-y
7T.J.
Jahrbuch
der
Königlich Preussischen geologischen
Landesanstalt und Bergakademie
zu
Berlin
für das Jahr
1893.
Band XIV.
Berlin.
Im Vertrieb bei der Simon ScHROPP’schen Hof- Landkartenhandlang
(J. H. Neumann).
Inhalt.
Mittheilungen aus der Anstalt.
Seite
1. Bericht über die Thätigkeit der Königl. geologischen Landesanstalt
im Jahre 1893 vii
2. Arbeitsplan für die geologische Landesaufnahme im Jahre 1894 . . xix
3. Mittheilungen der Mitarbeiter der Königl. geologischen Landesanstalt
über die Ergebnisse der Aufnahmen im Jahre 1893 xxv
K. v. Fritsch: Ueber seine Aufnahmen im Thüringer Wald . . xxv
W. Frantzen: Ueber die Aufnahmen auf den Blättern Treffurt
und Langula xxx
H. Proescholdt : Ueber Revisionen und Aufnahmen im Bereich
der Blätter Sondheim , Dingelstedt , Heiligenstadt und
Schleusingen xxxiv
H. Loretz: Ueber Aufnahmen im Coburgischen . . . . . . xxxvii
E. Kayser : Ueber Aufnahmen im Dillenburgischen XL
H. Grebe: Ueber die wissenschaftlichen Ergebnisse der Aufnahmen
in der Eifel xli
H. Potonie: Ueber seine im August 1893 ausgeführte Reise nach
den Steinkohlen - Revieren an der Ruhr, bei Aachen und
des Saar- Rhein- Gebietes xlvi
K. Keilhack: Ueber seine Aufnahmen in Hinterpommern ... l
A. Jentzsch: Ueber die Aufnahmen im Jahre 1893 L
H. Grüner: Ueber die chemische Zusammensetzung des Gumtower
oberoligocänen Mergels auf Blatt Demertin lvii
4. Nekrolog auf E. Läufer Lix
5. Nekrolog auf K. A. Lossen lxvii
6. Nekrolog auf A. Halfar lxxxi
7. Personal -Verhältnisse lxxxvi
II.
Abhandlungen von Mitarbeitern der Königl. geologischen
Landesanstalt.
Ueber den geologischen Bau des Centralstocks der Rhön. Von Herrn
H. Proescholdt in Meiningen. (Tafel II.) 1
Briefliche Mittheilung von Herrn G. Berendt an Herrn W. Hauchecorne 22
Die Wechselzonen- Bildung der Sigillariaceen. Von Herrn H. Potonie in
Berlin. (Tafel III — V.) 24
a*
Seite
lieber Dislocationen vom Harz. Von Herrn A. v. Koenen in Göttingen 68
Ueber Alter und Gliederung des sogenannten Kramenzelkalkes im Ober-
barze. Von Herrn L. Beushausen in Berlin 83
Die Lagerungsverhältnisse des Tertiärs und Quartärs der Gegend von
Buckow. Von Herrn F. 'Wahnschaffe in Berlin. (Tafel VI — IX) 93
Bemerkungen über den sogenannten Lias von Remplin in Mecklenburg.
Von Herrn A. Jentzsch in Königsberg i/Pr . 125
Die oberpermiscben eruptiven Ergussgesteine im SO. -Flügel des pfälzischen
Sattels. Von Herrn A. Leppla in Berlin 134
Beiträge zur Kenntniss des Wealden in der Gegend von Borgloh- Oesede,
sowie zur Frage des Alters der Norddeutschen Wealden bil düngen.
Von Herrn C. Gagel in Berlin. (Tafel XII u. XIII) 158
Die baltische Endmoräne in der Neumark und im südlichen Hinter-
pommern. Von Herrn K. Keilhack in Berlin. (Tafel XIV) ... 180
Notiz über ein Vorkommen von Mitteloligocän bei Soldiu in der Neumark.
Von Demselben 187
Das Profil der Eisenbahnen Arnswalde-Callies und Callies-Stargard. Von
Demselben. (Tafel XIV) 190
Die Braunkohlenablagerungen in der Gegend von Senftenberg. I. (geo-
logischer) Theil. Von Herrn 0. Eberdt in Berlin. (Tafel XV) . . 212
Ueber die stratigraphischen Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H
Barrande’s zum rheinischen Devon. Von den Herren E. Kayser in
Marburg und E. Holzapfel in Aachen 236
Abhandlungen von ausserhalb der Königl. geologischen
Landesanstalt stehenden Personen.
Die Braunkohlen -Hölzer in der Mark Brandenburg. Von Herrn 0. von
Gellhorn in Berlin. (Tafel I) 3
Ueber Pflanzen aus dem norddeutschen Diluvium. Von Herrn F. Kurtz
in Cordoba 13
Eine neue Nymphaeacee aus dem unteren Miocän von Sieblos in der Rhön.
Von Demselben 17
Der Gebirgsbau des Einbeck-Markoldendorfer Beckens. Von Herrn Martin
Schmidt in Oldenburg. ( Tafel X) 19
Insektenfrass in der Braunkohle der Mark Brandenburg. Von Herrn
0. von Gellhorn in Berlin. ( Tafel XI) 49
Gletscherschrammen am Rummelsberg , Kreis Strehlen. Von Herrn
E. Althans in Breslau 54
I.
Mittheilungen aus der Anstalt.
1.
Bericht über die Thätigkeit
der Königlichen geologischen Landesanstalt
im Jahre 1893.
I. Die Aufnahmen im Gebirgslande.
Im südlichen Oberharze beendete Bezirksgeologe Dr. 1. Der Harz.
Koch im Gebiete des Blattes Osterode (G. A. 55; is) die Auf-
nahmen der Culm-Ablagerungcn zwischen dem Oberharzer Grün-
steinzuge und dem Bruchberg- Acker.
Nach Abschluss dieser Arbeit führte derselbe Revisionsbe-
gehungen im Bereiche der Elbingeröder Mulde auf Blatt Blanken-
burg (G. A. 56; 16) aus.
Im Gebiete des Blattes Zellerfeld (G. A. 56 ; 7) wurde von dem
Bezirksgeologen Halfar eine Gliederung der Schichtengruppe
des Kramenzelkalksteins begonnen.
Professor Dr. Klockmann begann die Revision der von
GRODDECK’schen Aufnahmen innerhalb der Blätter Seesen und
Osterode (G. A. 55; 12, 18).
Am Westrande des Harzes führte Landesgeologe Dr. 2. Am west-
Ebert nach einer letzten Revision im nördlichen Theile des Blattes
Lindau (G. A. 55 ; 23) Aufnahmen im südöstlichen Theile des
Blattes Westerhof (Gr. A. 55; 17) und in dem angrenzenden Ge-
biete des Blattes Osterode (G. A. 55; 18) aus.
Dr. Müller endete auf Blatt Moringen (G. A. 55 ; 16) die
Abgrenzung der Diluvialschichten und begann dieselben auf Blatt
Einbeck (G. A. 55; 10).
VIII
3. Provinz
Sachsen und
Thüringen.
Professor Dr. von Koenen unterwarf Blatt Gandersheim
(G. A. 55; 11) einer Schlussrevision, beendete die Aufnahme der
Blätter Moringen und Westerhof (G. A. 55; 16, n), sowie des ihm
überwiesenen westlichen Theils des Blattes Osterode (G. A. 55; is),
brachte den ihm überwiesenen Theil des Blattes Seesen (G. A.
55; 12) dem Abschluss nahe und setzte die Aufnahme der Blätter
Alfeld, Gr.-Freden, Einbeck und Jühnde (G. A. 55 ; 3, 4, 10, 33) fort.
In der Gegend von Halle ergänzte Professor Dr. von Fritsch
seine Aufnahmen der Blätter Landsberg, Halle , Gröbers, Kölsa,
Merseburg, Kötzschau, Schkeuditz, Weissenfels, Lützen, Meuchen
und Mölsen (G. A. 57 ; 29, 34, 35, 36, 40, 41, 42, 46, 47, 48, 53) durch Ein-
tragung zahlreicher neuer Aufschlüsse.
Im Eichsfelde begann Professor Dr. Proescholdt die Auf-
nahme der Blätter Heiligenstadt und Dingelstädt (G. A. 55; 41, 42).
Bergingenieur Frantzen setzte die Revision des südöstlichen
Theiles des Blattes Treffurt (G. A. 55; 54) fort und untersuchte
den anstossenden Theil des Blattes Langula (G. A. 56; 49).
Bezirksgeologe Dr. Zimmermann bearbeitete innerhalb des
Blattes Fröttstedt (G. A. 70; 2) die Gliederung des unteren
Muschelkalks und des Diluviums.
Bezirksgeologe Dr. Scheibe führte im Gebiete des von den
Professoren Dr. Weiss und von Seebach aufgenommenen Blattes
Friedrichsroda (G. A. 70; 8) Begehungen behufs der Erläute-
rungen aus.
Landesgeologe Dr. Beyschlag brachte die Revision des
paläozoischen Theiles des Blattes Schwarza (G. A. 70; 20) zum
Abschluss und bewirkte eine Anzahl von Revisionen für die geo-
logische Uebersichtskarte des Thüringer Waldes.
Bezirksgeologe Dr. Zimmebmann führte die Schlussrevision
des Blattes Crawinkel (G. A. 70; 15) zu Ende.
Professor Dr. von Fritsch unterzog seine Aufnahmen in
den Blättern Tambach, Schwarza, Suhl und Schleusingen (G. A.
70; 14, 20, 21, 27) einer letzten Revision. Professor Dr. Proescholdt
revidirte in einzelnen Theilen seine Aufnahmen in den Blättern
Schwarza und Schleusingen (G. A. 70; 20, 27).
rx
Zur Herbeiführung einer vollständigen Uebereinstimmung der
Darstellung in den Blättern des mittleren Thüringer Waldes wur-
den von den dabei betheiligten Herren Professor Dr. von Pritsch,
Landesgeologen Dr. Loretz, Dr. Beyschlag und Bezirksgeo-
logen Dr. Scheibe gemeinschaftliche Begehungen dieses Gebietes
ausgeführt.
In Südthüringen beendete Professor Dr. Proescholdt
die Aufnahme des Blattes Sondheim (G. A. 69; 35) bis auf eine
noch vorzunehmende Schlussrevision einzelner besonders schwie-
riger Gebiete.
In der Gegend von Coburg stellte Landesgeologe Dr. Loretz
die Aufnahme des Blattes Oeslau (G. A. 70; 47) fertig und brachte
die Revision der Blätter Coburg, Rossaeh und Steinach zum Ab-
schluss (G. A. 70; 46, 48, 52).
In Ostthüringen vollendete Hofrath Professor Dr. Liebe
unter Beihülfe des Bezirksgeologen Dr. Zimmermann die Auf-
nahme des Blattes Sclileiz (G. A. 71 ; 27), führte diejenige des
Blattes Hirschberg (G. A. 7 1 ; 33) dem Abschlüsse nahe und be-
gann die Untersuchung in den Blättern Mielesdorf und Gefell
(G. A. 70; 28, 34).
Im Regierungsbezirk Cassel führte Dr. Denckmann die 4. Die Provinz
Aufnahme der Blätter Frankenberg, Frankenau und Kellerwald Hessen~Nassau-
(G. A. 54; 57, 58, 59) weiter und begann diejenige des Blattes
Gölserberg (G. A. 68; 5).
Professor Dr. Bücking brachte in der Rhön die Aufnahme
des Blattes Gersfeld (G. A. 69; 34) zum Abschluss und setzte die
Bearbeitung der Blätter Neuswarts, Kleinsassen und Hilders fort
(G. A. 69; 22, 28, 29).
Im Regierungsbezirk Wiesbaden bearbeitete Professor
Dr. Kayser die südöstliche Ecke des Blattes Herborn und einen
angrenzenden Theil des Nachbarblattes Ballersbach (G. A. 67 ; 24.
68; 19).
Professor Dr. Holzapfel setzte die Aufnahmearbeiten inner-
halb des Blattes Braunfels (G. A. 68; 25) fort und führte sie dem
Abschluss nahe.
X
Zum Vergleich der Schichten der Lahnmulde mit denjenigen
des Kellerwaldes wurde von demselben eine Begehung des letzteren
Gebietes mit Dr. Denckmann ausgeführt.
5. Die Rhein- In der Rheinprovinz wurde von dem Landesgeologen
provjnz. Grebe die Bearbeitung der Blätter Renland, Leidenborn, Dax-
burg (G. A. 65; 53, 54, 59), Schönecken, Mürlenbach, Dann und
Manderscheid (G. A. 66; 49, 50, 51, 57) fortgesetzt und theilweise
zum Abschluss gebracht.
Ferner wurden Begehungen zur Orientirung im nördlichen
Theile der Kreise Prüm und Daun, sowie in dem südlichen Theile
der Kreise Malmedy und Schleiden von demselben unternommen.
Bezirksgeologe Dr. Leppla führte Revisionen im Gebiete der
Blätter Oberstem, Morscheid und Hottenbach (G. A. 80; 18, 17,
12) aus.
6. Provinz Nachdem von der Königlichen Landesaufnahme die Kartirung
westphaien. (jeg gr5SS^en Theils der Provinz Westphalen im Maassstabe
1 : 25000 fertig gestellt ist, wurde die geologische Specialunter-
suchung in dieser Provinz in den Blättern Schwerte, Menden,
Hohenlimburg und Iserlohn durch den Landesgeologen Dr. Loretz
in Angriff genommen (G. A. 53; 32, 33, 38, 39).
II. Die Aufnahmen im Flachlande
unter besonderer Berücksichtigung der agronomischen
Verhältnisse.
7. Mitteimark. Landesgeologe Professor Dr. Berendt setzte die Aufnahme
der Blätter Oderberg, Zehden und Freienwalde (G. A. 45; n, 12, 17)
in den der Oderniederung angehörenden Theilen fort und führte,
ebenso wie auf den Blättern Oderberg und Zehden, mit Hülfe des
Landmessers Reemann die Aufnahme des ganz der Niederung an-
gehörenden Blattes Neu-Trebbin (G. A. 45; 24) aus.
Bezirksgeologe Dr. Schröder setzte gleichfalls unter ver-
nehmlicher Berücksichtigung der in der Niederung gelegenen
Theile, welche auch zum Abschluss gebracht wurden, die Auf-
XI
8. Uckermark
und
Vorpommern.
nähme der Blätter Schwedt, Stolpe, Zachow, Oderberg und Zehden
(G. A. 28; 60. 45 ; 5, 6, n, 12) fort.
Dr. Gagel begann und vollendete die Aufnahme des ganz
in der Oder-Niederung gelegenen Blattes Neu-Lewin (G. A. 45 ; is)
und kleiner anstossender Niederungstheile der Blätter Freienwalde
und Bärwalde (G. A. 45 ; 17 und 46 ; 13).
Dr. Wölfer begann und vollendete die Aufnahme des Nie-
derungsblattes Letschin und der zur Niederung gehörigen süd-
westlicheu Hälfte des Blattes Quartschen (G. A. 46; 19 u. 20).
Dr. Beushausen setzte die Arbeiten auf den Blättern Polssen
und Cunow (G. A. 28; 52 u. 54) fort, deren letzteres nahezu und
deren ersteres ganz zum Abschlüsse gebracht wurde.
Dr. Müller beendete zunächst die Aufnahme des Blattes
Fiddichow (G. A. 29; 49) und begann diejenige des Blattes Bahn
(G. A. 29; 50), welches bis auf die äusserste Südost-Ecke fertig
gestellt wurde.
Dr. Gagel begann nach Beendigung seiner Aufnahmen in
der Oderniederung die Aufnahme des Blattes Wildenbruch (G. A.
29; 56).
Dr. Zeise setzte die Aufnahme des Blattes Gandenitz fort,
dessen Grenze zu Thomsdorf gleichzeitig festgestellt wurde (G. A.
28; 49, 43).
Landesgeologe Dr. Keilhack bearbeitete die Blätter Vitte,
Lanzig, Saleske, Rügenwalde, Peest, Altenhagen und Damerow
(G. A. 14; 25-27, 31, 33, 37, 4s), von denen die ersten vier Küsten-
blätter fertig gestellt wurden. 10. Priegnitz.
Professor Dr. Grüner beendete die Aufnahme des Blattes
Lohme (G. A. 43; 12).
Professor Dr. Jentzsch brachte die Aufnahme des Blattes 11. Provinz
Lessen zum Abschluss und begann diejenige des Blattes Schwenten WestPreussen-
(G. A. 33; 29, 30).
Dr. Klebs begann die Aufnahme des Blattes Orteisburg und 12. Provinz
führte dieselbe ihrem Abschluss entgegen (G. A. 35; 28). ostpreussen.
9. Hinter-
pommern.
XII
III. Sonstige Arbeiten.
Im Interesse der Arbeiten des »Ausschusses zur Untersuchung
der Wasserverhältnisse in den der Ueberschwemmungsgefahr be-
sonders ausgesetzten Flussgebieten« wurde von dem Landesgeo-
logen Professor Dr. Wahnschaffe der dem Flachlande und von
dem Landesgeologen Dr. Dathe der dem schlesischen Gebirgs-
lande mit Ausschluss der Grafschaft Glatz angehörende Theil des
Oderstromgebietes einer übersichtlichen hydrographisch-geologischen
Untersuchung unterzogen. Bezirksgeologe Dr. Leppla begann
im Gebiete der Grafschaft Glatz eine gleichartige Untersuchung
unter Benutzung der 25 000 theiligen topographischen Specialkarte
und führte dieselbe ihrem Abschlüsse nahe.
Stand der
Publicationen.
Im Laufe des Jahres sind zur Publication gelangt:
A. Karten.
1 . Lief. XL VI, enthaltend die Blätter Birkenfeld,
Nohfelden, Freisen, Ottweiler, St. Wendel . 5 Blätter.
2. Lief. LIII, enthaltend die Blätter Zehdenick,
Gr.-Schönebeck, Joachimsthal, Liebenwalde,
Ruhlsdorf, Eberswalde (Mit Bohrkarten und
Bohrregister) 6 »
Lief. LVIII, enthaltend die Blätter Fürsten-
werder, Dedelow, Boitzenburg, Hindenburg,
Templin, Gerswalde, Gollin, Ringenwalde
(Mit Bohrkarten und Bohrregister) ... 8 »
Lief. LXII, enthaltend die Blätter Göttingen,
Waake, Reinhausen, Gelliehausen .... 4 »
3.
4.
zusammen
Es waren früher publicirt
Mithin sind im Ganzen publicirt . . .
23 Blätter.
302 »
325 Blätter.
xm
Was den Stand der noch nicht publicirten Kartenarbeiten
betrifft, so ist derselbe gegenwärtig folgender:
1. In der lithographischen Ausführung sind noch beendet:
Lief. LIX, Gegend von Bublitz .... 9 Blätter.
Lief. LX, Gegend von Heldburg ... 4 »
zusammen 1 3 Blätter.
Die Veröffentlichung dieser bereits im Auf-
lagedruck befindlichen beiden Lieferungen
wird binnen Kurzem erfolgen.
2. In der lithographischen Ausführung begriffen
sind:
Lief. LII, Gegend von Halle a/S. ... 7 Blätter.
Lief. LXI, Gegend von Bartenstein . . 5 »
Lief. LXIII, Gegend von Bernkastel . . 10 »
Lief. LXIV, Gegend von Ilmenau ... 6 »
Lief. LXV, Gegend von Riesenburg . . 4 »
Lief. LXVI, Gegend von Prenzlau . . 6 »
Lief. LXVII, Gegend von Stettin ... 6 »
Lief. LXVIII, Gegend von Wilsnack . 6 »
Lief. LXXI, Gegend von Gandersheim . 5 »
Lief. LXXII, Gegend von Coburg . . 4 »
zusammen 1. und 2. 72 Blätter.
3. In der geologischen Aufnahme fertig, jedoch
noch nicht zur Publication in Lieferungen
abgeschlossen 97 »
4. In der geologischen Bearbeitung begriffen .172 »
Einschliesslich der publicirten Blätter in der
Anzahl von 325 »
sind demnach im Ganzen zur Untersuchung
gelangt 666 Blätter.
Ausserdem befindet sich noch eine geologische Uebersichts-
karte vom Thüringer Wald im Maassstabe 1 : 100000 in der
lithographischen Ausführung. Eine Höhenschichtenkarte vom mitt-
leren Deutschland, zunächst für die Gegenden des Oder- und
des Elbe-Gebietes ist in der Vorbereitung begriffen.
XIV
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
B. Abhandlungen und Jahrbuch.
Band X, Heft 5. A. von Koenen, Das norddeutsche Unter-
Oligocän und seine Mollusken - Fauna.
Lief. V : Pelecypoda. — I. Asiphonida. —
A. Monomyaria. B. Heteromyaria. C. Ho-
momyaria. - — II. Siphonida. — A. Integro-
palliata. Nebst 24 Tafeln.
Neue Folge. Heft 2. Weiss, Die Sigillarien der preussi-
schen Steinkohlen- und Rothliegenden-
Gebiete. Beiträge zur fossilen Flora,
V. II. Die Gruppe der Subsigillarien,
von Dr. E. Weiss. Nach dem hand-
schriftlichen Nachlasse des Verfassers
vollendet von Prof. Dr. J. T. Sterzel.
Hierzu ein Atlas mit 28 Tafeln und
14 Textfiguren.
Neue Folge. Heft 9. Theil II. Potonie , Die Flora des
Rothliegenden von Thüringen. Mit
35. Tafeln.
Neue Folge. Heft 14. Keilhack, Zusammenstellung der geo-
logischen Schriften und Karten über
den ost- elbischen Theil des König-
reiches Preussen mit Ausschluss der
Provinzen Schlesien und Schleswig-
Holstein.
Neue Folge. Heft 15. Holzapfel, Das Rheinthal von Binger-
brück bis Lahnstein. Mit einer geo-
logischen Uebersichtskarte , 16 An-
sichten aus dem Rheinthale und 5 Ab-
bildungen im Text.
Jahrbuch der Königlich Preussischen geologischen Landes-
Anstalt und Bergakademie pro 1891 LXXXIV und
627 Seiten Text und 28 Tafeln.
Dasselbe pro 1892 LXXIV und 311 Seiten Text und
17 Tafeln.
XV
Nach dem Berichte für das Jahr 1892 betrug die Gesammt- Debit der
zahl der im Handel debitirten Kartenblätter . . 27 661 Blätter. Pubhcatl0nen-
Im Jahre 1893 wurden verkauft:
von
Lief. I, Gegend
von
Nordhausen
16 Bl.
»
»
H,
»
Jena ....
20
»
»
»
III, »
»
Bleicherode . .
24
»
»
»
IV, »
»
Erfurt ....
3
»
»
»
Y, »
»
Zörbig ....
2
»
»
»
VH, •»
»
Saarbrücken
II. Theil . .
7
»
»
»
YIII, »
»
Riechelsdorf . .
18
»
»
»
IX, »
des Kyffhäusers . .
59
»
»
»
X, »
von
Saarburg .
4
»
»
»
XI, »
»
Nauen ....
9
»
»
»
XII, »
»
Naumburg a. S. .
22
»
»
»-
XIII, »
»
Gera
24
»
»
»
XIY, ,»
»
Berlin Nordwesten
8
»
»
»
XY, »
»
Wiesbaden
34
»
»
»
XYI, »
»
Mansfeld .
27
»
»
»
XYII, »
»
Triptis ....
23
»
»
»
XVIII, »
»
Eisleben . . .
8
»
».
»
XIX, »
»
Querfurt
12
»
»
»
XX, »
»
Berlin Süden .
24
»
»
»
XXI, »
»
Frankfurt a. M. .
10
»
»
»
XXII, »
• »
Berlin Südwesten
8
»
»
XXIII, »
»
Ermschwerd . .
14
»
»
»
XXIV, »
»
Tennstedt .
5
»
»
• »
XXV, »
»
Mühlhausen
18
»
»
»
XXVI, »
»
Berlin Südosten .
9
»
»
»
XXVII, »
»
Lauterberg a. H.
19
»
»
»
XXVIII, »
»
Rudolstadt . . .
19
»
»
»
XXIX, »
.»
Berlin Nordosten
35
»
»
.»
XXX, »
»
Eisfeld in Thür. .
43
»
524 Blätter.
Latus 28 185 Blätter.
XVI
Transport 28185 Blätter.
von
Lief. XXXI, Gegend
von
Limburg . .
27 Bl,
»
»
XXXIII, »
»
Schillingen . .
4
»
»
»
XXXIV, »
»
Lindow . . .
7
»
»
»
XXXV, »
»
Rathenow .
22
»
»
»
XXXVI, »
»
Hersfeld . . .
31
•»'
»
»
XXXVII, »
»
Meiningen .
47
»
»
»
XXXVIII, »
»
Stendal . .
1
»
»
»
XXXIX, »
»
Gotha
2
»
»
»
XL,
».
Saalfeld i. Thür.
27
»
»
»
XLI, »
’ »
Selters . . .
36
»
»
' ».
XLII, »
»
Tangermünde .
19
»
»
»
XLIII, »
»
Marienwerder .
9
»
»
»
XLIV, »
»
Coblenz .
55
»
»
»
XLV, »
»
Melsungen . .
5
»
»
»
XL VIII, »
»
Burg ....
7
»
»
»
XLIX, »
»
Bieber . . .
14
»
»
»
L,
»
Trier ....
15
»
»
»
LI,
»
Oberweiss . .
2
»
»
»
LIV,
»
Brandenburg
a. H. . . .
37
»
»
»
LV,
»
Schwarzburg
47
»
»
»
LVI,
»
Hildburghausen
48
»
»
»
LVII,
»
Greiz ....
219
»
671 »
so dass im Ganzen durch den Verkauf debitirt sind: 28856 Blätter.
Von den sonstigen Publicationen sind verkauft worden:
Abhandlungen.
Band I, Heft 2. ( Schmidt , Keuper des östlichen
Thüringens) 2 Exempl.
» » » 3. (Laspeyres, Rothliegendes) ... 2 »
» » » 4. (Meyn, Insel Sylt) 6 »
» II, » 1. (Weiss, Steinkohlen-Calamarien) . 1 »
» » » 2. (Orth, Rüdersdorf und Umgegend) 3 »
XVII
Band II, Heft 3. (Berendt, der Nordwesteu v. Berlin) 4 Exem
» » » 4. (Kayser, Devon- Ablagerungen) . 1 »
» III, » 2. (Läufer u. Wahnschaffe, Boden-
untersuchungen) 2 »
» 111, » 3. (Meyn, Schleswig -Holstein) ... 6 »
» » » 4. (Schütze, Niederschles. -Böhmisches
Steinkohlenbecken) ..... 6 »
» IV, » 2. (Koch, Homalonotus- Arten) ... 2 »
» V, »1. (Roemer, Die geologischen Verhält-
nisse von Hildesheim) .... 3 »
» » » 2. (Weiss, Steinkohlen-Calamarien) . 2 »
. » » » 3. (Läufer, Die Werder’schen Wein-
berge) . 2 »
» » »4. (Liebe, Ostthüringen) 3 »
» VI, » 1. (Beushausen, Spiriferensandstein) . 2 »
» » » 2. (Blanckenhorn, Trias der Eifel) . 3 »
» » » 3. (Noetling, Die Fauna des sam-
ländischen Tertiärs) 1 »
» VII, » 2. (berendt, Märkisch -Pommersches
Tertiär) 5 »
» » »3. (Felix, Weiss, Potonie, Carbon-
pflanzen) 1 »
» » » 4. (Branco, Lepidotüs) 1 »
» VIII, » 1. (Berendt, Geologische Karte von
Berlin und Umgegend) ... 8 »
» » »2. (Denckmann, Geologische Verhält-
von Dörnten) 5 »
» » » 4. (Schlüter, Anthozoen) .... 2 »
» IX, » 2. (Caspary, Fossile Hölzer) ... 1 »
» » » 3. (Frech, Devonische Aviculiden) . 6 »
» » » 4. (Kinkelin, Das Untermainthal etc. 20 »
» X, » 1 — 5. (von Koenen, Unter -Oligocän
und seine Mollusken-Fauna) . . 88 »
b
Jahrbuch 1893.
XVIlI
Neue Folge. Heft 1.
(Kayser, Fauna des Haupt-
quarzits) 2 Exempl.
(Sterzel, Sigillarien) ... 39 »
( Beissel, Foraminiferen) . . 1 »
( S chlüter , Die reguläre n
Echiniden) 5 »
(Eck, Gegend von Baden) . 8 »
(Uthemann , Braunkohlen-
Lagerstätten am Meissner) 4 »
(von Reinach, Das Roth-
liegende in der Wetterau) 10 »
(Potonie, Flora des Roth-
liegenden von Thüringen) 35 »
(Wölfer, Geolog. Special-
karte u. Bodeneinschätzung) 5 »
(Bücking, Der Spessart) . . 18 »
(Dathe, Umgegend von Salz-
brunn) 17 »
(Keilhack , Schriften und
Karten etc.) .... r 46 »
(Holzapfel, Das Rheinthal) 48 »
Vom Jahrbuch 1880— 1892 104 »
11.
12.
13.
14.
15.
Von den sonsti
en Karten und
S
chriften.
Höhenschichtenkarte des Harzgebirges 7 Exempl.
Geologische Karte des Harzgebirges 30 »
Weiss, Flora der Steinkohlenformation 20 »
Geologische Karte der Umgegend von Thale ... 6 »
Geologische Karte der Stadt Berlin 11 »
Uebersichtskarte der Gegend von Halle ..... 16 »
Höhenschichtenkarte des Thüringer Waldes ... 50 »
krx
2.
Arbeitsplan
der Königlichen geologischen Landesanstalt
für das Jahr 1894.
I. Die Aufnahmen im Gebirgslande.
I. Der Harz und seine Umgebung.
Bezirksgeologe Dr. Koch wird die Aufnahme des Blattes
Blankenburg (G. A. 56; 16)1) fortsetzen und im Gebiete der Blätter
Osterode und Riefensbeek (G. A. 55; 18. G. A. 56; 13) die Unter-
suchung der Schichten zwischen dem Bruchberg- Acker und dem
Grünsteinzuge weiterführen.
Im Oberharz wird Professor Dr. Klockmann die Revision
der Blätter Seesen und Osterode (G. A. 55; 12, is) in ihrem aus
altem Gebirge zusammengesetzten Theile fortsetzen.
Nördlich des Harzes wird Landesgeologe Dr. Ebert die
Aufnahme des Blattes Osterwieck (G. A. 56; 3) beginnen.
Westlich des Harzes wird Professor Dr. von Koenen
die Untersuchung des Gebietes der Blätter Alfeld, Gr. -Freden,
Einbeck, Seesen und Jühnde fortsetzen (G. A. 55; 3, 4, 10, 12, 33).
*) G. A. 56; 16 = Grad - Abteilung 56, Blatt No. 16.
b*
XX
2. Provinz Sachsen und Thüringen.
Professor Dr. Proeschoedt wird die Arbeiten zur Revision und
Fertigstellung der Blätter Berlingerode, Heiligenstadt, Dingelstedt,
Kella und Lengenfeld (G. A. 55; 36, 41, 42, 47, 48) fortsetzen.
Bergingenieur Frantzen wird die Revision der Blätter
Treffurt, Kreuzburg und Langula weiterführen (G. A. 55; 54, go.
G. A. 56; 49).
Professor Dr. von Fritsch wird die von ihm bearbeiteten
Blätter der Gegend von Halle zum definitiven Abschluss bringen.
Im Thüringer Walde wird Landesgeologe Dr. Beyschlag
die Kartirung der Blätter Eisenach und Salzungen (G. A. 69; 6, 12)
fertigstellen.
Bezirksgeologe Dr. Scheibe wird die Revision des Blattes
Brotterode (G. A. 70; 7) zu beenden suchen und eine Begehung
des Gebietes des Blattes Friedrichsroda (G. A. 70; 8) behufs der
Bearbeitung der Erläuterung vornehmen.
Bezirksgeologe Dr. Zimmermann wird eine Begehung inner-
halb des Blattes Wutha (G. A. 70; 1) behufs der Gliederung der
Trias ausführen.
In Ostthüringen wird Hofrath Professor Dr. Liebe in Ge-
meinschaft mit dem Bezirksgeologen Dr. Zimmermann die Aufnahme
der Blätter Lehesten, Lobenstein, Hirschberg und Gefell weiter-
führen (G. A. 71‘; 31, 32, 33, 84).'
3. Provinz Hessen -Nassau und Rhöngebiet.
Im Regierungsbezirk Cassel wird Dr. Denckmann die
Untersuchung und Kartirung des Kellerwaldgebietes in den Blättern
Frankenau, Kellerwald (G. A. 54; 58, 59), Rosenthal und Gilser-
berg (G. A. 68; 4, 5) weiterführen.
Professor Dr. Bücking wird in der Rhön die Untersuchung
innerhalb der Blätter Neuswarts, Kleinsassen und Wilders (G. A. 69;
22, 28, 29) fortsetzen.
Professor Dr. Kayser wird die Blätter der Umgebung von
Marburg weiter bearbeiten.
XXI
Im Regierungsbezirk Wiesbaden wird Professor Dr.
Kayser die Aufnahme der Blätter Dillenburg und Herborn weiter-
führen (Gr. A. 67 ; 18, 24).
Professor Dr. Holzapfel wird die Bearbeitung der Blätter
Braunfels, Wetzlar, Weilmünster und Kleeberg (Gr. A. 68; 25, 26,
81, 32) fortsetzen.
4. Rheinprovinz.
Professor Dr. Holzapfel wird den linksrheinischen Theil der
Blätter St. Goarshausen und Caub-Bacharach untersuchen (G. A. 67 ;
51, 57).
Derselbe wird unter Zugrundelegung der neu hergestellten
Messtischblätter linksrheinischer Landestheile die Aufnahme der
Gegend von Aachen beginnen.
In der Eifel wird Landesgeologe Grebe die Bearbeitung der
Blätter Reuland, Habscheid, Dasburg (G. A. 65; 53, 54, 59), Schön-
ecken, Mürlenbach, Daun und Manderscheid (G. A. 66; 49, 50,
51, 57) weiterführen.
Bezirksgeologe Dr. Leppla wird im Nahegebiet und auf
dem Hunsrück das Blatt Ruhlenberg abschliessen (G. A. 80; 23)
und Revisionen innerhalb der Blätter Neumagen, Morbach, Hotten-
bach, Schönberg und Morscheid vornehmen (G. A. 80; 10,11,12,16,17).
Derselbe wird eine Orientirungs- und Studienreise in den
vulkanischen Gebieten der Eifel und des Siebengebirges zur Vor-
bereitung von Aufnahme- Arbeiten au'sführen.
5. Provinz Westfalen.
Landesgeologe Dr. Loretz wird die Aufnahme- Arbeiten in
dem Gebiete der Messtischblätter Schwerte, Menden, Hohenlim-
burg und Iserlohn (G. A; 53; 32, 33, 38, 39) in Angriff nehmen.
6. Provinz Schlesien.
In Niederschlesien wird Landesgeologe Dr. Dathe die
Aufnahme des Blattes Wünscheiburg (G. A. 76; 25) beginnen und
diejenige der Blätter Waldenburg und Neurode zum Abschluss
zu bringen suchen (G. A. 75; 18. G. A. 76; 26).
XXII
II. Die Aufnahmen im Flachlande unter besonderer Berück-
sichtigung der agronomischen Verhältnisse.
7. Mittelmark.
Landesgeologe Professor Dr. Berendt wird seine Arbeiten auf
den Blättern Hohenfmow und Freienwalde zum Abschluss bringen
(G. A. 45; io, 17).
Landesgeologe Professor Dr. Wahnschaffe wird die Auf-
nahme des Blattes Trebnitz ausführen und sodann ein neues
Arbeitsgebiet in der Provinz Posen in Angriff nehmen.
Bezirksgeologe Dr. Schröder wird die Blätter Gr. Ziethen,
Stolpe und Oderberg zum Abschluss bringen und sodann die Ar-
beiten auf Blatt Schwedt fortsetzen (G. A. 45 ; 4, 5, li und 28, 60).
Dr. Wölfer wird die Aufnahme des Blattes Quartschen
beenden und demnächst auf Fürstenfelde und Bärwalde übergehen
(G. A. 46; 20, i4, 13) und bei dieser Gelegenheit den Anschluss
der Blätter Neu- Trebbin und Neu - Lewin (G. A. 45; 24, 18) mit
Letschin und Bärwalde (G. A. 46; 19, 13) durch eine Schluss-
begehung bewirken.
8. Uckermark und Vorpommern.
Dr. Beushausen wird die Blätter Passow und Cunow zum
Abschluss bringen (G. A. 28; 53, 54) und demnächst in ein neues
Arbeitsgebiet in der Provinz Posen übergehen.
Dr. Müller wird nach Fertigstellung des Blattes Bahn die
Blätter Schwochow und Neumark bearbeiten (G. A. 29; 50, 51, 45).
Dr. Gagel wird, wenn möglich, nach Beendigung seiner Auf-
gabe in Ostpreussen eine Revision des Blattes Uchtdorf ausführen
und dasselbe druckfertig stellen (G. A. 29; 55).
Dr. Zeise wird die Blätter Thomsdorf und Gandenitz, ersteres
bis zur mecklenburgischen Grenze, vollenden und demnächst auf
Blatt Hammelspring übergehen (G. A. 28; 43, 49, 55).
In Gemeinschaft mit Professor Dr. Berendt werden Dr.
Schröder, Dr. Beushausen und Dr. Müller eine Schlussbe-
XXIII
gehung ihrer zwischen Uecker und Oder gelegenen Blätter aus-
führen, welche Begehung behufs Feststellung der unterschiedenen
Thalterrassen nöthigenfalls bis zum Haff hinunter auszudehnen ist.
9. Hinterpommern.
Landesgeologe Professor Dr. Berendt wird in der durch
Revisionsreisen nicht in Anspruch genommenen Zeit mit Hülfe
des Landmessers Reimann die Blätter Kolberg und Gr. Jestin
bearbeiten (G. A. 13; 50, 56).
Landesgeologe Dr. Keilhack wird die Blätter Altenhagen,
Damerow, Zirchow und Wussow betreffenden Falles auch Blatt
Peest zum Abschluss bringen (G. A. 14; 37, 43 — 45 und 53).
10. Priegnitz.
Professor Dr. Grüner wird die Blätter Wuticke und Witt-
stock bearbeiten (G. A. 27; 55 und 49).
Professor Dr. Klockmann wird die Aufnahme des Blattes
Kyritz zu Ende führen (G. A. 44; 1).
II. Posen.
Professor Dr. Wahnschaffe wird nach Beendigung seiner
Aufnahmen in der Mittelmark die Bearbeitung der Blätter Obor-
nick, Zukowo, Wargowo und Owinsk bei Posen beginnen (G. A. 48;
21, 22, 27, 28).
Dr. Beushausen wird nach Beendigung seiner Aufnahmen
in der Uckermark die Aufnahme der Blätter Sady, Posen, Dom-
browka und Gurtschin (G. A. 48; 33, 34, 39, 40) in Angriff nehmen.
12. Westpreussen.
Professor Dr. Jentzsch wird Blatt Schwendten fertigstellen
und demnächst die Aufnahme von Gr. Plowenz ausführen (G. A. 33;
30, 36).
Landesgeologe Dr. Ebert wird die Aufnahme des Blattes
Neuenburg vollenden und dasselbe ebenso wie Blatt Garnsee
druckfertig stellen (G. A. 33; 21, 22).
XXIV
13. Ostpreussen.
Dr. Klebs wird nach Vollendung des Blattes Orteisburg die
Aufnahme der Blätter Gr. -Schöndamerau und Passenheim (G. A.
35; 28, 22, 21) ausführen und hierbei die neu eintretenden Hülfs-
geologen Dr. Kaunhoven und Dr. Schulte in die Aufnahme-
arbeit einführen bezw. demnächst von denselben unterstützt werden.
Ausserdem wird derselbe in Gemeinschaft mit Professor Dr.
Berendt die im Vorjahre nicht zur Ausführung gekommene
Schlussbegehung der Blätter Dönhofstedt, Langheim und Lam-
garben (G. A. 18; 48, 53, 54) bewerkstelligen und gleichzeitig in
Gemeinschaft mit Dr. Schröder die Grenzanschlüsse letzterer
beiden Blätter zu den Blättern Rössel und Heiligelinde (G. A. 18;
59, 60), sowie den Gesammtanschluss an das neue Arbeitsgebiet
feststellen.
Dr. Gagel wird die Aufnahme des Blattes Theerwisch aus-
führen (G. A. 35, 23).
14. Arbeiten für die geologisch -hydrographische Untersuchung
des Oderstromgebietes.
Landesgeologe Dr. Dathe wird im Interesse der Arbeiten
für den Wasser- Ausschuss die im Vorjahre ausgeführten Unter-
suchungen im Schlesischen Gebirgslande durch die Untersuchung
des Flussgebietes der Steine abschliessen.
Bezirksgeologe Dr. Leppla wird in gleicher Weise die Unter-
suchungen in der Grafschaft Glatz zu Ende führen.
XXV
a.
Mitteilungen
der Mitarbeiter der Königlichen geologischen
Landesanstalt über Ergebnisse der Aufnahmen im
Jahre 1893.
Mittheilung des Herrn K. v. Fritsch über seine Auf-
nahmen im Thüringer Wald.
Das Grundgebirge des mittleren Thüringer Waldes besteht
bekanntlich aus Granit (Granitit) und aus mehr oder minder
schieferigen Gesteinen vorsilurischen Alters.
In seinem trefflichen Werke: »Thüringen«1) redet Fr. Regel
mit sehr grosser Sicherheit auf S. 99 und 183 von den Contact-
wirkungen des mittelthüringischen Granites und rechnet unter
anderen Gesteinen das Eisensteinvorkommniss vom Crux bei
Schmiedefeld theilweise zu den umgewandelten Gebilden.
Von den vorhandenen Granitaufschlüssen selbst geben manche
keinerlei Aufschluss über ihre Zugehörigkeit zum Urgebirge oder
zu jüngeren Graniten. Besonders gilt das von den räumlich sehr
beschränkten Vorkommnissen bei Bischofsrod unweit Schleusingen
und bei Steinbach -Hallenberg2), am Dachskopf und im oberen
Langebachthal bei Ilmenau u. s. w. ; aber auch von dem ausgedehn-
9 Jena 1892.
2) Zeitschrift für Naturwissenschaften (Halle) 1881, S. 646. — Bücking,
Dieses Jahrbuch 1884, S. 551, 552. — Regel, a. a. 0., S. 182,
XXVI
terea Granitgebiete des oberen Ilmthales und seiner Umgebungen
(Freibach, Meyersgrund u. s. w.).
Das grösste mittelthüringische Granitvorkommen, das von
Suhl, Zella, Mehlis, Goldlauter und anderen Orten, glaube ich
auch nach den neuesten Begehungen nicht von den mit den
Gneissen der Gegend von Brotterode, Liebenstein u. s. w. ver-
knüpften Graniten trennen zu dürfen. Es treten hier — , wenn
auch nur sehr untergeordnet, — gneissartig gebänderte Gesteins-
abänderungen auf, z. B. zwischen dem »Fröhlichen Manne« und
dem Doi'fe Heidersbach. Die Gesteinsabänderungen mit grösseren,
reineren Orthoklaskörpern — : die sogenannten porphyrischen Gra-
nite von Zella u. s. w. — bilden Streifen, die in der Streichungs-
richtung der Gneisse und anderer Gesteine von Kleinschmalkalden,
Brotterode, Liebenstein u. s. w. von SW. nach NO. verlaufen, sich
zwar wegen der, vielfach genaueste Umgrenzung verbietenden,
Bodenbedeckung mit Wiese, Wald und Feld nicht scharf genug
verfolgen lassen, um auf der Specialkarte erschöpfend genau dar-
gestellt zu werden, aber doch das Gesetz ihrer Vertheilung dem
aufmerksamen Beobachter in unzweideutigster Weise zeigen.
Wenig zahlreich sind die dioritartigen Plagioklas-Hornblende-
gemenge, die als Einlagerungen in diesem Granit (Granitit) auf-
treten, dasselbe Streichen von SW. nach NO. zeigen und die auf
der Karte aufgetragen werden konnten, soweit sich das nicht durch
allzu geringe Flächenverbreitung verbot.
Mit den Graniten vom Ehrenberg bei Ilmenau und von
Sehmiedefeld-Vesser sind andere Gesteine des Grundgebirges ver-
knüpft. An beiden Stellen sieht man zunächst am Granit Fels-
arten von eigenthümlicher Beschaffenheit, denen weiterhin erst
schimmernde bis glänzende, graue Schiefer sich anschliessen. Diese
sind petrographisch als Phyllite zu bestimmen, deren Schieferungs-
ebenen den Schichtflächen folgen; sie dürften aber, den Aus-
führungen von Loretz1) . gemäss, keineswegs zu den ältesten
cambrischen Gebilden Thüringens zu rechnen sein.
-1) Beitrag zur ICenntniss der cambriscii - phyllitischen Schieferreihc in Thü-
ringen. Dieses Jahrbuch 1881, S. 175 ff. u. Tab. VI.
XXVII
Beim Mangel an weithin verfolgbaren Aufschlüssen unzwei-
deutiger Art sind verschiedene Auffassungen über den Lagerungs-
verband und über die Bedeutung der einzelnen Gesteine zulässig.
Nur leuchtet ein, dass die Verhältnisse am Ehrenberg nicht ohne
Rücksicht auf die bei Schmiedefeld und Vesser beurtheilt werden
dürfen, denn es sind manche Handstücke jedes der beiden Land-
striche nicht von solchen des anderen unterscheidbar, mag man mit
unbewaffnetem Auge, mit der Lupe oder mit dem Mikroskop arbeiten.
— Die Schmiedefelder Landschaft bietet nur eine viel grössere
Mannichfaltigkeit von Gesteinen dar, die zwischen dem Granit
und den gewöhnlichen, weit verbreiteten, grauen Schiefern lagern,
als der Ehrenberg. Unter den vom Ehrenberg bisher nicht be-
sonders erwähnten, wohl dort ganz fehlenden Felsarten forderte
besonders ein bei Schmiedefeld und Vesser nicht ganz seltenes
Vorkommen wegen der Aehnlichkeit mit skandinavischen^Hälle-
flinta - Handstücken zur Untersuchung auf. Das als dicht bis
äusserst feinkörnig zu bezeichnende Gestein besitzt viel lichtere
Färbung als die grobschieferigen, grauem bis grünlichem Horn-
fels ähnlichen »Hornschiefer«, denen es eingelagert ist und zwischen
denen es Bänke von geringer, bis zu mehreren Metern ansteigender
Mächtigkeit bildet. Ein Auskeilen solcher Bänke wird zuweilen
wahrgenommen, so spärlich auch wirkliche Aufschlüsse sind. Ge-
wöhnlich sind die Lagen nur durch Reihen von Bruchstücken oder
Blöcken, die im Walde umherliegen, erkennbar. Die Färbung ist
meist weisslich grau bis gelblich oder röthlich; der Bruch muschelig
bis splitterig. Selbst grössere Blöcke sind in merklicher Weise
kantendurchscheinend.
Um über die Bezeichnung, die diesen Gebilden auf den Karten
zu geben ist, endgiltig zu entscheiden und um dadurch zugleich
für die Auffassung des Gesteinszuges neben dem Granit weiteren
Anhalt zu gewinnen, habe ich ausser mikroskopisch-petrographischen
Untersuchungen auch die chemische Analyse einer besonders reinen,
weisslichgrauen Abänderung für nöthig befunden, die unter der
Gersheid im Schwarzwasserthal oberhalb des Neuwerkes bei
Schmiedefeld auftritt. Vereinzelte, meist sehr kleine Schwefelkies-
körperchen sind in dem Gestein sichtbar.
XXVIII
Herr Dr. Teuchert, der die Grate hatte, die Analyse auszu-
führen, fand folgende Zusa
nmensetzung:
Si02
85,10
ai2o3 .....
9,78
Fe203
1,12
MgO
0,19
CaO
0,30
Na20
0,54
k2o
0,61
h2o
2,49
Fe S2
0,11
100,24.
Der Vergleich mit den Analysen von skandinavischen Hälle-
flinta- Abänderungen zeigt, dass wir von dem Gebrauche einer
solchen Bezeichnung Abstand nehmen müssen. Dasselbe ergab
sich aus der mikroskopischen Untersuchung. Bei dem sehr grossen
Ueberwiegen von Quarz in diesem und in ähnlichen Gesteinen
der Schmiedefelder Gegend muss man sie wohl den Quarziten an-
reihen, zumal da in ihnen Feldspath selten ist. Das gepflasterte bis
bienenwabenartige Aussehen1) des Mineralgemenges vieler Theile
des Gesteines ist bei der mikroskopischen Untersuchung sehr auf-
fällig. — Ohne Abbildungen lässt sich das Aussehen und der
Mineralbefund dieser Felsarten nicht wohl bezeichnen.
Diese vorläufige Mittheilung bezweckt nur darzuthun, dass
die genauere Untersuchung solcher Vorkommnisse der Anschauung
günstiger ist, wonach bei Schmiedefeld und Vesser Theile eines
Granitcontacthofes anstehen, als der mir — und wohl auch An-
deren — bisher besser begründet erschienenen Meinung, dort seien
zwischen dem Granit und den weithin verbreiteten, grauen Schiefern
Gesteine entblösst, die, gleich den skandinavischen Hälleflinta-
Massen, anderwärts dem Urgebirge eigen sind. —
In der Gegend bei Halle haben grosse technische Anlagen
neue Aufschlüsse dargeboten, wonach frühere Vorstellungen wesent-
*) Zirkel, Lehrbuch der Petrographie, 2. Aull 1 Bd, 1893, S, 591 (Contact-
Bietamorphismus).
XXIX
lieh berichtigt werden. Für die Erkenntniss der Lagerungsver-
hältnisse sind namentlich die neueren Erfahrungen zwischen Halle,
Nietleben und Passendorf bedeutsam. Bekanntlich geht eine grosse
Verwerfung durch die Stadt Halle hindurch nach WNW. Nörd-
lich davon herrschen die Porphyre und die damit verknüpften
Conglomerate u. s. w. ; südwärts der Buntsandstein, der Muschel-
kalk von Nietleben, Zscherben u. s. w. und die Kalke und Dolo-
mite der Stadt Halle selbst.
Noch 1888 ^ durfte nach den damaligen Aufschlüssen ange-
nommen werden, dass die Triasschichten neben der Verwerfungs-
spalte eine einfache schiefe Mulde bilden. Denn so lange die
ERLECKE’schen Thongruben beim »Feldschlösschen«, nahe südlich
der Irrenanstalt, kleiner waren als jetzt, lag es am Nächsten, zu
glauben, dass dort weisslichgraue Letten zwischenlagen des Mitt-
leren Buntsandsteines abgebaut würden.
Jetzt sind dort in grosser Ausdehnung Gesteinswände quer
gegen die Schichtung (meist Str. 110 — 112°, seltener Str. 138°,
Einfallen 42 — 49° nach S.) entblösst worden, wodurch bei der
Abwesenheit mächtigerer Lagen von Sandstein u. s. w. und bei
allgemein verbreiteter, dünnblätteriger Schichtung unverkennbar
ist, dass man es mit ausgebleichten und ganz zerweichten Schiefer-
letten des Unteren Buntsandsteins zu thun hat. Zuweilen finden
sich darin Brauneisenstein und, — oft in dessen Nähe — | Gyps-
krystalle, die wohl in Folge der Zersetzung von Schwefelkies
entstanden sind.
Noch wichtiger sind die ausgedehnten Aufschlüsse in der
HENSEL’schen Thongrube ; die rund 1250 Meter weiter westlich
als der westlichste Stoss der ERLECKE’schen gelegen ist. Hier
sind in über 100 Meter Mächtigkeit anstehende, saigere, in 115°
bis 118° streichende, aufgeweichte Schieferletten des Unteren Bunt-
saudsteins Gegenstand der Gewinnung. Auf einigen der Schicht-
flächen werden Estherien bemerkt; es kommen auch hier Schwefel-
kiesknollen, die mehr oder minder in Brauneisenerz umgewandelt
sind, und Gypskrystalle vor. Durch den südlichsten Theil der
') K. v. Fritsch, Allgemeine Geologie Fig. 38, S. 81).
XXX
Grube zieht eiue mehrere Meter starke, weissliche Lage voller
Quarzkörner, offenbar eine verthonte, mächtige Sandsteinbank, die
unverkennbar die untere Grenze des Mittleren Buntsandsteins be-
zeichnet, obwohl ihr nach S. noch rothe Letten folgen, die einzigen
von dieser sonst in hiesiger Gegend vornehmlich dem Unteren
Buntsandstein angehörigen Färbung. Ungefähr 500 Meter weiter
südlich befinden sich Aufschlüsse im unteren Wellenkalk.
Dieser und seine Unterlage : die »Trigonienbänke« werden in
grossen Steinbrüchen hier für die Halle’sche Cementfabrik aus-
gebeutet. Die Lagerung des Muschelkalkes entspricht aber nicht
der des steil aufgerichteten Buntsandsteins. In einem Aufschluss
sind kleine Verwerfungen sichtbar, und es ist mit Sicherheit darauf
zu schliessen, dass auch eine stärkere Verwerfung, die wohl der
an den Porphyren entlang gehenden parallel ist, die Nordgrenze
des Muschelkalkvorkommens bildet, von dem weitaus der grössere
Theil bei einem mittleren Streichen von 30° mit 10 — 12° nach
NW. einfällt. Bei den Einzelbeobachtungen wird das Streichen
in stärkerem Grade als der Fallwinkel wechselnd gefunden.
Etwa 400 Meter im Osten des Muschelkalkbruches steht in
der Thongrube von Lilicke und Ströfer der Mittlere Buntsand-
stein mit fast saigerer Schichtung an.
Ein im Frühjahr 1894 zwischen Granau und der pfänner-
schaftlichen Braunkohlengrube bei Zscherben abgeteufter Versuchs-
schacht hat den Nachweis erbracht, dass die hornsteinführenden
Bänke am Grunde des Oberen Muschelkalkes (des Unteren
Trochitenkalkes moi) dort im Sreichen von 70 — 80° bei 6 — 8°
Neigung nach Norden anstehen. Sie waren in diesem Gebiete
noch unbekannt und ihr Auftreten an dieser Stelle verdient her-
vorgehoben zu werden.
Mittheilung des Herrn W. Frantzen über die Aufnahmen
auf den Blättern Treffurt und Langula.
In dem bisher untersuchten Theile des Blattes Treffurt
und des Blattes Langula wird die Erdoberfläche hauptsächlich
von Schichten des Muschelkalkes und des Unteren und Mittleren
Keupers zusammengesetzt.
xxXl
Diese Ablagerungen zeigen hier eine ganz ähnliche Zusam-
mensetzung, wie in dem südlich angrenzenden Gebiete der Blätter
Creuzburg und Eisenach und geben daher nur zu wenigen Be-
merkungen Veranlassung.
Im Wellenkalk sind die Schaumkalkbänke a und ß hier
ebenfalls vorhanden, aber nur wenig mächtig, sodass sie zur Ge-
winnung von Bausteinen unbrauchbar sind. Im Terrain wenig
hervortretend, würden sie sich kaum verfolgen lassen, wenn nicht
das zwischen beiden Bänken zwischen den Wellenkalkschichten
auch hier vorkommende Lager von gelbem Kalk einen ausge-
zeichneten Leitfaden abgäbe.
Auch die beiden Schaumkalkbänke der Zone y zeigen hier
die gleiche Beschaffenheit, wie in dem südlich anschliessenden
Gebiete. Der Schaumkalk wird in diesen Bänken von blauem
Kalk mit zackig in einander greifenden Schichtflächen begleitet.
Solches Gestein erreicht besonders im Liegenden der beiden
Bänke eine grössere Dicke und ist mit dem Schaumkalk so innig
verwachsen, dass man diesen blauen Kalk als zu den Bänken ge-
hörig betrachten darf. Bei der unteren Bank lagert solcher Kalk
in grösserer Mächtigkeit auch im Hangenden des Schaumkalkes,
ein Umstand, welcher zuweilen zur Unterscheidung der beiden
Bänke benutzt werden kann. Beachtenswerth ist die grosse Ar-
muth der beiden Terebratelbänke in dieser Gegend an Terebrateln.
Diese Versteinerung ist hier so selten, dass man in den
meisten Fällen vergebens darnach sucht. Da der Schaumkalk in
der oberen Terebratelbank auch oft sehr licht gefärbt ist, sodass
er in dieser Hinsicht die grösste Aehnlichkeit mit dem lichten
Schaumkalk der unteren Schaumkalkbank der Zone 8 hat, und
die letztere Bank in dieser Gegend auch insofern den Terebratel-
bänken ähnlich wird, als in ihr ebenfalls Einlagerungen von
blauem Kalk mit zackigen Schichtflächen sehr gewöhnlich sind,
so bedarf es zuweilen grösserer Aufmerksamkeit, um eine Ver-
wechselung dieser Bänke mit einander zu vermeiden.
Die oberste Schaum kalkzone 6 stimmt in ihrer Zusammen-
setzung an manchen Orten noch ziemlich genau mit derjenigen
am Thüringer Walde überein, insbesondere darin, dass auch hier
XXXII
alle drei Schaumkalkbänke in dieser Zone vorhanden sind. Je-
doch zeigt sich insofern ein Unterschied, als sich neben den ge-
wöhnlichen, dünngeschichteten, blauen, wenig welligen Kalklagen
westlich vom Hainich auch gelber Kalk und an manchen Orten
auch Mergel in dieser Zone einstellen, und die oberste Schaum-
kalkbank häufig mehr oder weniger ihre Festigkeit verliert, indem
sie gleichzeitig eine feinkrystallinische, zuckerige Beschaffenheit
und statt der gewöhnlichen grauen eine graugelbliche, oder grün-
lieh -gelbgraue Farbe annimmt. Zuweilen wird das Gestein der
obersten Schaumkalkbank so weich, dass es zu Grus zerfällt, wie
in einem kleinen, bei dem Kilometersteine 12,5 an der Strasse
von Nazza nach Mühlhausen gelegenen Steinbruche, und in dem
kleinen Steinbruche an der Strasse von Hallungen nach Heyrode
am Westabhange des Mühlberges. An der letzteren Stelle ist der
oolithische Kalk der obersten Schaumkalkbank in eine gelbe,
mergelige Masse verwandelt. Man muss sich sehr hüten, dass
man in solchen Fällen diese Bank nicht mit dem gelben Kalk an
der Basis des Mittleren Muschelkalks verwechselt.
Es ist wohl als sicher anzunehmen, dass dieser Farbenwechsel
und besonders die krystallinische Structur des Schaumkalks zum
grossen Theil auf einer Einwirkung des Wassers beruht, welches
früher in den durch die Auslaugung von Gyps entstandenen
Schlotten des Deckgebirges circulirt hat.
Die unterste Schaumkalkbank ist, wie gewöhnlich, auch hier
durch weisse Farbe ausgezeichnet. Auch ist sie, wie an der
Westseite des Thüringer Waldes bei Meiningen, reich an Encri-
nitenstielen, die dagegen in der obersten Bank auch hier fehlen.
Die Auffindung eines zum Encrinus Carnalli gehörenden Kronen-
restes und der Habitus der Stielglieder beweisen, dass diese Tro-
chiten auch in dieser Gegend, wenigstens zum grossen Theile,
diesem Encriniten angehören.
Die OrfocwZaräschichten sind in dem untersuchten Gebiete
nur selten in einiger Mächtigkeit entwickelt, so z. B. am Engsten-
berge, wo in ihnen auch noch ein handhoher oolithischer Streifen
beobachtet wurde. Gewöhnlich schrumpfen sie auf einen äusserst
geringen Rest zusammen, oder es folgen unmittelbar auf die
XXXIII
oberste' Schaumkalkbank lichte, dicker geschichtete, ebenflächige
Mergel, die sich von den Schichten des Mittleren Muschelkalks
nicht unterscheiden lassen.
Unter diesen Umständen ist eine besondere Auszeichnung der
öräAW&n'sschichten nicht mehr zu rechtfertigen. Es sind daher
diese Schichten, wo sie Vorkommen, zum Schaumkalk gezogen
worden.
Der Mittlere Muschelkalk ist,, wie gewöhnlich, nur wenig
aufgeschlossen. Der gelbe Kalk an der Basis dieser Abtheilung
fehlt häufig, oder er ist nur durch eine schwache Färbung ange-
deutet. Gyps kommt auch in dieser Gegend in diesen Schichten
vor, aber offenbar in nicht sehr erheblicher Mächtigkeit, da Ein-
stürze des Deckgebirges in dem bisher aufgenommenen Gebiete
nur selten beobachtet wurden.
Der Obere Muschelkalk zeigt hier keine andere Zu-
sammensetzung, als wie am Thüringer Walde. An der Basis des
Trochitenkalks finden sich auch am Hainich die Hornsteinschichten
und zwischen den Mergeln dieser Zone Einlagerungen von ooli-
thischen Bänkchen, welche jedoch in diesem Horizonte noch keine
Encriniten enthalten.
Bemerkenswerth sind die grossen Wellenfurchen, welche man
in der Umgegend von Nazza ebenso, wie in dem Blatte Creuzburg
im Steingraben bei Mihla auf der Oberfläche des Trochitenkalks
beobachtet. In einem Graben, welcher von der Strasse von Nazza
nach Falken nördlich gegen den Hänigen-Berg hin läuft, zeigen
sie eine Wellenlänge von 38 und eine Wellenhöhe von 7 Centinaeter.
Von den Keuperschichten ist der Untere Keuper voll-
ständig erhalten, während der Mittlere bis auf die untersten
Schichten und einige in Verwerfungsspalten abgesunkene Fetzen
erhalten geblieben ist. Alle diese Ablagerungen sind gewöhnlich
schlecht aufgeschlossen, sodass sie sich an den meisten Orten
nicht näher untersuchen lassen. Nur in den Gräben bei Hallungen
und östlich vom Heerrain wird ein ansehnlicher Theil des Unteren
Keupers entblösst angetroffen.
Es sind auch hier im oberen Theile dieser Gruppe, ähnlich
wie bei Eisenach und Mihla, zwischen den dunklen, grauen und
Jahrbuch 1893
XXXIV
gelben Lagen auch zahlreiche rothe, ähnlich denen des Mittleren
Keupers, enthalten, welche, nahe bis zur Mitte der Abtheilung
abwärts reichen. Da diese Region zugleich sandige Schichten
und besonders im obersten Theile mehrere gelbe Dolomitlagen
enthält, so ist die Unterscheidung dieser Schichten vom Mittleren
Keuper bei guten Aufschlüssen nicht schwierig; wohl aber wird
sie zuweilen misslich, wenn das Gebirge stärker von Gehänge-
schutt oder Lehm bedeckt ist.
Mittheilung des Herrn H. Proescholdt über Revisionen
und Aufnahmen im Bereich der Blätter Sondheim,
Dingelstedt, Heiligenstadt und Schleusingen.
Bei der Fortsetzung der Aufnahme des Blattes Sondheim,
dessen Fläche zum grösseren Theil der Hohen oder Langen Rhön
angehört, trat die Noth Wendigkeit einer durchgreifenden Revision
der topographischen Unterlage unabweisbar hervor. Die ausser-
ordentlich grosse Eintönigkeit der Oberfläche in diesem Theil der
Rhön, der grosse Mangel an Wegen, die noch dazu oft kaum
sichtbar sind, die sehr beträchtlichen Höhenunterschiede, erschweren
nicht allein dem Touristen die topographische Orientirung, sondern
auch dem aufnehmenden Geologen das Verständniss des geo-
logischen Baues im hohen Grade. Trotz der umfassenden topo-
graphischen Correcturen, die theilweise eine vollständige Neuauf-
nahme des Terrains darstellen, wurde die geologische Kartirung
fast vollständig abgeschlossen.
I)ie Hauptresultate über die Verbreitung der verschiedenen
Eruptivgesteine sind in einer allgemeinen Uebersicht in dem
Jahrbuch für 1893 niedergelegt worden; an dieser Stelle mögen
nur einige besonders erwähnenswerthe Beobachtungen noch mit-
getheilt werden.
Bei der Aufnahme des südöstlichen Viertels des Blattes
zeigte sich das Terrain, das sonst bei oberflächlicher Begehung
sehr einfach aus Buntsandstein aufgebaut erscheint, von einer sehr
grossen Anzahl Verwerfungen durchsetzt, und zwar von südöst-
lichen, südwestlichen und nordsüdlichen. Der Nachweis der
Verwerfungen ist gewöhnlich sehr mühsam und zeitraubend, da
XXXV
sie gewöhnlich in dem Buntsandstein nur daran zu erkennen sind,
dass von Zeit zu Zeit in die Spalten ein paar Meter lange
Muschelkalkschichten eingesunken sind, die grösseren Umfang
höchstens an den Kreuzungsstellen annehmen. Auf längere Er-
streckung behalten überdies die Störungen fast nie dieselbe Flucht
bei, vielmehr verschieben sie sich häutig seitlich um 100 — 200 De-
cimalfuss, sodass eine Art Blätterstructur des Terrains zum Vor-
schein kommt. In die Hohe Rhön hinein konnten diese Disloca-
tionen bis jetzt nicht verfolgt werden, mit Ausnahme der Umgebung
des Gangolfsberges , an dem neuerdings Lettenkohlenkeuper und
wohl auch etwas Gypslteuper durch neue Wegeanschürfungen
aufgefunden und auf ziemliche Erstreckung hin verfolgt werden
konnten.
Im Eichsfeld wurde nach einer allgemeinen Orientirungstour
im Aufnahmegebiet mit der Specialaufnahme des Blattes Dingel-
stedt, das zum grösseren Theil fertiggestellt wurde, und Heiligen-
stadt begonnen. An der geologischen Zusammensetzung nehmen
ausser Diluvium und Alluvium Zechstein und Trias Theil. Die
Gliederung der letzteren schliesst sich im Allgemeinen eng an die
Thüringens und Frankens an. So konnte der von VON Seebach,
Moesta und Speyer nicht ausgeschiedene Chirotheriumsandstein
ohne grosse Schwierigkeiten von dem grobkörnigen Sandstein ab-
getrennt und kartographisch dargestellt werden. Wie in Nord-
franken tritt er auch hier als meist feinkörniger, gesprenkelter
oder getupfter Sandstein mit Carneolknollen in 10 — 20 Fuss
Mächtigkeit auf. Ueber ihm beginnt der Röth, wie sehr deutlich
an dem schönen Aufschluss an der Strasse von Heiligenstadt
nach Kalteneber zu sehen ist, grade wie im Werrathal mit gelben
Dolomiten, dann folgen graue Letten, die vielfach Gypsstöcke
einschliessen, und darüber unmittelbar graue und rothe Sandsteine
von sehr feinem Korn. Im obern Drittel des Röths wiederholen
sich Einlagerungen von Gyps, der in dem erwähnten Aufschluss
alabasterartig auftritt, und Lagen von feinkörnigem Kalksandstein,
wie bei Meiningen.
Ueber die von der fränkischen etwas abweichende Gliederung
des Wellenkalks kann ich hier hinweggehen.
XXXVI
Eine sehr grosse Bedeutung uud Ausbreitung gewinnen bei
Heiligenstadt Kalktuffablagerungen , die sowohl diluvialen als
alluvialen Alters sind.
Die Lagerungsverhältnisse des aufgenommenen Theils sind
im grossen Ganzen einfach. Quer durch das Blatt Dingelstedt
zieht mit westnordwestlichem Streichen der Höhenzug des Dün,
der durch die in demselben Sinn verlaufenden Muschelkalk-
schichten zusammengesetzt wird. Sie fallen flach nach SSW. und
bilden auf der Nordseite einen jähen, landschaftlich scharf hervor-
tretenden Steilrand. Auf Blatt Heiligenstadt lagern die Schichten
flacher uud lösen sich durch sehr tief eingeschnittene Erosions-
thäler in einzeln stehende Berge von bedeutender relativer Höhe
auf. Fast senkrecht auf den Dün, also in nordnordöstlicher
Richtung, stossen auf denselben einzelne, sehr markirte Höhenzüge,
von denen der durch Leinefelde ziehende der längste und oro-
graphisch wichtigste ist, weil über ihn die Wasserscheide zwischen
Weser und Saale hinläuft. Seinem geologischen Bau nach stellt
er einen von Parallelspalten umfassten Graben von Muschelkalk
zwischen grobkörnigem Buntsandstein dar, der in der nordöstlichen
Fortsetzung bei Worbis das bekannte Kreidevorkommen im Ohm-
gebirge einschliesst. Den Höhenzug des Dün durchsetzt der
Graben nicht mehr; vielmehr hebt sich in der Nähe desselben
die eine Spalte, und zwar die nach W. liegende, aus, während
die östliche NS. -Richtung annimmt und als einfacher Bruch
durch den Dün hindurchsetzt, aber von heftigen Schichtenbiegungen
und Seitensprüngen begleitet wird. Ganz ähnliche Verhältnisse
wiederholen sich auf Blatt Heiligenstadt bei Uder.
Auf Blatt Schleusingen wurde der südwestliche Theil des
Blattes wegen der neuerdings vorgenommenen zahlreichen topo-
graphischen Nachträge revidirt und besonders der durch Ver-
werfungen stark zerstückelte Theil südlich des Kleinen Thüringer-
waldes aufgenommen, um den Anschluss an die Blätter Hildburg-
hausen und Themar herzustellen.
XXXVII
Mittheilung des Herrn H. Loretz über Aufnahmen im
Cob urgischen.
Im Sommer 1893 habe ich die geologische Aufnahme des
Coburger Landes, bezw. die vier an Bayern grenzenden Sectionen
Coburg, Oeslau, Steinach und Rossach, abgeschlossen.
Bezüglich der Schichtenfolge und Lagerung verweise ich auf die
an gleicher Stelle abgedruckte Mittheilung im vorjährigen Jahr-
buch und beschränke mich darauf, einige Punkte hervorzuheben,
die bei den Schlussrevisionen besonders in Frage kamen.
Es ist dies zunächst die richtige Fassung und Kartendarstel-
lung des wichtigen Horizontes des Semionotus - Sandsteins
oder Coburger Bausandsteins im mittleren Keuper (Stufe
km 5 der Karte). Hält man sich an die typische petrographische
Beschaffenheit dieses Gesteins, wie sie an zahlreichen Stellen,
namentlich in den Steinbrüchen auf beiden Seiten des Itzthals
abwärts von Coburg, in durchaus gleichbleibendem Charakter
wahrgenommen werden kann, so zeigt sich, dass dieses Sandstein-
lager streckenweise bis zum Verschwinden abnimmt, ja ganz fehlt,
während immerhin in demselben oder annähernd gleichen Horizonte
Sandsteinbänke von etwas abweichender Beschaffenheit liegen
können; dieselben gleichen mehr den etwas tiefer in der Stufe
km 4 eingelagerten Bänken, ihr Korn ist etwas weniger fein und
gleich, ihr Bindemittel zum Theil etwas mehr quarzitisch. Für
die Kartirung fragt es sich, ob man auch solche Bänke, mit
Rücksicht auf ihre stratigraphische Lage , in die Stufe k m 5 ein-
beziehen, sozusagen als Stellvertreter des eigentlichen Coburger
Bausandsteins, in welchem- allein, meines Wissens, bis jetzt die
Semionotus- Reste gefunden worden sind, auffassen soll, oder ob
diese Stufe nur da anzugeben sein wird, wo typischer Bausand-
stein vorliegt. Beide! Auffassungen dürften sich rechtfertigen
lassen, beide sind durchführbar. Ich habe bei einer Revision des
Blattes Coburg die letztere durchzuführen gesucht. Man hat in
diesem Falle, bei fehlendem km 5, die Stufen km 6 und km 4 un-
mittelbar gegen einander abzugrenzen, was stellenweise nicht ohne
eine gewisse Willkür geht. Die Grenzlinie wird allerdings an
xxx vm
Sicherheit wenig einbüssen, wenn die leicht kenntlichen Gyps-
mergel an der Basis der Stufe km 6 auch bei schwach entwickeltem
oder fehlendem km 5 vorhanden sind, ein Fall, der im nordwest-
lichen Theile des Blattes Coburg vorkommt. Fehlen aber auch
diese, so hat man eine Grenzlinie in der Art zu ziehen, dass die
Schieferletten und Sandsteinbänke oberhalb derselben der Stufe
km 6, unterhalb derselben der Stufe km 4 zufallen. Dafür hat man
hauptsächlich nur das Anhalten , dass die Sandsteinbänke der
Stufe k m 6 mehr oder weniger schon die Beschaffenheit des
weissen, lockeren »Stubensandsteins« annehmen, wie er in den
höher folgenden Stufen so verbreitet ist, diejenigen der Stufe
km 4 dagegen in dünneren Lagen öfter eine quarzitische Be-
schaffenheit zeigen, in dicken Bänken dagegen dem Coburger
Bausandstein einigermaassen ähnlich werden können (ohne jedoch
das gleichmässig feine Korn desselben zu erreichen). — Auch die
andere Auffassung, dahingehend, dass man die im Fortstreichen
des Coburger Bausandsteins gelagerten, petrographisch jedoch ab-
weichenden Sandsteinbänke der Stufe km5 zutheilt, und diese letztere
somit als überall durchgehend betrachtet, kann bei der Kartirung
nicht frei von Wil Heimlichkeit und constructivem Verfahren bleiben.
Die petrographische Beschaffenheit des Semionotus- Sandsteins
wiederholt sich noch einmal in höherem Horizonte an einer Bank,
oder gewöhnlicher wohl ein paar nahe übereinander folgenden
Bänkchen, deren Lage in der Stufe km 6, dicht oder wenig ober-
halb der auf unserer Karte mit yvm bezeichneten Gypsmergel ist.
Zum Unterschied vom Semionotus - Sandstein (Coburger Bausand-
stein) erlangen diese Bänkchen aber nirgends in der Coburger Gegend
grössere Stärke oder irgend welche praktische Bedeutung, treten
auch nicht allenthalben deutlich hervor1).
Thürach’s Bezeichnung »Oberer Semionotus - Sandstein« würde auf diesen
Horizont der Coburger Gegend passen, wenn Semionoten darin nachgewiesen
werden sollten, was meines Wissens noch nicht der Fall ist. — Den Sandstein
der Steinbrüche bei Schlechtsart im Meiningischen , welcher Semionoten ein-
schliesst, und welchen der Genannte für »Oberen Semionotus - Sandstein« hält,
halte ich auf Grund eigener Anschauung mit Beyschlag und Proescholdt nach
Gestein und stratigraphischem Niveau für gleichstehend mit dem Coburger Bau-
sandstein (km 5),
XXXIX
In den höheren Schichten des Mittleren Keupers, im Arkose-
und Sand -Keuper, wurde ein besonderes Augenmerk auf eine
möglichst naturgetreue und gleichmässig durchgeführte Abgren-
zung der Stufen km 7 und km 8 gerichtet. Nach beiden Hin-
sichten ist diese Trennung recht schwierig. Die genannten Stufen
haben so viel gemeinsame Merkmale und sind so wenig durch
eine überall durchgehende, leicht kenntliche Schicht geschieden,
dass die Frage entsteht, ob man sie nicht lieber als eine einzige
Stufe betrachten und darstellen solle. Nur der Umstand, dass
die Entwicklung der Schichten aufwärts vorherrschend (doch nur
vorherrschend) eine grobsandige ist, während etwas tiefer Arkose-
dolomit und rothe Keuperletten in stärkerem Maasse zur Geltung
kommen, kann als bestimmendes Moment dafür angeführt werden,
dass wir die Trennung in zwei Stufen, km 7 und km 8, in der
bisherigen Weise, wie sie bereits auf der geognostischen Karte
des Königreichs Bayern (Abtheilung III, Blatt Kronach) sich
findet, beibehalten haben. Streckenweise ergiebt sich die Tren-
nung ziemlich leicht, anderswo bleibt sie desto unsicherer. Eine
besondere Ausscheidung der einzelnen Bänke von Arkosedolomit
in der Stufe k m 7 ist bei dem wechselnden Charakter des Gesteins
und der wechselnden Anzahl solcher Bänke auf der Karte kaum
durchführbar, überdies von keiner grossen praktischen Bedeutung.
Im Oberen Keuper (Rhät) hat die genaue Untersuchung
der Thongruben und Sandsteinbrüche, besonders im Einberger
Wald und bei Kipfendorf, gezeigt, dass nur im Allgemeinen der
Thon oben, der Sandstein unten liegt, dass aber im Einzelnen
ein mehrfacher Wechsel zwischen beiden stattfinden kann, und
dass beiderlei Gesteine linsenförmige Lager bilden, die sich seit-
wärts auskeilen. Thierische Reste sind bei der Kartenaufnahme
nicht gefunden worden, vegetabilische dagegen kommen in grösserer
Menge in den Thonlagern von Kipfendorf vor.
Zu den in der vorjährigen Mittheilung enthaltenen Angaben
über die Lagerung, insbesondere über die durch Section Oeslau
ziehende Hauptstörung, bemerken wir noch, dass dieselbe nicht
nur von Verwerfungen und Sprüngen, sondern auch von scharfen
Einfaltungen und schmalen, wellenförmigen Auf- und Abbiegungen
XL
der Schichten in der Thüringer Wald-Richtung SO. — NW. begleitet
wird (z. B. am Kemmater Berg). Ueberdies muss erwähnt werden,
dass neben dieser Gruppe von Störungen auch in der kreuzenden
Richtung SW. — NO. schwache Mulden- und Sattelbiegungen er-
kennbar sind. Letztere Art von Faltung ist offenbar die ältere.
Sie war bereits vorhanden, als die Einfaltungen und Verwerfungen
in der Thüringer Wald- Richtung eintraten. Es erinnert dieses
Lagerungsverhältniss , welches bereits von Proescholdt aus dem
weiter nordwestlich gelegenen Vorlande des Thüringer Waldes
nachgewiesen worden ist, durchaus an ähnliche Erscheinungen,
die sich innerhalb des genannten Gebirges abspielen , und von
mir früher aus der Gegend von Gräfenthal beschrieben worden
sind.
Mittheilung des Herrn E. Kayser über Aufnahmen im
D illenburgischen.
Die Aufnahmen beschränkten sich auf die SO. -Ecke des
Blattes Herborn und den westlichen Theil des Blattes Ballersbach
und waren besonders der Verfolgung des im Vorjahre nachge-
wiesenen, die Scheide zwischen der Dill- und Lahnmulde bilden-
den, grossen Unterdevonsattels gewidmet. Derselbe wurde vom
Dillthale zwischen Edingen und Katzenfurt bis in die Gegend
von Dreisbach und Bellersdorf (Bl. Ballersbach) kartirt und erwies
sich als ein nach 0. zu immer breiter werdender Gesteinszug.
Während seine Hauptmasse aus hellen plattigen Grauwackensand-
steinen besteht, in denen nur ganz vereinzelte Crinoidenstiel-
glieder angetroffen wurden, so ist seine hängendste Zone aus
mürben, dunklen, Kieselgallen führenden Schiefern zusammen-
gesetzt, in denen an mehreren Punkten eine kleine Fauna auf-
gefunden wurde. Sie und die Kieselgallen weisen auf die Zu-
gehörigkeit dieser hangenden Schiefer zur Obercoblenzstufe,
während die darunter liegenden Grauwacken wahrscheinlich einem
tieferen Niveau des Unterdevon entsprechen. Die Thatsache, dass
die fraglichen Obercoblfenzschichten nur am S. -Rande des Sattels
entwickelt sind, beweist, dass sein Bau ein einseitiger ist. Während
im S. desselben auf das Obercoblenz ganz normal zuerst Mittel-
XLI
und dann Oberdevon folgt, so ist dies im N. nicht der Fall;
vielmehr grenzen hier südlich Ballersbach die unterdevonischen
Grauwacken fast unmittelbar an oberdevonische Knollenkalke.
Es muss hier also eine grosse Ueberschiebung vorliegen.
Das Mitteldevon besteht, wie auf den angrenzenden Theilen
des Blattes Herborn, aus Styliolinen-Schiefern mit zahlreichen
Einlagerungen von Platten- und Nierenkalken, Kieselschiefern
und gelblichen Feldspathgrau wacken.
Von sonstigen Auffindungen dürfte noch erwähnenswerth
sein ein ungewöhnlich ausgedehntes Vorkommen von Bimsteinsand
auf der Höhe westlich Greifenthal (Bl. Herborn).
Mittheilung von Herrn H. Grebe über die wissenschaft-
lichen Ergebnisse der Aufnahmen in der Eifel.
Die Aufnahme-Arbeiten wurden im letzten Jahre in den nörd-
lichen Theilen der Kreise Wittlich, Bitburg, im Kreise Daun,
Prüm und im südlichen Kreis Malmedy fortgesetzt und die Blätter
Hasborn nebst Manderscheid fertiggestellt, dann sind die nörd-
lichen Anschlussblätter Gillenfeld und Daun zum grösseren Theil,
die westlich folgenden theilweise bearbeitet, und viele geologische
Einzeichnungen auf, an diese nördlich anschliessenden Blättern ge-
macht worden. Dabei wurden die Stufen des Unter- und Mittel-
Devons weiter unterschieden und festgestellt und zur besseren
Uebersicht auf die Generalstabskarte 1 : 80000 übertragen, gleich-
zeitig auch die vielen Verwerfungen, welche in diesem Gebiete
Vorkommen. In demselben sind auch manche weitere neue vulka-
nische Erscheinungen beobachtet worden. Was zunächst die
unterste Stufe des Unter-Devons, die Siegener Grauwacke, Aequi-
valent des Taunusquarzits, anlangt, so wurde gefunden, dass die-
selbe, schon früher durch das Vorkommen von Versteinerungen
dieser Stufe, namentlich Spirifer primaevus , in der Bettenfelder
Gegend nachgewiesen, 4 Kilometer südöstlich von Bettenfeld (Bl.
Manderscheid) durch eine Verwerfung von den unteren Coblenz-
Schichten getrennt ist. Diese grosse streichende Verwerfung hat
eine Verschiebung der Schichten von etwa 50 Meter Höhe be-
wirkt, was sich aus der Niveaudifferenz ergiebt, in der der auf den
XLII
unterdevonischen Schichten lagernde Buntsandstein zu beiden Seiten
derselben liegt; sie setzt in südwestlicher Richtung durch die
Trias und wurde auf eine Länge von 27 Kilometer bis an die
Nims verfolgt. Die Siegener Grauwacke scheint sich, nördlich
von Bettenfeld, nicht weit auszudehuen, denn zwischen Meerfeld
und Schutz finden sieh Versteinerungen der unteren Coblenz-
Stufe. Die südlich der Verwerfung vorkommenden unteren Cob-
lenz - Schichten dehnen sich auf beiden Seiten der Lieser bis
unterhalb der Pleiner Mühle, zu dem Coblenz-Quarzit des Grüne-
walds, aus, der die südwestliche Fortsetzung des Kondelwald-
Quarzits bildet. In den Rücken des Grünewalds und Kondelwalds
zeigen sich mehrere Querverwerfungen, die von SO. nach NW.
streichen. Die unteren Coblenz-Schichten erstrecken sich an der
Kill aufwärts von Zenscheid bis in die Nähe von Densborn,
an der kleinen Kill bis oberhalb Oberstadtfeld, an der oberen
Lieser bis in die Gegend von Rengen, oberhalb Daun. Zwischen
Densborn und Usch a/Kill treten Quarzite auf, die bald unter
dem Buntsandstein des Salmwaldes verschwinden, aber im Prüm-
scheid-Rücken (nördlich von Salm) wieder erscheinen und nach der
kleinen Kill hin fortsetzen. Auf der linken Seite derselben
kommen weit verbreitete vulkanische Gesteine vor, und erst bei
Waldkönigen und westlich von Rengen tritt wieder Coblenz-Quarzit
auf. Zwischen Rengen und der Kill scheinen Querverwerfungen
durchzusetzen, die den Coblenz-Quarzit bald nach N., bald nach
S. verschieben. Bei und oberhalb Densborn treten bunte, grau-
lich-rothe und grünliche Schiefer im Wechsel mit Grauwacken-
bänken auf, die der oberen Coblenz- Stufe angehören, ebenso an
der kleinen Kill, namentlich nördlich von Neroth. Die schon
früher erwähnte, von Mürlenbach nach Neroth hin sich ausdeh-
neude schmale Kalkmulde enthält nur die unteren Glieder des
Eifelkalks. Die Quarzite, welche sich auf der Nordwestseite im
Liegenden dieser Kalkmulde von der Rödelkaul nach Mürlenbach
hinziehen, gehören, ebenso wie die bei Lichtenborn, Reif und Das-
burg, die früher als Coblenz-Quarzit angesehen wurden, der oberen
Coblenz-Stufe an. Oberhalb Mürlenbach, bis Lissingen hin, sind
zu beiden Seiten der Kill die oberer; Coblenz-Schichten vielfach
xLin
aufgeschlossen; dicht bei Lissingen beginnt die Gerolsteiner Kalk-
mulde.
Ueber das Auftreten der unteren und oberen Coblenz-Schichten
an der Nims, Prüm und Our wurde im letzten Bericht bereits
Mittheilung gemacht, auch darüber, dass von Reuland nach der
oberen Our hin Hunsrück-Schiefer sich durchziehen. Nordwestlich
derselben reichen sie bis einige Kilometer über St. Vith hinaus,
wo dann Quarzite auftreten, die dem Taunusquarzit angehören
dürften. Zwischen Schönberg a/Our und dem Coblenz- Quarzit
der Schneifel erscheint ein breites Band unterer Coblenz-Schichten.
Im Hangenden der oberen Coblenz-Schichten zwischen der Schneifel
und Prümer Kalkmulde, besonders aber südwestlich derselben nach
Daleiden hin, kommen muldenförmige Einlagerungen dünngeschich-
teter, dunkelgefärbter, versteinerungsreicher Schiefer — die Da-
leider Schichten — vor, ein Aequivalent der Orthoceras- Schiefer,
und daher schon zum Mitteldevon gehörig.
Die tiefsten kalkig -mergeligen Schichten der Prümer Kalk-
mulde beginnen über den Daleider Schichten auf der Ostseite der
Prüm bei Matzerath und zeigen an ihrer Basis an mehreren Stellen
körnige Rotheisensteine mit Spirifer cultrijugatus. Erst bei Schö-
necken treten mittlere und obere Abtheilungen des Eifelkalks auf.
Die Kalkmulde nimmt bei Schönecken und östlich von da eine
Breite von 7 Kilometer ein, bei Büdesheim, wo sie auf der Südost-
Seite durch eine Verwerfung begrenzt wird, kaum 4 Kilometer. Ein
schmaler Streifen von Eifelkalk setzt von Oos über Kalenborn, Nieder-
bettingen a/Kill nach Hillesheim fort, durch zwei, fast parallel strei-
chende Verwerfungen zwischen Buntsandstein eingekeilt, wovon be-
reits früher Erwähnung geschah. Die Oberdevon -Schichten von
Büdesheim und Oos sind ebenfalls durch zwei Verwerfungen einge-
keilt. Die Gerolsteiner Kalke und Dolomite sind von der Prümer
Kalkmulde durch eine grosse streichende Verwerfung, die 2 Kilo-
meter nordwestlich von Gerolstein durchsetzt, getrennt. Hier stösst
Buntsandstein an dieselbe. Ob dieselbe Verwerfung oder eine
parallel mit ihr verlaufende es ist, die sich bei Rockeskill so auf-
fällig bemerklich macht, bleibt noch zu ermitteln. Gleich unter-
halb Rockeskill lagern in Folge dieser Verwerfung mächtige
XLIV
Schichten vulkanischen Tuffes neben Kalk, der sich in einem
hohen Rücken darstellt; an dessen südöstlichem Abhang ruhen
wieder Tuffschichten, ebenfalls bedeutend eingesunken. Etwa
2 Kilometer weiter in NO., bei Essingen, gewahrt man eine Ein-
senkung der Kalkschichten am Fusse des Höhenzuges nordwest-
lich von Essingen, der meist aus oberen Coblenz-Schichten besteht.
Die Hillesheimer Kalkmulde liegt in der nordöstlichen Fort-
setzung der Prümer, beide sind nur durch den zwischen Bunt-
sandstein eingekeilten Eifelkalk -Streifen Oos- Kalenborn -Nieder-
bettingen-Bolsdorf verbunden; nordöstlich von Hillesheim liegt sie
in der Breite von etwa 4 Kilometer zwischen zwei streichenden
Parallelverwerfungen. Zwischen Gönnersdorf und Birgel a/Kill
kommt eine Kalkmulde vor, die in nordöstlicher Richtung nach
dem Ahrbach sicK ausdehnt, und deren unterste Schichten mit
körnigem Rotheisenstein des nordwestlichen Muldenflügels zwischen
Gönnersdorf und Lehnerath vielfach ausgeschlossen sind. Sie ist
auf der südöstlichen Seite durch eine grosse streichende Ver-
werfung begrenzt. Nur eine kleine Kalkpartie liegt noch südöst-
lich derselben an der Kirche von Birgel. Hier sind die Gebirgs-
störungen besonders interessant. Mit der eben bezeichneten Ver-
werfung parallel verläuft durch Birgel eine zweite, zwischen denen
diese kleine Kalkpartie erscheint. Nahe östlich von Birgel finden
sich wieder zwei Verwerfungen, durch welche obere Coblenz-
Schichten in der Breite von 200 Meter wie in Buntsandstein einge-
keilt erscheinen, der sich dann Kill-abwärts bis zu den Eifelkalk
einschliessenden Parallelklüften von Niederbettingen und weiter bis
Dom ausdehnt. — Ganz eigentümlich sind die Gebirgsstörungen,
nördlich und nordwestlich von Birgel. 1 Kilometer westlich von
da, auf der östlichen Seite des Möscheibergs, ist eine 20 — 30 Meter
breite Partie von Buntsandstein auf eine Länge von 400 Meter
zwischen Kalkstein durch zwei parallele Klüfte eingekeilt, die von
SO. nach NW. verlaufen. Aehnliche, aber nicht so gut aufge-
schlossene Vorkommen von Buntsandstein beobachtet man auch
nördlich von Birgel, am Hirschberg, und am Wege nach Feus-
dorf. Am Kummenberg, 800 Meter östlich von Feusdorf tritt in
einem Steinbruch eine 1 — 2 Meter breite Partie von Kalkstein
XLV
zwischen Buntsandstein hervor. In einem Kalksteinbruch zwischen
Birgel und Jünkerath erscheinen einige Parallelklüfte, zwischen
denen bis zu 6 Meter Tiefe geschichtetes Diluvium (grobe Quarz-
conglomerate in Wechsellagerung mit gelbem Sand) liegt. Noch
sei des schönen Aufschlusses 500 Meter südöstlich von Lehnerath
gedacht, woselbst in einem Steinbruch, auf 4 Meter Tiefe, Schichten
von oberem Buntsandstein entblösst sind: auf der nördlichen Seite
ist eine Kluft und liegen an derselben und neben dem Buntsand-
stein stark geneigte Schichten von Schlacken und vulkanischem
Tuff. Das Vorkommen dieser vulkanischen Schichten, sowie der
Schlackenkuppe daneben mit einer kraterförmigen Einsenkung,
waren bisher nicht bekannt. Das Dorf Schüller, nordwestlich von
Birgel, liegt auf oberen Coblenz-Schichten; in der tiefen Thal-
schlucht, südlich davon, treten untere Schichten von Eifelkalk mit
körnigem Iiotheisenstein an der Basis auf, welche zwischen Klüften
eingesunken sind. An der Strasse von Niederkill nach Dahlem
erscheint in der Nähe der Kreisgrenze an einer kleinen Felspartie
ein eigentümliches Conglomerat, dass die v, DECHEN’sche Section
Malmedy als Buntsandstein angiebt. Es besteht dasselbe vorherr-
schend aus kleinen Kalkbrocken mit einzelnen Quarzgeröllen und
sandigem Bindemittel. Dasselbe erinnert an gewisse Schichten
des Conglomerates von Malmedy und sieht der Waderner Stufe
des Ober-Rothliegenden an manchen Punkten der Nahe- Gegend
recht ähnlich. Schliesslich sei noch kurz und vorläufig erwähnt,
dass bei den geologischen Aufnahmen im Jahre 1893 im vulka-
nischen Gebiete der Eifel wiederum manches Neue gefunden wurde.
Vortreffliche Aufschlüsse lieferten die Bahneinschnitte bei Rockes-
kill. Hier wurden mächtige, vielfach in der Lagerung gestörte,
Schichten von Tuff entblösst, der sich theils conglomeratisch dar-
stellt, viele Stücke von Eifelkalk und auch Grauwacke einschliesst,
theils ganz feinkörnig, dicht und fest ist. Darin wurden neben
anderen Pflanzenresten 3 Meter lange und 25 Centimeter weite
Röhren mit Holzstructur an den inneren Wandungen gefunden,
ähnlich denen in den grossen Tuff- (Backofenstein -)brüchen von
Steinborn. Ausserdem fanden sich, wenn auch seltener, Conchylien
und Knochenreste. Die Pflanzenreste scheinen im vulkanischen Tuff
XLVI
der Eifel gar nicht so selten zu sein; bei sorgfältigem Suchen
findet man sie an vielen Stellen, wenn auch nur in Spureu.
Ausser den im letzten Bericht angeführten bisher nicht be-
kannt gewesenen Kratern sind solche liocli in grösserer Anzahl
aufgefunden worden: an der Alf unterhalb und oberhalb Gillen-
feld, an der kleinen Kill in der Nähe von Oberstadtfeld, westlich
von Daun bei Neunkirchen und Steinborn nordwestlich von Waid-
königen, bei Kirchweiler zwischen Betteldorf und Rockeskill, dann
weiter westlich bei Duppach. Hier ist es besonders auffallend,
wie die vulkanischen Erscheinungen, nahe am Dorfe, bisher- über-
sehen worden sind. Nur D/2 Kilometer von Duppach kommt ein
grosser Krater mit Schlackenfelsen im Lay-Busch auf der südöst-
lichen Seite des Kraters, gleichzeitig mit Ablagerungen von Ra-
pilli und Schlacken vor, die zu technischen Zwecken verwandt
werden. 6 Kilometer weiter gegen NW. gewahrt man östlich
von Reuth einen grösseren Krater und mehrere kleine westlich von
Schönfeld; dieser Ort selbst liegt in einer kraterförmigen Ver-
tiefung, die fast ganz von vulkanischen Ablagerungen umgeben ist.
Mittheilung des Herrn H. Potonie über seine im August
1893 ausgeführte Reise nach den Steinkohlen-Revie ren
an der Ruhr, bei Aachen und des Saar-Rhein-Gebietes.
Im Ruhrgebiet habe ich festzustellen gesucht, ob die magere
Kohlenpartie mit den Waldenburger (Ostrauer) Schichten pa-
rallelisirt werden könne. In der Dissertation des Herrn Dr.
L. Cremer von 1892 (Fossile Farne des Westf. Carbons)
nämlich giebt dieser aus der genannten liegenden Zone des
Ruhrgebietes ein Leitfossil der Waldenburger Schichten, die
Sphenopteris elegans , an. Die Exemplare, welche diese Bestimmung
veranlasst haben, befinden sich in der von mir besuchten Berg-
schulsammlung zu Bochum und gehören nicht zu der genannten
Art, sondern stimmen am ehesten mit der Sphenopteris (Diploth-
mema) elegantiforme (Stur sp.) aus den Saarbrücker (Schatz-
larer) Schichten überein. Bei der Sphenopteris elegans sind die
Spindeln quergerieft, was an Cremer’s Exemplaren nicht zu beob-
achten ist, bei denen die Spindeln glatt sind und ein der Länge
XLVII
nacli central verlaufendes Leitbündel erkennen lassen; ferner sind
die Fiedern letzter Ordnung an den Westfälischen Exemplaren
sparriger als bei der Sphenopteris elegans , bei der die Fiederchen
in spitzeren Winkeln abgehen. Auch die übrigen Pflanzen- Reste
aus der mageren Kohlenpartie, die ich auf den Halden, in der
Bergmännischen Ausstellung zu Gelsenkirchen und in der Berg-
schulsammlung zu Bochum gesehen habe , sprechen keineswegs
für typische Waldenburger Schichten, sondern für Saarbrücker
Schichten. Es sind demnach die sämmtlichen zur Zeit gebauten
Flötze des Ruhrgebietes bis auf Weiteres zu den Saarbrücker
Schichten zu stellen, die sich, wie Herr Dr. Cremer trefflich
gezeigt hat, dort auf Grund des Pflanzen -Inhaltes in mehrere
Horizonte gliedern lassen. So sind Anklänge an die Flora der
Waldenburger Schichten in der mageren Kohlenpartie auffällig;
ich erwähne nur das reichliche Auftreten von Neuropteris Schlehanii
und das vollständige Zurücktreten von Pecopteris.
In allen B oben genannten Carbon -Revieren habe ich im
Thonschiefer Stigmarien mit radial ausstrahlenden Appendices,
also in derselben Erhaltungsweise constatirt, wie ich diese in der
Zeitschrift der Deutsch, geol. Ges. 1893, Bd. 45, S. 97 ff. beschrieben
und abgebildet habe. Für mich liegt hierin ein Beweis für die
Autochthonie der Stigmarien in dem umgebenden Thonschiefer
(vergl. 1. c.). Die Stigmaria- Appendices gleichen den Wurzeln
an den Rhizomen unserer heimischen Nymphaeaceen ungemein, ja
diese Wurzeln hinterlassen Narben von derselben Form und
Grösse wie die Appendices der Stigmarien. Es wäre bei der
geringen mechanischen Widerstandsfähigkeit der Nymphaeaceen-
Wurzeln undenkbar, dass bei einem Transport der Rhizome die
Wurzeln noch nach allen Seiten hin senkrecht zu den Rhizom-
Körpern gefunden werden können; von den Appendices der Stig-
marien müssen wir bei ihrer hohen Aehnlichkeit im anatomischen
Bau durchaus dasselbe annehmen : der die noch Appendices-
behafteten Stigmarien umgebende Thonschiefer ist daher der
Boden, in welchem diese Stigmarien auch gewachsen sind. Herr
Dr. Cremer machte mich auf eine von mir übersehene Stelle
von H. R. Göppert aufmerksam, die im Vergleich mit dem von
XLVIII
mir 1. c. Gesagten ein besonderes Interesse beansprucht. Göppert
sagt nämlich in seinem »Bericht über eine im Aufträge ....
in dem Westf. Hauptbergdistrict unternommene Reise zum
Zwecke der Untersuchung der in der dortigen Steinkohlenfauna
vorhandenen fossilen Flora« (Verb. d. naturh. Ver. d. preuss.
Rheinl. u. Westf., 11. Jahrg., Bonn 1854, S. 236 u. 237): »Ueberall
gelang es mir, an den bei den Zechen etwa vorhandenen Schiefer-
thonen diejenigen zu unterscheiden, welche von dem Liegenden
eines Flötzes stammten, nämlich: an dem Vorherrschen der Stig-
maria ficoides , deren zahllose Verästelungen mit den Blättern oder
Wurzelfasern nicht in der Richtung der Schichten wie dies
eigentlich bei der Mehrzahl der im Schieferthon vorhandenen
Pflanzen der Fall ist, gelagert erscheinen, sondern ihn nach allen
Richtungen hin durchsetzen , dass jede Spur von Schichtung
völlig aufgehoben ist. Es fehlen gewöhnlich auch alle anderen
Pflanzen«.
Mein Augenmerk im Saar -Gebiet war besonders darauf ge-
richtet, die Ottweiler Schichten zu studiren, die von dem ver-
storbenen Oberbergamtsmarkscheider Bergrath Moritz Kliver
zum Unter- Rothliegenden gerechnet werden, wie das in den
Karten und Profilen der Bergwerks- Direction Saarbrücken zum
Ausdruck kommt. Nach dem Eindruck, den ich an Ort und
Stelle gewonnen habe durch den Vergleich des Pflanzen -Inhaltes
der Ottweiler Schichten mit demjenigen der Saarbrücker Schichten
und des Unter -Rothliegenden (Cuseler und Lebacher Schichten
des Prof. Weiss), muss ich durchaus die Ottweiler Schichten
nach dem Vorgänge des Herrn Prof. Weiss als oberstes Carbon
ansehen. Es gelang mir, ausser den schon bekannten Aehnlich-
keiten, in den Floren der Saarbrücker und Ottweiler Schichten
noch eine weitere nachzuweisen, insofern als die bisher aus den
Ottweiler Schichten unbekannte Aloiopteris (= Heteropteris Pot. non
Zeiller) Sternbergii (Ettingsh.) Pot. (= Sphenopteris Sternbergii ),
die sogar nach Weiss einen tieferen Horizont der Saarbrücker-
Schichten einhalten soll als die Aloiopteris ( Sphenopteris ) Essinghii
(Andrä) Pot., von mir in den Ottweiler Schichten und zwar auf
der Halde bei Dilsburg der Grube Götelborn gefunden wurde.
XLIX
In den Cuseler Schichten hei Otzenhausen habe ich das
interessante S chizodendron- = Tylodendron- Petrefact in mehreren
Exemplaren gefunden, in einer Erhaltungsweise, welche die von
mir in diesem Jahrb. für 1887 und in der Naturw. Wochenschr.
Bd. III, S. 163 ff. gegebene Darstellung durchaus rechtfertigt;
ferner habe ich zusammen mit Tylodendron Walchia-rLwc\ge gefun-
den, sodass meine Vermuthung, dass die genannten Reste zu-
sammengehören, dass die Tylodendron- Petrefacten als Mark-Stein-
kerne der Stämme von Walchia zu betrachten sind, eine wesent-
liche Stütze gewinnt. Es war diese Vermuthung von Herrn
Prof. WEISS wegen des vermeintlichen Nichtzusammenvorkominens
beider Fossilreste mündlich bestritten worden. Die in Rede
stehende Erhaltungsweise der Tylodendren besteht darin, dass
sich dieselben in dem Gestein stets von einer dünnen, sehr leicht
ab bröckelnden, kohligen Hülle umgeben zeigen (vergl. meinen
Aufsatz ȟber die Volumen- Reduction bei Umwandlung von
Pflanzen -Material in Steinkohle« in der Zeitschrift »Glück auf«,
Essen 1893, No. 80 oder »Naturwiss. Wochenschrift« VIII, S. 485),
ein weiterer Beweis, dass die ursprünglich von Weiss als Polster
beschriebenen Sculpturen in der That nicht einer Stammaussen-
fläche entsprechen.
Ich benutze die Gelegenheit, roitzutheilen, dass sich in der
Sammlung der geolog. Landesanstalt auch Tylodendron aus dem
Voltzien-Sandstein Saarbrückens und aus dem oberen Muschelkalk
bei Pickliessern (Blatt Bitburg) 'befinden, bei denen die Blattspur
genau wie bei den Tylodendren des Rothliegenden scharf bis in
den unteren spitzen Winkel der langgezogenen, von Leitbündel-
Furchen umgebenen Rhomben verlaufen, also die Tylodendron-
Natur besser erweisen als das von A. C. Seward (Geolog. Magazine,
London 1890, S. 218) abgebildete Exemplar eines Markkörpers
von Voltzia heterophylla.
Ein aus Westfalen mitgebrachtes interessantes Stück einer
rhytidolepen Sigillarie mit Wechselzonen hat in diesem Bande
des Jahrbuchs S. 26 ff, Taf. III, Fig. 1, und eine andere Sigillarie
mit Transpirations -Oeffnungen (?), S. 27ff, Taf. III, Fig. 2 Be-
schreibung erfahren.
Jahrbuch 1893.
d
L
Mittheilung des Herrn Dr. Keilhack über seine Auf-
nahmen in Hinterpommern.
Die Aufnahme des Küstengebietes zwischen Rügenwalde und
Stolpmiinde hatte die folgenden wissenschaftlichen Ergebnisse:
Ein nehrungsartiger Streifen Landes, meist aus Flugsand
bestehend, trennt die Küste von grossen flachen Binnenseen oder
von Mooren, die aus ihnen entstanden sind. Diese Wasserbecken
sind als Haffe aufzufassen, die ursprünglich Buchten der Ostsee
darstellten, aber wohl schon in sehr früher Zeit durch die auf
Küstenströmungen beruhende Bildung der Nehrungen von ihr ab-
geschnürt wurden. Sich mehrende Funde mariner Conchylien
unter dem Moore hinter den Dünen sprechen für den ursprüng-
lich marinen Charakter der Haffseen.
Die Nehrungen tragen eine Reihe grossartiger Wanderdünen ;
es wurden Maassnahmen getroffen, die Vorwärtsbewegung der-
selben durch genaue Messungen festzustellen.
Parallel der Küste zieht von Rügenwalde nach NO. ein etwa
2 Kilometer breiter Rücken, der sich um etwa 50 Meter über das
nördlich und südlich vorlagernde flache Land erhebt; ihm parallel
verlaufen noch einige kleinere Rücken weiter nach dem Strande
zu. Diese Rücken enthalten alle einen an zahlreichen Stellen zu
Tage tretenden Kern von Tertiär und zwar von glaukonitreichem
Unteroligocän und von quärzreichem Miocän.
Der heutige Unterlauf der Wipper von der südlichsten
Rügenwalder Schneidemühle an ist künstlich zur Ausnutzung des
Gefälles in unbekannter Zeit angelegt. Die alte Mündung liegt
eine Meile westlicher bei dem Böbbeliner Tief und war für
Grabow und Wipper gemeinsam.
Mittheilung des Herrn A. Jentzsch über die Aufnahmen
des Jahres 1893.
Das fertig aufgenommene Blatt Lessen (G. A. 33, 29) gehört
der westpreussischen Seenplatte an und lässt weder Tertiär noch
ältere Bildungen zu Tage treten. Den allergrössten Theil der
Fläche bedeckt der obere Diluvialmergel (Geschiebemergel), unter
Li
9—25
25 — 33
33 — 34
34-38
welchem andere Schichten des Jungglacial (Grand, Sand, Mergel-
sand, Thonmergel und unterer Geschiebemergel) nur in kleinen
Flächen hervorragen. Das tiefste Profil wurde auf dem Gute
Körberrode durch eine von der Firma Blasendorff in Berlin und
Osterode 1891 ausgeführte Brunnenbohrung erschlossen, welche
folgende Schichten ergab:
0 — 9 Meter ohne Proben (nach der Kartirung liegt ober-
flächlich oberer Geschiebemergel von min-
destens 3 Meter Mächtigkeit);
grauen Geschiebemergel, bei 11 — 12 Meter
Tiefe mit einem unbestimmbaren Muschel-
bruchstückchen ;
geschiebefreien Sand;
sandigen Grand, vorwiegend aus nordischen
Geschieben bestehend;
geschiebefreien Sand, im Aussehen und an
Kalkgehalt gewöhnlichen Diluvialsanden
gleichend.
Der Bohrpunkt liegt etwa 109 Meter über dem Meere.
Sehr viel wichtiger sind die Interglacialschichten, welche an
einzelnen Punkten durchragen. Es sind einerseits mit z. Th.
zweiklappigen Schalen von Pisidium und anderen Süsswasser-
Schalresten erfüllte Sande zu Gr.-Schönwalde, Blatt Lessen, sowie
zu Gr. -Tromnau und Germen, Blatt Niederzehren (G. A. 33; 23),
andererseits kalkfreie Sande und Thone mit Pflanzenspuren zu Gr.-
Schönwalde und Sawdin, Blatt Lessen. Letztere liegen zwischen
Diluvialschichten von normalem Kalkgehalt, und werden bei Sawdin
durch unterdiluviale, mit Osteocollen durchzogene Sande und Grande
bedeckt, in welchen ich vorläufig 4 Schalenstücke (nämlich 2 Car-
dium edule , 1 Nassa reticulata und 1 glattes Stückchen) fand.
Zwar sind diese Meeresreste bis jetzt nur in so geringer Zahl
gesammelt, dass sie nach dem von mir früher *) angegebenen
Merkmale noch nicht völlig darüber entscheiden, ob der Grand
dem Jungglacial oder dem Interglacial zuzurechnen sei. Doch
9 Zeitschr. d. geol. Ges. XLII, 1890, S. 599.
d
tu
spricht der bisher völlige Mangel an Yoldia und D reissensia
immerhin vorläufig für die Reinheit dieser Meeresfaunula, also
für marines Interglacial. Rann würde hier das Interglacial aus einer
oberen marinen und einer unteren Süsswasser-Stufe bestehen,
genau so, wie ich dies früher für die Elbinger Gegend1) nachge-
wiesen habe. Hervorzuheben ist, dass die interglacialen Süss-
wasserscliichten von Sawdin nur 1 1 V2 Kilometer von der inter-
glacialen Meeresschicht zu Neudeck bei Freistadt entfernt sind,
welche ich früher beschrieben habe.
ln Bezug auf Diluvialgeschiebe wäre zu erwähnen, dass
der bekannte versteineruugsreiche Cenomansandstein, den ich an
den Gehängen des Weichsel- und Liebethaies bei Marienwerder
mehrmals, auf den in den letzten Jahren bearbeiteten Blättern
der Seenplatte aber nirgends getroffen hatte, in dem südlich von
Lessen verlaufenden Thale der Ossa wieder in einigen abgerun-
deten Stücken gefunden wurde. Die Verbreitung dieser wich-
tigen Geschiebe von zweifellos preussischer Herkunft ist hiernach
hauptsächlich in den Flusstliälern zu suchen, wo tiefere Diluvial-
schichten hervortreten. Die für diese Geschiebe bezeichnende
Serpula Damesi Nötl. wurde indess auch im Grande der Seen-
platte hin und wieder gefunden.
Das Alluvium des Blattes Lessen besteht hauptsächlich aus
Torf, Wiesenkalk und Abschlemmmassen. Letztere sind für
das ungemein eng gefältelte Gelände der preussischen Seenplatte
besonders bezeichnend ; auch bringt ihre kartographische Dar-
stellung im Verein mit Seen und Torfmooren den Verlauf der
Wellen und Mulden besonders deutlich zur Anschauung. Ueber-
dies erreichen sie oft Mächtigkeiten, welche ihrer Abtrennung
von den umgebenden mergelgründigen Diluvialschichten auch
praktische Bedeutung verleihen. Um dies ziffermässig darzustellen,
wurde links des Weges von Szczepanken nach Lenzwalde ein
Profil aufgenommen, welches die dem oberen Geschiebemergel
entstammenden Abschlemmmassen (HLS bis HSL) mit 2,5 Meter
Tiefe nicht durchsank, und nach der durch Herrn R. Gans im
*) Zeitschr. d. geol. Ges. XXXIX, 1887, S. 492—495.
LIII
Laboratorium der Königl. Geologischen Landesanstalt ausgeführten
Analyse von Oben nach Unten folgende Vertheilung ergab (in
Procenten des Gesammtbodens):
Tiefe
Decimeter
bei mechanischer Analyse
Feinstes 1 Staub
unter 0,01mm 0,05-0,01ram
bei Aufschliessung mit SO3
Thonerde 1 Eisenoxyd
Humus
0— 2
6,1
7,2
1,06
0,72
0,55
2—12
7,7
12,5
1,36
0,90
0,61
12—18
14,3
20,7
2,29
1,35
0,80
18—20
10,4
13,0
1,79
1,05
0,41
20—25
14,9
19,8
2,72
1,53
0,38
Die Nährstoffanalyse der Ackerkrume hält sich für die meisten
Stoffe durchaus in den für Geschiebemergel - Böden geltenden
Grenzen, zeichnet sich aber durch einen vergleichsweise hohen
Phosphorsäure-Gehalt von 0,106 pCt. aus, der indess noch immer
sowohl hinter der durchschnittlichen Phosphorsäuremenge unver-
änderter Geschiebemergel, als auch hinter den Nährstoff bestim-
mungen der alluvialen Schlick- und diluvialen Thon- Ackerkrumen
zurückbleibt.
Auf dem östlich angrenzenden Messtischblatte Schwenten
(G. A. 33, so), dessen südlichster Theil kartirt wurde, fanden sich
gleichfalls bisher nur alluviale und diluviale Bildungen. Unter
letzteren nimmt auch dort Oberer Geschiebemergel (Diluvialmergel)
die grössere Fläche ein , lässt indess doch auf recht erhebliche
Strecken Unteres Diluvium hervortreten. Neben Grand und Sand
ist namentlich Mergelsand in dünngeschichteten ( Bänderthon-ähn-
lichen) Massen reichlich entwickelt, welche am Abbau Peterwitz
(unweit Bischofswerder) durch zahlreiche kleine Verwerfungen
von 0,2 Meter Sprunghöhe zerklüftet sind.
Die im Juli ausgeführte Begehung der Eisenbahnbau-
strecke Elbing-Osterode-Hohenstein ergab mehrere inter-
essante Aufschlüsse. Zunächst ragt bei Lichteinen, südöstlich von
Osterode (Station 72 — 27 bis 72 — f- 55) unter Geschiebemergel
eine ans Grünsand und Grünerde bestehende Tertiär-Sc holl§
LIY
auf 28 Meter Länge über das Planum. Dieselbe entspricht petro-
graphisch dem Unteroligocän des Samlandes — mit welchem sie
auch die groben Quarzkörner gemein hat — und verbindet somit
(im Verein mit Aufschlüssen bei Heilsberg und Pr. Holland) das
samländische Tertiär mit jenen ihrer Stellung nach bis heute nicht
endgiltig aufgeklärten Grünerdefunden von Hermannshöbe bei
Bischofswerder, Blatt Gr.-Plowenz (G. A. 33; 36), welche dort 1871
Veranlassung zu der bekannten, Diluvium, Braunkohlenbildung
und obere Kreide erschliessenden fiscalischen Tiefbohrung gaben.
Die Schollennatur der glaukonitischen Schichten von Lich-
teinen wurde durch eine 2 Meter tiefe Handbohrung festgestellt,
welche unter der Grünerde eine gelbbraune kalkhaltige Masse von
lehmartigem Ansehen ergab, deren Schlemmrückstand bei näherer
Untersuchung rothe Orthoklaskörnchen mit deutlichen und frisch-
glänzenden Spaltungsflächen erkennen liess, und die somit dem
Diluvium, speciell dem Diluvialmergel (Geschiebemergel) zuzu-
rechnen ist. In dem den Grünsand unmittelbar bedeckenden
Geschiebemergel ist eine Anzahl kleiner verwitterter Bernstein-
stücke gefunden, während sonst auf mehrere Kilometer der Bau-
strecke angeblich kein Bernsteinstück gefunden wurde. Dies
deutet darauf hin, dass hier eine Schicht bernsteinführender Grün-
erde zerstört wurde, welche in geringer Entfernung angestanden
hat. Diese Grünerde lag über Kreidebildungen und unter Braun-
kohlenbildung, mithin ganz gleich der samländischen, wie die von
mir früher *) kurz beschriebene , eine Million Kubikmeter ent-
haltende, durch 4 Bohrungen in Osterode inmitten des Diluviums
nachgewiesene Tertiär- und Kreidescholle beweist.
In den Grandgruben von Waplitz bei Christburg, welche zur
Beschüttung der Eisenbahn in grossem Umfange ausgebeutet wer-
den, hat sich eine Anzahl Säugethier - Knochen gefunden, unter
denen ich Bos priscus , Equus caballus foss. , Elephas primigenius ,
Genus sp. und Ursus sp. feststellen konnte. Dieselben sind in-
dess vorläufig nicht als auf ursprünglicher Lagerstätte befindlich,
*) Jentzsch, Bericht über die Verwaltung des geologischen Provinzial-
Museums im Jahre 1891. Sitzungsberichte d. Physikal. - Oekonom. Gesellsch,
zu Königsberg XXXII, 1891, S. 74.
LY
also nicht als interglacial, sondern als Geschiebe auf secundärer
(jungglacialer) Lagerstätte anzusehen, weil die Fauna des Grandes
keine einheitliche, sondern eine gemischte ist. Ausser genannten
Resten von Laudthieren enthält sie nämlich zahlreiche Schalreste,
und zwar am häufigsten solche der frühglacialen Eismeer muschel
Yoldia arctica , ausserdem solche der interglacialen Nordseearten
Cardium edule , Cardium echinatum und der frühglacialen Süss-
wasserart Dreissensia polymorpha und der in allen Stufen des
Diluviums vorkommenden Cyprina Islandica. Alle diese Muscheln
sind als Diluvialgeschiebe aufzufassen, genau so wie die durch
Kunth aufgezählten Jura- und Tertiär- Schalreste vom Kreuzberge
bei Berlin.
Aehnliche Mischfauna wurde noch an mehreren anderen
Punkten der Eisenbahn beobachtet, bietet indess kein allgemeines
Interesse. Um so wichtiger ist die Auffindung einer einheitlichen,
aus zumeist kleinen, zarten Schalen bestehenden Nordseefauna auf
primärer, interglacialer Lagerstätte bei der Stadt Salfeld. Die-
selbe wurde von der Gabelung der von Salfeld nach Kunzendorf
und Goyden führendem Wege mehr als 1 Kilometer nordwärts bis
Station 465 der Baustrecke verfolgt und gehört nachstehendem
Gesammtprofil an:
Jungglacial 1,0 Meter Oberer Diluvialsand (Geschiebesand).
1 Mindestens 4,0 Meter Unterer Diluvialsand mit
Mactra subtruncata, Cardium edule , Tellina soli-
dula , Nassa reticulata , Ccrithium lima , Cardium
echinatum , Corbula .gibba und ? Venus , sowie
? Ostrea edulis.
!1,0 Meter Unterer Geschiebemergel,
1,0 Meter mittelkörniger Spathsand (unterer Dilu-
vialsand),
0,5 Meter Geschiebemergel.
Während hier die Diluvialschichten scheinbar ungestört lagern,
wurden anderwärts erhebliche Störungen beobachtet. So insbe-
sondere auf Bahnhof Alt - Döllstädt (Kreis Pr. Holland), wo bei
St. 200 -b 50 mitten in sehr mächtigem geschiebefreiem Diluvial-
sand eine 2 Meter mächtige Bank Blöcke -führenden Geschiebe-
LVI
mergels in fast senkrechter Stellung quer durch die ganze Breite
des Bahnhofs von WNW. nach OSO. streicht. Sie wurde von
der Oberfläche bis 1,5 Meter Tiefe unter Planum, mithin auf
mindestens 6 Meter Gesammttiefe verfolgt. Dieser Punkt liegt
nur 12 Kilometer östlich der von mir früher 2) abgebildeten
Schichtenstörung von Posilge (Kreis Stuhm).
Die im September ausgeführte Begehung der Eisenbahn-
Baustrecke Nakel-Konitz lieferte für jene bisher geologisch
fast völlig unbekannte Gegend ein ziemlich zusammenhängendes
geologisches Profil von 70 Kilometer Länge. Die bei Beginn der
Arbeit gehegte Hoffnung, diluviale Schalreste aufzufinden, erfüllte
sich nicht. Interglaciale Schichten wurden nicht gefunden, und
selbst die jungglaciale Mischfauna fehlte den Granden bis auf
zwei völlig unbestimmbare Schalenbrocken unbekannten Alters.
Deutliche Durchragungen älterer Diluvialschichten durch jüngere
wurden mehrfach beobachtet, z. Th. mit recht steilem Einfallen,
während anderwärts wieder auf erhebliche Strecken ungestörte
Lagerung der Diluvialschichten aufgeschlossen war. Vordiluviale
Schichten wurden nicht entdeckt.
Betreffs der regionalen Vertheilung der verschiedenen Diluvial-
böden sei vorläufig nur bemerkt, dass das ausgedehnte Geschiebe-
mergel-Gebiet, welches sich von Könitz südöstlich bis Tuchei2)
erstreckt, auch von Könitz 18 Kilometer südlich bis Gamin mit
geringen Unterbrechungen (insbesondere von Sand zwischen Hen-
nigsdorf und Soldau) anhält. Weiter südlich folgen vorwiegend
untere Diluvialschichten von Camin bis Bahnhof Waldungen;
von dort an besteht die Diluvialdecke wieder zumeist aus Ge-
schiebemergel bis kurz vor Nakel, wo die Bahn sich zum diluvialen
Thorn - Eberswalder Hauptthal herabsenkt. Hier treten unter-
diluviale Sande und Mergelsande mit 1 — 2 Geschiebemergelbänken
’) Jentzsch, Beiträge zum Ausbau der Glacialhypothese. Dieses Jahrbuch
für 1884, S. 444-445. — Führer durch die geologischen Sammlungen des Pro-
vinzialmuseums. Königsberg 1892, S. 31, Abb. 14 u. 15.
2) Jentzsch, das Profil der Eisenbahn Könitz- Tuchei -Laskowitz, Dieses
Jahrbuch für 1883, S. 551 — 556. •
LVII
hervor, und es ist bemerkenswert!), dass hier, also am nördlichen
Gehänge des Thorn-Eberswalder Hauptthaies, nur horizontale
Schichtung beobachtet wurde, natürlich abgesehen von der Dia-
gonalschichtung, welche auch hier in Sanden auftritt.
Im Anschluss an diese Bereisung wurde noch das neuange-
legte Braunkohlenbergwerk Buko zu Gostoczyn bei Tuchei be-
sucht, dessen Lagerungsverhältnisse in einer besonderen Mittheilung
beschrieben werden sollen.
Mittheilung des Herrn H. Grüner über die chemische
Zusammensetzung des Gumtower oberoligocän en Mer-
gels auf Blatt Demertin.
Bereits im Jahrbuche 1891 und 1892, S. lxxiii und lxvii
sind die glaukonitischen Mergel in der sogenannten wüsten Feld-
mark Gumtow an der Zarenthin-Gumtower Grenze (Blatt Demertin)
besprochen worden. Es erschien von Interesse chemische Ana-
lysen auch von dem gleichalterigen glaukonitischen Mergel von
Wiepke i./Altm., welcher am zuletzt genannten Orte in 2 Gruben
nordwestlich Ebstedt an der Chaussee von Gardelegen nach Salz-
wedel aufgeschlossen ist, sowie von denjenigen bei Kl. -Freden
unweit. Göttingen — welche beide in ausgedehntem Umfange als
Meliorationsmaterial Verwendung finden — zu bieten.
Die Aufschliessung der bei 100° C. getrockneten, feingepul-
verten Mergel mittelst Flusssäure ergab umstehende Tabelle.
Diese Zahlen sprechen deutlich für die grosse Verschieden-
heit in der Zusammensetzung dreier geologisch gleichalteriger
Mergel und wäre vor allem bei dem Wiepker Mergel der unver-
hältnissmässig hohe Eisenoxydul- und Oxyd-Gehalt (22,92 pCt.),
der geringe Kalk- (2,41 pCt. CaC08), der hohe Magnesia-
(4,04 pCt. MgC08) und der beträchtliche Kaligehalt (6,19 pCt.)
hervorzuheben. Jedenfalls besitzt der glaukonitische Mergel von
Gumtow als Melioi ationsmaterial höheren W erth , da er bei
29,83 pCt. CaC03, 3,04 pCt. K2 O und 1,06 pCt. P2 O5 ent-
hält,
LVIII
Fundort
Gumtow,
a. d. Zarenthiner
Grenze
(Waldecke)
Wiepke i./Altm.
Kl. -Freden
bei Göttingen
1
in Procenter
L
Thonerde
3,76 |
4,54 !)
4,42 0
Eisenoxyd ......
2,43
22,92
13,37
Kalkerde
16,65 2)
1,35 3)
8,39 4)
Magnesia ,
0,38 5)
1,92 6)
0,76 7)
Kali
3,04)
6,19 )
2,78
Natron
’ 3,04
Spur )
[ 7,26
1,07 )
1,36
Kieselsäure
59,15
58,02
60,51
Phosphorsäure
1,06
0,17
0,27
citratlösliche Phosphorsäure
—
(0,029)
(0,026)
Kohlensäure
13,53
3,18
7,43
Eygroscopisches Wasser
(1,05)
(3,66)
(2,11)
Nichtbestimmtes ....
-
0,64
0,62
Summa
100,00
100,00
100,00
0 entspr. wasserhaltigem
Thon
9,51
11,48
11,18
3) entspr. 29,83 CaC03. 3) entspr. 2,41 CaC03. 4) entspr. 14,98 CaC03.
5) entspr. 0,76 MgCC>3. 6) entspr. 4,04 MgCÜ3. 7) entspr. 1,60 MgC03.
LIX
JL
T
Ernst Läufer.
Ernst Läufer wurde am 31. Juli 1850 in Eisenach ge-
boren, woselbst sein Vater Hoftünchermeister war. Den ersten
Unterricht genoss der Knabe in der dortigen ersten Bürgerschule,
die er von 1856 — 1861 besuchte. Im letztgenannten Jahre fand
er Aufnahme in dem Grossherzoglichen Realgymnasium seiner
Vaterstadt, welchem er bis zum Jahre 1869 angehörte, um dann
nach bestandenem Maturitätsexamen die Universität Jena zu
beziehen.
Die schöne Umgehung Eisenachs wirkte mächtig auf das
Gemüth des Knaben ein. Unablässig durchstreifte er die lieb-
lichen Thäler und die mit herrlichem Wald geschmückten Berge
seiner Heimath, und durch diese Wanderungen wurde in ihm
schon frühzeitig eine innige Liebe zur Natur und zur Beobachtung
in der Natur erweckt. Eine grosse Anregung hierzu erhielt er
durch seinen Lehrer und späteren Freund, den am 29. März 1 > 93
gestorbenen Geheimen Hofrath Professor Dr. Ferdinand Senft,
welcher am Grossherzoglichen Realgymnasium und an der Forst-
lehranstalt in Eisenach den naturwissenschaftlichen Unterricht er-
theilte und mit seinen Schülern grosse Excursionen unternahm,
auf denen er sie namentlich auch über den geologischen Bau der
Gegend und über die Beziehungen der verschiedenen Gesteine zur
Bodenbildung und zur wildwachsenden Flora belehrte. Dieser
LX
persönliche Einfluss Senft’s, sowie später das eifrige Studium
seiner Werke ist für die ganze wissenschaftliche Thätigkeit Läufer’ s
von der grössten Bedeutung gewesen, wie man dies überall in
seinen Schriften deutlich hervortreten sieht. Mit besonderer Liebe
und Verehrung gedachte er stets aus seinen Schuljahren seines
Zeichenlehrers Dr. Gallet, der ihn zugleich in der Technik
der Oelmalerei unterwies. In seinen Mussestunden pflegte sich
Läufer auch noch später viel mit dieser Liebhaberei zu beschäf-
tigen; namentlich kam ihm seine Befähigung zum Zeichnen bei
der Anfertigilfag geologischer Landschaftsbilder und Profile zu
Statten.
In Jena widmete er sich dem Studium der Naturwissen-
schaften und hörte unteren anderem die Vorträge von Abbe,
Fischer, Geuther, Haeckel, Reichardt, Schaffer, Schmid
und Strassburger. Vor allem zog ihn die Beschäftigung mit
der Chemie, sowie mit der Geologie und Mineralogie an. Am
Schluss seiner Studienzeit war er anderthalb Jahre lang Assistent
in dem auch zuvor schon fleissig von ihm besuchten chemischen
Laboratorium des am 24. August 1889 verstorbenen Geheimen
Hofraths Professor Dr. A. Geuther. Ebenso trat er in ein
näheres Verhältniss zu dem am 15. Februar 1885 verstorbenen
Geheimen Hofrath Professor Dr. E. E. Schmid, dem er als Assistent
bei den praktischen Hebungen in der Mineralogie und Geologie
zur Hand ging und in dessen gastlichem Hause er die freund-
lichste Aufnahme fand. Auf den geologischen Ausflügen, welche
sein Lehrer in der von ihm geologisch kartirten Umgegend von
Jena unternahm, lernte er das dortige Triasgebiet, sowie die Me-
thode der geologischen Kartirung kennen, auch begleitete er den-
selben mehrmals während der Ferien nach Ilmenau, von wo aus
weite Wanderungen durch den Thüringer Wald unternommen
wurden.
Auf Grand einer eingereichten Dissertation ȟber die Ein-
wirkung von alkoholfreiem Natriumäthylat und essigsauren Salzen
auf Epichlorhydrin«, sowie einer bestandenen Prüfung in der
Chemie, Mineralogie und Botanik erlangte Läufer am 26. August
1873 die Würde eines Doctors der Philosophie an der Universität
LXt
Jena. Zu gleicher Zeit machte er sich an die Bearbeitung einer
Preisaufgabe über »die Quarzporphyre der Umgegend von Ilme-
nau«, welche im Sommer 1873 von Herrn Geh. Commerzienrath
Dr. Ferber in Gera mit Zustimmung der philosophischen Facultät
zu Jena gestellt worden war. Die von Läufer mit dem Motto:
»Arbeit ist Leben« eingelieferte Arbeit, bei welcher ihn Herr
Ilofrath Professor Dr. E. E Schmid in freundlichster Weise
unterstützte, erhielt bei der am 20. Juni 1874 erfolgten Preisver-
theilung den ausgeschriebenen Preis von Einhundert Thalern. Sie
ist im Jahre 1876 in der Zeitschrift der deutschen geologischen
Gesellschaft veröffentlicht worden. Ihr Werth besteht in der petro-
graphischen Charakterisirung der in der Umgebung von Ilmenau
auftretenden Quarz- und Felsitporphyre, sowie namentlich in der
chemischen Untersuchung einer grösseren Anzahl hierher gehöriger
Gesteine.
Durch die Empfehlung des als Mitarbeiter an der geologischen
Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten thätigen
Geheimen Hofraths Schmid trat Läufer am 1. December 1873
in den Dienst der geologischen Landesanstalt zu Berlin, wo er
zunächst unter der Leitung des Herrn Professor Dr. Orth mit
der Ausführung von Bodenuntersuchungeu im Interesse der geo-
logischen Untersuchung des norddeutschen Flachlandes beauftragt
wurde. Im Frühjahr des folgenden Jahres wurde er im Verein
mit Dr. Dulk unter der Leitung des Landesgeologen Professors
Dr. G. Berendt zu den Aufnahmearbeiten für die geologische
Specialkarte im norddeutschen Flachlande mit herangezogen.
Läufer zeigte eine grosse Befähigung für die Kartirungsarbeiten
im Felde und nach mehrjähriger Uebung vermochte er oft schon
aus den Oberflächenformen den geologischen Bau einer Gegend
in ihren allgemeinen Zügen richtig zu erkennen. Als er in den
Verband der geologischen Landesanstalt zunächst als Hülfsgeologe
eintrat, war die geognostisch- agronomische Kartirung des Flach-
landes soeben erst in Angriff genommen. Durch seine Mitwirkung
ist damals sowohl die Methode der kartographischen Darstellung
der Quartärbildungen als auch die Fertigstellung der ersten Karten-
lieferungen wesentlich gefördert worden.
LXII
Am 7. April 1879 wurde er zugleich mit deu Hülfsgeologen
Dr. Dulk, Dr. Bücking und Dr. Wahnschaffe zum etatsmässigen
Assistenten bei der geologischen Landesaufnahme ernannt, worauf
am 1. April 1886 zusammen mit Dr. Wahnschaffe seine Be-
förderung zum Königlichen Landesgeologen erfolgte. Er war
Mitglied der deutschen geologischen Gesellschaft in Berlin, deren
Sitzungen er fleissig besuchte und wurde' im Jahre 1877 zum
correspondirenden Mitgliede der Grossherzoglichen Sächsischen
Gesellschaft für Mineralogie, Geologie und Petrefactologie in Jena
ernannt.
Mitten in voller Thätigkeit wurde er im August 1 884 in
Gransee ganz plötzlich von einem schweren Gehirnleiden befallen,
von dem er nach längerem Kranksein anscheinend wieder genas,
bis dann im Sommer 1887 ein neuer heftiger Anfall auftrat, der,
als keine Besserung mehr zu erwarten war, am 1. März 1890
seine Pensionirung nothwendig machte. Erst am 18. Februar
1893 wurde er von seinen langen, schweren Leiden iu Jena durch
einen sanften Tod erlöst und fand am 21. Februar seine letzte
Ruhestätte in seiuer geliebten Heimathstadt Eisenach, tief be-
trauert von seiner Frau und seinen beiden Söhnen, welche, als
die Unterbringung des schwer Erkrankten in einem Krankenhause
iu Jena erforderlich wurde, nach Eisenach übergesiedelt waren.
Die geologische Landesanstalt hat an Dr. Läufer einen treff-
lichen Mitarbeiter für die Aufnahmen im norddeutschen Flach-
lande verloren. Mit rastlosem Eifer war er unablässig bemüht,
sowohl durch die Arbeiten im Felde als auch durch seine sorg-
fältigen Bodenuntersuchungen im Laboratorium dieses neue Unter-
nehmen zu fördern. Obwohl seine wissenschaftliche Thätigkeit
nach Abzug der durch Krankheit in Anspruch genommenen Jahre
nur ein Decennium umfasst, so hat er doch in diesem kurzen
Zeiträume recht Tüchtiges geleistet.
Wenn wir das im Anhänge mitgetheilte Verzeichniss seiner
Schriften überblicken, so behandeln, mit Ausnahme des schon er-
wähnten Aufsatzes über »die Quarzporphyre der Umgegend
von Ilmenau«, und der »Beiträge zur Basalt-Verwitte-
rung« alle seine übrigen Arbeiten die Bildungen der Quartär-
LXIli
formation. Besonders interessirten ihn, wie dies auch schon in
der letztgenannten Arbeit hervortritt, die Beziehungen des festen
und losen Gesteins zur Bodenbildung und zur Bodencu-ltur. Seine
beiden wichtigsten Arbeiten, »d er Babelsberg« und »die Wer-
d er’ sehen Weinberge«, welche mit sehr guten Bodenkarten
ausgestattet sind, beschäftigen sich ausschliesslich mit diesen Fragen.
In ihnen hat er durch genaue Beobachtungen über die geognostischen
Lagerungsverhältnisse und durch sorgfältige physikalische und che-
mische Analysen einen trefflichen Beitrag zur Kenntniss des mär-
kischen Sandbodens gegeben. Durch diese Untersuchungen er-
hält man ein klares Bild über die Leistungsfähigkeit des dilu-
vialen Sandbodens, wenn derselbe einer rationellen Cultur unter-
worfen wird.
Die in Gemeinschaft mif dem Verfasser herausgegebene Ab-
handlung: »Untersuchungen des Bodens der Umgegend
von Berlin« enthält eine Erklärung und Begründung der Me-
thoden, welche zur Zeit Fei den Bodenuntersuchungen in dem
Laboratorium für Bodenkunde zur Anwendung gelangt waren, zu-
gleich aber auch sind alle bis zum Erscheinen des Buches ausge-
führten Analysen und die daraus abzuleitenden pedologischen Re-
sultate darin in übersichtlicher Zusammenstellung mitgetheilt worden.
Die den Erläuterungen der geognostisch- agronomischen Special-
karte beigefügten Bodenuntersuchungen sollen die geologischen
Bildungen des Flachlandes hinsichtlich ihrer Zusammensetzung
charakterisiren und vom land- und forstwirthschaftlichen Stand-
punkte aus ihre Bedeutung als Culturboden feststellen. Um
diesen Zweck zu erreichen, war Läufer unablässig bemüht, die
angewandten Methoden zu prüfen und zu vervollkommnen, wie
dies aus den in diesem Buche mitgetheilten Untersuchungen, sowie
aus den kleineren, in dem Schriftenverzeichniss angegebenen Mit-
theilungen deutlich hervorgeht.
Unter den Schriften rein geologischen Inhalts verdient be-
sonders der Aufsatz über »die Lagerungsverhältnisse des
Diluvialthonmergels von Werder und Lehnin« hervor-
gehoben zu werden. Läufer beobachtete in den tiefen Thon-
gruben von Petzow und Glindow bei völlig horizontaler Lagerung
txiv
der liegenden Schichten eigentümliche sattelförmige Aufpressungen
des Thones, deren Sattelaxen parallel zu den Thalrändern ver-
liefen. Er erklärt diese Erscheinungen durch den einseitigen Druck
der Thalränder nach Aufhebung des Zusammenhanges der Schichten
durch die Erosion des Thaies. Ausserdem stellt er dabei Druck-
wirkungen des Inlandeises nicht völlig in Abrede.
Von Wichtigkeit war die Auffindung von sehr schön
geschliffenen und geschram raten Septarien, die er in der
Septarienthongrube von Hermsdorf bei Berlin unmittelbar unter
der Bedeckung von Geschiebemergel beobachtet hatte und welche
zusammen mit den bereits in Rüdersdorf nachgewiesenen Glaeial-
schrammen einen neuen Beweis für die Richtigkeit der ToRELL’schen
Inlandeistheorie bildeten.
Den praktischen Interessen der Landwirtschaft diente er
durch die Aufsuchung von nutzbaren Mergellagen in der
Provinz Hannover. Die dort ausgeführten Reisen gaben ihm
Gelegenheit zu mehreren Mittheilungen über die Diluvialbildungen
dieser Provinz.
Diejenigen, welche mit Läufer zusammen gearbeitet haben,
werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Er wird ihnen
stets als ein Vorbild eifrigen wissenschaftlichen Strebens, sowie
strengster und gewissenhaftester Pflichterfüllung gelten.
Dem für seine erste wissenschaftliche Arbeit gewählten Motto :
»Arbeit ist Leben« ist er treu geblieben, so lange es ihm ver-
gönnt war, zu arbeiten.
LXV
Verzeichniss
der
Schriften von Ernst Läufer.
1875. Die Klärung der Schlämmwässer bei Bodenanalysen. (Land-
wirthschaftl. Versuchsstationen ed. Prof. Dr. E. Nobbe. Bd. XVIII,
1875.)
1876. Die Quarz-Porphyre der Umgegend von Ilmenau. (Zeitschr. d.
Deutsch, geol. Ges. XXVIII, 1876, S. 22-48.)
1878. Beiträge zur Basalt-Verwitterung. (Ibid. XXX, 1878, S. 67 — 96.)
— Methode zur Trennung der krystallinischen Kieselsäure, besonders
des Quarzes, im Gemenge mit Silicaten. (Berichte d. deutsch,
chem. Ges. XI, 1878, S. 60 u. 61.)
— Ueber das Verhalten von Quarz und der Kieselsäure überhaupt
zu Phosphorsalz. (Berichte d. deutsch, chem. Ges. XI, 1878,
S. 985 u. 936.)
1881. Ueber »Wallsteine« und ein Puddingsteingeschiebe aus der Um-
gegend von Berlin. (Jahrb. d. königl. preuss. geol. Landesanst.
f. 1880 Berlin 1881, S. 335—337.)
— Ueber geschliffene und geschrammte Septarien aus dem Herms-
dorfer Septarienthon. (Ibid. S. 338 u. 339.)
— Ueber das Auftreten von Gletscherschliffen und Schrammen an
den oligocänen Septarien von Hermsdorf bei Berlin. (Neues
Jahrb. für Mineralogie etc. 1881, 1. Bd. S. 1 u. 2.)
— Der Babelsberg. (Jahrb. d. königl. preuss. geol. Landesanst.
f. 1880, Berlin 1881, S. 294—334.)
— mit F. Wahnschafee, Untersuchungen des Bodens der Umgegend
von Berlin. Mittheilungen aus dem Laboratorium für Bodenkunde
der königl. Preuss. geologischen Landesanstalt. (Abhandl. z. geol.
Specialkarte von Preussen u. s. w. Bd. III, H. 2.)
1 882. Ein Süsswasserbecken der Diluvialzeit bei Korbiskrug nahe Königs-
Wusterhausen. . ( Jahrb. d. königl. preuss. geol. Landesanst. f.
1881, Berlin 1882, S. 496—500.)
— Die Lagerungsverhältnisse des Diluvialthonmergels von Werder
und Lehnin. (Ibid. S. 501 — 522.)
— Aufschlüsse in den Einschnitten der Stargard-Cüstriner Eisenbahn
.(Ibid. S. 523—534.)
— Aufschlüsse im Diluvium der Provinz Brandenburg. (Zeitschr.
d. Deutsch, geol. Ges. XXXIV, 1882, S. 202—204.)
— Orthoklasfreier Melaphyr von Winterstein (Thüringen). (Ibid.
S. 204—205.)
Jahrbuch 1893. q
LXVI
1883. Der rothe schwedische Sandstein (Dalasandstein) als Färbungs-
mittel einiger Diluvialmergel bei Berlin. (Jahrb. d. königl. preuss.
geol. Landesanst. f. 1882, Berlin 1883, S. 115 — 119.)
— Auffindung, Untersuchung und Verwendung des Mergels in der
Provinz Hannover. (Protokoll der Winter-Versammlung des
Central- Ausschusses der Königl. Landwirthschafts-Ges. für die
Provinz Hannover, am 20. — 23. November 1883.)
Ueber Aufschlüsse im Diluvium von Schonen und der Insel Hven.
(Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXXV, 1883, S. 619—622.)
Ueber die weitere Verbreitung von Riesenkesseln in der Lüne
burger Haide. (Ibid. S. 623 u. 624.)
1884. Verlauf und Ergebnisse der diesjährigen Untersuchungen seitens
der geologischen Landesanstalt zur Auffindung von Mergellagern
in der Provinz Hannover. (Hannov. Land- und Forstwirthschaftl.
Zeitung No. 41, Jahrg. 37, vom 17. Sept. 1884, S. 1 — 8.)
— Das Diluvium im noi’döstlichen Theile der Provinz Hannover.
(Jahrb. d. preuss. geol. Landesanst. f. 1883, Berlin 1884, S. 310
bis 328.)
— Ueber die Lagerung, petrographische Beschaffenheit und Gewinnung
des Unteren Diluvialmergels in Hannover. (Ibid. S. 594—597.)
— Die Werder’schen Weinberge. Eine Studie zur Kenntniss des
märkischen Bodens. (Abh. zur geol. Specialkarte von Preussen
u. s. w. Bd. V, H. 3, 110 Seiten.)
1887. Bemerkungen, über die Fortsetzung des alten Havellaufes vom
Schwielow-See und Caniner Luch nach Brandenburg. (Jahrb. d.
königl. preuss. geol. Landesanst. f. 1886, Berlin 1887, S. 19 bis 21.)
Von der geologischen Specialkarte von Preussen und den Thürin-
gischen Staaten im Maassstab 1 : 25000 hat E. Läufer folgende Blätter
bearbeitet oder ist an deren Aufnahme betheiligt gewesen:
Läufer: Königs-Wusterhausen, Friedersdorf, Bernau, Grünthal.
Berendt und Läufer: Oranienburg, Hennigsdorf, Fahrland, Potsdam,
Gross-Beeren.
Berendt, Läufer und Scholz: Zehdenick, Lieben walde.
Berendt, Läufer und Dulk: Werder.
Berendt, Läufer und Grüner: Trebbin.
Keilhack und Läufer: Wandlitz, Schönerlinde, Klein-Mutz, Nassen-
heide, Lehnin.
Beushausen und Läufer: Gross-Kreutz, Gross -Wusterwitz.
Berlin im November 1893.
F. Wahnsehaffe.
LXVIl
t
Karl August Lossen.
Karl August Lossen , Sohn des in Hohenschwand im
Schwarzwald ihm vor wenigen Jahren im Tode vorausgegangenen
Geheimen Sanitäts-Raths Valentin Lossen und dessen in Kreuz-
nach verstorbener Gattin Charlotte geb. Mayer war am 5. Januar
1841 an letztgenanntem Orte geboren, wo sein Vater damals als
Badearzt wirkte. Ueber seine Jugendentwickelung wäre es wohl
den Eltern und diesem oder jenem seiner nahestehenden Ver-
wandten möglich gewesen, manches Nähere mitzutheilen, dem
Freunde und Amtsgenossen trat er, ausser in flüchtiger Begegnung
während der theilweise zusammenfallenden Studienzeit in Berlin
anfangs der sechziger Jahre, erst als der fertige Mann in geistiger
und körperlicher Vollkraft entgegen. Als solchen ihn zu schildern
und in unser Gedächtniss zurückzurufen, sollen daher diese Zeilen
auch allein versuchen. Zuvor nur noch einige Zahlenangaben,
wie sie den Lebensweg eines jeden umgrenzen. Vom Herbst 1850
bis dahin 1859 besuchte der Knabe Lossen das Gymnasium seiner
Vaterstadt und verliess dasselbe mit dem Zeugniss der Reife, um
sich, getreu den Familienüberlieferungen, denen zu Folge seine
Grosseltern väterlicher wie mütterlicher Seits aus Hüttenmanns-
familien stammten, dem Studium des Berg-, Hütten- und Salinen-
faches zu widmen.
LXVIII
Die damals geltenden Vorschriften zur Ausbildung für die
Laufbahn der Staatsbeamten in diesen Fächern verlangten zu-
nächst eine zweijährige practische Thätigkeit. Lossen trat die-
selbe als Bergbaubeflissener in den Erzgruben des Müsen’schen
und des Siegener Landes an und ging nach dem zum Abschluss
des ersten Jahres in der Grube vor Ort bestandenen prac-
tischen Examen, dem sogenannten Tentamen, als Bergexspec-
tant in’s Saarbrücker Revier zur Befahrung der dortigen grossen
Steinkohlengruben des Staates. Sicher nicht mit Unrecht theilte
Lossen mit seinen späteren Amtsgenossen, die einen gleichen
Ausbildungsgang durchgemacht hatten, das Bewusstsein, dass ge-
rade die in diesen zwei Jahren gepflegte tägliche Uebung,
Schichten und Gänge unter Tage zu verfolgen, sich in dem
scheinbaren Gewirre der Strecken, der Ab- und Ueberhauen,
Querschläge und Schächte jederzeit und mit immer wachsender
Leichtigkeit zurechtzufinden, ja endlich verworfene Lagerstätten
wieder auszurichten, also hinter der Verwerfung aufzusuchen oder
doch an Ort und Stelle zu erkennen, wie man früher durch
Krummort oder Absinken den verworfenen Flötztheil ausgerichtet
hatte, eine unschätzbare, ja nicht zu ersetzende Vorbildung für
den Geognosten und gerade für den kartirenden Geognosten ge-
wesen ist.
Im Herbst 1861 bezog der junge Lossen die Universität
Berlin, der er 4 Semester 1861/63 angehörte, daneben während
der zwei letzten Semester 1862/63 zugleich als Schüler der kurz
zuvor entstandenen, ja damals eigentlich noch immer im Entstehen
begriffenen Bergakademie. Gustav und Heinrich Rose, Beyrich
und Roth, Rammelsberg, Mitscherlich u. A. waren an der
Universität, Lottner, Achenbach, Bertram u. A. an der Berg-
akademie seine Lehrer. Das dritte Studienjahr, 1863/64, sah ihn
an der Saale hellem Strande, wo er in Halle der Schüler Girard’s
wurde und gleichzeitig im Laboratorium von Heinz, wo sein
älterer Bruder (der jetzige Professor der Chemie in Königsberg)
Assistent war, sich mit den für das heranrückende Bergreferendar-
Examen nöthigen practisch - chemischen Arbeiten beschäftigte.
Allein schon war die Liebe zur reinen Wissenschaft zu mächtig
LXIX
in unserm Lossen geworden und statt das letzte der sieben Lehr-
jahre für die bergmännische Staatslaufbahn, das damals sogenannte
Büreaujahr anzutreten, begab er sich auf Girard’s Rath auf die
Wanderschaft, Material und lebendige Anschauungen zu einer Pro-
motioDsarbeit zu sammeln, die ihn den Doctorgrad erwerben und
damit die erste Stufe rein wissenschaftlicher Lehrthätigkeit er-
steigen lassen sollte.
In diese Zeit fällt auch die erste Bekanntschaft Lossen’s
mit seinem nachmaligen Amtsgenossen und nächsten Mitarbeiter
im Harz, mit Kayser, jetzt Professor der Geologie in Marburg.
Gern folgte dieser, wie er in einem, Lossen gewidmeten Nach-
rufe im Jahrbuch für Mineralogie etc. (Bd. II, 1893) selbst be-
schreibt, der Aufforderung desselben, ihn auf seinen Kreuz- und
Querzügen durch das schöne Gebiet am Südabfall des Hunsrück,
im Winkel zwischen Nahe und Rhein zu begleiten und frühzeitig
lernten hier beide, nicht ahnend wie nöthig sip es für ein späteres
segensreiches Zusammenarbeiten im Harz haben würden, sich mit
ihren, bei wissenschaftlichen Fragen nicht ausbleibenden Meinungs-
verschiedenheiten in einander zu finden. Leicht aber war es nicht,
so später wie damals, Lossen von einer einmal gefassten Meinung
abzubringen. Das beweist so recht ein Vorfall aus jener Zeit,
den Lossen in späteren Jahren mit Vorliebe zu erzählen pflegte
und den auch Kayser dementsprechend berichtet. Es war kein
Geringerer, als der schon damals von allen Geologen besonders
hochverehrte H. von Dechen, dem gegenüber, auf einem jener,
auch im Sommer 1864 fortgesetzten wissenschaftlichen Streifzüge
durch die genannte Gegend, Lossen mit Feuereifer seine ab-
weichende Meinung vertrat, der aber, als Lossen am folgenden
Tage seine Verzeihung wegen des so hartnäckigen Widerspruches
gegenüber einer solchen Autorität erbat, ihm nicht nur seine
Freude über den Zwischenfall aussprach, sondern ihm auch den
guten Rath mitgab, sich auf seinem wissenschaftlichen Lebens-
wege nie von Autoritäten bestimmen zu lassen.
Im Frühjahre 1866 (28. Mai) errang Lossen in Halle. auf
Grund seiner Dissertation über die Geologie des Taunus, welche
ausführlicher im folgenden Jahre unter dem Titel »Geognostische
LXX
Beschreibung der linksrheinischen Fortsetzung des Taunus« in
der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft erschien,
den Doctorgrad. Mit seines Gönners v. Dechen’s Empfehlung
hatte er sich schon einige Zeit vorher der im Schoosse der ersten
Abtheilung des Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche
Arbeiten, unter der hohen Gunst wie selbsteigensten Pflege Krug
von Nidda’s und unter Beyrich’s wissenschaftlicher Leitung er-
blühenden geologischen Landesuntersuchung zur Verfügung ge-
stellt. Weitschauenden Blickes hatte Krug von Nidda, dieser
grösste Bergmann seines Jahrhunderts, in Hauchecorne, dem
neuernannten Direktor der Bergakademie, soeben den Mann ge-
funden, der in engem Vereine und tief innerstem Einverständnisse
mit Beyrich aus den bescheidenen Anfängen heraus seitdem die
preussische geologische Landesanstalt ins Leben rief und zu dem
gestalten half, was sie gegenwärtig ist.
Unter dieser Leitung begann unser Lossen, nach seiner im
Juni 1866 erfolgten Anstellung als Hülfsgeologe, seine wissen-
schaftliche Laufbahn. Zunächst ausschliesslich als kartirender
Geologe thätig, fand er für seine Vorliebe zu petrographischen
Studien in seinem ersten Arbeitsgebiete, dem Harzgebirge, dem
er in unermüdlicher Thätigkeit bis zu seinem Ende treu geblieben
ist, ganz besondere Nahrung, so dass ihm, ohne Aenderung seiner
Stellung bei der geologischen Landesuntersuchung, mit dem 1. März
1870 der durch Laspeyres Berufung nach Kiel erledigte Lehr-
stuhl für Petrographie an der Königlichen Bergakademie über-
tragen werden konnte, wobei er im Sommersemester seiner Auf-
nahmethätigkeit im Harz, im Winter seiner Lehrthätigkeit an der
Bergakademie oblag. Dass und wie er letzterer zur besonderen
Zierde geworden, das bezeugen hunderte von Schülern, die ihm
Dank wissen.
Im selben Monat, 30. März 1870, habilitirte er sich zu
gleicher Lehrthätigkeit an der Königlichen Universität. Nachdem
er aber durch Diplom vom 9. April 1873 bei Gründung der geo-
logischen Landesanstalt zum Königlichen Landesgeologen ernannt
worden, blieb seine Kraft dieser Anstalt dauernd erhalten.
Wieviel er zu ihrem Erblühen und zu ihrem Ansehen beige-
LXXI
trageu, das beweisen seine wissenschaftlichen Arbeiten,
deren er uns einen reichen Schatz hinterlassen hat; Arbeiten, die er
selbst aus- und zu Ende geführt hat; Arbeiten, die er begonnen;
Arbeiten, die er angedeutet und nachfolgenden Kräften gewisser-
maassen als Aufgabe gestellt hat. Denn, so schreibt ein Schüler
von Rosenbusch, durch diesen »zur Verehrung für Lossen er-
zogen«, sehr richtig: »Wie er durch seine Werke auf seine Zeit-
genossen auch in der Ferne gewirkt hat, so werden noch Gene-
rationen auf der Arbeit seines Geistes fussen,. aus ihr Lehre und
Anregung schöpfen«.
An diesen wissenschaftlichen Arbeiten, die sein Andenken
für alle Zeiten xmd nachfolgenden Geschlechter gewährleisten, uns
zu erfreuen, möge einem besonderen Ueberblicke derselben Vorbe-
halten bleiben. Um sie voll zu würdigen und in das entsprechende
Licht zu stellen, scheint es mir so natürlich, einem ganz in diesen
Arbeiten Lebenden und dadurch Berufeneren hierzu das Wort zu
überlassen *). Die folgenden Zeilen aber sollen es versuchen,
Lossen in seiner ganzen eigenartigen Persönlichkeit
uns noch einmal zu vergegenwärtigen und kommenden Ge-
schlechtern zu schildern.
In seiner ganzen Vollkraft trat er im Jahre 1874 dem Freunde
und Amtsgenossen entgegen. In dieser seiner Vollkraft wirkte
er mit ihm und anderen Mitarbeitern bis zum letzten Jahre seines
Lebens. In dieser seiner Vollkraft mag er, nachdem ihm am
31. Dezember 1881 noch der Titel eines Professors an der Berg-
akademie verliehen worden und ihn am 20. Dezember 1886 die
philosophische Fakultät der Universität Berlin zu ihrem ausser-
ordentlichen Professor ernannt hatte, auch heute noch einmal uns
entgegentreten mit dem sinnigen »Glückauf« für den Fachge-
nossen, mit dem warmen »Grüss Gott« für jeden, der einst seinen
Lebensweg kreuzte.
Wer fühlt, seiner gedenkend, nicht von neuem seinen biederen
Handschlag, so einzig in seiner Art, so urkräftig und doch so an-
heimelnd. Vom grossen grauen Schlapphut die breite, trutzige Stirn
0 Anmerkung der Redaction : Der nächste Band des Jahrbuches wird eine
Würdigung von Losskn’s wissenschaftlichen Arbeiten enthalten.
LXXII
beschattet, steht seine kräftige, gedrungene Gestalt wie einst in ge-
sunden Tagen vor uns. Sonnig und lebensfrisch trifft uns trotz
der buschigen dunklen Augenbrauen und der Falten auf der Stirn
der Blick aus dem vom grossen schwarzen Barte voll umrahmten
Gesicht, und fast will es uns unglaublich erscheinen, dass die
Krankheit sich an dieses prächtige Bild gesunder rüstiger Schaffens-
kraft heraugewagt, dass der Tod ihn so rasch im blühenden
Mannesalter von 52 Jahren herausgerissen aus reichem, tief ge-
gründetem Familienglück und einem Kreise von Freunden und
Collegen, die in seltener Einmüthigkeit ihm unverhohlen ihre auf-
richtige Verehrung zollten.
Ja, wer hätte sich nicht sofort zu ihm hingezogen gefühlt,
wenn ihn der warme, freundliche Strahl dieses nicht grossen, aber
klaren und treuherzig, ja selbst schelmisch frohen Auges traf,
wenn ihm Lossen in seiner herzgewinnenden, feinsinnigen Art
zum ersten Male entgegen trat. Dass uns hier ein Mann von
seltener Geistes-, Herzens- und Wissensbildung und geradem,
man möchte sagen, idealem Charakter gegenüber stand, das fühlte
wohl ein jeder als ersten Eindruck dieses Trefflichen auf sich
wirken, und wenn er selbst auch mit einer wahrhaft rührenden
Bescheidenheit seine edlen Eigenschaften, sein Wissen und Können,
wie etwas Selbstverständliches, dem Lobe und der Anerkennung
zu entziehen wusste, so »erkannte man, ohne bei dieser Herzens-
güte und Bescheidenheit gedemüthigt zu sein, doch mit Freude«
— wie einer seiner Freunde so wahr zugiebt — in ihm nur zu
oft den besseren Menschen.
Ohne dabei, wie so häufig, wenn ein Stern am Erdenhori-
zonte verschwunden ist, ihm eine leere Phrase nachzurufen, kann
man von Lossen mit Ueberzeugung sagen, er bleibt in vielem
ein unerreichtes, ja leuchtendes Vorbild. Im Besonderen »das
Vorbild eines echten deutschen Bergmannes nennt ihn unter den
zahlreichen Schreiben, die sein Hinscheiden betrauern, das eines
bedeutenden Mannes der Praxis, pflichttreu, fleissig, gottesfürchtig,
einfach, voller Liebe und Hingebung für alles Schöne und Gute — «.
In Gedanken treten wir mit ihm in seinen Familienkreis.
Wohlig und wohnlich umweht uns die Luft eines echten deutschen
LXXIII
Heims, der Stätte, die der Deutsche nun einmal vergeblich zum
zweiten Mal auf dem Erdenrunde sucht. Seit er am 29. December
1870, während jenseits des Rheines unter den Anfängen des Bom-
bardements von Paris das deutsche Reich deutscher Nation sich
zu einigen begann, in Wiesbaden von einem Verwandten, Pfarrer
Lossen von Sinz, mit Marie Therese, der am 4. Februar 1839
geborenen Tochter des Hiittenhorrn der Emmershäuser Hütte
Joseph Lossen, ehelich verbunden sich einen neuen eigenen Heerd
gegründet hatte, besass er an ihr die echte deutsche Gattin, die
in Wort und That es verstand, ihm sein Haus zu einer Stätte der
Erholung nach geistiger und körperlicher Anstrengung zu ge-
stalten, ihm die unausbleiblichen Sorgen in Leben und Amt zu
verscheuchen und die in treuer inniger Liebe an ihm hing.
Mit ihr sich eines Sinnes fühlend in dem gleichen streng
religiösen Gefühl, sah er sich durch ihr warmes Interesse an seiner
Wissenschaft stets neu angeregt und in seinem lebhaften Sinn und
Verständniss für Kunst und Natur freudig bestärkt. So war er
nicht nur ein edler Lebensgefährte und eine unersetzlich treue
Stütze für seine Gattin, sondern genoss auch mit ihr in wirklich
häuslichem Glücke den vollen Segen einer zufriedenen Ehe.
Ein Blick in dieses reiche schöne Familienglück in den Weih-
nachtstagen zeigt ihn uns so recht als den Familienvater des
deutschen Hauses.
Auf einem niedrigen, weiss umhüllten Kindertischchen die
schlanke deutsche Weihnachtstanne und vor ihr, von den schmuck-
bedeckten Zweigen umschwankt und dem hellen Lichterkranz um-
strahlt, eine schlichte kleine Holzkrippe mit dem regelrecht auf
Stroh gebetteten Jesusknäblein aus Wachs; rings an den Wänden
die schmalen, weiss umhangenen Tafeln, reich mit Geschenken
für Alt und Jung . bedeckt. Hier war ihm wohl, von dem Fest-
jubel seiner drei Kinder umringt, an seiner Seite die treue Gefährtin
froher wie sorgenvoller Tage. Wie sang er da mit dem frommen
reinen Gemüth eines warmherzigen Kindes die alten deutschen
Weihnachtsweisen mit, wenn zur Baumplünderung die Spielkame-
raden seiner Kinder mit diesen und dem Elternpaar den uralten
Weihnachtsreigen um den im letzten Glanz prangenden Baum
LXXIV
zogen; wie treuherzig und tiefempfunden klang dann seine Frage
an den Knaben, mit dem er, die markige Hand auf seinen Kraus-
kopf gelegt, vor der Krippe stand: »Gelt Bub, du versprichst doch
dem Christkindl im nächsten Jahr auch ein recht braver Bub
zu sein?«
Lossen war eben das Gegentheil eines in sich abgeschlossenen
Gelehrten, er fühlte sich im Hause als den Mittelpunkt seiner
Familie, als den Vater, der sich voll bewusst war, welch’ reicher
Schatz ihm in seinen Kindern an vertraut, aber auch welche Ver-
antwortung er geistig und leiblich für sie übernommen. Reiche
Liebe bot er ihnen neben der ernsten Erziehung zu allem Edlen
und Hohen und so erntete er auch von ihnen treue Anhänglich-
keit und wird ihnen noch manchmal in seiner Treue bis in’s
Kleinste fehlen, aber sie darin auch als nacheiferungswürdiges
Vorbild umschweben.
Mit dem echt rheinischen Frohsinn war es dann aber auch
Lossen so recht gegeben, dem Kreise von Freunden und Be-
kannten die Stunden geselligen Beisammenseins lieb und gemüth-
lich zu machen.
Es grüne die Tanne,
Es wachse das Erz,
Gott schenke uns allen,
Ein fröhliches Herz!
Diesen Harzer Bergmannsspruch hatte er sich ganz besonders
zu seinem Lieblingsspruch erkoren und mit ganz besonderer Freude
hatte er ihn, von seinem ältesten Töchterchen in Holz gebrannt,
noch am vorletzten Weihnachtstage über der Thür seines Arbeits-
zimmers befestigt.
Kein Freund lärmender, prunkender Festlichkeit, liebte er doch
frische deutsche Geselligkeit, und herzliche Gastfreundschaft empfing
jeden, der seine Schwelle überschritt. Seine ungemein frische
Heiterkeit riss unwillkürlich die Gesellschaft mit und er verstand
es geradezu meisterhaft, trotz launiger Worte sein tief innerliches
Gemüth zur Geltung zu bringen. Was sein offenes Auge in
frischem, ja poetischen Empfinden in sich aufnahm, das wusste
sein Toast auch frisch und fesselnd in warmer Sprache, nicht
selten gebundener Rede wiederzugeben.
LXXV
Jeder hörte ihn gern an sein Glas schlagen ; jeder folgte gern,
wenn er einer Sache wieder eine neue, hier und da frisch humo-
ristische Seite abzugewinnen wusste, wobei sich dann sein sonst
tiefes Organ dem Bilderreichthum harmonisch anschmiegte, der
sonst im Grunde ernste Ausdruck seiner ehrlichen Augen einer
begeisterten Wärme Platz machte. Lossen verstand es eben sich
im Wort wie in der That alle Herzen zu gewinnen, nicht nur
jedes Ding im lichten Sonnenschein zu sehen, sondern auch diese
warmen Strahlen auf die Hörer ausgehen zu lassen.
Wem es nun vergönnt gewesen, Lossen seinen Freund, seinen
Amts- oder Berufsgenossen zu nennen, der fühlt es mit Recht,
wie sein Verlust stellenweise eine unausfüllbare Lücke bleiben wird.
Was Lossen bot, war aufrichtige selbstlose Freundschaft, die
in ein um so helleres Licht trat, je geringer heutzutage die Schaar
derer, deren wirklich uneigennützige Freundschaft die Feuerprobe
zu bestehen vermag. Welche herzliche Theilnahme brachte er
stets dem Wohl und Weh befreundeter, oft selbst fremder Familien
entgegen, wie innig wusste er andrer Leid mitzufühlen, wie einzig
sein edles Mitempfinden auszusprechen.
Seine treue lautere Gesinnung und wohlmeinende Offenherzig-
keit sicherten ihm unbeschränktes Vertrauen und allgemein grosse
Verehrung bei Freunden wie Collegen, so leicht auch sonst oft
deutsche Geradheit, besonders im wissenschaftlichen Verkehr, bei
den kleinsten Meinungsverschiedenheiten missverstanden wird.
Diese Collegialität Lossen’s zeichnet Lepsius recht treffend in
einem Briefe an die Wittwe, wenn er sagt: »sein stets zuver-
lässiger und offener Charakter machte ihn bei jedem Collegen be-
liebt; es war selbst bei verschiedenen Ansichten ein wahres Ver-
gnügen mit ihm zu disputiren.«
Wie leicht hätte Missgunst die Bewunderung seiner Tüchtig-
keit und Fähigkeit, Thatsachen wissenschaftlich zu verwerthen,
verdunkeln können, wenn nicht seine edle Liebenswürdigkeit und
sein warmes Interesse für andrer Arbeiten jeden neidlos hätte zu
ihm aufblicken lassen, der einer der ersten in den Reihen geistiger
Arbeit war und auch bleiben wird.
Diese seltenen Eigenschaften machten Lossen denn auch be-
sonders geeignet für wissenschaftliches Vereinsleben, an dem er
LXXVI
regen Antheil zu nehmen pflegte. Nicht nur, dass er bei den
Sitzungen wie Nachsitzungen der Deutschen geologischen Gesell-
schaft zu Berlin, der er schon im December 1866 als Mitglied
beigetreten war, die Sommerzeit natürlich ausgenommen, selten
fehlte, er war auch seit derselben Zeit (30. December 1866) Mit-
glied des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande
und Westphalens; seit dem 8. Februar 1868 correspondirendes
Mitglied der kais. königl. geologischen Reichsanstalt in Wien ; seit
dem 20. November 1877 Ehrenmitglied der Gesellschaft natur-
forschender Freunde zu Berlin und ebenso seit dem 20. Januar
1887 des naturwissenschaftlichen Vereins des Harzes in Wernige-
rode. Am 2. Mai desselben Jahres, 1887, ernannte ihn die So-
ciete Beige de Geologie, de Paleontologie et d’Hydrologie zu
ihrem Membre honoraire; am 5. Juni 1890 die ostpreussische phy-
sikalisch-ökonomische Gesellschaft zu Königsberg i/Pr. zu ihrem
auswärtigen Mitgliede; am 25. März 1891 die Geological Society
of London zu ihrem foreign Correspondent und endlich der Harz-
verein für Geschichte und Alterthumskunde zu seinem ordent-
lichen Mitgliede.
Viele Jüngere haben in Lossen einen ihnen stets mit herz-
licher Freundlichkeit entgegen kommenden Amts- oder Berufs-
genossen, einen aufrichtig geliebten Lehrer oder gar einen treuen
väterlichen Freund und Berather verloren, von dem sie so oftmals
diese oder jene mündliche wie schriftliche Belehrung und manche
geistvolle Anregung genossen.
Ja, ein getreuer Berather war Lossen, dessen offenes, rück-
haltloses Aussprechen im Verein mit der freundlichen Gefälligkeit
und Opferwilligkeit in reichem Maasse in Anspruch genommen
wurde und es ist tief schmerzlich, dass es seinen reichen Anlagen
nur so verhältnissmässig kurz gestattet war ihre edlen Güter zum
Wohle der Menschheit zu verwerthen. Wo er zu rathen, zu
helfen vermochte, da konnte man sicher sein, unser Lossen war
bereit und was er that, was er thun konnte, das geschah gern
und bald.
Auch über die Lehrtätigkeit dieses seltenen Mannes herrscht
ein einstimmig zu nennendes Urtheil hoher Verehrung unter seinen
LXXVII
zahlreichen Schülern, das sich etwa dahin znsammenfassen lässt:
Das, was er in der Vorlesung und in den damit verbundenen
[Jebungen bot, lässt sich von seiner gewinnenden, so »überaus
gemüthvollen Persönlichkeit« nicht trennen. Sein Vortrag
war »ungemein anziehend, ja begeisternd«; nicht das, was
man glänzend nennt, aber weit nachhaltiger infolge des sich jedem
Hörer aufdrängenden Gefühls, dass der Lehrer in seinen form-
vollendeten, aber unvermittelt aus dem Borne seines reichen
Wissens geschöpften Vorträgen seine nach angestrengter Arbeit
errungene und erworbene Ueberzeuguug und damit einen Theil
seiner Persönlichkeit selbst gab.
»In den Hebungen liess er das Gefühl der Beschämung über
eigene Unwissenheit oder Versehen nicht aufkommen. Hatte man
ein falsches Ergebniss erzielt, so wurde man durch seine humor-
vollen, jeder Schärfe entbehrenden Bemerkungen in angenehmster
Weise auf den richtigen Weg geführt.«
Seinem gerechten und milden Urtheil, obgleich er nicht ge-
ringe Anforderungen stellte, beugte sich jeder gleichsam leicht.
Er war, wie Herrmann Cr.edner so wahr sagt, »ein gegen sich
strenger, gegen andere nachsichtiger Forscher und getreuer Be-
rather«.
Ueber Lossen’s Stellung zu seiner Zeit, zu den grossen Er-
eignissen der 60er und 70er Jahre, als Staatsbürger und zu
unserm Kaiserhause, das seine Verdienste um die Wissenschaft
auch am 20. November 1889 mit dem Rothen Adlerorden aus-
zeichnete, wüsste ich den »diesen treuen und starken Menschen«
als sein Ideal schildernden Worten eines seiner Vettern kaum
noch etwas hinzuzufügen, wenn dieser schreibt: »Lossen war ein
»rocher de bronze« von guter alter Sitte, echt deutschem Wesen,
umspült, aber nicht erschüttert von der in vielen widerstrebenden
Richtungen fluthenden Brandung modernen Wesens; conservativ
im besten Sinne des Wortes, mit Treue behauptend den Stand-
punkt, auf den ihn Mutter Natur gesetzt, voll rührender Pietät
gegen die, denen er Liebe schuldig war, und trotz alledem, oder
vielleicht gerade desslialb , einer der ersten in den Reihen der
geistigen Arbeit, die unsrer Zeit auferlegt ist.«
LXXVIII
(konservativ in jeder Hinsicht und nicht zum wenigstens als
treuer Sohn seiner katholischen Kirche, der er in kindlicher
Frömmigkeit wie fester Ueberzeugungstreue bis zum letzten innigen
Blick auf das seinem Sterbelager gegenüberhängende Cruzifix an-
gehörte.
Ctjrtius nennt diesen Zug an Lossen, den mancher, ohne
ihn mit Händen begriffen zu haben, wohl gern in’s Bereich frommer
Märchen verwiesen hätte, »die schöne Zuversicht eines durch keine
Wissenschaft erschütterten Glaubens«. — Nein, nicht bloss un-
erschüttert, sondern auch zu einer Durchleuchtung seines ganzen
Lebens geworden und in einer Weise mit seiner Wissenschaft zu
einem edlen harmonischem Klange verschmolzen, dass man nur mit
sittlicher Bewunderung zu ihm aufschauen kann, und sein auch
in diesem Punkte von keinem Flecken getrübtes reines Bild uns
zugleich ein Vorbild wahrer, tiefer Frömmigkeit, sonder Falsch
und sonder Aufdrängens bleiben wird.
Besass Lossen nun einerseits eine geradezu aussergewöhnlich
robuste Natur, so war ihm dafür ein Genuss ■ — der volle Gebrauch
seines Gehörs — leider nur zu früh entzogen. Schon bald nach
seiner Verheirathung war es ihm nicht mehr vergönnt, das Rollen
des Donners, selbst bei starken Schlägen gewahr zu werden, ob-
gleich er noch während seiner practischen Thätigkeit in den
Königl. Preuss. Bergämtern Siegen und Saarbrücken in den
Jahren 60 und 61, vor Ort schon fern Häuer und Hund mit
völlig gesundem Gehör erspäht, und dann, nach der Schicht zu
Tage fahrend, mit frohem Genuss dem Triller der Lerche gelauscht
hatte.
Wie schwer musste dann der allmähliche Verlust schmerzen;
und doch, wie wenig liess es sich Lossen anmerken; wie wusste
er mit frohem Scherz sich und andere über die erklärlichen Miss-
verständnisse fortzuhelfen. Nie , auch das herzhafteste Lachen
seiner Umgebung, sobald Verwechselungen, oft der humoristisch-
sten Art durch seine Schwerhörigkeit hervorgerufen wurden, konnte
ihn verstimmen, sondern, sich der allgemeinen Heiterkeit an-
schliessend, wusste er alles in der launigsten Weise zu verwenden.
Wie leicht war es ihm sogar beim Gebrauch des Hörrohres durch
LXXIX
die leiseste Bewegung in schwierigen Fällen sein Gegenüber kalt
zu stellen, sich kurz und bündig selbst zum Wort zu verhelfen,
da er in seinen letzten Jahren nur noch ganz klare, gut accentuirte
Stimmen mit dem blossen Ohre zu verstehen vermochte.
Um so schneller und schwerer sollten aber, trotz seiner guten
Jahre, gesunder und regelmässiger Lebensweise und der aus-
gezeichneten Pflege in seiner behaglichen Häuslichkeit, die ernsten
Prüfungen der sogenannten Brightschen Krankheit über ihn herein-
brechen. Schon im Sommer 1 892 machten sich die ersten Spuren
des ernsten Uebels bemerkbar, sodass er, obgleich der Reisekoffer
schon gepackt und alles zum Aufbruch gerüstet war, das Feld
seiner grössten Thätigkeit, den ihm so lieb gewordenen Harz,
nicht mehr Wiedersehen sollte und statt dessen im Flinsberger
Bade in Schlesiens Bergen, das ja leider dem unaufhaltsamen
Lauf dieses Uebels keinen Einhalt mehr zu thun vermochte,
Heilung suchte.
Noch in den letzten Tagen des scheidenden Jahres 1892,
kurz vor seinem Geburtstag am 5. Januar, sah er einen frohen
Kreis ihm nah befreundeter Familien um sich, und wohl keiner
liess es sich träumen, dass der so schwer in ihm zu brechende
Frohsinn heut zum letzten Mal aus ihm sprach, eine letzte fröhliche
Stunde des Beisammenseins heraufzauberte, wenn auch schon die
dauernden Leiden düstre Schatten auf unsres Lossen braves Ge-
sicht gebreitet hatten, und es gar bald mit seinen Kräften in rasendem
Schritt bergab ging, bis am 24. Februar der Tod dem harten
Kampfe seiner letzten Tage, für viele ganz unerwartet, ein ernstes
Halt gebot, und unsres Lossen treue ehrliche Augen auf immer
zudrückte.
Es war keine lange, aber eine reichgesegnete Erdenlaufbahn
einer in sich harmonischen, wirklich edlen Menschenseele, von der
wiederum auch reicher Segen ausströmte.
Alles in allem war Lossen ein Mann, ein ganzer Mann. Mit
Recht sagt einer seiner geistlichen Freunde: »Devant cette grande
douleur le savant s’eflace et c’est a peine si je pense aux merites
scientifiques de notre eher defunt, rnalgre la haute position que
son talent et sa science lui avaient conquises, je ne pense qu’aux
LXXX
admirables qualites de son coeur, a ses vertus chretiennes et a sa
foi profonde.« Und dasselbe sagt in merkwürdigster Ueberein-
stimmung — fast möchte man sagen in freier Uebersetzung, wenn
es eben nicht der Ausdruck einer sich allgemein aufdrängenden
gleichen Empfindung wäre — einer seiner gelehrten Freunde vom
Fach, der gerade seine wissenschaftlichen Leistungen voll zu wür-
digen versteht: »Seine wissenschaftliche Bedeutung tritt fast zu-
rück vor der seltenen Grösse des Menschen, dem Adel seiner Ge-
sinnung und der Reinheit seines Herzens. —
Er hatte nur Freunde!«
Berendt.
GxAy.
LXXXI
+
Anton Halfar.
Anton Halfar wurde am 21: October 1836 auf Ratscher
Mühle im Kreise Ratibor geboren. Nach Absolvirüng des Gym-
nasiums trat er am 19* Mai 1856 als Bergwerksbeflissener in den
Vorbereitungsdienst für die höhere Bergcarriere im Staatsdienst
ein und wurde im März 1864 zum Königl. Bergeleven ernannt.
In den Jahren 1864 bis 1869 sehen wir ihn unter der Leitung
von Ferdinand Roemer bei der Herstellung der geologischen
Karte von Oberschlesien beschäftigt. Nach deren Vollendung
trat er wieder zum practischen Bergfach zürück und wurde zu-
nächst auf ein halbes Jahr als Bergrevierdiätar zu Neurode in
Schlesien, vom 1. Mai 1870 bis zum 1. Juli 1871 sodann als
technischer Hülfsarbeiter bei der Königl. Berginspection Clausthal
verwandt. Während dieses in Clausthal verlebten Jahres be-
theiligte er sich auch bereits an den geologischen Aufnahmen im
Oberharze, ohne jedoch zu der geologischen Landesanstalt in ein
bestimmtes Verhältniss zu treten. Vom 1. Juli 1871 bis zum
15. Mai 1873 wirkte er als technischer Lehrer an der Königl.
Bergschule zu Saarbrücken. Zum letzteren Termin wurde er
an die geologische Landesanstalt nach Berlin berufen, welcher er
f
J ahrbuch 1893.
LXXXII
von da ab, mit Ausnahme eines halbjährigen Commissoriums zur
Vertretung des erkrankten Directors, sowie des ersten Lehrers
an der Bergschule zu Bochum im Jahre 1876, seine Thätigkeit
bis an sein Lebensende gewidmet hat, zunächst diätarisch, dann
(seit dem 22. August 1874) als technisch- wissenschaftlicher Secretär,
zuletzt (seit dem 1. April 1889) als Königl. Bezirksgeolog. —
In wissenschaftlicher Hinsicht ist A. Halfar’s Name mit
zwei räumlich zwar weit getrennten, aber in mancher Hinsicht
doch ähnlichen Gebieten eng verknüpft: mit dem Altvatergebirge
und dem Oberharze. Bei der Vertheilung des Gebietes der geo-
logischen Karte von Oberschlesien , welches über die preussische
Landesgrenze hinausgreift, unter die einzelnen Mitarbeiter wurde
ihm der westlich der Oder belegene Theil übertragen, welcher,
abgesehen von dem flachen Gebirgsvorlande , besonders das Alt-
vatergebirge umfasst. Bei der Kartirung dieses zum Theil aus
paläozoischen Schichten bestehenden Gebietes hatte A. Halfar
jene Erfolge, welche seinen Namen in der wissenschaftlichen Welt
zuerst bekannt machten. Abgesehen von dem Nachweis devo-
nischer Schichten in der Gegend von Bennisch ist es besonders
die wichtige Entdeckung von Versteinerungen des Unterdevon in
den Quarziten des Dürrberges bei Würbenthal in Oesterr.-Schlesien,
welche einzig und allein sein Verdienst ist. Diese mächtigen,,
hellfarbigen Quarzite waren vorher, u. A. von den österreichischen
Geologen, zum krystallinischen Urgebirge gerechnet worden. Um
so grösser war die Ueberraschung, als es Halfar’s unermüdlichem
Eifer nach langem Suchen gelang, eine ganze Reihe von Ver-
steinerungen in ihnen zu entdecken, welche das unterdevonische
Alter ausser Zweifel stellten. Die Versteinerungen wurden von
Ferdinand Roemer zuerst in Band 17 der Zeitschrift der Deut-
schen geologischen Gesellschaft und später in der »Geologie von
Oberschlesien« beschrieben. — Was ausserdem noch durch Halfar
für die geologische Erkenntniss in jenem Gebiete geleistet worden,
ist im Einzelnen nicht mehr nachzuweisen, da in der »Geo-
logie von Oberschlesien« der geistige Antheil der einzelnen Mit-
arbeiter an dem grossen Werke meist nicht besonders gekenn-
zeichnet wird.
LXXXIII
Im Oberharze war A. Halfar ursprünglich das Gebiet zwi-
schen Innerste und Oker übertragen ; später wurde sein Revier
auf den nördlich des Bockswiese-Festenburg-Schulenberger Gang-
zuges belegenen Theil des Messtischblattes Zellerfeld und den
hercynischen Antheil des Blattes Goslar beschränkt. Von diesem
vorwiegend aus devonischen Schichten bestehenden Gebiete hat
Halfar dann im Laufe der Jahre eine geologische Karte herge-
stellt, welche an minutiöser Genauigkeit nirgends ihres Gleichen
haben dürfte. Tektonisch ist das Gebiet ausserordentlich schwierig
durch die ungemein grosse Zahl von Längs- und Querzerreissungen,
welche dasselbe durchsetzen. Der Ermittelung dieser, oft nur ge-
ringfügigen Verwerfungen war die meiste Arbeit des Verstorbenen
gewidmet. Ein ausserordentlich genauer Beobachter, ruhte er
nicht eher, als bis er jede Frage bis in das kleinste Detail auf-
geklärt hatte. Dabei stellte es sich ihm dann allerdings bald
heraus, dass eine genaue Eintragung seiner Beobachtungen un-
mittelbar in den Rahmen des Messtischblattes im Maassstabe
1 : 25 000 nicht möglich sei. Er gründete deshalb seine Auf-
nahmen auf eine überaus grosse Zahl von einzelnen Croquis,
welche von ihm mühsam zunächst zu einem Ganzen im Maassstabe
1 : 5000 verbunden und sodann unter Benutzung mechanischer
Hülfsmittel auf den Maassstab des Messtischblattes reducirt wurden.
Hand in Hand mit der kartographischen Darstellung der
tektonischen Verhältnisse gingen die Untersuchungen über die
Verbreitung und Gliederung der innerhalb des Gebietes auftreten-
den Schichten. Auch in dieser Beziehung verdanken wir A. Halfar
viele werthvolle Resultate, von denen u. A. nur an den Nachweis
eines ganz allmählichen Ueberganges vom Unterdevon zum Mittel-
devon, sodass eine scharfe Grenze nicht zu ziehen ist, ferner an
den Nachweis des unteren Oberdevon innerhalb der sogenannten
Kramenzelkalke erinnert sein möge. Auch der Name »Goslarer
Schiefer«, mit welchem jene besonders in der Gegend von Goslar
sehr verbreiteten mitteldevonischen Schiefer bezeichnet wurden, in
denen das Rammeisberger Erzlager auftritt, rührt von A. Halfar
her. Auch paläontologisch war der Verstorbene vielfach thätig;
nicht nur füllte die sorgfältige Bestimmung der zahlreichen von
LXXXIV
ihm im Felde gesammelten Versteinerungen einen grossen Theil
seiner Zeit aus, — besonders wichtig erscheinende Funde hat er
auch in besonderen Aufsätzen eingehender beschrieben, so den
Pentamerus hercynicus , das Conocardium Bocksbergense und noch
in letzter Zeit die erste Asteride aus dem Unterdevon des Ober-
harzes. Die wissenschaftlichen Arbeiten A. Halfar’s finden sich
zerstreut in den Jahrgängen der Zeitschrift der Deutschen geo-
logischen Gesellschaft seit 1875 und in den Bänden des Jahr-
buches der Königl. geologischen Landesanstalt.
In Fragen, welche Gebiete betrafen, die ihm durch eigene
Erfahrung bekannt und vertrant waren, hatte der Verstorbene ein
sehr selbstständiges Urtheil ; vor wissenschaftlicher Autorität,
welche auf gediegene Arbeiten gegründet war, hegte er jedoch
stets eine hohe Achtung. Ein besonders hervorstechender Zug
war seine neidlose Anerkennung der Verdienste Anderer, selbst
wenn sie geeignet waren, seine auf langjährige Beobachtungen
gestützte Anschauung zu modificiren oder zu widerlegen. Die-
jenigen Fachgenossen, welche im Jahre 1893 an der Excursion
durch das Okerthal gelegentlich der allgemeinen Versammlung
der Deutschen geologischen Gesellschaft zu Goslar theilnahmen,
werden sich dieser sympathischen Eigenschaft des Verblichenen
gern erinnern.
A. Half AR war unverheirathet und suchte und fand daher
seinen Verkehr, soweit ihm seine rastlose Thätigkeit dazu Zeit
liess, ausserhalb des Hauses, sei es im Kreise seiner Collegen, sei
es in der Gesellschaft sonstiger Freunde. Er war ein durchaus
offener, ehrlicher Charakter, in dem kein Falsch war; er gab sich
so wie er war und setzte dasselbe von Anderen voraus. Eine
mittheilsame Natur, machte es ihm besondere Freude, Collegen
einen Einblick in seine Arbeiten zu verstatten und ihnen die unter
mannigfachen Mühen gewonnenen Resultate derselben ausein-
anderzusetzen. In anregender Gesellschaft erzählte er besonders
gerne von seinen oben erwähnten Entdeckungen im Altvater-
gebirge. Lebendig wusste er zu schildern, wie er, um durch das
vielleicht fruchtlose Beginnen die Kartenaufnahmen nicht zu beein-
trächtigen, Sonntag für Sonntag auf den Dürrberg gewandert sei
LXXXV
und dort mit grossen Hämmern Platte auf Platte zerklopft habe,
bis endlich die ersten Versteinerungen die aufgewandte Mühe und
Anstrengung gelohnt hätten.
Unter seinen Collegen war der Verstorbene wegen seines
offenen, stets freundlich entgegenkommenden Wesens, seiner frohen
Laune, die auch durch seine Neigung, die kleinen Sorgen des
täglichen Lebens zu ernst zu nehmen, nicht auf lange verscheucht
werden konnte, allgemein beliebt, und als am 21. November 1893
die Kunde uns ereilte, dass A. Half AR nach nur kurzer Krank-
heit von uns geschieden sei, da war die Trauer aufrichtig und
allgemein. — In späten Jahren erst war es ihm vergönnt gewesen,
eine Stellung sich zu ei*ringen, wie sie ihm von Jugend auf als
Ideal vorgeschwebt hatte, und nur kurze Zeit hat er sich ihrer
erfreuen dürfen. Möge ihm die Erde leicht sein!
L. Beushausen.
LXXXYI
7.
Personal -V erhältnisse
bei der Königl. Preuss. geologischen Landesanstalt
und Bergakademie am 1. Januar 1894.
Kuratorium.
1. Oberberghauptmann Freund, Director der Abtheilung für das
Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Ministerium für
Handel und Gewerbe.
2. Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Rammelsberg.
3. Geheimer Bergrath Leuschner.
4. Geheimer Oberbergrath Dr. Hauchecorne.
5. Geheimer Bergrath Professor Dr. Beyrich.
Vorstand.
1. W. Hauchecorne, Dr. phil., Geheimer Oberbergrath, erster
Director der Gesammtanstalt.
2. E. Beyrich, Dr. phil., Geheimer Bergrath, ordentl. Professor
an der Universität, Director für die wissenschaftliche Lei-
tung der geologischen Landesaufnahme, zugleich Lehrer
der Geognosie bei der Bergakademie.
Bei der geologischen Landesaufnahme.
A. Landesgeologen.
1. G. Berendt, Dr. phil., ausserordentl. Professor an der Uni-
versität , mit der speciellen Leitung der Flachlandsauf-
nahmen beauftragt.
2. H. Grebe in Trier.
LXXXVII
3. H. Loretz, Dr. phil.
4. F. Wahn schaffe, Dr. phil., Professor, Privatdocent an der
Universität, zugleich Lehrer der Geologie bei der Berg-
akademie.
5. E. Dathe, Dr. phil.
6. F. Beyschlag, Dr. phil., zugleich beauftragt mit Vorträgen
über Lagerstättenlehre bei der Bergakademie.
7. K. Keilhack, Dr. phil.
8. Th. Ebert, Dr. phil., zugleich beauftragt mit Abhaltung
palaeontologischer Repetitorien und Uebungen bei der
Bergakademie.
B. Bezirksgeologen.
1. M. Koch, Dr. phil., zugleich beauftragt mit Vorträgen über
Petrographie und mikroskopische Physiographie der Mine-
ralien bei der Bergakademie.
2. H. Schröder, Dr. phil.
3. R. Scheibe, Dr. phil., zugleich Lehrer der Mineralogie bei
der Bergakademie.
4. E. Zimmermann, Dr. phil.
5. A. Leppla, Dr. phil.
C. Hülfsgeologen.
]. A. Jentzscpi, Dr. phil., Professor, Privatdocent an der Uni-
versität in Königsberg i. Pr.
2. R. Klebs, Dr. phil., in Königsberg i. Pr.
3. H. Potonie, Dr. phil., zugleich beauftragt mit Vorträgen
über Pflanzenversteinerungskunde bei der Bergakademie.
4. L. Beushausen, Dr. phil.
5. G. Müller, Dr. phil.
6. A. Denckmann, Dr. phil.
7. C. Gagel, Dr. phil.
8. O. Zeise, Dr. phil.
9. B. Kühn, Dr. phil.
LXXXYin
D. Nicht angestellte Mitarbeiter.
1. Th. Liebe, Dr. phil., Professor, Hofrath, in Gera.
2. K. von Fritsch, Dr. phil., ordentl. Professor an der Uni-
versität in Halle a. S.
3. A. von Koenen, Dr. phil., ordentl. Professor an der Uni-
versität in Göttingen.
4. E. Kayser, Dr. phil., ordentl. Professor an der Universität
in Marburg.
5. H. Bücking, Dr. phil., ordentl. Professor an der Universität
in Strassburg i. E.
6. H. Grüner, Dr. phil., Professor an der landwirthschaftlichen
Hochschule in Berlin.
7. E. Holzapfel, Dr. phil., Professor an der technischen Hoch-
schule in Aachen.
8. H. Proescholdt, Dr. phil., Oberlehrer in Meiningen.
9. W. Frantzen, Bergingenieur in Meiningen.
E. Als Hülfsarbeiter bei den Flachlandaufnahmen
beschäftigte Kulturtechniker und Landmesser.
1. Th. Wölfer, Dr. phil., Kulturtechniker.
2. Fr. Reimann, Landmesser.
Bei der Bergakademie.
A. Lehrer.
1. R. Finkener, Dr. phil., Professor, Lehrer der Chemie, Vor-
steher des Laboratoriums für Mineralanalyse.
2. B. Kerl, Professor, Geheimer Bergx-ath, Lehrer der allge-
meinen Hüttenkunde, der chemischen Technologie und der
Löthrohrprobirkunst.
3. H. Wedding, Dr. phil., Professor, Geheimer Bergrath, Lehrer
der Eisenhüttenkunde und Eisenprobirkunst.
4. A. Hörmann, Professor, Lehrer der Mechanik, der Maschinen-
lehre und der metallurgischen Technologie.
LXXXIX
5.
6.
7.
8.
9.
10.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
A. Schneider, Professor, Lehrer der Markscheide- und Mess-
kunst und der Aufbereitungskunde.
Gr. Franke, Professor, Lehrer der Bergbau- und Salinenkunde.
(1 — 6 etatsmässig angestellt.)
A. Eskens, Geheimer Oberbergrath, Lehrer des Bergrechts.
J. Gebauer, Geheimer Bergrath, Lehrer der Bauconstructions-
lehre.
G. Brelow, Ingenieur, Lehrer der darstellenden Geometrie,
des Zeichnens und Construirens.
F. Kötter, Dr. phil., Lehrer der höheren Mathematik.
(7 — 10 nicht etatsmässig angestellt.)
B. Chemiker.
O. Püeahl, Dr. phil., Assistent im Probirlaboratorium , zu-
gleich beauftragt mit Vorträgen über Gasanalyse und
Elektrometallurgie.
Th. Fischer, erster Assistent in dem Laboratorium für
Mineralanalyse.
R. Holverscheit, Dr. phil., zweiter Assistent daselbst.
A. Lindner, Dr. phil., ]
Untersuchung.
Bei der Chemisch -technischen Versuchsanstalt.
Vorsteher: Finkener, Professor Dr., s. o.
Chemiker:
1. J. Rothe (Erster Chemiker und Stellvertreter des Vorstehers).
2. C. Radau, Dr. phil., 4. C. Virchow, Dr. phil.,
4. K. Haack, Dr. phil., 5. R. Wache, Dr. phil.
6. M. Hohensee.
Bibliothek.
Vorstand: Hauchecorne, s. o.
Bibliothekar: O. Eberdt, Dr. phil.
•f **
xc
Verwaltung.
1. R. Wernicke, Secretär und Rendant.
2. E. Ohmann, Zeichner.
3. H. Bruchmüller, Secretär und Kalkulator.
4. W. Pütz, Zeichner.
5. K. Boenecke, Secretär.
6. W. Bottmer, Secretär und Registrator.
II.
Abhandlungen
Mitarbeitern
der Königlichen geologischen Landesanstalt.
Ueber den geologischen Bau des Centralstocks
der Rhön.
Von Herrn H. Proescholdt in Meiningen.
(Hierzu Tafel II.)
Die beigegebene Uebersichtskarte stellt ein Gebiet dar, das
zwar nicht die höchste Erhebung der Hohen oder Langen Rhön
oder Plattenrhön einschliesst, trotzdem aber als der höchste Theil
des Rhöngebirges anzusehen ist. Die höchsten Punkte des letzteren
sind: Wasserkuppe 952,7 Meter, Kreuzberg 930,3 Meter, Dammers-
feld 930 Meter, Vorderer Heideistein 926,6 Meter. Dann folgt
erst der höchste Gipfel des Kartengebietes, der Hintere Heideistein
mit 915 Meter, und weiter der Stirnberg mit 902,9 Meter. Ein
Blick auf die Höhenschichtenkarte der Rhön und des nordwest-
lichen Thüringer Waldes in. Vnoooo von H. Ravenstein oder auf
die nicht immer zuverlässige Höhenschichtenkarte der Rhön
in Viooooo von Dr. Hosfeld zeigt aber, dass nirgends im Rhön-
gebirge die Fläche über 800 Meter Meereshöhe eine so grosse
Ausbreitung gewinnt als in der Umgegend der zwei zuletzt ge-
nannten Berge. Topographisch erscheint das Massiv des Heidei-
steins als der Centralstock des Gebirges, da von ihm die Platten-
rhön sich in Hufeisenform in nordwestlicher Richtung nach der
Wasserkuppe hinüberzieht, während nach SW. hin der scharf
hervortretende Kuppenzug ausläuft, der über den Himmeldank-
berg, Eierhauck und andere Spitzen nach dem Dammersfeld führt.
Jahrbuch 1893.
1
2
H. Proescholdt , Ueber den geologischen Bau
Von den verschiedenen Theilen der Rhön ist das Kartengebiet
wohl der einsamste und am wenigsten begangene. Im Allgemeinen
bildet es eine ziemlich ebene, baumlose, öde Hochfläche, die bei
den ausgedehnten Wiesenflächen und äusserst sparsamen Ent-
blössungen des Bodens für den Geologen wenig Verlockendes
bietet.
Dem sehr einförmigen orographischen Bau der Hohen Rhön
scheinen bei flüchtigen Begehungen zunächst auch sehr einfache
geologische Verhältnisse zu entsprechen. Die kartographischen
Specialaufnahmen haben indess diese Vermuthung, die von den
älteren Rhöngeologen vertreten worden ist, nicht bestätigt. Viel-
mehr hat es sich herausgestellt, dass die Triasunterlage der Rhön
von zahlreichen und bedeutenden Verwerfungen durchsetzt ist.
Auf der Uebersichtskarte kommen allerdings solche nicht deutlich
zum Vorschein, da sie zumeist erst am Steilrand des Gebirges
hervortreten, ausserdem aber von den Eruptivmassen verdeckt sind.
Aber dicht am westlichen Kartenrand wurde von Professor Bücking
und mir am Ostabhange des Ottiliensteines im obersten Theil des
Ulsterthaies eine nordnordwestlich verlaufende Störung zwischen
Röth- und Nodosenschichten beobachtet, die offenbar in südsüd-
östlicher Richtung die Triasunterlage des Heideisteins durchzieht.
Daher treten auf der Hohen Rhön sehr verschiedenalterige
Triasschichten: Mittlerer und Oberer Buntsandstein, Wellenkalk,
Mittlerer und Oberer Muschelkalk und Kohlenkeuper zu Tage
und zwar in annähernd gleicher Meereshöhe. So liegt der Mittlere
Buntsandstein an der Strasse von Bischofsheim nach Wüstensachsen
nahezu 750 Meter hoch, der Anhydrit am Südfusse des Heidei-
steins zwischen 800 und 850 Meter Höhe.
Die Dislocationen in den Triasschichten sind, soweit meine
Beobachtungen reichen, grösstentheils vor Ausbruch der Eruptiv-
gesteine erfolgt; die zahlreichen Basaltdurchbrüche scheinen nur
locale und meist recht unbedeutende Schichtenstörungen hervor-
gerufen zu haben.
Ueber der Trias lagern die Tertiärbildungen in ganz ver-
schiedener Höhe, die Berührungsfläche der beiden Formationen ist
ausserordentlich uneben gestaltet und lässt deutlich erkennen, dass
des Centralstocks der Rhön.
3
das Gebiet vor Ablagerung des Tertiärs ein sehr zerrissenes, von
tiefen Thälern durchfurchtes Terrain war, das im Allgemeinen aber
von W. nach O. sich abdachte. Denn am Ostrand der Hohen
Rhön liegen die Tertiärschichten insgesammt tiefer als am West-
rand. Dieser vortertiäre Zustand des Rhöngebietes ist besonders
bemerkenswerth, weil er die Orientirung in den Tertiärsedimenten
weit schwieriger macht als beispielsweise im Vogelsberg in der
Gegend von Gelnhausen *), wo das Tertiärmeer aus der Trias-
unterlage eine mehr oder weniger ebene Oberfläche herstellte,
auf der sich dann erst die tertiären Schichten absetzten.
Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, die
gegenseitigen Lagerungs- und Altersverhältnisse der verschiedenen
Eruptivgesteine, die am Aufbau der Hohen Rhön theilnehmen,
darzustellen. Die Untersuchungen darüber sind noch nicht ab-
geschlossen, aber eine sehr grosse Anzahl mikroskopischer Analysen
von über 100 Punkten des Kartengebietes verbunden mit einer
mehrjährigen Begehung hat eine mehr oder minder genaue Ueber-
sicht über die Verhältnisse geschaffen. Ein wirklich richtiges
Bild von denselben zu geben, ist zur Zeit nicht möglich und wird
auch späterhin nicht leicht möglich sein, dazu reichen die seltenen
Aufschlüsse nicht aus.
Es möge an dieser Stelle erwähnt sein, dass Lepsius * 2) nicht
Recht hat, wenn er meint, dass die vielfach entblössten Bergge-
hänge und die tiefen Thaleinschnitte der Rhön die Zeichnung von
Profilen wie in keinem anderen vulkanischen Gebiete Deutschlands
erleichtern. Wohl ziehen eine ganze Anzahl Gräben von der
Höhe des Gebirges in das Vorland herunter; dieselben sind aber
entweder überwachsen oder mit Basaltblöcken so überrollt und
vollgestopft, dass nur stellenweise die wirkliche Unterlage sicht-
bar wird; ausserdem liefern die verschiedenen Gräben ganz ver-
schiedene Profile, so dass jeder einzelne derselben für sich zu
irrigen Vorstellungen über den Aufbau der Hohen Rhön führt,
wie dies z. B. der schöne Aufschluss im Eisgraben gethan hat.
’) Bücking, Text zu Blatt Gelnhausen d. geol. Specialkarte v. Preussen S. 4.
2) Geologie von Deutschland, Bd. I, Lief. 3, S. 747.
1
4
H. PitoEscuoiiDT, Ueber den geologischen Bau
Die Steilgehänge der Rhön sind grossentheils überrast oder dicht
bewaldet und meist von Basalt so überrollt, dass auch sie nur
sehr selten Gelegenheit zur Aufnahme von Profilen über grössere
oder kleinere Strecken der Tertiärgesteine geben.
Die Abgrenzung der verschiedenen Basalte von einander kann
daher mehrfach nur approximativ sein und dies um so mehr, weil
Blöcke und Schotter von den obersten Basaltmassen zerstreut über
das ganze Terrain liegen und dadurch sehr leicht zu falschen
Annahmen verleiten. Makroskopisch lassen sich einzelne Basalte
von einander mit einiger Sicherheit unterscheiden, andere trotz
verschiedener mineralogischer Zusammensetzung indessen durchaus
nicht. Auch die Abgrenzung der Basalte gegen die Tuffe und
Tertiärsedimente ist mit grossen Schwierigkeiten verbunden. An
vielen Orten wird die Grenzlinie durch das Hervorbrechen von
zahlreichen, in demselben Niveau liegenden Quellen annähernd
genau gegeben, in manchen Gegenden aber ist es sehr zweifelhaft,
ob unter der alles einhüllenden Grasdecke Tuffe oder Basalte
liegen. Daher weichen die vorhandenen geologischen Karten von
der Hohen Rhön sehr wesentlich von einander ab. Auf der 1853
erschienenen geologischen Karte von Kurhessen von Schwarzen-
berg und Reuss erscheint das Kartengebiet als eine zusammen-
hängende Basaltmasse, während von Gümbel auf der von ihm
1892 herausgegebenen geologischen Uebersichtskarte der Rhön
den Tuffbildungen den vorherrschenden Antheil an der Oberfläche
der Hohen Rhön zuschreibt.
Die Eruptivgesteine der Karte treten in Gängen und Kuppen,
hauptsächlich aber in Decken auf. Nach der Art und Weise
ihres Vorkommens und nach ihrer mineralogischen Zusammen-
setzung können sie nach den bisherigen Untersuchungen in 6 ver-
schiedene Gesteinsarten unterschieden werden : Phonolith, Dolerit,
ältere und jüngere Plagioklasbasalte, Limburgit, Nephelinbasalt.
Da im Bereich des Blattes Sondheim noch andere Gesteins-
varietäten auftreten, so soll eine zusammenhängende und eingehende
Darstellung der Eruptivgesteine erst im Text des Blattes gegeben
werden, das Folgende aber eine kürze Charakteristik der für die
Uebersichtskarte wichtigen Gesteinsarten enthalten.
des Centralstocks der Rhön.
5
I. Phonolith.
Der Phonolith tritt nur an einer Stelle zwischen Stellberg
und Stürnberg, hier aber in ziemlich beträchtlicher Ausdehnung
zu Tage.
Das plattige Gestein ist im frischen Zustande grau bis grau-
grün, fettglänzend, dicht, im verwitterten schmutzig -weiss; aus
der Masse treten nur sehr vereinzelt grössere Sanidintäfelchen
hervor. Unter dem Mikroskop erscheint der Phonolith zusammen-
gesetzt aus Sanidin, der durchaus vorw^ltet, Plagioklasen in sehr
ungleicher Verbreitung, deren Anordnung stellenweise eine deut-
liche Stromstructur zeigt, sparsam vorhandenem Nephelin und
grünem Augit , Magneteisen , Titaneisenblättchen und grauem
Apatit. Hauyn wurde nicht beobachtet.
Das Gestein ist dem von Lenk1) untersuchten Phonolith
vom Kreuzberg und Käuling sehr ähnlich und würde wie dieser
zu den Plagioklas -Phonolithen zu rechnen sein, wenn diese Be-
zeichnung beibehalten werden soll.
Der Phonolith vom Stellberg ist älter als die meisten Basalte
der Rhön. Im obersten Theil des Heuwiesenwassergrabens zwi-
schen Stürnberg und Stellberg wird er von mächtigen Agglo-
meratmassen bedeckt, die sich hauptsächlich aus Phonolith und
Buntsandstein zusammensetzen und von Feldspath- und Nephelin-
basaltdecken überlagert werden.
II. Die Dolerite.
In unerwartet grosser Verbreitung treten die Dolerite am
Ostrande der Hohen Rhön zu Tage und zwar nach den bis-
herigen Beobachtungen nur deckenförmig, wie das besonders am
Strutberg deutlich und klar zu beobachten ist. Es möge hier so-
gleich betont werden, dass diese Gesteine nicht wohl als eine be-
sonders grobkörnige Erstarrungsmodification von Plagioklasbasalten
aufzufassen sind, sie zeigen überall denselben Charakter, Ueber-
gangsformen fehlen.
l) Zur geologischen Kenntniss der südlichen Rhön, S. 35.
6
H. Proescholdt , Ueber den geologischen Bau
Untersucht wurden Gesteine von der Kalten Buche, Strut-
berg, östlich vom Steinernen Haus, Gangolfsberg, westlich der
Rother Kuppe, Erdfall und Reipertsgraben. Sie zeigen sowohl in
der Structur als auch in der mineralischen Zusammensetzung eine
grosse Uebereinstimmung. Den Dolerit vom Strutberg hat be-
reits Lenk eingehend beschrieben ; seiner Beschreibung vermag
ich hier wenig hinzuzusetzen.
Das ausgezeichnet körnige Gestein wird zusammengesetzt aus
Plagioklas, Augit, Titaneisen, Magneteisen, Olivin und einer
schmutzig-braunen, körnig und trichitisch entglasten Grundmasse.
Der Plagioklas ist der bei weitem vorherrschende Bestandteil,
er ist sehr frisch, frei von Einschlüssen, sinkt nie unter eine ge-
wisse Grösse herunter und wird bis 2 Millimeter lang. Dem ver-
witterten Gestein verleiht er ein ganz eigentümliches Aussehen
(Trachydolerit Ludwig’s). Ausser ihm findet sich, allerdings selten,
ein Feldspat, der sich wie Sanidin verhält und meist Zonar-
structur aufweist. Sehr bemerkenswert ist das Verhalten des
Augits. In manchen Schliffen ist seine Menge ausserordentlich
gering, in anderen wird sie dagegen der des Feldspates annähernd
gleich. Dabei ist das Mineral, das im gewöhnlichen Licht meist
farblos erscheint, selten individualisirt, sondern tritt gewöhnlich
in körnigen Aggregaten auf, wie schon Lenk angiebt.
Titaneisen und Olivin kommen in jedem Schliff vor, die
Menge des letzteren ist jedoch eine sehr veränderliche.
Magneteisen tritt neben dem Titaneisen sehr zurück, es ist
sehr wahrscheinlich, dass es, wie Lenk meint, secundärer Ent-
stehung ist und von der Zersetzung der Olivine herstammt.
III. Die älteren Plagioklasbasalte.
Zu ihnen gehört ein Basalt, der älter ist als der Dolerit und
in nur unbedeutender Verbreitung bekannt geworden ist, und
eine Anzahl jüngerer Gesteine, die in ausserordentlich grosser
Verbreitung den Dolerit mit den zugehörigen Tuffen, aber auch
stellenweise die Trias unmittelbar deckenförmig überlagern.
Das erstere Gestein ist am besten im oberen Elzbachgrund
zu beobachten. Es ist ein dichter, splitteriger, auf frischer Bruch-
des Centralstocks der Rhön.
7
fläche blauschwarz aussehender Basalt, der stellenweise blasig
ausgebildet erscheint und mit blossem Auge sichtbare braune
Glimmerblättchen führt. Unter dem Mikroskop ist er dem Dolerit
sehr ähnlich. Der durchaus vorwiegende Bestandteil ist Plagio-
klas, dessen Leisten bis 0,2 Millimeter gross werden. Augit,
Titaneisen, Olivin treten an Menge sehr zurück, noch mehr
Glimmer und Magneteisen. Gröberes Korn wurde bei diesem
Gestein bisher nirgends beobachtet.
Auf der Karte ist es mit dem Dolerit vereinigt dargestellt
worden.
Die übrigen älteren Plagioklasbasalte zeigen in ihrem Aussehen
erhebliche Verschiedenheiten und sind vielfach von den Nephelin-
basalten makroskopisch nicht zu unterscheiden.
Das mikroskopische Bild, das sie bieten, ist ebenfalls in
mancher Hinsicht verschieden. Ein Theil der Basalte ist zu-
sammengesetzt aus einer meist spärlich vorhandenen, schmutzig-
weissen, isotropen Grundmasse und einem sehr gleichkörnigen
Gemenge von Plagioklas, Augit, Olivin und Magnetitkörnern,
das zuweilen durch grosse Einsprenglinge von Olivin Porphyr-
structur annimmt. Die Plagioklasleisten sind durchschnittlich
0,1 Millimeter lang, etwas kleiner die Augite. Basalte von der
erwähnten Structur und Zusammensetzung wurden beobachtet im
Reipertsgraben , an der Sumpfkuppe , nördlich vom Gangolfs-
berg, unterhalb der kalten Buche, am Bauersberg, südlich vom
Rhönhaus u. s. w.
Von recht gleichmässigem, aber gröberem Korn als die vor-
hergehenden erscheint eine gewisse Gruppe Feldspathbasalte, die
sich in grosser Verbreitung finden. Zu ihnen gehört u. a. der
Basalt vom Stirnberg, nördlich der Sumpf kuppe, von der Teufels-
mühle, am Bauersberg unmittelbar über der Zeche, an der kalten
Buche, am Strutberg dicht am Steinernen Haus, am Ilmenberg.
Die Gesteine der 5 zuletzt genannten Localitäten sind sehr arm
an Plagioklas und führen auffällig eisenreiche Olivine ; die Grund-
masse tritt in ihnen wie auch bei den übrigen sehr zurück, da-
gegen erscheint Nephelin.
8
H. Proescholdt, Ueber den geologischen Bau
IV. Die jüngeren Plagioklasbasalte.
Unter dieser Bezeichnung ist eine Anzahl Basalte zusammen-
gefasst worden, die auf einem verhältnissmässig beschränkten Ge-
biet namentlich in der Umgebung des Gangolfsberges zu Tage
treten und in ihrer Structur wie auch in ihren Lagerungsverhält-
nissen eine solche Gleichartigkeit zeigen, dass man sie zu einer,
wohl auch bezüglich der Eruptionszeit einheitlichen Gruppe ver-
einigen kann.
Sie treten in Gängen, Kuppen und Decken auf und sind
meist in sehr regelmässigen Säulen abgesondert, wie am Steinernen
Haus, am Gangolf, in der Sondheimer Waldung etc. Das Ge-
stein ist schwarz, an und für sich sehr dicht, erhält aber durch
das Hervortreten grösserer Olivine und Augite ein porphyrartiges
Aussehen.
Das mikroskopische Bild zeigt eine schmutzig-weisse, trichi-
tisch entglaste Grundmasse, die sich auch bei Anwendung des
Gypsblättchens oder der Quarzplatte optisch inactiv verhält und
in ungleicher Vertheilung auftritt, dann ein für diese Basalte be-
sonders charakteristisches Gemenge von winzigen Plagioklasleisten
und Magneteisenkörnern, hinter denen Augitprismen und noch
mehr Olivine an Menge gewöhnlich sehr zurücktreten. Die Plagio-
klase erreichen eine Durchschnittslänge von 0,03 — 0,08 Millimeter,
die Magnetitkörner sinken bis unter 0,002 Millimeter herab und
erreichen nur selten bis 0,4 Millimeter Durchmesser. Die sehr
grosse Zahl der letzteren verleihen den Schliffen, namentlich bei
schwächeren Vergrösserungen ein im gewöhnlichen Licht unge-
wöhnlich dunkles und eigenartiges Aussehen. Die anderen Ge-
mengtheile der Basalte sind Olivine und Augite, die durch ihre
Grösse sich von den anderen recht auffällig abheben. Sie stellen
eine ältere Generation der beiden Mineralien dar und weisen die
gewöhnlichen Merkmale des höheren Alters, gänzliche oder theil-
weise Corrosion der ursprünglichen Krystallkanten durch Ab-
schmelzung, Zonarstructur der Augite etc. recht vollkommen auf.
Der Nephelin findet sich in sehr ungleicher Vertheilung. Manch-
mal scheint er ganz zu fehlen, zuweilen kommt er aber so reich-
des Centralstocks der Rhön.
9
lieh vor, dass das Gestein als Basanit bezeichnet werden könnte.
Eine scharfe Trennung zwischen Plagioklasbasalt und Basanit ist
jedoch hier nicht durchführbar.
V. Die Limburgite.
Limburgite wurden zuerst im Kartengebiet von Lenk an der
Kalten Buche und dem Zickzackkiippel aufgefunden, in diesem
Sommer aber von mir auch an zahlreichen anderen Stellen der
Hohen Rhön beobachtet, so im oberen Elzbachgrund, über dem
Mailoch, am Ilmenberg, in der Nähe des oberen Reipertsgrabens
u. s. w. Höchst wahrscheinlich bilden sie zwischen den genannten
Orten eine zusammenhängende Decke. Auf der Karte sind sie
noch mit Nephelin- und Plagioklasbasalten vereinigt dargestellt.
Unter dem Mikroskop zeigen die meist schwarzen Gesteine eine
schmutzig - braune Glassubstanz, ferner ein inniges Gemenge von
winzigen Augiten und Magneteisenkörnern und porphyrartig ein-
gesprengte grosse Augit- und Chrysolithkrystalle. Dazu treten an
einzelnen Stellen vereinzelte Plagioklasleisten und zuweilen Ne-
pheline. In ihrer Structur erinnern die Limburgite sehr an die
jüngsten Plagioklasbasalte, wenn man von dem grossen Plagioklas-
gehalt der letzteren absieht, andererseits aber auch an gewisse
N ephelinbasalte .
VI. Die Nephelinbasalte.
Die Nephelinbasalte besitzen in der Hohen Rhön eine ausser-
ordentlich grosse und eigentümliche Verbreitung. Sie setzen den
grössten Theil der Oberfläche des Plateaus zusammen, so den
Stürnberg, das Hohe Polster, den Ilmenberg, den Heideistein, den
Münzkopf, die Kalte Buche u. s. w., ziehen sich aber auch tief in
die Thäler hinunter. Sie treten, soweit bis jetzt die Beobachtungen
reichen, zumeist in Decken auf, deren Ausbreitung in den tieferen
Theilen des Gebirges nicht nur durch Triassedimente, sondern
auch durch ältere Eruptivgesteine bestimmt worden ist. An gün-
stigen Stellen beobachtet man mehrfache Decken über einander,
die gewöhnlich, wohl aber nicht immer durch Tuffmassen getrennt
10
H. Proescholdt, lieber den geologischen Bau
sind. Verhältnissmässig deutlich bei der Oberflächenbeschaffenheit
der Rhön sind die Lagerungs Verhältnisse im oberen Theile des
Dürren Grabens und in der Nachbarschaft zu erkennen. Hier
lassen sich 4, jedenfalls durch Tuffe geschiedene Decken beob-
achten, die sich im Terrain durch einen mehr oder minder deut-
lichen Terrassenbau hervorheben. Ueber die unterste stürzt das
Wasser in der Nähe der sogenannten Schlaghäuser, da wo die
weimarische Grenze den höchsten Punkt erreicht, in einem Wasser-
fall. Die Decke senkt sich thalabwärts und wird auf dem linken
Ufer des Grabens durch Nodosenschichten begrenzt.
Unter dem Mikroskop zeigt sich das Gestein zusammengesetzt
aus reichlich Nephelin, Augitprismen von durchschnittlich 0,02 bis
0,03 Millimeter Länge, Olivin in grossen und kleinen Körnern,
Magnetit, Titaneisen, etwas Glimmer, Apatit und einer amorphen
Grundmasse. Das Gestein der zweiten Decke, die am Reupers-
weg gut aufgeschlossen ist, zeigt dieselbe Zusammensetzung, eine
ähnliche auch das der dritten, doch ist das letztere arm an Ne-
phelin und gleicht daher mehr dem Limburgit; ausserdem zeigt
es durch das Auftreten von grossen Olivinen und Augiten eine
deutliche Porphyrstructur , die sich dem blossen Auge durch das
grobkörnige Aussehen bemerkbar macht. Gesteine von gleicher
mikroskopischer Beschaffenheit wurden auch an anderen Orten
beobachtet, so am Ausgang des Sonderbachgrundes, im oberen
Reipertsgraben, am hinteren Heideistein, unterhalb des Münzkopfes
u. s. w. Der Basalt der vierten Decke ist besonders charakterisirt
durch seinen grossen Reichthum an Nephelin; die Augitprismen
sind meist sehr wohl ausgebildet, häufig verzwillingt und mehr-
fach grösser als in den unteren Decken. Magneteisen und Titan-
eisen treten etwas zurück. Der Olivin kommt in sehr ungleicher
Vertheilung vor und ist gewöhnlich sehr eisenreich. Der Apatit
tritt sehr constant auf, während eine Glasmasse nicht überall zu
beobachten war.
Dieser typische Nephelinbasalt, der wohl der jüngste Basalt
ist, besitzt von allen Eruptivgesteinen die weitaus grösste Ober-
flächenverbreitung in der Hohen Rhön, tritt aber auch ausserhalb
derselben am Ostrand in einzelnen Kuppen, wie an der schönen
Rother Kuppe, auf, die theilweise wohl nur Erosionskuppeu sind.
des Centralstocks der Rhön.
11
Die chemische Zusammensetzung der Basalte.
Nachdem im Allgemeinen die Verbreitung der verschiedenen
Basalte im südlichen Theil der Hohen Rhön festgestellt war, er-
schien es von grossem Interesse, die chemische Zusammensetzung
der Haupttypen derselben kennen zu leroen. Die Direction der
geologischen Landesanstalt hatte die Güte, einige Analysen im
Laboratorium von Professor Finkener vornehmen zu lassen, wofür
ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche.
Analysirt wurden der Dolerit vom Gangolfsberg, älterer
Plagioklasbasalt vom Ilmenberg und der typische Nephelinbasalt
von der Schafruhe östlich vom Hohen Polster. Die erste und
dritte Analyse wurde von Dr. Haefcke, die zweite von Dr. Klüss
ausgeführt. Ausserdem liegen aus dem Gebiet noch Analysen vor
vom jüngeren Plagioklasbasalt des Steinernen Hauses durch E. E.
Schmid1) und vom Nephelinbasalt vom Bauersberg durch Singer2).
Die gefundenen Resultate sind in umstehender Tabelle be-
rechnet.
Die Analyse des Dolerits vom Gangolfsberg ergiebt einen
etwas geringeren Kieselsäuregehalt als in den sonst durchaus
gleichen Doleriten von der Breitfirst und dem Meissner (50 bis
54 pCt.). Die dichten Plagioklasbasalte erscheinen auch in der
Hohen Rhön im Verhältniss zu dem Dolerit als basischere Ge-
steine, noch mehr die Nephelinbasalte. Leider war es zu spät,
von allen im Gebirge auftretenden Gesteinsvarietäten Analysen
vornehmen zu lassen; doch sollen dieselben im Text zu dem Blatt
Sondheim veröffentlicht werden.
Die Altersfolge der Eruptivgesteine in der
Hohen Rhön.
Die Feststellung der Altersfolge der verschiedenen Basalte in
der Hohen Rhön ist bei dem grossen Mangel an Aufschlüssen
eine sehr schwierige Untersuchung. Das vielfach beobachtete
Nebeneinandervorkommen von verschiedenen Basalten an ein und
’) Yergl. v. Gümbel: Geologie von Bayern, Bd. II, S. 663.
2) Beiträge zur Kenntniss d. am Bauersberg vorkommenden Sulfate. Wiirz-
burg 1879, S. 23.
12 H. Proeschoedt, Ueber den geologischen Bau
Dolerit vom
Gangolfs-
berg
Haefcke
Aelterer
Plagioklas-
basalt vom
Ilmenberg
Klüss
Jüngerer
Plagioklas-
basalt vom
Steinernen
Haus
E. E. Schmid
Nephelin-
basalt vom
Bauersberg
Singer
Nephelin-
basalt von
der Schaf-
ruhe
Haefcke
Kieselsäure . . .
48,89
43,10
47,06
42,18
38,08
Titansäure . . .
1,76
1,88
nicht
bestimmt
1,18
3,15
Thonerde ....
13,66
11,71
13,87
14,66
11,44
Eisenoxyd ....
3,64
4,43
16,25
4,49
7,18
Eisenoxydul . . .
7,44
8,28
-
5,67
6,55
Manganoxydul .
-
—
-
Spur
-
Kobaltoxyd ...
-
-
-
1,09
-
Nickeloxyd . . .
-
-
-
1,58
-
Kalkerde ....
8,68
10,84
10,49
10,96
13,08
Magnesia ....
8,83
13,20
7,33
5,53
12,11
Kali .
1,20
1,27
1,38
3,53
1,24
Natron
3,14
2,78
3,02
9,46
2,28
Pb, Bi, Cu, As,
Sb, CI
—
—
—
Spur
—
Schwefelsäure . .
0,07
0,09
—
—
0,10
Phosphorsäure .
0,39
0,49
— .
Spur
0,54
Wasser
■ ,,2,59
1,7.1
0,84
-
3,98
Summe
Spec. Gewicht
100,29
2,876
99,78
3,088
100,24
3,042
100,33
2,886
99,73
3,071
derselben Localität, z. B. an der Kalten Buche, kann auf sehr
verschiedene Weise erklärt werden. Es kann eine Differenzirung
des zur Eruption gekommenen Magmas vorliegen, es können ebenso
Durchbrüche verschiedener Gesteine an derselben Stelle erfolgt
sein, es können aber auch, wie ich hier sogleich erwähnen will,
Erosionswirkungen mitsprechen. Lenk *) führt das Auftreten ver-
schiedenartiger Gesteine an ein und derselben Kuppe auf Diffe-
renzirung zurück und beruft sich auf die Ansicht Lüdecke’s2),
1) a. a. 0., S. 106.
2) Zeitschrift für Naturwissenschaften, Halle 1883, S. 661.
des Centralstoöks der Rhön.
13
dass der Basalt des Kleinen Gleichberges bei Römhild tbeils als
Basanit, theils als Limburgit ausgebildet sei. An diesem Berge
lässt sich aber jetzt deutlich beobachten, dass der Limburgit nicht
nur den Basanit, sondern auch die denselben unterlagernden Tuffe
gangförmig durchsetzt. Die beiden Gesteine lassen sich an dieser
Stelle schon makroskopisch erkennen und unterscheiden. Ueber-
gangsformen fehlen.
Aufschlüsse , die das Durchsetzen verschiedenalteriger Ge-
steine klar und deutlich zeigen, sind in der Hohen Rhön sehr
selten. Den besten giebt meines Wissens der Eisgraben. Von
demselben habe ich bereits früher1) ein Profil gegeben, muss je-
doch bemerken, dass ich von den Lagerungsverhältnissen daselbst
eine andere Anschauung gewonnen habe. Da die geologische Auf-
nahme des Grabens von anderer Seite ausgeführt wird, will ich
mich hier nur auf die Bemerkung beschränken, dass die beiden
obersten und der unterste Basaltgang des Profils sich als Decken
herausgestellt haben und die anderen Gänge Stiele der in der
Höhe lagernden Basaltströme sind.
Nachdem durch lange Beobachtung im Terrain und mikro-
skopische Untersuchungen erkannt war, dass die verschiedenen
Basalte meist deckenförmige Verbreitung zeigen und im grossen
Ganzen eine parallel verlaufende Anreihung aufweisen, gelang es
in dem Frühjahr, im Elzbachgrabeu ein sehr klares Profil aufzu-
finden, das möglicherweise im nächsten Jahre wieder überrollt ist.
Der Aufschluss ergab Folgendes:
Liegendes: Schaumkalk und Anhydrit, darüber, die recht un-
ebene Grenzfläche ausfüllend:
10 Meter Basalt, ein blaues, schwarzes, dichtes, split-
teriges Gestein mit Glimmer, zuoberst blasig.
Unter dem Mikroskop ein typischer Plagioklas-
basalt.
8 — 10 » Tuff, zuunterst mit Bomben.
30 — 35 » Dolerit.
*) Geolog, u. petrograph. Beiträge zur Kenntniss der Langen Rliön. Dieses
Jabrb. für 1884, S. 243 — 247.
14
H. Proescholdt , lieber den geologischen Bau
1 1 Meter braune Tuffe aus doleritischem Material, z. Th.
10 »
Kugeltuffe, mit Lagen von Mandelsteindoleriten.
Basalt, unter dem Mikroskop Plagioklasbasalt
mit reichlich vorhandener isotroper Grundmasse
und eisenreichen Olivinen.
2,5 »
2,5 »
Rothe Tuffe, Bol führend.
Basalt, z. Th. blasig, unter dem Mikroskop
Plagioklasbasalt und dem vorigen gleich.
8 »
5 — 6 >:
Rothe und weisse Tuffe mit Bol.
Basalt, stark verwittert unter Bildung von
Bauxit. Unter dem Mikroskop Plagioklasbasalt
wie die vorigen, aber mit zurücktretender Grund-
3-4 >:
masse.
> Tuff, undeutlich aufgeschlossen.
Basalt, dessen Mächtigkeit schwer bestimm-
bar ist, stark verwittert. Unter dem Mikro-
skop Plagioklasbasalt, den vorigen ähnlich.
Darüber lagert unmittelbar auf der rechten
Thalseite der Elz nach dem Steinernen Haus
zu eine wenig ausgedehnte Decke des früher
beschriebenen »Jüngeren Plagioklasbasaltes«.
Im Graben selbst und links desselben folgt
gegen 8 Meter gelbliche, z. Th. geschichtete
Tuffe, an einer Stelle gut aufgeschlossen, dann
eine wenig mächtige Decke von Limburgit,
abermals Tuffe und weiterhin Nephelinbasalte.
Zu dem Profil *) ist zu bemerken, dass ein Theil der Zahlen
nur Schätzungswerthe sind, weil die Begehung des Grabens stellen-
weise sehr schwierig ist, und dass die hier gefundene Abwechs-
lung von Tuff- und Basaltdecken auf grössere Strecken hin, dem
Terrain folgend, beobachtet und kartographisch dargestellt wurde.
Es dürfte dadurch der Beweis gegeben sein, dass an dieser Stelle
Durchbrüche nicht vorliegen.
b Es möge hier darauf aufmerksam gemacht sein, dass die hier mitgetheilten
Zahlenwerthe nicht im Einklang stehen mit den Höhenlinien der Karte, deren
Topographie sehr viel zu wünschen lässt.
des Centralstocks der Rhön.
15
Aehnliche Profile wurden mehrfach beobachtet, so z. B. am
Bauersberg. Am Weg, der von dem oberen Braunkohlen werk der
Zeche Einigkeit auf die Strasse von Bischofsheim nach Weissbach
herunterführt, beobachtet man über Nodosenschichten Dolerit, der
nach W. hin die auch von Gümbel1) erwähnte ausgezeichnete
Decke am Steinschlag bildet und sich östlich durch die Weiss-
bacher Wiesen hindurch bis in die Nähe der Kalten Buche hin-
zieht. Ueber demselben lagern im Wechsel mit Strömen von
Plagioklasbasalt die Weissbacher und die jüngeren Kohlenablage-
rungen der Zeche Einigkeit, die von einer Plagioklasbasaltdecke
bedeckt werden, während der von Singer beschriebene Nephelin-
basalt als Stiel das Tertiär und die Plagioklasbasaltdecken durch-
setzt.
Eine gegen 30 Meter mächtige Doleritdecke bedeckt die han-
genden Tuffe der in der geologischen Rhönlitteratur vielgenannten
Tertiärablagerungen im Reipertsgraben bei Roth und an dem be-
nachbarten Erdfall (auch Erdpfahl). Darüber folgen im Graben
Tuffe und Agglomerate mit Decken von Plagioklasbasalt und
schliesslich am Ende des Waldes eine mächtige Basaltdecke, deren
tiefstes Gestein limburgitartig erscheint, aber einzelne Feldspath-
leisten führt und stellenweise reichlich Nephelin einschliesst. Höher
kommen dann echte Nephelinbasalte.
Hassenkamp2) und Heer3) waren durch ihre palaeontologi-
schen Untersuchungen über die Tertiärablagerungen der Rhön ver-
anlasst worden, den Braunkohlen vom Reipertsgraben und Ei’dfall
ein höheres Alter zuzuschreiben als denjenigen von Weissbach und
Bischofsheim. Die ersteren Fundorte rechnete Heer zur unteren
Süsswassermolasse der Schweiz (oberoligocän), die W eissbacher und
Bischofsheimer Braunkohlen, ebenso wie die vom Eisgraben wurden
dem Mittel- und Obermiocän zugeschrieben. Sandberger4) hat
b Geologie von Bayern, Bd. II, S. 682.
2) Geognost. Bes ehr. der Braunkohlenformation in der Rhön 1860 u. Geo-
gnostisch-palaeontolog. Untersuchungen über 4. Tertiärb. des Rhöngeb. 1864.
3) Die tertiäre Flora der Schweiz, III. Bd. 1859, S. 299. Vergl. Zinken,
Ergänzungen zur Physiographie der Braunkohle, 1871, S. 33 — 45.
4) Die Braunkohlenformation der Rhön, 1879.
16
H. Proescholdt, TJeber den geologischen Bau
dann später die Schichten von Bischofsheim, Tann, Roth wie über-
haupt die sämmtlichen jüngeren Braunkohlen der Rhön für gleich-
alterig erklärt und ihre Entstehung in die untermiocäne Zeit ge-
stellt. Indessen ergiebt sich doch eine gewisse Altersverschieden-
heit der betreffenden Ablagerungen, die Schichten vom Reiperts-
graben und Erdfall bei Roth sind älter als der Dolerit, die Braun-
kohlen von Weissbach und Bischofsheim, ebenso vom Lettengraben,
Hillenberg, Grangolf, Eisgraben und andere jünger als derselbe.
Bemerkenswerth ist es, dass die Bildung der Braunkohlenablage-
rungen auf dem Kartengebiet vor der Eruption der Nephelin-
basalte beendigt war, denn nach den bisherigen Beobachtungen
ist nirgends eine Nephelinbasaltdecke zwischen oder unter den
betreffenden Schichten aufgefunden worden, vielmehr werden die-
selben häufig, wie im Eisgraben schön aufgeschlossen ist, von den
jüngsten Basalten gangförmig durchsetzt.
Die früher mitgetheilten chemischen Analysen der Haupttypen
der Rhönbasalte lassen erkennen, dass vom Dolerit bis zu den
Nephelinbasalten der Kieselsäuregehalt mehr und mehr abnimmt.
Dieselbe Reihenfolge ist bereits früher an der Geba in der Vorder-
rhön beobachtet worden. Dort müssen nach Bücking1) wenigstens
zwei, ein jüngerer und ein älterer Basalt, unterschieden werden.
Der jüngere, der die Hauptmasse der Basaltdecke des Berges
bildet, gehört zur Gruppe der Nephelinbasalte, der ältere, der
theilweise doleritisch ist, zur Gruppe der Feldspathbasalte. Wie
anderwärts, ist auch hier einer Eruption von kieselsäurereicheren
Gesteinen eine solche von kieselsäureärmeren gefolgt.
Es mag hier noch erwähnt werden, dass am Meissner die
Basalte unter Lagerungsverhältnissen auftreten, welche grosse Aehn-
lichkeit mit denen des Dolerits im Elzbachgrund zeigen. Wie an
letzterer Stelle bedeckt dort der Dolerit, der mit jenem der Rhön
nach mikroskopischer und chemischer Zusammensetzung identisch
ist, einen dichten Feldspathbasalt. In der Rhön sind die beiden
Gesteine durch eine Tuffzwischenlage getrennt, gehören daher wohl
') Text zu Blatt Helmershausen, S. 27.
des Centralstoeks der Rhön.
17
zeitlich getrennten Eruptionen an. Am Meissner sind die Ver-
hältnisse nicht so klar gestellt, obwohl auf dem Blatt Allendorf
auf der Westseite des Berges die Braunkohlenformation zwischen
beiden Basalten auftritt, denn Beyschlag1) hält dichten Feldspath-
basalt und Dolerit für ein und denselben Erguss und die petro-
graphische Differenzirung des Magmas für eine Folge ungleich
rascher Abkühlung, die am schnellsten in Berührung mit den ab-
kühlenden Flächen anderer Gesteine, also an der Auflagerungs-
fläche, eintreten musste. An den Gleichbergen, besonders am
Grossen Gleichberg bei Römhild, lässt sich aber das umgekehrte
Verhalten constatiren. Hier zeigt das Gestein der Basaltdecke an
und nahe der Auflagerungsfläche der Trias eine auffällig grob-
körnige Structur und wird nach oben immer feinkörniger. Ver-
schiedenes Wärmeleitungsvermögen der verschiedenen Gesteine
und grössere Wärmeausstrahlung an der Oberfläche der erstarren-
den Ergussgesteine können an verschiedenen Orten wohl ver-
schieden auf einander folgende Structuren der erstarrten Massen
erzeugen. Ich kann daher die Ansicht meines Freundes Beyschlag
doch nicht unbedingt theilen. Leider sind die Aufschlüsse am
Meissner nicht derart, dass eine vollständig klare Einsicht in die
Altersbeziehungen der dortigen Basalte zu gewinnen ist.
Die im Vorhergehenden mitgetheilten Profile, insbesondere
das vom Elzbachgrund, führen leicht zu der Vermuthung, dass
der Aufbau der Hohen Rhön durchweg ein verhältnissmässig ein-
facher sei. Das würde ein Irrthum sein. Wo die Decken noch
in ungestörter Lagerung mit Tufflagen wechseln, zeigt sich im
Terrain ein meist deutlicher Terrassenbau , wie auf der östseite
des Hohen Polsters; in sehr trockenen Sommern, wie es der dies-
jährige war, tritt der Wechsel der Gesteine auffällig durch den
Wechsel der Färbung der Grasdecke hervor, die über den aus-
gehenden Tuffen frisch und grün, über den Basalten braun er-
schien. Der grössere Theil der Hohen Rhön im Kartengebiet
zeigt aber solche Einfachheit im Aufbau nicht, vielmehr stehen
0 Text zu Blatt Allendorf, S. 40 — 44.
Jahrbuch
2
18
H. Proescholrt, lieber den geologischen Bau
an vielen Orten das Auftreten und die Verbreitung der einzelnen
Basalte unter einander im Widerspruch mit der im Elzbachgrund
constatirten Altersfolge oder scheinen wenigstens zu stehen.
Die eingehende Untersuchung der Gesteine des Stellberges
nördlich vom Heideistein in diesem Spätsommer (daher auf der
Karte nicht mehr eingetragen) ergab das interessante Resultat,
dass an der scharf hervortretenden Kuppe desselben Nephelin-
basalt dem Anscheine nach als Rest einer ehemals weiter ausge-
dehnten Decke lagert. Was man hier beobachten kann, lässt ver-
muthen, dass der Berg wahrscheinlich den im nachstehenden Profil
dargestellten Aufbau besitzt.
Profil (schematisch) des Stellberges von S. nach N.
r
Phonolith Feldspathbasalt Nephelinbasalt Tuff
Der Feldspathbasalt der Karte zieht, wie die Karte zeigt,
nach dem Elzbachgrund und steht vermuthlich mit den Plagioklas-
basalten am Ostrand der Rhön im Zusammenhang, entsprechend
der schon früher erwähnten Regel, dass die Ströme von W. nach
O. sich neigen. Nach der gegenwärtigen Anschauung ist hier
der Feldspathbasalt der Kuppe jünger als der Nephelinbasalt 1).
In gleicher Weise wurde neuerdings von mir am Ilmenberg das
Hervortauchen von Plagioklasbasalt aus dem Nephelinbasalt beob-
achtet.
*) Das Nebeneinandervorkommen der verschiedenen Basalte an dieser Stelle
bietet dann freilich nichts Auffälliges, wenn hier Durchbrüche von Nephelin-
basalt vorliegen würden. Das ist indessen leider nicht sicher festzustellen, aber
nicht wahrscheinlich.
des Centralstocks der Rhön.
19
Auch die Verbreitung der verschiedenen Basalte zeigt manche
eigentümliche Erscheinungen, die schwer zu erklären sind. Der
Dolerit tritt in 3 von einander getrennten Decken auf, die in
gleicher Meereshöhe lagern , und deren Gestein in Bezug auf
Mächtigkeit und mineralogische Zusammensetzung so grosse Ueber-
einstimmung besitzen, dass es richtiger erscheint, sie nicht als die
Producte von 3 verschiedenen Eruptionen anzusehen, sondern in
ihnen die Ueberreste einer ehemaligen zusammenhängenden, ein-
heitlichen Decke zu erblicken. Der Zusammenhang ist dann ent-
weder durch Durchbrüche von jüngeren Basalten aufgehoben wor-
den, oder aber dadurch, dass in der Zwischenzeit zwischen der
Eruption des Dolerits und der der anderen Basalte die Erosion
die Decke teilweise fortgewaschen und in mehrere Theile zer-
schnitten hat. Für die letztere Annahme spricht ausser der grossen
Weite der Zwischenräume besonders der Umstand, dass die in
denselben zu Tage tretenden Plagioklasbasalte sich stromartig aus-
breiten. Das Auftreten von Decken derselben über, zwischen und
unter dem Dolerit erklärt sich dann ganz natürlich dadurch, dass
bei der Eruption der jüngeren Gesteine die flüssige Masse die
durch die Erosion geschaffenen Vertiefungen auszufüllen suchte.
Ganz ähnliche Verhältnisse kehren an vielen Stellen zwischen
Plagioklas- und Nephelinbasalten wieder und sind wohl in der-
selben Weise zu erklären.
Eine solche Erklärung aber setzt voraus, dass zwischen den
Eruptionen der verschiedenen Gesteine längere Zeiträume ver-
strichen sein müssen, in denen die Erosion mehr oder minder
grosse Wirkungen hervorbringen konnte. Diese Annahme steht
im Widerspruch mit der mehrfach ausgesprochenen Ansicht, dass
die Eruptionen rasch auf einander gefolgt seien 1). Ein über-
zeugender Beweis ist jedoch nicht gegeben worden und wird sich
wohl auch nicht führen lassen. Jedenfalls dürfte es sachlich ge-
rechtfertigt sein, die Erosionswirkungen viel mehr als bisher bei
der Untersuchung der Altersfolge der Gesteine zu berücksichtigen;
x) Yergl. Wedel, Ueber das Doleritgebiet des Breitfirst und ibrer Nachbar-
schaft. Dieses Jahrb. für 1890, S. 37.
2-
20
H. Proescholdt, Ueber den geologischen Bau
vielleicht ist manche Kuppe , die als Durchbruch angesehen
wurde oder wird, nichts anderes als eine Erosionskuppe, die von
dem vermeintlich durchbrochenen, älteren Gestein erst später um-
flossen wurde.
Ausserdem ist bei der Beurtheilung der Reihenfolge der Ba-
salte noch ein Umstand zu betonen, der mir sehr bemerkenswerth
erscheint. Wie vorher mitgetheilt, ist die Grenzfläche zwischen
Trias und Tertiär in der Hohen Rhön ausserordentlich uneben
und zeigt bedeutende Höhendifferenzen. Da keine Veranlassung
zu der Annahme vorliegt, dass die eruptive Thätigkeit zuerst
in den tieferen Theilen eintrat und sie ausfüllte, dieselbe jeden-
falls überall vor sich ging, so ist schon in dieser Thatsache die
Möglichkeit gegeben, dass Gesteine aus derselben Eruptionszeit
in ganz verschiedener Höhe auftreten können und dass später
Eruptionen jüngerer Gesteine an manchen Stellen die älteren nicht
oder nur theilweise zu überdecken vermochten.
Schliesslich kann noch die Frage aufgeworfen werden, ob die
Verbreitung der verschiedenen Basalte in der Hohen Rhön nicht
durch Verwerfungen entstanden sein könnte und dem entsprechend
zu erklären sei. Ich habe aber für eine solche Erklärung nach
mehrjähriger Begehung eines grossen Theiles der Rhön bis jetzt
keine genügenden Gründe finden können, obwohl ich an und für
sich nachbasaltische Dislocationen nicht bestreite.
Die in der Rhön beobachtete Altersfolge der Basalte steht
in einem auffälligen Gegensatz zu derjenigen, die Wedel von
denselben Gesteinen an der Breitfirst bekannt *) gemacht hat.
Nach ihm gelangten die Nephelinbasalte zuerst zum Ausbruch,
dann folgte ein dichter Plagioklasbasalt und zuletzt der Dolerit.
Hier sind also die basischen Gesteine die ältesten, die
sauren die jüngsten. Wedel 2) sucht das höhere Alter des
Nephelinbasaltes mit dem Umstand zu beweisen, dass die Tufl-
schicht auf der Höhe des Stoppelberges, welche auf diesem Eruptiv-
gestein aufliegt, nur Reste derselben, aber keine Bruchstücke der
!) a. a. 0.
a) a. a. 0. S. 7.
des Centralstocks der Rhön.
21
später emporgedrungenen Basalte, d. h. der Plagioklasbasalte und
Dolerite, enthält. Ob diese Beobachtung indessen für sich allein
genügt, um eine Altersfolge aufzustellen, erscheint mir doch frag-
lich. Das Auftreten von dichten Plagioklasbasalten unter dem
Dolerit an der Breitfirst stimmt dagegen mit den Verhältnissen
in der Hohen Rhön ebenso gut überein wie die Beobachtungen
Streng’s1) in der Umgebung von Giessen, der daselbst eine obere
Stromformation von grauen, deutlich körnigen Anamesiten, deren
mineralogische Zusammensetzung der des Dolerits sehr ähnlich
ist, von einer älteren von schwarzen dichten Feldspathbasalten
unterscheidet.
In wie weit die im Vorstehenden gegebene, auf eine Reihe
von Beobachtungen gegründete Anschauung über die Altersfolge
der Basalte in der Rhön sich bei fortgesetzten Untersuchungen
bestätigt oder modificirt werden muss, steht dahin. In dem Text
zu den Rhönblättern wird die Frage eingehend behandelt werden,
um so mehr, als der grosse Maassstab der Karten die Eintragung
einer grossen Menge Details, Gänge, Durchbrüche, Kuppen etc.
gestattet, die die gegenseitigen Beziehungen der Gesteine bis zu
einem gewissen Grad anschaulich darstellen.
0 Notizblatt des Vereins für Erdkunde zu Darmstadt. IV. Folge, Heft 11,
S. 18 — 20 u. Lepsius: Geologie von Deutschland, Bd. I, S. 741,
Briefliche Mittheilung.
Herr G. Berendt an Herrn W. Haüohecorne.
Schreiberhau, den 31. October 93.
In meiner vorjährigen Abhandlung »Spuren einer Verglet-
scherung des Riesengebirges« habe ich auch kleiner dammartiger
Wälle im heutigen Zackenthale, unweit der Einmündung der
Kochel in dasselbe, Erwähnung gethan und dieselben in Verbindung
mit der durch die Strudellöcher allein schon unabweisbar gewordenen
Vergletscherung als kleine Stirnmoränen der zuletzt noch im Zacken-
thale sich zurückziehenden Gletscherzunge angesprochen. Zwar
habe ich hierbei schon gleich ausgesprochen (S. 20): »es bleibt
somit demjenigen überlassen, der trotz der durch die Strudel-
löcher auf den Höhen unabweisbaren Vergletscherung es vorzieht,
in der Anhäufung der Steinwälle nur ein Werk des Flusses zu
sehen, solche Meinung festzuhalten«. Dennoch will ich nicht ver-
säumen, diese Heranziehung als nicht zutreffend hier ausdrücklich
selbst zu bezeichnen und zurückzunehmen, vor allen Dingen des-
halb, weil ihre beobachtete tiefe Lage auf dem Grunde des jetzigen
Zackenthaies sich mit der unbedingt anzunehmenden sehr bedeu-
tenden postglacialen Erosion dieses Thaies nicht vereinen lässt.
Dagegen hatte ich Gelegenheit in diesem Jahre, zum Theil
in Gemeinschaft mit Herrn Keilhack, und auch von diesem so-
fort, ohne vorherige Verständigung, als Localmoräne im Sinne
Wahnschaffe’s bezeichnete Geschiebepackung einheimischen Ge-
steins auf den Vorbergen am Rande des Warmbrunner Thaies
mehrfach zu beobachten. Man erreicht schöne Aufschlüsse solcher
Herrn G. Berendt an W. Hauchecorne, Briefliche Mittheilung. 23
Localmoränen am Südostausgange von Hermsdorf unter dem Kyn-
ast dort, von wo schon seiner Zeit Herr Kosmann die Abscheerung
und Umbiegung der quasi Schichtenköpfe des Granits beschrieben
hat, wie solches auch Herr Stapff beim Eulengebirgsgneiss häufig
beobachtet hat, was ihn eben zu dem so treffenden Ausspruch
veranlasste: »Wollte man sie Gletschern zuschreiben, so müssten
sich solche fächerartig von fast jedem Hügelkopf ausgebreitet
haben«. Grade diese Hügelköpfe der Yorberge bei Hermsdorf,
soweit sie eben nicht den blank gewaschenen Granit mit nur als
Gletschertöpfe zu deutenden Strudellöchern zeigen, tragen diese
U/2 bis 2 V2 Meter mächtige, ganz aus einheimischen Blöcken mit
sandig lehmigem Bindemittel bestehende, dem Granit selbst un-
mittelbar, aber mit scharfer Grenze auflagernde Localmoräne.
Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
Von Herrn H. Potonie in Berlin.
(Hierzu Tafel III— Y.)
Wegen ungenügender Kenntniss ihrer Blüthen1) müssen ja
die Sigillaria- Äxten nach der Sculptur ihrer epidermalen Stamm-
und Zweig-Oberflächen eingetheilt werden. Es sind hiernach
5 Gruppen aufgestellt worden, deren Namen und engere Zusammen-
gehörigkeit sich aus der folgenden Uebersicht ergiebt:
A. Eusigillariae :
1. Rhytidolepis im engeren
Sinne,
2. Tessellata , }
3. Favularia.
Subsigillariae:
4. Cancellata (= Clathraria ),
5. Leiodermaria.
Rhytidolep\
im weiteren (
Sinne
I Rhytidolepis
im weitesten
Sinne
Es hat sich nun gezeigt, dass die beiden letzten Abtheilungen,
die Cancellaten und Leiodermarien, nicht als besondere Gruppen
aufrecht erhalten werden können, indem E. Weiss2) und nur
!) Es ist ganz falsch oder doch in hohem Grade unzweckmässig, von den
mit den Blüthen der Siphonogamen (Phanerogamen) homologen Sprossen und
Spross-Enden der Pteridophyten als »Fructificationen« u. s. w. zu reden. Es
handelt sich um Blüthen in demselben Sinne wie bei den Siphonogamen. —
Vergl. meinen Aufsatz: »Der Begriff der Blüthe« (Naturwissenschaftliche Wochen-
schrift 1893, Bd. VIII, S. 517 ff. u. 584) oder die bezüglichen Auseinandersetzun-
gen in der 3. Aufl. meiner »Elemente der Botanik« (Berlin 1894).
2) Beobachtungen an Sigillarien von Wettin und Umgegend (Zeitschr. d.
Deutsch, geol. Ges. XLI. Bd., Sitzung vom 1. Mai). Berlin 1889, S. 376. ff.
H. Potonie, Die Weehsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
25
wenige Tage nach ihm E. Zeiller 4) die Zusammengehörigkeit der
cancellaten Sigillaria Brardii Brongniart’s mit der leiodermen
Sigillaria spinulosa Germ ar (= S. denudata Göpp.) nachwiesen
und indem diese beiden Autoren zeigten, dass diese »Arten« weiter
nichts als epidermale Oberflächen ein und derselben Art sind,
entnommen verschiedenen Stellen des Stammes. Das von Zeiller
1. c. beschriebene und Fig. .1 abgebildete Stück zeigt oben cancellate
Polster, unten eine leioderme Oberfläche, dazwischen Uebergänge* 2).
An das schon 1879/1880 von Zeiller bekannt gegebene, S. 33
unter No. 1 erwähnte Stück, das, ebenfalls zu Sigillaria Brardii ge-
hörend, sowohl cancellate als auch leioderme Oberfläche vereinigt
zeigt, war die Schlussfolgerung der Zusammengehörigkeit der
Cancellaten mit den Leiodermen wegen der Vereinzeltheit des Falles
nicht geknüpft worden. Dass auch andere Subsigillaria- Arten sowohl
cancellate als auch leioderme Oberflächen besitzen, zeigt eine Ab-
bildung der Sigillaria Grasiana Brongn. bei C. Grand’Eury3 4), die
freilich vielleicht specifisch ident mit S. Brardii Brongn. em. ist,
und eine solche von Sigillaria Fritschii WEISS bei dem Autor
dieser Art4), sodass die in Rede stehende Erscheinung bei der
Gruppe häufiger vorkommt.
Hieraus ergiebt sich, dass die Gruppe der Subsigillarien auf
Grund der Ausbildung der Polster und der Stellung der Blattnarben
nicht unterabtheilt werden kann.
Sehen wir nun zu, in wie weit sich die entsprechenden Merk-
male für eine Gruppirung der Eusigillarien verwerthen lassen.
’) Sur les variations de formes du Sigillaria Brardi Brongniart. (p. 603 bis
610 et pl. XIY dans le Bulletin de la societe geologique de France. 3eme serie,
t. XVII, seance du 20. mai 1889). Paris 1889.
2) Eine Reproduction des Exemplares findet sich in Zeiller’s Fig. 1, Taf. XIV
der Etudes des gites mineraux de la France. (Publiees sous les auspices du
Ministere des travaux publics.) Bassin houiller et permien de Brive. Fase. II:
Flore fossile. Paris 1892.
3) Fig. 11, Taf. X der Geologie et paleontologie du bassin houiller du Gard.
Saint-Etienne 1890. (In Wahrheit erst 1892 erschienen).
4) E. Weiss und T. Sterzel, Die Gruppe der Subsigillarien (Abhandl. d.
Königl. Preuss. geol. Landesanstalt. Neue Folge, Heft 2). Berlin 1893, Taf. XXI,
Fig. 83.
26
H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
Die Tessellata , zu denen 1) diejenigen Rhytidolepen im weiteren
Sinne oder auch Arten mit zu Favularia hinneigenden Polstern
gehören, deren Blattnarben durch eine mehr oder minder voll-
ständige Querfurche von einander getrennt sind, lassen sich nicht
als wohlumschriebene Gruppe aufrecht erhalten und sind auch
niemals ernstlich von den Rhytidolepen getrennt worden.
Das von mir auf Taf. III, Fig. 1 veröffentlichte Exemplar aus
der Steinkohlenformation Westphalens, aus einem der Horizonte
über der Mägerkohlen-Partie, zeigt, dass auch diese beiden Gruppen,
nämlich also die Rhytidolepen im engeren Sinne und die Tessellaten
in genau derselben Weise untereinander Zusammenhängen, wie die
beiden Subsigillaria- Abtheilungen. Das Stück gehört zu den
Rhytidolepis- Arten im weiteren Sinne, d. h., wir finden die senk-
recht untereinander befindlichen Blattnarben - Zeilen , also die
Orthostichen, durch scharfe, deutliche Längsfurchen von einander
getrennt. In der oberen Hälfte des Stückes stehen aber die Narben
enger und sind durch nicht ganz durchgehende Querfurchen dicht
oberhalb der Narben als Andeutungen von Polster-Abgrenzungen
von einander getrennt, sodass diese Partie zu den Tessellaten
gehört, während die Narben der unteren Hälfte weit grössere
Entfernungen zwischen sich lassen und keinerlei Polster-Ab-
grenzungen aufweisen, sodass also diese untere Hälfte zu den
typischen Rhytidolepis im engeren Sinne gehört.
Die Richtigkeit der Bemerkung des Grafen H. zu Solms-
Laubach2): »Jede Längsrippe des Rhytidolepis - Stammes kommt
durch die Verschmelzung der senkrecht übereinander stehenden
Blattpolster zu Stande«, wird durch unser Exemplar erwiesen.
Sollte die über der Blattnarbe so häufig auftretende Marke als
Ligulargrube angesehen werden, und diese Deutung dürfte nun-
mehr auch für Sigillaria kaum Widerstand finden, so musste der
Botaniker die SoLMs’sche Annahme machen, da die Ligula zum
Blatte gehört. Mithin musste auch die Umgebung der Blattnarbe
zum Blatte gerechnet werden, ebenso wie die Blattpolster der
b E. Weiss, Die Gruppe der Favularien (Abh. d. Königl. Preuss. geol.
Landesanst., Bd. VII, Heft 3). Berlin 1887, S. 11 [237].
2) Einleitung in die Paläophytologie. Leipzig 1887, S. 248.
H. Potonu;, Die Weehsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 27
Lepidodendreen als Basaltheile der abgefallenen Blattspitze auf-
zufassen sind.
Bei den Lepidodendreen (Lepidodendron und Lepidophloios)
beobachtet man ausserhalb der Blattnarben auf den Blattpolstern,
Blattfüssen, ausser der Ligulargrube noch je zwei Organe unter-
halb jeder Narbe, die ich1) als Transpirationsöffhungen gedeutet
habe. Entsprechende Organe sind unterhab der Sigillaria-N arhen
meines Wissens bisher nicht bekannt geworden. Der Geologe
der Berggewerkschaftskasse zu Bochum, Herr Dr. Leo Cremer,
machte mich nun aber auf ein Rhytidolepis- Stückchen in der
Sammlung zu Bochum aufmerksam, von welchem ich — da das
Original ein Hohldruck, ein Negativ, ist — in Fig. 2 auf Taf. III
die Abbildung eines Wachsabgusses zur Anschauung bringe. Dieses
Exemplar war Herrn Cremer durch die scharf umschriebenen,
im Ganzen elliptischen, kleinen Male aufgefallen, die sich in der
Zahl von zweien, an der einen Stelle auch von dreien, zwischen
je zwei übereinander befindlichen Blattnarben markiren. Auf den
Abdrücken des Stückes, welche, wie unsere Figur, das wirkliche
Aussehen der ursprünglichen Stamm-Oberfläche wiedergeben, bilden
diese Male schwache, flache Vertiefungen, wie die Transpirations-
öffnungen von Lepidodendron und Lepidophloios , und es liegt wohl
nichts näher, als sie ebenfalls für Transpirationsöffnungen zu halten,
die dann bei den Sigillarien über zwei zwischen je zwei Blatt-
narben auftreten können, dadurch mehr an unsere recenten Baum-
farne erinnernd, die freilich die in Rede stehenden Oeffnungen
unter den Narben auf den Blattfüssen in grösserer Zahl, jeden-
falls über drei, besitzen. Auf der zweiten Rippe, von rechts ge-
rechnet an unserer Abbildung, entspricht die Stellung der Male
der bei« den Lepidodendreen, indem wir sie hier nicht weit von
dem unteren Rande der Blattnarbe neben einander finden. In den
anderen Fällen sind die Male unseres Stückes in der Längsrichtung
der Rhytidolepis- Rippen weit von einander gerückt, nur dass die
zweite Rippe von links 3 Male unter der Narbe aufweist, von
x) Anatomie der beiden »Male« auf dem unteren Wangenpaar und der beiden
Seitennärbchen der Blattnarbe des Lepidodendreen -Blattpolsters. (Berichte d.
Deutsch, botan. Ges., Bd. XI, S. 319 ff.). Berlin 1893.
28
H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
denen zwei wie bei den Lepidodendreen stehen, das dritte abgerückt
ist. Im Grossen und Ganzen befinden sich die Male in derselben
Längslinie wie die Seitennärbchen der Blattnarben, d. h., wenn
man von den Seitennärbchen aus parallele Linien mit den Rhyti-
cfoZepzs-Furchen zieht, so trifft man unter der Blattnarbe auf eine
Transpirationsöffnung. Sie zeigen also in dieser Beziehung das-
selbe Verhalten, wie die Transpirationsöffnungen von Lepidodendron
und Lepidophloios *).
Nehmen wir wegen der Analogie mit den Lepidodendreen die
obige Deutung der in Rede stehenden Male bei Sigillaria als
richtig an* 2), so müssen wir das ursprüngliche, in seinen Quergrenzen
verwischte Rhytidolepis- Polster mindestens so weit unterhalb der
Narbe rechnen, als noch Transpirationsöffnungen Vorkommen, und
wir müssen dementsprechend die Polster-Grenze oberhalb der Blatt-
narbe zwischen der zunächst darüber befindlichen Transpirations-
öffnung und der Ligulargrube suchen. Betrachten wir im Hin-
blick darauf unsern abgebildeten Rest — namentlich die zweite
Rippe von links — so bemerken wir, dass die Blattnarben der
oberen Grenze ihrer Polster weit näher gerückt sind, als ihrer
unteren. Diese sich aus unserem Stück ergebende Thatsache stimmt
mit den bisherigen Beobachtungen überein, da wir auch bei den
tessellat gefelderten Stücken, also bei solchen, deren quer verlaufende
Polsterabgrenzungen durch Furchen markirt sind, diese Furchen
stets dem oberen Rande der Blattnarben genähert sehen. Auch
bei den Favularien ist dasselbe zu beobachten.
Vergleichen wir speciell unser Stück Fig. 1, Taf. III, so werden
wir in der Rhytidolepis- (im engeren Sinne) Zone auch ohne Vorhan-
densein von Transpirationsöffnungen durch die ganze Gestalt der
Rippen darauf hingewiesen, dass auch hier die Narben in der
oberen Hälfte der nicht von einander abgegrenzten Polster sitzen.
*) Yergl. diesbezüglich meine oben citirte Abhandlung.
2) B. Renault (Notice sur les sigillaires. Extrait des mem. d. 1. soc. d’hist.
nat. d’Autun 1888) hält die beiden die Seitennärbchen der Sigillaria - Narbe bil-
denden Organe für solche secernirender Natur; er nennt sie »appareils ä gomme«.
Nach diesem Autor würde die Anatomie dieser Organe bei Sigillaria complicirter
sein als diejenige, wie ich sie 1. c. 1893 für Lepidophloios beschrieben habe.
H. Potonie, Die Wechsel- Zonen -Bildung der Sigillariaceen.
29
Bemerkenswerth ist noch an diesem Best, dass die Blattnarben
an dem Stück ganz oben wieder lockerer zu stehen beginnen.
Wir haben es also mit einer Zone enger stehender Narben zu
thun, die oben und unten von zwei Zonen mit lockerer stehenden
Narben begrenzt wird. Diese Erscheinung der Zonenbildung ist
bei den Subsigillarien bereits bekannt. Ich werde darauf zurück-
kommen.
Die Favularien, vor Allem durch zickzackförmig verlaufende
Längsfurchen charakterisirt , bat Weiss früher ebenfalls zu den
Rhytidolepen gerechnet1), also dann die Gruppe Rhytidolepis im
weitesten Sinne genommen, die er später2) als die der Eusigillarien
bezeichnete. Hier sagt er auch: »dass die Favularien und Rhyti-
dolepis (zu denen er nunmehr die Rhytidolepen im engeren Sinne
und die Tessellaten rechnet) in einander übergehen, ist bekannt«.
Dass sogar Rhytidolepis- und FawZaWa-Oberflächen-Sculptur an
einem und demselben Stücke Vorkommen kann, scheint ihm
in dem Moment, als er diesen Satz schrieb, nicht gegenwärtig
gewesen zu sein, obwohl das diese Thatsache erweisende, auf unserer
Taf. IV, Fig. 1 abgebildete Stück aus dem Carbon des Walden-
burger Revieres (Göppert leg.) sich in der Sammlung der
Königl. Preuss. geol. Landesanstalt befindet, und er die hier ge-
gebene Abbildung desselben selbst — in der Absicht, sie in einer
leider manuskriptlos, nur aus hinterlassenen Abbildungen be-
stehenden, projectirten ausführlichen Monographie der Favularien
zu veröffentlichen — schon 1882 bat zeichnen lassen. Auf dem
einen Etiquet zu dem Stück hat er eigenhändig die Bemerkung
gemacht: »Original zu der Zeichnung von 1882«. Auch in der
schon citirten, 1893 herausgegebenen Arbeit über die Subsigillarien
giebt er zwar3) an, dass die Abtheilungen der Leiodermaria und
Cancellata getrennt nicht mehr festgehalten werden können, da es
sich hier nur »um zwei innig verbundene Formen der Ausbildung
der Oberfläche« handele, aber von den anderen Oberflächen-Typen,
den Favularien und Rhytidolepen sagt er auch hier wieder nur,
9 Favularien 1887, S. 10 [236].
2) Sigillarien von Wettin und Umgegend 1889, S. 379.
«) S. 12.
30
H. PoTosufi, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
dass sie ohne Lücke verbunden seien, aber nichts darüber, dass
Favularia- und Rhytidolepis- Oberflächen auch an einem und dem-
selben Stück Vorkommen können.
Das unterste Drittel etwa unseres bemerkenswerthen Stückes
Taf. IY, Fig. 1 zeigt typische Rhytidolepis- (im engeren Sinne)
Oberfläche mit graden Längsfurchen ohne Andeutung von Quer-
furchen (Detailfig. la), darüber folgt eine Zone mit geschlängelten
Längsfurchen, ebenfalls ohne Querfurchen (Detailfig. lb), und zu
oberst eine Zone mit ganz typischer Favularien-Oberfläche (Detail-
fig. lc), sodass das Stück ohne Kenntniss des Zusammenhanges
von 3 günstigen Bruchstücken nach dem bisherigen Modus in
3 Arten zertheilt werden müsste, die obendrein in 2 verschiedenen
Abtheilungen der Eusigillarien, also Rhytidolepis im engeren Sinne
und Favularia , unterzubringen wären. Die Zonen b und c ge-
hören der Basis eines Gabelzweiges an, der von der doppelt so
breit gewesenen Zone a abgeht ; der andere Gabelzweig ist an dem
Exemplar — wie die Figur zeigt — nur ganz andeutungsweise
erhalten, und das Stück als einem gegabelten Stamm angehörig
namentlich noch dadurch zu erkennen, weil der Gabelwinkel er-
halten ist.
Betrachten wir die senkrechten Entfernungen der einzelnen
Blattnarben von einander, so sehen wir, dass dieselben von unten
nach oben ganz allmählich geringer werden. Die alleroberste
Zone zeigt zwar, dass die Narben hier wieder ein klein wenig
grössere Zwischenräume zwischen sich lassen als unmittelbar da-
runter, sodass man von oben beginnend eine Zone engstehender,
darunter eine solche mit ganz engstehenden, dann wieder eine wie
zuerst, mit engstehenden, dann eine mit lockerer stehenden und
endlich im unteren Drittel eine Zone mit weit stehenden Narben
unterscheiden kann; aber — so bemerkenswerth die Thatsache
auch ist, dass ganz oben die Narben zwar immer noch eng, aber
doch lockerer als unmittelbar darunter vertheilt sind — so genügt
doch das Stück nicht, um — so wahrscheinlich es auch ist — an
demselben mit hinreichender Evidenz zu constatiren, dass auch
hier, wie an den Subsigillarien mit abwechselnd locker (leioderm)
und dicht (cancellat) stehenden Narben, die Erscheinung dieselbe
H. Potonik, Die "Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
31
sei: dazu sind die Unterschiede in den Entfernungen der Narben
im oberen Theil unseres Stückes doch zu gering. Einen zweifel-
losen Beweis jedoch, dass auch die Favularien eine Zonenbildung
in demselben Sinne wie die Subsigillarien zeigen können, also immer
abwechselnd eine Zone mit enger stehenden Narben und eine mit
lockeren, erbringt das Fig. 2 ebenfalls auf der Taf. IY zur An-
schauung gebrachte Exemplar einer durchweg typischen Favularia
von der Königsgrube bei Aachen (Flötz Merl, 430 Meter-Sohle,
Sattel C, Hangendes, Querschlag IV), das Weiss auf dem Etiquett
als »Sigillaria (Favularia) elegantula Weiss var.« bestimmt hat
und ebenfalls für die ausführlichere Favularien- Arbeit bereits hatte
zeichnen lassen: unsere Figur stammt aus seinem Nachlass.
Dass auch an Stämmen, die sowohl Rhytidolepis- als auch
Favularien-Oberfläche zeigen, Zonenwechsel stattfindet, geht aus
einer Bemerkung A. C. Seward’s hervor *) , der mit wenigen
Zeilen ein Stück (aus der GöPPERT’schen Sammlung in der Bres-
lauer Universitäts- Sammlung) von der Steinkohlenformation zu
Bochum erwähnt, das oben Rhytidolepis -, darunter Favularia-
Sculptur und darunter wieder lockerer stehende Narben besitzt,
über welchen eine Zeile mit Abbruchsstellen von Blüthen sich be-
merkbar macht. Diese Thatsache in Verbindung mit der Ober-
flächensculptur unseres Exemplares Fig. 1, Taf. IV genügt zu der
Einsicht, dass auch die Ausbildung als Rhytidolepis- und Favularien-
Oberfläche an Stämmen, die diese beiden Oberflächen- Sculpturen
zugleich zeigen, auf Wechsel -Zonen -Bildung beruht.
Aus unseren Stücken geht nun zur Evidenz hervor, dass auch
die Eusigillarien auf Grund der bisher berücksichtigten Oberflächen-
Sculpturen nur mit der Gefahr in Gruppen zerlegt werden können,
dass die wirklichen Arten in mehrere zerlegt und sogar oft in ver-
schiedene Gruppen placirt werden. Es bleiben also vorläufig nur
die beiden Weiss’ sehen Hauptgruppen übrig: die Eusigillarien und
die Subsigillarien, die — wenn auch durch Mittelformen zwischen
Cancellaten und Favularien ebenfalls verbunden — doch dadurch
getrennt sind, wenigstens bis jetzt, dass noch keine Stücke be-
. *) Specific Variation in Sigillariae (Geolog. Magazine. Decade III, Vol. VII,
No. 311, May 1890). London 1890, p. 217.
32
H. Potontk, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen.
kannt geworden sind, die gleichzeitig Eusigillaria- und Subsigillaria-
Sculpturen zeigten, wenn wir von den seltenen Stücken absehen,
bei denen man streiten kann, ob sie besser zu den Favularien oder
Cancellaten zu stellen sind.
Ich habe eine Bestimmung der zur Darstellung gebrachten
Reste vorläufig nicht vorgenommen, da die Namen derselben hier
nicht von Belang sind ; sie sollen diesbezüglich bei Gelegenheit
der Veröffentlichung der anderen von Prof. WEISS hinterlassenen
Figuren von Rhytidolepis- , Tessellata- und Favularia- Oberflächen
untersucht werden.
Ich gehe nun zu einer näheren Betrachtung der Wechsel-
Zonen-Bildung über, um namentlich eine Deutung derselben
zu versuchen.
Dass diese Zonenbildung nicht bei allen Arten vorkommt,
ist zweifellos: wir kennen meterlange Rhytidolepis-^t^vakerne, an
denen die Blattnarbe resp., nach Schwund der Aussenrinde, die
auf den Steinkernen die Stelle der Blattnarben andeutenden beiden
Male, welche den Seitennärbchen (Transpirationsstrang - Quer-
schnitten) der Blattnarbe entsprechen, die Blattstellung leicht
erkennbar machen, die aber eine solche Zoneubildung nicht er-
kennen lassen, ebensowenig wie die meisten, in den Museen auf-
bewahrten, längeren SigillariaStixcke. Ob nun die Zonenbildung
eine mehr untergeordnete, »zufällige« Erscheinung ist, die gelegent-
lich jede einzelne Art treffen kann, oder ob sie auf bestimmte
Arten beschränkt ist, scheint zunächst nicht leicht zu beantworten.
Mir scheinen aber mehr und triftigere Gründe für die erste An-
nahme aufgeführt werden zu können. Zunächst ist das verhältniss-
mässig seltene Vorkommen der Wechselzonen zu berücksichtigen
auch an Resten, die eine grössere Strecke der epidermalen Ober-
fläche zur Anschauung bringen. Wenn man bedenkt, wie häufig,
ja gemein, S^T&rm-Stamm-Oberflächen im Carbon sind, wie sehr
die Sammlungen mit solchen Resten überladen sind, so wird man
die paar Fälle, welche Wechsel-Zonenbildung zeigen, leichter als
Ausnahmefälle gelten lassen.
Mir sind aus der Litteratur und aus der Sammlung der
Königl. Preuss. geol. Landesanstalt die folgenden bemerkens-
H. Potoniä, Die Wechsel- Zonen- Bildung der Sigillariaceen.
33
werthen Abbildungen resp. Stücke besonders in die Augen ge-
fallen. Weniger auffällige Beispiele könnte ich noch eine grössere
Anzahl aufführen. Von der extremsten Zonenbildung, wie sie unser
Stück Taf. III, Fig. 1, oder das unten unter No. 6, S. 36 erwähnte
Exemplar Grand’Eury’s zeigt, bis zu den Stücken, die auch jeder
Andeutung derselben entbehren, giebt es alle nur denkbaren Ueber-
gänge. Ich hätte ausser den hier abgebildeten aus der Sammlung
der Königl. Preuss. geol. Landesanstalt noch eine grössere Anzahl
zur Anschauung bringen können, welche Wechsel-Zonenbildung in
den verschiedensten Variationen zeigen. Besonders häufig sind es
Stücke mit Faw£am«-Oberflächen-Sculptur, welche schwächer ent-
wickelte Zonenbildung aufweisen. Eines derselben besitzt z. B. in
der Mitte eine eng-, darüber und darunter je eine wenig, aber doch
deutlich locker- und höher-narbige Zone; ein anderes besitzt vier
Zonen: unten eine solche mit niedrigen, in die Breite gezogenen
Blattnarben, darüber eine andere mit hohen Blattnarben, über
dieser wieder eine dritte, der ersten entsprechende, welche ihrer-
seits nach oben wieder von einer mit der zweitgenannten überein-
stimmenden begrenzt wird. Wieder andere Exemplare zeigen
ganz schwache, kaum bemerkbare, hier und da zonenweise ein-
tretende Reductionen der Blattnarben. — Auffallendere Beispiele
sind also:
1. R. Zeiller bildet in seiner Arbeit: »Veg. foss. du terr.
houill. de la France« (Paris 1880, p. 135, Taf. CLXXIV, Fig. 1)
ein Stück von Sig. Brardii ab mit 2 Zonen, die untere eng-
narbig, die obere locker-narbig, wie Sig. rhomboidea Brongn. Der
senkrechte Zwischenraum zwischen den Narben der unteren Zone
beträgt nur gegen 2 Millimeter, der der oberen Zone etwa 3J/2 bis
5 Millimeter. Messen wir, wie wir das auch im Folgenden immer
thun werden, in der Orthostiche die Entfernung der centralen
Leitbündel -Närbchen in der Blattnarbe von einander, so finden
wir diese in der oberen Zone um 10 Millimeter herum, in der
oberen Partie der unteren Zone gegen 7 und in der unteren
Partie der untern Zone gegen 8 — 9 Millimeter. Zwischen den
beiden auffallend unterschiedenen, also nicht durch allmähliche
Jalirbuch 1893.
3
34
H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
Uebergänge vermittelten Zonen ist eine Zeile von Blüthennarben
eingeschaltet. — Vergl. unsere Taf. V, Fig. 1.
2. R. Zeiller bildet an den beiden angeführten Orten von
1889 und 1892 zweimal dasselbe Exemplar von Sig. Brardii Brongn.
ab, das oben cancellate, unten leioderme (= Sig. denudata Göpp.)
Oberflächen-Sculptur zeigt.
3. Derselbe Autor giebt in seiner Description de la flore
fossile du bassin houiller de Valenciennes (Paris, Text 1888,
p. 559 ff., Atlas 1886, Taf. LXXXIV, Fig. 1) ein Stück von Sig.
Sauveurü Zeiller bekannt, das, durchweg tessellate Felderung
besitzend, oben und unten locker und in der Mitte eng stehende
und dabei weniger hohe Blattnarben zeigt, sodass 3 Zonen zu
Stande kommen.
4. C. Grand’Eury macht 1. c. ausser dem ebenfalls schon
erwähnten Exemplar von Sig. Grasiana , welches eine cancellate
Zone aufweist, die oben und unten von je einer leiodermen Zone
eingefasst wird, an demselben Orte, also in unserer Aufzäh-
lung:
5. S. 261, Taf. IX, Fig. 7 einen auf der Tafel als Pseudo-
sigillaria dimorpha n. sp. bezeichneten Rest bekannt, der zwar
durchweg leioderme Oberfläche zeigt, aber durch verschiedenartige
Ausbildung der Blattnarben doch Zonenbildung zeigt, indem die
Narben des unteren Theiles durch ihre sehr geringe Höhe und
dabei verhältnissmässig bedeutende transversale Ausdehnung mehr
an die Blattuarben der Cordaiten erinnern, während die Narben
des oberen Theiles die Conturen typischer Sigillaria- Narben zeigen,
die freilich im Uebrigen dadurch abweichen, dass sie nur ein
einziges, auffallendes, centrales Närbchen aufweisen sollen. Dem-
entsprechend entbehren denn auch nach Grand’Eury die ent-
rindeten Steinkerne solcher Reste die beiden Male oder durch
Zusammenfliessen derselben das eine Mal, welches den beiden
Seitennärbchen typischer Sigillaria - Narben entspricht. Vielmehr
sind die entrindeten Steinkerne »Knorria- förmig«. Grand’Eury
hat für solche Reste vom Typus der Sigillaria rimosa Gold, und
Sigillaria monostigma Lesq. die besondere Gattung Pseudosigillaria
H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
35
gebildet 1). In der Arbeit über das »Bassin houiller du Gard«
von 1890, S. 260 bringt er den in Rede stehenden Typus in die
Untergruppe » Sigillariae - Camptotaeniae « in Anlehnung an den
Speciesnamen »camptotaenia« Wood’s von 1860. Nach Weiss2)
sind — wie auch ich anerkenne — Sigillaria rimosa Gold. (1857),
S. camptotaenia Wood (1869) und S. monostigma Lesq. (1866)
synonym; die Art wird von diesem Autor Sigillaria comptotaenia
Wood genannt, weil der Name S. rimosa bereits durch Sauveur
für eine rhytidolepe Sigillarie vergeben war. Bezüglich der Närb-
clien in den Blattnarben finden wir bei Weiss3) die Angabe: »In
der Narbe haben die 3 Närbchen eine solche Umbildung erfahren,
dass sie wohl kaum zu 3 auftreten, sondern mehr oder weniger
deutlich einen Ring bilden.« Und4): »In der Narbenfläche
vermisst man die 3 für Sigillaria charakteristischen Närbchen.
Nur bei Fig. 23 kann man sie wohl, obschon nicht sehr deut-
lich, erkennen. Fig. 23 A: das mittlere Närbchen punktförmig
oder ein wenig horizontal verbreitert oder schwach gebogen, fast
central, die seitlichen in schwachen, gebogenen, linealen Eindrücken,
die mehr oder weniger ringförmig zusammenfliessen. Das bezüg-
lich der Blattnarben besterhaltene Stück (Fig. 22) dagegen er-
giebt am Wachsabguss das in Fig. 22 A gezeichnete Bild in zwei-
facher V ergrösserung. Man sieht einen Ring, der einen concaven
Fleck umschliesst und oben und unten oder nur unten einen
Punkt besonders angedeutet sehen lässt. Goldenberg hatte
(auch v. Röhl nach ihm) scharf und bestimmt 3 Närbchen ge-
zeichnet ; allein an seinem Originale , wovon Fig. 20 ein Stück
bringt, lässt sich davon nichts wahrnehmen, wie auch Schenk
*) Flore carbon. duDep. de la Loire et du centre de la France. Paris 1877,
p. 142. — Schon 1860 hat aber Wood (Proceedings of the Academy of Natural
Sciences of Philadelphia, Juni 1860 [Philadelphia 1861], p. 237 — 238) für diesen
und den leiodermen Typus überhaupt die Gattung Asolanus aufgestellt, die er
freilich 1869 (Transactions Amer. Phil. Soc. XIII, p. 342) zu Sigillaria einzieht,
danach würde besser, wenn man den Typus der Sig. camptotaenia generisch von
Sigillaria trennen will, für Pseudosigillaria Grand ’Eury Asolanus Wood ex parte
gebraucht werden.
2) Subsigillarien 1893, S. 66—67.
3) Subsigillarien, S. 65 — 66.
4) 1. c., S. 67—68.
36 H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
richtig angiebt.« WEISS macht auch auf die Knorrienform der
entrindeten Steinkerne aufmerksam. Seine Fig. 20, Taf. IV zeigt
typische Knorria- Oberfläche unter der Kohlenrinde, während die
entrindeten Theile der Figuren auf der Taf. V mehr an die
Aspidiopsis - Sculptur erinnern .
6. Ausser dem unter 5. angeführten Exemplar bildet Grand’-
Eüry noch ein weiteres, viel vollständigeres Stammstück derselben
Art, also Pseudosigillaria oder — wie aus der einen Anmerkung
oben hervorgeht (für den Fall also, dass man den Typus abtrennen
will) — besser Asolanus dimorpha ab auf Taf. XXII, Fig. 1 *).
Dieses über V2 Meter lange Prachtstück zeigt nicht weniger als
5 Zonen, immer abwechselnd eine mit ganz schmalen, kurz-
cordaitiformen Blattnarben und eine mit hohen, typisch sigillari-
formen.
Im Text * 2) führt Grand’Eury das Stück , Fig. 7 , Taf. IX,
unter » Sigillaria camptotaenia monostigma « auf, indem er sagt:
Dieses Stück »se rapporte, je crois, ä cette espece«; das Pracht-
stück, Fig. 1, Taf. XXII, nennt er im Text » Sigillaria camptotaenia
gracilenta«.. Sterzel 3) rechnet beide zu Sigillaria camptotaenia
Wood, und anders kann man sie auch nicht unterbringen.
Grand’Eury selbst beginnt übrigens den Text zu Sigillaria
camptotaenia gracilenta mit den Worten: »Je ne crois plus que le
raccourcissement periodique de Vegetation qui signale quelques
tiges constitue un caractere specifique ( dimorpha ), bien qu’il
n’ait pas ete constate ailleurs que dans le Gard, et qu’ici on
ne le rencontre pas dans les couches superieures«. Der letzte
Satz ist für uns besonders interessant, da die in demselben aus-
gesprochene Thatsache, dass sich Wechselzonen bei der Sigillaria
camptotaenia nur an Stücken aus bestimmten Horizonten finden,
durchaus zu der Ansicht leiten muss, dass die Wechselzonen in
der That keine constante Eigenthümlichkeit der Art sind, sondern
vielmehr Wachsthums- Erscheinungen, die besonderen äusseren
Einflüssen ihren Ursprung verdanken. Hiermit stimmt auch über-
*) Bassin houiller du Gard 1890.
3) 1. c., S. 262.
3) In Weiss-Stebzel, Subsigillarien 1893, S. 67, Anmerkung.
H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
37
ein, dass das von WEISS, 1. c., Taf. V, Fig. 28, zum Theil abge-
bildete Stammstück von Sigillaria camptotaenia , welches bei einer
Länge von 65 Centimeter im Vergleich mit Grand’Eury’s Fig. 1,
Taf. XXII, mindestens 6 Wechselzonen besitzen müsste, gar nichts
davon zeigt.
Dass die Entwickelung von strichförmigen Blattnarben bei
Sig. camptotaenia in Zusammenhang steht mit einer V erlangsamung
des Wachsthums der Achse, zeigt das GRAND’EüRY’sche Exemplar,
Taf. XXII, Fig. 1, bei aufmerksamerer Betrachtung sehr leicht.
Abgesehen davon, dass die senkrechte Entfernung der Blattnarben
von einander sich leicht als (der Annahme entsprechend) verschieden
in den Zonen constatiren lässt, obwohl Orthostichen nicht klar
herauskommen, so kann man auch, ohne Vornahme von Messungen,
durch den blossen Blick auf das Exemplar bemerken, dass die
Schrägzeilen der verschiedenen Zonen sich hinsichtlich ihrer Steil-
heit von einander auffallend unterscheiden. In den Zonen mit
den strichförmigen Narben verlaufen sie sehr viel weniger steil
als in den anderen Zonen und daraus folgt ja ohne Weiteres das
Gesagte, wobei nur noch zu berücksichtigen ist, dass die Anzahl
der Blattnarben in den sichtbaren Theilen der Parastichen in
beiden Zonen dieselbe bleibt.
7. Taf. IX, Fig. 10 bildet Grand’Eury einen Pseudosigillaria
lepidodendroides *) genannten Rest ab, der zwei Zonen aufweist,
unten eine mit sehr schmalen, darüber eine mit hohen Blatt-
narben.
8. Taf. XI, Fig. 1 — immer noch bei Grand’Eury, 1. c. —
bringt eine fast 25 Centimeter lange Stammoberfläche von Sigillaria
Brardii Brongniart * 2). Sie ist durchweg typisch cancellat und
lässt 4 ganz allmählich in einander übergehende Zonen unter-
scheiden, von denen immer die eine mit flacheren, die andere mit
höheren Polstern und Blattnarben bekleidet ist. Bei der Kleinheit der
Narben und Polster, die an sich wiederholenden Stellen durchaus
die Höhen- und Breitenverhältnisse von Brongniart’s Sigillaria
*) Text 1. c. S. 262.
2) Text bei Grand’Eury 1. c. S. 250.
38
H. Potonie, Die Weehsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
Menardi besitzen, hätte Grand’Eury sein Exemplar ebensogut zu
dieser Art, die wohl synonym mit Sigillaria Brardii ist, rechnen
können.
V^on hohem Interesse für unsere Frage ist es, dass die Si-
gillaria Brardii Brongn. em. (also incl. spinulosa Germar und denu-
data Göpp. !)), wie unter 1. S. 33 erwähnt, auch mit Wechselzonen
vorkommt, die durch leioderme (Sig. spinulosa und S. denudata )
und cancellate Oberflächen gebildet werden. Die Entfernung der
untereinander stehenden Narben der schmalpolsterigen Zonen be-
trägt im Durchschnitt an dem GRAND’EüRY’schen Exemplar von
Leitbündel-Närbchen zu Leitbündel-Närbchen gemessen nur gegen
2 Millimeter, an dem z. B. von Weiss * 2), Taf. VIII, Fig. 39, ab-
gebildeten Rest mit S. denudata - Oberflächen - Sculptur bis über
35 Millimeter, sie ist also hier über 17 Mal grösser als im ersten
Falle. Dazwischen kommen alle Entfernungsgrössen vor.
E. Weiss bildet 1. c. die folgenden Beispiele mit Zonenbildung
ab, wobei ich also, wie überhaupt, solche Stücke, deren Zonen
nicht stärker augenfällig sind, wie z. B. an dem Taf. VIII, Fig. 37
abgebildeten leiodermen Rest von » Sigillaria glabra n. sp.«, dessen
untere Narben 2 — 3 Millimeter in der Orthostiche grössere Ent-
fernung zeigen als die oberen, oder wie das Taf. XVI, Fig. 63,
zur Anschauung gebrachte Stück mit cancellater Oberfläche von
Sig. Brardii (»Sig. mutans W. forma Brardi Brongn. sp. var.
sublaevis Sterz.«), bei welchem dasselbe Verhältniss waltet, und
andere ausser Acht lasse.
9. Taf. XIII, Fig. 57, veranschaulicht eine 48 Centimeter
lange Oberfläche von Sig. Brardii (»Sig. mutans forma Wettinensis
Weiss«) mit cancellater Oberfläche, deren Narben von unten
nach oben ganz allmählich grössere Entfernungen von einander
(immer in der Orthostiche) zeigen, oder mit anderen Worten:
deren Polster im oberen Theile höher als im unteren sind. Unten
beträgt die Entfernung der Narben 14 — 15 Millimeter, oben bis
über 22 Millimeter.
*) Vergl. meine Flora des Rothliegenden von Thüringen (Abhandl. d.
Königl. Preuss. geol. Landesanstalt, Neue Folge, Heft 9), Berlin 1893, S. 190 ff.
2) Subsigillarien 1893.
H. Potonie, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen.
39
10. Taf. XV, Fig. 61, reproducirt Weiss das E. F. Germar-
sche Original von Sig. Brardii *) (»Sig. mutans W. forma Brardi
Brongn. sp. var. Germari-varians Sterz.«). Es besteht aus einem
12 Centimeter langen Stammtheil mit einem 25 Centimeter langen
Zweige, beide mit cancellater Oberfläche. Die Narbenentfernung
am Stammtheil beträgt ca. 6 — 8 Millimeter. Der Zweig lässt drei
schwach unterschiedene Zonen erkennen; die mittlere derselben
zeigt Narbenentfernungen von ca. 5 — 6 Millimeter, die beiden
anderen ca. 4 — 5 Millimeter.
1 1 . Taf. XVII, Fig. 66, kommt eine Stammoberfläche eben-
falls von Sig. Brardii (»Sig. mutans W. forma Brardi Brongn. sp.
var. Germari-varians Sterz.«) von gegen 25 Centimeter Länge zur
Darstellung, welche an das hier unter 8. S. 37 aufgeführte Grand’-
EüRY’sche Exemplar erinnert, nur dass die Wechselzonen an dem
WEiss’schen Stücke, deren man wohl 5 (von unten nach oben
a, b, c, d und e) annehmen kann, nicht so auffallend unter-
schieden sind, wie an Grand’Eury’s Exemplar, und insofern, als
die Zonen sich untereinander nicht in gleicher Weise ähnlich sind.
Nach den Angaben im Text* 2) beträgt die Polsterhöhe im untersten
Theile des Stückes, in der Zone a, 4 Millimeter und die Blatt-
narben nehmen die ganze Höhe des Polsters ein; in der darüber
folgenden Zone b beträgt die Höhe der Polster ebenfalls 4 Milli-
meter, aber die Blattnarben sind weniger hoch, so dass sie auch
oben und unten von Polsterfläche begrenzt werden; Zone c besitzt
5 Millimeter hohe Polster, die Narben wie vor, aber etwas höher;
Zone d hat 3 Millimeter hohe Polster, Narben wie vor, aber
wieder weniger hoch; Zone e mit 8 mm hohen Polstern besitzt
auch die höchsten Blattnarben, die sonst ebenfalls central stehen.
Schon dieses Stück ganz allein müsste bei der Unregelmässigkeit
in der Ausbildung der Zonen Jeden darauf hinweisen, dass sie
nicht specifisch für die Pflanze sind ; zieht man nun aber gar die
übrigen schon erwähnten Stücke von Sig. Brardii hierbei mit in
Betracht, da sie in ihrer Zonenausbildung untereinander wesent-
') Gekmak, Die Yerst. d. Steinkohlengeb. v. Wettin u.. Löbejün, III. Heft,
Halle 1845, S. 29 ff., Taf. XI, Fig. 1.
2) S. 152-153.
40 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen.
lieh abweichen, und berücksichtigt man ferner die Thatsache, dass
lange Rindenoberflächen von derselben Species bekannt sind, die
keine Spur von Zonenausbildung aufweisen, so wird man geradezu
gezwungen, dem Gedanken Raum zu geben, dass nicht innere Wachs-
thums-Verhältnisse (Vererbungs- Erscheinungen) die Zonenbildung
bedingt haben, sondern dass die senkrechte Entfernung der Blatt-
narben von einander innerhalb gewisser Grenzen, die sich zu einem
specifischen Merkmal befestigt haben, ebenso von äusseren Ver-
hältnissen, vor allem von Wärme und Nahrungszufluss, wohl auch
Licht, abhängig sind, wie bei den recenten Pflanzenarten.
12. Taf. XXI, Fig. 83, finden wir ein als Sig. Fritschü
Weiss beschriebenes Exemplar von ca. 45 Centimeter Länge, das
in seinem unteren Theile eine leioderme, in seinem oberen eine
schlecht oder kaum cancellat entwickelte Zone zeigt. Die Narben
der unteren Zone sind über 25 Millimeter von einander entfernt,
die der oberen über 15 Millimeter.
Zu diesen aus der Litteratur entnommenen Fällen kommen
nun die drei von mir ganz oben beschriebenen und auf den
Tafeln abgebildeten hinzu. Also:
13. Der Taf. III, Fig. 1 abgebildete Rest, der unten eine
Rhytidolepis- (i. e. S.) und oben eine Tessellaten-Zone besitzt. Die
Narbenentfernung in der Rhytidolepis-Zone beträgt über 20 Milli-
meter, in der Tessellaten-Zone im Durchschnitt 6 Millimeter, über
und unter der letzteren gegen 8 Millimeter.
14. Das von mir, Taf. IV, Fig. 1 gebrachte Stück zeigt in
der basalen, echt rhytidolepen Zone Narben-Entfernungen von ca.
7 Millimeter, während die Narben der Favularien-Zone oben nur
ca. 3 Millimeter und ganz oben um ein Geringes mehr von ein-
ander abstehen.
15. Taf. IV, Fig. 2, also das Stück mit reiner Favularien-
Oberfläche, zeigt in den beiden engnarbigen Zonen Entfernungen
von 3 — 4 Millimeter, in der dazwischen liegenden solche von
6 — 7 Millimeter.
Die Sammlung der Königl. Preuss. geologischen Landes-
anstalt besitzt aüsserdem noch eine Anzahl anderer Stücke, bei
denen mehr oder minder deutliche Zonenbildung zu beobachten
ist. Ich will von diesen nur noch — da die im Vorstehenden
H. PoTONifi, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
41
erwähnten Thatsachen reichhaltig genug sind, um die schon ge-
zogene Folgerung zu rechtfertigen —
16. ein grösseres Rhytidolepis- Stück erwähnen, das umge-
kehrt wie das auf unserer Taf. III, Fig. 1 abgebildete Stück nur
nicht so auffällig sich verhält, indem es oben lockerere und nicht
durch Querfurchen getrennte, unten jedoch enger stehende und
durch tessellate Querfurchen gesonderte Narben besitzt. In der
unteren, tessellaten Partie betragen die Narben -Entfernungen ca.
6 Millimeter, ganz unten wieder etwas mehr, in der obersten
ca. 8 Millimeter.
17. Zum Schluss der Aufzählung erwähne ich eine von mir
angefertigte Gipsnachbildung eines in der Halleschen Universitäts-
sammlung befindlichen Exemplars von Sig. Brardii, das mir diese
Schlussfolgerung — speciell dass die engere oder weitere Entfernung
der Narben keineswegs constant periodisch auftritt — noch weiter
und wesentlich zu unterstützen scheint. Dieses Stück, ein zu-
sammengedrückter Steinkern, von welchem ich in der Textfigur
S. 42 je zwei Orthostichen jeder Seite in 1/i zur Anschauung bringe,
ist nur zum kleineren Theil mit kohliger Bedeckung erhalten. Es
zeigt aber die Oberflächensculptur für unsern Zweck in genügender
Weise auf beiden Seiten erhalten. Die eine Seite zeigt ganz typische
Oberflächen-Sculptur des GoEPPERT’schen Sig. denudata- Restes,
resp. der GERMAR’schen Sig. spinulosa (ohne die Stigmaria;-
Narben). Bei Weiss-Sterzel wird diese Seite des Exemplars
unter den »leiodermen Formen« unter No. 20 als »Sig. mutans
Weiss forma Wettinensis-spinulosa Weiss et Sterzel« beschrieben.
Die senkrechte Entfernung zweier Blattnarben beträgt 24 bis
27 Millimeter. Die andere Seite des Stückes zeigt zwar eine im
Durchschnitt nur wenig geringere senkrechte Entfernung der
Blattnarben von einander, wie das ja auch ohne Weiteres ver-
ständlich sein wird, dass hier grosse Unterschiede nicht erwartet
werden können, es lässt sich aber leicht ein diesbezüglicher
Unterschied constatiren — sodass ich mich über die WEiss’sche
Angabe1), sie sei »auf beiden Seiten gleich«, wundern muss — ,
und ferner ist die bemerkenswerthe Thatsache hervorzuheben,
x) Subsigillarien S. 86.
42
H. Potonie, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
Stammstückes aus dem Carbon
H. Potonik, Die Wechsel- Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
43
dass diese Seite eine deutlich cancellate Oberfläche besitzt. Mit
Leichtigkeit und auffallend lässt sich der Unterschied in der Ent-
fernung der Narben auf beiden Seiten constatiren, wenn man ihn
dadurch summirt, dass man bei der Messung mehrere Narben
überspringt; so beträgt die Entfernung der einen Narbe in einer
Orthostiche der leiodermen Seite von der 7. darüber befindlichen
ca. 157 Millimeter, während sie sich auf der cancellaten Seite nur
auf ca. 137 Millimeter beläuft. Diese Oberfläche wird bei Weiss-
Sterzel 1. c. unter No. 37 unter den »cancellaten Formen« auf
S. 127 und 128 mit demselben Namen wie die andere Seite be-
schrieben mit der Bemerkung, dass sie sich der »forma Wettinensis
var. convexa « anreihe. Sowohl S. 110 wie auch S. 128 wird
wiederholt, dass die beiden Seiten sich »nahezu« gleich in Bezug
auf die Entfernung der Blattnarben verhielten , und dass daher
»die leioderme Seite nur durch Ausfüllung der Furchen der can-
cellaten Seite erklärt werden könne.« Es ist wohl gemeint, dass
die leioderme Seite durch stärkeres Längenwachsthum die Polster-
furchen ausgeglichen habe, da weiter vorn *) gesagt wird, »die
Leiodermarien-Oberfläche der einen Seite ist durch Ausfüllen der
Furchen beim Wachsthum zu erklären« (Weiss). Ich selbst
meine, dass das Stück unwiderleglich zeigt, dass der Wechsel in
der senkrechten Entfernung der Blattnarben an Stücken, die
bereits Dickenwachsthum besessen haben, wie das in Rede stehende,
an welchen also ein nachträgliches Längenwachsthum ausge-
schlossen ist, nur auf äussere Einflüsse zurückgeführt werden
kann. Die Entstehung unseres Stückes kann man danach sich
am besten so vorstellen, dass etwa die Beleuchtung der beiden
Flächen in der allerersten Jugend, während des ausschliesslichen
Längenwachsthums des Stammes, eine ausnahmsweise verschiedene
war. Eine augenfällige Krümmung braucht sich bei dem geringen
Unterschiede der Entfernungen nicht zu markiren. Der Sigillaria-
Stamm, welcher unser Fossil geliefert hat, mag etwa am Rande
eines dichten, also schattenreichen Waldes gestanden haben. Es
wäre dann anzunehmen, dass die cancellate Seite von der Licht-
‘) 1. c. S. 87.
44
H. PoTONiii, Die Wechsel- Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
quelle getroffen wurde, die leioderme hingegen von derselben ab-
gewandt war.
Bei Gelegenheit der Erwähnung dieses bei Weiss -Sterzel be-
schriebenen Stückes, von welchem ich also in der Figur auf S. 42 je
einen Theil der Vorder- und Rückseite zur Anschauung gebracht
habe, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich mich mit der in
dem Subsigillarien-Werk angewendeten Nomenclatur nicht befreun-
den kann. Abgesehen davon, dass sie nicht in Einklang mit den
Nomenclaturgesetzen steht, die sich aus bewährter Praxis entwickelt
haben, muss ich es für verfehlt halten, Pflanzentheile auch dann be-
sonders zu benennen, wenn wir die specifische Zusammengehörigkeit
derselben erkannt haben. In der Namengebung sollen sich die Fort-
schritte unserer systematischen Erkenntniss ausdrücken. Wir wissen
jetzt, dass der von Germar 1848 ^ als Sig. spinulosa bekannt ge-
gebene Rest ebensowohl wie der von Goeppert 1 864/65* 2), beide
mit anderen vermeintlichen besonderen Arten, specifisch zusammen-
gehören, u. a. mit der viel früher von Adolf Brongniart beschrie-
benen Sig. Brardii 3). Danach muss man doch die Art Sig. Brardii
Brongn. nennen, wie ich das auch in meiner Rothliegenden-
Flora von 1893, S. 190, gethan habe. Wenn Sig. Menardi und
andere Arten Brongniart’s ebenfalls nur als verschiedenartig
ausgebildete Rindenoberflächen zu Sig. Brardii gehören, so wäre
die Art Sig. Brardii Brongn. emend. zu nennen. Brongniart
hatte ja bei dem damaligen Stand der Kenntniss noch nicht Ge-
legenheit, sich über den Werth dieser »Arten« eine Meinung zu
bilden. Daraus, dass wir die Sig. Brardii heute wesentlich voll-
ständiger kennen als zu Brongniart’s Zeiten, ist nicht die Be-
rechtigung herzuleiten, sie umzubenennen, wie das Weiss in
!) 1. c. Y. Heft, Taf. XXV, Fig. 1 u. 2.
®) D. foss. Flora d. permischen Form., Cassel, S. 200, Taf. XXXIV, Fig. 1.
3) Hist, des veg. foss., 1. 1, livr. 12, 1836 p. 430—432, pl. 158, fig. 4. Als
Clatliraria Brardii schon 1822 in »Sur la dass, et la distrib. des veg. foss. etc.«
(Extrait des Mem. du Mus. d’hist. nat., t. VIII) p. 22, pl. I (XII), fig. 5 und als
Sig. Brardii schon 1828 im Prodrome d’une hist, des veg. foss., p. 65. — Weiss
giebt (Subsigillarien 1893, S. 85) irrthümlich an, dass in der genannten Brongniakt-
schen Arbeit von 1822 die Abbildung der Brardii ohne Namengebung publi-
cirt sei. S. 211 derselben Arbeit jedoch wird das Versehen ausgeglichen.
H. Potonik, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen. 45
seiner Subsigillarien-Arbeit thut, der sie als Sig. mutans W. auf-
fuhrt. Ein solches Verfahren muss die überdies schon so colossal
belastete Synonymie in unzweckmässigster Weise verwirren, und
es wäre schwer festzustellen, wo die »Berechtigung«, alte Arten
umzubenennen, ihre Grenze finden soll. Da die Sig. Brardii
(in dem von mir angewendeten Sinne) nunmehr an einem und
demselben Stücke in der ursprünglichen cancellaten (j Brardii
Brongn. von 1822 — 1836) und in der so sehr abweichenden
leiodermen ( denudata ) Ausbildung bekannt geworden ist, handelt
es sich auch nicht um besondere »Formen« oder gar »Varietäten«
einer Art, sondern eben nur um verschiedenartige Rindenober-
flächen ein und derselben Art, wenigstens soweit wir bis jetzt
orientirt sind. Bezeichnungen wie »Sig. mutans Weiss forma
Wettinensis-spinulosa« oder gar Sig. mutans W. forma Wettinensis
W. var. depressa«. sind daher nicht am Platze. Die paläontologi-
schen Arten haben zwar zum guten Theile keinen specifischen
Werth, da man ja leider die organische Zusammengehörigkeit von
Resten oft nur vermuthen oder diesbezüglich oft auch nicht einmal
eine Vermuthung äussern kann, und in diesem Falle bleibt freilich,
so betrübend die Sache auch ist, nichts anderes übrig, als die
Reste einzeln zu benennen: aber man muss sich doch klar darüber
sein, dass es sich hier vielfach nur um provisorische Namen
handeln kann, und muss es doch als einen Fortschritt begrüssen,
wenn organische Zusammengehörigkeiten aufgedeckt und dadurch
die Nomenclatur reducirt und richtig gestellt wird. Man kann
daher nun wohl in unserem Falle von einer denudaten u. s. w.
Oberfläche sprechen, aber nicht von einer forma denudata in
botanisch-systematischem Sinne. Handelt es sich um verschieden
ausgebildete Rindenoberflächen, deren Charakter man kurz an-
geben will, so kann man die eine am passendsten und bequemsten
als leioderme, die andere als subleioderme , subcancellate oder
cancellate Sig. Brardii angeben, so dass die neuen Bezeichnungen
durchaus entbehrlich oder geradezu störend sind, ja unsere that-
sächlichen Kenntnisse in ein falsches Licht setzen. Sie wären es
nicht, wenn uns die Zusammenhänge noch unbekannt wären;
aber jeder Pflanzenpaläontologe weiss ja, was er von den pflanzen-
46 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
paläontologischen Arten, Varietäten und Formen zu halten hat;
jedoch auch dann eine nur wegen ungünstiger Umstände leider
nothwendig gewordene Bezeichnungsweise beizubehalten, wenn
günstige Umstände die Fehlerhaftigkeit derselben aufgewiesen
haben, oder dieselbe gar noch weiter zu entwickeln, liegt nicht
im Sinne der Wissenschaft. Ebensowenig wie ein Bedürfniss
vorliegt, die einzelnen, in botanischen Museen befindlichen Objecte,
also etwa Früchte, blühende Sprosse und Stammtheile ein und
derselben Pflanzenart, besonders zu benennen, kann ein Vortheil
darin gefunden werden, fossile Rindenoberflächen, die wir so
glücklich waren, als organisch zu ein und demselben Pflanzen-
individuum gehörig zu erkennen, besonders zu benennen, wodurch
die erwähnte Errungenschaft äusserlich nur verdeckt wird. Die
von WEISS x) zur Begründung seiner Nomenclatur gemachten Be-
merkungen sind daher nicht stichhaltig. Wenn er meint, dass
sich unter den Stücken einer mutans- Reihe solche finden könnten,
die zu verschiedenen Arten gehören, so ist das ja ganz richtig,
da verschiedene Arten kaum oder nicht unterscheidbare Rinden-
oberflächen besitzen können. Aber Möglichkeiten sollen sich
in der Nomenclatur nicht aussprechen, sondern nur Thatsächlich-
k eiten, soweit sie als solche nach dem jeweiligen Stande der
Wissenschaft erkannt werden können. Ebenso wie man geduldig
mit der Einziehung von Arten-Bezeichnungen warten muss, bis
sich die Noth Wendigkeit hierzu aus beweisenden Stücken ergiebt,
muss man auch mit der Trennung einer Art in mehrere warten,
bis sich ein thatsächlicher Anhalt herausstellt. Die Nomenclatur
hat unsere thatsächlichen momentanen Kenntnisse zu beleuchten
und wiederzuspiegeln* 2).
Weiss3) hält den Schluss für gesichert, »dass wenigstens ge-
wisse cancellate Sigillarien im Alter leioderm werden«, und er meint
die cancellaten Rindenoberflächen der Sigillaria Brardii für
') Subsigillarien S. 84 ff.
2) Vergl. auch meine diesbezüglichen Bemerkungen in meiner Arbeit » Folli -
culites Kaltennordheimensis Zenker und Foll. carinatus (Nkhring) Pot.« (Neues
Jahrb. f. Miner., Geol. u. Palaeontologie. Stuttgart 1893. Bd. II, p. 105).
3) 1. c. S. 87.
H. PoTONiii, Die Wechsel-Zonen-Biltkmg der Sigillariaceen.
47
die jüngeren, die leiodermen für die älteren halten zu
müssen. Die ganze Entwicklung, sagt er, wird man sich vorzustellen
haben, »beginnend mit ganz jungen Exemplaren vom Typus der
Sig. Menardi (Polster noch so dicht, dass die Blattnarben fast zu-
sammenstossen), mit zunehmendem Alter und Grösse in typische
Sig. Brardi (mit spatelförmigen Polstern und subquadratischen
Blattnarben) übergehend, dann durch Vergrösserung der Polster
sich weiter verändernd, nun aber bald mit Verflachung der Polster
und Furchen sich mehr und mehr den rein leiodermen nähernd,
wie Sig. rhomboidea , endlich in völlig leiodermen höheren Alters-
Formen endend, wie Sig. spinulosa , denudata.« Das Vorkommen
von Wechselzonen macht diese Anschauung ohne Weiteres un-
haltbar, obwohl. schon die blosse Ueberlegung, dass an Stamm-
theilen, die bereits ein Dickenwachsthum eingegangen sind, die
Blattnarben in den Orthosticlien nicht mehr auseinanderrücken,
sondern nur noch an Breite zunehmen können , dem Autor hätte
nahelegen müssen, dass seine Anschauung nicht mit den anatomisch-
entwickelungsgeschichtlichen Thatsachen in Einklang steht. Die
beiden S. 48 im Text zur bildlichen Darstellung gebrachten Theo-
phrasta-Stämme , die ich nach Exemplaren, welche im Berliner
Königl. Botanischen Garten und Universitätsgarten cultivirt werden,
habe abbilden lassen, veranschaulichen die in Rede stehende Tliat-
sache auf das Deutlichste. An dem zur Darstellung gebrachten
Stamm 1 a ist die senkrechte Entfernung der Blattnarben von ein-
ander im Ganzen die gleiche, wir bemerken sogar, dass im Gegen-
satz zu der WEiss’schen Annahme die Blattnarben nach oben hin
ganz allmählich weiter auseinanderrücken, was in Zusammenhang
steht mit der stärkeren Lebensenergie erwachsener Pflanzen gegen-
über noch jugendlichen. Gemäss dem Dickenwachsthum haben
die Blattnarben aber an Breite zugenommen. Die Fig. 1 b, lc
und ld, in natürlicher Grösse die Umrisse der Blattnarben unten,
in der Mitte und oben am Stamme wiedergebend, zeigen dies in
höchst auffallender Weise. Vergl. auch Fig. 2. Um von vornherein
einem möglichen Irrthum seitens der nicht botanisch vorgebildeten
Pflanzenpaläontologen vorzubeugen, will ich gleich erwähnen, dass
die geringere Höhe der Blattnarben im unteren Stammtheil gegen-
48
H. Potonie, .Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
Fig. 1 Stamm von Theophrasta imperialis aus dem Königl. botanischen Garten
zu Berlin, la verkleinert, lb — d drei Blattnarben in M , lb von der unteren,
lc von der mittleren, ld von der oberen Partie des Stammes.
Fig. 2 Theophrasta latifolia aus dem Königl. Universitätsgarten zu Berlin.
2 b — d drei Blattnarben in x/i, sonst wie vorher.
Gez. von Frl. E. Amberg.
H. Potoni'", Die Weehsel-Zonen-Bildung der Sigiliariaöeen.
49
über derjenigen in den oberen Partien nicht etwa dadurch erklärt
werden kann, dass die ältesten und älteren Narben durch das
Dickenwachsthum wie ein Kautschukband breitgezogen und da-
durch niedriger geworden sind, sondern dass die Höhe der älteren
Blattnarben eben dieselbe war, wie wir sie jetzt constatiren. Es
folgt aus ihrer geringen Höhe nur, dass die jugendliche
Pflanze kleinere Blattnarben besass , entsprechend ihren
kleineren Laubblättern. Das Auseinanderrücken der Blatt-
narben erfolgt also — wie man aus diesem Beispiel sieht — im
Allgemeinen gerade in den jüngeren Partien der Stämme, also
wie gesagt, gerade umgekehrt, als es Weiss annahm. Dass das
Längenwachsthum von Pflanzen während ihrer Entwickelung zu-
nimmt, sobald sie eben in der Lage sind, reichlicher Nahrung
aufnehmen zu können, wird durch das in Fig. 2 abgebildete
Theopkrasta - Exemplar noch besser veranschaulicht als durch die
Fig. 1, indem sich auf dem Stamm, Fig. 2 a, Wachsthumsperioden,
immer abwechselnd eine Zone mit Narben in it einer ohne Narben,
unterscheiden lassen, die von unten nach oben an Länge zu-
nehmen.
Dass die Blattanlagen (Primordien) und jungen Blätter auch
bei den Sigillarien, wie bei den recenten Pflanzen, dicht gedrängt
zusammenstehend anzunehmen sind, ist selbstverständlich, aber sie
Vierden sehr schnell durch das Längenwachsthum der sie tragenden
dünnen Achse mehr oder minder lockere Stellungen einnehmen
oder engere beibehalten, je nach dem durch die äusseren Ver-
hältnisse beschleunigten oder verlangsamten Wachsthum. Und
dass diese äusseren Verhältnisse auch zur Steinkohlenzeit, wenn
auch vielleicht nicht in so starkem Maasse und vielleicht auch
gewöhnlich nicht periodisch wie heute, sondern nur ausnahmsweise
gewechselt haben, dafür sprechen die vorgeführten Beispiele mit
Wechselzonenbildung. Die Thatsache, dass die Wechselzonenbildung
bei den Sigillarien in allen Uebergängen zu den zonenlosen Besten
und in mancherlei Variationen auftritt, bekräftigt sehr die An-
schauung von ihrer Abhängigkeit von äusseren Einflüssen. Geringe
Klimaschwankungen werden schwach unterschiedene, stärkere auf-
fallender unterschiedene Zonen veranlassen müssen.
Jahrbuch 1893.
4
50
H. Potonik, Die Weclisel-Zonen-Bilclung der Sigillariaceeti.
Dass es sich auch bei der Sig. camptotacnia an den Grand’-
EuRY’schen, S. 34 — 36 unter 5. und 6. erwähnten Exemplaren mit
Wechselzonenbildung nur um durch periodisch wechselnde klima-
tische Einflüsse bedingte Wachsthumserscheinungen handelt, geht,
wie schon bemerkt, daraus hervor, dass auch lange Rindenober-
flächen dieser Art bekannt sind, und dabei von etwa denselben
Breitenverhältnissen, die keine Spur von Zonenbildung aufweisen.
Die Zonen der genannten Art sind dadurch besonders bemerkens-
wert!), dass die Blattnarben derselben sich wesentlich von ein-
ander unterscheiden. Fast unwillkürlich wird man zu der Ver-
muthung gedrängt, dass an den transversal -strichförmigen Blatt-
narben anders ausgebildete Blätter (etwa schuppenförmige Blätter)
gesessen, während die anderen Zonen mit den hohen Narben
Laubblätter getragen haben. Mag auch ein so ausgesprochener
Unterschied die entsprechenden Blattzonen nicht ausgezeichnet
haben, so ist es doch fast selbstverständlich, dass die Spreitentheile
an den schmalen, strichförmigen Narben nicht die ausgiebige Ent-
wickelung gezeigt haben können, wie diejenigen, die den höheren,
vollkommneren angesessen haben. Während und nach der Ent-
wickelung von stärkeren, also einflussreicheren, in Jahresperioden
wechselnden Witterungsverhältnissen mögen sich aber aus den
flachnarbigen Zonen, durch Anpassung an die äusseren Verhält-
nisse solche mit Schuppenbekleidung entwickelt haben, die dann,
wie bei unseren meisten heutigen Cycadaceen, während der für
die Pflanzen ungünstigeren Zeit u. A. der Stammknospe Schutz
geboten haben. Dieser Gedanke liegt gewiss sehr nahe, denn
ohne auch nur im Entferntesten daran zu denken, dass die
Sigillarien bei den Cycadaceen selbst untergebracht werden
könnten, ist es doch werth, untersucht zu werden, in wiefern sich
die Sigillarien als die Vorfahren unserer heutigen Cycadaceen be-
trachten Hessen. Abgesehen von anderen Verhältnissen rückt das
Auftreten von Narben -Wechselzonen an den Sigillaria- Stämmen
diese Frage wohl nahe. Gewisse Thatsachen sprechen eher für als
gegen den in dem folgenden Schema auf S. 51 skizzirten Stammbaum.
Ist dieser Stammbaum annähernd richtig, so stützt er die
Ansicht, dass »die Niederblätter« der Cycadaceen »nichts anderes
Ausgestorben Recent
H. Potonik, Die W echsel-Zonen -Bildün g der Sigillariaceen.
5i
als Laubblätter sind, deren Spreite frühzeitig verkümmert ist, und
welche sich demzufolge auch im Scheidentheile schwächer ausge-
bildet haben«1); mit anderen Worten: man ist gezwungen, sich
die Entstehung der mit niederblattförmigen Schuppen besetzten
Zonen bei den Cycadaceen als im Laufe der Generationen aus
Laubblättern liervorgegangeu vorzustellen. Aber auch wenn dieser
Stammbaum bezüglich der Ableitung der Cycadaceen einer wesent-
lichen Modification bedürfen sollte, würde kaum etwas gegen die
ausgesprochene Ansicht zu sagen sein, da ja bei den Pflanzen
der allerverschiedensten Gruppen die erwähnten äusseren
Einflüsse in ganz gleicher Weise wirken, mit anderen Worten,
weil das bezüglich der äusseren Einflüsse Gesagte ganz allgemein
für das ganze Pflanzenreich gilt. Es ist bei der Thatsache, dass
die Verhältnisse im Aufbau der Cycadaceen vielfach an die
Filices erinnern, vielleicht begründbar, dass erstere phylogenetisch
mit den letzteren Zusammenhängen, worauf schon A. Braun hin-
gewiesen hat2). An fossilen Farnen ist sogar ein beträchtlicher,
durch Dickenwachsthum entstandener Ilolzcylinder durch W. C.
') A. W. Eiohler, » Cycadaceae « in Engler und Prantl’s natürlichen
Pflanzenfamilien, II. Th., 1. Abth., Leipzig 1889, S. 7.
, 2) Die Frage nach der Gymnospermie der Cycadaceen (Monatsber. d. Kgl.
Preuss. Akad. d. Wiss.), Berlin 1875, S. 373.
Unbekannte
Stammgruppe
4:
Lycopodineae
52
H. Potonik, Die Wechsel-Zonen -Bildung der Sigillariaceen.
WilliamsÖn l) constatirt worden, und auch bei recenten Arten
(Ophioglossaceen) findet sich ein solcher wenigstens angedeutet.
Unter den Beziehungen zwischen den Sigillariaceen und
Cycadaceen fallen die folgenden besonders auf. Wenn wir von
dem Blüthenbau der Sigillariaceen absehen , der diese Familie in
die Gruppe der Lycopodineen weist, so erinnert die Anatomie
und der äussere Habitus der Stämme der Sigillariaceen eher
an die Cycadaceen. Bei beiden, Cycadaceen und Sigillaria-
ceen, besitzt der Stamm ein grosses Mark und die letzteren
sind meist spärlicher gabelig verzweigt als die Lepidodeu-
draceen, Lycopodiaceen und Selaginellaceen, dadurch wiederum
sich mehr den meist einfach-stämmigen Cycadaceen nähernd. Die
Lepidodendraceen hingegen ähneln schon äusserlich durch die
reichliche Gabelverzweigung der Sprosse den Lycopodiaceen und
Selaginellaceen, und ferner besitzen diese letzten beiden Familien
ebenso wie die Lepidodendraceen in ihren Stengeln und Stämmen
ein centrales Leitbündel, das bei den Lepidodendraceen, da sie
ja nachträglich in die Dicke wachsen, von einem secundären Holz-
cylinder umgeben wird. Da es übrigens Gymnospermen schon zu
Lebzeiten der Sigillariaceen gegeben hat, so ist es wohl denkbar, dass
sich die Pflanzengruppe, aus der sich die Cycadaceen entwickelt
haben, schon früher abgezweigt hat, als es in dem obigen Schema
angenommen worden ist. — Die Ansicht, dass die zu specifischen
Eigenthümlichkeiten gewordenen Wechselzonen der Cycadaceen
aus solchen, durch äussere Bedingungen veranlassten Zonen durch
Anpassung an ein periodisch wechselndes Klima entstanden seien,
würde dadurch — wie gesagt — nicht weniger wahrscheinlich sein.
Die von W. Carruthers als Cycadaceen beschriebenen und
abgebildeten Stammstücke2), die nach Solms - Laubach 3) wohl
i) Report of the Committee consisting of Professor W. C. Williamson
(Chairman; and M. W. Cash (Secretary), appointed to investigate the flora of
the Carboniferous' Rocks of Lancashire and West Yorkshire. (British Asso-
ciation, Newcastle meeting, p. 69). London 1890.
,2) Carruther«, On fossil cycadeen stems from the secondary Rocks of
Britain (p. 675 ff. in »The Transactions of the Linnean Society of London.
Yol. XXVI, part the first. London 1868). Taf. 54, Fig. 4 ( Bucklandia Mantellü ),
Taf. 55, Fig. 1 (B. Miller iana), Fig. 8 u. 9 ( Yastesia Joassiana).
3) Ueber die Fructification von Bennettites Gibsonianus Carr. (Botanische
Zeitung, 48. Jahrgang, No. 49 vom 5. Dec. 1890). Leipzig 1890, Spalte 794.
H. Potoniis, Die Wechsel-Zoneu-Bildvmg der Sigillariaceen.
53
alle zu den mit den Cycadaceen zwar verwandten, aber diesen
nicht subordinirten , sondern coordinirten Bennettidaceen gehören,
zeigen zum Theil einen Zonenwechsel , der dem der erwähnten
Sigillarien zu entsprechen scheint. Ist das richtig, so würde die
Wechselzonenbildung in der Ausbildung der Cycadaceen erst der
Neuzeit angehören.
Bezüglich der Wechselzonen können wir 3 Fälle unterscheiden:
A. Bei ungünstigeren Witterungsverhältnissen wird das
Längenwachsthum wie überhaupt, so natürlich auch bei Sigillaria
verlangsamt; es entstehen dadurch an den Stengeltheilen Zonen
mit enger stehenden und weniger hohen Narben; aber die Blätter
werden nicht oder kaum alterirt, wenigstens müssen wir wohl das
letzere bei der Sig. Brardii und anderen Arten auf Grund der
Uebereinstimmung der Narbenformen der cancellaten und leio-
dermen Oberflächen annehmen.
B. Unter gewissen Umständen verlangsamt sich das Längen-
wachsthum, und die Form der Blattnarben wird eine ganz andeie;
wir gewinnen an entblätterten Stämmen den Eindruck, dass sie
mit zwei verschiedenen, mit einander abwechselnden Blattformationen
besetzt waren. Die Zonenbildung ist aber noch nicht zu einem
specifischen Merkmal geworden, sondern tritt, wie gesagt, nur als
Reagens auf die Witterungs Verhältnisse auf. Die Blätter der eng-
narbigen Zonen dieser Species müssen ganz entschieden in ihrer
Form und Ausbildung von den Blättern der lockernarbigen Zonen
sich bedeutender unterschieden haben: das lehrt ohne Weiteres
der grosse Unterschied in der Form der Blattnarben beider Zonen-
arten; denn mindestens müssen doch die Blätter, welche den
strichförmigen Narben angesessen haben, wesentlich weniger dick
gewesen sein als die der anderen Blattnarben. — Hierher Sigillaria
camptotaenia.
Nichts ist nun naheliegender, als die Annahme, dass sich
während des Eintritts jährlichen periodischen Witterungswechsels
die engnarbigen Zonen vererbbar gefestigt haben, und so gelangen
wir zu dem Fall
C. der bei den meisten unserer heutigen Cycadaceen ver-
wirklicht ist, wobei die Blätter der kleinnarbigen Zonen auf das
möglichste Maass reducirt erscheinen.
54
H. Potoshc, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
Ich habe zwar schon Eingangs bei Erörterung der bemerkens-
wertheren Stücke mit Wechselzonen Gelegenheit gehabt, von dem
Auftreten von Querzeilen mit Bliithenabbruchsstellen zwischen den
verschiedenen Zonen zu sprechen, habe aber die Beziehung des
Auftretens von Blüthen zu den Wechselzonen noch nicht be-
sprochen 1). Das soll nunmehr geschehen , und es wird sich
zeigen, dass sich aus der Untersuchung dieser Beziehung eine
wichtige Stütze für meine Anschauung ergiebt, dass nämlich die
Wechselzoneubildung als Beaction auf die äusseren, namentlich
die Ernährungs- (Feuchtigkeits-) Verhältnisse, aufzufasseu ist.
Um zunächst die Thatsachen vorzuführen, aus denen das
Gesagte hervorgeht, will ich wieder der Reihe nach Beispiele vor-
führen. Ich bemerke dabei , dass diese Beispiele wieder aus der
Litteratur (Abbildungen) und aus der Sammlung der Königl.
Preuss. geolog. Landesanstalt entnommen sind. Auch die folgende
Liste macht keinen Anspruch darauf, alle Fälle aus der Litteratur zu
berücksichtigen: ich hatte mir nur vorgenommen, denVersuch zu
machen, etwa ein Dutzend derselben zu finden, bei denen die Blatt-
narbenzonen über und unterhalb der Bliithenabbruchs- Querzeilen
deutlicher von einander abwoichen. Es zeigte sich an allen solchen
Exemplaren, dass die Blattn arbenzonen über den Blüthen-
abbruchsstellen lockerer- narbig sind als darunter, l’esp.
dass die Blattnarben über den Blüthennarben höher sind als die
Blattnarben unter den Blüthennarben, mit anderen Woi’ten, dass
das Wachsthum nach der Bliithenbildung ergiebiger
gewesen ist als vorher, dass die Ernährungsverhält-
nisse vorher ungünstigere waren, als nach der Blüthen-
bildung.
Die Fälle, welche mich zu dieser Auffassung gezwungen
haben, sind die folgenden:
1. Das schon in der vorigen Liste S. 33 ebenfalls unter No. 1
aufgeführte Stück Zeiller’s. Vergl. unsere Taf. V, Fig. 1.
') Eine vorläufige' Mittheilung hierüber habe ich in der Sitzung vom
21. November 1893 in der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin ge-
macht. Yergl. Sitzungsberichte S. 243.
H. Potonik, Die Wechsel-Zonen- Bildung der Sigillariaceen.
55
2. Das ebenfalls schon und zwar S. 31 erwähnte, von
Seward kurz beschriebene Stück.
3. Eine von Leo Lesquereux (Atlas to the Coal Flora of
Pennsylvania. Harrisbury 1879, PI. LXXII, Fig. 5) abgebildete
tessellate Oberfläche, welche 3 Zonen besitzt. Zu unterst eine
Zone mit ca. 7 Millimeter hohen Blattnarben , zu oberst eine
solche mit ca. 10 Millimeter hohen. Der Zwischenraum der
Narben wird von der tessellaten Furche eingenommen. Zwischen
den beiden Zonen findet sich eine mit Blüthenabbruchsstellen, die
unregelmässig in 3 Zeilen auftreten, zwischen ihnen einige Blatt-
narben.
4. Eine ebenfalls' tessellate Oberfläche, die Ze ILLER (Atlas
zur Descript. flore foss. hass. h. de Valenciennes, Paris 1886,
PI. LXXXVII, Fig. 5) zur Abbildung bringt. Unter der wieder
sehr unregelmässigen, der des Stückes No. 3 gleichenden Region
mit den Blüthennarben, zeigt das Stück Narbenentfernungen von
ca. 8 Millimeter, darüber ein geringes mehr.
5. Ein favularisches Sigillaria- Stück, welches Zeiller als
Sig. approximata Fontaine et White (Flore foss. bass. h. et
permieu de Brive. Paris 1892, PI. XIV, Fig. 2) abbildet, das
zwei Regionen mit Blüthennarben besitzt. Ueber denselben sind
die Blattnarben etwas höher als unter denselben.
6. Ein » Sigillaria Defrancei forma quinquangula Weiss et
Sterzel« genannter (Taf. XXIII, Fig. 91, der Weiss- Sterzel-
schen Subsigillaria-kvhz\t von 1893) Rest, der in der unteren und
in der oberen Partie je eine Bltithennarbenzeile aufweist. Mau
sieht deutlich, wenn auch schwach entwickelt, dass die Blattnarbeu
über den Blüthenzeilen etwas lockerer stehen, resp. höher sind
als die Narben unter den Blüthenzeilen.
Ich füge noch aus der Sammlung der Königl. geologischen
Landesanstalt 4 Stücke hinzu, von denen 2 in Abbildungen auf
unserer Taf. V, Fig. 2 und 3, veröffentlicht werden, nämlich:
7. Eine FauM^öna-Oberfläche von der Grube Goulay bei Aachen
mit einer unregelmässigen Quer- Blüthen- Zeile, darüber wieder
lockere, ca. 4 — 5 Millimeter Närbchenentfernuug besitzende höhere
56
H. POTONI
Die Wechsel-Zonen-Bildung (1er Sigillar aceen.
Blattnarben, darunter weniger hohe, ca. 4 Millimeter Entfernung
zeigende Blattnarben. — Taf. Y, Fig. 2.
8. Bei einer Favularia - Oberfläche vom Franziska -Tiefbau
bei Witten liegt der Fall wie bei No. 7. Zu unterst zeigt das Stück
eine hohe Zone mit engen und wenig hohen Narben, in ziemlicher
Höhe tritt eine einzige Zeile mit Bltithenabbruehsstellen auf,
darüber eine kurze Zone mit höheren Blattnarben, dann wieder
eine Blüthenzeile und endlich eine Zone, deren Narben von unten
nach oben wieder allmählich an Höhe abnehmen.
9. Eine schwach-favularische , tessellate Oberfläche aus dem
Hangend-Zug des Waldenburger Reviers, mit einer breiteren, sehr
unregelmässig durch Blattnarben und Bltithenabbruehsstellen be-
deckten Zone, unter und über dieser je eine nur aus Blattnarben
gebildete Zone, die sich schwach durch etwas lockerere Stellung
der Narben in der über den Blüthen befindlichen Zone von ein-
ander unterscheiden.
10. Ein tessellates Oberflächen -Stück von der Zeche Bruch-
strasse bei Langendreer. Sehr ähnlich dem Fall 9., aber die
wenigen noch vorhandenen Blattnarben über der Blüthenzone
deutlich lockerer stehend als die unter den Blüthen. — Taf. V,
Fig. 3.
11. Endlich habe ich noch auf die wichtige Thatsache auf-
merksam zu machen, dass, wie auch Weiss ( Subsigillarieu 1893,
S. 38) angiebt, an leiodermen Oberflächen noch keine Blüthen-
narben constatirt worden sind, während solche an cancellaten Ober-
flächen bekannt sind. Speciell von der Sig. Brardii Brongn. em.
hat E. F. Germar (Verst. v. Wettin u. Löbejün. 3. Heft. Halle
1845, Taf. XI, Fig. 1) eine cancellate Oberfläche mit Blüthen-
Quer- Zeilen zur Abbildung gebracht; leioderme Stücke derselben
Art sind auch von mir trotz eifrigen Suchens namentlich in unserer
Sammlung mit Blüthen -Narben nicht gefunden worden. — Vergl.
hierzu S. 54, No. 1.
Stücke, bei denen über und unter der Blüthenregion ein Unter-
schied in der engeren oder lockereren Stellung der Blattnarben nicht
zu bemerken ist, sind in unserer Sammlung mehrfach vorhanden und
auch bekannt, aber ich habe weder in den Abbildungen der Litteratur
H. Potoxik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigiliariaeeen.
57
noch in den Sammlungen bis jetzt einen Fall constatirt, bei welchem
die Blattnarben übe r der Blüthenregion enger sti'mden als unter der
genannten Region. Und wenn auch solche sicheren Fälle viel-
leicht von mir nur übersehen sind, resp. noch gefunden werden, so
lässt sich doch auf Grund der überwiegenden Fälle ohne Weiteres
behaupten, dass die Blüthenbildung in Quer-Zeilen oder
-Regionen an Stücken mit Wechselzonen aufzutreten
pflegt nach einer engnarbigen Blattzone. Lässt sich
diese Thatsache nun mit meiner oben entwickelten Ansicht be-
züglich der äusseren Einflüsse bei der Entstehung der Wechsel-
zonen in Einklang bringen? Ich muss antworten: nicht nur
dieses, sondern sie stützt diese Ansicht.
Dem Botaniker ist es bekannt, dass die Blüthenbildung von
äusseren Einflüssen mehr oder minder abhängig ist. Kürzlich hat
z. B. M. Möbius das über diesen Gegenstand Bekannte zusammen-
gestellt und auch selbst experimentirt *); er betont, dass Licht
und Trockenheit auf die Blüthenbildung fördernd wirken, während
die Entwicklung der vegetativen Organe besonders günstig durch
Schatten und Feuchtigkeit beeinflusst wird. Auch H. Vochting
macht neuerdings2) auf eine Vorschrift der praktischen Pflanzen-
züchter besonders aufmerksam, die darin besteht, dass man eine
Pflanze, um sie zum reichlichen Blühen zu veranlassen, sehr
sonnig stellen und nicht mit zu reichlicher Nahrung versehen,
und dass man umgekehrt, um starkes vegetatives Wachsthum,
jedoch geringe Blüthenbildung zu bewirken, schattigen Platz und
viel Nahrung geben solle. Das wissenschaftliche Experiment hat
die Richtigkeit dieses Zusammenhanges ergeben. .Ja, man kann
eine Pflanze in der Region, die sonst die Blüthen producirt, zur
Laubsprossbildung veranlassen und auch in der freien Natur
kommt unter den angegebenen Umständen Laubblattbildung in
•*) Welche Umstände befördern und welche hemmen das Blühen der
Pflanzen (Sonderdruck aus dem Biologischen Centralblatt, Bd. XII, S. 609 ff.,
No. 20 — 22. Erlangen, den J. und 15. November 1892).
2) Ueber. den Einfluss des Lichtes auf die Gestaltung und Anlage der
Blüthen (Sep.-Abd. aus Pringsheim’s Jahrbüchern für wiss. Botanik, Bd; XXV
Heft 2 (Berlin 1893), S. 6).
58
H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
der Blüthenregion vor. A. Braun sagt diesbezüglich1): »Als zu-
fällige, hauptsächlich durch feuchte Witterung veranlasste Er-
scheinung findet man Laubsprossbildung im Blüthenstand bei sehr
verschiedenen Pflanzen.« Sogar Pflanzen, die vorher geblüht
haben, kann man, wie ich nachgewiesen habe2), nachträglich durch
weitere Cultur bei Belichtungs-Verminderung, noch in der Blüthen-
region zur Production von Laubsprossen veranlassen.
Sehen wir uns mit Rücksicht auf diese Thatsachen die
Sig Maria-Stücke mit Blüthen- Abbruchsstellen an, so werden wir
zwingend dazu geführt, die Wechselzonen - Bildung überhaupt als
abhängig von den äusseren Einflüssen anzusehen. Ich habe schon
angedeutet, dass ich mir die zonenweise engere Stellung der
Blattnarben nur zu erklären wüsste, hauptsächlich durch die An-
nahme ungünstiger Ernährungsverhältnisse, wie solche bei Mangel
an genügender Feuchtigkeit eintreten müssen. Auch hohe Licht-
intensität ist längst als eine Ursache der Internodien -Verkürzung
bekannt, und es mag hier und da auch dieser Factor bei der
Wechselzonen-Bildung der Sigillariaceen mitgespielt haben, wie
beispielsweise an dem in der Textfigur auf S. 42 zum Theil ab-
gebildeten Sigillaria- Rest, dessen Grössen -Unterschied in der
Stellung der Blattnarben auf den beiden Seiten sich — wie mir
scheint, und wie ich das vorue gethan habe — am besten durch
verschiedene Belichtungs- Einflüsse erkläi’en lässt. Stärkere Be-
lichtung und Trockenheit wirken also auf die Blüthenbildung
fördernd, und es ist doch gewiss eine treffliche Bestätigung meiner
Erklärung der Entstehung der Wechselzonen-Bildung, dass dieser
Thatsache entsprechend, wie gezeigt, in der That Blüthenbildung
in Querzeilen oder Querzonen so häufig gerade als Abschluss einer
Laubblatt-Zone mit engeren Narben beobachtet wird, während
der umgekehrte Fall, also Blüthenbildung als Abschluss einer
Laubblatt- Zone mit lockereren Narben, kaum vorzukommen oder
doch bisher nicht hinreichend beobachtet worden zu sein scheint.
*) Ueber Polyembryonie und Keimung vou Caelebogyne. (Aus den Abh. d.
Königl. Preuss. Äkad. d. Wiss. zu Berlin 1859 [Berlin 1860].) S. 180.
2) Pseudo-Viviparie an Juncus Inifonius L. Vortrag gehalten iin »Botanischen
Verein der Provinz Brandenburg« zu Berlin am 10. November 1893. (Biologisches
Centralblatt, Bd. XIV, No. 1, S. 11 ff. Cassel 1894.)
59
H. PoTONiK, Die Wechsel-Zonen-Bildung der S'gillariaceen.
Ein besonderes Interesse gewinnt durch die gegebene Be-
leuchtung das von mir anderwärts citirte, von W. Carruthers* 2 3)
bekannt gegebene Stammstück mit Aspidiaria - Felderung , dessen
Zweig mit Feldern besetzt ist, die allmählich von der Basis des
starken Zweiges bis zu seiner abgebrochenen Spitze an Höhe ab-
nehmen, so dass das Zweigstück in seiner oberen Hälfte Bergeria-
Felderung zeigt. In dem obersten Drittel des Zweigstückes etwa
sind die Felder am niedrigsten, hier durchaus an typische Polster
von Lepidopldoios erinnernd. Was nun aber für uns von be-
sonderem Interesse ist, das ist die Thatsache, dass das ganze
Fossil nur Halonia- Wülste, d. h. also bliithentragende Emergenzen3)
in der Region mit den schmälsten Feldern, also nur in dem oberen
Drittel des Zweigstückes entwickelt hat, übereinstimmend wie die
erwähnten Sigillaria-Re&te in der Zone, in der das Längenwachs-
thum weniger intensiv gewesen ist.
Vergleichen wir wieder die entsprechenden Verhältnisse, also
das Auftreten der Blüthen bei den Cycadaceen, so finden wir
diesbezüglich bei dieser Familie die nur denkbar wünscbens-
wertheste Uebereinstimmung. Wenn nämlich in der That die
Niederblattzonen der Cycadaceen phylogenetisch aus Zonen her-
vorgegangen sind, veranlasst durch die äusseren Einflüsse eines
periodisch wechselnden Klimas, wie ich für die Wechsel-
zonen der Sigillariaceen annehmen muss, dass sie ein Ausdruck
wechselnder äusserer Witterungsverhältnisse sind, so wäre zu er-
warten, dass sich die Cycadaceen auch hinsichtlich ihrer Blüthen-
bildung ebenso verhalten, wie die blühenden, mit Wechselzonen
versehenen Sigülaria-Fälle. Dies ist nun in der That der Fall:
den Blüthen der wechselzonenbildenden Cycadaceen geht immer
eine Zone von Niederblättern voraus, ln der Zusammenfassung
von A. W. Eichler4) finden wir die Angabe: »Sie (nämlich die
0 Die Zugehörigkeit von Halonia (Berichte der Deutsch, botan. Ges.,
11. Jahrg., Berlin 1893, S. 49:1).
2) On Halonia of Lindley and Hutton and Oyclocladia Goldenberg (The
geological magazine, vol. X, London 1873, S. 145 ff., Taf. VII, Big. 1).
3) Vergl. meine schon citirte Arbeit über Halonia.
i) 1. c. S. 12.
60
H. PoToxni, Die Wechsel-Zonen- Bildung der Sigillariaceen.
Bliithen, P.) stehen... zwischen den jüngsten Wedeln«,
und A. Braun1) sagt von dem Büschel der Fruchtblätter: »er ver-
tritt die Stelle einer Laubkrone, indem ihm in ähnlicher Weise
wie dieser eine Periode von Niederblättern vorausgeht.«
Ich habe noch darauf aufmerksam zu machen, dass die in
Querzonen auftretenden Bliithen- Abbruchsstellen der Sigillariaceen
ganz auffallend häufig höchst unregelmässig und die Oberfläche,
besonders die Blattnarben, missgestaltend auftreten, während im
Gegensatz hierzu die in wenigen Längszeilen erscheinenden
Bliithen- Abbruchsstellen gewöhnlich die Oberflächen-Ordnung nicht
wesentlich stören. Es ist das ja ohne Weiteres begreiflich, da die
Bliithenansatzstellen, die zwischen den Orthostichen Platz finden,
besonders viel davon wegnehmen, wenn sie gleich auf einer ganzen
Querzone auftreten. Unter gleichbleibenden äusseren Verhält-
nissen, die ich nach dem Vorausgehenden dort annehmen kann, wo
ich Sz^iZ/an'a-Oberflächen mit gleichinässigen Blattnarben-Grössen
und -Entfernungen habe, pflegen die Bliithen weniger dicht auf
einer Horizontal-Zone zusammengedrängt vorzukommen, vielmehr
sind es da meist einzelne Längszeilen von Bliithen- Abbruchsstellen,
welche sich zwischen die Orthostichen einklemmen.
Alle die vorgeführten Thatsachen lassen sich zusammeuge-
nommen so vollständig und befriedigend durch die Annahme er-
klären, sie als Reaction auf die Ernährungs- und Witterungs-
Verhältnisse aufzufassen, dass mir bis auf Weiteres diese An-
nahme durchaus geboten, ja nothwendig erscheint.
Um das sich für die Sigillarien ergebende Resultat noch ein-
mal hervorzuheben, fasse ich dasselbe in die Worte:
I. Die Untergruppirung der Sigillai'ien auf Grund der bis-
her dafür verwendeten Rindenoberfläche entspricht nicht der
wahren systematischen Verwandtschaft der Sigillaria- Arten und
ist auch wegen des Zusammenvorkommens der verschiedenen
Oberflächensculpturen au einem und demselben Stücke undurch-
führbar. Nur 2 Gruppen lassen sich vorläufig beibehalten: die
Eusigillarien und die Subsigillarien.
l) 1. c. Gymnospennie d. Cyo. S. 349.
H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
öi
II. Die Zonenbildung an den Stammoberflächen der Sigillarien
beruht nicht, wie E. Weiss annahm, in einer Altersverschiedenheit
der Oberflächen, so dass die Blattnarben an den älteren Stengel-
resp. Stamm -Theilen weiter auseinanderrüeken , wie u, a. ohne
weiteres durch Exemplare, an denen solche Zonen mit einander
ab wechseln, widerlegt wird, sie ist vielmehr bedingt durch Er-
nährungs- und Witterungs- Einflüsse und stellt kein specifisches
Charakteristicum für die Sicjillaria- Arten dar.
III. Die Blüthenbildung in Querzonen bei den Sigillarien
tritt besonders häufig als Abschluss einer Laubblatt- Zone mit
engeren Narben (kürzeren Internodien, soweit man bei den
Sigillarien von Internodien reden kann) auf, resp. in Regionen
mit enger stehenden Blattnarben, Thatsachen, welche unter der
Voraussetzung, dass das unter II. Gesagte richtig ist, mit der
von recenten Pflanzen her bekannten Erscheinung in vollem Ein-
klang stehen, dass Licht und Trockenheit (Nahrungs -Mangel)
auf die Blüthenbildung fördernd wirkt.
Ueber den in Obigem abgehandelten Gegenstand habe ich in
den Sitzungen vom 17. October und vom 21. November 1893 der
Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin *) Vorträge ge-
halten mit Vorlage des auf Taf. III, Fig. 1 abgebildeten Stückes.
Es hat sich nun zwar an diese Vorträge keine Discussion ge-
knüpft, aber es hat sich nach der ersterwähnten Sitzung die
Meinung geregt, dass es sich in den Stücken mit Wecbselzonen-
Bildung nur um Erhaltungszustände handeln dürfte. Wenn ich
nun auch gar nicht daran denke, dass die Pflanzenpaläontologen
einen solchen Einwand erheben könnten, wie ja von denjenigen unter
ihnen, welche Stücke mit Wechselzonen bekannt gegeben haben,
niemals, ebensowenig wie jemals — soweit ich die Litteratur
kenne — von anderer Seite der Gedanke an die Möglichkeit,
dass es sich nur um Erhaltungszustände handeln könnte, auch
nur angedeutet worden ist, so will ich doch die meines Erachtens
triftigen Gründe angeben, die zu der von mir vertretenen Auf-
9 Vergl. Sitzungsberichte S. 216 ff. und S. 243.
Cy2
H. Potosik, Die Wechsel-Zonen-Bildung cler Sigiliariaceen.
fassuug führen müssen, dass es sich also in der Wechselzonen-
Bildung in der That um Wachsthums -Ersehe inungen der
Pflanzen, nicht um Erhaltungszustände der Reste handelt.
Und zwar gehe ich deshalb näher auf den Einwand ein, weil der-
selbe auf den ersten Blick hin wohl plausibel erscheint, und mir
ferner daran liegen, muss, die der Pflanzenpaläontologie ferner
stehenden Gelehrten davon zu überzeugen, dass diese Disciplin
sich immer mehr und mehr bemüht, in exacteres Fahrwasser zu
steuern.
Ich will gleich an das zuletzt in meiner Auseinandersetzung
Gesagte anknüpfen, um zu zeigen, wie wenig die mir entgegen
gehaltene Ansicht zulässig ist.
Es wäre doch höchst wunderbar, wenn die Zug- und Druck-
verhältnisse, welche also nach dem in Rede stehenden Einwande
die Veranlassung zur Zoneu-Bildung abgegeben haben sollen, so
merkwürdig häufig derart gewirkt habens#ollten , dass die Grenze
verschiedenartiger Wirkungen gerade durch Blüthenregionen wie
in den oben vermerkten 10 ersten Fällen hindurchging, dass ferner
bei dem oben (S. 59) erwähnten CARRUTHERs’schen Lepidoden-
draceen- Stück die Blüthen -Bildung in ähnlicher Weise zur Aus-
bildung und Stellung der Blattpolster in Beziehung steht, wie bei
den genannten Sigiilaria-llesten , und dass endlich — wie unter
No. 11, S. 56 erwähnt — von den Subsigillaria- Arten nur cancellate
Stücke mit Blüthen bekannt geworden sind, aber niemals leioderme.
Und nun : wer kann mit Hülfe der mir entgegengehaltenen Ansicht
die von mir in Zusammenhang mit bekannten Erscheinungen ge-
brachte Thatsache erklären, dass die Querzonen mit Blüthen entweder
über oder unter sich von gleichmässig entwickelten Oberflächen be-
grenzt werden, oder als Abschluss engnarbiger Zonen folgen,
aber — soweit bekannt — kaum als Abschluss lockernarbiger auf-
treten? Ist das »Zufall«? Haben »zufällig« in allen den von
mir aufgeführten 10 Fällen die Zugwirkungen nur die Region
oberhalb der Blüthenzone betroffen, resp. — wenn man annimmt,
dass diese Region die normal gebliebene ist — hat in allen
Fällen zufällig die unter den Blüthen befindliche Region eine
Zusammenschiebung erfahren? Warum ist kein Stück bisher be-
H. Pot
Die Wechsel- Zonen -Bildung der Sigillariaöeen.
63
kann! geworden, das die umgekehrten Verhältnisse zeigt? Warum,
giebt es ferner keine leiodermen Oberflächen mit Blüthennarben?
Wie gesagt, das kann derjenige, der nur an Erhaltungszustände
glaubt, nur als merkwürdige Zufälle erklären.
Die epidermale Oberfläche der mir vorliegenden Stücke mit
W echselzonen-Bildung — ich will besonders auf das Stück Taf. III,
Fig. 1, aufmerksam machen — ist durchaus glatt nur mit feinsten
Punkten besetzt: Taf. III, Fig. 1 c; Falten und Runzeln, die auf
eine Zusammenschiebung oder auf Zerreissuugen der Epidermis, also
auf eine gewaltsame Dehnung hindeuteten, sind nicht vorhanden.
Während es ja genügende Sigillaria- Exemplare giebt, die das
zeigen und dadurch beweisen, dass sie sich in dieser Beziehung
ebenso verhalten haben wie die recenten Pflanzen, bei denen
ebenfalls epidermale Gewebe und Korkgewebe — wie das Platzen
der Aussenrinden zeigt, die dem Dickenwachsthum der Bäume
nicht folgen können — wegen ihrer sehr minimalen Elasticität
sehr leicht reisseu. Für die Stücke mit Wechselzonen muss nun
derjenige, der auch trotz dieser Ueberlegung daran festhält, dass
die letzteren auf Druck- und Zug -Verhältnisse zurückzuführen
sind, die Ausnahme machen, dass gerade diese Stücke von den
auderen ohne Zonenbildung dadurch abweichen, dass ihre Epi-
dermis in bis jetzt bei Pflanzen unbekannt gebliebener Weise
elastisch war resp. bei der Fäulniss elastisch geworden ist.
Erstens ist es aber eine ganz unberechtigte Annahme, die Stücke
mit Wechselzonen als molecular ganz anders constituirt anzu-
nehmen als die Stücke ohne Wechselzonen, und ferner wissen
wir, dass durch Verwesung von Pflanzen-Epidermeu und -Rinden,
wie die Behandlung der Pflanzentheile mit IP2SO4 — was ja der
Verwesung namentlich in der Hinsicht gleichkommt, als sie eben-
falls zur Verkohlung führt — die in Rede stehenden Gewebe keines-
wegs elastischer oder dehnbarer werden, als sie im Leben waren.
Im Gegentlieil scheinen sie die sehr geringe, kaum beachtens-
werthe Dehnbarkeit, die sie im Leben besassen, ganz zu verlieren,
wie mikroskopische Bilder von ^SO^Präparaten lehren. Unsere
Kenntnisse führen uns also im Gegentlieil zu der Annahme, dass
die kohlig erhaltenen Epidermen und verkorkten Theile der
64
H. PoTOsr ', Die Wecksel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
fossilen Pflanzen sicli hinsichtlich ihrer Dehnbarkeit yerhalten
wie diejenigen der recenten Pflanzen, wenn sie einen Verwesuugs-
process durchgemacht haben.
An lebenden Pflanzentheilen beträgt die Dehnbarkeit ver-
korkter Membranen, wie S. Schwendener experimentell festge-
stellt hat1), kaum 2 pCt., da schon bei einer Dehnung von 2 pCt.
zahlreiche lfisse in der Cuticula auftreten. Schon die Streckung
eines frei präparirten Epidermisstreifens des Blattstiels von An-
ihurium cannaefolium von 60 auf 61 Millimeter erzeugte hier zahl-
reiche Querrisse.
Betrachten wir nun daraufhin unser Stück Taf. III, Fig. 1, so
sehen wir, dass für die untere Hälfte eine Dehnung der Cuticula
ohne jede Rissbildung von gegen 400 pCt. angenommen werden
müsste! Und zwar dies für die Theile zwischen den Blattnarben,
während die Blattnarben selbst sich etwa nur um 50 pCt. gedehnt
hätten. Die Möglichkeit einer so unerhörten Dehnfähigkeit der
Cuticula zugegeben, müsste es Wunder nehmen, warum denn die
die Blattnarbe bedeckende Korkhaut bei dem Fossil weniger dehn-
bar sein soll, als die Cuticula, da es sich doch, wie die Ex-
perimente an lebenden Pflanzen ergeben, sonst gerade umgekehrt
verhält. So zeigen Periderm-Lamellen gewisser recenter Pflanzen,
z B. von Prunus , Verlängerungen von 10 — 12 pCt. ohne Riss-
bildung2). Man sieht also wieder, dass man gezwungen ist, bei
der Erklärung der Wechselzonen der Sigillariaceen als veranlasst
durch Zug, als das Resultat von Dehnungen, Annahmen zu
machen, die mit den Erfahrungen der Botaniker nicht in Einklaug
stehen, ja, die das gerade Gegentheil für die fossilen verlangen,
als es von den recenten Pflanzen bekannt geworden ist.
Betrachtet man das Stück Taf. III, Fig. 1 mit dem Gedanken,
sich nun klar zu machen, ob denn nicht vielmehr der untere
Theil desselben der normale ist und der obere durch Zusammen-
schiebung entstanden sein könnte (es ist Beides behauptet
worden), so wäre anzuuehmen, dass die Cuticula zu Lebzeiten in
. x) Die Schlitzscheiden und ihre Verstärkungen (Äbh. d. Königl. Preuss. Akad.
der Wiss. zu Berlin 1882, S. 40).
2) ScHNVKNDENER, 1. C. S. 42.
H. Potoniii, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen. 65
einer elastischen Spannung von unglaublicher Höhe sich befunden
hat, die dann im Verlauf der Verwesung in dem oberen Theil
sich ganz oder zum Theil ausgeglichen haben müsste. Diese
Annahme müsste durchaus gemacht werden, da ja, wie schon
gesagt, die Cuticula keinerlei Schrumpfung erkennen lässt. Dass
die Punktirung in der Cuticula des oberen Theiles bezüglich der
Annäherung der einzelnen Punkte kaum oder nicht von der des
unteren Theiles zu unterscheiden ist, bleibt dabei ein völliges
Räthsel. Auch bei der Annahme, dass der obere Theil des
Stückes der nachträglich veränderte ist, geräth man also in
Collision mit den aus dem Studium der lebenden Pflanzen ge-
wonnenen Erfahrungen. Wenn ein Apfel durch Verdunstung
von seinem Wasserquantum etwas abgiebt, so legt sich die Epi-
dermis sehr bald in Falten und bildet dann eine runzlige Ober-
fläche: ein alltäglicher Beweis für die höchstens minimale Span-
nung, mit welcher das in Rede stehende Gewebe resp. ins-
besondere die Cuticula den prallen Apfel umspannt hielt.
Handelt es sich in dem Stück Taf. III, Fig. 1 um eine Er-
haltungs-Erscheinung, so würde die Frage berechtigt sein, ob
denn nun alle Rhytidolepis - Stücke i. e. S. resp. alle tessellaten
Oberflächen Erhaltungszustände sind, oder ob nur an den Stücken
mit Wechselzonen Rhytidolepis- oder tessellate Oberflächen derart
vorgetäuscht werden, dass eine Unterscheidung von den echten
Rhytidolepis- und tessellaten Oberflächen unmöglich geworden ist?
Kleine Bruchstücke, die nicht als Stücke einer Wechselzone zu
erkennen sind, würden dann fälschlich für normal erhalten ge-
blieben angesehen werden u. s. w. : kurz, es wäre vollkommen
unmöglich, Erhaltungszustände von Sigillarien von den normal ge-
bliebenen Oberflächen zu unterscheiden und zu trennen, da ja
beide absolut ununterscheidbar sind. Ich frage jetzt: wie sehen
ungezerrte Sigillaria- O b er fläch e n aus??
Dass die Epidermis - Oberfläche an Sigillarien oft genug die
Spuren mechanischer Einwirkungen zeigt, ist selbstverständlich
und bekannt; aber diese als solche ohne Weiteres und ohne Wider-
spruch erkennbaren Einwirkungen äussern sich so, wie es der
Botaniker auf Grund der Erscheinungen an lebenden Pflanzen von
5
Jahrbuch 1893.
66 H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
vorn herein erwarten muss: die Epidermen und Hautgewebe sind
nämlich — wie schon oben angedeutet — an solchen Stücken
zerrissen, und zwar ist nicht zu bemerken, dass in den Riss-
Regionen die Blattnarben durch Dehnungen weiter aus einander
gerückt wären als in den Theilen, die unzerrissen geblieben sind.
Wir haben eben — wie gezeigt — gar keinen Grund (wenn
nicht gar denjenigen, die Stücke mit Wechselzonen-Bildung durch-
aus als Erhaltungs-Zustände deuten zu wollen selbst) anzunehmen,
dass sich die Epidermis und das Hautgewebe der paläozoischen
Pflanzen anders verhalten hätte als die der heutigen Pflanzen;
im Gegentheil deutet Alles, wie gezeigt, darauf hin, dass diese
Gewebe in den in Rede stehenden Verhältnissen durchaus mit
den der recenten Pflanzen übereinstimmten. Auch die That-
sache, dass es gerade epidermale und Hautgewebe sind, die
sich mit Vorliebe kohlig an fossilen Pflanzen erhalten, deutet
auf die Uebereinstimmung der chemischen Zusammensetzung der
in Rede stehenden fossilen und recenten Gewebe hin. Auch bei
den recenten Pflanzen sind es die Hautgewebe, die sich sowohl
bei der Verwesung und bei Behandlung mit H2SO4, welche wie
eine schnelle Verwesung wirkt, am längsten und kohlig er-
halten.
Schliesslich ist noch das Folgende zu beachten. Wechselzonen
sind nicht allein an Stücken constatirt, die zusammengedrückt parallel
zur Schichtungsfläche lagen, sondern auch an cylindrischen, auf-
recht, also senkrecht zu den Schichtungsflächen stehenden Baum-
stümpfen, bei denen also bedeutendere Druck- und Zugwirkungen
nicht stattgefunden haben können. C. Grand’Eury beschreibt
und bildet solche Stamm-Stücke ab x).
Sehr schwer dürfte die Erklärung der mit Wechselzonen ver-
sehenen Stücke von Sig. camptotaenia als Erhaltungszustände sein:
weichen doch die Narben der verschiedenen Zonen in ihrer
äusseren Form ganz von einander ab.
Nun das Resultat: Die Erklärung der Sigillaria- Reste mit
Wechselzonen-Bildung als blosse Erhaltungszustände erfordert
*) Geol. et pale out. du Bass. h. du Gard 1890, pl. XIII, fig. 1 et 7.
H. Potonik, Die Wechsel-Zonen-Bildung der Sigillariaceen.
67
einen solchen Aufwand unhaltbarer Annahmen, dass an die Richtig-
keit derselben nicht zu denken ist, während die Deutung der
Wechselzonen als Wachsthums-Erscheinungen weder irgend einen
Widerspruch mit dem aus der recenten Pflanzenwelt her bekannten
ergiebt noch sonstwie irgend welche gezwungenen Annahmen
voraussetzt.
Ueber die Dislocationen westlich und südwestlich
vom Harz und über deren Zusammenhang mit
denen des Harzes.
Von Herrn A. von Koenen in Göttingen.
In den Bänden dieses Jahrbuches für die Jahre 1883 bis 1887
habe ich mehrfach in Aufsätzen die Dislocationen am Harzrande
und deren Alter erörtert. Nachdem jetzt aber die geologische
Aufnahme der Messtischblätter westlich und südwestlich vom Harz
(Reinhausen, Gelliehausen, Göttingen, Waake, Nörten, Lindau,
Moringen, Westerhof, Gandersheim und der an die beiden letzteren
zunächst anstossenden Streifen von Osterode und Seesen) zum
Theil mit Hülfe der Herren Dr. Ebert und G. Müller been-
digt ist, und die Blätter selbst dem Druck übergeben sind, ist es
möglich, eine umfassendere Uebersicht über den geologischen Bau
dieser Gegend zu geben und einzelne wichtigere Beobachtungen
hervorzuheben.
Orographisch sind für den Bau des erwähnten Gebietes von
hervorragendem Einfluss eine Reihe von Störungen, welche in der
Richtung von S. nach N. (mit einem Strich nach O.) in sehr
mannichfaltiger Weise auftreten.
Die bedeutendste derselben ist die Graben -Versenkung in
der Muldenspalte, welche das Leinethal zwischen Eichenberg und
Kreiensen enthält, und in welcher sich neben kleineren Muschel-
kalk-Schollen besonders Schichten der verschiedenen Keuperbil-
dungen und stellenweise auch des Lias eingesunken finden, öfters
in einer gewissen Regelmässigkeit; so bilden in der weiteren Um-
A. v. Koenen, Ueber die Dislocationen etc.
69
gebung von Göttingen die zum Theil recht langen Streifen von
Rhätkeuper auf beiden Seiten der Leine eine Antiklinale innerhalb
der Synklinalspalte von Muschelkalk.
Die Ränder dieser letzteren sind vielfach zerrissen und zer-
schnitten durch anderweitige Störungen, die später zu erörtern
sind; so springt bei Göttingen wiederholt der Ostrand der Leine-
thalspalte nach NW. vor. Auf Blatt Reinhausen wird im S., bei
Friedland und Reckershausen, das Leinethal wesentlich schmaler,
die Grabenversenkung dagegen eher breiter, indem hier, wo Bunt-
sandstein die Ränder derselben bildet, grössere Massen von mehr
oder minder zerrissenem Muschelkalk neben Rhätkeuper innerhalb
der Versenkung als höhere Bergrücken und Kuppen hervorragen.
Es divergiren hier aber auch nach S. zu verschiedene Bruchlinien
nach O. und W.
Von Nörten nach N. verbreitert sich der Leinethalbruch er-
heblich besonders dadurch, dass von der Buntsandsteinmasse au
seinem östlichen Rande sich ein keilförmiger Streifen abgelöst hat,
in das Leinethal gleichsam hineinhängt und sich nach N. immer
mehr senkt, und mit dem nach O. auf ihm liegenden Muschelkalk
endlich abbricht, während in der nach N. sich schnell erweiternden
Lücke zwischen diesem abgelösten und dem stehen gebliebenen
Theile zunächst Muschelkalk, weiter nach N. auch Keuper etc.
eingeklemmt stecken, nach N. sich tief senken und dort meist von
Lehm verdeckt sind.
Es ist aber wohl kein Zufall, — ganz Aehnliches finden wir
auch bei Westerhof — dass auf das nördliche Ende des abge-
lösten Streifens die Bruchlinie des Langfast stösst, einer ostwest-
lich von Herzberg herstreichenden Grabenversenkung von unterem
Muschelkalk zwischen Buntsandstein, welche den Wieter im S.
abschneidet und ganz ähnliche Verhältnisse zeigt, wie Versen-
kungen, die ich früher nördlich von Hersfeld und bei Treysa
kennen gelernt habe. Die Schichten liegen nämlich zuweilen
muldenartig, wenn auch zum Theil recht steil geneigt, und meist
so, dass einzelne Glieder, hier der obere Wellenkalk, ganz fehlen.
Die Muldenlinien sind aber in Wirklichkeit Bruchlinien und laufen
nicht parallel den Rändern der Versenkung, sondern etwas schräg
70
A. v. Koknkn, Ueber die Dislocationen
gegen dieselben, so dass sie sich diagonal von dem einen zum
anderen hinüberziehen, und dass von da an, wo sie spitz den Rand
treffen, überhaupt nur noch ein Flügel der scheinbaren Mulde
vorhanden ist, und an verschiedenen Stellen entweder der Süd-
flügel oder der Nordflügel.
Der »Wieter« , ein scharfer, steil nach W. einfallender
Wellenkalk-Rücken bildet den Ostrand der Leinethal-Spalte und
wird im W. durch einen schmalen, meist von Abhangsschutt ver-
deckten Streifen von Gypskeuper von tief eingesunkenem oberem
und mittlerem Lias getrennt, während er im O. gleichmässig von
Röth und mittlerem Buntsandstein unterteuft wird. Sowohl an
seinem südlichen, als auch an seinem nördlichen Ende wird er
sehr auffällig durch mehr oder minder tiefe Einsenkungen in eine
Reihe von einzelnen Kuppen oder kurzen Rücken zerlegt. In
den letzten Jahren sind nun über mehrere dieser Einsattelungen
Wege gebaut und dadurch frische Aufschlüsse hergestellt worden,
welche mit voller Sicherheit erkennen lassen, dass über jede dieser
Einsenkungen ein Querbruch verlänft. Es ist dies also eine ent-
scheidende Antwort auf die Frage über die Entstehung min-
destens einzelner sogenannter Durchbruchthäler. Im N. besonders
senken sich die Schichten des Wieter recht steil zum Rhumethal
hinab, augenscheinlich zu einzelnen Schollen verbrochen; quer
vor ihnen liegt dann eine recht lange Scholle von Wellenkalk,
welche steil nach S. einfällt und den Beweis liefert, dass in der
Richtung des Rhumethales, nach O., nach Osterode zu, eine Ver-
werfung verläuft, obwohl alle älteren Schichten dort sonst von
Lehm und Schotter verdeckt sind.
Der Gegenflügel des Wieter auf der Westseite des Leine-
thalbruches ist die »Weper« mit ihren Fortsetzungen, deren Bau
in dem schon vor Jahren von mir erwähnten Bahneinschnitt von
Hardegsen trefflich zu erkennen ist. Zugleich ist dort ungewöhn-
lich schön und deutlich nachzuweisen, wie die Richtungsänderung
von Bergrücken durch Verwerfungen und Störungen bedingt ist,
wie auch der Durchbruch des Espoldethales durch die Weper
mit Dislocationen oder Querbrüchen in Verbindung zu bringen
ist. Es würde hier aber zu weit führen, die zahlreichen, dort zu
beobachtenden., interessanten Einzelheiten zu erörtern.
westlich und südwestlich vom Harz etc.
71
Wie aber eine Anzahl von Parallelspalten mit dem Leine-
thal auf den Messtischblättern östlich der Leine (Gelliehausen,
Waake und Lindau) vielfach für die Oberflächen -Formen be-
stimmend sind, wenn auch ihr Vorhandensein bei der Gleich-
förmigkeit des Gesteins, meist mittleren Buntsandsteins, in der
Regel schwer nachzuweisen ist, so ist auf den Blättern Nörten
und Moringen, besonders westlich und südwestlich von Moringen,
das Auftreten von solchen Parallelspalten mit voller Sicherheit
festzustellen, obwohl sie auf die Oberflächenformen grossentheils
nur geringen Einfluss ausgeübt haben; es sind nämlich schmale
Streifen von rothen Gypskeuper-Mergeln zwischen den Ceratiten-
schichten oder Thonplatten in den Parallel - Spalten eingesunken,
keilen sich gelegentlich aus oder ändern ihre Richtung in etwas,
wie dies ja doch bei allen Spalten die Regel ist.
Auf den Blättern Westerhof und Gandersheim, also genau
westlich vom Harz und nördlich vom Rhumethal, sind die Parallel-
Spalten mit dem Leinethal mit bedeutenden Versenkungen ver-
bunden und daher von weit grösserem Einfluss auf die Ober-
flächengestaltung, so dass sie eine nähere Erörterung erfordern.
Die westlichste dieser Graben -Versenkungen verläuft vom
Ostende von Northeim über Calefeld nach Gandersheim, die nächste
von Mandelbeck über Westerhof nach Düderode, Engelade etc.
und eine dritte längs des Harzrandes über Eisdorf, Kirchberg-
Seesen etc.
In dieser letzteren liegen grosse Massen von diluvialen und
alluvialen Ablagerungen, von letzteren besonders grosse Mengen
von Harzgeröllen ; nördlich von Nienstedt treten unter dem Lehm
aber mehrfach ältere Gesteine hervor, und zwar einzelne Schollen
von Tertiärgebirge, Braunkohlen und helle Sande mit Quarziten,
vermuthlich dem Miocän zuzurechnen, und ausgedehntere Streifen
von Muschelkalk, grösstentheils Wellenkalk, welche im Wesent-
lichen südnördlich streichen, aber sehr verschieden einfallen. Viel-
fach sind drei parallele Streifen vorhanden , von welchen der
westlichste und östlichste nach O. einfallen, der mittlere nach W.,
so dass dieser mit dem westlichen eine Synklinale, mit dem öst-
lichen eine Antiklinale bildet. Der östliche Muschelkalkstreifen,
oder der unter diesem wohl auch noch sichtbare Röth liegt aber
72
A. v. Koenen, Ueber die Dislocationen
zuweilen dicht neben dem oberen Zecbstein oder doch dem unteren
Buntsandstein, welcher mit der Decke des westlichen Harzrandes
in nächster Verbindung steht, während westlich von dem west-
lichen Muschelkalkstreifen und östlich von der zweiten Spalte
(Mandelbeck-Düderode etc.) ein grosser Rücken von mittlerem
Buntsandstein liegt, welcher Horst- artig (im Sinne von Suess)
nur wenig eingesunken, im S. am breitesten ist, nach N. schmaler
wird und sich immer mehr senkt, um bei Ildehausen zu ver-
schwinden. Dieser Horst ist aber im Wesentlichen sattelförmig
gewölbt, so dass die Bausandsteine nach O. und nach W. so
ziemlich bis zu den Thalsohlen hinab sinken.
Die Gebirgsmassen zwischen der zweiten und der ersten
Spalte (Northeim- Gandersheim) sind weit stärker und deutlicher
durch Störungen zerrissen; im S., nördlich von Elvershausen bis
in die Höhe von Brunstein liegt Buntsandstein, darüber Röth und
der ganze Muschelkalk mit steilem, nördlichem Einfallen, durch
einen Gypskeuper - Graben getrennt von zunächst südlich ein-
fallendem, oberem Muschelkalk, welcher sich, wenn auch von
grösseren Störungen durchsetzt, bis in die Höhe von Willers-
hausen hinzieht und in der Mitte den Horst der Imbshäuser und
Echter Forst bildet; im W. und O. sind freilich überall Schollen
von grösserer Ausdehnung etwas abgesunken, und auf den hier-
bei gebildeten Spalten sind zahlreiche Erdfälle besonders östlich
und nordöstlich von Imbshausen entstanden. Nach N. senken
sich die Schichten etwas steiler als die Tagesoberfläche zum Thal
der Aue (zwischen Echte und Oldershausen) hinab. Nördlich von
diesem folgt auf Gypskeuper ein schmaler Streifen mittlerer Lias
und dann der untere und, anscheinend in regelmässiger Folge
aber ziemlich steilem nördlichen Einfallen , alle übrigen Stufen
der Juraformation bis zum obersten Kimmeridge hinauf auf dem
Rücken des Kahlberges; auf diesem verlaufen ein Paar streichende
Verwerfungen1), und an seinem Nordhange steht der obere Jura
zum Theil ziemlich senkrecht und wird durch eine gegen 500 Meter
breite Spalte, welche mit eingestürzten Schollen von Muschelkalk,
b Smith, die Jurabildungen des Kahlberges, dieses Jahrb. für 1891.
westlich und südwestlich vom Harz etc.
73
Keuper und Jura erfüllt ist, von dem Kühler, einem Plateau von
oberem Muschelkalk getrennt. Nordöstlich von diesem folgt dann
der Südwestflügel der windschiefen Sattelspalte Harriehausen-
Gandersheim- Alfeld etc., über welche ich schon bei einer früheren
Gelegenheit (Jahrbuch für 1883, S. XLI) berichtet habe. Nörd-
lich von ihrem Nordostflügel folgt dann wieder Gypskeuper etc.,
eingesunken neben oberem Muschelkalk und auch im O. begrenzt
durch den Muschelkalkzug des Heber.
Die Höhen zwischen der Spalte Northeim-Gandersheim und
der Leinethalspalte sind zum Theil noch weit mehr zerrissen und
bestehen zwischen Northeim und Edesheim-Eboldshausen aus mehr
oder minder zerrütteten Schollen von Triasbildungen, hauptsäch-
lich von oberem Muschelkalk, welche theils einzelne Rücken, theils
förmliche Kuppen bilden und nach sehr verschiedenen Richtungen
einfallen. Besonders nach O. ist ihr Abhang meist hoch hinauf
von Lehm bedeckt, und der Verlauf der Grenze des Muschel-
kalks gegen den dort eingesunkenen Gypskeuper wird durch eine
Reihe von tiefen, Amphitheater - artigen Einsenkungen im Lehm
bezeichnet, wie ich dies auch sonst schon öfter beobachtet habe;
das Tagewasser hat zwar ungehinderten Abfluss aus ihnen nach
O., doch sind sie ihrer Lage nach jedenfalls durch Erdfälle ent-
standen. Zudem habe ich in der Mitte einer derartigen Einsen-
kung einen frisch entstandenen kleineren Erdfall beobachtet. Ver-
schiedene Erdfälle liegen aber auch auf einer Verwerfung am
Nordwestfusse des Sultemer Berges nahe dem Waldrande, süd-
südöstlich von Edesheim, und auf einer anderen auf dem Weh-
klag-Berge ostnordöstlich von Edesheim.
Die West -Abhänge der Worfschaufel (zwischen Hohnstedt
und Vogelbeck) und des Hungerberges (nordöstlich Salzderhelden)
zeigen eine ungewöhnlich starke Zerreissung der verschiedenen
Trias- Schichten in einzelne kleine Schollen und Streifen; augen-
scheinlich sind hier beim Einsinken des Leinethaies einzelne
Fetzen wirr neben und auf einander auf dem mittleren Buntsand-
stein hängen geblieben, welcher das Leinethal nach W. verschiebt,
von Vogelbeck- Eboldshausen an weit nach N. reicht und von
einer parallel dem Auethal von Nienstedt über Westerhof-Echte-Cal§-
74
A. v. Koenen , Ueber die Dislocationen
feld-Olxheim etc. nach NW. verlaufenden Verwerfung abgeschnitten
wird, aber auch im O. durch einen Bruch begrenzt wird, welcher
über Sievershausen und das Nordende des Westerberges sich hin-
zieht. Südlich von Sievershausen wird in zwei dicht neben ein-
ander befindlichen Steinbrüchen mittlerer Buntsandstein beziehungs-
weise Trochitenkalk gewonnen; letzterer fällt ziemlich steil nach
SSO. ein und bildet auf 300 Meter Länge den Kamm des Steimer-
berges, wird aber durch einen Streifen Gypskeuper abgeschnitten,
und da, wo dieser Rücken sich mehr nach N. zum Westerberge
umbiegt, beginnt ein über 1000 Meter langer Zug von Trochiten-
kalk, welcher steil nach WNW. einfällt, während am Südosthange
des Westerberges Schaumkalk, mittlerer und oberer Muschelkalk
steil nach OSO. einfallen.
Störungen und Bruchlinien, wie die oben erwähnten, welche
durchnittlich etwa von SO. nach NW. laufen, sind ja, wie ich
schon vor Jahren betont habe, im ganzen nordwestlichen Deutsch-
land verbreitet und von hervorragendem Einfluss auf die Ent-
stehung der mesozoischen Gebirge und sind an solchen Stellen,
wo ich das relative Alter feststellen konnte, älter, als die süd-
nördlichen Dislocationen, welche nicht selten sie unterbrechen,
oder an ihnen abspringen und ihnen streckenweise folgen. Dies
ist, wie schon oben erwähnt, Lei Göttingen der Fall, aber auch
die süd - nördlichen Gypskeuperstreifen zwischen den Ceratiten-
schichten westlich von Moringen springen ab an anderen, ganz
ähnlichen, aber nach NW. verlaufenden Streifen, welche als Neben-
spalten des Bruches am Südwestfusse der Ahlsburg aufgefasst
werden müssen.
Die Ahlsburg mit ihren Fortsetzungen ist ein hoher, breiter
Rücken von mittlerem Buntsandstein, welcher nach NO. einfällt
und dort von regelmässig über ihm folgenden, aber niedrigeren
Rücken von Wellenkalk und Trochitenkalk begleitet wird, als
Südwestgrenze des grossen Versenkungsbeckens Einbeck - Mar-
koldendorf. Am Südwestfusse der Ahlsburg liegen aber tief einge-
sunken und meist steil nach SW. geneigt Streifen von Muschel-
kalk, Gypskeuper und auch von Tertiärgebirge.
Nördlich von Moringen gelangen nun diese nordwestlich
westlich und südwestlich vom Harz etc.
75
streichenden Schichten in den Bereich der südnördlichen Leine-
thal-Brüche, durch welche zunächst eine grössere Scholle, der
Schmandberg und Böllenberg, von der Ahlsburg abgetrennt und
nach SSO. abgelenkt wird, indem zugleich der Buntsandstein weit
weniger hervorragt, als der Wellenkalk; weiterhin, auf dem Ziegen-
berge und zwischen Berwartshausen und Elvese, ist dann der
Muschelkalk in einzelne ganz unregelmässige Fetzen zerrissen,
neben und zwischen welchen verschiedene Schichten des Keupers
eingesenkt liegen.
Streifen von marinem Ober- Oligocän sowie von (vermuthlich)
miocänen Quarzsanden, Quarziten und Braunkohlenthonen, welche
östlich und nördlich von Moringen zwischen älteren Schichten
eingeklemmt sind, lassen darauf schliessen, dass die nordwestlich
streichenden Störungen auch hier nicht früher, als am Ende der
Miocän-Zeit entstanden sind; da aber nördlich und südlich von
Northeim innerhalb der Leinethal- Versenkung Thone, Sandsteine
etc., welche wohl als fluviatiles Pliocän zu deuten sind, auf dem
eingesunkenen Keuper und Lias liegen, so sind auch hier die
Süd-Nord-Störungen zur Pliocän-Zeit bereits vorhanden gewesen,
wie ich dies seiner Zeit schon für andere Gregenden ausge-
führt habe.
Es liegt aber auch in der erwähnten Bruchlinie Mandelbeck-
Willershausen-Düderode neben Gypskeuper etc. in grösserer Aus-
dehnung Tertiärgebirge, helle Sande mit Quarziten, Braunkohlen-
thone und Braunkohlen eingesunken, und helle Sande mit Milch-
quarzbrocken, Quarzite und Braunkohlen finden sich auch, wie
oben erwähnt, westlich von Eisdorf, nördlich von Nienstedt, in der
Versenkung am Harzrande, und diese Tertiärbildungen möchte ich
bei ihrer Uebereinstimmung mit denen im Solling, bei Dransfeld
und Cassel ebenfalls für Miocän halten, also diese Brüche eben-
falls für jung-miocäne.
Es finden sich nun Harzgerölle in solchen Flussthälern allgemein
verbreitet, welche durch Zuflüsse Wasser und Gerolle aus dem
Harz erhalten, aber in der Regel nur wenig über der jetzigen
Thalsohle; nur bei Hammenstedt östlich Northeim liegt eine solche
Harzschotter-Terrasse auf dem Buntsandstein gegen 30 Meter über
76
A. v. Koenen , Ueber die Dislocationen
der jetzigen Thalsohle bei ca. 160 Meter Meereshöhe. Es sind
aber Ablagerungen von Harzschotter westlich von Holtensen, öst-
lich und nördlich von Wiebrechtshausen recht verbreitet, und am
Westabhange des Uhberges südwestlich von Imbshausen und
weiter nördlich finden sie sich bis zu einer Höhe von 190 Meter,
so dass es den Anschein hat, als sei einstmals die Rhume hier
entlang und zwischen dem Assberge und dem Edesheimer Berge
hindurch in das Leinethal geflossen.
F erner findet sich an der Stelle, wo die oben erwähnte Graben-
Versenkung Mandelbeck- Denkershausen den östlichen Theil der
Versenkung Northeim- Calefeld trifft, eine Einsenkung der Erdober-
fläche, ein Versenkungsbecken, von mehr als 1000 Meter Durch-
messer, welches theils künstlich entwässerte, z. Th. sumpfige
Wiesen, theils einen grösseren, tiefen, von Schilf und Rohr um-
gebenen Teich enthält, ganz ähnlich den Seen in der Mark,
Mecklenburg, Pommern etc. Hätte aber dieses Becken schon
existirt zu der Zeit, wo anscheinend die Rhume in höherem Ni-
veau in geringer Entfernung Harzschotter vorbei transportirte , so
würde doch mindestens der tiefe Denkershäuser Teich mit Schotter
ausgefüllt worden sein, ähnlich wie der Westerhöfer Teich südlich
Westerhof, auf der Spalte Mandelbeck -Düderode, welcher noch
Mitte dieses Jahrhunderts dem Botaniker zahlreiche seltene Wasser-
und Sumpfpflanzen lieferte, jetzt aber ganz trocken gelegt ist und
Felder und Wiesen trägt. Die letzte Trockenlegung ist hier von
Menschenhand ausgeführt worden, die eigentliche Ausfüllung aber
durch die Schuttmassen, welche die langen, hier mündenden kleinen
Wasserläufe aus dem östlich angrenzenden Buntsandstein - Gebiet
herbeiführten. Das Wassergebiet des Denkershäuser Teiches ist
freilich weit kleiner und besteht vorwiegend aus Muschelkalk,
welcher weit weniger leicht erodirt wird, als der Buntsandstein.
Immerhin wird man annehmen müssen, dass der Denkers-
häuser Teich tektonischen Ursprungs ist — Gletscher sind
hier niemals gewesen — und erst in recht junger Zeit ein-
gesunken oder tiefer eingesunken ist, als die Rhume bereits
ihren jetzigen Lauf eingenommen hatte, mag nun jener alte Rhume-
schotter als diluvialer oder pliocän-tertiärer gedeutet werden müssen.
Westlich und südwestlich vom Harz etc.
77
Das grosse Buntsandsteingebiet zunächst dem Harz, östlich
der Bruchlinie Mandelbeck- Düderode etc., wird nun auch von
einer Anzahl vorwiegend nach NW. streichender Verwerfungen
durchschnitten, von welchen eine, schon oben erwähnte, von
Osterode her über Nienstedt nach Echte-Olxheim und vermuthlich
auch weiter über Naensen läuft. Erst nördlich von dieser Ver-
werfung findet sich in der Süd - Nord -Versenkung am Harz-
rande Muschelkalk und auch Tertiärgebirge, so dass sie als Ver
Senkung überhaupt erkannt werden kann, und in die Versenkung
Mandelbeck -Düderode ist nördlich dieser Verwerfung, nördlich
von Westerhof, eine keilförmige Masse Buntsandstein von dem
Hauptrücken abgesunken, doch so, dass sie mit ihm an ihrem
nördlichen Ende noch zusammenhängt, während in die dadurch
entstandene, nach S. divergirende Lücke der obere Muschelkalk
des Ziegenberges eingesunken ist. Dieser ist aber auch gewisser-
maassen eine Fortsetzung der verschiedenen Muschelkalk-Schollen,
welche am Ostrande der Versenkung zwischen Westerhof und
Mandelbeck am Fusse des Buntsandsteinrückens noch über der
Thalsohle hängen geblieben sind, und der »eingeklemmten Syn-
klinale« auf dem Kaufmannsberge etc. südlich Mandelbeck, welche
den ostwestlich streichenden Muschelkalk des Dünenberges im
O. abschneidet. Südwestlich von Westerhof und nördlich von
Willershausen findet sich in der Versenkung Tertiärgebirge,
zwischen jenen beiden Orten anscheinend unter dem Lehm nur
Gypskeuper, und am Nordende von Willershausen auch Eisen-
stein und Thone des mittleren Lias.
Andere Verwerfungen in der NW.- oder WNW. -Richtung
lassen sich mehr oder minder sicher nachweisen : 1) Von Willensen
durch das Fissekenthal, 2) von der Teichhütte bei Gittelde über
Oldenrode- Wiershausen etc., 3) von Staufenburg, Holenberg, Thal
des Rodenberger Baches, Harriehausen- Gandersheim, 4) nördlich
von Staufenburg und dem Grefenberg hindurch über Ildehausen,
Dannhausen etc., 5) von Münchehof-Kirchberg nach der Schlacken-
mühle etc., 6) südwestlich von Herrhausen durch über Engelade,
südlich von Bilderlahe und nördlich vom Vorwerk Heber und
von Ackenhausen hindurch, 7) vom Südostende von Seesen am
78 Ä. v. Koenen , Ueber die Dislocationeü
Nordfuss des Sonnenberges und am Nordostrande des Heber
entlang.
Alle diese Verwerfungen werden auf dem Buntsandstein-
rücken bemerkbar durch plötzliche Senkung des Kammes, durch
Ausbildung tiefer Schluchten und auch wohl durch steiles Ein-
fallen der Schichten, aber auch in den Versenkungen theils durch
Thaleinschnitte, theils durch Trennung der verschiedenen Muschel-
kalk-Schollen, mag nun diese Trennung vor oder nach dem Ein-
sinken erfolgt sein, zuweilen aber auch durch Erdfälle, wie süd-
lich von der Domäne Staufenburg, 700 Meter nordöstlich von dem
Vorwerk Fürstenhagen am Waldrande und besonders nordnord-
westlich vom Vorwerk Heber ; leider verdecken diluviale und
alluviale Bildungen die Störungen in den Thalsohlen und vielfach
auch an den unteren Gehängen auch in diesem Gebiete.
Von den eben aufgeführten Störungen liegen nun einzelne
in der directen Fortsetzung der Gangspalten des Ober-
harzes, welche ja durch den Bergbau ausreichend ihrer Lage und
Richtung nach bekannt sind, während die sonstigen Verwerfungen im
westlichen Theile des Harzes mindestens noch nicht auf Karten in
einem grösseren Maassstabe zu einer zuverlässigen Darstellung ge-
langt sind. Auf der trefflichen LossEN’schen Uebersichtskarte des
Harzes ist nichts Derartiges angegeben , und auch die untere
Grenze des Zechsteins erscheint dort nur durch Fluss- und Bach-
thäler sowie durch Auflagerung von Diluvium unterbrochen, als
sei sie lediglich durch discordante Auflagerung auf die abradirte
Oberfläche der Culmschichten bedingt. Diese Grenze ist indessen
keineswegs überall richtig und wird stellenweise recht erheblich
zu verschieben sein; (gänzlich unrichtig ist die Trias am westlichen
Rande der Uebersichtskarte angegeben); so zieht sich der Culm
und mit ihm die untere Grenze des Zechsteins von Gittelde bis
zum Rösteberg hinauf zu den bekannten, grösstentheils in Schwer-
spath umgewandelten Zechsteingesteinen, und eine Verwerfung
läuft von hier, als Fortsetzung der von Lossen noch angegebenen
Gangspalte, etwa nach der Stelle, wo der Weg nach der Domäne
Staufenburg sich von der Chaussee abzweigt; in gleicher Richtung
folgt dann die oben als vierte angeführte Bruchlinie nach Harrie-
hausen - Gandersheim.
"westlich und südwestlich vom Harz etc.
79
Der Spiegelthaler Gangzug streicht ferner unterhalb der hohen
Wand der Pandelbachhöhe entlang, welche schon von Weitem so
deutlich den Eindruck eines Abbruches macht, und in seinem
Fortstreichen liegt die unter 6) angeführte Störung.
Der Lautenthaler Gang wird endlich von Lossen bis zu der
Einsattlung zwischen dem Eickmuhl und dem grossen Bullars
angegeben, dürfte aber doch in derselben Richtung weiter durch
das untere Schildau-Thal bis Seesen als Gangspalte vorhanden
sein, wie ja auch Gangspalten gar häufig den Verlauf von Thälern
bedingen. Grosse Mengen von Harzgeröllen erfüllen nun zwar
den unteren Theil des Schildauthales und verdecken die älteren
Gesteine fast überall ; bei Seesen findet sich aber etwa 60 Meter
südöstlich der Eisenbahnlinie eine grössere Scholle von Oberem
Muschelkalk nahe der Thalsohle eingesunken gegen den untersten
Buntsandstein, welcher den Rand des Thaies uud der Spalte
bildet. Oberer Muschelkalk tritt sonst erst etwa 5 Kilometer
weiter westlich auf. Es sei hier übrigens auch an das bekannte
Vorkommen von Culmkalken erinnert, welche zwischen dem Hü-
bichenstein und dem Iberger Kaffeehause in einer Gangspalte ein-
geklemmt zwischen Iberger Kalk stecken1). In der Fortsetzung der
Gangspalte Läutenthal- Seesen findet sich aber auch die unter 7)
erwähnte Bruchlinie. Bei der geologischen Kartirung der Blätter
Osterode, Seesen und Hahausen werden sich vielleicht noch mehr
Fälle nachweisen lassen, in welchen Störungen und Gangspalten
der palaeozoischen Schichten des Harzes in das mesozoische Vor-
land fortsetzen.
Da wir nun oben gesehen haben, dass in dem Vorlande ein-
zelne dieser Störungen auch anscheinend miocäne Tertiärbildungen
mit betroffen haben, so ist hieraus wohl der Schluss zu ziehen,
dass die Gangspalten des Oberharzes erst am Ende der
Miocän-Zeit entstanden sind, oder dass zu dieser Zeit wenig-
stens wiederum eine Bewegung ihres Nebengesteins stattgefunden
hat, also zu derselben Zeit, in welcher die Südost-Nordwestfaltung
der jüngeren Formationen im nordwestlichen Deutschland erfolgte,
l) Siehe Clabke, die Fauna des Iberger Kalkes, Neues Jahrb. f. Min. 1884,
III. Beilage-Band S. 322.
80
A. v. Koenen, Ueber die Dislocatioiien
in welcher unsere mesozoischen Gebirge entstanden, und die ersten
Eruptionen von Basalten etc. aus den hierbei gebildeten Spalten her-
vordrangen, wie ich bei anderer Gelegenheit erwähnt habe (Nach-
richten der König!. Gesellschaft der Wissensch. zu Göttingen
1886, S. 196).
Dass die Gangspalten sich wiederholt geöffnet haben, dass
an ihnen wiederholt Bewegungen des Nebengesteins stattgefunden
haben, kann nicht wohl zweifelhaft sein, da auf der tiefsten Sohle
der Bergwerke Krystalle von Quarz, Blende und dergleichen mehr
gefunden werden, welche abgebrochen sind und auf den Bruch-
flächen mit zahlreichen kleinen, parallel gestellten Quarz- etc.
Krystallen bedeckt sind, also erkennen lassen, dass sie nach ihrer
Entstehung zerbrochen und dann weiter gewachsen sind. Solche
Stücke kenne ich z. B. von der 708 Meter Sohle des Schachtes
»Herzog Georg Wilhelm« auf dem Burgstädter Zuge. Eine neuere
Bewegung des Gesteins in Folge des Bergbaues kann aber nicht
wohl als Ursache dieses Vorkommens angenommen werden, da-
Bergbau in gleicher oder grösserer Tiefe in der Umgebung noch
nicht betrieben worden ist.
Nun fehlen Harzgerölle in allen mesozoischen Schichten über
dem Rothliegenden und in den unter- und mitteltertiären Ab-
lagerungen am Harzrande ganz oder so gut wie ganz, obwohl im
Buntsandstein, dem oberen Jura, der unteren und oberen Kreide
und dem Sand und Kies des Oligocäns und Miocäns doch Flach-
wasser-Ablagerungen in grosser Ausdehnung auftreten, und be-
sonders in den groben Conglomeraten der unteren und oberen
Kreide bei Langelsheim, am Sudmerberg bei Goslar etc. gerade
Harzgerölle in Menge erwartet werden sollten, wie sie von allen
Flüssen und Bächen aus dem Harz von je her in sein Vorland
hinabgeführt worden sind. — Nur vereinzelte kleine Kieselschiefer-
Stückchen habe ich gelegentlich beobachtet, welche vielleicht gar
nicht von Harzgesteinen herrühren oder aus dem Rothliegenden
stammen. — Ich hatte aus jener Thatsache schon in einem früheren
Aufsatze gefolgert, dass in jenen Perioden Flüsse und Bäche nicht
wohl aus dem Harz herabgekommen sein könnten, und dass dieser
eine irgend nennens'werthe Höhe nicht gehabt haben könnte, viel-
westlich und südwestlich vom Harz etc.
81
mehr von jüngeren Sedimenten bedeckt gewesen und unter Wasser
gewesen sei, mindestens bis zur Zeit der unteren Kreide, in welcher
zuerst einzelne wirkliche Conglomerate am Harzrande auftreten.
Es scheint nach Allem diesem, als sei eine grössere Heraus-
hebung des Harzes erst in spät-tertiärer Zeit erfolgt,
gleichzeitig mit der Entstehung unserer sonstigen Gebirge.
Da nun die palaeozoischen Schichten des Harzes bereits am
Ende der Carbon -Zeit in der SW. -NO. -Richtung geknickt und
gefaltet worden waren, so musste eine solche Heraushebung und
Auf bauchung doch wohl Risse und Spalten senkrecht zur Druck-
richtung, also zuerst parallel der langen Axe des Harzes, zur Folge
haben, und aus solchen Spalten könnten recht wohl die Oberharzer
Gänge im Wesentlichen entstanden sein, gleichviel, ob ihr erster Ur-
sprung schon früheren Perioden angehört, sowie, ob in späterer Zeit,
eventuell in postglacialer Zeit, ein nochmaliges Aufreissen der
Gänge durch weitere Hebung des Harzes herbeigeführt wurde,
wie ich eine solche bereits vor Jahren als wahrscheinlich hinge-
stellt habe. Selbstverständlich halte ich unter diesen Umständen
die Gänge des Unterharzes, der Gegend von Harzgerode, für gleich-
altrig mit denjenigen des Oberharzes, obwohl sie nicht direct mit
ihnen zusammenzuhängen scheinen.
Die Ursache dieser Unterbrechung ist vielleicht darin zu
suchen, dass die Oberfläche des Harzes zwischen der Breite des
Brocken -Granites und der des Ramberg- Granites eine deutliche
Depression erkennen lässt, in welcher nur geringfügigere Risse
und Spalten in der eigentlichen Gangrichtung auftreten, gegen-
über Stauchungen in der Richtung von S. nach N.
Die Auftreibung des Harzes durch Druck von O. nach W.
dürfte freilich der Hauptsache nach einer etwas späteren Zeit an-
gehören, in welcher auch die SN. - Störungen der mesozoischen
Gebiete entstanden, und gab auch wohl Veranlassung zur Aus-
bildung der meisten nach dem Süd- und Nordrande des Harzes
verlaufenden Thäler, und steht wohl im Zusammenhänge mit der
Entstehung der Thäler im nördlichen Vorlande des Harzes.
Wenn ich seiner Zeit (Jahrbuch für 1887, S. 462) die Ueber-
zeugung aussprach, dass das Innerste- Thal auch nördlich von
Jahrbuch 1893.
6
82
A. v. Roenen, Üeber die Dislocationen etc.
Langelsheim mit südnördlichen Spalten in Verbindung zu bringen
sei, durch welche Wasser von Langelsheim frühestens etwa bei
Ringelheim wieder an die Tagesoberfläche gelangen könnte, so ist
dies seitdem durchaus bestätigt worden. Die reichlich Magnesium-
salze enthaltenden Endlaugen der Kali -Fabrik in Langelsheim
wurden in Brunnenschächte in der zerrissenen Kreide versenkt
und machten sich bald darauf im Park von Walmoden (dicht bei
Ringelheim) und bei Baddekenstedt (zwischen Ringelheim und
Hildesheim) unangenehm bemerkbar in dem Wasser früher guter
Quellen; an beiden Orten entspringen aber die Quellen aus Erd-
fällen, und ErdfälLe ziehen sich von Langelsheim nach N. bis
nach Walmoden hin. Ausserdem theilte mir auch ein Bewohner
der dortigen Gegend gelegentlich mit, dass jene Quellen in strengen
Wintern weit stärker würden, sobald durch Eis der Abfluss des
Wassers der Innerste gehemmt würde. Dass das Wasser jener
Quellen nicht als einwandfreies, gutes Trinkwasser gelten kann,
selbst wenn es nicht durch die Endlaugen verunreinigt wird, liegt
auf der Hand.
Südnord-Verwerfungen schneiden jedenfalls auch den Harly-
berg im W. und im O. ab.
Ueber Alter und Gliederung des sogenannten
Kramenzelkalkes im Oberliarze.
Von Herrn L. Beushausen in Berlin.
Als es den ausdauernden Bemühungen des mit der geolo-
gischen Kartirung des Blattes Zellerfeld betrauten, jüngst ver-
storbenen Bezirksgeologen A. Halfar im Jahre 1874 gelungen
war, in dem seinem Alter nach zweifelhaften, von A. Roemer
auf Grund einer angeblich bei der Rohmker Brücke im Okerthale
gefundenen Clymenia striata Münster (Beiträge z. geol. Kennt-
niss des nordwestlichen Harzgebirges III, S. 150, Taf. XXII,
Fig. 15) als Clymenienkalk aufgefassten sogenannten Kramenzel-
kalke Goniatites intumescens Beyrich aufzufinden, hielt man die
Gliederung des Devon zwischen Oker und Innerste für völlig
klargelegt und unterschied
Cypridin enschiefer. Oberes Oberdevon.
Kramenzelkalk bezw. Thonschiefer mit Knoten-
kalk-Einlagerungen. Unteres Oberdevon.
Goslarer Schiefer. Oberes Mitteldevon.
Calceola-Schichten. Unteres Mitteldevon.
Spiriferensandstein oder Kahlebergsandstein.
Unterdevon.
Als Einlagerung im sogenannten Kramenzelkalke galt der
bekannte dunkle Goniatitenkalk des Kellwasserthales mit Cardiola
angulifera A. Roemer.
6’
84 L. Beushausen, TJeber Älter und Gliederung
Ein erneutes Interesse gewannen die höheren Devonschichten
jedoch plötzlich, als zu Pfingsten des Jahres 1893 A. Denckmann
bei Rohmkerhalle im Okerthale die Entdeckungen machte, welche
der verewigte Halfar noch in einer brieflichen Mittheilung in
Band 45 der Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 498 ff. veröffent-
licht hat.
Das Wesentliche der Beobachtungen Denckmann’s ist:
1. das Vorkommen zweifelloser Clymenien (aus dem Formen-
kreise der C. annulata Münster) im sogenannten Kramenzelkalke.
Damit ist auch die seinerzeit vom Hüttenmeister Zeuner an
Roemer gemachte Mittheilung über den Fundpunkt seiner Clymenia
striata wieder zu Ehren gebracht.
2. Der Nachweis der schwarzen Goniatitenkalke mit Cardiola
angulifera im Liegenden des Kramenzelkalkes.
Zu diesen Entdeckungen gesellte sich dann gelegentlich der
Versammlung der Deutschen geologischen Gesellschaft in Goslar
die Auffindung eines von einem kleinen unbestimmbaren Brachiopod
ganz erfüllten dunkelgrauen krystallinischen Kalkes im Liegenden
des Goniatitenkalkes. Dieser Brachiopodenkalk entspricht durch-
aus einem Vorkommen, welches für den Stringocephalenkalk
Waldschmidt’ s (die Zone des Goniatites discoides W aldschmidt)
und vielleicht auch für die ein etwas tieferes Niveau einnehmenden
Tentaculiten - Knollenkalke der Ense bei Wildungen geradezu
leitend ist.
Durch diese Beobachtungen war somit zunächst sichergestellt,
dass der Clymenienhorizont im Oberharze vorhanden ist und
weiter die Existenz von Kalken des oberen Mitteldevon an der
Basis des sogenannten Kramenzelkalkes unter dem Goniatiten-
kalke und über den Goslarer Schiefern sehr wahrscheinlich ge-
macht.
A. Halfar hat dann den Herbst des Jahres 1893 dazu be-
nutzt, die bisher als unteres Oberdevon von ihm angesprochenen
Schichten zunächst am Südostflügel des grossen Devonsattels mit
Rücksicht auf die eben erwähnten neuen Gesichtspunkte einer
erneuten Untersuchung zu unterziehen. Er hatte sich von der
Richtigkeit der Beobachtungen A. Denckmann’s überzeugt und
des sogenannten Kramenzelkalkes im Oberharze.
85
sie bereitwilligst aoeeptirt. Ein körperliches Leiden nöthigte
ihn jedoch zur vorzeitigen Rückkehr nach Berlin, und sein un-
erwartetes Hinscheiden setzte dem rastlosen Verfolgen der an ihn
herantretenden neuen Aufgabe ein schnelles Ziel. —
Von der Direction der Königlichen geologischen Landes-
anstalt wurde mir nach dem Tode Halfar’s die Ordnung bezw.
Bearbeitung der von dem Verblichenen in langjähriger mühevoller
Arbeit zusammengebrachten sehr umfangreichen Sammlung von
Belegstücken für die Kartirung des Blattes Zellerfeld übertragen.
Mein Augenmerk richtete sich naturgemäss von vornherein ganz
besonders auf das verhältnissmässig reiche Material an Versteine-
rungen aus angeblich oberdevonischen Schichten, weil bei einer
genauen Durchsicht desselben möglicherweise Anhaltspunkte für
die weitere Verbreitung des Clymenienkalkes einerseits und der
als oberes Mitteldevon angesprochenen Schichten an der Basis
des sogenannten Kramenzelkalkes andererseits zu gewinnen waren.
Es ist mir denn auch gelungen, eine Anzahl von Stücken auf-
zufinden, welche weitere Schlüsse in dieser Richtung ermöglichen
bezw. Ausgangspunkte für die unbedingt nöthigen Untersuchungen
an Ort und Stelle bilden können. Auf Veranlassung von Herrn
Geheimen Oberbergrath Dr. Hauchecorne bringe ich im Fol-
genden eine kurze Mittheilung über das bis jetzt vorliegende
einschlägige Material.
I. Kalke des oberen Mitteldevon.
1. Vom südlichen Ufer des mittleren Grumbacher Teiches
östlich Bockswiese liegen mir Stücke eines dunklen krystallinisch-
späthigen Kalkes vor, welche ausser massenhaften, zum Theil ver-
kiesten winzigen Styliolinen mehrere Exemplare von Posidonia
hians Waldschmidt (Frech, Devonische Aviculiden, S. 72 und
164, Taf. XIV, Fig. 13) enthalten.
Diese Art ist für die an der Basis des Wildunger Stringo-
cephalenkalkes (im Sinne Waldschmidt’s) liegenden schwarzen
Goniatitenkalke leitend (Denckmann in diesem Jahrbuch für
1892, S. 15) und kommt bei Bicken und vermuthlich auch bei
86
L. Beushausen, Ueber Alter und Gliederung
Günterod im gleichen Niveau vor. Die schwarzen Kalke, welche
die vorliegenden Exemplare enthalten, bilden nach der Fundorts-
angabe »zwei je 25 Centimeter mächtige Bänkchen im untersten
Theile des Kramenzelkalkes« *).
Aus demselben Kalkvorkommen, welches auf Halfar’s Karte
als Einlagerung in oberdevonischen Thonschiefern verzeichnet ist,
liegen ferner wenige Schritte westlich, von der südlichen Aus-
fluth des mittleren Grumbacher Teiches, Brocken eines ähnlichen,
etwas mehr verwitterten und daher weniger dunklen Kalkes vor,
in denen ein grosser, grossaugiger Phacops aus der Verwandt-
schaft des Ph. breviceps Barr, und ein Proetus Vorkommen.
Ferner enthält der Kalk grosse, fein quergestreifte Orthoceren,
viele Styliolinen , quergeringelte Tentaculiten ( T. cf. sulcatus
A. Roemer, Beiträge I, Taf. III, Fig. 36; kommt auch im Stringo-
cephalen-Eisenstein am Oberharzer Diabaszuge vor), kleine Brachio-
poden und Einzelkorallen.
Die Kalke bilden nach Halfar »eine etwa 30 Centimeter
mächtige, unregelmässig begrenzte Einlagerung in den untersten
Bänken des sogenannten Kramenzelkalkes«.
2. Ein dem unter 1. genannten durchaus ähnlicher dunkler
Kalk, welcher im Thale des Riesenbaches nordwestlich Mittel-
Schulenberg »als Einlagerung im Thonschiefer« 15 Schritte im
Liegenden des sogenannten Kramenzelkalkes auftritt , ist von
A. Halfar im Herbst 1893 aufgefunden und von ihm als Stringo-
cephalenkalk etikettirt worden. Er führt den vorhin genannten
Phacops , Orthoceren, Styliolinen, winzige ? Crinoidenstielglieder,
von denen man nur den späthigen Querbruch sieht, und Goniatites
cf. lateseptatus Beyrich, sehr wahrscheinlich die unten zu
nennende neue Form.
3. Ein Bruchstück vom Pygidium des erwähnten grossen
Phacops liegt mir vor in einem dunkelgrauen Kalke, welcher im
Bette des Riesenbaches die »erste Einlagerung sehr grosslöcherigen
*) Ich enthalte mich jeglicher Discussion der einzelnen Fundortsangaben;
vermuthlich spielen Einfaltungen bezw. Ueberschiebungen eine grössere Rolle
als bisher ersichtlich ist, bei Rohmkerhalle ist eine Ueberschiebung ziemlich
zweifellos.
des sogenannten Kramenzelkalkes im Oberharze.
87
Kalksteins in die unreinen dickbankigen grauen Thonschiefer
4 Schritt im Liegenden der untersten Kramenzelkalkbank« bildet.
4. Gleichfalls aus dem Riesenbachthale stammen die beiden
Exemplare des von A. Halfar im Jahre 1873 im Bachbette im
»lcramenzelartigen Kalke« ohne genauere Angabe der Lagerungs-
verhältnisse gefundenen und Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges.
Bd. 27, S. 468 als Goniatites Dannenbergi Beyrich aufgeführten
Goniatiten. Eine gewisse Aehnlichkeit mit dieser Art der Wissen-
bacher Schiefer ist nun zwar nicht zu verkennen, Uebereinstimmung
in den Merkmalen: Gestalt der Schale und besonders des Rückens,
Verlauf der Lobenlinie, besteht jedoch nicht, vor Allem fehlt auch
die charakteristische Eigenthümlichkeit , welche die Gebrüder
Sandberger veranlasste, jene Art als G. bicanaliculatus neu zu
bezeichnen. Dagegen stimmen die Exemplare durchaus überein
mit Goniatites discoides Waldschmidt, der Leitform des Wildunger
Stringocephalenkalkes (im Sinne Waldschmidt’s), von der ich
Exemplare verglichen habe. E. Holzapfel, welcher diese Art
auf Taf. IV, Fig. 13 seiner demnächst erscheinenden Abhandlung
über die Fauna der Schichten mit Maeneceras terebratum abbildet,
erkannte die Zugehörigkeit der ihm vorgelegten Stücke zu der-
selben an.
5. Aus einem alten Steinbruch an der Oker im Forstorte
Schadleben besitzt die Sammlung der geologischen Landesanstalt
einen Goniatiten, welcher durch Gestalt und Lobenlinie sofort als
mit Goniatites lateseptatus Beyrich nahe verwandt zu erkennen
ist. Er stimmt speciell auf’s Beste überein mit derjenigen Ab-
änderung, welche E. Holzapfel in seiner oben citirten Abhand-
lung als neue Form aus dem oberen Mitteldevon beschreiben wird.
Nun sind zwar in der Litteratur *) Angaben vorhanden, dass
G. lateseptatus auch im Oberdevon vorkomme, allein sie erweisen
sich bei näherer Prüfung nicht als stichhaltig. Die Angabe von
d’Arciiiac und de Verneuil über das Vorkommen im eisen-
schüssigen Kalke von Oberscheld ist bereits von den Gebrüdern
Sandberger als irrthümlich bezeichnet worden. Die eine Zeit
') Yergl. E. Kayser, Fauna d. ältesten Devon- Ablagerungen S. 53.
88
L. Beushausen, Ueber Alter und Gliederung
lang herrschende Vorstellung, dass die Goslarer Schiefer, in denen
G. lateseptatus nicht eben selten ist, oberdevonischen Alters seien,
ist seit Jahren als völlig unhaltbar aufgegeben. Die Bennischer
Schichten in Oberschlesien, deren von F. Roemer als möglich
hingestelltes oberdevonisches Alter auf Grund der Fauna bereits
von E. Kayser angezweifelt wurde, werden jetzt — vielleicht
zum Theil etwas zu tief — in das obere Unterdevon oder das
unterste Mitteldevon gestellt (Gürich, Erläut. z. geol. Uebersichts-
karte von Schlesien S. 53), so dass das Auftreten von G. late-
septatus in ihnen durchaus nicht auffällig ist. Der in Braun-
eisenstein erhaltene G. cf. lateseptatus endlich, den die geologische
Landesanstalt 1874 mit einer grösseren Sammlung Eifeier Devon-
petrefacten von einer Wittwe Scholz in Gerolstein angekauft hat,
soll angeblich von Büdesheim stammen. E. Kayser, der ihn in der
März-Sitzung der Deutschen geologischen Gesellschaft 1875 vorlegte
(Band 27, S. 255) hat aber seine Bedenken über die Herkunft des
Stückes zu betonen nicht unterlassen. Ich möchte den Fundpunkt
für apokryph halten und annehmen, dass das Exemplar aus einem
verwitterten rheinischen Tentaculitenschiefer oder vielleicht sogar
aus den Goslarer Schiefern des Oberharzes stammt. Es bestärkt
mich in dieser Vermuthung die Thatsache, dass aus derselben
Sammlung herrührend gleichfalls in Brauneisenstein umge-
wandelt ein » Lunulicardium« von »Büdesheim« in der Sammlung
der geologischen Landesanstalt lag, welches sich bei näherer Be-
sichtigung als Axinus unicarinatus Nyst aus dem Mitteloligocän,
vielleicht von Buckow, entpuppte, ein Umstand, der nicht dazu
beiträgt, die Zweifel an der Richtigkeit des Fundortes von jenem
Goniatiten herabzumindern 1). Jedenfalls ist das Stück für sich
allein nicht geeignet, mangels anderer Stützpunkte das Vorkommen
von G. lateseptatus im Oberdevon zu beweisen. Das Auftreten
der Art in dem Kalke am Schadleben kann mithin unbedenklich
J) Als Curiosum sei hier weiter mitgetheilt, dass die in der Sammlung der
geologischen Landesanstalt befindlichen Originalexemplare von Avicula ausavensis
Steininger, Eifel, S. 56 »von Büdesheim« typische Exemplare der allbekannten
Gervillia socialis des Muschelkalke sind!
des sogenannten Kramenzelkalkes im Oberharze.
89
als Anzeichen für das Vorhandensein von Mitteldevon an dieser
Stelle betrachtet werden.
Wir haben in den oben angeführten Punkten Vorkommnisse
vor uns, welche ihrer Fauna nach zum Oberdevon nicht ge-
rechnet werden können, andererseits fehlen ihnen wiederum die
bezeichnenden Petrefacten der Kalkeinlagerungen in den Goslarer
Schiefern. Dagegen stimmen sie durchaus überein mit den ihrem
Alter nach sicher festgestellten Schichten des oberen Mitteldevon
bei Wildungen, so dass der Schluss auf eine gleiche Altersstellung
wohl berechtigt erscheint. Bemerkenswerth ist die Verbreitung
der Punkte: No. 1 liegt in der sogenannten Grumbacher Mulde,
dem Hahnenkleeer nordwestlichen Gegenflügel des grossen Devon-
sattels auf Blatt Zellerfeld genähert, Punkt 2, 3 und 4 gehören
mit dem Vorkommen bei Rohmkerhalle dem Südostflügel des-
selben Sattels an, Punkt 5 endlich liegt in einem inselförmig aus
Culmschichten auftauchenden Vorkommen noch weiter im SO.
Eine allgemeine Verbreitung dieser Schichten ist demnach höchst
wahrscheinlich.
II. Schwarze Goniatitenkalke des unteren Oberdevon
mit Cardiola angulifera A. Roemer.
Die schwarzen Goniatitenkalke mit Cardiola angulifera waren
in der Litteratur vor ihrer Entdeckung bei Rohmkerhalle durch
A. Denckmann sicher bekannt nur aus dem mitten im Culm ge-
legenen isolirten, im Jahre 1849 entdeckten Vorkommen im Kell-
wasserthale und vom Grossen Hühnerthalskopfe bei Hahnenklee
— auf dem nordwestlichen Flügel des grossen Devonsattels —
wo A. Halfar sie 1884 aufgefunden und ihrer Lagerung nach
genauer untersucht hatte. Es lag zwar eine Notiz von A. Roemer
vor, dass sie »zwischen Schulenberg und Bockswiese in weiter
Erstreckung« nachgewiesen seien und »eine schwache Schicht
zwischen den hellgefärbten Kramenzel- und Clymenienkalken«
bildeten (Beiträge III, S. 138), jedoch war kein Fundpunkt be-
sonders aufgeführt. Im Herbst 1893 ist es A. Halfar nun noch
90
L. Beushausen, lieber Alter und Gliederung
gelungen, sie in typischer Ausbildung versteinerungsführend auf
dem Südostflügel jenes Sattels auch im Riesenbachthale nordwest-
lich Mittel -Schulenberg anstehend aufzufinden. Sie treten dort
im Bachbette »3,5 Meter im Hangenden der liegendsten Bank des
sogenannten Kramenzelkalksteins« auf als eine ca. 20 Zentimeter
mächtige Bank. Hinzufügen muss ich, dass ein Handstück vom
demselben Fundort in der Clausthaler Oberbergamtssammlung sich
befindet, das Vorkommen also gewissermaassen nur neu entdeckt
wurde; der Werth des HALFAR’schen Fundes wird durch diesen
Umstand aber nicht herabgemindert.
Das Auftreten der Kalke in anscheinend gleichen Lagerungs-
verhältnissen auf beiden Flügeln des grossen Sattels spricht ent-
schieden zu Gunsten der Annahme weiterer Verbreitung.
III. Graue Kalke mit Goniatites intumescens Beyrich.
Für diese liegen neue bezeichnende Funde nicht vor,
denn graue Kalke mit Cardiola retrostriata v. B. und G. pal-
mata Goldf. auf dem Südostflügel des grossen Devonsattels
könnten auch der Clymenienstufe angehören, in die beide Arten
hinaufgehen. Doch ist das Vorkommen durch das grosse von
A. Half ar 1874 gefundene und Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges.
Bd. XXVII, S. 467 beschriebene Bruchstück von Goniatites intu-
mescens aus dem Thale der Grossen Bramke nördlich Unter-
Schulenberg zweifellos dargethan. Dieses Exemplar wurde be-
kanntlich die Ursache, dass der gesammte »Kramenzelkalk« mit
der Intumescens-Stufe parallelisirt wurde.
IV. Clymenienkalke des oberen Oberdevon x).
Von weiteren Anzeichen für das Auftreten von Clymenien-
kalken sind zu erwähnen:
Hellgraue harte Kalke treten im Aeckethale, einem westlichen
Seitenthale der Gr. Bramke nördlich Unter-Schulenberg auf. Sie
x) Siebe die Nachschrift.
des sogenannten Kramenzelkalk.es im Oberharze.
91
enthalten ausser schlechten Goniatiten deutliche Exemplare von
Loxopteria dispar Sandb. 1850 — 56 (sehr wahrscheinlich ident
mit Cardium f problematicum Münst. Beitr. V, S. 1 1 9 , Taf. XI,
Fig. 8, 1842), welche zuletzt von Frech, Devon. Aviculiden S. 77,
Taf VI , Fig. 4 beschrieben und abgebildet wurde. Dieser Zwei-
schaler ist auf das höhere Oberdevon, die Nehdener Schiefer und
die Clymenienkalke beschränkt und fehlt in der Intumescens-
Stufe. Uebrigens ist die Art bereits von A. Roemer aus einem
hellgrauen Kalke »oberhalb Schulenberg« als Area Clymeniae be-
schrieben und — allerdings schlecht — abgebildet worden (Bei-
träge III, S. 149, Taf. XXII, Fig. 13, 1855). Ich habe das
Originalexemplar in Clausthal gesehen und mich von der Identität
mit Loxopteria dispar überzeugt.
Ganz gleichartige sehr harte Kalke, makroskopisch dicht, von
muschelig-splittrigem Bruch, von hellgrauer, in’s Violette spielender,
bläulichgrauer, selten ein wenig dunklerer, zuweilen gelblich-
brauner Farbe und horusteinartigem Ansehen treten auch im Thale
der Grossen Bramke und im Riesenbache auf. Die aus ihnen
bisher vorliegenden Reste — zahlreiche Posidonia venusta , Phacops
cf. cryptophthalmus u. A. — machen es zwar wahrscheinlich, dass
gleichfalls Clymenienkalke vorliegen, lassen aber einen sicheren
Schluss darauf nicht zu. — Bemerken will ich dann noch, dass
ich in der Clausthaler Oberbergamtssammlung ganz gleichartige
Kalke aus dem Alten Thale, einem östlichen Zuflusse des Riesen-
baches, ferner von Bockswiese und Lautenthal, also auch aus der
Westhälfte der grossen Devonpartie gesehen habe, welche zum
Theil Trimerocephalus laevis A. Roem., evolute Goniatiten oder
Clymenien u. A. führen. Diese Vorkommen müssen bei der Ver-
folgung des Clymenienhorizontes jedenfalls in Betracht gezogen
werden.
Es ergiebt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass
eine Reihe gegründeter Anhaltspunkte für die Zerlegung des bis-
her als unteres Oberdevon aufgefassten sogenannten Kramenzel-
kalkes in oberes Mitteldevon, unteres und oberes Oberdevon schon
jetzt vorhanden ist. An dieser Stelle können nach Lage der
92
L. Beüshausen, Ueber Alter und Gliederung
Sache vorläufig nur kurze Hinweise gegeben werden; sorgfältige
fortgesetzte Untersuchungen im Felde werden die jetzt noch un-
vermittelt und vereinzelt dastehenden Beobachtungen weiterführen,
ergänzen und in Zusammenhang bringen müssen, ehe wir ein ge-
naues und zutreffendes Bild von der Entwickelung der höheren
Devonhorizonte im Oberharze uns machen können. Dann wird
es auch an der Zeit sein, über die Verhältnisse der Goslarer
Schiefer einerseits und der Cypridinenschiefer andererseits zu dem
hier behandelten Schichtencomplex Erörterungen anzustellen.
Das principiell Wichtige ist aber an der Sache, dass der
Harz auch hier jetzt beginnt, seine lange gewahrte Sonderstellung
aufzugeben, und dass seine geologischen Verhältnisse mit denen
genau untersuchter anderer Devongebiete mehr und mehr in Ein-
klang gerathen.
Nachschrift. Während des Druckes der vorstehenden
Mittheilungen ist es A. DenCKMänn und mir auf einer gemein-
samen Excursion zu Pfingsten 1894 gelungen, abgesehen von dem
Nachweise des oberen Mitteldevon und der Intumescens- Stufe
an einer Reihe von Punkten, die Existenz des Clymenienkalkes
auch im Riesenbachthale und im Aeckethale durch die Auffin-
dung wohlerhaltener Exemplare von Clymenia laevi-
gata und CI. striata darzuthun.
Die Lager an gsverhältnisse des Tertiärs und
Quartärs der Legend von Buckow.
Von Herrn F. WahllSChaffe in Berlin.
(Hierzu Tafel VI — IX).
Die hier zu besprechende nähere Umgebung des ungefähr
45 Kilometer östlich von Berlin gelegenen Städtchens Buckow
gehört der Barnim-Lebuser Hochfläche an, die sich in ostsüdost-
westnordwestlicher Längserstreckung zwischen dem Berliner Haupt-
thale im S. und dem Eberswalder Hauptthale im N. ausdehnt und
im O. durch das zwischen Frankfurt und Kiistrin gelegene Thal-
stück der Oder, im W. durch das Havelthal zwischen Liebenwalde
und Spandau begrenzt wird. Senkrecht zu ihrer Längsachse wird
diese Hochfläche in siidwest- nordöstlicher Richtung durch die
Niederung des Rothen Luches, durch die Seen in der Umgebung
von Buckow und das sich daran anschliessende Stöbberthal in zwei
Abschnitte getheilt. Das westlich und nördlich an diesen Rinnen-
zug angrenzende Gebiet stellt, abgesehen von den randlichen Er-
hebungen in der Pritzhagener Forst, eine ziemlich ebene, oder
nur schwach wellige, wenig durchschnittene und zum grössten
Theil vom Oberen Geschiebemergel bedeckte Hochfläche dar.
Diesen Charakter besitzt die zwischen 80 — 90 Meter Meereshöhe
gelegene Umgebung von Pritzhagen, Bollersdorf, Hasenholz, Vor-
werk Liebenhof, sowie ferner der grösste Theil des sich nördlich
an das Messtischblatt Müncheberg anschliessenden Blattes Möglin,
welcher eine mittlere Höhe von 70 — 80 Meter besitzt, jedoch nach
94
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse
W. zu bei Harnekop und westlich von Herzhorn bis zu 110 Meter
und höher ansteigt. Der Ostabfall dieser zum Barnim gehörigen
Hochfläche erfolgt in einem mehr oder weniger steil abgeböschten
Rande, dessen mittlere Erhebung über der Niederung des Rothen
Luches 33, über dem Schermützel-See 56 und über dem Stöbber-
thal 30 — 60 Meter beträgt. Eine wesentlich andere Beschaffenheit
sowohl in orographischer als auch in geologischer Hinsicht besitzt
das östlich von diesem Rinnenzuge gelegene, der Le buser Hoch-
fläche zugehörige Gelände, von dem die südöstliche Hälfte des
Messtischblattes Müncheberg einen Theil zur Darstellung bringt.
Bei der Betrachtung dieses auf dem beigefügten geologischen
Kärtchen (Taf. IX) scharf hervortretenden Gebietes bemerkt man
auf den ersten Blick, dass dasselbe von einer nicht geringen Zahl
kleinerer und grösserer Seen, sowie von Torf erfüllter Becken und
Rinnen durchsetzt ist. Hierzu gehören auf dem Messtischblatte
Müncheberg 1:25000 der Schermützel-See (26,3 Meter über
Normal-Null), der Buckow-See (26 Meter), der Griepen-See
(24 Meter), der Kleine und Grosse Tornow -See (37,6 und
20,4 Meter), der Weisse See am Zacharias- Wall (16,5 Meter) der
Abendroth-See (29,1 Meter), der Schwarze See (30 Meter), der
Gartz-See (35 Meter), der Mühlen-Teich (21,2 Meter), der Grosse
und der Kleine Klobich-See (21,3 und 22 Meter), der Birken-See
(42 Meter), der Grosse (39,8) und Kleine Däber-See mit dem
Papillen-See (39,9 Meter), der Kirchen-See (42,2 Meter), der
Kessel - See (47 Meter), der Kleine und Grosse Schlagenthin-
See (52,5 und 51,3 Meter), der Faule See (56,2 Meter)
und der Waschbank-See (56,2 Meter). Ist auch die Anordnung
und Form derselben anscheinend eine völlig unregelmässige, so
lassen sich doch bei einigen Seen unter Berücksichtigung der sich
daran anschliessenden Torfbecken und Torfrinnen gewisse Züge
unterscheiden, die parallel zur Richtung des Rothen Luches von
NO. nach SW. verlaufen. Das zwischen den Seen und Torf-
becken gelegene Gebiet zeigt an verschiedenen Stellen ausserordent-
lich unregelmässige O berfläch en formen, indem sich rund-
liche oder längliche Kuppen regellos aneinander schaaren. Auf
Blatt Müncheberg treten diese Verhältnisse durch den Verlauf
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
95
der Höhencurven auf das deutlichste hervor. Es finden sich sehr
häufig auf Entfernungen von 200 — 300 Meter Höhenunterschiede
von 20 — 30 Meter. Diese unregelmässig hügelige, mit kessel-
förmigen Einsenkungen ausgestattete Oberfläche ist besonders
charakteristisch ausgebildet nordwestlich vom Müncheberger Bahn-
hofe zu beiden Seiten der Chaussee, in der unmittelbaren Um-
gebung von Buckow und in der Pritzhagener Forst, die aus diesem
Grunde, namentlich jedoch wegen ihrer tiefen Schluchten im
Volksmunde den Namen »Märkische Schweiz« erhalten hat. Die
Oberflächenformen, welche die beigefügte, nach einer Photographie
hergestellte Skizze (Fig. 1) der Gegend zwischen dem Griepen-See
Fig. 1.
Sandige Hügellandschaft zwischen dem Griepen-See und der Südgrenze der
Pritzhagener Forst bei Buckow. (Nach einer vom Verfasser aufgenommenen
Photographie von Herrn W. Pütz gezeichnet.)
und der Südgrenze der Pritzhagener Forst bei Buckow veranschau-
licht, erinnern oft lebhaft an diejenigen der stark coupirten, jedoch
von Oberem Geschiebemergel bedeckten Grundmoränenlandschaft,
wie sie im Anschluss an die Endmoränenzüge des baltischen
Höhenrückens vorkommt. Ebenso liegt der Gedanke an Kames-
artige Bildungen sehr nahe, doch sind die Grandkuppen, wie wir
bald sehen werden, auch nicht als Aufschüttungsformen aufzu-
fassen. Die Entstehung des hügeligen Geländes der Umgebung
von Buckow ist eine wesentlich andere.
E. Zache x) hat bereits darauf hingewiesen, dass es sich hier
um eine sandige »Abschmelzzone« handelt, die sich beim Zurück-
*) E. Zache, Ueber den Verlauf und die Herausbildung der diluvialen Moräne
in den Ländern Teltow und Barnim- Lebus (Zeitschr. f. die ges. Naturwiss.
Bd. LXIII, 1890, S. 35).
96
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse
weichen der Inlandeisdecke am Schluss der letzten Glacialepoche
ausbildete. Die von ihm auf dem beigegebenen Kärtchen ver-
suchte Abgrenzung der » unveränderten Moräne « , worunter er
einen nicht ausgeschlämmten Oberen Geschiebemergel versteht, halte
ich jedoch zum grossen Theil für ganz unzutreffend, da nach meinen
Untersuchungen die Ausbildungsweise der Geschiebemergelflächen
und ihrer flachwelligen Oberflächenformen bei Hasenholz und über-
haupt innerhalb des Barnimplateaus, z. B. in der Gegend von
Alt-Landsberg und Werneuchen, die nach Zache’s Angabe eben-
falls in die Zone der veränderten Moräne hineinfällt, genau die-
selbe ist, wie bei Pritzhagen, Reichenberg, Ihlow und Batzlow,
in deren Umgebung nach ihm die »unveränderte Moräne« mit
dem Charakter der »Moränenlandschaft« vorhanden sein soll. Da-
gegen habe ich durch die geologische Untersuchung und Kartirung
des Blattes Müncheberg den Nachweis führen können, dass die in
der Südosthälfte vorhandene, eigenthiimlich hügelige Oberflächen-
beschaffenheit in der That, wie auch Zache erkannt hat, als eine
Folge der Erosion anzusehen ist, welche durch die Schmelz-
wasser des Inlandeises bewirkt wurde. Die westlich vom Rothen
Luch und dem Scliermützel-See gelegene Platte des Oberen Ge-
schiebemergels schneidet hier annähernd mit der 80 Meter-Curve
ab, während der Untere geschichtete Diluvialsand überall darunter
hervortritt und den eigentlichen Abhang bis zur Niederung bildet.
Wir haben es hier offenbar mit einem Erosionsrande zu thuu.
Auch das östlich von dem Rinnenzuge sich ausdehnende Hügel-
land und die Pritzhagener Forst J) besteht zum grössten Theile
aus Unterem Diluvialsande, der gewöhnlich von einer 0,5 bis
1 Meter mächtigen, an grösseren Geschieben reichen Schicht von
Oberem Geschiebesande bedeckt ist. Die aus Sand und Grand
bestehenden Kuppen östlich vom Rothen Luch und dem Scher-
‘) Auch hier ist wieder eine Ungenauigkeit Zache’s zu berichtigen, welcher
die Pritzhagener Forst vom Oberen Geschiebemergel, der sich sogar in die
tiefen Schluchten hinabziehen soll, bedeckt glaubt (1. c. S. 17). In der Silber-
kehle ist Oberer Geschiebemergel an einigen Punkten allerdings bis ziemlich tief
hinab an den Seiten der Schlucht zu beobachten, doch sind dies von oben her
abgerutschte Partien.
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 97
mützel-See sind nicht Aufpressungen und Zusammenschiebungen
des Untergrundes, wie die vielfach in der Grundmoränenlandschaft
vorkommenden, welche durch die Aufrichtung der Schichten ihre
Entstehung erkennen lassen, vielmehr ist in allen Grubenauf-
schlüssen der Umgebung von Buckow der die Hügel bildende
Untere Diluvialsand vollkommen horizontal gelagert und
die Schichten werden, wo nicht nachträgliche Rutschungen und
Abwaschungen an den Seiten stattgefunden haben, von der
äusseren Begrenzungsfläche der Erhebungen scharf abgeschnitten.
Diese Verhältnisse lassen sich namentlich an folgenden Punkten
deutlich beobachten: in den Gruben der aus dem Torfbruch auf-
ragenden Sandkuppe zwischen dem Abendroth- und Schwarzen
See; in dem Aufschlüsse, welcher am Südeingange der Stadt
Buckow westlich von der Strasse, der Vordermühle gegenüber,
gelegen ist ; in der Grube nördlich der am Ostufer des Schermützel-
Sees gelegenen Villa zwischen diesem und dem Buckow-See; in
der grossen Sandgrube am Nordabhange des nach W. zu
ausserordentlich steil abgeböscbten Luisenberges bei Buckow; in
dem Aufschluss, welcher südlich vom Sophien-Fliess am Nordost-
gehänge des Schermützel-Sees unmittelbar an der Chaussee gelegen
ist und ferner in einer Grube südlich der von Boilersdorf nach
Reichenberg führenden Chaussee. In dem letztgenannten, östlich
von dem Nordende des Poetensteiges befindlichen Aufschlüsse
sieht man an einer 5 Meter hohen Steilwand nordischen Sand und
Grand mit discordauter Parallelstructur, jedoch im Uebrigen in
völlig horizontaler Wechsellagerung. Die Deckschicht wird
dort von einer lehmig-grandigen Bank Oberen Sandes gebildet,
welche vereinzelte grössere Blöcke enthält. In der grossen Sand-
grube am Nordostgehänge des Schermützel-Sees ist im Niveau
der Chaussee ein Lager von grösseren Geschieben aufgeschlossen.
Dasselbe ist als ein Ueberbleibsel des von Gletscherflüssen denu-
dirten Unteren Geschiebemergels anzusehen, welcher etwa 300 Meter
südlich bei der Herstellung der Pflanzlöcher für die Chaussee-
bäume noch angetroffen wurde und auch nördlich von der Chaussee,
westlich vom Südende des Poetensteiges, durch einen Wegein-
schnitt aufgeschlossen ist. Er ist, wie die Karte (Taf. IX) zeigt,
7
Jahrbuch 1893.
§g F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältmsse
auch sonst in der Umgebung des Scliermützel - Sees und nament-
lich in den tiefen Einschnitten der Pritzhagener Forst mehrfach
nachgewiesen worden.
Dass der Obere Geschiebemergel auch in der jetzt zum
grössten Theil von Sand bedeckten Südosthälfte des Blattes Münche-
berg ursprünglich eine grössere Ausdehnung besessen hat
und erst nachträglich durch die Schmelzwasser des Inlandeises
weggewaschen wurde, geht aus dem Umstande hervor, dass auf
den rings von Sand umgebenen Kuppen sich mehrfach mützen-
förmige Decken von Geschiebemergel oder Geschiebelehm er-
halten haben. So sind beispielsweise drei Kuppen nördlich vom
Griepensee von Geschiebemergel bedeckt; er findet sich auf dem
langgezogenen Sandrücken nördlich vom Grossen Däber-See und
in vielen einzelnen kleinen Partien an der Grenze der Sievers-
dorfer Heide westlich von Dahmsdorf (vergl. die Karte Taf. IX).
Hieran schliessen sich die etwas grösseren Geschiebemergelflächen
in der Umgebung von Dahmsdorf, Münchehofe und Müncheberg,
welche namentlich an der Ostbahn sehr zerstückt sind. Ihre
mittlere Höhe über Normal-Null beträgt 70 — 80 Meter und sie
entsprechen daher der von Geschiebemergel bedeckten Hochfläche
westlich vom Schermützel-See. Die dünne Schicht des Oberen
Geschiebesandes, welche sich häufig nur auf eine oberflächliche
Blockbestreuung beschränkt, ist sicher in vielen Fällen als das
Residuum des vielleicht nur wenig mächtig gewesenen und aus-
geschlämmten Oberen Geschiebemergels anzusehen. Nur so er-
klärt sich das Vorkommen der grossen Blöcke gerade auf den
höchsten Punkten innerhalb der Pritzhagener Forst. Auch finden
sich in derselben, wie ebenfalls aus der Karte ersichtlich, bei den
Wachtelbergen und dem Drachenberge drei kleinere Vorkommen
von Oberem Geschiebemergel beziehungsweise Geschiebelehm, die
neben den Blöcken den Beweis für das frühere Vorhandensein der
oberen Grundmoräne erbringen. Hier unmittelbar am Rande der
sich nördlich anschliessenden Geschiebemergelhochfläche finden
sich die bedeutendsten Erhebungen innerhalb der ganzen Gegend.
Zu diesen gehören der Grosse Wesenberg (95,1 Meter), der
Wachtelberg (110,7 Meter), der Krugberg ( 129,8 Meter), der
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
99
Drachenberg (117,5 Meter), die Jena’s Höhe (111,7 Meter), die
Friedrich- Wilhelms-Höhe (113,6 Meter), der Dornberg (86,8 Meter),
und der Silberberg (90,1 Meter), ferner westlich der Bollersdorfer
Feldmark in der Nordostecke von Blatt Strausberg die Schwarzen
Berge (111,1 Meter), und die drei Hubenberge ( 1 16,6 Meter).
Da in der Pritzhagener Forst, wie die Karte zeigt, tertiäre Ab-
lagerungen mehrfach an die Oberfläche treten und zum Theil
zweifellos den inneren Kern der Erhebungen bilden, so erklären
sich diese Aufragungen wohl am besten als Aufpressungen am
Rande des vorrückenden Inlandeises, welche von dem
Schmelzwasser desselben überströmt und durchfurcht wurden.
Einige der steilwandigen , mit abbrüchigen Gehängen versehenen
Schluchten jedoch, wie die Silberkehle, die Wolfsschlucht, die
Drachenkehle und der am Westrande des Schermützel-Sees befind-
liche Lange Grund und die Grenzkehle sind, wenn auch bereits
in der Abschmelzperiode entstanden, wahrscheinlich erst in jüngerer
Zeit durch Regengüsse und Schneeschmelzen bedeutend vertieft
worden.
Was die Entstehung der von Seen und Rinnen durchsetzten
hügeligen Abschmelzzone betrifft, so muss man annehmen, dass
sehr stark strömende, vielfach vom Eisrande unmittelbar herab-
stürzende Gletscherflüsse in dieses Gebiet einbrachen und dasselbe
in den verschiedensten Richtungen durchschnitten, wobei durch
Strudelbildung in den losen Ablagerungen tiefe Becken ausgekolkt
wurden, die jetzt zum Theil als Seen und Torflöcher hervor-
treten.
Die Wassermassen fanden in südwestlicher Richtung ihren
Ablauf und gruben in dem sandigen Gebiete das tiefe 1 Kilo-
meter breite Thal des Rothen Luches aus, welches in geographi-
scher Hinsicht in sofern eine Bedeutung hat, als seine Niederungen
eine natürliche Verbindung zwischen Elbe und Oder herstellen.
Eine ganz entsprechende, jedoch bedeutend ebenflächiger als
die Buckower entwickelte, sandige Abschmelzzone durchzieht die
Barnimhochfläche in ebenfalls nordostsüdwestlicher Richtung in
der Umgebung von Strausberg. Sie hat hier zum Theil eine
Breite von 8 — 10 Kilometern und enthält verschiedene lang-
7*
100
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältniss
gestreckte, z. Th. rinnenförmige Seen, wie den Kessel-See, Fänger-
See, Bötz-See, Strauss-See, Herrn-See und den grossen und kleinen
Stienitz-See.
Ein ganz besonderes Interesse bietet die Gegend von Buckow
durch die dort auftretenden und zum Theil vortrefflich aufge-
schlossenen Tertiärablagerungen dar. Dieselben sind in der
älteren Litteratur mehrfach erwähnt1), besonders eingehend je-
doch von Plettner und Küsel untersucht und beschrieben
worden. So werthvoll auch die Beobachtungen derselben sind,
so erweisen sie sich doch hinsichtlich der Darstellung der Diluvial-
ablagerungen, wie dies zu jener Zeit gar nicht anders sein konnte,
vielfach als unsicher und lückenhaft. Erst durch die geolo-
logische Specialaufnahme dieses Gebietes ist es möglich geworden,
die Lagerungsstörungen des Tertiärs in ihrem Zusammenhänge
mit den Quartärbildungen zu erklären.
Ein vortrefflicher Aufschluss findet sich südlich vom Scher-
mützel-See unmittelbar am Fusse des erodirten sandigen Ost-
abhanges der Hasenholzer Hochfläche. Es ist dies die zur Buckower
Ziegelei gehörige Thongrube, in welcher der mitteloligocäu e
Septarienthon abgebaut wird. Dieser Aufschluss ist zuerst von
Plettner2) beschrieben worden, doch konnte er wegen der un-
genügenden Entblössungen das Lagerungsverhältniss des Glimmer-
sandes zum Septarienthon nicht ermitteln. Sodann hat Küsel3)
die in der Buckower Thongrube aufgeschlossenen Tertiärschichten
eingehend untersucht und ihre Lagerungsverhältnisse durch ein
Profil zur Anschauung gebracht. Eine Ergänzung hierzu bilden
*) vergl. z. B. Klöden, Beiträge zur geognostischen Beschaffenheit der
Mark Brandenburg. (Programm der Gewerbeschule Berlin 1829. Zweites
Stück S. 24.)
2) Plettner, Die Braunkohlenformation in der Mark Brandenburg (Zeitschr.
d. Deutsch, geol. Ges. IV, 1852, S. 403 ff.)
3) R. Küsel, Die Gegend von Buckow und das Diluvium von Schlagenthin.
(Jahresber. über die Stralauer höhere Bürgerschule 1868.) — Die Tertiärschichten
über dem Septarienthon bei Buckow. (Zeitschr. f. die ges. Naturwiss. 35,
S. 208 — 212. Berlin 1870.) — Die oberen Schichten des Mitteloligocäns bei
Buckow. (Jahresb. über die Andreasschule. Berlin 1870.) — Ueber das Mittol-
oligocän bei Buckow. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXIII, 1871, S. 659.) —
Ueber Kalkschichten im Buckower Septarienthon (Ibid. XXIV, 1872, S. 659.)
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
101
die von E. Zimmermann1) im Jahre 1883 gegebenen Mittheilungen.
Seit dieser Zeit ist der Abbau des Septarienthones bedeutend
fortgeschritten. Hierdurch, sowie durch ganz frische Abgrabungen
in dem zu der eigentlichen Grube führenden Hohlwege und durch
die sehr sorgfältig ausgeführte Abdeckung der hangenden Schichten
des Septarienthones war mir im Sommer 1892 die Möglichkeit
geboten, ein klares Bild über die gesammte Schichtenfolge des
Tertiärs, sowie über ihr Verhältnis zu den sie überlagernden Di-
luvialablagerungen zu erhalten. Der beigefügte, nach einer Photo-
graphie hergestellte Lichtdruck (Taf. VI) gewährt einen vollstän-
digen Ueberblick über den Aufschluss, doch zeigen die Gruben-
wände nirgends ein normales, die Fallebene der Schichten senk-
recht durchschneidendes Profil, da die Schichten hier nach NO.
einfallen und die durch die Buchstaben de bezeichnete nördliche
Grubenwand sich nahezu von O. nach W. erstreckt. Die Schichten an
der Nordwand des 44 Meter langen, sich von OSO. nach WNW. er-
streckenden Hohlweges waren zur Zeit der photographischen Auf-
nahme leider mit Abrutschmassen bedeckt, so dass sie auf der
Tafel nicht zum Ausdruck gekommen sind. Ich habe die Schichten
sowohl hier, als auch an der gegenüberliegenden Südwand des
Hohlweges nach erfolgter Abgrabung beobachten können.
Unmittelbar am östlichen Eingänge in den Hohlweg war auf
eine Länge von 10 Metern eine Bank von Geschiebemergel ent-
blösst, die sich an dem Abhange hinaufzieht und die Schichten-
köpfe des ganzen tertiären Schichtensystems scharf abschneidet.
Diese Erscheinung tritt an der nördlichen Grubenwand auf
den Taf. VI und VII, auf denen der Geschiebemergel mit d be-
zeichnet worden ist, sehr deutlich hervor. Er hat hier eine mitt-
lere Mächtigkeit von 3 Metern, besitzt eine bräunliche Farbe und
ist sehr fest und hart. Weiter nach W. zu liegt er unmittelbar
auf dem Septarienthon und keilt sich etwa an der Stelle, wo in
der Abbildung auf der Oberfläche des Septarienthones (a) die drei
grossen Geschiebe liegen, in einer scharfen Spitze aus. Dass
dieser Geschiebemergel sehr starkem Druck ausgesetzt gewesen
') Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXXV, 1883, S. 628—630.
102
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse
ist, geht aus dem Umstande hervor, dass derselbe, wie man am
Eingang in den Hohlweg sehen kann, in kleine fünf- oder sechs-
seitige Säulen stenglig zerklüftet, die der äusseren Form nach
ganz wie Basaltsäulen aussehen. Während Zimmermann1) die
Altersstellung des Geschiebemergels unentschieden gelassen hat,
schreibt Zache2): »Am Südrande des Schermützel-Sees baut eine
Ziegelei Septarienthon ab, über welchem auch der Obere Ge-
schiebelehm lagert«. Dass man es hier mit Unterem Ge-
schiebemergel zu thun hat, kann meiner Ansicht nach gar
keinem Zweifel unterliegen. Derselbe wird, wie man an der nörd-
lichen Grubenwand deutlich sieht, von horizontal geschichtetem
Unterem Diluvialsande (Taf. VI u. VII, Schicht e) überlagert,
der hier eine durchschnittliche Mächtigkeit von 3 Metern besitzt.
Es ist dies derselbe Sand, welcher sich nach W. zu regel-
mässig fortsetzt und das Liegende des Oberen Geschiebemergels
auf der Hasenholzer Hochfläche bildet. Das Niveau desselben
entspricht demnach demjenigen des Rixdorfer Sandes mit seiner
diluvialen Säugethierfauna.
Schreitet man in dem zur Grube führenden Hohlwege von
O. nach W. vor, so erscheinen zunächst unter dem Unteren Ge-
schiebemergel feine weisse Glimmersande (Taf. VI C), die sehr
deutlich geschichtet sind und mehrfach von schmalen, parallel mit
der Schichtfläche verlaufenden eisenschüssigen Bändern durchsetzt
werden. Von der Thoneisensteinbank, welche nach Küsel den
Glimmersand von dem Geschiebemergel trennt, habe ich nur
an einer Stelle einen etwa ^ Centimeter mächtigen Rest auffinden
können, sodass dieselbe eine locale Bildung zu sein scheint.
Misst man die Länge, in welcher die unter 20 — 25° nach NO.
einfallenden Schichten von der fast horizontalen Sohlfläche des
von OSO. nach WNW. sich erstreckenden Hohlweges durch-
schnitten werden, so erhält man 21 Meter, woraus sich eine
mittlere Mächtigkeit der ganzen Ablagerung von 8 — 9 Metern
ergiebt. In völlig gleicher Ausbildung findet sich der Glimmer-
sand innerhalb des Blattes Müncheberg in der Silberkehle nördlich
*) 1. c. S. 630.
3) 1. c. S: 30.
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
103
vom grossen Tornow-See, in einer nordwestlich von dem Nordende
dieser Schlucht sich erhebenden Kuppe und in der noch näher
zu besprechenden Grube der neuen Ziegelei an der Boilersdorf-
Reichenberger Chaussee. In der Silberkehle sieht man, wie auch
Plettner (1. c. S. 407) bereits erwähnt, im mittleren Theile der
Schlucht braunschwarze Letten und graue, braungestreifte Form-
sande mit südöstlichem Einfallen unter dem steil aufgerichteten
Glimmersande zu Tage treten. Es scheint demnach hier ein nach
NO. überkippter Sattel vorzuliegen, wodurch die der Braunkohlen-
formation angehörigen Letten und Formsande scheinbar zum
Liegenden des Glimmer sandes geworden sind.
Obwohl an allen diesen Punkten keine Petrefacten aufgefunden
worden sind, so glaube ich doch, dass man aus den Lagerungs-
verhältnissen und aus der petrographischen Beschaffenheit folgern
kann, dass derselbe, wie dies auch schon G. Berendt1) aus-
gesprochen, der von ihm in der Mark nachgewiesenen Etage
des oberoligocänen Meeressandes angehört. Unter dem
Glimmersande folgt in dem Hohlwege eine den Septarienthon
unmittelbar überlagernde Folge von glaukonitischen Schichten,
die zuerst durch A. v. Koenen2) mit den Stettiner Sanden
in Parallele gestellt worden sind. Sie bilden hier die hängendsten
Schichten des Mitteloligocäns und sind auch von KüSEL, der sie
s,ehr eingehend untersucht und beschrieben hat, zum Stettiner
Sand gerechnet worden. Diese Schichten Hessen sich sowohl an
der Südwand des Hohlweges, als auch im Ausstrich in dem öst-
lichen Theile der Grube beobachten, wo sie auf den Tafeln VI
und VII mit b bezeichnet worden sind und ein Einfallen von
25 — 30° nach NO. zeigen.
Die von mir vom Hangenden nach dem Liegenden zu be-
obachtete Schichtenfolge zeigt folgende petrographische Unter-
schiede :
G. Berendt, Die bisherigen Aufschlüsse des märkisch - pommerschen
Tertiärs u. s. w. (Abh. z. geol. Specialkarte von Preussen u. s. w. Bd. VH, H. 2,
S. 19 — 22 u. 38).
2) A. v. Koenen, Die Fauna der unteroligocänen Tertiärschichten von Helm-
städt bei Braunschweig. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XVII, 1865, S, 462).
104
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse
Dunkle, grünlichblaue, thonige Schicht 75 Centimeter
Glaukonitsand 48 »
Chokoladenfarbige, thonige Schicht . 10 »
Gelber Sand 50 »
Eisenstreifiger Sand 10 »
Thoneisensteinbank
Glaukonitischer Sand
Gelber Sand
Thoneisensteinbank
Feiner graüweisser oder graugelber
Sand
Dünne Thoneisensteinbank . . .
Grober Sand
Gelber, brauner, feiner, glimmer-
reicher Sand .......
Grober Glaukonitsand
Schalige Thoneisensteinbank . .
Gesammt-Mächtigkeit 8,1 1 Meter.
Von Petrefacten, welche im Stettiner Sande, namentlich in
der den Septarienthon unmittelbar bedeckenden schaligen Thon-
eisensteinbank gefunden worden sind, erwähnt KÜSEL folgende:
Fusus oder Pleurotoma ,
Natica ,
Dentalium Kicksii Nyst,
Pectunculus (vielleicht Philippsii ),
Cardium cingulatum Goldf.,
Cyprina rotundata Braun,
Pecten pictus Goldf. (aus dem oberen Thoneisensteinlager),
Einzelne unbestimmbare Pelecypoden,
Eine Koralle.
Nach A. Y. Koenen1) kommen hier ausserdem Pecten bifidus
Goldf. und Fischzähne vor, während die übrigen Bivalven-Reste
meist nur undeutliche Abdrücke bilden. An dem westlichen
*) A. v. Koenen, Das marine Mittel - Oligocän Norddeutschlands und seine
Mollusken-Fanna. (Palaeontographica XVI, S. 60).
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow. 105
Theile difr- Grubenwand und in einem 3 — 4 Meter tiefen Schürfe,
der sich an den westlichen Rand der Grube anschliesst, sieht
man den glaukonitischen Sand nochmals aufgeschlossen. Er wird
dort unmittelbar vom Unteren Diluvialsande (e) überlagert und
fällt nach NO. ein.
Das Liegende des Stettiner Sandes bildet der Septarien-
thon, der im westlichen Theile der Grube in 18 Meter hohen
Wänden aufgeschlossen ist. (Taf. VI u. VII a.) Er besitzt eine
bläuliche bis schwarzgraue Farbe, ist im feuchten Zustande sehr
fett und plastisch und zerfällt beim Trocknen in kleine scharf-
kantige Brocken. Er enthält Einlagerungen von Gyps in einzelnen
Krystallen und Krystalldrusen und ausserdem Pyrit in Knollen.
Septarien, welche beispielsweise in der Thongrube von Hermsdorf
nördlich Berlin so häufig Vorkommen, sind bei Buckow ziemlich
selten. Nach dem A. v. KoENEN’schen Verzeichniss enthält der
Septarienthon hier folgende Petrefacten :
Mur ex Deshayesii Ny st,
M. Pauwelsii de Kon.,
Tritonium flandricum de Kon.,
Cancellaria evulsa Sol.,
C. granulata Nyst,
Pyrula concinna Beyr.,
Fusus rotatus Beyr.,
F. Waelii Nyst,
F. elongatus Nyst,
F. elatior Beyr.,
F. multisulcatus Nyst,
Pisanella semiplicata Nyst,
Conus Semperi Speyer,
Pleurotuma turbida Sol.,
P. Koninckii Nyst,
P. laticlavia Beyr.,
P. Selysii DE Kon.,
P. Duchastelii Nyst,
P. regularis de Kon.,
P. Volgeri Phil.,
106
F. Wahnschaffe, Die Lagerimgsverhältnisse
P. peracuta v. Koenen,
P. intorta Broc.,
Borsonia plicata Beyr.,
B. decussata Beyr.,
Natica Nysti d’Orb.,
Cerithium Sandbergeri Desh.,
Scalaria rudis Phil.,
S. undatella v. Koenen,
S. intumescens v. Koenen,
Dentalium Kicksii Nyst,
D. seminudum Desh.,
Pecten permistus Beyr.,
Nucula Chastelii Nyst,
Leda Deshayesiana Duch.,
Cryptodon unicarinatus Nyst,
Astarte Kicksii Nyst,
Venericardia tuberculata Münst.
Hierzu kommen nach Küsel’s Angabe noch hinzu:
Thracia Nysti v. Koenen,
Tiphys Schlotheimii Beyr.,
Pleurotoma Waterkeynii Nyst.,
Ueberbleibsel von Fischen, darunter verschiedene Arten
von Haifischzähnen, auch von Carcharodon megalodon
Ag., sowie Schuppen und Wirbel.
Die in dem Septarienthon vorkommenden Foraminiferen haben
nach Küsel eine grosse Aehnlichkeit mit den von Reuss aus dem
Hermsdorfer Vorkommen beschriebenen. Eine erschöpfende Be-
arbeitung der an Formen sehr reichen Buckower Foraminiferen
liegt bis jetzt noch nicht vor.
Was nun die Lagerungsverhältnisse der bisher beschriebenen
Tertiärschichten betrifft, so hat zuerst A. v. Koenen1) die nach-
stehende wichtige Mittheilung veröffentlicht: »Bei der fortschreiten-
den Gewinnung des Thones stiess man auf der Südseite der
*) Palaeontographica XVI, 1866, S. 61.
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
107
Grube vor ein paar Jahren plötzlich auf feste Braunkohle, welche
nur einige Zoll mächtig, sich mit ca. 60° steif heraushob und
vermuthlich bis nahe zu Tage ausgeht. Unter der Kohle folgt
ein gelblichweisser feiner Glimmersand von unbekannter Mächtig-
keit. Wie ich von den Arbeitern erfuhr, war mit einem Bohr-
loche in der Mitte der Thongrube bei 30 Fuss Tiefe der Thon
durchbohrt, und die Kohle resp. der Sand angetroffen worden.«
Durch das weitere Vorrücken des Abbaus nach W. war
im Herbst 1892 die Contactfläche zwischen dem Septarienthon
und den darunter befindlichen Braunkohlenschichten auf eine
Länge von 30 Metern angeschnitten worden. Auf Taf. VIII ist
ein Stück dieses westlichen Stosses der Grube, zur Darstellung
gebracht. Der eingesetzte Maassstab von 1 Meter Länge gewährt
einen Anhalt über die Grössenverhältnisse. Man sieht hier an-
nähernd in der Mittellinie des Bildes unter dem oben befindlichen
Septarienthone weisse Qarzsande und ein mit ihnen vollständig
verdrücktes kleines Flötzchen von dunkler erdiger Braunkohle
hervortreten. Diese Braunkohle muss einem sehr starken
Drucke ausgesetzt gewesen sein, denn man beobachtet häufig an
den Ablösungsflächen der härteren Stücke stark spiegelnde
Harnische. Von besonderem Interesse war hier die von mir
gemachte Beobachtung, dass unmittelbar in der Berührungszone
des Septarienthones mit den Braunkohlenschichten vereinzelte
nordische Geschiebe vorhanden sind. Ich fand dort Feuer-
steine, Grünsteine, Elfdalenporphyre, Gneisse und Granite, deren
Grösse sehr verschieden war. Drei kleinere von 5 — 6 Centimeter
Durchmesser sind auf Taf. VIII durch die beigefügten Zahlen
1, 2, 3 kenntlich gemacht. Ein grösseres Geschiebe von einem
halben Meter im Durchmesser fand ich an einer anderen Stelle
ebenfalls noch in der Grubenwand festsitzend. Es war dies ein
feinkörniger rundlicher Gneissblock, der in der Mitte gespalten
war und dessen beide dicht auf einander liegende Hälften einige
Centimeter gegen einander verschoben worden waren. Diese Er-
scheinung deutet ebenso wie die Harnischbildungen an den Braun-
kohlen auf eine starke Quetschung hin. Insofern ist dieses Ge-
schiebe mit den zerbrochenen und wieder verkitteten sibirischen
108
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse
Kalkgeschieben von Schobüll bei Husum 7,u vergleichen, welche
Meyn1) beschrieben hat und welche, da sie sich nach Gottsche’s2)
Mittheilung nur auf der Grenze vom Unteren Geschiebemergel
und dem dort darunter anstehenden, rothen, permischen Gestein
beschränken, nach seiner Ansicht durch den Druck der Eisdecke
auf ihre Unterlage resp. gegen das ältere anstehende Gestein zer-
quetscht worden sind.
Alle älteren Versuche, welche darauf hinausgingen, die
Störungen der Tertiärschichten in der Buckower Thon-
grube zu erklären, beruhen auf der irrthümlichen Annahme, dass
die Braunkohlenablagerungen, welche dort das Liegende des
mitteloligocänen Septarienthones bilden, auch ein höheres geolo-
gisches Alter als dieser besitzen und demnach dem Unteroligocän
angehören müssten. Zu diesem Resultat war Plettner durch
seine sorgfältigen Untersuchungen gelangt und hatte dies in fol-
genden Worten ausgesprochen: »Die Braunkohlen der Mark Bran-
denburg sind zunächst älter als der Septarienthon, das ist die einzige
genaue Bestimmung, die sich über das Alter derselben geben lässt«.
(1. c. S. 228.) Erst nachdem G. Berendt3) durch die Ergeb-
nisse zahlreicher Tiefbohrungen und neuerer Grubenaufschlüsse
den wichtigen Nachweis geliefert hatte, dass die märkische
Braunkohlenformation über dem mitteloligocänen Sep-
tarienthone und dem oberoligocänen marinen Glimmer-
sande zur Ablagerung gelangt und demnach zum Miocän
zu rechnen sei, war eine richtige Deutung der Lagerungsver-
hältnisse in der Buckower Septarienthongrube möglich. Diese
hat auch Berendt selbst bereits in der unten angegebenen zweiten
Arbeit (S. 20 u. 21) gegeben. Dort heisst es: »Nach Kenntniss
der durch den Bergbau in der Gegend von Frankfurt nunmehr
festgestellten und im vorigen Abschnitte dargelegten Lagerungs-
b L. Meyn, Geogn. Beob. in Schleswig-Holstein, 1847, S. 14 und Zeitschr.
d. Deutsch, geol. Ges. XXIII, 1871, S. 404.
3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXXIX, 1887, S. 841 u. 842.
3) G. Berendt, Das Tertiär im Bereiche der Mark Brandenburg (Sitzungsber.
der physik. - math. Classe der königl. preuss. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1885,
XXXVIII) und Die bisherigen Aufschlüsse des märkisch-pommerschen Tertiärs
u. s. w. (Abh. z. geol. Specialkarte v. Preussen u. s. w., Bd. VII, H. 2).
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
109
Verhältnisse dürfte es aber sofort einleuchten, dass wir es hier bei
Buckow nicht nur, ebenso wie bei Freienwalde, Hermsdorf,
Joachimsthal, mit einem aus dem Grunde sattelartig empor-
gepressten Thonhügel zu thun haben, sondern auch mit einem
ganz entsprechend den 3 Sätteln der Gruben bei Frankfurt
(Taf. II) überkippten, gleichzeitig als Ueberschiebung zu denken-
den Sattel. Dieser Sattel ist sogar in derselben Richtung, nämlich
nach S., übergekippt, hat die ihn auf seinem Nordflügel in der
Grube auch jetzt noch überlagernden Glaukonit- und Glimmer-
sande, sowie die (als die oberste) später zerstörte Braunkohlen-
bildung gerade an der Ueberkippungsstelle durchbrochen und
noch einen 3 zölligen Besteg von Kohle an seinem, auf voraus-
geschobenen Glimmersand aufgeschobenen widersinnigen Siidflügel,
seiner Unterseite, mitgeführt.«
Dieser BERENDT’schen Erklärung, der ich mich in jeder
Hinsicht anschliessen kann, möchte ich als eine, allerdings un-
wesentliche Berichtigung hinzufügen, dass die Schichten in der
Buckower Thongrube sämmtlich nach NO. einfallen und demnach
eine Ueberkippung der angenommenen Falte nach SW. statt-
gefunden haben muss. Zugleich mit dieser starken Zusammen-
schiebung und Ueberkippung der Falte muss auch eine Zer-
reissung und Verwerfung eingetreten sein, sodass die auf-
gerichteten Schichten des Nordostflügels auf den abgesunkenen
und niedergepressten Schichten des Südwestflügels aufgeschoben
werden konnten. Man muss annehmen, dass bei Entstehung der
in der Sattellinie auftretenden Faltenzerreissung die Schichten des
Südwestflügels au der Spalte nach abwärts sanken und dabei zu-
gleich nach abwärts geschleppt wurden.
Das an dem westlichen Stoss der Grube beobachtete dünne
Braunkohlenflötzchen und die darunter folgenden Quarzsande
scheinen den liegendsten Partien der hier bedeutend erodirten
und am Nordostflügel gänzlich verschwundenen miocänen Braun-
kohlenformation anzugehören. Darunter soll nach A. v. Koenen
feiner Glimmersand erbohrt worden sein, den wir wohl mit
dem Glimmersande am Eingänge des Hohlweges parallelisiren
und zum Oberoligocän rechnen dürfen. Es wäre von grossem
110 F. Wahnschaffe, Die Lagerufi gsverhäl tniss’e
Interesse, wenn hier unter den Braunkohlenbildungen durch ein
tieferes Bohrloch der Stettiner Saud und darunter der Septarien-
thon im Liegenden dieses Glimmersandes nachgewiesen werden
sollten.
Es bleibt mir noch übrig, einige Bemerkungen über die
Ursache und das Alter der Schichtenstörungen hinzuzufügen.
G. Berendt hat bereits in seiner ersten Schrift über »die
märkisch - pommersche Braunkohlenformation und ihr Alter im
Lichte der neueren Tiefbohrungen J) « die Ansicht ausgesprochen,
dass die im Liegenden der Glacialbildungen zu beobachtenden
Störungen des Tertiärs mit Hülfe der Eistheorie sich verhältniss-
mässig leicht erklären Hessen, während die Spuren der gross-
artigen Zerstörung des Braunkohlengebirges sich deutlich in dem
Hauptmaterial aller tieferen Schichten des Diluviums wieder-
fänden. Auch bei dem Nachweis der nach S. überkippten Sattel-
und Muldenbildungen, Störungen, welche in der Frankfurter
Gegend die märkische Braunkohlenformation, den oberoligocäneu
Meeressand und den Stettiner Sand und Septarienthon des Mittel-
oligocäns betroffen haben* 2), glaubte Berendt diese Erscheinungen
auf die einstmalige nach S. gerichtete Bewegung des skandinavi-
schen Eises zurückführen zu dürfen. Dieselbe Erscheinung gilt
nach ihm auch für die überkippten Sättel und Mulden des
Tertiärs bei Falkenberg und Freienwalde a. 0. 3), Verhältnisse,
die von ihm in dem Profil Fig. 4 veranschaulicht worden sind.
Auch für die Störungen in der Buckower Thongrube möchte ich
eine gleiche Entstehungsursache annehmen. Dass dieselben nicht
praeglacial sein können, beweist das Vorkommen von nordischem
Material zwischen dem Septarienthon und den Braunkohlen-
bildungen; es muss demnach, als die Ueberschiebung stattfand,
eine Bedeckung der letzteren mit glacialem Schuttmaterial schon
vorhanden gewesen sein. Nach meiner Ansicht fand die Empor-
pressung und Faltung der tertiären Ablagerungen in dem Rand-
*) Dieses Jahrb. für 1883, Berlin 1884, S. 651.
2) Die bisherigen Aufschlüsse des märkisch-pommerschen Tertiärs u. s. w.
3) Das Tertiär bei Falkenberg und Freienwalde a. 0. (Zeitschr. d. Deutsch,
geol. Ges. XLIV, 1892, S. 339 u. 340).
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
111
gebiete des hier von NO. nach SW. vorrückenden Inlandeises
statt und zwar gleichzeitig mit dem Absatz des dem Gehänge
angelagerten und an demselben emporgepressten Unteren Ge-
schiebemergels. Da letzterer von dem im Liegenden des Oberen
Geschiebemergels auftretenden Diluvialsande horizontal abgeschnitten
wird und dieser Sand, soweit sich dies an der Nordwand der
Grube (siehe Taf. VI e) beobachten liess, keinerlei Störungen zeigt,
so muss die Faltung und Ueberschiebung der Tertiär-
schichten während der ersten Glacialepoche erfolgt sein.
Küsel1) hat. allerdings auf dem von ihm gezeichneten Profil stark
gefaltetes Diluvium ohne nähere Bezeichnung der Beschaffenheit
im westlichen Theile der Grube über dem Grünsand angegeben,
doch haben diese Falten des unteren Diluvialsandes, um den es
sich wahrscheinlich handelt, meiner Auffassung nach nichts mit
den Störungen des Tertiärs zu thun und sind vielleicht bei der
Ablagerung des hier in der Abschmelzperiode völlig erodirten
Oberen Geschiebemergels, also beim zweiten Vorrücken des
Inlandeises entstanden. Auch scheinen es nur ganz locale Auf-
sattelungen gewesen zu sein, da sie jetzt nicht mehr zu beob-
achten sind.
Gleichzeitig mit den Tertiär-Schichten in der Buckower Thon-
grube scheinen die unmittelbar an der Buckower Chaussee süd-
lich von dem nach der Ziegelei führenden Wege zu Tage treten-
den diluvialen Mergelsande in ihrer Lagerung gestört worden
zu sein. Diese sehr fein und regelmässig geschichteten Mergel-
sande zeigen ebenso wie die Tertiärschichten ein Einfallen nach
NO. und zwar unter 17°.
Auch die Störungen der vielfach in der Buckower Gegend
in natürlichen Einschnitten, sowie durch Gruben aufgeschlossenen
märkischen Braunkohlenformation scheinen durch den
Druck des sich vorschiebenden Inlandeises hervorgerufen zu sein,
ln der Grenzkehle am westlichen Ufer des Schermützel-Sees
sind bereits durch Plettner (1. c. S. 392 — 395) die dort vor-
handenen Braunkohlenschichten sorgfältig untersucht und genau
>) R. Küsel, Die oberen Schickten des Mitteloligocäns bei Buckow. Tafel.
ii2
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse
beschrieben worden. Da die Abhänge jetzt vielfach überrutscht
sind und die Schichtenfolge nicht mehr sehr deutlich zu erkennen
ist, so folge ich hier auszugsweise den von ihm gemachten An-
gaben. Kaum 300 Schritt vom Ufer des Sees entfernt steigt am
Nordgehänge des Thaies eine steile Wand von mehr als 10 Meter
senkrecht empor, die aus bräunlich-schwarzen, thonigen, doch zu-
weilen auch sandig werdenden Letten gebildet wird. Das Streichen
der Schichten ist NW. — SO., das Einfallen gegen NO. gerichtet.
Etwa 100 Schritt weiter thalaufwärts zeigte sich ein fast voll-
ständiges Profil der »hangenden und liegenden Flötzpartie« auf-
geschlossen. Die Schichten besassen dasselbe Streichen und Ein-
fallen. Letzteres fand unter 40 — 50° statt. Plettner hat dort
nachstehende Schichtenfolge von oben nach unten beobachtet:
1) 3 — 5 Fuss (0,94 — 1,57 Meter) gelblich-grauer j g
Lehm mit Geschieben. f •£
2) 10 — 14 Fuss (3,14 — 4,40 Meter) gelblich- l £
weisser nordischer Sand. ' ®
3) 18 Fuss (5,65 Meter) aschgrau- und braun- \
gestreifter Sand, gegen das Liegende hin
dunkler werdend. / cd
I ns
4) 2 Fuss (0,63 Meter) sehr bröcklige Braun- ! . g
kohle. } .2 a2
*43 a
5) 4 Fuss (1,26 Meter) dunkelbrauner Form- I §
sand, gegen unten hin weniger feinkörnig \
und mit gelblich - grau gefärbten Streifen I j| '3
wechselnd. 'o &
6) 8 Fuss (2,51 Meter) grauer gleichkörniger
Quarzsand, Kohlensand, ohne allen Glimmer,
mit dünnen schwarzen Streifen, in denen der
Kohlensand mit stärkeren Mengen von Kohlen-
stäubchen gemischt ist.
7) U/2 Fuss (0,47 Meter) Braunkohle.
8) 3 Fuss (0,94 Meter) grauer gleichkörniger
Quarzsand, Kohlensand.
9) D/2 Fuss (0,47 Meter) Braunkohle.
10) Grauer gleichkörniger Kohlensand.
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
113
Zweihundert Schritt weiter thalaufwärts sind abermals ein
Formsandlager und zwei ßraunkohlenflötze, deren Mächtigkeit
ungefähr 1 Fuss (0,31 Meter) beträgt und die in den grauen
Kohlensand eingelagert sind, am Gehänge aufgeschlossen, doch
war das Hangende der ßraunkohlenflötze durch Abrutsch ver-
deckt. Die Schichten streichen hier ebenfalls NW. — SO., fallen
jedoch mit ungefähr 30° nach SW. Die noch weiter nach W.
zu in der Grenzkehle getroffenen, 15 — 17 Fuss (4, 71 — 5,34 Meter)
mächtigen Formsand- und Lettenschichten zeigen das gleiche Ein-
fallen und Streichen. Plettner schliesst aus diesen Beobach-
tungen mit Recht, dass es sich hier um eine Aufsattelung der
Braunkohlenformation handelt, deren Gewölbe durch Erosion zer-
stört worden ist.
In dem nördlich von der Grenzkehle gelegenen, ebenfalls von
O. nach W. sich erstreckenden langen Grunde sind buntstreifige
Formsandlager mit zwei schwachen Kohlenflötzchen aufgeschlossen,
die im Allgemeinen von NW. nach SO. streichen und unter 50
bis 60° gegen SW. einfallen.
Nördlich von der nach dem Schermützel-See führenden Schlucht,
in welcher der zum südwestlichen Ende des Dorfes Boilersdorf
führende Weg verläuft, streichen am Abhange zwei Braunkohlen-
flötze von 1 — D/2 Fuss (0,31 — 0,47 Meter) Mächtigkeit zu Tage
aus, deren Streichen von NW. nach SO. gerichtet ist und welche
unter 30 — 40° nach NO. einfallen. Da das Hangende und Lie-
gende, sowie auch das Mittel zwischen den Flötzen aus glimmer-
freiem Quarzsand besteht, so gehören diese Schichten der liegen-
den Flötzpartie an. Die hangende Partie mit braunen glimmer-
reichen Formsanden findet sich etwas weiter nördlich, sowie im
Grunde der Schwarzen Kehle aufgeschlossen. Es streichen an
letztgenannter Stelle drei Braunkohlenflötze der hangenden Pai'tie
mit nordwest- bis südöstlichem Streichen und einem Einfallen von
80° nach SW. zu Tage aus.
Ueber die Lagerungsverhältnisse der in den Grubenfeldern
»Willenbücher« und »Max« bei Bollersdorf im Abbau begriffenen
Braunkohlenflötze verdanke ich dem Herrn Obersteiger SchüLKE
einige Mittheilungen. Durch Bohrungen und Schächte ist auch
Jahrbuch 1893.
114
F. Wahnschaffe, Die Lager ungsverhältnisse
hier eine hangende und liegende Abtheilung der Braunkohlen-
formation nachgewiesen worden. Die Braunkohlenschichten, in
denen die beiden im Bau befindlichen Flötze auftreten , bilden
hier eine Mulde, deren Längsstreichen von NW. nach SO. ge-
richtet ist. Im NO. -Flügel dieser Mulde fallen die Schichten
nach Plettner’s Angabe mit 60° nach SW. , während sie im
SW. -Flügel zunächst der Muldenlinie mit 40°, in weiterer Ent-
fernung mit 10 — 150 nach NO. einfallen. Das hängendste Flötz
No. 1 ist nur theilweise abbauwürdig, da es mehrfach durch einen
an Gerollen reichen Diluvialsand verdrückt wird. Die Kohle
dieses Flötzes ist von milder Beschaffenheit und tritt in einer
Mächtigkeit von 0,60 — 1,75 Meter auf. Ihr Einfallen schwankt
zwischen 3 und 800.
Das Hangende des ersten Flötzes besteht aus Unterem Di-
luvialsande, welcher unmittelbar über dem Flötze liegt und eine
Mächtigkeit bis zu 20 Meter erreicht. Nach Zache x), dessen
Angaben ebenfalls auf Mittheilungen des Herrn Obersteigers
SchÜlke beruhen, sind in der Grube »Willenbücher« folgende
Schichten durchteuft: 3,5 Meter Oberer Geschiebemergel, 1 Meter
Unterer Diluvialsand und 8 Meter Unterer Geschiebemergel; dann
folgte der Formsand. Sechshundert Meter nordwestlich hiervon
wurden folgende Schichten beobachtet : 3,5 Meter Oberer Ge-
schiebemergel, 7 Meter Unterer Geschiebemergel* 2) und 26 Meter
Unterer Diluvialsand, darunter befand sich das erste Flötz.
Das 4,20 Meter mächtige Liegende des ersten Flötzes
besteht aus dunklen Letten mit Streifen von Formsand, welcher
in der Nähe des zweiten Flötzes so dicht wird, dass er das
Wasser nicht durchlässt.
Das Flötz No. 2 ist durchschnittlich viel regelmässiger ab-
gelagert, als das Flötz No. 1. Seine Mächtigkeit beträgt 1,20
bis 1,75 Meter. Die Kohle ist stückreich und stellenweise ziem-
lich fest, steht jedoch an Brennwerth der Kohle des ersten Flötzes
etwas nach. Theilweise ist auch Gyps in krystallinischer Form
dem zweiten Flötz beigemengt.
0 1. c. S. 30.
2) Der Geschiebemergel im Hangenden der Grube »Max« ist von Plettner
(1. c. S. 159 — 160) irrthümlicb für Septarienthon gehalten worden.
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
115
Das Liegende des zweiten Flötzes ist 4,50 Meter
mächtig und wird aus hellgrauem Formsand mit Lettenstreifen
gebildet. Stellenweise tritt unter dem zweiten Flötze im Liegenden
Schwefelkies in knollenartiger Form auf, welcher mit Kohle ver-
mengt ist. In der Nähe des dritten Flötzes besitzt der Form-
sand eine bräunliche Färbung.
Dieses dritte Braunkohlenflötz ist ungefähr 0,80 bis
1 Meter mächtig, wird jedoch wegen der geringen Mächtigkeit nur
selten abgebaut. Unter diesem Flötz liegt ein 0,30 Meter mächtiger
grauer plastischer Thon und darunter feiner weisser Formsand.
Die Zahl der in der liegenden Abtheilung auftretenden
Flötze ist bisher noch nicht genau ermittelt. Das stärkste der-
selben ist in einer Mächtigkeit von 2 Meter angetroffen, während
die übrigen nur 0,3 — 0,4 Meter mächtig sind. Die Kohle ist
kleinknorpelig und mit Quarzsandstreifen durchzogen. Die Flötze
zeigen ein starkes Einfallen von 80 — 90°. Das Hangende und
Liegende dieses unteren Flötzzuges besteht aus Quarzsand, welcher
meist bräunliche Färbung zeigt. .
Dicht unterhalb des hangenden Flötzzuges besitzt der Sand ein
sehr grobes Korn, während in den untersten Partien rein weisser
Sand mit sehr gleichmässiger mittelfeiner Körnung vorhanden ist.
In welche Zeit die Einmuldung der Braunkohle zu setzen
ist und ob dieselbe ebenfalls mit einer durch das Inlandeis
bewirkten Faltung in Zusammenhang zu bringen ist, Hess sich
bisher nicht feststellen 1). Die Braunkohlenschichten zeigen je-
doch ausser dieser muldenförmigen Stellung im Grossen noch
verschiedene locale Störungen, die sich in einer Faltung und
Aufsattelung der Kohlenflötze , sowie durch Verwerfungen
zu erkennen geben. Auch Plettner erwähnt in dem steiler ge-
neigten Theile des Südostflügels der Mulde eine parallel zum
Streichen derselben verlaufende Verwerfungskluft mit spiegel-
glatten Flächen. Die der Muldenlinie näher gelegenen Flötz-
partien sind an dieser Kluftfläche so tief abgesunken, dass das
x) Beziehungen der Mächtigkeit der diluvialen Bedeckung zur Muldenbil-
dung und Aufsattelung der Braunkohlenflötze , wie sie Berendt bei Freien-
walde a. O. nachweisen zu können glaubte (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1892,
S. 335 — 340), habe ich in der Buckower Gegend nicht auffinden können.
i 16
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverh ältmsse
erste Flötz des gesunkenen Theiles die Fortsetzung des zweiten
Flötzes des höher liegenden Theiles zu sein scheint. Das bei-
gefügte Profil (Fig. 2), in welchem die beiden im Bau befind-
Fig. 2.
Profil aus der Grube »Willenbücher« bei Bollersdorf.
Schacht Mi/eck/ff. Seht. Mi/eckil. .
liehen Flötze als 1 u. 2 bezeichnet worden sind, lässt die Auf-
sattelung deutlich erkennen. Diese Störungen sind nach meiner
Ansicht ebenfalls als zusammenschiebende und aufpressende Wir-
kungen des vorrückenden Inlandeises anzusehen. Auch Plettner
(1. c. S. 159) ist der Ansicht, dass mit der Aufrichtung der Flötze
zugleich eine Verschiebung und Zusammenpressung von der Seite
her verbunden gewesen sein muss, da in dem horizontal gelagerten
Theile der Flötze und der begleitenden Schichten sich eine grosse
Menge sattel- und muldenförmiger Faltungen findet, die kaum auf
andere Weise erklärt werden könnten.
Die stark kuppige Oberflächenbeschaffenheit der Pritzhagener
Forst ist nicht nur als eine Folge der erodirenden Thätigkeit der
Schmelzwasser des Inlandeises anzusehen, sondern die Tertiär-
ablagerungen sind hier vielfach, wie ich annehme, durch den
Druck des vorrückenden Inlandeises emporgepresst und in ihrer
Lagerung gestört worden und bilden den inneren Kern des ober-
flächlich meist aus Unterem Diluvialsand mit dünner Decke von
Oberem Geschiebesand gebildeten Hügellandes. Plettner giebt
an, dass der Septarienthon in beträchtlicher Mächtigkeit in einem
Bohrloche am Südabhange des nahe bei der Friedrich -Wilhelms-
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
117
Höhe gelegenen Quastes (Jena’s Höhe) aufgefunden wurde. Ausser-
dem sind von ihm noch die nachstehenden Bohrungen mitgetheilt
worden, bei denen von oben nach unten folgende Schichten
durchsunken wurden:
I. Bohrloch auf dem Nordabhange des Dachsberges.
1) 16 Fuss ( 5,02 Meter) brauner sandiger Thon mit Glimmer.
2) 20^2 » ( 6,43 » ) gelblichbrauner sandfreier Thon mit
einzelnen Gypsknauern und deutlichen
Stückchen der Schale von Nucula
Deshayesiana.
3) 40 » (12,55 » ) blaugrauer fetter Thon mit Gyps-
knauern und Stücken braunen Thon-
eisensteins und zerbohrten Muschel-
4)
1 »
( 0,31
schalen.
» ) mergeliger Kalkstein (wurde ge-
5)
3 »
( 0,94
meisselt).
» ) blaugrauer Thon mit Gyps.
6)
4 »
( 1,26
» ) braunschwarze alaunhaltige Letten.
7)
2 »
( 0,63
» ) grauer Formsand, braungestreift.
Sö1^ Fuss (27,15 Meter).
II. Bohr
loch am
Südabhange des Wachtelberges.
1)
71/2 Fuss
( 2,35 Meter) bräunlichgrauer sandiger Thon.
2)
6 »
( 1,88
» ) gelblichbrauner Sand.
3)
IV2 »
( 0,47
» ) brauner thoniger Sand.
4)
V* »
( 0,16
» ) grauer reiner Quarzsand.
5)
IV2 »
( 0,47
» ) eisenschüssiger röthlichbrauner Sand.
6)
2 »
( 0,63
» ) weisslichgrauer Sand.
7)
1 »
( 0,31
» ) röthlichbrauner Thon mit sehr vielem
8) 26 »
( 8,16
Gyps gemengt.
» ) blaugrauer fetter Thon mit Gyps und
9)
6 »
( 1,88
zerbohrten Muschelstückchen.
» ) gelber brauner sandiger Thon.
10) 47 »
(14,75
» ) blaugrauer fetter Thon mit Gyps und
kleinen Bruchstücken von Muschel-
schalen.
99 Fuss (31,07 Meter).
.18
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse
III.
Bohr!
loch auf dem Wachtelberge.
1) 14 Fuss
( 4,39 Meter) bräunlichgrauer sandiger Thon.
2) 29 »
( 9,10
» ) gelblichbrauner eisenschüssiger Sand.
3) 4 »
( 1,26
» . ) dunkelbrauner sandiger Thon.
4) 17 »
( 5,34
» ) blaugrauer Thon mit Gyps und klei-
5) 2i/2 »
( 0,79
nen Kalkstücken (augenscheinlich zer-
bohrte Muschelreste).
» ) bräunlichschwarze Letten mit Glim-
mer.
6) V 4 »
( 0,08
» ) Braunkohle.
7) 23 »
( 7,22
» ) Formsand, grau und blau gestreift.
89% Fuss (28,17 Meter).
Leider lässt sich aus diesen Angaben die genaue geologische
Bestimmung und Parallelisirung der einzelnen Schichten nicht
mit Sicherheit ableiten. Die oberste auf dem Nordabhange des
Dachsberges durchsunkene Schicht (16 Fuss brauner sandiger
Thon mit Glimmer, Bohrloch I, No. 1) ist zweifellos der dort an-
stehende Obere Geschiebemergel. Der in Bohrloch I, No. 4 an-
gegebene mergelige Kalkstein darf wohl als eine Septarie ange-
sehen werden. Im Uebrigen hat es den Anschein, als ob in den
Bohrlöchern I und III die Brauukohlenformation erst unter dem
Septarienthon angetroffen wäre, was wiederum auf bedeutende
Schichtenstörungen schliessen liesse, die in diesem Falle als über-
kippte Falten zu erklären sein dürften.
Eine bemerkenswerthe Eigentümlichkeit innerhalb der Pritz-
hagener Forst bieten die beiden Tornow- Seen. Dieselben sind
nur 250 Meter von einander entfernt, zeigen jedoch sehr be-
deutende Niveaudifferenzen, denn der Wasserspiegel des Kleinen
Tornow-Sees liegt 17,2 Meter höher als der des Grossen Tornow-
Sees. Bei meinen bis zu 2 Meter Tiefe geführten Handbohrungen
fand ich, dass die trennende Kuppe, der Kalkberg, oberflächlich
aus Diluvialgrand besteht, doch muss im Untergründe eine das
Wasser nicht durchlassende Schicht vorhanden sein, da sonst das
Wasser des Kleinen Tornow sehr bald nach dem Grossen ab-
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow
119
laufen würde. Ob diese undurchlässige Schicht, wie Plettner
vermuthet, durch Septarienthon gebildet wird, liess sich bisher
nicht entscheiden. Mit gleicher Wahrscheinlichkeit könnte man
annehmen, dass der Untere Geschiebemergel hier den Abfluss ver-
hindert, denn derselbe ist in der Umgebung des Sees an ver-
schiedenen Stellen nachgewiesen worden.
Ein neuer Aufschluss, der innerhalb der Pritzhagener Forst
unmittelbar an der von Bollersdorf nach Reichenberg führenden
Chaussee auf meine Veranlassung entstanden ist, dürfte für die
Lagerungsverhältnisse des Tertiärs von Interesse sein. Nachdem
ich durch kleinere Handbohrungen das Vorhandensein des Septa-
rienthones in dem sich an das sogenannte Buchholz anschliessen-
den Ackerlande festgestellt hatte, wurde dies Gebiet von Herrn
Obersteiger SchÜLKE durch tiefere Bohrungen näher untersucht
und auf Grund der günstigen Ergebnisse die dortige neue Ziegelei
angelegt. Man hat nun an dem Abhange der südlich von der
Chaussee gelegenen Anhöhe einen von O. nach W. gerichteten
Abstich gemacht, an welchem ich im November 1893 folgende
Schichten beobachtete. Von W. nach O. zu vorschreitend be-
merkt man unter einer dünnen Decke von geröllführendem Dilu-
vialsande zuerst feinen Glimmersand, der ganz dieselbe Ausbil-
dung zeigt wie der am Eingänge in die Buckower Thongrube
und in der Silberkehle aufgeschlossene. Das Ausstreichen des-
selben an der Oberfläche liess sich bis auf eine Länge von
50 Schritt verfolgen. Dann folgte auf eine Erstreckung von
30 Schritt glaukonitischer, mit Thoneisensteinbänken wechsellagern-
der Sand, welcher dem Stettiner Sande in der Buckower Thon-
grube entspricht. Daran schliesst sich auf eine Länge von 60 Schritt
Septarienthon. Die in diesem angelegte Grube war erst einige
Meter tief, doch haben die dort angestellten Bohrungen ergeben,
dass der Thon bei 12,5 Meter noch nicht durchsunken wurde. Leider
konnte man an diesem Aufschluss, der nur das oberste Ausgehende
der Schichten zeigte, nicht das Einfallen und Streichen derselben
ermitteln. Wahrscheinlich ist die Schichtenstellung eine sehr
steile und wir haben es hier vielleicht mit einer nach SW. zu
überkippten Falte zu thun, deren Gewölbe durch Erosion ver-
120
F. 'Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse
schwunden ist. Dadurch käme es, dass der Glimmersand hier
scheinbar das Liegende des Stettiner Sandes bildet.
Durch Herrn Obersteiger Schülke und den dortigen Ziegel-
meister erhielt ich bisher aus dem Septarientho ne:
Cryptodon unicarinatus Nyst )
Leda Deshayesiana Nyst \ Je ein Sut erhaltenes Exemplar.
Pleurotoma regularis de Köninck 2 j
» laticlavia Beyr. 2 > Exemplar
» Duchastelii Nyst 1 )
aus dem Stettiner Sande:
Cyprina rotundata A. Braun, ein als Steinkern vorzüglich
erhaltenes Exemplar. Kommt in dieser Schicht auch in der alten
Buckower Thongrube und bei Stettin vor.
Der weitere Abbau wird sicher interessante Aufschlüsse über
die Beziehungen der Quartärbildungen zu diesen Schichtenstörungen
gewähren. Erwähnt sei noch, dass etwa 400 Meter NO. von der
Grube weisser Quarzsand der Braunkohlenformation der dem
liegenden Flötzzuge angehören dürfte, an dem Wege im Walde auf-
geschlossen ist, doch lässt sich bisher nicht erkennen, wie sich
derselbe hier dem Aufbau der Tertiärablagerungen eingliedert.
Den Schluss dieser Ausführungen möge eine kurze Betrach-
tung des inmitten der tertiären Ablagerungen befindlichen Scher-
mützel-Sees bilden. Plettner, Girard und Küsel stimmen in-
sofern in ihren Ansichten überein, als sie die grosse Unregel-
mässigkeit und Unebenheit der Oberflächenformen in der Um-
gebung von Buckow auf Einsenkungen und Verstürzungen des
Bodens zurückführen, die mit den von ihnen beobachteten Stö-
rungen der Tertiärbildungen in Zusammenhang gebracht werden.
Besonders deutlich tritt dies gemeinsame Bestreben der drei Forscher
bei der Erklärung der tiefen Einsenkung hervor, welche von dem
Schermützel-See erfüllt ist. Der Spiegel dieses in seiner Mittel-
linie 2200 Meter langen und 500 — 750 Meter breiten Seebeckens
liegt 26,3 Meter über Normal Null. Rechnet man den durch Torf-
bildungen und eine aufragende Kuppe Diluvialsandes abgetrennten
Weissen See hinzu, so hat der Schermützel-See eine halbmond-
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
121
förmige Gestalt. Von den kleineren Einbuchtungen abgesehen,
verlaufen die Ufer des nördlichen Theiles von NO. nach SW. die
des südlichen von NNW. nach SSO. Nach den von Girard 1).
mitgetheilten, genauen Messungen ist die Tiefe des Sees in der
südlichen Hälfte ziemlich gleiclimässig 12,6 — 15,7 Meter, von der
Mitte aus nimmt sie jedoch nach N. mehr und mehr zu, bis sie
dicht vor dem Ende des Sees unterhalb der Bollersdorfer Höhe
und etwa 200 Schritt von dem Fischerhäuschen 44,6 Meter er-
reicht. Im Umkreis dieses tiefsten Punktes schwankt die Tiefe
des Sees zwischen 31,4 — 37,7 Meter, nimmt jedoch nach dem
Ufer zu sehr schnell ab, da sie in 100 Schritt Entfernung von
demselben bereits 1 5,7- — 17,3 Meter und in dem nördlichen Theile
beim Fischerhause auf 50 Schritt Abstand sogar 18,8 Meter be-
trägt. Es finden sich hier demnach auf Entfernungen von 300 Meter
Senkungen des Bodens von 31,4 Meter und auf 150 Meter sogar
eine solche von 44,6 Meter, was einem Böschungswinkel von
5 — 6°, bezw. 16 — 17° entspricht. Girard hebt hervor, dass so-
wohl die Tiefe des Sees als auch die Neigung seines Bodens als
besonders auffällige Erscheinungen anzusehen sind. Diese Ansicht
kann ich nicht theilen , denn das Relief des Seebodens weicht in
keiner Weise von der Oberflächengestalt seiner Umgebung ab,
wie dies die Höhencurven zeigen. Ausserdem bieten zahlreiche
Seen des norddeutschen Flachlandes 2) sowohl hinsichtlich der
Tiefe als auch der Neigung des Seebodens völlig entsprechende
Verhältnisse dar.
Plettner hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Verlänge-
rung der Muldenlinie der Bollersdorfer Braunkohlenbildungen gegen
SO. gerade die tiefste Stelle im Schermützel-See treffe und sich
über denselben hinaus in südöstlicher Richtung in einem Thale
fortsetze, das im Norden vom Iudendickten — , im Süden vom Luisen-
berge begrenzt werde. Die Muldenbildung des Braunkohlenge-
0 H. Girard, Die norddeutsche Ebene insbesondere zwischen Elbe und
Weichsel, Berlin 1855, S. 196 und 197.
2) Vergl. die Zusammenstellung der Seen in: F. Wahnschaffe, Die Ur-
sachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. Stuttgart 1891
S. 145—153.
122
F. Wähnschaffe, Die Lagerangs Verhältnisse
birges erklärt er durch eine Senkung des Gebietes, welche im
Schermützel-See ihre grösste Tiefe erreichte. Angenommen, dass
dieser See in der That einer mächtigen Verstürzung seine Ent-
stehung verdankte, würde ich weit weniger geneigt sein, an eine
Einmuldung im Sinne der Bollersdorfer Braunkohlenmulde zu
denken, als vielmehr an eine Grabenversenkung, welche dem Ufer-
rande im nördlichen Theile des Sees entsprechend senkrecht zum
Streichen der Braunkohlenschichten von NO. nach SW. gerichtet
wäre. Eine solche Grabenversenkung könnte jedoch erst in der
Postglacialzeit stattgefunden haben, denn es erscheint unmöglich,
dass sich eine derartige aus älterer Zeit herrührende Vertiefung
während der beiden Inlaudeisbedeckungen erhalten haben sollte,
ohne von Moränen oder fluvioglacialen Bildungen ausgefüllt zu
werden.
Eine alte Sage, dass in dem 23,5 Meter tiefen Haus -See
(Buckow -See) vor Alters eine Stadt versunken sei, scheint die
Annahme von Bodensenkungen mit beeinflusst zu haben. Eine
scheinbare Bestätigung erhält dieselbe durch die Auffindung von
Pfahlbauten im Schermützel-See. Herr Amtsgerichtsrath Küchen-
büch *) in Müncheberg, der Entdecker derselben, schreibt darüber
Folgendes: »Die Sage einer untergegangenen Stadt hat hier ihren
vollen Grund, da man auf der Ostseite des Schermützel-Sees, etwa
100 Schritt vom Ufer 10 — 15 Fuss unter dem Wasser eine etwa
207 Fuss lange Pfahlreihe sieht, die offenbar zu einer Einfriedi-
gung gedient hat. Von ihr gehen im rechten Winkel einige andere
Pfahlreihen ab, die aber nach wenigen Schritten abbrechen, da
hier der Grund in eine jähe Tiefe abstürzt. Auf der Nordwest-
seite, wo der See seine grösste Tiefe, über 110 Fuss erreicht, sieht
man auf die Wipfel stehender Bäume. Der Boden des Sees ist
also zu einer Zeit, als auf ihr Menschen wohnten, in längst ver-
gangener Zeit eingesunken und birgt das Wasser ohne Zweifel
eine menschliche Wohnung. Ein aus der Reihe herausgenommener
Pfahl ist Eichenholz, 6^2 Fuss lang, 41/,2 Zoll dick und scheint
x) Katalog der Ausstellung prähistorischer und anthropologischer Funde
Deutschlands. Berlin 1880 S. 106 und 107. (Zuerst veröffentlicht im Anzeiger
f. Funde deutscher Vorzeit 1860, S, 442).
des Tertiärs und Quartärs der Gegend von Buckow.
123
unten, wo er in der Erde gestanden, gebrannt gewesen zu sein,
oben mit einem nicht sehr scharfen Beile zugespitzt.«
Was zunächst die Sage von einer versunkenen Stadt betrifft, so
ist darauf kein allzu grosses Gewicht zu legen, da von sehr vielen
Seen, an denen JStädte oder Dörfer gelegen sind, ganz dasselbe be-
richtet wird. Die 10 — 15 Fuss unter dem Wasserspiegel nachge-
wiesene Pfahlreihe scheint allerdings eine Senkung des Seebodens
anzudeuten, jedoch braucht dieselbe keineswegs mit der Entstehung
des Seebeckens in Zusammenhang zu stehen. Es ist an Seerändern
mit Steilufern eine häufig vorkommende Erscheinung, dass beim
Sinken des Wasserspiegels um einige Fuss und dementsprechen-
der Tieferlegung des Grundwasserstandes in dem Ufergebiet Rut-
schungen des zuvor unter Wasser befindlichen und nun trocken
gelegten Seebodens eintreten, die eine schiebende Wirkung auch
auf das unter Wasser liegende Randgebiet des Sees ausüben und
dies in ein tieferes Niveau herabdrücken. Da der Wasserstand im
Schermützel - See während der Postglacialzeit sich nachweislich
bedeutend erniedrigt hat, so können durch derartige Abrutsehungen
die Pfahlbauten sehr wohl in ein tieferes Niveau gelangt sein.
Ebenso wenig scheinen mir die aufrecht stehenden Bäume auf der
Nordwestseite des Sees für eine Senkung des Bodens zu sprechen.
An dem sehr steilen, abbrüchigen Ufer unterhalb der Bollersdorfer
Höhe lösen sich noch gegenwärtig bei starken Regengüssen mehr
oder weniger grosse Erdschollen mit den darauf stehenden Bäumen
los und rutschen den Abhang herab. Auf diese Weise mögen
auch früher grosse Bäume in den See gelangt sein und falls sie
mit einem schweren Wurzelballen versehen waren, eine aufrecht-
stehende Stellung erhalten haben.
Durch die geologische Kartirung der Buckower Gegend scheint
mir der Beweis erbracht zu sein, dass die unregelmässigen Ober-
flächenformen nicht, wie Plettner, Girard und Küsel ange-
nommen haben, durch eine Yerstürzung des Schermützel-Sees, die
sich auch auf die Umgebung erstreckt haben soll, hervorgerufen
sind, sondern dass sie unverkennbare Züge einer Erosionsland-
schaft aufweisen, welche durch die vom Eisrande kommenden
Schmelzwasser während der letzten Glacialepoche geschaffen
124
F. Wahnschaffe, Die Lagerungsverhältnisse etc.
wurden. Die Störungen der Tertiärbildungen in der Buckower
Thongrube lassen sich nicht durch eine Senkung des Bodens er-
klären, sondern stellen eine durch das vorrückende Inlandeis
der ersten Glacialep o che aufgestaute, überkippte und
überschobene Falte dar. Auch für das tiefe Becken des Scher-
mützel-Sees scheint mir die Annahme einer Bodensenkung nicht
erforderlich zu sein, besonders da ein Beweis dafür durch die
Tektonik der Quartär- und Tertiärbildungen bisher nicht erbracht
worden ist. Die Ränder dieses sowie auch der anderen Seen in
der Buckower Gegend weisen auf eine gewaltige Erosion hin.
Unter der Annahme, dass die vom nördlich gelegenen Inlandeis-
rande kommenden Schmelzwasser mit grosser Gewalt in dies Ge-
biet einbrachen, zum Theil auch in dasselbe herabstürzten, lassen
sich die gegenwärtigen Seebecken und Rinnen sehr gut als tiefere
Ausstrudelungen und Ausschürfungen in dem leicht zer-
störbaren Untergründe erklären. Es würden demnach die Seen
der Gegend von Buckow dem von E. Geinitz Q aufgestellten
Typus der »Evorsions-Seen« angehören.
*) F. E. Geinitz, Ueber die Entstehung der mecklenburgischen Seen.
(Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte Mecklenburgs.) — Die
Seen, Moore und Flussläufe Mecklenburgs. Güstrow 1886.
Bemerkungen über den sogenannten Lias
von Remplin in Mecklenburg.
Von Herrn Alfred Jentzsch in Königsberg in Preussen.
Als muthmaasslich »Unteren Lias« hat Herr E. Geinitz1)
jüngst aus Mecklenburg ein Vorkommen beschrieben, welches,
wenn seine Deutung sich bestätigen sollte, auch Licht auf benach-
barte preussische Gebiete werfen würde.
Bei der Verbreiterung der NW. — SO. laufenden Eisenbahn-
strecke Teterow-Malchin wurde nordwestlich des Gutes Remplin
bei 38 — 43 Meter Meereshöhe folgendes bemerkenswerthe Profil
aufgedeckt:
5 Meter Diluvium (vorwiegend Geschiebemergel);
2 » Cenomankalk mit Ostrea cf. hippopodium Nilss.,
' Avicula gryphaeoides Röm., Inoceramus sp., Tere-
bratula biplicata Sow. , Terebratulina striatula
Mant., Serpula sp. , Cristellaria sp. und anderen
Foraminiferen, sowie Bairdia sp. ; die unterste
Hälfte dieser Cenomankalk-Bank ist glaukonitisch
und führt Belemnites ultimus d’Orb. Das Cenoman
fällt 10-200 nach NW.
0,6 — 0,75 » grober Grünsand mit Phosphoritknollen und ver-
kieseltem, nicht specifisch bestimmbarem Coniferen-
liolz;
*) Archiv d. Vereins d. Freunde d. Naturgeschichte von Mecklenburg 48,
(1894) S. 107—114, Taf. IV.
126
Alfred Jentzsch, Bemerkungen über den sogenannten Lias
0,2 — 0,5 Meter
0,8 »
0,6 »
0,06-0,1 »
2 »
gelblichbrauner Quarzsand (a) mit sehr geringem
Kalkgehalt, unten mit dünnen schwarzen Streifen
und Thonlinsen ; »dasselbe Einfallen nach NNW« ;
feiner Sand (b) mit Eisenconcretionen und kleinen
Holzstücken; durch dünne, gebogene, schwarze
Sandstreifen wie marmorirt und geflammt;
abwechselnd scharfer und weicher, etwas glimmer-
reicher, weisser Sand (c) mit 2 gelblichen, thoni-
gen Zwischenlagern; in der oberen Hälfte rein
weiss, wie tertiärer Glimmersand und mit Eisen-
concretionen, in der unteren Hälfte dunkel;
fetter, dunkel-blaugrauer Thon, an der hangenden
Grenze reich an kleinen Stücken verkohlten
Holzes;
scharfer Quarzsand (d), grau uud schwarz mar-
morirt, fest zusammengebacken durch ein schein-
bar thoniges oder aschenartiges Bindemittel, zu
oberst massenhaft kleine Stücken von faseriger
Holzkohle führend und dabei fast zu einem dün-
nen Holzkohlenflötzchen übergehend. Alle diese
Schichten liegen concordant!
Nach kurzer Lücke findet man im Liegenden 20 Schritt lang
wieder weissen Sand (e), scharfem tertiären Glimmersand ähn-
lich, mit Eisenconcretionen und mehreren gelblichen, thonig-sandigen
Zwischenschichten und Linsen von schwarzgrauem, thonigem Sand,
darunter schwarzen, scheinbar thonigen Sand (d')-
Nach längerer Unterbrechung wurde weiter im Liegenden
(also südöstlich) noch folgendes Profil beobachtet:
schwarzer Thon;
gelber und weisslicher, glimmerhaltiger Sand (f) mit
vielen Eisenconcretionen und centimeterdickem, mürbem,
schmutzig-grauem oder braunem, eisenschüssigem Sand-
stein und Lagen von Thoneisen -Concretionen, welche
theilweise Aehnlichkeit haben mit den oberoligocänen
Concretionen von Meierstorf, und einen undeutlichen
Zweischaler lieferten.
Von Kemplin in Mecklenburg.
127
Man muss Herrn E. Geinitz darin völlig beistimmen, dass
nach den geschilderten Lagerungs- und Verbandsverhältnissen die
Schichten b — f (ungeachtet ihrer petrographischen Aehnlichkeit
mit tertiären) älter als Cenoman sein müssen. Die coucordante
Ueberlagerung kann nicht durch eine — im Flachlande bekannt-
lich mehrfach beobachtete — Ueberschiebung erklärt werden,
weil mechanische Contacterscheinungen fehlen; auch weicht der
holzkohlenartige Erhaltungszustand der Holzreste von dem im
Tertiär gewöhnlichen völlig ab. Herr E. Geinitz dachte zunächst
mit Uebergehung des Gault an Wealden, erhielt aber von Herrn
Struckmann in Hannover die Mittheilung, dass Letzterem derartige
lockere sandige Schichten aus dem norddeutschen Wealden nicht
bekannt seien; auch weichen die einheimischen Wealdenfindlinge
durch ihr festeres Gestein ab. Dagegen besteht nach Herrn
E. Geinitz eine ganz auffällige petrographische Aehnlichkeit mit
den Unterlias -Schichten von Bornholm. »Auch dort dieselben
weissen und gelblichen Sande mit Sphärosiderit- Concretionen,
grauen Thone , und die der Meilerkohle ähnliche , glänzende
Holzkohle«. Danach möchte Herr Geinitz trotz des Mangels
an sicheren Versteinerungen »doch nach langen Vergleichen die
Rempliner Schichten b — f auf Grund ihrer Lagerung und ihrer
petrographischen Aehnlichkeit mit den Bornholmer Schichten zum
untersten Lias zählen«.
Der soeben auszugsweise wiedergegebene Befund fordert zu-
nächst zu einem Vergleich mit dem durch lose Sandschichten
ausgezeichneten Lias der fiskalischen Bohrung von Cammin in
Pommern1) heraus, um so mehr, als Bemplin von Cammin nur
140 Kilometer, von Bornholm aber etwa 185 Kilometer entfernt
liegt, und senkrecht zum hercynischen Schichtenstreichen gemessen
von Bornholm doppelt so weit als von Cammin entfernt ist.
Das mir unterstellte ostpreussische Provinzialmuseum besitzt
durch die Güte des Königlichen Oberbergamts zu Halle eine voll-
ständige Schichtenfolge der Camminer Bohrung, und Herr E. Gei-
nitz hatte auf meine Bitte die Freundlichkeit, mir einige Proben
*) Hauchecorne, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1876, S. 423 und 775.
Beyrich, ebenda S. 424.
Cramer, Zeitschr. f. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen 1884, S. 151 — 159.
128
Alfred Jentzsch, Bemerkungen über den sogenannten Lias
der Rempliner Gesteine zu übersenden, welche ich nun mit den
Camminer Schichten vergleichen konnte. Da das Cenoman von
Remplin völlig sichergestellt ist, sehe ich von dessen Schilderung
ab. Von den als Lias angesprochenen Schichten liegen mir Proben
der Sande d und e vor, sowie Concretionen, aus denen sieh nichts
für das Alter entnehmen lässt. Dem weissen Sande e von
Remplin (welcher ganz gewöhnlichen Tertiärsanden gleicht),
ist nun unter den Camminer Bohrproben am ähnlichsten die
Probe No. 41 : grauer grobkörniger Quarzsand von 160,30 bis
178,44 Meter Tiefe, welcher bei 160,30 Meter Tiefe ein 0,12 Meter
mächtiges Kohlenflötzchen enthält.
Ein wenig gröber, aber sonst gleich, ist die Probe No. 39:
hellgrauer, scharfer Quarzsand von 151,26 — 157,10 Meter Tiefe.
Ein wenig feiner, aber sonst gleich, ist die Probe No. 40:
grauer, grobkörniger Quarzsand von 157,10 — 160,30 Meter Tiefe.
Im Ganzen entspricht also Remplin e den Schichten Cammin
No. 39/41 von 151,26 — 178,44 Meter Tiefe.
Aehnlich, doch minder genau übereinstimmend, sind die Cam-
miner Proben:
No. 50 von 206,21—211,80 Meter
» 59/60 » 254,40—265,30 »
' » 66 » 325,98—327,84 »
» 69 » 329,51—332,45 »
»71 » 335,30—338,00 »
Die in Cammin bei 338 — 580 Meter Tiefe durchbohrten
Liasschichten liefern nichts petrographisch Identisches oder nahe
V ergleichbares.
Dagegen weisen die Proben No. 39/41 in der That noch
grössere Aehnlichkeit mit dem Rempliner Sande e auf, als die
freilich kleine, von mir 1889 auf Bornholm gesammelte Folge von
Liasgesteinen.
Der Rempliner schwarze Sand d ist ein durch schwarzen
Kohlenstaub gefärbter feinerer Quarzsand und könnte in dem
Camminer Profil der Probe No. 35 : »grauer thoniger Sand mit
von Remplin in Mecklenburg.
129
Streifen schwarzen Sandes« von 132,55 — 136,17 Meter Tiefe ent-
sprechen, womit die Aehnlichkeit recht gross ist.
Die Rempliner Schichten b — f würden somit, falls sie Lias
wären, am nächsten mit der von Cammin bei 132 — 180 Meter
Tiefe durchbohrten Stufe übereinstimmen und äussersten Falles
mit der darunter bis 338 Meter Tiefe durchbohrten Stufe ver-
glichen werden können.
Da nun die Camminer Schichten von 265 — 335 Meter Tiefe
als marin, und insbesondere durch Ammonites als Mittlerer Lias
festgestellt sind, so würden nach diesem Vergleichsobjecte die
Rempliner Schichten zwar älter als Dogger, aber nicht älter als
Mittlerer Lias sein.
Bei solcher Deutung würde es indess auffällig bleiben, dass
in Remplin Cenoman concordant unmittelbar über mittlerem
Lias läge, während zwischenliegende Stufen in Mecklenburg, Vor-
pommern und an den Odermündungen vielfach bekannt sind. Es
würden nicht allein der durch Geschiebe auf Rügen, in Vor-
pommern und der Mark angedeutete Wealden 1) und die Jurabil-
dungen der Odermündungen fehlen, von denen man vielleicht
annehmen könnte, dass sie in Mecklenburg nicht entwickelt sind,
sondern auch der marine obere Lias, welcher als Opalinusthon
nicht nur in Vorpommern bei Grimmen (66 Kilometer nordöstlich
von Remplin), sondern auch in Mecklenburg bei Dobbertin (nur
39 Kilometer westsüdwestlich von Remplin), hier noch von Posi-
donienschiefern begleitet, aufgeschlossen ist.
In dem mesozoischen Vorlande Skandinaviens, zu welchem
Mecklenburg wie Ostpreussen unzweifelhaft gehören, können völlig
gleichartige Quarzsande als letzte Auswaschungsrückstände von
Sedimenten desselben gemeinsamen Verwitterungsheerdes sehr wohl
in den verschiedensten Horizonten auftreten; ehe man sich für die
Stellung der Rempliner Sande zum Lias entscheidet, wird man
sich daher die Frage vorzulegen haben: ob denn nicht die jüngsten
vor-cenomanen Schichten jener Gegend ebenso beschaffen sein
*) Yergl. Deecke, Ueber ein grösseres Wealden-Geschiebe im Diluvium bei
Lobbe auf Mönchgut (Rügen). Mittb. d. naturw. Vereins f. Neuvorpommern
und Rügen, 20. Jahrg. 1888.
Jahrbuch
9
130 Alfred Jentzsch, Bemerkungen über den sogenannten Lias
könnten? Das unmittelbare Liegende des Cenomans ist in Mecklen-
burg gar nicht, in ganz Nordostdeutschland mit Sicherheit bisher
nur an einer Stelle bekannt: in Greifswald. Dort traf Busse’ s
Bohrloch Selma *) unter 54,6 Meter Diluvium :
66,7 Meter Turon :
0,7 » Cenoman als grünen sandigen Thon ohne Fora-
miniferen, doch mit zahlreichen Belemnites ultimus
d’Orb. , mithin im Niveau genau dem untersten
Theil des Rempliner Cenomans entsprechend und
petrographisch als eine (vielleicht nur durch das
Bohrverfahren bedingte) Mischung des letzteren
mit dem unmittelbar darunter liegenden 0,6 bis
0,75 Meter mächtigen Grünsand zu betrachten;
0,3 » rothen Kreidethon von sehr heller, fast gelber Fär-
bung ohne Petrefacten;
25,3
15,7
grauen Sand mit Koh-
lenbrocken, darunter
weissen Sand
beide mit Knauern von
Schwefelkies und Kalk,
sowie mit Phosphoriten
und Belemnites mini-
mus , daher = oberes
\ / Gault;
schwärzliche Thone, z. Th. mit Kalksteinen, Schwe-
felkies, Holz und (in Phosphorit versteinert): Am-
monites sp., Beeten sp. cf. orbicularis Sow., Zwei-
schalern und dickschaligen Serpeln, mithin noch
als oberes Gault zu betrachten.
Durch ein von Scholz * 2) beschriebenes Bohrloch in Hinrich’s
Brauerei in der Kirchstrasse zu Greifswald wurde das Gault 1878
nochmals getroffen und in noch grösserer Mächtigkeit erschlossen.
Unter 26,75 Meter Diluvium und nur 5,25 Meter Turon fand
man nämlich die dem Cenoman und dem Gaultsand entsprechen-
den Schichten in zusammen 31,65 Meter verticaler Mächtigkeit,
und darunter 70 Meter Gaultthon, unter welchem noch 2,25 Meter
»feiner Sand« erbohrt wurden. Die wirkliche Mächtigkeit ist ein
b Dames, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXYI, 1874, S. 974.
2) Mitth. d. Naturw. V. f. Neuvorpommern und Rügen XI, 1879, S. 60 ff.
von Remplin in Mecklenbnrg. 131
wenig geringer, weil bekanntlich in Greifswald die Kreideschichten
erheblich einfallen.
Im Bahnhofe Greifswald traf ein anderes Bohrloch 12,5 Meter
Diluvium über 35,8 Meter Senon über 7,2 Meter Turon über
2,2 Meter Gault- Grünsand nach Scholz j).
Eine kleine Probenfolge des HiNRiCH’schen Bohrprofils, welche
das Ostpreussische Provinzialmuseum der Freundlichkeit des Herrn
Scholz verdankt, gestattete mir, in einem 1886 in den Festungs-
werken von Swine münde abgeteuften Bohrprofil dieselben Gault-
schichten wieder zu erkennen. Diese bei -+- 3 Meter über Nor-
malnull angesetzte Bohrung ergab:
unter Normalnull.
39 Meter Alluvium und Diluvium .... bis 36 Meter
56 » Grauweissen Kreidemergel voll Fo-
raminiferen, mit Inoceramus- Bruch-
stücken, unbestimmten Zweischa-
lern und einzelnen Ostracoden . » 91 »
Wohl zweifellos als Turon aufzu-
fassen.
3 » Grünerde ohne Foraminiferen, doch
mit Salzsäure noch ziemlich reich-
lich brausend » 94 »
6 » grauen Quarzsand mit zahlreichen
Brocken verkohlten Holzes ... »100 »
9 » desgl. mit spärlichen, vielleicht nur
auf Nachfall beruhenden Kohlen-
theilen und spärlichen Glaukoniten » 109 »
1 » etwas helleren, sehr feinen Sand mit
spärlichen Kohlentheilen und spär-
lichen, doch wohl erkennbaren und
frischen Glaukoniten »110 »
54 — 110 Meter entsprechend der
oberen Sandstufe des Greifswalder
Gault.
*) Mitth. d. Naturw. Y. f. Neuvorpommem und Rügen XXI, 1889.
132 Alfred Jentzsch, Bemerkungen über den sogenannten Lias
In allen vier Bohrprofilen Nordostdeutschlands, welche das
Cenoman durchsunken haben, sind also gleichartige Gaultsande
gefunden worden, welche eine gewisse Aehnlichkeit mit den Sanden
von Remplin — des 5. Punktes , an welchem das Liegende des
Cenomans bekannt wird — aufweisen. Die speciellere Vergleichung
ergiebt, dass die mir vorliegenden Swinemftnder und Greifswalder
Proben theils wahre Grünsande, theils mindestens nicht ganz frei
von Glaukonit sind, während die Rempliner unteren Sande keinen
Glaukonit erkennen lassen. Aber es ist eine bekannte Thatsache,
dass letzterer bei gröberer Ausbildungsweise der Sande (wie sie
hier vorliegt) zurückzutreten pflegt; auch führt Dames im durch
Belemnites minimus bezeichneten Oberen Gault von Greifswald aus-
drücklich weissen Sand an.
Auch die Holzführung verbindet Remplin mit Greifswald und
Swinemünde. Vor Allem aber scheint mir die Verknüpfung der
Rempliner Quarzsande mit Grünsanden und durch diese mit dem
cenomanen Glaukonitkalk für die Continuirlichkeit der Schichten-
reihe zu sprechen, und deshalb hier den Lias auszuschliessen.
Hiernach halte ich es für wahrscheinlich, dass die Rempliner,
von Herrn E. Geinitz als Unterster Lias angesprochenen Sande
dem Oberen Gault, und zwar dessen oberer Sandstufe (vielleicht
verbunden mit dem obersten Theile der Thonstufe) angehören.
Dann ergäbe sich folgende Parallele:
Grösste Mächtigkeit in Meter
Greifswald
Remplin
Swine-
verticale
senkrecht zur Schich-
tung (also wirkliche)
bei Annahme eines
Fallens von etwa 30°
Busse
Hinrichs
Bahn-
hof
münde
(also
schein-
bare)
(schätzun gsweise)
Turon . . .
_
66,7
5,25
j
56
66,7
58
Cenoman . .
2
1,0
> 31,65
7,2
3
3
2
t Sande
etwa6-12
25,3
)
2,2'
16
28,65
25 \
Oberes ] ,
< Thone
—
15,7
70,0
—
—
70,0
60 87
Gault J
\ Sande
—
—
2,25
—
—
2,25
2 )
von Remplin in Mecklenburg.
133
Remplin ist 58 Kilometer von Greifswald und ca. 100 Kilo-
meter von Swinemünde entfernt; die Entfernung der letzteren
beiden Städte beträgt 58 Kilometer; das angedeutete früher vor-
handen gewesene Gaultdreieck umfasst mithin eine Fläche von
1470 Geviertkilometer.
Nach dem Ergebniss der Greifswalder Bohrung ist dort das
Obere Gault marin; dafür sprechen nicht nur die Versteinerungen,
sondern auch der Glaukonit, welcher immer als eine submarine
chemische Neubildung aus zugeführtem Sedimentmaterial zu be-
trachten ist, wo er nicht (wie z. B. im norddeutschen Diluvium
und im samländischen Miocän) als Geschiebe auf secundärer Lager-
stätte auftritt. Eben dieselbe Glaukonitbeimengung deutet aber
auf Zufuhr von Sinkstoffen, also auf nahen Strand oder auf Ab-
rasionsflächen; die Holzanhäufungen, welche sich weit verbreitet
darin finden, bestätigen dies und weisen auf bewaldetes Land,
welches als das skandinavische Festland zu denken ist, falls nicht
die Hölzer etwa aus zerstörtem Wealden stammen. Im Gegensatz
also zu Mitteldeutschland zeigt hier das Gault seine nördliche
Uferfacies, welcher vielleicht auch Süsswasser-Zwischenlagerungen
nicht völlig fremd sein mögen. Erst unter ihm dürfen wir jene
reichgegliederten Wealdenbildungen vermuthen, auf welche die
z. Th. längst bekannten, zuletzt durch Herrn Deecke aufgezählten
Wealdengeschiebe mit voller Bestimmtheit hinweisen. In Pommern
dürfte hiernach der Wealden beispielsweise zwischen Greifswald
und Grimmen an das Diluvium oder doch bis an transgredirende
obere Kreide aufragen.
. Bemerkenswerth ist übrigens in dem Rempliner Profil das
Schichtenstreichen nach NO. bezw. ONO., welches zu dem sonst
in Mecklenburg und Vorpommern herrschenden hercynischen
Streichen senkrecht steht, und etwa durch die Nähe des Malchiner
Seethaies bedingt sein könnte. Sollte, entgegengesetzt meiner Ver-
muthung, der Rempliner Sand dennoch Lias sein, so wäre er
nicht zum Unteren, sondern zum Mittleren Lias zu stellen.
Die oberpermisehen eruptiven Ergussgesteiiie
im SO.- Flügel des pfälzischen Sattels.
Von Herrn A. Leppla in Berlin.
Wie in der Nahemulde mit dem Beginn des Oberen Roth-
liegenden mächtige übereinander gelagerte Lavaströme den Ein-
tritt neuer Verhältnisse bekunden, so gewahrt man auch am SO.-
Flügel des sogen. Pfälzer Rothliegenden-Sattels über den Tholeyer
Schichten im Anschluss an die Gebirgsstörungen am Schluss der-
selben einen ausgedehnten Ausbruch von Ergussgesteinen. Ihre
Mannichfaltigkeit und Ausdehnung reicht nur hier bei Weitem nicht
an diejenige in der grossen Decke an der mittleren und oberen Nahe
heran. Nur 2 oder 3 Ergüsse sind am Aufbau der sogen. Grenz-
inelaphyrdecke betheiligt und ihre steile Stellung in dem stark
aufgerichteten Sattelflügel mindert ihre Oberflächen-Ausdehnung
noch um ein Bedeutendes.
Man darf es für feststehend erachten, dass die ausgedehnte
Bildung von sauren und basischen Stock- und Ganggesteinen und
der sauren und basischen Ergussgesteine in der angegebenen
Reihenfolge auf’s Engste an Gebirgsstörungen anschliessen, welche
unmittelbar nach Ablagerung der Tholeyer (früher Oberen Le-
bacher Schichten) das ältere Rothliegende und Carbon der Nahe
und Blies in bedeutendem Maasse zerstückelte und aus der ur-
sprünglichen Lagerung verrückte (vergl. Erläuterungen zu Blatt
Ottweiler und Birkenfeld der 46. Lief, der geol. Specialkarte von
Preussen u. d. thür. Staaten).
A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine etc.
135
Man hat ferner genügende Gründe zu der Annahme, dass
die Lagerung der Deeken-Ergüsse des Westrichs wie diejenige
des hangenden Oberen Rotbliegenden ursprünglich eine annähernd
wagerechte war und dass die steile Stellung, welche sie heute
zwischen den gleichförmig gelagerten Oberrothliegendschichten
aufweisen, eine Folge jener begonnenen Faltung ist, welche
vor Ablagerung des Mittleren oder Haupt-Buntsandsteins Carbon
und Rothliegendes des Saar-Nahegebietes in einen grossen Sattel
(Pfälzischer Sattel, Laspeyres) und eine damit parallel strei-
chende Mulde (Nahemulde) aufrichtete. Die letzterwähnte Be-
wegung war, wie es scheint, im nördlichen Theil des West-
riches, in der Gegend südöstlich vom Donnersberg und gegen
Rheinhessen zu weniger stark wie im SW. gegen das Saar-
thal zu. Das Uebergreifen der Trias über die permischen
Schichten äussert sich hier in bedeutendem Maasse, indem sich
der Untere Hauptbuntsandstein hier auf das Carbon, südöstlich
vom Donnersberg aber auf die oberpermischen Röthelschiefer auf-
lagert. Die den tiefsten Schichten des Ober-Rothliegenden1) ein-
geschalteten Ergussgesteine treten daher im NO.-Theile des
Westriches gegen das Mainzer Becken hin mehr zu Tage als
im SW.
Hier taucht der sogen. Grenzmelaphyr zum ersten Male am
rechten Ufer des unteren Ohmbachthaies zwischen Sand und Gries
(NO. Waldmohr) auf und zieht sich längs, der tiefsten Ober-
rothliegenden-Schichten über Dietschweiler, Nanzweiler, Nieder-
mohr j Fockenberg, Reichenbach, Albersbach als ein nur an we-
nigen Stellen unterbrochenes Band fort2). Zwischen Kollweiler
*) leb nehme hier in Uebereinstimmung mit K. A. Lossen die ältere von
Ghebe zuerst aufgestellte Fassung des Oberrothliegenden wieder auf, welche die
Söterner Schichten als den Beginn dieses Schichtensystems ansieht und verweise
hier auf die Erläuterungen zu Blatt Ottweiler und Birkenfeld.
3) Man vergleiche seinen Verlauf auf der »Geognostischen Uebersichtskarte
des kohlenführenden Saar- Rheingebietes« von. E Weiss und H. Laspeyres (Berlin
1867), auf welcher am SO.-Flügel des pfälzischen Sattels das dem Ober-Roth-
liegenden und Buntsandstein am meisten benachbarte Melaphyrband den sog.
Grenzmelaphyr darstellt.
136
A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven. Erguss gesteine
und dem Lauterthal wurde das Rothliegende durch 3 bedeutende
Quersprünge in 2 Staffeln ziemlich weit nach SO. in’s Hangende
vorgeschoben. Oestlich der am weitesten nach SO. vorgeschobe-
nen Staffel von Eulenbis-Hirschhorn springt ein Stück des zerrisse-
nen Bandes wieder zwischen Frankelbach, Olsbrücken und Schal-
lodenbach nach NW. zurück. Die Querverwerfung Schnecken-
hausen-Schallodenbach-Rauschermühl verwirft die Ergüsse aber-
mals in’s Hangende gegen SO. Von Heiligenmoschel ab scheint
sich die Decke, welche bis hierher auf der Karte scheinbar
nur aus einem Erguss bestand, in zwei zu gabeln. Thatsächlich
sind auch mindestens zwei Lavaströme im Querprofil durch die
Söterner Schichten nordwestlich Winnweiler vorhanden. Jedoch
scheint die mehrfache Wiederholung derselben Ergussgesteine auf
streichenden und quer zur Sattellinie verlaufenden Verwerfungs-
linien zu beruhen.
Das Hangende der Ergüsse sind im Allgemeinen die weissen
und hellbläulichgrün, hellbläulichgrau, auch wohl rosenroth ge-
färbten, oft gebänderten, dichten Thonsteine, die wir als Tuffe
der Felsitporphyre anzusehen gewohnt sind. Man trifft solche auch
als unmittelbares Liegende der Ergüsse, z. B. östlich Gries. Die
neue Strasse Reuschbach-Kirchmohr hat solche buntgefärbte Tuffe
über dem Erguss aufgeschlossen. An manchen Stellen treten an
Stelle der rasch an der Luft zerfallenden Thonsteine rothe Schiefer-
thone (z. B. bei Poerbach, am Reiseisberg östlich Reuschbach).
Die enge Verknüpfung der Ergüsse mit den Felsitporphyr-
tuffen und -Conglomeraten der Söterner Schichten im pfälzischen
Westrich steht im besten Einklang mit den Verhältnissen in den
Quellgebieten der Blies und Nahe zwischen St. Wendel und
Sötern, und wir haben daher allen Grund zu der Annahme, dass
Entstehungszeit und -Bedingungen von denjenigen der grossen
Ergussformation an der oberen Nahe, im Gebiet der Prims und
oberen Blies durchaus nicht abweichen.
In dem engen Zusammenhang der Decke mit den Söterner
Schichten in der Pfalz liegt meines Erachtens ein weiterer Stütz-
punkt für die Anschauung, dass man die Ergüsse mitsammt den
sic einschliessenden Söterner Schichten (Felsitporphyrconglome-
im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels.
1B7
raten und -Tuffen) den Bildungen zuzurechnen hat, welche nach
den Störungserscheinungen am Schluss der Tholeyer Schichten
entstanden sind, also dem Obern Perm. Unmittelbar voraus
gingen in der Pfalz und an der oberen Nahe die Bildung der
Eelsitporphyrstöcke und der grossen Mehrzahl der eingepressten
basischeren Eruptivgesteine. Diese Auffassung schliesst sich
auf’s Engste an die von K. A. Lossen zuerst über das Alter
der Eruptivgesteine an der Nahe geltend gemachten Anschau-
ungen an.
Die Ergüsse setzen sich, den Donnersberg südlich halb um-
greifend, nach NO. über Kirchheimbolanden nach Rheinhessen zu
fort.
Eine Gliederung ist in dem pfälzischen Theil bisher noch
nicht versucht worden. Die Gesteine zeigen scheinbar wenig
Verschiedenheit und ihre weit vorgeschrittene Zersetzung im Verein
mit der sehr häufigen Mandelsteinbildung veranlassten nur selten
ein tieferes Eindringen in ihre Beschaffenheit. Einige im An-
schluss an meine Untersuchungen an der Nahe ausgeführten Aus-
flüge in das pfälzische Gebiet lehrten mich erkennen, dass die
Zusammensetzung der Decke hier keine einheitliche ist und
dass mehrere Ergüsse daran betheiligt sind.
ln der Hauptsache lassen sich 3 Gesteinsformen unterscheiden,
die im Nachfolgenden kurz gekennzeichnet werden sollen.
I. Porphyrit (Augitporphyrit).
Zwischen Winnweiler und Schweisweiler treten am rechten
Ufer der Alsenz mehrfach Gesteine in SW. — NO. streichenden
Lagern auf (Küchengarten 200 — 300 Meter unterhalb Winnweiler;
gegenüber dem Dorf Hochstein; Steinbruch an der Strasse zwi-
schen Eisenschmelz und Schweisweiler), welche den von mir im
Bereich des Steinalbgebietes (Bl. Baumholder) und der oberen
Nahe (Bl. Birkenfeld und Preisen) als einsprenglingsarme Por-
phyrite bezeichneten Gesteinen ausserordentlich ähneln, z. B. den
Gesteinen am Gipfel des Herzberges und Schweisberges, südöstlich
lj) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1891 XLIII, 539.
138
A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
und östlich Eckersweiler, auf der Haide zwischen Hahnweiler,
Gimbweiler und Leitzweiler (Bl. Freisen) u. s. w. Sie haben eine
dunkelgraue Farbe, feines bis dichtes Korn und auf gewissen
Bruchflächen einen seidenartigen Glanz (feinschuppiges Aussehen
nach Lossen) erzeugt durch das Hervorleuchten zahlreicher, winzig
kleiner, annähernd parallel angeordneter Feldspathtäfelchen (Hoch-
stein). Einsprenglinge fehlen den Gesteinen fast gänzlich. In vor-
geschrittener Umwandlung begriffen, zeigen sie vielfach dunkelrothe
Streifen, Flecken und Bänderung durch Ausscheidung von Eisen-
oxyden. Die Absonderung liefert kleinprismatische und dünne,
plattige Brocken. Mandelsteine sind vielfach vorhanden (Schiefer-
fels östlich Schweisweiler).
Die starke Zersetzung hat in allen gesammelten Proben den
Augit entfernt und man erkennt nur bläuliche bis gelblichgrüne
chlori tische Faseraggregate von sehr unregelmässiger Form. Selbst
die den Haupttheil des Gesteins ausmachenden Feldspathleistchen
sind stark getrübt und fast nirgends frisch. Sie lagern sich meist
ziemlich parallel in flussartigen Zügen und Wellen. Einzelne
Kryställchen der feldspäthigen Masse haben kurze gedrungene
Form und scheinen meist einheitliche Individuen zu sein. Sie
mögen vielleicht dem Orthoklas angehören, wie auch einige
grössere einsprenglingsartige Individuen. Fast nirgends fehlen
unregelmässige zerfetzte Biotitblättchen in vorgeschrittener Zer-
setzung. Sie sind jedoch sehr spärlich. Quarz leuchtet vereinzelt
in den Restecken der Feldspathleisten hervor. Eisenglanz und
Kalkspath sind überall in feiner Vertheilung vorhanden. Dieselben
Gesteine bemerkt man im Falkensteiner Thal und zwar in den
tieferen Horizonten des Felsitporphyrconglomerats nördlich der
Räuberhöhle gegen das Dorf Falkenstein zu.
Der Porphyrit, welcher hier an der westlichen Strassen-
böschung etwa 750 Meter in der Luftlinie nördlich des Wam-
bacher Hofes ansteht, zeigt einzelne grössere Feldspäthe und
Augite erster Entstehung, freilich ganz umgewandelt und nur an
den Formen erkennbar. Er enthält neben sehr vereinzelten, noch
frisch erhaltenen, monoklinen Augiten viele, aber sehr kleine
Bastite in dem Feldspathfilz der Grundmasse.
im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels.
1 30
Eine Bauschanalyse, ausgefüh
Laboratorium der geologischen I
t von Herrn K. Klüss im
ndesanstalt, ergab :
Si02
Ti02
Al203
Fe203
FeO
MgO
CaO
Na20
K20
H20
S03
P2O5
Specifisches Gewicht .
. 60,22
. Spur
. 16,96
. 6,34
. 0,80
. 1,05
. 3,19
. 5,53
. 4,32
. 1,53
. 0,07
. 0,44
100,45
. 2,662.
Ein Alkaligehalt von 9,85 pCt. wurde unter den zahlreichen
Analysen, welche von den Gesteinen des Saar-Nahegebietes vor-
liegen, bei Gesteinen mit einem Kieselsäuregehalt von 60 pCt.
bisher nicht beobachtet. Quarz scheint hier zu fehlen. Man muss
daher im Hinblick auf die geringen Mengen von Kalk und Magnesia
annehmen, dass der Feldspath kali- und natronreichen Mischungen
angehört. Das Mikroskop lässt orthoklasähnliche Feldspäthe be-
sonders unter den Einsprenglingen erkennen. Der geringen Menge
von alkalischen Erden entspricht der minimale Gehalt an augiti-
schen Mineralien und das ausserordentliche Vorwalten des Feld-
spathes. Das Gestein ist bereits stark oxydirt. H. Laspeyres1)
hat in einem Porphyrit aus dem Falkensteiner Thal (nicht
»Frankensteiner Thal«) 60,176 pCt. Kieselsäure nachgewiesen.
Ich möchte glauben, dass der Fundort mit demjenigen des Ma-
terials der oben angeführten Bauschanalyse übereinstimmt.
*) Verhandl. d. naturhist. Vereins d. preuss. Rheinlande und von Westphalen,
Ronn 1883, XL, S. 389.
140
A. Lepplä, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
In geringer Ausdehnung findet sich ein porphyritisches Ge-
stein in Verbindung mit einem dunkelgrauen Tuff1) in den tieferen
Schichten des Felsitporphyrtuffes am Westabhang des Lindenberges
südöstlich Gehrweiler. Einige Meter über dem sehr geringmächtigen
Porphyrit folgt ein diabasischer Melaphyr wie am Nordwestabhang
des Thronfels südlich Schweisweiler.
Unter dem von H. Laspeyres gesammelten Material befindet
sich noch eine Probe mit der Ortsbezeichnung »Thierwasem« bei
Kirchheimbolanden. Das Gestein kommt in allen Stücken dem
Porphyrit im Steinbruch oberhalb Schweisweiler an der Strasse
nach Hochstein so nahe, dass ich annehmen muss, dass die sauren
Gesteine der Decke noch nordöstlich vom Donnersberg gegen
Rheinhessen ihre Fortsetzung finden.
In den Aufschlüssen am Schieferfels östlich Schweisweiler,
sowie gegenüber Hochstein, endlich südöstlich Gehrweiler folgen
unter dem Porphyrit zunächst noch einige Meter der meist sehr
bunt gebänderten, feinkörnigen bis dichten, auch stellenweise grob
breccienhaften Felsitporphyrtuffe und weiter im Liegenden gelb-
lichgraue Arkosen und Schieferthone der Tholeyer Schichten. Man
hat also nach meinen bisherigen Beobachtungen, da ein Melaphyr-
erguss unter dem Porphyrit fehlt, diesen als den ältesten Erguss
aufzufassen.
Weitere Vorkommnisse von Porphyrit sind mir südwestlich
des Moscheibaches, also sowohl im Flussgebiet der Lauter wie
des oberen Glan nicht bekannt.
Ein eigenartiges Gestein in vollkrystallinem Gefüge steht zu
beiden Seiten des Falkensteiner Thaies an, etwa da, wo die von
Falkenstein herabkommende Strasse vom linken Ufer auf das
rechte übergeht. Man sieht ein divergent-strahliges Aggregat von
vorherrschenden, vielfach verzwillingten Leisten und untergeord-
l) Der ziemlich dichte, dunkelgraue Tuff enthält sehr viele eckige Bruch-
stücke von wasserklarem Quarz, einzelne von Feldspath (Plagioklas und Ortho-
klas) und besteht zumeist aus einem Trümmerwerk von Bruchstücken von por-
phyrischen, vielleicht basisführenden Feldspathgesteinen (quarzfrei) nicht sicher
bestimmbarer Herkunft. In dem an chloritischen Zersetzungsproducten reichen
Cement treten viele helle und dunkle Glimmerblättchen hervor.
im SO. -Flügel des 'pfälzischen Sattels.
l4i
neten einfachen,, mehr quadratischen Feldspathindividuen und da-
zwischen einen ziemlich idiomorphen, fast farblosen Augit, der
indess zum weitaus grösseren Theile in ein dunkelgelblich-grünes,
parallel-faseriges und parallel - auslöschendes Aggregat, zum unter-
geordneten Theil aber in eine unregelmässig-lappige und zerfetzte
Hornblende (Uralit) umgewandelt ist.
In den Restecken des Feldspathleistenwerkes tritt vielfach
allotriomorpher Quarz auf; also ein sehr saurer Grundmassenrest
(Oxymesostasis) in einem doleritischen bis ophitischen Gefüge.
Mit letzterer Eigenschaft steht es durchaus im Einklang, wenn
das Gestein an einigen Stellen idiomorphen Olivin enthält.
Das olivinfreie, augitreiche und quarzführende Gestein vom
linken Ufer des Baches enthält nach einer von Herrn A. Lindster
ausgeführten Bestimmung 55,37 pCt. Kieselsäure, während das
etwas unterhalb der Brücke nahe dem Bachbett anstehende olivin-
führende etwas verwitterte Gestein, bei dem indess die augitischen
Gemengtheile schon gänzlich entfernt sind, nach H. KlüSS
58,85 pCt. Kieselsäure aufweist. Ich schreibe dieses Mehr der
Entfernung der alkalischen Erden (auch Carbonate fehlen) und
der chloritischen Zersetzungsproducte, also Zersetzungs- und Um-
lagerungserscheinungen zu. Von dem Quarz abgesehen würde
man die eben beschriebenen Gesteine ihres divergent-strahligen
Gefüges wegen eigentlich zu den Melaphyren zählen, wie dies
auch bei einem Kieselsäuregehalt von 55,37 pCt. nicht unbegrün-
det erscheint, und um die Oxymesostasis zum Ausdruck zu brin-
gen, wäre die Beifügung »quarzführend« den Thatsachen ent-
sprechend. Doleritische Melaphyre stehen als eingepresste Mag-
men mit den quarzführenden Melaphyren im räumlichen Zusam-
menhang (Bierberg, Falkenstein u. s. w.). Es scheint mir wichtige
hervorzuheben, dass die quarzführenden Melaphyre von Wald-
hambach und Silz1) am Ostrand der Nordvogesen den Kieselsäure-
Ueberschuss als eine Art Einsprengling und nicht als Resteck-
ausfüllung führen, also sich wesentlich von dem vorbeschriebenen
Gestein des Falkensteiner Thaies unterscheiden. Ich bemerke
Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1892 XLIY. 419.
142 A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
ausserdem, dass letzteres höchst wahrscheinlich nicht zu den Er-
güssen, sondern zu den eingepressten Gesteinen gehört.
II. Melaphyre.
Die Fassung des Begriffes »Melaphyr« hat sich in den letzten
Jahren dahin geklärt, dass mau unter ihm nur die Vertreter der
altpalaeolithischen Diabase und känolithischen Basalte, also nur
die an Kieselsäure ärmeren (unter 55 pCt. im Mittel), an zwei-
werthigen Metallen (alkalischen Erden) reichen Gesteine zusammen-
fassen darf, gleichviel ob die genannten chemischen Eigenschaften
das Vorhandensein von Olivin bedingen oder nicht. In den
meisten Fällen wird er wohl kaum fehlen. Nicht sonderliches
Gewicht möchte ich indess auf das jungpalaeolithische Alter legen,
denn nicht das geologische Alter, sondern die physikalischen Ver-
hältnisse in der Umgebung des in der Erstarrung begriffenen
Magmas waren neben der äusseren Form, welche es anzunehmen
gezwungen war, die Structur und vielleicht auch mineralogische
Zusammensetzung bedingenden Kräfte. Ich werde daher keines-
wegs anstehen, die diabasartigen, ophitisch-körnigen Melaphyre
auch als Diabase oder Olivindiabase zu bezeichnen. Ebenso
wenig scheint es mir berechtigt, in unserem Gebiet die Form
des Auftretens, ob als eingepresstes Magma oder Erguss, für
die Namengebung zu verwerthen, denn die melaphyrischen Ge-
steine der Nahe können in den Ergüssen die gleiche Structur
zeigen, wie im eingepressten Gang oder Lager, vorausgesetzt,
dass letztere mächtiger als ihre Rand- und Salbandfacies sind.
Den Ergüssen fehlen die verschiedenen Aenderungen in der
Structur, wie sie den eingepressten Magmen eigen sind.
In der grossen Ergussformation an der oberen Nahe greifen
nach SW. zu gegen das Primsthal bis zur Saar hin die basische-
ren und jüngeren Ergüsse, die Melaphyre, über, indem hier di$
porphyritischen Ergüsse der ganzen Reihe fehlen. Auch nach SO.
zu zeigt sich dieselbe Erscheinung. Im SO. -Flügel des pfälzi-
schen Sattels haben die melaphyrischen Ergussgesteine die weit-
aus grösste Verbreitung und porphyritische sind, wie ich im
im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels.
143
Vorhergehenden dargethan habe, nur auf eine nicht allzu lange
Strecke um den Donnersberg herum beschränkt.
1. Basaltischer einsprenglingsreicher Melaphyr.
Mit dem Eigenschaftswort »einsprenglingsreich« ist die por-
phyrische, und wie ich gleich hinzufügen will, die hypokrystallin-
porphyrische Structur dieser Gesteine ausgedrückt. Die Noth-
wendigkeit, im Feld, also ohne Mikroskop, eine Gliederung der
Ergussgesteine vornehmen zu müssen, veranlasste mich, solche
Gesteinsbezeichnungen zu wählen, welche die mit unbewaffnetem
Auge oder höchstens mit der Lupe zu erkennenden Eigenschaften
kurz und scharf ausdrücken. Wenn ich hierbei auf das Vor-
kommen von zahlreichen Einsprenglingen etwas Gewicht legte,
so schien mir das dadurch begründet, dass ich auch feinkörnige
und dichte Gesteine habe, welche sich durch wenige Einspreng-
linge auszeichnen und eine bestimmte Stellung in der Ergussreihe
einnehmen. Vor Allem bei den Porphyriten zwangen mich die
wenigen Unterscheidungsmerkmale zu solchen Bezeichnungsweisen.
Man vergleiche hier die Berichte über meine Aufnahmen im Nahe-
gebiet von den Jahren 1891 und 1892 (Dieses Jahrbuch für 1891,
Berlin 1893, S. LIII — LIX und dieses Jahrbuch für 1893).
Die Gesteine sind besonders frisch erhalten an der Wacht,
einer kleinen Kuppe auf der Hochfläche am Westende von Eulenbis
nordwestlich Kaiserslautern und beinahe ebenso frisch etwa
600 Meter südöstlich des oberen Endes von Olsbrücken (im
Lauterthal) am Weg nach Mehlbach. Man hat es hier mit fast
schwarzen, rauh und uneben brechenden Gesteinen zu thun,
bei welchen in einer feinkörnigen und nicht vorwaltenden Grund-
masse farblose, glasglänzende, deutlich zwillingsstreifige Feld-
spathtafeln bis zu 10 Millimeter Grösse eingebettet liegen. Die
Einsprenglinge des Feldspathes treten noch deutlicher hervor,
wenn das Gestein einen vorgeschrittenen Verwitterungszustand
erreicht hat. Die Grundmasse erhält alsdann eine dunkle, violett-
graue oder auch -braune Farbe und aus ihr heben sich die in der
Regel strahlig gruppirten milchweissen Feldspäthe scharf ab. In
144
A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
diesem Zustand lassen sich auch dunkelgrüne Pseudomorphosen
nach Augit und rothbraune metallisch-glänzende (Eisenglanz) nach
Olivin erkennen. Augit tritt unter den drei fast einschlussfreien
Gemengtheilen erster Entstehung hinsichtlich seiner Häufigkeit
und einer wohlausgebildeten äusseren Begrenzung hinter Olivin,
besonders aber hinter dem Feldspath an Menge zurück. Die gla-
sigen Feldspäthe sind zonar aufgebaut und nähern sich in den
optischen Constanten der Labrador-Mischung. Sie bleiben bei der
Umwandlung ziemlich lange frisch und nehmen durch eingedrun-
genen Eisenglanz eine rothe Färbung an.
Der augitische Gemengtheil hat eine blassgelbe Färbung, ist
oft in der Spaltung vielfach verzwillingt und ziemlich einschluss-
frei. An der Strasse von Fockenberg nach Reichenbach wurden
deutlich ausgebildete Krystalle bis 10 Millimeter Länge umge-
wandelt in ein blassgrünes, feinfaseriges Aggregat beobachtet.
Das Mineral dürfte selbst wieder ein Umwandlungsproduct des
Bastits sein, der sich hier und westlich Elschbacherhof in verein-
zelten charakteristischen Kryställchen erkennen lässt. Thatsächlich
konnte auch ein frischer rhombischer Augit, Enstatit, an einzelnen
Orten, z. B. zwischen Olsbrücken und Schallodenbach, dann bei
Reichenbach, neben Augit als Einsprengling nachgewiesen werden.
Die Olivine sind nirgends frisch. Im ersten Umwandlungszustand
zeigen sie ein öl- oder bräunlichgrünes, meist radial-, auch wirr-
faseriges Aggregat (Serpentin1); in einem späteren Stadium ist
an dessen Stelle der rothbraune, durchscheinende Eisenglanz ge-
treten. Seine Bildung schreitet vom Rand und von Spalten und
Rissen gegen das Innere vor. Im letzten Stadium des immerhin
noch äusserlich festen Gesteins tritt nach Wegführung des Eisen-
oxydhydrates an Stelle der Olivine ein farbloses, wasserklares Mi-
neral, welches Calcedon zu sein scheint.
Die opaken Erze sind in feiner Vertheilung vorhanden und
nach den Formen zu schliessen scheint Titaneisen nur sehr unter-
geordnet vertreten zu sein.
>) Serpentin trifft man auch an vielen Stellen auf den Kluftflächen der
Ergüsse (Strasse Reuschbach-Obermohr).
im. SO.-Flügel des pfälzischen Sattels.
145
Die Grundmasse erweist sich als ein Gemenge, bestehend aus
einem vorwaltenden, durch viele Globulite und kurze Stäbchen
dunklen Glas und darin ausgeschiedenen Gemengtheilen der
zweiten Entstehung: Feldspathleistchen und -Nadeln und Augit-
körnchen von undeutlicher Krystallform. In einigen Fällen be-
merkt man in dem Glasteig auch eine schwache Doppelbrechung,
wahrscheinlich hervorgerufen durch ein dem feldspäthigen Gemeng-
theil ähnliches Entglasungsproduct. Bei der Zersetzung des Ge-
steins geht die Basis unter Annahme einer gelbgrünen (ölgrünen)
Färbung in ein feinfilziges Faseraggregat über, welches sich von
demjenigen des Olivins nur durch die Kleinheit der Faserbündel
und — Sphäroide und ein kräftigeres Gelb unterscheidet. Das
dürfte auf eine ziemlich basische Beschaffenheit des Glases deuten.
Die Reihenfolge der Gemengtheile der Grundmasse wäre demnach
Plagioklas, Augit, Glasbasis.
Tritt die Menge der letzteren gegen die Ausscheidungen der
zweiten Entstehung zurück, und dies ist in den meisten der hierher
gehörigen Gesteinen der Fall, so verliert der Augit der Grund-
masse die noch im grossen Ganzen erkennbare Krystallbegrenzung
und seine äussere Form wird alsdann von den ihn seitlich ein-
schliessenden Feldspathleistchen bestimmt, er wird zur Resteck-
ausfüllung. Es werden dadurch Annäherungen an die doleritischen
und diabasischen Melaphyre erzeugt.
Solche Gesteine mit untergeordneter Resteckaasfüllung durch
Glasbasis und einem mehr unregelmässig körnigen Augit der
zweiten Entstehung trifft man am Pfaffenthaler Wald und am
Fuss des Insenkopfes südlich Fockenberg. Es ist selbstverständ-
lich, dass bei diesen Gesteinen auch der Gegensatz zwischen den
magmatischen Ausscheidungen erster und zweiter Entstehung ein
weniger kräftiger ist, als bei den eingangs beschriebenen Mela-
phyren (Wacht bei Eulenbis). Auch in der Natur der Einspreng-
linge weichen die den diabasischen Gesteinen genäherten Aus-
bildungsweisen der einsprenglingsreichen Melaphyre von deren
Typus insofern ab, als nur Plagioklas und Olivin die Ausschei-
scheidungen erster Entstehung (intratellurischen) vorstellen, Augit
und Enstatit dagegen bei ihnen fehlen.
Jahrbuch 1893*
10
146
A. Leppla, Die ob erp er mischen eruptiven Ergussgesteine
In den vorgeschrittenen Umwandlungszuständen tritt Calcedon
und auch Kalkspath auf.
Das Gestein von der Wacht bei Eulenbis wurde durch Herrn
H. Haefcke im Laboratorium der geologischen Landesanstalt
analysirt und hierbei folgende unter I angegebene Werthe ge-
wonnen:
I.
II.
Si02 ....
. 54,13
53,58
Ti02 ....
Spur
0,98
A1203 ....
. 16,17
15,84
Fe203 ....
3,36
2,98
FeO ....
4,76
4,90
CaO ....
7,48
7,86
MgO ....
6,76
7,16
Na20 ....
2,89
2,99
K20 ....
1,63
1,63
H20 ....
2,72
2,54
so3
0,16
0,16
p205 ....
0,19
0,19
100,25
100,75
Specifisches Gewicht 2,625
2,7597.
Unter II führe ich eine
Analyse von
Herrn A. Hesse an,
welche von dem basaltischen Melaphyr nördlich und bei Mett-
weder (Bl. Freisen) im Nahe
- Gebiet ausgeführt wurde *). Mine-
ralogisch unterscheidet sich
der Melaphyr
von Mettweiler vom
Eulenbiser Gestein durchaus
nicht, wenn
man von sehr unter-
geordneten, butzenförmigen Ausscheidungen im Magma, die aus
Orthoklas bestehen, absieht. Im Gefüge weist die Gruudmasse
des Mettweiler Gesteins ein dichteres Korn und damit ein stärkeres
Hervortreten der porphyrischen Natur auf. Die Glasbasis tritt in
der Grundmasse sehr zurück und zeigt sich farblos und ein-
schlussarm.
b Erläuterungen zu Blatt Freisen der 46. Liefg. der geol. Special - Karte
von Preussen und den thüring. Staaten. Berlin 1894, S. 35.
im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels.
147
Auf die chemischen Verhältnisse werde ich bei der Be-
sprechung der Bauschanalyse des diabasischen Melaphyrs noch
einmal zurückkommen.
Die basaltischen einsprenglingsreichen Melaphyre, welche den
Naviten Rosenbusch’s nahe stehen mögen, bilden vom SW. -End
der Decke am SO.-Flügel des Pfälzischen Sattels, also von Sand
oder Gries (nordöstlich Waldmohr) aus bis gegen Schalloden-
bach zu, den ersten Erguss der Melaphyre und in diesem Gebiet
auch den ältesten Erguss der Decke überhaupt. Ueber Schallo-
denbach nach NO. hinaus sind mir bis heute keine ähnlichen Ge-
steine in der Decke bekannt geworden. Die etwas zur diaba-
sischen Structur neigenden Melaphyre südlich Fockenberg (Insen-
kopf und Pfaffenthaler Wald) folgen über dem vorigen Gesteine
gegen das Hangende Obere Perm, sind also jünger als sie.
Diabasische und doleritische Melaphyre.
Die Gesteine haben ein körniges, divergent-strahliges Gefüge
und charakterisiren sich dadurch, dass Olivin und Feldspath äussere
Krystallbegrenzung zeigen, idiomorph sind und dass der Augit
eine Art Zwischenklemmungsmasse zwischen den Feldspathleisten
bildet. Das Gefüge muss also ein ophitisches genannt werden
und es verschlägt hierbei nicht viel, ob zwischen den Feldspath-
leföten noch Restecke einer Intersertalmasse stecken oder nicht. Die
schwankende und untergeordnete Menge dieser Zwischenklemmungs-
masse und ihr völliges Verschwinden lassen es meines Erachtens
nicht gerechtfertigt erscheinen, sie zum Ausgangspunkt einer Ab-
trennung der Tholeyite von den Diabasen zu machen. Ich will
dabei noch ganz davon absehen, dass mau bei diesen Gesteinen
im Feld einen so untergeordneten Rest einer individualisirten,
oder nicht individualisirten Basis nicht einmal ahnen kann. Im
Nahe -Gebiet kann ich die äusserlich deutlich körnigen und ba-
sischen Gesteine ohne besondere Schwierigkeiten mit blossem
Auge absondern und ihre geologische Zusammengehörigkeit ver-
folgen. K. A. Lossen hat für die Gesteine die Begriffe Meso-
dolerit bis Mesodiabas gewählt. Sieht man von den Altersbezie-
hungen bei der Namengebung ab, so wird man diese Gesteine
10*
1 48 A. Leppla. Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
als ophitische Diabase bezeichnen und wer auf den Olivingehalt
einen besonderen Werth legen will, würde sich für die von
Zirkel1) gewählte Fassung des Begriffes Olivindiabas ent-
scheiden müssen.
Ich habe bereits die allgemeine Charakteristik der Gesteine
eingangs gegeben. Die frischen Proben zeigen durchgängig eine
dunkelgraue bis schwarze Farbe und ein mittleres Korn, in dem
die Feldspathe durch ihre oft glasglänzenden Spaltflächen hervor-
leuchten. Bei dem zuerst ausgeschiedenen Gemengtheil , beim
Olivin, geben die rothbraunen Ränder des Rotheisenerzes um den
grünlich-gelben Faseraggregaten von Serpentin die äussere Form
deutlich wieder (Erguss zwischen Schneckenhausen und Heiligen-
moschel). Aber wenn auch die Erzränder fehlen und nur die öl-
grünen Serpentinaggregate vorliegen wie bei Eulenbis, Höringen,
Wingertsweiler, Winnweiler U. s.w., dann tritt die Olivinform immer
noch deutlich genug hervor. An Einschlüssen ist er sehr arm.
Vereinzelte quadratische, braun durchscheinende Kryställchen sind
vielleicht als Picotit zu deuten. Die Feldspäthe als vorherrschender
Gemengtheil bilden zwillingsstreifige Leisten, die sich theils um
die Olivine legen, theils berühren, aber auch in die grossen Augit-
körner hineinragen oder von ihnen umschlossen werden. Da, wo
sie sich gegenseitig berühren, bleibt mitunter ein sehr kleines
Eck (Dreieck) globulitischer und an opaken Stäbchen reicher
Glasbasis, welche aber nicht immer zwischen gekreuzten Nicols
ganz dunkel bleibt, also in manchen Fällen wieder Ausscheidungen
führt. In den meisten Gesteinen zeigt sie eine starke Neigung,
in ein grünes, feinfilziges Aggregat überzugehen. Die Augite in
ihren grossen unregelmässigen, zackigen Körnern, welche durch
die eingeschlossenen und hineinragenden Feldspäthe wie zerhackt
aussehen, haben eine blassröthliche oder -bräunliche Färbung, die
derjenigen in den granitisch-körnigen Diabasen etwas ähnelt.
Die diabasischen Gesteine enthalten Titaneisen in ziemlicher
Menge, besonders die Gesteine von Eulenbis, Winnweiler, Win-
gertsweiler, 1 Kilometer nordöstlich Dannenfelser Mühle u. s. w.
*) Lehrbuch der Petrographie. 2. Aufl. II., Leipzig 1894.
im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels.
149
Neubildungen von opakem Erz (Rotheisenerz) und Kalkspath nehmen
in den zersetzten Gesteinen einen grossen Raum ein.
Dies sind etwa die gemeinsamen Merkmale der in der Decke
vertretenen diabasischen Gesteine. Einige kleine Abweichungen
sollen nicht unerwähnt bleiben. In den Gesteinen am Rücken-
weg von Hirschhorn nach Eulenbis (nördlicher Rand des
Schwarzwaldes) ist frischer Olivin in dem vom Rand und den
Rissen her bereits serpentinisirten Einsprenglingen erhalten ge-
blieben. Verhältnissmässig viel trichitische und globulitische Glas-
basis bleibt hier zwischen den Feldspathleisten als nicht individuali-
sirter Rest des Magmas zurück oder geht in radialstrahliges, blau-
grünes, kleinfaseriges Aggregat über. Die Feldspäthe treten hier
bereits in 2 Altersstufen in Form von grossem Einsprenglingen
und kleinern Leisten auf. Man hat es also mit einer Andeutung
von porphyrischer Structur zu thun. Der Augit weicht indess in
keiner Weise von den Ophitnatur des Gesteins ab. Eigen thümlich
bleibt es, dass neben dem frischen Olivin Kalkspath, wie es scheint
an Stelle der bereits umgewandelten Glasbasis im Gestein vor-
handen ist.
Zu den basisreicheren, also zu den doleritischen Melaphyren
(nach K. A. Lossen zu den Mesodoleriten), gehört auch das Ge-
stein vom Katharinenthal nördlich Imsbach am Donnersberg. Hier
zeigt der Augit bereits Neigung, eine Krystallform anzunehmen,
wenigstens sind die geschlossenen, weniger zerhackten Individuen
zahlreicher als sonst.
An zwei Stellen südlich Fockenberg wurde ein unzweifelhaft
diabasisches Gestein über dem basaltischen Melaphyr beobachtet,
z. B. am südlichen Fuss des Reiseisbergs, südöstlich Reuschbach
und am Pfaffenthaler Wald. Dies scheinen auch die am weitesten
nach SW. gelegenen Vorkommnisse der Diabasdecke zu sein.
Durch das Hervortreten einzelner einsprenglingsartiger Feldspäthe
und einer etwas grösseren Ausdehnung der einschlussreichen
(Magnetit) und trichitischen Basis nähern sich die Vorkommen
denjenigen vom Schwarzwald zwischen Eulenbis und Hirschhorn,
ln dem diabasischen Melaphyr, welcher am rechten Ufer des Thaies
unterhalb Höringen nahe der Kirche ansteht, zeigt sich im Schliff
150
A. Leppi.a. Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
ein butzenförmiges Aggregat von unregelmässigen Körnern (gra-
nitisch-körnigem) Feldspath, meist einheitliche Krystalle neben ein-
zelnen zwillingsstreifigen. Etwas Quarz scheint nicht zu fehlen,
ist jedoch nicht sicher. Die eigentliche Gesteinsmasse füllt die
unregelmässigen Zwischenräume der sauren Butzen aus und um-
hüllt die aus ihnen vorstehenden Feldspathkrystalle. Die Deutung
als fremde Einschlüsse scheint mir ausgeschlossen zu sein, weil
eine scharfe Begrenzung der Butzen fehlt und weil die Gesteins-
masse das zackige und lappige Aggregat, ohne irgend eine Verände-
rung zu zeigen oder zu erzeugen umschliesst. Es mögen vielleicht
ältere saure Ausscheidungen des Magmas vorliegen.
Die von Herrn K. Klüss ausgeführte Bauschanalyse des dia-
basischen Melaphyres aus dem Steinbruch etwa 100 Meter nörd-
lich der Kirche von Hör in gen (rechtes Ufer des Baches) west-
lich Winnweiler ergab:
Si02 50,15
Ti02 0,33
A1203 . 15,02
Fe203 5,17
FeO 5,17
MgO 6,90
CaO 8,25
Na20 2,59
K20 1,33
H20 4,08
S03 0,09
P205 . • 0,26
C02 0,32
99,66
Specifisches Gewicht . . . 2,753.
Der geringe Gehalt an Kieselsäure und Alkalien und die
grosse Menge von alkalischen Erden und Eisen in beiden Gesteins-
arten (vergl. Analyse S. 146) stehen im besten Einklang mit der
chemischen Natur und der mineralischen Zusammensetzung der
Melaphyre. Wenn man die mitgetheilten Analysen der basaltischen
im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels.
151
Melaphyre mit denjenigen des diabasischen vergleicht, so stehen
den sinkenden Beträgen für Kieselsäure und Alkalien steigende
von zweiwerthigen Metallen gegenüber. Die Kieselsäure ist von
54,13 pCt. auf 50,15 pCt., die Alkalien sind von 4,52 pCt. auf
3,93 pCt. herabgegangen, dagegen hat sich der Kalkgehalt von
7,48 pCt. auf 8,25 pCt. und die Summe der zweiwerthigen Metall-
oxyde von 19 pCt. auf 20.32 pCt. erhöht. Die Thonerde steht
wie sonst in kalkreichen Gesteinen in geradem Verhältniss zum
sinkenden Kieselsäuregehalt. Der erhöhte Gehalt an Eisen und
Eisenoxyd ist im Verein mit der im diabasischen Melaphyr vor-
handenen Titansäure auf die Gegenwart von Titaneisen in diesem
Gestein zurückzuführen. Der vorhandene Kalkspath und die grössere
Wassermenge« deuten auf einen erhöhten Grad der Umwandlung
des Höringer Gesteins im Vergleich zu demjenigen von der Wacht
bei Eulenbis hin. Die diabasischen J^Ielaphyre überlagern, wie
erwähnt, die basaltischen. Die Querschnitte durch die Decke bei
Fockenberg, Eulenbis und zwischen Olsbrücken und Mehlbach
zeigen vom Liegenden zum Hangenden zuerst einen basaltischen
und zuletzt einen diabasischen Melaphyr. Darin liegt die Begrün-
dung für die Annahme, dass auch der Zug von diabasischen Er-
gussgesteinen von Heiligenmoschel über Höringen, Winnweiler,
Hochstein, Imsbach, Jakobsweiler bis Kirchheimbolanden jünger
als der basaltische Melaphyr zwischen Sand-Gries und Schalloden-
bach sei. Zwischen Winnweiler und Schweisweiler lässt sich eine
Wiederholung von diabasischen Ergüssen ophitischen Charakters
wahrnehmen. Ob dies thatsächlich verschiedene Ergüsse sind, oder
ob die Wiederholung nur eine scheinbare, durch Störungen er-
zeugte ist, bedarf einer genauem Untersuchung.
Gesteine von diabasisch-ophitischem Charakter ohne jede Spur
von Khyotaxis gehören im Allgemeinen zu den selteneren in der
Ergussformation des Saar-Nahe-Gebietes. Es sind ähnliche schon
von Lossen 1) aus dem Primsthal und der Söterner Gegend erwähnt
worden, aber echte ophitische zeigt die Decke bis jetzt nur in
wenigen Fällen. Im Gebiet des im NW.-Flügel der Nahemulde die
*) Dieses Jahrbuch für 1883. Berlin 1884, S. XXIII.
152
A. Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
Reihe der Ergüsse eröffnenden olivinführenden, basischen Augit-
porphyrites (Sohlzone Lossen) zwischen Idar und Mackenrodt
(östlich des Weges) tritt ungefähr 400 Meter südwestlich Callwies-
weiher (im Idarthal) eine kleine Kuppe von einem ophitischen
Diabasgestein auf, welches sich in seinem Gefüge aufs Engste an
das Höringer anschliesst. Die sehr beschränkte Verbreitung in-
mitten der tiefsten Ergüsse (es wurden bisher nirgends melaphy-
rische Gesteine in so tiefen Horizonten beobachtet), das körnige
Gefüge und der Mangel an Mandelstein lassen mich annehmen,
dass das Vorkommen zwischen Mackenrodt und Idar ein in den
olivinführenden Augitporphyrit eingepresstes, diabasisches Magma
vorstellt. In den hangenden inelaphyrischen Ergüssen der Decke
bei Idar, etwa 1 Kilometer von dem oben erwähnten Vorkommen
in südlicher Richtung entfernt, tritt am Kirchhof von Algenrodt
und an der Strasse von hier nach Idar ein ähnliches, schwarzes
und scheinbar körniges Gestein über dem basaltischen Melaphyr
auf. Die Augite neigen indess hier schon mehr zur idiomorphen
Ausbildung und das ganze Gestein bildet dadurch mehr einen
Uebergang zu den basaltischen Melaphyren, wenn auch die Glas-
basis noch sehr untergeordnet bleibt.
Die diabasischen Gesteine im Ober-Rothliegenden und in den
Söterner Schichten am SO. -Flügel des pfälzischen Sattels zeigen
gegen Dach und Sohle deutliche Mandelsteinbildung, freilich
nicht in der ausgeprägten Weise, wie es die basaltischen Me-
laphyre thun, bei denen die runden Blasen der Laven die Ge-
steinssubstanz meist vollkommen in den Hintergrund drängen.
Die vollständige Raumerfüllung herrscht bei den ophitisch-diaba-
sischen Laven vor. Die mangelnde Rhyotaxis wird bei ihnen
immer eine auffällige Erscheinung bleiben, und es würde nach
dem Vorkommen zwischen Idar und Mackenrodt und nach dem
Gefüge näher liegen, auch die diabasischen Gesteine in der Decke
der Pfalz zu den eingepressten Magmen zu rechnen. Einer solchen
Annahme steht die auf grosse Strecken gleichförmige und decken-
artige Ausbreitung und das Auftreten in den Felsitporphyr-Conglo-
meraten und -Tuffen der Söterner Schichten neben der Mandel-
steinbildung am Dach und Sohle entgegen.
im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels.
153
Sehr zahlreich und ausgedehnt sind ähnlich gefügte Mela-
phyre im benachbarten Unter-Rothliegenden des südöstlichen Sattel-
flügels. Von Kreimbach im Lauterthal an gegen NO. über Nie-
derkirchen, Heimkirchen, Imsweiler, Ruppertsecken, Marienthal
bis nach Orbis sind sehr ausgedehnte Lagergänge von ophitisch-
diabasischen Gesteinen in die Lebacher und Tholeyer Schichten
eingepresst. Die Veränderung ihres Gefüges gegen das Salband
(basaltische, labradorporphyrische Ausbildung), die Veränderung
der benachbarten Rothliegenden-Schichten, z. B. bei Niederkirchen,
Hefersweiler, Kreimbach, Imsweiler, Bauthal (westlich Orbis) im
Hangenden wie an der Sohle und das schiefe Abschneiden der
Schichten an den Lagergängen, Stauchung der dem eingepressten
Magma benachbarten Sedimente, der Mangel an ausgedehnter
Blasen- und Mandelsteinbildung reichen meines Erachtens voll-
kommen hin, die Einpressung des Magmas der Gesteine in die
Schichten für sicher gelten zu lassen. Die Nachbarschaft und
Aehnlichkeit der ergussförmigen und eingepressten Magmen lässt
annehmen, dass beide demselben Eruptionsherd entstammen und
ihre Bildungszeiten nicht allzu weit auseinander liegen.
Es bleibt mir noch übrig, mit einigen Worten auf die die
Ergüsse begleitenden feineren Sedimente zurückzukommen. In der
Hauptsache sind es hellgefärbte (weisse, hellgraue, rosenrothe,
gelbe) meist gebänderte Schichten, die in der Korngrösse alle
Uebergänge vom dichtesten, thonsteinähnlichen bis zum sandigen
und sogar conglomeratischen Zerreibsei darstellen. Mit Annähe-
rung an den grossen Felsitporphyrstock des Donnersberges wird
das Korn der Schichten gröber und aus dichten, thonsteinähnlichen
Tuffmassen werden die in der Umgebung desFelsitporphyres mächtig
anschwellenden Felsitporphyrconglomerate und -breccien. Damit
ist hinreichend wahrscheinlich gemacht , dass das hauptsächlichste
Material der Schichten ein umgelagerter Schutt des Felsitporphyres
ist. Vor Allem die hellgefärbten und gleichmässig dichten, thonstein-
ähnlichen Schichten stellen den feinsten Porphyrschlamm dar. Bei
starker Vergrösserung lassen sich in dem ausserordentlich fein-
krystallinen Aggregat nur einzelne unregelmässige, lappige Partieen,
154
A. Tjkppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
die Feldspath ähnlich sehen, daneben aber sehr viele kleine, farb-
lose Glimmerblättchen erkennen, welche mit ihrer Breitseite der
Schichtfläche parallel liegen. Die Hauptmasse gewährt dasselbe
Bild wie ein in Kaolin umgewandelter Feldspath. Vereinzelt
sieht man auch wohl Bruchstücke und Neubildungen von Quarz,
sowie stark dichroite Stäbchen von Turmalin. Schmutziggrüue,
ganz trübe, faserige Aggregate von grösserer Form sind nicht allzu
selten. Man darf in ihnen vielleicht einen umgewandelten dunklen
Glimmer erblicken. Die ganze Masse ist meist von einem fein
und gleichmässig oder auch wolkenartig vertheilten Brauneisen-
erzstaub, dessen Menge mit den Schichten wechselt, durchsetzt.
Abweichend von den hellen Felsitporphyrtuffen sind die grauen,
deutlich geschichteten Tuffe beschaffen. In der Gegend zwischen
Heiligenmoschel und dem Alsenzthal treten solche dunklen Tuffe
zwischen den helleren vorwiegend in der Nähe der zwischen-
gelagerten Ergussgesteine auf. Ein auf dem Porphyrit am NW.-
Abhang des Thronfels lagernder, dunkelgrauer, dichter Tuff be-
steht aus kleinsten, etwas gerundeten, aber auch eckigen Bruch-
stücken eines porphyrischen Gesteins, in dessen trüber, ganz zer-
setzter, kryptokrystalliner Grundmasse sich nur die Umrisse von
Feldspathleistchen erkennen lassen. Derartige Elemente sind den
Felsitporphyrtuffen fremd und auch keinesfalls aus einem zerstörten
Felsitporphyr herzuleiten. Einige haben in ihrer stofflichen Be-
schaffenheit die grösste Aehnlichkeit mit den basaltischen Mela-
phyren, andere mögen den Porphyriten zuzuschreiben sein. Zwischen
den Bruchstücken der basischen Eruptivgesteine lässt sich zuweilen
noch eine ähnliche Masse erkennen, wie die der hellen Tuffe, meist
aber sind Bruchstücke von Quarz, Feldspath (auch Plagioklas)
auch von Biotit und Zersetzungsproducte in Form von grünlichen
trüben Faserbündeln, als eigentlicher Teig der bruchstückigen
Elemente (Rohmühle bei Heiligenmoschel) vorhanden. Die dunklen
Tuffe setzen sich im Wesentlichen aus Material der Ergussgesteine
zusammen, beherbergen aber ausserdem verhältnissmässig viel Quarz.
Da die sauren Porphyre des Donnersberges im Allgemeinen ziem-
lich viel porphyrischen Quarz besitzen, also sich den eigentlichen
im SO.-Flügel des pfälzischen Sattels.
155
Quarzporphyren nähern, so ist nicht unwahrscheinlich, dass auch
sie den dunkeln Tuffen bei deren Entstehung tributär waren. Ge-
wisse Arkosen der die Söterner Schichten unmittelbar unterlagernden
Tholeyer Schichten (z. B. am Weg zum Schieferfels östlich Schweis-
weiler) sind zwar sehr reich an Quarz, aber das mikroskopische
Bild desselben erinnert mehr an das der granitischen Quarze, durch
die reihenförmigen Einschlüsse, die vielfache Verwachsung u. s. w.
Es scheint mir demnach ziemlich unwahrscheinlich, dass die das
Material zur Bildung der Arkosen und Breccien der Tholeyer
Schichten abgebenden Granite und Gneisse auch solches für die
Söterner Schichten noch lieferten.
Die Arkosen der Tholeyer Schichten führen ebenso viel Feld-
spath wie Quarz, nur ist ersterer meist sehr getrübt. Doch erkennt
man viele und grosse Körner in einheitlichen Individuen, ausserdem
auch einzelne, vielfach verzwillingte und solche, welche das Aussehen
von Mikroklin haben. Der Feldspath bildet neben grösseren Körnern
das feine Zerreibsei zwischen den meist grossen Quarzkörnern. Die
Gemengtheile zeigen wenige Spuren von Abrollung, das Gefüge
gewährt vielmehr das Bild einer Breccie. Die Thatsache lässt
schliessen, dass das Urgebirge in nicht allzu grosser Entfernung
von dem Ablagerungsort der Arkosen anstand und das scheint
weiter die bereits früher ausgesprochene Ansicht (Zeitschr. d.
Deutsch, geol. Ges. 1892, Bd. XLIV, S. 438) zu bestätigen, dass
das Urgebirge die Unterlage und Ufer des Carbons und Roth-
liegenden am SO.-Flügel des pfälzischen Sattels bildet. Die Stö-
rungsepoche zwischen Tholeyer und Söterner Schichten dürfte die
randlichen Urgebirgsrücken in die Tiefe verworfen haben.
Die bisher gewonnenen Thatsachen gestatten ein immerhin
mehr oder minder hypothetisches Bild aus der Geschichte des
Saar-Nahe-Gebietes in folgenden Zügen zu entwerfen.
Die in andern Gebieten Centraleuropas so deutlich ausge-
sprochene Störungsepoche zwischen Culm und productivem Carbon
mag wohl auch die Bildung jenes mulden- oder grabenförmigen
Beckens verursacht haben, welches heute die jungpalaeolithischen
Schichten von der Saar zur Nahe und weiter nach NO. im Mainzer
156
A Leppla, Die oberpermischen eruptiven Ergussgesteine
Becken und der Wetterau einnehmen. Der NW. -Flügel dieser
Mulde bestand aus den aufgefalteten Schichten des Unter-Devons
und den mit ihnen eng verknüpften älteren Sedimenten. Im SO.-
Flügel der orographischen Mulde bildeten Granite, Gneisse und
archäische Schiefer z. B. (Hornblendeschiefer), . vielleicht auch
devonische und culmische Schichten, Quarzporphyre den Boden
der Mulde und zwar, wie es scheint, im unmittelbaren Zu-
sammenhang mit dem Urgebirge der Südvogesen und dem Lie-
genden des Oberen Perms und Buntsandsteins der Nord vogesen
und des Odenwaldes. Die Bewegungen im Becken scheinen wäh-
rend der Ablagerungen der von den Ufern hereingeschwemmten
groben Sedimente fortgedauert zu haben. (Uebergreifen der Oberen
Kuseler Schichten am NW. -Rand.) Bis zum Schluss der Tho-
leyer Schichten muss das Urgebirge des südöstlichen Muldenrandes
das Ufer gebildet haben, denn seine Materialien sind in Form
von feinem Grus und Gerollen in hervorragendstem Maasse am
Aufbau der Schichten des Carbons und Unter-Rothliegenden be-
theiligt.
Die nun eingetretenen Störungen dürften den Urgebirgsrand
im SO. in die Tiefe verworfen haben, denn die folgenden Ab-
lagerungen entstammen nunmehr dem Devon und den an die
eben entstandenen Störungen angeschlossenen Ausbrüchen von
kuppen- und stockförmigen Felsit- und Quarzporphyren und Lava-
ergüssen. Die in das Unter-Rothliegende eingepressten basischeren
Magmen, (Kersantite, Diabase, Melaphyre) gaben, soweit die bis-
herigen Erfahrungen reichen, kein Material für die Bildung des
Oberen Perms ab, traten also auch kaum an die Oberfläche im
Gegensatz zu den Kuppen von Felsit- und Quarzporphyr.
Die Ergussgesteine sind im ganzen Gebiet einander ziemlich
ähnlich. Die reiche und verschiedenartige Entwickelung der Er-
gussformation im Innern des Saar -Nahe -Gebietes fehlt am SO.-
Rand. Porphyrite treten nur ganz untergeordnet auf und von
basischen Gesteinen ist ein basaltischer und ein diabasisch-ophi-
tischer bis doleritischer Erguss vorhanden. Auf die Ergüsse folgten
im Westrich wie an der Nahe zuerst conglomeratische, dann fein-
sandige Ablagerungen des Oberen Perms, an der Nahe, d. h. an
157
im SO. -Flügel des pfälzischen Sattels.
dem devonischen Uferrand im Allgemeinen gröbere als gegen die
Vogesen zu. Am Schluss der feinsandigen, oberpermischen Ab-
lagerungen bewirkten neue Störungen ein Untersinken des südöst-
lichen Sattelflügels und ein ungleichförmiges Uebergreifen von
darauffolgenden groben Sedimenten (abermals gröber im NW. als
im SO. gegen die Vogesen), das Uebergreifen des Hauptbuntsand-
steins über die palaeolithischen Schichten.
Beiträge zur Kenntniss des Wealden in der
Gegend von Borgloh- Oesede, sowie zur Frage des
Alters der Norddeutschen Wealdenbildungen.
Von Herrn C. Gagel in Berlin.
(Hierzu Tafel XII u. XIII.)
In dem Gebiet des Borgloh-Oeseder Kohlenbergbaus wurden
im Jahre 1888 zur Aufklärung der künftigen Aussichten des Be-
triebes und zur Feststellung der geologischen Verhältnisse vier
Bohrlöcher gestossen, die zum Theil ein recht unerwartetes und
merkwürdiges Resultat ergaben.
Die Kerne dieser Tiefbohrungen wurden dann, nachdem in
den folgenden Jahren die König! Berginspection Borgloh aufge-
löst worden war, den Sammlungen der König! geo! Landes-
anstalt einverleibt, deren Director, Herr Geheimer Oberbergrath
Dr. HaüChecorne, so gütig war, mir diese Bohrkerne zur wissen-
schaftlichen Bearbeitung zu überweisen, wofür ich auch an dieser
Stelle ihm meinen wärmsten Dank auszusprechen mir erlaube.
In diesem erwähnten, im südwestlichen Zipfel von Hannover,
südlich von Osnabrück am Nordrande des Teutoburger Waldes
gelegenen Gebiete wurde ein ziemlich lebhafter Bergbau auf
Wealdenkohle betrieben, und zwar auf zwei getrennten Revieren.
In den nördlichen, zwischen den Ortschaften Borgloh und
Oesede gelegenen Gruben zeigten die Flötze im wesentlichen ein
C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden etc.
159
nordsüdliches Einfallen unter Winkeln von 12 — 20°, stellenweise
auch 30 — 40 0 , ja noch höheren Graden. (Taf. XII.)
In dem südlichen Grubenfelde der Zeche Hilterberg dagegen
fielen die Flötze SN., und zwar meistens unter Winkeln von
60 — 800, die nur an wenigen Stellen auf 30 — 40° sanken.
Zur Aufklärung sei hier noch bemerkt, dass die Flötze hier
an der unteren Grenze des oberen Wealden noch in den Schiefer-
thonen liegen, die da aber schon zahlreiche Unionen und Pflanzen-
reste führen, und dass ihr unmittelbares Liegendes die hier un-
gefähr 50 Meter mächtigen Sandsteine des mittleren Wealden
sind *).
Um nun festzustellen, ob der geologische Aufbau des Gebirges
wirklich, wie es den Anschein hatte, ein synclinaler sei, und ob
die Flötze der beiden Grubenfelder im Zusammenhang ständen,
wurden in dem Zwischengebiet vier Bohrlöcher angesetzt, deren
Lage aus beifolgender Kartenskizze (Taf. XII) ersichtlich ist.
Die beiden nördlich gelegenen Bohrlöcher No. II und III er-
gaben denn auch noch ein günstiges Resultat, indem in 104 Meter
bezw. 319 Meter Tiefe die Flötze angetroflen wurden; gänzlich
verändert dagegen wurde das Bild durch die beiden südlich ge-
legenen Bohrlöcher No. I und IV, da in keinem von beiden weder
Flötze noch die unmittelbar liegenden Schichten derselben, die
Hastingssandsteine, gefunden, sondern in unerwartet hohem Niveau
schon die älteren Horizonte des Purbeck bez. des weissen Jura
erbohrt wurden, wodurch die Hoffnungen auf eine ergiebige Zu-
kunft der Gruben zu nichte gemacht waren.
Die bei der Bearbeitung dieser Bohrkerne erlangten Resultate
ergaben nun manche neue und bemerkenswerthe Aufschlüsse über
die Verhältnisse der Wealdenbildung überhaupt, insbesondere aber
über deren Altersstellung zum Hils., weshalb eine ausführlichere
Besprechung derselben gerechtfertigt erscheinen mag.
Durch die Bohrungen wurden folgende Schichtenfolgen fest-
gestellt :
*) Dötting, Beiträge zur Kenntniss der Geologie der Gegend von Borgloh
und Wellingholzhausen. Dieses Jahrb. für 1891, S. 145 — -146.
160
C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealdeu
Bohrloch I.
Von Tage ab bis 15 Meter Teufe: Diluvialer Lehm mit grani-
tischen Geschieben;
von 15 — 281,20 Meter dunkelgraue, sehr gleichmässige Schiefer-
thone, sehr reich an charakteristischen Versteinerungen
des oberen Wealden, insbesondere grossen Cyrenen.
Das Einfallen wechselte zwischen 9 und 35° N./S., nur
einmal bei 274 Meter betrug es vorübergehend 80°.
Bestimmt konnten darin folgende Versteinerungen werden:
Cyrena Heysi Dunk.,
» subcordata Dunk.,
» caudatä A. Röm.,
» obtusa A. Röm.,
» elliptica Dunk.,
» gibbosa Dunk.,
» ovalis Dunk.,
» lato-ovata A. Röm.,
» venulina Dunk.,
» majuscula A. Röm.,
» dorsata Dunk.,
» sublaevis A. Röm.,
» cf. angulata A. Röm.,
» cf. solida Dunk.,
sowie mehrere Formen, die sich mit Sicherheit auf eine der be-
schriebenen Arten nicht beziehen Hessen, ferner:
Cyclas Jugleri Dunk.,
Cyclas cf. Brongniarti K. u. Dunk.,
Gervillia arenaria A. Röm.,
Modiola sp.,
Corbula alata Sow.,
» inflexa A. Röm.,
» subquadrata Dunk.,
» sublaevis A. Röm.,
Melania strombiformis v. Schloth.,
Cypris laevigata Dunk.,
Coprolithen und Fischreste.
in der Gegend von Borgloh- Oesede etc.
161
Von 281,20 — 308,50 Meter Wechsellagerung versteinerungsloser,
dunkelgrauer Schieferthone , grünlicher Mergel und
thoniger Kalksteine, allesammt ausgezeichnet durch
starke Gypseinlagerungen und stellenweise penetranten
Erdölgeruch; das Einfallen schwankend zwischen 15 — 33°.
Von 308,50 — 568,50 Meter Schieferthone mit Einlagerungen von
thonigen Kalken, krystallinen Kalkbänken, Mergelschie-
fern, Cyrenenbänken und schwachen Sandsteinbänken,
von 481 Meter ab stellenweise mit starkem Pyritgehalt,
von 493,2 Meter ab auch wieder, wenn auch in geringem
Grade, Gyps führend. Das Einfallen (Taf. XIII, Fig. 2)
ist bis zu einer Tiefe von ungefähr 390 Meter ein ziemlich
regelmässiges, zwischen 15 und 40° schwankend, nur
einmal bei 328 Meter tritt ganz vorübergehend eine
Störung auf, wobei die Schichten auf dem Kopf stehen.
Von 390- — 416 Meter ist das Einfallen steil und sehr
schnell wechselnd zwischen 50 und 80°; von 416 Meter
ab wird das Einfallen wieder regelmässig, von 15 — 20°
bis 25 — 30° schwankend, und zwar jetzt nach NO.
An Versteinerungen ist diese Schichtenfolge verhältnissmässig
reich, besonders an Cyrenen, wenn auch lange nicht in dem Maasse,
wie der obere Wealden, doch sind die meisten Fossilien stark
verquetscht oder sonst schlecht erhalten, was besonders von den
Exemplaren der Cyrenenbänke gilt. In der oberen pyrit- und
gypsfreien Schichtenfolge liessen sich- bestimmen:
Cyrena parvirostris A. Röm.,
» cf. subtransversa A. Röm.,
» cf. Mantelli Dunk.,
» cf. obtusa A. Röm.,
Cyclas Brongniarti K. u. Dunk.,
» Buchi Dunk.,
Modiola lithodomus K. u. Dunk.,
» sP->
Corbula inflexa A. Röm.,
» sublaevis A. Röm.,
Jahrbuch 1893.
11
162
G. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden
Pisidium cf. pygmaeum K. u. Dunk.,
» cf. exaratum Dunk.,
Cypris laevigata Dunk.,
» oblong a A. Rom.,
» sp. n. (cf. granulosa Sow.),
Paludina sp. und Fischreste.
In den tieferen, theilweise Pyrit und Gyps führenden Schichten
liessen sich bestimmen:
Cyrena lentiformis A. Röm., sehr zahlreich und meistens
verkiest;
» subtransversa A. Röm.,
Corbula inflexa A. RÖM.,
Cypris laevigata Dunk.
und in den tiefsten Schichten von 540 Meter an
Serpula coacervata Blumenb.
Bei 568,50 Meter wurde die Bohrung eingestellt, ohne dass sich
eine wesentliche Aenderung im Aussehen der Schichten
gezeigt hätte.
Bohrloch II.
Von Tage ab bis 5,30 Meter Diluviallehm,
von 5,30 — 103,70 Meter Scbiefeiihone,
103.70— 104,45
104,45 — 105,50
105,50—111
111 —113,70
113.70— 114
114
Das Einfallen betrug 4
proben ist nichts aufbewahrt,
Kohlenflötz,
Schieferthon,
Sandstein,
Schieferthon,
Kohlenflötz,
Schieferthon.
50 NNO. /SSW.
Von den Bohr-
Bohrloch III.
Von Tage ab bis 7 Meter Diluviallehm mit Geschieben,
7 — 319,25 Meter Schieferthone mit einzelnen Sandsteinbänken
Das Einfallen der Schichten erwies sich anfänglich
N./S. unter wechselnden Winkeln; von 3 — 5° stieg es
in der Gegend von Borgloh-Oesede etc.
163
auf 15 — 16°, um dann wieder auf 8 — 10“ zu fallen;
bei 199 Meter betrug es 26° und zwar jetzt SSW./NNO.,
stieg dann bei 205 Meter bis auf 45°, um dann wieder
auf 16 — 18°, iu über 300 Meter Teufe auf 8 — 12° zu
fallen.
319,25 — 320 Meter Kohlenflötz,
320 — 323,70 » Schieferthon,
323,70—323,90 » Kohlenflötz,
323,90 — 324,15 » Schieferthon,
324,15 — 324,55 » Kohlenflötz,
324,55 » Schieferthon.
Bohrproben sind mit Ausnahme eines Handstücks nicht mehr
vorhanden.
Bohrloch IV.
Von Tage ab bis 11,10 Meter Diluviallehm mit Geschieben und
Kreideknollen,
von 11 — 77 Meter grauer, sehr sandiger Thon mit Thoneisenstein-
bänken und einzelnen Kohlenstückchen, enthaltend zwar
nicht zahlreiche, aber unzweifelhafte Hilsversteinerungen
wie:
Oxynoticeras heteropleurum Neum.,
Pecten orbicularis A. Röm.,
Isocardia angulata Phil.,
Astarte numismalis d’Orb.,
Thracia sp.,
Panopaea sp.,
Pholadomya sp.
Zwischen 77 — 78 Meter eine dünne Bank schwarzen Schieferthons
mit Cyrena obtusa A. Röm. ;
von 78 — 113 Meter sandiger Thon, enthaltend bei 91 Meter:
Cypris laevigata Dunk.,
Corbula alata Sow. ;
zwischen 99 u. 112 Meter wieder typische Hilsversteinerungen, wie:
Oxynoticeras heteropleurum, Neum.,
Pecten orbicularis A. Röm.,
11
164 C. Gagel, Beiträge Zur Kenntniss des Wealden
Cucullaea Cornueliana d’Orb.,
» sp.,
» texta A. Röm. , die aus Kimmeridge und
Wealden bekannt ist; ein Exemplar.
Bei 113,2 Meter eine Bank sandigen Schieferthons mit einer voll-
ständigen Mischfauna :
Corbula inflexa A. Röm.,
» alata Sow.,
Cypris laevigata Dunk.,
Oxynoticeras heteropleurum Neum. ;
von 114 — 115 Meter sandigen Thon, enthaltend bei 114 Meter:
Cucullaea Gabrielis d’Orb.,
» Cornueliana d’Orb.,
Corbula alata Sow.,
Cyrena sp.,
Cypris laevigata Dunk.;
bei 114,5 Meter wieder eine reine Wealdenfauna:
Corbula inflexa A. Röm.,
Melania strombiformis v. Schloth. sp.,
Gervillia arenaria A. Röm.,
Paludina Römeri Dunk.,
» acuminata Dunk.,
bei 114,7 Meter:
Cucullaea Gabrielis d’Orb.,
» sp.,
von 115 — 115,2 Meter sandigen Schieferthon mit gemischter Fauna,
enthaltend :
Cyrena Heysi Dunk.,
» sp. Corbula inflexa A. Röm.,
Corbula alata Sow.,
Oxynoticeras heteropleurum Neum.,
Paludina Römeri Dunk.,
» acuminata Dunk.,
Melania strombiformis v. Schloth.;
von 115,2 — 289 Meter schwarze Schieferthone mit einer sehr
reichen Fauna an typischen Wealden - Petrefacten, ins-
in der Gegend von Borgloh-Oesede etc.
165
besondere grossen Cyrenen. Es Hessen sich darin be-
stimmen:
Cyrena lato-ovata A. Röm.,
» ovalis Dunk.,
» elliptica Dunk.,
» gibbosa Dunk.,
» orbicularis A. Röm.,
» subcordata Dunk.,
» donacina Dunk.,
» Heysi Dunk.,
» sp. n. (cf. Heysi Dunk.),
» apicina Dunk.,
» dorsata Dunk.,
» obtusa A. Röm.,
» Zimmermanni Dunk.,
» cf. Murchisoni Dunk.,
» cf. mactroides A. Röm.,
» cf. solida Dunk.,
» cf. caudata A. Röm.,
» cf. Credneri Dunk.,
» cf. venulina Dunk.,
Cyclas Jugleri Dunk.,
» Brongniarti K. u. Dunk.,
Pisidium Pfeiferi Dunk.,
Corbula inflexa A. Röm.,
» alata Sow.,
» subquadrata Dunk.,
» sublaevis A. Röm.,
Gervillia arenaria A. Röm.,
Mytilus sp.,
Melania strombiformis v. Schloth.,
» cf. rugosa Dunk.,
» tricarinata Dunk.,
Paludina Römeri Dunk.,
Cypris laevigata Dunk.,
» spinigera Fitton., und Fischreste.
166
C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden
Das Einfallen der Schichten ist bis zu einer Teufe
von 270 Meter regelmässig 14 — 18° nach SSW., bei
270 Meter Teufe stellen sich die Schichten auf den Kopf,
um dann sehr schnell und unregelmässig den Einfalls-
winkel zu wechseln zwischen 12 — 45°.
Von 289 — 383 Meter Wechsellagerung von fossilfreien, grauen,
grünlichen, stellenweise auch röthlichen Mergeln, Mergel-
schiefern, Letten, Gyps und Anhydrit. Die Mächtig-
keit des reinen Gypses ist auf mindestens 2 Meter, die
des reinen Anhydrits auf über 25 Meter anzuschlagen;
ausserdem enthalten die Mergelschichten selbst noch
einen starken Gypsgehalt und zeigen stellenweise einen
penetranten Erdölgeruch. Das Einfallen der Schichten
ist sehr unregelmässig und wechselnd, bei 349 Meter
auf 45° nach NO. festgestellt.
Von 383 — 428,5 Meter unreine, dunkle Kalke mit sehr spärlichen
und schlecht erhaltenen Fossilien. Es fanden sich darin
zwischen 383 und 400 Meter:
Avicula sp.,
Pholadomya sp.,
Trigonia cf. papillata Ag.,
Exogyra cf. reniformis Goldf. ;
bei 403 Meter Gryphaea dilatata Sow.,
zwischen 404 — 423 Meter:
Perisphinctes sp.,
Avicula sp.,
Modiola sp.,
Panopaea sp.,
Trochus sp.,
Rhynchonella sp.;
bei 426 Meter Goniomya cf. angulifera Ag.,
» 427 » Avicula echinata Sow.
Bei 428,5 Meter wurde die Bohrung eingestellt.
Wenn aus obigen Bohrprofilen die Mächtigkeit der durch-
sunkeneu Schichten mit Berücksichtigung der Fallwinkel berechnet
in der Gegend von Borgloh-Oesede etc.
167
wird, so ergiebt sich daraus (mit der Reserve, dass die Zahlen
wegen der mannichfaltigen unregelmässigen Störungen nicht ganz
genau, sondern theilweise wahrscheinlich noch etwas zu hoch sind)
ür Bohrloch I
240
Meter Wealdenthon,
24
»
bunte, fossilfreie, gypsführende Mergel,
235
Schichten mit Petrefacten des mittleren
und unteren Wealden (Purbeck);
» » II
95
»
Wealdenthon,
10
»
Flötze und mittlerer Wealden,
» » III
290
»
W ealdenthon,
5
»
Flötze und mittlerer Wealden,
» » IV
64
»
Hilsthon,
36
Wechsellagerung von Hils und Weal-
denthon,
165
»
Wealdenthon,
80
»
bunte, fossilfreie, gypsführende Mergel,
40
»
Juraschichten.
Suchen wir nun die gemeinsamen Resultate dieser Bohrpro-
file zusammen zu stellen, so ergiebt sich erstens, dass in den
3 Bohrlöchern , die überhaupt grössere Tiefe erreicht haben
(I, III, IV), das Einfallen in den oberen Schichten fast recht-
winklig entgegengesetzt zu dem der tieferen Schichten ist. Bei
Bohrloch III, wo sich die Einfallswinkel ganz allmählich ändern
und eine Störung der Schichten nicht beobachtet ist, dürfte sich
der Wechsel der Einfallsrichtung wohl am einfachsten durch die
Annahme einer Mulde mit schief gestellter Achse erklären lassen,
wie es in dem beigefügten Profil (Taf. XIII, Fig. 1 ) geschehen ist.
Für die Bohrlöcher I und IV dagegen, wo zwischen der Aende-
rung der Fallrichtungen sich sehr erhebliche Störungen, wie zer-
knitterte und auf den Kopf gestellte Schichten einstellen, dürfte
die Annahme einer grösseren, durchgreifenden Gebirgsstörung
bezw. Verwerfung nicht zu umgehen sein, wie sie aus diesem
Gebiet durch die Arbeiten von Dütting (Dieses Jahrb. für 1888
und 1891) schon bekannt sind (vergl. besonders 1. c. 1888, S. 15
u. 1891, S. 146).
168
C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden
Auffallend an diesen Bohrlöchern ist ferner die ungewöhnlich
mächtige Entwickelung des Wealdenthons. Dunker in seiner Mono-
graphie der Wealdenbildungen S. XVII giebt die Mächtigkeit des
Wealdenthons als zwischen wenigen bis 300 Fuss schwankend an,
Credner (Gliederung der Oberen Juraformation und der Wealden-
bildung) zu 60 — 133 Fuss, Struckmann (die Wealdenbildung der
Umgegend von Hannover) zu 15 — 80 Meter.
Hier beträgt die geringste Mächtigkeit im Bohrloch II schon
90 Meter, um dann über 165 Meter (Bohrloch IV), 240 Meter
(Bohrloch I) auf 290 Meter (Bohrloch III) zu steigen, womit die
grösste bis dahin in Deutschland beobachtete Mächtigkeit um das
2V2 fache übertroffen und die der mächtigsten englischen Bildungen
(1000 Fuss) ungefähr erreicht wird.
Das auffallendste und praktisch wichtigste Ergebniss der Boh-
rungen ist nun aber das, dass die beiden in dem vermutheten
Muldentiefsten angesetzten Bohrlöcher weder die Kohlenflötze
noch die das Liegende derselben bildenden Hastingssandsteine
angetroffen haben, die wenige hundert Meter nördlich und südlich
von ihnen anstehend sind, sondern dass in ihnen unter dem Wealden-
thon statt jener reinen Süsswasserbildung bunte, fossilfreie aber
Gyps -führende Mergel auftreten, wie sie sonst nur als tiefstes
Glied des unteren Wealden (Purbeck) in den Münder Mergeln
beobachtet sind.
Dass diese bunten Mergel der Bohrlöcher aber nicht den
Münder Mergeln, mit denen sie petrographisch die grösste Aehn-
lichkeit haben , entsprechen , sondern vielmehr zum mittleren
Wealden gehören und als wenigstens theilweises Aequivalent der
Hastingssandsteine aufzufassen sind, geht daraus hervor, dass
unter ihnen im Bohrloch I noch eine mächtige Schichtenfolge
liegt, die noch die typische Fauna des mittleren Wealden und
des Serpulits führt.
Diese ungefähr 235 Meter mächtige Schichtenfolge, die petro-
graphisch im wesentlichen eine einheitliche ist, lässt sich doch
bei genauerer Betrachtung noch in zwei Theile sondern. Die
erste, 160 Meter mächtige Abtheilung bis zur Teufe von 481 Meter,
die frei von Pyrit und Gyps ist, zeigt sich sowohl petrographisch
in der Gegend von Borgloh-Oesede etc.
169
wie faunistisch übereinstimmend mit jenen mittleren Wealden-
schichten, die nicht als reine Süsswasserbildung, sondern als dem
oberen Wealden ähnliche Brackwassersedimente ausgebildet sind.
Struckmann beschreibt diese Ausbildung des mittleren Wealden
als Wechsellagerung von Schieferthon en, Mergelschiefern und
Sandsteinbänken vom östlichen Deister (1. c. S. 30); als »Mergel-
schiefer und Schieferthone , die die festen Sandsteine bedeutend
überwiegen«, vom Osterwald (1. c. S. 34); als mächtige, dunkel ge-
färbte Schiefermassen mit verschiedenen Einlagerungen von Reh-
burg (1. c. S. 36). Dunker (1. c. S. XVII) beschreibt ähnliche
300 — 400 F uss mächtige, thonig-kalkige Schiefermassen mit Cypris-
und Cyclas- Arten, die den Serpulit überlagern, allerdings ohne
genaue Ortsangabe.
Aber auch dort, wo der mittlere Wealden hauptsächlich aus
Sandsteinen mit Süsswasserfauna besteht, finden sich in ihm mehr
oder minder häufige Einlagerungen von Schieferthonen mit ge-
mischter oder Brackwasserfauna (Struckmann 1. c. S. 29 und fol-
gende).
Von der Fauna dieser ganzen Schichtenfolge sind bis jetzt
nur Cyrena Mantelli Dunk., Pisidium exaratum Dunk., Pisidium
Pfeifen Dunk, und Corbula subquadrata Dunk, nicht im mittleren
Wealden, wohl aber sowohl in höheren wie in tieferen Schichten
gefunden worden. Sämmtliche anderen Formen sind schon aus
mittleren Wealden bekannt und gerade die häufigsten unter ihnen,
die mittelgrossen Cyrenen wie Cyrena parvirostris Dunk., Cyrena
obtusa A. Röm. sind besonders charakteristisch für den mittleren
Wealden.
Auch die Mächtigkeit der Bildung würde mit der vom Deister
bekannten (160 — 180 Meter) übereinstimmen, sodass ein wesent-
licher Einwand gegen die Deutung dieser Schichtenfolge als mitt-
lerer Wealden wohl nicht zu erheben sein dürfte.
Was nun die darunter folgende, 75 Meter mächtige, theil-
weise Pyrit und Gyps führende Schichtenreihe anbetrifft, so dürfte
es wohl zweifellos sein, dass diese als Serpulit aufzufassen ist,
wenn auch ihre petrographische Ausbildung mit der gewöhnlichen
Ausbildungsart dieses Horizontes nicht übereinstimmt und das
170
C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden
eigentliche Leitfossil desselben Serpula coacervata Blumenb. nur
in dem untersten Drittel der Schichtenfolge sich nachweisen lässt.
Denn gleichzeitig mit dem ersten Auftreten des Pyrits erfolgt
das massenweise Erscheinen der kleinen Cyrena lentiformis A. Köm.,
die bis jetzt nur aus dem Serpulit bekannt ist; Cyrena subtrans-
versa A. Röm. ist in dem Serpulit wenigstens häufiger als in dem
mittleren und oberen Wealden; Corbula inflexa A. Röm. geht
durch die ganze Schichtenfolge vom oberen weissen Jura an und
nur Cypris laevigata Dunk, ist bis jetzt noch nicht im Serpulit
gefunden.
Ganz unbekannt ist übrigens diese Ausbildung des Serpulits
doch nicht, denn auch Struckmann (1. c. S. 17) beschreibt die
in einer Brunnenbohrung bei Hannover angetroffenen Serpulit-
schichten als dunkle, bituminöse, pyrithaltige Thonschiefer und
Mergelthone.
Auffallend ist somit nur die Mächtigkeit von 75 Meter, denn
die grösste bis jetzt in der Litteratur bekannt gegebene Mächtig-
keit ist die von Credner (1. c. S. 69) für den Serpulit von Nien-
stedt angegebene von 150 Fuss — 44 Meter.
Ist nun also die Deutung dieser 7 5 Meter mächtigen Schichten-
folge als Serpulit und die der darauf liegenden 160 Meter als
mittlerer Wealden richtig, so bleibt für die darüber folgenden,
den Wealdenthon unterteufenden, bunten Mergel ebenfalls nur
die Deutung als mittlerer Wealden übrig, trotzdem sie in ihrer
petrographischen Ausbildung und durch den Mangel an jeglichen
Fossilien den sonst bekannten Ausbildungsarten dieses Horizontes
so durchaus unähnlich sind.
Der mittlere Wealden würde also in dieser Gegend theilweise
allein durch bunte , fossilfreie aber Gyps führende Mergel in der
Mächtigkeit von ca. 80 Meter ( Bohrloch IV) , theilweise durch
bunte Mergel und darunter liegende Schieferthone etc. mit zu-
sammen 184 (24 — f— 160) Meter Mächtigkeit (Bohrloch I) reprä-
sentirt werden.
Es ist sehr zu bedauern, dass das Bohrloch I nicht noch
weiter fortgeführt ist und die liegenden Schichten des Serpulit
aufgeklärt hat, denn das letzte der Bohrlöcher IV hat auch in
in der Gegend yon Borgloh-Oesede etc.
171
dieser Richtung ein bemerkenswerthes und in ähnlicher Weise
bisher nur einmal beobachtetes Resultat ergeben, nämlich dass
die Wealdenbildung nicht in ununterbrochener Aufeinanderfolge
auf den obersten Schichten des Jura liegt, sondern dass da-
zwischen eine sehr deutliche Discordanz auftritt. Die hier unter
den fossilfreien Mergeln erbohrten dunklen, unreinen Kalkstein-
schichten enthielten in den ersten 20 Metern im Ganzen nur etwa
ein Dutzend sehr schlecht erhaltener Petrefacte, von denen sich
nur zwei mit einiger Sicherheit als Trigonia cf. papillata und
Exogyra cf. reniformis Goldf. und zwei andere sicher als Gry-
phaea dilatata Sow. bestimmen Hessen. Die nächsten 20 Meter
enthielten ebenfalls nur wenige, nicht genauer bestimmbare Fossilien
und endlich bei 426 — 427 Meter fanden sich wieder mit einiger
Sicherheit als Goniomya cf. angulifera Sow. und Avicula echinata
Sow. bestimmbare Petrefacten auf.
Diese beiden letzgenannten Formen erweisen die tiefsten er-
bohrten Schichten als Zone der Avicula echinata Sow., die darüber
liegenden Schichten mit nicht genauer bestimmbaren Fossilien
würden also dem Kelloway und den Ornatenthonen entsprechen,
die Schichten mit Gryphaea dilatata Sow., Trigonia cf . papillata Ag.
und Exogyra cf. reniformis Goldf. , den Heersumer Schichten
und dem Korallenoolith, denn höher hinauf sind diese Formen
nicht bekannt. Für alle über dem Korallenoolith liegenden Hori-
zonte fehlt jeder Anhalt, insbesondere ist von der ganzen reichen
Fauna des Kimmeridge, speciell der Exogyra virgula Defr. keine
Spur vorhanden und ebenso fehlen •hier die Portlandbildungen,
Münder Mergel und der Serpulit.
Es ist also hier eine ganz erhebliche Discordanz zwischen
Jura und Wealden vorhanden, wie sie ähnlich nur in noch
grösserem Ausmaasse schon früher einmal von Denckmann aus
der Gegend von Sehnde beschrieben ist (Neues Jahrb. 1890,
Bd. II, S. 97).
Aber auch noch in einer anderen Beziehung weist dieses
Bohrloch IV eine Uebereinstimmung mit jenem Profil von Sehnde
auf, indem es nämlich in unübertrefflich schöner Weise den
ganz allmählichen Uebergang des Wealden in den Hils und
172 C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden
die ausserordentlich enge Verknüpfung beider Bildungen darthut
und damit einen neuen und nun vollständig schliessenden Beweis
für die STROMBECK’sche Hypothese der Zugehörigkeit des Wealden
zur Kreideformation bietet.
Wenn man das vorhin mitgetheilte Profil in der Teufe von
77 — 115,2 Meter betrachtet mit seiner wiederholten Wechsellage-
rung von Sedimenten, die zum Theil typische Hilsfauna, z. Th.
ebenso reine Wealdenfauna und endlich vollständig gemischte
Fauna führen — von deren Bestandtheilen aber nichts etwa auf
seeundärer Lagerstätte ruht — so ist es doch unzweifelhaft, dass
hier eine lückenlose Aufeinanderfolge der einzelnen Bildungen
vorliegt und dass zu der Zeit, als hier die oberen Wealdenbil-
dungen abgesetzt wurden, im offenen Meere schon die typische
Hilsfauna lebte, die gelegentlich Einwanderer in dies Gebiet schickte
(bei 115 — 115,2 Meter, 114,7 Meter, 114 Meter, 113,2 Meter),
es auf kurze Zeit auch wohl ganz eroberte (zwischen 99 und
112 Meter), dann aber auch wieder zeitweise und z. Th. voll-
ständig weichen musste (bei 114,5 Meter und zwischen 77 und
78 Meter), bis sie das Terrain endgültig behauptete.
Dass eine Bildung, die in so innigen Wechselbeziehungen
zu einem unzweifelhaften — und nicht einmal dem tiefsten —
Kreidehorizont steht, nicht zum Jura gerechnet werden kann, ist
doch wohl evident.
Der eifrigste Vertheidiger der Zugehörigkeit des Wealden
zum Jura — Struckmann — stützt sich bei seiner Beweisführung
wesentlich auf zwei Punkte, erstens auf den ganz allmählichen
Uebergang, der faunistisch und stratigraphisch zwischen den Bil-
dungen des oberen Jura und den Wealdenbildungen stattfindet
und der sich in der Gemeinsamkeit einer grossen Anzahl von
Petrefacten in beiden Bildungen und in der lückenlosen Aufein-
anderfolge derselben ausdrückt, und zweitens darauf, dass der
Hils zwar concordant, aber petrographisch deutlich geschieden auf
dem Wealden aufliegt und kein einziges Fossil mit ihm gemein-
sam hat.
Diese beiden Beweisgründe sind aber, abgesehen davon, dass
iü der Gegend von Borgloh-Oesede etc.
173
beide nicht ausnahmslos zutreffen, durchaus nicht geeignet, die
Streitfrage wirklich zu entscheiden.
Was zuerst die lückenlose Aufeinanderfolge von Jura und
Wealden betrifft, so ist, wie erwähnt, schon früher von Denck-
mann und jetzt durch das vierte der Borgloher Bohrlöcher
constatirt, dass es Wealdenbildungen giebt, die nicht concordant
auf den höchsten Jurahorizonten, sondern mit sehr deutlicher Dis-
cordanz auf tieferen Schichten des weissen oder gar auf unterem
braunen Jura (Zone des Inoceramus polyplocus) liegen, wenn auch
allerdings in der Mehrzahl der beobachteten Fälle eine lücken-
lose Aufeinanderfolge stattfindet. Diese, verbunden mit der ganz
allmählichen Aussüssung der betreffenden Meerestheile lässt es
nun nicht weiter wunderbar erscheinen, dass die Fauna sich gleich-
falls ganz allmählich änderte, und dass eine beträchtliche Anzahl
von Formen des oberen Jura, die sich den veränderten Lebens-
bedingungen anpassen konnten , sich unverändert bis in die
W ealdenschichten erhielt.
Aus diesen Formen aber einen Schluss auf die Zugehörig-
keit des Wealden zum Jura zu machen, ist deswegen gänzlich
unstatthaft, weil es sämmtlich ganz indifferente, schon im Jura
durch mehrere Horizonte hindurch lebende Lamellibranchiaten
sind, die zu einer scharfen Altersbestimmung untauglich sind.
Solche Formen können sich in derartigen, vom offenen Meere
mehr oder minder abgeschlossenen Lagunen unter gleichmässigen
Lebensbedingungen natürlich noch lange erhalten, wenn auf der
hohen See die ursprünglich mit ihnen zusammenlebenden Formen
schon längst ausgestorben und durch andere verdrängt sind. Von
den hochmarinen Cephalopodenfaunen aber, auf deren Auftreten
und Verschwinden doch die ganze Abgrenzung und Gliederung
von Jura und Kreideformation begründet ist, findet sich in den
ganzen Wealdenbildungen mit Ausnahme der soeben beschriebenen
und einiger anderer Stellen in den oberen Grenzschichten des
Wealden, auf die sofort noch näher eingegangen werden soll,
nicht eine Spur. Diese wenigen in den oberen Grenzschichten
des Wealden gefundenen Cephalopoden sind aber Leitformen der
174
C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des "Wealden
Kreideformation; — Oxynoticeras heteropleurum Neum. und
Belemnites subquadratus A. Röm. 1).
Dass der von Struckmann zur Vervollständigung seines Be-
weises herangezogene jurassische Charakter der Wealdenflora
(1. c. S. 111) nichts für die Altersstellung des Wealden beweist,
braucht wohl kaum des Besonderen hervorgehoben zu werden,
denn dass eine Landflora bei einer auf das Auftreten und Ver-
schwinden von hochmarinen Thieren begründeten Formations-
gliederung noch weniger entscheiden kann als die indifferenten
Mollusken isolirter Lagunen, ist doch wohl evident.
Was nun den zweiten Theil des STRUCKMANN’schen Beweises
anbetrifft, die Thatsache, dass die Faunen der Hils- und Wealden-
bildungen keine einzige gemeinsame Form aufweisen, so beweist
das ebenfalls nichts, denn einem so schroffen Facies Wechsel, wie
er sich im Allgemeinen auf der Grenze von Hils und Wealden,
also zwischen den Niederschlägen des offenen Meeres und ganz
schwach salziger Brackwässer einstellt, können die wenigsten
Thierformen widerstehen, und dass so schroff verschiedene Facies
desselben Alters gänzlich verschiedene Faunen führen, ist schon
häufiger beobachtet, ohne dass man deswegen solche Bildungen
auseinanderreisst und auf zwei verschiedene Formationen ver-
theilt.
Aber Struckmann weist nicht nur darauf hin, dass Hils und
Wealden keine Art in ihren Faunen gemeinsam haben, er be-
streitet auch die ununterbrochene Aufeinanderfolge beider Bil-
dungen, trotzdem er die concordante Ueberlagerung zugiebt und
behauptet ausdrücklich, dass zu den Zeiten, als sich der Wealden-
thon absetzte, anderweits noch ein Jurameer bestanden haben
müsste, aus dem die jurassischen Pelecypoden in den Wealden
einwandern konnten. Er sagt ganz richtig, dass, wenn die Hils-
bildungen wirklich zeitlich unmittelbar auf den Wealden gefolgt
wären, sich an der Grenze beider eine Mischfauna finden müsste,
bestreitet aber auf das Entschiedenste das Vorhandensein dieser
l) und. Oleostephanus marginatus (Phill.) A. Röm. siehe Anmerkung der fol-
genden Seite.
in der Gegend von Borgloh-Oesede etc.
175
Mischfauna *). Hierbei, allerdings dem punctum saliens der ganzen
Sache, setzt er sich aber in offenen Widerspruch mit schon be-
kannten Thatsachen.
Schon Dunker in seiner Monographie der norddeutschen
Wealdenbildungen S. XX erwähnt, dass am Osterwalde deutliche
Uebergänge der Wealdenbildungen in die Kreideschichten auf-
treten, was aus dem gemischten Vorkommen von Meeres- und
Süsswassermollusken an der Grenze zu den Kreidebildungen her-
vorginge 2).
Dann gab H. Römer in seiner Beschreibung des Profils von
Sehnde (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1874, Bd. 26, S. 345)
an, dass er dort in petrographisch nicht zu unterscheidenden Ge-
steinen Wealden- und Hilspetrefacten gefunden hätte. Struck-
mann hat später (Neues Jahrb. 1891, Bd. I, S. 117) bei Be-
sprechung dieses Profils erklärt, er hätte das nicht gefunden bezw.
er könnte die Gesteine unterscheiden und hat sich damit über die
Sache hinweggesetzt. Abgesehen davon, dass damals die be-
treffenden Schichten nicht mehr aufgeschlossen gewesen zu sein
scheinen, ist damit doch die Angabe eines Mannes wie H. Römer
nicht aus der Welt geschafft3). Ebenso haben später Seebach
(Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1871, S. 777) und Böhm (Zeitschr.
d. Deutsch, geol. Ges. 1877, S. 224) aus den Grenzschichten von
*) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1884, S. 59. — Dieses Jahrb. für 1889,
S. 66 u. 69.
2) Für diese zwar noch nie bestrittene, aber wie es scheint in Vergessenheit
gekommene Angabe habe ich nach Abschluss dieser Arbeit noch eine' uner-
wartete Bestätigung gefunden. In den Sammlungen der König!, preuss. geol.
Landesanstalt fand sich eine aus der ScHLÖNBAcröschen Sammlung herstammende
Reihe von Versteinerungen aus dem Wealden des Osterwaldes, die neben ver-
schiedenen Cyrenen noch Pisidium exaratum Dunic. und zwei kleine Ammoniten
enthält. Diese stimmen, wie ich durch Vergleichung mit dem von Nf.umayb
und Uhlig beschriebenen (Palaeontographica Bd. 27, S. 157, Taf. 29, Fig. 2),
jetzt im naturhistorischen Museum der Universität Berlin aufbewahrten Original
des Olcostephanus marginatus (Phill.) A. Röm. feststellen konnte, mit dieser Form
so genau überein, wie es in Anbetracht des Altersunterschiedes der Stücke nur
möglich ist, so dass an einer Identität der Formen nicht zu zweifeln sein dürfte.
s) Bei dieser Gelegenheit sei noch auf einen anderen Punkt dieser
SiKucKMANN’schen Arbeit hingewiesen. In seiner Polemik gegen die von Denck-
mann aus stratigraphischen Gründen verfochtene Zugehörigkeit der Sehnder
176
C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden
Ilils und Wealden in der Hilsmulde das Zusammenvorkommen
von Belemnites subquadratus A. Röm. mit Unionen und Paludinen
beschrieben. Dazu behauptet Struckmann (Dieses J ahrb. für 1 889,
S. 69), diese Thatsachen ständen nicht unzweifelhaft fest, die
Versteinerungen könnten nicht aus anstehenden, sondern aus zu-
sammengeschwemmten Schichten gesammelt sein, Böhm hätte sich
nicht mit voller Bestimmtheit ausgesprochen.
Ich glaube kaum, dass ein unbefangener Leser der betreffen-
den Stelle Struckmann’s Ansicht darüber theilen wird; — mag
dem aber nun sein, wie ihm wolle, in diesem Borgloher Bohr-
loch IV ist die Wechsellagerung von Hils und Wealdenbildungen,
sowie das Auftreten von Schichten mit vollständiger Mischfauna,
darunter Oxynoticeras heteropleurum Neum. , so unzweifelhaft und
an der Hand der vorhandenen Bohrkerne zu beweisen, dass da-
mit dieser Einwand von Struckmann definitiv beseitigt ist.
Es hätte aber selbst dieses Beweises nicht bedurft, um die
Unhaltbarkeit der STRüCKMANN’schen Ansicht darzuthun, denn
Struckmann giebt selbst die concordante Ueberlagerung der
Wealdenbildungen durch den Hils zu.
Wäre wirklich, wie Struckmann sich das denkt, nach der
Ablagerung des Wealden ein längerer Zeitraum verflossen, in
dem für das betreffende Gebiet eine Festlandsperiode eintrat,
Wealdenbildungen zur Kreide behauptet Struckmann im Gegentheil das jurassische
Alter dieser Schichten aus ihrer Wechsel lagerung mit »unzweifelhaften Jura-
schichten* naehweisen zu können (1. c. S. 127). Unter diesen »unzweifelhaften
Juraschichten« können nur seine »marinen Schichten« 9, 10 und 13 verstanden
sein. Yon diesen führt Schicht 9 Ostrea distorta und Exogyra bulla , wie Struck-
mann vorher selbst zugiebt, Charakterformen des englischen Purbeck. Schicht 10
(1. c. S. 123) enthält neben sieben vom Kimmeridge bis zum Portland bekannten
Formen ( Ostrea rugosa, Anomia jurensis , Mytilus autissiodorensis , Anisocar dia
Legayi , Oyprina Brongniarti, Cyrena rugosa und Neritoma sinuosa ) noch Cyrena
subtransversa , Cyrena tenuis , Cyrena angulata, Mytilus membranaceus , Melania
strombiformis (häufig), Gervillia arenaria, alles Arten, die, mit Ausnahme der
letzten, nur aus Wealdenschichten bekannt sind, während die letztere von
Wealdenthon bis zum oberen Kimmeridge vorkommt.
Schichten mit einer derartigen Fauna können doch wohl nicht gut »un-
zweifelhafte Juraschichten« genannt und als Beweise für die vorliegende Frage
gebraucht werden.
in der Gegend von Borgloh-Oesede etc.
177
(Dieses Jahrb. für 1889, S. 70), so hätte doch die während
dieser Festlandsperiode stattfindende Denudation, sowie die beim
Hereinbruch des Hilsmeeres eintretende Abrasion der trockenge-
legten Wealdenschichten eine merkbare Discordanz hervorbringen
müssen, von der aber nirgends eine Spur beobachtet ist, — im
Gegentheil wird von allen Seiten und auch von StruckmaNN
selbst die vollständige Concordanz beider Bildungen besonders
hervorgehoben.
Weshalb an der Grenze beider Bildungen also augenscheinlich
so selten Schichten mit einer Mischfauna auftreten und ob dieses
seltene Auftreten der Mischfauna in der That der Fall und nicht
nur ein Mangel der Beobachtung ist, lässt sich heute natürlich
nicht entscheiden — dass solche Mischfauna und Wechsellage-
rungen der Schichten in Deutschland aber überhaupt auftreten,
steht jetzt jedenfalls zweifellos fest und damit ist der letzte von
Struckmann geforderte Beweis für die Zugehörigkeit des Wealden
zur Kreideformation erbracht 1).
Ist nun so die Gleichaltrigkeit des Wealdenthons mit dem
Hilsthon festgestellt, so fragt sich nur noch, welche von den tiefer
liegenden Schichten ebenfalls noch zur Kreideformation zu ziehen
sind. Es fehlen nun noch die Aequivalente für die tiefsten Kreide-
horizonte, die in Norddeutschland zum Theil durch die tieferen
Schichten des Hilsconglomerates, zum Theil überhaupt nicht ver-
x) Um noch einer eventuellen Wiederholung des Einwandes zu begegnen,
mit dem Struckmann die in England beobachtete Wechsellagerung der Schichten
des Wealdclay mit solchen des lower greensand als nicht für den Wealden im
Allgemeinen beweiskräftig sich zu erweisen bemüht, nämlich dass der obere
Wealden in England sehr viel mächtiger entwickelt sei als in Deutschland, dass
also die in Wechsellagerung mit dem lower greensand gefundenen Schichten er-
heblich jünger sein könnten als der deutsche Wealdenthon, möchte ich noch
einmal besonders darauf hinweisen, dass erstens das Bohrloch III ebenfalls eine
Mächtigkeit von 290 Meter für den Wealdenthon ergeben hat und zwar ohne
bemerkenswerthe Störung der Schichten, so dass hier also die mächtigste englische
Entwickelung vollkommen erreicht wird und zweitens, dass die bei Borgloh
beobachtete Wechsellagerung sich nicht etwa an dieser Stelle der grössten Mäch-
tigkeit, sondern an einem Punkte findet, wo der Wealdenthon nur 165 Meter
mächtig ist.
Jahrbuch
12
178
C. Gagel, Beiträge zur Kenntniss des Wealden
treten sind (Zonen des Belemnites latus und des Iloplites priva-
vensis und occitannicus').
Von den leitenden Cephalopodenformen oder sonstigen cha-
rakteristischen Arten findet sich keine Spur in den tieferen Weal-
denbildungen , eine absolut sichere und genaue Identificirung ist
also nicht möglich. Das Auskunftsmittel, auf das Denckmann
(Neues Jahrb. 1890, Bd. II, S. 97 und 1891, Bd. II, S. 105) hin-
gewiesen hat, in strittigen Fällen die Grenze dahin zu legen, wo
durch das Auftreten von Abrasionsdiscordanzen sich das Eintreten
von grossen Veränderungen der physikalischen Verhältnisse be-
merkbar macht, mit denen die Veränderung der marinen Faunen
wahrscheinlich in ursächlichem Zusammenhang gestanden hat, hilft
im vorliegenden Falle auch nicht viel, da, wie schon erwähnt, die
Discordanz bis jetzt nur an zwei Stellen beobachtet ist, wo die
nach Eintreten derselben abgesetzten Schichten mit der typischen
Ausbildung der Wealdenformation so wenig Aehnlichkeit haben,
dass die Discordanz hier nur den allgemeinen Beweis der Zu-
gehörigkeit des Wealden zur Kreide verstärkt, für die Abgrenzung
der typischen Wealdenbildungen aber kein Hülfsmittel bietet. In
den meisten Fällen hat, worauf stets nachdrücklich hingewiesen
zu haben, das Verdienst Struckmann’s ist, ein so allmählicher
und lückenloser Uebergang zwischen den Jura- und Wealden-
schichten stattgefunden, dass der Zusammenhang der einzelnen
Schichten ein sehr inniger und dass also eine ganz natürliche
Grenze überhaupt nicht zu ziehen ist, weil eine solche natürliche
Grenze immer schnell eintretende physikalische Veränderungen als
Grund voraussetzt, für die sich hier eben kaum ein Anhaltspunkt
findet.
Dass also ein aus systematischen Gründen vorzunehmender
Schnitt in solchem Falle nicht allen Beziehungen gerecht werden
kann, ist evident; man muss ihn denn aber doch so legen, dass
er den natürlichen Verhältnissen am wenigsten widerspricht.
Sehen wir daraufhin die Folge der Sedimente durch, so
finden wir, dass der mittlere Wealden (Hastingssandstein) zum
Wealdenthon und der Serpulit zum mittleren Wealden so enge
Beziehungen haben, dass hier die Grenze mit kaum grösserer Be-
in der Gegend von Borgloh-Oesede etc.
179
rechtigung als oberhalb des Wealdenthons gezogen werden kann.
Die bis jetzt bekannte äusserst spärliche Fauna der Münder Mergel
besteht aus zwei Formen Corbula alata Sow. und Corbula inflexa
A. Röm., die aus dem oberen Jura bis in den Wealdenthon reichen,
und zwei anderen — Littorinella Schusteri Dunk, und Gyrena sub-
transversa A. Röm. — die nur noch aus den hangenden Schichten
bekannt sind; sie schliesst sich mithin ebenfalls enger an den
Wealden als an den Jura an.
Andererseits beweist die Ablagerung dieser mächtigen, so gut
wie fossilfreien Sedimente, die von Schichten mit verhältnissmässig
reichen Faunen überlagert und unterteuft werden, dass zu dieser
Zeit immerhin eine Veränderung der physikalischen Verhältnisse
stattgefunden haben muss, was sich auch darin ausspricht, dass,
wenn auch eine Zahl von Jurafossilien diese Periode überdauert
und in den hangenden Schichten wieder auftritt, doch auch eine
recht erhebliche Anzahl von Formen des oberen Jura die Grenze
der Plattenkalke zu den Münder Mergeln nicht überschreitet,
sondern hier ausstirbt, so dass die Plattenkalke selbst wieder viel
ausgeprägtere Beziehungen zu den Schichten des oberen Jura
als zu den Wealdenbildungen aufweisen (Struckmann, Zeitschr.
d. Deutsch, geol. Ges. 1887, S. 35).
Es bleibt also als natürlichste, den thatsächlichen Verhält-
nissen am wenigsten widersprechende Grenze zwischen Jura und
Kreide die obere Grenze der Eimbeckhäuser Plattenkalke be-
stehen, so dass die Purbeckschichten (Münder Mergel und Serpulit)
als unterstes Glied dem Wealden und dieser als Ganzes der
Kreideformation zuzurechnen ist.
12!
Die baltische Endmoräne in der Neumark
und im südlichen Hinterpommern.
Yon Herrn Konrad Keilhack in Berlin.
(Hierzu Tafel XI Y.)
Durch eine in nächster Zeit bevorstehende Veröffentlichung
von Gottscfie über die Endmoräne in Schleswig-Holstein1), durch
die soeben erschienene Uebersichtskarte derjenigen Mecklenburgs
von Geinitz 2) und durch die in diesem Jahrbuche veröffentlichten
Arbeiten von Berendt und Wahnschaffe 3) über die uckermärki-
schen, von mir4) über die hinterpommerschen Endmoränenzüge
ist der Verlauf der Hauptendmoräne Norddeutschlands von der
dänischen Grenze bis zur Weichsel, d. h. in einer Länge von
insgesammt 1000 Kilometer bekannt gegeben. Nur eine grössere
b Vortrag darüber in Goslar im August 1893 gehalten. Siehe Protokoll-
notiz in Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1893, S. 540.
2) E. Geinitz, Die Endmoränen Mecklenburgs. Mitth. aus der Grossherz.
Meckl. Geol. Landesanstalt IV. 4°. Rostock 1894. Mit Karte.
3) G. Berendt und F. Wahnschaffe, Ergebnisse eines geologischen Aus-
fluges durch die Uckermark und Mecklenburg- Strelitz. Dieses Jahrb. für 1887,
S. 363—371.
G. Berendt, Die beiderseitige Fortsetzung der südlichen baltischen End-
moräne. Dieses Jahrb. für 1888, S. 110 — 122.
4) K. Keilhack, Der baltische Höhenrücken in Hinterpommern und West-
preussen. Dieses Jahrb. für 1889, S. 149 — 214 und Zeitschr. d. Deutsch, geol.
Ges. 1889, S. 156.
Konrad Keilhack, Die baltische Endmoräne in der Neumark etc. 181
Lücke findet sich noch in dem Gebiete zwischen der Oder und der
Gegend von Dramburg im südlichen Hinterpommern, eine Lücke,
die ungefähr eine Länge von 150 Kilometer besetzt. Auf mehreren
Reisen in den Jahren 1890, 91 und 92, sowie' bei Gelegenheit
der Begehung der Bahnlinien Stargard-Callies und Arnswalde-
Callies im Frühjahr dieses Jahres (1894) habe ich auch diese Lücke
grösstentheils ausfüllen können und glaube zur Ergänzung jenes
Moränenzuges zu einem geschlossenen Ganzen mit einer genaueren
Veröffentlichung meiner Beobachtungen nicht mehr zögern zu sollen.
Das zwischen Dramburg und Soldin gelegene Stück der End-
moräne (100 Kilometer) habe ich allein kartirt; die Beobachtungen
zwischen Soldin und Vietnitz an der Stettin-Ciistriner Bahn würden
auf einer gemeinschaftlichen Reise mit Herrn Dr. Schröder ge-
macht; und die Mittheilungen über die Endmoränen zwischen
Vietnitz und dem Oderthaie verdanke ich Herrn Dr. Schröder,
der mir freundlichst gestattete, über dieselben im Anschluss an
meine eigenen Beobachtungen zu berichten.
In der Eingangs angeführten Arbeit habe ich den Verlauf
der hinterpommerschen Endmoräne eingehend bis Dramburg be-
schrieben und in einer Schlussbemerkung, die ich während des
Druckes noch hinzufügen konnte, den weiteren Verlauf der-
selben bis in die Gegend von Soldin kurz skizzirt. Ich knüpfe
die genauere Beschreibung an derselben Stelle an.
Die Stadt Dramburg liegt in einer flachen von der Drage
durchflossenen Sandebene. Nördlich, nordwestlich und westlich
von der Stadt grenzt dieser als Sandr aufzufassende Sandcomplex
an typische Moränenlandschaft, aber der äussere Rand derselben
ist hier nicht als Endmoräne entwickelt. Von der Südseite des
Sarranzig-Sees bis nach Janikow, wo eine mächtige Sandmasse
den verschütteten, einst nach S. gerichteten Abfluss des Rosen-
felder und Sabitz-Sees anzuzeigen scheint, wurden trotz der all-
gemeinen Lehmbedeckung nirgends nennenswerthe Geschiebean-
häufungen beobachtet. Erst zwischen Bernsdorf und Janikow setzt
die Endmoräne mit Kieskuppen und ungeheuren Steinhaufen auf
den Feldern wieder ein, aber nur, um alsbald über die Golzer
pnd Gienower Mühle, über Henkenhagen und den Schlossberg
182 Konrad Keilhack, Die baltische Endmoräne in der Neumark
auf die zwischen dem Rosenfelder See und der Eisenbahn liegen-
den Höhen nach Nordwest zurückzubiegen. Der Gegenflügel
dieser Zurückbuchtung beginnt wahrscheinlich schon in den hohen
Kuppen des Wangeriner Stadtwaldes, wurde aber erst von der
Kreisgrenze bei Karlsthal an wieder beobachtet, wo die End-
moräne bereits ihre alte Richtung NO. — SW. wieder angenommen
hat. Hier beginnt ein ganz schmaler, hoher, wohl entwickelter
Endmoränenkamm von gradezu typischer Beschaffenheit, der genau
auf der Grenze zwischen der fruchtbaren, mit Laubwald be-
standenen und mit zahlreichen Gehöften bedeckten lehmigen
Moränenlandschaft und der spärlich bewohnten, nur Nadelwald
tragenden Sandebene liegt. Dieses Verhältniss bleibt nun auf
mehr als 3 Meilen Länge; auf den beiden Messtischblättern
Nörenberg und Gr. Mellen kann man mit einem Blicke auf’s Beste
diese beiden total verschiedenen Landschaftsformen erkennen und
unterscheiden. Der Endmoränenkamm zieht sich als solcher von
dem südöstlichsten Carlsthaler Gehöft an um die Südseite des an
den Grossen und Kleinen Rothsee sich anschliessenden Moores
herum. Hier setzt sie ab, und ihre Fortsetzung liegt im Walde
nördlich des Gr. Rothsees, von wo sie in Form einer Reihe von
Steinkuppen, die durch geschiebebedeckte Grundmoräne verbunden
sind, ungefähr der Chaussee folgend, sich auf den Pietschen See
zu zieht. Auf der Westseite desselben beginnt ein ganz prächtiger,
schmaler, aus Geschiebepackung gebildeter Kamm, der 1,5 Kilometer
weit bis zum östlichsten Punkte des Drenzig-Sees reicht. Nun
folgt in der Endmoräne eine 1,5 Kilometer lange Lücke, in welcher
der nach Osten hin einfach gestaltete, nach Westen hin mit 5
tiefen Buchten in’s Land eingreifende Enzig-See, ein typischer
Grundmoränensee, liegt. Von ihm aus läuft eine alte Schmelz-
wasserrinne, in welcher eine Reihe von Seen liegen, nach Osten,
vereinigt sich in 15 Kilometer Entfernung bei Welschenburg mit
einer zweiten, aus der Henkenhagen-Ginower Einbuchtung der
Endmoräne von NW. herkommenden Rinne und läuft mit dieser
zusammen in die Rinne des Grossen Lübbesees.
S. von Nörenberg nimmt die Endmoräne eine fast genau
und im südlichen Hinterpommern.
183
nordsüdliche Richtung mit ganz flacher Ausbiegung nach Osten
an, die sie auf eine Länge von 45 Kilometer bis zu der an der
Stargard - Kreuzer Eisenbahn liegenden Bahnstation Augustwalde
beibehält. Die nördliche Hälfte dieses Endmoränenstückes besitzt
folgenden Charakter: die Moränenlandschaft wird von W. nach O.
immer bewegter und steigt höher und höher hinan. Ihr östlicher
Rand wird in einer Breite von 500 — 1000 Meter von sehr grossen
Mengen grosser und kleiner Geschiebe bedeckt, zwischen denen
eine Anzahl ganz und gar aus Blockpackung bestehender Kuppen
liegen. Unterbrechungen der Endmoränen lassen sich nur da
beobachten, wo Seen liegen (Nethstubben- , Cremminer und Gr.
Kirttkow-See). Der genaue Verlauf der Endmoräne ist folgender:
sie beginnt unmittelbar S. von Nörenberg, bildet die Halbinsel
im Nethstubben- See, läuft am O.- Rande der Kremminer Forst
auf den Kremminer See zu und verläuft nun vom O. -Rande des
letzteren über Vorwerk Karlsruhe, zwischen Gr. Silber und
Kl. Spiegel über den 145 Meter hohen Luftberg, dann nach Osten
ausbiegend über Vorwerk Kreuz auf Nantikow zu. Schon vor
diesem Orte aber hört sie mitten im Felde mit einigen kleinen
Steinkuppen und zusammengelesenen Steinhaufen auf, und ihre
Fortsetzung bis Augustwalde kann man nur an einzelnen, meist
ungefähr auf der Grenze zwischen Lehm- und Sandgebiet liegen-
den Steinkuppen erkennen. Zweifellos wird die Zahl derselben,
da sie häufig in kleinen Wäldchen oder mitten im Felde zerstreut
liegen, bei der speciellen geologischen Kartirung sich noch wesent-
lich grösser erweisen, als sie nach den Beobachtungen einer ein-
maligen Begehung des Gebietes jetzt angegeben werden kann.
Die beobachteten Punkte liegen:
am Südwestrande des Schleussenbruches zwischen Kratznick
und Buchholz;
südlich und südwestlich von Cölpin in der Nähe der
Eisenbahn;
zwischen Rohrbeck und Selnow;
westlich und südlich von Plagow;
in der Nähe des Bahnhofes Augustwalde.
184 Konrad Keilhack, Die baltische Endmoräne in der Neumark
Bei Augustwalde ändert die Endmoräne ihre Richtung, indem
sie nach Westsüdwest umbiegt; diesen Verlauf behält sie bis
Schöneberg, d. h. auf eine Länge von 45 Kilometer bei.
Die beobachteten Stücke dieses Theiles der Endmoräne be-
ginnen in der Arnswalder Stadtforst zwischen Sch wachen walde
und Gerzlow und zwischen Gerzlow und Kriening; letzteres Stück
bildet einen nach S. convexen Bogen mit vortrefflichen Kuppen
aus Steinpackung, die besonders hart am Dorfe Kriening sehr
gehäuft sind.
Nach einer Unterbrechung durch den grossen Puls-See, eine
Austrittsstelle der Schmelzwasser, durch welche die südlich ge-
legenen Rinnenseen gebildet wurden , folgt die Fortsetzung der
Endmoräne N. von Hasselbusch und lässt sich über Herzfelde,
Amalienhof und Oberförsterei Neuhaus bis zu den sogenannten
Plönequellen verfolgen. Dann kommt wieder eine Unterbrechung,
in welcher der Berlinchener See mit zwei nach S. gerichteten Ab-
flussrinnen liegt; jedoch liegen auch im Walde S. vom See einige
kleine Steinkuppen. Vom Tobelhof setzt die Endmoräne in Form
von Geschiebeschüttung der oft sehr sandigen Oberfläche sich fort
über Forsthaus Kerngrund in der Richtung nach Kienitz.
Nach der Lücke, in welcher der grosse Karziger See liegt,
folgt die durch eine Reihe von Steinkuppen bezeichnete Fort-
setzung der Endmoräne S. vom Zumbolt-See und geht, nördlich
an Hollin und südlich am Faulen See vorbei mitten in das Dorf
Schöneberg.
Hier beginnt abermals eine Veränderung der Richtung: die
Endmoräne verlauft von Schöneberg bis an das Oderthal in einer
Länge von 50 Kilometer in fast ostwestlicher Richtung. Von
diesem ganzen Zuge sind die ersten und die letzten 7 Kilometer
ausgezeichnet entwickelt, während auf der langen Zwischenstrecke
nur vereinzelte Punkte den Verlauf der Endmoräne andeuten.
Die ersten 7 Kilometer, die zwischen Schöneberg und dem von
Mietzelfelde nach Staffelde führenden Wege liegen, bilden be-
sonders im mittleren Theile einen scharf hervortretenden, mit
ungeheuren Grand- und Steinmassen bedeckten und z. Th. aus
demselben Materiale bestehenden Rücken, von dem aus man einen
und im südlichen Hinterpommern.
185
weiten Blick über die südlich vorliegenden ebenen Sandflächen
hat. Es folgt nunmehr südlich vom Soldiner See wieder eine
Lücke in der Endmoräne. Der nächste beobachtete Punkt bei
der Haltestelle Rostin ist von Läufer *) aufgefunden und das
während des Bahnbaues aufgeschlossene Profil von ihm zwar falsch
gedeutet, aber ausgezeichnet in Fig. 7 auf Taf. XVI der ange-
gebenen Arbeit abgebildet. Nach mündlicher Mittheilung des
Besitzers des Gutes Rostin ist der südliche Rand seines Lehm-
ackers durch das Auftreten sehr grosser Steinmengen ausgezeichnet;
vermuthlich fällt der Rostiner Fuchsberg in die Endmoräne hinein.
Nach abermaliger Lücke folgen Geschiebeanhäufungen bei
Pinnow und im Zernikower Walde, die sich bei genauerer Unter-
suchung wahrscheinlich als durch viele Zwischenpunkte verbunden
erweisen worden, und dann das Beschüttungsgebiet zwischen
Pätzig und Wartenberg, sowie die blockreichen Endmoränen dicht
bei dem Gute Hohen -Wartenberg. Bei dem jetzt verschwundenen
Pätziger Vorwerke Brewitz sahen wir hart am Wege eine End-
moränenkuppe, die zur Hälfte abgebaut war und im Querschnitt
prächtig die regellose Blockpackung des ganzen Hügels erkennen
liess. Das Gebiet südlich vom Gellmer See ist mit grossen
Geschiebemassen wie übersät, unter denen sich sehr zahlreiche
rothe, versteinerungsreiche Kalksteine befinden.
Zwischen Hohenwartenberg und Mohrin ist zwar die Grenze
der Endmoränenlandschaft gegen das vorlagernde Sandgebiet sehr
scharf, aber nicht durch nennenswerthe Geschiebemassen als End-
moräne charakterisirt. Dieser Rand verläuft in einem flachen
Bogen über Beigen, Gossow und Charlottenhof auf die Südspitze
des Mohriner Sees zu. Bei Beigen steht rechtwinklich zu diesem
Rande ein Trockenthal, durch welches die Wasser des heute nach
N. abfliessenden Belgen-Sees einst nach S. ihren Weg nahmen.
Bei Mohrin beginnt das letzte Stück der neumärkischen End-
moräne, welches südlich an Gr. Wubiser und Dürren -Selchow
vorbei auf Karlstein zuläuft und dort, nur noch 2,5 Kilometer
b E. Läufer, Aufschlüsse in den Einschnitten der Stargard-Küstriner-Eisen-
bahn. Dieses Jahrb. für 1881, S. 523 — 534.
186 Konrad Keilhack, Die baltische Endmoräne in der Neumark etc.
vom Rande des Oderthals entfernt, endigt. In diesem letzten
Theile ist die Endmoräne, besonders bei Karlstein und Dürren-
Selchow, wieder sehr gut als Kamm ausgebildet, der aus mächtigen
Blockpackungen besteht, die gradeso wie auf der andern Seite
des Odertbales zur Steingewinnung ausgebeutet werden.
Fast das ganze neubeschriebene Stück Endmoräne, nämlich
der 140 Kilometer lange Theil von Zehden bis Nörenberg, gehört
einem einzigen ungeheuren Bogen an, der fast überall die charakte-
ristische Grenzlage zwischen Moränenlandschaft und Sandebene
einnimmt. Dass er gleichaltrig mit der hinterpommerschen End-
moräne ist und mit ihr ein zusammengehöriges Ganze bildet, steht
fest. Dagegen lässt sich heute noch kein sicheres Urtheil darüber
abgeben, welcher der uckermärkisch- mecklenburgischen End-
moränenzüge als seine westliche Fortsetzung zu betrachten ist.
Die Beantwortung dieser Frage dürfen wir von Herrn Dr. Schröder
erwarten, der mit der Speeialbearbeitung der Blätter Zehden und
Oderberg beschäftigt ist, auf denen die Entscheidung zu suchen ist.
Notiz über ein Vorkommen von Mittel oligocän
bei Soldin in der Neumark.
Von Herrn Konrad Keilhack in Berlin.
Bei Gelegenheit der Begehung und Kartirung des Baltischen
Endmoränenzuges in der nördlichen Neumark entdeckte ich in
der Nähe der Stadt Soldiu, am Wege nach Mietzelfelde , in der
grossen Ziegeleigrube nördlich des Weges, ein neues Vorkommen
von Septarienthon und tertiärem Sande (wahrscheinlich Stettiner
Sand), welches deshalb bemerkenswerth ist, weil es der erste
Punkt ist, an welchem innerhalb der Moränenlandschaft
zwischen Oder und Weichsel ältere als diluviale Schichten beob-
achtet sind. Der kalkhaltige Septarienthon wird auf der Nord-
seite der Grube von Oberem Geschiebemergel überlagert, auf der
Südseite dagegen von feinen Quarzsanden, in welchen in mehreren
Schichten scherbige Thoneisensteinknollen eingelagert sind. Ver-
steinerungen konnten in letzteren nicht gefunden werden. Der
Thon enthält zahlreiche Septarien, die aber nicht aus kohlen-
saurem Kalke, sondern aus thonigem Sphärosiderit bestehen.
Von grösseren organischen Resten fanden sich nur winzige, un-
bestimmbare Bruchstücke; dagegen lehrte eine genaue Betrachtung
der Oberfläche des während des Winters verwitterten abgebauten
Thories, dass derselbe eine nicht unbeträchtliche Menge Fora-
miniferen enthielt. Eine mitgenommene Probe wurde von Herrn
Mechaniker G. Schacko freundlichst untersucht; derselbe fand
188 Konrad Keilhack, Notiz über ein Vorkommen von Mitteloligocän
darin ausser Bruchstücken von Nucula Chastelii folgende Arten
von Foraminiferen:
Miliodinae.
1. Spiroloculina limbata Bornemann.
2. Miliolina tenuis Czyz.
3. » impressa Reuss var. subovalis Andreae.
Peneroplidinae.
4. Cornuspira polygyra ReüSS.
Lituolinae.
5. Haplophragmium placenta ReüSS.
6. » affinis ReüSS.
7. » latidorsata Bornemann.
T e x tu l ar in a e.
8. Bolivina elongata v. Hantken.
Chilostomellidae.
9. Chilostomella cylindroides ReüSS.
Lagenidae.
10. Lagena vulgaris = laeois Williamson.
11. » hispida ReüSS.
12. » marginata ReüSS.
13. Nodosaria Orbignyana Neugeboren.
14. » Ewaldi Reuss.
15. » soluta Bornemann.
16. Dentalina consobrina d’Orb.
17. » elegans d’Orb.
18. » obliquistriata Reuss.
19. Frondicularia seminuda ReüSS (sehr häufig).
P o ly m o r p h i nin a e.
20. Polymorphina semiplana Reuss.
21. Uvigerina gracilis ReüSS (sehr häufig).
bei Soldin in der Neumark.
Globigerinidae.
22. Globigerina bulloides d’Orb.
23. Sphaeroidina variabilis ReüSS.
24. Pullenia quinqueloba ReüSS.
Rotalidae.
25. Discorbina Boueana var. BrinJchorsti d’Orb.
26. Truncatulina Ungeriana d’Orb. (häufig).
Nummulinidae.
27. Polystomella umbilicatula Montf.
Das Profil der Eisenbahnen Arnswalde-Callies
und Callies-Stargard.
Von Herrn Konrad Keilhack in Berlin.
(Hierzu Tafel XIV.)
Im Frühjahr 1894 erhielt ich von der Direction der Königl.
geologischen Landesanstalt den Auftrag, die im Bau begriffenen
Eisenbahnlinien Arnswalde-Callies und Stargard-Callies zu be-
gehen, und die in den zahlreichen Einschnitten aufgeschlossenen
Profile vor der Abdeckung zu untersuchen und aufzunehmen.
Wie aus der dieser Abhandlung beigegebenen Taf. XIV zu er-
sehen ist, besitzen die von den beiden Bahnen durchschnittenen
Gebiete in geologischer Beziehung viel Uebereinstimmendes. Das
ist um so weniger verwunderlich, als sie beide annähernd recht-
winklig zum Streichen der dieses Gebiet zusammensetzenden pa-
rallelen Landschaftszonen verlaufen und nur einen mittleren Ab-
stand von 8 — 15 Kilometer besitzen. Beide Bahnlinien beginnen
im W. im Gebiet der ebenen Platten Oberen Geschiebemergels,
erreichen dann die wechselvoll gestaltete Moränenlandschaft, über-
schreiten die Endmoräne und durchqueren hierauf den vor der-
selben liegenden ausgedehnten Sandr (Sand- und Kiesebene), um
sich südlich von Callies am Ostrande desselben zu vereinigen.
1. Die Einschnitte der Bahn Arnswalde-Callies.
2 Kilometer südöstlich vom Bahnhof Arnswalde zweigt sich
die neue Bahn von der Strecke Stargard- Kreuz ab und über-
schreitet zunächst die 10 — 15 Meter tief eingeschnittene Rinne,
Konrad' Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen Arnswalde-Callies etc. 1 9 1
in welcher die Arnswalder Seenkette liegt. In dem etwa 200 Meter
langen, 5 Meter tiefen Einschnitte, in welchem die Bahnlinie sich
in die Thalrinne hinein begiebt, sieht man in der in Fig. 1
Pig. 1.
M = Oberer Geschiebemergel. L = Lehmige Verwitterungsrinde desselben. S = Unterer Sand.
angegebenen Lagerung den oberen Geschiebemergel, unterlagert
von Unterem Sande mit wellig bewegter, an zwei Stellen die
Geschiebemergeldecke durchstossender Oberfläche. Die Mächtig-
keit der Verwitterungsdecke über dem Geschiebemergel beträgt
l1/* — 2 Meter.
Der Geschiebemergel zieht sich fast ganz in die Rinne hinein,
so dass nur an deren unterstem Rande der Sand zu Tage tritt.
Auf der Ostseite der Rinne durchschneidet die Bahn einen kleinen
Rücken, der vom Senzig-See eine Bucht abtheilt; dieser Rücken
besteht aus einem mit dem Unteren Sande der westlichen Thal-
seite gleichalterigen Schluffsande. Nun folgt 5 Kilometer weit
eine ziemlich ebene, gleichmässig mit Oberem Geschiebemergel
bedeckte Hochfläche, bis zwischen Wardin und Radun das Aus-
sehen des Geländes sich vollkommen ändert, in kurz bewegtem
Terrain zahlreiche geschlossene Depressionen sich einstellen, und
die Moränenlandschaft beginnt. Die unebene Oberfläche zwang
zu zahlreichen tiefen Einschnitten, so dass deren innerhalb der
5 Kilometer langen Strecke zwischen den Haltestellen Wardin
und Zühlsdorf nicht weniger wie 10 folgen. Die Bohrung für
den Wirthschaftsbrunnen auf der Haltestelle Wardin ergab eine
Mächtigkeit des Oberen Geschiebemergels von 6 Meter. Unter
ihm wurde bis zu 21 Meter Tiefe Sand angetroffen, dessen unterste
4 Meter Wasser führten. Der Einschnitt dicht bei der Haltestelle
westlich des Rietziger Weges zeigt zu oberst eine stark ver-
waschene, dünne, 1/2 — 1 Meter mächtige Geschiebelehmdecke, die
z. Th. sogar noch dünn mit Decksand beschüttet ist und darunter
geschichtete Sande mit Mergelsandstreifen und Grandbänken. Der
192
Konrad Keilhack, "Das Profil der Eisenbahnen
östlich des Rietziger Weges sich unmittelbar anschliessende 5 Meter
tiefe Einschnitt zeigt unter einem Meter Geschiebelehm eine
ebenso starke Folge von Sand- und Grandschichten in unregel-
mässiger Wechsellagerung un,d darunter 3 Meter reinen Sandes.
Die beiden nächsten Einschnitte sind flach und zeigen, der west-
liche Mergelsand, der östliche Spathsand unter dem Geschiebe-
mergel. Nun folgt der bis 8 Meter tiefe, 250 Meter lange Ein-
schnitt an dem westlichen der beiden von Rietzig nach Kürtow
führenden Wege. Er enthält unter einer nach O. immer dünner
werdenden Geschiebemergeldecke eine mächtige Folge geschichteter
Sande. 200 Meter weiter östlich überschreitet die Bahn das
schmale Erosionsthal des Stävenitzbaches ; beiderseits desselben
tritt unter dem Geschiebemergel der Untere Sand zu Tage, auf
der Ostseite zahlreiche Osteocollen von ausserordentlicher Grösse
enthaltend. Nun folgen zwischen den beiden von Rietzig nach
Erdmannsthal führenden Wegen unmittelbar hinter einander zwei
tiefe Einschnitte, die leider zur Zeit meines Besuches schon z. Th.
abgeböscht waren, so dass ich kein zusammenhängendes Profil
mehr gewinnen konnte. Im ersten der 10 — 12 Meter tiefen Ein-
schnitte folgen unter einer dünnen Geschiebelehmdecke geschichtete
Sande, die eine mehrere Meter mächtige Mergelsandfolge ein-
schliessen. Der zweite Einschnitt dagegen wird zu oberst aus
einem zwar sehr thonigen, aber doch zahlreiche grosse Geschiebe
führenden Geschiebemergel gebildet, unter welchem reiner Unterer
Sand folgt.
Sehr interessant war der Einschnitt südöstlich vom Rietziger
Amts -See, obgleich auch er nur eine 3 — 4 Meter mächtige, im
obersten halben Meter entkalkte Geschiebemergeldecke auf Unterem
Sande zeigte. Das Auffällige sind eine Anzahl von Verwerfungen,
die in der in Fig. 2 dargestellten Art und Weise Mergel und
Sand durchschneiden. Da der Verwitterungslehm des Geschiebe-
mergels von den Verwerfungen nicht mit betroffen ist, so muss
die Verwitterung jünger sein wie die Lagerungsstörung. Die
Sprunghöhe der Verwerfungen übersteigt einen Meter nicht. Der
nächste Einschnitt war bereits abgedeckt, der folgende bei Halte-
stelle Zühlsdorf, ebenfalls flach, zeigte nur Oberen Mergel. Die
Arnswalde- Callies und Caliies-Stargard.
Fig. 2.
193
M = Oberer Geschiebemergel. L == Lehmige Yer witterungsrinde desselben.
S = Unterer Sand.
beiden letzten Einschnitte in der Moränenlandschaft südlich von
Zühlsdorf waren ganz flach.
Es lehren diese Aufschlüsse zwischen Wardin und Zühlsdorf,
dass in dem von der Bahn durchschnittenen Theile der Moränen-
landschaft die Hügel nicht, wie an vielen anderen Stellen, in
ihrer ganzen Masse aus Grundmoränenmaterial bestehen, sondern
dass sie einen nach der bisherigen nicht unanfechtbaren Bezeich-
nungsweise als »Unteres Diluvium« zu bezeichnenden Kern ent-
halten. Sie lehren aber auch, dass dieser Kern nicht das Resultat
gewaltiger Zusammenschiebungen, Aufstauchungen und Aufpres-
sungen ist, da er in diesem Falle durchaus nicht die ruhige, oft
ganz horizontale Lagerung besitzen könnte, die ihm vielfach eigen
ist. Eher gewinnt man den Eindruck, dass hier eine vorher schon
fertig gebildete wellige Oberfläche in verhältnissmässig ruhiger
Weise mit dünner Grundmoräuendecke überkleidet wurde. Diesen
Hügelkernen aus Mergelsauden, Sanden und Granden möchte ich
dasselbe jungdiluviale Alter zuschreiben, wie dem Geschiebemergel
selbst.
Zwischen Zühlsdorf und Kölpin führt uns die Bahn an den
Ostrand der Moränenlandschaft und damit an die Endmoräne.
Zugleich beginnt bei Haltestelle Zühlsdorf der Ersatz des Ge-
13
Jahrbuch 1893.
194
Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen
schiebemergels durch den Geschiebesand, der hier, wie die Boh-
rung des Wirthschaftsbrunnens ergab, eine Mächtigkeit von 9 Meter
besitzt und nach Angabe des Bohrregisters von »hartem blauen
Thone«, wahrscheinlich fetten Gschiebemergel, dessen Alter zweifel-
haft ist, unterlagert wird. Die Endmoräne ist in diesem Gebiete,
wie ich im vorhergehenden Aufsatze über die baltische End-
moräne in der Neumark ausgeführt habe, sehr stark verwaschen
und nur durch verhältnissmässig wenige, flache, aus Steinpackungen
bestehende Kuppen angedeutet. Drei solcher Kuppen liegen mitten
in dem von den drei Dörfern Zühlsdorf, Kölpin und ßohrbeck
gebildeten Dreieck. Zwischen den Geschiebekuppen führt die
Bahn über eine mit äusserst zahlreichen bis kopfgrossen Ge-
schieben dicht bedeckte Sandfläche, in der eine Reihe von Torf-
mooren liegen.
Hier beginnt die gewaltige vor dem alten Gletscherrande auf-
geschüttete Sandebene, welche, wie Taf. XIV zeigt, den etwa
7 Kilometer breiten Streifen zwischen der Endmoräne und der
Neuwedeller Geschiebemergelhochfläche einnimmt.
In dieser in ca. 90 Meter Meereshöhe gelegenen Fläche bildet
die Bahn eine Anzahl von 5 — 8 Meter tiefen Einschnitten , die
alle einen wohlgeschichteten, nur wenig grandigen Sand enthalten,
in dem stellenweise kleine Geschiebe sich finden. Im oberen
Theile ist die Schichtung durch die Verwitterung und Humificirung
unsichtbar geworden; ganz falsch wäre es, diese oberste unge-
schichtete Sandmasse für etwas jüngeres, als den darunter fol-
genden geschichteten Sand zu halten; vielmehr sind beide eines
Alters und einer Entstehung und als die zu der glacialen Grund-
moräne der Moränenlandschaft gehörigen fluvioglacialen Bildungen
aufzufassen. Ihre bedeutende Mächtigkeit offenbart die Bohrung
für den Wirthschaftsbrunnen auf der Haltestelle Kölpin, die fol-
gende Schichten durchsank:
0 — 4 Meter Sand,
4 — 11 » Scharfer Sand,
11 —12 » Grober Kies,
12 — 15,5 » Scharfer Sand,
15.5- — 18,5 » Grober Kies, wasserführend,
18.5 — 19 » Feiner Sand.
Ärnswalde- Callies und Callies - Stargard.
195
Dieser Charakter des Sandr bleibt bis an das Ufer der Drage
südlich von Neuwedell, nur unterbrochen durch die Neuwedeller
Seenrinne. Die Bahn überschreitet dieselbe zwischen dem Wrieten-
und Grossen - See auf einem in ein kleines Torfmoor hineinge-
schütteten Damme. Dabei ist auf beiden Seiten der Torf aufge-
presst, die Sättel sind parallel dem Bahndamme aufgerissen und
der unter 2 — 10 Decimeter Torf lagernde Wiesenkalk wird in den
breiten tiefen Spalten sichtbar. Eine etwas andere Wirkung des
Druckes konnte ich in einem kleinen Torfmoor in der Moränen-
landschaft bei einem Rietniger Abbau beobachten: auf der nörd-
lichen Seite war der Torf in zwei Sättel nebst zugehörigen Mulden
zusammengefaltet, während die Südseite nur einen Sattel zeigte.
Die beiden folgenden Bilder geben Profile von beiden Formen
der Aufpressung.
Kg. 3.
Wasser Torf Kalk
Der Einschnitt unmittelbar westlich von der Dragebrücke
lieferte das folgende Profil:
Kg. 4.
G = Oberer Geschiebesand. T = Thonmergel.
Unter 4 Meter wohlgeschichtetem Oberen Sande kommt,
schwächer fallend als das Bahnplanum, ein fetter Thonmergel
heraus, auf dessen Oberer Grenze die angesammelten Sickerwasser
als Quellen hervortreten. Ich wage nicht zu entscheiden, ob
dieser Thonmergel jung- oder altdiluvial ist.
Mit dem Ueberschreiten der Drage tritt die Bahn in ein
völlig abweichendes Gebiet, welches oberflächlich aus echtem Ge-
13*
196
Konrab Keilhack, Das -Profil der Eisenbahnen
schiebemergel oder diesem sehr ähnlichen Bildungen besteht. Die-
selben bedecken hier eine etwa 3 — 5 Kilometer breite Fläche, die
sich von Silberberg über Neuwedell in südöstlicher Richtung auf
Fürstenau zu erstreckt. Ueber diese rund 100 Meter ü. M. lie-
gende Geschiebemergelfläche erheben sich eine ganze Reihe von
Sand- und Kiesbergen, die im Allgemeinen auf einer der Längs-
erstreckung der ganzen Fläche parallelen Linie angeordnet sind.
Am nächsten an der Bahn liegt der 26 Meter über die Umgebung
sich erhebende Weinberg, südöstlich von Neuwedell; eine grosse
Kiesgrube zeigt, dass dieser Berg eine aus verworren geschichteten
Sand- und Grandmassen zusammengesetzte Durchragung bildet.
Die Bahnlinie selbst bildet zwischen Drage und dem Bahnhof
zwei 3 — 4 Meter tiefe Einschnitte in einem fetten Geschiebemergel,
der von etwa meterstarker V erwitterungsrinde bedeckt und in der
Tiefe blaugrau gefärbt ist. Die Brunnenbohrung auf Bahnhof Neu-
wedell ergab nach Angabe dos geführten Bohrregisters:
0 — 2,6 Meter Auftrag,
2,6 — 3,0 » Humus,
2.9 — 4,9 » Lehm und Mergel,
4.9 — 19,6 » Thon,
19.6 — 25,6 » Feiner Sand,
25.6 — 27,6 » Kies, wasserführend.
Oestlich vom Bahnhof ändert sich das Verhältniss: dort zeigt
der lange Einschnitt bei dem Gute Kirschberg eine Geschiebelehm-
artige Bildung, die in der Hauptsache durch Aufarbeitung von
Thonen und feinen Schluff- und Mergelsanden entstanden ist;
der Grundmoränencharakter wird durch die zahlreichen regellos
durch die Masse vertheilten grossen und kleinen Geschiebe her-
vorgerufen. Weiter nach dem Schönower Wege zu wird das zu
einer Art Localmoräne aufgearbeitete Material immer sandiger
und geht 200 Meter vor dem Schönower Wege in reinen Ge-
schiebesand über. Dabei enthält derselbe in den ersten Hundert
Metern eine solche ungeheure Menge von Geschieben, dass man
unter Berücksichtigung der Lage dieses Punktes auf der Grenze
zwischen Lehm- und Sandgebiet zu der Meinung geführt werden
könnte, dass hier eine Art Endmoränenbildung vorliegt.
Amswalde - Callies und Callies - Stargard.
197
Hundert Meter vor dem Schönower Wege hört diese Ge-
schiebeführung ganz plötzlich auf und es folgt nun die durch die
Neuwedeller Lehminsel unterbrochene Fortsetzung des grossen
Sandr. Die Bahn durchquert dieselbe in einer 4 Kilometer
langen Strecke, überschreitet dann die Denziger Geschiebelehm-
insel mit einer Strecke von 2,5 Kilometer Länge und liegt mit
ihren letzten D/2 Kilometer nun abermals auf einer zu dem Sandr
gehörenden Sandfläche.
Die wenigen Einschnitte in den beiden genannten Abschnitten
des Sandr zeigen, wie bei der grossen Entfernung von der End-
moräne nur natürlich ist, Sande mit nur geringfügigen Beimen-
gungen grandigen Materiales.
Das Denziger Plateau verlässt die Bahn in einem Einschnitte,
welcher die Lagerungsverhältnisse zwischen dem dasselbe bedecken-
den Oberen Geschiebemergel , der unter demselben lagernden
Sande und dem im Sandr folgenden Oberen Sande recht gut er-
kennen liess. Diesem Einschnitte entstammt das folgende Profil
(Fig. 5 auf S. 199), aus welchem hervorgeht, dass der Geschiebe-
lehm sich hier nicht unter den Sandr hinunterzieht, sondern unter
dem angelagerten Geschiebesande sich sehr schnell auskeilt.
2. Die Einschnitte der Bahn Callies-Stargard.
Ich werde diese Bahnlinie so wie sie besichtigt wurde, be-
schreiben, d. h. aus der Sandebene über die Endmoräne durch
die Moränenlandschaft in das flache Hinterland derselben ver-
folgen.
Vom Bahnhof Callies aus läuft die Bahn 3 Kilometer weit
parallel dem Thale des Dragebachflusses und durchquert dasselbe
bei der Gutsdorfer Mühle. Der bis 6,5 Meter tiefe Einschnitt
südlich dieses Thaies zeigt in vortrefflicher Weise den inneren Bau
des Sandr (Fig. 6 auf S. 199). Unter verworren geschichteten, wenig
grandigen Sanden, die im oberen Theile ihre Schichtung durch
Verwitterung eingebüsst haben, folgen Sande mit eingeschalteten,
bald horizontal gelagerten, bald steil gestellten Grandbänken.
Das Ganze ist eine der Zeit und der Art der Entstehung
»ach vollkommen einheitliche Bildung.
198
Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen
Die Bahn erreicht am nördlichen Thalrande den Südwestrand
der Callieser Hochfläche und durchschneidet einen Ausläufer der-
selben in einem kurzen Einschnitte nördlich von der Nordbucht
des Ankrow-Sees. In diesem Einschnitte liegt über einem Meter
Oberen Geschiebemergel ein an grossen und kleinen Geschieben
sehr reicher Grand. Nur 250 Meter weiter folgt ein zweiter
kurzer Einschnitt, in dem eine Kuppe durchragenden Unteren
Sandes durchschnitten ist. Ueber dem in Form eines flachen
Gewölbes geschichteten Unteren Sande liegt nur 1l-i Meter Ge-
schiebesand und auf der Ostseite des Hügels liegt zwischen beiden
noch ein nur 1 — 3 Decimeter starkes Geschiebemergelbänkchen
(Fig. 7 auf S. 199).
Die Bahn verlässt an dieser Stelle den nach N. weiter ver-
laufenden Rand der Hochfläche und durchquert nun in der Rich-
tung auf Reetz den Sandr, dessen Westrand sie nach 14 Kilo-
meter bei Vorwerk Kreuz erreicht. Die sämmtlichen Einschnitte
dieser Strecke zeigen ausschliesslich diese fluvioglacialen Sande
und Schotter; immer besitzen dieselben eine vortreffliche Schichtung;
ein Einschnitt, 11 Kilometer von Bahnhof Callies entfernt, bei
Neu-Hassendorf, zeigte in ganz vortrefflicher Weise die Ueber-
einstimmung in der mechanischen Zusammensetzung zwischen den
wohlgeschichteten in ausgezeichneterWeise die discordante Parallel-
structur zeigenden Granden der unteren Bänke und den in der
Schichtungsfortsetzung liegenden, durch Verwitterung der Schich-
tung beraubten, oberen Lagen.
Der über 8 Meter tiefe Einschnitt, 7,6 Kilometer von Bahn-
hof Callies entfernt, in welchem die Bahn in das hier die Grenze
zwischen Pommern und der Mark bildende Thal der Drage hinab-
gelangt, zeigte (Fig. 8 auf S. 199) an einer Stelle eine Dreigliede-
rung, indem zwischen eine untere und eine obere Grandbank eine
nach Osten einfallende Sandbank sich einschob.
Eine Zunahme der groben Bestandtheile in den Sauden und
Schottern des Sandr gegen die Endmoräne hin war unverkennbar.
Während bei Callies nur schwach grandige Sande zu beobachten
waren, zeigten die Einschnitte an der Drage bereits zahlreiche
Grandbänke im Sande. Bei Hassendorf sah ich in mehreren
des Oberen Diluviums.
200
Ko nr ad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen
Einschnitten Bänke im Grande sich einstellen, die fast ganz aus
kleinen Steinen bestehen, und dieselben nehmen zu, je näher man
an Vorwerk Kreuz herankommt. Freilich fehlen auch Ausnahmen
nicht: so zeigte ein l1/^ Meter tiefer Einschnitt, nur 700 Meter
östlich der Endmoräne, unter ein wenig grandigem Sande schön
horizontal gelagerte reine Sande; die Regel aber sind hier grobe
Schotter mit bis kopfgrossen Gerollen.
Eine ausgezeichnete Bestätigung erfuhr diese Beobachtung
durch die Ergebnisse dreier Bohrungen, die zur Trinkwasserver-
sorgung der Haltestellen Steinberg (ca. 120 Meter u. M.), Hasseu-
dorf (ca. 102 Meter u. M.) und Gutsdorf (102,4 Meter u. M.) aus-
geführt wurden. Der Steinberger Bahnhofsbrunnen steht unmittel-
bar vor der Endmoräne und traf folgende Schichten:
/ 0
— 6 Meter Grandiger Sand,
6
— 10
»
Grand,
\ 10
— 12
»
Grandiger Sand,
12
— 16
»
Steiniger Grand, zwischen
Oberes Diluvium I
14 und 15 Meter im Ge-
j
schiebemergelbänkchen,
/ 16
— 17
»
Grand,
17
— 25
»
Sehr steiniger Grand mit
gekritzten Geschieben.
Unteres Diluvium II 25
— 37
»
Geschiebemergel.
1 37
— 43
»
Sand,
ITT 43
— 44
»
Grand,
* 111 44
— 50
»
Sand,
( 50
— 52
»
Grandiger Sand.
Auf der 4 Kilometer
von der
Endmoräne entfernten Halte-
stelle Hassendorf wurden
erbohrt
/ °
— 12 Meter Grandiger Sand und schwach
1
grandiger Sand,
) 12
— 14
»
Sandiger Grand,
Oberes Diluvium I s 14
— 15
»
Steiniger Grand,
J 15
— 16
»
Grand,
( 16
— 17
»
Grandiger Sand,
' 17
— 19
»
Sandiger Grand,
Arnswalde-Callies und Callies- Stargard.
201
19 — 23 Meter Grandmer Sand, zuletzt mit
Oberes Diluvium I /
I 23 — 24
Unteres Diluvium II 24 — 37
einem Geschiebemergel-
bänkchen,
» Sand.
» Geschiebemergel , von
32 Meter an sehr sandig.
Ein auf der 13 Kilometer von der Endmoräne entfernten
Haltestelle Gutsdorf gebohrter Brunnen lieferte die nachstehend
verzeichnete Schichtenfolge :
Oberes Di
0
— 3 Meter Sand,
\
luvium I
) 3
— 5 »
Thonmergel,
) 5
— 18 »
Sand,
I
! 18
— 20,5 »
Sand und Grand.
(
20,5
— 33 »
Geschiebemergel,
luvium II (
33
— 35 »
Thonmergel,
|
' 35
— 76 »
Geschiebemergel.
' 76
— 80
Kohlenletten,
Tertiär <
) 80
— 83
Glimmersand,
83
— 86 »
Glaukonitischer Sand.
! 86
— 107,0 »
Kohlenletten.
Kreide?
107,0
— 107,5 »
Thonmergel.
Ich habe in diesen drei Bohrungen die gleichwerthigen
Schichtenfolgen durch gleiche Zahlen zusammengefasst und es
ergiebt sich daraus, dass der grosse Sandr vor der Endmoräne
aus einer 20 — 25 Meter mächtigen Folge fluvioglacialer Bildungen
(I) besteht, unter der eine mächtige Grundmoränenbildung (II)
folgt. Bohrloch Steinberg traf darunter noch 15 Meter Sande und
Grande III, Bohrloch Gutsdorf dagegen von 76 Meter an Tertiär.
Unser Hauptinteresse nimmt die oberste Folge in Anspruch. Die
Abhängigkeit der Korngrösse der Schotter und Sande von der
Entfernung der Endmoräne ist unverkennbar. Kurz vor der End-
moräne haben wir eine mächtige Folge von Granden und steinigen
Schottern, die in ihren unteren Theilen gekritzte Kalksteingeschiebe
führen. Vier Kilometer weiter treten diese gröbsten Bildungen
202
Koxrad Keilhack:, Das Profil der Eisenbahnen
I
sehr zurück und es herrschen sandige Grande vor. Noch 9 Kilo-
meter weiter und wir sehen eine Folge von reinen Sanden, denen
ein Thonlager eingeschaltet ist, nur an der Basis in grandige Sande
übergehend. Ebenso klar und deutlich erkennen wir hier die
genetischen Beziehungen zwischen Sandr und Endmoräne wie in
dem sogleich zu besprechenden Bahneinschnitte in der Endmoräne,
und wir sind hier in der Lage, die Mächtigkeit des Oberen Sandes
sicher als 21 — 25 Meter angeben zu können. Das ist ein Ergebniss,
welches auch die geognostische Kartirung in anderen Endmoränen-
gebieten sehr stark beeinflussen muss.
Ueber die Altersstellung der die fluvioglacialen Bildungen
unterlagernden Grundmoräne lässt sich auf Grund der tertiären,
30 Meter mächtigen Schichtenfolge in Bohrloch Gutsdorf mit ziem-
licher Sicherheit die Zugehörigkeit zur ersten Eiszeit behaupten.
Die tertiären Schichten selbst gehören nach den in vereinzelten
Kalkconcretionen enthaltenen Versteinerungen zum Mitteloligocän.
Der letzte halbe Meter des Bohrloches steht in kalkreichem Thon-
mergel, dessen Schlemmrückstand zahlreiche Foraminiferen enthält
und nach seinem ganzen Aussehen auf Kreide deutet.
An der Stelle des Bahnhofes Steinberg, in der Nähe des
zum Gute Steiuberg gehörenden Vorwerkes Kreuz, erreicht die
Bahn den Rand des Sandr und die Endmoräne. Dieselbe ist im
Gegensätze zu der von der Arnswalde-Callieser Bahn getroffenen
Stelle derselben hier ganz ausgezeichnet kammartig entwickelt
und es sind die Lagerungsbeziehungen zwischen glacialen und
fluvioglacialen Bildungen durch den die Endmoräne kreuzenden
tiefen Einschnitt so vorzüglich blossgelegt, dass dieser eine Auf-
schluss schon die Besichtigung und Untersuchung der Strecke be-
lohnt hätte (Fig. 9).
Unter der höchsten, mit zahlreichen gewaltigen Blöcken be-
deckten Kuppe, die eine typische Endmoräne darstellt, liegt ge-
wöhnlicher Geschiebemergel, der in keiner Weise von der allbe-
kannten Ausbildung dieses Gesteines abweicht. Nach Westen
hin setzt er den ganzen Abhang, wenigstens oberflächlich (der
Einschnitt wurde hier eben erst in Angriff genommen) zusammen.
Nach Osten hin aber wird, kaum 50 Meter vor der Endmoräne,
8 “l
Arnswalde-Callies und Callies-Stargard.
203
die Grundmoräne durch grandigen Geschiebesand ersetzt und
zwar geht der Uebergang der einen Bildung in die andere in der
aus dem Profil ersichtlichen Art und Weise durch auskeilende
Wechsellagerung vor sich. Klarer und deutlicher kann man die
genetischen Beziehungen zwischen beiden Bildungen in der Natur
wohl kaum angedeutet finden. Die einzelnen nach Osten sich
auskeilenden Grundmoränenfetzen entsprechen natürlich eben so
viel ganz kleinen Vorstössen und Rückzügen der Gletscherstirn,
während die steinbesäete Endmoränenkuppe einen langen Stillstand
des Eisrandes bezeichnet, während dessen jene geringfügigen Be-
wegungen sich vollzogen.
Die Bahn tritt nunmehr in die Moränenlandschaft ein und
bleibt in derselben während der nächsten 13 Kilometer bis in die
Gegend zwischen Jakobsdorf und dem Grossen Zirke-See, süd-
östlich von Jakobshagen. Der erste Einschnitt in dieser Strecke
liegt bei dem Gute Steinberg. Man sieht in ihm unter einer
2 Meter mächtigen Decke eines grandigen, kleine Geschiebe
führenden Sandes Schluffsand bis auf die Sohle des Einschnittes.
Das Ganze macht den Eindruck, als läge hier ein altes glaciales
Staubecken vor, einerseits durch die Endmoräne, andererseits
durch den etwas östlich zurück liegenden Eisrand begrenzt, in
welchem zuerst feiner Schlamm abgelagert und hierauf, vielleicht
bei erneutem Vorrücken des Eisrandes, Geschiebesandmassen auf-
geschüttet wurden.
Von Steinberg bis zur Drage geht die Bahn immer auf
Oberem Geschiebemergel, in- welchem an der Stelle des Bahnhofes
Reetz ein bis 6 Meter tiefer Einschnitt liegt. Gleich im östlichen
Beginne des Einschnittes, der zur Zeit meines Besuches bereits
z. Th. abgeböscht war, findet sich eine Durchragung von Unterem
Sande, die auf eine Länge von 100 Meter die Oberfläche erreicht.
Der Geschiebemergel selbst ist sehr reich an Geschieben, im oberen
Theil gelblich, in der Dammsohle dagegen graublau gefärbt und
enthält zahlreiche Sandadern und Nester.
Auf dem Bahnhofsterrain wurde zum Zwecke der Wasser-
gewinnung eine Tiefbohrung ausgeführt; die Proben wurden sorg-
fältig gesammelt und befinden sich im Besitze der geologischen
204 Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen
Laudesanstalt. Bei dieser Bohrung wurden folgende Schichten
angetroffen :
0 — 2 Meter Lehm,
2—3
»
Grandiger Sand,
3—14
»
Geschiebemergel,
14—23,3
»
Sand,
23,3—24,25
»
Geschiebemergel,
24,25—34
»
Sand,
34—37
»
Feinsand,
37—45
»
Thonmergel,
45—50,5
»
Feinsand,
50,5—51
»
Geschiebemergel,
51—52
»
Feinsand,
52—59
»
Geschiebemergel,
59—60
»
Grand,
60—61
»
Sand,
61-63,4
Grandiger Sand mit Gerollen eines kalk-
freien Kohlenlettens, wie er von
65 — 77 Meter folgt.
63,4—65
»
Sand,
65—71
»
Kohlenletten,
71—72
»
Sandiger Kohlenletten,
72—77,5
»
Kohlen letten,
77,5—79
»
Grand,
79—82
»
Sand,
82-83
»
Grand,
83—84
»
Sand mit Braunkohlengeröllen,
84—86
»
Grand,
86—99
»
Sand,
99—103
»
Grandiger Sand.
Diese Schichtenfolge besitzt verschiedene Eigentümlichkeiten :
bis zu einer Tiefe von 63,4 besitzen alle Schichten einen Kalk-
gehalt, wie er allen gleichartigen nordischen Diluvialbildungen
eigen ist. Dagegen ist der Sand von 63,4 — 65 Tiefe sehr kalkarm
und die darunter folgende Kohlenlettenschicht von 12 Meter Mäch-
Ärnswalde - Callies und Callies - Stargard. 205
tigkeit ganz kalkfrei. Die bis 86 Meter folgenden abwechselnden
Sand und GrandsGhichten haben , wenn sie auch ersichtlich viel
tertiäres Material enthalten, wieder einen normalen Kalkgehalt,
während derselbe in der mächtigen Sandfolge von 86 — 99 Meter
sehr gering ist. Auch enthalten diese Sande nur sehr wenig Feld-
spath und bestehen fast ganz aus grauen mittelkörnigen Quarzen.
Erst die letzten 4 Meter enthalten neben gröberem nordischen
Material auch etwas mehr Kalk.
Da der kohlensaure Kalk den Tertiärbildungen der märkisch-
pommerschen Braunkohlenformation völlig fehlt, so ist die ganze
Schichtenfolge als eine diluviale aufzufassen, mit Ausnahme der
Kohlenletten von 65 — 77,5 Meter. Da dieselben aber von dilu-
vialen Gebilden über- und unterlagert werden, so müssen sie durch
eine diluviale Störung aus ihrem ursprünglichen Verbände abge-
löst und an ihre jetzige Stelle gebracht sein.
Die quarzreiche Schichtenfolge von 77,5 Meter an besteht aus
zur Diluvialzeit umgelagerten tertiärem Sande, und die diluviale
Geschichte dieses Gebietes, wie sie sich in den Bohrproben dieses
Bohrloches uns zu erkennen giebt, ist die folgende: über die aus
Quarzsanden, Formsanden, Kohlenletten und Braunkohlen gebil-
dete Sandfläche, die seit dem Miocän Festland gewesen war,
brausten die dem Herannahen des ersten Inlandeises voraneilenden
Schmelzwasser dahin und führten gewaltige Mengen nordischen
Sandes und Grandes mit sich, die mit sehr wechselnden Mengen
zerstörten Tertiärgebirges vermischt zur Ausfüllung vorhandener
Unebenheiten, Thäler und Becken, benutzt wurden. Ueber diese
so eingeebnete Fläche rückte das Inlandeis selbst vor und lagerte
eine von dem tertiären Untergründe losgerissene Scholle von
Kohlenletten ab. Entweder schon beim Vorrücken oder erst beim
Rückzüge dieses ersten Inlandeises muss unser Gebiet der Schau-
platz zahlreicher Bewegungen des Eisrandes gewesen sein, durch
welche beim Vorrücken die zwischen 23 und 65 Meter Tiefe lie-
genden Geschiebemergelbänke, beim Zurückweichen die zwischen
ihnen lagernden Thone, Sande und Grande abgelagert wurden.
Nach dem völligen Verschwinden des Eises folgte eine lange In-
terglacialzeit, die in unserem Bohrloche allerdings nicht durch
206
Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen
eigene Ablagerungen angedeutet ist. Dann rückte das Eis zum
zweiten Male von N. heran, überschüttete wieder das vorliegende
Gebiet mit Sand (14 — 23 Meter) und setzte darüber seine Grund-
moräne ab, deren Oberfläche durch eine Reihe von Oscillationen
den eigenthümlichen Charakter der Moränenlandschaft erhielt. Wir
können also die Schichten unseres Bohrloches folgendermaassen
gliedern:
0 — 23,3 Meter Oberes oder jüngeres Diluvium,
23,3—103
».
Unteres » älteres »
und zwar 23,3 — 63,4
»
Nordisches Diluvium,
63,4—77,5
»
Verschlepptes Tertiär,
77,5—86
»
Nordisches Diluvium mit viel ein-
heimischem Materiale,
86—99
»
Einheimisches mit sehr wenig nor-
dischem Materiale,
99—103
»
Einheimisches mit etwas reicherem
nordischen Materiale.
Ein zweites auf dem
Bahnhofe Reetz niedergebrachtes Bohr-
loch durchsank die folg
enden Schichten:
2 — 5.75 Meter Sand )
5,75 — 20,25
»
,,, ... Oberes Diluvium.
Geschiebemergel )
20,25 — 22,0
»
Feinsand
22,0 — 37,2
»
Sand, mittel bis feinkörnig ( Unteres
37,2 — 40,0
»
Grand 1 Diluvium.
40,0 — 43,5
»
Steiniger Grand /
Die beiden Einschnitte, durch die die Bahn in das enge Ero-
sionsthal des Ihnaflusses hinabsteigt und dasselbe wieder verlässt,
waren zur Zeit meines Besuches noch nicht in Arbeit, und von
den 7 weiteren Aufschlüssen, die ich bis zum Gr. Zirke-See sah,
standen fünf ausschliesslich im Oberen Geschiebemergel und nur
zwei, nämlich der Einschnitt 1 Kilometer westlich von Falkenwalde
und derjenige auf der Grenze zwischen diesem Gute und Jakobs-
dorf zeigten neben Oberem Mergel auch noch den darunter lagern-
den Sand.
Arnswalde - Callies und Oallies -Stargard.
207
Die Brunnenbohrung auf der Haltestelle Falkenwalde (circa
135 Meter ü. M.) ergab:
0 — 54 Meter Geschiebemergel,
54 — 57 » Sand mit Grandbänken,
57 — 59 » Grand,
59 — 94 » Geschiebemergel , bei 76 — 78, 82 — 84
und 88 — 89 Meter Tiefe mit Sand- und
Grandeinlagerungen.
Ich halte die Schichtenfolge von 0 — 54 Meter für Oberen
Geschiebemergel und erkläre mir die allerdings durchaus unge-
wöhnliche Mächtigkeit so, dass an dieser Stelle in der Inter-
glacialzeit ein tiefes Thal erodirt wurde, welches vom heran-
nahenden Eise der zweiten Eiszeit in derselben Weise mit Grund-
moräne ausgefüllt wurde, wie etwa ein Lavastrom ein vor in
seinem Wege liegendes Becken zuerst ausfüllt und dann darüber
hinweg weiter fliesst.
Wie bereits bemerkt, tritt in der Nähe des Gr. Zirke-Sees
die Bahn aus der Moränenlandschaft in das flache Hinterland der-
selben, welches sich von Jakobsdorf bis zum Ende der Bahn bei
Wulkow, auf einer Strecke von 22 Kilometer Länge, langsam von
80 auf 55 Meter Meereshöhe senkt. In dieser ganzen Länge wären
gar keine tieferen Einschnitte erforderlich, wenn nicht dieser Theil
der Geschiebemergelebene von einem ganz hervorragend schön
ausgebildeten As durchzogen würde, welches von der Bahn drei
Mal durchquert wird. Dieses As bildet einen 100 — 300 Meter
breiten Rücken, der sich um 8 — 20 Meter über das umliegende
Gelände erhebt. Es besteht aus Sand und grandigem Sand, der
im Gegensätze zu den Durchragungszügen eine horizontale Schich-
tung besitzt. Dieselbe konnte in den beiden frisch in Arbeit be-
findlichen Eisenbahnschnitten südlich von Stolzenhagen beiderseits
des Krebsbaches sehr schön beobachtet werden.
Dieses As lässt sich, einige kurze Unterbrechungen einge-
rechnet, 23 Kilometer weit verfolgen. Es verläuft von Jakobsdorf
aus am Gr. Zirke-See vorüber, entlang des Krebsbaches nach W.
bis Goldbeck. Seine Fortsetzung bilden die Gailberge, der Hell-
208
Konrad Keii.haok, Das Profil der Eisenbahnen
berg und der Bonusberg. Dann springt es über auf die Nord-
seite der vom Krumm en-Bach durchflossenen Niederung, bildet
den Klosterberg, den Teufelsberg und die Heideberge südlich und
westlich von Marienfluss und endigt im Moore zwischen Trampke
und Neu-Damerow. Bei Jakobsdorf vereinigt sich mit diesem As
ein zweites, 15 Kilometer langes. Dasselbe beginnt bei Colonie
Marienfluss, verläuft über Mössin und Kempendorf auf den Pfingst-
berg, bildet die Saatziger Kienen und den Saatziger Berg und
setzt jenseit des Saatziger Sees in den Feuerbergen bei Stolzen-
hagen fort, deren östliche Verlängerung auf das Ende des erst-
genannten As stösst.
Beide Asar sind in ausgezeichneter Weise auf langen Strecken
von als Asgräben zu bezeichnenden schmalen Moorflächen be-
gleitet. Beide haben ihr östliches Ende am Beginn der Moränen-
landschaft und beide beginnen in einer eigentümlichen Landschaft,
die aus dem nordamerikanischen Glacialgebiete zwar längst be-
kannt war, dem norddeutschen bis jetzt aber zu fehlen schien. Es
ist das die Drumlinlandschaft. Ihr Charakter besteht im Wesent-
lichen darin, dass der Obere Geschiebemergel langgestreckte, unter
sich annähernd parallele Rücken bildet, deren Streichrichtung mit
derjenigen der Schrammen des unterlagernden Gesteins gleich-
sinnig ist, also in der Bewegungsrichtung des Eises verläuft.
Diese Rücken haben nach Wahnschaffe1) selten mehr als 1 Kilo-
meter Länge; sie bestehen in den meisten Fällen durch und durch
aus Geschiebemergel und haben nur selten einen Kern von Sand.
Eine solche Drumlinlandschaft scheint nun in dem ganzen Ge-
biete zwischen Freienwalde in Pommern und Naugard, einer
Fläche von 30 Kilometer Länge und 10 Kilometer Breite vorzu-
liegen. Die Richtung NS. und im südlichen Theile NNW. bis
SSO. ist in der Erstreckung fast aller Hügel ganz unverkennbar
und auf einem Kilometer Breite liegen bis 5 solcher schmaler
Parallelrücken.
Wo die Möglichkeit vorlag, zahlreiche Vergleiche des Ver-
*) Mittheilungen aus dem Glacialgebiet Nordamerikas I, Zeitschr. d. Deutsch,
geol. Ges. 1892.
Arnswalde-Callies und Callies-Stargard.
209
laufes der Glacialschrammen auf dem Untergründe des Quartärs
mit demjenigen der Drumlins und Asar anzustellen, ergab es
sich, dass beide übereinstimmen. Man hat in den letzteren also
ebenso sichere Anzeiger der Bewegungen des Inlandeises, wie in
den Schrammen, und in unserem Gebiete würden sie geeignet sein,
uns für eine Fläche von 50 — 60 Kilometer Längserstreckung über
die Bewegung des Inlandeises zu unterrichten.
Ich hoffe über diese Drumlinlandschaft bald Näheres berichten
zu können.
Nachdem die Bahn das südliche der beiden Äsar zweimal
überschritten hat, bewegt sie sich in ebenem, überwiegend aus
Oberem Geschiebemergel bestehenden Gebiete ohne wesentliche
Einschnitte weiter nach W. und erreicht bei Wulkow die hinter-
pommersche Hauptbahn.
In diesem ebenen Hinterlande der Moränenlandschaft wurden
auf den 5 Haltestellen Brunnenbohrungen ausgeführt, die folgende
Ergebnisse lieferten:
1. Haltestelle Stolzenhagen. Bohrloch I. 60,7 Meter ü. M.
10 — 4 Meter Geschiebemergel,
4 — 5 » Sand,
5 — 12 » Geschiebemergel.
II 12 — 17 » Sand und Grand.
2. Desgl. Bohrloch II. 62,6 Meter ü. M.
I 0 — 12,5 Meter Geschiebemergel,
II 12,5 — 23 » Sand und Grand.
3. Haltestelle Jakobshagen (bei Tornow), circa 62 Meter ü. M.
I
Ia
0 — 2 Meter Geschiebelehm.
2 — 5 » Sand,
5 — 11 » Sand mit Grand und Thonbänken,
11 — 12 » Sand,
12 — 15 » Sand und Grand.
Jahrbuch 1893.
14
210
Konrad Keilhack, Das Profil der Eisenbahnen
21 Meter Sand mit Geschiebemergel- und Thon-
bänkchen,
32 » Geschiebemergel.
35,5 » Sand und Grand.
4. Haltestelle Barskewitz, circa 62 Meter ü. M.
I 0 — 23 Meter Geschiebemergel,
I \ 23 — 25 » Sand und Grand,
v 25 — 26 » Geschiebemergel.
II 26 — 30 » Sand und Grand.
II 32 —
5. Haltestelle Pansin, circa 45 Meter ü. M.
0 —
6 Meter
Geschiebemergel,
6 —
8
»
Grand,
8 —
12
»
Geschieh emergel.
12 —
14
»
Mergelsand,
14 —
15
»
Feinsand,
15 —
39
»
Thonmergel,
39 —
46
»
Feinsand.
46 —
60
»
Sand.
6. Haltestelle Wulkow, circa 50 Meter ii. M.
0 — 4 Meter
4— 6 »
6 — 15 »
15 — 18 »
18 — 21 »
21—33 »
33 — 36 »
III 36 — 53 »
Geschiebemergel,
Grand und Sand,
Geschiebemergel,
Grand und Sand,
Geschiebemergel.
Thonmergel,
Feinsand.
Sand, aus Feinsand in mittelkörnigen
Sand von oben nach unten allmäh-
lich übergehend.
Ich habe in diesen Bohrungen wieder die gleichartigen
Schichtenfolgen durch gleiche Zahlen zusammengefasst. I ist die
Gruppe des Oberen Geschiebemergels einschliesslich der in fast
Arnswalde-Callies und Oallies - Stargard.
211
allen Bohrungen in ihm beobachteten Einlagerungen von Sanden
und Granden. Die Bedeutungslosigkeit derselben für eine etwaige
Gliederung zeigen am besten die beiden nahe bei einander ge-
legenen Bohrungen auf der Haltestelle Stolzenhagen, deren eine
von 4 — 5 eine Sandeinlagerung zeigt, die der anderen fehlt. Die
Mächtigkeit des Oberen Geschiebemergels stellt sich danach an
den einzelnen Orten auf 12, 12,5, 21 und 26 Meter. Eine Aus-
nahme bildet nur die in der Nähe des As gelegene Bohrung
Tornow (B). Es wäre nicht undenkbar, dass die Sandfolge dieses
Brunnens von 2 — 15 Meter eine durch die Asnähe beeinflusste
jungdiluviale Bildung wäre und der Obere Geschiebemergel bis
zu einer Tiefe von 32 Meter reichte, also, die einzelnen Bänke
von 15 — 21 Meter mitgerechnet, im Ganzen eine Mächtigkeit
von 19 Meter besässe. Das würde auch gut zu den übrigen
Mächtigkeitszahlen stimmen.
Unter dem Oberen Mergel folgt in den westlichen Bohrungen
eine mit 11a bezeichnete thonige, in den östlichen eine mit II be-
zeichnete sandig -grandige 'Gruppe geschichteter Bildungen; die
erstere hat eine Mächtigkeit von 34 resp. 15 Meter, die der
letzteren ist nicht bekannt. Ob diese Bildungen alt-, inter- oder
jungglacial sind lässt sich nicht entscheiden. Unter den thonigen
Bildungen der Bohrungen 5 und 6 folgt eine mit III bezeichnete
Sandfolge von 14 resp. 17 Meter, die bis zum Grunde des Bohr-
loches anhält.
14*
Die Braunkohlen -Ablagerungen in der Gegend
von Senftenherg.
I. (geologischer) Theil.
Von Herrn Oscar Eberdt in Berlin.
(Hierzu Tafel XV.)
1. Allgemeines.
Die schwarze Elster, an welcher die Stadt Senftenherg liegt,
fliesst in einem, in der Richtung Ost-West verlaufenden Hauptthal,
dessen Fortsetzung von Mühlberg an von der Elbe benutzt wird.
Die etwa eine Viertelstunde nördlich von Senftenherg sich
hinziehenden steilen Abhänge sind ein Stück des Erosionsrandes
dieses alten Thaies; zugleich bilden sie die Südgrenze eines der
grossen Diluvialplateaus, in welche die Mark durch die grossen
diluvialen Thäler, welche sie durchziehen, zerlegt wird. Diese
Diluvialplateaus sind nun im mittleren und nördlichen Theile der
Mark verschieden ausgebildet.
Unser Diluvialplateau, welches sich zwischen dem vorhin ge-
nannten alten Hauptthal und einem nördlich gelegenen Parallel-
thal, dem Baruther, hinzieht, ist durch eine Anzahl in der Richtung
Süd -Ost nach Nord -West verlaufende, die beiden Hauptthäler
mit einander verbindende Querthäler — es sind dies sumpfige
Niederungen, in denen zerstreut aber in ziemlicher Anzahl sich
moorige Wasserbecken finden — durchschnitten und wird dadurch
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen- Ablagerungen etc.
213
in einzelne, nur schwach gerundete, Südost-Nordwest streichende
plateauartige Höhenzüge zerlegt.
Die Südgrenze nun eines dieser Höhenzüge bilden die sog.
Hörlitzer, Senftenberger , Raunoer und Reppister Weinberge,
ein Stück des vorhin erwähnten Erosionsrandes darstellend, die
sich ziemlich plötzlich und unvermittelt ca. 50 Meter hoch aus
der weiten, durchschnittlich etwas mehr als 100 Meter über NN.
liegenden Geschiebesandebene herausheben. In der Richtung
Südost-Nordwest wird die Grenze durch eine luchige Thalrinne
gebildet, die von Norden von den Dörfern Gross- und Klein-
Räschen her über das Dorf Bückgen nach Sedlitz, Sorno, Gross-
Partwitz etc. sich hinzieht. Nach Westen zu lässt sich eine
natürliche Grenze nur schwer ziehen, da hier mehr ein Ueber-
gehen des Terrains in flachere' Gebiete stattfindet.
In dem ganzen Plateau - Theil nun, welcher südwestlich der
vorhin genannten, in der Richtung Südost-Nord west verlaufenden,
luchigen Thalrinne liegt, finden sich von letzterer aus nach Westen
auf eine Länge von etwa 12 Kilometer, dagegen in der Richtung
von Süd nach Nord, — von der Stadt Senftenberg als südlichstem
Punkte aus gerechnet — nur auf eine Länge von etwa 5 — 6 Kilo-
meter, — die Grenze im Norden bildet ebenfalls eine luchige
Thalrinne, — ausgedehnte und mächtige Braunkohlenablagerungen.
Dies Flötz, denn man hat es bei den sog. Senftenberger-
Ablagerungen wohl mit einem einheitlichen Flötz zu thun, welches
im Osten in den Gemarkungen der vorhin genannten Dörfer
Räschen, Bückgen, Sedlitz beginnt und nach Westen zu mit der
Erdoberfläche sanft ansteigend, sich südlich über Zschipkau-
Kostebrau, nördlich über Dobristroh-Särchen bis Gohra hinzieht,
tritt am Fusse der oben genannten Reppister-, Raunoer-, Senften-
berger- und Hörlitzer -Weinberge mehrfach zu Tage. An diesen
Punkten wurden denn auch vor etwa 30 Jahren die ersten Ver-
suche grösseren Umfangs, die Braunkohle bergmännisch zu ge-
winnen, gemacht und die ersten Werke angelegt1).
*) Cramer, H. Geschichte des Bergbaues in der Provinz Brandenburg.
Heft 5. Die Niederlausitz. 8°. Halle 1878.
214
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
Auf diesem Flötz bauen eine grosse Anzahl theils grösserer,
theils kleinerer Gruben. Am Fusse der vorgenannten Hörlitzer,
Senftenberger etc. Weinberge liegen davon in der Richtung
von Ost nach West die Reschke’schen Werke (Mariengrube), die
Anhaitischen Braunkohlenwerke (Grube Marie), Henkels Werke,
Grube Friedrich-Ernst, Stadtgrube, Meurostolln, Hörlitzer Werke.
Diese sind mit Ausnahme der Grube Friedrich -Ernst und zum
Theil der Hörlitzer Werke sämmtlich Tief baue. In der Ost-
hälfte des Flötzes sind noch zu nennen nördlich von den drei
zuerst genannten die Gruben Ilse und Victoria, theils Tagebau,
theils Tiefbau, von denen Ilse am weitesten östlich liegt, endlich
die Grube Marie Nordwestfeld (Anhaitische Kohlenwerke), die
ausschliesslich Tagebaubetrieb hat.
Wie Bohrungen ergeben haben, die zuerst von der Ilse-Gewerk-
schaft noch weiter westlich von Victoria und Marie Nordwestfeld,
in der Gemarkung des Dorfes Dobristroh vorgenommen worden
sind, setzt sich das Flötz in dieser Richtung fort. Es wurde
Kohle in bedeutender Mächtigkeit und grosser Ausdehnung erbohrt.
Weiter nach Westen zu liegen im nördlichen Theile des
Flötzes die Gruben Waidmannsheil, Heyegrube, Gotthold, Henriette,
sämmtlich in der Nähe des Dorfes Särchen, dann mehr nach Süden
zu bei dem Dorfe Klettwitz die Gruben Felix und Wilhelminens-
glück und Zschipkauer Werke I und von diesen wiederum südlich
die Zschipkauer Werke II. Alle diese sind mit Ausnahme von
Heyegrube und den Zschipkauer Werken, welche theils Tagebau-,
theils Tiefbau -Betrieb haben, ausschliesslich Tagebaue.
Charakteristisch für das Senftenberger Braunkohlenvorkommen
ist seine ausserordentliche Mächtigkeit und fast ungestörte Lage-
rung. Bezüglich der Mächtigkeit kann man, trotzdem dieselbe
sehr wechselt, im Allgemeinen doch wohl sagen, dass sie in dem
westlichen Theile des Flötzes geringer ist als in dem östlichen.
Einige Gruben sitzen hier sicher auf dem Ausgehenden des
Flötzes, denn unweit derselben tritt die Kohle in geringer Mächtig-
keit, nur von einer dünnen Sandschicht noch gerade bedeckt, fast
zu Tage. Mächtigkeiten, wie in dem östlichen Theile von 19 Meter
und darüber, kommen in dem westlichen kaum vor, jedenfalls nur
in der Gegend von Senftenberg.
215
ausnahmsweise, während sie in dem östlichen beinahe Regel sind,
und die Mächtigkeit unter 11 Meter dort überhaupt nicht her-
abgeht.
Was die Beschaffenheit der Kohle anlangt, so kann man
mehrere Arten unterscheiden. Am häufigsten ist die sehr wasser-
reiche, — sie enthält davon bis zu 60 pCt. — stückreiche, roth-
bis dunkelbraune Kohle, in welche vielfach grosse Mengen bitu-
minösen Holzes eingelagert sind. Ferner findet sich, besonders
dicht am Hangenden, eine mehr grau aussehende, stark bröckelnde
und leicht zerreibliche Kohle, in der sich Pflanzenreste nur in
geringerer Menge nach weisen lassen. Wohl aber sieht man in
derselben kleine, abweichend entwickelte Adern von schwarzer
Holzkohle und Schwefelausblühungen. Endlich tritt zwischen
beiden auch noch eine schwärzlich aussehende Kohle auf, die den
Eindruck macht, als ob sie aus lauter Fäden bestehe, und aus-
schliesslich aus Sumpfgräsern, Schilfen und dergl. gebildet sei.
Das Liegende der Kohle besteht aus braunem Letten oder
grauem resp. graubraunem Thon. Ueberall, wo weitere Bohrungen
vorgenommen wurden, hat man durchschnittlich 30 — 40 Meter
unter diesem Liegenden ein neues Braunkohlenflötz angetroffen.
Doch ist die Kohle desselben von ganz anderer Beschaffenheit als
die des oberen, jetzt im Abbau begriffenen Flötzes. Sie ist nicht
wie diese letztere erdiger Natur, sondern eine Glanzkohle.
Die Mächtigkeit des Hangenden ist sehr ungleichmässig und
durchaus nicht von der Oberflächengestaltung des Bodens abhängig.
Doch ist sie im Allgemeinen ziemlich bedeutend und wechselt
zwischen 5 und 15 Meter, sodass die Abräumung desselben die
Aufbietung grosser Arbeitsleistungen nöthig macht. In den
Gruben bei Zschipkau, wo das Hangende zum Theil aus tertiärem
schneeweissen, glimmerreichen Quarzsand besteht, wird derselbe
gewonnen und zur Glasfabrikation verwandt; meist jedoch wird,
abgesehen von einigen Werken, die nebenbei Ziegeleibetrieb haben,
mit Hülfe von Feldlocomotiven der Abraum, trotzdem fast überall
einen Theil desselben fette, kalkfreie, zur Fabrikation von Flaschen
etc. sich eignende Thone bilden, nach abgebauten Flötztheilen
transportirt und die Leere damit ausgefüllt. Im Hangenden über-
216
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
wiegen vielfach die diluvialen Bildungen aus mächtigen Kies- und
Sanddecken bestehend. Hervorzuheben ist das Auftreten kleiner,
hübsch gezeichneter Achate, deren Herkunft vorläufig noch nicht
aufgeklärt ist, in ihnen, und zwar finden sich dieselben auf der
Westhälfte des Flötzes häufiger als auf der Osthälfte.
Gewöhnlich liegt der Kohle Thon auf, doch enthält derselbe
meist keine Versteinerungen oder Abdrücke irgend welcher Art.
Schlemmt man ihn, so findet man, dass er kleine Pflanzenreste
führt, die aber total zerrieben sind und sowohl in Länge als
auch in Breite die Grösse von einigen Millimetern nicht über-
schreiten. Sie bedürfen noch der genaueren mikroskopischen
Untersuchung. Aus ihrem Vorkommen kann man aber wohl den
Schluss ziehen, dass man es mit Thonen zu thun hat, die durch
Wasser, welches zuvor die mitgeführten Pflanzenreste auf seinem
Wege völlig zerrieben hat, in ruhigen Becken abgesetzt sind.
Auf den Zschipkauer Werken ist man vor Jahren auf eine
festere Thonschicht gestossen, welche im Gegensatz zu dem Ge-
sagten reichlich Blatt- und Fruchtabdrücke aufwies. Doch ist
leider von derselben nichts mehr zu sehen, und die Stelle wo sie
gewesen wahrscheinlich mit Abraum verschüttet.
2. Lagerung des Flötzes.
Die Lagerung des Braunkohlenvorkommens ist im Allge-
meinen nur wenig gestört und durchweg eine fast horizontale resp.
sehr schwach geneigte, zum Theil flach wellenförmige, und zwar
geht die Längsrichtung der Wellen von Ost nach West. Am
Fusse der Höhenzüge, wo das Flötz zu Tage tritt, sieht man
ohne Weiteres, dass dasselbe schwach in die oben genannten
Höhenzüge hinein einfällt, und das Gleiche lässt sich genauer an
einer grossen Zahl von Aufschlüssen constatiren und ist ausser-
dem durch viele Bohrungen nachgewiesen. Ein wenig stärker
als das Einfallen in die Höhenzüge hinein, also in der Richtung
von Süd nach Nord ist das Einfallen des Flötzes in der Richtung
von West nach Ost, und zwar nimmt man dasselbe etwa doppelt
so gross an.
Wurde oben gesagt, dass am Fusse der Höhenzüge das Flötz
in der Gegend von Senftenberg.
217
vielfach ausgeht und zu Tage tritt, so lässt sich weiter doch fest-
stellen, dass dasselbe auch mehrfach in die Niederung hiuein fort-
setzt. In solchem Falle ist es aber nicht mehr von seinem
ursprünglichen Hangenden sondern gewöhnlich von jungen Torf-
bildungen überdeckt. Solche Fortsetzungen mit überdeckenden
jungen Torfmooren kann man auf dem Grubenfelde von Heyegrube
in der Nähe von Särchen und weiter auch bei Klettwitz beobachten.
Das in die Ebene sich fortsetzende Braunkohlenflötzchen ist meist
sehr schwach, und man kann sich häufig des Eindrucks nicht
erwehren, als seien hier infolge diluvialer Erosion die ursprünglich
hangenden Schichten mit dem grössten Theile der Braunkohle
selbst hinweggefegt worden. Das Liegende des von dem Torf-
moore überdeckten Flötzcbens ist dasselbe, wie dasjenige des
normalen Flötzes.
Von einer genau gleichmässigen Gestaltung von Flötz- und
Tagesoberfläche kann, im Einzelnen wenigstens, keine Rede sein,
obwohl sich die letztere ja vielfach ähnlich wie die Flötzoberfläche
verhält. Sie fällt nur wenig nach Nordosten und Osten, neigt
sich aber, rein nach NordeD, steiler in die Ebene. Spuren dilu-
vialer Abwaschungen und Zerstörungen machen sich häufiger
bemerkbar. So zieht sich südlich vom Felde der Grube Ilse, in
der Richtung von Ost nach West streichend, auf noch unbekannte
Erstreckung eine diluviale, zum Theil mit diluvialen Sanden aus-
gefüllte Auswaschung hin, durch welche das Flötz in seiner Ge-
sammtmächtigkeit unterbrochen wird. Ferner machen sich im
westlichen Theile des Flötzes, in fortlaufender Aufeinanderfolge,
auf einer, in der Richtung von fast Süd nach Nord verlaufenden
Grenzlinie, — sie zieht sich von den Hörlitzer Weinbergen, etwa
den Gruben Hörlitzer Werke und Meurostolln her zwischen
den Dörfern Klettwitz und Särchen hin, sodass die nördlichen
Gruben Henriette, Gotthold, Heyegrube und Waidmannsheil öst-
lich von ihr zu liegen kommen, — ziemlich intensiv die Resultate
einstiger diluvialer Abwaschungen bemerkbar. Das Flötz nähert
sich hier der Oberfläche und ist vom Diluvium theilweise abge-
schürft. Mit diesen Erscheinungen steht jedenfalls auch die von
hier aus abnehmende Mächtigkeit des Flötzes in Zusammenhang.
218
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
Nach Westen zu, in der Richtung nach Uobristroh, setzt,
wie schon oben bemerkt, das Flötz weiter fort. Eingehende
Bohrungen in östlicher Richtung sind nicht vorgenommen worden,
da man schon bald beobachten konnte, dass hier ein schnelles
Niedergehen in die Teufe stattfand. Auch ob das Flötz nach
Norden zu und wieweit es unter eine, auch im Norden des
Senftenberger Plateaus vorhandene Thalsohle fortsetzt, ist nicht
genügend bekannt. Doch erscheint das Letztere wohl deshalb
unwahrscheinlich, weil einestheils nach Norden zu im Allgemeinen
das Flötz überhaupt an Mächtigkeit abnimmt und anderntheils
ausserdem vom Hangenden her, sehr deutliche Spuren diluvialer
Abwaschungen und Zerstörungen sich erkennen lassen.
Wie schon bemerkt ist die Mächtigkeit des Flötzes in dem
Östlichen Theile sehr bedeutend. Durchschnittlich, da sie zwischen
11 und 20 Meter und mehr schwankt, kann man sie wohl auf
15 Meter taxiren, und zwar ist sie im südlichen und nordwest-
lichen Theil durchgehends grösser, im nördlichen geringer.
3. Altersbestimmung der Braunkohle.
Die Frage nach dem Alter dieser Braunkohlen-Ablagerungen
lässt sich beantworten durch die Untersuchung ihres Liegenden
und Hangenden, sowie durch Bestimmung und Beurtheilung der
in diesen Schichten oder in der Braunkohle selbst sich finden-
den fossilen Reste, die übrigens, wie hier gleich bemerkt werden
soll, ausschliesslich pflanzlicher Natur sind und in der Hauptsache
aus Hölzern, Früchten, zum geringen Theile auch aus Blättern
bestehen. Das Liegende der Osthälfte des Flötzes ist nun von
dem der Westhälfte mehrfach verschieden.
Im östlichen Theile findet sich unter dem Flötz zuerst
brauner resp. schwarz-grauer Letten oder brauner und grau-brauner
Thon, der neben äusserst feinem Sande auch zahlreiche feine
Glimmerblättchen führt. Unter diesem Letten folgt ein grau-
weisser feiner, viel Glimmer führender Sand, der mit dunklen
Lettenschichten abwechseln soll, und darauf folgt endlich ein
sehr feiner, glimmerführender, reiner weisser Quarzsand, nach
seinem Aussehen und seiner Zusammensetzung dem Formsande
in der Gegend von Senftenberg.
219
sehr ähnlich. Alle diese Sande sollen stark wasserführend sein.
Nicht in Erfahrung habe ich bringen können, ob dieser vorhin
zuletzt genannte Sand schon die Deckschicht des unterliegenden
älteren Braunkohlenflötzes ist, da ich genaue Bohrtabellen nicht
vorgefunden habe. Auf die Frage, ob sich bei diesen Bohrungen
Schalenreste gefunden hätten, ist mir stets die Antwort geworden,
dass man darauf nicht geachtet habe. Die Sande zeichnen sich,
nach den Proben zu urtheilen, durch grosse Feinheit des Korns
aus und sind grösstentheils glimmerhaltig. Ob sie noch als zum
Miocän gehörig anzusehen sind oder ob sie vielleicht mit den ober-
oligocänen Meeressanden parallelisirt werden können, wird davon
abhängig sein, ob es gelingt, Schalreste in ihnen nachzuweisen
oder nicht.
In der Westhälfte sind die als Liegendes auftretenden
Schichten einander nicht immer gleich. Man findet entweder
direct unter dem Flötz feinen glimmerführenden Sand von grauer
Farbe oder Lagen von weissem Thone in einer ziemlich bedeuten-
den Mächtigkeit bis weit über 3 Meter, oder endlich grau-braunen,
thonigen Letten. Pflanzenreste sind, soviel mir bekannt geworden
ist, in den liegenden Schichten der Senftenberger Ablagerungen
nicht gefunden worden.
Deutlicher als die Schichten des Liegenden olfenbaren sich
hauptsächlich durch die vielen und ausserordentlich guten Auf-
schlüsse der vielen Tagebauten die Schichten des Hangenden.
Dieselben zerfallen in zwei Gruppen, von denen die eine dem
Tertiär, die andere dem Diluvium angehört.
Die Gesammtmächtigkeit der das Braunkohlenflötz über-
lagernden Schichten ist natürlich an den einzelnen Punkten ver-
schieden. Im Allgemeinen ist sie in der Osthälfte nicht geringer
als 5 und nicht grösser denn 15 Meter, in der Westhälfte hingegen
finden sich Stellen, wie z. B. auf den Gruben bei Klettwitz und
bei Hörlitz, wo dieselbe weit unter 5 Meter bis zu 1 Ys Meter herab-
geht. Dies ist fast stets dort der Fall, wo bei der schwach welligen
Lagerung des Flötzes ein Wellenberg sich heraushebt.
Das eigentliche Hangende des Flötzes besteht meist aus einem
grau-weissen plastischen Thon, der in feuchtem Zustande, wenn
220
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
man einen frischen Anschnitt vor sich hat, leicht bläulich-grün
oder stellenweise auch ganz leicht hellbraun gefärbt erscheint.
Derselbe ist immer kalkfrei, stellenweise sandig und wenn dies
der Fall ist, dann reichlich mit Glimmerblättchen durchsetzt. Er
wird fast nur zur Fabrikation von Ziegeln benutzt, soll aber eine
Temperatur von 1200 — 1300°, ja sogar bis zu 1500° aushalten
können, ohne zu sintern, und leicht Glasur annehmen. Wie oben
schon bemerkt führt derselbe irgend welche Petrefacten nicht.
Er erreicht eine Mächtigkeit bis über 3 Meter. Vielfach enthalten
diese Thone Sehwefeleisenknollen in Schnüren vereinigt. Wo der
Thon dem Flötz auflagert, ist er öfter reichlich mit Kohlenstücken
vermengt, die wie in ihn hineingepresst erscheinen.
Der Thon wird von groben und geröllreichen Sand- und
Kiesmassen überlagert. Dieselben bestehen ausschliesslich aus
wasserhellen bis milchweissen , röthlichen , bläulich oder grau ge-
färbten Quarzen und schwarzen Kieselschiefern von der Grösse
eines Hirsekornes bis zu Haselnuss- und Wallnussgrösse und sind
mit weissen Glimmerblättchen in verschiedenem Verhältniss, meist
jedoch reichlich vermengt. Was ihre Form anlangt, so sind die
feineren Körner gewöhnlich scharfkantig, die gröberen hingegen
meist völlig abgerundet und glatt. Auch weisser, an seiner Spalt-
barkeit leicht erkennbarer Feldspath kommt dazwischen vor. Feuer-
steine finden sich in diesen Sanden nicht, ebenso fehlen die Bruch-
stücke fremder, namentlich nordischer Gesteine in ihnen völlig.
Auch diese Sande zeigen eine, dem unterliegenden Braunkohlen-
gebirge völlig conforme, sehr regelmässige Lagerung und sind,
ebenso wie die Thone sowohl deswegen, als auch in Rücksicht
auf ihre Zusammensetzung dem letzteren entschieden zuzurechnen.
Sie erlangen mit den Thonen zusammen eine Mächtigkeit von etwa
10 — 12 Meter.
Obwohl diese Beschaffenheit und Anordnung des Deckgebirges
die gewöhnlichste und häufigste ist, so zeigen doch die Resultate
der Bohrungen sowohl als auch die in den Tagebauten gemachten
Erfahrungen, dass man eine grosse Anzahl Ausnahmen constatiren
kann. Vielfach findet nämlich ein gleichmässiges Aushalten dieser
beiden Schichten nicht statt, vielmehr bleiben sich dieselben nur
in der Gegend von Senftenberg.
221
auf gewisse Erstreckungen hin in Mächtigkeit und Aufeinanderfolge
gleich, so dass in Bezug auf letztere auch die Sande das unmittel-
bare Hangende bilden und die Thone fehlen können.
Mehrfach fehlt auch nicht nur die eine der Deckschichten,
sondern beide gänzlich. Sie sind dann durch mächtige Diluvial-
massen ersetzt. Auch soll, wenigstens im westlichen Theile, anstatt
des hellen Thones und der Kies- und Sandmassen mehrfach ein
feiner bräunlicher, oder hell- oder dunkelgrauer Sand, der mit
Lettenstreifen durchsetzt war, die unmittelbare Deckschicht des
Flötzes gebildet haben.
Immer jedoch kann man beobachten, dass solche Abweichungen
von der regelmässigen Ueberlagerung durch Thone hervorgerufen
sind durch locale Erosionen, denn das ganze Profil des Hangenden
erscheint in solchen Fällen verworren. Auch stellen sich diese
Erosionserscheinungen nur auf kurze Erstreckung hin gleich-
mässig dar.
Die oben beschriebenen tertiären Sande überlagert das Di-
luvium, das in der Hauptsache aus Geschiebedecksand, dem jüng-
sten Glied des Diluviums besteht, welcher die ihm nur spärlich
eingelagerten Streifchen von Geschiebelehm und -Thon in einer
Mächtigkeit bis zu 3 Meter und darüber bedeckt. Obwohl er in
der Hauptsache aus gleichem Material, verschieden gefärbten Quarz-
körnern und dunklem Kieselschiefer besteht und deshalb jedenfalls
nur als umgelagerter tertiärer Sand anzusehen ist, unterscheidet er
sich doch von dem letzteren in mehreren Punkten. Es finden sich
nämlich erstens in dem Geschiebedecksand Feuersteine, die in
dem tertiären Sand völlig fehlen, ferner Quarzgerölle bis zur Faust-
grösse und andere Gerolle südlicher Herkunft zusammen mit
nordischen Gesteinen, die man auch in grösseren Blöcken bis zu
2 Cubikmeter und mehr Inhalt auf der Tagesoberfläche zerstreut
findet und die aus Graniten, Gneissen und cambrischen Sand-
steinen bestehen. Ein weiterer Unterschied beruht in der Un-
gleichheit des Kornes des Geschiebedecksandes, die sich sogar in
den einzelnen Schichten, — der Sand zeigt transversale Parallel-
structur — bemerkbar macht. Vielfach ist die ganze Masse von
Eisenoxydhydrat ungleichmässig durchsetzt und gefärbt und manch-
222 Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
mal mit Hilfe thoniger Bindemittel zu festem Conglomerat ver-
kittet. Auch Braunkohlenquarzite fehlen in ihm nicht.
Wie Keilhack *) nun gezeigt hat, finden sich am Koschen-
berge, der sich etwa 2 Meilen südlich von unseren Senftenberger
Braunkohlenablagerungen aus »der weiten, 105— 120 Meter hoch
gelegenen Geschiebesandebene bis zur Höhe von 176,4 Meter über
dem Meere erhebt« Spuren einstiger Vergletscherung.
Nach seinen Befunden urtheilt dieser Autor in folgender
Weise: »Das nordische Inlandeis hat offenbar die beiden Berg-
kuppen noch überkleidet und den Verwitterungsschutt, mit dem
sie bedeckt waren, zu einer Grundmoräne aufgearbeitet; dagegen
scheint die eigentliche nordische Grundmoräne diese beiden Berge
nicht mit überzogen zu haben, vielmehr wurden nur verhältniss-
mässig wenige kleine Gesteinsstücke im Eise mit über den Berg
genommen und der neugebildeten Grundmoräne einverleibt, auch
folgte diese selbst der weiteren Südbewegung des Eises nicht,
sondern blieb in der Hauptsache an der Stelle ihrer Bildung
liegen, u. s. f.«
Wie genaue Messungen ergeben haben, liegt der höchste
Punkt des Plateaus, welches die Braunkohlenablagerungen be-
deckt, 153,3 Meter über dem Meere. Man wird also in der
Annahme nicht fehl gehen, dass, wenn ein südlicher gelegener,
23 Meter höherer Berg noch von dem nordischen Inlandeis über-
zogen worden ist, auch die, unsere Braunkohlen deckenden Schichten
ebenfalls vom Eis überzogen waren, und dafür sprechen denn auch
eine Reihe von Erscheinungen.
So findet man z. B. auf Grube Ilse, in der Nordostecke des
momentan in Betrieb stehenden Tagebaues, wo die Tagesoberfläche
des Hangenden scharf wellig gestaltet ist und die einzelnen scharfen
Bodenwellen untereinander wieder zerrissen sind, 1 — H/2 Meter
tiefe, runde Löcher, die mit Sandmassen fest ausgefüllt sind.
Entfernt man aus ihnen den Sand, so constatirt man erstens, dass
diese Löcher sich nach unten zu erweitern und dass sich auf dem
*) Keilhack, K. Der Kosehenberg bei Senftenberg. Dieses Jahrbuch für
1892.
in der Gegend von Senftenberg.
223
Boden derselben vielfach ein faust- bis kopfgrosser Stein befindet,
ähnlich wie es von den Strudellöchern her bekannt ist. An diesen
Stellen fehlen die tertiären Deckschichten völlig und sind durch
ca. 15 Meter mächtige Diluvialsande, die vielfach verkittet sind,
ersetzt. Diese letztere Erscheinung lässt sich, wie schon Eingangs
bemerkt, in nördlicher Richtung nach dem Thale zu überhaupt
vielfach beobachten und auch das Flötz selbst erscheint alterirt.
Die oberen Kohlenpartien direct unter dem Hangenden sind
schmierig, vielleicht infolge einstigen mächtigen gleitenden Druckes
und späterer Einwirkung des Wassers.
Aber noch eine Reihe anderer Erscheinungen lassen sich auf
den von der einstigen Eisdecke ausgeübten gewaltigen Druck
zurückführen. So findet man tertiäre Sandmassen vielfach in
den hangenden Thon hineingepresst und Ueberschiebungen des
Thones und Ueberkippungen, die sich in den ganzen Aufschlüssen
öfter nachweisen lassen, sowie Einpressungen der unterlagernden
Sande in die hoch aufgewölbten, überkippten Falten gehören nicht
gerade zu den Seltenheiten.
So lassen sich vielfach Erscheinungen, die für das Vorhanden-
sein einer einstigen Vereisung sprechen, anführen. Aber die
Massen, die diese Gletscher in Form von Localmoränen abgelagert
haben mögen, sind durch spätere Flutben, welche die tertiären
Schichten und zum Theil sogar das Braunkohlenflötz selbst wieder
hinwegwuschen, und deren Zeugen die vielfach abgelagerten, süd-
licheren Gebieten entstammenden Gesteine, so auch die Achate
sind, zum grössten Theil wieder fortgespült und durch Geschiebe-
decksand ersetzt worden.
Wie Berendt hauptsächlich iu seiner Abhandlung: »Das
Tertiär im Bereiche der Mark Brandenburg« wahrscheinlich ge-
macht hat, zerfällt die märkische Braunkohlenbildung, zu der auch
unsere Senftenberger Ablagerungen gehören, in zwei Abtheilungen,
eine jüngere, die sogenannten nördlichen Bildungen Giebel-
hausens, die »bis nach Mecklenburg und Pommern hinein in
Berendt, G. Das Tertiär im Bereiche der Mark Brandenburg. (Sitzungs-
berichte der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften 1885, S. 863 — 885).
224
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
auffälliger Uebereinstimmung der Oberfläche nahe liegt und eine
ältere, Giebel hausens südliche Bildungen«. Diese letztere, »die
sich« cf. Berendt, »nur auf die Lausitz zu beschränken und einer-
seits nach Sachsen bis in die Gegend von Leipzig, anderntheils
nach Schlesien hinein eine gewisse Randbildung um den nörd-
lichen Fuss der Sudeten zu bilden scheint«, wird von dem vor-
genannten Autor mit dem Namen »subsudetisch« bezeichnet und
dadurch von der märkischen unterschieden.
Wie aus den von Berendt mitgetheilten Bohrlochprofilen
hervorgeht, sind diese beiden Bildungen durch eine, bis zu 30 Meter
mächtige Zwischenlagerung von weissen Thonen, den sogen.
Flaschenthonen der Lausitz von einander getrennt. Und da nun
auch unsere Senftenberger Bildungen, wie vorhin gezeigt, vielfach
eine Einlagerung thoniger Schichten und, jedenfalls regelmässig
dort, wo die Lagerung nicht durch spätere Einflüsse gestört er-
scheint, eine Bedeckung durch Thonmassen von verschiedener,
jedoch vielfach mehr als 3 Meter betragender Mächtigkeit erkennen
lassen, so liegt der Gedanke einer Zusammengehörigkeit, ja sogar
einer Verschmelzung derselben mit den Flaschenthonen nahe, na-
mentlich da auch die Zusammensetzung und technische Verwend-
barkeit der beiden die gleiche ist. Nimmt man, was nach dem
Gesagten als folgerichtig erscheint, diese an, so würden also auch
unsere Senftenberger Bildungen zu den »subsudetischen« zu stellen,
und da Berendt die Entstehung der letzteren in seiner vorhin
genannten Abhandlung an den Schluss der Oligocänzeit verlegt,
jung oligocän, und nach den weiteren Ausführungen dieses Autors
in seiner Abhandlung über Soolbohrungen im Weichbilde Berlins *)
sogar miocän sein.
Dieses jugendliche Alter unserer Braunkohlen beweisen nun
auch die fossilen pflanzlichen Reste, die man sowohl in der Braun-
kohle selbst als auch in den überlagernden Thonen bei Klettwitz
und Zschipkau gefunden, aber bisher gar nicht beachtet, jedenfalls
zur Altersbestimmung der Ablagerungen nicht herangezogen hat.
*) Berendt, G-. Die Soolbohrungen im Weichbilde der Stadt Berlin. (Dieses
Jahrbuch für 1889.)
in der Gegend von Senftenberg.
225
So berichtet v. Fritsch in seiner, den ersten Theil des
VoLLERT’schen Buches1): »Der Braunkohlenbergbau im Oberberg-
amtsbezirk Halle etc.« bildenden Abhandlung: »Die Tertiärforma-
tion Mitteldeutschlands« betitelt, dass vom Bergreferendar Gräss-
ner in den jetzt leider verschütteten Thonen von Zschipkau
Blätter von Liquidambar europaeum Al. Br., Blätter und Früchte
von Carpinus pyramidalis Göpp. spec. , Blätter von Populus latior
Al. Br., Zweiglein von Taxodium distichum miocenicum Heer.,
u. a. m. nachgewiesen sind. Ich selbst fand und erhielt auf dem
Werke in Zschipkau, aus der Sammlung eines der dortigen Ober-
steiger noch ein Thonstück, was von demselben seinerzeit an Ort
und Stelle entnommen war und auf dem sich Blattabdrücke von
Carpinus grandis Heer, Ainus Kefersteinii Heer, desgl. Populus
latior Al. Br. und wahrscheinlich von einem Kern von Vitis teu-
tonica befinden.
In der Kohle selbst fanden sich sehr schön erhalten Gardenia
Wetzleri Heer, von diesem letzteren Autor im samländischen
Miocän nachgewiesen und verwandt mit der Gardenia pomaria
Engelhardt’s aus den Braunkohlen Sachsens, eine zu den Rubia-
ceen gehörende Pflanze, deren Vertreter jetzt in Indien und China
leben. Ferner in Massen Holz des schon mehrfach erwähnten
Taxodium distichum miocenicum HeeR. , ausserdem Pmws-Zapfen
und ein mächtiger Pinus- Stamm, zum Theil noch mit seiner Rinde
bedeckt. Juglans - Früchte sind nicht selten, genauer bestimmt
konnte eine Frucht werden als Juglans troglodytarum Heer, welche
ebenfalls in den sächsischen Braunkohlen von Engelhardt nach-
gewiesen ist. Früchte von Carya pusilla finden sich häufiger,
namentlich aber Corylus- Früchte, deren Sclerenchym mit dem der
Frucht von Corylus avellana L. ausserordentliche Uebereinstimmung
zeigt. Als Corylus avellana angehörig konnten auch viele Holz-
reste bestimmt werden. Auch der von Heer im samländischen
Miocän nachgewiesene Carpolithes Gervaisii , der nach den Unter-
suchungen Schenk’s vielleicht als eine Anacardiaceen- Frucht an-
*) Vollert, Der Braunkohlenbergbau im Oberbergamtsbezirk Halle. Fest-
schrift zur Feier des 4. Allgem. Deutschen Bergmannstages. 8°. Halle a. S.
1889.
Jahrbuch 1893.
15
226
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
Zusehen ist, findet sich in unseren Kohlen, ebenso Garex- Samen
in Fülle, oft kleine Bänke bildend.
Zwar treten, mit Ausnahme von Populus latior, die sich zu-
erst im Miocän findet, fast alle andern genannten Pflanzen, — es
sind hier nur die hauptsächlichsten angeführt — auch schon im
Oligocän auf, aber die ganze Zusammensetzung der Flora weist doch
entschieden auf Miocän hin. Palmen finden sich gar nicht und
neben den Vertretern einer wärmeren Zone treten hauptsächlich
doch Angehörige einer gemässigten wärmeren Zone auf, deren
Formen aber eine so tief eingreifende Veränderung, in dem Umfang,
wie es bei den Floren der jüngsten Tertiärbildungen der Fall ist,
doch noch nicht erfahren haben. Und so möchte ich denn, ebenso wie
nach den geologischen Befunden auch nach den Pflanzenresten die
Braunkohlen als in der Periode des Miocäns gebildet, bezeichnen.
4. Entstehung des Braunkohlenlagers.
Bekanntlich stehen sich bezüglich der Bildung der Braunkohlen-
flötze zwei Ansichten einander gegenüber. Nach der einen, die
namentlich heutigen Tages eine grosse Anzahl Vertreter hat, soll
der bei Weitem grösste Theil der Ablagerungen, wenn nicht über-
haupt sämmtliche, durch Herbeischwemmung von Pflanzenmassen,
Baumstämmen vor allen Dingen, in Verbindung mit sogen. Barren-
bildungen, wie man sie heute noch an verschiedenen Küsten, so-
wie am Mackenzie und Missisippi beobachten kann, — ich will
hier nicht unterlassen auf die Abhandlung von Ochsenius *) über
Kohlenbildung hinzuweisen — entstanden sein. Nach der andern
sind die Braunkohlenflötze aus Ablagerungen von Pflanzentheilen
auf deren Entstehungsstätte, aus Torf- und Waldvegetation her-
vorgegangen.
Ohne auf diese Ansichten, die jedenfalls, je nach den Um-
ständen beide berechtigt sind, näher einzugehen, darf, so glaube
ich, von den Senftenberger Ablagerungen mit Bestimmtheit be-
hauptet werden, dass sie am Orte selbst entstanden, oder um ein
in Aufnahme gekommenes Fremdwort zu gebrauchen, autochthon
sind. Dafür spricht das Folgende.
b Ochsenius, Carl. Ueber Kohlenbildung. Berg- und. Hüttenmännische
Zeitung. Jahrg. 51 (1892), No. 17, S. 153 u. f.
in der Gegend von Senftenberg.
227
In einer Reihe von Tagebauten, ich habe es z. B. beobachtet
auf der Heyegrube, den Hörlitzer Werken und auf der Grube
Marie Nordwestfeld, d. h. also, sowohl im westlichen als auch im
östlichen Flötztheil, findet man im Liegenden des Flötzes aufrecht
stehende Baumstämme. Am schönsten sah ich diese Erscheinung
auf der Grube Marie Nordwestfeld uud nach dem dortigen Vor-
kommen will ich dieselbe auch zu schildern versuchen.
Im Liegenden eines abgebauten Flötzstückes, in einer Länge
und Breite von je etwa 200 Meter fand ich eine grosse Anzahl
aufrecht stehender Baumstümpfe, deren Wurzeln ich auf ca. 2 bis
2V2 Meter Entfernung vom Stamm im Liegenden, es war leicht
grau-gefärbter Thon, verfolgen konnte. Alle diese Stämme waren
in etwas mehr denn einem Meter Höhe über dem Boden gleichmässig
wie abgeschnitten oder abgesägt. Welche Gewalt, so frug ich
mich, als ich diese Erscheinung zum ersten Male sah, ist im
Stande gewesen, dies zu vollbringen? Denn alle diese Stämme
konnte man als einstige Riesen des Waldes bezeichnen. Die
meisten von ihnen hatten einen Durchmesser von über 3 Meter
und einen Umfang von 9 — 10 Meter. Diese Bäume müssen hier,
wo sie noch fest eingewurzelt stehen, auch gewachsen sein, denn
selbst wenn man annehmen wollte, dass sie von einem andern
Standort hier eingeschwemmt und später durch eine gewaltige
Kraft wieder aufgerichtet seien, so widerspricht dieser Annahme
doch ihre ganze Erscheinung, die vollkommene Regelmässigkeit
und Gleichmässigkeit ihrer Stellung, und vor allen Dingen die
durchaus regelmässige Lagerung des Flötzes, das keinerlei innere
Störung zeigt.
Aber, welche Kraft ist im Stande gewesen, diese Riesenleiber
so gleichmässig niederzustrecken, dass eine Ebene, die man durch
die Endflächen der Stümpfe legen, ungefähr parallel dem Liegen-
den verlaufen würde? Da erinnerte ich mich der Schilderungen
tropischer Urwälder und fand in denselben stets die Angabe, dass
die alten Riesenbäume, wenn sie, morsch geworden, das Gewicht
ihrer Kronen nicht mehr zu tragen vermögen, ebenfallsfast stets
in gleicher Höhe über dem Boden brechen. Aber das würde
immer nur eine splittrige aber noch keine glatte, vielmehr ebene
15*
228
Oscar Eberet, Die Braunkohlen -Ablagerungen
Bruchfläche geben. Da führte mich Herr Geh. Oberbergrath Dr.
HaüCHECORNE darauf, dass man zur Erklärung dieser letzteren Er-
scheinung das Wasser zu Hülfe nehmen könne. Die Bäume sind ge-
brochen und ihre Stämme sind in das Wasser gestürzt, und dies
letztere hat insofern nivellirend gewirkt, als bis zur Höhe des
Wasserspiegels die Stümpfe abgefault sind, der vom Wasser be-
deckte Theil dagegen vor Verwitterung geschützt und so erhalten
geblieben ist.
Das Holz einer Anzahl dieser Stümpfe ist nun von mir unter-
sucht und -zumeist als Taxodium distichum miocenicum Heer be-
stimmt worden. Doch auch Laubhölzer finden sich darunter, die
noch der eingehenden Untersuchung harren. Alle in den Senften-
berger Ablagerungen vorkommende Hölzer zu untersuchen und,
soweit möglich, zu bestimmen, soll Gegenstand einer besonderen
Arbeit sein und zwar gedenke ich sowohl eine vergleichende ana-
tomische Untersuchung aller in einem Flötz sich findenden Holz-
vorkommen, als auch eine Vergleichung der Braunkohlenhölzer
verschiedener Vorkommen mit einander vorzunehmen.
Herr Bergrath v. Gellhorn *) hat eine Reihe von Hölzern
aus der märkischen Braunkohle, nämlich aus der Gegend von
Freienwalde, Drossen, Rietschütz in der Nähe von Schwiebus,
und Zielenzig untersucht und sie ausschliesslich als Taxodium
distichum miocenicum bestimmen können. Er kommt daher zu dem
Schlüsse, dass die Braunkohlen im nördlichen Theile der Mark
Brandenburg nur aus Nadelhölzern gebildet sind und Laubhölzer
völlig fehlen. Nun, die vorhin angeführten Früchte von Laub-
hölzern aus der Kohle würden allein schon genügen als Nachweis
des einstigen Vorhandenseins von Laubhölzern, wenn auch bis
jetzt noch keine Stammtheile gefunden wären, denn sie müssen
doch an solchen gewachsen sein.
Ferner kommt v. Gellhorn zu dem Schlüsse, dass zur Zeit
der Bildung der märkischen Braunkohlen kein wärmeres Klima
als jetzt geherrscht habe, weil die virginische Sumpfcypresse auch
jetzt noch bei uns gedeihe. Aber man kann doch wohl kaum
J) v. Gellhorn, 0. Die Braunkohlen- Hölzer in der Mark Brandenburg.
(Dieses Jahrbuch 1893).
in der Gegend von Senftenberg.
229
behaupten, dass sie so bei uns gedeiht, wie in ihrer Heimath und
zu einer Massen- Taxodium-Veget&tion dürften wir es unter jetzigen
Temperaturverhältnissen wohl nicht mehr bringen. Eine Erörterung
der an und für sich speciell für diesen Aufsatz nebensächlichen
Temperaturfrage ist aber auch deshalb noch überflüssig, weil ja
die Beweise für das einstmalige Vorhandensein anderer, sicher sub-
tropischer Pflanzen vorliegen.
Die Hauptbildungs- resp. Ablagerungsorte der Pflanzenstoffe
in der Tertiärzeit waren Sümpfe, Moore, Binnenseen, Meeres-
buchten, Flussdeltas und ähnliche Localitäten mehr. Hier ent-
wickelte sich unter den damaligen günstigen Temperaturver-
hältnissen und bei der mit Wasserdünsten reichlich gesättigten,
vielleicht auch etwas kohlensäurehaltigeren Atmosphäre eine Massen-
vegetation, deren Erzeugnisse riesenhafte Grösse erreichten. Man
denke nur an Pinus protolarix Goepp., aus den Braunkohlen bei
Laasan in Schlesien, ein Baum, dem an Grösse die Stämme im
Senftenherger Vorkommen völlig ebenbürtig sind. Bei Pinus pro-
tolarix hatte Goeppert 2500 Jahresringe gezählt, und, weil
er nach Verhältnissen in unserer gemässigten Zone urtheilte, ein
Alter von 2500 Jahren für den Baum herausgerechnet, was so
lange als richtig galt, bis andere Botaniker an Untersuchungen
im tropischen und subtropischen Gebiet zeigten, dass die Bäume
dort mit einer Ringbildung im Jahre sich nicht zufrieden geben,
sondern deren mehrere machen und im Verhältniss viel kurzlebiger
sind als bei uns. Und so dürfte es- denn auch zur Tertiärzeit der
Fall gewesen sein, dass die gewaltigen Pflanzenmassen zwar schnell
erzeugt, aber auch schnell zersetzt worden sind.
Als Bildungslocalität der Senftenberger Vorkommen haben
wir jedenfalls eine flache Mulde, etwa eine seichte Meeresbucht
oder einen Theil einer solchen uns vorzustellen. Hier entwickelte
sich entweder gleichzeitig mit oder noch vor dem Auftreten eines
Moores unser Taxodium distichum mioc. H., das ohne Zweifel zur
damaligen Zeit dieselbe Rolle gespielt hat, wie sein Verwandter,
das jetzige Taxodium distichum in den Morästen Virginiens noch
heute, wo es eine Höhe von 40 Meter und eine entsprechende
Stärke erreicht. Zwischen und unter diesen Bäumen entwickelte
230
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
sich ein Wald von Rohr, Gräsern und kleinen Kräutern und Ge-
sträuchen, und in jedem Jahre häufte sich das Gemenge derselben,
mit abgefallenen Zweigen und Blättern vermischt, an der Wasser-
oberfläche an, um durch langsame Zersetzung in Kohle verwandelt
zu werden, endlich zu Boden zu sinken und dort einen schwarzen
weichen Schlamm zu bilden. Dann stürzten die Bäume, verkohlten,
soweit sie im Wasser'' lagen, langsam, und auf ihren, aus dem
Wasser herausragenden, vermodernden Theilen siedelten sich Moose,
dann kleine Gesträuche an, auch jedes Jahr durch Ast- und Laub-
fall zur Vermehrung der Ablagerungen beitragend. Kurz, es ist
dasselbe Bild, wie es heute in südlicheren Theilen der Vereinigten
Staaten die sogenannten Dismal- oder Alligator -Swamps zeigen.
(Ich will nicht versäumen hier auf folgende Arbeit zu verweisen,
welche in ausführlicher Weise, unter Beibringung einer grossen
Anzahl von Abbildungen, die genannten Dismal Swamps beschreibt.
Es ist dies: »General account of the fresh-water morasses of the
United States, with a description of the Dismal Swamps District
of Virginia and North Carolina, by Nathaniel Southgate Shaler.
Tenth Annual Report of the United States Geological Survey
1888 — 1889. Part I. Geology. p. 261 — 339). Das sind grosse
Moräste, welche am Atlantischen Ocean von Cap Henri oder Nor-
folk in Virginien bis zur Mündung des Cape -Fear -Flusses oder
Wilmington in Nord -Carolina reichend, vielleicht tausende von
Quadratmeilen bedecken und von den umgebenden Bergen und
Buchten durch breite Hügel und grosse Sandbänke getrennt sind.
Sie schliessen starke Torflager und seichte Seen ein, welche, die
Unebenheiten des Bodens füllend, bis an den Fuss der das Land
durchziehenden Hügel sich ausbreiten, auf denen sich, im Gegen-
satz zu der sonstigen Sumpfflora, die Vegetation des festen Landes
entwickelt. Wenn sich der einsame Wanderer in diese morastige
Wildniss verirrt, so muss er mindestens bis an die Knie im Wasser
oder im schwarzen, weichen Schlamm waten, denn was wie grüner,
fester Boden aussieht, sind Moose, durch die sein Fuss hindurch-
tritt. Fast undurchdringlich dichte Sumpfgräser versperren ihm
den Weg und einen sicheren Ruhepunkt für seinen ermüdeten
Fuss bieten ihm nur die knorrigen, über den Morast sich erheben-
in der Gegend von Senftenberg.
231
den Wurzeln eines mächtigen Baumes, einer immergrünen Cypresse,
des Taxodium distichum.
Der Zeitraum, in welchem die Ablagerung der Braunkohlen-
flötze sich vollzog, ist nun in den meisten Fällen, jedenfalls bei
starken Flötzen immer ein sehr grosser gewesen, um so grösser,
wenn ihre Bildung nicht ruhig und ununterbrochen, sondern dis-
continuirlich, in periodischen Absätzen vor sich ging. Denn durch
Naturereignisse, z. B. Ueberschwemmungen , welche Thon und
Sandmassen herbeiführten und in diesen Morästen ablagerten,
konnten natürlich die verkohlten Massen bedeckt und die Wasser-
oberfläche völlig wieder frei werden, so dass erst ganz allmählich
von Neuem sich Vegetation darauf entwickeln musste. Geschah
dies, dann entstanden 2 oder mehrere Flötze, wenn nicht, nur
eines.
Bei unserm Senftenberger Braunkohlenflötz hat es den An-
schein, als habe man ein einziges mächtiges Flötz vor sich, aber die
genaue Untersuchung des frischen Profils eines ganzen Flötzes giebt
doch eine etwas andere Auskunft, wie ich auf Grube Marie Nordwest-
feld constatiren konnte. Das ganze Flötz wurde hier durch 2, im
Verhältniss zur Mächtigkeit des Flötzes von ca. 20 Meter freilich
nur schwache Schichten thonhaltiger Kohlensande in 3 Abtheilungen
getrennt, und in jeder dieser, gleichwie die Kohle schwarzbraun
gefärbten, thonhaltigen Sandschichten sah man, ebenso wie im Lie-
genden, Baumstämme mit langen Wurzelresten aufrecht stehen.
Hiernach ist also die Bildung eine discontinuirliche, durch Ablage-
rung dieser Zwischenschichten unterbrochene gewesen. Und in
jeder dieser 3 Etagen, von denen die oberste die mächtigste war,
lässt sich ungefähr die gleiche Gliederung der Kohlen beobachten.
Zuerst findet man in der Richtung vom Liegenden zum Hangen-
den, die Baumstümpfe umgebend, roth- bis dunkelbraune Kohle,
mit Einlagerung langgestreckter, wirr durch einander liegender
Stämme verschiedenen Durchmessers in einer Mächtigkeit bis zu
3 Meter und vielleicht noch darüber. Dann folgt eine schwärz-
liche Kohle, die vielfach stenglich und fädig aussieht und den
Eindruck macht, als ob sie ausschliesslich aus Sumpfgräsern,
Schilfen , Binsen und dergl. gebildet sei , mit mannigfachen,
232
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
häufigen Resten von Kleinholz, jedenfalls von Gesträuch her-
rührend, ganzen Depots von Nüssen, vornehmlich Haselnüssen
und von kleinen C'are^-Samenkörnern , die ganze, kleine Bänke
bilden. Hierauf folgte eine etwas verunreinigte Kohle, die in ihrer
obersten Schicht etwas schmierig erschien, mit spärlicherer Ein-
lagerung von Stämmen , von denen ich dahingestellt lassen will,
ob sie nicht eventl. doch eingeschwemmt sind, und darauf lag nun
die vorgenannte thonhaltige Sandschicht mit wiederum aufrecht
stehenden Baumstümpfen.
War nun die Zeit, die zu diesen mächtigen Ablagerungen
nöthig war, auch gross, so scheint sie doch nicht so gross ge-
wesen zu sein, dass in ihrem Verlaufe die klimatischen Bedingungen
und mit ihnen der Charakter der Pflanzenwelt sich wesentlich ge-
ändert hätten. Denn soviel mir scheint, findet man in den Kohlen-
schichten unter dem Hangenden etwa die gleichen Pflanzenreste
wieder, wie in der Nähe des Liegenden.
5. Schlussbemerkungen.
Lassen wir die Flora, aus deren Resten unsre Kohle gebildet
ist, nochmals vor unsern Augen vorübergleiten, so finden wir, dass
Bäume und Sträucher dominiren. Sie machten im Tertiär nach
den Angaben Heer’s und anderer bedeutender Forscher etwa
76 pCt. der Flora aus, und von ihnen wiederum % etwa bildeten
die immergrünen Bäume. Nur 24 pCt. kamen auf Gräser und
Kräuter, deren Hauptvertreter wohl Arundo Goepperti Heer,
Poacites- Arten, sowie eine Reihe von Carex- Arten u. a. m. waren,
und auf niedere Pflanzen. Hochstämmig ragten die immergrünen
Riesenbäume aus dem Sumpfe empor, mit Bäumen mit fallendem
Laube, Wallnuss- und Amberbäumen, Carpinus- und Populus-
Arten untermischt, die sich hauptsächlich aber wohl an schon
trockeneren Stellen am Rande des Wassers ansiedelten. Wohl-
riechende Gardenien erfüllten mit ihrem Dufte die Luft und an
den Bäumen rankte sich Vif As teutonica , die deutsche Weinrebe,
nach den Untersuchungen Al. Braun’s eine der amerikanischen
Vitis vulpina ähnliche Rebe empor.
Meist ist die Braunkohlenflora als einförmig verschrieen, und
in der Gegend von Senftenberg.
233
wegen dieser Einförmigkeit einestheils, anderntheils wegen der
häufig schlechten Erhaltung der in ihr sich findenden organischen
resp. Pflanzenreste ist sie vielfach missachtet und darum wohl
auch nie recht eingehend untersucht worden. Zu irgend welcher
Missachtung liegt aber bei der Flora unserer Senftenberger Ab-
lagerungen kein Grund vor, denn sie ist reichhaltig und verhält-
nissmässig gut erhalten.
Deshalb und weil nach den Erfahrungen bei meinen bis-
herigen Untersuchungen, die freilich vorläufig nur wenig eingehend
sein konnten, ich die Hoffnung hege, dass die Mühe der Bear-
beitung sich lohnen und einige Resultate ergeben wird, habe ich
die eingehende Untersuchung der Senftenberger Pflanzenreste zum
Gegenstand einer besonderen Arbeit gemacht, die ich im nächsten
Jahre an dieser Stelle zu veröffentlichen gedenke.
Nachschrift.
Im Decemberheft des Jahrganges 1894 der »Brandenburgs«,
Monatsblatt der Gesellschaft für Heimathkunde der Provinz Bran-
denburg zu Berlin, von dem ich erst Kenntniss erhielt, nachdem
die Drucklegung dieser Arbeit schon erfolgt war, findet sich ein
Bericht von E. Friedel: »Ueber die jüngsten Ausgrabungen und
Funde in den Braunkohlen werken bei Gross-Räschen, Kreis Calau«.
Herr Friedel schreibt darin: »Durch einen Zufall erfuhr die Di-
rection der geologischen Landesanstalt hiervon (nämlich von der
Auffindung aufrecht stehender Baumstümpfe) und entsendete (im
October 1894) den Pflanzenpaläontologen Dr. Potonie als hervor-
ragenden Fachmann in die betreffende Gegend.« Diese Angabe
ist nicht ganz den wirklichen Verhältnissen entsprechend. Ver-
fasser dieses wurde von der Direction der Königl. geologischen
Landesanstalt schon im October 1893, also ein volles Jahr früher,
in die betreffende Gegend gesandt, weil dort einige interessante
Funde gemacht worden waren, und hat dieselbe während mehr als
8 Tagen nach allen Richtungen hin, soweit sie Braunkohlen führt,
durchstreift, auch die meisten, jedenfalls wichtigeren Werke sämmt-
lich besucht und die geologischen Verhältnisse untersucht.
234
Oscar Eberdt, Die Braunkohlen -Ablagerungen
Die Begehungen wurden vorgenommen auf Grund von Hin-
weisen und Rathschlägen, welche der inzwischen leider verstorbene
Oberbergrath Koch in Cottbus dem Verfasser in einer dort statt-
gefundenen Besprechung gegeben hatte. Verfasser versäumte
natürlich nicht, in einem, Anfang November 1893 eingereichten
Bericht der Direction die interessanten und theilweise wohl auch
wichtigen Beobachtungs - Resultate und Funde der Reise zu unter-
breiten, doch unterblieb aus Mangel an Zeit die eingehende Bear-
beitung bis in den Herbst des Jahres 1894. Eine Reise des Herrn
Dr. Potonte in das betreffende Gebiet, sowie eine am 4. Novem-
ber 1894 von diesem mit einer grösseren Zahl von Theilnehmern
dahin unternommene Excursion fiel zeitlich mit der Vollendung
der vorliegenden Arbeit zusammen.
Am 7. November desselben Jahres nun hielt Verfasser in der
Deutschen geologischen Gesellschaft einen Vortrag über: »Die
Braunkohlen-Ablagerungen in der Gegend von Senftenberg«, den
Herr Friedel in seinem vorerwähnten Bericht eine: »Allgemeinere
Orientirung über unsere Excursion vom 4. desselben Monats«
('siehe oben) nennt. Diese Bezeichnung ist nicht zutreffend,
da ich erstens an der betreffenden Excursion gar nicht betheiligt,
anderntheils der Vortrag auch keine allgemeinere Orientirung,
sondern im Gegentheil eine sehr eingehende Schilderung der geo-
logischen Verhältnisse der Gegend von Senftenberg mit vorläufig
nur kurzen Abschweifungen auf paläontologisches Gebiet war.
Ferner schreibt Herr Friedel: »Zunächst im Tagebau der
Victoria that sich den erstaunten Forscheraugen eine wie neue
Welt, das grossartige, fast überwältigende Schauspiel eines aus
hunderttausendjähriger Vergangenheit wiedererstandenen Waldes
der obermiocänen , zum Theil vielleicht ins Pliocän reichenden
Abtheilung des Tertiärs auf.«
Hierzu ist zu bemerken , dass meines Erachtens kein
Grund vorliegt , die Ablagerung , in der sich die stehenden
Baumstümpfe finden, gerade für obermiocän zu halten. Sie ist
jedenfalls miocän, das beweisen neben den Lagerungsverhältnissen
auch die darin sich findenden fossilen Reste; gerade auf oberes
Miocän deutet nicht das Geringste hin. Ebenso findet sich vor-
in der Gegend von Senftenberg.
235
läufig noch kein Anhaltspunkt, der dazu berechtigte, die dem Di-
luvium nach unten zunächst liegenden Schichten für Pliocän zu
halten.
Was nun die Erhaltung einer Anzahl dieser aufrecht stehenden
Stümpfe an Ort und Stelle anlangt, welche in dem FRiEDEL’schen
Bericht gefordert wird, so ist vielleicht der Hinweis angebracht,
dass ohne Ueberbauung solcher Stümpfe, die diesen Schutz gegen
Witterungseinflüsse, Regen, Sonne, Wind, Frost u. s. w. gewährt,
es nicht möglich sein wird, dieser Forderung nachzukommen, da
nach meinen bisherigen Beobachtungen und Erfahrungen die
Witterungseinflüsse ziemlich schnell zerstörend auf das Holz der
Stümpfe einwirken.
Hoher die stratigraphischen Beziehungen der
höhmischen Stufen F, Gr, H Barrande’s zum
rheinischen Devon.
Von den Herren E. Kayser in Marburg und E. Holzapfel in Aachen.
(Mit 5 Zinkotypien im Texte.)
Vorbemerkungen.
Die nachstehenden Mittheilungen sind, soweit sie Böhmen
betreffen, das Ergebniss einer mehrwöchentlichen Studienreise, die
wir im letzten Herbste (1893) in das altpaläozoische Gebiet der
Gegend von Prag und Beraun ausgeführt haben. Acht Tage be-
gleitete uns auf unseren Ausflügen Herr Chefgeologe Th. Tscher-
nyschew aus Petersburg. Ausserdem betheiligte sich an denselben
in den ersten 14 Tagen noch Herr Dr. Fr. Katzer aus Leoben,
dem wir für seine liebenswürdige und sachkundige Führung zu
lebhaftem Danke verpflichtet sind, welchen ihm auch an dieser Stelle
auszusprechen uns Bedürfniss ist. Dankend müssen wir ausser-
dem der Unterstützung erwähnen, die unsere Bestrebungen durch
den Director der k. k. geologische^ Reichsanstalt, Herrn Ober-
bergrath Dr. G. Stäche in Wien, sowie den Director des böhmi-
schen Nationalmuseums zu Prag, Herrn Professor Dr. A. Fritsch
erfahren haben; seitens des Ersteren durch Darleihung der nicht
im Handel befindlichen österreichischen Generalstabskarte im
Maassstabe 1 : 25,000; seitens des Letztgenannten dadurch, dass
er uns, trotz der augenblicklichen Unzugänglichkeit der paläonto-
E. Kayser u. E. Holzapfel, Heb. d. stratigraphischen Beziehungen etc. 237
logischen Sammlungen in Folge ihrer Ueberführung in das neue
Museum, dennoch einen Einblick in die uns besonders interessi-
rende ZEiDLER’sche und NovAK'sche Sammlung ermöglichte.
Anlass zu unserer Reise war der Wunsch, an der Hand
unserer rheinischen Erfahrungen das klassische Devongebiet Mittel-
böhmens einer erneuten Prüfung an Ort und Stelle zu unter-
ziehen. Die von uns in den letzten Jahren bei den Specialunter-
suchungen im Dill- und Lahngebiet gemachten Beobachtungen
haben zu Ergebnissen geführt, die mehrfach nicht unerheblich von
den Meinungen anderer Forscher abweichen. Die Richtigkeit
der neuen Gesichtspunkte in Böhmen zu prüfen, war der Haupt-
zweck unserer Reise. In erster Linie handelte es sich dabei um
den Kalk von Greifenstein, dem wir schon seit längerer Zeit auf
Grund stratigraphischer und paläontologischer Erwägungen ein
wesentlich höheres Niveau innerhalb der devonischen Schichten-
folge an weisen, als es gewöhnlich geschieht. Seit aber der ver-
storbene Novak in einer Abhandlung, die ein Muster peinlichster
paläontologischer Detailarbeit bildet, eine überraschende Aehnlich-
keit der Trilobitenfauna dieses Kalkes mit derjenigen gewisser
böhmischer Devonkalke nachgewiesen, wurde es uns immer wahr-
scheinlicher, dass hier eine wirkliche Altersgleichheit vorliege.
Es erschien uns undenkbar, dass die betreffenden Kalke bei so
weit gehender paläontologischer und petrographischer Ueberein-
stimmung in Böhmen ein anderes stratigraphisches Niveau ein-
nehmen sollten, als wir es nach unseren Untersuchungen im
Rheinlande dem Greifensteiner Kalk zuschreiben mussten. Diese
Ueberzeugung sollte sich als richtig erweisen. Es ist uns ge-
lungen, in den fraglichen böhmischen Kalken ein unzweifelhaftes
Aequivalent des Greifensteiner Kalkes nachzuweisen und damit
die Unterlage für eine richtigere und genauere Parallelisirung der
verschiedenen Glieder des böhmischen und rheinischen Devon, als
sie bisher möglich war, zu gewinnen.
Es sollen im Folgenden in einem ersten Abschnitte die strati-
graphische Stellung der rheinischen sog. Hercynlcalke, insbesondere
des Greifensteiner Kalkes, dann in einem zweiten unsere Beob-
achtungen in Böhmen, und endlich in einem letzten die Be-
238
E. Kayser und E. Holzapfel, Ueber die stratigrapbischen
Ziehungen der verschiedenen Glieder des böhmischen und rheini-
schen Devon zu einander besprochen werden.
Stellung der sog. Hercynkalke, insbesondere des Kalkes
von Greifenstein, innerhalb des rheinischen Devon.
Es ist eine Eigentümlichkeit der Dill- und oberen Lahn-
gegend, des anschliessenden hessischen Hinterlandes (Gegend von
Gladenbach und Biedenkopf) und des WALDECK’schen Gebietes
(Kellerwald, Wildungen), dass das Mitteldevon daselbst nicht, wie
in der Eifel, in kalkiger, sondern in schiefriger Form ausgebildet
ist. Dasselbe baut sich aus einer mächtigen Folge von dunklen
Thonschiefern auf, die von R. Ludwig mit Rücksicht auf die
stellenweise darin in Menge auftretenden Tentaculiten alsTenta-
culitenschiefer bezeichnet worden sind. Bezeichnender wäre
vielleicht der Name Styliolinenschiefer, da noch viel häufiger und
charakteristischer als die Tentaculiten Styliolinen sind, welche die
Schichtflächen oft zu Tausenden bedecken. Ausser diesen enthält
der Tentaculitenschiefer gewöhnlich nur spärliche und schlecht
erhaltene Versteinerungen, kleine Goniatiten und Orthoceren,
Trilobiten, Brachiopoden u. s. w. Nur selten, wie an den weiter
unten zu erwähnenden Fundpunkten bei Leun und Oberbiel un-
weit Wetzlar, tritt örtlich eine reichere Fauna auf. Zu den best-
erhaltenen Versteinerungen gehören die feinen Kieskerne der sog.
Wissenbacher Schiefer, welche nur eine besonders reine
(dachschieferförmige) Entwickelung der Tentaculitenschiefer mit
verkiester, ganz überwiegend aus Cephalopoden bestehender Fauna
darstellen.
In der Regel sind die Tentaculitenschiefer mehr oder weniger
reine, vielfach in Dachschiefer übergehende Thonschiefer. Indess
schliessen sie fast allenthalben als untergeordnete Einschaltungen
verschiedenartige Grauwacken, Quarzite, Kieselschiefer und Kalke
ein. Ja, örtlich können unreine Quarzitsandsteine und Grauwacken
sich so stark entwickeln, dass die Gesteinsfolge dem westphälischen
»Lenneschiefer«, einer thonig-sandigen , überwiegend aus Grau-
wackenschiefern und Sandsteinen zusammengesetzten Ausbildungs-
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 239
form des Mitteldevon, ähnlich wird. In solchen Fällen ist ihre
Trennung von den Grauwackenschiefern und Sandsteinen des
Unterdevon, wenn die bezeichnenden Versteinerungen fehlen, sehr
schwierig.
Unter den Grauwacken ist besonders eine gelbliche Feld-
spathgrauwacke bemerkenswert!!. Im Dillenburg’schen noch kaum
vorhanden, entwickelt sie sich nach S. zu immer mächtiger, so
dass sie südlich von Wetzlar ganze Berge zusammensetzt.
Die Quarzite treten theils (so bei Haiger, Sechshelden und
Wissenbach nördlich Dillenburg) in dünnen Platten, theils (Lud-
wigshütte bei Biedenkopf, Berleburg) in dicken Bänken auf.
Die Kiesel- und Wetzschiefer erlangen nur örtlich eine
grössere Mächtigkeit, sind aber trotzdem für die in Bede stehende
Schichtenfolge sehr bezeichnend.
Am interessantesten sind die Kalke, die zum Theil ge-
schlossene, mehr oder weniger weit verfolgbare Lager, überwiegend
aber verhältnissmässig unmächtige und im Streichen sich bald
wieder auskeileude, linsenförmige Massen bilden. Sie treten in
fünf Hauptabänderungen auf. 1. Blaue, versteinerungsfreie Platten-
kalke, oft von ansehnlicher Mächtigkeit. Sie sind besonders ver-
breitet im hessischen Hinterlande (Bischoffen, Oberweidbach,
Gladenbach, Buchenau, Caldern) und können als Gladenbach er
Kalk bezeichnet werden. 2. Blauschwarze und dunkelgraue, un-
deutlich krystalline Kalke, die theils geschlossene Bänke, theils
brodleibförmige Massen im Schiefer bilden. Namentlich die
letzteren schliessen oft Trilobiten und Cephalopoden , mitunter
auch Brachiopoden und andere Versteinerungen ein. Nach einem
besonders ausgezeichneten, versteinerungsreichen Vorkommen bei
Günterod im hessischen Hinterlande seien diese Kalke als
Güntero der bezeichnet. 3. Dichte, hell- bis dunkelgraue, an
manche Oberdevonkalke erinnernde Flaser- oder Knollenkalke mit
ganz überwiegender Cephalopodenfauna. Nach ihrem häufigen
Vorkommen auf dem Messtischblatte Ballersbach (unweit Herborn)
bezeichnen wie diese, meist nur in kleinen, linsenförmigen Massen
auftretenden Kalke als Ballersbacher Kalk. 4. Hellblaugraue
bis röthliche, mehr oder weniger grobkrystalline Crinoidenkalke
240
E. Kayser und E. Holzappel, Ueber die stratigrapbischen
mit überwiegenden Trilobiten und Brachiopoden. Typus ist der
Kalk von Greifenstein, nach dem wir diese Gesteine Greifen-
steiner Kalke nennen. 5. Tiefschwarze, krystallinische Knollen-
kalke, oft den oberdevonischen Intumescens- Kalken ähnlich und
zuweilen mit ihnen verwechselt, manchmal auch etwas plattig
werdend und dann stärker krystallinisch. Sie liegen über den
Günteroder Kalken, haben nur eine geringe Mächtigkeit und sind
durch eine Cephalopodenfauna gekennzeichnet, welche sich eng an
die des Briloner Eisensteins anschliesst und namentlich Tornoceras
circumßexiferum und simplex , sowie Posidonia Jüans und Cardiola-
Arten enthält 1). Besonders versteinerungsreich sind sie bei Oders-
hausen unweit Wildungen, wonach wir sie als Odershäuser
Kalke bezeichnen.
In dieser Form, als ein mächtiger Complex dunkler Thon-
schiefer mit verschiedenen untergeordneten fremden Gesteinsein-
lagerungen, treten die Tentaculitenschiefer im Dillenburg’schen
und hessischen Hinterlande auf. Hellfarbige Riffkalke mit der
Fauna der Stringocephalenschichten, ebenso wie Schalsteine, fehlen
der Schichtenfolge hier ganz.
In vielen Profilen nehmen die Tentaculitenschiefer den ganzen
Raum zwischen Unter- und Oberdevon ein. Anders ist es in der
Gegend von Wetzlar, wo Stringocephalenkalk und »älterer«
Schalstein 2) zu gleicher Zeit mit den Schiefern abgelagert wurden.
In der Regel besteht hier nur der untere, unmittelbar über den
Obercoblenzschichten liegende Theil des Mitteldevon aus Tenta-
culitenschiefern, während darüber eine mehr oder minder mächtige
Folge von Schalsteinen auftritt und über diesen endlich schichtungs-
lose Riff kalke mit der Fauna der oberen Stringocephalenschichten,
dunkelblaue, krystallinische Plattenkalke (Gladenbacher Kalk?)
oder dichte Knollenkalke und aus den letzteren durch Umwand-
lung hervorgegangene Rotheisensteinlager folgen. Diese Kalke
und Eisensteine endlich werden an einigen Punkten unmittelbar
von Oberdevonkalkan mit Gephyroceras intumescens überlagert.
*) Vergl. Denckmann , Schwarze Goniatitenkalke im Mitteldevon des Keller-
waldgebietes. Dieses Jahrb. f. 1892, S. 12.
s) So genannt im Unterschiede vom jüngeren (oberdevonischen) Schalstein.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 241
Hervorzuheben wäre endlich noch, dass auch die Schalsteine
mitunter Einlagerungen von Korallen- und Crinoidenkalken ein-
schliessen , die indess nur selten eine grössere Mächtigkeit er-
langen. Unter denselben verdient namentlich der Kalkeisenstein
genannt zu werden, der früher auf der Grube Haina bei Wald-
girmes unweit Wetzlar abgebaut wurde und dessen reiche Fauna
durch Fr. Maurer beschrieben worden ist. Das nördlichste der-
artige Vorkommen dürfte der korallenreiche, hellfarbige Kalk von
Edingen unweit Greifenstein sein. Schon das Auftreten von
String ocephalus Burtini in diesen Kalken zeigt, dass sie dem
oberen Mitteldevon angehören *).
Diesen Mittheilungen entsprechend lässt sich die Entwicklung
des Mitteldevon im Dillenburg-Wetzlarer Gebiete durch folgende
Tabelle veranschaulichen :
Haiger-
Dillenburg
Herborn-
Sinn
Wetzlar-
Braunfels
Ober-Devon
Intumescenskalk, Iberger Kalk, Cypridinenschiefer,
jüngerer Schalstein
Mittel-Devon
Tentaculiten-
schiefer mit
Quarzit-, Kalk-,
Kieselschiefer- und
Grauwacken-
Einlagerungen
Tentaculiten-
schiefer
mit vereinzelten
Schalstein- und
Massenkalkeinlage-
rungen, sowie mit
Grauwacken u. s. w.
Massenkalk bezw.
Plattenkalk und
Rotheisensteine.
Aelterer Schalstein
mit Kalkeinlage-
rungen.
Tentaculiten-
schiefer mit Grau-
wacken, Kalken
u. s. w.
Unter-Devon
Ober - Coblenz - Schichten
Was nun die paläontologis che Gliederung der Tenta-
culitenschiefer betrifft, so kommt hier zunächst in Betracht,
dass — wie der Eine von uns schon vor längerer Zeit gezeigt
1) Im älteren Schälstein selbst kommt die genannte Leitform der Stringo-
cephalen- Schichten nur vereinzelt vor. So zwischen Altenberg und Oberbiel
bei Wetzlar.
Jahrbuch 1893.
242
E. Kayser und E. Holzappel, Ueber die stratigraphischen
hat !) — bei Wissenbach, im hessischen Hinterland, im Ruppach-
thale und anderweitig in den mitteldevonischen Schiefern zwei
nach ihrer Fauna sehr verschiedene Zonen zu unterscheiden sind,
nämlich: 1. eine ältere, die besonders durch Mimoceras gracile
(= compressum ), Anarcestes subnautilinus , lateseptatus und Wenken-
bachi, Hercoceras subtubercvlatum , Jovellania triangularis , Ortlio-
ceras crassum , vertebratum u. a. bezeichnet wird, und 2. eine
jüngere, für die besonders Agoniatites occultus und Dannenbergs
Anarcestes vittatus , Tornoceras circumflexiferum , Pinacites Jugleri,
Bactrites carinatus, Orthoceras . planicanaliculatum , rapiforme ,
Dannenbergi u. a., Spirifer inclifferens Barr. (= linguifer Sandb.) 2)
und Retzia novemplicata bezeichnend sind.
In beiden Zonen kommen Phacopsarten aus der Gruppe des
böhmischen fecundus vor. Von sonstigen Trilobiten wären nament-
lich Br onteus- Arten aus der Verwandtschaft von Br. ( Thysanopeltis)
speciosus Corda (Steinsberg bei Diez, Wissenbach als eine be-
merkenswerthe Erscheinung hervorzuheben 3).
Es ist nun von grosser Wichtigkeit, dass diese beiden Faunen,
die nach der neuesten Zusammenstellung von Fr. Sandberger
nur 4 Arten (nämlich Phacops fecundus und 3 Orthoceren) gemein
hätten, sich auch in den kalkigen Einlagerungen der Tentaculiten-
schiefer wiederfinden.
Am wenigsten waren bisher Kalke mit der älteren
Wissenbacher Fauna gekannt. Ein paar kleine hierhergehörige
Vorkommen liegen nördlich von Bicken. Das eine wurde vor
etlichen Jahren durch einen neuen Weg am Westabhange des
x) Die Orthocerasschiefer zwischen Balduinstein und Laurenburg etc. Dieses
Jahrb. f. 1883, S. 1.
2) Schon Maurer hat mit Recht hervorgehoben (N. Jahrb. f. Min. Beilage-
band II, 1880, S. 56), dass beide Namen zusammenfallen. Insbesondere sind
manche verkalkte Exemplare von Greifenstein und Günterod in Nichts von der
aufgeblähten, von Barrande als var. obesa beschriebenen Abänderung verschieden.
3) Yergl. Sastdberger, Entwickelung der unteren Abtheilung des Devon.
Syst, in Nassau. Jahrb. d. nass. Ver. f. Naturk. Bd. 42, 1889, S. 70, 77. —
Nach einer Mittheilung v. Koenen’s kommen Formen der T/iysa/iope/tis-Grap-pe
auch in den Mitteldevonschiefern des Hutthaies im Oberharz vor.
4) A. a. 0. S. 69.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrandb’s etc. 243
Forstortes Hain, etwa 30 Meter über der Sohle des Weibach-
thaies aufgeschlossen. Es bildete eine (jetzt völlig fortgebrochene)
Linse von grauem Flaser-Kalk (Ballersbacher Kalk), die einem
Schieferzuge angehört, in dessen Hangendem korallenführender
Schalstein, in dessen Liegendem aber, durch eine streichende Ver-
werfung getrennt, Culmgrauwacke auftritt. Dies kleine Vor-
kommen hat folgende Versteinerungen geliefert:
Bronteus Dormitzeri Barr. Von NovXk von dorther be-
schrieben in Dames und Kayser, Pal. Abh. V, 3, 1890,
S. 39, Taf. 5, Fig. 1—3.
Phacops fecundus Barr. var. major (= Ph. Potieri Bayle
Kayser, Fauna des Hauptquarzites etc. [Abh. d. preuss.
geol. Landesanst. 1889], S. 67.
Anarcestes lateseptatus Beyr.
» convolutus Sandb.
Hercoceras subtuberculatum Sandb. — mirum Barr.
Jovellania triangularis Arch. Vern.
Orthoceras patronum Barr. (Syst. Sil. II, pl. 275. Etage
F, G = Orth, raphanistrum A, Röm., Kalk von Wieda,
Harz?).
Orthoceras vertebratum Sandb.
» commutatum Gieb.
Tentaculites acuarius Richt.
Hyolithes pauper Barr. (Syst. Sil. III, p. 88, pl. 13. Noväk,
Abh. böhm. Ges. Wiss. 1891, p. 21, Taf. V. Bei
Mnenian zusammen mit Bronteus speciosus , Lichas
Haueri, Proetus neglectus etc.).
Cardiola digitata A. Röm. (Wissenb. Schief, d. Oberharzes).
Atrypa reticularis Linn.
Athyris macrorhyncha Schnur (Ober -Coblenz- Sch. der
Eifel, des Harzes u. s. w.).
Rhynchonella nympha Barr. var. pseudolivonica.
» aff. Orbignyana Vern. (zwischen dieser und
pila Schnur stehend).
244
E. Kaysee und E. Holzappel, Ueber die stratigraphischen
Ein zweiter Fundpunkt liegt in der südwestlichen Fortsetzung
desselben Schieferzuges, im Gansbachthale , unweit der Grund-
mühle. Hier fanden sich:
Phacops fecundus Barr. var. major.
Anarcestes convolutus.
Hercoceras subtuberculatum.
Platyceras Halfari Kays. var. rostrata Barr.
Altrypa reticularis Linn.
Pentamerus sp. ziemlich gross, stark- und vielrippig.
Stropkomena Sowerbyi Barr. (Syst. Sil. Y, pl. 44, Etage F).
Petraja Barrandei Maur. (Kalk v. Greifenstein, N. Jahrb.
f. Min. Beilageband I, 1880, Taf. 4, Fig. 13a. Frech,
Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 267. Greifen-
stein, Konjeprus).
Ausser an diesen beiden Stellen kommt dieselbe Fauna noch
an verschiedenen anderen Punkten der Gegend von Bicken und
Ballersbach vor. So im Liegenden der Oberdevonkalke, die in
dem. weiter unten genauer zu besprechenden grossen Steinbruche
an der Landstrasse zwischen Bicken und Offenbach ausge-
beutet werden 1). Herr v. Koenen und die Verfasser sammelten
liier Bronteus speciosus Corda, Proetus unguloides Barr., Hercoceras
subtuberculatum , Jovellania triangularis , Anarcestes lateseptatus und
conf. subnautilinus, Orthoceras crassum sowie einige andere Arten 2).
Dieselben Leitformen, ausserdem aber noch Pinacites Jugleri
A. Roem. und Merista securis Barr., fanden sich auch auf der
Höhe südlich Ballersbach, im Hangenden der alten, im
Clymenienkalk angelegten Steinbrüche. Zur Erklärung dieser auf
den ersten Blick auffälligen Lagerung sei bemerkt, dass die den
Ballersbacher Kalk einschliessenden Schiefer vom Clymenienkalk
b Die Oertlichkeit liegt zwar näher bei Bicken, aber noch in der Gemar-
kung Offenbach. Ihre gewöhnliche Bezeichnung als Bicken« ist daher nicht
ganz zutreffend.
2) Ob auch der von Novak (vergl. Studien Trilob. Hercyn etc. 1890, S. 34)
von Bicken beschriebene Cheirurus Cordai Barr. wirklich von hier und aus dem
Ballersbacher (oder aber aus dem Günteroder) Kalk stammt, wird sich schwer
feststellen lassen.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 245
durch eine (an einer Stelle deutlich wahrnehmbare) südfallende
Ueberschiebung getrennt sind, während sie selbst in Folge einer
anderen grossen Ueberschiebung unmittelbar von unterdevonischen
Schichten (Grauwackensandsteinen und Schiefern der Untercoblenz-
Stufe) überlagert werden, wie dies durch die umstehende Profil-
skizze (auf S. 246) erläutert wird (Ü. = Ueberschiebungslinie,
Y. = Verwerfung).
Wie aus diesen Mittheilungen ersichtlich, ist die Zusammen-
setzung der Fauna des Ballersbacher Kalkes sehr interessant.
Neben bezeichnenden Formen der älteren Wissenbacher Schiefer
( Anarcestes lateseptatus , subnautilinus und convolutus, Hercoceras
subtuberculatum , Jovellania triangularis , Orthoceras crassum , verte-
bratum etc.) und Formen der Harzer Wissenbacher Schiefer, wie
Cardiola digitata, treffen wir deu im Mitteldevon verschiedener
Gegenden weit verbreiteten Tentaculites acuarius an, ferner einige
Brachiopoden des oberen Unterdevon ( Athgris macrorhyncha) und
des unteren Mitteldevon (Rh. Orbignyana ), dazu endlich noch eine
ansehnliche Zahl böhmischer Species (Bronteus Dormitzeri, Pha-
cops fecundus, Proetus unguloides, Orthoceras patronum , Rhyncho-
nella princeps und pseudolivonica , Merista securis , Strophomena
Sowerbyi, Hyolithes pauper, Petraja Barrandei).
Nicht minder gross, als die faunistische Uebereinstimmung
des Ballersbacher Kalkes mit den älteren Wissenbacher Schiefern,
ist diejenige vieler schwarzer Cephalopodenkalke vom Typus
des Günteroder Kalkes mit den jüngeren Wissenbacher
Schiefern. Frech hat daher Recht, wenn er diese Kalke
geradezu als die Kalkfacies der oberen Wissenbacher Schiefer
bezeichnet *).
Ein ausgezeichnetes, hierher gehöriges Vorkommen, das eine
Menge wohl erhaltener, in den Museen von Berlin, Marburg und
Halle aufbewahrter Versteinerungen geliefert hat, ist das von
!) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 246. — Die allgemeine Ueber-
einstimmung der Fauna dieser Kalke mit derjenigen der Wissenbacher Schiefer
überhaupt hatte der Eine von uns schon vor 20 Jahren (Zeitschr. d. Deutsch,
geol. Ges, 1874, S. 672) erkannt,
246
E. Kaysek und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphisclien
Günterod1) unweit Gladenbach. Kaum 10 Minuten südlich
vom Dorfe treten zwischen Grauwacken Schiefer auf, die ein kleines,
Profil am Bergabhange südlich von Ballersbach.
durch einen Steinbruch aufgeschlossenes Kalklager beherbergen.
Als häufigste Arten finden sich hier:
Phacops fecundus Barr. var. major (== Ph. Potieri Bayle,
Kayser, a. o. a. O.).
Phacops breviceps Barr.
Bronteus ( Thysanopeltis ) speciosus Corda (= thysanopeltis
Barr.)
Agoniatites occultus Barr.
» Dannenbergi Beyr. ?
Pinacites Jugleri A. Roem. (sehr grosse Exemplare).
Anarcestes vittatus Kays.
Orthoceras planiseptatum Sandb.
Weniger häufig sind:
Arethusina Beyrichi Nov.
Harpes fornicatus Nov.
» Kayseri Nov.
x) In Folge absichtlich falscher Etikettirung sind die von hier stammenden
Versteinerungen durch den Hauptsammler zum grössten Theil mit der Fundorts-
angabe »Bicken« in die Sammlungen gelangt. Auch die von Fkech (Zeitschr.
d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S.. 252) gegebene Versteinerungsliste bezieht sich
sicher wesentlich auf Günteroder und nicht auf Bickener Funde.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 247
Proetus orbitatus Barr.
» planicauda Barr.
Acidaspis pigra Barr.
Cyphaspis hydrocephala A. Roem.
Bronteus brevifrons Barr.
Lichas Haueri Barr.
Bactrites carinatus Münst.
Platyceras sp. sp.
H ercynella sp. (grosse Form, verwandt mit II. nobilis Barr.).
Cardiola digitata A. Roem.
Puella ( Panenka ) sp. sp.
Silurina ( Dualina ) inflata Sandb.
Retzia novemplicata Sandb.
Spirifer indifferens Barr.
Ein anderes Vorkommen findet sich in Begleitung der bereits
oben erwähnten Oberdevonkalke an der Landstrasse zwischen
Bicken und Offenbach. Dasselbe tritt hier in einer ähnlichen
Lagerung über Oberdevon- (Clymenien- und Intumescens-) Kalken
auf, wie das oben besprochene Vorkommen im S. von Ballers-
bach. Die verwickelten Lagerungsverhältnisse der verschiedenen
Kalkhorizonte dieser berühmten Oertlichkeit werden etwa durch
nachstehende Skizze erläutert.
Profil durch den grossen Kalkbruch zwischen Bicken und Offenbach.
Ü. = Ueberschiebung, Y. = Verwerfung.)
N. V. Ü. Halde Landstrasse Ahrthal S.
248
E. Kayser und E. Holzapfel, lieber die stratigrapkisclien
In den Günteroder Kalken haben sich hier gefunden:
Phacops fecundus Barr. var. major.
» breviceps Barr.
Bronteus speciosus Corda.
Pinacites Jugleri A. Roem.
Agoniatites occultus Barr.
Bactrites carinatus Münst.
Orthoceras Dannenbergi Arch. Vern.
Hercgnella sp.
Ausserdem führt Frech aus dem Günteroder Kalk von
Günterod oder Bicken1) noch an: Chonetes crenulata F. Koem.,
Spirifer aviceps Kays. , Terebratula Whidbornei Davids. . und
juvenis Sow., Euomphalus annulatus Ge. und Loxonema püigerum
Sandb. 2) Es ist indess wahrscheinlich, dass diese, zumeist das
Stringocephalen-Niveau anderer Gegenden kennzeichnenden Arten
ebenso den höheren schwarzen Kalken mit Posidonia hians
Waldschm., unseren Odershäuser Kalken, entstammen, wie ein
in der Sammlung der Berliner geologischen Landesanstalt auf-
bewahrtes, mit der DANNENBERG’schen Sammlung in dieselbe ge-
langtes Exemplar von String ocephalus Burtini.
Als ein weiteres wichtiges versteinerüngsreiches Vorkommen
von Günteroder Kalk sei das an der Ense bei Wildungen ge-
nannt. An das weite, sich im S. und SW. der Stadt ausbreitende
Gebiet flach liegender Culmschiefer (mit Posidonia Becheri ) schliesst
sich mit steilem Anstiege eine ausgedehnte Kalkplatte, die Ense,
an. Sie besteht aus einer grösseren Anzahl zerrissener und iiber-
kippter Sättel, die als Ganzes auf die im N. angrenzenden Culm-
schichten überschoben sind 3). Die einzelnen Schuppen enthalten
meist das ganze Oberdevon und den grössten Theil des Mittel-
devon. Am deutlichsten ist die Reihenfolge am Abhange gegen
x) Yergl. die Anm. 2 auf S..246.
2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 252.
3) Herr A. Denckmann, der diese Verhältnisse genau festgestellt hat, hatte
die Freundlichkeit, den einen yon uns auf einer längeren Excursion zu führen
und die Lagerung der einzelnen Zonen eingehend zu erläutern.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 249
Wildungen hin. Hier liegen unter dem Oberdevon etwa 15 Meter
hellfarbige, plattige, knollige Kalke mit String ocephalus Burtini ,
Agoniatites discoides Waldschm. und inconstans Phill., Maene-
ceras terebratum Sandb. und Phacops breviceps Barr. Es ist
dies der Stringocephalenkalk W aldschmidt’s 1). Unter diesem
folgen wenig mächtige, tiefschwarze Knollenkalke, die Odershäuser
Kalke, mit Agoniatites inconstans Phill., Maeneceras terebratum
Sandb., Tornoceras simplex v. Buch und circumflexiferum Sandb.
und noch mehreren anderen Goniatiten und daneben besonders
Posidonia hians Waldschm., Buchiola retrostriata v. Buch mut.
nov. aquarum Beush., Spirifer simplex Phill. u. s. w. 2).
Diese Kalke gehören noch zum oberen Mitteldevon. In
ihrem Liegenden folgt unmittelbar Günteroder Kalk, der zahl-
reiche Versteinerungen gelieferte hat. Die Trilobiten hat NovAk
zum Theile bearbeitet 3). Am häufigsten sind
Phacops fecundus Barr. var. major.
» breviceps Barr.
Bronteus (Thysanopeltis) speciosus Corda.
Acidaspis pigra Barr.
Daneben kommen vor
Proetus Holzapfeli Nov. (= cornutus Golde.?)
» Waldschmidti Nov.
» filicostatus Nov.
Cyphaspis hydrocephala A. B,oem.
» cf. ceratophthalma Golde.
Arethusina Beyrichi Nov.
Phacops Frechi Kays.
Agoniatites occultus Barr.
» angulatus Frech.
*) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1885, S. 911.
2) Yergl. Denckmann, Dieses Jahrb. f. 1892, S. 12.
3) Yergl. Studien an einigen Trilobiten aus dem Hercyn von Bicken,
Wildungen , Greifenstein und Böhmen, Palaeont. Abh. von Dames und Kayser.
Neue Folge Bd. I, Heft 3. 1890,
250
E. Kayseb und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphische]
Dieselbe Reihenfolge der Schichten ist auch in den übrigen
Schuppen des Wildunger Kalkgebietes zu beobachten und wieder-
Profil am N. -Abfall der Ense bei Wildungen.
(Ü. = Ueberschiebung.)
Ü.
Tentaculiten-
Schichten
Giinteroder
Kalk
Odershäuser
Kalk
Ob. Stringoc.
Kalk
holt sich auch weiter südlich, am Gershäuser Hof und am Hohen
Lohr. Die schwarzen Odershäuser Kalke mit Posidonia Jüans
treten ferner ebenso bei Bicken, Offenbach und Günterod im
Hangenden des Günteroder Kalkes auf. Aus ihnen stammt dem
Gestein nach das oben (S. 248) erwähnte Exemplar von Stringo-
cephalus Burtini von Bicken, das in der Sammlung der Berliner
geolog. Landesanstalt aufbewahrt wird, wie wahrscheinlich auch
die übrigen von dort, beziehungsweise von Günterod angegebenen
Stringocephalenkalkformen ( Terebratula Whidbornei und juvenis ,
Holopella piligera etc.). (Siehe das Profil S. 247).
Von grosser Wichtigkeit wegen der klaren Lagerungsverhält-
nisse sind die Vorkommen in der Umgebung der Dillmün-
dung und in der Gabel zwischen Dill und Lahn. Unmittelbar
über normalem Unterdevou, das gelegentlich eine Obercoblenz-
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Bakrande’s etc. 251
Fauna führt, liegen hier gelbe ockerige Tentaculitenschiefer, die
hie und da in unreine, gelbe und röthliche Kalke (mitunter Cri-
noidenkalke) übergehen oder solche eingelagert enthalten. An
einigen Stellen, insbesondere bei Leun und Oberbiel, kommt in
diesen Schiefern eine reiche Fauna vor. Wir sammelten hier:
Pinacites Jugleri A. Roem.
Phacops aff. f ecundus Barr.
Cryphaeus sp.
Bronteus Dormitzeri Barr.
Proetus Holzapf eli Nov.
» Loveni Barr. (6?1)
Acidaspis pigra Barr.
Cyphaspis cf. ceratophthalma Goldf.
Arethusina sp.
Cyrtina heteroclita Defr. ) sehr häufig, auch sonst allge-
Atrypa reticularis L. \ mein in diesen Schichten.
Pentamerus Oehlerti Barrois. Häufig bei Leun.
Rhynchonella Orbignyana Vern.
» hexatoma SCHNUR.
Bifida lepida Goldf.
Retzia ferita v. Buch.
Atrypa cf. concentrica v. Buch.
Nucleospira lens Schnur.
Spirifer cf. aculeatus Schnur.
Orthis striatula Schloth.
» Gervillei Defr. (älterer Mitteldevonkalk von Arnao
und Moniello in Spanien, Konjeprus, Unterdevon
des nordwestl. Frankreich und Bosporus).
Streptorhynchus umbraculum Schloth.
Leptaena subtetragona F. Roem.
» lepis Br.
Strophomena cf. interstrialis Phill.
» Sowerbyi Barr, (ausgezeichnete grosse Form
von Mnenian, auch im Ballersbacher Kalk
vom Hain bei Bicken).
Chonetes minuta Goldf. und noch andere Formen.
252
E. Kayser und E. Holzapfel, Ueber die stratigrapbischen
Bei Klein -Altenstädten fanden sich auch verschiedene
Exemplare von Spirifer cf. cultrijugatus. Hier und bei Hermann-
stein sind die Schichten sehr kalkig uud von gelber Färbung.
Ueber ihnen folgen reine Tentaculitenschiefer mit einzelnen Kalk-
knollen uud darauf Günteroder Kalk, der bei Hermannstein und
Klein- Altenstädten folgende Versteinerungen geliefert hat:
Phacops fecundus Barr. var. major.
» breviceps Barr.
Bronteus speciosus Corda.
Acidaspis pigra Barr.
Arethusina Beyrichi Nov.
Cyphaspides n. sp. (aff. scuticauda Nov.)
Pinacites Jugleri A. Roem.
Agoniatites occultus Barr.
» verna Barr.
» bicanaliculatus Sandb.
Anarcestes aff. lateseptatus Beyr.
Ueber die im Hangenden dieser Kalke liegenden Mitteldevon-
schichten sei nur bemerkt, dass der zunächst folgende mächtige
ältere Schalstein gelegentlich ebenfalls kleine Kalklager enthält.
In der Regel führen diese nur Crinoidenstiele und Brachiopoden
(bes. Atrypa reticularis und desquamata) , mitunter aber — wie
namentlich beim Hofe Haina unweit Waldgirmes — schliessen sie
eine reichere Fauna ein, die schon von Fr. Maurer zutreffend
dem unteren Stringocephalenkalk zugerechnet worden ist *). Ueber
dem Schalstein folgen Riff kalke der oberen Stringocephalen-Stufe,
die stellenweise die Villmarer Fauna enthalten, wenn auch
nirgends in der Reichhaltigkeit wie bei Villmar selbst, meist aber
fossilarm oder fossilfrei sind. Als Aequivalente dieses Massen-
kalkes treten an vielen Punkten blaue Plattenkalke, dichte Knollen-
kalke und Tentaculitenschiefer auf. Die dichten Knollenkalke
sind meistens eisenschüssig, gehen in Rotheisenstein über und
1) Yergl. Fu. Maurer, die Fauna der Kalke von Waldgirmes. Abb. der
grossberz. bess. geol. Landesanst. Darmstadt, 1885. Zusammen mit Stringoce-
phalus Burtini und Uncites gryphus kommt bier noch Calceola sandalina vor,
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H' Barrande’s etc. 253
enthalten die Fauna des Briloner Eisensteins. In ihrem Hangen-
den folgt unmittelbar das Oberdevon mit Gephyroceras intumescens 1).
Wenn nach vorstehenden Mittheilungen die Zugehörigkeit
des Ballersbacher und Günteroder Kalkes zum Mitteldevon in der
Zusammensetzung ihrer Fauna klar genug hervortritt, so konnte
das Gleiche vom Greifensteiner Crinoidenkalk bis jetzt nicht
behauptet werden. Vielmehr sind wohl bei keinem der anderen
sogenannten Hercynkalke so weit auseinander gehende Anschau-
ungen über sein Alter geäussert worden, als gerade bei ihm.
Gleich nach seiner (dem Geh. Bergrath Riemann in Wetzlar zu
dankenden) Entdeckung vor etwa 20 Jahren, wurde er von
F. Roemer 2) auf Grund seiner Fauna als obersilurisch , von
H. v. Dechen 3) dagegen mit Rücksicht auf den Schichtenverband
als oberdevonisch angesprochen. Nachdem bald darauf der Eine
von uns 4) seine nahen Beziehungen zur Hercynfauna des Harzes
erkannt, widmete ihm Fr. Maurer 5) eine längere paläontologische
Arbeit, in der er die Ansicht aussprach, dass er jünger sei, als
die böhmischen Etagen F, G, H Barrande’s, und gleich den
Wissenbacher Schiefern dem oberen Unterdevon angehöre 6). Auch
1) Bemerken swerth ist an diesen Eisensteinen und -Kalken das häufige Vor-
kommen von Trilobiten, die mit solchen des böhmischen Devon entweder voll-
ständig übereinstimmen, oder ihnen doch so ähnlich sind, dass sie nur als
jüngere Mutationen angesehen werden können. Hierher gehören vor allen
Cheirurus Sternbergi mut. myops. A. Roem.
Proetus crassimargo A. Roem.
» crassirhachis A. Roem.
Arethusina cf. Beyrichi Nov.
Cyphaspis cerberus Barr.
» convexa Barr.
Lichas granulosa A. Roem. (sehr nahe Haueri Barr.)
Phacops breviceps Barr.
Dagegen fehlen die bezeichnendsten Formen des Eifeier Kalkes (. Phacops
latifrons bezw. Schlotheimi) hier ebenso, wie im Günteroder und Ballersbacher
Kalk. Der Eine von uns wird diese Verhältnisse in einer demnächst erscheinen-
den besonderen Arbeit ausführlich behandeln.
2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1875, S. 701.
3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1875, S. 730, 732, 764.
4) Abh. z. geol. Specialkarte von Preussen, Bd. n, Heft 4. 1878, S. 266.
5) N. Jahrb. f. Min. Beilageband I, Heft 1, 1880.
6) N. Jahrb. f. Min. Beilageband I, Heft 1, 1880.
254 E. Kayser und E. Holzappel, Ueber die stratigraphischen
Fr. Frech, der sich seit Mitte der 80er Jahre mit soviel Eifer
und Erfolg mit dem Studium der altpaläozoischen Bildungen im
Rheinlande, in Böhmen, Südfrankreich und den Alpen beschäftigt
hat, weist bis in die neueste Zeit gleich Maurer dem Greifen-
steiner Kalk seinen Platz im Unterdevon an. Schon 1886 betonte
Frech *) die innigen petrographischen und paläontologischen Be-
ziehungen, die denselben mit den bekannten Kalken von Konjeprus
und Mnenian (F% Barr.) verbänden, Kalke, die er sammt dem sie
unterlagernden schwarzen Tentaculitenkalk (F1) und den sie über-
lagernden grauen Knollenkalken (6?1) ins Unterdevon stellte. Im
Jahre darauf, in der Arbeit über Cabrieres2), parallelisirte er
die Kalke von Greifenstein und Wildungen sammt denen vom
Pic de Cabrieres und von Konjeprus noch genauer mit dem
mittleren Unterdevou. Auch in der zwei Jahre später veröffent-
lichten Arbeit über das rheinische Unterdevon und die Stellung
des Hercyn 3), in welcher der Greifensteiner Kalk einer eingehen-
den Besprechung unterzogen und eine kritisch berichtigte Liste
seiner Versteinerungen gegeben wird4), betrachtet Frech ihn als
unterdevonisch, ohne sich indess über seinen genaueren Horizont
zu äussern 5). In dem soeben erschienenen Werke desselben
Forschers über die karnischen Alpen 6) finden wir dieselben An-
schauungen wieder, wie in den früheren Arbeiten. Auch Fr.
Sandberger endlich 7) hat in seiner interessanten, unlängst ver-
öffentlichten Abhandlung über das rheinische Unterdevon die
Ueberzeugung ausgesprochen, dass der Greifensteiner Kalk unter-
devonisch sei.
Diesen Anschauungen gegenüber, die wesentlich auf dem
palaeontologischen Inhalt des Greifensteiner Kalks und seiner
*) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1886, S. 917.
2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1887, S. 360.
3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 175.
4) a. a. 0. S. 264.
5) Die böhmische Etage F wird in dieser Arbeit, ebenso wie in der 1891
erschienenen 7. Auflage der CßEDSER’schen »Elemente der Geologie«, in der
Frech die Revision der älteren palaeozoischen Formationen besorgt hat, den
Schichten mit Spirifer primaevus gleichgestellt.
6) Halle, 1894, S. 274, 287.
*) a. a. 0. S. 88.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrakde’s etc. 255
petrographischen Aehnlichkeit mit den Kalken der Gegend von
Konjeprus, Cabrieres und vom Wolayer See (Karnischen Alpen)
beruhen, haben wir bereits seit längerer Zeit auf Grund der bei
den Specialaufnahmen in der Dill- und Lahngegend gemachten
Wahrnehmungen die Ansicht vertreten, dass der Kalk von Greifen-
stein, ebenso wie der ihm gleichstehende Ballersbacher und der
jüngere Günteroder Kalk, nur ein Zubehör der Tentaculitenschiefer
und dementsprechend mitteldevonischen Alters sei 1). Diese An-
sicht ist durch den Fortschritt unserer Arbeiten durchaus bestätigt
worden.
Das kleine Kalkvorkommen von Greifenstein liegt etwa D/2
Kilometer südsüdwestlich vom Orte dieses Namens, auf dem
Plateau mitten im Walde. Es war nur zeitweise durch eine
kleine, zum Zweck der Petrefactengewinnung geöffnete Grube
aufgeschlossen, in der neben herrschendem grobspäthigen , rothen
Crinoidenkalk auch Bänke von ebensolchem hellgrauen Kalk, sowie
einzelne Lagen von dichtem, gelblich-grauem Kalk zu beobachten
waren. In der unmittelbaren Umgebung des Kalks stehen Thon-
schiefer und plattige, glimmerige Grauwackengesteine an, während
einige hundert Meter nördlich ein breiter Zug von Thonschiefern
mit Einlagerungen von weissem, löcherigem Quarzit auftritt. Aus
diesem letzteren beschrieb F. Roemer schon in den 40 er Jahren
den bekannten grossen Pentamerits rhenanus 2). Ohne auf Einzel-
heiten eingelien zu wollen, bemerken wir hier nur, dass die Kar-
tirung ergeben hat, dass diese vielbesprochenen Quarzite3) auf
das Gebiet zwischen Dill- und Ulmthal beschränkt sind und dem
Grenzhorizont von Unter- und Mitteldevon angehören, d. h. das-
selbe Niveau einnehmen, wie die Schiefer mit Pent. rhenanus im
Ruppachthale 4). Wir stellen sowohl die Schiefer als auch die
*) Kayser, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1887, S. 625. Holzapfel, die
Cephalopoden führenden Kalke des Unt. Carbon von Erdbach-Breitscheid. Pa-
laeont. Abh. V, 1, 1889, S. 9.
2) Rheinisches Uebergangsgebirge 1844, S. 76 und 85.
3) F. Roemer, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1874, S. 752 und H. v. Dechen
ebendas. 1875, S. 761.
4) Kayser, Orthocerasschiefer zwischen Laurenburg und Balduinstein. Dieses
Jahrb. f. 1884, S. 2, 19, 33.
256
E. Kaiser und E. Holzappel, Ueber die stratigraphischen
Quarzite mit Pentamerus an die oberste Grenze des Unterdevon.
Der Greifensteiner Kalk dagegen, von dem ausser dem besprochenen
noch ein zweites, kleineres Vorkommen westlich von Greifenthal
aufgefunden wurde, liegt an der Basis des Mitteldevon. Das ihn
unterlagernde Unterdevon hat sich in der Umgebung beider Vor-
kommen in grosser Verbreitung nachweisen lassen, an einem Punkte
mit der Fauna der oberen Coblenzschichten ( Spirifer arduennensis
und curvatus , Rhynchonella pila, Pentamerus sp. etc.)
Wie die Stratigraphie, so lässt auch die Palaeontologie das
mitteldevonische Alter des Greifensteiner Kalkes deutlich genug
erkennen. Wenn dies aus den bisherigen Versteinerungslisten
nicht mit genügender Deutlichkeit hervorging, so liegt der Grund
in der Unvollständigkeit dieser Verzeichnisse, die so wichtige
Arten wie Mimoceras gracile , Hercoceras subtuberculatum , Orthoceras
crassum und Lichas (Arges) armata nicht aufführten. Die Mar-
burger Sammlung besitzt aus dem Kalk von Greifenstein und
einem palaeontologisch und petrographisch völlig mit ihm über-
einstimmenden, aber nicht rothen, sondern hell blaugrauen Kalk
von Günterod die folgenden Arten:
Phacops fecundus Barr. var. major. Gr. Gü. 1).
» breviceps Barr. Gü. Gr.
» Zorgensis Kays. (— cephalotes Madr. non Barr.)
Gü. Gr. Die weiter zurückreichenden Augen,
die kürzere, mehr pentagonal gestaltete Glabella
und besonders die tiefe, unter dem Stirnrande
gelegene Rinne unterscheiden diese Art von der
BARRANDE’schen.
Phacops sp.
Proetus orbitatus Barr. Gr. Gü.
» » var.? crassimargo A. Roem. (= Koeneni
Maur.) Gr. Gü.
» myops Barr. Gr. Gü.
» eremita Barr. Gr. Gü.
» (Phaetonellus) planicauda Barr. Gr. Gü.
x) Gr. = Greifenstein; Gü. = Günterod.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 257
Cyphaspis hydrocephala A. Roem. Gr. Gü.
» scuticauda Nov. Gr.
Lichas Haueri Barr. Gü.
» (Arges) armata Golde, var. Gr.
Acidaspis vesiculosa Beyr. Gr.
Bronteus angusticeps Barr.? Gü.
» (Thysanopeltis) speciosus Corda (— thysanopeltis
Barr.) Gr. Gü.
» Dormitzeri Barr. 1).
Harpes reticulatus Corda Gr. Gü.
» Montagnei Corda Gr.
» fornicatus Nov. (var. reticulatus ?) Gü.
Dazu kommen noch folgende, in der Marburger Sammlung
nicht vertretene, uns aber aus eigener Anschauung bekannte
Trilobiten anderer Museen:
Dalmanites aff. Reüssi Barr, (isolirtes Kopfschild. Halle-
sches Museum). Gr.
Arethusina peltata Nov. Gr.
Proetus unguloides Barr. Gr. \
Acidaspis pigra Barr. Gr. [ Göttinger Museum
Bronteus brevi/rons Barr. Gr. ( (bestimmt durch Novak.)
» elongatus Barr. Gr. '
Mimoceras gracile H. v. Mey. (= compressum Beyr.) Gr.
Agoniatites fidelis Barr. Gr.
Pinacites Jugleri A. Roem. Gr.
Hercoceras subtuberculatum Sandb. Gr.
Orthoceras crassum A. Roem.? Gr.
» patronum Barr. Gr.
» commutatum Gieb. Gr. Gü.
Platyceras Halfari Kays. var. rostrata Barr. Gr.
» contortum Barr.? Gr. Gü.
» disjunctum Gieb.? Gr. Gü.
x) Nicht anstehend gefunden, sondern in einem losen Block von Greifensteiner
Kalk am Sonnberg bei Günterod.
Jahrbuch 1893.
17
258
E. Kayser und. E. Holzapfel, Ueber die stratigrapbischen
Platyo stoma sp. Gr. Gü.
Strophostylus undulatus Maür. sp. Gr.
Macrocheilus sp. Gr.
Pleurotomaria aff. subcarinata A. Roem. Gr.
» humillima Barr. (Maür., Kalk von Greifen-
stein. Taf. 2, Fig. 9). Gr.
Beller ophon sp. (capuloides Maür.) Gr.
Tentaculites acuarius Richt. Gr.
» longulus Maür. Gr.
Spirifer indifferens Barr, und var. obesa (= Spirifer lin-
guifer Sandb.) Gr. Gü.
» orbitatus Barr. (var. indifferens f) Gü.
» superstes Barr. Gr.
» unguiculus Barr., Maür. non Sow. Gr.
Merista securis Barr. Gr. Gü.
» ? Bauds Barr. Gr. Gü.
» passer. Barr. Gr. Gü.
Athyris Thetis Barr. Gr. Gü.
Nudeospira inelegans Barr. Gr.
Retzia novemplicata Sandb. Gr. Gü.
Atrypa compressa Sow.? Gr.
» reticularis L. Gü. (nur ein Exemplar.)
» ? Philomela Barr. Gr. Gü.
» cf. canaliculata Sow. Gr. Gü.
Rhynchonella matercula Barr. Gr. Gü.
Pentamerus Tetinensis Barr.? Gü.
» cf. strix Barr. Gr.
Strophomena emarginata Barr. Gr. Gü.
Leptaena tenuissima Barr. Gr. Gü.
Leptagonia rhomboidalis Wahl. Gr.
Chonetes sp.
Discina sp.
Ausserdem fand sich in einem kleinen Vorkommen von grob-
krystallinem grauen Greifensteiner Kalk in einem Thälchen südlich
von Ballersbach noch Merista herculea Barr.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, Gr, H Bareande’s etc. 259
Modiomorpha ( Guerangeria ) Davousti Oehlert. (Barrois,
Calcaire d’Erbray, p. 178, t. 11, f. 9.) Gr.
Cypricardinia sp. Gr.
Conocardium sp. Gr.
Cladochonus ( Pustulipora) greif ensteinensis Maur. Gr. Gü.
Amplexus her cynicus A. Roem. (= Barrandei Maur.) Gr. Gü.
Petraja Barrandei Maur.
Es sind das im Ganzen weit über 60, zum grössten Theil
sicher bestimmte Formen. Unter ihnen sind folgende auch aus
dem Ballersbacher Kalk bekannt:
Phacops fecundus Barr. var. major.
Bronteus speciosus Corda.
» Dormitzeri Barr.
Proetus unguloides Barr.
Pinacites Jugleri A. Roem.
Hercoceras subtuberculatum Sandb.
Orthöceras patronum Barr.
» commutatum Gieb.
Tentaculites acuarius Richt.
Merista securis Barr.
Petraja Barrandei Maur.
Ist die Zahl dieser Arten auch noch gering, so reicht sie
doch hin, um die nahen Beziehungen des Greifensteiner und
Ballersbacher Kalkes darzuthun 1). Zusammen mit dem wichtigen
Mimoceras gracile und Orthöceras crassum beweisen sie, dass gleich
dem Ballersbacher auch der Greifensteiner Kalk dem Ni-
veau der älteren Wissenbacher Schiefer angehört und
somit mitteldevonischen Alters ist. Speciell der Greifen-
steiner Kalk stellt eine ausgesprochene Trilobiten- und Brachio-
podenfacies dieses Niveaus dar.
9 Das Fehlen von Agoniatites fidelis im Ballersbacher und von Anareestes
lateseptatus im Greifensteiner Kalk hat den Einen von uns auf die Yermuthung
geführt, dass der letztgenannte Kalk vielleicht noch etwas älter ist als der Ballers-
bacher. Indess kann es sich bei dem engen faunistischen Zusammenhänge beider
Kalke nur um geringfügige Altersunterschiede handeln.
17*
260 E. Kayser und E. Holzapfel, lieber die stratigraphischen
Aus dieser seiner Stellung erklärt sich einfach die ansehnliche
Zahl von Arten, die der Greifen stein er Kalk mit dem Günteroder
Kalk und anderen noch höheren Devonhorizonten gemein hat
( Bronteus speciosus , Phacops breviceps , Proetus orbitatus , plani-
cauda etc., Lichas Haueri, Arges armata , Cyphaspis hydrocephala,
Cyphaspides scuticauda , Acidaspis pigra und vesiculosa *), Pinacites
Jugleri, Spirifer indijferens , Retzia novemplicata, Tentaculites acuarius
und wohl noch manche andere)* 2). Dagegen befindet sich unter
den bis jetzt von Greifenstein bekannt gewordenen Arten, ab-
gesehen von Meristea herculea , keine, die auch im Unterdevon
vorkäme.
Versuchen wir jetzt die Stellung der im Vorstehenden be-
sprochenen Kalke innerhalb des Mitteldevon etwas genauer fest-
zustellen.
Was zunächst die Kalke von Ballersbach und Greifen-
stein betrifft, so werden wir sie mit Bestimmtheit der dem
untersten Mitteldevon entsprechenden Cultrijugatus -Stufe
des Eifeier Kalkes gleichstellen dürfen, während wir den
Pentamerus-QpL&rzit von Greifenstein sowie die Pentamerenschiefer
sammt den zugehörigen trilobitenreichen Dachschiefern der Grube
»Schöne Aussicht« 3) im ßuppachthale als oberstes Unterdevon
den oolithischen Botheisensteinen der Eifel4) parallelisiren. Für
die Gleichstellung des Ballersbacher Kalkes mit den Cultrijugatus-
*) Nach Barrois in dem von ihm an die Basis des oberen Mitteldevon ge-
stellten Kalke von Chaudefonds (Maine et Loire).
2) "Wie schon früher erwähnt, sind einige dieser Arten, wie insbesondere
Proetus crassimargo und crassirhachis, Phacops breviceps und Amplexus hercynicus ,
sogar häufige und verbreitete Erscheinungen in den oberen Stringocephalen-
schichten des Harzes, Westfalens und des Lahngebietes.
3) Phacops aff. fecundus, Cryphaeus, Proetus (cnf. lepidus Bark.), Acidaspis
sind hier häufig. Anderweitig, wie im Dillenburg’schen und hessischen Hinter-
lande, treten in diesem Horizont, unmittelbar an der Basis der Wissenbacher
Schiefer, die zeitlich letzten Homalonoten auf.
4) Auch in diesen Eisensteinen finden sich die letzten Homalonoten, und
auch hier erscheinen, wie in den eben erwähnten Dachschiefem des Ruppach-
thaies, neben überwiegenden Unterde vontypen bereits eine ganze Anzahl mittel-
devonischer Arten.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 261
Schichten fallt noch besonders das Vorkommen von Rhynchonella
aff. Orbignyana, Spirifer cnf. cultrijugatus und Bronteus Dormitzeri
bei Bicken und Hermannstein ins Gewicht, da die erstgenannten
Arten Hauptleitformen der Eifeier Cultrijugatus- Stufe sind und
Bronteus Dormitzeri nach dem oben über die Fauna der Wetzlarer
Tentaculitenschiefer Mitgetheilten eine ähnliche Rolle zu spielen
scheint.
Das Alter des Günteroder Kalkes lässt sich vor allem
deutlich aus seiner Lagerung erkennen; aber auch die Fauna
giebt wichtige Anhaltspunkte. Sie schliesst sich ziemlich eng an
die des Ballersbacher bz. Greifensteiner Kalkes an. Beide haben
nämlich folgende Formen gemeinsam:
Bronteus speciosus Corda.
» brevifrons Barr.
Phacops breviceps Barr.
» fecundus var. Barr.
Proetus orbitatus Barr.
» planicauda Barr.
» unguloides Barr.
Cyphaspis hydrocephala A. Roem.
Cyphaspides scuticauda Nov.
Acidaspis pigra Barr.
Lichas Haueri Barr.
Harpes fornicatus Nov.
Cardiola digitata A. Roem.
Retzia novemplicata Sandb.
Merista securis Barr.
Spirifer indifferens Barr.
Tentaculites acuarius Richt.
und wahrscheinlich noch einige weitere Arten. Mit den Calceola-
Schichten der Eifel sind gemeinsam Cyphaspis ceratophthalma
Goldf. und wahrscheinlich Proetus cornutus Goldf. (= Holz-
apf eli Nov.)
Bei Bicken und Offenbach liegen nun die Günteroder über
den Ballersbacher Kalken, und schon hierdurch wird ihre Stellung
im oberen Theile des unteren Mitteldevon, entsprechend
262
E. Kayser und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphischen
den Ca/ceoZa-Schichten der Eifel, gesichert. An der Dill-
mündung liegen sie über den Schiefern von Leun-Oberbiel und
unter dem älteren Schalstein. In diesen selbst eingeschaltet treten
bei Waldgirmes die Kalke mit der von Maurer beschriebenen,
den Crinoiden - Schichten der Eifel gleichstehenden Fauna auf.
Die Günteroder Kalke müssen daher älter sein und ihre Stellung
zwischen den Cultrijugatus- und Crinoiden-Schichten haben, mithin
den Eifeier CWceoZa-Schichten entsprechen.
Die Odershäuser Kalke endlich lagern bei Wildungen,
Offenbach und Günterod über den Günterodern. Zwischen beiden
aber liegt eine ausserordentlich scharfe Faunengrenze. Die Gonia-
titen der Odershäuser Kalke sind nämlich dieselben, wie die des
Briloner Eisensteines — Agoniatites inconstans Phill., Tornoceras
simplex und circumflexiferum , 'Menaeceras terebratum etc. — und
auch die übrigen Versteinerungen schliessen sich eng an die des
Brilon — Adorfer Eisenerzes an, wenn sie auch fast durchweg ge-
ringfügige Abweichungen aufweisen, durch die sie sich als ältere
Mutationen zu erkennen geben. Die gleiche Fauna tritt auch in
den Stringocephalen-Kalken bei Wildungen, die unmittelbar vom
Oberdevon überlagert werden, sowie in den Hauptmassenkalken
des Lahngebietes und der Attendorner Mulde (in Westfalen), die
sonst die Villmarer Fauna enthalten, auf. Hieraus, sowie aus
ihrer Lagerung über den Günteroder Kalken folgt, dass die
Odershäuser Kalke der unteren Abtheilung der Stringo-
cephalen-Schichten angehören, während deren obere Abtheiluug
durch die hellen Plattenkalke der Ense (bei Wildungen), den Haupt-
masseukalk des Lahngebietes und die Eisensteine von Brilon —
Adorf — Wetzlar vertreten wird. Wie erwähnt, stammt auch der
String ocephalus von Bicken aus dem in Rede stehenden Niveau
und kann daher in keiner Weise befremden.
Der häufigste Goniatit der Odershäuser Kalke, Tornoceras
circumflexiferum Sandb., kommt auch in den Or£/mceras-Schiefern
von Wissenbach vor. Von Olkenbach (in der Moselgegend) kennen
wir dieselbe Form in Begleitung von Tornoceras simplex v. B.,
während sie bisher noch nie in den Kalken mit Agoniatites occultus
angetroffen worden ist. Dies deutet darauf hin, dass T. circum-
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G-, H Barrande’s etc. 263
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264
E. Kayser und E. Holzapfel, Heber die stratigrapbischen
flexiferum auch im Wissenbacher Schiefer höher liegt, als Ag.
occultus , und dass der diese Art einschliessende Theil der ge-
nannten Schiefer dem oberen Mitteldevon angehört. Bei der Art
des Sammelns in den Wissenbacher Schiefern, das fast auschliess-
lich in den Spalthäusern geschieht, wird es indess sehr schwer
sein, etwas Sicheres über das genaue Lager der fast immer nur
ganz vereinzelt vorkommenden Arten zu ermitteln.
Nach vorstehenden Mittheilungen gliedert sich das untere
Mitteldevon im rechtsrheinischen Gebiete in zwei Hauptabschnitte
nach vorstehendem Schema.
Beobachtungen im böhmischen Devongebiete.
Es war ursprünglich unsere Absicht, ein Stück der böhmischen
Devonmulde (etwa die Gegend zwischen Beraun, Karlstein und
Mnenian) in grossem Maassstabe aufzunehmen; bei genauerer
Untersuchung erwiesen sich indess die Lagerungsverhältnisse im
Einzelnen als so gestört und die petrographischen Merkmale der
verschiedenen Stufen als so wenig verlässlich, dass wir jene
Absicht bald aufgaben. Was den letzten Punkt betrifft, so sei
hier nur erwähnt, dass wir wiederholt — so am rechten Ufer
der Beraun, oberhalb Srbsko — dunkelgraue, dichte Knollenkalke
angetroflfen haben, die denen des BARRANDE’schen Stockwerkes G
täuschend ähnlich, bisher in der That als solche angesehen worden
sind (so auf der KREJCi’schen Karte) und die auch von uns zuerst
dafür gehalten wurden, bis wir in einzelnen Bänken leitende
silurische Orthoceren, Trilobiten und Brachiopoden ( Dayia navi-
cula u. a.) auffanden. Auf Schritt und Tritt hätten wir unter
solchen Umständen nach beweisenden Versteinerungen suchen
müssen, und dazu hätten die wenigen, uns zur Verfügung stehen-
den Wochen in keiner Weise ausgereicht. Nur ein gründlicher
Kenner der silurischen und devonischen Faunen, der zugleich
erfahrener Kartengeolog ist, wird nach unserer Ueberzeugung die
Specialkartirung des böhmischen Silur-Devongebietes erfolgreich
durchzuführen in* Stande sein,
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 265
Als tiefstes Glied des böhmischen Devon pflegen jetzt die
dunklen, bituminösen, dünnbänkigen Kalke der Barrande ’schen
Stufe F 1 betrachtet zu werden. Und wohl mit Recht; denn für
die Vermuthung Frech’s, dass bereits die obersten Schichten
von E 2 dem Devon zuzurechnen sein möchten, fehlt es bisher
in Böhmen an Anhaltspunkten. Man sieht hier im Gegentheil
die bezeichnenden obersilurischen Brachiopoden und Trilobiten
bis in die oberen Schichten von E 2 hinaufgehen, während die
darüber folgenden Kalke trotz ihrer innigen petrographischen
Verknüpfung mit E 2 eine Fauna einschliessen, in der zwar noch
Graptolithen sowie viele ältere Molluskenarten (besonders Ortho-
ceren, Lamellibranchiaten und Brachiopoden) fortdauern, die aber
nichtsdestoweniger durch Machaeracanthus , Gyroceras , Tentacu-
liten t) und zahlreiche mit F 2 gemeinsame Species ein wesentlich
neues, devonisches Gepräge erhält.
Während Fx früher allgemein nach dem Vorgänge von Bar-
rande als eine selbstständige Stufe betrachtet wurde, hat später
Nov/k die Meinung ausgesprochen, dass diese Schichtenfolge
gleichaltrig mit F 2 sei 2). Beide Glieder stellen nach ihm nur
verschiedene Facies eines und desselben Horizontes dar, und zwar
die schwarzen, an Spongienresten reichen F1- Kalke eine tiefere
Meeresbildung, die hellen, krystallinischen F2-Kalke dagegen mit
ihren stockbildenden Korallen und dickschaligen Mollusken und
Brachiopoden eine Riffbildung. Einen Beweis für die Richtigkeit
dieser Anschauung findet Nov/k darin, dass beide Gebilde im
umgekehrten Mächtigkeitsverhältnisse stehen, was soweit gehen
kann, dass das eine auf Kosten des anderen ganz verschwindet.
In der That beobachtet man beide Kalke gleichzeitig nur an
wenigen Punkten in der Nähe von Prag. So bei Dworetz, wo
über typischen F^-Kalken mit Tentaculites intermedius , Praelucinen
und Hercynellen hellfarbige krystallinische Kalke mit Bronteus ,
Acidaspis, Phacops , Platyceras, Rhynchonella princeps u. s. w. auf-
1) Darunter auch der im Devon so verbreitete T. acuarius Richter. (Katzer,
Geol. v. Böhmen, 1892. S. 1021.
2) Zur Kenntniss der Fauna der Etage F1. Sitzungsber. d. böhm. Ges. d,
Wiss, 1886.
266
E. Kaysee und E. Holzapfel, Ueber die stratigraph.isch.en
treten. Aehnlich verhält es sich auf dem linken Moldauufer,
gegenüber Branik, in der Nähe der BARRANDE-Tafel, und ebenso
im HERGET’schen Steiubruche, nur dass hier die späthigen, z. Th.
dolomitisirten T^-Kalke blos ein schmales Band im Hangenden
von F 1 bilden. Im ganzen SW. der Devonmulde dagegen , bei
Mnenian und Konjeprus, im Beraunthale oberhalb Karlstein und
bei St. Iwan, fehlt ein typisches vollständig. Umgekehrt sind
im Kosorschen Thale unweit Radotin allein die E^-Kalke, diese
aber in grosser Mächtigkeit und mit zahlreichen Versteinerungen
(darunter auch Graptolithen) entwickelt. Die Verhältnisse an
dieser letzten Oertlichkeit, wo über den E1- Schichten ohne die
geringste Spur einer Discordanz oder eines sonstwie (etwa durch
eine Conglomeratbasis) angedeuteten Hiatus sofort unzweifelhafte
G^-Kalke folgen, fallen in der That schwer zu Gunsten der
NovAii’schen Ansicht in’s Gewicht. Auch die weiter unten zu
besprechenden, eigenthümlichen, zwischen typischen F1- und F2-
Kalken in der Mitte stehenden Gesteine zwischen Mnenian und
Suchomast sprechen für sie.
Eür die Riffkalke der Stufe F 2 liegt das klassische Gebiet
in der Umgebung von Konjeprus, im SW. der Mulde. Aber
auch im Beraunthale oberhalb Karlstein, zwischen Hostin und
St. Iwan, im Prokopy- Thale, bei Slichow und D woretz unweit
Prag findet man sie gut aufgeschlossen. Ueberall ist das Gestein
hellfarbig, krystallinisch und mehr oder weniger schichtungslos.
An dem Slati Kun (»Goldenes Ross«) genannten Berge südlich
Konjeprus werden die weissen, mit schroffen Wänden aufsteigen-
den Kalke wohl an 100 Meter mächtig, und auch im Thale von
St. Iwan mag ihre Dicke nicht viel geringer sein.
Der eben genannte Slati Kun besteht in seiner Hauptmasse
aus fast massigen Kalken, die an seinem Nordfusse, zunächst dem
Dorfe Konjeprus , in einem grösseren , auf der Südseite in einer
ganzen Reihe kleinerer Steinbrüche gewonnen werden. Ueber
dem weissen Massenkalk aber treten mit flacher Lagerung dünn-
geschichtete bunte, überwiegend rothe, späthige Crinoidenkalke
auf. So unmittelbar über dem erwähnten grossen Bruche auf
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 267
der Nordseite. Auch der Gipfel des Berges besteht aus solchen
Gesteinen, und ebenso ein Theil des Südabhanges, während
darunter überall weisser Kalk hervortritt, der nach W. bis zum
Suchomaster Thal zu verfolgen ist, wo er unmittelbar von Ober-
silurkalken (F?2) unterteuft wird.
Derselbe bunte Crinoidenkalk ist auch längs des Fahrweges
zu beobachten, der von Konjeprus am Ostende des Slati Kun
vorbei in südlicher Richtung nach den sogenannten Mnenianer
Marmorbrüchen führt. Hier aber tritt er in inniger Verknüpfung
mit dichten, graugelben Kalksteinen auf. Auch das Gestein der
eben genannten Marmorbrüche besteht aus dunkelrothen (hie und
da riesige Orthoceren einschliessenden) Crinoidenkalken , und
ebenso stehen solche mit flacher Lagerung weiter nach S. zu, auf
der ganzen Höhe der Kobyla an, während darunter, am Abhang
der Kobyla in das nach Mnenian führende Thal, wiederum Riff-
kalk zu Tage tritt, der auch hier in einer Reihe von Steinbrüchen
ausgebeutet wird. Diese Verhältnisse lassen sich durch die um-
stehenden beiden Profilskizzeri veranschaulichen.
Wichtig ist auch das Profil, das längs des von Mnenian nach
Suchomast führenden Weges zu beobachten ist. Im W. des zu-
erst genannten Dorfes folgen auf das Untersilur zunächst Grapto-
lithenschiefer mit Diabasen, dann normaler Obersilurkalk. Ueber
diesem sind an der 0. -Seite des Dlouhy Less (langer Wald) in
einem kleinen neben einem alten Kalkofen gelegenen Steinbruche
blau- bis hellgraue oder schwach bunt gefärbte, in 1/s bis 1 Meter
starke Bänke gegliederte, fein krystallinische Kalksteine entblösst,
in denen wir Crotalocephalus, Platyostoma conicum sowie Bronteus-
Reste, also offenbar die Fauna von F 2, sammelten. Auch in
einem zweiten, auf der SW.-Seite des Dlouhy Less, nördlich von
Vinarschitz gelegenen Steinbruche sind die Verhältnisse ähnlich.
In der Sohle des Bruches stehen mit wagerechter Lagerung
schwarze, dünnschichtige, etwas knollige Kalke an, die nach
NovLk !) Scyphocrinus enthalten, also noch dem Obersilur ange-
hören. Darüber folgen dickbänkige hellgraue und hellere kry-
a. a. 0. S. 2.
268
E. Kayseb und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphischen
Suchomaster
Thal
Profil durch den Slati Kun bis zum Suchomaster Thal.
Weg nach
den Mnenianer
Marmorbrüchen
E2 — Obersilur-Kalk. R. K. = Weisser Riffkalk. . Cr. K. = Dünnschichtiger bunter
Crinoidenkalk. St. = Steinbrüche.
Profil am N. -Abhang des Slati Kun bei Konjeprus.
U. = Ueberschiebung 1).
Cr. K.
El = Graptolithenschiefer. E3 — obersilur. Knollenkalk. R. K. — Riff kalk.
Cr. K. = Geschichteter Crinoidenkalk.
stallinische Kalke, aus denen Novak Machaeracanthus anführt.
Der genannte Forscher spricht diese Kalke für F 1 an; indess
sind sie von diesem nach ihrer Gesteinsbeschaffenheit und Ver-
steinerungsführung sehr verschieden. Sie stellen eine Mittelform
x) Dieselbe ist trefflich zu beobachten in dem tiefen, in den Steinbruch
führenden Einschnitt. In östlicher Richtung lässt sie sich am ganzen Abhang
des Berges, und weiterhin auch am NO.- Abhang der Kobyla verfolgen,
Beziehungen der böhmischen Stufen F, Gr, H Barrande’s etc. 269
zwischen dem Riff kalk des Slati Kun und dem typischen F1-
Kalk des Kosorscher Thaies dar und sind offenbar sedimentäre
Kalke, die neben dem Riff abgelagert wurden. Ueber diesen
Gesteinen aber liegen auch hier, auf der kahlen, sich nach N.
anschliessenden Höhe, mit flacher Lagerung dieselben dünn-
schichtigen rothen Crinoidenkalke, wie über dem weissen Riffkalk
des Slati Kun und der Kobyla.
Wie aber Riff- und Crinoidenkalk ihrem Niveau nach ge-
trennt sind, so sind sie es auch durch ihre Versteinerungsführung.
Der Riffkalk ist es, der die bekannte, in allen Sammlungen
verbreitete Fauna von Konjeprus einschliesst. Wir nennen von
den hierher gehörigen Arten als besonders bezeichnend Terebratula
melonica, Rhynchonella princeps, Henrici u. a., Pentamerus Sieberi ,
Spirifer togatus , Nerei u. a., Retzia Haidingeri, Orthis palliata ,
Gervillei u. a., Strophomena Stephani ; ferner Conocardium bohemi-
cum , Platyostoma naticoides A. Roem. (— gregaria Barr.) x),
Platyceras mons, conicum u. a., Tubina und Tremanotus, Gyroceras
alatum , Orthoceras pseudocalamiteum u. a., Bronteus palifer u. a.,
Proetus bohemicus, Harpes venulosus, Aristozoe regina. Dazu
kommen noch zahlreiche Favositen und andere stockbildende
Korallen, Bryozoen, Crinoiden und Anderes.
Nur wenige von diesen Arten gehen in den Crinoiden-
kalk hinauf, der eine ganz abweichende, besonders aus Trilo-
biten und Brachiopoden zusammengesetzte Fauna enthält, für die
besonders bezeichnend sind die dem Riffkalk völlig fehlenden
Goniatiten und die — allerdings seltenen — Odontochilen.
Am Pleschiwetz, zwischen Mnenian und Konjeprus,
sammelten wir im fraglichen, grobkrystalliuischen, röthlichen Kalk
folgende Arten:
Bronteus speciosus Corda (— thysanopeltis Barr.)
» Dormitzeri Barr.
» formosus Barr.
» oblongus Barr.?
» angusticeps Barr.?
') = sigmoidalis Phill. sp. nach Whidbokne. (??)
270
E. Kayser und E. Holzapfel, Heber die stratigraphischen
Bronteus elongatus Barr.
» brevifrons Barr.
Acidaspis vesiculosa Beyr.
Phacops fecundus Barr. var. major.
» breoiceps Barr.
» Zorgensis Kays.
Proetus Dufresnoyi Corda.
» Buchi Barr.
» eremita Barr.
» unguloides Barr.
» tuberculatus Barr.
» ascanius Corda.
» natator Barr.
» orbitatus Barr.
» myops Barr.
» cf. lepidus Barr.
» » lusor Barr.
» ßlicostatus Barr. *)
Phaetonellus planicauda Barr.
Cheirurus gibbus Beyr.
» Sternbergi Boeck.
Harpes reticulatus Corda.
Mimoceras gracile v. Mey. (— ambigena Barr.)
Anarcestes crispus Barr.
» n. sp. (plebejus Barr. Syst. Silur, vol. II,
pl. 5, fig. 1 —5) 2).
Orthoceras patronum Barr.
» commutatum Gieb.?
Pleurotomaria humillima Barr. (Maur.)
Platyceras Halfari Kays.
*) Nach Novak auch bei Bicken vorkommend. Der Fundort ist indess
unsicher, und ebenso, ob die Form aus dem Ballersbacher oder Günteroder
Kalk stammt.
a) In der Jugend dick mit niedergedrückten Umgängen, später flach und
verhältnissmässig hochmündig werdend.
Beziehungen' der böhmischen Stufen F, 6, H Babrande’s etc. 271
Platyceras Halfari var. rostrata Barr.
» disjunctum Gieb.
Hyolithes pauper Barr.
Tentaculites acuarius Richt. (= longulus Barr.)
Buchiola aff. restrostriata v. B.
Atrypa reticularis Linst.
» arimaspus Eichw. (= comata Barr.)?
» ? Thetis Barr.
» ? Philomela Barr.
Merista passer Barr.
Nucleospira inelegans Barr.
Spirifer indifferens Barr.
» unguiculus Barr, non Sow.
» orbitatus Barr.
» Thetidis Barr.
Rhynchonella matercula Barr.
» alecto Barr.
» nitidula Barr.
» palumbina Barr.
» monas Barr.
Eichwaldia n. sp. (grosse Form mit groblöcheriger
Structur der Schale).
Pentamerus procerulus Barr.
» gäleatus Dalm. ?
Streptorhynchus devonicus d’Orb. = Orthis distorta Barr.
Strophomena emarginata Barr.
» interstrialis Phill. (= Phillipsi Barr.)
» tenuissima Barr.
Chonetes inconstans Barr.
Proteocystites flavus Barr.
Staurosoma rarum Barr.
Petraja Barrandei MaüR.
Amplexus hercynicus A. Roem.
Cladochonus ( Pustulipora ) Greif ensteinensis MaüR.
212 E. Kayser und E. Holzapfel, Üeber die stratigraphischen
Nach NovXk !) finden sich in demselben Gestein bei Kon-
jeprus und Mnenian noch
Proetus crassimargo A. Roem.
Arethusina peltata Nov.
Cheirurus Cordai Barr. * 2)
Die Marburger Sammlung besitzt ferner aus dem gleichen
Gestein von Mnenian
Calymene Blumenbachi Brongn.
Bronteus perlongus Barr.,
und in verschiedenen privaten und öffentlichen Sammlungen Böh-
mens endlich sahen wir aus dem rothen Kalk derselben Oertlich-
keit noch
Proteus moestus Barr.
Lichas Haueri Barr.
Acidaspis truncata Corda.
Calymene interjecta Corda.
Bronteus pustulatus Barr.
Odontochile rugosa Corda.
» Reussi Barr.
In den oben erwähnten gelblichen Kalken, die am Wege
nach den Mnenianer Marmorbrüchen anstehen, sammelten wir in
kleinen, zu beiden Seiten der Strasse liegenden Gruben folgende
Species 3):
Cheirurus Sternbergi Boeck (in einer besonderen, nur
wenige Centimeter starken Bank, die ganz
mit seinen Resten erfüllt ist).
!) Vergleichende Studien an Trilob. Hercyn etc. 1890. S. 44 und 4.
2) Nach Novak auch bei Bicken vorkommend. Der Fundort ist indess
unsicher, und ebenso, ob die Form aus dem Ballersbacher oder aus dem Günte-
roder Kalk stammt.
3) Die innige Verbindung des gelben Kalkes mit dem rothen ergiebt sich
schon aus der grossen Anzahl der beiden gemeinsamen Arten. Es sind das nach
unseren Aufsammlungen: Bronteus speciosus und Dormitzeri; Phacops fecundus
major und breviceps; Proetus eremita und orbitatus; Cheirurus Sternbergi und
gibbus , Lichas Haueri , Atrgpa Philomela und Thetis; Merista passer , Spirifer
indifferens und orbitatus; Strophomena interstrialis; Amplexus hercynicus und
Petraja Barrandei.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 273
Cheirurus gibbus Beyr.
Phacops breviceps Barr, (in einer besonderen Schicht).
Phacops fecundus Barr. var. major.
Proetus neglectus Barr.
» orbitatus Barr.
» eremita Barr.
Lichas Haueri Barr.
Bronteus speciosus Corda.
» Dormitzeri Barr.
» oblongus Corda.
Harpes Montagnei Corda.
» Orbignyanus Barr.
Agoniatites fidelis Barr. (In einer Schicht sehr grosse
Exemplare.)
» verna Barr.
Anarcestes neglectus Barr.
Atrypa Philomela Barr.
» ? Thetis Barr.
Merista passer Barr.
» Bauds Barr.
Spirifer indifferens Barr.
» _ orbitatus Barr.
Strophomena interstrialis Phill.
Chonetes embryo Barr.
Amplexus hercynicus A. Roem.
Die Marburger Sammlung endlich enthält aus früherer Zeit
aus demselben gelblichen Grestein, nach der Etikette von Mnenian,
noch
Hyolithes discors Barr.
Bronteus Scharyi Barr.
» cf. angusticeps Barr.
Proetus moestus Barr.
» fallax Barr.
Die Fauna der geschichteten Kalke ist nach Obigem von der
des weissen Massenkalkes sehr verschieden. Diese Unterschiede
Jahrbuch 1893.
18
274 E. Kayser und E. Holzappel, lieber die stratigraphischen
sind so auffällig, dass man sich wundern muss, wenn sie bisher
so wenig Beachtung gefunden haben. Zwar war es schon
Barrande aufgefallen, dass Bronteus speciosus und einige andere
Trilohiten auf bestimmte Bänke der Gegend von Konjeprus und
Mnenian beschränkt seien x); allein er legte diesem Umstande
keine besondere Bedeutung bei, ebenso wenig wie Krejci, Novak
und Frech. Der letztere wies zwar* 2) nachdrücklicher als die
übrigen genannten Forscher auf die faunistischen Unterschiede
beider Kalke hin; unglücklicherweise aber stellte er das rothe
Gestein nicht über, sondern unter das weisse — eine Auf-
fassung, an der er bis auf die neueste Zeit festgehalten hat 3).
Dass dieselbe irrig ist, zeigt schon die Untersuchung der
Abfälle der Konjepruser Kalkmasse ins Suchomaster Thal (vergl.
das Profil S. 268), wo die Grenze zwischen F2 und E2 gut ent-
blösst ist. In dem tiefsten, der Grenze ganz nahe liegenden
Theile des Riffkalkes fanden wir eine Reihe bezeichnender Arten
des Kalkes vom Slati Kun, nämlich Rhynchonella nympha , princeps
und Henrici , Platyceras mons und conicum u. a., Atrypa semiorbis
und zahlreiche sehr dicke Stielglieder von Crotalocrinus (wie die-
selben, wenngleich seltener, auch am Slati Kun Vorkommen).
Vom dünnschichtigen rothen oder gelben Kalk aber war hier
ebensowenig eine Spur wahrzunehmen, wie an der Grenze zwischen
Riffkalk und Obersilur an den Gehängen der Beraun oberhalb
Karlstein oder im Thale von St. Iwan.
Wir bezeichnen die beiden, von Barrande in seiner Stufe F2
zusammengefassten Kalke als Konjepruser und Mnenianer
Kalk. Wir selbst kennen den letzteren in typischer Ausbildung
nur aus der Gegend zwischen Mnenian und Konjeprus. Der
Umstand indessen, dass wir in verschiedenen Sammlungen Stücke
eines ähnlichen rothen Kalks mit bezeichnenden Arten des Mne-
nianer Kalkes von anderen als den genannten Punkten gesehen
haben, lässt darauf schliessen, dass das Gestein eine weitere Ver-
!) Syst. Silur, vol. I., pag. 457, 844, 848 etc.
2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1886, S. 918.
3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1886, S. 918; 1887, S. 406; 1889, S. 236.
Harnische Alpen 1894, S. 294.
Beziehungen der böhmischen Stuten F, Gr, H Barrande’s etc. 275
breitung besitzt. So sahen wir im böhmischen Nationalmuseum
in Prag aus einem röthlichen, krystallinischen Kalk von Slichow:
Bronteus speciosus, Dormitzeri , Brongniarti , viator , pustulatus und
oblongus, Calymene sp., Cheirurus gibbusf, Cyphaspis hydrocephala
A. Roem. (= Barrandei Corda), Lichas Haueri u. s. w. Weisen
diese Arten auf eine Vertretung des Mneniankalkes an der ge-
nannten Oertlichkeit hin, so zeigen von Slichow stammende, in
der Aachener Sammlung aufbewahrte weisse Kalke mit Rhyncho-
nella princeps und Phacops Sternbergi , dass dort daneben auch der
Konjepruser Kalk entwickelt ist. Ebenso sprechen der Marburger
Sammlung angehörige Stücke von dunkelrothem , feinkrystallini-
schem Kalk von Gross- Küchel mit Bronteus formosus und perlongus
und Cheirurus gibbus für das Vorkommen des Mneniankalkes auch
an diesem Punkte. Denselben Schluss gestattet endlich ein in
der Göttinger Sammlung liegendes Stück rothen Crinoidenkalkes
mit Mimoceras gracile , das Prof. v. Koenen vor Jahren auf einer
Excursion mit Prof. NovIk auf der rechten Seite der Beraun
unter Tetin gesammelt hat.
Wenn somit der Mneniankalk vom unterliegenden Konjepruser
Kalk stratigraphisch wie faunistisch scharf getrennt ist, so scheint
er andererseits nahe Beziehungen zu Barrande’s Knollen-
kalk G 1 zu besitzen. Es fällt schon auf, dass eine Ueberlagerung
des Mnenianer Kalkes durch G 1 nirgends deutlich zu beobachten
ist. So fehlt G 1 auf dem Kalkplateau von Tobolka — Konjeprus,
tritt aber an dessen Rändern auf. Am Damil bei Tetin liegt G 1
auf weissen, krystallinischen Kalken, die zwar keine ausgesprochene
Fauna geliefert haben, die aber dem Konjepruskalk sehr ähnlich
sind, während der ächte Mneniankalk fehlt. Ebensowenig haben
wir im Beraunthale zwischen Karlstein und Srbsko zwischen dem
hellen Riffkalk und G 1 irgendwo unzweifelhaften Mnenianer Kalk
beobachtet. Zwischen Hostin und St. Iwan lagert G1 zunächst
auf geschichteten hell- bis weissgrauen Kalken mit Odontochile,
dann folgt Konjepruser Kalk, so dass hier ein Uebergang zwischen
G 1 und Mnenianer Kalk vorhanden zu sein scheint. — Es ge-
18*
276
E. Kayseb und E. Holzappel, lieber die stratigrap bischen
winnt so den Anschein, als ob der Mneniankalk nur eine örtliche
Bildung ist, die da, wo sie fehlt, durch G1 vertreten wird.
Die innige Beziehung beider Gebilde ergiebt sich weiter da-
raus, dass nicht selten inmitten typischer G ^Kalke röthliche, dem
Mnenianer Gestein sehr ähnliche Kalke auftreten. So sahen wir
solche in einem kleinen Steinbruche auf der Höhe gleich über
Klein -Küchel und in stärkerer Entwicklung bei der Cikanka im
Radotiner Thal.
Endlich aber scheinen beide Gesteine auch in palaeontologi-
scher Beziehung durch zahlreiche Fäden verbunden zu sein. Viele
Arten sind beiden gemein. So allein von Trilobiten Lichas Haueri ,
Calymene interjecta , Bronteus speoiosus, viator und pustulatus , Cy-
phaspis hydrocephala , Proetus planicauda und lepidus , Phacops
breviceps, Cheirurus Sternbergi , Harpes Orbignyanus , Odontocliile
rugosa und Reussi und wohl noch manche andere.
Nach allem dem scheinen der Mnenianer Kalk und der
Knollenkalk G1 zu einander in ähnlichem Verhältnisse zu stehen,
wie der Konjepruser Kalk und der F1-Kalk. Fr. Katzer hatte
daher nicht so Unrecht, wenn er aussprach, dass F 2 sich
wenigstens theil weise als Facies von G1 betrachten liesse *).
Allerdings gilt dies nur für den Mnenianer Kalk und nicht auch
für den Konjepruser.
Ueber die im Hangenden von G1 liegenden Glieder
des böhmischen Devon haben wir nur wenige Beobachtungen ge-
macht. Die Tentaculitenschiefer der Stufe G2 sind denen unseres
rheinischen Mitteldevon sehr ähnlich. Auch die sandigen Schiefer
der Stufe H mit den ihnen eingeschalteten Quarzitplatten erinnern
an ähnliche Gesteine im Mitteldevon Ostthüringens und des hessi-
schen Hinterlandes. Interessant war es uns, in der DüSEifschen
Sammlung in Beraun ein kleines, aber sehr deutliches Exemplar
von Strmgocephalus Burtini aus II zu sehen. Die grauen und
rothen Knollenkalke von G3, wie man sie so schön bei Hlubocep,
*) Geol. v. Böhmen, 1026. — Bemerkenswerth ist dabei, dass sowohl Cr1
wie auch F1 tentaculitenführende, tiefere Meeresabsätze darstellen, während der
Mneniankalk und insbesonders F2 seichtere Bildungen sind.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s etc. 277
Hostin, gegenüber Srbsko, in der Kodaschlucht und anderweitig
beobachtet, sind petrographisch den mittel- und oberdevonischen
Nierenkalken des Rheinlandes sehr ähnlich, wenn diese auch
nirgends eine gleich mächtige Entwicklung erlangen. Besonders
bezeichnend ist für diese Kalke die Häufigkeit von Anarcestes
lateseptatus (= plebejus Barr.) in grossen, verhältnissmässig
flachen, weitnabeligen Individuen.
Ueber die Alters -Beziehungen der verschiedenen Glieder
des böhmischen und rheinischen Devon.
Wie schon wiederholt hervorgehoben, haben bereits ver-
schiedene Forscher, insbesondere NoviK, auf die petrographische
und faunistische Aehnlichkeit des Mnenianer Kalks mit demjenigen
von Greifenstein hingewiesen. NovXk findet die Uebereinstim-
mung in der Gesteinsbeschaflenheit so gross, dass selbst der Kenner
nebeneinanderliegende Stücke beider Vorkommen nicht zu unter-
scheiden vermöchte x). Die palaeontologische Uebereinstimmung
aber mache sich nicht nur in einer Anzahl gemeinsamer Trilobiten
»der rothen Bank des Kalkes von Konjeprus« (unseres Mnenianer
Kalks), sondern auch in einer Reihe gemeinsamer Brachiopoden
und Korallen geltend. Novak spricht daher als seine Ueber-
zeugung aus, dass die Fauna von Greifenstein als ein Äquivalent
derjenigen der Barrande ’ sehen Etage F 2 zu betrachten sei.
Auch für die Faunen von Bicken und Wildungen (d. h. unseren
Günteroder Kalk) vermuthet er ein Gleiches.
Diese Anschauungen enthalten einen sehr richtigen Kern, in-
sofern der Greifensteiner Kalk in der That ein strati-
graphisches und palaeontologisches Aequivalent des
Mnenianer Kalkes darstellt — aber auch nur dieses letzteren,
beileibe nicht der ganzen Barrande ’ sehen Stufe F2. Dass dem
so sei, erkannten wir schon am ersten Tage unseres Sammelns im
fraglichen Kalke und fanden es in der Folge immer mehr bestätigt.
Insbesondere haben unsere im Laufe des Winters ausgeführten
') Vergleichende Studien an Trilobiten des Hercyn. S. 4.
278
E. Kayser und E. Holzapfel, lieber die strati graphischen
sorgfältigen palaeontologischen Studien die weitgehendste Ueberein-
stimmung des Mnenianer und Greifensteiner Kalkes ergeben.
In unseren Händen befinden sich folgende, sowohl im Mne-
nianer als auch im Greifensteiner Kalk vorkommende Arten:
Bronteus speciosus Carra.
» Dormitzeri Barr.
» angusticeps Barr.
» elongatus Barr.
» brevifrons Barr.
Proetus eremita Barr.
» unguloides Barr.
» orbitatus Barr.
» crassimargo A. Roem.
» planicauda Barr.
» myops Barr.
Arethusina peltata Nov. 1).
Acidaspis vesiculosa Beyr.
» pigra Barr.
Cyphaspis hydrocephala A. Roem.
Lichas Haueri Barr.
Phacops fecundus Barr. var. major.
» breviceps Barr.
» Zorgensis Kays.
Harpes reticulatus Corda.
» Montagnei Corda.
Mimoceras gracile H. v. Mey.
Agoniatites fidelis Barr.
Anarcestes neglectus Barr.
Orthoceras patronum Barr. 2).
» cnf. commutatum Gieb.?
Platyceras Halfari Kays. var. rostrata Barr.
b Nach Novak, Yergl. Stud. Trilob. d. Hercyn. S. 20.
2) Ident ist vielleicht das Harzer 0. raphanistrum A. Roem. (Kayser, ält,
Fauna d. Harzes Taf. 12, Fig. 6.)
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G-, H Barrande’s etc. 279
Pleurotomaria humillima Barr. (Maur.)
» disjunctum Gieb.
Tentaculites acuarius Richt.
Atrypa ? Philomela Barr.
» arimaspus Eichw.? 5).
» reticularis L.
Athyris Thetis Barr.
Merista Bauds Barr.
» passer Barr.
Nucleospira inelegans Barr.
Spirifer indiferens Barr.
» superstes Barr.
» orhitatus Barr.
Rhynchonella matercula Barr.
Leptaena tenuissima Barr.
Strophomena emarginata Barr.
Amplexus hercynicus A. Roem.
Petraja Barrandei Maur.
Cladochonus ( Pustulipora ) Greifensteinensis Maur.
Dazu kommen aus dem gleichaltrigen Ballersbacher Kalk
Hyolithes pauper Barr.
Merista securis Barr.
Strophomena Sowerbyi Barr.
und vielleicht noch Proetus filicostatus Nov. und Cheirurus Cordai
Barr., falls diese von Novae von Bicken beschriebenen Formen
aus dem Ballersbacher Kalk stammen sollten.
Es sind das schon einige 40 sicher bestimmte, in beiden
Kalken nachgewiesene Arten, die sich auf Trilobiten, Brachiopodeu,
Cephalopoden, Gastropoden, Korallen u. a. vertheilen. Besonders
wichtig ist die Uebereinstimmung der Goniatiten, unter denen
neben Mimoceras gracile , der Leitform der älteren Wissenbacher
9 Wird von Fbech (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1889, S. 266) von
Greifenstein angeführt.
280
E. Kayser und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphischen
Schiefer, namentlich Agoniatites ficlelis ins Gewicht fällt, da diese
Art im Rheinland bisher allein von Greifenstein bekannt ist.
Nach allem dem kann die stratigraphische Aequivalenz des
Mnenianer und Greifensteiner Kalkes als gesichert gelten. Aus
diesem Ergebniss aber, sowie aus dem weiteren Umstande, dass
wahrscheinlich auch die Barrande ’ sehen Knollenkalke G1 nur
eine Facies des Mnenianer Kalkes darstellen, leiten sich unmittelbar
eine Reihe wichtiger Schlüsse auf die stratigraphische Stellung
der übrigen Glieder des böhmischen Devon ab.
Was zunächst F2 und das ihm gleichwerthige F1 betrifft, so
können diese Gebilde nicht, wie bisher allgemein angenommen
wurde, bloss ein Aequivalent des tiefsten Unterdevon (etwa des
Gedinnien oder der Siegener Schichten) sein, sondern müssen
das gesammte Unterdevon vertreten. Ob eine Gliederung dieser
Schichtenfolge möglich ist, wird nur durch systematisches Sammeln
der Fauna zu ermitteln sein.
Weiter ergiebt sich aus der Stellung des Mnenianer Kalkes
an der Basis des Mitteldevon, dass G2 nicht nach der Meinung
Frech’s1) ins obere Unterdevon zu stellen ist, sondern — gleich
einem grossen Theil der hessisch-nassauischen und thüringischen
Tentaculitenschiefer — ein Glied des älteren Mitteldevon bilden
muss 2).
Das Gleiche gilt für die höheren Stufen Gs und H, welche
ebenfalls noch mitteldevonischen (und nicht, wie in Credner’s
neuesten Elementen der Geologie 3) für H angenommen wird,
oberdevonischen) Alters sind. Beweisend ist hierfür der in H vor-
kommende Stringocephalus Burtim, sowie die petrographische Aehn-
lichkeit ' dieser Stufe mit manchen rheinischen Mitteldevonschiefern.
') Zeitschr. d. Deutsch geol. Ges. 1889, Tabelle zu S. 226.
2) Öb 6r2 wirklich eine selbstständige Stufe darstellt, muss noch etwas
zweifelhaft erscheinen. Der nur in diesem Niveau vorkommende Agoniatites fecun-
dus könnte allerdings darauf hinweisen, falls er eine eigene Species und nicht etwa
= Dannenbergi Beyr. — Zorgensis A. Roem. ist. Für seine Selbstständigkeit würde
das anscheinende Fehlen von Randfurchen sprechen; doch ist die Erhaltung zu
schlecht, um hierüber völlige Klarheit zu erlangen.
3) 1891, S. 441.
Beziehungen der böhmischen Stufen F, Gr, H Bariiande V etc. 281
Was die genauere Horizontirung dieser Stufen betrifft, so kommt
hier in erster Linie die ziemlich reiche Goniatitenfauna der Knollen-
kalke G 3 in Betracht, von der Frech zuerst nachgewiesen hat,
dass sie im Wesentlichen mit derjenigen der jüngeren Wissenbacher
übereinstimmt1). In der That weisen Arten wie Agoniatites occultus ,
Anarcestes vittatus und Pinacites Jugleri A. Roem. (= emaciatus Barr.)
auf diesen Horizont oder Frech’s »Stufe des Goniatites occultus «
hin, wenngleich zu dieser Niveaubestimmung die bei Hlubocep
gleichzeitig vorkommenden Mimoceras gracile und Ilercoceras sub-
tioberculatum Sandb. (= mirum Barr.) schlecht passen wollen,
'da diese Arten am Rhein auf die älteren Wissenbacher Schiefer
'beschränkt sind. Nehmen wir trotzdem an, dass Gs den jüngeren
Wissenbacher Schiefern und dem Günteroder Kalk entspricht, so
würden wir es gleich letzterem als ein Aequivalent der Eifeier
-Calceola- Stufe anzusehen haben. H würde dann den Stringo-
cephalenschichten gleichzustellen sein. Die in H nicht selten er-
scheinende Buchiola cnf. retrostriata würde nur zu Gunsten dieser
Parallelisirung sprechen, da diese Gattung oder Gruppe auch im
rheinischen Gebirge im Odershäuser Kalk schon ziemlich häufig
ist, um durch den Briloner Horizont bis an die obere Grenze des
Oberdevon hinaufzugehen, (z2 endlich könnte mit einem tieferen
Horizonte der Calceola- Stufe verglichen werden. Die hier nicht
seltene, nach Frech 2) mit Str. subtransversa Schnur aus den
Eifeier Calceola- Schichten übereinstimmende Strophomena comitans
Barr, würde diese Parallelisirung unterstützen.
Es sei uns noch gestattet, hier ein paar Worte über den
Gebrauch des Namens »Hercyn« zuzufügen. Ursprünglich wollte
der Eine von uns darunter nur die Kalkfacies des allertiefsten
Unterdevon verstanden wissen. Als sich aber später herausstellte,
■dass die Schichtenfolge, welche im Harz die hercynische Fauna
einschliesst, unmittelbar und gleichförmig von quarzitischen Ge-
steinen mit der Obercoblenzfauna überlagert wird, wurde es nöthig
jener Bezeichnung eine grössere Ausdehnung zu geben, so dass
b Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1886, S. 919.
2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1886, S. 919.
Jahrbuch
19
282
E. Kay ser und E. Holzapfel, Ueber die stratigraphischen
sie auch die kalkige Entwickelungsform höherer, durch bestimmte-
alterthümliche Formen ausgezeichneter Unterdevon-Horizonte um-
fasste. Spätere Forscher aber sind im Gebrauche des Wortes
weiter gegangen und haben sogar mitteldevonische Faunen als
hercynisch bezeichnet.
Wenn Sandberger letzteres neuerdings für unzulässig er-
klärt, so können wir ihm nur beistimmen. Auch wir sind der
Ansicht, dass, wenn man den Ausdruck Hercyn überhaupt bei-
behalten will, man ihn auf solche Schichten beschränken sollte,
die den kalkführenden unteren. Wieder Schiefern des Harzes, für
die der Name ursprünglich aufgestellt worden ist, im Alter gleich
oder doch nicht zu ferne stehen, das heisst auf unterdevonische
Bildungen. Ausser den Harzer unteren Wieder Schiefern selbst,
die — wie wir jetzt wissen — kaum älter sein können als die-
Unter-Coblenz- oder höchstens die Siegener Schichten, würden
dann als hercynisch zu bezeichnen sein: der böhmische Konjeprus-
Kalk, der, wie wir gesehen, dem gesammten Unterdevon entspricht,
der französische Kalk von Erbray, einige uralische Kalke (vom
Bjelaja-Fluss u. a.) und das amerikanische Unter-Helderberg, aber
nicht die Kalke von Greifenstein und Mnenian oder gar diejenigen
von Günterod und Wildungen.
In kurzer Zusammenfassung würden die Ergebnisse dieser
Arbeit sich in folgenden Sätzen ausdrücken lassen:
1. Die Kalke der rechts-rheinischen Tentaculitenschiefer ge-
hören nach den bisherigen Ermittelungen hauptsächlich zwei Hori-
zonten an": einem älteren, der den tieferen Wissenbacher Schiefern
oder der Stufe des Mimoceras gracile entspricht und demgemäss
als ein Aequivalent der C'ultrijugattisSchichten der Eifel an die
Basis des Mitteldevon zu stellen ist, und einem höheren, der den
oberen Wissenbacher Schiefern oder der Stufe des Agoniatites occultus
gleichsteht und den Calceola- Schichten entspricht. Einem noch
höheren Horizonte gehören die erst in neuerer Zeit ausgeschiedenen,,
oben als Odershäuser Kalke beschriebenen Gesteine an, die der
Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Bakrasdb’s etc. 283
Crinoidenschicht der Eifel bezw. den unteren Stringocephalen-
Schichten gleichzustellen sind.
2. Dem tiefsten dieser Horizonte gehört, wie stratigraphische
und palaeontologische Thatsachen beweisen, auch der Crinoidenkalk
von Greifenstein an.
3. Die böhmische Etage F 2 Barrande’s ist keine einheitliche
Schichtenfolge, sondern besteht aus zwei durch ihre Lagerung,
Gesteinsbeschaffenheit und Versteinerungsführung scharf getrennten
Gliedern, einem tieferen, das sich aus mächtigen, meistens schich-
tungslosen, hellen Riffkalken aufbaut, und einem höheren, das
überwiegend aus. wohlgeschichteten, röthlichen Crinoidenkalken
zusammengesetzt ist.
4. Diese letzteren, die in typischster Entwickelung in der
Gegend von Mnenian auftreten und daher als »Mnenianer Kalk«
bezeichnet werden können, erweisen sich durch ihre Fauna als ein
Aequivalent des Greifensteiner Kalkes, dem sie auch petrographisch
überraschend ähnlich sind. Der Mnenianer Kalk ist somit eben-
falls an die untere Grenze des Mitteldevon zu stellen.
5. Stratigraphische, petrographische und palaeontologische
Thatsachen sprechen für nahe Beziehungen des Mnenianer Kalkes
zum Knollenkalke G 1 Barrande’s. Dieser ist daher wahrschein-
lich gleichfalls an die untere Grenze des Mitteldevon zu setzen.
5. Aus der angegebenen Stellung des Mnenianer Kalks, sowie
aus dem Umstande, dass Nichts auf einen Hiatus zwischen ihm
und dem ihn unterlagernden hellen Riffkalk, dem »Konjepruser
Kalk« hinweist, folgt ohne Weiteres, dass der letztere (sammt dem
mit ihm innig verknüpften F1-Kalk) das gesammte Unterdevon
vertreten muss.
7. Eine weitere Folge der Altersstellung des Mnenianer Kalks
ist, dass die ihn überlagernden Glieder des böhmischen Devon,
Barrande’s Glieder 6r2, G3 und W, jünger sein müssen als das
älteste Mitteldevon. Petrographische und palaeontologische Gründe
weisen auf die Zugehörigkeit dieser ganzen Schichtengruppe zum
Mitteldevon hin.
8. Wie schon Frech nachgewiesen, sprechen die Goniatiten
des Knollenkalks G 3 für ein den oberen Wissenbacher Schiefern
284 E. Kaysek und E. Holzapfel, Heber die stratigraphiscben etc.
nahestehendes Alter. Gleich ihnen und dem äquivalenten Günte-
roder Kalk dürfte G3 etwa den Calceola- Schichten gleichzusetzen
sein, denen als ein tieferes Glied auch die Tentaculitenschiefer G 2
angehören. H endlich würde den Stringocephalenschichten zu
parallelisiren sein, und zwar die unteren reineren Schiefer H 1 dem
unteren, die höheren, mehr grauwackenartigen Schiefer H2 dem
oberen Theile dieser Schichtenfolge.
Die gegenseitigen Beziehungen des rheinischen und böhmischen
Devon würden sich demnach folgendermaassen veranschaulichen
lassen :
Eifel
Hessen-Nassau
Böhmen
Obere
Stringocephalen- Schichten
Massen-Kalk
H 2
Untere
Stringocephalen-Schichten
Odershäuser Kalk,
Kalk von Haina
H i
Cafceo/a-Schichten
Günteroder Kalk
G$
G2
Cultrijugatus- Schichten
Ballersbacher Kalk
Greifensteiner Kalk
Mnenianer Kalk; G1 (?)
Unterdevon
Konjepruser Kalk und Fl
Abhandlungen
von
ausserhalb der Königl. geologischen Landesanstalt
stehenden Personen.
Jahrbuch 1893.
CI]
Die Braunkohlen -Hölzer in der Mark
Brandenburg.
Yon Herrn 0. von Gellhorn in Berlin.
(Hierzu Tafel I).
Während der langjährigen Thätigkeit als Königl. Bergbeamter
in der Mark hatte ich Gelegenheit, manches für die Kenntniss
der dortigen Braunkohlen-Ablagerungen Interessante zu beobachten
und zu sammeln. Dazu gehört namentlich das Vorhandensein von
vorzüglichen Ligniten, in deren Begleitung sich Blätter und Früchte
fanden. Da aber diese Funde nur auf Coniferen hinwiesen, er-
schien es interessant:
1. nachzuforschen, ob nicht auch Laubhölzer an der Bildung
der märkischen Braunkohle Theil genommen hätten, was ja nahe
lag, da das Tertiär der Ober- und Niederlausitz, so wie von
Schlesien im Allgemeinen nur Angiospermen aufweist. Aber es
erschien dann:
2. von Interesse, zu ermitteln: ob Abietineen, Cupressineen,
oder Taxineen, oder mehrere derselben das Material für die mär-
kische Kohle hergegeben haben?
Diese Fragen waren nach dem ausgezeichneten Materiale,
was mir zur Hand war, leicht zu beantworten.
Mir lagen nämlich vor: Braunkohlen mit massenhaft auf die
Spaltungsflächen gestreuten Nadeln, so dass es oft den Anschein
hatte, als wären manche Braunkohlenstücke nur aus solchen
[1*]
4
0. von G-ellhobn, Die Braunkohlen -Hölzer
Nadeln gebildet. Sie. fanden sich auf den consl. Freienwalder
Gruben bei Freienwalde a/Oder im Kreise Ober- Barnim, ferner
auf Grube Carl -Ferdinand bei Grunow nördlich von Drossen,
Kreis West -Sternberg und auch auf Zeche Präsident bei Schön-
fliess unweit Fürstenberg im Kreise Guben. Mir lagen aber auch
Früchte vor, nämlich Zapfen und viele Zapfen-Schuppen aus den
eben genannten Gruben Präsident bei Schönfliess und Carl-
Ferdinand bei Grunow. Endlich erhielt ich Braunkohlen- Hölzer
mit ausgezeichneter Maserung von Grube Phönix bei Zielenzig
und von Grube Yulcanus bei Tempel, beide im Kreise Ost-Stern-
berg belegen; aber auch von der Grube Victor’s- Glück bei Riet-
schütz unweit Schwiebus, Kreis Züllichau. Dieses Maserholz liess
schon äusserlich keinen Zweifel darüber, dass es sich dabei nur
um Holz von Coniferen handele.
Aus den soeben erwähnten Belagstücken könnte man beinahe
allein schon die erste der aufgestellten beiden Fragen beantworten,
nämlich dahin: dass Laubhölzer in den märkischen Braunkohlen
sich nicht vorfinden; die weiteren Untersuchungen bestätigten dies
aber vollständig.
Zur mikroskopischen Untersuchung dienten mir Hölzer aus
den Braunkohlengruben in den Regierungs -Bezirken Potsdam,
Frankfurt a/Oder und Stettin; es erstreckten sich diese Unter-
suchungen, also über den grossen Bezirk zwischen dem Gross-
herzogthum Mecklenburg und der Provinz Sachsen einerseits und
der Provinz Posen andererseits.
Ueber die Verbreitung und Lagerung der Braunkohle in der
Mark ist ja bereits Ausführliches in den bekannten Werken und
Mittheilungen der Herren Plettner, Girard, Beyrich, Giebel-
hausen, Berendt etc. enthalten, also hier nicht erst noch genauer
darauf einzugehen. Hervorheben muss ich indess, dass, da die
märkische Kohle in 2 von einander petrographisch verschiedenen
Ablagerungen auftritt, ich die Untersuchungen der Lignite aus
diesen beiden Abtheilungen — der hangenden und liegenden
Partie Plettner’s — auch trennte. Ueberall standen mir ganze
Blöcke von schön erhaltenen Braunkohlen -Hölzern aus dem mär-
kischen Tertiär zur Disposition und selbst kleinere Partien holz-
in der Mark Brandenburg.
5
förmiger Braunkohle aus einem im Wilhelm - Schachtfelde der
Grube consl. Blitz bei Herzhorn in’s Liegende gestossenen Bohr-
loche (cfr. die folgende tabellarische Zusammenstellung sub I, No. 9)
waren schön erhalten. Alle Hölzer waren, wie recentes Holz,
schneidbar und Hessen den anatomischen Bau vorzüglich erkennen;
es war sonach nicht nothwendig, diese Hölzer vor der mikros-
kopischen Untersuchung erst besonders zu präpariren. Ein mit
scharfem Messer äusserst fein geschnittenes Blättchen, mit gutem
Olivenöl noch etwas durchscheinender gemacht, genügte, um die
zur Unterscheidung dienenden anatomischen Merkmale zu er-
kennen.
Was nun die mikroskopische Untersuchung selbst betrifft, so
wählte ich dazu Längsschnitte parallel den Markstrahlen (radiale
Längsschnitte) und zwar nur solche, weil man bei diesen die
grösste Zahl der zur Bestimmung dienenden anatomischen Merk-
male zu sehen bekommt. Die Präparate wurden einer 275 maligen
Yergrösserung ausgesetzt. Bei dieser Vergrösserung erhielt ich
fast ausschliesslich das Bild, welches auf Taf. I, Fig. 6 wieder-
gegeben ist. Hier sieht man die einzelnen Zellen Z der Jahres-
ringe mit getüpfelten Wänden, die Tüpfel t einreihig aber gehöft.
Alsdann erkennt man die Markstrahlen m mit Tüpfeln ohne Hof,
endlich das Holzparenchym g mit den Parenchymzellen h und den
Holzgummitropfen p; dies Alles entspricht demnach der virgi-
nischen Sumpf-Cypresse, Taxodium disticlium. Zur Controlle dar-
über entnahm ich noch aus der Hölzersammlung der Königl.
Forst-Akademie zu Eberswalde1) Proben von dem recenten Taxo-
dium distichum und erhielt, bei ebenfalls 275 maliger Yergrösse-
rung jener, genau dasselbe Bild unter dem Mikroskope, wie von
dem fossilen Holze, (cfr. Taf. I, Fig. 7). Aber der Zweig auf
der Braunkohle, welcher sich auf Taf. I, Fig. 1 abgebildet findet,
ist nun entschieden auch als der virginischen Sumpf-Cypresse an-
gehörig anzusprechen, denn der Zweig ist dünn und hat zwei
Reihen Nadeln welche, bei jungen Zweigen, wenig merklich alter-
l) Durch die Güte des damaligen Lehrers der Botanik an der bezeichneten
Forst- Akademie Herrn Professor Dr. R. Haktig (jetzt in München).
6
0. von Gellhorn, Die Braunkohlen -Hölzer
niren; die Nadeln sind lineallancettförmig, sehr kurz gestielt, am
Grunde und oben spitz, einnervig und eng bei einander stehend.
Zum Vergleiche habe ich wiederum von dem lebenden Taxodium
distichum einen Zweig neben dem fossilen abgebildet; (Taf. I,
Fig. 2) jener stammt aus dem forstbotanischen Garten der Akademie
zu Eberswalde, woselbst die Pflanze gedeiht. Früchte sind von
dieser Cypresse bis jetzt in der märkischen Braunkokle nicht ge-
funden worden, aber Zapfen von Abietineen. Sie sind abgebildet
auf Taf. I in den Figuren 3 , 4 und 5 ; Professor R. Hartig
in München bestimmte sie als : Picea excelsay gemeine Fichte und
die Kiefern als Pinus uncinata , Pinus Laricio und Pinus silvestris
(letztere, weil defect, ist nicht mit abgebildet) und schreibt dazu:
»Sehr interessant war es mir, dass die Zapfen unseren noch jetzt
lebenden Kiefern und Fichten angehören«.
Von dem weiter vorn bereits erwähnten Holze mit Maser-
bildung habe ich auf Taf. I in den Figuren 8 und 9 auch inter-
essante Stücke abbilden lassen *); sie gehören ebenfalls dem
Taxodium distichum an.
Spezielleres über die Zahl der mikroskopischen Untersuchungen,
über die Namen und die Lage der Gruben, von welchen die
Lignite entnommen, aus welchen Gewinnungspunkten, aus welchen
Flötzen die Hölzer stammen, ob die Flötze der hangenden (Form-
sand-) oder der liegenden (Quarzsand-) Partie angehören, endlich
aus welchen Pflanzen diese fossilen Hölzer bestehen, das ist aus
der auf S. 8 — 10 folgenden Tabelle zu entnehmen.
Als Endresultat der nachstehenden Zusammenstellung ergiebt
sich nun Folgendes: es wurden die Lignite aus 19 Braunkohlen-
gruben des märkischen Tertiärs entnommen; 31 Flötze der Zechen
gehörten der hangenden, 8 Flötze der liegenden Partie an und
unter den 100 Präparaten, welche mikroskopisch untersucht worden
waren, befanden sich absolut keine Angiospermen, vielmehr nur
Coniferen. Letztere bestanden aber tlieils aus Abietineen, theils
aus Cupressineen, von denen die ersteren 8, die letzteren 92 pCt.
0 Sämmtliche Zeichnungen sind von der geschickten Hand des Herrn
Markscheiders Seer in Frankfurt a/O. angefertigt, mit Ausnahme derer, welche
den inneren Bau der Hölzer veranschaulichen,
in der Mark Brandenburg.
7
in Anspruch nehmen; bei ersteren handelte es sich nur um die
Gattungen Pinus und Picea, bei letzteren einzig und allein um
das im Miocän so reich vertretene Taxodium distichum , das ist die
Virginische Sumpfcypresse. Bekanntlich gedeiht dieser Baum in
unserem Klima auch noch [im Berliner Thiergarten und botanischen
Garten stehen sehr alte, starke Bäume] ; er bildet aber in Virginien
und Mexiko in den morastigen Niederungen des Mississippi ganze
Wälder. Nach H. R. Göppert (Monographie der fossilen Coni-
feren, Leiden 1850) findet sich dieser prachtvolle Baum von 5200
bis 7000 Fuss (1632 bis 2200 Meter) über dem Meere, erreicht
eine Höhe von nahezu 40 Meter bei 12 Meter Umfang und ein
Alter bis über 2000 Jahre. Er wird in seinem gegenwärtigen
Verbreitungs- Gebiete allen übrigen Nadelhölzern vorgezogen, denn
alle Theile desselben liefern ein ätherisches Oel und den feinsten
Terpentin (cf. Th. Hartig, Botanische Zeitung 1848).
Werfen wir nun einen Rückblick auf das in Vorstehendem
Gesagte, so ist:
1. nachgewiesen, dass die Braunkohlen im nördlichen Theile
der Mark Brandenburg (d. h. im Allgemeinen nördlich einer Linie,
welche Wittenberge mit Berlin und Frankfurt a/Oder bis zur
Provinz Posen verbindet) nur aus Nadelhölzern gebildet sind, und
zwar zum überwiegend grössten Theile aus Taxodium distichum ;
Laubhölzer fehlen gänzlich. Es harmonirt diese Ermittelung mit
den Untersuchungen von Friedrich Kobbe über die fossilen
Hölzer der Mecklenburger Braunkohle (im Archiv des Vereins der
Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg 1887, S. 89 etc.),
denn auch diese weisen fast ausschliesslich nur Nadelhölzer auf,
wenngleich andere Gattungen. Hauptsächlich handelt es sich hier
um Cupressinen.
2. Ist erwiesen, dass trotz der Verschiedenheit der hangen-
den und liegenden Partie in petrographischer Beziehung, beide
Schichten- Complexe ein und dieselbe Flora zeigen.
3. Dürfte auch als erwiesen anzusehen sein, dass das Taxo-
dium distichum des Miocän mit dem noch jetzt lebenden identisch
ist. Giebt doch selbst Dr. O. Heer in seiner »miocänen bal-
tischen Flora 1869« bereits zu, dass an dem Taxodium distichum
8
0. von Gellhorn, Die Braunkohlen - Hölzer etc.
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III. Regierungsbezirk Stettin.
in der Mark Brandenburg.
11
miocenicum kaum noch einige unterscheidende Merkmale
von der gegenwärtig lebenden Art wahrzunehmen sind;
und Dr. F. Unger bestätigt dies 1870 in seiner Geologie der
europäischen Waldbäume indem er (S. 86 und 87) sagt: »Vor
allen haben sich jedoch in der Tertiärzeit die eigentlichen Nadel-
hölzer (Abietineen) in allen ihren Gruppen auf das Lebhafteste ent-
wickelt und wir können nicht umhin, den Gehalt des gegenwärtigen
Bestandes dieser Abtheilung von jener der Vorwelt abzuleiten, ja
die Aehnlichkeiten vieler Arten sind auf solche Weise ausgeprägt,
dass manMühe hat, unterscheidende Merkmale zwischen
beiden aufzufinden.«
4. Ueber das geologische Alter der märkischen Braunkohle
war man sogar 1885 und 1886 noch nicht recht schlüssig geworden,
denn selbst Dr. G. Berendt schwankte in seiner Arbeit ȟber
das Tertiär im Bereiche der Mark Brandenburg« noch zwischen
dem obersten Oligocän oder dem Beginn der Miocänzeit. Die
Resultate, welche indess »die Soolbohrungen- im Weichbilde der
Stadt Berlin« lieferten, bestimmten den Genannten 1890, diese
Schichten direct als miocäne zu bezeichnen und Dr. H. Credner
reiht in seinen »Elementen der Geologie« 1891 auf S. 688 die
Braunkohlen-Formation der Mark ebenfalls dem Miocän ein. Da
aber das Taxodium distichum eine Miocän - Pflanze ist und aus
dieser fast ausschliesslich die märkische Braunkohle gebildet wurde,
so dürfte dies ein neuer Beweis für das miocäne Alter -dieser
Kohle sein.
5. Sodann meine ich, dass, da die virginische Sumpf-Cypresse
heute noch bei uns gedeiht, das Klima im norddeutschen Tief-
lande während der Bildung der märkischen Braunkohlen kein
wärmeres als jetzt gewesen sein dürfte. Höchstens kann man mit
Dr. Unger behaupten, dass zur Zeit, als die virginische Sumpf-
Cypresse bei uns noch ganz heimisch war, wir uns eines Klimas
von 12 bis 15 Grad C. erfreuten. Endlich aber nehme ich:
6. an, dass die in Rede stehende Pflanze nicht — wie mehr-
fach behauptet wird — herangeschwemmt, sondern an Ort und
Stelle gewachsen ist. »Das norddeutsche Tiefland,« sagt Dr.
Q. F. Naumann in seinem klassischem Lehrbuche der Geognosie,
12 0. von Gellhorn, Die Braunkohlen - Hölzer etc.
(Bd. III, S. 188) »mag zur Zeit der Braunkohlen -Formation von
vielen grösseren und kleineren, aber seichten Süsswasserseen und
von ausgedehnten Mooren erfüllt gewesen sein, in deren Umgebung
eine üppige Vegetation stattfand.« Nun — die Beläge dafür sind
vorhanden. Giebelhausen berichtet bereits (im XIX. Band der
Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen) im Jahre 1871,
dass sich in den Flötzen der Mark öfter Reste von Sumpfpflanzen
vorfinden, ich selbst habe dergleichen in den märkischen Braun-
kohlen-Gruben vielfach angetroffen, besitze auch Stengel von Binsen
in meiner Sammlung. Aber Giebelhausen berichtet in seiner
Arbeit ȟber die Braunkohlen-Bildungen der Provinz Branden-
burg« etc. über aufr.echt stehende Stämme mit erhaltenen
Wurzelstöckenin mehreren Braunkohlen-Gruben . Beispielsweise
sagt er a. a. O., S. 35, von den Senftenberg-Finsterwalder Ablage-
rungen: »Auffallend ist die grosse Menge von bituminösem Holze,
welches in den oberen Schichten vielfach eingelagert ist; nament-
lich zeichnet sich hierdurch die Grube Victoria bei Räschen aus,
wo aufrechte Wurzelstümpfe von bis 7 Fuss Diameter, deren
Wurzeln sich oft 10 Fuss weit verfolgen lassen, dicht gedrängt
neben einander stehen und den Abbau sehr erschweren.« Bei
dieser Stellung der Stämme mit ihren Wurzeln darf man wohl
nicht mehr an Treibholz denken, man darf vielmehr mit Sicher-
heit annehmen: dass in den Torfmooren der Mark die Coniferen,
welche das Material für unsere Braunkohlenflötze hergaben, auch
gewachsen sind. Dr. F. Unger in seiner Geologie der europäischen
Waldbäume, Graz 1869, kommt sogar am Schluss zu dem Re-
sultate: »Nicht aus Nordamerika sind also Einwanderungen von
Pflanzen in unser vorhistorisches Europa erfolgt, sondern dieselben
haben umgekehrt von hier aus wie von einem Mittelpunkte nach
allen Richtungen und so auch nach der Neuen Welt stattgefunden.«
lieber Pflanzen ans dem norddeutschen
Diluvium.
Von Herrn F. Kurtz in Cordoba.
Herr Dr. E. Läufer übergab mir Anfang 1884 eine Anzahl von
Blattabdrücken und anderen Pflanzenresten, die er im October 1883
bei Honerdingen (unweit Walsrode im nordöstlichen Hannover,
zwischen Verden und Lüneburg) in einem unterdiluvialen Süss-
wasserkalk gefunden. Dieser Süsswasserkalk liegt daselbst unter
einer Schicht humosen Sandes von ungefähr 3 Meter Mächtigkeit,
die von etwa 8 Meter Diluvialsand überlagert wird. Letzterer zeigt
ausgezeichnete discordante Schichtung, die durch die Einlagerung
von Grandbänkchen noch deutlicher gemacht wird. Professor
Hunaeus in Hannover hielt diese Ablagerung für tertiär x).
Die pflanzlichen Reste von Honerdingen bestehen überwiegend
aus Blättern oder Blattresten, die fast durchweg sehr gut erhalten
sind. Mitunter war die Blattsubstanz so intact geblieben, dass
beim Austrocknen der mit den Blattresten bedeckten Stücke die
Blätter sich in toto ablösten. Aehnliche Erhaltungsweise zeigten
die Blätter von Oberohe und von Belzig.
Ausser den Pflanzen von Honerdingen sah ich in der geolo-
gischen Landesanstalt noch die von Belzig und von Oberohe
*) Vergl. E. Läufer, Mitteilungen über das Kalkmergellager von Honer-
dingen nahe Walsrode, in der Hannoverschen Land- und forstwissenschaftlichen
Zeitung, Jahrg. XXXVI, 1883, No. 44, S. 779-781.
14
F. Kurtz, Ueber Pflanzen ans dem norddeutschen Diluvium.
stammenden pflanzlichen Reste, welche Dr. K. Keelhack ge-
sammelt und beschrieben (einige Anmerkungen über die betreibende
Abhandlung finden sich am Ende dieser Mittheilung), sowie einige
andere Materialien, die Dr. Läufer an anderen Stellen derselben
Gegend (diluvialer Süsswasserkalk von Neuenförde bei Gr.-Rinteln;
Kieselguhr bei Hützel), und Dr. Klockmann bei Lauenburg an
der Elbe gesammelt. Alle diese Pflanzen habe ich in die nach-
folgende Liste aufgenommen, soweit dieselben genügend sicher
bestimmt werden konnten.
V erzeichniss
der bei Honerdingen und anderen Orten des nordwest-
deutschen Diluviums gefundenen Pflanzen.
1. Equisetum palustre L. Honerdingen.
Stücke der Hauptachsen, an denen die Knoten, von denen
die Zweige ausgehen, noch vollkommen sichtbar sind.
2. Pinus silvestris L. Honerdingen, Neuenförde, Hützel.
Vom ersten Fundort liegen Zapfen und ein Same vor, von
Neuenförde einzelne Schuppen und von Hützel zwei gut erhaltene
Samen.
3. Phragmites communis L. Trin. Honerdingen.
Sehr gut erhaltene Blattstücke, die durch die Gruppirung
ihrer Nerven — je 3 dünnere werden in 2 dickere eingeschlossen —
von den Blättern von Typha sich unterscheiden.
4. Ceratophyttum demersum L. Honerdingen.
Blattzweige, die der Form C. platyacanthum Cham, am
nächsten stehen.
5. Populus tremula L. Honerdingen, Hützel.
Nicht sehr gut erhaltene Blätter und Blattreste.
6. Betula alba L. Lauenburg 1).
Rindenstücke.
') Ueber die pflanzlichen Reste von Lauenburg hat K. Keilhack eine aus-
führliche Mittheilung veröffentlicht (»Ueber ein interglaciales Torflager im Dilu-
vium von Lauenburg an der Elbe«. Dieses Jahrbuch für 1884, S. 211 — 238,
Taf. XI).
F. Kurtz, Ueber Pflanzen aus dem norddeutschen Diluvium. 15
7. Ainus glutinosa Gärtn. Honerdingen.
Sehr gut erhaltene, typische Blätter und Zapfen; scheint mit
Quercus Robur L. der häufigste Baum gewesen zu sein.
8. Corylus Avellana L. Honerdingen; Nettendorfer Berge.
Blätter (sehr gross) und Nüsse.
9. Quercus Robur L. var. sessilißora ( Sm.) A. u. C. Honer-
dingen; Neuenförde.
Blätter und eine vielleicht hierher gehörige Eichel ohne Napf.
Sehr zahlreiche Reste.
10. Fagus silvatia L. Honerdingen.
Ein gut erhaltenes Blatt mit etwas welligem Rande.
11. Juglans regia L. Honerdingen.
Blättchen.
12. Platanus sp. Honerdingen.
Zwei Blattstücke, die sehr gut mit Platanus orientalis L. über-
einstimmen. Zu vergleichen sind die Formen, welche Göppert
von Schossnitz beschrieben hat.
13. Fraxinus excelsior L. Honerdingen, Hützel.
Es liegen vor der obere Theil eines Fiederblattes und eine
Frucht, beide sehr gut erhalten.
14. Trapa natans L. Lauenburg; unterer Diluvialsand am
Steilabhang an der Elbe.
15. Acer platanoides L. Honerdingen.
Einen Flügel und zwei Samenfächer rechne ich zu dieser Art;
der Flügel unterscheidet sich von dem von Acer campestre L. durch
die nach dem Rande zu mehr rechtwinklig umgebogenen Nerven.
Zweifelhaft blieben mir, was die Species betrifft, einige Reste
von Neuenförde, Hützel und Hösseringen, die jedoch alle zweifel-
los zur Gattung Ainus gehören.
Zum Schluss möchte ich noch einige Bemerkungen über die
Bestimmungen der Pflanzen machen, welche in der Abhandlung
von Dr. K. Keilhack: Ueber präglaciale Süsswasserbildungen
im Diluvium Norddeutschlands. Dieses Jahrb. für 1882, S. 133
bis 172) aufgeführt sind.
16
F. Kurtz. Ueber Pflanzen aus dem norddeutschen Diluvium.
S. 143. Die unter c als Weidenblätter gedeuteten Reste ge-
hören zu Andromeda polifolia L.
S. 164. Das unter No. 7 als zu Populus gehörend aufgeführte
Blatt gehört zu Tilia.
S. 165. No. 9, Vaccinium Myrtillus L. ist V. uliginosum L.
S. 165. No. 12, Utricularia Berendti Keilhack ist zweifel-
los eine Form von U. minor L., deren Axen oft stärker als Ross-
haare sind.
Cordoba, Argentinien, August 1893.
Eine neue Nymphaeacee aus dem unteren
Miocän von Sieblos in der Rliön.
Von Herrn F. Klirtz in Cordoba.
Unter den fossilen Pflanzen, welche Heer im 3. Theil der
Flora tertiaria Helvetiae (p. 299 — 800) von Sieblos in der Rhön
aufzählt, befindet sich auch eine Nymphaeacee, die Heer Nelum-
bium Casparianum genannt und 1. c. kurz diagnosticirt hat. Bei
dem Ordnen der Tertiärpflanzen des Berliner paläontologi-
schen Museums kam mir eine andere, ebenfalls von Sieblos
stammende Nymphaeacee in die Hände, die von dem Nelumbium
schon durch das folium non peltatum verschieden ist. Da nur
eine Oberfläche vorliegt, ist es nicht möglich zu entscheiden, oh
die fossile Art zur Gattung Nymphaea gehört oder nicht, und ist
sie deshalb der Gruppe Nymphaeites Sternbg. e. p. (Schimper
Pal. veg. III, p. 92) zuzuordnen.
Nymphaeites rhoenensis m. Folio 1 dm lato, orbiculato (? vel
renato-orbiculato) , basi profunde, usque ad petiolum fissa, lobis
basalibus divergentibus, acutiusculis, margineque paullo undulatis;
nervis 23 radiantibus, lateralibus semel vel bis dichotome divisis,
nervo medio penninervi.
Sieblos in der Rhön (palaeontologisches Museum in Berlin).
Von den lebenden Arten, die ich vergleichen konnte, steht
Nuphar pumilum Sm. der fossilen Pflanze am nächsten. Die
[2]
Jahrbuch
18
F. Kurtz, Eine neue Nymphaeacee ans dem unteren Miocän etc.
Form des Blattes, soweit diese sich an dem fossilen Fragment
erkennen lässt, wie auch die Zahl und Verzweigungsart der Nerven
entspricht recht gut den bezüglichen Verhältnissen des Nuphar
pumilum Sm. (besonders in Exemplaren vom Mittensee bei Zürich
und an dem N. Spennerianum Gaudi aus dem Retournemer in
den Vogesen).
Von den fossilen Arten, die Schimper im III. Band seiner
Paleontologie vegetale (p. 86 — 94) aufführt, ist unter denen, von
denen mir wenigstens Abbildungen zu Gebote standen ( Nymphaea
gypsorum Sap., Gharpentieri Heer, calophylla Sap., lignitica Wess.
et Web., arctica Heer, Anaectomeria Brongniartii [Casp.] Sap.,
Nymphaeites thulensis Heer und ferner Nymphaea Dumasii Sap.
Monde des Plantes avant FHomme p. 270, f. 720) keine, die irgend-
wie mit der Art aus der Rhön verwechselt werden könnte.
Cordoba, Argentinien, August 1893.
Der Gebirgsbau des Einbeck-Markoldendorfer
Beckens.
Von Herrn Martin Schmidt in Oldenburg.
(Hierzu Tafel X.)
In der Litteratur über den norddeutschen Lias finden wir
häufig als »Liasmulde von Markoldendorf« ein an fossilführenden
Fundpunkten reiches Gebiet angeführt, in dessen Mitte, am Stein-
berg bei Markoldendorf, vor Jahrzehnten in den Eisensteinen des
mittleren Lias Bergbau umging.
Die genauere Kenntniss der hier von der unteren Grenze der
Liasformation bis zu den Almaltheenthonen vorhandenen Schichten
verdanken wir einer Arbeit Emerson’s1), deren Schwerpunkt in
der sehr sorgfältigen Durchforschung des stratigraphischen Auf-
baues und des reichen paläontologischen Materiales liegt. Die
räumliche Verbreitung der Schichten stellte Emerson in einem
auf der Grundlage der bekannten PAPEN’schen Karte entworfenen
Uebersichtskärtchen dar, das vier verschiedene Horizonte des
unteren und zwei des mittleren Lias zur Darstellung bringt, die
weitverbreitete Decke von Lehm und Schotter, wie dies auf frühe-
ren Karten gewöhnlich geschehen war, jedoch fortlässt.
Auf derselben topographischen Grundlage beruht H. Römer’ s 2)
Darstellung dieser Gegend auf Blatt Einbeck seiner bekannten
*) Die Liasmulde von Markoldendorf. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd.
XXII, 1870, S. 239 ff.
2) Vergl. auch Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. III, 1851, S. 478 ff.
[2*]
20
Martin Schmidt, Der Gebirgsbaü
geologischen Karte, das vor etwa 50 Jahren hergestellt wurde und
für die geologische Kenntniss des Gebietes von grösster Bedeutung
war1). In mehreren Fällen, wo Römer im Gegensatz zu Emerson
Lias verzeichnet, habe ich Römer’s Angaben richtiger gefunden.
Dazu kommt, dass diese von Emerson ausser Acht gelassenen
Liaspartieen nicht, wie man nach dem Verlauf der von ihm ge-
zogenen Grenzen erwarten sollte, den untersten Lagen der For-
mation angehören, sondern bis zur oberen Grenze des Lias a
Quenstedt’s hinaufreichen.
Es entspricht nur der Ansicht, die man damals von dem Bau
unserer Gebirge hatte, dass Emerson die von ihm beobachteten
Aufschlüsse in einem System von Curven zu vereinigen sucht und
das »Fehlen« eines Theiles der Schichten am Nordwestrande der
Mulde durch Transgressionen erklärt. Eine Verwerfung von 20
bis 25 Meter Sprunghöhe, die in einem jetzt verschütteten und
demnächst ganz ausgefüllten Steinbruch am Kleeberge bei Mar-
koldendorf damals aufgeschlossen war, zieht er in grader Linie
von SSO. nach NNW. durch die ganze Mulde hindurch.
Mittlerweile haben sich die Anschauungen über den Bau eines
grossen Theiles von Mittel- und Norddeutschland im Fundament
verschoben. War es doch schon dem Scharfblick Friedr. Hoff-
mann’s nicht entgangen, dass in diesen von ihm 2) nach grossen
Gesichtspunkten im Zusammenhang dargestellten Gegenden die
Schichten bei ihrer Aufrichtung zu Gebirgszügen vielfach ihren
Zusammenhang eingebüsst und sich an den Bruchflächen um
mächtige Beträge verschoben hatten.
Dass diese Mulde nicht eine Mulde im gewöhnlichen Sinne
des Wortes sei, hatte Herr Professor von Koenen seit Jahren
erkannt und veranlasste mich, dieses Gebiet im Sinne der von
1) Auch die Karte (Maassstab 1 : 50000), die D. Brauns seiner Beschreibung
des südöstlichen Flügels der Hilsmulde (Paläontographica Bd.XIII, 1864, S. 75 ff.)
beifügt, bringt einen Theil der »Liasmulde« und ihrer nächsten Umgebung zur
Darstellung, ist aber, wenigstens in diesem Theile, so ausserordentlich unzuver-
lässig gearbeitet, dass sie die Genauigkeit der halb so grossen und so viel älteren
Darstellung Römer’s nicht erreicht.
2) Uebersicht der geographischen und geognostischen Verhältnisse vom nord-
westlichen Deutschland. Leipzig 1830.
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
21
ihm veröffentlichten Arbeiten *) näher zu untersuchen. Für diese
Anregung zu vorliegender Arbeit sowie für die andauernde Förde-
rung und Leitung, die er mir während meiner gesammten Göttinger
Studienzeit angedeihen liess, versichere ich ihn an dieser Stelle
meiner herzlichen Dankbarkeit. Zu einer Reihe früherer, ebenfalls
auf seine Anregung ausgeführter Arbeiten über benachbarte Ge-
biete * 2) steht meine Arbeit zum Theil in enger Beziehung.
Die ausgedehnte Decke von Lehni und Schotter, die geringe
Gliederung der Oberfläche und die für das Studium des Gebirgs-
baues oft ungünstige Beschaffenheit der spärlichen Aufschlüsse
erschweren die Feststellung des Alters der Schichten und somit
auch der Lagerung an vielen Stellen der Mulde oder richtiger
gesagt des Beckens. Die Höhenzüge, welche dasselbe umschliessen,
bieten dagegen bessere Aufschlüsse und verschiedenartigere Ge-
steine, so dass sie die Bauverhältnisse des Beckens, vor allem
Störungen und Verwerfungen, die in das Innere desselben hinein-
gehen, mit grösserer Sicherheit erkennen lassen. Ich habe daher
den Bau dieser Höhenzüge zunächst untersucht.
Das Einbeck-Markoldendorfer Becken hat die Form einer von
SO. nach NW. in die Länge gezogenen Ellipse und ist fast ringsum
von mannichfaltig zerschnittenen Bergrücken umrahmt. Von der
Stennebergsmühle 3) nördlich Moringen bis zu dem Dorfe Lauen-
berg am Solling bildet der lückenlose, bis über 400 Meter hohe
Kamm der Ahlsburg und ihrer Fortsetzung, des Eichenfast, die
Grenze. Nach NO. wird dieser 10 Kilometer lange Rücken von
einem Längsthal begleitet, das durch flache Wasserscheiden in
0 Yergl. namentlich: Dieses Jahrbuch für 1883 — 1886; ferner: Nachrichten
von der König! Gesellschaft der Wissenschaften etc. zu Göttingen 1886, No. 6;
1889, No. 4.
a) Graul , Die tertiären Ablagerungen des Sollings. Neues Jahrbuch für
Mineralogie etc. 1885, Bd. I. Dubbers, Der obere Jura auf dem Nordostflügel
der Hilsmulde. Gekr. Preisschrift, Göttingen 1888. Wermbter, Der Gebirgs-
bau des Leinethaies zwischen Greene und Banteln. Neues Jahrbuch für Minera-
logie VII. Beilageb. 1890. Smith, Die Jurabildungen des Kahlberges bei Echte.
Dieses Jahrbuch für 1891.
3) Da die beifolgende Karte nur den interessanteren Nordwesttheil des
Beckens darstellt, verweise ich zur Orientirung auf die PArEiPsche und RöMEE’sche
Karte.
22
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
5 verschiedene Becken zergliedert wird. Jenseits desselben folgt
in ganzer Länge eine zweite Bergreihe von geringerer Höhe. Sie
besteht aus dem Iberberg, der Südlieth , dem Edemisser Hinter-
berg, dem Grubenhagen, Wolfsberg und einem »an der Lieth«
genannten Rücken. An diese Reihe schliesst sich nach NO. eine
dritte von schmalen Kämmen an, die sich im SO. wenig abheben,
nach NW. höher ansteigen und selbständiger hervortreten. Alle
drei Glieder der ganzen Berggruppe endigen an einem gegen
1 Kilometer breiten Querthal, das von Lauenberg einen Theil der
Gewässer des Solling im Diessehach dem Innern des Beckens
zuführt. Jenseits dieser Unterbrechung ist die Umwallung des
Beckens um etwa 1 Kilometer nach SW. verschoben und erscheint
im Uebrigen als Fortsetzung des ersten Abschnittes. Aber diese
bis in die Nähe von Dassel reichenden Höhen, die nach SW. in
unregelmässig zerschnittenem Steilhang zu dem Thalgrunde von
Relliehausen und Hilwartshausen abstürzen, sind fast plateauartig
abgeflacht, und ihrem Nordostabhang legt sich nur ein Kamm
vor, der durch schluchtenartige Thälchen ebenfalls in mehrere
Stücke zergliedert wird.
Die Höhen des Süd Westrandes erreichen ihr Ende an dem
bis auf 150 Meter Meereshöhe eingeschnittenen Thale, durch das
die Ihne ebenfalls einen grossen Theil der Sollinggewässer dem
Becken zuführt.
Der westliche Gebirgsrand reicht etwa bis an den Sattel,
über den die Chaussee von Lüthorst nach Wangelnstedt und
Stadtoldendorf hinübergeht. Er bildet nach dieser Seite die Wasser-
scheide, wenn auch mehrfach sattelförmige Einsenkungen ihn in
eine Reihe von Kuppen und Rücken zergliedern. Das südlichste
dieser Stücke, der Bierberg bei Dassel, zeigt mit seiner abge-
flachten Kuppe noch Aehnlichkeit mit den Höhen des Südwest-
randes. Der nordwestlich anschliessende Rothenberg verläuft da-
gegen von SW. nach NO. Darauf folgt der isolirte Kopf der
Burg Hunnesrück und, nordwestlich von diesem, der Hatop (Hotop
der PAPEN’schen Karte) und der Rücken des Beizerberges, der
sich von Mackensen nach NNO. erstreckt. Er hängt äusserlich
eng zusammen mit dem Mösenberg, der von SO. nach NW. ver-
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
23
läuft und durch eine tiefere Thaleinsenkung zwischen Lüthorst
und Emmerborn von dem ihm annähernd parallelen Abhang des
Hühnerberges getrennt ist. Der Nordostabhang des Hühnerberges
senkt sich unregelmässig gegliedert zu dem Sattel der Lüthorst-
Stadtoldendorfer Chaussee.
Der Nordrand und Nordwestrand des Beckens wird zunächst
bis Portenhagen und Rengershausen von den vielfach durch Thäler
zerschnittenen Vorhöhen des Eifas gebildet, die hie und da Süd-
ost-Nordwest-Richtung ihrer Kämme erkennen lassen. Dieselben
senken sich allmählich zu der Einsattelung, über die die Strasse
von Rengershausen nach Eimen hinübergeht, östlich überragt von
einem Steilhang, der sich im Bogen bis südöstlich von Rengers-
hausen vorschiebt. Von hier nach W. wird das Becken nicht
durch Bergrücken, sondern durch ein Plateau begrenzt, dessen
bald steilerer, bald sanfterer Abhang sich in flacher Vorbiegung
nach S. bis etwa 1500 Meter nördlich Einbeck erstreckt und un-
gefähr in der Mitte von dem tiefen Thale des krummen Wassers
durchbrochen wird. Nach NO. zu hebt sich das Plateau allmäh-
lich zu grösserer Höhe und erreicht im Fuchshöhlenberg im Ein-
becker Stadtforst 323 Meter Meereshöhe. Hier biegt die Um-
wallung unseres Beckens nach SO. und S. um, bis zu der Stelle,
wo ein schmaler Kamm zu der ebenfalls plateauartig nach S. vor-
geschobenen Wölbung des Altendorfer Berges hinüberleitet.
Auf der ganzen Ostgrenze des Beckens nähert sich der Alten-
dorfer Berg allein an Höhe den übrigen Raudhöhen desselben.
Durch das Ilmethal wird von seinem südlichen Ende der niedrige
Heldenberg bei Salzderhelden geschieden. Weiter nach S. steht
das Becken mit der Alluvialfläche des Leinethaies fast in offener
Verbindung. Nur scheinbar bilden die isolirten Kuppen des Sül-
becker Berges, Sülberges und Hundeberges einen Abschluss gegen
dasselbe.
Das eigentliche Becken senkt sich von den Randhöhen im
Allgemeinen allmählich gegen den in seiner Längsaxe verlaufenden
Fluss und ist nur durch die Seitenbäche der Ilme ein wenig zer-
schnitten. Doch finden sich auch einige niedrige Bodenwellen,
die der Längsrichtung des Beckens folgen, so südlich der Ilme
24
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
der Aulsberg bei Wellersen und andere noch flachere Erhebungen.
Nördlich der Ilme treten sie schärfer hervor, vor allem die drei
parallelen Kanten des Steinberges, Lahberges und schiefen Berges
zwischen Markoldendorf und Amelsen, ferner der Klapperberg
und Butterberg bei Hullersen, durch die der Lauf der Ilme eine
Strecke weit nach OSO. abgelenkt wird.
Viel höher erhebt sich die zerstückelte Hügelreihe, die, mit
dem Aulsberg nördlich Lüthorst beginnend, nach OSO. durch das
Becken hindurchsetzt, um nördlich Kohnsen mit dem Nordrand
desselben wieder zu verschmelzen. Sie gliedert eine schmale,
höhere Fläche ab, auf der die Dörfer Portenhagen, Rengershausen
und Avendshausen liegen, gestattet den Gewässern derselben aber
durch tiefe, auf Lüthorst, Amelsen und Avendshausen hinaus-
führende Querthäler freien Austritt.
Der allmähliche Abfall der Thalsohle ergiebt sich aus der
Meereshöhe der Bahnhöfe von Dassel (161 Meter), Markoldendorf
(131 Meter) und Einbeck (112 Meter), die sämmtlich nur wenige
Meter über dem Spiegel der Ilme erhaben sind. Beim Austritt
aus dem Becken liegt der Spiegel des Flusses bei etwa 105 Meter.
Die Untersuchung des geologischen Baues ergab Fol-
gendes :
Die drei Bergreihen des Südwestrandes bis zum Lauenberger
Querthal gehören einer einzigen nach NO. geneigten Scholle an,
deren festere Gesteine als Kämme oder Bergreihen stehen blieben,
während auf den milderen Schichten durch Erosion Längsthäler
entstanden.
Der südöstliche und höchste der drei Rücken besteht aus
mittlerem Buntsandstein. Unmittelbar südlich der Stennebergs-
mühle beginnend erhebt er sich in seinem mittleren Theil, der auf
eine lange Strecke den Namen Ahlsburg führt, bis über 400 Meter.
Südwestlich der Oberförsterei Grubenhagen wendet der Kamm
sich für etwa 400 Meter nördlich, um dann im Eichenfast in die
frühere Nordwestrichtung wieder einzulenken. Man könnte ver-
muthen, dass diese geringe Unregelmässigkeit seiner Form in
des Einbeck -Markoldendorf er Beckens.
25
seinem inneren Bau begründet sei, und zwar in Querbrüchen, die
sich sicher nur an den beiden Enden des 10 Kilometer langen
Zuges nachweisen lassen. So gliedert sich an seinem Südostende,
wohl unter dem Einfluss der die Moringer Gegend durchziehenden
Bruchlinien, der steile, dem Hauptkamm nach NO. vorgelagerte
Katenstein, am Nordwestende der ein Stück aus dem Streichen
nach N. verschobene Drögenberg deutlich von der langen, gleich-
mässigen Firste ab. Der steile Südwestabhang führt zu der von
Graul geschilderten Bruchzone »Moringen-Fredelsloh« hinab, die
den ganzen Südwestfuss dieser Berggruppe begleitet. An dem
etwa mit den Schichten einfallenden Nordosthang wölben sich in
der Mittelregion die »Uhlenstöcke« nach dem breiten Längsthaie,
in dem die Oberförsterei Grubenhagen liegt, etwas vor.
Dieses Längsthal, das in seinem Grunde von den nur hie
und da sichtbaren Thonen des Rüth erfüllt ist, entwässert seine
Mittelpartie durch drei tiefe Ausschartungen des nächsten nach
NO. vorgelagerten Längskammes, der aus Wellenkalk besteht.
Er erreicht und übersteigt noch die Höhe von 300 Metern, um sich
zuletzt in dem langen Rücken »an der Lieth« nach dem Lauen-
berger Querthal mehr und mehr hinabzusenken.
Die dem Innern des Beckens zugewandte dritte Hügelreihe,
die von den wenig mächtigen, aber um so widerstandsfähigeren
Bänken des Trochitenkalkes gebildet wird, erreicht die selbständige
Bedeutung der beiden ersten nicht. Am Ende des Iberberges bei
Iber ist sie durch Qu er -Verwerfungen ganz in die Verlänge-
rung des Wellenkalkes verschoben. Da bei der geringen Mäch-
tigkeit des Trochitenkalkes schon eine unbedeutendere Störung
dem Wirken der Erosion eine Bresche liefert, ist er neben den
drei auch den Wellenkalk durchbrechenden Querthälern noch von
einer ganzen Reihe von Schluchten und Einschnitten in zahlreiche
kurze Rücken zergliedert.
Das Gelände fällt nach NO. von dem Troohitenwall in wenig
zerschnittener und bald flacher werdender Böschung bis zu einer
Reihe von Dörfern ab, die ihn in etwa 600 Meter Entfernung und
im Mittel 150 Meter Meereshöhe begleitet. Jenseits derselben
hebt sich von Rothenkirchen bis Wellersen mehr und mehr eine
26
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
ebenfalls der. Randbergen parallele Terrainwelle heraus, die aus
unterem Lias besteht. Der Abhang zeigt neben Thonplatten und
Kohlenkeuper nur Spuren der mächtigen Schichten des Gyps-
keupers; Rhät fehlt, wie auch Emerson ausdrücklich betont, gänz-
lich. Daher ist hier die innere Ausfüllung des Beckens an einem
langen, streichenden Bruch um mehr als 400 Meter gegen die
Randhöhen abgesunken. Die Lage dieser Verwerfung lässt sich
wegen einer Lehmdecke nur da annähernd genau bestimmen, wo
die beiderseitigen Aufschlüsse näher zusammentreten. Dass mehr-
fach am Abhang der Triashöhen secundäre, ebenfalls zum Theil
streichende Störungen Vorkommen, kann bei der Nähe einer
grösseren Verwerfung nicht auffallen. So zeigt ein 500 Meter
südlich Iber im Felde betriebener Trochitenkalkbruch deutlich auf-
geschlossen, wie die Schichten von secundären Störungen zer-
schnitten und durch Seitendruck zusammengeschoben sind.
Das Lauenberger Querthal, das den Rand des Beckens auf
etwa 1000 Meter unterbricht, kam durch Einbruch in Folge von
Querspalten zu Stande, und zwar haben die eingestürzten Schichten,
wie häufig, eine wenig regelmässige Lagerung. So folgt unten
am Ende des Trochitenwalles am Abhange über der Thalsohle
eine kleine, von Tufflagern fast verhüllte Partie von Kohlenkeuper.
Nach NO. macht sie sogleich zähen Thonen mit Amm. angulatus
Platz. Die Sprunghöhe zwischen dem Keuper des Randes und
der eingestürzten Thalausfüllung übersteigt hier 500 Meter.
Weiter südlich grenzt durch einen Bruch der Buntsandstein
des Drögenberges unmittelbar an eine Muschelkalkscholle, die
seinen nordwestlichen Fuss bildet. Dieser Bruch, der Veran-
lassung zu einem Erdfall gab und durch eine Quelle bezeichnet
ist, zieht erst südlich, weiterhin südöstlich in der Richtung auf
Fredelsloh im Thale des Hahnenbaches hinauf und trennt eine
nach Lauenberg sich keilförmig verbreiternde, tiefer gesunkene
Triasscholle von dem Eichenfast und Drögenberg ab.
Auch an dem jenseitigen Hange, wo eine Lehmdecke das
Erkennen des Gfebirgsbaues erschwert, deutet wenigstens ein Vor-
kommen von Gypskeuper dicht neben älteren Schichten der Trias
auf das Vorhandensein ähnlicher Störungen hin, so dass auch im
tektonischen Sinne das Querthal reichlich 1000 Meter Breite hat.
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
27
Der Lauenberger Quereinbruch steht zweifellos mit den von
Graul *) beschriebenen , für den Bau des Solling bestimmenden
Brüchen und Graben Versenkungen in directem Zusammenhang.
Graul fand östlich vom Forsthaus Seelzerthurm »Keuper, Trochiten-
kalk und Buntsandstein durch einander gewürfelt« und führt dies
Verhalten, ebenso wie das »wirre Durcheinander von Gebirgsarten«
zwischen Fredelsloh und Lauenberg auf die »sich hier vollziehende
Kreuzung der Spalten Moringen -Fredelsloh und Lüthorst -Mark-
oldendorf-Wellersen« zurück. Ich möchte daneben, wenigstens
für diesen Abhang des Solling, auf die langen und tiefen Thäler
aufmerksam machen, die etwa in nordöstlicher Richtung aus dem
Gebirge herausstreichen und wahrscheinlich durch Brüche ent-
standen sind. Mögen diese auch secundärer Natur sein, so stehen
gerade sie doch mit dem Bau des Vorlandes des Gebirges, also
unseres Beckens, in engem Zusammenhang. Wir werden denselben
in der Nähe von Dassel noch mehrfach feststellen können. Aber
auch das Lauenberger Querthal scheint mir gerade mit einem der-
artigen, etwa von S. auf Lauenberg zu streichenden Bruch zu-
sammen zu hängen. In ihm stecken von Lauenberg nach S. zu
mehrfach zwischen Buntsandstein Spuren von Muschelkalk einge-
klemmt; weiterhin liegt an der »Platte«, etwa 3 Kilometer süd-
lich Lauenberg, das dort gefundene Tertiär wohl zwischen diese
Bruchränder eingesunken. Mit Graul’ s Spalten »Moringen-Fre-
delsloh« und »Schlarpe -Grimmerfeld« lässt es sich wenigstens
schwer in Verbindung bringen.
Im Gegensatz zu der oben besprochenen, nach SW. durch be-
deutende Absinkungen scharf begrenzten Berggruppe des Südwest-
randes stehen die jenseits des Lauenberger Querthaies sich er-
hebenden Muschelkalkberge bis in die Gegend von Dassel mit
dem Solling augenscheinlich in ungestörtem Zusammenhang. Das
Streichen und Einfallen der Schichten entspricht hier wenigstens
ganz der flachen Neigung der Buntsandsteinplatten südlich und
südwestlich der Thalsenkung von Hilwartshausen. Der südwest-
liche, unregelmässig ausgeschnittene Steilrand der Gruppe besteht
aus Wellenkalk und überragt die im N. vorgelagerten Trochiten-
x) a. a. 0. bes. S. 9 — 13.
28
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
wälle nur wenig. Er beginnt mit dem Grubenberg nordwestlich
Lauenberg, der mit seinem westlichen, bewaldeten Kopf bis an
den Fahrweg von Hilwartshausen nach Hoppensen heranreicht.
Von dieser Stelle zieht der Scharfenberg mit steilem Südabfall
mehr als 2 Kilometer gerade nach W. Um seinen scharf ge-
schnittenen Westvorsprung, dem gegenüber den unregelmässig
gewölbten, reichlich Gyps führenden Röthmassen noch die verein-
zelte Wellenkalkscholle des Burgberges aufgesetzt ist, gelangen
wir in ein auf dem Röth nach N. hinabsinkendes Thal, das den
letzten Theil des nun fast nördlich gerichteten Wellenkalkabfalls
bis zur llme begleitet, oben zwischen ihn und die Nordflanke des
Scharfenberges tief hineingreift.
Hier am Nordhange des Scharfenberges findet sich, wie lange
bekannt, fossilführender oberoligocäner Sand, der zusammen mit
geringen Gypskeuperresten in ein kesselförmiges, fast kreisrundes
Bruchbecken des Wellenkalkes eingestürzt ist. Graul’ s Spalte
Schlarpe-Grimmerfeld , die etwa auf Relliehausen zu aus dem
Solling heraustritt, hat wohl mit diesem erdfallartigen Einbruch
nichts zu thun. Ich sehe vielmehr in ihm und einem ähnlichen,
an der Steilkante des Wellenkalkes etwa 800 Meter weiter nörd-
lich vorhandenen Tertiäreinbruch, der sich, wie der erstere, auf
H. Römer’s Karte verzeichnet findet, nur Begleiterscheinungen zu
nebensächlichen Brüchen, die in dieser ganzen Berggruppe allent-
halben durch Unregelmässigkeiten im Streichen und Fallen ihr
Vorhandensein verrathen. An ihren beiden Enden sind sie, wie
die Karte erkennen lässt, besonders deutlich.
Auch die tiefe Thalspalte, die den Bierberg nordöstlich Dassel
von der eben besprochenen Berggruppe trennt und der llme den
Eintritt in das Becken gestattet, scheint sich auf einem Querbruch
ausgebildet zu haben. Seine tektonische Bedeutung tritt zurück,
denn der Bierberg gliedert sich seinem flachen Einfallen und der
Richtung seines Streichens nach ganz jenen Bergen in seinem Süd-
osten an; auch habe ich in dem schmalen Thalgrunde der llme
eingestürzte jüngere Schichten nicht gefunden. Dass der südlich
der llme noch vorwiegende Wellenkalk am Bierberg zurücktritt,
bewirken die oben erwähnten , vom Solling herankommenden
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
29
Störungen, die hier über Dassel in der Richtung auf Lüthorst in
das Becken hineingehen.
Dass auch diese ganze Berggruppe vom Lauenberger Querthal
an in ihrem Nordostabhange eine grössere Störung verbirgt, an
der die innere Ausfüllung des Beckens zur Tiefe gesunken ist,
verräth die nahe Nachbarschaft eines Rhätkeupervorkommeus neben
dem Kohlenkeuper und untersten Gypskeuper des Abhanges,
etwa 500 Meter südlich von Krimmensen. Die Sprunghöhe der
Verwerfung beträgt auch hier gegen 400 Meter.
Vom Nordwestabhange des Bierberges an besitzt" der Rand
unseres Beckens einen verwickelteren Bau. So zeigt der Haupt-
rücken des Westrandes, wenn er auch äusserlich einen ziemlich
einheitlichen Wall bildet, doch in seinem Innern durch die ver-
einigte Wirkung zweier verschiedener Störungsrichtungen ziemlich
verwickelte Verhältnisse. Die eine Bruchrichtung, etwa N. 25 °0.
streichend, tritt vor allem im S. deutlich hervor. Es sind die
Brüche, die mir mit den oben erwähnten Sollingthälern zusammen-
zuhängen scheinen. Sie bedingen nördlich vom Bierberg zwei
keilförmige, in der Richtung auf Erichsburg und Hunnesrück sich
erweiternde Einbrüche von Gypskeuper, zwischen denen horstartig
die oben horizontal liegende, auf beiden Seiten zu den Bruch-
linien abfallende Muschelkalkscholle des Rotenberges stehen ge-
blieben ist. Der westliche Grenzbruch des bis etwa 300 Meter
breiten nördlichen Einbruchs folgt vom obersten der oberhalb
Hunnesrück gelegenen Teiche an dem Waldrande und dem Beginn
des steileren Aufstieges auf mehr als 2 Kilometer Länge. Einige
hundert Meter weiter östlich stehen jenseits eines zweiten, parallelen
Bruches Thone des unteren Lias , sodass die Absinkung des
Innern hier in zwei Staffeln erfolgt ist.
Die massive, etwa 4 Kilometer lange Mittelpartie des West-
randes besteht im S. aus Wellenkalk und trägt auf ihrem süd-
lichsten Vorsprung die Trümmer der Burg Hunnesrück. Dann
steigt sie steil zu der Kuppe des Hatop hinauf, um sich von hier
ganz allmählich nach NNO. zu senken. Weiterhin, im Beizer
Berg, bildet eine Platte von Trochitenkalk die Höhe, von der
sich die Schichten, vielleicht an streichenden Nebenbrüchen, nach
30
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
beiden Seiten zu den im Abhang verlaufenden grösseren Brüchen
hinabsenken. Denn auch der nordwestliche Abhang wird in der
Nähe von Denkiehausen von einem Gypskeupereinbruch begleitet.
Da, wo im N. der Trochitenkalk des Beizer Berges wie ge-
wöhnlich mit einem kurzen Steilhang endigt, ändert sich der Bau
dieser Berggruppe plötzlich; denn in dem Thälclien, das etwa
1200 Meter südwestlich Lüthorst sich hinaufzieht und als leichte
Einsenkung über die Höhe hinweggeht, liegt ein Südost-Nordwest-
bruch, der die schmale, südwestlich einfallende Wellen kalkscholle
des Möserfberges von dem Nordende des Beizerberges abschneidet.
Ein zweiter, parallel gerichteter Bruch, durch eine Quelle und
kleine Erdfälle angedeutet, verbirgt sich im Grunde der tieferen,
schmalen, von Lüthorst nordwestlich nach Linnenkamp hinüber-
führenden Senkung. Er begrenzt südwestlich die etwas zerrüttete
Wellen kalkscholle des Hühnerberges, der Glocke und des Heimken-
berges. Nach SO. wenden diese Hügel ihren rechtwinklig aus-
geschnittenen Steilhang gegen den mit Röth erfüllten, sanft an-
steigenden Thalgrund, aus dem über einen breiten Sattel die
Strasse von Lüthorst nach Stadtoldendorf hinübergeht. Auch hier
stören Brüche den Zusammenhang des Gebirgsrandes, denn
zwischen die von Gypsstöcken durchsetzten Röthmassen dieses
Sattels sind an mehreren Stellen Trochitenkalkschollen von ver-
schiedener Grösse eingesunken.
Das Innere des Beckens ist in dieser Gegend besonders tief
gegen den Rand abgesunken, denn am Westausgange von Lüt-
horst ist der Wellenkalk nur etwa 150 Meter von einer Stelle
entfernt, wo früher einmal Fossilien der Amaltheenschichten ge-
funden sind1), und die Sprunghöhe der hier vorhandenen Ver-
werfung beträgt 800 Meter.
Auf dem Röthsattel nordwestlich Lüthorst befinden wir uns
am Abhange des Eifas. Das Südostnordweststreichen, das schon
in dem eben beschriebenen Theile des Westrandes bemerkbar
ist, herrscht hier vor. Die Schichten des Eifas liegen im All-
gemeinen sattelförmig, aber während der hohe Nordostflügel dieses
0 Zweifellos meint Emerson diese Stelle a. a. 0. S. 36,
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
31
Sattels, der für uns nicht mehr in Betracht kommt, sich als ein
einheitlicher Kamm bis an die Einsenkung zwischen Eimen und
Rengershausen verfolgen lässt, zeigt der auf unser Becken zu ge-
richtete Südwestflügel complicirteren Bau. Im Allgemeinen herrscht
SW. -Fallen, aber mehrere von der mittleren Sattelspalte nach SO.
spitzwinklig sich abzweigende Brüche theilen diesen Flügel in lange
Stücke, die, sämmtlich vom Bausandstein des mittleren Buntsand-
stein gekrönt, nach der Thalsohle von Portenhagen und Rengers-
hausen zu auslaufen. Dazu kommen Querbrüche, die nördlich von
Lüthorst in die hinteren, höheren Kämme eine tiefe Bresche legen.
Da, wo sie mit der mittleren Sattelspalte Zusammentreffen, liegt
in einem sumpfigen Grunde »am Gehren« das bekannte Ltithorster
Tertiärvorkommen versenkt, dessen Sande Arten des norddeut-
schen Oberoligocäns enthalten.
Zwischen den Bergen des Eifas und Lüthorst beginnt, wie
oben erwähnt, die zerstückelte Hügelreihe, die bis in die Nähe von
Kohnsen die höher liegende Einsenkung von Portenhagen, Rengers-
hausen und Avendshausen von der Hauptfläche des Beckens ab-
scheidet. Ihr ausserordentlich verwickelter Bau steht zu den
weniger gestörten Zügen des südwestlichen und auch des nord-
östlichen Randes in einem auffallenden Gegensatz. Bezeichnend
ist für ihn vor allem die Häufung streichender Brüche, die schmale
Muschelkalkrücken von vorwiegend südwestlichem Einfallen in
mehrfacher Wiederholung liintereinandersetzen. Quereinbrüche
machen den Bau der Hügelreihe noch unregelmässiger. . Ueberall
lässt sich auch hier ein Hauptbruch bezeichnen, an dem der flach
lagernde Lias und Rhätkeuper des inneren Beckens um ähnliche
Beträge, wie im S. und W., gegen die Randhöhen zur Tiefe ge-
sunken ist.
Schon der Buntsandstein des Aulsberges, der nach Streichen
und Fallen wie eine Vorhöhe des Eifas erscheint, stösst an seinem
Ostabhang an Keuper, der, von Querbrüchen zerschnitten, mit
oberem Muschelkalk (Steinberg) abwechselt. Nordöstlich stösst
an diesen Complex eine schmale und niedrige Wellenkalkscholle
mit etwas Röth, die das Streichen und Fallen der nahen Eifas-
höhen hat, aber vom nächsten Buntsandsteinrücken durch einen
32 Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
streichenden, von mehreren bedeutenden Erdfällen begleiteten
Bruch getrennt ist.
Südwestlich von der von Lüthorst nach Portenhagen ziehen-
den Senkung wölbt sich von 0. nach W. ein zweiter Rücken,
der Hainberg, der den Erhebungen nördlich Lüthorst an regel-
losem Bau nichts nachgiebt. An seiner Nordseite ist Gypskeuper
und Rhät zwischen ältere Gesteine eingesunken. Am Südabhange
legt sich an einem N. 80° W. streichenden Bruch Gypskeuper und
vor allem eine breite Rhätscholle, die ich der gesunkenen Innen-
fläche des Beckens zurechne, vor Kohlenkeuper und oberen
Muschelkalk des Beckenrandes. Die auf das Dorf Portenhagen
sich vorschiebende Ecke des Hügels ist besonders stark zer-
schnitten und zeigt mehrere grössere Erdfälle.
In dem ziemlich engen, von Portenhagen auf Amelsen hin-
ausführenden Thale wendet sich, nur 400 Meter südlich vom
Dorfe, der Thalbach in scharfem Knie um die steil aufsteigende
Wellenkalkrippe des Gropenberges, mit dem das dritte Glied der
Reihe beginnt. Streichende Störungen bestimmen dann die Kamm-
richtung des Borberges, des den Gropenberg fortsetzenden Birken-
berges und mehrerer niederer, demselben nach Amelsen zu vor-
gelagerter Rücken. Da, wo am Südabhange dieser Hügel die
gleiclunässig flache Böschung beginnt, ist, wie am Hainberge bei
Lüthorst, dem zerstückelten Rande an einem Hauptbruch der
Rhätkeuper des Beckeninneren in breiter Platte vorgelagert. Quer-
brüche greifen vor allem in der Umgebung des von Amelsen
nach Rengershausen hinüberführenden Weges von N. und S. tiefer
in den Gebirgsbau ein. Weiterhin nach O. herrschen wieder die
streichenden Brüche, die z. B. die Kammrichtung des Hülseberges
nordöstlich Amelsen bestimmen. Nur in seiner Osthälfte, in der
Nachbarschaft eines grösseren, auf Avendshausen zu gerichteten
Quereinbruches, zeigen sich Brüche und Absinkungen anderer,
verwickelterer Art.
In dem breiten Avendshäuser Querthal habe ich unter dem
weitverbreiteten Lehm eingestürzte jüngere Triasschichten nicht
zu Tage treten sehen. Aber an der im Thalgrunde heraufführen-
den Chaussee liegt ein mächtiger Quarzitblock als Rest einer
des Einbeck-Markoldendorfer Beckens.
33
Tertiärausfüllung, die sich möglicherweise unter dem Lehm weiter
ausdehnt.
In der Gegend nordöstlich Rengershausen kommt mit dem
Auslaufen der letzten Buntsandsteinhöhen des Eifas der diesen im
N. begleitende Wellenkalk nach S. herüber und nimmt an der
Begrenzung des Beckens Theil. Er schliesst in steiler Kante
nach O. die Eöthfläche von Rengershausen ab, springt dann in
scharfem Winkel auf Avendshausen zurück und verschwindet nach
O. allmählich bis auf Spuren unter dem Lehm des Abhanges.
Der darüber stehende Trochitenwall, der auf eine längere Strecke
mit der Landesgrenze zusammenfällt, schwenkt allmählich zu ost-
südöstlichem Streichen um und reicht, mehrfach durch Quer-
störungen ausgeschartet, fast bis an den von Einbeck nach Barts-
hausen hinaufführenden Fahrweg.
Nordöstlich Vardeilsen lehnt sich an dieses Glied des Nord-
ostrandes des Beckens auf Kilometerlänge der letzte Hügel der
inneren Reihe an, der die beiden Gehölze »Buchholz« und »Stein-
bühl« trägt. Auch in ihm herrscht ostwestliches, allmählich nach
OSO. umbiegendes Streichen, so in dem höchsten, aus Wellen-
kalk bestehenden Rücken mit mehreren nach SSW. vorgelagerten
Trochitenwällen, die zum Theil durch complicirte Störungen ab-
getrennt und von kleinen, eingestürzten Gypskeuperpartien um-
geben sind. Südlich schliesst sich die flachgeneigte, von Emerson
als Fundstätte einiger Fossilien angeführte Kohlenkeuperscholle
an, die sich gegen die eben erwähnten Randhöhen nur wenig ge-
senkt hat; weiterhin in dem Thalgrunde von Kohnsen steht hinter
einem zweiten Bruch Lias, um wohl 500 Meter gegen jenen
Keuper gesunken.
Der letzte Theil der Nordbegrenzung des Beckens hat Plateau-
charakter. So zieht vom Bartshäuser Thurm ein breit gewölbter
Rücken von flach geneigtem oberen Muschelkalk nach O. bis an
den Einschnitt des »krummen Wassers« , doch ist sein Südwest-
abhang noch von ähnlichen Störungen durchzogen, wie sie in der
inneren Hügelreihe auftreten. Dass diese Brüche auch in die
Plateaufläche selbst hineingehen, zeigen auf ihr vorhandene Erd-
[3]
Jahrbuch
34
Martin Schmidt, Der Gebirgsbai
fälle. Yermuthlich gab auch eine Störung die Veranlassung zur
Entstehung der Schlucht des krummen Wassers.
Das Plateau des Riesenberges ist die unmittelbare Fort-
setzung des zuletzt erwähnten Rückens. Ebenfalls hie und da Erd-
fälle zeigend steigt es allmählich bis zum Fuchshöhlenberg nach
ONO. an. Vielleicht verläuft an seinem Südrande eine unbedeutende
streichende Störung.
In der Nordostecke des Beckens, »bei den Teichen«, ver-
schmälert sich der nach S. umbiegende Rücken des Plateaus.
Mehrfacher plötzlicher Wechsel im Einfallen der Schichten deutet
auf Brüche, die nach dem Einsturzbecken von Kreiensen und
Greene hinüberweisen.
Der wieder mehr plateauartige Wellenkalk des Altendorfer
Berges, der sich von jener Ecke nach S. bis an die Urne vor-
schiebt, gehört schon dem Ostrande an. Jenseits der Ilme be-
stehen auch die niedrigen Hügel des grossen und kleinen Helden-
berges noch aus flach nach W. einfallendem Wellenkalk. Im
Thal der Ilme zwischen ihnen und dem Altendorfer Berg ver-
laufen indessen Störungen, die schon am Südwestabhange des
Altendorfer Berges steileres Einfallen und andere Unregelmässig-
keiten der Lagerung erzeugen.
Unter der Stadt Einbeck ist Lias, der an ihrem südwestlichen
Ausgang an der Brauerei noch ansteht, bisher nicht nachgewiesen.
Es fehlt überhaupt an Aufschlüssen, aus denen sich die Lage der
Randbrüche des Beckens in dieser Gegend genauer bestimmen
liesse. Nur südlich von dem die Ruine tragenden Südende des
Heldenberges treten dem Wellenkalk desselben jüngere Schichten
so nahe , dass letztere dort durch Brüche abgeschnitten sein
müssen. Daher steht der übrige Theil des Ostrandes, wenn
man hier von einem solchen noch reden darf, die niedrigen, ver-
einzelten Kuppen des Sülbecker Berges, Sülberges und Hunde-
berges, zu der inneren Ausfüllung des Beckens in viel engerer
Beziehung, als zu den Randhöhen, während sie andererseits
auch noch zum Leinethal-Einbruch gehören.
Den Kern der inneren Ausfüllung bildet das von Emerson
so eingehend beschriebene Liasvorkommen von Markoldendor
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
35
Die beste Orientirung über seinen Ban gewähren, wie Emerson
besonders hervorhebt, die beiden, an der unteren Grenze der
Schichten des Amm. bifer und in deren Mitte vorhandenen Sand-
steinzonen, die zwischen Markoldendorf, Amelsen und Vardeilsen
als zwei auffällige Kanten der flach nach S. einfallenden Schichten
hervorragen. Ich habe sie aus diesem Grunde auf der Karte mit
besonderen Farben bezeichnet, trotzdem ich paläontologische Hori-
zonte im unteren Lias nicht unterschieden habe.
Die untere der beiden Zonen ist durch Verwitterung eines
stellenweise noch erhaltenen, blaugrauen Kalksandsteines ent-
standen. Sie bildet den First des Schiefen Berges und ver-
schwindet 800 Meter südwestlich Amelsen im Wiesengrunde.
Jenseits des Weges von Deitersen nach Amelsen ist ihr Vor-
handensein im Felde wieder an einzelnen Gesteinsstücken zu er-
kennen1); weiter nordwestlich, etwa 1000 Meter nordöstlich
Deitersen, tritt sie in der flachen Kuppe des Käenberges, an dem
ich einen Theil der am Schiefen Berge reicher vertretenen Fossilien
dieser Zone wiederfand, noch einmal deutlicher zu Tage. Der
Zusammenhang dieser beiden kleineren Partieen untereinander und
mit dem Kamm des Schiefen Berges ist nicht ungestört. Nach
O. lässt sich die Kante dieser Schichten vom Schiefen Berge, wie
auch Emerson angiebt, bis in die Nähe von Kohnsen ohne äussere
Anzeichen eines Querbruches verfolgen.
Die obere der beiden Sandsteinzonen bildet den langen Kücken
des Laliberges2) und, in seiner Verlängerung, des Klapperberges
südwestlich Kohnsen. Dieser Kamm ist an mehreren Stellen,
z. B. an der Juliusmühle, unterbrochen und sogar etwas ver-
schoben. Dieser Schicht rechne ich auch das von Emerson mit
Vorbehalt als Kohlenkeuper angesprochene Liasvorkommen zu,
das am Ufer des Ilmekanales sich bis nahe an Einbeck heran-
schiebt.
0 Emerson führt an dieser Stelle Augulatenschichten an, von deren einem,
aus Kalksandstein bestehenden Horizont das Gestein allerdings kaum zu unter-
scheiden ist.
2) Lohberg bei Emerson.
[3*]
36
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
Nach allem, was sich von der Lagerung erkennen lässt,
bildet der Lias von Markoldendorf, Juliusmühle und Kohnsen bis
an den Grenzbruch des Inneren nördlich Amelsen eine nahezu
ungestörte, einheitliche Scholle mit flacher Neigung nach S.
Im NW. werden die Verhältnisse verwickelter. Schon den
Westabhang des Steinberges bei Markoldendorf treffen mehrere
Brüche, wie z. B. die von Emerson geschilderte Verwerfung am
Kleeberge. Weiter nach NNW. erreichen sie bedeutendere Sprung-
höhe und legen den Liassandstein des Käenberges neben Rhät-
keuper. Nach SW. von dieser Stelle ist dann unterer Keuper
und oberster Muschelkalk wie eine Insel stehen geblieben und
erscheint gegen den Rhätkeuper im NO. und SO. durch Ver-
werfungen begrenzt. Nach W. ist zwischen diese ältere Scholle
und den Gypskeuper unter dem Waldrande der westlichen Grenz-
höhen zwischen Lüthorst und Erichsburg der Lias eingesunken.
Letzterer ist augenscheinlich stark zerrüttet und zertrümmert,
denn während Emerson vom Westausgange des Dorfes (vergl.
oben S. 30.) Amaltheenthone beschreibt, hat ein Brunnen auf dem
RoHMEYER’schen Grundstück vor einigen Jahren Amm. angulatus ,
ein zweiter am nahe benachbarten Pfarrhause wieder Thone des
mittleren Lias angetroffen.
Die Lagerung der eingestürzten Schichten des Innern südlich
der Ilme ist viel schwerer zu bestimmen, da die Sandsteinzonen
des Lias an keiner Stelle zu Tage treten und überhaupt die
Aufschlüsse sehr dürftig sind. Es scheint, als ob südlich von
einem von Markoldendorf nach OSO. etwa auf den Pinkler zu
streichenden Längsbruch eine flach gegen NNO. eiufallende Lias-
scholle liegt, die allerdings unter dem Lehm fast nur in der
langen Welle des Aulsberges zu Tage tritt und an dem steilen
Nordwestabhang desselben ihr Ende erreicht. Bis zu dieser Stelle
liegt also der Lias in einer gegen die Randhöhen tief einge-
sunkenen, flachen Synklinale. Es liegt nahe, den Westabfall des
Aulsberges mit dem östlichen Grenzbruch des Lauenberger Quer-
thales in Verbindung zu bringen. Eine andere Verlängerung der
diese Versenkung erzeugenden Brüche in das Innere des Beckens
hinein habe ich aus den vorhandenen Aufschlüssen nicht nach-
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
37
weisen können. Der am Ufer der Urne von Markoldendorf bis
südlich Ellensen anstehende Lias, der ganz oder doch zum Theil
den Schichten des Amm. planicosta angehört, hängt mit dem Auls-
berge nicht zusammen; er scheint sich der Form der Oberfläche
nach von WSW. nach ONO. zu erstrecken.
Der östliche Theil der inneren Ausfüllung des Beckens, zu
dem wir auch die drei oben erwähnten Flügel zwischen Salzder-
helden und Iber zählen können, besteht aus mehrfach und un-
regelmässig mit Lias abwechselndem Keuper. Eine gewisse Gleich-
förmigkeit des Baues zeigen nur die drei erwähnten Hügel, deren
Kuppen aus nach WSW. einfallendem Rhätkeuper bestehen. Sie
zeigen dadurch mit dem Bau der Muschelkalkplatten der Helden-
berge und des Altendorfer Berges eine gewisse Analogie, wenn
sie auch gegen jene in ein wohl 600 Meter tieferes Niveau ge-
sunken sind. Sie hängen indessen untereinander nicht zusammen,
vielmehr zieht sich zwischen dem Sülbecker Berg uüd Sülberg
der Lias von Odagsen her in einer breiten , keilförmigen Masse
bis zu den westlichsten Häusern von Sülbeck hinab.
Aus der Schilderung der einzelnen tektonischen Züge der
Landschaft geht hervor, dass das System von Südostnordwest-
brüchen, das im Aufbau des mesozoischen, nordwestdeutschen Ge-
birgslandes so sehr hervortritt, auch hier eine besondere Bedeutung
hat. Ungefähr südostnordwestlich streichen die synklinal zu ein-
ander geneigten Schichten der südwestlichen und nordöstlichen
Randhöhen. Zu den letzteren haben wir auch die mit dem Auls-
berge bei Lüthorst beginnende, nach OSO. laufende innere Hügel-
reihe zu rechnen, da an ihrem Südabhang der Grenzbruch der
eingesunkenen Innenmassen verläuft. Auch in ihnen treten in
ähnlicher Richtung streichende Brüche besonders hervor. Endlich
äussern sie sich in einem grossen Theile des eingesunkenen Innern
und des Westrandes.
Eine zweite, im Allgemeinen von SSW. nach NNO. streichende
Störungsrichtung herrscht in dem übrigen Theile des Westrandes
vor, auch gehört ihr das Lauenberger Querthal an. Dass sie
wahrscheinlich zu dem Bau des nordöstlichen Sollingabhanges Be-
38
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
ziehung hat, sahen wir ebenfalls. Vielleicht gehört sie dem System
der jüngeren Südnordbrüche und Grabenversenkungen des nord-
westdeutschen Gebirgslandes an.
In diesem Netz von Brüchen, das durch viele mehr oder
minder unregelmässig verlaufende secundäre Störungen ziemlich
engmaschig wird, haben diejenigen eine besondere und für die
Physiognomie des Ganzen maassgebende Bedeutung erhalten, auf
denen die Innenmasse um Hunderte von Metern gegen die stehen-
gebliebenen Ränder zur Tiefe gesunken ist. Ihre Lage im Einzel-
nen ist oben genügend erörtert. Ein Zusammenhang des einge-
brochenen Innern mit den vielfachen Versenkungen der benach-
barten Gebiete besteht nur in der breiten Oeffnung gegen das
Leinethal zwischen Salzderhelden und Iber und allenfalls im
Lauenberger Querthal.
Die Herstellung der geologischen Kartenskizze wurde dadurch
sehr erschwert, dass sich die PAPEN’sche Karte als zu klein und
vielfach ganz veraltet erwies, und ich sah mich genöthigt, für
die geologische Detailaufnahme von dem darzustellenden Gebiet
zunächst eine topographische Karte herzustellen. Ich habe diesen
Zweck durch an Ort und Stelle im Maassstab 1 : 12 500 aufge-
nommene Croquis zu erreichen gesucht, die ich dann mit Be-
nutzung der PAPEN’schen Karte, der Forstkarten und vor allem
der mir freundlichst zur Verfügung gestellten Rainkarten des
Kreises Einbeck zu einem Gesammtbilde im Maassstabe 1 : 50000
verarbeitet habe.
Die auf dieser Grundlage entworfene geologische Darstellung
verfolgt vor allem den Zweck, die tektonischen Verhältnisse möglichst
hervorzuheben. Daher wählte ich eine einfachere Farbenskala, als
sie für Darstellungen in diesem Maassstabe sonst üblich ist. Vor
allem verzichtete ich, abgesehen von der Abscheidung der alluvialen
Thalböden, auf eine Sonderung der verschiedenen jüngeren Deck-
gebilde, des Diluviallehms, der Schotterdecken, Deltabildungen,
Kalktufflager etc.1). Die Abgrenzung der im Innern zu Tage
*) Ich fasse dieselben nach älteren Vorbildern als »Diluvium« zusammen.
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
39
tretenden Flächen von Lias und Keuper bedarf noch einer ein-
gehenderen Durcharbeitung, als sie mir möglich gewesen ist. Eine
Kartirüng der auf die Blätter Einbeck und Moringen der Landes-
aufnahme übergreifenden Theile des Beckens habe ich unterlassen,
da dieselbe im Aufträge der Königl. Geologischen Landesanstalt
durch Herrn Professor v. Koenen nahezu vollendet ist und dem-
nächst veröffentlicht werden wird.
S tratigr aphisch-palaeontologi scher Theil.
In dem von mir untersuchten Gebiet finden sich folgende
Schichten: mittlerer Buntsandstein, Röth, der ganze Muschelkalk
und Keuper, der untere und ein Theil des mittleren Lias, ferner
einige unbedeutende Tertiärpartien, endlich diluviale und alluviale
Bildungen.
Aus mittlerem Buntsandstein besteht der Eifas mit seinen
südwestlichen Vorhöhen, der Aulsberg bei Lüthorst und die Ahls-
burg mit dem Eichenfast. Im Wesentlichen erscheint nur seine
oberste Abtheilung, die sogenannte Bausandsteinzone, auf dem
Kartenblatte und wird am Aulsberg bei Lüthorst, an den Vor-
höhen des Eifas bei Portenhagen und Rengershausen und am
Südostende der Ahlsburg in einigen Steinbrüchen ausgebeutet.
Am Aulsberge bei Lüthorst sind auch zeitweise eisenreiche Schichten
als Eisenstein gewonnen worden1).
Der Röth unterscheidet sich nicht wesentlich von der sonst
in diesen Gegenden bekannten Entwicklung. An der Eisenhütte
bei Dassel findet sich darin Gyps, der weiter nach NW. mächtiger
wird. Er scheint mit den bedeutenden Röthgypslagern bei Stadt-
oldendorf ursprünglich in Zusammenhang gestanden zu haben,
wenn er auch augenscheinlich die Mächtigkeit derselben auf
unserem Blatte nicht erreicht. Ausgebeutet wurde er zeitweilig
an der Dasseler Eisenhütte und etwa 2400 Meter nordwestlich
Lüthorst.
*) Römer a. a. 0. S. 486.
40
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
Ebenso stimmt der untere und mittlere Muschelkalk im
wesentlichen in Mächtigkeit und Gesteinscharakter mit der sonst
in diesen Gegenden beobachteten Ausbildungsweise überein. Die
Eintragung der festeren Bänke (Oolith-, Werkstein- und Schaum-
kalkbänke) und die sonstige Gliederung des Wellenkalkes kann
nur bei einer Aufnahme in grösserem Maassstabe ausgeführt
werden. Die Schaumkalkbänke werden hier und da, z. B. an der
Lieth ostsüdöstlich Wellersen, in unbedeutenden Steinbrüchen zur
Wegebesserung herausgebrochen.
Ein viel bedeutenderer Steinbruchbetrieb herrscht allgemein
in den festen Bänken des Trochitenkalkes. Am Steinbühl, etwa
1200 Meter nordwestlich Vardeilsen, sind einige Lagen desselben
ausgezeichnet oolithisch entwickelt. Am Bierberge bei Dassel,
wo er in einem besonders ausgedehnten Steinbruch gewonnen
wird, ist er nahe seiner oberen Grenze reich an Monotis Albertii
und an anderen Stellen an einer kleinen, hinten stark verlängerten
Leda. Die sehr dürftig aufgeschlossenen Ceratiten-Schichten oder
Thonplatten lassen keinerlei Abweichungen von der sonstigen Ent-
wickelung westlich vom Harz erkennen.
Die Schichten des Kohlenkeupers sind am inneren Abhange
des südwestlichen Höhenkranzes sehr ungünstig aufgeschlossen,
erheblich besser sind sie an einigen Stellen der nordöstlichen Seite
des Beckens zu beobachten. So beschreibt Emerson1) von dem
flachen Hügel, der sich nordöstlich Vardeilsen erhebt und bis
Kohnsen hinzieht, graue Sandsteinplatten mit Estheria minuta
Goldf., andere an derselben Stelle mit Myophoria transversa und
Myacites sp. (wohl eine Anoplophora). Ein dem letzteren ganz
ähnliches Gestein mit denselben Fossilien fand ich dann allent-
halben im Acker einer flachen Bodenwelle zwischen Deitersen
und Lüthorst.
Der Gypskeuper zeigt gegenüber der jetzt bekannten grossen
Mächtigkeit seiner Schichten in diesen Gegenden2) eine auffallend
geringe Verbreitung. In den meisten Fällen erscheint er zwischen
*) a. a. 0. S. 8.
2) vergl. A. Tornquist, der Gypskeuper in der Umgebung von Göttingen.
Göttingen 1892.
des Einbeck - Markoldendorfer Beckens.
41
ältere Gesteine eingeklemmt und eingesunken, so vor allem in
den beiden Grabenversenkungen zu beiden Seiten des Rotenberges
nordöstlich Dassel. Hier finden sich am Wege von Dassel nach
Erichsburg etwas jenseits der Höhe im Acker mürbe Sandstein-
stücke, die dem Schilfsandstein anzugehören scheinen. Auf ihrer
unregelmässig knorrigen Schichtungsfläche liegen Ueberzüge von
Rotheisenstein, die vielleicht mit knolligen , von Herrn Professor
v. Koenen im Schilfsandstein in der Nähe von Sülbeck gefundenen
Rotheisenerzstücken zu vergleichen sind.
Der Rhätkeuper fehlt auf der Süd Westseite und Westseite
des Beckens bis auf die kleine Scholle südlich Krimmensen an-
scheinend ganz, zeigt aber in dem Gebiet zwischen Lüthorst und
Vardeilsen eine Reihe besonders günstiger Aufschlüsse. Bekannt
ist durch Pflüoker’s Beschreibung1) das jetzt leider in seinem
grössten Theile verschüttete Profil nordöstlich von Deitersen, das
damals vor allem die beiden Grenzzonen der Formation gut auf-
geschlossen zeigte. An einem zweiten Aufschlüsse am Bachufer
nordwestlich Amelsen sammelte Emerson 2) besonders häufig und
wohlerhalten verschiedene Fossilien der Taeniodon- Schichten. Neben
diesen beiden Aufschlüssen ist noch eine Stelle am Südabhange
des Hainberges bei Lüthorst zu erwähnen, wo an einem vom
Dorfe herauf kommenden Wege, etwa 400 Meter östlich vom
Bache, die unteren Grenzschichten des Rhätkeupers mit mehreren
Bonebedlagern anstehen. Die Kuppen der isolirten Rhäthügel
zwischen Salzderhelden und Iber bestehen aus einem gelblichen
bis lebhaft rostfarbenen, mässig festen Sandstein, dessen mächtigere
Bänke gewonnen werden. In ihm habe ich vereinzelte Pflanzen-
reste ( Clathropteris etc.) gefunden.
Die Schichten des Lias haben durch Emerson eine ebenso
gründliche als klare Darstellung ihrer stratigraphischen und palä-
ontologischen Verhältnisse gefunden, sodass ich für sie im All-
gemeinen nur auf diese Arbeit verweisen kann. Ich verdanke es
fast nur einigen neueren Aufschlüssen, dass ich zu seinen auf
x) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. XX u. bes. Bd. XXI, S. 239.
2) a. a. 0. S. 8.
42
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
ein reiches Material gestützten Angaben einige Zusätze machen
kann.
Psilonoten-Schichten. Am Abhange der Liasplatte nörd-
lich Amelsen zu dem von NW. dem Dorfe zufliessenden Bache
sind gegenwärtig etwa 300 Meter von der Chaussee die untersten
Schichten des Lias durch einen schräg nach den Flachsröthen hinab-
gezogenen Graben in etwas anderer Entwickelung aufgeschlossen,
als sie von Emerson1) an dem heute fast völlig verschütteten
Profil bei Deitersen beobachtet wurden.
Hier stehen über kaum 1 Meter mächtig aufgeschlossenen
Schieferthonen, in denen ich keine Fossilien fand, mehrere Lagen
nur wenige Millimeter starker, poröser, oft flach wellig gebogener
Platten von rothbrauner Farbe, die, ein echter »rotten stone«, durch
Auslaugung eines festen, eisenreichen, sandigen Kalkes entstanden
sind. Stellenweise ist ihre Schichtfläche bedeckt mit winzigen,
nicht näher bestimmbaren Fossilresten; an anderen Stellen finden
sich scharfe Abdrücke von Aegoceras Johnstoni Sow. und einem
anderen Ammoniten, welcher der äusseren Form und Sculptur
nach mit A. laqueus Quenst. übereinstimmt. Meines Wissens ist
die Art im norddeutschen Lias noch nicht gefunden und wird
auch für Süddeutschland nur als Seltenheit erwähnt.
Ueber diesen Platten stehen etwa 2 Meter fahlgraue, sandige,
sehr mürbe Schiefer, in denen Aeg. Johnstoni in allen Grössen
allenthalben sehr häufig ist. Ausserdem habe ich durch vor-
sichtiges Spalten der bröckeligen Schichten noch folgende, meist
für ihre Art auffallend kleine Fossilien gefunden:
Pleurotomaria psilonoti Quenst.
Cardita (f ) Heberti Terq.
Leda Rene vieri Opp.
Astarte psilonoti Quenst.
Nucula navis Piette.
Pecten Hehli d’Orb.
Pecten textorius v. Schloth.
Gidaris , Asseln und Stacheln.
Isocar dia? sp.
*) a. a. 0. S. 14.
des Einbeck -Markoldendorfer Beckens.
43
Ueber diesen Schiefern folgt eine sehr eisenreiche, erdige,
kaum 10 Oentimeter mächtige Thonschicht, die ganz von knolligen
Concretionen eines dunklen, eisenreichen und bituminösen Kalk-
steines erfüllt ist. In diesen Knollen und frei in dem Thon finden
sich wenige Arten, aber in zum Theil ausgezeichneter Einhaltung
und überraschender Häufigkeit. So fand ich in dem noch nicht
2 Meter langen Aufschluss der dünnen Schicht nicht weniger als
sechs zum Theil vollständige und bis 18 Centimeter grosse
Exemplare eines Nautilus , der d’Orbigny’s Abbildung des N. inter-
medius Sow. nahe steht; nur laufen die bei d’Orbigny im Bogen
über die Seiten hingehenden Anwachsstreifen hier auf dem Haupt-
theil der Seiten gerade und radial. Das grösste und besterhaltene
Exemplar zeigt auch, verglichen mit r’Orbigny’s Abbildung, eine
erheblich breitere Mündung, schärfere Kanten an dem ganz ab-
geflachten Rücken und auf den ebenfalls abgeplatteten Seiten
sogar eine flache Einsenkung bei etwa zwei Fünfteln der Ent-
fernung von der Rückenkante zum Nabel. Die flachen Spiral-
rippen, die meist ebenso breit sind, wie die Furchen zwischen
ihnen, verschwinden auf den Seiten völlig. Alle diese Eigen-
tümlichkeiten dieses eines Exemplares scheinen mir mit seinen
grösseren Dimensionen zusammenzuhängen.
Häufig sind ferner Ammoniten, die Aegoc. Johnstoni nahe
stehen, aber von der tiefer vorkommenden typischen Form des-
selben durch schnelleres Anwachsen des bis auf den seichten Ein-
druck der vorhergehenden Windung kreisrunden Querschnitts ab-
weichen. Ein grösseres Bruchstück einer anderen Art mit ganz
kurzen, nur um den nicht sehr weiten Nabel deutlichen Rippen
und eiförmigem Querschnitt der sonst platten Windungen ähnelt
einer von Dumortier1) aus den Psilonotenschichten von Yizenac
beschriebenen und abgebildeten, aber nicht benannten Form.
Aegoc . angulatum v. Schloth. ist ferner nicht selten. Daneben
kam ein Stück von Aeg. catenatum Sow. vor, das d’Orbigny’s
Abbildung auch an Grösse ziemlich entspricht. Dann fand ich
b Etudes paleontologiques sur les Dep. Jur. du Bassin du Rhone, I, pag. 28,
Taf. III, Fig. 1, 2.
44
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
ein vollständiges, . zum Theil mit der Schale erhaltenes Exemplar
des von Wahner1) aus den Schichten des Aeg. megastoma von
Schreinbach beschriebenen Aeg. Rahana von etwa 8 Centimeter
Durchmesser. Ein Bruchstück einer grossen Form, die ohne
Wohnkammer 26 Centimeter maass, steht den allgemeinen Ver-
hältnissen nach der vorigen nahe. Während die äusserste Windung
glatt ist, zeigt ein inneres, einer Scheibengrösse von 14 Centi-
metern entsprechendes Stück flache Rippen, nach deren Verlauf
ich die Form dem Aeg. Rahana als späteres Altersstadium zurechnen
möchte. Allerdings hängen die Loben, von denen der zweite
Laterallobus sich vom Nahtlobus kaum abtrennen lässt, an der
Naht noch erheblich weiter herab, als Wähner für Aeg. Rahana
angiebt, sodass ich das Stück doch nur mit einigem Vorbehalt zu
dieser Art stellen kann.
Ueber dieser bemerkenswerthen Schicht sind noch etwa einen
Meter mächtige Schieferthone aufgeschlossen, in denen ich keine
Fossilien gefunden habe. Der ganze Aufschluss lässt weder die
untere, noch die obere Grenze der Psilonotenzone, die Emerson
beide bei Deitersen beobachtete, genügend erkennen.
Angulaten-Schichten. Bei Wellersen fand ich in der an
Aegoc. angulatum reichsten Thonschicht, aus der Emerson nur
diesen Ammoniten erwähnt, frei und zum Theil trefflich erhalten,
wenn auch nicht häufig, die folgenden Formen:
Ostrea sublamellosa Dunk.
Lucina f sp.
Pleuromya subrugosa Dunk.
Pentacrinus angulatus Opp.
Gryphaea arcuata Dam.
Pleuromya crassa Ag.
Cardinia Listen Sow.
Aeg. angulatum kommt auch in einer Ziegeleithongrube nord-
westlich Vardeilsen in kleinen Exemplaren vor. Dann befindet
*) Dr. F. Wähner, Beiträge zur Kenntniss der tieferen Zonen des unteren
Lias in den nordöstlichen Alpen. (Beitr. z. Paläont. Oestr.-Ung. etc. III, S. 105,
Taf. XXI, Fig. 1-4.)
des Einbeck- Markoldendorfer Beckens.
45
sich im Göttinger Museum dieselbe Art aus schwärzlichen Schiefer-
thonen, die einem Brunnen auf dem RoHMEYER’schen Grundstück
in Lüthorst entstammen.
Arieten-Schichten. Im Göttinger Museum liegen einige
Exemplare von Ariet. rotiformis und A. Sinemuriensis mit »Lüt-
horst« bezeichnet, deren sandig-kalkiges, gelbliches Gestein ent-
fernt an das bekannte Vorkommen von Ohrsleben erinnert. Im
Markoldendorfer Becken ist jetzt kein Gestein in diesem Horizont
aufgeschlossen, aus dem sie stammen könnten. Vielleicht sind die
Aufschlüsse durch die Verkoppelungen verschüttet.
Am Aulsberge bei Wellersen fand ich am Fusse des eine be-
trächtliche Schichtenmächtigkeit erschliessenden Abhanges ein
Bruchstück eines etwa 9 Centimeter grossen Arieten , das , soweit
seine ziemlich mangelhafte Erhaltung erkennen lässt, Ariet. roti-
formis Sow. angehört. Danach wäre es möglich, dass ein Theil
der mächtigen, fast versteinerungsleeren Thone unter dem dort
auftretenden Geodenlager mit A. geometricus 1 ) dem Niveau der
von Emerson in dem Gebiet nicht beobachteten typischen Arieten
zuzurechnen ist. Mit dem Ammoniten fand ich ein halbwüchsiges
Exemplar von Unicardium cardioides Phill. Eine Lage mit
Gryphaea arcuata , die hier nach Emerson etwa 8 Meter unter den
Geoden mit A. geometricus steht, ist stellenweise reich an fein
längsgerippten Cidaritenstacheln. In den Geoden selbst fand ich
neben A. geometricus auch Protocardia Philippiana Dunk. sp.
Schichten des Aegoc. planicosta Sow. Dass die von
Emerson aus diesem Horizont angeführten Ammoniten, Aegoc.
ziphus Hehl und A . tamariscinus U. Schloenb. , in der von
Brauns * 2) angenommenen und durch Quenstedt’s Abbildung
des »Riesenziphus« 3) bestätigten Weise mit einer von A. plani-
costa nicht zu scheidenden Jugendform zu einer und derselben
Art zu zählen sind, halte ich für wahrscheinlich. Ich glaube so-
gar, dass alle bei Markoldendorf in diesem Horizont gefundenen
9 Emerson, a. a. 0. S. 19.
*) Untere Jura, S. 199 ff.
3) Ammoniten des Schwab. Jura, Taf. 21, 16.
46
Martin Schmidt, Der Gebirgsbau
Exemplare des A. planicosta dieser Formenreihe angehören. Ich
möchte dieselbe mit der von Wright *) für England wohl etwas
summarisch aufgestellten analogen Reihe des A. planiscosta-ziphus
-Dudressieri (von d’Orbigny für eine Form des oberen Lias auf-
gestellt!) und einer an A. tamariscinus erinnernden Altersform
nicht gleichsetzen, da auf allen Stufen der Entwickelung sich
Unterschiede finden. Dagegen ist die Uebereinstimmung mit dem
von Dumortier * 2) aus den Grenzschichten des unteren und mittle-
ren Lias von Nolay beschriebenen A. trimodus eine sehr grosse;
wohlerhaltene Belegstücke für alle Altersstadien und die Ueber-
gänge zwischen ihnen sind vom schiefen Berge bei Amelsen und
anderen Fundpunkten Norddeutschlands im Göttinger Museum
vorhanden. Ueber die wahren systematischen Beziehungen der
ganzen Gruppe kann nur eine umfassende Kritik aller als A. pla-
nicosta Sow. angeführten Formen und ihrer späteren, von den be-
treffenden Fundorten etwa vorhandenen Altersstadien Klarheit
bringen. Im Uebrigen habe ich zu Emerson’s Verzeichniss der
Fossilien dieser Schichten folgende Formen hinzuzufügen:
Ostrea irregularis Münst. und Goldf.
Pecten priscus v. Schloth.
Lima gigantea Sow.
Modiola scalprum Sow.
Pinna Moorei Oppel.
Protocardia cingulata Goldf. 3)
Pholadomya fortunata Dumort.
Pleuromga sp.
Mittlerer Lias. Die Aufschlüsse im mittleren Lias des
Steinberges bei Markoldendorf haben sich seit Emerson’s Zeit
x) Monograph on the Lias Ammonites etc., S. 337 (Pal. Soc. 1882).
2) a. a. 0. S. 86, Taf. 15 und 16.
3) Das vorliegende Material gestattet nicht zu entscheiden, ob wir hier mit
echten Cardien, die sonst im Lias fehlen, zu thun haben. In diesem Falle können
dieselben weder den Namen: multicostatum Philo, noch cingulatum Goldf. be-
halten, da diese beiden Namen von Brocchi und Goldfuss für echte Cardium-
Arten des Tertiär vergeben sind.
des Einbeck- Markold endorfer Beckens.
47
ausserordentlich verschlechtert, vor allem da die alten Eisenstein-
gruben mehr und mehr verfielen und verschüttet wurden. Ich
habe daher zu seinen Angaben über die Schichten der Terebr.
subovoides , des Amm. brevispina und des Amm. centaurus nichts
hinzuzufügen.
Amaltheenthon habe ich am Westausgange von Lüthorst, wo
Emerson Amm. spinatus und einige andere Fossilien der Zone
sammelte, zur Zeit nicht mehr anstehend gefunden. Dagegen
konnte ich in schwarzgrauen Thonen, die aus einem am Pfarr-
hause gegrabenen Brunnen ausgeworfen waren, eine Reihe von
Fossilien dieser Schichten sammeln. Freilich sind sie in der
Regel stark verdrückt und gestatten nicht immer eine völlig zwei-
fellose Bestimmung, selbst der generellen Merkmale. Es fanden
sich:
Amaltheus spinatus Brug.
» nitescens Young und Bird sp.
Pecten Philenor d’Orb.
Plicatula spinosa Sow.
Avicula inaequivalvis Sow.
» papyna Quenst.
Protocardia cingulata Golde.
Isocardia? bombax Quenst.
Posidonia sp. indet.
Nucula cordata Goldf.
Leda complanata Goldf. sp.
» subovalis Goldf. sp.
» acuminata Goldf. sp.
Lucina problematica Terq.
» pumila Goldf. sp.
Lucina ?
Astarte cf. fontis Dumort.
Phasianella cf. Jason d’Orb.
Ophiura ?
Von den im Text erwähnten Tertiärpartieen ist das Vor-
kommen von oberoligocänem Sand am Gehren im Eifas nördlich Liit-
48
Martin Schmidt, Der Grebirgsbau etc.
hörst zur Zeit sehr schlecht aufgeschlossen. Diesem Niveau gehören
auch, wie sich aus einigen schlecht erhaltenen Molluskenresten
eben erkennen liess, die theils zu rauhen Blöcken verkitteten,
theils losen Sande in dem Einbruch am Scharfenberge an. End-
lich erwähne ich hier noch einmal den schon erwähnten Quarzit-
block, der am Wege zwischen Vardeilsen und Avendshausen aus
dem Lehm des Thalgrundes hervorsieht.
Insektenfrass in der Braunkohle der Mark
Brandenburg.
Von Herrn 0. von Gellhoril in Berlin.
(Hierzu Tafel XI.)
Aufmerksam gemacht durch die Arbeit des Herrn H. J. Kolbe
über »Insektenbohrgänge in fossilen Hölzern« in der Zeitschrift
der Deutschen geologischen Gesellschaft (Band XL, Heft 1, Seite
131 ff.) gebe ich in Nachstehendem eine kleine Mittheilung über
Insektenfrass in der Braunkohle der Mark Brandenburg, welchen
ich auf einigen Bergwerken daselbst beobachten konnte. Und,
da dergleichen Frassstücke nicht gerade häufig sind, erscheint eine
Besprechung solcher nicht ohne Interesse.
Es kommt dabei zunächst in Betracht die
Grube consl. Freienwalde bei Freienwalde a/Oder,
in deren westlicher Abtheilung bei Falkenberg i/M. zwei Braun-
kohlenflötze in Bau genommen sind. Hier kennt man unter einer
Decke von Formsand:
1,50 Meter Braunkohle (1. Flötz), dann
Hangende
Partie
Liegende
Partie
12,00 » dunklen Formsand,
4.50 » Kohlenletten, darunter:
2.50 » weissen Quarzsand,
5.50 » Braunkohle (2. Flötz),
8.50 » Quarzsand mit Braunkohlen-Partikeln,
1,25 » hellfarbigen Letten,
9.50 » Quarzsand mit Glimmer, darunter endlich
3.50 » grünlichen, glimmerhaltigen Quarzsand.
[4]
Jahrbuch 1893.
50
0. von Gellhorn, Insektenfrass in der Braunkohle
Die oberen Gebirgsschichten bis herunter zum 4,5 Meter
mächtigen Kohlenletten gehören der hangenden Partie Plettner’s
an, die darunter folgenden Schichten der liegenden Partie, welche
sämmtlich dem Miocän zuzuzählen sind. Das durch Insektenfrass
zerstörte Braunkohlenholz zeigte sich in dem unmittelbar über dem
5,5 Meter mächtigen 2. Braunkohlenflötz liegenden weissen Quarz-
sande und zwar in diesen ganz irregulär eingestreut. Die ziem-
lich zahlreichen einzelnen Braunkohlenstücke sind ganz scharf-
kantig, mithin wohl als Bruchstücke des in der Nähe zerfallenen
fossilen Holzes anzusprechen; sie zeigen keine Spur von Ab-
rundung der Ecken und Kanten, welche etwa auf einen Trans-
port der Hölzer, auf ein Heranschwemmen derselben schliessen
liess. Es ist deshalb ausgeschlossen, diese Bruchstücke als Ge-
schiebe anzusehen. Die Braunkohle zeigt ganz deutlich die
Holzstructur und ist sehr leicht spaltbar; sie gehört einem Nadel-
holze an, nämlich der virginischen Sumpfcypresse, Tosodium disti-
chum. Wie Fig. 1 in der zugehörigen Tafel XI in natürlicher
Grösse veranschaulicht, haben die Bohrgänge eine ovale Form,
sind 3 bis 4 Millimeter weit und durchschneiden die Holzfasern in
schräger, aber gerader Richtung; die Puppenkammern haben die
Form und Grösse der. Bohrgänge. An dem Zerstörungswerke des
Holzes müssen sich wohl viele Thiere gleichzeitig betheiligt haben.
Von der Königl. Forst-Akademie zu Eberswalde sind die Bohr-
gänge einerseits als von der Schiffsbohrmuschel Teredo navalis
herrührend angesprochen worden, andererseits hielt man sie für
Arao&mw-Frass. Ersteres dürfte nicht zutreffend sein, denn F. A.
QüENSTEDT beschreibt die Gänge von Teredo navalis in seinem
Handbuche der Petrefaktenkunde (Tübingen 1885, S. 856 u. 857)
wie folgt; er sagt: Der schädliche Bohrwurm füllt die gemachten
Gänge mit Kalk aus; die Gänge sind lange wurmförmig ge-
krümmte Röhren, die sich am hinteren offenen Ende verjüngen,
am vorderen dicketen aber halbkugelig schliessen, endlich durch-
bohrt diese Muschel das Holz so, dass Röhre an Röhre liegt.
Dies Alles trifft, wie die Abbildung zeigt, hier nicht zu. Auch
lebt die Bohrmuschel im offenen Meere; es wäre demnach uner-
findlich, wie sie in die terrestre Braunkohlenbildung gekommen
der Mark Brandenburg.
51
Wäre. Man müsste dann einen Transport der Hölzer annehmen,
was — wie weiter vorn gesagt — die Beschaffenheit, die Form
der Brannkohlen-Bruchstücke nicht zulässt. Es ist ja aber auch
bereits erwiesen, dass unsere märkischen Braunkohlen-Hölzer an
Ort und Stelle gewachsen sind, da aufrecht stehende Stämme
mit weit verzweigten starken Wurzelstöcken, dicht gedrängt bei
einander stehend, in mehreren Gruben angetroffen worden sind.
(Vgl. Giebelhausen, über die Braunkohlen-Bildungen der Provinz
Brandenburg im 19. Bande der Zeitschrift für das Berg-, Hütten-
nnd Salinenwesen). Die Beschaffenheit der Bohrgänge in diesem
Nadelholze weist vielmehr eher auf Anobium- Frass hin. Der
kleine walzenförmige Nagekäfer passt sehr wohl in die Bohrgänge
hinein, lebt nur im Nadelholze, mit welchem wir es ja hier zu
thun haben, durchnagt das Holz in allen möglichen Richtungen
und verwandelt es oft vollständig in zusammenhanglose kleine
Brocken, was die vorliegenden Belagstücke ebenfalls bestätigen.
Nach Professor B. Altum (Forstzoologie, Berlin 1874, Theil III,
Insekten) ist Anobium nigrinum die einzige Art, welche sich bis
jetzt als forstschädlich erwiesen hat; man könnte sonach annehmen,
dass man es hier auch mit dieser Species zu thun hätte. Be-
stimmte Anhaltepunkte fehlen indess, da weder die Larve, noch
das vollkommene Insekt sich bis jetzt in dem qu. Braunkohlen-
Holze vorgefunden hat.
Ein zweiter Punkt, woselbst sich Braunkohle mit Insekten-
frass zeigte, ist die Grube consl. Phönix bei Zielenzig.
Auf diesem Bergwerk findet sich unter etwa 10 Meter Diluvium:
5,4 Meter Formsand, darunter
5,0 » schwarzer Thon, dann
4,7 » Braunkohle (1. Flötz), endlich nach einem nur
0,3 » starken Formsand-Mittel das
2,3 bis 3 Meter mächtige 2. Braunkohlenflötz,
alles Gebirgsmassen, welche dem Miocän angehören. Das von
dem Insekt durchfurchte Holz stammt hier direct aus dem zweiten,
2,3 bis 3 Meter starken Braunkohlenflötz. Die Kohle ist von
schwarzbrauner Farbe, zeigt ganz deutliche Holzstructur und lässt
sich deshalb sehr leicht spalten. Auch hier haben wir es mit
[4*]
52
0. von Gellhorn, Insnktenfrass in der Braunkohle
einem Nadelholze zu tliun. In Fig. 2, Taf. XI, ist die Form
der Bohrgänge und der Puppenkammern in natürlicher Grösse
wiedergegeben. Die Gänge gehen hier parallel deu Holzfasern,
haben eine ovale Form und eine Weite von 5 bis 6 Millimetern.
Von diesen Gängen zweigen sich die Puppenkammern in etwas
schräger Richtung gegen die Holzfasern ab; die Kammern zeigen,
bei einer Länge von 1% bis 2 Centimetern, dieselbe Form und
Weite wie die Gänge. Reste von den Thieren selbst haben sich
nicht gefunden. Nach Ansicht der König! Forst-Akademie in
Eberswalde sind diese Gänge anscheinend von der Larve einer
Holzwespe Sir ex, vielleicht auch von der Larve eines Bockkäfers,
Callidium, gemacht worden. Für beide Annahmen ist im Allge-
meinen Nadelholz Voraussetzung, was allerdings hier wiederum
zutrifft. Indess haben die Bohrgänge, welche in Dr. B. Altum’s
Forstzoologie III, S. 296, 299 und 301 von Callidium abgebildet
sind, eine ganz andere Form, als die Gänge in dem vorliegenden
Frass-Exemplare; es dürfte sich demnach eher um eine Holzwespe
handeln , doch fehlen auch dazu bestimmte Anhaltspunkte. Ich
komme deshalb alsbald auf den 3. Fundpunkt, nämlich auflnsekten-
frass von Grube Vulcanus bei Tempel, Kreis Ost-Stern-
berg, zu sprechen.
Aufgeschlossen und in 20 Meter Tiefe gebaut wurde hier ein
4 bis 5 Meter starkes Braunkohlenflötz, über welchem grauer
Letten und Formsand liegt, während das Liegende aus grauem
bis braunem Quarzsande besteht. Es handelt sich also auch hier
wiederum um Schichten des märkischen Miocän. Das vorliegende
Braunkohlen-Holz von hellbrauner Farbe zeigt ebenfalls ganz deut-
liche Holzstructur , sodass es sich leicht spalten lässt und gehört
gleichfalls einem Nadelholze an. Die Bohrgänge in Fig. 3,
Taf. XI, in natürlicher Grösse abgebildet, haben eine runde
Form, eine Weite von 10 bis 13 Millimeter, gehen in schwachen
Windungen parallel den Holzfasern und laufen in geringer Ent-
fernung neben einander. Dicht neben den Gängen und die Holz-
faser quer durchschneidend, befinden sich die rundlichen Puppen-
kammern von derselben Weite wie die Bohrgänge. Die König!
Forstakademie in Eberswalde meint, dass dieser Insektenfrass
der Mark Brandenburg,
53
wahrscheinlich von einer Holzwespe Sirex herrühre. Dies zu ver-
folgen fehlen leider in dem mehrfach citirten Werke von Herrn
Altum Abbildungen von Frassgängen dieses Insekts, sodass man
sich nur auf die Charakteristik der Wespe, welche 1. c. S. 278 ff.
gegeben ist, stützen kann. Daselbst heisst es unter Anderem:
»Der Querschnitt des unregelmässig gewundenen Holzfrassganges
ist kreisrund, ebenso auch der später von der Wespe genagte
letzte Theil des Ganges und des Flugloches. Zugleich öffnet es
sich senkrecht auf die Tangente des Stammes. Die junge Larve
nährt sich, in geschlängeltem Gange vorrückeud, von den weichen
Splintschichten, geht aber schon nach der ersten Ueberwinterung
tiefer ms Holz hinein.« Die Holzwespen sind grosse, kräftige,
schlanke Wespen, von denen Sirex gigas , die Riesenholzwespe
und Sirex juvencus , die Kiefernholzwespe, in Nadelhölzern Vor-
kommen; es könnte sich sonach im vorliegenden Falle nur um
eine von den beiden Arten handeln, da die anderen Arten auf
Laubhölzer angewiesen sind, mit denen wir es hier nicht zu thun
haben. Reste von den Thieren selbst fehlen ebenfalls.
Ich schliesse nun diese kurze Mittheilung mit dem Bemerken,
dass ich dabei nur einzig und allein die Absicht hatte, die Objekte
aus dem Kasten heraus und ans Tageslicht zu ziehen, da sie ja
zu ferneren Besprechungen viel Raum lassen. Vielleicht inter-
essiren sich die Herren Coleopterologen weiter für die Sache.
Gletscherschrammen am Rummelsberg,
Kreis Strehlen.
Von Herrn E. Althans in Breslau.
Die Einwirkung der ältesten Eisdecke auf feste Gesteins-
schichten in Schlesien zeigt sich besonders deutlich in der Um-
gebung des als Dreieckspunkt 1. Ordnung im Regierungsbezirk
Breslau bekannten Rummelsbergs.
Das aus Gneis, Glimmer- und Urthonschiefer, sowie Granit
gebildete und Lager von Quarzit und Kalkstein einschliessende
Urgebirge hebt sich hier in sanften Anschwellungen aus der
Diluvialdecke des Flachlandes inselartig bis zu den Kuppen des
Rummelsbergs, Kalinkebergs und Leichnamsbergs mit bezw. 392,6,
388,8 und 370,6 Meter NN. empor. Der flache Nordabhang dieser
Berge zeigt die typischen gewellten Formen der Rundhöcker. Bei
Strehlen, Striege, Steinkirch, Polnisch-Neudorf treten diese dicht
an die Breslau-Glatzer Eisenbahn heran. Der hier nackt zu Tage
tretende Granit wird an diesen günstig gelegenen Aufschluss-
punkten in zahlreichen Steinbrüchen gewonnen.
Die muldenförmigen Vertiefungen und die flachen Berglehnen
sind mit einer fruchtbaren, von meist scharfkantigen groben Steinen
dicht durchsetzten Lehmdecke überzogen. Bei Pogarth (320 Meter
NN.) auf der flachen Einsattelung zwischen den Kuppen der voi'-
genannten Berge bringt der Pflug aus dem Ackerboden die zackig
ausgebrochenen Felsschollen von Urthonschiefer zu Tage.
E. Althans, Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen.
55
Die Quarzitlager bilden nicht — wie die geologische Karte
von Niederschlesien darstellt — breite Decken, sondern sie treten
als schmale /ickzackförmig verlaufende Rippen zu Tage, deren
Ausgehendes in Blöcke zertrümmert nach Süden verschleppt ist.
Diese Blöcke sind meist glattflächig und scharfkantig geschliffen,
öfter quaderähnlich regelmässig gestaltet. Die Schliffflächen zeigen
keine feinen Schrammen, sondern nur flache, langgezogene, glatte
Ausschleifungen. Besonders charakteristisch finden sich solche
Blöcke im Dorfe Ober-Podiebrad südlich von einem Quarzitbruch.
Sie sind dort in den Hofmauern aufgeschichtet zu sehen.
Trotz vielem Suchen gelang es mir nicht, an den Quarzit-
brüchen nördlich und östlich von Ober-Podiebrad noch anstehenden
geschliffenen Quarzit zu entdecken. Das Ausgehende der steil auf-
gerichteten Lager ist dort überall zu Wegbauten und als Material
für Glashütten u. s, w. weggebrochen.
Nördlich von Polnisch-Neudorf tritt noch ein Quarzitlager aus
dem beackerten Hügel hervor. Allein auch diese Klippe scheint
von Menschenhand angegriffen zu sein. Unversehrt in ihrem
natürlichen Zustande möchte wohl die mächtige Quarzitklippe
noch erhalten sein, welche den Leichnamsberg krönt und seitwärts
der Landstrasse von Pogarth nach Sackerau zu erreichen ist.
Die senkrecht aufgerichteten dickbänkigen Schichten der Klippe
sind theilweise nur etwas aus dem Lager geschoben. Schleifungen
— wie an den losen Blöcken im Geschiebelehm an vielen Stellen
rings um den Rummelsberg — vermochte ich nicht aufzufinden.
Bemerkenswerth ist das Auftreten zahlreicher, gerundeter
grosser Quarzitblöcke im Acker westlich von der Landstrasse vom
Rummelsberg nach Sackerau, dicht vor diesem Dorfe, wo das südliche
Gehänge des Leichnamsberges die Ebene erreicht. Als diese Strasse
vor mehreren Jahren gebaut wurde, fand ich dort einen solchen
etwa 1 Meter dicken Block zersprengt. Dieser zeigte rings um
den krystallinischen weissen Quarz eine etwa 2 Centimeter dicke,
aussen bräunlichgelbe, nach innen violette Färbung. Wahrschein-
lich ist der Block ebenso wie die benachbarten, noch im Acker
steckenden Blöcke durch den nordischen Gletscher von dem
Quarzitlager des Leichnamsberges herangerollt worden und hat
56 E. Althans, Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen.
durch Eisenlösungen aus dem umgebenden Geschiebelehm der
Grundmoräne die Färbung seiner Rinde erhalten.
Auf der geologischen Karte von Niederschlesien ist besagtes
Blockfeld ebenso als anstehender Quarzit angegeben, wie dies irr-
thümlich an anderen Fundstellen von Quarzitblöcken in der Um-
gebung des Rummelsbergs geschehen ist.
Unter dem Diluvium ist in der Umgebung des Rummelsbergs
auch Tertiärthon abgelagert. Ein solches Thonlager — oben
weiss, unten blau gefärbt — ist östlich von Göppersdorf von dem
Gutsherrn, Freiherr von Thielmann, in der flachen Thalmulde
aufgeschlossen und wird dort in dessen Chamottefabrik verwerthet.
Von der Chamottefabrik zieht sich ein niedriger flachgewölbter
schwach bewaldeter Rücken in östlicher Richtung nach dem
Rummelsberg hin. Am südlichen Hange dieses Rückens, dicht
am Wege vom Bahnhof Steinkirch nach Pogarth und dem Rummels-
berg liegt der durch das Vorkommen schöner Granatkrystalle den
Mineralogen wohlbekannte Marmorbruch. Dieser ist jetzt, ebenso
wie die zugehörigen Kalköfen ausser Betrieb und unten mit Wasser
gefüllt. Leider ist auch der noch vor einigen Jahren offene Ein-
schnitt, welcher in den Bruch führte, verbrochen. In diesem fand
ich von der Thalsohle aus zunächst Decksand, dann über den
Decksand gelagerte Schnüre von blauem Thon und an diese an-
schliessend einen über 1 Meter dicken Klumpen von blauem Thon
in weissein Sand und kleinen Granitgeschieben ringsum ein-
gewickelt.
Dieser schöne Aufschluss der Grundmoräne weist deutlich
darauf hin, dass der Thon aus der Göppersdorfer Tertiärab-
lagerung stammt und von dem Gletscher nach Süden über den
flachen Hügelrücken fortgeschoben worden ist.
In der Nähe der Chamottefabrik in der Richtung nach dem
Marmorbruch liegt ein stattlicher Findling von Granit — der
Marienstein — nachbarlichen Urprungs. Etwas weiter in süd-
licher Richtung erreicht man einen in lebhaftem Betriebe stehenden
Granitbruch, der von Süden her bereits den oben erwähnten
Hügelrücken durchschnitten hat. Bedauerlicher Weise ist damit
auch die von mir vor etwa 5 Jahren auf dem horizontalen Scheitel
E. Althans. Gletscherschrammen am Rnmmelsberg, Kreis Strehlen. 57
des Rückens gesuchte und glücklich, entdeckte Gletscherspur der
ersten Eisbedeckung bereits vernichtet.
Vom damaligen Nordrande des Steinbruchs ausgehend, fand
ich zwischen zerstreutem Buschwerk eine von Moos entblösste
kleine Stelle, an der der Granit glatt zum Vorschein kam. Indem
ich nun den Stock unter die dichte Moosdecke schob, wurde dieser
nach Norden abgelenkt. Ich war damit auf die Haupt- Gletscher-
schramme gerathen und fand nun beim Aufrollen des Moosteppichs
bis zum nächsten Busche auf etwa D/2 Meter Länge und tya Meter
Breite mehrere deutliche parallele Furchungen in der bis dahin
an dieser Stelle unversehrt gebliebenen Granitoberfläche. Die
schützende Moosdecke wurde sorgsam wieder über den damals
in Schlesien noch einzig dastehenden Fund gerollt.
Ein später unternommener Versuch, in Gemeinschaft mit dem
bekannten, leider allzu früh verstorbenen Geologen Dr. Kunisch
und mit dem Oberbergamts- Markscheider Bimler von der ge-
schrammten Fundstelle unmittelbar Gipsabgüsse zu nehmen, miss-
lang. Das lebhafte Interesse an der Sache führte den letzteren
Herrn unterstützt von Herrn Oberbergamts-Zeichner Pabel noch-
mals an Ort und Stelle, um wohlausgerüstet mit Platten aus zu-
sammengeleimtem Papier von dem auch damals noch unversehrt
gebliebenen Vorkommen einen Bürstenabdruck zu nehmen und die
in 5 einzelnen Platten so erhaltene Matrize sofort noch auf der
Gesteinsunterlage zu trocknen. Die Platten wurden auf Sand-
unterlagen sorgfältig nach den aufgenommenen Profilen des Reliefs
in richtige Lage zusammengepasst und einzeln mit einer leichten
Gipsmasse dünn übergossen. Die so erhaltenen Platten des po-
sitiven Abgusses sind in einem leichten Holzrahmen dem nach-
gebildeten Relief möglichst genau entsprechend zusammengesetzt.
Die so durch die sehr dankenswerthen Bemühungen der ge-
nannten Herren erhaltene, naturgetreue Nachbildung besagter
Gletscherschrammen hat auf dem Königlichen Oberbergamt zu
Breslau und in der naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen
Gesellschaft für vaterländische Kultur besondere Würdigung sach-
kundiger Beobachter gefunden. Dieselbe ist der Sammlung der
Königlichen geologischen Landesanstalt überwiesen worden. Das
[4**]
58 E. Älthans, Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen.
eigenthümliche für das Abformen von Gesteinsoberflächen und
Sculpturen sehr empfehlenswerthe Verfahi’en ist in der Anmerkung1)
näher beschrieben.
Die 185 Centimeter lange und 50 Centimeter breite Nach-
bildung zeigt die Richtung der Gletscherschrammen in Stunde 12
des Compasses. Neben breiteren Rinnen treten schmale Spuren
deutlich hervor. Der regelmässige Verlauf der Rinnen ist stellen-
weise unterbrochen und abgeleitet. Ungleichmässigkeiten der Härte
des Gesteins und Einflüsse der Verwitterung mögen dazu Ver-
anlassung gegeben haben.
Die örtliche Lage war der Erhaltung dieser Gebilde der
Eiszeit besonders günstig. Der nackte Felsboden gestattete keine
Urbannachung. Der Hügelrücken lenkte die Wege ab. Die
Moosdecke und Gestrüpp schützten vor äusseren Einwirkungen
durch Regen, Wind und Verwitterung.
Alles spricht für die Annahme, dass die nordische Eisdecke
das den Rummelsberg umgebende Bergplateau überschritten hat.
Denn bis zu 340 Meter NN. sind zahlreiche Findlinge noch am
Fusse der kegelförmig aus dem Plateau aufsteigenden Granitkuppe
dieses Berges abgelagert. Hat doch die Eisdecke solche Höhen
der Vorberge des Isergebirges zwischen Marklissa, Lauban, Lähn,
Birngrütz, Reibnitz und Petersdorf überschritten, ihre Blöcke dort
Abformen von Gesteins - Oberflächen nach Oberbergamts-
Markscbeider Bimler: 5 Blätter Löschpapier und 1 Blatt Seidenpapier werden
mit dünnem Stärkekleister aufeinander geklebt.
Diese Papierschichten, welche für Excursionen bequemer Weise zu trocknen
und am Gebrauchsort anzufeuchten sind, werden im feuchten Zustand mit dem
Seidenpapier auf die abzuformende Gesteinsoberfläche gelegt und durch starkes
Schlagen mit einer Bürste in die Formen des Gesteins gedrückt. Das Trocknen
der Matrizen, bis zum Hartweiden, geschieht zweckmässig durch heisse Plätt-
eisen, welche fern von Wohnungen, auf einem Spirituskocher zu erhitzen sind.
Wegen des genauen Aneinanderlegens der Papierschichten müssen dieselben
am Rande glatt beschnitten sein und es ist nothwendig, vor der Wegnahme der
Matrizen einen oder mehrere gerade Linien darüber zu ziehen bezw. zu mar-
kiren, um sie wieder genau legen zu können. Das Ziehen der Linien kann durch
einen gespannten Bindfaden bewirkt werden.
Vor dem Abgiessen der Matrizen werden dieselben 2 mal gefirnisst.
Das Abgiessen geschieht mit Gips, oder besser mit der leichten und weniger
zerbrechlichen Stuckmasse des Bildhauers Rachner, Bahnhofstrasse 32 in Breslau.
E. Althans, Gletscherschrammen am Rummelsberg, Kreis Strehlen. 59
bis in den Thalkessel zwischen Hirschberg und Petersdorf abge-
lagert und der ganzen Landschaft den typischen Charakter der
Rundhöcker mit Blockfeldern und . ganz vereinzelt noch hervor-
ragenden Klippen gegeben. Aber ebenso wie einzelne hochgelegene
Klippen zwischen Marklissa und Friedeberg a. Queiss sowie der
weit sichtbare Talkenstein verschont geblieben sind und die Gipfel
der Landeskrone bei Görlitz, des Probsthainer und des Grunauer
Spitzbergs, sowie des Burgbergs bei Lahn nur seitlich vom Eise
benagt erscheinen, so sind wohl auch die drei höchsten Kuppen
des Strehlener Gebirges von der Eisdecke nur umschlossen worden
und ungebrochen erhalten geblieben.
Wohl mag die besprochene Nachbildung Verschiedenheiten
gegen andere von Gletschern nachweislich abgehobelte Gesteins-
flächen im Hochgebirge oder auf den Rüdersdorfer Kalkbergen
zeigen und auch bei Kennern gewisse Zweifel an der von mir
angenommenen Entstehung erregen. Allein dies gilt wohl von
allen derartigen Gletscherschrammen. Wo ich diese auch be-
obachtet habe — in den Alpen wie in dem Staate New-York am
Seeufer des Georgsees — überall hat das abgehobelte Grundgestein
und haben die hobelnden Geschiebemassen eine andere Art der
Streifung hervorgebracht. Härte, Zähigkeit, kantige oder gerun-
dete Form der Geschiebeblöcke, Vorherrschen von Sand, Lehm
und Blöcken in der Grundmoräne mussten hier glatte Politur, dort
feine Streifung, an anderen Stellen vereinzelte tiefe Furchen zur
Folge haben. Quarzit schrammt den Basalt, Granit den Kalkstein,
Quarzit aber nimmt nur Politur an.
Ist die Gesteinsfläche, welche die vorbeschriebene Nachbildung
wiedergiebt, wie ich annehme, von einem Gletscher bearbeitet, so
muss es gelingen, derartige Gebilde und wohl auch Gletschertöpfe
an anderen Stellen in der Nähe meiner Fundstelle zu erschürfen.
Das schöne Waldgebirge würde dadurch neue Reize für den Natur-
freund und Geologen gewinnen.
Berichtigungen.
Zeile 3 und 4 auf S. 164 soll heissen:
Und ein Exemplar yon Cucullaea texta A. Röm., die aus Kimmeridge
und Wealden bekannt ist.
A. W. Schade’s Buchdruckerei (L. Scliade) in Berlin, Stallsckreiberstr. 45/46.
Tafel I.
V Fig. 1.
i Fig. 2.
V Fig. 3.
V Fig. 4.
V' Fig. 5.
V Fig. 6.
i<Fig. 7.
1/ Fig. 8.
|/Fig. 9.
Taxodium distichum auf Braunkohle aus dem Liegenden
des 2. Flötzes im Schachtfeld No. 4 (westliche Abthei-
lung) der Grube consl. Freienwalde bei Freienwalde a/O.
Taxodium distichum. Kleiner Zweig aus dem forst-bota-
nischen Garten der Königl. Forst -Akademie zu Ebers-
walde.
Picea excelsa. Zapfen aus der Braunkohle des 1. Flötzes
der Grube Präsident bei Schönfliess im Kreise Guben.
Pinus uncinata. Zapfen aus der liegendsten Bank des
3. Flötzes der Braunkohlen -Grube Carl - Ferdinand bei
Grunow unweit Drossen.
Pinus Laricio. Zapfen aus dem Glückauf-Schachte No. III
der Braunkohlen-Grube Carl-Ferdinand bei Grunow un-
weit Drossen.
Taxodium distichum. Radialer Längsschnitt von miocäner
Braunkohle bei 275 maliger Vergrösserung.
Taxodium distichum. Radialer Längsschnitt von recentem
Holze bei 275 maliger Vergrösserung.
Taxodium distichum. (Maserbildung) aus der Oberbank
des 2. Flötzes der Braunkohlen-Grube Victor’s-Glück bei
Rietschütz in der Nähe von Schwiebus.
Taxodium distichum. (Maserholz) aus der Braunkohlen-
Grube Phönix bei Zielenzig.
Übersichtskarte zur
UionoUth.
JTöhenlini en von, 50 nie 50 Meter.
1.. 1 1 m° I LI b I
Wellenkalk. Mittlerer u. oherer Jfiocaezi.
Muschelkalk.
Dolerit. Aelteier jPlaaioklas Jüngerer Ragioklas-
basait. basalt.
luffe .Agc/lom e -
mmm
Limburgit.
JFephelbibasalt .
'X'afel III.
Fig. 1. Sigillaria gleichzeitig vom Typus Rhytidolepis im
engsten Sinne und Tessellata; la, lb, lc einzelne
Blattnarben stärker vergrössert: la u. lb in 3/j_,
lc in 6/i. — Das in dem Museum der Königl.
Preuss. geologischen Landesanstalt befindliche
Stück stammt aus dem Carbon des Ruhr-Reviers
aus einem der Horizonte über der Magerkohlen-
Partie ' S. 26 ff.
H Fig. 2. Sigillaria vom Typus Rhytidolepis im engsten
Sinne (mit Transpirationsöffnungen?). Nach einem
Wachsabdruck eines in der Bergschulsammlung
zu Bochum befindlichen Stückes, gesammelt auf
der Halde der Zeche Hibernia im Ruhr-Carbon-
Gebiet von Bergreferendar M. Schulz -Briesen
im Mai 1892 S. 27
Nach der Natur gezeichnet von E. Ohmann.
Jahrbuch d.geolog. Lanclesanst.uBergakademie 18Ö3.
Taf. III.
E.Ohmann gez
Lichtdruck v. A. Frisch
Tafel IV.
V Fig. 1. Sigillaria gleichzeitig vom Typus Rhytidolepis im
engsten Sinne und Favularia. 1 a = zwei unter
einander befindliche Narben einer Orthostiche der
untersten (rhytidolepen) Zone des Stückes in 3/j,
lb = drei unter einander befindliche Narben einer
Orthostiche aus der mittleren Zone des Stückes
in 3/i , 1 c = zwei unter einander befindliche
Narben einer Orthostiche aus der oberen Parthie
des Stückes in 3/i- — Liegender Flötzzug des
Waldenburger Reviers. Aus der GöPPERT’schen
Sammlung. Das Stück gehört dem Museum der
Königl. Preuss. geologischen Landesanstalt . S. 30, 40
v Fig. 2. Sigillaria elegantula Weiss, ein Rest mit Favu-
laria- Oberfläche , welcher 3 Zonen zeigt. In
Fig. 2 a ist eine Orthostiche des Stückes in 2A
zur Darstellung gelangt. — Flötz Merl, 430 Meter
Sohle, Sattel C, Hangendes, Querschlag IY der
Königsgrube bei Aachen. Museum der Königl.
Preuss. geologischen Landesanstalt .... S. 3T, 40
Die Fig. 1 und 2 auf photographischer Lichtdruckvorlage nach
der Natur gezeichnet von E. Ohmann, desgl. die übrigen Figuren,
aber ohne photographische Grundlage.
Jahrbuch (l.geolog.Landesaust.iLBerg'akadeTTiie 1893.
Taf.lV.
E.Ohmann . gez .
Lichtdruck v. A. Frisch.
Tafel V.
•' Fig. 1. Sigillaria Brardii BrONGN. em. Ein Stückchen
(Copie) der von R. Zeiller (Veg. foss. du terr.
h. de la France. Paris 1880. PI. CLXXIV,
fig. 1) gebotenen Abbildung. Ueber der Blüthen-
narben-Zeile leioderme, unter derselben cancellate
Oberflächen-Sculptur S. 33, 54
A Fig. 2. Sigillaria rhenana var. Grebei WEISS. Ueber
und unter der Blüthennarben-Region Favularia-
Sculptur , aber die Polster über den Blüthen
länger als die unter den Blüthen. — Grube Goulay
bei Aachen. Museum der Königl. Preussischen
geologischen Landesanstalt S. 55
\/ Fig. 3. Sigillaria typus tessellata A. Brongn. Blattnarben
unter der Blüthenregion enger stehend und weniger
lang als die Narben über dieser Region. — Zeche
Bruchstrasse bei Langendreer in Westphalen.
Museum der König]. Preuss. geologischen Landes-
anstalt S. 56
Die Stücke, nach denen die Figuren angefertigt wurden, stellen
im Gegensatz zu den Figuren der Taf. III und IV Abdrücke, also
Negativ-Ansichten der ursprünglichen Aussenflächen dar.
Fig. 2 gezeichnet von W. Staack, Fig. 3 von E. Ohmann, beide
.auf photographischer Lichtdruckvorlage.
Jahrbuch d.g'eolog.Landesanst,u. Bergakademie 1893.
Taf.V.
WStaack u.E.Ohmann gez
Lichtdruck v. A. Frisch.
Taf/VI.
iUCKOW.
lalsänd 1 Diluvium,
leoemergel. !
Jahrb. dgeolog. Landesanst . u. Bergakad. 1893 .
Taf.VL
AUFSCHLUSS DER SEPTARIENTHON- GRUBE BEI BUCKOW.
Stettiner Sand } Mittel-Oligocän. c. Glimmersand: Oberoligooän. e. Unterer Diluvialsand 1 Diluvium,
a. Septanenthon J d. Unterer Cxeschieoemergel. J
AUFSCHLUSS IN DER SEPTARIENTHON - GRUBE BEI BUCKOW.
Oestlicher Theil der Grube .
Stettiner Sand ) Mittel-Oligocän. ^.Unterer Diluvialsand. )Diluvium.
oeptanenthon ) 3 d. Unterer lieächiebemergel I
■
Jahrb. d.geolog\ Landesans t . u. Bergakad. 1893 .
Taf.Vffl.
WESTLICHER STOSS DER SEPTARIENTHON- GRUBE BEI BUCKOW.
Ueberschiebung von mitleloligocänem Septarienthon
auf miocänen Braunkohlenbildungen,
1.2 und 3 nordische Geschiebe.
Geologische Karte der Umgebung von Buckow
arko Idendonfer Beckens.
Taf.X.
MaTsstapr-50 OOO.
Jahrb.d.
Unterer u . mittlere/'
BimtsaruLsteiri.
IioJilenkeupcr.
] t
Unterer Zit
Unterer Zias-x
mztJmm.Ulc
Ddzirium .
AZhcmum .
Tafel XI.
Fig. 1. Insektenfrass von der Braunkohlengrube Freien walde bei
Freienwalde a/O.
Fig. 2. Insektenfrass von der Braunkohlengrube Vulcanus bei
Tempel Kreis Ost -Sternberg.
Fig. 3. Insektenfrass von der Braunkohlengrube Phönix bei
Zielenzig.
ihrtd.Kcfl.geol.LaiLclesanst.u.Berjakad-1893.
Taf.XI.
V/.p-ürz lilh.
Skizze der Gregend von Borgloh-Oesede.
d. Kgl. geol. Landesanst. u. Bergakad. 1 893. Maassstab l : 50000. Tafel XII.
1
4
I
reducirt nach einet'
Fig. 2
Jahrbuch der Kgl. geolog. Landesanstalt und Bergakademie 1893.
Fig
Profil von Klosterloh durch die Bohrlöf'
Maassstab
bc ®
2 S
Bohrloches I.
Jahrbuch der Kgl. geolog. Landesanstalt und Bergakademie 1893.
Tafel XIII.
Kg. 1.
Profil von Klosterloh durch die Bohrlöcher III und IV nach dem Musenberg.
Maassstab !l: 15000.
registem des Oberbergamt
Tafel XIII.
;. 1.
iher III und IV nach dem Musenberg.
1 : 15000.
Taf.OT.
Karte der Umgegend von Senftenberg.
Jahrbuch d. Kgl. geolög. Landesanst. u. Bergakad. 1893.
Taf. XY
/