesittuff zu bezeichnen. 


Im Jahre 1912 gab Prof. Granigg die Resultate seiner Unter- 
suchungen über die Kohlenvorkommnisse am Ostrande der Zentralalpen 
bekannt (76). Die auf das Gleichenberger Eruptivgebiet Bezug neh- 
menden Angaben seien hier hervorgehoben. 


Die aus dem Tertiär aufragenden paläozoischen Inseln, welche 
in einem Zuge von der Schieferinsel des Sausals (Westrand des Grazer 
Beckens) zu der aus Tonschiefer und Kieselschiefer bestehenden alten 
Scholle von St. Anna am Aigen (Gleichenberg SO — Schieferinsel von 
Neuhaus) und von hier zum paläozoischen Vorkommen von Güssing 
(s. Übersichtskarte), Eisenberg und Rechnitz hinüberzuführen scheinen, 
sollen einen Grundgebirgsrücken andeuten, welcher die eigentliche 
Grazer Bucht von Untersteiermark und dem angrenzenden Ungarn 
abtrennt. | 


Die basaltischen Eruptionen betrachtet der Autor als Ober- 
miocän. Nur die Basalte von Stein bei Fürstenfeld, an welchen der 
Autor den Kontakt mit einem sandigen Tegel der Kongerien- oder 
Belvederestufe aufgeschlossen sah, sollen erst im Pliocän entstanden 


[29] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 431 


sein. Der Autor führt aus dem Eruptivgebiet folgende Punkte pon- 
tischer Lignite an: 1. Loipersdorf (Süd von Fürstenfeld), 2. Schiefer 
(Ost von Fehring), 3. Paldau (westlich von Feldbach), 4. Edelsgraben 
bei Hart, 5. Prädibauer, 6. Dörfla (NO von Fehring) ete. 

Im Antlitz der Erde, Bd. III 2, gedenkt Ed. Suess der in den 
Einbrüchen am Alpenrande auftauchenden Inseln von altem Gebirge, 
die von jüngeren Eruptionen und Mineralquellen begleitet sind. 


Schlußwort. 


Der Entwicklungsgang der Forschung im Gleichenberger Eruptiv- 
gebiet zeigt, daß eine Fülle von Arbeit seit fast einem Jahrhundert 
verwendet wurde, um dessen Bau zu enträseln. 

Dennoch klaffte noch eine gewaltige Lücke in der Kenntnis der 
Vulkanregion. 

Brach und unbearbeitet lagen noch die mächtig ausgebreiteten, 
jüngeren Tertiärsedimente vor, deren Fossilinhalt seit langem nicht 
genau untersucht worden war, deren stratigraphische Gliederung auf 
eine größere Strecke hin riemals noch in Angriff genommen war. 


Noch gab es viel zu tun, um die Verbreitung der basaltischen 
Eruptiva genauer abzugrenzen und die Fülle vulkantektonischer Fragen, 
die schon in der Zeit ältester Forschung aufgeworfen wurden, harrten 
noch eingehenderen Studiums. Wenn wir aber noch die Frage nach 
den Erscheinungen der jüngeren Tektonik stellen, nach-den Störungen, 
die die miocänen und pliocänen Tertiärschichten erfahren haben, nach 
der Verbindung der vulkanischen Eruptionen untereinander, ihrer 
Altersfolge und ihrem Zusammenhang mit größeren tektonischen Vor- 
gängen, die die mittelsteirische Scholle betroffen haben, dann erblicken 
wir noch ein weites, großes Arbeitsfeld vor uns ausgebreitet. 


Jetzt, nachdem die stratigraphische Gliederung Mittelsteiers durch 
die Studien Hilbers, Hörnes’ und anderer einer weitgehenden 
Klärung zugeführt war, als sich nun der Blick erweitern konnte, als 
in Untersteiermark, Kroatien und Ungarn die Untersuchungen von 
Teller, Dreger, Gorjanovic-Kramberger, Lörenthey, 
Vitalis und Halavats viele neue Beobachtungen ans Tageslicht 
gebracht hatten, schien es mir rätlich, die Stellung des Gleichenberger 
Eruptivmassivs, nebst einer genau durchzuführenden geologischen 
Detailaufnahme, auch von einem weiteren Gesichtspunkt aus zu be- 
trachten und zu erkennen, wie diese vielbesprochene und viel- 
studierte Region steirischen Bodens mit ihrer engeren und entfern- 
teren Umgebung verknüpft ist. 


432 Artur Winkler. [30] 


I. Hauptabschnitt. 


Lokalbeschreibung 


des im Maßstabe 1:25.000 aufgenommenen Gebiets von „St. Anna 
am Aigen, Hochstraden und Klöch*“ (Gleichenberg Süd). 


Hiezu geologische Karte (Taf. XV). 


Vorbemerkung. 


Umgrenzung des kartierten Gebiets. 


Die Begrenzung des von mir kartierten Gebiets südlich von 
Gleichenberg ist gegen Westen durch das breite, von Diluvium und 
Alluvium erfüllte Tal des Sulzbachs gegeben, welches die Entwässerung 
des nordwärts gelegenen Trachytmassivs zur Mur bildet; gegen Osten 
im allgemeinen durch das Tal der Kutschenitza, welches der Grenze 
gegen Ungarn folgend unterhalb Radkersburg ebenfalls der Murebene 
zustrebt; gegen Süden durch das Eintreten in das Diluvialgebiet der 
Murebene ; gegen Norden erscheint die Grenze willkürlicher gewählt, 
indem sie hier im allgemeinen der Tiefenfurche folgt, welche sich 
zwischen das Gleichenberger Trachytmassiv im Norden und das Basalt- 
gebiet des Hochstraden im Süden einschiebt. 

Die orographische Gliederung dieses Raumes läßt erkennen, 
daß darin zwei ziemlich selbständige Berggruppen auftreten: 

1. Der mächtige Zug des Hochstraden, welcher sich im Norden 
des Kartenblattes zu einem breiten, bewaldeten Bergrücken von 607 m 
Höhe erhebt, gegen Süden in drei durch tiefe Talfurchen getrennte 
Nordsüd streichende Höhenzüge sich zerlegt. Diese streben der Mur- 
ebene zu und tragen stellenweise eine Basaltdecke. 

2. Das Eruptivgebiet von Klöch, das ziemlich isoliert und un- 
vermittelt aus der Ebene aufsteigt und den südöstlichen Teil des 
Kartenblattes einnimmt. 


1. Kapitel. 


Lokale Stratigraphie. 
Vorbemerkung. 


An dem Schichtaufbau der vorher umgrenzten Region beteiligen 
sich folgende stratigraphische Einheiten: 


A. Paläozoikum: 
Karbon ?? 
B. Miocän: 


1. Zweite Mediterranstufe. 
2. Sarmatische Stufe, «) untere, ß) mittlere, y) obere. 


[31] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 433 


©. Pliocän: 


. Untere Congerienschichten (Untere pontische Stufe). 
. Älterer pontischer Schotter. 

. Basalttuffe. 

. Basalte. 


D. Quartär: 


1. Diluvium. 
2. Alluvium. 


>» - 


Nach der Verbreitung dieser Schichten auf dem Kartenblatt 
fällt mehr als die Hälfte der Oberfläche den sarmatischen Schichten zu, 
zirka '!/, den vulkanischen Bildungen, während sich in den Rest das 
Pliocän und die älteren Bildungen teilen. 


A. Paläozoikum. Karbon?? 


Paläozoische Schichten treten im Bereiche unseres Kartenblattes 
nur in sehr wenig ausgedehntem Maße zutage. 

Sie finden sich bloß östlich von St. Anna am Aigen in einem 
Seitengraben des Kutschenitzatales auf eine Erstreckung von kaum 
1 km Länge aufgeschlossen. 

Dieses Vorkommnis bildet den westlichsten Ausläufer des jenseits 
der ungarischen Grenze zwischen Neuhaus (Vas Dobra) und St. Georgen 
(Vis lendva) aus den sarmatischen Schichten auftauchenden paläozoischen 
Schichtkomplexes, dessen Ausdehnung mehrere Quadratkilometer beträgt 
und dessen Beschreibung Stoliczka im Jahre 18631) gegeben hat 
(siehe Übersichtskarte). Die tief eingeschnittene Talfurche, welche 
bei St. Anna am Aigen die den Westabfall dieses Horstes umhüllende 
sarmatische Serie durchschneidet, entblößt in dem Grunde der Erosions- 
rinne noch einen Aufbruch paläozoischer Sedimente. 


Es finden sich folgende Gesteine: 


1. Tonschiefer. 
2. Kieselschiefer. 
3. Quarzit. 


Ad 1. Der Tonschiefer ist ein sehr wenig metamorphes, stellen- 
weise noch fast schiefertonartiges Gestein, welches den größten Teil 
dieses paläozoischen Vorkommens ausmacht. 

Ad 2. Der Kieselschiefer bildet am linken Bachufer eine 
isolierte Felsgruppe, welche bei der Bevölkerung unter dem Namen 
„Schwarzer Stein“ oder „Teufelstein“ bekannt ist. 

Das Gestein weist deutliche Faltungserscheinungen auf. Eine 
kleine liegende Faite in demselben zeigte Streichen O—W (10° 
gegen NO). 

Ad 3. Der Quarzit bildet eine Einlagerung im Tonschiefer, welche 
in einem kaum einen Meter mächtigen Bande im Seitengraben unter- 
halb St. Anna am Aigen zutage tritt. 


!) Siehe pag. 415. 


434 Artur Winkler. [32] 


Die Altersfrage dieser Bildungen kann bei mangelndem Fossil- 
inhalt sowohl hier als in der benachbarten größeren Schieferinsel 
nicht sicher beantwortet werden. 

Für diese angrenzenden paläozoischen Gesteine besitzt nach ihrem 
allgemeinen petrographischen Habitus die Deutung als Karbon einige 
Wahrscheinlichkeit. Die Belege hierfür werden an anderer Stelle bei 
Darstellung der Schieferinsel „Neuhaus— St. Georgen“ in einer späteren 
Arbeit angeführt werden. 

Ein näheres Eingehen auf die Altersfrage scheint mir wegen 
der Geringfügigkeit dieses Aufbruchs paläozoischer Gesteine an dieser 
Stelle nicht tunlich, zumal hierzu eine genaue Schilderung der benach- 
barten Schieferinsel „Neuhaus—St. Georgen“ sowie ein Vergleich von 
deren Gesteinen mit alpinem Paläozoikum nötig wäre. 


B. Mioeän. 


Die nächstjüngeren Bildungen, die im Bereiche der Karte zutage 
treten, gehören der zweiten Mediterranstufe an. 


I. Zweite Mediterranstufe. 


Die mediterranen Sedimente sind fast ausschließlich als Nulli- 
porenkalk entwickelt. Wie ein Blick auf die Karte zeigt, treten die 
Mediterranbildungen an einem von (beiläufig) Nord— West streichenden 
Verwerfungen begrenzten Horst hervor, und zwar an dessen Basis, in 
der denselben durchziehenden Erosionsfurche des Aigentals. 


Es finden sich folgende Aufschlüsse: 


l. An dem Fahrweg, der von Kote 337 (St. Anna am Aigen 
Süd) gegen Risola hinabführt, zeigen sich am östlichen Talgehänge 
zahlreiche kleine Aufgrabungen, in denen man Kalklagen antrifft, ganz 
erfüllt mit Steinkernen von: 


Pectunculus pilosus Linne 
Pecten Malvinae Dub. 


2. Bei Risola befindet sich ein kleiner Steinbruch in Leithakalk, 
dessen Bänke Ost—West streichen und 30° gegen Süd einfallen. Er 
erscheint von Verwerfungen durchsetzt. Das Gestein ist ein detri- 
togener Nulliporenkalk, der einige Lagen unbestimmbarer Konchylien 
enthält. Erkennbar war ein Steinkern von Helix sp. 

3. Ein größerer Steinbruch liegt am Ostgehänge des Aigentals, 
etwas oberhalb der Mühle bei Klapping. 


Das Profil zeigt von unten nach oben eine schwach gegen Süd 
geneigte Ablagerung von: 

l. Leithakalk, stark zerrieben, undeutlich geschichtet, 7 m mit 
Bryozoenstöcken und Korallen. 

2, Dünneren Lagen von bituminösem Kalk und Kieselkalk mit 
Wurmröhren und kleinen Cardienformen. 

3. Ungeschichteten Leithakalk 3 m. 

4. Grünem Mergel 1 m. 

5. Das Hangende bilden verkalkte untersarmatische Schotter. 


[33] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 435 


Es fanden sich hier folgende organische Reste: 


. Conus sp. 

. Pecten sp. 

. Cardium sp. 

Venus cincta Eichw. 
. Trochus sp. 

. Ervilia sp. 

. Serpula gregalis. 
Bryozoen. 

. Korallen. 

. Nulliporen. 


rt 


Neben der Südwand des Steinbruchs zieht die Verwerfung durch, 
an welcher die marinen Bildungen unter die Talsohle versinken. 


4. Außer diesen geschilderten Aufschlüssen befinden sich von 
hier nordwärts noch einige unbedeutende Vorkommen von Leithakalk. 
Ich sammelte hier Bruchstücke von ÖOstrea sp. 

Die Fauna der zweiten Mediterranstufe erweist sich also aus 
folgenden Formen zusammengesetzt: 


1. Pecten Malvinae Dub. 
2. Pecten sp. 

3. Pectunculus pilosus Linne. 
4. Venus cincta Eichw. 

5. Cardium sp. 

6. Ostrea sp. 

7. Ervilia sp. 

8. Conus sp. 

9. Trochus sp. 

10. Helix sp. 

11. Serpula gregalis Eichw. 
12. Bryozoen. 

13. Korallen. 


2 Prof. Hörnes!) erwähnt ferner: Krabbenreste. 


Die Schichten der zweiten Mediterranstufe erscheinen als typische 
Flachseebildungen, wobei die bei Klapping und Risöla auftretenden 
Lithotamnienkalke mit ihren Bryozoenstöcken, Korallen etc. der vor- 
geschobenen Riffzone entsprechen, während die Pectunculus- und 
Pecten führenden Kalkbänke am Fahrwege, welche der kristallinen 
Schieferinsel noch um mehr als einen Kilometer näher liegen, die der 
Küste beinahe unmittelbar angelagerten Strandbildungen darstellen. 


2. Sarmatische Stufe. 


Die Bildungen der sarmatischen Stufe beherrschen das Karten- 
bild. Durch verschiedene Farbentönung wurde in dem Komplex eine 
Dreiteilung auf der Karte zum Ausdruck gebracht, welche ihre Be- 


!) Biehe pag. 418. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 57 


436 Artur Winkler. [34] 


gründung sowohl in faunistischen Verschiedenheiten als auch in der 
Ausbildung der Sedimente findet. 

Die sarmatischen Schichten bilden in ihrer Gesamtheit eine Serie 
von Seichtwasserablagerungen, welche in ihren liegenden Teilen aus 
Tegelmassen mit Schotterlagen (untersarmatisch), im mittleren Teil 
aus Mergeln und Sanden (mittelsarmatisch), im Hangenden aus Kalk- 
bänken, Sanden, Tegeln und Mergeln bestehen. Die Stufen sollen 
gesondert betrachtet werden. 


«) Untersarmatische Stufe. 


Die Verbreitung der untersarmatischen Stufe fällt hauptsächlich 
in den Bereich jener schon früher als Horst charakterisierten Scholle, 
welche im Aigenbachtal die Mediterrankalke als Liegendes hervor- 
treten läßt. Sie stellt eine sehr eintönige, schlecht aufgeschlossene 
Schichtserie dar, deren Mächtigkeit im allgemeinen 100 m über- 
steigen dürfte. Mit Annäherung an die Schieferinsel, an die ehemalige 
Strandlinie findet eine bedeutende Verringerung der Mächtigkeit dieser 
Schichten, ebenso wie auch der mittel- und obersarmatischen Bildungen 
statt). Die Schichten bestehen vorherrschend aus grünen Tegeln mit 
untergeordneten Einlagerungen von Schiefertonen, sandigen Schiefer- 
tonen und feinen Sanden. In ihren liegenden Partien besitzen die 
untersarmatischen Schichten einen allerorts verfolgbaren Schotterzug 
eingeschaltet, dessen Gerölle im allgemeinen zwischen Nuß- und Hasel- 
nußgröße schwanken. 


Dort, wo dieser Schotterzug unmittelbar an die mediterranen 
Riffe herantritt, liegt er stellenweise ohne Tegelunterlagerung unmittel- 
bar dem Leithalkalk auf und erhält durch den aus der Aufarbeitung 
des Untergrundes hervorgegangenen Kalkkitt ein abweichendes Aus- 
sehen. Es entstehen feste, sehr spärlich fossilführende Bänke, welche 
mehrfach zu Bausteinen gebrochen werden. Es erhellt ferner aus 
diesem Fehlen der Tegelschichten, welche sonst überall im Liegenden 
des Schotterzuges aufzutreten pflegen, daß die Kalkriffe im unter- 
sarmatischen Meer anfänglich über das Bodenrelief aufragten und 
erst später mit Sediment verhüllt wurden. Ich habe auf der Karte 
den „verkalkten“ Schotter wegen seines abweichenden Aussehens be- 
sonders ausgeschieden, obgleich er nur eine fazielle Vertretung des 
untersarmatischen Liegend-Schotterzuges darstellt. 


In dem „verkalkten“ Schotter finden sich folgende Aufschlüsse: 
1. Südost von Aigen, großer Steinbruch im Graben. 


Die Schichten bestehen aus abwechselnden Lagen von mehr 
oder minder kalkig verkittetem Schotter und fallen 50° Süd ein, hier- 
durch die Nähe einer Störungslinie andeutend. Der Fossilinhalt ist 
spärlich. Ich fand bloß 


Cardien- h 
Cerithien- Abdrücke. 


!) Die Verringerung der Mächtigkeit der Sedimente an der Strandlinie ist ja 
im Wiener Becken schon lange bekannt. 


[35] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 437 


2. Bruch bei Risola im Felde. Die Bänke streichen Ost— West, 
Fallen Süd 13%. Auch hier sammelte ich 


Cardien- 


Cerithien- Abdrücke. 


Beschreibung einzelner Aufschlüsse in der normalen Ausbildung 
des untersarmatischen Schotterzuges: 


Bei Risola ist der Schotter in einer zum Wasserleitungsbau aus- 
gehobenen Grube mit bedeutenden Südfallen aufgeschlossen (siehe 
Karte) und ließ sich von hier beiderseits des Aigenbachtals im Han- 
genden des Leithakalkes verfolgen. 

Ein Einriß im Bach westlich von Klapping, unterhalb des unter 
dem Namen Brodelsulz bekannten Säuerlings zeigt folgendes Profil 
von zirka 8 m Mächtigkeit: 


Schotter. 

Diagonal geschichteter Sand. 
Geringmächtige Schotterlage. 

Hellgrüner Tegel mit Sandlagen, 

Schotter mit haselnußgroßen Geröllen, 2 m. 


Bei Klapping selbst trifft man die auf der Karte verzeichneten 
Aufschlüsse. In einer am Westrand des Ortes gelegenen Schotter- 
grube zeigen dieselben Streichen OSO. Fallen: NNO 18°. In einer 
in der Mitte des Ortes gelegenen Grube: Streichen OW. Fallen: N. 


Südlich von Klapping sind am Karrenwege einige Schottergruben, 
von denen die größte folgendes Profil entblößt: 


Hangend:’ «Schotter... „an u yet 
Diagonal geschichteter Sand 
Schotterlage Be 
Diagonal geschichteter Sand 
1 m mächtiger Schotter 


Liegendes: Schottriger Sand. 


2 m 


Die Lagen sind stark eisenschüssig. 


Auch an der Westseite des Horstes tritt im Liegenden der 
Schotterzug östlich von GieBelsdorf und Frutten zutage. 

Die Schichten sind hier durch zahlreiche Gruben sehr gut auf- 
geschlossen, woran ein schwaches Fallen und Untersinken der ganzen 
Schichtkomplexe nach Norden deutlich wird (siehe Karte). Bei Frutten 
fand ich nahe dem dort entspringenden Säuerling am Wege in einer 
dem Schotter zwischengelagerten, geringmächtigen Tegelschicht 


Modiola sp. cf. volhynica Eichw. 


Am Bache Ost von Frutten ist folgendes Profil entblößt: 
Grüner Tegel 50 cm. 
Diagonal geschichteter Sand. 


Liegendes: Quarzschotter. 
57* 


438 Artur Winkler. [36] 


An der Westseite des Hochstradenzuges läßt sich der Schotter- 
zug in der Umgebung von Sulzbach kontinuierlich an den tektonisch 
höher gelegenen Schollen nahe der Talsohle verfolgen und ist mehr- 
fach in Schottergruben erschlossen. Seine Wechsellagerung mit Tegel 
und sein eisenschüssiger Charakter kennzeichnet ihn allerorts. 

Der beste Aufschluß befindet sich oberhalb des Säuerlings Nord 
von Neusetzberg (Hof Ost). Das Profil gibt folgende Schichtgliederung. 


Hangendes: Grüner Tegel. 
Schotter und schottriger Sand 4m 


Hellgrauer Tegel. . . . .:2m 
Grober Sand De in 
Kleinsckötter iu... 2::=. m.-.00:9.9 
Schottriger Sand . Al 
Liegendes: Hellgrüner Tegel. . . ... 6m. 


Im Graben, der von Sulzbach gegen NO zum Rosenberg führt, 
zeigt eine Schottergrube folgendes Profil: 


Hangendes: Eisenschüssiger Sand mit Mergelknauern. 
Liegendes: Gröberer Schotter. 


Die untersarmatische Stufe bildet die unmittelbare Überlagerung 
der auftauchenden paläozoischen Schieferinsel. 


Ein Profil zeigt folgendes: 


Hangendes: Grober Schotterzug — Untersarmatischer Schotter. 
Plastischer, intensiv grüner Tegel . 
Bei der Verwitterung eisenschüssige, braune zirka 25 m 
Tonplatten rücklassend ee ; 
Sehr geringmächtige Lage von Transgressions- 
schotter und Konglomerat. 
Liegendes: Paläozoischer Tonschiefer. 


Der Schotterhorizont tritt hier in unmittelbarer Nachbarschaft, 
der jenseits der Grenze höher aufragenden Schieferinsel von Neuhaus 
als ziemlich grober Brandungsschotter entgegen, dessen Geröllkom- 
ponenten hauptsächlich aus deren Gestein abzuleiten sind. 


Aufschlüsse in den untersarmatischen Tegeln im Han- 
genden des Schotterzuges. 

Die über dem Schotterzuge folgenden mächtigen Tegelmassen sind 
leider äußerst schlecht aufgeschlossen. Es mag genügen, wenige Pro- 
file anzuführen. Im Bacheinriß westlich von Tischen sieht man fol- 
sendes Profil: 


Hangendes: Diluvialer Schotter. 
2 m graugrüner geschichteter Tegel. 
1 m grauer Tegel. 
Dünne Lage von sandigem Tegel. 
2 m blaugrauer, gebänderter Tegel. 
Liegendes: 3 m grauer feinsandiger Schieferton. 


37 Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 439 


Bei Häusergruppe Dernek (Tischen Süd) befindet sich folgender 
Aufschluß: 
2 m grüner Tegel mit sandigem Schieferton. 


Im Orte Tischen wurde ohne Erfolg auf artesisches Wasser 
gebohrt !). Die erreichte Tiefe betrug 60 m. Durchstoßen wurden, ab- 
gesehen von einer Alluvialschotterschicht mit humösen Lagen, bloß 
grüne Tegel (der untersarmatischen Stufe). 

Eine Erdrutschung bei Gruisla (Klöch Ost) ist insofern von Be- 
deutung, als sie den einen Punkt darstellt, an dem diese Tegel?) 
eine bestimmbare Fauna geliefert haben. Es handelt sich hier jedoch 
schon um eine ziemlich hangende Partie nahe der Überlagerung durch 
die mittelsarmatischen Mergel und Sande. 


Profil: 50cm grauer, toniger, gebänderter Tegelmergel, fossilarm. 
40 „ fossilreicher (kalkhaltiger), plastischer, blauer Tegel. 
Fossillage. 
30 „ fossilarmer blauer Tegel. 
Liegendes sandigmergeliger Schieferton mit Lagen von ver- 
kohlten Wasserpflanzen. 


Ich sammelte hier folgende Formen: 


. Cardium plicatum Eichwald. 

. Cardium protractum Eichwald. 

. Cardium cf. obsoletum Eichw. 

. Mactra sp. 

Modiola marginata Eichw. 

. Syndesmia reflexa Eichwald. 

. Potamides mitralis Eichw. 

. Cerithium cf. disjunctum Sow.?). 
. Hydrobia cf. stagnalis Bast. 

10, Hydrobia ventrosa Mont. 

11. Schilfreste: Typha latissima. 
12. Fucoidenartige Bildungen (Algen ?). 
13. Foraminiferen. 


SO AIDUPBODDH 


In dem wenige Meter darüber liegenden Hohlweg sammelte ich: 


1. Modiola marginata Eichw. 
2. Hydrobia cf. stagnalis Bast. 
3. Hydrobia ventrosa Mont. 


Außer an diesem Fundpunkt habe ich Spuren organischer Reste 
an dem von Patzerberg gegen Unter-Laasen (Tischen SW) führenden 
Karrenweg angetroffen, wo selbst unbestimmbare Schalensplitter zutage 
treten, ferner im Profil des Höllischgraben (siehe pag. 458—459). 


!) Mitteilung des Gastwirts Tschiggerl. 

?®) Es handelt sich hier um kalkreiche Tegel und Tegelmergel, die ungemeine 
Kapazität für Wasser besitzen. 

®) Eine vierreihige Form. 


440 Artur Winkler. [38) 


Die hangenden Partien der untersarmatischen Schichten sind in 
dem ziemlich kontinuierlichen Profil aufgeschlossen, welches der tief 
eingeschnittene Pleschgraben (St. Anna West) in seinem oberen Teil 
zutage treten läßt. 


mächtige Sande ne 


Mittelsarmatisch ? grüne Tegel mit Fossillagen 
Sande. 


6 
ne : 4 
sandiger Schieferton.. . . re 
insensiver, blaugrüner Tegel . 2 
schöngeschichtete grüne Tegel 6 
Untersarmatisch $ schiefrige Sande re | 9 

Sande: ....% EEE 

harte Sandsteinbank . ee Re 

grüne Tegel 


Ein analoges, aber schlechter aufgeschlossenes Profil trifft man 
SO von St. Anna am Aigen infolge des durchziehenden Sprunges 
(siehe Karte) bis an die Sohle des Tals versenkt, mit einem Wechsel 
von grünen Tegeln, feinen Sanden und harten Sandsteinbänken, welch 
letztere kohlige Partikeln enthalten. 

Es zeigt sich an diesen Profilen der allmähliche Übergang aus 
der tegelreichen Fazies zu der mit ausgedehnten Sandbildungen ein- 
setzenden mittelsarmatischen Stufe. 

Die Schichten der untersarmatischen Stufe erscheinen als Bil- 
dungen einer randlichen Bucht des untersarmatischen Meeres, in der 
fluviatile Einflüsse zur Geltung kamen. 


Die Gründe hierfür sind folgende: 


1. Das Vorherrschen lebhaft gefärbter grüner Tegelmassen und 
der vollständige Mangel an kalkiger Beimengung. (Mergel sind nur im 
Hangenden.) 

2. Das Auftreten eines mächtigen Zuges groben Schotters, dessen 
eisenschüssige, rostbraune Färbung ebenso wie bei den gleichgefärbten 
pontischen Sanden (und Belvedereschottern) auf fiuviatil-limnische 
Einflüsse deutet. 

3. Der Mangel an Fossilien. Bloß in den hangenden Partien im 
Übergang zur mittelsarmatischen Stufe stellen sich fossilführende 
Tegelmergel ein. 

4. Das Vorkommen verkieselter Hölzer. 

5. Das lokale Auftreten von schmalen Kohlen- (Lignit-) Flözen. 
Solche fand ich in einem grünen Tegel oberhalb der Brodelsulz 
(Klapping W) eingelagert. Im Orte Gieselsdorf wurde eine kohlige 
Schicht bei einer Grabung nahe der Kapelle angetroffen. 

Schließlich erwähnt Dr. Andrae!), daß bei Tischen (im Jahre 
1853) eine 8 Zoll mächtige Schicht von Braunkohle sichtbar gewesen 
sei?). Aus diesen Gründen schließe ich für die Bildung dieser Sedi- 


!) Siehe pag. 413. 
?) Das Vorkommen mariner Formen auch in tieferen Schichten (Cerithium, 
Modiola etc.) schließt eine rein limnische Bildung des Liegendkomplexes aus. ; 


[39] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 441 


mente auf das Vorhandensein einer von fluviatilen Einflüssen be- 
herrschten Bucht des sarmatischen Meeres). 

Die Fauna der untersarmatischen Schichten besteht aus den 
vom Fundort Gruisla und Höllischgraben (siehe pag. 459 und 459) an- 
geführten Formen. 


ß) Mittelsarmatische Stufe, 


Die mittelsarmatische Stufe nimmt im Kartenblatt ein bedeu- 
tendes Areal ein. Die Höhenzüge im südlichen Teil desselben werden, 
soweit sie nicht von vulkanischen Bildungen überdeckt sind, größten- 
teils aus den mittelsarmatischen Schichten aufgebaut. 

Gegen Norden tauchen sie unter die obersarmatische Serie hinab, 
die sich rasch zum Talboden absenkt und dann die mittelsarmatischen 
Bildungen nicht mehr hervortreten läßt. Wie bereits angedeutet, er- 
leiden auch die mittelsarmatischen Schichten mit Annäherung an die 
Schieferinsel eine bedeutende Reduzierung ihrer Mächtigkeit und sind 
daselbst bloß durch Sandlagen vertreten. 


Die Berechnung der Schichtmächtigeit dieser Stufe ergab fol- 
gende annähernde Resultate ?): 


Meter 
Gieselßdorf . . . 90 
Grabner U NENTO 
SandbereNt #27 70 
Buchber2".,....... 90 
Dieseman 2. ,..1%. 2:05 


{ \ h Anlagerung an 
Schirrenkogel. 2030 | gie Schieferinsel 
Am Aufbau der mittelsarmatischen Schichten beteiligen sich 
folgende Sedimente: 


1. feiner, toniger Sand, 

2. schöngeschichtete helle Tonmergel, in Kalkmergel und Kalke 
übergehend, 

. pflanzenführende Schiefertone und schieferige Sande, 

. grüne fossilreiche Tegel, 

. grobe Sande und Kleinschotter. 


(Dt) 


Obwohl nun diese Bildungen, wie begreiflich ist, mannigfach faziell 
ineinandergreifen und sich gegenseitig verzahnen, so läßt sich dennoch 
eine konstante Aufeinanderfolge der vorherrschenden Komponenten 
nachweisen. 


!) Vor kurzem erhielt ich von Herrn Oberlehrer Kolleritsch in Tischen 
die Mitteilung, daß bei St. Anna am Aigen (unterhalb des Friedhofs) bei einer 
Grabung eine Kohlenlage angetroffen wurde. Der bezeichnete Punkt liegt im Ver- 
breitungsgebiet der untersarmatischen Schichten. 


2) Die Differenzen beruhen abgesehen von Berechnungsfehlern und ursprüng- 
licher Verschiedenheit in der Sedimentation auch in einer ungleichen Erosion vor 
Bildung der Basalte, die als obere Grenze für die Messung (bei Größing, Sandberg 
Buchberg) angenommen wurden. 


449 Artur Winkler. [40] 


Im Liegenden tritt ein weitverbreiteter Sandzug auf, der Lagen 
eines kleinkörnigen Schotters besitzt. In dessen Hangenden tritt nach 
einer häufig vorhandenen Zwischenschicht von pflanzenführendem 
Schieferton ein mächtiger Komplex von gelbgrauem Tonmergel auf, 
dessen Lagen meist eine schöne Bänderung aufweisen und mit Bänken 
feinen Sandes mannigfach wechsellagern. 

Im Hangenden schließlich verdrängen diese Sande den Mergel, 
werden beinahe allein herrschend, nur stellenweise von einer Lage 
fossilreichen grünen Tegels begleitet. 

Die Aufschlüsse sollen im Zusammenhang betrachtet werden, 
wobei ich auf die beiliegende Profiltabelle (Taf. XX) verweise. 

1. Klöcher Massiv. Aufschluß im Ort Klöch (SO-Ecke). (Siehe 
Profil I, Tabelle: 

Der Mergel ist glimmerarm und bröcklig, andeutungsweise ge- 
schichtet. 

Ich fand darin Planorbis sp. Pflanzenreste: Typha latissima und 
Blattreste. 

Das Auftreten der Süßwasserformen in dem marinen Sediment ist 
wohl daraus zu erklären, daß diese an der Oberfläche der zahlreich 
den seichten Meeresboden überwuchernden Wasserpflanzen gelebt haben 
und mit diesen nach dem Absterben den Meeresboden bedeckten. 

In etwas höherem Niveau (etwas südlich der Kirche von Klöch) 
ist der mittelsarmatische Hangendsand in einer größeren Grube er- 
schlossen. 

Das Sediment ist ein feiner, reiner, sehr glimmerreicher Sand mit 
selten eingestreuten u sn Geröllen, in einer Mächtigkeit 
von 5m aufgeschlossen. 

An der Ostseite des Klöcher Massivs zeigt das Profil entlang 
des Fahrweges, der von Gruisla nach SW zur Straße führt, das auf 
Profil II (siehe Tabelle) dargestellte Bild. 

Darunter folgen die schon besprochenen untersarmatischen, 
fossilreichen Tegel. 

Im Walde südlich von Gruisla fand ich im Bereiche der mittel- 
sarmatischen Schichten eine Steinmergelplatte mit: 


Cardium obsoletum Eichw. 
r cf. Barboti R. H.!). 
Trochus sp. 


Beim Hause an der Straße, 1 km Nord von Kote 325, wurde bei 
einer seichten Brunnenbohrung in den Hangendschichten der mittel- 
sarmatischen Stufe Ostrea crassissima Schloth. var. sarmatica Fuchs 
zutage gefördert. 

Von Bedeutung sind die Aufschlüsse am Buchberg. 

Der mittelsarmatische Liegendsand und Schotterzug ist einem 
Bruch Nord des Buchberges in der Talsohle aufgeschlossen (siehe 
nz Profil II). 


!) So bezeichne ich nach Andrusow (Verh. d. kais. russ. miner. Gesell- 
schaft zu St. Petersburg, 2. Ser., Bd. XXXIX, Nr. 2, pag. 480—481) eine von Prof. 
Hilber (Sarmatisch-Miozäne Conchylien Oststeiermarks, l. c. T.'18 und pag. 245) 
beschriebene und von mir sehr häufig angetroffene Cardienform. 


[#1] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 443 


Einer Tegelschicht in einer höheren Lage ist eine mächtige 
Bank von Ostrea crassissima Schloth. var. sarm. eingelagert. 

Die fossilreiche Hangendschicht enthielt in einem bei einer 
seichten Brunnenbohrung herausgeworfenen Tegelmaterial: 


Cardium cf. Barboti R. H. 
Modiola marginata Eichw. 
Trochus cf. quadristriatus Dub. 


Der Fundpunkt lag an der Kuppe des Berges beim Gehöft des 
„Buchbergschneiders“. 

An der NW-Seite des Klöcher Massivs sind die mittelsarmatischen 
Tonmergel in schöngebänderten Schichtbänken besonders im Walde 
oberhalb Pichla und am Waldrande oberhalb der Kirche von Tischen, 
an letzterem Orte mit Streichen NS, Fallen O, 8° aufgeschlossen. 

Bei Jörgen (Westseite des Klöcher Massivs) lieferten Aufschlüsse 
am Nordrand des Ortes das Profil IV (siehe Profiltabelle). 


In der fossilreichen Mergelschicht fanden sich folgende Formen: 


Modiola marginata Eichw. 
Tapes gregaria Partsch 
Cardium obsoletum Eichw. 
Solen subfragilis Eichw. 
Trochus cf. pietus. 


Ich gehe nun zum Hochstraden über und werde die Aufschlüsse 
an den 3 NS verlaufenden Rücken der Reihe nach schildern. 

Indem ich mit dem westlichen Rücken beginne und die Auf- 
schlüsse am Strendlberg, die den mittelsarmatischen Liegendsand und 
Schotter sowie die Mergelzone entblößen, übergehe, führe ich das 
Profil vom Patzerberg (Tischen W) an. Profiltabelle: Profil V. 


In der liegenden Tegelmergelschicht fand ich: 


Cardium n. sp.!) 

„cf. obsoletum Eichw. 
Modiola marginata Eichw. 
Fragilia sp. 


Bei Größing zeigt sich teils am Wege, teils in einer darüber- 
liegenden Schottergrube Profil VI (Profiltabelle). 


Im Mergel sammelte ich: 


Tapes ‚gregaria Partsch 
Cardium obsoletum Eichw. 
Modiola marginata Eichw. 
Fragilia sp. 


Der Südabfall des Hopfenberges entblößt die Serie Profil VII. 
Die Ablagernng zeigt Streichen WNW, Fallen ONO schwach. 


') Cardium der plicatum-Reihe mit vermehrter Anzahl der Rippen, welche 
letztere mit einem scharfen Kiel versehen sind. 


Jahrbuch d. k, k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A, Winkler,) 58 


444 Artur Winkler. [42] 


Auf der Rückenhöhe, die sich südwärts der Ortschaft Neusetz 
erhebt (bis zum Hauptkamm), findet sich Profil VIII (Tabelle). 


In der fossilführenden Sandsteinbank im Liegenden fand sich: 


Cardium protractum Eichw. 
Of. Ervilia podolica Eichw. 
Trochus sp. 

: ef. pietus Eichw. 
Hydrobia sp. 


In den Mergeln nicht weit von der Basaltüberdeckung entfernt 
sammelte ich: 
Cardium cf. obsoletum Eichw. 
Modiola marginata Eichw. 
Trochus sp. 


Der NW-Abfall des Hopfenberg ist auf Profil IX dargestellt. 
Nun folgt das sehr vollkommen aufgeschlossene Profil an der West- 
seite des Rosenberges, welches die stratigraphische Aufeinanderfolge 
am deutlichsten offenbart und einer genaueren Untersuchung unter- 
zogen wurde. Profil X (Tabelle). 


In der fossilführenden Mergelbank fand ich: 


Cardium obsoletum Eichw. 
5 cf. Barboti R. H. 
Tapes gregaria Eichw. 
Mactra vitaliana Orb. (= Mactra podolica 
Eichw. var. bei M. Hörnes,.) 
Bulla Lajonkaireana. 
„  truncata Ad. 
Trochus cf. quadristriatus Dub. 
» Sp. 
Modiola ansehe Eichw. 
Wurmgänge. 
Foraminiferen. 


Die durch die Nordwest streichende Verwerfung (siehe Karte) 
getrennte Scholle, welche die eigentliche Kuppe des Rosenberges 
bildet, läßt unmittelbar im Liegenden des Basalts eine sehr fossil- 
reiche (mittelsarmatische) Schicht zutage treten, welche gelegentlich der 
Anlage eines Wasserleitungsgrabens Frühjahr 1912 bloßgelegt war). 

Es ist ein grüner zerfließender Tegel, ganz erfüllt von guter- 
haltenen dünnschaligen Organismen ?): 

Cardium cf. Barboti R. H. 
h cf. Loveni Nordm. 

* Mactra vitaliana Orb. (= Mactra podolica 
Eichw. bei M. Hörnes.) 
Trochus quadristriatus Orb. 


!) Bei einem späteren Besuch war die Stelle schon verwachsen. 
?®) Mit dem * sind die vorherrschenden Fossilien bezeichnet. 


[43] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 445 


Ervilia podolica Eichw. 
*Ervilia podolica Eichw. var. 
*Modiola marginata Eichw. 
*Bulla Lajonkaireana Bast. 


Am Südabfall des Rosenbergs ist im Weingarten und am Wege 
folgendes Profil sichtbar: 


Basalt, 
roter, gebrannter älterer pontischer Flußschotter, 
fossilführender Mergel mit Streichen NS, 

Fallen O 10°. 


Beim Abstieg vom Sattel zwischen Rosenberg und Hopfenberg 
gegen West sieht man einen interessanten Aufschluß in Mergeln, 
welcher die steile Aufrichtung derselben an der Verwerfung zeigt. 


Ich maß daselbst in den Sanden knapp bei der Störung: 


Streichen NS, 
Fallen O 35°, 


weiter unten in den Mergeln: 
Streichen ONO, 
Fallen 18% SSO. 
Das nächste besser erschlossene Profil der mittelsarmatischen 


Serie findet sich im Hohlweg aufgeschlossen, der am scharf ausge- 
prägten Rücken, Nord von Gießelsdorf, hinabführt. Profil XI (Tabelle). 


Die Ablagerung zeigt ein schwaches Fallen Nord. 
In der kalkhaltigen Sandsteinbank fand ich folgende Fossilien: 


Trochus sp. 
Cardium sp. 
Tapes sp. 
Der Schieferton enthielt: 
Cardium n. sp. 
Modiola marginata Eichw. 
Fragilia cf. fragilis Linne. 
Tapes gregaria Partsch. 
Trochus sp. 
Am Abhang von Stradenberg nach Gießelsdorf fand ich über 
dem mittelsarmatischen Sand einen Mergelblock mit: 
Cardium cf. Barboti R. H. 
Modiola marginata Eichw. 
Trochus sp. 
Hiermit ist die Aufzählung der wichtigeren Aufschlüsse am 


westlichen Rücken des Hochstradenzuges beendet. 
58* 


446 Artur Winkler. [44] 


Der mittlere von den uach Süden ausstrahlenden Kämmen zeigt 
folgende Aufschlüsse: 

Im oberen Teil des Pleschgraben (St. Anna am Aigen West) 
zeigt sich im Hangenden der untersarmatischen Schichten das bereits 
auf pag. 440 angeführte Profil. 

Ich will noch hinzufügen, daß ich in den grünen (mittelsarmatischen) 
Tegeln folgende Formen auffand: 


Cardium obsoletum Eichw. 
. cf. Loveni Nordm. 
a cf. Barboti R. H. 

Modiola marginata Eichw, 

Ervilia podolica Eichw. 


Sandgrube bei Pichla. 


Ein typisches Bild der mittelsarmatischen Serie geben die Auf- 
schlüsse im Hohlweg Nord von Plesch. Profil XII (Tabelle). 

Es ist insofern von Wichtigkeit, als hier die mittelsarmatische 
Serie im Zusammenhang mit den obersarmatischen Schichten, und 
zwar deutlich im Liegenden der tieferen Kalkzüge letzterer aufge- 
schlossen ist. 

Es gelangt zur Besprechung das Profil am Auenberge”Nord von 
Pichla (Profil am Wege von Kote 265 zu Kote 344) Profil XIII (Ta- 
belle). Am östlich folgenden Sandberg zeigt sich Profil XIV (Tabelle). 

Schießlich verdient noch Erwähnung der am SO-Abhang des 
Sandberges liegende Aufschluß in der mittelsarmatischen Liegend- 


[45] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 447 


sandzone, dessen diagonalgeschichtete Sedimente in Profilskizze Fig. 2 
dargestellt werden. 

Der östlichste der vom Stradner Kogel ausstrahlenden Rücken 
bildet teils infolge seiner tektonischen Position, teils infolge stärkerer 
Abtragung nur wenig Aufschlüsse in mittelsarmatischen Schichten. 

Bei St. Anna am Aigen sind diese infolge der unmittelbar in der 
Nähe auftauchenden Schieferinsel sehr in ihrer Mächtigkeit reduziert. 


Nördlich von Aigen bei K. 337 ist am absteigenden Fahrweg 
folgendes Profil sichtbar: 


Hangendes: grüner Tegel im Liegenden des tiefsten 
obersarmatischen Kalkbandes I. 
3m hellgrüner Sand ’ 
8m feiner Sand | Mittelsarmatisch. 
Weiter unten am Wege Tonmergel 


Das Profil am Südabhang des Schirrenkogels mag Erwähnung 
finden, wo die mittelsarmatischen Schichten in unmittelbarer Nähe der 
ostwärts höher ansteigenden Schieferinsel sich befinden. 


Hangend: ÖObersarmatische Sande mit einem Kalkzug 
2 m sehr feiner, stellenweise rot verfärbter Sand. 
Untersarmatische Tegel mit dem Schotterzug. 


Außerhalb des besprochenen Raumes liegt schließlich ein Vor- 
kommen mittelsarmatischer Schichten bei Waldsberg an der Westseite 
des Sulzbachtals, noch im Bereiche der Karte. 


Der in das Tal hervortretende Hügel ist durch weithin sichtbare 
Anrisse gut aufgeschlossen. Ein großer, Nord der Mühle gelegener 
Schotterbruch zeigt folgendes: 


Hangend: 10 m feiner Sand mit Diagonalschichtung und einzelnen ver- 
kohlten Holzresten und geringmächtigen Zwischenlagen 
von schiefrigem Sand. 

6 m Quarzschotter mit nußgroßen Geröllen und Sandlagen. 


Im nächstfolgenden Bruch ist das Profil von den vorigen durch 
die Einschaltung eines pflanzenführenden Schiefertonhorizonts an der 
der Schotter und Sande Grenze verschieden. 


In dem Schieferton fand ich folgende von Herrn Direktor 
Glowacki bestimmte Pflanzenreste: 


Populus latior Alex. Braun. 
Celtis sp. 
Echinites sp. 
Sophora sp. 
Typha latissima ; 
ferner Planorbis-Schalen. 


Im größten und südlichsten Aufschluß zeigt sich Profil XV 
(Tabelle). Hier erscheint ein neuerliches Anschwellen der Schiefer- 
tone gegenüber den Sanden. In dem grünen, mergeligen Schieferton 
fand ich Planorbis sp. Die darin vorkommenden Schilfpflanzen, 


448 Artur Winkler. [46] 


welche oft ganze Schichtflächen bedecken, gehören nach Herrn Direktor 
Glowacki zu: Typha latissima Al. Br. 


Interessant ist der im Profil angegebene Wurzelhorizont, welcher 
senkrecht stehende Wurzeln wohl von großen Schilfpflanzen aufweist. 
Daß sich diese tatsächlich auf primärer Lagerstätte befinden, beweist 
der Umstand, daß die Schichten rings um die Wurzel ein wenig höher 
ansteigen. 

Von diesem Pflanzenfundort Waldsberg führt Stur!) außerdem 
foıgende Form an: Sapindus dubiius Ung. 


Ich betrachte diese Bildungen als ein Aquivalent der im Liegenden 
der mittelsarmatischen Schichten auftretenden Sande und Schotter, 
welchen ja auch anderwärts Wasserpflanzen führende Horizonte ein- 
geschaltet sind. Die Blattreste mögen von dem schon damals aus dem 
Meer aufragenden Trachytmassiv von Gleichenberg herbeigeweht sein. 

Die mittelsarmatischen Schichten mit ihren Sandlagen, Schotter- 
bänken [und pflanzenführenden Schiefertonen weisen auf eine Flach- 
seebildung hin. In dem häufigen Auftreten mariner Fossilien, in der 
schönen Bänderung der Tonmergelbänke und in dem Fehlen grob- 
klastischer und eisenschüssiger Bildungen erkennen wir gegenüber 
den untersarmatischen Schichten das Übergewicht mariner Einflüsse. 


Die Fauna der mittelsarmatischen Schichten !): 


Cardium n. sp. 

*Cardium cf. obsoletum Kichw. 

*Oardium cf. Barboti R. H. 

Cardium cf. Loveni Nordmann. 

Tapes gregaria Partsch. 

Mactra Vitaliana Orb. var. (= Mactra podo- 
lica Eichw. var.) ?) 

* rvilia podolica Eichw. 

* Modiola marginata Eichw. 

Solen subfragilis Eichw. 

Ostrea crassissima Schloth. var. sar- 
matica Fuchs. 

Trochus pietus Eichw. 

Trochus cf. quadristriatus Dub. 

Bulla Lajonkaireana Bast. 

Bulla truncata Ad. 

Fragilia cf. fragilis Linne. 

Hwydrobia sp. 


Foraminiferen: Wurmgänge. 


Die Flora: Populus latior Alex. Braun. 
Celtis sp. 


!) Andrussow hat die Synonima zusammengestellt. Danach entspricht M. 
Vitaliana Orb. var deltoides der M. variabilis Sinz. var. fragilis Lask. und bei 
M. Hörnes der M. podolica Eichw. auf Taf. VII, Fig. 4. 

?) Die mit * bezeichneten Formen sind am häufigsten. Die gesperrten Formen 
„fehlen“ in den sehr fossilreichen und gut erschlossenen obersarmatischen 
Schichten, sind daher den mittelsarmatischen (und untersarmatischen) eigentümlich. 


[147] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 449 


Echinites sp. 

Sophora sp. 

Typhia latissima Al. Dr. 
Sapindus dubiius Ung,. 


) Obersarmatische Schichten. 


Während die beschriebenen mittel- und untersarmatischen Schichten 
des Kartenblattes bisher paläontologisch ganz unbekannt !) waren und 
ihrer stratigraphischen Position nach allgemein für pontische Bildungen 
gehalten wurden, hat das Vorkommen der von mir als obersarmatisch 
bezeichneten Komplexe in der Literatur schon mehrfach Erwähnung 
gefunden (siehe historischer Teil). 

Der Detailgliederung der obersarmatischen Schichten wurde 
meinerseits eine große Sorgfalt gewidmet, die dank der guten Auf- 
schlüsse der zahlreichen tief eingeschnittenen Gräben sich gut durch- 
führen ließ. 

In den folgenden Zeilen wird dargelegt werden, daß die ober- 
sarmatischen Schichten einen von den untersarmatischen abweichenden 
faziellen Typus darstellen. Sie sind Bildungen eines zwar ebenfalls 
seichten Wassers, kamen jedoch nicht in einem weithin ausgedehnten, 
flachen Becken, sondern an dem Rand einer abfallenden Küste zur 
Ablagerung. Ihr Hauptcharakteristikum besteht in dem Auftreten 
mächtiger und ausgedehnter Kalkbildungen, welche den tieferen Schichten 
vollständig fehlen. 

Durch genaue Detailbegehungen konnten fünf Kalkhorizonte nach- 
gewiesen werden, welche mit mehr oder minder deutlicher Konstanz 
die obersarmatische Serie durchziehen. Ich bezeichne sie fortan mit 
der Ziffer I—-V 

II, III und IV lassen sich, durch einen Zwischenmittel von 
mindestens je 6 m und höchstens 20 m?) voneinander getrennt, am 
konstantesten verfolgen und stellen die Kulmination der organischen 
Besiedlung des Meeresbodens dar. 

Der liegendste und hangendste Kalkzug ist teils durch Aus- 
keilen, teils schlechterer Aufschlußverhältnisse halber schwieriger ver- 
folgbar. 

Die fünf Kalkzüge weisen eine petrographische und faunistische 
Verschiedenheit auf, welche in einigen Schlagworten in dem Farben- 
schema der Karte zum Ausdruck gebracht wurde. 

Der tiefste Kalk I erscheint als ein Agglomerat von Cerithien- 
steinkernen begleitet von Foraminiferen führenden Kalklagen. Die 
herrschenden Fossilien in diesem Kalk sind Cerithium rubiginosum, 
Cardium obsoletum. 

Der II. und III. Kalk sind einander am ähnlichsten und stellen 
einen massigen, grobgebankten Foraminiferenkalk von oolithischer 
Struktur dar. Die Ooolithkügelchen sind meist regelmäßig ausge- 


!) Keiner der besprochenen Aufschlüsse ist bisher in der Literatur erwähnt 
worden. 

2) Unmittelbar an der Strandlinie wird das Zwischenmittel der Kalkbänke 
noch geringer. 


450 Artur Winkler. [48] 


bildet und umschließen ausnahmslos Foraminiferen (zumeist Penero- 
pliden), deren Bestimmung ich der Liebenswürdigkeit des Herrn 
Dr. Richard Schubert verdanke. Um jede Foraminifere bildet sich 
ein kleines, kugeliges Kalkhäutchen. Infolge der Gleichartigkeit des 
zu umhüllenden Substrats konnte die regelmäßige Oolithbildung sich 
ausbilden. 


Bivalven und Gastropodenlagen treten in dem eigentlichen Oolith 
sehr zurück (bloß Cardienbruchstücke findet man häufiger); jedoch er- 
scheinen wenig mächtige Gastropoden- und Bivalvenlagen im Liegenden 
und Hangenden desselben. Der II. Kalk ist im allgemeinen weniger 
mächtig und weniger konstant als der III. Kalk und zeichnet sich 
außerdem durch die Begleitung mächtiger Kalksandsteine aus. 


Die herrschenden Fossilien im II. und III. Kalk sind: 


Foraminiferen (zumeist Peneroplis pertusus Forsk. in vollkommen 
involuter und auch halbevoluter Ausbildung, doch durchwegs äußerst 
feiner Riefung der Schalenoberfläche !) 


Cardium obsoletum Eichw. 
Oerithium rubiginosum Eichw. 
Potamides mitralis Eichw. 

y disjunctus Sow. 
Modiola volhynica Eichw. 
Trochus sp. 


Der IV. Kalk ist dadurch sehr charakteristisch, daß er entweder 
als Muschelkalk, wobei die Exemplare fast immer mit weißer Schale 
erhalten sind, oder als unregelmäßiger, oolithähnlicher Serpulakalk 
auftritt. 

Hier erscheint die Ooolithstruktur in unvollkommener Weise 
aus Überkrustung von Spirorbisgehäusen oder Muschel- und Gastro- 
podenstücken hervorgegangen. 

Kalksandsteine und Mergel treten selten in seiner Begleitung 
auf, dagegen umschließen ihn äußerst cerithienreiche Sande und Tegel. 
Die herrschenden Fossilien im IV. Kalke sind: 


Spirorbis spiralis Eichw. 
Mactra podolica Eichw. (= M. vitaliana Orb.) 
Cardium plicatum Eichw. 
R obsoletum Eichw. 
Tapes gregaria Partsch. 
Potamides mitralis Eichw. 
B disjunctus Sow. 


Im V. Kalk zeigt sich der Rückgang in der Beteiligung der 
Organismen am Schichtenaufbau durch das starke Hervortreten von 
Kalksandstein und Steinmergel, welche stellenweise den Kalk voll- 
ständig verdrängen. Im Kalke sind die zahlreichen Bivalven- und 


!) Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Dr. R. Schubert. 


[49] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 451 


Gastropodenschalen stets aufgelöst und die Fossilien nur als Stein- 
kerne und Hohldrücke erhalten. Oolithische Foraminiferenlagen be- 
gleiten denselben. 


Die herrschenden Fossilien sind hier: 


Foraminiferen: Peneroplis pertusus Forsk. 
Spirorbis sp. 

Mactra podolica Eichw. (= M. vitaliana Orb.) 
Cardium obsoletum Eichw. 

Cerithien div. sp. 


Was die übrigen Sedimente anbelangt, so zeigt sich eine viel 
größere Mannigfaltigkeit als in der unter- und mittelsarmatischen Serie. 

Das vorherrschende Glied stellen die Sande dar, welche ins- 
besondere zwischen den Kalkbänken II—V auftreten. Daneben er- 
scheinen aber auch grüne Tegel und Schiefertone in stärkerem Maße 
als in den mittelsarmatischen Schichten und bilden insbesondere im 
Liegenden eine mehrfache nachzuweisende fossilreiche Ablagerung, 
unmittelbar über dem I. Kalk. 


Mit dem V. Kalkzug sind die obersarmatischen Schichten noch 
nicht abgeschlossen. Es folgt darüber ein mindestens 30—40 m 
mächtiger Schichtkomplex, welcher in seinem Gesamthabitus eine Ahn- 
lichkeit mit den mittelsarmatischen Schichten aufweist. Leider hat 
er (wohl zum Teil auch infolge ungünstiger Aufschlußverhältnisse) 
keine sicher bestimmbaren organischen Reste geliefert, so daß über 
die Möglichkeit einer Abtrennung desselben von der obersarmatischen 
Stufe (als Unterstufe) nichts ausgesagt werden kann. 


In diesen obersten Bildungen der sarmatischen Stufe treten 
wieder Mergel herrschend hervor, zwischen denen Sandlagen, schiefrige 
Sande und Schiefertone mannigfach wechsellagern. 

Was die Verbreitung der obersarmatischen Sedimente anbelangt, 
sind diese ausschließlich auf den nördlichen Teil des Kartenblattes 
beschränkt und bilden, den mittelsarmatischen Schichten auflagernd 
(zum Teil), die Basis der mächtigen Basaltdecke des Hochstradner 
Kogels und das diesem im N und NO vorgelagerte Hügelland. 


Im Westen des Hochstradner Berges ließ sich infolge der sehr 
ungünstigen Aufschlußverhältnisse die Trennung der mittel- und ober- 
sarmatischen Bildungen nur sehr schwer durchführen und kann nur 
als annähernd richtig betrachtet werden. 

Die merkwürdige Beschränkung der obersarmatischen Schichten 
auf die bezeichnete Region und ihr Fehlen im ganzen südlichen Teil 
des Hochstraden und des Klöcher Massivs findet seine Erklärung in 
einer Einengung der Strandlinie, die in obersarmatischer Zeit in dem 
Bereiche des Kartenblattes gelegen war. 

Wie sich auch aus den Studien im angrenzenden Gebiete Mittel- 
steiermarks ergab, lag im südlichen Teil des Aufnahmegebietes um 
diese Zeit eine Festlandsregion. 

Die Mächtigkeit der obersarmatischen Schichten ist infolge des 
Auskeilens gegen die nahe Küstenlinie sehr variabel. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 59 


452 Artur Winkler. [50] 


Ich stelle folgende Werte zusammen: 


Meter 
Waldra 2.7. Te ee Karl, 
Scheminberg >... 17.27: Pater: ar 
PIESCH NO A ER: N 70 


Die Abnahme der Mächtigkeit entspricht der Annäherung an 
die alte Strandlinie. Gegen NO mit Entfernung von derselben nimmt 
die Mächtigkeit jedenfalls noch mehr zu, jedoch läßt sich dort infolge 
Abtragung des Hangenden und Untersinken des Liegenden unter das 
Talniveau eine Berechnung nicht anstellen. 

Ich gehe zur Besprechung der Aufschlüsse über, wobei zuerst 
die Profile an der Ostseite des Hochstradens in der Umgebung von 
St. Anna, sodann die an der Nordost- und Nordseite dieses Rückens 
erörtert werden sollen. 

Am Fahrweg, der von der Kirche in St. Anna am Aigen nach 
W hinabführt ergab sich Profil I (Tabelle der obersarmatischen 
Schichten). 

Verfolgen wir die Aufschlüsse weiter nordwärts am Rücken 
von St. Anna: Im Kalkhorizont III findet sich gleich unter dem Gasthaus 
Krisper ein frischer Bruch, der den Oolith, wie immer, von einer 
mächtigen Sandschicht unterlagert aufweist. Streichen ist NNW, 
Fallen ONO 15°. 

An den Bruch schließen sich nordwärts eine Reihe anderer an, 
die eine Absenkung der Kalke gegen NO deutlich erkennen lassen. 
Im Steinbruch an der Waldlisiere maß ich Streichen OSO, Fallen NNO 17°. 

In dem Graben, der von der Nordlisiere des Ortes St. Anna 
gegen das Aigenbachtal hinabführt, trifft man Profil II (Tabelle). 
Nordwärts dieses Grabens finden sich im Walde Aufschlüsse von 
hervortretenden Bänken des III, als auch des IV. Kalks. Streichen NW, 
Fallen NO (flach) aufweisend. 

Nun gelangen wir zu dem sehr gut erschlossenen Profil 
entlang des Fahrweges von Kote 397 nach SW zum Aigenbachtal 
(Profil ID. 


Zwischen IH. und IV. Kalk sammelte ich: 


Cerithium rubiginosum Eichw. 
Potamides (Cerithium) mitralis Eichw. 
s (Cerithium) Florianus Hilb. 
Im IV. Kalk: 
Tapes gregaria Partsch 
Cardium obsoletum Eichw. 
Über denselben: 
Limnaea cf. ovata Serr. 
Hydrobia sp. 
Helix cf. impressa Sandb. 


Im Graben, der sich N des Fahrweges herabzieht, sind die 
Schichten nach Profil IV entblößt. Der kleine Graben der von der Ort- 
schaft Langriegl bei Kote 365 gegen das Aigenbachtal hinabführt, zeigt 


[51] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark, 453 


das in Profil V dargestellte Schichtenbild. In einer im Liegenden des 
IV. Kalkes auftretenden sehr fossilreichen Schicht mit schönerhaltenen 
Formen bestimmte ich: 


Cardium cf. plicatum Eichw. 

2 obsoletum Eichw. 
Tapes gregaria Partsch 
Mactra vitaliana Orb. var. (= M. podo- 

lıca Eichw. bei M. Hörnes) 
Modiola volhynica Eichw. 
Potamides mitralis Eichw. 
Cerithium rubiginosum Eichw. 
Trochus Poppelacki Partsch 

. pietus Eichw. 
Dulla Lajonkaireana Bast. 
Donax lucida Eichw. 
Murex sublavatus Bast. 
Buceinum duplicatum Sow. 


Von St. Anna entlang der Straße nach Süd gegen Aigen ab- 
steigend, erhält man einen Einblick in die liegenden Partien der ober- 
sarmatischen Schichten, welche hier mit dem I. Kalk über mittel- 
sarmatischen Sanden (siehe pag. 447) liegen. 

Ein Profil am Westabhang des Schirrenkogels (St. Anna NO) 
zeigt die schon mehrfach erwähnte Reduzierung der Schichtmächtigkeit 
in der Nähe der paläozoischen Schieferinsel Profil VI. 

Im Abstieg vom Schirrenkogel nach Süd tritt eine noch stärkere 
Mächtigkeitsabnahme ein, welche mit einem Ausbleiben der Kalkbänke 
I—IV verbunden ist (in unmittelbarer Nähe der Schieferinsel). 


Profil: V. Kalk mit Mactra cf. Bigogniana Orb. 
srober, obersarmatischer Sand 30 m. 
Liegendes: feine, mittelsarmatische Sande. 


Westlich von St. Anna sind die obersarmatischen Schichten be- 
sonders in den Gräben des Scheminberges gut aufgeschlossen. Gegen 
SW zur alten Strandlinie des obersarmatischen Meeres steigen die 
Schichten an und verlieren fortwährend an Mächtigkeit, wobei die 
Kalkzüge rascher als die sie umhüllenden Sande zu verschwinden 
pflegen. 

Der westlichste Punkt, an dem die Kalkzüge in kontinuierlichem 
Zusammenhang sichtbar sind, befindet sich 1%km Ost der Ortschaft Hoch- 
straden (genauer SO Kote 380). Uberlagert, wie gewöhnlich von einem 
spärliche Bivalven führenden Tegel, tritt hier typischer III. Kalk auf 
mit Streichen ONO, Fallen NNW 14°, 

Südlich der Scheminkapelle trifft man in den Weingärten ein 
an mehrfachen Brüchen sich offenbarendes Profil (Profil VII. Es 
erscheint hier bemerkenswert, daß der III. und IV. Kalk fast voll- 
ständig aneinandergerückt sind und bloß durch eine Zwischenschicht 
von 025 m getrennt erscheinen, eine Tatsache, welche jedenfalls mit 
der besprochenen Sedimentabnahme bei Annäherung an die Küste 
zusammenhängt. 

59* 


454 Artur Winkler. 152] 


Die Kalkbänke streichen SO—NW !), Fallen NO 5°. 

Im Graben, der von der Scheminkapelle nach West in das Aigen- 
bachtal hinabführt, zeichnete ich Profil VIII. Die Kalke streichen 
NO—SW, fallen NW (schwach). 

In dem zweiten nach N folgenden, tief eingeschnittenen Grabenriß 
ergab sich Profil IX. 

Weiter gegen Nord fortschreitend, gibt die Schlucht Ost von 
Kote 433 einen Aufschluß im IV. und V. Kalk, letzterer wie immer 
von Kalksandsteinen begleitet. Profil X. 

An dem breiten Rücken, der sich von der Kuppe mit Kote 360 
(Schirrenkogel N) absenkt, sind die obersarmatischen Kalkzüge in 20, 
teilweise noch im Abbau begriffenen Steinbrüchen, erschlossen. 

Bei Gleichartigkeit der Verhältnisse mag Profil XI genügen. 
Die Ablagerungen zeigen Streichen O—W, Fallen N 7°, 

Zwischen dem III. und IV. Kalk und unmittelbar über letzterem 
sammelte ich: 

Cardium cf. plicatum Eichw. 
% obsoletum Eichw. 
Tapes gregaria Partsch 
Mactra vitaliana Orb. var. ponderosa (= Mactra 
podolica Eichw. bei M. Hörnes) 
Potamides mitralis Eichw. 
A disjunctus Sow. 


In einer mehrfach wiederkehrenden pflanzenführenden Schicht 

im Hangenden des IV. Kalk sammelte ich hier als auch bei Jamm 
(zirka 2 km NW) folgende von Herrn Direktor Glowacki bestimmte 
Formen: 

Alnus nostrata 

Fagus Feroniae 

Ulnus sp. 

Juglans sp. 

Liquidamber sp. 

Sphaeria sp. 


Wenn man von der Häusergruppe bei Kote 360 gegen SO fort- 
schreitet, so gelangt man auf der Rückenhöhe nach kaum 1!/, km 
an die hier bis über 400 m ansteigenden Gesteine der Schieferinsel. 

Die Begehung der benachbarten Gräben ergab, daß in denselben 
(sie liegen bereits jenseits des Kartenrandes) über den mittelsar- 
matischen feinen Sanden wieder die tiefsten obersarmatischen Kalk- 
bänke I und II auftreten. An letzteren maß ich Streichen NW—SO, 
Fallen NO flach. 


An den ausgezeichnet erschlossenen Kalkbänken erkennt man 
ein bedeutendes Absinken gegen N und NO, welches die bei St. Anna 
am Aigen bis über 400 m ansteigenden Kalkbänke im Lendvatal teil- 
weise unter die zirka 270 m hoch gelegene Talsohle versinken läßt. 


!) Ein ähnliches Fallen zeigen auch die darunter auftretenden mittelsarma- 
tischen Hangendsande. Sie haben Streichen SSO—NNW, Fallen ONO 10°, 


[53] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 455 


Ganz analoge Verhältnisse zeigen die ebenfalls sehr gut erschlossenen 
Kalkbänke, welche in den Gräben östlich der Ortschaft Langriegl 
(St. Anna Nord) in mehr als 20 Brüchen zutage treten. 

Profil XIH zeigt die Schichtfolge im Graben, der NW Kote 397 
beginnt; Profil XIII die Aufeinanderfolge in den Gräben östlich von 
Kote 365 (Langriegel Süd). Die Kalkbänke streichen hier konstant 
NW, fallen NO. Profil XIV zeigt die Verhältnisse im Graben, der 
von der Mitte des Ortes Langriegel nach Ost absteigt. Die Ablage- 
rungen streichen NW. Fallen 6° NO. 


Ich sammelte hier im II. Kalk: 


Foraminiferen: Peneroplis pertusus Forsk. 
Cerithium rubiginosum Eichw. 

Cardium sp. 

Trochus sp. 


Im III. Kalk: 
Cardium obsoletum Eichw. 
Modiola volhynica Eichw. 
Potamides mitralis Eichw. 


Profil XV zeigt die durch zahlreiche Steinbrüche ausgezeichnet 
entblößte Schichtfolge im Graben NO von Langriegel. 


Am IV. Kalk maß ich Streichen NS, Fallen ©. 
Fossilien dieses IV. Kalks: 


Spirorbis spiralis Eichw. 
Mactra podolica Eichw. (= M. vitaliana Orb.) 
Cardium cf. plicatum EBichw. 
& obsoletum Eichw. 
Modiola volhynica Eichw. 
Potamides mitralis Eichw. 
3 rubiginosum Eichw. 
Buceinum duplicatum Sow. 
Trochus sp. 


Die gegen NÖ und Ost absinkende Schichtserie läßt in einem 
nordwärts der Ausmündung der vereinigten Gräben in das Lendvatal 
gelegenen Steinbruch (Westlich des Buchstaben „L* von Lendva auf 
der Karte) auch den Hangendkalk V in typischer Ausbildung mit 
mächtigen Kalksandsteinen, konkretionären Sandsteinbänken mit Fließ- 
wülsten und mit Kalkmergeln hervortreten, in einer Höhenlage, welche 
anzeigt, daß er gegenüber seinem Auftreten bei St. Anna am Aigen 
um mehr als 120 m sich abgesenkt hat. Jenseits des Tales wurde bei 
den Häusern von Neustift (Häusergruppe in der Nordostecke der 
Karte) nach Aussage eines Steinbrucharbeiters eine Kalkbank (wahr- 
scheinlich IV) bei einer Brunnenbohrung bereits uuterhalb der Tal- 
sohle angetroffen. 


Profil XVI gibt die Verhältnisse im Graben östlich des Stindl- 
wirtshauses wieder. 


456 Artur Winkler. [54] 


Im IV. Kalk und den begleitenden Schichten sammelte ich: 


Cardium obsoletum Eichw. 
Tapes gregaria Partsch. 
Potamides mitralis Eichw. 
Cerithium rubiginosum Eichw. 
Potamides disiunctus Sow. 
- Hartbergensis Hilber. 
In -IIT. Kalk: 


Foraminiferen: Peneroplis pertusus Forsk. 
Potamides sp. 


In einem Seitengraben dieser Schlucht war wieder der IV. Kalk 
überlagert von einem „Potamides* reichen, dunkelblauen Tegel. 

Profil XVII verläuft von Jamm (Häusergruppe an der Karten- 
grenze, an der Ausmündung des Grabens westlich des Stindlwirts) 
nach Süd. Die schön erschlossenen Schichten streichen NS, fallen Ost. 


Von hier stammen aus dem IV. Kalk und Begleitung: 


Potamides Hartbergensis Hilber. 
R Florianus Hilb. 


3 mitralis Eichw. 
b Gamlitzensis Hilb. 
4 disjunetus Sow. 


Cardium obsoletum Eichw. 
Tapes gregaria Partsch. 


Nach Prof. Hilber?!) außerdem. 


Potamides Peneckei Hılb. 

Cardium obsoletum Eichw. var, Vindobonense Partsch 
; Jammense Hilber 

Neritina picta Fer. 


Profil XVIII zeigt die Schichtfolge im Graben „westlich“ des 
Stindlwirts. 


Profil XIX dieselbe im Graben unmittelbar Süd von Waldra. 

Letzterer dürfte den vollkommensten Aufschluß im ganzen Karten- 
blatt darstellen. Infolge einer Verwerfung, welche im Kalk mit schön 
geglättetem Harnisch sich ausprägt, scheint die Serie verdoppelt. 


Profil XX stellt den in den vorigen einmündenden nördlichen 
Waldragraben dar. 


In den Waldragräben sammelte ich: 
Eisenschüssiger Sandstein über dem IV. Kalk: 
Cardium obsoletum Eichw. 


- cf. plicatum Eichw. 
E Jammense Hılber. 


!) Sarmat.-miocäne Conchylien Oststeiermarks. Mitteilungen des naturwissen- 
schaftlichen Vereines für Steiermark 1891. 


{ 


[55] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 457 


Solen subfragilis Eichw. 

Mactra podolica Eichw. (— M. vita- 
liana Orb.) 

Donax lucida Eichw. 

Tapes gregaria Eichw. 

"Modiola volhynica Eichw. 

Trochus cf. Poppelacki Partsch 

Potamides disjunctus Sow. 


Cardium cf. Hofmanni Hal.'). 
Im Sande 4 Mactra aff. caspia Eichw. 
Tapes gregaria Partsch. 


Im IV. Kalk: 


Cardium obsoletum Eichw. 
i cf. plicatum Eichw. 
ä Jammense Hilber 
Mactra podolica Eichw. (= M. vita- 
hiana Orb.) 
Tapes gregaria Partsch 
Modiola volhynica Eichw. 
h marginata Eichw. 
Potamides mitralis Eich. 
F disjunctus Sow. 
£ Hartbergensis Hilb. 
Cerithium rubiginosum Eichw. 
Spirorbis spiralis Eichw. 


Im III. Kalk: 


Peneroplis pertusus Forsk. 
Cardium sp. 


Helix sp. 


Die. Schichten in den Waldragräben zeigen Streichen NNO, 
Fallen OSO. Zirka 1%km westlich von Jamm trifft man Nord von Kote 
348 die Fortsetzung der im Waldragraben sichtbaren Verwerfung an. 
Die Kalkbänke stoßen in Form einer gebrochenen Synklinale, im Stein- 
bruch aufgeschlossen, aneinander, überlagert von grünem, fetten Tegel. 
An der Westseite dieses Bruches bemerkt man: Streichen NS, Fallen 
Ost, bedeutend, an der Ostseite desselben: Streichen WNW, Fallen 
SSW 99, 

Der nächstfolgende Graben, östlich des Gehöftes Kornschober 
lieferte Profil XXI. 

Der Graben Steinbach Ost (Kornschober NW) bildet die Ver- 
bindung zu den Aufschlüssen jenseits des Kartenblattes in der un- 
mittelbaren Umgebung von Gleichenberg. Profil XXII. . Die Fauna 
ist zusammengesetzt aus: 


1) Übergangsform von C. obsoletum Eichw. zu Cardien der pontischen Stufe. 


458 Artur Winkler. [56] 


Über dem IV. Kalk: 


Buccinum duplicatum Sow. 
Cardium obsoletum Eichw. 
Potamides Gamlitzensis Hilb. 
n mitralis Eichw. 
& Peneckei Hilb. 
Cerithium rubiginosum Eichw. 


Unter dem IV. Kalk: 


Modiola cf. Letochae Hörn. 
Cardium sp. 


Die Potamides-Formen erreichen hier eine ganz besondere Größe. 

Bezeichnend ist das Vorkommen der Modiola Letochae, einer 
äußerst dünnschaligen Form, deren perlmutterglänzende Schälchen 
bloß in dem feinen Schieferton erhalten bleiben konnten. Modiola 
Letochae scheint in der tonigen Fazies die wie es scheint mittel- (und 
untersarmatische) Modiola marginata zu vertreten. 

Das Profil der „Teufelsmühle*, welches durch den in das Hoch- 
stradenmassiv tief einschneidenden Graben gegeben wird, ist durch 
die klare Auflagerung der obersarmatischen Bildungen, Congerien- 
schichten, Basalte und Tuffe von Wichtigkeit !). 

Profil XXIII zeigt den allmählichen Übergang der obersarma- 
tischen in die Congerienschichten, zwischen denen eine Diskordanz 
nicht nachweisbar ist. 

Tiefer unten im II. Kalk fand ich Cardium obsoletum. In einer im 
Liegenden auftretenden Tegelschicht: Potamides mitralis, Neritina 
Grateloupana Fer. In den sandigen Schiefertonen 10 m unterhalb der 
Congerienschichten: Potamides mitralis, Cardium sp. 

Zum Schluß gelange ich zur Besprechung des am Südabfall des 
Hochstradenmassivs (Nord von Gießelsdorf und SO des Ortes Hoch- 
straden) gelegenen Profils des „Höllischgraben‘, der beim Meierhof 
am Plateau des Stradner Kogels seinen Anfang nimmt. Die Ausbildung 
der Schichten zeigt eine merkliche Abweichung vom gewohnten Typus, 
die durch eine fremdartige Ausbildung der Kalke (Fehlen der Oolith- 
struktur) charakterisiert ist. Der Kalk ist hauptsächlich aus Stein- 
kernen und Hohldrücken von Cardium obsoletum und Tapes gregaria 
mit Trochus aufgebaut. Foraminiferen führende Lagen treten im 
Liegenden auf. 

Nach Lagerung und Beschaffenheit dürfte er vielleicht den mittel- 
sarmatischen Schichten entsprechen. Die im Hangenden auftretenden 
Mergel besitzen eine Einlagerung eines blaugrauen, festen Mergels, 
von rostroten verwitternden Röhrchen durchsetzt, die jedenfalls pflanz- 
licher Tätigkeit ihre Entstehung verdanken. Unmittelbar darüber 
fanden sich Reste von Schilfpflanzen. Außerdem enthielt dieser Mergel 
Blattreste und Planorbis sp. 

All dies, die wasserpflanzenführenden Mergel, das Auftreten von 
Süßwassermollusken, die sichtbare Korrosion an den Sandbänken im 


) Das Profil der vulkanischen Bildungen siehe auf pag. 469. 


[57] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 459 


Liegenden des Kalks!), die mannigfachen Tegel und Mergeleinschlüsse 
in denselben sowie ihre Schichtung und gröberes Korn deuten darauf 
hin, daß man es mit einer ganz seichten Bildung des sarmatischen 
Meeres zu tun hat. 


Profil XXIV. Die Streichungsmessungen ergaben: Streichen SO, 
Fallen NO 5°, Streichen O—W, Fallen N 25° Streichen O—W, 
Fallen N 5°, 

Im Liegenden des Kalkes treten zirka 15m mächtige Sande, 
deren Bildung in sehr bewegtem Wasser erfolgt sein muß, und darunter 
fossilreiche grüne Tegel auf, welch erstere schon dem Untersarmat 
angehören dürften. 

Im Höllischgraben fanden sich folgende Formen: 


1. In der liegenden Tegelschicht 2) (untersarmatisch ?): 


Modiola marginata Eichw. 

Cardium plicatum Eichw. 

Mactra vitaliana Orb. cf. var. deltoides 
(= Mactra podolica Eichw. var.) 

Syndesmia reflexa Eichw. 

Cerithium cf. Comperei Orb. 

Potamides mitralis Eichw. 

Buceinum duplicatum Sow. 

Murex sublavatus Bast. 

Hwydrobia ventrosa Montf. 


2. Im Sande im Liegenden des Kalkes: 


Cardium obsoletum Eichw. 
= cf. plicatum Eichw. 
Mactra vitaliana Orb. var. (= Mactra 
podolica Eichw.) 
Cerithium rudiginosum Eichw. 
Potamides disjunctus Sow. 
Modiola volhynica Eichw. 
Buccinum duplicatum Sow, 
Trochus sp. 


Untere Kalklage: 
Peneroplis pertusus Forsk 
Tapes gregaria Partsch 
Modiola volhynica Eichw. 
Cardium sp. 


!) Eine 30 cm mächtige Sandsteinbank schneidet vollständig ab. 


2) Nach Fauna und Fazies dürfte diese „liegende Tegelschicht* den unter- 
sarmatischen Schichten angehören. Auf der Karte wurden die Schichten als Basal- 
bildungen der obersarmatischen Stufe ausgeschieden. _ Es dürfte indessen richtiger 
sein, wie ich mich durch neuerlichen Besuch der Ortlichkeit und an reicherem 
Fossilmaterial überzeugte, die liegende Tegelschicht noch als untersarmatisch, die 
hangenden Sande und Kalke als mittelsarmatisch zu betrachten. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 68. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 60 


460 Artur Winkler. [58] 


Obere Kalklage: 


Cardium obsoletum Eichw. 

Cardium cf. plicatum Eichw. 

Tapes greyaria Parlsch. 

Modiola volhynica Eichw. 

Mactra vitaliana Orb. (= Mactra podolica 
Eichw. bei M. Hörnes) 

Trochus cf. quadristriatus Orb. 

Buceinum duplicatum Sow. 

Potamides mitralis Eichw. 

Cerithium cf. rubiginosum Eichw. 


Hangende Mergel: 


Mactra vitaliana Orb. var. ponderosa 
(= Mactra podolica Eichwald 

Tapes gregaria Partsch 

Bulla sp. 

Schilfreste: Typha latissima Al. Br. 

Blattrest: Unbestimmbar. 

Planorbis sp. 


Die an der Westseite des Hochstradenzuges auftretenden ober- 
sarmatischen Bildungen zeigen derart schlechte Aufschlußverhältnisse, 
daß ich deren Beschreibung übergehe, zumal das wesentliche aus 
den Angaben der Karte ersichtlich ist. 


Schließlich besitze ich aus der Gegend von St. Anna ein Kalk- 
stück mit Mactra vitaliana Orb. var. Fabreana. (? V. Kalk.) 


Fauna.der obersarmatischen Schichten!?): 


Cardium cf. plicatum Eichw. 
*Cardium Jammense Hilber 
Cardium obsoletum Eichwald. 
Cardium ohsoletum var. Vindobonense Partsch. 
Mactra vitaliana Orb. var. ponderosa Bichw. 
—= var. Fabreana Orb. (= Mactra podolica 
Eichwald var.) 
Tapes gregaria Partsch. 
Modiola volhynica Eichw. 
*Modiola cf. Letochae Hörnes 
* Modiola marginata Eichw. 
* Solen subfragilis Eichw. 
* Donax lucida Eichw. * 
Cerithium rubiginosum Eichw. 
Potamides mitralis Eichw. 
Potamides Florianus?) Hilber 


!) Die mit * bezeichneten Formen sind selten. Die gesperrten fand ich bis- 
her „bloß“ in obersarmatischen Schichten. 


?) Potam. Florianus und mitralis lassen sich schwer unterscheiden. 


[59] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 461 


*Potamides Peneckei Hilber 
*Potamides Hartbergensis Hilb. 
Potamides disjunctus Sow. 
*Potamides Gamlitzensis Hilber 
Buceinum duplicatum Sow. 
* Murex sublavatus Bast. 
*Trochus Poppelacki Partsch 
Trochus pictus Eichw. 
Bulla Lajonkaireana Bast. 
* Neritina Grateloupana Fer. 
Neritina picta Fr. 
Mactra cf. caspia Eichw.? 
Mactra cf. Bigogniana Orb.? 
Hydrobia sp. 
Helix cf. impressa Sandb. 
Limnaea cf. ovata 
Planorbis sp. 
Foraminifera: 
Peneroplis pertusus Forsh. 


Milioliden und andere Foraminiferen 
Spirorbis spiralis Eichw. 


Elora: 


Alnus nostrata 
Fagus Feroniae 
Ulnus sp. 
Juglans sp. 
Liquidamber sp. 
Sphaeria sp. 


Die Fauna und Flora der „Sarmatischen Stufe“ ergibt sich aus 
der Zusammenstellung der Tabellen der drei Unterstufen !). Sie be- 
sitzt außer den für die obersarmatischen Schichten bezeichnenden 
Formen noch folgende Fossilien: 


Cardium protractum Eich. 
Cardium n. sp. 
Cardium cf. Barboti R. H. 
Cardium cf. Loveni Nordm. 
Ervilia podolica Eichw. 
Syndesmia reflewa Eichw. 
Ostrea cerassissima Schlot. var. sarmatica Fuchs 
Bulla truncata Ad. 
Cerithium cf. Comperei Orb. 
Hydrobia cf. stagnalis 
Hwydrobia ventrosa Mont. 
Fragilia cf. fragilis Linne. 
') Es sei schon hier bemerkt, daß ich die faunistischen Unterschiede derselben 


nur zum Teil auf zeitliche Verschiedenheit zurückführe. Insbesondere das Fehlen 
der Cerithien in der mittleren Stufe hat sicherlich nur lokal fazielle Ursachen, 


60* 


462 Artur Winkler. [60] 


C. Plioeän. 


Pliocäne, teils sedimentäre, teils vulkanische Bildungen, sind die 
jüngsten Schichten, die sich noch am Aufbau der Landschaft beteiligen. 


I. Untere Congerienschichten. 


Congerienschichten bedecken nur ein sehr geringes Areal des 
Kartenblattes, indem sie lediglich am Nordabfall des Hochstradenberges 
zutage treten. Ihr Fehlen südwärts hängt ebenso wie das der ober- 
sarmatischen Schichten mit dem Verlauf der alten Küstenlinie zu- 
sammen, welcher nun gegenüber der des obersarmatischen Meeres 
eine weitere Einengung erfahren hat. 

Profile durch die Congerienschichten sind bloß an drei durch 
Fossilien belegten Fundpunkten vorhanden. 

1. In der Teufelsmühle (siehe Profil XXIII der obersarmatischen 
Schichten). Man erkennt hier die konkordante Überlagerung der 
Congerienschichten über die obersarmatischen Bildungen, welch letztere 
wenige Meter darunter eine fossilführende Lage besitzen. 

Die grünen Tegelmergelbänke der pontischen Schichten zeigen 
jedoch durch ihren von dem sarmatischen Sediment abweichenden 
Charakter deutlich den EinfluB einer Anderung in den Bildungsum- 
ständen. 


Ich fand hier: 
Congeria ornithopsis Brus. 
Cardium sp. 
Östracoden. 


Die Mächtigkeit ist hier sehr gering. Jedoch würde man fehl- 
sehen, dies der mangelnden Sedimentation zuzuschreiben. Denn in dem 
kaum 300 m entfernten, nächsten Graben beträgt die Mächtigkeit 
fast das Fünffache. 


Profil: Hangendbasalt mit sehr geringer Tuifunterlage 
10 m brauner Sand 
5,„ grüner Sand 
15 „ Congerientegel mit Cong. ornithopsis. 


Die Ursache hierfür liegt darin, daß der überlagernde Basalttuff in 
der Teufelsmühle den Anschnitt einer flach in die Tiefe sich absen- 
kenden Kraterfüllung darstellt (siehe Profilskizze Figur 4). Der Tuff 
kam also in einer explosiv geschaffenen Vertiefung des Bodens zum 
Absatz. Die Richtigkeit dessen erkennt man in der Teufelsmühle, in 
dem hier der Tuff um zirka 2 m tiefer hinabgreift als der seitlich 
angrenzende Congerientegel. 


2. Das Profil oberhalb Waldra gibt folgendes an: 


Hangendes: Basalt, 
pliozäner Schotter (erst weiter nördlich sichtbar), 
brauner eisenschüssiger Sand, 
Congerientegel mit Congeria ornithopsis und Cardien. 
Liegendes: hangendste obersarmatische Mergel, 
Schiefertone und Sandsteinbänke. 


[61] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 463 


Nach der geringen Mächtigkeit dieses Tegels und Sandniveaus, 
welche sich auch mit weiterer Entfernung von der Küstenlinie 
nicht allzusehr zu vergrößern scheint, nach der engen Verknüpfung mit 
den oberen sarmatischen Schichten und nach den Resultaten der Be- 
gehung in den angrenzenden Gebieten, verweise ich diese Congerien- 
schichten in die unterste Abteilung der pontischen Stufe !), womit 
auch das Auftreten von Ü. ornithopsis übereinstimmt. 


2. Älterer pontischer Schotter. 


Die stratigraphische Stellung der im südlichen Teil des Hoch- 
stradenzugs auftretenden fluviatilen Schotter, hat schon Anlaß zur 
Diskussion gegeben ?). Mehrere neueröffnete Aufschlüsse, insbesondere 
bei Anlage eines Weges an der Westseite des Hopfenberges, ferner 
Schottergruben am Rosenberg und anderen Punkten, ließen die 
Stursche Annahme, daß der Schotter unter dem Basalt liege, als 
richtig, erkennen). 

Über das Alter dieser Schotter ein Urteil zu fällen, ist insofern 
zulässig, als sie einerseits sich jünger als die mittelsarmatischen 
Schichten, denen sie im südlichen Teil des Hochstradenzuges auflagern, 
anderseits älter als die Basaltdecke des Hochstraden erwiesen haben. 
Da letztere ihrem Alter nach noch der unteren Abteilung*), der 
pontischen Stufe entspricht, so würde sich der Zeitraum der „ober- 
sarmatischen“ und „unteren Congerienschichten“ für die Schotter- 
bildung ergeben. Indessen mag ihre Ablagerung im Bereich des 
Klöchermassivs, wo sie zu größerer Mächtigkeit anschwellen, länger 
angedauert haben. ; 

In den folgenden Zeilen werden sich genauere Anhaltspunkte 
nachweisen lassen. 

Im Klöcher Gebiet treffen wir die Schotter allseits die basalen 
Tuffe umrandend und nur dort aussetzend, wo der anormale Kontakt 
eines Kraterrandes vorhanden ist. 

Sie erscheinen mächtig ausgebildet am Rückenabfall östlich von 
Klöch im Liegenden der Tuffe des Hohenwart. In den tieferen Lagen 
sind bis fast kopfgroße Gerölle vorhanden, die stark eisenschüssig 
verfärbt sind. Im Hangenden erscheinen sie, in einer Grube unmittelbar 
unter dem Tuff aufgeschlossen, weniger grob und besitzen eine schmale 
Einschaltung von Aschentuff, anzeigend, daß die vulkanische Tätigkeit 
zur Bildungszeit der Schotter bereits ihren Anfang genommen hat. 

Im Hohenwartzuge lassen sich weiterhin die Schotter kontinuierlich 
im Liegenden der Tuffbänke verfolgen und sind an der Straße (in 
den Weingärten) letztere unterlagernd, sichtbar. 


') Es sei in dieser Arbeit nur hervorgehoben, daß außerhalb des kartierten 
Gebietes „über“ den Congerientegeln, Schottern und Basalten (Tuffen) „Sande* 
lagern, welche die Fauna der „höheren“ Congerienschichten des Wiener Beckens 
(= nach Halavats Hangendhorizont der „unter“pontischen Stufe Ungarns) enthalten. 

?) Siehe pag. 417 und 429. 

®) Dort, wo der Schotter scheinbar über dem Basalt liegt (Neusetz), zieht 
eine Verwerfung darch. 

*) Einteilung nach Halavats und Vitalis. (Resultate der wissenschaftl. 
Erforschung des Balatonseegebietes etc.) 


464 Artur Winkler. [62] 


An dem Fahrweg, der SW von Haseldorf von der Straße am 
Hohenwartrücken abzweigt, treten wieder die fluviatilen Gerölle im 
Liegenden der Tuffe hervor. 


Ich will noch hinzufügen, daß an der Nordseite des Kindberg- 
kogels jedenfalls gleichaltrige Schotter in gestörter Lagerung an der 
Basis des Kraters auftreten und daß östlich von Dernek (Tischen 
südlich) Schotterbänke im Liegenden der Tuffe mehrfach aufge- 
schlossen sind. 


Schließlich verdient eine beobachtete Wechsellagerung von Tuff 
und Schotter Erwähnung, welche südlich von Jörgen an dem Karrenweg 
auf den Zamberg sichtbar ist. In den basalen Teilen der Tuffe ist 
eine Einlagerung von Schotter kenntlich. Deren unveränderter Zustand !) 
und schichtartiges Auftreten weist auf eine primäre Lagerung hin. 


Der Beginn der Eruptionen fällt in die Schotterbildungsepoche. 


Versteinerungen gelang es mir im Schotter nirgends aufzufinden. 
Wohl aber erwähnt Peters?°), daB von Klöch ein Dinotheriumzahn 
herrühre, der höchstwahrscheinlich dem Schotter entstammt. 


Fig. 2. 


Panake der Rücken» mit R. #15 
DELETE 
GEL E ern —= . 

autiodbe Shonevidand — Jbatter Cham’ %egel 


Noch ein Beweis für das höhere Alter dieser Schotter gegenüber 
den Tuffen des Klöcher Massivs mag beigefügt werden. Man trifft in 
den letzteren häufig grobe Gerölle als sekundäre, bei der Eruption 
mitgerissene Einschlüsse, welche unmöglich aus älteren Schichten 
stammen können, dagegen die charakteristische Größe und Beschaffen- 
heit der pontischen Schottergerölle besitzen, so daß über ihre Her- 
kunft kein Zweifel bestehen kann. 


Der Hochstradenzug zeigt deutliche Aufschlüsse in den Schottern. 
SW von Größing (nördlich Kote 415) erscheinen sie an einem neu- 
angelegten Wege von einer mächtigen Basaltdecke überlagert und im 
Kontakt mit derselben verändert. Die Lehme und Sande sind rot- 
gebrannt, die Gerölle besitzen einen rostbraunen Überzug. (Figur 2.) 
Man erkennt ferner, daß die Schotter einem denudierten, unebenen 
Relief eingelagert sind und daß die Basaltdecke wieder eine hügelige, 
gewellte Fläche überdeckt hat (Figur 2). 

Am Südrande der auslaufenden Basaltplatte von Größing treten 
unter derselben wieder im Kontakt rotgebrannte fluviatile Lehme und 
Schotter zutage. 


Auch die isolierte Basaltpartie beim Strandler (Größing Süd) 
erscheint einer Schotterfläche aufgesetzt. 


!) Die mitgerissenen Gerölle in den Tuffen sind meist gerötet, an den 
Kanten gebrochen und stellenweise vollständig vergriest. 


?) Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark 1871. 


[63] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 465 


Wandert man am Hochstradenzug nach Nord, so findet man am 
Rosenberg Spuren der Schotterbildung, welche als dünne Schicht oder 
als vereinzelte Gerölle zwischen die mittelsarmatischen Schichten und 
die Basaltdecke eingeschaltet sind. 


Bei weiterer genauer Verfolgung des Schotterhorizonts kann 
man die Bemerkung machen, daß derselbe unter der Basaltdecke des 
eigentlichen Hochstradner Massivs nicht vollständig verschwindet, sondern 
bloß an Mächtigkeit abnimmt und lokal aussetzt. 


Während am Hopfenberg noch stellenweise mächtigere Partien 
vorhanden sind trifit man am Rosenberg bloß wenige Geröllagen. Im 
Graben, der vom Orte Hochstraden gegen das Aigenbachtal hinabführt, 
trifft man wieder vereinzelte Schottergerölle. Ebenso scheinen die 
auf den Terrassen verbreiteten, wohl altdiluvialen Schotter, welche 
bis faustgroße Gerölle enthalten, unbedingt auf einen Schotter hinzu- 
deuten, der unter der Basaltdecke des Hochstradenberges hinzieht. 


Infolge der schlechten Aufschlüsse, besonders der Überrollung 
durch die Basaltschutthalde, treten sie selten zutage. 


Von großer Wichtigkeit ist es, daß an der isolierten Basaltpartie 
NW von Waldra im Liegenden des Basalts und im Hangenden der 
Congerienschichten ebenfalls eine Flußschotterpartie nachzuweisen 
war (siehe Karte). 


Es ergibt sich daraus, daß der Basalt des Hochstraden dem 
Congerientegel (resp. den ober- und mittelsarmatischen Schichten) 
nicht unmittelbar anfruht, sondern von diesem durch eine zeitliche Inter- 
mittenz mit lokaler Schotterbildung getrennt ist, eine Tatsache, die 
nicht nur für das Hochstradenmassiv, sondern auch für das Klöcher 
Gebiet und noch weitere Regionen Gültigkeit hat. 


Es läßt sich der Schluß ableiten, daß der (pontische) Schotter 
wenigstens teilweise jünger als die untersten Kongerienschichten ist. 
Daß er in der Süd angrenzenden Region, welche zur obersarmatischen 
Zeit und in den untersten Congerienschichten eine Festlandregion dar- 
stellte, auch teilweise in ein etwas höheres Alter hinaufreichen mag, 
wäre im vorhinein nicht auszuschließen. 


Da der Schotter jedoch dort (siehe Figur 2) einem Denudations- 
relief eingelagert ist, wodurch stellenweise der Hangendsandhorizont 
der mittelsarmatischen Schichten abgetragen erscheint (siehe Karte), so 
dürfte nach Ablagerung des Mittelsarmatikums eine intensive Ab- 
tragung der neugebildeten Festlandregion stattgefunden haben. (Ober- 
sarmatische Stufe und unterste Congerienstufe.) 


Hauptsächlich erst in einer nachfolgenden Zeit kam es sodann 
zur Ablagerung fluviatiler. Sedimente. 


Weil eine einheitliche Schotterbildung doch vielleicht besser als 
zeitlich einheitliche Bildung betrachtet wird, möchte ich im großen und 
ganzen eine spätsarmatische (und altpontische) Abtragung und eine 
darauffolgende, noch innerhalb der unteren Congerienschichten ein- 
getretene, fluviatile Aufschüttung annehmen, welche bereits die untersten 
pontischen Sedimente überdeckte und ihrerseits wieder von Basalt- 
decken überlagert wird. 


466 A. Winkler. [64] 


3. und 4. Basalttuffe und Basalte. 


Da die Stratigraphie der vulkanischen Schichten mit ihrer Tektonik 
innig zusammenhängt, mag es vorerst genügen, darauf hinzuweisen, daß 
im Eruptivgebiet von Klöch allseits der Basalt von Tuff unterlagert 
wird. Die Radialspalte bei Pichla ausgenommen, ist mir dort kein 
Punkt, bekannt, an dem der Basalt unmittelbar mit tertiären Sedimenten 
in Berührung treten würde‘). Es ergibt sich hieraus, daß im allge- 


Fig. 3. 
Schlacken- RT 
IE) A ee Be re ar Be a ne en > > 
Vulkanische 
Bildungen. 
Basalt. 
Schotter. 
Sand. 
Pontische 
Schichten. 
Tuffe. 
Cong. Tegel. 


Mergel und 
Sande. 


Obersarmat. 
Schichten. 


Sande mit 
Kalken. 


Tegel. 
Sande u. Tegel. 


Mittelsarmat. Mergel und 


| 
\ 
| 
| 
Schichten. | Sande. 


Sand und 
Schotter. 


Tegel u. Sande. 


Untersarmat. 


Schichten. PEDAL 


Tegel. 


Idealprofil der Schichtfolge. 


meinen die Tuffe die älteren, die Basalte die jüngeren Bildungen 
darstellen, wie es ja auch Prof. Sigmund bei Schilderung seines 
„basalen Tuffrings* zum Ausdruck gebracht hat. 

An dem Kontakt zwischen Tuff und Hangendbasalt stellt sich 
meist eine mehrere Meter mächtige Zone ein, in welcher die Tuffe 
durch die darüberfließende Basaltmasse rotgebrannt sind. Am schönsten 
ist diese Erscheinung wohl am Zamberg (Klöch W) sichtbar, wo dieses 


1) Vielleicht außerdem noch am Seindlkrater bei Klöch. 


[65] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 467 


rote Band kontinuierlich aufgeschlossen, in zahlreichen Steinbrüchen 
im Liegenden des Basalts sichtbar wird. 

In den dichten Jungwäldern, welche sich südwärts des Kindberg- 
kogel ausbreiten, gelang es mir an einer Stelle (im sogenannten Kreide- 
graben, gerade bei Buchstabe „s“ von Kindsbergkogel), im Liegenden 
der von oben her sich absenkenden Basaltdecke den rotgebrannten 
Tuff aufzufinden !). 

Als jüngste Gebilde treten überall über den mächtigen Basalt- 
massen Schlackenströme ein, welche insbesondere den oberen Teil des 
Seindlberges aufbauen. Auf Grund genauer Beobachtungen ergab sich, 
daß dieselben eine bedeutende Mächtigkeit (bis über 50 m) besitzen ?) 
und daß sie jüngeren, schlackig erstarrten, basaltischen Nachschüben 
entsprechen, die mit ihren stellenweisen Einlagerungen festen Basalts 
ein allmähliches Abflauen der vulkanischen Förderung gegen Schluß 
der Eruptionsepoche darstellen. 

Die Basis und das Hangende der Lavamassen zeigen ebenfalls, 
wie Sigmund nachwies, einen porösen, schlackigen Habitus, ob sie 
nun dem liegenden Tuff oder einer älteren Basaltmasse aufruhen. 
(Taf. XVI, Profil I und Taf. XVIII, Profil X.) 

Das Hochstradenmassiv besitzt einen einfacheren Aufbau. Basale 
Tuftbildungen fehlen in der ganzen Erstreckung desselben. Vulka- 
nische Explosiva treten überhaupt nur in dem als Teufelsmühle be- 
zeichneten Graben östlich des Gipfels und beim Ort Hochstraden zu- 
tage. Sie stellen hier die Ausfüllung „eines Kraterbeckens“ dar. Über- 
lagert werden sie von der mächtigen Basaltdecke und erscheinen auch 
hier im Kontakt rotgebrannt). 

Hangendschlacken treten nur auf der Kuppe des Hochstradner 
Kogels zutage und stellen wohl die jüngsten teils schlackig, teils 
fladenlavaartig erstarrten Nachschübe dar. (Textfigur 3 und Taf. XVII, 
Profil IV.) 


D. Quartär. 
I. Diluvium, 


Da das Diluvium in dem Aufnahmegebiet wenig Interesse bietet, 
so verweise ich nur auf die in der Karte verzeichneten Aufschlüsse. 
Die Verbreitung des Diluviums fällt hauptsächlich in das breite Sulz- 
bachtal und den dahin abdachenden Rücken des Hochstradenzuges, 
der von einem etwa 1%m breiten Saum diluvialer Ablagerungen 
bedeckt ist. Nach Süden schwillt dieser zu beinahe 2 km Breite an 
und bildet die Hügelkette, welche die Gehöfte Neustift und Listenberg 
(Laasen NW) trägt. Das Diluvium reicht hier bis über 300 m hinan. 
Die übrigen diluvialen Ablagerungen weisen wenig Zusammenhang auf 
und es erleidet ihre genaue Abgrenzung oft Schwierigkeiten. Diese 
isolierten Diluvialschotter, welche sich im Aigenbachtal nach Nord bis 
in die Gegend von St. Anna hinausziehen, weisen darauf hin, daß 
unter der Basaltdecke des Hochstradens größere Reste pontischer 


!) An dieser Stelle konnte also die Grenze zwischen Basalt und Tuff genau 
festgelegt werden. 
2) Prof. Sigmund fußte sie bloß als oberflächlichen Schlackenhut auf. 
®) Siehe pag. 425. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 61 


468 A. Winkler. [66] 


Schotter enthalten sein müssen, heute durch Überrollung der Basalt- 
schutthalde nur an wenigen Stellen sichtbar. Aus diesen müssen die 
diluvialen Wässer die groben Schottergerölle ausgewaschen haben. 


2. Alluvium. 


Abgesehen von den Fluß- und Bachanschwemmungen treten im 
Bereiche der Karte mächtige Alluvialsedimente organogener Natur 
in der Gegend von St. Anna auf. 

Es sind dies die sehr verbreiteten Kalktuffe, welche überall 
dort anzutreffen sind, wo die Kalkbänder der obersarmatischen Schichten 
in den tief eingeschnittenen Gräben zutage treten und infolge ihrer 
srößeren Härte kleine Stufen mit Wasserfällen bilden. Dort erscheinen 
die Wände der Gräben überzogen mit einer oft mehrere Meter 
mächtigen Umkleidung von Kalktuffi, der stellenweise prächtige Kas- 
kaden bildet. i 

Der Kalktuff geht aus der Überkrustung der am Boden wuchern- 
den Moose hervor und läßt deren Struktur gut erkennen 

Als Beimengung finden sich allerorts schönerhaltene, Buchen 
blätter. An manchen Stellen läßt sich ganz deutlich der Übergang 
des noch lebenden Mooses in das übersinterte erkennen. 

An einigen Punkten in der Umgebung von Tischen finden sich 
Spuren prähistorischer (oder altrömischer) Grabstätten. Im Orte Tischen 
wurde bei meiner Anwesenheit ein Steingrab!) mit vollkommen er- 
haltenen Urnen, Aschen und Glasresten geöffnet. Im Walde zwischen 
Tischen und Größing finden sich zahlreiche Tumuli, welche Urnen 
und Aschenreste bergen, als Zeugen eines großen Gräberfelds. 


2. Kapitel. 
Lokale Tektonik. 
I. Vulkantektonik. 


A. Hochstradenzug. 


Im stratigraphischen Teile habe ich ausgeführt, daß die vulka- 
nischen Bildungen des Hochstraden zum größten Teil aus einer wenig 
unterbrochenen Basaltdecke bestehen, die spätere tektonische Bewe- 
gungen zerstückelten. Die Aufnahme hat die Verbreitung der Basalt- 
massen gegenüber der bisherigen Darstellung beträchtlich vermehrt, 
den Zusammenhang der Basalte aus der Gegend von Waldra mit 
denen des Ortes und Gipfels vom Hochstraden dargetan. Ebenso 
wurden die isolierten Basaltpartien zwischen Rosenberg, Größing und 
Unter Laasen genauer abgegrenzt und beträchtlich vermehrt sowie 
der stellenweise Zusammenhang der Basaltreste erkannt?). War schon 
durch die Einheitlichkeit des Gesteins?) der innige Zusammenhang 
der südlichen Bildungen mit denen des Hochstradenberges gegeben, 


1) Sie befinden sich im Besitz von Herrn Oberlehrer Kolleritsch in Tischen. 
2) Professor Sigmund vermutete bereits den Zusammenhang. 
®) Siehe pag. 424 und 419. 


[67] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 469 


so wurde er durch die fast kontinuierliche Verfolgung der Basalte 
bis in die Gegend von Laasen noch erhärtet. 

Es läßt sich daher wohl mit Sicherheit aussprechen, daß der 
ganze Hochstradenzug mit seinen Anhängseln und Ausläufern nichts 
anderes als den Rest einer einheitlichen, mächtigen Basaltdecke darstellt. 

Beweise für die Deutung als selbständige Quellkuppen lassen 
sich nirgends aufbringen. Der an zahlreichen Punkten sichtbare Kon- 
takt des Basalts mit dem Liegenden, der eine normale Überlagerung 
auf pontische Schotter aufweist, das gleichmäßige Niveau, das im all- 
gemeinen die Basaltmassen einnehmen, die Struktur derselben und 
ihre Klüftungsformen, die durchweg einer strömenden und nicht 
einer quelligen Masse entsprechen, schließen eine solche Annahme aus. 
Auch der vollständige Mangel an Tuffen im ganzen Zuge (mit Aus- 
nahme der Kraterregion) stimmen mit dem Deckencharakter überein. 
Daß aber die Basalte des Hochstradenrückens nicht die Gestalt eines 


Fig. 4. 
Fester Basalt. | | | | , 
Verwitterter poröser Basalt. ge In 
—— 
Rotgebrannter Tuff. a & 
Dee 
RI 
Schlacken- und Brockentuffe. a 
ss = 
a7 u = 
Aschentuff. => ee) 
& a: 
a E27 
Brockentuff. AN z 


Aschen und Staubtuffe. : ; 
Congerientegel. 


Teufelsmühle. 


eine flache Rinne ausfüllenden Lavastroms besessen haben, sondern 
von breiter Ausdehnung waren, zeigen die von mir aufgefundenen 
Basaltdeckenreste am Gipfel des Sandberges (zwischen Klapping und 
Größing siehe Karte), welche dortselbst in drei isolierten Vor- 
kommen als normale Überlagerung auf pliozänem, fluviatilem Lehm an- 
zutreffen sind. 

Die Lavamassen haben also nach diesen „Zeugen* zu schließen 
mindestens eine Breite von 3 km besessen (Taf. XVI, Profil D). Wie 
erwähnt treten im Bereiche des Hochstraden nur an zwei Stellen im 
Norden unter den Basalten Schlacken und Tuffmassen hervor. Die besser 
erschlossene Partie befindet sich im Teufelsmühlgraben NO des Hoch- 
stradengipfels. Sie zeigt, daß die Schlacken und Tuffe nicht als normale 
Überlagerung des Congerientegels auftreten, sondern diesem in einer 
wohl explosiv geschaffenen Vertiefung angelagert sind). Man hat es 
meiner Meinung nach hier mit einem Anschnitt eines, Tuffbeckens zu 
tun, das mit Schlackenbänken, Brockentuffen und Lapillituffen mit unter- 


!) Siehe pag. 462 und Profilskizze Figur 4. 
61* 


470 A. Winkler. [68] 


geordnetem Aschenlager erfüllt ist. Bergwärts sinken die Massen gegen 
das Zentrum des Beckens in die Tiefe, im Kontakt mit den überlagern- 
den Basalten rotgebrannt !). 

Die Verbreitung dieser Schlacken und Tuffe ist nur ganz lokal. 
Denn schon im nächsten, zirka 300 m Ost gelegenen Graben fehlen sie fast 
vollständig, woselbst der Congerientegel beinahe unmittelbar vom Basalt 
überlagert wird. Nach Westen hin lassen sie sich zirka 500 m weit ver- 
folgen, brechen jedoch dann plötzlich ab, ohne an der Westseite des 
Hochstradenberges, noch in den Aufschlüssen bei Waldra, noch S und 
SO der Ortschaft Hochstraden unter dem Basalt hervorzutreten 2). 

Diese geringe Verbreitung von Auswurfsmaterial am Stradnerkogel 
zeigt, daß die explosive Tätigkeit sich nur ganz lokal entwickelt hat 
und daß deren Bildungen bloß die breiten Schlote und Kraterbecken 
ausfüllen. 

Ein oberflächlicher Aufschüttungskegel hat sich wohl niemals am 
Hochstraden erhoben; denn der ersten, ein Kraterbecken erzeugenden 
Phase folgte der ungehemmte Austritt mächtiger Lavamassen nach, 
deren Material einen Raum von vielen Quadratkilometern bedeckte. 
Indessen dürfte als Ausflußpunkt der Hauptmasse dieser Decken- 
basalte eher die noch zu erwähnende Spalte von Risola in Betracht 
kommen. 

Ob nun das Schlackentuffvorkommen im Orte „Hochstraden“ den 
Gegenflügel zum Tuff der „Teufelsmühle* bildet und so den Krater 
gegen SO begrenzt, oder, was mir unwahrscheinlicher erschiene, ob 
es sich hier um eine selbständige Kraterfüllung handelt, läßt sich 
infolge mangelnder Aufschlüsse nicht entscheiden. 

Als Ausnahmen von diesem einfachen Bau, der das Hochstraden- 
massiv charakterisiert, treten drei Vorkommen hervor. 

1. Eine spaltförmige Basaltmasse, südlich des Ortes Hochstraden, 
die im Tertiär aufsitzt und soweit kenntlich, mit saigerem Kontakt an 
letzteres angrenzt. 

2. Die mehr als kilometerlange aufgefundene Basaltmasse, welche 
am Rücken zwischen Plesch und Klapping (St. Anna SW) auftritt. 
Sie ist sehr schlecht aufgeschlossen. (Bruch an der Ostseite und 
verlassener Steinbruch im absteigenden Ausläufer im Westen.) Soweit 
sich aus der genau durchgeführten Verfolgung der Lesestücke und 
Bodenbedeckung nähere Anhaltspunkte gewinnen ließen, ergab sich 
das auf der Karte dargestellte Bild, welches nach dem Herabziehen 
der Basaltmassen, zwischen den die Höhe einnehmenden sarmatischen 
Schichten ganz den Eindruck einer mächtigen Spaltausfüllung macht. 
(Taf. XVI, Profil I.) 

Es scheint also das Gebiet von einer fast 200 m mächtigen, zirka 
NSstreichenden vulkanischen Spalte durchsetzt zu sein, die gegen 
Nord sich zerteilt und annähernd senkrecht darauf schmale Seitenäste 
gegen WNW entsendet hat. Im Kontakt rotgebrannte Tertiärschichten 


!) Siehe pag. 425. 

?) An letzterem Punkt in dem sogenannten „Höllischgraben“ zeigen sich die 
obersarmatischen Mergel im Liegenden des Basalts von Harnischen und Gleit- 
flächen durchzogen, welche wohl mit einer Bewegung der Massen bei der explosiven 
Bildung des „Hochstradner“ Tuffbeckens zusammenhängen. 


[69] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. a7ıl 


sind an diesen seitlichen Abzweigungen an mehreren Punkten beob- 
achtet worden. Aus der folgenden Schilderung der Bruchtektonik 
wird sich ergeben, daß das Auftreten dieser Vulkanspalte mit einer 
Region sehr starker Zertrümmerung des Gebirges annähernd zu- 
sammenfällt!). (Tafel XVII, Profil V u. VI und Tafel XVIII, Profil VII.) 

3. Nördlich der Ortschaft Größing befindet sich an der isolierten 
Waldparzelle ein kleines getrenntes Basaltvorkommen, das gegenüber 
den benachbarten Decken eine tiefere Lage aufweist. Seiner makro- 
skopischen Beschaffenheit nach ist es sehr homogen und sticht von 
den Deckenbasalten des Hochstraden merkwürdig ab. 

An der Öberfläche liegen Platten von fast unverwittertem, 
klingendem, hartem Basalt herum, Gesteine, wie sie mir nur aus den 
Radialspalten des Kindbergkraters bekannt sind. 

Aus diesen Gründen und wegen seiner Tiefenlage halte ich 
diesen Basalt für einen vereinzelten Durchbruch eruptiven Magmas, für 
einen bloßgelegten Stiel. 

Es erscheint nun sehr interessant, daß derselbe an dem Kreuzungs- 
punkt zweier Verwerfungen liegt. Wahrscheinlich hat das gleichzeitig 
mit den Eruptionen des Klöcher Massivs aufdringende Magma (siehe 
später) auch an dieser geschwächten Stelle der Erdkruste seinen Aus- 
weg genommen. 


B. Klöcher Massiv. 


Viel interessanter und wechselvoller sind die vulkantektonischen 
Erscheinungen im Klöcher Massiv. Wie schon im stratigraphischen 
Teil erwähnt wurde, bilden Tuffe die stete Unterlage der Basaltmassen. 
Die basalen Auswurfsprodukte, welche mit Ausnahme von zwei Unter- 
brechungen (im Norden am Kindbergkogel zwischen Tischen und 
Pichla, im Süden zwischen Klöch und Klöchberg) das Eruptivgebiet 
umsäumen, erwiesen sich als Denudationsreste einer mächtigen, sehr 
schön geschichteten Tuffdecke. Es sind die feineren Aschen und 
Staubteilchen, welche hier gesaigert als vulkanischer Staub, Asche 
oder Lapilli niederfielen. Die Schichtung ist derart fein und schön 
gebändert wie bei einem normalen Sediment. Es wechselt eben ent- 
sprechend der rythmischen Zu- und Abnahme der vulkanischen Tätigkeit 
gröberes und feineres Material miteinander ab. Auch bei jeder einzelnen 
Eruption setzten zunächst die gröberen Lapilli und Aschen sich zu 
Boden, während die feinen Staubpartikelchen länger von der Atmo- 
sphäre getragen wurden. Stellenweise erscheinen die feinen Staubtuffe 
mit schönen Rippelmarkfurchen versehen, welche andeuten, daß der 
Wind über die vulkanischen Staubmassen hinfegend, in denselben die 
Spuren seiner Wirksamkeit hinterlassen hat. Die äolische Bildungs- 
weise dieser Tuffe, die man ursprünglich wegen ihres Palagonitgehalts 
für submarin hielt, hat Professor Sigmund bereits dargetan 2). Der 
Charakter dieser Tuffe ist wesentlich beeinflußt durch den beträchtlichen 
Gehalt an Sedimentmaterial, worin Quarze die Hauptrolle spielen. 


') Da ausgedehnte Deckenergüsse zumeist aus „Spalten“ ausfließen, ist 
man berechtigt, anzunehmen, daß die Basaltdecke des Hochstraden in geringeren 
oder größerem Ausmaß dieser Spalte entstammt. 

2) Siehe pag. 422. 


472 A. Winkler. [70] 


Sie sind meist im Kontakt gerötet oder gebrannt, bröcklig, sandig 
umgewandelt und kantig zerbrochen. Ihre Herkunft ist teils aus den 
liegenden pontischen Schottern, zum größeren Teil aus ausgeblasenen, 
sarmatischen Sandschichten abzuleiten. Werden die Tuffe feinkörniger, 
so verschwinden die Quarze und es vertreten Glimmerblättchen ihre 
Stelle, welche !) einer Zerstäubung von Mergeln und Tegeln ihren Ur- 
sprung verdanken. 

Da diese Tuffe unmittelbar der pontischen Schotterfläche auf- 
gesetzt sind und, wie sich ergab, eine Wechsellagerung in den liegendsten 
Partien zwischen Tuff und Schotter stattfindet, so bilden erstere die 
ältesten „vulkanischen“ Produkte des Klöcher Massivs, 

Was ihre Lagerung anbelangt, so muß diese im allgemeinen als 
horizontal betrachtet werden. Wohl treten vielfach auch starke Nei- 
gungen in den Tuffen ein; jedoch erwiesen sich diese durch das 
Auftreten von Verwerfungen, UÜberschiebungen und Faltungen durch 
jüngere Vorgänge entstanden, die die ursprünglich normale Lagerung 
nicht vollkommen zu verwischen vermochten. Dort, wo diese Massen 
in mächtigster Ausbildung vorhanden sind, so insbesondere am Hohen- 
wartrücken im Osten und am Zamberg im Westen, lagern die Tuff- 
schichten, in zahlreichen, großen Brüchen erschlossen, horizontal oder 
schwach geneigt. Es ist mir nicht zweifelhaft, daß diese basalen Tuffe 
einem ruhigen, gleichmäßigen Eruptionsrythmus entsprechen. Sie be- 
deckten als ein weithin vertragener Staub und Aschenregen die pon- 
tische Schotterfläche und ihre einstige Verbreitung hat sicher ein 
die heutige Ausdehnung weit übersteigendes Ausmaß besessen ?). Alle 
Störungen und Neigungen, die diese Tuffplatte erfahren hat, sind die 
Vorgänge einer jüngeren Eruptionsepoche, deren Zeugnis wir nun be- 
trachten wollen. 

Wenn man von der Ortschaft Klöch nach NÖ blickt, so sieht man 
den aufragenden Rücken des Hohenwarts vor sich, der über einem 
Sockel von sarmatischem Schotter, Mergel und Sand eine mächtige 
(zirka 60 m) Tuffkappe trägt. (Taf. XVIIL, Profil IX und X.) 

Die prachtvoll geschichteten Gebilde sind horizontal gelagert 
sowohl in den Weingärten mauerartig hervortretend (am S- und SW- 
Abhang), als auch in mehreren Brüchen in der Umgebung der neu- 
erbauten Schloßvilla erschlossen. Nähert man sich gegen Westen dem 
Basaltrand, so zeigen sich die Tuffe überall von Störungen durchsetzt. 
Profilskizze 5 zeigt jene, welche sich beim Meierhof oberhalb Klöch 
in den dem Basalt sehr genäherten Tuffbänken wahrnehmen lassen. 
Am Rücken des Hohenwart gegen Nord fortschreitend, stellen sich 
ausgeprägte Faltungen in den prachtvoll geschichteten Tuffbänken ein, 
wie solche insbesondere in einem Steinbruch knapp unter dem Kamm 
sichtbar sind (Profil Fig. 6 und Photographie Taf.XIX). Eine prächtige Syn- 
klinale von mehreren Metern Durchmesser erscheint hier aufgeschlossen, 
von sehr regelmäßigem Bau, die in ihrer Streichrichtung beiläufig mit 


!) Siehe pag. 422. 

?) Jenseits der ungarischen Grenze bei der Ortschaft Görliane (zirka 1'!/, km 
Ost der Kartengrenze) fand ich am Talgehänge eine abgerutschte Scholle von Tuff. 
Diese würde darauf hinweisen, daß vielleicht im Diluvium der Höhenrücken noch 
von den sicher aus dem Klöcher Massiv stammenden Tuffen bedeckt war. 


[71] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 473 


dem NS verlaufenden Rande der nahe angrenzenden Basaltmasse über- 
einstimmt. 

Von hier an läßt sich nun eine zirka NS streichende, gefaltete 
Zone auf fast 1km Erstreckung verfolgen, aufgelöst in mehrfache, 
parallelgelegene Antiklinal- und Synklinalzüge. Gleich nordwärts des 
Steinbruchs „mit der Falte“ sind im absteigenden Hohlweg am Kamm 
des Hohenwarts zwei Antiklinalwölbungen, durch eine Synklinale ver- 


Fig. 5. 


bunden, sichtbar. An einem Wege, der zur Straße hinabführt, sind 
die Falten mit NS-Streichen abermals kennbar, um schließlich 500 
Schritte SO von Kote 394 am Nordende des Hohenwarts nochmals 
zutage zu treten, indem sie auch hier NS-Streichen einhalten. 


Es ergibt sich hieraus, daß die Tuffe des Hohenwartrückens 
parallel dem Basaltrande von Faltungen und Störungen durchsetzt 
sind. Der Kontakt zwischen Tuff und Basalt läßt erkennen, daß es 
sich um eine steil zur Tiefe gehende Fläche handelt. Die unten in 
der Klause bei Klöch anstehenden Basalte grenzen östlich unmittelbar 
an die bedeutend höher aufragenden, tertiären Sedimente und deren 
Tuffdecke an. 


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Für die Erkenntnis ist von Bedeutung, daß an der NW-Seite 
des Hohenwart, dort, wo der Graben die Grenze von Basalt und Tuff 
anschneidet, im Liegenden des letzteren (aber in höherem Niveau 
als der unmittelbar westlich angrenzende Basalt) typischer pontischer, 
fluviatiler Schotter in einer mächtigen Schicht zutage tritt. 


Es resultiert, daß die Grenze von Tuff und Basalt entlang des 
Hohenwart nicht primärer Natur sein kann, da ja der Basalt in sehr 


AT4 Artur Winkler. [72] 


steiler Stellung sich an den Tuff und an dessen sedimentäre Basis 
anlehnt. 

Die Lösung für diese Lagerungsverhältnisse bieten die Verhält- 
nisse westlich von Klöch. In kontinuierlichen Aufschlüssen, deren 
größter in Profilskizze Fig. 7 dargestellt ist, zeigt sich am Westrand des 
Ortes, daß die Basaltdecke des Seindlberges gegen Nord absinkt und 
gerade am Nordausgang des Ortes die Talsohle erreicht (mit ihrer 
Basis). Im Liegenden der Basalte treten Tuffe zutage!). Der makr. 
Charakter dieser Tuffe ist sehr verschieden von denen am kaum 
100 m entfernten Hohenwartrücken. Dort waren es Aschen- und Staub- 
tuffe, hier sind es äußerst grobe Schlackentuffe und Brockentuffe mit 
einzelnen Lapilli- und Aschenlagen, dort schöngeschichtete, gebänderte, 
gesaigerte Materialien, hier ein fast ungeschichtetes, höchstens an- 
deutungsweise gebanktes Haufenwerk von groben Schollen, einfallend 
gegen Nord. 

Geht man von diesem Aufschluß 100 m nach Süden, so trifft 
man in noch höherem Niveau (siehe allgemeines Profil, Taf. XVII) 
mittelsarmatische Sande in einer Grube aufgeschlossen. Hier 


Fig. 7. 


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grenzt (wie am „Hohenwartrand“) schon der hangende Basalt un- 
mittelbar mit steilem Kontakt an die sarmatischen Sedimente, über 
denen höher oben noch pontische Flußschotter liegen. 

Man erkennt?), daß die im Liegenden des Basalts auftretenden 
Tuffe sowohl ihrer Lagerung als ihrer Beschaffenheit nach, unmöglich 
mit den Tuffen des Hohenwarts identifiziert werden können. Diese 
Tuffe von3„Klöch“ haben sich, ebenso wie der Basalt, an einem Steil- 
rand an die tertiären Sedimente und deren Tuffdecke angelagert. 

Diese Erscheinungen sind nur verständlich unter der Annahme, 
daß auf die erste Eruptionsphase, die die mächtige und weitver- 
breitete basale Tuffdecke mit ihren feingeschichteten Sedimenten ge- 
liefert hat, ein zweiter, mit einer gewaltigen Explosion verbundener 
Paroxysmus eingetreten ist, welcher die Tuffdecke zersprengte, die 
Reste derselben versinken ließ und ein gewaltiges Kraterbecken schuf. 
An dessen Rändern rief er die am Hohenwart und anderen Punkten 
zu beobachtenden Faltungen und Überschiebungen hervor. Das Becken 
selbst füllte sich zuerst mit grobem Explosivmaterial (Tuffe von Klöch) 


!) Siehe pag. 422. 
?) Sigmund hat bereits das Ungeschichtetsein dieser Tuffe hervorgehoben. 


[73] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 475 


hierauf aber mit Basaltmassen, deren Mächtigkeit beinahe 150 m 
erreicht. 

Es ist der Kern des Kraterbeckens, welcher bei Klöch im tief 
eingerissenen Tal zutage tritt. 

Nur aus der Füllung eines tiefen Kraters läßt sich die Mächtig- 
keit der Basalte am Seindlberg und Umgebung erklären, nur aus einer 
vorangegangenen Explosion die Anlagerung des Basalts an die mittel- 
sarmatischen Sande, Mergel, an pontische Schotter und Basalttuffe be- 
greifen, nur als eine Beckenfüllung erscheinen die groben Schlacken- 
massen im Orte Klöch verständlich und nur aus einer derartigen 
Bildungsart ist das Auftreten der miocänen und pliocänen Sedimente 
unmittelbar daneben (um 50 »m höher) deutbar. 

Der Rand des Kraters ist bei Klöch durch das tief eingeschnittene 
‘Tal entfernt und es sind die basalsten Partien des Eruptivkerns auf- 
geschlossen. Es ist eine geöffnete Pforte, welche hier einen Einblick 
in die Tiefe des Kraterbeckens gewährt. 


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Westwärts von Klöch steigt der bogenförmige Rand des Kraters 
gegen SW, indem er weiterhin allmählich gegen O—W umwendet. 

Infolge der tiefergreifenden Denudation ist hier bereits der obere 
Teil der Umrandung des Kraterbeckens entfernt. Die den schönge- 
schichteten Tuffen des Hohenwarts entsprechenden Bildungen sind 
hier bereits abgetragen, die pontischen Schotter sind nur stellenweise 
noch erhalten, die mittelsarmatischen Schichten stark zergliedert. 
Der Kontakt der vulkanischen Bildungen mit den Sedimenten ist auch 
hier am Südfuß des Seindls ein steiler, der die Schlacken, Tuffe und 
Basalte des Kraters von den südlich angrenzenden sarmatischen 
Schichten trennt (Profil Fig. 7)). 

Das Gebiet des Zamberges zeigt nun den im Westen auftretenden 
Gegenflügel zum Hohenwart, indem hier wieder die normale Schicht- 
folge von den mittelsarmatischen Schichten über die pontischen Schotter 
zur schöngeschichteten Tuffdecke sichtbar ist. Das Kraterbecken hat 
sich bereits vor dem Zamberg gegen Nordwest gewendet. Am Rande 


!) Ich fand hier in dem groben Tuff Blöcke von basalem Staubtuff, der hier 
also auf sekundärer Lagerstätte liegt. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 62 


476 Artur Winkler. [74] 


desselben erscheinen wieder die basalen Tuffe gestört. Profilskizze Fig. 8 
zeigt diese zu einer gebrochenen Synklinale gestaut, welche noch 
eine Überlagerung von Basalt trägt. 


Wieder sind es die wunderbar ebenmäßig geschichteten Tuffe mit 
dem feinen Rythmus in der Saigerung des Eruptivmaterials. Der 
Unterschied vom Hohenwart besteht nur darin, daß die Tuffe eine 
geringere Mächtigkeit besitzen und daß hier ein Überfließen der 
jüngeren Basalte aus dem Becken heraus stattfand, welche sich auf 
die inzwischen gestörten, gefalteten und vielleicht auch gesenkten 
Schollen ergossen. Die Verwerfung, welche NW streichend herabzieht, 
scheint mit der Entstehung des Kraterbeckens zusammenzuhängen. 
(Siehe später.) 

Der Zamberg erweist sich als eine regelmäßig gebaute Platte, 
welche schwach nach NW sich neigt und daher nach dieser Richtung 
Basalte und Tuffe tiefer absenkt (Profil Fig. 9). 


Fig. 9. 


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Betrachtet man nun den NW-Rand des Seindlkraters in der Um- 
gebung von Jörgen, so treten hier interessante Erscheinungen in den 
basalen Tuffen zutage. 

Profil Fig. 10 zeigt den in den schöngeschichteten Tuffen ange- 
legten Bruch (Herrschaftsbruch). Man erkennt, daß die Störungsphase, 
welche, wie überall im Klöcher Massiv, der Basaltüberdeckung voran- 
ging, mit einer Überschiebung der Tuffmassen verbunden war, welche 
sich in einem gegen das Kraterbecken zu sich steiler stellenden, 
anormalen Kontakt äußert. 

Die auf mehr als 100 m hin erschlossenen Tuffbänke sind zu 
einer sehr flachen Antiklinale gestaut. Die Überschiebungsflächen sind 
von einem prächtigen Harnisch überzogen, dessen Striemen gegen den 
Krater hinweisen. Über der großen UÜberschiebung zieht eine se- 
kundäre Gleitfläche durch, welche mit einer Zertrümmerung der Tuffe 
verbunden war. Das Hangende bildet, diskordant gelagert, die Basalt- 
decke, die mit einer Block- und Schlackenschicht beginnt !!). 


') Siehe pag. 423. 


Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 477 


[75] 


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478 Artur Winkler. _ [76] 


DaB diese Überschiebung keine rein lokale Erscheinung darstellt, 
beweist ihr Wiederauftauchen in dem Gemeindesteinbruch (Jörgen Ost). 
Profil Fig. 11: Die Tuffbänke erscheinen sehr gestört. Über ilınen lagern 
diskordant Schlacken und Basaltbänke im Liegenden des festen Basanits. 

Die Uberschiebungsfläche schließt ein mylonitisches Haufenwerk 
mit Striemen und dazwischengelagerten Bändern von Lettenschmieren 
ein. Auch hier fällt die Bewegungsfläche steil gegen den Krater ein. 

Diese Aufschlüsse erweisen, daß auch der W- und NW-Rand 
des „Seindl“kraters von einer Störungszone umgeben ist, welche sogar 
zu Überschiebungen der Tuffmassen, zu Mylonitisierung derselben, zur 
Bildung von Harnischen und Lettenschmieren Anlaß gegeben hat. 

Da im Steinbruch von Jörgen die UÜberschiebungsfläche gegen 
das Kraterbecken zu sich steiler stellt, scheint mir die Bewegung eine 
nach außen gerichtete gewesen zu sein. Ich fasse auch hier diese 


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Bildungen als das Zeugnis einer gewaltigen Explosion auf, welche nach 
Ablagerung der basalen Tuffe und vor jener der Basalte eingetreten 
ist. Die basalen Tuffbänke lassen sich von hier kontinuierlich bis zum 
Kindbergkogel verfolgen, an dessen Kraterrand !) sie abstoßen. Jedoch 
treten dabei die Staubtuffe mehr zurück und werden schöngeschichtete 
Aschentuffe mit Lapillilagen vorherrschend. Die Schichten erweisen 
sich auch hier stark gestört und fallen meist steil gegen SO ein. Da 
ihre Entstehung mit der Bildungsgeschichte des Kindbergkraters 
zusammenhängt, will ich sie mit diesem besprechen. 

ich gehe daran, der jüngeren Ausfüllung des mächtigen Seindl- 
kraterbeckens einige Worte zu widmen. Den bei Klöch Magmabasalte, 
sowie Gneiß und Granitbruchstücke ?) enthaltenden Tuffe überlagert 
Nephelinbasanit. Dieser setzt (siehe Profilskizze Fig. 12) mit einer nur 
wenige Meter mächtigen, älteren Basaltpartie ein, die im Hangenden 


!) Der Kindberg stellt einen zweiten Krater dar. 
?) Siehe pag. 411. 


[77] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 479 


und Liegenden einen Schlackenpanzer trägt. Darüber lagert sich der 
kontinuierliche Ausfluß basaltischen Magmas, der an seiner Basis 
wieder mit einem porenreichen Basalt beginnt und fast 60 m kom- 
pakten Nephelinbasanit umfaßt. 

An der Basis dieser größeren Masse erscheinen säulig-plattig 
Absonderungen, deren Achse senkrecht zur Unterlage gerichtet ist. 
Wenige Meter darüber sind jedoch stark bergeingeneigte, mächtige 
Platten erschlossen, die in ihrer Streichungsrichtung mit der der 
Unterlage der Basalte übereinstimmen (siehe Profilskizze Fig. 12 und 
Photographie). 

An der Hand der Karte läßt sich am Seindlgehänge deutlich 
der parallele Verlauf der Basaltplatten mit dem des Kraterrandes 
verfolgen. 


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Brockentuff. 


Schlackentuff. 


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Lupillituffe. 


Im Klausengraben (Nord von Klöch) schwenken die Plattenklüfte 
entsprechend dem Kraterrand aus NO-Richtungen in die NS-Richtung 
um; nähert man sich nun dem Nordrand des Kraters, so biegen die 
Platten aus dem NS-Streichen. wie man deutlich erkennt, in ein NW- 
und schließlich sogar in ein O—W-Streichen um. Es wird also von 
den Basaltklüften ein dem Kraterrand paralleler Halbkreis beschrieben, 
der das mit Nephelinbasanit und Schlackenströmen erfüllte Becken 
umsäumt. 

Die Massen, welche die Höhe des Seindlberges aufbauen !), 
bestehen aus mannigfach wechselnden Lagen von schlackigem Basalt 
mit Schlackenströmen und Bänken festen Basanits. Je höher man hinauf- 
steigt, desto mehr nehmen im allgemeinen die Schlackenmassen über- 
hand, während der homogene Basalt zurücktritt. 

Es zeigt sich hier das allmähliche Schwächerwerden der vulka- 
nischen Kraft, die nicht mehr imstande war, mächtige Ergüsse zu 
fördern, sondern nur schwache, dünne Ströme, die, blasig aufgebläht, 


!) Über der 60 m mächtigen Masse festen Basalts. 


480 Artur Winkler. [78] 


das Kraterbecken füllten. In der Kammregion des Seindl schließlich 
herrschen allein die porösen Schlacken vor, infolge ihres hohen 
Eisengehalts rotbraun gefärbt!). Die Mächtigkeit der überwiegenden 
Schlackenfazies an den Gehängen des Seindls erreicht sicher 60 m 2). 

Die Tatsache, daß der Tuff am Hohenwartrücken eine bedeutend 
größere Mächtigkeit als am Zamberg besitzt, möchte ich mit der 
vorherrschenden Luftströmung in Zusammenhang bringen. Denn, da 
im Pliocän von den heutigen nicht allzusehr abweichende, paläo- 
graphische Verhältnisse geherrscht haben, erscheint es wahrscheinlich, 
daß auch damals Westwinde geweht haben ?). Daher wurden die äolisch 
verfrachteten Tuffsedimente am Ostrand des Massivs in bedeutenderer 
Mächtigkeit angehäuft als am Westrande desselben. 

Eine isolierte Stellung im Klöcher Massiv nimmt der Kindberg- 
krater“ ein, der einen gegen Nord vorragenden Sporn darstellt. 
Ziemlich schroff erhebt sich der Kogel über seine Umgebung, schon 
äußerlich an seiner regelmäßigen Gestalt als vulkanischer Auswurfs- 
kegel kenntlich. 


Fig. 13. 


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Man hat hier die innere Schale eines hauptsächlich mit losem 
Auswurfsmaterial erfüllten Kraters vor sich, teils Massen, die sich 
unter dem einstigen Oberflächenniveau einer explossiv geschaffenen Ver- 
tiefung des Bodens angelagert hatten und durch Abtragung des sedi- 
mentären Randes bloßgelegt wurden, teils Material, das, sich über: den 
Krater aufbauend, den Kern des Schlackenkegels bildete. 

Der bogenförmige Rand, der auf der Karte im W, N und OÖ 
die vulkanischen Bildungen des Kindbergkogels begrenzt, ist daher der 
Rand einer explosiv gebildeten Kratertiefe, die mit Schlacken und Tuff- 
material sich füllte. Die Störungen, welche bei Bildung des Beckens 
sich vollzogen, lassen sich am aufsteigenden Fahrweg Süd von Pichla be- 
obachten (siehe Profilskizze Fig. 13). Man erkennt, daß Schollen von mittel- 
sarmatischen Mergeln übereinandergeschoben sind, zwischen welchen 
geringe Tuffpartien und Reste von dem vor der Eruption die Ober- 
fläche bedeckenden pontischen Schotter eingezwickt erscheinen. Ein 
wirres Haufenwerk verschiedener Schichten erscheint durch die raum- 
schaffende Explosion bei Eruptionsbeginn am Rand des Kraters ver- 
einigt ®). 

!) Siehe pag. 422. 

?) Im Graben am Südabhang des Seindls finden sich auch in den tieferen 
Basalten mehrfach poröse Einlagerungen. 

®) Für das Diluvium ist dies bekanntlich durch Lößverteilung erwiesen. 

*) In diesen Tuffschollen fanden sich Pflanzenreste (Schilfpflanzen und Blätter). 


[79] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 481 


Das Verhältnis der basalen schöngeschichteten Tuffe des Seindl- 
gebiets zum Kindbergkrater läßt sich am besten an Profilskizze Fig. 14 
erkenneu. Die Tuffbänke brechen plötzlich an den Brocken und 
Schlackentuffen des Kindbergkraters ab, eine Erscheinung, die aber 
durchaus nicht gegen eine Herkunft der ersteren aus dem Kindberg- 
schlot spricht. Der scharfe Rand an dem die basalen, geschichteten 
Tuffe abbrechen, mag das Werk einer jüngeren Explosion darstellen. 
Daß solche auch zur Zeit der Ablagerung der schöngeschichteten 
Basalttuffe stattfanden, zeigt eine in denselben (und zwar in ziemlich 
liegenden Bänken) auftretende prächtige Falte, welche durch die gegen 
Nord geneigte Antiklinalachse ihre Enstehung auf eine aus dem Kind- 
bergkrater wirkende Kraft zurückführt (siehe Profilskizze Fig. 14). 

Vielleich mag damit die interessante Erscheinung im Zusammen- 
hang stehen, welche man an der SO-Seite des Kindbergkraters beob- 
achtet. Auf der Karte ist eine NW in die Länge gezogene Partie von 
Leithakalk verzeichnet. Das Vorkommen läßt nur die Deutung zu, daß 
man es hier mit einer aus der Tiefe mitgerissenen losen Scholle zu 
tun hat, welche, da sie noch von Tuffen überdeckt wird, einer älteren 
Phase der Eruption ihre Entstehung verdankt. 

Das Hervortreten dieser Kalkmasse an der Verwerfung sowie 
ihre Längserstreckung scheinen mir darauf hinzuweisen, daß der Sprung, 
der die Tuffplatte durchsetzt, die basaleren Tuffpartien an dem stehen- 
gebliebenen Flügel bloßlegte. In dem Kalk fanden sich folgende 
Fossilien: 

1. Serpula gregalıs, 
2. Cardium sp. 


Außerdem lagen vergesellschaftet mit dem Nulliporenkalk Blöcke 
eines Sandsteins umher. 

An der SO-Seite des Kindbergkraters trifft (gerade über der 
liegende Falte) man (siehe Profil Fig. 14) in den hangenden Tuffpartien 
Blöcke von prächtigem, marmorisierten Leithakalk, welche Kopfgröße 
erreichen. 

Das Material, das den Kindbergkogel aufbaut, besteht aus 
einem bunten Wechsel der gröbsten Auswurfmassen. Es ist ein 
grobgebanktes Haufenwerk von Basaltbomben und Blöcken, mächtigen 
Schlackenauswürflingen, mitgerissenen Trümmern und Fetzen sedi- 
mentärer Gesteine von tertiärem und paläozoischem Alter, mit gröberen 
und feineren Schlackentuffen, Brockentuffen und Einlagerungen von 
Lapilli- und Aschenmassen. Dazwischen schalten sich sehr zahlreiche 
Schlackenströme, Bänke von typischer Fladenlava, Lagen von festem 
Basalt und schließlich die die ganze Masse senkrecht durchsetzenden 
Radialspalten ein (Profil Fig. 14). Der Nordrand des Kindbergs ent- 
blößt die erste der mit homogenem Basalt erfüllten Radialspalten, an 
welche sich gegen Osten fünf weitere Gänge anreihen. Sie zeigen 
im allgemeinen ein deutliches Konvergieren gegen das Zentrum des 
Berges (siehe Profil Fig. 14 und Karte). 

NO-wärts am Bergfuß weiterwandernd gelangt man zu einer 
mächtigen Kaskade von Basaltblöcken, welche sich als Ausfüllung einer 
zirka 30 m mächtigen Radialspalte von der Höhe absenkt. Der Basalt 


Artur Winkler. [80] 


482 


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[81] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 483 


ist ungemein homogen, ganz unzersetzt und von wollsackähnlicher 
Verwitterungsform (wie zum Beispiel die Granite des Böhmerwaldes). 

Über einen Aufschluß, der gegen diese Spalte sich hinabbiegende 
Schlackentuffe entblößt, gelangt man zum Anschnitt: Profil Fig. 15. 

Man steht vor einer durch Steinbruchsbetrieb sehr schön er- 
schlossenen, zirka 2 m mächtigen Radialspalte, welche parallel den 
Wänden in schöne Platten zerklüftet ist; sie durchsetzt Brockentuffe mit 
Lapilli, Asche und Basaltzwischenlagen, die im Hangenden von Schlacken- 
strömen überlagert werden. Meist im Kern poröse oder auch mit 
einer porösen Rinde versehene Basaltblöcke sind in den Tuffen ein- 
gebettet. Profil Fig. 15. (Erklärung für beide Typen siehe im Anhang, 
Kapitel pag. 497.) 

Nach einer weiterhin erschlossenen, von saigeren Platten durch- 
zogenen Radialspalte trifft man auf einen Steinbruch, der einen voll- 
ständig ungeschichteten, nur von Klüften durchsetzten Schlacken- und 
Brockentuff aufschließt, ein wirres explosives Haufenwerk. 


Es handelt sich hier sicherlich um die Füllung eines Eruptions- 
kanals, vielleicht einem randlichen Schlot im großen Krater angehörig. 
Einschlüsse von metamorphem Schiefer, im Kontakt stark verändert, 
zeichnen ihn aus. 

Nach Erreichen der durch eine mächtige Blockhalde gekenn- 
zeichneten östlichsten Radialspalte stehen wir wieder an dem steilen 
Abbruch, der basalen, schön geschichteten Tuffbänke, die vom Hohen- 
wartrücken herüberziehen. Der Kontakt beider ist sehr markant und 
gut verfolgbar. Während die basalen Tuffe normal über mehrfach 
sichtbarem pontischem Schotter aufruhen, reichen die Schlackenmassen 
entsprechend dem Ausschnitt des Kraterbeckens tiefer hinab. Im 
Walde sind die Schlacken und Brockentuffe in tieferem Niveau als 
die angrenzenden sarmatischen Schichten erschlossen !). 

Der Südrand des Kindbergkraters ist mit dichtem Jungwald 
bedeckt. Es läßt sich aber erkennen, daß mächtige Schlackenströme 
vorherrschen, die gegen Süden den basalen Tuffen auflagern 2). Dort, 
wo der Sattel zwischen Kindbergkogel und Seindl sich befindet, läßt 
sich ein kontinuierlicher Zusammenhang dieser Schlackenmassen mit 


1) Ein Ausläufer der östlichsten Radialspalte ist noch in den Feldern draußen 
sichtbar. 
?) Biehe pag. 467. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 63 


484 Artur Winkler. [82] 


den Basalten erkennen, welche den Nordabhang des Seindls bilden 
(siehe Karte). Kindbergkogel und Seindl verschmelzen hier miteinander. 

Das Plateau des Kindbergkogels ist von zwei Basaltmassen gekrönt. 
Sie mögen den letzten Rest der Füllung des einstigen, offenen Krater- 
beckens darstellen, welches ursprünglich von einem Tuffkranz umgeben, 
heute durch die Denudation von letzterem befreit ist und diese 
härteren Partien die Kuppenhöhe einnehmen läßt. 

Da der Zusammenhang zwischen den Schlackenmassen des Kind- 
bergsüdabhangs und den Basalten (mit ihren Schlackenzwischenlagen !) 
am Seindl nur wenig durch Abtragung unterbrochen ist (siehe Karte), 
so möchte es mir wahrscheinlich erscheinen, daß die Ausfüllung des 
durch eine Explosion geschaffenen Seindlbeckens vom Kindbergkogel 
her mit Basaltströmen erfolgte. Das Vorwiegen der Basalte gegen- 
über den Schlacken am Seindl erscheint ganz naturgemäß, indem 
eben das ausfließende Magma seinen Schlackenpanzer zurückläßt, 
während die mächtigen Lavamassen in das tiefe Becken sich ergießen 
und sich zur homogenen, kompakten Basaltmasse aufstauen. Erlahmte 
die Kraft der vom Kindbergkogel herabfließenden Lavaströme, so zog 
sich die schlackige Fazies bis in das Seindlbecken hinein, um von 
einem neuerlichen Basaltaufschluß überdeckt zu werden. 

Daß das Uberwiegen der Schlackenströme in den höheren Partien 
des Seindls auf das allgemeine Absterben der Eruptionen deutet, habe 
ich bereits früher erwähnt. 


Il. Bruchtektonik. 


Ein Blick auf die Karte zeig:, das geradlinige Verwerfungen das 
Gebiet durchsetzen und es in eine Reihe mehr oder minder scharf 
begrenzter Schollen auflösen. 

Wenn man die Richtung dieser Sprünge prüft, so kann man darin 
zwei Hauptsysteme erkennen, von denen das eine durch fünf zirka NW 
streichende Verwerfungen gegeben ist, während das andere durch 
vier gegen Ost konvergierende Brüche vertreten ist. Außer den ge- 
nannten treten noch zwei nur auf kurze Strecken verfolgbare, NS 
streichende Sprünge zutage. 

Die tektonisch höchstgelegene Scholle läßt die Leithakalke im 
Aigenbachtal im Liegenden hervortreten und bei Gießelsdorf und 
Frutten die tiefsten untersarmatischen Schichten ziemlich hoch hinan- 
steigen. Ich bezeichne sie als „Risola“horst. 

Begrenzt erscheint er im Norden von der „Hochstradner“ Ver- 
werfung, welche die Basaltdecke des eigentlichen Stradner Kogels nord- 
ostwärts tiefer senkt. Am Südostende der Bruchlinie erscheinen die 
„verkalkten“ untersarmatischen Schichten steil aufgerichtet ?). 

Im Süden ist der „Risola“horst durch den „Fruttener“ Bruch 
begrenzt°), der im Steintal deutlich sichtbar, den untersarmatischen 


!) Solche Schlackenzwischenlagen finden sich im Graben Ost von Jürgen 
auch in tieferen Basaltpartien. 

?) Siehe pag. 436. 

®) Ein sekundärer Bruch scheint schon bei den Stradenberg-Häusern durch- 
zuziehen. 


[83] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 485 


Schotterzug deutlich abbrechen läßt). Die Basaltdecke des Rosen- 
bergs erscheint durch ihn tiefer gesenkt. 

Der zwischen diesen Brüchen gelegene Risolahorst ist nicht ganz 
horizontal gelagert, sondern zeigt (besonders im Steintal sichtbar), eine 
an dem untersarmatischen Schotterzug deutlich kennbare Neigung 
gegen Nord. Sie gibt sich auch in den Leithakalken und verkalkten 
untersarmatischen Schottern bei Risola zu erkennen?). 

In der Umgebung der vulkanischen Spalte (Risola NW) sind die 
Schichten besonders stark gestört. 

Im Norden gliedert sich das gegenüber dem „Risola“horst um 
zirka 40 m versenkte mächtige Gebiet an, das den eigentlichen Stradner 
Kogel und seine obersarmatische Unterlage trägt. 

Ich bezeichne es als Scholle von „St. Anna“. 

Die dieselbe im Süden begrenzende „Hochstradner* Verwerfung 
zeigt entlang ihres Verlaufes, an mehreren Punkten sichtbar, merk- 
würdig veränderte Gesteine. Am Westabhang des Hochstraden be- 
findet sich eine Blockhalde eines hellgrauen Basaltgesteins, welches 
trotz Anderung seiner Färbung keine Einbuße an seiner Härte er- 
fahren hat. Meiner Meinung nach handelt es sich hier um ein durch 
aufsteigende Gase, die entlang der Verwerfung empordrangen, ge- 
bleichtes, umgewandeltes Basaltgestein. Im Einklang damit steht die 
große Ähnlichkeit mit einem Handstück aus der Solfatara 3), das auch 
durch aufsteigende Schwefeldämpfe eine Bleichung erfuhr. 

Beim Bau einer Wasserleitung im Orte Hochstraden (Frühjahr 
1912) wurde dort, wo deren Trasse die Verwerfung kreuzte, der Über- 
gang von normal verwittertem Basalt wieder in diese entfärbten Varie- 
täten sichtbar ?). 

Das geradlinige Aneinanderreihen dieser Vorkommen’) entlang 
der Verwerfung scheint mir zugunsten einer nachträglichen Bildung 
durch aufsteigende Gase zu sprechen. Es weist die Erscheinung ander- 
seits darauf hin, daß die Verwerfungen „nicht“ allzulange nach den 
Eruptionen eingetreten sein können, da aufsteigende Gase noch eine 
bedeutende Umwandlung von Gesteinen am Sprunge hervorzurufen 
imstande waren. 

Im übrigen zeigen die Schichten der Scholle von „St. Anna“ 
ein kontinuierliches bedeutendes Fallen gegen NO (und N) und lassen 
nach dieser Richtung hin die älteren Bildungen versinken. An den 
schön erschlossenen obersarmatischen Kalkbänken erkennt man ein 
bedeutendes Absinken derselben von den Höhen bei St. Anna am 
Aigen von über 400 m (Kalk III und IV) bis auf 250 m im Lendvatal 
bei einer Erstreckung von kaum 4 km. 

Verwerfungen scheinen daran, wenn auch vorhanden, in gerin- 
gerem Maße beteiligt zu sein. Eine solche beschrieb ich bereits auf 


!) In den untersarmatischen Schottern Ost von Frutten zeigt sich am Wege 
eine kleine Verwerfung, welche ebenfalls die WNW-Streichrichtung besitzt. 

2?) Siehe pag. 434 u. 437. 

®) Sammlung des geologischen Museums der Wiener Universität. 

*) Es fanden sich hier außerdem sonderbare rote Verwitterungsprodukte. 

°) Auf der Karte sind noch andere eingezeichnet, die in Hohlwegen zu- 
tage treten. 


63* 


486 Artur Winkler. [84] 


pag. 456 (mit Harnisch). Eine andere ist im Graben östlich von Lang- 
riegel (St. Anna N) vorhanden mit zirka 8S—10 m Sprunghöhe‘). 

Diese Senkung erreicht an der Kartengrenze noch nicht ihr 
höchstes Ausmaß, sondern läßt sich von hier nord- und nordostwärts 
weiterhin verfolgen, indem nun durch das Untersinken der sarmati- 
schen Schichten die pontischen Sedimente die Oberfläche des Landes 
bilden. Knapp jenseits der nordöstlichen Kartenblattecke, oberhalb 
der eingezeichneten Häusergruppe, lassen sich über den hangendsten 
sarmatischen Schichten ?) grüne Tegel nachweisen (wahrscheinlich Con- 
gerientegel) und darüber ein grober, eisenschüssiger Schotterzug von 
zirka 10 m Mächtigkeit (— älterer pontischer Schotter). Hier (an 
der NO-Ecke der Karte) hat die Senkung die pontischen Schichten 
bis nahe an die Talsohle herabziehen lassen, um die Congerientegel 
wenige Kilometer N und NO dieselbe unterteufen zu lassen. 

Im Süden des „Risola“horstes tritt man in eine mehr zerstückelte 
Region, deren einzelne Schollen durch NW streichende Verwerfungen 
getrennt werden. 


Unmittelbar an den Risolahorst angrenzend unterscheide ich von 
W nach O folgende Schollen: 


1. „Hopfenberg“scholle, 
2. „Rosenberg“scholle, 
3. „Mühlwald“scholle (SO von Klapping). 


Die „Hopfenberg*scholle ist ein flachgelagertes Schichtpaket. 
das aus unter- und mittelsarmatischen Bildungen sowie geringem 
pontischen Schotter und Basalt besteht. Gegen SW erscheint sie 
durch einen Bruch begrenzt, den ich nach seiner Fortsetzung zum 
Kindbergkrater als „Kindbergspalte“ bezeichne. 

Die „Rosenberg“scholle, an die vorige angrenzend, bildet eine 
mäßig flach gegen NO abfallende Platte, an der Verwerfung steiler 
aufgeschleppt. Nach Osten hin spitzt sie sich zwischen dem „Fruttener* 
Bruch und dem sie südwärts begrenzenden „Klappinger“ Bruch aus, 
wobei sich westlich von Klapping starke tektonische Komplikationen 
einstellen. Es nähert sich nämlich hier neben den beiden genannten 
Verwerfungen auch der die „Mühlwaldscholle* gegen SO begrenzende 
„Igelsberger“ Bruch. Auch die geradlinige Fortsetzung der Basalt- 
spalte (westlich von Risola) scheint in einem Bruch sich zu ver- 
längern und so eine Verbindung mit dem „Kindbergkrater“ herzustellen. 

Wir befinden uns also hier nahe den Kreuzungspunkten von 
vier Verwerfungen, an der Verbindungslinie zweier großer Eruptions- 
punkte und auch an der Stelle, wo, sicher im Zusammenhang mit 
dieser Zertrümmerung drei Säuerlinge®), darunter der weitaus mäch- 
tigste und an Kohlensäure reichste der Gegend (Brodelsulz), ent- 
springen. 


') Östlich des Kartenblattes treten in der Fortsetzung ausgedehntere Ver- 
werfungen hervor. 


?) Die obersarmatischen Kalkbänke sind bereits unter der Talsohle. Siehe 
pag. 455. 


°®) Im weiteren Umkreis 5 Säuerlinge. 


[85] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 487 


Die „Mühlwald“scholle erweist sich durch das Auftreten von 
Leithakalk nahe der Talsohle und mächtiger untersarmatischer Schichten 
tektonisch höher angelegt als die gegen SW folgende: „Sandberg-Buch 
berg“-Scholle. Die Begrenzung derselben bildet der „Klappinger“ Bruch 
im N, der „Igelsberger* Bruch im NO und die „Kindbergspalte“ im SW. 

Diese Region, welche im Bereiche des Sand- und Auenberges 
eine Neigung der Schichten gegen NO aufweist, baut sich vorwiegend 
aus mittelsarmatischen Schichten und vulkanischer Überdeckung auf). 
Im östlichen Teil der „Sandberg-Buchberg*-Scholle herrscht eine 
Neigung gegen das Lendvatal (gegen O), welche auch noch in der SW 
angrenzenden „Klöcher Scholle“ zum Ausdruck kommt und zu 
Rutschungen großen Stils gegen das Tal hin Anlaß gibt). Die „Klöcher 
Scholle“ erscheint vorwiegend aus vulkanischem Material und mittel- 
sarmatischen (auch untersarmatischen) Schichten aufgebaut. 

Die Neigung dieser Scholle ist im Bereiche des Hochstraden- 
zuges, also in der Gegend von Größing, konstant ostwärts gerichtet. 
Es ist dies als die Fortsetzung der gleichen Erscheinung in der N 
angrenzenden „Rosenberg“scholle zu betrachten. 

Diese Neigung ist ferner die Ursache für das Höheransteigen 
untersarmatischer Schichten am Westabhange des Höhenzuges, für 
deren Tieferlage am Ostabhang bei Größing und Patzerberg und 
schließlich deren bedeutendes Tiefersinken bis nach Tieschen. 

Gegenüber der nördlich gelegenen Hopfenberg- und NO an- 
grenzenden „Sandberg-Buchberg“scholle ist die Klöcher Scholle ge- 
senkt. Schließlich erübrigt noch die Anführung der „Preguckenberg— 
Zambergscholle*, welche die SW-Ecke des Kartenblattes einnimmt und 
das tektonisch tiefste Glied darstellt, getrennt von der „Klöcher Scholle“ 
durch den „Laasener“ Bruch. 

Die Basaltdecke des Hochstraden, die am „Fruttener“ Horst 
fast 500 m hoch gelegen war (mit ihrer Basis), ist bei Preguckenberg 
bis 340 m herabgesenkt (also um zirka 160 m); die Basalttuffe des 
Zamberges sind sogar bis zirka 300 m (also um 200 m) tiefer gebracht. 

Auch hier kommt die Neigung der Platte gegen Ost in der 
Tiefenlage der Schichten am Zamberg gegenüber Preguckenberg zum 
Ausdruck. Schließlich scheint noch im Südosten des kartierten Ge- 
bietes eine Verwerfung durchzuziehen, welche NÖ streichend sich in 
das System der gengen Ost konvergierenden Verwerfungen einordnet. 
Es ist hier eine Partie pontischen Schotters mit einer kleinen Basalt- 
überdeckung sichtbar. 


Ill. Resultate über den Zusammenhang von Brüchen und Vulkanen. 


Was den Zusammenhang der Verwerfungen mit den Eruptionen 
anbelangt, so ist erkennbar, daß ein Sprung NS verlaufend den Kindberg- 
krater mit dem als Eruptionsspalte gedeuteten Basalt westlich von 
Risola verbindet und daß sich beiläufig am Kreuzungspunkt desselben 
mit der „Kindbergspalte* der Kindbergkrater erhebt. 


!) Ob noch ein sekundärer Sprung (siehe Karte) durchzieht, ist zweifelhaft. 
?) Siehe morphologischer Teil pag. 496. 


488 Artur Winkler. [86] 


Es ergab sich ferner, daß dort, wo der „Klappinger* Bruch mit 
der „Kindberg“spalte zusammentrifft, ein Gestein angetroffen wird, das 
nach seiner orographischen Lage, seiner ungemeinen Festigkeit und 
Härte als denudierter Stil anzusehen ist. Schließlich scheint ein kleiner 
Tuffschlot im Lendvatal, südlich von Gruisla (siehe Karte), an der 
„Kindberg“spalte zu liegen, dort, wo diese mit dem zuletzt angeführten 
(hypothetischen) Sprung sich vereinigt. 


Es sieht also danach aus, als ob stellenweise eine sekundäre 
Abhängigkeit der vulkanischen Durchbrüche?!) von rupturellen Störungen 
im Bau des Untergrundes vorhanden ist. Es scheint der magmatische 
Herd für die Aussprengung seines obersten Durchbruchs im Aufdringen 
schwache Stellen der Erdkruste, Sprünge und Verwerfungen benützt 
zu haben. 


Bei Betrachtung der „Kindberg“spalte erscheint es sehr auf- 
fallend, daß dieselbe einerseits die Basaltplatte des Hochstradenberges, 
anderseits die basalen Tuffe des Klöcher Massivs verwirft und dabei 
den „Kindberg“krater quert. Es ist vielleicht nicht zu weit gegangen, 
anzunehmen, daß die Verwerfung im Laufe der Eruptionen einge- 
treten ist. 


Es wäre demnach die Kindbergspalte nichts anderes als ein vom 
Klöcher Eruptivgebiet ausgehender Riß, — eine Senkung, die sich 
vielleicht auch unter Einfluß des sich entleerenden Magmabeckens 
durch Nachsackung an dieser Stelle gebildet hat 2). 


Eine ähnliche Entstehung mag auch der Unter-Laasener Bruch 
besitzen, dessen Zusammenhang mit dem Seindlbecken schon früher 
angedeutet wurde. 


Was schließlich das relative Alter der Eruptionen anbelangt, so 
erscheinen die Eruptionen des Hochstradens, der Ausfluß seiner 
mächtigen Nephelinitdecke aus zweifachen Gründen älter als die des 
Klöcher Massivs. 


1. Zeigt sich in den in der Nähe des Klöcher Massivs gelegenen 
Deckenresten des Hochstradner Basalts (Größing, Rosenberg, Auen- 
berg etc.) „keine“ Spur einer auch noch so geringen Tuffaufschüttung 
unter dem Nephelinit. Es scheint unverständlich, daß von den mächtigen, 
weitverbreiteten Tuffen, die an der Basis des Klöcher Massivs auf- 
treten, an den nur 2km entfernten genannten Punkten unter dem 
Basalt, falls dieser später oder gleichzeitig abgelagert ist, nichts an- 
zutreffen wäre. Es müssen sich also die Tuffe über den Basalt des 
Hochstraden gelagert haben und heute bereits denudiert sein. Dann 
ist aber die Eruption des Hochstraden älter als die des Klöcher Massivs. 


‘ 
N; 


!) Es ist dies gerade bei den Durchbrüchen: Größing, Risola W, Gruisla S 
sichtbar. Da die Verwerfungen „jünger“ als die Basaltdecke des Hochstraden und 
die Basalttuffe von Klöch sind, gilt diese Abhängigkeit von den Verweriungen 
natürlich nur für diese kleinen und, wie es scheint, jüngsten selbständigen Durchbrüche. 

°?) Um nicht mißverstanden zu werden, möchte ich betonen, daß ich durchaus 
an der primären Natur der Senkung gegenüber den vulkanischen Bildungen festhalte. 
Nur eine sekundäre Begünstiguug für die Ausbildung der Verwerfungen bei länger an- 
dauernder Bruchbewegung scheint mir an jenen Stellen vorzuherrschen, wo eben 
„infolge“ großer senkender Vorgänge Magma aufgedrungen ist. 


[87] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. ” 489 


2. Scheinen Verwerfungen, ‘die gleichzeitig mit den Eruptionen 
des Klöcher Massivs eintraten und von diesem ausgingen, die bereits 
erstarrte Decke des Hochstraden durchsetzt zu haben. 

Im Klöcher Massiv selbst scheinen die weit verbreiteten, schön- 
geschichteten, basalen Tuffe vom Kindbergkrater gefördert zu sein, 
da mit Annäherung an diesen sich gröbere Lagen einschalten. Der 
am N-Rand des Massivs gelegene Kindbergkogel stellt also das Eruptions- 
zentrum für die älteren Bildungen des Klöcher Massivs dar; der südlich 
davon gelegene Seindlkrater ist das Werk einer nachfolgenden paro- 
xysmatischen Phase, dessen Basaltfüllung schließlich wieder von dem 
andauernd tätigen Kindbergkrater ausgeflossen zu sein scheint. 

Für den Hochstraden, den Kindbergkogel und Seindl ergibt sich 
also eine zeitliche Aufeinanderfolge ihrer Entstehung, welche ihrer 
räumlichen Anordnung von Nord nach Süd entspricht, ein Wandern 
der Eruptionstätigkeit in dieser Richtung. 

Die kleinen Durchbrüche (Basalt von Größing, Tuffschlot südlich 
von Gruisla) scheinen den späteren Eruptionen des Klöcher Massivs 
gleichaltrig zu sein. Denn sie zeigen sich abhängig in ihrem Auftreten 
von Verwerfungen, die wahrscheinlich erst im Verlaufe der Eruptions- 
tätigkeit des Klöcher Massivs eingetreten sind. Das Vorkommen der 
durch Gase gebleichten Basalte an der Hochstradner Verwerfung zeigt 
überdies an, daß die Zertrümmerung der Basaltplatte wohl bald nach 
deren Ausfluß entstanden ist, vielleicht zu einer Zeit, da im Klöcher 
Massiv die vulkanischen Kräfte sich noch regten. 

Das absolute Alter der Eruptionen entspricht sicherlich einem 
kürzeren Zeitabschnitt innerhalb der pontischen Stufe. 

In einer späteren Arbeit werde ich darlegen, daß auch die 
übrigen mittelsteirischen Basalte und Tuffe im großen und ganzen 
einem einheitlichen und gleichen Zeitraum angehören. 

Für das Kartengebiet ergibt sich folgende, schematisch dar- 
gestellte Folge der Ereignisse: 


1. Ablagerung des pontischen Schotters über sarmatische 
Schichten oder untersten Congerientegel. 

2. Ausfluß der Basaltdecke des Hochstraden. 

3. Bildung des Kindbergkraters, Basalttuffe des Klöcher Massivs. 

4. Explosion und Bildung des Seindlkraters. 

5. Bildung der Hochstradner Verwerfung, Kindbergspalte, 
Laasener Bruch etc. | 
6. Ausfluß der Basalte vom Kindberg, Füllung des Seindlbeckens, 
Radialspalten des Kindberges. 

7. Aufdringen des „Stiels* bei Größing, Tuffschlot südlich von 
Gruisla. 


IV. Säuerlinge. 


Das Kartengebiet ist sehr reich an Sauerquellen, welche jenem 
großen und reichen Bezirk angehören, der sich zwischen der Drau 
und der Raab ausbreitet und dessen Ruf durch die Kurorte Gleichen- 
berg und Radein in weiteren Kreisen bekannt ist. Das Auftreten der 
Säuerlinge zeigt sehr interessante Beziehungen zur Tektonik, in dem 


490 Artur Winkler. [88] 


sich bei allen (mit einer einzigen Ausnahme) nachweisen ließ, daß 
ihr Auftreten an Sprünge gebunden ist. Viele derselben liegen über- 
dies an Stellen, wo eine Kreuzung von Verwerfungen stattfindet oder 
nahe derselben. Die stärkste und größte Sauerquelle, die Brodelsulz 
bei Klapping, liegt in der stärksten Zerrüttungszone dort, wo drei 
Sprünge sich durchkreuzen. 


Im SO des Kartenblattes entspringt nahe dem Tuff (Süd von 
Gruisla) an der Kreuzung der Kindbergspalte mit dem NO streichenden 
Bruch ein Sauerwasser. Infolge starker Beimischung von Bachwasser 
steht es nicht mehr in Benützung. 


In der Ortschaft Pichla, ebenfalls an der Kindbergspalte, wurde 
bei einer Brunnengrabung Sauerwasser erbohrt. NW des Igelsberges 
liegt an der Verwerfung im Tal eine Sauerquelle. Der Klappinger 
Bruch ist ein reicher „Säurebringer“. Bei Neusetzberg N entspringt 
an demselben ein in ein Becken gefaßter Säuerling. Bei Klapping 
entspringt auf der Wiese gegenüber der Mühle ein Sauerwasser. 


Die mächtige „Brodelsulz“ liegt nahe letzterem an der Kreuzung 
des „Igelsberger* Bruches mit der Fortsetzung der Basaltspalte 
(Risola West). Diese Sauerquelle wird durch einen andauernden, 
mächtigen Strom von Kohlensäure in brodelnde Aufwallung versetzt. 
Daneben entspringen im Bach zahlreiche kleinere Säuerlinge. 

An dem NS streichenden Bruch, der von der Brodelsulz zum 
Kindbergkogel führt, liegt in der Wiese eine Sauerquelle (sogenannter 
Säuerling von Pichla). 

Der „Fruttener“ Bruch läßt OSO des Ortes (beim neuerbauten 
Haus) eine Sauerquelle hervortreten. (Angeblich ein Bitterwasser.) 

An der Hochstradner Verwerfung liegt ganz nahe ihres Zu- 
sammentreffens mit dem „Klappinger* Bruch knapp jenseits der Karten- 
grenze (Aigen OSO) am sogenannten „Aigner Feld“ im Tal ein 
Säuerling. 

Schließlich dürfte auch am Hochstradenberg, an der gleichnamigen 
Verwerfung, unweit des Ortes ein Sauerwasser entspringen (nach 
älteren Angaben). Bei Unter-Laasen (S des Ortes) ist ein säurereicher 
Hausbrunnen. In der Säuerlingsliteratur fand ich noch die Bemerkung, 
daß an der W-Seite des Hochstradenberges in den Wäldern bei 
„Dirnbach“ Sauerwässer entspringen. 

Es sei noch des als Trinkquelle sehr beliebten Johannisbrunnens 
Erwähnung getan, der zwar außerhalb des Kartenblattes, aber kaum 
1 km westlich von Hof (Sulzbachtal) entspringt (Wort-,brunn“ der 
Karte). Er liegt in der geraden Fortsetzung des Klappinger Bruches 
und nach Clar!) in der Südverlängerung der Gleichenberger Quellen- 
spalte. Es ist die bedeutendste Mineralquelle Mittelsteiermarks. 

Der Klappinger Bruch verbindet fünf Sauerquellen: 1. Johannis- 
brunn; 2. Neusetzer Sulz; 3. Brodelsulz (nahe demselben) ; 4. Klappinger 
Sulz; 5. Sulz am Aigner Feld. In der Fortsetzung nach Ost liegt die 
Sauerquelle von Szottina in Ungarn, deren Wasser auch versendet wird. 


!) Siehe pag. 421. 


[89] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark, 491 


3. Kapitel. 
Lokale Morphologie. 
I. Bemerkungen zur Talasymmetrie. 


Professor Hilber!) hat nachgewiesen, daß die der Mur in 
ihrem westöstlichen Verlauf (in Mittelsteier) von Norden her zu- 
strebenden Seitentäler eine deutliche Asymmetrie der Talgehänge auf- 
weisen. Das Ostgehänge jedes Tälchens ist steil, das Westgehänge 
dagegen flach. Professor Hilber führt als Entstenungsursache der 
Asymmetrie die verschiedene Höhenlage der Erosionsbasis in je zwei 
benachbarten Tälern an. Da jeder wasserscheidende Rücken auf einer 
Seite von dem tiefergelegenen Tal mit größerem FErosionseffekt, auf 
der anderen Seite vom flußaufwärts gelegenen Seitental mit geringerem 
Erosionseffekt angegriffen wird, so findet eine Verschiebung dieses 
wasserscheidenden Rückens gegen das flußaufwärts gelegene Tal hin 
statt. Es bildet sich ein steiler Ost-, ein flacher Westabfall. 

In den an das Sulzbachtal nach West angrenzenden Seitentälern 
tritt diese Erscheinung mit vollkommener Konstanz zutage. Dagegen 
besitzt das Sulzbachtal an der Ostseite ein ganz flaches Gehänge, an 


.— 


, are I 


der Westseite einen ausgeprägten Steilabfall. Diese scheinbare Um- 
kehrung des Hilberschen Gesetzes läßt sich theoretisch leicht be- 
gründen. 

Die Ursache bildet das Auftreten vulkanischer Bildungen an der 
Ostseite des Sulzbachtales. 

An der Skizze (Profil Fig. 16) ist mit ausgezogenen Linien der 
Durchschnitt durch die asymmetrischen Täler (westlich des Sulzbachtals) 
gegeben. Mit punktierten Linien ist die Anderung in der Talform 
bezeichnet, die durch eine aufgesetzte Basaltmasse hervorgerufen wird. 

Da die aufgesetzte Basaltmasse wie ein mächtiges Reservoir wirkt 2), 
das bedeutende Flüssigkeitsmengen aufzustappeln vermag, wird sie 
einen viel größeren Erosionseffekt auszuüben vermögen als die be- 
nachbarten, bloß aus Sediment bestehenden Gehänge. Ein Tal, das 
auf einer Seite von den aus der Basaltdecke kommenden Wässern 
angegriffen wird, wird an dieser eine viel stärkere Abtragung erfahren. 
Ein flaches Gehänge wird von der Basis der Basaltdecke in das Tal 
sich absenken. Da dieser Einfluß nun den „nach Hilber“ aus der 
verschiedenen Höhenlage sich ergebenden ungünstigen Fffekt bei 


!) Petermanns Mitteilungen 1886. 
2) Die wasserreichen Quellen entspringen stets unter der Basaltdecke (Wasser- 
leitung von Gleichenberg). 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 64 


492 Artur Winkler. [90] 


weitem übersteigt, ist der mit Basalt bedeckte Rücken beiderseits 
von sehr flachen Gehängen begrenzt. Die andere Seite des Tales 
muß naturgemäß einen Steilabfall aufweisen, da hier die Erosions- 
kraft fast lahmgelegt ist. 

Die Basaltüberdeckung bildet also aus einem asymmetrischen 
Rücken einen symmetrischen, mit beiderseits flachem Abfall der 
Hänge. Sie muß dadurch ihr Areal auf Kosten der benachbarten 
Regionen ausdehnen; sie wird zwischen den Talfurchen einen breiten 
Rücken stehen lassen, im Gegensatz zum benachbarten Sedimentgebiet. 

Daß dieser Prozeß der Erweiterung des Rückens, der Ver- 
größerung des durch seine Basaltdecke ausgezeichneten Hochstraden- 
rückens auf Kosten der angrenzenden WS streichenden Höhenzüge 
noch im Diluvium und später stattgefunden hat, beweist die Ver- 
breitung der diluvialen Sedimente. 

Im Sulzbachtal sind sie in großer Mächtigkeit bloß am östlichen 
Talgehänge vorhanden; am westlichen dagegen ist ein junger Erosions- 
anschnitt, ohne Spuren diluvialer Schotter, aber mehrfach mit Ab- 
rutschungen der steilen Gehänge versehen. (Besonders bei Waldsberg.) 

Auch heute ist noch die Tendenz vorhanden, die Talsohle des 
Sulzbachtals nach Osten zu verlegen und durch Rechtsdrängen das 
Einzugsgebiet von seiten des wasserreichen Hochstradenmassivs zu 
vergrößern. 

Ich will noch erwähnen, daß auch das Klöcher Massiv fast rings 
von flachen Gehängen umgeben ist, entsprechend der gegebenen 
Erklärung. 

Das Kutschenitzatal (ohne seitlichen Basaltrücken) zeigt wieder 
ganz entsprechend dem Hilberschen Gesetz ein flaches West- und 
ein steiles Ostgehänge. Ähnliche Beispiele ließen sich noch anführen. 

Was den Einfluß der Basaltüberdeckung auf die Größe des ab- 
getragenen Materials anbelangt, so ergibt sich, daß durch die Bildung 
flacher Gehänge die Abtragung gefördert wird, dagegen durch das 
Stehenlassen eines breiten Rückens zwischen den Erosionsfurchen eine 
Verminderung der Denudation stattfindet. 

Der Einfluß der Basaltdecke für die Konservierung des Schicht- 
materials ist jedenfalls nicht so bedeutend, als man auf den ersten 
Blick vermeinen möchte. 


2. Talanzapfung. 


Ich gelange zur Besprechung einer anderen morphologischen 
Erscheinung. 


Das sogenannte Langwiesental, der Graben, welcher östlich des 
Kindbergkogels beginnt und der Ortschaft Klöch zustrebt, zeigt in 
seinem oberen Teil einen zirka 1 km langen ebenen Verlauf. Gegen 
Nord bricht er unvermittelt an einem Steilabfall gegen das Aigenbach- 
tal ab. Man denkt unwillkürlich an eine einstige Fortsetzung dieser 
breiten, offenen, plötzlich endenden Talfurche über das Aigenbachtal 
hinaus. Es ist eine erstorbene, angezapfte Talrinne, die einstige Fort- 
setzung des Aigenbachtals gegen Süd. Letzteres hat früher, also nicht 
wie heute, die Umbiegung gegen Pichla vollführt, sondern strömte 


[91] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 493 


direkt an der Ostseite des Kindbergkogels über Klöch der Mur zu. 
Vielleicht kann man es auch wagen, der Ursache dieser Anzapfung 
näherzutreten. Das Mühlbachtal bei Tischen und Laasen, welches 
ja die Anzapfung des heutigen oberen Aigenbachtals herbeiführen 
mußte, liegt beiderseits zwischen mächtigen basaltischen Massen ein- 
gebettet. Im Westen liegt die ausgedehnte Basaltdecke des Hoch- 
straden, im Osten der aufragende Kindbergkogel und Zamberg. Es 
ist anzunehmen, daß diese reichlich entwässerte (Wässer aus dem 
Reservoir der Basaltdecke) Talfurche eine stärkere Erosion auszuüben 
vermochte als das hauptsächlich sarmatisches Gebiet durchziehende 
Aigenbachtal. Da sich nun am Nordrand des Klöcher Massivs durch 
die vom Kindbergkogel abströmenden Wässer leicht eine Erosions- 
furche ausbilden konnte, so war diese bei Tieferlegung des Haupttals 
bei Tischen (Mühlbachtal) leicht imstande, das obere Aigenbachtal 
anzuzapfen und dessen südliche Fortsetzung in eine tote Strecke zu 
verwandeln. 


Das Rückschreiten der Erosion an dem Steilabfall der Tuffe 
östlich des Kindbergkogels läßt sich gegenwärtig noch mit großer 
Deutlichkeit verfolgen, indem der ganze Abfall bloß aus nieder- 
gebrochenen und versunkenen, stellenweise mehr als hausgroßen Tuff- 
schollen besteht, die vielleicht durch Auswaschung ihrer Unterlage, 
wohl aber noch mehr durch ein plastisches Auseinanderfließen der 
sarmatischen Tegel im Untergrunde in Bewegung geraten sind. 

Der Saum der Tuffumrandung an der N- und NO-Seite des 
Klöcher Massivs ist in andauerndem Sinken begriffen. Es vollzieht 
sich auch heute noch das Rückschreiten der Erosion gegen jene alte 
Talfurche hin, welche in vielleicht schon jungpliocäner Zeit dadurch 
von ihrer einstigen Fortsetzung abgetrennt ward. 


3. Terrassen. 


Wenn man diese alte Talfurche gegen Süd verfolgt, so findet 
man im gleichen Niveau eine Fortsetzung in einigen ebenen, plateau- 
förmigen Stücken, welche zwischen den jungen erosiven Einschnitten 
südlich des Kindbergkogels erhalten geblieben sind. Sie führen 
hinüber zu jenem so wunderbar ausgeprägten Plateau, welches sich 
zwischen Kindbergkogel und Seindl ausbreitet und seinen deutlichsten 
Ausdruck im isolierten Zamberg findet. (Profilskizze Fig. 17.) Diese Ter- 
rassen stellen sicherlich ein altes, vielleicht jungpliocänes Einebnungs- 
niveau dar, das Verwerfungen und Sprünge, Basalte und Tuffe in 
gleicher Weise durchschneidet und selbst von keiner Störung be- 
troffen erscheint. 

Seine Höhe beträgt zirka 370 m. 

Dasselbe Niveau kehrt mit großer Deutlichkeit ausgeprägt in den 
abgeflachten Regionen um die Ortschaft Waldra (Hochstraden NO) 
wieder und bildet ein schwach gegen NÖ sich senkendes Plateau in 
einer Höhe von 370—390 m. 

Nach Osten findet es seine Fortsetzung in dem horizontalen 
Kamm um die Ortschaft Langriegl. 

64* 


Artur Winkler. [92] 


494 


Fig. 17. 


er EN X 3 able er: 
DERTDEREE \ AFTER EG RRE RE FOAGE ANGEL ELLE 
= ia: \oraooan ” 


Dılwial- |.’ Oramav 


[93] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 495 


Nach Norden hin ist es deutlich ausgeprägt in den jenseits der 
Kartengrenze auftretenden, schönen Plateaustrecken (in 370 m Höhe) 
um die Ortschaft Kölldorf, die alte Einebnungsfläche kundgebend. 

b) Ein höheres und älteres Niveau stellt das Plateau mit der 
Ortschaft Hochstraden dar, zirka 530 m aufweisend, über das sich 
noch als „Zeuge“ der einstigen Hügellandschaft die schön gerundete 
Kuppe des Hochstradengipfels um zirka 80 m höher erhebt. 

Eine Wanderung auf dem Basaltplateau läßt mit Klarheit die alte 
Landoberfläche erkennen, deren nächstgelegene Rudimente erst in 
dem jenseits des Kartenblattes gelegenen Trachytmassiv von Gleichen- 
berg als Terrassen zutage treten. Auch diese 520—530 m hoch gelegene 
Einebnungsfläche durchschneidet die Verwerfungen, erweist sich somit 
jünger als diese. 

Ihr Alter mag vielleicht? dem Mittelpliocän entsprechen. Eine 
schon stark abgetragene Basaltoberfläche dürfte sich damals allseits 
flach abgesenkt haben, allmählich übergehend in die von pliocänen 
Sedimenten aufgebaute Ebene und sich erstreckend bis an die näheren 
oder ferneren Ufer des pontischen Sees. 

c) Tiefere Terrassen als die eben genannte ließen sich zwar 
mehrfach anführen, da sie jedoch nicht so konstant verfolgbar sind, 
verzichte ich darauf. 

Erst die tieferen Diluvialbildungen zeigen sich wieder deutlicher 
terrassiert, wobei sich Reste einer hangenden Stufe mit Schottern in 
einer Höhe von 310-525 m nachweisen lassen. 

Eine tiefere Akkumulationsterrasse läßt sich ferner entlang des 
Sulzbachtals verfolgen, mit zirka 290 m bei Merkendorf (im Norden) 
beginnend und sich bis 250 m bei Radochen (im Süden) absenkend. 

d) Auf der Ebene zur Mur wandernd, überschreiten wir noch 
einmal einen ausgeprägten, kontinuierlichen Steilabfall, der eine ältere 
von einer jüngeren Alluvialterrasse trennt; und schließlich stehen wir 
vor dem Alluvium der Mur, welche in letzterer ihren Lauf gegraben hat. 


Es ergibt sich folgende Aufeinanderfolge der Terrassen: 


1. mittelpliocäne ? Terrasse zirka 530 m Hochstradenplateau; 

2. jungpliocäne ? Terrasse zirka 370 m Zamberg, Langwiesental, 
Waldra; 

. ältere Diluvialterrasse zirka 320 m Neustift, Dernek, Igelsberg, 
Risola, Plesch; 

. Jüngere Diluvialterrasse zirka 290— 250 m Sulzbachtal ; 

. ältere alluviale Terrasse zirka 250 m Murtal; 

. Jüngere alluviale Terrasse zirka 220 m Murtal; 

. Rezenter Murlauf zirka 210 m Murtal. 


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4. Erosionsphänomene. 


Zum Schluß will ich noch einige interessante Denudationser- 
scheinungen erwähnen, welche vielleicht für das rasche Fortschreiten 
der Abtragung in diesem Tertiärgebiet nicht ohne Interresse sind. 
Überall am Hochstradenzug und im Klöcher Massiv sind die Spuren 
gewaltiger Bewegungen der Gehänge sichtbar. 


496 Artur Winkler. [94] 


Allerorts trifft man im Rutschen begriffene Schotter und ab- 
gesunkene Waldpartien zeigen an der Oberfläche deutlich den Einfluß 
dieser Vorgänge an. Insbesondere dort, wo große Tegelmassen (wie 
in den untersarmatischen Schichten) oder Tegelmergel (wie in den 
mittelsarmatischen Schichten) auftreten, erweisen sich die Schichten 
häufig mit Wasser durchtränkt !). Der große Feuchtigkeitsgehalt steigert 
die Plastizität der Massen bedeutend und ermöglicht ein Abgleiten 
derselben unter den darüberliegenden festen Material. 

Dort, wo eine Basalt- oder Tuffdecke vorhanden ist, tritt diese 
Erscheinung um so deutlicher zutage, einerseits da der Druck im 
Hangenden vermehrt, anderseits, da für reichliche Zufuhr von Wasser 
gesorgt ist. 

Es bricht das Gehänge unter seiner eigenen Last zusammen, 
indem es seitlich ausweicht, teils rupturell, teils plastisch der Druck- 
wirkung nachgibt. Als besonders markante Punkte seien das Gehänge 
in der Umgebung von Größing genannt, das Gehäuge im Steintal östlich 
von Frutten und die schon früher erwähnten Aufschlüsse am Nordfuß 
des Kindbergkogels. 

Die großzügigste Rutschung der Gegend liegt im Kutschenitzatal, 
südlich von Gruisla (siehe Karte), bei der Bevölkerung unter dem 
Namen „Erdpreßgraben“ bekannt und mit Sagen verknüpft. 

Auf eine Erstreckung von einem halben Kilometer zieht sich 
parallel dem Gehänge schnurgerade eine 8 m tiefe und 10 m 
breite Kluft hin, deren Wände fast senkrecht sind und deren Boden 
von einer langgezogenen Wasserfläche eingenommen wird. Von dieser 
großen Kluft zweigt ein nur wenige Meter breiter Spalt ab, dessen 
Erstreckung auch geringer ist. 

Dieses Phänomen läßt nur die Deutung zu, daß an dem Talgehänge 
auf eine Erstreckung von einem halben Kilometer plötzlich durch den 
Druck der hangenden Massen die Belastungsgrenze überschritten 
wurde, ein Abbruch einer ausgedehnten randlichen Partie und ein 
Seitwärtsigeiten derselben um 10 m stattfand. 

Eine erst vor kurzem eingetretene Rutschung in den Feldern, 
unmittelbar südlich von Gruisla, zeigt, daß tatsächlich ganz gleich- 
artige Rutschungen noch jetzt stattfinden. Man kann diese Rutschung 
als ein Modell des „Erdpreßgrabens“ betrachten, indem hier an 
einem ganz mittelmäßig geneigtem Gehänge, in Tegelmassen, eine 
zirka 4 m tiefe und 12 m lange und 0°5 m breite Kluft sich bildete 
und die Schichten dabei schollig niederbrechen ließ. 

In beiden Fällen wird die Auslösung der Bewegung begünstigt 
worden sein durch das allgemeine, gegen das Lendvatal gerichtete 
Fallen der sarmatischen Schichten. 

Die Großzügigkeit der Erscheinung an dem vorerwähnten Bei- 
spiel und die weite Verbreitung derartiger Rutschungen und Gleitungen 
scheint mir dafür zu sprechen, daß neben dem normalen Vorgang der 
Erosion an der Abtragung dieses Tertiärgebiets den Gleitungen und 
Rutschungen der Gehänge und der daraus resultierenden Erniedrigung 


!) Ein Handstück eines untersarmatischen Tegels erwies sich noch nach mehr 
als einer monatlichen Aufbewahrung im Zimmer ganz feucht. 


[95] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 497 


der Bergformen eine wichtige Rolle beigemessen werden muß. Es 
brechen die Talwände von selbst nieder und arbeiten dadurch der 
rückschreitenden Erosion der Bäche und Flüsse bedeutend vor. 


Anhang. 


1. Studie über basaltische Auswürflinge. 


In den Schlacken und Brockentuffen von Klöch (insbesondere 
am Kindbergkrater) läßt sich die Beobachtung machen, daß weitaus 
die Mehrzahl der ausgeworfenen Basaltblöcke sehr „porös* ausgebildet 
ist, daB die Porengröße im Kern am bedeutendsten ist, gegen den 
Rand zu dagegen kleiner wird, und daß die Bombe häufig von einer 
festen Rinde umkleidet wird. 


Fig. 18 und 19. 


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Diese Erscheinung läßt sich daraus erklären, daß die Gas- 
entwicklung infolge schwierigeren Entweichens der Blasen in der 
Mitte der Bomben viel weiter fortschritt und zur Bildung eines groß- 
porigen Kerns Veranlassung gab, während am Rande infolge rascherer 
Abkühlung und Entweichens der Gasblasen eine feste Rinde sich bildete, 

Außer den genannten Blöcken trifft man jedoch häufig Basalt- 
auswürflinge, welche die entgegengesetzte Erscheinung aufweisen, 
nämlich aus einem mächtigen, kompakten Kern bestehen, der von einer 
geringen porösen Hülle umgeben ist. In diesem Fall handelt es sich, 
wie auch die homogene Beschaffenheit dieser Basalte wahrscheinlich 
macht, um am Rande neu aufgeschmolzenen Bomben, die langsam 
wieder erstarrend eine poröse Rinde ansetzten. Es handelt sich in 
diesem Falle um Bruchstücke eines in der Tiefe anstehenden Basalts, 
die bei einer späteren Eruption mitgerissen wurden (Profil Fig. 18). 

Es mag noch hervorgehoben werden, daß man im Eruptivgebiet 
von Klöch und des Hochstraden „keine Olivinbomben“* antrifft. (Nur 
Olivineinschlüsse trifft man bei Klöch stellenweise im Basalt und auch 
noch in der Fladenlava.) Ebenso fand ich nirgends lose Hornhlende- 
kristalle. Diese Tatsache verdient bei dem so ungemein häufigen 
Auftreten von Olivinpomben und Hornblendekristallen in anderen Tuff- 
vorkommen des Gleichenberger Eruptivgebietes (außerhalb des kar- 
tierten Raumes, zum Beispiel in Kapfenstein) besonders hervorgehoben 
zu werden. 


498 A. Winkler. [96] 


2. Resümee. 


Im stratigraphischen Teil der Arbeit hat sich ergeben, daß auch 
auf Österreichischem Gebiet ein Ausläufer der jenseits der Grenze 
auftauchenden Schieferinsel von Neuhaus anzutreffen ist, aus Ton- 
schiefern, Kieselschiefer und Quarzit aufgebaut; daß Mediterranschichten 
in der Fazies des Leithakalkes als Unterlage der jüngeren Gebilde 
zutage treten, und daß die sarmatischen Schichten gegenüber der 
Darstellung auf der Stur-Karte von Steiermark eine weit größere 
Verbreitung besitzen als die dort eingetragenen pontischen Gebilde. 


Es gelang ferner, eine Gliederung der sarmatischen Schichten 
in drei Stufen vorzunehmen, die auch nach paläontologischen Prinzipien 
Gültigkeit besitzt, indem die einzelnen Stufen durch das Vorherrschen 
gewisser Faunenelemente charakterisiert sind. 


Die untersarmatischen Schichten erwiesen sich als mächtige 
Tegelmassen mit Schotterlagen, die mittelsarmatischen Schichten als 
Mergel, von einem Liegendschotterzug und einem Hangendsandzug 
begleitet. (In diesen konnten zirka 20 neue Fossilfundstellen namhaft 
gemacht werden.) 

Die obersarmatischen Schichten gaben sich als eine wechselvolle 
Serie von oolithischen Foraminiferenkalken, Spirorbiskalken, Bivalven- 
und Gastropodenkalken, Kalksandsteinen, mächtigen Sandmassen, Tegeln, 
Schiefertonen und Mergeln, häufig in sehr fossilreicher Entwicklung 
zu erkennen. 

Die pontische Stufe wurde gegenüber der Darstellung auf den 
bisherigen Übersichtskarten sehr eingeengt; neben dem bisher einzig 
bekannten Fossilfundpunkt gelang es, zwei weitere aufzufinden und 
zu erkennen, daß diese Schichten aus Congerientegel und gering- 
mächtigem, braunen Sand bestehen. 

Es ergab sich ferner, daß sowohl die basaltischen Bildungen 
des Klöcher Massivs als auch jene des Hochstraden (soweit sie nicht 
eruptive Durchbrüche darstellen), „nicht“ unmittelbar den Congerien- 
schichten (oder sarmatischen Schichten) auflagern, sondern daß sich 
zwischen die Ablagerung beider eine Festlandsperiode einschaltet, 
welche ihre Spuren in den lokal an- oder abschwellenden Schotter- 
massen hinterlassen hat, die im Liegenden den pontischen Eruptiva 
an zahlreichen Punkten nachgewiesen werden konnten und deren Alter 
ebenfalls noch als unterpontisch gedeutet wurde. 

Es ergab sich ferner, daß diese Schotterfläche einem denudierten 
Relief eingelagert ist, und daß der Basalt wieder eine unebene 
Landoberfläche bedeckte. 

Die Studien über die Vulkantektenik des Klöcher Massivs haben 
ergeben, daß dieser Gebirgsstock aus einer Zusammenschweißung 
zweier Eruptionszentren hervorgegangen ist. 

Der Kindbergkrater, wahrscheinlich von viel längerer Eruptions- 
dauer, hat mit dem Auswurf mächtiger, feiner Tuffmassen begonnen, 
welche einen regelmäßigen Rhythmus seiner Tätigkeit andeuten und 
welche auf die pliocäne Schotterfläche niederfallend, heute das Vulkan- 
gebiet größtenteils umsäumen. 


[97] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 499 


Diese ältere Eruption war mehrfach von Paroxysmen begleitet, 
die zur Förderung mächtiger Schollen von Leithakalk aus der Tiefe 
und zur Bildung von Faltungserscheinungen am SW-Rand des Kraters 
Anlaß gaben. 

In der mit der basalen Tuffdecke überzogenen Region entstand 
nun südlich des Kindbergkraters ein zweites Eruptionsbecken, das 
sich mit einer großen Explosion Raum schaffte und dabei sowohl an 
seinem Ostrand als auch im Westen und Nordwesten Überschiebungen 
der randlichen Tuffmassen und Faltungen in denselben hervorrief. 

Dieses Explosionsbecken füllte sich erst mit groben Brocken- 
tuffen und Schlacken, welche an dessen Südrand (West von Klöch) 
heute gut sichtbar sind. 


Mächtige Basalte, wahrscheinlich von dem fortdauernd tätigen 
Kindbergkrater ausfließend, erfüllten weiter die neuentstandene 
Senke und bildeten, zu großen Massen sich aufstauend, einen ge- 
waltigen Pau von homogenem Basalt. Später wurde die vulkanische 
Tätigkeit schwächer; im Kindbergkrater häuften sich Schlacken und 
Brockentuffe mit Fladenlava und basaltischen Zwischenlagen über- 
einander und ließen, je schwächer die Eruptionskraft wurde, desto 
mehr schlackenreichere Ströme gegen das Seindlbecken ausfließen, 
letzteres bis über den Rand erfüllend und teilweise darüber hinaus- 
fließend. 

Sechs Radialspalten durchsetzten als jüngste Bildungen die 
Kratermassen des Kindbergkogels, indem sie das offene Kraterbecken 
desselben mit basaltischem Magma erfüllten, welches als letzt zutage 
getretener Nachschub heute den Gipfel krönt. 

Wohl gleichzeitig mit den Eruptionen bildeten sich zwei nord- 
weststreichende Verwerfungen, von denen die eine den Kindbergkrater 
durchkreuzt, die andere eine Tiefersenkung des südwestlichen Randes 
des Klöcher Massivs hervorruft und dortselbst ein Überfließen der 
Basalte begünstigte. 


So lassen sich im Klöcher Massiv die Zeugen großer, vulkanischer 
Energie mit Überschiebungen, Faltungen und Förderung tiefliegender 
Schollen, der regelmäßige Rhythmus einer periodisch sich wieder- 
holenden Eruptionsphase, ebenso wie das langsame Ersterben des 
Vulkanismus, wie an einem klaren Modell verfolgen. 

Der Hochstradenrücken hat sich deuten lassen als eine gewaltige 
Decke basaltischen Magmas, die nahe der Ortschaft selbst und in der 
Teufelsmühle ein mit Schlacken und groben Tuffen erfüllte Becken 
zutage treten läßt. Die Nephelinitmassen haben sich bis beinahe an 
die heutige Murebene ergossen, jetzt durch Verwerfungen zerstückelt 
und durch die Denudation in Zeugen aufgelöst. Denudationsreste am 
östlich gelegenen Auenberg zeigen die einstige weite Verbreitung 
derselben an. 


Außer diesen beiden großen, altbekannten vulkanischen Massiven 
gelang es noch, vier bisher unbekannte selbständige Durchbrüche 
basaltischen Magmas aufzufinden, von denen einer als Tuffschlot, 
einer als Basaltstiel, die beiden übrigen als Spalten aufzufassen sind. 
Jene von Risola erreicht mehr als Kilometerlänge. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 65 


500 Artur Winkler. [98] 


Die Verfolgung der Tektonik hat ergeben, daß das Gebiet einer- 
seits von mehreren NW streichenden Verwerfungen durchzogen ist, 
anderseits ein gegen Ost konvergierendes Bruchsystem aufweist, wozu 
noch zwei NS verlaufende Rupturen treten. 

Durch diese Störungen wurde das Gebiet in eine Anzahl von 
Schollen zerlegt (Risola-Horst, Scholle von St. Anna, Hopfenberg- 
scholle, Rosenbergscholle, Sandberg-Buchbergscholle, Mühlwaldscholle, 
Klöcher Scholle, Preguckenberg-Zambergscholle), welche anzeigen, 
daß die Region von dem südlich des Hochstradengipfels gelegenen 
Horst, mehrfach zerteilt, zur Murebene um zirka 200 m schollig 
niederbricht. 

Die „Scholle von St. Anna“ im Norden, an Größe die übrigen 
übertreffend, senkt sich gegen Nordost stetig um zirka 150 m ab und 
läßt daher in dieser Richtung jüngere, pontische Schichten auftreten. 
Dieselbe Neigung ist auch am „Risola-Horst“ bemerkbar, während an 
den zahlreichen, südlich gelegenen Schollen die Tendenz zu einem 
Verflächen nach Osten vorhanden ist, woraus das Auftreten älterer 
(sarmatischer) Schichten an ihrem Westrande sich ergibt. 


Es wurde aus dem Fehlen der Tuffe unter der Hochstraden- 
decke geschlossen, daß die Fruptionen dieses Massivs älter sein 
müssen als die des Klöcher Massivs, der Kindbergkogel hinwiederum, 
der die basalen Tuffe dortselbst geliefert hat, jünger sei als der 
Seindlkrater. Es gebe sich daher ein Wandern der vulkanischen 
Tätigkeit in der Richtung von Nord nach Süd zu erkennen. 


Da die Verwerfungen der „Kindbergspalte“ und des Laasener 
Bruchs“ gleichzeitig mit den Eruptionen des Klöcher Massivs einge- 
treten zu sein scheinen und an diese Störungslinien, und zwar dort, 
wo sie sich mit anderen Verwerfungen kreuzen, zwei der kleinen 
neuaufgefundenen, selbständigen Durchbrüche sich knüpfen, so dürfte 
sich für letztere ein etwa mit den Späteruptionen des Klöcher Massivs 
gleichzeitiges Alter ergeben. 


Das Vorkommen vollkommen gebleichter, umgewandelter Basalte 
an der „Hochstradner“ Verwerfung scheint auch für eine den Erup- 
tionen nahestehende Bildungszeit der letzteren zu sprechen. Die zahl- 
reich auftretenden Säuerlinge erwiesen sich abhängig von den Bruch- 
linien, wobei in der tektonisch am stärksten zerrütteten Region auch 
die stärkste Sauerquelle ihren Ursprung nimmt. 


Im morphologischen Teil konnte nachgewiesen werden, daß ins- 
besondere zwei deutliche, wahrscheinlich pliocäne, Einebnungsterrassen 
im Hochstraden und Klöcher Gebiet sichtbar sind, deren Bildungszeit 
jünger als die Störungen und Eruptionen ist. 


Die tieferen Diluvialterrassen bedecken mit ihren Sedimenten 
eine weite Strecke (teils Schottern, teils Lehmen). Aus deren Ver- 
breitung lasse sich eine Verlagerung der Achse des Sulzbachtals seit 
dem Diluvium in der Richtung von Ost nach West erkennen. Es 
wurde ferner darauf hingewiesen, daß sich die scheinbare Umkehrung 
des Hilberschen Gesetzes von der „Asymmetrie der Täler“ 
durch die eingeschaltete Basalttafel im Bereiche des Kartenblattes 
leicht erklären läßt. 


[99] Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. 501 


Ein an der Ostseite des Klöcher Massivs gelegenes, ange- 
zapftes altes Tal wurde zur Darstellung gebracht, welches sich in die 
allgemeinen Denudationserscheinungen gut einfügen ließ. 

Schließlich wurde auf die Bedeutung der heute noch sehr wirk- 
samen Gehängerutschungen und auf die große Wichtigkeit dieser Vor- 
gänge für die Talbildung aufmerksam gemacht. 

Ich habe in dieser Arbeit der Versuchung widerstanden, über 
den engen Rahmen des Aufnahmegebietes hinauszutreten und die Ver- 
folgung der Erscheinungen auf einer weiteren Strecke einer nächsten 
Publikation vorbehalten, die, wie ich hoffe, die Wichtigkeit mancher 
in diesem Gebiete gewonnenen Beobachtungen ergeben wird und aus 
denen sich anderseits eine Lösung für einige innerhalb der engen 
Grenzen der geschilderten Region unlösbaren Probleme bieten wird. 


Inhaltsverzeichnis. 
nn — Seite Seite 
Warhamerlsung %. .. AN le AR 403 1] 
EimtellungderJ Arbeits Hl et Er . . 403—405 1—3] 
Umgrenzung des Aufnahmsgebiets . . 2. 2..2.2.2.2.2.. .405—406 [3—4] 


I. Hauptabschnitt. 
Historischer Teil: 


Die geologische Erforschung des Gleichenberger Eruptiv- 
EI BIEL DIR ES RT ee 407—431 [5-29] 


Geologische, paläontologische und petrographische Literatur 407—410 [5—8] 
Erste Periode: Geologische Forschungen in den Jahren 


FB ISHO I BE ed Be at Auiralanie tin .410—414  [8—12] 
Zweite Periode: Geologische Ferschungen in den Jahren 
TOR LS IOr Da a En ln“ Dahlaltens le de, ds 415—421 [13—19] 
Dritte Periode: Geologische Forschungen in den Jahren 
ER 1 PT A N EEE ES RE Ratgerke . . »421—431  [19—29] 
BEHIBBWOrL A RED, MERER, BL SRET > HE Er | [29] 


1I. Hauptabschnitt. 
Lokalbeschreibung: 


Here: ITRDRN, N a EAN. 5, 452 [30] 
. Kapitel: Lokale Shhesigtäpfie II RUN LEN 2 2 42630 
E eneckine EIER SE IE RT ......432—483 [30—31] 
4 Palapzoikum. Karbon??. . 2... 200 00 u win. Add Ask [532] 
TE ee ar EEE > ABA Er re 002 2434-461 [32 —59] 
1. Zweite Mediterranstufe. . . » 2. 2 222 0. 2... 484—435  [32—33] 
2. Sarmatische Stufe... .. . te AA Enia69] 
o)eUntersarmatische:Stufe, 2.5. al. mie zer 435—441 [33—39] 
Br Mittelsarmatische. Stufe... . , „ok. ul un: 441—449 [39—47] 
x) Obersarmatische Stufe. . . 2... .2.20.0.20.0.449—461 [47-59] 


65* 


502 Artur Winkler. [100] 


Seite Seite 
DO. Plecie Zu RE letter. An lESSSERE ReBeNTE 462—467  [60—65] 
1. Untere Gsngerienscehichten . 2.2... wrsla 462—463 [60-61] 
2. Älterer pontischer Schotter . . . 2. 222... . . 468-465 [61-63] 
3. und 4. Basalttuffe und Basalte . . . . 2 .2....466—467 [6465] 
D.BBRBEN EI 1. HVen Sig. ESTER etellereke 467—468  [65—-66] 
1. Dilemerm u... 1 N Win ana Veran 467468! 5 un) 
2. Allunum' 2. u SE ER SEE hr Fette el [66] 
2. Kapitel: Lokale Tektonik . ee AE-4I0 Te 
U Wulsautekkonik .. 2.0. „ans A re et 468 [66] 
A. Hochstradnerzug 2... mu Der sn 1752468471 [66-69] 
3. Aloebemkansıv . "al In aha Re EEE u .471—484 [69—82] 
71. Brweitektöntle \. .. Nr Cr ER RT, 484—487 [82—85] 
III. Resultate über den Zusammenhang von Rihehen und 
Volkanen 48.0. 2. N ee . . 487—489 [85 —87] 
Ty.-Sauerlinge.. 2 jol.0e giant a BE ee er . 489—490 [87—88] 
3. Kapitel: Lokale Morphologie .. ... ae BR 491—497 [89 —95] 
1. Bemerkungen zur Talasymmetrie - . ...... . 491—492 [89— 90] 
2. Tslanzapfung.. 4... =». a Rn ae: Me AR IRRE 492—493  [90—91] 
Bymlerzassen.. sy a eich a ren A549 
47 Erosionsphänpmene '. ;, „1: Dr: ae Ra er 495-497 [93—95] 
Allah Der BEER EN ee . .497—501 [95—99] 
1. Studien über basajtische absrierirge Re 497 [95] 
2rResimee’. ren ı Tee PER IA, 9; . 498-- 501  [96—99] 


Nachtrag. 


Zu pag. 445: Herr Öberlehrer Kolleritsch sammelte einen im 
Kontakt mit der Basaltdecke rotgebrannten Mergel (sarmatisch) mit 
Solen subfragilis und Cardium sp. oberhalb GieBelsdorf. 

Zu pag. 434: Bei neuerlichem Besuch war auch die Hangend- 
partie im Steinbruch von Klapping zugänglich, der mit „3.* bezeichnete 
„Leithakalk“ ist ein Korallenriffkalk. 

Zu pag. 456: In Jamma sammelte ich noch: Mactra vitaliana Orb., 
Donax lucidus Eichw., Cerithium rubiginosum Eichw. und Buccinum 
duplicatum Sow. 

Zu pag. 455: Im V. Kalk am Schirrenkogel fand ich: Solen 
subfragilis Eichw. und Buccinum duplicatum Sow. 

Zu pag. 481: Im Tuff oberhalb der „Falte* fanden sich auch 
zahlreiche Blöcke von paläozoischem Tonschiefer, wie er die Schiefer- 
insel Neuhaus-St. Georgen aufbaut. 


Berichtigung. 
Pag. 463, Zeile 20 von oben, ist statt der unteren Abteilung der oberen 
Abteilung zu setzen. 


Pag. 465, Zeile 4 von unten, hat statt der unteren Oongerienschichten der 
Congerienschichten zu stehen. 


Untersuchungen zur Geologie und Paläontologie 


des steirischen Tertiärs. 


Studie über Verbreitung und Tektonik des Miocäns von 
Mittelsteiermark. 


Von Artur Winkler. 


Mit zwei Tafeln (Nr. XXI und XXI), zwei Übersichtstabellen (I und II) und 
7 Textfiguren. 


Vorbemerkung. 


In dieser Arbeit fasse ich die Resultate meiner Begehungen in 
Mittelsteier zusammen. 

Für die Zuwendung einer Unterstützung aus der „Sueßstiftung*“ 
bin ich meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. F. E. Suesß, 
Vorstand des geologischen Instituts der Universität in Wien, sehr zu 
Dank verpflichtet. Bei Begehung der Windischen Büheln hatte ich 
mich der tatkräftigen Unterstützung meiner Kollegen Herrn cand. geol. 
Robert Jäger und Fräulein cand. geol. Ottilie Saxl zu erfreuen. 
Ich fühle mich verpflichtet, ihnen an dieser Stelle für ihre wertvolle 
Mithilfe meinen herzlichsten Dank auszusprechen. 


Begrenzung der mittelsteirischen Scholle. 


Als Mittelsteiermark bezeichne ich jenes mit miocänen Sedimenten 
erfüllte und ungefaltete Tertiärbecken, das im Norden durch die 
Berge des Grazer Paläozoikums und ihrer östlichen Fortsetzung, im 
Westen durch die Koralpe, im Süden durch das Possrukgebirge, den 
Draufluß zwischen Marburgs—Friedau und die Linie Friedau—Lutten- 
berg und schließlich im Osten durch die paläozoische Erhebungs- 
reihe Günser Horst )—Harmischer Wald—Hohensteinnaisberg— Sulz — 
Neuhaus— St. Georgen begrenzt erscheint ?). | 

An die mittelsteirische Scholle fügt sich westwärts (jenseits der 
Koralpe) die ine Jungtertiär eine analoge tektonische Position ein- 
nehmende zentralkärntnerische Region an, während beiden genannten 
Schollen südwärts die jugendlichen Faltenzüge vorgelagert sind, die von 
Westkroatien über Untersteiermark bis nach Innerkrain sich erstrecken. 

Die tektonischen Beziehungen dieser Schollen zueinander wurden 
in einer vorläufigen Mitteilung bereits erörtert). 


1!) E. Suess, Antlitz der Erde. I. Wien 1885, pag. 177. 

2) Siehe pag. 504. 

®) A. Winkler, Versuch einer tektonischen Analyse des mittelsteirischen 
Tertiärgebiets und dessen Beziehungen zu den benachbarten Neogenbecken. Vor- 
läufige Mitteilung. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1913, Nr. 13. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3 Heft. (A. Winkler.) 


504 Artur Winkler. [2] 


1. Kapitel. 
Der Untergrund der Grazer Bucht (Mittelsteier). 


Hofrat Toula!) hat im Jahre 1878 die Meinung ausgesprochen, 
daß der Untergrund der von tertiären Sedimenten bedeckten Grazer 
(mittelsteirischen) Bucht zum größten Teil von Altpaläozoikum (Devon) 
gebildet wäre. Die Auffindung devonischer, fossilführender Schichten 
durch den ungarischen Aufnahmegeologen K. Hofmann?) in den am 
Östrande der mittelsteirischen Bucht (jenseits der österreichischen 
Grenze) gelegenen Schieferinseln (Hannersdorf, Hohensteinmaisberg, 
Sulz bei Güssing), ließ es damals wahrscheinlich erscheinen, daß diese 
Vorkommnisse unter dem verhüllenden, tertiären Mantel in ununter- 
brochenem Zusammenhang mit dem Paläozoikum bei Graz stehen mögen. 

Meine Untersuchungen der in den Basalttuffen der Oststeiermark 
eingeschlossenen, aus der Tiefe emporgezogenen Einschlüsse älterer 
Gesteine haben indes gezeigt, daB der räumliche Zusammenhang der 
am ÖOstrand auftauchenden paläozoischen Zone mit dem „Grazer“ 
Paläozoikum wahrscheinlich nicht in vollem Ausmaß zu Recht besteht. 


A. Die paläozoische Zone am DER der mittelsteirischen 
Bucht. 


Der Ostrand der Grazer Bucht wird von einem Zuge beiläufig 
NNO—SSW streichender, aus dem Tertiär aufragender [paläozoischer 
Schieferinseln gebildet 3) ; sie beginnen mit der ausgedehnten Rechnitzer 
Schieferinsel (von E. Suess*) als Günser Horst bezeichnet), setzen 
sich in den Hügeln von Hannersdorf und dem Eisenberg bei Kohfidisch 
fort, verlängern sich südwärts im Hohensteinmaisberg und den Klippen 
von Sulz (bei Güssing) und tauchen schließlich nach längerer Unter- 
brechung in der Schieferinsel Neuhaus-St. Georgen (östlich von Gleichen- 
berg’) zum letztenmal empor. 

Hofmann®) hat in diesem Zuge, wie erwähnt, an einzelnen 
Punkten Fossilien gesammelt, die nach Toulas Bestimmung dem 
"Mitteldevon entsprechen. Mohr”) hat in letzter Zeit die zuerst er- 
wähnten Vorkommen (Rechnitzer Schieferinsel, Eisenberg) seiner 
„unteren Grauwackendecke* zugerechnet und demgemäß als Jung- 
paläozoikum gedeutet, während er die aufragenden Devonkalkklippen 
des Hohensteinmaisbergs und von Hannersdorf als Denudationsrelikte 


ı) F, Toula, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 47—52. Über Devon- 
_ fossilien aus dem Eisenburger Komitat. 

2) K. Hofmanı, Verb. d. k. k. geol. R.-A. 1877, pag. 16. Beilage. 

°2) K. Hofmann, F. Toula, loc. cit. — H. Mohr, Versuch einer tektonischen 
Auflösung etc. Denkschr. k. Akad. d. Wiss. matb.-naturw. K]., Bd. LXXX VII, 1912. 

*) E. Suess, Antlitz der Erde. I. Wien 1885, pag. 177. 

5) Ferd. Stoliczka, Jahrb. d. k. k: geol. R.-A. 1863, pag. 2. — J.v. Matya- 
sovszky, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1877, pag. 27. — A. Winkler, Das Eruptiv- 
gebiet von Gleichenberg etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1918, pag. 416. 
°6) K. Hofmann, loc. eit. pag. 16. 

”, H. Mohr, loc. cit. pag. 16—18. 


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[3] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 505 


seiner „oberen Grauwackendecke“ ansieht. Die Schieferinsel „Neuhaus- 
St. Georgen“, welche den südlichsten Ausläufer dieser Inselreihe dar- 
stellt, habe ich vorläufig einer flüchtigen Untersuchung unterworfen !). 

Diese hat mir die Annahme eines jungpaläozoischen Alters nahe- 
gelegt. 

Die Schieferinsel Neuhaus-St. Georgen stellt einen in Ost-West- 
Richtung zirka 5 km und in der Nord-Süd-Richtung 25 km ausge- 
dehnten Rücken dar, der sich aus seiner Umhüllung sarmatischer 
Sedimente nur wenig erhebt. An dem Aufbau nehmen folgende 
Gesteine Anteil: 


Lichte, grünlich-graue Tonschiefer, 
Grünschiefer, 

Diabase, 

schwarzgraue, plattige Tonschiefer, 
dunkelgraue Schiefertone, 

. Graphitschiefer, 

serizitische Schiefer, 

Quarzit, 

Kieselschiefer, 

10. Kalkschiefer, plattig, 

11. gelbgrauer Marmor, 

12. dolomitische Kalke, 

13. Erze. 


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Ein Vergleich mit der jüngst von Mohr beschriebenen „Rech- 
nitzer Schieferinsel* zeigt eine Analogie im Schichtenbau 2). 

Das starke Hervortreten tonschieferartiger Gesteine, das reich- 
liche Vorhandensein von Grünschiefern, das Erscheinen von Kalkschiefern, 
von Diabasen und Graphitschiefer, Serizitschiefern, quarzitischen Lagen 
und Marmorbändern scheint mit dem Habitus der Gesteine in der „Rech- 
nitzer* Insel, deren südliche Fortsetzung das besprochene Vorkommen 
darstellt, übereinzustimmen. Es ergibt sich hieraus mit einiger Wahr- 
scheinlichkeit eine Gleichaltrigkeit mit den jungpaläozoischen ? Gebilden 
von Mohrs „unterer Grauwackendecke*. 

. Es sei ferner darauf hingewiesen, daB in dem der Schieferinsel 
„Neuhaus-St. Georgen“ räumlich zunächst gelegenen Aufbruch paläo- 
zoischer Gesteine, dem Sausalgebirge (Westrand des Grazer Beckens) 
eine ähnlich gebaute Schichtfolge vorliegt 3). 

Bemerkenswert erscheint dort neben dem Auftreten von Grün- 
schiefern, Diabasen und Diabasporphyriten und graphitischen Schiefern 


!) Siehe auch Artur Winkler, Das Eruptivgebiet von Gleichenberg. Jahrb.- 
d. k. k. geol. R.-A. 1913, pag. 416 und 433. 

2) H. Mohr, loc. eit. pag. 16—18. 

®) F, Rolle, Geol. Untersuchungen in dem Teile Steiermarks .zwischen 
Graz, Obdach, Holienmauten und ‚Marburg. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1856, 
pag. 214—247. — D. Stur, Geologie der Steiermark pag. 130. -- V. Hilber, 
Die Miocänablagerungen um das Schiefergebirge zwischen den Flüssen Kainach 
und Sulm etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Bd. XXVIII, pag. 506—509. — Dreger, 
Dr. J., Die geologische Aufnahme der NW-Sektion des Kartenblattes Marburg und 
die Schichten von Eibiswald in Steiermark. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1902, pag. 86. 


506 Artur Winkler. [4] 
das Vorkommen von Serizitschiefern, die sich nach Leitmaiers!) 
Untersuchungen als metamorphe Quarzporphyre erwiesen haben. 


Es tritt also hier ein für höheres Karbon (und Perm) sehr be- 
zeichnender Gesteinstypus zutage ?). 


Einen weiteren Vergleichspunkt bietet schließlich die von wei- 
land Bergrat Teller?) im Bereiche des Karawankenzuges (Ostkara- 
wanken) aufgefundene und unter der Bezeichnung „paläozoische Bil- 
dungen unbestimmten Alters“ ausgeschiedene Serie, die nach diesem 
Forscher als mutmaßliches Karbon (und zwar Unterkarbon) angesehen 
wurde. 


Das Vorherrschen der schiefrigen Entwicklung über die kalkige, 
das Auftreten mächtiger Diabastuffe und Diabase, von Tonschiefern, 
von spärlichen Marmorbänken und quarzitischen Gesteinen (Grau- 
wacken!), welch letztere häufig Kieselschiefereinschlüsse enthalten, 
zeigt einen deutlichen Anklang an die paläozoischen Gesteine der 
Scehieferinsel Neuhaus-St. Georgen. Diese Ähnlichkeit erscheint um 
so bemerkenswerter, als die übrigen, im Karawankenzug so vollständig 
entwickelten paläozoischen Sedimente eine ganz anders geartete Aus- 
bildung aufzeigen. 


Die Analogie im Gesteinsbau mit der jungpaläozoischen Günser 
Insel ‘/Mohr)?), mit dem durch „Quarzporphyr“ gekennzeichneten Sausal- 
gebirge und der unterkarbonen? (nach Teller) Zone der Ostkara- 
wanken, spricht zugunsten der Annahme, daß die Schieferinsel Neu- 
haus-St. Georgen der Hauptsache nach aus jungpaläozoischen (kar- 
bonen) Gesteinen aufgebaut ist. 


Ob der auflagernde dolomitische Kalk bei der Ortschaft Kalh 
(Nordrand der Schieferinsel Neuhaus-St. Georgen), der bisher keine 
Fossilien geliefert hat, derselben Serie zuzuzählen ist oder ob er 
den altpaläozoischen Gesteinen des Hohensteinmaisberges, von Hanners- 
dorf und Sulz zuzurechnen ist, muß bis zur genaueren Untersuchung 
dieser Schieferinsel eine offene Frage bleiben. 


Trotz dieser faciellen Übereinstimmung der Sedimente wird diese 
Altersdeutung solange nur ganz hypothethischen Charakter bean- 
spruchen können, als nicht durch genauere Untersuchungen, ins- 
besondere durch Fossilfunde sichere Anhaltspunkte gewonnen sind. 


1) H. Leitmaier, Geologie der Umgebung von Kainberg im Sausal. Mit- 
teilungen d. naturwiss. Vereins für Steiermark. Jahrg. 1907. Graz 1908. Schon 
Rolle erwähnt von hier porphyrartige Gesteine. 


®, V. Hilber tritt für ein silurisches Alter des Sausalgebiets, J. Dreger 
für ein devonisches ein. Erstere Ansicht beruht auf der Ähnlichkeit mit „silurischen* 
Gesteinen des Grazer Beckens (Semriacher Schiefer!). Es sei aber hervorgehoben, 
daß für diese neuerdings ein jüngeres, xarbonisches Alter in Anspruch genommen 
wird. (H. Mohr, Was lehrt uns das Breitenauer Karbonvorkommen? Mitt. der 
Geol. Gesellsch. in ‚Wien, 1911, pag. 309—310). 


°) F. Teller, Erläuterungen zur geologischen Karte der östlichen Ausläufer 
der Karnischen und Julischen Alpen. Wien 1896, pag. 44—52. 


*) H. Mohr, Denkschrift. d. kaiserl. Akad. d. Wiss. mathem.-naturw. Kl. 
Bd. LXXXVIIL, pag. 17. 


[5] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 507 


B. Der Untergrund des Eruptivgebiets von Gleichenberg. 


Im östlichen Teil der Grazer Bucht breitet sich das durch seine 
jungvulkanischen Ausbrüche gekennzeichnete Eruptivgebiet von Gleichen- 
berg aus). Die Einschlüsse in den Basalttuffen lassen vielfach einen 
Schluß auf die Gesteine im tieferen Untergrund zu. 


Im Basalttuff von Tobaj bei Güssing, der hart an der früher 
erwähnten Schieferinsel von „Sulz“ gelegen ist, finden sich Einschlüsse 
von Grünschiefern ?). 

In der westwärts dieses Nord—Süd streichenden Zuges paläo- 
zoischer Schiefer gelegenen Region konnte ich in den Tuffen der 
„Stadt und Langberge“ von Fürstenfeld zahlreiche Einschlüsse von 
Tonschiefer und einen von blaugrauem Kalk erkennen. 


Wir stehen also hier noch im Bereiche der paläozoischen Zone. 
Wenige Kilometer südwestlich lassen die Tuffberge in der Umgebung 
der Stadt Feldbach (am Auersberg, Kalvarienberg, Unter-Weißen- 
bach) nebst zahlreichen Trachytgesteinen, Leithakalken, sarmatischen 
und pontischen Fragmenten in großer Menge „Gneis“-Einschlüsse er- 
kennen). Trotz der großen Menge der eingeschlossenen kristallinen 
Gesteine lassen sich keinerlei Spuren paläozoischer Sedimente im Tuff 
nachweisen. 

Es ist somit wahrscheinlich, daß die tertiären Bildungen unmittel- 
bar dem „Gneis“ aufgelagert sind. 

Die Tuffe des Auersberges erwiesen sich stellenweise ganz erfüllt 
von Gneiseinschlüssen, umgeben von einer basaltischen Schlacken- 
schicht. Die Auswürflinge erreichen oft Kopfgröße. 


Südost von Feldbach haben die Tuffe von Kapfenstein zahlreiche 
Granite, Gneise, Eklogite und Aplite zutage gefördert ®). 


Leopold von Buch, Partsch, Anker, Andrae, Sigmund 
haben sie erwähnt. Für die Granite hat allerdings Dr. F. Heritsch?) 
in letzter Zeit einen jugendlichen Ursprung (Zusammenhang mit einem 
Tiefengestein des jungtertiären Gleichenberger Trachyt) angenommen. 

In dem nördlich von Kapfenstein gelegenen Tuff des Waxenegg 
sind ebenfalls Graniteinschlüsse bekannt. 

Das südlichste der „Gleichenberger“ Eruptivvorkommnisse stellt 
das Klöcher Massiv dar. Am Kindbergkogel (nördliche Erhebung) konnte 


2, A. Winkler, loc: eit.. pag. 1. 

2) F. Stoliczka, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1863. Bericht über die im 
Sommer 1861 durchgeführte Übersichtsaufnahme des südwestlichen Teiles von Ungarn, 
pag. 2—4. 

®) Schon Al. Sigmund fand letztere. Tschermaks min.-petr. Mitt. XVIII. 
1899. Die Basalte d. Steiermark, pag. 393. 

*) Nebst älteren Autoren siehe Al. Sigmund. Die Basalte d. Steiermark. 
Tschermaks min.-petr. Mitt. XVII, pag. 388. — F. Heritsch, Über einige Ein- 
schlüsse und vulkan. Bomben von Kapfenstein etc. Zentralbl. f. Min.. Geol. u. Pal. 
1908, pag. 302. — A. Winkler, loc. eit. pag. 411—412. Dort Inhaltsangabe der 
älteren Literatur. 

5) Loc. eit. pag. 15. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 66 


508 Artur Winkler. [6] 


ich zahlreiche Einschlüsse paläozoischer Schiefergesteine erkennen !). 
Man steht hier bereits auf paläozoischem Boden. 


Die Verbreitung der altkrystallinen Einschlüsse im Eruptivgebiete 
zeigt, daß ein Zug alter Gesteine in der Gegend von Feldbach vor- 
handen ist. 


Es liegt nahe anzunehmen, daß er einen Parallelzug zu jener 
Reihe der paläozoischen Schieferinseln darstellt, die sich östlich von 
demselben aus der Gegend der Günser Insel über Sulz zum Aufbruch 
von Neuhaus-St. Georgen erstrecken?) °). 


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Verzeichnis jener Basaltdurchbrüche, welche Einschlüsse von in der Tiefe an- 
stehenden Gesteinen enthalten. 


Gn — Gneis,. — Gr — Granit. — Tı — Trachyt und Andesit. — P = Paläozoikum. 
Gs — Grunder Schichten. — L = Leithakalk. — Ms = Mittel(Unter)sarmatisch. 
0S = Obersarmatisch. 


Betrachtet man die geologische Übersichtskarte, so erkennt man, 
daßin der nördlichen Fortsetzung der durch die Tuffeinschlüsse nachweis- 
baren altkristallinen Zone, jener in das Innere der Grazer Bucht vor- 
dringende Sporn kristalliner Gesteine kennbar ist, der in das Becken vor- 
springend, im Zuge des Kulmberges kulminiert, 


) Al. Sigmund, Die Basalte der Steiermark. Tschermaks mineralog.- 
petrogr. Mitteilungen, Bd. XV, 1896, pag. 367. -- A. Winkler, Das Eruptiv- 
gebiet von Gleichenberg etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1913, pag. 403. 

2) Siehe pag. 504. 

®) H. Mohr, Versuch einer tektonischen Auflösung etc. Denkschr. d. kais. 
Akad. d. Se: LXXXVIII, 1912. 


[7] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 509 


Es scheint sich also zwischen den paläozoischen Zug des Grazer 
Paläozoikums (und der Sausalinsel mit dem Possruk) im Westen und 
der Reihe der ungarischen Schieferinseln im Osten der mittelsteirischen 
Bucht wenigstens teilweise eine zentrale altkristalline Zone einzu- 
schieben; sie tritt einerseits in den Vorsprung des Kulmberges (Gegend 
zwischen Hartberg und Weiz), anderseits in der verhüllten, erst durch 
die Vulkaneinschlüsse kenntlichen Zone bei Feldbach hervor. 


2. Kapitel. 


Einige Bemerkungen über das Trachytmassiv von 
Gleichenbereg. 
(Taf. XXL und Tag XXIr) 


Die Aufnahme dieses Gebietes ist noch nicht vollendet. Es 
mögen daher nur einige Resultate hervorgehoben werden. Die Alters- 
deutung der Eruptionsepoche des Trachyt-Andesitmassivs von Gleichen- 
berg bezeichnet dieselbe als sarmatisch. Stur!) hat in der Geologie 
von Steiermark, allerdings nur mit allgemeinerer Begründung, diese 
Altersbestimmung aufgestellt; Sigmund?) und Hörnes°) haben sich 
ihr angeschlossen. 

Meine bisherigen Begehungen haben mich bis jetzt nicht von 
der Richtigkeit dieser Annahme überzeugen können. Vielmehr deckt 
sich meine gewonnene Anschauung mit jener, welche bereits Friedau‘) 
1849 ausgesprochen hatte, „daß von einer Bodengestaltung vor Hervor- 
treten des Trachyts keine Spur bemerkbar sei und daß derselbe all- 
seits von Jüngeren, ihm aufgelagerten Schichten umhüllt sei“. 

Eine Auflagerung des Trachyts auf irgendein Niveau, wie es 
Stur annimmt, ist bei meinen Begehungen nirgenbs sichtbar geworden. 

Die oberflächlich sichtbare Einhüllung besteht zum großen Teil 
aus unter- und mittelsarmatischen Schichten, in geringerem Maße aus 
pontischen Sedimenten. 

Die Auflagerung der untersarmatischen Schichten auf das Eruptiv- 
gestein ist gegenwärtig an dessen Südrand in einer Abgrabung am 
Rücken westlich des Schaufelgrabens sichtbar. Syndosmia sp., Cardium 
protractum, Modiola marginata und Buccinum sp. führende Tegelmergel 
lagern sich unmittelbar dem andesitischen Gestein der Randzone des 
Massivs an. 

Die Lagerung der reichlich fossilführenden mittelsarmatischen 
Schichten über dem Trachyt tritt besonders deutlich im Bereiche des 
Wirberges (Gleichenberg Süd) zutage, woselbst mittelsarmatische 


ı) Stur, Geologie der Steiermark. Graz 1871, pag. 606. 
; ?) Al. Sigmund, Die Eruptivgesteine bei Gleichenberg. Tscherm. mineralog. 
petrogr. Mitteilungen XXI, pag. 264. 

®»), R. Hörnes, Das Alter der Eruptivgesteine von Gleichenberg. Verhandl, 
d. k. k. geol. R.-A. 1880, pag. 52. — Ders. Bau und Bild der Ebenen Österreichs. 
Wien 1903, pag. 1098—1100. 

*) Fr. R. von Friedau, Skizze des Trachytvorkommens in der Gegend von 
Gleichenberg. Mitteilungen des Vereines der Freunde der Naturwissensch. V. Bd. 
1849, pag. 257. 


66* 


510 Artur Winkler. [8] 


Schichten mit Cardium nov. sp.!), Cardium cf. Barboti R. H.?), Tapes 
gregaria, Modiola marginata, Trochus sp. Mactra sp. in der Ziegel- 
grube anstehen, während der unmittelbar angrenzende, eine Eruptions- 
spalte füllende Tuff zahlreiche aus der Tiefe geförderte Trachyt- 
Andesitblöcke enthält). 

Die Auflagerung sarmatischer Kalkbänke auf dem Trachyt wurde 
bereits von Dr. Clar?) mehrfach hervorgehoben. 

Diese Angaben lassen erkennen, daß die Eruptionszeit des Gleichen- 
berger Massivs älter als die sarmatische Stufe gewesen ist. 

Es liegen auch trotz sehr detaillierter Untersuchungen, welche 
ich den sarmatischen Schichten südlich von Gleichenberg widmete, 
keine Anzeichen vor, daß innerhalb dieser Stufe in unmittelbarer Nähe 
eine so gewaltige Eruption stattgefunden hätte. Die vollkommene 
Konkordanz und der vollständige Mangel tuffiger Beimengung schließen 
eine solche Annahme wohl völlig aus). 

Es eröffnet sich die Möglichkeit, daß die Eruptionen innerhalb 
der zweiten Mediterranstufe oder der Grunder Schichten stattgefunden 
haben. Die Aufschlüsse im Leithakalk, 6—7 km SO von Gleichenberg 
bei Klapping und Risola, geben keine Anhaltspunkte hierfür ®). Aller- 
dings ist nicht die volle Mächtigkeit der Schichten erschlossen. 

Aus dem nun zu erörternden Grunde scheint mir vorläufig ein 
noch höheres Alter mehr Wahrscheinlichkeit zu besitzen, 


Wie schon erwähnt, enthalten die Basalttuffe des Wirberges und 
Sulzberges südlich von Gleichenberg nach Art eines Vulkanembryos 
große Schollen fremder Gesteine. Herr Dr. von Fleischhacker’) 
hat nun in diesem Höhenzuge eine Scholle fossilreicher Grunder- 
Schichten aufgefunden, welche sicherlich nur einen aus der Tiefe mit- 
gerissenen Fetzen darstellt. Die zahlreichen, ebenfalls aus dem Unter- 
grund entstammenden Trachyt-Andesitblöcke weisen zugleich auf ziem- 
lich bedeutende Mächtigkeit des unten anstehenden Trachyts hin. 
Es erscheint mir unwahrscheinlich, daß diese leicht zerstörbare 
Grunder Mergel aus einer Region gefördert wurden, die unterhalb der 
mächtigen Trachytdecke gelegen ist; vielmehr scheint mir daraus, 
sowie aus dem Fehlen von Gesteinen des tieferen kristallinen Unter- 
grunds hervorzugehen, daß die Grunder Schichten eher über, denn 
unter dem Trachyt gelagert sind. (Fig. 1.) 


!) Siehe A. Winkler, loc. eit. pag. 443. Eine für mittelsarm. Schichten be- 
zeichnende Cardienform. 

?®) Siehe A. Winkler, loc. eit. pag. 442. Nur in mittelsarm. Schichten vor- 
kommend. 

®) Al. Sigmund, Die Basalte der Steiermark. Tschermaks min.-petr. 
Mitt. Bd. XVIII, pag. 39%. 

*), C. Clar, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1874, pag. 91. Neue Beobachtungen aus 
der Gegend von Gleichenberg. — Ders., Verh. d.k.k. geol. R.-A. 1878, pag. 122. 
Mitteilungen aus Gleichenberg. — Ders., Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1880. Notiz 
über das Eruptionsgebiet von Gleichenberg, pag. 152 und andere Abhandlungen. 

°) A. Winkler, loc. eit. 

6). A. Winkler, loc. eit. pag. 434—435. 

”) R.v. Fleischhacker, Das Vorkommen mariner Fossilien bei Gleichen- 
berg. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 53. 


[9] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 511 


Es ergibt sich demnach die Möglichkeit, daß die Trachyteruption 
vor Ablagerung der Grunder Schichten stattgefunden hat. 

Eine untere Altersgrenze für die Bildungsepoche des Gleichen- 
berger Massivs zu geben, erscheint nicht minder schwierig. 

Da ältere als miocäne Schichten in Mittelsteiermarks Tertiär- 
gebiet nicht bekannt sind, da das Trachytmassiv eine verhältnis- 
mäßig geringe Abtragung erkennen läßt und gegenwärtig noch eine 
bedeutende Erhebung darstellt, erscheint für dessen Entstehung ein 
Jungtertiäres Alter wahrscheinlich. 

Wenn man dem früher dargelegten Gedankengang folgend die 
Eruption in die Zeit vor Bildung des Grunder Horizonts verlest, 
so erübrigt bloß der Zeitraum der „ersten Mediterranstufe“* und ihrer 
Hangendablagerungen als Bildungsepoche des Trachyt-Andesitmassivs, 
also „beiläufig* jene Perioden, in denen sich die mächtigen kohle- 
führenden Ablagerungen des Eibiswalder, Wieser und Köflacher Re- 
viers etc., die Foraminiferenmergelgruppe und die „basalen marinen 
Mergel“ (siehe pag. 521 ff.) gebildet haben). 

Diese Altersdeutung ist insofern befriedigend, da hiermit die 
Eruptionszeit des Gleichenberger Massivs in dieselbe Epoche verlegt 
ist, in welcher der Ausbruch der räumlich am nächsten gelegenen 
Eruptionszone (mit ähnlichem Magma), nämlich das Aufdringen der 
untersteirischen Andesitmassen stattgefunden hat?). Denn deren Ent- 
stehung fällt nach Sturs und Tellers Untersuchungen in das Unter- 
miocän. 

Das Gleichenberger Trachyt-Andesitmassiv bildet eine Erhebung 
von elliptischem Umriß mit einer längeren Achse von zirka 4 km 
und einer kürzeren von zirka 3 km. Es taucht allseits unter jüngere, 
ihm auflagernde sarmatische und pontische Schichten hinab. (Taf. XXI.) 

Daß jedoch die gegenwärtig sichtbare Oberfläche des Trachyt- 
massivs nur einen kleinen Bruchteil seiner wirklichen Ausdehnung 
umfaßt und daß unter der transgressiven Sedimentdecke ein min- 
destens 20 mal so ausgedehntes Eruptivgebiet verborgen liegt, be- 
weisen die zahlreichen Einschlüsse trachytisch-andesitischer Gesteine, 


!) In betreff der Wahrscheinlichkeit, daß die kohleführenden Ablagerungen dem 
tieferen Miocän entsprechen, vergleiche insbesondere folgende Arbeiten: V. Hilber, 
Die Miocänablagerungen um die Schiefergebirge etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1878, pag. 509, — Ders., Über steirische Braunkohlen. Mitt. d. geol. Gesellschaft 
in Wien 1908, pag. 73—76. — Ders., Das Tertiärgebiet von Graz, Köflach und 
Gleisdorf, Jahrb. d.k.k. geol. R.A. 1894, pag. 281. — Ders., Das Tertiärgebiet um 
Hartberg in Steiermark und Pinkafeld in Ungarn. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1894, 
pag. 391. — K. Hofmann, Aufnahmsbericht. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1877, 
Beilage, pag. 19. — W. Petrascheck, Annahme des Alters der ersten Mediterran- 
stufe für die mittelsteirischen -Kohlebildungen. Vortrag, gehalten in der k.k. geol. 
Reichsanstalt in Wien, Dezember 1912. Montanistische Rundschau 1913, Nr. 8, 
pag. 354. Im Gegensatz dazu hielt Hörnes die Ablagerungen gleichartig mit den 
Grunder Schichten. Autor denkt an eine Parallelisierungsmöglichkeit mit dem 
„Schlier* Hilbers = Foraminiferenmergelgruppe. 


®) F. Teller, Erläuterungen zur geologischen Karte etc., SW-Gruppe Nr. 85, 
Pragerhof— Windisch-Feistritz. — Ders., Erläuterungen zur geologischen Karte der 
südöstlichen Ausläufer der Karnischen und Julischen Alpen, 1896, pag. 188. — 
R. Hörnes, Bau und Bild der Ebenen, 1903, pag. 935. — D. Stur, Geologie der 
Steiermark, pag. 626. 


512 Artur Winkler. [10] 


welche man in den Tuffen der jüngeren basaltischen Durchbrüche 
schon seit langem kennt. (Taf. XXI.) 

Die unmittelbar südlich des Gleichenberger Massivs gelegene 
Tuffspalte der Wirberge, Sulzberge, Röhrkögel, welche sich von dem 
Rand dieses älteren Massivs 2 kn südwärts erstreckt, enthält aller- 
orts zahlreiche, oft kopfgroße, aus dem Untergrund mitgerissene 
Blöcke von Trachyt-Andesit!); sie zeigen an, daß die Eruptivmasse 
(Andesit-Trachytmassiv) sich südwärts auf mindestens 2 km Erstreckung 
ausdehnt. 

Analoges beobachtet man in dem zirka 2 km Südost des Trachyt- 
Andesitmassivs gelegenen Basalttuffschlot des Mohrenkogels. Der 
4—5 km östlich der Gleichenberger Kogeln auftretende Tuff von 
Kapfenstein enthält, wie schon mehrere Beobachter angegeben haben, 
Einschlüsse trachytischer Gesteine, die anzeigen, daß sich das ältere 
Eruptivmassiv ostwärts auf eine Erstreckung von mindestens 5 km in 
der Tiefe ausdehnen muß. 

Die in NNW-Richtung zirka 8 km von Gleichenberg entfernten 
Basalttuffberge bei Feldbach (Kalvarienberg) und Unterweißenbach 
erscheinen derart mit trachytisch-andesitischen Blöcken gespickt, daB 
diese einen wesentlichen Anteil an dem Aufbau dieser Tuffgesteine 
nehmen. In gewissen Lagen erscheinen diese zum vorherrschenden 
Teil aus über kopfgroßen Trachytblöcken gebildet. In dem noch um 
zirka 2 km nördlich gelegenen Tuff des Auersberges traf ich die 
gleiche Erscheinung. Diese Einschlüsse beweisen, dab das Eruptiv- 
massiv sich nach N mindestens auf eine Strecke von 10 km ausdehnt 
und daß es hier, nach der großen Zahl der im Tuff eingeschlossenen 
Blöcke zu urteilen, noch eine bedeutende Mächtigkeit besitzt. 

‚Auf Grund dieser Beobachtungen erhält man ein beiläufiges Bild 
von der Tiefenausdehnung der trachytisch-andesitischen Massen. Man 
erkennt, daß in Oststeiermark ein Eruptivmassiv sich ausbreitet, dessen 
weit über seine Umgebung aufragendes Zentrum durch die Gleichenberger 
Kogeln gegeben ist, während seine größtenteils unter jüngeren Sedi- 
menten verborgene Gesamtausdehnung sich in nordsüdlicher Richtung 
auf mindestens 15 km, in ostwestlicher Richtung auf zirka 10 km 
beläuft. 


Zwischen den Ortschaften Neuhaus (Vas dobra) und St. Georgen 
(Vislendva) taucht an der öÖsterreichisch-ungarischen Grenze die 
schon vorhin erwähnte paläozoische Schieferinsel aus der tertiären 
Umhüllung empor), zirka 5 km vom heute sichtbaren SO-Rand des 
Gleichenberger Trachytmassivs entfernt. Unter- und mittelsarmatische 
(stellenweise auch obersarmatische) Schichten bilden die Umrandung 
dieses Gebirgsstockes, der hoch hinan mit diesen Sedimenten um- 
gürtet ist. Im Graben westlich der Ortschaft Guitzenhof (Graben an 
der Waldlisiere), an einer Lokalität, wo die Erosion besonders tief 
hinabgegriffen hat, fand ich am Rande dieser Insel im Liegenden der 


') K. J. Andrae, Berichte über die Ergebnisse geogn. Forschungen im 
Gebiete etc. Jahrb, d. k. k. geol. R.-A. 1855, pag. 277—79. — A. Winkler, loc. 
eit. pag. 426. 


?) Siehe pag. 504--505. 


[11] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 513 


untersarmatischen Schichten ein festes, sandstein- oder konglomerat- 
artiges hellgelbgraues Gestein, das den Eindruck eines Quarzsandsteins 
mit stark zersetztem, eruptivem (tuffigem?) Bindemittell erweckt 
Vielleicht handelt es sich hier um einen von dem nahegelegenen 
Trachyt-Andesitmassiv abstammenden Tuffsandstein. 

Die Lagerung dieses Gesteines „unter“ den basalen (unter-) 
sarmatischen Schichten verdient hervorgehoben zu werden. 

Über die Art des Eruptionsmechanismus, der sich im Trachyt- 
Andesitmassiv abspielt, vermag ich, da die Detailaufnahme dieses 
Gebietes noch keineswegs abgeschlossen ist, mich nur insoweit zu 
äußern, als ich den Eindruck wiedergeben will, den ich bei meinen 
bisherigen Begehungen gewonnen habe. 

Professor Sigmund), der, wie an anderer Stelle bereits aus- 
geführt wurde ?), eine ausgezeichnete petrographische Studie über 
dieses Gebiet veröffentlicht hat, konnte nachweisen, daß der zentrale 
Teil des Massivs aus trachytischen Gesteinen, der Rand hingegen aus 
andesitischen gebildet sei. 

Es lasse sich also ein saurer Kern aus einer mehr basischen 
Rinde herausschälen. 

Entsprechend den früheren Angaben ist das gegenwärtige sichtbare 
Massiv nur ein Teil der vielfach unter den jüngeren Sedimenten be- 
grabenen trachytisch-andesitischen Eruptiva. Das unmittelbare, rasche 
Ansteigen der Gleichenberger Kogeln, ihre geschlossene Erhebung um 
mindestens 400—500 über die unter der Sedimentdecke verborgenen 
Ausläufer zeigt an, daß das Eruptionszentrum des ganzen Gebietes wahr- 
scheinlich in denselben zu suchen ist. Die einheitliche Struktur des em- 
porragenden Massivs läßt die „Dom“artige Natur des vulkanischen Vor- 
kommnisses erkennen. Es scheint eine Staukuppe (Bergeat)?) großen 
Stils vorzuliegen, eine über der Aufbruchsöffnung aufgetürmte Kuppel 
von zähen, gasarmen (Fehlen der Explosiva!) Magma, in welcher Diffe- 
rentiation die Bildung einer basischen Randzone hervorrief. Schon 
Professor Hoernes hatte im Jahre 1880 die einheitliche Bildung der 
helleren und dunkleren Gesteinsvorkommen ®) im Massiv angenommen;; 
Hussak) hatte ihm beigestimmt und Sigmunds Studien 6) ließen die 
räumliche (konzentrische) Verteilung und die Mannigfaltigkeit der 
Gesteinstypen erkennen, 

Die weithin unter den jüngeren Sedimenten verbreiteten Aus- 
läufer des Massivs erscheinen als die nach verschiedenen Richtungen 
abgeflossenen Ströme und Lavaflüsse. Professor Sigmund konnte im 


!) Al. Sigmund, Die Eruptivgesteine. bei Gleichenberg. Tscherm. min.- 
petr. Mitteilungen, Bd. XXI, 19/2, pag. 261. 

®) A. Winkler, Das Eruptivgebiet von Gleichenberg. Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. 1913, pag. 427--428. 

3) A. Bergeat, Über Staukuppen und verwandte Bildungen. Neues Jahrb. 
für Min., Geol. und Paläont. Stuttgart 1907, Festbd. 

#4) R. Hoernes, Das geol. Alter der Eruptivgesteine etc. Verh. d. k. k. 
geol. R.-A. 1880, pag. 52. 

5) Dr. Eugen Hussak, Über Eruptivgesteine von Gleichenberg. Verh..d. k. k. 
geol. R.-A. 1880, pag. 160— 161. 

6) Al. Sigmund, loc. cit. 


ol4 Artur Winkler. [12] 


nördlichen Teil des Eruptivstockes einen Spaltenerguß?!) konstatieren, 
in dessen Fortsetzung die unweit davon aus dem Tertiär isoliert auf- 
tauchende Trachytkuppe von Gossendorf gelegen ist. 

Die früher erwähnten Einschlüsse scheinen anzuzeigen, daß die 
Lavamassen sich insbesondere in nördlicher Richtung ausgebreitet 
haben; sehr bemerkenswert erscheint in dieser Hinsicht der ungeheure 
Reichtum an tracbytisch-andesitischem Gestein in der Gegend Feldbachs 
(10 km nördlich des Massivs) gegenüber dem vollständigen Mangel 
desselben in dem sehr genau untersuchten, südlich von Gleichenberg 
gelegenen Hochstradner und Klöcher Massiv. Der Abfluß der Lava- 
massen in vorwiegend nördlicher Richtung steht jedenfalls mit einer 
primären Neigung des Bodens in Zusammenhang. Er deutet darauf hin, 
daß schon im Altmiocän, nördlich eines durch das Auftreten des Trachyt- 
massivs und der Schieferinsel Neuhaus-St. Georgen markierten horst- 
artigen Rückens, eine Depression gelagert war. Sie gelangt in sarma- 
tischpontischer (thracischer) Epoche später zu besonders deutlicher 
Ausprägung (siehe später). 

Für die Deutung des Gleichenberger Massivs als Staukuppe er- 
scheint es bedeutsam, daß es Professor Sigmund gelungen ist, Ein- 
schlüsse der entsprechenden Tiefenfacies aufzufinden ?2). Im Trachyt 
konstatierte er Quarzglimmerdiorit, während der Quarztrachyt Granitit 
enthielt. 

Diese Funde sprechen zugunsten der Annahme, daß das Gleichen- 
berger Trachytmassiv (Gleichenberger Kogeln) den oberflächlichen 
Ausdruck einer Intrusion darstellt, die sich als zähe Masse kuppen- 
förmig aufzustauen vermochte. 


Für die Annahme, daß das Gleichenberger Massiv etwa als bloß- 
gelegter Kern eines Laccolithen anzusehen wäre, liegen keinerlei An- 
zeichen vor. Da heute auf demselben eine mindestens 300 m mächtige 
Decke transgredierender Sedimente auflagert, so müßte bei Annahme 
der Laccolithnatur die sehr unwahrscheinliche Voraussetzung gemacht 
werden, daß eine mindestens 400 m mächtige Sedimentdecke, in welche 
der Trachyt eingedrungen wäre, vollständig abgetragen wurde. Erst 
nachträglich hätte eine beinahe ebenso mächtige Einhüllung stattge- 
-funden, welche letztere gegenwärtig wieder teils abgetragen, teils erosiv 
aufgelöst erschien. 

Die Unwahrscheinlichkeit, daß bei dieser wechselnden Anlagerung 
und Abtragung das Massiv mit seiner andesitischen Randzone hätte 
erhalten bleiben können, ferner das Auftreten schlackiger Gesteine 
an mehreren Punkten, das auf eine oberflächliche Bildung schließen 
läßt, zeigen an, daß die Annahme der Laccolithnatur jeder Begründung 
entbehrt. 

Als eine Bildung besonderer Art erscheint der im Schaufelgraben 
(im südöstlichen Teil des Massivs) auftretende Quarztrachyt. Er stellt 
wohl ein extrem saures Abspaltungsprodukt des trachytischen Magma- 
herdes dar. In Übereinstimmung mit Professor Sigmund?) möchte 


') Al. Sigmund, loc, eit. pag. 272. 
2) Al. Sigmund, loc. eit. pag. 301. 
®) Al. Sigmund, loc. cit. pag. 299, 


[13] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 515 


ich eine geringe zeitliche Verschiedenheit im Empordringen gegenüber 
den trachytisch-andesitischen Massen annehmen. Ich fand in dem- 
selben zahlreiche Einschlüsse graugrüner tuffiger Gesteine. 

Die Resultate über das Eruptivgebiet von Gleichenberg zusammen- 
fassend, will ich darauf hinweisen, daß die Trachyt-Andesitberge nur den 
ragenden Gipfel eines viel ausgedehnteren und unter jüngeren Schichten 
verborgenen Vulkangebiets darstellen. Seine Lavamassen haben sich 
von dem eine Staukuppe darstellenden zentralen Massiv insbesondere 
nach Norden ergossen. Ihre Ausbruchszeit ist in die vorsarmatische, 
vielleicht sogar aitmediterrane Epoche rückzuverlegen. 


3. Kapitel. 
Mittelsteiermark im Oligocän. 


Die mittelsteirische Scholle ist durch das Fehlen aller Oligocän- 
sedimente charakterisiert !. Da letztere in der unmittelbar angren- 
zenden untersteirisch-kroatischen Region weit verbreitet sind, dürfte 
Mittelsteiermark die Küstenlandschaft zu diesem oligocänen Meeres- 
(und Brackwasser-) Becken dargestellt haben. 

Die Annahme liegt nahe, daß der langandauernde Stillstand des 
Meeresspiegels in Untersteiermark auch in der Talbildung des ihm 
zuscharenden mittelsteirischen Flußnetzes sich ausprägen mußte. Es 
ist daher wahrscheinlich, daß sich noch Terrassenreste auffinden lassen 
werden, welche den Talböden (vielleicht auch mehr oder minder aus- 
gebildeten Einebnungsniveaus) der oligocänen Epoche entsprechen. 
Da nun die tiefmiocänen Ablagerungen vielfach bis in bedeutende 
Seehöhe hinaufreichen (so im Remschnigg- und Radelgebirge), stellen- 
weise 900 m Seehöhe besitzen ?), muß auch die oligocäne Landober- 
fläche mindest im Bereiche der eben genannten Regionen in bedeutende 
Seehöhe verlegt werden. 

Vielleicht sind in vielen hochgelegenen Terrassenflächen, die sich 
oft mit großer Deutlichkeit im Bereiche des Koralpengebiets, am Pos- 
ruck und Bacher, ferner in der übrigen Umrandung der Grazer Bucht 
erkennen lassen, Überreste dieser alttertiären Landoberfläche zu ver- 
muten. Sölch?°) hat kürzlich auf das Vorhandensein dieser hoch- 
gelegenen Niveauflächen hingewiesen. Bei Besprechung der miocänen 
Tektonik wird auf diese Frage noch zurückgekommen werden. 


4. Kapitel. 


Die „basalen marinen Mergel“ des Miocäns in Mittel- 
steiermark. 


Als basales Tertiärsediment tritt am Ost- und Nordostrande des 
Possrukgebirges ein Komplex von dunkelgraubraunen marinen Mergeln 
mit untergeordnetem Sandstein und Tuffbänken zutage. Diese ScHicht- 


!) R. Hoernes, Bau und Bild der Ebenen. Wien 1903. 

2) Siehe Kapitel: Die Grundner Schichten Mittelsteiermarks. 

®) J. Sölch, Geomorphologie des steirischen Randgebirges. Verhandlungen 
des 18. Deutschen Geographentages in Innsbruck 1912. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 67 


516 Artur Winkler. [14] 


gruppe fällt großenteils mit jenem Schichtkomplex zusammen, den Stur 
als Fortsetzung der „Süßwasserschichten von Eibiswald und Sotzka“ !) 
in der Umrandung dieses paläo-mesozoischen Gebirgsstockes auf seiner 
Karte zur „Geologie der Steiermark“ ausgeschieden hat. Indessen 
ließ die Auffindung mariner Organismen in dem allerdings sehr fossil- 
armen Schichtkomplex diese Annahme als nicht richtig erkennen. 

Man ist genötigt, für die Bezeichnung dieser Schichtgruppe einen 
neuen Namen zu wählen. Ich will für dieselbe die Bezeichnung 
„basale marine Mergel“ verwenden. Es ist darin auch schon die 
stratigraphische Analogie zu jenen sehr wahrscheinlich gleichaltrigen 
Untermiocänbildungen Untersteiermarks angedeutet, welche Teller?) 
und Dreger unter der Bezeichnung „marine Mergel und mürbe, 
mergelige Sandsteine* auf den geologischen Karten der k. k. geol. 
Reichsanstalt zur Ausscheidung brachten. 

Das vorherrschende Element in dem Schichtenbau der „basalen 
marinen Mergel“ bilden dunkelgraue bis grauschwarze Mergelschiefer, 
die mit feinkörnigen Sandsteinbänken wechsellagern. Letztere zeigen - 
auf den Schichtflächen prächtige Wülste ausgebildet. Sowohl die Fossil- 
armut des Komplexes als auch der mannigfache, regelmäßige Wechsel 
mergeliger und sandiger Bänke, das Auftreten von Fließwülsten und 
ähnlichen Erscheinungen verleihen diesen Schichten eine Ähnlichkeit 
mit dem Flysch. Sie zeigen an, daß man es mit einer strandnahen 
Seichtwasserbildung zu tun hat. 

Es sollen im folgenden an der Hand der begangenen Profile 
noch einige Daten über die Verbreitung und Lagerung dieses Kom- 
plexes Platz finden. (Taf. XXI und Taf. XXII) 

Ein leicht erreichbarer Aufschluß in den „basalen marinen 
Mergeln* findet sich an der Straße von Öber-St. Kunigund nach 
St. Georgen (zirka 2 km WNW des erstgenannten). In einem Stein- 
bruch ist eine Wechsellagerung von festen, klingenden, plattigen 
Mergelschiefern mit harten Sandsteinbänken sichtbar. Die Ablagerung, 
welche von einer steilen Cleavage durchsetzt ist, zeigt Streichen NNO, 
Fallen 42° WNW. Es gelang mir an dieser Stelle einen ziemlich gut- 
erhaltenen Seeigel aufzufinden. 

Die Gräben und Höhenrücken südlich von Ober-St. Kunigund 
geben ein deutlich aufgeschlossenes Profil der tertiären Schichtfolge. 
Der triadische Hauptdolomit®), der, wie es scheint, südwärts auf 
Serizitschiefer und Arkosen — nach der Beschaftenheit jedenfalls 
Verrucano — aufgeschoben ist, trägt auf seinem Rücken eine mächtige 
Decke miocäner Sedimente. Auch letztere sind stark gestört; es 
konnten in denselben maximale Neigungen bis zu 80° beobachtet werden. 
Das vorherrschende Einfallen ist gegen NW gerichtet. 

Man überquert im Anstieg auf den Rücken, der die Häuser- 
gruppe Gaiberg trägt, jene schon geschilderte Folge von graubraunen 


!) D. Stur, Geologie der Steiermark. Graz 1871. 

®) F. Teller, Erläuterungen zur geologischen Karte etc. SW-Gruppe. 
Pragerhof— Windisch-Feistritz Nr. 85, Praßberg a. d. Sann Nr. 84, Eisenkappel 
und Kanker Nr. 83 u. andere. 

®) F. Blaschke (Geol. Beobachtungen etc. Verh. d.k. k. geol. R.-A. 1910) 
hat zuerst das Auftreten mesozoischer Gesteine bei St. Kunigund erwähnt. 


[15] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs.. 517 


Mergeln und flyschartigen Sandsteinbänken. Die mechanische Bean- 
spruchung der Gesteine äußert sich nicht nur in der durchschnittlich 
sehr bedeutenden Neigung der Schichten, sondern auch in den zahl- 
reichen Cleavageklüften, die oft eine griffelartige Verwitterung hervor- 
ruft, und in dem Durchschwärmtsein der Gesteine von einem Netz 
kalzitischer Adern. 

Bei Kote 460 der Spezialkarte findet man in den grau- 
braunen Mergelschiefern eine Bank von grünem Tuffsand- 
stein eingelagert. Am Höhenrücken weiter fortschreitend findet man 
eine prächtige Wechsellagerung von grünen Tuffbänken mit Tuffsand- 
steinen und Mergeln. Die Ablagerung zeigt hier 22° NO gerichtetes 
Fallen. Das Auftreten der bei makroskopischer Betrachtung den 
untersteirischen Andesittuffen nahestehenden KEruptiva, erscheint 
von Bedeutung. Denn die Analogie, welche diese Ablagerungsserie 
auf Grund ihrer stratigraphischen Position, ihrer faciellen Beschaffenheit 
(vorwiegende Mergelbildungen, Fossilarmut, Cleavagen etc.) mit den 
tiefstmiocänen Ablagerungen Untersteiermarks besitzt, findet in dem 
Auftreten der Eruptiva eine neue Bestätigung. Nach den ausge- 
zeichneten Untersuchungen von Teller!) sowie jener von Dreger?) 
und Gorjanovic-Kramberger?°) charakterisieren diese Eruptiva 
von Innerkrain bis in das kroatische Tiefland hinaus stets, und zwar 
ausschließlich die tiefmiocänen Sedimente. 

Denn trotz der so genauen und detaillierten Untersuchungen 
von Bergrat Teller in Untersteiermark und Krain wurde niemals in 
mittelmiocänen Ablagerungen (also im unteren oder oberen Nulliporen- 
kalk [Tellers und Bittners] und im zwischenlagernden Tüfferer 
Mergel) eine eruptive Beimengung auf primärer Lagerstätte angetroffen. 
Das Auftreten der Tuffe ist ein sicherer Hinweis auf das. „unter- 
miocäne* Alter der „basalen marinen Mergel“ und daher ein deut- 
licherBeweisfürdietiefmiocäneEntstehungderGrazer 
Bucht (Mittelsteiermark) in ihrer ersten Anlage. 

Bis zur Häusergruppe Tauscher erscheint der erwähnte Rücken aus 
graubraunem Mergel (mit Tuffbänken) aufgebaut. Auf der Kuppe südlich 
davon läßt sich im ansteigenden Hohlwege die starke mechanische Bean- 
spruchung dieser Gesteine erkennen. Die Mergelschiefer erscheinen 
stellenweise von phyllitischen Häutchen überzogen, die Schichtung 
wird undeutlich, die Cleavage tritt in den Vordergrund. Die Mergel er- 
scheinen in linsenförmige, von Kluftflächen begrenzte Partien aufgelöst. 

Es findet sich hier in einem Anfangsstadium jene mechanische 
Struktur ausgebildet, die nach Dr. Ampferers*) ausgezeichneten 
Darlegungen eine bekanntlich mechanisch sehr stark beanspruchte 
Zone am Südrande der Nordtiroler Kalkalpen charakterisiert und sich 
in einer linsenförmigen Auflösung der Gesteinskörper äußert. 


1) F. Teller, loc. eit. 

») J. Dreger, Erläuterungen zur geol. Karte Pettau und Vinica, SW-Gruppe 
Nr. 86, pag. 6 u. a. 

») K. Gorjanovic-Kramberger, Erläuterungen zur geol. Karte von 
Kroatien, Rohitsch und Drachenburg, Zlatar-Krapina u. a. 

*) Dr. OÖ. Ampferer, Querschnitt durch die Ostalpen etc. Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A. 1911, pag. 680—681. 


67* 


518 Artur Winkler. [1 6] 


Die Durchquerung des Possrukgrabens (Ober-St. Kunigund Süd) 
läßt erkennen, daß der südwärts ansteigende Verrucano und Dolomit 
zirka 19km südlich des Grabenbeginns an einer Dislokation abschneidet. 
Die basalen marinen Mergel bauen nunmehr in einer Mächtigkeit 
von mehreren hundert Metern das Gehänge von der Talsohle bis zur 
Rückenhöhe auf. Erst weiter südlich taucht darunter wieder Grund- 
gebirge empor. 

An den den Possrukgraben gegen Ost begrenzenden Rücken 
konnte die analoge Schichtfolge (ohne Tuffbänke) wahrgenommen 
werden. Wieder herrscht ein bunter Wechsel von überwiegenden 
braunen Mergeln mit Fließwülsten führenden Sandsteinen vor. Das 
Gestein ist durchzogen von einem kalkspätigen Geäder. Es erscheint 
wichtig, daß es gelang, an zwei Stellen deutlich kennbare Seeigelreste 
aufzufinden. Es konnte daher der marine Charakter der Ablage- 
rung auch hier festgestellt werden. 

Die gleiche Schichtserie baut auch das Gehänge auf, welches 
sich südwärts bis zum bekannten Aussichtspunkt St. Urbani bei Mar- 
burg (Seehöhe 595 m) hinzieht. 

Das Schichtpaket zeigt an diesem aufragenden Hügel ein kon- 
stantes, zirka 20° NW gerichtetes Fallen. Im Abstieg jedoch gegen 
Osten scheint eine Störung durchzuziehen. (Gegen den Sattel mit 
K. 345 der Spezialkarte.) Das konstante NW-Fallen macht unvermittelt 
einem weiterhin ebenso konstanten NO-Fallen Platz. Noch vor Er- 
reichen der Kapelle mit K. 345 sinken die basalen marinen Mergel 
unter die flacher gelagerte „Foraminiferenmergelgruppe“ unter. 

Meinem Kollegen, Herrn cand. geol. R. Jäger, verdanke ich 
ferner die Mitteilung, daß dieser Schichtkomplex sich in gleichartiger 
Ausbildung westwärts (südlich von St, Georgen) bis in die Gegend von 
Leutschach fortsetzt. Er konnte am Schloßberge (SO von Leutschach) 
mächtige flyschähnliche Sandsteine mit Fließwülsten bemerken, deren 
Fallen um 40° NO gerichtet war. Beim Gehöfte Werzel stellten sich 
Mergellagen ein, die ein Fallen von 22° Ost aufwiesen. Der langge- 
streckte Radourischgraben, der zwischen St. Georgen und Ober-Kunigund 
in das Pößnitztal ausmündet, ist fast zur Gänze in die „basalen marinen 
Mergel*“ eingeschnitten, welche ein konstantes NO-Fallen (20—25°), 
am Ausgang des Grabens eine Nordsenkung erkennen ließen. 

Diese Angaben zeigen, daß zwischen den Ortschaften Georgen- 
berg, Ober-St. Kunigund, St. Urbani und der Drau dem Possruk- 
rande entlang unmittelbar über dem Grundgebirge gelagert ein Streifen 
altmiöcäner Sedimente verbreitet ist, den schon Stur von der 
„Foraminiferenmergelgruppe“* abschied und den Süßwasserschichten 
von Eibiswald und Sotzka zuzählte. Die Begehungen haben ergeben, 
daß die Ablagerungsserie als Marinbildung aufzufassen ist, deren starke 
Störung und mechanische Beanspruchung neben dem vorwiegend 
dunklen Mergelsediment einen deutlichen Unterschied von der jüngeren 
„Foraminiferenmergelgruppe“* hervortreten läßt. 

In der Gegend südlich von Leutschach scheinen die „basalen 
marinen Mergel* gegen das Grundgebirge des Remschniggzuges sich 
abzugrenzen. Das Grundgebirge des Possruk läßt in der Gegend 
Leutschach einen gegen Nord gerichteten Vorsprung um mehrere 


[17] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 519 


Kilometer erkennen. An dieser beiläufig meridionalen Linie streichen 
diese altmiocänen Sedimente, die noch das Gebiet des „Schloßberges“ 
(Höhenrücken Südost von Leutschach) aufbauen, aus. 


Wie noch später ausgeführt wird, treten am Grundgebirge des 
vorrspingenden Remschniggzuges (Leutschach W)keine „basalen marinen 
Mergel“ zutage. Infolge einer bedeutenden Niederbeugung der 
Schichten kommen westlich von Leutschach selbst die das Hangende 
der „Foraminiferenmergelgruppe“ bildenden Konglomerate bis an die 
Talsohle herab. 


Die Frage, ob die Schichtgruppe der „basalen marinen Mergel* 
westwärts sich noch in der Tiefe in das Eibiswald-Wieser Becken 
fortsetzt oder ob ihre westliche Strandlinie bereits in der Gegend 
von Leutschach gelegen war, läßt sich nicht ohne weiteres beant- 
worten. Jedoch scheinen einige Gründe zugunsten letzterer Annahme 
zu sprechen. 

Die Süßwasserablagerungen, welche das Eibiswalder und Wieser 
Becken erfüllen, sind bekanntlich durch eine reiche Säugetierfauna 
gekennzeichnet, die auf Helvetien und „nicht“ auf Burdigalien deutet. 


Diese Erscheinung, ferner die Tatsache, daß die Pforte, welche 
bei Leutschach in das Eibiswald-Wieser Becken hineinführt, jedenfalls 
noch bedeutenden jüngeren tektonischen Bewegungen ausgesetzt war, 
macht es plausibler, daß die Süßwasserschichten von Eibis- 
wald und Wies sowie ihre Fortsetzung gegen Arnfels und Leutschach 
möglicherweise zur Gänze der oberen Abteilung des tieferen 
Miocäns, der Foraminiferenmergelgruppe äquivalent seien. 
Es wird meine Aufgabe bei Besprechung dieses Schichtkomplexes sein, 
nachzuweisen, daß sich tatsächlich auf der Strecke Arnfels—Leut- 
schach—St. Egydi der Übergang der marinen „Foraminiferenmergel- 
gruppe“ in die brackisch-lacustren Sedimente vollzieht. Indessen ist 
der Autor durch diese Angabe keineswegs zur Meinung gelangt, daß 
die helvetischen lacustren Ablagerungen von Eibiswald etc. und ihre mut- 
maßlichen Aquivalente mit den „Grunder Schichten Mittelsteiermarks“ 
(Florianer Tegel etc.) identisch seien. Vielmehr wird noch ausgeführt 
werden, daB der Autor es für wahrscheinlich hält, daß die Grunder 
Schichten Mittelsteiers nur der oberen Abteilung des Helvetien, die 
lagunären Süßwasserablagerungen sowie ihre stratigraphischen Äqui- 
valente (Eibiswalder Schichten, Foraminiferenmergel) einer tieferen 
Abteilung desselben entsprechen. 


Für die „basalen marinen Mergel“ erübrigt demnach, ein dem 
Burdigalien gleiches Alter, also eine äquivalente Bildungszeit mit den 
Ablagerungen der ersten Mediterranstufe. 

Auf die Stütze, welche diese Parallelisierung in der genauer 
erforschten stratigraphischen Gliederung des untersteirischen Tertiärs 
findet, wird nochmals zurückgekommen werden. 


Das Auftreten dieser untermiocänen Ablagerungen am Südrande 
der „Grazer Bucht“ zwischen Marburg — Urbani — Kunigund und 
Leutschach läßt erkennen, daß die Entstehung der Grazer 
Bucht in ihrer ersten Anlage an die Wende: von 
Oligocän und Miocän zu versetzen ist. 


5920 Artur Winkler. [18] 


Das Nord (und NO) gerichtete Untersinken der „basalen marinen 
Mergel“ entlang der Linie Leutschach—St. Kunigund unter jüngere 
Bildungen, läßt vermuten, daß sich dieselben mehr oder minder weit 
im Untergrunde der Windischen Büheln ausbreiten werden. Indessen 
sind nirgends so tiefreichende Aufschlüsse vorhanden, die erlauben 
würden, über die Nordgrenze ihrer Verbreitung auch nur eine Ver- 
mutung anzustellen. 


5. Kapitel. 


Störungsphase nach Ablagerung „der basalen marinen 
Mergel“. 


Die steile Aufrichtung der „basalen marinen Mergel“, ihre 
starke Diagenese, und die stellenweise beginnende Phyllitisierung läßt 
erkennen, daß sie den flachgelagerten und wenig metamorphen 
„Foraminiferenmergeln* gegenüber bedeutendere Störungen erlitten 
haben. Basale marine Mergel und Foraminiferenmergel- 
gruppe sind durch eine tektonische Diskordanz getrennt. 

Die Aufrichtung der „basalen marinen Mergel“ am Possruk- 
rande entspricht bereits jenem Typus tektonischer Bewegungen, 
welcher die untersteirisch-krainischen Faltenzüge beherrscht. Der 
vorzüglich aus paläozoischen (vorwiegend wohl Jungpaläozoikum) 
Gesteinen erbaute Rücken des Possruk mit auflagernder Triasdecke, 
die Umgrenzung desselben mit der aufgerichteten miocäen Mergel- 
serie, erinnert schon auffallend an das Bild der untersteirischen 
paläozoisch-triadischen Aufbruchswellen, welche als mehr oder minder 
starre Klötze den bewegten Oligocän-Miocänablagerungen eingeschaltet 
erscheinen ). Der Possruk stellt somit den nördlichsten Ausläufer 
jenes tektonischen Typus dar, der in Untersteiermark durch die 
Massive des Wotsch, Gonobitzer Gora, Bacher und Ravna-Gora etz. 
repräsentiert wird, 

Wie schon in der vorläufigen Mitteilung angedeutet wurde, findet 
diese altmiocäne Störungsphase am Possrukrande, ihr Analogon in 
jenen tektonischen Bewegungen Untersteiermarks, die die Ausbildung 
der großen Andesit-Bruchspalte Schönstein — Wöllan — Hoheneggs— 
Donatibruch ?2) hervorgebracht haben. Wie gleichfalls angegeben wurde, 
scheint die Foraminiferenmergelgruppe und ihre lakustren Äquivalente 
viel weiter in die Grazer Bucht einzudringen und in den randlichen 
Lagunen jene Süßwasserabsätze niederzulegen, die sich durch eine 
Helvetienfauna kennzeichnen. Das Auftreten dieser Süßwasserab- 
lagerungen, die nach Ed. Suess als „Horizont der Lignite von 
Pitten“ zusammengefaßt werden, ist nicht nur auf die Umrandung 
der Grazer Bucht beschränkt, sondern sie erscheinen im Bereiche 
fast der ganzen östlichen Alpen lokal verbreitet. 


!) Damit würde auch die beobachtete Südüberschiebung im triadisch- 
permischen Grundgebirge des Possruks harmonieren. 

?) Letztere -ist jünger als die „marinen Mergel“, welche an ihr versenkt 
werden, läßt anderseits noch im Untermiocän mächtige Andesitmassen ausfließen. 


[19] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 521 


Das Auftreten so ausgedehnter kohleführender Becken in 
Regionen, welche überhaupt keine oligocänen Sedimente erkennen 
lassen, spricht entschieden für die Annahme einer ausgedehnten 
Senkung vor ihrersBildung. Diese Annahme findet eine weitere Stütze 
darin, daß an der Basis dieser Sedimente mehrerorts (so im Gebiete 
des Friedberger Tunnels, in der Pinkafelder Bucht etc.) grober Block- 
schutt entwickelt ist. Die Entstehung des letzteren wurde schon von 
Penck und Petrascheck auftektonische Bewegungen zurückgeführt. 
Da nun viele dieser Süßwasserablagerungen (siehe später) versenkte 
Reste ausgedelinterer Schollen darstellen, glaube ich zur Annahme 
berechtigt zu sein, daß sich im Untermiocän eine gewaltige 
Tiefersenkung der östlichen Zentralalpen unter das 
limnische — in der Grazer Bucht zum Teil auch unter das marine 
— Akkumulationsniveau geltend machte. 

Die Aufrichtung der „basalen marinen Mergel* am 
Possrukrande erscheint demnach nur als die Aufstauung am 
Südrande jenes gewaltigen Senkungsfeldes. 

Wenn wir entsprechend den früheren Ausführungen das Meer 
der „basalen marinen Mergel“ bei Leutschach westwärts begrenzen 
lassen !), so erscheint demgegenüber durch die nachfolgende noch im 
Untermiocän eintretende Senkung das Becken des „Foraminiferen- 
mergelmeeres“ und seiner randlichen Lagunen gegen Westen, Norden 
und Nordosten sehr bedeutend erweitert. Es erscheint diese Be- 
wegungsphase als die wichtigste und bedeutendste, da sie die 
tektonische Ausgestaltung der mittelsteirischen Bucht in ihren Grund- 
zügen festlegte. 


6. Kapitel. 


Der „Foraminiferenmergel‘“ (— mittelsteirischer Schlier) 
und seine Beziehungen zu den Süßwasserschichten von 
Wies und Eibiswald. 


Im Südwesten der mittelsteirischen Bucht ist in räumlich unmittel- 
barem Anschluß an die „basalen marinen Mergel“ ein Streifen mariner Ab- 
lagerungen verbreitet, der von Hilber als „mittelsteirischer Schlier“ ?), 
von Stur als Foraminiferenmergel bezeichnet wurde °®) und dessen Vor- 
handensein bereits Rolle) bekannt war. Er ist insbesondere in dem 
Raum der westlichen „Windischen Büheln“ zwischen der Mur bei 
Spielfeld und der Drau bei Marburg verbreitet, wo er den Ost- und 
Nordostabfall des Possruks umsäumt, den „basalen marinen Mergeln“ 
aufliegend. Er wird an den äußeren Rändern von marinen Konglome- 
raten oder von Leithakalkdecken (Steinberg, Platsch bei St. Egydi etc.) 
überlagert. Daß die Foraminiferenmergel nicht als annähernd gleich- 
zeitige Bildung des „Leithakalks“ angesehen werden können, hat schon 


!) Siehe pag. 519. 

®) V. Hilber, Das Alter der steirischen Braunkoblen. Mitt. d. geol. 
Gesellsch. 1908, pag. 76. 

®) D. Stur, Geologie d. Steiermark, pag. 562. 

*, F. Rolle, Geol. Untersuchungen etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1857, 
pag. 284— 285. 


5922 Artur Winkler. [20] 


Stur gezeigt, indem er die Verschiedenheit der Foraminiferenfauna 
beider Ablagerungen hervorhob !). 

Hilber gibt an®), daß diese Sedimente als „Schlierbildungen“ 
sowohl der Fauna als der Facies nach zu bezeichnen ‚sind. Es gelang ins- 
besondere bei Spielfeld, „sicheren Schlier“ aufzufinden. Analoge Schichten 
gibt er von Jahring (St. Egydi Süd) und aus der Gegend von Marburg 
an. Blaschke?) fand in demselben Gebiete die Leithakalkdecke des 
Platschberges bei Zieregg „schlierartigen“ Mergeln aufgelagert. 

Diese fossilarmen, vorzüglich nur durch Foraminiferen, Pecten- 
schalen, Spatangiden und ‚Brachyuren gekennzeichneten Ablagerungen 
wurden von Hilber in Übereinstimmung mit Stur als mutmaßliche 
stratigraphische Äquivalente des Grunder Horizonts (Florianer Tegels) 
angesehen, die in „Schlierfacies* ausgebildet sind ®). 

Aus der Umgebung von St. Eeydi erwähnt Stur?) eine reiche 
von Reuß bestimmte Foraminiferenfauna sowie das Vorkommen von 
Pecten duodecim lamellatus, während er südlich dieses Ortes zwischen 
Jahring und St. Jakob in denselben Schichten eine Lima sp. nebst 
Krebsscheeren, Spatangiden und Fischschuppen aufgefunden hat. 

Hörnes hat in den Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1889 eine Versteine- 
rungssuite aus der Gegend von St. Egydi bekanntgegeben ®) ; schließlich 
finden sich in den Jahresberichten des „Joanneums“ in Graz mehr- 
fache Angaben von Prof. Hilber über Fossilfunde im Bereiche dieser 
Schichtgruppe (besonders von Jahring)”). 

Meine Begehungen in der Umgebung von Spielfeld, Ehrenhausen 
und St. Egsydi haben mich zu einer etwas abweichenden Auffassung 
der Verhältnisse geführt. 

Die Schlierablagerungen wurden von mir an vielen Profilen 
genauer studiert. 

Der Komplex der Foraminiferenmergelgruppe läßt sich aus 
hellen marinen Mergeln, oft reichlich Foraminiferen führend, aus sehr 
mächtigen Sanden mit untergeordneten Sandsteinbänken und Kon- 
glomeratlagen zusammengesetzt erkennen. 

Im allgemeinen läßt sich angeben, daß der Fossilreichtum von 
Osten gegen Westen hin abnimmt. Mit Annäherung an St. Georgen 
und Leutschach nimmt der Kalkreichtum des Gesteines ab und Hand 
in Hand damit werden die Schichten stets fossilärmer. Aus den 
blättrigen, foraminiferenreichen Mergeln entwickeln sich sandigglimmer- 
reiche Mergel mit sehr spärlichen Fossilien. Das Zurücktreten or- 
ganischer Reste im Westen stellt wohl nur zum Teil eine primäre 


!) Nach Stur feblen dem Foraminiferenmergel die für den „Leithakalk“- 
Tegel bezeichnenden Genera Amphistegina, Heterostegina, Verneuilina, Discortina, 
Bulvinolina und Polystomella. 

?2) V. Hilber, LXXVI. Jahresbericht d. steiermärkischen Landesmuseums etc. 
1897. Graz 1898, pag. 18. 

®) F. Blaschke, Geologische Beobachtungen aus der Umgebung von Leut- 
schach etc. Verh. d. k. k. geol. ns ae pag. 56. 

“4, V. Hilber, loc. eit. pag. 

®), D. Stur, loc. cit. pag. es 

6%) R. Hörnes, Versteinerungen aus dem Mergel von St. Egydi. Verh. d. 
k. k. geol. R.-A. 1891, pag. 33. 

”), XCL, LXXXVIL und LXXXVI. Jahresbericht des steiermärk. Landes- 
museums Joanneum über die Jahre 1903, pag. 19, 1898, pag. 23 und 1897, pag. 18. 


[21] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 523 


Erscheinung dar, es erscheint vorzüglich durch Auflösung der Mol- 
luskengehäuse hervorgerufen zu sein, die wohl wieder in der Kalk- 
armut des Sediments begründet ist. Es gelang auch noch in der 
Umgebung von Leutschach, die zarten Abdrücke mariner Organismen 
in diesen Sedimenten zu erkennen. 

Es sollen im folgenden zunächst die Ergebnisse der Begehungen 
im Bereiche der „Foraminiferenmergelgruppe* dargelegt werden. 
CRafi. XX].) 

Die hangenden Partien der „Foraminiferenmergelgruppe‘“ sind 
besonders in der Umgebung von St. Egydi gut erschlossen. 

Die Besteigung der westlich davon gelegenen Kuppe mit Kote 
426, welche eine weithin sichtbare Kapelle trägt, entblößt ein inter- 
essantes Profil. Uber blaugrauen, blättrigen Tonmergeln, die dunklere, 
Foraminiferen führende Lagen enthalten, trifft man grüne, sandige 
Tegelbänke an. Diese gehen nach oben in Sande über und werden 
schließlich von einer zirka 8—10 m mächtigen Decke von festem, 
„Grunder Konglomerat“ und Sandstein überlagert‘). Die Schicht- 
folge weist ein 25° Nordost gerichtetes Fallen auf. Die Konglomerat- 
bänke treten im orographischen Relief außerordentlich prägnant her- 
vor, da sie mauerartig am Ostabfall des Hügels vorspringen. (Taf. XXI.) 

Die der Kuppe Kote 426 nördlich vorgelagerten Hügeln lassen 
wieder die gleichsinnig absinkenden Konglomeratbänke, unterlagert von 
Sanden erkennen. 

Der ausgedehnte Rücken, der sich von Kote 426 zum Platsch 
westwärts hinzieht, erscheint aus mächtigen „Foraminiferenmergeln“ 
aufgebaut, die mehrfach Sandzwischenlagen erkennen lassen. Bei 
Kote 440 treten hier Leithakalke als Hangendes zutage, die ohne 
Zwischenschaltung des Konglomerathorizonts unmittelbar den „Foramini- 
ferenmergeln“ auflagern. In einem Hohlwege am Ostabfall des Platsch 
konnte ich eine Verwerfung von zirka 1 m Sprunghöhe in Nordost 
fallenden, sandigen Schlierbildungen bemerken. Die Kuppe dieses 
Berges wird in einer Mächtigkeit von zirka 50 m vom Leithakalk ein- 
genommen. Auch hier fehlt der Konglomeratzug im Liegenden der 
ziemlich horizontal gelagerten Nulliporenbänke, indem unmittelbar 
darunter hellblaugraue Tonmergel zutage treten. Die Leithakalkdecke 
des Platschberges setzt sich gegen Westen als geringmächtige Auf- 
lagerung auf einem langgestreckten Höhenrücken über Kote 464 nach 
Steinberg fort. Die Lagerung der grobgebankten Riffkalke, die reichlich 
Fossilien führen, zeigt nur eine schwache Neigung an. Mit dem Leitha- 
kalk erscheinen im Liegenden Konglomeratlagen verbunden, die bis 
über faustgroße Blöcke älterer Gesteine enthalten. 

Der Abstieg vom Platsch nach Spielfeld läßt erkennen, daß die 
„Foraminiferenmergel“ im großen und ganzen ein konstantes N oder NNO 
serichtetes Fallen aufweisen 2). Demnach reichen nach dieser Richtung 


!) Wie noch später dargelegt werden wird, dürften diese Konglomerate dem 
Grunderhorizont zu parallelisieren sein. Bezüglich ihres Fehlens unter der Leitha- 
kalkdecke des Platsch siehe später pag. 516. 

2) Auf das Vorherrschen der nördlichen oder nordöstlichen Fallrichtung in 
diesen ganzen Gebiete haben hingewiesen: F. Rolle, loc. cit. pag. 283. — V. Hilber, 
Die Miocänschichten von Gamlitz bei Ehrenhausen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877. 
— F. Blaschke, loc. eit. pag. 56. — J. Dreger, loc. cit. pag. 88. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Bard, 3. Heft. (A. Winkler.) 68 


524 Artur Winkler. [22] 


hin auch die auflagernden Leithakalke bedeutend tiefer hinab, als dies 
im Platschzuge der Fall war. 

Die Foraminiferenmergel verschwinden hier unter den Konglo- 
meraten und den ihnen auflagernden Leithakalken, die sich, kaum 
unterbrochen vom Platsch und Steinberge gegen Ehrenhausen absenken. 
Nur bei Ewitsch treten aus der Hangenddecke die „Foraminiferenmergel“ 
in typischer Entwicklung nochmals zutage. In dem tiefeingeschnittenen 
Gamlitztal reichen die Konglomerate (zum Teil auch die Leithakalke) 
bis an die Talsohle herab, so daß die „Foraminiferenmergel“ nicht mehr 
sichtbar werden. Hingegen sind sie in der an die Leithakalkplatte im 
Osten angrenzenden Region in größerer Verbreitung vorhanden. 

Wie schon in einer anderen Arbeit hervorgehoben wurde !), wird 
die Leithakalkplatte Platsch—Egydi—Ehrenhausen gegen Osten durch 
einen scharf markierten Bruch begrenzt (siehe Übersichtskarte), der 
sich vom Gehöfte Strihovez (Haltstelle Eeyditunnel Süd) über K. 365 
(NW des Gehöftes), K. 335 nach St. Egydi West und von hier bis 
NW von Spielfeld verfolgen läßt. (Taf. XXI, XXII und Textfig. 7.) 

Die NNW-Richtung dieser mindestens 5 km langen Dis- 
lokation erscheint besonders bemerkenswert, da zahlreiche 
andere Verwerfungen in Mittelsteiermark dieselbe 
Richtung einhalten. Sie ist mit einer Absenkung des westlichen 
Flügels verbunden. Die Konglomerate und auflagernden Leithakalke 
stoßen, wie man sich bei K. 335 und 365 überzeugen kann, unver- 
mittelt am Foraminiferenmergel ab. Infolgedessen wird das ganze 
östlich angrenzende Gebiet der Windischen Büheln bis zur Linie 
Mureck—St. Leonhard ausschließlich aus „Foraminiferenmergeln“ auf- 
gebaut. Denn die hangenden Leithakalk- und Konglomeratdecken er- 
scheinen in diesem „nicht“ gesenkten Gebiet bereits abgetragen. 
Westlich von St. Egydi sind die „Foraminiferenmergel* in einem 
Hohlweg erschlossen, wo an der Rückenhöhe Seeigelstachel und 
Bivalvenreste aufgefunden werden konnten. Südlich davon, bei K. 335, 
wurden in den typischen Foraminiferenmergeln Reste von Bivalven 
und Brachiopoden bemerkt. Nördlich davon, wo die Straße von St. Eeydi 
die Rückenhöhe quert, fanden sich im Foraminiferenmergel sehr zahl- 
reiche Austern und Pectenschalen. Auch in dieser tektonisch höher ange- 
legten Scholle (östlich des Egydier Bruches) läßt sich ein gegen NO 
gerichtetes tektonisches Absinken erkennen. Es ist besonders deutlich 
in dem Hohlweg bemerkbar, der vom Sauerberge gegen Spielfeld 
hinabführt. Sowohl die hangenden gelbbrauen, feinen Sande als auch 
die liegenden mürben, mergeligen, graugrünen Sande fallen parallel 
dem Abfall des Weges, auf mehrere hundert Schritte Erstreckung 
erschlossen, gegen Nordosten hinab. In den liegenden grünlichgrauen 
Sanden fanden sich Pecten cf. denudatus, andere Bivalven und sehr gut 
erhaltene Krabbenreste ?). 

Die gelbgrauen Sande (im Hangenden der fossilführenden mer- 
geligen Sande) bilden auch die markante Kuppe, die sich unmittelbar 


!) A. Winkler, Versuch einer t-ktonischen Analyse etc. Verh. d. k. k. geol. 
R.-A. Nr. 13, 1913, pag. 314. 

2) Vielleicht ist es derselbe Fundort, von dem in den Berichten des 
„Joanneums“ das Vorkommen von „Krabben bei Spielfeld“ erwähnt wird. 


4 ee DE a WE Br 


[23] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 525 


oberhalb der Station Spielfeld erhebt. An der Basis des Aufschlusses 
ist nach Mitteilung meines Kollegen, Herrn cand. geol. Jäger, eine 
Austernbank sichtbar. Dieser mächtige Sandkomplex (innerhalb der 
Foraminiferenmergelgruppe) wird bei Spielfeld im Niveau der Eisen- 
bahn von typischen foraminiferenführenden Mergeln unterlagert. 

Hilber!) erwähnt aus der Gegend von Spielfeld eine Fauna 
mit Brachyuren, Spatangiden etc. die er als „sicheren Schlier“ be- 
zeichnet. Rolle?) führt vom selben Ort bereits das Auftreten von 
Pecten cristatus, Echiniden und Krebsresten an. Stur?°) fand dort un- 
mittelbar westlich über der Bahnlinie foraminiferenreichen Tegel mit 
Pecten cristatus, Spatangiden und Krebsresten, während er südlich von 
Spielfeld (am Wege nach St. Egydi) einen grauen Sand mit Pecten 
eristatus und Cristellaria entdeckte. 

Ein ausgezeichnetes Profil durch dieselben Partien des Fora- 
miniferenmergels wie beim Bahnhof gewährt ein zirka 60 m hohe Ent- 
blößBung am rechten Steilufer der Mur zirka 1 kn SO von Spielfeld. 


Ich fand folgendes Profil: 
Meter 
Sand mit grauen Schiefertonen wechsellagernd ; 
Sand mit festen Sandsteinbänken und Pflanzenresten; 
blaugrauer, sandiger Schieferton ; 
Sand mit konkretionären Sandsteinlagen; 
blaugrauer Schieferton ; 
feiner Sand; 
milder, grauer, glimmerreicher Schieferton mit einer harten 
Sandsteinbank ; 
8—10 aufschlußloses Terrain; 
10 hellgraublauer Mergel mit Foraminiferen ; 
4 dunkelgrauer Mergel. 


0 Mer u e ou SOHLE 


Vom selben Punkte hat Reuß eine kleine Foraminiferen Fauna 
beschrieben ?). In den hangenden, sandigen Sedimenten tritt eine starke 
Beimengung von pflanzlichem Detritus hervor, was auf eine reiche 
Vegetation im Bereiche der Küstenzone hinweist. 

Was die Einfügung der letzterwähnten Schichten in das Gesamt- 
profil des sehr mächtigen Komplexes der Foraminiferenmergelgruppe 
anbelangt, so möchte ich der Ansicht Ausdruck geben, daß die er- 
wähnten Schichten von Spielfeld (Sauerberg, oberhalb Bahnhof und 
Muranriß) nicht den hangendsten Partien der Schichtfolge, wohl aber 
einer höheren Partie derselben angehören. Denn jene schon makro- 
skopisch durch großen Foraminiferenreichtum ausgezeichneten Mergel, 
die bei St. Egydi, und zwar dort auch im unmittelbaren Liegenden 


der Hangendkonglomerate zutage treten, sind bei Spielfeld nicht 


', V. Hilber, LXXXVL Jahresbericht d steiermärkischen Landesmuseum; 
Joauneum über das Jahr 1897. Graz 1898, pag. 18. 

2) F. Rolle, loc. cit. pag. 285. 

®) D. Stur, Geologie der Steiermark, pag. 562. 

*) F. Rolle, Über einige neue Vorkommen von Foraminiferen, Bryozoen 
und Östracoden iu den tertiären Ablagerungen Steiermarks. Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. 1855, pag. 351—354. 


68* 


526 Artur Winkler. [24] 


mehr sichtbar. Da hier auch (östlich des Egydier Verwurfes) Kon- 
glomerate und Leithakalke fehlen, liegt es nahe anzunehmen, daß auch 
deren unmittelbares Liegende (die foraminiferenführenden Mergel) 
abgetragen ist, die Sande von Spielfeld somit einer etwas tieferen 
Partie innerhalb der Schichtfolge entsprechen. 


Im Gamlitztal bei Ehrenhausen sind die „Foraminiferenmergel“ 
unter die Talsohle versunken. Jedoch treten sie nordwestlich dieses 
Ortes, wohl an einer Dislokation wieder zutage und sind an der 
Eisenbahnstrecke gegen Retznei aufgeschlossen. Bei Retznei selbst 
treten sie noch in einer Tongrube (inmitten der Talmulde) Bivalven- 
reste führend zutage. Wenige hundert Schritte nördlich davon er- 
hebt sich eine Kuppe von Leithakalk, welcher für eine große Zement- 
fabrik abgebaut wird. Die Kalkbänke fallen mit 20° Neigung West 
gegen das Gebiet der Foraminiferenmergel zu, um jedenfalls mit 
einer Dislokation an letzteren abzuschneiden !). 


Allerdings scheinen die Foraminiferenmergel nach Rolles An- 
gaben nördlich davon nochmals in beschränkten Ausmaß bei Leibnitz 
(Ortschaft Wagna) hervorzutreten 2). Beim „Tillenbacher“ (Leibnitz Süd) 
sah ich im Liegenden der Korallenkalke Gesteine vom Habitus des 
Foraminiferenmergels. 


Wie richtig jener Forscher bereits vor mehr als einem halben 
Jahrhundert die Selbständigkeit und Verbreitung des „Foraminiferen- 
mergels“ erkannt hat, geht aus folgender Angabe hervor: „Ganz anders 
ist die Fauna der grauen, feinen, sandigen Mergel, welche im Lie- 
genden des Leithakalks auftretend mit gleichbleibendem Charakter 
von den Anhöhen bei Wagna unweit Leibnitz über Spielfeld bis nach 
St. Kunigund und Marburg sich verfolgen lassen 3).* 


Die Schliermergel, welche westlich von St. Egidy mit ihrer 
Hangendgrenze bis zirka 450 m hinanreichen, zeigen bei Ehrenhausen 
eine Tiefenlage unter 250 m. 


Die oft bedeutende Neigung des Schichtmaterials läßt die tek- 
tonische Entstehung dieser mindestens 200 m betragenden Absenkung 
erkennen. Es ist eine mächtige Flexur, mit welcher die 
altmiocänen Foraminiferenmergelsedimente samt den 
auflagernden, mittelmiocänen Mediterranbildungen 
nordwärts absinken. 


Westlich des Marktes Ehrenhausen entlang der Straße nach 
Gamlitz treten im Liegenden des Leithakalks schön gebankte Kon- 
glomerate zutage. Bei der Kochmühle, einem mehrfach in der Literatur 
erwähnten Pnnkte, sind sie prächtig erschlossen ®). 


!) Daß die Leithakalke die „Foraminiferenmergel“ nicht normal unterteufen 
können, geht auch daraus hervor, daß die mächtigen Kalke nicht unter die nahe- 
gelegenen Mergel bei 20° W-Fallen zur Gänze hinabtauchen können. 


2) F. Rolle, loc. cit. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1856, pag. 593 - 594. 

®) Loc. eit. 

*) F. Rolle, loc, cit. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1855, pag. 352—353. — 
V. Hilber, Die Miocänuschichten von Gamlitz etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877, 
pag. 251 ff. — F. Blaschke, loc. eit. pag. 56. 


[25] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 527 


Ich wende mich nunmehr der Verfolgung der „Foraminiferen- 
mergel“ zu, in jenes Gebiet welches sich südlich und südwestlich von 
St. Egydi ausdehnt. 

In dem tiefeingeschnittenen Witscheintal und seinen zahlreichen 
Seitengräben sind die „Foraminiferenmergel*“ bei durchschnittlich 
ziemlich flacher Lagerung in einer Mächtigkeit von mehr als 150 m 
erschlossen, 

Auf dem Höhenrücken „Graßnitz“ (Kuppe bei n des Wortes in 
der Spezialkarte) nahm ich im ansteigenden Hohlweg eine mächtige 
Folge von foraminiferenführendem Mergeln mit untergeordneten Sand- 
und Sandsteinlagen wahr. 

Das Einfallen ist flach gegen Nord gerichtet. Auf der südlicher 
gelegenen Kuppe K. 400 konnte im unmittelbaren Liegenden der vor- 
genannten Sedimente eine aus hellgrauen Mergeln mit untergeordneten 
Sandlagen bestehende Schichtfolge beobachtet werden. 

Das Nord gerichtete flache Fallen war auch noch auf der südlich 
davon (Kuppe südlich K. 400) gelegenen Kuppe sichtbar, welche eben- 
falls eine mächtige Folge grauer Mergel mit pflanzenführenden Sand- 
steinen entblößte. Die Kuppe südlich letzterer (Kuppe Nord von K. 362) 
ließ folgendes Profil erkennen: 


mächtige graue, sandige Schiefertone mit Seeigelstacheln ; 
dunkelgraue, mergelige Schiefertone mit Sandlagen; 

feste Sandsteinbank ; 

5m Sande mit schiefrigen Lagen. 


Das Einfallen war auch hier wieder flach gegen Nord gerichtet. 

Die Kuppe südlich K. 362 läßt wieder bei flach nördlichem Ein- 
fallen mächtige feine Sande hervortreten, denen hier ein blaugrauer 
Schieferton mit Pflanzen- und Kohleresten eingeschaltet ist. Bei einem 
Hause daselbst sah ich eine Sandsteinbank mit Bryozoen und Pecten- 
resten. 


Diese hier wiedergegebene Schichtfolge läßt erkennen: 


1. Daß die liegenderen Partien der „Foraminiferenmergelserie“ aus 
sandigen Lagen mit Pflanzenreste führenden Schichten aufgebaut sind. 

2. Daß im Hangenden derselben Mergelsedimente vorherrschend 
werden. 

3. Daß letztere in nordöstlicher Richtung von jenen an Fora- 
miniferen so reichen Mergelgebilden überlagert werden, welche ins- 
besondere an der Kuppe K. 426 bei St. Egydi sichtbar sind. 

4. Daß letztere wieder von marinen Konglomeraten, diese wieder 
von Leithakalken überlagert werden. 


Das flach nördliche Einfallen der Leithakalkdecken am Platsch 
und Steinberg erstreckt sich nach den angegebenen Daten auch auf das 
südlich angrenzende „Foraminiferenmergelgebiet“ des Graßnitzrückens. 
Die steile Neigung (25°) der Foraminiferenmergel (und auflagernden Kon- 
glomerate) an der Kuppe K. 426 (St. Egydi W) erscheint nur als lokale 
Schleppung der Schichten an der durchziehenden St. Esydier Bruchlinie. 

Die Bildungen am Graßnitzberge haben uns bis in die Nähe von 
Ober - St. Kunigund geführt. Die Foraminiferenmergelgruppe, welche 


528 Artur Winkler. [26] 


den Höhenrücken NO des Ortes (anschließend an den Graßnitzberg) 
aufbaut, erscheint bezeichnenderweise wieder von stärkeren Störungen 
betroffen, welche sicherlich mit der Annäherung an den Rand der Ab- 
lagerungsmulde, mit dem Auftauchen des mesozoischen Grundgebirges 
und seiner tiefstmiocänen Umhüllung in Zusammenhang steht. 

In dem Hohlweg auf diesem Rücken sah ich einen Wechsel von 
Sanden, mergeligen Sanden, Sandsteinbänken und Mergeln aufge- 
schlossen. Die Ablagerung, welche von Verwerfungen durchschnitten 
war, zeigte Streichen NS, Fallen 18° W. 

Die Höhen südlich von Ober-St. Kunigund werden bereits von 
„basalen marinen Mergeln“ aufgebaut. (Taf. XXI.) 

Mein Kollege Herr Jäger teilte mir mit, daß er in der Gegend 
südöstlich von St. Kunigund bei Skrillenberg (nördlich K 395) 18° NNO 
fallende sandige Mergel wahrgenommen habe und daß im Dobrenstal 
im Hangenden der Schichtfolge wieder das Hervortreten sehr foramini- 
ferenreicher Mergel beobachtet werden kann. 

Die Gruppe des „Foraminiferenmergels“ zieht sich aus der Um- 
gebung von St. Kunigund, die „basalen marinen Mergel“ umrandend, 
bis gegen Marburg a. d. Drau hin. Östlich von St. Urbani, welches 
noch im Bereiche “der älteren Schichten gelegen ist, treten bei K. 345 
der Spezialkarte typische graue, blättrige Foraminiferenmergel zutage. 

Im Anstieg auf den östlich davon gelegenen Rücken gewahrt 
man am Wege große herumliegende Blöcke eines wohl in der Nähe 
anstehenden Tuffsandsteins. Der Habitus dieses graugelben Tuff- 
sandsteins stimmt fast vollkommen mit jenem der Tuffsandsteine von 
Gouze in der Tüfferer Bucht (Untersteiermark) überein !). 

Die Kuppe, die sich zwischen dem Gehöfte Ferlinc bis zumWienerberg 
erstreckt, zeigt sich aus einem sehr festen, splittrig muscheligbrechenden, 
hellgraugefärbten Mergelgestein aufgebaut, das von tuffigen Partien 
durchsetzt ist. Stellenweise lassen die Mergel in Berührung mit letz- 
teren deutliche Frittungserscheinungen erkennen. (Taf. XXIL) 

Über die Genesis dieser eigentümlichen Mergel sowie der vul- 
kanischen Explosiva werden noch genauere Untersuchungen anzustellen 
sein. Möglicherweise stellen beide die Ausfüllung eines ausgedehnten 
Tuffschlotes dar. Gegen Marburg hin treten im südlichen Teil des 
Wienerberges marine fossilienführende Sandsteine und Mergel von nor- 
malem Gepräge hervor. 

Die „Foraminiferenmergelgruppe“ läßt sich von Ober-St. Kunigund 
westwärts bis in die Gegend von Leutschach verfolgen. 

Uber Georgenberg verbreitet sich die Schichtfolge auf den als 
Glanz (Glanzberg) bezeichneten Höhenrücken, welcher die Wasser- 
scheide zwischen dem Einzugsgebiet der Mur und der Drau bildet. 
Zwischen diesem Höhenrücken und dem Markt Leutschach treten die 
„Foraminiferenmergel“ nur in untergeordnetem Ausmaß zutage, dainfolge 
des konstanten NW-Fallens die Sedimente unter auflagernde Kon- 
glomeratbildungen absinken. Wie noch später hervorgehoben wird, 
erscheint der „Glanz“ benannte Rücken von einer prägnanten WNW 


!) Al. Bittner, Die Tertiärablagerungen von Trifail und Sagor. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. 1884, pag. 489. 


[27] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 529 


streichenden Verwerfung durchschnitten, welche eine Absenkung des 
südwestlichen Flügels hervorrief. In dem letzteren reichen südlich 
der Kuppe 467 (Rositsch) selbst die „Grunder Konglomerate* bis an 
die Talsohle der tiefeingeschnittenen Gräben herab. 

Die steile Stellung der Konglomeratbänke (40° SO fallend) weist 
auf eine Schleppung an der durchziehenden Bruchlinie hin. (Taf. XXI.) 

Im Norden dieser Kuppe treten wieder ‚Foraminiferenmergel*!) 
zutage. Gegenüber dem Typus der Sedimente ostwärts läßt sich hier 
eine Verschiedenheit — abgesehen von dem noch nicht nachgewiesenen 
Vorhandensein von Foraminiferen — in der Zunahme des Sandgehaltes 
erkennen. Der Anstieg von Kuppe Rositsch gegen Norden überquert die bei 
steilem Einfallen (20°—30°NW) jedenfalls mehrere hundert Meter mäch- 
tige Folge von Mergel und Sanden. Diese Schichtfolge hält in gleicher 
Beschaffenheit nordwärts bis zum Gehöfte Striegel an. Im Sattel 
nördlich K. 467 und weiter oberhalb gelang es, in diesen Schichten 
Steinkerne mariner Conchylien nebst Blattabdrücken aufzufinden. 


Im Aufstieg vom Striegel zu K. 499 erscheint die „Foramini- 
ferenmergelgruppe“ von den ersten Konglomeratlagen überdeckt, mit 
welchen sie noch wechsellagert, um sodann der reinen Konglomerat- 
entwicklung Platz zu machen, welche in einer sehr bedeutenden 
Mächtigkeit die Höhen des Lubeberges (K. 571) und Wurzenberges 
(K. 552) aufbaut. Das Streichen und Fallen der „Foraminiferen- 
mergelgruppe“ erwies sich sehr konstant: Streichen NO, Fallen 
NW 20—30°. 

Infolge dieser Fallrichtung treten die „Foraminiferenmergel“ bei 
Leutschach nur mehr nahe der Talsohle zutage. 

Der Anstieg auf dem Karrenweg NW von Leutschach zum Ge- 
höft Vogelhofer (K. 489) läßt die hangenden Partien der Schicht- 
gruppe hervortreten. 

Vor dem Gehöft, welches südlich des Buchstaben „s* von Zell- 
weis gelegen ist, ist eine wohl über 40 m mächtige Folge gleich- 
artiger, grauer, bröckliger, glimmriger, toniger Sande aufgeschlossen. 
Das Streichen ist konstant NS, das Fallen 20° W gerichtet. Die 
Schichten sind von zahlreichen, kleinen Sprüngen durchzogen. 

Der Weg führt im Streichen dieser Bänke fast !/, km nordwärts. 
NW des genannten Gehöftes waren in mürben, grauen Sandsteinen 
marine Bivalven- und Gastropodenschalen (eingelagerte Austern- 
bank!) zu beobachten. Das Streichen war NO, das Fallen 25° NW 
gerichtet. 

Im Anstieg zur folgenden bewaldeten Kuppe läßt sich bereits die 
Wechsellagerung mit den Konglomeraten wahrnehmen (bis K. 489), 
welche sodann allein herrschend werden und in mehrere hundert 
Meter mächtiger Entwicklung den Gündorfberg und Kreuzberg (K. 633) 
aufbauen. 

Südlich von Leutschach sind gegenüber Schloß Trautenburg an 
der Talsohle graue Sandsteine mit Kohlepartikelchen 22° NO fallend 


') Die Bezeichnung „Foraminiferenmergel“ erscheint für diese Marinab- 
lagerungen im Westen, in welchen Foraminiferen noch nicht nachgewiesen sind, 
nicht ganz zutreffend. 


530 Artur Winkler. [28] 


sichtbar. Sie treten im Liegenden der Konglomerate von Hoheneck 
in unmittelbarer Auflagerung auf paläozoisches Grundgebirge hervor. 

Westlich von Leutschach treten infolge des W (NW) gerichteten 
Fallens der Schichtfolge die Hangendkonglomerate bis an die Talsohle 
herab. Auf der ganzen Erstreckung zwischen Maltschach (Leutschach 
W), Arnfels und Groß-Klein reichen die Konglomeratbänke bis an die 
Basis der Gräben. 


Erst westlich von Arnfels tauchen gewissermaßen als Gegen- 
flügel einer großen Mulde mit NO-Fallen unter den Konglomeraten 
wieder tonig-mergelige Sedimente empor, die den auf der Karte als 
Hardegg bezeichneten Höhenrücken aufbauen. Es ist ein Wechsel 
von Sanden, Sandsteinen mit Schiefertonen und pflanzenführenden 
sandigen Schiefertonen. Das Fallen maß ich mit 300—25° NO (resp. 
NNO). Beim Gehöft Sunko erscheinen sie von gleichsinnig fallenden 
Konglomeratbänken überlagert. (Taf. XXI.) 


Infolge des innigen stratigraphischen Verbandes mit den Hangend- 
konglomeraten und einer gewissen Ahnlichkeit in der Faciesaus- 
bildung halte ich auch diese Schichten von Hardegg für Aquivalente 
der „Foraminiferenmergelgruppe“. Ähnliche Sedimente bilden nach 
Radimskys Angaben das westlich anschließende Hügelland und zu- 
gleich ein Bindeglied zu den kohleführenden Ablagerungen von Wies 
und Eibiswald. Die reichliche Pflanzenführung (Kohlenschmitzen!) und 
vorwiegend tonig sandiger Charakter der Schichten bei Hardegg zeigt 
bei dem Zurücktreten des Kalkreichtums das UÜberhandnehmen 
lacustrer Bildungsverhältnisse an. 


Die Verfolgung der Schichten der „Foraminiferenmergelgruppe“ 
läßt erkennen, daß der Charakter des Sediments von Ost nach West 
gegen das Innere der Bucht allmählich eine Veränderung erleidet. 
Nahe der Südbahnstrecke bei Spielfeld—St. Egydi— Jahring herrscht 
eine Wechsellagerung_ reichlich Foraminiferen führende Mergel (er- 
haltene Schalen von Bivalven) mit pflanzenführenden Sandsteinen und 
Mergeln vor. ’ 


Im Gebiete von Leutschach und Georgenberg entwickeln sich 
sandige Mergel mit spärlichen, nur als Steinkerne oder Abdrücke 
erhaltene Fossilien heraus, die mit pflanzenreichen Sandsteinen, Sanden 
und Schiefertonen wechseln. 

Schließlich bei Arnfels (Hardegg) nehmen sandigschiefrige Kon- 
glomerate auf Kosten der Mergel noch mehr überhand. Pflanzenreste 
und kohleführende Lagen treten stärker hervor, die marinen Conchylien 
sind verschwunden. 

Auf Grund dieser Beobachtungen nehme ich an, daß die 
noch weiter westlich gelegenen kohleführenden Ablagerungen 
von Wies und Eibiswald nur die brackisch-lakustre 
Lagunärfacies des mittelsteirischen Foraminiferenmergel- 
meeres darstellen. 

Das gleichartige Auftreten aller besprochenen Ablagerungen im 
Liegenden derden Grunder Schichten zu parallelisierenden Konglomerate, 
ihr gleicher Charakter jn der Metamorphose und ihr Übergang in der 
Streichrichtung sprechen für eine analoge Bildungszeit. 


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[29] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs.. 531 


Es mögen noch einige Angaben älterer Autoren Platz finden, 
die erkennen lassen, daß von der Foraminiferenmergelgruppe ein 
Übergang in die lakustren Sedimente am Rande des Possruks statt- 
findet. Dreger!) gibt an: „Unmerklich gelangen wir in der Gegend 
nördlich und östlich von Leutschach in ausgesprochen marine 
Schichten“. Stur erklärt, daß er auf der Strecke von Arnfels über 
Leutschach, Georgenberg, St. Kunigund bis Marburg die Grenze 
zwischen beiden Schichten „willkürlich und nach Gutdünken zu ziehen 
gezwungen war“. Auch Rolle?) konnte keine genaue Grenzlinie 
zwischen marinen und lacustren Sedimenten angeben, meint aber, 
„daß man die Gegend von Arnfels und Leutschach wird noch als Brack 
oder Süßwasserablagerung gelten lassen“. 

Im Wieser Becken bestehen zwischen Sturs Darstellung und 
Radimskys?°) Angaben und Revierkarte weitgehende Differenzen in 
der Abgrenzung der marinen von den lacustren Sedimenten. Auch 
die tektonischen Verhältnisse lassen eine Trennung zwischen beiden 
nicht durchführen. Die lacustren Sedimente, welche zwar an den 
Rändern des Ablagerungsbeckens steil aufgerichtet sind, weisen in 
der Mitte desselben eine mehr oder minder flache Lagerung auf‘). 
Die Foraminiferenmergelsedimente (und die auflagernden Konglomerate) 
zeigen anderseits vielfach ebenfalls starke Neigungen im Schichtmaterial. 
Es sei nur auf die 25° betragende Neigung im Schlier und Grunder 
Konglomerat von St. Egydi, sowie die nach Blaschke, Rolle und 
dem Autor bis über 40° und mehr betragenden Neigungen in dem 
Konglomeratzuge von Arnfels—Leutschach— Gamlitz hingewiesen. 

Die marinen Foraminiferenmergelbildungen in der Gegend von 
Spielfeld, welche schon ziemlich weit ab vom Verbreitungsgebiete der 
lacustren Sedimente gelegen sind, zeigen in der Fossilarmut und in 
den durch reichliche Pflanzenreste ausgezeichneten Schichten sandigen 
Charakters Anklänge an die Süßwasserbildungen des Beckenrandes. 

Es scheint auch aus diesen Angaben vieler hervorragender 
Beobachter sich zu ergeben, daß die lacustren Eibiswalder Schichten 
und der mittelsteirische „Foraminiferenmergel“ als facielle Vertretung 
aufzufassen sind. 

Beide gehen räumlich und auch der faciellen Beschaffenheit 
nach ineinander über und beiden ist die gleiche konglomeratische 
Hangenddecke gemeinsam, die den Grunder Schichten zugezählt wurde. 

Die Annahme einer Region in Steiermark, in welcher ein Über- 
gang von den lacustren Sedimenten des „Pittener Horizonts“ (Eibis- 
walder Schichten) zu den gleichaltrigen Marinbildungen des älteren 
Miocäns stattfindet, erweist sich übrigens schon aus dem Grunde not- 
wendig, weil in Untersteiermark vom Oberoligocän bis in das Ober- 
miocän eine lückenlose, marine Schichtfolge entwickelt ist). Die 


!) Loc. eit. pag. 103. 

?) Loc. cit. pag. 284. 

®) V. Radimsky, Das Wieser Bergrevier. Klagenfurt 1875. 
E *) Siehe Angaben bei Rolle, Radimsky, Dreger und den „Mineralkohlen 
Österreichs“. 

°) F, Teller, Erläuterungen zur geol. Karte etc. Pragerhof— Wind.-Feistritz. 
Wien, 1899, 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 69 


532 Artur Winkler. [30] 


Marinbildungen des Altmiocäns, welche im Bereiche der untersteirischen, 
jugendlichen Faltenzüge entwickelt sind, müssen nordwärts mit den 
ebenfalls altmiocänen, lacustren Sedimenten des Eibiswalder und 
Köflacher Beckens in stratigraphische Verknüpfung treten. 

Da man nun eine solche Übergangsregion im Bereiche der 
westlichen windischen Büheln tatsächlich beobachtet und überein- 
stimmend die schwierige Abtrennung der „marinen Schlierbildungen“ 
der Windischen Büheln von den lac ustren Sedimenten hervorgehoben 
wurde, so glaube ich, daß gute Gründe dafür sprechen, eine Äquivalenz 
der beiden anzunehmen. 

Da das Verschwinden der Foraminiferenmergelgruppe und ihrer 
Äquivalente im Norden der windischen Büheln einem tektoniscken 
Hinabtauchen derselben und nicht der Nordgrenze dieser Ablagerungen 
überhaupt entspricht, liegt es nahe anzunehmen, daß der Untergrund 
eines beträchtlichen Teiles der Grazer Bucht von gleichaltrigen Ab- 
lagerungen teils mariner, teils lacustrer Natur eingenommen wird. 


In der Tat sehen wir, wie seit altersher bekannt ist am Nord- 
rande der „Grazer Bucht“ wieder kohleführende Ablagerungen von 
limn. Bildungsweise hervortreten, für deren untermiocänes Alter 
insbesonders Hilber eingetreten ist. Nach allgemeiner Auffassung 
sind bekanntlich diese kohleführenden Ablagerungen von Weiz, 
Kumberg, Niederschöckl, in der Mantscha (Graz W), Rein (Süßwasser- 
kalk) und die benachbarten Vorkommnisse von Voitsberg, Köflach 
als stratigraphische Aquivalente von Fibiswald und Wies anzu- 
sehen. Es ist anzunehmen, daß sich im Untergrunde der 
mittelsteirischen Bucht, verdeckt durch jüngere Schichten, 
derselbe Ubergang der marinen Schichtgruppe der Foramini- 
ferenmergelin die brackisch-lacustren Randbildungen 
vollzieht, wie er in der Richtung nach Westen in der Gegend von 
Leutschach und Arnfels kennbar ist. Ich erblicke in den Süßwasser- 
ablagerungen am Nordrande der Grazer Bucht das Wiederauftauchen 
der tieferen Miocänablagerungen, die in den Windischen Büheln mit 
einer Flexur unter jüngere Schichten versinken. 

Die Bohrungen, welche nach Hilbers!) und Graniggs°) Mit- 
teilungen zwischen Koralpe und Sausalgebirge angestellt wurden, haben 
ergeben, daß zwischen beiden Gebirgsrücken eine sehr tiefe mit 
Tertiärsedimenten erfüllte Furche sich hinzieht. Die Bohrung von 
Schwanberg zum Beispiel hat ergeben, daß das Tertiär untertags noch 
eine Mächtigkeit von zirka 250 m besitzt. 

Auch die Bohrungen nahe am Possrukrande ergaben so be- 
deutende Mächtigkeiten der tertiären Beckenfüllung. Da nun die bei 
Schwanberg erbohrten Schichten dem Liegenden des Florianer Tegels 
angehören, indem letzterer das benachbarte Hügelland obertags 
aufbaut und selbst sein Liegendhorizont den „Sand von Hasreit“ 
ausstreicht, müssen diese Schichten älter als die mittelsteirischen 


!) V. Hilber, Die Miocänablagerungen etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1878, pag. 511—16. 


?2) B. Granigg, Die Kohlenvorkommen etc. Österr. Zeitschrift f. Berg- und 
Hüttenwesen, 1910. 


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[31] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 533 


Grunder Schichten sein. Dieser vorwiegend tonigmergelige Komplex 
ist daher wohl als Aquivalent der im S und SW zutage tretenden 
Süßwasserschichten einerseits, der Foraminiferenmergelgruppe im SO 
anderseits anzusehen. Vielleicht stellen diese kohlefreien (oder -armen) 
Bildungen bereits einen Übergang zu der marinen Entwicklung dar. 
Die mächtigen kohleführenden Ablagerungen dieses 
Horizonts erscheinen demnach nur in den tief einspringenden 
Winkeln der mittelsteirischen Bucht, im Eibiswalder, Wieser und 
Köflacher Becken zur Ablagerung gekommen zu sein!). Es sind, wie 
schon Granigg betonte, randliche Lagunen des tieferen 
Miocänmeeres. 

Die lacustren Ablagerungen am Rande der Grazer Bucht?) finden 
ihre Fortsetzung in gleichaltrigen Ablagerungen im Pinkafelder Becken °), 
wo sie mit grobem Basalschutt dem Grundgebirge aufsitzen, in den 
Sedimentlappen, die als eingesunkene Streifen im Bereiche des Fried- 
bergtunnels‘) hervortreten, ferner in einem Zuge von Ablagerungen, 
die über Krumbach und die Paßkapelle bei Aspang in das Becken 
von Kirchberg am Wechsel) führen, bei Pitten, Schauerleiten und 
Hart) und schließlich ganz im Nordosten bei Ritzing?) (bei Oden- 
burg). Analoge Bildungen, deren reiche Säugetierfauna zumeist auf 
Helvetien hinweist, finden sich auch bekanntlich im Bereiche des 
Mürz- und Murtals®). (Leoben- Tollinggraben, Parschlug, Göriach, 
Turnau etc.) Wir sehen somit, wie bereits angedeutet wurde, daß 
vor Bildung der lacustren Ablagerungen eine bedeutende Tiefer- 
legung großer Teile der südöstlichen Alpen unter das 
limnische Akkumulationsniveau sich geltend machte. Diese Tatsache 
wird um so bemerkenswerter, wenn wir bedenken, daß viele der alt- 
miocänen Süßwassersedimente nur eingesunkene Streifen einer mehr 
oder minder ausgebreiteten Sedimentdecke darstellen. 

Sie erscheinen der postvariseischen Decke der böhmischen 
Masse vergleichbar. 


!) Fr. Rolle, Geol. Untersuchungen in dem Theile Steiermarks zwischen Gratiz, 
Obdach, Hohenmauthen und Marburg. Jahrb. d.k. k. geol. R-A., 1856, pag. 219 ff. 
— Ders., Die tertiären und diluvialen Ablagerungen in der Gegend zwischen Gratz, 
Köflach, Schwanberg etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1856, pag. 35 fi. — Ders, 
Geol. Untersuchungen in der Gegend zwischen Ehrenhausen etc. Jahrb. d. k. k. 
R.-A. 1857, pag. 266 ff. — J. Dreger, Die geol. Aufnahme der NW-Sektion des 
Kartenblattes Marburg und die Schichten von Eibiswald in Steiermark. Verl. d. k. 
k. geol. R.-A. 1902, pag. 85 ft. 

TV. Hilber, Das Tertiärgebiet um Graz, Köflach nnd Gleisdorf. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 291 ft. 

re Hofmann, Verh. d, k. k. geol. R.-A. 1877, pag. 19. 

*) H. Mohr, loc. cit. 

°) H.Mohr, Zur Tektonik und Stratigraphie der Grauwackenzone zwischen 
Schneeberg und Wechsel (N.-Ö). Mitt. d. geol. Gesellsch. 1910, pag. 204—210. 

°, H. Höfer, Das Braunkohlenvorkommen in Hart bei Gloggnitz in N.-Ö. 
Bericht über d. alle. Bergmannstag in Wien 1903. 

, H. Wolf, Die Stadt Ödenburg und ihre Umgebung. Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. 1870, pag. 29—31. 

°®) In dem schon nach Fertigstellung dieser Arbeit publizierten Aufsatz von 
Dr. Kober: „Uber Bau und Entstehung der Ostalpen“ wird auf die Verbreitung 
von Sümpfen und Seen in den östlichen Alpen zu frühmiocäner Zeit hingewiesen. 
Mitt. d. geol. Gesellsch. 1912, pag. 475. 


69* 


534 Artur Winkler. [32] 


Die tektonischen Bewegungen, welche, wie angegeben, im Alt- 
miocän einen ausgedehnten Raum in den östlichen Alpen unter das all- 
gemeine Akkumulationsniveau gebracht haben, stellen einen Vorläufer 
jener Einbrüche dar, welche später die randlichen Nachsenkungen des 
Wiener Beckens und Landseer Beckens entstehen ließen und welche sich 
auch in der Grazer Bucht als langandauernde Beckenvertiefungen äußern. 

Die jüngeren Senkungen erscheinen als sekundäre Bruchfelder 
in dem Rahmen jener ausgedehnten Region altmiocäner limnisch- 
fluviatiler-mariner Becken eingesenkt, in denen einerseits die kohle- 
führenden Ablagerungen, „der Pittener Horizont“, anderseits der mittel- 
steirische Foraminiferenmergel zum Absatz kamen. 

Daß auch die am Rande des Wiener Beckens auftretenden 
kohleführenden Ablagerungen (Pitten, Hart etc.) älter als der Ein- 
bruch des inneralpinen Beckens sind und daß diese und die ober- 
steirischen Vorkommnisse als tektonisch versenkte Reste ausgedehnterer 
Ablagerungen angesehen werden müssen, hat Dr. Petrascheck 
kürzlich in einem Vortrage dargelegt. 

Schließlich muß noch erwähnt werden, daß der Trachyt-Andesit- 
stock von Gleichenberg vielleicht schon in dieser tieferen Miocän- 
epoche entstanden ist. Seine Bildung mag mit den tektonischen 
Bewegungen im Zusammenhang stehen, die zur Ausbildung des vor- 
helvetischen Senkungsfeldes!) geführt haben. 


7. Kapitel. 


Stratigraphische Parallele der tiefmiocänen Ablagerungen 
Mittelsteiermarks mit jenen Untersteiermarks und an- 
derer Gebiete. 


Der Versuch eines Vergleiches der mittelsteirischen Unter- 
miocänablagarungen mit denen Untersteiermarks läßt erkennen, daß 
die tiefere Gruppe der „basalen marinen Mergel* in facieller Hinsicht 
eine große Ahnlichkeit mit „den marinen Mergeln und mürben mer- 
geligen Sandsteinen* Tellers in Untersteiermark aufzuweisen bat. 
Diese Analogie erstreckt sich, wie ich mich überzeugen konnte, nicht nur 
auf den gleichen, vorherrschend tonigmergeligen, dunkelgefärbten Sedi- 
mentcharakter, auf das Auftreten gleichartiger untergeordneter Sandstein- 
bänke, sondern auch aufdasVorhandensein grüner Tuffsandsteine in beiden 
Gebieten. Ebenso i® die Fossilarmut beiden Ablagerungen gemein. 

Insbesondere das Auftreten der Eruptiva in Mittelsteiermark läßt das 
untermiocäne Alter mit großer Sicherheit fixieren. Denn nach Tellers, 
Dregers und Gorjanovie-Krambergers Untersuchungen ist 
das Auftreten der tertiären Eruptiva ausschließlich (in Untersteier- 
mark und angrenzenden Regionen) auf die tiefmiocäne Epoche be- 
schränkt (= „Marine Mergel und mürbe mergelige Sandsteine“, 
„Härtere Kalke und Tuffsandsteine*). Es ist selbstverständlich äußerst 
wahrscheinlich, daß auch in der unmittelbar angrenzenden, tektonisch 


!) Vor Ablagerung „der Foraminiferenmergelgruppe* und der Süßwasser- 
schichten. 


[33] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 535 


vielleicht noch dazugehörigen Possrukregion den gleichartig aussehenden 
Eruptiva auch ein gleiches Alter zuzuschreiben ist. 

Das untermiocäne Alter der untersteirischen „marinen Mergel 
und mürben mergeligen Sandsteine* konnte dank Tellers ausge- 
zeichneten Untersuchungen sehr genau festgelegt werden. Dieser 
Forscher konnte zeigen, daß sich in der Bucht von Neuhaus aus den 
Mergeln der Sotzkaschichten (oberoligocän) ganz unmerklich der 
Komplex der „marinen Mergel“ entwickle, der sich faciell vollkommen 
an jene oberoligocänen Sedimente anschließt und durch große Fossil- 
armut charakterisiert ist. Sowohl diese stratigraphische Position als 
auch die von Fuchs bestimmten Fossilien aus Rohitsch-Sauerbrunn be- 
stätigten die Annahme eines untermiocänen Alters dieser Schichtgruppe. 

Ich glaube daher auch berechtigt zu sein, die mittelsteirischen 
„basalen marinen Mergel“ dem tiefsten Miocän zu parallelisieren. 

In Mittelsteiermark lagert über dem Komplex der „basalen 
marinen Mergel etc.“ die Gruppe des „Foraminiferenmergels*, die 
durch das stärkere Hervortreten sandiger Bildungen (gegenüber dem 
untersten Miocän) und, wie angegeben wurde, ebenfalls durch tuffige 
Beimengung ausgezeichnet ist. 

Wie schon ausgeführt, gleichen aufgefundene Tuffsandsteine ganz 
jenen in der untersteirischen Tüfferer Bucht (= Sandsteine von Gouze). 
Der untersteirische Komplex der „Kalk- und Tuffsandsteine* (— Sand- 
steine von Gouze) scheint gegenüber der mittelsteirischen „Foramini- 
ferenmergelgruppe“ durch das stärkere Hervortreten tuffiger Beimengung 
und vielleicht im Zusammenhang damit durch gröberes klastisches Korn 
gekennzeichnet. Fossilien sind in beiden Ablagerungen selten. 

Infolge der gleichen stratigraphischen Position (im Hangenden der 
„marinen Mergel“) und infolge des gleichartigen Auftretens der Tuffe 
möchte ich die „Foraminiferenmergelgruppe“ den „härteren 
Kalk- und Tuffsandsteinen“* Tellers!) parallelisieren. Dieser 
Vergleich findet eine weitere Stütze darin, daß sowohl die „Foraminiferen- 
mergelgruppe“ als auch die „Kalk- und Tuffsandsteine“ im Hangenden 
mit einer Konglomeratdecke abschließen, die hinwiederum einen Über- 
gang in „Leithakalke“* aufweist. Es sind dies einerseits das ältere 
konglomeratische Nulliporenkalkniveau Tellers, anderseits die Leitha- 
kalkdecken (und basale Konglomerate) am Platsch und Steinberge 
bei St. Egydi. 

Ich parallelisiere daher die die Konglomerate von St. Egydi 
überlagernden Leithakalke, welche auch an den Störungen letzterer 
noch Anteil nehmen, dem älteren Leithakalkniveau Untersteiermarks 
(in der Pöltschacher Zone, Ponigler Plateau, Tüfferer Bucht). 

Da die Konglomerate, wie ich noch später zu zeigen versuchen 
werde, mit Grunder Schichten wechsellagern, möchte ich sie als Aqui- 
valente letzterer auffassen. Ihre stratigraphische Stellung im Liegenden 
des basalen Leithakalkniveaus ist dieser Annahme günstig. 

Da die Konglomerate die „Foraminiferenmergel“, resp. die äqui- 
valenten Süßwasserschichten überlagern, möchte ich die beiden letztge- 

) Es treten auch in Untersteiermark in diesem Komplex Mergel und 


pflanzenführende Schiefertone auf. Anderseits ist in Mittelsteiermark das Sand- 
sediment sehr mächtig. 


536 Artur Winkler. [34] 


nannten fürälter als die Grunder Schichten ansehen. Es ergibt sich hieraus 
scheinbar ein Widerspruch. Denn die Grunder Schichten (= Florianer 
Tegel etc.) gelten als Helvetien; dagegen wurde die dieser Stufe ent- 
sprechende Faunainden unterlagernden EibiswalderSchichten angetroffen. 

Ich glaube, daß sich der Widerspruch lösen läßt, wenn man dem Hel- 
vetien einengrößeren „Umfang“ zumißt. WennmandieForaminiferen- 
mergelgruppe, deren spärliche Fauna wohlnoch keine genaue Alters- 
deutung zuläßt, und dieäquivalenten Süßwasserschichten dem 
unteren Helvetien, die Konglomerate und äquivalenten Grunder 
Schichten!) dem oberen Helvetien zurechnet, so erscheinen 
die Verhältnisse der allgemeinen Stufenteilung sich einzuordnen. Man 
wird hierdurch der Bedeutung der helvetischen Stufe, im Sinne der 
französischen Geologen, mehr gerecht, als wenn man ihr das wenig 
mächtige Basalniveau der zweiten Mediterranstufe (= Florianer Tegel) 
allein zuschreiben wollte. 


Die tiefere Schichtgruppe der „basalen marinen Mergel“, die 
immerhin eine Mächtigkeit von einigen hundert Metern besitzen dürfte, 
bleibt demnach als Vertretung des „Burdigalien* übrig. Wenn wir 
bedenken, daß in dem so genau erforschten Verbreitungsgebiet des 
Burdigalien, im Eggenburger Miocänbecken, diese Sedimente vorzüglich 
in sehr grobklastischer und wohl rascher Sedimentation vertreten sind, 
so werden wir wohl annehmen können, daß jene „basalen marinen 
Mergel“* in Mittelsteiermark (= marine Mergel und mürbe Sandsteine in 
Untersteiermark) ein vollwertiges Aquivalent des Burdigalien darstellen 
können. Der größere zeitliche Umfang, welcher hier der helvetischen 
Stufe verliehen wurde, stimmt auffallend mit jenen Ergebnissen überein, 
zu welchen kürzlich Dr. v. Friedberg?) bezüglich des polnischen 
Miocäns gelangte. Er konnte zeigen, daß ein beträchtlicher Teil der 
bisher dem Burdigalien zugerechneten Ablagerungen (darunter wahr- 
scheinlich der galizische „Schlier“), dem Helvetien zuzurechnen ist. 

Wenn wir die in Steiermark dem „Schlierhorizont“ zugezählten 
Ablagerungen Revue passieren lassen, so finden wir, daß der mittel- 
steirische Schlier Hilbers (= Foraminiferenmergelgruppe) wahr- 
scheinlich dem tieferen Helvetien, daß der von Hörnes dem Schlier 
zugerechnete Tüfferer Mergel (Untersteiermark), wie Bittner nach- 
wies, der zweiten Mediterranstufe (= Badner Tegel) entspricht, daß 
der Hasreiter Sand, der von Stur und Hilber°) als mögliches 
Aquivalent des „Schliers* betrachtet wurde, wohl einem basalen Niveau 
des Florianer Tegels, also dem oberen Helvetien angehört. 

Wenn wir daher mit Hilber die Foraminiferenmergelgruppe 
als mittelsteirischen Schlier bezeichnen wollen, so müssen wir die 
Angabe dahin präzisieren, daß in Mittelsteiermark die Sedimente des 
tieferen Helvetien zum Teil in Schlierfacies ausgebildet sind. 


1) = Florianer Tegel. 

®) Dr. W. v. Friedberg. Verh. d. k. k. geol. R.-A., 1913. Einige Bemer- 
kungen über das Miocän in Polen. 

®) R. Hörnes und V. Hilber, Eine Exkursion etc. Verh. d. k. k. geol. 
R.-A. 1883, pag. 179. Siehe auch E. Tietze, Die Versuche einer Gliederung des 
unteren Neogen-in den österreichischen Ländern. Zeitschrift der Deutschen Geolo- 
gischen Gesellschaft, XXXVI. Bd. 1884. 


537 


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[35] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Terti 


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538 Artur Winkler. [36] 


8. Kapitel. 


Störungsphase nach Ablagerung der Foraminiferen- 
mergelgruppe und der stratigraphisch äquivalenten 
Süßwasserschichten. 


Nach Ablagerung der Foraminiferenmergelgruppe tritt in der 
südwestlichen Mittelsteiermark eine auffällige Anderung im Sedimenta- 
tionsmaterial hervor. Es wird eine gewaltige Schuttzufuhr in das 
Marinbecken eingeleitet, welche selbst hausgroßes Blockwerk zu trans- 
portieren imstande ist. In einer mehrere hundert Meter mächtigen 
Folge wird eine so ungeheure, oft kaum sortierte Schuttmienge auf 
weite Erstreckung zur Ablagerung gebracht, daß die Annahme tek- 
tonischer Bewegungen bei Entstehung dieses Schuttmaterials mir 
unabweislich erscheint. Die Gesteine, welche diese marine Konglo- 
meratstufe enthält, sind meiner Ansicht nach vorzüglich aus dem 
Koralpengebiet abzuleiten. Prof. Hilber!) hat eben eine Studie ver- 
öffentlicht, in der er die Meinung vertritt, daß die größeren Blöcke 
in diesem Konglomerat, denen er schon lange seine Aufmerksamkeit 
geschenkt hatte, aus einem durch diese Ablagerungen gegenwärtig 
verhüllten archäischen Grundgebirge stammen mögen. Indessen hat er 
selber auf einige Erscheinungen hingewiesen, die dieser Annahme un- 
günstig sind. Aus der Tatsache, daß in den tiefeingeschnittenen Gräben, 
welche häufig bis in die Basis der „Konglomerate“* hinabreichen, nir- 
sends?) ein solcher Grundgebirgskomplex auftaucht, ferner aus der 
Erscheinung, daß am Possrukrande von mir überall bis tief hinab paläo- 
zoische Sedimente angetroffen wurden, während gleichzeitig die schutt- 
führenden Konglomerate bis über 700 m Seehöhe hinaufreichen, schlieB- 
lich aus der weiten Verbreitung des Blockschuttes von Radiga bei Groß- 
Klein über Arnfels, Leutschach bis Ehrenhausen scheint mir in der Tat 
hervorzugehen, daß dieses Blockwerk zum größten Teil aus dem Kor- 
alpengebiet stammen muß, wo sich die zunächst liegenden analogen 
Gesteine auffinden lassen. Betrachtet man die Verbreitung dieser 
schuttreichen Marinablagerungen, so erkennt man, daß dieselben 
gegenüber den älteren „Foraminiferenmergel-lacustren* Bildungen 
teilweise eine Einengung in der Verbreitung erkennen lassen. Denn 
wir sehen sie „nicht“ mehr im Bereiche des eigentlichen Eibiswalder 
und Wieser Beckens und in dem nördlich angrenzenden Hügelland 
verbreitet. Mag auch die nachträgliche Erosion daran Anteil haben, so 
möchte ich doch der Ansicht Ausdruck geben, daß die Regression in 
der Wasserbedeckung in der „Grunder Zeit“ in diesem südwestlichen 
Winkel Mittelsteiermarks mehr oder minder auf tektonische Bewegungen 
zurückzuführen ist. 

Schon in der vorläufigen Mitteilung habe ich der Vermutung 
Ausdruck gegeben, daß der Rücken der südlichen Koralpe während des 


!) V. Hilber, Die rätselhaften Blöcke etc. Mitt. des naturw. Vereines für 
Steiermark 1913. Separatabdruck. 

?) Bloß bei Leutschach fand Blaschke in einem Graben alte Gesteine auf 
(Amphibolite etc.) loc. cit. 


[87] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs.. 539 


Jungtertiärs sich emporhob. Die gewaltige Schuttbewegung, welche 
von diesem Gebirgszug her nach Ablagerung der Süßwassersedimente 
eingeleitet wurde, scheint dieser Annahme vollkommen zu entsprechen. 
Denn eine so bedeutende Belebung der Erosion, welche oft mehrere 
Kubikmeter umfassendes Blockwerk in ungezählter Menge dem Meeres- 
becken zuzuführen vermochte, erscheint mir ohne Zuhilfenahme hebender 
Vorgänge in der Herkunftsregion kaum verständlich. Penck!) und 
Petrascheck?) haben denn auch für die Entstehung dieses Block- 
werks alpine Gebirgsbewegungen gemutmaßt. 


Die angenommene Hebung der südlichen Koralpe findet auch 
im hohen Ansteigen der Süßwasserabsätze an ihrem Ostabfall und in 
dem hohen Hinanreichen derselben in der Furche zwischen dem Drau- 
tal und dem Eibiswalder Becken eine Stütze. 


Es scheinen also die lacustren Ablagerungen noch teilweise am 
Koralpenrand von der Hebung mitergriffen zu sein. Es erklärt sich 
dadurch auch das ziemlich häufige Auftreten miocäner Sandsteinblöcke 
als Geröllkomponenten der genannten Schuttbildungen. Die angenommene 
Hebung welche sich, wie schon angegeben wurde, auch noch im jüngeren 
Miocän geltend macht, findet weiters auch in den morphologischen 
Formen dieses Gebirgsrückens ihren Ausdruck. Der steile und sehr 
markante Westabfall desselben und die flache, allmähliche Ostab- 
dachung, weisen darauf hin, daß der südliche Teil der Koralpe als 
eine Platte anzusehen ist, deren stärkste Hebung an ihrem West- 
rande erfolgte. In der Tat sehen wir sie dortselbst mit einer scharf aus- 
geprägten, dem Westabfall vollkommen parallelen, tiefgreifenden 
Ruptur (Höfers?] Lavanttaler Verwurf) vom tief versenkten Miocän- 
gebiet im Lavanttal sich abtrennen, an welcher Dislokation nachweis- 
lich noch sehr jugendliche Bewegungen zur Auslösung kamen. 


So glaube ich aus diesen morphologisch-tektonischen Erschei- 
nungen im Bau der Koralpe, aus dem Auftreten der ausgedehnten, 
aus Koralpenschutt bestehenden Block und Konglomeratablagerungen 
zwischen Saagau und Mur, aus der Höhenlage der Eibiswalder Schichten 
am Koralpenrande und aus der Anteilnahme letzterer als Geröllkom- 
ponenten in den „Grunder Konglomeraten“, den Schluß ableiten zu 
können, daß die südliche Koralpe vor (und während) der Bildungs- 
zeit der Grunder Schichten eine Hebung erfahren hat. 


Als Begleiterscheinung dieser tektonischen Bewegung sind wohl 
Senkungen aufzufassen, die die Anhäufung mächtiger Schuttmassen in 
der Zone zwischen Sausalgebirge und Possruk und das Übergreifen 
der Konglomerat- und Schuttbildungen auf das Grundgebirge des Poss- 
rukzuges (Remschnigg und Radel) ohne Zwischenlage älterer Sedimente 
ermöglichten. Diese senkende Bewegung scheint auch über das Radel- 
und Remschniggebirge die Bahn eröffnet zu haben, auf welcher das 


1) A. Penck und E. Brückner, Alpen im Eiszeitalter. 


?) Vortrag, gehalten in d. k. k. geol. R.-A. Dezember 1912. — Montanistische 
Rundschau 1913, Nr. 8. Vortragsbericht. 

°) H. Höfer, Sitzungsbericht d. k. Akad. d. Wissensch. Math.-naturw. K]. 
Bd. CIII. Wien 1894. Die geol. Verhältnisse der St. Pauler Berge. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 70 


540 Artur Winkler. [38] 


Grunder Meer Mittelsteiermarks in konglomeratischer Ausbildung 
westwärts mit jenem Zentralkärntens in Verbindung trat (siehe später). 

Fügen wir dem besprochenen Verbreitungsgebiet noch jenes der 
Grunder Schichten in der Florianer Bucht und seiner Fortsetzung 
bis nahe an den Alpenrand bei Stainz hinzu, so sehen wir, daß die 
Depression des Grunder Meeres gegenüber dem Süßwasser Foramini- 
ferenmergelhorizont einerseits gegen NO und Osten zurückgedrängt 
erscheint, anderseits gegen Süden und Südwesten durch Übergreifen 
am Possruk neues Areal sich eroberte, Die große Mächtigkeit der 
grobklastischen Ablagerungen läßt eine längere Andauer der tekto- 
nischen Vorgänge wahrscheinlich erscheinen. 

Der Übersicht halber seien noch einige Störungen der am Nordrand 
der mittelsteirischen Bucht entwickelten, kohleführenden Ablagerungen 
angeführt!). Ein vormediterranes Alter erscheint auch für diese von 
großer Wahrscheinlichkeit. 

Am Nordostrand der mittelsteirischen Bucht erweisen sich nach 
Hofmanns Bericht?) die lacustren Bildungen von Störungen und 
Abtragungen des Schichtmaterials betroffen, bevor die Transgression 
der zweiten Mediterranstufe in die Pinkafelder Bucht eingetreten 
war. Nach Hilbers Bericht?) haben im selben Raum die Ab- 
lagerungen der ersten Mediterranstufe (lacustre Bildungen) noch be- 
deutenden Anteil an der Alpenfaltung genommen (Schönau a. Geb.) ete.t). 

Sehr interessant erscheinen in dieser Hinsicht die Beob- 
achtungen, welche Mohr) in dem Tertiärlappen (Sinnersdorfer 
Konglomerat, altmiocän), der beim Bau des Hartbergtunnels durchı- 
stoßen wurde, anstellen konnte. Es hat sich ergeben, daß die miocänen 
Bildungen entlang einer steilen Fläche mit deutlich mechanischem 
Kontakt am kristallinen Grundgebirge abstoßen. 

Die Bruchlinie, welche parallel zur Straße Friedberg—Mönich- 
kirchen verläuft), hat ostwärts einen ausgedehnten Streifen tertiärer 
Ablagerung versenkt und dort diese Ablagerungen vor Abtragung 
bewahrt. Auf die Bedeutung dieser Störungslinie für die Verbreitung der 


1!) Die gleichalterigen kohleführenden Ablagerungen des Murtals zeigen eben- 
falls bedeutende Lagerungsstörungen. Ohne darauf einzugehen, verweise ich auf die 
Angaben von D. Stur, Über die Ablagerungen des Neogens, Diluvium, Alluvium 
im Gebiete der nordöstlichen Alpen. Sitzungsb. d. k. Ak. d. Wissenschaften 
1855, XVI. —F. nous, Die Braunkohlengebilde bei Rottenmann etc. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.A. 1856. K. Österreich, Ein alpines Längstal zur Tertiärzeit. 
Jahrb. d. k. k. geol. Bin) 1899, pag. 165. — H. Höfer, Exkursion nach Leoben. 
Führer zum Internat. Geologenkongreß Wien 1903. — F. X. Schaffer, Das 
Delta des norischen Stroms. Mitt. d. geol. Gesellschaft 1909. — K. Gaulhofer 
und J. Stiny, Die Parschluger Senke. Mitt. d. geol. Gesellschaft 1912, pag. 324. 
Die Mineralkohlen Österreichs. Wien 1903. Herausgegeben vom Komitee des allge- 
meinen Bergmannstages. 

?) K. Hofmann, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1877, pag. 20. 

») V. Hilber, Das Tertiargebiet um Hartberg in Steiermark und Pinka- 
feld in Ungarn. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1894, pag. 393. 

*) H. Mohr, Anzeiger d. k. Akademie d. Wissenschaften 23, 1909. Bericht 
über die Verfolgung der geologischen Aufschlüsse längs der neuen Wechselbahn, 
insbesondere im großen Hartbergtunnel. 

°) H. Mohr, Denkschriften d.k. Akademie d. Wissenschaften. Bd. LXXXVIII, 


1912. Versuch einer tektonischen Auflösung des Nordostsporns der Zentralalpen, 
pag. 8. 


Lo 


[39] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 541 


„marinen“ Bildungen werde ich im folgenden Kapitel zurückkommen !). 
Es sei aber schon hier hervorgehoben, daß das Alter dieser Bruch- 
linie, wie es auch die Analogie mit den „vormarinen“ Störungen dieser 
lacustren Bildungen in der Pinkafelder Gegend erwarten läßt, wahr- 
scheinlich höher als die zweite Mediterranstufe ist. 

Die lacustren Ablagerungen am Nordostrande der mittelsteirischen 
Bucht lassen somit deutliche Anzeichen einer vormediterranen (zweiten 
Mediterranstufe), aber postlacustren (Horizont der Lignite von Pitten), 
Störungsphase erkennen. 

Dem Ostrande der Zentralalpen ist eine ziemlich kontinuierliche 

Reihe aus dem Tertiär auftauchender Inselberge vorgelagert, die mit 
der kristallinen Insel am Neusiedlersee (Gizingberg etc.) beginnen, 
sich über den Brennberg bei Ödenburg, über die Gneißrücken bei 
Pullendorf, Draßmarkt, Steinberg, Piringsdorf und Unter-Rabnitz 
zum Günser Horst verlängern und über diesen hinaus vermittels der 
paläozoischen Berge von Hannersdorf, Eisenberg und Hohensteinmais- 
berg sich bis zur Klippe von Sulz bei Güssing erstrecken. Nach 
einer Unterbrechung taucht annähernd in der streichenden Fortsetzung 
die Schieferinsel von Neuhaus -St. Georgen auf. 
N Den nordnordöstlichen Verlauf dieser Inselreihe sowie die 
Übereinstimmung desselben mit dem gleichlaufenden Randbruch des 
inneralpinen Wiener Beckens hat bereits F. Toula°) hervorgehoben. 
Vielleicht verdankt diese nordnordöstlich streichende Kette kristallin- 
paläozoischer „Horste“ ihre Ausbildung einem System von Dislokationen, 
die der Randstörung des Wiener Beckens parallel verlaufen. Da im 
Bereiche dieses Inselzuges mehrfach (z. B. in der Odenburger Gegend, 
Schieferinsel Neuhaus - St. Georgen) Sedimente vom Alter der zweiten 
Mediterranstufe 3) transgredieren, so muß die Bewegung der Haupt- 
sache nach noch vor dem Eintritt dieses Meeres stattgefunden haben. 
Da anderseits an mehreren Stellen lacustre Bildungen (Sinnersdorfer 
Konglomerat) an den Störungen *) noch Anteil genommen haben (z.B. 
am Nordrand des Günser Horstes, in dem Zuge Grodnau-Holzschlag), 
so müssen die Störungen jünger als dieselben sein. 

Es würde somit die erste Ausbildung der den Zentralalpen im 
Osten vorgelagerten Inselkette in einer Epoche nach Ablagerung des 
„Pittener“ Horizonts und vor Ablagerung der Mediterranbildungen ein- 
getreten sein, in derselben Zeit, in welcher der Einbruch des inner- 
alpinen Wiener Beckens erfolste 5). 


!) Siehe pag. 568—569. 

2) F. Toula, Über Devonfossilien aus dem Eisenburger Komitat. Verh. d. 
k. k. geol. R.-A. 1878, Nr. 3, pag. 47. 

») V.Hilber, Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark und Pinkafeld in 
Ungarn. Jahrb. d.k.k.geol. R.-A. Bd. 44, pag. 389 ff. —K. Hofmann, Jahres- 
bericht des Direktors. Verh. d. k.k. geol. R.-A. 1878, pag. 16—18. — Roth von 
Telegd, Erläuterungen zur geolog. Karte. Blatt Kismarton. Maßstab 1:75.000. 

*) V. Hilber, loc. cit. pag. 393. — K. Hofmann, Verh. d.k. k. geol. 
R.-A. 1877, Beilage, pag. 20. 

°) Die marinen Grunder Schichten scheinen stellenweise schon an diesem 
Inselzuge zu transgredieren, z. B. Ritzinger Sande bei Ödenburg. Die diese 
„Grunder Sedimente“ (Ritzinger Sande) nach Wolfs Angaben „unterlagernden“ 
u nüen Schichten (Brennberger Sande) sind gestört. Jahrb. d. k.k. geol. 

A. (07 


20% 


542 Artur Winkler. [40] 


Die gleichaltrigen lacustren Bildungen am Nordrande der Grazer 
Bucht sind, wie manche Erscheinungen anzeigen, auch noch beträcht- 
lichen Störungen ausgesetzt gewesen !). 

In der Gegend von Weiz verzeichnet schon Andrae?) ein 25° 
geneigtes Schichtfallen. 


Die sehr bedeutenden Höhenunterschiede innerhalb der „Horizonte 
der Lignite von Pitten“ in der näheren Umgebung von Graz sprechen 
ebenfalls zugunsten nachträglicher Störungen. Bei Doblbad (Graz SW), 
welcher Ort in einer Seehöhe von 350 m und hart an einem Auf- 
bruch paläozoischer Gesteine gelegen ist, wurde nach Graniggs?) 
Mitteilung ein 345 m tiefes Bohrloch in diesen Süßwassersedimenten 
abgestoßen. Das Hinabreichen der Sedimente unter das Meeresniveau, 
während in unmittelbarer Nachbarschaft das paläozoische Gestein auf- 
ragt und die bei Doblbad auftretende Therme, läßt eine jüngere Ver- 
senkung wahrscheinlich erscheinen. 


Die Bohrungen in der Mantscha, inmitten der paläozoischen 
Rücken, westlich von Graz gelegen, haben in der Tiefe von 232 m 
(tiefste Bohrung) ein Kohlenflöz angetroffen. Nach Hilbers*) Mit- 
teilung zeigten bei einer Bohrung die Schichten ein Fallen von 18 
bis 20° an’). Auch hier erscheint die große Mächtigkeit der Bil- 
dungen und ihre Tiefenlage bemerkenswert. 


Das Köflacher Revier besitzt keineswegs eine ungestörte Lagerung. 
Es erweist sich, wie schon Rolle angibt, zu einer flachen Antikline 
gestaut und von Verwerfungen durchschnitten. Besonders in seinen 
westlichen Partien treten Neigungen von 40°—50° auf. Schmied) hat 
angegeben, daß der Randbruch, welcher das Gosaubecken der Kainach 
in Südosten begrenzt, bei Voitsberg in der verschiedenen Höhenlage 
des miocänen Kohlenflözes sich äußert. 

Diese Literaturangaben lassen erkennen, daß der Horizont der 
„Lignite von Pitten“, den ich als lacustres Aquivalent der Foramini- 


!) Die Ablagerungen des Pittener Horizonts am Rande des Wiener Beckens 
haben nach ihrer Ablagerung beträchtliche Störungen und Absenkungen erlitten. Bei 
Hart (b. Gloggnitz) sind sie sogar gefaltet und saiger aufgerichtet. (H. Höfer, Bericht 
über den allgemeinen Bergmannstag, Wien, 1903). F. X. Schaffer, Mitt. d. geol. 
Gesellschaft 1909. Das Delta des norischen Flusses. 

Bemerkenswert sind auch die großen Höhenunterschiede, welche die lacustren 
Ablagerungen aufweisen. Bei Krumbach reichen sie bis 878 m hinan, bei der Paß- 
kapelle bei Aspang bis 825 m, während sie bei Hart, Leiding, Pitten etc. unter 
400 m Seehöhe hinabreichen. Dies und die sichtbaren Störungen weisen sicherlich 
auf bedeutende „nachlacustre“, vormarine Versenkungen hin. 


2) Dr. K. J. Andrae, Bericht über die Ergebnisse geognostischer Forschungen 
im Gebiete der etc. Jahrb. d. k. k. geol. R-A. 1854. 


>) DB. Granifg, loc. 'cıt. 


4) V. Hilber, Das Tertiärgebiet um Graz, Köflach und Gleisdorf etc. Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. 1893. 


5) Im Becken von Rein zeigen die Süßwasserschichten (Mineralkohlen Öster- 
reichs, pag. 109) ein Falleu von 20°—30° an den Rändern, in der Mitte ein solches 
von 5°—10°, 


6) W. Schmied, Die Kreidebildungen der Kainach. Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. 1908, pag. 231. 


[41] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs.. 543 


ferenmergelgruppe auffasse, von bedeutenden, jedenfalls großenteils vor- 
mediterranen Störungen betroffen wurde. Ob indessen diese Bewegungen 
schon vor oder während der Ablagerung der Grunder Stufe statt- 
gefunden oder begonnen haben, oder ob sie erst unmittelbar vor oder 
zu Beginn der zweiten Mediterranstufe sich ausbildeten, kann vor- 
läufig nicht beantwortet werden. 


Nach einer Angabe von Dr. Petrascheck!) sind in dem Köf- 
lacher Becken über den kohlenführenden Sedimenten Konglomerate 
gelagert, welche, da sie noch an den Störungen ersterer Anteil nehmen, 
von ihm dem tieferen Miocän zugerechnet werden. Sollten es vielleicht 
fluviatile Äquivalente der Grunder Stufe sein? 


Wenn man bedenkt, daß die Untersuchungen der letzten Jahr- 
zehnte an vielen Punkten ergaben, daß die ältermiocänen „Süßwasser- 
ablagerungen* als tektonisch eingesunkene Streifen anzusehen sind 
(zum Beispiel gefaltete und eingeklemmte Mulde von Hart, Friedberg- 
tunnel, Leoben und Tollinggraben etc.), so wird man wohl auch bei 
manchen anderen, noch weniger studierten oder weniger aufgeschlossenen 
„Süßwasserschichten“ eine tektonische Begrenzung in Rücksicht ziehen 
müssen. 


Dr. W. Petrascheck hatin einem Vortrage der Ansicht Ausdruck 
gegeben, daß die Art des Auftretens dieser Ablagerungen (häufige 
Trennung durch eine Grundgebirgsschwelle vom eigentlichen Becken) 
zur Annahme berechtige, daß dieselben als eingesunkene Streifen einer 
mehr oder minder ausgedehnten transgressiven Decke aufzufassen sind. 
Jedenfalls weisen, abgesehen von den angeführten Störungen, auch 
die großen Höhenunterschiede, welche viele „dem Horizont der Lignite 
von Pitten* zugerechnete Ablagerungen untereinander aufzeigen (zum 
Beispiel Paßkapelle bei Aspang, Krumbach bis über 900 m Seehöhe, 
daneben tiefliegende Schollen im Friedbergtunnel, bei Pitten etc. hoclı- 
gelegene Schollen am Obdacher Sattel und im Murtal, tiefgelegene 
bei Leoben ete.), daraufhin, daß stellenweise bedeutende tektonische 
Bewegungen mehr oder minder ausgedehnte Beckenlagerungen getrennt 
und in jsolier te Schollen zerlegt haben. 


Vielleicht kommt man den tatsächlichen Verhältnissen näher, wenn 
man die zahlreichen Süßwasserablagerungen am Öst- und Nordostab- 
falle der Zentralalpen samt und sonders als mehr oder weniger ge- 
trennte randliche Lagunen des Helvetienmeeres betrachtet, welches 
in der unmittelbar benachbarten Mittel- und „Untersteiermark seine 
Relikte hinterließ und zu welchem sich die lacustren Sedi- 
mente, dank Hilbers genauen Aufnahmen, vom Nordrand der 
Grazer Bucht (Weiz, Niederschöckl, Rein etc.) über Köflach und 
Voitsberg nach Schwanberg und dann über Brunn, Wies und Hardegg 
in kaum unterbrochenem Zuge bis zu den Marinreste einschließenden 
Ablagerungen von Arnfels-Leutschach verfolgen lassen. 


Ich möchte diese Annahme jener vorziehen, welche diese Ab- 
lagerungen zum Teil als fluviatile Sedimente in Alpentälern auffaßt. 


) W. Petrascheck, a Rundschau 1913, Nr. 8, Vortrags- 
bericht, pag. 354—355. 


544 Artur Winkler. [42] 


Vielleicht wird aber auch hier eine einheitliche, schematische Auf- 
fassung den Verhältnissen nicht gerecht. 


Die heutige Höhenlage vieler Süßwasserablagerungen nötigt bei 

Annahme einer dem Meeresspiegel nahegelegenen, lagunären Bildungs- 

weise letzterer zur Annahme me hebender Bewegungen 
in diesen Regionen. 


Eine solche Annahme scheint heute um so eher ausgesprochen 
werden zu können, als sich die Anzeichen von jüngeren Hebungen im 
Bereiche der Östalpen mehren. 


Prof. Kossmats Untersuchungen !) ist der Nachweis zu danken, 
daß die Karstplateaus von Görz und Innerkrain nach ihrer Ent-. 
stehung miocäne Hebungen in bedeutendem Ausmaß erfahren haben. 
Das Studium der miocänen Ablagerungen am Possruk läßt erkennen, 
daß hier die „Grunder Schichten“, die die Verbindungsbrücke zum 
zentralkärntnerischen gleichalten Meeresgebiet darstellten, heute stellen- 
weise bis zirka 800 m Seehöhe und wenn, was mir möglich dünkt, die 
Konglomerate von Oberkappel und Radl zur selben Schichtfolge gehören, 
bis über 1000 m Seehöhe hinaufreichen, also nach ihrer Ablagerung 
eine bedeutende Hebung erfahren haben. 


Dr: Kober?) hat jüngst darauf hingewiesen, daB im Bereiche der 
östlichen Alpen junge Aufwölbungen im Miocän stattgefunden haben. 
Auch Dr. Sölch?) zieht Hebungen im Bereiche der östlichen Zentral- 
alpen für die Erklärung morphologischer Verhältnisse heran. 


Diese von verschiedenen Forschern mit größerer oder geringerer 
Beweiskraft vorgebrachten Argumente zugunsten jugendlicher Hebungen 
in den östlichen Zentralalpen vermögen wohl der Auffassung von 
stattgehabten Hebungsvorgängen im Verbreitungsgebiete des Horizonts 
„Lignite von Pitten* eine Stütze zu verleihen. 


Freilich wird es noch viel genauerer Untersuchungen bedürfen, 
um ein sicheres Urteil in dieser Frage abgeben zu können. 


Ich. glaube dargelegt zu haben, daß nach Entstehung der Fora- 
miniferenmergelgruppe und äquivalenten „Süßwasserschichten* große 
tektonische Bewegungen sich geltend machten, die am Rande der süd- 
lichen Koralpe eine Hebung der lacustren Sedimente hervorriefen 
und eine gewaltige Schuttzufuhr in die gegen NO verschobene Tiefen- 
depression des Grunder Meeres einleiteten. .Senkungen im Possruk- 
gebirge eröffneten eine Kommunikation mit dem zentral-kärntnerischen 
Lavantbecken. Die übrigen lacustren Absätze in der NO- und Ost- 
abdachung der Zentralalpen lassen ebenfalls zahlreiche Anzeichen 
vormediterraner Bewegungen erkennen, die wohl zum Teil auch als 
Hebungen aufzufassen sind. ’ 


!) F. Kossmat, Der küstenländische Hochkarst etc. Verh. d. k, k. geol. 
RA: 7909, - page: Tal. 


?®) L. Kober, Mitt. d. geol. Gesellsch. in Wien 1912, pag. 475—76. 


®\ J. Sölch, Geomorphologie des steirischen Randgebirges. Verhandl. des 
18. Deutschen Geographentages in Innsbruck 1912, pag. 139. 


2 Ve 


[43] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs.. 545 


9. Kapitel. 
Die Grunder Stufe in Mittelsteiermark. 


Die „Foraminiferenmergelgruppe“ erscheint im Gebiete der 
Windischen Büheln auf der weiten Strecke von St. Egydi über 
Leutschach nach Arnfels und Groß-Klein von Konglomeraten von 
wechselnder Mächtigkeit überlagert. 

Dieser Zug mariner Konglomerate, die Strandfacies der Grunder 
Schichten (meiner Auffassung nach) enthält fast überall große 
Blöcke, welche Hilber früher als Moränenreste deutete!) und deren 
Verbreitung er mit großer Genauigkeit festgelegt nat. Sie finden sich 
besonders südlich von Gamlitz, im Gündorfgraben bei Groß-Klein, auf 
der Höhe des Karner Berges, bei Radiga, bei Arnfels, auf der Höhe 
des Remschnigg, bei Oberkappel.e. Dreger?*) hat hervorgehoben, 
daß diese Blöcke durch den Zerfall tertiärer Konglomerate ent- 
standen seien und Blaschke hat ihm beigestimmt. Nach Rolles 
und Blaschkes?) Angaben lassen sich die Konglomerate, deren Ver- 
breitung Hilber in der Umgebung von Gamlitz kartographisch fest- 
gelegt hat, noch weit nach Westen verfolgen. Rolle) gibt an, daß 
dieselben nördlich von Leutschach die höchste Erhebung, „den Kreuz- 
berg“, aufbauen und sich ostwärts bis Ottenberg und Ewitsch (Gamlitz 
Süd) bei Ehrenhausen erstrecken. Bei Gamlitz und Ehrenhausen sind 
sie mariner Entstehung; westlich hingegen „bilden die Konglomerate 
eine zusammenhängende Partie mit jenen, die zwischen Arnfels, 
Leutschach und Groß-Klein im Hangenden von Süßwassermolassen 
und Tegelschiefern erscheinen und dort wohl auch ein Absatz aus 
süßem Wasser sind“. Blaschkes Begehungen bestätigten die An- 
gaben Rolles. Der marine Charakter der Ablagerungen verliere sich 
nach diesem Autor gegen Westen ganz unmerklich. Sowohl Blaschke 
als Rolle heben die starke Störung der Konglomeratschichten hervor. 

Der Zug dieser Konglomerate fällt im großen und ganzen mit 
jener Region zusammen, in welcher Hilber die weite Verbreitung 
großer (oft über Kubikmeter großer) Blöcke nachgewiesen hat’). Am 
Karner Berge (Leutschach NO) konnte Blaschke solche bis zur Kopf- 
größe auch im Gesteinsverbande beobachten. 

„Die Bildung dieser Konglomerate entspreche wahrscheinlich 
einem mächtigen Deltaschuttkegel“ ©). 

Bevor ich auf die Beschreibung jener Profile eingehe, welche 
mich dazu geführt haben, eine Aquivalenz der Konglomerate mit den 


!) V, Hilber, Die Miocänschichten etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877, 
pag. 267—268. — Ders., Die Wanderblöcke der alten Koralpengletscher auf der 


« steirischen Seite. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1879, pag. 537. — Ders., Gletscher- 


spuren zwischen Sulm und Drau. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 364. — 
Ders., Wanderblöcke in Mittelsteiermark. Führer zum Intern. Geologen-Kongreß 
in Wien 1903, Nr. V. 

?) J. Dreger, Vorlage des Blattes Marburg in Steiermark. Fragliche Gletscher- 
spuren. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 124—126. 
) F. Blaschke, loe. eit. pag. 54. 
*) F. Rolle, loc. cit. pag. 284—285. 
°) V. Hilber, loc. eit. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1879, pag. 537. 
°) Loc. eit. pag. 54. 


w 


546 Artur Winkler. [44] 


Grunder Sedimenten (= Florianer Tegel, Gamlitzer Sand) anzunehmen, 
will ich die Verbreitung ersterer genauer begrenzen. 

Der östlichste Punkt, an dem dieselben bisher beobachtet wurden, 
liegt bei St. Egydi auf der aufragenden Kuppe mit Kote 426 (s. bereits 
pag. 523). Die steile Neigung, mit welcher die Konglomerate am 
Eeydier Bruch ausstreichen, zeigt an, daß hier nicht die einstige Grenze 
dieser Marinbildungen gelegen war. Die Konglomerate, welche hier 
eine auffallende Mauer am Abfall des Berges bilden, werden kon- 
kordant von gleichfalls gestörten Leithakalkbildungen überlagert. 
Die Mächtigkeit der Konglomerate ist nicht besonders bedeutend 
(zirka 10—20 m). Die nördliche Absenkung, welche diese durch 
den Egydier Bruch ostwärts begrenzte Scholle beherrscht, läßt auch 
die Konglomerate nordwärts absinken; wir finden sie zirka 150 m 
tiefer westlich von Ehrenhausen wieder (siehe pag. 524). 

Westlich von Egydi verschwinden sie bald, indem die auf der 
Höhe auftretende Leithakalkdecke am Platschberg unmittelbar dem 
Foraminiferenmergel auflagert. 

Nördlich vom Platschberg, am Sattel, den die Straße überquert, 
treten im Liegenden des Kalks wieder grobe Koralpenblöcke ent- 
haltende Konglomerate an der Basis hervor. Diese nehmen nordwärts 
und nordwestwärts sehr an Mächtigkeit zu. Auf der Rückenhöhe 
südlich der Ortschaft Moser sah ich in einer Schottergrube Bänke 
von Schotter mit sandigem Schotter, Sanden und schiefrigen Sand 
wechsellagernd. Große Blöcke von Glimmerschiefer und Crinoiden- 
kalk fanden sich in dem Sediment eingebettet. 

Nach Hilbers Aufnahmen bauen die Konglomerate in einer 
Mächtigkeit von mehreren Iıundert Metern das Gehänge auf, welches 
sich zwischen Steinberg und Urlkogel gegen Gamlitz absenkt. Zwischen 
beiden Erhebungen gelang es Hilber, wie ich einer schon während 
des Druckes dieser Arbeit mir zugegangenen Publikation !) entnehme, 
marine Versteinerungen bei Ratsch in der große Blöcke führenden 
Konglomeratablagerung aufzufinden. 

Wenn man die rasche Mächtigkeitsabnahme in den marinen Kon- 
elomeraten auf der Strecke Urlkogel— Steinberg—Platsch betrachtet, 
wobei die gleichaltrigen Sedimente in der Richtung von NW nach SO 
von einer mehrere hundert Meter betragenden Mächtigkeit auf wenige 
Meter herabsinken und lokal sogar auskeilen, wenn man bemerkt, daß 
sie hiebei in gleicher Weise überall von Leithakalk überlagert sind, so 
wird man zur Annahme größerer primärer Schwankungen in der 
Mächtigkeit dieser Ablagerungen geführt. Wenn man weiter berück- 
sichtigt, daß südwärts der Linie Steinberg—Platsch—St. Egydi bis 
an die Drau bei Marburg nirgends Konglomerate mehr hervortreten 
und auch an den hier in Betracht kommenden Teil des Possrukrandes - 
(zwischen St. Georgen—Ober-St. Kunigund—Leutschach und Marburg) 
„keine“ Konglomerate mehr zutage treten, sondern die „Foraminiferen- 
mergelgruppe“ ohne jüngere Sedimentbedeckung obertags sichtbar 
ist, so gelangt man zur Ansicht, daB hier ein Auskeilen der 


') V. Hilber, Die rätselhaften Blöcke etc. Seperatabdruck aus den Mit- 
teilungen des naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark 1913. 


[45] Untersuchungen z. Geologie u, Paläontologie des steirischen Tertiärs. 54% 


„Grunder Konglomerate“ an ihrer Strandlinie wahrzu- 
nehmen ist. Die rasche Mächtigkeitsabnahme erscheint aus einer 
Anlagerung der Sedimente an die Küste vollkommen verständlich. 

Die Strandlinie des konglomeratischen Grunder Meeres zeigt 
demnach gegenüber dem „Foraminiferenmergelmeer“ eine bedeu- 
tende Regression am Öst- und Nordostabfall des Possruks an. 

Dieser steht die Ausbildung der jedenfalls durch gleichzeitige 
Senkungen sich vertiefenden Depression zwischen dem Nordabfall des 
Possruks und dem Sausalgebirge gegenüber. 

Wie ferner die „Grunder Konglomerate* am NO- und O-Abfall 
des Possruks regredierten, so läßt sich eine Transgression dieses 
Meeres am Nordabfall desselben Gebirges erkennen. 

Es sind die „Konglomerate*, welche hier in analoger Facies- 
ausbildung“ stellenweise noch zu bedeutenden Seehöhen (über 800 m) 
im Remschnigzuge hinaufreichen. Der unmittelbare Zusammenhang 
mit dem übrigen Konglomeratgebiet und die Faciesausbildung der 
Sedimente läßt wohl auch hier keine andere denn marine Entstehung 
zu, obleich Fossilreste noch nicht aufgefunden wurden. 

Ob und inwieweit die noch weiter westlich gelegenen Radl- 
konglomerate hierherzuzählen sind, kann noch nicht sicher beant- 
wortet werden. 

Das ausgedehnte Konglomeratgebiet zwischen Saggan und Mur 
erscheint westwärts jedenfalls tektonisch gegen die auftauchenden 
Süßwasserschichten von Eibiswald begrenzt. Zwischen Radiga und 
Groß-Klein überschreitet es nordwestwärts den Saggaufluß, um über 
das Gebiet des Birkkogels und Burgstalls in die Verbreitungsregion 
der sandig-tegeligen Grunder Facies von St. Andrä im Westen des 
Sausals überzugehen. 

Ich schreite nun zur Besprechung jener beiden Gebiete, in 
welchen der Ubergang der Konglomeratfacies in die normale, sandig- 
tegelige Grunder Facies sichtbar wird. 

Das erste derselben liegt in der Umgebung von Gamlitz. 

Ich habe bereits früher ausgeführt, daß die von Kote 426 bei 
St. Egydi absinkenden Konglomeratbänke bei Ehrenhausen wieder her- 
vortreten. Ihre analoge stratigraphische Position (im unmittelbaren Han- 
genden der „Foraminiferenmergel* und im Liegenden des Leithakalks) 
sowie ihre Beschaffenheit läßt die Identität mit dem Konglomeratzug von 
St. Egydi (siehe vorher pag. 545) annehmen. In dem der Mühle gegen- 
übergelegenen Aufschluß sind im unmittelbaren Liegenden des Leitha- 
kalks sehr unregelmäßig geschichtete, mit Diskordanzen versehene 
Schotter aufgeschlossen, die wohl das Hangende der jenseits sichtbaren 
Konglomeratbänke darstellen und den Übergang der „Konglomeratstufe“ 
zum Leithakalk vermitteln. Nach Hilbersund Rolles Untersuchungen 
zeigen sich die Konglomerate, deren marine Bildungsweise durch 
Fossilfunde festgelegt werden konnte, in der Umgegend von Gamlitz 
sehr verbreitet), indem sie hier insbesondere das südlich des Tals. 
gelegene Gehänge aufbauen. Ihr Fallen ist gegen Nord gerichtet. Für 
die Altersdeutung dieser Konglomerate erscheinen mir die Verhältnisse 


1,.V. Hilber,.loc. cit. pag.-251 ff. 
Jahrbuch d. K. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) zit 


548 Artur Winkler. [4 6] 


beim Kohlenbau des Labitschberges (Gamlitz NW) von Bedeutung. 
Diese kleine Kohlengrube hat in der Literatur schon mehrfach Er- 
örterung gefunden). 


Das Hangende der unmittelbar bei der Kohlengrube aufge- 
schlossenen Schichten bilden mehrere Meter mächtige Konglomerat- 
bänke, ganz vom Typus jener von St. Egydi-Ehrenhausen. 


Mit dem Konglomerathorizont wechsellagernd und insbesondere 
im unmittelbarsten Liegenden desselben lagert ein grüner, sandiger 
Tegel erfüllt mit einer reichen marinen Fauna. Nach Hilber und 
Stur entspricht sie dem Grunder Niveau. Meine Begehungen in der 
Umgebung des Kohlenbaus haben mir den Gedanken nahegelest, daß 
eine Trennung der Konglomerate von den fossilführenden Tegeln 
kaum durchführbar ist, da die cerithienreiche Bank unmittelbar und 
konkordant von der ersten Konglomeratlage überdeckt ist und diese 
Schotterbänke überdies nochmals eine Einlagerung von fossilführenden 
Grunder Schichten enthalten, wie schon Hilber und später Blaschke 
angegeben haben ?). 

Am Labitschberg sind also fossilführende Grunder Schichten und 
Konglomeratbänke durch Wechsellagerung und unmittelbaren Über- 
gang verbunden; sie sind daher meiner Ansicht nach als annähernde 
zeitliche Aquivalente zu betrachten. 


Der mächtige Konglomeratzug, welcher bei Gamlitz, Ehren- 
hausen, St. Egydi ete. verbreitet ist, stellt demnach nur die küsten- 
nahe Strandfacies des Florianer Tegels (Grunder Schichten des 
Sausalgebiets) dar. In der Gegend von Gamlitz liegt die Region, in 
welcher die Verzahnung der beiden Faciesbezirke sich vollzieht und 
in welcher neben den grobklastischen Strandbildungen geringmächtige 
Lagen von fossilführenden „Grunder Sedimenten* auftreten. 


Im Liegenden der fossilführenden Lage ist, unmittelbar an 
letztere gebunden, die Kohle entwickelt. Gegenwärtig ruht der Abbau 
und sind die Stollen großenteils verschüttet. Das Erscheinen des übrigens 
wenig ausgedehnten Kohlenflözchens, das auch Säugetierreste beherbergt, 
erscheint als autochthone Randbildung an dem südlichen Strand des 
mittelsteirischen Grunder Meeres vollkommen verständlich. Ubrigens 
enthalten sowohl der Florianer Tegel, als auch die benachbarten Kon- 
glomerate zwischen Gamlitz und Leutschach häufig Kohlenschmitzen °). 
Ich fasse daher das Kohlenflöz des Labitschberges als zu den Grunder 
Schichten gehörig auf. 

Südwärts des Gamlitzer Tals erscheinen, wie Hilber angibt, die 
Konglomerate in größerer Mächtigkeit entwickelt). „Man nähere sich 
hier der einstigen Strandlinie, von welcher aus die Aufschüttung des 
Sedimentmaterials erfolgte.“ 


!) D. Stur, loc. eit. pag. 559—561. — V.Hilber, loc. cit. pag. 252—257. 
'— R. Hoernes, Bau und Bild etc. pag. 952. -—- F. Blaschke, loc. cit. pag. 54—55. 

?) Loc. eit. pag. 256 und loc. cit. pag. 55. 

®) V. Hilber, Die Miöcänablagerungen um das Schiefergebirge zwischen 
den Flüssen Kainach und Sulm in Steiermark. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1878, 
pag. 5ll. — F. Blaschke, loc. eit. 

*# V. Hilber, Die Miocänschichten etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1877. 


[47] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 549 


Ganz im Einklang mit der oben gegebenen Erklärung sehen wir 
hier die Grunder Schichten nur in grobklastischer, sandigkonglo- 
meratischer Facies ausgebildet, deren Mächtigkeit naturgemäß gegen- 
über jener am Labitschberg zugenommen hat. 

Die Gleichstellung der marinen Konglomerate mit dem Grunder 
Horizont verweist die die ersteren unterlagernden, mächtigen Fora- 
miniferenmergelsedimente in ein tieferes Niveau. 

Es liegen also auch in den Windisch-Büheln Gründe vor, welche 
dafür sprechen, daß der „Foraminiferenmergel“ die Grunder Schichten 
(resp. die als ihre Aquivalente betrachteten Konglomerate) unterlagere. 
Wenn man die mächtigen nach Nord absinkenden Schlierbildungen süd- 
lich von Ehrenhausen und Gamlitz betrachtet, so erscheint es klar, daß 
auch das Grunder Flöz des Labitschberges noch von einer sehr 
mächtigen Serie mariner Schlierbildungen unterteuft werden dürfte; 
sie sind bei diesen Ortschaften bereits unter das Talniveau hinab- 
gesunken. Das Kohlenflöz des Labitschberges erscheint demnach als 
Einschaltung innerhalb einer mächtigen, marinen Schichtfolge. 

Gegen die bisherige Annahme einer stratigraphischen Äquivalenz 
vom „Foraminiferenmergel“ und Grunder Schichten (Florianer 
Tegel) lassen sich noch andere Gründe ins Treffen führen. Es wäre 
sehr eigentümlich, daß die beiden abweichenden Faciesbezirke (im 
Sinne von Hilber und Stur), der sehr fossilreiche Florianer Tegel 
(Gamlitzer Tegel) und der fossilarme mittelsteirische Foraminiferenmergel 
räumlich fast unmittelbar aneinander grenzen. Die Grunder Schichten 
sind noch bei Gamlitz als sehr fossilreiche Ablagerung entwickelt. 
Hilber und Stur haben von hier allein 34 Spezies fossiler 
Mollusken beschrieben. 

An Stelle dieser treten nun schon zirka 5 km südlich und süd- 
östlich die ganz andersartig entwickelten von Rolle, Stur, Hilber, 
Blaschke, Dreger und dem Autor als sehr fossilarm erkannten 
Foraminiferenmergelsedimente in großen Aufschlüssen zutage. Während 
nun die mittelsteirischen Grunder Schichten mit großer Konstanz ihrer 
faunistisch-faciellen Entwicklung — die acephalenreiche Hangend- 
schicht und die cerithienreiche Liegendschicht ist an vielen Punkten 
nachgewiesen — in der Umrandung des Sausalgebiets nordwärts bis 
zum Kainachfluß sich ausbreiten, erscheinen die „Foraminiferenmergel“ 
nicht nur im Gebiete der „Windischen Büheln“ bis Marburg ver- 
breitet; denn sie finden sich in gleichartiger facieller Ausbildung auch 
in Untersteiermark vor. 

Das unmittelbare und unvermittelte Herantreten dieser beiden 
Faciesbezirke (typische Grunder Schichten von Gamlitz, „sicherer“ 
Schlier [= Foraminiferenmergel] von Spielfeld) spricht „ nicht“ zugunsten 
einer stratigraphischen Äquivalenz derselben. 

Stur und Hilber!) haben es für möglich gehalten, daß der 
Florianer Tegel am Rande der Bucht im seichten Wasser, der Schlier 
hingegen im tieferen Wasser zum Absatz gelangte ?). Diese Annahme 
steht damit nicht in Einklang, daß die Foraminiferenmergel am Öst- 


ı) V. Hilber, Das Alter etc. Mitt. d. geol. Ges., 1908, pag. 74. 
2) V. Hilber, loc. cit. pag. 74. — D. Stur, Geol. d. St., pag. 515. 


als 


550 Artur Winkler. [48] 


abfall des Possruks gerade als Strandbildungen hervortreten, indem 
sie diesen Gebirgszug umsäumen. 

Es sprechen also sowohl die beobachteten Lagerungen, als auch 
die faciellen Verhältnisse dafür, daß in Mittelsteiermark der Fora- 
miniferenmergel die Grunder Schichten unterteufe, daß er also eine 
eigene, tiefere Abteilung des Miocäns bilde. 

Analoge Verhältnisse wie am Labitschberg stellen sich weiter 
westlich im Bereiche der eigentlichen Florianer Bucht ein. Im süd- 
lichen Teil derselben in der Umgebung von Groß-Klein befindet man 
sich noch im Bereiche der mächtigen Konglomeratregion, die das 
Hügelland zwischen Saggau und Mur aufbaut. Es macht jedoch den 
Eindruck, als nehme die Größe der Geröllkomponente gegen Groß- 
Klein ab. Im Aufstieg zum „Burgstall“ (südlichsten Ausläufer des 
Sausalgebirges) sehen wir noch die typischen Konglomerate am rechten 
Ufer der Sulm auftreten. Unmittelbar gegenüber in gleicher orogra- 
phischer Lage erscheint das Hügelland bereits aus fossilführenden 
vorzüglich sandigschottrigen Grunder Schichten aufgebaut. 

Schotter und Konglomerate treten auch dort, und zwar sowohl 
im Hangenden und Liegenden der fossilreichen sandigtegeligen Lagen 
hervor. 

Ich will jene Punkte anführen, an welchen ich dieselben antraf. 
Konglomerate mit über nußsroßen Geröllen konnten einerseits im 
Fantschholz (Gleinstätten Nord), anderseits in sehr großer Ausdehnung 
am Rettenberg, am Abhang beim Gehöft Klein-Reith (Mächtigkeit 
30—40 m) mit Sanden wechselnd wahrgenommen werden. Diesen 
tieferen sandigkonglomeratischen Teilen der Schichtfolge in der 
Sausalbucht erscheint ein Wechsel von Sanden, Tegeln und Mergeln 
aufgelagert, welcher nach oben hin wieder eine Konglomerat- und 
Schotterdecke trägt. Sehr feste Konglomeratbänke, ähnlich denen im 
Saggaugebiet, bemerkte ich auf der Kuppe K. 390. bei Fantsch, 
wenige Meter über einer reichlich Grunder Fossilien führenden 
Schicht. Mächtige Schotterablagerungen in großen Gruben erschlossen 
lassen sich auf der Rückenhöhe östlich von St. Andrä wahrnehmen. 

Auch die Fossilien in dieser „Florianer Facies* erscheinen keines- 
wegs nur in tegeligen Lagen, die hier nur sehr spärlich auftreten, 
sondern auch in sandigen Partien. 

Diese angegebene Schichtfolge scheint Sturs unterem Sand, 
Florianer Tegel und oberem Sand zu entsprechen. 

Ich glaube, daß diese Angaben genügen, um den Schluß ableiten 
zu können, daß im südlichen Verbreitungsgebiet des sogenannten 
Florianer Tegels in der Umgebung von Fantsch und St. Andrä über- 
wiegend sandige Sedimente, im Hangenden und Liegenden von Kon- 
glomeraten und Schottern begleitet, entwickelt sind. 

Wir sehen in diesem Gebiete die Übergangsregion von dem durch 
seine ungemein grobklastische, konglomeratische Beschaffenheit aus- 
gezeichneten Grunder Ablagerungen zwischen Saggau und Sulm zu 
dem im Norden (Gegend von St. Florian) gelegenen Verbreitungsgebiet 
tegeliger Ablagerungen, 

Der Zug der Grunder Konglomerate erstreckt sich, wie schon 
angegeben, südwärts und südwestwärts bis in die Region von Leutschach 


‘ 


[49] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 551 


und Arnfels. Die Straße, welche über den Karnerberg von Ehren- 
hausen nach Leutschach führt, entblößt an mehreren Stellen die sehr 
mächtige Folge von Konglomeraten und Schottern mit untergeord- 
neten Sand- und Tegelleisten, Hie und da finden sich, wie schon 
Blaschke angab, Kohlenschmitzen eingeschaltet, welche der Ana- 
logie mit dem "Kohlenflöz des Labitschberges halber besondere Er- 

wähnung finden mögen. Die Schichten zeigen sich meist von Ver- 
würfen “durchsetzt. “Das Streichen ist vorherrschend gegen NO, das 
Fallen gegen NW gerichtet. 

Ein sehr interessantes Profil, welches beim Hause nördlich „P* 
von „Pettauer* der Spezialkarte sichtbar ist, ist in Fig. 2 dargestellt. 
Der Wechsel von Konglomeraten und Sanden mit Sandsteinbänken ist 
bei steiler Fallrichtung von einer beinahe horizontal verlaufenden 
Verschiebungsfläche durchsetzt. Ich denke mir diese eigentümliche 
Bildung in der Weise entstanden, daB das horizontal selagerte Schicht- 


Aufschluß an der Straße Leutschach—Karnerberg. 


1 Feste Sandsteinbank. — 2 Sande und schiefrige Sande, — 3 Konglomerate. 
4 Schotter. — 5 Schieferton. 


paket zunächst von einem Verwurfe durchsetzt wurde und erst nach- 
träglich eine steile Aufrichtung der Sedimente stattfand. Durch letztere 
Bewegung wurde sodann die früher mehr oder minder vertikal ver- 
laufende Ruptur in eine fast horizontale Lage gebracht. 


Der Rücken, der von der Höhe des Karner Passes zum Wurzen- 
berg (552 m) hinaufführt, gibt einen instruktiven Einblick in den 
Aufbau der Konglomeratserie. Auf der Kuppe östlich „B* von „Karner 
Berg* der Spezialkarte war in einer Grube eine Wechsellagerung 
von Sanden, Konglomeraten, welche großes Blockwerk führten, und 
schiefrigem Sediment sichtbar. 


In letzterem fanden sich nebst zahlreichen Blattabdrücken „marine“ 
Conchylien. Durch diesen Fund, an welchen sich später noch mehrere 
andere anreihten, war auch für die Gegend von Leutschach der marine 
Charakter der blockführenden Konglomerate erwiesen. 


Auf der Kuppe nördlich „t“ von „Finsterl“ der Spezialkarte fand 
sich eine Wechsellagerung von blaugrauem Sandstein mit Konglome- 
raten, Fließwülsten aufweisenden Sandsteinen und Schotterbänken. 

Der Schotter enthielt unter anderem Grödner Sandsteine, 
Granatglimmerschiefer und Amphibolite. 


552 Artur Winkler. [50] 
Der Wurzenberg und die ihm südlich vorgelagerten Kuppen er- 
scheinen ausschließlich aus der Konglomeratserie aufgebaut. 

Im Abstieg gegen Südosten war beim Punkte „L“ von „Lubeberg“ 
der Spezialkarte ein interessanter Aufschluß sichtbar. Im Liegenden 
der in einer Mächtigkeit von mehreren Metern erschlossenen Kon- 
glomerate, Schotter und Sande ist eine ziemlich mächtige Folge von 
blaugrau verwitternden, sandigglimmerigen Mergeln sichtbar. Die von 
kleinen Sprüngen durchsetzte Schichtfolge zeigt ein mit 300 NW ge- 
richtetes Fallen. (Siehe Textfigur 3, pag. 554.) 

Die Schichten, welche das Aussehen eines etwas sandigeren 
Foraminiferenmergels aufwiesen, enthielten guterhaltene Blattabdrücke. 
Im Abstieg zum Gehöfte Striegel treten im Liegenden der Mergel 
nochmals Konglomerate hervor, abermals von zirka 15 m mächtigen 
Mergeln unterlagert. Unmittelbar unter letzteren sind wieder Konglo- 
merate sichtbar, größere Blöcke enthaltend und von Sprüngen durch- 
setzt. Erst im Liegenden letzterer erscheint jene hier sehr mächtig 
entwickelte (mehrere 100 m) Folge von Mergeln und feinsandigen Mergeln, 
die vorzüglich als Aquivalent der „Foraminiferenmergelgruppe“ be- 
trachtet werden muß (siehe pag. 529). 

Es ergibt sich aus diesen Beobachtungen, daß die marine Fora- 
miniferenmergelgruppe mit den hangenden Marinkonglomeraten mehr- 
fach durch Wechsellagerung im Niveau der Überlagerung verknüpft 
ist. Dennoch zeigen die mehrere hundert Meter mächtige Entwicklung 
reiner Mergelbildungen im Liegenden und die ebensoviel zu 
beziffernde Mächtigkeit der Konglomeratbildungen im Han- 
senden an, daß beide Ablagerungen keineswegs derselben Bildungs- 
epoche angehören. Es findet bloß eine Verzahnung der Sedimente 
an der Uberlagerungsgrenze statt. 

Bei weiterem Abstieg auf dem Rücken erreicht man beim Gehöft 
Rositsch (Kuppe mit Kote 467) die Verwerfung, welche bereits pag. 528 
erwähnt wurde. Infolge der Senkung ist noch eine Konglomeratpartie 
an der Störungslinie erhalten. Daß es sich hier keineswegs um eine 
Einlagerung in der Foraminiferenmergelgruppe handelt, geht nicht nur 
aus der steilen und abweichenden Neigung der Konglomeratbänke 
(Fallen 40° SO), sondern auch aus dem unmittelbaren Abstoßen der- 
selben an den mächtigen Mergeln und den morphologischen Verhält- 
nissen hervor. 

Zur genaueren Kenntnis des Konglomeratkomplexes wurde eine 
Untersuchung des Profils Leutschach—Groß-Klein durchgeführt, das 
fast ausschließlich im Bereiche der Konglomeratbildungen verbleibt. 

Im Aufstieg von Leutschach gelangt man nach Durchquerung 
des „marine“ Fossilien enthaltenden Komplexes von grauen Sanden, 
welcher noch der Foraminiferenmergelgruppe zugerechnet wurde, bei 
der Kuppe nordwestlich „s* von „Zellweis“ der Spezialkarte zu den 
ersten Konglomeratlagen. In grauen, tonigen Sanden, welche mit 
den Konglomeraten und Schottern wechsellagern, fanden sich Bruch- 
stücke von Pecten. 

Das Streichen der Ablagerung war NNO, das Fallen West ge- 
richtet. Im Anstieg zu Kote 489 sind ausschließlich Konglomerate 
mit sandigen Zwischenlagen, letztere marine Bivalven führend, sichtbar. 


[51] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs.. 553 


In der kleinen Einsattlung zwischen Kote 489 und der nörd- 
lichen Kuppe ist eine Konglomeratbank bemerkbar, ganz erfüllt mit 
guterhaltenen Turritellengehäusen. Wie um alle Zweifel an der 
marinen Entstehung des Konglomerats selbst zu lösen, fanden sich in 
demselben diese marinen Schaltierreste lokal in großer Menge 
aufgehäuft vor. 


Die Anhöhen, auf welchen die Gehöfte Mohri und Kreuzhammer 
(Kote 560) gelegen sind, sind aus mächtigen Konglomeratbänken auf- 
gebaut. Der Abstieg von dortin den tief eingeschnittenen Gündorfgraben 
führt ausschließlich über Konglomerat. In dem westlichen Seiten- 
graben fanden sich inmitten der bis über Kubikmeter große Blöcke 
führenden Schichten „Austernbänke“ eingelagert. Die Schichten 
zeigten ein flaches, gegen ONO gerichtetes Fallen und waren von 
Sprüngen durchsetzt. 


Der Gündorfgraben läßt in seinem zirka 5 km langen Verlauf 
selbst an seiner Basis „nur“ die Konglomeratschichten hervor- 
treten, deren Mächtigkeit wohl mindestens auf 3—400 m veranschlagt 
werden muß. 

War das Streichen zwischen Leutschach und der Kuppe Kote 
560 (bei Mohri) sehr konstant NS (Fallen West) gewesen, so zeigt es 
sich im Gündorfgraben von großer Veränderlichkeit. Vielleicht steht 
dies mit der Annäherung an das auftauchende Grundgebirge des 
Sausals im Zusammenhang. Verwerfungen von geringer Sprunghöhe sind 
zahlreich zu beobachten. Vor der ersten Mühle (talabwärts) maß ich 
Streichen NNO, Fallen 30° OSO. Weiterhin wurde Streichen NNW, 
Fallen WSW 20° gemessen. Bei der nördlichsten Mühle im Graben 
waren fast saiger stehende Bänke im Bachbett sichtbar. 


Diese Angaben lassen erkennen, daß die Konglomerate in 
typischer Ausbildung und sehr bedeutender Mächtigkeit bis GroB- 
Klein, mehrfach durch Fossilien als marine Ablagerungen erwiesen, 
verfolgt werden können. 

Sie setzen aber auch nordwestlich über das Saggautal hinüber, wo 
sie in der Umrandung des (paläozoischen) Burgstalls und am Birk- 
kogel bei Radiga sichtbar sind. Sie führen hier in das Verbreitungs- 
gebiet der fossilreichen Grunder Schichten von St. Andrä. 

Das ganze Ostgehänge des Saggautals zwischen Groß-Klein und 
Arnfels wird von der „Konglomeratserie* aufgebaut. 

Zwischen Arnfels und Leutschach tritt sie südwärts auf das 
Gehänge des Possruk und Remschniggzuges über. SW von Leutschach 
wird die Kuppe Hoheneck (K. 537) von der „Konglomeratserie* auf- 
gebaut, die hier unmittelbar über das jungpaläozoische Grundgebirge 
transgrediert. 


Im Liegenden sind gelbbraune Sande und feste Sandsteinbänke 
sichtbar, über welchen mächtige Konglomerate mit mesozoisch- 
paläozoischen Kalkgeröllen, viel Quarzporphyrgeröllen und anderen 
Einschlüssen gelagert sind. 

Ein solcher Wechsel plattiger, fester Sandsteinbänke mit mäch- 
tigen Konglomeratlagen, ONO fallend, baut auch die westlich folgende 
Kuppe des Montehügels (K. 625) auf. 


554 Artur Winkler. [52] 


Paläozoisches Grundgebirge taucht westwärts darunter hervor. 
Jedoch erscheint es höher oben nach dem Gehöfte Leber bei K. 684 
abermals von Konglomeratbänken überdeckt, die hier Streichen WNW, 
Fallen SSW 20° zeigten. Als Lesestücke lassen sich die Konglomerate 
auf dem Remschniggkamm weiter verfolgen. Indessen wird dieser 
nunmehr von paläozoischen (Verrucano etc.) Sedimenten aufgebaut, 
deren arkosenführende Lagen älteren Forschern Schwierigkeiten in 
der Abtrennung vom Miocän bereiteten. 


Fig. 3. 


Marine Konglomerate, unterlageıt von Mergeln am Südabhang des Lubeberges, 
(Leutschach NO) mit Verwerfung. 


Nach einer Photographie von Herrn cand. geol. R. Jäger. 


Wir sehen somit, daß die zweifelsohne marinen Konglomerate 
als Sedimentdecke am Remschniggkamm fast 700 m Seehöhe 
erreichen. Ich glaube, daß derselben „Grunder Folge“ wenigstens 
zum Teil auch noch jene Konglomerate zuzuzählen sind, die, 
wie schon die eben beschriebenen, als Radlkonglomerate bezeichnet 
werden und noch 100—200 m (und etwas darüber) über jene am 
Remschniggrücken emporreichen. Solch hochgelegene Konglomerate, 
mit dem gleichartigen Blockschutt wie überall versehen, konnteDreger!) 
bei ‚ Ober-Kanpel und St. Pankratius in sehr bedeutenden Seehöhen 


!) J. Dreger, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1903. Fragliche Gletscherspuren. 


[53] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 555 


(um 900 m) beobachten. Ebensolche sind im westlich anschließenden 
Radelzuge schon von Rolle eingehend beschrieben worden. 

Betrachten wir die Verbreitung des Konglomeratzuges, so er- 
kennen wir, daß er in ununterbrochenem Verlauf von der Mur bei 
Ehrenhausen und St. Egydi über Gamlitz, Leutschach und Arnfels 
auf dem Remschniggzuge und von hier über Ober-Kappel und St. Pan- 
kratz bis in das Radlgebirge ? verfolgt werden kann. Man ist dort 
schon der kärntnerischen Grenze nahegekommen; jenseits der 
vom Draudurchbruch durchsägten Schwelle zwischen Bacher und 
Possruk lagern bereits die „marinen“ Grunder Schichten des zentral- 
kärntnerischen Lavanttals. Da letztere sowohl stratigraphisch als fau- 
nistisch sich eng an die mittelsteirische Grunder Facies (Florianer 
Tegel, Pölser Mergel) anschließen und da auch eine Kommunikation 
mit dem untersteirischen Miocänmeer (etwa über die Windischgrazer 
Senke) ausgeschlossen ist !), muß die Verbindung dieses Meeresbeckens 
über die Depression zwischen südlicher Koralpe und Bacher Gebirge 
mit dem mittelsteirischen Miocängebiet stattgefunden haben. 


Wir werden so dazu geführt,in den hochgelegenen 
Grunder Konglomeraten am Remschnigg (und den noch 
höher gelegenen am Radl?) die durch die Erosion stark 
zerstückelte und hochgehobene Verbindungsstrecke 
zwischen dem mittelsteirischen und zentralkärnt- 
nerischen Grunder Becken zu sehen. 

Auf die Bedeutung der tektonischen Bewegungen, welche diese 
verbindende Brücke zerstört haben, werde ich im nächsten Kapitel 
zurückkommen. 

Die Grunder Konglomerate lagern bei Arnfels den unter ihnen 
emportauchenden Süßwasserschichten bei- Hardegg auf. Die Westgrenze 
‘des Konglomeratgebiets zwischen Arnfels, St. Johann und Radiga im 
Saggautal entspricht jedenfalls nicht der Grenze ihrer einstigen Ver- 
breitung. Sie erscheint wohl durch eine tektonische Erscheinung 
(Senkung) bedingt. 

An der Westseite des Sausalgebirgrückens erreichen die Grunder 
Schichten oberflächlich (bei St. Andrä und St. Florian) weite Ver- 
breitung, indem sie einen mehrere Kilometer breiten Streifen. entlang 
desselben einnehmen (siehe vorher). Es mag genügen, auf die von 
Hilber, Stur und Rolle ausgebeuteten, reichen Fossilfundpunkte 
von Fantsch, St. Andrä, Michelgleinz, Weniggleinz, Neudorf, Wald- 
schach, Zehndorf, Lassenberg, Guglitz, Nassau und St. Florian hin- 
zuweisen ?). Westlich dieser Zone von Florianer Tegel taucht darunter 
der Sand von „Hasreit* hervor, der nach Sturs Angabe bis an den 
Alpenrand bei Landsberg und Schwanberg heranreicht®). Es muß noch 
betont werden, daß gegenüber Sturs Darstellung in der Geologie der 
Steiermark (Karte!) die marinen Sedimente im südwestlichen Teil der 


!) Es fehlen in der angrenzenden Untersteiermark jenseits der Windisch- 
grazer Senke Sedimente, welche den Grunder Schichten gleichzustellen wären. 
Außerdem reicht auch hier ein trennender Gebirgswall bis über 900 m Seehöhe auf. 


?) V. Hilber, Die Miocänschichten etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1878. 
®) D. Stur, Geologie der Steiermark, pag. 553—559. 
Jahrbuch d. K. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 723 


556 Artur Winkler. [94] 


Sausalbucht eine geringere Verbreitung besitzen, als dieser Forscher 
angenommen und auf seiner Karte zum Ausdruck gebracht hatte. 
Radimskys!) Aufnahmen im Wieser Revier haben ergeben, daß 
östlich von Wies, Schwanberg und Eibiswald lacustre Sedimente an 
Stelle der von Stur eingezeichneten marinen Bildungen sich ausbreiten, 
welche erstere fossilführend (Pflanzenreste!) besonders bei Pitschgau, 
Brunn und Pölfing verbreitet sind. 

Das Verbreitungsgebiet des Florianer Tegels findet nördlich des 
Sausals seine Fortsetzung in der Gegend von Wildon an der Mur, bei 
Weitendorf und Pöls. An ersterem Punkt konnten Hilber?) und 
Dreger am Kontakt mit dem dort auftretenden Basalt fossilführende 
Marinschichten nachweisen, während an letzterem der sehr petrefakten- 
reiche „Pölser Mergel“®) (nach Hilber ein Hangendniveau der 
Grunder Schichten) zutage tritt. 

NW des Sausalgebietes breiten sich, anschließend an die er- 
wähnten Vorkommen, die Grunder Schichten bei Oisnitz aus, die 
nach Hollers®) Studien zahlreiche Fossilfundpunkte aufweisen 
(Wetzelsdorf, St. Joseph etc., darunter Rostellarientegel). Vielleicht 
wird es sich auch ergeben, daß die versteinerungsarmen, sandigen 
Schichten, die bei Stainz bis an den Alpenrand herantreten, der 
Grunder Stufe zuzuzählen sind’). 


Ich wende mich der nördlichen Verbreitungsgrenze der Grunder 
Schichten zu. Aus der Gegend von Oisnitz (Stainz NW) breiten sich 
die Grunder Schichten ostwärts bis in die Gegend von Wildon aus 
(Pöls, Weitendorf). Ostlich der Mur treten die Grunder Schichten 
infolge jüngerer Uberdeckung nicht mehr zutage. Erst in dem Erup- 
tivgebiete von Gleichenberg (Oststeiermark) konnte Dr. v. Fleisch- 
hacker‘) in den Höhenzügen südlich des Kurortes (Wirberge ?) 
„Grunder“ Fossilien auffinden, die zweifelsohne einer in den Tuff 
dieses Berges eingeschlossenen, aus der Tiefe mitgerissenen Scholle 
entstammten. Dieses Vorkommen läßt vermuten, daß ein ausgedehnter 
Raum Oststeiermarks an der Basis Grunder Sedimente tragen dürfte. 

Es wäre zu erwarten, daß die Grunder Schichten, die bei 
Wildon unter Leithakalken und sarmatischen Schichten nord- und ost- 
wärts hinabtauchen, am Nordrand der Grazer Bucht (Alpenrand) wieder 
zutage treten. Indessen sind in der weiten Strecke zwischen Graz— 
Weiz—Hartberg und Friedberg nirgends marine Schichten bekannt- 


!) V. Radimsky, Das Wieser Bergrevier. Klagenfurt 1875. 


?) V. Hilber, Basaltlakkolith von Weitendorf. Zentralblatt f. Min., Geol. u. 
Pal. 1905, pag. 535. -- J. Dreger, Alter d. Weitendorfer Basalts. Verh. d. k. k. 
geol. R.-A. 1902, pag. 218. 


°, V. Hilber, loc. eit., pag. 533 ff. — R. Hörnes, Bau u. Bild d. Ebenen. 

*) A. Holler, Über die Fauna der Meeresbildungen von Wetzelsdorf bei 
Preding in Steierm. Mitt. d. naturw. Ver, f. Steierm., Jahrg. 1899. 

°) Stur und Hilber rechneten sie dem „oberen Sand“ zu, welcber Horizont 
von Stur mit dem Florianer Tegel enger vereinigt wurde, während Hilber mehr 
der Ansicht zuneigt, daß er als Basalbildung der zweiten Mediterranstufe zu be- 
trachten sei. 


©) Dr. R. v. Fleischhacker, Das Vorkommen mariner Fossilien bei 
Gleichenberg. Verl. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 53. 


u en a 


[55] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs.. 557 


geworden!). Diese Erscheinung läßt nur die Deutung zu, daß die 
Grunder Schichten und die zweite Mediterranstufe nicht bis an den 
Nordrand der Grazer Bucht herangereicht haben. Denn unter der 
schützenden Decke jüngerer Sedimente (sarmatischer und pontischer), 
die hier dem Grundgebirge sich anlagern, hätten unbedingt wenigstens 
Spuren der „mediterranen“ - Meeresbedeckung erhalten bleiben 
müssen. 

Es transgredieren die sarmatischen Sedimente sowohl in der 
Gegend von Graz (Waldhof) und Weiz, wo bei zahlreichen Bohrungen 
unter dem Sarmatikum nur kristallines Grundgebirge angetroffen 
wurde), als auch bei Hartberg unmittelbar über dem alten Unter- 
grund. Diese Tatsache erscheint um so bedeutsamer, als nach all- 
gemeiner Annahme das sarmatische Meer durch einen besonders 
niederen Wasserstand ?) ausgezeichnet war. 

Hörnes hat hervorgehoben, daß die Nordgrenze des Grunder 
und Mediterranmeeres in Mittelsteiermark durch keinerlei Grund- 
gebirgsrücken, als Strandlinie des alten Meeres, gekennzeichnet sei. DaB 
dieser aber dennoch ehemals vorhanden gewesen sein muß, und daß 
jüngere vorsarmatische %), sarmatische und pontische Senkungen diese 
nördliche Strandzone des Grunder und Mediterranmeeres zur Tiefe 
brachten, wird noch in späteren Kapiteln genauer dargelegt werden. 

Im östlichen Teil des Gleichenberger Eruptivgebiets besaß das 
Grunder Meer wohl einen teilweisen Abschluß gegen Osten durch 
die damals bedeutend aufragende Schieferinsel Neuhaus - St. Georgen. 
Da die durch Tuffeinschlüsse erwiesenen Grunder Schichten am 
Rande der Schieferinsel selbst in den tiefsten Erosionseinschnitten 
nicht hervortreten, sondern erst die hangendsten Partien des 
„mediterranen“ Leithakalkes sichtbar werden, so muß die Brandungs- 
zone mindestens 250—300 m?) unter der heutigen Plateauhöhe der 
Schieferinsel gelegen gewesen sein. 

Diese Tiefenlage der Grunder Schichten im Gleichenberger 
Eruptivgebiet gegenüber ihrem bedeutenden Ansteigen im Sausalgebirge 
beruht auf einer Senkung, welche in ersterem Gebiet in mediterraner, 
sarmatischer (und jüngerer) Zeit stattgefunden hat. 

Uber die Beschaffenheit des nordöstlichen Teiles der Grazer 
Bucht zur „Grunder“ Zeit läßt sich Folgendes sagen: 

Der paläozoische Rücken von „Neuhaus-St. Georgen* fand in 
NNO-Richtung wahrscheinlich seine Fortsetzung in einem viel ausge- 
dehnteren Festlandsblock. Die schon mehrfach erwähnte Reihe paläo- 
zoischer Inselberge, die vom Günser Horst über Hannersdorf, Eisen- 
berg, Hohensteinmaisberg nach Sulz führt, zeigt bemerkenswerter- 


!) R. Hörnes, Bau und Bild, pag. 1095. — V. Hilber, Das Tertiär- 
gebiet etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1883, pag. 281. 

i ?) B. Granigg, Mitteil. über die steiermärkischen Kohlenvorkommen etc. 
Österr. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1910, pag. 630. 

°) E. Suess, Das Antlitz d. Erde, I., pag. 418. 

*) Hörnes hatte schon in „Bau und Bild“ im allgemeinen dem Gedanken 
Ausdruck gegeben, daß Nachsenkungen in der Grazer Bucht zur Erklärung dieser 
Erscheinungen herangezogen werden könnten. „Bau und Bild“, pag. 1095. 

°) Nicht in Rechnung gezogen ist die Denudation, welche die Schieferinsel 
seither erfuhr, 


72* 


558 Artur Winkler. [56] 


weise in ihrer Umrandung keine älteren als pontische Sedimente. 
Wie ich noch später zeigen werde, handelt es sich hier um die 
Zinnen eines versunkenen Gebirges, das erst in nachsarmatischer 
Zeit ganz niedergebrochen ist. Die seichte Decke pontischer Bildungen, 
welche die meisten dieser Inselberge trennt, läßt auch am Kartenbild 
den Zusammenhang hervortreten. 

Das Fehlen mariner Bildungen in der Umrandung dieser Horste 
(auch der ausgedehnten Günser Insel!) und das alleinige Vorhandensein 
pontischer Einschlüsse in den Basalttuffen von Tobaj und Güßing, die 
in dieser Zone liegen, zeigt an, daß die miocänen Transgressionen 
diesen ausgedehnten Gebirgsrücken nicht überwältigten. 

Diese paläozoischen, nur durch eine pontische Hülle verdeckten 
Berge begrenzen einen einheitlichen Gebirgszug, der mit der ihm vor- 
gelagerten Insel von „Neuhaus-St. Georgen“ im Miocän die Grazer 
Bucht vom östlichen, ungarischen Becken abschied. Erst altpontische 
Bewegungen haben diese trennende Barre überwältigt). 

Gegen Westen dürfte sich dieser Horst in der Grunder Me- 
diterranzeit bis westlich der Stadt Fürstenfeld erstreckt haben. Denn 
in den Tuffen der Stadt und Langberge (Fürstenfeld), die ich sehr 
genau untersuchte, konnte ich nebst zahlreichen Grundgebirgsein- 
schlüssen nur sarmatisch-pontische Reste erkennen. Es scheinen hier 
die Mediterranbildungen (Grunder Schichten) nicht mehr im Unter- 
grunde verbreitet zu sein. In der zwischen diesem angenommenen 
Grundgebirgsrücken und dem Beckenrand bei Hartberg gelegenen 
Pinkafelder Bucht sind Grunder Schichten nicht erwiesen. 


IO. Kapitel. 
Störungsphase nach Ablagerung der Grunder Schichten. 


Die den Grunder Schichten zugezählten Konglomeratbildungen 
in der südwestlichen Mittelsteiermark reichen dort zu sehr bedeutenden 
Seehöhen hinan. In dem marine Fossilien aufweisenden Konglomerat- 
gebiet liegen sie heute noch bis 633 m (Kreuzberg) hoch, wobei 
sicherlich die Denudation in diesem isolierten Höhenrücken bereits 
tätig war. 

Am Remschnigg sah ich dieselben bis nahe an 700 m hinauf- 
reichend; weiter westlich (Ober-Kappel, Radl etc.) liegen vielleicht 
hieher gehörige Konglomerate bis in 900 m Seehöhe und darüber. 

Es haben noch sehr gewaltige tektonische Bewegungen nach Ab- 
lagerung dieses Miocänhorizonts stattgefunden. 

Das Höheransteigen der Absätze mit Annäherung an die südliche 
Koralpe (im Westen) läßt auch hier wieder mutmaßen, daß die Hebung 
von derselben ausgegangen und an dieser ihr größtes Ausmaß erreicht hat. 

Die Blockschuttablagerungen, welche durch die beginnende He- 
bung des Koralpenrückens (vor und während der Bildung der Grunder 


!) Siehe hierzu: Geologische Karte der ung. geol. Landesanstalt: 1: 144.000. 
Blatt Steinamanger. K. Hoffmann, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1877. s 
?) Auf diese Erscheinung wird noch im Schlußkapitel hingewiesen werden, 


[57) Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 559 


Schichten) entstanden sind, werden durch das Fortschreiten dieser 
tektonischen Bewegung selbst mitergriffen und zu bedeutenden Seehöhen 
emporgehoben. 

Das Alter dieser Bewegungsphase scheint sich vormediterran 
(zweite Mediterranstufe) oder höchstens tiefmediterran zu ergeben. 

Denn wir sehen in dem angrenzenden Gebiet die Leithakalk- 
bildungen nirgends mehr von der Hebung mitergriffen werden?!) ; dagegen 
erscheint die Depression des Mediterranmeeres gegenüber der Grunder 
Stufe sowohl aus der Florianer Bucht (und angrenzenden Regionen bei 
Stainz) als auch aus dem Gebiet zwischen Saggau und Sulm, und aus 
dem Remschnigg- und Radelgebirge verdrängt. 

Es ist dies eine deutliche Regression des zweiten Mediterran- 
meeres (Leithakalkbildungen), die in den erstgenannten Gebieten bereits 
Stur bekannt war und von diesem Forscher gleichfalls durch eine He- 
bung in den Zentralalpen erklärt wurde. 

Die Sedimente der „Leithakalkstufe“ gelangen erst nordöstlich, 
respektive östlich davon am Sausal und in der Wildoner Gegend 
mächtig zum Absatz. 

Diese vor- oder tiefmediterrane Hebung im Remschnigg, Radl 
und Koralpe erklärt ganz naturgemäß die Unterbindung der Meeres- 
verbindung zwischen Mittelsteier und dem zentralkärntnerischen La- 
vanttal?). In der durch den Wall der sich hebenden südlichen Koralpe 
aufgestauten Lavanttaler Bucht gelangen nunmehr sehr mächtige, nach 
Höfer 800m mächtige, „Süßwassersedimente* von mediterranem, (nach 
Dreger sarmatischem) Alter zum Absatz. 

In der Isoliertheit, welche heute das marine Grunder Becken im 
Lavanttal einnimmt, — indem es von der nächstgelegenen Miocänbucht 
durch einen durchschnittlich 900 m hohen Grundgebirgswall getrennt 
ist, — ist ein unumstößlicher Beweis für das tatsächliche Vorhandensein 
ausgedehnter und jugendlicher Hebungen gegeben. Diese haben die ver- 
bindenden konglomeratischen Marinablagerungen zum Teil in Regionen 
gehoben, wo sie völlig der Denudation zum Opfer fielen oder aber nur 
in isolierten Schollen (Radl? Remschnigg) erhalten blieben. 

Die „konglomeratischen“ Grunder Schichten zeigen, wie schon 
mehrfach hervorgehoben wurde, stärkere Störungen, als sie den 
benachbarten Mediterranbildungen zukommen. Da diese Erscheinungen 
bereits bei Besprechung dieser Sedimente Erwähnung fanden, kann 
ich mich kurz fassen. Ihre starke Neigung am Gehänge des Remschnigg- 
zuges, ihre oft bedeutenden, durchschnittlich aber 20° betragenden 
Neigungen zwischen Arnfels, Leutschach und Groß-Klein und das Auf- 
treten zahlloser kleinerer Sprünge in den Schichten wurde bereits 
hervorgehoben. Desgleichen wurde angedeutet, daß östlich von 
Leutschach ein konstantes NW-Fallen, westlich dieses Ortes hingegen 


!) Sie reichen nirgends über 555 m Seehöhe hinauf. 


2) Dreger möchte auch noch eine Vertretung der zweiten Mediterranstufe 
in mariner Fazies im Gegensatz zu Höfer annehmen. Es wäre aber sehr merk- 
würdig, daß die für letztere überall bezeichnenden Leithakalke ganz fehlen sollten, 
zumal sie in Untersteiermark in allen tiefeindringenden Buchten entwickelt sind. Auch 
Teller rechnet die analogen höheren Schichten im angrenzenden Windisch-Grazer 
Becken noch der Grunder Stufe zu. 


560 Artur Winkler. [58] 


ein konstantes W-Fallen sichtbar ist. Infolge dieser Neigungen tauchen 
die Konglomerate nach Nordwesten und Westen hinab, um auf der 
Strecke Groß-Klein, Arnfels, Maltschach (bei Leutschach) die Talsohle 
zu unterteufen. Vielleicht ist diese „Niederbeugung“ der Schichten 
zwischen Groß-Klein und Arnfels-Leutschach darauf zurückzuführen, 
daß die zwischen dem nach N vorspringenden Rand des Possruks (bei 
Leutschach-Arnfels) und dem Südabfall des Sausalgebirges sich ein- 
schaltende Region stärkeren tektonischen Bewegungen (Senkungen) aus- 
gesetzt war. 

Gleichsam als Gegenflügel der versenkten Mulde tauchen bei 
Hardegg (Arnfels W) unter den nunmehr NO fallenden Konglomerat- 
bänken die Süßwasserschichten hervor. 

Der Bruchlinie, welche bei Glanz (Kuppe mit K. 467) Anbei 
wurde ebenfalls bereits Erwähnung getan und hervorgehoben, daß an 
derselben eine Partie von Konglomeraten in den Bereich der „Fora- 
miniferenmergelgruppe*“ versenkt wurde. 

Die kohleführenden Grunder Schichten am Labitschberg bei 
Gamlitz zeigen sich von Verwürfen durchzogen, wie einerseits das 
mit prächtigem Harnisch überzogene Aushubmaterial aus einer Ver- 
suchsbohrung andeutete, anderseits in dem halb verschütteten Stollen 
am linken Bachufer zu erkennen ist. Daß die Fortsetzung dieses 
Konglomeratzuges nach Leutschach steile Aufrichtungen erfahren hat, 
wurde bereits angeführt. Schließlich sei angegeben, daß nach 
Hilbers Mitteilung die fossilführende Grunder Schicht (Cerithien- 
schicht) westlich vom Labitschberg bei Krannach ein 25°-Fallen aufweist, 
das gegen O gerichtet sei!). Infolgedessen treten die Fossillagen dort- 
selbst in einem 100 m höheren Niveau als bei der Kohlengrube hervor. 

In der Umgebung von Spielfeld, St. Egydi und Ehrenhausen 
ist ein gegen Nord gerichtetes tektonisches Hinabtauchen der 
„Konglomeratbildungen*“ samt der unterlagersden Foraminiferen- 
mergelgruppe und den hangenden Leithakalkpartien erkennbar. Dieser 
Nord geneigte Schichtkomplex erscheint von einer NNW streichenden 
Ruptur, dem St. Egydier Bruch, durchsetzt, an welchem ostwärts so- 
wohl die Konglomeratlagen als auch die hangenden Leithakalke ab- 
schneiden. Am Bruchrande sind die Konglomerate mit 25° Neigung 
hinabgebogen. Das Alter des Egydier Bruchs und der Nordabsenkung 
muß, nachdem die Leithakalke von St. Egydi an denselben noch An- 
teil nehmen, jünger als letztere sein. 

Ich möchte der Ansicht zuneigen, daß sie noch innerhalb der 
zweiten Mediterranstufe eingetreten sind. Denn in dem nördlich vor- 
lagernden Sausalgebirge läßt die zweite Mediterranstufe eine große 
Mächtigkeit von Seichtwasserablagerungen (Riffbauten!) erkennen. Am 
Buchkogel bei Wildon wurde ein wohl fast 300 m mächtiger Riff- 
bau aufgeführt. Diese Erscheinungen nötigen, wenn man nicht beson- 
ders bedeutende Schwankungen im Wasserspiegel heranziehen will ?), 
zur ‚Annahme starker Senkungen während der zweiten Mediterran- 


av, Hilber, Die Miocänschichten etc. Jahrb. d. k. k. geol, R.-A. 1877, 
pag. 257. 

?) Gegen die Annabme einer Transgression spricht die Regression der zweiten 
Mediterranstufe in dem südwestlichen Teil der mittelsteirischen Bucht. 


[59] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs.. 561 


stufe. Ich fasse daher die Flexur von Spielfeld—Gamlitz, 
an welcher noch die basalen Leithakalke nordwärts hinabtauchen, als 
Anzeichen jener Beckenvertiefung auf, die im Sausal- 
gebiete die Entstehung so mächtiger Seichtwasser- 
ablagerungen vom Alter der zweiten Mediterranstufe er- 
möglichte. 

Ob die Leithakalkdecken zwischen St. Egydi und dem Stein- 
berg zur Gänze diesem basalen und gestörten Leithakalkniveau ange- 
hören oder ob auch noch Reste jüngerer, transgredierender Lappen 
darin vertreten sind, vermag ich nicht anzugeben. 

Die Tektorik der Grunder Ablagerungen läßt somit erkennen, 
daß eine hebende Bewegung nach Ablagerung dieser Sedimente im 
Radl-Remschniggzuge, in der Region zwischen Saggau und Sulm, in 
der Florianer Bucht und wahrscheinlich auch in der Region zwischen 
Preding und Stainz sich geltend machte, die mit einer oft bedeuten- 
den Störung dieser Sedimente verbunden war. Ihr folgen jene sen- 
kenden Bewegungen nach, die noch während der zweiten Mediterran- 
stufe (wohl zu Beginn derselben) an der Flexur Spielfeld— Gamlitz ein 
nordgerichtetes Untersinken der Schichten herbeiführten und somit 
eine Vertiefung des Ablagerungsbeckens der zweiten Mediterranstufe 
bewirkten. 

Daß vielleicht ein beträchtlicher Teil der Störungen, welche die 
Süßwasserabsätze an der Ost- und Nordostabdachung der Zentralalpen 
erfahren haben und die in Kapitel 8 beschrieben wurden, erst in die 
Zeit der Grunder Stufe und in jene nach Ablagerung derselben zu 
versetzen sind, habe ich bereits dort hervorgehoben. 


11. Kapitel. 
Die zweite Mediterranstufe. 


Die Ablagerungen der zweiten Mediterranstufe zeigen eine Ver- 
schiebung der Tiefendepression gegenüber jener des Grunder Meeres 
in die östlichen Teile des Sausalgebirges, in die diesem nördlich vor- 
gelagerte Zone von Dexenberg—Wildon und die südlich vorgelagerte 
Region von Aflenz—Ehrenhausen, Spielfeld—St. Egydi an. 

In der Gegend westlich von Wildon sind die Leithakalkbildungen 
Hilbers Untersuchungen zufolge eng mit sandigen Sedimenten ver- 
knüpft, welche westlich davon bei Pöls den „Pölser Mergel“ 
(= Hangendniveau der Grundner Schichten) überlagern. 

Inwieweit die von Stur und Hilber dem „oberen Sand“ zu- 
gerechneten Ablagerungen der Grunder oder Mediterranstufe angehören, 
ist wohl noch nicht überall festgestellt. In der Gegend von St. Andrä und 
Fantsch möchte ich nach meinen Begehungen die Konglomerate und 
Schotter, die Sturs oberem Sand entsprechen, noch der Grunder Stufe 
zurechnen, da sie räumlich und stratigraphisch eng mit reichlich fossil- 
führenden Sedimenten dieser Schichtgruppe zusammenhängen. Für 
einen Teil der von Hilber noch als basalmediterran gedeuteten 
„oberen Sande* ist in der Gegend nordwestlich von Preding 
durch Auffindung zahlreicher Fossilfundpunkte bei Wetzelsdorf, 


562 Artur Winkler. 160] 


St. Josef und Oisnitz die Zugehörigkeit zur Grunder Stufe erwiesen 
worden. Immerhin scheinen, wie Hilbers genaue Aufnahmen er- 
kennen lassen, auch Sandablagerungen entwickelt zu sein, welche, wie 
der Cinamonum-Sandstein bei Wildon und die Sande und Schotter 
im Hangenden des Pölser Mergels bereits der zweiten Mediterranstufe 
zuzurechnen sind. 

Wenn wir weiters bedenken, daß die tektonischen Bewegungen 
ein Vorschieben der marinen Depression gegen NO vom Beginn der 
Grunder Stufe bis zur zweiten Mediterranstufe bewirkt haben, so 
erscheint es ganz plausibel, daß hiermit auch ein Vorschieben der 
Zone grobklastischer Sedimentation gegen NNO Hand in Hand 
ging. Es ist demnach wahrscheinlich, daß den Konglomeraten und 
Sanden im Norden des Sausalgebirges zwischen Wildon, Preding und 
Pöls ein mediterranes Alter (im Sinne Hilbers) zuzuschreiben sein 
wird, während die Konglomerate von St. Andrä und Fantsch sowie 
jene von Leutschach, Arnfels mit der Grunder Stufe eng verknüpft 
erscheinen. 

Ich glaube daher, daß sich der obere Sand Sturs und Hilbers 
als eine zeitlich nicht ganz einheitliche Bildung erweisen wird. 

Jedenfalls gelangen die Leithakalkbildungen in einem beschränk- 
teren Becken im östlichen Sausal und den angrenzenden Regionen zum 
Absatz und fehlen im größten Teile der noch vielfach vom Meer der 
Grunder Stufe bedeckten Sausalbucht. 

Wir sehen im Norden, wie Hoernes!) angegeben und Fabian?) 
genauer dargestellt hat, die Leithakalkbildungen nördlich von Schloß 
Weissenegg unter auflagerndem sarmatischen Sediment hervortauchen 
und den sogenannten Aframerzug am linken Murufer (gegenüber 
Wildon) bilden. Am Buchkogel, der ausschließlich aus Leithakalk auf- 
gebaut erscheint, erheben sie sich bis 551 m Seehöhe. Südwärts schließen 
sich die Vorkommen von Dexenberg und jene dem Sausalschiefer- 
gebirge angelagerten an, deren Ausbreitung durch Hilbers Studien 3), 
neuerdings auch durch Terzaghis*) und Leitmaiers°) Arbeiten 
genauer bekannt geworden ist. 

Südlich folgen die Leithakalkvorkommen von Leibnitz, Aflenz 
und Gamlitz, die Rolle, Hilber und Stur geschildert haben. 

Bei Retznei (Ehrenhausen NW) sind diese Leithakalkmassen 
südwärts an einem Verwurf gegen eine auftauchende Foraminiferen- 
mergelgruppe begrenzt, wobei sie eine Neigung von 20° nahe der Störung 
erkennen lassen. Es sind geschichtete oder grobgebankte, stellen- 
weise sandige, blaugraue Nulliporenkalke, die im Liegenden eine Lage 
von pflanzenführendem Schieferton enthalten. 

!) R. Hoernes, Bau und Bild pag. 1094. 

®) K. Fabian, Das Miocänland zwischen der Mur und der Stiefing bei Graz. 
Mitt. des naturw. Vereins f. Steierm. 1905, pag. 1—21. 

°) V. Hilber, loc. eit. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1878. 

*) K. v. Terzaghi, Geologie von Flamberg im Sausal. Mitt. des naturw. 
Vereins f. Steierm. 1907. 

5) H. Leitmaier, Geologie der Umgebung von Kainberg im Sausal. Mitt. des 
naturw. Vereins f. Steierm. 1907. Graz 1908. — Ders., Zur Geologie des Sausal- 
getirges in Steiermark. Mitt. des naturw. Vereins für Steierm. 1908. Graz 1909. 


[61] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 563 


Südlich davon erscheinen die Leithakalke abermals bei Gamlitz 
und Ehrenhausen, bei welch’ letzterem Ort sie den Schloßberg auf- 
bauen. Zwischen beiden Orten ist ihre Auflagerung auf die Grunder 
Konglomerate (Kochmühle) sichtbar. Diese Leithakalke von Gamlitz— 
Ehrenhausen, welch erstere von Hilber eine genaue Darstellung er- 
fahren haben, bilden die an der Flexur Gamlitz— Spielfeld abgesenkte 
Fortsetznng jener Leithakalkpartien, die am Steinberg, (517 m), Platsch 
(504 m) und bei St. Egydi um 200—300 m höher ausstreichen. Am 
Rücken, der vom Platsch über Graßnitzberg nach Ehrenhausen führt, 
bilden sie eine zusammenhängende, Nord abfallende Platte !). 

Die Nulliporenkalke am Steinberg und Platsch sind wenig gebankte 
Riffkalke, besonders an der Basis wie es scheint, reich au korallen- 
führenden Lagen. Ostwärts erscheinen die Leithakalke, wie schon 
mehrfach erwähnt, am Egydierbruch begrenzt. 

Südwärts lagern sie teils mit zwischenlagerndem Grunder Kon- 
glomerat, teils ohne demselben der „Foraminiferenmergelgruppe‘“ auf. 
Letztere Erscheinung hat wohl in einem geringen Übergreifen der 
Mediterranbildungen über die Strandlinie der Grunder Stufe ihre 
Begründung, welcher Vorgang durch lokale tektonische Bewegungen 
oder auch durch ein geringes Ansteigen des Wasserspiegels hervor- 
gerufen sein mag. 

Analoge Bildungen (Nulliporenkalke) treten schließlich bei Mureck 
und südlich davon in einem langen Zuge bei St. Leonhard in den 
Windischen Büheln zutage, hart an der Grenze von Foraminiferen- 
mergelgruppe und auflagernden sarmatischen Schichten gelegen. 

Die Bildungen der zweiten Mediterranstufe sind durch besonders 
große Mächtigkeit ausgezeichnet. Die Anhäufung von Sedimentmaterial 
hat an gewissen Punkten, wie am Buchkogel bei Wildon mindestens 
250 m betragen (Riffbau). Die Ablagerungen werden von sehr ver- 
breiteten Leithakalken, sandigen Kalken („Aflenzer Stein“), von Amphi- 
steginenmergeln, Tegeln, Lehmen, Sanden und Schottern gebildet. 

Hilber!) hat gelegentlich seiner Studien in der Gamlitzer Gegend 
nachweisen können, daß die Leithakalkmassen vielfach nur als Schollen 
im Tegel auftreten, letzterer daher häufig nur als facielle Vertretung 
des ersteren kennbar ist. Zu ähnlichen Resultaten ist auch K. v. 
Terzaghi gelangt, der eine Studie über die Gegend von Flamberg 
in Sausal veröffentlichte 2). 


Er konnte nachweisen, daß die Leithakalke teils als Saumriffe, 
vowiegend koralligener Natur, unmittelbar dem paläozoischen Grund- 
gebirge aufgelagert sind, teils als submarine Wiesen auf den marinen 
Sedimenten aufruhen und dann stets in Tegeln eine äquivalente Facies 
besitzen. Ersterer Typus erwies sich auf Schieferterrassen, die in einer 
Seehöhe von 330 und 460 m gelegen sind, aufgelagert. 

Terzaghi führt, wie mir scheint, vollkommen mit Recht die 
große Mächtigkeit der Leithakalkmassen auf tektonische Bodenbe- 


!) Hilber hat südlich von Gamlitz mehrere isolierte, am Konglomerat auf- 
sitzende Leithakalkpartien nachgewiesen. Loc. cit. 


®) K. v. Terzaghi, Geologie von Flamberg im Sausal. Mitt. des naturw. 
Vereins f. Steierm. 1907. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 73 


>64 Artur Winkler. [62] 


wegungen zurück. In analoger Weise denkt er sich den Wechsel 
der Tone, Sande und Schotter, die nach seinen Aufnahmen im Sausal 
sich durch große Konstanz in ihrer Verbreitung auszeichnen, enstanden. 

In der Tat zeigt die große Mächtigkeit, die viele Leithakalk- 
massen aufweisen und die Dicke der stets als Seichtwasserbildungen 
entwickelten mediterranen Sedimente (sie dürfte stellenweise auf 
300 m zu veranschlagen sein) an, daß nur tektonische Bewegungen im 
Untergrunde eine so mächtige Überlagerung von Strandsedimenten 
ermöglicht haben können. 

Die Annahme einer allgemeinen Transgression des Wasserspiegels 
ist hingegen zur Erklärung dieser Erscheinung nicht anwendbar, da 
das Mediterran keineswegs eine die Grunder Schichten weit über- 
steigende Ausdehnung besitzt, sondern im Gegenteil, wie Stur!) er- 
kannte, in Mittelsteiermark einer Regression entspricht. 

Wenn man die basalen und hangenden Leithakalkbänke am 
Buchkogel, die durch 220 m vertikalen Abstand voneinander getrennt 
sind, in Betracht zieht, so müßte bei Annahme einer Transgression 
beiläufig ein Vordringen um 250 m über das Niveau des Grunder 
Meeres stattgefunden haben. 

Eine solche Überflutung müßte gegen Schluß der Mediterranepoche 
weit in die Eibiswalder, Wieser und Schwanberger Bucht etc. hinein- 
gedrungen sein, in Gegenden, wo keine Spur solcher Sedimente auf- 
gefunden wurde). Die große Mächtigkeit der mediterranen Bildungen 
läßt sich demnach nur durch Senkung des Bodens im Bereiche des 
Sausalgebirges erklären. Diese Annahme findet noch in anderen Tat- 
sachen eine Stütze. 

Hilber hat gezeigt, daß die mediterranen Sedimente im Bereiche 
des paläozoischen Sausalrückens ohne Zwischenlage von Florianer Tegel. 
dem Grundgebirge auflagern 3). Er hat als Erklärungsmöglichkeit hier- 
für in Betracht gezogen, daß das Sausalgebiet erst allmählich unter 
den Meeresspiegel hinabgetaucht sei. 

In den ausgedehnten Leithakalkbrüchen des Aframerzuges nörd- 
lich von Wildon (linkes Murufer) konnte ich gelegentlich einer von 
Herrn Prof. Hilber geleiteten Exkursion eine deutliche Diskordanz 
innerhalb der Leithakalkbildungen wahrnehmen. Stark geneigte Bänke 
werden diskordant von flachgelagerten Schichten überdeckt. 

Diese Beobachtung bekräftigt die Annahme, daB die mächtigen 
Riffbauten, wie die große Mächtigkeit der übrigen Seichtwasser-Sedi- 
mente, auf eine sinkende Bewegung des Bodens zurückgeführt werden 
müssen. 

Die Leithakalkbildungen im Sausal erreichen am Buchkogel eine 
Seehöhe von 55l m. Auch bei einer sehr geringen Bewertung der 


!) D. Stur, Geologie der Steiermark, pag. 618. 


2) Selbst wenn man meiner Ausführung, in welcher ich nachzuweisen suchte, 
daß der „Konglomerathorizont“ der Grunder Stufe zuzurechnen ist, nicht Glauben 
schenken und denselben der zweiten Mediterranstufe anreihen wollte, würde hier- 
durch für die Annahme einer Transgression nichts gewonnen sein. Denn das Auf- 
treten der gewaltigen blockführenden Schichten wäre bei ansteigendem Wasser- 
spiegel, also bei Zurückstauung der Flußmündungen ganz unverständlich. 


®) Loc. cit. pag. 565. 


si > u u 


[63] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs., 565 


Abtragung wird man doch eine ursprüngliche Höhe von mindestens 
600 m annehmen müssen. 

Diese Zahl stimmt nicht mit jener überein, die Schaffers!) 
und Hassingers”) Untersuchungen im Wiener Becken für den 
mediterranen Meeresspiegel ermittelten. Vielmehr soll dort dieser 
in einer Höhe von 450 m?) gelegen gewesen sein. (Maximalbetrag.) 
Jedenfalls muß man den über die Höhenlage tertiärer Wasserspiegel 
ermittelten Werten im Wiener Becken bedeutend mehr Gewicht bei- 
legen als jenen, die sich in Mittelsteiermark gewinnen ließen. Denn 
jüngere, postmediterrane Bewegungen tektonischer Natur haben hier 
in sehr ausgedehntem Maße stattgefunden. Es läßt sich nachweisen 
(siehe später), daß in spätsarmatischer Zeit, gleichzeitig mit einer 
Faltungsphase in Untersteiermark und im größeren Teile Mittelsteier- 
marks eine Hebung stattgefunden hat, welche jedenfalls auch die 
Scholle des Sausals mit dem vorgelagerten Buchkogel mitergriffen hat. 
Das Hinaufreichen der Leithakalkbildungen am Buchkogel bis 551 m 
und die bis „über“ 500 m betragende Höhenlage der gleichen Sedi- 
mente im Sausal erscheint durch diese späteren Hebungen begründet. 


Die Mächtigkeit der mediterranen Bildungen im Sausalgebiete 
läßt mit zwingender Notwendigkeit erkennen, daß für ihre Entstehung 
eine bedeutende Senkung im Sinne von Stur und Terzaghi anzu- 
nehmen ist, um die mächtigen Sedimente aufzustappeln und stets 
unter seichtem Wasserspiegel, die mehrere 100 m betragenden Riff- 
bauten aufzuführen. 

Die eigentümliche Beschränkung der Leithakalke auf die Versen- 
kungszone läßt mutmaßen, daß zwischen der Senkung und dem Riffbau 
ein innerer Zusammenhang besteht. 


Ich möchte auf eine interessante Erscheinung die Aufmerksamkeit 
lenken. Die Oberfläche des Paläozoikums im Sausalgebirge erscheint 
im großen und ganzen als eine gegen Nordnordost geneigte Platte. 
Wir sehen sie im Süden (Hochsausal, Kote 670, Steinriegel, Kote 
564, Kote 498) die größte Höhe erreichen. Nordwärts senkt sich die 
Oberfläche des Paläozoikums hinab, um nahe der Laßnitz die Talsohle 
zu unterteufen. Noch weiter nördlich ist sie durch seichte Bohrungen 
mehrfach erreicht worden) und tritt außerdem bei Lebring, (bei 
Wildon) und bei Weitendorf etc. in kleinen Aufrissen nahe der Tal- 
sohle zutage. In eigentümlicher Abhängigkeit davon erweist sich der 
der tertiäre Riffbau. Im südlichen und zentralen Teil des Sausalgebirges 
erscheint er durch verhältnismäßig wenig mächtige Riffe ausge- 


1) F. X. Schaffer, Über den Zusammenhang der alten Flußterrassen mit 
den Schwankungen des Meeresspiegels. Mitt. d. k. k. Geogr. Gesellschaft Nr. 1. 
Wien 1907. 

2) H. Hassinger, Geomorphologische Studien aus dem inneralpinen Wiener 
Becken und seinem Randgebirge. Geogr. Abhandlungen von Penck. Bd. VIII, 
pag. 197. Mediterrane Strandlinien im Wiener Becken: bei Wöllersdorf 440 m, 
Anninger 390—400 m, bei Wien 320 m. 

®) F. X. Schaffer, Geo]. Führer für Exkursionen im inneralpinen Wiener 
Becken. II. Teil Berlin. Verlag von Gebr. Borntraeger, pag. 89—90. 


#, V. Hilber, loc. eit. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 512. 
73* 


566 Artur Winkler. [64] 


zeichnet, die meist durch andere facielle Ausbildungen zerstückelt 
sind. Gegen Norden hin nimmt die Riffbildung im Gebiet von Dexen- 
berg an Ausdehnung zu, um schließlich am Buchkogel und Wildoner 
Schloßberg die größte Mächtigkeit und Verbreitung zu erlangen. 

Denkt man sich die Scholle des Sausalgebietes vor Eindringen 
des Mediterranmeeres als annähernd horizontale Platte und läßt die- 
selbe während dieser Epoche einseitig gegen Nordosten !) hin stärker 
sinken, so erscheint die Mächtigkeit des Riffbaus am Buchkogel mit 
den sichtbaren Diskordanzen sowie die Abnahme der Kalkbildungen 
gegen das Sausalgebirge vollkommen verständlich. 

Der mächtige Riffbau des Buchkogels ist demnach eine 
Funktion der sinkenden Bewegung. 

Die gegen Nord sich stärker senkende Platte des Sausalgebietes 
muß in einer gewissen vorgelagerten Zone besonders günstige Be- 
dingungen für den Riffbau geboten haben. Dort, wo die Senkung mit 
dem Aufbau gleichen Schritt zu halten vermochte und wo durch 
Lagunenbildung die Organismen von der schädigenden Zufuhr gröberer 
Sedimente geschützt waren, konnten die Riffe zu bedeutenden Dimen- 
sionen anwachsen. Dieser Zustand war wohl in dem südlich unmittel- 
bar an das Festland angrenzenden Teil vom „Hochsausal“ nicht vor- 
handen, worauf schon die stete Unterbrechung der Riffe durch anderes 
Sediment hindeutet, dagegen in der vorgelagerten und durch Senkung 
sich andauernd vertiefenden Zone des Buchkogels wohl erreicht. 


Die von verschiedenen Beobachtern konstatierte Neigung inner- 
halb der Leithakalke des Buchkogels mag mit der in diesem Gebiete 
stark zur Geltung kommenden Senkung im Zusammenhang stehen. 

Die Verhältnisse im Sausalgebiete lassen noch eine andere inter- 
essante Tatsache hervortreten, deren volle Würdigung freilich erst 
aus den späteren Darlegungen hervorgehen kann. 

Ich habe zu zeigen versucht, daß südlich des Sausals in der 
Gegend von Gamlitz-Spielfeld zu Beginn der Mediterranstufe (während 
der Ablagerung der tieferen Mediterransedimente) sich eine Flexur 
ausbildete, die eine Senkung des nördlichen Flügels zur Folge 
hatte. Es hat sich ferner ergeben, daß das Sausalgebirge selbst in 
der folgenden höheren Abteilung der Leithakalkepoche Senkungen 
unterworfen war, die wieder den nördlichen Teil desselben gegenüber 
dem südlichen bedeutend stärker abgesenkt haben. Die Mächtigkeit 
des Riffbaus in dem dem heutigen Sausal vorgelagerten Buchkogel 
läßt vermuten, daß hier die Senkung ein besonderes Ausmaß an- 
genommen hat. 

Die (tektonische) Diskordanz, welche sich in den noch nörd- 
licher gelegenen Leithakalkvorkommen des Aframberges (linkes Mur- 
ufer) in einem nicht weit unter der sarmatischen Überdeckung ge- 
legenen Niveau nachweisen ließ, scheint anzudeuten, das hier die 
Bewegung bis nahe an den Beginn der „brackischen“ Stufe heran- 
gereicht hat. 

Somit erhalten wir ein Wandern der Senkungsvorgänge 
in der Richtung von Südwest nach Nordost, eine gegen das 


!) Genauer gegen Nordnordosten. 


[65] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 567 


Innere der Grazer Bucht gerichtete Bruchbewegung, welche in auf- 
einanderfolgenden Zeiträumen jeweils den nordöstlichen (genauer den 
NNO-) Teil zur Tiefe senkte. Die Fortdauer dieser Bruchtendenz 
bis in jüngere Zeit ist nicht nur in einer späteren altsarmatischen, 
sondern besonders in einer pontischen Bruchphase klar erkennbar. 
(Textfigur 7.) 

Östlich der Mur verschwinden die Mediterranschichten unter 
auflagernden sarmatischen Sedimenten. Bis an die Schieferinsel 
„Neuhaus-St. Georgen“ im östlichen Eruptivgebiet von Gleichenberg 
treten keine mediterranen Sedimente zutage. 

Daß der plötzliche Abbruch der marinen Schichten östlich der 
Mur eine jüngere tektonische Erscheinung darstellt, hat Granigg 
erkannt!), nachdem schon Rolle und Stur auf den Abbruch auf- 
merksam gemacht hatten. 

Eine Andeutung über die Ausbreitung des Mediterranmeeres 
findet sich wieder im Eruptivgebiet von Gleichenberg. Südöstlich des 
Trachytmassivs treten in der tektonisch höchstgelegenen Scholle, dem 
„Risola-Horste“, an der Basis Leithakalke zutage, vorwiegend in 
Nulliporen- und Korallenfacies entwickelt). Sie umsäumen hier die 
Schieferinsel Neuhaus-St. Georgen als eine durch das Vorkommen 
von Bryozoenstöcken, Serpulakalk, Korallenkalk und Pecetunculusbänken 
gekennzeichnete Strandbildung. Die Hangendgrenze dieser Sedimente 
reicht nur bis zirka 280 m hinan. 

Von diesem Vorkommen bei der Ortschaft Klapping abgesehen, er- 
scheinen die mediterranen Bildungen überall an „pontischen“* Bruch- 
linien versenkt und durch jüngere Schichten verhüllt. 

Im südlichen Teil des Gleichenberger Eruptivgebietes, dem 
Klöcher Massiv, befinden sich mediterrane Leithakalke, wie ich 
nachweisen konnte, auf sekundärer Lagerstätte verbreitet. Teils sind 
es vereinzelte, im Basalttuff eingeschlossene Kalkstücke, teils ist es eine 
große, aus der Tiefe geförderte Scholle. Die Leithakalke, deren Vor- 
handensein hierdurch in der Tiefe nachgewiesen ist, können eine 
Hangendgrenze von höchstens 140 m Seehöhe erreichen. Denn die 
Bohrung, welche bei der Ortschaft Tieschen ?) angeblich bis zu einer 
Tiefe von 160 m durchgeführt wurde, hat die auflagernden sarmatischen 
Schichten nicht durchstoßen. 

Auf die tektonische Bedeutung dieser Tiefenlage komme ich 
noch im nächsten Kapitel zu sprechen. 

In den NNW vom Gleichenberger Trachytmassiv gelegenen 
Basalttuften des Kalvarienberges von Feldbach und bei Unterweißen- 
bach gelang es mir, zahlreiche, fossilienführende Nulliporenkalkblöcke 
aufzufinden. (Siehe Textfigur 1.) Diese hier auf sekundärer Lagerstätte 
befindlichen Mediterranbildungen sind sehr zahlreich im Auswurf- 
material anzutreffen. Sie stellen das nördlichste bisher bekannte Vor- 
kommen von Leithakalk in Steiermark dar. Wie schon bei Besprechung 


!) B. Granigg, Mitteillang über die steiermärkischen Kohlenvorkommen etc. 
Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1910, pag. 495. 

2) A. Winkler, Das Eruptivgebiet von Gleichenberg. Jahrb. d. k. k. geol. 
R. A. 1913, pag. 434, 435, 502. 

®) A. Winkler, loc. eit. pag. 439. 


568 Artur Winkler. [66] 


des Trachytmassivs von Gleichenberg hervorgehoben wurde, ent- 
sprechen sie wahrscheinlich einer Auflagerung auf dasselbe. 

Ich habe bei Besprechung der Grunder Schichten ausgeführt, 
daß die Schieferinsel „Neuhaus - St. Georgen“ auch zur Zeit der größten 
mediterranen Überflutung um mindestens 200 m über den Meeres- 
spiegel emporgeragt hat, während das Trachytmassiv damals eine 
Höhe von vielleicht 350 m erreicht haben dürfte. 

Wie schon in der Grunder Epoche, so bildete auch in der 
zweiten Mediterranstufe die Schieferinsel Neuhaus-St. Georgen eine 
allerdings unvollkommene Barre gegen die ungarische Ebene, die ihre 
Fortsetzung in der schon geschilderten Erhebungsreihe paläozoischer 
Schieferberge Sulz-Güns fand. Es gilt auch hier das im Kapitel 
über die Grunder Schichten Angeführte. Das Fehlen mediterraner 
Sedimente im Bereiche dieses ganzen Zuges nicht nur ober- 
tags, sondern auch als Einschlüsse in den in dieser Zone gelegenen 
Tuffvorkommen von Tobaj und Güßing und die nachweislich jüngeren 
tektonischen Absenkungen, die hier stattgefunden haben, begründen 
auch für die Mediterranzeit die Annahme der östlichen Festlands- 
zone. Es mag auch hier wieder darauf hingewiesen werden, daß der 
Untergrund des Basalttuffgebietes der „Stadt und Langberge“* von 
Fürstenfeld noch der Festlandszone angehört haben muß, da meine 
sehr genaue Untersuchung der Tuffeinschlüsse bloß Gesteine des 
paläozoischen Untergrundes und sarmatisch-pontische Reste erkennen 
ließ. (Textfigur 1.) 

Wie ich schon angedeutet habe, treten am Alpenrande (Nord- 
rand) der Grazer Bucht in der Strecke Graz, Weiz, Hartberg und 
Friedberg keine mediterranen Sedimente hervor, indem sarmatisch- 
pontische Schichten unmittelbar auf das Grundgebirge transgredieren. 
Es war also noch in mediterraner Zeit im Norden der heutigen Grazer 
Bucht ein Festlandssaum. (Taf. XXI.) 

Die tektonische Begründung dieser Erscheinung wird noch im 
nächsten Kapitel besprochen werden. 

Erst ganz im NO der mittelsteirischen Bucht (schon jenseits 
der Grenze im ungarischen Anteil) sind in dem tiefeindringenden 
Becken von Pinkafeld mediterrane Sedimente bekannt !). 

Das Eindringen dieser Marinschichten, welche hier unmittelbar 
an das Grundgebirge herantreten, während sie dem ganzen übrigen 
Nordrand des Grazer Beckens fremd geblieben sind, erscheint des- 
halb bemerkenswert, weil ein Zusammenhang in der Verbreitung mit 
der von Mohr geschilderten Verwerfungslinie des Friedberger Tunnels 
nahegelegt wird. Nach Mohrs?) Angaben verläuft diese bedeutende 


!) V. Hilber, Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark etc. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. 1894, pag. 394—403. — K. Hofmann, Beilage in Verh. d. k. k. 
geol. R.-A. 1877, pag. 20. 

®2) H. Mohr, Versuch einer tektonischen Auflösung etc. LXXXVIII. Bd. der 
Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss. 1912. — H. Mohr, „Eolithe in der Nordost- 
steiermark“? Jahrb. d.k. k. geol. R.-A. 1912, pag. 650. — Mohr unterscheidet in 
der Arbeit „Eolithe in der Nordoststeiermark ?* eine Stufe von „Sinnersdorf“ von 
einer Stufe von „Friedberg“. Erstere von Mohr als älter aufgefaßt, entspricht 
jedenfalls Hilbers und Hofmanns erster Mediterranstufe. 


[67] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 569 


Bruchlinie etwa parallel der Straße Friedberg—Mönichkirchen, also 
beiläufig in NNW-Richtung. Ihre Fortsetzung gegen SSO trifft ungefähr 
die Ortschaft Pinkafeld. Nach Mohr ist die östliche Scholle (Kern- 
serie) entlang dieser Störungslinie bedeutend abgesunken. Es tritt 
also wie im Wiener Becken eine gegen das ungarische Becken ge- 
richtete Senkungstendenz zutage. Das Alter dieser Bewegung läßt sich 


Fig. 4. 


—— on een Mutmaßliche Strandlinie der zweiten Mediterranstufe 
(Leithakalkbildungen). 


— — — _—- NMutmaßliche Strandlinie der Grunder Schichten. 
(Nur im Südwesten angegeben.) 


insofern fixieren, als nach Mohrs Angaben die lacustren Sedimente 
des tieferen Miocäns daran Anteil genommen haben. Nach 
Hofmanns Bericht erscheinen diese gestörten, lacustren Bildungen 
diskordant von der zweiten Mediterranstufe bei Pinkafeld überlagert !). 
Somit fällt die Bruchphase in die Zeit zwischen erste und zweite 


!) Loc. eit. pag. 20. 


570 Artur Winkler. [68] 


Mediterranstufe, also in jene Epoche, in der der Einbruch des Wiener 
Beckens stattfand und in welcher sich auch in anderen Teilen der 
Grazer Bucht Störungen abgespielt haben. Es ist interessant, daß die 
Sedimente der zweiten Mediterranstufe sich gerade im Bereiche der 
gesenkten Scholle bei Wiesfleck, Schreibersdorf und Talheim (Pinka- 
feld NW) ablagerten. Dagegen hat der ganze, westlich der Bruchlinie 
„Friedbergtunnel—Friedberg (und Fortsetzung bis Pinkafeld)“ gelegene 
Raum der Grazer Bucht keine Spur mediterraner Sedimente aufzuweisen. 
Somit glaube ich, daß das Auftreten der marinen Schichten am Alpen- 
rande bei Pinkafeld NW durch die tektonische Senkung dieser Scholle 
vor Ablagerung der zweiten Mediterranstufe zu erklären ist. 

Die Verbindung dieser tiefliegenden Bucht mit dem Meer des 
zentralen Beckens wird wohl am ehesten in einem schmalen Arm 
zu suchen sein, der zwischen der dem Nordrand der Grazer Bucht 
angehörigen Scholle von Hartberg und dem „östlichen Grundgebirgs- 
rücken (Güns—Sulz)“ bis in die Pinkafelder Bucht eingedrungen ist. 
(Siehe Taf. XXI und Textfigur 4.) 

Im S und SO des Gleichenberger Eruptivgebietes stand das 
Mediterranmeer in freier Kommunikation mit dem untersteirisch- 
pannonischen Becken. Die UÜberdeckung jüngerer, sarmatischer und 
pontischer Sedimente läßt indessen die Leithakalke erst in der Gegend 
von Friedau und Luttenberg hervortreten, wo sie bereits dem nörd- 
lichsten Teil der untersteirischen Faltungszone angehören und als 
Antikline emportauchen. Sie bilden die von Höfer!) und Dreger’) 
untersuchten Erhebungen des Kulmberges bei Friedau und des Jerusalem- 
berges an der ungarischen Grenze. 

Höfer!) hat das Vorkommen von Nulliporen-, Bryozoen- und 
Amphisteginen-Facies geschildert und erstere der Bildungsweise nach 
als submarine Wiese gedeutet. In der streichenden Fortsetzung gegen 
NO treten in der Murinsel in Ungarn (Mündungsgebiet der Mur in 
die Drau) von Matyaskovsky beschriebene, mergelige, tonige, 
mit Sandsteinbänken und Nulliporenknollen versehene Mediterran- 
bildungen unmittelbar unter pontischer Bedeckung hervor. 


12. Kapitel. 


Störungsphase vor Ablagerung der tieferen sarmatischen 
Schichten. 


Der Ablagerung der sarmatischen Stufe in Mittelsteiermark sind 
beträchtliche Störungen vorausgegangen. Die Notwendigkeit einer An- 
nahme von solchen ergibt sich aus folgenden Gründen: 

1. Während am Buchkogel bei Wildon die Leithakalke heute 
noch eine Seehöhe von 551 m erreichen, liegen sie wenige Kilometer 


ı) H. Höfer, Das Tertiär im Nordosten von Friedau in Steiermark. Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. 1894, pag. 573. 

2) J. Dreger, Geologische Beschreibung der Umgebung der Städte Pettau 
und Friedau und des östlichen Teiles des Kollosgebirges in Südsteiermark. Verh. 
d. k. k. geol. R.-A. 1894, pag. 69. — Derselbe, Erläuterungen zur geol. Spezial- 
karte etc. Blatt: Pettau und Vinica. Wien 1898. 


- 


[69] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 571 


ostwärts und nordostwärts unter der rund 300 m betragenden Tal- 
sohle auch hier in gleicher seichter Strandfacies (Nulliporenkalke) 
ausgebildet. Die dort konstatierbare Auflagerung mächtiger unter- und 
mittelsarmatischer Sedimente, welche im Gebiet westlich der Mur 
(Sausal) fehlen, zeigt an, daß die Ausbildung dieser Störungslinie in 
vorsarmatische Zeit zurückreichen muß. Die Absenkung wurde von 
Granigg!) als tektonische Linie erkannt und ihre Wichtigkeit ge- 
bührend hervorgehoben. 


2. Im Eruptivgebiet von Gleichenberg reichen die hangendsten 
Sedimente der zweiten Mediterranstufe (in der tektonisch höchst- 
gelegenen Scholle) bis zur Seehöhe von 280 m hinan. Sie sind hier 
ebenso wie im Sausalgebiet als Strandbildungen (Nulliporenkalkriffe 
mit Bryozoenstöcken, Korallen und Pectunculusbänken etec.), entwickelt. 

Da diese gleichartigen Strandbildungen nur in einem annähernd 
gleichen, nahe dem Meeresspiegel gelegenen Niveau gebildet sein können, 
müssen sie zur Zeit ihrer Entstehung dieselbe Höhenlage wie die 
hangenden Mediterransedimente im Sausal besessen haben. Sie müssen 
also auch zu dieser Zeit eine der im Sausal jetzt 550 m hoch gelegenen 
Bildungen entsprechende Niveaulage aufgewiesen haben. 

Da sich in dem Eruptivgebiet diesen marinen Ablagerungen 
rund 300 m mächtige, sarmatische Sedimente auflagern, das sar- 
matische Meer jedoch nach allgemeiner Annahme einen tieferen Stand 
als das mediterrane besaß, so läßt sich diese Erscheinung nur durch 
eine nachmediterrane, vorsarmatische Senkung erklären. 

Denn es erscheint unmöglich, daß sich über den marinen Strand- 
bildungen bei sich zurückziehendem oder selbst gleichbleibendem 
Wasserspiegel 300 m mächtige, jüngere (sarmatische) Sedimente hätten 
auflagern können. Der Tiefstand des sarmatischen Meeres wird aber 
auch in Mittelsteiermark durch die Regression im Bereiche des Sausal- 
gebiets und der westlichen windischen Büheln sowie in der von 
mediterranen Sedimenten eingenommenen Region nordöstlich von 
Pinkafeld erwiesen. 

Das obertägige Fehlen der mediterranen Bildungen zwischen den 
absinkenden Leithakalken bei Wildon an der Mur und dem Eruptiv- 
gebiet von Gleichenberg sowie die Überlagerung derselben in diesem 
Raume durch mindestens 200 m mächtige sarmatische Sedimente läßt 
erkennen, daß diese Senkung die ganze, zwischen dem Ostabbruch 
des Sausal und dem Vulkangebiet gelegene Region gleichzeitig und 
gleichartig ergriffen hat. 

3. Die als notwendig erkannte vorsarmatische Senkung findet eine 
wichtige Begründung in den Verhältnissen am Nordrande der Grazer 
Bucht. Wie schon in früheren Kapiteln hervorgehoben wurde, treten 
am Alpenrande zwischen Graz, Weiz, Hartberg und Friedberg keine 
mediterranen Sedimente zutage. Es wurde schon dort angegeben, 
daB diese ungewöhnliche Erscheinung sich nur durch nachträgliche 
Bewegungen erklären läßt. Es ist sehr interessant, daß sich in der 
Gegend von Waldhof, Winkel und Ober-Büchl (westlich von Graz), 
bei Nieder-Schöckl und in der Region von Weiz (Bücheln, Krotten- 


!) B. aranigg, Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen 1910, loc. cit. pag. 495. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 74 


579 Artur Winkler. [70] 


dorf ete.) die unmittelbare Anlagerung tieferer (unter- und mittel-) 
sarmatischer Schichten an das Grundgebirge erkennen läßt. Bei Weiz 
konnte B. Granigg!) auf Grund von Bohrungen feststellen, daß im 
Untergrunde die von einer geringen Decke pontischer Bildungen über- 
deckten sarmatischen Schichten unmittelbar dem Grundgebirge auf- 


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— — — —- Mutmaßliche Strandlinie der tieferen (unter- und mittel ) 
sarmatischen Schichten. 


mn uns um Mutmaßliche Strandlinie der obersarmatischen Schichten. 


lagern. Diese Beobachtungen lassen es als notwendig erscheinen, daß 
aus der Gegend westlich von Graz über Nieder-Schöckel bis Weiz 
(Ost des Ortes) eine Senkung stattgefunden hat, welche die Trans- 
gression sarmatischer Schichten über das Grundgebirge ermöglichte. 


1) Loc. eit. pag. 532. 


[71] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 573 


Verknüpfen wir hiermit die unter 1 und 2 angeführten Schluß- 
folgerungen, so ergibt sich, daß diese Senkung nur als die natürliche 
Folge jener großen Bewegung anzusehen ist, die die Region östlich 
des Sausals in vorsarmatischer Zeit zur Tiefe niedergleiten ließ. Diese 
tektonische Bewegung griff naturgemäß nach Norden bis an den 
Alpenrand über und senkte eine mehr oder minder ausgedehnte rand- 
liche Scholle mit hinab. 

Ein Versuch, die genauere Richtung der den „Horst“ des Sausals 
vom östlichen, abgesunkenen Flügel trennenden Bruchlinie zu eruieren, 
ist durch das Auftreten mächtiger diluvialer und alluvialer Sedi- 
mente entlang dieser Zone erschwert. Betrachtet man indessen die 
am Aframerzug (linkes Murufer bei Wildon) absinkenden Mediterran- 
bildungen, so scheint das Hinabtauchen entlang einer beiläufig NW — 
NNW streichenden Linie stattzufinden. In Übereinstimmung damit 
steht es, daß die Fortführung dieser Linie gegen SO in die Gegend 
von Mureck läuft, wo ebenfalls die „marinen“ Bildungen (Leithakalk 
und Foraminiferenmergel) unter sarmatischen Schichten versinken. Die 
Fortsetzung der Bruchlinie aus der Wildoner Gegend nach NW läßt auch 
die sarmatischen Schichten, welche bei Waldhof, Winkel und Ober-Büchl 
(Graz W) auftreten, noch im Bereiche der gesenkten Zone erscheinen. 
Die Therme von Doblbad liegt an derselben Linie. Somit glaube ich 
mit einiger Berechtigung einen beiläufig NW bis NNW gerichteten 
Verlauf der randlichen Dislokation annehmen zu können. 

Schließlich möchte ich darauf hinweisen, daß diese Erscheinung 
sich in jene schon früher hervorgehobene Reihe von Vorgängen einfügt, 
die ein Fortschreiten der Senkung in der Richtung gegen NNO er- 
kennen ließen. (Textfigur 7.) 

Während im Spätmediterran insbesondere das Gebiet nördlich 
des Sausals (Buchkogel bei Wildon, Aframerzug) sich senkte, hat die 
vorsarmatische (postmediterrane) Bruchphase eine wieder nordöstlich 
davon gelegene Zone zur Tiefe gebracht. Die Senkung hat sich dies- 
mal bis an den gegenwärtigen Nordrand der Grazer Bucht geltend 
gemacht. 

Die folgende Darstellung der Verbreitung der tieferen sarmatischen 
(unter- und mittelsarmatischen) Schichten wird zeigen, daß dieselben 
im Bereiche der Hartberger Scholle, also jenes östlich von Weiz in 
das Innere der Grazer Bucht vordringenden kristallinen Sporns wahr- 
scheinlich nicht mehr entwickelt sind. Ebenso fehlen sie an der schon 
oft erwähnten mächtigen, östlichen Erhebungsreihe „Güns-Sulz“. In 
diesen Gebieten hat sich also die besprochene vorsarmatische Senkung 
nicht mehr geäußert. 


13. Kapitel. 
Die „Untersarmatische Stufe‘“. 


Die untersarmatische Stufe wird im Eruptivgebiet von Gleichen- 
berg durch eine mächtige Schichtfolge von Tegeln, Schiefertonen, Tegel- 
mergeln, feinen Sanden und einer Einlagerung groben Schotters 
repräsentiert. Das Vorherrschen der tonigen Sedimentation, der im 

74* 


574 Artur ‘Winkler. j | [72] 


Hangenden konstatierbare Ubergang in Tegelmergel, das Auftreten 
zahlreicher, wenn auch kaum abbauwürdiger Kohlenflözchen als auch 
das reichliche Vorhandensein von Üerithien erinnert an die Facies des 
Florianer Tegels. 

Die schöngeschichteten oder gebänderten dunklen Schiefertone 
und Tegel zeigen durch ihre ebenmäßigen Absatzflächen einen gleich- 
mäßigen Rythmus in der Sedimentation an. Die Feinheit des Korns, 
die durchaus vorherrschend ist, läßt vermuten, daß größere tektonische 
Bewegungen während der Ablagerung dieses Komplexes nicht statt- 
gefunden haben. Nur der im Eruptivgebiete von Gleichenberg in dem 
tieferen Teil der Serie nachweisbare Zug groben Schotters, den ich im 
Bereiche der von mir aufgenommenen Region kontinuierlich verfolgen 
konnte, scheint eine einmalige, vielleicht auf tektonische Bewegungen 
zurückführbare rasche Änderung in der Sedimentation anzuzeigen. 

Das Vorherrschen der schlammigen Facies läßt vermuten, daß 
keine lebhafte Wasserbewegung in dem Becken bestanden hat und 
daß diese tonigen Bildungen, wenn auch nicht in großer Tiefe, so doch 
in einem Niveau zum Absatz kamen, wo sie der Einwirkung der 
Wellenbewegung entzogen waren. Zugunsten der Annahme spricht 
auch die große Dünnschaligkeit der Conchylien, die meistens als Ab- 
drücke oder zarte Häutchen die Schichtflächen bedecken. 

Der Fossilreichtum erscheint, wenn auch nicht gering, so doch 
auf einzelne Lagen beschränkt, die mit den oft perlmutterglänzenden 
Modiolaschalen erfüllt sind. Der verhältnismäßig geringe Artenreichtum 
der Fauna sowie das Vorkommen der ausgesüßtes Wasser bevorzugenden 
Hydrobien und Cerithien (zum Beispiel bei Gruisla) läßt vermuten, 
daß der Salzgehalt kein sehr bedeutender gewesen ist. 

Als Leitfossil für diese tiefsten Schichten scheint (übrigens nicht 
nur für Mittelsteiermark) eine Syndosmia sp.!) in Betracht zu kommen. 
Denn obwohl mir aus dem Bereiche der untersarmatischen Stufe im 
Gegensatz zu den beiden höheren Abteilungen nur wenig Aufschlüsse 
bekannt sind, so konnte ich dennoch an den vier bedeutendsten das 
Auftreten von Syndosmia wahrnehmen. Dagegen fand ich diese Form 
niemals in höheren Schichten. 

Daneben erscheint das Auftreten von Cardium protractum, ferner 
von Cardien aus der Gruppe des obsoletum und plicatum (dünn- 
schalige Varietäten), von Hydrobien und Cerithien, schließlich von 
Foraminiferen charakteristisch. 

Ich wende mich der Verbreitung dieser tiefsten sarmatischen 
Bildungen zu. 

Im Gleichenberger Eruptivgebiet besitzt die als Basis der jün- 
geren Bildungen auftretende untersarmatische Stufe ihr Hauptver- 
breitungsgebiet in der von mir kartierten südlichen Region. 

Infolge tektonischer Ursachen sinkt dieser Horizont dort ins- 
besondere nach Nord, Süd und Ost hinab. Aber auch im Westen 
des Eruptivgebietes, jenseits des Sulzbachtales scheint er nur in 
beschränktem Ausmaß nahe der Talsohle hervorzutreten. 


‘) Die Exemplare sind zu schlecht erhalten, um eine spezifische Bestimmung 
durchzuführen. 


[73] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 575 


Im Trachytmassiv selbst konnte ich untersarmatische Schichten, die 
infolge ihrer Anlagerung an diese Erhebung noch emportauchen, bei 
Bärnreit (1 km NO des Kurortes), hart am Trachyt in einem Hohlweg 
(Abgrabung) erschlossen, auffinden. 

Sie führen hier Modiola marginata, Cardium protractum, Syn- 
dosmia und Buccinum sp.'). 

Wie erwähnt, breitet sich westlich des Eruptivgebietes (westlich 
des Sulzbachtals) ein ausgedehntes, von mittelsarmatischen Schichten 
eingenommenes Gebiet aus, in welchem diese Sedimente die tieferen 
Bildungen meist verdecken. 

Im zentralen Teil dieser Region fand Clar?) Tegel mit Cerith. 
pietum und Cardium obsoletum zwischen St. Stefan und Glatzau. (Kirch- 
bach SO), die hier in der Tiefe des Tales lagernd, vielleicht dem 
basalen sarmatischen Horizont angehören. 

Gegen den Rand des Ablagerungsraumes, an der Nord— Süd ver- 
laufenden Murtalstrecke zwischen Fernitz (Graz S) und Wildon er- 
scheint eine Zone untersarmatischer Bildungen. Nach Fabians’) 
Schilderung treten hier, unmittelbar über dem absinkenden Leithakalk 
gelagert, sarmatische Tegel zutage. Das Vorkommen von Modiola 
marginata, von Cerithien und Ervilien (so wurden vielleicht auch meist 
schlechterhaltene Syndosmien bestimmt), das Vorherrschen von Tegel- 
facies und das Auftreten von Kohlenflözchen sowie die analoge strati- 
graphische Position im Hangenden des Leithakalkes zeigt die Identität 
mit den gleichartig geschilderten untersarmatischen Schichten des 
Eruptionsgebietes. Auch hier sind diese Bildungen, wie Fabian zeigte, 
durch eine gröberklastische Lage vom Mediterran getrennt. In der 
unmittelbaren Fortsetzung dieser Zone konnte ich bei Fernitz (10 km 
S von Graz) in dem Graben, der südöstlich der Ortschaft in das 
Murtal einmündet, an der Basis der das Hügelland aufbauenden 
mittelsarmatischen Schichten, die mächtigen, schöngebänderten, dunklen 
Schiefertone wieder auffinden, die auch hier durch das Vorkommen 
von Syndosmia sp., Modiola marginata und Cardium sp. gekennzeichnet 
sind. Infolge der noch später zu besprechenden, jüngeren tektonischen 
Vorgänge sinken sie bei Fernitz mit nordwärts gerichtetem Fallen 
unter das Talniveau hinab !). 

Es ist vorauszusetzen, daß sie im Untergrund der Stadt Graz 
vorhanden sind. Bohrungen haben ergeben, daß in der Tiefe von 
155 m Foraminiferentegel auftreten, deren Fauna am ehesten einem 
sarmatischen Alter entspricht’). 

Bei Nieder-Schöckl, Graz NO, sind sarmatische Tone mit Cardien 
unmittelbar dem Grundgebirge aufgelagert, die vielleicht dieser 


!) Schon Stur erwähnt den Fundort. 

?) K. Peters, Schichten der sarmatischen Stufe bei Kirchbach nordöstlich 
von Graz. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1869, pag. 239. 

®) K. Fabian, Das Miocänland zwischen Stiefing und Mur. Mitt. des naturw. 
Vereine f. Steierm. Jahrg. 1905, Graz 1906. 

*) V.Hilber (LXXXVI. Jahresbericht d. Steierm. Landesmuseums Joanneum 
f. d. Jahr 1897. Graz 1898, pag. 18) erwähnt das Auftreten eines Telliniden! in 
den sarmatischen Schichten am Murberg bei Wildon. 

°) V. Hilber, Das Tertiärgebiet zwischen Graz, Köflach etc.  Jahrb. d. E. 
k. geol. R.-A. 1893. -— R. Hoernes, Bau und Bild, pag. 1095. 


576 Artur Winkler. [74] 


unteren Stufe angehören. Bei Weiz schließlich lagern unmittelbar 
über dem Grundgebirge nach Graniggs Angaben grüne Tegel, die 
Buceinum und Cerithiensteinkerne enthalten!). Nach der Lagerung 
und Facies entsprechen vielleicht auch diese den untersarmatischen 
Schichten. 


Diese zwar noch sehr lückenhaften Angaben über die Verbrei- 
tung der untersarmatischen Schichten zeigen an, daß sie einerseits 
am Rande des Ablagerungsbeckens bei St. Georgen, bei Wildon, Mellach, 
Fernitz, Nieder-Schöckl, Weiz hervortreten, anderseits besonders im 
südlichen Eruptivgebiet von Gleichenberg in den dort tektonisch 
„höchstgelegenen“ Schollen vorhanden sind. Das Innere dieses Beckens 
wird zumeist von jüngeren Sedimenten eingenommen. 


14. Kapitel. 
Die „Mittelsarmatische Stufe‘. 


Im Eruptivgebiet von Gleichenberg folgen über der untersar- 
matischen Stufe Schichten, die einerseits durch das starke Hervor- 
treten grobsandiger Bildungen, oft durch Diagonalschichtung gekenn- 
zeichnet, anderseits durch das reichliche Auftreten von Mergeln sich 
von den Sedimenten der untersarmatischen Stufe unterscheiden. Wasser- 
pflanzen führende Lagen stellen sich vielfach ein, meist Typha latissima 
aufweisend. 


Im großen und ganzen entsprechen die Ablagerungen der mittel- 
sarmatischen Stufe einem Seichterwerden des Meeres, einer Becken- 
füllung jener tieferen Bucht, in der die Sedimente der untersarma- 
tischen Abteilung zum Absatz gelangten. Im Eruptivgebiet ließ sich 
eine gewisse Vertikalgliederung innerhalb dieser Stufe noch darin 
erkennen, daß an der Basis ein Zug groben Schotters (Klöch, Pichla, 
Neusetz etc.) entwickelt ist. In dessen Hangenden konnte an mehreren 
Punkten eine Schilfreste führende Schicht konstatiert werden (zum 
Beispiel bei Pichla, Klöch, Rosenberg, Waldsberg ?). Der mittlere Teil 
der Schichtgruppe zeigt sich aus einer Wechsellagerung sandiger 
Bildungen mit schöngebänderten Mergeln und Schiefertonen ein- 
genommen, während schließlich feine, tonige Sande die Serie ab- 
schließen. Es ist mir aber noch nicht möglich gewesen zu konstätieren, 
ob diese Aufeinanderfolge sich auch noch in weiterem Umkreis wird 
nachweisen lassen. 

Wie erwähnt, spricht das durchschnittlich grobe Korn dieser 
Bildungen und das Auftreten Wasserpflanzen führender Schichten 
für eine Entstehung in seichtem Wasser. 

Ja es müssen sich zeitweise (wenigstens im südlichen Eruptiv- 
gebiet) ausgedehnte Schilfwiesen im Bereiche dieses flachen Meeres- 
beckens befunden haben. Zu einer nennenswerten Flözbildung ist es 
indessen nirgends gekommen. Die die Schichten senkreht durch- 


!) Loc. eit. pag. 532. 
’) A. Winkler, loc. cit. pag. 447. 


Dr en 


[75] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 577 


setzenden mächtigen Strünke der Schilfgräser konnten insbesondere 
bei Waldsberg (Gleichenberg S) beobachtet werden. 

Zwei Eigentümlichkeiten sind aber besonders für die Bildungs- 
verhältnisse dieser Sedimente bezeichnend: „Die Diagonalschichtung 
der Sande und das Auftreten feingebänderter Mergellagen.* 

Beide Bildungen stehen in innigem stratigraphischen Verband. 

De Geer!) hat vor kurzem das Zusammenvorkommen fein- 
gebänderter Sedimente mit diagonalgeschichteten Sanden hervor- 
gehoben. Er hat angegeben, daß es sich hierbei um Bildungen handelt, 
die unter dem Einfluß einer mächtigen Grundströmung zustande ge- 
kommen sind. Die in einer bestimmten Richtung bewegte Wasser- 
masse hat einerseits in den Sanden die Kreuzschichtung gebildet, 
anderseits spiegelt sich in dem Rhythmus der feinen Bänderung der 
jährliche Wechsel in den durch die Strömung zugeführten Sedimenten 
wieder. Das Vorhandensein einer Grundströmung ist, wie dieser Forscher 
angibt, durch einen sehr geringen Salzgehalt des Meeresbeckens her- 
vorgerufen. Die in dasselbe einmündenden Wassermengen werden 
sich infolge der geringen Dichte des salzarmen Meerwassers am Boden 
der Bucht weiterbewegen. 


Ich glaube, daß diese auf die glazialen Marinablagerungen Skan- 
dinaviens sich beziehenden Angaben ohne weiteres auf die Verhältnisse 
in der mittelsteirischen Bucht übertragen werden können. Die ärmliche 
Fauna und die reichliche Beimengung pflanzlicher Substanz, ja selbst 
Süßwasser-Conchylien führender Lagen, spricht auch hier für einen 
geringen Salzgehalt des Meeres. Die für die mittelsarmatischen 
Sandbildungen so charakteristische Diagonalschichtung zeigt auch 
hier den Einfluß von Strömungen am Meeresgrunde an. Die damit 
verbundenen, fein und gleichmäßig gebänderten Tonmergel lassen für 
die Entstehung ihres Sedimentationsrhythmus wohl kaum eine andere 
Erklärung zu, als eine den Jahresringen entsprechende Bildungsweise. 
So läßt sich auf indirektem Wege eine Bestätigung des aus Flora 
und Fauna geschlossenen, salzarmen Charakters des mittelsarmatischen 
Meeres erkennen. 

Die Fauna erhält ihr Gepräge durch das Zurücktreten dick- 
schaliger Organismen (mit Ausnahme einer im Hangenden auftretenden 
Austernbank) und insbesondere durch das Vorherrschen variabler 
Cardienformen. 

Zumeist ist die mittelsarmatische Stufe, die ich im Bereiche des 
kartierten Gebiets an mehr als 15 Punkten faunistisch ausbeutete, in 
dieser Cardienfacies entwickelt. 

Als wichtigstes Leitfossil ist jene Cardienform zu bezeichnen, 
die Hilber bei Radkersburg aufgefunden und als Cardium af. 
squamulosum bezeichnet hat?), obgleich ihm die Identität mit dieser 
Form nicht wahrscheinlich dünkte. Bittner bezeichnet nach Hilbers 
Abbildung diese Form als ein auch für untersteirische sarmatische 


!) De Geer, Geologische Rundschau 1912, Bd. III. pag. 468-469. Geo- 
chronologie der letzten 12000 Jahre. 


2) V. Hilber, Sarmat.-miocäne. Conchylien Oststeiermarks, Mitt. d; naturw. 
Vereins f. Steierm. Jahrg. 1891, Graz 1892. 


578 Artur Winkler. [76] 


Schichten charakteristisches Fossil und hält eme nahe Verwandtschaft 
mit Uniocardium Capellini für wahrscheinlich!), Hoernes hatte 
schon vorher analoge Cardien im Gebiete „der Gräben“ zwischen dem 
Eruptivgebiet und der Mur aufgefunden und seinem Cardium Abichi 
verwandt gedeutet?). Es dürften ihm aber nur Steinkerne vorgelegen 
sein. Sebließlich hat Andrussow°) nach Hilbers Abbildung die 
Identität des Cardiums mit ©. Barboti R. H. angenommen. Letzterer 
Auffassung folge ich in der Benennung der Art. 

Diese sehr variable Cardienform findet sich in vielen fossil- 
führenden Aufschlüssen mittelsarmatischer Schichten im Eruptivgebiet. 
Sie ist sehr dünnschalig und meistens nur als Steinkern. oder Abdruck 
erhalten. Sie zeichnet sich durch weitabstehende, mit Dornen ver- 
sehene sehr variable, fadenförmige Rippen, durch das Auftreten von 
Zwischenrippen und eine etwas in die Länge gezogene Gestalt der Schale 
aus. Oft besitzt sie ein rippenloses- Mittelfeld. Die weite Verbreitung 
dieser Form (Untersteier, ganz Mittelsteier, Rußland), ihr Fehlen in 
tieferen und höheren sarmatischen Horizonten, rechtfertigen, wie ich 
glaube, die ihr in vorliegenden Zeilen zugesprochene Bedeutung als 
Leitfossil mittelsarmatischer Horizonte. 


Ein anderes, nur in diesen Schichten aufgefundenes Fossil stellt 
Cardium cf. Loveni Nordm. dar, welches allerdings nur an zwei 
Punkten angetroffen wurde. Dagegen war Fragilia cf. Fragilis, ebenfalls 
auf mittelsarmatische Schichten beschränkt, häufig bemerkbar. 

Ein von mir als Cardium n. sp. bezeichnete Fossil, wahr- 
scheinlich mit einer von Hoernes als Cardium cf. obsoletum be- 
zeichneten Form identisch %), wurde auch in diesem mittleren Horizont 
aufgefunden. 

Cardien aus der Gruppe des Obsoletum, große Modiola marginata- 
Formen, Ervilia podolica, Tapes gregaria und eine kleine, dünnschalige 
Mactra vervollständigen das Bild der häufigsten mittelsarmatischen 
Fosilien. 

Die mittelsarmatischen Schichten sind im südlichen Eruptivgebiet 
nicht durch Fossilreichtum ausgezeichnet; nur durch sehr genaue 
Begehungen konnte eine beträchtliche Anzahl von Fossilfundstellen 
ausfindig gemacht werden. Die sandigen Ablagerungen sowie die 
feingeschichteten Tonmergel sind meist ganz frei von Fossilien. Viel- 
leicht steht dies ursächlich auch mit den Strömungen in Zusammen- 
hang, welche sich in diesem Sediment kundgaben. In dieser Hinsicht ist 
das Fehlen aller Conchylien in den mittelsarmatischen, grobklastischen 
Schichten sehr bezeichnend. Die starke Bewegung, welche das grobe 
Sediment in dem seichten Meeresbecken durch Strömungen erfuhr, 
wird die Ansiedlung von Faunen nicht ermöglicht haben. Die Fossilien 
sind meist in einzelnen Tegelmergellagen (oder Tegel) erhalten. 


!) Al. Bittner, Referat. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1892, pag. 115. 


?) R. Hoernes, Mitt. des naturw. Vereins f. Steierm. 1878. Sarmatische 
Ablagerungen in der Umgebung von Graz. 


®) N. Andrussow, Verh. d. kais. russ. mineralog. Gesellschaft zu St. Peters- 
burg. II. Serie Bd. 39. 1902, pag. 480—481. 


*%, R. Hoernes, loc. eit. 


[77] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 579 


Es erübrigt noch emer an zwei Punkten nachgewiesenen Ausbildung 
Erwähnung zu tun, welche in dem von Hofrat Th. Fuchs erwähnten 
Modiolaschlamm des Schwarzen Meeres ein Analogon findet‘). Am 
Rosenberge (Frutten SO, Gleichenberg Süd) fand sich ein grüner, 
stinkender, schlammiger Tegel erschlossen, der von dünnen, sehr 
gebrechlichen Bivalven und Gastropodenschalen ganz erfüllt war. Ins- 
besondere fallen die perlmutterglänzenden, papierdünnen Modiola- 
gehäuse auf, nebst welchen Bullen und eine dreieckige Ervilien- 
varietät am häufigsten anzutreffen sind. Cardium cf. Loveni, Cardium 
ef. Barboti und kleine Trochusformen stehen an Zahl gegenüber den 
vorerwähnten Formen zurück. 

Dieser Modiola-Bullaschlamm entspricht sowohl der Facies als 
auch der Fauna näch dem von Fuchs im Schwarzen Meer beobachteten 
und sich dort in einer Tiefe von 35—100 Faden bildenden Modiola- 
schlamm. 

Fr gleicht aber auch jenem von Andrussow?) aus südrussischen 
sarmatischen Schichten beschriebenen Modiolaschlamm, der ebenso wie 
der am „Rosenberge“ durch das Auftreten von Modiola marginata, Bulla 
Lajonkaireana und Cardien vorzüglich charakterisiert ist. Die über- 
raschende Ahnlichkeit in Fauna und Sediment läßt eine analoge Bil- 
dungsweise der mittelsteirischen Facies wie die der russischen voraus- 
setzen, welche letztere nach Andrussow in ruhigem Wasser, nicht 
nahe vom Ufer und in einer Tiefe von mindestens 35 Faden entstand. 

Die mittelsarmatische Stufe unterscheidet sich faunistisch von 
der hangenden obersarmatischen durch das Zurücktreten der Cerithien 
(im Eruptivgebiet fehlen sie sogar), durch das Fehlen aller dickschaligen 
Organismen (gegenüber den dickschaligen obersarmatischen Cardien, 
Mactren, Tapes und Trochusformen), durch den Mangel reiner Kalkbil- 
dungen, insbesondere der für obersarmatisch so bezeichnenden Spirorbis- 
Kalke, Peneroplis-Kalke und Oolithe, durch das Auftreten der auf 
die mittlere Sfufe beschränkten Cardienformen und Fragilia fragilis 
und schließlich durch die Abwesenheit vieler obersarmatischer Leit- 
formen (Cardium Jammense, diverse Mactra-Spezies etc.). 

Mittel- und obersarmatische Stufe sind faunistisch sehr gut 
geschieden. 

Die Verbreitung der mittelsarmatischen Stufe läßt sich aus 
dem von mir beschriebenen 3) südlichen Gleichenberger Eruptivgebiet 
deutlich weiter verfolgen. 

Östlich des Kutschenitzabaches, der dort die Grenze gegen 
Ungarn bildet, tritt sie zwischen diesem und dem Lendvatale zutage, 
wo sie bereits Stoliczka 1863 auffand. Seine Angaben, daß im 


!) Th. Fuchs, Über die Natur der sarmatischen Stufe. Sitzungsber. d. k. 
Akad. d. Wiss. LXVIV, 1877, pag. 9. Analoge Sedimente, besonders aus sarma- 
tirchen Schichten Rußlands, gibt N. Andrussow an. 

?) N. Andrussow, Verh. d. kais. russ. Gesellschaft in St. Petersburg. 
39. Bd., 2. Serie 1902. Die südrussischen Neogenablagerungen. 
IR 5, ‚A. Winkler. Das Eruptivgebiet von Gleichenberg etc. Jahrb. d. k. k. geol. 

1913. 

*) F. Stoliczka, Bericht über die im Sommer 1861 durchgeführte Über- 
sichtsaufnahme des südwestlichen Teiles von Ungarn. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1863, pag. 6. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 75 


580 Artur Winkler. [78] 


Liegenden mächtiger Sande, die Tegel und oolithische Kalke führen 
(= Obersarmatisch), lichte Tonmergel mit Pflanzenresten und ver- 
drückten Cardien auftreten, beziehen sich auf diese mittelsarmatischen 
Sedimente. 

Die mittelsarmatischen Bildungen sinken entlang des Lendva- 
tales (Gegend von St. Georgen) unter auflagernde obersarmatische 
und pontische Sedimente hinab. 

In der unmittelbaren Umrandung der Schieferinsel Neuhaus— 
St. Georgen lagern sich an das Paläozoikum mittelsarmatische Sedimente 
an, die infolge der Strandnähe sehr an Mächtigkeit reduziert und durch 
Sande allein vertreten sind). 

So wie gegen Ost tauchen auch gegen Nord die mittelsarmatischen 
Schichten unter auflagernde obersarmatisch -pontische Sedimente 
hinab. Sie treten hier (jenseits des kartierten Gebiets) unmittelbar 
südlich von Gleichenberg am SW-Fuß der Wirberge in einer Ziegel- 
grube zutage. Flach gelagerte Bänke von Tegeln und Tegelmergeln 
sind hier in einer Mächtigkeit von mehreren Metern erschlossen und 
werden weiter im Hangenden von Sanden überlagert. Im Tegel fand 
sich: Cardium cf. Barboti, Cardium n. sp., Trochus cf. pictus, Tapes 
gregaria, Modiola marginata, Mactra sp. ind. Diese Fauna stimmt mit 
jener mittelsarmatischer Schichten überein. 

In unmittelbarer Nähe dieses Fundortes befindet sich die mit 
Tuff und Bruchstücken fremder Gesteine erfüllte Tuffspalte der 
Wirberge. Am Rande derselben fand sich eine weit über hausgroße 
Scholle von sarmatischen Mergeln. 

Sie gehört jedenfalls einer beim Durchbruch mitgerissenen, 
wahrscheinlich im unmittelbaren Liegenden der besprochenen Tegel 
anstehenden Partie an. Das Gestein entspricht vollkommen jenem der 
mittelsarmatischen Mergel; ich konnte hier in zirka 40—50 Exemplaren 
das Leitfossil Cardium cf. Barboti aufsammeln. 

Südlich des Eruptivgebiets lassen sich die mittelsarmatischen 
Schiehten in den nördlichen Windischen Büheln bei Radkersburg deut- 
lich erkennen. Sie treten in der Umgebung dieser Stadt im Liegenden 
der kalkführenden obersarmatischen Schichten hervor. Andraes Profil- 
darstellung zeigt bereits die Mergelserie im Liegenden, den Kalkzug 
im Hangenden (Schloßberg bei Radkersburg)?). Am westlichen Abhang 
des Berges besteht die tiefere Schicht, die unter dem Sand gelagert 
ist, aus Mergeln mit Blattresten und enthält nebst Cerithien, Ervilia 
»odolica, Card. obsoletum protractum, Tapes gregaria, Modiola marginata, 
Bulla etc. Sie entspricht jedenfalls dem Mittelsarmat. 

In der Sammlung des Grazer „Joanneums* fand ich einen von 
der Gemeinde Hasenberg (bei Radkersburg) stammenden Tegel, der nach 
Gesteinsbeschaffenheit und Fauna vollkommen jenem von mir am Rosen- 
berge aufgefundenen Tegel glich und wie dort durch das Auftreten 
der dreieckigen Ervilia podolica, Dulla Lajonkaireuna, Modiola marginata, 
ausgezeichnet war. Er enthielt ebenso wie am Rosenberge zahlreiche 

!) A. Winkler, loc. cit. pag. 441. 


?) K. J. Andrae, Bericht über die Ergebnisse geognostischer Forschungen 
im Gebiete der 14., 18. und 19. Sek. etc. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1855, pag. 301. 


[79] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 581 


bandförmige Streifen einer dunklen Substanz, die Muschelbrut und 
Foraminiferen umschlossen. Es sind diese in den mergeligen oder 
schlammigen mittel- und untersarmatischen Bildungen sehr verbreiteten 
Bänder als Exkremente von Würmern und Fischen aufzufassen, eine 
Deutung, welche ich Herrn Hofrat Th. Fuchs verdanke. 


Bei der vollkommenen Analogie dieser Tegel von Hasenberg 
mit jenen vom Rosenberg sind beide als Sedimente desselben Horizonts 
anzusehen, dürften also einem hangenderen Niveau der mittelsarmatischen 
Stufe angehören. 


Den mittelsarmatischen Mergeln entsprechende Bildungen liegen 
von Rotenturm bei Radkersburg (Wirtshaus-Eiskeller) vor, die Bulla 
Lajonkaireana, Modiola marginata, Fragilia, Buceinum duplicatum und 
Cardien enthalten. Von diesem Fundort ist auch das mittelsarmatische 
Leitfossil Cardium cf. Barboti (als C. af. sguamulosum) beschrieben 
worden !). Daneben erscheinen die dreieckigen Ervilien, Columbellen, 
Cerithien etc. 

An diesem reichen Fundort tritt also wieder eine typisch mittel- 
sarmatische Faunenvergesellschaftung entgegen. 

Von Lastomerzen in den Windischen Büheln (Weg nach Weigels- 
berg) sind in der Sammlung Kalke mit Cardienabdrücken, entsprechend 
den mittelsarmatischen Gesteinen des Fruptivgebietes vorhanden. 

Auch Mergel mit Cardien und Tapes von Mukitschberg-Negau- 
berg (Radkersburg SSO) dürften hierherzustellen sein. 


Nun gelange ich zur Besprechung der Verbreitung mittelsarma- 
tischer Schichten, in jener als „die Gräben“ bezeichneten Region, 
welche sich westlich an das von mir kartierte Gebiet anschließt 
und sich vom Eruptivgebiet von Gleichenberg bis an die Mur- 
linie Spielfeld—Wildon—Hausmannstätten (Graz S) ausdehnt. Diese 
Region wurde von Stur der pontischen Stufe zugezählt?). Indessen 
haben Hörnes°) und Hilber‘) sowie Fabian?) gezeigt, daß min- 
destens ein Teil derselben der sarmatischen Stufe zuzurechnen ist. 
Meine Begehungen und Untersuchungen des aufgesammelten Materials 
haben es mir nahegelest, daß in diesem Gebiete überhaupt nur sar- 
matische Schichten verbreitet sind. Eine Gewißheit hierüber werden 
wir jedoch erst durch die noch in Gang befindlichen Aufnahmen Herrn 
Bergrats Dr. J. Dreger in diesem Gebiet erlangen. 


Für den Westen (Gegend von Wildon) haben dies schon Fabians 
Studien gezeigt, im Osten hat meine Aufnahme das Fehlen der pon- 
tischen Schichten und statt deren das Vorhandensein mittelsarmatischer 


1) V. Hilber, Sarmatisch-miocäne Conchylien Oststeiermarks. Mitt. des 
naturw. Vereins f. Steiermark. 1891. 

?) Geologische Karte zur „Geologie der Steiermark“. 

®) R. Hoernes u. V. Hilber, Sarmatische Ablagerungen bei Fernitz SSO 
von Graz. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 225. — R. Hoernes, Sarmatische 
Ablagerungen in der Umgebung von Graz. Mitt. des naturw. Vereines f. Steierm. 1878. 

*) V. Hilber, Hernalser Tegel bei St. Georgen-Wildon O. Verh. d. k. k. 
geol. R-A. 1878, pag. 101. 

5) K. Fabian, Das Miocänland zwischen Stiefing und Mn Mitt. d. naturw. 
Vereines 1905. Graz 1906. 


75* 


582 Artur Winkler. [80] 


ergeben !). Für den zentralen Teil ließen einzelne Begehungen, Samm- 
lungsmaterial und Literatur zur Genüge dasselbe erkennen. 

Die Tatsache, daß diese Region früher der pontischen Stufe zuge- 
zählt wurde, ist darin begründet, daß hier nicht jene durch ihren Fossil- 
reichtum und typischen Charakter ausgezeichnete „obersarmatische*“ 
Stufe auftritt, sondern die fossilarme „mittelsarmatische Entwicklung“ 
allein herrschend ist. Die genauere Begrenzung dieses Gebietes läßt 
erkennen, daß die mittelsarmatischen Schichten etwa entlang der Linie 
St. Anna am Aigen, Gleichenberg, Gnas, Kirchbach, Heiligenkreuz, 
Hausmannstätten im Murtal nordwärts unter pontische Sedimente hinab- 
sinken. Südwärts und westwärts der Linie reichen sie bis zu dem 
knieförmig umbiegenden Murlauf heran. 

Daß diese sarmatischen Schichten der mittleren (und unteren) 
Abteilung angehören, geht aus ihrer Fauna, Facies des Sediments und 
räumlichen Verbreitung hervor. 

Während im Bereiche der obersarmatischen Schichten bei 
Gleichenberg und weiterer Umgebung, bei Radkersburg im Süden und 
Hartberg im Norden etc. Kalkbänke (Oolithkalke, Spirorbiskalke, 
Bivalven und Gastropodenkalke etc.) in mehreren hundert Stein- 
brüchen abgebaut werden, ist in der mehr als 30 km ausgedehnten 
sarmatischen Region vom Eruptivgebiet bis zur Mur keine Spur eines 
Kalkvorkommens bekannt. Dagegen sind hier die für mittelsarmatische 
Schichten bezeichnenden Mergel und Sande entwickelt. Gegen Osten 
hängt die Region übrigens mit der von mir als „mittelsarmatisch“ 
erkannten Region im südlichen Eruptivgebiet zusammen. 

Was die Fauna anbelangt, die diese Region geliefert hat, so 
stimmt sie mit der „mittelsarmatischen“ des Eruptivgebietes überein. 
Meist sind es dünnschalige Formen und Conchylienabdrücke, die hier 
angetroffen wurden. 

Es fehlen alle für obersarmatische Schichten bezeichnenden Formen. 
(Kein Cardium Jammense, keine großen Mactren [cf. ponderosa, cf. 
caspia etc.], keine dickschaligen Tapesformen, keine Cerithien der 
Gruppe Hartbergense und Gamlitzense etc. wurden hier angetroffen.) 

Hoernes?), der dieses Gebiet auf Exkursionen durchstreifte, 
hat auf die eigentümliche Cardienfacies aufmerksam gemacht Die von 
ihm als dem Cardium Abichi nahestehend bezeichneten Formen ge- 
hören wahrscheinlich dem ©. Barboti an. Dieses Leitfossil mittelsarma- 
tischer Schichten ist aus dieser Gegend an vielen Punkten, und zwar 
auch in den hangendsten Partien (zum Beispiel am Fernitzberg) be- 
kannt geworden. 

Ich betrachte es demnach als erwiesen, daß auf eine Erstreckung 
von mehr als 30 km mittelsarmatische (und untersarmatische) Sedi- 
mente das weite Hügelland aufbauen, welches sich östlich der Mur- 
linie Wildon—Spielfeld bis zur Grenze ausbreitet und das von den 
N—S verlaufenden Tälern der Schwarzau, Saß, Stiefing, Gnas und 
Sulz ete. durchschnitten wird. 


liocwert: 


?) R. Hoernes, loc. eit., Mitt. d. naturw. Vereines f. Steierm. 1878. — 
K, Fabian, loc. eit. 


[81] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 583 


Im östlichen Teil konnte ich am Rücken, der die Ortschaft 
Straden trägt (rechtes Ufer des Sulzbaches), erkennen, daß sich an 
dessen Aufbau vorwiegend mittelsarmatische Mergel beteiligen, die 
mit Sanden wechsellagern und eine Lage groben Schotters aufweisen. 

Prof. Hilber!) hat sarmatische Mergel mit Cardium und Modiola 
NO von St. Georgen (Wildon O) aufgefunden, ferner Modiola margi- 
nata und Anneliden im Bach, der von Kurzragnitz zur Stiefing führt, 
entdeckt. Hoernes und Hilber?) haben bei Ortschaft Pichla einen 
sarmatischen Tegel mit Austern wahrgenommen, der auf den Höhen 
östlich des Ortes zu finden ist und daher gegenüber den tieferliegenden 
Tegeln ein höheres Niveau einnimmt. Vielleicht liegt hier derselbe 
Horizont vor, in dem weiter östlich bei Trautmannsdorf (Gleichenberg 
W), am Buchberge (NO-Ecke des Klöcher Massivs) und bei Gruisla 
(SO-Ecke desselben) eine Tegellage mit Ostrea Gingensis zutage tritt. 
An diesen Punkten nehmen Austernbänke ein ziemlich hangendes 
Niveau der mittelsarmatischen Stufe ein. Gegen Nord sinken diese 
Bildungen, wie angegeben, zwischen St. Anna am Aigen und Gnas 
unter obersarmatische, zwischen Gnas, Kirchbach, Hl. Kreuz und Haus- 
mannstätten unter pontische Sedimente hinab. In der Nähe des 
letztgenannten Ortes konnte ich bei Fernitz (O des Ortes, Fahrweg) 
Sande mit Cerithium mitrale wahrnehmen, die mit Steinmergeln und 
tonigen Sedimenten wechsellagern. 


Im Hangenden dieser aus Schiefertonen, Tegeln, Lehmen, Mergeln 
und Sanden bestehenden Schichtfolge konnte Hoernes Cardien- 
mergel auffinden ?), welcher mit dem mittelsarmatischen Leitfossil ©. ef. 
Barboti (nach Identifizierung der in der Universitätssammlung in Graz 
aufbewahrten Stücke) erfüllt ist. 

Ebenso fanden sich hier, wie in den mittelsarmatischen Schichten 
des Ostens, große Modiola marginata-Formen und die durch ihre drei- 
eckige Gestalt ausgezeichnete Ervilienvarietät. 

Auch von Hausmannstätten erliegen in der Sammlung Mergel 
mit dünnschaligen Modiola marginuta- und Cardium cf. Barboti-Formen, 
von Klein-Felgitsch typisch mittelsarmatische Cardien und Trochus 
führende Mergel. 


In der Sammlung des Joanneums finden sich Mergelgesteine von 
mittelsarmatischem Habitus von Pichla (St. Georgen a. d. Stiefing N) 
Modiola marginata führende Gesteine von Frannacherberg (St. Georgen 
a. d. Stiefing NO) vor. Bei Klein-Feiting (St. Georgen a. d. Stiefing N) 
wurden Sande mit dünnschaligen Bullen, Trochus und Buceinumformen 
gesammelt, während östlich des Ortes Tonmergel mit Cardien, Modiola 
marginata, Tapes und Trochus, in durchweg zarten Formen aufge- 
funden wurden. Diese für mittelsarmatische Schichten bezeichnenden 
Faunenvergesellschaftungen wiesen auch hier wieder die in den gleichen 
Ablagerungen des Eruptivgebiets bemerkten bandartigen Streifen, 'mit 
Foraminiferen und Muschelbrut erfüllt, auf. 


EV. Hilber, locreit. 

?) R. Hoernes u. V. Hilber, Sarmatische Schichten etc. Verh. d. k. k. 
geol. R.-A. 1878, pag. 225. 

®) R. Hoernes, loc. eit. Mitt. des naturw. Vereines f. Steierm. 1878. 


584 Artur Winkler. [82] 


Ich gelange nunmehr zur Besprechung der Schichtfolge, welche 
ich in der Umgebung von Gnas (Gleichenberg West) zu beobachten 
Gelegenheit hatte und welche einer genauen Untersuchung unter- 
zogen wurde. Die Profile lassen hier wieder mit großer Deutlichkeit 
die Abtrennung der obersarmatischen von den tieferen (mittelsarma- 
tischen) Schichten erkennen. Die reichlich Oolithkalke führenden, eine 
ganz ckarakteristische Fauna aufweisenden obersarmatischen Schichten 
sind nur auf den höheren Erhebungen östlich von Gnas (besonders dem 
Eberndorfer Berg bei Kote 366) sichtbar. Die tieferen Teile der 
Gehänge sind von sandigtegeligen Sedimenten erbaut, welche nur 
geringmächtige Kalkmergel und Mergelkalke enthalten. In einer Grube 
oberhalb des Marktes Gnas (östlich) fand ich am Waldrande einen 
Wechsel von fossilleeren, ungeschichteten Sanden mit fossilführenden, 
tonigbröckligen Sanden und Kalksanden aufgeschlossen. 


Ich fand hier 


Cardium plicatum Eichw. (dünnschalige Form) 
Cardium cf. obsoletum Eichw. 

Tapes sp. 

Trochus cf. pietus. 


Der Aufstieg von Gnas gegen NNO läßt am Hohlwege zuerst 
graugrüne tegelige Lagen, sodann eine Einlagerung einer einige Zenti- 
meter mächtigen Ervilienkalklage, hierauf einige Meter im Hangenden 
derselben einen Kalkmergel mit Cardien und Tapessteinkernen erkennen. 


Im Hangenden dieser Schichtgruppe sind sandige Mergel in 
einem verlassenen Steinbruch sichtbar, eine wohl nicht mächtige kalkige 
Schicht mit ©. cf. obsoletum, C. cf. plicatum und Ervilia podolica über- 
lagernd. 


Im Mergel fanden sich: 


Ervilia podolica Eichw. 
Modiola marginata Eichw. 
Tapes gregaria Partsch 
Cardium cf. plicatum 
Cardium cf. obsoletum 
Mactra sp. 

Trochus sp. 


Das reichliche Auftreten von Ervilia podolica, welche ich im benach- 
barten südlichen Eruptivgebiet nur in tieferen sarmatischen Schichten 
und dort lokal sehr häufig antraf, das Erscheinen sogar kalkiger 
Lagen, von dieser Muschel aufgebaut, bestätigen die Annahme eines 
tiefersarmatischen (mittelsarmatischen) Alters für diese Bildungen. 


Die vielfach Cerithien führenden Lagen, welche man im Hohlweg, 
der SW von Gnas auf den Rücken führt, beobachten kann, enthalten 
jene Varietät von Cerithium rubiginosum Eichw., die ich in den 
„tieferen“ sarmatischen Schichten im südlichen „Eruptivgebiet“ antraf 
und die ich dem Cerithium Comperei Orb. nahestehend deutete. 


[83] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 585 


Ich glaube somit gezeigt zu haben, daß das Gebiet!) zwischen dem 
Gleichenberger Eruptivgebiet und der Mur zwischen Fernitz—Spiel- 
feld ausschließlich von der sarmatischen Stufe, und zwar vorzüglich von 
der mittelsarmatischen Abteilung aufgebaut wird. Die westlichsten 
Partien der obersarmatischen Schichtgruppe lassen sich bei Gnas und 
Prädiberg beobachten. 


Das westlichste Verbreitungsgebiet mittelsarmatischer Schichten 
Steiermarks liegt in dem Becken von Thal, westlich von Graz. Es sind 
die bei Waldhof, Winkel und Ober-Büchel auftretenden Sedimente, 
die durch Hilbers Studien eine genaue faunistische Darstellung 
erfahren haben. Sowohl die liegenden, tegeligen Sedimente als die 
hangenden Kalkmergel (OÖber-Büchel) entsprechen wahrscheinlich der 
tieferen (unter und mittel) sarmatischen Stufe. Bei Waldhof?) treten 
wieder jene für mittelsarmatisch bezeichnende F'ragilia fragilis zu Tage. 
Ebenso ist wahrscheinlich dasselbe Cardium n. sp. verbreitet, welches 
in Oststeiermark nur in mittelsarmatischen Sedimenten angetroffen 
wurde. Im übrigen erscheint die Fauna nach Hilber besonders aus 
Hydrobien, Mohrensternien, Phasianellen, kleine Trochusformen, Ceri- 
thien, Buceinum, Murex etc. zusammengesetzt. 


Wie ich mich überzeugen konnte, treten in den Gräben bei 
Waldhof ebenfalls keine den obersarmatischen vergleichbaren Sedimente 
zutage, womit der völlige Mangel der für diese Abteilung bezeich- 
nenden Fossilien übereinstimmt. Der große Fossilreichtum und das 
starke Hervortreten brackischer Formen (Hydrobien, Mohrensternien, 
Rissoen, Phasianellen etc.) entspricht der Bildung in einer kleinen, 
randlichen, abgeschlossenen Bucht des unter und mittelsarmatischen 
Meeres. Der Rücken des „Plabutsch“ (Graz W) hat den Zusammenhang 
dieses Beckens mit dem benachbarten östlichen Verbreitungsgebiet be- 
hindert. Die Verbindung dieses Meeres kann nur südwärts dieses paläozoi- 
schen Rückens, in der heute durch die Anschwemmungen der Mur und 
jüngere Schotterbildungen eingenommenen Region (bei Dobl) sich 
befunden haben. 

Wenn man die Ausbildung der mittelsarmatischen Schichten 
in dem besprochenen Raum überblickt, so lassen sich gewisse Facies- 
änderungen zwischen Ost und West erkennen. 

Es hat sich gezeigt, daß die im Eruptivgebiet so verbreiteten 
mittelsarmatischen Mergel gegen West (Profil des Fernitzberges Graz $), 
wenn auch keineswegs verschwinden, so doch stark zurücktreten. 

Es nehmen gegenüber den Mergeln die sandigen, tonig-schief- 
rigen Sedimente stark überhand, die nur mehr spärliche Mergel oder 
Kalkmergelbänke enthalten. (Fernitz, Fernitzberg, Winkel und Ober- 
Büchel.) 

Mit dieser Faciesänderung geht insofern eine Änderung in der 
Fauna Hand in Hand, als einerseits die auf die Mergelfacies beschränkten 
Cardium cf. Barboti-Formen im Westen nur mehr in den spärlichen 


!) Südlich der Linie St. Anna—Gleichenberg— Prädiberg-—Fernitz bei Graz. 

2) R. Hörnes, loc. eit. Mitt. des naturw. Vereins für Steierm. 1878. — 
V.Hilber, Mitt. des naturw. Vereins für Steierm. 1896. Graz 1897. Die sarma- 
tischen Schichten von Waldhof bei Wetzelsdorf. 


586 Artur Winkler. [84] 


Mergelzwischenlagen erscheinen, während anderseits hier die reichlich 
verbreiteten sandig tonigen Sedimente sich mit Cerithien bevölkern, 
welche ich im Eruptivgebiete nieht nachweisen konnte. (In „mittel- 
sarmatischen* Schichten.) Die durch besondere Entstehungsweise aus- 
gezeichneten lagunären Bildungen von Waldhof zeigen einen besonderen 
Arten- und Individuenreichtum. Sie erscheinen auch hier durch Auf- 
treten mittelsarmatischer Leitformen (Fragilia fragilis !), Cardium n. sp. 
gekennzeichnet. 


Überblick über die Verbreitung der tieferen sarmatischen 
Schichten. 


Ein Überblick über die Verbreitung der tieferen sarmatischen 
(unter- und mittelsarmatischen) Schichten zeigt, daß deren Strand 
linie von den Windischen Büheln in NW-Richtung über Mureck 
nach St. Georgen bei Wildon verlief. In gleicher Richtung erstreckte 
sie sich von hier über die Gegend westlich von Dobl und mochte 
nicht unweit von Rein (Graz NW) den Grundgebirgsrand erreicht 
haben. Hier lag eine durch den Plabutschzug vom übrigen Meer 
getrennte kleine Bucht. (Taf. XXI.) 


Bei Graz scheinen tiefere sarmatische Sedimente im Untergrunde 
der Stadt verbreitet zu sein. Ostwärts der Stadt folgte die Grenze 
annähernd dem Verlauf des heutigen Grundgebirgsrandes, in dem 
sarmatische (wahrscheinlich tiefsarmatische) Schichten bei Nieder- 
schöckel und in der Umgebung von Weiz dem alten Untergrunde 
aufgelagert angetroffen wurden. 


Gegen Osten bildete die Hartbergerscholle eine Barre. 


Die noch östlicher gelegene Pinkafelder Bucht trägt, wie es 
scheint, ebenfalls keine tiefsarmatischen Sedimente. Die östliche 
Erhebungsreihe Sulz-Günser Horst läßt keine sarmatischen Sedimente 
in ihrer Umrandung erkennen. Dieser Scholle dürfte auch noch die 
Gegend der „Stadt und Langberge* bei Fürstenfeld (Tuffgebiet) in 
tiefsarmatischer Zeit angegliedert gewesen sein, da hier trotz genauer 
Untersuchung der zahlreichen Tuffeinschlüsse aus dem Untergrunde 
bloß paläozoische, obersarmatische und pontische Fragmente zu 
erkennen waren. 


Dagegen nähert man sich südlich von Fürstenfeld dem Ver- 
breitungsgebiete des tiefsarmatischen Meeres. Seine Absätze treten 
schon am Südabfall des Gleichenberger Trachytmassivs und in dem 
weiten, von mir genauer studierten südlichen Eruptivgebiet zutage. 
Die sich hier erhebende Schieferinsel „Neuhaus-St. Georgen“ ragte in 
untersarmatischer Zeit nur wenig, in mittelsarmatischer nur mehr in 
sehr geringem Ausmaß über den Spiegel des Meeres. Ebenso bildete 
das Trachytmassiv eine wenig ausgedehnte Aufragung älteren Gesteins. 


Westlich und nordwestlich vom Eruptivgebiet breitete sich das 
Meer bis an die früher angegebene Begrenzungslinie aus. 


!) Nach einigen in der Sammlung des geologischen Instituts der Universität 
Graz aufbewahrten Handstücken. 


[85] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 587 


Östlich des Eruptivgebiets kommunizierte es in der zwischen 
der Schieferinsel „Neuhaus-St. Georgen“ und dem Südrande der 
paläozoischen Erhebungszone „Güns-Sulz“ gelegenen Region mit dem 
panonischen Becken. 

Gegen Süden schließlich stand es in dem Raume Mureck-Rad- 
kersburg mit dem Verbreitungsgebiete sarmatischer Schichten in den 
Windischen Büheln in offenem Zusammenhang. 

Das Meer bedeckte also im großen und ganzen einen zentralen 
Teil der mittelsteirischen Bucht. Westlich ließ es die Sausalbucht, 
nordöstlich und östlich hingegen die Hartberger Scholle !), die Pinka- 
felder Bucht und die Erhebungsreihe „Güns-Sulz“ unbenetzt. 

Daß tektonische Bewegungen den Rahmen für diese Verbreitung 
vorgezeichnet haben, wurde anfänglich dargelegt. 


15. Kapitel. 


Störungen nach Ablagerung der tieferen sarmatischen 
Schichten. 


Die obersarmatische Stufe läßt gegenüber den beiden tieferen 
Abteilungen einen bedeutend geänderten Umriß in der Verbreitung 
erkennen. 

Ein ausgedehntes, bisher vom Meer bedecktes Gebiet wurde der 
Festlandszone angegliedert; anderen Orts ist wieder eine Transgression 
in der mittelsteirischen Bucht nachweisbar. 

Wie schon ausgeführt wurde, sind die obersarmatischen Schichten 
im Bereiche des Eruptivgebiets von Gleichenberg als unmittelbare 
Küstenbildungen entwickelt. Während unter dem nördlichen Teil der 
Basaltdecke des Hochstraden noch die randlichsten Partien dieser 
Meeresablagerungen erhalten sind, fehlen diese bereits unter den 
mittleren und südlichen Partien derselben. Die Eruptivmassen lagern 
dort unmittelbar auf mittelsarmatischen Schichten. Man steht hier bereits 
im Bereiche der obersarmatischen Festlandszone ?). Dieser meerfreien 
tegion war auch der ganze westlich des Eruptivgebiets bis zur Mur- 
ebene bei Wildon gelegene Raum angegliedert. Denn wie schon an- 
gegeben wurde, sind in diesem keine obersarmatischen Sedimente 
bekannt. 

Die obersarmatische Stufe fehlt aber auch in dem an letztere 
Region nördlich angrenzenden, bis au den Alpenrand zwischen Graz 
und Weiz sich erstreckenden Raum. Er wird ebenfalls, wie es scheint, 
von tiefsarmatischen (und pontischen) Schichten eingenommen, welch’ 
erstere aber nur selten aus der pontischen Decke hervortreten. Das ober- 
sarmatische Meer scheint die Linie Radkersburg, St. Anna am Aigen, Gnas 
(Gleichenberg W), Kirchberg an der Raab, Gleisdorf—Weiz gegen W, 
resp. SW, nicht weit überschritten zu haben. (Taf. XXI u. Textfigur 4.) 


!) Vielleicht sind an der Basis der obersarmatischen Schichtfolge bei Rohrbach 
(SW von Friedberg) noch tiefsarmatische Schichten entwickelt. Hilber erwähnt 
von dort Fragilia aff. fragilis. 
?2) A. Winkler, loc. eit. pag. 451. 
Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 68. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 76 


588 Artur Winkler. [86] 


Östlich der angegebenen Begrenzung stellen sich in den Win- 
dischen Büheln, in dem Eruptivgebiet und in der Gleisdorfer Gegend 
typische obersarmatische Sedimente ein. 

In der obersarmatischen Zeit war also dem kontinentalen West- 
rand der Grazer Bucht ein zirka 30 km breiter Saum des in der 
tieferen Abteilung vom Meer bedeckten Gebietes angegliedert. 

Diese trockengelegte Region besaß im nördlichen Eruptivgebiet 
einen Vorsprung gegen Osten in das obersarmatische Meer. 

Der Regression im südwestlichen und westlichen Teil der mittel- 
steirischen Bucht steht der entgegengesetzte Vorgang in den nordöst- 
lichen Regionen gegenüber. 

Im Bereiche der ausgedehnten Scholle von Hartberg, an der 
ich keine unter- und mittelsarmatischen Sedimente sah, treten ober- 
sarmatische Bildungen unmittelbar über dem Grundgebirge transgre- 
dierend zutage. 

Auch in dem südlich davon gelegenen Gebiet von Fürstenfeld 
(Stadt und Langberge) scheinen nach den Einschlüssen im Basalttuff 
zu urteilen obersarmatische Schichten unmittelbar über das Grund- 
gebirge überzugreifen. In jener schon oft erwähnten Festlandszone, 
die das mittelsteirische Becken im Osten begrenzt und sich durch die 
Schieferinselreihe „Sulz—Güns“ markiert, treten auch „keine“ ober- 
sarmatischen Bildungen zutage. Diese alte Barre bestand also auch 
noch in dieser Epoche. 


Die Regression des obersarmatischen Meeres im Westen und 
Südwesten und die Transgression desselben im Nordosten läßt ver- 
muten, daß tektonische Erscheinungen den Wechsel in der Verbreitung 
hervorgerufen haben. Betrachtet man die Höhenlage, welche die sar- 
matischen Sedimente im Bereiche der im SW der Grazer Bucht 
gelegenen, obersarmatischen Festlandszone erreichen, so erkennt man 
ein Hinanreichen dieser Bildungen bis über 500 m. (Z. B. am mittleren 
Hochstradenzug südlich von Gleichenberg.) Im Gebiete „der Gräben“ 
läßt sich ein durchschnittliches Ansteigen der mittelsarmatischen Se- 
dimente bis zirka 450 m Seehöhe erkennen. In der westlich an- 
schließenden Region des Sausals erreichen gleichzeitig die Leithakalke 
am Buchkogel eine Höhe von 5öl m. 

Die Untersuchungen im Wiener Becken haben eine Strandhöhe 
der marinen Bildungen von zirka 500 m, eine Höhenlage des sarma- 
tischen Wasserspiegels von höchstens nur 400 m ergeben ?). 

Wenn man diesen im Wiener Becken ermittelten Werten ein 
srößeres Gewicht beilegen darf, da sie sich auf ein in jüngerer Zeit. 
wenig gestörtes Gebiet beziehen, so wird man die Höhenlage der 
mediterranen und tiefsarmatischen Sedimente in Mittelsteiermark auf 
tektonische Ursachen zurückführen müssen. 

Eine Hebung (etwa im Ausmaß von 80—100 m) im südlichen und 
westlichen Teil der Grazer Bucht vermag die Höhenlage dieser Bil- 
dungen und (die Regression des obersarmatischen Meeres zu erklären. 


') H. Hassinger, Geomorphologische Studien aus dem inneralpinen Wiener 
Becken etc. Geogr. Abhandl. Bd. VIII, pag. 197. — F. X. Schaffer, Geol. Führer 
für Exkursionen im inneralpinen Wiener Becken. II. Teil, pag. 89—90. 


Se 


[87] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 589 


Eine Senkung im nordöstlichen Teil des Beckens macht hingegen das 
Übergreifen obersarmatischer Sedimente in der Hartberger Scholle auf 
das Grundgebirge verständlich. 

Das Auftreten der Hebung ist um so interessanter, als es zeitlich 
mit einer starken, selbst Faltungen erzeugenden Störungsphase in 
Untersteiermark und Krain zusammenfällt. 

Auch dort hat dieselbe eine Regression des obersarmatischen 
Meeres hervorgerufen. Denn, wie ich noch später nachweisen werde, 
sind in dem größten Teil von Untersteiermark und Krain vornehmlich 
tiefsarmatische (unter- und mittelsarmatische) Sedimente entwickelt. 
Es erscheint ganz natürlich, daß jene große tektonische Bewegung, 
die zirka. 30 km südlich der „gehobenen“ mittelsteirischen Scholle die 
sarmatischen Schichten bei Maxau steil aufgerichtet und selbst überkippt 
hat und unweit davon die Leithakalke des Donatiberges bis zur Höhe 
von 800 m aufrichtete!), sich in der Nachbarregion in einer geringen 
Hebung äußerte. 

Auf die Gleichzeitigkeit der tektonischen Bewegungen in Mittel- 
und Untersteiermark habe ich bereits in einer vorläufigen Mitteilung 
hingewiesen. 

Die Verbreitung des obersarmatischen Meeres zeigt somit an, 


‚daß gegenüber (lem unter- und mittelsarmatischen eine Verschiebung 


der Lage in der Richtung nach Nordost stattgefunden hat. Die Sen- 
kung, welche der Ausbreitung des Meeres nach dieser Richtung voran- 
gegangen ist, fügt sich wieder in das System der nach NNO fort- 
schreitenden Einbrüche in der mittelsteirischen Bucht ein. 

Es erübrigt noch, einer interessanten Erscheinung Erwähnung 
zu tun. Schon lange sind in der Gegend von Graz, am Abfall des 
Schöckls, hochgelegene Schotterreste bekannt. Hilber hat sie in 
der „Taltreppe“ ?) betitelten Arbeit neuerdings besprochen und ihre 
Auflagerung auf die höchste im Grazer Gebiet mit Sicherheit kenn- 
bare „Flur“ I. beschrieben. Sie liegen in Höhen von 694 m am 
„Kalkleitenmöstl“, in Höhen von 680 m bei Rinegg. Es bestehen 
meiner Ansicht nach gewichtige Bedenken, diese Schotter mit den 
Belvedereschichten zu parallelisieren, da, wie auch Hilber angibt, 
die letzteren entsprechende Fauna erst in Fundpunkten angetroffen 
wurde, die um 100 m tiefer liegen. Da die Belvedereschotter nur 
bis rund 580 m Höhe hinaufreichen, liegen nicht genügend Anhalts- 
punkte vor, um eine Zuschüttung des Grazer Beckens bis zu zirka 
7060 m Höhe annehmen zu können. 

Das Sausalgebiet, wo gegenwärtig der Buchkogel eine Höhe 
von 991 m erreicht und wo Terrassen im Schiefergebiet deutlich in 
Höhen von rund 565 m (K. 561, K. 564, 568, 567) entwickelt sind, 
läßt durch das Auftreten hochgelegener Schottergerölle (über Leitha- 
kalk) vermuten, daß einst eine einheitliche Fläche sich im Bereiche 
desselben und bis an den Alpenrand hin ausgebreitet hat. 


1) Brane hierüber R. Hörnes, Bau und Bild pag. 935—936. — Ders., Die 
Donatibruchlinie, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1890, pag. 67. — D. Stur, Geologie 
der Steiermark, pag. 639—640. — F. Teller, Erläuterungen zur geologischen 
Spezialkarte Pragerhof— Windisch-Feistritz. 

?) V, Hilber, Taltreppe. Graz 1912. Selbstverlag. 


tar 


590 Artur Winkler. [88] 


Bei Annahme einer mäßigen Abtragung und in Berücksichtigung 
der Terrassenhöhe von 550—600 »n dürfte man geneigt sein, dort 
Reste einer alten Niveaufläche in dieser Höhe anzunehmen. Rechnet 
man die Schotterrelikte und Niveauflächen im Sausal, sowie jene am 
Nordrand des Grazer Beckens (Kalkleitenmöstl ete.) dem tieferen Sarmat 
zu und denkt man sich die am Nordrand der Grazer Bucht gelegene 
Scholle, welche die genannten Schotterbildungen trägt, vorobersarmatisch 
noch um zirka 100 m höher gehoben als das angrenzende Tertiär- 
becken, so wäre das Auftreten der 680-690 m hoch gelegenen 
Terrassen und Schotterreste erklärt. 

Den genauen Untersuchungen von Dr. F. Heritsch!) ist der 
wichtige Nachweis zu danken, daß der Südrand des Grazer Paläozoikums 
von einem System von Staffelbrüchen durchsetzt ist. 

Die Frage, inwieweit an diesen Linien noch jüngere, sarmatisch- 
pontische Bewegungen stattgefunden haben, scheint mir noch nicht 
genügend geklärt zu sein. Vielleicht wird sich auch hier ein Zusam- 
menhang zwischen den im Paläozoikum kennbaren Brüchen und der 
Verbreitung des Miocäns ergeben. Immerhin wird man der Ansicht von 
Dr. F. Heritsch beipflichten müssen, daß der Südrand des Grazer Paläo- 
zoikums vorzüglich durch vormediterrane Bewegungen entstanden ist. 

Wir erhalten so vielleicht für das tiefere Sarmat eine Niveaufläche, 
die durch die obersarmatische Hebung in eine Höhe von rund 500 m im 
Eruptivgebiet in Oststeier, in rund 600 m im Sausal und in 680 m in der 
(Gegend bei Graz gebracht wurde. Daß das mit pontischen und Belve- 
deresedimenten erfüllte Becken, das sich zwischen das Gebiet der 
„Gräben“ und den Alpenrand „Graz— Weiz“ einschaltet, eine jüngere 
Bruchzone darstellt und nicht gegen die angenommene, einheitliche 
Aufschüttungsfläche spricht, werde ich später zu erweisen trachten. 


16. Kapitel. 
Die obersarmatischen Schichten. 


Die obersarmatischen Schichten unterscheiden sich von den 
tieferen durch die Mannigfaltigkeit ihrer faciellen Entwicklung. Das 
vorherrschende Sediment stellen Sande dar, teils in feintoniger, teils 
in grobschottriger Ausbildung entwickelt. Meist sind sie von fossil- 
reichen Lagen dickschaliger Mollusken durchzogen. 

Schiefrige Sande und Pflanzenreste führende, fette Schiefertone 
wechsellagern mit diesen. Ausgedehnte Mergelkomplexe treten be- 
sonders im Hangenden der Schichtfolge hervor. Es durchziehen zirka 
fünf 1—4 m mächtige Kaikflöze die obersarmatischen Sedimente, denen 
sich noch mehrere lokal begrenzte und unbedeutende Kalkschmitzen 
zugesellen. Die Kalke erscheinen von Kalkmergeln (Steinmergeln) und 
Kalksandsteinen häufig im Hangend und Liegend begleitet. Schließlich 
ist das Auftreten von Tegellagen, Lumachellebänken, Muschel- und 
Cerithiengrus erwähnenswert. 


!) Dr. F. Heritsch, Studien über die Tektonik der paläozoischen Ab- 
lagerungen des Grazer Beckens. Mitteil. des naturw. Vereins für Steierm. Graz 1906. 


A 


[89] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 591 


Die Verteilung dieser Sedimente in vertikaler Hinsicht tritt an 
den von mir begangenen Profilen etwa in folgender Weise zutage): 
Über dem basalen, meist als Cerithienagglomerat ausgebildeten Kalk- 
zug (I) lagern tiefgrüne Tegel, die nach oben in feine Sande über- 
gehen. Letztere enthalten zwei Einlagerungen von mehrere Meter 
mächtigen und konstant verfolgbaren Peneropliskalken. Sie besitzen 
oolithische Struktur. Das gesteinsbildende Auftreten von Peneroplis 
pertusus, welche Bestimmung ich der Freundlichkeit Herrn Dr. R. 
Schuberts verdanke, ist interessant, da diese Form meines Wissens 
überhaupt noch nicht aus sarmatischen Schichten beschrieben wurde. 

Im Hangenden dieser Kalke (II, III) erscheinen mehrere Meter 
mächtige tonige Sande mit reichlichen Cerithien- und Bivalvenlagen 
ausgebildet. Sie werden von einer teils als Spirorbiskalk, teils als 
Cerithien-, Tapes-, Cardienkalk ausgebildeten Schicht überlagert, die 
meist guterhaltene Schalen aufweist. (IV. Kalk.) Uber dem IV. Kalk 
stellt sich nach einer dünnen Tegellage, die hauptsächlich Cardien 
enthält, ein konstant verfolgbarer Sandhorizont ein, der schottrige und 
tegelige Einlagerungen besitzt. Uber diesen zirka 30 m mächtigen 
Sedimenten folgt eine teils als Spirorbis, teils als Gastropoden-Bivalven- 
abdrücke führender Kalk ausgebildete Schicht. Häufig ist diese durch 
Übergang mit Kalksandsteinen und Kalkmergeln verbunden. 

In ihr konnte ich mehrerenorts typisch ausgebildete Fließ- 
wülste bemerken. Eine Wechsellagerung von Mergeln, Schiefertonen 
und Sanden in fossilarmer Ausbildung schließt die sarmatische Schicht- 
folge ab. 

Die beschriebene Schichtserie ließ sich an zahlreichen Profilen 
im Eruptivgebiet von Gleichenberg erkennen. Immerhin erfährt sie 
auch dort mit Annäherung oder Entfernung von der Strandlinie des 
obersarmatischen Meeres Modifikationen. 

Die Fauna der obersarmatischeu Schichten im Eruptivgebiete 
zeichnet sich durch das Auftreten dickschaliger Organismen aus. Ins- 
besondere sind es Cerithien (Potamides), welche häufig gesteinsbildend 
auftreten oder im Sande Bänke erfüllen. Potamides mitralis und (er. 
rubiginosum treten in zahllosen Individuen in diesen Schichten auf. 

In geringerer Anzahl sind Potamides disiunctus, Hartbergensis 
und Gamlitzensis verbreitet 

Die Trochus-Formen sind insbesondere durch Trochus podolicus, 
Poppelacki und pictus vertreten. 

Unter den Bivalven zeichnet sich die dickschalige Tapes gregaria 
durch Häufigkeit aus. 

Die Cardien gehören teils dem durch breite, abgeplattete Rippen 
ausgezeichneten Typus des Cardium Jammense Hilber, teils dem 
©. cf. plicatum, teils dem ©. obsoletum an. 

Außerdem fanden sich in höheren Lagen Cardienformen, die zu 
dem ©. coniungens (aus pontischen Schichten) hinüberzuführen 
scheinen und die auch in den hangenden sarmatischen Schichten von 
Wiesen (Ödenburger Komitat) vorkommen. (Exemplare in der Grazer 
Universitätssammlung.) 


!) Sehe A. Winkler, loc. cit. pag. 449. 


599 Artur Winkler. [90] 


Die Mactren sind durch viele große, stellenweise fast Faust- 
größe erreichende Formen vertreten. Es konnte M. ponderosa (nach 
Andrussow!) als M. Vitaliana var. ponderosa zu bezeichnen) auf- 
gefunden werden. Der abweichende Typus der M. podolica M. H. 
(non Eichwald), wie sie am häufigsten im Wiener Becken sich 
findet (= nach Andrussow?°) M. Vitaliana var. VWitaliana) sowie 
eine der M. Bigogniana Orb. ähnliche Form fand sich in den ober- 
sarmatischen Sedimenten. Schließlich traf ich kleine, gleichseitige 
Formen, die der M. caspia kichw. nahestehen. Alle erwähnten Mactren- 
formen wurden nie in tieferen sarmatischen Schichten angetroffen. 

Donax lucida, Solen subfragilis, Modiola volhynica, seltene 
Modiola marginata-Formen, Duceinum duplicatum etc. vervollständigen 
das Bild der Fauna. 

Diese gleichartig ausgebildete Fauna hat sich nicht nur in dem 
Gleichenberger Eruptivgebiet und angrenzenden Windischen Büheln 
beobachten lassen, sondern tritt ebenso in der Hartberger?) und 
Gleisdorfer *) Gegend zutage, in welchen Regionen die obersarmatischen 
Schichten ihre Hauptverbreitung besitzen. 

Die Fauna der obersarmatischen Schichten stellt eine typische 
Strandfauna dar. Der ungeheure Reichtum an Cerithien und das Auf- 
treten von Modiola volhynica, welch letztere nach Andrussow stets 
an Küstennähe gebunden ist, zeigen dies an. Die Dickschaligkeit der 
Organismen, die oft zu Grus zerriebenen Molluskenschalen und die 
Korrosion an Schichtbänken zeigen die Bildung in einem seichten, 
lebhafter Wasserbewegung ausgesetzten Becken an; und zwar war es 
jedenfalls nicht die durch Grundströmungen bewirkte Bewegung des 
Sediments, welche sich hier geltend machte, sondern der unmittel- 
bare Einfluß der oberflächlichen Wellenbewegung. 

Der Einfluß der Küstennähe äußert sich auch hier in den 
stellenweise eingeschalteten, Blatt- und Schilfreste führenden Lagen 
sowie den selten wahrnehmbaren Einschaltungen von Brack- oder 
Süßwasserorganismen (Hydrobien, Limnaeus, Helix), die wohl auf 
Wasserpflanzen lebten und nachträglich zu Boden sanken. 


Als wichtiger Beweis für die unmittelbare Strandnatur der Ab- 
lagerungen im Eruptivgebiet ist die Abnahme der Schichtmächtigkeit mit 
Annäherung an die Küstenlinie zu betrachten. Während entfernter 
von derselben die Kalkbänke durch eine ziemlich konstante Lage 
von Sand und Tegel getrennt erscheinen, erkennt man bei Annäherung 
an die unmittelbare Küstenlinie eine auffallende Reduzierung in der 
Mächtigkeit des Zwischenmittels. Die Kalkbänke III und IV, die sonst 
7—8 m Zwischenmittel an zahlreichen Profilen erkennen ließen, zeigten 
nahe der Küstenlinie bloß mehrere Zentimeter trennendes Material. 


ı) N. Andrussow, Verh. d. kais. russ. mineral. Gesellschaft zu St. Peters- 
burg, II. Serie, 39. Bd., 1902, pag. 366. 

2) Loc. eit. 

3) V. Hilber, Das Tertiärgebiet von Graz, Köflach und Gleisdorf. Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. 1893. 


*) V. Hilber, Das Tertiärgebiet von Hartberg in Steiermark und Pinkafeld 
in Ungarn. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1894. 


[91] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 593 


Das Auskeilen der Sedimente gegen den Strand weist darauf hin, 
daß das Fehlen der obersarmatischen Sedimente dort, wo die mittel- 
sarmatischen Schichten zutage treten, tatsächlich eine primäre Er- 
scheinung darstellt und „nicht* etwa durch nachträgliche Erosion 
bedingt ist. 

Schließlich sei noch erwähnt, daß die Basaltdecke des Hoch- 
straden (pontisch) in gleicher Weise ober- und mittelsarmatische 
Schichten überlagert, da sie teils den im Obersarmat vom 
Meer bedeckten Raum, teils die angrenzende Küstenzone überfloß. 
Es war also auch im Pontikum jenseits der angenommenen 
Strandlinie keine Überlagerung der obersarmatischen auf die mittel- 
sarmatischen Bildungen vorhanden. Vielmehr lassen die Erscheinungen 
im großen wie die Detailbeobachtungen erkennen, daß die obersar- 
matische Stufe westlich, respektive südwestlich des Gleichenberger 
Eruptivgebietes durch eine Regression gekennzeichnet war. Als Ur- 
sache derselben haben wir schon früher eine Hebung in Betracht 
gezogen. 

Der Salzgehalt des obersarmatischen Meeres scheint bedeutender 
gewesen zu sein, als der der beiden tieferen Stufen. Denn nach 
Andrussow ist das Auftreten oolithischer Bildungen durch eine 
Konzentration des Salzgehaltes bedingt. Das reiche Auftreten der 
marinen Organismen, die relativ große Anzahl an Arten und Gattungen, 
die das obersarmatische Becken bevölkern, erwecken den Eindruck 
der Bildung in einer mehr von marinen Einflüssen beherrschten Bucht. 
Auch das gesteinsbildende Auftreten von Foraminiferen, die selbst 
4 mn mächtige Bänke fast ausschließlich zusammensetzen, spricht für 
das Vorwiegen mariner Lebensbedingungen. | 

Die obersarmatischen Schichten des Eruptivgebietes sind als die 
Ausfüllung jenes Beckens anzusehen, das gegen West und Süd durch 
die gehobene Scholle des Gebietes „der Gräben“ begrenzt wird und 
das durch die Senkung der Hartberger Scholle eine Erweiterung gegen 
NO erfuhr. 


Das grobe Sediment, welches vieifach in den obersarmatischen 
Schichten hervortritt, wie überhaupt die sandige Ausbildung seiner 
Schichten wird auf die durch die Hebung des Randgebietes einge- 
leitete starke Denudation zurückzuführen sein. In den den V. Kalk 
begleitenden Kalksandsteinen könnte ich Fließwülste sehr verbreitet 
wahrnehmen. Es scheint in einer Schlußphase der obersarmatischen 
Zeit das Meeresbecken stellenweise soweit zugeschüttet gewesen zu 
sein, daß die oberflächliche Wasserbewegung im Sediment ihre Spuren 
zurückließ. 


Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß unmittelbar über 
den Kalkbänken fast immer ein meist nur spärliche Cardien führender 
Tegel oder Schieferton sich ausbreitet. Es macht den Eindruck, als 
sei dem Wachstum der gesteinsbildenden Organismen (Peneropliden, 
Cerithien etc.) durch das vordringende schlammige Sediment ein Ende 
gesetzt worden; als hätte der Ton die reiche marine Fauna erstickt. 
Das Erscheinen der Kalkbänke hingegen wird meist durch sandige, 
fossilreiche Lagen eingeleitet. 


594 Artur Winkler. [92] 


Die gleichbleibende Mächtigkeit der Kaikbänke und ihre Kon- 
stanz auf Kilometer hin (besonders der Peneroplidenkalke) spricht für 
eine verhältnismäßig rasche Überflutung des Meeresbodens durch die 
vordringende marine Tierwelt. 


Überblick über die Verbreitung der obersarmatischen Stufe. 


Die obersarmatischen Schichten nehmen im Eruptivgebiet von 
Gleichenberg einen beträchtlichen Raum ein. Bezüglich der Details 
im südlichen Teil verweise ich auf meine Arbeit !). 

Die Sedimente lagern auf mittelsarmatischen Bildungen und 
tauchen östlich, respektive nordöstlich und nördlich unter jüngere, 
pontische Bildungen hinab. Die Auflagerungsgrenze auf erstere verläuft 
von Radkersburg über Klöch zum Kutschenitzatal und nach St. Anna 
am Aigen. Sie führt von hier über den Hochstraden nach Trauttmanns- 
dorf und Gnas (Gleichenberg WSW). 

Entlang dieser Linie sind die obersarmatischen Sedimente in 
einem schmalen Streifen entwickelt. 

Östlich von Klöch konnte ich die Schichten jenseits der unga- 
rischen Grenze in dem Höhenzug zwischen Kutschenitzabach und 
dem Lendvatal studieren, wo sie bereits von Stoliczka im Jahre 1862 
untersucht und bezüglich ihres Fossilinhaltes genauer beschrieben 
wurden ?). Sie lassen noch die stratigraphische Fortsetzung von drei 
jener Kalkbänke erkennen, die ich 10—15 km nordwestwärts in der 
Gegend von St. Anna, auf meiner Karte zur Ausscheidung brachte. 
(Kalk IH, III, V). Bezüglich ihrer reichen Fauna verweise ich auf 
Stoliezkas Angaben. In diesem Raume konnte ich die unmittelbare 
Auflagerung der obersarmatischen auf mittelsarmatische Sedimente 
und die Überlagerung ersterer durch fossilführenden Congerientegel 
erkennen. Um die Schieferinsel „Neuhaus-St. Georgen“ konnte ich 
in der Fortsetzung der von mir kartierten Gegend gegen Osten die 
fossilreiche obersarmatische Serie mit den gleichen Kalkhorizonten 
verfolgen. Mit Annäherung an das Paläozoikum nimmt die Schicht- 
mächtigkeit ab, so daß stellenweise der höchste Kalkzug V, nur durch 
eine Lage unhtersarmatischer Tegel (und mittelsarmatischer Sande) 
geschieden, sich dem Grundgebirge anlagert. 

Bei der Ortschaft Kapfenstein (St. Anna N, Gleichenberg W) 
sind die Kalkbänke bereits unter den Talboden (unter Pontikum) 
hinabgesunken. Im Basalttuff dieses Ortes finden sich jedoch empor- 
serissene Blöcke obersarmatischer Kalke. 

Zwischen diesem Orte und Gleichenberg beobachtete ich bei 
Windisch-Kölldorf obersarmatische Mergel mit Cardien aus der Gruppe 
des Jammense. 

Wir haben nun den bogenförmigen Verlauf der Strandlinie und. 
der sich anschließenden, nur zirka 4 km breiten Zone obersarmatischer 
Schichten von Radkersburg bis nach Gleichenberg geschildert. 


!) A. Winkler, Das Eruptivgebiet von Gleichenberg, loc: eit. pag. 449 —461. 

2) F, Stoliezka, loc. cit. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1863. — Ders., Bei. 
träge zur Fauna der Cerithien- und Inzersdorfer Schichten. Verh. d. zool.-botan. 
Gesellschaft 1862. XII., pag. 531. 


7 EEE 


[93] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 595 


Westlich des Kurortes erweitert sich das von diesen Sedimenten 
eingenommene Areal ein wenig im Umkreis der Ortschaften Trautt- 
mannsdorf (Gleichenberg W), Poppendorf (Gleichenberg SW), Gnas 
und Maierdorf (Gleichenberg NW). Es sei nur hervorgehoben, daß 
schon von Sedgwick und Murchison!) bei Poppendorf ein Profil 
genau studiert wurde, das den Wechsel der Sande, Sandsteine, Kalk- 
sandsteine, Muschelkalke, Oolithkalke und Mergellagen, ferner den 
Reichtum an Cerithien, Modiola, Mactra, Trochus, Tapesformen etc. 
darstellt. 

Die obersarmatischen Schichten reichen westwärts nicht wesent- 
lich über Gnas hinaus. Sie lagern hier dem Mittelsarmat auf, das, 
wie erwähnt, gegen Süden und Westen bis zur Mur sich ausdehnt. 
Nach Norden tauchen die obersarmatischen Schichten unter die pon- 
tischen Gebilde hinab. 

In dem Kalkbruch am Ebersdorferberg bei Gnas fand ich im 
Obersarmat folgendes Profil: 


12 m Sande und sandige Schiefertone mit 
Mactra sp., Cardium obsoletum und 
cf. plicatum. 

1:50 m toniger Sand. 
Karrenartige Verwitterungslage mit 
Helix sp. 
1 m Cerithienkalksandstein. 
1 m grauer Foraminiferenkalksandstein. 
1'20 m reiner, oolithischer Foraminiferenkalk. 


Im Kalk und Sand unmittelbar darüber fand sich: 


Cerithium rubiginosum Eichw. 

Potam. mitralis Eichw. 

Cardium cf. plicatum Eichw. 
. obsoletum Eichw. 

Murex sublavatus Bast. 

Nerita sp. 

Mactra sp. 


Die karrenartige Verwitterungslage im Hangenden des Kalkes 
zeigt an, daß lokal eine völlige Unterbrechung der Wasserbedeckung 
und Erosion eintrat, womit das Auftreten von Helix harmoniert. Dies 
ist weiters ein Anzeichen für den strandnahen Charakter dieser 
obersarmatischen Bildungen, deren Küstenlinie ja unmittelbar westlich 
von Gnas sich befunden haben muß. 

Bei der Brücke von Unter-Giem (4 km Nord von Gleichenberg) 
trifft man in der Tiefe des Tales nochmals die abgesenkten sar- 
matischem Kalkbänke unter der pontischen Decke an, die von hier 
ab nordwärts nicht mehr zutage treten. 


!):Sedgwik und Murchison, R. J. A Sketch of the Eastern Alps. Lon- 
don 1831. Die übrige Literatur ist zusammengefaßt in A. Winkler, loc. cit. pag. 
407—410. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 68. Band, 3. Heft. (A. Winkler. 77 


596 | Artur Winkler, [94] 


Westlich davon hat Professor Hörnes am Prädiberg!) über den 
hinabtauchenden  obersarmatischen Spirorbiskalken, Oolithkalken, 
Muschelkalken und Modiolamergeln Congerientegel mit Congeria orni- 
thopsis Brus.?) nachgewiesen. An der Straße südlich von Prädibauer 
sind sehr fossilreiche, Tapes und Cardien führende obersarmatische 
Sedimente sichtbar. 

Diese Verbreitungszone obersarmatischer Sedimente erscheint 
gegen O und NO und N durch die auflagernden pontischen Schichten, 
gegen Westen und Südwesten durch die unter ersteren hervortretenden 
mittelsarmatischen Sedimente abgeschlossen. Nur gegen Süden findet 
eine Fortsetzung derselben über Radkersburg in die Windischen 
Büheln statt. 

Schon Andraes?) Profil läßt erkennen, daß bei Radkersburg die 
(obersarmatischen) Kalke den (mittelsarmatischen) Mergeln auflagern. 
(Pöllitschberg bei R. etc.). Die Kalkzüge lassen sich über St. Barbara 
nach St. Leonhard i. Windischen Büheln verfolgen, meist ganz ähnlich 
den obersarmatischen Bildungen des Eruptivgebietes in oosithischer 
Facies ausgebildet. Sie tauchen gegen SO unter die: Congerientegel 
der Gegend von Friedau hinab ®). 

Daß das weite pontische Hügelland zu beiden Seiten der Raab, 
welches sich nördlich und nordöstlich des Eruptivgebiets ausdehnt im 
Untergrunde die obersarmatischen Schichten durchziehen läßt, ergibt 
sich aus den Einschlüssen in den dort auftretenden Basalttuffvor- 
kommen. 

Von Kapfenstein wurden Kalkblöcke bereits erwähnt. Nördlich 
der Schieferinsel Neuhaus—St. Georgen (Kapfenstein O) konnte ich 
auf ungarischem Gebiete in den Tuffen von Neuhaus sehr zahlreiche 
Blöcke von Cardien-, Cerithien- und oolithischem Kalk auffinden, die 
schon Stoliczka beobachtete. Nördlich von Kapfenstein wurden in 
den Tuffen der „Wenigen“ Cerithienkalke von Andrae aufgefunden. 
Ich fand obersarmatische Kalkstücke im Tuff SW von Petersdorf. Aus 
dem Tuff von Bertholdstein (Pertlstein) im Raabtal zwischen Fehring 
und Feldbach liegen Stücke von Cerithienkalk vor, die außerdem 
Mactra podolica, Cardium obsoletum, Tapes etc. enthalten. Der Tuff 
von Unter- Weißenbach (Feldbach W) schließlich enthält ebenfalls 
Cerithienkalkeinschlüsse. In dem Tuff bei Riegersburg fand ich zahl- 
reiche Einschlüsse von Kalksteinen mit Tapes gregaria, Cardien etc. 

Wir ersehen daraus, daß die den hinabtauchenden 
obersarmatischen Schichten vorgelagerte Zone der 
ersteren Tuffkegel überall ersten äquivalente Ge- 
steine zutage gefördert hat. 

Die viel weiter nördlich gelegenen Tuffe bei Fürstenfeld (Stadt 
und Langberge) enthalten, wie Stur erwähnt?) und wie ich mich über- 


!) R. Hörnes, Zur Geologie der Steiermark. Vorkommen von Leithakalk 
mit Congerienschichten bei Gleichenberg. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 304. 

?) Von Hörnes als C. triangularis bezeichnet. Der Vergleich der Stücke 
ergab die Indentität mit C. ornithopsis. 

®) Dr. K. J. Andrae, loc. cit. Jahrb. d. k. k. geol..R.-A. 1885, pag. 301. 

*) J. Dreger, Erläuterungen zur geol. Karte etc. Pettau— Vinica. 

°) Geologie der Steiermark, pag. 614. 


[95] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 597 


Fig. 6. 
5 Pontischer Schotter. 


a 


Anfechluß in sarmatischen Schichten bei dem Eisenbahnviadukt von Grafendorf. 


\ 


\ 

° 

. 
° 


1 Hellgraue Sandsteine mit Tapes gregaria. — 2 Schotterlage. — 3 Gelbbrauner, oolithischer Kalkstein. — 4 Pontischer Sand. 


TE 


598 Artur Winkler. : [96] 


zeugen konnte, sehr viel Reste obersarmatischer Gesteine. Darunter 
sind insbesondere Üerithiensande und Kalke hervorzuheben, in 
denen ich Cerithium mitrale, |Cardien, Modiola volhynica etc. einge- 
schlossen fand. 

Die bedeutende Tiefenlage der obersarmatischen Schichten in 
diesem Gebiete scheint sich aus den Bohrungen bei Fürstenfeld zu 
ergeben }). 

Die obersarmatischen Bildungen im Untergrunde von Fürstenfeld 
bilden die Brücke zu jenen äußerst fossilreichen ausgedehnten Vor- 
kommnissen obersarmatischer Schichten, die am Nordrand der Grazer 
Bucht bei Hartberg—Friedberg zutage treten ?). Es besteht nach dem 
Auftreten ganz gleichartiger oolithischer Kalke (wie im Eruptivgebiet), 
Muschelkalke, Cerithienkalke, großer Cardienformen und dickschaliger 
Mactren sowie nach dem großen Reichtum an Cerithien (Cerithium 
mitrale, disjunctum, Hartbergense etc.), an Trochusformen der Gruppe 
des podolicus zu urteilen kein Zweifel, daß hier wieder obersarmatische 
Sedimente vorliegen. 

Diese Sande, Sandsteine, Tone und Kalksteine erscheinen ins- 
besondere westlich von Hartberg bei Schildbach und Löffelbach und 
nördlich von Hartberg bei Grafendorf und Rohrschach entwickelt. Nach 
Hilber treten die unmittelbar über das Grundgebirge transgredie- 
renden Sedimente bei den beiden erstgenannten Punkten als Kalke 
und Kalksandsteine mit Quarzsanden wechsellagernd zutage und er- 
scheinen überdeckt von Schieferton der Congerienstufe. 


In der Umgebung von Grafendorf konnte ich die gut erschlossene 
obersarmatische Schichtfolge beobachten. Die Sedimente treten nur 
lokal, infolge pontischer Bewegungen emporgehoben, in isolierten 
Schollen zutage. 


Eine solche Scholle ist beim Eisenbahnviadukt nördlich von 
Grafendorf sichtbar. In dem Steinbruch, aus welchem auch das Material 
für den Viadukt genommen wurde, sind folgende Schichten erkennbar 
(s. Textfigur 6): 


> m gelbbrauner, stellenweise sandiger Oolithkalk, 
Sandsteinplatten mit cerithienreichem Oolith wechselnd, 
Schotterlage, 

Sandsteinbank mit Cerithienabdrücken, 

7 m hellweiße Sandsteine mit Tapes gregaria. 


Oberer 
Bruch 


Helle Sande mit Sandsteinbänken mit Cardium obsoletum 
und Cardium nov. sp. 
Unterer! | „ grobes Blockkonglomerat mit über kopfgroßen Geröllen 
Bruch (vorzüglich sarmatische Kalke), 
4m Kalksandsteine mit Kalksteinen. 


———m nun nm 


1) B. Granigg, Mitteilungen etc. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1910. 

2) K. J. Andrae, loc. eit. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1854. — D. Stur, 
Geologie der Steiermark, pag. 601. — V. Hilber, Das Tertiärgebiet etc. Jahrb, d. 
k. k. geol. R.-A. 1894, pag. 394 ff. 


[97] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontolog des steirischen Tertiärs.. 599 


Im liegendsten Kalksandstein und Kalk fanden sich 


Tapes gregaria Partsch 
Cardium obsoletum Eichw. 
Trochus sp. 

Buccinum cf. duplicatum Sow. 
Cerithium cf. rubiginosum 
Mactra sp. 


Die Schotterlage im Profil des oberen Bruchs trennt zwei durch 
eine Diskordanz voneinander geschiedene Partien in der Schichtfolge. 

Gegenüber Schloß Kirchberg im Walde (bei Grafendorf) lieb 
sich dieselbe Lagerung des Oooliths auf tapesreichen Schichten be- 
merken. Im Hangenden von 2 m gelbbraunen Sanden mit Sandstein- 
bänken fanden sich 5 m grüne sandige Muscheltegel, ganz erfüllt von 
ungezählten Schalen von Tapes gregaria (diekschalige Formen), ferner 
mit Bruchstücken von C. obsoletum, plicatum und Mactra. 

Diese Profile zeigen, daß auch nördlich von Hartberg wie im 
Eruptivgebiet, sehr oolithreiche, kalkigsandige Gesteine mit dick- 
schaligen Tapesformen, Cerithien etc. zutage treten, die sowohl nach 
ihrer Beschaffenheit als auch nach ihrer stratigraphischen Position 
(im Liegenden der pontischen Stufe) den obersarmatischen Schichten 
der genannten Gegend entsprechen. 

Schon früher habe ich auseinandergesetzt, daß zur obersarma- 
tischen Zeit sehr wahrscheinlich der östlich der Hartberger Scholle 
gelegene Teil der mittelsteirischen Bucht im Bereiche des Schiefer- 
inselzuges „Güns —Kohfidisch — Hohensteinmaisberg — Harmischerwald — 
Sulz bei Güssing“ noch emporgeragt hat und eine Scheide zwischen 
dem mittelsteirischen und panonnischen Becken darstellte. In der 
Tat lassen sich in diesem NNO streichenden Zuge paläozoischer 
Gesteine, trotz tiefer Abtragung und trotz stellenweise bedeutender 
Ausdehnung derselben (Günser Horst) keine Spuren sarmatischer Sedi- 
mente erweisen, zumal Hilbert) die von Hofmann?) noch als sar- 
matisch betrachteten groben Schotter in der Pinkafelder Bucht als 
Belvedereschotter erkannte. Die Auflagerung derselben auf fossil- 
führendem Congerientegel zeigte dies. 

Da sich im Bereiche dieses Zuges deutliche Anzeichen einer 
Jugendlichen, pontischen Senkung erkennen lassen, nehme ich an, daß 
diese östliche Erhebungsreihe erst in pliocäner Zeit unter den 
Wasserspiegel hinabtauchte. 

Es erübrigt noch, der westlichen Begrenzung des obersarmatischen 
Meeres genauer nachzugehen. Ich habe schon angegeben, daß nord- 
wärts von Gnas die hier dem Mittelsarmatikum auflagernden ober- 
sarmatischen Sedimente unter pontische Schichten hinabtauchen. Erst 
in der Gegend östlich von Gleisdorf im Raabtal treten sie aus der 
pliocänen Umhüllung wieder lokal hervor. 


!) V. ilber, Das Tertiärgebiet von Hartberg in Steiermark und Pinkafeld 
in Ungarn. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 395. 


2) Loc. cit. Verh. d.k.k. geol. R.-A. 1877, Beilage, pag. 21. 


600 Artur Winkler. [98] 


Die Verbreitung der sarmatischen Fossilfundpunkte zeigt eine 
NNW (streichende) Aneinanderreihung an!). 

Der Habitus der von Hilber beschriebenen Schichten ent- 
spricht typisch obersarmatischen Sedimenten. Bei Kumpergraben (Gleis- 
dorf O) und Fünfing sind sarmatische, Cardien und Cerithien führende 
Schiefertone und Trochus podolieus, Cardien und ‚Cerithien führende 
Kalksteine entwickelt. Bei Arnwiesen fand ich Oolithkalke. Bei Groß- 
Pesendorf (Gleisdorf NO) erscheinen, wie Hilber angibt, oolithische 
Kalksteine, bei Lohngraben (Gleisdorf NNO) Cerithien, dickschalige 
Tapes und Cardien führende Kalksteine und schließlich bei Wohngraben 
Kalksandsteine, 


Sowohl faunistisch als auch sedimentologisch und stratigraphisch 
(im unmittelbaren Liegenden der pontischen Stufe) erweisen sich 
diese Vorkommnisse dem Obersarmat angehörig. 


Von Wichtigkeit sind die Bohrungen, die in der unmittelbaren 
streichenden Fortsetzung dieser sarmatischen Aufbrüche in der Um- 
gebung von Weiz ausgeführt wurden. Bei Etzersdorf (NW von Wohn- 
graben) wurde nach Granigg?) ein 366 m tiefes Bohrloch im Tertiär 
abgeteuft, das nach 48 m pontischen Tegel mit Lignitschmitzen eine 
sehr mächtige Serie sarmatischer Schichten antraf (318 m). Diese waren 
unmittelbar über Grundgebirge gelagert und bestanden aus Tegeln, 
Kalksandsteinen und Kalksteinen. Letztere dürften nach dem ober- 
flächlichen Hervortreten der kalkführenden Schichten bei Wohngraben 
etc. auch in dem Bohrprofil wohl dem Hangenden angehören. 


Die tieferen Partien dieser mächtigen Folge dürften demnach 
den mittel- und untersarmatischen Schichten zu zurechnen sein. 

Westlich der erwähnten Reihe NNW verlaufender Aufbrüche 
sind keine obersarmatischen Sedimente bekannt geworden °). 


Die Verbreitung der obersarmatischen Stufe zeigt an, daß ihre 
Uferlinie aus der Gegend von St. Leonhard in den.Windischen Büheln 
(Marburg O) in die Region von Radkersburg führte. Sie läßt sich 
von hier nordwärts über Klöch nach St. Anna am Aigen verfolgen; 
nordwestwärts umbiegend verläuft sie südlich an Gleichenberg vorbei 
nach Trauttmannsdorf und Gnas. Nordwärts umbiegend mag sie über 
die Gegend von Paldau in das Raabtal sich erstreckt haben. 


Die weitere Fortsetzung derUferlinie ist durch die NNW aneinander- 
sereihten obersarmatischen Bildungen Gleisdorf O gegeben. Sie führen 
von Arnwiesen über Fünfing, Groß-Pesendorf, Lohngraben, Röollsdorf. 
Wohngraben bis Etzersdorf (OSO von Weiz). Hier erreicht man den 
nördlichen Grundgebirgsrand der Grazer Bucht. Entlang diesem treten 
infolge hoch hinanreichender pontischer Bedeckung sarmatische Sedi- 


') V. Hilber, Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1893, pag. 363—364. Das Tertiär- 
gebiet um Graz, Köflach und Gleisdorf. 


?) Loe. cit. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1910. 


3) Das Auftreten dieser NNW streichenden Reihe obersarmatischer Schichten 
ist auf tektonische Weise zu erklären (siehe später). 


[99] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 601 


mente eine Strecke weit nicht hervor. Erst in der Nähe von Hartberg, 
dann nordwärts dieser Stadt bei Seibersdorf, G@rafendorf und Rohrschach 
(Friedberg S) erscheinen sie wieder. In der Umrandung des Günser 
Horstes und der südlich folgenden Erhebungsreihe Eisenberg—Sulz 
sind keine sarmatischen Sedimente bekannt, da diese Zone im Ober- 
sarmat eine östliche Festlandsregion bildete. 

Erst bei Fürstenfeld erweisen Tuffeinschlüsse das Vorhandensein 
obersarmatischer Sedimente. 

. In der Region zwischen dem Gleichenberger Massiv und der in 
der Sulzer Schieferinsel endenden „östlichen Erhebungsreihe“ stand 
das obersarmatische Meer mit dem panonnischen Becken in offener 
Verbindung. Das Gleichenberger Trachytmassiv dürfte in ober- 
sarmatischer Zeit noch um mehr als 200 »n, die Schieferinsel „Neuhaus- 
St. Georgen* nicht mehr über den Spiegel des Meeres aufgeragt 
haben. Das obersarmatische Meer bedeckte demnach 
vornehmlich den östlichen und nordöstlichen Teil der 
mittelsteirischen Bucht. 


17. Kapitel. 
Obersarmatische Bewegungen. 


Die im vorigen Kapitel besprochenen obersarmatischen Ab- 
lagerungen von Grafendorf bei Hartberg lassen eigentümliche Er- 
scheinungen hervortreten. 

Die im Steinbruch beim Eisenbahnviadukt aufgeschlossene Schicht- 
folge zeigt (Textfig. 6), daß die tieferen schwach geneigten Sand- 
steine und Sande (oberer Bruch) von viel steiler geneigten Oolith- 
kalken überlagert werden und daß sich an der Grenze beider eine 
Schotterlage einschaltet. Die basalen grauen Sandsteine reichen ferner 
auf der rechten Seite des Bruches (Fig. 6) höher hinauf als an der 
linken. Es ist dies wohl nur dadurch zu erklären, daß vor der Ab- 
lagerung der Oolithkalke eine Senkung des linken Teiles, respektive 
eine Hebung des rechten stattgefunden hat. Die Oolithe lagerten sich 
daher an einen Steilrand mit „steiler“ Neigung der Ablagerungsfläche an). 
Ohne tektonische Bewegungen während der Ablagerung dieser Schichten 
wird sich diese Erscheinung kaum deuten lassen. Vielleicht weist 
das Auftreten der im unteren Steinbruch sichtbaren Blockschichten 
(mit sarmatischen Kalkgeröllen) auf eine ebensolche etwas ältere 
Bewegung hin, welche die sarmatischen Kalke gehoben und in den 
Bereich der Brandung gebracht hat. Eine ähnliche diskordante Lagerung 
sah ich auch in dem erwähnten Aufschluß von Schloß Kirchberg. Der 
allmähliche Übergang, der dort aus den flacher geneigten Liegend- 
schichten in die viel steiler geneigten Hangendschichten sichtbar war, 
deutet auf längere Andauer der tektonischen Bewegung. Daß dieselbe 
noch in pontischer Zeit wirksam war, ergibt sich aus den großen Höhen- 
unterschieden der sarmatischen Schichten bei Grafendorf untereinander 


!) Es handelt sich hier keineswegs um Diagonalschichtung. Auch Rutschungen 
können die Erscheinung nicht erklären. 


602 Artur Winkler. [100] 


(Bohrung beim Ort) !), aus der Anlagerung der pontischen Sedimente 
an den jedenfalls tektonischen Abbruch der sarmatischen Ablagerungen 
(siehe Fig. 7) und aus dem Ansteigen des Obersarmats bis zur See- 
höhe von 500 m. 


18. Kapitel. 


Einige Beziehungen der mittelsteirischen sarmatischen 
Schichten zu jenen Untersteiermarks und Rußlands. 


A. Untersteiermark. 


Die in Untersteiermark und Krain auftretenden sarmatischen 
Schichten dürften sehr wahrscheinlich zum größeren Teil nur tieferen 
Horizonten der mittelsteirischen Sedimente entsprechen (= unter- 
und mittelsarmatisch). Faunistische und stratigraphische Analogien 
sprechen zugunsten dieser Annahme. 

Begehungen im Bereiche der sarmatischen Ablagerungen Unter- 
steiermarks haben mich zur Ansicht geführt, daß in der Zone Pöltschach— 
Maxau (nördliche sarmatische Zone von Untersteiermark) „keine“ 
obersarmatischen Schichten vorhanden sind, daß in der langgestreckten 
Tüfferer Bucht dieselben keine besondere Bedeutung erreichen und 
abgesehen von geringmächtigen Oolithlagen und Sandsteinen nur durch 
grobe Konglomerate mit oft weit über kopfgroßen Geröllagen ver- 
treten sind. Erst in der südlichsten Lichtenwalder Bucht scheinen 
obersarmatische Schichten weitere Verbreitung zu besitzen. 

Für die Ablagerungen in Krain (Südabfall der Steiner Alpen) 
dürfte wohl auch nur ein tiefsarmatisches Alter in Betracht kommen. 

1. Für Untersteiermark und Krain ist die innige stratigraphische 
und faunistische (auch tektonische) Verknüpfung mit den Mediterran- 
bildungen bezeichnend. Aus letzteren gehen die sarmatischen Bildungen 
unmittelbar hervor und es stellen sich nach Bittners Untersuchungen 
in der Tüfferer Bucht Sedimente ein, die eine Mischfauna enthalten ?). 

2. Die Mächtigkeit der sarmatischen Bildungen scheint nirgends 
sehr bedeutend zu sein und kaum jene zu erreichen, welche sich 
für Mittelsteier ergibt (rund 350—400 m in letzterem). 

3. Die Facies der sarmatischen Schichten Untersteiermarks 
entspricht vorzüglich jener der unter- und mittelsarmatischen Sedimente 
Mittelsteiermarks, dagegen tritt in Untersteier die Facies der durch 
Kalkbildungen ?) ausgezeichneten obersarmatischen Sedimente zurück. 
Die Schichten sind vielmehr meist als dunkle Schiefertone und Tegel, 
als Mergel und Steinmergel und Sande entwickelt ®). 

4. Die sarmatischen Schichten Untersteiermarks und Krains ent- 
halten, wie es scheint, meist in ihrer ganzen Mächtigkeit die für die 


1) V. Hilber, loc. eit. * 

?) Al, Bittner, Die Tertiärablagerungen von Trifail und Sagor. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. 1884, pag. 494—49b. 

®) Bloß im südlichsten Becken von Lichtenwald stellen sich Kalkbildungen 
(Oolithe) in größerer Verbreitung ein. 

*) Vergl. insbes. Bittner, loc. eit. 


[101] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 603 


„tieferen“ sarmatischen Schichten Mittelsteiermarks bezeichnenden 
Fossilien. 

In Mittelsteiermark haben wir als Leitform für. untersarmatische 
Schichten das Auftreten von Syndesmien bezeichnet. (Eruptivgebiet, 
Murberg bei Wildon, Fernitz.) 

Die Syndesmienmergel bilden geradezu das hervortretendste Glied 
sarmatischer Gesteine in Untersteier und wurden von Bittner und 
Teller an sehr zahlreichen Punkten nachgewiesen), In diesen 
Bildungen erscheint dort auch das im Untersarmatikum beobachtete 
Cardium protractum. 

Sowohl in der Tüfferer Bucht als im Gebiete von Stein in Krain 
tritt ferner das Leitfossil der mittelsarmatischen Abteilung des 
Eruptivgebiets, Cardium cf. Barboti, zutage?). Bittner erwähnt das 
reichliche Vorkommen dieser Form aus der Tüfferer Bucht und Hilber 
beschreibt gekielte, gedornte Cardien aus dem Sarmatischen von Stein 3). 

Das Auftreten dieser Cardienmergel entspricht vollkommen der 
Facies im Mittelsarmatikum des Eruptivgebiets von Gleichenberg. 

Schließlich ist in den sarmatischen Schichten des „Maxau— 
Pöltschacher“ Zuges südlich des Bachers) Fragilia fragılis vorhanden, 
eine Form, die in Mittelsteiermark nur in mittelsarmatischen Sedi- 
menten angetroffen wurde (zum Beispiel Rosenberg bei Frutten, Wald- 
hof bei Graz). 

Da auch die übrigen in Untersteiermark angetroffenen Arten 
von Buceinum, Cerithium disjunctum und mitrale, Hydrobien etc. in den 
tieferen Schichten Mittelsteiermarks anzutreffen waren, ergibt sich, 
daß die Fauna mit jener der unteren und mittleren Abteilung letzteren 
Gebietes übereinstimmt. 


5. Die sarmatischen Schichten in der Zone Pöltschach —Maxau 
(Untersteiermark) sind durch das Fehlen aller jener Elemente ge- 
kennzeichnet, die die obersarmatischen Schichten Mittelsteiermarks 
charakterisieren. 

Es sind keine Peneroplidenkalke, keine Oolithe und Spirorbis- 
kalke, keine dickschaligen Tapes- und Mactraformen vom Typus vita- 
liana, ponderosa, Fabreana, caspia etc. bekannt. Cerithium Hart- 
bergense und Gamlitzense, Cardium Jammense oder „dickschalige* 
Trochusformen 5) wurden „nicht“ angetroffen. 

6. Schließlich sprechen tektonische Gründe für eine Regression 
des obersarmatischen Meeres in Untersteiermark. 


!) Al. Bittner, loc. eit. — F. Teller. Erläuterungen zur geol. Spezialk. 
Pragerhof. Windisch-Feistritz pag. 114. 

?) Bittner bezeichnet die Form als Cardium plicatum var. Er hebt das‘ 
rippenlose Mittelfeld (oder nur schwach gerippte Feld) hervor und identifiziert 
später Hilbers Cardium aff. sguamulosum (Mitt. d. naturw. Vereins f. Steierm. 1891 
mit demsclben. (Siehe pag. 577.) Letzteres gehört nach Andrussow zu C..Barboti 
(siehe pag. 578). 

2) V. Hilber, Über das Miocän, insbesondere das Auftreten sarmatischer 
Schichten bei Stein in Krain. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1881, pag. 476. 

*) F. Teller, loc. cit. Erläuterungen etc. pag. 114. | 

’) Im Tüfferer-Sagorer Sarmatikum fehlen nach Bittner Trochusformen 
überhaupt, loc. cit. pag. 498. 


Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band 3. Heft. (A. Winkier.) is 


604 Artur Winkler. [102] 


Die sarmatischen Schichten Untersteiermarks haben noch eine 
bedeutende Aufrichtung ihres Schichtmaterials, stellenweise sogar eine 
Faltung und Überkippung desselben erfahren. Letzteres wurde zum 
Beispiel im Pöltschach—Maxauer Zuge südlich des Bachers nachge- 
wiesen. Ähnliche mit Überschiebungen verbundene große Störungen 
haben die sarmatischen Schichten der Tüfferer Bucht!) und jene bei 
Steinbrück erfahren. Im Profil nördlich von Stein in Krain treten sie 
ebenfalls in überkippter Lagerung zutage?). Das Fehlen der ober- 
sarmatischen Ablagerungen in der Zone Pöltschach—Maxau, ihr Her- 
vortreten in gröbstkonglomeratischer Facies in der südlich gelegenen 
Tüfferer Bucht, ihr verbreitetes Auftreten schließlich in dem noch 
südlicher befindlichen Lichtenwalder Becken, legt die Vermutung 
nahe, daß die sarmatische Meeresbedeckung im nördlichen Teil Unter- 
steiermarks zuerst, im südlichen später durch tektonische Bewegung 
(Faltung!) aufgehoben wurde. 


Die so ungemein grobklastischen Konglomerate, mit welchen das 

Sarmatische in der Tüfferer Bucht abschließt, erscheinen demnach nur 
als die im Obersarmat eintretende Ausfüllung dieses Marinbeckens mit 
dem Schutt der sich regenden Faltenwellen. 
In einer vorläufigen Mitteilung habe ich auseinandergesetzt, daß 
die Faltung in Untersteiermark von Nord nach Süd gewirkt hat. Es 
erscheint demnach ganz naturgemäß, daß sie in dieser spätmiocänen 
Bewegungsphase am Nordrand zuerst (Pöltschacher Zone), in der 
Tüfferer Bucht später, im südlichen Lichtenwalder Becken zuletzt zur 
Geltung kam. 

In Übereinstimmung damit läßt sich in der Zone Pöltschach — 
Maxau über das aufgerichtete Sarmat eine Transgression unter- 
pontischer Bildungen ?), im Lichtenwalder Becken erst mittel-*) und 
oberpontischer Ablagerungen erkennen’). 


Die diskordante Auflagerung der pontischen Sedimente auf 
die aufgerichteten und abgetragenen sarmatischen Schichten läßt 
vermuten, daß diese große Bewegungsphase im allgemeinen etwa den 
Zeitraum der obersarmatischen (und untersten pontischen) Stufe ein- 
genommen hat. Sie dürfte die Ursache für die Regression dieses 
Meeres aus dem untersteirisch-krainischen Ablagerungsbecken gewesen 
sein. Die gleichzeitige, postmittelsarmatische Hebung in Mittelsteier- 
mark steht mit dieser großen tektonischen Bewegung in zeitlicher 
Übereinstimmung. 


ı) Daß die sarmatischen Schichten dem Mediterran konkordant auflagern und 
mit diesem sehr bedeutende Störungen mitgemacht haben, hat Bittner nach- 
gewiesen loc. cit. — Vgl. auch F. Teller, Die miocänen Transgressionsrelikte bei 
Steinbrück und Ratschach a. d. Save. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1898, pag. 284. 

?) C. Diener, Bau und Bild der Ostalpen etc. pag. 559. — F. Teller, 
Erläuterungen zur geol. Karte: Eisenkappel und Kanker. SW-Gruppe Nr. 33, pag. 110. 

>) Nach Teller Hangendhorizont der Congerienschichten des Wiener Beckens 
= unterpontisch der ungarischen Geologen. 

*) — Schichten mit C. ung. caprae, im Sinne der ungarischen Geologen = 
mittelpontisch. 


5) F. Teller, Erläuterungen z. geol. Karte Blatt Pragerhof— Windisch-Feistritz 
pag. 118—121. 


[103]: Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 605 


B. Rußland. 


Die stratigraphische Gliederung der russischen sarmatischen 
Sedimente läßt einige Analogien mit Mittelsteiermark hervortreten. 

Die sarmatischen Ablagerungen Volhyniens, Podoliens und Bess- 
arabiens wurden schon von Sinzow!) in den 


a) Ervilienhorizont, 
b) Nubecularienhorizont gegliedert. 


Ersterer ist aus oolithischen Muschelkalken und Mergeln, letzterer 
aus oolithischen Foraminiferenkalken mit Sanden zusammengesetzt. 

Andrussows Studien haben gezeigt, daB diese Gliederung 
sich im größten Teil von Rußland durchführen läßt. Als dritte Ab- 
teilung hat Andrussow eine Hangendgruppe mit Mactra caspia 
abgetrennt). 

Nach diesem Autor zerfallen also die sarmatischen Schichten Ruß- 
lands in den unteren Ervilien-, den mittleren Nubecularien- und den 
oberen M. caspia-Horizont. Wenn man damit die Einteilung der sarma- 
tischen Schichten in Mittelsteier vergleicht und hierzu Andrussows 
Faunenlisten der Unterstufen in Betracht zieht, so scheint sich zu er- 
geben, daß die durch bedeutende Mächtigkeit ausgezeichneten ober- 
sarmatischen Bildungen Mittelsteiermarks dem Nubecularienhorizont 
(inklusive der Mactra caspia-Stufe) vergleichbar sind. Der untere 
Ervilienhorizont hingegen dürfte unserer unter- und mittelsarmatischen 
Stufe zu parallelisieren sein. 

Die Analogien treten vor allem in folgenden Erscheinungen 
zutage: 

1. In Rußland zeichnet sich die höhere Abteilung der sarmatischen 
Stufe (Nubecularienhorizont) durch das Auftreten von Foraminiferen- 
kalken (Nubecularienkalken), Spirorbiskalken und Oolithen besonders aus. 

Die Verbreitung dieses von Podolien ?) über Kertsch nach Mangy- 
schlak am Kaspisee nachgewiesenen Nubecularienhorizonts erinnert 
lebhaft an die ebenfalls durch das Vorherrschen von Foraminiferen- 
kalken, Spirorbiskalken und Oolithen ausgezeichnete höhere (obersar- 
matische) Schichtfolge in Mittelsteiermark. 

Das Auftreten von Nubecularienkalk, das Hoernes*) vom 
Prädiberg bei Gleichenberg anführt, dürfte allerdings nicht zu Recht 
bestehen, da andernorts die vermeintlichen Nubecularienkalke sich als 
Spirorbiskalke erwiesen haben. 

Indessen zeigt das reichliche Auftreten der oolithischen und 
Foraminiferenkalke sowie der Spirorbiskalke in der höheren sarma- 
tischen Abteilung von Österreich und Rußland, daß eine gewisse 
Analogie in der Sedimentation nicht zu verkennen ist. 


?) Geol. Untersuchung Bessarabiens. Mat. z. Geologie Rußlands. Bd. XI. 1882. 

2) N. Andrussow, Verh. der russ. mineral. Gesellschaft. 2. Serie, 36. Bd. 
1899, pag. 123—124. 

®) In Podolien z. B. „wird der ‚obere‘ Horizont aus oolithischen Kalksteinen 
oder Foraminiferenkalk zusammengesetzt, enthält sandige Einlagen und führt massen- 
haft Mactra podolica und ponderosa*. N. Andrussow, loc. eit. pag. 110. 

# R. Hoernes, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1878, pag. 304. 


718* 


606 Artur Winkler. . [104] 


2. Die großen, dickschaligen Mactren, die der Gruppe der M. 
vitaliana, M. Fabreana etc. angehören, treten in Steiermark in den 
obersarmatischen Schichten zutage. In ganz analoger Position er- 
scheinen diese Formen nach Andrussow in Rußland), indem die 
großen, dickschaligen Mactraformen auf höhere sarmatische Schichten 2) 
beschränkt sind, während in den tieferen Bildungen die kleine Mactra 
vitaliana var. deltoides (= M. variabilis var. fragilis Sinzow) hervortritt. 
In Mittelsteiermark ist ebenso nur eine kleinere dünnschalige Mactra- 
form aus den „tieferen Schichten“ bekannt. Allerdings ermöglicht ihr 
schlechter Erhaltungszustand keine genauere Bestimmung. 

3. Es gelang in den hangenden, sarmatischen Schichten kleine 
Mactraformen aufzufinden, welche durch ihre gleichseitige Gestalt an 
M. caspia erinnern. Ich hoffe, daß es mir noch gelingen wird, besser 
erhaltenes Fossilienmaterial anzutreffen und eine mögliche Identität 
beider Formen prüfen zu können. M. caspia erfüllt, wie angegeben, 
auch in Rußland die hangendsten sarmatischen Schichten °). 

Diese auffallende Übereinstimmung in der Verbreitung der Mac- 
triden spricht zugunsten der Annahme, daß im großen und ganzen 
der Nubecularienhorizont Rußlands unseren obersarmatischen Schichten 
zu parallelisieren ist. 

4. Die tieferen sarmatischen Schichten sind zwar in Rußland viel- 
fach auch in kalkreicher Facies entwickelt; jedoch treten zumeist 
Ervilien gesteinsbildend hervor*). Das Auftreten von Ervilia ist bei 
meinen Untersuchungen im Eruptivgebiete von Gleichenberg in den 
„mittelsarmatischen“ Schichten beobachtet worden. (Rosenberg, Rad- 
kersburg, Waldhof bei Graz, Gebiet der „Gräben“ 5). Bei Gnas fanden 
sich sogar schmale Lagen von Ervilienkalk. 

Das häufige Auftreten dieser Bivalve gerade in den tieferen 
Schichten Mittel- und Untersteiermarks weist auch hier wieder auf 
die Analogie mit Rußland hin, wo die Ervilien diesem tieferen Hori- 
zont das Gepräge verleihen. 

5. Ein weiteres Leitfossil tiefsarmatischer Schichten, welches in 
Rußland und Podolien (Toltrarücken, Podolien, Mangyschlak am Kaspi) 
immer in diesem Horizont auftritt, stellt Cardium protractum dar®). 
Cardium protractum, findet sich in den „untersarmatischen“ Schichten 
des Eruptivgebietes (Gruisla, Gleichenberg), als auch in jenen Unter- 
steiermarks verbreitet. 

6. Eine ähnliche, aber noch wichtigere Rolle spielt die Gattung 
Syndesmia ”), welche als typisches Leitfossil untersarmatischer Schichten 


ı)N. Andrussow, Verh. d. kais. russ. min. Gesellschaft. 39. Bd. 2. Serie 1903. 
Die südrussischen Neogenablagerungen. 3. Teil. Sarmatische Stufe (Schluß), 
pag: 365—366. 

2) Loc. cit. pag. 365. 

>) N. Andrussow, loc. cit. pag. 368. 

*, N. Andrussow, loc. cit. pag. 363 u. Verh. d. russ. min. Gesellschaft, 
36.: Bd. 1899, pag. 110 u. ff. 

5) A. Winkler, loc. cit. pag. 445. 

°, N. Andrussow, Verh. d. russ. min. Gesellschaft. 59. Bd., pag. 354 etc. 
— W. Laskarev, Bemerkungen über die Miocänablagerungen Volhyniens. Jahrb. 
d. k.k. geol. R.-A. 1899, pag. 521. 

”) N. Andrussow, loc. eit. pag. 370. — W. Laskarev, loc. cit. pag. 521. 


[105] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 607 


bekannt ist. Laskarev erwähnt sie zum Beispiel aus den tief- 
sarmatischen Schichten Podoliens, Andrussow zeigt ihre weite Ver- 
breitung in den gleichen Bildungen Rußlands. Wir erkannten sie als 
wichtige Leitform derselben Lagen in Steiermark (Tüfferer Gebiet, 
Eruptivgebiet etc.). 

7. Auch das Auftreten von Modiola marginata gilt in Rußland 
als bezeichnend für die tiefere Abteilung der sarmatischen Stufe !). 
In Mittelsteier stellt M. marginata eine der häufigsten unter- und 
mittelsarmatischen Formen dar. In obersarmatischen Schichten habe 
ich sie seltener angetroffen. Die bedeutende Größe, welche die Mod. 
marginata-Formen in den mittelsarmatischen Schichten Mittelsteier- 
marks erreichen, steht in Übereinstimmung mit der Beobachtung 
großer M. marginata-Exemplare in den tiefsarmatischen Sedimenten 
Podoliens ?). 

8. Es sei darauf hingewiesen, daß in weiten Gebieten Rußlands 
die untersarmatische Stufe durch dunkle Schiefertone vertreten ist, 
und sich durch das Auftreten dünnschaliger Formen charakterisiert. 
Wenngleich auf eine so weite Erstreckung von Rußland bis Steiermark 
eine Identität der Facies nicht zu erwarten ist, so ist doch das Vor- 
herrschen dunkler Schiefertone und Tegel in Mittel- und Untersteier- 
mark in den tiefsarmatischen Sedimenten sehr bemerkenswert, zumal 
die hangende Abteilung in beiden Regionen durch gleichartige Kalk- 
bildungen gekennzeichnet ist?°). 

9. Aus den tiefsarmatischen Schichten Rußlauds werden von 
Andrussow als häufige Fossilien dünnschalige, mit zierlichen Stacheln 
ausgezeichnete Cardienformen ®) erwähnt. In Steiermark treten in ähn- 
licher Sedimentfacies jene Cardien auf, die ebenfalls Dornen tragen 
und dem ©, Barboti zu entsprechen scheinen. Letztere Form soll in 
Rußland allerdings erst in dem höheren Nubecularienhorizunt vor- 
handen sein’). 

Mit Stacheln versehene Cardienreste habe ich auch in den 
mittelsarmatischen Schichten des Eruptivgebietes (Rosenberg) in nicht 
näher bestimmbaren Schalenfragmenten angetroffen. 

10. Die außer den erwähnten Cardien die Tiefwasserfacies der 
Schiefertone Rußlands charakterisierenden Formen ®), lassen sich teil- 
weise auch in Mittelsteier erkennen. So sind, ebenso wie in den 
russischen tiefsarmatischen Schichten, in dieser Facies des Sediments 
in Mittelsteiermark Syndesmia und Cardium protractum in untersar- 
matischen, kleine dünnschalige Mactren, Trochusformen und Bulla 
Lajonkaireana in mittelsarmatischen Bildungen verbreitet. 

11. Cardium plicatum”), in Rußland nur im Untersarmatikum 
auftretend, wurde von mir in gleichaltrigen Schichten in typischen 
Exemplaren angetroffen. Ahnliche Formen sind indes in Steiermark 


!) N. Andrussow, loc. eit. pag. 348. 

2) W. Laskarev, loc. cit. pag. 521—524. 

®») N. Andrussow, Verb. d. russ. min. Gesellschaft. 39. Bd., pag. 409— 412. 
*) Loe. eit. pag. 409. 

®) N. Andrussuw, loc. eit. pag. 478—480. 

®) Loc. eit. pag. 410. 

?) Andrussow, loc. eit. pag. 354. 


608 - Artur Winkler. [106] 


auch noch in obersarmatischen Sedimenten vorhanden, in Begleitung 
des breitrippigen Cardium Jammense. 

12. Das Auftreten von Donax lucidus!) in den obersarmatischen 
Schichten (Eruptivgebiet ete.) und das Vorkommen von Columbella in 
tieferen (Radkersburg) stimmt mit den Angaben Andrussows über 
die Verbreitung dieser Formen in Rußland überein. 

13. Trochus podolicus tritt, wie es scheint, in Steiermark in 
typischer Form nur in obersarmatischen Schichten auf (Hartberger 
Gegend). Er fehlt nach Andrussow den tieferen sarmatischen 
Schichen Rußlands ?). 

14. In Rußland ist die Strandfacies der unteren sarmatischen 
Schichten (= Ervilienhorizont) durch das Auftreten von Sanden und 
Kalken mit Ervilia podolica, Modiola volhynica, Tapes gregaria, Trochus 
pietus, Cerithien etc. gekennzeichnet). Diese faunistische Facies konnte 
in typischer Ausbildung infolge der Fossilarmut der gröberklastischen 
Ablagerungen in den tieferen sarmatischen Schichten Mittelsteiers 
selten (Gnas) nachgewiesen werden. Indessen zeigen abgesehen vom 
Gnaser Vorkommniß gewisse Bildungen eine Annäherung daran. Die 
mittelsarmatischen, fossilreichen sandigen Mergel von Jörgen (Eruptiv- 
gebiet Klöch NW) zeigen ein massenhaftes Auftreten von Tapes gre- 
garia, Trochus pietus, Solen und Cardium aus der Obsoletum-Gruppe an. 

In den mittelsarmatischen strandnahen Ablagerungen zwischen 
Wildon und Fernitz (Graz Süd) treten Cerithiensande hervor. Modiola 
volhynica schließlich konnte in einem Exemplar in dem untersarma- 
tischen Schotterhorizont bei Frutten im südlichen Eruptivgebiet auf- 
gefunden werden. 

15. Ein gewisser Unterschied zwischen dem steirischen und 
russischen Becken besteht darin, daß die Cerithien in Rußland, soweit 
sie überhaupt auftreten, meist in untersarmatischen Schichten er-, 
scheinen ®), während sie hier die untere und obere Abteilung in 
gleicher Weise charakterisieren. 

Doch hat Andrussow hervorgehoben, daß die Cerithienfauna 
der mäotischen Stufe zur Annahme nötigt, daß in anderen Gebieten 
die Fortentwicklung der Cerithien in obersarmatischer Zeit statt- 
gefunden hat. Einer solchen scheint in der Tat die mittelsteirische 
Bucht zu entsprechen. 

Diese faunistische Ähnlichkeit, die trotz mannigfacher Diver- 
genzen überraschend erscheint, weist auf bedeutende Faunenwande- 
rungen im Bereiche des sarmatischen Meeres hin. Daß solche statt- 
gefunden haben, scheint auch aus Andrussows Ausführungen hervor- 
zugehen. Denn er hat gezeigt, daß die Fauna des sarmatischen 
Meeres aus einer Immigration östlicher und westlicher Typen ent- 
standen ist). So läßt die weite Verbreitung vieler Formen die An- 
nahme eines mehr oder minder regen Faunenaustausches im sarma- 
tischen Meere zu. 


1!) Loc. cit. pag. 369. 

2) Loc. cit. pag. 374. 

») N. Andrussow, 36. Bd. d. Verh. d. russ. min. Gesellschaft, pag. 108 ff. 
*) N. Andrussow, loc. eit. 

°) N. Andrussow, Verh. d. russ. min. Gesellschaft. 39. Bd. 1902, pag. 442. 


[107] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 609 


Der weiten Ausbreitung des sarmatischen Meeres im „Nubecu- 
larienhorizont* (Andrussow!t) entspricht wohl die „marine“ Natur 
seiner durch die reiche Foraminiferenfauna ausgezeichneten Ablage- 
rungen. 

Die vorliegenden Angaben reichen, wie ich glaube, aus, um 
die annäherndeParallelisierung der obersarmatischen 
Stufe Mittelsteiermarks mit dem Nubecularienhorizont 
Rußlands durchzuführen, während unsere „unter- und 
mittelsarmatische Stufe“ dem Ervilienhorizont ent- 
Spräche. 


19. Kapitel. 
Resume über „Mittelsteiermark im Miocän“. 


In vorliegender Studie habe ich den Versuch unternommen, die 
Verbreitung des Miocänmeeres teils auf Grund eigener Untersuchungen, 
teils auf den Angaben der reichen Literatur fußend, festzulegen. 

Prof. Hoernes hat im Jahre 1908 hervorgehoben ?), daß der 
Wechsel in der Verbreitung der Miocänmeere Mittelsteiermarks, ins- 
besondere das Fehlen der Mediterranbildungen am nördlichen. Grund- 
gebirgsrande der Grazer Bucht verständlicher erscheint, wenn man das 
mittelsteirische Becken als Bruchregion auffaßt, in der tektonische 
Bewegungen bis in jugendliche Zeiten fortgedauert haben. 

Diesen von Hoernes nicht näher ausgeführten Gedanken 
genauer zu verfolgen und an der Hand der bekannten Erscheinungen 
zu prüfen, war der Zweck vorangehender Zeilen. So lückenhaft in vieler 
Hinsicht unsere Kenntnis mancher Gebiete noch ist, so schwierig daher 
gegenwärtig ein solches Unternehmen erscheint, glaube ich doch gezeigt 
zu haben, daß sich einige Grundzüge in der Verteilung der Meeres- 
ablagerungen auf tektonische Ursachen zurückführen lassen. 

Die Verbreitung der Sedimente läßt erkennen, daß das Vor- 
dringen der Meere in die verschiedenen Teile der Bucht nicht 
gleichzeitig stattgefunden hat. 

Marine Bildungen des basalen Miocäns konnten am NO-Abfall des 
Possrukzuges aufgefunden werden. Das Auftreten von Tuffbänken 
in denselben läßt die Analogie mit den untermiocänen, von Teller 
beschriebenen „marinen Mergeln und mürben, mergeligen Sandsteinen“ 
Untersteiermarks sehr klar hervortreten. Dem Schichtmaterial 
nach erwiesen sich diese „basalen, marinen Mergel* aus einer mäch- 
tigen, flyschartigen Folge von dunklen Mergeln und Sandsteinen auf- 
gebaut. Es war somit erwiesen, daB die Ausbildung der mittel- 
steirischen Bucht in ihren ersten Anfängen bereits in das tiefste 
Miocän zurückreicht. 

Eine große Ausweitung des Beckens, tektonischer Natur, setzt 
vor Entstehung jener Schichtgruppe ein, die als marine Bildung in „Win- 
dischen Büheln* (Foraminiferenmergelgruppe 3), die als lacustre, lagu- 


!) Verh. d. russ. min. Gesellschaft. 36. Bd., pag. 123. 

2) Bau und Bild der Ebenen. Wien 1903. 

®) Verdeckt durch jüngere Bildungen ist die Foraminiferenmergelgruppe jeden- 
falls im zentralen Teil der mittelsarmatischen Bucht verbreitet. 


610 Artur Winkler. | [108] 


ei a m nur am West- und Nordrand der Grazer Bucht, 
sondern auch in großen Teilen der östlichen Alpen überhaupt (Murtal 
Bucklige Welt etc.) verbreitet ist. Ai! 

Der Übergang der lacustren in die marine Facies, wie er in den 
Windischen Büheln sichtbar ist, spricht für eine Äquivalenz beider 


{ en 
o Pinkafreld Gänser 
Nr 
o Horst 
Oflechnitz 


Tektonische Skizze der mittelsteirischen Tertiärbucht. 


1. Flexur Spielfeld — Gamlitz. — 2. Bruch bei Glanz. — 3. Egydierbruch. — 

4. Friedberger Bruch. — 5. Störungslinie Dobl—Wildon—Mureck. — 6. Flexur 

Radkersburg—Gleichenberg—Fernitz. — 7. Tatzmannsdorfer Bruch. — 8. Störungs- 

linie Fünfing—Arnwiesen. — 9. Brüche im südlichen Gleichenberger Eruptivgebiet. 
10. Stainztaler Säuerlingsreihe. 


Schichtgruppen. Es konnte nachgewiesen werden, daß der marine 
Charakter der Sedimente westwärts bis über Leutschach hinaus anhält. 


Die weite Verbreitung dieser kohleführenden Ablagerungen und 
Foraminiferenmergelbildungen im Bereiche der ganzen östlichsten 
Zentralalpen läßt vermuten, daß zu Beginn des Miocäns eine ausgedehnte 
Tieferlegung dieses Raumes stattgefunden hat. Dadurch gelangten be- 
trächtliche Gebiete unter das limnische und marine Akkumulations- 
niveau. 


[109] Untersuchangen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs, 6L1 


Ich fasse die Entstehung dieses ausgedehnten Beckens als einen 
Vorläufer jener späteren Senkungsvorgänge auf, die die Mediterran- 
bildungen in die Wiener Bucht transgredieren ließen und die sich in 
der mittelsteirischen Bucht durch das Auftreten von in einer be- 
stimmten Richtung fortschreitenden, mediterranen, sarmatischen und 
pontischen Bewegungen charakterisieren. Die jüngeren Bruch- 
felder erscheinen gleichsam in den Rahmen dieses viel 
ausgedehnteren Senkungsgebietes eingefügt. 

Das Trachyt-Andesitmassiv von Gleichenberg wurde, wenn auch 
mit Vorbehalt, in das ältere Miocän eingereiht. Eine Einhüllung mit 
sarmatischen Schichten (auch mit deren basalen Partien) ließ entgegen 
der bisherigen Annahme ein vorsarmatisches Alter annehmen. 

Es wurde auf die bedeutende Ausdehnung dieses Massivs unter 
der auflagernden jüngeren Sedimentdecke hingewiesen; Einschlüsse 
in den pontischen Basalttuffen ließen dieselbe hervortreten. 

Der Bildungsweise nach wurde das Massiv als eine Staukuppe 
sroßen Stils aufgefaßt. Die einheitliche Struktur, Einschlüsse von 
äquivalenten Tiefengesteinen, die basischen Randzonen und die Un- 
möglichkeit einer Deutung als Lakkclith begründen diese Annahme. 

Es wurde dargelegt, daß der Foraminiferenmergel (= „mittel- 
steirischer Schlier“) sehr wahrscheinlich einer unter dem Grunder 
Horizont liegenden Schichtfolge entspricht. 

Das unmittelbare, räumliche Herantreten von Schlierfacies an 
typische Grunder Facies widerspricht der zuerst von Stur angenom- 
menen faciellen Vertretung beider Bildungen. 

Die Erkenntnis, daß der Foraminiferenmergel entlang der Flexur 
Spielfeld— Gamlitz nordwärts absinkt, ließ das scheinbare Fehlen des- 
selben im Raume nördlich der Windischen Büheln (Sausalgebiet) ver- 
ständlich erscheinen. Das Vorkommen des Foraminiferenmergels 
(= Schlierhorizonts) im tieferen Untergrund der Sausalbucht wird 
durch eine (nach der orographischen Höhenlage) im Liegenden des 
Florianer Tegels!) auftretende, mehrere 100 m mächtige, durch 
Bohrung erschlossene, tonigmergelige Sedimentserie (Bohrung von 
Schwanberg etc.) nahegelegt. 

Die Konglomeratmassen, welche die Foraminiferenmergel un- 
mittelbar überlagern (St. Egydi, Platsch-Ehrenhausen), wurden als 
facielle Vertretung des Grunder Horizonts aufgefaßt. Als Beweis 
dafür wurde die Wechsellagerung und innige Verknüpfung dieser grob- 
klastischen Bildungen mit fossilführenden Grunder Sedimenten (Gam- 
litzer Sanden) beim Kohlenbau des Labitschberges angesehen. Diese 
Annahme findet eine Bestätigung in dem räumlichen Übergang fossil- 
führender Florianer Schichten in jene Konglomeratfacies, wie sie 
in der Gegend von St. Andrä und Fantsch kennbar ist. Sie erhält 
auch dadurch eine Stütze, daß diese Konglomerate im Bereiche südlich 
des Sausalgebirges stets als Basis der Leithakalke der zweiten Me- 
diterranstufe zutage treten. Zugunsten der vorstehenden Annahme 
spricht ferner der Umstand, daß der Florianer Tegel die durch Bohrung 
kennbare mächtige Schichtfolge westlich des Sausalgebirges überdeckt 


1) Grunder Schichten von Mittelsteiermark. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 79 


612 Artur Winkler. [110] 


“und daß die konglomeratische Facies als Überlagerung der äquivalent 
gedeuteten Foraminiferenmergelgruppe kennbar ist. Schließlich läßt sich 
auch eine Fortsetzung des marinen Konglomeratzuges über den Kamm 
des Possrukgebirges gegen das Grunder Becken des Lavanttales in 
Zentralkärnten nachweisen. 


Die marine Natur der überall großen Blockschutt führenden 
Konglomeratmassen, die Hilber in der Gegend von Gamlitz fest- 
stellte, konnte von mir auch in der Gegend von Leutschach 
Arnfels und Groß-Klein, also im gesamten zusammenhängenden Ver- 
breitungsgebiet derselben durch Fossilfunde erwiesen werden. Das 
Auftreten der selbst hausgroße Blöcke führenden Schuttbildungen 
wurde ferner als Anzeichen einer Hebung im Gebiete der südlichen 
Koralpe angesehen, die einen gewaltigen Schuttransport von diesem 
Gebirgszuge her vor und während der „Grunder Zeit“ einleitete. 


Von dieser Bewegung erscheinen jedenfalls die westlıcnen kohle- 
führenden Ablagerungen im Eibiswalder Becken mitergriffen, da deren 
Sedimente bereits als Geröllkomponenten im „Konglomerat“ auftreten. 

Die Hebung läßt in den folgenden Zeiträumen ein 
weiteres Fortschreiten gegen Nordosten erkennen. 

Vor- oder tiefmediterran erscheint der Konglomerat- 
komplex von der Erhebung mitergriffen und gestört. Sein Emporreichen 
am Possrukrücken bis 800 m — weiter westlich vielleicht noch bis 
1000 m — läßt das bedeutende Ausmaß dieser Bewegungen erkennen. 

Durch diese Hebung erscheint die Meeresverbindung, die zur 
Grunder Zeit zwischen Mittelsteiermark und dem kärtnerischen Lavant- 
tal bestanden hat, wieder unterbunden. 


Die Störungen, welche viele der kohleführenden Ablagerungen 
in den östlichen Zentralalpen erfahren haben, mögen zum großen 
Teil demselben Zeitraum angehören. 

Die Ausbildung der Flexur Spielfeld—Gamlitz und die Ent- 
stehung der Bruchlinie von St. Egydi wurde mit den Becken- 
vertiefungen in Zusammenhang gebracht, die während der zweiten 
Mediterranstufe sich geltend machten. 


Zur Ablagerungszeit der „Leithakalkbildungen*“ erwies sich 
insbesondere das Sausalgebiet von Senkungen betroffen. Die entstehenden 
mächtigen Riffbauten, also stets unter seichtem Wasser abgelagerten 
Sedimente, — bei gleichzeitiger, schon von Stur erörterter Regression 
der „Leithakalkstufe“ aus dem westlichen Teil der Sausalbucht — 
ließen die Annahme lokaler Senkungsvorgänge als notwendig erscheinen. 
Die Tiefenlage der paläozoischen Gesteine und die große Mächtigkeit 
der Riffbauten in dem nordöstlich oder besser NNO vom Sausal ge- 
legenen Raum ließ vermuten, daß das Sausalgebiet im Mediterran als 
eine gegen NNO sich stärker senkende Platte anzusehen ist. 


Die Diskordanzen innerhalb der Leithakalke des nördlich davon 
gelegenen Aframer Zuges ließen die Fortdauer der tektonischen Be- 
wegung bis nahe an die sarmatische Zeit heran erkennen. 

Es ergab. sich also ein Fortschreiten und eine Zunahme der 
senkenden Vorgänge seit dem Beginn der zweiten Mediterranstufe 
in der Richtung von SSW—NNO. 


[111] Untersuchungen z. Geologie u, Paläontologie des steirischen Tertiärs. 613 


In. dem nordöstlichsten Teil der mittelsteirischen Bucht, dem 
Pinkafelder Becken, kam es vor Ablagerung der „Leithakalkstufe* 
ebenfalls zu senkenden Bewegungen. Entlang der von Mohr nach- 
gewiesenen Bruchlinie von Friedberg (Tunnel), die noch das Sinners- 
dorfer Konglomerat (= Pittener Horizont) verwirft, scheinen die Stö- 
rungen stattgefunden zu haben. Die Lokalisierung der transgredierenden 
Mediterransedimente auf die östliche, gesenkte Scholle lassen den 
Zusammenhang in der Verbreitung derselben mit der tektonischen 
Bewegung erkennen, 

Östlich und südöstlich der Pinkafelder Bucht lag ebenso wie in 
der Grunder Zeit im Mediterran eine mächtige Erhebungsreihe, die 
von dem „Günser Horst“ bis an die Schieferinsel von Sulz bei Güssing 
heranreichte. 

Vor Beginn der sarmatischen Stufe schritt die Senkung in 
nordöstlicher Richtung weiter fort. Die mediterranen Strandbildungen, 
die sich NO und O des Sausals abgelagert hatten, erscheinen 
tief abgesenkt (Aframer Zug, Gleichenberger Gegend). Die um zirka 
220—300 m verschiedene Höhenlage der Strandsedimente im Sausal- 
gebiete und bei Gleichenberg ließ eine Absenkung in letzterer Gegend 
um beiläufig diesen Betrag notwendig erscheinen. Die im Eruptiv- 
gebiete kennbare Auflagerung von über 300 » mächtigen, sarmatischen 
Sedimenten auf die gesenkten Mediterranbildungen bei gleich- 
zeitiger Regression der „brackischen Stufe“ im Sausal ließ das vor- 
sarmatische Alter der Bruchbewegung erkennen. 

Die Senkung hat auch noch bis an den nördlichen Alpenrand 
zwischen Graz und Weiz herangereicht und in diesem Raume die 
Transgression tiefsarmatischer Schichten unmittelbar über das Grund- 
gebirge ermöglicht. 

Die Begrenzung der gesenkten Scholle gegen WSW ist durch 
die (in der Wildoner Gegend schon von Granigg erkannte) Bruch- 
linie Wildon—Mureck gegeben. 

Die sarmatische Stufe ließ die in der früheren Arbeit über das 
südliche Eruptivgebiet von Gleichenberg durchgeführte Gliederung 
auch noch in der übrigen Mittelsteiermark erkennen. 

Die untersarmatischen Ablagerungen konnten am Westrande des 
Ablagerungsraumes bei Fernitz und Wildon konstatiert werden. Sie 
wurden als Bildungen in einem randlichen ruhigen Becken aufgefaßt; 
ihre paläontologische Charakteristik ist durch die Syndosmien gegeben. 

Die mittelsarmatische Stufe, im großen und ganzen als die mehr 
oder minder grobklastische Ausfüllung jenes tieferen, untersarmatischen 
Beckens gedacht, erwies sich als Seichtwasserbildung. Die Diagonal- 
schichtung der Sande und das Auftreten der ihrer Entstehung nach 
den Jahresringen vergleichbaren schönen Bänderungen an Mergel- 
gesteinen, ließen den Einfluß mächtiger Grundströmungen erkennen. 

Der Transport von grobem Sediment und die Fossilarmut dieser 
Facies steht damit im Einklang. 

Der geringe Salzgehalt des Beckens, für den das Vorhandensein 
der Grundströmung spricht, ließ sich auch in der verarmten Fauna 
und in der Einschaltung von Schilfpflanzen führenden Horizonten 
erkennen. Als Leitfossilien mittelsarmatischer Schichten wurden Car- 

79* 


614 Artur Winkler. [112] 


dium cf, Barboti, Fragilia fragilis, Cardium nov. sp. vermerkt. Das 
reichliche Vorkommen von Ervilia podolica und großen Modiola margi- 
nata-Formen in denselben wurde hervorgehoben. 

Auch die mittelsarmatische Stufe ließ sich im westlichen Teil 
der Grazer Bucht nachweisen sowohl im Gebiete der „Gräben“ (zwischen 
dem Eruptivgebiet und der Murlinie Wildon—Fernitz) als auch bei 
Waldhof westlich von Graz. 

Unter- und mittelsarmatische Schichten zeigten annähernd dieselbe 
Verbreitung. Sie erfüllten das Becken, welches zwischen dem Ostab- 
bruch des Sausals und dem Eruptivgebiet gelegen ist. Nach Norden hin 
transgredierten sie über dem Grundgebirge zwischen Graz und Weiz. 
Dagegen fehlten sie wahrscheinlich in dem nordöstlichen Teil der 
Grazer Bucht, in der Hartberger Scholle und der Pinkafelder Bucht 
sowie in jener schon im Mediterran vorhandenen östlichen Erhebungs- 
reihe Günser Horst—Sulz bei Güssing. Das mittelsarmatische Becken war 
durch dieselbe im Nordosten von der pannonischen Bucht abgeschlossen. 

Das obersarmatische Meer zeichnet sich durch eine andere 
Verbreitung gegenüber der „tieferen sarmatischen Stufe“ aus. Seiner 
Ablagerung sind tektonische Bewegungen vorausgegangen, welche sich 
im Bereiche des Sausalgebiets und in der angrenzenden Region „der 
Gräben“ sowie in dem übrigen westlichen Teil der Grazer Bucht als 
eine Hebung herausstellten. Sie äußerte sich nicht nur in der Regression 
des obersarmatischen Meeres aus dem bezeichneten Raum, sondern 
auch in der allgemein bedeutenden Höhenlage der mediterran-altsar- 
matischen Komplexe. 

Die Höhenlage übersteigt um rund 100 m jenen Wert, welcher 
für den maximalen Stand des Meeresspiegels der betreffenden Stufen 
im Wiener Becken ermittelt wurde. Auf die Erkenntnis der Gleich- 
zeitigkeit dieser hebenden Vorgänge mit den Faltungsvorgängen in 
Untersteiermark komme ich noch zurück. 

Die Ablagerungen der obersarmatischen Stufe entsprechen ihrem 
Habitus nach jener Facies, die im Wiener Becken allgemein durch 
ihren Fossilreichtum auffällt. 

Es sind große und dicke Mactraformen, dickschalige Tapes, 
Cerithien und Cardien, welche der Fauna ihr Gepräge verleihen. 
Cardium Jammense, Mactra Fabreana, cf. caspia, Cerithium Hart- 
bergense ete., Donax lucida und Cardienformen der Obsoletum-Gruppe, 
die zu pontischen Formen hinüberführen, sind nur im Obersarmat an- 
zutreffen gewesen. Es kommt das Auftreten der charakteristischen 
kalkbildendenPeneropliden und das Erscheinen von Spirorbiskalken 
hinzu. Nach dem Vorkommen der reichen, marinen (brackischen) Fauna 
und von Oolithbildung zu schließen, dürfte der Salzgehalt gegenüber 
jenem der tiefsarmatischen Schichten bedeutender gewesen sein. 

Die Facies, ausgezeichnet durch reichlich auftretende Kalkbänke, 
erweist sich als eine mächtige Folge von Seichtwasserbildungen, die das 
abgesunkene und von Hebungszonen begrenzte Becken ausfüllten. Der 
vorwiegend sandige Charakter, das Zurücktreten von Tegeln und Schiefer- 
tonen entsprechen dieser Bildungsweise. Das obersarmatische Meer zeigt 
sich, wie erwähnt, durch die Hebung aus dem westlichen Teil der 
(Grazer Bucht verdrängt, transgrediert hingegen in der Hartberger 


[113] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 615 


Scholle (NO-Teil der Grazer Bucht) unmittelbar über dem Grund- 
gebirge (wahrscheinlich auch bei Fürstenfeld). Es war somit die 
Hebung im W und SW der Grazer Bucht von einer Senkung im 
NO begleitet. 

Diese tektonische Bewegung fügt sieh neuerdings in die Reihe 
jener gegen NÖ fortschreitenden sinkenden‘Bewegungen ein, die bereits 
im Mediterran kennbar waren. 


Die östliche Festlandsbarre der Schieferinseln Sulz-Güns war auch 
noch in obersarmatischer Zeit vorhanden, wie aus dem Fehlen obersarma- 
tischer Sedimente in der Umrandung dieser paläozoischen Inselberge 
und aus den nachweisbar jüngeren tektonischen Bewegungen dortselbst 
hervorgeht. 

Die in der Fortsetzung dieser Inselreihe gegen SSO auftretende 
Schieferinsel Neuhaus-St. Georgen ragte zur Grunder und mediter- 
raner Zeit noch bedeutend, in sarmatischer Epoche kaum über dem 
Meeresspiegel empor. Das Gleichenberger Trachytmassiv hingegen 
bildete in seinen höchsten Teilen dauernd eine Klippe. 


Die obersarmatischen Ablagerungen zwischen Hartberg und 
Friedberg (Grafendorf, - Lafnitz) zeigen durch ihre Höhenlage, 
die sie erreichen (über 500 m), durch die Störungen im Schicht- 
material und schließlich durch die großen Höhenunterschiede, die sie 
an nahe aneinander gelegenen Punkten untereinander aufweisen, die 
Andauer tektonischer Bewegungen bis in die Zeit während und nach 
ihrer Ablagerung an. 


Die Diskordanzen, welche aus Fig. 6 kennbar sind, lassen annehmen, 
daß die Störungeu bereits während der Sedimentierung des Ober- 
sarmats begonnen haben. 

Wie Fig. 6 zeigt, lagerten sich auch die pontischen Bildungen 
dem fast senkrechten Abbruch der obersarmatischen Bänke an. Es ist 
anzunehmen, daß — nach der Höhenlage des Obersarmats!) zu urteilen 
— eine Hebung der Scholle um zirka 100 m in nachobersarmatisch- 
vorpontischer Zeit stattgefunden hat. Auch diese jüngstenachweis- 
bare Hebung fügt sich als Endglied den gegen NO fort- 
schreitenden miocänen Hebungen harmonisch ein. 


Das tektonische Gefüge der mittelsteirischen Bucht ist indessen 
nach Ablagerung der sarmatischen Stufe noch keineswegs gefestigt. Es 
wurde bereits in einer vorläufigen Mitteilung hervorgehoben, daß sich 
im Tiefpontieum ein gewaltiges Senkungsfeld ausbildete, das am Günser 
Horst tiefpontische, in der Umrandung der östlichen Inselreihe Sulz— 
Harnischer Wald vielleicht noch etwas höher pontische Bildungen 
transgredieren läßt. 

Der Südrand der sich senkenden Scholle ist durch eine Flexur 
gegeben, die sich aus der Gegend von Radkersburg über St. Anna, 
Gleichenberg und Prädiberg bis Fernitz südlich von Graz verfolgen ließ. 

Da auch die tieferen pontischen Schichten noch an der Ab- 
senkuug Anteil nehmen, läßt sich eine allmähliche Ausgestaltung der 
sich vertiefenden Depression annehmen. 


!) Die obersarmatischen Schichten erreichen hier eine Seehöhe von 500 m. 


616 Artur Winkler. [114] 


Parallel dieser wichtigen Dislokation bildeten sich die basaltischen 
Tuffberge, während die ausgedehnten Basaltmassen in der durch 
diesen Vulkan und Störungsbogen umrahmten Region zum Ausfluß 
gelangten. 

Noch jüngere tektonische Bewegungen lassen sich im südlichen 
Gleichenberger Eruptivgebiete Nord—Süd fortschreitend erkennen. 

Daß auch das Auftauchen der sarmatischen Vorkommnisse, die 
sich in NNW-Aneinanderreihung im zentralen Teil des Beckens von 
Kumpergraben über Fünfing, Arnwiesen, Rollsdorf bis nach Wohn- 
graben, Lohngraben, Großpesendorf und Etzersdorf verfolgen lassen, in 
solch spätpontischen tektonischen Bewegungen seine Erklärung findet, 
wird an anderer Stelle zu begründen sein. Da die tektonischen Ver- 
hältnisse während der Pliocänepoche in Mittelsteiermark einer be- 
sonderen Publikation vorbehalten bleiben, mag an dieser Stelle nur 
flüchtig auf dieselben hingewiesen sein. 

Als tektonisches Hauptmerkmal der mittelsteirischen Bucht im 
Miocän hat sich, wie erwähnt, ein gegen NO gerichtetes Fortschreiten 
der tektonischen Bewegungen ergeben, die nach Ablagerung jener 
weitverbreiteten Foraminiferenmergelgruppe und ihrer lacustren Aqui- 
valente eingesetzt hat. 

Die auf pag. 617 folgende Zusammenstellung soll die tektonischen 
Bewegungen erläutern. 

Die Zurechnung dieser beobachteten tektonischen Erscheinungen 
zu einzelnen Bewegungsphasen erscheint naturgemäß sehr der Willkür 
anheimgegeben. Je weiter die Untersuchungen ins Detail eindringen, 
desto zahlreicher und mannigfaltiger werden die Vorgänge uns ent- 
gegentreten. Das, was uns häufig als Werk eines einzelnen Bewegungs- 
aktes erscheint, läßt sich aus zahlreichen einzelnen, in Raum und Zeit 
wechselnden Störungen zusammengesetzt erkennen. 

Immerhin ist jedenfalls kein regelmäßig andauernder Puls in 
. der Ausbildung dieser jugendlichen Tektonik kennbar. 

Sowie der Schauplatz der Störung nach Raum und Zeit wechselt, 
so erscheint auch das Ausmaß der Bewegung Hand in Hand damit 
an- oder abzuschwellen. 

Es sei hervorgehoben, daß die mit 2 und 3 bezeichnete tekto- 
nische Phase in der Hebung der Koralpe, den gewaltigen Schutt- 
bildungen und in der Ausbildung jenes ausgedehnten Senkungsfeldes, 
in dem marine und lacustre, untermiocäne Absätze zur Ablagerung 
kamen, sich besonders ausprägt. 

Die Bewegungsphasen 6— 8 heben sich wiederum durch die Ver- 
drängung des obersarmatischen Meeres bis in die Oststeiermark. und 
durch die Ausbildung des so umfassenden pontischen Senkungsfeldes 
deutlich hervor. 

Ein Vergleich der Höhenlage der Miocänablagerungen läßt ferner 
erkennen, daß die Hebung im SW am Possruk und an der südlichen 
Koralpe ihr bedeutendstes Ausmaß erreicht hat. 

Es wurde bereits in einer vorläufigen Mitteilung hervorgehoben, 
daß die altmiocäne Hebung (im südlichen Mittelsteiermark) und die 
Ausbildung des tiefmiocänen Senkungsfeldes jenen Bewegungen Unter- 
steiermarks annähernd gleich alt erscheinen, die dort die oligocänen 


R [115] Untersuchungen z. Geologie u. Paläontologie des steirischen Tertiärs. 617 


1. Vormiocän 


2. Nach Ablagerung der 
„basalen marinen Mergel“ 


Foraminiferenmergel- 
gruppe und Aquivalente. 


Hebung in: 
? 


Koralpe 


(mächtige Sedimentzufuhr) 


3. Nach Ablagerung der | Koralpe und Eibiswalder 


Becken 


4. Nach Ablagerung der 
Grunder Schichten 


5. Nach Ablagerung der 
zweiten Mediterranstufe 


6. Nach Ablagerung der 
tieferen sarm. Schichten 


7. Nach (und während) der 
Ablagerung der obersarm. 
Schichten 


8. Während und nach Ab- 
lagerung der pontischen 
Schichten im engeren Sinne 


9. Während und nach Ent- 
stehung der Belvedere- 
schotter (= mittel-ober- 
pontisch der ungarischen 
Geologen) 
Vorlevantinisch 


Koralpe, Possruk, Kon- 
glomeratzone zwischen 
Saggau und Sulm 


Gebiet zwischen der Mur- 

linie Graz--Spielfeld und 

Gleichenberger Eruptiv- 
gebiet 


Bei Grafendorf (Zwischen 
Hartberg und Friedberg). 


10. Altlevantinisch ? 


Senkung kennbar durch: 


Übergreifen der basalen 
marinen Mergel am Possruk 


Mittelsteirisches Becken der 
Foraminiferenmergel- 
gruppe und der lacustren 
Ablagerungen. 
Horizont der Lignite von 
Pitten in weiten Regionen. 


Schuttbildungen der 
Grunder Stufe zwischen 
Saggau und Sulm. Trans- 

gression derselben am Poss- 

ruk. Vertiefung der Grunder 

Depression an vorgenannten 
Punkten, 


Störungen von St. Egydi, 
Gamlitz, Ehrenhausen. 
Senkung im Sausalgebirge. 
Senkung von Friedberg— 
Pinkafeld. 


Transgression des sarm. 
am nördlichen Beckenrand. 
bergreifen über meditt. 
Strandbildungen. 
Bruchlinie 
Wildon—Dobl—Mureck. 


Ausbildung der Depression 
zwischen dem Gleichen- 
berger Eruptivgebiet und 
der Hartberger Scholle. 
Transgredieren des Ober- 
sarmats dortselbst am 
Grundgebirge. 


Transgression der pont. 
Schichten am Günser Horst 
und der östl. Inselreihe. 


Ausbildung und Vertiefung 
des pontischen Senkungs- 
feldes. Flexur Radkersburg 
—Gleichenberg—Fernitz. 
Störungslinie Fünfing— 
Großpesendorf. Basalt-Tuff- 
kranz. Basalt des Hoch- 
straden. 


Störungen der pontischen 
Basaltdecken, Brüche im 
südlichep Gleichenberger 

Eruptivgebiet. 

Jüngste Eruptionen im 

Klöcher Massiv. 


Weiterausbildung und 
Störung des Senkungsfeldes 
in den östlichen Win- 
dischen Büheln zwischen 
Friedau—Luttenberg. 


216 Artur Winkler: [116] 


Schichten fast allerorts vormiocän (oder tiefmiocän) zu Faltenwellen 
aufgestaut hatten. 

Desgleichen wurde angegeben, daß die vorobersarmatische (und 
obersarmatische) Hebung in Mittelsteiermark und die nachfolgende 
pontische Senkung mit der postmittelsarmatischen (zum Teil auch 
obersarmatischen) Faltung Untersteiermarks zeitlich koindiziert. 

Da die untersteirische Zone von Süd gerichteten Faltenbewegungen 
beherrscht ist, wurde angenommen, daß die mittelsteirische Scholle 
südwärts an die untersteirische, sich faltende Zone angepreßt wurde. 

Die im Tiefmiocän und im Spätsarmat im südlichen Mittelsteier- 
mark besonders zum Ausdruck kommende Hebung erscheint demnach 
als das Ansteigen dieser Region bei der Faltungdersüdlich 
vorgelagerten uuntersteirischen Zone. 

So fügen sich diese in jungtertiärer Zeit so verschieden gebauten 
tektonischen Zonen zu einer harmonischen Einheit zusammen, und er- 
scheinen als Bauelemente jener ausgedehnten Regionen der südöst- 
lichsten Alpen. In ihrem südlichen Teile, den Savefalten sind diese 
von südgerichteten Faltungen und UÜberkippungen der Schichtfolge, in 
ihrem nördlichen Teile, der mittelsteirisch-zentralkärntnerischen Scholle 
(und ihren Vorlagen) von Hebungen, die gegen die Savefalten an 
Ausmaß zunehmen und von nachfolgenden Senkungen beherrscht. 


Das Bild, das ich von dem Schichtenaufbau und den Störungen 
in Mittelsteiermark entworfen habe, bedarf sicherlich noch manchen 
Ausbaus und mancher Begründung auf paläontologischer Grundlage. 
Ich glaube aber, daß sich dank der zahlreichen Arbeiten bisheriger 
Forscher, insbesondere der interessanten Aufnahmen Prof Hilbers 
und der Studien von Prof. Hoernes eine genügende Grundlage 
geschaffen war, um der schwierigen, aber sehr interessanten Frage 
der miocänen Tektonik dieses Gebietes näherzutreten. Ich hoffe 
in diesem Versuch einen Beitrag für deren Kenntnis geliefert zu 
haben. 


[117] Untersu chungen z, Geologie u, Paläontologie des steirischen Tertiär. 619 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite 9 Seite 
VER OHLITLIN ee 34 3... EEE FE 503 [1] 
Begrenzung der mittelsteirischen Scholle... ... . 503 [1] 
1. Kapitel: Der Untergrund der Grazer Bucht (Mittel- 
SIOLON re ne ne a EN A BE 504—509 2—7] 
2. Kapitel: Einige Bemerkungen über das Trachytmassiv 
von Gleichenberp, . „2... ulats aıe. een EIER 809-515 [7—13] 
3. Kapitel: Mittelsteiermark im Oligoeän. .. ..... 515 [13] 
4. Kapitel: Die „basalen marinen Mergel“ des Miocäns in 
Mittelsteiermark.. . 2.2 ann us on eo...  Bi5-520 [13-18] 
5. Kapitel: Störungsphase nach Ablagerung „der basalen 
ia mens hiergellun DURSREr LEE LEN ee 520—521 [18—19] 
6. Kapitel: „Der Foraminiferenmergel“ (= mittelsteirischer 
Schlier) und seine Beziehungen zu den Süßwasser- 
schichten von Wies und Eibiswald . . . 22.2.2... 521—534 [19-32] 
7. Kapitel: Stratigraphische Parallele der tiefmiocänen 
Ablagerungen Mittelsteiermarks mit jenen Untersteier- 
marks und änderer Gebiete. ... . - 2... .  534—537 [32—35] 
8. Kapitel: Störungsphase nach Ablagerung der Foramini- 
ferenmergelgruppe und der stratigraphisch äquivalenten 
Sußwasserschichten . . . 22. .2 0 men...  5388—54 [3642] 
9. Kapitel: Die Grunder Stufe in Mittelsteiermark . . . . 545-558 [37—56] 
10. Kapitel: Störungsphase nach Ablagerung der Grunder 
en... SB [66-50] 
11. Kapitel: Die zweite Mediterranstute . . . 2.2... ... 561-570 [59-68] 
12. Kapitel: Störungsphase vor Ablagerung der tieferen 
sarmatischen Schichten. . . . 2 2 22 2 2 2.2.2... 570-573 [68-71] 
13. Kapitel: Die untersarmatische Stute. . . 2.2.2... .573—576  [71—74] 
14. Kapitel: Die mittelsarmatische Stufe. . . . 2... 576—587 [74—85] 
15. Kapitel: Störungen nach Ablagerung der tieferen sar- 
matinchen Schichten. . ....2 ... „ern 2 une. 387-090 1185-88] 
16. Kapitel: Die obersarmatischen Schichten. . . . . . ..  590—601 [88—99] 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 3. Heft. (A. Winkler.) 80 


6230 Artur Winkler. 


17. Kapitel: Obersarmatische Bewegungen 


18. Kapitel: Einige Beziehungen der mittelsteirischen sar- 
matischen Schichten zu jenen Untersteiermarks und 
Rußlands 


A. Untersteiermark . 
B. Rußland 


19. Kapitel: Resume über „Mittelsteiermark im Miocän‘“ 


[118] 


Seite Seite 


601—602 [99-1001 


602—609 [100—107] 
602—604 [100-102] 
605—609 [103—107| 
609-618 [107—119] 


Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien IIf. Steingasse 25. 


Tafel XV. 


2: 


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Aufgenommen im Jahre 1 


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Hochstraden, 


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Kalk mit Foraminiferen- 


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Im allgemeinen 


Oolithische Foraminiferen- 


Kalke 
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Bivalvenkalke mit Ceri- ? r ER Y) c Ba az iv #7 GH ; E er; INS: } Gas DET, f N A A: Tumuli pi 
thien- und Spirorbis-Kalken ; 0 UN 5 | { = 


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Mächtige Kalksandsteine / E 3 des Er x DL STEH B FINSEIN 4 3 "3 E Im HI 12 - Kulturschicht 
mit Kalkbänken Ausgeführt im k. u. k. Militärgeographischen Institute in Wien, 
1:25000 oder Icm-250m oder 3 cm -1000 Schritte 
[0) 100 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16800 1800 2000m 
et .— ir + 7 mm + + PUR} 
100 0 200 400 800 800 1000 1200 1400 1600 1300 2000Schritte 
Säuerling Fossilfundpunkt: Fossilfundpunkt: Verwerfung Wahrscheinliche Gehängerutschung 
phytogene Reste .  zoogene Reste Verwerfung 


Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, IIL, Rasumoffskygasse 23. 


A. Winkler: Das Eruptivgebiet von Gleichenberg. 


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Jahrbuch der k. l. Geologischen Reichsanstalt, Band 'LXTIT, 1913, 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsaustalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


Taf. XVI. 


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A. Winkler: Das Eruptivgebiet Gleich 
ptivgebiet von Gleichenberg. Taf. XVII. 


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Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


A. Winkler: Das Eruptivgebiet von Gleichenberg. Taf. XVII. 


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Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band LXII, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


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A. Winkler: Das Eruptivgebiet von Gleichenberg. 


reiche blaue Tone 


Griiner Tegel 


Grüne Tegellogen 


Profile der mittelsarmatischen Schichten Profil 
nl Eee ee ren 
III IV V xT 
I Il IL IV Na! vıL Val I Il St. Anna N St. Anna N St. Anna N 
Klöch 0 Gruisla SW Buchberg Jörgen N Patzerberg Grössing Hopfenberg S Neusetz 8 St. Anna SW | Graben St. Anna W Fuhrweg ins Aigental | Graben SW von K 365 | Graben W von K. 36 rate 
L > u ee — a je 
Pontischer fluviatiler! Basalt Basalt Pontischer Schotter im 
Schotter Liegenden des Basalts 
20 m Schiefertone m. Sanden 
4 »m gelbbrauner Sand 
Sand u. Schotter mit Berg- 
mehlkonkretionen 
7 m tonig-glimmer-|2 m Sand 1m Sand 
Sande reicher Sand Graue Mergellage Schieferton 
2 m Sand Sand 
1:20 m Obolitli 
80 cm Bivalv. 
2% m schottrige 1 m braune und V. Kalk und Gastro- V. Kalk 
Sande raue sandige podenkalk |3 m sandiger Tegel 2 m Sand mit Schieferton |2 m Sand mit Fı 
Gelber schottriger chiefertone 30 cm Oolith |Steinmergel 1 m toniger Sand Muscheltegel 
Sand 6b m Kalksandsteine Tegel Fester sandiger Steinmergel|l5 m Sand 
8 m äußerst fossil- 5 m fossilreicher Mergel Sande 15 m Sande Steinmergelbank 3 m Tegel mit Sand Feste Sandsteinb 
4 m Mergel (an der 10 m schön geschich-|5 m graue sandige Schiefer- (Ortsstraße) 2 m Schieferton 20 cm fossilreicher Sand |8 m Sande 10 m Sand 


Straße) Melırrere Meter Ton- R tete typische Ton-| tone Dünne Muschelkalklage 
Austernbank mergel Mergel, hellgrau Keine Aufschliisse merke mit Pflan- Sand mit Schiefertonlagen 
2 m feiner toniger|gruner Tegel mit EIBENT AEHR zenreste führenden Grüner Schieferton mit Hy- 
Sand | 30 cm mächtiger Brauner Sand Lagen (Wasser- drobien und Lymnaeus. 
Mächtige Mergel mit ORtemnk pflanzen) Fi r { r. 
Zwischenlagen von 4 H | Irak (bei der|/75 em IV. Kalk IV. Kalk IV. Kalk IV. Kalk IV. Muschelkal 
m Mergelbänke tonig - glimmerrei- 1 m toniger Sund, SO En BEB.nder er =] Aocaue 2 m Sand 40 cm mächtiger Muschel- |Muschelkalk mit grobem|Muschelkalk äußerst fossil-]12 m Sand 
Um MEER) füh- | chem Sand IKEH BEE IUN E hellgrauer Tonmergel | m feine Sande este Sandsteinbank| kalk oolithartigem Spirorbis | reich 
rende Schicht Keine Aufschlüsse 5 m blaugraue Mer-|25 m typischer Ton- 1 m Sand 3 m Sand kalk Sand mit Tapes 
(Wasserpflanzen |5 m hellgellgraue gel mergel mit Fossil- Sandsteinbank l m grüner Tegel mit Po |7 m gelber Sand Cardium, 'Trochus 
und Blätter) 'Tonmergel 4 m Tonmergel, sehr/Grauer plattiger lagen 18 m Sande tamides mitralis Kalklage mit Putamides Potamides 
2 m Mergel fossilreich Tegelmergel mit 2 ım grüner Tegel mit Mu- 6 m Saud 
2 m Toumergel Kein Aufschluß Schieferton und san-|2 m feiner toniger | Fossilien scheln 
(feinsandig-glim- dige Schiefertonel Sand 
merig) r Sand 3m diagonal ge-|20 cm schottriger 2 »n brauner Sand Do nanonkres 
20 cn sonigen, Sapd schichteter Sand K Foniken und schotiriger tionären Sandsteinbänken 
a FR i g Banı (Ort Grö- 2 m Schiefertone und san- III. Euk mitKalk-| III. Oolith. Fora-| III. Oolith. Kalk Ur: Müelifigen Oolith- III. 00l. Foran 
8 m heller Schotter 1 m schottrige Sand-1 m Wechsel von ing) dige ‚Schiefertone mil BundBlein £ miniferenkalk (4 m Foraminiferenkalk) m. Sn I | kalk 
m. haselnußgroßen schicht tonigen u. schot- ‚Fossilien (unterhalb Kirche) |Feste Kalksandsteine] Cardien (oraminiferenkalk) 
Geröllen trigem Sand Dünne Schotterlage Sandiger Schieferton/Grüne schiefrige Sande 
2 8m fossilführende Sand- [15 m Sand 8 m Sand Muscheltegel 10 m Sand 
steinbänke Schieferton mit Mu-|Schmale Muschelkalklage 
scheln Gıüner Sand mit Pota- 
2 m feiner gelber Sand mides und Tapes 
10 m feine Sande II. Kalk Harte Sandsteinbank II. 00l. Foram! 
(in Lesestücken) Grüner Tegel kalk mit Kalksa 
25 m grüner Tegel 
2 Untersarmatischer grünerj| mit konkret. Sand- 
Untersarmatische Tegel (im Bachbett sicht-|| stein | 
fossilreiche Tegel bar) ' 
50 cm I. Kalk mit 
Foraminiferen- 
lagen 
‘ 
Profile der mittelsarmatischen Schichten Profile der obersarmatis 
| 
Ix x xl xu xu xIv xV | vı vir Sal ; et “ 
Hopfenberg N Rosenberg W Gießelsdorf N Plesch N Auenberg Sandberg Waldsberg Schirrenkogl W Scheminberg S Graben W der Schemin- | Graben NW der Schemin- Graben von K. 360 
apelle kapelle nach NO 
Pontischer Fluß- Basalt mit geringmächtiger Unterlage Obersarmatische Basalt uud pliocäne Basaltdecke d. Hochstraden Eisenschüssige Sande mit 
schotter von pontischem Schotter Sande Lehme Konkretionen 
4 m brauner Sand 2 m grüner Sand 
1 m grünlicher Schieferton 20 cm grüner Schieferton 
Mehrere Meter feine) 4 m Sand und Behalten g rn n A 
Sande 2 m feingeschichtete Sande 30 cm grüner Tegel . Kalk aus Bivalven und]25 m Sand P R 
3m tonie ungeschichtete Sande Gastropodensteinkernen I Kalk Dr Sardien, 
4 m feiner Sand Mächtige tonige |s.nde 20m mächtige tonige\25 m tonige Sande) mit Oolithlagen 6 m Sand Ach en Mi 
1 m kleiner Schotter Sunde Panes Sande mit geringenLagen Kalksandstein Grauer Schieferton 4 m schottriger Sand mä era dstei in 
2 m grünlicher Schieferton m. tonigem von Schieferton u. 20 m Sand 75 cm toniger Sand B5 1 » feiner glimmriger Sand |" Et ne ELALEIOHEHN 10, 
Sand Tege) 20 cm feste Tegellage 30 cm sandiger Schieferton Bräunliche sandigeSchiefer- 0 litiseh  Kalkı 4 
2 m Schieferton mit tonigem Sand 1 m Schieferton 1 m Potamides-reicher, Sandlagen tonlage m. Pflanzenresten 50 Sand iR M 6 j 
wechselnd & m hellgraue ge- graublauer sand. Tegel |1'20 m grauer sandiger 1 m grünlich sand. Schiefer Br and! ‚IE SENOLEN PA! 
1 m toniger Sand bänderte Mergel 50 em Muschelsand Schieferton ton g BER ä it Di 1 q 
2 m Sande mit festen Kalkmergel- 2 m grauer toniger Grünlicher Schieferton 3 m Sande. Schiefr, Sande scl u NEON 5 4 
bänken Sand 1 m sandiger Schieferton 39 BRACH ar Scıhlaterto 5 A 
3 m feine bröcklige Sande 3 m graue schön ge- | 3 m tiefgrüner Tegel BE Eier erton IE 
mächt. schön] 6 m schöngebünderte Tonmergel mit |I0 m Tonmergel [20 m müchtige Ton-|5 » gebänd. heller] bänd. Tonmergel 1m grüner züher Schiefer- 3 n 
gebänd. Ton- wenig mächtigen Sandlagen Kalkhaltige Sand- | mergel mit grau.) Mergel Graugrüne fette Mer- gan 
mergel 2 m grüner Tegelmergel steinbank m. Foss.| grünen Schiefer-|15 » hellgraue plat-) gel 30 cm schottriger Saud 
8 m schöngebänderte Tonmergel Sandiger Schieferton] tonen tige Mergel und a: Sa 
feste Stein- | 2 m sehr fossilreiche hellgraue Ton- mit Blattresten Tonmergel ? lm Bandı er Schieferton 
1 Schieferton fossil- ||0 m Tonmergel & f 
40 m mergelbank En ae Sand each 40 cm graublauer zäher 
grüner Keine Aufschlüsse letter schiefriger |10 m kein Aufschluß ‚un ALRTETIEREH IN 
Schieferton | 1 m sandiger Mergel mit braunen Sand- Tegel 
mit Sand- lagen wechsellagernd = n > 
lagen 2 m fetter, tegeliger Schie/erton mit IV. Kalk : IV. Oolithischer Spirortis- IV. Kalk. Muscheln- und| IV. Kalk IV 
Pflauzenresten (Schilfresten) Muschelkalk mit grobem,| Muschelkalk 75 cm Gaustropodenreicher Kalk|1 m Spirorbis-Kalk Gri 
2 m toniger Sand oolithähnlichemSpirorbis-|]15 cm Muschelsand . Grob, oolithartig (Grober Oolitlı m. Muscheln) C 
10 m toniger Sand | 3 m diagonalgeschichteter Sand 15 »m Sande Tonige Sande 6m glimmrige schön-|6 m Sande mit Dia- 10 »» fossilleerer hellgrauer | kalk 10 cm Sand mit Potamides 6 m Sand 5 8 m toniger Sand 3 ini 
m. Quarzschotter | 2 m Schotter mit haselnußgroßen Ge- |Jandige Schiefertou geschichteteSande] gonalschichtung Sand mit einer Mergel-| 2 m grauer Schiefeıton [50 cm grauer Schieferton) S 
lagen röllen Lage von grauem lage | mit 3 Cardienlagen 30 | 
2 m Schotter mit Tegeleinschlüssen Schieferton 2 m schiefrige Sande 30 cm grüner Schieferton S 
1 m grünlicher Sand 10 m grünlich to-|Sande m. schottrigen|3 m brauner sand, Schiefer- 60 cm toniger Sand In 
1 m toniger Sand niger Sand Schichten ton mit Wurzelhorizont S 
3 m Sand l m brauner Sand 3m grüner mergel.Schiefer 
15 m Sand ton mit Schilfpflanzen u. al 
Süßwassermollusken III. Kalk Sande III. Kalk III. Kalk. Oolith 1 m 
Sandiger Schieferton Reiner Oolith R Reiner oolithischer Fora-|3 m Tapes-führender Sand 
Sand und Schotter Sand II. Kalk. Oolith. Fora-| miniferenkalk 
1 m sandiger Schieferton miniferenkalk Kulkmergel 
Mächtige Kalkmergel 8 m Sand m. grünem Tegel 
2 m fonige Au 
6 m Sande und Tone E 
I. ‚Kalk N n 2 m Tegel mit Fossilien u. Kalk. Reiner Foram.- 
i im!U: 1 | Wenig mächtiger oolitb. Grauer Mergel mit Stein-), „Oolitk 1:20 m 
10 m untersarmatische grüne Tegel Untersarmatische |Untersarm. Tegel im Untersarmat. Tegel Untersarmat. Tege Foraminiferenkalk en g 2 4m fossilreiche Schiefer- 
Tegel u. Schiefer-, Ort Plesch Oolith. Kalksandstein Sand mit Potamidıs-La tone und sand. Schiefer- 
1s-Lage n = 
tone 4 m feiner gelber Sand tone mit Mergelbünken 
« . 1 m Mergel mit Fossilien 
30 cm Sandstein mit Fos-|., ” BENHIELRSSORRLL 
silien Cardium, Tapes, Grüner Schieferton 
Potamides 


NB. Die Mächtigkeiten und die detaillierte Gliederung entsprechen natürlich nur annähernd den wirklichen Verhältnissen und mußten an den aufschlußa’ 


Jahrbuch der k, k. Geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913 


Verlag der k. k. Geologischen Reichsinstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


E 


Profile der obersarmatischen Schichten 


Profiltabelle Taf. XX. 


Tee 


UI IV V XI XVI 
St. Anna N St. Anna N St. Anna N St. Anna N gl Su N 3V Waldra NW XIX u. XX Ra 
awW Fuhrweg ins Aigental Graben SW von K 865 Graben W von K. 365 | Graben NW vi ? ERSAnnaEE. Si N eraltan © von Graben 3 do Teufel 
ö von K. ‘ { : “ (Graben Ost des Waldıagri eufelsmüihle 
er & a et 397 | Graben NO von K, ann JE Graben O von K. 365 Langriegl Langriegl NO Stiudlwirt) aldıagrüben (Steinbach Süd) 
Basalt Basalttuff 
Sand BnC ient 
90m Schiefertone m. Sanden Congerien Tegel mit €. or-|1'50 m Bellen 
4 m gelbbrauner Bad nithopsis 2 m sandiger Schieferton 
Sand u. Schotter mit Berg- 2 m Sand mit eisenreichen 
mehlkonkretionen Lagen 
1m Sand Schiefrige 8 
Bans Aepllase Schieferton Serken San mit 
m San Sand Card. Cerith. 
1:20 m Oolith Sande Mergelb E 
ek scan anelr 2 En schiefr. Sand 
‚Ka ro- i YV. Kalk V. Kalk # : L 1 m grünlichgrauer resch. 
BOGeoKA 3 m sandiger Tegel 2 m Sand mit Schieferton |2 mı Sand mit Foss. (Verlassene Brüche) ae N ent = Merken Sande an ] mit Bi Sund. 
30 cm Oolith Steinmergel 1 m toniger Sand Muscheltegel 80m Gastr, und Bivalven-|Toniger Sand Gr x er ton [B sea al Schiefrige Sande 
6 m Kalksandsteine Tegel Fester sandiger Steinmergel]15 m Sand 24 »ı Sand m. Stei; "gel-) kulklage a dÜ Schiefer- en N Mehrere Meter feiner weißer 
15 m Sande Steinmergelbank 3 m Tegel mit Sand Feste Sandsteinbauk bäünke Se d in EEUBERD BEN SfEr Fester grüner Dans BIUREEROLISICH Band 
2 m Schieferton 20 cm fossilreicher Sand |8 m Sande 10 m Sand = Khan aut een 1 con üner Tegel |S Behiefertan an Tegel u. Schieferton, fossil- 
Dünne Muschelkalklage Grüner Tegel Grüne Tegellagen A : IlmitiefgenerTegel leer 
Sand mit Schiefertonlagen Sandiger Schieferon] mit Cerithium 2 m sandiger Schieferton|Schieferton mit Sandlagen 
Grüner Schieferton mit Hy- Bivalventegel band mit Schiefer-| ] yı grünl. Schieferton 
drobien und Lymnaeus. agen i i 
A i 23 m KURT Bier 500 u, Dot. Foraminiteren. 
= Br . N IY. Kalk IV. Muschelkalk IV. Muschelkalkbauk IV. Kalk IV. Kalk IV. Kalk IV. Kalk (Muschel-|Fester Mergel Ss hief i 
40 cm mächtiger Muschel- |Muschelkalk mit grobem|Muschelkalk äußerst fossil-]12 m Sand Schi kalk 2 Se gen Sand 
bank| kalk Onlllinrhbom Snorbs Y nee ossil- an en Schieferton 7 m brauner Sand 7 m Sand EairorPis-Muclel; 3 en Send & m grauer Bone nl Sandiger Schieferton 
3 m Sand kalk Sand mit 7. ka : Y cm grüner fest. Schiefer- 
1 m grüner Tegel mit Po |7 m gellier Sand ran Drnchus 30 cm Cerithiensand een ern e N ? II. Harte Sandsteinbank 
tamides mitralis Kalklage mit Potamides Potamides den Bald mit Sand. scheln EUCH, sandiger Schiefertou| und Kalk 
2 m grüner Tegel mit Mu- EumSand steinbänken 2 m Sand ” om hol ielriger, ge Sandiger Schieferton mit 
scheln Feste Bank 1 2 Bir Te In Bivalven 
1:5 m gelber Sand| 4 „, sandiger Schieferton Getikkiensand ak BD 
mit Cerithium anzenführender kohliger 
2 m fester fetter Tegel 
Tapes-Sand 1 m Foram, Muschelsand Bene] 
3 ir a. N 2:50 m Sand 
ora- II. Oolith. Kalk um Michtiger Oolith- II. 001. Foraminiferen-| III. Ool. Foraminiferen-| III. 001. Foramiuiferen-|[II. 001. Foramini-| III. Reiner Oolith INT. Ool. Foramini.| + ”* gelbe Mergel 2 m grauer toniger Sand 
(4m Foraminiferenkalk) m. 2), | kalk kalk 3 m kalk 3 m ferenkalk (Foram.) ferenkalk Schiefriger Sand m. eisenschüssigen Lagen 
teine Cardien (Foraminiferenkalk) Sande 8 mto.igerSand,diagonal Graugrüner Tegel mit 
srton Kine ehleltiee Sande geschichtet mit Schotter | Pflanzenresten 
uscheltege 10 m Sand 10 m Sand 15 m Sand 15 m S Tagen 
Mu- Schmale Muschelkalklage 14 Sand 2 m grüner Tegel 
Gıüner Sand mit Rota- = 1 m brauner Sand Keine Aufschlüsse 
wen en Tunes: 2 m tiefgrüner Tegel 
arte Sandsteinban II. 001. Foraminiferen- | II. Ool. Foraminiferen-| II. 0ol. Foraminifcren-| II. O0ol. Foramini- i i 
Grüner Tegel kalk mit Kalksandsteinen kalk 1 »» mit Kalksand-| kalk m. Kalksandsteinen ferenkalk Ani 1m IV. Kalk a a allen 
Steinen uudSMergeln mächtigen fossil- 2 m Kalksaud mit Tapes ae 
reichen Steinmerg. 6m feiner, toniger Sand 
mit Muschellagen 
| Lumachellbank 
A m toniger Sand 
Mergelbank 
8 m graugelber Sand mit 
h a Fossilien 
4 x alkmergel 
Profile der obersarmatischen Schichten . 
= III. Kalk. (Harnisch) er un) 
VIIL IX x 30 cm Muschelsand 
Vil A . XVII XVII XXI XXI XXIII i i XXV. 
R Graben W der Sch - | Grab W der Schi - Graben von K. R ni T; gr R . 5 toniger Sand t “ 
eminberg S = Fanelle Sremin Iren ae nn 2a N) 260 Jamm S Graben W des Stindlwirt | Waldra N (Jamm W) Östl, von Kornschober Steinbach SO Muscheln” Er Höllischgraben 
. x Verwerfung Gießelsdorf N 


ked. Hochstraden 


chieferton 

iger Sand 

ıdiger Schiefertou 
1 
‚auer 
rton 
r Schieferton 


sandiger 


\ischer Spirorfis- 
kalk 75 cn 
schelsand 

ıd mit Potamides 


R Sande 

lith 
II. Kalk. Oolith. Fora- 
miniferenkalk 

Mächtige Kalkmergel 

2 m tonige Sande 

6 m Sande und Tone 

2 m Tegel mit Fossilien 

Grauer Mergel mit Stein- 
kernen 

Sand mit Potamid»s-Lage 

4 m feiner gelber Sand 

30 cm Sandstein mit Fos- 
silien Cardium, Tapes, 
Potämides 


zer Schieferton 


ichtiger oolith. 
iferenkalk 
Iksandstein 


6 m Sand 

4 m schottriger Sand 

1» feiner glimmriger Sand 

Bräunliche sandigeSchiefer- 
tonlage m. Pflanzenresten 

1 m grünlich sand. Schiefer 
ton 

3 »m Sande. Schiefr. Sande 

1 m sandiger Schieferton 

3 m tiefgrüner Tegel 


IV. Kalk. Muscheln- und 
Gustropodenreicher Kalk 

Grob, oolithartig 

6 m Sand 

2 m grauer Schieferton 


III. Kalk 

Reiner oolithischer Fora- 
miniferenkalk 

Kulkmergel 

8 » Sand m. grünem Tegel 


II. Kalk. Reiner Foram.- 
Oolith 1:20 m 

2 m fossilreiche Schiefer- 
tone und sand. Schiefer- 
tone mit Mergelbünken 

1 m Mergel mit Fossilien 

Grüner Schieferton 


Eisenschüssige Sande mit 
Konkretionen 

2 m grüner Sand 

20 cm grüner Schieferton 


V. Kalk mit Cardien, 
Tapes und Potumides- 
Abdrücken 

Mächtige Kalksaudsteine nı. 
lließwülsten 

Oolithische Kalklage 


Mächtige Sınde mit 
Schiefertonen 

10 m Sand m. feinen 
Muscheln 


30 m Sand mit Schotter | 6 m Sund 
lagen Pflanzenführender 
3 m Sand mit Diagonal- Schieferton 
schichtung 2 mgrauer Schieler- 
30 cm sandiger Schieferton ton 


2 m toniger Sand 
3 m blauer Tegel 


mit Pflanzenresten 

1m grüner zäher Schiefer- 
ton 

30 cm schottriger Sand 

1 m toniger Sand 

1 m sandiger Schieferton 

40 cm graublauer züher| 
Tegel mit Potamides, Car- 
dien ’ 
IV. Kalk 

Grüner Tegel mit 
Ceritbien 

1 m brauner Cerith.- 
Sınd 

30 cm Biv.-Gastrop.- 
Schicht 

1 m grauer toniger 
Sand 


IV. Kalk 

1 m Spirorbis-Kalk 

(Grober Oolitlı m. Muscheln)) 

8 m toniger Sand 

50 cm grauer Schieferton 
mit 3 Cardienlagen 

30 cm grüner Schieferton 

60 em toniger Sand 


III. Kalk. Oolith 1 m 
3 m Tapes-führender Sand 


Mächtige Sande m. Schiefer- 
tonlagen 

Grauer Schieferton m. Biv. 
und Gastropoden 

1 m diagonal geschichteter 
eisenschüssiger Sand 

30 cm grüner Bivalventegel 


IV. Kalk (Bivalven und 
Gastropoden) 

Sehr fossilreicher Sand 

Tonige Sande 


Mächtige Sande 


4 m eisenschüssige Sande 
diagonal geschichtet 


Schiefrige Sınde 


Keine Aufschlüsse 


IV. Kalk 
Fotamides-Schicht 

5 m tonige Sande 
Kalklage 

2 m sandiger Schieferton 
mit Tlossilien, graugrün 


III. 001. Foraminiferen- 
kalk 

8 m feiner grauer Sand 

3 m Schieferton mit Foss. 


natürlich nur annähernd den wirklichen Verhältnissen und mußten an den aufschlußarmen Partien schematisch dargestellt werden. 


Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913 


rlag der k. k. Geologischen Reichsunstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


Sandiger Schieferton 
8 m fossilleerer Sand 


1 »» grüner Schieferton 


IV. Kalk 

10 m Oolith. Sand m Kalk- 
lagen 

3 m grüner Sand mit Biv. 

1 m fetter grüner Tegel 

20 cm fossilführ. Schieferton 

Kulkmergel 

4 m toniger Sand mit 
Muschellagen 

3 m grüner Schieferton 


III. 00l. 
kalk 


Foraminiferen 


IV. Kalk 

Bivalven-Cerith. Sandstein 

il m grüner Mergel mit 
Fossilien 

2 m grangrliner Tegel 

Blauer Tegel mit Modiola 
Letochae 

15 m Sand 

1 m grauer Tegel 

1 m Cerithium-Tegel 

Cerithium u. Bivalventegel 


Grünlicher fossilleerer Sand 
Tapes-Schicht 

4 m toniger Sand mit Ce- 
rithien 

1 m fossilreiche Kalksand- 
steinbank 


2 m grüner plast. Tegel 


IV. Kalk mit Kalkmerge) 
Grünlicher Schieferton 


Untersarm. 


Basalt des Hochstraden 

10 m keine Aufschlüsse 

Sand 

lm sandiger Schieferton 
und Mergel 

1 m Sand 

Fester blaugrauer Mergel 
mit Fossilien (Rutsch- 
flächen) 

2 m toniger Sand 

2 m glimmerarmer Mergel 

10 m Mergel, hellgrau 

Grünlicher Mergel 


Kalkbank mit Card, plie.| 
obsol. etc. 

Foraminiferenkalk | 

7 m Sand mit Sandstein- 
bänken 

2 m gelbgrauer Schieferton 

1:50 m Sand 

Feste Sandsteinbank 

4 m Sand mit Schieferton 
im Hangenden (mit Kon- 
kretionen und Mergel- 
brocken) 

2 m grünlich sand. Schiefer- 

ton 

m hellgrauer Mergel 

1 m fester splittriger Kalk- 
mergelsand 

2 m Mergel 

30 cm toniger Sand 

2 m grünlich. sand. Schiefer- 

ton 

m blaugrauer Tegel mit 

Mactra 

m grauer sandiger Tegel 

Potam. mitralis 

m grüner Tegel mit Car- 

dium, Syndesmia, Bucci- 

num 


6) 


4 
5 
7 


Untersarmatische Schichten 


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Eerzeisdorr ® 6 


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Tafel XXI. 


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EDEEEONGIGEDErG 
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ST OTÜCTMERDERS N: 


—=/osstuchgebirge 
Übersichtskarte des Tertiärgebiets von Mittelsteiermark. 


Mit Berücksichtigung der publizierten geologischen Aufnahmen von V. Hilber, K. v. Terzaghi, H. Leitmeier, K. Fabian und jener der k. ung. Geologischen Reichsanstalt nach eigenen 


zusammengestellt von A. Winkler. 


Maßstab: 1:200.000. 
— III GH CORE EFF ER ——— 


\quivalente Schichten 


Leithakalke der 
der 2. Mediternnstufv 


2, Mediterranstufe. 


Rasalt und 
Busalttuf. 


Grunder Schichten 


Grunder Schichten 
Conglomeratfneieos) 


Süßwasserschichten 
(Plorianer Tegel) 


! Voraminiferenmergel- E 
von Eibiswald ete. 


gruppe 


Basıle marine 
Mergel. 


Paläo- und 
Mesozoicum. 


—_ 


ar 


Streichen 
und Fallen. 


Druchytandesit von 


Störungen. 
Gleichenberg. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofakygasse 23. 


(0) 
Auraszombarh 


Aufnahmen und Begehungen 


GNSmözaTorg N 
o90 o009,°% 
oooo0o090o 


Obzrsarmatische Pontische 
Schichten, Schichten. 


Tiefere sarmat! 
Schichten, 


A. Winkler: Einige Profile durch die mittelsteirische Tertiärbucht. Tafel XXI. 


Gleichenbg. Kogl 
Möcher Massir Hochsiraden 
Gleichenbg, 
1] 


adkersburg M 
em $ ur 


Al Mreutz r Se pers B: 
Ob. St Kımıi nn; Fuer 
g Say) Muriel 9383 OT Pppend. N 
AdO 


N Sp x RER ER ihn H er nl NO 


77 


“Stein ba 
Ober- 217 ; le Sulm. ... Weilendf 
R 6 - 


6 6 
DE ESF 
10 
NNW 


Profil 3 


SL Urbanı Äre uzbg : Burgstall 
594 +467 633 o 460 


Pöossnifz 


EEE ENE DE ES 7, euhantce = 
3 TRITT I se : 
3 
NW 


Bachkogel 2 
55 Mellach Meilerhof Berschencck 
+ 633 9423 416 % 389 & 501 

2399 Jassırkk fer 


Remschrigg Kreualg. 
(Montehügel) 
a  Possnitz 
4b 


Sförung Muveck -hilden Dobl Flevur von 
Disk. im beithakalk Fernitz 
"ca oO DD tr ..——— 1 T Se DIZZZZZIZEEEQ See‘ 
N. = SS 5 5 BE aA) be ei Bi |__| 
1 3 3b 4 4b 5 6 9 10 1 12 13 
Zeichenerklärung: 

1. Paläo- und "Mesozoicum. 32. Tuffe in leizt«rer. 5. Leithakalk. : 3. Ober-sarmatische Schichten. 11. Basalttufl. 
2. Basale marine Mergel. 4. Grunder Schichten (Florianer Tegel). 6. Aquivalente Schichten der 2. Mediterranstufe, 9, Pontische Stufe. 12. Basalt. 
3. Foraminiferenmergelgrnppe. 4b. Grunder Conglomerat. 7. Tiefere sarmatische Schichten. 19. Trachyt u. Andesit von Gleichenberg. 13. Diluviam und Alluvium, 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. 


| 


Gliederung der Miocänablagerungen in dem Becken von St. Florian (Sausalbucht), in den Windischen Büheln und in Oststeiermark. 


(Profiltabelle T.) 


Possruk Windische Bühel I Saasalgebiet nr __ __  Gleichenberg Hartberg 
Remschnigg, | Arnfels Leutschach, 0 I | Nördl. Sausalbucht, | Wildon Ost, Südwestliches Gleichen-| Nordöstliches Gleichen- Allgemeine 
Radelgebirge | und St. Georgen, Ober- A me Ehrenhausen Gamlitz a St. Florian, Oisnitz bis St. Georgen a. d. berger Eruptivgebiet, | berger Eruptivgebiet, Hartberg Gliederung 
(Possrukkaınm) Umgebung Kunigund u. Umgebung p ; a NIE Wildon | Stief. Straden, Klöch, Tischen Gnas, St. Anna 
2 Bee, Ar a 
Obersarmatische E 
15 Er: = Kalke, Sande u. Tegel Obersarmatische Oberes 
=* = 2 = pr } Ey mit ©. Jamm. Mactren ‚Kalke, Sande Erz Sarmatien 
AR über Grundgebirge 
S Schi Tegel, Sande und Tegel. Sande. Schi 
Er armat. Schichten, Schiefertone, Mergel egel, Sande, chiefer- Unteres undemittlares 
a = = = _ — _ Tegel, Mergel u. Sande mit €. Barb. Syndesmia, IO28, Mergel ‚mit C. _ Sarmation 
mit Cardium etc. Dirhiien air. Barboti, Ervilien etc. 
Leithakalke 
Zum Teil Leithakalkdecken von | Leithakalke und äqui- Leithakalke im Grubtal Leithakalke von Wildon gegen Leithakalke des Nulliporen- u.Korallen- Nulliporenblöcke 
= — (Leithakalkdecke am | St. Egydi—Spielfeld, | valente Sedimente bei und im Sausalgebiet zum 300 m mächtig. Aframer Zuges und | kalke, Serpulamergel | in den Tuffen von _ Tortonien 
Steinberg) Platsch u. Steinberg Ehrenhausen Gamlitz Süd Teil Cinamonumsandstein\ | Ampisteginen-Mergel im Aigenbachtal Feldbach 
Oberer Sand 
Marine Konglomerate, 
j IR: F mächtig, 
Konglomerat von launa, nA ee £ Geringmächtige Marine Konglomerate | G,mlitz Süd mit Blockschutt. Sandige Florianer Pölser Mergel RR ScHeht 
marinem Habitus Grunder Konglo- Mächtige, Mmarıne | marine Konglomerate a ale) | Konglomerate, Tegel mit Schotter |Fossilreiche Florianer Obertags a Bi De nn 5 Oberes 
auf Grundgebirge OD Bun Ostrea, Konglomerate mit | im Liegenden der Kalke. Berakos a marin | Labitsch- und Tegel. unsichtbar ın nee Lenler ; 7 Helvetien 
| ? Radikonglomerat Turritella und Blockschutt Lokal mit Blöcken | Blockschutt am Otter- | Grunder Sande Nor | ononosigpn Oisnitzer Tegel | irbergs 
Blockschutt BELE Kohle führende | Gamlitz 
Tegel 
Pflanzenführende F nit |  Foraminiferenmergel Unterer Sand von 
Mergel und Sande oraminiferenmerge- | Toraminiferenmergel | zwischen Ehrenhausen Erbohrte Tegel Hasreit? Tegel von Lannach ? . 
= | von Arnfels im | Suppe ın fossilarmer | typisch mit Austern- und Retznei. im Liegenden der Kohle ? Erbohrte mächtige | Obertags meist nicht A Veen 2 ? -- u 
Liegenden des Ausbildung | bänken | Foraminiferenmergel Obertags unsichtbar. Schichten von Schwan- sichtbar unsienWnar aaendere rent 
Konglomerats (sandige Mergel) | von Ewitsch berg etc. 
Basale marine Mergel 
5 $ mit Tuff- und Sand- ? ar ee ® = = = _ — Burdigalien 
steinbänken. 
(Seeigel) (Obertags unsichtbar) 


Darstellung der bisherigen Gliederungen des mittelsteirischen Miocäns. 


(Profiltabelle II.) 


R. Hörnes, 
Bau u. Bild der Ebenen 


Hilber') 


Stur 1871 


1) Prof. Hilber hält seine frühere Meinung, daß die kohleführenden Ablagerungen dem Burdigalien (= erste Mediterranstufe) entsprechen, im Jahre 1908 nicht im 


vollen Umfang aufrecht. 


am Possrukrand 


1903 ee 1893 und 1908 Autor 1913 a 
iederung 
Mittelsteiermark Mittelsteiermark Sausalgebirg etc. Windische Bühel 
Sarmatische Ablage- Obersarmatische 
rung von Fernitz, S Ablagerungen. 
St. Geogen, Kirch- ng Von) Mittelsarmatische 
bach, Gleichenberg Sarmatien Wie bei Hörnes Gleichenberg und — N Sarmatien 
- Re Hartbe j 
Hartberg, Arnwiesen, ’S Untersarmatische 
Graz Ablagerungen. 
Leithakalke des 
Bausalgebirges, von ° 
Wildon, Aflenz, Ehren- Leithakalke des Sausal. | Leithakalke des \ . 
hausen, Gleichenberg Mortogien Obere Sande u. Schotter Sausal, Wildon, | Leithakalke am Leithakalke, Morlont 
Dan ortonien 
A, bei Wildon, Eihzankausen; Eihrenhausen etc. Platsch. OnererSand@sumeneil 
Wed Gamlitz, St. Egydi Leithaschotter 
Cinamonumsandstein 
Pölser Mergel, Florianer 
Genndersfschichten Oberer Sand Oberer Sand Tegel und Sande, Gam- or Be 
von St. Florian, litzer Sande und Kong]. ar RE ae 
Pölser Mergel, Ois- Kongl. mit Schuttbild. ee 
nitzer Sand, Gam- Florianer Tegel, Florianer Tegel, von Arnfels, St. Egydi, 
liter Sand, Kohle Helveti Pölser Mergel, | Flöz des Labitsch- An Radlkonglomerat? N 
führende Ablagerung 6 8 en k Gamlitzer Sand, berges, Foraminiferenmergel, | F oraminiferenmergel- 
des Labitschberges, unterste Mittelsteir. Schlier | Unterer Sand von Unterer Sand gruppe, marine Mergel 
Köflach, Eibiswald, —= Foram.-Mergel Hasreit von Leutschach, Eibis- 
Wies etc. walder und Wiesersch. Unteres Helvetien 
Honor dessen 5 : 
Bee Di Tignite [= Sehichten von [= Schichten von Schichten = Unterarund 
OU EEZILLEN St. Florian] St. Florian] der Florianer Bucht 
(Schwanberg) 
Kohleführende Ablage- 
rungen von Köflach, 
Eibiswald, Wies, Se Fr Basal ineM f 
Fehlt Burdigalien Labitschberg b. Gamlitz, asale marine Mergel am Burdigalien 
ä 3 Possrukrande 
Rein, Mantscha, Nieder- 
Schöckl, Weiz, Pinka- 
feld etc. Schichten von Eibiswald und Sotzka 


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Inhalt. 


3. Heft, 
Das Eruptivgebiet von Gleichenberg in Oststeiermark. I. Der Werdegang 
der geologischen Forschung im Eruptivgebiet. II. Der geologische Bau 
der im Maßstabe 1:25.000 aufgenommenen südlichen Region in der 
Umgebung von St. Anna, Hochstraden und Klöch. Von A, Winkler. 
Mit einer geologischen Karte 1:25 000 (Taf, XV), drei Profiltafeln 
(Taf. XVI—XVIII), einer Lichtdrucktafel (Taf. XIX), einer Profil- 
tabelle (Taf. XX);und'.19 Textiguren 43... 7.2 EN 403 
Untersuchungen zur Geologie und Paläontologie des steirischen Tertiärs. 
Studie über Verbreitung und Tektonik des Miocäns von Mittelsteier- 
mark. Von A. Winkler. Mit zwei Tafeln (Nr. XXI und XXIJ), zwei 
Übersichtstabellen (I und II) und 7 Textfiguren ..... 22... 503 


NB. Die Autoren allein sind für den Inhalt und die Form 
| ihrer Aufsätze verantwortlich. 


Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III. Steingasse 25. 


nn ne man em nee Aut ae me. 


Ausgegeben Ende April 1914. 


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‚DER 


© 2. RAISERLICH-KÖNIGLICHEN 


GEILDEISCHEN REIEHSANSTA 


76 . 
- FIRIEVS N NNTAD: 


© JAHRGANG 1913. LXUL BAND. 


4. Heft. 


| Wien, 1914. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. 


Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Böfbpebbaudiung 
Bier R $ I. Graben 81. - 


I 


Geologisch-paläontologische Beobachtungen 
aus der Gegend von Drvar, Peci und Duler in 
Westbosnien. 


Von Franz Toula. 
Mit drei Tafeln (Nr. XXIII [IJ—XXV [III]) und 25 Textillustrationen. 


Einer meiner früheren Zuhörer, Herr Ingenieurschüler Milosch 
Skakic aus Pe£i (letzte Post AreZin Brijeg in Westbosnien), brachte 
mir am Beginne des Studienjahres 1911/12 eine größere Anzahl von 
Fossilien des Muschelkalkes (Han Bulog-Fauna) aus der Gegend von 
Peci und Tiskovac, zwei größeren Dörfern, das erstere an dem SO-, 
das letztere am Westhange der Ilica-Planina.. Da mir über ein Vor- 
kommen dieser Fauna an den beiden Fundstätten aus der Literatur 
nichts bekannt geworden war und da die Fundstücke zum größeren 
Teil sehr wohlerhalten sind, nahm ich mir vor, nachdem ich die kleine 
Fauna durchgearbeitet hatte, den Fundstätten einen Besuch abzustatten. 

Da ich über den Verlauf meiner kleinen Reise in den Mit- 
teilungen der k. k. geographischen Gesellschaft berichtet habe 
(Mitteilungen 1913, pag. 15—38), kann ich mich hier darüber sehr 
kurz fassen. Von Knin in Dalmatien fuhr ich auf der „Steinbeisbahn“ 
zunächst nach Drvar am Unac und von dort auf der neuen Straße 
über das Kalkgebirge von Kamenica und Korito (Straäbenica) 
nach Resanovace und von da durch das Grahovo Polje nach 
Pe&i, wo ich mehrtägigen Aufenthalt nahm. Auf der von AreZin Brijeg 
nach Grab und Strmica führenden neuen Straße erreichte ich die 
„Steinbeisbahn“ wieder und besuchte am Rückwege nach Drvar die 
Fundstelle bei Duler südöstlich von Tiskovaec. 

Der Verlauf der Reise war, dank der Empfehlung, welche mir 
Geheimrat Otto Steinbeis an die Herren der Bosnischen Holzindustrie- 
Aktiengesellschaft mitgegeben hatte, ein in jeder Beziehung ange- 
nehmer. In Pedi erfreute ich mich der Gastfreundschaft des Vaters 
meines Schülers, des Herrn Pfarrers Nikola Skakic, der zum Teil 
auch die erfolgreiche Führerrolle zu den Fundstätten auf der Strecke 
Pedi—KnezeviG übernahm. 

Der liebenswürdigen Begleitung durch Herrn Ludwig Nikel, 
Offizial im k. k. militärgeographischen Institut, der sich früher schon 
gelegentlich an meinen Studienexkursionen beteiligt hatte, verdanke 
ich außer der stets bereitwilligen Mitarbeit beim Sammeln viele 
photographische Aufnahmen, welche das Nachfolgende zu illustrieren 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 81 


622 Franz Toula. [2] 


Fir. 1. 


Fig. 1. Westseite der Ilica-Planinamit dem Ilica-Sattel. (Zljebina-Schlucht.) 
Vom Abstiege nach Peäi. 


ig. 2. An Fig. 1 anschließend. Links der Sattel. Rechts der Steilhang gegen Pe£i, 
in konkordanter, gegen den Berg (gegen SO) einfallender Schichtung. 


[3] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 623 


Fig. 3. 


Fig. 3. Nordseite der das Becken von Peci begrenzenden Berge. 
Gegen rechts im Talgrunde große dolomitische Mure. 


BER 


Fig. 4. Fortsetzung des Nordrandes des Beckens gegen das Grahovo poJje. 
81* 


694 Franz Toula. [4] 


erlauben. Wenn der Erfolg meiner Reise ein recht bescheidener ist, 
so liegt der Hauptgrund, von ab und zu eingetretenen Störungen 
abgesehen, darin, daß ich nicht um wenigstens zehn Jahre jünger war. 


Über das Gebiet, welches ich kennen zu lernen Gelegenheit 
hatte, wird in den Grundlinien der Geologie von Bosnien-Hercegovina 
(Wien 1880) nur recht wenig angeführt. Es war Prof. Pilar, der 
hier Begehungen ausführte, auf der Wegstrecke von Grahovo (Arezin 
Brijeg) über Drvar nach Petrovac (l. c. pag. 69—70), wobei er auch 
an Peci vorüberkam. 

Bei Grahovo werden Wengener Schichten (Melaphyrtuffe), bei 
Pecenci Werfener Schichten mit charakteristischen Fossilien angeführt. 
Auf dem Wege von „Rastello di Grab“ (an der Grenze von Bosnien 
und Dalmatien) fand Pilar „weiße, rotgefleckte Kalke in Wechsel- 
lagerung mit den bekannten Gesteinsarten der Werfener Schichten“. 

Bei Pe&i werden die Werfener Schichten (Mojsisovics nach 
Pilar l. ec. pag. 70) zunächst von schwarzen plattigen Kalken mit 
Wülsten auf den Schichtflächen überlagert und diesen folgen rote, 
marmorartige Kalke mit Durchschnitten von Arcesten (l. c. pag. 28). 
Mojsisovics spricht die Meinung aus, daß das jetzt nicht auffind- 
bare Original von Ptychites Studeri Hauer aus diesen Kalken stammen 
könnte (l. c. pag. 28). 

Knollenkalke, mit Schichten von Pietra verde wechsellagernd, 
bezeichnen nach Mojsisovics „den Horizont der Buchensteiner 
Schichten“. Pilar traf sie nördlich von Peci, wo dann auch die 
Wengener Schichten (l. ec. pag. 70) sich zeigten. Von Drvar wird 
gesagt, daß es auf weißen neogenen Kalkmergeln liege, „welche eine 
Weitung des Unac-Tales ausfüllen“. Prof. Neumayr bestimmte aus 
diesen Mergeln Congeria cf. triangularis und Melanopsis filifera n. f. 
In einem Graben westlich von Drvar seien Auspisse von Braunkohlen 
bekannt. Auf der Route von Drvar über den Crljevica-Paß nach 
Petrovac werden zunächst dem Unac gelbe „Jurakalke“ mit Ostreen 
angeführt; splittrige graue Kreidekalke mit zahlreichen Rudisten- 
durchschnitten folgen darüber. Unter jenem gelben Jurakalke treten 
in dieser Gegend Triasdolomite und dolomitische Kalke auf. 

E. Kittl hat im Jahre 1398 im August und September, aus 
Nordwesten kommend, Drvar und Pedi berührt, um bei Grahovo 
(AreZin Brijeg) Untersuchungen auszuführen. (Anz. Wiener Ak., 
19. Jänner 1899, pag. 15.) Er ging dann nach Glamoc, wo er die 
tieferen und höheren Horizonte der Trias und auch die cephalopoden- 
führenden Horizonte aufgeschlossen fand. Die weitere Reise bis an 
die Narenta und durch Bosnien (Jaice, Banjaluka zurück) fällt weit 
außerhalb des kleinen mir bekanntgewordenen Gebietes. Leider ent- 
hält der kurze Bericht nichts über dieses letztere außer der Angabe, 
daB die Ravna Crljevica nördlich von Drvar vorherrschend aus 
kretazischen Gesteinen bestehe, was mit meiner gelegentlichen Be- 
merkung in Übereinstimmung steht. Wir durften eine Fülle von neuen 
Tatsachen erwarten, wenn der nimmermüde Autor erst einen ausführ- 
lichen Bericht über seine weitausgreifende Reise hätte erstatten 


5 Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 625 
] g 


können, und wohl auch über Pedi, das er über den „Cremusnjak, 
einen Ausläufer der Ilica-Planina“, erreichte, auf welchem Wege er 
die nördliche Fortsetzung der Ammoniten - Daonellenzone von Pe£i 
angetroffen haben könnte. Leider wurde diese Erwartung durch den 
viel zu frühzeitigen Tod Kittls (1. Mai 1913) zu nichte. 

In seiner großen Arbeit über die Geologie der Umgebung von 
Sarajevo (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1903, LI) finden sich Mit- 
teilungen über Begehungen in der Gegend von AreZin Brijeg (Grahovo) 
und Peienei; pag. 546 heißt es: „Die Buloger Kalke fehlen bei 
Grahovo nicht.“ Aus der Nähe dieses Ortes dürfte Fr. v. Hauers 
Original zu seinem Piychites Studeri stammen, was schon v. Moj- 


Hauptfundort im grauen und roten Ammonitenkalk auf der Terrasse südlich 
von Pedi. 


sisovics vermutete. Pag. 548 wird erwähnt, daß bei Grahovo Wen- 
gener Schichten vorkommen, welche eingeschaltete grüne Schiefer 
mit Daonella Lommeli aufweisen. — 

Peci, das Ziel meiner Reise, liegt in etwa 850—900 m Höhe 
am Grunde eines schönen Sammeltrichters (man vgl. Fig. 1—4 und 
Fig. 5), dessen steile Hänge sich zur Ilica-Planina mit Höhen von 
1470, 1473 und 1522 m hinaufziehen. Gegen Nord wird er von einer 
niederen Vorhöhe (Kote 1010) des Bojnovac begrenzt, gegen Süd durch 
Vorhöhen des Gozd vrh; gegen Ost öffnet sich der Trichter gegen das 
weite Grahovo Polje (300 m im S und 769 m im N). Die von den Höhen 
aus Gräben abfließenden Wässer fließen zur Struga rieka, welche von 
S nach N das Polje durchzieht und dann unterirdisch abfließt. Zeit- 
weilig bringen sie, und besonders der nördlichste der Gräben, große 
Mengen meist feineren dolomitischen Schutt in das Trichterbecken, 
welche das Material liefern für eine kleine Zementdachziegelindustrie. 
Ein besonders tiefer Graben, die Zljebina-Schlucht, führt zu einem 


626 Franz Toula. [6] 


Abbruchrande der südlichen Ilica, der Kovaöevina. Hoch oben sollen 
ähnliche rote Gesteine auftreten wie südlich von Pe£i. 

Die Kovatevina zeigt von der Höhe bis in den Talgrund deut- 
liche Schichtung (Fig. 2), sie erscheint wie rastriert: unten stehen 
lockere, offenbar dolomitische Gesteine an, während oben feste Bänke 
anstehen dürften. Der ganze Komplex scheint flach gegen W, also 
widersinnig einzufallen. Wie gern ich die Zljebina-Schlucht bis über 
die Einsattlung und hinüber nach West gegen Duler-Tiskovac ver- 
folgt hätte, brauche ich nicht zu versichern. Besonders die Angabe 
des Vorkommens so hochgelegener roter Schichten reizte mich sehr. 
Hoffentlich findet sich recht bald ein Nachfolger, der das Profil 
studiert. 


Die Zljebina-Einsattlung dürfte einer W—O verlaufenden Ver- 
werfung mit gesunkener südlicher Schollenmasse entsprechen. 


1. Helle Kalke mit roten Nestern. — 2. Helle Kalke mit vielen Ptychiten. — 

3. Rote mergelige Schichten mit Ptychiten. — 4. Graue Ptychitenkalke mit Horn- 

steinen (vielleicht schon den Wengener Schichten angehörend). — 5. Wengener 
Schichten mit Daonellen. — 6. „Pietra verde*. 


Auf der höheren Stufe helle Kalke mit rundlichen Einschlüssen (Gyroporellen ?). 


Der Hauptfundort der Ammoniten von Peci liegt auf einer Art 
Terrasse (Fig. 5), der gegen die Grahovo Polje Kalkhügel vorgelagert 
sind. Die terrassenartige Stufe zieht sich gegen SSO hin bis an 
den nach Trivanovdol führenden Fußweg. Bei den Mühlen von Peci 
führt der Weg hinauf. Zu unterst treten hier hellfarbige Dolomite 
auf, die O—W streichen und mit 35° nach N einfallen. Sie dürften 
einer herabgebrochenen großen Scholle angehören. Unter den festeren 
Dolomiten liegen grusige Massen, die zu löchrigen Breccien ver- 
kittet erscheinen. Auch graue Knollenkalke und dunkle Dolomite 
fanden sich als Blockwerk, das von weiter oben herstammt. 


Ansteigend trifft man zunächst auf dunkle, hornsteinführende 
Kalke, welche gegen N streichen (hora 11) und gegen West verflächen. 
Sie sind wohlgeschichtet und besitzen schiefrige Zwischenlagen. 


Etwa 8 m höher kommt man auf graue, rotfleckige Knollen- 
kalke und damit auf den ammonitenführenden Muschelkalkhorizont, 
über den sich, zwischen hellen Kalken im N und S, der Weg fort- 
zieht. Die hellen Kalke wurden sorgfältig abgesucht, ich konnte jedoch 
nichts Deutlicheres finden, nur rundliche Durchschnitte fanden sich, bei 


[7] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 627 


welchen ich an Gyroporellen dachte. Vielleicht erlaubt die mikro- 
skopische Untersuchung genauere Angaben darüber zu machen. 

An einer Stelle fanden sich schiefiige, löchrige Gesteine in zum 
Teil festen Bänken. In mein Notizbuch schrieb ich „wie gebrannt“ 
aussehend. Es war wohl das erste Vorkommen der, wie sich später 
zeigte, den Ammonitenkalken eng verbundenen Daonellen- (Wengener) 
Schichten. An einer Stelle fand ich hier nördliches Verflächen. 
Dieser Wechsel der Lagerung dürfte meine Vermutung bestätigen, 
daß man es in diesen Hängen mit vielfach gegen das Polje abge- 
brochenen Schollen zu tun habe. 

Nach Passierung der roten und grauen ammonitenführenden 
Kalke mit vielen schön ausgewitterten Ammoniten kommt man auf den 
Wengener Horizont. Echte Daonellenschichten mit an Daonella 
Lommeli nahe anschließenden Daonellen. In diesen Schichten ver- 
zeichnete ich abermals das S-Streichen und östliches Verflächen (mit 
32°), das oben Gesagte bekräftigend. 


Fig. 7. 


Die Schichtenlagerung konnte ich nicht vollkommen sicher fest- 
stellen, doch schien es mir, daß die Verhältnisse etwa so liegen 
könnten, wie die Skizze (Fig. 6) es zeigt. 

An einer Stelle fanden sich unten zuerst graue, darüber aber 
rote Ptychitenkalke, überlagert von sandigkalkigen Schiefern mit 
Daonellen. Darüber aber weiße Kalke, welche mir den fraglichen 
Gyroporellenkalken zu entsprechen schienen, und zu oberst graue 
rotfleckige Kalkbänke. 

Nun gingen wir über wiesige Hänge gegen SO bis an einen 
ee Graben, der mir als Gusto borje malo bezeichnet 
wurde. 

An einem Abbruch am linken Ufer sah ich hier (Fig. 7): 1. zu 
unterst rote Knollenkalke (wohl der ammonitenführende Horizont, 
doch wurde nichts von Ptychiten vorgefunden), darüber folgen 2. sandige 
Schichten (Pietra verde?), dann 3. eine harte Bank und darüber 4. 
ein schiefriges grünliches Gestein (wie verkieselt) mit hohlen oder 
teilweise ganz mit Quarz erfüllten Konkretionen, dann wieder 5. festere, 
mit ganz mürben mergeligschiefrigen Bänken abwechselnde Schichten, 
welche oben Schuttdecken tragen. 


628 Franz Toula. [8] 


An einer anderen Abbruchstelle fand ich über den Wengener 
Mergelschiefern mächtige, nach beiden Seiten sich in der Mäch- 
tigkeit vermindernde helle Kalke, wie eine große Kalksteinlinse im 
Wengener Horizont aussehend. 

Auf der rechten Talseite stehen die roten Ptychitenkalke an, 
wo zwei gute Stücke gesammelt werden konnten, offenbar im Liegenden 
der daonellenführenden, so hübsch und mannigfaltig gegliederten 
Schichten. 

Wieder ging es nun über mattige Hänge bis an einen zweiten 
Graben, der mir als Gusto veliko borje bezeichnet wurde. Er ist in 
dieselben Schichten eingerissen. Die „Milova vodica*, ein Wildbach- 
graben, zeigt weit oben eine plattige Sohle, die wie gepflastert aussieht, 
weil eine ausgedehnte, ganz flach lagernde feste Bank der oberen 
Wengener Schichten herausgewaschen wurde, die durch viele auf die 
knollige Oberfläche normal stehende, sich verschiedenartig aneinander- 
schließende Klüfte zerstückt ist. Unterhalb verengt sich dann der 
Graben. Beide Wässer sind Quellbäche der Struga. 

Am Rückwege nach Pe@i, am Rande des Grahovo Polje war es, 
wo ich in den Mauerumfassungen der Felder des Dorfes plattige 
Mergel_mit vielen verdrückten, aber deutlichen Schalen von Naticella 
costata auffand, also den oberen Horizont der Werfener 
Schiefer (Campiler Schichten). Der Pope Skakic wies mir darauf- 
hin die Fundstelle, die ich denn auch bald aufsuchte. 

Sie liegt auf der rechten Seite nahe der Ausmündung des 
kleinen Trichterbeckens von Pe£i in das Grahovo Polje, oberhalb des 
zum Mühlbache gesammelten Hauptbaches. Das Gehänge ist hier steil 
und besteht aus unter 20° widersinnig gegen Süden einfallenden 
Schichten, welche nach hora 4 streichen. Es sind wohlgeschichtete, 
etwas verrutschte Mergelkalkbänke mit Mergelschieferzwischenmitteln. 
Weiter oben treten auch feste Kalkbänke mit Crinoiden (Pentacrinus), 
als Einlagerung in den Mergelkalk-Mergelschiefern auf. 

Herr Pfarrer Skakic sammelte einmal hoch oben in der Fort- 
setzung des To&ilo do VedosSica eine Platte eines festen grauen 
Kalkes, auf deren Oberfläche eine größere Anzahl von Auswitterungen 
auftreten, die an Tiroliten denken lassen, eine nähere Bestimmung 
jedoch leider nicht erlauben. Meine Versuche, aus dem Innern ein 
besseres Stück zu erhalten, hatten keinen günstigen Erfolg. (Aus dem- 
selben Graben brachte mir vor kurzem Herr M. Skakic typischen 
Werfner Schiefer mit Myophoria sp. ind. und Pleuromyen.) 

Da ich im weiteren Verlaufe auf Werfener Schichten 
nicht mehr zu sprechen komme, möchte ich an dieser Stelle ein 
Fundstück aus diesem Horizonte besprechen. 


Tirolites cassianus Quenst. — angustilobatus Kittl. 
(Vielleicht_eine neue Form.) 
Taf. XXIV (TI), Fig. 10. 


Bei Duler müssen auch die oberen Werfener Schiefer anstehen, 
denn ich erhielt dort ein wiejüberkrustet aussehendes, stark abge- 


[9] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 629 


rolltes Fossil, bei welchem es mir gelang, die im Gestein steckende 
Seite recht gut zu entblößen. Dabei zeigte sich, daß der Kern des Stückes 
aus einem sehr feinsandigen grauen, etwas feinglimmerigen Kalksand- 
tein besteht, der einen eigenartigen Tirolites umschließt. 

Durchmesser desselben 60 mm, Höhe des letzten Umganges 20 mm, 
Nabelweite 27 mm, Dicke 14 mm. 

Beim Herauspräparieren zerbrach das Stuck und ließ einen fast 
rechteckigen Querschnitt erkennen. Der letzte erhaltene Umgang, zum 
Teil der Wohnkammer angehörig, zeigt nach einer fast ganz flach 
erscheinenden Schalenpartie an der Externseite kräftig aufragende 
Dornen; am halben Umgange etwa 10 an der Zahl. An diese Dornen 
schließen sich wenig hervortretende Faltenrippen, die gegen den 
Nabelrand sich verdicken. Ob die inneren Windungen geknotet sind, 
läßt sich an meinem Stücke nicht erkennen. Die Lobenlinien stehen 
im gekammerten Teile dicht gedrängt. Sie lassen einen sehr großen, 
im kräftigen Bogen über die flachen Flanken ziehenden Sattel und 
in der Dornenspirale einen kräftigen, unten gezackten Lobus erkennen. 
Am Nabelrande steht ein zweiter Lobus, der gleichfalls gezackt sein 
dürfte. Die Externseite ist leider abgewittert. Die inneren Windungen 
sind auf der nichtpräparierten Seite zu erkennen, so daß im ganzen 
über drei Umgänge vorliegen. Die Windungszunahme ist allmählich 
und lassen sich auf den inneren Windungen Andeutungen von groben 
Falten erkennen. Am letzten Umgange erscheinen die Flanken inner- 
halb der Dornen etwas vertieft, der Zwischenraum zwischen .den 
Falten ist ohne Skulptur und nur flach muldig vertieft. 

Ich vermag keine vollkommene Übereinstimmung mit den zahl- 
reichen von E. v. Mojsisovics (Med. Trias) und E. Kittl (Muc) 
beschriebenen Formen festzustellen. Auf jeden Fall gehört mein Stück 
in die Gruppe der Spinos:. 

Beim Vergleiche mit den von Fr. v. Hauer, E. v. Moj- 
sisovies und E. Kittl beschriebenen Formen kommt außer der 
Gruppe des Tir. cassianus Quenst. auch Tir. Haueri v. Mojs. und 
seine Verwandten in Betracht. Leider liegt mir nur das eine Stück vor. 

Von Tirolites Haueri Mojs. gibt E. Kittl (Ceph. Mu& 1903, 
Abh. d. k. k. geol. R.-A. XX., Taf. IX, Fig. 8—-ı3) die Maße und 
die Abbildung eines etwa gleichgroßen Stückes (l. ce. pag. 57, Taf. IX, 
Fig. 10). Durchmesser 60°3 (60), „Höhe der Mündung“ (Höhe d. I. Umg.) 
20:6 (20), Nabelweite 25 (27), „Breite der Mündung“ (Dicke 1911 (14). 

Es ist sonach eine dickere, etwas weniger aufgerollte Form mit 
etwas abweichender Dornung, die Dornen stehen nämlich weiter von- 
einander ab. (In Klammern die Maße meines Exemplars.) 

Der fast rechteckige Querschnitt, die geringe Dicke und die 
flachen Flanken unterscheiden mein Stück und scheinen es dem 
Tirolites rectangularis Mojs. (Med. Trias, Taf. III, Fig. 5) anzunähern, 
von dem wieder die abweichende Ausbildung der Rippen unterscheidet. 

Die Form des Querschnittes würde an Tirolites cassianus Quenst., 
Tirolites Illyrieus Mojs. (Kittl, Taf. VIII, Fig. 4), Tüirolites repulsus 
Kittl (l. ec. Taf. VIII, Fig. 11) denken lassen, die beiden letzteren 
Formen mit flachen Einsenkungen auf den Flanken, wie bei meinem 
Stücke. Von Tirolites cassianus Quenst. zum T. rectangularis Mojs. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Hett. (Fr. Toula.) 82 


630 Franz Toula. [10] 


und T. repulsus Kittl scheint mir eine nähere Beziehung zu bestehen, 
es sind die flacheren Formen, während die Formen von Tirolites Haueri 
Mojs. sowie T. turgidus Mojs. stärkere Aufblähung (größere Dicke) auf- 
weisen. 

Von den beiden von Fr. v. Hauer als Amm. (Cer.) cassianus 
Quenst. bezeichneten Formen (Venet. Alpen, Denkschr. 1850) und aus 
der Gegend von Buchenstein (Sitzungsber. d. k. Ak., LII., 1865, 
Taf. II, Fig. 1 u. 2) ist nur die letztere von ähnlichem Querschnitt 
wie Quenstedts Cassianer Form (Ceph. 1849, Taf. XVII, Fig. 11). 
Die erstere dagegen, welche Mojsisovies als T. cassianus bezeich- 
nete, weicht von Quenstedts Typus durch den hohen rechteckigen 
Querschnitt weit ab. E. Kittl hat (Taf. IX, Fig. 4) eine Form mit 
ähnlichem Querschnitt gleichfalls zu T. cassianus (Quenstedt gestellt 
und eine andere Form von ähnlichem Querschnittt als 7. angusti- 
lobatus bezeichnet. Diesen beiden Formen schließt sich offenbar mein 
Stück nahe an, um so mehr, als auch bei meinem Stücke der Lateral- 
lobus genau in der Dornenspirale liegt. — 


Das nächste Ziel waren die Vorkommnisse mit Ptychiten im 
Westen von Vidovici, im „To&ilo do Vedosica*. (Fig. 9.) 

Da der Pfarrer Skakic durch dienstliche Verpflichtungen am 
ersten Nachmittage verhindert war, die Führung dahin zu übernehmen, 
betraute er einen wegkundigen Mann mit der Führerschaft, der uns 
auch sicher hingebracht hätte, wenn nicht die Kürze des Tages und 
das Unwohlsein meiner Frau unseren Plan vereitelt hätten. Wir fuhren 
auf einem Leiterwagen die Hauptstraße entlang an dem netten, die 
Berge Polarca und Borsovac bedeckenden Wäldchen vorüber, über 
den das Grahovo Polje im Süden begrenzenden verkarsteten Becken- 
riegel bis an die Ausmündung der Begovac rieka, welche wir durch 
eine Art erweiterte Kalkklamm und durch ein von nassen Wiesen 
bedecktes kleines Becken nach aufwärts verfolgten. In der Talenge 
stehen hellfarbige, etwas dolomitische Kalke an, in welchen ich keine 
Fossilreste zu finden vermochte. Wir stiegen an dem im SSW 
von Vidovici liegenden kegelartigen Berg, der auf der Karte als 
PeSonei (mit Kote 916) bezeichnete ist, hinauf. Wir stiegen über 
Kalkbänke hinan. Am unteren Hange traf ich rote Sandsteine an. 
Wir umgingen den südlichen Hang und kamen, oberhalb des einen 
Quellaufes der Begovac rieka auf eine Art Sattel, wo wir auf flach 
gegen West geneigte gelblich gefärbte Sandsteine kamen, die nach 
unten in Sande aufgelöst erscheinen. Hier war es, wo Herr Nikel 
in einer der gelben Schichten eine Menge von leider undeutlichen 
Pflanzenreste auffand, die von festeren Bänken überlagert sind. Die 
Schichten fallen flach gegen Westen ein. Mir erscheint es wahr- 
scheinlich, daß diese Schichten an den dolomitischen Kalken abstoßen. 
Vielleicht ist hier eine Verschiebung nach aufwärts an den Kalken 
eingetreten. 

Jenseits der östlichen Begovac-Quelle stehen blutrote Sandsteine 
an, welche mürbe, wenig gebunden erscheinen. 

Mich erinnerten die pflanzenführenden plattigen Sandsteine an 
gewisse Permsandsteine, die ich einmal bei Neumarkt in Südtirol gesehen 


11] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 631 


habe. Die Dämmerung war eingetreten, als wir an den roten Sand- 
steinen vorüberkamen und wir mußten über die Wiesen zurück, um 
noch vor Eintritt der Nacht Pedi zu erreichen. 

Ernst Kittl führt in seiner Geologie von Sarajevo (1903, Jahrb. 
.d. k.k. geol. R.-A., LIII., 4., pag. 531) rote Sandsteinschiefer 
unter den Bellerophonschichten an, die verknüpft mit Breceien und 
Konglomeraten sind. Es konnte aber nicht sichergestellt werden, daß 
sie in allen Fällen dem Perm angehören, da solche Gesteine auch in 
-den Werfener Schichten auftreten. In der Tabelle auf pag. 528 
werden sie als „(Grödener Sandstein?)“ bezeichnet. Im mittleren 
Werfener Schiefer wird von dem Sarajevoer Sandsteine (mit Pseudo- 
monotis cf. aurita) angeführt, daß sich auch „verkohlte Pflanzenstreu“ 
darin finde (l. c. pag. 535). Im Liegenden der „roten Sandstein- 
schiefer* werden diekbankige Sandsteine angegeben, „welche man als 
Vertreter der Grödener Sandsteine auffassen könne“. 

Prof. Kittl (l. c. pag. 614) erwähnt schon im Quellgebiete der 
Paljanski Miljacka nahe dem Wasserscheidesattel an der Straße nach 
Praöa das Vorkommen von roten Sandsteinen und Konglomeraten als 
möglicherweise dem Perm zugehörig. Diese Sandsteine haben jenseits 
der Wasserscheide im Pratabachgebiete eine viel größere Aus- 
dehnung. 

Rote Sandsteinschiefer über hellbraunen, dickbankigen, fossil- 
freien Sandsteinen („Grödener Sandstein ?*) werden über Hornstein- 
breccien und Konglomeraten und dem Oberkarbon und unter den 
Mergeln und Mergelkalken der Bellerophonschichten im Liegenden 
des Werfener Schieferkomplexes angegeben (l. ec. pag. 527, 528, 531). 

Pag. 616 werden helle Sandsteine dickbankig als Grödener 
Sandstein bezeichnet. Pag. 621 auf der VlaSka stiena werden gelb- 
braune Sandsteine als Antiklinale unter Werfener Schichten einge- 
zeichnet, nahe einer großen Verwerfung, und sie finden sich auch in 
den übrigen Profilen. — 

Das Vorkommen solcher blutroter Sandsteine, das ich auch an 
der Südseite des Borsovacer Waldberges zu sehen glaube, finde ich 
bei E. Kittl nicht angegeben. Was ihre Deutung, anbelangt, so kann 
man dabei an die untere Trias denken, wenn nicht etwa ein tiefer- 
gehender Aufbruch vorliegen sollte, durch welchen permische Gesteine 
emporgerückt sein könnten. 

Nachdem es nun an diesem Tage nicht möglich war, die Fund- 
stätte der Ammoniten zu erreichen, unternahmen wir am nächsten 
. Tage, diesmal unter Führung des Herrn Pfarrers, einen zweiten 
Ausflug. 

Wir bogen diesmal etwas früher nach rechts ab, indem wir noch 
vor den Waldbergen (Palarca-Borsova@) auf dem Fahrwege nach 
Trivanovdol hinangingen. Auf dem Steinwege fanden wir einen 
vielleicht von der schon geschilderten Fundstelle am Fußwege herab- 
gelangten großen Ptychiten. Aber auch Knollen- und Hornsteinkalke 
wurden angetroffen. Die Knollenkalke fanden wir in Bänken anstehend. 
Wenige Minuten später kamen nun die Gesteine mit hohlen: Quarz- 
konkretionen, wie wir sie schon früher in den nahen beiden Wasser- 
gräben gefunden hatten. In Findlingen trafen wir auch die blutroten 

82+ 


632 Franz Toula. [12] 


Sandsteine. Anstehend sind jedoch die zum Teil sehr stark ver- 
kieselten Daonellenschichten. Außerdem fanden wir diesen Schichten- 
komplex in dem tiefeingeschnittenen Bache, der zur Zeit unseres 
Besuches nur wenig Wasser führte, das über eine Kalkbank hinab- 
stürzt, die (zerklüftet) recht eigentümliche Oberflächenausbildung zeigt, 
indem das Sturzwasser die zwischen Klüften stehenden Kalkflächen 
gerundet und in der Mitte muldig vertieft hat. Unterhalb, an einer 
Abbruchwand am Bache, stehen schiefrige Gesteine an, welche eine 
mehr als 50 cm mächtige Bank grüner feinkörniger, in Sand zer- 
fallender Sandsteine, echte „Pietra verde“, umschließen, welche von 


Fig. 8. 


Verkieselte zum Teil wie Jaspis aussehende Bänke im Horizonte der Halobien- 


schichten. Links unten im Graben die Pietra verde. 


den Leuten geradezu zur Grünfärbung benützt werden sollen. Schiefer, 
Kalke und Pietra verde liegen hier fast horizontal. Eine kurze 
Strecke weiter oberhalb kamen wir an vielfach zerklüftete, harte und 
feste, durch und durch verkieselte Bänke in steiler Aufrichtung 
(Fig. 8). Sie streichen nach hora 10 und verflächen mit 50° gegen 
Ost. Nur ein Bruchstück von Daonella cf. Lommeli wurde aufge- 
funden. 

Die prismatischen, etwa bis 15 cm hohen Stücke, in welche die 
Bänke zerfallen, sind in den Kernen von bläulichgrüner, intensiver 
Färbung, gegen die Absonderungsflächen aber hell ausgefärbt. Das Ge- 
stein ist stark verkieselt und sehen einzelne der Bruchstücke aus 


[13] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 633 


wie Jaspis. Das Gestein wird noch einer mikroskopischen Untersuchung 
unterzogen werden }). 

Über rundrückige Hänge, die mit schönen Wiesen bedeckt sind, 
immer in mäßiger Höhe über dem gleichfalls wiesigen Talboden, — der 
Bach fließt am südlichen Hange des Borovac gegen OÖ in die Polje — 
kamen wir an diesem Durchbruche nahe vorbei, wobei ich die Wahr- 
nehmung machte, daß am Fuße des Borovac offenbar die blutroten 
Sandsteine anstehen. Wo sich Gesteinsanzeichen fanden, waren es 
immer solche, die auf Daonella-Schichten schließen lassen. Uber 
solche stiegen wir am Hange der Pleöina hinan und trafen dort rote 
Kalke mit Ptychiten. Beim Weitermarsche gegen Süden ging es wieder 
über die Daonellenschichten hin. Es fanden sich an einer entblößten 


Fig. 9. 


Hauptfandort der Muschelkalk-Ptychiten im Westen von Vidovici im%Tocilo do 
Vedosica. 


Stelle der wiesigen Hänge harte, kieselige Gesteine mit hohlen Quarz- 
konkretionen, wie wir sie am Gusto borje malo-Graben gesammelt 
hatten, so daß kein Zweifel besteht an der Annahme, daß dieselben 
Schichten eine östlich von den Piychites-Kalken verlaufende Zone bilden. 

Nun ging es weiter oben am Hange durch niederen Buschwald 
zur Fundstelle im Graben, durch den ein Fußweg nach Kneievic 
hinaufführt und der mir von Milosch Skakic als Toäilo do Vedosica 
(Fig. 9) bezeichnet wurde. Die Art des Vorkommens ist eine ganz 


') Über die Verkieselungserscheinungen, die in diesem Gebiete mehrfach zu 
beobachten waren, wird der Assistent meiner Lehrkanzel, Herr Dr. techn. Roman 
Grengg, die Ergebnisse seiner Studien später veröffentlichen. 


634 Franz Toula. [1 4] 


ähnliche wie oberhalb Pe£&i, nur sind viele Stücke mehr oder weniger 
verkieselt. Auch hier finden sich die Ammoniten auf einem Streifen, 
der von hellen Kalken, die zur Verkarstung neigen, begrenzt wird. 
Wir sammelten eine größere Anzahl zum Teil sehr wohlerhaltener 
Ammoniten, die, aus blutroten und grauen Kalken ausgewittert, im 
Schutte des Grabens eine ziemlich weite Strecke entlang auftreten. 

Die Fundstelle ist überaus reichhaltig gewesen, denn unser 
freundlicher Führer erzählte uns, daß der Lehrer von Arezin Brijeg 
(Grahovo), namens Milan Obradovic, schon vor etwa 15 Jahren 
eine große Aufsammlung („50 Kilo“) nach Sarajevo gesandt habe 
und einige Stücke auch nach Belgrad und Agram. 

Da es mir darum zu tun sein mußte, mein Material zu vervoll- 
ständigen, schrieb ich nach meiner Heimkunft sofort an Herrn Bergrat 
Dr. Katzer nach Sarajevo, Herrn Hofrat Prof. Dr. Gorjanovic- 
Kramberger nach Agram und an Prof. Dr. Cvijic nach Belgrad. Aus 
Belgrad habe ich begreiflicherweise bis nun keine Antwort erhalten, aus 
Agram wurde mir die Mitteilung, daß von einer Sendung von AreZin Brijeg 
nichts bekannt und von Muschelkalkversteinerungen aus Bosnien in 
den Sammlungen überhaupt nichts vorhanden sei. Herrn Bergrat 
Dr. Katzer ist auch von einer Sendung des Lehrers Obradovic 
nichts bekannt geworden. Auf eine Anfrage bei Direktor Kittl 
zeigte mir dieser ein paar Laden voll aus der Gegend von Pecenei 
bei Arezin Brijeg, die er dort vor Jahren selbst aufgesammelt hat. 
Natürlich frug ich bei Herrn Direktor Kittl an, ob er mir das 
Ammonitenmaterial zur Bearbeitung überlassen würde. Er kam meinem 
Wunsche nach und überließ mir die von ihm im Muschelkalke ge- 
sammelten Fossilien, wofür ich ihm zu großem Danke verpflichtet 
bin. Es sind im ganzen 253 Stücke, zumeist Ptychiten (190 Stücke), 
von welchen er 91 Stücke als Piychites acutus Mojs. bestimmte. 
9 Stücke bestimmte er als Piychites fleruosus Mojs., 64 bezeichnete 
er als juvenis. 

Die Stücke im Hofmuseum haben ganz das Aussehen jener von 
Peci und Toöilo do Vedosica. Da mein Fundort von der Ortschaft 
Peienci kaum 21/, km entfernt ist, wäre es immerhin denkbar, daß 
Kittl an derselben Stelle gesammelt habe, welche Meinung sich 
später, als mir Herr Direktor Kittl die Fundstellen auf meiner 
Karte einzeichnete, als nicht zutreffend erwies. Seine Stücke sind mit 
P', P“ und P“‘ bezeichnet. 177 Stücke stammen von P‘, 37 von P“ 
39 von P“'. Auf der Karte sind jedoch vier Fundstellen angemerkt 
und ich bin daher nicht in der Lage, genauere Ortsangaben zu 
machen. Die vier Fundstellen Kittls liegen zwischen den von mir 
ausgebeuteten Stellen: Peci und Tocilo do Vedosica, an tiefen 
Wassergräben, die von den das von mir durchwanderte wiesige 
Tal im Westen begrenzenden Hängen herabkommen, die nördlichste 
im NW von Trivanovdol, die südlichste im Osten von Knezevie 
unterhalb der Kote 1075 (Zone 29, Kol. XIV der Spezialkarte 
1: 75000), recht nahe meiner südlichen Fundstelle. 

Wie es sich mit den Obradovidschen Aufsammlungen ver- 
hält, bleibt eine offene Frage. — Von der Fundstelle im To&ilo do Vedo- 
Sica gingen wir hinab gegen den westlichen Quellbach der Bregovac 


[15] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 635 


Fig. 10. 


Rast vor dem To&ilo do VedoSica. 
In der Mitte der Berg: Kote 936 der Spezialkarte. In dem Talzuge der Bregovac- 
Rieka. 


Durch Abtrag modellierte Hügel. 
Nördlich davon das Durchbruchstal der Bregovac-Rieka. 


636 Franz Toula. [16] 


rieka. Einen hübschen Anblick der im Bregovacgebiete durch Abtrag 
herausmodelierten Hügel genossen wir von unserer Mittagraststelle 
vor der Ausmündung des To£ilo do VedoSica gegen NO. (Fig. 10 und 
11.) Dann gingen wir auf dem alten Karrenwege durch das Lange 
Tal (Dugo Dol) zur Reichsstraße, zum Sattel Vreh Dugo Dola hinauf, 
welcher die Wasserscheide zwischen der Bregovac rieka und dem 
südlich von Grab in die Bulisnica mündenden, von Vrainkovi6 aus 
durch eine tief eingeschnittene Schlucht hinabfließenden Wildbach 
(die Mralaj rieka) bildet, dessen Steilhänge Höhen bis 600 m und 
mehr erreichen. 

Im Dugo Dol stehen unten typische Werfener Schiefer an, 
welche gegen O geneigt sind, über welchen man dann auf hellfarbige 
Kalke kommt, dieselben, welche an der Ammonitenfundstelle die 
roten und graumergeligen Muschelkieselkalke begrenzen. Diese hellen 
Kalke halten dann (am linken Hange des Wildbaches) an bis zur 
großen Straßenkehre unweit Vrainkovic, wo man wieder auf die die hellen 
Kalke unterteufenden Werfener Schiefer gelangt, welche aus der 
Ostseite des Kuk (1132 m), unter der verkarsteten Hochregion, dicht 
bewaldete Hänge bilden und auch gegen die Kalkdecken von Kneievic 
auf der linken Seite des tiefen Grabens weit hinanreichen. 

Nach halbstündiger flotter Fahrt folgen dann gegen Grab hin 
mergelige und knollige graue Kalke. Auch Grus, wie im Rereiche der 
Wengener Schichten, passierten wir, benachbart den Muschelkalken, 
die auch als Knollenkalke auftreten. Über diese Verhältnisse hätten 
wir wohl von Herrn Direktor Kittl genauere Darlegungen erwarten 
dürfen, der auf diesen Wegstrecken vor vielen Jahren schon Auf- 
sammlungen gemacht hat, wie aus den Mitteilungen in seiner großen 
Halobienarbeit (Balaton-Werk, I., 1., Budapest 1912) zu ersehen ist. 


D:-r Ptychitenhorizont auf der Westseite der Ilica-Planina. 


Von Strmica aus fuhren wir mittels der „Steinbeisbahn* 
gegen Tiskovac, um auch eine der Ptychitenfundstellen, und zwar 
die bei Duler, am Westfuße der Ilica-Planina, kennen zu lernen. 
Etwa 10 km unterhalb der Station Tiskovac verließen wir bei km 53'9 
die Bahn, nahe dem Ausgange tief eingerissener, wüster Wildwasser- 
gräben. In dem südlichen derselben (Fig.12) wurde hoch oben am Schutt- 
hange vor einiger Zeit ein Stollen vorgetrieben, um ein wohl sehr 
minderwertiges Lignitvorkommen aufzuschließen, das über dem dolo- 
mitischen Grundgebirge unter einer Schuttdecke liegt. 

Wir kamen von dem Fußwege nach Duler (Fig. 12), gegen Süd- 
ost abbiegend, an einem Kalktuffe vorüber, der Blattreste enthält und 
zu Bauzwecken verwendet wurde, zur Siroko vrelo, dem wasserreichen, 
arg verwüstenden Wildbache, der sich an den Westhängen der Ilica- 
Planina sammelt und nahe bei Duler vorbeifließt. Eine Strecke weit 
mußten wir im Bachbett aufwärtsgehen, weil der am rechten Ufer 
gewesene Weg durch ein Hochwasser abgerissen worden war. Furcht- 
bare Schluchten haben die entwaldeten Hänge zerrissen. 

Uber helle dolomitische Kalke ansteigend (Fig. 13) kamen wir an 
dem im Bau begriffenen Schulhause vorüber. Das recht ansehnlich ge- 


[17] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 637 


Schutthänge eines Wildbaches. 


Rechts die Steinbeisbahn. Links davon der Fußweg nach Duler. Ganz links be'm 
Zeichen > die Stollenmündung der Lignitgrube. 


Fig. 13. 


Am Wege nach Duler. 
Blick auf die Westhänge der Ilica-Planina. Duler hinter den letzten Kulissen. 


Am Westhange der letzten linken (Livadinaberg) der Steinbruch im roten Marmor- 
kalk (Ptychites-Horizont). Talweg des Dulerbaches (Siroka vrelo). 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 83 


638 Franz Toula. [18] 


plante Haus wird förmlich aus grauen und roten Marmorkalkwerksteinen 
aufgeführt, die auf einer recht gut geführten Steinbruchstraße zuge- 
führt werden. Durch jungen Eichwald gingen wir von einem kleinen 
Bauernhause aus (wo für die Bauarbeiter gekocht wurde) und weiter 
auf der Steinbruchstraße zum Steinbruch. Derselbe liegt am Südwest- 
hange des Ausläufers eines zwischen Duler und Tiskövac sich er- 
hebenden Rückens, der mir als Livadina-Berg bezeichnet wurde. 
Oberhalb des Steinbruches (gegen NW) erheben sich niedere Stein- 


Fig. 14. 


Blick über die von Racheln zerrissenen Hänge über das Tal der oberen Buli$nica 
auf die kroatisch-dalmatinischen Berge. 
Auf dem Wege von Duler zur Steinbeisbahn. 


wände aus rotem Kalke, im Walde und am Steihange gleich unter- 
halb derselben fanden sich die Ammoniten. In den Gräben des 
Hanges treten unter der Schuttdecke rote mergelige Schichten auf, 
welche auch hier mit Daonellenschichten zusammen vorkommen. Die 
Marmorkalklagen befinden sich tiefer unten am Hange. 

Die Hänge gegen den Dulerbach sind in einem recht traurigen 
Zustande. Gegenüber dem Steinbruche treten die Hänge der linken 
Talseite nahe heran und bilden eine enge Kalkschlucht, an der sich 
die Wässer des Sammelbeckens unterhalb Duler bei Hochwässern auf- 
stauen, welche die Gesteine des Daonellenhorizonts zu Rutschungen 
veranlassen müssen, deren Spuren man von weitem erkennt. Auch die 
roten Ptychitenkalke dürften dort fortsetzen. 


[19] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 639 


Am Rückwege vom Steinbruche stehen auf der rechten Seite 
des Steinbruchgrabens steil aufgerichtete helle Kalke an. Sie enthalten 
schöne großoolithische Lagen, welche SSO—NNW streichen und gegen 
ONO einfallen. Grauschwarze Kalke treten zu unterst auf. Werfener 
Schiefer habe ich aber auf der ganzen Wegstrecke nicht gesehen. Von der 
Tliea kommendes dichtes Gewölk, das in der Tat einen mehrere Tage 
andauernden Regen brachte, die Unmöglichkeit, in Duler zu nächtigen, 
vor allem aber das beunruhigende Unwohlsein meiner Frau nötigten 
mich, nach Drvar zurückzufahren, wo ärztliche Hilfe möglich war, 
und so traten wir den Rückmarsch zur Steinbeisbahn an, über die 
entwaldeten, arg durchfurchten dolomitischen, mit mächtigen Schutt- 
massen bedeckten Vorberge hin. (Man vgl. Fig. 14.) 

Die Fundorte der Ptychiten, die mich zu der Reise veranlaßt 
hatten, habe ich gesehen, auch ziemlich viel Material zusammen- 
gebracht. Mehr zu leisten war mir unter den obwaltenden Umständen 
nicht möglich. Vielleicht gewährt das Mitgeteilte Anreiz für eine 
jüngere Kraft, das interessante Gebiet einer gründlicheren Begehung 
zu unterziehen. 


Das Becken von Drvar. 
Textfigur 15. 


Die Kongerienmergel scheinen das ganze Becken von Drvar 
von den Eugen im SO bis zu den Engtälern des Unac im NW aus- 
zufüllen. Als ich von Drvar auf der neuen Fahrstraße an den Steil- 
hängen der Kamenica hinauffuhr, sah ich dieselben gelblichweißen, 
plattigen Mergel anstehen, bis über die Überschreitung der Steinbeis- 
bahn hinauf, wo sie an den Kalken der genannten "Steilwände, ab- 
stoßen. 

Auf der Eisenbahnfahrt von Drvar gegen Knin genießt man von 
den Kamenica-Steilhängen aus (etwa 700 m hoch) einen schönen Über- 
blick über das ganze Becken mit seinen sanft geböschten Hügeln, 
welche sich von dem am Östrande des Beckens hinfließenden Unac 
und seiner breiten Inundationsfläche, die bis an die untere Stufe hin- 
reicht, wo ich die Kongerien sammelte und bis an die Berge der süd- 
lichen Beckenumrandung ausbreiten, die im 1539 m hohen Jedovnik ihre 
größte Höhe erreichen. In den Beckenausfüllungen kann man außer 
der niederen breiten Terrasse noch zwei Stufen deutlich erkennen, 
mit breiten Ausebnungsflächen und mit herausmodelierten hügeligen 
Aufsätzen. Der Höhenunterschied vom Unac (467 m) bis über die 
erwähnte Kreuzungsstelle (ca. 610 m) beträgt sonach etwa 160 m. 
Die Kalke der Kamenica sind dickbankig, wohlgeschichtet und scheinen 
mir flach gegen Ost geneigt zu sein 

Die Kalke, welche die nördlich-nordöstliche Begrenzung des 
Beckens von Drvar bilden, habe ich nur auf der kurzen Strecke von 
der Brücke über den Unac (Kote 467) bis zur Quelle Dubajinovac 
gesehen. Nach der Übersichtskarte müßten es Jurakalke sein, während 
oberhalb der großen verkarsteten, gegen NO ansteigenden Hochfläche 
(von 701 bis über 800 » Höhe), etwa an der Koritnjata beginnend, 
Kreide auflagern soll. Was ich an dem Steilhange der genannten 

83* 


640 Franz Toula. [20] 


Strecke sah, schien mir auf Kreide schließen zu lassen. Die 
wenigen Fossilreste, welche ich fand, ließen nur Rudistenbruchstücke 
erkennen. 

Die erwähnte Quelle entspringt aus einem großen Blockhaufwerk 
am Fuße einer großen, gegen NNO streichenden Spalte, an der sich 
vielleicht 30 m über dem Unaec eine Höhle findet, aus der zuzeiten 
das Wasser herausfließen dürfte. Die Quelle ist sonach als eine 
Spaltquelle zu bezeichnen. Die unten gesammelten Quellwässer mögen 
etwa nur 5 Sek.-Liter abgeführt haben, als ich sie sah. 


Fig. 15. 


Blick nach West, von der Bahnlinie (Steinbeisbahn) nach Ostrelj, über das Becken 
von Drvar, mit den terrassierten Hügeln am Fuße der Kamenica-Planina 
(bis 1264 »n hoch). 


Am DBruchrande der unteren Terrassenhänge, oberhalb der 
Gendarmeriekaserne und des neuerbauten Bezirkshauses, nach dem 
gegen SW ziehenden flachen Graben, an dessen Ausmündung ein un- 
bedeutender Lignitausbiß (Fig. 16) aufgeschlossen ist, stehen die hell- 
farbigen, gelblichweißen Mergel an, in welchen man massenhaft 
Kongerien sammeln kann. Der Oberlehrer der Gemeindeschule, Herr 
Milivoj Vojdovic, machte mich auf dieses Vorkommen aufmerksam 
(Fig. 17). Ich habe an dieser Stelle eine ziemliche Menge von Stücken. 
sammeln können. Es sind durchwegs einzelne Klappen, rechte und 
linke, es ist mir jedoch nicht gelungen, auch nur ein vollständiges 


[21] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 641, 


Das Congerienvorkommen bei Dryar, 


642 Franz Toula. [22] 


zweiklappiges Stück aufzufinden. Die Klappen liegen in einem mürben, 
plattigbrechenden, feinsandigen Mergel und sind zumeist mehr oder 
weniger durch Druck deformiert, doch ist es immerhin möglich, die 
Form der Schalen festzustellen. Es sind Formen mit fast 
halbkreisförmigem Stirnrand und von schöner Aufwölbung, mit langem 
Flügel auf der hinteren Hälfte. In der Mitte der Schale tritt ein 
gegen den hübsch eingekrümmten Wirbel in schönem Bogen ver- 
laufender, auf der Wirbelhälfte scharfer Kiel auf, der gegen den 
Stirnrand verflacht, ohne diesen zu erreichen. Der Flügelrand ist 
nach rückwärts leicht hinabgebogen. 

Die Schalen, zumeist stark abgeblättert, sind mit gedrängtstehenden 
Anwachslinien bedeckt, zwischen welchen in Abständen tiefere Rund- 
furchenwülste entstehen. Auf der Innenseite der Klappen, auf Stein- 
kernen deutlich auftretend, sieht man feine Radiallinien. 

Die Stücke sind meist von mittlerer Größe. 

Die größten Stücke (zumeist flachgedrückt) erreichen bis gegen 
40 mm Höhe bei gleicher Breite. Zumeist bleiben diese Maße zwischen 
25—30 mm und 21—26 mm. 

Die Beschaffenheit des Schlosses ließ sich trotz mehrfacher 
Versuche nicht klarstellen. 

Nur an einem kleinen Stücke (Abdruck mit Schalenresten) sind 
fragliche Andeutungen der Schloßgruben vorhanden. 

Als näherstehende, gekielte Formen möchte ich Congeria cf. 
dalmatica Brusina (Andrussow, Dreiss. Taf. XI, Fig. 14 u. 15) und 
Conger. banatica R. Hoern. (ebend. Taf. XI, Fig. 13-20) bezeichnen, Beides 
sehr kleine Individuen. Ein kleines Stückchen mit sehr großem, 
flach erscheinendem Flügel (eine rechte Klappe) ist das einzige 
Fundstück, welches einen annähernd dreieckigen Umriß zeigt. Es ist 
durch Druck deformiert. Die Schale zeigt ganz gleichmäßige zarte 
Anwachslinien. Höhe 92 mm, Breite 8 mm. Man könnte dabei an 
Congeria Zoidi Brusina von Dugoselo denken (Andrussow, Taf. V, 
Fig. 13). Die so überaus häufige Form halte ich für neu und will sie 
bezeichnen als 


Congeria Drvarensis n. f. 
Taf. XXIV (II), Fig. 11 u, 12. 


Außer den zahlreichen Kongerien liegen mir einige (5) kleine 
Stückchen vor, welche ich als 


Fossarulus tricarinatus Brusina 


ansprechen möchte (Brusina, Foss. Binnenmollusken aus Dalmatien, 
Kroatien und Slavonien. Agram 1874, Taf. III, Fig. 11 u. 12). Außer- 
dem ein sehr wohlerhaltener Schalenabdruck, den ich mit ziemlicher 
Sicherheit zu Fossarulus pullus Brus. stellen möchte, nachdem sich 
gute Guttaperchaabdrücke herstellen ließen. Brusina (l. c. pag. 56) 
führt an, daß sich aus den Gorulicaer Mergeln (bei Sinj in Dalmatien) 
eine Menge von Stücken durch Auswaschen erhalten ließen, „aber 
leider kein einziges vollständiges Exemplar, sondern nur Bruchstücke, 
meistens Spitzen“. Die (l. c.) Taf. III, Fig. 13 u. 14, in dreimaliger 


[23] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 643 


Vergrößerung gegebene Abbildung ist sonach nur eine Kombination. 
Diese deutet wohl auf eine schlankere Form hin. An meinem Stücke 
sind nur die beiden letzten Umgänge sehr gut zu beobachten. Der 
letzte Umgang läßt fünf ziemlich derbe Spiralrippen erkennen, die 
Außenlippe ist deutlich abgesetzt, einen schmalen Saum bildend. 
Der vorletzte Umgang besitzt nur drei Spiralrippen, wie bei Brusinas 
Abbildung, diese Rippen scheinen sich auch auf den vorhergehenden 
dritten Umgang fortzusetzen. 


Die Höhe des Schälchens dürfte ca. 10 mm betragen haben, 
der größte Durchmesser (mit dem Lippensaume) aber 6°'6 mm. Im 
Verhältnisse zuBrusinas Abbildung würde sich dieser Durchmesser 
mit 55 mm ergeben. Das Stück von Drvar ist sonach viel gedrungener, 
was etwa den Formen von F. tricarinatus Brusina und F. Stachei 
Neumayr (Jahrb. 1869, Taf. XII, Fig. 7) näherkommen würde. Mein 
Stück kann sonach nur als 


Fossarulus cf. pullus Brus. 
bezeichnet werden. 


Die Daonellenschichten. 


Den roten und grauen Gesteinen mit der Han Bulog-Fauna be- 
nachbart, finden sich in der Zone von Peci bis zum Totilo do Vedo- 
Sica die daonellenführenden Schichten, die mit der Pietra verde in 
Verbindung stehen und durch weitgehende Verkieselung einzelner 
Bänke auffallen, eine Verkieselung, welche, stellenweise bläuliche und 
srünliche Färbung zeigend, an Jaspis erinnernde Bänke bildet. Die 
Daonellen stammen zumeist aus mürben schieferigen Lagen. 

Das Vorkommen : von „Wengener Schichten“ nördlich von Peci 
und aus der Gegend von Grahovo hat Prof. Pilar (Grundlinien 1880, 
pag. 70) angegeben, das Vorkommen von Daonellen dagegen nicht 
erwähnt, wohl aber hat Al. Bittner in von Hauptmann Löffelholz 
eingesendeten Handstücken aus den Triaskalken der Romanja-Planina, 
NW vom großen Han (Obhodias-Han), an der Fahrstraße von Sarajevo 
nach Rogatica Daonellen erwähnt (Verh. 1881, pag. 28). (Prof. Kittl 
hat sie später als D. cf. paucicostata Torng. bestimmt.) Auch in den 
Grundlinien (pag. 224) werden Daonellenfundstätten namhaft gemacht, 
so von Seljani bei Rogatica, Brut in einem weißen Kalke, auf dem 
Wege zwischen Goraäda (an der Drina) und der Praca-Brücke, ein 
großes Stück einer Daonella spec. aus einem schmutzigrötlichen san- 
digen Kalke. Prof. Kittl erwähnt daonellenführende Horizonte in 
seiner Geologie der Umgebung von Sarajevo (pag. 732 ff.) sowohl 
aus dem Muschelkalke von verschiedenen Punkten (m. vgl. 1. c. 
pag. 631) als auch aus ladinischen Schichten: Daonella Pichleri Mojs. 
(=D. obliqua Mojs.), Daonella n. f. vom Han Vidovic und Daonella af. 
tyrolensis Mojs. von Hvalo vrelo am Vrhovine. (Mir gelang es auf 
Kittls Karte nicht, diesen interessanten Fundort aufzufinden.) In 
der so inhaltreichen Arbeit wird dem Leser nur zu oft nicht ange- 
deutet, wo die Fundplätze zu suchen seien. 


644 Franz Toula. [24] 


Aus den karnischen Kalken werden Halobia (Daonella) styriaca 
Mojs. vom Dragulac (auf der Karte: Dragula?) und von Vinograd bei 
Sarajevo („eigentlich im Stadtgebiete selbst noch“ — am Kastell- 
berge), „in gelblichweißen Plattenkalken“, Daonella cf. lenticularis Gemm. 
vom Dragulac („nächst dem heutigen Fort“) namhaft gemacht. 

In seiner neuen Arbeit über die Halobiidae etc. d. Trias (Result. 
w. Erf. d. Balatonsees I, 1. Pal. II, 1912) führt Kittl aus Dalmatien 
an, und zwar alsladinisch: Daonella indica Bıttn. (Taf. II, Fig. 10 u. 11), 
bulogensis Kittl (Taf. III, Fig. 5—8 u. 11), Lommeli (Wissm.) Mojs. 
(Taf. II, Fig. 15 u. 16), cf. cassiana Mojs. und «af. Richthofeni Mojs. ; 
als karnisch: Halobia styriaca Mojs. neben anderen Halobien. Aus 
Bosnien, und zwar aus sehr tiefen Schichten des Muschelkalkes von 
Grab: Daonella grabensis Kittl (Taf. II, Fig. 17), aus den Wengener 
Schichten von Pecenci bei Grahovo (etwa in dem Zuge von Peei 
südwärts): Daonella Lommeli (Wissm.) Mojs. und D. Pichleri Mojs. 


Trachyceras cf. Archelaus Laube. 


Nur ein mit Manganoxyden überzogenes Bruchstück liegt mir 
vor, welches Herr Pope Skakic bei unserem Ausfluge an dieser Stelle 
auffand. Es stammt von einem mäßig großen Individuum her. Vier 
Knotenspiralen lassen sich auf den derben Rippen erkennen, ähnlich 
so, wie sie etwa an dem Individuum von Corvara auftreten. (Med. 
. Trias Taf. XIX, Fig. 1.) Auch auf meinem Stücke liegen daneben 
Daonellen. 

Weiter gegen das Tocilo do Vedosica hin fand ich „rechts vom 
Wäldchen“ anstehende Daonellenschichten, sandige, stark verkieselte 
Gesteine (stellenweise aber lebhaft brausend) mit einem Trachyceras- 
Abdruck mit kräftigen gerundeten Dornenknoten. Das Stück wird wohl 
auch zu Trachyceras Archelaus Laube gehören. 


Daonella Lommeli (Wissmann) v. Mojsis. nov. var. 
Textfigur 18. 


Nach Passierung der Zone mit den Ammoniten in roten und 
grauen Kalken traten, wie gesagt, sofort die Daonellenschichten, auf. 
Hier vor dem Gusto borje malo-Graben fanden sich in gelben, fein- 
körnigen und sehr dünnplattigen Sandsteinen eine Menge von Daonellen. 
Es sind bündelrippige Formen, welche ich an Ort und Stelle als 
Daonella Lommeli ansprach. Mein bestes Stück (Fig. 18) fällt nur 
dadurch auf, daß die Hauptradialfurchen zwischen den Bündelrippen 
breiter sind als es Mojsisovics (l. ec. Taf. II, Fig. 13 u. 14) und 
Kittl (l.c. Taf. IV, Fig. 15 u. 16) abbildeten, was an das Verhalten 
bei Daonella Lindströmi v. Mojs. (l. c. Taf. II, Fig. 15—17) erinnern 
könnte. In der Mitte der Schalenoberfläche fällt auf, daß jedes Bündel 
durch eine Mittelfurche geteilt ist und erst gegen den Stirnrand die 
weitere Spaltung auftritt. Im hinteren Teil der Oberfläche treten 
auch deutlich zweizählige Radien auf, die sich erst ganz nahe dem 
-Wirbel vereinigen, ein Verhalten, welches wieder etwas an jenes bei 
Daonella Taramellii Mojs. (l. c. Taf. I, Fig. 12) erinnern könnte. 


[25] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 645 


Gegen den Stirnrand der im Verhältnisse sehr hoch werdenden 
Schalen geht eine weitere Spaltung vor sich und stellen sich auch 
in den Zwischenräumen zwischen den Hauptradien feine Radiallinien 
ein, so daß man an das Verhalten erinnert wird, wie es Salomon 
(Palaeontogr. XLII, Taf. IV, Fig. 49) bei seiner Halobia esinensis ge- 
zeichnet hat. (Kittls Abbildung 1. e. Taf. I, Fig. 11.) 

Meine Stücke zeigen keine Andeutung von konzentrischen 
Furchen oder Wülsten, was freilich auch bei manchen sonst typischen 
Stücken von Daonella Lommeli der Fall ist und ebenso bei Daonella 
Lindströmi Mojs. (l. ec. Taf. Il, Fig. 16). 

Die angegebenen Verhältnisse lassen erkennen, daß ich bei der 
Bestimmung denselben Schwierigkeiten gegenüberstehe, wie sie wohl 
jeder Autor, der sich mit Daonellen beschäftigt, zu überwinden hatte. 


Daoneila Lommeli (Wissm.) Mojs. nov. var. 


v. Mojsisovics hat zum Beispiel mit Daonella Lommeli Wissm. 
seine D. Taramellüi und D. Lindströmi in eine Gruppe gestellt, 
während E. Kittl D. Taramelliü in die Gruppe der Daonella tyrolensis, 
D. Lindströmi, esinensis und Lommeli in seine „Gruppe der Daonella 
Sturi und Daonella Lommeli*“ vereinigt hat, freilich scheint mir seine 
Daonella Taramellii (Textill. pag. 55) von den Abbildungen bei Moj- 
sisovies (Taf. I, Fig. 10—12) ganz verschieden zu sein, eine ver- 
hältnismäßig sehr grobrippige Form. Mir scheint übrigens auch die 
Daonella tyrolensis Mojs. (l. e. Taf. I, Fig. 10) mit der gleichgenannten 
Form bei Kittl (Textill. Fig. 6 u. 7, pag. 46) nicht ganz gut überein- 
zustimmen. 

Unter allen mir bekanntgewordenen Daonellen ist die von 
Diener (Pal. ind. Ser. XV, Vol. V, 35 pag. 9, Taf! IM, Fig’) 
zur Abbildung gebrachte Daonella Lommeli Wissm. aus der ladinischen 
Fauna von Spiti zweifellos die zu allernächst stehende, sie wird wohl 
mit der Form aus dem Kleinen Gusto borje-Graben zu derselben 
Varietät zu stellen sein. Es ist dieselbe unsymmetrische Teilung der 
feinen Bündelradien vorhanden. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 84 


646 Frans Toula. [26] 


Daonella cf. Lommeli (Wissm.) Mojs. 


Oberhalb Peei habe ich in frisch dunkelgrauen, reich kalkigen, 
plattigen, beim Verwittern sich braun färbenden und feinsandig 
werdenden Gesteinen, die dabei des Kalkes vollkommen beraubt 
wurden, neben vielen undeutlichen Brutschälchen, die wohl als 
Posidonompyen angesprochen werden könnten, auch viele Daonellen 
gefunden, mit viel engeren, scharf ausgeprägten Radialfurchen und 
fast nie fehlenden deutlichen konzentrischen Furchen in der Wirbel- 
gegend. Zumeist liegen mir Abdrücke der Innenseite vor, bei welchen 
die Radialfurchen als scharfe Radien erscheinen, zwischen welchen 
viele zarte Radiallinien auftreten (bis 6 an der Zahl), etwa so, wie 
es Salomon (Palaeontogr. XLII, Taf. V, Fig. 4) zeichnen ließ, bei 
einem Stückchen, das er als Halobia sp. ind. ex af. Halobia Lommeli 
bezeichnete. Als Horizont (im Contrintale) werden dafür die Buchen- 
steiner Schichten angenommen, jedoch hinzugefügt „in einem durch 
Brüche stark gestörten Terrain“. 

Auch in diesem Falle ist der Vergleich mit Daonella Lindströmi 
Mojs. naheliegend. Nur fehlen bei dieser Form die konzentrischen 
Furchen, wodurch wieder Daonella Sturi Mojs. (l. ec. Taf. II, Fig. 7 
u. 8) noch näher zu rücken scheint. Von den Abbildungen in Kittls 
Monographie ist jene von Daonella esinensis Salom. (l. c. Taf. I, 
Fig. 11) in der Rippung am ähnlichsten. 

Zwei Stücke liegen mir vor von größeren Individuen, das eine 
bietet die Oberseite dar. Ich stelle es zu diesen Formen mit 
scharfausgeprägten Radialfurchen, gebündelten Rippen, mit konzen- 
trischen Furchen in der Wirbelgegend. 

Das zweite Stück bietet beide Klappen der Schale von der 
Innenseite, wie sie aufgeklappt nebeneinander eingebettet wurden, 
mit scharfausgeprägten geraden Schloßrändern. Die Radialfurchen sind 
sehr zahlreich (wohl mehr als 20), die Radienbündel sind sehr feinstreifig, 
die konzentrischen Furchen ebenfalls nur in der Wirbelgegend aus- 
gebildet, die Wirbelspitzen nur wenig vorragend. Es war ein lang- 
gestrecktes Individuum. 

Erwähnt sei, daß in diesen Schichten auch das Bruchstück 
eines Ammoniten sich fand, das jedoch eine nähere Bestimmung 
nicht zuläßt. 


Daonella peeiensis n. f. 
Textfigur 19. 


Mein besterhaltenes Stück fällt durch große Schalenlänge auf. 
Verhältnis der Länge zur Höhe wie 42:24. Der Wirbel, der 
etwas über den geraden Schloßrand vorragt. erscheint weit nach vorn 
gerückt, so daß auf den vor dem Wirbel liegenden Schloßrand 
etwa 72, auf den rückwärtigen aber 31 nm entfallen, ein Verhältnis, 
welches an jenes bei Daonella grabensis Kittl (l. c. pag. 75, Taf. II, 
Fig. 17) erinnert (24:60 mm nach der Abbildung), einer Form, welche 
Kittl als aus rotem Muschelkalk oder ladinischen Schichten stammend 


[27] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 647 


anführt. Als Fundort wird „Grab bei Grahovo, Bosnien“ angeführt. 
(Es wird damit wohl Grab in Dalmatien, an der dalmatinisch-bosnischen 
Grenze, mit dem alten Grenzwachhause gemeint sein, da „bei* Grahovo 
[AreZin Brijeg] selbst kein Grab liegt. Die Entfernung beträgt in der 
Luftlinie etwa 9 km, in der Straßenlänge aber mehr als 15 km.) 

Die flachgewölbte Schale meines Stückes ist mit derben Radial- 
furchen versehen, wodurch etwa 30 flache, ziemlich derbe Radial- 
rippen entstehen, welche sich zum Teil, besonders auf der hinteren 
Schalenoberfläche, deutlich in zwei gabeln. Einige der Spaltfurchen 
reichen bis weit gegen den Wirbel hinan, während andere auch auf der 
unteren Schalenhälfte auftreten. Einige der Rippen verlaufen aber 
auch ungeteilt. 

Die im Verhältnis derbere Rippung unterscheidet von D. grabensis 
Kittl, aber auch die konzentrischen Wulstfurchen sind stärker aus- 
geprägt, freilich nur auf der vorderen Schalenhälfte. Jenseits der 


Daonella peciensis n. f. 


Mitte der Schale tritt noch eine vereinzelte solche Wulstfurche auf. 
Nach der photographischen Abbildung Kittls könnte dabei an eine 
solche vielleicht auch gedacht werden. 

Mein Stück stammt aus sicher ladinischen, feinkörnigen, grün- 
lichen, festgebundenen Sandsteinen mit Anflügen von Manganoxyden, 
ganz vom Aussehen jener, aus welchen mein T'rachyceras cf. Archelaus 
stammt (von demselben Fundorte), aus dem Graben vor dem kleinen 
Wäldchen an dem nach Trivanovdol hinaufführenden Wege. 

Nach E. Kittl (l. e. pag. 31) ist die Gruppe der Daonella 
grabensis durch feine, nicht oder undeutlich gebündelte Rippen 
charakterisiert. Da meine Stücke recht derbe Rippen aufweisen, bleibt 
nur die lange Schale und der weit nach vorn gerückte Wirbel als 
Eigenschaften der Daonella grabensis Kittl bestehen. Rippen von 
ähnlicher Breite und ähnlicher Spaltung wie bei meinem Stücke 
zeigen Daonella longobardica Kittl aus dem Esinokalk (Taf. III, Fig. 2), 
Daonella paucicostata Torngu. (Z. d. 9. G. 1898, Taf. XXIII, Fig. 2—4, 
Kittl, Taf. III, Fig. 2—4), vielleicht wäre auch die Daonella noduligera 
Bittner (Abh. XVIIL, Taf. IX, Fig. 24, Kittl, Taf. IV, Fig. 9), von der 
Kittl (l. ec. pag. 83) hervorhebt, daß die Wirbellage exzentrisch sei, 

84* 


648 Franz Toula. [28] 


was übrigens auch Bittner bemerkt hat in Vergleich zu ziehen. 
Horizont nach Kittl „Wengener Schichten (?)*. Beide Autoren haben 
verschiedene Exemplare abgebildet. Kittls Abbildung ist es, die 
ich zum Vergleiche heranzog; an dieser rechten Klappe tritt die kon- 
zentrische Furchung wie bei meinem Stücke, besonders auf der 
vorderen Schalenhälfte schärfer hervor. 

Der Form nach gleicht mein Stück nach allem am meisten der 
Daonella grabensis Kittl, der Rippenbeschaffenheit nach aber der 
Daonella paucicostata Torngu. (Fig. 2 u. 3), von der Tornquist 
(l. e. pag. 673) jedoch hervorhebt, daß sie im Gegensatze zu Daonella 
parthanensis Schafh. (deren Berechtigung sowohl Bittner als Kittl 
bezweifeln) „stets einfache und hin und wieder nur Schaltrippen“ 
besitze, was wohl bei den Abbildungen 2 und 3 nicht ganz zutrifft. 

Mir liegen außerdem noch recht zahlreiche Stücke von Daonellen 
vor, deren sichere Bestimmung jedoch des schlechten Erhaltungs- 
zustandes wegen nicht gut vorgenommen werden kann. 


Verkieselter Ammonit. 
(Vielleicht aus der Meekoceras-Gruppe.) 


Von Tiskovac liegt mir aus der Skakic- Aufsammlung ein 
durchaus verkieseltes Stückchen vor, das eine ganz flache Gestalt 
und eine schmale, deutlich zweikantige Außenseite aufweist. Der 
Nabel ist eng und tief. 


Durchmesser . „sun Kaiae 7 310 mm 
Höhe des letzten Umganges . . . 210 „ 
Dicke des letzten Umganges . . : TI4 „ 
Nabelweite. „kun Wuneeıı.. Door, 


In der Profilansicht fällt beim letzterhaltenen Umgange die 
große Dicke auf, während die Schalenoberfläche der inneren Umgänge 
sanz flach erscheint und die Dieke 5 mm kaum überschreitet. Der 
Nabelabhang steht senkrecht auf den Flanken und seine Höhe nimmt 
am letzterhaltenen Umgang ungemein rasch zu. Die Lobenlinie wurde 
dureh die Silizifikation auf der einen Seite ganz verwischt, auf der 
angewitterten anderen Seite erkennt man nur fünf Loben auf den 
Flanken, welche jedoch eine einfache Wellenlinie darstellen, von einer 
Zackung ist nichts mehr zu erkennen; am steilen Nabelabhange 
dürften drei enge Loben gestanden haben, was an Aspidites erinnern 
könnte. 

Es wird Aufgabe einer örtlichen Nachsuche sein, das Vorkommen 
dieses einen so weitgehend verkieselten Stückes zu erklären und 
bessere Stücke aufzutreiben. Das vorliegende Stück dürfte wohl in 
die Gruppe Meel:oceras gehören, wenn auch Flanken-, Nabel- und 
Externseite nicht gut stimmen wollen, die zum Teil wenigstens ent- 
fernt an Sageceras erinnern könnten, womit die geringe Lobenanzahl 
aber ganz und gar nicht stimmt, wie auch Prof. v. Arthaber meinte, 
dem ich das Stück zur Ansicht zusandte; auch die rasche Dicken- 
zunahme ist auffallend. Ob das Stück aus dem Piychites- oder aus 


[29] Geologich-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 649 


dem Daonellenhorizont stammt, bleibt eine offene Frage, der Er- 
haltungszustand würde eher auf den letzteren hinweisen. 


Die Art der Verkieselung ist erwähnenswert. Das Stück zeigt 
nämlich unter der Lupe einen Aufbau aus lauter sehr kleinen 
Kügelchen, welche auch die Oberfläche der zum Teil wenigstens 
erhaltenen, wie es scheint dicht verkieselten Schale bedecken und 
das Innere erfüllen. 


Die Cephalopoden des Ptychites Studeri-flexuosus-Horizonts 
Westbosniens. 


(Eine vergleichende Studie.) 


Im nachfolgenden bespreche ich die von Herrn Skakic, von 
mir und von Herrn Direktor E. Kittl gesammelten Cephalopoden- 
reste aus der Zone Pedi—Toöilo do Vedosica und Duler—Tiskovac. 
Die Aufsammlungen Direktor Kittls erhielt ich erst nach der Be- 
arbeitung meiner eigenen Aufsammlungen. 


Die Art der Versteinerung ist besonders er er Die 
besterhaltenen Stücke vom Todilo do VedoSica, meinem südlichsten 
Fundpunkt, sind fast durchweg als Kieselkalke erhalten. welche 
mit Salzsäure betupft wenig oder ganz und gar nicht brausen, wenn 
die Schale vollkommen fehlt, während diese in der Regel ein Auf- 
brausen erkennen läßt. Mir war diese Art der Ausbildung selbstver- 
ständlich sehr interessant und ich beschloß, die Erscheinung etwas 
näher in Betracht zu ziehen. Die erwähnten Vorkommnisse von 
kieseligen Gesteinen in den Daonellenschichten waren mir zuerst auf- 
gefallen, vor allem in den zerklüfteten, zum Teil selbst an Jaspis 
erinnernden Schichten. Doch davon sprach ich an anderer Stelle. 


Erwähnt sei nur noch, daß dieselben Ammoniten sowohl in blut- 
roten, als auch in grauweißen Kieselkalken auftreten; das wird in 
jedem einzelnen Falle erwähnt werden. 


In einem Dünnschliffe, den Herr Dr. tech. Roman Grengg 
herstellte, glaube ich kugelige Körperchen gesehen zu haben, welche 
ich für Radiolare halten möchte. 

Weitaus in größter Zahl treten die Piychites-Arten auf und von 
diesen wieder die Formen, welche als Ptychites flewuosus Mojs. be- 
zeichnet werden, nach welchen man den ganzen Horizont an allen 
mir bekanntgewordenen Fundorten bezeichnen könnte, da aber 
Ptychites flexuosus Mojs. mit Pfychites Studeri v. Hau. u. Beyr. und 
Ptychites acutus Mojs. innig verbunden ist, als die Zone des 
Ptychites Studeri-flewxuosus. 

Die hier zu besprechenden Reste entsprechen zum großen Teil 
demselben Horizont, welcher uns durch Fr. v. Hauer aus der Gegend 
von Sarajevo (Han Bulog „Haliluei“) bekannt geworden ist, teils 
mögen sie aber auch einem etwas höheren Horizont gegen die 
Schichten mit Daonella Lommeli hin entsprechen oder in einigen 
Fällen diesem selbst. 


650 Franz Toula. [30] 


Orthoceras multilabiatum v. Hau. 


Ein Orthoceras-Bruchstück von Peci mit besonders hoher Kammer 
und mit einer Einschnürung des Steinkernes möchte ich zu dieser 
Form stellen. 


Orthoceras cf. campanile Mojs. 


Ein Bruchstück eines größeren Orthoceras mit einem Durchmesser 
bis 21 mm fand ich im Toöilo do VedoSica, meiner südlichsten Fund- 
stätte. Stammt aus einem hellen Kalke. Der Sipho ist mittelständig. 
Die Kammern sind bis 14 mm hoch. (Mojs., Med. Tr. Taf. XCII, 
Fig. 2.) 

Prof. Kittl sammelte mehrere Bruchstücke, welche zu Ortho- 
ceras campanile Mojs. gehören dürften, an den Fundstellen P’ und P'“, 


Orthoceras spec. ind. 


Nur ein stark abgewittertes Stück aus dem roten mergeligen 
Kalke liegt mir von Pedi vor. Der Sipho mittelständig. Das Stück 
könnte zu Orthoceras dubium Hauer gehören. 


Atractites. 


Hieran möchte ich gleich die wenigen Fundstücke anschließen, 
welche zu Atractites zu stellen sind. In Kittls Aufsammlungen 
finden sich drei Stücke. 

Eines derselben wird sich als an Atractites obeliscus v. Mojys. 
anschließend bezeichnen lassen. 

Es ist ein spitz zulaufendes Stück. Oben mißt es im Durch- 
messer 11’5 mm, unten aber 47 mm, doch erscheint der Querschnitt 
nicht kreisförmig, sondern elliptisch (4°2—4'7 mm), bei einer Länge 
des Bruchstückes von 37 mm. Die Schale, soweit sie angedeutet ist, 
scheint im Bereiche des Phragmoconus sehr dünn gewesen zu sein. 
Vom Rostrum ist nichts erhalten. Das Stück stammt von P'. 

Ein zweites Stück von derselben Fundstelle mit teilweise er- 
haltenem Rostrum ist walzlich. Vom Phragmoconus sind nur 6 mm 
erkennbar, das übrige (32 mm) entfällt zum Teil auf das unten ab- 
gebrochene Rostrum, das an der Bruchstelle einen Durchmesser von 
48—D mm aufweist. 


Atractites spec. 


(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. XXV (II), Fig. 19. 
Ein drittes, stark abgewittertes Bruchstück eines Phragmoconus 
(von P), ca. 60 mm, lang mit ca. 33 mm Durchmesser. Niedere Luft- 


kammern, deren Abstand nur 6—7 mm beträst. Es zeigt den rand- 
ständigen Sipho sehr schön. 


[31] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 651 


Atractites sp. indet. 


Ein kleines Rostrumbruchstück aus der Alveolenregion liegt mir 
von Duler vor. -Das Rostrum ist verkieselt, während die Substanz 
der Alveole mit Säure braust. 


Pleuronautilus Mosis (Mojs.) v. Hauer. 


Nur ein Stück liest mir von Duler vor, bei dem es mir 
gelang, die inneren Windungen bloßzulegen. Da die Externseite 
durchweg abgewittert ist, war eine sichere Bestimmung erschwert und 
ich dachte an eine mit Pleuronautilus Pichleri (Beyr.) v. Hauer näher 
verwandte Form. Nun fand sich jedoch in E. Kittls Aufsammlungen 
von der Fundstelle „Pecenci P''* ein Stück, bei welchem es mir 
möglich war, dieinneren Windungen wit ihrer Skulptur freizubekommen. 
Die kräftige, wohlausgebildete Skulptur der Schale stimmt so gut mit 
Fr.v. Hauers Abbildung von Plewronautilus Mosis (Denkschr. LXIIH, 
Taf. III, Fig. 3) überein, daß die Bestimmung außer Frage steht, 
wenn auch das eine von Mojsisovics von der Schreyeralm abge- 
bildete, viel größere Stück weniger kräftige Skulptur aufweist. (Med. 
Trias, Taf. LXXXV, Fig. 3.) Die Maßverhältnisse sollen verglichen 
werden (nach den Abbildungen bei 1 u. 2): 


1.Schreyer-- 2. Han 3. Duler 4. Pe£enci 
pP 


alm Bulog 
(Haliluci) 
Größter Durchmesser... . '. ‘993 575 740 76°6 
Höhe des letzten an 3210 22°6 30°0 314 
Größte Dicke . . . 39-4 268 ? «340 
Nabelweite (an den Nähten“ ee 
BBENSEH) cu u len . 363 204 262 29:6 


Das Stück von Han Bulog ist sonach etwas enger genabelt als 
die westbosnischen Stücke. An dem Stücke von Petenci P‘“ treten 
am Nabelrande nach dem Nabel vorragende Knoten auf, die an 
meinem Stücke besonders kräftig waren. An der Abbildung des 
Stückes von Haliluei sind diese Knoten viel schwächer, bei jenen von 
der Schreyeralpe ist nichts davon zu erkennen. Außer den zwei Knoten- 
spiralen an der Marginalkante ist von einer Anschwellung der kräf- 
tigen, schräg nach vorn gerichteten Radialfalten, an den mir vor- 
liegenden Stücken, nichts wahrzunehmen. 

Von den Längslinien, welche v. Hauer am Nabelabhange 
zeichnet und (l. c. pag. 10 [246]) erwähnte, kann ich an den west- 
bosnischen Stücken nichts erkennen, dagegen zeigt mein Stück auf 
den Flanken des inneren Umganges außer den feinen Querlinien, be- 
sonders in den Faltenmulden, sehr feine Spirallinien, welche eine 
überaus zarte Gitterung hervorrufen. 


Nautilus subcarolinus Mojs. 


In Kittls Aufsammlungen (P‘) liegt ein hübscher Steinkern 
eines kleinen Nautilus aus einem von den roten Kalken mit Ptychiten 


652 Franz Toula. [32] 


verschiedenen roten, stark sandigen Kalke vor, der sich an die 
kleinen Formen aus den Trachyceras Aon-Schichten anschließen dürfte: 
Nautilus Acis Mnstr., granulosostriatus Klipst., lilianus Mojs. (Med. Tr., 
Taf. LXXXIII), aber auch subcarolinus Mojs. (l. ce. Taf. LXXX1, 
Fig. 1) der Schreyeralmschichten kommen in Betracht. 


Das Stückehen hat einen Durchmesser von 20:0 mm 


Die Höhe des letzten Umganges beträgt . . 90 „ 
Die’ Dicke’ desselben .. ,.- - NemsELSoe 
Die Nabelweite: .., ... ....: ee ee 


Der Querschnitt ist kreisförmig elliptisch, die Schale ist fast 
vollkommen aufgerollt. Die Lobenlinie ist sehr einfach, nur gegen die 
Externseite ganz leicht nach vorn gezogen. Das ganze Stückchen ist 
gekammert. Die ersten Windungen sind aus der Spirale gekrümmt. 
Der Sipho weit nach außen gerückt. An der einfach gekrümmten 
Kammerscheidewand an der Internseite eine Furche, den nach rück- 
wärts vorgezogenen Internlobus verratend. 

Von der Oberflächenbeschaffenheit der Schale ist nichts zu er- 
kennen. 

v. Hauer bildet (1887, Taf. III, Fig. 4) ein Schalenbruchstück 
eines größeren Individuums ab, das recht gut stimmt. 

Ein Stück dieser Art sammelte ich auch im To£ilo do Vedosica 
in einem grünlichgrauen, ziemlich grobkörnigen Sandstein mit Ein- 
schlüssen von größeren Rollstücken eines Kieselkalkes. Es ist in 
diesem festgebunden eingeschlossen und zeigt nur fünf aus dem 
Gestein herausragende Kammern. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß 
auch das Stück aus dem Hofmuseum in einem freilich blutrot ge- 
färbten Sandsteine zum Teil noch eingeschlossen ist. 


Nautilus cf. granulosostriatus (v. Klipst.) Laube. 


Endlich liegt mir auch das Bruchstück eines Nautilus aus den 
Daonellengesteinen vor, der bei der Präparation auch eine die zarte 
Skulptur zeigende Schalenpartie und den Abdruck der inneren Win- 
dungen ergab. Das Stück ist durch Druck etwas deformiert. Die 
zierliche Längs- und Anwachsstreifung ist auf der durch Präparation 
erhaltenen Seite deutlichst sichtbar. N. granulosostriatus wird aus den 
Mergeln der Stuoreswiesen bei St. Cassian angegeben (Mojs., Med. 
Tr., Taf. LXXXU, Fig. 7—9). Die Lobenlinie verläuft in der Tat 
fast geradlinig. Mir scheint nur die Windungszunahme etwas all- 
mählicher zu sein als bei den abgebildeten Vergleichsstücken. 


Ceratites cf. lennanus Mojs. 
(Aus der Formengruppe von Ceratites binodosus v. Hauer.) 
Taf. XXIII (I), Fig. 8. 


Nur ein Stück liegt mir von Peäi vor, mit etwas mehr als die 
Hälfte des letzten Umganges, der auf der einen sehr flach gewölbten 
Seite recht gut erhalten ist, während die andere Seite tief abge- 


[33] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 653 


wittert doch noch den Verlauf der Loben erkennen läßt. Leider ist 
auch die besser erhaltene Seite der Abwitterung stark anheimgefallen. 
Am Rande erheben sich ziemlich dichtstehende Knoten. Die Flanken 
sind flach und glatt, lassen jedoch die von der Mitte aus wenig nach 
vorn gekrümmten ganz flachen Rippen oder Falten recht gut ver- 
folgen. Sie haben Neigung zum paarigen parallelen Verlauf. Vom 
Nabelrande ab sind sie nur schwach angedeutet und spalten sich vor 
der Mitte der Flanken in je zwei. Genau in der Flankenmitte erhebt 
sich ein ziemlich starker spitzer Knoten. Nur einer ist vorhanden, 
die übrige Oberfläche ist dornenlos. Die Dornen am Außenrande 
stehen 4—5°5 mm voneinander ab. 


Der Durchmesser mißt . . . ....645 mm 
Die Höhe des letzten Umganges . . 320 „ 
Die Dicke des letzten Umganges ca. 163 „ 
Die "Nabelweite dien . 23 I WU calı 130 | 


Zunächst wäre man wohl versucht, an Ceratites binodosus v. Hauer 
zu denken, die zahlreichen Außenknoten aber unterscheiden und 
deuten auf Oeratites lennanus hin. (v. Mojsisovics, Med. Tr. pag. 22, 
Taf. XXXVII, Fig. 10, und Taf. XL, Fig. 15.) Die Maßverhält- 
nisse stimmen ganz gut überein und auch der Verlauf der Loben 
spricht dafür. Aus einem grauen Kalke, der etwas an gewisse Kalke 
des Werfener Schieferhorizonts erinnert. 


Ceratites Kittli nov. f. 


(Aus der Formengruppe des Cer. subnodosus Mojs.) 
Tat. XXV (III), Fie. 13. 


Unter den von E. Kittl bei Pecenci (P“) gesammelten 
Materialien befindet sich ein recht gut erhaltener Steinkern eines 
Ceratiten, der eine nähere Betrachtung verdient. Er ist besonders in 
den inneren Umgängen (im gekammerten Teile) flach, während die 
Wohnkammer, soweit sie erhalten ist, sich rasch erweitert. Die Ober- 
fläche des weitnabeligen Stückes ist auf der Wohnkammer mit kräf- 
tigen einfachen Rippen bedeckt, welche gegen die Außenseite nach 
vorn gekrümmt sind und in einem kräftigen Marginalknoten endigen. 
Unterhalb der Mitte der Fianken treten auf einzelnen der Rippen 
Knoten auf und auch am Nabelrande verdicken sie sich etwas, was 
am gekammerten Teil, welcher kürzere Schaltrippen aufweist, besonders 
deutlich wird, so daß man hier förmlich drei Knotenspiralen an- 
nehmen kann, was an Cer. trinodosus und, da das vorliegende Stück 
viel aufgerollter ist, an Cer. evolvens v. Hauer (1887, pag. 26, Taf. VI, 
Fig. 4) erinnert, was noch dadurch geschieht, daß am gekammerten 
Teil von den Flankenknoten an drei Stellen je zwei Rippen abgehen. 
Die Externseite ist glatt und flach aufgewölbt. 

Die Loben sind sehr schön zu verfolgen, von den beiden ge- 
zackten Siphonalloben zu den gezackten Loben der Flanken, bis an 
den Nabelrand drei an der Zahl, und zwei kleine Zacken (Auxiliar- 
loben), eine am Nabelrande und eine zweite am Nabelabhange. Auf 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1918, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 85 


654 Franz Toula. [34] 


der Wohnkammer stehen 10 Rippen auf mehr als ein Drittel des 
Umganges, dann beginnen die Einschaltungen und sind im ganzen 
17 Rippen (davon vier Spalt- und Schaltrippen) zu zählen, jede in 
einem Marginalknoten endigend. | 


Maßverhältnisse: (a) 
Größter Durchmesser . . . . . 673 mm 68:8 mm 
Höhe der Wohnkammer . . RD 28:6. , 


Größte Dicke der Wohnkammer 20 in 27:8 
(Dicke in der Hälfte des Umgang 12 ls 
Nabelweite . . . Wa 197 


n 
n 


» 


In Vergleich bringe ich die Maßverhältnisse von Ceratites sub- 
nodosus Mojs. (Med. Tr. Taf. X, Fig. 10) unter (a). 

Es ist eine viel dicker werdende Form als alle bei F. v. 
Hauer und v. Mojsisovics abgebildeten. Außer den aus den 
Maßverhältnissen sich ergebenden Unterschieden würde die weniger 
gewölbte bis fast ausgeebnete Externseite das besprochene Stück von 
jenem von der Schreyeralpe unterscheiden. 


Ceratites af. bosnensis v. Hauer. 


(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. XXV (II), Fig. 18. 


In Prof. Kittls Aufsammlung liegt ein Wohnkammerbruchstück, 
welches sich den v. Hauerschen Arten Ceratites fissicostatus, bispi- 
nosus und bosnensis zugesellen dürfte (v. Hauer 1887, LIV. Bd. d. 
Denkschr., Taf. VII u. ebend. 1896, Bd. LXIlI, Taf. VI, Fig. 1), 
ohne mit einer der Arten ohne weiteres vereinigt werden zu können. 
Bei dem mir vorliegenden Bruchstücke stehen die derbspitzigen Knoten 
am Rande der Externseite, am Ende der Rippen. Viel näher dem 
Nabelrande treten in einer zweiten Spirale etwas weniger kräftige 
Dornen auf, an welchen die vom Nabelrande kommenden Rippen sich 
in je zwei gabeln; die schwach beginnenden Spaltrippen ziehen 
derber werdend zu den Randdornen. Noch näher dem Nabelrand ist 
eine dritte Knotenspirale angedeutet. Wenn auch v. Hauer (l. c. 1896, 
pag. 255 [19]) darauf hinweist, daß die Skulptur dieser Formen „viel- 
fachen Variationen unterworfen“ sei, „bei deren konsequenter Berück- 
sichtigung beinahe jedes Fxemplar zu einer besonderen Spezies 
gemacht werden müßte“, so scheint mir die konsequente Spaltung 
der Rippen in je zwei, das Hinabrücken der Flankendornen gegen 
den Nabelrand und die wohlaufgewölbte, aber nicht so ausgesprochen 
gekielte Externseite so bemerkenswert, daß die vorliegende Form 
den von Hauer aufgestellten Formen „mit einem besonderen Namen“ 
angeschlossen werden müßte, wenn der Erhaltungszustand ein besserer 
wäre. Übrigens ließ sich durch Abformung auch der nächstinnere 
Umgang wenigstens in der Externregion herstellen. In gleichen Ab- 
ständen treten darauf die Dornenknoten, jeder am Ende einer Rippe, 


deutlich hervor und zwischen ihnen eine gerundete Aufwölbung in 
der Mittelebene. 


[35] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 655 


v. Hauer hat später (l. e. LXIlI. Bd., 1896, pag. 19) die 
stärker aufgeblähten Formen von Haliluei als Ceratites halilucensis 
(LIV., Taf. VI, Fig. 2) abgetrennt. Auch das mir vorliegende Stück 
ist viel dicker als ©. bosnensis, die Stellung der Knoten ist jedoch 
das Unterscheidende, ebenso wie von Cer. füssicostatus v. Hauer 
(. ec. LXIIL, Taf. VII, Fig. 1 u. 2). Diese Formen schließen sich 
zweifellos eng aneinander. Wenn das Hinabrücken der Knoten über 
die Mitte hinaus nicht hinreichen sollte, eine weitere Abtrennung 
notwendig zu machen, so gehört das mir vorliegende Bruchstück doch 
sicher in dieselbe Gruppe, möge man die betreffende Form, wie 
v. Hauer sagt, „als selbständige Art oder nur als Varietät“ be- 
trachten. 


Ceratites (Halilucites) af. rusticus v. Hauer spec. 
Taf. XXIIL (D, Fig. 7. 


Von der Fundstelle bei Duler liegt mir leider nur in einem 
Stücke eine schön gekielte Form mit Ceratites-Loben (ganz einfache 
Sättel und einfach gezackte Loben) vor, die ich mit Ceratites (Hun- 
garites) rusticus H. (Bosnien, Denkschr. LXIII., 1896, Taf. IX, Fig. 1—4) 
und Ceratites (Hungarites) obliquus v. Hauer (l. ec. Fig. 5—7) in Ver- 
gleich bringen mußte. Die Kielfurchen sind weniger vertieft als bei 
H. rusticus H. Fr. v. Hauer hat die erstere Form als „Hungarites ?* 
bezeichnet, während die zweite geradezu zu Hungarites gestellt wurde. 
Auf die erstgenannte Form gründete Diener (Sitzb. d. W. Ak. OXIV., 
1., pag, 775) das Subgenus Halilucites, das sich besonders durch den 
gerundeten, nicht dachig zugeschärften Externkiel mit „tiefen Extern- 
furchen“ von Hungarites unterscheidet, das zweite Unterscheidungs- 
merkmal, „eine mehr oder weniger deutliche Konkavität* auf den 
Flanken, kann ich an meinem, auf der einen Seite recht wohlerhaltenen 
Stücke nicht wahrnehmen. 


Mein Stück hat einen größten Durchmesser von nur 48:0 mm (63°5) 


bei einer Höhe des letzten ne VOB) . 41: 220 „u (243) 
und einer Dicke von . . AUERIERETSEE  IEE Ra R .)) 
welche dem Nabeldurehmesser. . - : .....188 or a0) 


fast gleichkommt. 


Die gleichen Maße nach der Abbildung von H. rustieus v. H. 
in gleichem Sinne gemessen setze ich in Klammern neben die Maße 
meines Stückes. 


Die Flanken sind mit derben Rippen bedeckt, welche sich an 
der Externseite nach vorne krümmen. Die Rippen entspringen an den 
Nabelrandknoten, deren, ähnlich jenen bei Hauers obliguus (l.c. Fig. 5), 
etwa 15 im Umkreise stehen, während ich an der genannten Abbildung 
deren 19 zähle. Die von den Knoten abgehenden Rippen spalten sich 
vor der Flankenmitte in zwei oder drei. An den Spaltungsstellen 
sind knotige Verdickungen vorhanden. Am Furchenrande zähle ich 
37 Spaltrippen im Umkreise, einige derselben bilden auch Schalt- 
rippen. 


85*+ 


656 Franz Toula. [36] 


Die Lobenlinie ließ sich nicht freibekommen, nach den an Ab- 
witterungsstellen erkennbaren sind sie etwas breiter gebaut mit schön 
gerundeten Sätteln, ohne Andeutung von Lappung. 

K. Diener hat in den Trinodosusschichten von der Schiech- 
lingshöhe bei Hallstatt (Beiträge XIII, 1900, pag. 10) eine nahe- 
stehende Form als Ceratites af. obliquus v. Hauer besprochen. 
Salopek hat (Glasnik XXIV., Agram 1912, pag. 5 d. Separatabdr.) 
bei Greguric-Brijeg in der Samoborska Gora zwei Exemplare gefunden, 
welche er als Halilueites cfr. rusticus Hau. bezeichnet; sicherlich 
nahestehende Formen. Die Abbildungen (Djela Jugosl., Ak. XX., 
Agram 1912, Taf. I, Fig. 2) erlauben jedoch keinen sicheren Vergleich. 


Japonites af. planorbis v. Hau. 
(Vielleicht eine neue Form.) 


In Dir. E. Kittls Aufsammlungen (Petenci P‘) liegt mir nur 
ein vielbeschädigtes Stück vor, bei dem ich zuerst an Gymnites 
acutus v. Hau. (1892, Taf. XII, Fig. 2) und Sibyllites planorbis v. Hau. 
(1896, Taf. XII, Fig. Tu. 8) denken mußte. 


Das mir vorliegende Stück erlaubte die folgenden Abmessungen: 


(a) 
Durchmesser . . . ca. 660 mm 926 584 
Die Höhe des letzten Umganges . 120°57°,),. 718054 8 a0: 
Die Nabelweite . . . „clea: 32:07. DE Dumas 


Ich setze unter (a) die Abmessungen des erstgenannten, unter 
(b) jene des zweiten Stückes (nach den Abbildungen in gleichem 
Sinne gemessen) daneben hin. 


Schon daraus geht hervor, daß das zweite Vergleichsstück das 
näherstehende ist, wenn es auch um etwas weniges enger genabelt 
erscheint. 


Die Skulptur ist auf meinem Stücke ähnlich. Die Schalenober- 
fläche ist mit sehr schwachen Radialfalten bedeckt. Der Unterschied liegt 
in der weniger zugeschärften Externseite, während bei Hauers Ab- 
bildung ein förmlicher Kiel gezeichnet wird. Freilich wird das kleinere 
Exemplar (l. ec. Fig. 1 u. 2) darin wieder sehr ähnlich. Neuerlichst 
hat M. Salopek Japonites behandelt und Sibyllites planorbis v. Hauer 
dazugerechnet. Er selbst beschreibt eine neue Form als Japonites 
ernogorensis (Abh. d. k. k. geol. R.-A. 1911, pag, 18, Taf. I, Fig. 1), 
ein flachscheibenförmiges Bruchstück mit scharfem Kiel, welches er 
unter anderen mit den indischen Formen Jap. Chandra Diener (1895, 
Taf. X, Fig. 4) und Jap. Sugriva Diener (1895, Vol. II., ır., Taf. VII, 
Fig. 1) vergleicht. Die letztere Form scheint dem mir vorliegenden 
Stücke ähnlicher zu sein, schon der Beschaffenheit der Externseite 
nach. Diener bezeichnet diese Art als mit Japonites planiplicatus Mojs. 
nahe verwandt. Japonites ernogorensis unterscheidet sich von den ge- 
nannten Formen, wie mir scheint, durch den ansehnlichen, breit 
gebauten Siphonallobus. 


[37] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien, 657 


Das mir vorliegende Stück bietet insofern etwas Neues, weil die 
inneren Umgänge (2—4) weggebrochen, die innersten aber (5—7) 
wohlerhalten sind. Der fünfte Umgang (von außen gezählt) besitzt 
eine schöngekrümmte Externseite mit einer leichten Andeutung einer 
mittleren Erhöhung. Die Lobenlinie (Fig. 20) läßt sich von dieser 
bis an den Nabelrand gut verfolgen. Der Externsattel ist im Umriß 
spitz dreieckig. Der Syphonallobus klein, nach der Seite gerichtet, der 
erste Lateral unten einfach gezackt wie bei Ceratites, der darauf- 


Fig. 20. 


I 
\ 


Lobenlinie des Kernstückes. 
(Stark vergrößert.) 


folgende breite Sattel ist kaum merklich gekerbt, der zweite Lateral 
klein, nach unten in ein Spitzchen auslaufend. Gegen den Nabel- 
rand folgt noch ein kleiner, wie es scheint zweispitzig endigender 
Hilfslobus, an den sich sehr eng ein zweiter anschließt. Mit einiger 
Mühe gelang es mir, den zweiten Umgang abzuheben und die Loben- 
linie an diesem durch Schleifen und vorsichtiges Atzen frei zu 
bekommen (Fig. 21). Dadurch überzeugte ich mich, daß der Loben- 
charakter auch am zweiten Umgange derselbe ist, nur daß die Sättel 
tiefer eingeschnitten sind, etwa so, wie es v. Mojsisovics (Jap. 
Triasf., Beiträge VIl., 1888, Taf. IV) bei seinem Ceratites (?) plani- 
plicatus angibt, einer Form, die er später (Hallstatt, II., pag. 503) 
als Japonites bezeichnete. 


Fig. 21. 


Lobenlinie des vorletzten Umganges. 
(Vergrößert.) 


Der erste Seitenlobus ist ganz so wie bei J. planiplicatus, der 
zweite ist viel kürzer, der dritte ist klein und unten zweispitzig, mit 
den Spitzen etwas gegen die Externseite gerichtet. Der Sattel 
zwischen dem zweiten und dritten Lobus ist durch einen kleinen 
Nebenlobus in zwei Teilsättel zerlegt. Gegen den Nabelrand tritt 
nach einem niederen und breiten Sattel ein winziger zweispitziger 
Hilfslobus auf. Ein ähnlicher steht am Nabelhange. Bei Japonites 
planiplicatus Mojs. und bei den von Diener (l. c. Taf. VII und X) 


658 Franz Toula. [38] 


abgebildeten Formen Jap. Sugriva Dien., Jap. runcinatus Opp. sp. und 
Jap. Chandra Dien. ist der dritte Lobus deutlich schräg gegen die 
Externseite gerichtet, also ähnlich so wie bei Gymnites. Die Ahn- 
lichkeit der allgemeinen Form und Evolution meiner Form sowohl 
als auch des Japonites chandra Diener mit Gymnites acutus v. Hau. 
ist eine gewiß überraschende. 

Ich würde nicht angestanden haben, das vorliegende Stück mit 
Hauers Sibyll. planorbis zu identifizieren, wenn nicht der Loben- 
charakter mit den viel schmäler gebauten Loben mich abgehalten 
hätte, sowie der schärfere Kiel des fast gleichgroßen Stückes von 
Han Bulog. N 

Die formelle Ahnlichkeit von Gymnites acutus v. Hau., Japonites 
planiplicatus Mojs. und Japonites („Sibyllites“ v. H.) planorbis v. Hau. 
ist auffallend genug, auch die Neigung des dritten Lobus gegen die 
Externseite ist ein Anklang an den Gymnites-Charakter. Schlüsse 
daraus zu ziehen erlaube ich mir nicht, das mir vorliegende Stück 
müßte besser erhalten sein. 


Ptychites Studeri v. Hau. — flexuosus Mojs. — acutus Mojs. 


Von dieser Formengruppe liegt mir ein sehr großes Material 
vor, sowohl in meinen Aufsammlungen als auch in jenen weil. Direktor 
Kittls, der von seinen 253 Stücken 190 Stücke als Ptychites und 
davon 9 Stücke als Pt. flexuosus, 91 als Pt. acutus bestimmte, 66 aber 
als „juvenis* bezeichnete. In der Tat ist die größere Zahl der Fund- 
stücke durch die zugeschärfte Externseite ausgezeichnet. 

.. Bei der Durchsicht dieses großen Materials ergab sich schließlich 
die Überzeugung, daß v. Hauer wohl das rechte getroffen hat, als er 
Ptychites acutus Mojs. nur als eine Varietät auffaßte von seinem Piy- 
chites Studeri, wobei er Piychites flevuosus Mojs. mit Pt. Studeri ver- 
einigte. Wenn ich die Fülle von Stücken überblicke, so ergibt sich 
mir jedoch eine gewisse Gruppierung; ich finde Stücke mit geraden 
oder nur wenig und selbst nach rückwärts gekrümmten 
Radien, für sie müßte der Name Ptychites Studeri v. Hau. fest- 
gehalten werden. Die viel größere Anzahl umfaßt Stücke mit den 
schön, fast siehelförmig gekrümmten Radien: Piychites flexuosus Moj- 
sisovics, von welchen eine geringere Anzahl durch sehr allmähliche 
Verschmälerung der Externseite auffällt, während die größere Zahl 
meiner Stücke die ziemlich rasche Verschmälerung, ja selbst Zu- 
schärfung der Externseite zeigt, die bei manchen nur am vorletzten 
oder bei anderen bis zum drittletzten Umgang auftritt, während die 
inneren Umgänge rasch wieder breiter werden; alle Formen aber 
erscheinen in den innersten Umgängen geradezu aufgebläht. Es dürfte 
daher eine zusammengehörige Formengruppe vorliegen, für welche in 
der Tat der erste Name Pfychites Studeri v. Hau. aufrechterhalten 
werden sollte, wie denn auch die Ersten, die nach v. Hauer mit 
solchen Formen zu tun hatten, es so gehalten haben, und selbst 
Mojsisovies in seinen älteren Publikationen. Freilich würde sich 
daraus eine Nomenklatur ergeben, welche längst verlassen worden ist. 
Es müßte ja heißen: Ptychites Studeri, Studeri-flexuosus und Studeri- 


[39] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 659 


flexuosus-acutus, damit wäre wohl die Priorität der Namengebung ge- 
wahrt und zugleich das verwandtschaftliche Verhältnis ersichtlich. 

Ich will diese vielen Formen aber doch als Ptychites Studeri 
v. Hau., Ptychites flexuosus v. Mojs. und Pfychites flewuosus acutus 
zusammenfassen, weil dies der neueren Bezeichnung sich wenigstens 
annähert. 


Ptychites Studeri v. Hau. 
Taf. XXIII (N), Fig. 4. 


Die Gruppe der Ptychiten mit geraden, den Nabelrand nicht 
erreichenden Rippen, welche sogar die Neigung zeigen, sich leicht 
nach rückwärts zu krümmen, machen bei der Bestimmung die aller- 
größte Schwierigkeit, die um so größer wird dadurch, daß v. Hauer 
nach der Abhandlung von 1887, worin er seine Stellungnahme in der 
Studeri-Frage (l. ec. pag. 48) recht bestimmt ausgesprochen hat, nicht 
mehr darauf zurückgekommen ist. Das Bedauerliche ist dabei, dab 
v. Hauers ÖOriginalexemplar, welches Mojsisovics wieder abbildete 
(Med. Trias Taf. LXII, Fig. 1a—c), und von dem es in der Tafel- 
erklärung heißt: aus rotem Kalkstein unbekannten Fundortes aus 
Dalmatien, Zone des Ceratites binodosus, nicht auffindbar ist. Wenn 
man Fr. v. Hauers Originalabbildung (Sb. d. Ak. XXIV, geol. Notizen 
Taf. I, Fig. 1) mit der von Mojsisovics gegebenen Abbildung ver- 
gleicht, so glaubt man übrigens, daß sie nicht dasselbe Objekt dar- 
stellen, obgleich sie beide von demselben Zeichner hergestellt wurden. 
Da ich bei Peci ein Stück sammelte, welches trotz seiner geringen 
Größe: Durchmesser 63 mm, Dicke ca. 20 mm, Nabelweite 10 mm, 
einen vollen halben Umgang als der Wohnkammer angehörig auf- 
weist, so gut mit den Maßverhältnissen bei dem Hauerschen Original 
stimmt (nach Mojsisovics |. c. pag. 261: 60:22:10°5), möchte ich 
das Stück als Ptychites Studeri v. Hauer bezeichnen, indem ich mich 
dabei auf die erwähnten Ausführungen v. Hauers stütze, der seinen 
Ptychites Studer: durchaus nicht auf Formen mit dem außergewöhn- 
lichen Siphonallobus jener Originalfigur beschränkt wissen wollte. Ich 
bin übrigens der Meinung, daß die ganz absonderliche Ausbildung des 
Siphonallobus des Originalexemplars durch den FErhaltungszustand 
bedingt worden sein könnte. Derselbe ist bei allen Gliedern der Ver- 
wandtschaft sehr klein. 

v. Hauers erste Beschreibung (1857) bezieht sich auf alpine 
Fundstücke und wird das Stück aus Dalmatien (?) nur miterwähnt und 
zur Darstellung der Lobenlinie benützt. Die Beschreibung gibt an 
(1857, pag. 147), daß der Siphonalsattel nicht auf der Mittellinie liege, 
was wohl auch auf eine Deformation schließen läßt. Bei den Stücken, 
welche mir Herr Skakic brachte und solchen, welche ich selbst sam- 
melte, konnte ich mich überzeugen, daß infolge der verschiedengradigen 
Abwitterungen die Siphonalloben in der Tat die verkümmerte Er- 
scheinung zeigen, welche v. Hauer zeichnen ließ, während an 
anderen Stellen derselben Stücke Zackungen deutlich werden. 

Meine neuen Aufsammlungen haben die Zahl der zu Pftychites 
Studeri Hau. zu stellenden Stücke auf etwa 10 vermehrt. In Kittls 


660 Franz Toula. [40] 


Materialien von P“‘ fanden sich fünf Stücke, welche ich der geraden 
Rippen wegen dazugerechnet habe. Darunter ein größeres Stück, 
bei dem der fünfte Flankenlobus schon am Nabelrande steht. Es ist 
durchweg gekammert. Von der Fundstelle P’ liegen mir acht Stücke 
vor und auch zwei der kleinen Stücke haben die Rippung des Ptychites 
Studeri. Hie und da erkennt man auch die Neigung der Rippen, sich 
nach rückwärts zu krümmen. Die Zahl der Rippen und Zwischenrippen 
ist recht verschieden. Bei einem Stücke mit einem größeren Wohn- 
kammeranteil zähle ich nur 15, bei einem anderen 18, bei einem 
Stücke von „Tiskovac“ (von Skakiö gesammelt) 21 solche Rippen. 


Im folgenden gebe ich die Maßverhältnisse in Millimetern von 


sieben Stücken: 
j® 9. 3 4. 5. 6. 1: 


Durchmesser. . ..... . 830 63:07, 900 "ol5 Doreen 
Höhe des letzten Umganges 420 330 265 285 27 185 19 
Dicke d. letzten Umganges ca. 290 23:5 236 202 19 156 13 
Nabelweite .. . ... .. .- 1552 1007 110278 0%2.7 re 


1. Kittls Sammlung von P'“. 

2. Stück aus meiner Sammlung von Peci mit erhaltenem halben 
Wohnkammerumgang (Taf. XXIII (D, Fig. 4). 

3. Kittls Sammlung von P‘ mit einem Viertelumgang Wohn- 
kammer. 

4. Das Stück von „Tiskovac“ mit 21 Rippen, ohne Wohn- 
kammerreste. 

5 NTeRititlsı Sammlung on. 


Das siebente Stück läßt auf der Außenseite den Sipho deutlich 
verfolgen. Die Verschiedenheiten der Maßverhältnisse sind immerhin 
recht beträchtlich, besonders jene der Nabelweite. 

Das erwähnte Stück von Tiskovac (Nr. 4 der verglichenen 
Stücke), ein verhältnismäßig sehr guterhaltener Steinkern, ist durchaus 
gekammert. 

Der Nabel ist tief hinein sichtbar, etwas enger als bei v. Hauers 
Type, etwa so, wie bei v. Mojsisovics’ Ptychites gibbus (Benecke)'), 
eine flachere Form mit zugeschärfter Externseite, während mein Stück 
in dieser Beziehung ganz den Stücken von Han Bulog gleicht, welche 
ich aus der Sammlung des k. k. Hofmuseums vergleichen konnte. Die 
weniger tief zerschlitzten Sättel gleichen aber wieder mehr der 
gibbus-Form. Der Externsattel ist klein, die kleinen Externloben 
zeigen unten zarte Zähnelung. Die Zahl der Sättel und Loben der 


ı) W. Benecke hat für seinen Ammonites gibbus (Beitr. 1865, pag. 154, 
Taf. II, Fig. 2) als auffallendstes Merkmal die keulenförmige Gestalt der 17 
Rippen angegeben, was bei den Abbildungen v. Mojsisovics (l. c. Taf. LXV, 
Fig. 2—4) eigentlich wenig hervortritt. In einer Fußnote in v. Dittmars „Zur 
Fauna der Hallstätter Kalke“ (Beiträge 1866, pag. 348) erklärt Benecke, daß 
es ihm „unzweifelhaft“ scheine, daß sein Ammonites gibbus mit Amm. Studeri Hau. 
identisch sei, wofür auch die Lobenzeichnung bei Mojsisovics (l. c. Taf. LXV, 
Fig 2c) spricht, wo Externsattel und -loben ganz die bei Studeri auftretende Aus- 
bildung aufweisen. 


[41] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 661 


Flanken ist bei allen drei Arten übereinstimmend. Der sechste Lobus 
fällt auf den gerundeten Nabelrand. 

Auch bei den Vergleichen mit den drei genannten Arten kam 
ich schon bei den ersten Stücken, die mir zugegangen waren, zu der 
Überzeugung, daß sie einander sehr nahestehen, näher als daß man 
sie als sichere „Arten“ betrachten könnte. Für Pfychites flewuosus 
bleibt eigentlich nur die Krümmung der Rippen übrig. Bei meinen 
Stücken von Pedi käme noch die mehr scheibenförmige Gestalt 
(geringe Dicke) und die größere Anzahl der Loben hinzu, deren Zahl 
Mojsisovics jedoch als variabel angibt (l. c. pag. 262). 

In der späteren Arbeit v. Hauers wurden Ammonites cochleatus 
Opp. und rugifer Opp. mit Ptychites Studeri vereinigt. Die erstgenannte 
Art (Pal. Mitt. Taf. LXXXV, Fig. 1) hat in der Tat große Ahnlich- 
keit, so daß sie auch Edm. v. Mojsisovics an Pt. Studeri als dem- 
selben zunächststehend angeschlossen hat (Med. Trias pag. 261). 
Ammonites rugifer zeigt freilich andere Eigentümlichkeiten, vor allem 
ist es ein viel dickeres Individuum, dessen Rippen weit an die Extern- 
seite hinaufreichen. Auch K. Diener hat in seiner großen Arbeit 
über die Muschelkalkcephalopoden des Himalaja (Pal. Ind. XV., II., 
2., 1895, pag. 63, Taf. XVII, Fig. 5) dem zugestimmt. Ob nicht auch 
Ptychites Sukra Dien. (l. c. Taf. XXVIl, Fig. 2) in die Studeri-Gruppe 
zu stellen sei, bleibe dahingestellt, die geraderippigen Formen scheinen 
mir auf eine nähere Verwandtschaft der „Pfychites rugiferi“ hinzu- 
weisen. Außer dem Ammonites gibbus Beneckes möchte ich von 
den von Mojsisoviecs zu seinem Piychites flexuosus gestellten Formen 
noch die folgenden mit Piychites Studeri zu vereinigen vorschlagen: 
Med. Trias Taf. LXII, Fig. 3, von der Schreyeralpe, Fig. 4 von Reutte, 
Taf. LXIV, Fig. 2, von der Schreyeralpe, Taf. LXV, Fig. 2 (Pychites 
gibbus Mojs.) von ÖOber-Prezzo, dessen Siphonalloben überraschend 
jenen von Hauers Original ähnlich sind. Vielleicht auch die Form 
Fig. 3 von derselben Lokalität. Alle haben die größte Ähnlichkeit 
auch in bezug auf die Rippung. 


Ptychites opulentus E, v. Mojs. 
Taf. XXIII (N), Fig. 3. 


Ein hübsches kleines Steinkernexemplar von Pecdi mit recht 
deutlicher Lobenzeichnung, aufgebläht, eng und tiefnabelig mit einer 
deutlich ausgeprägten Steinkernfurche, die leicht nach rückwärts ge- 
krümmt über die Außenseite hinüberzieht. Der Querschnitt der Umgänge 
ist breiter als hoch. Es ist vielleicht das Kernstück eines größeren 
Exemplars der Studeri-Formen. 


Größter Durchmesser . . 32:0 mm 

Die Mündungshöhe über dem 

vorhergehenden Umgang beträgt 
nur 7 mm. 


Höhe des Umganges bei 110 „ 
Breite 26 mm Durchm. 160 


Beweite 21%. 2er, 


Die Lobenlinie entspricht, besonders was die Kleinheit des 
Außensattels anbelangt, der Beschreibung bei v. Mojsisovics 
Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 86 


662 Franz Toula. [42] 


(M. Tr. pag. 259, Taf. LXXIII, Fig. 4). Der fünfte Seitenlobus steht 
an der Nabelkante. Auffällig ist, daß nur eine Steinkerneinschnürung 
auftritt. 

Zwei kleine Stückchen der Kittlschen Aufsammlungen (P‘) 
fallen durch stärkere Aufblähung und eines davon trotz seiner Kleinheit 
durch einen sehr weiten Nabel auf, der treppenförmig abfallend vier 
Umgänge darbietet. Dieses Stück hat einen Durchmesser von nur 26 mm, 
eine Höhe des letzten Umganges von 16'6 mm, bei einer Dicke von 
13:3 mm und einer Nabelweite von 6 mm. 

Diese Stücke werden wohl auch in die Gruppe der „opulenti“ 
zu stellen sein, um so mehr, als auch Einschnürungen vorkommen, 
welche bei Kernstücken von Pfychites opulentus und progressus ge- 
zeichnet wurden (Med. Tr. Taf. LXXIU, Fig. 4, und Taf. LXVII, 
Fig. 6), freilich sind diese Stücke noch stärker aufgebläht. 

Ein kleines Stück aus dem hellen Kalke (P‘) entspräche aber 
auch dieser Bedingung: Durchmesser 20, Höhe 10, Dicke 13 und 
Nabelweite 57 mm. Es hat eine größere Zahl von Einschnürungen (5). 


Mir liegen außerdem mehrere stärker aufgeblähte Stücke vor 
(in Kittls Aufsammlung, eines von P“ und eines von P‘), welche 
sich durch die gerade verlaufenden Rippen, den tiefen Nabel, welcher 
bis vier Umgänge erkennen läßt, aber auch durch die Lobenbeschaffenheit 
an Ptychites Studeri v. Hauer anschließen. Ich zähle fünf ganz all- 
mählich kleiner werdende Loben auf den Flanken bis zum Nabelrande. 


Form und Rippung erinnern sehr an Pfychites opulentus Moys- 
(Med. Tr. LXXIII, 1—4) und junge Exemplare von Ptychites Suttneri (l. c- 
LXXIV, Fig. 2 u.4). Dasselbe gilt auch für Piychites progressus (l. e. Taf- 
LXVII, Fig. 6)1). Die drei letztgenannten Formen unterscheiden sich 
dadurch, daßsienur vier Loben auf den Flanken aufweisen und der fünfte 
schon am Nabelrande steht. Dazu kommt noch, daß bei dem der Form 
nach ähnlichen Pf. opulentus der Externsattel und Lobus durch den 
„ganz rudimentären Medianhöcker“ sich unterscheidet. Bei meinen 
Stücken ist der Bau ganz wie bei Pt. Studeri klein, aber mit wohl- 
entwickeltem Medianhöcker. 


12 2. 2% 4. 5... (eh 
Durchmesser . . . 63 53-6 46 460 32 857 090 
Höhe d. 1. Umganges 32 28:0 DASBUDDN 16 ı AS 
Dicke „'"*. 2 "ea. 32 ca.23°0 ca.24 22:3, 03.207 Bm 
Nabelweite . . . . 10 80 7 80 bares 95 


(Das letzte der Maße [9'5] nach der Abbildung in gleicher Weise 
gemessen 13'5.) 


1. Von P“. Der innere Umgang könnte globos genannt werden. 


2. Von Pedi. Von der Wohnkammer ein halber Umgang erhalten, 
14 Rippen am halben Umgange. Taf. XXIII (I), Fig. 3. 
3. Von P“. Fünfter Lobus wie bei 4. 


') Was diesen Namen anbelangt, so ist v. Hauer eine Verwechslung wider- 


fahren, indem er (1887, pag. 42) bei Anführung desselben auf Abbildungen von 
Pt. opulentus Mojs. verweist. 


[43] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 663 


4. Von Peei. Der fünfte Lobus nahe am Nabelrande. 

5. Von Pe6i. 

(6). Oppel, Pal. Mitt. Taf. LXXXV, Fig. 1, zum Vergleich. 
Diener, Ceph. Muschelk., 1895, Taf. XVII, Fig. 3. 

Die Annäherung an die indische Art ist groß, nur ist die Nabel- 
weite eine größere. Die mir vorliegenden Stücke zeigen sonach eine 
weitgehende Annäherung an Pftychites Studeri v. Hau. 

(7). Ptychitus opulentus Mojs. (Med. Tr. Taf. LXXIII, Fig. 2.) 


Ptychites flexuosus Mojs. 
Taf. XXIV (M), Fig. 9. 
Besonders wohlerhaltene Stücke (Steinkerne) sammelte ich im 
To£&ilo do VedosSica, in einem grauweißen Gestein, welches zum Teil 


oder durch und durch verkieselt ist. Eines dieser (6) Stücke werde 
ich zum Ausgange meiner Darlegungen benützen. 


Sein Durchmesser beträgt . . . . 132 mm 
Die Höhe des letzten Umganges . . 69 „ 
Dicke des letzten en At. FAR er Hi 
Nabelweite . . . 19 I UNE HN 


Wenn ich diese sicheren Maße mit jenen bei Mojsisovics 
vergleiche (l. ec. pag. 262 u. 263), so ergibt sich, daß mein Stück 
dicker ist als die dickere Form von Ptych. flexuosus Mojs. Mein Stück 
weist mehr als einen halben Umgang ungekammert auf. Die Oberfläche 
zeigt die bezeichneten flexuosen Rippen, und zwar neun auf dem halben 
Umgange. Auf der Wohnkammer verflachen diese Rippen bis zur Un- 
deutlichkeit. Gegen die Externseite weisen sie eine Verdickung auf, 
was auch den Zeichnungen bei Mojsisovics entspricht (l. c. 
Taf. LXIV, Fig. 1 u. 4). Zwischen je zwei der Rippen erkennt man 
unschwer zwei Schaltrippen, die nach vorn gekrümmt, über die zu- 
geschärft erscheinende Externseite hinüberziehen, ebenso wie je zwei 
von den Hauptrippen auslaufende zarte Fältchen. Der Nabel ist steil 
abfallend und läßt fünf Umgänge erkennen. Die Loben sind vortrefflich 
zu verfolgen; ich zähle sechs auf den Flanken, der siebente steht am 
Nabelrande. Bei den inneren Umgängen erzeugen die Loben, am Nabel- 
rande und -hange (zwei feinzackige), eine förmliche Gliederung der 
Umgänge. 

Im folgenden gebe ich die Maßverhältnisse einer Anzahl der 
Stücke der Kittlschen Aufsammlungen, die ich zu Pt. flexuosus stelle: 


l. 2. 3. 4. 5. 0.07: 8. ©) 10122218 
Durchm. . 228 155 139:0 119 1057 99 81-2 81:7 79:0 69:6 477 
Hohe ‘. .. 115 80 744 62 565 52 440 445 42:0 38:0 250 
Dieke . .. 75 ea.40 36:0 30 28-0 29 21.4220 22-4.18:5.157 


Nabelweite 29 12. 13% 127 10,010 726 29:0: IHRE 9750 


1. Rippen nicht erkennbar. Der letzte Umgang besitzt einen 
wenig hohen Nabelhang. 

2. Auffallend flach. Die Schaitrippen lassen sich bis an den 
Nabelrand verfolgen. 


86* 


664 Franz Toula. [4 4] 


3. 17 Rippen am Umgange, Nabel tief, läßt fünf Umgänge er- 
kennen. 

4. 17 Rippen. An zwei Stellen vor der Flankenmitte Neigung 
je zweier Rippen, sich zu vereinigen. Der Sattel vor dem Nabelrand 
leicht zweiteilig. Zarte kurze Schaltrippen. Von der Wohnkammer ist 
ein halber Umgang erhalten. 

5. Von der Wohnkammer ein Viertelumgang erhalten, sieben 
Loben vor dem Nabel. 18 Rippen, mit Neigung je zweier, sich zu 
vereinigen. Nabel mit fünf Umgängen. 

6. Durchweg gekammert. Sieben Loben auf den Flanken. Der 
dritte Lobus durch eine tiefere Sattelbucht ungleich zweiteilig, etwas 
stärker, als es Beyrich (1865, Taf. I, Fig. 5) zeichnen ließ. (Varietät.) 
Rippen weniger stark gekrümmt. Größte Dicke am Nabelrande. 

7. Von der Wohnkammer ist ein halber Umgang erhalten. 14 Rippen. 

8. Durchweg gekammert. 21 Rippen. 

9. Durchweg gekammert. Sieben Loben (2+5), 15 Rippen. 

10. Durchweg gekammert. 14 Rippen, eine davon ist nach 
rückwärts gekrümmt. 

11. Durchweg gekammert. 12 Rippen, eine gegabelt, Neigung 
zur Rückwärtskrümmung. Größte Dicke am Nabelrande. 


Alle 11 Individuen stammen von Kittls Fundort ?P‘. Die 
Variabilität der Formen ergibt sich aus den gemachten Angaben, 
alle Stücke zeigen die Verschmälerung der Externseite. Bei den meisten 
Stücken liegt die größte Dicke in der Nähe der Mitte der Flanken. — 
Ein hübsches Bruchstück (von 74 mm Durchmesser) ist in der Mitte 
entzweigebrochen und läßt erkennen, daß die Zuschärfung der 
Externseite nach einwärts rasch abnimmt. Der innerste 
Kern erscheint fast kugelig, aber schon der dritte Umgang hat bei 
10 mm Kammerhöhe eine Dicke von 96 mm. Auch die unter 9 gemes- 
sene Scheibe besteht aus zwei zusammenpassenden Hälften und zeigt 
schön die rasche Abnahme der Zuschärfung. 

Ein Stück von P’ (der Kittlschen Aufsammlungen) von 95 mm 
Durchmesser und 25mm größter Dicke (auf der Mitte der Flanken) ist 
wie meine Stücke aus dem Tocilo do VedoSica ganz verkieselt, stammt 
aus demselben grauweißen Gestein, ist entzweigebrochen und zeigt 
am drittletzten Umgange bereits die ausgesprochen runde Extern- 
seite (Textillustration Fig. 22). 

An meiner südlichsten Fundstelle sammelte ich eine sehr wohl- 
erhaltene halbe Scheibe von 57 mm Durchmesser, 30 mm Höhe des 
letzten halben Umganges, 16 mm Dicke und 8 mm Nabelweite, mit 
14 flexuosen Rippen (auf dem Umgange) und einer scharfen Externseite, 
welches sich so verhält, wie es bei dem vorhergehenden Stücke gesagt 
wurde, der zweit- und drittletzte Umgang sind gerundet, der vierte 
ist bei einer Höhe von 6 mm 7'8 mm dick, der fünfte aber kugelig 
aufgebläht und gekammert. (Im Steinkerninnern findet sich eine größere 
Quarzausscheidung.) Textillustration Fig. 23. 

Ein Stück von P‘“‘ will ich noch erwähnen, welches besonders 
stark zugeschärft erscheint. Es hat einen Teil der Schale behalten, 
welche neben den flexuosus-Falten parallele, am Nabelrande beginnende 


[45] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 665 


Anwachslinien erkennen läßt, welche zart sind, gedrängt stehen und 
über die Externseite hinüber zu verfolgen sind, mit Krümmung 
gegen vorn, ganz so wie es Mojsisovics (l. c. Taf. LXIII, Fig. 5) 
zeichnen ließ. Man wird versucht, solche stärker zugeschärfte Stücke 
etwa als Pychites flewuosus var. acutus zu bezeichnen. Nach allem 
aber, was ich beobachten konnte, wird es sich in der Tat empfehlen, 
den Namen P’iychites flecuosus Mojs. als Artbezeichnung festzuhalten, 
wie dies schon Fr. v. Hauer (1887, pag. 43 u. 44) vorgeschlagen hat. 
Ammonites Studeri Beyr. (l. e. pag. 125, Taf. I, Fig. 5) ist ein Ptychites 
fexuosus Mojs., auch Ptychites Makendra Diener (1895, Taf. XVI, 
Fig. 1 u. 2) scheint mir ein ausgesprochener flexuosus zu sein. 


Fig. 22. Fig. 23. 


Mir liegen in meinen Aufsammlungen 11 Stücke (davon 10 Stein- 
kerne) aus dem grauen Kalke von Peci vor, welche durch ihre flache 
Gestalt, die ähnliche Rippung, Nabelweite und Lobenzeichnung, mit 
srößerer Anzahl der Hilfsloben (5—), als einander sehr nahestehend 
sich ergeben. Ein Stück (1.) zeigt auch Überreste der Schale und 
Schalenoberfläche, seine Außenseite ist jedoch leider stark abgewittert, 
Es sind durchweg Stücke, die bis ans Ende gekammert sind. Die 
Maßverhältnisse von fünf Stücken sind, soweit sie sich feststellen 
lassen, die folgenden: 


T: 2. 3. A. 00 ee 

Berehmesser. . . ©. 30078370 810 597385. 41.727172 
Höhe des letzterhaltenen 

Hmeanges- .: 5 63. 48:0°.4607450.23% 200 721 33 78 
Dicke des letzterhaltenen 

Emsanges ";0. 0 , 238,..28557021:5.,.4482. 12:0 15. 23) 542 

er lweitey. dt. ar 13, ID 17 


nach v. Mojsisovics 


666 Franz Toula, [46] 


Die Lobenzeichnung, wie sie von Beyrich (Muschelk. der 
Alpen, Taf. 1, Fig. 1c) gegeben wurde, stimmt bei allen auf das 
beste überein, nur der Außensattel erscheint bei meinen Stücken 
etwas mehr gezackt. Die Außenloben sind etwas ansehnlicher, als es 
v. Mojsisovies (Taf. LXII, Fig. 4, 6 und 7) zeichnen ließ, nur 
jene auf Taf. LXIV, Fig. 3, haben Ähnlichkeit, am ähnlichsten ist jene 
Taf. LXVI, Fig. 3, von Reutte. Die Zahl der gegen außen stets nach 
vorn gekrümmten Rippen beträgt bei allen meiner Stücke 13—14. 
An den erhaltenen Schalenteilen des einen Stückes treten zwischen 
ihnen feine, gedrängt stehende Zwischenlinien auf. An einem ziemlich 
vollständigen Steinkerne läßt sich die Siphonalröhre gut erkennen. 
Der Nabel mehrerer meiner Steinkerne läßt zwei bis drei der inneren 
Umgänge treppenförmig abfallend gut verfolgen. Mojsisovics nimmt 
drei Lateralloben an, ich zählte nach dem Vorgange Beyrichs. 
Die Loben nehmen vom ersten Seitenlobus so schnell an Größe 
ab, daß man schon den zweiten Laterallobus als Hilfslobus bezeichnen 
möchte, so viel kleiner ist er als der erste. 

Ptychites flexuosus ist von der Schreyeralpe als eine der häufigsten 
Formen bekannt. v. Mojsisovics lagen 150 Exemplare vor. Die 
Beständigkeit der Faltenrippen meiner Stücke und die Anzahl der 
Nebenloben läßt mich auch für diese Stücke das Festhalten der Art 
Pt. flexuosus als berechtigt erscheinen. 

Ein Steinkern aus dem roten Kalke von Peci hat eine schön- 
gerundete Außenseite, flachgewölbte Flanken und einen tiefen Nabel, 
der drei Umgänge erkennen läßt. Die Oberfläche ist mit 16 derben, 
wie Radspeichen nahe am gerundeten Nabelrande abstrahlenden 
Rippen bedeckt. Nur eine kurze Schaltrippe ist noch erkennbar. 


Durchmesser.’ .. a en 
Höhe des letzten Umganges Ru 321% SEM 
Dicke des letzten Umganges ID 
Nabelweite . . . ee 


Der Außensattel ist klein, es Außenlobus schmal gebaut. Auf 
den Flanken zähle ich bis zur Nabelkante sechs Loben. Ich möchte 
dabei an eine an Pfychites Studeri näher anschließende Form von 
Ptychites flexuosus denken, ähnlich etwa der von Mojsisovics 
(Med. Triaspr. Taf. LXIII, Fig. 3) abgebildeten Form. 

Zwei weitere kleine Steinkerne dürften hier anzureihen sein. 


Ptychites flexuosus v. Mojs. nov. var. 
(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. XXV (III), Fig. 16 und Textillustration Fig. 24. 


Von den vielen „Jugendformen“ oder Kernstücken der Kittlschen 
Aufsammlungen (von P‘) will ich ein absonderliches Stück hervor- 
heben. 


Durchmesser . . 0 ea ARE DE 
Höhe des letzten Umganges Re N ae 
Dicker, ..,. es MULE Nein: re 


» 


Nabelweite.... Wismar Sen 6 


[47] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 667 


Es ist durchweg gekammert. Die Oberfläche zeigt etwa 16 zu- 
meist gerade verlaufende Rippen, nur eine, die äußerste, ist gekrümmt 
wie bei Pt. flexuosus und eine Spaltrippe ist leicht nach rückwärts 
gekrümmt. Die Hauptrippen des äußeren letzten Haibumganges reichen 
bis an die Externseite, wo sie knotig anschwellen, und zwar so, 
daß die Rippenknoten beider Seiten einander berühren, ein Verhältnis, 


Ptychites flexuosus Mojs. var. 


das ich bei keinem der vielen Stücke aus der Pt. Studeri-flexuosus- 
Gruppe wiedergesehen habe. Die eine der „Schaltrippen“ zieht bis 
an die (rückwärts gekrümmte) Hauptrippe, mit der sie eine Art 
Gabel bildet. Das Stück besitzt sechs sich allmählich verkleinernde 
Loben auf den Flanken, der siebente Lobus (nach einem oben zwei- 
geteilten Sattel) fällt auf den Nabelrand. 


Ptychites flexuosus Mojs.-acutus Mojs. 


Schon im vorhergehenden sind Stücke erwähnt worden, welche 
man versucht sein könnte, unter dieser Bezeichnung mit anderen zu- 
sammenzufassen, wenn sie auch zum Teil recht zahlreiche ge- 
schwungene Faltenrippen, also die flexuosus-Skulptur aufweisen, wes- 
halb ich sie an diese Art anschloß. Die Stücke mit weniger zahl- 
reichen Rippen (siehe pag. 664 [44], Nr. 7 u. 9, 10 u. 11) kämen dabei 
vornehmlich in Frage. 

An Pfychites flewxuosus-acutus möchte ich zwei große Stücke von 
Tiskovac anschließen, wovon eines besonders gut mit größeren Teilen 
der Schale erhalten ist. Die leicht, aber deutlich nach vorn gekrümmten 
Rippen schwächen sich auf der Wohnkammer sehr ab. 


Durchmesser! .. 2.2 7 15.238071 27: On 
Höhe. des,letzten Umganges .. 2222690, 

Dicke des. letzten Umganges . . . 375 „ 

Nabelwalte..: . ol. Bu Deere 


n 


Die Maße stimmen recht gut mit jenen, welche Mojsisoviecs 
anführt (l. c. pag. 263, Taf. LXV, Fig. 1) überein. 


668 Franz Toula. [48] 


Das zweite Stück war noch weit größer, der Durchmesser war 
sicher mehr als 140 mm bei einer etwas geringeren Dicke, es war 
sonach ein besonders flaches Individuum. 

Im allgemeinen stehe ich bei der Entscheidung, ob diese Formen 
von Pt. flexuosus Mojs. und Ptychites acutus Mojs. in der Tat sicher 
auseinandergehalten werden können, vor derselben Schwierigkeit wie 
in früheren Fällen. In der Tat sind die Artunterschiede, welche 
Mojsisovics aufgestellt hat, nicht ausreichend, es bleibt nur die 
mehr oder weniger ausgeprägte Zuschärfung der Externseite übrig, 
denn die Zahl der Loben ist immer etwas veränderlich. In dieser 
Gruppe von Formen gibt es eben, wie bei vielen anderen, dickere 
und weniger dicke, mit vier oder fünf Adventivloben, mit mehr oder 
weniger zugeschärfter Externseite. Mojsisovics selbst bezeichnet 
Stücke als Piychites acutus, welche die Falten gegen rückwärts 
wenden (Med. Tr. Taf. LXVI, Fig. 4a und 5a), neben solchen mit 
sichelförmig nach vorwärts gekrümmten Faltenrippen (l. ec. Taf. LXVI, 
Fig. 6a, Taf. LXIV, Fig. 4), so daB neben der, wie wir gesehen 
haben, wenig besagenden Zuschärfung nur die geringere Anzahl der 
Faltenrippen übrigbleibt, die wieder kaum zur sicheren Unterscheidung 
ausreichen dürfte. 

Die Schwierigkeiten der Unterscheidung gehen aber noch weiter, 
sie greifen auch auf die von Mojsisovics aufgestellten „Gruppen“ 
hinüber. 

Vier Steinkerne von „Tiskovac“ (Aufsammlung Skakic) sind 
flach in verschiedenem Maße, ihre Rippen sind nur ganz wenig ge- 
krümmt (ca. 16 am Umgange), und zwar mit Neigung gegen rück- 
wärts, wie es Hauer bei seinem Pf. Studeri zeichnen ließ. Der 
Nabel ist tief und läßt drei der inneren Umgänge erkennen. 

Auf den flach gewölbten Flanken stehen sieben ziemlich breite 
Loben, wovon der siebente auf der Nabelkante liegt. Die Externloben 
sind ziemlich breit, der Externsattel ist kurz und unten breit. Von 
Pt. acutus Mojs. (l. e. Taf. LXIV, Fig. 4 LXY, Fe. Tu. 29T 
unterscheiden die bei diesem ausgesprochen flexuosus-artig gekrümmten 
Rippen. Freilich ist dieselbe Art (l. c. LXVI, Fig. 4 und 5) mit nach 
rückwärts gekrümmten Rippen gezeichnet, was wieder mehr an 
Pt. Studeri erinnern könnte und wieder beweist, wie recht v. Hauer 
gehabt hat, als er sagte (Denkschr. 1888, pag. 43), daB Mojsisovics 
mit seiner Artenbildung, wie ihm scheine, „zu weit oder viel zu wenig 
weit gegangen“ sei. 

1: 2. 3% 4. 

Durchmesser. 2. =... ...,98b) @0namı Tirı rar 

Höhe des letzten Umganges 52:0 4600 400 390 

Dicke des letzten Umganges 233 24:50 ca.27'0 21° 

Nabelmetewit 72 mine 9A 9:00, 27200 8:8 


Das letzte der Stücke zeigt auch einen Teil der Schalenober- 
fläche. Zwischen zwei etwas weiter als gewöhnlich abstehenden Rippen, 
welche leicht geschwungen sind, finden sich vier zartere Schaltrippen . 
und eine feine Streifung im selben Sinne. 


[49] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 669 


An der Fundstelle Peci kommen auch intensiv rot gefärbte 
Fundstücke dieser Gruppe vor. 

Ein größerer Steinkern von flacher Form hat folgende 
Dimensionen: 


Größter Durchmesser . . . . .. 107.0 mm 
Höhe des letzten Umganges . . . 55'0 
Dicke des letzten Umganges. . . 300 
Naselweite\.. 30. man Sonsrial. 2 lD°A 


Die Nabelweite ist im Verhältnis viel größer. 


Die Wohnkammer läßt ein scharfes Zulaufen der Außenseite 
nach dem Vorderrande zu erkennen, wo ein förmlicher Kiel ent- 
steht, der durch ganz flache Furchen wie zugeschärft erscheint. Die 
Rippen sind auf der Wohnkammer ganz flach geworden, zeigen aber 
den gekrümmten Verlauf etwa wie bei Pfychites flexuosus. Nach dem 
geschilderten Verhalten an der Außenseite könnte man versucht sein, 
an Ptychites evolvens Mojs. zu denken, an welche Form auch der 
schöngerundete Querschnitt des vorletzten Umganges erinnern könnte. 
Ein recht ähnliches Verhalten sah ich an einem Stücke im Hofmuseum 
vom Han Bulog, welches Fr. v. Hauer als Pfychites evolvens Mojs. 
bezeichnete. 

Die Lobenzeichnung, welche man an meinem Stücke recht gut 
verfolgen kann, stimmt jedoch nicht überein. 

Der Außensattel ist niedrig, die Sättel- und Lobenstämme aber 
sind durchweg breit gebaut. Außer dem ersten und zweiten Lobus 
kann ich bis zur Nabelkante nur vier sich rasch verjüngende Hilfs- 
loben erkennen. 


In Duler herrschen die verschiedenen Ptychiten gleichfalls 
weitaus vor. Wir sammelten 22 Stücke, neben nur 4 anderen Arten 
angehörigen. Die Ptychiten gehören fast durchweg in die Gruppe der 
Flexuosen nach Mojsisovics, und zwar zu jenen Formen, welche 
sich der Form des FPfychites acutus Mojs. zuneigen und die ich als 
Ptychites flexuosus var. acutus zusammenfassen möchte. Nur das eine 
und andere Stück verdient eine Hervorhebung. 

1. Eines meiner Stücke erscheint glatt, fast wie Piychites Uhligi 
(aus der Gruppe subfleruosi). Vom Nabelrande gehen ziemlich derbe, 
furchige Streifen ab, die den „Anwachslinien“ bei Piychites flexuosus 
ähnlich sind. Die Externseite ist nur wenig verjüngt. 

2. Ein anderes der von Duler vorliegenden Stücke gleicht in 
der Form des Steinkernes recht sehr dem FPtychites acutus Mojs. 
(Med. Trias Taf. LXV, Fig. 1). 


Vergleichsstück 
Durchmesser „7... 2»: 1025 mmı. (102:52 mm) 
Höhe des letzten Umgangess . 550 „ 2330 
Dicke des letzten Umganges ca. 275 „ (22:04 750 
Nabelweite . . . ea, TORE (a 


Mein Exemplar ist sonach enger genabelt und dicker. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 87 


670 Franz Toula. [50] 


Auffallend ist der wenig geschwungene Verlauf der Rippen, die 
eine kleine Verdickung aufweisen, was etwas an das Verhalten bei 
Pt. striatoplicatus v. Hau. (1887, Taf. VIII, Fig. 2«) erinnern könnte. 
Diese Form scheint die in Duler vorherrschende zu sein. Ich will 
die Maße von noch zwei Stücken zum weiteren Vergleiche dem oben 
angegebenen beifügen, um die Variabilität weiter zu belegen. 


Durchmesser . . 2, EIN 
Höhe des letzten Umganges . De A 
Dicke des letzten Umganges . 275 260 
Nabelweite 4°)... .. ans za 70 


3. Ein flacher Steinkern mit scharfer Externseite und gutent- 
wickelten Lobenlinien hat einen 


Durchmesser von. . . RR IE en 
Höhe des letzten Umganges A SIE RZE 
Dicke des letzten Umganges . KR FREMDER 
„Näabelweite:?, 1%. SE An 


Die Nabelweite ist im Verhältnis größer. Bis in den Nabelgrund 
sind im ganzen 8 Loben zu zählen, davon die zwei an der Naht sehr 
klein, der Lateral sehr ansehnlich, die übrigen gleichmäßig kleiner 
werdend 


4. Form. Ein Steinkern mit Schalenresten, mit etwa 12 Falten- 
rippen im Umkreise. Der Externlobus ziemlich breit gebaut, der 
Laterallobus ansehnlich. Auf den inneren Umgängen scheinen die 
Falten zu verflachen; auf der zum Teil erhaltenen Schale ist eine 
deutliche, feine Streifung zu erkennen. Zu äußerst tritt eine noch feinere 
Streifung auf, mit welligem Verlaufe und mit feinen Verästelungen, 
wie man dies an der „Runzelschicht* beobachtet hat. Dieses Stück 
erinnerte mich etwas an Pfychites noricus Mojs., nur erscheint die 
Externseite etwas schmäler und die Falten weniger deutlich nach 
vorn geschwungen (zwei Stücke). 


Von Duler liegt mir ein etwas stärker aufgeblähtes Stück vor. 


Durchmesser . . 2a mm 
Höhe des letzten Umganges NT ZN LE 
Dicke des letzten Umganges . . . 246 „ 
Meiterdes Nabels "1% 7. Wr. Pa een 


” 


Es besitzt etwa 21 gerade, derbe, gegen die Außenseite sich 
verdickende Rippen. Das Aussehen ist so, wie es Benecke von 
seinem Ammonites gibbus (später Studeri) zeichnete (Beitr. Taf. II, 
Fig. 1). Ich würde das Stück als Ptychites gibbus-Studeri Hau. ange- 
sprochen haben, wenn es nicht den schön gezackten ausgesprochenen 
flexuosus-acutus- -Siphonallobus besäße. (Med. Trias Taf. LXIV, Fig. 4c.) 
Vielleicht ist es eine neue Form. 


Vier der mit Teilen der Wohnkammer versehenen kleinen Stücke 
von Kittls Aufsammlung sollen in gleichem Sinne gemessen werden: 


[51] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 671 


1, R 3. 4. 
Durchmesser . . . ern... 520.500 47872460 
Höhe des letzten Umganges 280 272 264 240 
Baker... en. ae  -, 16:7 rk 
Nabelweite.. ... % rein... 0 55 60 2 


Die Variabilität der Formen in bezug auf die Nabelweite ist 
auffallend. 

Die Dicke ist im Verhältnis noch kleiner als bei Ptychites 
acutus Mojs. 

Acht weitere Stücke bezeichne ich als flexuosus Mojs.-acutus 
Mojs. Acht Stücke als Ptychites Studeri-flexuosus, von welchen sechs 
schon oben besprochen wurden. 24 Stücke lassen keine irgendwie 
auffällige Zuschärfung der Externseite beobachten und werden wohl 
als typische flexuose zu bezeichnen sein. 15 Stücke sind mit 
einer Verengung der Externseite, ja in einzelnen Fällen mit einer 
wahren Zuschärfung versehen und werden wohl zu Pfychites flexuosus 
acutus zu stellen sein. Daß Piychites acutus Mojs. mit flexuosus Mojs. 
zusammengehörig sei, bestätigt auch die Betrachtung der Kleinformen. 
Die Lobenlinien der kleinen, von mir als Pfychites Studeri v. Hauer 
oder als Ptychites Studeri-fexuosus bezeichneten Verbindungsglieder, 
stehen in schöner Übereinstimmung mit jenen von Pfychites flexuosus, 
doch ist die geradlinige Rippung augenfälliger als die Variabilität der 
Dicke und Verengung der Externseite, wobei festzuhalten ist, daß 
äußerlich auch ausgesprochen’ zugeschärfte Stücke in der vor- oder 
drittletzten Windung die Rundung der Externseite 
aufweisen. Auch diese kleinen Stücke zeugen für die Schwierigkeit, 
die flexuwosus-Formen mit Sicherheit als Arten oder Unterarten zu 
unterscheiden. 


Ptychites sp. 
(Aus der Formenreihe Pt. Studeri v. Hau-Pt. fleeuosus Mojs.) 


Aus einem reinen grauweißen Kalke (von P‘) liegt mir ein mit 
der Schale erhaltenes Stück vor, mit ziemlich derben Rippen, die 
nach einwärts enger aneinandertreten und Neigung haben, sich gegen 
die Externseite hin nach rückwärts zu krümmen, nach außen zu aber 
weit voneinander abstehen, so daß auf dem halben Umgang nur etwa 
bis acht derselben vorhanden waren. 

Aus demselben Hauptstücke erhielt ich ein Bruchstück einer 
flachen, konzentrisch gewulsteten Bivalve, welche unter der Lupe 
feine Anwachslinien erkennen läßt, aber keine Spur einer radialen 
Streifung. Für eine nähere Bestimmung reicht das Stück nicht hin, 
man könnte an eine Posidonomya denken. 


Ptychites spec. ind. 


„Zweifellos aus demselben Horizonte stammt ein großes, flach- 
scheibenförmiges Stück mit etwas weiterem Nabel und schwachen 
Andeutungen einer Sichelrippung. Es dürfte einen Durchmesser von 


8T* 


672 Franz Toula. [52] 


ca.125 mm besessen haben, bei einem Nabeldurchmesser von ca. 13 mm. 
Das Stück ist ganz flachgedrückt. Bei der Präparierung und Atzung 
kam ein Teil der äußeren Loben zum Vorschein: der erste Seiten- 
lobus mit den beiden angrenzenden Sätteln. Der Lobus ist kräftig 
und besitzt einen breiten Stamm mit drei Spitzen; der äußere Sattel 
zeigt drei obere, gerundete Blätter, der innen folgende ist tiefer ge- 
schlitzt. Eine gewisse Ähnlichkeit hat die Zeichnung von Ptychites 
flexuosus Mojs. (l. ec. Taf. LXIV, Fig. 3). Leider ist die Loben- 
beschaffenheit von Ptychites noricus Mojs. aus den Archelaus-Schichten 
nicht bekannt. Dreispitzig ist der Lobus von Pt. angusto-umbilicatus 
Böckh aus der Zone des Trachyceras Reitzi gebaut (l. ec. Taf. LXV, 
Fig. 6). Das Verhältnis des Durchmessers zur Nabelweite (60: 6°5) 
ist bei dieser Art ein ganz ähnliches. 


Ptychites Oppeli (Mojs.) v. Hauer. 


Von Kittls Hauptfundpunkt (P‘) liegt ein abgewittertes, aber 
im ganzen recht wohlerhaltenes größeres Stück eines rugiferen Pty- 
chiten vor, an dem auch hie und da Teile der Schale erhalten 
blieben. Gekammert bis auf ein kleines äußerstes Stück. Der tiefe 
Nabel ist sehr gut freigemacht worden, so daß fünf Umgänge er- 
kennbar sind. 


Die Loben lassen sich bis in die Nähe des Nabelrandes gut 
verfolgen. 


(2) (3) 
Durchmesser ..: %. 1. 12. sel De 7 
Höhe des letzten Umganges . 830 67 48 
Größte Dicke ..ı 2... 727 22.000 52,38 
Nabelweite A a 16. 34 


Die entsprechenden Maße bei Mojsisovics unter (2) und (3). 


Die Verhältnisse sind recht ähnlich. Die Höhe würde sich an 
dem mir vorliegenden Stücke mit 82 für (2) und mit 785 für (3) 
ergeber, es schließt sich sonach enger an die „dicke Form“ an, was 
auch für die Nabelweite zutrifft, es würde sich ergeben 193 für (2), 
23 für (8). Der Steinkern läßt das Vorhandensein von flachen Radial- 
falten erkennen, welche nach einwärts kräftiger hervortreten. Die 
Schalenoberfläche zeigt wohlausgeprägte Anwachslinien. 


Leider lassen sich nur vier Lateralloben erkennen, gegen den 
Nabelrand verdecken die Schalenreste die weiteren. Die Form der 
Loben ist durch den breiteren Stamm und die kürzeren Endzacken 
jener bei Pfychites Breunigi Mojs. (l. ce. Taf. LXXI, Fig. 2) ähnlicher 
als jener bei Mojsisovics’ Typus von Pf. Oppeli (l. c. Taf. LXXI, 
Fig. 2c). Fr. v. Hauer (Han Bulog 1887, pag. 39) hat Pt. Breunigt 
Mojs. und Pt. Seebachi mit Pt. Oppeli wohl mit Recht vereinigt. Das 
mir vorliegende Stück reicht nicht hin, um zu dieser Frage Stellung 
zu nehmen. In der Tat scheint mir die Form der Loben etwas ver- 
schieden zu sein, was ganz wohl innerhalb der Grenzen der Variabilität 
liegen könnte. 


[53] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 673 


Ptychites cf. Oppeli Mojs. 


Nur ein Steinkern liegt mir von Peci vor, der einen Teil der 
Wohnkammer aufweist. 


Größter Durchmesser . . . . 2.900 mm 
Höhe des letzten Umganges . . . 50.0 „ 
Dicke des letzten Umganges . . . 385 „ 
DNebelweite, un ai.ı. 0 ealzı > WET SER 


(Man vgl. die Maße des vorhergehenden Individuums.) 


Das Auffallendste ist die außerordentliche Kleinheit der Extern- 
loben und die schmalgebauten Externsättel. Der erste Seitenlobus ist 
sehr breit gebaut, was auch für die folgenden drei Loben gilt. Auch 
die Sättel sind derb mit breitem Stamm. Die Loben und Sättel, so- 
weit sie sich gut beobachten lassen, gleichen gleichfalls der Darstellung 
jener bei Pt. Breunigi Mojs. (Med. Tr. LXXI, Fig. 2c). Mein Stück 
ist leider nur unvollständig erhalten und ein großer Teil des äußeren 
Umganges ist abgebrochen. 

Die Oberfläche ist mit flachen Faltenrippen bedeckt, welche in 
ihrem Verlaufe an jene bei Pfychites Studeri erinnern könnten, es 
mögen 18—20 auf einen Umgang entfallen. Die Flanken gehen steil 
in die Nabeltiefe, aber so, daß eine abgerundete Nabelkante entsteht. 
Die Aufblähung der inneren Umgänge ist nicht sicher nachzuweisen. 


In Kittls Aufsammlung (von P‘) liegt ein leider wenig gut 
erhaltenes Steinkernbruchstück eines größeren Ptychiten, das ich hier 
anschließen möchte. Es besitzt eine schön gerundete Externseite. 
Ein Teil der Wohnkammer ist erhalten. 


Durenmesserige 20. aus. 220.. KIOrOr Be 
Höhe des letzten Umganges . . ca. 610 
DIcKou ee are a an ar EU 
Nabelwertes a1) SE N PEST Ra AN A EL: 


Die Oberfläche ist mit kräftigen, gerade gegen die Externseite 
verlaufenden Falten bedeckt (etwa 26—283 im Umkreise). Die Loben- 
linie läßt auf den Flanken vier Loben erkennen, der fünfte steht am 
gerundeten Nabelrande, zwei weitere sehr kleine dürften auf dem 
steilen Hange des Nabels stehen. Loben und Sättel gleichmäßig 
in der Größe abnehmend. Den Siphonalsattel gelang es mir nicht 
sicher herauszupräparieren. Nur soviel steht fest, daß der schon 
nahe der Externseite stehende erste Sattel viel kürzer ist als der 
erste eigentliche Lateralsattel. Was ebenso wie die Formverhältnisse 
an Ptychites Oppeli Mojs. erinnert. 

Die Maßverhältnisse stimmen bis auf die Dicke recht gut. Die 
inneren Windungen waren bei Kittls Stück dicker und gleichmäßig. 
gerundet. Der drittletzte Umgang zeigt keine Faltung, wohl aber 
deutliche Einschnürungen im Abstande von etwa einem Fünftel des 
Umganges. 


674 Franz Toula. [54] 


Ptychites Skakici n. f. 
Taf. XXII (I), Fig. 5. 


Aus dem Tocilo do Vedosica stammt ein mehr als zur Hälfte er- 
haltener Steinkern mit wohlausgeprägten Lobenlinien. Er hat einen Durch- 
messer von 71'5 mm, eine Höhe des letzterhaltenen (vollgekammerten) 
Umganges von 41 mm, eine größte Dicke von 40 mm bei einer Nabel- 
weite von nur 7’5 mm. Die Oberfläche läuft schräg gegen die schmale 
Externseite. Der Nabel ist tief mit gerundetem Rande und senkrecht 
zur Oberfläche stehendem Abhange. Während der letzterhaltene Um- 
gang sonach zugeschärft erscheint, sind die inneren dies viel weniger, 
ja der drittletzte Umgang ist gleichmäßig gerundet. Von einer Rippung 
nur leichte Andeutungen. Der Externlappen ist schmal dreieckig, 
die Externloben klein und besonders nach einwärts scharf gezackt. 
Darauf folgen drei kräftige Lateralloben mit starken Stämmen. Der 
vierte Lobus ist viel kleiner; am Nabelabhange treten noch zwei deut- 
liche, ganz kleine Loben auf. Der vierte Sattel meines Stückes fällt 
durch eine tief hineinreichende Zweiteilung auf, mit ungleich großen 
Hälften. Ptychites Suttneri Mojs. (l. e. Taf. LXXIV, in den kleinen 
Exemplaren Fig. 2a, b) hat eine ähnliche Gestalt. Die Lobenlinie 
unterscheidet, da hier nur drei gleichartige Lateralloben auftreten 
und auch der Siphonalsattel anders gestaltet ist. Die Endblätter der 
Sättel meines Stückes sind größer. Auch Pf. Seebachi Mojs. (1. ce. Taf. 
LXVII, Fig. 7) zeigt eine ähnliche Verjüngung des Querschnittes, 
aber doch nicht in diesem Maße. Der Nabel ist viel weiter und nicht 
so hoch abfallend. Von den schönen Himalaya-Formen Dieners 
(Muschelk. Him. 1895) ließen sich in der Form des Querschnitts 
Pt. Everesti Opp. sp. (l. e. Taf. XX, Fig. 1) oder Pt. Gerardi Blanf. sp. 
(l. e. Taf. XVII, Fig. 2) vergleichen. Die Nabelausbildung meines 
Stückes, die glatte Oberfläche und die andere Formung des Siphonal- 
sattels unterscheiden. Der Steinkern ist als roter Kieselkalk zu be- 
zeichnen. 


Ptychites af. Skakici n. f. 


In Kittls Aufsammlung (P‘) liegt ein kleineres Steinkern- 
stück, welches ich hier anschließen möchte. 


Durchmesser! 3. Rd MEN 
Höhe des letzten Umganges . . . 260 „ 
Dicke N DU ENT RP 
Nabelwente 7. 7. mE, U N 


Der Nabel ist steil abfallend, die Loben von gleichem Charakter. 
Die Zuschärfung gegen die Externseite nur noch leicht angedeutet, 
wie es den inneren Windungen meines Stückes entsprechen würde. 
Die Oberfläche zeigt die Radialfalten deutlicher, während diese an 
meinem Stücke kaum angedeutet sind. Die Zweiteilung des vierten 
Sattels ist nicht vorhanden, die Sättel überhaupt schlanker gebaut. 

Das Gestein dieses Stückes ist hellgrau und verkieselt (Kiesel- 
kalk), braust in der Steinkernmasse mit Säure gar nicht. 


[55] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 675 


Ptychites spec. 
(Neue Form aus der Verwandtschaft des Pt. Gerardi Blanf.) 


Aus derselben Gesteinsart stammt ein weiteres Stück in Kittls 
Aufsammlung (P‘“). Dasselbe ist noch schärfer gegen die Externseite 
verjüngt und noch viel weitergehender eingerollt, so daß der Nabel 
ganz eng wird. 

Durchmesser 63 mm, Höhe des letzten Umganges 40 mm, größte 
Dicke (am Nabelrand) 30 mm, Nabelweite ca. 23 mm. Siphonalsattel 
wie bei Piych. Skakici n. f. Vier Lateralloben: der erste sehr groß, 
die übrigen rasch an Größe abnehmend. Am Nabelrande der fünfte 
Sattel. Die Sättel durchweg schlank und reich zerschlitzt. Der zweite 
tief zweiteilig. Ähnliche engnabelige Formen konımen sonst nur bei 
den „Piychites megalodisci“ vor. Freilich wird auch Ptychites Gerardi 
Blanf. (Diener, Him. Muschelk. 1895, Taf, XVII, Fig. 1, 2. Man 
vergl. auch Diener, Ladin. Spiti 1908, Taf. VI, Fig. 8) sehr eng- 
nabelig. Die letztere Form (aus den Daonellenschichten N. of Po.) 
zeigt auch die Zweiteilung der mittleren Sättel sehr schön. Die bos- 
nischen Formen werden daher wohl am besten an Pfychites Gerardi 
(Blanf.) Diener anzuschließen sein. 


Ptychites reticulatus n. f. 


(Aus der Verwandtschaft des Piychites Nordenskjöldi Mojs.) 
Taf. XXIII (I), Fig. 2. 


Beim Zerschlagen eines schlechterhaltenen Stückes, das ich bei 
Peci gesammelt habe, und zwar in einem roten Kalke, erhielt ich 
einen halben Umgang mit teilweise erhaltener Schale, der sich recht 
fremdartig ausnimmt. | 

Der Durchmesser dieses Stückes beträgt ca. 47 mın, die Höhe 
vom Nabelrande bis zur Höhe der Externseite gemessen ca. 25 mm, 
die Dicke ca. 25 mm, die Nabelweite, am oberen Nabelrande ge- 
messen, 9 mm. 

Das Stück besitzt eine schön und gleichmäßig gewölbte Extern- 
seite, die an die gleichfalls gleichmäßig gewölbten Flanken anschließt. 

Die Oberfläche der erhaltenen dünnen Schale ist mit Rippen 
bedeckt, welche oberhalb des Nabelrandes ausgehen, wenig nach vorn 
gekrümmt sind und sich über die Externseite hinüber ver- 
folgen lassen; vor der Mitte der Flanken scheinen sie sich zu gabeln. 
Auf dem Viertelumgange treten an der Externseite 15 in nicht ganz 
gleichen Abständen auf. Sie werden durch Spirallinien durch- 
kreuzt. Ich zähle deren 6 auf einem Viertel des Umganges der einen 
Seite. An den Kreuzungsstellen entstehen Verdickungen, wodurch 
eine Art fast quadratischer Gitterung (von 2 mm Seitenlänge) ent- 
steht. Von der Lobenlinie kann ich nur Teile wahrnehmen. Der niedere 
Siphonalsattel ist eng und setzt sich von einer Kammer zur anderen 
in der Form von zwei parallelen Linien fort (Siphonallinien). Die 
beiden Siphonalloben sind klein. Der daran grenzende erste Sattel 
ist schmal, dann folgt, ziemlich wenig tief zerschnitten, ein großer 


676 Franz Toula. [56] 


Lobus mit sieben langen Spitzen. Im ganzen zähle ich bis zum Nabel- 
rande vier Loben, der fünfte steht am Nabelrande selbst. Es ist eine 
Lobenlinie wie bei Pfychites eusomus Beyrich sp. (Mojs., Med. Tr. 
pag. 246, Taf. LXVII, Fig. 3c) oder bei Pt. Stachei Mojs. (1. c. LXH, 
Fig. 3), bei welch letzterer Form man auch die „Falten“ über die 
Externseite hinüberziehen sieht. 

Eine ähnliche Kombination von Rippung und Spirallinien finden 
sich, wie mir scheint, bei dem viel jüngeren Geschlechte Sagenites, 
man vergleiche Sagenites Tschermaki Mojs. (Hallstatt, Text pag. 159, 
Il., Taf. CXCV, Fig. 8), aber auch bei Sagenites Schaubachi (l. c. 
Taf. CXCIV, Fig. 3). Die Lobenlinie ist eine den Ptychiten ent- 
sprechende. Ptychites Nordensijöldi Mojs. (Arkt. Triasfaunen, St. Peters- 
burg 1886, pag. 92, Taf. XIII, Fig. 3) aus dem Daonellenkalke von 
Saurie Hook auf Spitzbergen ist die einzige mir bekanntgewordene 
Art, welche eine ausgesprochene Spiralstruktur der Schale aufweist. 
Wenn man meine Beschreibung mit jener von Mojsisovics ge- 
gebenen vergleicht, so ergeben sich eine Menge von Anklängen. Die 
Lobenlinie stimmt sehr gut (l. c. Fig. 3c), die Einrollung ist ganz 
ähnlich. Eine mit dem Nabelrande meines Stückes parallel verlaufende, 
nur wenig davon abstehende seichte Furche zeigt dies; auch die 
große Dicke ist ähnlich. Von den Runzeln bemerke ich an meinem 
Stücke nichts und die Spirallinien meines Stückes verlaufen im Zu- 
sammenhange, während sie bei der nordischen Art nur durch spiral- 
gerichtete Spitzen angedeutet sind. 


Ptychites af. rugifer Oppel spec. 


Von meinen beiden Hauptfundorten liegt mir je ein Stück vor, 
welche leider nicht sehr gut erhalten sind, sich jedoch als in die 
Gruppe der Rugiferi Mojs. gehörig erweisen. 

Das Stück von Pedi (von Skakic ges.) hat in der Form die 
srößte Ähnlichkeit mit der indischen Art (Pal. Mitt. 1863, Taf. LXXXV, 
Fig. 2), aber auch mit der von Salopec von Kaludjerac in Süd- 
dalmatien abgebildeten Form. (Abh. d. k. k. geol. R.-A. XVI, 1911, 
Taf. III, Fig. 2). Die Rippen sind kräftiger als bei der ersteren, aber 
weniger kräftig als bei der dalmatinischen Form, welche als Ptych. 
Pseudorugifer bezeichnet wurde. Bei meinem Stücke (1) ist der 


Vergleichsstücke: 


(1.) a 7. 
Durchmesser . . 2. °2..0..:'806.mm. :95: 86 9251.86.) 86: 072978 
die Höhe des letzten Umganges 45 „ 47 45 39 43 400 47:5 
die Dieke . ,„ ı . ... 004 45 „- BO.J46, 40 2549 BEOEaEn 
die ‚Nabelweite: . »,- ... u. 18- „..:16, A623, Ba er 


2. Pt. rugifer Opp. nach Dieners Neuabbildung (1895, Taf. XXII, 
Fig. 2). 

3. Pt. pseudorugifer Salopec (l. ec. pag. 31). 

4. Ptychites seroplicatus v. Hauer (Denkschr. 1892, Taf. XII, 
Fig. 1.) (Am Steinkernanteil gemessen.) 


[57] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 677 


5. Ptychites Nordenskjöldi Mojs. (Mem. St. Petersb. 1886 Taf. XXXIl, 
Fig. 6.) 
6. Ptych. tibetanus Mojs. (Diener, Ceph. Musch. Pal. Ind. 1895, 
Taf. XXIV, Fig. 3.) 

7. Ptych. trochleaeformis (Lindstr.) Mojs. (Mem. 1886, Taf. XI). 


Salopee führt die V.erschiedenheit der Loben als unterscheidend 
an. Die Loben meines Stückes sind nicht genügend zu verfolgen, um 
Schlüsse zu erlauben. Salopec nennt auch (I. e. pag. 31, Taf. I, 
Fig. 3) einen Ptychites contractus n. sp., der mir dem P. pseudorugifer 
nahe zu stehen scheint. Bei diesem Stücke erstrecken sich die Rippen 
weniger weit zur Mittelebene hin. Auch Piych. Nordenskjöldi: Mojs. aus 
Spitzbergen (Mem. St. Petersb. Taf. XIII, Fig. 5, 6) dürfte zu den 
nahe verwandten Formen gehören. 

Die Außenseite meines Stückes ist etwas schärfer gekrümmt, die 
feinen Einzelheiten der Skulptur sind nicht erhalten geblieben, die Zahl 
der kräftigen Rippen, die in der Nähe des Nabelrandes verschwinden, 
ist etwas weniger groß: ca. 23 (gegen 25 bei Pt. rugifer). Die Anzahl 
der Loben ist dieselbe wie bei dem Vergleichungsstücke |. ce. Fig. 3c, 
wobei nur auf die Verschiedenheit der gegebenen Zeichnungen hin- 
gewiesen werden mag (Fig. 3a, b und dc). 

Dies läßt sich an dem zweiten Stücke (von Tiskovaec [Duler]), 
dessen Erhaltungszustand im übrigen weniger gut ist, erkennen. 

M.Salopec hat vor kurzem aus grauen Kalken von Kaludjerac 
einen sehr ähnlichen P/ychites pseudorugifer beschrieben, der nur 
etwas weitnabeliger ist und eine weniger verschmälerte Außenseite 
aufweist. 

Die Lobenlinie scheint gut übereinzustimmen, wäre sie an meinem 
Stücke von Peöi etwas besser erhalten, ließe sich die Bestimmung 
sicherer vornehmen. Ptychites seroplicatus v. Hauer ist viel weiter 
genabelt, so daß er außer Betracht bleiben kann, auch sind seine 
Rippen derber und etwas geschwungen. Am nächsten werden wohl 
Pt. rugifer Opp. und Pt. pseudorugifer Salop. nach den Maßverhältnissen 
zu stehen kommen !). 


Ptychites megalodiscus Beyr. sp. 


Fünf Bruchstücke liegen mir von Peci vor, leider durchweg mehr 
weniger stark abgewitterte Steinkerne, jedoch mit recht gut zu verfolgen- 
den Lobenlinien, die ich in die Gruppe des Piychites megalodiscus nach 
v. Mojsisovics stellen möchte. Darunter befindet sich ein Stein- 
kernbruchstück von auffallender Größe und durchweg gekammert. Es 

‘) Der Vergleich dieser Maßverhältnisse scheint mir eine größere Bedeutung 
für Verwandtschaft zu haben als man vielleicht anzunebmen geneigt ist. Seinerzeit 
habe ich bei dem’ Studium der gewaltig großen Materialien aus dem Oberjura der 
Gießhübler Vorkommnisse (Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., Bd. XVI, 2, 1907) gerade 
darauf das Hauptgewicht legen müssen, da der Erhaltungszustand, was die feineren 
Details anbelangt, leider nur zu viel zu wünschen übrig ließ. Mein verewigter 
Kollege Prof. Dr. V. Uhlig (N. Jahrb. 1909, pag. 263) hat nur nach den Abbildungen 
geurteilt und alle meine Ausführungen über die Wachstumsverhältnisse im Text 
außer Berücksichtigung gelassen. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 88 


678 Franz Toula. [58] 


mißt bei 200 mm, stammt somit von einem gewaltig großen Indi- 
viduum her. 

Mein Stück trägt viele der Merkmale von Pfychites megalodiscus 
Beyrich an sich, nur ist die Außenseite weniger scharf, so daß die 
Form des Steinkerns der vonMojsisovics (Med. Trias, Taf. LXXVII, 
Fig. 1) abgebildeten kleineren Form ähnlich wird, bei welcher die 
Flanken von der Außenseite ab zuerst langsam und dann rascher sich 
aufwölben. Der Nabel ist verhältnismäßig etwas weiter, vom Nabelrand, 
wenn er auch am Steinkern gerundet ist, steil in die Tiefe abfallend. 
Von Falten ist am Sternkern nichts zu merken. 


Die Lobenlinie läßt einen besonders schlank gebauten Außensattel 
erkennen, der weit nach vorn gezogen erscheint. Die beiden daran- 
schließenden Lappen des Außenlobus sind jenem der Abbildung bei 
Beyrich recht ähnlich. Die Seitensättel sind tief zerschlitzt. Die 
Hilfsloben sind ungleich groß, besonders der zweite erscheint größer 
(breiter) als der erste und die darauf folgenden fünf oder sechs (bis 
zur Nabelkante). 


An der in der Nabelgegend durchgehenden Abwitterungsfläche 
lassen sich vier oder fünf Umgänge verfolgen, die an der Außenseite 
wohl breiter gerundet erscheinen, ohne aber auf eine besondere Auf- 
blähung der Schale schließen zu lassen. 

Die auffallendste Erscheinung bleibt der schmal gebaute schlanke 
Außensattel. 

v. Hauer hat in seinem reichen Material vom Han Bulog das 
Vorkommen von Ptychites megalodiscus in bis 290 mm im Durchmesser 
sroßen Stücken angeführt. 


Zwei recht gute Stücke habe ich aus der Gegend von Duler 
mitgebracht. Beide Stücke besitzen eine scharf zulaufende Fxternseite, 
ja im oberen Teile der Flanken eine deutliche Zuschärfung. Die 
Lobenlinie stimmt gut mit der Abbildung bei Beyrich (Taf. I). 


Die eine der Scheiben von Duler hat einen Durchmesser von 
mehr als 160 mm und ist durchweg gekammert, die zweite stammt 
von einem noch größeren Individuum her und weist auch noch ein 
Stück der Wohnkammer auf. Die Schalenoberfläche war mit, bis an 
die Externseite reichenden, scharf ausgeprägten Anwachslinien be- 
deckt. Der Nabel ist sehr eng, was von dem Typus bei Mojsisoviecs 
unterscheidet (mit „verhältnismäßig weitem Nabel“), auch von einem 
„hervortretenden Nabelrand“ ist nicht zu sprechen. Die engnabeligen 
Stücke könnten als var. bezeichnet werden. 


In Kittls Aufsammlungen liegen vier Stücke dieser Art, 
darunter eine engnabelige Scheibe (P‘) von etwa 150 mm Durch- 
messer und 42'5 mm Dicke, mit sehr zierlich erhaltener Lobenlinie. 
Zwei Stücke von derselben Fundstelle sind typisch weiter genabelt. 
Auffallend ist der schmal gebaute erste Lateralsattel. Vielleicht wird 
diese Varietät später als eine eigene Form der „Piychites megalo- 
disci“ (Mojs.) unterschieden werden können. Wobei jedoch hervorge- 
hoben werden muß, daß auch bei Piychites megalodiscus (Beyr.) v. Moys. 
(man vgl. nur 1. c. Taf. LXXVII und Taf. LXXVII, Fig. 2) dieser 
Sattel sehr schmal gezeichnet wurde. 


[59] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 679 


Breit ist der erste Lateralsattel bei dem vierten Stück der 
Kittlschen Sammlung (von P‘“), wo er sehr breit ausläuft, jedoch 
durch sehr kräftige sekundäre Loben zerschlitzt wird. 

Unter den Stücken, die ich bei Pedi sammelte, liegt ein Stück 
mit ganz ähnlich so schlank gebautem ersten Lateralsattel, das sich 
sonach dem Mojsisovicsschen Typus anschließt. 

Erwähnt sei schließlich, daß die Zahl der Hilfssättel, die Moj)- 
sisovics zeichnet (Taf. LXXVII, Fig. ec) geringer ist wie bei 
Beyrichs Typus und daß sie breiter gebaut gezeichnet werden, 
während bei meinen Stücken mehr und schmäler gebaute Auxilliaren 
auftreten, wie bei Beyrichs Form. 

Im Tocilo do Vedosica sammelte ich ein verkieseltes Kern- 
stück mit sehr wohlerhaltenen Loben, welche es mich als zu Piychites 
megalodiscus Beyr. sp. gehörig bestimmen lassen (Taf. I, Fig. 1). 


Durchmesser . . shelersm 500 
Höhe des letzten Umganges 0,320 
Dicke des letzten Umganges Ba CS aeypn 
Nabelweite . . . BIER ET: 7 PER 


In der Mitte der Flanken erheben sich deutliche Radialfalten. 
Der Siphonalsattel mit wohlausgeprägten Zacken, der Siphonallobus 
zweispitzig, mit dritter, viel kürzerer Spitze. 

Auch bei diesem Stück stimmt die von Beyrich gegebene 
Lobenzeichnung besser als die Bilder bei v. Mojsisovies. Sechs 
Loben auf den Flanken, der siebente am Nabelrand. Die Sättel vom 
zweiten an, der tief zweiteilig ist, mit deutlichen Nebenlobenzacken. 


Ptychites af. megalodiscus Beyr. sp. 


Auf der Terrasse von Peci sammelte ich einen flach scheiben- 
förmigen Steinkern mit scharfer Externseite und sehr engem Nabel. 
Er ist flacher als das von Mojsisovics (Med. Trias pag. 253, 
Taf. LXXVII, Fig. 1) abgebildete Stück. Auf den flachgewölbten 
Flanken erheben sich flache, aber deutliche, gerade Radialfalten, etwa 
8 am 1/, Umgange, die nach vorne schwächer werden. Auch gegen die 
Externseite zu verlieren sie sich. Bei dem verglichenen Stücke er- 
scheinen nur vier solche Falten. 


Durchmesser (meines Stückes) . . . . 91 mm 
Größte Dicke ion des Nabelrandes) 24 „ 
Nabelweite . . ca wa 


Die Lobenlinien stehen sehr gedrängt und sind besonders in 
den Sätteln enger und schlanker gebaut als bei den von Mojsisovies 
und Beyrich abgebildeten Stücken. Der Siphonalsattel ist gleich- 
falls etwas schmäler, aber sonst ganz von der dreieckigen Umrißform 
der Megalodisci. Dies unterscheidet nebst dem Fehlen jeder An- 
deutung einer Spiralstreifung von Sturia, welche in der Form der 
Schale und des Steinkerns recht ähnlich ist (man vgl. Sturia Sansovini 
Mojs. . ce. Taf. XLIX, Fig. 5). Der nächste Umgang war auch noch 
ganz gekammert. Reste von Scheidewänden haften dem Stückenoch an. 

88* 


680 Franz Toula. [60] 


Im nachfolgenden eine Tabelle zum Vergleich der Maßverhält- 
nisse einiger der Formen der Pfychites megalodisci. 


1. Ptychites megalodiscus Beyr. von Reutte (Beyrich 1867, 
Faf. I). 

2. Ptychites megalodiscus (Beyr.) Mojs. (Med. Trias 1882, Taf. 
LXXVM.) 

3. Ptychites megalodiscus (Beyr.) Mojs. (Med. Trias 1882, Taf. 
LXXVII, Fig. 1.) 

4. Ptychites megalodiscus (Beyr.) Mojs. (Med. Trias 1882, Tat. 
ar Fig. 2.) 

5. Ptychites Suttneri Mojs. (Med. Trias, Taf. LXXIV, Fig. 1.) 

6. Ptychites Suttneri Mojs. (Med. Trias, Taf. LXXIV, Fig. 3.) 

7. Ptychites evolvens Mojs. (Med, Trias, Taf. LXXV, Fig. 1.) 
8. Ptychites megalodiscus Beyr. sp. von Duler. 
9. Piychites af. megalodiscus Beyr. sp. von Peei. 

10. Ptychites dux (Gieb.) Beyr. (l. ce. Taf. V, Fig. 1.) Die Maße 
stimmen fast vollständig mit jenen von Pf. Suttneri Mojs. (6) überein, 
dessen dritter Flankensattel auch ganz dieselbe Zweiteilung aufweist, 
die jedoch auch bei Pt. megalodiscus Mojs. (Taf. LXXVII, Fig. lc 
und Fig. 2c) auftritt. 


Alle Stücke in gleichem Sinne nach den Abbildungen gemessen 
in Millimetern: 
1 2 3724 5 6 fi 3 9 16 
Durchmesser . ....154 172 80. 55 151 110 1165 161 3271 
Höhe des letzten 
Umganges ... 81 97645 29 83 61.667. 91 7:598261 
Dicke des letzten 
Umganges ... 324 42625 194 41 34 33 4453 24 336 
Nabelweite.... 83 82 55.8 cal2' 10: 236ca8 27298 


Bei 3 u. 4 die größte Dicke näher dem Nabelrand, fast wie bei d. 


Ptychites sp. af. Pt. dux (Giebel) Beyr. sp. 


Unter meinen Stücken von Pe€i finden sich zwei größere, leider 
recht schlecht erhaltene Steinkernbruchstücke einer in die Gruppe 
des Pt. megalodiscus gehörigen Form mit weniger tiefgehend zer- 
schlitzten, breiter gebauten Sätteln und Loben. Leider sind die schärfer 
zulaufenden Außenseiten der Sättel und Loben nicht sicher festzu- 
stellen. Auf keinen Fall ist der Siphonalsattel so lang ausgezogen, 
sondern dürfte kürzer und breiter gewesen sein, so daß man an den 
Typus der germanischen Trias: Pfychites dux Giebel (Beyrichl. c. 
Tat. V, Fig. 1, 2, 3) erinnert werden könnte, eine Form, die wie 
Mojsisovies ausführt (l. ec. pag. 252) an Pfychites Suttneri Mojs. 
erinnern soll. Fr. v. Hauer (1888, pag. 41) bezweifelt, „ob wirklich 
hinreichende Gründe vorhanden“ seien, sie von Pt. megalodiscus zu 
trennen. Meine Stücke lassen sechs Hilfsloben erkennen; der sechste, 
sehr kleine, steht am Nabelrande. Der zweite scheint, wie bei meinem 
Pt. megalodiscus der am stärksten entwickelte zu sein. Der schlechte 


[61] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 681 


Frhaltungszustand läßt mich zu keinem sicheren Schlusse gelangen. 
Der vierte Flankensattel läßt eine deutliche Zweiteilung erkennen, 
in der Art wie es Beyrich bei seinem Amm. dux (l. ce. Fig. 2) beim 
dritten und vielleicht auch beim vierten Sattel zeichnete. Piychites 
dux ist nach Beyrich eine viel dickere Form mit einem erhöhten 
Nabelrande, was bei meinen Stücken nicht zutrifft. Das eine meiner 
Stücke hat eine Steinkernumgangshöhe von 76°5 mm (in der Mitte 
gemessen), am zweiten Stück ergeben sich 82 mm Höhe. 


Sturia Sansovinii v. Mojs. 


Mir liegen nur zwei Stücke von großen Individuen vor, das eine 
aus dem Toöilo do Vedosica und das zweite von Kittls Fund- 
stelle P‘. Das letztere hat einen Duchmesser von 179 mm und bietet 
einen Teil der Wohnkammer. Mein Stück läßt die Sturia-Streifung sehr 
gut beobachten. 

An dem großen Stücke von P' sind auch Teile der schlank 
gebauten Loben erhalten geblieben; die Sättel und Loben der benach- 
barten Kammern greifen dicht ineinander. 


Gymnites 


aus der Verwandtschaft des Gymnites incultus Beyr. sp. — Gymnites 
Palmai Mojs. liegt mir in einer größeren Anzahl von Stücken vor. 
Ich will nur das eine und andere besser erhaltene Stück einer 
näheren Betrachtung unterziehen. 


Gymnites incultus Beyr. sp. 


Einen recht gut erhaltenen Steinkern sammelte ich bei Pe&i. 
Er stimmt mit den Abbildungen, welche v. Mojsisovies gegeben hat 
(Med. Trias Taf. LIV) recht gut überein. 


Bei 80 mm Durchmesser entfallen auf die Nabelweite 33 (Verhältn. 
2:42) mm. Bei Mojsisovies (l. ec.) Fig. 1 auf 138°5 mm eine Nabel- 
weite von 53°5 (258) mm, bei Fig. 2 94:34-5 (27) mm, nach Beyrichs 
Abbildung (Berl. Ak. 1865) 87'5:34 (2:57) mm. Bei von Hauers Gym- 
nites bosnensis (1887, Taf. VIIL, Fig. 1) 121:45 (27). Mein Stück ist 
sonach unter den in Vergleich gebrachten das am meisten aufgerollte. 
Die Höhe des letzten erhaltenen Umganges meines Stückes beträgt 
26 mm, bei Mojsisovies (l. e. Fig. 1) 50 mm, (I. ec. Fig. 2) 40 mm, 
bei Beyrich 31'’2 mm, bei v. Hauer 42 mm. 


Das Verhältnis von Durchmesser durch Höhe beträgt sonach bei 
meinem Stücke 3+ bei den Vergleichsstücken in derselben Ordnung 
2:7, 2:7, —, 2:8 und 2'388. Mein Stück hat.sonach eine Zunahme, welche 
allmählicher erfolgt als bei allen Vergleichsformen und jener bei @. 
bosnensis v. Hauer am nächsten steht. Der Lobenbau ist analog, nur 
erscheinen mir die Stämme von Loben und Sätteln an meinem Stücke 
viel kräftiger. 


682 Franz Toula. [62] 


Prof. Kittl hat eine größere Anzahl von Gymnites-Stücken ge- 
sammelt (zumeist Bruchstücke). Eine große Scheibe (von P‘') hat 
einen Durchmesser von 205 mm, besitzt aber kräftige Rippen, etwa 
so, wieesv.Mojsisovicsbei seinem Gymnites Palmai von der Schreyer 
Alpe zeichnen ließ (Med. Trias Taf. LVIII). Die Erhaltung ist nicht 
ausreichend, um eine sichere Bestimmung vorzunehmen, um so weniger, 
als ja nach v. Hauer, nach seinen so reichhaltigen Materialien die 
Unterscheidung von G@ymn. Palmai und incultus nicht festzuhalten im- 
stande war (1887, pag. 35). Ich will das Stück deshalb als Gymnites 
cf. incultus — Palmai bezeichnen. Freilich ist von einem steilen Abfall 
der Schale zum Nabel nichts wahrzunehmen. 

Die Maßverhältnisse wären: Durchmesser 205 mm, Höhe des 
letzten Umganges 69:5 mm, Nabelweite 82 mm (Verhältnis 205:82 — 2:5). 
Bei @. Palmai (Med. Trias LVII, Fig. 1) ist dieses Verhältnis = 24. 

Ein nicht deformiertes Bruchstück von demselben Fundorte mit 
Radialfalten läßt erkennen, daß die allmähliche Abdachung zum Nabel- 
rande eine recht bezeichnende Eigenschaft sein dürfte, aller flach 
scheibenförmigen an @. incultus anschließenden Gymniten. 

K. Diener hat es bei seinem Gymnites ‚Mojsisovicsi von der 
Schichlingshöhe bei Hallstadt (Beitr. Ost.-Ung. ete., XIII, 1900, Taf. II, 
Fig. 1) recht schön zur Darstellung gebracht. 

Diese Formen spielen an den Fundorten zwischen Peci und 
Pecenci eine Hauptrolle. 

Auch einen großen Steinkern, aus dem To&ilo do VedosSica, 
mit sehr wohlerhaltenen Lobenlinien möchte ich als G@ymnites incultus 
Beyr. ansprechen. In der Sehne gemessen, beträgt die Länge des Stückes 
über 190 mm und die größere Höhe des letzten Umganges 61 mm, 
die größte Dicke (auf die Mitte der Flanken) 35 mm. Der Steinkern 
läßt deutliche Radialrippen am letzterhaltenen Umgange erkennen, 
jedoch ohne jede Spur von einer Knotenspirale (wie sie v. Hauer 
bei seinem (Gymnites bosnensis zeichnet [LiV, 1887, Taf. VIII, Fig. 1]). 
Auch bei diesem Stücke sind die Lobenstämme noch kräftiger gebaut 
als bei Beyrichs @. incultus. 

An diese Stücke schließt sich zunächst ein Stück von Peci an, 
welches durch gewisse Merkmale sich unterscheidet, so daß ich ver- 
sucht bin, es als Gymnites peciensis n. f. abzutrennen. Mehrere Stücke 
der E. Kittlschen Aufsammlungen würden sich daran schließen lassen. 


Gymnites peciensis n. f. 


Ein Steinkernbruchstück eines sehr großen Individuums habe ich 
bei Pedi gesammelt, das bis an das Ende gekammert ist. In der 
Sehne des Bruchstückes gemessen ergeben sich 174 mm. Es ist so- 
nach ein ziemlich großes Individuum gewesen. Die Außenseite ist ge- 
rundet, die Flanken sind flach, besaßen jedoch kräftige Radialfalten, 
wenn man dies auch an meinem Stücke nur durch die Schatten- 
wirkung deutlicher wahrnimmt, ähnlich so, wie es v. Hauer bei 
seinem @. bosnensis angibt. Die Höhe des letzten Umganges beträgt 
(in der Mitte gemessen) 59 mm, die Dicke 28 mm, das Stück war 
sonach noch flacher als die von Mojsisovics gemessenen Stücke 


[63] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 683 


(1. e. pag. 234). Der Nabel war offener als bei den von Mojsisovics 
(Med. Trias) zur Darstellung gebrachten verwandten Stücken: @. in- 
cultus Beyr. Taf. LV, @. Humboldti Mojs., Taf. LVI, @. obliquus Mojs., 
Taf. LVII, @. Palmai Mojs., Taf. LIX und @. Credneri Mojs., Taf. LIX. 
Die Lobenlinien sind an meinem Stücke recht gut zu verfolgen. 

Auffallend groß ist der Außenlobus, der noch kräftiger ist als 
bei Gymnites ineultus Beyr. sp. (Abhandl. d. Berl. Ak. 1367, Taf. II, 
Fig. 1c) und am nächsten zu stehen käme dem von Mojsisovics 
bei @. Credneri gezeichneten (l. e.‘ Taf. LIX, Fig. 2) oder der als 
@. Moelleri bezeichneten Form. Beide diese Arten werden aus den 
Archelaus-Schichten im Friaulischen angegeben. Die Faltenandeutungen 
lassen an @. obliquus Mojs. denken (l. c. Taf. LVI), an welche Form 
auch die Krümmung der Schale denken ließe, die auf einen „elliptischen 
Umriß* (l. c. pag. 236) deutet. Mojsisovics führt an, daß die Loben 
jenen von @. Palmai ähnlich seien. @. Palmai hat jedoch einen ganz 
anders gestalteten Außenlobus (l. ec. Taf. LVII, Fig. 1e). 

Schon Fr. v. Hauer (Denkschr. d. Wiener Ak. 1888, pag. ?4 ff.) 
hat hervorgehoben, daß es ihm nicht gut möglich gewesen sei, bei 
seinen zahlreichen Stücken von Han Bulog Gymnites incultus Beyr., 
Palmai und obliquus Mojs. sicher zu trennen. Vielleicht könnte die 
Verschiedenheit gerade des Außenlappens leiten. 

Als Unterschiede von @. bosnensis v. Hauer wären anzugeben: 
die @. obliquus-Skulptur, das weitere Übergreifen der Umgänge über 
die vorhergehenden, die abweichende Gestaltung des Externsattels, 
der wohl auch dreilappig erscheint, aber weniger hoch ist und einen 
viel breiter und gedrungener gebauten Hilfslobus im seitlichen Sattel- 
lappen aufweist und endlich das auffallendste, von @. bosnensis v. Hau. 
sowohl als auch von Gymnites incultus Beyr. sp. unterscheidende 
Merkmal, den sehr kräftigen dreiästigen Siphonallobus mit seinem 
gedrungenen symmetrischen Bau. 

In Kittls Aufsammlung (von P’) liegen neben vielen weniger 
gut erhaltenen Stücken vor allem zwei Stücke, welche die Oberflächen- 
skulptur der Wohnkammer ähnlich jener bei Gymnites obliquus Mojs. 
(Med. Trias, pag. 2356, Taf. LVI) auf das schönste erkennen lassen. 

Das eine der beiden Stücke stammt von einer flachen Scheibe 
von mehr als 136 mm Durchmesser, das zweite ist ein gekammertes 
Bruchstück einer viel größeren Scheibe, mit außergewöhnlich wohl 
erhaltenen Loben, das auch am Steinkern die Knoten und Falten 
aufweist, so wie mein Stück von Peci. 

Auch die Evolution ist wie bei der Vergleichsform, sowie auch 
die Form des Querschnitts, dagegen stimmen die Loben nicht. Be- 
sonders der für die verschiedenen Arten bezeichnende Siphonalhöcker 
und -lobus sind durchaus nicht wie bei G@ymn. obliquus — Palmai (M oj- 
sisovics weist auf die Ahnlichkeit beider hin), sondern ganz nach 
dem Plan bei @ymn. incultus Beyr. sp. breit dreilappig und mit großem 
dreiästigen Siphonallobus. Während die Loben kräftig und gedrungen 
gebaut sind, ‚geht die Zerschlitzung der schmalen Sättel sehr weit. 
Eine große Ahnlichkeit hat die Lobenlinie wie sie Mojsisovics bei 
seinem Grymnites Oredneri zeichnen ließ (Med. Trias, Taf. LIX, Fig. 2), 
der auch in der Oberflächenskulptur eine gewisse Ahnlichkeit besitzt. 


684 Franz Toula. [64] 


aber durch seine eigenartige Involution (wodurch ein enger Nabel 
resultiert) auf das bestimmteste sich unterscheidet. 

Man steht damit wieder wie vor einem Rätsel: Formüberein- 
stimmung und ganz verschiedener Lobencharakter. Ähnliches ist frei- 
lieh auch bei Gymnites bosnensis v. Hau. (1887, Taf. VIII, Fig. 1a 
und lc) der Fall. 

Während die Skulptur mit den fast sichelrippigen Falten und 
der Verdiekung und Knotung derselben in der Flankenmitte so gut 
mit Gymn. obliquus übereinstimmen würde, ergibt sich ein weiterer 
Unterschied aus dem, besonders bei der besprochenen Scheibe so 
schön zur Wahrnehmung kommenden Mangel des Abfalles der Flanken 
zum Nabel, sie verlaufen ganz allmählich und enden in einer förm- 
lichen Schneide. Die Dimensionen kann ich zum Teil nur schätzen. 


(a) 0) (0 
Millimeter 
Der Durchmesser mag betragen haben . ca. 140 182 164 121 
Die Höhe des letzten Umganges . . . . 50 62. 437 N 42H 
Die größte Dicke, die sich bei meinem 
Stücke einen halben Umgang weiter auf 
17. mm vermindert > 2 nor al Zen 2400 AU 0 BE 
Die Napelweilet. u. var TER 69 SAT 


Zum Vergleich setze ich die Maßangaben nach Mojsisovics 
von Gymn. obliquus (Taf. LVI) unter (a), jene von Gymnites Ored- 
neri (Taf. LIX) unter (d) und von Gymn. bosnensis v. Hau. (nach der 
Abbildung gemessen) unter (c) (1887, Taf. VIII, Fig. 1). 

In Kittls Aufsammlung liegen noch sehr verschieden große 
Bruchstücke, die durchweg diesen kräftigen dreiästigen Lobus auf- 
weisen und wenn sie auch verschieden stark abgewittert sind, in 
größeren Stücken auch die Radialfalten erkennen lassen. 

Loben und Sättel sind im übrigen auffallend schlank gebaut, 
ohne die Verbreiterung der Loben am unteren Ende, wie dies die 
Lobenzeichnung bei Beyrich zeigt. Die Gymnites-Hilfsloben sind 
zahlreich, ich zähle bei einem Stück 7—8 von verschiedener Größe, 
darunter einen mittleren dreiästigen und zwei deutliche zweispitzige. 

Die inneren Windungen haben eine glatte Oberfläche; der drei- 
ästige Siphonallobus bleibt das bezeichnendste Merkmal. 


Eines der Stücke, das mir herauszupräparieren gelang, hat bei 
einem | 


Bei @. incultus Beyr. 
(Taf. III, Fig. 1) 


Durchmesser von . 88 mm 90 mm\ Dieses Individuum 
eine Höhe des letzten Um- hat sonach einen 
Banges "von ea. aan im Verhältnis 
bei eimer Dickeyon . ." 12 Kapena etwas weiteren 


und einer Nabelweite von 20 „ Be Nabel. 


Diese Form erreicht eine ansehnliche Größe, wie ein Bruch- 
stück zeigt, das den letzten Umgang mit. einem großen ungekammerten 


[65] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 685 


Teil aufweist, mit der bezeichnenden Skulptur und dem kräftigen 
dreizähligen Siphonallobus. Der Wohnkammersteinkern hat eine Höhe 
von 62 mm bei einer Dicke von 36 mm, was auf einen Durchmesser 
von mehr als 170 mm schließen läßt. 


Gymnites bosnensis v. Hau. var. 


Ein verhältnismäßig recht gut erhaltenes ansehnliches Stück 
eines Gymnites habe ich in Duler gesammelt. 


Das Stück hat einen größten Durchmesser von . 1950 mm (190) 
Höhe des letzterhaltenen Umganges . . . ...685 „ (68) 
1 a ART re rn, (38) 
ne ia N TERN. 2 Ba. dell #00 (70) 


In Klammern setze ich dieselben Maße bei Hauers Gymnites 
bosnensis. Die Übereinstimmung der Maße ist eine sehr große, die 
geringen Verschiedenheiten liegen zweifellos innerhalb der Grenzen 
der individuellen Veränderlichkeiten. 

Mein Stück war, wie die Anwachsspur erkennen läßt, etwa 
um einen halben Umfang größer. Innerhalb dieser Spur, die als Wulst 
und Doppellinie erscheint, befindet sich eine Spirale von über den 
Falten auftretenden langgezogenen Knoten auf der Flankenmitte. Die 
inneren Umgänge erscheinen glatt. Alle diese Eigenschaften stehen 
mit jenen an Gymnites bosnensis in guter Übereinstimmung. 

Was ich jedoch von den Loben ersehen kann, ergibt einen recht 
auffalienden Unterschied. Die Loben erstrecken sich über das ganze 
erhalten gebliebene Stück. Der Externlobus fällt durch seinen kräftigen 
Stamm und fast symmetrischen Bau der Aste auf. Der Siphonalsattel ist 
breit, verhältnismäßig weniger hoch, mit kräftigem ersten Zacken des 
schief nach einwärts gerichteten Externlobus, dessen Mittelzacken deut- 
lich zweispitzig erscheint. Am ähnlichsten ist dieses Verhältnis bei 
Gymnites Credneri Mojs. (l. ec. Taf. LIX, Fig. 2) und @. Mölleri Mojs. (]. c. 
Taf. LX, Fig. 1c), aber auch bei @. inculitus Beyr. sp. bestehen An- 
klänge, während bei Gymn. bosnensis v. Hau. (l. ec. 1887, Taf. VIII, 
Fig. 1c) der Siphonallobus viel weniger symmetrisch erscheint. Da die 
übrigen Verhältnisse am besten mit dieser Art übereinstimmen, will 
ich nur ein var. diesem Namen beisetzen. 


Monophyllites sphaerophyllus v. Hauer. 


Nur ein Stück liegt mir aus der Aufsammlung Skakid@ vor. Ein 
Steinkern mit teilweise erhaltener Schale, welche die feine Quer- 
streifung recht gut erkennen läßt. Die Lobenlinie läßt sich gut in 
Übereinstimmung bringen mit der von v. Mojsisovics gegebenen 
Zeichnung (Med. Tr. Pr. Taf. LXXIX, Fig. 1, 2, 3). Auch die Faltung, 
welche v. Mojsisovics (l. ec. pag. 206) erwähnt, tritt unter der 
feineren Streifung hervor, welche auf einem Teil der Schalenober- 
fläche die faltigen Anschwellungen erkennen läßt. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 89 


686 Franz Toula. [166] 


Durchmesser . . nen 
Höhe der letzten Windung RT 
Dicke der letzten EE SE 
Nabelweite. . . INA EN 


Monophyllites aff. spaerophyllus v. Hau. 


In Prof. Kittls Aufsammlungen liegen, von der mir nicht ge- 
nauer bekannt gewordenen Fundstelle P', Bruchstücke, und eine Scheibe 
von P‘“' vor, die ich hierherstellen möchte. Es sind Steinkerne, der 
eine von etwa 42 mm Durchmesser (eine halbe Scheibe). 

Die Lobenlinien sind am letzten Umgange gut erhalten und 
stimmen mit der Zeichnung bei v. Mojsisovics (l. c. Fig. 5c) 
überein, nur ist das Blatt des an den Externlobus grenzenden Sattels 
fast kreisrund und auch die anderen Sattelblätter sind breiter gerundet. 
Die feine Schalenstreifung ist deutlich ausgeprägt. Die breiteren End- 
blätter deuten auf eine Annäherung zu Monophyllites wengensis Klipst. 
sp. hin (man vgl. Med. Trias Taf. LXXVIII, Fig. 12). 


Arcestes. 


Von diesem Geschlechte liegen mir sowohl aus meinen eigenen, 
als auch aus E. Kittls Aufsammlungen ziemlich viele Stücke vor, 
und zwar sowohl aus roten und hellen Kalken als auch aus ebensolchen 
Kieselkalken. Zumeist sind es globose Formen mit gleichgeformter 
(nicht gekielter) Außenwindung (Wohnkammer), die also als Proarcestes 
Mojs. bezeichnet werden müßten. Es finden sich Stücke mit gewulstet 
erscheinender Wohnkammer (Arc. extralabiati), solche mit drei, zwei 
und einer Einschnürung, sowie ohne eine solche. Bei diesen Stücken 
fällt auf, daß bei allen der Siphonalsattel, wenn er sich überhaupt 
beobachten läßt, schlank und zerschlitzt gebaut ist, wie bei der 
Gruppe des Arcestes Bramantei. 

v. Mojsisovics hat (Hallstatt II, 1893, pag. 795) die Gruppen 
Bramantei, extralabiati, bicarinati und subumbilicati als subgenerischen 
Typus Proarcestes vereinigt. Zittel-Broili (Grundzüge 1910, pag. 
476) hat als Unterschied von Proarcestes und Arcestes nur angegeben, 
daB der Außensattel durch einen Sekundärlobus paarig geteilt sei 
und dieses Verhältnis (l. ec. Fig. 1150) bei Didymites (welche Gattung 
er mit Proarcestes vereinigte) klar dargestellt. Bei meinen Stücken 
zeigt sich dies nirgends, die „Außensättel“ sind durchweg schlank und 
einfach, ohne Zweiteilung, etwa so wie es Zittel (l. c. pag. 477, 
Fig. 1151) bei Arcestes intuslabiatus Mojs. zeichnet. Es bleibt somit 
nur die Gleichheit des letzten Umganges mit den inneren bestehen, 
welche Mojsisovics als Gruppencharakter hingestellt hat. Dadurch 


wird jedoch die sichere Bestimmung unvollkommener Kernstücke fast 
unmöglich. 


Arcestes Bramantei Mojs. 


Eines meiner Stücke glaube ich mit Sicherheit als Arcestes 
Bramantei Mojs. bestimmen zu können. Durchmesser 45 mm, Dicke 


[67] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 687 


40 mm, Nabelweite 3°3 mm. Von Einschnürungen ist nichts wahrzu- 
nehmen. Aus rotem Kieselkalk. Liegt aber auch aus grauweißem Kiesel- 
kalk vor. (Von Peci.) Ein kleineres Stück läßt zwei einen Halbumgang 
voneinander abstehende Finschnürungen erkennen, etwa so wie sie 
bei Mojsisovics bei kleinen Stücken gezeichnet wurden. 

Durchmesser 24 mm, Dicke 22 mm, Nabelweite 2’4 mm. Von 
meiner südlichsten Fundstelle (To&ilo do VedoSica). 


Arcestes cf. Bramantei Mojs. 
Textillustration Fig. 25. 


Nur ein Steinkernbruchstück aus einem grauen Kalke liegt mir 
von Pedi vor, welches in dem Querbruch die stark aufgeblähten Um- 
gänge (vier) recht gut erkennen läßt. Auf 46 mm der Höhe des Um- 
ganges entfallen 38°5 mm Dicke (am Rande des engen und tiefen 
Nabels) gemessen. Die Aufblähung ist sonach eine bedeutende. Der 
Steinkern zeigt zwei wohlausgeprägte Furchen. Solche treten auch 
auf den inneren Umgängen auf, wie eine wohlgelungene Abhebung 
eines Teiles des äußersten Umganges erkennen ließ, bei welcher auch 
die Lobenlinie am Kern deutlich hervortrat. Die Zeichnung, welche 
v. Mojsisovics gegeben hat (Med. Triasprov. pag. 161, Taf. XLVI, 


Arcestes cf. Bramantei Mojs. 


Fig. 5, 6), entspricht recht gut. Die tiefgehende Zerschlitzung, so 
daß der Stamm der Sättel überaus eng wird, ist schön zu beobachten, 
auch die beiden Siphoparallelen im Außensattel sind deutlich sicht- 
bar, ebenso die Zweiblättrigkeit der obersten Endigungen der letzten 
Seitenäste desselben. Die Aufblähung geht etwa so weit wie bei 
Arcestes pannonicus Mojs. (l. ce. Taf. XLV, Fig. 6). Die Schalenfurchen 
ähneln jenen bei Arcestes Münsteri Mojs. (l. e. Fig. 8). 

Hierher gehört auch ein hübsches Stück, das ich bei Pe6i 
sammelte. Es hat einen Durchmesser von 45 mm bei einer Dicke von 
ca. 35 mm und einer Nabelweite von 3 mm. Die Form ist gleichmäßig 
gewölbt und am Steinkern treten drei wohlausgeprägte Furchen auf, 
die mehr als ein Drittel des Umganges voneinander abstehen, so daß 

8gr 


688 Franz Toula. [68] 


sich die dritte der ersten annähert, etwa so wie es bei dem Kern- 
stück von Arcestes Bramantei v. Mojs. (Med. Trias Taf. XLVI, Fig. 4) 
sein dürfte. 


Arcestes aus der Gruppe des Arcestes Bramantei Mojs. 
cf. Arcestes Escheri E. v. Mojs. 


Mir liegen zwei Stücke von Pedi vor. Nur das eine Stück läßt 
die Merkmale einigermaßen verfolgen. Die Schale ist nur in wenigen 
Spuren erhalten. Der Steinkern hat eine aufgeblähte Form und wird 
in den inneren Windungen fast kugelförmig. Der Steinkern zeigt zwei 
tiefe und breite Furchen, die eine nahe dem vorderen Rande der Wohn- 
kammer. Doch glaube ich auch Andeutungen von Furchen auf den 
inneren Windungen wahrzunehmen, was gegen die Diagnose bei Moj- 
sisovics (Mediterr. Triasprovinz, pag. 162) sprechen würde. Die 
nach innen zunehmende Aufblähung gibt der Ansicht von vorne ein 
immerhin etwas abweichendes Aussehen. Die Lobenlinie, soweit ich 
sie gewinnen konnte, würde mit jener der Gruppe des Arcestes Bra- 
mantei Mojs. ganz gut übereinstimmen. Der Nabel ist eng. Stammt 
aus einem grauen Kalk. | 

Größter Durchmesser 88 mm. 

Dicke (in der Nabelgegend) 50 mm. 

Das Stück, welches v. Mojsisovics (Med. Trias, pag. 162) 
gemessen hat, besitzt diese Abmessungen mit 72:46 mm. 

v. Hauer führt vom Han Bulog das Vorkommen nur eines sicheren 
Stückes von Arc. Bramantei Mojs. an (Denkschr. Taf. LIV, pag. 19). 


Ärcestes spec. Aus der Formengruppe des Arcestes Bramantei 
Mojs. — quadrilabiatus v. Hau. 


(Vielleicht eine neue Form.) 


Ein Steinkern mit Schalenresten und deutlicher feiner Streifung 
über der Außenseite (Runzelschichte) liegt mir von Pe&i vor; ein 
schwer zu deutendes Stück. Es ist bis an den Mundrand erhalten, 
gegen welchen sich die Schale verengt haben dürfte, ähnlich wie bei 
Arc. clausus Mojs. (Hallstatt, Taf. L, Fig. 5), so daß sich eine ver- 
schmälerte Außenwölbung ergibt, etwa so wie es v. Mojsisovics 
bei seinem Arcestes Münsteri zeichnen ließ (Med. Triasprov. Taf. XLV, 
"PigSbele). 

Durchmesser 53 mm. 

Höhe des Umganges in der Mittelebene an der Mündung ca. 10 mm. 
Dicke am Nabelrande 40 mm. 

Nabelweite ca. 45 mm. 


Mein Stück stammt aus einem grauen Kalke. Der innere Kern hat 
einen Durchmesser von 42 mm (1!/);, Umgang hinter dem Mundrande, 
wo die Kammerung beginnt); 

eine Dicke von ca. 33°5 mm; 
bie Dr Höhe des Innenraumes des Umganges in der Mittelebene 

9—) mm. 


[69] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 689 


Die geringe Umgangshöhe unterscheidet. Die Furchen sind am 
Steinkern erkennbar. 

Der Form nach wäre Arc. quadrilabiatus v. Hauer (Denkschr. 
LIV, Taf. IV, Fig. 2) am ähnlichsten, eine Form, die v. Hauer mit 
Arc. Bramantei Mojs. verglichen hat, von welcher sich mein Stück 
durch die wie bei Arcestes quadrilabiatus glatte Schalenoberfläche und 
die auch am Steinkern nur wenig angedeuteten Furchen unterscheiden 
würde. Nur eine derselben ist deutlicher. 

Mir liegen noch mehrere derartig globose enggenabelte Arcestes- 
Stücke (zumeist Steinkerne) vor, mit sehr niedrigem Raum zwischen 
den Umgangsflächen. So acht Stücke von Pe£i, vier Stücke von P’ 
und drei von P“‘ der Kittlschen Aufsammlungen. Diese Stücke sind 
meist von schlechtem Erhaltungszustande. 

Zehn Stücke (drei von meinem Fundorte, sieben in Kittls 
Aufsammlungen) lassen die stark abgewitterten Loben zum Teil recht 
gut verfolgen. Der Charakter ist durch die sehr hohen, stark zer- 
schlitzten Siphonalsättel gegeben, die in der Ausbildung wie bei 
Arcestes Bramantei Mojs. (l. ec. Taf. XLVI, Fig. 6) und Arcestes Escheri 
Mojs. auftreten. 


Arcestes cf. extralabiatus Moss. 


Nur ein auf der einen Seite tiefgehend abgewitterter Steinkern 
liegt mir von Peci aus einem grauroten mergeligen Kalk vor, der 
durch kräftige Wülste, die sich nach innen abschwächen, ausgezeichnet 
ist. Die Wülste sind noch kräftiger ausgebildet als es v. Mojsisovics 
(Med. Trias, Taf. XLVI, Fig. 1) zeichnen ließ. 

Der Durchmesser mißt ca. 64 mm, die Nabelweite ist auffallend 
sroB (etwa 9 mm), wodurch die Zurechnung zu der genannten Art 
fraglich wird (64:9 gegen 76:4 an dem Stücke von der Schreyeralpe). 
Freilich beträgt die Nabelweite an der abgewitterten vorletzten 
Windung nur wenig über 4 mm. Der letzte Umgang hebt sich weiter 
empor. An die tiefe und breite letzte Einschnürung schließt sich ein 
an der Externseite etwa 13 mm weit vorgezogener Lappen, etwa so 
wie es v. Hauer bei seinem Arcestes gibbus zeichnen ließ (Bosn. 
Muschelkalk I 1887, Taf. V, Fig. l«). Auffallend ist noch die starke 
Aufblähung des vorletzten Umganges, der auf eine Dicke von über 
50 mm hinweist, während sie am vorderen Ende des letzten Umganges 
etwas geringer ist. Die drei Furchen am Umfange der Aufblähung 
der inneren Windungen sprechen für die Zurechnung zu Arc. extra- 
labiatus. 

Ein großes Bruchstück mit Wohnkammerwülsten habe ich auch 
im Tocilo do VedosSica gesammelt. Durchmesser mehr als 88 mm 
bei einer Dicke von mehr als 70 mm. 

In Kittls Aufsammlung von P‘ und P‘“' liegen mir zwei eng- 
nabelige Stücke vor, die ich in dieselbe Gruppe stellen möchte. Das 
eine lose vorliegende Stück hat einen Durchmesser von 72 mm, eine 
Dicke von 53 mm und eine Nabelweite von 6 mm. Ich hielt diese 
Stücke zunächst für Verwandte von Arc. Bramantei v. Mojs. (Med. 
Trias, Taf. XLVI, Fig. 1), wobei jedoch vor allem die viel weiter 


690 Franz Toula. [70] 


gehende Aufblähung unterscheiden würde. Die Sättel sind sehr schmal 
gebaut. Der eine der Steinkerne weist die Wohnkammer in drei Viertel 
des Umganges auf, das Ende mag als ein Mundrandstadium zu be- 
trachten sein. Auf der Wohnkammer treten noch zwei Wulstfurchen 
deutlich auf. Das zweite Stück zeigt die drei Einschnürungen. 


Auch viele kleine Stücke der Kittlschen Aufsammlung (von P') 
möchte ich hierherstellen, nur entsprechen sie nicht ganz der An- 
nahme bei Mojsisovics (Med. Trias, pag. 161), daß nur zwei 
Furchen auf einem Umgang auftreten sollen. Ein recht hübsches 
kleines Steinkernchen: Durchmesser 283 mm, Dicke 23 mm, Nabelweite 
ca. 2 mm, zeigt drei verschieden scharf ausgeprägte Furchen. Was 
auch an einem ansehnlicheren Stücke: Durchmesser 68 mm, Dicke 
48 mm, Nabelweite 57 mm, der Fall ist. Auffallend ist an diesem 
Stück die raschere Zunahme der Weite des inneren Schalenraumes. 
Die drei Einschnürungen erscheinen ganz ähnlich wie etwa bei dem 
zu den „Arc. bicarinati* gestellten Arcestes Münsteri Mojs. (l. ce. 
Taf. XLIV, Fig. 8). Der wie bei Arc. Bramanteı ausgebildete hohe 
Siphonalsattel unterscheidet davon, sowie auch die Form des Stein- 
kernumrisses. 

Ein verhältnismäßig recht gutes Stück mit drei Einschnürungen 
am Umgang habe ich östlich von Pe<@i gesammelt, welches dem Arcestes 
Münsteri Mojs. (Med. Trias, Taf. XLIV, Fig. 8) recht ähnlich wäre, 
wenn es nicht die gleichmäßig gerundete Externseite besäße. Der 
Siphonalsattel wie bei Arc. Bramantei Mojs. oder Escheri Mojs. Die 
Kammerung beginnt nach einem halben Umgang der Wohnkammer. 


Durchmesser 43 mm, Dicke 35 mm, Nabelweite 4 mn. 


Arcestes cf. ventricosus v. Hau. 


Ein kleines, nur zum Teil wohlerhaltenes Stück liegt mir von 
Duler vor, aus einem grauen Kalke, mit oberflächlich gelblicher 
Färbung. Es ist in der Steinkernoberfläche verkieselt, während der 
Kern des Stückes stark braust. Der Durchmesser beträgt ca. 38 mm, 
die Höhe des Umganges ca. 24 mm, die Dicke ca. 30 mm, die Nabel- 
weite ca. 35 mm. Die glatte gerundete Oberfläche trägt zwei tiefe 
und breite, nur wenig gekrümmte Furchen in einem Abstand, welcher 
auf vier im Umkreise schließen lassen könnte. Die Lobenlinie ist nur 
teilweise zu verfolgen, läßt aber den ansehnlichen Siphonalsattel gut 
erkennen und auch die zierlich gezackten anschließenden Loben und 
Sättel, welche ganz den Verlauf erkennen lassen, wie ihn v. Hauer 
von seinem Arcestes ventricosus vom Han Bulog zeichnen ließ (Denkschr. 
1892, Taf. VIII, Fig. 3). Die Verhältnisse der Schale (l. ec. pag. 277) 
sind recht ähnlich, nur ist die Krümmung der Externseite gleichmäßig, 
ohne die Zuschärfung oder Verschmälerung. 


Der Gesteinscharakter meines Stückes ist ein von den übrigen 
Stücken ganz abweichender und gleicht ganz jenem, eines mir vor- 
liegenden Bruchstückes von Daonella cf. Lommeli mit etwas gröberen 
Bündelrippen. 


u FD LU ZU on 


[71] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 691 


Arcestes aff. ventricosus v. Hau. 
(Vielleicht eine neue Form.) 


Zwei große Stücke liegen mir vor. Sie wurden neben Hornstein- 
und Knollenkalken unweit des Pietra verde-Vorkommens gesammelt. 
Das eine wird durch anhaftende Schalenstücke einer grobrippigen 
Daonella, sie erinnert durch die derben ungespaltenen Rippen etwa 
an'Daonella cassiana Mojs. (Kittl, Daonellenwerk, Taf. IV. Fig. 1), 
als dem höheren Horizont entstammend charakterisiert. Der Erhaltungs- 
zustand beider Stücke ist verschieden, indem nur bei dem einen die 
Schale, und zwar innig anhaftend, erhalten blieb, so daß es mir nicht 
gelang, die Loben bloßzulegen. Beim Präparieren blätterte die Schale 
teilweise ab. 

Die Form der Stücke gleicht recht sehr jener von Arcestes ventri- 


‘cosus v. Hauer (Denkschr. LIX, Taf. IX, Fig. lc, 1d), auch die vier 


Furchen des letzten Umganges sind vorhanden. Nur der Nabel dürfte 
etwas weniger weiter sein als bei den v. Hauerschen Stücken. Der 
Durchmesser erreicht fast den des größten Stückes vom Han Bulog; 
er beträgt 111’3 mm, die Dicke mehr als 65 mm. 

Gegen den leider nur angedeuteten Mundrand scheint die Schale 
mit breiten und seichten Radialfurchen und -wülsten versehen gewesen 
zu sein, was an das Verhalten bei Arcestes marchenanus v. Mojs. (Med. 
Trias, Taf. XLI, Fig. 1) und bei Arcestes extralabiatus v. Mojs. (l. ce. 
Taf. XLVI, Fig. la) erinnert. 

Auch bei diesen Stücken fehlt die Verengerung des Querschnittes 
gegen die Mittelebene. In dieser Beziehung steht meinen Stücken 
Arcestes Boeckhi v. Mojs. (l. ec. Taf. XLIV, Fig. 4) aus den Archelaus- 
Schichten am nächsten, der sich durch die stärker geschwungenen 
Steinkernfurchen unterscheidet. Das Verhältnis des Durchmessers zur 
größten Dicke wird mit 96:63 angegeben, A. Böckhi' ist sonach auch 
viel dicker. In dieser Beziehung würden meine beiden Stücke zwischen 
meine Form und Arcestes ventricosus v. Hau. zu stehen kommen. 


Arcestes cf. subtridentinus Mojs. 


In Kittls Aufsammlung von P‘ liegt ein kleines beschaltes 
Stück eines Arcestes, das in seiner Form recht gut mit Arcestes sub- 
tridentinus Mojs. (Med. Trias, Taf. XLIV, Fig. 2 u. 3) übereinstimmt. 
Die Oberfläche ist glatt, mit zarter Anwachsstreifung; gegen den 
Vorderrand findet sich eine scharf ausgeprägte Furche. Der Nabel 
ist viel enger. 


WREERNINESEER . „0.0. 02. .20:0 280 mM 
Bone des”letzten Umganges . . . 16 , 
NEBEN. ee er Er FE: 
ee. ee an 


Die Dicke ist etwas größer als bei der Vergleichsart (siehe 
weiter unten) und der Nabel im Verhältnis etwas enger. Die Loben 
ließen sich nur teilweise beobachten. 

Es stammt aus einem roten Kalk. 


692 Franz Toula. [72] 


Arcestes spec. 


(Vielleicht eine neue Form.) 
Taf. XXIII (I), Fig. 6. 


Ein durchaus gekammerter, nur wenig deformierter Steinkern 
liegt mir von Peci SO vor, mit vier leicht, aber deutlich geschwungenen 
Furchen, vier am Umgange, der durch seine flache Form etwas dem 
Arcestes (Joannites?) tridentinus Mojs. (Med. Trias, Taf. XLVII) aus 
den Archelaus-Schichten von Prezzo ähnlich wird. 

Das bezeichnete Stück von Prezzo hat keine Loben erkennen 
lassen. Mein Stück zeigt den Lobencharakter, der für Joannites an- 
gegeben wird (Med. Trias, pag. 166), die paarig geteilten Sättel, 
durchaus nicht, dieselben endigen vielmehr mit drei Lappen, ähnlich 
etwa wie bei Arc. subtridentinus (Taf. XLII, Fig. 3), einer viel 
stärker aufgeblähten Form. Es sind fünf gegen den Nabel sehr klein 
werdende Loben vorhanden. Der Externsattel hat die Form etwa wie 
bei Arc. subtridentinus; die Externsättel sind leider nicht gut zu 
verfolgen. 


Millimeter 
Durchmesser des Steinkenes . . 54 (61) 
Höhe des letzten Umganges . ca. 27:5 (32) 
Dicken... 20 PECan le) 
Nabelwelte „5... rs aa (6) 


Zum Vergleich stelle ich die Abmessungen des kleineren Exem- 
plars des Arc. subtridentinus Mojs. (l. ec. pag. 156) in Klammern da- 
neben. 

Mein Stück ist viel weniger dick und engnabeliger, auch die 
Furchung ist eine andere. 


[73] Geologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 


Inhaltsangaben. 


Einleitung und Verlauf der Reise . 
Peci.. 
Werfener Schiefer. Oberen on ; . 
Tirolites cassianus Quenst. — angustilobatus Kit 
Die Ptychitenkalke und Kieselkalke von Duler 


Das Becken von Drvar 
Lignit : 
Congeria RER N. f \ i : 
Fossarulus tricarinatus und Bas Br us. 


Die Daonellenschichten . 
Trachyceras cf. Archelaus a \ 
Daonella Lommeli (Wissm.) Mojs. nov. var. . 
> pediensis n. f.. ; 
Verkieselter Ammonit eöradere as- ae ?) 


Cephalopoden des Piychites Studeri - lexuosus - Horizontes. (Eine ver- 
gleichende Studie) : 
Orthoceras multilabiatum v. Hau. Peei . m. 
cf. campanile Mojs. Totilo do Tedosite, P', pa Au 
A sp. ind. Pe(i IE UA ‚ 

Atractites obeliscus Mojs. P'. > : : 
sp. Vielleicht eine neue Form. p“ : 

e sp. ind. Duler ’ 
Pleuronautilus Mosis Mojs. Duler. pw { = 
Nautilus subcarolinus Mojs. P’'. To&ilo do Velos 

a cf. granulosostriatus Laube. Peei SO 
Ceratites cf. lennanus Mojs. Ve£i 
Kate Je Bin u. 
af. bosnensis v. Hau. Yiellsieht, eine neue Worm. p' 

a (Halilueites) aff. rusticus v. Hau. Duler . 
Japonites af. planorbis v. Hau. Vielleicht eine neue Kal, p% 
Ptychites Studeri v. Hau. — flexuosus Mojs. — acutus Mojs. . 
Studeri v. Hau. . ß 
opulentus Mojs. Pedi. P,, pn, pw RT 
flexuosus Mojs. Peci, To&ilo do Vedosica. pP pa 


n 


n 


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” 


” 
n 


” 


flexuosus Mojs. var. P" . 2 ee Re: 
flexuosus Mojs.-acutus Mojs. Tiskovac, Duler, Pedi 5 

5 spec. (Studeri-fleeuosus-Gruppe). P‘ . 
Jahrbuch d, k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (Fr. Toula.) 


n 


r 


693 


Seite 
621 [1] 
624 [4] 
628 [8] 
628 [8] 
. 636 [16] 
. 639 [19] 
640 [20] 
642 [22] 
642 [22] 
643 [23] 
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644 [24] 
. 646 [26] 
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649 [29] 
650 [30] 
650 [30] 
650 [80] 
650 [30] 
650 130] 
651 [31] 
651 [31] 
652 [31] 
652 [32] 
. 652 [32] 
. 653 [83] 
654 [34] 
655 [35] 
656 [36] 
658 [38] 
. 659 [39] 
661 [41] 
663 [43] 
666 [46] 
667 147] 
671 [bl] 
90 


694 Franz Toula. [74] 
Seite 

Ptychites spec. ind. Peei SO.  : »671. [5] 
3 Oppeli (Mojs.) Hau. P'. . 672 [52] 
z cf. Oppeli Mojs. Peci. P* A . 673 [53] 
a Skakici n. f. Tocilo do else p' 2.2 0742 
n sp. Neue Form. P“ . .675 [55] 
M reticulatus n. f. Pedi . ß P ..675 [58] 
& af. rugifer Opp. spec. Peci, Dirkovae . 676 [56] 
# megalodiscus Beyr. sp. Pedi, Duler, Tosilo ee ve Pi p 677 [57] 
= af. megalodiscus Beyr. sp. Peäi. rt, . 679 [59] 
h. spec. af. Pt. dux (Giebel) Beyr. sp. Peei. . ... 680 [60] 
Sturia Sansovinii Mojs. Tocilo do VedoSica. P". .. 6811] 
Gymnites incultus Beyr. sp. Peci. A ‚681 [611 
“ incultus-Palmai Mojs. Ve£i, Bench . 681. [63 
& peeiensis n. f. Peti. P' . 682 [62] 
E bosnensis v. Hau. Duler . . 685 [65] 
Monophyllites sy haerophyllus v. Hau. Trekoras . . 685 [65] 
3 aff. sphaerophyllus v. Hau. P"..... . 686 [66] 
Arcestes (Proarcestes) Bramantei Mojs. To&ilo do Velosenn . 686 [66] 
n (Proarcestes) cf. Bramantei Mojs. Peei . 1.682, 2j07] 
2 spec. cf. Arc. Escheri Mojs. Peei. . EUCH 7 WS . 688 [68] 

e spec. cf. Arc. quadrilabiatus v. Hau. Vielleicht eine neue Form, 
Beck Tun var an eier: 2.688 [68] 
s cf. extralabiatus Mojs. Peci, To&ilo le Tenor. pn, pw 56897 [69] 
4 cf. ventricosus v. Hau. Duler . . 690 [70] 
“ af. ventricosus v. Hau. Peci SO. . 691: [71] 
f cf. subtridentinus Mojs. P' 4 . 691 778] 
? spec. Vielleicht eine neue Form, Peei 692 [72] 


Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek 
bei Kremsier. 


Von Paul Oppenheim. 
Mit einer Tafel Nr. XXVI. 


Im Jahre 1907 beschreibt W. Petrascheck!) von Zdaunek 
ein sehr eigenartiges Konglomerat, welches er der schon früher von 
Paul?) und Uhlig?) dort angenommenen und von dem letzteren 
Autor auch durch Fossilien gestützten unteren Kreide zuweist. Petra- 
scheck gibt von diesem Konglomerat, dessen petrographische 
Zusammensetzung er genau beschreibt und von dem er hinzufügt, daß 
„es ziemlich stark der Verwitterung unterläge, und daß die Regengüsse 
rasch die ziemlich häufigen Fossilien herauswüschen“, zahlreiche 
Korallen an, auf welche er aber „in der Hoffnung, daß diese einmal 
eine spezielle Bearbeitung finden könnten“ nicht näher eingeht, ferner 
Cidaridenstacheln, Austernschalen und Lithothamnien. Er vergleicht 
ferner diese Bildungen mit einem Konglomerat der Ostkarpatben, in 
welchem Zuber eine von Felix) bearbeitete kleine Korallenfauna 
aufgefunden hatte. Aus der Schichtenreihe, in welcher dieses Kon- 
gslomerat bei Zdaunek eingeschaltet vorkommt, werden für deren 
Altersstellung entscheidende Fossilien nicht angegeben, doch wird 
bemerkt, daß in nächster Nähe, anscheinend westlich von diesem 
Hauptaufschlusse, typische Menilitschiefer mit Schuppen, Knochen und 
sogar ganzen Skeletten einer als Meletta crenata aufgeführten kleinen 
Melettaart anständen (pag. 308). 

Vor kurzem ist Herr Petrascheck auf dieses Konglomerat 
von neuem zurückgekommen. In seiner Mitteilung über „die tertiären 
Schichten im Liegenden der Kreide des Teschener Hügellandes*, 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1912, Nr. 2, pag. 75 ff., gibt er an, 
daß Schubert in dem erwähnten Konglomerat Orthophragminen, 
zumal O. varians nachgewiesen habe5). Neben dieser nicht seltenen 
Form komme vereinzelt O. cf. aspera vor. Seltener seien Nummuliten. 


1) Vergl. die Kreideklippe von Zdaunek bei Kremsier. Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A. 1907, Nr. XIII, pag. 307 und ff., zumal pag. 309. 

2) Das Südwestende der Karpathensandsteinzone. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A,, 
Bd. XLII, Wien 1903, pag. 208. 

®) Bau und Bild der Karpathen, pag. 818. 

*) Vergl. Uber eine Korallenfauna aus der Kreideformation Ostgaliziens. 
Z. d. D. g. G. 1906, pag. 38 ff. 

8) A. a. O. pag. 83. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (P. Oppenheim.) 90* 


696 Paul Oppenheim. [2] 


Von diesen bestimmte Schubert N. cf. variolaria Lam. und N. cf. 
Oosteri de la Harpe. Das Konglomerat ist also alttertiär. „Damit har- 
monieren auch die Korallen, unter denen Leptoseris patula Micht. sp. 
und Pattalophylliaarten nachweisbar sind“. Es wird auf die auffallende 
Ahnlichkeit im folgenden hingewiesen, welche bestünde zwischen diesem 
Konglomerat von Zdaunek und den Konglomeraten und Schotter- 
bildungen, welche an der Basis des überschobenen Tertiärs bei Teschen 
liegen. Wenn beide Konglomerate ident wären, so müßte für die Basis 
dieses überschobenen Tertiärs unbedingt ein alttertiäres Alter ange- 
nommen werden müssen. Es werden aber dann einige Momente hervor- 
gehoben, welche gegen diese Deutung zu sprechen scheinen, welche 
aber größtenteils vom Autor selbst widerlegt werden. Es bleibt im 
wesentlichen übrig, daß die faziell recht ähnlichen korallenführenden 
Konglomerate von Klogsdorf nach den Untersuchungen von Trauth!) 
sicher der oberen Kreide angehören sollen. 

Alle diese Momente erregten vor kurzem, als ich aus anderen 
Gründen mich eingehender mit dem betreffenden Vortrag Petraschecks 
zu beschäftigen Gelegenheit hatte?), meine Aufmerksamkeit und ich 
beschloß daher, da der Stoff nach vielen Richtungen hin in den Rahmen 
meiner bisherigen Studien hineinpaßte, tunlichst einen Blick auf die 
Fauna des Konglomerats von Zdaunek zu werfen, um wenn möglich 
zu einer sicheren Altersbestimmung zu gelangen, welche bei der 
Seltenheit von fossilreichen Ablagerungen in den Flyschgebieten der 
Karpathen nicht ohne Bedeutung sein konnte. Meine diesbezügliche 
Bitte wurde von Herrn Petrascheck mit der größten Bereitwilligkeit 
und Liebenswürdigkeit sofort erfüllt, wofür ich ihm auch an dieser 
Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche. Das Material von 
Zdaunek wurde mir, wie ich annehme im vollen Umfange, zugesandt, 
und ich gebe hier im folgenden kurz die Resultate meiner Bestimmungen. 


Ostrea (Gryphaea) Katzeri Oppenh. 
Taf. XXVI, Fig. 2-3. 


Vergl. über eine Eocänfaunula von Ostbosnien und einige Eocänfossilien der Herze- 
gowina. Jahrb. d.k. k. geol. R.-A., Bd. LVIII, 1908, pag. 325 (15), Taf. XII (II), 
Fig. 1—-1a, Fig. 5. 

Es handelt sich um eine 68 mm hohe und 42 mm breite, ziemlich 
gewölbte Deckelklappe, welche im Profil vorn flacher ist und hinten 
stark ausladet. Sie ist langgestreckt und verhältnismäßig schmal, doch 
so, daß sie sich vom Schloßrande an nach hinten nur unbedeutend 
verbreitert. Ihre Oberfläche ist mit dicht gedrängten, erhabenen Quer- 
ringen von unregelmäßiger Gestalt bedeckt, während Längsrippen 
durchaus fehlen. Der Palliarrand ist leicht nach innen gezogen und 
dadurch die Schale, wie erwähnt, hinten stärker aufgetrieben als vorn. 


!) Vergl. die oberkretazische Korallenfauna von Klogsdorf. Zeitschr. des 
mähr. Landesmuseums, Bd. XI, Brünn 1911. 

°) P. Oppenheim, Zur Altersfrage des bei Teschen am Karpathenrande 
überschobenen Tertiärs. Zentralbl. für Mineralogie etc. 1913, Nr. 3,-pag. 85 ff. 


[3] Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. 697 


Ich glaube nicht fehlzugreifen, wenn ich diese Auster auf die 
im Eocän von Ostbosnien ziemlich häufige und mir wenigstens in Unter- 
klappen noch in ÖOriginalexemplaren vorliegende Form zurückführe, 
mit welcher sie nicht nur die Gestalt, sondern auch die gedrängten, 
schuppigen, erhabenen Anwachsringe gemeinsam hat. Diese Art liegt 
in Bosnien in Ablagerungen, welche dem Mitteleocän, etwa der Stufe 
des Nummulites laevigatus, angehören. Aus dem Oligocän kenne ich 
keine vergleichbaren Formen. Die Unterschiede zu verwandten eocänen 
Typen wurden von mir bereits a. a. OÖ. hervorgehoben; die weiteren 
mir vorgelegten Austernfragmente eignen sich zu keiner spezifischen 
Bestimmung. 


Spondylus radula Lam. 


Vergl. Deshayes, Env. de Paris I, pag. 320, Taf. XLVI, Fig. 1—5. — Oppen- 
heim, Priabonaschichten, Paläontogr. 47, pag. 137, Taf. XII, Fig. 13. — 
Boussac: Etudes pal&@ontologiques sur le Nammulitique alpin a. a. O. pag. 172, 
Taf. VIII, Fig. 18. 

Zwei Fragmente von Zdaunek, von denen das eine sicher 
der typischen Pariser Art angehört, während das andere nach Sp. 
multistriatus Desh. hin vermittelt‘). Die aus dem Oligocän bekannten 
Spondylusarten sind wohl verschieden. 


Oyathoseris raristella Oppenh. 
Taf. XXVI, Fig. 1. 


Vergl. über einige alttertiäre Faunen der Österreichiseh-Ungarischen Monarchie. 
Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns XIII, 1901, pag. 205, Taf. XII, 
Fig. 8—8a. (Leptoseria? raristella n. sp.) 

Vergl. ferner J. Felix, Über eine untertertiäre Korallenfauna aus der Umgegend 
von Barcelona. Palaeontographica, Bd. LVI, 1909, pag. 122, Taf. XII, Fig. 2. 
(Leptoseris patula Micht. sp.) 


P. Oppenheim, Neue Beiträge zur Eocänfauna Bosniens. Beiträge zur Paläon- 
tologie Osterreich-Ungarns und des Orients. XXV, 1912, pag. 110. (Cyathoseris 
raristella Oppenh.) 

Es liest in einer größeren Anzahl von Exemplaren die „fein- 
septige* Form vor, wie sie Felix nennt, und wie er sie a. a. O. vor- 
züglich abgebildet hat. Verschiedene Stücke zeigen den trefflich er- 
haltenen Zentralstern, welcher Felix seinerzeit veranlaßte, die Form 
zu Leptoseris zu zählen. Als Leptoseris patula wurde sie mir übersandt 
und unter dem gleichen Namen wird sie auch von Petrascheck in 
den Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1912, pag. 84, zitiert. Die Gründe, 
welche mich veranlassen, sie von den sehr nahestehenden oligocänen 
Formen abzutrennen, wurden von mir a. a. O. hervorgehoben. In der 
Begrenzung, welche ich der Art gegeben habe, findet sie sich nur im 
mittleren und oberen Eocän und nicht mehr in den oligocänen Sangonini- 
und Gombertohorizonten. 


!) Vergl. über einige alttertiäire Faunen der Österreichisch-Ungarischen Mo- 
narchie, pag. 233. — Deshayes, Env. de Paris I, pag. 322, Taf. XLV, Fig. 19/20. 
— Cossmann, Cat. Il, pag. 188. 


698 Paul Oppenheim. [4] 


Astraeopora perexigua n. Sp. 
Pat: XXVL; Fie.ı2 6 

Es liegen zwei Exemplare vor, welche mehr oder weniger flache 
Becher bilden und an einer kurzen und schmalen Anheftestelle fest- 
sitzen; in dem einen Falle wird diese durch eine Einzelkoralle ge- 
bildet (Fig. 5). Der Stock setzt sich aus konzentrisch einander 
überlagernden Schichten zusammen und. ist von allen Seiten mit 
den winzigen, kaum !/; mm breiten Kelchen bedeckt. Unten steigt 
er schwach konvex in die Höhe, oben ist er leicht eingesenkt. 
In dem stark porösen, aus sehr unregelmäßigen Faserzügen ge- 
bildeten Cönenchym liegen die Einzelzellen ziemlich regellos ein- 
gesenkt. An anderen Stellen treten sie stärker aus der Oberfläche 
hervor, stets ist ihr Außenrand stärker verdickt und als Mauer aus- 
gebildet. Die Septen sind kurz und diek und meist nur auf die Außen- 
region beschränkt. Nur selten kann man sie bis etwa zur halben Mitte 
des winzigen Sternes verfolgen. Sie sind in der unregelmäßigen Zahl 
von 6 bis 12 vorhanden. ohne daß ein Unterschied in der Stärke nach 
der Wertigkeit des Zyklus vorhanden wäre. 

Höhe des einen Stockes 35 bei einer Breite von 34:40 mm, 
Höhe des anderen 18 bei 35:40 mm Breite. 

Von vergleichbaren Formen unterscheidet sich Astraeopora exigua 
Reuss) durch die ganze Gestalt des Polypenstockes, die weit größeren 
Kelche, welche hier 1'5—2 mm erreichen, den dünneren Kelchrand, 
die Zahl von nur 6 Septen, welche bis zum Mittelpunkt reichen und 
hier eine Art von Säulchen bilden und die Beschaffenheit des mit 
zarten, gedrängten Körnern bedeckten Cönenchyms. Diese der Pariser 
A. panicea Mich. nahestehende Form aus dem Unteroligocän von Crosara 
ist also unschwer zu unterscheiden. Weit ähnlicher ist A. hexaphylla 
Felix, welche nach dem Autor aus der Kreide stammen soll?). Hier 
sind sowohl in der Gestalt des Stockes als in der Rleinheit der Kelche 
und der Beschaffenheit des Cönenchyms überraschende Ahnlichkeiten 
vorhanden, doch liegen auch hier genügende Unterschiede zur spezi- 
fischen Abtrennung vor. Einmal sind die Kelche etwas größer, da sie 
meistens 3/, mm bei der ostgalizischen Type erreichen, ferner ist hier 
gewöhnlich nur ein Septalzyklus vorhanden und der zweite, wenn 
überhaupt ausgebildet, nur auf die Randregion beschränkt und in der 
Größe dadurch wesentlich von dem anderen verschieden. Auch sind 
Mauer und Septen weit zarter als bei unserer Form, welche sonst 
immerhin den gleichen Typus repräsentiert. In der Gestalt der Kelche 
wäre A. minima d’Ach.?) etwa noch zum Vergleiche heranzuziehen, 
welche sich indessen, abgesehen von der etwas bedeutenderen Größe 


!) Vergl. Paläontologische Studien über die älteren Tertiärschichten der 
Alpen. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Mathem.-Naturw. Klasse, Bd. XXVII, 
Teil II, pag. 38 (250), Taf. XXV, Fig. 6—8. 

2) Vergl. Joh. Felix, Über eine Korallenfauna aus der Kreideformation 
Ost-Galiziens. Z. d. D. g. G., 1906, pag. 45, Teil III, Fig. 7—7 a. 

°®) Vergl. meine Priabonaschichten, par. 51, Taf. I, Fig. 9—10, wie meine 
neuen Beiträge zur Hocänfauna Bosniens in Beitr. zur Paläontol. und Geologie 
Österr.-Ung. und des Orients, Bd. XXV, pag. 102 (15), Taf. X (I), Fig. 6—6b. 


[5] Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. 699 


der Kelche durch das Zurücktreten des Cönenchyms und die dadurch 
bedingte größere Freiheit der einzelnen Zellen fundamental unter- 
scheidet. 

Es sei noch hinzugefügt, daß die Form äußerlich ungemein an 
Millepora erinnert, so daß man sie im ersten Moment bei flüchtiger 
Betrachtung vielleicht hierherstellen könnte. Die Summe ihrer Charak- 
tere läßt indessen an ihrer Zugehörigkeit zu Astraepora wohl kaum 
Zweifel. . 


Litharaea sp. 


Diese Form, welche nur in wenigen, schlecht erhaltenen, kleinen 
Stücken vorliegt, scheint aus konzentrischen Höhen zusammengesetzte 
Platten ursprünglich gebildet zu haben, wie die Litharaea rudis Reuss 
von Crosara), der sie auch in der Form der Kelche gleicht. Dagegen 
ist die Größe der letzteren eine wesentlich geringere und beträgt im 
allgemeinen nur 21/, mm, während bei der unteroligocänen Art von 
Crosara 4!/, mm gemessen werden. In diesen Größenverhältnissen 
würde sie am ersten der L. bellula Michelin ?) entsprechen, obgleich hier 
wiederum die Kelche etwas kleiner bleiben und nur 1!/, mm, selten 
2 mm nach Mine Edwards und Haime messen. Diese ober-, 
selten mitteleocäne Art des Pariser Beckens, welche sich auch im 
Eocän des Friaul wiederfindet) hat aber außer dem ganz anderen 
Aufbau des Stockes auch eine größere Anzahl schwächerer, mehr 
zusammenhängender, weniger trabekulärer Septen. Augenscheinlich ist 
die Type von Zdauneck neu, wenigstens ist mir keine tertiäre Litharaea 
bekannt, mit welcher sie restlos zu vereinigen wäre. Der sehr frag- 
mentäre Zustand der vorliegenden Krusten verhindert aber eine spe- 
zifische Festlegung dieser Form. 


Stylophora contorta Leym. 


Verg. A. Leymerie, Memoire sur le terrain & Nummulites (Epieretace) des 
Corbitres et de la Montagne noire. M. S. G. F. 2. Serie, Tome I, pag. 358, 
Taf. XIII (B) Fig. 5a und 5. (Astraea contorta Leym.) 


Es liegt nur ein Bruchstück eines zusammengedrückten Zweig- 
endes von 12 mm Länge und 5 mm größter Dicke vor, welches all- 
seitig von den kaum ®/;,mm messenden kleinen Kelchen bedeckt ist. 
Leider ist es stark abgerieben, doch läßt es die wesentlichen Merkmale 
wohl erkennen. Die Kelche sind unregelmäßig sechseckig und einander 
so nahe gerückt, daß nur ein schmaler Grad von Cönenchym übrig 
bleibt, welcher infolge der Verletzung seiner Oberfläche von groben 
Poren durchbohrt scheint. Es fehlt jede Spur eines zweiten Septazyklus, 
auch springt der Rand nicht erhaben über die Oberfläche hervor. 


1) Paläontol. Stud. II. Taf. XXVII, Fig. 2, pag. 39 (251). 

?2) Iconogr. zoophyt. pag. 158, Taf. XLIV, Fig. 2 und Milne Edwards und 
Haime, Hist. nat. des Corall. III, pag. 187. 

3) @’Achiardi, Coralli eocenici del. Friuli, Atti della Societa Toscana di 
Seienze naturali. I. Pisa 1875, pag. 83. 


700 Paul Oppenheim. [6] 


Diese Art findet sich nicht nur im Mitteleocän der Corbieres, 
aus welchem sie Leymerie beschreibt, sondern auch im gleichen 
Horizont, den Schichten von San Giovanni Ilarione, in Venetien !), 
und zwar gibt d’Achiardi hier eine Beschreibung, welche in allen 
wesentlichen Punkten auch für das Bruchstück von Zdaunek zutreffen 
würde; der gleiche Autor zitiert die Form auch aus dem Oligocän 
von Montecchio und Salcedo. Reuss hat nun?) eine äußerst ähnliche 
Form als Stylophora conferta Reuss beschrieben, für welche er selbst?) 
die Möglichkeit einer spezifischen Identität mit der Leymerie’schen Art 
diskutiert. D’Achiardi hat dann in seinem „Studio comparativo“®) 
die Reuss’sche Art beibehalten und von derjenigen Leymerie’s getrennt, 
im wesentlichen deshalb, weil auf den Basaltstücken die Kelche etwas 
größer seien und am Rande kleine Rippen zeigten, während die 
Leymerie’sche Art dort nur eine dichte Körnelung ohne Anzeichen 
eines Rippenkranzes um den Kelchsaum darböte. Ich weiß nicht, ob 
diese zarten Unterschiede wirklich durchgreifend sind, an den Zweig- 
enden sind sie auch nach den Bekundungen von d’Achiardi nicht 
zu bemerken. Da im übrigen beide Arten dieselbe stratigraphische 
Verbreitung vom Mitteleocän bis zum Mitteloligocän haben und neben- 
einander vorkommen, so wäre es für die uns hier beschäftigende Frage 
gleichgültig, ob es sich um die eine oder die andere handelte oder 
ob beide schließlich zusammenfielen. 


Lobopsammia cariosa Goldf. 
Taf. XXVI, Fig. 9—12. 

Vergl. Milne Edwards und Haime, Histoire naturelle des Coralliaires III, 
pag. 124 (cum Synonymis). 

P. Martin Duncan, A Monograph of the british fossil Corals, Second Series, Part I, 
Corals from the tertiary formations, London 1866 (Palaeontographical Society) 
pag. 48, Taf. VII, Fig. 6—10. 

Otto M. Reis, Die Korallen der Reiter Schichten. Geognost. Jahreshefte II, pag. 106. 


Es ist dies die in dem Konglomerat von Zdaunek bei weitem 
häufigste Form, und zwar liegen nicht nur vereinzelte Zweigenden, 
sondern auch eine Reihe von Basalstücken vor. Die .Kelche selbst 
sind meist schlechter erhalten; da aber, wo sie zu beobachten sind, 
entspricht alles in ihnen den für die Art typischen Verhältnissen. 
Durchaus charakteristisch ist der ganze Aufbau dieser sich bekannt- 
lich an den Spitzen stets durch Teilung vermehrenden Form, und 
ebenso unverkennbar sind die Verhältnisse der Außenseite. An dieser 
sind, da die meisten Stücke abgerollt sind, nur selten die Rippen 
noch im ursprünglichen Zusammenhang mit den sie regelmäßig ver- 
bindenden Exothecaltraversen erhalten, wenngleich auch solche Fälle 


!) Vergl. d’Achiardi, Corallari fossili del terreno nummulitico dell’Alpi 
* Venete. Mem. della Soc. ital. di Scienze naturali, Tomo II, N. 4, Milano 1866, pag. 26. 
?) Paläontologische Studien I, pag. 25, Taf. IX, Fig. 3—6 und III, pag. 12. 
®) Vergl. a. a. O. III, pag. 12. 
*) Vergl. Studio comparativo fra i coralli dei terreni terziari del Piemonte 
e dell’Alpi Venete, Pisa 1868, pag. 68. 


[7] . Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. 701 


sicher zu beobachten sind. Gewöhnlich sind sie durch die Abreibung 
in die einzelnen Teile zerlegt, welche sie unter der Oberfläche 
zusammensetzen und welche meist durch stärkere Poren voneinander 
getrennt sind. Dadurch entsteht schließlich ein Geflecht von gröberen 
mäanderförmig gewundenen Kalksträhnen, welche durch Querbrücken 
miteinander verbunden sind und weite Poren in großer Zahl zwischen 
sich einschließen. Hat die Abreibung hinreichend tief gewirkt, so ist 
es sehr schwer, in diesem wirren Chaos noch die einzelnen Elemente 
der Rippen zusammenzukonstruieren. Aber trotz aller Unregelmäßig- 
keiten gibt das Ganze doch ein sehr charakteristisches Bild, welches 
sich genau übereinstimmend auch an den zahlreichen, mir von der 
Type von Auvers und Le Ruel aus dem Pariser Becken vorliegenden 
Exemplaren meiner Sammlung erkennen läßt. Auch die starken konzen- 
trischen Thecallagen, welche den Einzelkelch umgeben und seine ur- 
sprüngliche Größe anzeigen und welche ihrerseits von Reis a.a.O. als 
Coenenchym aufgefaßt werden, sind an Individuen von Zdaunek wohl 
zu beobachten. Sie sind nach Reis a.a.O., pag. 106/7, dem Coenenchym 
der Madreporiden homolog. 

Ich finde die eigentümliche Beschaffenheit der Außenseite, wie sie 
die abgeriebenen Stücke unserer Art darbieten und wie sie oben zu 
schildern versucht wurde, in der Literatur kaum bildlich wieder- 
gegeben, auch an den abgerollten Stücken nicht, welche Michelin 
zeichnet !). Wenn man genau zusieht, kann man sie vielleicht an ein- 
zelnen Stellen bei Duncan, zum Beispiel auf Taf. VII, Fig. 8, links 
unten, und Fig. 10 links in der Mitte, mit der Lupe beobachten. Sehr 
eigenartig sind auch die Verhältnisse, welche, wie meine vorzüglich 
erhaltenen Exemplare von Le Ruel erkennen lassen, die basale Aus- 
breitung bei jugendlichen Individuen zeigt. Diese erinnert in ihrer 
Form und Gestalt durchaus an diejenige mancher Balanophyllien, 
wie BD. granulata Duncan), ist aber von sehr breiten, ganz flachen 
Rippen durchzogen, die von tief eingeschnittenen, mehrfach ge- 
krümmten, an die Astrorhizen mancher Hydrozoen erinnernden 
Furchen getrennt werden. Jede Rippe besteht aus einer sehr be- 
deutenden Zahl einzelner Kalkknötchen, die, wechselnd in Form und 
Größe, von groben Poren getrennt werden. Oben gabelt sich die Rippe 
mehrfach und wird dann die normale Begrenzung der des öfteren 
geteilten Kelche. An dem hier besprochenen, ungefähr 20 mm breiten 
Exemplar hat sich das Einzeltier in der Höhe von etwa 7 mm in zwei 
Individuen, die durch eine sattelförmige Einsenkung verbunden sind, 
aufgelöst. Jede dieser Tochterzellen zeigt aber bereits eine flott 
durchgeführte Teilung, und an der einen sproßt seitlich außerdem noch 
ein junger Polyp hervor. Diese Teilungsvorgänge scheinen aber, wie 
andere, fast gleich große Individuen beweisen, gerade in der Jugend 
mit großer Kraft sich fortzusetzen und von einer starken Sekretion 
an der Peripherie begleitet zu sein. Durch diese werden die Thecal- 
lagen erzeugt, welche Reis als Coenenchym bezeichnet, und durch 
sie werden wohl auch die ursprünglichen Verhältnisse unterdrückt, 


!) Iconographie zoophytologique, Taf. XLIII, Fig. 10. 
%) A. a. O. (British fossil corals), Taf. VII, Fig. 1. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reicnsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (P Oppenheim.) 9] 


102 Paul Oppenheim. [8] 


welche oben hinsichtlich der Nervatur der Basis zu schildern versucht 
wurde. 

Es sei noch hinzugefügt, daß die Anheftungsstelle durchaus nicht 
immer so konkav ist, wie das Duncana.a. O. angibt und auf Taf. VII. 
Fig. 10 in der Mitte, zeichnet. Ich besitze Individuen, welche unten 
ganz flach sind und hier lebhaft an die Basis mancher Fungiden, zum 
Beispiel Oyclolites und Cycloseris erinnern, allerdings ist der Rippen- 
apparat auch hier ganz unregelmäßig. Es ist dies bei einem Individuum 
der Fall, ‚welches nicht höher ist als das vorher geschilderte, bei 
welchem aber die beiden durch die mediane Einsenkung getrennten 
Tochterzellen bereits in fünf und auf der anderen Seite etwa sieben 
Individuen zerfallen. Auf diese Weise ist das Wachstum in die Dicke 
meist vorherrschend und nur bei Stöcken, an welchen die jungen 
Individuen rasch seitlich frei werden, wird auch für die Ausbildung 
nach der Höhe hin gesorgt. 

Was die geologische Verbreitung der Art anlangt, so setzt sie 
im Obereocän des Pariser Beckens (Auversien) ein. Sie findet sich 
dann nach Duncan a. a. O. im Unteroligocän von England (Brocken- 
hurst) und Norddeutschland (Lattorf). Nach Reis tritt sie auch in den 
Nordalpen bei Häring und Reit im Winkel in unter- bis mitteloligo- 
cänen Ablagerungen auf. Aus den Südalpen liegt sie mir aus Venetien 
von Crosara in einem, wie ich schon früher angab, kaum von ihr zu 
trennenden Exemplar vor). 


Trochoseris cf. semiplana Oppenh. 


Vergl. über einige alttertiäre Faunen der Österr.-Ung. Monarchie. Beitr. zur Paläon- 
tologie Österr.-Ungarns XIII, 1901, pag. 204 (60), Taf. XII (II), Fig. 5a, b 
und Textfig. 

Dieser von mir aus dem Mitteleocän von Konjavac bei Mostar be- 
schriebenen Type möchte ich ein Bruchstück von Zdaunek angliedern, 
welches mit ihr die wichtigsten Merkmale gemeinsam hat. Es besteht in 
einem Kreisausschnitt, der anscheinend mit ziemlich starker Anheftungs- 
stelle befestigt ist und dann wohl ziemlich steil nach oben steigt, um sich 
gegen den Rand hin zu verflachen. Natürlich hängt Höhe und Richtung 
des Objekts von der Orientierung ab, welche man ihm gibt. Dies ist 
aber auch bei der Originaltype aus der Herzegowina der Fall. Die 
Außenseite ist mit ziemlich distanten, an der Größe wechselnden, 
flachen, leicht gekörnelten Rippen bedeckt. Die Septen, von denen 
gegen 70 erhalten sind, sind verhältnismäßig sehr zart und nicht allzu 
ungleich, doch immerhin so, daß zwischen je zwei stärkeren je drei 
feinere eingeschoben sind. Ihr Außenrand ist sehr deutlich fein ein- 
reihig gekörnelt. Die Seitenfläche der Scheidewand läßt gelegentlich 
feine Poren erkennen. 

T. semiplana Oppenh. ist eine Type des Mitteleocäns der Herze- 
gowina. Ich glaube nicht, daß das vorliegende Fragment von Zdauneck 
von ihr getrennt werden kann, jedenfalls sind die übrigen Trochoseris- 
Arten des Alttertiärs weit verschiedener. Dies gilt besonders von der 


') Z. d. D. g. G@. Monatsber. Bd. LXI, 1909, pag. 42. 


[9] Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. 7103 


mir in zahlreichen Exemplaren vorliegenden 7. distorta Mich. des 
Pariser Obereocäns!). Bei dieser Form sind die Scheidewände, trotz- 
dem Milne Edwards und Haime sie als ziemlich zart bezeichnen 
(„assez minces“), doch im ganzen und zumal die primären wesentlich 
stärker. Was die oligocäne T. berica Cat. anlangt?), so scheint sie 
sich sowohl in der Gestalt als im Kelchbau gut zu unterscheiden. 


Favia profunda Reuss’). 
Taf. XXVI, Fig. 7—8. 


Von den beiden mir vorgelegten kleinen Stöcken hat der eine 
eine Breite von 35 mm und eine Höhe von 20 mm und besteht aus 
geradlinig emporwachsenden, an der Oberfläche in lebhafter Teilung 
begriffenen Zellen. Augenscheinlich sind beide Exemplare nur Teile 
einer großen Platte, so daß diese Koralle flache Rasen mit mehr oder 
‚weniger ebener Oberfläche gebildet haben mag. Die Zellen sind ziem- 
lich stark verzerrt. Der eine Durchmesser ist fast dreimal so groß 
als der andere. Sie erreichen im Mittel eine Breite von 7 mm und 
sind voneinander durch eine sehr ausgesprochene Furche getrennt. 
Nach außen tragen sie starke, nahezu gleiche, durch Exotekaltraversen 
verbundene Rippen. Die stark gezähnelten Septen stehen in etwa 
vier Zyklen und sind nur wenig in der Stärke verschieden. Die aus 
mehreren Papillen zusammengesetzte Achse an der Basis des steil 
abfallenden Kelches ist deutlich erkennbar. 

Diese Form entspricht durchaus der Beschreibung und Abbil- 
dung bei Reuss. Ich halte ihre Identität mit der sehr charakte- 
ristischen, auch in gleichaltrigen Ablagerungen im Friaul wieder- 
kehrenden Type des Mitteleocäns von San Giovanni Ilarione für un- 
bedingt gesichert, während ich aus den jüngeren oligocänen Komplexen 
des Sangonini- und Gombertohorizonts nichts Entsprechendes kenne. 
Es ist also eine typisch eocäne Art, welche uns in ihr in der Breceie 
von Zdaunek entgegentritt. 


Leptophyllia dubravitzensis Oppenh. 


Vergl. Neue Beiträge zur Eocänfauna Bosniens. Beiträge zur Paläontologie und 
Geologie Österreich-Ungarns und des Orients, Bd. XXV, 1912, pag. 112 (26), 
Bar XIM (IV), Big 1-15, 7, Taf. XV (VI), Fig 2-7, Taf. XIV (V), 
Fig. 16—17 a (cum Syn.). 


Die vier von mir vorgelegten, recht ungünstig erhaltenen Exem- 
plare sind augenscheinlich die Individuen, welche Petrascheck 
a.a. 0. als Pattalophyllia bezeichnet hat. Wenngleich eine gewisse Ver- 
stärkung der inneren Septalendigung in der Nähe des Zentrums wohl 


!) Michelin, Iconograph. zoophyt. pag. 149, Taf. XLIII, Fig. 8, Milne 
Edwards und Haime Hist. nat. des Corall. III. pag. 58. 

2) Vergl. Reuss, Paläontol. Stud. I. pag. 14, Taf. II, Fig. 2 und Reis, 
Korallen der Reiter Schichten a. a. O. p. 111, Taf. I, Fig. 15, 16, 23 und Taf. 
IV, Fig. 10a, b, ec. 

®) Reuss, Paläontol. Stud. III. pag. 13, Taf. XLIT, Fig. 6.d’Achiardi, Cor. 
eoc, del Friuli pag. 42. 


91° 


704 Paul Oppenheim. [10] 


stattfindet, so glaube ich dennoh nicht, dab diese generische Bestim- 
mung einer eingehenderen Prüfung standzuhalten vermag und dies 
um so weniger, als, wie ich a. a. O. berichte, ähnliche Erscheinungen 
auch bei der Leptophyllia dubravitzensis zur Beobachtung gelangten. 
Dieser letzteren entsprechen unsere Stücke in der Beschaffenheit der 
allerdings nur an dem einem besser, aber auch hier nicht tadellos, er- 
haltenen äußeren Rippen, den zahlreichen, nach innen durch Synaptikel 
verbundenen, in der Stärke nicht allzu verschiedenen, gegen den Mittel- 
punkt hin aufeinander zustrebenden und stark geschlängelten Senten 
und dem, wie ein Durchschnitt lehrte, gänzlichen Fehlen der Achse 
so vollständig, daß ich kaum Bedenken trage, sie dieser Form an- 
zureihen. 

Die Art ist reich vertreten im Auversien der Umgebung von 
Barcelona, wie in Lutetienbildungen Bosniens. 


Cidaris cf. subularis d’ Arch. 
Vergl. Me&m. de la Soc. geol. de France, 2. Serie, Tome III, pag. 419, Taf. X, Fig. 4. 


Von den fünf mir vorgelegten Fragmenten, an denen sämtlich 
der Hals und die obere Spitze fehlen, entspricht das eine, an welchem 
die Warzen nicht so deutlich in Reihen angeordnet sind, einigermaßen 
der Type d’Archiac’s. Andere erinnern an ©. interlineata d’Arch.!), 
bei welchem die Knoten durch deutliche Rippen vereinigt sind, 
während die letzteren im allgemeinen zu stark sind, um eine Ver- 
einigung mit dem sonst ebenfalls in Betracht kommenden (, acicu- 
laris d’Arch.?) zu gestatten. Die beiden ersteren Formen, (©. subularis 
und interlineata d’Arch. scheinen sich ungemein nahe zu stehen und 
sind auch in Istrien in denselben Ablagerungen vereinigt). Mir liegen 
entsprechende Stücke von Pinguente vor (meine Samml.), welche ebenso 
zwischen beiden Arten vermitteln und von welchen die Type von 
Zdaunek kaum spezifisch zu trennen ist, wie denn auch Cotteau®), 
wie er selbst angibt, geschwankt hat, ob er beide Formen nicht zu- 
sammenziehen solle. 


©. subularis d’Arch. findet sich nach Boussac?) bei Biarritz in 
den Kalken des Absturzes von Handia und an der Gour£pe, in beiden 
Fällen in Ablagerungen, welche Boussac noch zum Lutetien zieht. 
Die Art ist dann in mitteleocänen Ablagerungen ziemlich verbreitet 
und findet sich auch in den Priabonaschichten. Es genügt, hier auf 
meine diesem Komplex gewidmete Monographie 6) wie auf meine 
Revision der tertiären Echiniden Venetiens und des Trentino?) zu 


7)78..,2.20: Tor.) X, Big. 10, 

?) Ebendort Taf. X, Fig. 5. 

®) Vergl. Torquato Taramelli, Di alcuni Echinidi eocenici dell’Istria, Atti 
del R. Istituto Veneto di lettere, scienze,ed arti. Ser. IV, Tome III, pag. 11 des Sep. 

*) Vergl. Paleontologie francaise. Echinides &ocenes, I. pag. 428: „nous avions 
et& tent& de r&unir cette espece au C. subularis*. 

°) Etudes stratigraphiques et pal&ontologiques sur le Nummulitique de Biarritz. 
Annales Hebert, Tome V, Paris 1911, pag. 16. 

%) Palaeontographica 47, 1901, pag. 81. 

”) 2. d. D. g. G. 1902, a. a. O. pag. 165. 


[11] Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. 105 


verweisen, Was (. interlineata d’Arch. anlangt, so wird diese Form 
bei Boussac nicht zitiert. Cotteau gibt sie!) von Biarritz ohne 
genaueren Fundpunkt an. P. de Loriol hatte nun in seiner „Descrip- 
tion des Echinides tertiaires de la Suisse“ 2) bereits darauf hinge- 
wiesen, daß die Form, welche v. Schauroth°) aus den Priabona- 
schichten von S. Orso bei Schio abbildet, nicht der Type d’Archiac’s 
entspräche. Damest, hat diese Bemerkung de Loriol’s augen- 
scheinlich übersehen, denn es ist ganz klar, daß ein Stachel mit 23 
bis 25 Längsreihen von Knoten nicht auf die von d’Archiac abge- 
bildete Form bezogen werden kann, obgleich der französische Autor 
leider die Zahl der Knotenreihen bei der Type von Biarritz anzu- 
geben verabsäumt hat. Ich selbst habe diese Art nachher sowohl in 
meinen Priabonaschichten als in meiner Revision im Sinne von Dames 
und v. Schauroth aufgefaßt und glaube jetzt selbst, daß sie von 
©. interlineata d’Arch. zu trennen sein dürfte, während diese letztere 
Form sich aufs innigste an ©, subularis d’Arch. anschließen würde. — 
Es sei dem wie immer, jedenfalls weisen auch die Cidaridenstacheln 
von Zdaunek auf eocäne und nicht auf oligocäne Formen hin. — 


Schlussfolgerungen. 


Wenn wir die Resultate der vorhergehenden Detailuntersuchung 
aneinanderreihen und zusammenfassen, so ergibt sich für die Fauna 
der Breccie von Zdaunek folgendes Bild: Von den wenigen Mol- 
luskenresten ist die Gryphaea Katzeri Oppenh. eine bisher auf das 
Mitteleocän, das Lutetien, beschränkte Type, während Spondylus radula 
Lam. sowohl im Mittel- als im ÖObereocän, im Lutetien, Auversien 
und Bartonien auftritt. Beide sind im typischen Oligocän bisher nicht 
aufgefunden worden. Auf die gleiche Verbreitung (Mittel- bis Ober- 
eocän) weisen die Cidaridenreste hin. Von den Korallen ist die häu- 
figste Art die Lobopsammia cariosa Goldf. sehr charakteristisch für 
das Obereocän, das Auversien des Pariser Beckens, doch steigt sie 
allerdings im alpinen Gebiet bis in das Unteroligocän, das Lattorfien, 
herauf. Die ebenfalls in einer großen Anzahl von Exemplaren vor- 
liegende Cyathoseris raristella Oppenh. ist in der hier von mir gege- 
benen spezifischen Begrenzung auf das Mittel- und Obereocän be- 
schränkt, doch darf nicht verschwiegen werden, daß sie allerdings 
sehr nahe Verwandte im Oligocän besitzt und daß die sie von diesen 
trennenden Merkmale sehr zarter Natur sind. Stylophora contort«a 
Leym. herrscht ebenfalls im Mitteleocän vor, geht aber bis in das 
Mitteloligocän in kaum veränderter Form herauf. Dagegen ist Favia 
profunda Reuss bisher nur im Mitteleocän von San Giovanni Iarione 
und den diesen entsprechenden, vielleicht sogar noch etwas älteren 


1) Paleontologie francaise. Echinides &ocenes. I. pag. 428. 

?) Abhandl. der Schweizer paläont. Gesellsch. II und III, Bern 1875, pae. 13. 

®) Verzeichnis der Versteinerungen im herzogl. Naturalien-Kabinett zu 
Coburg 1865, pag. 189, Taf. VIII, Fig. 12. 

* Die Echiniden der vicentinischen und veronesischen Tertiärablagerungen. 
Palaeontographica XXV, Kassel 1877, pag. 8. 


706 Paul Oppenheim. [12] 


korallenführenden Absätzen des Friaul nachgewiesen worden. Auch 
Trochoseris semiplana Oppenh. hat bisher eine rein mitteleocäne Ver- 
breitung, ebenso weist Leptophyllia dubravitzensis Oppenh. auf mittel- 
bis obereocäne Beziehungen hin. Man dürfte daher nach diesen Daten 
nach dem Vorherrschen geologisch älterer Formen wohl be- 
rechtigt sein, dem Konglomerat von Zdaunek ein mittel- bis ober- 
eocänes Alter zuzusprechen, also es dem Lutetien oder 
Auversien anzugliedern und sowohl Priabonien als die typischen 
Oligocänbildungen bei der Altersfestsetzung auszuschließen. 

Nun hat R. J. Schubert, wie wir in der Einleitung sahen, in 
diesem Konglomerat einige größere Foraminiferen, besonders Ortho- 
phragminen und Nummuliten aufgefunden und es frägt sich nun, wie 
weit diese Funde und die aus ihnen zu ziehenden Resultate mit den 
von mir aus dem Studium der höheren Tierreste erzielten in Einklang 
zu bringen sind. Leider liegen mir diese Formen bisher nicht vor, 
doch habe ich keine Veranlassung, bei der bekannten Kompetenz 
Schubertsin diesen Fragen den geringsten Zweifel gegen die Richtig- 
keit seiner Bestimmungen hier zu erheben. Die von Schubert nun 
bestimmten Formen sind nach den Mitteilungen Petraschecksa.a.O. 
Orthophragmina varians v. Schloth., Orthophragmina cf. aspera Gümb., 
Nummulites cf. variolaria Lam. und Nummulites cf. Oosteri de la Harpe. 
Was Orthophragmina varians Kaufm. anlangt — die einzige Form, 
welche Schubert ohne cf. angibt — so wäre es allerdings wichtig, 
zu wissen, in welchem Umfang der Autor hier den Artbegriff aufge- 
faßt wissen wollte. Gümbel hat seinerzeit!) diese Form zu seiner 
Orbitoides nummulitica gezogen und mit diesem restlos vereinigt, 
während später Charles Schlumberger?°) die Type der Rallig- 
stöcke bei Interlaken in der Westschweiz von ihr abtrennte. In der 
Gümbelschen Fassung käme die Form in der Umgebung von Traun- 
stein in Südbayern, bei Schöneck, Hammer etc. schon in Ablagerungen 
vor, welche reichlich Nummultes laevigatus Lam. führen und daher 
typisches Lutetien sind. Sie fände sich dann ferner in den Kressen- 
berger Eisenerzflözen, welche wohl größtenteils dem Lutetien ange- 
hören dürften, wie in den „Jüngeren Nummulitenschichten von Reichen- 
hall“, welche wohl schon zum Priabonien zu rechnen sind. In der 
Fassung von Schlumberger scheint die Form nur in dem jüngeren 
Niveau aufzutreten, da er sie als „assez communs dans les couches 
eocenes des Ralligstöcke pres Interlaken“ angibt, deren Fauna nach 
Boussac?) zum Auversien gehört, also in das Niveau von Roncä fällt. 
Allerdings fügt er auch „rare ä Daguerre, Basses-Pyrenees“ hinzu. 
Was den lelzteren Fundpunkt anlangt, so bitte ich nachzulesen, was 
ich in meinen neuen Beiträgen zur Eocänfauna Bosniens *) über ihn 


!) Vergl. Beiträge zur Foraminiferenfauna der nordalpinen Eocängebilde. 
Abhandl. der königl. bayr. Akadem. d. Wissensch. 2. Klasse. Bd. X. II. Abt. 
München 1868, pag. 124 (702). 

?) Vergl. Troisieme Note sur les Orbitoides. B. S. G. F. 4. Ser. Tome III. 
Paris 1903, pag. 281. 

°) Etudes stratigraphiques sur Nummulitique alpin. M&moires pour servir ä 
l’expliquation de la carte geologique detaillee de la France. Paris 1912, pag. 439 

Mi Beiträge zur Paläontol. Österr.-Ung. und des Orients. Bd. XXV. Wien 1912, 
pag. 93. 


[13] Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. 707 


niedergelegt habe. Es ist dies ein Punkt im Südosten von Bayonne, 
über welchen ich nähere Angaben bisher vergebens in der betreffen- 
den Literatur gesucht habe. Es wäre nicht unmöglich, daß es sich 
hier um ein tiefes Niveau mit Nummulites laevigatus handeln könnte. 
In der Gümbelschen Begrenzung habe ich selbst die Art?!) von dem 
wohl schon dem Untereocän, dem Londinien, entsprechenden Spilecco- 
horizont an aufwärts bis durch die Priabonaschichten verfolgt. Uhlig 
gibt sie?) von Vola LuZanska aus dem letzteren Niveau an. Nach 
den Mitteilungen bei Gümbel?°) würde Orthophragmina aspera Gümb., 
welche ich bei Schlumberger nicht zitiert finde, ungefähr die 
gleiche Verbreitung besitzen wie Orthophragmina varians Kaufm., 
also im Lutetien einsetzen und im Priabonien aussterben. Auch diese 
Type habe ich) im Untereocän des Spileccohorizonts aufgefunden 
und von dort bis in das Priabonien herauf verfolst. Man sieht, die 
beiden von Schubert zitierten Orthophragminen geben als weit- 
durchgehende Formen keine klare und unzweideutige Antwort auf die 
Altersfrage, es sei denn, daß sie die Zugehörigkeit zum Oligocän un- 
bedingt ausschlössen. 

Was die Nummuliten unserer Formation anlangt, so tritt 
N. variolaria zwar im Mittelmeergebiet, in Agypten, Syrien und 
Palästina) schon im Untereocän der Iybischen Stufe auf. In Nord- 
europa, im Anglopariser Becken, wie in den nordalpinen Sedimenten 
ist die Form dagegen auf das Obereocän, auf das Auversien, be- 
schränkt). Im Mittelmeergebiet soll sie sich allerdings in ganz be- 
schränkten Fällen nach Boussac’) auch im Priabonien finden; 
Boussae zitiert sie direkt aus Priabona, wo ich sie niemals zu 
Gesicht bekommen habe. Jedenfalls sind diese Fälle einigermaßen 
zweifelhafter Natur und dies um so mehr, als der Autor selbst a. a. O. 
angibt, daB sie im Mittelmeergebiet keinen stratigraphischen Wert 
mehr besäße, und daß ihre Bestimmung dort unsicher würde und er 
abschließend von Nummulites variolarius bemerkt, „e’est surtout sa 
petitesse qui fait reconnaitre cette espece dont les caracteres tres 
neutres pourraient ötre ceux d’une Nummulite type“. Es scheint 
also mit dieser sehr kleinen und noch dazu so indifferenten Form 
stratigraphisch nicht allzuviel anzufangen zu sein, wenigstens nicht in 
den Mittelmeerregionen. Im Anglopariser Becken hat man ihr stellen- 
weise eine ausschlaggebende Bedeutung zuerteilt. 

N. Oosteri de la Harpe ist dagegen eine überaus seltene und 
sehr zerstreut auftretende Art, welche de la Harpe im Bulletin de 


!) Vergl. Priabonaschichten, pag. 46. 

2) Über eine Mikrofauna aus dem Alttertiär der westgalizischen Karpathen. 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1886. Bd. XXXVL. I. Heft, pag. 203 (63). 

®) A. a. O. pag. 120 (698). 

*) Priabonaschichten, pag. 44. 

5) Vergl. u. A. M. Blanckenhorn in Z.d.d.g.G. 1900, p. 406 (Tabelle), 
p. 411 und 418 din de la Harpe in Palaeontographica, XXX, 1. 1883, p. 215. 

6) Vergl. hier u. a. Jean Boussac, Observations sur la faune des couches 
superieures de Bracklesham & Nummulites variolarius. : Annales de la Soc. geol. 
du Nord, Taf. XXXVI, pag. 360 ff. Lille 1907. 

?) Vergl. Etudes paleontologiques sur le Nummulitique alpin, Paris 1911, 
(Mem. de la Carte geol. detaill6ee de la France), pag. 49. 


1708 Paul Oppenheim. [14] 


la Societe vaudoise des Sciences naturelles?!) vom Waschberge bei 
Stockerau zuerst beschrieben hat und dann ziemlich gleichzeitig am 
Gurnigel bei Thun in einem groben, dem Flysch eingelagerten Sandsteine 
wiederfand. De laHarpe macht in einer Anmerkung pag. 85 seiner 
„Etudes des Nummulites de la Suisse“ ?) darauf aufmerksam, daß sein 
N. Oosteri den granulierten Formen angehöre, welche man bis jetzt 
gewöhnt sei, als den mittleren eocänen Schichten eigentümlich anzusehen, 
während er ursprünglich bei der Beschreibung von N. Oosteri und 
Partschi ihnen ein obereocänes Alter, Bartonien, zugesprochen hatte. 
Diese seltene Nummulitenart ist später von Rzehak?) wieder am 
Waschberge bei Stockerau aufgefunden worden, und zwar in Ver- 
gesellschaftung von sehr häufigen Orbitoides aspera Gümbel und 
seltenen Orbitoides nummulitica Gümbel, also den gleichen Orthophrag- 
minen, die wir auch hier bei Zdaunek finden, in Verbindung mit ver- 
einzelten Exemplaren von N. Boucheri de la Harpe und N. Tschihatscheffi 
d’Arch., von denen die letztere Art, wie Rzehak pag. 229 ausdrücklich 
angibt, nur in einem Exemplar gefunden wurde. Auch Rzehak ist 
geneigt, auf Grund dieser größeren und weit zahlreicherer Funde von 
kleinen Foraminiferen die Fauna vom Waschberge für obereocän, 
Bartonien nach der alten, Auversien wohl nach der neueren Nomen- 
klatur, anzusehen. Diese Ansicht steht zum mindesten nicht im Wider- 
spruche mit den hier für die Fauna von Zdauneck getätigten Resultaten, 
obgleich ein zwingender und unumstößlicher Beweis mir bisher noch 
nicht geführt zu sein scheint. Leider ist von der alttertiären Fauna der 
Umgegend von Stockerau bisher nur so äußerst wenig bekannt, worauf 
in neuerer Zeit des wiederholten, u. a. von Bittner hingewiesen 
wurde ®). Die beiden Molluskenarten, welche Bittner hier als neu 
vom Waschberge angibt, Velates Schmidelianus Chemn. und Nerita cir- 
cumvallata Bayan, beweisen nur, daß es sich hier um Eocän handelt, sind 
aber nicht unbedingt typisch für ein bestimmtes Niveau, denn, wenn sie 
auch in Roncä und in anderen Auversienbildungen besonders häufig 
sind, so finden sie sich auch bekanntlich noch in tieferen Komplexen, 
z. B. am Monte Postale bei Bolca, während das Auftreten von Ranina cf. 
Marestiana, welche Bittner a. a. O0. von Bruderndorf angibt, für ein 
noch höheres Alter des Komplexes ins Feld geführt werden könnte. 

Das letztere Moment wird noch dadurch verstärkt, daß nach der 
Ansicht eines so ausgezeichneten Kenners der alpinen Nummuliten- 
formation, wie dies Boussac?) ist, das Nummulitenpaar N. Partschi- 
Oosteri, welches auch bei St. Andrae, Greifenstein, Höflein und Kritzen- 
dorf aufgefunden worden sein soll, in der ganzen Schweiz charak- 
teristisch ist für das Lutetien, und zwar für dasjenige der helve- 
tischen Decken. 


') 2. Ser. Vol. XVII, pag. 33, Taf. III, 1881. — Vergl. auch Arnold Heim, 
Die Nummuliten- und Flyschbildungen der Schweizer Alpen. Abhandl. der schwei- 
zerischen paläontol. Gesellsch. XXXV, Zürich 1908, pag. 239. 

®2) M&em. de la Soc. pal&ont. Suisse, Vol. VII, Basel—Bern—Genf 1881. 

®) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Nr. XI, pag. 228. 

*) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1893, Nr. 9, pag. 241. 

°) Vergl. Jean Boussac, Etudes stratigraphiques sur le Nummulitique alpin, 
Memoires pour servir ä l’expliquation de la carte g&ologique detaill6e de la Frarce. 
Paris 1912, pag. 564. 


[15] Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. 709 


Boussac zieht in seinen „Etudes paleontologiques sur le Nummu- 
litique alpin“ pag. 53 fi. Nummulites Partschi und Oosteri de la Harpe 
mit der von Arnold Heim vor einiger Zeit als Nummulina gallensis 
beschriebenen Type zusammen und erklärt, daß diese Form in ihren 
phyletischen Beziehungen sich einschöbe zwischen den typischen 
Nummulites Lucasanus Defr. von Bos-d’Arros und Nummulites laevi- 
gatus de Lamarck und zu beiden im genetischen Verhältnisse stünde. 
Er hält sie für leitend für das Lutetien, in welchem sie auch mehr 
im Süden und im Osten sowohl in Rumänien als auch im Vicentino 
aufträte. Aus dem letzteren Gebiete sollen der Sorbonne Exemplare 
von Monte Pulli bei Valdagno vorliegen. Wenn man zudem auf pag. 
56 a. a. O. liest, daB man Grund habe vorauszusetzen, daß entweder 
Nummulites Partschi den Nummulites laevigatus habe entstehen lassen, 
oder daß sie zwei Geschwisterarten seien, so kann das Niveau der Art 
wohl kaum über das tiefe Lutetien gesetzt werden. Für diese letztere 
Ansicht dürfte denn auch sprechen, daB R. J. Schubert!) neuer- 
dings dieselbe Art im mährischen Flysch an verschiedenen Punkten in 
inniger Vergesellschaftung mit Nummulites distans Desh. aufgefunden 
hat, einer Type, welche, wie bekannt und wie von Boussac?) erst kürz- 
lich wieder ausgeführt wurde, ein relativ tiefes Niveau im Lutetien cha- 
rakterisiert. Der Punkt, wo im mährischen Flysch Nummulites Partschi 
Oosteri und Nummulites distans vergesellschaftet erscheinen, liegt, wie 
Schubert a. a. O., pag. 125—126 angibt, „nahe dem Südwestende 
des Teufelsteinzuges, an dem Fahrwege zwischen Ludkowitz und 
Brzezuwek“. Von einem anderen Punkt, der augenscheinlich ziemlich 
altersgleich ist, und an welchem wenigstens Nummulites distans Desh. 
erscheint, im Südosten von Silimau, wird übrigens von Schubert 
a. a. O., pag. 124 auch hier wieder Orthophragmina varians Kaufmann 
zitiert, also dieselbe Type, welche auch bei Zdaunek mit Nummulites 
Partschi-Oosteri vergesellschaftet auftritt. 

Ich komme also zu dem Resultat, daß die Konglomerate von 
Zdaunek mindestens dem Obereocän, dem Auversien, das heißt den 
Roneäschichten angehören, daß sie aber wahrscheinlich noch tiefer 
anzusetzen sind und wohl schon dem tieferen Lutetien entsprechen. 
Jedenfalls sind sie weder oligocän noch Priabonien, und älter als die 
Niemtschitzer Schichten Rzehaks und die diesen in den west- 
galizischen Karpathen entsprechenden, teils von Uhlig, teils später 
von Wöjecik?) in ihrer Fauna bearbeiteten Ablagerungen. Es wäre noch 
zu ermitteln, in welchem Verhältnis diese Konglomerate sich befinden 
zu den im Steinbruche von Zdaunek südlich vom Orte anstehenden, 
tonigen, sandigen und mergeligen Ablagerungen, aus welchen Rzehak 
in den Verhandlungen der k.k. geologischen Reichsanstalt, 1888, pag. 
192 eine ziemlich artenreiche, aber anscheinend etwas indifferente 
Foraminiferenfauna beschreibt, deren Alter er als Bartonien oder 
Ligurien annimmt. 


1) Vergl. Verhandl. d. k. k, geol. R.-A. 1913, pag. 125. 

2) Vergl. Etudes stratigraphiques sur le Nummulitique alpin, pag. 22. 

%) Das Unteroligocän von Riszkania bei Uzsok. Bull. de l’Acad&emie des 
Seiences de Cracovie. 1905, pag. 254 ff. Wie: Die unteroligocäne Fauna von Kruhel 
maly bei Przemysl. Ebendort, 1903, pag. 798 ff. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4 Heft. (P. Oppenheim.) 99 


710 Paul Oppenheim. 


Inhaltsangabe. 


Ostrea (Gryphaea) Katzeri Oppenh. 
Spondylus radula Lam. 


Oyathoseris raristella Oppenh.. » » » » . n... 
Astraeopora perexigua N. D. » » » . in 2... 5 
Bitnangen Spa ae ls 3 nr ee 


Stylophora contorta Leym. 
Lobopsammia cariosa Goldf. 
Trochoseris cf. semiplana Oppenh. . 
Kavia profundae Reuss ... . 12% 
Leptophyllia dubravitzensis Oppenh, 
Cidaris cf. subularis d’Arch. 


Schlußfolgerungen . ........ 


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Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons 
in Niederösterreich. 


(Mit Beiträgen zur Stratigraphie der Laaerberg- und Arsenalterrasse.) 


Von Dr. Günther Schlesinger, 
Konservator am n.-ö. Landesmuseum in Wien. 


Mit zwei Doppeltafeln (Nr. XXVII und XXVIII) und 6 Abbildungen im Text. 


Einleitung. 


Vor Jahresfrist hatte ich die erste strikt behauptete Feststellung 
des sewalischen E. planıfrons Falc.!) in unserem engeren Heimatland 
der Öffentlichkeit übergeben. Die Umwälzung, welche diese Kon- 
statierung in den Ansichten über die Stammesgeschichte der Elefanten 
hervorbringen mußte, hat mich veranlaßt, von dem gewonnenen Ge- 
sichtspunkt aus die gesamte Phylogenie der Proboszidier kritisch 
durchzugehen. 

Die Arbeit war reichlich auf Widerspruch gestoßen. 


W. Soergel?°) hatte nicht einmal Zeit, ihr Erscheinen abzu- 
warten. Er erklärte einfach auf meine vorläufige Mitteilung?) 
hin: „Ich will aber schon hier bemerken, daß ich die Bestimmung 
nicht für richtig halte.* 

An diese etwas voreilige Behauptung hatte sich ein Briefwechsel 
geknüpft, der zwar Herrn Dr. Soergel dem eingehenderen Studium 
meiner Arbeit zuführte, ihn aber seinem Standpunkt nicht abwendig 
machte. Auch der täuschend ähnliche Gipsabguß, den ich an ihn 
sandte, brachte ihn nur zu folgender „Feststellung“ ®): 

„Nach meinen Erfahrungen, die sich besonders auf die Kenntnis 
des E. meridionalis aus dem Val d’Arno, und zwar in reichen Zahn- 
serien, stützen, liegt absolut kein Grund vor, diesen Zahn für primitiver 
zu halten. Er fällt durchaus in die Variationsbreite des El. meridionalis 


1) G. Schlesinger, Studien über die Stammesgeschichte der Proboszidier 
in Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Bd. 62, Heft 1. Wien 1912. 

?) W. Soergel, Über E. trogontherii Pohl. und E. antiquus Fale. etc. in 
Palaeontogr. Bd. LX, pag. 98. Stuttgart 1912. 

%) G. Schlesinger, Über den Fund einer pliocänen Elefantenstammform 
(E. cf. planifrons Falc.) in Niederösterreich (vorläufige Mitteilung) in „Monatsbl. d. 
Ver. f. Landesk. v. Niederöst.“, X. Jahrg., Nr. 16, pag. 243. Wien 1911. 

*) Brief vom 10. Januar 1913. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (G. Schlesinger.) 99* 


712 Dr. Günther Schlesinger. [2] 


und nicht einmal an einen unteren Pol. Es ist ein frag- 
mentärer, stark abgekauter M III von El. meridionalis.“ 


Schon damals war dieses apodiktische Urteil, das Soergel auf 
Grund seiner „Erfahrungen an den reichen Zahnserien des E. meri- 
dionalis aus dem Val d’Arno“ gefällt hatte, bei mir auf wenig Ver- 
trauen gestoßen. 


Die Berechtigung meines Mißtrauens bestätigt der Fund, den zu 
publizieren ich in der glücklichen Lage bin. 


Soergel blieb nicht ohne Nachfolge. W. O. Dietrich!) ist 
zwar von der Richtigkeit der Bestimmung überzeugt, verrät aber doch 
hinter der Vorsicht, mit der er dem Fund zustimmt, sein Schwanken. 


Mit derselben sicheren Gewißheit, die Soergels rasche Be- 
hauptung kennzeichnete, trat auch W. Freudenberg?) an seine 
Seite. Für ihn ist der Zahn wahrscheinlich ein E. (meridionalis) tro- 
gontherii, die Schotter sind „altquartär“. 


Von einer ganz anderen Seite her leistete sich R.N. Wegner?) 
einen Angriff. Ich komme im Anhang (pag. 741 [31]) dieser Arbeit auf 
die meisten dieser Anwürfe zurück. 


Eben mit der Sichtung des reichen Tetrabelodontenmaterials be- 
schäftigt, dessen Bearbeitungsmöglichkeit ich dem neuen Leiter der 
seologisch-paläontologischen Abteilung des Wiener Hofmuseums, Herrn 
Kustosadjunkt Dr. F.X. Schaffer, verdanke, kam mir bei den not- 
wendigen Ordnungsarbeiten der im folgenden beschriebene pracht- 
volle Molar von E. planifrons Falc. in die Hand. 


Ich bin dem Zufall dankbar, der meine erste Konstatierung von 
E. planifrons durch ein so ausgezeichnetes Stück bestätigte und über- 
sebe die folgenden Zeilen der Öffentlichkeit mit den begleitenden 
Worten herzlichen Dankes an Herrn Dr. F. X. Schaffer für die 
Liebenswürdigkeit, mit der er mir den selten schönen Rest zur Publi- 
kation überließ. 


Nicht minder dankbar bin ich Herrn Assistent Dr. Friedrich 
Trauth für die freundliche Unterstützung, die er mir bei Beschaffung 
der Literatur und einzelner näherer Funddaten gewährte. 

Für die Durchführung der Photogramme sage ich Fräulein 


L. Adametz vom Wiener Hofmuseum auch an dieser Stelle meinen 
wärmsten Dank. 


Wien, k. k. Naturhistorisches Hofmuseum, im Oktober 1913. 


!) W. O. Dietrich, Zur Stammesgeschichte des afrikanischen Elefanten in 


Zeitschr. f. ind. Abstammungs- und Vererbungslehre. Bd. 10, Heft 1.und 2. Ber- 
lin 1913. 


?) W. Freudenberg, Referat über meine Arbeit in Neues Jahrb. f. Min. 
Jahrg. 1913, Bd. I, Heft 2, pag. 351. Stuttgart. 


®) R.N. Wegner, Tertiär und umgelagerte Kreide bei Oppeln in Palaeontogr. 
LX, pag. 255. Stuttgart 19183. 


[3] Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 713 


1. Die Geologie des Fundortes. 


Es ist ein Glück zu nennen, daß sich in Anbetracht des Um- 
standes, daß der Zahn erst 1912 gefunden wurde, die Lagerstätte in 
allen Einzelheiten genau feststellen ließ. 

Das Stück wurde gelegentlich der Schotter- und Sandgewinnung 
in der Löwyschen Ziegelei am Laaerberg (Wien XI), den ehemaligen 
„Rudolfsziegelöfen“, aus der Mitte des Laaerbergschotters 
gehoben. 

F. X. Schaffer!) hat diesen Aufschluß 19056 genau studiert 
und zwei Photographien davon publiziert, an Hand deren er folgende 
Schichten feststellt: 


Humus. 


1. Löß. 
——— Diskordanz! 
2. Hellschokoladefarbene, sehr tonreiche 
Sande. 
3. Dunkelroter, sandiger, im feuchten Zu- 
stand plastischer Lehm. 
4. Lichtgelbe, feine tonige Sande. 
5. Rostroter Laaerbergschotter. 
6. Ungefärbter Laaerbergschotter. 
Deutlich wellenförmig 
uınannnnnnnnr nn nn erodierte Oberfläche. 
(Diskordanz !) 
. Kongeriensande. 
. Kongerientegel. 


o@ 1 


Heute ist der Abbau bereits erheblich fortgeschritten und die 
Wand der Grube (ganz links im Bilde Schaffers, l. c. Taf. XIIIl«) 
um ungefähr 100 m rückverlagert. 

Die Schichtenfolge ist im wesentlichen die gleiche. Die hohen 
Schichten (2—4 inkl.) greifen auf die westliche Hälfte des Bruches, 
wie aus der Photographie Schaffers (l. c. Taf. XIlIla) zu ersehen 
ist, nicht mehr hinüber. 

Die Fundstelle unseres Stückes liegt ziemlich nahe der Linie, 
die in Schaffers Abbildung den AufschluB im Westen (links) be- 
grenzt, nur, wie schon erwähnt, etwa 100 m weiter gegen Norden. 

Infolge der Abgrabung hat sich die Schichtfolge um einiges ge- 
ändert: 

Die untersten Lagen sind Kongerientegel und -sand. 
Letzterer zeigt an der oberen Grenzfläche deutlich die schon von 
Schaffer konstatierten wellenförmigen Ercsionsmarken. Über diesen 
liegen nun nicht mehr, wie es zur Zeit der Aufnahme F. X. Schaffers 
der Fall war, die Laaerbergschotter, sondern zunächst grobe Roll- 


ı) F. X. Schaffer, Geologie von Wien. II. Teil, pag. 18!—183, Taf. XTll« 
und 5. Wien 1904/06. 


714 Dr. Günther Schlesinger. [4] 


stücke sehr verschiedener Herkunft. Die Hauptmasse derselben sind 
bis 60 cm lange gequetscht eiförmige Rollblöcke aus dichtem, hartem 
Sandstein, der dem Flysch außerordentlich ähnlich ist. Ihre Her- 
kunft erklärt sich einfach. Die obersten Partien des Kongerien- 
sandes, der bekanntlich zum größten Teil sedimentierter Flysch- 
sand ist, sind in oft 2—3 m langen, brotlaibförmigen Linsen ver- 
festigt und zu einem sekundären Flysch umgewandelt. Aus diesen 
Gesteinsbildungen stammen die gerollten Trümmer. Außerdem sind 
aber überkopfgroße Kalk- und auch Quarzgeschiebe ziemlich 
häufig. 

Die Schicht streicht mit 1—?/, m Mächtigkeit mit leisem 
Fallen von Osten nach Westen aus und geht ungefähr vor der Mitte 
bis zur Mächtigkeit von !/; m und weniger zurück. 

Noch vor dem Aneinanderstoßen der Schichten 4 und 5 (s. 
Schaffers Abb.) verschwindet sie gänzlich. An ihrer Stelle treten 
dieim Kongerientegel (so insbesondere bei Vösendorf) häufigen, 
mächtigen Flachklötze von zusammengesetztem Tegelundtegeligem 
Sand auf. 

Über dieser Schicht folgt in einer Mächtigkeit von 10—12 m 
Laaerbergschotter. 

Die Grenze zwischen Schaffers Zone 6 (ungefärbt) und 5 
(rostrot) ist hier nicht scharf, läßt sich aber im großen ganzen gut 
konstatieren. Rote Taschen greifen in größerer und geringerer Aus- 
dehnung in die untere Schicht (insonderheit im Osten) häufig über, 
treten sogar mitten im ungefärbten Schotter und nahe seiner Basis auf. 

Den Abschluß nach oben bildet Löß, der im Vergleich zum 
Aufschluß von 1906 an Mächtigkeit weit überwiegt. Er setzt mit 
ca. 1 m im Westen ein und erreicht gegen Osten bis zur starken 
Schichtneigung (s. Schaffers Abb.) 21, —3 m. 

Der Zahn lag ungefähr 7 m tief von der Oberfläche der Wand 
entfernt mitten im Laaerbergschotter in einer Partie von 
starker Rotfärbung. Quarzgeröllstückchen und braunrotes sandiges 
Bindemittel kleben dem Stücke an einzelnen Stellen noch an und 
bestätigen überdies die Richtigkeit dieser Angaben. 

Es war für mich begreiflicherweise von größtem Interesse, 
Näheres über das Alter der Laaerbergterrasse zu erfahren. 

Die Literatur!) bot trotz des regen Widerstreites der Meinungen 
nichts Positives. 

.. F.X. Schaffer?) selbst schied aus der Diskussion mit der 
Überzeugung: „Der bisherige Mangel von entscheidenden Fossilfunden 


ı) F. X. Schaffer, Die alten Flußterrassen im Gemeindegebiet der Stadt 
Wien, in Mitteil. d. k. k. Geogr. Ges. Wien 1902. Heft 11 und 12. — Zur Frage 
d. alten Flußterrassen in Wien, in Mitteil. d. k. k. Geogr. Ges. Wien 1904. Heft 3 


und 4. — Neue Beobachtungen zur Kenntnis der alten Flußterrassen bei Wien, in 
Mitteil. d. k. k. Geogr. Ges. Wien 1904. Heft 9 und 10. Nr. 4. — Geologie von 
Wien. l. c. — Ch. Deperet, Sur l’age des graviers du Belvedere in Bull. Soc. 


Geol. France, 4e serie, t. III, pag. 631, Paris 1903. — R. Hoernes, Belvedere- 
fauna und Arsenalterrasse, in Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1904. — H. Hassinger, 
Zur Frage der alten Flußterrassen bei Wien, in Mitteil. d. k. k. Geogr. Ges., 
pag. 216. Wien 1905. 


®) F. X Schaffer, Geologie von Wien. II., ]. c. pag. 205. 


[5] . Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 715 


in den Schottern der Arsenal- und Laaerbergterrasse hat es noch 
nicht gestattet, diese Altersfrage auf sicherem Wege zu entscheiden.“ 

Ein glücklicher Fund, der in den letzten Jahren gemacht wurde, 
brachte mich der Lösung nahe. 

Im Sommer 1911 wurden bei der Schottergewinnung in der 
Grube nächst dem „Alten Landgut“ auf der Höhe des Laaerberges 
(Kulmination der Favoritenstraße) die Reste von zwei Stoßzähnen 
und einem oder zwei Molaren eines Tetrabelodonten gefunden, 
den ich im folgenden zum Teil näher beleuchten will. 

Die Stücke kamen während meiner zufälligen Anwesenheit ins 
Hofmuseum, so daß jeder Zweifel ausgeschlossen ist. 

Herr Dr. Friedrich Trauth war kurz nach dem Einlanugen der 
Stücke an die Fundstelle gefahren und hatte sich über die Lagerungs- 
verhältnisse Klarheit verschafft. 

Der Aufschluß-läßt an sich kein Schwanken darüber aufkommen 
ob die Reste auch wirklich aus dem Schotter stammen. Bei einem 
persönlichen Besuch der ausgedehnten Grube konnte ich mich über- 
zeugen, daß überhaupt an keiner einzigen Stelle irgendein anderes 
Sediment angefahren ist als Laaerbergschotter mit Ausnahme 
der geringen Hangendschicht von wenig mächtigem Löß und 
Humus. 

Der Aufschluß zeigt eine ausgedehnte Masse von zum Teil 
dunkelrostrotem, an anderen Stellen Jlichterem bis gelblich- 
weißem Schotter und liegt im Kartenbild durchaus in der Terrasse 
des Laaerberges. 

Zudem beweisen auch bei diesem Funde anhaftende Schotter- 
partien die Richtigkeit obiger Angaben. 

Ich behalte mir vor, die eingehende Publikation des gesamten 
Fundes gelegentlich der Veröffentlichung meiner im Gang befindlichen 
Studien über die Tetrabelodonreste der Wiener Samm- 
lungen durchzuführen. 

Die folgenden Ausführungen berücksichtigen nur den Teil, der 
eine Artbestimmung zuläßt und daher für die Stratigraphie des 
Laaerbergschotters von Wesen ist. 

Von Backenzähnen sind ein ganzes und zwei halbe Joche, 
letztere hintereinander vorhanden (s. Abb. 1a u. b). 

Das einzelne Joch ist — nach Analogie eines Zahnes von T. (ZI.) 
tapiroides Cuv. aus den Faluns de la Tourraine (Sammlung des 
Wiener Hofmuseums) — das vorderste eines zweiten (vorletzten) 
echten Molaren der linken Kieferhälfte. 

Das Joch weist (s. Abb. la) einen sehr kräftigen Basalwulst 
auf, welcher an der posttriten Seite bedeutend schwächer entwickelt 
ist und an der Rundung fast verschwindet. 

Der prätrite Haupthügel gleicht einer oben abgerundeten 
dreiseitigen Pyramide. Vorn und rückwärts läuft über ihn eine sehr 
starke, vorn an der Basis gekörnelte Crista, die rückwärts gegen 
die Mitte durch eine Adventivcrista verstärkt wird. Gegen die 
Medianfurche zu schiebt sich ein weiterer Kamm ein, der den Cha- 
rakter eines schlecht entwickelten Nebenpfeilers trägt. Die post- 
trite Hälfte setzt sich aus zwei Hügeln zusammen. Der äußerste ist 


716 Dr. Günther Schlesinger. [6] 


Abb. 1. 


Übergangsform von T. (Zl.) tapiroides Cuv. u T. (Zl.) Borsoni Hays. 


Abb. « = Erstes Joch eines vorletzten, linken Molaren. 


Abb. 5b = Die beiden letzten prätriten Halbjoche eines Mz1l (wahrscheinlich von 
dem gleichen Zahn stammend). 


Fundort: Laaerberg, Schottergrube beim „Alten Landgut“, Wien X. 
Horizont: Mittelpliocän, Terrasse vom Laaerberg. 
Ansichten von der Kaufläche in natürlicher Größe. 


Originale im Wiener Hofmuseum. 


[7] Ein neuerlicher Fund von Hlephas planifrons in Niederösterreich. 117 


zweispitzig und an der Rückwand von oben und außen gegen 
unten und innen (d. h. unabhängig von der Orientierung im Kiefer) 
durch eine schwächere, aber deutliche Crista verstärkt. An diesen 


“ zweispitzigen Hügel schließt sich, durch eine ungefähr 1 cm tiefe 


deutliche Furche getrennt, ein zweiter mit einer schwachen Ver- 
stärkungsleiste am rückwärtigen Teil. 


Die Maße des Joches sind: 


Millimeter 
Lanser in der Niki. 2.4000. 45 
Basalerbrete Sen ee. 19 
Entfernung der äußersten Hügelspitzen . 50 


Größte Höhe des prätriten Teils (vom 

oberen Ende des Basalwulstes gemessen) 33 
Breite des prätriten Teils (in der Höhe 

des Basalwulstesen 22.8.2 0.2. 0. 288 


Die beiden anderen Jochreste (s. Abb. 15) entstammen eben- 
falis der linken Seite und zeigen ganz ähnlichen Habitus, nur ist an 
dem gegen den Bruch zu befindlichen Joch der prätrite leistenartige 


. Nebenhügel etwas mehr, am folgenden Joch vollständig entfaltet. Die 


Zwischentäler weisen reichliche Spuren von Zement auf. 

Für die annähernde Bestimmung des stratigraphischen Horizonts 
der Fundstelle ist zuvörderst die systematische Stellung der Reste 
von Wesen. 

In der äußeren Gestalt schließen sich die Stücke so nahe an 
Tetr. (ZI.) tapiroides Cuv. an (s. Abb. 2a u. b), daß man versucht wäre, 
sie ohne weiteres dieser Form zuzuweisen, wenn irgendwelche 
Anhaltspunkte für die Annahme einer sekundären Lagerung gegeben 
wären. So aber ist es schon ausgeschlossen, daß die zum Teil hohlen 
und zerbrechlichen Molarenschmelzkappen irgendeinen Transport 
durch Wasser heil überstehen, gar nicht zu reden von der Unzahl 
von reibenden Püffen, die der dicht gebankt liegende Schotter des 
Laaerberges allen in ihm transportierten Objekten verabreicht 
haben muß. 

Gänzlich unerklärlich aber wäre der schöne Erhaltungszustand 
der beiden Stoßzähne. Endlich zeigt sich an keinem Stück auch 
nur eine einzige Rollspur. 

Es ist demnach über jeden Zweifel erhaben, daß das Tier zur 
Zeit nach der Ablagerung der Kongeriensande, also frühestens 
zu Beginn des Mittelpliocäns gelebt hat. 

Da nun Tetr. tapiroidess Cuv. in seiner typischen Ausbildung 


schon in den Faluns de la Tourraine vorkommt — wie ein 
Zahn im Wiener Hofmuseum, den auch M. Vacek!) erwähnt, 
beweist — wollen wir die Maße doch näher vergleichen. 


Das Stück aus den Faluns de la Tourraine, welche dem 
Helvetien (basalen Mittelmiocän) zugehören und unseren Grunder 
Schichten und Ligniten von Eibiswald, Wies usw. zeitlich 


ı) M. Vacek, Österr. Mastodonten in Abh. d. k. k. geol. R.-A. Bd. 7. Heft 4, 
pag. 9. Wien 1874. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (G. Schlesinger.) 93 


[3] 


Abb. 2. 
«& b 


FL. 


n 


ER et 


Abb. a — Erstes Joch eines MZI von T. tapiroides Cuv. f. trans. ad T. Borsoni Hays. 


Dr. Günther Schlesinger. 


Fundort: Laaerbergschotter, Grube beim „Alten Landgut“, Wien X. 


Horizont: Mittelpliocän; Terrasse vom Laaerberg. 


Abb. 5 = Erstes Joch eines M2! von T. tapiroides Cuv. 
Fundort: Faluns de la Tourraine, Frankreich. 


Horizont: Helvetien (unterstes Mittelmiocän). 


Ansichten von vorn; natürliche Größe. — Originale im Wiener Hofmuseum. 


118 


[9] Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 719 


äquivalent sind), ist ein vorletzter Molar (M2I) von vorzüg- 
licher Erhaltung. 


Die für uns brauchbaren Maße sind: 


Millimeter 
Länge des vordersten Joches in der Mitte 35 
BasulerDreite, rar, ee... 88 
Entfernung der äußersten Hügelspitzen . 42 


Größte Höhe des prätriten Teiles (vom 

oberen Ende des Basalwulstes gemessen) 29 
Breite des prätriten Teiles (in der Höhe 

des: Basalwulstes) = ern. 4 20. . 80 


Aus diesen Maßen geht hervor, daß mit Ausnahme der etwas 
bedeutenderen Größe des Restes vom Laaerberg alle Merkmale 
mehr auf 7. tapiroides als T. Borsoni stimmen. Dies zeigt besonders 
schön der Vergleich der beiden Vorderseiten der ersten Joche 
(s. Abb. 2). 

Trotzdem ist nicht zu übersehen, daß die erheblichere Breite 
des Molaren und die etwas sanftere Neigung der Außenseite des prä- 
triten Haupthügels als Merkmale bezeichnet werden müssen, die 
eine gewisse Annäherung an T. Borsoni berechtigt erscheinen 
lassen. 

Von publizierten Molaren dieser Art fallen alle typischen 
Stücke gänzlich außer Betracht. 

Atypische Stücke, welche einen Vergleich mit den vorliegenden 
Resten ermöglichen, sind: 


1. Das von M. Vacek?°) mitgeteilte Fragment von Baltavar, 

2. ein von M. Pavlow?°) publizierter Kieferrest mit zwei 
Zähnen (M,, M,) von Kertch (Aiman-Kouyou) und 

3. ein von F. Toula®) beschriebener M2 (rechts) aus Rakos 
bei Budapest. 


Einen entfernten Vergleich gestatten noch die seinerzeit von H. 
v.Meyer°) M. virgatidens genannten Borsonimolaren von Fulda. 

Das eine Joch von Baltavar ist nur durch das Vorhandensein 
zweier deutlicher Gräten an den Haupthügeln ähnlich, im übrigen 
als wahrscheinlich ®) letztes Joch eines dritten Molaren zum Vergleich 
wenig geeignet. Es stammt aus dem Unterpliocän. 


1) Vergl. A. Winkler, Untersuchungen z. Geol. u. Paläontologie d. steir. 
Tertiärs in Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 63, Heft 3, Wien 1913, pag. 521 ff. u. 
Profiltabelle 3. je 

2) M. Vacek, Österr. Mastod. ]. c.. pag. 11. 

°) M. Pavlow, Nouvelles trouvailles de Mastodon Borsoni au sud de la 
Russie in Annuaire geol. min. Russie. Pt. V. 1 und 2. Früher von M. Pavlow 
(Les mastodontes de la Russie in Mem. Ace. St. Petersbourg. VIII. ser. Vol. I. 
» publizierte Molaren von Nikolaef sind in den Abbildungen leider zu un- 

eutlich. 
- *% F. Toula, Paläontol. Mitteil. aus den Sammlungen von Kronstadt, in 
Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. Bd. XX, Heft 5. Wien 1911. 

5) H. v. Meyer, Studien über d. Genus Mastodon, Palaeontografica XVII. 
Stuttgart 1867. 

FL. e. pag. 11. 


I3E 


720 Dr. Günther Schlesinger. [10] 


Die Molaren von Kertch zeigen besonders schön die starke 
Ausbildung des Basalwulstes und der über die prätriten Hügelteile 
laufenden Gräten. Der Horizont ist pontisch. 


Abb. 3. 


T. Borsoni Hays. (= T. virgatidens H. v. M.) 


Vorletzter Molar mit ursprünglichen Charakteren. 
Fundort: Fulda. -- Horizont: Pliocän. 


Ansicht von der Kaufläche; natürliche Größe. 


Original im Wiener Hofmuseum. 


Der Zahn aus Rakos liegt mir in einem Gipsabguß vor, außer- 
dem habe ich das Original gesehen. Er schließt sich unserem Stück 
zum Großteil an, nur ist der Strebepfeiler am prätriten Teil des 
Vorderrandes weniger stark entfaltet und mehr der Horizontalen zu- 


[11] Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. an 


geneigt, der Basalwulst viel weniger kräftig. Die Joche sind steiler, 
ihr prätriter Teil ist breiter. 

Der Horizont des Fundes ist leider nicht näher angegeben, 
scheint aber nach dem Profil, das E.Vadasz!) gibt, ebenfalls nicht 
über die pontische Stufe hinauszuliegen. 

Die Molaren von Fulda, von welchen mir ein Original vor- 
liegt (s. Abb. 3), sind breiter und flacher als die angeführten und 
tragen außer der Grätenentwicklung alle Merkmale nur mehr ver- 
wischt. 

Übrigens scheinen auch sie einem tieferen Niveau zu entstammen 
(vgl. O. Speyer?) M. Vacek?°) und F. Sandbergert). 

All diesen Zähnen gegenüber ist der vom Laaerberg als der 
ursprünglichste in dem Sinne zu bezeichnen, als er T. tapiroides am 
nächsten steht. 

Wir werden seine Bestimmung am besten mit 7. (ZI.) tapiroides 
Cuv. f. trans. ad. T. Borsoni Hays wiedergeben. 

Der Umstand, daß alle nahestehenden Formen dem verhältnis- 
mäßig tiefen Horizont der pontischen Stufe mehr oder weniger 
sicher entstammen, läßt uns vermuten, daß auch die höchstgelegenen 
Partien des Laaerbergschotters ziemlich tief ins Pliocän zu- 
rückreichen. 

Ich will damit nicht sagen, daß sie unterpliocän sind. 
Säugetierreste sind viel zu wenig verläßliche Leitfossilien. als daß sich 
stratigraphische Feinheiten auf sie gründen ließen. Wir müssen im 
Gegenteil eher die Reste aus der Laaerbergterrasse als Beweis für 
das Überleben einer früheren Form auffassen. Doch ist es naheliegend, 
daB man Schichten, in denen charakteristische Formen der unteren 
Stufe des Pliocäns vorkommen, nicht der oberen zuteilt. 

Nun greift noch der derzeitige Aufschluß in den Rudolfs- 
Ziegelöfen hilfreich in die Diskussion. 

Ich habe schon früher erwähnt, daß die untere Altersgrenze 
der Schotter infolge ihrer Auflagerung auf den Kongeriensanden das 
unterste Mittelpliocän ist. Das Vorhandensein einer deutlichen 
Diskordanz zwischen Sand und Schotter rückte aber den Beginn 
auf unbestimmte Zeit vor. Diese Diskordauz war ja der Grund, 
weshalb man über das Alter der Terrasse gar nichts sagen konnte. 

Der Zustand der erodierten Oberfläche der Sande (s. pag. 713 [3]) 
macht es sehr wahrscheinlich, daß die Diskordanz keinem besonders 
langen Zeitraum entsprach; sonst wäre die Verfestigung des Sandes 
zu sekundärem Flysch in größerer Ausdehnung und Mächtigkeit 
vor sich gegangen, als es die losgelösten und unterwaschenen Sand- 
steinlinsen und Rollblöcke anzeigen. 

Es scheint also, daß zwischen dem Rückzug des pontischen Sees, 
bzw. der Trockenlegung der Sandflächen und dem Herein- 


ı) E. Vadasz, Obermediterr. Fauna v. Budapest-Rakos in Földt. Közl. 
XXXVI (1906), pag. 323. 

2) OÖ. Speyer, Über das Vorkommen von Mastodon bei Fulda in Kurhessen 
in Ber. d. 40. Vers. d. Naturf. u. Ärzte. Hannover 1865, pag. 144. 

°)M. Vacek, ]. c. pag. 7. 

“ F. Sandberger, Die Süßwasserkonchilien Deutschlands. (Synchron. Taf.) 


7122 Dr. Günther Schlesinger. [12] 


brechen eines Stromes), der die Schotter der Laaerberg- 
terrasse aufschüttete, kein großer Zeitraum lag. 

Mit diesen Ergebnissen stimmt auch sehr gut das Vorkommen 
von E. planifrons, auf dessen mittelpliocänes Alter ich schon ge- 
legentlich der ersten Konstatierung seines Vorkommens in 
unserer Gegend hingewiesen habe. 

Ich fasse vorläufig zusammen. Sicherist, daß die Laaerberg- 
terrasse nicht vor dem Mittelpliocän und nicht nach dem 
basalen Oberpliocän zur Ablagerung gelangte. Letzteres aus dem 
Grunde, weil der Horizont von E. planifrons jedenfalls älter sein muB 
als der seines Deszendenten #. meridionalis, einer oberpliocänen 
Form. 

Der Altersbestimmung der Terrassen kam noch ein weiterer 
„Fund“ zu Hilfe. 

Im Jahre 1904 hatte R. Hoernes?) gelegentlich einer Dis- 
kussion der Frage der Flußterrassen in Wien hervorgehoben, daß in 
E. Suess „Boden der Stadt Wien“ von einem Hippopotamus- 
Zahn aus den Belvederegruben die Rede ist. Hoernes hatte 
daran folgende Behauptung geschlossen: „Sollte dieser Zahn, der ja 
wohl in den Sammlungen der geologisch-paläontologischen Abteilung 
des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums noch zu eruieren sein wird, 
von Hippopotamus maior herrühren, so würde er unter der Voraus- 
setzung, daß er aus dem Schotter der Arsenalterrasse stammt, das 
Alter dieser Terrasse als Oberpliocän (Fauna des Arnotales an- 
deuten).“ 

Durch einen Zufall kam mir das Stück gelegentlich der Aus- 
hebung des gesamten Mastodontenmaterials in die Hand und wurde 
ohne Absicht in einer Lade mit herausgetragen. 

Der Zahn (s. Abb. 4) ist ein letzter unterer Molar von 
Hippopotamus Pentlandi H. v. M., wie die Größenverhältnisse ohne 
weiteres erkennen lassen. Er stimmt in den Kaufiguren allerdings mit 
Hipp. maior weitgehend überein, ein Umstand, der bei der phylo- 
genetischen Nähe der beiden Arten nicht verwunderlich ist. 

Seine Herkunft aus dem Schotter ist nach dem Material, 
welches sich aus den Wurzelhöhlungen kratzen ließ, außer allem 
Zweifel. 

Hipp. Pentlandi H. v. M, wurde, soweit mir bekannt ist, nur 
zweimal auf dem Festland konstatiert. Das erstemal vonL. Seguenza?) 
in Taormina, ein zweitesmal von CO. Bortolotti®) nahe Cortona. 


') Nach den mächtigen Kalk- und Quarzgeröllen, welche an der Basis 
der Schotter unter den Sandsteinrollblöcken sich finden, gewinnt es den Anschein, 
daß ein Strom mit großer Mächtigkeit plötzlich hereingebrochen sei. Sollte nicht 
die Bildung des Leopoldsberg-Bisamberg-Durchbruches zeitlich in seine 
Epoche fallen? Sicherlich ist ja die Gegend des pliocänen Flußlaufes eben über 
die Zeit der Diskordanz zwischen Sand und Schotter trocken gelegen. 

2) R. Hoernes, Belvederefauna und Arsenalterrasse in Verh. d. k. k. geol. 
R.-A. Wien 1904. Nr. 4, pag. 104. 

®) L. Seguenza, ZL’Hippopotamus Pentlandi di Taormina. Acireale 1900. 
Estrat. dell’ Acc. degli Zelanti. Vol. X. 

*) C.Bortolotti, Denti di Proboscidati, di Rhinoceronte e di Ippopotamo etc. 
in Riv. Ital. Palaeont. X, pag. 83, 1904. 


[13] Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 123 


Die Hauptfundstellen bilden einzelne Mittelmeerinseln (Malta, 
Sizilien), wo aus den Knochenhöhlen große Massen dieser Art ge- 
hoben wurden. 

Den Horizont in Malta charakterisierte T. A. B. Spratt!) sehr 
eingehend. Er weist mehrmals ausdrücklich darauf hin, daß 
die Reste von Hippopotamus zusammen mit Myoxus Melitensis in einer 
Schicht gefunden wurden, die niemals Elefanten barg. Erst 
über dieser basalen Schicht liegen in deutlich verschiedenen 
Sedimenten Reste von Elephas. 

Nun sind diese Zwergelefanten Abkömmlinge derart ursprüng- 
licher Formen (die jüngsten gehen auf die Urrasse des E. antiquus 
zurück), daß das pliocäne Alter der Malteser Höhlenschicht mit 
H. Pentlandi so ziemlich feststeht. 


Abb. 4. 


Hippopotamus Pentlandi H. v. M. 
Letzter unterer Molar (Mz). 


Fundort: Arsenalschotter der Belvederegruben. 
Horizont: Oberpliocän, Arsenalterrasse. 
Ansicht von der Kaufläche; natürliche Größe. 


Original im Wiener Hofmuseum, 


Im Hinblick auf diese Tatsachen ist es um so befremdender, daß 
in den Lehrbüchern das Alter von H. maior und H. Pentlandi als 
pliocän und pleistocän angegeben wird. 

Bis heute ist meines Wissens, wenigstens für letztere 
Art, kein Anhaltspunkt vorhanden, um von einem pleistocänen 
Vorkommen sprechen zu können. 

Anders steht es mit Hipp. maior, wofern die einzelnen Funde 
auf primärer Lagerstätte gemacht wurden. 

Doch dürfte auch für diese Form nur das Altquartär in Be- 
tracht kommen, da es schlecht vorstellbar ist, daß Flußpferde eine 
Periode mit schwerem, andauerndem Treibeis überstehen ?). 


t) T. A. B. Spratt, On the Bone-Caves near Crendi, Zebbug and Melliha 
in The Island of Malta, in Quart. Journ. Geol. Soc. London XXIII, pag. 283 ff. 1867. 

®) Vgl. dazu W. Soergel, ]l. c. pag. 41—43. Nachgewiesen ist H. maior 
in Mosbach nur in der untersten Schicht in einer Tiergesellschaft, welcher 
noch T. arvernense, Trogontherium Cuvieri, Equus Stenonis, Ursus arvernensis und 
Rhinoceros etruscus angehörten. 


724 Dr. Günther Schlesinger. [14] 


Für unseren Fall müssen wir festhalten, daß durch den Fund 
von Hipp. Pentlandi im Arsenalschotter das Alter dieser 
Terrasse als oberpliocän zumindest sehr wahrscheinlich 
gemacht wird. 


Nach all diesen Ausführungen ist somit: 


1. erwiesen, daß die Laaerbergterrasse nicht älter ist 
als unterstes Mittelpliocän und nicht jünger als basales 
Oberpliocän, daß ferner die Arsenalterrasse nach dieser Zeit 
mit dem Altquartär (Präglazial) als oberster Grenze gebildet 
wurde; 

2.sehr wahrscheinlich gemacht, daß die beiden 
Terrassen den mittel-, bzw. oberpliocänen Ablagerungen anderer 
Lokalitäten (Ajnaczkö, Gödöllö, Aszöd, Värös-Hidweg) entsprechen. 


Die älteren Terrassen (Burgstall-Nußberg) wurden mög- 
licherweise zur Zeit der pontischen Stufe gebildet. Ihre Alters- 
bestimmung bleibt bis auf weiteres offen. 


2. E. planifrons aus dem Laaerbergschotter. 
A. Beschreibung. 


Der vorliegende Zahn ist ein dritter echter Mandibel- 
molar (Mz). Das Fehlen jeglichen Pressionseffekts im Verein mit 
dem Gesamtbild, das sich aus der folgenden Beschreibung ergibt, 
lassen über die Orientierung im Gebiß keinen Zweifel. Als Unter- 
kiefermolar ist er durch die Stellung der Schmelzbüchsen und die 
konkave Abrasionsfläche zuverlässig charakterisiert. 

Betrachten wir zunächst die Kaufläche des Zahnes (siehe Taf. 
XXVI). Sie zeigt uns einen breitkronigen Typ mit einer geringen 
Zahl von groben Lamellen, die durch mächtige Zementintervalle ge- 
trennt sind. . 

Talon und erstes Joch sind zum größten Teil von Zement 
überdeckt. Von ersterem sind an der rechten Seite drei Mammillen 
sichtbar, von welchen die äußerste bloß bis zu einer Höhe von 48 mm 
(von der Kronenbasis aus gerechnet) emporsteigt. Die beiden folgenden, 
64 mm und 70 mm hohen, sind bloß durch eine äußerst feine Schmelz- 
leiste getrennt. Dann scheidet ein 3—4 mm starkes vertikales Zement- 
band die weiteren, ganz von Zement umhüllten Schmelzpfeiler. 

Das erste Joch ist 93 mm hoch und zeigt rechts einen seit- 
lichen und einen Mittelpfeiler, während die linke Seite gleichfalls im 
Schmelz verschwindet. 

Die Schmelzlage zwischen Talon und erstem Joch beträgt 
an ihrer dicksten Stelle ungefähr 16 mm. 

In einer Entfernung von 11 mm (Maximum) reiht sich daran 
die zweite (vorletzte) Lamelle. Sie weist die ersten Spuren der Ab- 
kauung auf und trägt außer einem am rückwärtigen Innenende des 
linken lamellaren Pfeilers leicht rückspringenden Zipfel nichts Merk- 
würdiges an sich. 


[15] Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 7125 


Dieser Zipfel nimmt an Stärke bis zum fünften Joch zu, dann 
ab und verschwindet vom sechsten Joch an. 

War mit dem zweiten Joch die größte Kronenhöhe im Aus- 
maß von 98 mm erreicht worden, so fällt sie nunmehr stetig bis auf 
45 mm am vordersten Teil der achten Büchse. 

Durch ein Zementintervall von 22 mm, maximal gesondert, 
schließt sich Lamelle IV an. Mit ihr beginnt die Abnützung einer am 
Vorderrand des Mittelpfeilers neu hinzutretenden Mamille. Der rück- 
springende Zipfel erreicht die stärkste Entfaltung. Die Kannelie- 
rung des Schmelzbleches, insbesondere am Vorderrand, welche schon 
am vorhergehenden Joch sichtbar war, wird hier deutlich. Sie ist 
ganz außerordentlich grob und bewahrt diesen Charakter durch- 
gehends. Eine starke Einbuchtung tritt an der Rückwand der Büchse 
neben dem öfter genannten Zipfel auf, genau an der Stelle, wo vom 
nächsten Joch an eine mächtige Adventivmamille durch die immer 
weiter fortschreitende Abrasion konstant sichtbar wird, und legt 
die Vermutung nahe, daß auch an dieser Lamelle der Adventivpfeiler 
unter der Abrasionsgrenze bereits vorhanden ist. 

Die Zusammensetzung des Joches aus drei Pfeilern, von 
welchen der mittlere um ein Drittelje einen der beiden äußeren 
an Länge übertrifft, ist hier besonders schön und klar zu er- 
kennen. Links und rechts trennen zwei scharfe, bis unter das Zement 
reichende Furchen die beiden Seitenpfeiler vom mittleren ab. 

Der Fusionstypus stelltsich demnach als med. lam. 
Fat. ann. dar). 

Ich fasse die Schilderung der nächsten Joche (V.—VIII.) kurz, 
da sich völlig gleiche Merkmale wiederholen. 

Der Hinterrand des Schmelzbleches bildet rechts einen mehr 
weniger entfalteten (am achten Joch fehlenden) Zipfel, dann die erwähnte 
kreisrunde bis quadratische mächtige Abrasionsfigur des Adventivpfeilers 
und strebt dann unter mehrfacher Kräuselung, aus welcher in der Regel 
eine Spitze stärker nach hinten hervortritt, dem rechten Rand zu. 

Der Vorderrand verläuft mit auffallender Kannelierung und 
Kräuselung bis zur Mitte, bildet dort eine durch zwei Einschnürungen 
scharf abgesetzte gerundete Expansion nach vorn und endet, der 
rechten Seite ziemlich ähnlich, nach links. 

Die Dicke des Schmelzbleches beträgt in der Regel 4 mm, er- 
reicht aber an vielen Stellen 5 mm, an einzelnen sogar das unge- 
wöhnliche Maß von 6 mm. Die Joche sind bis zu einer Höhe von 
12 mm über die Zementbasis rautenförmig erhoben. 

Die Seitenansicht des Zahnes (s. Taf. XXVIIO) gibt uns 
wichtige Aufschlüsse über das Verhältnis zwischen Kronen- und 
Wurzelhöhe und über den Winkel, den Kronenbasis und Kau- 
fläche einschließen. 

Ich habe bereits früher?) die Bedeutung dieser beiden Werte 
für die Bestimmung und phylogenetische Beurteilung von Elefanten- 


!) Vgl. dazu pag. 736 [26] ff. 
2) G@. Schlesinger, Studien über die Stammesgeschichte der Proboszidier 
in Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Bd. 62, Heft 1, pag. 95/96. Wien 1912. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1913, 63. Band, 4. Heft. (G. Schlesinger.) 94 


126 Dr. Günther Schlesinger. [16] 


molaren hervorgehoben und begründet und glaube einer Wiederholung 
überhoben zu sein. 


Der außerordentlich glückliche Erhaltungszustand setzt uns in 
die Lage, die Kronenhöhe mit annähernd 100 mm (98 mm Ori- 
einalmessung am eben invadierten zweiten Joch) ziemlich genau fest- 
zusetzen. Die Wurzel ist leider nur bis zur Hälfte des Fossils vor- 
handen; der rückwärtige Teil ist abgebrochen, läßt sich aber aus 
dem Verlauf der Basallinie der Wurzel rekonstruieren. Eine von mir 
durchgeführte Ergänzung mit Plastelin ergab eine durchschnitt- 
liche Höhe von 80 mm in der rückwärtigen Wurzelpartie; die vordere 
erhaltene mißt maximal 60 mm. 


Das Höhenverhältnis Krone: Wurzel würde sich demnach 
wie 100:80 — 5:4 darstellen. 

Der Winkel zwischen Kronenbasis und Kaufläche ist in- 
folge des für seine Bestimmung geradezu wünschbaren Er- 
haltungszustandes völlig zuverlässig abzunehmen. 

Da Kaufläche und Kronenbasis bogig gekrümmt sind, nahm ich 
der Genauigkeit wegen zwei Winkelmaße (Maximum und Mini- 
mum) und ziehe das Mittel. Die Messungen ergaben 15°, beziehungs- 
weise 10%; der Winkel wäre demnach mit 121/,0 anzusetzen. 

Von vorn gesehen zeigt das Stück die gleiche starke Kompres- 
sion der Wurzel wie der Dobermannsdorfer Rest. 

Es erübrigt noch die genaue Orientierung des Zahnes im 
Unterkiefer zu geben. Stellt man die Wurzel vertikal, so zeigt die 
Abrasionsfläche eine starke Neigung von links nach rechts. Das Stück 
muß demnach dem linken Kieferast entstammen. 


Ich möchte an dieser Stelle die Behauptung W. Soergels!), 
„Rechte und linke (Zähne) wird man unterscheiden können an der 
stets nach außen gerichteten Biegung?) in der Longitudi- . 
nale...“, dahin ergänzen, daß die Konkavität nach außen zu 
orientieren ist. 

Der sprachlich mißverständliche Ausdruck „Biegung“ scheint 
mir leicht irreführen zu können. 


Das eben erwähnte Merkmal ist auch an unserem Stücke sehr 
schön zu beobachten und bestätigt im Verein mit der späteren Ver- 
schmelzung des linken Lamellendritteils mit dem Mittelpfeiler und 
der größeren Höhe der linken Seite die oben behauptete Orientierung. 


B. Bestimmung. 


Der Umstand, daß ich gelegentlich der Bearbeitung des Zahn- 
fundes von Dobermannsdorf sehr ins Einzelne gehend Vergleiche 
mit E. meridionalis Nesti durchgeführt habe, ermöglicht es mir, im 
Rahmen dieser Auseinandersetzungen den gleichen Punkt mit Hinweis 
auf pag. 98—110 jener Arbeit?) zu übergehen. 


') W. Soergel, Über E. trogontherii Pohl etc. 1. c. pag. 17. 
?) Die Sperrung rührt von mir her. 
®) G. Schlesinger, Studien |. c. 


[17] Ein neuerlicher Fund von Zlephas planifrons in Niederösterreich. 127 


Zudem sind die Merkmale des vorliegenden Restes so unzwei- 
deutig, daß ein Zweifel völlig müßig ist. 

Schon aus den einfachsten Maßen wie Lamellenformel und 
Längenlamellenquotient erhellt die Identität des Stückes mit 
E. planifrons Falc. Ich habe mich der Mühe unterzogen, sämtliche 
echten Molaren dieser sewalischen Spezies, soweit sie in der 
Fauna antiqua Sivalensis (F. A. S.) H. Falconers mit Ab- 
bildung publiziert sind, kritisch durchzugehen und ihre Maße um- 
gerechnet in eine Tabelle zu bringen. Anlaß dazu bot mir der 
Umstand, daß die Stücke Falconers zwar viel erwähnt und auch 
zum Teil angezweifelt, nie aber gemäß dem Fortschritt der 
Elefantenforschungen diskutiert wurden. 


Ich schicke einige kurze Erläuterungen zu der Tabelle voraus: 


Die „Nr.“ an der linken Seite dient lediglich der fortlaufenden 
Bezeichnung. 


Die Zähne sind durchwegs in der F. A. S. auf den bezeichneten 
Tafeln (Pl.) und Figuren (Fig.) abgebildet und im Vol. Ider Palaeon- 
tological Memoirs (Pal. Mem. I) kurz charakterisiert. Dieser 
Charakteristik sind, wenn nicht anders angegeben, die „Stellung 
(des Zahnes) im Gebiß“, die Lamellenformel und die Maße 
entnommen. 


Der Längenlamellenquotient (L.-L.-qu.) ist gleich dem an + 
von E. Wüst!) und W. Soergel?) berechnet. 

Korrekturen konnten dabei nicht genommen werden, da ja selbst 
so ausgezeichnete Abbildungen wie die der F. A. S. noch immer kein 
Material sind. 


Zweifel, die sich aus den Figuren in dieser Hinsicht ergeben, 
sind in den „Bemerkungen“ ersichtlich gemacht. 

In der Bezeichnung des Zahnes bleibe ich bei meiner schon 
früher ?2) gewählten Methode: zum Beispiel Mz l. —= Il. unterer, linker 
echter Molar. 


In der graphischen Darstellung der Lamellenformel folge ich 
dem gewohnten Vorgang: x — Talon, Mittelzahl — Zahl der Lamellen, 
— — Zahn an der Stelle abgebrochen oder abgekaut, so dab die 
Lamellenzahl nicht erkennbar ist (s. W. Soergel, l. c. pag. 19); 
eine kleine Zahl darüber gibt die mutmaßlich zu ergänzenden Joche an. 


ı) E. Wüst, Das Pliocän und das älteste Plistocän Thüringens, in Abh. 
d. Naturf.-Ges. Halle. XXIII. Stuttgart 1901. Zu den Messungen E. Wüsts an 
E. meridionalis vgl. pag. 732 [22). 
2) W. Soergel, Über E. trogontherü Pohl ete., 1. c. pag. 18ff. 
®) Vgl. pag. 725 [15], Fußnote 2. 
94* 


[18] 


Dr. Günther Schlesinger. 


728 


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Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 


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[20] 


Dr. Günther Schlesinger. 


730 


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731 


Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 


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132 Dr. Günther Schlesinger. [22] 


Vergleichen wir nunmehr die Werte unseres Zahnes mit den— 


Zahlen der Tabellen. 

Die tatsächliche Lamellenformel des Restes it x38 —. Der 
vorderste Teil des Stückes ist abgebrochen, doch läßt sich die kom- 
plette Länge, wie aus der Abbildung Taf. XX VIII ohne weiteres ersichtlich 
ist, sehr zuverlässig rekonstruieren. 


Der durchgeführten Plastelinergänzung nach schließen sich nach 
vorn bei vollständiger Erhaltung noch zwei Joche an, so daß die 
Formel mit x 8+£2 festzusetzen ist. 

Das würde den Verhältnissen der primitivsten Typen der F. A. S. 
(Nr. 19—22 der Tabelle I) entsprechen. 


Die Länge des Stückes beträgt maximal 233 mm, rekonstruiert 
ca. 270 mm, die größte Breite (beim VII. Joch) 90 mm, die größte 
Höhe (beim 111. Joch) 98 mm innen und 102 mm außen. 

Der Längenlamellenquotient betrüge bei 233:9 — 25°9 mm; 
dieser Wert ist aber insofern korrekturbedürftig, als das vordere 
Schmelzjoch abschließt, über die ganze Länge alsoneun Lamellen, 
aber nur acht Zementintervalle verteilt sind. 


Setzen wir das fehlende Intervall mit 15 mm an (durchschnittliche 
tatsächliche Entfernung zweier Joche), so erhalten wir 248:9 — 
276 mm als eigentlichen Quotienten. 

Wie leicht bei Bruchstücken zu hohe Werte für den L.-L.-qu. 
erzielt werden, will ich an folgendem erörtern: 


E.Wüst!)erhält aus Nr. 1 des Meridionalis-Restes vom Wendel- 
stein mit Korrektur für vier Joche und vier Intervalle einen L.-L.-qu. 
von 112:4 = 280 mm. 

Ich prüfte in der gleichen Weise den mir vorliegenden Zahn 
und erhielt das folgende Resultat: 


Die Entfernung vom Intervall zwischen Lamelle III und IV (x 
nicht als Lamelle genommen) bis zum Ende der Lamelle VII, ein 
Raum, der wie bei Wüst vier Joche und vier Intervalle umfaßt, be- 
trägt 116 mm. 

Der L.-L.-qu. erhöht sich demnach auf 116:4 = 29:0 mm. 


Es ist daher am Platze, bei der Diskussion dieses Verhältnisses 
stets auf den Umstand Rücksicht zu nehmen, ob der Zahn vollständig, 
fast vollständig oder Bruchstück ist, ferner ob vorn oder rückwärts 
Zement anhaftet und endlich, ob die Joche der Mittel- oder 
einer Randpartie entstammen. 


Das Schmelzblech des Zahnes ist ganz außerordentlich grob. 
Die durchschnittliche Dicke beträgt 4 mm, an etlichen Stellen steigt 
dieser Wert bis 5 mm, an wenigen sogar bis 6 mm. 

Das Verhältnis von Krone und Wurzel wie den Winkel 
zwischen Kronenbasis und Kaufläche habe ich schon früher 
besprochen. 


Ich fasse die Charaktere nochmals in einer tabellarischen Über- 
sicht zusammen. 


') E. Wüst, Das Pliocän und Plistocän etc., l. c. pag. 236/238. 


[23] Ein neuerlicher Fund von Zlephas planifrons in Niederösterreich. 133 


E. planifrons Falc. vom Laaerberg bei Wien. 


Stöllıng im’ Gekißr. . „nalen links. 
Biimdorte Ener Bun, ru . „| Laaerberg, Wien XI. 
EIOLIZOnE “202.202. . | Laaerbergschotter; Mittelpliocän. 
SAmmlUnge we en ah . ı Naturhistor. Hofmuseum in Wien. 
BEamellenformel .: ».. =. Sem ex: 8 :528 
HRangep ER NE. FRE. ; .\ 233 mm (rekonstr.: 270 mm). 
Größte Breite. .. . ... mr 190 mm (VII Tamelle). £ 
Größte Höhe... .; nun Innen 98 mm, außen 102 mm (III. Lam.). 
Längen-Lamellenquotient . . . . . 248: 9 = 276. 
Schmelzstärke . . ... . SR, 4—5 mm (Maximum 6 mm). 
Verhältnis der Kronenhöhe: Wurzel. | 5:4. 
Winkel zwischen Kaufläche und Kronen- 

basiB).., . ee seele 12:5% 


Bezüglich der übrigen Merkmale, die bei reichlichem Material 
gewöhnlich in die Tabelle eingestellt werden, verweise ich auf die 
Beschreibung und die Abbildungen. 

Endlich verweise ich noch auf die Figuren 5a, ce und 6a, b, 
welche Molaren von #. planifrons aus den Sewalikhills darstellen, 
deren Kauflächen mit der unseres Stückes (siehe Fig. 5b) ganz außer- 
ordentliche Ubereinstimmungen aufweisen. 


Anhang. 


Kritik der neuesten phylogenetischen Betrachtungen über 
Proboszidier. 


Es ist naheliegend, daß ich nunmehr nach der schönen Be- 
stätigung meinesseinerzeitigen Nachweisesvon E. plani- 
frons Falc. in unserer Gegend, die mir der Zufall zugespielt hat, mit 
um so größerer Entschiedenheit die Diskussion. über die Stammes- 
geschichte der Elefanten aufnehme. 

War doch der Nachweis der sewalischen Art in Europa der 
Grund für die abweichenden Ergebnisse, zu welchen mich das Studium 
dieses Fragenkomplexes in einzelnen Teilen geführt hat. 

Zunächst ist es eine Ansicht W. Soergels!), der ich ganz ent- 
schieden entgegentreten muB. 

Soergel kommt zu dem Schlusse, daß E. antiquus Falc. ebenso 
wie E. trogontherii Pohlig aus E. meridionalis Nesti hervorgegangen 
ist und versucht dies aus einer Zahl von Merkmalen der Molaren 
und auch der Mandibel zu beweisen. 

Es ist nicht meine Absicht, im Rahmen dieser kurzen Kritik 
die „Beweise* Soergels punktweise zu widerlegen. Ich hoffe 
aber nach der Publikation des ganz außerordentlich umfangreichen 
Mastodontenmaterials im Wiener Hofmuseum zur Durch- 
arbeitung der stammesgeschichtlichen Fragen an Hand des gleichfalls 
reichen Elefantenmaterials zu kommen. 


ı) W. Soergel, ]. c. pag. 78 ft. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (G. Schlesinger.) 95 


Dr. Günther Schlesinger. [24] 


734 


Abb. 5. 


Elephas planifrons Fale. 


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[25] Ein neuerlicher Fund von ZKlephas planifrons in Niederösterreich. 7135 


Erklärung zur vorstehenden Abbildung 5. 
Abb. a und c = Linke und rechte Hälfte der in der F.A.S. (Pl. 11, Fig. 2) ab- 
gebildeten Mandibel mit MT. 
Fundort: Sewalik-Hills, Ostindien. — Horizont: Mittelpliocän. 
Abb. 5 = Letzter, unterer, linker Molar (Mrz). 
Fundort: Laaerberg, Schottergrube der Löwyschen Ziegelei (ehem. „Rudolfs- 


ziegelöfen‘), Wien XI. 
Horizont: Mittelpliocän, Terrasse vom Laaerberg. 


Zur Veranschaulichung der weitgehenden Übereinstimmungen in der Ausbildung 
der Kauflächen. 


Ansicht von der Kaufläche; ?/, natürlicher Größe. 


Original zu Abb. « und c im British Museum in London, zu Abb. 5 im Wiener 
Hofmuseum. 


Abb. 6. 


Elephas planifrons Fale. 

Abb. a = Msr (F.A.S. Pl. 14, Fig. 8). 
Abb.5b = Mzr (F. A.S. Pl. 14, Fig. 9). 
Fundort: Sewalik-Hills (Ostindien). 
Horizont: Mittelpliocän. 

Ansichten von der Kaufläche; '/, natürlicher Größe. 
Originale im British Museum in London. 


Zur Darstellung der starken vorderen Medianzipfel, wie sie bei dem Molar vom 


Laaerberg ähnlich, aber schwächer ausgebildet sind. 
95* 


736 Dr. Günther Schlesinger. [26] 


Heute handelt es sich mir lediglich darum, die Momente 
hervorzuheben, welche Soergels Auffassung anders beleuchten 
oder ihr widersprechen. 


Soergel konstatiert eine Zahl von intermediären Formen 
zwischen E. trogontherii und E,. antiquus. Er gründet diesen Nachweis: 

1. Auf das Vorhandensein von ersten Milchmolaren (m = MMII 
pach Soergel) von E. antigquus mit zwei Wurzeln. 

2. Auf das Vorkommen etlicher Molaren, die Charaktere des 
E. trogontherii neben denen des E. antiquus tragen. 

3. Auf Ahnlichkeiten in der Mandibel. 


Das Merkmal der Stoßzähne von E. intermedius Südfrank- 
reichs, welches Soergel (l. ec. pag. 85) auch heranzieht, übergehe 
ich, da die Stoßzähne, wie der Autor an mehreren Stellen selbst zu- 
gibt, phylogenetisch von ganz untergeordneter Bedeutung sind. 

Auf die Cranien hingegen will ich später genau eingehen. 

Die drei erwähnten Beweispunkte sagen gar nichts für eine 
Herkunft von E. meridionalıs. 


Die einfache Wurzel des m+ stellt, wie ich schon seiner- 
zeit betont habe), einen besonders spezialisierten Zustand dar. Die 
Zweiwurzeligkeit dieses Zahnes kam also noch mehr als E. meri- 
dionalis dem E. planifrons zu. 


Das Vorhandensein intermediärer Molaren ist zumindest 
ebenso begreiflich bei der Ahnenschaft des E. planifrons wie des 
E.meridionalis, zumal die Molaren dieser beiden Arten in den Merkmalen, 
die Soergel anführte und die zugleich die Spezialisations- 
merkmale der Zähne darstellen, einander sehr ähnlich sind. 


Einen besonders interessanten Einblick in die stammes- 
geschichtlichen Verhältnisse bietet die Verfolgung eines Merkmales, 
welches Soergel (l.c. pag. 10) als „für dieStammesgeschichte 
der Gattung Elephas von allergrößter Bedeutung“ er- 
kannt hat, die Ausbildung der drei Hauptpfeiler, welche 
die Einzellamelle zusammensetzen. 


Soergel sagt (l. ec. pag. 9): „Einen schwachen Medianpfeiler 
zeigen die javanischen Stegodonten, von Elefanten in charakteristischer 
Ausprägung El. planifrons Falc. und El. meridionalis Nesti, in den 
meisten Fällen auch El. hysudrieus.“ 

Der Zahn vom Laaerberg wollte zu dieser Behauptung ganz 
und gar nicht passen. Ich prüfte daher nach und fand wesentlich 
andere Verhältnisse vor als sie Soergel behauptet. 

Für E. meridionalis typus trifft die Lamellenfusion med. ann. 
lat. lam. tatsächlich mit großer Regelmäßigkeit zu. Die typischen 
Zähne L. Adams’?) und K. A. Weithofers?) (s. I. c. Taf. VL 1, 
Taf. IX, 2, Taf. X, 1, 2[?], 4, Taf. XI, 1, 5[?]) zeigen durchwegs 


!) G. Schlesinger, Studien, ]. c. pag. 169, Fußnote. 


& ®) L. Adams, British fossil Elephants in Palaeontogr. soc. London 1877 
is 1881. 


®) K. A. Weithofer, Foss. Proboszidier ]. c. 


[27] Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 137 


den obgenannten Charakter, desgleichen M. Pavlows!) Meridionalis- 
Molaren aus Kouialnik (l. e. Pl. I, Fig. 19 und 22). 

Dagegen sind alle primitiveren Typen (vgl. Weithofer, |. c. 
Tat: IX, Fig. 3, Taf. XI, Fig. 2’und 42), ferner Pavlow,'l. e. Pl], 
Fig. 20 [irrtümlich 23] und 23°) in ihrem Verschmelzungstyp ent- 
weder ausgesprochen med. lam. lat. ann. oder intermediär®). 
Auffallend ist erstgenannter Typus bei dem Zahn von E. planifrons 
aus Ferladani, wie an der vorletzten deutlichen Lamelle er- 
sichtlich ist. Desgleichen ist der von H. Pohlig’) mitgeteilte ur- 
sprüngliche Meridionalis-Molar aus Stauropolin Südrußland ganz 
deutlich med. lam. lat. ann. 

Diese Tatsachen veranlaßten mich, sämtliche Zähne der F. A. S. 
von E. planifrons zu überprüfen. | 


Das Ergebnis war folgendes: 


F. A... Verschmelzungstyp: 
An den rückwärtigen Jochen je 
6 Mammillen, vom V. Joch an 
2. BL 10, 732,2: sind die drei mittleren unter- 
einander mehr verschmolzen, 
die äußeren isolierter. 


Alle drei Pfeiler sind zaönslich 
>Bl=LirEies li: gleich, der Mittelpfeiler et- 
was stärker. 


S. Abb. 5a, c; besonders schön ist 


> PRSIPERIE: 2: die Fusionsart am VI. Joch von 
rückwärts zu sehen. 
4. Pl. 11, Fig. 4—8: Nicht konstatierbar. 


Am I. Joch von rückwärts 


Di BR, Fig. 9: 6 Mammillen. 


b. DI. 11, Fig. 10: Nicht konstatierbar. 
BE He, Le, 15,2, 4, 
226,0, 3, 8a, 9; 10, 11, Nicht konstatierbar. 
12 und 13: 


Das II. deutliche Joch aus 6 Mam- 
millen, welche an der nächsten 
Lamelle eine Verschmelzung mit 
schwächerem Mittelpfeiler auf- 
weisen; allerdings ist die Fusion 
schon weiter vorgeschritten. 


BzP1.. 190, Wio. De: 


1) M. Pavlow. Les elephants fossil de la Russie in Nouv. Mem. Soc. imp. 
Mosc. T. XVII. N 

2) Fig. 2ist ein Übergangstyp, Fig. 4 = E. planifrons. Vgl. pag. 731 [21] d. Arbeit. 

°) E. planifrons aus Ferladani in Bessarabien. 

*) Ebenso verhalten sich zwei m, (Weithofer, l. c. Taf. VII, Fig. 6 und 
at VI, Fig. 1). 

5) H. Pohlig, Dentition und Kraniologie des E. antiquus in Nova Acta 
Acad. Nat. Cur. LVII. Halle 1892. Tafel C, Fig. 1. 


738 Dr. Günther Schlesinger. [28] 


F. A. S. Verschmelzungstyp: 


Das Il. deutliche Joch von rück- 

wärts aus 6 Mammillen, am Ill. 

Joch zu drei gleichen Pfeilern 
verschmolzen. 


9. Pl. 12, Fig. 6a: 


Am Ill. Joch von rückwärts deut- 
lich med. und lat. lam., Mittel- 
pfeiller aus 3 Mammillen; auch 
am IV. Joch Typus noch deutlich. 


10. PL 12. Fio, 109: 


An einem Mitteljoch sehr klare 
11. Pl. 12, Fig. 12e: med. und lat. lam.-Fusion, da- 
hinter eher med. ann. lat. lam. 


I. Joch von rückwärts deutlich 
med. ann., lat. lam., II. deutlich 
12. Br 12,-Fie. 138: med. lam., lat. ann., III. deut- 
lich med. und lat. lam, IV. und 
V. med. ann., lat. lam. 


Betrachten wir in gleicher Hinsicht die Originale aus 
Niederösterreich. 


Der Zahn aus dem Laaerbergschotter zeigt am IV. Joch 
von rückwärts (Talon nicht gerechnet) den Verschmelzungstyp voll- 
kommen klar. Er ist ausgesprochen med. lam. lat. ann., wobei zu 
bemerken ist, daß die seitlichen Ringe Ellipsen entsprechen, welche 
an Länge je zwei Drittel der Mittelfigur erreichen. 


Der Dobermannsdorfer Zahn ist med. und lat. lam. mit 
etwas längerer Mittelfigur (kenntlich am IV. und V. Joch). 


Das Kremser Stück zeigt am III. und IV. Joch gleichfalls 
unzweideutig die med. und lat. lam.-Fusion. 


Wir sehen demnach, daß der Fusionstypus von E. 
planifrons keineswegs alsmed.ann. lat lam. bezeichnet 
werden kann, sondern eine Mittelstellung einnimmt, 
innerhalb deren Varianten nach beiden Extremen hin, 
selbst in einem Zahn vereint, auftreten. Diese Varia- 
bilität stimmt durchaus zu der allgemeinen Variations- 
fähigkeit, welche an Planifrons-Molaren nachweis- 
bar ist?). 

Demgegenüber erscheint E. meridionalis injeder 
Hinsicht als der fester geprägte Typus. Nur die ursprüng- 
licheren Stücke variieren in Merkmalen, die durchaus als Reminis- 
zenzen an den Ahnenzustand erklärbar sind. 


Die angebliche Variationsfähigkeit des späteren E. meridionalis 
scheint lediglich einer Mißdeutung der Tatsachen durch W. Soergel 
entsprungen zu sein. 


') Vgl. @. Schlesinger, Studien, l. c. pag. 106. 


[29] Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich. 7139 


Die Deszendenten von E. planifrons inder Richtung 
gegen E. antiquus typus mußten ja bei der großen Ähnlich- 
keit dieser Art mit E. meridionalis im Bau der Molaren begreif- 
licherweise Stadien durchlaufen, welche Merkmale von E. meridionalis 
und E. antiguus vereint trugen. 


Solchen Stücken entsprechen die von W. Soergel (l. c. pag. 87) 
für seine Ansichten in Anspruch genommenen Molaren, welche 
C. Bortolotti!) publizierte. 

Sie tragen, wie zu erwarten, in der Lamellenformel und 
den Dimensionen die Charaktere von E. meridionalis, 
zeigen dagegen „in der Form der Zahnkrone, in der Ge- 
stalt der Schmelzfiguren und der Ausbildung des 
Schmelzes nahe Beziehungen zu E. antiquus Falec.“?). 

Ihr Fusionstyp ist durchaus intermediär. 


Von Interesse ist die Tatsache, daß die medianen Zipfel 
dieser Molaren durch ihre starke Kräuselung sehr an E. planifrons 
erinnern. Derartige Zipfelbildungen kehren, wie ich schon seinerzeit 
betonte), nur bei primitiven Meridionalis-Zähnen wieder [vgl. 
die Abbildungen bei Weithofer, Pohlig, Pavlow (l. c.)]. 

Dagegensindsie für E. planifronsgeradezutypisch, 
wenigstens an allen europäischen Zähnen dieser Form (Fer- 
ladani, Dobermannsdorf, Krems, Laaerberg und Val d’Arno) sehr 
deutlich ausgeprägt. 

Wir wenden uns nunmehr den Cranien zu. Soergel hat diese 
Frage (l. c. pag. 85) mit wenigen Worten, die gerade das Un- 
wesentliche treffen, als abgetan betrachtet. 

Er hat dabei vollkommen übersehen, daß es sich bei dieser 
Frage in erster Linie nicht um den Vergleich von #. trogon- 
therü und E. antiquus handelt, sondern um den Vergleichder 
letztgenannten Form mit E. meridionalis. 

Und zu einem solchen scheint mir doch genügend Schädel- 
material sogar publiziert zu sein. 

Ein Blick auf Tafel I, II und VI von A. Weithofers Arbeit 
(1. ec.) läßt erkennen, daß E. meridionalis Nesti einen sehr erha- 
benen, aufgetürmten Schädelgipfel besaß, ein Merkmal, das 
ihn mit als Vorfahren des Mammuths kennzeichnet. Diese Erhöhung 
nimmt bei mehr spezialisierten Formen (Weithofers E. lyrodon) zu. 

Die von Soergel angenommenen gemeinsamen Ahnen des Tro- 
sontherien- und Urelefanten müßten der noch bedeutenderen 
Molarenspezialisation zufolge diesen Charakter eher stärker betont 
an sich getragen haben. 

Demgegenüber weisen schon die altdiluvialen*) Schädel der 
sizilischen Zwergform von E. antiauus, wie Pohlig’) gezeigt hat, 


SEC Bortolotin,k c. 

2) W, Soergel, ]. c. pag. 88. 

®) G. Schlesinger, Studien, l. c. pag. 101. 

Vol. T-A, BD Sprast, ec 

5) H. Pohlig, Eine Elefantenhöhle Sizilieng etc. in Abh. d. bayr. Akad. 
XVII. München 1893. Tafel I, Fig. 1, la. 


740 Dr. Günther Schlesinger. [30] 


den ausgesprochen depressen, breiten und niedrigen 
Cranialdom auf, der besonders schön und scharf bei E. antiquus 
namadicus herausgebildet erscheint !). 

Ich kann mir schwer vorstellen, wie eine so ausdrückliche 
Spezialisationserscheinung, wie esder erhöhte Schädel- 
gipfel ist, zu einem Zustand führen soll, der den gerade ent- 
gsegengesetzten Spezialisationsgrad darstellt. 

Auf diese Verschiedenheiten in der Umwandlung des Elefanten- 
craniums habe ich schon in meinen „Studien“ (l. c., pag. 156, FuB- 
note) aufmerksam gemacht. 

Alle diese Schwierigkeiten fallenbeiderAnnahme 
der Deszendenzlinie E. planifrons — E.antiquus ohne 
weiteres weg. 

Bei der nunmehrigen Bestätigung des Vorkommens 
diesersewalischenForminunsererGegendist daher die 
Deszendenz des Urelefanten von dieser Wanderform 
nach obigen Ausführungen jedenfalls besser begrün- 
det als die Linie E. meridionalis — E. antiquus. 

Soergels Feststellungen sind lediglich auf eine 
Verkennung der Tatsachen zurückzuführen. 

Eine zweite Frage, in welcher Soergel von mir abweicht, ist 
die der Herkunft von E. africanus L, 

Sie ist durch eine schöne kritische Studie W. O. Dietrichs?) 
in den Vordergrund getreten. Beide Autoren kommen zu dem Schluß, 
daB E. priscus ein „bloß papierener Ahne“, der Zusammenhang von 
E. africanus und E. antigquus durchaus unerweislich ist. Der afrika- 
nische Elefant soll nach Soergel (l. c. pag. 99) auf einen Stegodon 
bombifrons nahestehenden Vorläufer, nach Dietrich (l. c. pag. 71) 
möglicherweise auf noch unbekannte afrikanische Mastodonten zu- 
rückgehen. 

Dietrichs Ausführungen beabsichtigen kein positives Er- 
gebnis. Sie sind dem Nachweis der Irrtümlichkeit des E. priscus und 
der Widerlegung meiner Auffassung, die in EZ. planifrons den Ahnen 
von E. priscus und weiter von E. africanus erblickte, gewidmet. 

Ich bin infolge Mangels an Africanus-Material leider nicht in 
der Lage, auf die Frage derzeit einzugehen. 

Die Berechtigung der Spezies E. priscus ist durch Dietrichs 
Darlegungen zweifellos sehr erschüttert und ich würde ohne 
weiteres die Irrtümlichkeit meiner seinerzeit geäußerten Ansichten er- 
klären, wenn nicht so viele nahe Beziehungen zwischen etli- 
chen Charakteren des afrikanischen und des Urelefanten, 
besonders in ihren alten Rassen®), vorhanden wären. Auch das von 


‘) Der Einwand Soergels von der ontogenetischen Seite her (l. c., pag. 89) 
kommt natürlich für diese Vergleiche gänzlich außer Betracht. Sowohl die beiden 
Kranien von E. meridionalis wie das von E. antiquus melitensis gehören- voll- 
kommen erwachsenen Tieren an. (Vgl. Weithofer, ]. c. pag. 165 und 
168, ferner Pohlig, Elefantenhöhle, ]. c. pag. 15.) 

°) W. O. Dietrich, Zur Stammesgeschichte des afrikanischen Elefanten in 
Zeitschr. f. induktive Abstammungslehre 1913. Bd. 10. Berlin. 

°) E. antlanticus Pomel. kam für mich immer nur als Rasse von E. afri- 
canus in Betracht. Vgl. Dietrich (l. c, pag. 59/60). 


[31] Ein neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederösterreich, 741 


Dietrich (l. e.,, pag. 50, Fig. 1) abgebildete Stück von Karthum 
hindert mich, seiner Meinung beizupflichten, da es eine ganz sonder- 
bare Mittelstellung zwischen E. planifrons und E. antiquus (besonders 
im Fusionstypus) einnimmt. 

Einen nicht unwesentlichen Anteil an dieser meiner Stellung- 
nahme hat natürlich auch die neuerliche Bestätigung meines Nach- 
weises von E. planifrons in Europa wie auch die Unhaltbarkeit der 
auch von Dietrich angenommenen Ansichten Soergels über die 
Stammesgeschichte und Verwandtschaftdes Ur- und Trogontherien- 
elefanten. 

Jedenfalls erkläre ich ausdrücklich, daß mich die 
neueren Ausführungen über die Phylogenie des afrika- 
nischen Elefanten soweit beeinflußt haben, daßich an 
meinen 1912 geäußerten Behauptungen nicht ohne wei- 
teres festhalten kann und die Frage der Abstammung 
des E. africanus für gänzlich offen halte. 

Die Nachprüfung der Priscus-Frage behalte ich mir vor). 


Schließlich sei es mir gestattet, auf einen Anwurf zu erwidern, 
der allerdings mit der Elefantenphylogenie sensu strieto nichts zu tun 
hat, der aber einer raschen Richtigstellung dringend bedarf. 

Im Eingang einer kurzen Beschreibung einiger Reste von Tetra- 
belodontenhält R.N. Wegner?) „auf Grund seiner Beobachtungen 
aller möglicher voneinander nicht abgrenzbarer Varietäten zwischen 
tapiroiden und bunodontiden Formen im Obermiocän eine andere 
Spekulation, nach der Schlesinger (l. c.) Vertreter eines Stammes 
tapiroider Formen schon bis ins unterste Miocän hinab verfolgen, eines 
Stammes bunodonter Form vielleicht noch weiter zurück im Moeri- 
therium trigonodon sehen will, für wenig möglich“ (l. c. pag. 255). 

Abgesehen von dem Fehlgriffl, der Wegner mit dem „buno- 
donten“* M. trigonodon unterlaufen ist, das als möglicher, mit „??* 
von mir bezeichneter Ahne des T. pygmaeum Dep. natürlich nur als 
zygodont gelten kann — soweit dieser Ausdruck bei jenen ursprüng- 
lichen Formen berechtigt ist — muß ich ihn darauf hinweisen, daß 
sich im Wiener Hofmuseum ein Zahn von 7. (Z1.) tapiroides aus 
den Faluns de la Tourraine befindet, den schon M. Vacek?) 


') Ich will im Anschluß an diese Darlegungen noch einige Mißverständnisse 
beseitigen, welche Dietrich aus meiner Arbeit gezogen hat: 

Dietrich spricht davon, daß der Winkel zwischen Kronenbasis und 
Wurzel „nicht in allen Fällen so einfach feststellbar und beweiskräftig ist“ (l. c., 
pag. 63), als es nach meinen Ausführungen scheinen könnte*. Selbstverständlich ist 
der Winkel nur festzustellen, wenn die letzte Lamelle eben invadiert 
worden, mit anderen Worten „das erforderliche Abrasionsstadium 
eben erreicht ist“ (vgl. meine „Studien“, pag. 97). 

Ferner hat es sich mir bei der Diskussion der Pohligschen Verhältnis- 
zahlen der Längen von m, und m, nicht im entferntesten um Beweise für die 
Ahnenschaft gehandelt, sondern lediglich um die Feststellung, daß diese Zahlen 
der Möglichkeit der von mir gezogenen Deszendenzlinien nicht entgegenstehen. 

2) R.N.Wegner, Tertiär und umgelagerte Kreide bei Oppeln in Palaeontogr. 
LX. Stuttgart. 2 

°») M. Vacek, Österreichische Mastodonten, in Abh. d. k. k. geol. R.-A. 
Bd. 7. Heft 4, pag. 9. Wien 1874. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (G. Schlesinger.) 96 


7142 Dr. Günther Schlesinger. [82] 


erwähnt. Vor so apodiktischen Behauptungen sollte man die völlig 
zuverlässige Kenntnis wenigstens der Hauptwerke über Masto- 
donten doch voraussetzen. 

Die Liebenswürdigkeit des an Stelle E. Kittls getretenen 
Leiters der geologisch-paläontologischen Abteilung des Wiener Hof- 
museums, Dr. F. X. Schaffer, ermöglicht es mir, meinen mit der 
Niederschrift der eingangs zitierten „Studien“ gefaßten Plan einer 
nachträglichen Materialbearbeitung zu verwirklichen. 

Ich hoffe in etwa Jahresfrist mit der Aufarbeitung des schönen 
und sehr umfänglichen Tetrabelodontenmaterials fertig zu werden. 

Jedenfalls kann ich schon heute verraten, daß sich im Wiener 
Hofmuseum Reste von Tetrabelodonten finden, welche die Frage 
der Artberechtigung von T. (Z1.) tapiroides Cuv. als einer durchaus 
eigenen, seit dem älteren Miocän!) auftretenden Species völlig 
unzweideutig bejahen. 

Ich will mir selbst nicht vorgreifen, möchte aber all das deshalb 
ausdrücklich konstatieren, um die von Wegner (l. c., pag. 254) ge- 
äußerte Ansicht, daß sich „M. Borsoni mit Beginn des Mittel- 
pliocäns aus M. Pentelici entwickelt“, von vornherein als den Tat- 
sachen durchaus widersprechend abzulehnen. Spricht doch das Stück 
aus den Faluns de la Tourraine schon hinlänglich deutlich. Zu- 
dem hat Wegner die in der Literatur mehrfach konstatierte Tat- 
sache, daB T. tapiroides Cuv. das Schmelzband an der konvexen 
Seite des Inzisiven trägt, mithin nach aufwärts gebogene Stoßzähne 
hatte, völlig übersehen. 

Endlich zeigen mir ganz hervorragende Reste von 
T. Pentelici Gaudry, darunter drei vollständige Schädel, 
daß diese Art überhaupt keine Spur von Beziehungen zu tapiroiden 
Typen aufweist, sondern ausgesprochen suid ist. 

Die in Klammer beigefügte Bezeichnung „tapiroid* in K. A. 
Zittel („Grundzüge“ II. Vertebrata, 2. Aufl., pag. 538) dürfte durch 
einen Irrtum entstanden sein. 

Mit diesen Feststellungen will ich schließen und hoffe, daB 
ich in nächster Zeit die Aufarbeitung des außerordentlich reichen 
Proboszidiermaterials im Wiener Hofmuseum einem gedeihlichen Ende 
zuführen kann. 


!) Außer dem Zahn aus den Faluns de la Tourraine (Helvetien) 
sind noch etliche Molaren und ein vollständiger Inzisiv aus der II. Med. Stufe 
(Tortonien) und Reste aus der Kohle von Göriach vorhanden. 


Geologische Studien am Südostrande des Alt- 
paläozoikums in Mittelböhmen. 


Von Dr. Adalbert Liebus. 
Mit einer Tafel (Nr. XXIX) und 4 Textfiguren. 


Im Jahre 1910 veröffentlichte ich eine Arbeit!): „Die Bruch- 
linie des ‚Vostry‘ im Bereiche der SW-Sektion des Kartenblattes 
Z. 6, Kol, X und ihre Umgebung.“ Ich verfolgte dabei den Zweck, 
durch eine detaillierte Aufnahme und Gliederung des der Hauptsache 
nach kambrischen Gebietes eine Grundlage für die Tektonik zu 
schaffen. Diese vorliegende Arbeit ist eine Fortsetzung der oben 
erwähnten Schrift dem Gebiete nach, insofern als darin der an- 
schließende Teil gegen Westen, Süden und Südosten zur Besprechung 
gelangt. Dabei wurde auch eine Reambulierang des Gebietteiles vor- 
genommen, von dem bisher nur kurze Aufnahmsberichte ?) veröffent- 
licht wurden. 

Dadurch finden hier gewisse Ansichten, die damals in Uukenntnis 
der Verhältnisse des übrigen Gebietes aufgestellt wurden, durch die 
Neubegehung ihre Berichtigung. Die Schwierigkeiten der geologischen 
Aufnahmen infolge des streckenweisen Fehlens von direkten Aufschlüssen 
wurden auch hier durch die starke Bedeckung des Geländes mit oft 
dichtem Walde noch erhöht, deshalb war eine besondere Aufmerksam- 
keit beim Begehen des Schneißennetzes geboten. 


Morphologischer und deskriptivgeologischer Teil. 


Morphologisch wird das Gebiet durch eine Anzahl von Höhen- 
zügen gegliedert, die annähernd in der Richtung SW—-NO streichen, 
Der nördlichste tritt nur zum geringen Teile in den Bereich herein, 
er beginnt bei Zajeüow, zieht über die Höhe Hlawa gegen 
Komorau hin und findet seine weitere Fortsetzung im Rücken des 
Giftberges gegen den aus der oben genannten Arbeit bekannten 
Vostry. 

Der zweite Höhenzug ist in diesem Gebietteile weniger ausge- 
prägt als in dem bereits beschriebenen, er beginnt bei der Ortschaft 
Kvan, nordöstlich von St. Benigna, zieht über die Höhe von 


1) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910. 
2) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 62—65 und 323—326. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band. 4. Heft. (A. Liebus.) 96* 


744 Dr. Adalbert Liebus. [2] 


ÖCihadlo, dann von dem Dorfe Hrachowischt gegen den Waldteil 
Vrehy und Koberow und endigt bei Kfes{n, ebenso wie der 
dritte Höhenzug, der mit dem Berge Beran (686) südöstlich von 
St. Benigna seinen Anfang nimmt, in Form von einzelnen Fels- 
klippen: Heinrichfels und Ruinenfels Waldek gegen den Berg- 
rücken des Beranec (660) streicht und gegen Kresin zu sich ver- 
flacht. Der weitere vierte Höhenzug tritt anfangs nur im Südwesten 
durch den Piskovy- und Krkavöfberg stärker im Gelände hervor, 
setzt sich durch Felspartien im Walde im Großen und Kleinen 
Jeskfipec bis in die Nähe von Jinetz fort. Sehr stark ausgeprägt 
ist wieder der fünfte Höhenzug durch die Berge Hejlov (685), die 
Höhe südlich Piskovy berg (623) und besonders durch den Hreben- 
rücken (712 und 717), dessen nordöstliche Fortsetzung der Konitek 
(666) bei Welkau bildet, der wieder nur durch ein enges Tal von 
Luh von dem Vystrkov (535) getrennt wird, von wo aus er sich 
gegen Jinetz zu senkt. 

Nur der markanteste Zug, dessen breiter Rücken, Slonovec 
genannt, durch die Höhe Kloutek (600 und 680) in das Gebiet 
hereintritt, findet seine Verlängerung auch auf dem rechten Ufer der 
Litawa durch die Höhe Komorsko (614) zum Teil auch Holy 
vrch (612) und Provazec (636), während eine Partialerhebung 
Krschow (498) bei Dominikal-Pasek über den Berg Horice 
(530), dann Maly vrch und Kuchynka (6385) weiter nordöstlich 
streicht. Der Berg Klein-Chlum (584) endlich bei Hlubosch 
bildet die Fortsetzung des weiter südwestlich liegenden Rückens der 
Tremoschna (777). Diese Höhenzüge finden mit Ausnahme des 
obenerwähnten Slonovec--Klouöek, der im äußersten Nordosten 
durch den langen Rücken Hrebeny bis gegen Prag zu sich hinzieht, 
ihr Ende am linken Ufer des Litawaflusses, dessen rechtes Ufer 
der breite, massig aufsteigende Berg Pleschiwec bildet. 

Sie streichen alle annähernd nordöstlich, sind aber untereinander 
nicht parallel, sondern konvergieren gegen SW. 

Geologisch soll das gesamte Gebiet in zwei Abteilungen zur 
Besprechung gelangen: die weitere Umgebung von St. Benigna gegen 
N und OÖ zwischen den Tälern des Jalovy, des Roten Baches und 
des Litawaflusses und das Gebiet am rechten Litawaufer vom Ende 
des Vostryrückens gegen Süden bis über Dominikal-Pasek, 
soweit ich darüber nicht schon berichtet habe). 

Das älteste. Schichtenglied in dem ersten Teile ist das kam- 
brische Tfemoschnakonglomerat, das wegen seiner Härte fast 
überall die Höhenzüge bildet. Selten ist es in diesem Gebiete so gut 
aufgeschlossen, daß man ein deutliches Streichen und Verflächen 
messen könnte, öfter ist sein Auftreten nur durch steile Felspartien 
gekennzeichnet oder der Teil des Geländes, der unter dem Boden 
diese Konglomerate birgt, ist mit Gesteinstrümmern bedeckt, die sich 
zu wahren Steinmeeren anhäufen können. 

Das Gestein ist zumeist ein ungleichkörniges Konglomerat, dessen 
einzelne Bestandteile (heller Quarz und dunkler Lydit) in einer hellen, 


') Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 328 ff. 


[3] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 745 


oft etwas rötlichen feinkörnigen Grundsubstanz eingebettet liegen, oder 
es ist ein grobkörniger Sandstein entweder weiß oder dunkelrot gefärbt 
und stellenweise sehr fest. Hie und da treten glimmerige Bänke auf. Es 
läßt sich in diesem Gebiete wenigstens keine durchgängige Gliederung 
dem Gesteinscharakter nach durchführen. Oft kann man Gesteins- 
blöcke sehen, die unmittelbare Übergänge von einem mittelkörnigen 
Sandstein in das gröbste Konglomerat erkennen lassen. 

Südöstlich von St. Benigna, in der Nähe des Forsthauses 
Horowitz Baschtina, schon außerhalb des Kartenblattes, zeigt ein 
Felsriegel im Walde zum erstenmal ein nordnordwestliches Einfallen 
(N 22 W). Der Winkel ist wegen der nur auf kurze Strecken ent- 
blößten, noch dazu unebenen Schichtflächen nicht genau meßbar. 

In derselben Streichungsriehtung, also gegen ONO, finden wir 
dann am Berge Hejlow (688) an der Straße von St. Benigna nach 
Pribram in einem Steinbruche die Schichten aufgeschlossen, Hier 
läßt sich bei demselben Streichen und Verflächen ein Winkel von 
25—30 Grad messen. Der Nordostabhang dieses Berges ist mit Kon- 
glomeratblöcken aller Dimensionen bedeckt, die sich in allen Stadien 
der Verwitterung befinden, so daß oft die einzelnen bis kindskopf- 
großen Geröllstücke von weißem und rötlichem Quarz und dunklem 
Kieselschiefer oder kleine Stücke eines mattziegelroten Minerals (Jaspis 
oder Karneol?) und dazwischen sandiger Grus die Erde bedecken. 
An einzelnen der Blöcke kann man trotz der Härte des Materials 
ganz spiegelglatte Harnischflächen beobachten. Durch eine vorspringende 
„Nase“ Punkt 623 streicht dieser Rücken in das Tal des Roten 
Baches und steigt an dessen rechtem Ufer wieder als Hfebenrücken 
ziemlich steil auf 717 m empor. Der Kamm dieses Zuges ist wild 
zerklüftet, die Schichtenlagerung ist kaum zu erkennen, nur an ein- 
zelnen Stellen ist ein Einfallen gegen NW oder NNW zu bemerken. 
Besser sind die Verhältnisse in der nordöstlichen Fortsetzung des 
Rückens am KoniGek zu sehen, obwohl auch da noch die NW-Lehne 
gewaltige Steinfelder aufweist. Der Gipfel bei Köte 666 zeigt die 
Konglomeratbänke mit einem nicht allzu steilen Einfallen gegen NNW. 

Östlich vom Konitek setzt das Konglomerat auf die NW- 
Flanke des Vystrkov bei Jinetz über; das Streichen wird ein fast 
ostwestliches, bei einem fast gegen N gerichteten Einfallen. Der Ein- 
fallswinkel beträgt durchschnittlich 20%. Während die übrigen Kon- 
glomeratzüge immer als Tremoschnakonglomerat angesehen wur- 
den, faßte Krejci!) diese Schichten des Vystrkov, obwohl sich 
das Gestein in gar nichts von dem des gegenüberliegenden Konitek- 
hanges unterscheidet, als Dd,x auf und sogar PoSepny?), der sonst 
bei der Aufnahme dieses Gebietes sehr kritisch vorging, glaubte hier 
eine Verschiedenheit annehmen zu müssen und zählt dieses Kon- 
glomerat gleichfalls den Dd,«-Schichten zu. 

In der Nähe des Hejlowberges beginnt die nächste Kon- 
glomeratzone mit dem Piskovyberg, dessen eine Kuppe, die gegen 


!) Krejdi und Feistmantel, Geographisch-geotektonische Übersicht des 
silurischen Gebietes im mittleren Böhmen (Archiv f. naturw. Landesdurchforschung 
von Böhmen, V. Band, 5. Abt.). 

32) Archiv f. prakt. Geologie, II. Bd., 1895. 


146 Dr. Adalbert Liebas. [4] 


NO den breiten Rücken bildet, in einem Steinbruche ein rotes, fein- 
körniges, sehr hartes Konglomerat enthält mit einem fast gegen N 
gerichteten Einfallen. Der Einfallswinkel beträgt 25°. 

Der südliche Gipfel des Pfskovyberges wird von einem hellen, 
sandigen Konglomerat gebildet. 

Weiter gegen NO findet dieser Berg seine Fortsetzung im 
steilen, wegen seiner wirr durcheinanderliegenden Blöcke sehr 
schwer zu besteigenden Krkavcötberg, dessen Konglomeratmaterial 
wieder ganz grobkörnig ist. Steil fällt sein bewaldeter Ostrand gegen 
den Waldeker Teich herab, während gegen NW ein Steinmeer selbst 
den genügsamsten Waldbäumen die Existenz erschwert. Die Fort- 
setzung dieses Zuges finden wir über dem Waldeker Teiche in einer 
Felsklippe mitten im Walde und in dem alten verlassenen Steinbruche 
an der Straße Komorau—Pribram, Punkt 540 des Großen 
Jeskfipec. Hier ist das Gestein nochmals entblößt, so daß ein 
Verflächen gegen NNW mit einem Einfallswinkel von etwa 50° ge- 
messen werden kann. Der weitere Verlauf dieses Konglomeratzuges 
fand schon früher seine Besprechung!). Vielleicht gehört zu diesem 
Zuge auch ein Teil des breiten Beranrückens; wenigstens deutet das 
fast gegen N gerichtete Einfallen und das beinahe ostwestliche Streichen 
der Schichten der einen Kuppe des Piskovyberges darauf hin, daß 
dieser Konglomeratzug mit dem des Beranberges zusammenhängt. 
Auf dem Gipfel des Berges aber, wo allein anstehendes Gestein an- 
getroffen wird, ist es nur an einer Stelle möglich, ein undeutliches 
steiles Verflächen gegen NW oder NNW nachzuweisen. 

Im nächsten Konglomeratzuge dominiert der breite Beranec- 
berg, dessen Südwestabhang auf einem steilen Felsvorsprunge die Burg- 
ruine Waldek trägt. Leider ist hier nirgends eine Spur eines 
Schichtenstreichens zweifellos nachzuweisen. Der Gipfel und die Ab- 
hänge sind meist mit unregelmäßigen Konglomeratträmmern bedeckt 
und der Ruinenfels in ein hoch aufgetürmtes Blockgewirr eingehüllt. 
Das nächste Anstehen findet man erst im Walde bei Kresin mit 
einem Verflächen gegen NW unter 20° und 35°. Uber dem Tale des 
Roten Baches aber gegen SW von Waldek erhebt sich aus dem 
flachen Terrain der Heinrichfels, dessen mächtige Konglomerat- 
bänke an der Ostseite ein ganz gegenteiliges Einfallen der Schichten 
gegen SSO (h 11) unter einem Winkel von etwa 12° erkennen lassen. 
Der Einfallswinkel ist nicht konstant, er wird gegen die Nordseite 
des Felsens geringer. Es hat den Anschein, als ob die Schichten hier 
die Neigung zeigen würden, sich der Horizontalen zu nähern, so daß 
der Gipfel des Felsens dem Scheitel einer Antiklinale entspräche. 
Der Heinrichfels findet seine natürliche Fortsetzung in der kleinen, 
langgestreckten Höhe, Punkt 641 südlich der Einschicht Cihadlo. 

Nordöstlich von St. Benigna bildet den Hügel östlich von 
Kvan, auf dem die Häuser von Cihadlo stehen, gleichfalls ein 
Konglomeratzug, dessen Bestandteile stellenweise so fein werden, daß 
es schwer fällt, ein solches Stück von einem Quarzit der Etage Dd, 
zu unterscheiden. Diese Verwechslung ist auch mehrfach vorgekommen. 


') Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910, page. 113. 


[5] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 747 


Nimmt man sich aber die Mühe und untersucht diese Gesteine durch 
Zerklopfen genauer, so kann man leicht den Übergang dieser schein- 
baren Quarzite in das normale Tremoschnakonglomerat nach- 
weisen. Ich bemerke nachdrücklich, daß das Gestein hier nirgends 
direkt ansteht, sondern nur in Form von massenhaft auftretenden 
Findlingen zu beobachten ist. Auch in den Gruben, die hier wahr- 
scheinlich zur Schottergewinnung angelegt wurden, ist an dem Kon- 
glomerate keine Schichtung zu sehen. 

Dieser Konglomeratzug streicht über die Lehne von Klein- 
Viska gegen die Ortschaft Nerezin hin, verliert sich dort unter 
den mächtigen Lehm- und Schotterablagerungen des Roten Baches, 
die hoch gegen den Beranec hinanziehen. Erst bei der Ortschaft 
Hrachowischt, und zwar NW vom Orte, lassen sich Konglomerate 
in großer Anzahl als Lesesteine in den Feldern nachweisen !), deren 
weitere Fortsetzung die Konglomerate der Vrchy bei Podluh 
bilden. | 

Diese Konglomeratzüge werden, wie schon PoSepny?) ge- 
zeigt hat, von den jüngeren Paradoxides - Schiefern begleitet, und 
zwar zieht sich der Paradozxides-Schiefer des Konidekrückens, den 
ich schon seinerzeit besprochen habe, auch auf die Lehne des 
Hrebenrückens herüber, wird aber immer schmäler, bis er sich am 
SW-Ende des Rückens verliert. Ein Streichen oder Einfallen zu messen 
ist nicht möglich; der Schiefer enthält aber in seiner ganzen FEr- 
streckung Bruchstücke von Paradoxides und Ellipsocephalus. Gegen 
NO setzt er sich in den Vystrkov fort, an dessen S- und SO- 
Flanke überall das nach N und NNW gerichtete Einfallen mit durch- 
schnittlich etwa 20° zu messen ist. 

PoSepny, der hier eine Verschiedenheit der Konglomerate des 
Konicek und Vystrkov annimmt und letztere mit Dd,a. identifi- 
ziert, schreibt über dieses Vorkommen pag. 652: „Das Streichen der 
Verwerfung am Konicek.... liegt aber nicht in der Fortsetzung 
der Auflagerungsfläche der Komorauer Schichten?) über die Jine- 
cer am Hügel von Vystrkov, wie sich Lipold dies dachte, son- 
dern etwa einen halben Kilometer südlicher.“ Wie man sich aber 
durch genaue Einzeichnung überzeugen kann, ist dies nicht ganz 
richtig. Auf der Vystrkover Seite kann man freilich die Paradoxides- 
Schiefer bis zum Gipfel, Punkt 535, und bis in das Tal von Luh 
gut aufgeschlossen nachweisen, was auf der Seite des Konitek nicht 
möglich ist. Aber eine direkte Auflagerungsfläche der Konglomerate 
am Vystrkov kann man nicht sehen. Man kann nur oben am Gipfel 
vom Punkt 535 gegen NW in einem kleinen Sattel die ersten Kon- 
glomeratblöcke beobachten, man kann dann auf der anderen Seite des 
Sattels auf dem zweiten Gipfelpunkte des Hügels diese auch anstehend 
finden. 

Ich habe mir die Mühe genommen und habe die Lehne gegen 
Luh hinauf und herunter genau abgesucht. Beim Doppelhause Nr. 25 


1) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910, pag. 110. 

2) Archiv f. prakt. Geologie, II. Bd., 1895. 

°») Poäepny bezeichnet d,« als Sandsteinzone, d,3 als Eisensteinzone der 
Komorauer Schichten. 


7148 Dr. Adalbert Liebus. [6] 


der Ortschaft steht südlich des Hauses, das an die Vystrkovlehne 
angebaut ist, der Paradozxides-Schiefer an; das Haus ist etwa 10—12 m 
lang, dann folgt ein kleiner Schupfen und nördlich von ihm sieht man 
schon nach einigen Schritten die dicken Konglomeratbänke. In der 
Lehne selbst ist oberhalb des Hauses nichts als- Bruchstücke des 
Schiefers und Konglomerates zu sehen. 

Auf der Seite des Konitek bedeckt die Lehne freilich ein 
Lehm- und Schotterbelag von stellenweise ganz bedeutender Mäch- 
tigkeit, aber dort, wo im oberen Teile der Lehne tiefgehende Stock- 
rodungen stattfanden oder wo an der gegen den Gipfel 666 verlaufenden 
Schneiße für die Einzäunung eines Waldteiles Löcher für die Pfosten 
segraben wurden, kommt auch hier in kleinen Bruchstücken der Para- 
doxides-Schiefer zum Vorscheine, und zwar dem des Vystrkov gerade 
gegenüber. Ich glaube also, daß dieser Grund Posepnys eine Ver- 
schiebung der Auflagerungsfläche als ausschlaggebend für eine Ver- 
schiedenheit der hier überlagernden Schichten nicht stichhältig ist. 

Der zweite Streifen von Paradoxides-Schiefer, den auch Posepny 
erwähnt, liegt in der Einsattlung zwischen dem Hreben und dem 
Jeskripec. In meiner früher erwähnten Arbeit habe ich seiner 
Erwähnung getan, ihn aber gegen Südwesten unbegrenzt gelassen. 
Heuer fand ich seine Fortsetzung am linken Ufer des Roten Baches 
nahe beim Waldeker Teiche in einem seichten Wasserrisse. Er steht 
auch hier nicht direkt an, sondern seine Anwesenheit ist nur an 
Brocken, die aus der Erde ausgegraben wurden, nachweisbar. 

Ein weiterer Streifen von Paradoxides-Schiefer begleitet die Wald- 
straße Jinetz—Waldek vom Hegerhause Krejcowka bis fast an 
ihre Einmündung in die Straße Komorau—Prfibram. Auch dieser 
Zug verliert sich dort und ist weiter gegen SW auch in Spuren nicht 
auffindbar. Nördlich und nordöstlich des Beranecrückens breiten 
sich die Paradoxwides-Schiefer von Hrachowischt aus, die bereits 
in der früheren Schrift besprochen wurden. 

Ein neues, bisher nicht bekanntes Vorkommen dieser Schiefer, 
dessen Auftreten aber mit diesen eben besprochenen eine ge- 
wisse Ähnlichkeit hat, befindet sich in der unmittelbaren Nähe von 
St. Benigna. Dort, wo der Konglomerathügel 641 bei Cihadlo 
die fast rechtwinkelige Biegung macht, kann man ihre Anwesenheit 
an den in großer Anzahl in den Feldern und am Waldrande liegenden 
Brocken nachweisen. Von da ziehen sie gegen das Hegerhaus in 
Klein-Viska, sind dort am Fahrwege und in der Nähe der Quelle 
nordöstlich von Cihadlo im Walde aufgeschlossen. Gegen die Ort- 
schaft Klein-Viska verlieren sie sich allmählich, ebenso wie in 
der Richtung gegen Unter-Kvan. Ich konnte in den gefundenen 
Stücken Trilobitenfragmente nachweisen. Ein Messen der Lagerungs- 
verhältnisse war wegen des geringen Aufschlusses unmöglich. 

Da, wie wir oben sahen, bei Cihadlo wieder Konglomerate 
auftreten, so lägen die Verhältnisse hier gauz analog wie bei Hracho- 
wischt, auf der gegenüberliegenden, durch das Tal des Roten 
Baches getrennten Höhe. 

An diesen Konglomeratzug schließen sich bei Klein-Viska 
und bei Cihadlo unmittelbar die Schichten der Eisensteinzone Dd,ß 


[7] Geologische Studien iın Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 749 


an. Nur bei Kvan und St. Benigna liegen die Verhältnisse etwas 
anders. Bei Kvanh treten in der Fortsetzung des Konglomeratzuges 
von Cihadlo die roten Schiefer Dd,x mit Hornsteinzwischenlagen 
auf, die bei der Schule von St. Benigna anstehen. Ihr Einfallen ist 
gegen NNW (h 22) gerichtet mit einem Winkel von 35°. In einzelnen 
Bänken enthalten sie Fragmente von Fossilien, wahrscheinlich kleine 
Brachiopodenschalen. Ihr weiteres Streichen gegen SW wird an 
dem aufgedämmten Wege, der gegen das Kloster hinführt, sichtbar. 

Dieses selbst und die angrenzenden Gebäude stehen auf den- 
selben Schichten, die sich auch hinter den Häusern in den Feldern noch 
weit verfolgen lassen. Im Hohlwege hinter dem Kloster, bei der großen 
Mühle, steht auch der feinkörnige glaukonitische Sandstein an, wie er 
bei Cerhowitz vorkommt. ; 

Südlich dieses Schieferzuges unterbricht die Reihe der 
Schichten ein Eruptivgestein, das den Hügel bildet, an dessen Fuße 
sich die Schule von St. Benigna befindet und der Jalovybach 
von Neudorf gegen St. Benigna fließt. Das Gestein, dessen 
Spuren sich auch jenseits des Tales von St. Benigna gegen SW 
von Neudorf verfolgen lassen, ist sehr hart und wird hier zur 
Straßenschotterung benützt. Es nimmt wohl einen großen Teil des 
Platzes der Dd,«-Schiefer ein, die hier gerade sehr schmal zutage 
treten. Bei Lipold!) findet sich ein N—S-Profil dieser Stelle, in 
dem auch noch südlich dieses Eruptivgesteins die Dd,a-Schichten 
eingezeichnet sind. Davon kann man gar nichts wahrnehmen. Oberhalb 
Neudorf liegen im Walde schon große Blöcke der Trfemoschna- 
schichten, Konglomerate und Sandsteine. 

Der Gipfel des Hügels und seine Südostflanke zeigt das sehr 
feinkörnige diabasische Gestein in einigen kleinen Steinbrüchen auf- 
geschlossen, An der N- und NW-Seite aber treten im Eruptivgesteine 
lauchgrüne Zwischenlagerungen, anscheinend stark kieselige Sediment- 
gesteine, vielleicht verfestigte Tuffe oder umgewandelte Glieder der 
Dd,x-Schichten auf, wie sie auch in dünnen Platten am @ilherze hie 
und da zum Vorscheine kommen. 

Das weitere Gebiet von Ober-Kvan wird von der Eisenstein- 
zone eingenommen, die obertags keine direkten Aufschlüsse erkennen 
läßt. Nur an den alten Stollenmündungen liegen die braunen und 
blaugrauen, gelben und verschieden rötlich gefleckten Schiefer und 
Eisenerze der Komorauer Schichten. 

Nach den Ausführungen Lipolds sind die Schichten der Eisen- 
steinzone mehrfach gestört und gefaltet. Er spricht auch von Dd,«a- 
Schichten (Krusnahora - Schichten) am Nordwestabhange des Beran- 
berges bei Cihadlo. Es sind im Walde noch Reste von Versuchs- 
schächten in diesem Gebiete zu sehen, aber das herausgeförderte 
Material, das hier auf den Halden liegt, besteht vorwiegend aus 
einem grauen, nur untergeordnet aus einem dunkelroten Sandstein. 
Der graue unterscheidet sich von den Schichten, zum Beispiel des 
Piskovyberges gar nicht, der rote Sandstein ist fein, glimmerig und 
hat in diesem Gebiete kein Analogon, dagegen ähnelt er etwas den 


!, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1863, pag. 420. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (A. Liebus.) 97 


750 Dr. Adalbert Liebus. [8] 


sandigen Schiefern des Krschovberges bei Hlubosch, von denen 
später die Rede sein wird. Rund um diese Stelle liegen in der un- 
mittelbarsten Nähe große Blöcke der Tremoschnakonglomerate, 
die unmöglich aus der Tiefe emporgebracht werden konnten. Vielleicht 
liegt hier bei Lipold auch eine Verwechslung der Sandsteine der 
Tremoschnastufe mit den Schichten Dd,a vor. 

Bei Cihadlo geht die Vostrybruchlinie hindurch und es 
grenzen da die Schichten der Eisensteinzone direkt an kambrische 
Schichten. Der Beobachtung Lipolds gemäß fallen hier die Schichten 
der Erzablagerungen steil nach S, also gegen die Bruchlinie zu ein, wie 
bei Hrachowischt die Dd,-Quarzite. Unmittelbar bei den ersten 
Häusern von Klein-Viska kann man auch noch die Reste eines 
alten Schachtes sehen, in dessen Halden große Stücke eines Kalk- 
steines liegen, die unter dem Mikroskope eine deutliche oolitische 
Struktur zeigten. 


Es ist in der ganzen Umgebung das einzige Vorkommen und 
dürfte, wenn es überhaupt von hier stammt, aus der Tiefe heraus- 
geholt worden sein. 


Auf die breite Eisensteinzone folgt gegen W bei Kozojed nor- 
malerweise der Dad,-Quarzit, der beim Waldrande östlich von der Ort- 
schaft von den schwarzen Dd;,y-Schiefern begleitet ist. Das Einfallen 
des Quarzites läßt sich in den Steinbrüchen mit einem Winkel von 30° 
gegen NNW (h 22) nachweisen. Die einzelnen Quarzitbänke erreichen 
hier oft bedeutende Mächtigkeiten. So konnte ich stellenweise bis 
fast 2 m messen. Zwischen den harten, festen Bänken sind auch 
leicht verwitterbare, mehr sandsteinähnliche Schichten eingelagert, 
die dann zur Entstehung eines feinen weißen Sandes Veranlassung 
geben, der überall hier die Abhänge und den Fuß der Quarzithügel 
bedeckt. 


Von da aus streicht der Quarzit in einer Reihe von Hügeln 
über den Waldteil Hlava bis zur Ortschaft Chaloupek und Na 
Vystrkov& und ragt da in das Tal des Roten Baches hinein. Hier 
ist er ebenfalls von, einem schwachen Streifen der schwarzen Dd;Yy- 
Schiefer begleitet. Überall ist in diesem Gebiete der Boden von den 
Schächten durchfurcht, den Resten des alten Bergbaues, der heute 
ganz aufgelassen ist. 


Lipold gibt für das Erzlager der sogenannten „Hlavazeche*, 
deren Reste hier im Walde südwestlich von Chaloupek noch sicht- 
bar sind, ein Streichen St 2—3 (N 300 O—NO) und ein Verflächen 
von 15—18° gegen NW an. Die analogen Angaben für die „Susanna- 
zeche“ bei Klein-Viska sind: Streichen h 5 (O 15° N) und das 
Verflächen gegen S und steiler als bei der Hlawazeche. Es läge 
also eine Antiklinale der Eisensteinschichten vor. Bei diesem letzteren 
Schachte kann man auch eine ganz minimale Quarzitscholle (Dd,) 
im Hangenden der Eisensteinzone beobachten. Jenseits des Roten 
Baches erscheinen dann die Quarzite, die gegen den Giftberg zu 
streichen }). 


) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910. 


[9] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 751 


Die Höhen des Hlavaberges am rechten Ufer des Jalovy- 
baches bildet ein zweiter, wild zerrissener Quarzitzug, der oberhalb 
der Ortschaft Kleschtenitz in steilen Felsen emporragt. Hier zeigt 
dieser Quarzit ein Einfallen gegen SO mit 40° In seinen höheren 
Lagen ist er nicht so rein hell und dicht wie der des eben bespro- 
chenen Zuges. Er weist oft eine Art Breccienstruktur auf und eine 
weitgehende transversale Zerklüftung. Dadurch ähnelt er sehr dem 
Quarzit des Vostryrückens. Diese Struktur ist wohl nur eine Folge 
der rupturellen Umwandlung!) im Sinne Reyers, hervorgerufen durch 
die Stärke des Gebirgsdruckes. Dieser Zug endigt bei der Ortschaft 
Ptäkov (ehemals Rudolfsberg) gleichfalls am Talrande des Roten 
Baches. Auch er wird an den Talflanken des Jalovybaches von 
den Dd,y-Schiefern begleitet. Hier auf der Höhe sind nur die dünn- 
blätterigen schwarzen Schiefer sichtbar. In einem tiefen Wasserriße 
oberhalb der Hudedekmühle treten mit ihnen auch weiche, mehr 
graue glimmerige Schiefer auf. In der Mitte des Waldteiles Hlava 
ist diese bisher regelmäßige Synklinale der Dd,-Quarzite gestört. 
Zwei Züge Dd,y-Schiefer brechen hier hervor; der eine, der süd- 
östliche, wird auch noch von den Diabastuffen der Dd,ß-Schichten 
begleitet, die sich auch außerhalb des Waldes in den Feldern 
der Ortschaft Na Vystrkove& südöstlich Komorau nachweisen 
lassen und in einem Wasserriße in der Talwand des Roten Baches 
zutage treten. 

Zwischen diesen beiden Streifen von Dd,y streicht noch ein 
Quarzitstreifen hindurch. 

Augenscheinlich handelt es sich hier um eine verhältnismäßig 
lokale Störung, deren Charakter man schwerlich einmal wird auf- 
decken können, da alle Aufschlüsse im Walde zerstreut sind und nir- 
gends ein Steinbruchbetrieb eingesetzt hat. Diese Streifen von Day 
reichen bis in die Ortschaft Kozojed herein, die wohl, wie alle 
diese kleinen Orte Kvan, Kleschtenitz, Ptäkov, Chaloupek, 
Na Vystrkov&£, ihre Entstehung von dem ehemaligen Eisenstein- 
bergbau herleitet. Die Lagerung der Schiefer ist heute nicht mehr 
wahrzunehmen. Das Profil aber, das Lipold2) von den Verhältnissen 
untertags gibt, läßt auf eine synklinale Einfaltung des Quarzites in 
die Dd,y-Schiefer schließen. 

Jenseits des Jalovybaches kommt der Quarzit als schmaler 
Streifen bei Zajecov zum Vorschein. Er bildet die direkte Fort- 
setzung des Quarzites auf dem rechten Ufer. 

Trotz der Größe der Aufschlüsse ist es aber sehr schwer, das Ein- 
fallen der Schichten zweifellos nachzuweisen. Jedenfalls ist das Ver- 
flächen sehr steil; man kann an einzelnen Stellen ein solches gegen SO 
beobachten. Andere Schichten lassen auf eine kurze Strecke hin ein 
Einfallen gegen NW erkennen. Wenn sich dies durch einen energisch 
einsetzenden Steinbruchbetrieb (gegenwärtig arbeiten nur zwei bis 
drei Männer dort und gewinnen zumeist den durch Zerfall der weichen 
sandigen Schichten entstandenen Sand) bewahrheiten sollte und nicht 


!) Reyer, Theoretische Geologie, pag. 445. 
2) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1863, pag. 416. 
97*+ 


752 Dr. Adalbert Liebus. [10] 


vielleicht in einer falschen Schieferung begründet ist, dann läge hier 
eine enge, aber steile Synklinale der Quarzite vor. Für diese Ansicht 
würde auch der Umstand sprechen, daß Lipold!) (pag. 415) das 
Einfallen des Eisensteinlagers im N von Zajecov gegen SO angibt, 
während er in der Eisensteinzone südwestlich derselben Ortschaft bei 
T&n (pag. 414) [außerhalb dieses Kartenblattes] ein Verflächen gegen 
NW bestimmen Konnte. 

Unter dem Quarzite, westlich von der Höhe Hlava folgt im 
Steilufer des Jalovybaches wieder die Eisensteinzone mit einer 
ganzen Reihe von verlassenen Schächten. Ihre Schichten sind nach 
Lipold einigemal gefaltet und verworfen. Auf pag. 417 a. a. O. gibt 
er ein Profil dieser Lehne. Jetzt, wo die Schächte aufgelassen sind, 
ist es schwer, an der Hand der geringen Aufschlüsse den Aufbau 
genau zu verfolgen. Unterhalb des südlichen Teiles der Ortschaft 
Kleschtenitz schließt die Zone mit einem Diabasaufbruche ab, 
dessen Mächtigkeit auf der Höhe oberhalb der Rochetskymühle 
am größten ist, der sich aber bis zu der Straßengabelung an der Süd- 
ostseite von Komorau verfolgen läßt. Uber diesem Diabas folgt eine 
Zone von Mandelsteinen und Tuffen und noch höher die nur durch 
den roten Boden und kleine Erzstückchen gekennzeichnete eigent- 
liche Roteisensteinzone. Etwa in der Mitte der Luftlinie von der 
Rochetsky- zur Hudeöekmühle kann man am Steilabhange direkt 
am Jalovybache folgende Schichtenreihe aufgeschlossen sehen: 


Roteisensteinzone 
Diabas und Mandelsteine 
gelbe Tonschiefer 
heller, stark verwitterter Tuff 
dickbankige, grüne Schiefer 
sraue und verschiedenfarbige Tonschiefer 


Tuffe, drei Etagen 


grüne, sandige Tuffe 


violette und grüne, 
gelbe und blaugraue Tonschiefer in Wechsellagerung 


graue Sandsteine 
Diabas 


Die Gesamtmächtigkeit dieser Schichtenreihe beträgt etwas über 
3 m. Darunter liegen schon die Schichten der Etage Dd,x, und zwar 
zunächst etwas nördlich von dieser Stelle an dem kleinen flachen 
Wasserriße, der vom südwestlichen Teile von Kleschtenitz gegen 
das Tal herabläuft und als Hutweide verwendet wird, an dessen Ein- 


!) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1863. 


[11] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 153 


mündung in das Tal eine alte Bergwerkshalde liegt, rote harte 
Schiefer mit Kieselzwischenlagen, die hier gegen SO (h 10) mit 65° 
einfallen und auf der anderen Talseite ihre Fortsetzung im Berge 
Ivina finden. Südlich von dem obenerwähnten Wasserriße knapp an 
der vermutlichen Auflagerungsfläche der Dd,S ist im Niveau der Dad, 
ein sandiges Gestein aufgeschlossen, das keinerlei Schichtung erkennen 
läßt und nur stellenweise eine Absonderung in dicken Bänken zeigt. 
Im Bruche ist es rötlich und hat Stellen, die wie gefrittet aussehen. 
Es ist hie und da von Klüften durchsetzt, an deren Wänden ein 
braunes Pulver haftet. Dieses Gestein ist von den übrigen Schicht- 
gliedern der Dd,«x verschieden, stellt wohl auch hier nur eine lokale 
Form vor, ist aber jedenfalls der Schichtengruppe Dd,x zuzuzählen. 

Bei der Rochetskymühle treten die roten Schiefer in Ver- 
bindung mit den hellgrauen, zum Teile glaukonitischen Sandsteinen. 
Im Hofe der erwähnten Mühle ist ein Schichtglied derselben aufge- 
schlossen, das sehr dickbankig ist und dabei einen ganz quarzitischen 
Charakter annimmt. Auf kurze Strecken sind in der quarzitischen 
Grundsubstanz größere rote Körner eingebettet, so daß das Gestein 
ganz konglomeratartig wird. Jahn!) hat dieses Gestein von einem 
‚Fundorte auf der gegerüberliegenden Talseite näher untersucht und 
durch Dünnschliffe feststellen können, daß die farblosen Gemengteile 
Quarz-, die grünlichen Glaukonit- und die roten Felsitporphyrkörner 
sind, die durch ein kieseliges Bindemittel zusammengehalten werden. 
Er bezeichnet das Gestein als Tuffit. Die Korngrößen der Felsitpor- 
phyrstücke fand ich bei der Mühle durchschnittlich etwas größer als 
sie Jahn angibt. 

Das Einfallen der Schichten bei der Rochetskymühle ist 
schon gegen NW gerichtet, der Einfallswinkel aber sehr klein. Am 
jenseitigen Talgehänge erscheinen dann die roten Schiefer und die 
Sandsteine wieder mit einem 10°—15°- und 30°- Einfallen gegen NW. 

Verlassen wir nun dieses Gebiet und wenden wir uns dem Teile 
östlich von St. Benigna zu. 

Südöstlich von dem Paradoxides-Schieferauftreten am Abhange 
des Höhenzuges Hrfeben—Konitek— Vystrkov folgt ein breiter 
Streifen der Tfemoschnakonglomerate, der zunächst den Fuß des 
Konitekrückens und damit auch das ursprüngliche natürliche 
Liegende des eben erwähnten Paradoxides-Schiefers bildet, aı Abhange 
des Hreben hoch hinaufreicht und dann auch die Höhen 641 und 
657 östlich der umzäunten Feldparzelle bildet, auf der früher das 
Forsthaus Jinetz-Baschtina stand und auch noch den Grat Brda 
769 zusammensetzt, dessen weitere Fortsetzung Slonovec heißt und 
durch den Rücken Kloucek bis in das Tal der Litawa reicht. In 
der Nähe der Waldwiese, auf der das ehemalige Forsthaus Vranova 
stand, südöstlich von Welkau, schneidet ein tiefes Tal in diesen 
Rücken ein und mündet beiQenkauin das Tal der Litawa. Die Fort- 
setzung des Konglomeratzuges bilden am rechten Ufer des Flusses die 
Höhen von Komorsko südlich und südwestlich des Berges Pisek. 
Auch da mündet dem eben erwähnten tiefen Seitentale gerade gegen- 


!) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 209. 


154 Dr. Adalbert Liebus. [12] 


über eine Schlucht, die einen kleinen Partialrücken, eine Art Felsgrat 
aus der Lehne herausmodelliert, der sich auf dem linken Talgehänge 
der Litawa wieder durch die Höhen südlich des ehemaligen Meier- 
hofes, jetzt Forsthauses Krälovka, weit gegen Welkau verfolgen läßt. 

In diesem Konglomeratzuge läßt sich eine Art Gliederung vor- 
nehmen, insofern als ein eigenartiges, bald grobkörniges, bald feineres 
rotes bis dunkelrotbraunes sandsteinartiges Konglomerat die Höhen 
südwestlich und südlich des ehemaligen Forsthauses Vranova bildet. 
In dem Maße, als sich dann der Rücken gegen das Tal von Cenkau 
senkt, verlieren sich die Gesteine dieses Horizontes, die auch bier 
nirgends anstehend angetroffen wurden, sondern nur die, ausgedehnten 
Blockanhäufungen bilden, und es erscheint immer mehr das eigentliche 
grobkörnige, verschieden gefärbte Tremoschnakonglomerat. Auch 
auf dem rechten Litawaufer konnte ich dieses Gestein im oberen Teile 
des eben erwähnten Felsgrates nordöstlich von Öenkau auf eine kurze 
Erstreckung hin nachweisen. Hier steht esaber an, sein Einfallen ist 
gegen NW gerichtet, der Eivfallswinkel schwankt zwischen 25 und 30°. 

Der übrige tiefere Teil des Felsgrates wird auch hier von dem 
normalen, meist grobkörnigen hellgrauen Konglomerat gebildet, dessen 
Einfallen gleichfalls ein nordwestliches bis nordnordwestliches ist. 
Hier folgt also der rote Sandstein direkt im Hangenden der groben 
Konglomerate. 

Unmittelbar am Ufer der Litawa stehen auf den entblößten 
dicken Konglomeratbänken einige Häuser von Cenkau. Hier ist das 
Einfallen gegen NNW (h 22) also fast nach N gerichtet mit einem 
Winkel von etwa 20°. 

Dasselbe Einfallen kann man auch an den entblößten Klippen 
südöstlich von Krälovka beobachten. An der Straße von Jinetz 
nach Genkau, etwa bei der Schule des Ortes, sind die Konglomerate 
in einem Felde unter der Straße zum Forsthause Krälovka auf- 
geschlossen, hier scheint, soweit die Kleinheit des Aufschlusses eine 
Beobachtung zuläßt, ein plötzliches Umbiegen der Schichten vorzuliegen 
in einer sehr engen liegenden Antiklinale mit fast parallelen Schenkeln. 

Unmittelbar vor den ersten Häusern von Welkau in der 
Richtung von Jinetz aus stehen die Konglomerate nochmals ganz 
nahe an der Auflagerungsfläche der Paradorides-Schiefer des Vystrkov 
in einem jetzt verlassenen Steinbruche an mit einem Verflächen D), das 
genau wie bei Cenkau gegen NNW (h 22) gerichtet ist, mit einem 
Winkel von 35°. Das Gestein ist im Grunde des Steinbruches das ge- 
wöhnliche Tfemoschnakonglomerat, die hangenden Schichten da- 
gegen werden mehr sandsteinartig und enthalten viel Glimmer. Eine 
Auflagerung der Paradoxides-Schiefer ist hier auch nicht direkt sicht- 
bar, am nächsten kommt man ihr auf dem Feldwege, der steil herunter 
zum Welkauer Teiche führt. Da streichen zuerst die Paradoxides- 
Schiefer über den Weg und nach einigen Schritten sieht man die 
ersten Sandsteinschichten an den Wegrändern. 

Auch auf dem Rücken des Slonovec-Kloutek kann an 
einigen Stellen das Einfallen bestimmt werden. Der Winkel ist aber 


‘) In der Karte ist das Fallzeichen unrichtig gegen NO gerichtet. 


[13] Geologische Studien inı Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 755 


hier durchgehends kleiner als bei den bisher beobachteten Vorkomm- 
nissen. Er beträgt durchschnittlich 15°, ja in einem Falle sogar nur 
10%, Die Konglomerate sind hier fest, etwas rötlich und dickbankig. 
An der Bahn im Litawatal gegenüber der Zahnhammermühle 
schneidet der Bahnkörper die Lehne an und deckt hier einen Teil 
der Konglomeratbänke auf. Es sind dies vorwiegend die harten, grob- 
körnigen grauen Schichten. Im Hangenden aber erscheint ein roter 
Sandgrus, dessen Bestandteile den oben erwähnten roten Sandstein- 
schichten ähneln. Nach dem bisher Gesagten würden also diese roten 
Sandsteinschichten einem höheren Horizont über den eigentlichen 
festen hellen Tremoschnakonglomeraten entsprechen. Auf dem 
rechten Ufer der Litawa kann in diesem Teile nur an einer Stelle, 
etwa südwestlich vom Forsthause Komorsko auf der steilen Lehne 
oberhalb des Weißen Hammers (Bilä hut) ein undeutliches Ein- 
fallen nach NNW beobachtet werden. 


Die Fortsetzung der Konglomerate des Komorsko berges bilden 
die Höhen 565, 586, 545 und 559 südöstlich des Höhenzuges Pisek, 
Velkä und Malä Baba und Studeny, während der Höhenrücken 
Holy vrch, Provazec, Maly vreh und Kuchynka eine Fort- 
setzung des Hioriceberges bei Hlubosch vorstellen. Nur an dem 
Steilabfalle des Provazec und Kuchynka kann man direkt an- 
stehende Schichten antreffen. Sie verflächen hier wieder gegen NNW 
(h 22); der Einfailswinkel beträgt bei Provazec 54° beiKuchynka 
30°. Der Rücken des Kuchynkaberges streicht dann deutlich gegen 
die Höhe Hradec, dem Anfangspunkt des langgezogenen Rückens 
Hrebeny. Zwischen dem Kuchynkaberge und dem Hradec einer- 
seits und dem Studeny anderseits treten die Konglomerate klippen- 
artig im Waldboden auf; :ihr Verflächen ist wie oben mit einem 
Winkel von 30% gegen NNW gerichtet. 

Auf das letzte markante Konglomeratvorkommen auf dem rechten 
Litavaufer in Cenkau folgt gegen N eine Reihe von Schichten 
als Liegendes des Paradoxides-Schiefers von Jinetz. 

Jahn machte hier seinerzeit für den internationalen Geologen- 
kongreß eigene Studien und ich verweise in den Einzelheiten auf 
seine Ergebnisse }). | 

Hier möchte ich die Schichtenfolge mit Jahns eigenen Worten 
anführen: „Im Liegenden sehen wir zuerst helle, weiße oder rote 
srobkörnige Quarzkonglomerate (Tfemoschnakonglomerate Krej- 
c{s), Streichen O—W, Einfallen N 20°. Darüber folgen lichte quar- 
- zitische Sandsteine, Streichen und Fallen dasselbe. Sodann sehen wir 
eine Wechsellagerung von einem sandigen, glimmerhaltigen Schiefer 
mit 5—15 cm mächtigen Schichten eines hellen weichen, hie und da 
rostigbraunen Sandsteins. Streichen dasselbe, Fallen N, anfangs 40°, 
dann 30°— bei Tejrovice und Skrej sind diese unterkambrischen 
Schiefer tossilführend, hier enthalten sie keine Fossilien. Darauf 
liegt (wie bei Skrej im Liegenden des Paradowides-Schiefers) ein 


1) Geologische Exkursionen im älteren Paläozoikum Mittelböhmens und etwas 
erweitert Vestnik klubu pfirodovedeckeho in Proßnitz 1907, pag. 110 ff. 


756 Dr. Adalbert Liebus. [14] 


dunkelbrauner, fester, harter, feinkörniger, glimmerhaltiger Grau- 
wackensandstein“. 

Dann weiter: „Das nächste anstehende Gestein ist der normale 
Jinecer Paradowides-Schiefer ..., stellenweise mit Einlagerungen 
rostigbrauner, eisenschüssiger Sandsteine und dunkler Grauwacken. 
Das Streichen bleibt stets dasselbe (O—W), das nördliche Fallen 
schwankt stellenweise (35—40°). Weiter nach NW bildet dieser Para- 
doxides-Schiefer eine Synklinale; im NW-Flügel derselben streicht er 
nach NO (h 3) und fällt nach SO unter 30° ein...“ 

„Infolge des massenhaften Gehängeschuttes ... kann man hier 
eine direkte Auflagerung der ,‚d,‘-Schichten auf dem Paradoxides- 
Schiefer keineswegs verfolgen, wie bisher in der Literatur konsequent 
behauptet worden ist. Es unterliegt im Gegenteil keinem Zweifel, daß 
hier zwischen dem Paradowides-Schiefer und den weiter im NW (jen- 
seits des Schuttes) nächstfolgenden Schichten eine Dislokation besteht, 


Fig. 1. 


NW. SO. 


Profil am rechten Litawaufer bei Jinetz (bei der Eisenbahnbrücke) [nach Jahn]. 


1. Paradoxides-Schiefer, vertikal zerklüftet. 

2. Synklinale derselben Schiefer. 

3. Konglomerate, Sandsteine und Quarzite der Tfemoschnastufe, mit Sand- 
stein- und Tonschiefereinlagerungen (d,« früherer Autoren). 

4. Dieselben Gesteine mit Felsit- und Felsitporphyritapophysen. 

5. Schwarze Schiefer (d,y). 

a) Gehängeschutt. 

b) Pfeiler der Eisenbahnbrücke bei Jinetz. 


denn diese nächstfolgenden aufgeschlossenen Gesteine bei der Eisen- 
bahnbrücke fallen nach NW unter 35° ein (Streichen h 3), sie sind 
also gegen den NW-Flügel der Synklinale des Paradowxides-Schiefers 
aufgerichtet (aufgebogen)*. 

„Diese nächsten aufgeschlossenen Schichten bestehen aus bis 
1 m mächtigen Quarzkonglomerat-, Sändstein- und Quarzitbänken (das 
Konglomerat geht allmählich in den Sandstein über) mit 5—1U cm 
mächtigen Einlagerungen von braunem (rostigem), schieferigem Sand- 
stein oder lichtgrauem, weichem, glimmerhaltigem Tonschiefer ... 
Solche Gesteine habe ich in der Bande d,a nirgends beobachtet, was 
allerdings begreiflich ist, denn sie gehören zu den charakteristi- 
schen Gesteinen im Skrej-Tejfovicer Unterkambrium. Der ganze 
Aufschluß unten beim Flusse ... besteht ausschließlich aus diesen 
unterkambrischen Gesteinen. A 

Gegen die Brücke zu (also nach NW) zeigt sich in diesen Ge- 
steinen eine schwache wellenförmige Faltung. 


[15] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 7571 


Über diesem Aufschlusse oben im Walde sehen wir in der Ver- 
längerung des unteren Aufschlusses zuerst wieder dieselben Konglo- 
merate, Sandsteine und Quarzite, wechsellagernd mit schieferigen 
Sandsteinen , 

In den festen Sandsteinbänken sieht man aber hier oben brot- 
laibförmige und eiförmige Nester (Apophysen ?) eines lichtgrünlich- 
grauen Felsitfelses und eines dunkelgrünen, gelblichgefleckten Felsit- 
porphyrits.“ 

Soweit die Beobachtungen Jahns, die mit meinen an dieser 
Stelle übereinstimmen. In seiner zweiten, erweiterten Studie über 
dieses Gebiet reproduziert Jahn ebenfalls eine Skizze dieses Auf- 
schlusses, die meiner Ansicht nach richtiger ist als die in den „Ex- 
kursionen“. Leider sieht man heute die Umbiegung der Konglomerat- 
bänke im NW-Teil des Aufschlusses nicht mehr, da seit der Zeit 
dieser Teil des Ufers ausgemauert wurde. Vor einigen Jahren habe 
ich dieses Stück noch intakt gesehen. 

Ich möchte hier aus dem Berichte Jahns hauptsächlich die 
Anwesenheit der Synklinale in den Paradozxides-Schiefern hervorheben 
und weiter bemerken, daß die Konglomerate, wie es auch Jahn 
später anführt, auf der Höhe von Berin weiter zu verfolgen sind 
(freilich nur durch Findlinge, die stellenweise aber stark gehäuft vor- 
kommen). Erst an der Straße bei KriZatka verlieren sie sich unter 
den Dd,-Quarziten. 

In der Nähe des Höhenpunktes !) Kote 431 im N von Orkau 
fand ich am Waldrande gegen eine schmale, in den Wald einsprin- 
gende Wiese hin auf eine kurze Erstreckung aufgeschlossene eigen- 
artige dünnschiefrige, mattrote, glimmerige Schiefer noch vor dem 
Anstehen der Paradowides-Schichten von Jinetz. 

Nordwestlich von dem eben besprochenen Aufschlusse bei der 
Eisenbahnbrücke erscheinen die Paradoxides-Schiefer erst wieder an 
der Bahn zwischen den Podjinecky- und Chramostamühlen 
und an dem Fahrwege oberhalb der Bahnstrecke am Abhange des 
Pleschiwec. Hier fallen diese Schichten nach SO mit 15—20° und 
sind eigenartig in dicken Bänken angeordnet, mit einer konzentrisch 
schaligen Struktur innerhalb der einzelnen Bänke. Bei den ersten 
Häusern von Rejkowitz verlieren sie sich unter einer mächtigen 
Decke von Lehm und Schotter, die den größten Teil des Abhanges 
des Pleschiwec bedeckt und die darunterliegenden Schichten der 
Beobachtung entzieht. Erst beim Rejkowitzer Bahnwächterhause 
stehen Paradoxides-Schiefer wieder an und bilden die Lehne bis knapp 
zu den einzelnen Häusern südöstlich Zeleny-Mühle?), wo sie höher 
in das Gehänge hinaufreichen. Ihr Einfallen ist aber gegen N und 
NNW gerichtet, der Einfallswinkel beträgt anfangs 15°, dann 8°. Ge- 
genüber der Zelenymühle reicht wieder die Lehmbedeckung des 
Pleschiwecabhanges bis an die Bahn und an die Straße und die 
Paradoxides-Schichten verschwinden hier endgültig. 


!) In der Karte ist zwar der Höhenpunkt markiert, aber durch ein Versehen 
die Zahl 431 weggeblieben. 
2) Siehe Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910 (Bruchlinie des Vostry etec.). 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Bard, 4. Heft. (A. Liebus.) 98 


758 Dr. Adalbert Liebus. £ [16] 


Jahn!) hat seinerzeit noch beim Bahnwächterhause 907 km 
gegenüber der Schaufelhammer-Mühle h 9 streichende, gegen 
NO mit 70° verflächende Paradoxides-Schiefer gesehen, auf denen 
diskordant nach N einfallende Da,ß-Schichten aufgelagert waren. Heute 
ist von dieser Auflagerung nichts mehr zu bemerken. Das mag damit 
zusammenhängen, daß seitens der Bahnverwaltung zur Sicherung des 
Bahnkörpers gegen Wassergefahr die steilen Böschungen der 
Pleschiweclehne untermauert wurden. 

In einem Wasserrisse nördlich vom genannten Wächterhause sind 
mächtige Diabastuffablagerungen aufgeschlossen, deren Schichten gegen 
N einfallen. Mit diesen Tuffen stehen Eisensteinlager in Verbindung, die 
früher einem regen Abbau zugeführt wurden, wie die alten verlassenen 
Schächte in der Lehne bis zum sogenannten „Franzosenweg“ andeuten. 
Seit dem vorigen Herbste wurden die Bohrversuche wieder aufge- 
nommen und haben das Erzvorkommen in der Lehne bis nahe an die 
Zelenymühle nachgewiesen. 

In der Nähe dieses Auftretens von Dd,ß fand Jahn auch ein- 
zelne Brocken der roten Dd,a-Schiefer, anstehend sind sie aber hier 
nicht. Daß aber auch im Hangenden der eben besprochenen Para- 
doxides-Schiefer noch Konglomerate auftreten müssen, beweisen Find- 
linge von echten Tremoschnakonglomeraten hoch in der Lehne, 
östlich von der Zelenymühle bei Kötenpunkt 473 und bei Jinetz 
auf der Lehne östlich der Podjineckymühle. 

Über die im Hangenden des Paradowides-Schiefers in diesem 
Teil der Pleschiweclehne auftretenden roten Schiefer Dd,« und 
die Eisensteinzone ist schon früher berichtet?) worden. 

Im Hangenden der oben erwähnten Diabastuffe gegenüber dem 
Schaufelhammer streichen schon die Dd,-Quarzite des Pleschi- 
wecgipfels ins Tal herab mit einem fast gegen N gerichteten Ver- 
flächen von 20°. An der Grenze zwischen der Eisenerzzone und dem 
Quarzit tritt untergeordnet ein schwarzer Schiefer (sicher d,y) und 
eine Lyditbank auf. Der Quarzit behält in diesem Teile im allgemeinen 
sein nördliches Einfallen bis zum Gipfel des Pleschiwec. Am jen- 
seitigen Abhange des Berges beim Forsthause Bezd&ditz wird es ein 
mehr nordöstliches, die Schichten des kleinen Pleschiwec dagegen 
zeigen ein Einfallen gegen SO. 

Auf der Höhe Kote 468 streichen diese Quarzite auch auf den 
Hügel von B&örfn hinüber und werden hier von den dunklen Schiefern 
d;y begleitet, die bei der Eisenbahnbrücke gegenüber der Brettsäge 
(in vielen Karten steht noch immer die Bezeichnung Hochofen) direkt 
auf den Konglomeraten aufgelagert sind ?). Die Quarzite sind hier mehr 
grau und fleckig, ihr Streichen ist fast O—W gerichtet, das Einfallen 
fast ein nördliches. Ihr Rand gegen die Konglomerate ist von einer 
Reihe von verlassenen Schächten begleitet, in deren Halden man 


Eisenerze und hellgelbe Schiefer als Vertreter der Eisensteinzone 
nachweisen kann. 


') Vestnik pag. 118. 


’) Jahn, Exkursionen und Vöstnik; Liebus, Verhandl.d.k.k. geol. R.-A. 
1904, pag. 323. 
°) Siehe auch Jahn |]. ce. 


[117] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 159 


Bei KriZatka streichen dann die Quarzite auf die Höhe von 
Pisek hinauf, wo sie als langer Felsgrat aus dem übrigen Gebiete 
charakteristisch hervortreten. An der Straße gegen Komorsko, ganz 
nahe an der Einmündung des Fahrweges von B&rfin und des von 
Cenkau heraufführenden Weges, sind diese Quarzite durch einen 
Steinbruch entblößt, der eine sehr enge Antiklinale der Quarzitschichten 
zum Vorschein bringt, bevor sie das auf dem Berge Pisek vor- 
herrschende NNO—NO-Streichen annehmen. Diese Antiklinale prägt 
sich auch im Terrain als ein Partialrücken auf dem NW-Abhange des 
Pisekberges aus, über die Höhe 573 hinüber zum Punkt 482 am 
Fahrwege gegen Böhcin. Vom Kamme des Pisekberges findet der 
Quarzit seine Fortsetzung auf die Rücken Velkä Baba und Malä 
Baba und über das tiefe Tal bei der Zatorskymühle auf den 
Berg Studeny südöstlich von Hostomitz!). Die Eisensteinzone im 
Liegenden der Quarzite zieht durch eine Reihe von aufgelassenen 
Schächten gekennzeichnet über den Berg Pisek, wo sie von einem 
kleinen Streifen Dd,y-Schiefer begleitet wird, über die Berge Velkä 
und Malä Baba auf den Studeny, wo beim ehemaligen Hiero- 
nymus-Schachte noch die Werksgebäude und Schachtzimmerungen 
vorhanden sind. Ihrer ganzen Erstreckung nach wird diese Zone von 
den MDd,a-Schichten begleitet, die hier vorwiegend als rote Schiefer 
entwickelt sind. Gegen den Hieronymus-Schacht zu nimmt ihre 
Breite zusehends ab. 


Zwischen dieser Schichtenreihe und den Konglomeraten des 
Komorskoberges tritt ein schmaler Streifen Paradowides-Schiefer 
auf, dessen Vorhandensein nur durch den günstigen Umstand zu 
unserer Kenntnis gelangen konnte, daß ihn der Wasserabzugsgraben 
des Fahrweges, der die Fortsetzung der Komorskostraße gegen 
Osten bildet, angeschnitten hat und daß durch die Benützung der 
Köhlungsplätze am Abhange des Pisekberges die obere Humus- 
schicht ständig entfernt wurde. Hat man den Paradozwides-Schiefer 
einmal gefunden, dann ist es ein leichtes, ihn auch in der übrigen 
Lehne nachzuweisen. Dieses nach beiden Seiten sich verlierende Auf- 
treten des Paradozwides-Schiefers stellt gewissermaßen die Verbindung 
her zu dem isolierten Vorkommen dieser Schichten im Tale zwischen 
den Bergen Malä Baba und Studeny bei der Brdlavkaaquelle, 
das schon PoSepny nachgewisen hat?) und aus dessen Schichten 
er einen Paradoxides namhaft machte. Ich habe seinerzeit?) in diesem 
Schiefervorkommen neben Trilobitenbruchstücken eigentümliche ko- 
nische Gebilde gefunden, welche die Schiefer quer durchsetzen und 
die ganz analog in denselben Schichten bei Rejkowitz vorkommen. 
Heuer konnte ich diese Schiefer weiter gegen SW von dem ehemaligen 
Fundpunkte bei der Brdlavkaquelle bis in die Lehne des Berges 
Velkä Baba verfolgen. 

Kehren wir wieder zu dem Konglomeratrücken zurück, der den 
südlichsten Zug der Jinetzer Schiefer gegen SO abschloß. An der 


1) Siebe Näheres Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 323 ff. 
?) Archiv f. prakt. Geologie. II. Bd., 1895, pag. 654. 
®) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A.. 1904, pag. 325. 
982 


760 Dr. Adalbert Liebus. [18] 


Kammlinie des Kloutek und Slonovec sowie an deren SO-Lehne 
liegen alte, stellenweise neu belegte Schurfplätze auf Kaolin. Auch 
der Abhang des Rückens und sein Fuß wird weithin von einer mäch- 
tigen Lehmablagerung bedeckt, deren Entstehungsursache in dem Ge- 
birgszuge zu suchen ist. Das gewonnene Kaolin fand seine Verwendung 
in der Schmelzhütte zu Pribram als feuerfestes Material. 

- Uber seine Entstehung sprachen sich J. Grimm (1855), Babä- 
nek (1875) und Posepny (1395) näher aus. Grimm neigt zu der 
Annahme, daß man es hier mit einem zersetzten Eruptivgesteine zu 
tun habe, Babänek dagegen tritt für eine Ablagerung von fließen- 
dem Wasser ein. Das kann höchstens nur für diejenigen Vorkomm- 
nisse gelten, die in der breiten Talmulde von Dominikal— 
Pasek und Drahlin auftreten, nicht aber für die Kaoline, die in 
den Schürfen am Slonovec- und Kloutekrücken zum großen 
Teile bergmännisch gewonnen werden. PoSepny spricht sich ent- 
schieden gegen eine Entstehung aus einem Eruptivgesteine aus und 
nimmt hier eine Ablagerung in einer Kluftspalte an, die dem Ge- 
birgsrücken parallel ist (l. c., pag. 651): „Der Schacht, den wir be- 
fuhren, hatte an seinem Sumpfe zu beiden Seiten festes Gestein, was 
auf mich den Eindruck machte, daß wir uns nicht in einem mulden- 
förmigen, sondern in einem kluftartigen, mit dem weißen Lehm aus- 
gefüllten Raum befanden. Nachdem nun das Streichen dieser Lehm- 
ausfüllung auf mehrere hundert Meter Entfernung parallel dem Brda- 
bergrücken !) verlief, so dürfte viel eher an die Gegenwart einer 
Spalte gedacht werden, wobei die stufenförmige Gestalt des obersten 
Teiles dieser Lehmablagerung direkt auf eine Verwerfung der einsti- 
gen Oberfläche hinweisen würde.“ 

Interessant ist nun, daB A. Hofmann im Jahre 1897 die 
Schürfe der Herrschaft Horowitz, die längs des Kammes am Slo- 
novec zur Ausbeutung des Kaolins?) angelegt wurden, begutachtet 
hatte und zu dem Resultate gelangt ist, daß die hier auftretenden 
Kaoline ihre Entstehungsursache „in einer lokalen Zerstörung der 
feldspatführenden Grauwackensandsteine haben bei nachfolgender Ab- 
schlämmung und Ablagerung der feinen Bestandteile an günstigen 
Stellen, hier speziell in den beim Bruche der Schichten zwischen 
den einzelnen Schollen entstandenen Hohlräumen..... Die oben aufge- 
stellte Entstehungshypothese erklärt auch das ganz regellos wech- 
selnde Auftreten der weißen, roten und gefleckten Tone, welche ihre 
Farbe jener des ursprünglich aus Grauwacken bestehenden Materiales 
entlehnen, das entweder bloß aus gröberen feldspatführenden Sand- 
steinen oder auch aus den häufig auftretenden Einlagerungen von 


') Brda heißt die südwestliche Fortsetzung des Klou&ek—Slonovec- 
rückens,. 

?) Der hier gewonnene Kaolin wurde auch vom chemischen Laboratorium für 
Tonindustrie Prof. Dr. H. Seeger und E. Cramer (Berlin) auf seine technische Ver- 
wertbarkeit untersucht mit folgendem Befunde: „Soweit die eingesandte Probe maß- 
gebend ist, ist die untersuchte Probe als ein hochfeuerfester Rohkaolin anzu- 
sprechen, der bei der Erzeugung feuerfester Produkte Verwendung finden kann. 
Der feinstgeschlämmte Kaolin ist außer zur Erzeugung feuerfester Produkte in der 
Papier- und Farbenindustrie zu gebrauchen. In der Steingut- und 'Porzellanfabri- 
kation kann der Kaolin, da er nicht reinweiß brennt, nicht Verwertung finden.“ 


[19] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 761 


eisenschüssigen und auch rot gefärbten Grauwackensandsteinschichten 
bestand“. (Gutachten im Besitze der Herrschaftsdirektion Horowitz.) 
Südlich vom Komorskorücken wird die geologische Be- 
schaffenheit des Gebietes etwas komplizierter und weniger deutlich. 
Etwas südlich des ehemaligen Weißen Hammers (Bilä hut) steht 
in einem ganz kleinen verlassenen Streinbruche in der Nähe eines 
seit Jahren umgestürzten Kreuzes ein dickbankiges, festes, grünlich- 
sraues, quarzitisches Gestein an, in dessen Gefolgschaft Schiefer auf- 
treten, die den Paradowides-Schiefern vollständig gleichen, aber keine 
Fossilien enthalten. Das Streichen ist fast O—W, das Einfallen ganz 
wie bei den überlagernden Konglomeraten gegen NNW gerichtet mit 
einem Winkel von 25° Im Liegenden dieser Schichtengruppe folgt 
dann ein heller harter Grauwackensandstein, dessen Schicht- und 
Kluftflächen mit einer braunen, leicht bröckligen Masse bedeckt sind. 
Der beste Aufschluß ist eine an der rechten Straßenseite in der 
Richtung von Cenkau gegen Hlubosch liegende, anscheinend 
früher als Schurfstelle benützte schachtähnliche Vertiefung. Auch hier 
ist das Einfallen übereinstimmend mit den oben erwähnten gegen 
NNW gerichtet. Der braune Überzug auf den Schichtflächen und den 
ehemaligen Schachtwänden erwies sich als ein toniger Brauneisenstein ?). 
Im Liegenden dieser Sandsteine folgen wieder Schiefer, die den 
Paradoxides-Schiefern ähnlich sehen, aber ein etwas helleres Aus- 
sehen haben, dann wieder dickbankige Quarzite und harte Sand- 
steine. Die Reihenfolge der Schichten wird nun durch ein tiefes, 
enges Tal unterbrochen, das am S-Abhange von Komorsko bis gegen 
den NW-Rand des Höhenzuges Holy vrceh und Provazec hinauf- 
zieht. Die andere, also die südöstliche Talflanke, zeigt an der Straße 
wieder 5—15, auch 20cm mächtige Bänke eines hellen, grauen Sand- 
steines mit dünnen hellgrünlichgrauen Schieferzwischenlagen. Die 
Schichten sind so gebogen, daß oben ein Einfallen von 40°, unten 
eines von 60° gemessen werden kann. Nun folgt noch eine Zone von 
Schiefern, die grünlichgrau bis gelblich sind und den Paradozwides- 
Schiefern wenig ähnlich sehen, mit härteren eingelagerten Bänken. 
Diese Reihe von Schichten vom Weißen Hammer bis hier- 
her, also hinter die Einmündung der Schlucht, findet sich weder bei 
Krejöi noch bei Posepny erwähnt. Nur eine kurze Bemerkung dar- 
über gibt Lipold (l. c. pag. 429): „Unmittelbar vor den ersten 
Häusern von Cenkau?) bemerkt man die erste Zwischenlagerung 
von .dunkelgraugrünen Schiefern in der Mächtigkeit von einem Klafter 
in den Grauwacken. Aber erst unterhalb Cenkau gegen Ginec 
zu “stehen mit unzweifelhafter konkordanter Auflagerung auf den in 
Cenkau noch anstehenden ‚Pfibramer Grauwacken‘ die dunkelgrau- 
grünen, zum Theil schieferigen , zum Theil sandigen ‚Ginecer 
Schichten‘ mit Petrefacten im steilen Gehänge des rechten Bachufers 


10 ..#) Diese und die weiteren chemischen Bestimmungen hat in liebenswürdigster 
Weise: Herr: Assistent Alfred Huyer im mineralogischen Institute ausgeführt, wo- 
für: ihm hier ‚der beste Dank ausgesprochen sei. 


“: »»2) Der Weiße Hammer gehört zur Ortschaft Cenkau und Lipold be- 
spricht die Schichtenfolge von SO von Hlubosch aus. 


162 Dr. Adalbert Liebus. [20] 


an!)...“ DaLipold von einer Mächtigkeit von einem Klafter spricht, 
so konnte er die Schiefer hier als Einschaltungen in der Schichtenreihe 
der Grauwackenkonglomerate ansehen. Da aber der Komplex von dem 
Kreuze beim Weißen Hammer bis über die Einmündungsstelle der 
engen Schlucht einheitlich zu sein scheint und die von Lipold an- 
gegebene Mächtigkeit weit übersteigt, kann man wohl nicht ohne 
weiteres von einer Einlagerung sprechen. Es sind mir von keiner Stelle, 
wo die Paradoxides-Schiefer in diesem Gebiete auftreten, in ihrem 
Gefolge quarzitische Gesteine von einer derartigen Beschaffenheit wie 
hier, bekannt geworden, die quarzitischen Zwischenlagen am Vostry 
und am Fuße des Pleschiwec bei Rejkowitz sind fast schwarz 
und erweisen sich im Bruche im allgemeinen als feiner zusammen- 
gesetzt. Dagegen kommen ähnliche Gesteinsbänke weiter südlich bei 
Hlubosch vor, von denen später die Rede sein wird. 


Nach dem Ergebnisse der dortigen Beobachtungen möchte ich 
diese harten quarzitischen Gesteine und die hellen Sandsteine beim 
Weißen Hammer für ein Aquivalent der höheren Lagen der 
Tremoschnakonglomerate, die grünlichgrauen Schiefer aber für 
Paradoxides-Schiefer ansehen. Das ist freilich nur eine Annahme, für 
die vorläufig noch kein Fossilienbeweis vorliegt, aber derjenige, der 
das Auftreten unserer Paradowides-Schiefer kennt, weiß auch, daß man 
an manchen Stellen oft lange suchen muß, bevor man ein fossil- 
führendes Niveau findet. 

Etwa 100 Schritte von da gegen Südosten, ist vor der Soukup- 
Mühle an der Straße wieder ein kleiner Aufschluß in der Lehne des 
Horiceberges. Hier erscheint als das Hauptgestein ein hellgraues, 
sehr quarzreiches und hartes Konglomerat, das Zwischenlagen eines 
rötlichen Schiefers erkennen läßt. Der Aufschluß ist sehr klein und 
schlecht zugänglich, deshalb auch schwer zu überblicken, es scheint 
aber eine sehr steile Antiklinale und eine darauffolgende Synklinale 
vorzuliegen. Die übrige Lehne des Berges Horice besteht aus den 
typischen grobkörnigen Tremoschnakonglomeraten, die gegen den 
Holy vreh hinstreichen. Nördlich vom Meierhofe Näves kann man 
an einer Stelle ein Einfallen gegen NNW (h 22) messen. 


Die Konglomerate im Gehänge des Holy vrch zeigen mitten 
in der Gesteinsmasse rote Flecken, die sich stellenweise stark an- 
häufen, so daß alle Übergänge zu grob- und feinkörnigen roten Sand- 
steinen nachgewiesen werden können. Einzelne dieser besonders inten- 
siv dunkelroten Gesteinsteile ergaben bei der chemischen Prüfung 
deutliche Reaktionen auf Rot- und Brauneisenstein. Der ganze Abhang 
des Horficeberges und des Holy vrch ist von alten Schachtöffnungen 
durchfurcht. In dem Haldenmateriale einzelner derartiger Schächte 
liegen lose Konglomeratblöcke, die in ihrem Innern Hohlräume 
enthalten, ausgefüllt mit einer dunkelgrauen bis schwarzen Substanz. 


!) Zur Zeit als Lipold seine Studien machte, scheint nur ein Teil der 
Schiefer aufgeschlossen gewesen zu sein, und zwar wahrscheinlich nur die knapp 
an der südöstlichen Flanke der Seitenschlucht anstehenden. Die übrigen verraten 
ihren schieferigen Habitus erst wenn man höher in die Lehne eindringt, die mit 
Gebüsch verwachsen ist. 


[21] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 7163 


Die chemische Untersuchung ergab, daß diese Zwischenlagen und 
Ausfüllungen aus Pyrolusit bestehen. 

Die Schachthalden enthalten auch jene hellen gelben Schiefer, 
die überall das Auftreten der Eisenerze in der Dd,ß-Schichtenzone 
begleiten. 

An der Straße gegen Hlubosch!) sind die Konglomerate noch 
einmal aufgeschlossen, und zwar in einem ganz neuen kleinen Stein- 
bruche bei einer Kapelle, etwa im ersten Drittel der Straßenstrecke 
zwischen den Höhepunkten Köte 415 und Köte 439 nordwestlich von 
Hlubosch. Hier ist aber das Einfallen gegen SW gerichtet, mit 
einem Winkel von 45°, ein Zeichen, daß die Lagerung der Konglomerate 
des Horiceberges nicht einheitlich ist. 

Auch hier sind die Konglomerate von dünnen, rötlichbraunen 
und gelben Schieferzwischenlagen begleitet, wie man sie sonst nur 
auf den Halden der ehemaligen Schächte im Gebiete der Da,ß- 
Schichten findet. 

Die Fortsetzung des Horicekonglomerates gegen SW bildet 
ein Teil der Höhe Krschov, östlich von der Ortschaft Dominikal- 
Pasek. Bei der Bek-Mühle (jetzt Hegerhaus) im Tale der Litawa 
treten diese Konglomerate zutage. Sie sind vorwiegend rötlich gefärbt, 
sehr fest und gegen NW geneigt. Der Neigungswinkel ist auch hier 
am Fuße des Aufschlusses größer als weiter oben im Gehänge, die 
Schichten sind hier gegen SO schwach gewölbt. An den entblößten 
Schichtflächen sind ausgedehnte Harnische zu sehen. 


Im Liegenden dieses Konglomerates folgt nun eine Schichten- 
gruppe, die nach den Verhältnissen, wie sie hier vorliegen, schwer 
in eine der Etagen eingereiht werden kann. Gleich hinter dem Kon- 
glomerataufschlusse ist die Lehne verrollt, aber man findet in dem 
Boden kleine Stückchen eines dunkelroten glimmerhaltigen Sandsteins. 
Darauf folgen grünliche, stark glimmerhaltige und darunter mattrote 
dünnblätterige glimmerige Schiefer mit harten, graugrünen Zwischen- 
lagen. Die roten Schiefer und die roten Sandsteine kann man über 
den Krschowberg hinüber über die Straße Öenkau—Hlubosch 
bis auf den Abhang des Horiceberges verfolgen, wo sie im Wald- 
rande mit einem fast nördlichen Verflächen anstehen unter einem Ein- 
fallswinkel von 65°. 

Die Schichten am Litawaufer bei der Bek-Mühle zeigen eine 
ähnliche Aufwölbung wie ihre hangenden Tremoschnakonglomerate, 
nur noch etwas deutlicher. 

Auf die Schiefer folgt nun weiter gegen Süden eine Wechsel- 
lagerung dieser Schichten mit ungemein harten, graugrünen Quarziten, 
die an Mächtigkeit immer mehr zunehmen, bis sie bei der Brücke, 
die über die Litawa gegen das Bahnwächterhaus in Dominikal- 
Pasek führt, allein vorherrschen und die rotbraunen Schiefer nur 
ganz dünne Zwischenlagen bilden. Der Quarzit weist hier in der grün- 
lichgrauen Grundsubstanz rote Flecke auf und enthält stark glimmer- 


!) Die Ortschaft Hlubosch liegt südwestlich des Klein-Chlum und süd- 
östlich des Krschow, wo die Straße von Cenkau und der Fahrweg vom Meier- 
hofe Näves sich vereinigen. 


764 Dr. Adalbert Liebus. [22] 


haltige Lagen. Die einzelnen Quarzitbänke-- erreichen eine Mächtigkeit 
von 70—80 cm. 

Auch diese Gesteine zeigen jene oben erwähnte Aufwölbung. 
Im steilen unzugänglichen Gehänge des Krschov scheint die Faltung 
noch stärker zu sein. Das Einfallen der Schichten ist wieder gegen 
N—NNW (h 22) gerichtet, der Einfallswinkel beträgt in den oberen 
Lagen 25°, unten etwa 45°. 

Etwa 50 Schritte von der erwähnten Brücke gegen Südosten 
tritt dann ein Schiefer auf, der vollständig dem normalen, mattgrünen 
Paradoxides-Schiefer gleicht, aber trotz des stundenlangen Suchens 
ist keine Spur von einer Versteinerung zu finden gewesen. Diese 
Schichtengruppe ist hier etwa 6 m mächtig. 

Die quarzitischen Schichten und diese Schiefer lassen sich auf 
den Gipfel des Krschovberges verfolgen, die Quarzite verschwinden 
dann, die grünen Schiefer setzen einen Teil des Nordwestabhanges 
des kleinen bewaldeten Hügels zwischen dem Berge Klein-Chlum 
und der Hluboscher Straße zusammen. Weiter gegen NO lassen 
sie sich nicht nachweisen. 

Im Aufschlusse an der Litawa gehen diese Schiefer gegen 
das Liegende zu in solche über, die noch vorherrschend grünlich 
sind, aber große rote Flecken aufweisen und im Liegenden dieser 
folgen dann rote sandige Schiefer mit. verschieden viel Glimmer- 
beimengungen, die dann dem ganzen Feldgebiete von Hlubosch die 
intensiv rote Farbe verleihen und an der Litawa fortwährend bis 
über Bradkowitz hinaus aufgeschlossen sind. In diese Schiefer sind 
stellenweise rote und gelbe weiche Sandsteine eingelagert. 

Bei der Bradkowitzer Brücke, südlich von Dominikal- 
Pasek, außerhalb dieses Kartenblattes, unterbricht die Reihe der 
Schieferschichten eine harte Bank, die von einem hellen Sandstein 
mit ganz kleinen rostroten Punkten gebildet wird. Die Neigung dieser 
Bank und des Schiefers ist sehr steil, 69°—70° gegen NW. Am Wege 
von Rradkowitz nach Hlubosch wendet sich das Einfallen gegen 
OÖ mit 55° und gleich darauf ist es gegen OSO (h 8) gerichtet mit 
45°. Von da aus sind nur mehr rote Schiefer sichtbar, die durch den 
Bau der neuen Stiaße Bradkowitz—Pitschin, in einer ‚weiten 
Erstreckung aufgeschlossen sind, nur sehr untergeordnet treten helle, 
harte Sandsteinbänke auf. Die Höhe, an deren Abhange diese Straße 
verläuft, trägt den größten Teil der Ortschaft Hlubosch. Bei Brunnen- 
grabungen wurden hier im Orte in einer Tiefe von 24 m ganz mürbe, 
gelbe Sandsteine angetroffen. | 

Die große Mächtigkeit dieses ganzen Komplexes erklärt sich aus 
der wiederholten starken Einfaltung seiner Schichten. An der eben 
erwähnten Straße sind derartige Falten in großer Anzahl aufgeschlossen. 

Der ganze O-Abhang des Krschowberges und das ganze Feld- 
gebiet um den Meierhof Näves ist von diesen Schichten rot gefärbt. 

Am Fuße des schon oben erwähnten bewaldeten Hügels zwischen 
Klein-Chlum und der Hluboscher Straße stehen dann wieder 
dunkelrotbraune feste Sandsteine an mit einem Einfallen gegen NNW 
(h 21), 35° Die letzten Reste der Rotfärbung des Bodens lassen sich 
in diesem Gebietteile noch an der Waldstraße südlich des Höhen- 


[23] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 765 


punktes 509 am SO-Abhange des Kuchynkarückens beobachten. 
Der Hügel Klein-Chlum nordöstlich von Hlupbosch besteht 
wieder aus den festen, groben Tremoschnakonglomeraten, die sich 
von da aus gegen SW in einer Hügelreihe gegen die Orte Sadek 
und Obecnitz verfolgen lassen. Am Klein-Chlum beträgt der 
Einfallswinkel der fast nördlich verflächenden Konglomerate etwa 12°. 
Auch hier sind alte verlassene Eisenerzschächte in großer Zahl vor- 
handen. In dem Haldenmateriale einiger derselben, an der SW-Seite 
des Hügels, schon in der Nähe von Hlubosch, kann man die ersten 
Fundstücke von Diabas nachweisen, der die Schichten von da aus in 
südlicher Richtung gegen die Pitschiner Straße durchsetzt. Ähn- 
liche, etwa N—S streichende Diabasgänge treten auch am Krschov 
und nordöstlich von Klein-Chlum auf, besonders gehäuft in der 
Umgebung der Ortschaft Bukova. Knapp vor dem Dorfe erscheinen 
schon in der Linie Schäferei südöstlich des Klein-Chlum bis 
gegen die Einschichte U Lesa nördlich Bukova die präkambrischen 
Pribramer Schiefer, hier bei Bukova mit Einlagerungen eines 
hell- bis dunkelrotbraunen Lydites. Der Schieferstreifen scheint hier 
sehr eng zu sein, denn SO von Bukova kommen bei der Einschichte 
Na Vrsku wieder Konglomeratbänke zum Vorschein, die denen der 
Tremoschnastufe sehr ähnlich sind). 

Die Konglomerate des Klein-Chlum und des Horiceberges 
sind zweifellos die Tfemoschnakonglomerate. Auch die Konglome- 
rate und Sandsteine bei der Bekmühle im Litaw atale gehören dem- 
selben Horizonte an. Es handelt sich hier nur um die Identifizierung 
der Schichtengruppe im Liegenden dieser Sandsteine. 

Krejöt erwähnt diese Schichtenreihe trotz ihres so in die 
Augen fallenden Auftretens sehr flüchtig). In der Karte bezeichnet 
er das ganze Gebiet mit dem Zeichen der Tfemoschnakonglome- 
rate, nur legt er zwischen den Rücken Brdo—Slonovec—Klou- 
&ek und den der Tfemoschna eine Bruchlinie, deren Einwirkung 
auf die Gegend auch PoSepny und Hofmann bei der Besnfach: 
tung des Kaolinvorkommens nachweisen konnten. 

Lipold verschweigt das Vorkommen vollständig, obwohl um 
die Zeit, als er die Monographie über das Eisensteinvorkommen ver- 
faßte, noch der Erzbergbau betrieben wurde, ja auch noch der Brad- 
kowitzer Hochofen in Tätigkeit war. Er beschränkt sich ledig- 
lich auf die Besprechung des gegen S anschließenden Gebietes von 
Deutsch-Pasek und beginnt erst mit der Beschreibung der Auf- 
schlüsse wieder bei Cenkau. 

Auch PoSepny war über das Alter dieser Schichtenreihe nicht 
im klaren. In seiner Besprechung dieses Gebietes heißt es®): „Bei 


!) Um die Karte nicht sehr zu komplizieren, wurden die Lyditeinlagerungen 
und die Konglomerate SO von Bukova nicht ausgeschieden. 

2) Krejöi und Feistmantel, ]l. c. pag. 18: Stellenweise entwickeln sich 
in diesen Grauwacken quarzitische Bänke, welche gänzlich der quarzitischen Grau- 
wacke der Etage D gleichen. Auch rotgefärbte Grauwacken, ziemlich glimmerreich, 
dünnblätterig und deutlich geschichtet, treten in größerer Verbreitung auf, 80 
namentlich im östlichen Teil des Gebietes von HluboS gegen Kytin. 


3) Archiv f. prakt. Geol., II. Bd., 1895, pag. 649. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (A. Liebus.) 99 


766 Dr. Adalbert Liebus. [24] 


dem jetzt verlassenen Reichentrostschachte und an verschiedenen 
Punkten bei Drahlin und Sadek trifft man nahezu horizontale, zu- 
weilen schieferige, grünliche Sandsteine, welche oft an das Aussehen 
der Jinetzer Schiefer erinnern. An dem KrSov genannten Berge 
zwischen dem Hluboser Bach und der Litavka finden sich fein- 
körnige Quarzite jener der Brdaschichten Dd, Barrandes ähn- 
lieh und von dem Gebirgsrücken Hosice (richtig Horice), welcher 
sich in nordöstlicher Richtung gegen Pnovazec (richtig Provazec)_ 
hinzieht, Eisensteinhalden von unserer Eisensteinzone ähnlichen Ge- 
steinen. Es gelang mir zwar nicht, diese petrographischen Analogien 
durch Petrefaktenfunde zu unterstützen, allein vielleicht können meine 
Nachfolger glücklicher sein und eine Einfaltung dieser höheren 
Schichtenglieder in den Sandstein auch durch Petrefakte nachweisen... 

Oberhalb Dominikal-Pasek ist die südwestliche Fortsetzung 
des erwähnten Hoficer Eisensteinzuges durch einige Stollen und 
Schachthalden angedeutet, deren Erze seinerzeit in dem bestandenen 
Hochofen zu Bradkovic verschmolzen wurden.“ 

In einer der Arbeit beigegebenen Karte 1:75.000 zeichnet 
Posepny die Konglomerate bei der Bekmühle überhaupt nicht ein, 
einen Teil des zweifelhaften Schichtenkomplexes in ihrem Liegenden, 
und zwar nach den morphologischen Details der Karte zu schließen 
die harten Quarzite, die dunkelroten Schiefer sowie die Schichten, 
die den Paradoxides-Schiefern so ähnlich sehen, als Eisensteinzone 
Dd,, den übrigen Teil, die große Masse der roten glimmerigen Schiefer 
bei Bradkowitz als Prfibramer Sandstein (also Tfemoschna- 
niveau). Er bezeichnet aber auch die Gesteine des Gipfels des Hofice- 
berges, des Holy vrch, des Provazec, des Maly vrch und 
Kuchynka, die Konglomerate gröbsten Kornes darstellen, ebenfalls 
mit der Signatur der Eisensteinzone, also als Da.. 

Ich habe mir die Mühe genommen, habe alle Aufschlüsse der 
ganzen Erstreckung dieser „Eisensteinzone“ besucht und die Gesteine 
mit denen der übrigen Etagen verglichen. Es läßt sich nicht leugnen, 
daB die Quarzite mit einigen Vorkommnissen der Etage Dd, eine 
Ähnlichkeit haben, trotz eifrigen Suchens konnte ich jedoch keine 
Spur einer Skolytusröhre entdecken, die ich bisher in den Aufschlüssen 
der Dd,-Quarzite in diesem Gebiete oft nach kurzem Suchen fest- 
stellen konnte. 

‚ Ebenso ähnlich sind aber diese Quarzite den anreisen 
Zwischenlagen in den Da,-Schiefern, die auch stellenweise eine 
Mächtigkeit von 50—80 cm erreichen können (zum Beispiel im großen 
Horowitz er Steinbruche an der Straße gegen Komorau). Dagegen 
besteht eine große Ähnlichkeit mit den oben erwähnten grünlichgrauen 
quarzitischen Zwischenlagen der Schiefer beim Weißen Hammer 
(Bilä hut) südlich von Cenkau. Weiter gleichen die mattdunkelroten 
dünnen ‚Schieferzwischenlagen der dicken Bänke, den roten Schiefern, 
die ich im Liegenden des Paradoxides-Schiefers am Waldrande bei 
Höhepunkt Köte 431, nördlich von Cenkau, fand. Die roten glimmer- 
reichen Schiefer bei Bradkowitz enthalten, wie oben erwähnt, 
Sandsteineinschaltungen, die im hellen Grunde kleine, rostrote Flecke 
aufweisen. Derartige Sandsteine treten zum Beispiel bei Cenkau, 


[25] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 167 


gegenüber der Kopäöov-Mühle im Steilufer der Litawa,im Liegenden 
des Paradoxides-Schiefers und in dem von Jahn beschriebenen Profil 
an der Eisenbahnbrücke bei der Jinetzer Brettsäge auf. Das alles 
würde auf die höheren Schichten der Tfemoschnakonglomerate 
hindeuten. 

Was endlich den roten Schiefer betrifft, so ist iım eine gewisse 
entfernte Ähnlichkeit mit den roten Schiefern Dd,a nicht abzusprechen. 
Doch ist der Zusammenhang dieser hier so mächtig entwickelten 
Schiefer mit den Sandsteinen der Tfemoschnakonglomerate aus 
dem weiteren Streichen der roten Schiefer ersichtlich. In der weiteren 
nordöstlichen Fortsetzung verlieren sie sich, wie wir oben sahen, beim 
Meierhofe Naves, und sind nur an einer Stelle noch an der starken 
Rotfärbung des Bodens nachzuweisen. Weit ab von dieser Stelle er- 
scheinen sie plötzlich in einzelnen Aufschlüssen, so an der Straße 
beim Forsthause Trnova westlich von Dobrisch, dann am Fahr- 
wege südlich vom Forsthause Fürstenbrunn am Südostabhange der 
Hrebeny und lassen sich, wie ich mich anläßlich einer gemeinsamen 
Exkursion mit Dr. E. Nowak überzeugen konnte, von da bis in den 
Ort Kytin bei Mnischek verfolgen. Im übrigen verweise ich auf 
seine bald erscheinende Arbeit über das benachbarte Gebiet. 

In dieser Aufschlußreihe werden die Schiefer immer unter- 
geordneter und der Sandstein, der vollständig dem am Wege Brad- 
kowitz—Hlubosch anstehenden gleicht, nimmt an Mächtigkeit zu, 
so daß die Schiefer dann nur noch als Zwischenlagen anzusehen sind. 
Interessant ist auch die Tatsache, daß weit im-SW von Dominikal- 
Pasek aber im Streichen desselben Schieferkomplexes im Gebiete 
der höchsten Erhebung dieses Brdyrückens Tok (857 m) beim 
Forsthause Kloboutek in der Nähe der Ortschaft Obecnitz 
mitten im Walde graubraune Schiefer innerhalb der groben Tre- 
moschnakonglomerate in einer geringen Mächtigkeit vorkommen. 
Die dunkelroten Sandsteine, die am bewaldeten Hügel zwischen 
Klein-Chlum und der Hluboscher Straße anstehen, sind wiederum 
dieselben, die oberhalb Cenkau gegen die Komorskostraße den 
erwähnten Felsgrat in seinem oberen Teile eine Strecke weit bilden. 
Was endlich die hellen, gelblichen und rötlichen Schiefer betrifft, die 
in den alten Schachthalden des Horiceberges gefunden werden und 
die den Gesteinen der Eisensteinzone Dd,ß so ähnlich sehen, so be- 
merke ich, daß dieselben Schiefer auch als Zwischenlagen zwischen 
den Konglomeratbänken im Aufschlusse bei der Soukup-Mühle und 
bei der Kapelle an der Hluboscher Straße auftreten. 

Welche von den Schichten seinerzeit das Eisenerz enthielt, ist 
heute schwer festzustellen. PoSepny, der noch einen der Schächte 
knapp vor seiner Auflassung befahren hatte, fand !), daB er vorwaltend 
in einen feinkörnigen, mit 20° nach W einfallenden Sandstein getrieben 
ist. Die eine Schachtöffnung an der Straße Genkau—Hlubosch 
beim Weißen Hammer entblößt einen hellgrauen, feinkörnigen 
Sandstein, dessen Schicht- und Kluftflächen, wie oben erwähnt wurde, 
einen Überzug eines stark tonigen Brauneisensteins aufweisen. Be- 


!) Archiv f, prakt. Geologie, II. Bd, 1895, pag. 649. 
99* 


768 Dr. Adalbert Liebus. [26] 


rücksichtigt man nun auch noch den Umstand, daß in den Konglomerat- 
brocken des Hofice Rot- und Brauneisenstein nachgewiesen werden 
konnte, so ist der Schluß gerechtfertigt, daB das Konglomerat oder 
seine lokale Ausbildung, der helle Sandstein, das seinerzeit abgebaute 
Eisenerz enthielt. Damit steht auch die Beobachtung im Einklange, 
daß ich heuer am Gipfel des Beran bei St. Benigna an einer 
breiten Kluftfläche der Konglomerate ein ganzes Stück eines Erzes 
fand, das sich bei der chemischen Prüfung als Brauneisenstein erwies. 

Aus all dem vorher Gesagten geht hervor, daß diese vom Krschov- 
berge bis über Bradkowitz aufgeschlossene Schichtenreihe ein 
Aquivalent der kambrischen Konglomeratschichten darstellt und im 
Vergleiche mit dem Jinetzer Vorkommen vielleicht mit dem höheren 
Niveau der Tfemoschnakonglomerate als unmittelbarem Liegenden 
des Paradoxides-Schiefers in Parallele gestellt werden kann. In diese 
Schichtengruppe sind hier vielleicht auf eine ganz kurze Erstreckung 
hin auch noch Teile der Paradoxwides-Schiefer mit eingefaltet. 


Tektonischer Teil. 


Die Erklärung der Tektonik des besprochenen Gebietes lag bis 
zur jüngsten Zeit sehr im argen. Die Deutungen der Profile bei 
Krejöi leiden an zwei Fehlern, der eine ist die damals noch un- 
vollständige geologische Kartierung und der zweite die unrichtige 
Identifizierung der einzelnen Schichtengruppen. Wir finden bei Krej6f 
das ganze Gebiet südöstlich der Eisensteinzone von St. Benigna, 
Kvaü, Giftberg als einheitliche Tremoschnakonglomeratmasse 
in der Karte eingetragen. Uber die Tektonik finden wir dabei nur 
sehr allgemeine Bemerkungen. So spricht er über die orographische 
Gliederung in eine Anzahl von NO streichenden Bergrücken und fügt 
dann hinzu (pag. 15 f.): „Diese orographische Konfiguration entstand 
offenbar durch Zersprengen und einseitige Hebung der ehedem 
horizontal abgelagerten Konglomeratschichten nach nordöstlich ver- 
laufenden Bruchlinien, deren Ursache man einerseits in den weit 
ausgedehnten Granitmassen von Mittelböhmen, anderseits auch in den 
Porphyr- und Grünsteinmassen suchen kann, welche am Beginn der 
Silurperiode im Bereiche ihrer Sedimente aus dem Erdinneren hervor- 
drangen“. Weiter (pag. 18 und 19): „Durch gegenseitige Ver- 
schiebungen und wiederholte Aufstauungen der später zertrümmerten 
und aufeinandergeschobenen Schichten erscheint die Mächtigkeit an 
vielen Berglehnen viel größer, aber überall, wo die Gesteinsbänke 
ruhiger gelagert sind, kommt man zu der Überzeugung, daß die eigent- 
liche Mächtigkeit doch viel geringer ist als es nach dem ersten An- 
blick der Felsmassen den Anschein hat. Der größte Teil des Terrains 
ist mit zertrümmertem Gestein bedeckt, so namentlich die Berglehnen, 
und nur an einigen Kuppen und Abhängen und in den Tälern und 
Schluchten mit steileren Felsen sieht man festes, anstehendes Gestein. 
Das Konglomerat- und Grauwackenmateriale ist nämlich zu spröde und 
brüchig und wurde schon bei den ersten Hebungen in einzelne Schollen 
zersprengt, während das weichere Schiefergestein in der Nähe des 


[27] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 769 


größten Druckes Faltungen und Biegungen bildet, die man im Konglo- 
meratterrain gänzlich vermibt“. 

Der zweite Fehler, der die Deutung der Profile wesentlich be- 
einflußt, ist die unrichtige Parallelisierung der Schichten. In dieser 
Beziehung ist es zum Beispiel ganz unrichtig, die Konglomerate und 
die mit ihnen zusammenhängenden Sandsteine bei Kresin als Dd,a 
zu deuten. Diese Gesteine sind von den übrigen des benachbarten 
Beranecberges gar nicht verschieden. Durch die falsche Paralleli- 
sierung, zu der noch hier die ganz unrichtige Eintragung ihrer 
Lagerung in das Profil dazukommt, ergab sich dann die Behauptung: 
es lägen hier auf dem Paradoxides-Schiefer zwei isolierte Schollen 
der Dd,a-Schichten, eine Behauptung, die in die spätere Literatur 
mithinübergenommen wurde, 


Auch ist, wie schon oben erwähnt wurde, das Konglomerat im 
Hangenden der Paradoxides-Schiefer am Vystrkovberge bei Welkau 
nicht das Dd,x, sondern Tremoschnakonglomerat, ebenso wie das 
Konglomerat im Hangenden dieser Schiefer bei der Eisenbahnbrücke !) 
bei Jinetz nur die Fortsetzung dieser Schichten am Vystrkov 
bildet. Lipold2) bezeichnet sogar noch die südwestliche Fortsetzung 
dieses Konglomeratzuges, den Konicek— Hrebenrücken, als Dd,o. 

Katzer?°) hält sich im allgemeinen an die Deutung Krejtfs. 

Erst PoSepny) wies durch seine detaillierten Aufnahmen eine 
Einlagerung von Paradozxides-Schieferstreifen zwischen den Konglome- 
ratrücken nach. 

Die Erklärung dieser Erscheinung gibt Posepny nur in all- 
gemeinen Umrissen und spricht nur von „drei nordöstlich streichen- 
den Verwerfungsklüften“, in denen die Jinetzer Schiefer einge- 
klemmt sind. Wie er sich dies vorgestellt hat, gibt ein Profil wieder 
(l. c. Tafel VI, Fig. 37) vom Litawafluß im Gebiete von Pribram 
aus über den Brdarücken, von Hreben— Konidek—Jeskripec 
und Beranec bis zum Giftberge bei Komorau. Die ungleiche Über- 
höhung macht dieses Profil, rein orographisch genommen, etwas un- 
genau. Auch geologisch sind diese „eingeklemmten“* Schieferpartien 
nicht ganz einwandfrei dargestellt. So reichen die Schiefer beim 
Konitekrücken in Wirklichkeit bis nahe an den Gipfel und auch 
die Partie zwischen Beranec und Jeskripec verbreitert sich 
nicht auf die Seite des Jeskrfipec, sondern umgekehrt. 


Um genau vorzugehen, habe ich dasselbe Profil (Fig. 2) genau nach 
den Isohypsen der Originalaufnahme 1:25.000 gezeichnet, nur mit einer 
größeren UÜberhöhung, so daß die steilen Rücken des Hrfeben und 
Beranec besser zum Ausdrucke kommen. Die Tfemoschnakonglo- 
merate habe ich nur dort mit einer Signatur versehen, wo sie wirk- 
lich anstehen. Nur an der NW-Seite des Beranec habe ich sie 
signiert, obwohl sie im Profilschnitte nicht anstehend angetroffen wur- 
den, aber etwas weiter NO davon bei Kresin, ein Aufschluß, der 


!) Jahn, Exkursionen, pag. 41f. 
2) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1863. 
*) Geologie von Böhmen. 

*) Archiv f. prakt. Geol., II., 1895. 


[28] 


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Dr. Adalbert Liebus, 


Profil zwischen den Quarzitklippen an der Vostry-Bruchlinie bei Hrachowischt über Beranec, Jeskfipec und Hfeben. 


Längenmaßstab 1:25.000 etwas überhöht. 


770 


129] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. a1 


morphologisch und geologisch zum Beranecabhang gehört. Das Ein- 
fallen des Paradowides-Schieferss wurde nur bei Hrachowischt 
direkt gemessen ; die anderen Vorkommnisse enthalten ihn aber auch 
anstehend. 

Diese regelmäßige Wiederholung derselben Schichtenglieder 
Jäßt auf eine Regelmäßigkeit in der Tektonik schließen. Eine gleich- 
mäßige natürliche Überlagerung ist ausgeschlossen, da einmal die 
Konglomerate älter, im anderen Falle wieder jünger sein müßten als 
die Paradowides-Schiefer. Eine so regelmäßige „Einklemmung“ von 
Schiefern an einer Bruchlinie mit nur gehobenen und gesenkten 
Schollen, wie vielleicht Posepny sich das vorstellte, ist kaum anzu- 
nehmen. Wenn wir noch berücksichtigen, daß an der Vostrybruch- 
linie im Hangenden der Paradowides-Schiefer wieder Konglomerate 
folgen, so ist wohl die Erklärung dieses Profiles die einfachste, hier 
eine mehrfache Auffaltung der Schichten in schiefen oder 
liegenden Isoklinalfalten anzunehmen, aus denen sich dann eventuell 
Überschiebungen leicht ableiten lassen. 

Es entspräche dann, um an der Bruchlinie zu beginnen, das 
Konglomeratvorkommen NW von Hrachowischt dem Beginne der 
ersten Synklinale, in der die Paradowxides-Schiefer am NW-Abhange 
des Beranec liegen. Der Beranec selbst wäre ein Teil der darauf- 
folgenden Antiklinale. Die nächste Synklinale enthielte den Paradozwides- 
Schieferzug von der Straßenverzweigung bei Waldek gegen Krej- 
cowka. Der Jeskrfipec entspräche dann der zweiten Antiklinale 
und in der dritten Synklinale würden sich dann die Paradowides- 
Schiefer zwischen Jeskfipec und Hrfeben befinden, während die 
dritte Antiklinale von den Konglomeraten des Hfeben—Konitek- 
zuges gebildet würde. Da wir auch weiter noch einen regelmäßigen 
Wechsel von Paradozxides-Schiefer und Konglomeraten vor uns haben, 
so läge der Schieferzug des Hfeben— Konitek— Vystrkov in 
einer vierten Synklinale der Tfemoschnakonglomerate. 

Wie es mit der Tektonik des weiteren Gebietes im SO des großen 
Paradoxides-Schiefervorkommens von Jinetz beschaffen ist, das ist 
schwerer nachzuweisen. Sicher ist, daß wir auch da keinen Komplex 
einheitlich gelagerter Schichten vor uns haben, sondern daß auch hier 
Faltungen auftreten. Wir haben im deskriptiven Teile das verschiedene 
Verflächen der Konglomerate des langen Rückens Brdo — Slonovec 
— Kloutek besprochen: Im Tale bei Welkau 35° an der Lehne 
südwestlich Krälovka 20° und oben am Kamme des Kloutek 15°, 
ja sogar 10°%. Diese Beobachtungen fordern geradezu die Legung einer 
Antiklinale heraus. Es ist nur ein Umstand zu bedenken: entspricht 
dieser ganze Höhenzug einer Antiklinale oder sind es vielleicht gar 
zwei. Im deskriptiven Teile habe ich auf eine Beobachtung aufmerk- 
sam gemacht. An der Straße in Cenkau, etwa in der Höhe der 
Schule, tritt in einem Felde ein kleiner Aufschluß zutage, dessen Kon- 
glomeratschichten vielleicht eine sehr stark liegende Falte mit paral- 
lelen Schenkeln bilden. Würde sich das bewahrheiten, dann hätten 
wir zwei Falten vor uns, die eine zwischen Welkau und dem Be- 
einne der Sehlucht von Vranova und die zweite, die eigentliche 
Kloutekhöhe. Für diese Annahme würden auch die Beobachtungen 


[30] 


Dr. Adalbert Liebus. 


112 


Fig. 3. 
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gar Br” un ZB EIRER v2 men v V BE 
IKT, Re M MW Cenkau 2 . ar \ ! eo Aa ne ee 
FE DB 2% ; % ae Br \ Ai Ir 
En 4 N “ 


Profil vom Südabhange des Kleinen Pleschiwec bei Jinetz zum Südfuße des Klein-Chlum zwischen Pitschin und Hlubosch. 


Längenmaßstab ca. 1:50.000 sehr überhöht, bei der Jinetzer Brücke stark detailliert. 


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[31] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 773 


auf dem rechten Litawaufer sprechen. Dort haben wir südlich vom 


Weißen Hammer, also im scheinbaren Liegenden der echten grob- 
körnigen Tfemoschnakonglomerate Gesteine gefunden, die den 
quarzitischen Zwischenlagen des Schichtenkomplexes bei der Bek- 
Mühle am Berge Krschov am ähnlichsten waren. Mit diesen ver- 
einigt waren Schiefer, die trotz des Fehlens von Fossilien am ehesten 
mit den Paradoxides-Schiefern zu parallelisieren sind. Dieser Umstand 
würde also für eine Einfaltung dieses jüngeren Schichtengliedes in 
die älteren Konglomerate sprechen, denn der Horiceberg und ein 
Teil der Gesteine bei der Bek-Mühle entsprechen dem Tfemoschna- 
niveau. Freilich ist hier die Lagerung trotzdem noch kompliziert, da 
ja der Hoficeberg für sich keine einheitliche Lagerung der Kon- 
glomerate zeigt. An der Straße bei der Soukup-Mühle sind die Kon- 
glomerate eng gefaltet und bei der Kapelle N von Hlubosch ist 
das Verflächen gar gegen SW gerichtet, die bei der Bek-Mühle, deren 
Verbindung mit denen des Horiceberges auch im Terrain markiert 
ist, fallen wieder nach NW. Hier geht sicher eine große Störungs- 
linie hindurch. Wenn wir nun weiter nach SO gehen, so haben wir 
oben bei der Besprechung der Verhältnisse des Krschov die 
Schichten, besonders die roten Schiefer, stark aufgefaltet gefunden. 
Da wir diese Schichten mit dem hangenden Teil des Tremoschna- 
niveaus parallelisieren konnten und in ihnen einen Horizont fanden, 
der in allem bis auf die Fossilführung den Paradoxides-Schiefern 
gleicht und da in ihrem Hangenden und Liegenden echte Tre- 
moschnakonglomerate auftreten (im Hangenden die bei der Bek- 
Mühle, im Liegenden die des Klein-Chlum bei Hlubosch), so 
liegt hier augenscheinlich eine weitere Synklinale vor, in der diese 
Schichten eines höheres Horizontes der Konglomerate und untergeordnet 
auch die Paradoxwides-Schiefer darin stecken (Fig. 3). 

Wir haben anfangs gesehen, daß die Höhenzüge, die den Kon- 
glomeratzügen entsprechen, gegen SW konvergieren. Natürlicherweise 
müssen, wenn die Ansicht einer durch Faltung erzeugten Überschiebung 
richtig ist, auch hier dafür Anhaltspunkte vorliegen. 

Da die Faltenzüge konvergieren, also das Gebiet, das sie ein- 
nehmen eine geringere Breitenausdehnung hat, müssen sie im SW 
näher aneinandergeschoben sein. Endlich müssen auf der Erdober- 
fläche die Schiefer in den Synklinalen verschwinden, da die entgegen- 
gesetzten Flügel zweier benachbarter Konglomeratfalten aneinander- 
grenzen (Fig. 4). Wir sehen das auch bestätigt, denn die Paradowides- 
Schieferzüge werden nach SW immer schmäler, die Konglomeratzüge 
rücken immer näher aneinander, bis die Schiefer verschwinden und die 
Konglomeratantiklinalen an- und übereinandergeschoben erscheinen. 

Bei Cihadlo nordöstlich St. Benigna werden durch eine 
Biegung des ersten Antiklinalzuges, der Verlängerung des Beranec- 
rückens, die in der Synklinale befindlichen Paradowides-Schiefer 
wieder freigelegt. 

Der Verlauf der Falten gegen NO rechtfertigt gleichfalls die 
obige Annahme. Die erste Antiklinale des Beranec wird gegen NO 
immer niedriger. Sie fällt von 660 m bis gegen 400 m und taucht 
unter die jüngeren Paradowides-Schiefer bei Kresin—Hejdov unter, 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1913, 63. Band, 4. Heft. (A. Liebus.) 100 


[32] 


Fig. 4 
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Profil vom Fuße des Ivina-Berges im Tale des Jalovy-Baches zur Straße St. Benigna—Pribram unter dem Hejlov-Berge. 


Längenmaßstab 1:25.000 etwas überhöht. 


174 


[33] Geologische Studien im Altpaläozoikum in Mittelböhmen. 175 


die dann bei Rejkowitz selbst antiklinal aufgefaltet sind. Die Falte 
des Jeskrfipec, die etwas schwächer hervortritt, findet ihre Fort- 
setzung in den zwei Konglomeratstreifen, die den Diabas gegenüber der 
Chramostamühle S von Rejkowitz bei der Jinetzer Schäferei 
flankieren !) und hat vielleicht hier auch an Steilheit etwas ein- 
gebüßt, da der Teil bei Eugenov samt dem Paradoxides-Schiefer- 
zuge der Höhe der Schäferei schon den südöstlichen Flügel bildet. 
(Der Paradozxides-Schiefer hat ein Verflächen von 35° gegen SO.) Auch 
dieser Zug hat sich von 621 m bis etwa auf 400 m gesenkt und ver- 
schwindet in der gegenüberliegenden Lehne. Vielleicht stellen” die 
losen Konglomeratfindlinge im Walde östlich der Podjinecky-Mühle 
seinen letzten Rest vor, denn gleich darüber folgen Bruchstücke von Dad, x. 

Der Schieferzug des Beranec von der Waldeker Straße 
verliert sich gegen NO, weil die Konglomeratfalten hier weiter aus- 
einanderlaufen und die Schiefer der Erosion schutzlos anheimfielen, 
das betraf auch die Schiefer des Jeskfipec. In beiden Fällen ist 
in der nordöstlichen Verlängerung der Schieferzüge je ein tiefes Tal 
eingeschnitten. Das eine Mal ist es das Tal von Krejcowka gegen 
die Einschichte Sykorka ins Tal von Wohrazenitz und bei dem 
zweiten erstreckt sich vom Südabhange des Kleinen Jeskfipec ein 
Tal bei Karlshof vorbei gleichfalls gegen Wohrazenitz. PoSepny 
zeichnet hier in diesen Tälern noch den Paradowides-Schiefer ein, 
dieser ist aber trotz der größten Mühe und Peinlichkeit beim Beob- 
achten in keinem der beiden Täler nachzuweisen. Er liegt vielleicht 
bei Sykorka unter der hohen Lehm- und Schotterdecke, die stellen- 
weise über 3 m mächtig wird, bei Karlshof fehlt er vollständig. 

Der letzte Schieferzug des Hrfeben—Konitek—Vystrkov 
verbreitert sich analog der Divergenz der Faltenzüge gegen NO, bildet 
die an Versteinerungen so reiche Lehne des Vystrkov und am rechten 
Ufer der Litawa die Lehne von Börin, Vinice genannt, läßt auch als 
unmittelbares Liegendes die kambrischen Sandsteinschichten bei der 
Kopäcov-Mühle erkennen, die sonst während der ganzen Erstreckung 
der Falten nicht zu beobachten waren. Daß der Paradoxides-Schiefer 
unterhalb Berfn nur durch eine synklinale Faltung so mächtig er- 
scheint, hat schon Jahn nachgewiesen. Diese Beobachtung ist für 
die oben erwähnte Auffassung sehr wichtig, da sie das einzigemal 
wirklich die Synklinale des Schiefers zeigt und für die Richtigkeit der 
oben erwähnten Ansicht vom Vorhandensein der liegenden Isoklinal- 
falten spricht. Der Konglomeratzug im Hangenden dieser Schiefer bei 
der Eisenbahnbrücke gegenüber der Jinetzer Brettsäge ist ein Teil der 
Fortsetzung des Konglomeratzuges Hfeben—Konicek—Vystrkov. 

Freilich sind diese Auffaltungen nicht ohne Brüche und Schichten- 
verschiebungen vor sich gegangen. Darauf weisen schon die Harnisch- 
flächen am Hejlov und am Krschov hin. Eine derartige Dislo- 
kationslinie geht durch den oben erwähnten Aufschluß bei der Eisen- 
bahnbrücke von Jinetz, eine zweite verläuft wohl in der Lehne 
östlich von Kfresfn und eine dritte wurde durch die Kaolinlager- 
stätten am Slonovecrücken aufgedeckt. 


1) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1910. Karte. 
100* 


776 Dr. Adalbert Lieous. [34] 


Durch das Vorhandensein von gebogenen Konglomeratbänken 
bei Krschov und Heinrichfels, durch den Nachweis der ge- 
falteten harten Konglomeratschichten bei der Eisenbahnbrücke bei 
Jinetz und durch das Auffinden einer von Konglomeraten gebildeten 
Antiklinale bei der Soukup-Mühle an der Straße Cenkau— 
Hlubosch verliert die Ansicht Krejtis an Richtigkeit, daß bei 
dem Beginne der Bewegungen in der Erdkruste die Konglomerate un- 
gefaltet in eine Anzahl von Schollen zerbrechen mußten. 

Ist die hier niedergelegte Ansicht über eine Folge von schiefen 
oder liegenden nach SO geneigten Isoklinalfalten richtig, dann sind 
sie auf einen von NW also vom „Mulden“inneren gegen den „Mulden‘- 
rand gerichteten Schub zurückzuführen. 

Sehen wir uns die weitere Umgebung dieses Gebietes an, so 
ist auch der Pleschiwec eine Antiklinale, analog der der Parado- 
xides-Schiefer an seinem Westfuße, die Schichtenstörung bei der 
Jinetzer Eisenbahnbrücke macht sich in der engen Antiklinale im 
Quarzitsteinbruche bei Kriäatka bemerkbar. Wenn wir noch weiter- 
gehen, entspricht wenigstens einem Teile der Pleschiwecantiklinale 
der Hügel Chlumek!) bei Behcin, dessen Schichten (Dd,) im Hofe 
eines Hauses seinerzeit aufgeschlossen waren und eine steile, in der 
Mitte gebrochene Antiklinale mit einer folgenden kleineren zweiten 
Antiklinale darstellen. In der Verlängerung der Achse des Chlumek 
finden wir in der flachen Ebene knapp südöstlich von Hostomitz 
beim Meierhofe Lschten eine regelrechte Antiklinale der Dd;- 
Schiefer, während der Berg Schibernat) nur deren Südostflügel auf- 
schließt. Damit ist auch ein Hinweis auf das Alter dieser Schichten- 
bewegung gegeben. Sie kann nicht vor der Ablagerung der Dd,-Schiefer 
erfolgt sein, also nicht vor dem Ende des Untersilurs, wahrscheinlich 
aber noch viel später. 


Zusammenfassung. 


1. Die bedeutende Mächtigkeit der Konglomerate und die Breite 
des von ihnen eingenommenen Gebietes ist bedingt durch eine mehr- 
fache Auffaltung derselben. 

2. Die Falten sind schiefe oder liegende Isoklinalfalten, die gegen 
SO geneigt sind. 

3. Sie sind also auf einen von NW gegen SO gerichteten Schub 
zurückzuführen. 

4. In den Faltenmulden sind die miteingefalteten jüngeren 
Paradowides-Schiefer erhalten geblieben. 

5. Die Faltenzüge konvergieren gegen SW und sind hier an- 
einandergeschoben. ” 

6. Stellenweise gehen aus den Falten Überschiebungen hervor. 

7, Die Faltung macht sich noch in den jüngeren Schichten 
(Dd,) bemerkbar, also ist ihre Entstehung nicht vor das Ende des 
Untersilurs zu datieren. 


‘) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 323 ff. 


Tafel XXI. 


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logisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 


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Erklärung zu Tafel XXIII (I). 


Fig. 1. Ptychites megalodiscus Beyr. sp. Innere Windungen von To&ilo do Vedoßica. 
Fig. 2. Ptychites reticulatus n. f. von Peei. Innere Windungen. 
Fig. 3. Ptychites opulentus Mojs. von Peei. (Piychites Studeri-opulentus.) 

Fig. 4. Piychites Studeri v. Hau. von Pedi. 

Fig. 5. Piychites Skakici n. f. aus dem To&ilo do VedoSica. Flankenansicht und 


Querbruch. 
Fig. 6. Arcestes spec. (Vielleicht eine neue Form.) Pe6i. 
Fig. 7. Ceratites (Halilucites) af. rusticus v. Hau. von Duler. 
Fig. 8. Ceratites cf. lennanus Mojs. von Peei. 


Die Originale zu Fig. 1—8 befinden sich in der Sammlung der Lehrkanzel für 
Mineralogie und Geologie an der k. k. Technischen Hochschule in Wien. 


Tafel XXIV (IN). 
F. Toula: | 


Erklärung zu Tafel XXIV (II). 


Fig. 9. Piychites fleeuosus Mojs. aus dem Totilo do Vedoßica. Flache Form mit 
an Pt. flexuosus-acutus erinnernder schmaler Externseite. Flanken- 
ansicht und von vorn. 

Fig. 10. Tirolites cassianus Quenst. — angustilobatus Kittl von Duler. Oberer 
Werfenerschiefer-Horizont. 

Fig. 11 und 12. Congeria Drvarensis n. f. aus den Congerienschichten von Drvar. 


Die Originale zu Fig. 9—12 befinden sich in der Sammlung der Lehrkanzel für 
Mineralogie und Geologie an der k. k. Technischen Hochschule in Wien. 


Tafel XXV (II). 


| | ..... F. Tonla: | 
ieologisch-paläontologische Beobachtungen in Westbosnien. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


13. 


14. 
15. 
16. 
17. 
18. 


Erklärung zu Tafel XXV (III). 


Ceratitee Kittli n. f. aus der Formengruppe des Cer. subnodosus Mojs. 
von Kittls Fundstelle Peten&i II (P"). 


Gymnites Peeiensis n. f. Gekammertes Steinkernbruchstück. 

Gymnites Peciensis n. f. Steinkern mit Teilen der Wohnkammer. 
Ptychites fleeuosus Mojs. ‚van, ‚Man vergleiche auch die Textillustration. 
Ptychites Studeri v. Hau! — flexuosus Mojs. var. 


Ceratites aff. bosnensis v. Hau. Vielleicht eine neue Form. 
(Fig. 18a. Die nächst : Paz, nach einem Fu 
» percha-Abdruck. )-‘ 


Fig. 19. Atractites sp. Vielleicht eine neue Eon) > Kittls Fandstelle 


Pedenei II (P"). 


Die Originale von Figur 14—18 stammen von Kittls Fundstelle Pe£enei I (P'). 


Die Originale der Figuren 13—19 befinden sich in der Sammlung des k. k. Natur- 


historischen Hofmuseums. (Geol.-paläont. Abteilung.) 


Tafel XXVl. 


P. Oppenheim: 
Fauna des Konglomerats von Zdaunek bei Kremsier. 


101* 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


SEE 


Erklärung zu Tafel XXVI. 


Cyathoseris raristella Oppenh. Zdaunek. 
Ostrea (Gryphaea) Katzeri Oppenh. Linke Klappe. Nikoli&-Häuser. 

»„  (Gryphaea) Katzeri Oppenh. Rechte Klappe. Zdaunek. 
Astraeopora perexigua n. sp. Zdaunek. 

a perexigua n. sp. Anderes Exemplar mit aufsitzender Einzel- 

koralle. Zdaunek. 
Astraeopora perexigua n. sp. Kelche vergrößert. 3:1. Zdaunek. 
Favia profunda Reuss. 3:1. Zdaunek. 

„  profunda Reuss. Natürliche Größe. Zdaunek. 
Lobopsammia cariosa Goldfuss. Zdaunek. 


A cariosa Goldfuss. Zdaunek. 
> cariosa Goldfuss. Zdaunek. 
2 cariosa Goldfuss. Vergrößerung der Rippen und ihrer 


synaptikulärer Verbindungen. 


Die Originale zu sämtlichen Figuren dieser Tafel, mit Ausnahme derjenigen zu 
Fig. 2, welche der Kollektion Oppenheim angehört, befinden sich in der Samm- 


lung der k. k. geologischen Reichsanstalt. 


Tafel XXVll. 


G. Schlesinger: Elephas planifrons Falc. 


Erklärung zu Tafel XX VII. 


Elephas (Archidiscodon) planifrons Fale. 


Letzter unterer linker Molar (Mz!) mit 8+2 Jochen; die beiden vordersten 
fehlen. N 

Fundort: Schotter der Laaerbergterrasse bei der Ziegelei „Löwy“ (früher 
„Rudolfsziegelöfen*) am Laaerberg, Wien XI. 


Horizont: Mittelpliocän, Terrasse vom Laaerberg. 


Ansicht von der Kaufläche; natürliche Größe. 
Original im Wiener Hofmuseum. 


Tafel XXVIli. 


6. Schlesinger: Elephas planifrons Fale. 


Erklärung zu Tafel XXVII. 


Elephas (Archidiscodon) planifrons Falc. 


Letzter unterer linker Molar mit x 842 Jochen; die beiden vordersten fehlen. 


Fundort: Schotter der Laaerbergterrasse in der Ziegelei „Löwy“ (früher 
„Rudolfsziegelöfen“) am Laaerberg, Wien XI. 


Horizont: Mittelpliocän, Terrasse vom Laaerberg. 


Ansicht von innen; natürliche Größe. 


Original im Wiener Hofmuseum. 


Franz Toula: Westbosnien. Taf. (l) XXIII. 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIll. 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofskygasse 23. 


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Franz Toula: Westbosnien. Taf. (II) XXIV. 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumofskygasse 23. 


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Franz Toula: Westbosnien, Taf. (II) XXV, 


Lichtdruck v, Max Jaite, Wien. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIII, 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23, 


Taf. XXVl. 


Konglomerate von Zdauneck. 


P. Oppenheim 


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Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Bd. LX11l 


A. Schmitron del. 


1913. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 


Rasumofskygasse 23, 


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Verlag der k. k. 


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G. Schlesinger: Elephas planifrons Falc. Taf. XXVI. 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Phot. L. Adametz 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIll, 1913. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumofskygasse 23. 


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G. Schlesinger: Elephas planifrons Falc. Taf. XXVII. 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. 


Phot. L, Adametz 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXItl. 1913. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumofskygasse 2. 


A. Liebus, Altpalaeozoicum in Mittelböhmen. 


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Wien 1913. 


LXII. Band, 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 2 


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Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsan; 


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Pribramer Schichten 


3. 


Konglomeraten 


Inhalt. 


4. Heft. 


Gesnalsch: eikonkaliktkähe Beobachtungen aus ‘der Gegend von Drvar, Peei 
‘und Duler in Westbosnien. Von Franz Toula. Mit ‚drei Tafeln (Nr. , 
XXIII [IJ—XXV [HI]) und 25 Textillustrationen. . . 

Fauna und Alter des Konglomerats von Zdaunek bei‘ Rn Von Paul - 

.. Oppenheim. Mit einer Tafel Nr. XXVI . 

Ein. neuerlicher Fund von Elephas planifrons in Niederddterreich. "(Mit Bei- 
trägen zur Stratigraphie der Laaerberg- und Arsenalterrässe.) Von Dr. 
Günther Sehlesinuger. Konservator am n.-ö. Landesmuseum in Wien. sr 
Mit zwei Doppeltafeln . (Nr.. XXVII und ZN and, 6 Abbildungen = 

® im Text a RR ‚zu 

Geologische Studien am Südostrande des Altpaläozikuni i in elonhamen 2 
Von Dr. Adalbert Liebus. Mit einer Tafel Br re nnd 4 Text- 
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